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Brockhaus’
Conversations-Lex1kon
F.A. Brockhaus (Firm), F.A. Brockhaus Verlag Leipzig
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[852 .
Brockhaus’
Converlations = Lexikon.
Dreizehnte volftändig umgearbeitete Auflage.
Dreizehnter Band.
Phraates — Rußkohle.
Holzſchnitte aus der Xylographiſchen Anstalt,
Karten aus der Gcographiich » artiftiichen Anftalt
ven
F. A. Brockhaus In Lelpiig.
brokhaus —
Lonverlations-Lexikon.
Allgemeine deutſche Real- Encyklopädie.
Dreizehnte vollftändig wingenrbeitete Auflage.
Mit Abbildungen und Karten.
In ſechzehn Bänden.
Dreizehnter Band.
Phraates — Rußkohle.
Leipzig:
F. A. Brockhaus.
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—
86.
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P.
Phraates, Name mehrerer parthiſcher Könige
aus dem Geſchlechte der Arſaciden (f. d.).
P’hrabat, —— ** bei Banglot (f. d.).
Phr dium Link., Pilzgattung aus der
Familie der Roftpilze oder Uredineen, Die Arten
derjelben wachſen parafitiih auf verfchiedenen
Pflanzen. Man kennt von den hierher gehörigen
Pilzen nur die Uredo: und Teleutofporen, eine
Ücidiengeneration ift nicht befannt, Die Teleu:
tofporen fowohl wie die Urebofporen treten in
Form von ſchwarzen, beziehungsweife orangeroten
Faufchen auf der Unterfeite der Blätter hervor, die
Sommerfporen find kugelig und einzellig, die Te:
leutoiporen haben einen ziemlich langen Stiel und
beſtehen aus mebrern, — danf bis fieben
in einer Reihe —— en. Die belannteſte
Art dieſer Gattung iſt der Roſt der Roſen, P. rosa-
rum Rabenh., ber auf den Blättern der Rosa cen-
tifolia, Rosa canina und andern Rofenarten auf:
tritt. Es finden ſich zunächſt zahlreiche orangerote
Häufchen von Urebofporen auf der Unterjeite ber
Blätter und fpäter entwideln fich ebenda die ſchwar—
zen Teleutofporenlager, die ſich häufig faſt über die
ganze Fläche verbreiten. Die Blätter erhalten da:
urch das Ausſehen, ald wenn fie auf der Unter:
feite mit Ruß überzogen wären; die Oberjeite
nimmt durch die Einwirkung des Pilzes allmählich
eine gelbliche Farbe an und das Blatt ftirbt fchließ:
lih ab, Der Pilz fann durd feine fhädliche Wir:
fung, die er auf die Blätter ausübt, und durch feine
Schnelle Berbreitung für Rofenpflanzungen fehr
läftig werben. Cine andere Art, die auf den Blät:
tern der Himbeerjträuder vorlommt, P. interme-
dium Ung., befist ebenfalld lebhaft rote Uredoſpo—
ren und ſchwarze Teleutojporen, fie bewirkt wie
die erjtere ein elbwerden und Abfterben der Blät-
ter; dasjelbe gilt von der auf Brombeeren vor:
lommenden Art P. incrassatum Link, nur zeigen
fih bei der legtern auf der Oberfeite der Blätter
rote Fleden an denjenigen Stellen, wo auf ber
Unterjeite fi die Teleutofporenlager entwideln.
Phragmites (lat.), das Schilfrohr.
Phraorte8 (med. Pirruvartis, altperf. Fra:
vartis), König von Medien (657—635), folgte jei:
nem Vater Deioces (f. d.) und unterjochte auch
zuerft die Perfer. In einem gegen Ninive unter:
nommenen Feldzug fam er mit einem großen Teil
ſeines Heeres um. Für dieſe von Herodot über:
lieferten und hiſtoriſch wohl fihern Falten haben
ſich bis jebt feine gen Beftätigungen ge:
funden. Kteſias nennt ihn Artynes, was wohl
nur die altperf. Überfegung der med. Form ift.
Ein anderer za gab fi, der Inschrift
von Bifutun zufolge, für den legten Sproß der med.
Königsfamilie Sattarita aus und raubte dem Da:
Gonverfations = Lexiton. 13. Aufl, XII.
rius zeitweilig die Herrfchaft über Medien (521—
518), bi3 er von lehterm befiegt und netötet wurde.
hraſe (grch.), Redewendung, Redensart, oft
mit dem Nebenbegriff des Leeren, Nichtäfagenden,
nicht ernft Gemeinten. , —
Phraſeologie (erh) beißt teil3 die Lehre von
ben Rebensarten oder Bhrafen einer Sprade,
teild eine Sammlung folder Redensarten. Sowie
nämlich jede Sprade in gewiflen Wortfügungen,
Wendungen u. f. w. einen eigentüümlichen Charakter
keigt, fo befitt fie auch gewiſſe Redensarten oder
rten de3 Auzdruds, die ihr ausſchließend ans
Be Schon in frübern 5* hat man daher
beſonders von der griech. und lat. Sprache ſolche
Sammlungen unter den Titeln «Phraseologia
Graeca» oder «Phraseologia Latina» veranftaltet.
Phratrien, im alten Athen Name der groben
Unterabteilungen der Phylen, von denen jede drei
P. hatte. Jede P. hing in fich durd) die angenoms
meneAbkunft von Einen gemeinfchaftlihen Stamm:
vater zufammen, hatte gemeinfame Opfer und
Heiligtümer, umfaßte je 30 Geſchlechtsverbände,
hatte einen Vorſtand und feierte jährlich das Felt
der Apaturien, an dem die im abgelaufenen Jahre
Geborenen in die Phratrie aufgenommen wurben,
was für die Athener als das fihere Kennzeichen
ebenbürtiger Abſtammung galt.
Phrenalgie (arch.), neuralgifher Schmerz des
Zwerchfells; Bhrenefie, ältere Bezeichnung für
die Gehirnentzündung oder tobfüchtige Formen der
Geijtesftörung; Phrenitis, die Entzündung, des
Zwerdfells; st renopathie, Geiltestrantheit.
Phrenologie (vom griedh. Yorv, Zwerdfell,
dann Geift, Sinn) ift der neuere Name für die von
Gall (f. d.) in die Wiſſenſchaft eingeführte Ver:
leihung der geiftigen Kräfte der Tiere und Men:
fan mit deren Schädelformen (daher Schädel:
lehre, Kraniojlopie ober Kraniologie).
Diefelbe bezwedt eine wiſſenſchaftliche und diagno—
ftiiche Feititellung der Funktionen des Gehirns, ge
gründet einerfeit3 auf genaues Studium der An:
thropologie, Beobachtung der Menfchen und Tiere
in ihren verfdiedenen Situationen, mit Berüdfich-
tigung der Neigungen des Tiers, der pathol. Be:
obadhtungen an Gehirn: und Geiſteskranken u. Kies
andererfeit3 auf genaues und vielfadhes Studium
ber Hirn: und Schädelformen, auf tüchtige anatom.:
pbyfiel Unterfuhungen des Gehirns von Tieren
und Menjchen, ſowie Gefunden und Kranten. Bon
Spurzbein weiter ausgebildet, ftellte diefe Gehirn:
lehre der Hauptſache nad) folgende Grundfäße auf.
Das Organ des Geiftes, ohne weldes eine Auße—
rung geiltiger Thätigteit nicht ftattfinden kann, ift
das Gehirn. Diefes erzeugt jedod) die Außerungen
geiftiger Thätigleit nicht als ein einziges, mit all
1
2
feinen Teilen allemal vereint wirfendes Organ, fon:
dern al3 eine zu einem Organe verbundene Wehr:
beit von Organen, welde verichiedenen geiltigen
Fähigkeiten als Eubjtrat dienen. Die geiltigen
Häbigteiten treten hervor, nehmen zu oder werden
geringer, je nachdem die fie vertretenden Hirnteile
ſich entwideln, vergrößern oder verkleinern, Die
B. behauptet hiernach, daß die Energie eines Seelen:
vermögens (3. B. der Stindesliebe, de3 Eigentums:
oder des Belämpfungstriebes) in gleihem Ber:
hältniffe zu der räumlichen Entwidelung der betref:
fenden Hirnpartien ſtehe, daß die letztern (die jog.
Organe) durch ihre Größe auf die äußere Form der
Schädelknochen wirken, und dab man insbeſondere
an gewiſſen Grbabenheiten (Hervorragungen,
Budeln) oder Vertiefungen der Schädeldede das
Vorhandenfein oder Mangeln gewiſſer Seelenver:
mögen (gewiſſer geiftiger Anlagen oder Grundfräfte
des Geiltes) unterfcheiden könne. Solder Grund:
kräfte nebſt dazugehörigen Hirn: oder Schädelpar—
tien unterfcheidet die P. einige 30, wobei fie die
Möglichkeit geitattet, daß noch mehrere exiſtieren.
Ein unbefangener Blid auf diefe Lehren zeigt, wie
in diejen ee einiges Wahre und Wahrjchein:
lihe mit viel Willtürlihem und gewaltigen Sprün:
gen ber Schluffolgerung vermijcht * t Grund:
gedanfe, die Lolaliſation der einzelnen Hirnfähig—
feiten zu fuchen, ift in feinem Falle zu verwerfen
und —— vollkommen den Beſtrebungen, ja
um Teil den Ergebniſſen der exalten Phyſiologie.
is iepe it indefien außer dev Auffindung verſchie⸗
dener Bewegungscentren in gewijien Negionen der
———— nur der Nachweis einer einzigen
Lolaliſierung gelungen, nämlich die der artikulier—
ten Sprache, welche nach den Unterſuchungen von
Broca und andern in der untern Augenwindung des
Stirnlappens auf der linken Seite, alſo in der lin:
fen — ihren Siß hat. Alle übrigen
Lolaliſationen der P. find reine Phantasmagorien.
Am wenigiten ftebt der Sat felt, daß gewifie Schü:
delerhöhungen beftimmten geiftigen Anlagen ent:
fprechen, ion um deswillen nicht, weil die äußern
Schädelcontouren ben innern Hirncontouren durd):
aus nicht entiprechen. Die B. hat jebt troß man:
cher begeifterter ger wozu in neuerer Zeit na:
mentlich Scheve gehörte, nur wenig Anhänger
mehr. Früher wurde fie in Deutichland lebhafter
betrieben , — Noel, durch den Ana:
tomen Seiler, durch Hirschfeld, Struve u. a. m.
Bol. außer den Schriften von Gall, Epurzbein,
Gonibe, —— Brouſſais, Carus, Dimont, Noel,
Scheve u. ſ. w. beſonders Wittich, « Phyfiognomit
und B.» (Verl. 1870).
rixos, der Bruder der Helle (f. d.).
onefis (grch.), Einſicht, Klugheit.
BPhroutiſt (arch.), Denker, Philoſoph; Phron:
tiſtexion, Lehrſaal, Studierzimmer.
Phrygien, die Centrallandfhaft des weſtl.
Kleinafien, Die Phrygier, welche ſich felbit
Briger oder Berekynter nannten, die nächſten
Stammverwandten der Armenier, famen von Often
her über den Halys und liefen ſich zunächft im Ge:
biet des Sangarios (jet Safaria), aljo in dem
nörblichiten Teile des jpäter P. genannten Landes
nieder und breiteten fi von da allmählich weiter
nad Süden aus, ſodaß zur Zeit der Berjer nördlich
Paphlagonien, öftlich der Fluß Halys, Nappadocien
und Lylaonien, ſüdlich das Taurusgebirge die Grenze
ihrer Wohnſihe bildeten und der ganze Landſtrich
Phrixos — Phrynichos
den Namen Großphrygien erhielt, Andernteils
dehnten ſich die Bhryger frühzeitig auch gegen Weiten
bis an ben Hellespont und an die Südküfte der
Propontis aus; ihr von Großpbrygien durch die
Landſchaft Myfien getrenntes Gebiet wurde Phry—
gien am Hellespont, fpäter, auf das Gebiet
von Troas beichränft, Kleinpbrygien genannt.
Die Phrpgier hatten anfangs eigene Könige, bei
denen die Namen Gordius und Midas (f. d.) fort:
während wechſeln. Das Land litt im 7. Jahrh.
v. Chr. durch wiederholte Einfälle der Kimmerier,
wurde im 6. Jahrh. von Kröjus, dann von dem
Perjerfönig Cyrus erobert, Nah der Zertrüm:
merung des Perſiſchen Reichs durch Alerander, be:
———— nach Alexanders Tode, waren die ver—
chiedenen Teile der Landſchaft mehrfach der Gegen—
ſtand des Kampfs zwiſchen verſchiedenen der ſog.
Diadochen; in Nordphrygien ſetten ” um die
Mitte des 3, Jahrh. v. Chr. die Öalater feft. Seit
188 v. Chr. wurden nad) Verdrängung der Seleu:
ciden infolge der Regelung des Beſitzſtandes in
Kleinafien durch den röm. Senat jowohl Groß: als
Kleinphrygien als Teile des Pergameniſchen Reichs
anerlannt, Tamen nach dem Tode des Attalos III.
(133 v. Chr.) mit jenem Reiche an die Römer und
erſchienen jpäter als Teil der Provinzen Aſia und
Galatia. Bon der alten nationalen Kultur der
hrygier legen jebt nur noch die Grabmäler der
tönige (darunter einige mit Inſchriften in einem
ei ——— dem griechiſchen eig» verwandten
Alphabet) Zeugnis ab; die Griechen haben in alten
Beiten auf religiöfem wie auf ae Gebiet
einiges von den Bhrygiern entlehnt, jo die orgia:
tiſchen Kulte der Hybele und des Dionyfos und die
lötenmufit, Auch eine von den alten griech. Mu:
tern häufig gebrauchte Tonart, die blonde im
dithyrambiſchen Stil regelmäßig Anwendung fand,
trug den Namen der phrygiſchen. Bol. Haales
Artikel «Phrygien» in Grid und Grubers «Allge⸗
meiner Encyllopädie» —— 3, Bd. 24).
‚Die Phrygiſche Müse, auf Kunſtdenkmälern
eine nad) vorn herabfallende Kopfbededung, galt
in der Franzöfiigen Revolution als Symbol des
Yalobinertums. j
‚ Bhryne, eine der berühmteften griech. Hetären
(im 4. Jahrh. v. Chr.), deren wahrer Name Mne—
farete geweien fein fol, jtammte aus Thespiä in
Böotien. Schon in ihrer erften Jugendbblüte kam
fie nah Athen; bald wurden bier der Bildhauer
Brariteles und der Redner Hyperides ihre Ver:
ehrer, von denen jener ihre Schönheit durd feine
Kunſt verherrlichte, diefer durch die fühne Enthül—
lung ihrer Reize den Nichtern, vor denen der von
ihr verihmähte Euthias fie des Atheismus an:
geklagt hatte, ein freiſprechendes Urteil abzugewin:
nen wuhte. Dieſes Greignid entſchied für ihren
Ruhm, ſodaß fie einſt es wagen konnte, als Apbro:
dite Anadyomene bei Gleufis vor den Augen des
ganzen Volls entlleidet in das Meer zu fteigen.
rynichos aus Athen, der Schüler und Nach:
folger des Thespis, einer der erjten Begründer der
tragiſchen Hunft bei den Griechen, gewann bereit
511 v. Chr. zum erjten mal den Giegespreis im
Zrauerfpiel. Noch einmal erſcheint er 476 v. Chr.
als Sieger auf der Bühne. Gr jtarb im hoben
Alter, vielleicht zu Syratus am Hofe Hierons 1.
Den fceniichen Apparat vervolltommmnete er durch
Einführung von Frauenmasten, und feine Chor:
lieder, über die ſich ſelbſt Ariſtophanes lobend
Phtaleinfarben — Phykomyceten
ausipricht , wurden noch lange Zeit im Munde des
Volts gehört, als feine Trauerjpiele durch das Auf:
treten des Aſchylus und Sopholles in Vergeſſen⸗
beit gelommen waren. Unter den einzelnen Stüden,
die jamtlich verloren gegangen find, erwähnen bie
Alten bejonders «Die Phönijien» und die «Ein:
nahme von Milet», bei deren Aufführung kein Zu:
ſchauer ſich der Thränen enthalten fonnte, obgleid)
der Dichter jelbjt deshalb hart beitraft wurde, weil
er einheimiſches Unglüd dargeftellt batte. j
Phrynichos hieß auch ein Quftipieldichter, Zeit:
genoſſe und Nebenbuhler des Ariſtophanes.
Ein anderer Phrynichos zeichnete ſich nad) der
Niederlage der Athener in Sicilien (412) als Flot—
—— dur Einſicht und Energie aus. Er war
ein mer de3 Alcibiades, führte dann, feines
Amts entjegt, die Schredensherrichaft der Vierhun:
dert mit herbei und fiel endlih durch den Dolch
eines Demofraten, " , ,
Der ſpätere griech. Grammatifer und Sophiſt
Phrynichos, genannt Arabios, lebte in Bithy—
nien und verfabte um 180 n. Chr. ein großes rhetor.
Werl in 37 Büchern, woraus Beller in den «Anec-
dota Graeca» (Bd. 1, Berl. 1814) einiges mitgeteilt
bat, und die «Eclogae nominum et verborum At-
ticorum», die Lobed (Lpz. 1820) und Rutherford
(Zond. 1881) herausgegeben haben.
Bhtaleinfarben, eine Klaſſe von Teerfarben,
bie —5— lich von Baeyer in Munchen und Caro
in Ludwigshafen am Rhein entdedt und in bie
Technik eingeführt wurden. E3 bilden fich beim
Behandeln von Phtaljäureanhydrid mit Phenolen
(5. d.) eigentümliche organische Verbindungen, bie
man Pbtaleine nennt; mehrere Derivate der:
felben find gefärbt, fo der —— des Reſorcins,
das Fluorescein, deſſen gebromtes Derivat den
ſchönen roten Farbſtoff, das Eoſin, bildet, das
zum Rotfärben, zur Bereitung von roter Tinte und
als Karminlad vielfach Anwendung findet.
Phtalfäure C,H,O, oder C,H,(COOH),, eine
fünftlih erbaltene organische Säure, welche durch
Drydation des Naphthalins (f. d.) mit Salpeter:
fäure dargeitellt wird. Sie erjcheint in reiner Ges
jtalt in farblojen Blättchen oder Prismen, die ſich
Schwer in kaltem Wafler, leichter in heißem Waſſer,
Altobol und Äther löfen; fie ſchmilzt bei 210° und
fpaltet ſich bei weiterm Erhißen in Bhtalfäure:
anbydrid C,H,O, und in Wafler. Die ®. hat
wegen ihrer Berwendung zur Daritellung der Phta:
leinfarben (f. d.) tehniihe Wichtigkeit erlangt.
Bhiha (ägypt. Ptah), ein ägypt. Gott, der von
den Griechen mit ihrem Hephältos verglichen wurde.
Cr war urjprünglid der Lolalgott von Memphis,
der Reſidenz der ältejten ägypt. Könige. Daber
wurde jein Kultus früh über ganz Agypten ver:
breitet und fein Name in der unterägypt. Mytho—
logie an die Spike der fieben großen Götter der
eriten Götterbynaftie geitellt. Sein von Menes,
dem eriten hiſtor. Könige Ägyptens, zu Memphis
zugleich mit der Stadt gegründeter Tempel war der
—— und prächtigſte de ganzen Landes, den des
mmon von Theben vielleicht nicht ausgenommen.
Als Gattin des P. galt die löwentöpfige Sechet,
welde mit der Artemis verglichen wurde, als
fein Sohn der Gott Imhotep, griech. Imuthis.
P. pflegt meiſt mit einer —— Kappe und
als Mumie eingewidelt dargeſtellt zu werden; doch
eriheint er aud in anderer Form. (S. ÄAgyp⸗
tifde Mythologie.)
8
Phthartolatren (grch.), foviel wie Severianer,
f. unter Monopbyjiten.
Ber der 189. Aiteroid, |. u. Planeten.
hthiotis, die ſüdlichſte der vier Landfchaften
de3 alten Theſſalien, das Gebiet um das Othrys—
gebirge, welches zugleich zwischen dem Pagaſäiſchen
und Malischen Aeerbuten vortritt, ier war
Adill heimisch und die Myrmidonen, und die ſpä—
tern Gejamtnamen Hellenen und Achäer find ur:
ſprüngliche Sondernamen in P. Sekt bildet P.
mit Pholis (f. d.) die griech. Nomardie Phthio—
ti3 und Photis, 6084 qkm groß, mit (1879)
128440 E. und der Hauptſtadt Lamia.
en (grch.), die Läuſeſucht.
thifiologie (grch.), die Lehre von ber
Schwindſucht.
hthiſis (grch.) Schwindſucht, Auszeh—
rung, tt derjenige krankhafte Zuſtand, bei welchem
unter Fieber und Ausſcheidung eiteriger Subftan-
zen raſche Abmagerung ftatthat, bedeutet alfo jo:
viel wie Hektik und wird fehr pauns gleihbebeutend
mit Zuberfulofe oder Lungenſchwindſucht (f. d.) ge:
braucht, bei welcher diefer Zujtand jehr ftark auf:
tritt. Die fchnelle Abmagerung ohne Ausfcheidung
eiteriger Mafien nennt man aud) ——
Tabes. Manche nennen auch die eiterige Zerſtö—
rung der Organe (Auge, Niere, Gehirn) im Ge:
enjab zum einfahen Schwunde (Atrophie) derſel⸗
en. P. laryngea, P. trachealis, die Kehlkopf- oder
ee ag CE f. unter Kehlkopf.
hul (aliyr. Pul) berrichte nach der Bibel
2 Kön. 15) über Ajiyrien während der Regierung
Menahems (770— 759). Er fiel in Israel ein,
tehrte jedoch nad Empfang eines Tribut3 zurüd,
Man bat ihn mit Unrecht mit dem von ihm auch
im bibliihen Tert unterſchiedenen Ziglatpilefer
identifiziert. Berofus nennt ihn einen Chaldäer,
und es iſt wahrſcheinlich, daß er ein lonier
war. In den Heilichriften ijt er bis jetzt nid anf:
gefunden, wohl aber der Rame eines jpätern Königs
$., der zwei Jahre in Babylon berrichte und im
Ptolemãäiſchen Kanon ala Porus figuriert.
urnutus, j. Cornutus,
ycochromophyceen, j. unter Algen.
ug (grch.), ein Botaniler, deſſen Spezial:
ftubium die Zange (Bbptos, grch. 00200) find,
BPhykomyceten (Phycomycötes) nennt man
eine Gruppe von niedern Pilzen, deren Mycelien
einzellig find und, wenigitens im vegetativen Teile,
feine Quericheidewände in den Hyphen befiben, ob:
wohl fie bei den meilten Arten vielfach verzweigt
find. Es gehören hierher die Familien der Muco:
rineen, Saprolegniaceen, Chytridiaceen und Pero—
nofporeen; die zu den beiden lektern gehörigen
Arten leben parafitiih in lebenden Bilanzen, die
Mucorineen und Saprolegniaceen dagegen vegetie:
ren in der Regel ſaprophytiſch, die pi ha auf fau⸗
lenden Subjtanzen an der Luft, die lestern auf
abgeftorbenen Pflanzen und Tieren im Waſſer.
In der Art und Weile ihrer Fruktifilation ftimmen
die genannten Familien nicht ganz überein; bie
Mucorineen bilden durch Kopulation (f. d.) ſog.
ygofporen und außerdem auf befondern Frucht:
yphen endjtändige gelige Sporangien, in denen
Sporen erzeugt werden, die feine ——
aben. Die Peronoſporeen beſihen eine geichledht:
iche Fortpflanzung mittels ſog. Ooſporen und eine
ungeſchlechtliche durch Conidienbildung. (5. >.
ronofporeen.) Die Saprolegniaceen haben eben:
1 *
+ Phykoxanthin — Phyllocactus
fall3 Dogonien und Antheridien, und bilden in den
eritern Dofporen, außerdem finden fich bei ihnen
eichloffene Sporangien in denen zahlreiche
hwärmfporen entwidelt werden. Von diejen
drei Familien weichen die Chytridiaceen dadurd ab,
dab ihr ganzes Mycelium meift nur auf eine fuge:
lige Zelle reduziert und diefe Belle zugleich Spo—
rangium ift. In ihrem Innern bilden ſich zahlreiche
Schwärmſporen, die dann wieder in eine Wirts-
pflanze eindringen und ein neues Sporangium er
engen oder auch zu Dauerjporen werden. Ob eine
geſchlechtliche Fortpflanzung vorhanden, iſt nicht
befannt; man hat zwar Kopulation von Schwärnt:
ſporen beobachtet, aber ob dies als Geſchlechtsalt
aufzufaffen ift, muß dahingeſtellt bleiben.
Bhykoranthin, ein goldgelber Pflanzenfarb—
toff, welder fi in Bezug auf feine Löslichkeit
m Chlorophyll gleich verhält, (©. unter Algen,
Bd. I, ©. 401*,)
+ era ale f. Gebetsriemen.
Phylarchos aus Naukratis, Später in Athen,
ſchrieb um 210 v. Chr. ein großes Geſchichtswerk,
sHiftorien», in 28 Büchern. Bieles in der Biogra-
phie des Plutarch und in den «Historiae» des Juſtin
(f. d) gebt auf B. zurüd, Die Fragmente jtehen in
Müllers «Fragmenta historicorum Graecorunp»,
Bet grch.), Wächter. .
yle (orh.), d. i. Stamm, bieß bei den Gries
hen eine urfprünglid durch Gemeinfamteit der
Abftammung zufammengehaltene Abteilung der
Bevölkerung eines Landes (lat. Tribus), Solcher
8: finden ſich feit den ältejten Zeiten in ben dor.
taaten, wie Sparta, drei: Hylleer, Dymanen und
— — In Attila dagegen waren es vier:
eleonten, Hopleten, Argadeer und UÜgikoreer.
Dieſe attiſchen —— anſcheinend noch lange
die Erinnerung lebendig an die uralte Teilung von
Attika (vor Theſeus) in vier ſelbſtändige Landſchaf—
ten, und die Namen ſcheinen, anfangs nur den Adel
betreffend, von der Landesnatur hergenommen zu
Die Dann waren bie Geleonten die Geſchlechter
e3 Kephiſos- und Iliſosgebiets; Hopleten die des
öſtl. marathonifchen Attila; Argadeer die der eleu:
finiihen Kornlandfchaft; Agikoreer die der herden:
reihen innern und ſüdl. Berglandfchaften. In der
ältern Zeit dienten diefe ioniſchen P. für Attila als
Grundlage des Organismus der Negierung und
Verwaltung nad allen Seiten. Ihre polit. Be:
deutung aber hörte auf, feit 508 v. Chr. Kleiſthenes
für dieſe Gefchäfte zehn neue nad) altattifchen He:
toen (den jog. Eponymen) benannte einführte:
Erechtheis, Ugeis, Pandionis, Leontis, Alamantis,
Dineis, Kelropis, Hippothoontis, Uantis, Antiochis.
Jeder dieſer P. wurde eine beſtimmte Anzahl Ge—
meinden (Demen) aus den verſchiedenſten Teilen
des ganzen Landes zugewieſen. Im J. 307 v. Chr.
wurden zu den zehn Kleiſtheniſchen zwei neue
bingugefügt und zu Ehren des Demetrios Polior:
etes und feines Vaters Antigonos Antigonis und
Demetrias genannt, fpäter zu Ehren der Könige
Ptolemäos1I. Philadelphos von Agypten und Atta:
los 1. von Pergamon in PBtolemais und Attalis
umgetauft, Unter Kaifer Hadrian kam endlich nod)
eine dreizehnte P., Hadrianis, hinzu. Jede P.
ftellte 50 Dlitglieder in den Rat (Bule), der daher
zur Zeit der zehn P. aus 500, zur Zeit der zwölf B.
aus 600 Mitgliedern beftand; bei der Cinführun
der dreizehnten B. wurde er wieder auf 500 (wohl
genauer 520, 40 aus jeder P.) befchräntt,
Phyllanthus L. (Emblica Gärtn.), Blatt:
blume, eine zu den Euphorbiaceen gerechnete oder
mit Euphorbia die Familie der Phyllanthaceen
bildende monöciihe Gattung. Die männlichen
Blüten haben ſechsteilige Kelche, *8 Corolle, die
Staubfäden ſind verwächſen und ſtellen eine drei
Staubbeutel tragende Saͤule dar. Die weiblichen
Blüten haben ebenfalls ſechsteilige Kelche; das
Nektarium bildet einen zwölfedigen Rand, drei
—— Griffel. Die Frucht iſt eine —— e
apſel mit zwei Samen in jedem Knopfe. *
Gattung iſt dadurch intereſſant, daß ihre meiſten
Arten keine wahren Blätter, ſondern nur blatt:
artig verbreiterte Blütenäſte befiken, fodaß bie
Blüten dem Vlattrande zu entipringen fcheinen.
Die ſchönſte in die Gewächshäuſer eingeführte Art
ift P. speciosus Jacg. aus Weftindien; ihre Schein:
blätter find mit zierlihen, geitielten, roten Blüten
franfenartig befegt. Alle Arten verlangen einen
Pak im Lobbeete eines Warmbaufes.
erium, f. unter Filztrankheit der
Blätter.
Phylis, Tochter des Königs Sithon in Thra:
ien, verliebte fih in Demophon, als diefer auf der
Rudlehr von Troja nad) Thrazien kam. Als Demo:
phon verhindert wurde, an dem verabrebeten Tage
zur Bermählung mit ihr zurüdzufommen, wurbe ſie
in einen Mandelbaum verwandelt, der, als der end:
lid) gelommene Geliebte fie umarmte Blätter trieb.
— ein ausgezeichnet ſchieferiges Geſtein
von meiſt dunkler Farbe, mit ſeideartigem Glanz
auf den Spaltungsflächen. Cr bildet die oberſten
Komplere der axchäiſchen Formationen, jo im Erz
gebirge und Fichtelgebirge. j
bot iefer, joviel wie Bhyllite
Phyilloblaften igrch., Vlattteimer), foviel wie
Dilotyledonen. Ne
Phyllocaotus Lk., Slügellaltus, eine in
warmen feuchten Gegenden des tropifchen Amerika
einheimifhe Gattung des —— echts, halb⸗
paraſitiſche Arten umfaſſend, bei denen Stamm
und Üſte ftark zufammengedrüdt, blattartig ver:
breitert und am Rande weitläufig gelerbt find.
Im Alter werben fie an der Bafıs holzig und ftiel:
rund, Die Blüten entipringen aus den Kerben
Ienee Sceinblätter, öffnen jich zur Nachtzeit und
— ſich bei Sonnenaufgang für immer oder
bleiben mehrere Tage lang geöffnet. Dieſe Gat—
tung iſt die blumiſtiſch entwideltite des Kaltusge⸗
ſchlechts, und ihre Arten, Stubenpflanzen eriten
Ranges, haben noch befondere Bedeutung dadurch
erlangt, daß aus ihnen unter Mitwirkung einer
Gereus:Art(Cereusspeciosissimus)einelange Reihe
—* blühender —— hervorgegangen iſt. Die
tannteſten Arten ſind: P. grandis Lem., auf den
Antillen zu Haufe, 4—6 m — mit jehr —
ſchalenförmigen, weißen oder roſaweißen Blumen,
welche nur eine Nacht dauern. Ihm nad Habitus
und Blütenfarbe verwandt Y P. Hookeri Salın.,
doch find die Blumen mehr fternförmig. Die
weißen ſtark duftenden Blumen des P. crenatus
Salm. haben einen Durchmeſſer von 15—20 cm,
Befonderd gern wird P. Ackermanni Salm. aus
Merito wegen feiner großen, prächtigen, ar
roten Blumen in den Stuben gehalten. Diefe
— lieben eine leichte, etwas ſandige
auberde über Topfſcherben, im Sommer reich—
liches Waſſer und bei warmer Witterung einen
Siandort im Freien bei leichter Beſchattung, im
Phyllodien — Phyfit 5
Winter aber in der Wohnftube ein fonnig gelegenes
Seniter und eine fehr mäßige Bewäſſerung. an
vermehrt fie leicht durch Stedlinge. ,
ahnen (er) blattipreitenartig ausgebil:
dete Blattjtiele, ſ. unter Blatt (Botanit),
Phyllodium nennt man in der Botanil einen
blattartig ausgebildeten Blattjtiel, an welchem die
eigentlihe Blattipreite entweder ganz Sen oder
nur rubimentär entwidelt ijt. — hyllodien
haben unter andern viele Arten der Gattung Aca-
cia. (Bol. Blatt, Bv. III, S. 133*.)
Phyll om (grch.), in der Botanik foviel wie Blatt.
Phyllosöma, Larve der Languite (f. d.).
Phyliostomata, |. —
Phyllotagis, Lehre von der Blattſtellung (ſ. d.).
lloxera vasta (v. griech. 5 PuAdo»,
bas Blatt, und Enpo;, bürr, troden), |. Reblaus.
Phylogenie oder Bhylogonie (vom griech).
rd gülov, das Geſchlecht, der Stamm, und rd yEvos,
bie Ablunft), auch Zoogonie genannt, eine neuere,
im Gefolge der Darwinſchen sche entftandene Wil:
fenfchaft, welche —* weſentlichſte Grundlage in der
Paläontologie befigt. Dieſelbe ſucht die Entwide:
lung fämtliher Tiere und Pflanzen aus einer An:
zabl von Grundformen (Phylen) zu verfolgen. Die
phylogenetifche Entwidelung fhlägt durch die Reihe
der Tiergattungen hindurch vielfach diefelben Wege
ein, mei bie ontogeniſche Entwidelung an einem
und bemielben Tiere zeigt. Beiſpiele herf find
die verfchiedenen Formen der Amphibienllaſſe, ſowie
bie rer der Metamorphofe des Fro:
es. . Entwidelungsgefdidte.)
Pby gonie, —
Phys L., Pflangengattung aus ber Ya:
milie der Solanaceen. Man kennt gegen 30 Arten,
von denen die meiften in den wärmern Gegenden
Nordamerikas wachen. In Deutſchland kommt nur
eine Art vor, die ſog. Jubentirfche oder Schlutte,
P. Alkekengi L., es ijt eine frautartige Pflanze
mit eiförmigen zu sipsten Blättern und ſchmußig⸗
weißen Blüten. Die Frucht ift eine etwa firichen:
grobe länzenbrote Beere, die von dem nad) den
bblüben i ſtark vergrößernden Kelch tutenför:
mig umſchloſſen wird. Der Kelch iſt ebenfalls zur
Zeit der Fruchtreife lebhaft rot nefärbt. Die Beere
bat einen füß-fäuerlihen Geſchmack und lann fo:
wohl roh wie eingemacht gegefien werden, das
Kraut dagegen iſt giftig. Wegen bes ſchönen Aus:
febend bes blafig erweiterten Kelchs wird bie
Pflanze aud) oft in Güxten geyopen. Die Beeren
waren früher als Baccae Alkekengi offizinell.
uiema ( 1), Aufblähung, indfucht.
feter, der Kaſchelot.
; yeharmonifa, ſ. Harmonium.
fiater (grch.), Naturarzt; Phyſiatrie,
Raturbeilung, Heilkraft ber Natur,
Bhyfik (vom griech. PYo:s, Natur) rn in
weiterer —— denjenigen Teil der Naturwif:
ſenſchaft, welcher ih mit der Auffindung der Ge:
ſetze beichäftigt, nach welchen die verſchiedenen Hör:
per fi bilden und verändern, ſowohl in ihren
äußern Formen als innern Zufammenfehungen,
ſowie in ihren Beziehungen gegen andere, ec
oder entferntere Slörper. In diefem Sinne umfaßt
die P. die Bhyfiologie (f. d.), bie Chemie (f. d.) und
die V. im engern Sinne. Diefe lehtere, die hier
allein in Betracht fommt, behandelt alle diejenigen
Beränberungen in den Formen undden Beziehungen
fel der ftofflihen Bufammenfehung eintreten, und
fucht die nich für biefelben aufzujtellen. Zur Cr:
reihung dieſes Ziels fchlägt die P. einen zweifachen
Meg ein, ber bloßen Beobadtung und ben bes
Verſuchs oder des Erperiments. Während bei der
bloßen Beobachtung der Phyfiter ben einzelnen Er-
ſcheinungen, wie fie ihm gerade die Natur in einer
ewiſſen Reihenfolge vorführt, mit Aufmerkjamteit
olgt und ihren Zufammenbang zu ertennen fucht,
ger er beim Berjuch felbftändig in den natürlichen
Verlauf ber Vorgänge ein und läßt, um die Wir—
kungsweiſe der einzelnen Kräfte deutlicher darzu—
legen, die Körper unter Berhältniffen aufeinander
wirten, unter welchen fie bie Natur im —
lichen Laufe der Dinge zu jener Zeit nicht, ja ſelbſt
wohl niemals zuſammen abet ben würde. Mit
Hilfe der Mathematik laſſen ji dann aus den an
fünftlihen Vorrichtungen wahrgenommenen Gr:
fheinungen die Geſetze ber Wirkungsweife der zu
Grunde liegenden Kräfte herleiten.
Wenn aud die Beftrebungen zu einem Anfange
der P. bis auf die alten ion, Philofophen (Thales,
Anarimenes u. f. w. — o iſt doch der
Gewinn, den das Altertum diefer Wiſſenſchaft ges
bradt hat, ein Ich geringer gewefen. Die alten
Di ofophen glaubten im allgemeinen, entgegens
% ebt der Methode der heutigen Naturforfhung,
neller ans Ziel zu gelangen, wenn fie, von einem
allgemeinen Prinzip ausgehend, das Wefen der
Dinge zu erfennen perfugten, Das Erperiment,
als Prien des richtigen Vorſchreitens, blieb ihnen
um jo Dr fremd, als ihre Ydeen zum geoden eil
ſehr unbeftimmt waren und eben deshalb eine An:
wendung auf die Wirklichkeit nicht rec So⸗
bald Hare Ideen mit dem Erperiment ſich verbanden,
wie bei den pl went des Archimedes über
den Hebel und das Verhalten der in Wafler ein:
getauchten Körper, mußte man fofort ae uffin⸗
dung der wahren Geſehe gelangen. 7 jenen
Arbeiten des Archimedes find aus dem Altertum
nur nod) die Optil des Euklid, die auf Flüffigleiten
16 . Schrift des Hero von Alerandria,
omie die namentlich von feiten ber puthagorüfchen
Schule ausgeführten Unterfuchungen über die Ton:
verhältnifje erwähnenswert. Aber auch dad Mit:
telalter hat die Entwidelung der P. nicht gefördert.
Zu dem Mangel an mathem. Kenntniſſen trat da:
mals in ber ri. Welt noch die alle Kreife um:
fafjende Herrichaft ber Kirche und der in ihrem
Dienfte ftehenden fcholaftifchen Pbilojophie, wãh⸗
rend andererſeits die Araber, ſo ſorgfältig ſie auch
die Lehren des Altertums bewahrt haben, doch nicht
——— geiſtige vo und Kraft zu einer
elbftändigen Entwidelung der Wiſſenſchaft beſaßen.
Der von ben Arabern berrührende Gewinn bes
ſchränkt ſich gl einige wenige Säbe der Optik, bie
mit der von ihnen vorzugsweije gepflegten Altro-
nomie im Zufammenbang jtanden.
Erft mit dem allgemeinen Wiedererwachen ber
Wiſſenſchaften beginnt auch für die P. eine neue
Periode der Entwidelung. Als F ſiegreicher
Kampf gegen die Autorität ber frühern Lehre er-
fcheint die Aufitellung des neuen Sonnenſyſtems
durch Kopernitus (1554). Vor allem aber war es
Galilei (1602), der zuerft in ftrenger Weiſe ben
Meg des Verſuchs einfchlug und defien Bedeutung
[I eine erfolgreiche Erferlung der Natur durch
eine eigenen glänzenden Entdedungen in der Lehre
ber unorganifchen Körper, welche ohne einen Wed: | von ber Bewegung der Körper und vom Licht nad):
6 Phyſil
wies. Faſt gleichzeitig unternahm Gilbert in Eng⸗
land eine experimentelle Unterſuchung ber magne:
tiſchen Kraft, bei welcher er auch die Anfänge der
Elektricitätslehre ſchuf, und etwas ſpäter entdedte
Kepler (1618) die Gejege der Bewegung der Pla:
neten in ihrem Laufe um die Sonne. War bis
dahin die Forfhungvorzug&weife auf die Aufitellung
ber Geſetze, denen die Erfcheinungen in der Natur
folgen, gerichtet, jo begann man bald audy nad) den
Gründen zu fragen, welde jene Erſcheinungen be:
dingen. Indes traten Mangel an Ausbildung der
Mathematik, namentlich der Mechanik, befonders
aber aud der damals noch fehr befchränfte Kreis
enau beobachteter Erſcheinungen als wejentlidye
Hinderniſſe einer erfolgreichen Entwidelung der P.
nach dieſer Seite hin entgegen, wie dies der von
Descartes (ſ. d.) in feinen «Principia philosophiae»
gemachte Verſuch einer Erklärung der Naturerſchei⸗
WARBEN beweiſt. Unterbes ſchritt aber die Kennt:
nis der Thatjachen ohne Unterbredung vorwärts.
Snell (1615) und Descartes (1637) gaben das wahre
Geſetz für die Brehung des Lichts. Otto von
Gueride (1650) berichtigte und erweiterte durch die
Erfindung der Quftpumpe die Kenntnis der Eigen:
rim der Luft und zeigte die wichtigften Eigen:
ten ber eleltriſchen Kraft, die jedod von feinen
Zeitgenoflen nicht verftanden wurden. Huyghens
are führte die von Galilei begonnenen Unter:
uhungen über das Pendel weiter und benußte Die:
Es zur Regulierung der Uhren, lehrte auch die Ge:
ehe der Gentrifugalkraft und des Stoßes kennen.
Für die Optit ſchuf Huyghens (1690) die Grundlage
der jet geltenden Wellentheorie. (S. Licht.)
Eine neue Epoche begann für die P. mit der Auf:
ftellung des Gravitationsgefeße3 durch Newton
(1682). Aus dem Sas, dab alle materiellen Kör:
per fi proportional ihren Maſſen, aber umgefehrt
proportional den Duadraten ihre Abftandes an:
iehen, leitete Newton die von Kepler (1618) den
Beobachtungen entlehnten Geſetze der Planeten:
bewegung her und zeigte in jener Anziehung den
Grund der jog. Störungen in dem Laufe der Pla:
neten und ihrer Satelliten, Ferner benußte er
diefe zur Erllärung ber Geitalt der Erde und ber
Ungleichheit der Schwerkraft an ben verſchiedenen
Buntten ihrer Oberfläche, ſowie zur Erflärung der
—— der Nachtgleichen, der Regreſſion des
aturnrings und der Entſtehung von Ebbe und
Flut auf unſerer Erde. Die Optik förderte Newton
1666) durch genaue Beobachtungen über bie ver:
chiedene Brechbarkeit der Strahlen und die Farben
dinner Blätthen, mußte aber, weil er bie von
Huyghens gegebenen Grundlagen der Bibrationg:
theorie nicht annahm (obwohl gerade ein Teil feiner
eigenen Unterjuhungen darauf hinwies), fondern
ber jog. Emanationstheorie den Vorzug gab, die
weſentliche Erweiterung ber Lichttheorie fpätern
Phyſikern überlafjen. Gegen die Mitte des 18,
ahrh. begann die Glektricitätstheorie rafch vor:
zufchreiten. Nachdem Grey 1729 den Unterſchied
zwiſchen ben verichiedenen Subſtanzen als Leiter
und Nichtleiter (Yiolatoren) entdedt hatte, wies
1733 Dufay das vage rer ing zweier verichiebener
Modifikationen ber elektriihen Kraft, der jog. poſi⸗
tiven und negativen Gleltricität, nad), deren Auf:
treten en durd) eine größere oder geringere
Anhäufung des elektriſchen Aluidums glaubte er:
Hären zu können. Nach diefer Auffaffung bildete
Franklin fi feine Theorie über elektriiche Ladung
und Entlabung, die ihn zu der Erflärung des Blikes
als eines eleltriſchen Funtens führte (1752). ie
jpeziellen Geſete über die Anziehungen und Ab»
ftoßungen elettrifher und magnetiſcher Mafien gab
egen Ende des 18. Jahrh. Coulomb. In der
ärmelehre wurde die Ausdehnung der Körper,
bejonders der Gaſe und Flüffigkeiten, feit dem Ende
des 17. Jahrh. zur Meſſung der Temperatur benußt;
do dauerte es noch jehr lange, ehe das Thermo:
meter ein wahres Mebinftrument wurde.
In der zweiten Hälfte des 18. Jahrh. erlannte
Blad, daß 28 Erhisen gleichgroßer Maſſen em.
differenter Subftanzen verfdiedene Wärmemengen
(Ipesin) e Wärme) erforberlih find, fowie a
beim fbergange des feiten Zuftandes in ben flüj:
figen und_ebenjo des flüffigen in den gasförmigen
eine gewifje Wärmemenge gebunden (Blads latente
Wärme) und bei dem Rüdwärtögehen aus dem ga3:
förmigen in den flüffigen und feften Zuftand diejelbe
MWärmemenge wieder frei wird. Auch die Anfichten
über bie Dampfbildung Härten ſich immer mebr,
ſodaß Dalton zu Anfang des 19. Jahrh. eine rich:
tige Darftellung ihres Verhaltens zu geben ver:
mochte. Ein ganz neues Feld erö fi) der
Gleltricität durch die Entdedung (1791) Galvanis
der —— von Zudungen in friſch getöteten
djchen uch Belegungen aus zwei verjdiebenen
tetallen), die Volta mitteld des von ihm fon:
ftruierten Kondenjatord zur Entdedung der Kontaft:
elettricität, fowie zur Konftrultion der nad) ihm ge:
nannten Säule rg Niholjon und Carlisle
zeigten fehr bald die zeriegende Eigenihaft des
Stroms dieſer Säule, der für Humphry Davy 1807
das Mittel zur Darftellung der Metalle der Altalien
und Erden wurde, Die magnetifchen Eigenſchaften
eined von einem elektriſchen Strome durchfloſſenen
Drahtes fand 1820 Oriteb (Eleftromagnetismus).
Unmittelbar darauf beobachtete Ampere bie Eins
wirfung zweier jolcher elektriſcher Leitungsdrähte
aufeinander —— und lehrte Arago
durch den elektriſchen Strom weiches Eiſen magne:
tiſch zu machen. Dann folgte 1822 die Entdedung
des jog. Thermomagnetismus (der E ng elet:
triſcher Ströme durch Erwärmung der Berbindungs:
ftelle zweier heterogener Metalle) durch Seebeck.
Hieran ſchloß ſich 1832 die Entdedung ber jog. elet:
triſchen Induktion (ſ. d.) durch Faraday. Im J.
1845 zeigte ebenderſelbe, daß alle Körper, auch die
fog. nihtmagnetiihen, eine Einwirkung des Mag:
netismus, und zwar abftoßende (Diamagnetismus)
erfahren, Die Kenntnis des Magnetismus unferer
Erde war im Laufe des 19. Jahrh. befonders durch
Humboldt, Hanjteen, Gauß und W. Weber gefördert
worden, Während auf Newtons Autorität geſtützt
im 18. Sn ie jog. Emanationätheorie bes Lichts
die Herrihaft behauptete, mußte fie im Anfang des
19. Jahrh. diejelbe nad und nad) an die bereits
von Huyghens in ihren re aufgeftellte
Undulationstheorie abtreten, indem Tb. Young und
Freönel die Unvereinbarleit der Emanationstheorie
mit den Erſcheinungen der fog. Interferenz (Farben
dünner Blätthen, Beugung u. ſ. m.) und der von
Malus entdedten Bolarifation nebft den zahlreichen
dadurch erzeugten, von Arago, Biot und Bremiter
beobadıteten Bhänomenen nachwieſen, während die
Undulationstheorie dieje Erjcheinungen ebenjo wie
die ſchon länger befannten optiihen Vorgänge mit
Leichtigkeit erllarte. Der von Seebed entdedte
Thermomagnetismus gewährte Melloni ein Mittel
Phyfitbad — Phyfiognomie 7
ur genauern Unterfuchung der Erſcheinungen ber
itrablenden Wärme, die fih in allen Beziehungen
den rn nn analog zeigte; was die Auffaffung
fämtliher Wärmevorgänge ald Schwingungserjcei:
nungen der Moleküle wahrſcheinlich machte. Die
Boritellung von einem innern Zuſammenhang der
verichiedenen Kräfte führte in der neuern Zeit
FR. von Mayer (1842—51) und Joule (1843—
49) zu dem Nachweiſe, dab eine gewiſſe Arbeits:
leiltung einer gewifjen Wärmemenge äquivalent iſt,
ſodaß —* jede verſchwundene Wärmemenge eine ge—
wiſſe Arbeit geleiſtet und, umgelehrt, durch jede
aufgewandte Arbeit eine entſprechende Wärmemenge
erzeugt werden lann (mechan. Wärmetheorie). Hier:
3 gründet ſich der — — von der Er:
haltung der Kraft di .
Litteratur. Whewell, «Geſchichte der indulti—
ven Wiſſenſchaften » (deutſch von Littrow, 3 Bde.,
Stuttg. 1840— 41); Poggendorff, «Geſchichte der
B.» (2p3. 1879); Heller, «Geſchichte der BP.»
(Stuttg. 1882 fg.); Rofenberger, « Die Gejchichte
der B.» (Braunihw. 1882 fg.) Bon den neuern
Lehrbühern und Sammelwerten über B. find
orzubeben: PBouillet, «Lehrbuch der P. und
teteorologie», deutſch bearbeitet von Müller
2 Bde., Braunihw. 1842; 8. Aufl., bearbeitet von
faumdler, 3 Bde., 1876—81); Wiüllner, «Lehrbud)
der Erperimentalphyfil» (nad Jamins «Physique»,
3. Aufl., 4 Bde., Lpz. 1875) und deſſen «Kompen—
dium» (2 Bde., 2pz. 1879) ; Rednagel, «ompen:
dium der PB.» (nad) Jamins «Physique», Lpʒ. 1876);
Gifenlohr, Lehrbuch der B.» (11. Aufl. von Zech,
Stutta. 1876); Reis, «Lehrbuch der PB.» (5. Aufl.,
2p3. 1882); Moufion, «Bhyfil» (3. Aufl, 3 Bde.,
ür. 1879— 82); Bohn, «Grgebnifie der —
ihung» (Lpj. 1878); Heßler und Pislo, «Lehr:
u te nifhen VB.» (3. Aufl., 2 Bde., 1865);
lers «Wörterbuch der B.» (neue Aufl., 11 Bde.,
2pi. 1825 — 45); Marbach, «Phylit. Leriton» (2.
Aufl., 6 Bde., Lpz. 1849—59); «Encyllopädie der
2.» (herausg. von Karſten, 20 Lfon., Lpz. 1856—
70). — welche die P. behandeln, ſind:
Poggendorffs «Annalen der P. und Chemie» (fort:
von Wiedemann); Carls «Repertorium der B.»
ortgej. von Erner); «Annales de chimie et de
—*— «The London philosophical Magazine
Journal of science»; Fechners «Nepertorium
3 Bbe., Lpz. 1832); «Nepertorium der PB.»
= ., Berl. 1837—49) ; ferner Berzelius’ «Jahres:
cht⸗, feit 1847 von Liebig und Kopp fortgeickt,
und «Kortichritte der B.» (herausg. von ber Sf.
taliihen Geſellſchaft in Berlin pr 1845),
Bhyfitbad, veraltete, früher in der Färberei
üblich geweiene Bezeichnung für mit Zinndlorid
verjehte Farbbrühen, welche namentlich in der Sei:
ärberei Verwendung finden,
o —* (Irch.) beißt die im 18. Jahrh.
€
be liebte Methode, aus der Zwechmäßigleit der
tur und der einzelnen Naturgegenftände den
Glauben an einen weiſen, nad Zweden wirtenden
Urheber derjelben zu begründen; daher der Name
pbyfitotheologiiher Beweis für das Dafein
Gottes. (5. Teleologie.) Das Aniehen, in wel:
m biejer im 18. Jabrh. namentlich von engl.
ologen ausgebildete Beweis ftand, wurde zu:
durch Kant erichüttert. Die Heinlihe Art, mit
man die Annahme einer von einer zwed:
febenden Intelligenz von aufen ber in die Dinge
bineingeleaten Swedmäßigteit nach dem Nuhen,
ben fie ben Menſchen gewährten, bemaß und bis
ins Einzelne hinein zu begründen verjuchte, hat
diefer Art von Beweisführung längſt in willen:
ſchaftlichen Kreifen den Boden —— An ihre
Stelle iſt die Annahme einer den Dingen einwoh—
nenden (immanenten) Zweckmäßigleit getreten,
welche jedoch der neueſte Materialismus ebenſo
wenig gelten laſſen will.
‚Bhyfifus, ein ftaatlich beitellter Arzt, der über
die Gejundbeitöverhältnifie eines bejtimmten Be:
irls zu wachen und in vorlommenden Fällen den
Berwaltungs:, wie den Gerichtäbehörden den nö:
tigen Beiſtand zu leiften hat. Man unterſcheidet
Kreis:, Stadt: und Landphyfici. Zur Er:
langung eines Phyſikats ift zuvor eine bejon:
dere ſtaatliche Sr das ſog. Phyſilatsexamen)
u beitehen. In manden Ländern wird der P.
ezirksarzt genannt. (S. Medizinalwejen.)
* —5 im allgemeinen die
äußere Form und Geſialt als Abbild eines beſeelten
— insbeſondere das menſchliche Antlitz; die
unſt, aus der P. auf die innere Seelenbeſchaffen—
it zu ſchließen, wird dA — auch
byfiognomonik bezeichnet. n aud das
ort P. fi) urfprünglid auf die Beurteilung der
Erſcheinung eines lebenden Weſens, felbft einer
zo oder eined Landes bezieht, jo wendet man
es doch meijt fpeziell auf das Gejiht und die Ge:
fihtäzüge des Menſchen und derjenigen Tiere an,
weldye durch Bewegungen des Geſichis oder einzel:
ner Teile desfelben ihre Empfindungen und Gefühle
tundgeben können. Der Ausdrud gewifjer Seelen:
zuftände durch das Spiel der P. bildet demnach nur
—* er, — auch —* een —— imif
erbaupt, und er wird um jo hervor er, je
mehr die Muskulatur bes Geſichts und feiner Beide
teile ausgebildet iſt. 5* beſchränkte man ſich
— aus verjchiedenen Formen und nenten
Geftaltungen der einzelnen Gefichtöteile auf die gei:
Der Anlagen und Fäbigleiten des betreffenden
ndividuums höchſt wenig geredhtfertigte Schlüſſe
A ziehen, weldye man beſonders aud) auf Tierähn:
ichleiten zu ftügen fuchte. Auf diefem Wege wurde
unter ben Händen von Lavater (f. d.) gegen Ende
des 18. Jahrh. die ee wie man die Lehre
von ber Kenntnis des Menjchen aus feinen Geſichts⸗
po Ivepel nannte, eine ziemlich inhaltlofe Spie:
erei, welche mit ber Phrenologie ( d.) Hand in
Band ging. Erft mit dem Anfange des 19. Jahrh.
uchte man durch Beobachtungen, anatom, Studien
und phyfiol. Verſuche die Urſachen der einzelnen
mimijchen Bewegungen zu ergründen und die Ge⸗
feße feitzuftellen,, wo. welchen die Musteln bei be:
ftimmten Anläfjen und Empfindungen in Bewegung
ejegt werden. Sir Charles Bell betrat den erjten
eg in feiner «Anatomie und Phyjiologie des Aus:
druda» (Lond. 1806). Duchenne in Baris ftellte
durch ftarfe elektrif —— ber Muskeln des
Geſichts die Wirkung derfelben feit («Mechanismus
der menichlihen B.», 1862), und in neuerer Zeit
{uhten iberit —— Syitem der
imit umd Bhyfiognomil», Detm. 1867) und ganz
bejonders Charles Darwin («The expression of
emotions», Lond. 1871) die Gejehe feitzuftellen,
nad welden die mimifchen Bewegungen in
Merk gefept werben. s
Darwin ſucht die ganze Mimik der Tiere und des
Menſchen, des Geſichts und der Gliedmaßen, auf
drei Prinzipien zurüdzuführen, nämlich das Ale:
8 Phyfiokratismus — Phyfiologie
ciationspri
f}
t ber nuhlichen Gewohnheiten, das
zu. der Antithefe und das Prinzip der im Bau
des Nervenfyitems begründeten Handlungen, bie
gänzlih unabhängig vom Willen und bis zu
einem gewiſſen Grabe von ber Gewohnheit un:
abhängig find. Es gibt viele, zum Teil fehr
ne gran Demwegungen, welche direft oder in:
dire ie find zur Befriedigung von Bebürf:
nifjen u. ſ. w.; fie werben erg t und allmäb:
li zur fonftanten Gewohnheit, fobald ein Gebante
oder ein geiftiger Zuftand eintritt, der ſich auf das:
elbe Bedürfnis * So fletſcht der zornige
enſch die Zähne, ballt die Fäuſte u. ſ. w.; er be:
reitet feine An iffewaffen vor. Dem Prinzip ber
Antithefe zufolge werden bei geiftigen Zuftänden,
welche einem andern, der beitimmte Bewegungen
hervorruft, gerade entgegengeieht find, auch bie
entgegengefehten Muskeln in Aktion efeht. Der
Hund ſchmiegt fi, wenn er —— n will, weil
er ſich ftredt und fteift, wenn er fi zum Kampfe
bereitet; die Hape fteift Jich dagegen zum Lieblofen,
‚weil fie ſich budt und ſchmeidigt, wenn = ——
will, Zu der dritten Klaſſe erpreifiver Alte, we —
von beſondern Zuſtänden des Nervenſyſtems ab:
hängen, rechnet Darwin das Zittern, Schwißen, Er:
röten und Erblaffen u, ſ. w. Bei allen dieſen Bor:
gängen fpielt die Bererbung die größte Rolle; die
aan ausdrudsvollen —— ſind ange⸗
boren, d. h. von den Voreltern ererbt; die Gewohn⸗
dei firiert fie, und ſchließlich geben fie dem ganzen Ges
ichte einen typischen Ausdrud, je nachdem dieſe ober
jene Geijteöjuftände die Oberhand im Leben ges
wonnen haben. Bol. a na ram und
Bhrenologie» (Berl. 1870); Piderit, «Mimik und
Vhyfiognomit» (2. Aufl., Detmold 1886),
byfiofratismud (vom ve pics, bie Na:
tur, und iv, herrſchen, d. 1. ertfchaft der Na⸗
tur) — es Syſten nennt man
die von Quesnay aufgeſtellte und von Dupont de
Nemours, Mercier de la Riviere, Mirabeau, Le:
trosne, Bandeau u.a. weiter auögebildete, auch
von dem in vieler a re originellen Zur:
got angenommene vo swirthaftl: e Theorie,
welche jich gegen die damals herrſchenden An:
——— des Merlantilſyſtems wandte und die
Auelle des Nationalreichtums nicht im auswär—
tigen Handel, ſondern im Grund und Boden und
im Aderbau ſuchte. Nur die Landwirtihaft ift
nach diefer Lehre im Stande, al3 Gefchent der Na;
tur einen überſchuß von Produkten über den zu
ihrer Erzeugung notwendigen Aufwand zu gemins
nen, fie allein aljo liefert ein jog. « produit net»,
welches allein den Unterhalt der übrigen, nichts
landwirtſchaftlichen Bevöllerung möglich macht.
Nur die Landwirte bilden daher eine wirklich pro:
dultive Klaſſe. Neben ihnen, ftehen die bloßen
Grundeigentümer, an welde bie Pächter das —*
duit net abgeben. Die gewerbe⸗ und handeltrei⸗
bende Bevölferung aber bildet die «classe sterile»,
weil fie feine neuen Güter ſchafft, fondern nur ge:
gebene Stofje umwandelt und deren Merte nur
um ben Wert der während ber Verarbeitung ver:
zehrten Bodenprodulte erhöht. Ubrigens foll nicht
nur die Landwirtichaft June nz ndujtrie
und Handel nach der phyfiofratiichen Schule, die
in diefer Beziehung durch die —— chen An⸗
ſichten Gournays . d.) ußt war, volle Frei⸗
t der Bewegung erhalten. Da alle Staatsaus:
gaben fchließlih aus dem produit net bejtritten
eein
werben müflen, fo ift e8 nad) ben ——— am
zwedmaäßigſten, ben ganzen Staatsbedarf mittels
einer einzigen Steuer (impöt unique), nämlich
einer Grunditeuer, direlt von denjenigen zu er:
beben, welde ben NReinertrag unmittelbar in
Empfang nehmen, Die Einfeitigkeit dieſer Theorie
iſt einleuchtend, namentlich binfichtlich der behaup:
teten Unprobuftivität ber gewerblichen Arbeit, doch
bleibt fie von großer hiſtor. Bedeutung, einesteils
als eriter Verſuch einer theoretiihen Gefamtauf:
fajjung des vollswirtichaftlihen Prozeſſes und
anbererjeitö wegen des außerordentlich bedeutenden
Einfluffes, welchen fie auf Adam Smith (f. d.) und
fein Syitem ausgeübt bat. Eine Sammlung ber
Schriften Duesnays und anderer Phyfiofraten ward
als Zeil der Guillauminfchen «Collection des prin-
cipaux &conomistes» von Daire rg ee als
«Physiocrates» (2 Bde., Par. 1846). Vol. auch
Kellner „aut Geſchichte des P.» (Gött. 14
byfio ogie (pr) urfprünglich gleichbedeu:
tend mit Bhyfit, 9 aturlehre bezeichnet die Willen:
ſchaft von den regelmäßigen Sunttionen in den jog.
belebten Körpern oder Organismen, den Tieren
und Pflanzen. Alle denjelben zulommenben eigen:
tümlichen Funktionen laffen ſich im wefentlihen als
regelmäßige Veränderungen ihrer dem. Beitand:
teile, der in ihnen wirkenden phyſil. Kräfte und ihrer
morpholog. Formelemente betrachten. Während
man —— den Grund dieſer Eigentümlichkeiten in
befondern, den Organiämen eigentümlichen vererb⸗
baren äbigfeiten judte, deren Summe man als
Lebenskraft (. d.) bezeichnete, haben bie neuern
——— zu der ſichern Erkenntnis geführt,
in den belebten Organismen dieſelben phyſil.
und dem, Kräfte nach denfelben Grundgefepen wir:
fen, welche auch in der —— chen Natur ſich kund⸗
eben. Dies im einzelnen des Genauern nachzuwei⸗
en, ift Aufgabe und Biel der P., wohingegen Ana-
tomie und Gewebelehre den Bau ber Organismen,
die Entwidelungsgefdichte, Erzeugung und Wachs—
tum derjelben nad) der formellen Seite daritellen.
Die PB. trennt man nad der Verſchiedenheit
ihrer Objekte in bie Tier: oder Zoophyſio—
—— deren Gegenſtand die Erforſchung der nor⸗
malen Funktionen bes tieriſchen und menſchlichen
Körpers bildet, undindie Pflanzen: oder Phyto⸗
pbyjiologie, die Lehre von den Berrichtungen
der lebenden Pflanze und ihrer einzelnen Teile.
Die Tierphyfiologie, oft aud nur P. ges
nannt, zerfällt wieder in bieallgemeine Phy—
fiologie, bie fih mit Ermittelung der allgemeinen
Lebensfunktionen und ber durch diefelben erzeugten
Wechſelwirlungen der organ. Wefen beichäftigt, und
in bie [pezielle Phyſiologie, die von den ein:
en Lebensverrihtungen handelt und eingehend
ie vegetativen Funktionen des Tierlörpers,
welche dieſer mit der Pflanze gemein bat (Ernäh:
rung, Atmung, Fortpflanzung), ſowie die ani ma—
liſchen Berrihtungen, welche nur dem Tiere
zulommen (Mustelthätigkeit, Sinnesempfindungen,
piychiiche Thätigfeiten), erforicht. Die Inder yfit
(j. d.), die — Erforſchung der ſeeliſchen und
geiitigen Zhätigteiten, bildet ben, vermittelnden
ibergang von der P. zur ‚Piysologie (.d.). Ws
Methoden und Hilfsmittel benupt die P., deren
Grundlage hauptſächlich die Phyſil, Chemie und
Anatomie 5 lich der Gewebelehre bilden,
vorzugsweiſe die Beobachtung, mit der jede Na—
turwiſſenſchaft zu beginnen bat, und das phyſiol.
Phyſiologie 9
ment, welches unter ben verfchiebeniten Mo:
tionen an Zier und Menſch wor wird
und —— ſeiner ng und erfolgreichen
Handha ng der ganzen Wiſſenſchaft den Namen
der Sper mentelpänjieionie verſchafft hat.
Die Gejhichte der P. beginnt jtrenggenommen
erſt mit der epochemachenden Entdedung des Blut:
treislaufd durch den Engländer William Harvey
(1629) und mit der wenige Jahre jpäter erfolgten
Entdedung der Chylusgefäbe durch Kajpar Ajelli
Pavia, Weitere wichtige Fortſchritte wurden
burd die Erfindung des Mikroſtops, durch die Ber:
voll —— der Injeftionstehnit und burd) die
Begründung der mikroſtopiſchen Anatomie durd)
Marcello Malpighi (1628—94) veranlaft. Die
erſte kritiſche Zufammenftellung der P. gab Albrecht
von Haller in feinen berühmten «Elementa physio-
logiae» (8 Bde., Laufanne 1757—66). Epoche⸗
madend waren Ende des 18. —* die Unter:
ſuchungen von Priejtley und Lavoifier über die
chem. Vorgänge des Atmungsprozefies, fowie die
Entdedungen Galvanis, welder die Lehre von ber
Mustel: und Nervenelektricität begründete. In
den legten var nten wurde bie 3 durch bie er:
— —e ätigleit zahlreicher Forſcher, unter denen
onders Johannes Müller, Du Boi3:Reymond
und Helmbolk in Berlin, Magenbie, und Glaube
Bernard in Paris, Ludwig in geipaig, Hermann
in Königäberg, Hering in Drag, rüde in Wien,
Donders in Leiden u. a. zu nennen find, zu einer
—— und wichtigen Wiſſenſchaft erhoben,
welche auf die Entwidelung der gefamten Medizin
von entiheidendem Einfluß geworden ift und ber
neuern Richtung derjelben geradezu den Namen der
phyſiol. Medizin verſchafft hat.
- Umfang und neuere Fortichritte ber ER
die Hand: und Lehrbücher von Ludwig (2. Aufl.,
. 1858— 61), Brüde (2. Aufl., Wien 1876),
undt (4. Aufl., Erlangen 1878), Fune (6. Aufl.,
2p3. 1876), Vierordt (5. Aufl., Tüb.
Rante (2. Aufl., Lpz. 1872), fowie das große «Hand:
buch der ®.» von ——— (6 Bde., Lpʒ. 1879—
83) nähere Auskunft. Vgl. noch Du Bois-Rey—
mond, «Der phyjiol. Unterricht ſonſt und jekt»
(Berl. 1878). Bon Badaekichriiten über P. yo
nennen: «Ardiv i natomie, PB. und wifjen:
(toftlige Medizin» (herausg. von Reidert und Du
0i:Reymond, Lpz. 1868 fg.) und «Archiv für die
gejamte PB.» (herausg. von Bflüger, Bonn 1868 ig).
Die Bilanzenphyfiologie hat die Aufgabe,
alle diejenigen Borgänge in den lebenden pflanz⸗
Organismen zu unterfudyen, welche ſich bei
der Ernährung, beim Wachstum und bei der ort:
pen ung berfeiben abjpielen. Da die eritern bei:
Srogefie weſentlich dem. oder phylit, Natur
nd, jo muß die P. ihre Aufgaben vorzüglid, unter
hme von Chemie und Bhyfit zu löſen fu:
n. Zwar wird aud) die Fortpflanzung auf folche
nge zurüdzuführen fein, doch ilt dies zur Zeit
wenigſtens bei der geſchlechilichen Fortpflanzung
unmöglich, da dieſer Prozeß der Bereinigung
zweier Blasmamajjen zu wenig Anbaltzpuntte für
eine erafte phyfiol. Unternehmung darbietet. m:
merbin kann man von einer P. ber Fortpflanzung
reden, benn and bie Beobachtung der dem eigent:
lichen feruellen Alte vorausgehenden Erjheinungen
der Beitäub Befruchtung, fowie die Weiterent:
widehung ber Ger teten Ciselle in ihren eriten
Stadien find nicht bloß Gegenſtand der Morpho:
logie, ſondern auch der P., inſofern babei ftofiliche
Beränderungen oder Ginwirkungen äußerer räfte
u. dgl. ftattfinden. Die eradtung der mannig:
faltigen Einrichtungen, welche bei Blütenpflanzen
Be Herbeiführung des Inſeltenbeſuchs oder zur
Verbreitung des Pollens durch den Wind vorhan-
den find, ebenjo die Beweglichkeit der Spermato—
zoiden bei den niedern Pflanzen, ſowie das Öffnen
der er ne und Ardegonien bieten nicht nur
für die Morphologie, fondern aud) für die P. be
ſtimmte Fragen. Auch die Erzeugung von Baftar:
den und die Dabei auftretenden eigentümlichen Ers
———— ſind Gegenſtand der phyſiol. Forſchung.
(Val. Baſtardpflanzen.)
Ebenſo wie die Vorgänge der ſexuellen ——
pflanzung gehören auch diejenigen der ungeſchlecht⸗
lien Vermehrung der Pflanzen vorwiegend in das
Gebiet der P., und zwar if es hauptſächlich die
Bildung von Sporen bei den niedern Pflanzen,
von Knoſpen, Brutzwiebeln, Knollen, Aualäufern
u. dgl, bei den höhern Pflanzen, die hierbei in Be:
trat kommt. Auch die Unterſuchungen über die
fünftlihe Vermehrung durch Ableger, Stedlinge
u. dgl. find hierher zu rechnen. Während bei einigen
Bilanzen ſchon ein einzelnes Blatt ober ſelbſt nur
ein Teil desjelben genügt, um als Stedling fi
weiter zu entwideln, müffen bei andern größere
Zweige zur Heritellung von Ablegern verwendet
werden. Die vegetative, alſo unge hleitliche Ber:
mebrung . bei manden Pflanzen eine fo aus:
giebige, dab die gefhlechtliche Fortpflanzung faum
noch von Bedeutung jein lann, bei * ſogar
gänzlich unterbleibt oder nur unter ganz beſondern
aͤußern Umſtänden eintritt.
Wahrend bei der phyſiol. Unterſuchung der Fort:
flanzungserjdeinungen weniger phylit. und em.
Prozeſſe in Betracht kommen, gilt dies um fo mehr
von den übrigen Gebieten der P., deren Aufgabe
es ijt, die —— und das Wachstum, ſowie die
Bewegungserſcheinungen der Pflanzen zu unters
—5 Die Ernährung der Pflanzen beſteht gen
jädhlich darin, daß gewiſſe Stoffe aus der Yuft und
dem Boden, oder bei Waflerpflanzen aus dem
Wafjer aufgenommen und verarbeitet werden. Es
handelt ſich num zunächſt darum, feitzuftellen, wi
Stoffe —— in die Pflanze gelangen, wel
davon unbedingt notwendig, welche entbehrlich find
und —— welche eine ſchädliche Wirlung auf
das Gedeihen der einzelnen Pflanze ausüben, Die
Anzahl der Glemente, die überhaupt von den
Pflanzen aufgenommen werden, ilt bedeutend
größer als diejenige, welde für den Ernährungs:
prozeß von Michtigfeit find. Zu den lehtern find
vor allem zu rechnen: — fi, Waſſerſtoff,
Sauerſtoff, Stiditoff, Schwefel, Phosphor, Ha:
lium, Galctum, V agnejium, Gijen, und ferner find
als jehr bäufig in den Pflanzen vorlonımende, aber
nicht unbedingt notwendige Elemente zu nennen:
Chlor, Natrium, Silicium, Mangan, Aluminium,
n einer gewillen Gruppe von Pflanzen, die am
trande des Meeres oder im Meere jelber wachſen,
finden ſich fait ftets Jod und Brom vor; außerdem
iſt noch eine Neihe von Elementen gelegentlid in
Blangen gefunden worben, bie aber für das nor:
male Gedeihen derfelben ohne Bedeutung find.
— Ernährung der Pflanzen.) ,
ie beiden wichtigiten chem. ° — die ſich bei
der Ernährung der Pflanzen abſpielen, find die Aj-
fimilation im weitern Sinne und die Atmung. Die
10
eritere umfaßt allgemein die Verarbeitung ber bar:
gebotenen unorganijchen Stoffe zu hoch zufammen:
gelekten organischen Verbindungen, in&beiondere
alfo die Bildung der Kohlenhydrate aus Kohlen:
fäure und Waſſer und die Bildung der verſchieden—
artigen Eiweißſtoffe mittel3 der au dem Boden
aufgenommenen jtidftoffhaltigen Körper. Gol.
Ajjimilation und Eiweißbildung in der
Alene) Die Atmung bewirkt einen teilmeifen
erbrauch der durch die Koblenitoffaffimilation ge
[öafienen Verbindungen, indem wieder durch Ory:
ation Kohlenſäure und Waſſer gebildet werden.
— dieſen Verbrennungsprozeß, der einen Teil
der Kohlenhydrate wieder zerſtört, wird für die
flanze eine Kraftquelle geſchaffen, die für das
achstum unbedingt notwendig iſt. Auch bewirkt
die Atmung in vielen Fällen eine nicht unbeträdt-
liche Erwärmung gewiljer Pflanzenteile. Die At
mung fann entweber dadurch erfolgen, daß der freie
Eauerftoff der Luft zur Orydation verwendet wird,
oder auch in der Weiſe, seh Sauerftoff, der im ns
nern der Pilanzenzelle ſelbſt abgeſchieden wird, di:
reft zur Atmung wieder benugt wird. Den eritern
Vorgang bezeichnet man ald normale Atmung, ben
leßtern dagegen al3 intramolelulare Kemund. In:
tramoletulare Atmung findet bei allen Pflanzen
wenigftens eine Zeit lang ftatt, wenn der Sauer:
off der Luft ausgeſchloſſen wird; bei vielen niedern
Pilzen, Me bei den Hefepilzen, ift diefer Bor:
ang die Regel und dad, was man als Gärung
ezeichnet, läßt fich der Hauptſache nad) auf intra;
molefulare Atmung zurüdführen. (Bal. Atmung.)
Im engiten Bufammenhang mit der Verarbeis
tung der aufgenommenen Naturftoffe fteht die Wan:
derung berjelben innerhalb des Pflanzenkörpers,
benn die meiften derjelben werben nicht Tor an
dem Drte ihrer, Aufnahme verbraudt, ſondern
müffen erft in bie verſchiedenen gr befäbigten
Drgane bingeleitet werden, ebenjo müfjen die be:
reit3 gebildeten — Verbindungen, z. B.
die Kohlenhydrate, dorthin geſchafft werden, wo ſie
um Aufbau neuer Zellen und Organe notwendig
ind. Alle’die Fragen, die ſich hieraus ergeben,
über die Kräfte, welche die Fortleitung bedingen,
über den Verlauf der Leitungsbahnen u. f. w. find
Gegenftand der phyfiol. Forſchung. (Vgl. Stoff:
wanderunginder Bilanze) j
Ferner ift e8 Aufgabe der W bie verſchieden⸗
sit Exſcheinungen zu erforſchen, die man unter
der Bezeichnun re (f.d.) zufam:
menfaßt. Und bieran ſchließen IR fämtliche
Wahstumsprozefle an, denn gerade die Gewebe:
fpannungen fpielen bei ben leßtern eine jehr wid):
tige Rolle. Zu den — gang en find
vor allem zu rechnen der Prozeß der Keimung
(f. Same), das Längen: und Didenwachstum, die
verſchiedenen Richtungsbewegungen, die duch Licht,
Schwerkraft und andere Einflüfje beitimmt werden
und die als heliotropifche, geotropiiche Krümmun:
gen u. dgl. bezeichnet werden, (U m Abd
mus und Geotropismud.) Außerdem gehören
bierher die meijten derjenigen Erſcheinungen, die
man Nutationen (f. d.) nennt, fowie die Beweguns
gen, welche das Umfchlingen der Stübe feitens der
windenden und rantenden Pflanzen herbeiführen,
(Val. Windende Pflanzen und Rante.) Wäh—
tend die eben aufgeführten Bewegungserſcheinungen
vorzugsweife auf Wahstum einzelner Partien
zurüdjuführen find, findet bei andern Bewegungen
Phyfiologiihe Chemie — Physostigma venenosum
fein Wachstum ftatt, fondern biefelben find Folge
von Anderungen in der Turgeszenz der Zellen.
Solche Üinderungen im hydroſtatiſchen Drud des
Belliaftes treten bei den meiſten derjenigen Bewe:
gungen auf, die man al3 Reizbewegungen zuſam—
menfaßt; jo befonders bei den Blättern der ſog.
Sinnpflange Mimosa pudica (f, d.), bei a.
Staubgefäßen, die ſchon bei ſchwacher Berührung
eine deutliche Bewegung ausführen, Auch bei den
täglichen periodifchen oder nyltitropiihen Bewe—
gungen find es zum Teil Turgeszenzänderungen,
welche abmwechjelnd die jog. Tag: und Nadıtitelung
von Dlattorganen hervorrufen, dasjelbe gilt für
das Öffnen und Schließen der Blüten zu gewiſſen
Zeiten des Tages.
Um die Urfadhen folcher Bewegungen erforfchen
zu können, ift eö notwendig, daß die P. ſich ftreng
an bie durch anatomifche Ünterfucungen ejtge:
ftellten Thatſachen hält. In diejer Beziehung, fo:
wie aud) in mannigfacher anderer Hinſicht iſt Die
P. auf die Refultate der Anatomie ——
und ein ähnliches Verhältnis findet zwiſchen der
Pflanzengeographie und der P. ſtatt. Denn *
en, welche die Verbreitungsfähigleit * ner
Bflanzen oder den Einfluß der Boden: und klima—
tiichen Berhältniffe auf das een berfelben be⸗
treffen, find jedenfall durch phyſiologiſche Unter:
fuhungen zu löfen.
us dem Geſagten geht ir daß die P. ber
en ein ſehr ausgedehntes Gebiet für —*
orſchungen befist, und es iſt deshalb erklärlich
(sumal bei der verhältnismäßig furzen Zeit, feit
welder in der P. eine erafte wifjenfchaftliche Me:
thode eingeführt ift), daß noch viele Fragen ungelöft
find, und daß gerade für einige der widtigften, wie
3. B. für das Problem ber Leitung des Waſſers
mit den darin gelöften Beftandteilen von der Wur⸗
zel bis zum Gipfel, noch feine erafte mechan. Erlläs
rung lerne iſt. (Bal. Stoffwanderung.)
Die Litteratur über Pilanzenphyfiologie ift
eine jehr ausgedehnte; aber nur wenige Werte be:
anbeln das ganze Gebiet desfelben. Unter diefen
ehtern find als hiſtoriſch interefjant zu nennen:
Senebier, «Physiologie vögetale» (Par. 1800);
De Candolle, «Physiologie vögetale» (Par. 1832;
deutfh, Stuttg. 1835); Meyen, «Neues Syſtem
der Pilanzenphyfiologie» (Berl. 1837—39). Bon
neuern Merten find befonber3 zu erwähnen: Sachs,
«Handbuch der Sn enta a fiologie der Pflan⸗
zen» (Lpz. 1865); ‚Biel, « — ogie»
(p3. 1881); Sachs, «Borlefungen über Pflanzen:
phyfiologie» (Lpz. 1882). : ,
ologifihe Chemie, f. Tierchemie.
Phyiſiologus (grch., d.h. derNaturfenner), Titel
einer berühmten mittelalterlihen Schrift über bie
Tierwelt, wie fie in der bibliſchen Symbolik, ben
Vorftellungen des Altertums und in den Fabeln
des frühern Mittelalters ſich darftellt.
Physkonie (grch.), Anſchwellung, beſonders
ber Leber und Milz.
Physöstigma venenosum Balf., Cala»
barpflanze, mehrjährige, an der Küfte von
Guinea einheimiſche Kletterpflanze aus der Familie
der Leguminofen, deren nierenförmige, dunlel—
braune, mit einer tief — inne ver⸗
ſehene Samen (Calabarbohnen, Fabae cala-
baricae s. semina Physostigmatis) ein äußerft
heftig wirklendes Gift enthalten und deshalb von
den Eingeborenen zu einer Art Gottesurteil benußt
Phyfoftigmin — Piacenza (Provinz und Stadt)
werden. Ihre Wirkung beruht hauptſächlich *
einem geruch⸗ und geſchmackloſen, kryſtalliniſch no
nicht dargeſtellten Allaloid, dem Phyſoſtigmin,
welches raſch die motoriſchen Nerven lähmt und
eine hochgradige Pupilienverengerung bewirlkt,
weshalb es — —— in der Augenheilkunde
bei Accommodationslaäͤhmungen, glaukomatöſen
Drudfteigerungen und ähnlichen Zuſtänden als
wirtjames Heilmittel vielfach angewendet wird.
—— (grch.), — Eſerin.
yſoftomen (grch.) heißt eine Ordnung ber
Knochenfiſche mit gegliederten Floſſenſtrahlen, bauch:
ftändiger oder bisweilen fehlender Hinterfloſſe und
einer mit einem Luftgang verjehenen Schwimm:
blaſe. Bon den zahlreihen und großen Familien
mit über 3000 Arten find die meiiten Bewohner bes
Süßwaſſers; zu ihnen gehören die Welfe (f. d.), die
tarpfen: , lachs⸗, beringd: und aalartigen Fiſche xx.
ephas Ruiz et Pav., Pflanzengattung
aus der Familie der Palmen. Man kennt nur
wenige Arten, die in Peru und Columbia vor:
lommen. 63 find niebrige Balmen mit didem
Stamme und einer endftändigen Sirone von fieder:
ſchnittigen Blättern, bie eine Yänge von 6 m er:
reichen. Die Blüten find diöcifch und en ſowohl
in den männlichen als auch in den weiblichen Blü—
tenftänden jehr dicht beifammen. Die männlidyen
Blüten find Hein und das Berianthium ift nur rudi-
mentär vorhanden, die weiblichen Blüten dagegen
baben 5—10 große, etwa 8—10 mm lange Blumen:
blätter und find ſomit bie größten Blüten, die ber:
baupt bei Palmen vortommen. Die Früchte find
Syncarpien von der Größe eines Menſchenlopfes,
erreichen ein Gewicht von 12 * beſtehen aus
4—6 ſamigen Einzelfrücdten. ie Samen, von
denen in jedem Face einer fich befindet, find von
ovaler Form und enthalten zur Zeit der Reife ein
außerordentlich feſtes Eiweiß.
Die belannteſte Art iſt die ſog. Elfenbein: oder
Taguapalme, deren Samen einen wichtigen Han:
belsartifel bilden und unter dem Namen Stein:
oder Taguanüſſe, oder aud) vegetabilijches
Elfenbein zu den verſchiedenſten Zweden, beion:
ders aber zur Herftellung von Knöpfen verwendet
werben. jugendlien Buftande enthält ber
Same diefer Balme eine helle, gef hmadloje Flüffie:
teit, die genofien werden fann, fpäter wird das
Eiweiß mildig und nimmt einen ſüßen Geihmad
an, bis es ſchließlich zur Zeit der Reife faft dieſelbe
Härte wie das Elfenbein erreiht. In diefem Zu:
ftande kann e3 dann techniſch benußt werben,
Phyto ... (vom gr. Purov, Pflanze), in Zu:
fammerfegungen: Pflanzen..., Bilanzen betreffend,
wie Bhytobiologie, Pflanzenleben; Phyto:
hemie, Pflanzenchemie; Phytogeographie,
Pflanzengeographie. [nit und Bilanzen.
Phytographie und Phytonomie, j. Bota:
Phytolacca L., Rermeäbeere, Pflanzen:
gattung aus ber familie der Phytolaltaceen. Ihre
in Amerila, Afıen und Afrika einheimiſchen Arten
find Stauden und Holzgewächſe mit ganzen, faft:
vollen, abwechſelnden Blättern und den Blättern
gegenüberjtehenden Blütentrauben, deren Blüten
ein fünfteiliges Berigon, 7—20 Staubgefäße und
5—10 Stempel haben; die Frucht ift eine in der
Mitte vertiefte Beere mit 5—10 Furchen.
In Europa, namentlich in das ſüdliche und weit:
liche, hat fich die gehnmännige oder gemeine Ker:
meöbeere (P, decandra L.) aus Norbamerifa
11
—— in Sübfrantreich z. B. ift dieſelbe ge⸗
mein. Dieſe, in Deutſchland nicht ſelten als Bier:
gewächs kultivierte Art iſt eine über mannshohe
Staude mit zolldicken, fleiſchig-ſaftigen, meiſt röt
angelaufenen Stengeln, großen, langlichen Blät—
tern, rötlichgrünen Blüten und ſchwarzvioletten,
einen dunlelroten rt enthaltenden Beeren. Der
Wurzelitod , früher als Radix Solani racemosi of:
fizinell, enthält einen en purgierend wirken:
den Saft und wird noch jebt in Nordamerifa ala
erde ae — Mit Wein gemiſcht
dient er als Brechmittel. Die Blätter und Beeren
ſind äußerlich gegen Geſchwüre, innerlich gegen
Hämorrhoiden, Syphilis u. a. angewendet worden.
In Pgtugal wurden die Beeren früher allgemein
zum Färben des Rotweins benust; in Südfrank—
reich geſchieht dies noch jezt. In Norbamerita be:
reitet man aus ihnen rote Schminle, welche die
Haut durchaus nicht angreifen und deshalb allen
übrigen roten Schminken vorzuziehen fein ſoll.
Neuerdings ift eine andere, im tropiichen Amerika
heimische Art, P. esculenta Mog. Tand., als Ge:
möüjepflanze empfohlen worden, indem * Blät:
ter ein jpinatartiges Gentüfe liefern. Diejelbe hält
aber bei uns im Freien fchwer aus,
Phytolakkaceen (Phytolaccacdae), Pflanzen:
familie aus der Gruppe der Dilotylebonen, an
tennt gegen 50 Arten, die fat ausfchliehlich in den
tropiſchen und fubtropifhen Gegenden vorfommen,
Es find frauts oder ———— ſeltener baum:
artige Gewächſe mit ganzrandigen, alternierenden
Blättern, Die Blüten haben ein telhähnliches,
vier: bis ge Perigon, vier oder mehr
Staubgefäße und einen oberitändigen Fruchtknoten
mit furgem Griffel. Die gewöhnlih einfamige
Ku fi meift ala Beere, feltener mit trodenem
erilarpium entwidelt.
Phytolithen, Geiteine, deren Material aus
ber Anhäufung von Bflanzenmafje hervorgegangen
it, 3. B. Braunkohle und Kohle.
N ——*—* (grch.), Pflanzenlunde.
ytopaläontologie, ſ. Paläontologie
(botan.). [frantheiten (f. d.).
— — die Lehre von den Pflanzen⸗
topergament (Pergamentpapier), ſ.
En del Wer 5, n
ytophagen (grch.), Pflanzenefler.
a infestans de By., Rilz aus
der Familie der Peronofporeen; Erreger der Kartof:
feltrantheit (f. d.; vgl. Pflanzentrankheiten).
3 ytophyſiologie, ſ. unter Phyſiologie.
ytotomie, ſ. unter Anatomie.
* ytozoen, ſoviel wie Zoophyten.
i (U, r), griech. Buchſtabe, dem P ent:
ſprechend; in der Mathematik be ren x (b. h.
Peripherie) die jog. Ludolfſche Zahl (1. u. Kreis).
Pia oausa (lat.), fromme Stiftung.
incenza, das alte Placentia (frz. Plaisance),
früher ein mit dem Herzogtum Parma (f. d.) ver:
einigtes Herzogtum, jebt eine Provinz des önig:
reichs Italien mit 2355 qkın und (1880) 234603 6.
Die Hauptitadt Piacenza, am Po und an
ber Eifenbahn von Parma nad Aleſſandria, die
bier nah Mailand abzweigt, mit 34987 E., iſt be⸗
feſtigt und mit einer ftarfen Citadelle und einem
Brüdentopf verjehen. Cie iſt der Gib eines
Biſchofs, des Vräfelten, des Generallommandos des
4. Armeelorps und eines Tribunals erjter Suhan
gut gebaut, zählt 57 Kirchen, unter denen bejonders
12
bie Kathedrale mit bemalter Kuppel ſich auszeich⸗
net, über 400 Baläfte und hat breite, gerade
Straßen und ſchöne öffentlihe Pläbe, von
denen die ganz mit Granitplatten belegte Piazza
dei Cavalli mit dem impofanten Palazzo bel Co:
mune und den kolofjalen Neiterftatuen Aleſſ. Yar:
neſes und feines Sohnes Ranuzio geziert iſt, ein
— nſtitut, ein Lyceum, ein Gymnaſium
und eine techniſche Schule, ein Theater, eine öffent:
lihe Bibliothel von 34000 Bänden und mehrere
Hofpitäler. Die Stadt wurde insbefondere als
Vormauer gegen Hannibal (219 v. Chr.) von den
Römern erbaut, dann von den Galliern (200
v. Chr.) faft ganz zerftört, von den Römern aber
wieder aufgebaut und befeftigt. Im Mittelalter,
wo bier 1095 und 1132 Konzile gehalten wurden,
ward P. abwechſelnd von verſchiebenen Adelöge:
ſchlechtern beherricht und fam 1313 an bie Vie:
conti, 1545 an die darneſe, worauf fie das Schid:
jal Yarmas teilte. Unweit von B. liegen die Non:
taliichen Felder. Bei P. erfochten 16. Juni 1746
die Öjterreicher unter Fürſt Liechtenſtein einen Sieg
über die verbündeten Spanier und Franzoſen
unter Gages und Maillebois. [drangois).
— — (Herzog von), ſ. Lebrun (Charles
Piaoevöle (ital. ‚mufitalifche Vortragsbezeich⸗
nung: gefällig, anmutig.
a desideria (lat., Fromme Wunſche), Titel
einer Schrift des Jeſuiten Hermann Hugo (Antıer:
pen 1627), und einer andern Bhilipp jatob Speners
(1675), worin legterer feine Wunſche für eine kirch⸗
liche Reform zufammenfaßte. Seit Speners Schrift
wurde der Ausdrud ſprichwörtlich für Wünfche, die
feine Ausfiht auf Erfüllung haben.
Pia fraus (lat.), frommer Betrug, Citat aus
Dvids «Metamorphofen » 0, 211),
ng der (Carlo), ital, Afrilareiſender, geb.
1822, begab ſich in noch jugendlihem Alter nad)
Alerandria, betrieb dort verſchiedene Handwerle,
ping 1856 nad) Chartum, wo er ald Hanbeltreiben:
der die Sprachen des öftl. Sudan erlernte, und reijte
1860 mit Antinori in das Gebiet des Bahr⸗el⸗Gaſal.
In Geſchäften eines koptiihen Kaufmanns lam er
als erjter Europäer zu ben Niam:Niam, durdhftreifte
ala Handwerter 1871—76 Abeifinien, bie Galla:
länder und die weſtl. Küjten des Noten Meers, be:
teiligte fi 1876 an der Forſchungsreiſe Geſſis
nad) den Nilfeen, ging hierauf nach der Landſchaft
Godſcham in Abeihnien, aladann auf kurze Zeit
nad Stalien, tehrte aber bald nach Chartum zurüd
und ftarb 17. Jan. 1882 zu Karlog am Babr:el:
Afrak in Sennär. P.s ethnogr. Sammlungen er:
warb das Berliner Mufeum für Völkerkunde,
‚Pia mater (lat., fromme Mutter), bie weiche
a f. unter Gehirn, Bd. VIL, ©. 663°,
Piana dei Greei, Stadt in ber ital. Provinz
Palermo, auf Sicilien, mit (1881) 9033 E. bie
1488 gegründete Hauptlolonie derjenigen Alba:
nefen, welche nad) der Eroberung ihres Vaterlan:
des durd die Zürfen nach Sicilien auswanderten,
bis auf die Gegenwart den griech. Ritus befolgen,
jedod) die Öberhoheit des Papites anerkennen.
anino, ſ. unter Bianoforte.
iano (ital.) heißt in der Muſik (im Gegenfah
zu Forte, d. h. jtart) ige oder mit ſchwachem,
und Pianiſſimo: mit nod ſchwächerm Tone,
Pianoforte oder Fortepiano, aud Ham:
merllavier genannt, beißt das befannte und all:
verbreitete Taſten⸗(Klaviatur- Saiteninftrument,
Piacenza (Herzog von) — Pianoforte
bei weldhem die Grreihung der Saitenfhmingungen
durch Hämmer erfolgt, welche mitteld Hebel, deren
vordere Enden die Taſten find, gegen die Saiten
ejchnellt werben und nad) vollzogenem Anſchlag
ogleich wieder zurüdfallen,; der Klang ber Saite
wird außerdem dur einen Dämpfungsmechanis:
mus unterbrüdt, fobald der Finger von der Tajte
Pen omnnen it. Den Namen P. oder Fortepiano
ührt diefe Gattung von —— — weil ihr
Hammerwerk beliebig ſtarles und ſchwaches An—
ſchlagen der Saiten * was bei dem ältern
betielten Klavier (Clavecin) nicht in bem Maße
ber Fall war; Hammerklavier deswegen, weil der
Klang ibrer Saiten durch ein Hammerwerk (nicht
durch Tangenten oder Zungen) erregt wird.
Alle jegt gebräuchlichen Hlaviatur : Saiteninftru:
mente, der Flügel, daß Quer: oder Tafel:
tano und das Pianino, find Arten bes P.;
ie wejentlihen mechan. Teile wieberholen ſich bei
allen dreien. Diefe, teild Erregungen der Saiten:
Ihwingungen und des Klanges, teils Berftärkung
unb —— des leßtern, ſowie Aufnahme des
ganzen Mechanismus bezwedende Teile ſind: Sai—
ten tan e nur von Stahl); Stimmftod mit
ubehör; Anhängeplatte mit Rahmen; Refonanz:
oden mit dem Stege; Mechanik (Hammermert,
Dämpfung, Taftatur); Kaften. In Hinficht der
Medanit gab e3 früher zwei Hauptgattungen: bie
deutſche oder wiener und die engliiche. In neuerer
geit find diefelben aber bei dem außerorbentlichen
uffhwung, welchen dieſe Fabrikation genommen
bat, in einem Grab verallgemeinert und audge:
glicen, daß heute nur noch von Konfurrenzeigen:
tümlichfeiten der verfchiedenen Fabriken die Rede
fein fann. Die große Ünderung, welde in —
eit am P. vorging, ift fhon an ber Form des
nftrument3 zu bemerfen. Anfangs wurde allge:
mein bad oblonge oder TZafelpiano gebaut; erſt
nad und nad fam ber Flügel binzu und nahm
die Stelle des bisher im Konzert wie in der Oper
herrſchenden Cembalo ein; die neuere Zeit ergengte
dann neben immer weiterer Ausbildung des Flu—
* das Pianino, welches jetzt das Tafelpiano
ereits — verbrängt hat. An jedem P.
befindet ſich eine Vorrichtung, um mit Fußtritten
bie Dämpfung zu regulieren, das fog. Pedal.
Das Tafelllavier hat nur einen Tritt oder Zug,
welcher zur Dämpfung, d. b. zur Erzeugung größe:
rer Stärfe dient; Flügel und Bianino befipen noch
einen zweiten Zug, für bie Verſchiebung. Diele
Verſchiebung, wobei die Alaviatur etwas zur Seite
gerüdt wird in der Notierung mit una corda an:
gezeigt), ſodaß die Hämmer nur an zwei, ftatt an
drei Saiten anjchlagen (denn zur Kg! einer
rößern Schallmafie find am Ai el und Pianino
ür jeden Ton meift drei, beim Zafelpiano zwei
leihgeftimmte Saiten aufgezogen), läßt ſich beim
afelpiano, feiner ſchräg liegenden Saiten wegen,
nicht anbringen. Der So el wirb in mehrern
Größen gebaut, ala Konzertflügel mit beinahe 2 m
Saitenlänge, und als Stußflügel von etwas ver:
fürzter Geltalt. Der Konzertilügel iſt die voll:
tommenfte Art aller Klavier: Saiteninftrumente
hinficht3 der Stärke und Fülle des Klangs, ſowie
des Geſangreichtums, ſoweit von lehterm beim P.
überhaupt die Rebe fein kann; beim Stupflü el
wird die Menfur der Kontra: und Nleinoltavfaiten
ſehr verkürzt, deshalb lafjen volllommene Bäfie
ſich ſchwer herausbringen.
Pianofa
Als Grundlage des P. und aller Alavier-Saiten:
intrumente pflegt man das Monodord (d. h.
Gnjatter) anzufehen, welches fhon bei den Griechen
ud fpäter im Abendland zur — ——
Lnverhältniſſe diente, Aber dieſes nur mit Einer
Saite beipannte Hilfsmittel ijt niemals ein wirt:
liches muſilaliſches Inſtrument gewefen, kann daher
auch nicht als der Urjprung eines ſolchen angeſehen
werden. Das BP. ift nit zunächſt als Saiten:,
fondern vielmehr als Tafteninitrument zu betradh:
ten; ein Borläufer desjelben war das Orga:
niftrum (deutjch Drebleier, fpäter Bettler: oder
Bauernleier, engl. Hurdy gurdy), ein jeltfames
Inſtrument mit Saiten und Taiten, welche aber
nicht gefpielt, fondern durch ein Rad gedreht wur:
den. Diejes war herrichend im frühen Mittelalter;
in der folgenden Zeit entwidelten fid dann mit
den Geigen aud) die Klaviere. Zwei Hauptformen
find in der ältern Zeit vor Einführung des eigent:
lihen ®. zu unterfcheiden: das Heinere Klavi:
Hord (Klavier, Spinett, Virginal u. f. mw.) und
das größere Klavicimbal (Clavicembalo oder
Cembalo, Clavecin, Borken) u. ſ. w. Lett⸗
teres, deſſen Saiten mit Rabenfederkielen geriſſen
wurden, diente bei allen öffentlichen Aufführungen
zur Begleitung und war jo weſentlich, daß der
«Cembalift» eine unentbehrlihe Perſon in jedem
Decheſter bildete. Bereit? um 1500 waren beide
Formen body ausgebildet, wie Abbildungen und
einige aus dem 16. dm, erhaltene Bruntinftru:
mente zeigen. Der Erfindung des eigentliden P.
oder Hammerflavierd vorauf ging die des Ban:
talon {um 1690 durch Hebenftreit), deſſen Saiten,
nah Art des Cimbals oder Hadebrett3, mittels
Br mit der Sand geführter Hämmer (bemnad) be:
ebig ftart oder ſchwach) angeihlagen werden
fonnten, was immerhin die erfte Anregung gegeben
baben mag, Hämmer jtatt der biöherigen Tangenten
mit einer Klaviatur zu verbinden. Der — ——
Bartolomeo Eriftofori (f. d.) war der erſte, durch
den 1711 das Modell zu einem Hammerklavier
(Cembalo a martelletti) bergejtellt wurbe, welches
die Grundlage aller noch gegenwärtig gebräuchlichen
Klaviermehanismen geblieben ift. Diejer Ham:
mermechanismus hatte bereit doppelte Hebel,
Auslöfung und für jeden Ton einen kein Dämpfer.
Faft gleichzeitig traten der Franzoje Marius und
der deutihe Organiſt Schröter mut felbjtändigen
Modellen von Hammerllavieren hervor.
Erſt nachdem Hammterllaviere von ziemlicher
Volllommenheit in Stalien — waren,
wurde das von nun an Fortepiano genannte In—
ſtrument in Deutſchland durch Silbermann einiger:
maßen brauchbar gemacht (ungefähr 1730). Doch
vermochte auch das Silbermannſche Fortepiano,
ungeachtet der vorgenommenen Berbefjerungen,
den alten Flügel, für welchen die größten Meiiter
ihre Muſik ichrieben, und der aud) Für Konzertauf:
fübrungen von bleibendem Wert iſt, noch nicht zu
verdrängen, bis ein Schüler Silbermanns, ‚job,
Andreas Stein zu Augsburg, im legten Viertel des
18, Jahrh. dem Inſtrument einen Grad von Voll:
lommenheit verlieh, welcher wenig mehr in wün:
Ihen übrig ließ. Die Haupturfadhe der Ichnellen
und —— Verbreitung des P. ſeit 1800
liegt aber in der veränderten Richtung der Mufit,
5 "elder der alte Cembalo nicht mehr paßte. Das
. ift jeht das eigentlihe MWeltinitrument, deſſen
maflenhafte Herftellung in allen Ländern viele
— Piaſt 13
Tauſende beſchäftigt und die großartigſten Werk—
ftätten hervorgerufen hat. Deshalb fehlt es auch
nicht an fortwährenden Verſuchen, dasſelbe zu ver:
befiern (f, Prolongement), obwohl an einem
jo hoch vervolltommneten Inſtrumente Verbeſſe—
rungen, die ſich auf die Dauer bewähren, nur ſehr
ſelten erreicht werden können.
Die techniſche Seite des modernen Pianofortes
baues ift ausführlich beichrieben in Welder von
Gonteröhaufen, «Der Klavierbau» (3. Aufl., Frankf.
1864); derjelbe, « fiber den Bau der Saiteninftru:
mente» nt. 1870); Blüthner und Gretichel,
«Lehrbuch des Pianofortebaues» (En. 1872), Die
bebeutenditen Nanıen im Pianofortebau haben fol:
gende Firmen: Steinway u. Sohn in Neuyort (jeit
1833), Broodwood u. Söhne in London, Pleyel
(geft. 1831) und Grard in Paris, Seuffert (geit.
1855) und fein Nachfolger Ehrbar und Böjendorfer
in Wien, Kaps in Dresden, Schiedmayer in Stutt:
gart, Ibach u. Sohn in Barmen, Bechſtein in Ber:
in u. a.n. Namentlidy die deutſche Pianoforte:
fabritation ift gegenwärtig in blühendem Zuſtande,
bat faft in jeder größern Stadt bedeutende Vertreter
aufzumeifen und jteht nr im * obenan.
ianofa, das Planaſia der Alten, mittellat.
Planusia und Planusa, zur ital, Brovinz Livorno,
Bezirk Porto: Ferrajo, Gemeinde Marciana, gehö—
zige Injel von 27 km Umfang, im Tyrrheniſchen
Meere, ſüdlich von der Weſtſpihe Elbas, tt völlig
eben (daher der Name), fruchtbar und hat (1881)
603 E., meiſt Fiicher. Hierher verbannte Auguitus
feinen Entel Agrippa Poſihumus. Die Inſel iſt
ital. Straflolonie und hat röm. Ruinen.
iand, Su hlrantbeit ſ. Framböſie.
iaren, ſ. Piariſten.
iariften oder Arme ber Mutter Gottes
zu den frommen Schulen, aud Bäter der
[rommen Schulen (scholarum piarum), in
* Piaren genannt, heißt ein lath. geiſtlicher
rden, deſſen Glieder außer zu ben drei gemöhn:
lichen Monchsgelübden der Armut, Keuſchheit und
des Gehorſams noch zu dem vierten, ber unent—
geltlichen Erteilung chriſtl. Jugendunterrichts, ver:
flichtet ſnd. Dieſer Orden wurde 1607 von dem
Er Edelmann of. Calafanze oder Calafanctius
(geft. 1648 in Rom) geitiftet, 1621 von Gregor XV.
beitätigt und von Innocenz XII. (1698) mit den
wichtigiten Privilegien der Bettelorden ausge—
rüftet. Die B. haben wie die Jeluiten den Zwed,
zum Vorteil ihrer Kirche auf die —— — zu
wirken, find auch in ihrer Ordensverfaſſung und
Tracht den Jeſuiten ähnlih, nur tragen fie einen
fürzern Mantel als diefe und ſchließen den Rod
auf der Bruft mit drei ledernen Knöpfen, Sie
verbreiteten ſich bald, bejonderd in den öterr.
Staaten und in Polen und haben jekt noch
viele Gymnafien und Volksſchulen in Ojterreid):
Ungarn (mit etwa 18— 20000 Schülern) unter
ihrer Leitung. Vgl. (Seyfert,) «Drdensregeln ber
.» (2 Bde., Halle 1783).
Bu: f. unter Attalöa.
Piaft, der Stanmvater der ältejten poln.
Herriderfamilie, wurde der Eage nad um bie
Mitte des 9. Jahrh. aus niedrigem Stande in
Kruszwice am Goploſee em Herzog von Polen er:
hoben. Unter feinen Nacfolgern, den Piajten,
welche Polen über fünf —— —
ſind die bedeutendſten —— J., Boleſlaw
Ehrobry, Wladiſlaw Lotietel und Kaſimir III.
14
Dadurch, daß die piaftiihen Herzöge ihr Land viel:
fach unter igt Söhne teilten, entſtanden erg ve
Linien der Piaften. Auf dem poln. Throne ſtarb
die männliche Linie 1370 mit Rafimir IL. aus, die
weiblide 1399 mit Hedwig, Jagellos Gemahlin.
An Mafovien regierten die Biajten als jouveräne
Herzöge noch bis 1526. Am längjten erhielt ſich
der piaftiihe Stamm in Schlefien, mehrjad ver:
zweigt, dod durch Verwandtſchaft mit deutichen
Familien fajt ganz germanifiert, in den Seen
von Schweidnik, Ols, Glogau, Dppeln, Teſchen
und Liegniß, welche der Reihe nad ausſtarben.
Mit George Wilhelm, Herzog von Liegnis, erloſch
1675 der piaftiihe Stamm gänzlid. ,
Biafter (ital, piastra, mittellat, plastra, d. i.
Mittelplatte) ift der urſprünglich ital. Name einer
frühern größern ſpan. Silbermünze, welche jeit der
Mitte des 16. Joh: allgemeine Verbreitung er:
hielt und vielfahe Nahahmung fand. In Spanien
ſelbſt und in deſſen jebigen und vormaligen Kolo:
nien heißt die betreffende Münze Peso duro oder
Peso fuerte (d. i. hartes Stüd), gewöhnlich *
kürzt Duro. Der ſpaniſche P. galt 8 Silberrealen
und hieß daher auch Stüd von Achten; er galt fer:
ner 20 jog. Rupferrealen (Reales de vellon). Bon
1772 bis 1850 war der ſpaniſche B. ————
Stück von 24,330 g fein Silber und 902”, Tau:
fendteile fein, fomit im Werte von 4,3979 deutichen
Dart (wenn man die deutiche Marf = Y, vorigen
norddeutſchen Thaler fest; die ältern Prägungen
waren noch etwas befjer); nad dem Gejch von
1850 war er = 3, g fein Silber und 900
Taufendteile fein = 4,2289 deutſche Marl, nad) den
Gejeten von 1854 und 1864 = 23,364 g fein Sil:
ber und 900 Taujendteile fein — 4,2055 deutiche
Mark. Im %. 1868 trat in Spanien an feine
Stelle das Eilberjtüd zu 5 Peſetas, gleichfalls
Duro genannt, dem franz. filbernen Fünffranken—
ftüd völlig . In der Levante heibt der ältere
—— $. olonnato oder Säulenpiajter.
In Merilo wird er noch jegt nad} den jpan. Nor:
men von 1772 gepräst, in den meijten übrigen
ehemals ſpan. Staaten Ameritas ift neuerdings,
wie in Spanien, eine bem franz. filbernen Fünf:
frantenjtüd gleide Münze unter dem alten Namen
Peſo an feine Stelle getreten (f. Franc). In
Spanien wurde bis 1848 aud ein Goldpiaſter
(Peso de oro) geprägt, gefeklid im ——
von 1,1831 g und 848,958 Tauſendteile fein, ſomit
im Werte von 4,1387 deutjchen Mark, ge auch
ſpäterhin noch in einigen der ehemals ſpan. Frei—
ſtaaten Südamerikas. Gegenwärtig münzt man
einen goldenen P. (Peso) ganz in den Verhältniſſen
de3 franz. goldenen Fünffranfenftüds in den Ver:
einigten Staaten von Golumbien, und aud in
Venezuela iſt ein ſolcher gefeplich verfügt.
Der türkiſche Piaſter (Goufch), in 40 Parä
zu 3 Aöpern geteilt, ijt keine Nachahmung des va:
niſchen, fondern eine jelbjtändige Nechnungseinbeit,
die ſich allmählich ſehr verſchlechtert hat und feit
1844 ein Quantum von 0,9083 fein Silber =
17,969 deutſche 7 als einzelnes Stüd aber nicht
ausgeprägt iſt. Im gewöhnlichen Berlehr herricht
aber in der Zürfei eine geringere und im Werte
veränderliche Baluta, indem die Münzen zu einem
böhern Breife als ihrem Nennwert umlaufen, und
demzufolge eriltiert als beſondere Nechnungseinheit
auch dort ein fog. Courantpiafter (im Gegen:
faß des normalen oder Tarifpiaſters), dejien Wert
Piafter — Piave
1870—77 etwa 15", deutſche Pf. betrug. In
Agypten ift feit 1866 der ®. eine Brongemünze. Der
tunejer Biajter (Burial Sebili) ijt eine Silber:
münze von 2,817 g fein Silber und 900 Taujend:
teile fein, im Wert von 50,7 deutſche Bf.
Piatra, Stadt in Rumänien, am Fluß Biltrika,
bei deſſen Austritt aus den Karpaten in die mol
dauiſche Ebene gelegen, iſt Sit der Präfeftur des
Diſtrilts Neamß, hat ein Tribunal erjter Inſtanz,
ein Untergymnafium und mehrere Glementar:
ſchulen und zählt 20000 E. Wichtig für P. iſt der
Holzhandel, der mittels Flößen, namentlih aus
dem muſterhaft bewirtichafteten, waldreichen, jehr
ausgedehnten Gut Broiteni des Königs Harl von
Rumänien betrieben wird. Seit 1885 iſt P. durch
eine Eifenbahn mit der großen Linie Roman-Buka—
reit: Salat verbunden.
Piatti, ital. Name der türf. Beden.
Biatti (Alfredo), Cellovirtuos, geb. 8. Jan.
1822 zu Bergamo, bejuchte das Konfervatorium in
Mailand und lebt jeit 1846 in London. Er fompos
nierte für jein Inſtrument Slonzerte, Solojtüde,
Variationen u. ſ. m.’
Piauhy, Provinz Brafiliens, die bis 1718
einen Teil von Maranbäo bildete, grenzt mit einer
nur 25 km langen Küftenjtrede an den Atlantifchen
Deean, im D. an Ceara und PBernambuco, im S.
an Babia, im W. an Maranhäo, gegen welches die
lange Stromrinne bes Parnahyba die Grenze bil:
det, Die Provinz umfaßt 301797 qkm, zählte aber
1883 nur 239691 C. Die Dft- und Süboftgrenge
bilden niedrige Bergletten (Serra Grande, Serra
Araripe, Serra dois Jrmaos, Serra do Piauby),
die fih nad dem Innern verflahen. Auch gegen
SW. fteigt das Land an bis zur Örenzlette Serra
Burgueia. Im ganzen aber iſt das Sand nur wel:
lig und von baumlojen Weideebenen_eingenom:
men. Alle feine Gewäſſer jammeln fih in dem
700 km weit fchiffbaren Haupt: und Grenzitrom
Barnabyba (j. d.). Die meilten Nebenflüjje
fallen ihm von der rechten Seite aus P. zu, daruns
ter der 550 kın lange Rio Piauhy, der von
Dften ber den 300 km langen Ganinde aufnimmt.
Der Boden der Provinz eignet fich fehr zum An:
bau von Baumwolle, Wanioc, Tabak, Reis, Juders
rohr, die man über den Bedarf gewinnt, Während
das Land in der trodenen Jahreszeit wie eine
Wüſte erfcheint, bildet e3 nach dem Regen herrliche
Triften, die fich mit großen Herden bededen. Auch
ehlt e3 nit an Waldproduften, Droguen und
ildbret, an Eiſen, Kupfer, Alaun und Salpeter.
Doch Aderbau und Viehzucht, bejonderd Pferde:
und Rindviehzucht, bilden die Haupterwerbäzweige
der Bevöllerung. Den Südweſten des Landes be:
wohnen völlig u. e Indianerftämme. Die
Hauptitadt (jeit 1853) + rezina, oberhalb der
Mündung des Boty in den Barnabyba, 225 km vom
Meere, regelmäßig gebaut, bat 6000 E., ein 2y:
ceum und Handel mit Vieh und Baumwolle, Der
einzige Hafenplas ift die Stadt Parnahyba (f.d.).
B ade, ital. Küſtenfluß des Mdriatiichen Meers,
entipringt in ber Provinz Belluno am Monte:‘Ba:
ralba (Harnifche Alpen), durchfließt in ſüdweſtlicher
Nihtung die Thaljtufen von Comelico, Pieve di
Cadore und Belluno, wendet ſich unweit ‚Seltre nach
Süden und gelangt, die lehten Ausläufer der Al:
pen durchbrechend, in die venet. Tiefebene, wo fie
nad Südoften umbiegt und ſich in zwei Arme teilt,
von denen der eine ed bei Treviſo mit dem Eile
Piazza — Picardie
wrinigt und 22 km oftnorböftlih von Venedig |
ls Biave vechia mündet, während bie eigentliche
%,von Roventa an ſchiffbar, im Unterlaufe kana—
Iiert, nad 213 km langem Laufe 20 km weiter
win bei Cortellazzo das Meer erreicht.
Piazza (ital.), Platz, Marktplapd.
Piazza Armerina, Stadt und Bezirkshaupt:
ort der ital. Provinz Galtanifjetta auf Sicilien,
auf einem Höhentamm, 475 m über dem Meere, in
äußerjt fruchtbarer Gegend, ift regelmäßig gebaut,
Biſchofsſiß und hat (1881) 19286 E., eine präd):
tige Kathedrale im Nenaifanceftil von 1517 mit
ihöner Kuppel, ein ale (jest Gefängnis), ein
Gymnafium, eine techniſche Schule, ein Seminar,
ein Theater, mehrere Gemäldefammlungen, Woll:
manufafturen, Handel mit Getreide, Wein, DL,
Nüfen und Früchten. P., im ficilian. Dialekt
Chiazza, wahrſcheinlich das antile Piacus, war zur
Normannenzeit Hauptort der Lombardenjtädte.
a San: Martino, Ort im Bal Brem:
bana, ſ. unter Bergamajca.
Be (ital.), Heiner Plab. ,
iazzi (Öiufeppe), Ajtronom, geb. zu Ponte im
Beltlin 16. Juli 1746, trat 1764 zu Mailand in
den Drden der Theatiner, ftudierte zu Mailand,
Zurin, Rom, Genua und wurde 1770 Profeſſor
der Mathematit an der Univerfität zu Malta,
Rach der Aufhebung derjelben ging er nad) Nom,
wurde 1773 Xeltor der Bhilojophie und Dlathema:
tit am Kollegium in Ravenna, darauf 1778 Pre:
diger in Eremona und endlih 1779 PBrofeflor der
Togmatil an der Anjtalt Sant':Andrea della Balle
Rom. Im y 1781 nahm er die Profeſſur der
Atronomie und höhern Mathematik zu Palermo
an, wo 1789—91 unter feiner Yeitung eine Sterns
warte erbaut und er deren erjter Direktor wurde,
Am 1. her 1801 entdedte er den Planeten Ceres.
Als Rejultat feiner zehnjährigen ——
tungen gab er 1808 fein erjtes Sternverzeichnis
heraus, das, 6784 Sterne enthaltend, alle bis:
berigen an Ausdehnung und Genauigkeit weit
übertraf. Sein zweites, 7646 Sterne enthaltendes
Sternenverzeihnis vollendete er 1814, Der König
berief ihn 1817 nad Neapel, um den Plan des
neuen, daſelbſt zu errichtenden Objervatoriums zu
prüfen, und ernannte ihn zum Generaldirektor der
Sternwarten zu Neapel und Palermo. Er jtarb
zu Neapel 22. juli 1826. Unter P.s Werten find
nächſt dem Sternlatalog, ald dem wichtigiten , die
«Lezioni elementari di astronomia» (2 Bde.,
Palermo 1817; deutſch, Berl. 1822) zu erwähnen,
Pic (ipan. Pico, ital. Pizzo, roman, Piz,
engl. Beat) bezeichnet gleich dem deutſchen Horn
und dem franz. Dent einen hoben jpiken Berg.
Befonders häufig findet fich der Name in den Byre:
näen, wo fich der P. d’Anethou, der P. du Midi de
Bigorre u. ſ. w. erheben, und in den franz. Alpen
(BP. de Belledonne u. ſ. w.). Auf Teneriffa (Cana:
rien) liegt der Pico de Teyde, am St. Gotthard der
Bijzo centrale, in den Rhatiſchen Alpen der Piz
Bernina, im Windrivergebirge (Territorium Wyo—
ming in Rordamerila) der Fremontspeal u. ſ. w.
Pica (lat.), die Eliter. Mulahagen.
Bee de Beleta, ſ. unter Gumbre de
icadores, ſ. unter Stiergefedte,
Picander, Pſeudonym vonChr. F. Henrici(i.d.).
Picard (Louis Bensit), franz. Luſtſpieldichter,
geb. 29. Juli 1769 x Baris, hatte ſchon mit ſei—
nem erften Zuftipiel «Le badinage dangereux»
15
(1789) Grfolg. Seinen litterarifchen Ruf begrün:
dete er durch feine Komödie «Encore des menech-
mes» (1791) und die fomiiche Oper «Les Visitan-
dines» (1792), welche lektere 1825 unter dem Titel
«Pensionat des jeunes demoiselles» wieder aufge:
führt wurde. Zu den reifiten Erzeugniſſen feiner
Feder gehören «Mediocre et rampant, ou le
moyen de parvenir» (1797) und «Les marion-
nettes» (1807). Seine Stüde, von benen er viele
mit andern Schriftitellern, wie Duval, Barre, Waf—
lard, Mazires u. a., gemeinschaftlich gearbeitet,
gefielen ihrer friihen und —— Luſtigleit
wegen nicht nur in Frankreich, ſondern auch in
Deutſchland, wo Ifland, Theodor Hell u. a. meh:
rere überſeßten. Im J. 1797 betrat P. felbit die
Bühne und blieb dem Schaufpielerftande bis 1807
treu, indem er von 1801 an die Direltion des
Iheätre Louvois (Später Odéon genannt) über:
nahm. Nachdem er 1807 Mitglied des Inſtituts
geworden, übertrug ihm Napoleon die Adminijtra:
tion der Großen Oper, bie er 1816 an feinen
Freund und Mitarbeiter Cheron abtrat. Als 1818
da3 Odeon, das er nad) feinem Rüdtritt von der
Oper wieder übernonmen hatte, abbrannte, wurde
ihm das Theäter Favart überlaffen, das er au
—7— Blüte brachte. Er ſtarb 31. Dez. 1828.
. fchrieb aud eine Neihe Romane. Cinen Teil
feiner Werke ftellte er in feinem «Theätre» (6 Bde.,
Bar. 1812) und in den « Oeuvres» (8 Bde., Par,
1821—22) zufammen,
Picard (Louis Joſeph Erneft), franz. Staats:
mann, geb. 24. Dez. 1821 zu Paris, wurde hier
Advolat und trat 1851 ins polit. Leben mit einer
Proteftation gegen den Staatsſtreich. Im J. 1858
vom vierten parıjer Wahlbezirkin den Gejebgebenden
Körper abgeorbnet, gehörte er zu der republifanis
ihen Gruppe der « Fünf». In den J. 1863 und
1869 wiedergewählt, weigerte er fih dem Manifeſt,
welches die Deputierten der Linken und die Dele—
gierten der demokratiſchen Preſſe bei Gelegenheit
de3 Plebifcit von 1870 abgefaßt hatten, beizuge:
fellen, und ftellte fih nach jenem Austritt aus der
Linken an die Spike der fonftitutionellen Oppoji:
tiongpartei, ber j00: «offenen Linlen», im Gegen:
fa zur «unverföhnlichen Partei» oder ageſchloſſe—
nen Pinten». Am 4. Sept. wurde er als Finanz:
minifter Mitglied der Regierung der Nationalver:
teidigung. Nach den Wahlen vom 8. Febr. 1871
vertrat er in der Nationalverfammlung das Maas:
departement. Thiers übertrug ihm 19. Febr. das
PBortefeuille de3 Innern, das er bis gi völliger
Unterdrüdung des communaliftiihen Aufitandes
behielt. Zum franz. Gefandten in Brüjjel er:
nannt, gab er im Mai 1872 feine Entlaffung
und lehrte in die Nationalverfammlung zurüd;
1875 wählte ihn diefe zum Lebenslänglichen Sena:
tor. Er jtarb zu Paris 14. Mai 1877.
Picarben oder Brüberdes freien Geiſtes,
ſchwärmeriſche Eelte, f. Adamiten.
Picardie, eine der ehemaligen 32 großen Pro:
vinzen Frankreichs, im nordöftl. Teile desjelben,
begrenzt von der Champagne, den Niederlanden,
Jsle⸗deFrance und dem Meere, it gegenwärtig
unter die Depart, Pas:de:Calais, Somme, Oiſe
und Aisne verteilt. Sie hat größtenteils ebenen
Boden und wird von ber Somme, Dife, Candıe,
Authie, Lys, Aa, Deule und Scarpe durchfloflen,
trägt Getreide und andere eldfrüchte, etwas Wein
und hat auch an manchen Stellen Steinkohle. Die
16
Hauptftabt war Amiens. Die P. zerfiel im Mittel:
alter in die Grafſchaften Boulogne (f.d.), Bonthieu,
Amiens (f. d.) und Vermanbois (f. d.), und in bie
Landſchaften Santerre (f. d.) und Thierrache, kam
1435 an Burgund und 1477 an Frantreid.
Picart (Bernard), — und ee
geb. 11. Juni 1673 in Paris, war der Sohn des
unter dem Namen le Romain, d. i, der Römer, in
denfelben Branchen berühmten Etienne P., der
21. Olt. 1632 in Bari geboren wurbe und 12.Nov.
1721 in Amſterdam ftarb. Er ftudierte unter Geb,
Leclerc Beripeltive und Arditeltur, in der ——
ſition war van Schuppen en Vorbild. Vorzüglich)
groß war feine Gewandtbeit in der Nahahmung
der Manier anderer en und jur Rembrandt,
Guido Neni u. a. nadhgebildeten Arbeiten täufchten
oft die gründlichiten Kenner. Ein eifriger Pro:
tejtant, verließ er 1710, wo er fidh bereitö einen
großen Ruf als Künftler erworben hatte, Frankreich
und begab ſich mit jeinem Vater nad) ———
wo er reichliche Beſchäftigung durch die dortigen
Buchhändler erhielt, die fein Talent zur Verzierung
ihrer Verlagswerte in Unjpruch nahmen. Hierdurd)
litten jedod) die fleihige Ausführung feiner Arbeiten
und fein Künftlerberuf ſchon bei feinem Leben der:
maßen, daß bereit3 damals Kenner nur jeine ältern
Arbeiten ſchähten. Zu dem Beften, was er lieferte,
ehören die Vildnifje feines Vaters, des Roger de
Siles und des Prinzen Eugen; ferner fein Kinder—
mord und die von Pouſſin und Lefueur nachge⸗
ftodhene Darftellung der Zeit, wie fie die Wahrheit
entönllt, Am befannteften wurbe er aber durch feine
treftlihen Kupfer zu «Trait& des c&r&monies reli-
gieuses de toutes les nations» (11 Bde., Amſterd.
1725—43). Im ganzen find P.s Figuren fauber
und elegant und Seit mit viel Geijt gezeichnet;
dem Ausdrud der Köpfe ſchadete er aber oft durch
u viele Bunlte, und feine Gewänder find zuweilen
teif. Er jtarb zu Amſterdam 8. Mai 1733,
iecadilly, eine der Hauptitraßen Londons,
im wejtl. Teil mit glänzenden Kaufläden, im öjt:
lichen mit Woh eh neo der Ariftofratie, 4
Piccinni (Nicolo), berühmter ital, Komponijt
der fog. Neapolitaniihen Schule, geb. 1728 zu
Bari, brachte 1754 feine erjte Oper, «Le donne
dispettose», zu Neapel auf die Bühne, der eine
ganze Yan ern teils ernften, teils fomifchen
Genres folgte. Großen Enthufiagmus erregte be:
fonder3 1760 die für Rom komponierte, in der
Operngeſchichte Epoche machende «Cecchina ossia
la buona figliuola», in welcher zum erjten mal
längere Finales mit Wechjel der Ton: und Be:
mwegungsarten angebracht find. Durch ſolche Ver:
ſuche, die komiſche Oper weiter auszubilden, er:
langte er Bo nfeben und leitete direlt zu Mo:
zart. Als es dann fpäter darauf ankam, einen ital.
Komponiften in Paris gegen Glud aufzuftellen,
fhien P. der geeignete Mann zu ir m De.
1776 langte er in der franz. Hauptſtadt an. Seine
erite ng Oper war «Roland», mit deſſen Gin:
ftubieren bereit der berühmte Streit der Gludiften
und Piccinniften begann. (S. Glud,) «Roland»
a den volljtändigften he Im J. 1780 lie:
erte er «Atys», eine feiner beften franz. Produltio—
nen. Schon vor Inſcenierung diefer Oper patte
die Adminiftration der Academie de Muſique
(Große Oper in Paris) dem Streite der Gluditen
und PBiccinniften neue Nabrung gegeben, indem fie
den deutſchen und ben ital, ie mit der Kom—
Picart — Piccolomini
pofition ein und desſelben Sujet3, ber «Iphig&nie
en Tauride», beauftragte. Gluds Oper wurbe
1779 mit großem Grfolg gegeben; die «Iphigenie»
P.s, deren Libretti [hon dem von Glud bearbeiteten
weit nachſtand, wurde 1781 aufgeführt, konnte ſich
aber neben dem Gluckſchen Meiſterwerk nicht be:
haupten. Großen Grfolg hatte er 1783 mit der
Dper «Didon», die man als Meifterwerk aus feiner
franz. Zeit betrachtet und mit welcher er den ibm
wiederum al3 Rivalen ent —— Sacchini
vollſtändig beſiegte. Auch die komiſchen Opern
«Le dormeur &veill&» und «Le faux lord» (1783)
gefielen. Nah manderlei Wechſelfällen ging er
1791 nad) Neapel zurüd, wandte fi 1798 aber:
mal3 nad) Baris und ftarb 7. Mai 1800. Seine
———— war erſtaunlich. Reichtum der Er—
— eine außerordentliche Gewandtheit in den
muſikaliſchen Formen und ein angemeſſener, wohl—
berechneter Ausdruck nebſt muſikaliſchem Reiz ſind
ihm eigentümlich, aber das Schematiſche der Nea—
politaniſchen Schule hat er nie völlig abzuſtreifen
vermocht. Val. Julien, «La cour et Popéra sous
Louis XVI» (Bar. 1878).
Luigi ®., fein zweiter Sohn, geb. 1766 zu
Neapel, ein Schüler des Vaters, brachte zuerjt in
Paris und darauf in Italien verfchiedene Opern
auf die Bühne. In den J. 1796—1801 war er
Hoflapellmeiiter in Stodholm. Sodann lebte er
wieder in Paris, wo er einige Opern ohne Erfolg
lieferte. Gr ftarb 31. Juli 1827.
ieeiolo, ſ. unter Gavallo und Denaro,
iecölo oder Busenet ſ. unter Flöte,
iceolomini, ein altes Geichleht, das aus
Rom ftammte, fih dann in Siena niederlieh, fpäter
als Herzöge von Amalfi belehnt und in den gar ii
Reichafüritenftand erhoben ward und ſich in mehrere
Linien jpaltete, von denen die deutſche Linie mit dem
Fürften Octavio Uneas P. 25. Jan. 1757 ausftarb,
ao bie up ital. Nebenlinie 1783 erloſch.
Aneas Sy
Sylvius P. als Papft zu II.(. d.),
> den Kindern feiner Schweiter Yaudomia To:
eöchini feinen Familiennamen, und diefe bildeten
bie Linien der P d'Aragona, Herzöge von Amalfi,
ber Herzöge von Montemarciano, Fürſten von
Valle u. ſ. w. Zu diefen Todeshini: PB. gehörte
Papſt Pius IIL, nd II. Schwefterfohn , geb.
1439, geſt. 1503 nad nur 26tägigem Pontifilat.
Fürft Octavio P., Herzog von Amalfi, in drit⸗
ter Generation von Caterina, Schweiter Pius’ II.,
ftammend, geb. 1599, trat in Mailand in ſpan.
Kriegsdienft und kam mit einem Regiment, das ber
Großberzoa von Toscana dem Kaiſer Ferdinand II.
gegen bie Böhmen zu Hilfe fendete, al3 Rittmeifter
nah Deutichland, In der Schlacht bei Lutzen focht
er mit größter Auszeihnung und ward mehrfach
verwundet, Im %. 1634 von Wallenftein zum
— I er im Lande ob ber Enns ernannt,
mit bem Auftrag, die falzburg. Päſſe zu befeken,
um allen etwa aus Italien Derbeieilenben Hilfs⸗
völfern den Weg zu verſperren, und mit der Boll:
macht, jeden dem Herzog nicht ergebenen Oberit ab:
zuſehen, ward er dennoch das Hauptmwerljeug zum
Sturz MWallenfteins (f. d.), und erhielt nad) on
Ermordung mit Gallas zur Belohnung einen Zeil
der Wallenjteinihen Güter. Nad der Schlacht bei
Nördlingen, 7. Sept. 1634, wo er neben Gallas
tommandierte, drang P. dur Württemberg bis
über den Main. In den folgenden Fahren fämpfte
er im fpan.:niederländ, Heere gegen die Franzoſen
Picea — Pichegru
und Holländer; ber Entfab von Löwen war eine
befonders glorreihe Waffenthat. Seit 1639 ope:
rierte er nicht ohne Erfolg gegen Schweden und
Heſſen in Thüringen und an der Weſer, ward aber
1642 gegen Zoritenfon in die Niederlage von Leip:
ig verwidelt. Dann wieder in ſpan. Dieniten,
Fömpfte er aufs neue glüdlich in den Niederlanden
egen Franzoſen und Holländer. Als 1648 die
Einen fiegreid) vordrangen, wurde er vom Slai:
fer zurüdberufen und zum Feldmarſchall ernannt.
Im 3. 1649 wurde er als laiſerl. Brinzipalbevoll:
mächtigter auf den Konvent nad) Nürnberg geien:
det, welcher die Vollitredung de3 Friedens zum
3mwed hatte, und 8, Dft. 1650 vom Kaiſer Ferdi:
nand II. in den erblihen Reichsfürſtenſtand erho:
ben. Schon vorher hatte der König von Spanien
das Herzogtum Amalfi ihm wieder in Lehn gegeben.
Er jtarb linderlos Fi Wien 10. Aug. 1656. Ceine
Güter, darunter Nahod in Böhmen, erbten die
Nachlommen feines Bruders.
B.3 Sohn Mar in Scillerd Tragödie «Wallen:
ftein» wurde früher für eine poetiſche Filtion ge:
—— Derſelbe iſt jedoch eine hiſtor. Perſonlich—
eit und hieß Joſeph, Silvio War P. war zwar
nicht der leibliche Sohn Octavio B.3, fondern der
Sohn feines ältern Bruders, des kaiſerl. Oberften
tineas Silvio P., wurde aber nad dem früh:
zeitigen Tode feines Vaters von feinem Obeim
Dctavio adoptiert und zum Erben eingefegt und
fiel als Oberſt eines kaiferl. Hürajfierregiments
24. Febr. (6. März) 1645 in der Schladt bei Jan:
lau (oder Janlowik im böhm. Kreis Budweis)
gegen die Schweden unter Torftenfon. Vgl. U. von
eyhe⸗Eimle, «Die hiſtor. Perfönlicheit des Mar
PB. Eine giant e Quellenftudie aus dem Schloß⸗
ardjiv zu Nadod» (Biljen 1870); derfelbe, «Dctavio
Quellenftubie u. f. w.» (Bilfen 1871); H. U.
Richter, «Die P.» (Berl. 1874). __
Piosa, Nadelholzgattung, |. Fichte.
icenter, f. unter Bicenum. . j
icenum, eine Landihaft des alten Mittel:
italien, der jüdöftlichfte Teil des frühern Kirchen:
itaat3 und der nordöjtlichite des vormaligen Ktönig:
reih3 Neapel, zwilhen dem Apennin und dem
Adriatifchen Dieere gele en, an welches ed von der
Vündung des Sluffes ſis (jet Ejino) bis nad)
Hatria reichte, gegen N. und W. durch Umbrien, ge:
gen W. und S. wo das Land den Namen des Gebiets
der Prätutier führte, dur) Sabiner und Beftiner be:
grenzt, Umbrer bewohnten e3 inältefter Zeit. Dieje
wurden von den Sabinern überwunden, deren Schar
der Sage ve der dem Mars geheiligte Specht
(picus) voranflog, von dem der Name des Landes,
., und bes Bolts, Picenter, abgeleitet wird.
Nur fpät erft hatten mit den Samniten und darauf
mit Pyrrhus auch die Picenter gegen Rom gelämpit.
m 3.268 v. Chr. wurden fie Durch den rom. Kon⸗
ul Publius Senpronius überwunden und traten
in das Verhältnis der (abhängigen) Bundesge—
nojlen, Gin großer Teil von ihnen wurde aber in
das ſudlichſte Kampanien an den Salernitanijchen
Meerbufen verpflanzt, wo die Stadt Picentia der
Hauptort diefer Picenter war. In der Hauptitadt
der eigentlichen Bicenter, Asculum, fam im J. 91
v. Chr. durch Die —— des röm. Praͤtors
mit protonſulariſcher Gewalt Gajus Servilius
und ſeines Gefolgs der Bundesgenoſſenkrieg zum
Ausbruch. P. bildete die fünfte Region Italiens
ſeit Auguſtus.
Converſatious· Lexiton. 13, Aufl, XII.
17
Pichegrn (Charles), General ber franz. Res
publik, geb, 16. Febr. 1761 zu Arbois (Depart,
pura) wurde Lehrer der Mathematil an dem kleri⸗
alen College in Brienne, wo er aud an der Mili:
tärjchule Unterricht gab und einer der Lehrer des
jungen Napoleon war. Sim J. 1783 trat P. in ein
Artillerieregiment, in welchen erin Amerila lämpfte.
Beim Ausbrudy der Revolution noch Unteroffizier,
übernahm er die Leitung des demofratifchen Klubs
u Beſançon. Im J. 1792 führte P. ein Bataillon
tationalgarde der pet zu und ftieg 1798
zum Divifionsgeneral auf. Unter Hode Mi er
im Dez. 1793 Landau entiehen. Er erbielt nad
Hoches Entfernung im Febr. 1794 den Oberbefehl
über die Nordarmee, fiegte im April bei Montcajtel
und Menin, im Mat bei Gourtray, im Juni bei
Rouffelaer und nahm Brügge und Gent. Anfang
September rüdte er gegen die Engländer vor und
drängte diefe über die Maas und jpäter bis nad)
Nimmwegen zurüd, das 8. Nov. in feine Gewalt fiel.
Am 28. Dez. ſchaffte er feine Artillerie über die ge:
rorene Mans und entriß den Holländern die Inſel
ommel und zugleih Breda und Grave. Nachdem
aud) die Waal zugefroren, wagte P. feit 8. Jan.
1795 auf verfchiedenen Punkten den Übergang und
nahm die holländ, Seftungen aft ohne Miderlland,
19. Jan. Amfterdam, Mit diefem Yeldzuge war
die ruhmvolle Laufbahn P.3 geſchloſſen. Er erhielt
zwar den Oberbefehl fiber die Rhein: und Mojel:
arımee, kehrte jedoch bald nad) Paris zurüd und
unterdrüdte 2. April 1795 den Aufitand der Jako:
biner, ließ fi aber, nachdem er zur Rheinarmee
zurüdgelebrt, in Unterhandlungen mit dem Prins
zen Conde durch Fauce:Borel ein. Voch lam es
I feinem Ginverftändbnis, doch führte P. den Krieg
o lau, daß das Direktorium, welches aud) Kennts
nis von feiner Korreſpondenz mit Conde erhalten
geile, ihm zu Anfang 1796 das Kommando nahm.
. 309 fih auf fein Gut Bellevaur bei Arbois
urüd und trat im März 1797 als Abgeordneter in
n Rat der yünfhundert, wo er den Vorſitz über:
nabm und fi zum Mittelpuntte der Pläne machte,
welche eine Revolution zu Gunften der Bourbons
bejwedten. Das Direktorium kam indes 18, Fruc⸗
tidor den Berihwörern zuvor. P. wurde verhaftet,
mit vielen feiner Genoflen zur Deportation ver:
urteilt und nad Cayenne —* von wo er Juni
1798 nach Paramaribo und von dort nach England
entlam und nun offen die Sache der Bourbons er:
griff. P. begab ſich zum Heere Korſakows, lehrte
jedoch nad) deffen Niederlage bei Zürich nah Eng:
land zurüd und verband ſich dort 1803 mit George
Cadoudal (f. d.) und andern Franzofen zur Ermor:
dung des Erſten Konfuls. Er tam nad) Paris, wo
er im an, 1804 auch Moreau, aber wohl ver:
gebens, Anträge machte. Bald geriet die Polizei
den Verfhwörern auf die Spur, und P. ſah ſich
genötigt, in dem Haufe eines Freundes, des Kauf:
manns Leblanc, Zuflucht zu ſuchen, der ihn aber
für 300000 Fr3. verriet. In der Naht vom
28. Febr. wurde er verhaftet und in den Temple
eſeht. Noch ehe das Urteil geinrochen, fand man
g am Morgen des 6. April 1804 erdrofielt auf
feinem Bett im Gefängnis liegen; wahrſcheinlich
liegt Selbſtmord vor. Nach dem 18. Fructidor
veröffentlichte das Direktorium die Papiere, fowie
den fpätern Briefwechſel P.s mit Conde. Val.
Montgaillard, « M&ömoire concernant la trahison
de P. dans les années III, IV et V» (Bar. 1804);
18
Pierret, «Pichegru» (Bar. 1326); Treilhe, «La
vcrite devoilde par le temps» ee 1814).
Pichincha, Vulkan in der füdamerit. Republit
Ecuador, auf der Weſtkette der Eordillere von Quito,
im WRW. von Quito, hat fünf Gipfel, deren höd):
fter 4787 m erreicht. , j
Die nach diefem Berge benannte Provin Be
chi ncha von Ecuador, auf dem Plateau von Duito
und dem Wet: und Ditabhang der dasſelbe be:
grenzenben Gorbillerentetten, zählt auf 23402 qkm
————— Schriftſteller, geb. 4. Sept
ichler of), riftiteller, geb. 4. Sept.
rg u ee ftudierte in Innsbruck
un
einer von ihm gegründeten litterarifhen Gefell:
{haft gingen die « u. aus Tirol» unsbr.
1846) hervor. A auptmann einer üben:
tompagnie beitand er 1848 mehrere Gefechte an
der ital. Grenze und erhielt dafür den Orden ber
Eifernen Krone, infolge deſſen ihm fpäter geftattet
ward, das Präbdifat «von Rautenkar» zu führen.
Im Herbit 1848 wurde er Lehrer am Gymnaſium
und 1867 Brofeffor für Mineralogie und Geo:
- logie an der Univerfität Innäbrud. P. veröffent:
lihte «Gedichte» nabr. 1853), «Hymnen»
(Innsbr. 1855; 2. Aufl. 1857), In Liebe und
(bera 1860), «artfieie Grählenbe Dichtinge
era 1869), « me. ichtung»
(Gera 1874); ferner «fiber dad Drama des Mittel:
alters in Tirol» (Innsbr. 1850), «Aus den Tiroler:
bergen» (Münd. 1862), «Allerlei Geſchichten aus
Tirol» (Jena 1867) u. ' w.
Pichler (oh. Ant.), der berühmtefte Gtein-
fchneider des 18. Jahrh., geb. 12. April 1697 zu
Briren in Tirol, ging al3 Graveur nad Neapel,
wo er fih auf das Gravieren in Stein beſchränkte
Seit 1750 lebte er in Nom, wo er 14. Sept. 1779
ftarb. Mehrere feiner Arbeiten reihen ſich den
ihönften Muftern aus dem Altertum an,
——— von P., Sohn des vorigen, geb. zu
Neapel 1. Jan. 1734, bildete ſich unter Leitung des
Vaters durch das Studium der Antike. en II.
ernannte ihn zu feinem Hofgraveur und erhob ihn
in den Adelsſtand. Er jtarb zu Rom 25. Jan. 1791,
und feine Buſte wurde im Pantheon aufgeftellt,
Nächſt der Kunſt des Steinfchneidens zeichnete ih
P. als Paftellmaler aus. Aud die von ihm ge:
arbeitete Sammlung von Kupferjtihen nah ben
beiten Gemälden Rafael im Vatilan und feine
Auswahl geſchnittener Steine und Kameen erwar:
ben ihm Beifall. Zwei feiner Stiefbrüder, Johann
Joſeph B. (geb. um 1760, Zodesjahr unbekannt)
und Ludwig (Luigi) P. (geb. 1773, geit. 1854),
von denen ber eritere in Wien, der andere in
Nom fi niederließ, machten fi ebenfalls als
Steinſchneider befannt. Vgl. Rollet, «Die, drei
Vieifter der Gemmoglyptik, Antonio, Giovanni und
Luigi Br (Wien 1874).
ichler (ob. Beter), wurde 1765 zu Bozen ne
boren und bildete fid hier en den Unterricht des
Malers Joh. Ant, Cufiet zum Zeichner aus. Hier:
auf befudhte er die Akademie der bildenden Künfte
zu Wien. Epäter widmete er fi der Kupferſtech—
funft und bald ausſchließend der bkunſt. Nach
Jalobes, feines Schwiegervaterd, Tode verfah er
deſſen Stelle ald Profeſſor der Schabtunft, ftarb
aber jhon 18. März 1807 zu Wien. Er bat eine
große Anzahl Blätter geſtochen, die in guten Ab:
drüden in hohem Preiſe ſtehen.
ien Raturwijienfhaften und Medizin, Aus | über die
Pichincha — Pico
un (Karoline), Romanfdriftitellerin, geb.
in ien 7. Sept.-1769 als die Tochter be3 Geh.
teferendars Franz von Greiner, vermählte ſich
1796 mit dem nadhmaligen Regierungsrat Andr.
Pichler. Ihr erſtes bedeutenderes Werl war «Gleich:
niſſe⸗ (Wien 1800). Dieſem folgten: der Roman
« Olivier», der zuerst anonym im « Öfterr. Tafchen:
falender» aufs J. 1802 erſchien (neue Aufl., 2 Bde.,
Wien 1812), «Idyllen · (Wien 1803), meift Jugend:
arbeiten, der Roman «Penore» (2 Bde., Wien 1804)
und «Ruth, ein biblifhes Gemälde in drei Idyllen⸗
(Wien 1805). Gibbons fchneidende Urteile in ſei⸗
ner «Gefhichte des Verfalls des Nömiichen Reiche»
ie chriſtl. Religion ges ihr Beranlaffung
zu dem vorzüglichften ihrer Werte, dem «Agathotles»
(3 Bde., Wien 1808), worin fie den wohlt ätigen
Cinfluß des Chriftentums auf die Veredlung
Menſchheit barzujtellen veriuchte. Ihre folgenden
Nomane behandeln hiftor. Stoffe, wie «Die Grafen
von Hohenberg» (2 Bde., Lpz. 1811), «Die Be:
logerung Wiens von 1683» (3 Bde., Wien 1824),
«die Schweden in Prag» (Wien 1827), «Die Wie:
bereroberung von Dfen» (2 Bde., Wien 1829),
Henriette von England» (Wien 1832) und «5ried:
rich der Streitbare» (4 Bde. Wien 1831), in Denen
das biftor. Material mit vielem Gefchid verarbeitet
it, während diefelben in der Ausführung zu breit
und nit frei von Flachheit find. Ri legte
ift waren « Zeitbilder » (2 Bde., Wien 1840),
Die Ausgabe ihrer «Gämtlihen Werte» (Wien
1820—45) umfaßt 60 Bände; eine Ergänzung der:
ſelben bilden die erft nad ihrem Tode erjchienenen
« Dentwürbdigfeiten aus meinem Leben» (4 Boe.,
Wien 1814). Sie ftarb in Wien 9. Juli 1843,
icholimes find eingemadhte Dliven.
ichurimtalgfäure, f. Zaurinfäure.
ideibeben (Pidrofinen), f. u. Rofinen.
Bide (Muhlpicke), f. unter Meblfabrila:
tion, Bb.XI, ©. 581*.
idtelbeere, foviel wie Heibelbeere.
idelflöte, foviel wie Piccolo. ,
idelhaube, Sturmbaube(fr;. casque), hieß
im jpätern Mittelalter der offene, nicht mit herab:
zulafjendem Bifir verſehene Helm (f. d.). Die P.
erhielt fi als Kopfbevedung der Pileniere bis zu
deren gaͤnzlichem Gingehen, ebenfo trugen bie Arte:
bufiere die P, die Mustetiere dagegen leichtern
Hut. Die im Feuer arbeitenden Sappeure trugen bis
in bie neuere Zeit häufig eine P. Der feit 1840 in
—5** eingeführte Helm hat weſentlich die Form
der P. und wird auch im Volklsmunde fo genannt.
Vickelheriug, foviel wie Hanswurſt.
Pickles (engl.), in Gifig und Salz eingemadhte,
ftarl gewürjte Pflanzenteile, j. Mixed pickles.
idling, foviel wie Bölling. j
icknick (engl.), ein Mahl, zu dem jeder Teilneh—
mer einen Beitrag an Nahrungsmitteln mitbringt.
———— (eng), Zafchendieb, Beutelſchneider.
ieo (jpan.), }. Bic.
Vico, eine der Azoren (f.d.). ’
Pico (Giovanni, Graf von Miranbola), ital.
Humanift und Philoſoph, geb. 24. Febr. 1463 auf
dem Stammgute der Grafen von Mirandola, tu:
dierte zu Bologna das kanoniſche Recht, darauf
Philoſophie in Padua und Kari und lebte dann
in Florenz im Umgange mit Angelo Boliziano und
Marfiglio Ficino. Von da ging er nad) Nom, wo
er 1486 feine 900 Thejen aus allen Wiſſenſchaften
berausgab, über welche er fi) anerbot, öffentlid) zu
Pico de Teyde — Bictet
bizputieren. Ein gegen ibn eingeleitetes Inqui—
fitionaverfahren wurde danf den Bemühungen Lo—
renzos de Medici niedergeihlagen. P. 309 ſich auf
ein Zandgut bei Florenz zurüd, beſchäftigte ſich mit
dem Studium des Blato, Artjtoteles und ber Hab:
bala und itarb am 17. Nov. 1494. P.s Bemühun:
gen waren auf eine Verſchmel ber Blatonijchen
nit der Ariſtoteliſchen Philoſophie und auf eine
Berſöhnung ber Philoſophie mit der Religion unter
Hinzuziehung labbaliſtiſcher ehren gerichtet. Seine
«Opera» erichienen zu Venebig (1498) und —
mit denen feines Neffen zufammen in Baſel (2Bde.,
1572). Vgl. Dreydorfl, «Das Eyitem des Joh.
V. von Rirandola» (Marb. 1858); Calori, «Gio-
vanni P. della Mirandola detto la fenice degli
ingegni» (2, Aufl., Bologna 1872),
Giovanni Francesco P., Neffe bes vorigen,
Graf von Mirandoln und Concordia, geb. 1469,
einen feiner Neffen 1533 ermorbet, ſchrieb
das Leben jeine3 Dheims , eine Biographie Savo:
und mehrere myftiiche Schriften. bie ſich in
der erwähnten bafeler Ausgabe geſammelt finden.
Teyde, Bultan, f. unter Teneriffa.
t (Georges Marie Hene), franz. Geichicht:
ſchreibet, geb. 24. Dez. 1838 zu Paris, Itudierte die
Rechte, bereite England und mar 1877—80 im
Juftizminiſterium als Direktor der Kriminalfadhen
angeitellt. Gr begründete und leitete ein Blatt,
«Le Parlement», das Organ de3 linlen Gentrums,
und verfaßte «Notes sur I’ isation des tri-
bunaux de police à Londres» (1862), «Recherches | fi
sur la mise en libert& sous caution» (1863), «Loi
sur les ts delits» (1863), «Observations sur
le projet de loi relatif & la mise en libert& provi-
soire» (1865), « Les fortifications de Paris, Vau-
ban et le gouvernement parlementaire» (1870),
« Les @lections des E generaux dans les pro-
vinces de 1302 à 1614» (1874). Sein Ha
iit «Histoire des Fitats generaux et leur influence
sur le gouvernement de la France de 1355 4 1614»
(4 Bde., 1872), eine Schrift, die - Jahre nad):
einander von ber Franzöfiichen Alademie mit dem
großen Gobertichen Preis gefrönt wurbe.
Picotage und Guvelage bezeichnet den wafler:
dihten Ausbau in Schadten unter Anwendung
von Holz; und Gijen, wie jolder am ausgebehn:
t in Belgien und im nördl. Frankreich beim
Durchteufen wafjerreicher Kreideſchichten entwidelt
und von dort nach Deutihland beim Grubenbau
(.d.) in lodern und ſchwimmenden (b. h. lojen,
mit Waſſer durhbrängten) Majlen übertragen ift.
Die Zimmerung bierbei ift die ganze Schrotzimme:
rung und bejteht aus verfeilten Kränzen (trousses
picotees, sieges) am Fuße jeder Abteilung, welche
waſſerdicht an das Geſtein ſchließen, und Euvelage:
lrãnze (Aufiastränze) heißen; hierzu treten auch
nr noch Traaefränze (plates trousses, trousses
colleet&es), welche nur feit gegen das Gebirge ver:
feilt find und die trousses picotees tragen. Das
Picotieren (Legen des Picotagelranzes) geſchieht
durch Spitzleile (picots). Statt Holz werden auch
eiferne Euvelagetränze angewendet, und man pflegt
den waſſerdichten Ausbau auch Cuvelage, Cuve:
lierung zu nennen.
Picpuß, franz. Kongreg
de3 kath. Glaubens, eigentlich Ge
ligiten Jeſu und Mariä, gewöhnlich nac
ihrem Gentralhau3 in der Bicpuäitrafe in Paris
genannt, geftiftet von Peter Coubrin (geft. 1837),
fi Verbreitu
Gefelichft Der hei
19
beftätigt 1817 von Papſt Pius VII., widmet ſich
jept der Heidenmilfion, befonders in Polynefien,
Pict., bei naturwillenihaftlihen Namen Ab:
fürzung für Pictet (Frangois Jules).
teten (lat. Picti, «die Gemalten», d. h. Tät:
towierten) wurden mit bem 4. Jahrh. n. Chr. die
felt, Bewohner gäliſchen Stammes de3 nörblichen,
den Nömern nicht unterworfenen (Schottland) Ca:
ledonien genannt, die ih in Verbindung mit den
in diefem Jahrhundert aus —— in das fübmeitl.
Caledonien eingewanderten Scoten durch ihre Ein:
fülle in das röm, Britannien furdtbar machten
und —— die Römer das Land aufgegeben, die
Herbeir ng der Sachſen durch romanifierte Bri:
ten (die kelt. Bewohner Englands) veranlaßten.
Die P. zerfielen in zwei Abteilungen, Dicale:
bonen und VBecturionen, die ſüdlichen und die
nördlichen, die durch das Grampiangebirge geidhie:
den waren. Die füblihen P. erhielten bereits im
Anfang de3 5. Jahrh. durch Saint:Ninian und
deſſen Schüler, die nörblichen durch den berühmten
Columban (geb. 597) das Chriftentum. Der erfte
Se. König der P. war Brubde (geft. 586). Unter
ectan, ber 710 den Thron beitieg und ein Freund
der Wiſſenſchaften war, erfuhren die firhlicdhen
Berhältnifje wichtige Umgeitaltungen. Den Höhe:
punkt ihrer Macht erreichten die P. unter der Re:
gierung des Hungus, bes Sohnes des Urguft (730
— 760), der umunterbro mit den Scoten, Bri⸗
ten und Angelſachſen zu kämpfen hatte, aber meilt
egreich war; 839 aber brach die Macht der B. vor
ben Scoten — J. 843 fam ber Thron
an Kennet (Sohn des Alpin), den König der Sco:
ten, unter bejien Nachfolgern ſcotiſchen Stammes
allmählid der Name P. fi in den der Scoten
(Schotten) verlor. Die Refidenz der Pirtenkönige
war Forteviot in Stratherne.
U, ſ. Sadrianswall.
etet (Markus Auguft), Raturforſcher, geb. zu
Genf 23. Juli 1752, einer alten und vornehmen
zur angebörend, war Schüler, Freund und
eijebegleiter de3 berühmten ure, bem er
aud) 1786 ala Brofefior und —— als Bräfident
der Afademie zu Genf nadıfo ie: Sm J. 1798
unterhandelte er wegen des Anſchluſſes von Genf
an Frankreich und wurbe dann Mitglied des Rats
der Fünfzehn. Im J. 1802 trat er in das Zribu:
nat, wurde 1807 von Napoleon zu einem, ber
15 Generalinfpeftoren de3 öffentlidien Unterrichts
erhoben und ftarb zu Genf 18. April 1835. P.
hat Viele? und Wichtiges im Gebiete ber Phyſit,
zumal der Alpen, der Mathematit und Ölonomie
geleitet und iſt Begründer der feit 1816 als «Biblio-
thöque universelle» beitehenden Zeitihrift, die er
jeit 1796 in Verbindung mit feinem Bruder unter
dem Titel «Bibliothöque britannique» herausgab.
P. de Rochemont (Charles), bekannt als Agro:
nom und Diplomat, des vorigen Bruder, wurde
21. Sept. 1755 zu Genf geboren, trat in ein franz.
Schweizerregiment, kehrte aber 1785 zurück und
heiratete eine vornehnie Genferin, deren Ramen
Rochemont er fortan führte. Seit 1789 bekleidete
P. mehrere öffentlihe Simter, war 1813 Abgeord:
neter von Genf bei ben verbündeten Monarden
und wohnte in diejer Eigenihaft aud 1814 dem
Kongreß zu Wien bei. Später, wirkte er als Be:
nad | vollmäcdtigter von Genf in Baris und Turin, half
hierauf als Staat3rat die Organifation bes Kan—
tons vollenden und zog fi dann auf fein Gut
2*
20 Pictou — Piemont
Laney zurüd, wo er mit Fellenberg für bie Errich⸗
tung von Armenfchulen und andern gemeinnüßigen
Anitalten thätig war. Er ftarb 29. Dez. 1824.
Bon feinen S ** ift zu nennen: «La Suisse
dans l’intöröt de l’Europe» (deutih, Tüb. 1821).
rancois Jules P. de la Rive, derjelben Fa:
milie angehörend, geb. 27. Sept. 1809, geit. 15. Vai
1872, erwarb fi ala Profeſſor der Zoologie und
Anatomie in feiner Baterftadt Genf durch eine Reihe
geſchãtzter 81* und paläontolog. Arbeiten einen
geadhteten Namen. Seine Hauptwerte find: «
toire naturelle des insectes N&vropteres» (2 Bde.,
Genf 1841—43), «Traite el&mentaire de Paléon-
tologie» (4 Bde., Genf 1844—46; 2. Aufl., Par.
1853—55, mit Atlas), «Description des mol-
Jusques fossiles dans les environs de Genöve»
2er, Genf 1849—51), «Les poissons fossiles
u Libanon» (Genf 1850), «Me&
lo — en 1863) u. |. w. i
olphe P., ein Better des vorigen, geb. 11.
Eept. 1799 zu Genf, geit. 20. 20 1875 dajelbit,
machte fid) beſonders durch feine Arbeiten auf dem
Gebiete der vergleihenben — ver⸗
dient. Die wichtigften berfelben find: «De l’affinit&
des langues celtiques avec leSanscrit» (Par. 1837)
und «Les origines indo-europ6ennes ou les Aryas
primitifs» 3. 1 und 2, * 1859—63).
Raoul P., geb. 1842, hat je —A u
den Nacdweis bekannt gemacht, daß Waflerftoff,
Etidjtoff und Sauerftoff unter Anwendung großer
Kältegrade und ftarten Druds flüffig und feit ge:
macht werden können. Ahnliche Reiultate erhielt
um biefelbe Zeit (Ende 1877) Eailletat in Paris,
aber auf techniſch verſchiedenem —*
Pictou, Ortſchaft auf Neuſchottland (ſ. d.).
at.), der Specht
Bi Faunus (f. d.) ähnlicher
eus, ein dem Faunus (f. d. nli
alle und röm. Gott, ein Schukgott der
Saaten und der Heinen Kinder. Der Gott jcheint
aus dem picus Martius, dem Specht des Mars, zu
einer felbjtänbigen —— Berfönlichkeit ſich ent⸗
widelt zu haben, neben die dann noch in Sage und
Kultus Pilumnus trat, während P. felbit auch
icumnus genannt wurbe. Pilumnus, defien
ame mit pilum, Speer, Mörferleule, verwandt
it, wurde von ben Bädern aus der Zeit her ver:
ehrt, wo das Getreide zu Mehl zerftampft wurde,
und galt daneben noch als Sterculinus für den Er:
finder und Beſchützer des Düngens. jr der Sage
bieß * König der Laurenter, Sohn des Saturn
und Vater des Faunus. Auch — man, Circe
habe ihn verführen wollen, und als er ſeiner Gattin
Pomona ober Canens, der Nymphe des Geſangs,
treu blieb, ihn in einen Specht verwandelt.
a 2 von ser Im.
pan.), Suß;altes fpan. Längenmaß=0,28m.
&0 6; P. de resis-
ges pal&onto-
e je ’ emach;
tance, ein derbes, ſättigendes Stück Fleiſch; in fi
übertragener Bedeutung die B —— ür etwas,
das geeignet ift, io Widerjtand zu eiſten, aus⸗
zumachen, namentlich für einen bombaſtiſchen Leit:
artitel; P.à tiroix, Schubladenſtüd (f. d.).
Pieccette (ſrz.), Diminutiv für pidce; dann De:
jeihnung F den ſpan. Goldpiaiter
a
ſter.
(fr3.) n Fußgeftell, beißt der — D
iede
uf äulen, Statuen, Bafen u. f. w.
ftehen. Es beitcht aus einem kurzen, vierfeitigen
oder aud runden Pfeiler mit Fuß: und Oberges
ſimſe, welches beliebig deforiert werden kann,
Picdimonte H’Alife, Stadt und ——
ort in der ital. Provinz Caſerta, am Südweltab:
bang des Mateſegebirges, bat (1881) 6471 (ala Ge:
meinde 7252) G,, groburlige Baummwollipinnereien
und Fabritation von Baummoll: und Leinenwaren.
Piedra Blanca, Stadt in der argentinischen
Provinz Catamarca, bat 3434 E., —9* und Ge⸗
treidebau, Feigen⸗, Wein: und Branntweinhandel.
Piekar (Deutſch-Piekar), Pfarrdorf und
Rittergut im preuß. Regierungsbezirt Oppeln,
Kreis Beuthen in Oberfchlefien, unweit der Bri:
niga und der rufl.:poln. Örenze, zählt (1880) 3000
meiſt fath. E. — Zur Gemeinde B. (mit 7763 E.)
*— Schalmey, Station der Linie Tarnowip:
hoppinik der Preußiſchen Staatsbahnen, mit
Galmeigrube, ferner die Galmeigruben Neue Hes
lene, Gäcilie und Wilhelmine.
Piemont, franz. Pi&mont, engl. Piedmont, ital.
Piemonte, lat. Pedimontium (d. b. am Fuß der
Berge liegendes Land), der Hauptbeitandteil des
frühern Königreich8 Sardinien, umfaßte das eigents
liche Fürftentum P. mit Turin, Carignano, Sas
vigliano, Coni, Mondovi und die Landſchaft Pig:
nerolo oder die Piemontejifhen Thäler, aud
ſchlechtweg «die Thäler» genannt, die Marguifate
Saluzzo und Sufa, die ( rafichaft Nizza und das
—— Oneglia, die Grafſchaften Aſti und
anaveſe (Jorea), das *— Aoſta und die
Herrſchaft Vercelli. Dazu kamen 1708 das 2750
qkm große Herzogtum Monferrat (f. d.) mit Caſale
und Acqui, fowie durch die Verträge von Turin
1703, Wien 1735 und Worms 1743 folgende an
den fardin. Staat gefallenen Anteile des Herzogs
tums Mailand (aufammen 8250 qkm): die Borro:
meiſchen Anfeln im Sage: Maggiore, die Landichaft
Val di Sefia (Borgo), Ober: Novareje oder —*
(daft Ungbiera (Domo d'Oſſola), Unter:Novareje
(Novara), I ———— (Bigevano), Pomellina,
Alefiandria und Valenza, Tortoneie —— die
Gebiete von Novi und Bobbio, ſowie ein Teil von
Paveſe (Voghera). Aus dieſem Länderlompler,
der im weitern Sinne P. genannt ward, wurden
während der franz. Herrſchaft (1805—14), mit
Ausnahme von Novara, Vigevano und andern
ehemals mailänd, Gebieten, die zufammen als De:
partement Agogna zur ital. Nepublit, dann zum
Napoleoniichen Königreich yo geſchlagen wur:
den, die ſechs mit Frankreich vereinigten Departes
ments gebildet: Po (Turin), Dora (Chivafo),
Sefia (Vercelli), Marengo (Alefjandria), Stura
(Eoni), Wontenotte (Savona) und Seealpen (Nizza).
Nah Wiederheritellung der ſardin. Dynaftie lehr:
ten 1814 auc die alten Namen wieder zurüd und
verblieben als Einteilung für die Berwaltung big
1819, wo die Brovinzen Turin, Coni, Alefjandria,
Novara , Aoſta und Nizza gebildet wurden. Seit:
dem bat fich die Einteilung des Landes in « Divis
ionen» wiederholentlih geändert, Im jehigen
Königreich Italien umfaßt dad Compartimento
P. die Provinzen Turin, Aleffandria, Novara,
Coni (Cuneo), welde, in ganz anderer Begrenzung
und Gebietägröße als früber, 1882 auf 29349 qkm
3099557 6. jüblten. Das Land ift im N. von der
Schweiz (Wallis), im W. von Franlreid (Savoyen,
aupbind, Provence), im S. vom franz. Nizza und
von Ligurien (Porto: Maurizio und Genua), im D.
von der Lombardei begrenzt. Auf der Nord: und
Meitfeite iſt es von den höchſten Alpen eingeſchloſſen
und zum Teil mit Gebirgen bededt, Gegen Wallis
A 00
Piemontit — Vierer
bilden die Grenze die Penniniſchen Alpen, gegen
Frantreich die Grajiſchen und die Cottiſchen Alpen,
gegen das Compartimento Ligurien die Seealpen.
er Hauptfluß iſt der Bo, der alle andern Fluſſe
des Landes aufnimmt. In der Mitte des Landes,
die er durchfließt, und wo niedrige Berge, Hügel,
Thäler und Ebenen wedjeln, find die fruchtbariten
und jhöniten Striche, in weldhen der Ader:, Wein-,
Öl: und Obſtbau blühen und Getreide aller Art,
Hülfenfrühte, Mais, Neis, Hanf, Kaſtanien, Obſt,
edle Früchte, Dliven, Trüffeln und Wein gedeihen.
Der Seidenbau wird in feinem andern Lande jo
ſtark und fo gut betrieben als in P.; Silber, Blei,
Kupfer, Eiſen, Steintoblen, Salz und Mineral:
uellen finden ſich reihlih. Die Einwohner find
eikig und erwerbfam und befennen ia zur fath.
Kirche bis auf 2400 Waldenfer in 13 Gemeinden,
welche raube Thäler an dem Fuße ber Alpen (Lu:
ferna, Peroſa, Terra mebiate, Fuori delle Valle
und San:Martino) bewohnen. Außer mit Aderbau,
Vie hzucht und Seidenbau beihäftigen fi die Ein—
wohner aud mit Fabriten und Danufalturen, be:
fonders in Seide, Leinwand und Wolle.
emontit (Vianganepidot), f. u. Epibot.
ienne3 (Herzog von), Sohn von Louis Marie
Alerandre, Herzog von Aumont (f. d.).
Piöno (ital.), voll, ftart (vom Ton).
ienza, Stadt in der ital. Provinz Siena, Be:
zirt Montepulciano, 14 km weſtlich von Monte—
pulciano, mit (1881) 1447 (Gemeinde 3255) E.,
828 angelegt unter bem Namen Gorfinianorum
(Corfianano), fpäter au Caſtello Piccolomini ge:
nannt, gehörte zum Gebiet von Siena, iſt Geburts:
ort deö Papſtes Pius II. (Sinead Sylvius Piccolo:
mini), der dem Drt 1462 Stadtrecht verlieh, Pienza
(« Biusitabt») nannte, zum Bifchofafig erhob und
dafelbft nad den Entwürfen des Florentiners
arbo bi Yorenzo im Renaijlanceftil den Dom,
den bifhöfl. Palaſt, den Palazzo pubblico und den
tätigen Palazzo Piccolomini (mit großartiger
—8* einem ſchönen quadratiſchen Hof und an
der Rüdjeite mit dreigeſchoſſigen Loggien) erbauen
ließ. Der Domſchatz it ein wahres Mujeum der
Kunftindujtrie der Frührenaiſſance.
Bieper (Anthus) ijt der Name eined namentlich
ber nördl. Grohälfte angehörigen Singvogelge:
ſchlechts, das die Bachiteljen und Lerchen miteinan:
der verbindet, einen ſchlanlen Schnabel, mäßig
langen Schwanz, ziemlich hohe Läufe und eine
lange Kralle an der Hinterzehe hat. Die etwa 50
Arten haben ein trübfarbiges Gefieder und nijten
auf dem Boden. Die deutſchen Arten find Zug—
vögel mit teilweiſe fehr angenehmem Gefang, wie
. namentlich der Baumpieper (Anthus arboreus).
Bierantoni:Maneini (Grazia), ital. Dichterin,
geb. 1843 als Tochter des ital. Staatsmannes
—* uale Mancini, vermählt ſeit 1868 mit dem
urien Augufto Pierantoni, Profeſſor in Rom.
ie ſchrieb Gedichte («Poesie», Bologna 1879) und
Novellen, wie «Lidia» (Maif, 1880; deutich von
Lobedan, Stuttg. 1882), «Commedia d’infanzia»
(Mail. 1881) u. |. w.
„Pierce anllin), der 14. Präfident der Ber:
einigten Staaten von Amerika, geb. 23. Nov. 1804
zu Hilleborough im Staate Neubampibire, ftubierte
auf dem Bomwodoin-Eollege zu Brunswid in Maine,
liek fi 1827 in Hilleborough ald Advolat nieder,
erhielt 1829 einen Si in der Pegislatur von Neu:
bampibire, trat 1833 in den Kongreß und war erjt
21
Mitglied des Repräfentantenhaufes, bann feit 1837
des Senats. Im J. 1842 legte er jedoch fein
Mandat nieder und nahm in Concord bie juriſt.
Praris wieder auf. Beim Ausbruch des merit.
Kriegs wurde er zum Oberſten eines Milizregi:
ments und bald darauf zum Brigadegeneral er:
nannt. Gr madte den ganzen Feldzug unter Ge:
neral Scott mit, that ſich auch bei verſchiedenen
Gelegenheiten, wie in den Schlachten von Contre:
ras, Molino del Rey und Chapultepec, rühmlichft
hervor. Im %. 1850 wurde er PBräfident des Con:
vent3, welcher berufen war, um die Berfafjung des
Staat3 Neuhampihire zu revidieren. Nachdem ihn
im Juni 1852 der in Baltimore verfammelte Con:
vent der demolkratiſchen Bartei zum Kandidaten für
bie Präfidentenwürde der Union vorgeichlagen,
entichied fich bei der Wahl im Nov. 1852 das Volt
mit großer Majorität für ihn infolge befien er
4. März 1853 ben Präfidentenitub beitieg. Die
Verwaltung B.3 (1853—57) entſprach indeſſen den
Erwartungen durchaus nit. Er bewies ſich ala
Werkzeug des Südens, befien Zwede er direlt und
indirelt mit größter Gewiſſenloſigleit förderte. In
feiner auswärtigen Politik diskreditierte er die
Union durch jeine Feindichaft gegen Gentralamerita
und Spanien und feine Ablihten auf Cuba, um
der Stlaverei ein größeres Gebiet zu erwerben. In
ber innern Politit half er aus denfelben Beweg⸗
are dur Unterftügung der Nebrasla : Bill
f. d.) den fpäter (1861) — Burgerkrieg
vorbereiten, zu —— überhaupt unter feiner
Verwaltung die Grundlagen gelegt wurden. Seffer:
fon Davis, der nahmalige Präſident des Südens,
war unter P. Kriegsminiſter und deſſen einfluß:
reichiter Ratgeber, hinter welchem felbit der bedeu:
tendere Staatzjelretär Marcy in ſtand. Er ſtarb
8. Dt. 1869 in Concord in Neuhampſhire. Bol.
Hamwthorne, «Life of P.» (Boiton 1852).
Pierer (Joh. Friedr.), Begründer der Pierer:
{hen Verlagsbuchhandlung in Altenburg, geb. zu
Altenburg 22. Yan. 1767, ftubierte in Jena und
Grlangen erft die Rechte, dann Medizin, befuchte
dann noch Berlin, Wien Straßburg und Göttingen
und ließ fih 1790 in Altenburg als Arzt nieder.
J J. 1798 begann er bie Herausgabe der «Mediz.
ationafjeitung», an die ſich 1800 die «Allgemeinen
mediz. Annalen des 19. Jahrh.» als Fortſehung
anſchloſſen, die er feit 1821 mit Choulant unter
bem Titel «Annalen der Medizin» bis zu feinem
Tode fortiekte, worauf fie Babit übernahm. Nach—
dem er 1799 die Richterſche Hofbuchdruderei ange:
kauft, begründete er 1801 ein bucdhändlerif
Gtablifjement unter ber Firma «fitterariiches
Gomptoir». Dasjelbe trat er 1816 an F. A. Brod:
haus ab, übernahm es aber 1823 wieber als «Littes
raturcomptoir» und überließ nachher die Leitu
feinem Sohne. Im %. 1826 wurde er Obermebdizis
nalrat und Leibarzt bes Herzogs. Sein Haupts
wert ilt das von ihm mit Choulant beraungege:
bene «Anatom.:phyfiol, Nealmwörterbudh» (8 Boe.,
Altenb. u. Lpʒ. 1816—29). P. ftarb zu Altenburg
21. Des. 1832.
Heinrih Auguft P., Sohn bes vorigen, geb.
26. Febr. 1794 zu Altenburg, ftubierte fit 1811
zu Jena Medizin und trat 1813 in das Lützowſche
Korps ein. Nach der Nüdlehr aus dem Feldzuge
ftand er mit dem 19. preuß. Negiment erſt zu
Magdeburg, dann zu Poſen, und murbe hierauf
1821 Hauptmann bei den altenb. freiwilligen
22
Yon: . 1831 na
ied, W leibendes
durch das von ihm mit großer Umſicht und
redigierte « Encyllopãd. Worterbuch » (26
Altenb. 1821 36), welches in der zweiten, völlig
umgearbeiteten Auflage (34 Bde., Altenb. 1810—46,
nebit 6 Supplementbänden 1840—47) den Titel
« Univerjal : Zeriton» erhielt. 4 ftarb 12. Mai
1850. Seitdem wurde die Buchhandlung, die er
zugleih, mit der Hofbuchoruderei 6. Mai 1835
wa —— irma übernommen hatte, von feinen
ben, zunädjt von feinen beiden ältern Söhnen,
. (geb. 16. Dez. ee ln
(geb. 28. ug. 1826), fortgeführt, welche die dritte
Auflage des «llniverjal:Leriton» (17 Bde., Altenb,
1849—54) —— und bei dieſer Geiegen
heit «Neue S nte» (6 Bde., Altenb. 1851—
54) fie Ag rain Auflagen folgten «Neueſte Gr:
—— zu allen bes Werls (2 Boe.,
tenb. 1855—56). Rad am 20, Der. 1855
erfolgten Tode Victor trat der jüngjte ———
er als Major ſeinen
rdienſt erwarb er fi
u
Alfred» P., geb. 12. Febr. 1836, mit ın das Ge:
fhäft un "übernahm öfelbe 1. Juli 1859 mit
Eugen P. für eigene nung. ide Brüder
— men eine vierte völlig umgearbeitete Auf:
lage deö «Univerfal : Zerifon» (19 Bde., Altenb.
1857—64), welcher ſich ein Ergänzu: wert unter
dem Zitel »P.s Jahrbücher (2 Bde., Altenb, 1865
—67) anihloß, und ließen 1867—71 eine fünfte
revidierte Stereotypauflage folgen. Im J. 1872
wurde von ihnen bie Hofbuchdruckerei und das
allniverjal:2eriton» an die Firma Stephan Geibel
u. Comp. verkauft. Die Hofbuddruderei erfuhr
unter den neuen Befikern eine große ——
ſodaß m e (1885) 21 Maſchinen beichäftigte, und lei:
ftet befonders im Accidenzdrud Bor iches, Das
«Univerjal:Lerifon» ging an A. Sparmann in Ober:
haufen über, der eine ſechſte Auflage desjelben unter
dem Titel « «$. 3 Univerjal-Gonverjations-Periton »
(18 Bde., Oberhaufen u. Lpz. 1875—79) veranital:
tete, und von dieſem 1878 an das Litterariiche SR:
Pieriden — Pieter-Marigburg
BPierrefonds (Gräfin von), 8* der
ehemaligen franz. Raijerin Gugenie (f. b.).
e Pertuis (durchbrochener Fels), Jura⸗
—F im Ihweiz. Kanton Bern, verbindet die Thäler
ver Schuß (Suze) und der Bird. Die Linie Biel:
Delemont:Bafel ber — Jurabahn —*
bricht den Felsriegel der PB. mit einem 1267
en, —— m über dem Meere gelegenen Taund.
ierret (Paul), franz. Agyptolog, & eb. 1836 au
Rambouillet (Seine: Dife), ward 1869 Aſſiſtent und
1873 Konſervator am ägypt. Mufeum i im Louvre.
Walt * Werlen ſind hervo «Diction-
d’archeologie —— (1875), «Recueil
dinseriptions inedites du musce &gyptien du
Louvre» (2 Bbe., 1874—78), «Le deeret trilingue
de Canope» (1881), «Le livre des morts» (1882)
Pierrot (frz.), eine lomiſche gay =
franz. Theater, die Berfchme des Harlefin
Arlechine) * Bulcinella (f. d.), iſt wie bie
efleidet und wie —— launig und wibig- Bei den
Stine ift der P. der — iener.
27 es Bil, arg A Kata an * Moſel,
1830) 520 €. defien vorige
agen Saltenlei, —— Taubengarten und
Großwingert find,
Pieſteritz, Dorf —* Wittenberg des preuß.
Regierungsbezirks Merſeburg, hat 150 €. und
eg — Kaiſer Karl V. mit
iedrich rg Sadjen 1547 die
— ng ed ab,
BPietä (ital., joviel ald Frömmigkeit, Mitleid,
Liebe zu den dten) nennt man im der bil:
denden Kunſt die Darftellung der Mutter erg
die den Leichnam ihres Sohnes im Schoße hält.
Es ift der Gegenfak r Madonna (f. d.) mit dem
Ghriftinde auf dem Arme. So wie biefer Gegen:
— den Kunſtlern —— gab, den Ausdrud
der reinften Diutterfreude und hochſten Mutterliebe
Auſchauung zu bringen, jo \ eine P. der Stoff
fir die Darftellung des tiefften Schmerzes und
ftitut (9. Barud) n. u \ .) in Köln, ae ie te —— Nicht bloß die Malerei hat ſich vielfach
Zeit darauf fallierte. 5 Piererſche Verlags —— fondern auch die Plaftil. So ar:
geichäft wird von den bisherigen Befigern fortgeieht. * Miche { Angelo i in feinem 25. Jahre eine B.,
u, ſ. Muſen. die ſich in erslirche zu Rom Die
‚ macedon. Sandfcaft am ——— Gruppe gleicht in der —— und in ——
ängen des Motive einem neuerl
— auf den Oſt- und Nordab
O „ESitz des 5* — und Bakchos⸗
8 die vewo 7. Jahrh. v. Chr. ver:
trieben, ſiedelten ſi —— neuen thra ———
öſtlich vom — an. Ein — ag im
nörd Syrien. [
ierre (Saint-), franz. Inſel, f. Saint:
onds (mittellat. — Dorf im
—* Depart. Diſe, Arrondiſſement Compiegne,
ande des Forites von Compitgne, Station
der Linie Compidgne : Billerd » Eotteret3 der Nord:
Pierre,
bahn, hat gegen 1900 €., eine talte Schwefelquelle | d
(10° C.) mit Badeanftalt und eine Gijenquelle,
Auf einem fteilen Hügel über dem Orte erhebt ſich
das —— er mige Schloß, 1390 vom Her:
308 Cube von Orleans, Bruder Karls VI., ge:
gründet, 1617 entfeftigt, während der ———
vertauft, von Napoleon EL für den Stmat zurüider:
worden und in neuefter Zeit von Viollet:le:Duc
jtifgemäß reftauriert, mit acht zinnenbefrönten, je
35 m hoben Türmen, einem bedeutenden Donjon
und (im Schlokhofe) der modernen Bronzeftatue
Ludwigs von Orleans, einem Werke Fremiets.
n dur
dem Cora Signorelli sugeriebenen Bilde. Unter
den neuern Hünftlernhat feinerdiefen Stoff beſſer zur
Erſcheinung gebracht als Ernit Rietfchel in den.
Bietät lat.), liebevolle Ehrfurcht vor den Eltern
und andern ber ng würdigen Perſonen; im
alten Rom wurde die Pietas göttlich verehrt.
Bieter: Marigburg, Hauptitadt der brit. Ko:
lonte Natal in Südafrita, Divifion U ‚30km
im WRW. von D’ Urban, dem Deunie
best € am Umfinduft, einem rechtsjeitigen
es Umgeni, iſt Station der ger „er Kolonie
durchichneidenden Eifenbahn D’Urban: nl
Sitz der Negierungsbehörden, eines an det
eine3 anglitan. Biſchofs und hat 4913 E., —
Kathedralen und zwei andere Kirchen. B. führt
u. Häute, Straußenfedern und Getreide über
aus und europ. Fabrilate ein. Auf der
Stelle der heutigen Stadt befiegten 16. Dez. 1837
ne ey = 86 —— —— olländ,
vers den Ka tling und benann:
ten nadı ihren beiden Anfa a Suse Retief und
Geert Warit ben alsbald —— Drt,
Pietiſten
Pietiſten (neulat.) nannte man zuerſt am Ende
des 17. Jahrh. Philipp Jalob Spener (f. d.) und
defien Anhänger wegen ihres Drängens auf leben:
dige Herzenzfrömmigteit und werkthätiges Chriſten⸗
tum gegenüber der damals in der luth. Kirche herr:
—— bloßen — und Bekenntnisgerechtigkeit.
er Name P. wurde anfangs in Leipzig von den
Drtbodoren als Schimpfname im Sinne von
aFroͤmmler⸗ für einige junge, durch Spener ange:
regte rg Magifter gebraucht, welche jeit 1689
erbauliche Borlefungen über das Neue Teitament
(collegia pietatis) — begonnen hatten; dieſe
aber nahmen ihn als Ehrennamen an. Der
Urſprung des Spe ietismus hängt mit
Be en eines Joh. Arnd, ‘Job. Valentin
ben Beitrebung { job. Va
Andrei, Matthäus Meyjartb, Chriſtian Scriver
u. a. zuſammen, die ſchon längere Yeit vor Spener
gemahnt hatten, über der Reinheit ber Lehre die
‚einheit de3 Lebens und die Frömmigkeit des
Herzeus nicht zu vergefjen. Das Neue bei Spener
war einerjeit3 die Forderung eines dlichen und
vor allem ſowohl gelehrten als erbaufichen Bibel:
ſtudiums gegenüber der nbeit der damaligen
Drthodorie, allen Eifer ausſchli —*— un
Kontroverjen» zu wenden; ferner die Betonung ber
« Wiedergeburt» ober — een
lebendigen Ehriftenglaubens, mit ın0 vr a.
‚bie
von den Orthodoren überihäpten
Berlündigung * —— Brieſtertums⸗
gegenũber der t der ologen und
Paſtoren in ber prot. Kirche, vor allem aber bie
energiſche Thätigleit, mit welcher Spener die Re:
form des Kirchenweſens ſelbſt praftiid in die Hand
u und auf die Paien, namentlich auch auf die
böhern Klaſſen einzumwirten verftand, Als Prediger
in Stankfurt a. M. begann er jeit 1670 neben dem
öffentlichen Gottesdienſte erbauliche Hausverſamm⸗
lungen zu halten, bei denen die Bibel praltiſch er:
Härt wurde. Weitern Streifen jebte er feine refor⸗
matoriſchen Anſchauungen in der Schrift «Pia de-
sideria oder herzliches Berlangen nach gottgefälliger
Beflerung der wahren evang. Stirche» auseinander,
die zuerſt als Vorrede zu Arnds « Bollille » (1675)
erihien und mit großem Beifall begrüßt wurde;
denn fie fam einem gewiſſen tiefern Sup nad) lebens
Frömmigfeit entgegen, der damals durch das
des theol. Gezänts überdrüfige prot. Voll ging.
Auch in Dresden, wohin Spener 1686 überftedelte,
feste er mit Erfolg feine Bibelftunden fort, und
unter jeinem Einfluß bürgerten fie ſich auch an der
Univerfität Leipzig ein. Ser aber erregten =
ſchon die P. in keiner Weiſe das kirchliche ma
antafteten, wohl aber über Wert der Symboli:
jchen Bücher etwas geringer dadıten, den Haß und
die eyes der Drthodoren. Es brad ber
leipziger Streit aus, ber mit einem förmlichen
—— die pietiſtiſchen Docenten Auguſt
ermann Stande (f. d.) und Anton, ihrer Aus-
weiſung aus Leipzig und dem Berbot der Bibel:
ftunden al3 ordnungswidriger Konventilel endete.
Auch Spener folgte 1691 gern einem Rufe nad)
Berlin, und von hier aus gelang e3 ihm unter des
Philoſophen Thomaſius — db.) Mitwirkung, bie
theol. Fakultät der neugegründeten Ilniverfität
Halle (1695) mit feinen hervorragenditen Freunden
und Anhängern zu bejegen. Der erite von ihnen
war der aus Leipzig und Erfurt vertriebene Frande,
ber Stifter des halliihen Waijenhaufes. Bis über
bie Mitte des 18, Jahrh. blieb Halle die eigentliche
23
Pflanzſchule des Pietismus, wogegen in dem be:
nadbarten Kurſachſen nad) dem rohen Carpzov der
edle und gelehrte Balentin Ernſt Löcher (geit. als
Superintendent zu Dresden 1749) in maßvollerer,
aber um fo erfolgreicherer Meije den Pietismus
belämpfte. In der That machten fich die Schwächen
der Richtung ſchon bei Frande, mehr noch bei den
balliichen Lehrern der zweiten Generation ftart
geltend. An die Stelle der dogmatiſchen Formel
war religiöfe Schwärmerei und die Herrſchaft der
frommen Bhrafe getreten, und die Hußerlichkeit der
orthoboren Lehr: und Belenntnisgerechtigkeit wurde
durch die noch —— Außerlichkeit gottſeliger
Manieren und Ge n verdrängt. Die «Wieder:
geborenen» begannen fich von den Weltkindern fehr
bald durch Haarjchnitt, Kleidertracht und Kopfhal:
tung zu unterjdeiden und alle Bergnügungen, wie
Tanz, ter, Rartenfpiel ıc., ala or ju meiden,
Der Geijt der neuen Zeit kün
Pietismus bereits an das Gewichtlegen
auf das Recht des religiöfen jett3 und auf die
innerlihe Arönmigfeit ger der alleinjelig:
machenden Dogmatit, in die befonders durch
drande ausgebildete und dem Methodismus ver:
wandte Theorie vom «Buplanıpfo und vom «Durd)-
brud der Gnade», die Berbrängung der objektiven
Verjöhnung durch bie individuelle «Erwedung»,
ftete Jammern ber Wiedergeborenen über die
gottlofe Welt und ihr zubringlicher Belehrungs:
eifer gegenüber den Weltlindern mußte kräftigere
Naturen mit gründlicher Abneigung gegen dieje
neue Art von Frömmigkeit erfüllen. erzu fan,
daß der geiftlide Hodhmut der PB. in bemielben
Grade zunahm, al3 alle ernjtern Studien von
—* vernachlaſſigt und eine grüundliche theol.
iſſenſchaft als profanes Treiben verachtet wurde.
Aus der Theologie zurüdgedrängt, flüchtete ſich der
Pietismus gegen Ende des 18. immer mehr
in einzelne religiös angeregte Laienkreiſe, die ſich
der Richtung des Zeitalters auf einjeitige Ber:
ftandesbildung entzogen, und drang namentlich in
Württemberg und den Rheinlanden tief in bie
mittlern und niebern Vollsſchichten ein, während
er anderwärts in hochariftofratiichen Kreiſen als
eine Art Modefache gepflegt und von «Schönen
Seelen» auch äſthetiſch ſchmadhaft befunden wurde.
Während der Herrſchaft de3 Nationalismus hatten
ih die Reſte der ältern Drthodorie unter den
ub des Pietismus geflüchtet, der wenigſtens
auf den übernatürlihen Urfprung und Inhalt der
Bibel und auf die Dogmen vom erbjündlihen Ber:
derben und von der reinigenden Macht des Opfer:
blutes Chrijti das größte Gewicht legte, und bie
theol. Reftauration, deren Borlämpfer gegen Ende
ber —— ahre des 19. Jahrh. Hengſtenberg
in Berlin wurde, trat zuerſt im pietiſtiſchen Ge:
wande auf. Die ernitere en, Frömmigleit,
welche namentlich ſeit den Freiheitslriegen von
neuem im deutſchen Volle ſich regte, kam unter dem
fördernden Einfluß der allgemeinen Realtion be:
jonders dem Pietismus zugute. Aber die gleich—
zeitig eritarfende lonfeſſionelle Richtung begann ſich
immer entihiedener vom Pietismus zu jondern,
dem fie Subjettivismus, dogmatiſche Unbejtimmt:
heit und Hinneigung zur Union ber beiden evang.
Kirchen zum Vorwurf machte. Die_ Beteiligung
der pietijtifchen Partei an der fog. « Evangeliſchen
Allianzo, welde eine Verbrüderung der «Kinder
Sotted» in allen prot. Selten bezwedte und unter
igt ih in dem
24
dem Schuhe Friedrich Wilhelms IV. im Sept. 1857
in Berlin tagte, gab das Signal zur Trennung,
die auf dem neunten Kirchentage zu Stuttgart
33 auf welchem die Konfeſſionellen unter Stahl
ausſchieden, - fharfen Ausdrud kam. Der
nemeinfame Kampf jedoch gegen die freifinnigen
firhlihen und theol, Beitrebungen der neuelten
Zeit, insbefondere gegen den Deutfchen Proteitan:
tenverein, führte eine Annäherung beider Parteien
— n ber jet: preuß. «Hofpredigerpartei»
aben fich pietiftiiche Neigungen mit einer jehr maffi:
ven Drthodorie zufammengefunden. Anderwärts,
wie z.B. in Württemberg, hat der Pietismus feinen
urſprunglichen religiöfen Charalter reiner bewahrt
und fi namentli g von kirchenpolit. Herr:
ſchaftsgelüſten freier gehalten. Cine fehr feind:
felige, vielfach ung: te Kritif hat der Pietismus
neuerdings durch Ritſchl und jeine Schule erfahren.
terellante Skizzen ber modernen pietijtiichen
Beitrebungen finden ſich bei Hausrath in feiner
Biographie von Strauß (2 Bde,, Heidelb. 1876—
78). Bol. außerdem Märklin, «Darftellung und
Kritit des modernen Pietismus» (Stuttg. 1839);
Tholud, Au des Pietismus und des erjten
Stadium der Auftlärung» (Halle 1865); Schmid,
«Geſchichte des Pietismus» (Nördl, 1863); Heppe,
«Geſchichte des Pietismus⸗ (Marb, 1879); Ritſchl,
«Geſchichte des Pietismus⸗ (2 Bde. Bonn 1880
84); Sachbe, «Urjprung und Wefen des Pietis⸗
us» (Wiesb. 1884). ,
Bietramala, Drtihaft in der ital, Provinz
Florenz, nördlih vom Paß La Futa (auch Vietra:
| ded Gtrustiihen Apennin, über ben bie
Straße von Florenz nad) Bologna ent bat ein
berübmtes Erdfeuer, eine hellgelbe Raphthaflamme,
von blauen Flämmchen umfpielt. P., Petra mala,
war ſchon im 12. Jahrh. vorhanden und gehörte
damals den Ubalbini,
Pietraperzia (mittellat. Petrapetia), Stadt in
ber ital. Provinz Galtanijjetta auf Sicilien, Bezirk
Piazza Armerina, hat (1881) 11312 E,, eine hohe
normann. Binnenfejtung und Handel mit Schwefel,
Gips, Lapis lazuli, Getreide und Mandeln.
etrafanta, Stadt in der ital. Provinz Pucca,
unweit der Hüjte des Golf3 von Genua, Station
der Bahn Mailand:Genua:Pifa, hat (1881) 7290
(al3 Gemeinde 14427) E., alte Mauern, ein jinnen:
gefröntes Rathaus von 1346 und die aus bem
13. Jahrh. ſtammende Hauptlirhe San: Martino
mit Campanile von 1380, jhöner Kanzel, Kandela:
ber und Weihbeden von Stagi und einem Bapti:
—— in welchem ſich ein antiler Taufſtein und
ronzen von Donatello befinden. Durch Kaiſer
Heinrich VII. fam P. 1312 von Lucca an Piſa,
dann wieder an Lucca; 1482 eroberten bie Flo—
rentiner unter Yorenzo de’ Medici die Stadt,
Pietri (Joahim), franz. Staatsmann, geb. um
1820 zu Sartine in Corjica, madıte feine Studien
in ber —— u Paris und ließ ſich dann in
feiner Baterſtadt als Advolat nieder. Seit 1848
war er Präfelt in ar franz. Departements,
bis er 1866 Bolizeipräfeft von Paris wurde. Als
folder brachte er das geheime Polizeiweſen zu einer
nie vorher gefannten Ausdehnung. Nach bem Sturz
des zweiten Kaiſerreichs verlieh PB. Frankreich;
1879 wurde er in Gorjica zum Senator gewählt.
Pietſch (Karl Adolf Yudw.), Neijeichriftiteller
und Zeichner, geb. zu Danzig 25. Dez. 1824, bildete
fi auf der berliner Akademie unv im Atelier bes
Pietramala — Pigalle
orträtmaler8 Dito zum Maler aus, ging aber
ald zum Zeichnen für iltuftrierte Blätter über und
ſchrieb feit 1868 dir die «Speneriche Zeitung» die
Kunſtherichte. Im 3. 1864 wurde er Dlitarbeiter
der «Voſſiſchen Zeitung» für Kunſtkritik, Geſellſchaft
und Reifen; 1867 ging er für dieſe Zeitung als
Berihterftatter Aber die Weltauöftellung nad
Paris, 1869 nad) dem Orient, 1870 für die «Voſ⸗
ſiſche» und «Schlefiihe Zeitung» nach Frankreich,
wo er im Hauptquartier des Kronprinzen von Preu⸗
ben verweilte. Seitdem unternahm er jährlich für
beide Blätter weite Reiſen. Er veröffentlichte «Aus
Welt und Kunft» (2 Bde. Jena 1866), «Drient:
fabrten» (Berl. 1871), «Non Berlin bis Barid»
(Berl. 1871), «Marotlo» (Lp3. 1878), «Wallfahrt
nad) Olympia» (Berl. 1879). _ e
ieve di Cadsre, |. Cadöre (Pieve bi),
Pieve Di Gento, Stadt bei Cento (f. d.) in ber
ital, Broviny Ferrara.
Piezomẽter, Apparat zum Zufammendrüden
tropfbarer Flüffigkeiten, f.u. RKomprefjibilität.
Bifferari (vom ital. piffero, d. i. Schalmei),
heißen die um Weihnachten nah Rom kommenden
Hirten, welche, in Grinnerung an die Hirten von
Bethlehem, vor den Madonnenbildern fpielen,
innfetta (Antonio), der Gefährte Magellans
auf dejien —— eb. um 1491 zu Bi:
cenza, wurde in dem unglüdlichen Treffen bei Zahu
auf den Philippinen, in welhem Magellan mit 55
Gefährten das Leben verlor, ebenfalls ſchwer ver:
wundet, langte aber 8. Sept. 1522 mit 17 Beglei:
tern gluͤglich in Sevilla wieder an. Wahrſcheinlich
um 1524 verfaßte er eine Beihreibung feiner Neije,
die in Abichriften an den Papſt und die Königin
von Frankreich, Luife von Savoyen, geſchidt wurde.
Die erite Abſchrift verbrannte 1527 bei der großen
Feuersbrunft in Nom, die zweite wurde von Sabre
und fpäter von Ramufio, jedoch nur auszugsweiſe,
herausgegeben, Amoretti entvedte in neuerer Zeit
in der Ambrofianiichen Bibliothek eine volljtändige,
in verborbenem Italieniſch verfaßte Abichrift, die
er in ein reines Jtalieniſch und aud in das ran:
zöſiſche überſeht herausgab (Par. 1803), indem er
zugleich Stopien eigenhändiger Seetarten B.3 und
ein fpäter richtig befundenes, von P. geſammeltes
Wörterbuch der auf den Philippinen und Molullen
berrijhenden Spraden ginzufate. P.s Neilebe:
ſchreibung iſt, obgleich fie viel Irrtümer enthält,
dod für die Geſchichte der Entdedungen wertvoll.
P. war 1524 Nitter des Yohanniterordens auf
Rhodus und fpäter Ordenstommandeur zu Novija,
Gr jtarb nad) 1534, wahrſcheinlich zu Vicenza.
igalle (Jean Baptijte), franz. Bildhauer, geb,
zu Baris 26. Yan, 1714, genoß den Unterricht Ye:
moines, beſuchte dann Stalien und verfertigte nad
feiner Nüdlehr einen Merkur in Marmor und als
Seitenftüd va eine Venus, Beide Statuen, 1748
von Ludwig XV. dem Könige von Preußen geichentt,
befinden ide t in Sansſouci. Als Borträtbildner
fertigte er Bülten Voltaires, Diderots, Raynals.
P. erhielt 1756 den Auftrag, das Grabmal des
Marihalld von Sachſen auszuführen, weldyes,
1776 vollendet, die Ihomastirde in Straßburg
ihmüdt. In der Ausführung vr beſonders vortreil:
lich die Geltalt des Marſchalls jelbit, der, vom Tode
—7 — die Stufen niederſteigt. Dieſes Werl
tellte ihn unter die erſten Meiſter, auch gab es Ver:
—— daß ihm das Denkmal übertragen wurde,
welches Rheins 1765 Ludwig XV. erridhten lieb.
Pigault:Lebrun — Bil
Es erfolgte num feine Ernennung zum lönigl. Bild:
bauer. Seine * durch Zartheit ſich ——
Arbeit war ein Mädchen, das ſich einen Dorn aus
dem Zube jiebt. Gr itarb 20. Aug. 1785 als Neltor
und Kanzler der Alademie, Vol, Tarbe, «La vie
er les @uvres de Jean Baptiste P.» (Par. 1859).
Pigault:2ebrun (Charles Antoine Guillaume
B. de l'Epinoy, genannt), franz. Romanſchrift—
fteller, geb. 8. April 1753 u Galais, geit. au Ya:
felle, in der Näbe von St.:Germain:en:Laye,
24. Juli 1835, jchrieb eine Reihe Romane, welche
eine Zeit lang fehr beliebt waren, aber jeßt ver:
geilen find. Zu feinen Romanen gehören: «L’en-
jant du carneral» (1792), «Les barons de Fels-
heim» (1798), «Mon oncle Thomas» (1799), «La
folie espagnole» (1799), «L’'bomme à projets»
(1807), aL'égoisme, ou nous le sommes tous»
(1819), «Angelique et Jeanneton» (1799) und
«Mr. Botte» (1802), von denen die drei legten nod)
am bhödhiten ftehen. Seine «Histoire de France»
(8 Bde, Bar. 1823—28) erjtredt fich bis auf Hein:
ri IV. Einen Teil feiner Werte überiepte er jelbit
ins Spaniſche und ftellte, was ihm bedeutend ſchien,
in feinen «Deuvres» (20 Bde., Bar. 1821—24) zus
jammen. Mit Bictor Augier gab er eine «Voyage
dans le midi de la France» (Bar. 1826) heraus,
Pigeon-River, amerit. Fluß, auf der Grenze
von Ganada und Minnelota, fließt in den Obern See.
iglhein (Bruno), Maler, geb. 19. Febr. 1848
u Hamburg, war dafelbit Schüler des Bildhauers
Fu Lippelt, dann in Dresden Schüler Schillings,
dem er bei den Arbeiten für die Vrühlſche Zerrafie
behilflich war. Cine ital, Reije reifte indes in ihm
den Entichluß, fich gänzlich der Dlalerei zu widmen,
zu welchem Zwed er nad kurzem Aufenthalt in
Weimar bei Profeſſor Pauwels fih nah Münden
zu Diez begab. Seit 1872 trat P. zunächſt mit
einigen Ölgemälben hervor, ohne indes bejondern
Grfolg zu erzielen. Daneben entitanden auch delo⸗
rative Arbeiten, fo bie Plafondmalereien Tag
und Nacht. Endlich geriet er auf die Paitell:
malerei, weldes Genre er mit echt modernem
Geift originell zu beieelen wußte. Meiſtens find es
Köpfe und einzelne Geitalten, vorzugsweije pitante
Frauenerſcheinungen, welche B. mit virtuofer Ted):
nit und überrajhender Charalteriftit darzuftellen
liest. In derjelben Manier ſchuf er aud die
«joylle» für den Privatbejig, eine Wiederholung
für die Königin von Württemberg, Kind und
any einträdhtig am Waſſer beiianımen fipend.
n Münden war 1883 das Olbild «Ginjam» (Gen:
tauren am Meer) ausgeftellt, und die Bajtellbilder
eines jterbenden Chriſtus fomie bie lebensgroße
digur ber Diva. Im J. 1885 reifte P. nad
Palaſtina, um Studien für ein großes Panorama
von der fire gung an Ort und Stelle zu madıen.
Diefes große Wert joll 1886 in Münden in einem
eigenen Gebäude zur Ausftellung gelangen.
igmentbacterien, |. u. Shizompceten,
igmentdend, f. unter tree
igmente ober Farbſtoffe nennt man alle
farbigen Subjtanzen, welche eh ——
Körpern durch Überzug oder Veimiſchung Farbe zu
—— P. lommen teils fertig gebildet in ben
n(j.Barbe vie nzen) vor, teils enthalten
bie Prlanzen gewiſſe Stoffe, Chromogen (j. d.),
die durch chem. Ummandlung P. liefern, teils wer:
den diejelben künjtlich aus den verſchiedenſten orga:
aifhen und anorganiihen Stoffen erzeugt. Die
25
P. finden in der Färberei, Malerei, im Kunſtdrud
und zur Berzierung aller mögliden Gegenjtände
Verwendung. (Bol. Farbe, yärberei u. f. m.)
Außer den tehniih nutzbaren find einzelne andere
arbjtojfe von großer phyſiolog. Wichtigkeit, Der
reg (j. d.), das Hämoglobin, ermög:
lit allein die Atmung von Menfehen und Tieren,
indem er der Üüberträger des Sauerſtoffs iſt. Nach—
dem er dieſem Zwed gedient hat, wird er ala Gal:
lenfarbſtoff (f. d.), zu welchem ber Harnfarbitoff in
engiter Beziehung jteht, aus dem Körper entleert.
Die rote Hautfarbe iſt bedingt durch das Durch—
ihimmern des in den feiniten Berg ve der Haut
enthaltenen roten Blutes. Die gelbe Farbe, welche
die Haut bei gewillen Krankheiten annimmt, iſt
dur eine ——— von Gallenfarbſtoffen
hervorgerufen. Die — Farbe der Neger wird
durch einen ſchwarzen Farbitoff, Melanin (ſ. d.)
der in den Hautzellen ſid findet, verurfaht. Au
einer nod) völlig rätielhaften Wirkung de3 grünen
Farbſtoffs der lebenden Pflanzenzelle, des Chloro:
phylls (f. d.), beruht alle Bildung von organijcher
Subjtanz und folglich die Möglichkeit der Erijtenz
lebender Weſen überhaupt.
gmentgeichwulit, |. Nelanom. ,
3 — oder Pinerölo, Hauptſtadt eines
Bezirks der ital. Provinz Turin, in herrlicher Lage
am Gingange des von der Lemina durchfloſſenen
Thales Peroſa, 38 km u} von Zurin,
Station der Bahn Turin:P.:Torre Pelice, it der
Sip eined Biſchofs und eines Tribunals eriter In—
any bat eine ſchoͤne Kathedrale, 13 andere Kirchen,
ein Dentmaldes Generals Brignone (von Tabacchi),
ein Pyceum, ein Gymnaſium, eine technische Schule,
Manufalturen in Seide, Baummolle, Wolle, Le:
der, Papier und Branntwein, treibt Ichhaften dan:
del mit Nanufalturen, Wein, Getreide und Käſe und
zählt (1881) 12281 (Gemeinde 17492) E. — Die
Stadt, um die Abtei Pinerolium entitanden, war
früher eine wichtige Fejlung und wurde 1536 von
den Franzoſen erobert, 1574 aber wieder an Sa:
voyen abgetreten. Die Franzoſen erhielten fie in:
des 1631 durd) einen Traltat wieder und befeitig:
ten fie als Schlüffel von Jtalien fehr ftart; 1696
kam fie abermals an Zavoyen, In den benadjbar:
ten Thälern find 13 Waldenjergemeinden mit zus
jammen 24006. RE
Pignolen oder Piniolen, die eßbaren Ca:
men der Pinie (Pinus Pinea). j
_ Piis manibus (lat.), Inſchrift auf Grab:
jteinen: der frommen Seele (de3 Toten geweiht).
ik, ſ. Picund Pique j
it oder Dräa (Dirda) bezeichnet verſchiedene
Arten des Ellenmaßes in der Türkei und Nord:
afrita. Den Pit Endäfeh f. unter Endäjeh.
Der Bil Hälebi (d. ) P. von Aleppo, zum Zeil
auch Arſchin genannt), feit 1874 ohne geſehliche
Geltung, aber noch im größten Teil der europ, und
aſiat. Türkei üblich, it = Y, engl. Zn nn
Der urjprüngli mit dem P. Halebi übereinjtim:
mende Khalibi hatte in der Waladyei O,css m
in der Moldau nur O,srı m, Der ägypt. Pi
Beledi oder Pit Majfri it = 0,578 m; während
der Pit Stambüli (B. Yitambuli, d. i. P. von
Konitantinopel) oder Bil Turki (türk, Bit) in
Ügypten 0,677 m, in Tripolis O,67ı und in Zunis
0,537 m hat. Der Bil Arbi (arab, Pil) iſt in
Tripolis 0,483 m, in Tunis aber O,ıss m. Auch in
Rumänien und Sioypten foll wie in ber Türkei
26 Pilarden — Pilätre de Nozier
jefehlich das Meter al3 Längenmaß gelten ; thatſäch⸗
ch iſt dies aber —— in Ugypten, durchaus
nicht immer der Fall
arden, religiöfe Sette, ſ. unter Adamiten,
ife (ſpan. pica) hieß der Spieß des Fußvolts,
ber von einem a desjelben, den Bitenieren,
noch lange nad) Einführung der Feuerwaffen ge:
tragen wurde. Er anb aus einem hölzernen
Scaft mit eiferner Se und hatte eine Gejanıt:
länge von 3—5 m, Pilentere trugen Pidel⸗
baube und Bruſtharniſch und bildeten im Gefecht
den geſchloſſenen . der Schlachthaufen. Ihre
Zahl verringerte it der Ausbreitung der Feuer⸗
waſfen; im Dreißi hät rigen Kriege betrug fie aber
nod) die Hälfte der, en. Suftanv Adolf
nis e um ufle an
Mit dem Aufl
nd us
* ee je, in —— j. Endaͤſeh.
che, ſ.
8 Beat, € ee der Rody: Mountains
in El Paſo County im norbamerit, Staate Colo:
ne, — 120 km fübl, von Denver (f. d. )
Er wurde 1806 von General
* I e entdedt und nach ihm benannt;
wurde am Fuße desſelben Gold gefunden.
Pilet (fr;.) heißt eine Truppe in Bereitſchaft,
namentlich eine ilung, welche bei einbredender
Duntelheit zur Unterjtügung der Borpoften in einer
durch die Beihaft &haffenheit des Terrains beftimmten
furzen Entfernung bi —— den Feldwachen aufgeſtellt
oder auch nur zum Ausrüden bereit gehalten wird.
Sie beiteht nad) Grfordern aus Infanterie oder
aus Slavallerie; —- * nur in ſeltenen
Hüllen beigegeben. hr die momentane
tärtung eines angegri — S oder —
die Flugeldedung u. ſ. w. Die „erhalten ſich dur
Zwiſchenpoſten und Patroui (f. d.) in fort:
bauernder Verbindung mit den Feldwachen und
lehren des Morgens in ihre frühere Stellung zurüd.
Auf o ftellen bedeutet in Milizheeren, wie
in der Schweiz, beftimmte Abteilungen zum fofor:
tigen Ausrüden bereit halten.
ifi, neugriec Name bes Meters,
ifieren, |. Biquieren,
ikof oder Pitul 5* Pecul oder Picul),
Handelsgewicht in Oft: und Südaſien. Den chineſ.
und japan. Bitol ſ. unter a: Mit dem cine:
fiihen und japaniſchen P. jtimmen überein: die
leichnamigen Gewidte von Kambodſcha (und
— 33600 —— mit Saigon; in Saigon
und Umgebun geiehlich das franz. Maß und
Gewicht gelten), Siam, Singapore ug Hr eines
Teils von Sumatra, Auf, Benang tommt neben
bem chineſiſchen auch noch ein «malaifchere P. von
64,511 vor. Auf den Bhilippinen ift der P.
(fpan. Pico) von 100 Cates = 63,283 kg. Der
oder das Ta von Annam bat 62,40 kg; während
auf java der P. von 100 Catjes = 61,521 kg iſt.
ate, die Salze der Bilrinfäure (f. d.).
ratpulver, unter Zuſatz von Pilrinfäure
— — (S. Pitrinſäure)
rinfänre C,H, (NO, OH (Trinitropbe:
no REISEN era na Welters Bit:
ter) wird durch die Einwirkung von Salpeterfäure
auf Phenol oder Carboljäure erhalten und kryſtal⸗
liſiert in hellgelben Blättchen, die ſich ſchwer in tal:
tem Waſſer, leicht in heißem PATE Ir in Allohol
ommen — —— verjhmwinden | A
löfen. Sie Ag 3 bei 117° und verpufft beim
raſ ie findet beſonders zum Gelb:
färben = in Berbindun y he Anilingrün (Jod:
ün), Indiglarmin oder Berlinerblau zum Grün:
färben von Seide und Wolle, Anwendung. Sie
wird technifc in großer ge argeite ellt und dient
außer zum Färben auch noch zur eitung des
Bilratpulvers. Diejes Pulver befteht aus Vi:
fhungen von pitrinfaurem Kali mit Salpeter oder
mit hlorfaurem Kali und ift unter dem Namen
Bobeuf: Pulver, Fontaine: Pulver, Deitgnolles:
Bulver (f. d.) u. 23 w. befannt. Ob ®. als Hopfen:
ſurrogat t Brauerei endung gefunden
hat, wie behauptet worden ift, ift nicht erwieſen.
Eine der P. jehr ähnliche und mit ihe homologe
—— iſt die aus dem Kreſol darge en
Zrinitr mar (Trinitrotrejol),
mmonialfal; gegenwärtig aud unter dem —
Victoria⸗Orange oder Jaune auglais vielfache Ber:
wendung zum Gelbfärben findet. Aus P. jo:
wohl als mon aus gig an entſteht
deln derſelben mit Eyantalium ein
brauner, Kr Erjaß der Orſeille dienender Sarbfoft,
das Granatbraun ober Grönat soluble.
Körper fommt, da er ſchon bei ſchwacher Reibung
mit Heftigleit srvlobiert, in Teigform (em päte)
und, um das Austrodnen zu verhüten, mit etwas
Ölyzerin ing in den Handel.
xiu, ein in den Kofteläförnern (von
—* Coceulus) enthaltener nicht baſiſcher
—— der durch Ausziehen der Körner mit
rk — und Kryſtalliſierenlaſſen erhalten
werden lann, nachdem man die neben dem P. in
dem Auszuge enthaltenen fremden Körper 4
Bleiacetat entfernt hat. Es rer in Radeln,
die einen intenfiv bittern Gejchmad befigen und
at giftig wirten.
ikten, ſ. Bicten. [wall,
ikteumauer (Biltenwall), [. Habrians:
Pittupönen, Dorf im oftpreuß. Regierungs:
bezirl Gumbinnen, Kreis Tilfit, 11 km im NND.
von Tilfit, mit wo E.; bier 96. Dez. 1812 Ge:
fecht zriiden See - und Ruſſen.
ul,
ed ns ent in der Baufunft die aus
einer Wand oder aus der Ede von Wänden hervor:
ze Pfeiler, melde zur Berjtärfung der
Mauern, Unterftüpung von Ardjitraven oder aud)
bloß als Unterbrehung der großen leeren Fläche
ebraudt werben. e Griedyen bildeten fie als
in a aus und gaben ihnen J be⸗
ſonderes, eigentümlich durchgeführtes Kapitäl, wäh:
rend ihon die Römer und die meilten Neuern fie
mit demjelben nur flady behandelten Rapitäl wie
” Säulen, fowie mit Bafis, Cannelierungen
aben.
en Rozier (Jean Francois), franz.
Phyſiler, geb. 30. März 1756 zu Mes, lernte als
Apotheter und tudierte dann in Paris nebenbei
Naturgefchichte, Mathematik und Phyſik. Er wurde
Brofefor ; in — tehrte jedoch bald nach Paris
jurüd, wo er —X der Naturalienfammlung
von Monfieur (Ludwi ig. 2 XVIIL) wurde, Gr errid):
tete 1781 ein Phyſilaliſches Mufeum und als bald
darauf bie erjten ange der Gebrüber Montgol:
fier (f. d.) in der Luftichifferei belannt wurden, jtieg
aud) er 15. Dit. 1783 bei dem Schlojle Muette, un:
weit Paris, in einer ſog. Montgolfire, begleitet
von dem Marquis d’Arlande, in die Luft, Nachdem
Bilatus — Billau
er im folgenden Jahre zu yon mit Montgolfier
und bald darauf zu Berjailles in Gegenwart des
Hof3 und des Königs Guftav IL. von Schweden
aufgeitiegen ıwar, fahte er den Plan, mit feinem
Ballon nach England überzujeßen. Die Regierung
wies dazu 40000 Ar3. an. Der Plan mibglüdte
aber, weil P. die Unvorſichtigkeit beging, bei Fül:
lung des Ballons das Berjahren Montgolfiers mit
ben von Charles erfundenen zu vereinen. P. unter:
nahm die Fahrt zu Boulogne 14. Juni 1785 mit
dem Phyſiter Romain. Kaum batte der Ballon
eine Höhe von 4—5000 m erreicht, jo entzündete er
ſich. Die Luftichiffer eg ng Se und fanden ben
Tod. vr Zournon de la pelle, «Vie et me&-
moires de P.» (Bar. 1786).
Bilatus (PBontius), röm. Profurator von rare
26—36 n. Ehr., ift namentlich durch feine Beteili-
en an der Areuzigung Jeſu befannt geworben.
ine rüdjichtslofe und deſpotiſche Negierung führte
fhlichlid auf Anbringen der Juden feine Ab
berufung berbei. Nad der Barftellung unjerer
E ien wäre er von der Unſchuld über:
82 und wäre nur durch die Drohung ber
eingefjhüdhtert dazu bewogen worden, das
Sculdig Aber ihn audjufpreden. Die fpätere
lirchliche Sage weiß von einem Bericht des P. an
Kaifer Tiberius, worin er die Wunderthaten Jeſu
und die Umftände feiner Hinrichtung berichtet; ſchon
um die Mitte des 2. Jahrh. erdichtete man unter
feinem Ramen einen Brief an den Kaifer und be:
bauptete, daß «Alten de3 B.» in den röm. Archiven
aufbewahrt jeien. Im Anfange des 4. Jahrh. wur:
den beidniihe Pilatus-Alten voll Schmä
en
gegen Chriſtus erdichtet, denen eini it nachher | d. i.
hen. — en ed äher fernen
lten engeſtellt wurden. Ggl.
ſius, «Die Pilatus:Alten», Kiel 1871.) Die Sage
erzählte von ihm bald, daß er fi in der Berzweif:
lung über das an Chrijtus begangene Unrecht das
Leben genommen babe, bald daß er unter Nero ent:
bauptet worden ſei. Noch jünger iſt die Legende,
nad) welcher jein Leichnam in den Tiber, danach, al3
er dort überſchwemmungen und Ungewitter ange:
richtet, in den Rhöne geworfen, und zulebt in einen
Heinen Waldjee unweit des Bilatus (f. d.) bei
Luzern zur Ruhe gebracht worben fein foll.
ilatus, der nordöftlichfte Bergftod ber Em:
menalpen (f. Alpen 20), erhebt ſich ſüdlich von Lu:
jern, weitlid) von Stang, auf der Örenze der ſchweiz.
Kantone Luzern und Unterwalden und bejtcht aus
Kaltiteinen der Kreide: und Nummulitenformation.
Von feinen zahlreihen Gipfeln, die fchroff und
felfig aus der eg der Alpweiden und Waldungen
emporragen, ſind das Tomlishorn (2133 m), der
Gjel (2123 m) und das Klimſenhorn (1998 m) die
befannteften. Früher abergläubiicdh gemieben, wird
der P., jeitdvem am Eſel und am Klimjenhorn
Gafthöfe erbaut und die Hauptgipfel durch gute
Reit: und Fußwege zugänglid gemacht find , feiner
berrliden naht .-— ſehr häufig beitiegen.
Bejonders lohnen i rt Beſuch des Eſels, der
einen prachtvollen Blid auf den Vierwaldſtätierſee
und die Berner Alpen gewährt, Die begangenften
Wege find derjenige von Alpnachgſtad am Südfuß
und dervon Hergiswyl am Djtfuß des Bergitod3, die
beide in 3’, —4 Stunden zum Gjel führen. Cine
Zahnradbahn von Alpnachgſtad zum Eſel ift pro:
jeltiert. Dieſelbe wird 4452 m lang werden, eine
Höhe von 1634 m und teilmeife eine Steigung
von 53 Bros. zu überwinden haben, Der Cage
27
zufolge trägt der P. feinen Namen nad dem
—— Pilatus, der, von ſeiner Blutſchuld
gejagt, ſich in den büftern Eee der Bründlen⸗—
alp geitürzt haben und in demjelben namentlic)
am Karfreitag N er fol, Wahrſcheinlich ift aber
der Name des Berg3, der früher Fralmont, d. h.
ebrochener Berg, hieß, von Mons pileatus, d. h.
utberg, abzuleiten, da die Gipfel auch bei hellem
Wetter häufig einen Nebelhut tragen, weldyer in
der Umgebung als Wetterprophet gilt. Bgl. Kauf:
mann, « Der 9 » (Bern 1867).
Bilau (oft fäljhlih Pillau), auch Pilaf, ein
im Orient weit verbreitetes Geriht. Es beiteht
aus Neis, der in Waller oder Fleiſchbrũhe bis zur
Berreiblichleit der übrigens konfiltent bleibenden
Hörner gelodht und dann mit mäßig barüber ge:
gofiener zerlafjener Butter gedämpft wird,
ilchard, ſ. Sar dine.
Icomayo, rechtsſeitiger bedeutender Neben:
fluß des Paraguay in Südamerila, entſpringt in
den Gordilleren des bolivian. Depart. Botofi,
durchfließt die Depart. Ehuguifaca und Tarija der
Republit Bolivia, bildet vom 22.° füdl. Br. an die
Grenze zwiſchen dem Territorio del Vermejo (mit
den Llanos de Manzo) der Republit Argentina füd:
lid und Paraguay mit dem Chaco Boreal nördlich,
durchfließt füdöftlih ben Gran Chaco und mündet
nad) einem Laufe von etwa 1100 km mit feinen
Hauptarm der Stadt Afuncion gegenüber. __
Pilöus (lat.), bei den alten Römern eine Filz:
fappe, wel onders von Fildern, Sciffern
und Handa ee —
ger ober grim (vom lat. pe nus,
— nennt man die aus Andacht nach
il. Orten Wallfahrtenden, in der chriſtl.
Kirche beſonders die Wallfahrer nach Jeruſalem
oder überhaupt nach Paläftina, Das chriſtl. Bil:
erkleid beitand im einem braunen oder grauen
wand; der Pilgerhut war mit Dieeresmu:
ſcheln geziert und Date einen ſehr breiten Rand;
der Bilgerftab beftand aus einem langen, oben
mit einem Knopfe, unten mit einer Spike, an der
Eeite mit einer Kugel verjehenen Stabe; die Pil:
gerflaf % war ein ausgehöhlter Kürbis. Bei
den lath. Bilgerzügen nad) berühmten Wallfahrts:
orten ijt jene Bil tracht noch jebt gewöhnlich.
Bilgram (ce. Pelhfimov), Stadt im füböftl.
Böhmen, nahe der Wafjerfcheide zwifchen Elbe und
Donau, it Sip einer Bezirlshauptmannſchaft und
eines Bezirlsgerichts, hat ein Realgymnafium, ein
Bürgeripital, Wollen: und Leineninduſtrie und
zählt (1880) 4202 E. meift czech. Zunge. P. gehört
zu den ältejten Städten des Yandes und wurde der
Sage nad) zu Anfang des 13. yabrh. von dem
prager Biſchof Peregrinus gegründet,
en, ). Bilger ,
ilibgit, indobrit. Stadt, f. unter Bareilly.
iliza, Pilica, Anfiedelung im Gouverne:
ment Kielce in Ruſſiſch-Polen, am Urſprung
der Bilica, einem linten Nebenfluß der MWeid):
fel, mit 3960 E., welde Metallinduftrie und
Wollweberei treiben.
Billau, Seeitadt, befeitigter Küftenplag und
Badeort im Kreis Fiſchhauſen des ojtpreuß. Ne:
gierungsbezirks Römigäberg an bem 550 m breiten,
6m tiefen Gatt oder 3 lauer Tief, dem Ein:
gang zum Frifhen Haft, und zwar an dem Süd:
ende einer 9 km langen, der Friihen Nehrung
gegenübertretenden Landzunge, Station der Linie
28
Königsberg: P. der Ditpreußifchen Sübbahn, bildet
den Vorhafen für Königsberg. Neben dem Hafen,
gegenüber der Nehrung, jteht ber 30 m hohe Leucht⸗
turm. Das Tief_wird gegen Süden und Norden
von je einem kolofialen Molo begrenzt. P. it Sitz
eines Amtsgerichts, hat ein Hauptzollamt, eine
Navigationsichule, ein ge gr unb eine
höhere Töchterihule und zählt (1880) ohne bie
eitung 3225 (mit derfelben 3946) E., die ſich mit
hiffbau, Segeliabrifation, Reederei und Seehan:
del, Fiſcherei und Bernfteinfilcherei beichäftigen.
Etwa 2 km im Nordoſten von V. liegt das Pfarr⸗
dorf Alt: Pillau mit 2147 E, und einem mafjiven
turmartigen Gebäude, dad als Landmarke dient.
P. wurde 1626 von Guſtav eg von Schweden
gegründet, Die Feltung war ſchon vor biefem
vorhanden und wurde 1626—35 von den Schweden
bejegt gehalten, Friedrih Wilhelm L erhob fie
18. Yan, 1725 zur Stadt. P. wurde 1758 von
den Ruſſen genonmen, 1807 ſehr tapfer von Oberit
Herrmann gegen bie Sranzofen (Soult) verteidigt
melde die Feitung 26. Juni bombarbierten. Durc
einen Vertrag vom 24. Febr. 1812 ward fie für die
Dauer ded Kriegs mit Rußland Napoleon einge
räumt, aber 6. Febr. 1813 durch Kapitulation des
franz. Generals Eaftella den Ruſſen unter Sievers
überliefert und von dieſem fofort, an Preußen zu:
—
jen (Pilülae) nennt man erbſengroße Kügel⸗
hen, die aus einer Inetbaren indifferenten Subitanz
beftehen, in welche ink u find ; grö:
u dergleichen Kugeln heißen Biſſen (Globuli).
er Arzneijtoff, welden man auf dieje Weije geben
will, iſt meiſt ein eu ver oder Löfung eines Salzes,
jelten eine weiche Subjtanz. Die Billenmafie wählt
man fo, daß fie ih mit dem Arzneitörper leicht in
die gewünjdhte Form bringen läht, und e3 dienen
dazu unter anderm Pflanzenertrafte, Brotfrume,
Seife, Althee: und Süßholzpulver. Um das Zu:
fammentleben ber P. zu verhindern, überzieht man
fie mit einer Hülle (von Bärlapp, Blattgold u. |. w.).
Man gibt die Arzneien in P., wenn fie fih in an:
derer Form (3. B. wegen des ſchlechten Geijhmads)
nicht gut nehmen laſſen, oder wenn man die Wir:
fung der Arznei auf die Mundhöhle oder ihre Ber:
fegung daſelbſt vermeiden will. Ferner wendet man
P. —— an, wenn die Arznei lange Zeit unzerſetzt
aufbewahrt, * wenn ſie verſchickt werden ſoll.
Man nimmt die P. meiſt mit einem Schluck Waſſer
ober in Oblate u. ſ. w.; eg dürfen fie nicht wer:
den. Sehr hart gewordene P. durdwandern oft
den Darmlanal, ohne ſich aufzulöjen.
Billersdorf (drum, Freiherr von), öiterr.
Staatsmann, geb. 1786 zu Brünn in Mähren,
ftubierte in Wien bie Staatd: und Rechtswiſſen⸗
ſchaften und trat dann in den Staatsdienjt, war
1815 Hofrat und 1817 dem Finanzminijter Joh.
Phil. Stadion beigegeben. Im J. 1832 wurde er
zum Sanzler der vereinigten Hoftanzlei und nad
Ausbrud) der Revolution 20. März 1848 zum Wii:
nifter deö Innern, 4. Mai aber zum Minijterpräfi:
benten ernannt. Unter den heftigen Demonitra:
tionen der Bürgerwehr und der wiener Studenten,
die namentlid gegen die von ihm ausgegangene
Verfafjung gerichtet waren, fah er ſich jedoch ge:
nötigt, 8. Juli vom Staatöruder zurüdzutreten.
Cr ward nun in Wien zum Mitglied des Reichs—
tags gewählt und verblieb nah der Auflöjung
des Meihstags im Privatſtande. Im J. 1849
Pillen — Pilocereus
unterlag feine minifterielle Wirlſamleit, ſowie feine
Haltung während des wiener ec isses Le man
von 1843 einer Art von Disciplinarunteriuhung,
infolge deren ihm das Erſcheinen bei Hofe verboten
wurde, Er lebte nun in Zurüdgezogenheit, bis
1861 feine Wahl in den niederöiterr. Landtag er:
folgte, ber ihn als Abgeordneten in den Reichstag
fandte. Doch jtarb er ſchon 22. Febr. 1862, nad:
dem einige Zeit vorher jeine Nebabilitierung bei
Hofe erfolgt war. Später eridien jein «Hand:
ſchriftlicher Nachlaß⸗ (Wien 1863). Vgl. ferner
P.s «NRüdblide auf die polit. Bewegung in Liter:
reich in den Jahren 1848 und 1849» (Wien 1849).
illican (Tbeobald), j. Billican.
fallen, Sireisjtabt im oitpreuß. Negierungs:
bezirt Gumbinnen, 30 km im NO. von Gumbin:
nen, 63 m über dem Meere, zählt (1830) 2648 G.,
iſt bi der Landratsamts, eines Amtsgerichts und
einer Reichsbanknebenſtelle. — Der Kreis Pill:
fallen zählt auf 1060 qkm 46082 E., davon
9800 Yitauer.
Billnis, ai. Luſtſchloß und Kammergut,
der gewöhnliche Sommerfig des ſächſ. Hofs, liegt
ungelühr 7 km oberhalb Dresden in freundlicher
Gegend am rechten Elbufer bei dem gleihnamigen
Dorf mit (1880) 646 E. P. war in frühern Zeiten
eine alte Burg. Kurfürft Johann Georg IV.
faufte 1693 da3 alte Schloß von Heinrich von Bü:
nau und fchenfte e3 feiner Oeliebten, der Gräfin
von Rochliß, nad) deren Tod ed an die Hammer fel.
Auguſt I. belehnte damit 1705 die Gräfin Gojel,
Nachher war es der Sommeraufenthalt des Feld
marſchalls Rutowſti. Bald aber bezog ed Auguſt 11.
jelbft und erweiterte es buch den Anbau von
—— neuen Flügeln. Bon 1788 bis 1792 erhielt
8 Ganze eine ſchönere Geftalt; Br ibt der ver:
ne nee Stil der Gebäude demfelben ein aufs
allendes Anfehen. Das alte Schloß brannte 1818
ab und wurde durd ein fchöneres Gebäude eriekt.
Hinter dem Dorf B. öffnet ſich der romantiſche
Friedrihsgrund. Cin Waldpfad führt zu_einer
1788 angelegten fünjtlihen Burgruine. Im Schloß
zu P. wurde 25. bis 27. Aug. 1791, zunächſt wegen
der poln. Angelegenheiten, die Fürſtenverſamm—
lung gehalten, bei welder Kaiſer Leopold II.,
Friedrih Wilhelm II. von Preußen und der Graf
von Artois fi über die gegen die Franzöfiiche Re:
volution zu ergreifenben Maßregeln unterredeten.
Zwar war fein Offenfivbündnis gegen Frankreich
der Zwed dieſer fog. Billniker Konvention;
doc) beihloß man, jedem Angriff von feiten Frant:
reih3 und der Revolution gemeinſchaftlich ent:
—— und gab 27. Aug. an die Brüder
Ludwigs XVI. eine Erklärung gegen bie Revolution
ab, welche als Grundlage der eriten Koalition ge:
* Frankreich gilt. Unweit P. liegen der Pohrs⸗
erg ober Porsberg (355 m), mit jhöner Rund»
fiht, und das Dorf Hofterwik (492 E.), beliebte
Sommerfriihe, mit einer Bejigung des Prinzen
Georg, dem Steppichloß, Eigentum der Großber:
zogin von Medlenburg:Strelig, und dem roman:
u Keppgrund.
illon (Col de), fahrbarer, 1550 m hoher Paß
am Nordfuß des Oldenhorns (f. Diableret3),
verbindet das Ormontsthal im Kanton Waadt mit
dem obern Saanethal im Kanton Bern,
Pillow (Fort), i. Hort Pillom.
‚Piloceröus Lem., Haarkerzenkaltus,
eine zur Familie der Kakteen gehörige Gattung,
Pilokarpin
welche Arten mit ſtarlem, aufrechtem, cylindriſchem,
auf ſenkrechten Rippen mit Waffenbündeln beſeßtem
Etamme umfabt. Bon der Gattung Cereus unter:
ſcheidet fie ſich dadurch, daß der obere Teil des
Stammes, oft nur der Scheitel, mit jangen weißen
oder grauen Haaren beſeßt iſt. Die Blüten ſind
lleiner als die der eigentlichen Cereen und haben
eine fürzere, mehr erweiterte Röhre. Die auffal«
lendjte ihrer Arten ift_P. senilis, das Greifen:
baupt, deſſen dider Stamm faft ganz mit langen,
fteifen, nach dem Scheitel zu befonders dicht ac:
den, borftigen, weißen Haaren 33. iſt.
Bilofarpin, der wirkſame Beſtandteil in den
Blättern und Zweigen der geringe (Pilo-
carpus pennatifolius Lemutre), einer in Brafilien
ein ee ——— utacee, ſtellt eine
weiche, zãhe, llebrige, farblofe Maſſe dar, welche
mit Schweiel:, Salz: und Salpeterfäure leicht lös⸗
lie, gut Irgitallifierte Salze bildet, Tas ſalz—
jaure Bilolarpin (Pilocarpiuum hydrochlo-
ricum) wird neuerdings, fublutan injiziert, als
ftart ſchweiß⸗ und fpeicheltreibendes, * als
pupillenverengerndes erg vielfady benubt.
Bilot oder Pot en[i ch (Naucrates) heißt
eine zur Abteilung der Mafrelenfiihe gehörende
Silhgattung. welche einen geitredten, länglıdhen,
mit Heinen Schuppen bededten und am Schwanze
feitlih gelielten Körper, einen abgeitupten —
eine einzige Rüdenflojje und vor derſelben mehrere
freie unverbundene Strahlen hat. Der gemeine
Pilot (N. Ductor), welder 15—3U0 cm lang,
bläulid: weiß, mit drei bis fünf breiten, duntel:
blauen Querbändern gezeichnet ift und vier freie
Rudenſtrahlen befist, lebt im Mittelmeer und im
Atlantiſchen Ocean, und iſt unter den Seeleuten
deshalb berühmt, weil er inmer als_Begleiter
orößerer Haifiſche erjheint, für deren Führer er
von den Scifjern gehalten wird. Was ihn aber
veranlaßt, in jo — Nahe zu verweilen, iſt
unbelannt. Nach Mayens Vermutung lebt er von
dem Auswurf der Haifihe; allein Haſſelquiſt fand
in dem Magen des P. File. Er iſt außerordent:
lid gefräßig,, ſchnell und nicht leicht zu fangen, lie:
fert aber ein wohlſchmedendes Gericht.
Bilot (frz.), Steuermann, Lotfe.
Bilotage (fn.), Pfahlwerk; pilotieren (fr;.),
fteuern, lotien; Pfaͤhle zum Grundbau einrammen.
Piloty (Karl von), namhafter Hiltorienmaler,
geb. zu Münden 1. Oft. 1826, erhielt den erſten
Kunftunterridt von feinen Bater Ferdinand P.
(geb. 28. Aug. 1786, geit. 8. jan. 1844), einem
trefflichen Zeichner, der im Berein mit Pöhle ein
lithographirches Inſtitut gründete, welches damals
zu den erjten in Deutſchland gehörte, Karl P.
machte feit 1841 feine Studien auf der Atademie
u München und übernahm nad den Tode jeines
aters die Leitung der Kunſtanſtalt. Der erite
gie Auftrag, den er erhielt, ging dahin, in der
eihenfolge er. Bilder, welde König Marimi:
lian II. für dad Marimilianeum ausführen lieh,
den Beitritt des Hurfürjten Marx I. zur kath. Liga
(1609) zu malen. Das 1854 vollendete Bild be:
tundet den Einfluß der farbenprächtigen Belgiichen
Schule. Den Ruf P.s begründete 1855 das Bild:
Eeni vor der Leihe Wallenfteins, das König Lud⸗
wig I. in die Pinalothel aufnahm. P. wurde Ehren:
mitglied der Akademie und an derjelben Profeſſor.
G3 folgten nun bald —— die Schlacht auf
dem Weißen Berge bei Prag und Wallenſteins Er:
— Bilfen 29
mordung. Auf einer Reife in Jtalien erfaßte er
1858 die dee einer Daritellung des Cäfarenwahn:
finns in der Geftalt Neros, wie er über die Trüm:
mer des von ihm felber eingeäjcherten Rom fchreitet
———— zu Peſtſ. Als wichtige Bilder
‚3 find —— zu nennen: Galilei im Kerler
(1864), Columbus als Entdeder Ameritas (Galerie
Schad), Walleniteins Zug gen Eger, die Ermor:
dung Cäjars, Dlaria Stuart bei der Verkündigung
des Todesurteils, die Girondiften, der Dauphin
Ludwig XVII. beim Schufter Simon (lekteres in der
Kunſthalle zu Hamburg), Thusnelda im Triumph:
jug des Germanicus (Neue Pinalothel in Dün:
hen). Hieran ſchließt ſich das Niefenbild, in wel:
hem P. im Auftrage der Stadt Münden die Mu:
nichia verherrlicht, umgeben von den hervorragens
den Männern, welche die Kulturentwidelung der
bayr. Hauptſtadt charakteriſieren, ein künſtleriſches
Unternehmen, bei welchem neben der lompofitios
nellen auch die große Begabung P.s für die Por:
trätmalerei hervortritt. Seit 1858 wirkt P. als
— an der münchener Alademie mit großem
ol, Als Nachfolger Kaulbachs übernahm er
1874 die Direktion derfelben. Aus B.3 ar e,
welche ig aufgeht, bie Erhaltung der Talente
nad) ihrer individuellen ent r pflegen und
weiter zu bilden, it die Mehrzahl der hervorra:
genditen Koloriften Deutſchlands, wie ineireaper,
Lenbach, Hermann Kaulbach, Gabriel War, Da:
tart,, Benczur, Gierymfti u. a., hervorgegangen.
— abeldichter, ſ. Bidpai.
ilſen (law, Pizeh), . Prag die größte
Stadt Böhmens, an den Flüſſen Miſa und Rad;
bufa, Station der Linien Zurth: Prag der Böh:
milden Wejtbahn, Wien:Eger, B.:Dur und B.:
Eifenftein der —— Stantäba nen, Sitz
eines Kreisgerichts, einer Bezirlshauptmannſchaft
und eines Bezirlsgerichts, eined Nevierbergamts
und einer Finanzbezirkädireltion, ift gut gebaut
und befigt mehrere kath. Kirchen (darunter die
ſehenswerte Bartholomäustirche), ein Sranziefaner:
tlofter, eine prot. Kirche und einen iörael, Tempel.
u dem anfehnlihen Rathaus befand ſich eine
affenfammlung, melde 9 im ſtädtiſchen Mu:
feum untergebradt iſt. Auf der Kopecly: Brome:
nade, an der Sübjeite der Stadt, wurde 1861 von
der brauberehtigten Bürgerichaft ein fteinernes
Standbild des 1854 verftorbenen Bürgermeifters
Martin Kopecky und unweit davon 1875 von ber
Stadt ein Standbild des Naturforiherd Franz
Joſeph Smetana_ errichtet. Bon bhöhern Unter:
richtsanſtalten befinden fi zu P. ein deutſches
Staatägymnafium, eine deutihe Oberrealſchule,
ein böhm. Realgymnafium, eine deutſche und eine
böhm. Gewerbefäufe und zwei höhere Töchter:
ſchulen. Auch beftehen dafelbit ein allgemeines Kran⸗
tenhaus, ein Bürgerfpital, zwei Theater (ein deut:
ſches und ein böhmiſches), eine Sparlaſſe ic. Die
Stadt zählt (1884) 46817 E., etwa 20 Proz. deut:
ſcher und 80 Proz. böhm. Nationalität, weldye Kunſt⸗
müblen, drei Lederfabrifen, drei Mafchinenfabriten,
zwei Preßhefenfabrilen, eine Gasanftalt, zwei Pa:
pierfabriten, eine Slasfabrik, ——
Fabrilen für Thonwaren, Prabtitifte u. ſ. w. un:
derhalten. Das bürgerliche Brauhaus und eine
Allienbrauerei liefern das berühmte Pilſener
Bier. Handel und Verlehr werden durch Filiale
der Böhmijchen Escompte:Bant, der Dfterreihiidh:
Ungarijhen Bant, der Sisnoftenvla Banka, fowie
30
durch eine Handels- und Gewerbelammer unter:
ſtüßzt. Die vier Jahrmärkte der Stabt find die
wichtigſten in ganz Böhmen. In der Nähe P.s
befinden fi berühmte Steinloh —— Eiſen⸗
werte, Glasfabrilen und Thonſchlemmen. Nur
2 km von der Stadt liegt der anmutige Vergnü—
gungsort Lochotin mit einer Stahlquelle. P.
war früher befeftigt, bielt in den Huſſitenkriegen
mehrfache Belagerungen aus und wurde 1618 von
Manzfeld erftürmt. Auch Wallenſteins Verſchwö—
rung fpielte zum Zeil in P. und 24 Anhänger bes:
felben wurden 1634 auf ig erg ana
Pilsno (poln. Pilzno), Stabt in Weitgalizien,
Eis einer Bezirlshauptmannſchaft und eines Be:
zirlsgerichts, liegt am Nordabhang der Karpaten
in hügeliger Gegend am Einfluß der Dulda in die
Wisloka und zählt (1880) 2128 E. 28 Zunge.
Die Stadt wurde 1354 durch deutſche Koloniſten
gegründet und hat ein altes Starmeliterklofter.
ilten, Stadt im rufj. Gouvernement Kurland
im Areife Winden, rechts an der Windau, mit
1500 €., barunter mehr al3 800 Juden, war
früher Sig der Biihöfe von Kurland und hat nod)
einige Ruinen eines alten Schlofies, welches unter
aldemar U. von Dänemark im 13. Jahrh. ges
baut worden fein foll. ü j
Pilum (lat.), der Wurfipieß der röm. Legion:
foldaten , den fie bei Eröffnung des Gefechts in die
feindlichen Reihen fchleuderten, um dann zum
ES chwerttampf zu ſchreiten.
ilumnus, |. Picus. —
ige (Mycötes) nennt man in ber Botanil eine
der beiden großen Abteilungen ber Thallophyten.
Sie unterſcheiden fi von den Algen en daß
fie niemals Chlorophyll führen, Die P. find dem:
nad nidjt im Stande, die Kohlenſäure der Luft zu
ajjimilieren, fondern müfjen einen Teil ihrer Näbr:
jtofte aus bereits gebildeten organiihen Berbin:
ungen entnehmen; fie können be3halb nur ent:
weder als Barafiten oderSaprophyten leben.
Die fehr zahlreihen Arten der P. zeigen ſowohl
in ihren äußern Formen wie in ihrer Lebensweiſe
bedeutende Unterſchiede, ſodaß die ganze Abteilung
naturgemäß in verſchiedene Gruppen zerfällt.
Man unterfcheidet — folgende Gruppen:
1) Shizompyceten, Spaltpilze oder Bae—
terien, einzellige B. von außerordentlicher Klein:
beit. Unter ihnen finden ſich die Heinften Formen
aller Tebenden Weſen. Biele derfelben leben in
Kolonien, die fih als verfhieden geformte Gallert:
majjen rer ſchon mit bloßem Auge erfennen laf:
en. In ſolchen Kolonien find Millionen derartiger
P. enthalten, Die Vermehrung derjelben erfolgt
durch Zellteilung und iſt eine außerordentlic) ei
lihe, wenn günjtige Bedingungen für die Grnäb:
rung gegeben find. Die Schijomyceten find im
Haushalt der Natur von der größten Wichtigleit;
es gibt wohl kaum eine Fäulniserfheinung, bei
welcher nit maſſenhaft Bacterien auftreten; aud)
bei ſehr vielen Gärungsprogefien fpielen diefe P.
eine hervorragende Rolle, bejonders aber find
einige derfelben al3 Srantheitserreger von ſchäd—
licher Wirkung. (Näheres ſ. weiter unten; vgl.
Schizomyceten.)
2 Myromyceten oder Schleimpilze. Die
bierber Biel Arten unterſcheiden fi von den
:
übrigen B. bejonders dadurch, baß ihre vegetativen
Zeile nadte Protoplasmamaſſen, ſog. Plasmodien,
von ſchleimiger Konſiſtenz darſiellen. Membran:
Pilsno — pilze
bildung findet nur in den Sporangien ſtatt. (Bol.
Myromyceten.) j
3) Phykomyceten, P. mit deutlich ausgebil—
betem Mycelium, da3 in den meijten Fällen viel:
fach verzweigt, aber nicht von Querwänden durd):
jet ift. Es gebören hierher unter andern die Ya:
milien der Uitilagineen, Mucorineen, Sa:
prolegniaceen und Beronofporeen; aufer:
dem werden einige Familien von unficherer fuite:
matiſcher Stellung, wie die Entomophthoreen
und — —— oder Hefepilze gewöhn⸗
lich den Phylomyceten angereibt. gt hyto:
myceten und die betreffenden Spezialartilel.
4) A3compceten, P. mit reichlich entwideltem
Mycelium, deſſen Hypben durd Querwände ge:
ächert find. Die ren haben jehr verſchie⸗
ene Geitalt, doc ftimmen fie alle darin überein,
dab fie an gewiſſen Stellen eine Schidt von
ſchlauchförmigen Zellen (Asci) — in deren
Innerm eine Anzahl Sporen, ſog. Ascoſporen, er:
zeugt werden. Die Ascomyceten werden nad) der
Geſtalt der Fruchtkörper in mehrere Familien ein:
geteilt: Tuberaceen, Byrenomyceten, Di3-
comyceten, und den leptern beiden ſchließen ſich
die Flechten oder Lichenen an, da diejenigen Pilz:
ormen, welche an der Bildung des Flechtenthallus
nteil nehmen, mit fehr wenigen Ausnahmen ent:
weder ben PByrenomyceten oder den Discompceten
zuzurechnen nd. (Bol. Adcomyceten.)
5) Bajidiompyceten, ®., die ebenfall3 reich
verzweigte Mycelien mit Duerwänden befiken und
mannigfaltig geftaltete Fruchtkörper entwideln.
Die Sporenbildung findet jedoch bei diefer Gruppe
nicht im Innern von Zellen jtatt, fondern es wer:
den bie — auf den Enden gewiſſer Hyphen
der Fruchtlörper, den fog. Baſidien, abgeſchnürt.
Zu dieſer Gruppe gehören die Familien der Ure—
dineen oder Roſtpilze, der Hymenomyceten
und Gaſteromyceten, ſowie die kleine Familie
der Zitterpilze oder Tremellinen. (Bol. Baſi—
diomyceten und bie betreffenden Spezialartilel.)
Bezüglich) der Anzahl der überhaupt befannten
PB. läht fi faum eine beftimmte Angabe maden,
ba fehr viele Arten binfichtlich ihres Entwidelung®:
ganges und der dabei vorlommenden Erſcheinungen
des Generationswechſels noch zu ungenau befannt
find. Immerhin wird man annehmen dürfen, daß
wohl nahe an 10000 Formen erijtieren. Ihre Ber:
breitung ift eine außerordentlich weite, da überall,
wo nod Pflanzen und Tiere leben können, auch P.
die nötigen Bedingungen für ihre Entwidelung fin:
den. Einige Formen, befonders gewiſſe Schimmel:
pilze und Hefepilze, haben einen tosmopolit. Cha:
ratter. Beſonders häufig treten P. an folden Dr:
ten auf, wo durch reichlich gebotene organische Nab-
rung und viel Feuchtigkeit die günftigiten Bedingun:
gen für Wahstum und Fortpflanzung gegeben
find. Wie fchnell umter folhen Verhältniſſen oft
die Verbreitung gewiſſer Pilzformen ftattfinden
fann, ai 3. B. die Cinwanderung der die Kar:
toffeltranfheit hervorrufenden Phytophthora in-
festans (j. d.) und ebenfo auch das rapide Umſich—
greifen mancher Epidemien, die durch Schizomy—
ceten verurfacht werden. Da die meiſten P. voll:
fommen ohne Beleuchtung vegetieren können, fo
trägt auch diefer Umſtand dazu bei, die räumliche
Ausbreitung derfelben zu erleichtern. Jedenfalls
haben auch jchon in den frühern Perioden der Erde
die P. eine ausgedehnte Verbreitung gehabt, doch
ESSBAR
7 8
l. Eierschwamn, Pfefferling, Gelbschwamm (Cantharellus cibarius). 2. Echter Reiz.ker a ım ausgewachsen
gewachsenen b im Jußendzustande, (Agaricus campestris).5. Hallimasch —— melleus). 6. Bärentatze, }
.‚Steinpilz (Boletus edulis). I(
Brockhaus’ Conversations- Lexikon. 13, Aufl. F4.Brockhaus two
HE PILZE.
vn
' man —
Karim! MIT
sen, b im Jugendzustande (Lactarıus deliciosus). 3. Trüffel (Tuber eibariund. + Champignon “im aus-
‚. Kirschschwamn I Clavaria Nav). 7. Spitzinorchel (Morchella coniew. 8.Parasolschwanum (Agancus procerus)
„9 Stoppelpilz (Hydnum repandum). 2
ö———— —— — — —
—E — — Anstalt Lrypzig Zu Artikel: Pilz«
GIFTIG]
1. Pantherschwamm (Agaricus pautherinus). 2. Rirkenreizker (lactarius tormınosus) 3.Fliegenschwanm
S: Speitäubling,Speiteu el (Russula emetica). B. Setanspilz (Boletns satanas). 7. Knollenblätterschwanm
Brockhaus tonversations Lexikon 13 Aufl. PA.Brockhan.n ou
E PILZE.
muscarius). 4. Gichtimorchel, d im ausgewuchsenen, b im Jugendzustande (Phallus impudienus).
aides). 8, Schwefelkopf (Agaricus fascieularis). 9. Hexenschwamm, Saupilz (Boletus luridus)
FE Anstalt. Leipzig Zu Artikel. Pilze
Pilze
find nur wenige davon im foſſilen Zuſtande erhal:
ten. Wan bat in mebrern Hölzern, aus der Stein:
lohle und auch aus andern Formationen nicht jel:
ten Mycelien von Schmiarogerpilzen gefunden, aud)
auf foſſilen Blattreften lafjen ſich häufig noch para:
ſitiſche rigen nachweiſen, doch fönnen dieſe ein:
elnen Reſte im ganzen wenig Aufſchluß über die
über vorhandene Pilzvegetation geben.
Im gewöhnliden Leben bezeichnet man als
Pilze oder Shwämme nur eine bejtimmte An:
zahl von Arten aus den Gruppen ber Baſidiomy⸗
ceten und Ascommceten, bie durch die Größe und
Geftalt ihrer Srugtlörper befonders auffallen. Da
diefelben durch ihren reihen Gehalt an Stiditojj:
verbindungen einen bedeutenden Nährwert bejiken,
fo werben viele derjelben ala Nahrungsmittel ſchon
—— —— gebraucht. r die Bewohner
mancher
Gebi nben, z. B. für die des Thü- Nährw
ebbaren
rin 3 P. von der größten
Bedeutung, ba diefelben in gewiffen Zeiten, im
Spätfommer, ben Hauptbeitandteil der Nahrung
ärmerer Klaſſen bilden. Aber aud für weitere
Kreife find manche ſolcher P. ein nicht unwichtiger
Handelsartilel geworben, da fie durch ihren *
geſchmad zu den beliebteften Speiſen gehören. So
iſt . B. der Champignon zur Zeit bereits eine weit
verbreitete Kul! nze, ebenfo fann man bie
Trüffel in gewifiem Sinne als Kulturpflanze be:
tra denn durch bejondere dlung ber
Baumpflanzungen, in denen die Trüffel vorlommt,
wird ein möglichft großer Ertrag an biefen P. er:
zielt. Ahnlich wie Shampignon lafjen fic je:
denjalls auch andere P. kultivieren, doch find bis—
ber noch zu wenig Berfuche in biefer infiht ans
geheilt mworben. bin fommt auch ein gro
il diefer noch nicht kultivierten PB. in den Handel
und dad Sammeln berjelben bildet für viele Fa—
milien in pilzreihen Gegenden ein wenig Mübe er:
forderndes, dabei aber doc) einträgliches Geichäft.
Die ebbaren P. werden im der verjchiedenartigiten
Zubereitung genofjen, meiftens werben biefelben
al3 Gemüje gelodht oder mit Butter den.
Cinige Arten, wie die Trüffel, die Morcheln, der
Roufern u. a., werden bloß al3 Gewürze zu an:
dern Speifen verwendet. Zur Aufbewahrung eig:
nen fi die P. am beften im getrodneten Zuſtand
oder in Eſſig eingemacht.
Allerdings liegt bei Verwendung von P. zur
Herftellung von Speifen in manden Fällen bie
Gefahr einer Verwechſelung mit giftigen Formen
nahe, doch ift die Anzahl der wirklich giftigen P.
gegenüber der Anzahl der eßbaren oder dod) wenig:
tens unfhädlichen eine äußerft geringe. Außer:
lann bei einiger Erfahrung und bei Kenntnis
gewiſſer haralterijtiichen Merkmale jede Verwechſe⸗
lung leicht vermieden werben. Allgemeine Regeln
laſſen ſich allerdings nicht geben, da weder ber
Geruch, noch der Gefchmad, noch irgend welche an:
dere Kennzeichen, wie Vorhandenfein von Milch:
ſaft, Hebrige Beihaffenheit des Hutes, lebhafte
sarbe u. dgl. ein Sriterium für die Schädlicleit
der betrefjenden P. abgeben können.
Die Wirkung der in den P. auftretenden Gifte
auf den menſchlichen Organismus ift eine verſchie⸗
dene; gewöhnlich tritt gi ein Gefühl von Ekel,
Erbreden und Durdfall ein, fpäter folgen Obn:
machten, Krämpfe, Delirien u, dal. und ſchließ—
lid tritt in ſchweren Bergiftungställen der Tod
ein, Die widtigften Gegenmittel find zunädjft Ent⸗
81
fernung ber genofienen P. durch Brechmittel oder
mittel3 der Magenpumpe, — durch Abführ:
mittel (Ricinusöl), ſodann Anwendung von gerb:
Roffvalligen Abkochungen (von Eichen: oder Weiden:
rinde lläpfeln, Tannin, fhwarzem oder grü:
nem Thee, Kaffee); nad Entleerung der B. wende
man Hautreize(Senfteige, Eſſigwaſchungen) und bes
lebende Mittel (Hoffmannstropfen, jtarten Wein,
Kampfer) an. Bei Vergiftungen mit Fliegen:
ſchwamm verorbnen die Ärzte Atropin als Gegengift.
Die chemiſche Sue eben ber bier:
bei in Betracht lfommenden Giſte ift noch jehr
wenig unterfucht. Viele derfelben find in Waſſer
löslich und man kann deshalb mande giftige P.
durch längeres Ertrahieren mit Wafjer und Cifig
unfhädlid und genießbar maden, doch gehen da:
bei auch viele Näbritoffe in Löfung, a der
ährwert ber P. dadurd bedeutend herabgefeht
wird, Das einzig fihere Mittel, um Verwechſe—
lungen zu vermeiden, üjt eine genaue Kenntnis der
wenigen wirklich giftigen P., und dieſe Kenntnis
läßt Hi bei einigem Fleiße ſehr bald erreichen, da
nur etwa zwei oder drei giftige Formen mit ebbaren
Arten Ihnlichkeit zeigen. s
Auf den beiden hierzu gehörigen Tafeln find bie
wichtigſten giftigen Pilze, fowie einige eß—
bare Pilze, bei denen eine Berwechlelung leichter
moöglich ijt, dargeftellt. Sehr leicht zu erkennen
find der Bantberihwamm (Agaricus panthe-
rinus, Tafel: Giftige Pilze, Fig. 1) und der
zii egenfhmwamm — muscarius, Fig.3).
öjelbe gilt von dem Satans pil z (Boletus sa-
tanas, Fig. 6) und dem Herenfdwamm (Boletus
luridus, Sie, 9). Aud) der Speiteufel (Russula
emetica, ig. 5) ift faum mit andern zu verwech⸗
feln, noch weniger aber bie Gichtmorchel (Phal-
lus impudicus, ig. 4), die fi durch ihren ab⸗
ſcheulichen Aasgeruch fofort bemerkbar macht. Der
Birlenreizter (Lactarius torminosus, Fig. 2)
tann bei oberflädhlicher Betrachtung wohl mit dem
Echten Reizter ( ius deliciosus, Tafel:
Eßbare Pilze, Fig.2) verwechjelt werden, doch ijt
der rotgefärbte Milchfaft, der beim Auseinander:
brechen des echten Reizlers auf ber Bruchfläche her:
vortritt, ein ganz ficheres Kennzeichen, auch lommt
derjelbe niemals auf Birtenwurzeln vor, wogegen
der giftige Birkenreizler fih nur in der Nähe von
Birken findet. Der Champignon (Agaricus cam-
pestris, Tafel: Ebbare Pilze, Fig. 4) ift im aus:
gewadhienen Buftande fofort fenntlih an der rojen:
roten, fpäter rojtbraunen Farbe feiner Yamellen,
dagegen ijt er im geſchloſſenen Zuftande leicht mit
den jugendlichen Stadien des Knollenblätter:
fhwammes (Agaricus phalloides, Tafel: Gif:
tige Pilze, Fig. 7) zu verwechſeln. Am beiten
erlennt man den leßtern daran, daß er, aud im
———— — ſchon, am Grunde des Stiels eine
nollenartige Anſchwellung beſiht. Der Schwefel:
fopf (Agaricus faseicularis, Tafel: Giftige
Pilze, Fig. 8) fann mit dem fog. Stodihwanım
(Agaricus mutabilis) verwechielt werden, doch ge:
nügt fhon die Prüfung des Geihmads, um den
eritern verdächtig erſcheinen zu laflen; während ber
Stodihwamm einen an — Geſchmack beſißt,
macht ſich der Schwefeltopf ſchon beim Verſuchen
eines Heinen Studchens durch einen unangenehmen
bittern Gejhmad bemerklich. , ‚
Bon ben ebbaren Pilzen, die ſchwer mit an-
dern zu verwechſeln find, find als die widtigften
32
noch zu erwähnen: der Eierſchwamm (Cantha-
rellus cibarius, Tafel: Eßbare Pilze, Fig. 1),
der Moufferon (Marasmius scordomius und
Marasmius oreades), der Paraſolſchwamm
(Agaricus procerus, ig. 8), verſchiedene Arten
der Gattung Clavaria, von denen auf der Tafel
Ehbare Pilze die gewöhnlihe Bärentape (Cla-
varia flava) in ig. 6 dargeitellt ift, ferner der
neben dem Champignon und dem echten Reizler
als beſter Speifepilz geltende Steinpilz (Boletus
edulis, Fig. 9, ſowie der angenehm jäuerlich
dmedende Hallimai F4 — melleus,
dig. 5) und der gewöhnliche Stoppelpilz (Hyd-
num repandum, di, 10). Bon den ebbaren P.
aus der Öruppe der Ascomyceten find die verfcie:
denen Morcelarten, von denen in Fig. 7 die
Spismordel (Morchella conica) dargeftellt ift,
und die Trüffel (Tuber cibarium, ig. 3) be;
fonders hervorzuheben. ;
Um die Bilztunde oder Mylologie haben
fih in neuerer und neuefter Zeit namentlid Elias
Fries in Schweden, Corda, De Bary, Brefeld
(Deutfe), die Gebrüder Tulasne (Franzofen),
Woronin (Rufe) verdient gemadt. Bon ihren
Werten find zu nennen: Corda, «Anleitung zum
Studium der Mofologie» (Prag 1842); U. de
Bary, «Morphologie und Phyfiologie der P., Flech—
ten und Myrompceten» (Lpz. 1866); A. de Bary
und Woronin, «Beiträge zur Morphologie und
Vhyfiologie der PB.» (Frantf. a. M. 1864—82);
A. de Bary, »Vergleihende Morphologie und Bio:
logie der P. Mycetozoen und Bacterien» (Lpz.
1884). Bon ſyſtematiſchen Werten ijt zu erwähnen:
Rabenhorſt, «Kryptogamenflora von Deutſchland,
Oſterreich und der Schweiz» Lpz. 1881—84; Bd. 1:
«Bilzen, herausg. von G. Winter). Gute Abbil:
dungen von ebbaren und giftigen P. find zu finden
in Lorinſer, «Die wichtigſien ebbaren, verdächtigen
und aiftigen ee (12 Tafeln in Farben:
drud, 2. Aufl, Wien 1881); Lenz, «Nüpliche, ſchäd⸗
lihe und verdädtige Schwämme» (20 lithogra:
phierte Tafeln, 6. Aufl, bearbeitet von O. Wuͤnſche,
Gotha 1879); Nöl, «Die 24 häufigsten efbaren
B.» (14 Tafeln in Farbendrud, Tüb.). Die Littes
ratur über die einzelnen Familien j. unter den be:
trefienden Spesialartiteln,
Für die Pathologie hat die Lehre von den
P. neuerdings eine ganz hervorragende Bedeutung
Age infofern neuere For dungen ergeben
aben, daß —— — Heinjte P. aus
der Klaſſe der Spaltpilze oder Schizomyceten (f. d.)
durch ihre Einwanderung und Cinniftung in den
Geweben und Säften des menſchlichen Körpers die
birefte Klee ‚beftimmter infeltiöfer Arantheiten
werden. Mit Sicherheit iſt dies auf erperimentellem
Wege erwiefen von der Tubertulofe (f. d.), von
Milzbrand, von der Cholera (j.Kommabacillen),
vom Rüdjallsficber (f. Febris recurrens),
vom Eryfipel, von der Pyämie, dem Buerperal:
fieber, von der jog. Inte — und von der
Gonorrhöe; von andern Infeltionskranlheiten, wie
dem Typhus, dem Wochjelfieber, der Diphtheritis,
den Boden, Maiern, den Scharladfieber, der Ey:
philis, dem Gelbfieber u. a., ift zwar der erperi-
mentelle Beweis ihres parafitären Uriprungs noch
nicht erbracht worden, doch fprechen fchon jekt gar
viele gewichtige Gründe dafür, dab auch fie durd)
ein. belebtes Kontagium (contagium animatum )
hervorgerufen werden, daß auch bei ihnen bejtimmte
Bilzfäden — Pima- Indianer
milroſtopiſch Heinfte Spaltpilze die ergentlichen
Krankheit3erreger find. Liber die beiten Mittel zur
Vernichtung der organ. Krankheitsteime f. unter
Anftedung, Desinfeltion, Kontagium.
Zu ähnlichen Ergebnifien über die Entjtehung
der Infelktionskranlheiten ift auch die Tierpatho:
[logie gelangt. Außer denjenigen pflanzlichen Para:
fiten, welde bei Haustieren Hautlrankheiten (f. d.)
verurfadhen, ſpielen aud Schimmel: und Spaltpilze
als Krantheitserreger bei vielen Tieren eine ur
bedeutende Rolle. In den Lungen der Vögel, fe
tener der Säugetiere, rufen Schimmelpilze oft Ent:
zündungszjuftände (Pneumonomyloſen) hervor, in
welder Beziehung ein Pinfelichimmel ——
fumigatus) beſonders thätig iſt. Von den vier
Arten der Spaltpilze, nämlich den Mikrocollen
Kugelbacterien), den Kurzſtäbchen (Bacterien), den
Langſtäbchen oder Fadenbacterien (Bacillen) und
den Schraubenbacterien (Spirillen, Spirodäten)
wirlen viele als SKrankheitsfontagien; jo ver:
urſacht ein oft mit Eilien verfehener Milrococcus,
d. i. eine mit Flimmerfädchen verfehene kugelige
Belle von etwa 0,5 Nitromillimeter Durchmefier, die
hafpoden; als Urfache der Ninderpeit fieht Sem:
mer Dtikrocolfen an, die einzeln oder zu Ketten geeint
in den Säften und krankhaft veränderten Geweben
der von diejer Seuge befallenen Tiere gefunden wer:
den; ellipfoidische Collen von hödjftens ein Mitrom.
Durchmeſſer erzeugen nach Hoc Erkrankungen der
Niere und Milz, jowie Ödeme bei Kaninchen und
Mäufen und werden überhaupt für Erzeuger der
Säftevergiftung gehalten, Die Milzbrandbacillen
(Bacillus — welche gewöhnlich 7 bis 12 Mi⸗
trom.Länge und bis1 Milkrom. Breiteaufeigen,
auch ſehr lebenshartnäclige Daueriporen entwideln,
find die Urſache des Entſtehens und der Weiterver:
breitung des Milzbrandes (f. d.); die Tubertulofe
oder Knotchenſchwindſucht wird durch ben Bacillus
tuberculosis (Koch) hervorgerufen. Diefer Tuber:
telpilz tritt in Form von 0,5 Nilrom, Hurzitäbchen,
aber auch in Form längerer Stäbchen auf und bils
det Daueriporen, welche mit Mitrocolten verwech—
felt wurden. Zum Entſtehen von blauer, gelber
oder roter Milch und anderer Milchfehler geben ver:
ſchiedenartige Collen und Bacillen Beranlajjung.
Die wirttamften Mittel ——— erjeuls
gende Spaltpilze find Borjäure, Salicylfäure, Naph⸗
tbalin, Nobpräparate, vor allen aber Garbolfäure
und Quedfilberfublimat; &—10 Proz. Carbolwafier
oder ee ee ind die beiten Des
infeltionsmittel für die Biehitälle. Hat man zum
Töten der in Ställen verjtreuten pathogenen Spalt:
pilze Sublimatlöfung verwendet, jo muß, 6—12
Stunden nach dem Gebraud) derielben, alles Des:
infizierte mit Schwefelwaflerftoffwafjer nachgewa—
ſchen werden, bamit daS Quedfilber, weldes auch
für Vieh ein jtarfes Gift ift, gebunden und in uns
lösliche Form gebracht werde,
ilzfäden, IK Hypbe.
ilzlager oder Pilzmutter (Mycelium),
das aus den —— der ———— —
und Vermehrungsorgane (der ſog. Sporen) hervor:
egangene Geflecht der Fadenzellen der Pilze; «3
he t einen Teil des Thallus dar.
ilztiere, ſ. Myromyceten. ——
ima⸗-Iudianer, ein Indianerſtamm in Ari—
ona und Sonora, am Gila und ſeinen ſüdl. Zu—
uüſſen. Ihre Sprache, welche man durch eine Gram⸗
matit von Budingham Smith («Shea’s Library
Pimenta — Pindar (griech. Lyriker)
of American linguistics», TI. 5, Lond. 1862)
näher Iennt, ift zunädit mit ber Sprache ber
Tepeguanas verwandt und gehört mit diefer zu
dem jog. großen ſonoriſchen Spraditamm. Bol.
Cancel, «The native races of the Pacific States
of North America» (5 Bde., Sans franciäco 1875).
Pimenta Lindl., Pflanzengattung aus der Fa⸗
milie der Myrtaceen. Man kennt fünf Arten, die
jämtlih im tro ijchen Amerika vorzugsweije auf
den weitind. nie n vorlommen. Es jind baum:
artige Gewächſe mit immergrünen lederartigen
Blättern und Heinen Blüten, Die befanntefte Art
ift die in Wejtindien, befonders in Jamaica mad):
fende —— des Piments oder Nelken—
pfeffers, auch Neugewürz- oder Jamaica:
pfeffer genannt, P. officinalis Berg. (Eugenia
pimenta DC.). Die unreifen, etwa ar
Samen werben getrodnet in den Hande gebracht
und ähnlich wie die Gewürznelten verwendet. Sie
befigen eine runzelige Oberfläche und jdhmeden ftart
aromatiih. Sie waren früher als Semen amomi
oder Fructus Pimentae offizinell.
imerin, Hochfläche im nördl. Sonora (f. d.).
imiento, ſ. unter Capsicum,
impernell, joviel wie Pimpinella,
imperunf, f. Staphylea.
Pimpinella L., Bimpernell, Biberneil,
Name einer zur Familie der Umbelliferen gehören:
den Pilanzengattung, deren durch Guropa und
den Orient zerjtreute Arten faſt alle perennierende
Kräuter, fiederteilige oder fiederjchnittige Blätter,
vielftrahlige, hüllenlofe Dolden, weiße oder rofen:
tote Blüten und zweifnopfige, zufammengebrüdte
Früchte mit fünf pe Rippen und zahl:
reihe Olſtreifen gt Hälfte beſihen.
Die verbreitetfte Art ift der Wiefenbibernell
oder die gemeine Pimpinelle (P. Saxifraga
L.), eine tleine, höchſtens 30 cm hohe, vielgeftal:
tige, auf trodenen Wiejen, Hügeln, an bürren Ab:
hängen und felfigen Orten häufig wachfende Pilanze
mit fahlen Früchten und ſehr verfchieden geftalte:
ten Blattabjchnitten —— der grundftändigen
Biätter pflegen rundlich oder gefägt zu fein), deren
—— aromaliſch⸗ſcharfer, Jahlreiche gelbe
lſambehälter enthaltender Wurzelſtock unter dem
Namen Radix Pimpinellae albae als ſchweißtrei—
bende3 Mittel in der Heillunde Verwendung findet.
Seltener wirb zu demjelben Zwed der Wurzelftod
ger Bibernell (P. magna L.) benust,
melde Art in allen Teilen größer und bis an die
Dolden mit Blättern verfehen iſt und hin und wie:
der auf fettem Boden vorlommt. Zu diefer Gat:
tung get ferner die Anispflange (P. Anisum
L.). ($. Anis.) Bibernell und Pimpinelle wer:
den häufig auch die Arten der Gattungen Poterium
und Sanguisorba genannt.
‚Pina, Fluß in den ruff. Gouvernements Volby:
nien, Grodno und Minsk, fommt aus den Süm:
pien des Kreifes Kowel, hat eine Länge von 176 km
un) münbet in die Jaſolda, einen Nebenfluß des
Bripet. Sie ift auf 182 km ſchiffbar und dient zur
Kanalverbindung des Pripet mit dem weftl. Bug,
alio zur —— des Dnjeprſyſtems mit bem
Syſtem der Weichſel.
Pinakel (lat.), gr eine Heine Zinne,
dann befonders eine Spipfäule, Fiale, ein un:
durchbrochener Helm über einem Baldachin.
Pinaksthek (grch.) hieß bei den Römern der
mit Statuen, Gemälden und andern Kunftfachen
Eonverjationd» Lexilon. 13, Aufl. XIII.
33
geihmüdte Drt am Eingang in das Atrium. Die
neuere Zeit gebraucht y. gleichbedeutend mit Ge:
mälde: oder Kunftiammlung; vorzugsweife berühmt
find als P. zwei vom König Ludwig I. von Bayern
aufgeführte Prachtgebäude in München (f. d.).
inang (emp ine) ‚I. unter Areca,
inang, Inſel, ſ. Pulo-Pinang.
inaffe iſt das zweitgrößte Boot eines Kriegs⸗
ſchiffs; es wird mit einem Bootsgeſchũtz ——
und oft miteiner Schraubendampfmaſchine verſehen.
Die P. find gewöhnlich 10—12 m lang und2—2"/, m
breit und tönnen 8O—100 Mann fallen. _
Pince-nez (ft;.), Naſenklemmer, Kneifer.
incette (volsella) nennt man ein zangen:
artiges, zum —— Anfaſſen Heiner Gegenftände
dienende3 Inſtrument, dejien beide Arme federnd
auseinander gehen und fi durch Drud fchließen
lafjen. Ye nad den anzufaflenden Gegenitänden
Er e3 aud) eine Menge a Größe und
onftrultion verjchiedener P. Der Arzt bedient
fich dieſes Inſtruments vorzüglich bei Operationen,
um Heine und zarte Teile zu —— fremde Körper
von geringerm Umfange —— oder bei Ver⸗
bänden, um Berbanditüde leichter faſſen und ab:
nehmen zu können u. |. w. Zum Verſchließen ver:
legter Blutgefäße dient die Arterien: oder
Ktlemmpincette, welde jo eingerichtet iſt, daß
fie in ruhiger Lage entweder durch das Federn
ihrer Arme oder durch einen Schieber (Schieber:
pincette) geichlofjen wird, j
Pinchbeck, kupferreihe, goldähnliche Bronze,
die meiſt zu Bijouterierwaren verarbeitet wird.
Pinoius mons, der nörblicjite der fieben Hügel
des alten Rom; jest Monte Bincio. (Bal.Rom.)
incoffin, irapppräparat, f. unter Krapp.
Pindar (grch. a: der bedeutendite
griech. Lyriler, war 521 v. Chr. in Kynoslephalä,
einem Borort von Theben, geboren. Sein Stief:
vater, der thebaniiche Flötenfpieler Stopelinos,
ſoll ihn in feiner Kunſt unterrichtet Haben, und jo:
dann zu Athen namentlich auch der berühmte Di:
—— Laſos ſein Lehrer in Poeſie und
uſik geweſen fein. Auch die böot. Dichterin Ko:
rinna ſoll ihm bei ſeinen erſten dichteriſchen Ver—
ſuchen als Ratgeberin zur Seite geſtanden haben.
Später hielt ſich P. einige Zeit am Hofe des Kö—
nigs Hieron J. von Syralus auf, beſuchte öfters die
Heiligtümer zu Olympia und Delphi, verweilte in
Athen und anderwärts. P. ſtarb in Argos, wahr:
fcheinli 441, nach einer Sage im en in ben
Armen eines von ihm geliebten Jünglings Theore:
n03 aus Tenebo3, ig Gedichte, aus fait allen
Gattungen der grich. Lyrit (Hymnen und Pro:
zeſſionsgeſänge verfhiedener Art, Dithyramben,
Siegeölieder, Preislieder für Lebende und Klage:
lieder um Verftorbene, Trintlieder u. f. w.), waren
von den alten Grammatifern in 17 Bücher geteilt,
von denen, außer einzelnen Fragmenten, nur bie
4 Bücher der Epinitien, d. h. Lieder zur Verberr:
lihung der Sieger in den großen Nattonalfpielen,
nad) den Lokalen, wo die Siege gewonnen wurden
(Olympia, Delphi oder Pytho, Nemea und der
—— —2 geordnet, erhalten ſind. In
denſelben erſcheint P. als ein Dichter von hohem
Ernſt und ſittlicher Tiefe der Gedanken, kraftvoller
Würde und Erhabenheit, aber, namentlich in der
Scrofiheit der Übergänge, von einer bisweilen
über das Maß hinausgehenden Kühnheit in Kom:
pofition und Ausdrud, fowie von vollendeter Kunit
3
34
der rhythmiſchen und metrifchen Form. Bol. Raus
&enftein, «Zur Ginleitung in P.s Siegeslieder»
(Harau 1843). Unter den fehr zablreihen Aus:
gaben find als die bebeutenditen die von Bödh
(2 Bde. in 4 Abteil., Lpz. 1811—22), von Diſſen
(2., aber unvollendete Aufl. von Schneidewin und
Leutih, Gotha 1843—50), von Bergt in den
«Poetae lyrici graeci» (4. Aufl., Bd. 1, Lpz. 1878)
und von Th. Mommſen (Berl. 1864) hervorzuheben.
Bon deutihen überſehungen find zu nennen bie
(freilich ohne den_beigefügten griech. Tert faum
verjtändliche) von Thierſch (2 Bde., Lpz. 1820), die
von Ih. Mommfen (Lpz. 1846), die von Donner
(Lpz. 1860) und M. Schmidt (Jena 1869). Bal.
auch Rumpel, «Lexicon Pindaricum» (2pz. 1883).
Pindar (Better), Pjeudonym des Dichters
Kohn Wolcot (j. d.). j
Pindemonte (Giovanni, weg. a ital, Did):
ter, geb. 1751 in Verona, wurde Prätor in Vene:
dig und ging, — Venedig zu verlaſſen, nach
Paris, wo er Mitglied des Geſehgebenden Körpers
wurde und 23. Yan. 1812 ftarb. Seine dramati:
hen Arbeiten, welde eine zügellofe Phantaſie,
aber wenig Geſchmad verraten, find 1804 zu Mai:
land erſchienen («Componimenti teatrali», 4 Bode.).
Außerdem fchrieb er Gedichte, metriſche Überjegun:
gen aus Dvid (Vened. 1791) u. a.
Pindemonte (Xppolito), Bruder des vorigen,
geb. 13, Nov. 1753 zu Verona, ftubierte zu Mo:
dena Vhilologie und Litteratur, bereifte Italien,
Frankreich und England, lebte dann meift in Be:
nedig, wurde Mitglied des Stalienifchen Inſtituts
und jtarb 18. Nov. 1828 zu Verona. Seine be:
beutenbften Arbeiten, durch Gedanfentiefe wie durch
Gefühlswärme ausgezeichnet, find: «Prose e poesie
campestri» (Verona 1817), «Elogi di Letteratio
(2 Bbe., Verona 1825 fg.), «Epistole in versi»
Verona 1817), «Sermoni» (Verona 1819) und
eine Überjegung von Homers Döyfice (2 Bde.,
erona 1822).
feiner Werte ift zu Neapel («Opere complete»,
1851; 3. Aufl. 1861) erſchienen. Bol. Montanari,
«Della vita e delle opere d’Ippolito P.» (Vened.
1834; 2, Aufl. 1856).
Pindos wurde bei den Alten der füblichere Teil
der mächtigen und langen Gebirgätette genannt,
welde die Landſchaften Epirus und Thefiaien
ſcheidet und im Süden fih mit dem Othrys, Tym⸗
phreſtos und Sta vereinigt. Ginige Geographen
dehnten den Namen auch auf die nörblichern Glie:
ber ber fette, das Kerketion- und Lalmongebirge
aus, wonach ber P. ſich von Diacedonien bis na
Utolien herab erftredte,
Pindos biehen aud) eine Stadt in der Land:
Ichaft Doris (aud) Atyphas genannt) und ein Fluf
ebendafelbjt, der in den Replies mündet,
Pinda (lat.), die Pinie (Pinus Pinea).
Pineau Fe, ‚eine ſchwarze Burgundertraube,
inega, Fluß in den rufj. Gouvernements Wo:
logda und Archangelsk, ein rechter Nebenfluk der
Dwina, 550 km lang und auf 450 km ſchiffbar.
Der Flu et Burg a bewalbete Gegenden; e3
wird auf ihm viel Holz geflößt. An der P. liegt die
Stadt Pinega mit (1881) 967 E.
Bine: Jölands (engl., fpr. Pein-Eiländs,
Sichteninfeln),, felgruppe im Süden von
Florida; diefelbe zieht ih von Kap Florida um
die Südlüfte der Halbinfel; die bedeutenditen In:
ſeln derfelben find Key Largo und Weſt ey.
Eine volljtändige Geſamtausgabe f
Pindar (Beter) — Pingre
Pinel (Philippe), ausgezeichneter franz. Arzt
auf dem Gebiete er Seelen eiltunde, geb. 20. April
1745 zu St.:Andre bei Yavaur im Tarn:Departe:
ment, ftubierte in Touloufe und Montpellier, wo
er, um feinen Unterhalt Ru ewinnen, Unterricht in
ber Mathematif gab. 9 — er ſich 1778 nach
Paris gewendet, wo er ſich nun ausſchließlich der
Medizin widmete, wurde er 1791 dirigierender Arzt
an der Irrenanſtalt zu Bicdtre und 1794 an ber
Salpetriere. Durch die graufame Behandlung der
Seren, wie fie damals fajt überall noch Sitte war,
mit Abſcheu erfüllt, führte er bier eine menſchlichere
Behandlung ein, indem er insbefondere ben Irren
die bis dahin in Bicktre und anderweit gebräuch—
lihen Ketten abnahm. Auch um die wiltenjcaft:
lie Ausbildung der Pſychiatrie erwarb er fid)
große Verdienite und wies als der erſte auf die Be:
deutung einer «pfychischen» Behandlung der Irren
bin in feinem Werfe «Sur alienation mentale» (Par,
1791) u. f. w.; beögleidhen drang er auf eine zwed:
mäßige Aufficht in den un: Auf die
phyſiſche Behandlung der Irren hielt er weniger,
namentlid) war er ß en das Blutlaffen, Seine
Pathologie der See —— war auf die Con⸗
dillacſche Philoſophie gebaut und hielt ſich mehr
an die unmittelbar wahrnehmbaren Erſcheinungen,
als daß fie ein tiefes Eindringen in das Weſen der
Krankheiten verfuchte; jedoch machte feine « Noso-
graphie philosophique» (Bar. 1798; 6. Aufl.
1818) Epoche in der franz. Medizin, P. rebigierte
eine Zeit lang die «Gazette de sante», P. ftarb zu
Paris 25. Dit. 1826.
uelli (Luigi Bompeo), ital. Dichter, geb.
8. Mai 1840 zu Sant’:Antonino bei Trevifo, erhielt
—— Vorbildung zu Treviſo und Venedig, betei—
igte ſich am Feldzug von 1859, ſtudierte darauf
Rechts⸗ und Litteraturwiſſenſchaft zu Pavia, Turin
und Piſa, worauf er zum Profeſſor der ital. Litte—
ratur am Lyceum zu Üdine ernannt wurde, Von
einen Werten, welche den Stempel eines tiefen,
melandoliihen Gemüt3 tragen, find zu nennen:
«Dolori e speranze» (Mail. 1860), «L’Italia pre-
tesca e ciarlatanesca» (Mail, 1367), «Affetti e
pensieri» (Udine 1869), «Vita intima» (Mail,
1876), «Poesie minime» (Bologna 1880).
inerolo, ſ. Pignerol.
neytalg, |. unter Zalgbaum. ;
e, auch Binge oder Bünge, ift eine meift
trihterförmige Wertiehung der Erdoberfläche, weldye
durch AZufammenbrechen unterirdiicher bergmän:
nifcher Baue entitanden iſt. Berühmte B. find die zu
Geyer und Altenberg in Sachſen. Bingen: oder
Steinbrudbaue find einfache —— bei der Ge:
winnung von Rafeneifenftein, Moraſterz, Braun:
eifenftein, Brauntohle und Torf.
re (Aler. Guy), ausgezeichneter franz.
Aitronom, geb. zu Paris 4, Sept. 1711, trat in
den Orden ber regulierten Chorberren und war
1735—45 Profeſſor der — zu Senlis. We:
gen Teilnahme an den Janſeniſtiſchen Streitigleiten
verfolgt, mußte er feiner Profefjur entjagen und
fih 1745 mit der unterften Lebreritelle in Nouen
begnügen, bi3 ihm die Stelle al3 Aftronom an der
dortigen Akademie der Wiſſenſchaften übertragen
wurde. Im J. 1750 ernannte ihn die pariier Alfa:
demie zum Korrefpondenten. Seht riefen ihn feine
DOrdensbrüber wieder zurüd und ließen 1751 eine
Sternwarte in der Abtei St.»-Genevidve in Baris
bauen, auf der er num 40 Jahre lang feine
Pinguente — Pinneberg
Beobachtungen fortfekte. Bon 1754 bis 1757 gab er
bie eriten aftron. Schifferlalender heraus, als deren
Hortießung die bejonder3 unter Yalande berühmt
gewordene «Connaissance des temps» zu betrad;
ten ift. Auch wurde er 1756 Mitglied der Ala—
demie, deren Denlſchriften er bis 1770 jährlich mit
Abhandlungen bereidherte. Er machte verjchiedene
ojtron. Reiten, wie 1760 und 1769 nad Indien
und Amerifa, zur Beobachtung bes ——
gangs. Seit 1757 mit der Theorie und Bered:
nung der Kometen —— berechnete er allein
beinahe ebenſo viel Kometenbahnen als die übrigen
Atronomen Europas zufanımen. Biel zen
als Zacailie bejtimmte er für die zweite Ausgabe
der «L’art de verifier les dates» die Sonnen: und
Mondfinfternifie auf 2000 yahre. Sein Haupt:
wert ijt «Cometographie» (2 Bde., Par. 1783);
«Histoire de l’astronomie du 17° siöcle» (Par,
17%) blieb unvollendet, Er ftarb 1. Mai 1796,
Pinguente, Stadt in der Bezirlshauptmann⸗
fhaft Capo d’Yitria im_nördl. Teil der öiterr.
Marlgrafſchaft Iſtrien, Siß eines Bezirlsgerichts,
Station der Linie Divacca-Pola der öſterr. Staats—
bahnen, liegt hoch, am Urjprung des Quieto, hat
größtenteils alte Häufer und zählt (1880) 528, als
Gemeinde 13993 E., weldye Weinbau treiben; in
der Näbe find ag ag und Marmorbrüde.
Pinguioula L. Pflanzengattung aus der Fa⸗
milie der Utricularieen oder Lentibularieen. Man
lennt gegen 30 Arten, die eine ziemlich ausgedehnte
Verbreitung in der nördl. gemäßigten Zone haben.
63 find Heine Erautartige Pflanzen, die in Sumpf:
boden wachſen. Sie haben rofettenartige, fleiſchige
Blätter und violette oder gelbe Blüten mit zwei:
lippiger Blumentrone, zwei Staubgefäßen und
einem einfächerigen Fruchtlnoten. In Deutichland
lommen zwei Arten vor: P, vulgaris L. mit vio:
letten, P. alpina L. mit gelblid weißen Blüten.
Die Blätter erftern waren früher ala Abführ:
mittel offizinell. Die Lappländer gießen die warme
Wild über die Blätter, wodurch diejelbe —— fühen
Geihmad behalten und nicht gerinnen foll,
Pinguine, Flofjentauder oder Fett:
gänſe (Aptenodytes), bilden eine in den polaren
Cüdmeeren lebende Bogelgattung, welche den Alten
(1. d.) der Nordmeere entipricht, mit den kurzen
—— ohne Schwungfedern nur rudern, nicht
iegen klann und auf den kurzen, nad hinten
ſtehenden Füßen aufrecht ſteht und ſchwerfällig
watſchelt. Die Schwimmfühe ſind dreizehig, der
Schwanz fehlt faſt vollſtandig; der Schnabel, von
weſſerfötmiger Geftalt, ift halig herabgebogen , die
dlügel mit fchuppenartigen Federn bevedt. Die
r reihen Gattungen und Arten der Fettgänſe
eben gejellig in ungebeuern Scharen beifammen
und gewähren durch ihren reichen Federpelz mie
durch ihren Thrangehalt den Bewohnern der Sud—
ſee Inſeln große Vorteile. _
PBinhel, Stadt und Biihofafik im portug. Di:
ſtrilt Guarda (Beira alta), Station (16 km vom
Drt) der Bahn Figueira da 505 do Mondego:
Vilar Formojo (Beira alta), lint3 vom Klüßchen
Cabras, hat (1878) 2717 E. und eine lat. Schule.
inie, [. unter Kiefer, Bd. X, ©. 262”.
inie (Strahl vultaniicher Materien), f. unter
Gruption. :
„Pinientalg, Vateriafett, Pflanzentalg, das
seit der Samen von Vateria indica L., es findet
verwendung in der Kerzenfabrifation.
35
Pinik (grch.), Trinklehre, Trinkkunft.
iniolen, j. Bignolen.
init, ein in ſechsſeitigen und zwölſſeitigen
Säulen kryſtalliſiertes Mineral von ſchmußiggrauer,
grüner und brauner Farbe, welches mehrfach in
Graniten und *3* eingewachſen vorlommt
und mit größter Wahrſcheinlichkeit ein Umwand—
lungsprodult des Cordierits (j. d.) iſt.
Pinfeolour, neltenrote Farbe, welche haupt:
fähli zur Verzierung von Fayence benußt wird,
wird dargeftellt, indem 1 kg ainn mit Ealpeter:
fäure orybdiert, mit einerMiichung von 2 kg Kreide
und 1 kg fein gemahlenem Quarz und 50 g dyrom:
faurem Kali innig gemengt und geglüht wird.
Pinkſalz, Doppeljaljvon —— mit Chlor⸗
ammonium, welches in der Färberei benußt wird.
‚Pinna (lat.), Floſſe, Flügel; in der Botanit
Fiederblättchen; daher pinnatus, gefiedert.
Pinne des Steuerruders (Ruderpinne) iſt
der bei kleinern Schiffen hölzerne, bei großen da—
gegen ſtets eiſerne Hebelarm, mittels deſſen das
Steuerruder bewegt wird. Die B. iſt horizontal
im Hopf des Ruders befeftigt und ſteht durd das
über Rollen laufende Steuerreep mit dem Steuer:
rabe in Verbindung.
Pinne, inne ober Babn (fra. panne, engl.
pane), die 3 Aufſetz⸗ oder Arbeitsfläche eines
Hammers; auch ſoviel wie — Cr (im.
contre-pointe, engl. back-center), f. u. Neitjtod.
Pinneberg ift der Name einer Kreisſtadt und
einer alten ig in ber preuß. Provinz
Schleswig:Holjtein. Bei den Yandesteilungen des
Scauenburger Grafenhaufes 1294—97 (f. Hol:
ftein) erhielt die eine Linie außer der an der Weſer
belegenen Stammarafihaft (f. Shaumburg:
Lippe) aud) ein Gebiet an der Elbe im ſüdweſtl.
Zeil von Holjtein, weldes nad dem Hauptſchloß
dafelbit ala die Herrfhaft Pinneberg bezeich—
net ward. Aus diefem Stanım entiproß der Graf
Ernft zu Holitein:Schauenburg (1601 —22), der
1619 vom Kaifer Ferdinand II. in den Reiche:
fürftenftand erhoben ward. Mit defien Neffen
Dtto VII. erloih die Dynaftie 1640. Nunmehr
nahmen die regierenden Herzöge von Schleswig:
oljtein, König * IV. von Dänemark und
derzog Friedrich III. von Gottorp, die Herrſchaft
P. als einen «alten Teil und Zubehör» des Herzoa-
tums Holftein in Befis. Die beiden Erwerber teil:
ten fi in das Gebiet, ſodaß Herzog Friedrich III.
das Amt Barmitedt erhielt, das 1649 an ben
Grafen von Ranßau verlauft und zu einer Reichs—
grafſchaft Rantzau (f. d.) erhoben ward. Aud wur:
den 1664 die Stadt Altona und 1671 die Herrſchaf
Herzborn abgetrennt, ſodaß fich die Herrſchaft P.
auf eine Ausdehnung von etwa 550 qkm be:
ſchränkte. Bei der preuß. Kreiseinteilung 1867
wurden Rankau und andere Nachbardiſtrikte mit
P. vereinigt, und ber Kreis PB. umfaht demnach
805 qkm mit (1880) 67287 E. Das alte, 1472 neu
aufgebaute und mwohlbefeitigte Schlo Bun
berg ward im Dreißigjährigen Krieg mehrfach von
Kaiferliben, Schweden und Dänen erjtürmt und
1720 abgebrodyen, nachmals auch der Schloßberg
gänslih geebnet. Neben dem Schloß entitand ber
rt, jebt Kreiöftadt Pinneberg, mit (1880)
3072 E. 15 km norbmweitli von Altona, an ber
Pinnau und der Linie Altona: Kiel der Preußi—
fhen Staatsbahnen, Sitz eined Landratsamts,
eine3 Amtsgerichts und einer Kirchipielvogtei für
3*
36
ben benadhbarten Landdiſtrilt; mit vielen Fabriken.
Diht an der Stadt, jenfeit der Vinnau, liegt
Binnebergerborf mit 566 E.
Pinnipedia (lat.), Robben.
Pinnotheres, |. Nuibelwähter.
Binolin, |. Harzeifen;.
inos (Isla de Pinos, Fichteninfel), jpan.
Inſel in Weitindien, ſüdlich vor Cuba, wird durd)
den Sumpf von Liguanea in zwei Teile geichieden
und erhebt ſich im Bico la Daguilla zu 467 m Höbe;
die von Korallenriffen umfäumte Küfte ift flach,
fumpfig und mit Mangrovewäldern bededt. P.
zählt auf 1266 qkm etwa 2000 E. und hat Land:
bau, Viehzucht und Fiſcherei; ausgeführt wird
Acajouholz, Zuder, Kaffee und trefflicher Tabak.
Hauptort der Infel it Nueva Gerona an ber
Nordtüfte; Sta. FE im Innern hat befuchte warme
Mineralquellen. PB. wurde 1494 durch Columbus
entbedt und diente bei der fchweren Zugänglichkeit
feiner Hüften lange Zeit Schleihhändlern und See:
räubern als Zufluchtsort.
Pinos⸗Puente, Badeort in der fpan. Provinz
Granada, 11 km im WNW, von Granada, am Eus
billas, einem rechten Zufluß des Genil, und an ber
Linie Bobadilla:Granada der Andaluſiſchen Bah—
nen, hat (1877) 4273 €. und warme Schweielquellen.
Be (le des), Fichteninſel, Kunie, franz.
Inſel im SD. von Neucaledonien in Melanefien,
von Klippen are gebirgig (Pit Ngao), Haupt:
ftation kath. Miſſionare (jeit 1848), zählt auf
60 qkm 635 E., welche Handel mit: dem bier in
reicher Fülle wachlenden Sandelbolz treiben.
infcher oder Pintſcher, f. unter Hunde,
infel (frj. pinceau, brosse; engl. pencil,
brush), Werkzeug zum Auftragen von Farben, Lad,
Firnis, Leim u. ? w. Die kleiniten, Haar: oder
Ntalerpini el, werden aus Menſchen-, Biber:,
Fiſchotter, Zobel, Fuchs-, Marder: oder Eichhörn:
chenhaaren verfertigt; Zobelhaare dienen befonders
zu den ganz feinen Miniaturpinſeln, mit denen man
auf Pergament und Elfenbein malt. Die ſtärkern
Maler: oder Bergolderpinjel find von Dachs—
— daher auch Dachspinſel genannt.
rößer und gröber ſind die von Schweinsborſten
verfertigten P. (Borſtenpinſel). Verhältnis—
mäßig ſteife Haare oder Borſten haben die Ol—
pinſel, mit welchen Olfarben aufgetragen werden.
Ganz große P. von weichen Haaren verwenden die
Ladierer (Ladiererpinfel), Die aus Borſten
oder jteifen Haaren (Hundehaaren) —— P.
En einen hölzernen Stiel, an dem die Borſten,
reip. Haare dur Umminden mit Bindfaden oder
mittel3 eines eifernen Ringes befeftigt werden; bei
den für die Olmalerei bejtimmten, von feinen Bor:
jten bergeftellten geſchieht die Befeftinung der leß⸗
tern mittel3 einer Blechfaſſung; bei den feinen
Haarpinjeln beſteht der Stiel aus einer Federpofe.
Binde, Kreisjtadt im ruf. Gouvernement Minsk,
375 km öftlih von Warſchau, am linfen Ufer der
Pina, das fi zu einer ungeheuern, von Kanälen
und Heinen Hüffen durchjogenen Sumpfebene aus:
breitet, Station der Linie Luninez-Shabinka der
Poleßliabahnen, hat (1883) 25499 E. (unter denen
zwei Drittel Juden und etwa50 Deutſche), eine Neal:
ſchule, zwei Mädchenſchulen, eine jüd. Kronsſchule
zweiten Ranges, Stearinfabriten, eine Dampf:
—— und Olmühle, Cigarrenfabrilen, Olmüh—
en, Bierbrauereien. P. iſt beſonders wichtig für
den Tranſithandel auf den wichtigen Waſſerſtraßen,
Pinnipedia — Pinxit
an deren Bereinigung es liegt, Gegen Welten
führt von der fchiffbaren Pina der Dnjepr:Bug:
Kanal (79 km) zum Muchowiczefluß, der bei Breit:
Litowsk fih in den Bug ergieht. Gegen Nord:
weiten geht der Oginsli-Kanal (54 km) aus der
ſchiffbar gemachten ‚alten in den Niemen. Die
Schiffahrt ift gewöhnlid von Mitte =. oder
Anfang April, wo das Eis bricht, bis — nfang
November im Gange. Der Tranfithandel beſteht
bauptfählic in Getreide (für etwa 3 Mill. Rubel
Silber jährlich), Talg, Wolle, Tabak u. ſ. w. Mit
Kiero fteht B. burch Dampffciffahrt auf dem Pris
pet und Dnjepr in Verbindung.
Piute (entitanden au dem lat. pinctus Ibe:
malt, mit einem Zeichen verfehen], ital. pinta, 2.
pinte, engl. pint ſſpr. peint]), ein kleines Hohl:
maß. In Großbritannien, fowie in den Det
ten Staaten von Amerila ift das Pint ſowohl
Getreide: als auch Flüffigkeitsmaß, und der 64.
Teil des Bufbel oder der 8, Teil des Gallons
(f. Buſhel und Gallon). Sn —— war
vor der Einführung des metriſchen Maßſyſtems die
alte pariſer $ ein Flüſſigleitsmaß, und zwar der
8, Teil der Belte; fie hatte im Kleinhandel einen
geſezlichen Inhalt von 0,351 1, im Großhandel und
als Richtſchnur für die Veredinung de3 Inhalts
der Gebinde enthielt fie 0,51 1. Erftern Inhalt
at fie noch jebt im franz. Weitindien und auf der
nfel Haiti (auf lepterer kommt auch das Bint von
/s Wein:Gallon vor). Die Pinta war bis 1853
im —— Kanton Teſſin (ſ. Lägel) und bis zur
Einführung des metriſchen Syſtems in — Tei⸗
len Oberitaliens ein Flüſſigleitsmaß von 3 - L1.
intſcher, ſ. unter Hunde, Bd. IX, ©. 466°.
turicdio (Bernardino), eigentlich Betti,
berühmter Maler, geb. zu Perugia 1454, geft.11. Der.
1513 zu Siena, Mitſchüler Pietro Peruginos, iſt
einer der bedeutendften Vertreter der Umbrifchen
Schule. In Perugia, Spello, Orvieto, Rom thä—
tig, wurde er namentlich von Bapft Alerander VI.
r die Freslen im vatitanischen Palaſt viel be:
häftigt und hinterließ in Sta.-Maria del Bopolo
und San: Pietro in Montorio treffliche Werke. Vom
. 1502 an, in welchem er im Chorbüdergemad)
ibreria) des Doms von Siena die berühmten
Darftellungen aus dem Leben ———A — I. be:
ann, bei deren Kompofition Nafael ihm Hilfe leis
Äete arbeitete er in diefer Stabt, fpäter malte er
in Nom für das Klofter von Sant’-Onofrio und
Ara:Coeli. Sein Leben ſchrieb G. B. Vermiglioli
(Berugia 1837). Bol. Schmarſow, «Bernardino P.
in Rom» (Stuttg. 1882).
Pinus, Mit diefem altröm. Namen belegte
Sinne alle einhäufigen Nadelhölzer aus der Ab:
teilung der Abietineen, die ihm befannt waren (im
anzen nur 12 Arten), Die große Berfchiedenheit
owohl bezüglich der Anordnung und Organifation
der Nadeln als der Blüten:, Zapfen: und Samen:
bildung, welche die von Linne unter jenem Namen
vereinigten Nadelholzarten und deren fpäter ent:
dedte — Verwandten aufweiſen, veranlaßte
fpätere Botaniter, die Linneſche Gattung P. in
mehrere Gattungen zu zerfällen: Fichte —
Tanne (Abies), Hemlodstanne (Tsuga), Lärche
(Larix), Geber (Cedrus), Kiefer (Pinus), (Bat. die
betreffenden Spezialartifel.)
€ (lat., abgetürjt pinx. oder p.), «bat ge:
malt», findet fi auf Gemälden neben dem Namen
de3 Malers.
Pinzette — Pioverna
zette, f. Pincette.
gau beißt im öjterr. Herzogtum Salzbur
ba3 gegen Diten gerichtete obere oder Längentha
der Salzach oder Salza mit feinen nördl. und
fühl. Seitenthälern. Dasfelbe wird im Süden
von der hohen Tauerntette mit fteilen, bemwal:
beten Felswänden, im Norden aber von janftern,
zum Teil bebauten Hängen umgeben, hat aufier
reihliher Waldung guten Viebitand, auch Gold:,
Silber:, —— und Eiſenminen und zerfällt in
Dber:, Mittel: und Unter-P. Der untere Zeil,
von Tarenbah an, iſt ein ſehr ſchöner Spalt.
Unterhalb Zend ändert der Fluß, feine öftl. Rich:
tung in eine nördliche und tritt hier in das untere
Querthal, Bongau genannt, weldes aus einem
tejjelförmigen , bis 900 m breiten Beden und meb:
rern verbindenden Stlüften beſteht. Es berührt
Werfen, Golling, Hallein und Salzburg. Bei
StJohann im Pongau ijt eine großartige Fels:
ſchlucht, die Liehtenftein:Klamm, zugänglich
gemacht worden. Oberhalb Golling fromt die
er durch den Felspaß Lueg, an delien engſter
Stelle, in den ſog. Öfen, der braufende Strom
bis auf 2 m Breite zwiichen 1000 m hoben Thal:
wänben eingeengt wird. In der Nähe iſt der male:
riſche Waflerfall des Schwarzenbach. In neuelter
Zeit find im P. mehrere große öffentliche Verlehrs—
bauten ausgeführt worden, unter denen beſonders
die neue Pinzgauer Straße von Lend über Mitterfill
nad) Tirol und die — Linie Giſelg⸗
bahn) der Kaiſerin⸗Eliſabethbahn durch das Salzach⸗
thal bis Brud und von da über Zell und Kihbühel
nah Wörgl zu nennen find; aud wurden im
Binzgauer Thal und in dejien Nebenthälern in
neuerer Zeit wichtige Entjumpfungsarbeiten aus:
eführt. Bol. Bühler, »Führer — Salzburg, den
$ x.» (Reichenhall 1874). ,
Piombi (ital.), «Bleivädher, Bleilammern», die
berüchtigten Staatögefängnijie Nenedige. Diejelben
befanden fih unter dem mit Blei gededten Dache
des Dogenpalajtes, unter welchem fi durch die auf:
fallenden Sonnenjtrahlen eine unerträgliche Hitze
erzeugte; fie wurden 1797 zerftört, Sm J. 1755
fab Cajanopva (j. d.) in den Bleitammern.
ende Fer ein Fürftentum unter ber
Hoheit des Großherzogs von Toscana, jebt ein Teil
der ital. Provinz dia (Bezirk Bolterra), mit der
feiten Stadt gleihen Namens, melde (1881) 2959
Els Gemeinde 4076) E., einen Hafen und lebhafte
Fiſcherei hat, wird durch den Kanal Piombino von
der Inſel Elba getrennt, die zum größern Teile zu
diefem Fürftentum gehörte. ® mittellat. Plum-
binum, am Südende eines bewaldeten und felfigen
Borgebirges, weldyes nad) der Landfeite burch Nie:
derungen begrenzt ift, gehörte urfprünglich zu Piſa
und war jeit 1399 im Beſitz der „pam Appiani,
die 1594 den Fürftentitel erhielt. Als diefe in männ:
licher Linie audgeftorben (1603), überließ Kaifer
Ferdinand I. das Fürſtentum 1631 dem König
Suitipp IV. von Spanien, der e3 1634 an Niccold
udoviſi, den Gemahl einer Entelin des letzten
Appiani, überließ. Durch Verheiratung der Erb:
tochter lam nun P. 1681 an Hugo Buoncompagni,
Herzog von Sora und Alcara. Da Anton Buon:
compagni im Spaniſchen Erbfolgelriege auf feiten
Franlkreichs ftand, fo wurde das Lehn 1708 vom
Kaiſer eingezogen, nachher aber unter jardin. Hoheit
an das Haus Buoncompagni zurüdgegeben. Anton
Söhne ftifteten die beiden noch blühenden Linien
87
Buoncompagni » Lubovifi (genenmwärtiged Haupt
Fürft Anton, geb. 11. Aug. 1808) und Buoncont:
pagni » Zubovijt » Dttoboni (gegenwärtiges Haupt
Don Marco, geb. 21. Sept. 1832). Der Hönig
beider Sicilien, Ferdinand IV., trat 1801 ben
Stato degli Preſidii nebt P., über welches er aber
nur die Lehnshoheit beſaß, an Franfreih ab. Na:
polcon I. entjog der Familie Buoncompagni ihr
anzed Beſihtum und verlieh 18. März 1805 das
ritentum P. als ein franz. Neichslehn feiner
weiter Eliſa Bacciochi. Die Wiener:Congreh:
Acte gab jedoch dem Haufe Buoncompagni:?ubovift
1815 das Fürſtentum P. nebjt dem Anteil an Elba
zurüd,. Seit 1860 bildet P. einen Beftandteil des
Königreichs Stalien,
Piombo (Fra Sebaftiano del), berühmter ital.
Maler, war zu Venedig 1485 geboren und hieß
nad) feinem Samiliennamen Luciani. Der Muſik,
welder er Ic anfangs widmete, entiagte er, um
fi der Malerei unter Giovanni Bellini und dann
unter Giorgione zu widmen. Die Sage, daß
Michel Angelo, der auf den wachfenden Ruhm Na:
ig aufmerfjom zu werben ſchien, ſich P.s bei
er Ausführung mehrerer feiner Kompofitionen zu
bedienen geſucht hätte, um fo mit feiner grob:
artigen Erfindung die venet. — ver⸗
bunden zu ſehen, beweiſt, welche Meinung die Zeit:
— von dem künſtleriſchen Vermögen P.s
atten. Als Rafael feine berühmte Transfigura—
tion gemalt hatte, wurde P. von Michel Angelo
bewogen, durch eine Auferſtehung des Lazarus
jenen womöglich zu überbieten, und dieſes Wert,
welches ganze Gruppen von Michel Angelos Gr:
findung enthält, wird für fein ausgezeichnetſtes
angejeben. Ebenſo ſteht jein Märtyrertod der heil.
Agathe den Werten der erften Meifter zur Seite.
Indeſſen beitand P.3 eigenes Verdienſt doch vor:
zugsweiſe in einzelnen Figuren und Porträts.
Sein Pietro Aretino und Papft Clemens VII.
waren von bewunderungsmwürdiger Ühnlichleit und
bem vollenbetften Kolorit. Won Clemens VII. ward
er zum päpjtl. Siegelbewahrer ernannt, woraufaud)
jein Beiname, bel P., anipielt, indem das an die
päpftl. Bullen gehängte Siegel in Blei (piombo)
abgebrudt zu werden pflegte. Seitdem beichäftigte
er ſich mit Dihtlunft und malte nur noch zuweilen
auf bejondere Veranlafjung ein Porträt, z. B.
ulia Gonzaga für den Slarbinal Hippolpt von
Medici, Sowie den fterbenden Bapft Paul III. Gr
ſtarb 1547. In der von gr fultivierten Art, in
Öl auf Stein zu malen, ift in San:Pietro in Don:
torio noch eine Geißelung vorhanden.
ioniere, auch Bionniere, f. unter Genie.
iotrfow, f. Petrikau.
iove di Sarcco, Stadt und Diftriltöhauptort
ber ital. Provinz Padua, 15 km ſüdöſtlich von
ee at (1881) 5137 (als Gemeinde 8606) G.,
ummwoll: und Seibenmweberei, Handel mit La:
——— und viele Venetianern gehörige Bil:
en. Am 1. Juli 1373 erlitten bier die mit Fran—
cesco Garrara verbündeten Ungarn durch die Bene:
tianer eine Niederlage. P., mittellat, Plebes sacci,
a bis 1405 zu Padua, j R
overna, Meiner Fluß in ber ital. Provin
Como, entipringt in den Bergamaäter Alpen au
dem Monte:Örigna (meitlic) und Monte:-Aralalta
(öftli) in zwei Armen, durchſtrömt das Val
Sajfina (mit vielen Gijenwerlen und Honigpro:
dultion) und mündet bei Bellano öjtlid in den
38
Comerfee, einen über 6Om hohen Waflerfall
(Orrido di Bellano) bildend.
ipa ober El ee Wabenkröte
(Pipa americana, ſ. Tafel: Lurche II, Fig._1)
ift die einzige Repräfentantin einer befondern Fa:
milie der ſchwanzloſen Amphibien, gegen 20 cm
lang, mit unförmlichem, plattgedrüdtem Leib von
taft vierediger | Geftalt und ſchmutzig graubrauner
Sarh be. Die vier Zehen ber dünnen Vorderbeine
enden mit Heinen Hautfranzen, die fünf der fräfti:
u Hinterbeine find durch Schwimmbaut verbun:
Bemertenswert ift, dab die männliche P.
während der Begattung die Eier auf die runzelige
Nüdenbaut des Beibcheng ftreicht; diefe wuchert zu
wabenäbnlichen Käftchen, in denen die Eier liegen
und die Metamorphofe der Embryonen und Larven
ſich innerhalb 82 Tagen vollzieht, während welcher
Zeit ih die Mutter, die ſonſt wie das Männden
— iſt, im Waſſer aufhält.
e oder Pipa a aus dem niebers
deutſchen pipe, Pfeife, Röhre; aljo ein langes,
enges, röhrenarti es Bub), ein bis zur Einführung
des franz. a roh Sy items in Portuga und
Spanien geſetzlich gemeienes großes Flüffigleits:
maß, bejonders für Wein, bei welchem dasſelbe
nod) "Häufig üblich iſt. Anı wicdtigften waren die
». von Porto = 5341, die P. von Malaga (von
35 Arrobas ober Gäntaras) = 583 1, gewöhnlid)
unur (34 Arrobas =) 566 1 gerechnet, die cata:
Tonifche P. = 482 1 und die in der Praris dieſer
pleihgerechnete P. von — = 485 1. Die
caſtilianiſche P. war = 436 1. In England hat
die P. 2 Hogsheads_oder Oxhoft, alſo bei Wein
126 Gallonen. (S. Brett und Ballon.)
Piper L.(Pfeffer), Pflanzengattung aus der
Jamilie der siperaceen, Man kennt gegen 600 Ar:
ten, die in den Tropen und fubtropijchen Gegenden
eine ausgedehnte Verbreitung beſihen. Es find meift
ftraudartige oder frautartige, feltener baumartige
Gewächſe, deren Stämme und lite bald aufrecht
wadien, bald klettern, geitielte, einfache, ganzneb:
aderige, abwechlelnde, gegen: oder aufelitändige
Vlätter, unanjebnliche grüne, auf dünnen Kolben
ftebende,, —— oder zweihaͤuſige Blüten und
einfamige \ eeren tragen. Der jcharfe Geichmad
der lektern rührt von einem eigentümlich harz—
artigen Körper ber. Außerdem enthalten die
Bfefferbeeren ein ätherifches Ol und eine orga:
niiche Base, das Biperin, weldes geihmad: und
geruchlos iſt und in farblofen vierjeitigen Prismen
Iryitalliiiert. Das ſcharf ſchmedende Harz, welches
durch Altohol ausgezogen werden kann, macht die
Beeren mehrerer ® Srefferarten zu einem beliebten
Gewürz. Allgemein als Gewürz befannt und ge:
bräudlid find die Beeren des ſchwarzen Pfef:
jers (P. nigrum L.), welder in Djtindien, ſowie
Java, Sumatra‘, Ceylon und Walakta wild wãchſt
und daſelbſt wie auch noch i in andern MWeltteilen,
im großen kultiviert wird. Dieſes Gewächs iſt ein
Hetternder und kriechender Strauch mit hin: und
hergebogenen Zweigen, abwecjelnden und zwei:
zeilig geitellten, eiförmig: länglichen und zugeipikten
Blättern, enditändigen Kolben und erbjengroßen,
erft I gi dann roten, zulebt ſchwarzen Beeren,
Dan unterſcheidet idwarzen Pfeffer, welcher
aus den unreif abgenommenen und durchs Trod:
nen runzelig und ei chwarz gewordenen Beeren be:
fteht, und weißen Pfeffer, welches die reifen
und von der Beerenichale befreiten Samen find. |
Pipa — Piperaceen
Der erftere ift weit ſchärfer als ber Iehtere und war
bereitö den alten Griedhen befannt. Vom ſchwar⸗
zen Pfeffer unterfcheidet man im —— iin
und leiten; zu dem ſchweren gehören
— a au u dem leiten Singapore, Penang,
Bomba adras, Batavia, — Mit⸗
telalter Vielt man den Pf r eins ber toftbar-
ften Gewürze Indiens, und im 13. eg halt er
einige Pfund * für a fürftli
Auch die Beeren anderer Pfefferarten — in
i eimat we
— ——
pfeffers
verwendet; ſo die
effers (P. trioicum
. Chaba Hunt.) in
Dfiinb en 2, lange ätterigen Pfeffers (P. longi-
folium R.et P une zii —— Sie 3
6: crocatum w. Die
eren des alten are (P. ubeba L.
find unter dem Namen Eubeben (f. d.) offizinell.
Bon dem langen ee SE longum L.) find die
unreifen tähren, aus unter ſich ver:
wachſenen Beeren beitehen, ala langer Bfeffer
gebräuchlich; diefe ſchmecen ‚neh fchärfer und bren⸗
nender als der ſchwarze Dane tommen aber jett
nur wenig noch in den ndel. Die aromatiich:
Beteipfe io se Beile medenben ler }:
etelpfeffer e ind im en Zu:
and in ad mit zufammenziehenden Sub:
tanzen (Betel- oder Arecanüffe) und etwas Mu:
heltalt ein in ganz Dftindien und auf den ind,
Inſeln fo allgemein gewordene Kaumittel, daß
dort das Betelfauen zu ben unentbebrlichften
teilen gezählt wird. Spanifde 4. n
Pfeffer oder Cahennepfeffer (ungar. Pa—
rika) nennt man die getrodneten und pulveri—
Herten Früchte der Beifbeere, (S. Capsicum.)
Cine intereflante Art Pfeffer ift der Avas oder
Kamwapfeffer (von P, methysticum Forst.), der
überall in Bolynefien, befonders auf den Fidihi:
(Biti-)Injeln ſich findet und deſſen Wurzel zur Be:
reitung eine3 beraufchenden Getränts Kae oder
YVantona genannt, verwendet wird.
wird die Wurzel gefaut, dann mit En ausge:
zogen und fofort Tonfumiert, ohne vorher den
Gaͤrungsproz * emacht zu haben; die Kawa
erfreut ſich auf den 5 ſchi⸗ nfeln nicht nur bei den
Eingeborenen, jondern aud) bei den weißen Anfied:
lern großer Beliebtheit; bei legtern heißt die Kama
gewöhnlich Fidſchi⸗Grog, zum Unterj > vom ge:
wöhnlihen oder Whiteman's Grog. ewöhn:
liche —— der gemahlen im lvor⸗
fommt, iſt groben Verfälſchungen ausgeſeßt.
iper ( arl, Kt „ſchwed. Staatömann, geb,
in Stodholm 29. Juli 1647, ftubierte zu Upfala,
trat in in die fönigl. Kanzlei und ——
1689 zum Staatsſekretär und — ward
auch in den Adelsſtand erhoben. Nad) dem Tode
Karls XI. fehte B. es ud daß Karl XI. für
mündig ertlärt wurde. P. wurde hierau ne
Staatärat berufen und arte befonder3 na
Tode Bengt Drenitiernas (1702) bedeutenden Ein:
uß auf ſämtl. Neichsangelegenheiten aus. Cr
olgte dem König in alle Yeldzüge, ward aber bei
ultawa gefangen enommen und ftarb in rujj.
Gefangenſchaft 29. Mai 1716.
BPiperaccen (Piperacöae), Pflanzenfamilie aus
der Gruppe der Dilotyledonen. Man lennt gegen
1000 Arten, die in den wärmern Gegenden der
ganze jen Erde weit verbreitet find. Die einzelnen
rten haben einen fehr veridyiedenen Habitus“ se
Piperin
find teils Erautartige, teil3 ſtrauchartige Gewächſe
mit Metterndem oder a feltener
Bäume. Die Blätter ftehen alternierend ober in
Quirlen, fie find meift ganzrandig. Die Blüten
find zwitterig oder eingeichlechtig, ein Berianthium
—* er meiſt ae 7 bie Ds
taubgefähe beträgt in der Negel zwei bi r
der Fruchtknoten ift verſchieden gebaut; die Frucht
ift gewöhnlich als Beere mit fleiichigem oder trode:
nem Perikarp entwidelt. Zu den P. gehören eine
große l Dflan die Pfeffer und ähnliche
Gewärge fiefern. ($. Piper) u
Die Samilie ber Saurureen, bie früher als
befondere Familie betrachtet wurde, wird jet zu
den P. geftellt.
in C,;H,,NO,, eine in den verfchiedenen
Pfeſſerarten vorionmenbe wache organiſche Baſe,
die man aus dem weißen de durch Ausziehen
mit Allohol, Eindampfen der Te. Wieder:
auflöjen des mit Aßlali verfegten Rüdftandes in
Altohol erhält. Es bilder farblofe Prismen, it
— und geruchlos und in Waſſer faſt unlös:
id. Seine an Löjung ſchmedt ſcharf nad)
Preffer. Mit Kalilöfung gelocht, zerfällt das P.
in eine neue Bafe, dad Biperidin C,H,,N, und
inBiperinfäure C,,H,.0,, welche legtere durch
die Einwirkung von Reagentien eine a intereflan:
ter organifcher Verbindungen veranlaft. So ent:
fteht 3. B. das Piperonal C,H,O,, wenn man
—— Kali mit Aberman anjaurem Kali
behandelt; e3 bildet farbloje Kryitalle, die helio—
tropäbnlich riechen und als Heliotropin techniſch
für rohen yet dargeitellt werben.
Piperno, Stadt und Biſchofsſitz in der ital.
Provinz Rom, Bezirk Frofinone, reht3 am Ama:
ſeno (im Altertum Amafenus), unweit öjtlih von
den Zn Sümpfen, am ſüdweſtl. Abhang
der Monti Lepini (Bolötergebirge) , hat (1881)
5349 E. Unweit nördlich liegen die Ruinen von
Privernum, einer altlatiniichen, aber zum Vols—
ferbund gehörigen, 329 v. Chr. von den Nömern
eroberten und zur Kolonie erhobenen Stadt, bie
trefflihen Wein baute und ftarfen Handel damit
trieb; Cicero beſaß dafelbit ein Landgut.
iperonal, j. unter Biperin.
ipette, f. unter Analyje, Bd. I, ©. 602”,
ipin, f. Bippin,
ippau, Wflanzengattung, f. Crepis.
ippel, joniel wie Neftflüchter, f. unter Bögel.
ippi, ital. Maler, j. GiulioNonmrano,
ippin (Pipin), Name mehrerer in der Ge:
ſchichte des Fränkliſchen Reichs berühmter Männer.
Die älteften unterſcheidet man —* Befiungen
ihre3 Hauſes an der Maas; doch finden —*
dieſe Beinamen erſt in den Chroniken des ſpä—
tern Mittelalters.
Pippin von Landen (geft. 639) war Haus—
meier oder Major domus in Aujtrafien unter dem
König Dagobert I. (628—638). Ihm zur Seite
ftand der Bifchof Arnulf von Met (geit. 641), der
am Hofe eine nicht minder einflußreiche Stellung
einnahm. Beide jtammten aus vornehmen Ge:
ſchlechtern, welde in der Gegend zwiſchen Maas,
Rhein und Mojel reich begütert waren. Schon bei
dein Sturz der Brunehilde (j. d.) hatten fie zu:
fammengewirkt, und die Freundſchaft ward durch
eine Berihmwägerung befeitigt, indem Arnulis
Sohn, Anſegiſel, die Tochter P.s, Begga, heiratete,
Ihre Nachlommen nennt man nad dem Großvater
—Pippin 39
die Arnulfinger (f. d.). Auf ®. folgte ala Haus:
Id (j.d
meier fein Sohn Grimoald (f. d.
Pippin von Heriftal, der Sohn Anfegifels
und der Begga, und fein Better Martin waren
Häupter und Anführer des auftrafiichen Molts
gegen den Majordomus Ebroin von Reuftrien und
Burgund. Martin fiel im Kampf, und nun ver:
einigte P. den großen Grunbbefik beider Familien
in feiner Hand, Seine Macht war um fo unbe:
chränkter, da er feit 678 in Auftrafien feinen be:
onbern Köni mehr neben fi) hatte. Unterdes
fämpften in Neuftrien und Burgund die Großen
um die durd) Ebroind Tod (681) erledigte Haus:
meierwürde, und Br warb wiederholt von der
einen oder andern Partei zur Hilfe gerufen. Am
Ende erfocht er 687 einen entſcheidenden Sieg bei
Zertri, nördlich von der Somme, und bemädhtigte
fi) bes Königs Theuderich III. von Neuftrien und
Burgund. Diejen ließ er nunmehr aud) in Aujtra=
ſien al3 König anerlennen, ſodaß das ganze Frän—
fiihe Reich wieder vereinigt war. ji Namen
Theuderih3 und ber Mi enden Scattentönige
aber regierte P. in Auftralien, in Neuſtrien und
Burgund mit völliger königl. Gewalt. Er fämpfte
wiederholt gegen die Alamannen, Bayern und
Beiden that aud) dadurch dem weitern Zerfall des
eichs Einhalt und jtarb 714. Val. Bonnell, «Die
Anfänge des karol. Haufes» (Berl. 1866). Da
jeine legitimen Söhne vor ihm geftorben waren, ſo
übertrug PB. die Nachfolge feinem unmündigen
Entel Theudoald (Theodebald); nad), deſſen bal:
digem Tode fuccedierte P.3 natürlicher Sohn,
Karl Martell (f. d.). j j
Pippin, in fpätern Chroniken der Kleine ne:
nannt, Sohn Karl Martelld, erhielt bei deiien
Tode 741 Neuftrien, Burgund und Provence, fein
älterer Bruder Karlmann dagegen die deutichen
Lande Auftrafien, Alamannien und —
Ein Stiefbruder, Grifo, lehnte ſich vergeblich —
dieſe Teilung auf. Nachdem der fränk. Thron — en
vu leer geitanden hatte, ſegten Karlmann und
P. wieder 743 einen König ein, Childerich IIL., den
legten aus der Dynajtie der Merovinger (. d.).
In defien Namen führten die beiden Brüder, jeder
in feinem Bezirk, die Regierung jest als « Herzöge
und Fürften der ranten» (duces et principes
Francorum), Der Kampf gegen die Sachſen wurde
fortgejest, auch wiederholte Aufftände in Aquita-
nien, Bayern und Alamannien glüdlich unterdrüdt.
Als Karlmann 747 Mönch ward, vereinigte P.
da3 ganze Neich unter feiner Herrfchait, und that
dann den enticheidenden Schritt zur Erlangung der
Königswürde. Mit Zujtimmung der fränk. Großen
ihidte er eine Gejandtihaft nad) Rom. «Sie
jollte», wie die «Lorjcher Annalen» erzählen, «den
Papſt Zacharias befragen wegen der Könige im
ränfifhen Rei), die zu jener Zeit waren, ohne
die fönigl. Gewalt zu haben, ob das gut jei oder
nit. Der Papſt Zacharias lich dem P. erklären:
es jei beijer, der werde König genannt, welcher die
Gewalt habe, als derjenige, welcher ohne lönigl.
Gewalt geblieben ei, und damit die Ordnung nicht
geitört werde, befahl er kraft feiner apoſtoliſchen
——— daß P. Rönig werbe. »
Gleich nach Rüdkehr der Gefandtihaft lieb P. ſich
zu Soiflons 752 durch die Großen und das Volt
zum König wählen und durch die Bifchöfe jalben.
Auch P.s Gemahlin Bertrada ward geialbt. Den
leten merovingiichen König aber, Childerich III.,
40
fperrte man ins Klofter. Bol. Hahn, «Jahrbücher
des fränk. Reichs 741—752» (Berl. 1863). Der
Wechſel erbielt feine vollitändige Santtion erft 753,
als Bapft Stephan III. über die Alpen fam, um B.3
Hilfe gegen die Longobarben zu erbitten, Damals
falbte der Papſt den — P., feine Gemahlin
und feine beiden Söhne Karl und Karlmann in ber
Kirche des heil. Dionyfius (St.:Denys) bei Paris.
Dagegen verbriefte P. mit den fränk. Großen die
Schenkung des Slirchenitaates an den Papſt.
—— zog er über die Alpen und beſiegte den
er Longobarden, Aijtulf, welcher um Frie:
ben bat (754). Dod kaum waren die Franlken
wieder abgezogen, ” oriff Aiftulf Nom abermals
an. P. kehrte nad) Italien zurüd und erzwang
einen zweiten Frieden (756), in dem Aiftulf ſich zu
einem Tribut verpflichten und das eroberte byzant.
Grardhat herausgeben mußte, Außerdem batte
König P. wiederholt die aufjtändifchen Häuptfinge
in der Bretagne und in Aquitanien zu belämpfen.
Auch wurden die Araber aus Narbonne vertrieben
und Septimanien vollends mit dem Fränkiſchen
Neich (755) vereinigt. In Deutichland dauerte der
Krieg gegen die Sachſen fort, ohne namhaften Gr:
folg. In Bayern hatte der Herzog Ddilo, welcher
mit Karl Martells Tochter Hiltrude vermählt war,
nad) dem Tode des Schwiegervaters verjucht, ſich
unabhängig zu machen, ward aber 743 von B. und
Karlmann wieder unterworfen. Als Odilo ftarb,
ſchüßte P. dejlen unmündigen Sohn Taffilo im Be:
fiß des väterlihen Herzogtums. Dagegen mußte
diefer, jobald er mündig geworden, dem König P.
als Bajall Bungee und Treue geloben (zu Com:
pitgne 757). Doch während des langwierigen
Kriegs in Aquitanien benutzte Taſſilo die Gelegen:
beit, ſich wieder loszufagen. Derjelbe verließ das
fränf, Heer 763, verweigerte feitvem alle VBafallen:
diente und — olange P. lebte, eine that:
jähliche Unabhängigkeit. P ftarb 24. Sept. 768
bei Bari und ward zu St.:Deny3 begraben, nad):
dem er dad Neich unter feine beiden Söhne Karl
den Großen Vf .) und Karlmann (f. d.) geteilt
hatte. Vol. Ölener, «Jahrbücher des fränf, Reichs
unter König BP.» (Lpz. 1871).
Pippin, Karls d. Großen zweiter Sohn, geb.
776, ward 781 und nochmals 800 durd den Papſt
zum König der Yongobarden gelalbt und fungierte
als Statthalter in Italien, jtarb aber fchon 810.
Pippin, Lubwigs des Frommen (f. d.) zweiter
Sohn, ward von feinem Vater 817 zum König von
Aquitanien eingejeht und fpielte in den Bürger:
triegen zwiichen feinem Vater und feinen Brüdern
eine hervorragende Rolle, bis er im Dez. 838 ftarb.
Nunmehr gab Ludwig der Fromme Aquitanien an
feinen Sohn Karl den Kahlen. Doch die Aquitanier
riefen P.s Sohn, P. den Jüngern, zum König
aus. Dieſer behauptete ſich dort viele Jahre mit
wechſelndem Glüd, zum Zeil im Bunde mit den
— Normannen. Am Ende ward er durch
errat 864 an Karl den Kahlen ausgeliefert und
ftarb im Gefängnis.
Pips iſt der Ausbrud für mehrere Hühnerfrant:
eiten, beſonders für den Schnupfen oder die
achendiphtheritis, oder für krankhafte Verändes
rungen ber Sungen) leimbaut. Oft wird aud) der
normale bornige Überzug der Bungenipige der
Hühner für etwas Kranthaftes angejehen.
Piqua, Stadt inMiami County im nordamerif.
Staate Ohio, liegt am Miamifluß, am Miami:
"übrigen Blätter je nad)
Pips — Piranefi
und Grielanal und an der Kreuzung ber Pittö«
burg » Cincinnati» und St.⸗Louis⸗ und ber Cin⸗
cinnati:, Dayton: und Midiganeifenbahn, hat
(1880) 6031 E., ift gut gebaut, hat Manufalturen
und lebhaften Handel.
‚ Pique (fr3.), Pile, Spieß; Groll, Grbitterung;;
eine ber vier Farben im franz. Kartenipiel.
Pique (fr. piquö, von piquer, d. i. fteppen,
engl. quilting), ein im Yusfeben der gejteppten Ar:
beit ähnlidyer, dider Baummollitoff, auf welchem
nicht durch Farbenverſchiedenheit, fondern durch
abwechſelnd erhöhte und vertiefte Stellen ein Mu—
ſter erzeugt iſt. Derſelbe wird leinwandartig, aber
mit zwei Hetten gewebt, deren obere aus feinerm
Garn als die untere beiteht. Die Vereinigung bei:
der erfolgt an den gehörigen Punkten dadurch, daß
einzelne Fäden der untern Kette in die obere hinaufs
gehoben und in diefe eingewebt werden. Das Muſter
wird dadurch ß tbar, daß die von den Bindungs—
linien eingeſchloſſenen Felder, weil bier die beiden
Ketten getrennt liegen, reliefartig — ——————
rend die Bindungslinien, in welchen beide Ketten
ein Gewebe ausmachen, wie feine Furchen erſchei⸗
nen. Mit Hilfe des Jacquardſtuhls laſſen ſich ſo
die fomplizierteften Muſter erzielen. Bei ganz fei:
nen Sorten beſteht die obere Slette aus Seide, Der
raube Piqué oder Piqué-Barchent ift eine
grobe Sorte, bei der die Unterfeite geföpert und
gieih dem Bardjent geraubt wird. P. wird zu
eiten, Kragen, Manſchetten, Unterröden, Bett:
beden, käncen u. f. m. verwendet.
Biquet, |. Bitet.
—— oder Rummelpiquet, ein Kar—
tenſpiel unter me Perfonen, das mit ber franz.
Karte zu 32 Blättern (wobei die Affe die höchſten
und die Sieben die niedrigiten Karten find), oder
aud mit der deutſchen Starte geipielt wird. Das
As zählt 11, die drei Figuren 10 Augen und die
{ * Bezeichnung. Das
As ſticht den König, dieſer die Dame und fo fort.
Dan fpielt das P. nad Augen oder nad) Partien.
Im erſten Fall wird * jedem Spiel die Differenz
in den Augen der Spielenden ermittelt und nad)
tibereinfommen bezahlt. Beim Spiel nad) Partien
wird nur bis auf 100 Augen geipielt, und ber,
welcher dieje zuerſt hat, ijt der Gewinner, _
— die Hatzleute bei den Parforcejagden.
iquieren (pikieren, frz.), ſtechen, anftadeln,
reizen; in der Gartenkunſt das wiederholte Ber:
Hanzen von Sämlingen in immer weitern Ab:
Händen, wodurd die jungen Pflanzen gefräftigt
werden; beim Biolinfpiel das nicht eigentlich abge:
toßene, rer nur nicht gebundene Spiel eines
chnellen Ganges mit einem Bogenftrid; piquiert,
gereizt, verlept; piquiert ſein auf etwas, feine
Ehre in etwas ſehen, etwas darin, ſuchen.
Pir (perſ.), Greis, Alteſter, Vorſteher einer Kor:
poration, Stifter eines geiftl. Ordens.
Piranefi, Name mehrerer röm. Künftler des
18. Jahrh. Giambattijta B., Zeichner, Ardji:
telt und Kupferſtecher, geb. 4. Dit. 1720 zu Bene:
dig, lernte dafelbit die Anfangsgründe der Bau:
tunft und begab ſich ſodann wo. Rom, wo er fid
archãol. Arbeiten und der Grlernun der Supfer:
fteerfunft unter J. Vaſi widmete, Sein noch im:
mer unentbehrlices Hauptwertijt das in Rom 1756
begonnene Prachtwerk über die antiten Dentmäler
und die Bauwerle Roms (zjulept 29 Bde., Fol.
Bar. 1836, mit 2000 Tafeln), weldes dur
Pirano — Pirna
malerische Darjtellung, lebendige und treffende Auf:
ſaſſung fich auszeichnet, in feinen antiquariicen
Vermutungen fi dagegen unzuverläfjig erweilt.
P. ftarb zu Rom 9. Nov. 1778. ,
Brancesco P. der Sohn des vorigen, geb. zu
Kom 1756, ſetzte das vom Water begonnene Wert
fort, erweiterte deſſen Kunſthandlung bedeutend,
wurde aber durch den Ausbruch der Franzöſiſchen
Revolution in feinen Arbeiten gejtört und jtarb in
Paris 27. Jan. 1810.
Pietro und Laura P., Bruder und Schweiter
des vorigen, ftachen ebenfalls in Kupfer.
Pirano, Hafenſtadt an der Nordweitlüfte von
Iſttien, im Bezirk Capo d'Iſtria, liegt auf einer
Yalbinfel am Weerbufen Largone und zählt (1580)
mit den Borftädten 11466, ohne dieſe 7387 E.,
deren Ermwerbsquellen Handel und Scijibau, fo:
wie Fiſcherei, Salzbereitung, Öl:, Wein: und Ge:
treidebau find. Die Stadt hat eine interefjante got.
Hauptlirche, ein Rathaus und ein Minoritenklofter
mit jehenswerten Gemälden und ijt der Gib des
Bezirlögericht3, einer Hafen: und Seeſanitäts—
deputation und einer Haupt: und Unterrealichule.
Im Innern der Stadt befindet fich ein Kunjthafen
(Mandradio), der zum Aus: und Einladen dient;
auf den zwei Sciffswerften werden nur Heinere
Fahrzeuge gebaut. Die Reede von P. ijt durch den
Cieg berühmt, den die venet. Flotte 1177 gegen
die mit der genueſiſchen vereinigte Flotte des Kai:
ſers Friedrich Barbarofia erfocht und infolge deſſen
oge Ziani vom Papſt den Ning befam, mit
weldem die Dogen die jährliche Vermählung mit
dem Meere feierten. Sn der Nähe von P., im
Grunde des bedeutenden Hafens della Roſa (aud)
Porto:Gloriojo), der die größte Flotte aufnehmen
tönnte, befinden fi merkwürdige Salzſchlämme—
reien (Saline de Pizziole). Unweit P. liegt ferner
das Dorf Salvore mit einem Leuchtturm, dann
ver dur feine Ecjwefelbäder belannte Fleden
Yfola mit 5580 GE. In der Umgegend von P.
wird der als Rivola befannte Wein gebaut.
aten, Biraterie, ſ. unter Seeraub.
iraus, j. Beiräeus.
awarth, i. Pyrawarth. :
Biriac, Fleden im franz. Depart. Loire: nie:
rieure, Arrondifiement St.:Nazaire, auf einer fand:
Ipibe am Atlantiichen Ocean, 29 km im WNW. von
St.:Razaire, hat 1270 E., Seebäder und Zinnmine.
PBirithond (gr. Peirithoos), Sohn des \rion
oder des Zeus und der Dia, der Tochter des
Deioneus, König der Lapithen in Thejjalien, war
der Gemahl der Hippobameia, die ihn den Poly:
poites gebar. Ber feiner Bermählung fand jener
aa Kampf der Zapithen und Gentauren
(i. d.) jtatt, der von der griech. Kunſt oft dargeitellt
iſt. Außerdem iit P. namentlid wegen jeines
eundihaftsbundes mit Theſeus belannt. Gr
and beim Naube der Helena dem Thejeus bei,
dafür mit ihm in die Unterwelt binabiteigen
mußte, um von dort die Perſephone zu entführen.
Unterwegs ermübdet, feßten fie fich nieder, um aus:
uruben, vermochten aber dann nicht wieder aufzu:
Hehe. Heralles wollte fie befreien, und mit dem
bejeus gelang es ibm auch; P. aber mußte in der
Unterwelt zurüdbleiben. In ihrer finenden Stel:
lung malte fie Bolygnotos.
ritu, Küftenort des Staates Bermudez ber
Föderativrepublit Venezuela, mit 1600 E., im J.
1656 angelegt, war unter der ſpan. Herrichaft
41
Hauptmiſſion der Franzislaner mit 40 abhängigen
Miſſionen und 12000 betehrten — — In:
weit der Küſte liegt im Saraibiichen Meere die
Heine Inſelgruppe Jslas de Piritu.
Pirkheimer (Wilibald), berühmter Romaniſt,
nürnberger Patricier und Ratsherr, geb. 5. Dez.
1470 zu Eichſtätt, trat nern in die Dienfte des
Biſchofs von Eidhitätt und jtudierte dann fieben
Jahre lang zu Padua und Pavia vorzugsweiſe die
Nehtswilienichaften. Rach feiner Nüdtehr nad)
Nürnberg wurde P. 1496 in den Rat gewählt und
zu verfchiedenen Gelandtichaften auf Reichstage
und an Fürften gebraudt. Am J. 1499 vertraute
der Rat der Stadt ihm die Anführung der nürn:
berger Truppen in dem unglüdlichen Reichs-, foy.
Schwabenfriege gegen die Schweizer. _ Sowohl
Marimilian I. wie Karl V. erlannten feinen Wert
und ernannten ihn zu ihrem Mate, Nachdem er bis
1523 in öffentlichen Geihäften gewirkt und bejon:
ders um Berbeilerung des Schulweiens und Gin:
führung der Neformation fich verdient gemadıt
hatte, 30g er ſich zurüd und jtarb 22. Dez. 1530,
Unter jeinen Schriften (herausg. von Goldait,
Sranff. 1610), welche hauptſächlich in hiſtor. und
pe Aufjägen und Gedichten ſatiriſchen Inhalts
eitehen, find befonders feine Briefe an Zeitgenoi:
fen bemertenäwert und lehrreih. Seine «llistoria
belli Suicensis» wurde von Münch überjegt und
mit P.s Biographie begleitet (Baſ. 1826). Bol.
Mayer, «P.s Aufenthalt zu Neunbof, von ihm
ſelbſt geihildert» (Nürnb, 1828); (Ganıpe) « Zum
Andenken Wilibald P.3» (Nürnd, 1828),
fiber Charitas P., die Schweiter Wilibald
P.s, Abtiffin zu St. Clara in Nürnberg, geb. 1466,
geft. 1532, fchrieb Münd (Nürnb, 1826); ihre
—— a gab Höfler, (Bamb. 1353)
heraus. Vol. noch Binder, «Charitas P., Abtijfin
von St. Clara zu Nürnberg» (Freiburg 1373).
irmafend, Stabt in der bayr. Nheinpfalz,
18 km füdöftlih von Zweibrüden in gebirgiger Ge:
gend gelegen, Station der Linie Biebermühle: B.
der Wälstichen Gijenbahnen, iſt Siß eines Bezirks:
amts, eines er a und einer Neihöbant:
nebenjtelle und zählt (1880) 12039 meilt prot. C.
(gegen 6380 im 3.1858). Unter dem öffentlichen
Gebaäuden zeichnen id) das Rathaus und die evang.
Stirche mit dem ſchönen Monument des Yandgrafen
Ludwig IX. von Hefien, fowie das große Schulhaus
am Grerzierplab aus, Der hervorragendite ——
ſtriezweig der gewerbfleißigen Bewohner iſt bie
Schuhfabrikation, deren Erzeugniſſe nad allen
Weltteilen gehen. — B. (im Vlittelalter Sancti Pir-
miniisedes) gehörte früher zu der Örafihaft Hanau:
Lichtenberg, weldye 1736 dur Heirat an Hejlen:
Darmftadt fam. Das Schloß, auf welchem ber
Landgraf Ludwig IX. von Hefjen:Darnıitadt (geit.
1790) refidierte, ſowie das große Grerzierhaus wur:
den in den franz. Revolutionsfriegen zeritört, Iu
neuerer Zeit wurde P. hiſtoriſch dentwürdig durd)
den Sieg, den die Preußen unter dem Herzog von
Braunschweig 14. Sept. 1793 über die Franzoſen
unter Moreaur (nicht mit Moreau zu verwechſeln)
bier erfochten. Die letztern wurden bis an die
Saar zurüdgeworfen und hierauf fogar die für un:
überwindlid; gehaltenen Weibenburger und Lauter:
burger Linien (j. Sauter) durd die Ojterreicher
| und Preußen 13. Dft. erjtürmt.
Pirna, Stadt in der ſächſ. Kreishpauptmann:
| {haft Dresden, liegt 17 km öltlid von Dresden in
42
reizender Gegend am linfen Ufer der Elbe, in die
bier die Gottleuba mündet und über welde eine
1875 erbaute Brüde führt, ift Station der Linien
Dresden: Bodenbach, P.:Arnsborf und B.:Berg:
gießhübel der Sädhfiichen Etaatsbahnen, Sih einer
mtshauptmannfchaft und eines Amtsgerichts und
ählt (1880) 11668 E. Unter den öffentlihen Ge:
uden find, außer dem Schloß Sonnenftein (f. db.)
mit feiner berühmten Irrenheilanſtalt, bervorzu:
— das Rathaus (1878 umgebaut), die jchöne
uptlirdhe (gegründet im 13. Jahrh., 1802 reno:
viert), die Klofterkirche, die zu dem um 1300 geitif:
teten Dominilanerlloſter gehörte, feit 1834 aber
als Warenniederlage dient; das Hofpital mit Bet:
faal; der Bahnhof. Eine ſchöne kath. Kirche (1867
erbaut) und Schule ftehen an der Promenade. In
den Anlagen ift ein Denkmal des Liederfomponijten
Otto, fowie ein monumentaler Springbrunnen.
Von Unterridtsanftalten beitehen eine ungen:
ſchule, eine Realſchule feit 1873, ein königl, Leb:
— ſeit 1873, eine Handelsſchule, eine
A hr für Mädchen und eine Schniß⸗ und
Strohflechtſchule (feit 1883). Auch hat die Stadt
ein Waifenhaus, ein Armenverſorgungshaus, ein
a eine Kinderbewahranftalt und an:
dere wohlthätige Anitalten. Es beitchen Gerbe:
reien, Fabriken für Sprit, ätherische Ele und Eſſen⸗
zen, emaillierte Biene tere Gigarren, Töpfer:
waren, Hüte, Malz, Zafelglas u. j. w.; aud
nd der Ediffbau und die Elbſchiffahrt, fowie
er Handel mit Holz, Kalt, Brauntohlen und be:
fonder3 mit dem ftromabwärt3 und mittel3 der
Eiſenbahn weithin verfandten Birnaifhen
Sandjtein wichtige Erwerbszweige. — P. war in
frühefter Zeit böhm. Lehn, wurde wieberholt ver:
ändet und wieder eingelöft, bis es feit 1401 bei
achſen verblieb. Schon in früher Zeit hatte es
Stapelgeredtigkeit erlangt. Durd) Sirieg, Peſt und
Anderung der Handelsverhältnijie fant die Stadt
in der Folge von ihrer Höhe herab. Große Leiden
eig fie im Dreißigjährigen Kriege durch die Schwe—
en unter Baner 1639 zu erdulden. Auch litt fie
bedeutend im Siebenjährigen Kriege, wo 17. Dit.
1756 in der Nähe bei Ebenbeit die ſächſ. Armee
unter Rutowjli von den Preußen gefangen wurde,
fomwie im Kriege 1813.
Pirnatza oder Dipotamo (im Altertum Pa:
mifo3), ein Fluß, welcher Mefleniendurchfließt, der
ein ipe ſchiffbare Fluß Griedienlands, 126 km lang.
3 .. (law. Brtnice), Marktjleden im weitl.
Mähren, Bezirtöhauptmannicaft Iglau, mit (1880)
3491 E., worunteran 600 Israeliten, die eine eigene
Gemeinde bilden. Das ausgedehnte Schloß, ehe:
mals Sit der Herren Brtnisly von Waldjtein, ſeit
1623 Eigentum der Fürjten Gollalto, hat eine große
Gemäldegalerie und ein reichhaltiges Archiv.
RM ſ. Biroguen.
irogoff (Nitolaus), ruſſ. Arzt, geb. 13. Nov,
1810, wurde 1837 Profeſſor der hir ie und
—*— Anatomie in Dorpat, 1841 Profeſſor der
hirurgie an der petersburger mediz.:hirurg. Afa:
demie, wirlte 1847 als Kriegächirurg im Kaukaſus
und 1854 in der Krim. P. verfabte eine Reihe be:
beutender mediz. Werke teil3 anatom., teild hirurg.
Inhalts; hervorzuheben find: «Topogr. Anatomie
des menſchlichen Körpers mit Durdichnitten ge:
frorener Kadaver illuftriert» (Petersb. 1859), «Chi:
rurg. Anatomie der Arterienftämme und Fascien»
(£pz. 1861) und beſonders «Grundzüge der allge:
Pirnatza — Biron
meinen Kriegschirurgie» (Lpz. 1864). Er fchrieb
auch mehrere pãdagogiſche Schriften und wirkte als
Kurator des odeflaer und des fiewer Lehrbezirts
und zog fi) fpäter auf fein Gut Winiga in Bodo:
lien > Er ftarb 7. Dez. 1881 in Petersburg.
Piroguen oder Pirogen (fpan, pirogun, ein
urfprünglich amerif, Wort) heißen die aus einem
Baumjtamm gearbeiteten großen Nudertähne der
Indianer Südamerifad. Auch die ähnlich herge:
Hellten Boote der SudſeeInſulaner werden jo ge-
nannt. Sie find zum Rubern und Segeln ein:
gerichtet und ſehr ſchnell. Das Segel ilt von Bajt:
tuch und im Verhältnis zum Boote jehr groß. Da
die P. jehr ſchmal find, würden fie bei ſeitlichem
Winde und dem großen Segel leicht umſchlagen,
wenn man ihnen nit durch jog. Auslieger ein
Gegengewidt gäbe. Dies find Planlen, die man
an der Windfeite der P. hinausſchiebt, während
ihr inneres Ende im Boote befeitigt wird und auf
deren äußeres Ende ſich je nad) der Stärle des
Windes ein oder mehrere Menſchen ſeten.
Pirdl oder SGoldamjel(Oriölus) ift der Name
einer zur ern der Rabenvögel gehörigen Vogel⸗
gattung, die ſich durch einen ftarten, lang-tegeltör:
migen Schnabel, deſſen Oberliefer vor der leicht
gefrümmten Spitze mit einem ſeichten Einſchnitt
verjeben iſt, durch abgeſtußten Schwanz und kurze,
ſtarle Fuüße unterſcheidet. Die Arten dieſer Gat:
tung gehören der öſtl. Halbkugel unſerer Erde an
und zeigen häufig in der Krbung die Gegenſatze
von Gelb und Schwarz. In Europa lommt nur
eine Art, der Kirihpirol(O, galbula), vor, einer
unferer Ihönften einheimiſchen Vögel, der in Sta:
lien, Südfrantreih und Griechenland zu den ge:
meinten Vögeln gehört, bei ung aber als Zugvogel
erit im Mai antonımt, weshalb er au Pfingſt⸗
vogel genannt wird. Er baut zwiſchen den äußer—
ten Gabelenden dünner Zweige ein künftliches Neit
aus Halmen, jhmalen Blättern, Pflanzenfaſern
u. ſ. mw. mit großem Fleiße, iſt lebhaft, ſehr ſcheu
und mißtrauiſch und daher jhwer zu ſchießen und
zu fangen. Gr fribt Anjelten und deren Larven,
aber vorzüglih gern Kirihen, Weinbeeren und
Seigen, denen er zuweilen nicht unbeträchtlichen
Schaden zufügt. Gegen Kälte ift er jehr empfind:
lid und verläßt unjere Gegenden bereit3 im
Auguit. Die Männchen find am ganzen Körper
und an der Schwanzipige hochgelb, nur die Flügel
der Schwanz und ein Jled über dem Auge tief
ihwarz; das Weibchen ijt gelblich-grünlich, unter:
jeitö weißlih und ſchwarz geſtrichelt. Die erftern
zeichnen ſich durch einen ftarten, hellen, flötenden
Belang aus und können ald Zimmervögel gehalten
werden, dauern aber nicht lange aus, j
iron (Aleris), franz. Dichter, geb, zu Dijon
9. Juli 1689, war der Sohn des Apotheters Aime
B. (geb. 1. Olt. 1640, geit. 9. Dez. 1727), der ſich
dur Dichtungen im burgund, Dialeft befannt ge:
macht bat, Wegen eines ſchlüpfrigen Gedichts
mußte PB. aus jeiner VBaterjtadt flieben, ging nad)
Paris und lebte dort neum Jahre als Schreiber in
DVürftigleit. Später gehörte er jedoch mit Erebil:
Ion, Golle, Gallet und Grefjet zu den beliebtejten
Mitgliedern der Zufammenkünite des Caveau, von
wo aus feine humoriftifchen Gpifteln, feine zum
Zeil jhlüpfrigen Erzählungen und andere poetijche
Kleinigkeiten jeiner seder in das größere Publilum
gelangten. Als Bühnendichter begann er mit Ar.
beiten für kleine Theater, und lange Zeit arbeitete
Pirot — Piſa
er für Francisque, den Unternehmer der lomiſchen
Oper, der nur Honodramen fpielen durfte, weil
alle andern Privilegien vergeben waren. P.s
größere Stüde, 5. B. «L’&cole des peres» (1728;
juerft unter dem Titel «Les fils ingrats») und
‚Gustave Wasa» (1733) fanden nur mäßigen Bei-
fall, und fein «Callisthene» (1730) wurde jo miß:
fällig aufgenommen, dab ®. feinem Unmillen durch
die Satire «La calotte du public» Luft machte.
Erit ſeine «Metromanie» (1738) wurde als ein
Meifterwerk anerlannt. In der That fichert ihm
diefe Dichtung, in welcher P. feine dichteriiche Lei:
denſchaft felbjt zum Gegenftand der Darftellung
macht, ein bleibendes Gedachtnis. Er ftarb 21. Jan.
1173. Seine «Deurres» (7 Bde., Bar. 1776) gab
Rigoleyg de Yuvigny, feine «Deuvres inedites»
Bonhonrme (Par. 1859) heraus,
‚ Birot (türt. Sharloj), Stadt und Hauptort
eines Kreijes (mit [1883] 81208 E.) in dem 1878
von der Zürfei an Eerbien abgetretenen Gebiet,
60 km im NW. von Sofia, am Uuelllauf der
Riſchawa, Station der im Bau begriffenen Bahn
Riſch⸗ P., mit einer alten verfallenen Eitabelle, zählt
(1882) 8185 €. und ift Hauptpunft der in dieſer Ge:
gend betriebenen Teppichfabrilation, deren Erzeug-
niſſe im allgemeinen unter dem Ramen Schartojer
in den Handel fomımen und wegen der Echtheit und
Dauer ihrer hellen Farben hoch geihäst find.
Pirotihanag (Milan), jerb. Staatsmann, geb.
7. Jan. 1837 zu Jagodina in Serbien, ftubierte in
Varis die Rechte, trat dann in den ferb. Juftiz-
dienft und wurde bald Kreisgerichtspräſident und
1875 Rat des oberſten Gerichtshofs. 1 war ber
Führer der Oppofition, welcher e3 endlich gelang
den Dinijterpräfidenten Riftitich zu jtürzen, worau
ihn 19. Dit. 1880 der Fürft mit der Bildung des
neuen Kabinetts betraute. B. ward Minifterpräfi:
dent und zugleich Juſtizminiſter. Seine erjte Ar:
beit war, die Unabhängteit des Richterſtandes zu
ſichern, ein darauf bezüglidhes Gefeh ward von der
Stupihtina einftimmig angenommen, Im Dt.
1881 übernahm P. das Portefeuille des Außern.
Als im Sept. 1883 die raditale Bartei zum ofienen
Aufftand überging, legte P. mit feinen Kollegen
das Amt nieder und trat in den Ruheſtand.
Pirouette (fr;.), eigentlich ein Heiner Kreifel,
beißt in der Tan tunſt das ſchnelle Umdrehen auf
der Fußfpige, in der Reitkunſt das ſchnelle, ſehr
enge Herummerfen des Pferdes, ſodaß es mit dem
Kopfe auf derjelben Stelle jteht, wo es zuvor mit
dem Schmeife war; daher pirowettieren, ſich
im Kreije drehen,
Pirſchen (auh purſchen, gg meiſt bir:
ſchen oder bürſchen geſchrieben), j. unter Jagd,
Bd. IX, ©. 771%. — Pirſchbüchſen, ſ. unter
Jagdgemwehre, Bd. IX, S. 773*,
Pirus, Yflanzengattung, f. Pyrus,
irutſch und Pirutſchade, |. Barutice.
ifa, eine der ältejten und ſchönſten Stäbte
Italiens, die Hauptitadt der gleihnamigen Pro:
vınz (3056 qkm mit 283643 €.), liegt in einer rei:
zenden, fruchtbaren Ebene, 7,5 km vom Meere,
am Arno, über welden in der Stadt drei und
außerhalb derjelben zwei Brüden führen, und am
Anotenpunft ber Babnlinien er Ri:
ftoja-$., P.:Genua und P. Rom, iſt Sit eines
Erzbiihofs, einer Präfektur, eines Tribunals eriter
Smitanz und anderer Behörden und hat breite, ge:
zade und autgepflafterte Straßen und fchöne große
43
Plähe. Unter den 80 Kirdlichen Gebäuden zeich—
net fich der im 11. Jahrh. von Bufcetto und Rai:
naldus erbaute Dom durd fein von 74 Säulen
getragenes Gewölbe, durdy herrliche Gemälde und
ſchöne bunte Fenfter aus. Neben ihm fteht der be;
rühmte, im 12, Jahrh. von einem Deutſchen, Ra:
mens Wilhelm, und dem Piſaner Bonanus er:
baute ſchiefe Turm (il Campanile), deſſen höchſter
unft, wenn man ein Dleilot berabläßt, an der
rundmauer eine Abweihung von 4,3 m ergibt.
Gr ift rund, ganz von Marmor, beſteht bei einer
Höhe von 54,1 m aus fieben Stodwerlen und it
oben platt und mit einer Galerie umgeben. Ob
der Turm abfichtlich yo gebaut fei oder ob er
ſich gejenkt babe, iſt ftreitig, das lektere aber in
hohem Grabe wahrſcheinlich, da aud) fait an allen
Gebäuden alle Senkrechten vom Bleilot abweichen
und vom britten Stodwerf an ganz erſichtlich die
Ausgleichung für eine fhon vorhandene Senfung
angeitrebt wurde. Dem Dom —— liegt
das 1153 von Diotiſalvi erbaute Battiſterio oder
die Kirche des heil. Johannes, eine runde, von
berrlihen Säulen getragene Kuppel mit ungemein
ftarfem vielfältigen eo und einer Kanzel, bie
eins der größten Meifterwerke Nicola Piſanos ift.
©. Tafel: Bildnerei V, Fig. 3.) Neben beiden
reitet ſich das Campo santo aus, ein alter, feit
früher Zeit zum räbnis großer und verdienter
Bürger der Nepublit bejtimmter Kirchhof, defien
Erde die Piſaner 1228 auf Schiffen aus Jerufalem
—— iſt von got. Hallen eingefaßt, die der
aumeifter Giovanni Fate um 1283 vollendete
und deren Wände mit freslogemälden von Giotto
und feiner Schule, von Antonio Beneziano, An:
dreada Firenze, Luca Spinello, den Lorenzettis u.a.
geihmüdt ift, worunter der berühmte Triumph
des Todes, welden Bajari fälſchlich dem Drcagna
uſchrieb. Im legten Drittel des 15. Jahrh. ſchuf
bie Benozzo Gozzoli nr berühmte Frestenreihe.
ol. Carlo Lafinio, «Pitture al fresco del Campo
sauto» (Piſa 1812); Paolo Lafinio, «Pitture al
fresco del Campo santo» (Flor. 1832). F
Bon den übrigen Gebäuden zeichnen fi) aus die
in jeih got.Geihmad —— Kirche Sta.⸗Maria
della Spina, der Palaſt des einſt hier reſidierenden
Ritterordens des heil. Stephan mit der Kirche,
deren Orgel eine der größten in Italien iſt, der
tönigl. Palaſt und der Palaſt Lanftanchi, wo Lord
Byron eine Zeit lang — Auch vet man bie
Stelle, wo angeblich der Hungerturm geltanden, in
welchem Ugolino Gherardetca 1288 mit feinen
Kindern umtam; der urjprüngliche ift gewiß nicht
mehr vorhanden, In neuefter Zeit wurde an dieſer
Stelle ein unterirdifches Gewölbe entdedt, worin
man menjchliche fiberrefte fand und welches man
für die legte Wohnung des Ugolino hält. Tie
Univerfität zu P., gegen 1160 geſtiftet, wurde
durch Cosmo I. von Medici erneuert und ftand in
frübern Zeiten in hohem Rufe. Sie begreift fünf
Fakultäten mit 69 Docenten und 610 Studieren:
den und hat eine Bibliothet von 110000 Bänden
und 500 Handidriften, einen botan. Garten, eine
oolog. und mineralog. Sammlung. Von andern
?ehranftalten befinden & in P. ein Gymnaſial⸗
lyceum, eine tehnijche Schule, eine Alademie der
ihönen Kunſte u. ſ. w. Nabe bei der Stadt be:
findet ſich die landwirtſchaftliche Anftalt und das
tönigl. Jagdſchloß San:Rofjore mit großer Stu⸗
terei und Kamelzucht. Die Stadt ift gegen früher
44 Piſagua
ſehr verödet und ſtatt der 130000 E., die ſie im
13. Jahrh. gezählt haben foll, hat fie 1884 nur
53554 E. Am Fuße des Berss San:iuliano
liegen, 6 km von P. entfernt, die ſchon zu Blinius’
Zeit befannten an Bäder, 36 Quel:
len, die reich an fohlenfaurem Gas, ſchwefelſaurem
Natrum und Chlornatrium, beionders in rheu:
matiijhen und gihtülchen Krankheiten und gegen
Leberleiden und Nervenſchwäche innerlich und Außer:
lich angewendet werden, Etwa 25 km von P. ent:
fernt iſt das eifenhaltige vielbefuhte Bad Cas—
ciana (vgl. Diinati, «Dei Bagni di Cascianan»,
Flor. 1877); 12km von P. iſt das lithinhaltige
Bad Dliveto. In ber weitern Umgegend von
P. ift das große Nlofter Certofa di Galci jehens:
wert. Handel und Gewerbe der Pijaner haben
erit in neuejter Zeit einen Aufſchwung genommen.
Dod) ijt die Umgegend von P. gut angebaut, er:
giebig an gutem Öl und rei an ſchönem Marmor.
Das gemäßigte und etwas feuchte Klima ſiſt ſehr
gr t gegen Entzündungen des Kehlkopfes und
der utröbre, gegen Lungenſchwindſucht, ſowie
gegen alle ——— — Bol. Morrona, «P.
illustrata nelle arti del disegno» (3 Bde., Livorno
1812); Niftri, «Guida di P.» (Piſa 1845); Nohault
de Fleury, «Les monuments de Pise au moyen
Age» (Var, 1866, mit Atlas); Säule, «Die klima⸗
tiihen Sturorte ber Riviera, Mittel: und Unter:
italiens» (Franff. 1875); Reimer, «Klimatiſche
Sommerfurorte» (Berl. 17T. j
Geſchichtliches. P.,imAltertumJuliaPisana,
hatte ſchon frühzeitig im Mittelalter fich durch Frei:
heitsjinn und thätigen Handelsgeift feiner Bürger
zu einer mächtigen Nepublil erhoben, deren Gebiet
die ganze damals angebaute, jehr fruchtbare Ma:
remma von Lerici bis Piombino umfaßte. Im
Kampfemit den Sarazenen erobertees im11. Jahrh.
Sardinien, Corjica und die Balearen; e3 gründete
Kolonien in der Levante und behauptete feine Herr:
Ihaft auf dem Meere gegen Genua, Als eifrige
Gpibellinen dem Kaiſer treu ergeben, gerieten die
Piſaner mit den gulfih gefinnten Städten lo:
renz, Lucca und Siena in blutige Febden, die fie
jedoch lange Zeit fiegreich bejtanden. Bon Genua
aber aufs neue angegriffen und in der Seeſchlacht
bei Meloria 1284 völlig befiegt, verlor P., da
feine übrigen Feinde mit Genua ſich verbanden, in
den folgenden Kämpfen alle feine Beſizungen. Es
war dem Untergang nahe, als Ugolino Gherar—
beöca (j. d.), das Saupt der Quelfenpartei, die
Herrihaft an fi riß. Neue Kräfte gewann P.
unter den biernädjt auftretenden ghibellinijchen
Herrſchern, beſonders unter Uguccione. Doc von
innern Parteiungen und neuen Kriegen, in denen
e3 feine alte Tapferkeit bewährte, erſchöpft, trat
e3 endli unter Mailands Schu und wurde bar:
auf dem Herzog Galeazzo Visconti verfauft und
von deſſen Sohn 1406 den Florentinern, den ge:
Ihworenen Feinden P.s, abgetreten. Durch Hun:
ger wurde bie Stadt zur Übergabe gezwungen und
dur Gewalt in Gehorfam erhalten, Als aber
1494 Karl VII. von Frankreich Italien überzog,
erhob fih auch P. unter Simon Orlandi, nahm
den König von Frankreich zum Schugherrn an und
erlämpfte fich mit defien Hilfe in einem 15jährigen
Kriege jeine Selbftändigkeit und eine neue Ver:
faflung. Doch fortwährend reizte es, als ein wid:
tiger Stüßzpunkt der Macht in Italien, die Eifer:
ſucht und Herrichbegierbe der benachbärten Staa:
— Bijano
ten. Florenz bemächtigte ſich des Gebietes von P.
und begann 31. Juli 1499 die Stadt zu belagern.
Aber die Anjtrengungen der Florentiner ſcheiterten
an dem Mut und der Tapferkeit der piſan. Männer
und — und ebenſo kräftig widerſtand die
neubejeitigte Stadt dem Eroberungsverſuch Lud—
wigs XIL. von frankreich und zwei neuen Belange:
rungen der ?lorentiner 1504 und 1505. Grit
8. Juni 1509 gelang es den lehtern, durch Hunger,
unter der Bedingung völliger Amneitie, die Stadt
zu nehmen. Seitdem blieb P. bei Toscana bis zu
defien Ginverleibung in das Königreich Stalien
(ae) Vgl. Valtancoli-Montazio, «Annali di P.»
Qucca 1842—45); Yanger, «Bolit. Geſchichte Ge:
nuas und P.s im 12. Jahrh.» (Lpz. 1882).
Pifagua, Hafenort in dem von Peru im Frie—
ben vom 20, Olt. 1883 an Chile abgetretenen De:
part. Tarapaca, bat (1876) 2131 E. und ſtarle
Salpeterausfuhr. a
Piſau (Chriſtine de), franz. Schriftitellerin, ſ.
Chrijtine de Piſan.
Pijander (grch. Veilandros), ein Athener, be:
fannt als einflüßreicher Agitator bei Durchführung
der oligardiichen Nevolution der fog. Vierhundert,
411 v. Chr. — P. hieß auch der Schwager des ſpart.
Königs Ageſilaus, welcher ihn in dem Perſerkrieg
395 v, Chr. an die Spike feiner Flotte ftellte. Aber
im Aug. 394 erlitt Y. bei Knidos (f. d.) durch die
perſ. Flotte unter Konon und Pharnabazos eine
völlige —** und verlor dabei ſein Leben.
iſanello, Maler, ſ. Piſano (Victor).
iſang, Pflanzengattung, |. Musa.
iſangfaſer, ſoviel wie Manilahanf. i
ifano (Xeonardo), ital. Mathematifer, |. Fi—
bonacci, j
Pifäno Nicola), ital. Bildhauer und Architelt,
eb. um 1206, lebte und wirkte meijt in jeiner
aterjtadt Piſa und jtarb dajelbit 1278. Die ital.
Kunjtgeihichte beginnt mit ihm eine neue Sira, in:
dem nad Jahrhunderten der Roheit und Verar:
mung in der Skulptur feine Werte eine plögliche
neue Entwidelung zu antiter Freiheit und Schön:
heit der Form darftellen, die dann im 14. Jahr).
von neuem verloren ging, um erſt im 15. mit_ben
großen Slorentinern wieder zu erwachen. Das
uberordentlihe einer folden ijolierten kunſtge—
ſchichtlichen Ericheinung hat von jeher verſchiedene
Erklärungen hervorgerufen, Der Anblid feiner
Merle madıt es klar, daß er fi nad antiken Stulp:
turen bildete, die ihm namentlich auf Sarlophagen
zu Geſicht gelommen fein müflen. Böllig von der
alten Kunſt durchdrungen ericheint er in den be:
rühmten Reliefs an der Kanzel des Baptifteriums
zu Piſa (1260); hier iſt die Form nad antitem
Prinzip um Ye jelbjt und ihrer eigenen Schön:
eit willen behandelt. (S. Tafel: Bildnerei V,
ig. 3.) Aus feiner fpätern Zeit ift die zu des
oms zu Siena und der pradhtvolle Sarkophag
des beil. Dominicus in Bologna, Seine arditel:
toniſche Thätigkeit iſt nicht fiher erwielen. Bol.
Dobbert, «liber den Stil Nicola P.s und deſſen
Unfprung® (Münd, 1873).
Sein Sohn und Schüler Giovanni P., geb.
um 1240, geft. nad) 1321, wurde als Bildhauer
und Architekt einer der wichtigiten Repräfentanten
des feit Ende des 13. Jahrh. in Jtalien überwie:
gend gewordenen got. Stils. Bon ihm wurde das
berühmte Campo sauto in Pija angelegt. Ein
ſchönes Werk von ihm iſt das Monument Bapit
Piſatis — Piſidien
Benedilts XI. in San:Domenico zu Perugia. Er
baute die Vorderfeite ded Doms zu Siena und
führte mehrere andere Bauwerke aus in Neapel,
Drvieto und Piltoja. Für den Dom von Arezzo
arbeitete er die außerordentlich reiche Marmortafel
de3 Hodalters, für Florenz das Taufbeden im
Baptijterium, für Perugia 1290 das Epitaph des
Bapftes Urban IV. und in feiner Vateritadt bie
Kanzel de3 Doms, welche 1311 beendigt, im
17. Jahrh. aber in Stüde zerlegt wurde.
Andrea ®., geb. in Bontadera um 1273, geft.
um 1349, Bildhauer und Architekt, Giottos Freund,
arbeitete in Florenz veridiedene Statuen am
Glodenturm des Doms und die ſchöne ältere Bronze:
thür des dortigen Baptifteriums, Merle, worin
der got. Stil ſich ftreng und kräftig ausfpridt. In
feiner lehten Lebenszeit war er Arditelt de3 Doms
von Orvieto. Minder bedeutend waren defien Söhne
Nino und Tommafo.
Vittore P., genannt Bifanello, ein Maler,
geb. um 1370 zu San:PBirgilio ful Yago im Vero—
neſiſchen, ftand am päpftl. Hofe in großem Anfehen
und jtarb um 1453. Was fih von feinen Male:
reien in Rom, Venedig, Berona und Piltoja er:
(ten bat, beurlundet ihn al3 einen erfahrenen
teijter. Berühmter wurde er dadurch, daß er zu:
erit oder al3 einer der eriten Schaumüngen, meijt
aus Bildnijjen mit gut erfundenen und ausgeführ:
ten fymbol. Nüdjeiten beftehend, mobdellierte, in
Formen abdrudte und in Metallgoß. Beſonders die
Kopfe diefer meift zwiichen 1429 und 1448 gefertig:
ten Stüde gehören zum Trefflichſten in ihrer Art.
iſatis, Zeil von Elis (j. d.).
i8cat’aqua- River, Fluß in den Vereinigten
Staaten, bildet die Grenze zwiſchen den Staaten
Maine und Neuhampfbire und ergiebt ſich 6 km
he Portsmouth in den Atlantiſchen Ocean.
auer (Piſchawar), ſ. Peſchawer.
iſchel (Richard), ausgezeichneter Sanslkritiſt,
geb. 1849 zu Breslau, ſtudierte ebendaſelbſt und
in Berlin, —e ſich nach längerm Aufenthalt
in London und Orford 1874 zu Breslau, ging 1875
als auferord, Profeſſor für Sanskrit und Sprach—
vergleihung nad Stiel, wurde 1977 ebendafelbit
ord. Profeflor, 1885 als folder nad) Halle berufen.
Seine Hauptarbeiten find: «De Kälidäsae Cäkun-
tali recensionibus» (Bresl. 1870), «De grammati-
eis präcriticis» (Bresl. 1874), «Kälidäsa’s Cakun-
talä. The Bengäli Recension, with critical notes»
(Kiel 1877), «Hemacandras Grammatik der Pra:
tritfprachen» (2 Bde., Halle 1877—80), «The Assa-
läayanaouttam» (Balı und Engliſch, Chemnik 1880),
«The Decinämamälä of Hemacandra» (mit Bü
ler, Bd. 1, Bombay 1880). :
Biichfluf (Bifteh, f. unter Spirdingfee.
Pisoina (lat., eigentlich Fiſchteich), das Wafler:
beden in den röm. Thermen, Daher auch das Tauf:
baſſin im Baptifterium; in lath. Kirchen die Ber:
tiefung zum Waflerablauf in der jüdl, Wand des
Chors neben dem Altar, meijt in Form einer Nische,
Pisciotta, Hafenftadt in der ital, Provinz Sa:
lerno, Bezirk Ballo della Lucania, am Tyrrheni—
ſchen Pteer, 77 km im SSD. von Salerno, hat
(1881) 2296, als Gemeinde 3828 E., Fiſcherei,
Wein⸗, Obft: und Dlivenbau.
Bidco, Hafenitadt im peruan. Depart. ca,
füdlih von der Mündung des Chundanga in die
Biscobai des Großen Dceans, mit ca durch Eifen:
babn verbunden, hat (1876) 2648 E., Hüftenhans
—
45
del, Fiſcherei und Weinbau und führt Baumwolle,
Zuckeer, Früchte, Wein, Branntwein, Salz und Sil—
ber aus, dagegen Baumwoll⸗ und Wollwaren ein.
Pife (frj., vom lat. pinsere, ftampfen) oder
Lehmſchlag heißt das Verfahren, Mauern aus
Lehm oder Gartenerde, mit Sand vermischt, durch
Stampfen zwiſchen Brettwänden oder in Formen
aufzuführen. Der gewöhnliche Erd: Pifebau ver:
wendet jene Materialien in Lagen aufeinander,
ftellt deninadh die Bauwerle gleihfam aus einem
Stück ber. Dagegen fertigt man auch gerammte
Grdquader und liefert damit ebenfo feite Mauern.
Cine vorzügliche Art des Piſebaues ift der Halt:
Sand-Wilebau, wobei fünftlihe Steine aus einem
Gemenge von Kalt und Sand hergeftellt werden.
Im allgemeinen gewährt der Pijebau die Vorteile
der Billigkfeit und der Trodenbeit, bedarf aber
dundamente und Sodel von Stein, auch haften
3. B. die Nägel nicht in den Wänden, der Abpub
iſt ſchwierig u. f. w. Der Pifebau war ſchon den
Alten befannt, und Plinius nennt die Athener
Hyperbius und Guryalus als feine Erfinder, Er:
neuerte Sulnobme and der Piſebau egen Ende
des 18. Jahrh. in Südfrankreich we en Bau:
meifter Cointeraur. In Deutſchland hat der Lehm—
Piſebau nicht recht Plaß greifen wollen, weil euch:
tigkeit und Witterungswechſel von zu großem Ein:
fluß auf foldhe Wände find, die auch vom Ungeziefer
durdmwühlt werden. Der Kall:Sand:Pifebau, den
allerdings ſchon die Römer gelannt zu haben ſchei
nen, wurde 1828 von dem Architelten Rydin zu
Baraͤs in Schweden erfunden, als eine furdhtbare
Feuersbrunft diefe Stadt in Aiche gelegt hatte und
es an Material zu rafhem Wiederaufbau gänzlich
mangelte. Im J. 1854 erfand Bernhardi in Gilen:
burg eine befondere Preſſe zur Herftellung von
Kalt: Sand:Steinen. Diefer Kaltziegelbau Br
dem Mauerwerk aus gebrannten Steinen Schr nabe
und vermeidet alle Mängel des Erb: Bifebaues.
Hierher gehört auch der von Berndt in Deuben bei
Dresden zuerft angewendete Cendrinbau (von
cendre, Aſche), ein Halt: Bife unter Anwendun
von Steintohlenafhe und Straßenabraum. Vgl.
«Der Aſche⸗ und Erd:Stampfbau» (Lpz. 1873).
Piſek, Hauptitadt der gleihnaniigen böhm. Be:
zirkshauptmannſchaft, rechts an der Watawa, Sta:
tion der Linie Rakoniß-Protiwin der Öfterreidhij, chen
ae in ift Siß eines Kreis: und Bezirks:
gerichts, hat vier Kirchen, ein Gymnafium, eine
Oberrcalihule, eine Aderbauſchule mit Forftlehr:
anftalt, eine Rinderbewabranftalt, ein Staatsheng—
ftendepöt, eine altertümliche Brüde und ein königl.
Schloß aus dem 13. Jahıh. und zählt (1880)
10596 E. welche ein Hammermert mit Gijengiebe:
rei, zwei Kunjtmühlen, Fabriken für Papier, Schub:
waren und Hüte und Bierbrauereien unterhalten.
In der Nähe find große Feldfpat:, Nojenquarz:
und Granitfteinlager.
Pifhma, Flub im ruf, Gouvernement Ars
changelst, Kreis Mefen, ein rechter Nebenfluß des
Meſen, 212 km lang. — P. beit auch ein Neben:
fluß der Petſchora, im Gouvernement Arhangelst,
Kreis Meſen, entipringt aus dem See Jam und üt
243 km lang. — Ferner heißt P. ein Fluß in
Gouvernement Wijatla, ein rechter Nebenfluß der
Wijatla; fie kommt von dem nordruſſ. Yandrüden
und ift 192 km lang. ,
Bifidien, eine Landfchaft im füdl, Kleinafien,
nördlich von Bampbylien, ein wafjerarmes, raubes
46
und jchwer zugängliche Gebiet, dad ganz von
einem Teil des Kammes und der Terrafien des
Zauruögebirges eingenommen wird. Der jühmweit:
lichite Dijtrift des Landes führte den Sondernamen
Milyas. Im fpätern Altertum, vielleicht ſchon unter
den pergamenijchen Rönigen, jedenfalls feit den Zei:
ten der röm. Herrſchaft, wurde die ganze Landſchaft
u Pamphylien' (. brennt. Die Bewohner
ber Sandicha t, die Piſider, waren ein fühnes
und tapferes Bergvoll, das ſchon den Perferköni:
gen gegenüber ſich eine wejentlih unabhängige
Stellung zu wahren gewußt hatte. Die größern
Städte, wie Termefjos, Selge, Sagalafjos und
Kremng, waren feit der Diadochenzeit in Sprache
und Sitte mehr und mehr gräcifiert und in ber
röm. Saijerzeit in blühendem Zuftand, wie bie
zahlreichen baulichen Überrefte und Inſchriften be:
zeugen. \eht gehört die Landſchaft zum türk, Vilajet
Konia und wird von Karamanen bewohnt,
Piſiuo oder Mitterburg, Stadt in der ölterr.
Martgrajichaft Yarien an der Fluva, Station der
Sinie Divacca:Bola der Öfterreihiichen Staats⸗
bahnen, Siß einer Bezirks — und
eines Bezirlsgerichts, hat eine uralte Burg, ein
Obergymnaſium, eine ſtädtiſche Muſilſchule, Ge—
treide:, Objt: und Weinbau un gebt (1880) 3346,
als Gemeinde 14894 E. Das Mosconische Inſti—
tut zu P. it eine Anftalt zur Armenverpflegung
und N endbildung. i
* aͤtus (geh. Peiſiſtratos), Tyrann von
Athen, ſtammte aus einem alten, in Aitika *
wanderten, pyliſchen Adelsgeſchlechte, war mit So—
lon nahe verwandt und etwa 605 v. Chr. geboren.
Gr riß zuerſt 560 die Alleinherrſchaft (Tyrannis)
an ih), zweimal jedoch wurde er durch feine ade:
ligen Gegner aus diefer Stellung verdrängt. Zu:
erit geihah dies im J. 555 durch eine Koalition
des Altmäoniden Megalles und des Lylurg. Als
aber Lylurg und Megalles ſich entzweiten, näherte
ſich der legtere im J. 550 dem P. und verhalf ihm
wieder zur Herrichaft, Allein das freundfchaftliche
Berhältnis mit Megalles währte nur kurze Zeit,
und P. mußte At en abermals (549) verlajien.
Er flüchtete nad) Eretria auf Euböa und blieb hier
über achn Jahre in Verbannung. Dann zog er
(538) Geld und Hilfsvölfer von heben, Argos
und Naros zufammen, landete mit diefer Macht
bei Marathon und ſchlug die entgegenrüdenden
Athener in die Flucht. Er befeſtigte ı9 on neuem
in der Herrfhaft von Athen und behauptete die:
jelbe bis an feinen Tod (527 v. Chr.). P. übte
feine Gewalt nicht mit defpotiihem Drud, Sondern
mit Milde und Gerechtigkeit, vermehrte die Staats:
einlünfte ohne übermäßige Belaſtung der einzel:
nen, förderte den materiellen Wohlitand Attilas
und bejtrebte ſich auch, die geiftige Bildung der
Athener durch Anlegung von Bibliotheken und
durch die Sammlung der Homerifchen Gefänge au
heben. So genoß Athen unter feiner Herrihaft die
Segnungen eines langen Friedens, und er jelbit
fonnte feinen Söhnen Hippias und Hippardus
den ruhigen Befis desfelben hinterlaffen, der erit
510 v. Chr. durch einen Krieg der ausgewanderten
Athenermit Hilfe der a Inn verlorenging.
isfo (Stanz ofeph), nambafter Phyſilker,
geb. zu Neurausni bei Brünn in Mähren 10. Juni
1828, widmete ſich an der wiener Hochſchule zuerit
pbilof., jurift. und mathem.snaturwiffenichaftlichen
Studien (1846—51) und wendete ſich zuleht nur
Piſino — Piſo
dem Studium der Phyſik zu. Im J. 1852 wurde
er für das Lehramt der Phyſil an das brünner Ober:
ma, 1856 in derjelben Eigenichaft an die
iedner Oberrealihule in Wien, 1870 als ord.
Profefjor der Phyſit an die technifhe Militärafa-
demie in Wien berufen; 1872 übernahm er die
Direktion der Staatörenlichule zu Sechshaus bei
Wien. P. war offizieller Berichterftatter für Phyfit
und Pädagogik bei der londoner Weltausftellung
1862), für fit und Beheizung bei der pariſer
eltausftellung (1867), bei der wiener Weltaus:
ftellung (1873) Juror für den Unterricht. Im J.
1882 wurde P. zum Regierungsrat ernannt und
war 1883 Mitglied der Kommiſſion der «Inter⸗
nationalen elektriichen Ausftellung in Wien», Seit
1853 ift B. auf dem Gebiete der hyſik und Päda-
gogik praltiich und litterarifch thätig; letzteres teils
in felbjtändigen, teils in periodiihen Schriften.
P. ift feit 1869 Korreipondierendes Mitglied der
Soci6t& royale de sciences de Liöge und war
1880 beim Unterrichtslongreß in Brüffel Korre—
ipondent für Öfterreih. Bon feinen Publikationen
find zu erwähnen: «Foucault? Beweis für bie
Achſendrehung der Erde» (Brünn 1853), «Fluores:
jens des Lichts» (Wien 1861), «Neuere Apparate
er Aluſtik⸗ (Mien 1865), «Licht und Farbe»
(2. Aufl, Müud. 1876), « Berichte über die phyſil.
und allgemeinen Lehrmittel auf den Weltaus-
ftellungen von 1862 und 1867» (Wien 1863 u.
1867), «Lehrbücher der Phyſik für verſchiedene
Stufen des Unterrichts» (zujammen in 21 Aufl,
1854—79); * bearbeitete er die dritte Auflage
von Heßlers «Lehrbuch der tehniihen Phnfil»
(2 Bde., Wien 1866).
Piſo ift der Name einer Familie des röm. ple:
beiiſchen Geſchlechts der Calpurnier, die nad) Livius
ſchon im erften, nad) andern zuerft im zweiten Puni⸗
ichen Krieg bervortritt, während defien ein Gajus
P. 211 v. Chr. die Prätur bekleidete,
Sein gleihnamiger Sohn befiegte als Prätor
185 die Lufitaner und wurde 180 als Konful von
feiner Frau vergiftet. i
Ob derſelbe der Bater war von Lucius Calpurnius
P. Cäfoninus, ift ungewiß. Diefer führte 154 als
Prätor in Spanien, 148 ala Konful in Afrika, in
beiden Ländern aber ohne Glüd, Krieg.
Ein gleihnamiger Lucius Galpurnius P. Cäfo-
ninus war 112 Konful, und fiel 107 als Legat des
Konfuls Lucius Cajfius mit diefem in Gallien
gegen die Tiguriner, ’
& lehtern gleihnamiger Enlel befleidete 61
die Prätur, verheiratete jeine Tochter ——
59 an Julius Cäfar und erhielt durch den Einfluß
Cäfars mit Aulus Gabinius das Sonjulat_58,
als Elodius Bollstribun war, Diefen begünftigte
er namentlich aud in feinem Verfahren gegen
Cicero; daher war 2 diejer verfeindet und griff
ihn 55 in einer noch erhaltenen Rede im Senat
wegen feiner Verwaltung der Provinz Macebonien
auf das bejtigite an. Nachdem er 50 Genfor ge⸗
worden war, juchte er im J. 49 die —
Partei vergebens zu einem friedlichen Vergleich m
Gäfar zu ſtimmen.
Sein Sohn, Lucius Galpurnius P. Cäfos
ninus, Konſul 15 v. Chr., begünftigt von Augus
jtus und Tiberius, der ihm die Bräfeltur der Stabt
übertrug, ftarb 80%. alt 32 n. Chr. Er ift viel«
leicht der P., an den und deſſen Söhne Horaz
feine «Epiftel über die Dichtkunfts richtete,
Piſogne — Biltazien
Lucius Calpurniu3 ®., der wegen feiner
Rechtlichteit und Gewifjenhaftigfeit den ehrenden
Beinamen Frugi, d. i. der Brave oder Biedere,
erhielt, gab als Vollstribun 149 v. Chr. das erite
Geieh gegen Erprefiungen (Lex Calpurnia repe-
tundarum), durch weldes die erite Quaestio per-
petua eingerichtet wurde. Als Konful fämpite er
133 gegen die Sklaven in Sicilien, Er war ein
Gegner der Grachen. Derjelbe verfahte eine (ver:
lorene) Geſchichte Roms bis auf feine Zeit. Tie
Fragmente ſtehen in Peters «Historicorum Roma-
norum reliquiae » (Bd. 1, Lpz. 1870) und « Histo-
ricorum Romanorum fragmenta » (Lpz. 1883).
Sein Entel Gaju3, der erite Gatte der Tod):
ter Ciceros, Tullia, ftarb, nachdem er die Quäjtur
beHeidet hatte, ſehr jung 57. Es ſcheint, daß nad)
feinem Tode Lucius Calpurnius P. Cäſoni—
nus, der 15 v. Chr. Konjul war, den Beinamen
Frugi überlam. ’
Vohl ein Entel des lektern war Lucius Cal;
purnius ®. Frugi Licinianus, den Galba
69 n. Chr. zum Mitregenten und Nachfolger be:
ftimmte und adoptierte, worauf er die Namen Ser:
vius Sulpicius Galba Cäjar annahm. Cr wurde
aber wenige Tage nachher mit Galba durch Otho
(f. d.) ermordet.
Gajus GCalpurnius P. mwiberfegte fih 67
v. Chr. ala Konſul und Führer der arijtofratijchen
Bartei dem Gejek, durch weldes Gabinius dem
RPompejus für den Geeräuberlrieg ungemefjene
Macht übertrug, aber vergebens,
Ein anderer Gajus Calpurnius P. verſuchte
65 n. Chr. eine Verſchwörung gegen Nero, die aber
entdedt wurde. —— ſich ſelbſt; die zahlreichen
Teilnehmer, zu denen auch Fänius —28 einer
ber prätorianifhen Präfelten, Seneca, Lucanus
u.a. gehörten, wurden von Nero auf das grau:
ſamſte verfolgt und beitraft,
Gnäu3Galpurnius®. nahm 65 v. * an
der erſten, nicht zum Ausbruch gelangten Verſchwö—
rung des Gatilina Anteil, wurde aber ſchon 64
als Statthalter in Spanien erfchlagen.
GnäusCalpurnius P., focht als ——
ber Ariftofratie bis 46 v. Chr. gegen Cäſar, ſchloß
fih fpäter an Brutus und Caſſius an, wurde von
Augujtus beanadigt und befleidete 23 v. Chr. das
Konſulat. — Sein Sohn Gnäus, welder 7 v.Chr.
mit Ziberius Konſul war, erhielt von diejem als
Kaifer 17 n. Chr. die Verwaltung von Syrien
ohne Zweifel, weil Tiberius darauf rechnete, baf
er dem Germanicus, den der Kaiſer —— ſi
nit unbedingt unterordnen würde. Cr wirkte
denn aud als Statthalter dem Germanicus, der
mit der Leitung des Drients beauftragt war,
überall entaegen; ja als Germanicus (19) jtarb,
wurbe die Belchulbigung erhoben, daß er von der
Frau de3 P. Plancina, vergiftet worden fei. P.
mußte dem Gnäus Sentiug, dem des Germanicus3
Gefolge die iger übertrug, weichen und ging
nah Rom. Hier tötete er fih 20 n. Chr., als er
ſah, daß Tiberius, dem Ingrimm de3 Voll3, das
den Tod des P. als des Mörbers von Germanicus
verlangte, weidhend, ihn aufgab; auch feine Ge:
mahlin tötete fih, als fie noch 33 auf Tiberius'
Befehl angellagt wurbe. Nach einer von manchen
sebilligten Anficht waren dieſer Gnäus Galpur:
nius P., ein Bruder von ihm, und ihr Vater
die » Piſonen des * — Mit Unrecht wird
Lucius Calpurnius Beſtia zu den Piſonen
47
gerechnet, da er nie den Ramen Piſo führte, (©.
Galpurnius.)
Bilonue: roßes Dorf am Iſeoſee (j. d.).
ijolith, P Erbſenſtein.
isport, ſ. Piesport.
iſſa, Quelliluß des Pregels im oſtpreuß. Ne:
gierungsbezirk Gumbinnen, entfließt nordweſtlich
dem Wosztyterfee auf der poln. Grenze, nimmt
bei Gumbinnen links die Rominte auf und ver:
einigt fi) bei Tarpupönen mit der von linfa fom:
menden Angerapp zum Pregel (f. d.).
Biffäremw (Dmitrij Iwanowitſch), ruſſ. Schrift:
fteller, geb. 1840, beſuchte die petersburger Univer:
fität und wurde — belannt durch ſeine kritiſchen
Abhandlungen über die «Scholaſtik des 19. Jahrh.v,
über den «Idealismus Platos⸗ u.a, Im J. 1864
wegen eines polit. Vergehens zu Feſtungshaft ver:
urteilt, wurde er jedoch vor Ablauf der Friſt ent:
lajien, und ſeßte nun feine litterariſche Thätig—
feit eifrig fort. Er vertrat darin den äußerſten
Realismus, unter Gerin häsung jegliher Kunſt,
bejonder3 der Poeſie, und feine Werfe (in 10 Bon.
gejammelt, Beteräb. 1870) übten durch die Energie
der Gedanlen, hinter ber fich freilich oft Mangel an
durchgreifender Bildung und pofitivem Wiſſen ver:
birgt, bedeutenden Einfluß auf die ruff. Jugend aus,
PB. lam in ben Ruf eines ——— er ertrant
beim Baden im Juli 1868 in Dubbeln bei Riga.
iſſek (Piſchfluß), f. unter Gsirsinatee
iffeleu (Anna von), f. E kamuet,
iffemffij (Nlerei Theo ——— einer
der begabteſten ruſſ. Schriftiteller, geb. 1. April
(20. März) 1820 im Gouvernement Kojtroma aus
einer alten Adelsfamilie, ftudierte in Moskau
Mathematik, war dann einige ia im Staats:
dienft thätig, ließ fi 1854 in Petersburg nieder
und lebt feit 1863 in Moslau, wo er im Jan.
1831 ftarb, Geine litterarische Thätigleit begann
1850. Gr fchrieb eine Reihe Nomane, Novellen
und Dramen, in denen das ruf). Leben realiſtiſch
dargeftellt wird. Am meiften geſchätßt wurde
fein Roman «Taufend Seelen» (1865; deutſch
von 2. Kayßler, Berl, 1870) und das dramatijche
Vollsſtuck «Das traurige Schidjal»; ferner find zu
nennen die Romane: «Der reihe Bräutigam»,
«Das aufgewühlte Miecer», «m Strudel» (deutich
von W. Lange, Berl. 1832); von ben Novellen:
«Die Che aus Leidenschaft», «ft fie fchuldig?»,
«Der Waldteufel», «Das Artel der Zimmerleute»
u. a.; endlich von den Dramen: «Der Hypochon:
ber», «Lieutenant Gladfow», «Weihe Fallen», Cine
Sammlung der Werle P.s erfchien ſchon 1861
(3 Bde, , Petersb.), der Dramen 1874. ,
Bilfevache heißt der ſchöne ftaubbadhartige
Waſſerfall, den die Salanfe, 3 km nordieltlich
von Martigny im ſchweiz. Kanton Wallis, bildet,
indem fie aus ihrer Oberitufe über eine 60 m hohe
Felswand in das Nhönethal hinabſchießt. j
Biftäzien oder grüne Mandeln heißen bie
fühen, wohlfhmedenden Samenferne der echten
Piſtazie (Pistacia vera Z.),. Die zur Familie der
Anacardiaceen gehörende Gattung Pistacia L. be:
fteht aus etwa ſechs Arten, Sträuchern und Bäu—
men be3 mittelländijchen Gebiets, des Drients, des
tropifhen Aſien und Mexikos, welche fih duxch
ſchoͤne immergrune Belaubung auszeichnen. Ihre
abwechſelnd geſtellten nebenblattloſen Blätter ſind
unpaarig gefiedert oder dreizählig mit ganzrandi en
Blätthen, ihre Heinen Blüten in einfache oder
43
zuſammengeſetzte, blattwinteljtändige Trauben ge:
jtellt. Die männlihen Blüten bejtehen aus einem
gelbgrünen, fünfipaltigen Perigon und fünf Staub:
gefähen mit vierfantigen Beuteln, die weiblidhen
aus einem dreis big vieripaltigen Perigon mit
einem oberitändigen Fruchtknoten und drei Griſſeln.
Aus dem Fruchtknoten entwidelt ſich eine trodene,
felten fleiidige Steinfrudt mit einfädherigem und
einſamigem Steintern. Pistacia vera ijt ein präd):
tiger, bis 10 m hoch werdender, in Syrien, Perſien
und am Schwarzen Meere einheimiſcher, übrigens
in Südeuropa bäufig fultivierter Baum mit un:
paarig nefiederten oder (bei den weiblidien Indivi—
duen) haufig dreizähligen Blättern, länglichrunden
oder eiförnigen zolllangen Blättchen und eiför:
migen, etwas fleiihigen, grünen, rot angehauchten
Hrüchten, welche gegen 4—5 cm Länge erreichen,
Der indem Steintern enthaltene längliche, dreifan:
tige Same iſt reich an fettem Ol. Wegen ihrer grü—
nen Farbe bedient man ſich der Biltazienferne in
der Zuderbäderei, um Morſellen und Honfitüren,
fowie im Haushalt, um Cremes damit zu zieren.
Im Orient und in Südeuropa werden fie aud) roh
egeflen und wird aus ihnen Öl geſchlagen. Sie
a ganz ähnlich den fühen Mandeln, werden
aber leicht ranzig.
Im Gebiete des Mittelmeerd flommen zwei andere
Arten häufig wild vor, der Maftirftraud, P.
lentiscus 2. (j. Maftir) und der Terpentin:
baum (P. Therebintbus L.). Die lebtere, auf
trodenen, fonnigen, bebuſchten Hügeln wochſende
Art wird zwar bisweilen zu einem Heinen Baum,
it aber in der Hegel auch ftraudförmig. Ihre
Blätter find denen des Walnußbaums ähnlich, nur
beträchtlich Heiner, die erbfengroßen, zulept blau:
rünen, trodenen Früchte in grobe, verjmweigte, ri:
pige Trauben geftellt. Die Rinde enthält ein fei:
nes Terpentinharz (Therebinthina cypria oder de
Chios), weldes teils freiwillig ausfließt und an der
Luft erhärtet, teils durch Ginfchnitte —
wird, Die Samen wurden früher gegen Blutflüſſe
und Dysenterie angewendet. Gigentümlidy find
diefer Holzart die großen, bodshornartig geftalteten,
didwandigen, harten, grünroten, harzreichen Gallen
(Gallae pistacinae), welche eine Blattlaus (Aphis
Pistaciae) an den Aften hervorbringt (aud) an den
Blütenftielen und Blättern, wo aber die Gallen
viel Kleiner und anders geformt auftreten), und die
früher ebenfall3 mediz. Verwendung fanden.
ir f. Epidot.
iſti ‚1. Stempel.
Piſtoja, bei den Römern Pistoria, mittellat.
Pistorium, die Hauptitadt de3 gleichnamigen Be:
zirls in der ital. Provinz Florenz, der Siß eines
Biſchofs, einer Präfeltur, eines Tribunals erſter
Inſtanz, eines Lyceums und eines Gymnaſiums,
liegt überaus freundlich auf einer Anhöhe am Fuße
der Apenninen, unweit des zum Arno gehenden
Ombrone und an der Eifenbahn von Florenz nad)
Bologna, die hier nad) Piſa abzweigt, hat breite
und gerade Strafen, anſehnliche Kirchen und einige
ſchöne Paläjte. Die jehenswerteften Gebäude find
der Dom aus dem 12. und 13. Jahrh., reich an
Kunſtwerken (berühmt der 1286 begonnene Silber:
altar von verfdiedenen Meiltern des 13. und
14. Jahrh.), das am; ein zierlicher acht:
ediger Bau, im got. Stil 1339 von Gellino di Nefe
aus Siena erbaut, Maria dell’ Umilta, ein Nenaij:
jancebau von Ventura Vitoni, einem Schüler Bra:
Piftazit — Piſtole
mantes (die Kuppel von Bafari), Sant : Andrea,
eine Bafilita des 12, Yahrh. mit einer Kanzel von
1298— 1301, dem reifiten Werle von Giovanni
Piiano, San:Giovanni Fuoricivitad, um 1160 er:
baut, welde eine herrliche Kanzel von 1270 mit
2% Nelief3 von Fra Guglielmo, einem Schüler
e3 Nicola Bifano, und ein MWeibwaflerbeden von
Giovanni Piſano enthält; ferner der Palazzo del
Gomune (uriprünglih degli Anziani), ein Bau
ital. got. Stil3 aus den %. 1294—1385, ber
Palazzo Bretorio (früber del Podeſta), 1367 erbaut,
und das Dipedale del Ceppo (von 1277) mit Relief:
fried aus buntglafierter Terracotta, ein Werk der
Robbias von 1525—35. Die Stadt zählt (1881)
29242 (al3 Gemeinde 54920) E. Wichtig find die
Gifenmanufalturen, welche namentlich gute Slinten:
läufe liefern (die Piſtolen follen in P. aufgelommen
fein), die Seidenzudt, die Kabrifen von Nadeln,
landwirtichaftlihen und muhtalifhen Inſtrumen⸗
ten. Auch wird viel Gartenbau getrieben, und
namentlich gelten die hieſigen Waſſermelonen für
beſonders wohlſchmeckend. In der Umgegend findet
man ſchöne Berglryſtalle, die geſchliffen als Dia-
manti di Pistoja in den Handel kammen. In der
Schlacht bei P. fand Eatilina den Tod (62 v, ya
Im Mittelalter war die Stadt lange Zeit ſelb—
ftändig unterlag dann in wiederholten Kämpfen
gegen Lucca und fam 1352 an Florenz. Zu P.
wurden geboren der Nedhtägelehrte und Dichter
Gino, ein Zeitgenofjie Dantes, und der Satirifer
Niccold Forteguerra, Verfaſſer des Ricciarbetto.
iftole (Fauſtbuchſe), eine kurze Feuerwaffe,
welche freihändig abgefeuert wird, Ob der Name
von der toscan. Stadt Piltoja, wo bereit3_ Ende
des 14. Jahrh. P. gefertigt worden fein follen,
oder (nad Napoleon IIL.) von ihrem der Gold—
münze Bijtole gleichen Kaliber, oder jma Balacto)
aus der Huffitenzeit vom czech. pistala, Rohr, ab:
uleiten fei, bleibt ungewiß. Die Landsknechte
ührten die 6. als «kurze, feuerſchlagende Büchſe »
im Gürtel; trefflich wußten fie in den niederländ,
und Hugenottentriegen die fog. Deutichen Reiter
zu gebrauchen, welche davon aud) Pistoliers ges
nannt wurden. Der Lauf ilt glatt, oder gezogen;
das Schloß hat alle Stadien des Gewehrſchloöſſes
durdgemadt. Die früher bedeutende Länge der
P. wurde Wie weſentlich vermindert. Die Hands
lichleit der Waffe hat ihr nicht bloß bei den berittes
nen Truppengattungen, fondern auch im Publi—
fum in Verbreitung gegeben, obgleidy fie bei
ihrer ſchwachen Ladung und dem unfichern Schuß
aus freier Hand keine große Tragweite und Wir:
lung hat. Am berühmteften waren feinerzeit die
P. von Lazaro Lazarini und Kuchenreiter. Die P.
it in neuerer Zeit jedoch fat —— durch den
mehrere Schüjje enthaltenden evolver verdrängt
worden. ( DRDSISREERELIER, Terzerol.)
iſtole, uriprünglic der Name einer im 16,
Jahrh. in Spanien in Umlauf gelommenen Gold:
münze (Pistola), die anfänglid von unförmlider
Geſtalt und ge: epreit war, 1730 aber die
Sceibenforn erhielt und geprägt wurde, Sie
ftellte den zweifadyen Escudo de oro oder Gold:
thaler vor und wurde daher jpäter Doblon (Dop:
pelter) genannt. Nach ihr wurden in in
zuerjt 1640 die jog. Youisdor geprägt und ähnliche
Goldjtüde fpäterhin in Portugal, Italien, der
Schweiz, Deutidyland und Dänemark, die man
fämtlih P. nannte, fodaß der Wert der P. ein
Piſtoles — Piteſti
abweichender war. Deutſchland nannte man
jedoch P. vorzugsweiſe die urſprunglich zu 5 Thlrn.
in Gold ausgeprägten Stüde. Jetzt werden P. nicht
mehr — S. Louisdor und Friedrich—
dor.) Der Urſprung des Namens P. iſt unklar.
Piſtoles (frj., getrodnete Pflaumen), ſ. unter
Brunellen.
Bilton m), Kolben, Pumpentolben; Zünd:
fegel (zum Aufiteden des Zundhütchens); medan.
Borrihtung an Blehblasinftrumenten, melde die
Schallröhre derſelben verlängert.
Pistoria, ji. Biltoja.
Biftorius (Eduard), Maler, geb. zu Berlin
28. Febr. 1796, bildete fich dajelbit an der Alade:
mie aus, ging dann aber nad) Düffeldorf, Seine
harakteriftiichen und lebenswahren Genrebarftel:
lungen jchildern das Treiben des Volls auf in:
kerchante Weiſe, nicht felten mit bumoriftiicher
und ftet3 ferniger Auffaffung der Wirklichkeit.
Werke folder Art find: die Diagnofe des aan
tes (Unterfuchung des kranken Gel), die * ⸗
ſpieler, der Politiler, der Dorfgeiger, der, Flid:
ſchuſter u. ſ. w. Die berliner Akademie er:
nannte P. 1833 zu ihrem Mitglied; er ſtarb
20. Aug. 1862 zu Karlabad, mieren,
iftoriusfches Beden, f. unter Depbleg:
ifnerga (mittellat. Pisorica), rechtöfeitiger
und bedeutenditer Nebenfluß des Duero, entipringt
auf dent Gantabriichen Gebirge am SBeftabhan
der Peña Labra, durchfließt in vorwiegend ſüdl.
tung bie Provinzen PBalencia und Valladolid,
berührt die Weftgrenze der ‚Provinz Burgos, nimmt
lint3 den Arlanzon, rechts den Carrion auf und
mündet nad) einem auf von 235 km 15 km unter:
halb Valladolid. Von Herrera bis Valladolid wird
die P. rechts in sen oder geringerer Entfer:
nung vom Canal de Gaftilla begleitet.
Pisum, j. Erbſe.
Pidzowo, Dorf im ruf. Gouvernement Ko:
ſtroma, Kreis Nerehta, zählt (1882) 2435 E.,
welche Leinen: und Baummwollinduftrie treiben und
fi) namentlich durch Färben von Lein: und Baum:
wollgeugen auszeichnen,
Pitaval (Francois Gayot de), ein franz.
Rehtsgelehrter, geb. zu Lyon 1673, diente ut
al3 Soldat, ftudierte dann die Rechte, wurde 1713
Advolat und ftarb 1743. Er hat fid) einen Namen
gemadt durch Herausgabe von « Causes celöbres
et interessantes» (20 Bde., Bar. 1734 fg.; aud)
4 Bde, Baf. 1747—48; deutfh: «Er Alan
fonderbarer Rehtshändel», 9 Bde., Lpz. 1747
—68), Gine Auswahl mit Erläuterungen gab 9.
Blum, «Aus dem alten B.» (2Bde., Lpz. 1885),
heraus, Eine Fortiegung des Werts veranftaltete
der Barlamentsadvotat Francois Richer, geb.
zu Aorandyes um 1718, geft. 1790 zu Paris
(22 Bde., Amſterd. 1772—88); eine Abkürzung der
Sammlung P.s bilden die «Faits des causes
celebres et interessantes» (Amfterd. 1757) von
Francois Alerandre de Garfault (geft.
1778). Die deutiche fiberfeßung des Nicherichen
Verl (4 Bde., Jena 1792—95) wurde von Schil⸗
ler mit einer Vorrede begleitet. Hihig und Häring
haben in neuerer * eine ähnliche Sammlung
unter dem Titel «Der Neue B.» herausgegeben
(£93.1842 fa. ; von Bd. 31 ab herausg. von Bollert).
itaya:China, j. unter Chinabaum.
iteairn, füdlichfte Infel_der franz. Gruppe
Zuamotu in Polynefien, von Felfen umgeben und
Gonverjationd« Lerilon. 13. Aufl. XIII.
49
ohne Hafen, von Warteret 2, Juli 1767 entbedt und
benannt, 3,5 km lang, 1,6 km breit, muß früher be:
wohnt gewefen fein, da die erften Europäer, welche
bier landeten, Steinerne Gößenbilder, Lanzenfpiken
und Menſchenſchädel vorfanden. Unter Führun
bes Steuermanns Fletcher Chriftian empörte fi
1788 in den tabitifchen Gewäflern die Mannſchaft
des engl. Schiffs Bounty gegen ihren Kapitän
— d.), ſete dieſen in einem Boote aus und
ſegelte mit ſechs Männern und zwölf Frauen von
Zabiti nach P., wo fie im jan. 1790 landeten.
Vachdem ſie ſich dort häuslich eingerichtet und einige
Jahre alles friedlich verlaufen, entſtand zwiſchen
den Engländern und den Männern von Tahiti eine
blutige Fehde, in welcher lehtere ausgerottet wur:
ben. Indes war aus der Verbindung der Engläns
der mit ben tahitiihen Weibern eine durd) körper:
lihe Schönheit ausgezeichnete Generation hervor:
gegangen, die unter der religiöfen und ſittlichen
Yertung von Aler. Smith, der den Namen John
Adams annahm, und von Ed. Young aufs erfreu:
lichſte heranwuchs und, nach Young? Tode (1800)
unter Smith eine völlig patriarchaliſche Gemeinde
bildete, in welder Neligiofität, Sittlichteit und
Arbeitjamteit herrſchten. Die Gemeinde blieb un:
gefannt von der ganzen Welt, bis 1808 der amerik.
Kapitän Folger die Inſel berührte und die eriten
Nachrichten von der Anfiedelung gab. infolge
defien jandte die brit. Admiralität den Kapitän
Staines zur Unterfuhung des Sachverhalts dort:
bin, der 1814 auf P. landete, fobaß feit der Meu:
terei auf Bounty ein —— — verſloſſen
und das Verbrechen nad engl. Geſetzen verjährt
war. Seitdem wurde die Inſel mehrmals von
Seefahrern beſucht, 1825 vom engl. Kapitän
Beechey. Zu diefer Zeit beftand die Bevölkerung
aus 66 Perjonen, die das Dorf P. bewohnten.
Die engl. Regierung, die ſich feit Beecheys Bericht
der Anfiedler forglih annahm, ließ diefe ſämtlich
1830 nad Tahiti bringen. Allein die Sittenver:
derbnis der Tahitier empörte die Pitcairner fo
fehr, daß fie nad) ihrer Heimatsinſel zurüdtehrten.
Adams war bereit? 1829 geftorben. Nach jeinem
Tode übernahm ein Jrländer Georg Nobb3 die Res
ierung. Admiral Scoresby gab eine Schilderung
er Inſel aus dem %. 1852, Ein furdtbarer
Orkan hatte 1845 P. derart vermültet, daß die an:
wachſende Bevölterung fih nur ſchwierig von dem
Ertrage des Grund und Bodens zu ernähren vers
mochte. Sie beftand 1856 aus 170 Seelen, an
deren Spike ein felbftgemählter Magiftrat ſtand.
Da durd die —— Regen das fruchtbare
Erdreich weggeſchwemmt worden und der Nahrungs⸗
mangel immer empfindlicher hervortrat, überfiedelte
die engl. Regierung die Inſulaner 1856 nad) der
fruchtbaren und milden Inſel Norfolk (f. d.), aber
bald kehrte aud von da ein Teil nad P. zurüd;
im April 1881 zählte die Infel 96 E. Bol. Beechey,
«Narrative of a voyage to the Pacific» (Lond,
1832); Meinide, «Die Infel B.» (Prenzl. 1858).
Pite oder Pita, Geſpinſtfaſer aus den Blät:
tern von Agave americana, f. unter Agave.
iteäself, Fluß in dem ſchwed. Län Norrbotten,
entipringt am Sulitelma und fällt nad einem
meiftens reißenden Laufe von 290 km in den Bott:
niſchen Meerbufen.
ehe, oviel wie Aloehanf. ’
itefti, offiziell Pitesci, Stadt in Rumänten
am Fluß Argis (Ardſchiſch), Station der Linie
4
50
Noman:Verciorova der Numänifhen Staatöbab:
nen, mit 9000 E., iſt Sik ber Präfektur des
Argisdiſtrilts, eines Tribunals erfter Inftanz und
eines Untergymnafium?, L”
itha (franz, Freiherr von), Mediziner, geb.
8. Febr. 1810, war bis 1851 Profefjor der Chirur:
gie in Prod, dann bis 1873 in gleicher Stellung
am Joſephinum in Wien thätig, als tüchtiger
Operateur und Lehrer belannt und bejonders um
die Ausbildung der öfterr. Militärärzte verdient.
Er ſtarb infolge einer bei einer Operation erhalte:
nen Verlegung am 29. Dez. 1875. P. jchrieb: «Die
Krankheiten der männliden Gejchlehtsorgane »
(2. Aufl., Grlangen 1864), und gab mit Billroth
beraus: «Handbuch der allgemeinen und jpeziellen
Chirurgie» (Bd. 1—4, Stuttg. 1865—82).
Pithöous (lat.), der Drang-Utang.
Pitheeufä, im Altertum gemeinjamer Name
der Inſeln Jechia (f. d.) und Procida; doch hieß
auch Jschia allein Pithecuſa.
thekoiden, ſ. Anthropomorphen.
ithiviers (mittellat, Petucris), Stadt und
Hauptort eines Arrondijjements im franz.
Loiret, linls am Deuf, Station der Linie Orleans:
Malesherbes ber Orleansbahn, bat (1881) 4745
(als Gemeinde 5181) E., Korbflechterei und Handel
nit Safran, Wein, Wolle, Honig und Wachs. An:
fang Dez. 1870 hatte bier Prinz Friedrich Karl
fein Hauptquartier.
Pithom (ägypt. Patum, «Haus des Gottes
Atum»), Stadt, welche Ramſes IL. in der Land:
ſchaft Goſen im öftl. Delta erbauen eb: nach ber
F Sage leiſteten die Juden dabei Frondienſte.
re Ruinen wurden 1883 ‚von Naville bei Tell el
Maschuta entdedt, u
Bi .), Inftrument zum Mejjen
thometer
bes It3 von Fällen.
öns (Peter), eigentlih Pitbou, ein um
bie Beförderung des Studiums ber alten Pitteratur
verdienter franz. Jurift, geb. 1. Rov. 1539 zu
Zroyes, geit. 1. Nov. 1596 zu NRogent-fur-Geine
in der Champagne, war eine Zeit lang Generalpro:
furator von Paris und machte fi um die Erflä-
rung mehrerer lat. Dichter, wie des Perfius, bejon:
ders aber baburd verdient, daß er bie erjte Aus:
gabe der « Fabeln» bes Phädrus (Troyes 15%)
aus einer Handſchrift beforgte, die fein Bruder,
dranz P., geit. 1607 ——— hatte. Hierher
gehören auch feine «Adversariorum libri II» (Bar,
1565). Außerdem verfabte er mehrere ——
. und juriſt. Abhandlungen, die in feinen von Labbé
besauögegebenen «Opera sacra, juridica, historica
et miscellanea» (Bar. 1609) enthalten find, ferner
bie für jene Zeiten wichtige Schrift «Les libertes de
l’öglise gallicane» (Par. 1594; mit Kommentar
von Tupin, 2 Bde., Bar. 1824) und gab die «An-
nalium et historiae Francorum scriptores coae-
tanei XII» (Frantf. 1594) und die «Historiae Fran-
corum scriptores veteres XI» (Franlf. 1596)
beraus. Bol. die Biographien von Boivin (Par.
1715), Grosley (2 Bde., Bar. 1756) und Briquet
de Lavaur, « * de Pierre P.» (Par. 1778).
Pitigliano, Stadt in der ital, Provinz und im
Bezirk Örofieto, 47 km im DSD. von Groſſeto,
Siß des Biſchofs von Sovana, hat (1881) 4500 E.,
ein Oymnafium, ein Seminar, ein Hofpital, Tuch—
manufaltur, Viehhandel und (3 km vom Drte)
eine warme Mineralquelle mit Babeanftalt. P.
mittellat. Pitilianum, gehörte im 12. Jahrh. zu
Pitha — Pitſchen
Sovana (Suana), im 14. Jahrh. den Aldobran⸗
dini und hierauf als Grafſchaft den Orſini.
Pitiscus (Bartholomäus), aſtron. und mathem.
Schriftſteller, gi. 24. Aug. 1561 zu Schlauen bei
ı Schlefien, geit. 2. Juli 1613 als
Dberhofprediger des Rurfürften von der Pfalz. P.
ſchrieb « Trigonometria» (Franff. 1599 u. öfter);
fein Hauptwert ijt der «Thesaurus mathematicus»
(Franff. 1613), in weldem unter anberm die Sinus
aller Wintel biß 90° von 2 zu 2 Sekunden, und
jwar bis auf 15 Decimalftellen berechnet find.
Pitman (Bfaat), Reformator der engl. Ortho⸗
tapbie, geb. 4. jan. 1813 zu Trowbridge in
Wiltihire, wurde 1832 Lehrer an der Vollsſchule
in Barton:onHumber und begründete 1836 eine
Schule in Wootton, 1839 eine andere in Bath, wo
er noch thätig ift. Schon 1837 war von P. die Ab:
handlung «Stenographie hand»; erſchienen,
der 1840 die Schrift «Phonography, or writing
of sound» folgte, in welcher er ein der Ausſprache
der Worte angepaftes Syſtem der Orthographie
entwidelte. Unter P.s Leitung entjtand auch 1843
bie Phonetic Society, weldye ſich die Agitation für
die Annahme der von ihm aufgejtellten Tr
phiſchen Grundfäge zur Aufgabe machte, Als Mit:
tel zu diefem Zwed wurde in Bath eine phonetiſche
Druderei ündet, aus welder, eben von
der Wochenſchrift «Phonetic Journals, eine Anzahl
Daten gseudi bücher, eine phonetiſche
) andere e bervorgingen. Infolge
dieſer Bemühungen erregt bie von P. befürwortete
Reform neuerdings in weitern Kreijen Teilnahme.
Pitotſche hre, eine Vorrichtung zur Er⸗
mittelung der Gefhmwindigteit des fließenden Waſ⸗
ſers; Ddiejelbe ift in einfachfter Form eine recht:
winfelig umgebogene Glasröhre, deren kürzerer
Scentel ſich nad) der Öffnung zu etwas erweitert,
während der längere mit einer Slala verjehen iſt.
eg 5 die R fo ins Waſſer, dab der für:
zere Schentel derfelben horizontal gegen den Strom
—— iſt, wodurch ſich die Waſſerſaͤule im Innern
ngern, vertiial gehaltenen Schenlels um fo
höher erhebt, je ſtärler die Strömung üt, und mißt
nun bieje Erhebung des Waſſerſpiegels an ber
Slala. Die geſuchte Geſchwindigleit iſt dann gleich
ber Endgeſchwindigleit eines freifallenden ee st
er eine Höhe gleich der gemefjenen durchfällt.
Reichenbach verbeflerte das Inſtrument, indem er
eine zweite vertital ftehende, feitlich geöffnete Röhre
— * und einen Hahn anbrachte, wodurch man
ide Röhren gleichzeitig unten ſchließen Tann.
Nachdem legteres eiheben, nimmt man den Ap⸗
rat aus dem ſſer und kann alsdann ben
nterſchied ber beiden Bafierfpiegel genauer be:
jtimmen, als die3 in unmittelbarer Nähe bes fliehen:
den Waſſers möglich fein würde. 9. — ver⸗
beſſerte die Einrichtung daburch,
daß er die beiden vertikal ſtehenden Röhrenſchenlel
durd eine —2 miteinander in Verbindung
brachte. Durch gleiche Verminderung des Luftdruds
in beiden Röhren wird der Waſſerſpiegel in beiden
um gleich viel gehoben, ohne daß die Höhendifferen;
eändert wird, ſodaß man diefe an einer Skala
in bequemer Höhe ablejen kann. :
Pitfchen, Stabt im preuß. Regierungs irt
Oppeln, Kreis Kreuzburg, Station der Linie Pojen:
Kreuzburg der Preubiichen Staatöbahnen, zählt
(1880) 2307 €. (519 Ratholifen und 87 Juden), iſt
Siß eines Amtögerichtö, hat eine evang. und eine
Pitt — Pitten
tath. Pfarrkirche, eine Dampfbrettihneidemüble,
Brauerei und jtädtifche Ziegelei. P., jlaw. Biszina,
gehörte 1311— 1675 zu Brieg. (Er
itt, der Ältere, ſ. Chatham (William
Pitt, Graf von).
Pitt (William), der Jüngere, hervorragender
brit, Staatsmann, war der dritte Sohn des be:
rühmten Orafen Chatham (j.d.) und wurde 23. Mai
1759 geboren. Im Jan. 1781 trat er ins Unter:
ein. Anfangs mit den wbigiftiichen Freunden
eines Vaters verbunden, ftellte er ſich in Oppoſi—
tion gegen das Minifterium North, ſchloß fi
ihren rmvorjhlägen an und wurde im \yuli
ee act old
‚gro nzielle igfeit,
Hare und nüdterne Berebfamteit fiherten ihm das
fibergewidt. Mit For hatte ſich ſchon damals fein
Einverjtändnis bilden fönnen, und deſſen Austritt
aus dem Minifterium , in welches P. eintrat, feine
Koalition mit Lord North und die weitern Schritte,
zu welchen die Berbindung For trieb, legten den
Grund zu jenem unverföhnli Bigenlap. ber
fait das ganze öffentliche Leben beider Männer
füllte. Zwar gelang e3 der Koalition (Frühjahr
aus
1783), dad Miniſterium e fprengen und fomit
auch B. zum Nüdtritt zu bewegen, aber nod im
nämlichen e bot fich ein —— Anlaß
für P., die Macht der Koalition zu brechen. or
trat mit ber ag vor das Parlament, in wel:
die grellen Mißbräuche der laufmänniſchen
ftung Ditindiens zum Vorwand genommen
waren, ein Syitem einzuführen, das eine unge:
uere Macht in den Händen des Minijteriums,
eines Familienanhangs und feiner Kreaturen ver:
einigte. Ungeachtet P.s energiichen Widerſpruchs
i das Gelep im Unterbaufe durch und ward erſt
i der dritten Leſung im Oberhaufe durd des
Königs perfönlide Einmiſchung verworfen.
Georg IH. ergriff diefen Anlaß, —— des Koali:
tionsminifteriums zu entledigen, und beauftragte
(Dez. 1783) PB. mit der Bildung einer ncuen Ver:
waltung. P. jah ſich bald genötigt, da3 Parla:
aufzulöjen; aber e3 gelang ihm, nach bei:
tigem Wahltampf die Majorität zu erlangen, die
fortan die Grundlage feiner Macht bildete. Cr
te num eine neue Indiabill ein, deren Be:
ftimmungen bis in bie neuefte Zeit galten, und
orbnete die zerrütteten Finanzen.
In der auswärtigen Bolitit fuchte er die Ver:
, Großbritannien im nordamerif. Kriege
itten, durch energifhe Handels: und KRolonial:
litif wieder gut zu machen. De die Srangöfiche
Frevolution n, welche der engl. Macht von Grund
aus feindlich war, verbielt er fi) von Anfang an
tend. Im Bunde mit allen ariftotratire en
Glementen Großbritanniens, vor allem mit der
ftion Burles, vereitelte er das Bemühen der
ein freundliches Verhältnis zu Frant:
rei Bi ellen. Vielmehr benußte er die Angit
evolution zur Durchſehung beichränfender
wie ber Fembenbill und der Suspenfion
ee, 5**. — A — Be
großen gegen Frankreich teil und war
die Seele ber contrerevolutionären Koalition. Das
en in en Frank—
3 ber i a ände ın Ir⸗
und unruhige Bewegungen in Großbritannien
der —— der Bank
P.s Ausdauer auf harte
vor
Sc
51
Proben ; aber er blieb unerfhütterlich feit. War doch
der Kampf gegen erpanfive Sträfte ber Franzöfifchen
Revolution nugleich ein Kampf für die Größe und
Macht Englands geworden. Die Koalition von
1799 war abermals jein Werk. Irland ward
(1800) teils durch Beitechung, teils durch Einſchuch⸗
terung zur Union mit Großbritannien genötigt,
und auf den Meeren, bei St.:Bincent, Abulir und
Zrafalgar, wie in ben Kolonien zeigte ſich das
—— der brit. Waffen — nr, Aber
die Belaſtung des Landes durch Steuern und
Staatsſchuld wuchſen zugleich ungeheuer; das Felt:
land beugte ſich unter das rang Bonapartes;
die Heinern Seemächte verfuchten jich gegen das
fibergewicht und die Gewaltthätigfeit der brit. See:
berrichaft zu erheben; ganz Europa rief nad) Brite
den, und ſelbſt in Großbritannien hatte diefe Mei:
nung ungemeine Fortihritte gemacht. P. täufchte
fi no nicht darüber, dab Bonapartes Syiten
jehr bald eine Umkehr der öffentlihen Meinung
toorrufen würde, und trat (10. Febr. 1801) vom
taatsruder zurüd, um es feinen weniger lompro⸗
mittierten Freunden zu überlafien. Das Minifte:
rium Addington fchloß den Frieden von Amiens,
aber P.s Vorausſicht bewährte ſich. Schon 1803
war der neue Krieg unvermeidlich, und das Bona:
—— Syſtem zeigte ihn den Engländern aller
rteien, auch For nicht ausgenommen, als den
Netter des Staates. Im Mai 1804 ftellte ih P.,
von bem fait allgemeinen Wunſch der Nation er:
—* wieder an die Spike der Verwaltung; bie
oalition von 1805 war bie Folge. Jedoch der
Hägliche Ausgang des Kampfes auf dem Feitlande,
die Kataſtrophen von Ulm und Aufterlig, der
Friede von Prefburg brachen die Körperlräfte des
ohnehin ſchwächlichen und durch Arbeiten und Sor-:
en aufgeriebenen Mannes. Am_23. an. 1806
Rarb er. P. war unverbeiratet. Das Parlament
lieb ihm zu Wejtminfter, wo er beftattet ward, ein
Denkmal errihten. Seine Hauptreden erſchienen
in drei Bänden zu London. Geine «Correspon-
dence» mwurde in vier Bänden (Pond. 1844)
——— Bol. Gifford, «Life of P.» (3 Bde.,
ond, 1814); Tomline, «Life of P.» (6 Bde., Lond,
1815); Lord Stanhope, «Life and times of Wil-
liam P.» (3. Aufl., 4 Bde., Fond. 1867); Trautt:
wein von Belle, « William ir der Süngere » (Berl.
1870). Seine polit. Oppoſition gegen For ift in
Gottſchalls Luftipiel «P. und For » dargeftellt.
Pittakus, einer der ſog. Sieben Weiſen Grie—
chenlands, geb. um 650 v. Chr. zu Mytilene auf
Lesbos, befreite fein Baterland von dem Drud der
zuchtlofen delöherrihaft und ſchuf als «Slfymmet»
590 eine vortrefjliche Gejekgebung, legte die ihm
übertragene Gewalt 580 v. Chr. freiwillig nieder
und ftarb 570. Sein Wahliprud war: « Erfenne
den rechten Zeitpunlt.» Bon feinen Elegien und
einer Schrift über die Geſehe ze fich nichts erhal:
ten, fondern nur ein Brief an Kröſus bei Diogenes
von Laerte und ein Gedicht, das von Schneidemwin
in dem «Delectus poesis Graecorum elegiacae
etc.» (Gött, 1839) aufgenommen wurbe.
Bitten, Marktileden in Unteröſterreich, Vezirls—
auptmannſchaft Neunkirchen, im Thal der obern
itha, Station der Eifenbahn Wien-⸗Aspang, hat
Bergbau auf Eifen, Fabrikation von Eiſengußwa—
ren und Papier und gr (1880) 1352, als Ge:
meinde 1656 E. Im Mittelalter war P. Hauptort
der gleichnamigen Grafihaft. In der Nähe find
4*
- ( ‘ >
VAsıdk 8 e
52
Nuinen der alten Grenzfefte P. oder Putina und
das Dorf Seebenftein mit fürſtlich ——
ſchem Schloß mit Park und einer Kunſtſammlung.
Pitteuweem, Stadt in der ſchott. Grafſchaft
Fife, am Nordufer des Firth of Forth, Station der
Linie Thornton:Anjtrutber der Nordbritiſchen Eiſen-
bahn, bat (1881) 2087 E. einen Hafen mit Qeucdht:
feuer, Steinfohlengruben, Handel und Fifcherei.
Pittizit, |. Eiſenſinter.
ittorcöf (ital), maleriſch.
ittofporden (Pittospor&ae), Pflanzenfamilie
aus der Gruppe der Dilotyledonen. Diejelbe um:
faßt gegen 90 Arten, die in den Tropengegenden
und bejonders in Auftralien wachſen. Es find
ftraudartige Gewächſe, zum Teil mit windenden
Stengeln, Die Blätter find meift ganzrandig und
immergrün. Die Blüten find groß und weiß, gelb
oder rötlich gefärbt; fie haben einen regelmäßigen
Bau, fünf Kelchblätter, fünf Kronenblätter, fünf
Staubgefäße und einen meijt einfächerigen Frucht:
Inoten. Wegen des Wohlgeruchs der Blüten find
mehrere P. beliebte Zierpflanzen für Gewächshäuſer.
Pittsburgh, Hauptitadtvon Alleghany County
und zweitgrößte Stadt des nordamerif. Staats
Pennſylvania, liegt in einer ſchönen Ebene auf der
Landzunge zwiichen dem Alleghany: und Monon:
gabelafluß, deren Bereinigung bier den Namen
‚bio erhält, und hatte 1870 erit 86.076, 1880 aber
156389 E., von denen 44605 Fremdgeborene
(25293 aus Großbritannien und Irland und 15957
aus Deutidland), 4077 Farbige und 20 Chinefen
waren. Die Stadt hat lange, breite und gut ge:
pilafterte Strafen; die Hauptitraßen laufen in der
Richtung der Fluſſe und werden rechtwintelig von
den Querftraßen durdichnitten. Im öjtl. Teile
der Stadt befinden fich viele ſchöne Gebäude, 3. 2.
das Gerichtshaus, ein im doriſchen Stile ausgefübr,
tes und von einem Dome überragtes Gebäude,
Sa aolpaus in welchem ſich aud die Boft und
Gerichtshöfe befinden, das Stadthaus, die Mer:
cantile Library (15 000 Bände), die fath. Kathedrale,
die St.:Beter's and Trinity (Epiſtopal⸗)Kirche, die
erite Baptiſtenlirche, die erfte und dritte Presby—
terianerlirche, das Arſenal und mehrere öffentliche
Schulgebäude. Als Handelsjtadt iſt P. durch ——
Lage, durch Kohlen und Eiſen, welche in der Nach—
barſchaft gefunden werden, durch zahlreiche Eifen:
bahn: und Damfijsuerbinbungenberuorengenb
Die Kohleninduftrie ift die bedeutendfte: 67 Haupt:
und über 50 Heinere Firmen beſchäftigten fich mit
ihr; 1882 wurden 7726776 t Kohlen im Werte
von 12208306 Doll, erzielt. Nächſt Kohlen iſt
Eiſen von Wichtigkeit: 10 Etabliffements hatten
16 Hohofenſchächte und erzielten 353791 t Rob:
eiſen im Werte von 8766493 Doll. ; außerdem gab
es 36 Walzwerke, 17 Stahlfabriten, Fabrifen für
geilen, Lolomotiven, Eifenbahnwagen, Maſchinen,
Tampftejiel, Sägen, Werkzeuge, landwirtfchaftliche
Geräte, Seldihränf; , eilerne Dächer und Gefimie,
Geländer und Zäune und andere Gijenwaren, für
Kupfer-, Mefling: und Glaswaren, Unter den
Haupt: MWohlthätigkeitsanftalten befinden fich das
Weſtern⸗Pennſylvaniahoſpital, das Stadthoipital,
das homöopathiſche, Pittsburgh: und Mercyhofpi:
tal, eine Heimat für Hilflofe, ein Waifenhaus ıc,
Außer den Glementarfchulen gibt es eine große An:
zahl Privat: und Kirchenfchulen (darunter mehrere
deutjche), ein Methodi en die 1819 gegrün:
bete Western University of Pennsylvania mit
Pittenween — Piura (Departement)
17 Profefforen und 252 Studenten, einer Biblio:
thef, einer naturwiſſenſchaftlichen Sammlung und
einem ajtron. Objervatorium. An der Stelle von
P. wurde 1754 von Sranzofen das Fort Du Quesne
angelegt, welches im Nov. 1758 der engl. General
orbes eroberte. An Stelle des durd Feuer zer:
törten ‘ort bauten die Engländer das Fort Pitt.
Die Kriege mit den Indianern und die Unruhen im
weftl, Lande jtörten das Wachstum des Ortes bis
1793; jeitdem erhober ſich mit reißender Schnelligteit.
ttöfield, Hauptort in Berkihire County im
nordanterif. Staate Maſſachuſetts, licgt auf einer
ſchönen, 360 m hohen Hochebene, Anotenpuntt der
Boston: und Al n: Houfatonic: und Pittäfield:
und North Adanıs: ifenbahnen, ift von ſechs Seen
umgeben und hat (1880) 13364 E., worunter 329
Farbige. PB. hat einen Park, eine öffentliche Bi:
bliothet, eine Hochſchule, ein fehr ſchoͤnes Stadt:
haus, zehn Kirchen, drei Banken und eine Wohl:
thätigleitsanftalt. Die Seen in der Umgegend
bieten hinreichende Wafjerkraft für Woll: und
Baummoll:, Seiden: und andere Fabriten. P.
wurde 1761 inforporiert. j
Pittfton, Ort in Luzerne County im nord:
amerit. Staate Pennſylvania, liegt inmitten der
reichen — ——— 14km von Willes⸗
barre, an der Mündung des Yadawanna in den
Susquehanna, hat vier Banten, Waſſer- und Ga®:
werte, eine Eiſengießerei und eine Maſchinenwerk—
ftatt, mehrere Sägemühlen, eine Dfenfabrit, leb:
haften Holzhandel und 7472 E. In P. werden
jährlid) über 1 Mill. Tons Kohlen verſchifft.
— (lat.), ihleimig, verſchleimi.
itgriäfis (orc., Rleienflechte), eine Haut:
krankheit, die fü ei mafjenhafte Abicilferung
von Heinen weißen, faft mehlartigen Oberhaut:
ſchuppchen gi erfennen gibt, ohne daß eine Knöt:
en: oder Bläschenbildung oder Ra vorhanden
it. Dabei fann die erlrankte Hautitelle ganz nor:
mal gefärbt fein (Pityriasis simplex), oder fie ift
weihlid) gerötet (P. rubra), oder fie ift hellbräunlic)
bis gelblich gefärbt (P. versicolor), Die Kleien:
fledhte kommt bei ganz geiunden Perſonen vor,
findet fih_aber aud als P. tabescentium fehr
häufig bei Tuberfulöfen, Krebskranken und maraftis
(ihen ndividuen. Die P. versicolor, welche 18 in
der Form von unregelmäßigen gelbbräunliden,
feiht abfchuppenden Yleden auf der Haut der
Bruft, des Rüdens, der Arme und des Halſes ent:
widelt, beruht auf der Wucherung eines mifrofto:
piſchen Pilzes, des Mikrosporon furfur Robin, in
der oberflächlihen Hornſchicht der Oberhaut; fie
ruft leichtes Juden hervor, verurfaht aber font
teinerlei Beſchwerden. Die befte Behandlung be:
fteht in wiederholten Ginreibungen von ger
Seife oder einer ‚Ipirituöfen Löfung von Carbol:
fäure in bie erkrankten Hautitellen. Gegen bie
übrigen Formen der P. wende man laumarme
Bäder und nachfolgendes Beſtreichen mit Olyzerin
oder milden Salben an,
ityuſa, im Altertum die Inſel rm ([. d.),
ityufen, ſpan. Inſelgruppe, ſ. Balearen.
iü (ital.), mehr; piü forte, ſtärler; piü au-
dante, fhnelleru.j.w.
Pium corpus (lat.), milde Stiftung.
Pium desiderium (lat.), frommer Wunſch,
f. Pia desideria.
Piura, Departement der Republit Peru, das
nördlichſte an der Küfte des Großen Oceans, grenzt
Piura (Stadt) — Pius (Päpfte)
nörblih an Ecuador, öftlih und füblih an bie
peruan. Departements Cajamarca und Lambayeque
und zählt auf 40810 qkm (1876) 135502 E. Der
öjtlide gebirgige Teil mit der Küſtencordillere iſt
rei an tropischen Pflanzen und Viehweiden, Maul:
tieren, welche als Laſttiere Verwendung finden,
und Ziegen, aus deren Häuten vortrefflicher Cor:
duan bergeitellt wird. Die Küſtenſtriche der 2
ern te von Sechura) find unfruchtbar, doch
wird bier reihlih Salz und Soda gewonnen, zwei
fehr wichtige Ausfubrartitel,
inra, San Miguel de Piura, Hauptitadt
de3 gleichnamigen peruan, Departements, rechts
am Rio de Piura oder Sehura, mit der Hafenitadt
Payta dur Eifenbahn verbunden, Sit eines beut:
ſchen Konſuls, hat (1876) 6811 E., ftarte Maultier:
ucht und Yabrifation von Corduan und Geife.
er 1532 durch Pizarro in ſehr gelunder Lage ge:
gründete Drt litt 1855 jehr durch Erdbeben.
Pius, der Name von neun Päpiten:
Pius I. regierte etwa 140—155.
Pius II, früher Uneas Sylvius Bartholo:
mäus Piccolomini, geb. 18. Oft. 1405 zu Cor:
fignano (Pienza) bei Siena, war als Menſch ohne
felte Grundfähe und von loderm Lebenswandel,
als Papſt auögezeichnet durch —— Gelehr—
jamfeit und kraftvolle Thätigleit, vor allem aber
durch diplomatifhe Gewandtheit. Anjangs voll
Eifer für die lirchliche Reform wirtend, trat er auf
dem Baleler Konzil mit aller Entſchiedenheit gegen
Eugen IV. auf, ſchrieb eine begeijterte Geſchichte des
Konzils und ward Sekretär des bajeler Papites
Felir. Am Hofe Kaifer Friedrichs IIL., der ihn
1442 zu feinem Rat berief, voll op fih in ihm eine
firhenpolitiihe Wandlung, ER ge deren er 1456
Kardinalbiihof von Siena und 1458 Paplı wurde.
Als folder vertrat er die bierarhiichen Anſichten
eines Gregor VII. Er widerrief feine feiern ibe:
ralen Grundfäge und Schriften, lieb durd das
Konzil zu Mantua (1459) die Grundjäße des Kon:
jtanzer Konzils als keerijch verdammen und wußte
alle Beitrebungen, Deutſchland gegen die päpfil.
Übermadt zu fhüsen, durch diplomatiiche Künite
zu vereiteln, Vergeblich jedoch verſuchte P. die
Fürſten Europas zu einem Krieges gegen die
Türten zu le: er ftarb 15. Aug. 1464, P.
t ih aud als Dichter und beſonders als Ge:
hichtichreiber einen Namen erworben. Unter fei:
nen Geſchichtswerken find hervorzuheben die «Histo-
ria rerum Friderici Ill. imperatoris» (Straßb.
1685 u. öfter), «De ortu, regione et gestis Bohe-
morum» (Rom 1475 u, öfter) und «Commentario-
rum de gestis Basileensis coneilii libri II» (Baf,
1535 u. öfter). Die Sanımlungen feiner «Episto-
lae» (feit 1473 öfter in Italien und Deutichland ge:
drudt) find wichtig für die Beitgeihichte, Dal.
agenbach, «Crinnerungen an Aneas Sylvius
iccolomini» (Baf. 1840), Heinemann, «Aneas
ylvius ald Kreuszugsprediger» (Bernb. 1855);
Boigt, «Enea Silvio de’ Piccolomini, als Papſt
. II. und jein Zeitalter» (3Bde., Berl. 1859—63);
.Gengler, «tineas Syloius und feine Bedeutung für
die deutiähe Rehtögefhhichte» (Erlangen 1860).
Pius LI., ein Neffe des vorigen, wurde 22. Sept.
1508 der Nadfolger Aleranders VI., ftarb aber
ſchon 18. Dft. deötelben Jahres. ‚
ius IV., 1559—65, ſchloß das Konzilium zu
Trient und that jehr viel für die Verfchönerung der
Kirchen Roms und des Vatikans.
53
Pius V., 1566—72, Nachfolger de3 vorigen,
bewies ſich als einen der eifrigiten Verfechter hierars
chiſcher Grundjäge. Derfelbe verdammte die Leh—
ren des Bajus (1. d.), verſchärfte Die Nachtmahls:
bulle (in c@na domini), that die Königin von
England, Elifabeth, in den Bann und drohte Mari:
miltan LI, mit Abjegung, wenn er den Protejtanten
freie Religionsübung — Wie er die Inqui—
ſition mit unerhörter Strenge handhabte, fo juchte
er der Gittenverderbnid durch ftrenge kirchliche
Zucht zu fteuern. Val. Fallour, «Leben des Bapites
PB. V.» (aus dem Franzoſiſchen, Negensb, 1873).
Pius VL, Bapit 1775—98, hieß vorher Gio:
vanni Angelo, Graf Braschi, und war 27. Dez. 1717
zu Gejena in der Nomagna geboren. Gr wurde
1745 Aubitor bei der päplıl. Kanzlei, 1755 Gebeint:
ſchreiber Benedilts XIV. 1766 Generalichakmeiiter,
Durch feine Strenge erwarb er ſich zwar das Yu:
trauen des Bapites, aber die Abneigung der päpitl.
Schmaroßer. Diefe lestern fehten, um ihn vom
Schahmeiſteramt zu entfernen, bei Clemens XIV.
1773 feine Ernennung zum flardinal und Benefit:
ciatenderAbteiHubiaco dur. Nach Clemens' XIV.
Tode wurde er 15. Febr. 1775 von ber jehuitüjch
gerichteten Mehrheit der Kardinäle zum Bapit ge:
wählt und nahın den Namen Bius VI. an. P. be:
gnügte ih, um die päpftl. Würde aufs neue zu be:
[chinen, mit halben Maßregeln, die den Zwed vers
ehlten. Er vernichtete alle Anwartidaiten auf
Pfründen, ließ aber den Umterhandel bejtehen. Gr
bob alle Durchgangszölle im Kirchenſtaat auf; da:
pepen gab er zum Beſten des Schahes dem Yotto:
piel eine für die Armen noch verführeriichere Ein:
rihtung. Im J. 1778 begann er die Austrodnung
der Bontiniihen Sümpfe, womit er große Cum:
men verſchwendete. Ungemeinen Aufwand erfor:
derte auch feine Hofhaltung und allgemeine Gr:
bitterung erregte der Nepotiemusdes Papſtes. Es
wurde fogar 1777 ein Verſuch gegen fein Leben ge:
wagt. Durd feine Vorgänger in ärgerliche Händel
mit den fath. Höfen verwidelt, glaubte er durch
Iarzinnige Behauptung ber alten päpitl. Gewalt
ich und die Kirche am beiten zu beraten, geriet aber
bald in ein Schwanten, das die Gegner nur kühner
machte. Ganz willlürlich bob Neapel 1777 fein
—— zum röm. Stuhl auf, und ohne
den Papſt zu fragen, fingen Kaiſer Joſeph II. in
Oſterreich und Leopold II. in Toscana an zu refor:
mieren, Geine Reife nad Wien 1782 blieb ohne
Erfolg. Nur der Bermittelung Spaniens und
—5 3 hatte er einen gütlichen Vergleich mit
oſeph II., nur dem Einfluß des bayr. Hofs und
dem Privatinterefie einiger deutſcher Biichöfe die
Bereitelung des Plans der deutjchen * iſchöfe,
ſich durch Vertreibung feiner Nuntien freier zu
machen (j. Emfer Bunttation), nur der Politit
Katharinas II. die Herftellung der Jefuiten in Ruß—
land 1782 zu danken. Nachdem er mit großen
Dpfern 1796 den — ——— zu Bologna und
1797 den Frieden von Tolentino von ber franz. Res
publit erfauft hatte, mußte er doch nod) 18. Febr.
1798 den Kirchenſtaat in eine Römiſche Republik
umfchaffen fehen. Am 20. Febr. wurde er von Rom
mweggeführt und 14. Juli in die Gitabelle von Ba:
lence gefangen gefept. Hier ftarb er 29. Aug. 1799.
Dal. $ ourgoing), «M&moires sur Pie VI» (deutich
von Meyer, 2 Bde., Hamb. 1800); Tavanti, «Fasti
del S. P. Pio VI» (3 Bde., Flor. 1804); Artaud
de Montor, «Histoire de Pie VI» (Par, 1847),
54
Pius VII, Papft 1800— 23, vorher Gregor
Varnabas, Graf Chiaramonti, war 14. Aug. 1740
u Gejena geboren und wurde 16jährig in den
enebiltinerorden aufgenommen. Pius VL er:
nannte ihn zum Abt, dann zum Biſchof von Tivoli
und 1785 zum Kardinal und Bifhof von Ymola.
Am 14. März 1800 wurde er unter öfterr. Schub
iu Benedig zum Nachfolger Pius’ VI. erwählt.
Inter dem Schutze von öjterr., engl. und türk.
Zruppen hielt P. 3. Juli in das bisher von den
Franzofen befegte Rom feinen Einzug, und nachdem
er 15. juli 1801 mit Frankreich ein Konlordat ab:
geſchloſſen, woburd die kath. Kirche in Frankreich
reorganifiert warb, nahm er 22. Nov. 1801 wieder
vom —— fi. Auch mit ber Liguriſchen
—— r Italieniſchen Republil ſchloß er Kon-
ordate.
Im J. 1804 gelang es ihm, bie —5*
in Sicilien herzuſtellen. Dem Zwang der Verhält⸗
niffe wiberwillig nadhgebend, folgte er 1804 ber
Einladung Bonapartes zu deſſen Kaiſerkrönung
nad Paris, wo er 28. Nov. mit Pracht einzog.
Am 4.April 1805 lehrte er nah Rom zurüd. Dur
feine Weigerung, den König oe) von Neape
anzuerlennen und feine Häfen den Engländern zu
verjchließen, reiste er Napoleon zu Gewaltthätig-
feiten. Am 2. Sebr. 1808 wurde Rom von franz.
Truppen bejegt, 17. Mai 1809 der Kirchenjtaat
dem franz. Kaiſerreich einverleibt und Rom für eine
freie kaiferl. Stadt erllärt. Nachdem P. 10. und
11. Juni zwei den Bann ausfprechende Bullen gegen
den Urheber und alle Teilnehmer an diefem «Frevel»
erlafjen patte, ward er nebit feinem Staatsfelretär,
Kardinal Bacca, 6. Juli nachts vom General Radet
gefangen genommen, Rn ER
Der Papſt verweilte darauf einige Zeit in Gre:
noble und wurde dann u Savona gebradt, mo
man ihn als Gefangenen bewadte. Sein Schid—
fal trug er mit unerjhüttertem Gleihmut. Gr
Fa fih den Willtürlichleiten Napoleons in
Kirchenſachen entſchloſſener als je, verweigerte den
von bemjelben ernannten Biſ öfen ftandhaft die
lanoniſche Deftätigung und erflärte ſich ganz be:
jtimmt gegen die Scheidung und Wicbervermählung
des Kaiſers. Um die Mitte des J. 1812 wurde er
nah Fontainebleau gebradt. Hier nötigte ihn
Napoleon 25. jan. 1813 zu einem neuen Bertrage,
worin er ſich zur Beitätigung diefer Bijchöfe ver:
pflichtete. Als aber Napoleon dieſes nur im Ent:
wurf vorhandene Konkordat wider die Abrede zu
früh belannt machte und zum Reichsgeſetz erllärte,
nahm P. feine Einwilligung zurüd und wurde nun
wieder ald Gefangener behandelt. Nah dem
Sturze Napoleons zog er 24. Mai 1814 unter dem
Schuße ber verbündeten Fürften wieder in Nom ein
und nahm Beſih von allen Ländern des Kirchen:
ftaat3, mit Ausnahme von Avignon und Benailjin,
jowie eines Heinen, jenfeit des Po gelegenen Land:
ſtrichs von Ferrara. Eine feiner erſten Amtshand:
lungen war die Wiederheritellung des Jeſuiten—
ordens (7. Aug. 1814) durch die Bulle Sollicitudo
omnium, womit er eine lirchliche Reftaurations:
politif einleitete. Von feinem gewandten Staats:
jelretär, dem Kardinal Confalvi, jtaatsllug beraten
und im Sinne polit. Mäbigung geleitet, gelang es
ihm nicht nur in der Berwaltung des Kirchen—
— ondern auch auf dem Gebiete der äußern
olitit namhafte Erfolge zu erzielen. So waren
die mit Frankreich, Bayern und beiden Sicilien ab:
geſchloſſenen Konlordate, fowie die Üübereinkunft
Pius (Päpfte)
mit Preußen faft ebenfo viele Triumphe der röm.
Staatskunft. gegen fand das Kontordat mit
ranfreih vom 16, Juli 1817 fo viel Widerſpruch
in den franz. Kammern, daß es nur teilmeife voll
zogen wurde; indeſſen nahm der geheime Einfluß
Roms in Franfreih um jo mehr zu. Gegen die
Wiener: Kongreß: Akte hatte der Bapft unterm
14. Juni 1815 proteftiert, weil fie mit gie
des Deutfchen Reichs zugleich ge I ehemaligen
geiftlihen lee aufhob. Dem Kirchenftaat
gab er 6. juli 1816 eine neue Verfafiung, welche
wenigftend die Befolgung freifinniger Grundjäße
nicht ausſchloß, während die Verwaltung in der
That ſehr mild war. Seine Liebe zur Kunft und
Wiſſenſchaft beweiſt das Mufeum Shieramonti im
Vatikan. Ein Fall des Papſtes im Zimmer auf
dem Marmorboden 6. Juli 1823 hatte einen Schen:
felbruh und diefer 20. Aug. P.' Tod m Folge.
Bol. Simon, «Vie politique et privée de PieVIl»
(Par. 1823); Jäger, «Lebensbefhreibung des Pap⸗
jtes P. VII.» (mit Urkunden, Franff. 1825); Gaubdet,
«Esquisses historiques et politiques sur le pape
Pie VI» (Par. 1824); Pacca, «Relazione del
viaggio di papa Pio VII. etc.» (Rom 1836); Ar:
taud de Montor, «Histoire de Pie VII» (2 Boe.,
Bar. 1839); Hente, «Bapft P. VI.» (Stuttg. 1862);
Giucci, «Storia di Pio VIL.» (2 Bde. Rom 1864);
Holzwarth, «Napoleon der Grite und P. der Sie:
bente» (Mainz 1872).
Pius VII, Bapit 1829—80, bieß früher Franz
Xaver, Graf von Gaftiglione, und ward 20, Rov,
1761 zu Cingoli in der Mark Ancona geboren. Er
murde 1800 ———— Montalto, verfocht in den
Streitigkeiten mit Napoleon energiſch und mit rei⸗
cher lanoniſcher Bildung die Sache des röm. Stuhls
und wurde darum 1808 nad) dem ſudl. Frankreich
verbannt. Nach dem Sturze Napoleons zurüdges
fehrt, erhielt er 1814 die Würde eines Bifofs von
Gefena und 1816 den Kardinalehut. Am 31. März
1829 wurde er faſt u... Nachfolger
Leos XII. zum PBapft gewählt. rch Abſchaffung
nun Laften und durch mehrere zwedmäßige
Anordnungen gewann er fich die Yiebe feiner Unter:
thanen, Während feiner Regierung fam das Kon:
fordat mit Holland zu Stande; auch wurden die
Angelegenheiten der Armenier georbnet. Doc ans
ftatt ein freieres tath. Kirchentum zu begründen,
was man gehofit hatte, verfolgte er vielmehr, im
Verein mit Albani, den er zum Staatsſekretär
machte, ein kirchliches und weltliches Negierungs:
fyftem, bas den Heim zu den nachmals im Kirchen:
ſtaate audgebrochenen Unruben legte. Er ftarb
80, Nov. 1830. Bol. Artaud de Montor, «Histoire
du pape Pie VIll» (Bar. 1844).
dins IX., —— 1846 — 78, früher Johann
Maria, Graf von ek Nachfolger Gre⸗
gors XVL., geb. 13. Mai 1792 zu Sinigagfia, ftu:
dierte feit 1816 im Kollegium zu Volterra, wurde
1818 zum Prieſter geweiht, ſchloß ſich 1828 der
Miſſion nad) Chile an, wurde 1825 nad) feiner Rüd:
lehr Kanoniler und gab fi als ſolcher mit beſon⸗
derm Eifer dem Armenweſen hin. Von Leo XII.
zum Erzbiſchof von Spoleto(1827),von Gregor XVI.
im Dez. 1832 zum Erzbiſchof von Imola und 1840
um Kardinal erhoben, verdankte er wohl dem Rufe
einer milden und mwohlmwollenden Gejinnung die
Erwählung zum Bapit, welde 16. Juni 1846 er:
folgte. Er begann mit einer Amneſtie, umgab fich
mit andern Ratgebern, al3 fie der Borgänger
——“
Pius (Päpfte)
gehabt, rg ge gr ber Verwal:
tung in Aus ſicht.
des Bolt in Rom waren unbeſchreiblich: eö wurde
mit P. ein Kultus getrieben, jogar in prof. Lan:
den, wie er nie einem Bapit "zuteil ı geworden war.
Die ———— einer neuen röm. Municipalver—
faſſung, ſowie einer beratenden Staatstonjuita
(April en. die Errichtung der Bürgergarde und
überhaupt das perjönlich zwangloje und herzliche
Verhältnis, in w P. zum Bolte jehte,
ſchien die 9 u u ormfreunde, die ſich
an feine zu erfüllen. Aber nur
in polit. Beichung war ‚ar‘ Obealiku, in lirch⸗
—— Dingen zeig ſchon in jeinen erjten
Allobıtionenals vo —2 Realtionär, und ber innere
Widerfpruc diefer Stellung tratüberrajhendichnell
zu Tage, als, zum Teil von P. wider jeinen Willen
gefördert, die nationale und freiheitliche Be ng
ganz Italien ergriff und zu immer weitern |
ze drängte, Schon die unter dem Eindrud
der Revolutionsereigniiie bewilligte röm. Konſtitu⸗
tion vom März 1848 war nur abgerungen
worden. Den Kampf ayf gegen fterreid verdammte
——— ‚öffentlich, und das liberale
P. erit
und eitliche Yin Mamiani entließ er.
Hiermit war aber — ſeine Bopularität in Rom
und ganz Italien dahin. Die wilden Vollsbe—
wegungen im Nov. 1848, die Ermordung feines
—— — — Roſſi (16. Nov.), 19a am
ihm durch einen Aufitand abge:
jwungene aka Pinijterium machten die
= zwiſchen P. und dem rönı. n Sibevelisunus un:
Über. Während er mit Hilfe des bayr. Ge:
—— Grafen Spaur, verkleidet aus Rom floh
(24. Nov.) und in Gacta eine Zuflucht ſuchte, ent:
widelte ſich in Rom die furze Epiſode demotratifcher
Herrihaft. Erjt geraume Zeit nach Nieberwerfung
gr lehrte ®. nah Nom zurüd (12. April
1850). Er hatte in zwei Enikten vom Sept. 1849 ver:
he — n verſprochen, aud)
Amnejtie erlaflen; aber nach. feiner
Sadtehr —— er ganz das alte verfolgungs⸗
füchtige ns feiner Vorgänger.
er ital. Krieg von 1859 und bie Heritellung des
———— talien raubte dem Papit zwei Drit-
teile rn . vor dem Züridyer
Frieden (10 1859) war bie verloren
gegangen. Die Härte, mit welcher er die revolutio:
nären ngen in Umbrien und den en
* unterbrüden ne. und bie hartn
— — polit. —** loſtete ihm
—*
——
zuſammengeworbene et:
nung König Victor Emanuel FR gefordert | 26
—— — bei A Kg 18. Sept. 1860 total
age jpäter (29. Sept.) mußte
itulieten und im Nov. 1860 wurden
— Umbrien und die Marten dem König:
einverleibt. Rur der Schub der
* ofen erhielt —* im Befis Roms und des letz⸗
=” rittel3 des ats nt Patrimonium
Petri), es Aufforderung, ſich mit der ital. Ne:
en Grund der vollbradhten Thatſachen zu
ſetzte ®. fein beharrliches «Non possu-
ey“ (ir onnen nicht») entgegen. Als infolge
1866 bie fran
onvention von 1864 gegen Ende
— aus Rom abzogen, wurde
vie —— der ichen
der Vertragstreue der ital.
d —*
oldtruppen
en Entwajf:
erridhaft des Bapites
ierung und einer
Jubel und die Begeilterung | A
55
aus Freiwilligen aller Länder gejammelten päpftl.
Infolge des unbejonnenen
Ginfallö ber Garibaldianer (Sept. 1867) kehrten
bie Franzofen noch einmal zurüd, erprobten bei
Mentana (3. Nov.) die Wunder⸗ des Chaſſepot
gegen die Scharen Garibaldis und nötigten die
ital. Truppen, welche ſchon die Grenzen des Kirchen⸗
ſtaats überſchritten hatten, zur Umtehr. Civita—
vecchia erhielt franz. jagung. Aber als dieſe nad)
der Schladht bei Sedan in die Heimat zurüdgerufen
worden war, rüdten bie Italiener nad kurzem
Widerftande der päpitl. Truppen in Nom ein
(20. Sept. 1870). Mit erdrüdender Mehrheit ers
Härte fi die Bevölterung für Anſchluß an das
— Italien; am 9. Olt. vollzog dann Victor Ema:
nuel das Delret welches ben biäherigen Kirchen:
itaat mit dem Königreich Italien vereinigte, und
31. Dez. ergriff er perjönlid) von der neuen Haupt:
ftadt und dem Palaft im Quirinal Bejis. Dem
pft, weldyer diefen Thatſachen nur ohnmädhtige
rotelte und Verwünfhungen entgegenzuitellen
hatte, wurden b das Garantiegeſeß (13. Mai
1871) alle Rechte un Ehren eines —— eine
jährliche Dotation von 83. Mill. Frs., die Baläite
auf dem Batilan und ateran, fowie die Billa
Caſtelgandolfo, endlich volljtändige Unabhängig:
entf in der Ausübung feiner kirchenregimentlichen
onen zugejichert. Um eine polit. öhnung
zu in gewährte die ital. Re ierung au:
gleich der lath. alte die ausgedehnteſten Freibei:
ten. Tropdem lehnte P. jedes Abkommen ab, ſchloß
fi im Batilan ein und gefiel ſich in der Rolle eines
«Gefangenen». Was aber B. an weltlicher Macht
verloren, ‚ame er an geiftlihem Einfluß wieder.
zmee anvertraut.
Seine polit. Bedrängnis verj afte - lebhafte
—— und teilweiſe au atkräftigen
Beiſtand der ſtrengen —E in: eutſchland,
Oſterreich, Frankreich, England und Spanien.
Die lange Geicjichte feines Pontifikats, in wel:
dem der Huge Staatäjelretär, Kardinal Antonelli,
feine rechte Hand war, zeigt ein ununterbrochenc3
Wahstum des päpftl, Anſehens und eine jtetig
fortfchreitende Wiederbelebung der been, weldye
im Mittelalter die Weltherrſchaft der Kirche beding⸗
ten. Die Berfündigung des Dogma von der unbe:
fledten Empfängnis Mariä (8. Dez. 1854), der Er:
laß der Encyclica und des Syllabus vom 8. Dez.
1864 beweiien, daß P. das Ziel der Kirche nur im
ſchroffſten te zu bem modernen Staat und der
modernen Weltanſchauung finden glaubte. Durd)
eine Reihe von großen — lichen Alten, wie z. B.
die Seligfprehung des deutſchen Sefuiten ter
Ganifius (2. Aug. 1864), die Heiligiprehung ber
japan. Märtyrer (8. Juni 1862), ebenio wie
burg A prunfoolle 1 Wirdenie ‚fo bur die Feier des
hrigen Todestags der Apoftelfürften Petrus
ai aulus (29, Juni 1867), durch das Jubelfeſt
eines bojährigen Prieitertums (11. April 1868),
eine jährigen Bontifitats (16. Yuni 1871) und
feiner 50jäbrigen Biihofswürde (3. Juni 1877) ver:
ftand er e3, bie Begeifterung der —— zu näh⸗
ren und bie Augen der Welt auf ſich zu lenken; vor
allem aber durch die Berufung, ber 2* e der
ganzen Welt zu einem allgemeinen Konzil nach
dem Vatikan, welches 8. Dez. 1869 bis 20. Dit.
1870 ftattfand. (©. >. Batitanifäes Konzil.)
Die ee päpftl. Untverfalepijlopats
und der päpitl. Unfe — 18. St 1870 erhob
P. zum unbebingten her der Kirche und
56
Gewiſſen aller Gläubigen, und befiegelte zugleich
den Triumph der fircyenpolit. Tendenzen des Ye:
fuitenordens. Eine wohlorganifierte, über die ver:
ſchiedenen Länder verbreitete ** und ein poly:
penartig verzweigtes Vereinsweſen batten unter
Fuitifder Leitung Schon längft für die Verbreitung
der ultramontanen Ideen in allen Schichten des kath.
Volls und für Fanatifierung der Maſſen gelorgt.
Unter jefuitifchen Einflüfjen vollzog fich jene moderne
Reftauration des mittelalterlichen Katholizismus,
welche alle Frömmigkeit in der Andacht zum Papſt,
dem irdiſchen Vize-⸗Gott, gipfeln läßt. Immer von
neuem wurden Deputationen von fern und nab or:
ganifiert, weldhe dem Unfehlbaren ihre Huldigungen
und wertvolle Gejchenle, die Erträgniſſe umunter:
brochener Sammlungen, zu Füßen legten,
Von ſolch unermeßlicher Begeifterung getragen
und erfüllt von der lÜiberzeugung feiner göttlidhen
Sendung, fühlte B. fich ſtark genug, faſt allerorten
den Kampf gegen die Staatögewalt aufzunehmen.
In ber eriten Zeit feines Pontifilats war es ihm
im Bunde mit realtionären Regierungen gelungen,
die Macht der Fath. Kirche feſter als je zu begrün:
den. Die engen Beziehungen zu dem zweiten franz.
Kaiſerreich, das auf den Beiltand der Ultramonta:
nen angewiejen war, und zu der Königin Iſabella
von Spanien, das öjterr, Konlordat vom 18. Aug.
1855, dem die Konventionen mit den fübdeutichen
Regierungen folgten, und die Schranfenlofe Freiheit,
welche Preußen unter den Dliniiterien Naumers
und Müblers der kath. Kirche gewährte, hatten dem
Papſt eine Machtitellung verſchafft, wie fie keiner
feiner Borgänger beſeſſen hatte. Schon träumte
P. von einem europ. Feldzuge gegen Stalien zur
MWiederherftellung des Kirchenſtaats in den alten
Grenzen; in Deutichland hofite er erft 1866 durch
Bfterreich den Proteſtantismus, dann 1870 durd)
eine von den Jeſuiten eifrig betriebene öfter.»
franz. Allianz den Norddeutichen Bund zu Boden
du werfen. Als die Niederlagen Frankreichs und
ie Einverleibung Roms in das Königreich Italien
alle jene Hoffnungen vereitelt hatten, verfuchten die
—— zuerſt das neue deutſche Kaiſertum ihren
Zwecken dienſtbar zu machen, und gingen, als aud)
diefer Plan fehlichlug, aggreſſiv gegen dasfelbe vor.
Die Folge war der preuß.:deutiche Kulturkampf,
die Austreibung der Jeſuiten aus Deutichland, die
Ginführung der Civilehe in ganz Deutichland und
die preuß. «Maigefebgebung», Äühnliche Konflikte
bradyen in der Schweiz und nod früher in Baden
aus, Nahdem Baden vorangegangen, hoben auch
Württemberg und Helen die Nonventionen mit
Kom auf, jelbit Oſterreich fündigte nad) Proklama—
tion der Unfehlbarteit das Konkordat, begründete
die lonfeſſionsloſe Schule und regelte das Berhält:
nis zur Kirche durch Staatögefehe. In Rußland
und Polen war lehteres ſchon früher gefchehen.
Sogar Spanien, das Land der Inquiſition, ver:
tündete die Gleichberechtigung aller Neligionsbe:
fenntnifie. Aber noch immer bofite P. auf den
Zriumph der Kirche und die Reſtauration der Bour:
bonen in Spanien, und der Sturz des Präfidenten
Thiers in Frankreich wedte neue Hoffnungen. P.,
ſchon jeit längerer Zeit an der Waflerfucht leidend
und kaum noch im Stande ſich aufrecht zu erhalten,
I fort, zahlreihe Deputationen zu empfangen
und die Gläubigen zum Ausharren zu ermutigen.
Gr ftarb 7. Febr. 1878 im Vatikan zu Nom. Die
Leiche, weldye 1878 vorläufig in der Peterstirche
Piusorden — Piris
beigefeßt worden war, wurde in ber Nacht vom
12./13. Juli 1881 na —— übergeführt.
Ihm folgte Giacomo Pecci als Leo XIIL. (f. d.) auf
dem päpitl. Stuhle. Die amtlichen Erlafle von B.
ind als eigene Sammlung «Pii IX acta» (3 Bde.,
om 1854—65) erfchienen.
Bol. Clave, «La vie et le pontificat de Pie IX»
(bes: 1848); Balmes, «Pie IX» (har. 1848);
lere, «Pie IX, Rome et V’Italie» (Bar. 1849);
(Schraber,) «PB. IX. als Papſt und König» (Wien
1865); Maur. Marocco, «Pio IX» (5 Bde., Turin
1861 fg.); Bongbi, «B. IX. und der künftige Bapft»
BD); Nud. fleiberer «PB, IX. Gin zeitgeſchicht⸗
iches Lebensbild» (Heilbr. 1878); Nielien, «Ge:
ſchichte des —— 19.Jahrh.»(deutich, Gotha
—* Nippold, «Geſchichte des Katholizismus ſeit
der Reſtauration des Papfttums» (Elberf. 1883).
iusorden, vom Papſt Pius IX. 17. Juni
1847 für Belenner aller Konfeſſionen geitiftet, zer:
fällt in Ritter 1. und 2. Klafie und beiteht in einem
oldenen, dunkelblau emaillierten Stern mit weißem
ittelfchild, in welchem fich der Name Pius IX. in
Goldſchrift befindet, umgeben von der Umſchrift
«Virtuti et merito». Das Band iſt duntelblau mit
boppelten roten Kanten. (S. Tafel: Die wid:
tigiten a .38, Bd. XIL, ©. 464.)
iusverein — eine ſeit April 1848 zus
nächſt in Mainz entjtandene, fodann durd) das ge:
famte Deutichland verbreitete röm.:fath. Verbin:
dung, welde für die unbebingte Autonomie des
röm. Nirhen: und Papſttums thätig ijt und zu
diefem Zwech aud eine Reihe von Zweigvereinen
für die Wiederausbreitung des röm. Katholizismus
unter den Broteftanten (Innere Miffion) ins Leben
gerufen hat. Unter diefen Vereinen find befonders
zu nennen der auf die Propaganda gerichtete Bo:
nifaciusverein, welcher auf einer Hauptver:
fammlung kath. Geiftliher zu Regensburg im
Herbſt 1849 hauptfächlich durch den Grafen Joſeph
von Stolberg begründet wurde; ferner der im Dlai
desfelben Jahres durd eine Hauptverjammlung
in Breslau entitandene Bincentiusverein. Bon
deutihen Bischöfen dem Papſt Pius IX. empfohlen,
erhielt der ‘B. im Febr, 1849 die Sanltion vom
päpftl. En und entfaltete ſeitdem eine ſehr rüb:
rige Thätigleit, befonders in Bayern, am Rhein,
in Weitfalen und im nördl. Deutſchland, aber auch
in der Schweiz und in Frankreich, wo er feinen
Hauptſih in Lyon hat. Überall verichärfte er die
tonfeffionellen Gegenſähe und ſchürte durch die von
ihm genährte Oppofition gegen bie Regierungen,
namentlich ſeit 1873 gegen die preuß. Negierung,
den Fanatismus des tat. Doll. _ Bi
Pivot, Zapfen, Angel, wird in der Militär:
ſprache zur Bezeichnung des Drehpunttes benußt,
um den eine Abteilung eine Schwentung ausführt.
Das P. kann hierbei ie oder beweglich fein, je
nachdem der innere Flügel der ſchwenlenden Ab:
teilung während der Schwentung auf einem feiten
Bunkte verbleibt oder ſich um einen folden in einem
Kreisbogen herumbemegt. —
ixis (Theod. Ludw. Aug.), Hiltorienmaler,
geb. zu Kaiſerslautern 1. Juli 1831, widmete [2
anfänglid) der jurift. Laufbahn und bejuchte jeit
1850 neben der Univerfität auch die Alademie zu
Münden. Im J. 1855 trat er mit zwei groben
Kompofitionen vor die Offentlicheit, mit einem
Slarton: Goriolan und feine Mutter, und mit einem
Ölgemälde: Friedrih IL. von Hohenftaufen durch
Pi; — Piz d’Err
Bineis in Lebensgefahr gebracht. Sein großes Öl:
gemälde: Huß nimmt Abichied von feinen Freun:
den zu Konſtanz, welches 1856 ausgeſtellt war,
wurde vom Slünftlerverein von Bern erworben
und im Bundespalajt in Bern — P. lebte
dann zwei Jahre in Florenz und Nom und führte
feit 1858 drei Freslobilder für das bayr. National:
mufeum in Münden aus: Krönung Karla X. von
Schweden in Upjala, Karl X. in der Schlacht gegen
die Dänen, Karl XI. in der Schlacht bei Yund,
Außerdem entitand das hiltor. Bild: Calvins lehte
Unterredung mit Servet im Kerler zu Genf und
ein Eyklus größerer Kartons zu deutihen Bolts:
und Lieblingsliedern, die durch photographiſche
Vachbildungen in weitere Kreiſe verbreitet wurden.
Für König Yudwig II. entwarf er gegen 20 Zeich—
nungen, deren Motive Wagnerichen Opern ent:
nommen waren. Größere Kartons zu den «Meiſter—
fingern von Nürnberg» und zu «Lohengrin» u. |. w.
folgten, welde dann in ber «Wagner: Galerie»
(Münd. 1870—73) yereiaigt erſchienen. Darauf
wandte jih P. wieder der Vialerei zu und arbeitete
Bilder zu Uhlands «Auf der Höher, zum Gedicht
ejn einem kühlen Grunde», fowie einen Cyllus
Lebensbilder: von der Wiege bis zum Grabe. Im
Babe 1877 erſchien ein zweiter Wagner :Cyklus,
owie ein folder zu Kinkels «Dtto der Schühr,
fpäter entitanden die Ölgemälde: der Raub des
NRheingoldes, Sigmund und Sieglinde (im Beſih
des Königs von Bayern), Kartons zu Wagners
Berne und ein Wandbild für Berlin aus dem
« sliegenden Holländer»,
Biz (roman.), ſ. Pic.
Pizarro (Francisco), der Entdeder und Grobe:
rer Perus, geb. um 1471 zu Trurillo in Eſtrema—
dura, der natürlide Sohn eines Infanterieoffizierd
Gonzalo P. und einer Frau aus niederer Volls—
Hafje, wurde in der Erziehung ganz vernachläſſigt
und als Schweinehüter gebraudıt, bis er, der harten
Behandlung müde, davonlief und Soldat wurde.
Er ſchiffte ſich zu Sevilla ein, machte ſeit 1510 alle
Kriege auf Cuba und Hispaniola mit und begleitete
Dieda auf deſſen Unternehmung nad dem Meer:
bujen von Darien, jowie Balboa auf dem Zug
buch den Iſthmus der Südſee. Nah einigen
Sahren vereinigte er fih mit Diego de Almagro
und Hernando de Luques zur Groberung ber Yan:
der an der Südfeefüjte. Am 15. Nov. 1524 ſegelte
er mit einem einzigen Schiffe von Panama ab, er:
reichte nach langem ray ge im Mai 1526
die Bai San:Matteo in Quito und folgte der Küſte
bi® Tumbez. Dort mußte er umlehren, reiite nad)
Spanien und begab ſich dann mit der vom 26. Juli
1529 datierten Erlaubnis, Peru zu erobern und
zeitlebens als Generaltapitän zu regieren, nad
Panama. Mit drei Schiffen und geringer Manns
fchaft landete er im Jan. 1531 in der Bai San:
Matteo. Nachdem er im Mai 1532 die erite
fpan. Kolonie in der Bai San: Michael be:
gründet, drang er nad) Caxamarca vor. Der
zwolfte Inia, — Capac, hatte kurz vor fei:
nem 1529 erfolgten Tode fein ge Reich unter
jeine zwei Söhne, Huadcar und Atahunlpa, geteilt
und bierdurd einen Bruderfrieg veranlaht. Bon
Atahualpa um Beiltand erfucht, trug PB. dem Inla
eine mündliche Beiprehung an. Die Zufammen:
funft fand ftatt 15. Nov. 1532, Als Inka Ata:
bualpa, erjtaunt über die Kühnheit der Hand voll
Abenteurer, die ihm vorgeſchlagene unbedingte Un:
57
terwerfung zurüdwies, ftürzten bie Spanier über
ihn und das ihn umgebende, 30000 Mann ftarfe
Heer ber und verbreiteten durch ihr Feuergewehr
und ihre Pferde ſolchen Schreden, daß fie die
Voltsmenge in die Flucht trieben und den Inka
gefangen nahmen. Man erprebte von diefem ein
Löjegeld, welches den Wert von 2 Mill. fpan.
Thalern gehabt haben foll, richtete ihn aber den:
nod bin und bemädtigte fich dann m fo leichter
des herrenlos gewordenen Yandes, als inzwiſchen
Almagro 150 Mann Verſtärkung zugeführt hatte.
Die Spanier zogen fortan im Lande umber und
verübten überall Graufamleiten. Einzelne, die ſich
—— hatten, gingen nach Panama zurüd und
veranlaßten das Zuſtrömen anderer golddürſtiger
Abenteurer. P. — 1533 mit 500 Mann nad)
Süden vor, eroberte die große und reihe Stadt
Guzco und beſchäftigte fih num mit der innern
Ginrihtung feiner Statthalterichaft, wobei er viel
Klugheit zeigte. Auch legte er 1534 den Grund zu
der neuen Hauptjtadt Ciudad de los Reyes, nad):
her Lima genannt. Die Graufamkeit P.s erregte
indejien einen Aufitand der Eingeborenen. P.
wurde in feiner neuen Stadt, feine drei Brüder in
Euzco eingeſchloſſen und einer von ihnen kam bei
der Belagerung um. Hierauf eilte Almagro, der
fih mit B. entzweit hatte, von einem Groberung3:
zug nad) Chile herbei, ſchlug die Beruaner, eroberte
Cuzeo und machte die beiden Brüder P.s zu Ge:
fangenen. P. hatte fih inzwiſchen in Lina bes
bauptet. Zum Entjab der Stadt Gusco, die er noch
von den Beruanern belagert glaubte, jendete er
Alvarado mit 500 Dann dahin ab, der aber eben:
falls von Almagro geſchlagen wurde. Doch gelang
es P. feine Brüder frei zu erhalten, die er nun an
der Spike von 700 Mann gegen Cuzeo abjendete.
Im April 1533 fam e3 bei Salinas unfern Cuzco
zwiichen ihnen und Almagro zum Kampf, Lebterer
erlitt eine volljtändige Niederlage, fiel in Gefangen:
haft und wurde von P. zum Tode verurteilt und
bingerichtet. Aber auch P. fiel 26. Juni 1541
nebjt feinem Stiefbruder Alcantara unter den
Schwertitreihen der Anhänger Almagros. Cr
—— zwei Kinder von einer Tochter des Inka
tahualpa; Nachtommen von ihm leben nod) jekt
in Trurillo. P. war ein Mann von unübertroffe:
ner Tapferleit, großem Feldherrntalent, von Klug:
* und eiſerner Ausdauer, befledte aber ſeinen
Namen durch die unerhörte —— die Raub:
ſucht und Graufamteit, die durch alle Handlungen
feines Lebens hindurchbliden. Vgl. Brescott, «We:
ſchichte der * Berus» deutſch, 2 Bde.,
2p3. 1848); Helps, «Life of P.» (Lond. 1869).
Gonzalo B., der jüngfte illegitime Bruder des
vorigen, geb. um 1506 in Trurillo, wurde 1540
zun Öouverneur von Quito ernannt, entdedte Die
Quellen de3 Amazonas und fämpite nad der Gr:
mordung feines Bruders gegen den u Vizelönig,
der ihn 1548 in Euzco hinrichten ließ.
Hernando ®., der ältejte legitime der Brüder,
geb, um 1465, verteidigte al$ Gouverneur von
Tuzeo diejen Ort fünf Monate gegen die Cinge:
borenen. Im %. 1539 ging er, rei mit Gold
veriehen, nad) Spanien, um gegen Almagros
Freunde die fönigl. Gunſt wieder zu erlangen; er
wurde aber in Medina del Campo 20 Jahre ge:
fangen gejebt, und erſt 1565, nahe 100 3. alt,
wieder freigelafien.
Piz d'Err, f. Err (Piz d').
583
Piszichto (ital.) bebeutet in den Notenftimmen
— Mogeninitzummenle, daß gewille Töne nicht mit
Bogen geitrihen, fondern mit ben Fingern
eriffen werben follen; gewöhnlich folgt dann ber
usdrud coll’ arco, welder anzeigt, daß wieder
der Bogen gebraucht werden foll. ,
ighettöne, Stabt und Heine Feſtung in
der ital, Provinz und im Bezirl Cremona, an ber
Mündung des Serio in die hier ſchiffbare und über:
brüdte Adda und an der talieniihen Bahn
Brescia: Cremona: Pavia, ift gut gebaut, hat aber
ungefunde Luft und zahlt (1881) 1075 (ald Ge:
mei ) E. Die Burg Bizoghetonum wurbe
us kon —— — ailand — die
itadelle im 15. von Herzog Phili aria
Visconti von angelegt. Franz I. ward
ier nad) der Schlacht bei Bavia vor feiner fiber:
brung nah Spanien gefangen gehalten. P.
wurde 29. Oft. 1706 von ben Rafferlichen unter
Prinz Eugen, 28. Nov. 1733 von den Franzoſen
und Piemontefen unter Billard, 1746 von ben
Franzoſen und Spaniern, ſowie aud) 1796 und 1799
von den Srangofen eingenommen,
izzo (ita ) 63 c.
ige, Hafenftadt in der ital. Provinz Catan:
zaro, Bezirk Monteleone di Calabria, am Golf von
Sta.sEufemia, Station der Dampferlinie Neapel:
Meifina, Sis eined deutſchen Bizelonfuls t
(1881) 7932 E., Handel, Thunfifhfang und Ko:
rallenfifcherei. P. wurde 1783 durch Erdbeben faſt
völlig zerftört. Nahebei wurbe im Dft. 1815 der
7 gelandete Joachim Murat gefangen, im alten
m erſchoſſen und in der Ortäfirde begraben.
itigordf, Kreisſtadt des cisfaufaf. Gou:
vernement3 Stamwropol in ber kaukaſiſchen Statt:
zn Rußlands, 225 km im Süboſten von
—— und 37 km im Weſtſudweſten von Geor⸗
iewst, links am Kumazufluß Podkumla, in 450 m
eeböhe und am fübl, des Beichtau gelegen,
zählt (1881) 13665 E. und ift als Babeort und
Mittelpunlt einer durch Reichtum an Mineral:
quellen verjchiedenfter und fräftigfter Art ausge:
zeichneten Gegend ei Ir geworden. Der Bei %
tau der Tataren, der Piatigora der Ruffen, d. h.
Sun Berge, ift eine dem Kaulaſus vorl
birgögruppe. Bier Bergtegel weißen Tradyyts,
mehr oder weniger untereinander zufammenhängend
ober ifoliert ftehend, umſchließen nebit vier
niebrigern E
bungen eine ala —— bezeich⸗
nete Tafelfläche, aus welcher ſich ſüdlich als fünfter
Trachytlegel der Maſchula 1022 m hoch erhebt
Aus einer aus Sinter und Tuff beftehen or:
ftufe dieſes lehtern Kegels —— bei P. ſelbſt
15 zu Bädern benupte ger rg von
27—46° 0. or, von denen bisweilen eine oder
die andere plötzlich verfiegt, während, oft weit da⸗
von entfernt, dafür eine neue zum Vorſchein kommt.
Von der Stabt 15 km meitlih liegt Eſſentuki
Jeſſentuki) mit 27 _altaliiden Quellen von 11— | N
16° C., ebenfo weit Sheles nowodst mit 20 Eifen: |
quellen von 16—44° und 37 km gegen Sübmejten
das Dorf Kislowodsk mit einem Säuerling von
14° C., der wegen feiner musfel: und nervenftär:
tenden Eigenſchaft Nardfan (Riefenquelle) heißt.
Pjesma, jerb. «Lied», fpeziell Bezeihnung des
Volis liedes/ an denen die jerb. Literatur un:
gemein rei ift. Die Piesme werben mit Be:
gleitung der Gusle (f._d.) gefungen, In neuerer
Zeit haben Karadjic (Karadſchitſch), Talvj, Kap:
Pizzicato — Placet
per, Damiäl, Stratimirovil u. a. die wichtigiten
Pjesme teils gefammelt, teils überjekt.
Pl., bei naturwiffenihaftlihen Namen Abtür:
zung für Plinius (den Ältern). .
Placage (fr3.), ſoviel wie Fournierplatten und
fournierte Arbeit. (S. Fournieren.
Placenta (lat), Mutterfuhen, Frucht:
kuchen, das im Grunde der ſchwangern Gebär:
mutter gelegene Organ, durch welches das Ei feft
an die Gebärmutter angeheftet wird und durch
defien Vermittelung das Blut de3 Embryo jene
em. Veränderungen erfährt, welche es zur Er-
nährung des lehtern geeignet machen. Die menſch⸗
fihe P. befist die Gejtalt eines fla länglid):
runden Suchen von 15 bis 18 cm Durchmeſſer,
2 bis 4 cm Dide und 0,5 bis 0,15 kg Gewicht, be:
fteht aus einem weichen, [hwammigen, äußberjt ge
fäßreichen Gewebe und entwidelt fid teils aus
den Zotten bes Chorions, der mitteljten Eihaut bes
Gmbryo (f. d.), teil aus der Gebärmutterſchleim⸗
—— ſelbſt. Im dem Maße, als ſich hier die lind⸗
ichen und muͤtterlichen Blutgefähe einander ent⸗
gegenwachſen und in innige alljeitige Berührung
treten, erfolgt durch die zarten Gefähwandungen
bindurd ein reger Stoffaustauſch zwiſchen dem
mütterlichen und lindlichen Blute, welcher für die
Ernährung und weitere Entwidelung des Embryo
von der größten Bedeutung it. Kranlhafte Los-
trennungen und Entartungen der P. bewirlen das
Abfterben der Frucht und * eine häufige Ur:
ſache des Abortus (f. d.) ab, Bald nad; der Ge:
burt des Kindes wird auch der Mutterfuchen fanıt
den Eihäuten als jog. Nachgeburt von der Ge:
bärmutter losgetrennt und ausgeftoßen,
Placentia, j. Biacenza.
Blacentia, Hafenort an der Wejtfüfte der Halb:
infel Avelon der brit. Infel Neufundland, an der
Bucht P. dur Kabel mit der franz. Inſel St.
Pierre, Gape:Breton und dem Feitland von Nord:
amerila verbunden, hat 3200 E. und it Bifchofalis.
Pläcet (placktum regium) ijt die von der
Staatögewalt beanſpruchte *** eine Prä-
ventivcenfur gegenüber den Erlaſſen lirchlicher
Autoritäten auszuüben, ſodaß diefe ohne bie ftaat:
liche Genehmigung nicht veröffentlicht werben dür-
fen. Schon während des Mittelalters ift das P.
ausgebildet worden und findet ſich aud in mo:
dernen Gefebgebungen troß ber rg Ber:
urteilung des Inſtituts. In ei and bat ſich
der Rechtsſtand dahin geftaltet, dab eine Anzahl
. | von Staaten (z.B. Preußen, a auf jede
präventive Maßnahme kirchlichen Erlafjen gegen:
über verzichtet, andere (Bayern) fie in vollem Um⸗
fang beibehalten haben, nod andere (Sadien,
Württemberg) für ſolche, welche in bürgerliche oder
ftaatsbürgerliche Berhältnifje eingreifen, beziehungs⸗
weije nicht rein geijtliche Öegenjtände betreffen, fie
beibehalten‘, während die Grlafje rein lirchlicher
atur der Staatsregierung bei der Publikation zur
Einficht zu unterbreiten find, womit die öfterr, Ge⸗
febgebung ſich bei allen bifchöfl, Erlafjen begnügt.
Der evang. Kirche gegenüber wenden nur einzelne
Gefehgebungen das P. in derfelben Weiſe an wie
gegenüber der kath. Kirche (Bayern, Frantreich),
während die modernen Gefekgebungen, weldje der
Kirche eine eigene Gefehgebung verjtatten, die von
Staat3 wegen notwendigen Gautelen teild dadurch
erzielen, daß eine Genehmigung ftaatlicherjeits zur
Publikation lirhlicher Rebtänormen erfordertwird,
Plachmal — Plagwitz (preuß. Dorf) 59
teil3 dadurch, daß die Sanftion und Publikation
der Kirchengefehe ausſchließlich dem Landesherrn
zuſteht. * iedberg, «Lehrbuch des Kirchen⸗
recht3» (2, Aufl., 2p3. 1884).
Plachmal, Zwiihenproduft einer früher üb:
lihen, jest jedoch verlaſſenen Methode der Gold:
iheidung, bei welcher das güldiihe Silber mit
Scmwefelantimon zufammengeijhmolzen wurde.
Das Silber verbindet fich dabei mit dem Schwefel,
während da3 Gold mit dem Antimon zufanmen:
tritt. Die beim Grfalten id) von dem Antimongold
fondernde Maſſe von Schwefelfilber und Schwefel:
antimon wurde als P. bezeichnet.
* , Selle. Tochter des rom. Kaiſers
obofius L. von feiner zweiten Gemahlin Galla,
tam 408 n. Chr. bei der Kapitulation von Rom
al3 Geiſel in das Heerlager des Weitgotenlönigs
Alarich; bier gewann fie die Liebe feines Schwagers
und Radjfolgers Ataulpb, der im Yan. 414 mit ihr
zu Narbonne ſich vermäblte. Nachdem aber Ataulph
ım Juli 415 in Barcelona ermordet worden war,
fehrte P. 416 nad) Ravenna zu ihrem Bruder zu:
rüd, der fie (Jan. 417) dem illyr. Heermeifter (und
feit 420 auch Mitregenten) Conſtantius zur Ge:
Er m b. Aus diefer Ehe jtammte der jpätere
Kaifer_Balentinian IIL (geb. 419) und die Prin-
zeſſin Honoria. Konftantius ftarb ſchon 421, und
Geidmnndt
wurde, für ihn die Regenti ie
—— — * 450 zu Rom und wurde in einer
ia, heforberer des Mönchtums in Stalien
und Gallien, jtarb um 560. Nach ihm nannte ſich
die Kongregation der Benediltiner des hei-
ligen Placidus, geftiftet 1618 von Nitolaus de
Fanzon in ber Abtei St.:Hubert in den Nieder:
ei —— ger inengebiet3
Garacole in dem der jübamerit. Republit Bolivia
von Chile entrifjenen Gebiet von Antofagafta, im
Weiten der Salina de Atacama, an der Straße
von u nad Atacama, in 2980 m Höhe
über dem Meer.
P.imperii Beldlub ber Neihsfäne 6
.imperii, t Rei e.
Blafoud (frj.) nennt man die delorierte fla
e eined innern Gebäuberaum
können. Später anregen du
durch Querhölzer, w vieredige oder au
edige eher, Rafietten entitehen, welche mit Ster-
nen, ober anderm Ornament gejhmüdt zu
werden pflegen. it die Dede ganz glatt, jo wirb
eine mehr oder minder reiche Dekoration durch
Malerei oder Stuccatur angewendet. Die Blafond:
Dedenmalerei mit figürligen Daritellungen
ber Aunfoeidichte ine große Rolle, Sie größten
eine olle. e n
Meiſter a a Die Rafael und et
—* Blut a., von Neuern — u. v. a.,
n 1 au b
gale Töne, ſ. unter Rircentöne.
aggen nennt man im nordweſtlichen Deutſch⸗
(hane) In viereligen Stüden von 6-10 cm Wädh
tigleit abgeihälte, mit Heibelraut, Moor: und
Nafenpflanzen bewachſene Oberflähe des Sand;,
Moor: und Heidebodens. Die B., welche zur Ber:
mehrung bes in der betreffenden Gegend häufig
fnappen Düngerd dienen, werben entweber als
Streumaterial in den Ställen, namentlid der
Schafe, verwandt oder mit Dünger, Jauche ıc. font:
—— Bol. Salfeld, «Die Kultur der Heideflãchen
ordweitdeutichlands» (2. Ausg., Hildesh. 1870),
Plagiät (Plagium, lat.), fchriftitellerifcher
oder fünftleriicher Diebftahl ; Plagiarius (eigent:
lich Menichenräuber, Seelenverfäufer) derjenige,
der ſich einen foldyen Diebjtahl zu Schulden tom:
men läht, indem er die einem andern entlehnten
Gedanten als die jeinigen veröffentlicht. Wie ftreng
auch folche Anmahungen und Täuſchungsverſuche
u verurteilen fein mögen, fo läßt ſich doch nur
ne Rechtshilfe erlangen, da das P. durch
Heine Modiſilationen der fremben dee leicht ver:
ichleiert und die Möglichkeit nicht völlig abgewiejen
werden kann, daß zwei Perſonen unter gleichen
Borausfegungen und Berbältniffen auf denjelben
Gedanken verfallen, Ein P. ift daber nur dann
mit Gemwißheit anzunehmen, wenn dem PBlagiarius
die Bedingungen der eigenen Erfindung mangeln
und zugleich die fremde Form angewendet ift, wo
dann freilich da8 Vergehen mit dem Raddrud (f.d.)
fait zufammenfällt. Vol. Wächter, «Das Autor:
recht» (Stuttg. 1875).
Plagioklas (grch.) üt der allgemeine, ſich auf
die fchiefe Neigung der Hauptfpaltungsfläcdhen be:
iehende Name für die im trillinen Syitem fryitalli-
ierenden Feldipate, welche insbefondere als Ge:
mengteile jehr vieler Gefteine eine hervorragende
Rolle fpielen. Es gehören dazu der lieſelſäurereiche
Albit oder Natronfeldfpat, der fiefeljäurearme
Anortbit oder Kallfeldſpat, > ung re
zwifchen beiden, welche als iſomorphe Miſchungen
derjelben aufgefabt und je nach ihrer dem. Zuſam⸗
menfehung als Kalfnatronfeldfpate (z. B.Dligoflas,
Andefin) und Natrontaltfeldipate (4.B. Labradorit)
unterſchieden werben. Vescloizeaur hat aud) eine
trilline Modiſilation des Kalifeldſpats, der jonit
als Orthoklas auftritt, kennen —* den Mitro:
Hin, welcher — auch zu den P. gehört.
Die P. lieben eine vielfach wiederholte Zwillings⸗
bildung durch zahlreiche nebeneinander gelagerte
dünne Lamellen, weshalb denn auf ihrer Haupt—⸗
ſpaltungsfläche eine zartere oder gröbere Streifung
oder Riefung erſcheint; hierdurch fann man fie in
den Gejteinen von bem monollinen Feldipat unter:
ſcheiden, bei weldem auf der betreffenden Fläche
jene Streifung nicht auftreten lann, weil er ber
Zwillingsverwachſung nicht fähig ift, wodurd) die:
jelbe hervorgerufen wird.
Rlagionit, ein jhmwärzlid bleigraues Erz in
did tafelartigen, monollinen Kryitallen, welches
aus 42,2 Blei, 36,6 Antimon und 21,2 Schweſel
beiteht, und zu Wolfäberg am Harz, zu Arnsberg
in Weitfalen und wenigen andern Orten vorlommt.
Piagioftomen (grd.), Duermäuler, bie ver:
einigten Unterorbnungen der Rochen und Haie nad)
der Beihaffenheit des Mauls, das als ein querer
Spalt an der Unterjeite der Schnauge liegt.
Plagium, {.Menihenraub und Plagiat,
PBlagoffop (ach), a ,
Plagwitz, Dorf im preuß. Regierungsbezirk
Liegnig, Kreis Löwenberg, am Bober, Löwenberg
gegenüber, mit (1880) 723 E.; dabei das Schloß
B. mit Srrenanitalt. Bei P. fanden 19,, 21, und
60 Plagwitz (ſächſ.
29. Aug. 1818 ste Gefechte ftatt; im Iekten
wurde die [eg iviſion Puthod vernichtet.
Plagwitz, eins ber groben weſtl. Vorſtadtdoörfer
von —* ‚can ber bier teilweiſe kanaliſierten
Meißen J
reußifchen Staatsba nen, an welche ſich bier eine
weigbahn der Sächſiſchen Staatsbahnen na
aſchwiß zur Verbindung mit der Linie Leipzig⸗Ho
anſchlieht; eine Linie über Connewik zum birelten
Anſchluß an den Bayriſchen Bahnhof in Leipzig iſt
—— ER bat zahlreiche Villen, mehrere Eijen:
gießereien, Fabrilen von Maſchinen, Gasappara:
ten, landwirtichaftlichen Geräten, Bapiermä che,
Buntpapier, Chemikglien, Stärke, Cement, Huf:
eiſen, Drahtwaren, Velocipeden, Färbereien, ein
roßes Dampffägewert ıc, und zählt (1880) 6966 E.
„1843 ei ein Heines Dörfchen von 275 E., ver:
danlt jein a Emporblühen vorzüglich der in:
duftriellen Thätigleit von Dr. Karl Seine. P. bil:
bet mit dem unmittelbar nordweſtlich anftoßenden
Lindenau den großen Dorflompler Plagwißz—
Lindenau, welder mit Leipzig durch zwei Pferde:
babnlinien verbunden ift und 1880 eine Gejamtbe:
völlerung von 19132 —*
Plaid oder Tartan, eigentlich eine Art Man:
tel der Bergſchotten aus grobem, buntcarriertem
ober —— Wollzeug; auch ein derartiges
Wollzeug, das als Imihlagetuch von Herren
und Damen getragen wird. ,
Plaidieren (frz.), eine Sache vor Gericht münd⸗
lich vertreten, verteidigen; Blaidoyer, Vertei:
digungdrede, auch die Rede des öffentlihen An:
J Staatsanwalts).
ſowie an der Linie Leipzig-Gera ber
lafa, |. Kaſtro-Plaka.
fatät (mittellat.), j. Anſchlag.
lakatſäulen, auf Straßen und Plägen größe:
rer Städte aufgeltellte Säulen von etwa 3—5 m
Höbe und 1—1,30 m Umfang zum Ankleben öffent:
icher Anfchläge.
latatichriften, gr Typen, welche beſonders
bei öffentlihen Anschlägen Verwendung Bun.
Blakoiden, Plattenihupper, Klaſſe ber
Fiſche, ſ. unter Schuppen. ,
lau, Stabt im wejtl. Böhmen, Station der
Linie Wien:Eger der Öfterreihifhen Staatöbahnen,
RN Sitz einer Bezirtshauptmannfchaft und eines
ezirlögerichtö, hat ein — und ein Bürger:
fpital und zählt (1880) 3591 E., meiſt Deutſche.
m 17, Jahrh. war PB. der Centralpunt der gräf:
ih Schlitſchen Güter und enthielt auch eine ‘ *
— (das jetige Brauhaus) der Grafen Sclit,
on diejen ging das Gut 1665 an die Grafen von
Sinzendorf und 1828 an die Grafen von Nojtik:
Nhined über.
lauck (Gottlieb Jak.), prot. Theolog, geb.
15. Nov. 1751 zu Nürtingen in Württemberg, tu:
dierte zu Tübingen," wurde bajelbjt 1775 Repe:
tent der theol, Fakultät, 1780 Prediger bei der
Karlsalademie in Stuttgart, 1781 Profejlor da—
jelbft, 1784 ord. Pop TEReE der Theologie in Göt—
tingen, 1805 Generaljuperintendent des Fürften:
tums Göttingen, Er ftarb 31. Aug. 1833. P.s
Bedeutung, als hervorragender Kirchenhiſtorike
liegt in feinem — oft ſubjeltiven Prag:
matiömus; feinen theol. Standpunlt bezeichnete
er felber ald «rationellen Supernaturalismus»,
Unter feinen zahlreihen Schriften find bie be:
deutenditen fein epochemachendes Hauptwerk, die
aGeſchichte der Entitehung, der Veränderungen und
Dorf) — Bland
der Bildung unſers prot, —— » (6 Bbe.,
Lpz. 1781—1800; Bd. 1—3, 2. Aufl., 1791), die
er nach langer Unterbredung in ber «Gefchichte der
Theologie von der Konkordienformel an bis in die
Mitte des 18. Jahrh.» (Gött. 1831) fortfehte; die
«Geihichte der Entitehung und Ausbildung der
chriſtl.lirchlichen Geſellſchaftsverfaſſung » (5 Bbe.,
zn 1803—9) und die Unionsfhrit «fiber die
rennung und Wiedervereinigung der getrennten
chriſtl. Hauptparteien» (Tüb. 1803). Bol. Lüde,
«P. ein biographiicher Berfuch» (Gött. 1835).
Heinrih Ludwig P., Sohn des vorigen, eben:
falls als Theolog befannt, geb. 19. yul 1785,
wurde 1806 Nepetent bei der theol. Fakultät und
1810 außerord., 1823 ord, Profeſſor der Theologie
zu Göttingen. Er ftarb 23. Sept. 1831. In jei:
nen «Bemerkungen über den erjten Baulinifchen
Brief an den Timotheus» (Gött. 1808) verteidigte
er die von Schleiermadher angegriffene Echtheit des
Briefs. Seine dogmat, Anfichten entwidelte er in
dem «flurzen Abriß der philof. Religionslehre »
(Bött. 1821). Vol. Lüde, «Zum Andenken an Hein:
— 2.» (Gött, 1831; neue Aufl. 1835).
Johann Julius Wilhelm P., Sohn des
vorigen, geb. 22. J— 1817, namhafter Prozeſſua⸗
lit, ſtudierte die Rechte zu Göttingen und Jena,
wurde 1839 Privatdocent zu Göttingen, 1842 ord.
Brofefior zu Bafel, 1845 zu Greifswald, 1848 zu:
gleich Oberappellationsgerihtsrat, 1850 Profeſſor
zu Kiel, 1867 zu Münden, Er jchrieb: «Die Mehr:
eit der Rechtsftreitigkeiten im Prozeßrecht » (Bött.
1844), «Die Lehre von dem Beweisurteil» (Gött.
1848), «Syſtemat. Darftellung des deutfchen Straf:
verfahreng» (Gött. 1857), « Das deutſche Gerichts:
verfahrenim Mittelalter» (2 Bde., Braunſchw 1879).
Plauck (Karl Ehriftian), deutiher Philoſoph,
eb. zu Stuttgart 17. Yan. 1819, ftubierte Theo:
ogie im Tübinger Stift, wurde 1844 Repetent und
1848 Bibliothefar an dieſer Anftalt und zugleich
Privatdocent der Bhilofophie an der dortigen Uni:
verſität. Im J. 1856 ward er Profefjor am Gym:
nafium zu Ulm, 1869 am Seminar zu Blaubeuren
und 1879 Ephorus des Seminars zu Maulbronn.
Gr ftarb 7. Juni 1880. Im %. 1885 wurde ihm
in Stuttgart ein Denkmal geiebt. P. hatte, an-
fänglich im Anſchluß an Reiff (f. d.), ein eigentüm:
liches, die Gedanlen der deutjchen ——— in
vielfach intereſſanter Weiſe umſchaffendes Syſtem
ausgebildet, das in ſeiner Heimat ihm viele Freunde
und Anhänger erwarb, über die Grenzen derſelben
hinaus jedoch noch wenig belannt geworden iſt.
Bon feinen Schriften find zu nennen: Katechismus
des Necdhts» (Tüb, 1852), «Grundzüge einer geneti:
ſchen Naturmwiflenichaft» (Tüb, 1862), «Grundlinien
einer Wiljenfchaft der Natur» (Lpz. 1864), « Süd-
deutichland und der deutiche Nationalftaat» (Stutta.
1868), « Geſetß und Ziel der neuern Kunftentwide:
lung im Gegenias zur antiten» (Stuttg. 1870),
«Seele und Geift» (Lpz. 1871), «Wahrheit und
Slachheit des Darwinismus» (Nördl. 1872), «Grund:
riß der Logil» (Lpz. 1873), «Ant ropologie und
Pſychologie auf naturwilienihaftlicher Grundlage»
(Epz. 1874), « Logiſches Caufalgefeh und natürliche
Zwecthãtigkeit⸗ Nördl. 1877), «Ziel und Entwide:
lungsgeſet der alten Bhilofo bie in ihrem Berhält:
nis zur neuern» (in der de tichrift der württemb,
Seminarien und Gymnaften zum Tübinger Jubi—
läum 1877), «Teftament eines Deutihen» (nad feis
nem Tode herausg. von K. Köftlin, Tüb, 1881).
Plandrehbant — Planeten
Haubrehbant (Planfheibendrehbantl,
frj. tour à plateau, engl. surface-lathe), f. unter
Drehbant, Bd. V, S. 538°.
Piandrehen oder Flahdreben, das Ab:
drehen einer_ebenen Fläche fentreht gegen bie
Spindel der Drehbank. ö
Blaue, Lintsfeitiger Zufluß ber Havel im preuß.
Regierungsbezirt Potsdam, entipringt auf dem
Fläming, weit ſidweſtlich von Niemegk, durchfließt
das Landchen Zauche, von unterhalb Rottitod an
von Sümpfen begleitet und mündet nad) einem
"Laufe von 60 km unterhalb Brandenburg in den
von der Havel burchfloffenen Breitlingfee.
Bläner, ein grauer oder rötlicher, meift verftei:
nerungäreicher, FE Kalkſtein in der Kreidefor:
mation Norddeutichlands, Weitfalensund Sachſens.
lauetarium nennt man eine gewöhnlid mit
Räderwerk verjehene Maſchine, durch welche man
die Bewegungen der Planeten um die Sonne dar:
jtellen fann. Schon Ardimedes foll ein P. kon:
ftruiert haben; jpäter bejaßen Pofidonius und
Boẽthius — ar und in neuerer
Zeit werden ſie vielfach beſonders für den Unter—
richt in den Schulen angefertigt.
lanete, Meßgewand, |. Caſula.
Planeten (grch.) oder Wandelſterne nennt
man diejenigen Sterne, welche ſich in freisähnlichen
Bahnen um die Sonne bewegen und von derfelben
erleuchtet werden. Die lehtere Erklärung zeigt, daß
auch die Erde dahin zu rechnen, nicht aber die Ko:
meten, deren Bahnen im allgemeinen nicht kreis:
ähnlich heißen fönnen. Db außer der Sonne noch
andere Fixſterne von P. umtreift werben, wiljen
wir nicht, müflen e8 aber vermuten; fihtbar fönnen
uns jolde B. anderer Sonnen - si Lichtſchwäche
wegen wohl niemals werden, Von den uns jeßt
befannten ®. waren außer der Erde noch fünf, näm:
lih Merkur, Benus, Mars, Jupiter und Saturn,
die mit bloßem Auge fihtbar find, ſchon den Alten
befannt. Die andern P. find ſämtlich erft in der
neueften Zeit entdedt worden. Erſt feit Anfang
des 19. Jahrh. wurde eine Lüde ausgefüllt, die
früher zwifhen Mars und Jupiter zu bemerfen
war. Zeilt man nämlid) den Abſtand der Erde von
der Sonne in 10 gleiche Zeile, fo lafjen fich die mitt:
lern Abjtände der PB. von der Sonne ziemlich nahe
durch folgende Zahlen ausdrüden: Merkur 4, Be:
nus 7, Erde 10, Mars 16, Jupiter 52, Saturn 100,
Uranus 196. Zieht man die erite Zahl 4 von allen
andern ab, jo fommt 3, 6, 12, 48, 96, 192; bier ift
jede Zahl das Doppelte der vorhergehenden, nur
mit Ausnahme der Zahlen 12 und 48 (für Mars
und Jupiter), zwijchen denen 24 fehlt. Die Ber:
mutung lag daher nahe, daß hier noch ein Planet
in dem * 28 ſtehen möge, welche bie in der
legten Reihe nod fehlende Baht 24 geben würde,
und fie bat ſich volllommen beftätigt, wiewohl man
- wenig erftaunt war, ftatt eines größern P.
mehrere Heine an diefer Stelle zu finden, deren Zahl
fi fpäter auf überrafhende Weife —— hat.
ü paßt der 1846 entdedte entfernteite la:
net Neptun nicht in jene Reihe der Abjtände, indem
feine mittlere Entfernung von der Eonne nur 300
(tatt 388) beträgt. Außer Merkur und Venus wer:
den alle großen P. von Heinen Sternden, fog.
Nebenplaneten (f. u oder Monden umtreijt, bie
fämtlich dem bloßen Auge unſichtbar und daher erjt
nad) Erfindung des yernrohrs entdedt worden find,
Bas das äußere Anſehen ber P. betrifft, fo dann
61
man fie mit bloßen Augen nur an ihrem mattern
und rubigern Lichte erfennen, weldyes eine Folge
davon iſt, daß fie nicht felbftleuchtende Körper find,
wie die Sonne und bie Firfterne, fonbern dunkle
Körper, bie ihr Licht erft von der Sonne aan:
im Fernrohr erſcheinen fie, je nad) ihren Phafen,
ala Heine erleuchtete Scheiben, reſp. Sicheln.
Die Bewegungen der P. DD ehr
unregelmäßig, indem fie ſich bald na — Id
nad Weiten, bald ſchneller, bald langſamer be:
wegen, zumeilen auch ganz ftillzuftehen feinen.
Die Erklärung diefer Erſcheinungen hat den frühern
Atronomen viele Mühe gemacht und ift erft feit
etwa drei Jahrhunderten auf eine befriedigende
Weiſe gegeben worden. Sie hängt mit der ganzen
Anordnung des ag ir ig zufammen, über
welche verſchiedene Hypotheſen oder Syſteme aufs
geftellt worden find, unter denen hauptfächlid) drei
von Wichtigkeit find: das Ptolemäifche, das Tycho⸗
niſche und das Kopernilanifche Weltfyftem. Btole:
mäud nahm an, die Erde Wr ruhend im Mittel:
punkte, und um fie bewege fich auerft ber Mond,
dann Merkur und Venus, hierauf die Sonne und
die übrigen P., und zwar ſämtlich in Kreifen.
abrtaufenbe ang galt diejes gan für das ri:
tige, wiewohl es nur durch die ebenfo finnreiche als
verwidelte Hypotheje der Epicylel den Erſchei⸗
nungen einigermaßen angepaßt werben fonnte,
Nach dem Kopernitanifchen er defjen Richtig:
feit jeßt allgemein anerfannt, bildet nicht die Erbe,
fondern die Sonne den Mittelpunkt; um diefelbe
bewegen ſich fämtlihe B. mit Einfhluß der Erde,
um diefe aber bewegt fi der Mond. Da jedod)
diefe von Kopernitus aufgeftellte Hypothefe anfangs
wegen bes Widerſpruchs, in dem fie nicht nur mit
eingewurzelten Vorurteilen, fondern auch mit meh:
tern Stellen der Bibel ftand, vielfahen Anſtoß er:
regte, fo ftellte der Aftronom Tyco de Brahe ein
drittes Syftem auf, > welchem die Erde ruht
und Mond und Sonne fi um diefelbe bewegen,
während alle andern P. ſich zunächit um die Sonne
und nur mit diefer um bie Erde bewegen follen.
Allein diefes Syſtem widerſprach den beobachteten
Eriheinungen zu fehr, um Cingang finden zu
lönnen, wogegen das Kopernilaniſche allmählich
immer allgemeiner als richtig erfannt wurde, In—
de3 bedurfte auch diefes in einigen Punkten wejent:
licher Berbefierungen, die e8 durch Kepler (f. d.) er:
hielt, welcher die Gefehe der Vlanetenbewegung
auffand (nach ihm die Kepler'ſchen Geſetze ge:
nannt). Erft etiwa 100 Jahre fpäter lieferte New:
ton, der Entdeder der allgemeinen Schwere und
Schöpfer der Mechanik des Himmels, den theore:
tiihen Beweis für die Richtigkeit und Notwendig:
keit dieſer Geſehe, die Kepler nur auf_empiriichem
Wege als richtig erlannt hatte, Seht find die Bah—
nen der P. in allen ihren Einzelheiten mit außer:
ordentlidher Genauigkeit beftimmt.
Um den Drt eines P. für einen beitimmten
Augenblid berechnen zu können, müjlen ſechs Be:
ftimmungsftüde befannt fein, welche man die Ele:
mente der P. nennt, Unter diefen find namentlic)
zwei bemerkenswert, die Ercentricität und die Nei:
ung der Planetenbahn gegen die Etliptif. Je grö—
* die Excentricität iſt, deſto mehr weicht die Bahn
von einem Kreiſe ab. Die großen P., Merkur, Ve:
nus, Erde, Mars, Jupiter, Saturn, Uranus,
Neptun, haben meiftens eine geringe Ercentricität:
Venus Yırzs, Neptun Yırs, Erde Yo, Jupiter und
62
Uranus Y, Saturn "ıs, Mars 'A,, nur Mer:
fur Y,. Dagegen zeigen die Heinen P. zwiichen
Mars und Jupiter im Durchſchnitt gröbere Grcen:
tricität, Lomia (Y4s), Harmonia, Concordia und
Glythia zwar auch Heine (",), aber Bolyhymnia,
Gurydice, Atalanta, Athra, Eva, Urda u. ſ. m. um
fo größere, bie bei dithra bis über %/s (0,330) get:
Auch die Neigungen der Bahnen gegen die Elliptit
find bei den Heinen P. im allgemeinen viel beträdht:
licher als bei den großen. Die Bahn des Uranus
bat z. B. eine Neigung von 46’, deö Jupiter von
1° 19, des Saturn von 2° 30%, des Merkur von 7°
(die größte). Bei den Heinen P. erreicht die Nei-
gung der Bahn von Maſſalia und Themis und Ga:
rumma noch nicht 1°, dagegen überfteigt die Neigung
der Bhocäa, Euphroſyne, Niobe, Artemis u. a. 20°,
und die der Pallas beträgt ſogar 34° 43’. infolge
diefer beträchtlichen Neigungen bewegen, fich ‚die
Heinen P. aud nicht alle innerhalb des Tierkreijes
(j. d.) wie die großen, ſondern —— Pallas
u. a. können, von der Erbe aus geſehen, bis über
50°” nördlich oder füdlich vom Slquator ſich befinden
und zu bejtimmten Zeiten im Sternbilde des Großen
Bären ftehen. Aus dem dritten Keplerſchen Gejek
ergellt, daß die P. binfichtlic ihrer Umlaufszeit
diefelbe Reihenfolge beobadten, wie binfichtlich
ihres Abjtandes von der Sonne. Je weiter fie von
der Sonne entfernt find, deſto größer iſt auch ihre
ſideriſche Umlaufszeit, d. b. der Zeitraum, in dem fie
einen vollftändigen Umlauf um bie Sonne machen.
Mas die Größe der P. betrifft, fo iſt Jupiter,
der die Erde feinem körperlichen Inhalt nad) über
1300 mal übertrifjt, bei weitem der größte, ihm zu:
nächſt jteht Saturn. Die Heinften 3. find die zwi:
ſchen Mars und Jupiter ftehenden, deren Größe
nur annähernd hat beſtimmt werden können. Die
ſcheinbare Größe der P. hängt nicht nur von ihrer
wirklichen Größe, fondern 9— von ihrem Abſtande
von der Erde ab. Bon allen P. aber tommt Venus
zu gewiſſen Zeiten der Erde am nädhften, bis auf
39 Mill. Kilometer, und dann erſcheint fie ung grö-
ber als irgendein anderer Planet, indem ihr größter
ſcheinbarer Durchmefier dann 62 Sekunden beträgt,
während er zur Zeit ihres größten Abjtandes von
der Erde auf 10 Sekunden herabjintt. In Bezug auf
ihre Größe lann man brei Klaſſen von P. unter:
ſcheiden: die Heinen (Afteroiden oder Planetoiden);
bie vier mittlern: Merkur, Benus, Erde, Mars; die
vier großen: Jupiter, Saturn Uranus, Neptun.
Die mittlern find die nächſten bei ber Sonne, bie
Be die entjernteften; zwiſchen jenen und diejen
tehen die Meinen, Die großen zeichnen fih auch
durch die Monde, von denen fie in größerer Zahl
umgeben werben \ hrend von den übrigen nur die
Erde einen Mond, jowie der Mars zwei Heine
Monde hat), fowie, foweit bis jebt bekannt, durch
ihre ſchnelle Achiendrehung aus, während die mitt:
lern nabe in derſelben weit längern Zeit ſich um
ihre Achſe drehen.
In? x auf ihre Stellung zur Sonne teilt
man die P. (ohne die Erde) in untere und obere, und
nennt Degen untere, welche ber Sonne näher
find als die Erbe, alle übrigen aber obere; hiernach
gibt e3 nur zwei untere P.: Merkur und Venus.
iefe erfcheinen uns immer nahe bei der Sonne,
niemals ihr gegenüber, und find unſichtbar, wenn
fie mit und Sonne ziemlich in gerader Linie
ftehen, zur Zeit ihrer untern und obern Konjunl;
tion, nur jene jeltenen Fälle ausgenommen, wo fie
Blaneten
zur Zeit der untern Konjunktion als dunlle Flede
auf der Sonnenſcheibe erfcheinen, was man einen
Durchgang diefer P. nennt. (S. Durdhgang.)
Die obern P. erſcheinen zu gewiffen Zeiten der
Sonne gerade gegenüber, in Oppofition mit der
Sonne, und find dann gerade am beften zu ſehen;
ur Zeit ihrer Konjunltion aber find fie wie die an:
P. unfihtbar. Der Zeitraum, ber —
zwei entſprechenden Konjunktionen desſelben P.
— heißt ſeine ſynodiſche —
ie Bahnen der großen P. find feit der Mitte
des 19. Jahrh. neu unterfucht und zur leichtern
Berechnung ihres Ortes am Himmel ausführliche
Tafeln oder Tabellen bergeftellt, Für Merkur, Be:
nus, Erde (jtatt der Tafeln für die Bewegung der
Grde gibt man gewöhnlich die Tafeln der ſcheinba⸗
ren Bewegung der Sonne) und Mars hat Leverrier
in den «Annalen der parifer Sternwartes neue Ta:
feln gegeben, nach denen die berechneten Örter mit
den beobadteten bi3 auf wenige Bogenfelunden,
welche meijtens — Kenbaäte nantchier find, über:
einftimmen. Die Tafeln der P. Jupiter, Saturn
und Uranus hat derjelbe große Yitronom erade
nod) vor feinem Tode vollenden lönnen. i der
Berechnung der Tafeln für Merkur zeigte fid eine
Differenz, welche Leverrier einem N ober einem
Syiten von P. innerhalb ber Merkursbahn und
der Sonne zujchrieb. Durch die aus verfchiedenen
Ableitungen ſich ergebende Heinere Entfernung der
Erde von der Sonne, als diejenige, weldhe Ende
aus ben ——A——— von 1761 und 1769
abgeleitet hat, iſt auch die abſolute Entfernung der
von der Sonne und ihre Größe etwa um ein
iBigftel geringer anzunehmen. Auch ift in den
legten Jahren bejonders von Zöllner mit den Pho—
tometer das Reflerionsvermögen ber großen B. neu
unterfucht, und ijt gefunden, daß von dem von der
Sonne empfangenen Licht Mars 27 PBroz., Jupiter
62 Proz., Saturn 50 Proz, Uranus 64 Proz. und
Neptun 46 Proz. refleltieren. Die Unterfudung
der B. mit dem Speltroftop hat ergeben, daß bie
Speltra der B. Ühnlichleit mit dem Speltrum der
Sonne haben, d Ai bei Jupiter im roten und
gelben Licht beträchtlih mehr dunkle Linien er:
tannt, bie ber Jupiteratmoſphäre zugeſchrieben
werden. Das Speltrum des Saturn hat zahlreiche
Abforptionslinien, die als Zeichen einer wafler:
dampfhaltigen Atmofphäre anzufehen find; bei Ura⸗
nu3 und Neptun find at warze breite Strei:
fen in Blau, Grün, Gelb und Orange gefunden.
Bon Heinen, erjt im 19. Jahrh. entvedten P.,
wegen ihres geringen Umfangs von Herſchel Aite:
roiden, jebt auch PBlanetoiden genannt, find
zur Beit (Oft. 1885) 251 befannt. Anfangs wählte
man, wie für bie großen, fo auch für die Heinen P.
Beiden. Da ſich aber deren Zahl jehr mehrte, wur:
den auf Goulds Vorſchlag Kreife mit Zahlen (die
Zahl zeigt die Reihenfolge der Entdedung an) ge:
wäblt: 3.8. (ı) Geres, (8) Flora, Maſſalia,
69 Virginia. Eine Tabelle der Namen, Länge ber
Perihelien, Länge der Knoten, Neigungen, Umlaufs:
eiten, mittlern Entfernungen und Egcentricitäten,
er Entbeder und Gntdedungszeiten ber bis Juni
1885 entdedten Heinen P. folgt umjtehend, um eine
tiberficht über die Bahnen zu geben. Für die drei
zufegt entdedten P. find noch keine fihern Elemente
vorhanden. Die Grabe find bis auf Zehntel abges
rundet, weil die Elemente durch die Störungen fort:
während etwas verändert werden.
Planeten
Elemente ber Heinen Planeten.
Mittlerer
1. &eres....... 2,766 | 0,079 | Biazzi, Palermo, 1. San. 1801.
2.1 Ballas....... 2,769 | 0,241 | Dfbers, Bremen, 28. März 1802,
3.19ım0....... 2,669 | 0,256 | Harding, Lilienthal, 1. Sept. 1804.
4. Beſta ....... 2,362 | 0,088 | Dibers, Bremen, 29. März 1807,
5.) Afträa ...... 2,578 | 0,188 | Henke, Driefen, 8. Dez. 1845.
6. Hebe ....... 2,425 | 0,203 | Henke, Drieſen, 1. Juli 1847.
7. JIris........ 2,3% | 0,231 Hind, London, 13. Aug. 1847,
8. |Flera....... 2,201 | 0,156 | Sind, London, 18, Oft. 1847.
9. Metis ...... 2,397 | 0,123 | Graham, Markree, 26. April 1848.
10.} Hygien...... 3,139 | 0,117 | De Gasparis, Neapel, 12. April 1849.
11. | Barthenope 2,452 | 0,19 | De Gasparis, Neapel, 11, Mai 1850.
12. | Bictoria, 2,33% | 0,218 | Hind, London, 13. Sept. 1850,
13. | Egeria....... 2,577 | 0,087 | De Gasparis, Neapel, 2. Nov, 1850.
14. | Ireme....... 2,590 | O,ı6ı | Hind, London, 19. Mat 1851.
15. | Eunomia 2,643 | 0,187 | De Gasparis, Neapel, 29, Juli 1851.
16. | Pſyche ....... 2,991 0,138 | De Gasparis, Neapel, 17. März 1852.
17.1 Thetis........ 2,172 | 0,130 | Luther, Bilk, 17. April 1852,
18. | Melpomene 2,2% | 0,217 | Hind, London, 24. Juni 1852,
19. | Fortuma..... 2,443 | 0,159 | Hind, London, 22, Aug. 1852.
20. | Maffalia 2,408 | 0,143 | De Gasparis, Neapel, 19. Sept. 1852.
21.) Eutetia...... 2,135 | 0,163 | Goldſchmidt, Parie, 15. Nov. 1852.
22. | Zalliope..... 2,503 | 0,104 | Hind, Ponbon, 16. Nov. 1852.
23.| Tpalia...... 2,629 | 0,231 | Hind, London, 15. Dez. 1852.
24.| Themis ..... 3,132 | 0,129 | De Gasparis, Neapel, 5. April 1853.
25.| Phocäa ..... 2,401 | 0,255 | Chacornac, Marjeille, 7. April 1858.
26. | Brojerpina 36 2,656 | 0,087 | Luther, Bilf, 5. Mai 1853.
27.) Enterpe..... 88,0 i 2,347 | O,174 | Hind, London, 8. Nov. 1853,
29, | Bellona..... 124,0 |144,6 | 9,4 | 1694 | 2,781 | 0,149 | Luther, Bilf, 1. März 1854.
29. | Ampphitrite 56,4 1356,7 | 6,1 | 1491 | 2,555 | 0,074 | Martb, London, 1. März 1854.
30.) Urania...... 31,3 308,2 | 2,1 | 1329 | 2,366 | 0,126 | Hind, London, 22. Juli 1854.
31. Euphroſyne 93, | 31,5 1265 | 2037 | 3,145 | 0,294 | Fergufon, Waihington, 2, Sept. 1854.
32. Bomona 193,4 | 220,7 | 5,5 | 1520 | 2,587 | 0,083 | Golbjhmibt, Paris, 26. Dit. 1854,
33. | Bolypymnia . | 342,4 92 | 2,0 | 1773 | 2,867 | 0,338 | Chacornac, Paris, 28. Ott. 1854.
31.|Eire....... 148,7 | 184,5 | 5,5 | 1608 | 2,686 | 0,110 | Ehacornac, Paris, 6. April 1855.
35. | Leufothea 202,4 305,8 | 8,2 | 18839 | 2,900 | 0,285 | Luther, Bilf, 19, April 1855.
36. | Atalante 42,7 359,2 |18,7 | 1663 | 2,746 | 0,399 Soldfhmibt, Paris, 5. Olt. 1855.
37. tag RR 66,4 84 | 3,1 | 1569 | 2,642 | 0,177 | Luther, Bill, 5. Ott. 1855.
38.18eba........ 101,3 | 296,4 | 7,o } 1654 | 2,701 | 0,154 | Ehacornac, Paris, 12. Jan. 1856.
39.) Lätitia ...... 83,1 |157,2 |10,4 | 1683 | 2,769 | O,114 | Ehacornac, Paris, 8. Febr. 1856,
40. | Harınonia 0,» | 93,6 | 4,3 | 1247 | 2,267 | 0,097 | Golbfchmidt, Paris, 31. März 1856.
41.| Daphne 220,6 179,1 15,9 | 1682 | 2,768 | O,266 | Golbjchmidt, Paris, 22. Mai 1856.
42.18 ......... 318,0 | 84,5 | 8,6 | 1392 | 2,440 | 0,226 | Pogion, Orforb, 23. Mai 1856.
43. Ariobne..... 278,0 |264,6 | 3,5 | 1194 | 2,203 | O,168 | Pogſon, Orforb, 15. April 1857.
44. ER 111,9 [131,2 | 3,7 | 1377 | 2,422 | 0,152 Goldſchmidt, Paris, 27. Mai 1857.
45.| Eugenia..... 232,1 |147,3 | 6,6 | 1640 | 2,721 | 0,082 | Golbjhmibt, Paris, 26. Juni 1857.
46. | Heflia......- 354,2 |181,5 | 2,3 | 1466 | 2,525 | O,166 ogfon, Orforb, 16. Aug. 1857.
47. | Aglaja...... 312,7 4,3 | 5,0 | 1785 | 2,580 | 0,132 | Luther, Bilk, 15. Sept. 1857,
48. | Doris ...... 70, 1184, | 6,5 | 2008 3, 115 | 0,064 Goldſchmidt, Paris, 19. Sept. 1857,
49, — IäV — 81,2 290,7 | 8,1 | 1986 3.091 0,230 | Goldſchmidt, Paris, 19. Sept. 1857.
50.| Birginia .... | 10,1 1173,85 | 2,8 | 1579 | 2,654 | 0,285 Beraufen, Waſhington, 4. Oft. 1857,
51. | Nemaufa.... | 174,7 175,9 9» | 1329 | 2,366 | 0,067 | Laurent, Nimes, 22. Jan, 1858.
52.| Europa ..... 106,9 129,7 7, | 1990 | 3,096 | 0,112 | Goldfchmibt, Paris, 4. Febr. 1858.
53. | Kalypfo..... 92,3 |144,0 | 5,1 | 1548 | 2,619 | 0,206 | Luther, Bil, 4. April 1858.
54.| Alerandra ... |295,4 1313,38 | 11,8 | 1629 | 2,709 | 0,200 Goldſchmidt, Paris, 10. Sept. 1858,
55. Banbora .„...| 10,6 | 10,» | 7,3 | 1673 | 2,759 | O,144 | Searle, Albany, 10. Sept. 1858.
56. | Melete....... 294,6 194, ı | 8,0 | 1536 | 2,601 | 0,234 Goldſchmidt, Paris, 9. Sept. 1857.
57, —— 634 200, 15,32 | 2040 | 3,148 | O,117 | Luther, Bill, 22, Sept. 1859.
58.) Eoncorbia ... |189,2 | 161,3 | 5,0 | 1621 | 2,700 | 0,042 | Luther, Bilk, 24. März 1860,
59. Elpis....... 17,5 1170,4 | 8,6 | 1632 | 2,713 | O,ıı7 | Ehacornac, Paris, 12. Sept. 1860.
Mi. 98,8 192,1 | 8,6 | 1352 | 2,393 | O,ısa ge ufon, Wafbington, 14.Sept.1860.
61.| Danat...... 3441 13342 [18,3 | 1880 | 2,981 | O,166 ſchmidt, Paris, 9. Sept. 1860.
64 Planeten
23 E2| 8
SE E | & Entdetung
53 25 3
ar & $
62. |Erato....... 39,0° | 125,8°| 2,3°| 2017 | 3,124 | 0,175 örfter u. Leffer, Berlin, 14.Sept. 1860,
63. Auſonia. .... 270,9 |837,9 | 5,3 | 1354 | 2,396 | 0,194 e Gasparis, Neapel, 11. Bebr. 1861.
64. | Angelina .... |125,6 [311,1 | 1,3 | 1604 | 2,653 | 0,127 | Tempel, Marfeille, 5. März 1861.
65. | Eybele ...... 260,6 |158,3 | 3,5 | 2317 | 3,427 | 0,110 | Tempel, Marjeille, 9. März 1861.
66.1 Maja......- 48,1 8,3 | 3,1 | 1572 | 2,645 | 0,175 | Tuttle, Cambridge, 10, April 1861.
67.Aſia ........ 306,8 |202,8 | 6,0 | 1375 | 2,420 | 0,187 | Pogfon, Madras, 17. April 1861.
68. Leto ........ 345,2 | 45,0 | 8,0 | 1693 | 2,281 | O,ıs8 | Luther, Bilk, 29. April 1861.
69. | Hefperia . 1108,3 187,2 | 8,5 | 1877 | 2,978 | O,ırı | Schtaparelli, Mailand, 29, April 1861.
70. | Banopän .... 299,8 | 48,3 |11,6 | 1544 | 2,614 | 0,153 | Golbfchinidt, Baris, 5. Mai 1861,
71.|Niobe....... 221,3 |316,5 23,3 | 1671 | 2,756 | 0,173 | Luther, Bilf, 13. Aug. 1861.
72. | Beronia ..... 308,0 |207,8 | 5,4 | 1246 | 2,266 | 0,120 | Beters, Klinton, 29. Mai 1861.
73. | Elytia ...... 57,9 73 | 2,4 | 1589 | 2,665 | 0,012 | Tuttle, Cambridge, 7. April 1862.
74. | Galathea 8,3 1197,38 | 4,0 | 1690 | 2,777 | 0,237 | Tempel, Marjeille, 29. Aug. 1862,
75. | Eurydice 335,6 0,0 | 5,0 | 1595 | 2,672 | 0,306 ters, Clinton, 22. Sept. 1862.
76. Freia ....... 90,8 1212, | 20) % 3,114 | 0,174 'Arreft, Kopenhagen, 21. Oft. 1862.
77. | Srigga...... 58,8 2,0 | 2,5 | 1592 | 2,6683 | O,132 | Peters, Clinton, 12, Nov. 1862,
78. | Diana ...... 122,4 333,8 | 8,6 | 1540 | 2,610 | 0,205 | Luther, Bilk, 15. März 1868,
79. | Eurynome... | 44,4 206,7 | 4,6 | 1395 | 2,444 | 0,194 | Watfon, Ann-Arbor, 14. Sept. 1863.
&0.| Saprbo..... 355,3 1218,7 | 8,6 | 1271 | 2,296 | 0,200 Bosfon, Madras, 2. Mai 1864.
81. | Terpfichore 48,7 2,7 | 7» | 1760 | 2,853 | 0,211 empel, Marjeille, 80. Sept. 1864.
82. | Altmene..... 131,8 | 27,0 | 2,8 | 1677 | 2,262 | 0,221 | Luther, Bilt, 27. Nov. 1861.
89. Beatrix ..... 191,8 | 27,5 | 5,0 | 1384 | 2,430 | 0,086 | De Gasparis, Neapel, 26. April 1865.
84. |Rlio........ 9,3 |327,5 | 9,4 | 1327 | 2,363 | 0,236 | Luther, Bill, 25. Aug. 1865.
SE, Ve 322,6 1203, [11,9 | 1579 | 2,654 | O,ı9ı | Peters, Clinton, 19. Sept. 1865,
86. | Semele ..... 29,2 | 87,7 | 4,5 | 1995 | 3,102 | O,216 | Tietjen, Berlin, 4. Jan. 1866.
87. | Silvia ...... 333,8 | 75,8 |10,9 | 2375 | 3,483 | 0,079 | Bogfen, Madras, 16. Mai 1866.
88. | Tpisbe...... 303,6 |277,9 | 5,3 | 1681 | 2,767 | O,163 | Beters, Elinton, 15. Juni 1866,
89. | Julia....... 353,4 |311,7 |16,2 | 1488 | 2,551 | 0,181 | Stephan, Marfeille, 6. Aug. 1866.
90. | Antiope..... 301,2 | 71,3 | 2,3 | 2035 | 3,142 } O,ı65 | Luther, Bil, 1. Oft. 1866.
91. | Agina ...... 804 | 11,1 | 2,1 | 1522 | 2,590 | 0,109 | Stephan, Marfeille, 4. Nov. 1866.
92. Undina ..... 331,5 1102, | 9,9 | 2077 | 3,185 | 0,102 | Peters, Elinton, 7. Juli 1867,
93. | Minerva 274,7 5,12. | 8,6 | 1669 | 2,754 | 0,111 | Watfon, Ann-Arbor, 24. Aug. 1867.
94. | Aurora ..... 48,8 4,2 | 8,1 | 2052 | 3,160 | 0,083 | Watfon, Ann⸗Arbor, 6. Sept. 1867.
95. | Arethufa 33,0 244,3 |12,9 | 1966 | 3,071 | 0,145 | Quther, Bilt, 23. Nov. 1867.
96. Agle — 163,2 |322,8 |16,1 | 1945 | 3,050 | 0,140 | Coggia, Marſeille, 17. Febr. 1868.
97.| Klotho ...... 65,5 |160,6 |11,8 | 1594 | 2,071 | 0,255 | Tempel, Marfeille, 17, Febr. 1868,
98. Janthe. ..... 148,3 35411 |15,5 | 1607 | 2,685 | 0,192 | Beters, Clinton, 18. April 1868,
20.1 Eile...» 240,8 | 41,7 |13,9 | 1708 | 2,797 | 0,238 | Borrelly, Marfeille, 28. Mai 1868,
100. | Helate.. .... 308,1 [128,2 | 6,4 | 1984 | 3,090 | 0,164 | Watfon, Ann-Arber, 11. Juli 1868.
101. | Helena. ..... 327,2 1343,38 |10,2 | 1518 | 2,555 | 0,139 | Watfon, Ann-Arbor, 15. Aug. 1868.
102. | Diriam..... 354,6 |212,0 | 5,1 | 1586 | 2,002 | 0,304 | Beters, Clinton, 22. Aug. 1868,
108. | Sera ....... 321,0 /136,3 | 5,4 | 1622 | 2,701 | 0,080 | Watfon, Ann-Arbor, 7. Sept. 1868,
104. | Eiymene 59,5 | 43,5 | 2,9 | 2043 | 3,151 | 0,158 | Watfon, Ann-Arbor, 13. Sept. 1868,
105. | Artemis..... 242,6 |188,0 |21,5 | 1336 | 2,374 | 0,175 | Watfon, Ann-Arbor, 16. Sept. 1868.
106. | Dione ...... 25,9 | 63,2 | 4,6 | 2059 | 3,107 | 0,179 | Watfon, Ann-Arbor, 10. Ott. 1868,
107. | Camilla..... 115,9 |176,3 | 9,9 | 2376 | 3,455 | 0,076 | Bogfon, Madras, 17. Nov. 1868,
108. | Heenba ..... |173,8 352,3 | 4,4 | 2101 | 3,211 | 0,101 | Luther, Bilk, 2, April 1869.
109. | Felicitas .... | 56,0 4,9 | 8,0 | 1616 | 2,694 | 0,300 | Beters, Elinton, 9, Oft. 1869.
110. | !ybia....... 336,8 | 57,2 | 6,0 | 1650 | 2,733 | 0,077 | Borrelly, Marfeille, 19. April 1870.
111. Ate ........ 108,7 1306,32 | 4,9 | 1525 | 2,593 | 0,105 | Peters, Clinton, 14. Aug. 1870.
112. | Iphigenia ... [888,1 |324,0 | 2,6 | 1387 | 2,433 | 0,123 | Peters, Clinton, 19. Sept. 1870,
113, | Amalthea.... [198,7 |123,2 | 5,0 | 1838 | 2,376 | 0,037 | Luther, Bilt, 12. März 1871.
114. | Kaffandra ... 153,1 | 164,4 | 4,9 | 1599 | 2,676 | 0,140 | Peters, Clinton, 23. Juli 1871.
115. yra ...... 43,0 809,1 |11,6 | 1340 | 2,579 | 0,19% | Watfon, Aun-Arbor, 6. Aug. 1871.
116. | Sirona ..... 152,8 | 64,4 | 3,6 | 1681 | 2,767 | 0,143 | Peters, Clinton, 8. Sept. 1871.
117. | 2omia ...... 43,8 |349,6 |15,0 | 1889 | 2,901 | 0,0% | Borrelly, Marſeille, 12. Sept. 1871. a
118. | Beitho ......| 77,6 | 47,5 | 7,8 | 1391 | 2,438 | O,ı6ı | Luther, Bilk, 15. März 1872,
119. | Altbäa ...... 11,5 1203, | 5,8 | 1516 | 2,582 | O,os2 | Watfon, Anu-Arbor, 3. April 1872,
120. Lacheſis ..... 214,0 342,9 | 7,0 | 2014 | 3,121 | 0,047 | Borrelly, Marfeille, 10. April 1872,
121. | Hermione 357,8 | 76,8 | 7,6 | 2344 | 3,154 | 0,125 | Watfon, Ann-Arbor, 12. Mai 1872,
122, — 203,8 |178,7 | 1,6 | 2108 | 3,213 | 0,041 | Peters, Clinton, 31. Juli 1872,
123, | Brunbild.... | 69,4 18084 | 6,4 | 1616 | 2,595 | 0,123 | Peters, Clinton, 31. Fuli 1872.
124. Alceſte ....... 245,7 [188,4 | 2,9 | 1558 | 2,630 | 0,078 | Peters, Clinton, 23. Aug. 1872,
igitized |
— ole
\ ‚ooglc
—
Planeten 65
Entdedung
Länge bes
Berihels
Länge des
Sinotens
Mittlerer
Ubitand
125. | Aberatrix. ... |273,5° |169,6° | 4,6° | 1660 | 2,744 | 0,080 | Profper Henry, Paris, 11.Sept. 1872,
126. | Belleda ..... 3478 | 23,1 | 2,9 | 1892 | 2,440 | 0,106 | Baul Henry, Paris, 5. Nov. 1872,
127. | Yohanna .... 1122,65 | 31,8 | 8,3 | 1670 | 2,755 | 0,066 | Brojper Henry, Paris, 5. Nov. 1872.
128. |Nemefis .... | 16,6 | 76,5 | 6,2 | 1667 | 2,751 | 0,126 | Watjon, Ann-Arbor, 25. Nov. 1872,
129. | Antigene .... 12421 137,6 [12,2 | 1774 | 2,868 | 0,213 Peters, Clinton, 5. Febr. 1873.
130. | Eleltra ..... 20,5 |146,0 |22,9 | 2016 | 3,123 | 0,208 | Peters, Clinton, 17. Febr. 1873.
131. | Bala ....... 222,8 | 65,2 | 5,0 | 1385 | 2,432 | 0,068 | Peters, Elinton, 24. Mai 1873.
132. | Kıhra ...... 11524 |260,0 25,0 | 1534 | 2,603 | 0,380 | Watjon, Ann-Arbor, 13. Juni 1873.
133. | Eyrene...... 247,3 321,1 | 7,2 | 1953 | 3,058 | 0,140 | Wation, Ann-Arbor, 29. Juli 1873,
134. | Sophrofgne.. | 67,5 |346,4 |11,6 | 1560 | 2,565 | 0,117 | Puther, Bilf, 27. Sept. 1873.
135. | Hertha ..... 320, 343,» | 2,3 | 1381 | 2,427 | 0,205 | Peters, Clinton, 18. Febr. 1374,
136. | Auftria ..... 316,1 | 186,1 | 9,6 | 1263 | 2,286 | 0,085 | Paliſa, Pola, 18. März 1874,
137. | Melibda..... 308,0 204,4 |13,4 | 2019 | 3,126 | 0,207 | Balifa, Pola, 21. April 1874,
138. | Tolofa...... 311,7 | 54,9 | 3,2 | 1400 | 2,449 | O,ıc2 | Berrotin, Toulouſe, 19. Mai 1874.
139. Juewa .....- 164,6 24 |11,0 | 1692 | 2,773 | 0,177 | Wation, —** 10. Ott. 1874.
140, | Siwa..... . 1800,86 |107,0 | 3,2 | 1649 | 2,732 | 0,216 | Balifa, Pola, 13, Oft. 1874,
141. | Pumen.....- 13,7 |319,1 |12,0 | 1591 | 2,67 | 0,211 | Paul Henry, Paris, 13. San. 1875.
142. | Bolana ....- 219,9 |292,2 | 2,2 | 1375 | 2,19 | 0,132 | Balifa, Pola, 28. Ian. 1875.
143. | Adria.....-. 222,5 1333,7 |11,5 | 1677 | 2,762 | 0,073 | Balifa, Bola, 23. Febr. 1875.
144. |Bibilie... .. 1ı | 76,8 | 4,8 | 1578 | 2,653 | 0,235 | Beters, Clinton, 3. Juni 1875.
145. | Abeona ..... 118,5 | 77,7 |12,3 | 1589 | 2,665 | 0,127 | Peters, Clinton, 3. Juni 1875.
146. | ucina ...... 216,0 | 84,2 |13,2 | 1641 | 2,722 | 0,070 | Borrelly, Darfeille, 8. Juni 1875.
147. | Brotogeneia.. | 25,6 [251,8 | 1,9 | 20932 | 3,139 | 0,025 | Schulhof, Wien, 10. Juli 1875.
148. | Gallia ...... 36,1 |145,2 [25,4 | 1685 | 2,71 | 0,185 | Projper Henry, Paris, 7. Aug. 1875.
14, | Meduja..... 246,6 | 160,1 | 1,1 | 1138 | 2,133 | 0,119 | Perrotin, Touloufe, 21. Sept. 1875.
150. | Numa ...... 355,5 1207,68 | 2,1 | 1878 | 2,978 | 0,131 | Watfon, Anu-Arbor, 18. Olt. 1875.
151. | Abundantia.. |173,9 | 38,8 | 6,5 | 1525 | 2,593 | 0,036 Paliſa, Pola, I. Nov. 1875.
152. | Atala ...... 84,4 | 41,5 |12,2 | 2029 | 3,136 | 0,086 | Paui Henry, Paris, 2. Nov. 1875.
153. Hilda ..... 28518 |228,3 | 7, | 2370 | 3,952 | 0,172 Paliſa, Pola, 2. Nov. 1875.
154. | Bertha...... 184,4 | 87,7 |21,0 | 20x83 | 3,192 | 0,085 | Brofper Henry, Paris, 4. Nov. 1875,
155. | Scylla ..... 82,0 | 42,» |14.1 | 1816 | 2,913 | 0,256 | Palifa, Bola, 8. Nov. 1875.
156. | Xantippe .... 156,0 246,2 | 7,5 | 1934 | 3,0ss | 0,264 | Palifa, Pola, 22. Nov. 1875.
157. | Dejanira .... [107,4 | 62,5 [12,0 | 1516 | 2,583 | 0,210 | Vorrelly, Marfeille, 1. Dez. 1875.
158. | Xoronis..... 56, 1281,5 | 1,0 | 1777 | 2,871 | 0,054 | Knorre, Berlin, 4. Jan. 1876,
159. | Amilia...... 101,5 |135,2 | 6,0 | 1996 | 3,103 | O,11ı | Baul Henry, Paris, 26. Jan. 1876.
160. [Una........ 55,9 9,4 | 83,9 | 1646 | 2,729 | 0,068 | Weters, Clinton, 20. Febr. 1876.
161. | Athor....... 310,7 | 18,4 | 9,1 | 1340 | 2,379 } 0,139 | Watfon, Anın-Arbor, 19, April 1876,
162. | aurentia.... 145,9 | 38,2 | 6,1 | 1921 | 3,024 | 0,173 | Brofper Henry, Paris, 21. April 1876.
163. | Erigone ..... 98,8 [159,0 | 4,7 | 1321 | 2,356 | O,157 | Berrotin, Tonloufe, 26. April 1876.
164. |Eva.. ..... 359,5 | 77,5 124,4 | 1559 | 2,651 } 0,347 | Baul Henry, Paris, 12. Juli 1876,
165. | Loreley... ... 223,8 |304,ı | 11,2 | 2020 | 3,127 | 0,073 | ®erere, Clinton, 10. Aug. 1876,
166. | Rhodope .... | 30,9 |129,8 12,0 | 1614 | 2,653 } 0,214 | Peters, Clinton, 17. Aug. 1876.
167. |Urba ....... 79 |167,3 | 2,1 | 1783 | 2,578 | 0,064 | Beters, Clinton, 29. Aug. 1876.
168. | Sibylla ..... 11,4 |209,8 | 4,5 | 2266 | 3,376 } 0,01 | Matfon, Ann-Arbor, 28. Sept. 1876.
169. | 3elia....... 326,3 |354,6 | 5,5 | 1322 | 2,358 | 0,131 | Brofper Henry, Paris,28. Sept. 1876,
170, |Maria. .... | 95,8 [301,3 |14,4 | 1492 | 2,555 | 0,064 | Berrotin, Toulouſe, 10. Jan. 1877,
171. | Opbelia..... 144,0 |101,2 | 2,5 | 2035 | 3,143 } 0,117 | Borrelly, Marfeille, 13. — 1877.
172. Baucis ..... 329,4 33118 |10,0 | 1341 | 2,379 | 0,114 | Borrelly, Marſeille, 5. Febr. 1877.
EIE.1 BE. 13,5 |148,6 | 14,2 | 1661 | 2,745 | 0,205 | Borrelly, Marfeille, 2. Aug. 1877.
174. | Bhädra ..... 253,2 [328,8 |12,2 | 1767 | 2,860 | 0,149 | Watfon, Ann-Arbor, 3. Sept. 1877,
175. | Andromade.. |293,0 | 23,5 | 3,8 | 2390 | 3,49 | 0,349 | Watjon, Ann-Arber, 1. Oft. 1877.
176. | Idunna ..... 20,5 |201,2 |22,5 | 2082 | 3,101 | 0,164 | Peters, Clinton, 14. Oft. 1877,
VTT.1 ES. -..+0: 25,2 |349,0 | 1,4 | 1673 | 2,758 | 0,233 | Baul Henry, Parie, 5. Nov. 1877.
178. | Belifana .. . [278,0 | 50,3 | 2,1 | 1408 | 2,459 | 0,127 | Batifa, Pola, 6. Nov. 1877.
179, | Atytämneftra . | 855,4 [253,3 | 7,8 | 1875 | 2,976 | 0,107 | Watfon, Ann-Arbor, 11, Nov. 1877,
180. | Garumna ... |125,9 |314,7 | 0,9 | 1646 | 2,729 | 0,172 | Berrotin, Tonloufe, 29. Ian. 1878,
181. |Cudaris .... | 95,4 |144,7 |18,6 | 2015 | 3,123 | 0,220 | Eottenot, Marjeille, 2. Febr. 1878,
182. | Elfa.....-. 54,» |106,5 | 2,0 | 1871 | 2,16 | 0,155 | Paliſa, Pola, 7. Febr. 1878,
183.Iſtria ....... 45,0 1142,38 |26,5 | 1713 | 2,02 | 0,353 Paliſa, Pola, 8. Febr. 1878,
181. | Dejopeja .... |169,4 |336,3 | 1,2 | 2079 | 3,183 | 0.073 | Balifa, Pola, 28. Febr. 1878.
185. Eunile ... . | 16,5 1153,38 |28,3 | 1654 | 2,737 | 0,129 | Peters, Clinton, 1. März 1878.
186. | Eeluta......- 327,4 | 14,6 |13,1 | 1326 | 2,362 | 0,151 } Brofper Heury, —— April 1878,
187. |amberta.... [214,1 | 22,2 I10,7 | 1645 | 2,727 | 0,239 | Coggia, Marieille, 10. April 1878.
Gonverfationd-Legifon. 13. Aufl. XII, 6
66 Planeten
2 m 22 Tr =
en E27 2 = 5
Nr. Kane * J & 5 * #8 : H * Entdeckung
as 355 52|u®| 5
188. | Menippe .... | 309,6° | 241,7°| 11,4°| 1731 | 2,821 | 0,217 | Peters, Clinton, 18. Juni 1878,
189, thia ...... 6,5 2034 5,2 | 1401 | 2,450 | O,os6 | Peters, Clinton, 9. Sept. 1878,
190. | Iomene ..... 105,7 1177,0 | 6,1 | 2864 | 3,917 | O,163 | Peters, Clinton, 22. Sept. 1878,
191. | Kolga....... 23,4 159,8 |11,5 | 1801 | 2,897 | O,oss | Peters, Clinton, 30. Sept. 1878,
192. | Naufitaa ....| 98 18433 | 6,3 | 1359 | 2,00: | O,2a en Pola, 17, Febr. 1879,
193. | Umbrofia.... | 70,9 1851,32 | 11,6 | 1510 | 2,576 | O,285 | Eoagia, Marfeille, 28. ehr. 1879,
194. | Brofne...... 319,6 159,3 18,4 | 1545 | 2,616 | 0,238 — Clinton, 21. 1879.
‘195. roffeia... 111,6 81 | 7 | 1775 | 2,869 | 0,070 | Balija, Pola, 22, Aprif 1879.
.196. | Philomela ... 1300,85 | 73,3 | 7,3 | 2013 | 3,120 | 0,012 | Peters, finten, 14, Mai 1879,
197. | Arete ......- 324,8 | 82,1 | 8,8 | 1656 | 2,739 | O,ı02 | Balifa, Pola, 21. Mai 1879.
‚198, | Ampella..... 354,8 1268,17 | 9,3 | 1408 | 2,459 | 0,227 | Borrelly, Marjeille, 13. Juni 1879,
199. | Byblis...... 261,3 | 89,9 115,4 | 2069 | 3,178 | O,169 | Peters, Elinton, 9. Juli 1879,
200. | Dynamene 46,6 | 325,4 | 6,9 | 1654 | 2,738 | 0,194 | Peters, Clinton, 27. Juli 1879,
201. | Benelope . 334,3 |157,ı | 5,7 | 1599 | 2,676 | O,ıs2 | Palifa, Pola, 7. Aug. 1879,
202, | Ehryfeis . 129,8 | 137,8 | 8, | 1972 | 3,073 | 0,096 | Peters, Clinton, 11. Sept. 1879,
203, — —— 42,3 |348,6 | 3,8 | 1654 | 2,738 | 0,059 | Peters, Clinton, 25. Sept. 1879.
204, | Kalliito ..... 257,8 [205,7 | 8,8 | 1596 | 2,673 | 0,175 | Balifa, Pola, 8. Dft. 1879,
205. | Martba ..... 21,» |212,2 |10,6 | 1690 | 2,777 | 0,035 | Balija, —* 13. Oft. 1879.
206. | Herfilia ..... 217,3 147,3 | 8,9 | 1642 | 2,724 | 0,028 Peters, Clinton, 13. Oft. 1879.
207.1 Hebda ...... 217,0 | 28,9 | 8,8 | 1261 | 2,284 | O,0s0 | Balifa, Bola, 17. Oft. 1879.
208. | Lacrimofa 62,7 4,8 | 1,7 | 1801 | 2,897 | 0,019 | Balifa, Bola, 21. Oft. 1879.
209.|Dibo ....... 257,5 20 | 7a | 2036 | 3,144 | 0,064 | Peters, Clinton, 22. Oft. 1879,
210. | Sjabella..... 56,7 | 82,3 | 5,2 | 1661 | 2,745 | 0,136 Paliſa, Pola, 12. Nov. 1879,
211, | Iſolda ...... 74,2 |265,5 | 3,8 | 1942 | 3,046 | 0,154 | Balifa, Bola, 10. Dez.
212. Medea ...... 56,3 |315,3 | 4,3 | 2009 | 3,116 | O,ıcı | Paliſa, Pola, 6. Febr. 1880.
;213. | Liläa ....... 281,1 1122,53 | 6,8 | 1671 | 2,756 | O,144 | ®eters, Clinton, 16. vr. 1850.
‚214. | Aicdhera ..... 115,9 |342,5 | 3,4 | 1541 | 2,611 | 0,038 | Balija, Bola, 26. Febr. 1880.
215.| Onome ..... 346,4 | 25,4 | 1,7 | 1682 | 2,768 | 0,039 | Knorre, Berlin, 7. April 1880.
216. | Rieopatra 32,1 215, 13,0 | 1708 | 2,796 | 0,249 | Balifa, Pola, 10. Aprif 1880.
217. | Eubora ..... 314,9 164,0 10,3 | 1781 | 2,875 | 0,307 | Coggia, Marfeille, 30. . 1880.
218, | Bianca ..... 230,2 |170,8 |15,2 | 1589 | 2,665 | O,116 | Paliſa, Bola, 4. Sept. 1880.
219. | Thusnelda... |840,5 |200,7 |10,8 | 1319 | 2,354 | 0,225 Paliſa, Pole, 30. Sept. 1880,
220 Era. 332,9 |2584 | 7,6 | 1330 | 2,367 | 0,265 | Balıja, Wien, 19. Mai 1881,
221. 7 Pe . [331,0 142,6 |10,» | 1911 | 3,013 | O,103 | Palija, Wien, 18. Jan. 1882,
222 —* RETTET 258,0 | 80,3 | 2,2 | 2019 | 3,126 | O,145 | Palifa, Wien, 9. Febr. 1882,
223.1 Rola ....... 102,5 | 49,0 | 2,0 | 1988 | 3,094 | 0,119 | Paliſa, Wien, 9, März 1882,
224. | Dceana ..... 270,5 |353,3 | 5,9 | 1573 | 2,647 | 0,046 | Palija, Wien, 30. März 1882,
225. Henrietta 299,9 |200,6 | 20,8 | 2278 | 3,338 | 0,260 Paliſa, Wien, 19. April 1882,
226. | Weringia,.... 285,2 135, [11,7 | 1636 | 2,717 | 0,203 | Balifa, Wien, 19. Juli 1882,
227. | Philofopbia .. 926,4 330,» | 9,3 | 2031 | 8,139 | 0,213 | Paul Henry, Paris, 12. Ang. 1882,
228. | Agathe...... 329,0 813,3 | 2,6 | 1189 | 2,197 | 0,240 | Palifa, Wien, 19. Hug. 1882,
223. Adelinda .... |327,7 | 30,» | 2,2 | 2282 | 3,392 | 0,160 Paliſa, Wien, 22. Aug. 1882.
230. | Athamantis.. | 17,5 |239,8 | 9,4 | 1345 | 2,354 | 0,061 | De Ball, Bothlanıp, 3. Sept. 1882,
231. | Vindobona .. 253,4 |352,8 | 5,2 | 1822 | 2,519 | 0,158 | Palifa, Wien, 10. Sept. 1882,
232. | Nuifia....... 200,4 1152,5 | 6,1 } 1489 | 2,553 | 0,175 | Balija, Wien, 31. Ian. 1883.
233. | Afterope..... 544,6 2224 | 7,7 | 1584 | 2,660 | 0,101 | Borrelly, Darfeille, 11. Mai 1888,
234. | Barbara 533,4 |144,2 | 15,4 | 1347 | 2,337 | 0,244 | Peters, Clinton, 12. Aug. 1883,
235. | Earofina . 268,5 | 66,6 | 9,1 | 1785 | 2,879 | 0,060 | Palifa, Wien, 28. Nov. 1883,
236. | Honoria..... 3289 | 85,6 | 7,1 | 1835 | 2,983 | 0,219 | Balifa, Wien, 26, April 1884,
237.) Cöfeftina .... 295,8 | 845 | 9. | 1719 | 2808 | 0,102 | Balifa, Wien, 27. Juni 1884,
238. | Hypatia..... 29.4 184,5 |12,4 | 1814 | 2,11 | 0,0% Knorre, Berlin, 1. Juli or
239. | Abraftea..... 26,0 [181,5 | 6,2 | 1873 | 2,974 | 0,228 | Balija, Wien, 18, ——
240. | Banabdis ....| 523 115623 21 | 1579 | 2,654 | 0,1% Borrelly, Marjeille, 27. Aug. 1881.
241.| Germania ... 1344,58 |272,1 | 5,5 | 1943 | 3,047 | 0,089 | Luther, Bill, 12. Sept. 1884.
242. | Kriemhild ... |134,5 [208,5 |12,9 | 1871 | 2,972 | 0,257 | Palıfa, Wien, 22. Sept. 1884,
243.1 Ida ........ 142,4 |329,8 | 1,3 | 1898 | 3,000 | 0,303 Paliſa, Wien, 29. Sept. 1884.
244.|Sifa ....... 14,0 1208,85 | 2,8 | 1171 | 2,178 | 0,136 | Balifa, Wien, 14. Oft. 1884,
245. | Bera ....... 25,0 | 62,8 | 5,2 | 1984 | 3,091 | 0,195 | Pogſon, Mabras, 6. Febr. 1885,
246. | Aiporina .... [246,8 | 162,4 | 14,6 | 1639 | 2,721 | 0,145 | Borrelly, Marjeille, 7. März 1885.
247. | Eufrate ..... 61,4 0,2 125,7 | 1658 | 2,742 | 0,236 | Luther, Bit, 14. März 1885,
218, | Lameia.. ... 277,6 12465 | 3,9 | 1437 | 2,192 | 0,033 | Paliſa, Wien, 5. Juni 1886,
Diaitized bv G le
Digitized by U
Planetenpräzeffion — Plantagenet
Der der Sonne in der mittlern Entfernung —*
Heine P. iſt zur Zeit Meduſa mit 317 Mill. Kilo:
meter, der entferntefte Hilda mit 586 Mill. Kilo:
meter; doch fomımt wegen der großen Ercentricität
Phocãa der Sonne bis auf 266 Mill. Kilometer
nabe, und Freia entfernt ſich bis auf 683 Mil. Kilo:
meter. Unter der Borausjeßung, dab die Heinen
P. das Sonnenlicht ebenjo reflektieren wie Jupiter
und Saturn, müfjen ihre Durchmefjer zwiſchen circa
10 und 450 km betragen; doch find wirkliche Mej-
ven mit Eraltheit noch nie gelungen. Die fchein:
aren Durchmeſſer laſſen fich ebenjo wenig meſſen,
indem die B. uns immer in ihrer günftigften Stel:
lung zur Erde, in der Oppofition, als Sterne 6.
bis 13. Größe erfcheinen. Am —— iſt Veſta, die
zu beſtimmten Zeiten mit bloßem * geſehen wer⸗
den fann. Die von Olbers aufgeſtellte Hypotheſe,
baß bieje Heinen P. nur Trümmer eines groben,
durch eine unbefannte Urfache zerſtörten P. feien
(eine Vermutung, der wir die Entdeckung der Veſta
verdanfen), hat jetzt nur noch wenige Anhänger, da
fämtliche Heine B. zufammen genommen doch wie:
der nur einen äußerft Heinen Körper ausmachen
würden. Zum Zwed bes ge im n3 und Beobad):
tens der Xiteroiden ift das «Berliner aftron. Jahr:
buch mit Gpbemeriben» zu empfehlen. Bol. aud)
Sonnenſyſtem und bie bazu **8* Tafel.
Plaueteupräzeſſion, ſ. unter Borrüden ber
Nachtgleichen.
Plaunetenrad, im Naſchinenbau ein Rad, das
bei feiner Bewegung fi einerjeit3 um feine Achſe
dreht, während andererjeit3 die Achje ſelbſt eine
Kreisbahn durchläuft.
Blanetoiden, j. u. Planeten. [leimen,
—— (lat.), ebnen, glätten, Drudpapier
aniglobium (neulat.), Blaniglob, nennt
man die Daritellung einer Halbkugel, de der Him⸗
meld: oder Gröhalbfugel auf einer ebenen Fläde.
(S. Zandlarten.)
‚ Blanimeter geh, db. h. Slächenmefler, neuer:
dings oft ver Integrator genannt) find Inſtru—
mente zur mechan. Beitimmung des Flächeninhalts
ebener Figuren. Während die Frage P., die in
feine Quadrate geteilten Glasplatten oder Faden:
freuze, nur eine geringe Genauigleit gaben oder,
wie die Inſtrumente von Wagner, Schmidt und
Horſth, nur bei Dreieden und Quadraten anzumwen:
den waren, geben die neuern, zu denen man die
erite Idee dem ſchweiz. Ingenieur Oppilofer (1827)
verdantt, den * einer gezeichneten ebenen Fi:
gur von ganz be gr = Geſtalt durch Umfahren
ihre3 Umfangs an. Man bejtimmt auf diefe Weije
das Areal auf Plänen und Yandlarten, indem man
deren Maßſtab in Rechnung zieht. Die Genauig:
feit ijt bei Heinen Flächen etwas geringer als bei
größern, immer aber * befriedigend; man kann
z. B. mit dem Hanſenſchen P. Flaͤchen von mehr
als 10 gem Inhalt auf Yıooo zwiſchen 10 und
5 gem auf ";o, und unter 5 gem auf soo richtig
beſtimmen. Dieje große Genauigfeit, verbunden
mit Einfachheit und Schnelligkeit der Ausmeſſung,
geben diejen finnreichen Sullramenien einen un:
häpbaren Wert. Das erite der neuern P. fon:
truierte Ernjt in Paris 1836, ein zweites Wetli in
Zürid) 1849, das von Hanfen in Gotha verbejiert
wurde, und dazu gefellte fi) neuerdings der von
Amsler⸗Laffon in Schaffhauſen erfundene Polar:
planimeter, ber 4 ur feine Billigfeit und
dadurch empfiehlt, daß er größere Flächen zu um:
67
fahren vermag. Vgl. Trunk, «Die P. deren Theo:
rie, Braris und Gedichten (Halle 1865); E. Fiſcher,
«Die mechan. Planimetrie» (Zür. 1868); Yavaro,
adeichichte der mechan. Planimetrie» (Wien 1873).
Planimetrie (grch.) oder ebene Geometrie heißt
derjenige Zeil der Geometrie, welcher von ben in
einer einzigen ebenen Fläche enthaltenen Raum:
größen, insbeſondere von den ebenen Figuren han:
delt, mit Ausſchluß derjenigen Naumgrößen, bei
denen alle drei Dimenfionen de3 Raums vorlom:
men (j. Stereometrie), im engern Sinn Fi
derjenige Abjchnitt ber ebenen Geometrie, ber fi
mit Ausmeſſung und Vergleihung ber ebenen di:
guren beſchäftigt.
Planina, Marktfleden in der DBezirkshaupt:
mannſchaft Loitſch des öfterr. Herzogtums Krain,
am Unzfluß, hat Korn: und Sägemühlen, Holzban:
del und Feuerihiwammbereitung und zählt (1880)
1197, als Gemeinde 3661 G. In der Nähe find
die Ruinen ber Burg Neubäufel, die Unzhöhle und
da3 Schloß Haasberg mit einer —
laniſphärium, ſ. Aſtrolabium.
lanitz, ſ. Oberplanitz und unter Zwidau.
lankammer, bei Staatsbehörden bie Samını:
lung der für dienftliche Zwecke gebraudten Karten
und Pläne, auch Bezeichnung der ——— welche
zur Verfertigung jener beſtimmt ſind, wie die P.
als Abteilungen der Generalſtäbe, in denen bie
Kriegskarten angefertigt und aufbewahrt werben.
lanfe, |. Brett. ff. Bläntern.
länfern, das Cinzelgefeht der Kavallerie,
‚ Blanorbiden (lat.), TZellerfhneden, heißt
eine artenreihe Gruppe links gewundener, flacher,
die füßen, — ſtehenden Gewäſſer der nördl.
—— Bone bewohnenden Lungenfchneden.
ei der größten, in unfern Teichen gemeinen Art
Planorbis corneus) hat die Schale bis 30 mm
Durchmefler, das Tier eine ſchwarze Farbe.
Blanroft, ein Roft, defien Stäbe eine horizon—
tale oder wenig geneigte Gbene bilden. (©. unter
— agen, Bd. VI, S. 7508*, und Ta
el: a dig. 1u. 2.)
Planfcheibe (frj. plateau, engl. face-plate),
eine mit Spalten und Löchern verjehene gußeiſerne
Scheibe, die an den Kopf einer Drehbankſpindel
geihraubt wird und zur Befeitigung platten: und
Icheibenförmiger Arbeitsftüde dient. (S. unter
Drebbanf, Bd. V, ©. 538, und Tafel: Dreh—
bänte, Sig. 12.)
at f. unter Spiegel.
lantage (frz., d. i. Bilanzung) nennt man vor:
zugsweiſe Anpflanzungen von Gewächlen der Tro-
pen, die zu ihrem Gedeihen einer befondern Pflege
bedürfen. In Oft: und Wejtindien bezeichnet man
mit P. die BVefitungen der folonijten, auf denen
Staffee, Zuder, Baummolle, Kakao, Indigo ıc. mit
Hilfe von Sklaven oder Halbjllaven gebaut wird.
Plantagenet (vom lat. planta genista, d. h.
Ginjter, da Heinrich, der Begründer der Dynaftie,
einen Ginjterzweig al3 Helmzierde trug) iſt der Yu:
name des franz. Haufes Anjou, das 1154, nad) ber
normann, Dynaftie, ben Thron von England beities,
aber 1485 dem Haufe Tudor weichen mußte, De:
erfte König aus dem Haufe P. war Heinrid II.
\ d. und Großbritannien, Bd. VIII, S. 476
9.). Seine Kinder aus der Ehe mit Gleonore von
Guyenne waren: Heinrich, der 1183 vor dem Vater
tinderlo3 ftarb; Nichard I. ER N d.), der
dem Vater zunächſt 1188—99 auf dem Throne
*
68 Plantagenet
folgte und kinderlos ftarb; Gottfried, ber 1186 auf
einem Turnier zu Paris umlam und aus der Che
mit Konitanze, der Erbin von Bretagne, einen
nem Sohn, Arthur, hinterließ; Johann ohne
(f. d.), der nad) Richards I. Tode die Krone
raubte; Mathilde, die fich mit Heinrich dem Löwen,
und Eleonore, die fi mit Alfons dem Guten von
Gaftilien vermäblte.
Johann ohne Land (1190—1216) verdrängte
feinen Neffen Arthur, der als der Sohn Gottfrieds
ein näheres Anrecht befaß, vom Throne und er:
mordete ihn 1202 mit eigener Hand. Aus der Ehe
Bobanıe mit Jiabelle von Angoulẽme entiprangen:
ein Nachfolger Heinrich ILL. (f. d.); Johanna, die
fi mit Alerander II. von Schottland, und Cleo:
nore, die ſich erjt mit dem Grafen Pembroke, dann
nit dem berühmten Grafen von Yeicefter vermäblte,
und Richard (f. d.), Graf von Cornwall, Lepterer
wurde 1257 zum röm. König gewählt und gelrönt
und ftarb 1271, Seine Nadtommen erloichen 1300.
Die Kinder Heinrichs IL. (ſ. d.) und der Eleo⸗
nore von Provence waren: Eduard I. (f. d.), der
ihm auf dem Throne folgte; Margarete, die fi
mit Alerander III. von Schottland vermählte; Cd:
mund der Budelige, ,
Edmund der Budelige, Sohn Heinrichs IIL.,
get. 1296, erhielt von feinem Bater die Grafichaft
Zancafter, war durh Schenkung des Bapites Ti:
tulartönig von Sicilien und hatte von Blanca von
Urtois zwei Söhne, von denen der ältere, Thomas,
1321 enthauptet, 1389 aber heilig gefprochen wurde,
Nach der Hinrichtung erhielt der zweite Sohn Ed:
munds, Heinrich, Graf von Ronmouth, die Graf:
ichaft Lancaſter. Derfelbe ftarb 1345 und hinter:
ließ ala Sohn und Erben Heinrich, zu deflen Gun:
ften König Eduard III. Lancafter zum Herzogtum
* t erſte Herzog von Lancaſter hatte in
deſſen nur eine Tochter, Blanca, zur Erbin, welche
Güter und Titel des Haufes dem Grafen von Ric:
mond, Johann von Gaunt, zubrachte,
Eduardl1. (f.d.), 1272—1307, war erft mit Eleo⸗
nore von Gaftilien, dann mit Margarete von Franl⸗
reich vermäblt. Kinder eriter Ehe waren: Eduard II,
der Thronfolger; Yohanne d’Acre, vermählt mit
dem Grafen Öloceiter, jpäter mit Yord Mounther—
mer; Eliſabeth, in zweiter Che mit dem Grafen
Hereford vermählt. Aus Edwards I. zweiter Che
—— Thomas, Graf von Noͤrfolk, von
defjen Erbtochter die Häufer Norfolk, Suffolt, Car:
lisle und Effingham abjtamımen; Edmund, Graf
von Kent, der während der Minderjährigkeit
Cduards fm. durch Mortimers ntriguen das
Schafott beftieg. Aus Edmunds Ehe mit Marga:
rete Wale wurden zwei Söhne geboren, welde kn:
derlos jtarben, und Johanna, das jhöne Fräulein
von Kent, die ſich zum dritten mal mit dem Schwar:
zen — vermäblte,
Eduard IL. (j.d.), 1307—27, hatte Jabella von
Frankreich zur Gemahlin, die ihn 1327 ermorden
ließ. Er —* von derſelben den Thronfolger,
Eduard III. und Johanna, die den König David IL.
von Schottland heiratete.
Eduard II. (f. d.), 1327—77, batte aus ber
Ehe mit Bhilippa von Hennegau: Eduard, ben
—— Prinzen; Lionel, Herzog von Clarence;
N ann von Gaunt; Edmund, Herjog von Port;
Thomas, Herzog von Gloceſter. Von dieſen fünf
Linien, in die nun das Haus P. jerfiel, erloſch die
jüngite zuerit in der männlichen Nachklommenſchaft.
Thomas, Herzog von Glouceſter und Graf von
Budingham, Sohn Eduards IIL., wurde 1397 auf
Anjtiften Rihard& II. unweit Calais meudlings
ermordet. Aus der Che mit Eleonore Bohun hin:
terlieh er einen Sohn, Humfried, der 1399 finder:
los ftarb, und zwei Töchter, Anna und Eleonore,
von denen die eritere den Grafen Stafford, die ans
dere den Grafen Eſſer heiratete.
Eduard, der Schwarze Prinz (f. d.), ber
ältefte Cohn Eduards III. jtarb 1376 vor dem Vater
und hinterließ aus der Ehe mit der Erbin von Kent
einen Solar der dem Großvater als Richard IL
(f. d.) im Alter von 11 $. auf dem Throne folgte.
Sein Vetter, Heinrich IV., der Sohn Johanna von
Gaunt, raubte ihm jedod 1399 den Thron und
ließ ihn 1400 im Gefängnis ermorden. Richard
war zivar verheiratet, ftarb aber kinderlos, ſodaß
miti des Schwarzen Prin⸗
zen erloſch.
Lionel, Herzog von Clarence, S "n Cduards Il.
ftarb 1368 in Stalien. Aus der Ehe mit Glijabeth
de Burgb, der Erbin von Uliter, hinterließ er die
Erbtochter Philippa, welche fih mit Edmund Mor:
timer, Örafen von March, geit. 1381, verheiratete.
pn diefer Che wurden geboren: Noger, den der
inderlofe Richard IL. zum Thronerben bejtimmt
hatte, der aber ſchon 1398 in Irland umlanı; Ed—
mund, der 1402 im Gefängnis ſtarb; Johann, wel:
cher 1425 als tronprätendent auf dem Echarott
endete; Glifabeth, die ſich mit Heinrih Percy ver:
mählte, Nur Roger, der älteite Sohn Mortimers
und der Erbin von Glarence, pflanzte die NRachlom⸗
menfhaft fort. Sein Sohn war Edmund Mor:
timer, der 1424 im Gefängnis ftarb, Rogers Tod):
ter, Unna, erbte darum, nachdem ihr Bruder ge:
ftorben, die Thronrechte des Haufes Elarence und
trug diejelben durd Bermäblung mit dem Grafen
Nicard von Cambridge auf das Haus York über.
Johann von Gaunt So von Richmond,
der dritte Sohn Gduards UI. ‚ führte in den lebten
Jahren des Vaters und aud nach der Thronbe:
teigung Richards II. die Regierung. Durch jeine
ermäbhlung mit Blanca, der Erbin von Yancajter,
wurde er Herzog und Stifter oder vielmehr Er:
neuerer des Hauſes Lancaſter. Infolge einer zwei⸗
ten Ehe mit — der Tochter Peters des
Grauſamen von Caſtilien und Leon, ſuchte er nach
deſſen Tode feine Rechte auf dieſe beiden König—
reiche geltend zu machen und nahm wenigitens, als
dies mißglüdte, den fönigl. Titel an. In dritter
Che war Johann mit Katharina Noet, der Witwe
Swynfords, vermählt, deren Kinder 1397 throns
jäbig erflärt wurden. Gr ftarb 3. Febr. 1399, und
ald follte ih an das Haus Lancafter, oder die
Rote Rofe, eine der furchtbariten Epochen der engl.
Geſchichte hnupfen. Johanns Kinder eriter Ehe
waren: Heinrich IV. (f. d.), der gegen Richard II,
die engl. Krone ufurpierte, und Bhilippa, vermäbhlt
mit dem König Jobann 1. von De achte weshalb
Bhilipp LI. von Spanien als ihr Nachlomme An-
jprüche auf den engl. Thron erheben wollte. Aus
zweiter Ehe hinterließ Johann: Katharine, ver:
mäblt mit Heinrich IL. von Gaitilien. Aus dritter
Che entiprangen: Johann von ent Graf von
Somerfet; der Kardinal von Wincheſter, gejt. 1447;
Johanna, deren Entel der berühmte Graf Warwid
war und von der die Grafen A —— abſtam⸗
men. Das Haus Lancaſter zerfiel alſo fortan in
die Linie, welche in der Perſon Heinrichs IV. den
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— ——
Plantagineen
Thron ufurpierte, und in die, welche Johann von
Veaufort fortführte. _
Aus der Ehe Heinrichs IV. mit Marie Bohun,
der Miterbin von Hereforb, entiprangen: Hein:
rich V. (j. d.), der Thronfolger; der 1421 bei
Beauge getötete Herzog von Glarence; ber Herzog
von Bedford, welcher unter dem minderjährigen
Heinri VI. in Frankreich und England die Negent:
fchaft führte und 1435 kinderlos ſtarb; ber Herzog
von Glouceiter, der ebenfalls linderlos endete, in:
dem ihn Heinrid VI. auf — 5*— des Kardinals
von Wincheſter 1446 ermorden ließ.
Aus Heinrichs V. Ehe mit Katharina von
Hrantreid entſprang ein Sohn, Heinrich VI., dem
im Alter von neun Monaten die Kronen von Eng»
land und Frankreich zufielen,. Nachdem derjelbe aber
dranfreih an ben rechtmäßigen Erben, Karl VII.
von Balois, verloren, io ih gegen ihn in Eng:
land der Seriog Richard von York, Letzterer war
durch jeine Mutter der Erbe des Haufes Glarence
und beſaß darum an den engl. Thron ein näheres
Anrecht als das durch Heinrichs IV. Uſurpation
zur Krone gelangte Haus Lancaſter. Richard von
ort fiel zwar 1460 bei Wakefield, allein fein Sohn
Eduard IV. trat nun für ihn ein und bemädhtigte
ſich 1461 des Throns. Hiermit hatten bie donafli
ſchen Kämpfe be3 Haufes York und Yancajter oder
die Kriege der weiben und roten Roſe (f. d.) ihren
Anfang genommen. SHeinrid VI. wurde von fei-
nem Nebenbuhler 1471 im Gefängnis ermordet.
Aus der Che mit Margarete von Aniou (f. d.) er:
bielt er den Prinzen Eduard, der jedoch 1471 nad)
der Schlacht bei Tewlsbury in die Hände Eduards IV,
fiel und von deſſen Brüdern niedergehauen wurde.
Der Hauptzweig des Haufes Lancafter, der 60 Jahre
durd Gewalt den engl. Thron bejefien, war hier:
mit erloſchen.
Johann von Beaufort, Grafvon Somerfet,
ber Sohn Johanns von Gaunt, Herzogs von Lan:
cafter, aus dritter Che, ftarb 1410 und hinterließ
aus der Che mit Margarete von Holland, der Tod:
ter beö Grafen von Kent, zwei Söhne: Johann,
Herzog von Somerfet, und Edmund. Leßterer
übernahm unter der Regierung Heinrichs VI., nad)
Suffolts Tode, die Stelle eines Ninifterd und kam
1455 in der Schladt bei St.:Albans um. Seine
unehelichen Nachkommen find die jegigen Herzöge
von Beaufort (ſ. d.), Dem Herzog Johann von
Someriet, get. 1444, gebar Margarete von Bletöhoe
eine Tochter, Margarete Beaufort, die Erbin des
Haufes Lancaſter. Diefeverbeiratetefihmit Edmund
Tudor, Grafen von Richmond, und gebar in dieſer
Ehe Heinrid Tudor von Nihmond, der 1485 das
Haus York in Richard II. vom Throne ftürzte und
ſich felbit, mit fibergehung feiner Mutter, die 1509
ftarb, ala Heinrih VII. die engl. Krone aufiekte.
Edmund, Herzog von Vorl, der vierte Sohn
Eduards III. und der Stifter des Haufes York oder
der Weiben Nofe, ftarb 1402. Cr war vermählt
mit Iſabella von Caſtilien, welche ihm zwei Söhne,
Eduard und Richard, gebar; Eduard, Graf von
Nutland und Herzog von Vorl, fiel 1415 in ber
Schlacht bei Azincourt ohne Erben; der gi
Bruder, Richard, Graf von Cambridge, hatte kurz
vorher als Berfchwörer das Schafott befteigen
müflen. Durch deſſen Ebe mit Anna, ber Erbin
von Glarence, hatte feine Nachkommenſchaft An:
ſprũche auf den engl. Thron erlangt, den die Lan—
cajtrier he he innebielten. Sein einziger
69
a ‚Series Nichard von York, machte darum
au diefe Anf rüche gegen ben ſchwachen Hein:
rich VI. geltend und eröffnete 1452 den Krieg.
D: Nofe, Krieg ber weißen und der roten.) Als
ichard fait feinen Zwed erreicht hatte, wurbe er
831. Dez. 1460 in der Schladht bei Walefield erichla:
gen. Aus feiner Ehe mit Gäcilie Neville, der Tod:
ter des Grafen Weftmoreland, entiprangen: Eduard,
der den Kampf gegen das Haus Lancalter De
und 1461 endlie als Eduard IV. (f. d.) den Thron
eroberte; Eliſabeth, die fih mit dem Seriog von
Suffolt vermählte; Edmund, Graf von Rutland,
ber 1460 bei Watefield fiel und keine Erben hinter:
ließ; Margarete, bie fih mit Karl dem Kühnen von
Burgund verheiratete; Georg, Herzog von Glas
rence; Richard, Herzog von Gloucefter. Nachdem
Eduard zur Krone gelangt, vermählte er ſich drei
Yabre fpäter mit Elifabeth von Woobville. Diele
Che mihfiel dem Herzog von Glarence, der gehofit
hatte, feinem Bruder auf dem Throne zu folgen.
Der König, außerdem von Rihard, dem jüngiten
und verjchlagenften ber Brüder, aufgeregt, be
fhloß darum, den * von Clarence aus dem
ege zu räumen, und ie ihn im Yan. 1478 vom
Pairshof als Hochverräter zum Tode verurteilen und,
wie man Er in einem aß Malvaſier ertränten,
Eduard IV. hinterließ 1483 zwei Knaben:
Eduard V. und den Herzog von York; außerdem
mehrere Töchter, darunter die Brinzeifin Elifabeth.
Der Herzog von Gloucefter ließ jedoch die beiden
Neffen im Tower heimlich ermorden und eignete
ich jelbft ala Richard III. (f. d.) die Krone zu. Aus
er Ehe mit der Tochter des Grafen Warwid hatte
Richard einen Sohn, Eduard, der aber jhon 1484
itarb. Den Unwillen des Volls über die blutige
Uiurpation benugte Heinrih von Rihmond, der
Sohn der Erbin von Lancafter. Derjelbe landete
7. Aug. 1485 mit_einem Korps verbannter Eng:
länder an ber Hüfte von Wales und beitieg nad
dem Treffen bei Bosworth, in welchem Richard III,
umlam, als Heinri VII. (f. d.) und erjter König
aus dem Haufe Tubor den vom Blute der P. be:
fledten Thron. Weil fi das Recht der Lancaiter
jelbjt nur auf die Ufurpation Heinrichs IV. grün:
dete, außerbem bie noch lebende Mutter dem Sohne
vorging, ſuchte Heinrich feiner —— eine
rechtliche Grundlage zu geben, indem er Cliſabeth,
die Tochter Cduards IV., heiratete. Mit biejer
Bereinigung der beiden Nofen waren bie Kämpfe,
melde England länger ald 25 Jahre verwüſtet
— Beh hioffen. Eduard, Graf von Warwid,
ohn des Herzogs von Glarence, brachte als der
legte männliche Sprößling der P. fein Leben im Ge:
fängnis zu und ward 28. Nov, 1499 enthauptet,
ante inden (Plantagindae), Pflanzenfa-
milie aus der Gruppe ber Dilotyledonen. Man
fennt gegen 150 Arten, bie über bie ganze Erde ver:
breitet find; fowohl in den arktiichen Gegenden und
auf hohen Gebirgen ald auch in den Tropen finden
fich zablreihe Arten. Es find einjährige oder pe:
tennierende, frautartige Gewächſe mit meift rofetten:
artig geftellten Wurzelblättern und Heinen unfchein:
baren zu Ahren oder Köpfchen vereinigten Blüten
von regelmäßigem Bau. Sie find meiſt zwitterig
und beitehen aus einem »ierteiligen Kelch, einer
vierlappigen Blumentrone, vier Staubgefäben und
einem oberſtändigen Fruchtknoten mit fadenför:
migem Griffel. Die Frucht iſt eine kleine zwei:
fädherige und zwei: oder mehrfamige Kapſel. Tie
70
Familie der P. umfaßt nur drei Gattungen, von
zweien derſelben fennt man nur je eine Art.
Plantägo L., Wegebreit, Wegerid,
ag zum wen aus der nach ihr benannten Familie
der Blantagineen. Nach der Anordnung der Blät—
ter und Blüten zerfallen die Arten diefer Gattung
in zwei fehr natürliche Gruppen: 1) eigentlide
Megerihe, mit perennierendem Wurzelitode,
geundftändigen, rofettenförmig angeordneten , ge:
jtielten, breiten, mehrnervigen Blättern und blatt:
le einfachen, eine längliche oder walzenförmige
Ahre tragendem Stengel; 2) Flohſamenkräu—
ter, mit einjährigem, äftigem Stengel, gegenitän:
digen, fihenden, ſchmalen, einnervigen Blättern und
adfelftänbigen, langgeltielten Blütentöpfchen. Aus
der eriten Gruppe fommen in Deutihland brei
Arten gleich häufig vor: der große Wegebreit
(P, major L), mit großen eiförmig-elliptiſchen
Blättern und langer mwalziger, grünlicher Übre,
welcher al3 Unkraut auf bebautem Boden, Schutt,
an Wegen und Mauern wählt; der mittlere
MWegebreit (P. media L.), mit eilanzettförmigen,
weihhaarigen Blättern und länglich⸗walzigen, zur
Blütezeit wegen der weit bervorfte enden, violetten
Staubfäden und weißlihen Staubbeutel jehr hübſch
ausfehenden Ühren, und der fhmalblätterige
Wegebreit (P. lanceolata L.), mit langettförmi:
aen Blättern und kurzen, länglichen, ſchwärzlichen
Ühren, Die beiden legten Arten finden fich überall
auf Wiefen und Grasplähen und find gute Futter:
fräuter. Aus der zweiten Gruppe find namentlich)
der auf Sandboden hin und wieder wachſende P.
arenaria Kit., eine niedrige, drüfig behaarte Pflanze,
fowie die in Südeuropa vorlommenden P. cynops
L. und P. psyllium Z., deren kahnförmige, jehr
[&leimpaltige Samen (Flobjamen, Semen Psyl-
ii oder Pulicariae) als fchleimiges Mittel, fowie
zum Stärken von Spitzen, Seidenzeugen u. |. w.
gebraucht werden, ji erwähnen.
Plänterbetrieb und Plänterfchlagbetrieb,
ſJ. ee und Femelihlagbetrieb,
antigräda (lat.), Soblengänger, Gruppe
der Raubtiere, welche mit der ganzen gr auf:
treten; diefelbe umfaßt nur die Familie Ursida,
(5. Bär.)
— —
geb. 1514 zu Montlouis oberhalb Tours, geſt.
1. Juli 1589 zu Antwerpen , errichtete dafelbjt um
1555 eine Druderei, die bald die größte und aus:
gezeichnetjte ihrer Zeit war. P. war bei jeiner gro:
ben Yetternauswahl im Stande, in allen damals
in Europa befannten Sprachen zu druden. Die
Drude P.s find unter die vorzüglichiten typographi:
fchen Meijterwerte zu rechnen und empfehlen ſich
duch elegante rung und te Unter
der großen Majie feiner trefflichen Preßer sugmifie
iſt das ausgezeichnetite die unter ber kei ichen
Aufſicht des Hoflaplans Philipps II. von Spanien,
Arias Montano, beforgte «Biblia polyglotta»
(8 Bde., 1569— 72). Er wendete ſich jpäter mit
einem Teile feiner Druderei nad) Leiden und über:
ließ die Zeitung der in Antwerpen Buratgeheflenen
Preſſen feinem Schwiegerfohne, Franz Raphelengb,
den er jedoch, als er jpäter wieder nad) Antwerpen
urüdlebrte, nach Leiden fendete. Cr hinterließ
ie drei Töchtern drei Drudereien: zu Antwer:
Den Leiden und Paris. Die erite befam der Gatte
einer zweiten Tochter, Fohann Mourentorff (Yo:
hannes Moretus), der Freund von Juftus Lipfius,
Plantage —
Plaſencia
———— —— die dritte mit der dritten
Tochter Gilles (Aegidius) . Das Zeichen der
Plantiniſchen Drude iſt eine Hand, die einen aus:
gefpannten Zirkel hält, mit ber Jnichrift: Labore
et constantia. P.s Druderei zu Antwerpen ift in
der —— ſeines Schwiegerſohnes Moretus bis
| ie Gegenwart gelangt. Seine Nachfolger
haben in bem Haufe ein Mufeum angelegt, in wel:
chem alle in ver Offizin gedrudten Werte, die Briefe
und men der Autoren u. |. w. aufbewahrt
werden. Die Stadt Antwerpen hat Haus und Mu:
feum (Mus&e Plantin-Moretus) 1875 fäuf:
lich erworben. Bgl. Degeorge, «La maison P.»
(2. Aufl., Brüff. 1878); Noojes, «Christophe P,»
(Antwerp. u. Brüff. 1881).
Plaundes (Marimus), — Mönd zu Kon:
——— der 1327 von Kaijer Andronitos
m Ültern al3 Gefandter nad Benebig gefhidt
wurde und 1353 noch lebte, hat ſich durch griech
tiberfegungen lat. S riftiteller, durd eine Samm⸗
lung in Profa abgefaßter Afopiiher gi und
beſonders durch feine Sammlung der Gedi
griech. Anthologie (f. d.) um die alte Literatur
ein nicht geringes Verbienft erworben. Eine
beigelegte märgendafe Biographie des Aſop, die
oft abgedrudt ift (Wened. 1505 u. öfter), rührt nicht
von ihm ber. Zwei auf grieh. Grammatik und
Syntar bezüglihe Schriften hat Bachmann in den
« Anecdota Graeca » (Bd. 2, 1828) mitgeteilt,
Scholien zu Hermogenes’ «Nhetoril» und einen klei⸗
nen rhetoriihen Aufjag Walz im 5. Band ber
« Rhetores Graeci», eine rhetoriiche Dellamation :
« Bergleihung von Winter —— », Boiſſo⸗
nade im 2. Band feiner « Anecdota», ſowie Treu
(Ohlau 1878), das «Nechenbucd» Gerhardt (Halle
1865). Bon feinen gried. fiberfeßungen find die
den Namen Catos (f. d.) tragenden « »
wieberholt, die der « Metamorphoſen » des in
Proſa von Boiffonade (Bar. 1822), die der 20. und
eines Teil3 der 21. Heroide Ovids von Dilthe
(«De Callimachi Cydippa etc.», Zen 1863), die
der Gedichte des Boethius von Weber (Darmſt.
1833), die der «Commentarii» Cäfars über den
Gallifhen Krieg von Baumftart (Barmit. 1832),
die des «Somnium Scipionis» von Cicero, von Hei
(Halle 1833) und die eines Bruchftüds der Schrift
«Ad Herennium» von Matthäi (Most. 1810) vers
öffentlicht worden,
Planum (lat.), ebene Flãche. :
‚ Blanzeichnen nennt man die Kunft, bie räums
lihen Verhältniffe, namentlich der Erdoberfläde,
dem Kr in überfchaulichen Umriſſen darzuftellen,
(Bol. Plehwe, «Leitfaden für den Deoretifihen Un:
terricht im Planzeichnen», 7. Aufl., Berl. 1874.)
S. Situationszeihnen. i i
Plaquieren ip.) ‚Soviel wie plattieren;
Plaque, plattierte beit,
Plafencia, Ciudad von (1877) 709 E. und
Hauptitadt eines Bezirls der fpan. Provinz CA:
ceres, Liegt am Eingang de3 großartigen \jerte:
thals, lints am Jerte, terrafienförmig auffteigend
und von doppelten Mauern umringt, aus benen
fieben Thore führen, und ift Station (11 km vom
Orte) der Bahn Madrid: San:Bicente (Tajobahn).
Die Stadt ift Biſchofsſitz, hat fieben Pfarrlirchen
und einen Aquädukt neuern Urſprungs von 80 Bo:
gen. Ihre Umgebung ift fehr wohl angebaut. P.
wurde 1190 gegründet und war im 18, Jahrh. eine
Graſſchaft der Zuniga,
Plasti — Plaftiihe Chirurgie
Plaski, Dorf im Diſtrilt Ogulin:Szluin ber
eiemafigen troat Wilitiegeeni tm hochroman⸗
tiſchen
nthale des Dreſulliabachs, mit 1400
ſerboltoat. E., iſt Sit des griech.orient. Biſchofs
von Karlſtadt, mit Konſiſtorium, Kathedrallirche
und weitläufiger —*
Plasma, Name für lauchgrũne und berggrüne
Chalcedone, welche im Altertum häufig zu Gem:
men verarbeitet wurden und auch jetzt noch, aus
Ditindien klommend, in den Achatwerlen von Ober:
ftein und dar verjchliffen werden. ,
Pladma (grch. «das Gebilde, Bildwerl»), in
der Bhyfiologie die Blutjlüffigkeit, der Blutliquor,
ſ. Blut; auch foviel wie Brotoplasma (j. d.).
ra Wor., Pilsgattung aus
der Gruppe der Myromyceten. Es iſt bisjept nur
eine Art befannt, die P. Brassicae Wor., weldye
eine mweitverbreitete Krankheit der Kohlarten, die
jog. Kohlhernie oder Kohltropf, hervorruft.
Sie verurjaht bei den genannten Pflanzen bedeu:
tende Anfchwellungen an den Wurzeln, die oft den
Umfang einer groben Kartoffel erreiden. e⸗
ſonders erweiterten Bellen dieſer Geſchwülſte finden
ſich die —— modien, die ſpäter in eine
große Anzahl kugeliger Sporen — Dieſe
Sporenmajjen werden frei durch Verfaulen ber an:
geihwollenen Partien und feimen jehr bald, indem
ſie einen mit einer Cilie verfehenen Schwärmer aus;
treten laſſen. Die Schwärmer ftellen nach kurzer Zeit
ihre lebhaften Bewegungen ein und nehmen eine amö⸗
boidartig friechende Bewegung an. In diejem Zus
ftande dringen fie in die Haare der jungen Braſſica⸗
mwurzeln ein und bilden dort im Verein mit andern
ein Plasmodium, das jpäter faft die ganze Zelle
einnimmt. Der Pilz fann ſehr og F Kohl⸗
pflanzungen werden, weil durch die Bildung der
umfangreichen Anſchwellungen den oberirdiſchen
Organen eine gewiſſe Menge von — — ent⸗
jogen werden, und ſchließlich, hauptſächlich beim
ängern Andauern von feuchter Witterung, die gan:
zen Wurzelpartien verfaulen. Gin Mittel gegen
diefe verderblide Krankheit gibt es zur Zeit nicht,
nur eine Vorfichtämaßregel tt dabei geboten, um
die Weiterverbreitung zu —— und dieſe beſteht
darin, daß man die befallenen Wurzeln ſorgfälti
aus dem Boden entfernt und fie womöglich du
Feuer vernichtet, oder daß man an Stelle der Kohl:
pflanzen auf dem infizierten Boden einige Jahre
bindurd) etwas anderes, etwa Kartoffeln, kultiviert,
wo dann der Pilz nicht weiter vegetieren fann.
Pladmodium nennt man in der Botanik die
nadten, nit von Membran umgebenen vegetativen
Brotoplasmamafien der Myrompceten (f. d.).
Pladnogonie, nad) Hädel die elternloje Ent:
ſtehung organiiher Wejen aus_organiihem, aber
umgeformtem Bildungsitoffe. (S.u. Urzeugung.)
Dia enburg, j. unter Aulmbad.
Plaſſey over Balajchi, Stadt in Dftindien im
Tiltrift Nuddea der Prejidency :Divifion der Prä:
ſidentſchaft Bengalen auf dem linten Ufer des Hugli.
Bei derjelben fand am 23. Juni 1757 die dentwür:
dige Schlacht zwijchen dem jpätern Lord Clive und
Suradiha Dowlah, damaligem Subadar von Ben:
galen, jtatt, welche mit der völligen Niederlage des
legtern endigte, infolge hiervon ging nicht nur die
Subadarjdyaft von Bengalen von Suradida
Dowlah auf Mir after über, ſondern *
Schlacht legte auch den erſten Grund zu dem mäch—
tigen Reiche der Briten in DOjtindien,
71
He (fr3.), Formbarkeit, Bildſamleit.
laſtik (vom griech. nAdocztv, bilden) wird
gewöhnlich völlig gleichbedeutend mit Skulptur
oder Bildhauerkunft im allgemeinen gebraudit , bes
zeichnet aber eigentlih das Formen von Kunſt⸗
werfen und Geräten aus weichem Stoff, wie Thon,
Wade, Gips u. ſ. w. Nad der Sage hat zuerſt
der forinth. Töpfer Dibutades neben jeinen Thon:
waren Figürliches (zunächſt Reliefs) 5* und
gebrannt. Das Geſichtsbild eines Menſchen in
Gips abzudrücken, iſt nach des Plinius Zeugnis
zuerſt dem Lyſiſtratus, Bruder des Lyſipp, einge:
allen. Dann hat der Künſtler einen Ausguß von
achs aus dieſer Geſichtsform genommen und ihn
retouchiert. Als ornamentale Deloration legt ſich
die P. über die Kernform der Architeltur, ſowohl
innerhalb als außerhalb der Gebäude. Schon die
Villa des Hadrian zu Tivoli, die Bäder des Titus,
die —— Häufer in u ne und Rom
zeigten Stuccaturarbeiten auf. Der Nenaiflanceftil
nahm die in ausgedehnter Weife wieder auf, und
Luca della Robbia, mit feinem Neffen Andrea und
andern Verwandten, bildete durch das ganze 15.
und bis in das 16. Jahrh. hinein eine vielwirkende
Schule, gen bie Arditelturen (befonder3 die tos⸗
canische) plaſtiſch durch Werle in gebranntem und
glafiertem Thon jhmüdten, die von ganz bejon:
derer Schönheit waren und beren Art nad) ihnen
benannt wurde. Bei den Arabeslen und den Oro:
testen verbindet ſich zierliches plaftiiches Ornament
mit dem gemalten. Bei der Busen ausgebreites
ten Anwendung ber architeltoniſchen Ornamentif,
die ein Material erfordert, welches die Bervielfäl:
tigung eines und desjelben Modells che Guß,
Knetung u. f. w.) zuläßt, lommen zur Anwendung:
Stud (cine Miſchung von Kalt und Gips), Terra:
cotta, Steinpappe, Zinf und Portland:Gement.
In der eigentlihen Bildhauerkunft ift das Arbeiten
in Thon zur Vorarbeit für die Marmor: oder Guß⸗
arbeit geworden. Die P. fteht im Syitem ber
Künfte zwifchen der Baulunſt und der Malerei.
E Kunft.) Sie bildet Lörperlic mit ſchwerem,
artem Material wie jene, aber wie dieje hat fie
die Nahbildung des organischen Lebens zum Ges
enftand, Die P. gebt aljo auf die Schönheit der
Jormen aus, Ihre Wirkung befteht in Licht und
hatten; diefe jtärker oder ſchwächer in Hontrait
“ * gibt es drei verſchiedene Arten des Reliefs:
a3 Basrelief oder das Flachrelief, dad Mezzo—
relief (etwa ein Halbrund) und das Alto: oder
Hochrelief. Faſt zu allen Zeiten aber hat ſich die
V. nicht mit Licht und Schatten begnügt, jondern
die Farbe hinzugefügt, fo ihon bei den Ugyptern
und Griechen. Oft tft das beſcheiden gethan, nur
Färbung einzelner Teile, der Augen, Lippen, Haare
und verſchiedenen Beiwerls, oft aber auch mit voll:
ftändiger natürlicher Bemalung. (©. dr Iydros
mie.) fiber die Geſchichte der P. j. Bildnerei.
(Vgl. auch die Tafeln: BildnereiI—VIlL)
Blafti ch nennt man das, was ſich auf die
Schönheit und Wirkung ber Linien und Formen
bezieht, nicht auf den Reiz der Farbe. Die Plaſtit
it daher um fo — auf die Schönheit des Sör:
pers hingedrängt, al3 fie nur in bejchränftem Mabe
die Tiefe des Seelenausdruds, welde der Malerei
möglich, geben kann, A
laftiiche Chirurgie, Anaplaftit ober
Autoplaftif nennt man diejenigen Gengt en
Dperationen, welche fih mit dem Wicdererjaß
12
verloren gegangener Teile, mit dem Verſchluß erwor⸗
bener oder angeborener Lüden und Spalten, mit
der Bejeitigung und Verhütung der durch Narben:
verziehung bedingten Berunftaltungen beichäftigen.
das Gebiet der plaſtiſchen Chirurgie fällt z. B.
die Herftellung defekter Nafen (Rhinoplaftik) und
Lippen (Chiloplaftik), der Verſchluß der Lippen:
(Hafenfcharte) und Gaumenfpalte (Wolfsrachen),
die Befeitigung der Berziehungen und Umftülpungen
der Augenlider. Ihre Aufgabe löjt die plaſtiſche
Ehirurgie meiſt durch Verſehen und Aneinander:
fügen von Hautlappen und Hautftüdchen. Letztere
werben in ber Negel aus der Umgebung ber ber:
uftellenden Zeile oder wenigitens vom Patienten
Gelbft entnommen. In gemwillen Fällen hat man
jedoch auch Teile eines andern Individuums, ja
jelbft eines Tiers (Kaninchenbindehaut) zur Plaftit
verwandt, Am frübeiten jcheint die prajtiihe Chi:
rurgie von den alten Indern geübt zu fein. Sm
Mittelalter war fie bereits in Statien und Sicilien
im Gebraud. Ihre allgemeinere und ausgebrei—
tetere Anwendung datiert jedoch erit ſeit dem dritten
und vierten Sabrzehnt des 19. Jahrh.
Blaitographie (grch.), Schriftfälſchung.
Plastron (frj.), Bruſtharniſch; Bruſtleder des
Fechtmeiſters, welches derjelbe beim Unterricht im
Stoßfechten zum Schuß umbinbet; im übertragenen
Sinne: Stihblatt, Zielicheibe des Spottes.
Bıäswis, Dorf in Schlefien, im Kreife Striegau
des preuß. Regierungsbezirks Breslau, 15km nord:
öftlih der Stadt Striegau, mit Schloß, Bart und
560 E. Hier wurde 4, Juni 1813 zwifchen den
Franzoſen einerfeits und den Preußen andererfeits
ein Waffenftillitand abgeſchloſſen, welder an
demfelben Tage in Boiihwis (f. d.) unterzeichnet
ward. Daher it Wajlenftillitand von V. gleich:
bedeutend mit Waffenitillftand von Poiſchwitz.
lata (Stromiyitem), ſ. La: Plata.
latää, grieh. Stadt im ſüdl. Böotien aufeinem
an die nördl. VBorberge des Kithäron ſich anſchließen⸗
den, im N. nach der Ebene des Fluſſes Ajopos ziem:
lic) Schroff abfallenden Plateau gelegen. Urjprüng:
lid) Mitglied des Böotiichen Bundes, fagte fie ſich
wegen der Hecrſchſucht Thebens von demielben los
und ſchloß fih, nachdem der jpartan. König Kleo—
menes I. ihr Geſuch, fih unter ven Schuß Spartas
jtellen zu dürfen, abgelehnt hatte, den Athenern an
(510 v. Ehr.), denen fie ihre Bundestreue ſchon
durch ihre Teilnahme an der Schlacht bei Marathon
(490) bewährte. In ihrem Gebiet gewannen die
Griechen unter Führung des Paujanias Ende Sept.
479 v. Chr. den entichervenden Sieg über das von
Marbonios geführte Heer der Perſer. Aus der
reichen Beute wurde der gr re Areia ein Tempel
errichtet, der neben dem ältern Tempel der Hera
(Heräon) eine Hauptzierde der Stadt bildete, Das
Andenten des Siegs ward durd) das alle vier Jahre
mit Wettipielen gefeierte Seit der Gleutheria (Be:
freiungsfeſt) bis tief in die röm. Kaiſerzeit hinein
lebendig erhalten. In den eriten Jahren des Pelo—
ponneſi ar Kriegs, 427 v, Chr., wurde die Stadt
nach tapferer Gegenwehr von den Beloponnefiern
und Thebanern erobert und durch gänzliche Zeritö:
rung (mit Ausnahme der Heiligtümer) für ihre
Treue gegen Athen bejtraft. Erſt nad) dem fog.
Antalliviihen Frieden (387 v. Chr.) wurde P. durch
die Spartaner wiederbergeftellt; 372 zerftörten fie
die Thebaner aufö neue. P. blieb in Trümmern lie:
gen bis auf die Zeit Aleranders d. GOr., der die
Plaftographie — Plateau der Idole
Nahlommen ber alten Bewohner, benen ſchon Phi⸗
lipp nad der Schlacht bei Chäroneia (338) ihre
Heimat zurüdgegeben hatte, beim Wiederaufbau
F — un — —* —— ſie bis in
e byzant, Zeiten fort; noch jegt findet man gro
Überrefte ihrer Mauern bei dem Dorfe Kotla.
“ —— Ort im —— 83 Sa⸗
nichi), nahe der neuen griech. Grenze in Theſſalien,
5 km al der Mündung ber Elan. mit
einem gegen Südjtürme gededten Antergrund.
Platane (Platänus L.), Pilanzengattung, welche
hohe Bäume von eihenartigem Wuchfe mit bün:
ner, glatter, —— in großen dünnen Plat—
ten und Schuppen ſich abfchülfender Ninde, hand:
örmig gelappten, ahornähnlihen Blättern und
ugeligen, an hängenden Stielen reihenweije fißen:
den Blütenfäyhen umfaßt und eine eigene, Kleine,
zur Ordnung der Urticinen gehörige Familie (Pla:
taneen) bildet. Die männlichen Kähchen be—
ftehen aus feilförmigen, fleiihigen, um eine fuge:
lige Spindel gejtellten Schuppen und dazwiſchen—
ftehenden Staubgefäßen, die mweiblihen aus ähn—
lien Schuppen und Fruchtknoten mit fadenför:
migem, hatig gefrümmtem Griffel. Die Frucht
ijt ein einfamiges Nüßchen. Bon den fünf betann:
ten Arten der Gattung B. gehören vier Nordame:
rifa an, Die in Griechenland und im Drient hei:
mijche orientalijhe Blatane (P. orientalis L.)
war ihrer Schönheit wegen ſchon bei den Griechen
und Römern jehr beliebt. Auch jept noch wird die:
jer Baum im ganzen fübl. Europa an Wegen und
in Bärten häufig angepflanzt. In Mittel: und
Norddeutichland leidet er von Winterfälte, es wird
dajelbjt an feiner Stelle in Gärten und Alleen bie
fehr ähnlihe nordamerikaniſche zu
“ occidentalis L.) angepflanzt, welche uniern
inter gut erträgt und bis 25 m hoch wird. Die
P. find —— Holzarten, erreihen hohes
Alter und riefige Dimenſionen. Im Thale von
Bujufdereh bei Konjtantinopel fteht die größte P.
Guropas (P. orientalis) von 30 m Höhe, deren von
einer Höhlung durdbrodener Stamm 50 m Um—
fang bejigt; I Alter ſchäzt man auf4000%. Das
Hol; der P. it fehr hart, ſpaltet ſchlecht und befist
geringe Dauer,
latancen (Platandae), f. unter Platane.
lataui, fiſchreicher Ilu auf Sicilien in den
Provinzen Caltaniſſetta und Girgenti, mündet nörd:
(id vom Capo Bianco; er iſt der alte Halylos,
durch Dionyfios I. (883 v. Chr.) und Timoleon
(339) Grenze zwifchen griech. und larthag. Gebiet.
lateau oder Hochebene, ſ. unter Ebene.
lateau (Jof. Ant. Ferd.), belg. Phyſiler, geb.
zu Brüfjel 14. Ott. 1801, ftudierte in Yüttich und
erhielt bei der Errichtung der Univerfität Gent 1835
den Lehrituhl der Erperimentalphyfit und Ajtro:
nomie, den er bis zu jeiner Quieszierung 1871 be:
Heidete. _ Seine zahlreihen Arbeiten, die ſich zu:
meiſt auf Optik beziehen und die in verjchiedenen
ins und ausländiichen Beitihriften jeritreut find,
zn ihm in der Willen haft einen hervorragenden
amen erworben. Das Anorthojtop (f. d.) iſt feine
Erfindung. Er jtarb 15. Sept. 1883
Sein Sohn, Felir Auguſt Joſeph P., geb.
zu Gent 1841, feit 1875 Profeſſor daſelbſt, bat ſich
durch feine zoolog., namentlich entomolog, Arbeiten
— ethan und iſt ſeit dem J. 1871 Mitglied der
elgiſchen Alademie.
Iatenn der Idole, ſ. unter Ghadames.
in Gent.
Platen — Blatin
laten, ein altes Abelsgeſchiecht, das jeit 1252
auf Rügen vortommt, fi aber Schon frühzeitig in
mebrere Zweige fpaltete, Dem Haufe Gransfemwis
gebörte an Franz Ernſt von P. peb. 1631, geit.
1709, der zulegt kurbraunſchw. Geheimrat und Pre:
mierminilter war und 20. Juli 1689 in den erblichen
Neihegrafenitand erhoben ward. Zugleich wurde
derjelbe von Kurbraunſchweig mit dem General:
Erbpoftmeijteramtefürdenjedesmaligen Geſchlechts⸗
älteiten nad dem Nechte der Gritgeburt belehnt.
Lepterer Titel verblieb dem gräfl. Haufe aud, nad):
dem Graf Georg Ludwig von P., der Entel Franz
Ernits, 1736 die Einfünfte und Adminijtration der
Poſtämter an das Kurhaus verkauft hatte. In—
zwiſchen war aud 1704 die Grafichaft Hallermund
(Hallermünde) an die Grafen von P. gekommen,
jedoch ohne die Einkünfte derielben. Seit dieſer
Zeit nannten ſich diefelben Grafen B. zu Haller:
mund. Im J. 1819 erhielten fie einen erblichen
Eik in der Erften hannov. Kammer, und feit 1829
führt dad Haupt des gräfl. Haufes das Präditat
Grlaudt. An der Spipe des Haufes fteht gegen:
wärtig Graf Karl von B.:Hallermund, geb,
3. Sept. 1810, General: Grbpoftmeiiter und Herr
auf Weißenhaus in Holjtein. Gin Bruder desfelben,
Graf AdolfvonP.:Hallermund, geb. 10. Dez.
1814, betrat die diplomatiſche Laufbahn, war bis
1852 hannov. Gejandter in Wien, dann zu Paris,
bis er Juli 1855 das Minijterium des Auswärtigen
übernahm, das er bis zur Einverleibung Hannovers
in Preußen betleidete. Nach der Ginverleibung
Hannovers in Preußen hielt er ſich anfangs zu
Hieging bei Wien in der Umgebung des Ertönigs
Georg V. auf, 309 fi aber Toüter nad) Solften
zurüd. Gin anderer Bruder des Grafen SHarl,
Graf Julius von B.:Hallermund, geb. 26.
Dez. 1816, Oberftlieutenant a. D., war früher in
Hannoverkönigl. Oberjchent jowie Öeneralintendant
des Hoftheaterd und Hoforcheſters. Seit 1. März
1867 wirtt er als ntendant des Hoftheaters und
der fönigl. Kapelle zu Dresden. — Ihres Groß:
vaters Bruder, Graf Auguſt Bhilippvon P.—
Hallermund, geb. 22. Juni 1748, geit. 1831 als
bayr. Oberhofmeilter, war der Vater des Dichters,
Grafen Auguit von Maten:Hallermund (1. d.).
Blaten: Hallermund (gewöhnlih Platen:
Hallermünde, Aug., Graf von), nambafter deut:
her Dichter, geb. 24. Oft. 1796 zu Ansbach, be:
uchte das Kadettenhaus und fpäter das Payen:
injtitut in Munchen und nahm dann al3 Unterlieu:
tenant im Regiment König an dem zweiten Feld—
zug gegen Frankreich teil. Er ftudierte feit 1818
in Würzburg und hierauf in — wo ihn vor:
zugsweiſe ſprachliche und philoj. Studien anzogen.
Die Beſchäftigung mit der perſ. Sprache und Lıtte:
ratur begeijterte ihn zu feinen «Shajelen» (Erlangen
1821). Frühere und gleichzeitige Gedichte ſam—
melte er in ben 3 Blättern» (Lpj. 1821)
und in den «Vermiſchten Schriften» (Erlangen 1822).
Hierauf verfaßte er dad Drama «Der gläjerne Pan:
tofjel», eine Dichtform, die er in der «Verhängnis:
vollen Gabel» (1826) und dem «Romantijchen Odi⸗
pud» (1829) mit Metiterichaft in Sprade und Vers:
bau zu fatiriichen Zweden benutzte. Dazwiſchen
erihienen feine «Schauipiele» (Stuttg. u. Züb.
1828) und die auf feiner erften ital. Reife gedich—
teten «Sonette aus Venedig» (Grlangen 1825).
Von Stalien aus, wohin er 1826 gereijt war, be:
forgte er eine vollitändige Sammlung feiner Ge:
73
dichte (4. Aufl., Stutta. 1848; neue Ausg. 1852).
Dort entitanden auch das Drama «Die Liga von
Cambrai» (Franlf. 1833), fowie das hifter, Mert
«Geichichten des Königreichs Neapel von 1414—43»
Srantf. 1833). Sein lehtes Wert war eine größere
Dichtung in neun Gelängen: «Die Abajjiden »
(Stuttg. 1835). Eine Anzahl von Gedichten, welche
in Deutichland cenjurwidrig befunden wurden, er:
ſchienen in Straßburg (2. Aufl. 1841), Gr lehrte
jeit 1826 nur zweimal auf furze Zeit nach Deutich:
land aus Italien zurüd; die Zurdt vor der Cholera
trieb ihn im Sept. 1835 nad) Sicilien. In Syra:
lus aber ergriff ihn ein beftiges Fieber, weldyem
er 5. Dez. 1835 erlag. Nach feinem Tode ericdhie:
nen jeine «Geſammelten Werte» (Stuttg. 1838;
neue Aufl,, 2 Bde., 1876), denen fi) der «Poetiſche
und litterariiche Nachlaß⸗ (herausg. von Minckwiß,
2 Bde., Stuttg. 1852) anſchloß. Neu herausgege:
ben wurden feine «Werte» von Redlich (3 Bde.,
Berl. [1880—83)). P. bat das Verdienit, in einer
Zeit, wo die Kunſt der dichteriihen Form ganz zu
zerfallen drohte, auf diefelbe durh Wort und That
ingewieſen und felbjt in diefer Beziehung Bollen:
detes geleiftet zu haben, namentlich in den aus jet:
nen legten Lebensjahren ftammenden Dden und
Hymnen. Seine beiden fatirishen Dramen: «Tie
verhängnisvolle Gabel» und «Der romantiiche Edi:
pus», kämpfen nicht ſowohl gegen Diüllner und Im—
mermann — gegen die von dieſen Dich—
tern vertretenen Nichtungen ber ſog. Edidials:
tragödie und der falihen Romantit an, Geine
«Bolenlieder» gehören zu den Anfängen der polit,
Poelie in Deutihland, Dal. Mindivig, «Graf P.
ala Menſch und Dichter» (Lpz. 1838) ; «Briefmwedhiel
zwiſchen P. und Dlindwih» (Lpz. 1836); «P.s Tage:
budy» (herausg. von Bfeufer, Stuttg. 1860). Im
J 1859 ward ihm zu Ansbach ein Denkmal (von
albig) geſeßt, ein anderes 24. Olt. 1869 über
feiner Grabjtätte im Garten der Billa Landolina
bei Syrafus. ,
Piatereöf (vom fpan. platero, ber Goldſchmied)
wird der fpätgot. Stil des 16. Jahrh. in Spanien
enannt, welder mit zaylreihen mauriihen und
Stenaifiance-Glementen vermiſcht iſt und bejien ar:
chiteltoniiche Verzierungen an Goldſchmiede-Ara—
beöfen erinnern. s
Platin, Platina (dem. Zeichen oder Symbol
Pt; Ntomgewidht = 194,5), ein Metall, das von
dem fpan. Nathematiter Anton d'Ulloa in dem >
führenden Sande des Fluffes Pinto in Choco (Nen:
ranada) in Südamerifa entbedt und anfänglic)
ür Silber gehalten wurde, bid 1752 der ſchwed.
Münzdirettor Scheffer_ das P. als eigentümlid;es
Metall erfannte, Es findet ſich nur gediegen und
zwar in dem Blatinerze in Columbia, Peru, Bra:
jilien, in Californien und Oregon, in Aujtralien
und auf Borneo, beſonders aber in Rußland am
Ural, in der Nähe der Orte Bogoslowst, Miast,
Newſansk und cl ir cn Dieje Fundorte
wurden 1824 entdedt und liefern jet jährlich im
Durchſchnitt 3200 bis 3300 kg rohes P. Faſt
alles rohe Metall wird nad London, Paris und
Hanau, wo ſich große Fabriten mit feiner Ver:
arbeitung befafien, verkauft zum Durchſchnittspreis
von etwa 560 Mark für das Kilogramm Nein:
metall. Südamerila liefert jährlic) etwa 450, Vor:
neo etwa 100 kg. Das latinerz * —91 iſt
ein Gemenge von P., Palladium, Rhodium, Jri—
dium, Osmium, Nuthenium, Eiſen, Kupfer und
14
Blei, Der Gehalt an P. beträgt darin 57—86 Bros,
Das P. wird aus feinen Erzen dur einen lang:
wierigen nafjen Weg (nad) —— oder in
neuerer Zeit auf eine mehr metallurgiſche Weiſe
nad H. Deville und Debray) iſoliert. Es iſt fait
ilberweiß, glänzend, hämmer: und jtredbar und in
ünnen Blechen jo weich, daß es mit der Schere
ejchnitten werben lann, bei ftarter Glut ſchweiß—
ar. Es > ” zu Blech walzen und zu Draht
ausziehen. Sein ſpezifiſches Gewicht ift 21,504, jein
Schmelzpuntt 1460°C. Je nad) der Gewinnungs:
art unterſcheidet man —— und geſchmolze⸗
nes P. Es dient zur Anfertigung vieler chem. und
technischen Apparate und Utenfilien, die durch hohe
Zemperatur und die meilten chem. Agentien nicht
angegriffen werben, wie Platintefiel für Schwefel:
hureln rilen und Affinieranftalten, erner Tiegel,
angen, Löffel, Blipableiterfpigen u. f. w.; man
enubt es ferner zur Konftrultion galvaniſcher Gle:
mente. Die Berwendung des P. zu Münzen (f.
Glaube) bat 1 nic bewährt.
latinblech, }. unter Blech.
latinchlorid PtCl, entiteht beim Löſen von
Platin in Königswaſſer und bildet nad) dem Ver:
dampfen der Flüffigleit beim Kryftallifieren gelb:
braune, glänzende Nadeln, die an der Luft unter
Aufnahme von Wafjer zerfließen. Das P. ift der
Ausgangspunkt bei der Darftellung aller Platin:
verbindungen und findet Verwendung zum Ber:
latinieren, ferner in der organiſchen Chemie wegen
einer Eigenſchaft, mit vielen baſiſchen Körpern ent:
weder ſchwer lösliche oder doch leicht Fryitallifie-
sende Verbindungen —— it Chloram:
monium verbindet es ih zuftmmoniumplatin:
chlorid oder Blatinjalmiat PL(NH,),CH, ein
elbes, kryſtalliniſches, in Waſſer jehr ſchwer lös—
ide Sal, Diefem fehr ähnlich ift das Kalium:
platindlorid PX.CI.
Platinen (fr3. touchettes, engl. lifters), in ber
Weberei die Hebehalen der Jacquardmaſchine; am
Strumpfwirkerftuhl die zwiſchen den Nadeln befind:
lien halenförmigen Stahlplätthen, welche dazu
dienen, eine neue Maſchenreihe zu bilden und über
diejelbe hinweg die vorige ——
a j.u. Gasbeleuchtung, Bd. VII,
571*
Platinieren, ein ſtarles Kupferblech mit einem
dünnen Platinblech zufammenwalzen, (S. unter
Rlattieren.)
BIOLRIEIFELERGEN, Platin vereint fi mit
fehr vielen Metallen zu Legterungen, die zum größ:
ten Zeil viel jchmelzbarer als das Platin find,
weshalb Metall oder leicht reduzierbare Metall:
oryde nicht in Platintiegeln erhigt werden dürfen,
Bon Wichtigkeit ift das Platiniridium, weldes
härter als ‘Platin und noch wiberjtandsfähiger
gegen den Angriff aller Agentien iſt. Xegierungen
von 10 Teilen Iridium und 90 Teilen Platin wer:
den aus dieſem Grunde zur Anfertigung der Nor:
malmaße und Gewichte verwandt.
PBlatinmetalle nennt man die gemeinſchaftlich
mit dem Platin vortommenden Metalle: Iridium,
Ddmium, Ruthenium, Ahodium und Palladium.
Blatinmohr it äußerſt fein zerteiltes, ein
famtihwarzes Pulver bildendes Platin, wird er:
halten, indem eine altaliihe Platinlöfung mit re:
duzierend wirlenden Kürpern, 3, B. Altobol, verjeht
wird, Es zeichnet fi durd hohes Abforptions:
vermögen für Sauerjtoff aus,
Matinbled — Platner
rungen. ran Zu der Zeit, wo das Platin
noch feine technt ann fand, bat man in
Rußland (unter Haifer Nikolaus L) verſchiedene
Münzen aus Platin geprägt, und zwar nad) Ufas
vom 6. Mai (24. April) 1828 Dufaten zu 3 Silber:
rubel; nad Ulas vom 30. (12.) Nov. 1829 Doppel:
dufaten zu 6 Silberrubel und nad Ulas vom 24.
(12.) —* vierfache Dukaten zu 12 Silber:
* — Nenn ee Knut ——
in gt und zwar das ruſſ. Pfun uiag
zu * a3, Silberrubel Nennwert; —* wog
der einfa Blatinbufaten peleblid 10,35332 g, die
gröbern Stüde nad Verhältnis. Es wurden dazu
14250 kg Platin, welche fid) im Laufe der Zeit ın
der peteröburger Münze angejammelt hatten, ver:
wandt. Die in unhönen PBlatinmünzen
murben nicht beliebt und bie bedeutende Preiser:
niebrigung des Platinmetall3 (welches im Ber:
hältnis zu Silber wie 5,23 zu 1 ausgeprägt worden
war) wirkte dahin, daß man ihre Husprägung ein:
ftellte, und ber Ufa3 vom 22. (10. Juni) 1845 ord⸗
nete die Wiedereinziehung diefer Münzen an.
Platinrüdftände, die bei Verarbeitung ber
Platinerze bei Bebandlung mit Königswaſſer ver:
bleibenden unlöslihen Metalle: Dsmium=Jridiunt,
Ruthenium und Rhodium, aus denen diefe Metalle
auf dem. Wege abgeſchieden werden können.
tinfchivamm verbleibt ala graue, loder zu:
—— ende Metallmaſſe bei gelindem Glü
latinfalmials. (S.Platindlorid.) Er hat
ebenjo wie der — jedoch nicht in gleich
ohem Grade, das Vermögen, Gaſe, beſonders
auerſtoff, zu verdichten. Von dieſer Eigenſchaft
A man Ge raud) gemacht zur Anfertigung von
undmaſchinen (vgl. Döbereiner), die re
jeßt durch die bequemern Streichhölzer verdrängt
ind. Durd Schweißen bei Weißglut läßt ſich der
. zu fo em Metall verdichten. Ehe man bie
chmelzung des Platins Ka ausführen fonnte,
wurde alles Platin auf diefe Weife gewonnen,
latinfchwar x rien ra
latitude (frz.), Plattheit (im Ausdrud).
Iatner (Gruft), Arzt und Anthropolog, geb.
u Leipzig 11. Juni 1744, war der Sohn von Jo⸗
hannJadariast, (geb. 16. Aug. 1694 zu Mei⸗
n, geit. 19. Dez. 1747 zu Leipzig), welder ſich,
feit 1721 Profeſſor der Diedizin zu deipjig, nams
aftes Verdienſt um Ausbildung der Chirurgie in
utſchland erwarb und als Schriftiteller befonders
durch die «Institutiones chirurgiae rationalis»
(2p3. 1745; lebte Ausg. 1783; deutic von Krauſe,
1766) und bie «Opuscula chirurgica et anatomica»
2 Bode., Lpz. 1749) zu Ruf gelangte. Der jüngere
‚ ftudierte in Leipzig, erhielt 1770 eine außerord.
Brofefiur der Medizin, 1780 die orbentlidhe der
byfiologie, 1801 eine außerord, und 1811 eine ord.
rofefjur der Philojophie. Gegen Ende feines
n3 verfiel er in eine Gemütskrankheit. Cr jtarb
27. Dez. 1818. Unter feinen Scriften find zu
nennen: «Anthropologie für Ärzte und MWeltweije»
(2 Bde., Lpz. 1772 —73; neu bearbeitet 1790);
a. Aphorismen» (2 Bde., 1776—82 u. öfter);
«Quaestiones physiologicae» (Ypz. 1794); «Quaes-
tiones medicinae forensis» (deutſch von Hederich,
Lpz. 1820; neu herausg. von Choulant, 2pz. 1824).
Ernit Zadharias P., Sohn des vorigen, geb.
zu Leipzig 1. Oft. 1773, befuchte die dortige den:
afadennie unter Se ehte jeit 1790 Er tudien
in Dresden und feit 1797 in Wien fort und ging
Plato 75
1800 nad Rom. Hier verband er praltiſche fibung
der Malerei mit geſchichtlichen und theoretiichen
Kun en und wendete ſich immer mehr der litte⸗
rariſchen Thätigleit zu. Seit 1823 Lönigl. ſächſ.
Agent bei der päpiil. en ftarb er 14. Dit.
1855 zu Rom. Durd Niebuhr wurde er ala Mit:
arbeiter an ber «Beichreibung der Stadt Rom»
(Stuttg. 1829 rg) gewonnen.
Eduard P. Bruder des vorigen, geb. zu Leipzig
1786, ging ſchon 1800 auf die Univerfität feiner
Baterftadt, feste feit 1805 feine Studien in Göttin:
en fort und wurde 1811 aufjerord., 1814 ord. Pro:
Peflor der Rechte zu Marburg. Cr ftarb dafelbft
5. Juni 1860. Er jhrieb: «Beiträge zur Kenntnis
des attiihen Rechts» (Marburg 1820), «Der Prozeß
und die lagen bei den Attilern» (2 Bde., Darmit.
824—35) und «Quaestiones de jure criminum
tomano, rtim de criminibus extraordina-
riis» (Ma 1842).
(ar. Platon), neben feinem großen
häler oteles der bedeutendfte und tiefite aller
Denter, geb. zu Athen 429 v. Ehr., der Sohn
Ariſton und der Beriktione, jtammte aus einem
der edeljten a Geſchlechter, welches feinen Ur:
52 bis auf König Kodrus — Ur⸗
prüngfid hatte er den Namen Ariſtolles erhalten;
wegen ber Breite feiner Stirn oder, nad) andern,
feiner Bruft wurde er B. genannt. In feiner Ju:
25
foll er die Abficht gehabt haben, die Dichter: | 9
zu betreten, was er jedoch auf den Nat
des Sokrates unterlafien habe. Obwohl er früh
zeitig mit einem er des Herallit, Aratylos,
) wurde feine philof. Richtung doch wejent:
lich durch den Umgang mit Sotrates beftimmt. Cr
eg mit biefem in feinem 20. Jahre Belannt:
und 5 un = au *
o neun Jahre lang. Die e
ternbe Ben welche dns Schiahnl des Sokrates
——— auf P. einen tiefen Eindrud machen;
g gegen die Demokratie ſcheint da—
worden zu ſein. Unmittelbar nach
dem Tode des Solrates war für deſſen Freunde
fein ſicherer Aufenthalt in Athen, und
feine Baterjtadt und lebte eine Zeit
ides in Megara. Bon Megara aus
Reifen, erft nad) Eyrene und Ligypten,
ien, wo er mit den bedeutenditen
Archptas von Zarent, Zimäus von
ehrte, endlich nach Sicilien. Biel
dazu Dion, der Schwager des Ty:
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rannen von Syralus, Dionyfius des Altern, ver:
‚um dur ihn auf a einzuwirlen,
2.3 tigkeit ftörte jedoch bald das Verhältnis
* ihm > y a Dh —* —
— ionyſius da⸗
mals — war, sang en lace:
:
Geſandten Pollis aus, der ihn in Ägina
Sllaven verlaufte. Anniceris aus Cyrene
e ihn los, und nun kehrte P. nach Athen zu:
‚um, ungefähr in feinem 40. Lebensjahre, feine
tigkeit in einem Gymnafium_ außerhalb
Athens, der Akademie, zu beginnen. Später gin
er noch zweimal nad Syrafus; das erfte mal au
Beranlafiung des Dion, —— dem Tode des
altern Dionyſius, 368. Aber auch dem jüngern
Dionyſius war P.s —— Ernſt unbequem, und
nicht nach der nung des Dion wandte
ſich B. nach Athen zurüd. Dionyſius hatte dem P.
veriprochen, feinen Stiefoheim Dion binnen Jahres:
FE
frift zurüdzurufen, machte dies jebod von einem
nohmaligen Beſuche des P. — Er ſchickte
deshalb 361 ein eigenes Schiff nad) Athen, um P.
abzubofen, und biejer unternahm in jeinem 69. Jahre
die Neife. Die —— hatten ſich für die
Ehrlichkeit des Dionyſius verbürgt. Dieſe Bürg-
ſchaft war nicht ũuberflüſſig, indem P. ohne den Ein⸗
ſluß derſelben, namentlich des Archytas, dem
wiedererwachten Mißtrauen des Dionyſius gegen⸗
über, en nad Athen zurüdgetehrt
fein würde, Dieje Beziehungen P.s zu ben jyra=
tufan. Machthabern dienen die au feiner Cha:
rakteriſtik, als es nicht unwahrſcheinlich ift, daß er
babe verſuchen wollen, feinen polit. Überzeugungen
einen praltiſchen Einfluß zu verihaffen: ein Ge:
dante, der ihm durch das Beifpiel der Pythagoräer
nahegelegt jein konnte. Nach feiner Nüdlehr von
der dritten ſicil. Neife lebte er in Athen, wo er
347 ftarb. Eine Inſchrift zierte fein Grab im Kera⸗
meitos. Bgl. 8. Steinhart, «P.8 Leben» (2p3. 1873).
Die unter dem Namen B.3 auf una gelommenen
Schriften bilden hinſichtli —* Echtheit und ihres
Zuſammenhangs eins der ſchwierigſten und bisher
noch durchaus ER - gelöjten Probleme
Altertumswiſſenſ ir ie wurben zuerft in der
—— lat. liberfehung von Marſilius Ficinus
(Flox. 1483—84) und in ihrem griech. Terte 1513
zu Benebig gedrudt und haben jeitdem ——
erausgaben erlebt. Unter den neuern ſin or⸗
zuheben die ſog. Zweibrüdener Ausgabe (1781 —
137) die Tauchnitzſche (zulet Lpz. 1850), die von
J Better (10 Boe., Berl. 1816—23; auch Lond.
1826), von F. Aft (11 Bde., Lpz. 1819—32), von
Stalldaum (12 Bde., 2pz. 182125), von Waiter,
Drelli und Windelmann (2 Bde., Zür. 1839—42;
in Heinerm Format 21 Bde., 4. Aufl., 1861 fe.),
von Schneider und Hirfhig (gried. und lat., Var,
1846—56) und * Hermann (6 Bde., Lpz. 1851
—53). Einzelne Schriften B.3 find auch zahlreich)
für den Sghulgebrauch eingerichtet und fommentiert
worden. Ins Deutiche find P.s Werte von Schleier:
macher (Berl. 1804—28; 3. Aufl., 6 Bbde., 1855—
62) und von Hieronymus Müller (mit Ginleitungen
von Steinhart, 8Bde., Lpz. 1850 — 66) überjept wor:
den, ins Franzöfifche von V. Coufin (8 Bde., Par.
1825—40), ins Englifche von Jowett (4 Bde., Drf.
1871), ins Italieniſche vonBonghi (Mailand 1857).
Bol, Soder, «Über P.3 Schriften» (Münd.
1820); 8. 3. Hermann was und Syitem
der Matoniihen Philojophie» (Bd. 1, Heibelb.
1839); €. Zeller, « Platonifhe Stubien» ale:
1839); Soder, «Die natürliche Ordnung der Plato:
niſchen Schriften» — —* Suſemihl, «Die
genetiſche Entwidelung der Platoniſchen Philoſo⸗
pbie» (2 Bde., Lyʒ. 1855 u. 1860), Bonik, Plato⸗
niſche Studien» (2 Bde., Wien 1858—60); Fr, liber:
weg, «Unterfuhungen über die Echtheit und Zeit:
folge ber ——— Schriften» (Wien 1861).
ie Form diefer Schriften it, mit Ausnahme
der «Apologie», ausnahmslos dialogiih und zeigt
eben dadurd die Abhängigkeit der Wlatonitchen
Lehre von derjenigen des Sokrates, weldher aud) in
den meijten diefer Dialoge die entſcheidende und die
Meinung des Verfafjerd ausiprechende Perſon bil:
det. In der Kunſt der Anordnung und der fces
nischen Ginführung diefer Dialoge erweilt ſich P.
nicht nur ala ein Meiſter der geie . Spradje, jons
dern auch der künftleriihen Darftellung. Seine
Dialoge bilden mit der Feinheit ihrer Wendungen,
76
mit der Durchfichtigkeit ihrer Gebankengliederung,
mit der oafigen Jeigmung ber redenden Figuren
eins ber vollendetiten Produkte des griech. Geiftes.
Nicht felten liebt er das, was in deutlich audgepräg:
ten Begriffen auszufprechen entweder ihm jchwer
wurde oder ihm Jet das Verſtändnis feiner Leſer
unangebracht erſchien, in der poetiſchen Form von
Mythen ſymboliſch anzudeuten. Bol. Deuſchle,
«Die Platoniſchen Mythen» (Hanau 1854); Vol:
quardien, «B.3 Theorie vom Mythos und feine
Diytbens (Schlesw. 1871). ;
Die Lehre, welche in einer raftlofen Umbildung
bearifjen und in ſtetiger Vertiefung und Ausbrei:
tung in B.3 Schriften fi entwidelt, die Pla:
tonijhe Philoſophie, bildet den Höhepunkt
der griech. Philoſophie, infofern als alle Fäden,
welche bis dahin einzeln angeiponnen, von P.
zum erſten male in eine große Ginheit zufammen:
gefaßt wurden. Den Grundgedanfen dei Ganzen
gewann P. durch eine energiiche Ausbildung der
von Sofrates aufgeftellten Prinzipien; aber indem
er die einfeitige Nidhtung, weldye dad Denten bei
Sofrates wie bei den Sophijten auf die Betradtung
de3 menfchlihen Geilteslebens genommen hatte,
wieder aufgab und unter dem neugewonnenen Ge:
ſichtspunkte die Lehren der frühern, weſentlich ber
Naturertenntnis zugewandten Philoſophen kritiſch
zu ihten und dem Syitem einzufügen ſuchte, voll:
er diejenige Verknüpfung aller frübern Dent:
richtungen, durch welche die griech. Wiſſenſchaft auf
ihren höchſten Standpuntt emporgehoben wurde,
Seine Lehre bildet mit derjenigen des Ariltoteles
zulammen das reifite Produkt des griech. Geiſtes,
und wenn ihr inneriter Kern darin beitand, ber finn:
lien Welt gegenüber eine geiftige Welt der Ideen
als die wahrhafte Wirklichteit anzunehmen, fo voll:
108 fih eben darin der Bruch der grieh. Willen:
haft mit dem urfprüngliden Sinne des griech.
Volts. Sokrates und P. haben die Welt des Bei:
ſtes entdedt und fie als ein Ideal bingeftellt, an das
die Sinnenwelt nie —— fönne, Bal. Ten:
nemann, «Syſtem der Platoniſchen Philoſophie⸗
Lpz. 1792—95); Aſt, «B.3 Leben und Schriften»
(Lp3. 1816); Arnold, «Syftem der Platoniſchen
Philofophie» (Erf. 1838); Grote, «P. and the other
companions of Sokrates» (Lond. 1865); Steger,
«Blatonifche Studien» (3Bbe., Innsbr. 1870-72);
von Stein, «Sieben Bücher zur Gefchichte de3 Pla:
tonismus» (3 Bde. Gött. 1862—75); Byk, «Der
Hellenigmus und Blatonismus» (2ps. 1870).
„Die Ideenlehre, als der innerfte Kern der Plato:
niſchen Whilofophie, ift bereits aus der Verfchmel:
zung der Sokratiſchen Lehre mit den metaphyſiſchen
Spelulationen der frühern Zeit entiprungen. _So:
Irates hatte ‚gezeigt, dab alles Willen nur in feiten
und allgemeingültigen Begriffen beiteben lönne, und
ür die Auffindung derfelben die zur Definition hin:
trebende Methode der Indultion aufgeftellt. P.
handhabte in feinen Dialogen als der zur Erzeugung
der Gedanken Demamethen TTesm bieje ee des
Meiſters mit vollendeter Virtuofität und fügte ihr
auch die umgekehrte Operation der bebuftiven Gr
ienaung von Artbegrijen aus ben Eng a
en hinzu. Diefer ganzen Thätigkeit der Begrijfs:
bildung, worin das Wefen der Wiſſenſchaft beitehen
follte, gab er den Namen der Dialektik und fucht fie
auf das fchärfite von den fophijtiichen Gedanfen:
ſpielen zu unterſchieden. Ihnen gegenüber bezeich—
nete P. die feſten Allgemeinbegriffe, welche den Jn—
Plato
deen. Wenn aber dieſe Ideen eine richtige Er—
enntnis enthalten ſollen, ſo muß ihr Inhalt Wirk—
lichteit fein, und daraus ſchloß P., daß dieſe un:
wandelbaren Allgemeinbegriiie das wahrhaft Be:
ftebende und die metaphyſiſche Wirklichkeit feien.
Diefe Welt der Ideen iſt in fih fo wandellos, fo
ewig und un zeworden, wie die Eleatiſche Schule es
von ihrem Begriffe des Seins in Anſpruch nabm:
diefe Ideenwelt ijt deshalb auch in fi) fo wider:
ſpruchslos und fo einheitlih, daß alle einzelnen
Jdeen nur als die Arten einer einzigen höchſten
dee betrachtet werden dürfen, und dieſe iſt die
per des Guten oder der Gottheit. Wie aber im
Menſchen neben den feiten und allgemeinen Ideen
auch die gelegentlich entitehenden und Pag
finnlien Wahrnehmungen vorhanden find, jo gibt
e3 im metapbyfiichen Sinne auch neben der been:
welt eine finnliche Welt des Entitehens und Ver:
ehens, eine Welt der Widerſprüche und des raft:
ojen Wechſels, wie Herallit ſich das Weſen ber
Dinge vorgeitellt hatte. Wie die auf finnliche Gr:
—— peitüpte Meinung zum begrifflidien Mefen,
o u t ſich nah P. die immer im Werben be:
oriffene materielle Welt zu ber er feienden
Welt der been. Jene iſt wertlofer,, ſchlechter ala
dieſe; fie ftebt zu dieſer in einem Verhältnis, wel:
ches P. anfangs als ein unvolllommenes Teilhaben,
fpäter, ald er fi) den Pythagoräern zuneigte, als
eine Art mehr oder minder volltommener Nach:
ahmung bezeichnete, und die leßtere Anichauung,
wonach bie em die Urbilder der materiellen Welt
find, hat in den — Wirkungen, welche die Bla:
toniſche Philoſophie auf das antife und auf das
en ausgeübt bat, entichieden überwogen.
ol. 3. Hofmann, «Die Dialektit P.s» (Münd,.
1832); W. Danzel, «Die Platoniiche Dialektit» (Lpz.
1845); Beipers, «Die Erfenntnistbeorie B.3» (Lpj.
1874); Nourifjon, «Exposition de la theorie pla-
tonicienne des id&es» (Bar. 1858),
Es iſt Har, daß hiernach die Aufgabe der Willen:
[Saft wefentlid in der Gntwidelung des Syſtems
er been beruht, aber wenn P. deshalb meinte,
daß es von der Sinnenmwelt nur eine vielleicht bis
zur Wahrfcheinlichkeit fich jteigernde Meinung geben
könnte, jo juchte er doc) dieſe Meinung ſoviel wie
möglich mit den Yen zu durchdringen und die er:
fahrungsmäßige Wirklichkeit unter dem Geſichts—
punkte zu betrachten, daß darin in immer volllom:
menerer Nachbildung der Urbilder die Ideenwelt
realijiert werden jollte, infolge deſſen nahm feine
Naturphiloſophie einen durchaus teleologiichen Cha:
rafter an und lief mit einer jorgfältigen Benutzung
aller frühern Theorien darauf hinaus, in der Idee
des Guten, d. b. in der Gottheit, die legte Urſache
für die zmedmäßige und jchöne Geftaltung ber Ma—
terie ger Bu wahrhaft Seienden) nachzuweiſen.
Dal. Bödh, «De Platonis corporis mundani
fabrica» (Heidelb. 1809). Die Welt ift ein befeel:
tes Ganzes, deilen Ordnung der dee bes Guten
zu entiprechen berufen it. Der Vienich, ala ein
Glied desfelben, vereinigt in fich mit höchſter Voll:
fommenbeit die Stufen des Lebens, welche vor ihm
getrennt ericheinen, und über dem genießenden und
dem wollenden Zeile befißt er in feiner Seele einen
vernünftigen, aus der Ideenwelt jelbjt jtammenden
und deshalb der Bergänglichkeit nicht preiögegebenen
Teil. . 8. F. Hermann, «De immortalitatis
notione in Platonis Phaedone» (Marburg 1833);
Ye ber wiſſenſchaftlichen Erlenntnis bilden, als
U — — 1 ==
Platon — Platow
Yacobi, « Kurze Darftellung der Blatonifchen See:
Ienlebre» (Bonn 1873).
Am ſcharfſten ift der Gegenſatz P.s gegen die So:
pbüten auf dem Gebiete der Ethit, wo er den Be:
griff des an fi und wandellos Guten vor allem
rg denjenigen der Luft abzugrenzen ſuchte. Er
et zu dieſem Zwed eine Neihenfolge der Güter
auf, und jucht dabei die fittlichen von den natürlichen
begrifjlich zu unterſcheiden. Bor allem aber ent:
wirft er ein Syſtem der Tugenden, weldes für jeden
der drei Seelenteile eine Grundtugend und für das
rechte Maß in der Abwägung der einzelnen Tugen:
den eine höchſte Tugend unter dem Namen der Ge:
rechtigleit verlangt. So kommt die befannte Lehre
von den vier Nardinaltugenden: Selbftbeherrihung,
TZapferleit, Weisheit und Geredhtigteit zu Stande.
Die volllonımene Realijation der dee der Gerech⸗
tigkeit aber ift nicht im einzelnen Menſchen, fondern
nur im Staate möglid. P. faßt den Staat als
den Menſchen im großen auf; in feinem Entwurfe
des idealen Staats erſcheinen den drei Seelenteilen
entiprehend drei Stände: die arbeitende Klaſſe,
welde, unfähig an der Leitung des Staats felbit
teilzunehmen, nur für die Bedürfnijie de3 äußern
Lebens zu jorgen hat; der Kiriegerjtand, welcher die
Befehle der Kegierung nad außen und nad) innen
auszuführen hat; endlich der Stand der Wiſſenden,
welche allein die Yeitung desgefamten Staatswejens
in ihren Händen haben. Dabei dyaralterifiert die:
ſen Blatoniihen Staat eine fo innige geiell:
Ichaftlihe Durhdringung, dab alle individuellen
Interefien, namentlid das Familienleben und das
‘rivateigentum, in lommuniftiihem Sinne bem
Staate aufgeopfert werden. Auch die Erziehung
will B. gänzlich in die Hände des Staat legen und
er gibt eine Stufenleiter der YJugendbildung an,
wonad) der Staat in immer engerer Ausahl die
Verähigtiten, Beiten und Weifeften neu in die Klaſſe
der Herricher einführen fol. Das ift der Sinn
jenes berühmten Ausſpruchs: «es werde der libel des
Menſchengeſchlechts fein Ende fein, ehe nicht die
Philoſophen Könige oder die Könige Philojophen
find». Offenbar liegt diejem Staatsentwurf die
ariitofratiihe Gefinnung zu Grunde, welde, von
der Ochlofratie Athens erichredt, zu den Elementen
der ſpartaniſchen Staatöverfajlung ——
Aber die Ausbildung desſelben iſt in jo donſequen⸗
ter Weile gedacht und jo jehr von dem hohen Ideal
einer jittlihen Aufgabe des Staats erfüllt, daß man
in ibr mit Recht das wertvolle Urbild der mittel:
alterlihen Hierardhie gefunden hat. Bol. K. F.
Hermann, «Die hiſtor. Glemente des Blatonifchen
Staatsideal3» (in « Gefammelte Abhandlungen»,
Gött. 1849); Ed. Zeller, «Der Platoniſche Etaat
in feiner Bedeutung für die Folgezeit» (in «Vorträge
und Abhandlungen geihidhtlihen Inhalts», Lpz.
1865). Wegen der überaus zahlreihen Spezial:
werte vgl. Zeuffel, «fiberficht über die Platoniſche
Zitteratur» (Tüb, 1874).
Die Platoniſche Philoſophie als das erfte Bei:
fpiel eines organiſch in ſich gegliederten Syſtems
wurde der Ausgangspuntlt für alles weitere philof,
Denten. Zwar bat fie nit jo unmittelbar und
bandgreiflihd wie, die Ariftoteliihe Lehre gewirkt,
aber teil3 durch dieje jelbit, teil aber auch in einer
ftetig fortgehenden Konkurrenz damit, bat fie na:
mentlich feit dem Beginn des chriſtl. Zeitalters auf
viele Denker einen beitimmenden Einfluß ausgeübt.
Im Altertum jelbit ſchloß fi an den vielbewunder:
77
ten P. eine große Schule an, welche ſich nad) ihrem
Mittelpunlte, dem Orte der Lehrthätigkeit des Mei—
jters, die Alademie nannte. In ihrer Entwide:
lung find weſentlich drei Phaſen zu bemerken, von
denen die ältere, unter deren Vertretern Speufip-
pus, Kenofrates und Herallides Ponticus hervor;
zubeben, fich teilö mit jpeciellern Ausführungen,
teild mit einer noch mehr pythagoräifierenden Um:
bildung der urjprünglichen Yehre befchäftigte. Die
zweite nahm unter yührung des Arcefilaus und des
Narneades eine jleptifche Wendung. In der dritten
Beriode kehrte man zwar im allgemeinen zu dem
uriprüngliden Syiteme zurüd, begann jedoch das:
jelbe ſchon mit arijtoteliihen und ftoiihen Yehren
u verjchmelzen und bereitete jo die Bildung des
Neuplatonismus vor. Diejer aber hatte wiederum
die religiöfe Bedeutung zur VBorausjegung, welche
dem Platonismus teils durd) die allgemeine Aul:
turftrömung der Zeit, teil3 durch die denjelben
mit orient,, vorzüglic jüd. Lehren in Verbin:
dung bringenden Denker der erften Jahrhunderte
n. Chr. zuteil geworden war,
laton, |. Blato.
latonifches Jahr, f. unter Jahr.
latonifche Liebe nennt man das Verhältnis
zweier Perſonen veridiedenen Geſchlechts, welche
eine gegenſeitige Liebe ohne ſinnliche Regungen
verbindet, Dieſer Ausdrud gründet ſich darauf,
daß Plato bei der Geſchlechtsliebe zwei in der Idee
trennbare Seiten unterſchied, die projaiidhe des
finnlihen Begehrens, und die poetiiche einer Er:
ns des Gemüts und Beflügelung der Phantafie,
!eptere Seite fahte Plato auf als ein ahnungs—
volles Erſchauen ewiger a eg aus uns
jterblihen Zuftänden des Geiltes und pries bie
Liebe von diefem Gejihtöpunfte aus als ein Gr:
munterungsmittel zur Beichäftigung mit pbilof.
und göttlihen Dingen.
latonifche Philoſophie, f. unter Blato.
latow (Matwei Iwanowitſch, Graf), ruſſ.
General und Ataman des doniſchen Heers, geb. zu
Aſow 17. Aug. 1751, aus einer adeligen doniſchen
Familie, die urfprüngli aus Griechenland ein:
ewandert war. Er trat 1765 in das Koſalenheer,
Pot 1770 gegen die Türlen, diente unter Suwo—
rom 1782 und 1783 am Kuban und in der Krim,
zeichnete fich 1788 beim Sturm auf Otſchakow,
1789 vor Aljerman und Bender und 1790 vor 8:
mail aus, Im J. 1801 von Alerander I. zum Ge:
nerallieutenant und Ataman des doniſchen Heers
ernannt, bewies P. zugleih ein ausgezeichnetes
Talent für die Verwaltung und veranlapte die Gr:
bauung von Nowo⸗Tſcherkask, weldes Sitz der
Landesverwaltung wurde. P. lämpfte jodann im
Kriege gegen die Franzoſen 1805—7, bemädhtigte
fi im türf, Feldzug von 1809 der Stadt Hirſowa
und trug zu den Siegen bei Nafjewat und Kalipetri
bei. Im Kriege von 1812 wor] er 9. Juli den
König von Weitfalen bei den Fleden Mir und Ro:
manowo zurüd und gie nad) der Zeritö:
rung von Moskau mit 20 Koſakenpolls und einer
nfanteriebrigade die Verfolgung des im Abzug
begrijienen Feindes. Nah Überſchreitung der
Grenze bemädhtigte er ſich der preuß. Städte Ma:
rienwerder, Marienburg, Dirſchau und Elbing,
ſchlug den General Leftbvre 28. Mai 1813 bei Al:
tenburg und verfolgte nad) ber Schladht von Leip:
zig den Feind bis an den Rhein. In Frankreich
erjtürmte er Nemours, befehte Arcis und Verfailles
78
und zog mit ben BVerbündeten in Paris ein.
Sm J. 1812 war er in den Grafenitand erhoben
worden. Cr ftarb 15. Yan. 1818 am Don in der
elantſchizliſchen Slobode und wurde in Nomo:
Zicherfast begraben, wo ihm Kaiſer Nilolaus
1853 ein Denkmal errichten ließ. Sein Leben ward
von Smirnoi beſchrieben (3 Bde., Most, 1821).
para f. unter Apfel, Apfelbaum.
Inttdeutfch oder Niederdeutſch iſt bie
Eprache des norddeutſchen Tieflandes. Die fühl.
Grenze ihre8 Gebietes bejtimmt eine etwa durch
folgende Orte gezogene Linie: Krefeld, Elberfeld,
Kajiel, Dueblinburg, Defiau, Wittenberg, Lübben,
Fürftenberg, Meferis, von da bie Spradgrenze
gegen das Poluiſche in Pofen und Provinz Preußen
und das Litauiſche in reußen. Die ungefähre
nördl. Grenze gegen das Dänijche bildet eine von
Zondern nad Alen®burg gezogene Linie. Das
Niederländifhe und Vlamiſche gehören in ben Kreis
der niederbeutichen Dialekte, werden aber als be:
fondere Spra ezählt, weil fie Schriftſprachen
find und die fie Redenden politiich von Deutſch—
land getrennt find. Das Nieberdeutich unterſcheidet
ih vom Hochdeutſchen dadurch, daß jenes auf ber
eriten, dieſes auf der zweiten Stufe der Lautver:
[Wiebung (j. d.) fteht; die Konfonanten des Nieder:
eutſchen find alſo weſentlich die des Gotifchen,
Engliſchen und der jlandinav. Sprachen. Daraus
ergibt jich das leichtefte Unterſcheidungsmerlmal
vom Hochdeutſchen: hat ein Dialelt t, wo Er
beutich s jtebt, 3. B. dat für das, oder k, wo bo
deutſch ch, p, wo hochbeutid) f, fo gehört er zu den
niederdeutſchen. Bis zur Reformation war das
Niederdeutiche allgemeine Schriftſprache und reichte
weiter nad Süden, von der Zeit an werben die
Drude immer feltener und hören mit dem Anfang
de3 17. Jahrh. gem auf. Seitdem machte das Hoch⸗
deutſche, in allen urfprünglich niederdeutichen Di:
jtriften allgemeine Schriftiprade, fih auch ala Um:
gangsſprache der gebildeten Stände geltend und
verdrängte das Niederdeutiche mehr und mehr. An
größern Schriftdenfmälern it aus dem ältejten Zeit:
raum nur der Heliand (f. d.) erhalten.
Aud ei Beitraum, der mittelnieder:
deutſche, it arm an Merten, denn an den Höfen
veritand und — man die oberdeutſche Sprache,
welche raſch ein ſolches übergewicht erlangt hatte
(j. Deutſche Sprade), daß nicht nur ihre Mei—
iterwerte feiner fiberjeßung ins Niederbeutiche be:
durften, —— daß ſelbſt Dichter niederdeutſcher
Herlunft der oberdeutſchen Sprache ſich bedienten.
Es blieb ei die mittelniederdeutiche Litteratur
im wefentlichen | die Bedürfnifle des Bürger:
ſtandes und des täglichen Lebens beichräntt, Des:
halb bilden Reimchroniten, lehrhafte Gedichte und
Rechtsbücher ihren Hauptbejtand; und wenn fie ja
binübergriff in die höhern poetiichen Gebiete der
Epik, Lyrik und Dramatik, fo zeigt fie zwar nicht
jelten einen frifchen volfstümlichen Zug des Wißes
und Humors, vermag aber weder den innern Ge:
halt noch die künjtleriiche Form der befjern unter
den gleichzeitigen hochdeutſchen Dichtungen zu er:
reihen. Grwähnung verdienen aus diefem Zeit:
raum unter den Neimchroniten die Gandersheimer
Chronik des Pfaffen Everard von 1216 (bei Leibniz,
«Scriptores Brunsvicenses», Bd. 3, und in Haren:
bergs «llistoria Gandershemensis», Hannov. 1734)
und eine Chronik der Fürften von Braunfchweig
um 1280 (bei Leibniz, aud) herausg. von Scheller:
.
z
Plattäpfel — Plattdeutich
«De Kronica van Sassen», Braunſchw. 1826),
welche jedoch beide hinter Gottfried Hagens nieder:
thein. Chronik von Köln, zwifchen 1277 und 1288
(befte Ausgabe von Cardauns in Bd. 12 der «Chro-
niken der deutſchen Städten, Lpz. 1875), zurüditeben.
Unter den proſaiſchen Chronilen behaupten den
Vorrang die Lubiſche des Franzislaner Leſemei—
ſters Detmar zu Lübed (mit ihren Fortſeßzungen
* ug —— at dom Avon und
ie wichti agbeburger enchronik (herausg.
von Sanıde in Bd. 7 ber «Chronilen der deut:
ſchen Städte», Lpz. 1869). Unter den Rechts—
büdern fteht obenan die Sippe des magdeburgi-
ſchen Rechts, an ihrer Spike der «Sadjenipiegel»
(f.d.), der dann die Rechtsquellen von Lübed, Braun-
ſchweig, Goslar, Bremen und andere ſich anſchließen.
Unter den Dramen zeichnen ſich aus das «Spiel
van der Upstandinge» (berausg. von Ettmüller,
1851) und der Theopbilus (herau —— —
1853). Als Glied der deutſ age ift be-
achtenswert bad Lieb von «Konince Ermenrikes
döt» (herausg. von Göbele, 1851). Außerorbent:
liche litterarhiftor. Bedeutung gemannen zwei gegen
Ende des Zeitraums entitandene Werke, der nad)
dem Niederländifchen bearbeitete «Neinele» (f. d.)
und ber «Eulenfpiegel» (f. d.). Auch im 16. Jahrh.
noch wurde eine ziemliche Anzahl von Werten, na:
mentlich theol. und biltor. Inhalts, in niederdeut:
iher Sprache geichrieben, wie die «Pommeriche
Chronik» des Thomas je m rausg. von Böh⸗
mer, Stettin 1835), die «Chronil des Landes Titb:
marjcdhen», von So). Adolfi, genannt Neocorus
(herausg. von Dahlmann, 2 Bde., Kiel 1827),
worin auch die berühmten Vollslieder der Dith—
marſchen enthalten find, die «Hamburgifhe Chro-
nil⸗ des Reimar Kodu.a. Die lekte niederdeutiche
Bibel wurde 1622 zu Lüneburg gedrudt, In neue:
fter Zeit hat die plattdeutiche Litteratur durd)
Klaus Groth, namentlich aber durch Fri Neuter
neuen Aufihwung belommen.
Die willenichaftlihe Behandlung der nieverdent:
fhen Mundart und Litteratur ijt in neuejter Zeit
namentlid durd den Berein für niederdeutſche
Sprabforihung, der ein Jahrbud und ein Korre⸗
fpondenzblatt herausgibt, ſehr in Fluß gelommen.
Bon dem großangelegten «Wörterbuch der nieder:
deutſchen Sprache» von Koſegarten (Greifgw. 1857)
find nur einige Hefte erſchienen. Ältere Berfuch:
find: «Berfud eines bremiſch-niederſächſ. Wörter:
buch» (von Tiling u. a., 5 Bde., Brem. 1767 fa.);
Schütze, «Holitein, Idiotilon» (3 Tle., Hamb.
1800 fg.); Richey, «Idioticon Hamburgense »
(Hamb. 1743; 2. Aufl. 1755); Dähnert, «Blatt:
deutiches MWörterbud nad der pommerſchen und
rügiihen Mundart» (Stralf. 1781); Strodtmann,
«ldioticon Osnabrugense»(Pp3. und Altona 1756);
Ritter, «Grammatık der medlenb.-plattdeutichen
Mundart» (Neuftrelig 1829). In neuerer Zeit
famen hinzu: die Wörterbücher von Schambach
über die Mundart der Fürftentümer Grubenhanen
und Göttingen (Hannov. 1858), von Danneil über
die der Altmark (Salzwedel 1859), von Stüren-
burg über die Ditfrieslands (Aurih 1857) und
Berghaus, «Sprachſchatz der Safjen» (Brandenb,
1878 fg.), ein Buch, das mit großer Vorficht zu be:
nutzen ijt, fowie die grammatijchen Arbeiten von
Miggers (2. Aufl., Hamb. 1857), Marahrens (Ai:
tona 1858), Nerger, «Grammatik bed medlenb,
Dialelt3» (?py. 1869), %. ten Doornlaat Nool:
Platte — Plätten
mann, «Wörterbuch der oftfrief. Sprade 4 Hefte,
Norden 1878). Auf die ältere Zeit der Sprache
bezieht Äh das große Werk von Schiller und Püb:
ben, «Mittelniederdeutf ——— (6 Bde.,
Brem. — Aal —— « ittefnieders
882).
"inne | — ge ‚Ebene.
atte (in der Ar — ein oder, recht:
ediges Glied, das —— für ſich allein als Band
oder in Verbindung mit andern Gliedern an Ge:
fimfen vortommt. In Heinerm Mafftab Plätt:
hen genannt, bildet e3 ald Hängeplatte das Haupt:
glied von Gurt: und Kranzgefimjen.
oder Haube (frz. cerveau, engl. crown)
= einer were das u
—— ee ner engef
Intlanı eich beein ein
ders, in weldhem das Parc angebracht if,
oder ud dieſes felbit Platte ange 9
. unter Scholle.
tteifen ober Bügeleifen ‚(ft fer ä re-
passer, carreau; engl. smoothing-iron, pressing-
iron, tailor’s goose), Werkzeug zum Sfätten ber
Waſche —— = unter Blätten.)
Blatno), Stadt in ber Bezirk3:
chimsthal im norbweitl. Böh⸗
men, an ber tfeite ——— S
eines *6 ee
und n von B wi ‚Erlen
tlöppelei, ähen rkſchneiden. In
frü Beiten 5 eis re ergiebigen Bergbau.
—— In Erz. repasser; engl.
ironing, mon iejenig u Bosse, mittels
deren man ’ Shofien, in3befondere ber
Walde, Beitreihen mit ber Bodenfläde
duch 2 Beſtreiche
eines erhigten Metalltörpers, Plätteifen ober
Bügeleijen, Glätte und Glanz verleiht —
dieſelben nicht * - chöneres Ausſehen erha
—* ſondern auch * weniger annehmen.
Als Unterlage he der Plätttifch oder das
Blättbrett, deſſen obere Seite am beſten mit
einer wollenen Dede und einem au dieſe gebreite:
ten weißen baumwollenen Tuch bekleidet it. Eine
zugleih bequeme und fichere Vorrichtung ift das
freiftebende — Plãttbrett, das mit ſei⸗
nem breiten Ende auf zw oh gefseten Doppel:
ftangen ruht, die ih am Boden auf ein re — mit
einer Rolle, Tints mit zwei Handhaben verjehenes
Brett ftüben. Das Ganze läßt fih wie da d⸗
ſtuhl zuſammenklappen. Das Plätteiſen iſt ent:
weder hohl zum Einlegen eines glühend gemachten
Eifenjtüds von entſprechender Form (Plaͤ era
Bolzen) oder, in [tens Fällen, maffiv, joda
das Blätteifen ſeib im Ofen erbißt werden muß;
der eiſerne Griff ift mit Holz oder auch mit Filz
(im legtern . de een ) bekleidet.
Die beiſte Fig. Lu. 2 een, zwei Plätt:
eijen mit on en bar; in ig. 2 ift, um bie
Hand pegen die Ärablends Hige zu [hüßen, eine
Blechplatte angeordnet. Fig. 3 zeigt ein ameri:
taniſches Plätteijen, de I benaarhet durch
eine N 2 Vorrich N Griff befeftigt werden
farın — en Aplätteifen werden von den
Scneidern und Hutmachern —ã— dieſelben
ſind meiſt maſſiv und der mm andgriff ift gi bei den
amerit, Plätteifen abzunehmen und zu befeftigen.
Die Erhigung geſchieht auf einem befonde lätt:
79
—** deſſen Oberfläche aus acht geneigten Blech:
platten zur Aufnahme ber Blätteifen gebildet wird.
Bi equemen und wohlfeilen Erxugung =
anhaltenden und gleihmäßigen Hihe find
manche Berbältniffe, befonders für gröbere Wäſ
die Kohlenplätteifen vorteilbaft, die, etwas
höher als bie gewöhnlichen Rlätteifen, inmenbig
einen Roſt befiken und mit glühenden ‚Solitoßlen
geheizt werben; doch find die auffliegende Af ——
der Hoblenftaub ber Setunbheit ſchadlich. Diefer
Übelſtand iſt bei
den Blätteifen ver:
mieden, die ſich
durch eine in ihreni
Hohlraum entzün-
dete Spiritus:
De * laſ⸗
en und ſo gedreht
werden konnen, daß
von Zeit zu 5
durch die Flamme
erhißte obere Flä—
de na unten
fommt. Durdheine
Anzahl ſeitlicher
nungen ftrömt
bie zur Berbrens
nung notwendige
Luft ein und wer:
den bie BVerbren:
nungsprodulte abs
geleitet.
. einges
richtet find Die
Gasplätteifen,
welche durch einen
am Brenner beie:
ftigten Schlauch mit
dem der Zeitung
entnommenen Gas &
geipeilt werben.
Sig. 4 zeigt das
Örof hide Ba:
tentplätteilen
mit Gaödfeues
rung. Bei ber
Ölanzplätterei_
nad) demvonH. F.
Hennig in Dresden
verbeſſerten Mei:
geilen Syitem,
durch welche die be:
treffenden Gegen:
ftände da3 gefäl— Sig. 4.
lige Ausſehen von
neuer Wäſche erbalten ſollen, kommt eine halbrund
geſchmiedete Bolzenplatte zur Anwendung, deren
Konſtrultion vorzüglich geeignet ift, die Hihe Sehr
lange auszuftrahlen. Der Boden derfelben, von
6mm Stärke, zeigt im Innern eine ebenfalls Gmm
ftarfe Wölbung, auf welche der Bolzen zu liegen
fommt, ſodaß ſich dieſer 12 mm über ber zu plät—
tenden Wäſche befindet, mithin ein Durcfengen
unmöglich ift. Vermöge der Nundung des Eiſens
nah oben erhalten Airagen und Manſchetten bie
dem Gebraud entiprechende Form, während man
mit der Spike leicht in die tleinften Gden dringen
und mittels der fharfen Ränder erhabene Kanten
bilden lann.
Biiteeee 5,
nn ooco $-
80
Im Gegenſatz zu ber herrſchenden Anſicht, daß
man durch ſtartes Aufdrüden bie beite ‘ irkung
hervorbringe, muß das Eiſen mit leichter Hand ge:
jührt werden, da die erforderlihe Schwere ſchon
in ihm felbjt fiegt. Um die beim P. niedergedrüd:
ten Falten und Stidereien wieder in ihre normale
Lage zu bringen, bedient man fi einer Art Falz:
bein und des jog. Ausdrüders, eines Stahljtäb:
chens mit — Griff. Mittels des erſtern
werden die Falten aufgerichtet und die geſchloſſe⸗
nen Knopflöcher geöffnet; mittels des legtern wird
das Hervorheben der Stiderei bewirkt.
Blätten (frj. Ccacher, aplatir; engl. laminat-
ing, flattening) nennt man aud) das Ylattdrüden
des Drahts zu ſchmalen, ſlachen Bändern zwiichen
zwei glatten polierten Walzen, Beim Gärben oder
Raffinieren des Stahls wird P. das Ausſchmieden
der Garbe oder des Palets zu O,s m.langen, 0,05
bi3 0,04 breiten und nur 0,002 bis O,003 m diden
Flachſtaben genannt, i
Blattenberg heißen im ſchweij. Kanton Glarus
mehrere Thonſchieferbruche. Der größte und ältejte
P. liegt auf der linten Seite des Sernf: oder Klein:
thals zwischen Engi und Matt und liefert aus:
gezeichnete Tafelichiefer. Gegenüber auf der rechten
Thalſeite liegt der Schieferbruch Neu P. Ein dritter
P. wurde 1568 oberhalb Elm (j. d.) eröffnet und
gab durdy feinen Zufammenjturz Veranlaſſung zu
dem Bergiturz von Elm 11. Sept. 1881.
Blattendrudmafchine, eine Maſchine für den
Zeugdrud (f. d.).
pie sg f. unter Darren.
Blattenfee, ungar. Balaton, der bedeu:
tendjte See in Ungarn und der größte in Süd:
europa, hat in feiner nordöftl. Erjtredung, zwi:
ſchen dem Somogyer, Szalader und Veſzprimer
Komitat, eine Yänge von 75, eine größte Breite
von 30 km und mit Ginfchluß der anliegenden
Sümpfe ein Areal von 1320 qkm, Er iſt bi$ 10m
tief, wird aber feines unrubigen Waſſers wegen
nur wenig zur Schiffahrt benupt, feit 1847 indes
nit einem Dampfboote befahren. Gr hat jühes
Wafler, friert in ſtrengen Wintern zu, nährt eine
große Menge Ihmadhafter Fiſche, darunter den
beionders geihähten Sogaldh (d. i. Zahnfiſch); an
feinen Ufern halten fid viel Wafjervögel auf. In
neuerer Zeit find wiederholt Negulierungen der
Ufer und Irodenlegung der Sümpfe unternom:
men worden. Die nördl, und norbweitl, Ufer
werden von Hügel: und Bergreiben umzogen,
die übrigen find ſlach. Die Gegend ift rei an
feitenen Pflanzen und mineralog. Schäken. An
ten P. Inüpfen ji viele Sagen der Magyaren
teils aus der dunleln Borzeit, teild aus den Tür:
tenlriegen. Die intereſſanteſten Punkte am See
find die Abtei on und der Badeort Füred am
nördl, Geſtade, jodann der Fleden Keſzthely am
weitl. Ufer, Mährend der Kriegsjahre 1818 und
1849 waren die Gegenden um den See mehrmals
Schauplag blutiger Kämpfe. Am Südufer erheben
fich die Krater erloſchener Bullane, des Badacsany,
mit vortrejflihem Weinbau.
reed e, Pflanzenart, f. Latlıyrus,
latte River, |. Nebrasta.
Bulle, ſ. Scholle.
lattform (frz. plate-forme, engl. platform)
nennt man im allgemeinen jede Abplattung eines
höhern Gegenftandes, z. B. die abgeflachte Kuppe
eines Hügels, die an einen Berge hinlauſende Ter:
Plattenberg — Blattieren
rafje, namentlich aber das .abgeplattete Dach eines
Haufes, das zum Begeben eingerichtet und mit Me:
tallblech oder Holzcementdadyung abgebedt wird.
In Nordamerifa bezeicdinet man mit Blatt:
form die Nednerbübne in pglit. Barteiverfamnt:
lungen, dann aber aud das Programm, welches
von der Nednerbühne aus erörtert und von der
Verſammlung angenommen wird.
Plattfuh nennt man teil den unteriten Teil
des menſchlichen Fußes (f. d.), teild eine häufig
vortommende Berunjtaltung dieſes Körperteils,
wobei derfelbe mit feinen innern Rand und feiner
Sohle den Boden beim Auftreten berührt, während
ein normal gebauter Fuß an diejer (innern) Seite
eine bedeutende MWölbung (Höhlung) zeigt und den
Boden nur mit einem keinen Teile feines äußern
Nandes berührt. Der B. ift entiweder angeboren
oder entwidelt ji) während der Pubertät durch an:
baltendes Stehen und übermäßige Belaftung der
Fußgelenle, wie dies namentlidy bei mandıen Ge:
werben (Bädern, Schloſſern, Stellnern) der Fall iſt.
Höhere Grade der Plattfüßigleit find häufig mit
Ginwärtäfnidung der Knie (X:Beine) verbunden,
Immer bewirkt diefe Deformität einen häßlichen
breiten Fuß und madht zum Springen und zu
weitem Marjchieren ungeichidt, daher militarun:
tüchtig, führt auch häufig zu ſchmerzhaften Ans
ihwellungen der Füße, Wundmwerden der Zubioblen
und chronischen Entzündungen der Fußaelente,. Zur
Heilung des P. dient die längere Anwendung von
feiten Schienenapparaten oder die längere Fixie—
rung des in die normale Yage gebrachten Fußes
durd) einen Gipsverband.
Blatthuf oder Flachhuf it ein Pferdehuf,
dejien Wände fehr fräg geitellt find, deflen Zehe
fehr lang, deflen Seiten und Tradtenwand ſehr
kurz und deſſen Sohle nicht ausgehöhlt, fordern
flach ift und mit dem Tragrand der Wand in einer
Höhe liegt. Pferde mit derartigen Hufen erleiden
oft Quetihungen der Fleiſchſohle und find oft
lahm, Ein breites, mit auter Abdachung verſehenes
engl. Hufeiien, unter weldes ein fünjtliher Trag:
rand, aus Defays Hufhorn, oder aus ———
oder aus Filz hergeſtellt, gebracht wird, iſt bei dem
Flachhuf in Anwendung zu bringen.
Piattieren (frz. plaquer, engl, plating), eine
Metallfläche, meift ein Blech, mit einer mehr oder
weniger dünnen Platte aus einem andern, edlern
oder mwiderjtandsfähigern Metall derart belegen,
daß beide Teile bei der nachfolgenden Bearbeitung
ein unzertrennbares Ganzes bilden, Das P. lann
auf einer oder auf beiden Seiten geſchehen, eins
ache oder Doppelte Blattierung. Am häufig:
ten wird Kupfer mit Golb oder Silber und Neu:
filber oder Argentan mit Silber plattiert (Golds
lattierung und Silberplattierung). Vom
Dergolden, reip. Verſilbern eg fid) das
betreffende Verfahren dadurch, dab bei jenem der
UÜberzug 8 erſt auf der Metallfläche erzeugt, bei
diefem in Form eines Blechs durch bloben PDrud
auf derfelben befeftigt wird. Die beiden Bleche
werden mit ihren forgfältig reingeſchabten Ober:
flächen genau paflend aufeinander gelegt, doch jo,
daß der überjtehende Rand des obern umgebogen
wird, und mit Gifendraht umbunden, worauf man
fie bis zur Notglut erhist, durch Üüberſtreichen mits
tels eines früdenartigen Werlzeugs an allen Stellen
in Berührung bringt und endlih in noch beikem
Zuftand mehrmals ein träftiges Walzwert pajfieren
Plattlack — Platycrinus
läßt, woburd die volllommene Vereinigung und
zugleih eine Stredung bewirtt wird. Bei der
Gold:, reip. Silberplattierung wird, um das Haf?
ten des Gold» oder Silberblechs auf der Kupfer:
platte zu befördern, lehtere mit einer Löfung von
Goldchlorid, reip. von Silbernitrat heſtrichen,
wodurch fi) als verbindende Zwiſchenlage eine
feine Gold» oder Silberhaut bildet, ‘Blattierter
Draht wird dadurch hergeftellt, daß man eine mit
Eilber plattierte Kupferſtange zu Draht auszieht.
In Deutichland werden namentlid in Hanau,
— und Schwabiſch Gmünd viele Schmuck⸗
achen durch Goldplattierung auf Silber verfertigt
und unter dem Namen Doublewaren beſonders
in Oſterreich, Rumänien und Serbien in den Han:
del gebracht. Diefelben haben ihre große Verbreis
tung in den genannten Ländern dem Umſtand zu
danken, daß fie in Oſterreich (al3 Silberwaren)
bungiert werden, dabei das Ausjehen von Gold:
waren haben und jehr wohlfeil find; in Frankreich
find diefe Waren verboten. Die Heritellun der
Doublewaren erfolgt teild wie bei der gewöhnlichen
erg durch einfaches Aufeinanderwalzen der
leche, teild aber auch dur Anwendung von etwas
Lot ala Zwifchenlage und heißes Auswalzen.
Die beten mit Gold und Silber plattierten Wa:
ten fertigte man ehemals in Sheffield und Bir:
mingbam, doch famen jpäter die Fabrilate von
Wien und Berlin den engliihen an Güte gleich;
die parijer ge zeichnen ſich mehr durd)
eeihmadvolle Bearbeitung und Wohlfeilbeit, als
durch Solidität aus. Gegenwärtig, nad Einfüh:
rung ber np Vergoldung und Berfilbe:
rung, werden derartige Waren nur noch in ge:
ringem Maß fabriziert; doch werden auf galva:
niihem Wege vergoldete und verfilberte Artikel
öfters als Plattierungen verlauft.
Während die Gold: und Silberplattierung
hauptſachlich als Verſchönerung zur Herftellung
von Luxuswaren dient, haben andere Arten der
Plattierung den Zwed, die praktische Brauchbarleit
der Gegenſtände zu erhöhen. So plattiert man
Blei mit Zinn, um die gefundheitsihädliche Wir:
fung des erſtern zu vermeiden; mit Zinn plattierte
Bleiröhren finden namentlich für Waflerleitungen
Verwendung. Die Plattierung von Kupfer mit
Platin (Blatinierung) ift bejonders nüglich zur
Anfertigung dem. Apparate, Die Blattierung auf
Eſen geſchieht mit Blechen von Silber, filberplat:
tiertem Aupfer, Meſſing und Argentan. Neuerlic)
wird immer häufiger Eifen mit Nidel plattiert und
hierdurch ein Blech erzeugt, da3 dem Roſt nicht
unterworfen und der filberähnlihen Farbe des
Nidels wegen ebenſowohl für Zurus: als für Ge:
braudjsgegenftände beliebt it. Man ftellt auf dieſe
Weiſe eine Menge von Gegenftänden ber, welde
rohe Feitigleit und zugleich ein ſchönes Anfehen
ben jollen, beſonders Beitandteile von Kutſchen,
ferbegeichirr, Neitzeug, wie Schnallen, Ringe,
bürgriffe, Steigbügel, Stangen u. f. w.
* der Glasfabrikation iſt Plattieren fo:
viel wie überfangen. (S. unter Glas, Bd. VIII,
S. 832) In der Hutmacherei verſteht man
unter Blattieren das fiberziehen eines Filzes
von ordinären Haaren mit einer Shit von feinen,
z. B. Biber: oder Fiſchotterhaaren.
lattlad, joviel wie Schellad.
Plattling, Fleden im bayr. Regierungäbezirk
Niederbayern, Bezirlaamt Deggendorf, lints an
Converfationd-Leriton. 13. Aufl, XIII.
81
der Iſar, Station der Linien a
Nürnberg: Würzburg und Rofenheim: Mühldorf: B.:
Gifenftein der Bayrifhen Staatsbahnen, zählt
2744 G. und bat eine fath. Pfarrliche roman.
Stils mit Shönen Olasmalereien und einem kunfts
reihen Salramentshäuschen aus dem 15. gehen,
Nah dem Nibelungenliede bewirtete hier Biſchof
Pilgrim feine Nichte Kriembild, ,
fattmönch it der Name eines Singvogels,
we * zu ber Gruppe der Grasmüden (f. d.) in
der Familie der Sänger gehört und im Syitem den
Namen Mönhsgrasmüde (Sylvia s. Curruca
wg rt. Er ift leicht daran zu erlennen,
daß beim Männchen der Oberkopf ſchwarz, beim
Weibchen und jungen Vogel aber rotbraun ilt, mo:
durd) gleihfam ein Käppchen gebildet wird, das
Beranlafiung zum Namen des Vogels gab. Die
Kehle ift weißgrau, Wangen und Seiten des Halfes
Hr aſchgrau, die obern Teile des Körpers grüns
lich-braungrau, die grauen Schwanzfedern haben
einen Saum von der Farbe des Nüdens, Die
Länge ya wenig mehr ald 15 cm, Der ir ge:
ört zu ben beiten Sängern bufchreidher Nadel: und
Laubwälder in den Gebirgen und Ebenen Europas
bi3 Lappland hinauf und geht im Süden bis zu
den Canariſchen Inſeln. Im lebten Drittel des
April kommt er aus dem Süden zu uns und A
im September wieder dahin zurüd, Seine Na
rung beſteht aus Inſelten; daneben liebt er befon:
berö die Kirſchen, ſowie auch mancherlei Beeren,
Das Neit enthält fünf bis ſechs ſchwach rötlich—
weiße, bunfelgefledte Gier.
lattuafen, Affen der Neuen Welt, ſ. u. Affe.
lattnerit oder Schwerbleierz, f. unter
Blei(sBerbindungen 4).
Plattöburgh, Hauptort in Clinton County,
im nordamerit. Staate Neuyork, liegt an beiden
Ufern de3 Saranac bei feiner Mün ung in ben
See Champlain, an der Bermont:Centrals und
Mpitehall: und Plattsburgheifenbahn, bat einen
= ri Hafen, ausgedehnte Wollmanufalturen,
ahl: und —— Eiſengießereien, lebhaf:
ten Holzhandel, ein ſchönes Stadt: und Boll:
haus und (1880) 5245 E. Am 11. Sept. 1814
wurde bei ®. die brit. Flotte auf dem Late Cham:
plain gefangen genommen. —
Plattſeide oder flache Seide, Stichſeide
(frz. soie floche, engl. slack silk), Seidenfäden,
melde aus zwei bis zehn Nohfeidenfäden gebildet
und nur fehr ſchwach gedreht find, wodurd) fie ſich
nad dem Kochen und Färben flady auäbreiten und
fo in der Stiderei den Grund aut bebeden.
Plattftich, ein in der Weißitiderei angewendeter
ierftih, fo genannt, weil die dicht nebeneinander
liegenden Stiche eine Släde (Platte) ausfüllen,
lattwürmer (Platodes s. Platy&lmia) heißen
platte, in verfchiedenem Grade — Würmer,
die meilt äußere oder innere Schmaroper find,
demzufolge eine Neihe von ——— in
ihrer Organiſation (Mangel von Reſpirations—
und Cirkulationg:, ja bisweilen felbit der Ver:
bauungsorgane) erlitten haben, meilt Zwitter ge:
worden find und häufig neue Haftorgane in Geitalt
von Saugnäpfen und bien erworben haben. Zu
ihnen gehören unter andern die Lochwürmer (Tre-
matodes, f. unter Würmer) und die Geftoden
oder Bandiwürmer (f. d.).
Platyorinus (lat.), ein ausgeſtorbenes Ges
ſchlecht der Seelilien (ſ. 6 aus der Steinlohle.
6
82
latyrrhinen, foviel wie Plattnaſen.
lasadjutant, ſ. unter Adjutant.
layangit, f. unter Angſt.
lat erhäft bedeutet ein Kaufgeſchäft, bei
welchem die gelauften Waren nicht nad) einem an:
dern Drt zu überjenden find, im Gegenjag zum
Diltanzgeihäft. Der Unterſchied ift befonders des⸗
halb von Bedeutung, weil die Art.347 fg. des Deut:
ſchen Handelögejegbuchs über die Unterfudungs:
zu bes Häufers und über die Folgen ihrer Ver:
ebung auf das P. keine Anwendung finden. Bol.
Hanaufef, «Die Haftung des Verkäufers für die
Beſchaffenheit der Waren» (Bd. 1, Berl. 1883).
Inkmajor heißt derjenige ier, welder
dem Kommandanten oder Gouverneur größerer
Städte oder Feltungen beigegeben iſt und in deſſen
Auftrage den Garnijon: und Wachdienſt zu regeln,
die Parole und die Befehle auszugeben, zuweilen
auch die Ginquartierung ber Garnifon und durd:
marſchierender Truppen zu ordnen bat. er
ſtets ein Major, fteht er jeht zuweilen im Daupt:
mannsrange, immer aber in äbnlihem Berhält:
nis zum Kommandanten wie ein Adjutant zum
——— — Protel ind
atzpro oteſt in plazza, Proteſt in den
Wind, Windproteſt) nennt man einen Wechſelpro⸗
teſt dann, wenn bie Perſon, gegen welche ber Pro:
tejt erhoben werben foll, überhaupt nicht aufzufin:
den oder in ihrem Geſchäftslokal, reſp. in ihrer
Wohnung nit anwefend war. (S. ——
latzregen heißen Regenguſſe von kurzer Dauer,
welche mneiſt ſofort mit ‚grober Heftigleit einſehen
und ſich durch die Größe der Regentropfen aus:
zeichnen, Sie find meiſt das Nefultat außerordent⸗
Lich ſchneller Abkühlung in den obern Schichten der
Atmoſphãre und — häufig Begleiter von Ge:
wittern ober Hagelböen. (S. Regen.)
Platreifender , ſ. u. Handelsreifender.
latzwechſel iit ein ſolcher Wechſel, bei wel:
dem der Ausjtellungsort und der ——
identiſch find, im Gegenſatßz zum Diſtanzwechſel.
Der Unterſchied iſt übrigens juriſtiſch bedeutungs—
los, außer dab ein traſſiert eigener Wechſel nur
als Diſtanzwechſel geftattet iſt (Wechſelordnung,
Art. 6, Abſaß 2).
Plan, Stadt im Großherzogtum Medlenburg:
Schwerin, am Ausfluß der Elde aus dem 15 km
langen, bis 6 km breiten Plauerfee, Station der
Güjtrom: Plauer Gijenbahn, Sib eines Amtsge—
richte, bat (1880) 4114 E. ein ftäbtifches Kranken—
baus, Maſchinenbau, Tuchmacherei, eine Kallbren—
nerei, Schiffahrt, Fiſcherei und Krebsfang, ſowie
Handel mit Korn, Fettvieh und Fiſchen, namentlich
Aalen. P. ſteht mit Waren und Malchow in
Dampfihiffverbindung. Etwa 11 km füböftlic
liegt die Wafjerbeilanjtalt Stuer mit Burgruine
B., Stadt feit 1218, fam 1436 an Medlenburg,
wurde 1627—39 achtinal belagert, 1660 als Zeitung
geichleift und brannte 1756 gänzlich ab.
„ Plaudite (lat.), tlatſcht Beifall, Schlußformel
in den röm. Komödien.
Plane, Stadt im preuf. Negierungsbezirt Bots:
dam, Sireis Wefthavelland, am Ausfluß der Havel
aus dem Plauerfee, 11 km weitlih von Bran:
denburg, hat (1880) 2178 E., Schiffahrt, Fiſcherei,
Biegeleten und Vierbrauerei, Das Rittergut Blaue,
mit 130 E., bat_ein 1414 vom Kurfürjten Fried:
rich I. erobertes Schloß, welches damals dem Nitter
Hans von Duikow gehörte,
Platyrrhinen — Plauenſcher Grund
Plane, Stadt in der Dberherrfchaft des Fürften:
tums Schwarzburg:Sondershaufen, Pe Eu
ſtadt, am Zuſammenfluß der Wilden und Zahmen
Gera, Station der Linien Neudietendorf-lmenau
und P.⸗Ritſchenhauſen der Preußiihen Staats:
bahnen, hat (1880) 1440 G, eine Borzellanfabrit,
eine Holzwarenfabrit und Bierbrauerei. Auf dem
nahen Hausberg Liegt dieftattliche Ruine Ehrenburg.
Das Gerathal heißt von P. abwärts bis Arnftadt
Plaueſcher Grund. P. erfcheint zuerft 1324,
„Blauen, Stadt in der ſächſ. Kreishauptmann⸗
ſchaft Zwidan, früher Hauptita —— n
Kreiſes, liegt in einem ſchönen Thale der Wei
Gliter, it Station der Linien Seipiig.do Reichen:
bad: Eger (oberer Bahnhof) un *
Weiſchlißz (unterer Bahnhof) der Sächſiſchen Siaats⸗
bahnen und zählt (1880) 35082 G. (19594 im
. 1867), Straßenbahn mit rauchfreien Lo:
omotivwagen (Lotomotive und Wagen in einem
Stüd) zur Verbindung des obern und untern Bahn⸗
hof it projeftiert. Unter den öffentlichen
äuben find bie reftaurierte Hauptlirche :
—5* mit zwei Türmen, die Lu A das
athaus, das —— Schloß von 1675, früher
Refidenz der Herren von P., das Reichspoſtgebãude
und bie —— hervorzuheben. Die Stadt
iſt Siß einer Amtshauptmannſchaft, eines Land⸗
gerichts und eines Amtsgerichts, einer Handels:
und Gewerbelammer und einer Reichsbantneben
ſtelle. Von Unterrichtsanſtalten beſtehen daſelbſt
ein Gymnaſium, ein Realgymnaſium, ein Schul:
lehrerſeminar, eine Baugewerlenſchule, eine 22
delsſchule, eine kunftgewerblide Fachzeichenſchule,
eine gewerbliche Denen sihule und eine
raueninduftriefchule. P. — gegenwärtig ber
auptort in Deutjchland für die Weberei weiher
Baumwollwaren, für Weißſtiderei und Konfel-
tionswaren. Weberei und Gtiderei werben jeht
fajt au&jchließlic durch mechan. Betrieb erzeugt,
B. bat Fabriten für glatte und brofdierte Waren,
Maſchinenſtidereien mit (1885) an 2000 Gtid:
maſchinen, Gardinenfabritation, Bleichereien, Für:
bereien und Appreturen, eine Baummoll:, Streich:
gar: und Vigogneipinnerei, Zwirnereien, Gerbe—
reien, eine mechan. Seilerei, eine Treibriemenfabrit,
Bapier: und Geihäftsbücherfabrif, zwei Stidma:
Ichinenfabriten, Maſchinenbauanſtalten ꝛc. — P.
wird 1122 zum erſten mal urkundlich erwähnt, lam
im 13. Jahrh. in den Beſih der VBögte von Meida
und 1569 an Sachſen. Bol. Fiedler, «Die Stadt P.
im Boatlande» (Blauen 1874); derjelbe, «Beiträge
zur Gejchichte der Stadt B.» (Plauen 1876); Mep:
ner, «Bogtländiihe Wanderungen» (Plauen 1882).
Plauenicher Grund heißt das von der ver:
einigten Weiheris durchilofjene Thal, welches bein:
Dei Plauen (4258 E.) unweit Dresden beginnt
und in dem weiten Thalleſſel bei Botichappel endigt.
Diefer Keſſel verengt ich wieder bei Hainsberg, wo
ſich dann das freundliche tharander Thal 5
Im eigentlichen Plauenſchen Grund en lauen
(Bahnhof 140 m über der Dftiee) und Potſchappel
wird das ziemlich enge Thal von 70—T5 m hohen,
zum Teil heilen Spenitfeljen gebildet, welde von
einer Blänerihicht überlagert find. Bei Botihap:
pel ſchließt ih an das Syenitgebirge eine Stein:
tohlenformation an, welde von mächtigen Bänlen
des Notliegenden bededt ift, das in ber weithin
fichtbaren Suppe des Windbergs 351 m über der
Ditfee emporragt und fi bei Hainäberg an das
Plaueſcher Kanal — Plebiszit 83
ander Gneisgebirge anlehnt. Der Plauenfche | und Lorenz. Eine gute Charalteriftit des P. gaben
ze ift in J Leſſing in der «Abhandlung von dem Leben und
centrum den Werten bes BP.» in tie «Merfen» (Bd, 22)
r und Ungenannte im ⸗Rheiniſchen Muſeum für
Philologie» (Jahrg. 1852 und im 2, Bd. von
Ritſchls «Opuscular), Deutiche Überjehungen lies
ferten Köple (2 Bde,, Berl. 1819— 20), Rapp
(6 Bde., Stuttg. 1838—44), Binder (4 Bde,,
Stuttg. 1862 fg.), Donner (3 Bde., Qpz. 1864—65).
Playfair (Yyon),engl.Chemiter, Sohn Geo ge
?.5,Generalinjpeltors der Hofpitäler, geb. 21.Mai
1819 zu Meerut in Bengalen, Rubierte an der Uni:
verfität St.: Andrews, in Olasgow und Giehen.
Später übernahm er eine Zeit y- die Verwaltung
einer großen Kattunbruderei in Glitheroe. Im 9.
1843 war er mit tehnifhen Unternehmungen in
Mandeiter beicäftigt und wurde bald darauf als
Profeljor der Chemie in der Noyal-Inftitution ans
peiteit, fpäter ala Profejjor der Chemie ‚an dem
ondoner Mufeum der praktiihen Geologie. gr
dieje Zeit gehören feine Unterjuchungen «On the
ases evolved during the formation of coals» und
ein «Report on the coals suited to the steam
navy» ge 1546). Einen hervorragenden Anteil
nahm ®. an der internationalen Ausftellung von
1851, und gab 1852 einen « Report on industrial
instruction on the Continent» und « Lectures on
the results of the Great Exhibition» —— Als
1853 das Departement für Wiſſenſchaft und Kunft
eingerichtet wurde, wurde P. zum Selretär des:
felben ernannt. Im J. 1856 wurde er General:
infpeltor der Mufeen und technifchen Schulen,
1857 PBräfident der Chemiihen Gefellichaft in
London, 1858 PBrofefior der Chemie an der Univer:
fität Edinburgh. An der internationalen Aus:
itellung von 1862 nahm > in derfelben einfluf:
reichen Weife teil, wie an der von 1851. Bei den
Neuwahlen von 1868 wählte die Univerfität Edin:
Kuzob P. ins Parlament. Im Nov. 1873 ernannte
Gladſtone ihn zum Genera pojtmeijter, eine Stelle,
die er indes ſchon Febr. 1874 bei dem Falle des
Winifteriums Öladftone wieder verlor. Nach der
Bildung des zweiten Minifteriums Sladjtone im
April 1880 wurde P. zum Vorfigenden der tomtitees
und Peputy » Speater de3 Unterhaujes ernannt,
eine Stellung, die er unter den fchwierigiten Ver:
bältnifjen mit Geſchick und Energie bekleidete, aber
1883 nieberlegte. Von — erſchienen noch die
Vorleſungen und Reden « Science in its relations
to labour» (1853), «On the food of man in rela-
tion to his useful work» (1865), «On primary and
technical education» (1870), «On teaching uni-
versities and examinivug boards» (1872), «The
progress of sanitary reform» (1874).
Plebänus (mittellat.), Zeutprieiter, au Prie⸗
ſter einer Stadtlirche, Die von feinem Stift a hängt,
——ã 1. Blebs, j
lebiszit (lat.) hieß bei den alten Römern ein
von der Plebs in den Tributcomitien gefaßter Be:
ſchluß, weldher eine dem eigentlihen vom röm.
Volle (populus) erlaſſenen Gefehe ähnliche Autori:
tät erhielt. Napoleon I. ahmte die Einrichtung nad),
indem er die gefamte Menge der franz. Bürger in
örtlihen Berfammlungen abjtimmen hieß. So lieh
er feine Ummwälzung vom 18, Brumaire (9. Nov,
1799) und fpäter die —— des Jahres VIII
und die jpätern Senatuslonſulte beftätigen, welche
1802 ein lebenslängliches Konfulat gründeten und
ihm 1804 die Kaijerfrone übertrugen. Ebenſo
folge des Kohlenbergbaues ein Haupt:
u. She en K- vr. u
eihen Dörfern Potſchappe .), Groß:
und Kleinburgf (1648 E.), Nieder: und Ober:
—— (1869 E.), Zauckerode (1374 E.),
öblen (2194 E.), Deuben (6115 E.), Nieder:
Be 1871 E.), Hainzberg (954 €.) u. |. w.
den zahlreiche verichiedene Fabriten. Das
Koh von Potichappel und Zauderode it
das ya e in Sadien (das zwidauer i
tößer) den freiberger Berg: und Hütten:
von großer Wichtigkeit,
f Sanal,\. nter Havel,
: —— (at.), beifallswert, annehmbar, ein:
eu
ten ”
„lang * ee —
m. ‚geb. um 254 v. Chr. zu Sar:
fina een lebte zu Rom anfangs im Dienfte
einer —** pe. Nachdem er das Geld,
das er fi dadurch verdient, durch Handelsipelu:
lationen verloren hatte, geriet er in fo dürftige
Umjtände, daß er ſich in einer arg vers
—
wegen ete. ar v. Chr.
Bon den vielen Komödien, die im Altertum unter
feinem Namen gingen, find noch die vom Gramma:
tifer Barro als unbedingt echt ausgefchiedenen 21,
bis auf die «Vidularia», volljtändig erhalten; das
in einigen Handſchriften unter bem Namen des P.
tüd erulus» : ein Machwerl des
3. ober 4. chriſtl. Jahr. li mehr oder
minder freie Nachbildungen griech. Originale, deren
je zwei bisweilen zu einem —— 9
wurben, tragen fie doc) ein rom. gerräp. lit
einer Fülle unmittelbar aus dem Voltsleben ge:
Shöpfter Anfhauungen, mit einem nie verfiegen:
ibe, mit einem rajchen, fpannenden Dialog,
der bei allem Reichtum allgemeingültiger Lebens:
regeln und Sentenzen doch der dramatischen Ent:
widelung nie bemmend in den Weg tritt, entrolit
der Dichter vor feinen Zufhauern ein Bild des
beiterjten Lebens, das freilih vom ——
des niedrigen röm. Publilums, deſſen Ladhluft es
zu beſtimmt ift, beurteilt werden muß, nicht
vom Standpunft des modernen äjthetiichen Ge:
urch zahlreiche Derbheiten und arge
Obſconitãten beleidigt wird. Unbejtritten bleibt
dem P. die Meifterihaft. mit welder er die vor
ihm nod rohe und unbeholfene Sprade ſowohl
wie Veröfunft feinem Zwed teils neu ſchaffend,
teils weiter ausbildend dienftbar zu machen wußte,
‚Die ältern Ausgaben find jet antiquiert durch
bie epochemachende Leitung Nıitfhls, von deifen
1849—54 drei Bände erfdienen find.
Ein Vorläufer derjelben waren deiien «Parerga
Plautina» (Bd. 1, %p;. 1845); die g eichzeitig und
fpäter verfaßten Auffäge und Abhandlungen find
in dem zweiten und dem dritten nach Ritſchls Tode
veröffentlichten Bande der «Opuscula» vereinigt;
auch R nachdem Ritſchl felbit noch eine
uẽg. Eat ER) Deforat bat Ale en
a von eſor ‚ die Fort:
j — —————— der Plautus:Nusgabe
von „©ös und Shöll übernommen und find
davon 11 Komödien (Lpz. 1878—84) veröffentlicht.
ine Tertausgabe von 10 Stüden bejorgte led:
eijen (2 Bbe., 1856). Ausgaben einzelner
Stüde mit deutihen Anmerkungen lieferten Brir
34
benußte Napoleon IIT. dasfelbe Mittel einer allge:
meinen Bollsabjtimmung, 14. bis 21. Dez. 1851
feine Erneuerung der Prälidentihaft und 21. und
22. Nov. 1852 die Gründung des zweiten Kaiſer—
tums zu beftätigen. Gin drittes P. lieh er 8. Mai
1870 zur Beftätigung der anjcheinend liberalen Re:
formen feit 1860 vornehmen; in der That aber jollte
dieſes legtere B. (kurz vor Ausbruch des län be:
abfichtigten Kriegs gegen den Norddeutſchen Bund)
der Prüfftein fein, wie tief die Dynaſtie Bona:
parte im franz, Volfe Wurzel gefchlagen habe.
In der Schweiz iſt dasfelbe Verfahren unter
dem Namen des Peferendum (f. d.) in Übung.
Plebs (Plebejer), im alten Rom ein Teil der
Bevölkerung, der fich teils aus den Glienten (ſ. u.
Glientel), teild aus Lateinern, die in Nom fid)
niedergelaflen, teils aus in Rom angefiedelten und
nicht unter die Elienten aufgenommenen Bewohnern
eroberter und zerjtörter Städte bildete. Servius
Zullius nahm dieſe in die von ihm eingerichteten
Tribus und Klaſſen und Genturien auf, womit
ihnen ein ihrem Grundbefise (jpäter dem Gejamt:
vermögen) entiprehender Kriegsdienſt auferlegt,
bernady aber auch nah Schaffung der Comitien
(f.d.) in diefen wenigftens zum größten Teil Stimm:
recht (suffragium) erteilt wurde, Sie befaßen oder
erhielten das Commercium; das Connubium aber
mit den Batriciern unddas Net auf höhere Staats:
ämter (honores) war ihnen aud) in den erſten Zei:
ten des Freiſtaats noch verjagt. Die Plebejer er:
ſcheinen jo als minderberedhtigte, den Hauptjtamım
der röm, Heere ausmachende, von der Benubung
der Staatsländereien ausgeſchloſſene Neubürger,
welche die Laft des Kriegsdienjtes und der unver:
goltenen Beſteuerung ſchwer drüdte. Daraus ent:
ſtehende Verarmung, die Härte des alten Schuld:
rechts und die Willlür der Magiftrate trieb die
P. 494 v. Chr. zur, bewafjneten Auswanderung
und zum Beziehen eines Lagers auf dem Heiligen
Berge, was die Anerkennung ihrer bejondern Or:
gamain und die Bewilligung eigener Magiſtrate,
der Tribunen (f. d.), zur Sole batte, Die Tribu:
nen follten zunächſt nur Gemeindevorjtände fein
und den einzelnen gegen obrigleitliche Ausſchrei⸗
tungen Schuß zu gewähren berechtigt fein. Sehr
bald dehnten he aber namentlich mit Sn der
ihnen gewährleifteten Unverleplihteit ihre Befug—
nifje weiter aus, fodaß vor die unter dem Vorfit
der Tribunen ftattfindenden Verfammlungen der
P. aud allgemeine Angelegenheiten gezogen und
deren Beſchlüſſe, die Plebiszite (plebiscita), mit
den Geſehen der Genturiatcomitien (populiscita)
gleihe Wirkjamleit erlangten. Doch wurde die
P. immer noch dem Populus, d. bh. dem in den
Genturiatcomitien von den höhern Klafjen geführ:
ten Bolfe,, entgegenjebt.
‚Das Verbot des Connubiums mit den Patri:
ciern wurde durd das Canulejiſche Plebiszit 445
aufgehoben, Das Streben der P. nad den höch—
jten Staatsämtern wurde jedoch dur die Ein:
fahrung konſulariſcher Militärtribunen, wozu aud)
Plebejer wählbar jein jollten, keineswegs befrie:
digt. Erſt 367 begründeten die Liciniſchen Ge:
ſehe hierin einen wejentliden Fortſchritt, indem
fie der P. eine Stelle im Konjulat gewährten,
woran ch dann in raſcher Folge die Zulafiung
und der Eintritt der Plebejer in alle Magiſtrate,
fomie in die zugleih auch politiih bedeutiamen
Prieftertümer anſchloß. Auch wurde ihnen Anteil
Plebs —
Pleiße
an der Benußung des Staatslandes — rt. In
der nädjten Zeit fehlte es nicht an Verſuchen, den
Plebejern das Gewonnene 7 ſchmälern, was nod)
286 eine Soceſſion diejed Standes auf das Janis
culum veranlaßte, worauf ein durd den Diktator
ortenfius eingebrachtes abſchließendes Gefeh den
‘ —— der Trihusverſammlung der P. vollends
unbedingte Gultigleit für die Geſamtbürgerſchaft
verlieh, während gewiſſe den Patriciern (ſ. d.)
belaſſene Vorrechte ihre polit. Bedeutung in der
Hauptſache verloren, Aus beiden Ständen ging
jeitdem die Nobilität (f. Nobiles) als neuer
Amtsadel hervor, und von dem verfchmolzenen
Volte hoben fi hernach nur nod die jenato:
riſchen und et aud) die ritterlichen ——
ſ. Eques) als beſondere Geſellſchaftsllaſſen (or-
ines) ab. Es tam fo eine neue Bedentung des
Wortes plebs in Aufnahme, indem dasjelde nun:
mehr die weder zum ordo senatorius noch zum
ordo equester Gehörigen bezeichnete. Die Herab:
ebung der Freigelafienen im Verhältnis zu den
eigeborenen ri de3 vollen Gebrauchs der
ürger: und Ehrenrechte, das Streben, fie auf die
tribus urbanae zu beſchränlen, und der Umftand,
dab die nad röm. Anficht den Landwirten nad)
—— Gewerbtreibenden meiſtens den ſtädtiſchen
ribus angehörten, brachte eine niedrigere Stellung
dieſer legtern im Verhältnis zu den ländlichen Tris
bus und damit einen Unterſchied zwiichen plebs
urbana und plebs rustica hervor. innerhalb
jener hatte mit der Zeit, ald Nom ſich außsdehnte
und die Berderbnis der Eitten eindrang, vorzug⸗
lic) die große Maffe der niedern, von Spenden
lebenden Bevölkerung das Übergewicht; die andern
ſchloſſen namentlich die Heinern Landwirte und die
Bürger der Municipien in no. Sie wurden höber
geachtet, und in ihnen ehe fi auch lange der
ehrenwerte Geift der alten P. Zur Kaijerzeit hießen
lebejer auch die Bürger der Municipien, im
egenfape zu den Decurionen (f. d.), und zu aller:
legt die gemeinen Leute (humiliores, tenuiores)
gegenüber den Standesperfonen (honestiores),
Im Mittelalter wurde das unfreie und jteners
bare Volt misera plebs contribuens genannt,
welche Bezeihnung das ungar. Staatöreht bis
1847 den nicht Wahl: und Landtagsfähigen gab.
Pleinfeld, Fleden im * legierungsbezirk
Mittelfranken, Bezirlsamt Weißenburg, an der
Schwäbiſchen Nezat, Station der Linien Münden:
Angolitadt:Bamberg:Hof und P. Nördlingen⸗Augs⸗
burg⸗Buchloe der Bayriſchen a: hat
(1880) 1106 E. und Hopfenbau, Nahebei liegt
das dem Fürften Wrede gehörige Schloß Sand:
jee. Bis 1802 gehörte n zum Bistum Eichftätt.
Plein pouvoir (fr;.), volle Naht und Ges
walt, freie Hand (etwas zu thum oder zu —*
Pleiocän oder Pliocän, eine Unterabteilung
der Tertiärformation (f. d.). ,
Pleiochaſium, Form der fympodialen Blütens
ftände, f. unter Blütenjtand,
Pleiöfe, —— Nebenfluß der Oder im
preuß. Regierungsbezirk Frankfurt a. O., entfließt
den Seen von Lagow im Kreis Ditfternberg und
mündet unterhalb Aurith im Kreis Weſtſternberg.
leifge, rechter Nebenfluß der Weihen Eliter,
entipringt bei Cbersbrunn, 8 km fübfübweftlich
von Zwidau in 410 m errang berührt die
Städte Werdau, Erimmitihau, Goͤßnitz, Rötha
und Leipzig, nimmt in ihrem Unterlauf rechts die
Pleite — Plenum
Wihra, bei Seipsng die Barthe auf und mündet
nad) einem GO km langen Lauf 3km im NW. von
Leipzig unweit des Dorfes Mödern.
Das Pleifnerland, der alte forbiihe Gau
Plisni, jedoch mit abweichenden Grenzen, hieß der
zu beiden Seiten ber ®. gelegene Landitrid , wel:
ber hauptſãchlich das gegenwärtige Amt Altenburg
und im beutigen flönigreich Sad bie Umgegend
von Frohburg, Waldenburg, Crimmitihau und
Werdau, fhwerlih auch Goldig und Peisnig ums
faßte; auch rechnet man die Neichsftädte Zwiclau
und Ehemnik dazu. Derfelbe wurde durch fönigl.
Landrichter (judices provinciales terrae Plisnen-
sis) verwaltet. Markgraf Heinrich der Erlauchte
von Meißen nahm dasjelbe in Befik als Unter:
pfand für die Mitgift der mit feinem Sohn Albrecht
vermählten Tochter Kaifer Friedrichs I., Marga:
tete, Zwar brachte Rudolf von Habsburg es 1290
an das Reid) zurüd, doch ſchon 1292 verpfändete
e3 Adolf von Naffau aufs neue an König Wenzel
von Böhmen, als er feinen Sohn mit beflen Tod)
ter verlobte, Seitdem König Johann von Böhmen
es 1311 dem Markgrafen Friedrich dem Freidigen
von Meiben vorläufig auf 10 Jahre und wieder:
einlösbar übertragen hatte, iſt es im Beſiß des
uſes Wettin geblieben und mit deſſen übrigen
sungen ————
leite (vom bebr.), in der Gaunerſprache eigent:
u Flut; dann foviel wie Bankrott.
ejade n nad) bem ———— die
upter der — ———— r zweiten
te des 16. Jahrh. die, mit J. du Belley und P.
Ronfarb an der Spiße, durch Nachbildung der
antifen poetiihen Sprade und der antilen Did:
tungsformen die franz. Litteratur zur *8 der
— —— zu erheben {u ten. Neben
Belley, Ronja [. de Baif, R. Belleau, E.
obelle, $. Daurat wird die fiebente Stelle bald
Sr. de Ste.-Marthe oder Muret, bald und gewöhn:
ih U. u oder Pontus de Thiard zuerkannt.
Die der meijten PBlejadendichter vereinigt die
Sammlung «Plöiade frangaise» (ar. 1867 1g.).
Plejaden, die Töchter des Atlas und der
Pleione, fieben an Zahl, gaben fih aus Schmerz
über das Geihid ihres Vaters felbit den Tod und
bildeten, von Zeus an den Hinmel verfekt, das
& im (f. d.). Rach einer andern Sage
waren fie Gefährtinnen ber Artemis, wurden nebit
Mutter von dem Jäger Drion verfolgt, auf
in Tauben verwandelt und dann unter
die Sterne gg Ihre Namen find Glektra,
‚ Altyon
eg 2 — eg und
ch ihren aufgan en Mitte
Mai) zeigten fie die Male der Cents, = ihren
gang (Ausgang Oktober), zu welcher Zeit
engüfje begannen, . er fie das Zeichen
und zur neuen Ausſaat.
ren, Sterngruppe, ſ. Siebengeſtirn.
—— ober Da tliefer nennt
man eine jo re, nicht allzu zablreiche Ordnung
N ‚ beren Ober: und Zwifchenliefer beweg—
lid verbunden find. Meijt zeigen
bie ®. eine bejondere Hautbededung in Geitalt
von Stadeln oder von Knocdenplatten, wie der
ie
el:
Kofferfi Ostracion quadri-
i if IH Up . Sie ——
&
eornis, Taf
i i eere, nã — - Se, *
hrung, wie e, Conchylien, Ko:
u. dal.), die fie mittels ihres oft
Hi
folofjal entwidelten Gebiſſes jermalmen. Manche
Arten find lebhaft gefärbt und ihr Fleiſch, nament⸗
lich aber ihre Leber ift oft als für den Menſchen
tödlich: giftig befunden worden. Die größte Art
——— mola) wird bisweilen über 2 m
ang und findet fich auch in der Nordſee.
Bieftron (lat. Plectrum) hieß bei den Alten
das aus Holz, Elfenbein oder Metall beftehende
— oder gebogene Stäbchen, womit der Spie—
ende die Saiten der Lyra (f. d.) oder anderer
Saiteninftrumente anfhlug, wenn er fih dazu
nicht der Finger jelbft bediente, Bogen und Streid;:
inftrumente kannten die Alten nicht.
Plener (Ignaz, Edler von), öfterr. Staats:
mann, geb. 21. Mai 1810 zu Wien, widmete ſich
nad) zurüdgelegten juridiihen Univerfitätsftubien
feit 1836 dem Staatsdienit, war Vorjtand des
egerer Finanzbezirl3, dann Departementächef bei
ber prager Landesbehörde. Zum Oberfinanzrat er:
nannt, erhielt er 1851 die auferordentliche u
nad Peſt⸗Ofen, wo bie Ginführung der indirelten
Steuern in Ungarn feine Thätigfeit in Anſpruch
nahm. Im J. 1854 wurde P. an die Spike ber
—— ireltion in Preßburg und 1857 als
iniſterialrat und Finanzlandesditeltor nach Lem⸗
berg berufen. Nach dem im April 1860 erfolgten
Tode des Finanzminifter Brud erhielt P. die pro:
vijoriihe Leitung des Finanzminifteriumd und
trat bei der Bildung des Kabinett? Schmerling im
Dez. 1860 definitiv in das Kabinett ala Finanz:
minifter. Nebjt vielen andern Vorlagen bradte P.
die Bankakte und die Reform der birelten Be—
fteuerung bei dem Reichsrat ein. Mit Schmerling
nahm aud P. im Juli 1865 feine Entlaffung.
Seine Verwaltung it damit harakterifiert, daß bei
feinem Austritt das Silberagto auf 7 Proz. herab:
—— war. Gr trat nach der Siſtierung ber
—37 als entſchiedener Gegner der Belcredi:
ſchen Bolitif im Landtag und im Neichsrat auf.
Ende Dez. 1867 trat er mit Herbit, Giskra, Breſtel
und Hasner in das von Fürften Carlos Auer&perg
gebildete Kabinett (das fog. Bürgerminifterium)
als Handelsminifter ein und blieb folcher bis zu dem
im April 1870 erfolgten Syitem: und Regierungs:
wechſel. P. gehörte ala Abgeordneter von Eger dem
böhm. Landtage und dem erg ver des
Reichsrats an, bis er 13. Olt. 1873 als lebensläng⸗
liches Mitglied in das Herrenhaus berufen wurde.
Sein einziger Sohn, Ernit von P., geb. 18.Dtt.
1841 zu Eger, anfänglich im diplomatijchen Dienit,
fungierte als öfterr.zungar. Botſchaftsſelretär in
London und wurde 1873 von dem Wahlkreis
Eger in den Reichsrat entjendet. P. zeichnete ſich
als hervorragender Nebner der bdeutich-liberalen
rtei aus und wurde in bie —— der
ereinigten Linlen gewählt. r veröffentlichte
mehrere vollswirtſchaftliche Arbeiten, darunter
«Die engl. Fabrikgefepgebung» (Wien 1871) und
«serbinand Yafjalle» (2pz. 1854). _ ,
BEpeien (neulat.), foviel wie Plein pou-
voir; Blenipotentiarius (frj. Ministre ple-
nipotentiaire), Vevollmächtigter, namentlich be:
vollmädhtigter Gejandter. [betrieb.
lenter: oder Plänterbetricb, j. Femel—
lenum (lat.), Plenarfikung, Plenar-
verfammlung, die VBerfammlung eines ganzen
Kollegiums, einer ganzen Körperſchaft, um mic:
tigere Angelegenheiten zu erledigen, welde der
Entiheidung durd Kommiſſions-, Abteilungss
86
oder Ausfhußverfammlungen entzogen find. Na:
mentlich heißt P. die Geſamtheit der Richter,
welche zu einem Gericht gehören. Den Vorſih in
P. führt nad) dem ———— Sgefch
(SS. 61, 121, 133) der Präfident. Dem sh, des
Reichsgerichts weiſt das ———
gewiſſe ee über feine Mitglieder
zu ($$. 128, 129, 131). —— übt das P.
als ſolches nicht (fie wird geübt durch die Kammern
der, Landgerihte, die Senate der Oberlandes—
erichte, des Neichägeri t3). Verichieden von dem
P. find die vereinigten Eivilfenate, die vereinigten
Straffenate des Reichsgerichts, vor welche die Ber:
gamtiung und Entiheidung der Sade von einem
ivilfenat, beziehungsweiſe Straffenat zu verweifen
it, welder in einer Re —** von einer frühern
Entſcheidung eines andern Civil:(oder Straf:
Senate3 oder ber vereinigten Civil:(oder Straf:
Senate abweichen will. Diefe Entfheidungen der
a ee Senate find an die Stelle getreten der
fog. Vlenarentiheidungen früherer oberfter
Gerichtshöfe, welche indes nur die ftreitige Rechts—
frage betrafen.
Plenus venter non studet libenter, la:
teinifhes Sprichwort: Ein voller Bauch jtudiert
nicht gern.
leochroismu8, ſ. unter Dihroismus.
feomorphie nennt man in der Botanik bie:
jenige Erſcheinung des Generationswechſels, weldye
bei manchen Pilzen eintritt und dadurch charalteri⸗
fiert ift, daß mehrere Formen von Frultififations:
organen in einer gewiſſen Neihenfolge gebildet
werden. Cine fol 5 it 3. B. bei den Uredineen
(f. d.) oder Noftpilzen vorhanden, bei denen zu:
nächſt Urebofporen, fodann Telento: oder Dauer:
—5* und ſchließlich in der Regel auf einer andern
irtspflanze die jog. Hlcidiojporen gebildet wer:
ben, die bei ihrer Keimung ein Mycelium ent:
wideln, weldes wiederum Urebofporen erzeugt. ,
Pleonasmus (grd).), eigentlich überfluß, in
ber Rhetoril ein zur Deutlichkeit zwar nicht unent:
behrlicher, diefelbe aber doch unterftügender Auss
druck, namentlich de3 Nachdruds halber ange:
wandt. Gegeniap des P. die Ellipfe (f. d.), von
ihm unterfchieden ift die Tautologie (f. d.). Ein
pleonaftifher Ausdrud find z. B. die Worte aus
Gicero3 zweiter catilinarifher Rede: abiit, exces-
sit, evasit, erupit, Formelhafte Ausdrüde der
Rechtsſprache enthalten häufig Yleonasmen. Auch
die Sprache des täglichen Lebens wendet diejelben
häufig an, wie z. B.: «Ich habe e3 mit diefen mei:
nen Augen» oder amit eigenen Augen geſehen ».
eonaſt, foviel wie ſchwarzer Spinell (f. d.).
leorama, |. unter Banorama.
spöra Pul., PBilzgattung aus der Famis
lie der Pyrenomyceten, deren Arten teil epiphy:
tiſch, teils endophytiſch auf lebenden oder faulen:
den Bilanzenteilen vorkommen. Die Mycelien
ſowohl als auch die Conidienträger, die gewöhnlich
unter den Namen Cladosporium, Sporidesmium
u. a, beſchrieben werben, fowie die Perithecien find
ſchwarz gefärbt und geben dadurd den befallenen
Zeilen ein rufiges Ausjehen. Man bezeichnet deö:
bald diefe Pilze ebenfo wie die Arten der Gattung
Fumago al3 Rußtaupilze. Am bäufigiten kom:
men die Conidienzuftände vor, deren Sporen eine
mauerförmige Teilung befiben; die Perithecien
find meift lugelig und Apen in Gruppen jufammen.
(Näheres f. unter Rußtau.)
Plenus venter etc. — Pleß (in Preußen)
Pleichen (polı. Pleszew), Kreisftadt im preuß.
Regierungäbezirt Poſen, linl3 an dem zur Brosna
gehenden Nerbach, Station (4 km vom Drt) der
Linie Poſen-Kreuzburg der Preubßifchen Staats:
bahnen, zählt —* 6336 €. (davon 3758 Katho⸗
liten und 929 Juden, fowie 3100 Polen), ift Sis
des Landratsamts, eined Amtsgerichts und einer
Neihsbantnebenftelle, hat eine evang. und eine
kath. Pfarrlirche, zwei Waiienhäufer, zwei Dampf:
mabl: und eine er erg eine Dadı:
pappefabrit, zahlreiche Windmühlen, vier Deftil-
lationen, Hunfttifchlerei und Drechslerei. — Der
Kreis Pleſchen zählt auf 1029 qkm 64762 E.,
davon 8734 Evangeliiche und 1620 Juden,
Blefiofaurnd (grch.) it ein ausgeſtorbenes
Reptiliengeichleht genannt worden, deſſen liber:
refte vom Lias bis zur Sreide gefunden worden
find. Diefe Tiere beſaßen einen verhältnismäßig
jehr langen, ſchlangenartigen Hals, einen Heinen
Kopf mit großen Augen ohne knöcherne Ringe und
wirlliche Floſſen ftatt der Fühe, ähnlich wie die
Ichthyoſauren (ſ. Ichthyoſaurus), von denen
hie 4 am meijten durch den langen Hals und den
turen Schwanz unterfhheiden. Die zahlreichen
Zähne waren dünn, ſpitz, etwa hafenförmig nad)
binten gefrümmt und längsgeftreift. Die Stelette
diefer Tiere liegen in den Steinſchichten ag
auf dem Bauche und jtreden alle vier Srofien weit
von fi. Die Arten erreichen gewöhnlich) nur 1,5
bis 3 m Länge; doch gibt es einige, welche bie dop⸗
pelte Größe erreichen. Die Gattung P. gehört
einer größern Familie von ſchwimmenden Repti—
lien an, weldye man Sauropterygierigenannt
und beionders deshalb von den Schrhyofauren ges
trennt bat, weil die Floſſen nur fünf Heben, wie
bei den übrigen Reptilien , enthalten, während bei
den Shtlyolauren die Zahl der Zehen größer iſt.
Gattungen der Familie, welche von den P. ver:
ſchieden find, kommen befonders in der Trias vor;
unter diefen heißt die befanntefte Nothbofaurus,
Bleftow, rufj. Gouvernement, |. Bflomw.
Blech, eine Standesherrihaft, die 1850 vom
König von Preuben zum Fürftentum erhoben wurde,
liegt im Negierungsbezirt Oppeln auf der rechten
Dverfeite, nördlid um eg der Weichſel und
wejtlich der Przemſa, umfabt beinahe den 58
Pleſſer, ſowie einen Teil des Kattowitzer Kreiſes
und bildet die ſüdöſtl. Spihe der preuß. Provinz
Schleſien. Das Fürjtentum zählt auf 1100 qkm
über 100000 meijt (80 Proz.) kath. E., welche mit
Ausnahme der beiden Städte Pleß und Nilolai
faft fämtlih (85 Proz.) polniſch ſprechen. Die
Bobenoberflädhe bildet faft überall eine Ebene, nur
im Norden und Nordweiten find Heinere Höhen
bei Nitolai, Orzefche, Lendzin. — Der Kreis Ple
zäblt auf 1062 qkm (1880) 95897 €. e
Die Kreisftadt Vleß an der Piinka, Station
der Linie Emanuelfegen : Dzieditz der Preußiſchen
Staatsbahnen, ift Siß der fürftlihen Verwaltungs:
behörben, eines Yandratsamts und eines Amtöges
richts, zählt (1880) 4059 E. und hat ein Johanniter
(azarett, ein Waifenhaus, ein prächtiges Reſidenz⸗
ichloß des Fürften von Pleß mit ſchönem Park, drei
Kichen, Gymnafium, Dampfmühle und Spiritus«
brennereien. In der Nähe liegt Luiſenhof, ein
großes Geftüt des Fürften von Pleb. 4
Die Standesherrihaft, deren Beſiher einen An:
teil an den drei Suriatjtimmen auf dem fchlef.
Provinziallandtag hat, gehörte feit 1548 den
Pleß (in Böhmen) — Pletid
Reihsgrafen von Promnitz, von melden Graf
Eromann feine Todter an ben en Auguft
Ludwig von Anhalt: Köthen . Dieler
rließ me Söhne, Karl Georg Lebrecht und
iedrich Erdmann, von denen ber lehtere durch
eine —— ſeines Großvaters mũtterlicherſeits
21. Juni 1765 die freie Standesherrſchaft P. erhielt,
wodurch er ber Stifter der Linie Anhalt⸗Köthen⸗
e ALS dieſe 1841 mit dem Prinzen
udwig ausftarb, fiel P. an defien Bruder Heinrich,
ben regierenden Herzog von Anhalt : Köthen, und
nad) defien Tode 23. Nov. 1847 an feinen eflen,
Grafen Hans Heinrih X. von H , welder
15. Dit. 1850 zum Fürften von ®., ſowie ſchon
1840 und Standes von Für:
ſtenſtein, urg und Friedland in Schleſien
erhoben ward. Dieſer hinterließ bei ſeinem Tode
20. Dez. 1855 das m feinem Sohne Hans
Heinrih XL, Fürften von P., Grafen zu Hoch—
ber, von Fürftenftein. elbe wurde
10, 1833 geboren, ijt feit 1863 erbliches Mit:
Br des preuß. Herrenhaufes, gehörte 1867 für
n Wahltreis ur dem Sonftitwierenden
Neihstag und dann 1867—70 für den Wahlkreis
urg dem ordentlichen Reihötage des Nord:
deutſchen Bundes an. Für den legtern Wahlkreis
war er au 1871— 78 ied des Deutichen
—3 wo er der Fraltion ber Deutſchen
Reihöpartei angehörte. Jm Deutfch:Franzöfiicen
Kriege von 1870 und 1871 fungierte er als fönigl.
Kommijjar und Militärinfpelteur der Freiwilligen
Krankenpflege bei der Armee im Felde.
, ‚Name von Joſephſtadt (j. d.).
tabt im ruſſ. Gouvernement Roftroma,
Kreis Nerechta, rechts an der Wolga, mit (1881)
2168 E., einer! drale und ai Kirchen,
t Handel mit Getreide und iſt Stapelplatz für
eide, Branntwein und Manufalturwaren.
— Pleffidi, ein Gebirgäzug auf Magnefia, |. Pe:
ion.
iniſch).
ie, ſ. unter Perkuſſion hei
efiue (die), rechter Nebenfluß des Rheins im
gi» Kanton Graubünden, entipringt mit zwei
ibäden, dem —— und dem Sapüner:
her, im —— es Schanfigg, durchfließt
dieſes Thal ſchluchtartig —— bewaldete Steil⸗
hänge eingeſchnitten in weftl. Richtung, nimmt am
Ende desjelben linls die Rabiufa aus dem Thal
von Ehurwalden auf und tritt durch den Engpaß
er Mittenberg und Bizolel bei Chur in
s Rheinthal hinaus, um 2°, km unter F
n der
fer Stadt durch einen Kanal zu münden.
Gabel (1276 m) der Duellbäche bis zur Mündung
(558 m) beträgt die Flußlänge 16 km, das Gefälle
118 m ober 4,5 Proz. Somohl die P. wie di
Rabiuſa find , trübe, oft dur Hochwaſſer
n
gefährliche Ber e. j
: » Malerjarbe, entiteht beim Er:
—* von dichromſaurem Kali und
rem phosphorjaurem Kalk unter Zuſatz von
uder und iſt weſentlich ein Gemenge von Chrom⸗
—— und neutralem phosphorſaurem Kalt.
ethoun (Georgius Gemiſtus), ein byzant.,
einem myftiihen, mit heidniſcher Theurgie verquid:
ten Neuplatonismus ergebener Gelehrter, geb. um
1350 zu Konftantinopel, war lange der Führer
einer berühmten philoſ. Schule zu Mifithra im
Peloponnes, aber auch viel mit jozial:polit. Re:
formplänen bejchäftigt, lam mit Kaijer Zohan:
87
nes VIII. Paläologos bei Gelegenheit des Konzils
in Ferrara 1438 nad) Italien, wo er big — ſeiner
Nüdtehr nach Griechenland (1441) durch Vorträge
über Blato und andere in elegantem Griechiſch für
die Verbreitung jenes Neuplatoniamus wirlte und
den Anjtoß zu der jpäter von Mediceern geitifteten
Platoniſchen Alademie gab. Er ſtarb im Juni
1452 oder nicht lange nachher. Am beiten laſſen
fich feine Anfichten erfennen aus einer Schrift, die
unter dem Titel «ll. vouwv auyypapüis ta owLd-
peva. P. trait& des lois» von Alerandre (Bar.
1858) herauögegeben ift. Er ir einen heftigen
Kampf je die Platoniſche Philofophie gegen die
Ariftoteliiche, wie er beide auffaßte (val. feine «Ub:
handlung über den Unterſchied der Platoniſchen
und Ariſtoteliſchen Philoſophiev, Vened. 1540),
und bie orthodoxe griech. Geiſtlichteit. Seine
ſtaatswiſſenſchaftlichen Denfichriften «ler raw dv
Ildorowiow npayparov» gab Elliffen (pa. 1860)
vervollitändigt heraus. Seine übrigen Schriften,
wie die Geſchichte Griechenlands nad) der Schlacht
bei Mantinea (berausg. von Reihard, Lpz. 1770),
find blofe Rompilationen. Bol. Schule, «P.s
Leben und Tehre» (1. Bd. der «Geſchichte der Philo:
fopbie der Nenaiffance», Jena 1874). :
Plethöra (vom ard. nansson, Vollblütigkeit)
wird in der mediz. Sprade in dboppeltem Sinne
gebraudt und bezeichnet entweder den Blutreic-
tum des ganzen Körpers (die Vollblätigkeit)
oder der einzelnen Zeile. (S. Blutandrang.)
Als die Gefamtblutmenge des Erwadjenen wird
ein Zwölftel bis ein u wc bed Slörperge:
wichts angenommen; beim Neugeborenen iſt jie ge:
ringer, nad manden nur ein Neunzehntel, tm
höhern Alter nimmt fie gleichfalls ab. Die Vor:
tellungen über einen zu groben Blutreichtum des
ganzen Körpers find ſehr unficher, und es muß —*
in Frage geſtellt werden, ob ein ſolcher Zuſtand
überhaupt möglich ſei. Vielmehr muß man einen
großen Blutreihtum des Körpers ala ein Zeichen
der beiten Gefundheit betrachten. Auf Bollblütig:
feit ſchloß man, wenn der Körper mehr oder min:
der wohl genährt, das Geficht jtark gerötet und
allerlei unbeftimmte Beihwerden, wie Herzllopfen,
dumpfer Kopfihmerz, Atenınot u. ſ. w. vorhanden.
Die Ürzte der neuern Schulen können jedoch meijt
ſolche Zeichen mit Sicherheit auf das Leiden be:
jtimmter Organe (Herzfebler, Lungen: und Gefäß—
frankheiten u. |. w.) zurüdführen. ,
Al Plethora apocoptica bezeichnet man
die nicht erwiejene Blutzunahme , welche Folge der
plöplien Entfernung eines größern Körperteils,
3.3. der Amputation eines Beins, jein joll, indem
der Körper fortfahre, diefelbe Blutmenge wie vor
e | der Entfernung jenes Teils zu erzeugen.
lethron, bei den alten Griechen ein Längen:
mab= Y, Stadion = 30,83 m; auch die Einheit des
Flähenmaßes, ein Duadrat von 0,095 ha.
letſch (Ostar), vorzüglicher Heichner für den
Holzihnitt, geb. 26. März 1830 in Berlin, erhielt
den eriten Zeichenunterricht von feinem Vater, be:
ſuchte die dresdener Alademie und bildete ji dann
im Atelier Bendemanns in Dresden weiter aus.
Später kehrte P. nad) Berlin zurüd und lebt jeit
1872 in Niederlößnig bei Dresden. P. hat ſich
namentlich durch feine mit naiver Wahrheit darge:
jtellten Scenen aus der Kinderwelt einen Namen
gemacht. Zu feinen zahlreihen Werten gehören:
*
Die Kinderjtube, Aus unfern vier Wänden, Was
88
willft du werben? Auf dem Lande, Springinsfeld,
Unfer Haus —— — u. ſ. w.
adt im
tten reuß. Regierungs⸗
bezirk Arnsberg, Kreis Altena, in ſcharf eingeſchnit⸗
tenem —— des Sauerlandes, am Zuſammen⸗
fluß der Grüne, Oſter und Elfe, unweit linf3 der
Lenne, Station (3 km vom Orte) ber Linie Hagen:
Betzdorf der Preußiſchen Staatsbahnen, Sit eines
Amtsgerichts, hat (1880) 2931 E., eine evang. und
eine lath. Pfarrliche, eine höhere Töchterjchule,
Fabrikation von Eifen: und Stahlturzwaren, Bad:
—— und Strohpappe, ferner Drobtzieherei und
rabhtweberei, In der Nähe liegt die Burgruine
Schwarzenberg. P. gehörte ehemals zur Graf:
fhaft Dart. — Die Landgemeinde Pletten—
berg mit 3426 E., zu welcher die Dörfer Himmel:
mert, Bafel und Eiringhauſen gehören, hat die:
felbe Jndujtrie wie Die Stadt. _ BAR
Pleuelſtauge ober Bleueljtange, foviel wie
Kurbeljtange.
leura (ard).), das Bruftfell (f. unter Brufi).
leuralgie (grch.), Seiten: oder Rippenſchmerz.
euritid (arch.) oder PBleurefie, bie Rip—
pen: oder Bruftfellentzündung (f. d.).
eurodenten, |. unter Echſen. ,
eurodynie (rd), Seiten: oder Nippen:
ſchmerz, auf Neuralgie der Zwiſchenrippennerven
oder auf r — Entzündung der Zwiſchen⸗
rippenmußfeln berubend.
Pleuroneotes (lat.), die Scholle.
Pleurothotönnd oder Bleurotönus (ardh.),
ber Geitenftarrlrampf, wobei der Körper frampf:
a einer Seite hin gefrümmt wird,
ewlje (Zaslidzie), Stadt im Sandſchal No:
vibazar in der derzegnmine mit 4000 G., Zürten
und Griechen, maleriſch in einer Thalweitung des
Cechotinaſiuſſes gelegen. An der MWeitfeite der
Stadt ftehen die Steinbaraden ber öfterr. Garni:
fon, an der Norbjeite ein türk. Lager; in einer
nahen Thalſchlucht iſt das berühmtegrich. Troigas
kloſter, das den Sarg des beil. Sava , alte wert:
volle Baramente und jlam. Bücher enthält. Im
Gehotinathaf find Neite einer Nömerftadt,
fetona (Bleven), bulgarifche, zur Hälfte von
Zürten bewohnte Stadt von (1881) 11129 E.,
Hauptitabt des gleichnamigen Kreiſes, welder
yacaı) 100870 E. zählte, 40 km füdmweitlih von
ifopoli, 5 km öftlih des MWidfluffes, an ber
großen Straße, welde von Sofia über —
und P. nah Biela am Jantrafluſſe und na
Ruſchiſchul und an der Straße von Rahowa
im Donauthal nad) Lowaß, Selwi und Tirnowa,
reſp. Gabroma und Schipfapaß gelegen.
. murde im Nuffih:Zürtiihen Striege von
1877 geidichtlih merkwürdig. Nachdem die ruſſ.
Hauptarmee im Thal der Jantra über Tirnowa
vorgedrungen, den Balkan 13. Yuli_mittels des
Schipkapaſſes überftiegen und die Donaufeftung
Nilopoli 15. Juli — hatte, erſchien völlig über:
rafchend von Wibbin her Osman:Nuri Paſcha mit
einem 35000 Mann jtarlen Korps bei B. und be:
drohte damit die rufj. Stellung längs der Jantra
im Rüden. Am 20. Juli wurde ein Angriff des
Generallientenantse_ Schilder: Schuldner zurüdge:
fchlagen. Die ruff. Oberleitung jtellte infolge deſſen
den Vormarſch auf dem rechten Jantra:Ufer ein,
während Daman Paſcha die Stellung bei B. bes
fejtigte und fi von Orlanieh und Widdin her auf
50000 Mann verſtärkte. Am 30. und 31. Juli
Plettenberg — Plexus
orift General von Krübener die türk. Stellung
abermals an, wurde jebod mit großem Verluſt ab:
— Osman Paſcha gedachte in der Stellung
ei P. den Ausgang der Kämpfe Suleiman
«rer am Scipltapaß, ſowie Mehemed: Ali
aſchas gegen bie Armee de3 ruſſ. Thronfolgers
abzuwarten. Am 11. Sept. begannen bie in:
zwiſchen verftärlten Rufen mit der rumän, Armee
den Angriff der türk. Stellung zunächſt durch bei:
tige Gejhüsfeuer, dann mit einem allgemeinen
Sturm. ehrfach abgewieſen, gelangten abends
Numänen und Nuffen nah ſchwerem Berluft in
Belik der ftarlen Griwißaſchanze, ebenfo auf dem
linten Flügel die Rufen unter General Stobeljef
in Beſih zweier Schanzen. Am 12. Sept. verſuchte
Osman Paſcha die verlorenen Schanzen wiederzu⸗
nehmen, was jedoch nur bei den beiden Schanzen
im Süden ber Stellung gelang. Mehrere in den
folgenden Tagen von den Ruflen verfuchte Angrifie
wurden abgemwiefen, ebenfo 17. Sept. ein Sturm
ber Türlen gegen die Griwißaſchanze und 18. Sept.
ein Angriff der Rumänen.
Ruſſiſcherſeits entſchloß man ſich nunmehr zur
Einſchließung von P. befeſtigie die Stellung
und zog Verſtärkungen heran. Osman Paſcha
empfing 23. Sept. von Orlanieh her 12000 Mann
unter Hifzy Paſcha und einen großen Broviant: und
Munitionstransport. Bis zum 6. Dit. gelang es,
die Einſchließung zu vollenden, ebenfo waren zu
biejer Zeit die unter Leitung General Todlebens
befejtigten ——— ſo ſtark geworden,
daß ein Verſuch, dieſelben zu durchbrechen, laum
noch Erfolg haben konnte, Die en
wurde von ber ruſſ. Artillerie täglich beſchoſſen
und vermochte Died Feuer wegen Mangel an Du:
nition nur noch ſchwach * erwidern, auch hatte
General Stobelief in der Nacht vom 4. zum 5. Nov.
die Stellung bei Breſtoweß und 9. Nov. die Grü:
nen Berge in Beſiß genommen, fowie 11. und
15. Nov, dieſe wichtigen Punkte gegen mehrere
Sturmangriffe der Türken behauptet. Da ent:
ſchloß ſich Osman Paſcha zu einem Durchbruchs⸗
verſuch und griff 10. Dez., nachdem er feine Bofi:
tionsgeihüße unbrauchbar gemacht hatte, mit allen
in ®. verfammelten Truppen die ruſſ. Stellung
am Widflufie ungeltüm an, um in der Nichtung
auf Widdin zu entlommen. Die ruſſ. VBortruppen
wurden überrannt und es gelang der tür. Infan:
terie ſogar, in bie befeitigte Stellung der Grena:
bierbivilion einzubringen; doch eilten von allen
Seiten Veritärkungen herbei, mit deren Hilfe ber
Angriff nah fünfttündigem Kampfe abgeichlagen
wurde. Osman Baia wurde eg am Fube
ſchwer verwundet. Während dieſes Gefechts bat:
ten Ruſſen und Rumänen bereit B. und die türf.,
Schanzen bejeht, weshalb Daman Paſcha nunmehr
dem General Ganepli fein noch —— 35 000
Mann ſtarles Heer auf Gnade und Ungnade über:
ab. Nod 10. Dei. zogen Groffürft Nikolaus und
ürjt Karl von Numänien in P. ein, vom 12.
bis 17. Dez. bielt fih Kaifer Aierander IL. von
Rußland in der eroberten Stabt auf,
Vol. von Trotha, «Der Kampf um PB.» (Berl.
1878); Kuropatlin:Krahmer, «a stritiihe Rüdblide
aufdenrufj..türt.Strieg 1877/78» (Heft2, Berl.1885).
‚Plexus (lat., Geflecht), in der Anatomie cine
eigenartige Anordnung der Blut: und Lympbaefäße,
fowie der Nerven. Gin P, vasculosus (Aders
geflecht) fommt dadurd zu Stande, baf mehrere
von P.
Pleyel — Plinius
zum tallel verlaufende Venen: ober Lymphgefäß—
ämme durch mehr ober minder zahlreiche Seiten:
äfte miteinander E Verbindung Hehen n. Auf die:
ſelbe Weile treten mande benachbarte Nerven:
fämme durch gie —* Abgabe von ——
* innige Verbindung (P. nervosus, Nervenge
ledt). Der P. solaris (das Sonnengeile
iſt ein He oder weniger dichtes, mit vielen on
lienfnoten verſehenes Geflecht ht des Sym ——
Nerven, welches in der Magengegend auf der?
eite — — —6
eye onaz), ein früher beliebter deutſcher
Komponift, geb. 1. Juni 1757 zu Nuppersthal bei
ien, famı um 1772 mit Unterjtügung des ungar.
Grafen Erbödy zu Joſ. Haydn als Schüler, bei
bem er fünf Jahre ftudierte, worauf ihn der Graf
zu feinem Kapellmeiſter machte. Später war er
mehrfach in Stalien und lebte feit 1784 in Straß:
—— als Domlapellmeiſter. on dieſer Stellung er:
er ſich bejonders durch mitrumentaltompo:
fitionen einen Namen, fodaß man ihn 1791 fogar
als Rivalen jeines Lehrers Haydn nad) London
berief, wo er * er rere Sympbonien fompo:
Hr F — —* Kunſt ſeines —
iden zurüdzog. Nach feiner
fehr nad) Straßburg verlor er on ie Abichaf:
a —F fein Amt, Im J. 1795
z und errichtete bier eine
ol — dann auch eine
— ——— Später 309 er ſich auf
Barbie
n Landgut zurüd, wo er 14. Nov. 1831 ftarb.
I — P. & als Komponijt berubte in der
und fließenden Melodil und der Haren
————— Anlage feiner Stüde, ſowie in
me 7 gerichteten An:
hl feiner im zw erſchienenen
= Sympbonien, Konzerte für ver:
chiedene Jnftrumente, wartete, Quintette, Trios,
Dune, —— * w.) iſt ſeht groß.
‚Camille P., geb. zu
Er war ala Klavieri ieler
fie, trat in das Geſchäft feines
Bee und wi Br 1 beſonders der Klavier⸗
—— ſeit 1824, wo ——
mit i ajjociierte, zur Blüte r Gr
arb zu 4. Mai 1855, gene dat ——
ee — u. W eine Klavier⸗
befunden einen trefflichen Muſiler.
Die Gattin Camille P.s, Marie Felicité B.,
.4. 1811 zu Paris als die Tochter des
3 Mole, war eine ausgezeichnete Kla—
vieri Bon ihrem Gatten getrennt, lebte
fie feit 1848 —— als erſte Lehrerin de3 Kla-
—— und ſtarb 30. März
De alten) Br eumföng; oeſan
»), Briefum ; gefällige
leichter Ynftan 8; gegallıg
polonioa (lat, * Weichſelzop
—— im nei edar
tes, Oberamt Ch
tuttgart, rechts an der Kerſch,
15 km von —* — bat Ba &,,
die ege für vermahrlo —— kr)
ung von Sau er
ige ie Domäne obenheim (1. d..
H — Ab⸗
u be nt ln ndus, den Ültern.
(Gajus) Secu nd gewöhnlic zum
Unterjejiebe von eis einem Neffen der Ültere ge:
nannt, —— der — und vielſchreibendſien
89
Gelehrten Noms, geb. 23 n. Chr. in Comum in
Oberitalien (dem iehigen Como), machte als junger
Dann Feldzüge in Germanien mit, bekleidete dann
unter Nero und Veſpaſian verfchiedene Civil: und
Militärpoften und war zuleßt Befehlähaber der
Flotte von Mifenum, wo er 79 n. Chr. bei dem
furchtbaren Ausbruche des Veſuv, den er moͤolichſt
— in der Nähe beobachten wollte, feinen Tod
nd. Seine biitor., — und diammaliſen
Schriften ſind ſämilich verloren gegangen; erhalten
iſt von ihm ein umfangreiches encyklopädiiches
Werk in 37 Büchern unter dem Titel «ITistoria na-
turalis», welches eine * eheuere Menge aus abi:
reichen griech. und fat, Werfen ——— ener
Notizen aus faſt allen Gebieten des menſchlichen
80 ſens enthält. Das Lob erſtaunlichen Sammel:
eißes iſt aber auch das größte, das man dem Ver—
aſſer ſpenden kann; denn er iſt beim Excerpieren
und Redigieren feiner Sammlungen mit grofer
gun Andere Nachläſſigleit verfahren, jodak man
i der Benuhung feines Werks, das nad Berfuit
der Quellen, aus denen es abgeleitet ift, für manche
Gebiete, wie z. B. für die antife Kunſtgeſchichte,
unjere Hauptquelle üt, bie größte Vorficht beobach⸗
ten muß. Die beiten Ausgaben find die von Sillig
8 —* Hamb. u. Gotha 1851—57), Yan (6 Bde.,
p3. 1854—63; von einer 2. Aufl. erichien Bd. 1
1870, Bd.2, von Maydojf, 0 und von Detlefien
(Bd. 1-5, Berl, 1867 7—73; Bd. 6, Index, 1882);
die auf die Kunſtgeſchi te bezü lihen Shicnitte
find neben andern enthalten in Ürlichs' «Chresto-
mathia Pliniana» (Berl. 1857). Deutiche fiber:
ſehungen — große (12 Bde., Franff. 17831—
a Ki itſch „Prenzl. 1829 — — 50), Külb
Boͤchn. a 1840—56) und Strad (3 Bbe,,
Be 1854—55): franzöſiſche Grandſagne, mit fat.
Terte und Anmerkungen von Guvier, Petronne u. a.
(Bar. 1829) und Littre (lat. u. frz., Bar. 1848—50).
Pliniud — Cäcilius Secundus, ber
Jüngere, der Schweiter: und Adoptivfohn des
vorigen, eb. 62 n. Chr. zu Comum, wurde von
feinem Dheim ſchon frühzeitig zum Studium der
Beredjamteit und Philoſo —— angeleitet. Er diente
in Syrien als Militärtribun und bekleidete, nad)
Nom —— Quãſtur und Tribunat, und
93 n. Chr rätur, Bon Trajan erhielt er
100 n. * die Würde eines Konſuls und verwal:
tete, wohl 111—113, als außerordentlicher laiſerl.
Kommijjar vithymen und Pontus. In der Bei
wijchen Prätur und Konſulat, wie zwijchen
Flat und — —— verfah er verjchiedene
der von den Kaiſern eingelekten Umter. Er ftarb
a eg vor 114. Grhalten find von ihm
noch eine Sammlung «Briefe» in neun Büchern,
die in gewählter und glatter Sprache gejchrieben
und aud wegen ihres mannigfachen “gr an:
iehend und für die Zeitgeſchichte wichtig find, aufer:
ve der Ma chſel mit Trajan aus der Beit der
—— und ein « Banegyricus», eine
Dankrede an: lan für Verleihung des Konfulats.
Von den Gefamtausgaben find zu erwähnen die von
Gesner (Lpz. 1770; neue Aufl. von Schäfer, 1803),
von Gierig (2 Bde., Lpz. 1806) und von Keil (Lpz.
1870; Tertausg., Lp}. 1853), von den a
aben der «Briefe» de von Döring (28 Frei:
erg 1848); von deutichen fiberiebungen beider
Werte die von Schott (5 Bohn. Stuttg. 1827—33)
und Klußmann (Stuttg. 1869). Vgl. Gierig, «liber
das Leben, den moraliihen Charalter und den
90
ſchriftſtelleriſchen Wert des jüngern PB.» (Dortm.
1798); Held, «fiber den Wert der Briefſammlung
des jüngern B.» (Bresl. 1833); Mommfen, «Zur
Lebensgeſchichte des jungern P.» (im «Hermes»,
Bd. 3, 1869).
linfen (mit den Augen), ſ. Blinzeln.
linthe (vom griech. rAlvSos) bezeichnet in ber
Baukunft die niebrige
quadratifhe Unterlags:
platte in ber Baſis der
Säulen, Pilaſter und
Poſtamente. (5. bei:
ftehende Figur.) Siefehlt
den kurzen, —
Säulen des dor. Stils,
ud foviel wie Sodel.
Plioeän, eine Unterabteilung der Tertiärfor:
mation (. b.). j
Pıiffe (vom frz. plisse, d. i. gefältelt), eine bei
Damen: Konfeltionswaren beliebte Garnierung,
welche aus regelmäßig gefaltetem Zeug beitebt.
Blifiermafaine, u. Jaltenleamai ine.
litviezafeen, zwölf Öebirgefeen im froat.
Kreife Lila:Dtocac; die Seen verdanlen dem Bade
Gierna:Reta, der oberhalb Leslowaß entipringt
und in den oberjten der Seen fällt, ihre Entſtehung.
Die Seen liegen terrafienförntig übereinander, ihre
Nbflüffe ftürzen in Abjägen von 10—16 m von
einem See zum andern,
Ploo8i (lat.), Webervögel.
Plochingen, Hlngen, int württemb. Nedar:
freis, Oberamt Glingen, rechts am Nedar, über
den bier eine hölzerne Hängebrüde ohne Pfeiler
führt, unterhalb der Cinmündung der Fils, mit
1880) 2014 evang. E., iſt Station der Linien
retten⸗Friedrichshafen und P.:Nottweil:{{mmen:
bingen (Obere Nedarbahn) der Württembergifchen
Staat3eijenbahnen.
Plock oder Plozk, Hauptftadt des gleichna—
migen Gouvernement3 im europ. Rußland, rechts
ed dem 60 m hoben fteilen Ufer der Weichiel gele:
en, im ganzen gut gebaut, ift der Sihß eines Bi:
Püofs, eines Domlapitels der Gubernialbehörben,
eines Civil:, Kriminal: und Polizeigerihts. Die
Stadt zählt (1882) 22127 E. und hat ein Oymna:
um, ein bifhöfl. Seminar, ein Kollegiatitift, ein
iariftenfollegium, viele Kirchen, darunter die Ka—
thebraltirche aus dem 16. Jahrh. mit dem Grabmal
ber bier beigefehten poln. Herzöge Wladiflam Her:
man und Boleflaw ILL, ferner ein großes Gefäng:
nis, ein Waifen: und Irrenhaus, ein Theater,
öffentliche Bäder und einen ſchönen Marltplas.
Die Bevölkerung unterhält Gerbereien und etwas
Handel. B. gehört zu den ältejten Städten Polens
und war ehemals bie Hauptitadt von Mafovien und
bie Reſidenz der genannten poln. Herzöge. Auch
das Bistum ift eins der älteften in Polen und jhon
im 10. Jahrh. gegründet worden.
Das Bouvernement Block umfaßt 10877,7
qkm und zählt (1881) 538141 €.
Plödenftein (auch — —— iſt die höchſte
Kuppe (1375 m) des gleichnamigen Bergrüdens
im Böhmerwalde an der Grenze von Böhmen,
Dberöfterreih und Bayern. Die Umgebung gilt
durch ihren landſchaftlichen Reiz als die Shönfte im
Be Der Blödeniteinerfee unter dem
Gipfe er der Info egene (1067 m) und größte
Gebirgsjee in Böhmen. Die Granitwand über
bemjelben ragt über 300 m empor. Auf dem
Plinfen — Plomb
pe des P. fteht feit 1877 ein 13 m hoher Obe:
list zur Erinnerung an Adalbert Stifter.
Iodhorft (Bernh.), Hütorienmaler, geb. zu
Braunfhweig 2. März 1825, begann feine Lauf:
bahn als Lithograpb, befuchte die Alademie in Ber:
lin, ftudierte 1848 in Dresden unter orr, ging
dann nach Leipzig und 1851 nad Münden pi
Piloty. Im J. 1853 wurde er in Paris Schüler
Goutures, kehrte dann als Porträtmaler nad) Leip
sigzurüd, begab ſich indes bald nad Berlin, wo ihm
1858 dad Gemälde: die Heimtehrvom Grabe Chriſti,
die goldene Alademie-Medaille errang. Dort ent:
itanden ferner mehrere Werte m toslau u. a.
In den J. 1866—69 lehrte B. als Profefior an der
Kunſtſchule zu Weimar und malte mehrere Bild:
nifie, ſowie das große Altarbild für Marienwerbder:
Auferitehung Chrifti. In Berlin malte er jpäter
die Porträts des Deutihen Kaiferpaares für die
Nationalgalerie, Chriſtus auf dem Meere wandelnd,
der Schubengel, die Himmelsgabe. Außerdem lie:
ferte P. zahlreiche Jlluftrationen, fo zu dem Werte:
«Detblehem und Golgatha », « Bialter und Harfe»
u.f. mw. Auch für Glasmalerei, jo zu den Fenſtern
der Danleslirche in Berlin, lieferte B. Entwürfe,
PBloẽrmel, Stadt und Arrondifiementshauptort
im franz. Depart. Morbihan, lint3 am Duc, un:
weit deiien Cinmündung in den Stanal von Breft
nah Nantes, Station Linie Queftembert:B.
der Orleansbahn und der Linie La BrohiniereB,
der MWeitbahn, hat (1881) 2697 (ald Gemeinde
5761) E., eine jchöne p* Kirche St.Armel mit
rächtigem Seitenportal, ein Collöge, Tuch⸗ und
Sapierlabritatien und Handel mit Vieh, Wolle,
inwand, Wolljeugen, Getreide und Eiien.
Plojefti, Stadt in Rumänien, im Piftrift
Prahowa, zwifhen den Flüfien Prahowa und
Zeleajna, 145 m über dem Dieere, Station der
Linien Roman:Turn Severin. und B.,Prebeal der
Rumäniicen Staatsbahnen, ift Siß der Präfeltur
des Diftri —— und eines Tribunals erſter
Inſtanz, hat 29 Kirchen, ein ſchoön gebautes Gym:
naſium, ein Lehrer: und ein Lehrerinnenſeminar
und zählt (1884) 38000 E., welche Raffinerie und
Deftillation des in der Nähe — Petro⸗
leums, ſowie bedeutenden Handel, namentlich mit
Wolle, treiben. P. war während des Nuffiih-Tür:
liſchen Kriegs 1877 einige Zeit Sit des ruſſ. Haupt:
quartiers unter Großfürft Nitolaus,
Plomb, gewöhnlid Blombe, d. i. Blei, nennt
man ein Bleifiegel, weldyes an zoll: oder fteuers
pflichtige oder fontrollpflidtige Waren zum Zmwede
der Feſthaltung ihrer Üpentität von der Zoll: oder
Steuerverwaltung —— Leßteres geſchieht
hauptſaächlich bei ſolchen Waren, die in dem Staate,
wo ſie eingehen, nicht verbleiben, ſondern durch
—— bloß durdbeförbert werden ſollen. Der
Anlegung des Bleiſiegels geht eine Umſchnurung
in ber Weife voraus, dab ohne Beihädigung des
Umfchnürungsmittels von der Ware nichts entfernt
werden tann. Die Enden des Umfchnürungsmittels
werden fodann durch einen durdlöcderten Schieber
von weichem Blei, die Blombe, gesogen und biefe
mit einer Giegeljange zufammengedrüdt. Man
nennt dann den Gegenitand plombiert. Die
Plombierung it unverlebt zu erhalten, da fie beim
Ausgang der Ware aus dem Staate amtlid) wieder
unterfudt und abgenommen wird, vorgelommene
Verlehungen aber unter Strafe —E ſind, auch
die Verpflichtung zur Zoll: oder Steuerentrichtung
Plombage — Plön
= Solge haben önnen. In manchen Staaten wird
m Blombieren der Waren der volle Zollfaß de:
oniert, derfelbe aber bei Abnahme der P. in un:
Hädigtem Zuftande wieder eritattet. Auch Rei:
fende laſſen, um der Pifitation ihres Gepäds zu
entgehen, dasſelbe öfters plombieren.
ge, Blombe, foviel wie Plomb.
mb du Eantal, Berg im Dep. Cantal (f.d.).
ombieren im Zollmeien, f. unter Blomb.
lombieren nennt man auch das Ausfüllen
eines hohlen Zahns mit einem dünnen Metallplätt:
den, meift Gold, Silber oder Platina oder einem
weichen, bald erhärtenden Kitt oder harzigen Sub:
ftanzen, Guttapercha u. dgl., um dadurch ben frei:
liegenden Nerven zu [hüten und das Meitergreifen
der Zahncaries zu verhüten. (S. Zahn.) Alle
diefe Ausfüllungen (Plomben) können aber nur
dann dauerhaft fein, wenn zuvor die kranlhafte
Zahnſubſtanz zerjtört und entfernt und ber n⸗
höhle eine für das Haften der Plombe geeignete
Geſtalt gegeben wurde. Zuweilen muß vorher der
Zahnnero_ durch Atzmittel (Glüheiſen, Chlorzink,
arfenige Säure u. a.) zerſtört werben.
Blombieres (mittellat. Plumbaria), Stadt von
(1881) 1966 €. im franz. Depart. der Vogefen
(Tothringen), Arrondiffement Remiremont, 27,7km
im Süden von Gpinal, Endpunkt der Linie Yille:
villers P. der ae 341 m über dem Meere in
dem ſchönen Engtbal des Caugronne oder Augrogne,
t eine 1860 vollendete ſehr ſchöne Kirche, ein von
önig Stanislas von Polen genründetes Hofpital,
Fabrıfen von Aurzwaren, Eiſengeräten, Quin—
caillerie: und Marqueteriearbeiten und ijt vorzüg:
li berühmt or ihrer aus Granit entfpringen:
den Mineralquellen. Man unterjcheidet außer den
unbenußten zwei talten Quellen (das Eifenmwafler
von 11° C. und die indifferente Seifenquelle von
12° C.) drei laue von 19, 22 und 30° und 23 warme
von 37— 71°C, Leßtere find die widhtigften. Ge:
enwärtig werden hauptſächlich acht Quellen zur
erforgung der Baflins und Badezimmer von ſechs
Gtablijjement3 benußt. Diefe find: die Thermes
Napoleon, das größte und ſchönſte, mit zwei Hotels
von 200 Betten; nachſtdem das Nationalbad, von
Napoleon I. erbaut, mit einer Biscina (Baffin) von
zwei Abteilungen mit 35 und 36° warmem Wafler,
de: und Douchezimmern, dem aus Bogejen:
marmor für die Kaiferin Joſephine gebauten und
mit lururiöfen Babelabinetten verjeenen —
bad und einer Anftalt F Gasbädern (Etuve de
Venfer); da3 elegante Römerbab, von einer 59°
beißen Duelle gefpeift, mit einem 45° warmen
Baſſin und einem Reunionsfaal; das zum Hofpital
gehörige Damenbad, früher Bain de la Reine
nannt, mit zwei Piscinen von 34 und 35°, verſchie⸗
denen Babe: und Douchelabinetten und einem Gas:
bad (Etuve Bassompierre); da3 Bain:Tempers,
früher Bain:Neuf und Bain-Republicain —
mit zwei für Herren und zwei für Damen beſtimm⸗
ten Bicien von 32—34° und 34-35° Wärme,
und das Bain des Capucins oder des Goutteur mit
einem Doppelbaffin von 37° und 40—41° Wärme,
Sämtlihe Duellen, mit Ausnahme der Gifenquelle,
gehören zu den ſaliniſch allaliſchen Mineralwäljern
mit wenig feiten Beftandteilen, aber ftarler, durch:
dringender Wirkung. Das Wafler iſt Har, füblt
etwas feifenartig an, hat feinen befondern Ge:
chmad und erft nad) dem Erkalten einen leichten
Schwefelwaſſerſtoffgeruch. Man benugt es zum
9
Baden und vier zum Trinken, vorzüglich bei allge:
meiner Schwäche de3 Hautorgans, die jich in chro—
nischen Hautausfchlägen zeigt, gegen Skrofelkrank—
beit, chroniſche, gi ti eun eheumatifche Leiden,
chroniſche Nervenübel, Unterleibstrankbeitenu. ſ. w.
Die Satjon dauert vom 15. Mai bis zum 15. Oft,
die Kurzeitdurechfchnittlich drei Wochen. Nur 12,3km
im Welten liegt der Babeort Bains (f. d.) und et:
was über 15 km füdlich der Hurort Lureuil (f. d.).
Plon, bedeutende franz. Berlegerfirma. Henri
Philippe D., geb. 26. April 1806 zu Paris, hatte
bei Didot den Buchdrud und den Bud) andel er:
lernt und gründete neben feiner Druderei, mit
welcher eine Letterngieherei und eine Stereotypier:
anftalt verbunden war, ein Berlagsgefhäft, wel:
ches ſich bald zu einer bedeutenden Ei e empor:
ihwang. Vorzugsweiſe verlegte P. illuftrierte
Prachtwerke, dann Werke über Neifen, aus dem
Gebiete der — und Geſchichte, unter
dieſen die «Geſchichte Julius Cäfard» von Na:
poleon III. Nach feinem Tode, 25. Nov.1872, gin
das Geihäft an feinen Sohn Eugen P. über, wel:
cher ſich mit feinem Schwager Robert Nourrit,
Advokaten am Gafjationshof, zu der Firma E. Plon
u. Comp. und feit 1883 E, Plon, Nourrit u. Comp.
vereinigte. Eugen P. trat auch felbit als Kunft:
ſchriftſteller auf mit «Thorwaldsen et son @uvre»
(2. Aufl. 1874) und einem Werk über Benvenuto
Gellini (Bar. 1883; Nachtrag er , ,
Plön (vormals Plune, Plone), Kreisftadt in
ber * Provinz Schleswig — zwiſchen
dem großen und dem kleinen Plönerſee außer:
ordentlich Ihön gelegen, Station der Linie Neus
münjter : Neuftadt der Preußiſchen Staatsbahnen,
iſt Siß des Landratiamts und eines Amtsgerichts,
bat zwei Kirchen, ein Gymnafium, eine Kadetten—
voranftalt (im ehemaligen Schloß mit jchönem
Bart), ein Waiſen⸗, ein Kranken: und Arbeitshaus,
ein ohanniterhofpital, eine Tabat:, eine Bantoffel-,
eine Seifenfabrif, Handel mit Holz, Getreide und
Fiſchen und zählt (1880) 3036 E. — Der Drt wird
bereit3 1071 als ein feiter Sik wendiſcher Häupt:
linge erwähnt. Bei der Eroberung Wagriens
durd) die Holiteiner wurde die un d. 1139 ein⸗
genommen und 1173 auf dem Schlo a neu aufs
ebaut. Unter dem au desjelben blühte die
tabt B. auf, der 1236 das Lübische Recht verliehen
wurde, Ym Mittelalter war diejer feite Bunt
wiederholt ein Schauplak blutiger Kämpfe. Auch)
war P. zeitweilia Sit der Plöner Linie des
Schauenburger Haufe, welche 1390 ausitarb. (S.
Holitein.) Bei der jpätern Erbteilung im Olden—
burger Haufe (ſ. d. und Schleswig:Holitein)
lam die Stabt nebjt dem —— en Amt P.
1568 an den Stammvater der Sonderburgiſchen
Linie, Herzog Johann den Jüngern. Deflen Sohn,
oadim Ernſt, trat 1623 die Regierung an, er:
aute 1636 das jetzige Schloß und jtiftete Die löner
Nebenlinie, welche mit Herzog Friedrich Karl 1761
erlofch, worauf Stadt und Amt PB. an den König
Friedrich V. von Dänemark heimfielen. Unter
König Ehriftian VIII. und, Friedrich VIL von
Dänemark diente das Schloß P. hin und wieder
als königl. Refidenz. Val. 9. — «Schloß und
Stadt P.» (Kiel 1877); Kinder, Urkundenbuch zur
Chronik der Stadt B.» (Plön 1882).
Der Kreis Plön zählt auf 991 qkm (1880)
578324 E, und umfaßt den fchönften Teil des öſtl.
Holitein, die jog. Seenplatte,
92
‚ Blöne, Fluß im zn. —** sbezirk Stet⸗
tin, entfließt dem See von Berlinchen im Kreiſe
Soldin des Regierungsbezirls Frankfurt a. D.,
durdfließt in Bommern den Plöneſee und den Ma:
büejee {I d,) und mündet bei Altvamm in den
Dammiden See.
Plönerfee, der größte Landfee der preuß.
Provinz Schleswig:Holitein, füdöftlih vom olden:
burg. Pürtentum cübed begrenzt, 10 km lang und
8 km breit, wird durd) die Yandzunge, auf welcher
die Stadt Plön liegt, von dem Kleinen
fee getrennt, ber bur
* 5— fall, iR bie Abbech
onge frz.),Kronenfall, iſt die ung
der obern Sad oder Krone einer Bruftwehr nad)
dem Feinde iu durch welche die Einficht in bas vor:
liegende Gelände begünftigt wird,
Blönnies (Luife * deutſche Dichterin, geb.
T. Rov. 1803 zu Hanau, Tochter des Naturforſchers
Leisler, heiratete 1824 den Medizinalrat Auguſt
von P., wurde 1847 Witwe und ſtarb in Darm:
ſtadt 22, jan, 1872, Für ihre «Meifeerinnerungen
aus Belgien, nebit einer Überficht der vlämifchen
Litteratur» (Berl. 1847) wurde fie zum Mitglied
der fönigl, Akademie zu Brüffel ernannt. Ihre be:
beutende Iyrijche Begabung bewies fie außer durch
Übertragungen aus fremden Sprachen («Britannia,
Auswahl engl. Dihtungen, Franff. 1843; «Sa:
witri», au& dem Indiſchen, Münd. 1862; 3. Ausg.
1866 ut. a.) durch die lyriſchen Sammlungen «Ge:
dichte» (Darmit. 1844), «Ein Kranz den Kin:
dern» (Darmft, 1844), «Neue Gedichte» (Darniit.
101), die Dichtungen «Mariten von Nimmegen»
(Berl. 1853), «Die fieben Naben» (Münd. 1862;
3. Ausg. 1866) und die religiöfen Poeſien «Pilien
auf dem Felde» (Stuttg. 1864), «Ruth» (2. Aufl.
Gieh. 1869), «Jofeph und feine Brüder» (Stuttg.
1866), «Maria von Bethanien» (Stuttg. 1867),
«Die heilige Glifabeth» (Frankf. 1870).
Plönnies (Wil. von), Sohn der vorigen, her:
vorragender Militärjchriftiteller, geb. 7. Sept. 1828
zu Darmitabt, machte 184849 den Feldzug in Baden
mit, wurde 1849 bei Hemsbach ſchwer verwundet und
diente dann im ſchleswig⸗holſieiniſchen Heere, nad)
bejien —— in heſſ. Dienſte zurüdtehrte.
Er wurde 1856 Abteilungschef bei der Zeughaus:
bireltion und 1857 nad) Petersburg zur Teilnahme
an ben Verſuchen mit Handfeuerwajien aller Art
berufen, welche für die Neubemwaffnung ber rufi.
—*— maßgebend wurden. Wegen körperlicher
eiden mußte er bald darauf aus dem Dienite fchei-
den und jtarb zu Darmftadt 21. Aug. 1871. P.
erkannte zuerft Die Bedeutung des Heinen Gewehr:
lalibers. Seine Schriften zeichnen ſich durch hohe
Buverläffigkeit im techniſchen Detail, Hare Dar:
ftellung und geijtvolle Behandlung des Stofjs aus
und find mujtergültig. Hervorzuheben find: «Neue
Studien über die gezogene Feuerwaffe der Infan—
terie» (2 Bde., Darmit. 186164), «Das Zünd:
nadelgewehr » —— 1865), «Neue Hinterla:
ee Darmit. 1867). Auf belletrijtiihem
biete erichienen von ihm: «Immortellen des
Shladtfeldes» (Darmit. 1870), «Schwanenlieder»
(Darmit. 1871), «Nachgelaffene Gedichte» (Darmit.
1374), und unter dem Pfeudonym Dr. Ludwig
Sigrift der humoriſtiſche Roman «Leben, Wirken
und Ende des —— Winkellramiſchen Gene:
rals der Infanterie Leberecht von Knopf» (Darmit,
1869; 2. Aufl. 1878).
löner:
ch die Schwentine in den | 270
|
Plöne — Plötz
Plon „Spihname be3 Prinzen Napoleon,
ſ. Napoleon (Sote rles ————
Plousk, Kreisſiadt im ruſſ. Gouvernement
lock, 48 km öſtlich von Block, mit (1881) 6310 E.,
t Getreidehandel und Fabrifationvon Lederwaren,
Plotin (grch. Plotinos), ber bedeutendſte unter
Neuplatonikern (f. d.), war zu Lykopolis in
Ügypten 204 oder 205 n. Chr. ‚geboren und jtudierte
die Bhilofophie in Alerandria unter Ammonius
Salkas. In feinem 40. Jahre trat er in Rom als
Lehrer der Bhilofophie auf. Er jtarb in Campanien
n. Ehr. Sein Leben beichrieb fein Schüler
Porphyrius, ber auch feine Schriften in ſechs En—
neaden ordnete (gedrudt unter anderm in der Kirch—
* n Ausgabe). Sie beſtehen aus zerſtreuten
pekulativen Abhandlungen, bie P. bei gelegent:
lihen Beranlafjungen ſchrieb. Die vollitändigften
und beften Ausgaben haben Greuzer (3 Bde., Orf.
1835), Dübner (Bar. 1855) und Kirchhoff (Lpz.
1856) beforgt, nachdem lekterer ſchon vorher die
beiden Schriften «De virtutibus» und «Adversus
— (Berl. 1847) ediert hatte; eine deutſche
berfehung lieferte Engelhardt (Erlangen 1820).
Eine Gejamtausgabe mit deuticher Überlegung gab
W. Müller (4 Bde., Berl. 1878—80), feine Schrift
«De pulchritudine» Greuzer (Heidelb. 1814) ein:
n beraud. Zur nähern Bezeihnung feines
yitems gehört vorzüglich feine Beltimmung bes
Berbältnifies der Sinnenwelt zur Fdeenwelt. Die
legtere erllärt er für das amtprodult alles
beilen, was das überfließende Gine mitteld ber
Weltſeele in fih und durch ſich hervorbringt. Das
Gegenbild der Intelleltualwelt ijt die Sinnenwelt,
Sie beruht auf einer Sonderung zwiihen Form
und Materie, die von dem immanenten Fortſchritt
der Weltfeele unzertrennbar iſt. Die Weltjeele er:
zeugt, fich in ihrer Evolution einen Raum und jo:
mit eine Rörperwelt; die Materie ilt Die Grenze des
—— aleichſam das Erlöſchen des ausſtrah⸗
nden Urlichts, wie der Schatten die Grenze bes
Lichts iſt. Die Materie, die Sinnenwelt ift daher,
obwohl getragen und in abgeituften Graben durch⸗
leuchtet von der Sintelleftualwelt, der Sik des Un:
volllommenen und Böfen; der Weg ber Nüdtehr in
das Cine ijt Befreiung von der Sinnlichkeit, Rei:
nigung ber Seele von allem, was an dem Stojie
Hebt. In dem Durchleuchten der göttlichen been
durch die materielle Welt beſteht die Schönheit.
Bol. E. Brenning, «Die Lehre vom Schönen bei Dr
im Zuſammenhange feines Syſtems dargeftellt»
(Gött. 1864); A. Richter, «Neuplatoniie Studien»
N Hefte über P., Halle 1864—67); Kirchner, «Die
a nefopnie bes ®.» (Halle 1854); » von Aleiſt,
«Plotiniſche Studien» (Heidelb. 1884). ,
ve par ulius), — Grammatifer
und Schulſchriftſteller, geb. zu Berlin 8, Juli 1819,
ftubierte ein Jahr in Berlin, ging dann nad) Paris,
wurde 1844 Hauslehrer beim Grafen von Königs:
mard in Berlin, 1848 Lehrer am Katharineum zu
Lübed, 1852 am franz. Gymnaſium zu Berlin und
legte 1860 jeine Profeſſur nieder. Seit 1864 lebte
er meijt in Paris und in Margate bei London; er
ftarb 6. Febr. 1881 zu Görlig. Seine nad) der von
ihm verbefjerten Seidenſtüderſchen Methode bear:
—— Grammatik (in mehrern Stufen)
wurde in zahlreichen Schulen eingeführt. Weite Ber:
breitung fanden aud) jeine lat. Glementargramma:
tif, fein «Vocabulaire systömatique» und ähnliche
Arbeiten. Bol. von Löper, «Karl B.» (Berl. 1851).
————— ———— — — —— —— — eu —7
Plöpe — Plüſch
Plöhe, Notauge. Unter diefem Namen wer:
den zwei, in den fühen Gewäflern von ganz Mittel⸗
europa verbreitete Arten von Weißfiſchen verwech—
felt, nämlich der Notten oder die Notfeder
(Scardinius erytbrophthalmus), mit fteil auf:
fteigendbem Unterliefer, ſcharfer Baudlante vor
dem Aiter, boppelreihigen Schlundzäbnen und
meiit prächtig roter After: und Schwanztloffe, und
der Furn oder Schwal (Leueiscus rutilus), mit
horizontaler Mundfpalte, abgerundeter Baud):
lante, einreihigen Schlundzähnen, bei welchem die
weniger brennende rote Farbe fih aud auf die
Bruſtfloſſen ausdehnt. Beide Fiſche werden höch—
ſtens O,s m lang, laichen im April und Mai, leben
in Schwärmen in Seen, Teichen und langfam
fließenden Gewäflern und gehören zu den geringern
Fiſchſorten, die ihrer vielen Gräten wegen meijt
nur als Badfische gefpeijt werden.
Plöotzkau, Pfarrdorf und Domäne im Herzog:
tum Anhalt, Kreis Bernburg, lint3 an der Saale,
bat (1880) 1567 E., ein altes Schloß auf einem
Felſen hart an der Saale, eine Zuderfabrit und
Steinbrüde. Die Grafihait P., Plocela, Plocele,
fiel 1147 an den Markgrafen Albrecht den Bären.
Plozk, ſ. Block.
Plüddemann (Herm.), Hiftorienmaler, geb. zu
Kolberg 17. Zuli 1809, erhielt den erften Unterricht
in Magdeburg, begab fih 1828 nad) Berlin und
wurde dort an der Akademie Schüler von Begas.
Im J. 1831 wandte er fih nad Düſſeldorf und
1848 nad) Dresden, wo cr fi) dauernd niederließ.
eine Stoffe find meift der deutſchen ältern Ges
ſchichte entlehnt und in gutem Vortrag, Har und
&aralteriftiich gehalten. Zu —e— —
zählen der Tod des Roland, Heinrich IV. in Canoſſa,
die Hinrihtung Konradins, Columbus entdedt die
Neue Welt, Luther in Worms u. f.w. Das Schloß
zu Heltorf und das Rathaus zu Elberfeld hat er
mit andern büfleldorfer Genofjen mit Wandgemäl:
den ausgefhmüdt, außerdem war er auch als Zeid:
ner thätig. B. ftarb zu Dresden 24. Juni 1868.
Plum., bei — — Namen Ab:
fürzung für Plumier (Charles).
grey u (Plumbagindae), Pflanzen:
familie aus der Gruppe der Difotyledonen. Man
fennt gegen 200 Arten, bie größtentheil3 an den
Küſten des Mittelmeer und auf dem falzigen
Boden mander Wüftengegenden Aſiens vorlom:
men. Es find frautartige, Telten behaarte Pflanzen
mit niedrigem Stengel und meijt dicht zufammen:
ftehenden häufig in Rofetten angeoroneten Blät:
tern. Die Blüten find zwitterig und von regel:
mäßigem Bau, fie beftehen aus einem röhrenför:
migen fünf: oder ——e — Kelch, fünf Blumen:
—— * —— und —* ——
igen igen ttnoten mit fünf Griffeln.
De end ‚ bat ein trodenes en
und bleibt in der Regel vom Kelche umſchloſſen.
Plumbägo (Reifblei), ſ. Graphit.
Plumbägo europaea L., Pilanze, j. Blei:
wurz.
Plum-oake (engl.), Kuchen mit in Streifen ge:
ſchnittenen großen (Sultans:) Nofinen (engl. plums),
Plumeau (fr3.), Federdedbett.
Blumier (Charles), Tram Botaniker, geb. 1646
Marfeille, trat in den Möndsorden der Minis
men, madte 1689—95 drei wiſſenſchaftliche Reifen
nah Amerila und ftarb 1704 im Hafen Sta.
Maria bei Cadiz. Erfchrieb«Description desplantes
93
de l’Amörique» (Par. 1693), «Nova pıantarıım
Americanarum genera» (Par. 1703), «Trait& des
fougöres de l’Ame£rique» (ar. 1705) u. ſ. w.
Brumoft, .Heteromorphit.
Iumpudding, f. unter Pudding.
Plumula (lat., $ederden), nennt man in der
Dotanik diejenigen Partien des Embryo3 im Sa:
men, die von den Keimblättern umhüllt find und
die Anlage des Stengels nebit den eriten Blättern
darftellen. Bei manden Samen, 3. B. bei denen
der Orchideen, ift eine P. gar nicht ausgebildet, bei
andern dagegen, wie bei den Bohnen, Erbien u. a.,
iſt dieſelbe bereitd ganz -_ vorhanden.
PBlünderung begeht nad $. 129 des Deutichen
an ar Ya von 1872 derjenige, weldyer
im Felde unter Benugung des Kriegsihredens oder
unter Mißbrauch feiner militärifchen liberlegenbeit
1) in ber Abficht rechtswidriger Zueignung eine
Sade ber Pandeseinwohner offen weaninımt oder
denfelben abnötigt, ober 2) unbefugt Kriegeihakun:
en oder — — erhebt oder das Maß
r von ihm vorzunehmenden Requiſitionen über:
ſchreitet, wenn dies des eigenen Borteild wegen ge:
ſchieht. Als eine P. ift es nad) $. 130 nicht anzu:
fehen, wenn bie Aneignung nur auf Lebens:
mittel, Heilmittel, Bellerdungsgegenftände, Feue—
rung3mittel, Fourrage oder Transportmittel fi er⸗
— t und nicht außer Verhältnis zu dem vorhan⸗
enen Bedürfniſſe ſteht. Die P. wird nad 8. 131
mit Gefängnis bis zu nd Jahren und mit Ber:
fegung in die zweite Klaſſe des Soldatenitandes
beitraft. Wird die P. unter Gewaltthätigteit
egen eine Perſon begangen, fo iſt nad) $. 133 auf
— bis zu ze nn ten zu erlennen; wenn
dabei der Tod eines Menſchen verurfadht worden
ift, fo tritt Todeöftrafe, in minder ſchweren Fällen
lebenslängliches Zudthaus ein. In gleicher Weile
werben die Näbelsführer beftraft, wenn die That
von mehrern begangen wird. Dieſen Beitimmuns
gen —— auch $. 25 der Kriegsartilel.
n alter Zeit gehörte in erftürmten Städten
na Fig 1 erg die Habe der Bürger, wenn
diefe ihre Mauern verteidigt hatten, den Siegern.
Solche Städte oder andere, benen man aus beion:
dern Urfahen eine Züchtigung angebeihen lafjen
wollte, wurden zur P. preiögegeben (in die «Ra:
pufe»), manchmaljedoch nur auf beftimmte Stunden.
Iungerfolben, f, unter Kolben. :
Inral, ſ. unter Numeruß. ,
Plurale tantum (lat., Mehrzahl Pluralia
tantum) bezeichnet ein Wort, das nur in ber
Ra vorlommt (3.2. ——
luralis majestatious (lat., auch Plura-
lis excellentiae), bie Nebeweife, wonach ein
—x von ſich in der Mehrzahl redet (Wir
anftatt ich).
Inralismus, die Annahme einer Mehrheit,
im Gegenfaß zum Monismus, —
Iuralität (lat.), Mehrheit, Mehrzahl, Vielheit.
lus (lat., d. te bezeichnet durch +, be:
deutet in der Mathematik das Addieren der Größe,
welche nadhfolgt, zu der vorhergehenden. A + B
eißt demnad) die Summe der Größen A und B.
In der Yehre von den entgegengefegten Größen be:
zeichnet + die pofitiven Größen. (S. Minus.)
lüſch (fra. peluche, engl. plush), ein famt:
artige3 Gewebe, defien Haare bedeutend länger als
die des Samts, aber kürzer ald die des Felbels
find, Man verfertigt P. aus Seide, aus Bauns
94
wolle, aus Kammgarn und Kämelgarn und benust
ihn zu Möbelftoften_ Damenmänteln, Befäben,
Tiihdeden u. j.w. Der wollene Plüſch wird
zuweilen gemujtert, indem man durch Nieberdrüden
der Haare mittels ee Walzen an einzelnen
Stellen glänzende Flächen erzeugt. Auch fommıt
ein pre behaarte Gewebe unter dem Na:
men Doppelplüfc vor.
Plusia gamma, j. Gammga-Eule.
Insquamperfeftum, j. u. Präteritum,
lutarch (griech. Plutarchos), berühmter griech.
Schriftſteller, geb. etwa 46 n. Chr. zu Chäronea in
Böotien, Mi nachdem er in ae unter Ammo⸗
nios rn ophie jtudiert und mehrere Neifen, nas
mentlich nach Alerandria und Rom, gemacht hatte,
in feine Vaterjtadt zurüd, wo er, abgejehen von
wiederholten Reifen, bis zu feinem Tode wohnen
blieb. Er befleidete dort das Amt eines wog.
und das eines Priejters und N lange Zeit
bindurch regelmäßig bei der alle vier Jahre wieder:
tehrenden Feſtfeier des pythiſchen Apollon. Die
Kaifer Trajan und Hadrian verliehen ihm aud,
der eine, wie es heißt, donſulariſchen Nang, der
andere das Amt eines Ffaiferl. Finanzbeamten in
Griechenland. Er ftarb zwiſchen 120—130 n. Chr,
Die zahlreihen Schriften P.s Diet man in zwei
Klaſſen zu teilen, die Viographien und die jog.
«Moralia» Die «Moralia» erjtreden Fi auf die
verſchiedenſten Wiſſenſchaften; neben Schriften aus
dem Gebiete der theoretiihen und der praftijchen
Philoſophie enthalten fie ſolche hiſtoriſchen und
antiguariichen wie naturwiſſenſchaftlichen Inhalts.
Auch iſt die Weije der Behandlung fehr verſchieden,
bald mehr wiſſenſchaftlich, bald mehr populär, bald
in Form ber Abhandlung, oder aud) kurzer Notizen,
bald dialogifh. Unter den «Moralia» finden ſich
zahlreiche unechte Schriften, Am anziehenditen
und für die Gejchichte des Altertums ſehr wichtig
find feine 44 «Vitae parallelae», d. i, vergleichende
Lebensbefhreibungen berühmter Griechen und Rö—
mer. Seine Behandlungsweile it im allgemeinen
leicht, bisweilen bis zum Oberflächlichen und Nach—
läſſigen, und fein Stil ift IHR und da dunfel und
mit Sentenzen früherer Philoſophen und Dichter
reich —— ja oft überladen. Der Reiz,
den feine Biographien ausüben, beruht hauptſäch—
lid) auf der Lebendigleit der Darftellung und der
durd) zahlreiche aneldotenhafte Züge unterjtügten
Zeichnung der Charaktere. In feinen philoſ. Schrif:
ten zeigt er eine ſcharfe Beobaditung und weiß
durch große Belejenheit jeinen Gegenitand_inter:
eſſant zu machen; als Bhilofoph in höherm Sinne,
d. h. als jelbitändiger, tiefer Denker erjcheint er
nirgends, Er befennt fih als Anhänger Platos,
weicht aber vielfah von ihm ab. Er ijt viel we:
niger bemüht, in die Tiefen der Spekulation ein:
zudringen, als die Lehren einer gefunden Moral zu
verbreiten, die Anhänglichkeit an den alten Götter:
glauben zu ftärken und die Gemüter mit der eigenen
warmen religiöfen Empfindung zu erfüllen,
Unter den Gejamtausgaben find nad der von
De: Stephanus (13 Bde., Genf 1572) die von
eisfe (12 Bde., Lpz. 1774—82) und Hutten (14
Bde., Tüb. 1791—1805) die wichtigften. Die «Mo- |
ralia» wurden bearbeitet von Dan. Wyttenbach
(9 Bde., 4., Drf. 1795—1830; oder 15 Bde. 8.;
abgedrudt dp . 1796—1834). Gjne neuere Text:
recenfion mit lat. Üiberfegung gab Dübner (2 Bde.,
Bar. 1839— 42). Die von Hercher begonnene
Plusia gamma — Pluto
(Bd. 1, £ps. 1872) ift_ durch den Tob des Heraus-
gebers unterbrochen. Die «Vitae» fanden Bearbei-
ter an Korais (6 Bde., Bar. 1809—15), Eintenis
4 Bde., Lpz. 1839-46; Handausgabe, 5 Bde,
p3. 1857-60) und Döhner (2 Bde. Bar. 1846—
48). Sämtliche moraliihe Schriften find von Kalt:
waſſer (9 Bde., Frankf. 1783—1800) und von Bär,
Reichardt und Schniger (17 Bochn., Gtuttg. 1828
—57), die Biographien von Schirach (8 Bde, Berl.
1776—80), Kind (8 Bde., Lpz. 1745—53), Kalt:
waſſer (10 Bde., Magdeb. 1799—1806) und Klai⸗
ber, Fuchs und Campe (19 Bdochn., Stuttg. 1827
—29) uberſetzt worden. Bol. Vollmann, «Leben,
Schriften und Philoſophie des P.» (2 Bde., Lpy.
1869) und über die Biographien Heeren, « De fon-
tibus et auctoritate vitar, parallelar. P.» (Gött,
1820); Haug, «Die Quellen B.3 in den Biographien
der Römer» (Tüb. 1854); Peter, «Die Due .$
in ben — ber Griechen⸗ (Halle 1865).
Nah dem Mufter der Biographien P.3 find in
neuerer Zeit in Sranlreih, England und Deutfch:
land Sammlungen vaterländiscer Biographien
unter dem Titel « Plutarch» erfhienen; unter dem
Titel «Der Neue B.» erfcheint eine derartige Samm-
lung von Biographien hervorragender Charaktere
der Gejchichte, Litteratur und Kunſt, herausg, von
Gottſchall (Bd. 1—11, Lpz. 187485).
Plutarch, der Sohn des Neftorios, aus Athen,
lebte Ende de3 4. und Anfang des 5. Jahrh. n. Chr.
und lehrte in Athen den Neuplatonismus, defien
erjter mit Auszeichnung genannter Vertreter ler üt.
Pluto (grieh. Pluton), d. i. der Neichtumgeber,
Spender des Segens aus den Tiefen der Erbe,
* in der griech Mythologie der dritte Sohn des
ronos und der Rhea, Bruder des Zeus und des
zen, Gemahl der Perſephone, welchen bei der
eilung der Welt unter die drei Brüder die Unter:
welt zufiel. Dort, unter der Oberfläche der Erde,
thront er als Herricher über die Verftorbenen und
heit daher auch der unterirdiiche Zeus. So weit
unter feiner Wohnung, als der Himmel über der
Erde erhaben iſt, liegt der Tartarus (Tartaros),
mit eifernen Thoren verſchloſſen. P. iſt furchtbar
und ſchrecllich, durch Bitten und Schmeicheln nicht
u erweidien: nur dem Orpheus gelang es, ihm
9 die ſchmeichelnde Gewalt ſeines Geſanges
zur Rüdgabe der Eurydile zu bewegen. Er fährt
auf einem von vier ſchwarzen Najen ezogenen
Wagen, die er mit —— Zügel lenit. Sein
Helm, den ihn die Cyllopen gearbeitet haben, macht
unfichtbar (wie die Nebel: oder Tarnlappe der nor:
diſchen Sage), wie fein Name Nides oder Hades,
der bei Homer ſtets nur Berfonenname ift, ihn als
den Unfihtbaren bezeichnet, entiprechend der in ber
Unterwelt herrſchenden Finſternis. Die Erinyen
und Charon dienen ihm. Mit den drei Totenric-
tern Uakos, Minos und Nhadamanthys richtet er
über alle Thaten der Sterblihen. Dies üt im we:
jentlihen die Darftellung, welde die Poeſie von
dem Wefen dieſes im Kultus nicht fehr bervortre:
tenden Gottes gibt. An der Vollsanfhauung und
bejonders in den Myſterien (f. d.) herrſcht dagegen
eine mildere Auffafjung vor, nad) welcher er haupt⸗
fählih ala wohlthätiger Gott, als Spender ver
Fruchtbarkeit des Erdbodens, inöbefondere des Ge:
treides, betrachtet wird, Die Kunſt hat ihn ähnlich
feinen Brüdern, Zeus und Poſeidon, bargeitellt,
aber mit düfterm Husdrud, die Haare in die Stirn
berabhängend,
Neben ihm thront Perſephone.
Plutofratie — Plymouth (in England) 95
Seine Aitribute find Scepter und Cerberus \ d.),
bisweilen ein Zweizad oder ein Füllborn. indes
finden ſich Hungen von ihm nicht häufig, da
das Altertum es vorzog, durch Scenen aus andern
Mothentreifen heitere Vorſtellungen vom jenfeitigen
Leben zu en. (S. Unterwelt)
Ph Kehren eh), Herrichaft des Reichtums,
gern! (j. d.).
nton di ——— e Bildung nen—
zum Unterſchied von Vullaniſch (f. d.) und
Qullaniicher Bildung, mande Geologen —
ine, von denen He vorausſehen, dab diejelben
tief im Innern der Erde unter ſehr hoher Tem:
peratur gebildet worden find. Die Laven ber Bul:
lane, weldye nr — ſelbſt 3 ganz
in deren Näbe in en erjtarren, find vul:
i — aber dasſelbe Material
laniſche Bild
—— — sur Gritarrung gelangt, fo | $
tur und unter
a —
—— —— ib ft wahr: fi
ein
ein mehr Eryftalliniiches Ge:
ein fein. Die ‚ von denen man eine
olche Bildungsweiſe vorausfeht, wie Granit,
u. j. w., nennen jene plutonifche,
dazu aber auch ſolche Gefteine, von benen
* vermuten, daß fie in großer Tiefe, unter hohem
und unter 5 tur durch Um:
wandlung N) e) aus andern Geiteinen
entjtanden find, wie 3. is und Glimmerf
. le:
‚bie fie tt Sr
Ki Sehe au ———— ng ber plutoni:
den ine Tann man natürlid nie beobachten,
eben wei —— Tiefe ſtattfindet. Wenn man
das Reſultat desſelben jeht irgendwo an der Ober:
flã det, — oder en —* =
nur babu ehen
fein, die urfprünglice Oberfläche zeritört und
bis zu bedeuten iefe abgeſchwemmt it. Eine
7 Beritörung und Abſchwemmung bat aber
t8 viel Zeit in Anſpruch genommen, und daher
fonımt e3, daß man an jebigen Erboberfläche
nur ſolche plutonifche Gefteine findet, welde vor
fehr e Zeit gebildet wurden.
So *r der —*4 ———— —
orgänge, in den tiefſten Niveaus der
Erdrinde unter dem Einfluß der Glut des Erd:
innen (j. Erdwärme) vorausfihtlich vollziehen
(Umihmelzung, Umtryftallifierung).
Blutoniften nannte man früher diejenigen Geo:
logen, im Degenfah zu den Neptunijten bie
vullanifche igteit als ein ſehr wejentliches Do:
ment in ber Entwidelungsgejdhichte der Erde in
na
en.
eb bei den Griechen der Gott des
chtums, übrigens in der Mythologie nicht
zur vollen perfönlihen Durdbildung gelangt iſt.
Gr Sohn bes Jaſion und der Demeter und
joll, —— ſagt, auf dreimal geadertem Brach⸗
feld in 8 fruchtbarem Giland gezeugt fein.
Der Sinn ng Allegorie würbe fein: aus Ader:
bau eihtum, Wie es fcheint, wurde
er als Knabe ee Ei *
geſtellt. Nachbildun ensgoͤttin m
einem ſolchen — auf dem Arm find noch
Münzen und in einer bmten Statue zu
ber —— — nn:
5 eigentlich egenmantel) — *
arobe Meßgewand der lath. Geiſtlichen, welches
&
den ganzen Leib umfchließt und vorn mit zwei Ha-
fen befejtigt wird,
Pluviometer (lat.), Inftrument zur Beftim-
nn A gefallenen Negenmengen. (5. Negen
und Regenmejier.)
Pluviöse (frj., «Negenmonat»), ber fünfte Mo:
nat de3 franz. republifanifchen Kalenders (20. Jan.
bis 19. Yebr.). Jupiter.
Pluvius (lat.), —— Beiname des
Plymouth (ipr. Plimmösh), Municipalftadt,
tlamentsborougb und ſtark befejtigter Kriegs:
fen in der engl. Grafihaft Devon, an der Eijen:
hn, die von hier bis Penzance führt, während eine
weigbahn die Verbindung mit Taviftod heritellt,
——— — ——————
vie — von hohen Kallfelſen umgebenen Bai
des Britiihen Kanals, bie einen der fchönften
äfen ber bietet und durch einen 1840 be:
Wellenfiplan aefcht 73 m egen =
ellenſchlag a üt. P. bildet mit dem w
ih davon gelegenen Devonport (f. d.) und dem
zwiſcheninne fiegenden Gaft:Stonehoufe zufammen
eine Stadt. Dieſe «Three Towns» hatten 1821
eine Gejamtbevölferung von 61212, 1881 von
138975 €, In bie Safenbai fließen außer andern
Gewäflern ber Tamar oder Tamer und ber Plym.
Das 7 km * Aſtuar des Tamar 2 im
Süden durch die ſhone Sandzunge Mount + Cöge:
combe (mit prächtigem Landſihe) begrenzt, ijt der
Kriegshafen, für 100 tg groß ‚das
Üftuar des Plym (Catwater) der en fen.
Kleinere Buchten find der Sutton » Pool mit einer
Einfahrt zwifchen er Dämmen und die Mill-Bay,
an deren oberm Ende die 1104 m weit fich hinziehen⸗
ben, 410 m breiten, 78,6 und 57 m tiefen Dods
des Weſtbahnhofs liegen. P. felbit, welches, wie
Devonport, zwei Mitglieder in dad Parlament
ſchidt und für fih (1881) 75096 E, zählt, iſt die
ältejte, Devonport (erft 1760 entitanden) die ——
der drei Schweſterſtaädte. Alle drei find ſtark be:
—* Der Städtelompler iſt vor allem de
als Kriegähafen, in welchem fortwährend ein Tei
ber engl. Marine liegt, und durch die damit ver:
bundenen ungeheuern Anjtalten zum Bau und zur
Ausräftung der Schiffe: Dods (mit die fchönften
in, —— Werfte, Anlerſchmieden, Stüdgiehe:
reien, Maſchinenbauanſtalten, zwei Seilerbahnen
von 390 m Länge, Magazine, Arjenale ins
Waflerleitung, von Sir rancis Drake auf eigene
Kojten angelegt, verfieht die Stadt mit Wafler von
Dartmoor aus einer Entfernung von 50 km.
Das eigentliche P. hat 38 Kirchen und Kapellen,
ein großes Rathaus, eine Börfe und eine Kaufhalle,
ein ſchönes Zollhaus, eine Lateinſchule, ein Seminar
ber Dijjidenten, ein im dor. Stil erbautes Athe—
näum mit einer Bibliothek und einem Mufeunt,
einen Berein für —— eine I be
für Pflanzenlunde und Gartenbau, ein Handwerter:
injtitut, eine öffentliche Stabtbibliothet und in dem
großen, 1811 auf ftädtiiche Koſten erbauten Royal:
Hotel ein elegantes Theater, Ball», Konzert: und
GSejellichaftsjäle. Die Hoe oder Wall: Hoe ift ein
Dochgrlegener Spaziergang zwiſchen Sutton : Pool
und Nill:Bay. Hier befindet ſich ein botan. Gar:
ten und die 1670 erbaute Gitadelle, vor der die
ftarf befeftigte Felſeninſel St. Nicholas liegt. Eaſt⸗
Stonehoufe enthält ſeit 1834 den großen Royal:
Bictnalling » Yard (Biltualienamt) mit Bäderei,
Brauerei, Magazinen u. f. w., fowie ein grobes
96
Seehoſpital für 1200 Kranke und die Marine:
tajernen. ®. und Tevonport haben ausgedehnte
Seebäder (königal. Unionsbäder),. Aud it eine
Mineralquelle «Victoria: Spa» vorhanden. Etwa
22 km im Südfüdwelten vom Hafen ijt der Peucht:
turm von Gödyitone (f.d.). V. hat große Segel:
tuchfabrifen, Zuderraffinerien, eine Glashütte, eine
Stärkefabrit und große Eeifenfabrifen,, treibt
Fiſcherei und fehr bedeutenden Handel. Die Ge:
famtzahl der Schiffe, die 1883 in Cargo und in
Vallaſt in den Hafen einliefen, betrug 3852, von
834277 t. Beſonders ftark iſt die Einfuhr von
Holz aus Nordamerika und den Ditfeehäfen.
2 = —
— NT
— oo ——
9—
%
4,
RER
MEN
Plymouth (in Nordamerika)
Aſcue vom bolländ, Admiral Ruyter en.
Karl II. erbaute die Citadelle und erhob feinen
natürlichen Sohn Fih:Charles zum Grafen von P.
Seitdem Wilhelm III. B. zum königl. Seearfenal
beftinnmt hatte, — die Stadt immer mehr an
Bedeutung und blieb lange der zweite Flottenhafen
Großbritanniens, von dem die wichtigſten Erpedis
tionen ausgingen. Im Aug. 1779 wurde B. von
der franz.:fpan, Flotte unter d Orvilliers und Cor:
dova ohne Erfolg gegen Admiral Hardy bebrobt.
Im %. 1815 anterte bier der Belleropbon mit Na:
oleon I. vor der Abfahrt nad St.-Helena; 1828
tationierte zu P. eine Zeit lang die ruf. Fioile.
a Te
vr Dee
a
Maßstab 1:90000x°
= TR RE VER?
ZTopographiſche Lage von Blymouth (in England).
Dampfſchiſſe verbinden r mit den Sanalinfeln
und den hg a ie Englands und Irlands. Die
Dampfboote der Union : Steam : Ship » Company
gehen von bier * innerhalb 34 Tagen
- bem Rap der Guten Doffnung.
Nachdem P. von Heinrich VI. zum Borough er:
boben und 1439 intorporiert worden, wuchs e3 zu
einem bedeutenden Handelsplag empor und wurde
1512 ftärter befeftigt. Hier war 1588 die engl.
Flotte von 120 Segeln unter Drale, Howard und
Hawlins zum Angriff auf die — rmada ver⸗
ſammelt, und 1595 wurden daſelbſt die gelandeten
Spanier von Sir John Godolphin zurüdgefchlagen.
Bon P. lief fodann 1596 bie engl. Flotte gegen
Cadiz aus, Weil fi die Stadt für das Parlament
erklärte, mußte fie 1643 eine drei Monate lange
rg durd) die Königlichen aushalten. Am
26. Aug. 1652 wurde hier die engl. Flotte unter
kilonetera
n P. bildete fi Anfang de3 19. Jahrh. die his
1a ie Selte u ee
Iymonth ({pr. Blimmösh), die Hauptitadt des
gleichnamigen County im nordamerik. Staate Maſſa⸗
——— liegt an der Maſſachuſettsbai und der Old
olony:Eijenbahn, 59km jüdöjtlid von Boiton, hat
(1880) 7093 E. und ijt ein gutgebauter Seeplaß mit
eräumigem, aber flahen Bein: die her be:
(hitigen fih mit sultenjhifiahrt und Fi Siam,
Fabrikation von Segeltuch, Tauwerl, Baummo
jeugen, Garn, Eiſenwaren u. ſ. w. Die Stadt hat
eine öffentliche Bibliothek, ausgezeichnete öffentliche
Schulen und vier Banken. ®. ijt die ältejte Stadt
in Neuengland und entitand aus ber Nieder:
laſſung der Pilgrim Fathers (Pilgerväter), wel
22. Dez. 1620 auf der Mayflower am Plymou
oder Forefathers Rod, einen vorjpringenden Fels:
blod, landeten. Auf diefem Selten wurde 1859
Plymouthbrüder
der Grundſtein zu einer Koloſſalſtatue, Faith (der
Glaube), gelegt, welche 1875 —— wurde.
Iymouthbrüder, f. Darbyiten.
Iymouth:Sound, f. unter Plymouth.
Iympton Earle, Stadt in der engl. Graf:
{haft Devon, 3 km öſtl. von Plymouth, Station
der Pinie Greter: Plymouth: Benzance (South: Devon
and Weit-Gornwall) der Great:Wefternbabn, hat
(1881) 14281 E., eine Stiftsſchule und Zinngru:
ben. P. war in normann, Zeit Sik der Nidvers
und ift Geburtsort des Malers Joſhua Neynolds.
Biynterien, Felt im alten Athen, ſ. Kallyn:
terien und Blynterien.
P.M. (p. m.), Abtürzung für Pontifex Maxi-
mus (j.d.); ferner für: pro memoria, zur Erinnerung;
piae memoriae, jeligen Andentens; pondus
medicinale, Medizinalgewiht; pagina mea,
«auf meiner Seite», d. b. auf der Seite der Bud):
ausgabe, deren ich mich bediene (bei Citaten); pro
mense, auf den Monat; pro (per) mille, für
taujend; post meridiem, Nadmittag.
P. M. (aud P. W.), bei naturbiitor. Namen
Abkürzung für Wied (Marimilian, Prinz von).
Bueuma (grch., eigentlih Hauch, dann Geift)
bezeihnet in der Rirchenſprache namentlih den
öttlichen oder Heiligen Geiſt (Tvedu &ytov), da:
or feit Ende des 4. Jahrh. diejenigen, welche die
aleiche Gottheit des Heiligen Geijtes mit dem Ba:
ter und dem Sohne beftritten, den Namen Pneu—
matomacdhen erhielten. Bei den Gnoftifern be:
zeichnete P. den göttlichen und als ſolchen unver:
ganglichen Lebensleim in der Welt, im Gegenſatz
M dem bloß finnlichen Lebensteim (Pſyche) und der
öjen Materie (Hyle). Die aus dem göttlichen
Lebensteim Entiprungenen heißen Bneumatiler
ober Geiſtesmenſchen im Gegenjak zu den Pſychilern
und Hylitern. In der Dogmatik heist Pneuma—
tologie die Lehre von der er Geifterwelt.
‚Bueumaticität (arh.),Lufthaltigteit, eine
—— gewiſſer vogelinochen, dadurch her⸗
vorgerufen, daß in dieſelben, unter Reſorption des
uriprünglichen Marles eigentümliche Fortiäke der
Qungen von den ſog. Luftiäden her hineingewad):
fen find. Der Umfang, in dem die B. das Vogel:
ifelett betreffen lann, ift jehr verichieden. Beim
nichtfliegenden Kiwi (Apteryx) wird fie überhaupt
vermißt, beim großen Nashornvogel eritredt fie
ih auf ſamtliche Knochen mit einziger Ausnahme
des Jochbeins, das überhaupt bei feinem Vogel
pneumatiich üt; zwiſchen dieſen —— finden
ſich viele Abſtufungen in der Entfaltung, die mit
der Flugfähigteit in entfchiedenem Zufammenhang
ftehen, wenn aud wohl zugegeben werden kann,
daß die P. nicht allein eine ſpezifiſche Erleichterung
des Bogellörpers verurfacht, jondern wohl aud) zum
Reſpirationsprozeß a in Beziehung tritt.
‚Bueumatif (grd.) ilt derjenige Teil der Mecha—
nit, welcher ſich mit der Lehre von den luft: oder
aadförmigen Stoffen, namentlih mit der Lehre
von der meaund und der Kraft der Luft, ſowie
der Gafe (ſ. Adrodynamik) beihäftigt. Die
leichte Verſchiebbarleit und Beweglichteit der Luft:
teilen geitatten es, daß diejelbe in einer Röhre,
oder einen Behälter eingefchlojien, durch einen
Drud von außen ſehr leicht auf die Hälfte, ein
Trittel, ein Zehntel u. j. w. ihres urjprünglichen
Rauminbalts eingeengt werden lann; andererjeits
hat die eingeengte Luft die Eigentümlichleit, ver:
möge ihrer Erpanfivfraft (Spanntraft oder Ten:
» Lerifon. 13, Aufl, XIII
— Pneumatiſch 97
fion genannt) ſich ſchnell auszudehnen und jeben
noch & großen Raum jofort —— e Ex⸗
panfivfraft (Ausdehnungsbeſtreben) der Luft (akt
ſich jehr genau berechnen. Im Orgelbau heißt P.
die Kunſt, durch verdichtete Luft die Orgelllavia—
turen leicht ſpielbar und das Regierwerk beweg:
liher zu maden, Um dies zu erreidhen, bedient
man —9— des pneumatiſchen Hebels und der pneu⸗
matiſchen Maſchine. Der pneumatiſche Hebel
—* den Orgelbauer Baker erfunden) iſt eine
ermittelung zwiſchen dem Taſtendrud und dem
Widerſtand der Ventile; derſelbe wird an einer
Orgel zwiſchen den Taſten der Klaviaturen und
den Ventilen der Windlade (ſ. Orgel) eingefcho:
ben und dient dazu, die direlte Wirkung des Luft:
drucks auf die Ventile aufzuheben. Er iſt ein 22 cm
langer und 4 cm breiter gejchloffener Windtajten
mit beweglicher Oberplatte. An der Unterplatte
befindet fih ein Kaſten, welcher im Innern einer
Windlade gleicht; er enthält demnad) Ventilfeder,
Ventil, Bentilöffnung, — Der Pe
fteht mit der Taſte in direkter Verbindung, ſodaß,
ſobald die Taſte niedergebrüdt wird, das Ventil
fich abhebt, die Luft im Windkaſten in den obern
Kaſten einftrömt. Die bewegliche Oberplatte des:
jelben ſchnellt jofort in die Höhe; diejelbe jteht vers
mitteljt Drähte mit dem Ventil der Windlade in
Verbindung, fodaß beim Emporfchnellen der Ober:
platte fi das Ventil der großen Windlade von
—* —— Jede Taſte erhält ſolchen Hebel;
mnach befommt ein Manual mit 54 Taiten aud)
54 Hebel. Diefelben werden zufammengeitellt, er:
geilen den Wind aus dem Reſervoir eines größern
alges und bilden — —— ne.
Bei großen Orgelwerken hat jedes Manual eine
pneumatiſche Maſchine. Cine andere Art des pneu⸗
matiſchen Hebels hat den Zwed, die Regiſter ohne
ilfe des Spielers allein aufzuziehen oder abzu:
toßen. Diejer Hebel beiteht aus zwei Heinen Heil:
älgen von 50 cm Länge, 6 cm Breite, Die Ober:
platte desſelben iſt hier mit einem Regifterzuge ver:
bunden. Strömt die fomprimierte Luft in dieſen
Balg, fo fchnellt die Oberplatte mit folder Kraft
in_bie Döhe, daß der an berjelben ——* Re⸗
giſterzug allein, alſo ohne Kraftanwendung des Dr:
ganiſten aufgezogen wird. Durch die Erfindung
des Regiſterhebels iſt es möglich geworden, die
wirkſamen Kolleltivzüge und das gewaltige Cres⸗
cendo an der Orgel berzuftellen. Durch einen Sub
Eu Rt ber Organiſt eine Welle, melde die Me:
chanik an den Negiiterhebeln leitet, in Bewegung
und burd den Gebrauch zweier Fußtritte fann er
das Orgelwerk vom leifeiten Piano bis zum größs
ten Forte und umgelehrt erklingen lafien.
ee f. unter Pneuma.
Pneumatiich (von dem griech. Wort myeiue,
d. i. bie yo Hauch, Wind) wird häufig bei Be:
zeichnung phyſik. ———
So heißt Pneumatiſch-chemiſcher Apparat
oder Pneumatiſche Wanne eine Vorrichtung,
um luftförmige Stoffe darſtellen oder auffangen
und deren Eigenſchaften unterfuchen zu können,
Zur Abjperrung der atmofphäriichen Luft von der
Im unterjuchenden Luft bedient man ſich des Waſ⸗
ers, bei Luftarten, die vom Waſſer abſorbiert
werden, des Quedſilbers.
Pneumatifher Telegraph ober Pneu:
matifhe Klingel nennt man die Signalfom:
munilation zwijhen verichiedenen Teilen eines
7
98
Sebäubes oder verſchiedenen Gebäuden, weldhe auf
Anwendung des Luftbruds beruht. An jebem der
beiden miteinander lommunizierenden Drte bes
findet fi ein Meines ea aehäufe, befien eine
Wand burh eine Kautichutplatte gebildet wird,
Heide Metallgehäufe hängen durch Kautjchuf: oder
Bleirohre zuiammen. Drüdt man bie Kautjchuf:
platte an der einen Station mit ben Daumen in
das Gehäufe Dinein, fo wird fie an der andern Sta:
—8 durch die Wirkung ber lomprimierten Luft
— — fest dadurch einen Hebel und
er Klöppel —— no in Bewegung.
rg ift das Fa tmofphärtichen
Siendan (f. d.) zur Herfte Bann des fog. Pneu:
matiſchen Transports benukt worden. Statt
nämlich die * den im Verbindungsrohr zwiſchen
den Stationen hingleitenden Kolben wirkende Kraft
bes Luftdrucks auf außerhalb des Rohrs befindliche
Waggons zu Übertragen, wie ed bei jener Eiſen⸗
—* gef seht, legt man bei biefer ſog. Rohr—
tin das Verbindungsrohr jelbit einen luftdicht
Püliehenben Kolben und in dieſen Kolben die zu
transportierenden Briefe und Poſtlarten. Da das
Prinzip diefed Transport? auf Waggons und
rößere Transportobjelte nicht anwendbar ift, fo
Bat man die früher gebraudhte, den t oretifchen
Projekten entiprungene Beze mir Berk neumas
tifhe Eiſenbahnen jeht aufgegeben und be:
zn nur den eben erwähnten pneumatifchen
transport von Poſtſachen ald Brneumatijce | (g
Po ſt oder nur (. d.).
Beet arate, Pneumatiſches
en und Sa nett, ———— Luft,
Bd. X, S. 453 fq., wo Eu: bildungen
Buenmati fcher nfang,. eine Borrichtung
um Heben von Laſten mittels einer Plattform, die
urch Luftdrud gg —* ud — S. unter
Hebeapparate, Bd. VI
eumatifche — ſ. unter Bars r.
neumatifches Bett, —* wie Luftliſſen.
—— — Eiſenbahnen, ſ. u. Atmos
ſp —— enbahnen und Pneumatiſch.
—— beſteht aus einem
ftarten, umt — — oe jenen Glascylinder, in weldyen
man einen luftdicht ſchließenden Kolben raſch hinein:
ftoßen fanı. Sobald dies geſchieht, erhitzt ſich die
dadurch ftarl verbichtete Luft dermaßen, daß ſich in:
folge deſſen ein an einem Hälchen des Stolbenbodens
befeftigter Feuerſchwamm entzündet. Diefes In:
itrument hat zwar feine praltiſche Bedeutung, dient
aber in Schulen ald Beweis, daß plöglihe und
ausgiebige wjammendrüdung der Luft eine mäch⸗
tige — — —
Pueumatif — ſ. unter Grund⸗
bau, Bd. VO neumatifche
Kuren, ſ. unter Pu He Luft.
Bneumatifche Uhren jind Uhren, welde von
einer durch Gewichte betriebenen Rormaluhr aus
dur den in Röhren fortge eleiteten Luftdruck be:
trieben werden. (5. unter Ühren)
Bneumatifche Wanne, eine Vorrichtung des
em. Laboratoriums, welde zum Auffangen und
Meilen von Gajen dient,
matochord, — wie Holaharfe,
eumatologie, j. unter Pneuma.
neumatomachen, |. unter Pneuma.
atosneter ve tmun gömefjer), ein
Apparat, welder dazu bejtimmt , bie Größe des
Atmungsbrudes gefunder und franter Lungen oder
Pneumatiihe Apparate — Pupr
ber Mustelfraft zu mefjen, mit —— die Ein⸗
Hr und die Ausatmung un Das beite
3 von Waldenburg an ; basfelbe
Ende aus einem auf einem Ötativ ten
Ibermanometer, welches vermittelt eines
Gummiſchlauchs mit einer der Naſen⸗ oder Mund:
öfnung luftdiht anzupaffenden Maste in Berbin:
ftebt. Man benupt das P. derart, daß man
—* mſelben entweder aus» oder von "denfelben
einatmet. Das * einer Slala —— Steigen
des Quedſilbers bei dem Ausatnien inlen
desſelben beim — beſtimmen —* Gröhe des
Atmungsdruds.
Puenmatometrie, Anwendung pneumatiſcher
Apparate zur Ermittelung des age der Punge,
ſ. unter Komprimierte Lu
Pnrenmatotherapie, Anwendung pneumati:
ſcher Apparate zu Heilgweden, f. unter om;
primierte Luft.
Pnenmobiomantif, —————
Bneumonektäfte (grd.), Zungenerweiterung,
ſ. Emphyſem.
Pneumonioa (lat.), Mittel gegen Lungenkranb⸗
Ve befonders zur Beförderung des Auswurfs.
Bneumonie — grch.) ſ. Zun:
genentzändung.
nofoni , Staubfranfbeit:
. Pnenmpnstonien rä,), een
hg ige Bneumomyföfis
— * der Lunge, u Auftreten
u Baeumopeeifareium im Lun —
te im Herzbeu I *
enmop „bie Anſamml
—* und e —— —
ee 4 —— J
v
der Bruſt, A
legungen des Bruftorbes o Infolge uberfulöfer
ge törung bes Qungeng — ſich Luft in der
ruſtfellhoͤhle (men Bruftwand umd Lunge)
anfammelt, führt zu plögli —— body:
gradiger Atemnot, rzen und gewillen
charatteriſtiſchen — ⸗n— ber Petkuſſion
und Austultation. Der Verlauf ift meiſt ein un:
günftiger; die Behandlung beichränft fih auf die
jmedtmäßige Ernährung bed Kranken und auf die
** ſeiner Atemnot.
hieß | in Athen der Plab, auf welchem ſich
bie Sp u der Volksverfammlung (Ixxinola) zu:
ſammen en; auch die —— ſelbſt
wurde oft P. genannt, Stener befand ſich
Fr dem mittlern der im Kahn de = "tobt Athen
ch binziehenden Hügel, über deſſen höchſten Rüden
12 tadtmauer hinlief; an der öftlihen, der Stadt
zugelehrten Seite desjelben ſieht man noch jeht eine
durch eine mädtige Subitruftiongmauer gejtüßte,
etwas geneigte —* von halblreisförmiger Ge⸗
ſtalt, die gegen eſten durch eine kunſtlich abgear⸗
beitete Felswand abgeſchloſſen wird; aus der Mitte
diejer Feldwand tritt ein auf brei Stufen rubender
delswürfel hervor; die Spuren eines zweiten, ganz
ähnlichen Selswürfels bat man neuerdings weiter
abwärts auf ber a in gleicher Linie mit dem
— gefunden. Dffenbar wurde, je nad) der Rich-
tung be3 Windes, * der eine, bald der andere
Felswürfel ala Rednerbuhne — benußt. Für
das Bolt waren auf der geräumigen, nad vorn
mit einem ®itter oder einer Mauer umichlofjenen
P. 0. — Bocci
teıl3 aus Stein, teil3 aus
(ä : ,
y ee Wer end wurden ichon feit den
ol; angebradt.
macebon. Zeiten bie sverfammlungen meiſten⸗
teils im Theater abgehalten und die alte P. diente
nur noch für die ammlungen zur Wahl der Be:
amten, ja in der röm. Kaiſerzeit fcheint fieganz außer
Gebrauch gelommen zu fein. Bgl. C. Wachsmuth,
«Die Stadt Athen im Altertum» ine 1, en. 1874).
P. ©., Ablürzung für Professor ordinarius
(ordentliher Profeſſor). j
Bo, bei den Alten Padus, auch Eridänus,
ber größte Strom Italiens, entipringt in den Eot:
tif u auf dem Piano bel Re (2041 m) am
bes Monte Viſo, tritt nach einem nur 30 km
Oberlauf bei Saluzzo in die oberital. Ebene
— in dieſer ur Nordoſten, dann nad)
Diten, bei den Städten Turin, Cafale, Pavia, Pia:
cenza, Gremona, Guaftalla und Djtiglia vorbei
und ergießt fih, nad) einem Laufe von 630 km,
durd vier Hauptmündungen in das Adriatiſche
Meer. Er it im Verhältnis zu feinem kurzen Lauf
ih, wird fhon oberhalb Turin ſchiff⸗
bar, fließt mei ich ſchnell und bat gelbes, ſchlam⸗
er fer. Seine beträchtlichſten Nebenflüfie
find linls die Dora Riparia, Dora Balten, Sefia,
der Ticino, die Dlona, der Lambro, die Adda, der
Dolio und Mincio, rechts der Tanaro mit der
Stura, die Trebbia, der Taro, die Parma mit der
Enza, die Sechia und der Panaro. So großen
Ehen der P. in feinem Unterlauf troß der ihn
i n mächtigen Dämme durch feine Hoc)
waſſer oft veruriacht, fo — er andererſeits
Bi: gang —2 8 an sſtraße ve er
erooir für zahlreiche erung3: un iff⸗
fahrtstanãle. Bon jenen iſt der Kanal Cavour der
wichtigfte, der bei Chivaſſo oberhalb Turin ab:
zweigt, die äußerft fruchtbare Zomellina bewäſſert
und in den Ticino mündet; von diefen die Foſſa
Bolefella mit dem Kanal Bianco, die den B, mit
der Etſch verbinden. Auch die Nebenflüjje find
größtenteils ſchiffbar und durch Sciffahrtäfanäle | das
(Naviglioni) untereinander verbunden. Bon den
vier Hauptarmen feines durch Ablagerung beitän:
dig wachſenden Delta werden — die
beiden jüdlichiten, der P. di Goro und der P. della
Donzella oder Gnocca, am häufigften befahren, da
die andern, der V. della Tolle und der P. Grande
ober della Maẽſtra, der in den Golf von Venedig
mündet, ihres jeihten Waſſers wegen mır felten
benußt werden können. Südlich vom eigentlichen
P. liegen die fumpfigen — (Balli) von Co:
macdio, vom Poatello gebildet, der fich bei Ficca-
rolo vom Hauptfluß abzweigt und bei Ferrara in
den P. di Volano und P. di Primaro fpaltet, von
denen der erite nördlich der zweite mit dem Reno
verbunden füdlich der Balli di Comacchio mündet.
Das Flußgebiet des PB. umfast in ialien (Bie:
mont, Lombardei, Benetien und Cmilia), der
Schweiz gg n) und Südtirol etwa 76000 qkm.
Poa L., Riivengras, eine zu den Grami:
neen gehörende —— — deren teils aus⸗
dauernde, teils einjährige über die ganze Erbe zer:
fireuten Arten mebrblütige, ei: oder ————
ſtarl —— ger in Riſpen geſtellte Ährchen
mit grannenloſen Zwitterblüten beſihen. Unter
den in Deutichland heimiſchen Arten find das auf
allen Biefen und Grasplägen wachſende Wiefen:
rifpengra3 (P. pratensis L.), bas viel höhere,
durch rauhe Blattſcheiden und Rifpenäfte ausge:
99
zeichnete gemeine Rifpengras (P. trivialis Z.),
welches ſich an Gräben, Heden, auf feuchten Gras:
— und Wieſen findet, und das ſpätblühende
iſpengras (P. serotina Gaud.), von voriger
Art durch glatte Blattſcheiden und gelbgefledte
Kronenſpelzen unterfchieden, da3 auf jandigem
Boden wählt und fih zum Anbau mit Klee
empfiehlt, al3 befonder3 gute Futtergräier hervor:
zubeben, Eine andere Art — annua ZL.), eine der ge:
meinten Pflanzen auf bebautem , wie unbebautem
Boden, ift eins der läſtigſten Unfräuter in Gärten
und auf Wegen; auch zwifchen den Steinen des
Straßenpflajters tommt fie jehr häufig vor.
Poaci nennt man in ber Phytopaläonto—
logie eine Anzahl von foſſilen Pilanzenreften, die
dem Tertiär angehören und eine gewiſſe Ähnlich—
feit mit Grasblättern befigen.
Pobedonodzew (Stonitantin Petrowitſch),
Oberprohureur des Heiligen Synods zu Peteräburg,
erhielt feine Ausbildung in der kaiſerl. Rechts:
ſchule zu Peteröburg, die er 1846 verlieh, wurde
Selretär und fpäter Oberfelretär des Senats zu
Mostau und erhielt nach Veröffentlihung einiger
eo enſchaftlicher Schriften an der Univerfität
aſelbſt die Profeffur für Civilrecht, die er bis
1860 beleidete. In demielben jahre wurde ihm
ber Unterricht in den juridischen Fächern bei den
kaiſerl. Bringen Nikolai Alerandrowitich, Alerander
(dem jegigen Haifer) und Wladimir a ri ch
übertragen. Im J. 1862 wurde er Oberprolureur
des 8. Departements des Senats in Moslau,
lehrte aber 1865 nad) Petersburg zurück, wo er
1872 zum Senator und zum Mitglied de3 Reiche:
rat3 und 1880 zum Oberprofureur des Heiligen
Synod3 ernannt wurbe. P. iſt ein glühend eifriger
Anhänger der nationalrufj. Beitrebungen und einer
der einflußreichiten Männer im Staate,
Poocetta (ital), j. Pochette
Pocci (Franz, Graf), Dichter, Zeichner und
Mufiter, geb. 7. März 1807 zu erg v7 beſuchte
um zu Munchen, widmete ſich dann zu
Landshut und München 1825—28 jurilt. und fame:
raliſtiſchen Studien und trat bierauf bei der fönigl.
—— in Münden ein. Sein Zeichentalent be:
fundete er zuerft durch feine Sangweifen mit Rand:
—— wie ·Blumenlieder⸗, «Sechs altdeutſche
Minnelieder» (1836), «Bildertöne für das Klavier»
(1835), die Volkslieder u. dgl. im « Feſtlalender »,
ben er mit Guido Görres und andern feit 1834 zu
Münden beftweife herausgab. Im J. 1830 zum
Geremonienmeifter ernannt, begleitete P. den König
Ludwig I. und den Kronprinzen Marimilian mehr:
mal3 nad Stalien. Im %. 1847 wurde er zum
Hofmufifintendanten und 1864 Zum Oberftläm:
merer ernannt. Cr jtarb 7. Mai 1876. P. bat
zahlreiche Bücher, Kompofitionen und Zeichnungen
teilö ſelbſt verfaßt , teils illuſtriert. Vieles lieferte
er für die «liegenden Blätter», die «Münchener
Bilderbonen» u. ſ. w. Aucd mehrere mufifalifche
Kompofitionen, wie Sonaten, Gefangjtüde u. f. w.,
find von ihm im Drud erſchienen. Am befannteiten
wurbe B. durch feine litterariſch-artiſtiſche Thätig:
feit, welche der Kinderwelt oder dem Vollkstüm—
lichen gewidmet ift. Bon diefen Arbeiten find be:
fonders zu nennen: «Legende von St. Hubertus »
(1840), «Gin Büchlein für Kinder» (Schaffb. 1843),
«Soldatenliebern(Lpz. 1842), «Jägerlieder» (Landsh.
1843; neue Aufl, 1854), «Stubentenlieder» (Lands.
1845), «Gejhichten und Lieber in Bildern» (3 Bde,
7*
100
Münd. 1840-45), « Dramatiihe Spiele für Kin:
ber» (Münd;. 1850), «Luftiges Bilderbud» (Münd.
1852), «Alte und neue Stinderlieder» (Lpz. 1852),
« Srühlingelaube für gute Kinder» (3. Aufl.,
Frauff. 1853), «Die Jahreszeiten», dramatijche
Epiele(1856) «Luſtiges Nomödienbüchlein» (6 Bde.,
1859— 77), «Zotentanz» ‚12 Blatt, 1862) ꝛc. Seine
eigenen «Tichtungen» gab P. in einer Sammlun
heraus (Schaffh. 1843) und 1866 unter dem Tite
«Werbſtblãtiery. Gin Berzeihnis von P.s Werten
findet fi im 36. Bande des «Oberbayr. Ardivs ».
Pocherze, Pohgänge, arme Erze, die gepocht
und auf najlem Wege — werden müſſen,
bevor fie an eine Hütte geliefert werden lͤnnen.
Pochette (frz., d. i. «Tafchengeige»), die
—— e der frühern Tanzmeiſter mit dem
Y ug [2
ochtäfer, foviel wie Alopfläfer.
Pöchlarn, Stadt in Öfterreih, f. Pechlarn.
Bochtverfe find Mafchinen, um Körper über:
haupt zu zerfleinern oder in Mehl zu verwandeln;
fie werden in Stempel: und Hammerpoch—
werte eingeteilt. Die eritern beftehen im wefent:
lihen aus mehrern nebeneinander ſtehenden Säu:
len, fog. Stampfen oder Pochſtempeln, welde un:
ton mit Pocheiſen armiert find, abwechſelnd auf:
gehoben werden und bei ihrem Niederfallen die un:
terlegten Körper zeritoßen. Das ganze Gerüfte,
worin die Pochſtempel auf: und niedergehen, heißt
der Pochſtuhl, der von ftarten Pochſäulen gehalten
wird und zu unterjt den Pochtrog bildet. Boch
iſt die Höbe, bis zu welcher der Bochitempel je nach
Verſchiedenheit der Härte ber zu zerkleinernden
Maſſe gehoben wird. Das Zerkleinern mit od
—— geſchieht teils durch einarmige Aufwerf—
ämmer, bei denen die Kraft von unten nach oben
teils durch doppelarmige Schwanzhämmer, bei
denen die Kraft von oben nach unten wirkt. Bei
ber Zerlleinerung der Erze zu metallurgiſchen Pro:
eſſen unterfcheidet man Pocherze, die das Erz nur
In eingeiprengt enthalten und zerlleinert und
uch Waſcharbeit fonzentriert werden müffen. (©.
— ER ) eihe Erze werden meift in
zerkleinerter Geha t zu den Hütten geliefert. Das
— oder Körnern geſchieht entweder unter
rodenpodwerfen oder zwiſchen Quetſchwerlen.
Die Naßpochwerle werden unter beſtändiger Zu:
pilfe fließenden Waſſers betrieben, welches die jers
feinerten Erz: und Gelteinteilden mechaniſch ſus—
pendiert erhält und mit ihnen die ſog. Pochtrübe
(ihlammiges Wafler) bildet. Pochgang iſt über:
aupt ein geringhaltiges Erz (Pocherzſ), das zu
Mehl oder Schlamm gepocht werden muß, bevor
es verhüttet wird. Die mit dem Ausichlagen und
Anfhütten des tauben (unbaltigen) Geſteins auf
den Hüttenwerlen befchäftigten Anaben werden
Pochjungen genannt. (S. Tafel: Goldgemwin:
nung, — 5, und Metallurgie, Fig. 1, 1.)
ociẽ, ſ. Bucie (Dledo, Graf).
Beile, ® Y öfile,
odas (ruſſ.), Tagesbefebl, f. unter Ufa 3.
Boden (Menſchenpochen, aud Blattern,
Variölae) nennt man eine onfiedende fieberhafte
ee bei der auf der Haut und den
dleimhäuten Heine Puſteln (Eitergeſchwülſte)
entitehen, welde den — ———— mit ſeinem
materiellen Subſtrat enthalten. Die Krankheit iſt
unſtreitig jo hohen Alters, daß es vergebliche Mühe
iſt, ihrem erſten Auftreten nachzuforſchen. Man
Pocherze — Pocken (der Menſchen)
betrachtet China und Indien als das Vaterland
der 7 doch find es die Araber, welche uns zu:
nächſt mit der Krankheit befannt gemacht haben,
Maſudi berichtet, daß fie die um 570. n. Chr. Mella
belagernden Abeifinier befallen. Der fyr. Arzt
Aron, um 622, beſchreibt fie als befannte Arant:
heit, und —*— die Kenntnis der P. ſchon
dem Galen zuicreibt, —— um 922 bie erite
Monographie derjelben. Ob e3 aud) Araber waren,
welde die Krankheit nad Europa brachten, oder
ob fie hier bereits vor jener Zeit epidemiſch entitan:
den, iſt un eh Sicher aber ift, daß die P. jeit
dem 18. Jahrh. unter den Voͤllern des Abend:
landes unaufhörlich Er Verwüftungen anrichtes
ten, bis —— durch Jenners Einführung der Hub:
podenimpfung engere Örenzen gefegt wurden. Bon
Europa wurden, wie e8 ſcheint, die P. nad Ames
rila — wo ſie unter den Eingeborenen gräß⸗
liche — anrichteten.
Die Pockentrankheit beginnt mit Fieber
und Abgeſchlagenheit, Schwindel, Kopfſchmerzen,
Schmerzen in den Gliedern und im Nüden, Er:
brechen, Schlingbeihwerden, und e8 erſcheinen ge:
wöhnlich am Ende des dritten Tags zuerit im Ge:
fiht, und von da bis zum ſechſten Tage ſich weiter
von oben nach unten über die übrige Haut verbrei:
tend, liniengroße, etwas erhabene rote Fleden, in
deren Mitte fid) ein Heines, zugeſpißtes, hartes,
rotes Knötchen zeigt, welches zunimmt und ein in
der Mitte eingedrüdtes (Delle), fächeriges Bläschen
bildet, das eine anfangs —— arajngteit ent:
hält. Dieſe wird am dritten Tage des Veſtehens
des bis zur Größe einer Erbe wachſenden Hnöts
hens (Buftel) mollig, am vierten und fünften
Tage gelb und eiterig. Das mit dem Ausbruch der
Puſteln nachlaſſende Fieber erhebt fih am Abend
des achten oder neunten Tages von neuem, oft
unter Delirien und Schüttelfroft (Eiterungäfteber);
die befallenen Hautitellen ſchwellen nun nicht felten
bis zur Entitellung an, und die Dellen auf den Pu:
teln ſchwinden, indem die Citerung bie zelligen
cher zerftört. Mit dem Auftreten des Ausſchlags
auf der Haut bilden nd ähnliche Erjcheinungen
auf den Schleimhäuten, beionders ihren Mündun:
gen, in der Mund: und HT auf Kehllopf
und Luftröhre (innere Boden), woburd u
Zeile anfchwellen bis zur Erftidungsgefahr, ebenſo
in den Augen, ſodaß die Kranken die Augenliber
nicht öjfnen fönnen; auch Obripeicheldrüfe und
Halädrüfen jchwellen an, und ein übelriechender
Speichel fließt aus dem Munde. Gegen den zehn:
ten bis zwölften Tag beginnt die Cintrodnung der
Bufteln auf der Haut, weldye entweder plapen und
ihren zu Borken trodnenden Inhalt nad) außen er:
gieben, oder welt werden und mit ihrem Inhalt
und der Bläschendede feithängende braune Borlen
bilden. Wenn fie abfallen, hinterlafien fie ge
wöhnlih Narben, die anfangs rot, in ber Nälte
bläulih find, jpäter aber weißer als die übrige
Haut werden, eingelerbte Ränder und gerippten
Grund mit Shwarzen Punkten zeigen und während
de3 ganzen Lebens anhalten. Die Krankheit ift
übrigens fehr vielen Verjchiedenheiten unterwors
fen; bisweilen fließen in befonders ſchweren Fällen
die — zuſammen —— confluentes), die
Borten bededen dann das Geficht wie eine Larve,
und die Entjtellungen durch die Narben vun oft
furdtbar. Bei den taufigen oden fommen
infolge der Brüdhigleit der fäßwandungen
Boden (der Haustiere) — Podagra 101 -
Blutungen vor, und die P. felbit füllen ſich mit
Blut (Schwarze Boden). _
Die P. werden ausſchließlich dur ein Kon—
tagium verbreitet, weldes an Ausdunſtung und
Inhalt der ya haftet, ſich daher leicht der um:
ge t mitteilt und durch Kleider u. |. w.
verſchleppt wird. Ob, wie ein Teil der neuern For:
der annimmt, gewiſſe milroftopiihe, in den
odenpufteln enthaltene niedrigite Organismen
(parahtäre Bilzbildungen) die Träger des Sion:
—5 find und ſomit die Anjtedung vermitteln,
lãßt fi zur Zeit noch nicht mit Beſtimmtheit ent:
fcheiden. Unter —— Umſtänden breitet
ſich die Arankbeit beſonders leicht aus und wird
dann zur Epidemie. Am meiſten ſind ihr Kinder
und junge Leute auögefeht. Gewöhnlich befällt die
Krankheit ein Individuum nur einmal im Leben,
Do fommen auch unzweifelhafte Fälle von mebr:
maligen ®. bei einem Individuum vor. Mit
Kubpodengift Geimpfte werden in der Regel nicht
davon befallen, oder die Krankheit nimmt wenig:
ſtens die milbere Form der Barioloiden (ſ. d.) an.
——— et P. bat zunächſt die Aufgabe,
die reitung des Kontagiums zu hindern, was
einerſeits durch die in allen civilifierten Staaten
anbefoblenen, freilich meift Schwer durdhführbaren
Quarantäne: und Sperrmaßregeln ber angeitedten
Orte, Dedinfizierung dur Chlorräuderungen,
Waſchungen mit Carbolfäure, Saljfäure u. f. w.,
andererjeit3 am ficherften dur Impfung (j. d.)
der Gefunden mit Kubpoden (f. d.) gei ieht, ftatt
man fi vor Jenner der künjtlihen Gin:
pfropfung der P. bediente, welche ſchon lange im
öjel. Aſien gebräuchlich, 1721 durd Lady Mon:
tague in Europa eingeführt ward, Die einfad)
normal verlaufenden P. bedürfen feiner Arznei:
mittel, wohl aber einer forgfältigen Diät. Die
rößte Aufmerkjamkeit verlangt die umgebende
ft; dieſe muß ftet3 rein und von kühler Tempe:
ratur erhalten werden, weldhe nur zur Zeit der Ab:
trodnung etwas erhöht wird. Erſt wenn dieje Ab:
trodnung ganz vollendet, —* die Kranken das
Zimmer verlafjen. Den gewöhnlich heftigen Durſt
des Patienten ftillt man durch einfaches, friſches
Waller oder fäuerliches Getränk, Erbrechen durch
Eispillen und Braufepulver. Um die Geihwulit
ber Haut, befonber3 im Geſicht, zu mindern, hat
man kalte fiberfdläge und Öleinreibungen enipfoh—
en. das Berfragen der Puſteln notwendig
tible Narben hervorruft, jo muß man den Kranken
bie Hände mit Tüchern verbinden, wenn fie das
Kraben nicht von felbit laſſen können.
ocken der Haustiere. Die Podenkrankheit
jſt ein mit Fieber gepaarter Hautausjchlag, der
Wiederläuer, Pferde und Echweine befällt, fehr
—— iſt und durch Spaltpilze (f. d.) hervorge—
en wird. Mit dem einmaligen überſtehen dieſer
Infeltionslranlheit iſt die Anlage für diejelbe ge:
tilgt. Wahrſcheinlich iſt, daß nur die P. der Schafe
echte B. oder Blattern find, die bei andern Haus:
tieren vorlommenden P. aber nur als verirrte
Blattern anzufehen find, die entiveder von den P.
ber Schafe oder denen der Menichen abjtammen.
Die Shafpodenkrantheit tritt immer als | Zeh
eine gefährlihe Seuche auf, die in hohem Grade
anitedend it, 5—50 Proz. der Tiere einer Herde
vernichtet und nur wenige Schafe verihont (2—3
Bro). Die Krankheit dauert 2—4 Wochen bei
einem Schafe; der Ausbrud des Hautausſchlags
erfolgt 4—8 Tage nad gefchehener Anftedung.
Das dur Mitrocoften —— Anſtedungs⸗
eift hält ſich in Stallungen u. ſ. w. ein Viertel: bis
ein halbes Jahr lebensfähig und kann leicht durch
wiſchentrager aller Art verihleppt werben. Dem
zockenausbruch geht beftiges Fieber vorher, dann
Ken bie kranlen Schafe ſich ſehr matt und bins
ällig, bleiben hinter der Herde zurüd, laſſen Nafen:
fatarrh und einen fteifen Gang beobachten. Nach—
dem das Fieber einen oder einige Tage gewährt
bat, fieht man auf der deu der Patienten lleine,
rote, Flohſtichen ähnliche Flede auftreten, melde
fih innerhalb weniger Tage zu F geröteten,
flachen, harten Knötchen umwandeln, welche wie:
derum innerhalb 3—4 Tagen in mit weißgelber
Lympbe gefüllte, mit einem roten Ning (Hof) oder
einem harten Rand umgebene Puſteln oder Blaſen
übergehen. Die Puftel plast hierauf und läßt die
Lymphe ausfließen oder trodnet ein, bebedt ſich
dann mit einem ſchwarzbraunen Schorf, der abfällt,
wenn ſich neue Oberhaut unter ihm gebildet bat;
eine haarloje oder nur fpärlic mit Molle beiepte
Narbe bleibt zurüd. Heftiges Fieber und ſchweres
Allgemeinleiden begleiten die P bis ſie ihre Reife
erlangt haben, dann kann Heilung eintreten. Nur
die Impfung (VBariolifation) kann gegen Schaf—
poden helfen und zwar wenn die Podenkranlheit in
einer Schafherde ſchon einige Tiere ergriffen bat
(Notimpfung) oder wenn die Seuche in der Näbe
einer Scäferei vorgefommen it (Bräcautions:
impfung). Die fog. — — der Lammer
darf nach dem Reichsviehſeuchengeſeß nicht mehr
ausgeführt werden,
Über die zn ber Kühe, f. Kubpode.
Die echte Mauke des Pferdes it eine Boden:
krankheit, welche fich bei dem befallenen jungen
Pferde durch Fieber, ferner durch rotlaufartige Ent:
prbung der Haut an der Beugefeite des Feſſels
rt Füße mit nachfolgender Gruption von zahlrei:
den Iympbbaltigen, hirſe- bis hanflorngroßen
Bläschen charalteriſiert. Diefe Bläschen fondern
einige Tage nad) ihrem Hervorlommen eine Klare,
elbliche, nad) verbranntem Horn riechende Flüſſig—
eit (Equine) aus, die auf Menjchen oder Kühe
übertragen den Ausbruch) gutartiger P. veranlaßt.
Die Vocken der Ziegen können entweder durch
fibertragung der r von franten Schafen erzeugt
werden und verhalten fih dann wie Ecafpoden,
gewöhnlich jedoh ftammen fie von Kuhpoden ab
und verhalten fid) dann wie dieſe.
Die Shweinepoden gleichen den Schafpoden,
pflanzen fih von kranken zu gefunden Echweinen
weiter; doch können Schweine auch durch das Kon—
tagium der Menfchenpoden angejtedt werben,
oden (amboiniiche), ſ. Framböſie.
odenholz, ſ. Guajakholz.
ockenwurzel, ſ. Chinawürzel.
ockholz, joviel wie Guajalholz.
odaͤgra (ardh., d. h. Fußgicht), die häufigſte
und normalite Form ber Gicht (ſ. d.). Der Poda—
graanfall tritt meijt plößlich, gewöhnlich nachts
ein, indem ſich ein lebhafter, reihender Schmerz
mit Gejchwulit und Rötung im Ballen der großen
ehe des einen Fußes, Ölten beider Füße ent:
widelt. Hierzu gefellt fi meilt Fieber, welches
abends ftärfer wird, gegen Morgen aber unter
Schweiß und Milderung der Schmerzen nachläßt.
In der Zeit von einer bis gegen drei Wochen vers
mindern fi da& Fieber, die Schmerzen und bie
102
Geſchwulſt, die gerötete Haut ſchuppt u ab und
die Gejundheit tehrt in ihrem frühern Maße zurüd.
Dft tritt aber nad) einem Zeitraume von einem,
ja felbft zwei bis drei Jahren ein neuer Anfall ein,
der fi) dann öfter wiederholt und ſich endlich in
die chroniſche Gicht verwandelt. Durch zwedmäßige
— * —— durch eine paſſend ge:
wählte Diät, reichlichen Genuß von Waſſer, Brun-
nenfuren und warme Bäder fann viel zur Vermin—
derung der Krankheit gethan werden.
odaleirios, j. Machaon.
odalgie (grch.), — Fußſchmerz; Bo:
darthrocäce, die eiterige Fußgelenlentzündung.
odarge, Name einer Harpyıie (ſ. d.).
odbielsfi (Gugen Ant. Theophil von), preuß.
General der Kavallerie, geb. 17. Oft. 1814 im
Schloß zu Köpnid, erhielt feine Vorbildung im
Pädagogium zu Zãllichau und auf der Ritteralade⸗
mie zu Liegniß, trat 1831 in das 1. Ulanenregi-
ment ein und wurde 1833 Offizier. Bald darauf
zum 4. Ulanenregiment verfept, beſuchte P. 1836
—39 bie Allgemeine Kriegsſ ule, that Dienft bei
der Gardeartillerie, war dann 15 Jahre hindurch
Adjutant der 5. Kavalleriebrigade, der 9. Divifion,
der 6. Divifion und des 8. Armeelorps, daneben
eitweilig Direltor einer Diviſionsſchule und Prä—
# der Graminationslommiffion für Portepee⸗
fähnriche der 6. Divifion, wurde 1849 in die Ad:
jutantur als Nittmeilter und 1855 als Major in
den Generalitab verfeht, 1858 zum Kommandeur
de3 12. Hufarenregiments und bald darauf zum
Dberitlieutenant und Oberft ernannt. März 1863
erhielt B. das Kommando der 16, Ravalleriebri:
gade und wurde Dez. 1863 zum Oberquartier:
meilter de3 Feldmarſchalls von Wrangel bei ber
Armee in leswig:Holitein ernannt. P. ver:
blieb al8 Chef des Stabes in den Elbherzogtümern,
wurde 1865 zum Generalmajor befördert und 1866
als Direltor des Allgemeinen Kriegsdepartements
in das Kriegsminiſterium berufen, Während des
Deutſchen Kriegs von 1866 war P. Generalquar:
tiermeijter der Armee, nahm an der Schlacht von
Königgräg teil und ftellte 22. Juli mit dem öfterr.
Feldmarſchalllieutenant Baron John in Eibes:
brunn vor Wien die Demarlationslinie zwiſchen
beiden Heeren feſt. Nach abgeichlofjenem Frieden
in das Kriegsminifterium zurüdberufen, erwarb P.
ji) bei der Organifation des Heers des Norddeut:
ihen Bundes hervorragende Verdienſte, während
gleichzeitig feine Teilnahme an den Arbeiten im
Yundesrate wie im Reichstage bis zum Ausbruch
de3 Deutih-Franzöfiihen Krieg! von 1870 und
1871 und eine längere Vertretung des Kriegsmini—
ſters (feit 2. Oft. 1866) feine volle Arbeitskraft in
Anſpruch nahmen. Nahdem P. 1868 General:
lieutenant geworden war, wurde er 20. Juli 1870
zum Generalquartiermeijter der Armee ernannt
und nahm an den Schladiten von Gravelotte,
Sedan, Mont: Valerien und der Belagerung von
"Paris teil. Als eriter Gehilfe des Grafen Moltke
in drei folgenſchweren und glüdlihen Kriegen bat
P. in verantwortlicher Stellung viel gefchrieben;
von hiftor. Wert find jeine während des Deutſch—
Franzöſiſchen Kriegs von 1870 und 1871 in alle
Mreife des Volls gedrungenen Depeſchen vom
Kriegsſchauplatz, deren ungeſchmintte Wahrheit
felbft vom Feinde anerfannt wurde. Nach dem
Kriege erhielt B. eine Dotation; Febr. 1872 wurde
P. mit der Führung der Gejchäfte der General:
Podaleirios — Podiebrad und Kunftat
infpeltion der Artillerie betraut, Dez. 1872 zum
Generalinſpekteur der Artillerie und 1873 zum
(Heneral der Kavallerie ernannt. Er ftarb zu Ger:
lin 31. Dt. 1879, j
Poderjam (jlaw. Podbotany), Stadt im weſtl.
Böhmen, Station der Linie Pilſen-Dur der Öfters
reichiſchen Stantäbahnen, Sik einer Bezirlshaupt⸗
mannſchaft und eines Bezirlsgerichts, zählt (1880)
2349 deutſche E. und hat eine Fabril für landwi
ſchaftliche Maſchinen, eine Spodium- und Leim:
fabrif, eine Brauerei und Schlemmwerk. Das
Sclof gehört dem Altgrafen Salm-NReifferſcheidt.
odeft, ſ. Pedeſt.
Podeſtaà (vom lat. potestas) heißt in Italien
bie erfte obrigkeitliche Perſon einer Stadt und iſt
demnach gleihbedeutend mit Bürgermeiiter. In
den ital. Republiten de3 Mittelalters war ber P.
häufig mit der höchſten Gewalt belleidet.
obetien, ſ. unter Flechten, Bb. VI, ©. 882,
odgorica (ipr. a ea Stadt in Mon:
tenegro, am Einfluß der Ribnica in die Moraca,
ift befeitigt und fowohl in ftrategiicher Beziehung
als aud) al Marktplag von Bedeutung und zählt
4500 €. Bei B. wurden 1712 die Türken von den
Montenegrinern geſchlagen; 1878 wurde die Stadt
von den Turken an Montenegro abgetreten.
Podgorze, Stadt in der Bezirlshauptmann⸗
haft Wielicza in Weitgalizien, liegt Krakau gegen:
über an der Weichſel, über welche feit 1857 die
Raifer: Franz: ofephsbrüde führt, Station der
Linie Dswierim-B. der Öfterreihiichen Staatsbah:
nen und ber Linie Krakau⸗Lemberg der Galiziſchen
Karl: Lubmwigsbahn, ift Sit eines Bezirkägerichts
und zählt (1880) 7672 E. poln. Zunge.
Podhrad, Markt in Böhmen, ſ. u. Frauen—
berg.
Podiebrad (jlaw. Podibrady), Stadt am red:
ten Ufer der Elbe im öftl. Teil von Böhmen, ift
Siß einer Bezirlshauptmannſchaft und eines Be:
zirksgerichts, Station der Linie Wien-Tetichen ber
Oſterreichiſchen Nordweitbahn, zählt (1880) 4548 €.
czech. Zunge und hat ausgedehnten Getreibehandel,
eine Zuderfabril, eine Dampfmübhle, eine Glas:
fabrit mit Glasichleiferei und drei Brauhäufer.
Oberhalb der Stadt find die Reſte der alten Burg
Podebrad, in welcher 1420 der böhm. König Georg
von Podiebrad geboren wurde. Liber bie Elbe
führt eine Kettenbrüde,
odiebrad und Runftat (Georg Boczto
von), König von Böhmen, geb. 1420. Als nad
König Sigismund Tode die kath. Herren mit
den u. Städten und Kuttenberg 1438 die
Wahl Albredts V. von Oſterreich (als deuticher
König Albrecht II.) durdiegten, ſchloß P. jenen
utraquiftiihen Ständen fih an, die Kafimir von
Polen auf den böhm. Thron beriefen. In dem
darüber entjtandenen Krieg zeichnete fi P. beſon—
ders aus. König Albrecht mußte unverrichteter
Sache abziehen. P. wurde dann Kreishbauptmann
in Königgräb und erlangte 1444 bie Fuhrerſchaft
der ganzen utraquiftiichen Partei. Er überrumpelte
1448 plöglih Prog, verdrängte alle kai, Barone
und Beamten und nahm Meinhardt von Neuhaus,
den Oberjtburggrafen von Prag, gefangen. Der
nun entitehende Krieg mit Ulrih von Neuhaus
und den fath. Baronen überhaupt endete 1450 mit
der Freilaſſung Meinhardts, worauf P. den Mark—
grafen Friedrih von Meiben wegen feiner Teils
nahme an diejem Kriege befämpfte, bis Altjtabt:
Podisoma — Podochaenium
Dresden vorbrang und Gera eroberte. Enblid
(1452) wurde ®. von dem ganzen Lande als Statt:
halter anertannt. Als König Ladiſlaw 1457 ſtarb,
wußte P. feine eigene Wahl 2. März 1458 durch⸗
zufegen. Seine — vermochte P. aber erſt
= —— nachdem er ſelbſt zum Hatholizismus
imen zurüd —— war und den Kronungs⸗
fen nen n hatte, die Böhmen zur
g ber Komapa taten zu bringen. Der
(Pius IL) geb dafür Friſt und unterftükte
a Br Poli Wirklich wurde P. für einige
—— rit Mitteleuropas. Als er
aber jelbit nad tiben Krone ftrebte =
so Kaifer und * dürften abgewieſen, den Bapit
für feine Ernennung zu gewinnen trachtete, wozu
die Durdführung der firdlihen Union Bedingung
war, da ſcheiterte diefe an dem Widerſtand ber
Uns uiſten, und ber König mußte (Mai 1461) die
haltung des rg feierlich veriprehen. Aber
* Papft beſtand auf Erfüllung der von P. ge
machten Verſprechungen, gr (1462) bie een
— für aufgehoben und lonnte nur durch d .
zerwendung deö von V. aus der wiener Burg ge:
retteten Harfers mager werden, die lirchlichen
Brozefie binauszufhieben. Pius IL ftarb jedoch
(1164), worauf jein Nachfolger Baul I., nachdem
er den Weg der ee vergeblich verjucht
hatte, 1466 den Hirhenbann über Georg ausf *
und das an au gegen 8* predigen ließ. Do
bielt der König gegen die Kreuzſcharen wie Aa
die Barone die Oberhand. Als er aber auch gegen
ben Kaiſer losbrah, von dem er ſich verraten
a kattpies riefen diejer und Paul II. den Ungarn:
—— Eh u Hilfe, der e3 nun unternahm,
* der Kirche an Georg zu vollziehen, und
Mähren größtenteild eroberte. gegen mißl lang
(1469) der ud, Böhmen zu erobern, und Mat:
thias, von P. bei Wilemomw eingeſchloſſen, mußte
veriprechen, deſſen Ausföhnung mit der Kirche
dur n. Gie erwies m als unmöglid. Nun
ließ tthias ſelbſt in Olmüg ie König von
Böhmen wählen und empfing in Mähren, Schle—
en und ben Laufigen die Huldigung. Deswegen
rief P. einen Landtag nad Prag und ſchlu oe
verfammelten Ständen den Thronfolger in Volen
M u jeinem Nachfolger vor, während jeine Söhne
* das Familienvermoögen erben ſollten. Nur ——
gern nahmen die Stände den ; aud Sale
Een trat Polen auf P.s Seite; au aifer
iedrich erflärte ſich wieder für ibn; fe ft bie
th. Untertbanen jöhnten fi zum EG je P.
aus, ſodaß Matthias von Ungarn genötigt war,
auf Sriedenäverhandlungen einzugehen. Ehe aber
Be Biele führten, ftarb ‘PB. 22. März 1471.
n, «Das Königtum Georgd von PB.»
861); "Yahmann, «Gin Jahr böhm. Ge:
con. (Wien 1876), «Böhmen und ms dachbar⸗
lander unter Georg von®. —— — 1878).
Pr ma nannte man früher 8 eleuto,
P porenform des fog. Gitterroftes ber Obftbäume,
er * dem Namen Roestelia bezeichnet wurde.
Jetzt faßt man beide, die nur verſchiedene Formen
neration? wechfela _ Roftpilzes find,
als en (f. d.) zufammen.
), € rittbrett oder eine lang
— nr Ba bung jeder Art, welche zur Unter:
lage für etwas Daraufitehendes dient, en oft
eihbebeutenb mit Perron, — ac Säulen:
hlu. ſ. w. Bei ben Alten 5 P. die niederjte
103
Sipreihe im Amphitheater, im mobernen Theater
der Bühnen
Podlachien oder Podleſien hieß eine mit
—— — — — bededte, öftlih von War:
hau zwiihen Majovien und Qauen —5—
nördlich an das Herzogtum Preußen
vom Bug durchſtrömte
deren Hauptorte Bjelsk
waren. Auch nach der Errichtung des ruſſ ge
reih® Polen wurde eine Wojwodſchaft pe:
nannt, die Sieblce zum Hauptort hatte, bie aber
nur wenige Teile des ehemaligen P. umfaßte und
1844 aufgehoben wurde.
Podmaniczky (Friedr., Baron), geb. 20. Juni
1824 zu Aſzöd im Peſter Romitat, trat 1847 zu⸗
erft ald Mitglied der Ma natentafel ala liberaler
—— auf. Am Frei ——* nahm er als
onvedritimeiſter teil * wurde m. gr als
Gemeiner in die öſterr. Armee eingereiht,
ſchon 1850 entlaſſen. Nunmehr widmete er gr
ganz der Litteratur; e3 erfchienen von ihm: «Uti
naplö» (« Reifetagebud)» 1853), und die Romane:
«Tessök ibolyät venni» «Kauft Beilhen!» 1856),
«Älom &s valösäg» («Traum und Wirklichkeit»,
1860), «A kedvencz» («Der Liebling», 1869) und
viele andere, Seit Wiederberftellung ber Ber:
[affung ift P. Reichſstagsabgeordneter, Präſident
3 Landesbaurats und — des National⸗
theaters und ber königl. O
Brei jedow (Ammwrofii ni) f. Ambrofius.
odobna rg TA ruff. ee
ment Grobno, an der Straße von Pruſchany nad
Kobrin, wurde nambaft durch den 12. Aug. 1812
von ben Sachſen unter Reynier und den Hfter:
reichern unter Fürſt Schwarzenberg über die Ruf:
fen unter General —— erfochtenen Sieg.
Podocarpus L’Her., Pflanzengattung aus
der Familie der Goniferen. Man kennt gegen 50
Arten, die vorzugsmweife in der gemäßigten Zone
der füdl. Halbtugel und auf den höhern Gebirgen
be3 tropiichen Ajien vorlommen, dagegen in ber
ganzen nördl, gemäßigten Bone fehlen. Es find
heit Bäume, feltener Sträuder, mit ſchmalen
linearen oder aud) breitern immergrünen Blättern.
Die Blüten find monöciſch oder —— die männ:
lihen Blüten bilden eine Art Käschen, in denen
— Heinen ſchuppenartigen leiten bie fäu-
—— verzweigten Staubgefäße jteben, die weib⸗
lichen Blüten befinden fih in der Regel einzeln an
ben — der Zweige * enthalten eine Samen⸗
fnojpe, die von einigen Schuppen umhüllt wird.
Die Frucht ift von einem fleiichigen Samenmantel,
fog. Aril llus, umgeben, welder den mit ziemlid)
barter Schale verfehenen Samen — Einige
Arten dieſer Gattung werden re in Gewãchs⸗
ge gezogen; von ber im Kapland wachjenden
Thunbergi Hook. tommt das Holz unter ——
Namen Nellowwood in den Handel und wird
feiner Fejtigfeit a verjchiedenen Jweden verwen
Podoohaenium Benth. (Cosmophyllum 6
Koch), Pilan — aus der — der
Kompofiten. fennt nur eine Art, P. cacaliae-
folium, bie in Merilo und_in Gentralamerifa vor:
tommt. Es ift ein hoher Strauch mit fehr großen
elappten Blättern und Heine Sceiben: und
Etra lenblütchen enthaltenden Blütentöpfchen,
Megen der Größe der Blätter und überhaupt wegen
ihres ftattlihen Ausjehens wird diefe Pflanze in
neuerer Zeit vielfach in Gewächshäuſern Fultiviert,
ojwodichaft in an olen,
Mielnit und Drobiapn
104
Podol, Dorf in ber böhm. Bezirlshauptmann⸗
ſchaft Zurnau, am rechten Iſerufer, Station ber
Linie Prag: Turnau der Böhmiihen Norbbahn,
.r (1880) 544 E. und wurde geſchichtlich befannt
urd das erite Gefecht, welches im Deutichen
Kriege von 1866 zwiſchen Vortruppen ber preuß.
Griten Armee (15. infanteriebrigade) und Zeilen
des öfterr. Korps Clam:Gallas 26. Juni jtattfand.
P. wurde von den Bortruppen nad) leichtem Ge:
fecht bejept und von ber öfterr. Brigade Poſchacher
wiebergenommen; General von Boſe eroberte mit
5 Bataillonen Infanterie und 2 Kompagnien Jäger
in bartnädigem und blutigem Nachtgefecht das
Dorf zurüd und nahm bie Jierbrüde. Auf der
Dorfitrake wurde zum erften mal von der vierglie:
derigen Salve Gebraud gemacht.
Vodolatrie (grch.), — gehäſſige
Bezeihnung für die Ceremonie des Supfüftens,
Bodolien, Gouvernement des europ. Rußland
von 42017,7 qkm, zu den Provinzen Weitrußlands
gebörig, begreift die frühere Wojwodichaft gleichen
damens, ſowie einen Zeil der frübern Wojmwod:
haft Braclaw, die bis zu ben Zeilungen Polens
zu Kleinpolen gehört hatten, durch Statharina IL.
aber 1793 und 1795 dem Ruſſiſchen Reich mwieber
einverleibt und 1796 in das gegenwärtige Gouver:
nement umgeihaffen wurden, weldes in zwölf
Sale eingeteilt iſt. P. grenzt an die Gouvernements
Volhynien, Kiew und Cherion, an die Provinz
Beſſarabien und an das Königreich Galizien, Es
m ein jehr mildes Klima und gehört zu den frudht:
ariten Ländern Rußlands. Der Dnnieftr, der die
ſudl. Grenze bildet, und der Bug find die Haupt:
flüffe. Alle Getreide: und Objtarten gedeihen gut.
Der Weizen ijt der ſchwerſte, den man fennt. Der:
felbe bildet den Hauptausfuhrartifel, und ſchon im
15. Jahrh. wurden Griechenland und die Inſeln
bes Archipelagus durch venet. Kaufleute mit Weizen
aus P. verjorgt. Buchweizen, Mais, Hirſe, Flachs,
Hanf, Honig, ſowie Tabal und Hopfen werden zu:
dem in großer Menge angebaut. An Waflermelo:
nen (Arbufen), Wein: und Daulbeeren ijt ebenfalls
Fülle vorhanden, dagegen machen die Waldungen
nur 15 Proz. des ganzen Areals aus. Die Vieh:
zucht wird Durch die Schönen Weidepläge begünftigt,
und podoliihe Ochſen werden felbit bis nad Ber:
lin auägeführt. Auch gibt es gute Geftüte. Hans
del, meiſt in den Händen ber zahlreichen Juden,
und Induſtrie find unerheblih. Die Bevölferung
beläuft fid (1832) auf 2242614 E. Kleinruſſen
(die Bauern) bilden die Mehrzahl. Außerdem gibt
e3 bier viele Polen, denen vorzüglich der Adel an:
engl Juden, Armenier und Griechen als Kauf:
eute und Handwerfer, Deutide und Moldauer als
Kolonijten und Zigeuner. Großruſſen bilden be:
fonders den Beamtenitand. Auch haben ſich bier
viele Nastolniten (etwa 10000) niedergelafien. Die
Hauptitadt ijt Kamenez (j. d.).
Podolok, Kreisjtadt im ruſſ. Gouvernement
Mostau, am Zufammenfluß der Motſcha und
Badıra, Station der Gijenbahn Moskau-Kursk, hat
ein altes daiſerl. Schloß, lebhaften Handel, große
Baummwollipinnereien und zählt (1882) 10973 GE.
Podophylliin, das in den Wurzeln und Blät:
tern von Podophyllum peltatum L., einer in den
Bereinigten Staaten Nordamerikas einheimijchen
Verberidee, enthaltene Refinoid, ein gelbes, amor:
phes, in Wafler unlösliches, in Alkohol loͤsliches
Pulver, welches in der Heillunde innerlich in klei—
Podol.— Poe
nen Dofen ala ————— Mittel, in
größern Doſen als draſtiſches Abführmittel, ſowie
äußerlich (in fpirituöfer Löfung) zu hautreizenden
Ginreibungen benußt wird.
Podophylium L., Pflanzengattung aus ber
Familie der Berberidveen. Man kennt zwei Arten,
von denen bie eine im Himalaja, die andere in Nord—
amerifa vorlommt. Es find frautartige Pflanzen
mit friehendem Rhizom und fchildförmigen gelapp:
ten Blättern und einer einzelnen endſtändigen wei:
ben Blüte, Bon ber norbameritanifchen Art, P.
eltatum L., wird der Wurzelitod, der ein bitter
hmedendes Harz enthält, als abführendes Mittel
—— Außerdem werden beide Arten, ſowohl
ie ebengenannte wie die auf dem Himalaja vor—
fommende P. Emodi Wall. wegen ihrer anfehn:
lichen Blüten als Bierpflanzen kultiviert.
Vodrinje heißt in Serbien das redte Ufer:
gebiet des Drinaflufied. Der eigentlide Kreis P.
zählt auf 1231 qkm 60400 E. Hauptitabt ijt Yos:
nißa. Diefes Gebiet wurbe erft 1833 mit Serbien
vereinigt. Der Kreis it reih an Antimon und
—— zur Hebung des Bergbaues errichtete die
Don egierung in dem Fleden Krupanj grobe
3 und Schmelzwerte,
dwotoczyeka, Gutägebiet im Bezirl Stalat
bes öſtl. Galizien, mit den 1874 G. poln.
Zunge, ift die Endſtation der Galiziſchen Karl:Luds
wigöbahn an ber rufi. Grenze. , ;
ve (ipr. Bob, Edgar Allan), amerif. Dichter,
eb. 19. $ebr. 1809 in Bojton, wurde nad) dem frühen
ode feines Vater von einem reihen Kaufmann,
Allan in Rihmond, adoptiert, der ihn 1816 mit
nad) England nahm und fünf Jahre die Schule in
Etote:Newington beſuchen ließ. P. kehrte 1822
nah Rihmond in Virginien zurüd und bezog 1825
die Jeiferjon-Univerlität in ig ea wo er
fich einem ausichweifenden Leben bingab. Im J.
1829 trat er mit feiner erften Gedichtſammlung:
« Al Aaroof, Tamerlane and minor Poems», auf,
die jedoch wenig Aufmerlfamteit erregte. P. bezog
1830 die Militäratademie von Weitpoint, ward
jedoch bald relegiert, ließ fih dann als gemeiner
Soldat anwerben, dejertierte aber und wandte jich
nunmehr der litterarifhen XThätigfeit zu. Gr
wurde 1835 Redacteur des «Southern Literary
Messenger » in Baltimore, 1837 entlafjen und leı:
tete 1839 kurze Zeit «Gentleman’s Magazine» in
Philadelphia. In den « Tales of the Grotesque
and the Arabesque» (2 Bde., Philad. 1840) zeigt
ich fein Talent in dem glänzenditen Licht; —
lufſehen erregte auch das phantaſievolle Gedicht
«Ihe Raven», Ende 1844 ging P. nach Neuyork,
wo er Witarbeiter anı «Mirror» wurde, fi in
Streitigkeiten verwidelte und 1846 die Wohlthätig-
leit des Bublitums anrufen mußte. P. verlieh im
Aug. 1849 Neuyork, ging erit nad Philadelphia
und dann nad Nihmend und mußte, vom Deli-
rium tremens befallen, ins Hofpital in Baltimore
gebracht werden, wo er 7. Dit. 1849 ftarb. Wie
in feinen eigentlichen Poeſien, belundet ſich auch in
jeinen Novellen und Erzählungen eine düſtere,
zügelloie Phantafie. Unter den Gejamtausgaben
feiner Schriften find die von Griswold (4 Bde.,
Neuyork 1850) und Lowell, Willis und Graham
(4 Bde., Lond. 1877) hervorzuheben. Biograpbien
P.s veröffentlichten W. F. Gill (Neuyork), er Y:
ugram (2 Bde., Lond, 1880) und E. C. Gted:
man (Bojton 1881).
Poel — Rogge 105
el (BöDn, zu Medlenburg⸗ Schwerin gehörige
A tſee, nördlich vor * 85 von Wis:
mar, zählt auf 37 qkm (1880) 2167 E. und hat
chtbaren Boden und ftarke Fiſcherei. Hauptort
Kirchdorf mit 750 G. am Nordende einer von
üben tief ins Eiland einfchneidenden Einbuchtung
des Kirchiees. P. war 1648—1803 ſchwediſch.
Poelenburg (Cornelis van), genannt Brusco
ober Satyro, niederländ. Maler, geb. zu Utrecht
1586, war der Schüler Abr. Bloemaert3 und ging
1617 nach Florenz und Rom, wo er Adam Gl;:
beimerd Manier annahm. Er wählte zu feinen
meijt kleinen Darftellungen anmutige Fernen, mit
Gebäuden verziert, aus der Gegend von Nom, und
mit mythiſchen Figuren, Satyrn, Rymphen u. |. w.
ftafftert. _ malte er auch einige biblifhe und
andere hiſtor. Stüde und äste einige gute Blätter,
von denen Abdrüde jehr jelten find. Er kehrte ipä:
ter nad) Holland zurüd, lebte jeit 1637 einige Heit
England und ftarb in Utrecht 1667.
Poerio (Garlo, Baron), ital. Staatsmann und
Patriot, geb. im April 18083 zu Neapel, folgte fei:
nem an den revolutionären Creigniijen dajelbft be:
teiligten Vater ins Cril, widmete ji dann in Nea:
pel der Advolatur, erlitt wegen feiner polit. Thä—
tigkeit mehrfach Gefängnisitrafe und wurde 1848
Direltor der Bolizei, dann Minifter des öffentlichen
Unterrichts im Kabinett Bozzelli. Nach dem Siege
der Reaktion 1849 fah er ſich in die Unterſuchung
gegen die Geſellſchaft Unita Italiana verwidelt
und wurde 1850 wegen Hochverrats zu 24 Jahren
2— verurteilt, Die ihm mehrfach ange:
botene fönigl. Gnade ausſchlagend, brachte P. mit
jene Unglüdsgefährten acht Jahre bindurd in
n Kerlern von Niſida, Ischia, Montefusco und
Montefarchio zu. Die Ungerechtigkeit des Prozeſſes
gegen ihn und feine Genoſſen und die Greuel ihrer
jungenfehaft veranlaften 1851 die belannten
Briefe Gladjtones an Lord Aberdeen. Ende 1858
wurde P. mit vielen andern polit. Verurteilten
auf einem amerif. Fahrzeug eingeſchifft, um nad
Amerika geſchafft zu werden. Die Deportierten
veranlaßten jedoch den Kapitän zur Yandung an
der Küjte Englands, wo man fie mit Auszeichnung
aufnahm. infolge der Greignijje von 1859 wandte
ih PB. nad) Turin und wurde 1860 im Toscani—
en ins ſubalpiniſche Parlament gewählt. Spä—
ter lehrte er nach Neapel zurüd, wo er für die Her:
ftellung des Königreichs —X ſehr erfolgreich
wirkte, Er vertrat auch ſeine Vaterſtadt im ital.
——— deſſen — er 1861 war. P.
arb zu Florenz 28. April 1867.
Sein Bruder Aleſſandro P., geb. 1802,
machte nd befannt durch feine patriotiichen Ge:
bite („Poesie edite e postume», Flor. 1852).
Derjelbe ftarb 3. Nov. 1848 an einer bei der Ver:
teidigung Benedigs erhaltenen VBerwundung.
Poẽſie (vom gried). reuiv, maden, haften) be:
beutet pmöaR eine Hervorbringung und Schöpfung
jeder Art, iſt jedoch ſchon im Altertum vorzugs:
weije auf, das dichteriihe Schaffen und Hervor:
—— angewendet worden. heißt in die—
ſem Sinne Dichtung, Dichtlunſt. Die P. iſt un:
ter allen ge Künjten die tiefjte und reichite.
Bährend die bildenden Künjte, d. h. die Baukunſt,
bie Bildhauerei und die Dialerei, nur durd) die
Daritellung der äußern Gejtalt und Farbe wirken
und daber an die Schranle des finnfich Sichtbaren
und phyſiognomiſch Ausdrüdbaren gewieſen find,
und während aud die Muſik vermöge der unbe:
ftimmten und elementaren Natur des Tons mur
auf das noch ganz unbeftimmte, geitaltlofe Ges
rübls: und Gmpfindungsleben bejchräntt ift, ver:
einigt die P. in gewiſſem Einne die Wirkungen der
bildenden Künſte und der Muſik und iſt aljo deren
—— Grgßapunn. ihre Spite und ihr Ab:
ſchluß. Die B. bat zu ihrem aritellungsmittel
die Sprache. Diele, als ein Erzeugnis des menſch—
lichen Geiſtes, arbeitet ebenio wie der Ton nicht
unmittelbar für den äußern Sinn des Auges, fon:
dern nur für den innern Einn, für die Vorstellung;
aber fie bleibt nicht, wie der Ton, beim Empfin:
dungsausdrud jteben, fondern erhebt ſich zu Wors
ten und durch dieſe Worte zu feiten und jtreng ab:
gegrenzten, beftinnmten Anfhauungen und Be:
griffen, So iſt die P. wie die Mufil eine Dar:
jtellung bes innern Herzens- und Gefühlslebens
und bat doch zugleih, wenn aud nur für das
innere und jozufagen geiftige Auge des Menſchen,
die ganze plaſtiſche Geltaltungsfraft der bildenden
Künſte. Das eigentlichite Gebiet der P. ift daher
die Plaſtik des menschlichen Innern, d. h. die Cha—
rafterdarftellung. Die P. zerfällt in verfchiebene
Arten: in Epos (f. d.), in Lyrik (f, d.) und in
Drama (f. d.). Cine fiberficht der gefamten Ge:
ſchichte der P. gaben Roſenkranz, «Handbuch einer
allgemeinern Geſchichte der P.» (3 Bde., Halle
1832); Zimmermann, «Geſchichte der iü aller
Völker» (Stuttg. 1847). Vgl. außerdem: Scherr,
«Allgemeine Geſchichte der Litteratur» (6. Aufl.,
2 Bde., Stuttg. 1881); Carriere, «Die Kunſt im
Zuſammenhang ber Kulturentwidelung » (3. Aufl.,
5 Bde. Pp3. 1877 fg.).
Poäta re ee Dichter.
oktafter, ſchlechter Dichter, Neimfchmied,
oetif (vom griech. rantıxY, zu ergänzen riyvr,)
ift Theorie der Poeſie und aljo_derienige Teil der
Üſthetik (f. d.), der von der Dichtlunſt handelt,
Die Gefchichte der P. geht daher durchaus mit der
Geſchichte der wiſſenſchaftlichen Kunſtbetrachtung
überhaupt Hand in Hand; jedes Syſtem der Uſthe—
tif iſt zugleich aud) ein Syſtem der P. Jedoch hat
es aud viele Üfthetiker_ gegeben, die die P. zu be:
jonderer Behandlung fih_auswählten; an ihrer
Spihe ſteht Ariftoteles, defien «Boctif» die Grund:
lage und das Vorbild aller ähnlichen Verſuche ge:
worden ift. Ja in Zeitaltern vorwiegender Ver:
ftandesbildung, haben ſelbſt Tichter nicht felten
über die Theorie ihrer Kunst befondere Lehrgedichte
geihrieben. Die «Ars poetica » des Horaz iſt das
erite Beifpicl diejer Art; Vida, Boilcau, Pope u. a.
find hierin nachgefolgt. Nicht ein, geichloiienes
Syitem, aber eine Jundgrube der feiniten Bemer:
kungen über Theorie der Poeſie it der «Brief:
wedhjel» zwiicen Goethe und Edjiller. Vol. Car:
riere, «Die Boclie» (2, Aufl., Lpz. 1884); Gott:
ſchall, «Poetil. Die Tichtlunft und ihre Tech:
nit» (Bresl. 1858; 3. Aufl., 2 Bde., Bresl.
1874); Kleinpaul, «Poetit» (7. Aufl,, 2 Bde.,
Barmen 1873); Wadernagel, « P., Rhetorik und
Stiliitit» (Halle 1873). .
oẽtiſche ec ſ. Licentia poötica.
ogge Paul), Afrilareijender, geb. 24. Dez.
1838 zu Ziersdorf in Medlenburg : Schwerin , ftu:
dierte in Berlin und Heidelberg, bereijte 1864 die
brit. Kolonie Natal, fowie die Inſeln Mauritius
und Bourbon und kehrte hierauf nad Guropa zu:
rüd. Im J. 1874 ſchloß er fich der von Homeyer
( a 3ogle
106
geführten Erpebition nah Caſſanſche (im Diten
von Angola) an, ging zunädft mit Homeyer und
Goyaur von Loa den Duanza ftromaufwärts
bi3 Bungo Sabenge, dann, nad Rü jener
beiden, mit über Malanfhe in Angola nad)
Kimbundo, welches damals zuerft befannt wurde,
ſchließlich ohne Lux nordöftlih durch das Lunda:
reich nad Muſſuniba, der Reſidenz des Muata
Jamwo, wo er am 9. Dez. 1875 eintraf und ſomit
von allen Reifenden der Deutihen Afritantichen
Gejellihaft damals am weiteiten in das Innere
des äquatorialen Afrifa vorgedrungen war. Der
Muata Jamwo erlaubte B. jedoch nicht, feine Reife
fortzujeßen,, weshalb lekterer im April 1876 nad)
Angola zurüdlehrte. In Europa veröffentlichte P.
bierauf «m Reiche de3 Muata Jammwo» (Berl.
1880, 3. Heft der «Beiträge zur Entdedungs:
geſchichte Afritasr). f
Im Herbit 1880 trat B., unterftäht vom Reichs:
fanzleramıt und in Begleitung des Lieutenant Wiß⸗
mann (f. d.) eine neue Reife in das Innere Güb:
afrilas an und traf am 25. Jan. 1881 in Malanfche
ein; am 22, Dft. wurde der Cafjai erreidht. Hier
trennte ih P. von Wißmann, berührte die unter
6° fübl. Br. linls vom Lulua gelegene Nefidenz
Mulenges (Dezember) und vereinigte fih am Mu:
lamba:See wieder mit Wißmann. Beide gelang:
ten 14. an. 1882 zur Nefidenz des Häuptlings
Katſchitſch von Kotto und 16. April an den Lua-
laba (obern Congo) und trafen am 17. April in
Nyangwe ein, der weitlihiten Handelöfaltorei der
Araber von Sanfıbar.
Während Wißmann in der Zeit vom 1. Juni bis
zum 16. Nov. bie vierte Duehaucrung des Erd⸗
teils (die zweite von Welten nad) Diten) vollbradhte,
ging P. ſchon Anfang Mai mit dem Gros der Er:
edition in Eilmärfchen den vorher von den beiden
Forſchern durchmefienen Weg von Nyangwe nad)
der Hauptitadt de3 Mufenge zurüd, um dort die
ge wiſſenſchaftliche Station zu erridten. P.
tarb am 17. März 1884 in Loanda. Am 19. Sept.
1885 wurde ihm in den Anlagen bei dem Stein:
thore zu Noftod ein Dentmal (Bronzejtatue von
Brunow in Berlin) geſeßtzt.
een (3ob. Ehriftian), verdienter deut:
ſcher Phyſiler, geb. 29. Dez. 1796 gu Hamburg,
ſchlug zunächjt_ die erg aufbahn ein
(1812), gab diejelbe aber 1820 auf und jtudierte in
Berlin Chemie und Phyſik. Im J. 1821 erjchien
in der «}fis» feine erfte wiſſenſchaftliche Abhand—
fung: «tiber den Magnetismus der Boltaiden
Säule», beſonders wichtig durch die erfte Entwide:
lung der Prinzipien des Multiplitators (Galvano:
meters) und feiner Anwendung, welche Entbedung
aud Schweigger in Halle zugeichrieben wird. Ferner
verdankt man P. die Erfindung (1826) bes |päter
auch von Gauß beſchriebenen Spiegelmagnetome⸗
ters, ſowie eine Reihe wertvoller Unterfuchungen,
namentlid im Gebiete der Eleltricitätälchre. An
Gilberts Stelle übernahm er 1824 die Nebaction
der «Annalen der Phyfit und Chemie», welche er
jeitdem ununterbrochen herausgab. it vn
verband er fich zur Herausgabe eines « Wörterbu
der Chemie», von dem er aber nad) dem Ehluh
des erſten Bandes ſich größtenteils zurüdzog. Im
J. 1863 veröffentlichte er ein trefilich gearbeitetes,
8100 Naturforscher behandelndes « Viographiich:
litterariihes Handmwörterbuh zur Gejdichte der
eralten Wijlenfchaften» (2 Bde., Lpz. 1858—63),
Poggendorff — Pogoſt
welchem er als Vorläufer die «Lebenslinien zur
Geſchichte der exakten Willenichaften» (Berl. 1853)
vorausgeſchidt hatte. P. war feit 1834 Profeſſor
an ber liniverfität zu Berlin, wo er 24. Jan. 1877
ftarb. Seine Biograpbie — ſich in Bd. 160
der ſeit Mai 1877 von G. Wiedemanu in Leipzig
herausgegebenen «Annalen»,
, Boggibonfi (mittellat. Podium Bonizi), Stadt
in der ital. Provinz und im Bezirf Siena, an
der Mündung der Staaaia in die Elfa, Station
der Bahn Empoli-Chiunt, hat (1881) 6396 (als Ge⸗
meinde 8476) €, und ichöne Villen. Auf der Höhe
über dem Orte liegt die ehemalige Feitung mit dem
er San⸗Luccheſe; die Kirche des legtern befikt
ein ſchönes Altarbild von Pinturichio, das Refel⸗
torium ten von Gerino da Piſtoja.
Bo . ih in matien, Bezirk
Spalato, im S. vom Meere, im D. von ber Getina
bis Duare, im N. und ®. von hohen Bergen be-
grenzt. Pi Mittelalter war P. ein Freiftaat mit
eigener afjung, erlannte 1444 freiwillig die
Oberhoheit Venedigs und teilte dann die fpätern
Schichſale Dalmatiend. Hauptort war Almifia.
Pogodin (Michail Petrowitih), rufi. Hiftoriker
und Altertumsforjher, geb. zu Mostau23.(11.)Rov.
1800, ftubierte an der dortigen Univerfität und
wurbe 1833 dafelbft Profeſſor der allgemeinen, 1835
der ruſſ. Geſchichte, welche Stellung er 1849 nieber-
legte. Seinen Ruf ald Gelehrter begründete er
durch feine Differtation «fiber den Urjprung der
Aufien» (1835). Darauf lieb er eine Reihe Ge-
f Sichtöwerfe (von Buizot, Nobertion, Schlözern.a.)
ins Ruſſiſche Hberfegen und gab eine « Nilgemeine
biftor. Bibliothel» heraus (16 ‚Most. 183778.)
Auch überjehte er Goethes «Gös von Berlichingen»,
ichrieb Dramen und Novellen, Seine Hauptthä:
tigkeit war aber dem Studium der rufl. und ſlaw.
Altertümer gewidmet, wozu er umfangreiche Reifen
in Rußland, Wefteuropa und den weit: und füb-
law. Ländern machte. Zugleid) bemühte er fi
in konfidentionellen Denkſchriften an die ruſſ. Ne
gierung und in den « Politischen Briefen» (deutich,
Ypz. 1860) , die in Handſchrift cirkulierten und erit
1874 zu Mostau im Original gedrudt wurden,
Rußland zum Hort des Panſlawismus zu maden
hatte aber nur den einen praftiihen Erfolg, ba
an ben bortigen Univerfitäten Lehrſtühle für die
flaw. Spracden und Litteraturen errichtet wurden.
Für die Geſchichte der ſlaw. Miederbelebung wich:
tig find die an P. gerichteten «Briefe aus den Sla—
wenländern. 1855—61» (herausg. von N. Popow,
Most. 1879-80). P.s reichhaltige Sammlung
ruff. Altertümer wurde 1852 von der gs Regie:
rung angefauft. Bon feinen Werten über ruf.
Geſchichte find bemerlenswert: «Die Unterfuhungen
über die Chronik Neftor3» (1839; deutih von
5. Löwe, Petersb. 1844), die «Izslödovanija, za-
möanija i lekcii» (7 Vde,, Petersb. 1846—54),
«Die alte ruſſ. Gefchichte» (3 Bde.), ferner For:
(dungen über Peter d. Gr., Zarewitſch Aleris, Ges
neral Jermolow, «Tie Biographie Saramlins»
(2 Bbe., Most. 1865) u.a, Auch gab er mehrere
Zeitſchriften («Moskovskij Vöstnik», «Moskvit-
janin», «Russkijs) und eine Sammlung feiner «Res
den, 1830— 72» heraus. P. itarb 20. ne 1875.
ogöft (rufj., lett. pagaste), im ältern 9 uſſiſch
ſoviel wie Kirchſpiel; im Nowgoroder Gebiet eine
Unterabteilung der Pätina (ſ. d.); gegenwärtig der
Friedhof um eine Kirche.
Pogostemon — Poiſſy
—— ., Bflanyengattung aus ber
Familte der Sabinten, Dan tennt gegen 30 Arten,
die vorzugsweiſe in Oftindien und auf ben Inſeln
des Malaiiſchen Archipels vorlommen. Es find
frautartige Gewächie mit gegenitändigen Blättern
und in Wirteln ftehenden uniceinliben Blüten.
Die wichtigfte Art ift die Stammpflanze des Pat:
holy oder Bathoulis, P. Patchouly Pellet,
die auf den oftind. Inieln wilb wächſt umd neuer:
dings auch in andern Tropengegenden vielfach kul⸗
tiviert wird. Die Blätter derſelben enthalten in
ihren Haaren ein ätheriiches OL, das einen jtarten,
eigentümlichen Geruch beiiht. Ein Ertralt aus den
Blättern wirb zu verichiedenen Parfumerien be:
nubt. Auch die chineſ. Tuſche und die ind. Shawl⸗
waren werben damit parfümiert und zeichnen ſich
des durch einen charalteriſtiſchen Geruch aus.
ſibir. lan, j. Anadyr.
‚Pohl, bei naturwiſſenſchaftliche ‚ be:
zeichnet Johann Baptift Emanuel Pohl,
8* zu üc: Kamnig 22. Febr. 1782, war
—** der Boianit in Prag, reiſte 1817—21 in
ien, wurbe dann Cuſtos am wiener Natura-
lientabinett und ftarb 22. Mai 1834 in Wien; er
verfabte « Tentamen florae Bohemiae» (2 Bbe.,
Prag 1814), «Plantarum Brasiliaehucusque inedi-
tarum icones et d
1827— 31), ·Reiſe im Innern von Brafilien»
(2 Zle., Bien 1832—37).
Bohle (Friedr.Leon), Porträtmaler, me 1.Dg.
1841 in Leipzig, ftubierte in Dredden, Antwerpen
und Weimar, wo ihn zunächit das Genreſach be:
—— — widmete er ſich ausſchließlich
der malerei. Seit 1877 iſt er Profeſſor an
der dreödener Alademie. P. malte das ſächſ.
Königspaar, den er Reub, die Herzogin An-
toinette von Anhalt » Defjau, ein großes Gruppen:
bild der Kinder bed Prinzen Geo Sadjen
u. ſ. w. In der dresbener Galerie befinden fich
das Porträt des Malers Karl Peſchel, im Mu—
jeum zu Leipzig diejenigen der Künjtler 2. Richter
und Füsnel, in der berliner Nationalgalerie ein
lebensgroßes Bildnis L. Richters,
o (Mittel gegen Migräne), f. unter Ge:
beimmittel.
yes Pohofelice), Stadt im fübl.
— rtshauptmannihaft Auſpit, rechts
an der J ‚ zählt (1880) 3270 E. gemiſchter
Nationalität, von denen 719 Juden eine eigene
Gemeinde bilden, hat eine Bottajhefiederei, Zuder:
fabrit, Färberei und Dampfmüble.
ee *8 ſ. unter Pillnitz.
kile, ſoviel wie Pölile.
Poil de ohövre, ſ. unter Chövre.
Point a) Punkt, Stich, Nadeljtich, Auge (auf
Karten und Würfeln); P. de vue, Geſichtspunkt;
P.d’honneur, Ehrenpuntt. (Rol.auh Points.)
Point d’argent, t de Suisse, fran;.
Spridwort: «tein d, kein Schweizer», «fein
Kreuzer, fein Schweizer», ohne Geld teine Ware;
ftammt aus der Zeit, wo die Schweizer im Aus:
Lande zahlreich als Soldtruppen dienten.
Boint:de: Galle oder ſchlechthin Galle (ind.
Galla, d. h. Fels), befejtigte Seeſtadt an der Süd:
wejttüjte der inbobrit. Inſel Ceylon, auf einem
felfigen Borgebirge in ungejunder Gegend, in der
— großer Zimtwãlder gelegen, beſteht
aus zwei Teilen und zählt (1871) 47954 E. Die
Betta oder Stadt der Eingeborenen liegt größten:
tg von
escriptiones» (2 Bbe., Wien |.
107
teil3 zwifhen Baumgruppen und Gärten zerftreut.
Die enrop. Stadt and ber Eitadelle ift Siß der Re:
gierung&behörbe und bat eine engl. Kirche, ein
wesleyanijches und ein holländ. Gotteshaus, jowie
eine Moſchee. Unter den einheimiihen Gewerb:
treibenden find die Verfertiger von gold: und ſilber⸗
verzierten Arbeitöläftcden berühmt. Der geräumige,
fihere und mit einer großen Reede verſehene Ha:
fen ift neuerdings für ben europ. Hanbel3: und
Neifeverkehr von großer Wichtigteit geworden ala
Anlegeplak und Anotenpunft der Dampfidifie jo:
wohl der PBeninjular: and Driental-Steam:Ravi:
gation ——— auch der Meſſageries⸗Fran⸗
aiſes und der a a ae
Sompany, wodurch P. mit allen Häfen von Bor:
der: und Hinterindien, China, Japan, ben Philip:
pinen, den Molulten, Sunda⸗Inſeln und Auftralien
in Berbindung gebradt ift. P., die erſte Nieber-
lafiung der Bortugiefen auf Ceylon im .1518, er:
hielt 1520 von dem Kaifer von Sandy das Zimt:
monopol, wurde 1642 von den Holländern erobert
und kam mit Geylon (j. d.) in den Befig der Briten,
Pointe (fr4.), Spige, beſonders eines Epi⸗
ointerhßitre, Stabi und Haupthandefaplap
0 ⸗ e, Stadt un
der. weitind.:frang. Inſel La Guadeloupe (.d).
Bointieren (fr.), mit Bunkten bezeichnen; zus
ipigen, mit einer Pointe verjeben; ein Geichüs
oder Fernrohr auf einen Punkt hin richten; im
Hazardipiel: gegen den Bankhalter jpielen, jepen;
Pointeur fra. Ponte), im Hazardipiel:
der Gegner des Bankhalters. j
Points (vom frz. point, d. i. Stich), genähte
Spitzen, f. unter Spigen.
Points noirs (ft;.), «[hwarze (dunkle) Punkte»
(nämlich am polit. Himmel), ſprichwörtlich gewor:
dener Ausdrud Napoleons Ill. in einer im Sept.
1867 zu Lille gehaltenen Rebe.
Poir., bei naturwiſſenſchaftlichen Namen Ablür:
zung von Boiret (Jean Louis Marie), geb. zu St.
Quentin 1755, bereijte die Berberei, ftarb in Paris
7. April 1834. Sein Hauptwerk ijt: «Voyage en
Barbarie» (2 Bbe., 1789).
Poiſchwitz, Dorf im Kreife Jauer des preuß.
Regierungsbezirls Liegniß. Hier wurde 4. Juni
1813 der zu —E (1. d.) zwiſchen den Franzoſen
einerſeits und den Preußen und Ruſſen andererſeits
abgeſchloſſene Waffenitillftand unterzeichnet.
Boiffy (mittellat. Pisciacus), Stabt im franz.
Depart. Seineset:Dife, Arrondijiement Berjailles,
(inf3 an ber hier injelreichen Seine, 27 km im NW.
von Paris, am Nande ded Waldes von St.» Ger:
main, Station der Linie Verſailles-Noiſy⸗ le:Cec
der großen Pariſer nes und ber Linie
Paris: Havre der Weitbahn, ijt unregelmäßig ges
baut und hat (1881) 3790 (als Gemeinde 5600) E.,
ein großes Gentralgefängnis und Arbeitshaus.
Berühmt iſt der Ort wegen der von dem Dr es
borenen Ludwig IX. gegründeten Biehmärlte, die
ve jeden Donnerstag auf einem groben Plabe ge:
alten wurden und Paris mit Fleiſch verjorgten.
Der Markt wurde von Colbert nady Sceaur, 1701
aber wieder nah P. verlegt. Jährlich findet in P.
auch eine große Tierſchau mit Preisverteilung ftatt.
Die von Yudwig IX. erbaute Seinebrüde hatte einſt
37 gleiheroße Bogen, von denen 19 im Intereſſe
der Schilfahrt abgebrochen wurden. Die Stadt—⸗
tirche ftammt teild aus dem 11., teil aus dem 14,
bis 17. Zahrh. Bor Erbauung des Schlofjes von
108
&t.:Germain refidierten bier oft die Könige von
Frankreich. Sept. 1561 wurde zu P. in An—
weſenheit Karls IX. und des Hofs ein berühmtes
inte Sr zwiichen den ange niten tath.
und prot. Theologen (Theodor de Beze) gehalten.
Poitevin (Proſper), franz. Grammatifer, geb.
um 1810, ftudierte in Paris, war Lehrer an ver:
ſchiedenen Gymnafien und ftarb in Paris 27. Dit.
1 Gr veröffentlihte: «Cours theorique et
pratique» (1842), «Dictionnaire - Manuel » (1851,
2, Aufl. 1863), «Klöments» (1853), «Dictionnaire
universel de la grammaire frangaise» (2 Bde.,
1854—57), «La grammaire, les Ecrivains et les
typographes modernes» (1869), « Cours pratique
de litterature francaise» (2 Vde., 1865), « Etude
meöthodique et raisonnee des homonymes et des
paronymes frangais» (1860; 2. Aufl. 1866) und
« Illustrations litteraires de la France, pottes et
prosateurs du XIX"® siöcle» (1874).
Poiticrd, die Hauptitabt der ehemaligen Pro:
vinz Poitou (j. d.) in Weſtfrankreich und des jehigen
Depart. Vienne, Station der Linien Paris-Tours—
Bordeaur, B.:Berfac und PB.-Chauvigny der Dr:
kcansbabn und der Linie B.:Saumur der Franzö:
iihen Staatsbahnen, an der —— ‚ber
oivre mit dem Clain, zwiſchen ben Thälern biejer
Flüſſe auf einem Kaltplateau, das nur im Süd:
weiten mit dem übrigen Lande durch eine 490 m
breite Landzunge (Pa Porte Tranchée) zulammen:
Banat. In den Flußthälern ziehen fid die Vor:
tädte hin, Die Stadt jelbit hat einen fehr großen,
aber zum Zeil Gärten, Feldlomplexe und öde
Streden umſchließenden Umfang, iſt unregelmäßig
und Schlecht gebaut, mit teilen, winteligen Straßen,
alten betürmten Stingmauern, und zählt (1881)
29304 (als Gemeinde 36210.G. Sie ilt der Sik
eines Suffraganbiihofs der Erzdiöceſe Bordeaur,
eined Appellationsbofs für vier Departements,
eines Aſſiſenhofs, eines Tribunals erfter Inſtanz,
eines Handel3s und zweier Friedensgerichte, einer
Univerfitätsalademie für acht Departements, einer
NAderbau: und einer Beratungslanımer für Manu:
falten und fünfte, ſowie einer Filiale der Bank von
Frankreich. Sehenswert find die große, 1162—1379
erbaute, neuerdings reftaurierte got. Kathedrale zu
St. Peter, mit drei großen Schiffen, mächtigen
Bogen, ſchöner Orgel, und die Kirche Notre Dame
la Grande, mit reiher Fagade im fpätroman. Stil.
Der Tempel St.⸗-Jean mit einem merkwürdigen
Baptijterium und Freslen aus dem 11. Jahrh.
ſcheint aus den erften Jahrhunderten zu ftammen.
Die Kirche der heil. Radegunde vom J. 1099 ent:
bält in der Arypta das Grab der Hauptheiligen der
Stadt, der Gemahlin Chlotars I., einer thür.
Königstohter. Das Stadthaus, ein fchönes im
franz. Renaiſſanceſtil 1868—75 erbautes Gebäude,
enthält eine öffentliche Bibliothel und ein Mujeum
von Altertümern, Gemälden und Naturalien. Der
Juſtizpalaſt ift das alte Schloh der Grafen von
Boitou aus dem 11. und 14. Jahrh. und F einen
50 m langen und 17 m breiten Saal. über den
Glain fü ren zwei Gijenbahn: und vier andere
Brüden; zwei überipannen die Boivre, deren Thal
mit dem des Clain durch einen 300m langen Tun:
nel verbunden ilt. Cine ſehr fchöne Promenade
bietet der Bart Blofjac. Die 1431 von Karl VII.
geſtiftete Univerfität iſt in der Nevolutionszeit ein:
geraden. Die jet vorhandene Alademie dat drei
fultäten (Jurisprudenz, Wifjenichaften und Lit:
Poitevin — Poiton
teratur). Außerdem beftehen eine Vorbereitungs:
ihule für Mediziner und Pharmaceuten, ein %y:
ceum, ein Briefter: und ein Lehrerfeminar, die zwei
Kollegien St.:%ofeph und Grand: Maijon, eine
Zeidhen:, eine Aderbau: und eine Hebammenſchule,
ein botan. Garten, ein Theater, verſchiedene wilien:
ſchaftliche Gefellihaften. Auch befindet ſich zu P.
ein Departementalgefängnis. Die Bevölkerung
unterhält Loh⸗ und Weißgerbereien, Flachs- und
Hanfſpinnereien, Brauereien, mechan. Schneide:
mühlen und Gießereien. Auch fertigt man Hand—
ſchuhe, Gänfebälge —— Stüd jährlich) für
Amerifa, Tuch, wollene Mihen, Strümpfe, Eijen«
und Quincailleriewaren, berühmten Käſe (Barbare
de Chabihou), Marmorarbeiten, Papier u. f. w.
Ein ftarter Handel wird betrieben mit lee, Gipar:
fettes und Puzernefamen, mit Erbſen, Kaſtanien
(Marrons de Civray), Korn, Wein, Wolle, Gänie-
federn, Wachs, Honig, Branntwein. In und um
P. finden fich viele felt. und röm. Altertümer; fo
der Druidenjtein oder Dolmen Pierre:Levde bei der
Vorſtadt St.:Saturnin, die Nefte einer Waflerleis
tung, eines groben Amphitheater (les Arènes,
1857 verlauft und meijt abgebrodyen), 20 rätjels
bafte Felsbrunnen u. f. w. ,
P. iſt das alte Limonum im Lande der Pic:
tavi (früher Pictones) und hieß im Mittelalter
Pictavis und Pictavium. In den Mauern der
Stadt wurden bis 1405 an 23 Konzile gehal:
ten. Während der engl. Herrſchaft teilte fie alle
Geihide Poitous. Als ein Hauptfig der Huge:
notten wurde P. 1569 vom Marjchall Saint:
Andre erobert und furdtbar gezüchtigt. Bejon:
ders merkwürdig it aber Ort und Umgegend
durch drei wichtige Schlachten. Im J. 507 verior
der weitgot. König Alarich II. Schlacht und Leben
im Hampfe mit dem Franlenfönige Chlodiwig in
Campo Bogladenfi, d. i. nach den neuejten Gr:
mittelungen bei dem Dorfe Boulon (Bogladum),
26 km ſüdlich von P. infolge dieſes Siegs drängte
Chlodwig die Weſtgoten bis über die Garonne
zurüd, worauf deren Reich auf galliihem Boden
nur noch die fog. Provinz Septimanien bebielt.
Der bei P. 18. Dft. 732 von Karl Martell über die
Sarazenen unter Abd:ur-Nahmän erfochtene Sieg,
welcher angeblih 375000 Arabern das Leben fojtete,
rettete das weitl. Europa vor ber 5** dem
Islam zu verfallen. Die dritte Schlacht fand auf
dem 10,3 km im Südoſten, bei dem jesipen Dorfe
Mignaloux Beauvoir gelegenen Felde Mauper:
tuis 19. Sept. 1856 zwifchen den Franzoſen unter
Köni yo und den Engländern unter Cduard
(. b). em —— Prinzen, ſtatt und endete
mit einer gänzlichen Niederlage ber Franzoſen und
der Gefangennahme des Königs Johann.
oitier® (Diane de), f. Diane be Poitiers.
oiton, eine ehemalige Provinz im weitl.
geantreid, wiſchen Bretagne, Anjou, Saumurois,
ouraine, Marche, Angoumois, Saintonge, Aunis
und bem Meere, war etıwa 22500 qkm groß, hatte
zur Hauptſtadt Poitiers (f. d.) und zerfiel in Ober:
und Niederpoitou. Lebterm entiprechen jeht etwa
die Depart. Deur:Sövres und Vendee, eriterm
Vienne; einzelne Stüde aber find mit Nieder:
Gharente, Charente, Dber:Vienne, Jndre:Loire und
Maine:Loire vereinigt. Das Land war im Alter:
tum von ben galliihen Pictoned bewohnt und
wurde nad der Groberung Galliend durd die
Nömer mit Aquitania Secunda vereinigt. Im
Poittevin — Bola
5. Jahrh. befchten e8 die Weftgoten, 507 die Fran—
ten. Nachdem P. vom Ende des 7. Jahrh. bis in
die Mitte des 8, Jahrh. im Beſihe des Herzogs
Eude3 von Aquitanien und feiner Nachfolger ge:
wejen war, vereinigte es Pipin mit den Beſihungen
der Krone. Gegen Ende des 9. Jahrh. machten ſich
die von den fränt. Königen eingejekten Grafen von
2. erblih und legten ſich den Titel Herzöge von
Aquitanien bei. Mit der Hand der Cleonore von
P. fam das Land 1137 an König Ludwig VIL,
aber ebenfo 1152 bei deren Wiedervermäblung an
Heinrih von Anjou (1154 König von England)
und jo an England, König Philipp II. Auguit
von Franfreich eroberte jedoch das Land 1204
wieder, und 1259 im Frieden von Abbesville wurde
es förmlih an Srankreih abgetreten. Durch den
Frieden von Bretigny 1360 fam e3 abermals an
die Engländer; aber 1371 nahm es ihnen Karl V.
wieder ab und gab e3 feinem Bruder Johann,
Herzog von Berri, nad) deſſen Tode es Karl VI. an
jeinen Sohn Johann verlieh. Bei deſſen erbelojem
Tode fiel B. an die Krone Frankreich zurüd.
Poittevin (Le), Maler, j. Le Poittevin.
oig, Prinzen und Herzöge, ſ. u.Noailles.
Pökeln, eine jeit alten Seiten angewendete
Methode der Fleiihtonfervierung. Beim P. wird
das ausgeſchlachtete Fleiſch mit — ei einge:
rieben, einige Tage liegen gelafjen und dann unter
Fe oder einer Hebelpreſſe ausgepreßt; die:
jelbe Behandlung wird wiederholt, das Fleiſch
bierauf (Häufig unter Zufas von Gewürzen, wenn
man nicht das zum PB. verwendete Salz vorher mit
Naumannjchem Gewürzſalz mifchte) in Fäſſer ge:
radt und mit der ausgepreßten Salzlöjung über:
gojien. Man jeht dem Salze in der Hegel etwas
Salpeter (Natronfalpeter iſt dem gewöhnlichen
Kalijalpeter vorzuziehen) und außerdem zuweilen
Zuder wu; diefer Zujaß hat den Zwed, dem Fleiſche
jeine lebhafte rote Farbe zu erhalten. Häufig wird
das gepöfelte Fleiſch erit gelocht und dann (wie das
nordamerif. Corned beef) in zu verlötende
Vlehbühfen eingeſchloſſen. Das P. lonjerviert
das Fleiih hauptſächlich durch Entwäflerung, zu
Dede Zeit tritt aber auch Salz in die Mustel:
ajern ein. Durch das P. wird dem Fleiſche aber
teineswegs nur Waſſer entzogen. J. von Liebig fand,
dab in die Salzlafe der dritte Teil bis die Hälfte
der Flüffigfeit übergeht, welche einen Beitandteil
des frischen Tleiſches ausmadt, Es iſt hiernach
tar, dab dem Fleiſche beim PB. durch das Austreten
der Fleiſchflüſſigleit eine Anzahl von Stoffen ent:
zogen wird, die feinen Nahrungswert bedingen.
Das B. (Einfalzen) der Heringe und anderer See—
fiſche foll von dem Holländer Willem Beutelaz
oder Böfel (f. d.) in Biervliet (geit. 1397) erfunden
worden fein; die Angabe, dab der Genannte das
P. des Fleiiches überhaupt eingeführt habe, ift da:
en eine irrtümliche,
"Boten, j. Boten.
othur, ind. Wallfahrtsort, f. unter Adi mir.
Pöfile, Böcile, wien Voitile (arch.
roxön orod, d. i. «die bunte Säulenhalle») hieß
eine von Peiſianar, dem Schwager des Kimon,
errichtete lange Halle an der Nordweſtſeite der
atheniſchen Agora (des Marktplatzes), deren Wände
mit großen biltor. Gemälden von dem berühmten
Maler Bolygnotos und feinen Schülern Miton
und Bandnos geihmüdt waren: auf der Wand zur
NRechten war die Schlacht bei Marathon, auf der
109
langen Rüdwand die Eroberung von Jlion (Troja)
und der Kampf ber Athener mit den Amazonen,
auf der linten Wand ein Treffen zwiſchen den Athe:
nern und Lacebämoniern bei Dinoe in Argolis dar:
geitellt. Die Halle war —— pazieren⸗
gehen und zu geſelligen Vereinigungen bejtimmt,
auch wurden nicht felten wiflenfchit iche Vorträge
darin gehalten, wie 3. B. von dem Philoſophen
eno, dejien Schüler und Anhänger davon den
Namen «Stoiler» führten. (S. Stoizismus.)
Vol. Göttling, «Die Stoa Poilile» in feinen «Ge:
jammelten Abhandlungen aus dem klaſſiſchen Alter:
tum» (Bd. 2, Nünd. 1863); C. Wachsmuth, «Die
Stadt Athen im Altertum» (Bd. 1, Cpz. 1874).
Aud in Sicyon (f, d.) gab es eine Boitile Stoa,
weldje eine Gemä m enthielt.
Bent. j. Bötling.
ofrotd, Kreishauptitadt im ruſſ. Gouverne:
ment Wladimir, an der Shitla, nabe deren Mun—
dung in die Kliagma, Station der Cijenbahn Mos—
tau⸗Niſhnij-Nowgorod, zählt (1882) 5737 E.,
welche bedeutenden Holzhandel treiben. Dabei das
reihe Pokrowkloſter. —
tien (d. h. hinter Kuty), Landſtrich in
Galizien, zwiſchen den Flüſſen Brut und Gzeremoß
und den Karpaten, iſt jehr frudtbar und mit
Weisen und Mais bebaut. Die Bewohner find
Huthenen, —— find Kuty und Kolomea.
ol, ſ. Pole.
ol (Vincent), poln. Dichter, geb. 20. April
1807 in Zublin, war 1831 ein Hauptbeförderer des
Aufitandes in Pitauen, ging darauf ins Eril und
(ebte eine Zeit lang am Rhein, in&bejondere in
Straßburg. Dann kehrte er nah Galizien zurüd
und wurde 1849 zum Brofeflor der — an
der Univerfität zu Kralau ernannt. Als ihm die
öjterr. Regierung 1853 den Lehrſtuhl entzog, lebte
er, des Augenlichts beraubt, abwechjelnd in Krakau
und Qemberg, wo er 1866 erjchienene Borlefungen
über die poln, Litteratur hielt, und ſtarb am 2. Dez.
1872 in Kralau. Nächſt einer trefflichen deutſchen
Überjeßung der «Volkslieder der Polen» (Lpz. 1833)
ab er die «Piesni Janusza» («Lieder des anufz»,
dar, 1833) zen, in denen er das Kriegs und
agerleben in poetifher Weife und voller Kraft
und Leben BOMBER, Tas «Lied von unferm Lande»
(«Piesn o ziemi naszej», Poſ. 1843, deutſch von
Sturkmann, Pof. 1870) erwarb ihm einen in ganz
Polen gefeierten Namen. Auch hat man von P. an:
mutige poetiſche Erzählungen, unter denen «Mohort»
(Kral. 1855) hervorzuheben ift. Seine nefamten
Werte erichienen in 9 Bänden (Lemb. 1876).
Pola, Stadt und Sen in der öjterr, Marf:
rafſchafi Iſtrien, am ſudl. Ende der iſtriſchen
albinfel, an einem ſehr geräumigen und ſichern
Hafen und an der Oſterreichiſchen Sübbahn, wurde
feit 1850 zum Haupttriegshafen der Oſterreichiſch⸗
Ungarifchen Monardie geihaffen, mit Feſtungs—
werten, einem großen Seearjenal, Dod3, Werften
und fonjtigen Eiabliſſements verjehen, wodurd) die
Ginwohnerzahl von 1100 (1851) bis 1880 auf
25173 (als Gemeinde 31683) geitiegen war. P.
iit Sig einer Bezirlshauptmannſchaft, eines Be:
zirlsgerichts, eines Hafenamts, eines Hafenadmis
talats, eines Feitungstommandos und eines Toms
kapitels, bat aut gepflajterte, mit Gas erleuchtete
Schr eg — nn —*
4. Jahrh., welcher im 9. Jahrh. umgebaut ,
ei andere Kirchen, ein Theater, ein Hofpital, ein
110
Denkmal des Erzherzogs Ferdinand Mar (fpätern
Staijerd von re und ein Denkmal des Admi⸗
rals Tegetthoff. Nächit Trieft, Fiume und Rovi no
iſt P. der bedeutendite Handelshafen ber Momarcie;
Hauptgegenſtand der Ausfuhr ſind Bauſteine. Die
Stadt lam 178 v. Chr. unter die Herrfchaft der
Nömer, diefie Pollentia und Pietas Julia nannten.
Aus ihrer Blütezeitfind noch vorhanden die Ruinen
eines Ampbitbenters, 137,4 m lang, 110,5 m breit,
24 mbod, ein Heiner korinth. Tempel Romae et
Angusto geweiht, die Niüdjeite eines zweiten Tem:
pels, ein Triumphbogen, das Thor der Sergier
enannt, Reſte eines zweiten Theaters, ein ſchönes
Doppelthor (Porta gemine) und ein einfacheres
älteres Thor (Porta Ereole), Später fan ®. mehr
und mehr und wurde mehrmals, zuleht 1379 durch
die Genuefer vollftändig jeritört. . Stancovid,
«Dell’ amfiteatro di P.» (Bened. 1822); « Notizie
storiche di P.» (Bola 1876),
‚Bolaben, d. h. Elbanwohner, ift der Name
eines ausgejtorbenen jlaw. Stammes, der unge:
fähr von der Bille und Trave big zur Elde anfäjlig
war und deſſen Hauptort das heutige Rapeburg
bildete. Die ar e biftoriiche und prachwiſſen⸗
ſchaft hraucht das Wort aber oft in einer viel wei
tern —— Schafarik nannte fo «alle in
Nordbeutihland angeiefienen Slawen weitwärts
von der Oder, dem Bober und dem ebirge»,
Neuere geridung bat gezeigt, daß dieles zum
größten Teile ausgejtorbene Slawentum in zwei
unterſchiedene Stammesgruppen zerfällt, in die
Sorben, deren Refte die heutigen laufiger Wenden
find, die nördlich etwa bis zum Baralleltreis von
Verlin wohnten, und in die von da bis zur Oſtſee
reichenden Stãnime, auf die man jeht bie Bezeich⸗
nung «Bolaben» einzuſchränken pflegt. Die Haupt:
ſtämme waren die Wilzen oder Putizen und die
Dodrizen oder Obotriten. Die Wohnfihe der P.
reichten über die Elbe bis in das Flußgebiet der
Jee —5* Sprachlich gehören fie zur poln.
(thiihen) Abteilung des Slawiſchen und bilden
dejien weftlichften Ausläufer; unter den lebenden
Dialekten fteht das Kafjubifche dem | olabiſchen
am nächſten. Die B. hielten ſich am ängſten im
fogenannten hannov. Wendlande (um Dannenberg,
Lüdyow, Hisader), wo der lehte Reſt der —*
ungefähr um die Mitte bes 18. Jahrh verihwun:
ben iſt. Die vorhandenen Spradquellen find am
volljtändigften zujammengeftellt von Pfuhl im
«Casopis towarstwa madicy serbskeje» (Bd. 16
und 17, Bautzen 1863—64); eine grammatifche
Vearbeitung iſt Schleihers «Laut: und Formen:
lebre der polabijchen Sprachen Petersb. 1871).
Bolacca, ſ. Bolonaije,
vlad, Pole; auch poln. Pferd.
oladen heißen im Mittelmeer gebräuchliche
dreimajtige Schiffe, deren Fod: und Großmaft keine
bejondern Stengen haben, und bei denen lektere
mit dem Maſt aus einem Stüd beftehen, während
die Bramftengen, fowie die Stenge des dritten
(Belan:Majtes befondere Berlängerungen bilden.
olana, der 142. Xiteroid, f. u. Planeten,
Polangen, Fleden und Seebad im ruf). Gou:
vernement Kurland, Kreis Libau, an der Ditiee,
3 km von der preuß. Grenze, mit 1899) 1414 E.,
darunter 900 Juden, welche Bernfteinarbeiten ver:
fertigen und Handel damit treiben,
Polar, f. unter Pole,
Polardiftanz, ſ. unter Pole.
Polaben — Polarforſchung
Bolardreieck (Supplementardreied), ſ.
unter Supplement.
Polareis nennt man die konſtanten Eisanhäu:
fungen in ben Polargegenden, welche aber NUR zum
Heinern Teile vom Gefrieren der Meeresoberfläche
berrühren. Das P., welches in Form von mäd-
tigen Schollen oder Giäbergen auftritt, die jchwim:
mend zuweilen über 30 m über die Meeresflähe
emporragen, und eine Die von 3—400 m errei⸗
den, jcheinen zumeift Bruchſtücke der großen Glet-
ſcher zu fein, die 3.8, an den üften von Grönland
und Spigbergen bis in das Meer herabreidhen und
hier bei ihrer jtarten Abwärtsbewegung ihre untern
Enden in dad Meer hinausftoßen, von dem fie dann
als Esberge weiter befördert werden, bis fie nad
dem Eintritt in wärmere Regionen allmählich auf:
tauen. Die größten norbifihen Gletſcher hat man
an der Weitfüjte von Grönland gefunden, ihr um:
teres Ende erreicht hier oft eine Breite von vielen
Kilometern und dabei eine Dide bis zu 1000 m,
Da fie wie die Alpengletſcher an ihren Rändern
um Teil von großen Felsblöden und Heinerm
Moränenichutt bededt find, jo fie dieſe Stein:
maflen oft auch noch weit in das Meer hinein, und
bringen dadurch eine ftete Translocierung von
Steinmaflen bervor, welche wahriceinlich ganz
—*— entſpricht, durch welche die 2 Grrati:
ſchen Blöde (f. d.) oder nordiichen Geſchiebe in einer
frühern Beriode (der jog. Eiszeit) aus Standina-
vien über die nordeurop, Niederung verbreitet wur:
den. Gin anderer Teil der Eisberge verdanft feine
Entftehung nicht den Gletſchern, ſondern dent all:
mãhli Anwachſen der natürlichen Eisdede der
Meere durd die atmofphärifchen Niederichläge.
Diejes B. bildet dann große Gisfelder von unae:
heuern Dimenfionen in Länge und Breite, Hierher
— die meiſten im Sũdpolargebiet anzutreffen:
Polareismajien. Vol. Tyndall, «Das Waſſer
in feinen Formen als Wolten und Ylüffe, Eis und
Gletjcher» (Bd, 1 der «Internationalen wifjenfchaft:
lihen Bibliotheb», Lpz. 1873).
Polarerpeditionen nennt man alle zu allge:
mein wiffenjhaftlihen Zweden nad beiden Bolar-
ebieten der Erde gejandten Erpeditionen; diejelben
itehen fämtlid) in einem gewijjen Aufammer junge
mit der ſyſtematiſchen Bolarforihung (j. d.),
Val. außerdem Norbpolerpeditionen umd
Südpolerpeditionen.
Polarforfchung. (Hierzu Norbpolarka rte
und Südpolarlarte.) Abgeſehen von den rein
merlantilen oder den ausichliehlich geoar. Zweden
gewidmeten Reifen nad) den beiden Polarzonen kann
man alle übrigen als im Intereſſe der P. aus:
geführt zuſammenfaſſen und diefelben von einem
einheitlichen Standpuntteaus betrachten. Während
die mit dem Namen « Nordpolerpeditionen» (f. d.)
bezeichneten Reifen meift nur die eritgenannten
Zwede verfolgten, wurden feit neueiter Zeit Er:
editionen zu allgemein wiſſenſchaftlicher Erfor⸗
—— beider Polarmeere ausgeſandt. Dieſelben
nahmen ihren Anfang in ben jechziger Jahren des
19. Yabrh., nachdem durch die Franklin-Grpedition
die nordweſtl. Durchfahrt zwar gefunden war, as
aber praltiſch als unbrauchbar erwiejen hatte, Die
zunädjit hierher gehörigen Erpeditionen waren alle
nur nad) der nördl. Polarzone gerichtet, ſodaß über
öhern jüdl. Breiten bis zu den Fahrten bes
die
FR und der Gazelle, welche allerdings auch
den Polarkreis nicht überfchritten, unfere Kenntnis
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Polarforfgung
immern - Sauptiade -- auf den Neijen von
vol, nd Rob ie Reifen des
eritern fallen —* in die [ete Hälfte des 18. Jahrh.
und waren überhaupt die erjten Entdedungsfahrten
in jenen Gewäflern; diefelben find für Die Kennt:
nis jener Regionen außer ibren rein geogr. Rejul:
taten, durch die Beobachtungen und Studien der
beiden Foriter auch in phyſit. Hinfiht von Bedeu⸗
tung geweien. Die von diefen Reiſenden durch—
fahrenen — find auf der Südpolarkarte
eingetragen finden ſich dort noch die Reifen
einiger —— eefahrer, welche aber weſentliche
Reſultate fait gar nicht ielten. Zange haben die
Forſchungen im antarktiihen Gebiete gerubt und
erit die Grpebition des Challenger unter Nares
m diefelben wieder auf.
Die erſten Expeditionen in der obengenannten
Abficht, allerdings noch mit dem Zwed der Er:
reihung des Nordpol, machten die Amerilaner.
Sie fandten im J. 1860 den Schoner linited States
unter Kapitän nad dem Smithjund. Nadh-
dem er an der Ditfüfte des Sundes überwintert,
erreichte er die Breite von 81” 35’ bei Hap Lieber
und kehrte —— 1861 mit feinem Schiffe glüd:
lich wieder nad Boſton zurüd. Denjelben Weg
ſchlug auch die unter Leitung Halls ſtehende Gr:
pedition mit der Polaris im 1871 ein. Hall ge:
langte bis zu 82° 16 nördl. Br. und ftarb 8. Nov.
1871. Die weitern Schidjale der dition f. unter
Hal > And Deu ancis) und Beſſels (Emil).
tichland trat jet handelnd in die P.
ph Petermann hatte es dahın
er dab ſchon 1865 eine g abıt nad dem
Norden unternommen werden fonnte; doc
— unter der Führung Werners ftehende
gleich in den erſten Tagen fo ftarle Ha-
u un itten, daß e& fogleich zurüdtehren mußte.
Aber jhon im J. 1868 konnte Kapitän Koldewey
mit der Heinen Segeljadht Grönland auf eine
ge in die Gewäſſer zwiſchen
Spigbergen der Ditfüfte von Grönland aus:
geſandt werden. Auf der glüdlic) in einem Som:
mer durchgeführten * erlangte er eine höchſte
Breite von 80° 30. Durd; Sammlungen kam bis
1869 jo viel Geld zufammen, daß ein eigener für
die Volarfahrt gebauter Heiner Dampfer Ger:
mania und ein zweites ftarles Schiff, die Hanſa,
unter Führung Koldeweys und Hegemanns aus:
gen jtet werden fonnten. Die Erpedition hatte den
uftrag, ſowohl die phyſil. und naturgeihichtlichen
Berhältnifje des Meeres zwiſchen Grönland und
Size zu erforſchen, ald auch, wenn irgend
= hi, d = Dftlüfte von Grönland felbjt zu er:
re überwintern und fpäter, —*
thunlich ade nad Norden bi ER zu verfolgen, ja
eventuell diejem Wege den Bol zu erreichen.
Schidjal der zweiten deutjchen Erpedition
1, r* geteilte3; denn während die Germania
ihre te bee mit Ausnahme des legten Punktes
onnte, wurde die Hanſa, welche bei
her —* dem Hauptſchiffe getrennt worden war,
ihon im September vom Gife beſeßt und bald
darauf zerbrüdt. Die Mannſchaft derjelben machte
den en Winter hindurch mit ihrem Führer,
Sapitän Hegemann, eine Fahrt auf einer Eisſcholle
vom 71.” Dis zum 61.° und gelangte endlich in ihren
Booten in
Grönlands an, von wo fie mit einem dän. Schiffe
in die Heimat zurüdfehrte. Der Erfolg der Erpe:
ederilshaab an der Eüdweitlüjte | M
111
bition war trok alledem ein recht günftiger und cr:
weiterte bie Kenntnis der Dftküfte von ——
und des —— eh in geographiſ
—— * icher —— € ein rad —
Kaum war die deutſche Erpebition
geh, fo wurde er die Munificenz des Grafen
eine neue —— ausgeſandt. Der
—— We tte zumächft eine Re⸗
lognoszierungsfahrt in * owaj ja⸗Meer
mit dem Heinen Segelſchiffe Isbjörn unternom⸗
men; dieſelbe eröffnete ae singe Ausſichten, infolge
— In der Da egettho unter der
echts pn Lieutenant Bayer ımd
an ———— Bejakung an Bord aus der
—— lief, um zwiſchen Rowaja-Semlja und Spihz⸗
— näher ya eforjgen Da her Babe her ee
nu näher zu erfo
= — elbe aber —— Eiſe beſetzt ai
o nad) Norden, bis ein ausgedehnter Inſel⸗
— die Fahrt heinmie. Der Zegetthofl befand
fi an der Küfte der gegenwärtig unter —
Pa :Jofeph3:2and» befannten —
rend Payer auf Schlittenreiſen das Land er
Weyprecht an Bord des cn
bie — en meteorolog. gt
tungen. . 1874 ieder *
Expedition, na ‚dem fie das Sau hatten verlafien
miffen, in ihren Booten zurüd und wurden von
et und bra
Frische Kösuleripha ers * ut *
je nach dem hohen —————
unter Nares — Stephen ze mit den ai
ie
Alert umd Didcovery. elbe fegelte du *
Smithſund nach dem Nennedyfanal; die
überwinterte an der —— e am a
Robeſonkanals auf 81° 45’ nörbl, Br., Alert =
feit desjelben auf 82° 27’ nörbl. Dr. Auf Schlitten:
reifen _. ein Zeil der Weſtlüſte Grönlands er:
foricht und bis 83° 20’, dem nörblicjiten bis dahin
ten Punkte, vorgebrungen. Die Erpebition
lehrte 1876 nad) "Eng and zurüd, —— ihre
eig mit ber Seren des libe arıng, —X ————
e die Errei
— weſentli —E für die — P.
— te die der Zeit nach num folgende Grpebition
rofeſſors —— (. d.). * . 1878
ir diefer mit dem Schiffe ega, deffen
Führer Lieutenant Palander war, ve Fahrt, deren
Amved war, die Nordoftpafiage aufzufuchen und die
Küjten und Meere im Norden ar en3 feitzuitellen
und näher zu unterfuden. Der Vega ion
nod einige Schiffe, von denen die Lena für die
rt auf dem gleichnamigen Fluſſe beſtimmt, der
* gleichzeitig als Tender beig
25. Juli 1878 hatte Nordenftiöld feine
treten und fhon am 20. Aug. umfuhren
Lena die Nordipige der Alten Welt. Am
erreichten fie den Fluß ier trennte fü
war. Am
rt ange:
a und
Isa
uß 2ena,
Lena von der Erpedition, fie gelangte am 21. F
nah Jakutsl. Die ** ſehte i Weg nach
der Beringsſtraße fort. Die —*— wurde jedoch
des ſich häufenden —* wegen immer ſchwieriger,
bis das Schiff am 28. Sept. gänzlich ———
war und ſo gezwungen wurde, kurz vor
eines s auf 173° weſtl. V zu überwintern.
iefer unwilllommene Aufenthalt von nahezu ern
onaten wurde aber für die Mijienichaft höch
nußbringend verwendet. Am 18. Juli 1879 —
die Vega wieder von dem Eiſe freigegeben und
112
oelangte nach zwei Tagen zur Beringäftraße. Bis
zum 19. Aug. verweilte dad Schiff noch in diejen
Gewäjjern, um wiſſenſchaftliche Unterſuchungen an:
ujtellen, worauf e3 am 2. Sept. im Hafen zu
otuhama zu Anker ging. So war denn endlid) die
Itordoitpailage durchgeſeht worden, freilich mit dem:
jelben Rejultat wie die durch MacClure forcierte
Nordweitpaflage; ein für die gewöhnliche Seefahrt
brauchbarer Weg nad dem Großen Ocean war c3
indejien aud) nicht. ,
Beſorgniſſe über den Verbleib der Bega hatten
den ruſſ. Handelsherrn Sibiriafow venta, unter
der Führung des Kapitän Scengftade den Dampfer
Nordenjtiöld zur Auffuhung und Unterftügung
ber Vega auszuſenden. An Borb des Dampfers
befanden fi als Naturforſcher Freiherr Dr. von
Dandelman und Brofefior Grigoriew,. Nach glüd:
licher Fahrt von Malmö bis Jolkuhama feste der
Tampfer feine Fahrt nach Norden fort, erlitt aber
fhon an der flüjte von Jeſſo — — die Be⸗
fahung wurde gerettet und kehrte nad Europa
zurüd, nur Dr. von Dandelman traf nod) in Joku—
hama mit Nordenjtiöld zufammen. Der lebtere
kam erit im Frühling 1880 nad) der Heimat. Aud)
ber Beſitzer des «New York Herald», Gordon Ben:
nett, fandte den Dampfer Jeannette aus, welcher zu:
nächſt Nordenjtiöld zu Hilfe kommen, dann aber
aud jelbitändig Forfhungstouren unternehmen
folite. Die Führung de3 Dampferd wurbe dem
amerif. Eeeoffizier De Long anvertraut. Die bei:
den Gelehrten Golling und Newcomb begleiteten
ihn. Am 8. Juli 1879 ging die Jeannette, gefolgt
von dem Tender Fanny A. Hyde, von San: Fran:
cisco aus in See. Der lektere verforgte an der
Eisgrenze in ber Beringsſtraße die Jeannette aufs
neue mit Kohlen und PBroviant und kehrte dann
urüd, Bis 1881 blieb jede Nachricht über die
eannette aus, obgleid zur Aufllärung, ihres
Schidjals von’ der Regierung der Bereinigten
Staaten mehrere Erpeditionen ausgefandt wurden.
Endlich erhielt man im Herbft 1881 die Hunde
von dem Untergange des Bennettihen Schiffs.
Mie fih nad Nüdtehr der fiberlebenden heraus:
ftellte, war bie Jeannette am 12. Juni 1881
geſunken. Nach einem zu Anfang guten, fpäter
aber äußerſt befhmwerliden Marſche auf dem Eife
gingen die Mitglieder der Erpebition am 12, Sept.
n ihren drei Booten in See, um das Lena:
delta zu erreichen. Die —— des einen Boo⸗
tes fand bei den Tunguſen Sibiriens Aufnahme,
während die der andern bis auf zwei (Nieder:
mann und Noros) dem Hunger und den Stra:
pazen erlagen. Die volljtändigften Aufllärungen
über den Verbleib und das Schidjal der Jeannette:
bejagung brachte der mit dem Dampfer Rodgers,
von den Vereinigten Staaten zur Aufſuchung der
Bennettihen Expedition ausgeſandt, abgegangene
Korreipondent des «New York Herald» Ni) Gilder,
in die Heimat. Durch ihn wurde auch das Tage:
buch De Longs veröffentlicht. Die Leihen De Longs
und mehrerer jeiner Begleiter wurben nad) ihrem
Auffinden auf dem Landwege in die Heimat ge:
bracht. Teilweiſe durd das Schidjal der Jean—
nette veranlaßt, teils zu felbjtändigen Forfchungen
wurden in den %. 1876-80 sr einige Heinere
Erpeditionen von den Engländern und Amerikanern
ausgerüftet, welche aber alle eine größere Bedeu:
tung für unfere Kenntnis der arltiichen Gegenden
nit gewinnen ſollten. Auch das Kariſche Meer
Polarforſchung
wurde 1880 und 1881 mit wechſelndem Glüde bes
fahren und die Verbindung zwifchen den nördlich:
iten Küjtenländern der Alten Melt mebrfah dur
Dampferfahrten unterhalten. Bezüglich ihrer Res
fultate it die in jene Zeit fallende Expedition
unter Lieutenant Schwatla nad) King Williams:
land von Bedeutung, da durch diefe erft die end:
gültigen Nachrichten über Franklin und feine Bes
gleiter erlangt wurden,
In ein neues Stadium trat die P., als Wey—
precht auf der Naturforfcherveriammlung in Graz
mit jeinen Borfchlägen und Anfichten über die zweds
mäßigfte Erforihung polarer Gebiete hervortrat.
Weyprecht führte aus, daß nur durch ein fyfteınas
tiſches Vorgehen gleichzeitiger, möglichſt zahlreicher
Stationen in den arltiihen und antarltiichen Ges
enden Ausficht auf Erfolg vorhanden ſei. Seiner
nficht nach follten mindeitens auf die Dauer eines
Jahres jolhe Etationen beicht werben, um dort
genaue und zuverläflige Beobachtungen über die
meteorolog. und phyfil. Cigentümlicpleiten hoher
Breiten anzuftellen. Die jo gewonnenen grob:
rungen würden dann wiederum einen Anbalt
für weiteres Vorgehen gewähren. Im J. 1875
ernannte der deutihe Bundesrat eine wiſſenſchaft—
lie Konmiljion zur Prüfung der gemadten Vor:
joa e. Dieje ſprach fih entjchieden zu Gunjten
er Weyprehtichen Vorſchläge aus und befürwor:
tete eine P. auf ſyſtematiſcher Grundlage. Die
von der Kommiffion vorgefchlagene Art der Polar:
unterfuhungen follte fi vornehmlih auf feite
Stationen gründen, doch von diefen au3 waren
furze Erplorationsfahrten in Ausfiht genommen.
Eine von Neumayer und Weyprecht gemachte
Vorlage wurde auf dem zweiten internationalen
Meteorologenlongreß in Rom 1879 näher erörtert
und fand die Zuftimmung der arg ar de3 Kon⸗
gan Diefer beantragte, die Berufung einer
peziallommiffion zur Beratung der Erridtun
einer Zahl von Obfervatorien in den arktiſchen un
antarktifhen Regionen zu veranlafien. infolge
deflen fand vom 1. bis 5. Dft. 1879 ſchon bie erjte
internationale Polarkonferenz zu Hamburg ftatt.
Bei diefer Gelegenheit onjtituierte ſich auch die
internationale Bolartommiljion, welcher die Ober:
leitung der Unternehmungen übertragen wurde,
Im %. 1880 folgte die zweite Konferenz in Bern
und 1881 die dritte in Petersburg.
Bis zum Herbit 1881 konnten jedoch erft fünf
Stationen als völlig gefihert gelten. Mehrfache
Betitionen und eine vom Neidhätag unterftügte Re—
folution veranlaßte das Reihsamt zur Ausftellung
eines Betrags von 300000 Mark zu Zweden der P.
Eine abeutf e Polartommijfion», beſtehend aus
ben Herren 5 Helmholß, Nachtigal, Neus
mayer, von Schleiniß, Schreiber und W. Siemens,
hielt ihre erſte Sikung vom 10. bis 17. Dez. 1881
in Berlin ab, Es wurden eine Reihe von Bes
ſchlüſſen über die fpeziellern Aufgaben der deutichen
Erpeditionen gefaßt und außerdem ein Exelutiv—
ausſchuß ermählt, welchem die Ausführung der ge⸗
troffenen Bejtimmungen zufic. So hatten alle
europ. Staaten außer Spanien und Italien ihre
Beteiligung an dem internationalen Unterneh:
men gezeigt, und außerdem rüjteten die Vereinigten
Staaten noch zwei Stationen aus, nämlich die von
Lieutenant Greely nad der Lady Frantlinbai im
Smithjund, und eine auf Boint:Barrow unter
Lieutenant Nay; die Dauer diefer Stationen war
Rolarifation (elektrifhe) — Polarifation des Lichts
fogar auf zwei bis drei Jahre normiert worben.
Sämtliche im_Dienft der internationalen P. zu
errihtenden Stationen waren daher, folgende:
Point:Barrow und Lady Franklin-Bai durd die
Vereinigten Staaten, Godthaab durch Dänemarf,
Jan Mayen durd) Oſterreich (Graf ey Spib:
bergen durch Schweden, Bofjetnop durch Norwegen,
Didſonhafen durch Em 2enamündung und
Nowaja:Semlja durd Rußland, Eumberlandfund
und Südgeorgien durch Deutidhland, Fort Rad (am
ge Havenfee) dur England und Canada,
odankylä (Lappland) durch Finland, Kap Horn
durch Fantreig,
Der Beginn der gemeinfamen ge rn
mar auf fpäteitend den 1. Sept. 1882 d tgefeht,
welder Zeitpunlt auch von ben meijten Stationen
ya ngehalten werben konnte. Liber den Ver:
lauf der im Frühjahr und Sommer 1882 von der
Heimat abgegangenen Erpeditionen wurde von Zeit
zu Zeit durd den % identen ber internationalen
Kommiffion, Prof. Wild, an die Mitglieder derſel—
ben berichtet, ſoweit Nachrichten einliefen. Alle
Erpeditionen erreichten glüdlih ihren Beftimmungs:
ort oder doc) wenigitens in ber Nähe gelegene gün:
fige Punkte, bis auf die holländische, welche im
Kariſchen Meere überwintern mußte und von dort
0 gut e3 ging ihre Beobachtungen anftellte. Vom
uguft bis Ende 1883 waren diefelben bis auf drei
wieder in der Heimat angelangt, ausjtändig blieben
nur die Erpedition unter Lieutenant Greely, von
welder Nachricht überhaupt bis Anfang 1884 nicht
eintraf, und bie Dlitglieder der Stationen an ber
Lenamündung und zu Sodantylä, deren Beobad):
tungstermin noch bid zum Sommer 1884 verlängert
worden war. Auf der vom 17. bi3 24. April 1884
zu Wien abgehaltenen vierten Konferenz der inter:
nationalen Bolartommiffion tonnte der Borfipende
derielben Te en die zufriedenftellendjten Mit:
teilungen über den erlauf des ganzen Bolarunter:
nehmens geben. Seitdem find größere Unterneh:
mungen in den Polargebieten nicht mehr zu ver:
jeihnen. Es bleiben nur zu erwähnen die Unter:
nehmungen, welde Dr. Boas teilweife im anf luß
an die deutiche Erpedition nad Cumberlandjund
in nordamerif. Ardipel anitellte. In Grönland
feßte der dän. Forſcher Hammer feine Unterfus
hungen fort umd lieferte namentlich intereffante
Aufiglüffe über die Südoſtküſte dieſes Landes.
Aud in der Karafee wurden einige Yahrten aus:
geſührt, doch a” diefelben nur infofern von Bedeu:
tung, als ſie ebenfalls den —— Charalter
der dortigen Eisverhaltniſſe
riger —— der
dem Schiffe Eira die Küſien von Spitzbergen und
das von Bayer und Weyprecht entdedte Franz-Jo⸗
ſephs: Land. Den Abſchluß der internationalen
terpeditionen bildete die Nüdtehr der Überle:
enden der amerif. Erpedition nad} der Lady Fran:
lin Bai. Fast drei Jahre waren keinerlei Nadric:
ten über biefelbe eingetroffen, al3 zu Ende 1884 end:
lich die Nachricht lam, daß 7 der urfprünglich aus
Dann beitehenden Erpedition in der Nähe von
Kap Sabine im Smith-Sunde aufgefunden worden
kin. Wenn aud) vieles von ihnen gefammelte
Material verloren ging, fo find doc die von
eig mn erzielten geogr. Rejultate von
erte.
Im Südlihen Polarmeer find in ber neue:
fen Zeit feine Erpeditionen von Bedeutung ausge:
Converfationd- Lexiton. 13, Aufl, XIIL
onftatierten. Ein eif:
„Leigh Smiths, bejuchte mit | f
113
führt worben, obgleich gegenwärtig fein Zweifel über
deren Notwendigfeit für die Kenntnis der Phyfil der
Erde mehr herrſcht. Aufder Sübpolarlarte find
die wichtigern der ältern Neifen und die Fahrten
des Challenger und der Gazelle, ſoweit fie in das
dargeftellte Gebiet fallen, verzeichnet; die fonft
noch darauf angegebenen Daten, als Eisgrenzen,
Vothermen und die Lage des ——— Pols,
fönnen nicht Anfprud auf diefelbe Genanigteit
machen wie die entſprechenden der Norbpolarkarte,
da eben im Süden die Forfchungen noch lange nicht
in dem Umfange durchgeführt find, wie es Hır ge⸗
naue Feſtſtellung ſolcher Angaben erforderlich ift.
‚Die Litteratur über die F und die dahin ges
börenden Einzelerpeditionen ift eine fehr umfang:
reiche, ein ausführliches Verzeichnis derfelben findet
fi in dem im Auftrage der öſterr. Geographiſchen
Gefellidhaft herausgegebenen Verzeichnis «Die Lit:
teratur über die WBolarregionen der Erde» von
Y; Chavanne, A. Karpf und Fr. Ritter von Le
Monnier. Hervorzuheben find: «Die zweite deutſche
Nordpolarfahrt in den %. 1869 u. 1870» (2 Bde. in
4Abteil., Lp3.1873— 74 ;Vollsausgabe, Lpz. 1882);
Bayer, «Die Oſterreichiſch⸗ Ungarische Rorbpolerpe:
dition» (Wien 1876); Hellwald, «m ewigen Eis»
(Stuttg. 1879); Andree, «Der Kanıpf um den Nord:
pol» (Lpz. 1879); Beſſels, «Die amerif. Nordpol:
erpedition» (2pz. 1879); «Meddelelser om Grön-
land » (Kopenh. 1879—81); «Narrative of the se-
cond Arctic expedition» (Wafhington 1879); Nor:
denjliöld, «Die Umfegelung Aftens und Europas
auf der Logan (2 Bde. , pa. 1881— 82); Klutichal,
«Als Eslimo ‚unter den Eslimos» (Wien 1881);
Bilder, «In Eis und Schnee. Die Auffuhung der
Jeannette⸗ Erpedition» (deutfch, Lpz. 1884); Neu:
mayer, «Dentjchrift über einige orfläge zu Bunlt
31 de3 Programms der zweiten internationalen Po:
lartonferenz» (Hamb. 1879). Auferdem viele Auf:
fäße in Betermanns «Geogr. Mitteilungen» und den
Zeitſchriften der Gefellichaft für Erdfunde, Die
offiziellen Daten über die internationale Bolarfor:
(hung find enthalten in « Mitteilungen ber inter:
nationalen Bolarlommiffion» (Petersb. 1881— 84).
Polarijation (elektriiche), ſ. Elettriſche Bo:
larifation.
Polarifation (galvaniſche), foviel wie Glektri:
ſche Polariſation.
Polariſation des Lichts. Das Licht (ſ. d.)
wird, wie man gegenwärtig annimmt, fortgepflanzt
durch Schwingungen eines unendlich feinen, höchſt
elaſtiſchen, das ganze Weltall erfüllenden Stofis,
de3 ſog. Üthers (ſ. d.), und zwar geſchehen die Ver:
hiebungen, welche bei diejen Schwingungen bie
einzelnen Teilen des Lithers erleiden, in Rich—
tungen, welche auf der Richtung des Lichtſtrahls
Ira Steben. In dem gewöhnlichen Licht er:
olgen diefe Verſchiebungen nah allen möglichen
auf dem Strable jenkrechten Richtungen ; bie bon
befist aber auch Mittel, diefen Zuftand in ber Weife
abzuändern,, daß die Verichiebungen aller Äther—
teilden eines Lichtbündels einander parallel werden.
Licht, in welchem dies ftattfindet heißt polari:
jierte8, oder weil die unendlich Heinen Bahnen,
weldye die Ütherteilhen befhreiben, auf der Nic:
tung des Strabls ſenkrecht ftehende gerade Linien
ind, «geradlinig polarifiertes» Lit. Sind nicht
die Bahnen fämtlicher Ütherteilhen, fondern nur
eined Teils derfelben parallel, bildet alſo das Licht
gewiſſermaßen ein Gemenge aus polarifiertem und
8
114
aus gewöhnlihem Licht, fo nennt man es «teil:
weiſe polarifiertes» Licht. Zur Erzeugung deö po:
larifierten Lichts dienen befonders drei Vorgänge:
1) die Zurückwerfung des Lichts an nihtmetalliigen
ſpiegelnden Flächen; 2) die einfache u. und
5) die Dopvelbrehung. Soll ein Lichtſtrahl von
einer Glasfläche vollitändig polarifiert zurkdge:
worfen werden, fo muß er unter einem Wintel
von 35Y, Grad auf das Glas fallen. Fällt der:
jelbe unter einem andern Winkel auf, fo iſt das
zurüdtgeworfene Licht nur teilweiſe polarijiert. Hür
jede durchſichtige Subſtanz it der Winkel, unter
welchem ein Lichtitrahl auffallen muß, wenn er
vollftändig polarifiert werden foll (der fog. Bo:
larifationswintel), ein anderer; er hängt in
der Weiſe von der Brechung des Lichts im ber
Subſtanz ab, daß die volljtändige Polariſation pet
dann eintritt, wenn der zurüdgeworfene Strahl auf
dem in die Subftanz eingedrungenen gebrodenen
Strahl ſenkrecht fteht. Für die Metalle als un:
durchſichtige Körper gibt es daher auch keinen ſolchen
Bolarijationswintel. Cbenjo wie das von einer
Glasplatte zurüdgeworfene Licht polarifiert iſt,
zeigt ſich aud das durd) eine Glasplatte hindurd:
gegangene Licht polariftert, jedoch ftet3 nur teil
weife; der Zuftand desſelben er ſich um fo
mehr den ber vollitändigen Polarifation, je ſchiefer
das Licht die Platte durddringt. Um dem Zu:
ftande der volllommenen ———— noch näher
zu kommen, läßt man das Licht in —* ſchiefer
Nichtung durch eine Reihe von planparallelen Glas:
platten gehen. Während jedoch das durch Zurüd-
werfun — Licht in Ebenen ſchwingt,
welche * recht auf der Einfallsebene liegen, fallen
für das durch einfache Brechung polagriſierie Licht
die Schwingungsebenen mit ber ( e
fammen. Infolge der eigentümlichen Elaſticitäts—
verhältniſſe bes Uthers in allen mit ungleichen
Achſen verjehenen Kryitallen kann ein auf folde
Kryitalle fallender Lichtitrahl diejelben nur jo durch
dringen, dab feine Schwingungen nad) zwei be:
fimmten, von der Kryſtallgeſtalt abhängigen, eur
einander ſenlrechten Richtungen erfolgen. Da na
biejen beiden Richtungen bie Glafticitäten bes
Athers und Damit auch die Fortpflangungsgeſchwin—
digfeit und Brehung des Lichtſtrahls verichieden
find, jo wird ber in ben Kryftall eindringende Licht:
ftrahl in zwei getrennt (doppelt gebrodyen), und
jeder ber beiden Strahlen erſcheint polarifiert, weil
alle feine Zeilen in parallelen Ebenen ſchwingen.
Die Schwingungs: oder Bolarifationsebenen beider
Strahlen ftehen aufeinander ſenkrecht.
Bejondere * um das Licht zu polariſie⸗
ren und andere durchſichtige Körper dieſem polari—
ſierten Lichte auszuſeßen, werden Polariſations—
apparate genannt. Sie enthalten entweder
Glasfpiegel (am beſten von ſchwarzem Glas oder
von farblofem Glas, das auf der hintern Seite mit
ſchwarzem Firnis überzogen it), oder Säulen aus
Glasplatten, oder Platten aus boppeltbredhenden
Kryſtallen, welche lehtere gewöhnlich jo ausgewählt,
geſchliffen und aujannmengefent find, daß von den
beiden in ihnen durch Doppelbredyung entitehenden
Lichtitrahlen nur der eine auf der intern Seite der
Platte austreten und in das Auge bes Beobadıters
elangen kann, während ber zweite Strahl in ber
‘blatte entweber, wie in dem Nicolihen Prisma,
durch totale Reflerion feitwärts geworfen oder, wie
im dunlel gefärbten Turmalin, durch das gefärbte
infallsebene zu:
Polariſationsapparate — Polarlicht
Medium verſchluckt wird. Gewöhnlich enthält ein
Polariſationsapparat zwei ſolche Vorrichtungen,
zwiſchen welchen Kryſtalle, raſch abgelühlte oder
ungleich zufanmengedrüdte Glasplatten, in Roh—
ren eingeſchloſſene lüifigleiten u. f. w. auf ihr
Verhalten gegen das polarifierte Licht unterfucht
werben können. Polariſiertes Licht erlennt man
daran, daß es fid) negen eine der oben angeführten
Bolartjationsvorrihtungen, wenn diejelbe um den
einfallenden Strahl als Achſe gedreht wird, ver:
ſchieden verhält. Fällt z. B. polarifiertes Licht auf
einen Spiegel aus ſchwarzem Glaje unter einem
Binfel von 35%, Grad, jo wird es von bemfelben
zurüdgeworfen, wenn bie Schwingungsebene des
polarifierten Lichts ſenkrecht auf der Einfallächene
fteht; es kann aber nicht zurüdgeworfen werben,
wenn biefe Schwingungschene in der Einfalläebene
liegt. Huber dem linear polarifierten Licht nibt e3
aud noch freisförmig (cirkular) und elliptiſch polas
rijiertes Licht. In dem kreisförmig polarifierten
beichreiben die einzelnen Atherteilchen Heine Kreiſe
und in dem elliptiichen Heine Gllipien, deren Ebenen
jentrecht auf der Nichtung des Lichtſtrahls ftchen.
Der Entdeder der P. ift Malus (1808); ausgehend
von den Vorgängen bei der Spiegelung bezeichnete
er bie durch den Strahl gelegte und auf der Ebene,
in welcher die Ütberteilhen ſchwingen, ſenlrecht
ftehende Ebene ala Bolarifationdebene. Das
verſchiedene Verhalten der beiden im Doppelipate
durch Dopvelbrehung entitehenden Strahlen kannte
übrigens fdyon Huyabens (1678). Bgl. Lommel,
«Das Weſen des Lichts» (Lpz. 1874); Spottis:
wood, «Polarisation of light» (Lond. ter
olarifationsapparate, ſ. u. Polariſa—
olarität, f.u. Bole. [tion des Lichts,
olarfreid nennt man einen Frei ber Dim:
mel3: oder Erdfugel, welcher dem Aquator parallcl
ift und von den Volen um fo weit abjteht, als die
Schiefe der Elliptit (f. d.) beträgt (33° 27). Man
unterſcheidet einen ſüdlichen und einen nördlichen P.
Polarländer nennt man im allgenteinen die um
Nord: und Südpol bis zu den Polarkreiien gelege—
nen Länder und untericheibet demnach Südpolar:
länder (f. d.) und Nordpolarländer (j. d.); doch ver;
fteht man unter P. gewöhnlich nur die lettern.
olarlicht, eine oft ſich zu großer Pracht ent:
er Lichterſcheinung am Himmel, welde man
ber nur in den nördl. Gegenden ber Erde be—
obachtet hatte und daher mit dem Namen Nord:
licht (Aurora borealis) bezeichnete. Als ſich indes
die Kenntnis der Südhemtiphäre erweiterte, ſah
man ganz ähnliche Erfheinungen aud) in ben ſüdl.
Gegenden. Die Erkenntnis eines bejtimmten Zu:
fammenbangs in beiden Vorgängen und deren Be:
ziehungen zu andern phyſik. Erſcheinungen unjers
Sonneniyitems gaben die Veranlaſſung, die Nord:
lihter und Südlichter (Aurora australis) unter
dem gemeinſchaftlichen Namen Polarlichter zus
fammenzufafien. Am bäufigiten treten die P. in
einer Zone auf, welche fih ın Form einer Ellipfe
um den magnetischen Bol herumzieht (f. die Nord:
volarkfarte), nördlich diefer Zone fieht man die
PB. im Süden, ſudlich der Zone zeigen ſich diefelben
am —— und ebenſo verhaͤlt es ſich auf der
Südhemi * doch ſind dort die Daten noch
(ange nicht jo zuverläſſig beſtimmt aus Mangel an
Beobachtungen. —
‚Die eigentliche Natur ber P. iſt hisjett noch
nicht beſtimmt feſtgeſtellt; doch iſt ſo viel gewiß, daß
atsegng av nz
binchay pmepsurg“ nenne - aba, mpg 1! any CI WOyMa - FUnTIeRIaaUo, smwyysorg
— — ⸗—
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Polarlicht
dieſelben in innigem Zuſammenhang mit den mag:
netiſchen Erſcheinungen der Erde ſtehen; inwie—
weit
losmiſchen Urſache find oder ſich gegenſeitig be:
dingen, iſt noch nicht endgültig entſchieden.
Die Erſcheinung des P. iſt immer verſchie—
den, je nach dem Erdorte, an welchen man dieſelben
beobachien Der allgemeinſte Typus iſt der, daß
ſich über dem Nord: oder Sübhorizont ein Bogen in
den meiften Fällen weihen oder leicht gelblichen Lichts
ausipannt, der an feiner untern Seite ein ſcharf
begrenztes dunkles Himmelsſegment überfpannt,
nach oben aber in Strahlen ſich auflöft, deren Nic):
tung der Stellung einer frei aufgehängten Magnet:
nadel im allgemeinen entſpricht. Neben diejen
Bogen find in der Zone der größten Jntenfität noch
vielfahe Etrablenbündel in Form von Draperien
und Bändern fihtbar, welche durch ihre ftete Be:
we ug Den ganzen Phänomen ein äußerit pracht⸗
volles nice geben. Die Farbe ift dort immer
weiß, nur jelten mit einem grünlichen oder leicht
rötlihen Schein, während man außerhalb diejer
Zone vom Pol wegwärt3 häufig viel intenfivere
Farbenſpiele beim Auftreten der P. erblidt, doch
iind dieſelben durchaus kein Charalteriſtilum des
P. (Hierzu eine Tafel: Polarlicht.)
Die Beobahtungen des P. erjtreden ſich über
einen groben Zeitraum; jo haben Frig und Loomis
die Rordlichter für Europa und Amerifa zufammen:
geftellt und daraus die ‘Beriodicität abgeleitet. In
neuerer Zeit find die Erſcheinungen des SB. eingeben:
der und ſyſtematiſcher beobachtet worden ; außerdent
haben die wiſſenſchaftlichen Bolarreifen und die Sta:
tionen der J. 1882—83 viel zur genauen Kenntnis
des P. beigetragen. Unter dieſen Beobadıtungen fin:
|
den fich auch ſolche, welche den oft nur lokalen Cha: |
ralter der
Höhe des P. über der Erde it mit großen Schwierig:
feiten ige und hat bisjebt die verſchiedenſten
Reſultate geliefert , die allerdings in der Natur der
Sache aud ihre Begründung finden fönnen; man
. ertennen laſſen. Gine Beitimmung der
beobachtete Höhen zwiſchen I—60 km, die meijten |
icheinen zwijhen 5 und 20 km fich zu befinden.
Weyprecht, welcher während feiner
ſehr viele Nordlichter beobachtete, ſpricht 1id
diefelben dahin aus, daß die normale Farbe der
P. ſtets die weiße mit leichter grünliher Nuance
geweſen fei, neben welcher dad Mondlicht einen
entihieden gelben Ton gezeigt habe. Bei dunftigen,
nebeligem Wetter erſchien ihm das Licht gelblicher
und trüber. Grit bei ge Intenfität, und wenn
das P. vermöge der Najchheit feiner Bewegungen
und *r Schärfe der Contouren den Gindrud grö:
berer Nähe machte, traten die Begleitfarben Rot
und Grün hinzu und zwar dann in der Weile, dab
die untern Partien einen rötlichen, bie obern einen
grünlichen Ton zeigten. Auch bei den in jenen Ge:
genden am Bufe en vorlommenden Formen der
Bänder und Draperien fand dieſe Farbenverteilung
mandmal jtatt. Violett tritt häufig bei den Gr:
iheinungen von geringerer ntenfität hinzu. Alle
diefe Farben erjcheinen in direkter —— zu
den von Müller und Warren de la Rue erhaltenen
Reſultaten über die Farbe der eleltriſchen Entlabun:
gen unter verfchiedenen Druden zu ftehen, was auch
durd neuere —— en der Speltra des P.
und des eleltriſchen — zu beſtätigen
ideint. Damit ſtimmt aud die von Edlund in
neuefter Zeit aufgeftellte Theorie gut überein. Cd»
olarfahrten
über |
115
lund gründet das ganze Problem eleltricher Cr:
icheinungen in der Nähe der Erdoberfläche auf die
beide inimer gleichzeitige Wirkungen einer | von Faraday entdedte fog. unipolare Indul—
tion und zwar wie folgt. Betrachtet man bie
Erde als einen Magneten, welcher nıit einem guten
Leiter, der Grdfrujte, umgeben und in Notations:
bewegung befindlich ijt und bei dem außerdem noch
der eine Pol durd einen auten Leiter mit einem
andern entferntern Punkt des Diagneten (Erde) ver:
bunden ift, jo wird in dem dadurch hergeftellten
Schliefungsbogen ein eleltriicher Strom entitehen,
deſſen Richtung und Intenſität abhängig ijt von
Größe und Richtung der Notation des eritern.
Da nun die Groatmojphäre in ihren untern
Schichten ein ſchlechter, in ihren obern aber ein
verhältnismäßig guter Leiter ift, fo kommt ber
Stromfreislauf in der Weije zu Stande, da von:
Üquator, wo die Bewegung der aufiteigenden pofi:
tiven Gleltricität am größten ift, ein Abfließen der:
jelben nad den Polen hin eintritt, da dort ein
ſolches Aufiteigen, welches mit der Annäherung an
die Pole abnimmt, nicht mehr ftattfindet. Über
dem Aquator jelbit lann aber die Anfammlung der
Glektricität jo ſtark werden, daß eine intermittie:
rende Wiedervereinigung mit der fowohl dur Ab-
ftrömen ald auch durch Influenzwirlung an der
Erdoberfläche entitandenen negativen Gleltricität
entitehen fann; in diefem Falle treten dann bie
periodiſchen Gewitter der Tropenzonen ein, Für
denjenigen Zeil der pofitiven Gleltricität, welcher
bierbei nicht zur Ausgleihung kommt, und für die
nad den Polen hin abfließenden Eleftricitätämen:
gen ber gemäßigten Zonen nähert fich die Form
der Entladung dem Typus der Glühlichtentladun:
gen len wie die in Geißlerſchen Röhren, oder des
Glühlichts) um fo mehr, je ungünftiger die Bebin:
gungen für eineunmittelbare Rüditrömung zur Erde
jind, d. b. alfo je befier die obern Schichten der
Atmojphäre von der Erdoberfläche ifoliert find.
Dieje lehtere Art der Entladung wird dann
als B. zur Wahrnehmung gelangen. Die in Form
von Glühlichtentladungen auftretenden eleltriichen
Nüditrömungen haben unter Cinwirlung des Erd—
magnetismus an jedem Orte das Beitreben, fid)
parallel der Richtung einer frei aufgehängten Mag:
netnadel anzuordnen. Da nun in höhern Breiten
dieſes era 1er immer mehr die Ausgleichung
in jenkrechter Richtung begünftigt, fo werben dort
aud) die Entladungen in Form von Glühlichterſchei—
nungen (Bolarlicht) an Häufigfeit zunehmen, wäh:
rend die Funkenentladungen immer mehr zurüd:
treten, was auch in der Natur ber Fall ift, denn in
den Polargebieten werden nur höchſt jelten Ge:
witter beobadıtet. Dadurch tritt dann in einer den
magnetiichen Pol umgebenen Zone ein Zuftand
ein, in welhem die Anziehung der negativen Glet:
tricität des Erdbodens auf die angefammelten
und fozufagen verdichteten Mengen ber pofiti:
ven Eleltricität jegliche Tendenz, nad den Polen
ſelbſt hin abzufließen, überwiegt; biejes iſt dann
die Zone der größten Häufigkeit der P. (Ngl. die
Nordpolarlarte.)
Mit diejer Theorie ftimmen ſowohl bie von Mey:
precht, Nordentiöld und den Stationen der inter:
nationalen Bolarforihung beobachteten Thatfachen
als auch bie durch Yemftröm angeitellten Erperi:
mente. Norbenjtiöld bat auf Grund feiner viel:
fachen Beobachtungen die Zonen zufammengeftellt,
in melden ®. in ihren verfhiedenen Formen
8*
116 Polarmeer — Polder
beobachtet werden; er fagt: Um ben Kol des P.
(mit welcher Bezeichnung er den Durchſchnittspunlt
desjenigen Erdradius mit der Erdoberfläche belegt,
welcher durd den Mittelpuntt des Kreiſes eh
deiien einer Teil der Polarlichtbogen iſt) find fün
Zonen zu unterfheiden. Snnerhalb des Raums,
welchen ein um den Polarlichtpol gezogener Kreis
von etwa 8° Radius umfchließt, wird das P. nur
als leichter Nebel_im Horizont eriheinen. Da
außerdem wenig Strablenbildun —— ſein
wird, fo werben dort nur felten P. geſehen werben.
Innerhalb der Kreife, welche mit 8° und 16° Ra:
dius gezogen werden, wird ber regelmäßigere —*
larlichtbogen die — ſein. en
Kreifen von 16° und etwa 20° Radius wird ber ge:
wöhnliche Polarlichtbogen ziemlich in den Zenith
de3 Beobachters zu liegen lommen, und in dieſem
Fall wohl meift nur als ein heller Schein am Him⸗
mel erfcheinen oder e3 wird biefer Bogen im Nor:
den, ein zweiter denfelben in gröherm Abſtande um:
ebender Lichtring im Süden unweit des Zeniths
—28* ſein, und dann durch lebhafte Strahlen,
welche ſich durch den Zenith bewegen, ausgezeichnet
fein. In der folgenden Zone (bis nabe zu einem
Kreife von ef ind die Strahlenpolarlichter bie
häufigften, während zwiſchen 30° und 33° der ges
wöhnliche Bolarlichtbogen faſt nie Ro: ſichtbar iſt.
Dort ift das eigentliche prachtvolle raperie- und
Strahlenlicht die aus chließliche Erfcheinung.
Die langjährigen Beobahtungen dän. Forſcher
in Grönland ſhleßen ſich den erwähnten Prin⸗
zipien fehr gut an. Da das P. eine eleltriſche
Gricheinung fei, wurde ſchon länger nicht mehr be:
zweifelt, einen zuverläffigen Beweis dafür hat aber
neuerdings Profeffor Lemftröm durch feine Grperi:
mente im nördl, Finlandgeliefert. Nachdem er Ei
früber in —— beobachtet hatte, da a 0:
farlihtitrahlen unterhalb der Wolten, ü erg:
fpiken u. dgl. bildeten, hat er Ende 1882 durch ge:
eignete Armierung zweier Berge, welche ſich 246 m
und 330 m über dem umgebenden Terrain erhoben,
auf künftlihem Wege Polarlichterfheinungen
vorbringen fönnen. fiber den Spigen der zur Ar:
mierung gehörigen Metallitangen erhob fi, fobald
diefelben durch Prahtleitung mit dem Flachlande
verbunden wuͤrden, ein gelblichweißes Leuchten,
ganz dem des P. entiprec end, während in der Leis
tung feloft lebhafte eleltri he Ströme und zwar po:
fitiv von der Atmofphäre zur Erde bin beobachtet
wurben, Die fpettroifopiiche Unterfuchun ergab,
daß diefes Leuchten die dem P. ei entümliche gelb:
rüne Linie zwischen den Sraunhofer-ginien D und
& des Speftrums zeigte. _
Außer dem Merk von Friß, «Das PB.» (Opa. 1881)
und defien anderweiten Abhandlungen find die Pu⸗
blifationen vonNordenjtiöld (befonders «Die willen:
ſchaftlichen Ergebniffe der DVega:Erpedition», Bd. 1,
’p3. 1883), ſowie in neueſter Beit die Arbeiten von
Sophus Trombolt, Edlund und namentlich die Be:
richte Lemftröms an die «Societe des sciences de
Finlande» hervorzuheben.
olarmeer, N Eismeer.
olarnacht, die an jedem der beiden Pole ab:
wechielnd ein —* Jahr dauernde Nacht; auch
die Nächte der Polarzonen, in welchen die Sonne
während mehr als 24 Stunden nicht aufgeht; ebenfo
Bolartag der am Pol ein halbes Yabı dauernde
Tag und die mehr als 24 Stunden mwährende
Sonnenbeleudhtung innerhalb der Polarzonen.
Bolarreifen, |. Nordpolerpedbitionen und
Bolarforfhung.
olarftationen, die in den beiden Polarzonen
errichteten Beobachtungsſtationen, an weinen die
meteorolog. und allgemein phyfit. Berhältni e jener
Gegenden erforſcht werden follen, um diefe in Ver:
bindung mit den in den andern Zonen erlangten
Daten zur Gefamtertenntnis der Phyſil der Erde
m verwerten. Namentlich bezeichnet man als P.
ie im Syftem der internationalen Polarforſchung
1882—83 in Thätigkeit geweſenen Stationen,
Bolarftern, auch Nordpolarftern ober
Nordftern, heißt gegenwärtig ein_ heller Stern
zweiter Größe, der dem Nordpo de3 Himmels ſehr
nahe fteht. Es iſt der legte Stern (=) im Schwanze
des Kleinen Bären. Sein Abitand vom Pol be
trägt jeht 1° 18, nimmt aber jährlich (gegenwärti
um 19”) ab. Die Annäherung an den Norbpo
wird noch etiwa 300 Jahre fortdauern, bis der Ab:
ftand nur noch 21’ beträgt, worauf er wieder zu⸗
nimmt, Na Sahrtaufenden wird unfer jebiger
. feinen Namen fo wenig mehr verdienen als vor
2000 und mehr Ye denn vor 2000
a er 12° vom Bol entfernt. Im J. wird
er Stern y Cephei al3 dem Pol zunädft ftehend
P. fein, noch jpäter B Cephei, « Gephei, 5 Cygni,
nad 12000 Jahren wird die Wega oder a Lyrae
der hellfte und ſchönſte B. fein und e nad 25700
Jahren nimmt der jehige J dieſelbe Stelle wie
jeht wieder ein. Die Urjadye diefer Veränderung
es P. ift die Präceffion — d.). Der Sübpol bes
Himmels hat in feiner Nähe keinen fo hellen Stern,
als der Norditern it, doch fieht man 11° vom
Vol entfernten Stern ß der Kleinen Waſſerſchlange
als Südpolarftern an. Die Aſtronomen und Nau⸗
titer benuhen den Stern ſechſter Größe o Dctans
tis, der nur %,° vom Südpol entfernt ift, als
PVolaritern.
olarftrömungen nennt man bie aus dem
Rolargebieten nad) den gemäßigten Zonen fl
den Meeresftrömungen, melde g in
rg en — un —
na en führen und dadurch der
nicht felten gefahrvoll werben. % ift te
mentlich bei der von der Oſtluſte von Grönland und
der aus der Davisftraße lommenden B. (f. Karte:
Meeresftrömungen, Bd. XI, ©. 572) der Fall,
welde lehtere in der Gegend der Bank von Neus
fundland oft große Cismafjen mit ſich führt,
olartag, f. unter Polarnacht.
olarzonen oder Kalte Zonen, die beiden
geilen den Rolarkreifen (23° 27’ nörbl, und ſudl.
r.) und den Polen gelegenen Zonen; man unters
fcheidet daher eine Nord: und eine Sud⸗Polar—
zone. (Vol. Zonen.)
Pol de Mont engen KM. Polydor be
Mont), vläm. Dichter, geb. 1856 zu Wambele in
Brabant, ftudierte am Seminar in Mecheln, fpäter
an der Univerfität, und wurde dann —* ot der
niederländ. Sprache und Litteratur am Athenaum
zu Tournai. Seine Gedichte: « Epheuranfen »
er), «Wahrheit und Leben» (1877), «
ingsleben» (1878), « Aufgehende Sterne» (1 E
sCenzespoflen» (1881), «Loreley» (1882),
(1882), gehören zu den hervorragendjten Produkten
der neuern vläm. Poeſie.
Polder oder Kooge nennt man in olland
und in den flachen Küftenniederungen
an der Nordiee ringsum mit feften Dämmen ober
Poldiftang — Bolemit
Deihen in Form unregelmäßiger Bierede einge:
— und fo gegen die Fluten geſchütte Streden
des Marſchlandes (f. d.), die man mittels Gnt:
wällerungäfanälen oder aud) wer entümlicher Waſſer⸗
Smafchinen, fog. Poldermuhlen, dem
er und den Morälten abgewonnen und in
fruchtbare Fluren oder fette Graſungen verwandelt
t._ Die Wohnungen liegen zerftreut, von tiefen
fiergräben umgeben, weldye auch die Felder ein:
lieben und wg ern. Seltener find Dörfer, in
ger Reihe am ber Deiche gelegen, we D.
in der Wiliter und Kremper Mari At Ho ——
„Pele vom ober Bo —A 9 Pole.
ole nom me nörss, Wirbe dar nennt
ematit die Endpuntte des⸗
* —S— welcher auf der Ebene
Fe eines Kreijes der Kugel fe nfrecht fteht, ober
n beiden —** der Kugeloberflãche, die
vo a a Punkten der Peripherie eines —
gleichweit — Fe Hiernach haben parallele
—— — Fr) chaftliche V. Dreht fi eine fu:
gel um —— e, jo heißen die Endpunfte derſelben,
ug She allein in Ruhe b eiben,
die —— * el, — In der Geographie und
Aitronomie ind die B. der Grde oder Erdpole
die) Buntte der doberfläch, welche bei der
ſendrehun Sa Erde in Rube bleiben, die End:
— achſe. Ebenſo find die P. der Him—
ataele —— junite des
Et — einbaren Umdrehung
desjelben in bleiben, 8* er die Endpunlte der
— Dan nennt fie aud) es Aqua⸗
tors, weil c größte * * deflen Ebene die
—— ſenkrecht ber Aquator heißt,
und im ab zu den —* Elliptit, welche von
jedem Elliptil um 90° abiteben, wie jene
von jedem Punkte des Aquators. Am Himmel wie
a “ Erde ae dene: man einen nördlichen und
orbpolund Südbpol). An
Greta e
Zu von ben Sehe * fr "2 —— und iſt
chibar; ausgenommen find die Gegenden unter
t net wor P. zugleich hıtbar find,
im
1 Solardikanyeugfotbitan,, beißt eigent:
lich ber —“ A vom fihtbaren P.
oldiſta
=ı
* Sterne in
neuerer BUCH: nme vom Nordpol.
—** der "dm zeichnet man mit bem Namen
im Sigma die beiden gewöhnlich
er fine, Sa unfte, in welchen
— —* —* einer Hälften ausgehenden
Kräfte vereinigt annehmen lann. Beide P. werden
ebenfalls * unterſchieden in Nord: und Süb:
pe — lsuns und Magnetismus
er Erbe.) Ebenjo nennt man bei den Kryftallen,
Erwärmung eleftrijh werben, die:
* a die Gleftri ität b
—— zeigt, Y oo 1 unterjeie * nd
I:
einer Volta äul 39
—
onders ftarf zeigt, gleichfalls P., das eine Ende
* das * — arte:
ein Gegenjab, wie er zwiichen den bei:
den P. eines Magnets oder einer offenen Voltaſchen
— ae: 2. ee aa das Borhandeniein
A:
gS
117
Aud die a, bat das Wort Pola—
rität aufgenommen, hält aber bie angegebene
—* e Bedeutung nicht feſt, ſondern —— ſich
Sfelben im weitern Umfange und mehr im Sinne
eines abfoluten Gegenſatzes er Po
Bee Fiſch, f. unter Schol
fe (xuſſ.) Selb, in älterer Zeit foviel wie
weten. urfprünglich zur Entiheidung von
treitigfeiten zwiſchen Privatperfonen, fpäter ber
Pr iche Zweitampf. Nach dem noch 1550 aner:
annten ältern Recht mußten die Parteien und bie
eugen fih zum Eide und Zmweilampf erbieten,
melde bie ältern Ordalien erſeßten. Im 558
wurde der Zweilampf aufgehoben, doch b ieb die
Formel, nad) der man ſich zum Eid "und Zweilampf
erbieten mu * noch lange beſtehen.
Buie engl. Zumilie, f. unter —
ei en Mitt.) ijt der Name einer
ben Labiaten gehörenden Pflanzengattung, wel .
jebt gemwö nlich mit ber Gattung Mentha — d.) ver:
einigt wird, von ber fie fich durch den fünfjpaltigen,
zweilippigen und nad) dem Verblühen durch Haare
ag Kelch und die plöplid in einen baudi:
en Schlund erweiterte Blumenröhre untericheidet.
er gemeine Polei (P. vulgare), welder auf
nalen, fandigen, öftern überſchwemmungen aus:
nefepten Stellen de3 mittlern und ſüdl. Europa
wädjit, bat niederliegende, braunrote, —
Stengel, geitielte, —— Ind. ihmat gelänte,
unterleits mit eingefenften Ö drüjen verjehene
ter, kugelige Blütenwirtel, roſa⸗ ober —
Blumen und urüdgefrümmte obere Keldhzähne.
el.
olel, |.
ee bei den Athenern der britte ber
neun Archonten, welder urfprünglich die auswär:
tigen Ongelegenbeiten und das Kriegsweſen zu ver:
walten hatte und im Kriege an ber Spihe des red:
ten Flügels das attiſche Aufgebot führte. Seit den
demofratiihen Reformen de3 Klei * enes behielt er
noch den Vorſiß des Kollegiums der Strategen
—* in = 2. acht die Führung bes rechten Flu—
geld; nad) den Perferkriegen dagege en war ber P.
auf die Nechtepfle e in Sachen der Metölen und der
Fremden, der Nichtbürger beichräntt,
olemianer, Selte, ſ. unter Apollinarie.
olemit (orch.) beißt im allgemeinen jeder
öffentlich und methodiſch geführte geijtige Kampf
über ir a‘ eine Streitfrage (politiihe B., willen:
ſchaftliche P. u. ſ. w.). Speziell in ber Theologie
bezeichnet —— Elenchthiſche Theologie,
ae ogie genannt, die Belämpfung ber dog:
matiſchen Anſchauungen anderer hriftl. ar rg
nen, im Unterſchiede von der Apologetit (j. Apo
[ogie), die es mit der Verteidigung der chriſtl.
Wahrheit gegen Nichtehrijten, Juden, Heiden, Ma:
terialijten u. f. f. zu tbun hat. Die Zeit nad) der
Reformation, das 16. und 17. Sabıh., war bie
Blütezeit ber B., in welcher fie einen Hauptteil ber
theol. Wiſſ enfchaflen bildete. Die Hauptvertreter
waren auf luth. Seite: Chemnißz (geſt. 1588),
Hutter — 1616), Calov (geft. 1686); auf der
reform. Seite Turretini (get. 1631), Spanheim
(per 1701) und Stapfer (9 eft. 38 ee den
tholilen Bellarmin und eine, roße ah [von Fe:
fuiten, neuerdings Möhler, Nachdem der P. von
Anfang an bie fog. Irenit (Friedenslehre) zur Seite
getreten war, machte fie feit der zweiten Hälfte | bes
18. Jahrh. einer mehr wifienschaftlic rubigen Dar:
ftellung des Bemeinjamen und Unterjcheidenden der
118
einzelnen chriſtl. Ronfeffionen, der Symbolit (f. d.)
Platz. Vol. Sad, «Chriftlihe B.» (Hamb. 1838);
Hase, «Handbuch der proteitant. B.» (4. Aufl,, ps.
1878); Tichatert, «Gvangeliide BP.» (Gotha 1885).
vlEmo, griech. Philoſoph aus Athen, war ein
Schüler des Kenofrates (ſ. d.). Nach dejien Tode
(314 v. 33 ſtand er der Alademie eine Zeit lang
vor und ſuchte deren Lehren von den dialeltiſchen
mebr auf die ethiſchen Unterfuhungen zu richten.
Ein Hauptjak feiner Philofopbie war, daß das
höchſte Gut in einem naturgemäßen Leben beftebe.
in anderer P., mit dem Beinamen Periege—
tes, Schüler des Stoilers Panätius, lebte im
3. Jahrh. v. Chr. zur Zeit des Ptolemäus Epipba-
nes und verfaßte mehrere hiſtor. Werte, namentlich
eine Beichreibung der in den Tempeln der berühm:
teften Städte aufbewahrten Weihgeichente und eine
gried). Geſchichte in 11 Büchern. Die noch vorban-
enen Bruchitüde —— 3.1838) geſammelt.
Der Sophiſt und Redner Antonius P., aus
Laodicea in Karien gebürtig, lebte im 2. Jahrh.
n. Chr. meift in Smyrna und jtand bei Trajan,
abrian und Antoninus Pius in Gunft. Zwei von
ihm no ii rg Lobreden auf den Cynägirus
und Kallimadus find am beiten von Drelli (ps.
1819) und neuerbings von Hind (2pz. 1873) ber:
aus —— worden,
olemon, zwei Nönige von Pontus (f. d.).
olemoniaccen (Polemoniacdae), Pflanzen:
familie aus ber Gruppe der Dikotyledonen. Man
tennt gegen 150 Arten, von denen die Mehrzahl in
Nordamerika vorlommen, nur wenige finden fid in
ber nördl. gemäßigten Zone der Alten Welt, Es
ind frautartige, jeltener jtrauchartige Pflanzen mit
* verſchieden geformten Blättern und meiſt an-
ehnlichen Blüten, die aus einem funfſpaltigen Kelch,
einer fünfzipfeligen Blumenktrone, fünf Staubge:
fühen und einem breifächerigen eg
uchtlnoten mit einfachem Griffel befteben. Die
Frucht ift eine ziwei- oder mehrfamige Kapjel. Vich:
rere Arten der P. find wegen ihrer ſchönen Blüten
beliebte Zierpflanzen, bejonders foldhe aus ben
Gattungen Phlox (f. d.) und Polemonium (f. >
Polemönium L. eine Pflanzengattung, welche
der T einer bejondern dilotylen Familie,
der Bolemoniaceen, geworden it. Ghre in Aıne:
rifa, Europa und Afıen heimiſchen Arten find
perennierende Kräuter mit abwechjeluden, fieder:
Hnittigen Blättern und traubig angeordneten
lütenwideln, deren Blüten aus einem weiten,
frugförmigen, fünflappigen Kelch, einer rad: oder
—— en Blumenlrone mit Eufaypiem
aum, fünf niedergebogenen, im unbe der
Blumenkrone eingefügten, bärtigen Staubfäden
und einem oberjtändigen, von einent beherförmigen,
gekerbten Ninge umgebenen Fruchtfnoten befteben‘
aus dem fid) eine dreiflappige, wenigfamige Kapfel
entwidelt. Die betanntefte Art ift P. coeruleum Z,,
Sperrfraut oder Jakobsleiter genannt, eine
in den Alpen und Süddeutſchland bisweilen wild
wachſende und fehr häufig als Ziergewächs an:
gebaute Pflanze mit aufrechten, eichbeblätete
Stengeln und großen, ſchoͤn blauen, feltener weißen
Blumen. Sie verlangt guten Boden und viel Wajs
fer und läßt fich * — * des großen Wur⸗
zelſtods leicht vermehren, In Gärten findet man
von dieſer Art eine weiß blühende Spielart und eine
andere mit dunfelgrünen, gelblihweiß panachierten
Blättern, eine höchſt elegante Erjcheinung.
Nolemo — Polen (geographiſch-ſtatiſtiſch)
Polen, metallurgiihe Operation ber Aupfer:
ewinnung, beiteht in einem Umrühren des ge:
dmolzenen Kupfer mit bößernen _— und
bezwedt eine Neduktion des im geichmolzenen Me:
tall gelöften tupferorybuls.
Polen, früher ein eigenes Königreich, gegen:
wärtig offiziell die «Weihjelgouvernements»
enannt, wird im N. von Preußen und den ruf.
ouvernement Kowno, im O. von den Gouverne:
ments Wilna, Grobno und Volbynien, im S. von
dem öjterr. Kronland Galizien, im ®. von ben
preuß. Provinzen Schlefien und Poſen bearenst,
umfaßt 127310,5 qkm und hat (1882) eine Bevöl:
ferung von 7319980 €., darunter 600000 Ruſſen,
815433 Juden, 327085 Deutiche. Die Juden leben
im ganzen Königreich zerftreut und beichäftigen ſich
vorzug&weife mit Handel, Schenkwirtſchaft und
torei. Die Deutichen find Koloniften, Land:
auer, Handwerker und Fabrifarbeiter, wie benn
das Fabritweien in B. = hauptſächlich in ihren
Händen befindet. Der Konfeffion er m die Ein-
wohner meijt römifch-tatholiih. Die Zahl der
Drte, die des wirklichen Städterechts find,
beläuft fih auf 178. Das Land, größtentei er
Gebiete der Weichjel, geringernteild im Welten dem
der Ober und im Norboften dem Niemen an:
gebbrig, it vorherrſchend Ebene; nur die füdl. Teile
esjelben haben als Ausläufer der Karpaten eine
wellige, zum Teil bergige Oberfläche, beren
Spipe ijt die Lyfa-Gora, 627 m body. Einer
hönften Punkte ift dajelbit das Prondni
al, auch die Polniſche Schweiz genannt,
allgemeinen ift das Land ganz flach, — er
dehnte Wälder (ein Drittel der ganzen Obe ),
uten Weizenboden und vortreffliche Wieſen. Die
wäfterung B.8 ift im ganzen eine reichliche. Seen
find im Norden jehr zahlreich, aber nirgends von
bedeutendem Umfange. Die ſchiffbare el
durchſtrömt das Land in einer Strede von 536
und nimmt recht3 den San, Wieprz und Du.
Narew, lint3 die Nida, Kamionna, Pilica
Bzura auf. Die Warthe mit der Prosna im Weiten
und der Niemen bringen als Wafjeritraßen den:
Lande für den Binnen: und den auswärtigen Han:
delsverlehr bedeutenden Nu
4 iſt hauptſächlich ein aderbautreibendes Land,
deſſen Boden neben Roggen, Gerſte, Hafer und
—— einen vortrefflichen Weizen erzeugt und
im Weiten und Süden ſich auch zum Anbau von
Runfelrüben eignet. Bedeutend üt auch die Bieh-
zucht, namentlich die — Schafe, deren
Wolle nicht nur in den heimiſchen verar⸗
beitet, ſondern auch ins Ausland geführt wird.
Auch an Waldungen ift B. noch immer reich,
dem diejelben infolge früherer ſchlechter
fehr we find. Die größten, meift aus
holz eftehenden Forften liegen im Norben und
orboften des Landes. Naubwild, wie a
Wölfe, Luchſe, kommt in den Wäldern nur
vereinzelt vor. Bergbau auf Eiienerze, weniger
auf Kupfer, Zinn und Zink wird im füdl. Teile des
Landes betrieben. Steintohlenfhihten fommen im
füdl. Teile des Gouvernement3 Radom vor und
gießen fi längs der preuf. und öfterr, Grenze in
er Nähe der Eiſenbahn zwischen Siem —**
und Slawlow hin. Die Landinduſtrie hat info
der ftrengen Abfperrung gegen das Ausland un
der 1. San. 1851 erfolgten Aufhebung der x
ſchranken gegen Rußland einen ungemeinen Auf⸗
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Polen (geſchichtlich)
ſhwung genommen. Die Fabrifthätigkeit iſt vor:
ya in der Stadt und im Gouvernement War:
bau, in Radon, Petrifau, Kaliſch und Lublin
tonyentriert. Die Zertilinduftrie floriert beſonders
in ch Gzerfow und Zdunska-Wola. Die Woll:
und bejonders Tuchfabrilen verforgen nicht nur ben
einheimmiichen Bedarf, jondern halten aud) die Kon:
furrenz der ausländischen Fabrikate aus. Die Baum:
wollfabrifen vermehren jih, während die Flachs
verarbeitenden abnehmen. Von Bedeutung find
ferner die Zuderfabriten, die für über 6 Mill. Rubel
Ware produzieren, Bon den früher ſehr zahlreichen
Branntweinbrennereien find jet ſehr viele infolge
ber hohen Steuer eingegangen. Der Handwerks:
betrieb ijt in den Stäbten in jteter Entwidelung be:
griffen. Bedeutend ift der Handelövertehr P.s.
Der Binnenhandel wird vorzugsweiſe auf den Jahr⸗
märlten zu Lenczica, Lowicz, Gerät, Widawa,
Zdunsla-Wola, Ciechanow u. ſ. w., ſowie auf den
jährlichen Wollmärkten zu Warihau und Kaliſch
betrieben. Der Handel mit Rußland beiteht vor:
3 ich im Austaufh von rufi. — und
ai gegen poln. Sabrifate. Der Handel mit dem
Auslande hat feinen Hauptitapelplag in Danzig.
Zur Ausfuhr tommen hauptſächlich Getreide, na:
mentlih Weizen, Holz, Olſamen, ferner Wolle,
Vieh, Borſten, Roßhaare und Häute; zur Einfuhr:
Kolonialwaren, Farbitoffe, Baummolle, Rohſeide
und Seidenitoffe, Chemikalien, Maſchinen, Metalle,
Metallwaren, Wein und Kochſalz. Das Unter:
richtsweſen hat feit dem Aufitande von 1863 eine
radifale Reform erhalten und befindet fich in be:
er. ufihwung. In jeder Gouvernements⸗
adt befindet ſich ein Gymnaſium (in Warſchau
echs). Die fruhern Kreisſchulen werden nach und
nach in Progymnaſien verwandelt. Die Unter:
richtsſprache in jämtlihen Schulen ift die ruſſ.
Eprode, die gegenwärtig aud) im vu... Lande bie
Gericht3: und Geſchäftsſprache iſt. Auch die Zahl
der in den Dörfern angelegten Vollsſchulen, bie
unter der jpeziellen Aufficht befonderer Bezirkaf chul⸗
direltoren ſtehen, iſt im ſteten len begriffen.
Für die höhere Ausbildung jorgt die jeit 1864 aus
ber frühern Hauptſchule gebildete warſchauer Unis
verfität. Das are Unterrichtsweſen jteht unter
bem Kurator bed warſchauer Lehrbezirls. Die
Adminiftration der röm.stath. Kirche wırd von dem
Minifterium des Innern in Petersburg aus gelei:
tet, und der direlte Verkehr mit der röm. Kurie it
auf das ftrengite verboten. Die griedh.: orthodore
Kirche jteht unter dem Erzbiihof von Warſchau, die
Griechiſch⸗Unierten unter dem Biſchof von Chelm,
bie evang.:[uth. und die reform. Kirche unter je
einem Generaljuperintenbenten,, der zugleih Bor:
fißender des reſp. —— iſt. Seit 1863 hat
B. feine eigene Verwaltung verloren. Das Land
iſt gegenwärtig in zehn Gouvernements eingeteilt:
Warſchau, Kielce, Kaliſch, Lomſha, Lublin, Petri:
kau, Block, Rabom, Suwalli und Siedlee, die ihre
eigenen Civilgouverneure haben. Die jeit 1831
beſtehende Statthalterihaft ift 1874 aufgehoben
und an deren Stelle ein Generalgouvernement er:
richtet, das in Warjchau feinen Stk hat. Auch be:
finden fih in Warſchau das neunte und her Tes
partement des Dirigierenden Senats von Rußland.
Das Wappen bes ehemaligen Königreichs P. war
ein quadrierter Schild, das erjte und vierte Quadrat
mit dem weißen gefrönten poln, Adler in rotem
Felde wegen P., im zweiten und dritten einen
119
filbernen geharniichten Reiter mit goldenem Tas
triardenfreuz und bloßem Säbel auf einem rennen:
den filbernen Pferde mit goldenen Hufeifen und
blauem Neitzeug in rotem Felde wegen Litauen.
Das Herzſchild enthielt das Geſchlechtswappen de3
Königs. Die Landesfarben waren weiß und rot.
Geſchichte. Die Slawen, welde im 9. Jahrh.
bie fruchtbaren Ebenen an der Weichſel innehatten
und die unter dem gemeinfanen Namen ber Lechi—
ten oder Laden zufammengefaht werden, teilten
ich in mehrere Völkerſchaften. Bon dieſen hatten
die Bolanen oder die Slawen der Ebene ihre Mohn:
ſihe an der Warthe zwifchen der Rebe und Oder,
die Mafovier oder Maſuren an der mittlern Weich:
jel, die Bialohrobaten oder Weißchrobaten an
der obern ———— die Schleſier an beiden Sei—
ten der Oder. Im Laufe der Zeiten erlangten die
Polanen die Obermadht unter ihren Stammgenofien
und daber wurde ihr Name der gemeinfame Name
der ledhitiihen Geſchlechter. Da die lechitifchen
Slawen, wie alle Slawen, in Gemeinden zerteilt
waren, fo mährte es auch bei ihnen lange Heit, che
fie zu einem polit. Ganzen zuſammenwuchſen und
in der Gejchichte Bedeutung erlangten; dod nah:
men jie an den Kämpfen der andern Slawen mit
den Franken in Deutichland thätigen Anteil. Die
älteften Sagen ber Weißchrobaten ſchließen ſich an
Krakau und deffen Umgebung an, Krakus wird als
ein ehrmwürdiger Fürft und der Erbauer Krakaus
genannt; feine Tochter war Wanda (ſ. d.). Tie
älteften Sagen der Polanen fnüpfen fih an Gnejen
und den See Goplo; als die älteften Fürſten wer:
den Lech und ganze Fürjtenfamilien des Namens
Leſzek und Popjel erwähnt. Nad) dem Tode des
legten Bopjel wählten die Bolanen den Piaſt (f. d.)
zu ihrem Fürften, mit deiien Sohne Zjemowit die
Sage größere Veſtimmtheit erlangt. Geſchichtlich
tritt P. zuerft im 10. Jahrh. unter dem vierten
deriog aus dem pialtiihen Stamme Vtieciy:
ſlaw 1. li: d.) und zwar feit 963 in einem Abhängig:
feitöverhältnis zum röm.-deutſchen Reich hervor.
Eein Sohn und Nadjfolger Boleflam I. Chrobry
(j. d.) blieb zwar zur Zeit Ottos III. deſſen Bun:
desgenoffe, doch gelang e3 ihm jpäter, nit nur
völlige elbftändigteit zu erlangen, jondern auch
P. —— Mittelpuntte der ſlaw. Voͤlkerſchaften zu
erheben. Schon durd) > begannen die Jahr:
hunderte —— währenden Kaͤmpfe zwiſchen P.
und Rußland. Unter den folgenden Herzögen
Mieczyſlaw II. und III. (f. d.), Kaſimir I. und II,
(ſ. d.) Voleſlaw Il. bis V.(j.d.), Wladiflam I. bis III.
F B): die abwechielnd regierten und denen noch
ſzel der Weiße (1194—1227), Leſzek der Schwarze
(1279—88) und Przemyſlaw, 1295 ermordet, einzu:
fügen find, ſchwaͤchten wiederholte Landesteilungen
u: infolge derjelben innere ar die Macht P.s,
die Oberhoheit des deutſchen Kaiſers wurde wie—
derholt anerlannt und Poinmern, Schleſien, Ma—
ſovien fielen ab, auch wanderten viele Deutſche
ein, die Städte mit Magdeburger Recht gründeten.
Grit Wladiflam I. Lokjetet 6.) verband den Kern
der lodern Ländermafie, Großpolen und Kleinpolen,
wieder zu einem Ganzen und errang als unab:
hängiger Herrfcher die Königswürbe, die ſich nun
auf alle feine Nachfolger vererbte, worauf fein
Sohn, Kafımir ILL. (f. d.), innere NH
Ordnung in den Staat einzuführen ſuchte. Mit
diefem erloſch 1370 der piaſtiſche Mannsſtamm.
Die Bereinigung P.s mit Ungarn unter Kaſimirs
120
Schweſterſohn, Ludwig 6 d.) 1370—82, warb mit
defien Tod wieber aufgelöft. Bon weſentlicher Be:
deutung Dingegen und folgenreich war die Verbin:
dung P.s mit Litauen, als die Tochter Ludwigs,
edwig (. d.), 1386 mit dem Groffürften von
itauen, Yagello (f. d.), fi vermählte, Mit ihm
tamen die Jagellonen (ſ. d.) auf den poln. Thron.
Unter biefer ** insbeſondere unter Gi:
ismund I. und II., warb P., zumal der litaui—
che Adel jeit 1569 mit dem von Groß: und Allein:
olen Eine VBerfammlung bildete, der mädhtigfte
taat im öftl. Europa. Es hatteeinen Flächenraum
von etwa 1 Mill, gkm, worauf etwa 35 Mil, E.
wohnten, die, beherrſcht von über 100000 adeligen
Familien, der Schlachta, der ——— der Top. e⸗
ublik P. ebenſo wenig teilhaftig wurden als der
chtbarkeit ihres Bodens. Die Reichsverfaſſung
S war eine durch Vorrechte des Adels beſchranlte
onarchie. (Bol. Hüppe, Verfaſſung der Republit
PB», Berl. 1867.) Zur Grlangung der Könige:
würde war feit 1386 die libertragung von feiten
be3 Adels erforderlich, doch geitaltete ſich P. erft
1572 zu einem förmlichen Wahlreihe. Zur Königs:
meh hate der Erzbifchof von Gnefen als Interrex
und Primas des Neichs einen Reichetag zu berufen,
welcher auf einem bei dem Date Wola öftlih von
Warſchau gelegenen Felde abgehalten wurde. Die:
Ir ward mit Öraben und Wall umgeben und ent:
ielt ein großes hölgernes Gebäude, Szopa genannt,
in welchem der Senat feine Sißungen hatte, welcher
aus den Biihöfen, Wojwoben, höchſten Staats:
beamten und Rajtellanen, bie fänıtlich dem einge:
borenen Adel angehören mußten, beftand, mit ihm
die von den Landtagen und den Städten gewählten
Sandboten. Unter freiem Himmel ringsum ver:
fammelte ſich bewaffnet die große Maſſe des niedern
Adels, oft 100000 Dann, nah Wojwodſchaften
geteilt. Hatte der Senat fid) für einen Kronkandi—
daten entjchieden, fo galt diefer für gewählt, wenn
der Abel feine Prollamierung durch den Reichstags:
marſchall mit zgoda 8 i. einverſtanden) begrüßte;
fpaltete man mi in Barteien, fo hatte das oftmals
blutige Kämpfe zur Folge. Die Bevollmächtigten
des Gewählten unterfchrieben darauf die Pacta
conventa, d.i. Die vom ern aufgejegte Wahl:
fapitulation, welche die Macht des Königs fehr be:
Ichränfte, Dann erfolgte auf einem neuen Reichs⸗
tage durch den Erzbifchof von Gnefen die Krönung
des Königs in Stralau, welcher dort jelbit die Pacta
conventa beihwor. Die gewöhnlichen Neichstage,
—* über Geſehe zu beſchließen, über Krieg und
Frieden zu beftimmen, auch Recht zu fprechen hatten,
wurden alle zwei Jahre, anfangs in Petrilau, feit
1569 in Warſchau und feit 1673 das je dritte mal
in Grodno gehalten. Zu ihnen gehörten ber König
der Senat und die von jedem Landdiſtrikt zu zwei
gewählten abeligen Landboten. Die Neichstage
blieben aber im 17. und 18. Jahrh. faft alle erfolg:
los, weil jedem einzelnen Qandboten da8 Liberum
veto zufam, fraft deſſen er durch feine Proteftation
«nie pozwalam» (das erlaube ich nicht) ſämtliche
Beſchluſſe des Reichstags annullieren und den
Rei tag ezerreißen» konnte. Dazu famen noch
die gefehlich geftatteten Konföderationen, d. i. Ver:
bindungen von Adeligen, die ihre Beitrebungen
ewaltiam durchzuſehen fuchten und auf dieje Weife
Bürgerkriege verurjadhten. Den bei der weitern
Verbreitung der Reformation gefürchteten religiös
fen Steeitigleiten wurde dadurch vorgebeugt, daß
Polen (geſchichtlich)
bie Diffidenten durch den Religionsfrieben von 1573
gleiche Rechte mit ben Katholiken erlangten.
Mit Sigismund IL ftarb der jagellonitche Stamm
aus, Heinrih von Anjou (f. Heinrich ILL., König
von Frankreich), 1573 zum König von B. erwäßlt,
beihmwor 1574 die erften Pacta conventa, Als er,
um ben franz. Thron zu befteigen, nad) viermonat:
licher Regierung heimlich entflohen war, wurde
1575 Stephan Bathori i .b.) ald König erwählt.
Vach defien Tode 1586 e olgte bie Wahl des ſchwed.
Prinzen Sigismund IIL. (f. d.), der die beiden erſten
nordischen Kronen zuvereinigenfuchte. Aber Schwe:
ben riß fich bald von dieſer Verbindung los, und
infolge deſſen entbrannte ein langwieriger Krieg
zwiichen P. und Schweden, ber eritdurd; den Frieden
von Dliva 1660 beendigt wurbe; P. verlor darin
Livland und 1657 bie gehnsbohe über das Herzog:
tum Preußen. Auf den ſchwachen Sigismund IIl.,
mit bem ug ‚8 begann, 1580—1632,
waren inzwiſchen defien Söhne Wiadiflaw IV.
(.d.), 1632—48, und Johann IL. Kaſimir (f. d.),
1648—72, gefolgt. Unter legterm löfte ei Ins
nern ber lodere Zuſammenhang ber polit. Mafje in
Anarchie auf und es fam zu vollftändigen Bürger:
friegen. Religiöie und polit. Unterdrüdung veran:
labte den Abfall der Koſalen, die fi 1654 unter
Chmelnizli empörten und unter Rußlands Schub
begaben, worauf auch Smolenst, Kiew und das
Land öltlih vom Dnjepr_1667, im 18jährigen
Waffenftillitande zu Andruffow, an Rußland abge:
treten wurden. Na * Kafimirs Abdanku
—— der niedere Adel die Wahl Michaels (f. d.
urch. Sein Nadfolger, Johann Eobiefti (f. d.),
1674—96, beitätigte jene Abtretungen an Rubland
in dem Frieden von 1686. Nach feinem Tode ſchien
der Thron dem Meiftbietenden zuzufallen, jede Groß⸗
macht erfaufte fich für ihren Thronfandidaten eine
Partei des Adels. Als der Kurfürft von Sachſen,
Auguft II. (f. d.), fi gegen den franz. Prinzen
Eonti behauptete und an Peter I. von Rußland
anſchloß, wurde P. in den Norbiichen Krieg (f. d.
verwidelt. Unter den fiegreihen Waffen Karla XII.
entjeßte der poln. Reichstag 1704 Au Ar bes
Throns und wählte Staniflam Leſze uff j.d.) zum
Könige, der aber ſchon 1709 die Kedne an jenen
zurüdgeben mußte, Nah Auguſts IL Tode 1733
verſuchte Staniflam mit franz. ————
Thron wiederzugewinnen, aber mit Hilfe Rußlands
und Oſterreichs erlangte Auguſt III..d.), 1733 63
die poln. Krone. Unter au II. waren 1717 die
Nechte der Diffidenten befhränft und 1724 das Blut:
gericht zu Thorn vollzogen worden, Endlich ſchloß
man auf den Neichötagen von 1733 und 1736 bie
Dijjidenten von den Stellen der Landboten und von
allen öffentlichen Umtern aus. P. blieb in jeder
Beziehung unter dem Niveau europ, Bildung.
Während bed Siebenjährigen Kriegs durchzogen
ruf. und preuß. Truppen ungehindert das Yand
mit Bedrüdung der Einwohner. Nah dem Tobe
Auguſts ILL. ward durch die Bemühungen ber Kai⸗
ferin Katharina ll. die Wahl des Grafen Staniilam
Auguft (ſ. d.) Poniatowſti, 1764, zum König
von P. durcdhgefeht. Als Nukland fih_darauf der
Sade der Dijfidenten annahm, u ſich die Kon⸗
föderation zu Bar (ſ. d.), welche P. in die wildeſte
Unordnung brachte. — Heere beſehten und
verwüſteten das Land, und die innere Zerruttung
war jo vollitändig, daß die drei großen Nadbar:
mädte, wie Katharina II. ſich ausprüdte, P. für
Polen (geſchichtlich)
ein Land hielten, in bem man ſich nur büden dürfe,
um etwa3 aufzuheben.
Da —* es dem öſterr. Hofe zeitgemäß, das
Zipfer Komitat, weldhes 1402 von Ungarn an P.
ändet worden war, wieder in Beſih au nehmen;
2. dadurch den beiden andern Nachbarn, Ruß:
und Preußen, den willlommenen Borwand, die
lange beabfichtigte Teilung vorzunehmen. Die drei
Mächte ſchloſſen 5. Aug. 1772 darüber einen Ver:
trag, und die Republik P. genehmigte 18. Sept.
1773 die fchon volliogene Teilung (erite Zei:
lung), durch welheßß. vonden 751000 qkm, die e3
damals nod) er gegen 214000 verlor. Diter:
reich erhielt die Grafſchaft Zins, die Hälfte der Woj:
wobihaft Kralau, einen Zeil der Wojwodidaft San:
domir, die ee t Lemberg, das Land Halicz,
die Wowodſchaft Belz und den weſtlichſten Teil von
obolien, zuſammen 70480 qkın mit 2700000 G.;
n ganz Bolnijch : Preußen, mit Ausnahme
von Danzig und Thorn, und den — zu⸗
ſammen 34 745 qkm mit 416000 E. Rußland das
poln. Livland, die 35* der Wojwodſchaft Polozk,
die Wojwodſchaften Witepsl und Mitiilam und
einen Teil von Minst, zufammen 108750 qkm mit
1800000 E. Auch der liberreit P.s jtand von jeht
an vollitändig unter dem ruf. Einfluffe. Allerdings
begann nunmehr eine patriotiihe Partei an der
Wiederherſtellung P.s zu arbeiten, und unter dem
Eindrud der Vorgänge in Frantreih kam aud in
P. Bene erfaflungareforn u Stande. Das Wahl:
reich follte au — und der dritte Stand in die
Nationalrepräfentation aufgenommen werben.
Died waren die Grundlagen der Konititution vom
3. Mai 1791. Aber Rubland — ſie und fand
ndete an einem Teil des poln. Adels, der zu
Targowig (j. d.) eine tonföderation gegen die be:
reit3 vom Neihötage angenommene Konjtitution
a atte. Hierauf verließ Preußen die
- der Republik und willigte 4. Jan. 1793 in
eine zweite Seilang P.s. Nubland befam
2350700 qkm mit 3 Mill. E., die Nejte der Woj-
wodihaften Polozt und Minst, die Hälfte der
Voiwodſchaften Nowgorodel und Brzesc, ben öſtl.
renzitri Wojwodſchaft Wilna, die Ulraine
En. ojwodſchaften Kiew und Braclaw), Podo:
ien und die öftl. Hälfte Volhyniens; Preußen
58370 qkm mit 1100000 G., die Wojwodſchaf—
ten Poſen, Kaliih, Sieradz, Lenczic und halb
Rama, nebit Danzig und eg die Hälfte der
eier — das Ländchen Dobrzyn, die
Bojwodihart Plock, das Land Wielun und die
Feltung Ezenftohau. Preußen bildete daraus die
neue Provinz Südpreußen (ſ. d.), Mit Gewalt
wurden von rufj. Seite die Pr ſolche Behandlung
empörten Mitglieder des Rei * zu Grobno
genötigt, die HZerftüdelung ihres
—— a erhob ſich Koſciuſzko (j. d.) an
pipe der Konföderation von Sirafau, März
794, zum Kampfe für Vaterland und —
Doch es war zu ſpaͤt. Ohne Feſtungen, ohne Tat:
tif, ohne Bundesgenofien, ja ohne Waffen, mußte
bie Nation gegen Nufien, Preußen und Öfterreicher
nad) dem Tage von Maciejowice, 10. Dit., und nad
dem Falle von Braga, 1. Nov. 1794 unterliegen.
Hierauf ward durch Traltat vom 24. Olt. 1795 die
dritte Teilung P.3 endgültig geregelt und P.
aus der Be ber Staaten geitrihen. Rußland
erhielt 1117 ‚gkm mit fajt 1200000 E., Preußen
54898 qkm mit beinahe 1 Mill, E. und Öfterreich
aterlande3 zu
:1815 nad) dem Muſter der franz. Charte erließ
121
45922 qkm mit mehr al3 1 Mill, E. Staniilam
Auguſt erbielt ein Gnadengehalt, das er in Peters:
burg, — mußte, wo er 1798 ſtarb.
‚ Die Ausbreitung der Napoleoniichen Macht, für
die eine poln. Legion unter Dombroffi (f. d.) ge:
ftritten, gab einem Zeile von P. wieder eine fein:
bare nationale Grijtenz. Aus dem Tilfiter Frieden
und den Abtretungen Preußens ging 1807 das
a tum Warfjchau (i.d.) hervor, welches in
önig —* Auguft (ſ. d.) von Sachſen ſeinen
Regenten erhielt und nach — einbündiichen
Grundjäken organifiert ward. Der Wiener Friede
(Oft. 1809) vergrößerte das Herzogtum durch die
Grwerbung von Neugalizien, und e3 erwachte die
Hoffnung, Napoleon werde mit der Wiederher:
jtellung B.3 Ernft machen. Wie unbegründet dieje
Erwartung war, erwies fich im Feldzuge von 1812,
indem Napoleon nur Soldaten aus P. ziehen wollte
und an eine Entflammmmg des Nationalgeijtes nicht
dachte. Das Herzoptum Warſchau fand durd) die
Kataftrophe von 1812 fein raſches Ende. Nach der
Beltimmung des Kongrefies zu Wien follte fortan
die Stadt Kralau mit ihrem Gebiet eine jelbjtändige
Republik bilden, der 1810 an Rußland abgetretene
Zarnopoler Kreis an das öjterr. Königreid Gali:
zien zurüdfallen, der — und Michelauiſche
Kreis, Thorn mit ſeinem Gebiete, ferner Poſen und
Teile von Kaliſch unter dem Namen eines Groß—
herzogtums Poſen an Preußen abgetreten werden,
alles übrige aber mit dem Ruſſiſchen Reiche als
Königreich Polen in der Weiſe vereinigt wers
den, daß feine territoriale Ausdehnung von Cr:
meſſen des Kaiſers abhing, feine Verwaltung aber
von der ruſſiſchen gefondert jein follte.
Gine Verfaſſung, die Kaiſer Alerander I. 27. Nov.
ver:
ſprach den Polen eine aus zwei Kammern beitehende
Landesvertretung und eine eigene aeg N
die in Abwefenheit des Zaren ein Statthalter fü
ren follte. Griter Vizefönig war General Zajonczet;
ihm ftanden aber ein rufj. Kommiſſar, dem nament:
lich die geheime Polizei übergeben war, und ein
ruſſ. Milttärgouverneur — wurde
ei
=
27. März 1818 der erfte Reichstag eröffnet, aber es
ofienbarte fich bald, wie e3 mit dem fonjtitutionellen
Leben in P. wenig auf fi haben ſollte. Durd
die nulabehe zur Konſtitution (Febr. 1825) ward
die Prepireiheit beſchranlt und die zweijährige Perio:
dicität und Effentlichkeit der Reichstagsverhand—
(ungen aufgehoben. Der Tod des Kaiſers Alerander
verihlimmerte das Verhältnis. Der Einfluß des
ruffiſchen Militärgouverneurs, des gewaltthätigen
— Konſtantin wurde unbeſchränkter und
nad) Yaionczet3 Tode (1826) die Statthalterſchaft
nicht mehr beſeht. Unter dieſen Verhältnifien ge:
wann der Gedante, die rufi. Herrichaft abzuichüt:
teln, immer mehr und mehr Anhänger im Lande.
— Verbindungen unter der Jugend, im Heere,
ahlreiche litterariſche Vereine u. |. w. waren die
—2*— jener Idee oder lamen ihr durch Erwedung
des poln. Nationalgeiftes zu Hilfe. Unter den Ge:
lehrten war e3 namentlich Lelewel (f. d.), unter den
Dichtern Mickierwicz (f. d.), welche die Pflege dieſer
nationalen Oppofition auf dem geiltigen Gebiet
leiteten. Nach der peterSburger — vom
Dez. 1825 lam die Regierung auch dieſen poln. Ge—
heimgeſellſchaften auf die Spur, und mehrere Hun—⸗
derte von Teilnehmern wurden verhaftet und auf
Hochverrat angeklagt. Nikolaus I. wies die Ent
122
Polen (geſchichtlich)
ſcheidung fiber die Civilperfonen an den Senat, der | 27. April auf öfterr. Gebiete eine Zuflucht ſuchen.
fie zum Mißvergnügen des Zaren fait ſämtlich jrei-
iprad) (17. Nov. 1828). Alle diefe Vorgänge hat:
ten die Gärung zu einer Höhe gefteigert, von der
auch der im Mai 1830 eröffnete lehte Reichstag
— gab. Hierzu kdamen noch die aufregenden
Nachrichten von den gelungenen Revolutionen in
ep Belgien u. f. w, So brad) 29. Nov.
1830 die Inſurrektion in Warſchau aus, Ein Häuf:
fein Alademiker und Fähnriche überfiel am Abend
das Belvedere, die Nefidenz des Großfürften, und
diefer verlich mit einem Zeile der Truppen (die
andern waren übergegangen) die Hauptſtadt. Bis
zum 13. Dez. 1830 hatten die Rufen das König:
reih P. vollitändig geräumt, und das ganze Land
erflärte fich einmütig für die Bewegung.
Die Nevolution war ein gelungener Handſtreich,
in ber — aa mie unternommen, und zu
einem Kampfe, wie er bevorftand, nichts vorbereitet.
Nur zeigten fi die Ruſſen ebenfo wenig gerüſtet
und gewährten dadurch der Bewegung Zeit, ſich in
ihrer ganzen Macht zu entfalten. Zunäcit nahın
die Ariſtokratie in $ die Gewalt an fih. Ten
Oberbefehl über die Armee erhielt General Chlo:
pic (f. d.); auch ward eine proviforische Negierung
unter dem Vorſihe des Füriten Adam Czartoryſti
j.d.) beftellt, zu welcher man, ber beraten
artei zu Liebe, Lelewel hinzugezogen hatte. Schon
jept aber zeigte ſich der Imelpalt ber Parteien.
Während die Demokraten offenen Brud mit Ruß:
land wollten, dachten die ats und nament-
ih Chlopicki an eine friedliche Ausgleihung mit
bem Baren. In diefem Sinne jendete man eine
Gefandtichaft nad) Petersburg und ſcheute ſich, die
äuferfte revolutionäre Energie zu entfalten, Es
verjtrich eine kojtbare Zeit, in der Rußland ſich rü:
ftete, und dann erteilte der Zar der Gefandtidhaft
einen Beſcheid, ber or} unbedingte Unterwerfung
lautete, lopicki, welcher —* die Diktatur
in die Hand genommen und der Agitation ber de:
mofratiihen Partei ſchroff entgegentrat, ſah mit
dem Sceitern der Verhandlungen in Peteröburg
feinen Plan vereitelt; er legte feine Stelle nieder,
und Fürft Michael Nadziwill ward zum Oberbefehls⸗
ber des Heers gewählt. Nunmehr Tag ber feit
ezember verfammelte Reichstag 25. Yan. 1831 die
Abtepun des Haufes Romanomw vom poln. Throne
aus, Neun Tage darauf erklärte ber Reichstag,
dab er aud) die — Provinzen unter ſeinen
Schuß nehme, und defretierte 3. Febr. deren Wie:
dervereinigung mit dem Königreiche P. Aber unter:
bes war der ruſſ. Feldmarſchall Diebitich (f. d.) mit
120000 Mann und 400 Kanonen über den Bug ge:
rüdt, und drang gegen Warſchau vor. Dom 14,
Ken: an folgte E t auf Sefedt. Nachdem die
ereinigung ber verſchiedenen ruſſ. Armeekorps
teoß aller Hinderniſſe bewerlſtelligt worden, lam es
25. Febr. zu einer —— Hauptſchlacht bei Gro⸗
chow. Nach tapferſter Gegenwehr mußien die *
len ſich über die Weichſel nah Warſchau zurüdziehen
und hielten auf dem rechten Ufer nur nod den
Brüdenlopf von Braga bejegt. Radziwill legte das
Kommando nieder und erhielt zum Nachfolger den
General Skrzynecki, der demnächſt mehrere Heinere
Erfolge hatte. Auch ward General Dwernicki mit
einem —— entſendet, um im Nüden der
ruf. Armee die ehemals poln. Südprovinzen (Vol:
hynien, Podolien, Utraine) zu injurgieren; aber
biefe Erpedition mißlang, und Dwernicki mußte
Die Hauptarmeen ftanden ſich unterdes wochenlang
beobadhtend gegenüber, bis 26. Mai eine zweite
Hauptichlacht bei Ditrolenka (f. d.) erfolgte, ohne
eigentlich entſcheidendes Reſultat. Allerdings tra:
ten die Polen, die bier den größten Teil ibrer Kern—
truppen verloren, fofort den Rüd;ug nah Warſchau
an; aber aud) die Ruſſen hatten jehr gelitten und
mwagten keine Verfolgung. Zu der beiderjeitigen
Erihöpfung fam nuä der Ausbruch der Cholera,
die in P. auf die furdtbarfte Weiſe wütete und im
Juni auch Diebitid und den Großfürſten Konftan-
tin — raffte. So fand abermals eine längere
Waffenruhe jtatt, die nur Durch eine zum Teil rühm-
liche, aber ganz erfolglofe poln. Erpedition nad) Li⸗
tauen, unter yührung der Generale Gielgud und
Dembinfli, gejtört ward. Inzwiſchen waren die
diplomatif: en Agenten der warichauer Regierung
überall im Auslande bemüht, für B. Unterjtügung
nachzuſuchen; aber fie fanden nur unfruchtbare
Sympathien. Selbft Frankreich und England lehn:
ten jede ernitliche — ab und überließen
P. ſeinem Schidſal.
Der neue Befehlshaber der ruſſ. Armee, Paslie⸗
witſch (j. d.), zog nunmehr die Weichſel ſtromab⸗
wärts und bewerkſtelligte 27. bis 29. Juli den
Weichſeluübergang bei Wroclawel, unweit der preuß.
Grenze; dann rüdte er auf dem linlen Ufer lang:
—— egen das auf dieſer Seite ſchlecht befeſtigte
* vor. Da Skrzynecki eine Schlacht an:
unehmen zögerte, warb er (10. Aug.) des Ober:
eſehls entſeßt und Dembinſtki zu defien Nachfolger
ernannt; aber aud) dieſer mied die Schlacht und zog
fh auf Warſchau zurüd, Unter dem Eindrude
diefer Vorgänge erfolgten dort die blutigen Scenen
der Nacht vom 15. zum 16. Aug. Mehrere gefan:
ene Generale, des Berrats bezichtigt, wurden aus
en Gefängniflen gerifjen und ermordet; aud an
gamı Unfhuldigen ward die Wut des Pöbels geübt.
ie Regierung, an deren Spibe nod) immer Fürſt
Gzartoryjli ftand, dankte ab und der Reichstag er:
nannte 17. Aug. General Arulowiecki zum Regie:
pierungäpekg ben en alte General Malachowſti
n DOberbefehl über das Heer erhielt. Nunmehr
wurden zwei poln, Armeelorps betadjiert, um dem
—* die Verbindungen abzuſchneiden. Doch
asliewitſch ließ ſich durch dieſe Flankenbewegungen
nicht irremachen und rüdte mit ſeiner ganzen Macht
gegen Warſchau vor. Am 6. und 7. Sept. ſtürm⸗
ten die Rufen die Stadt; die Polen leijteten ver:
zweifelten Widerftand, aber bie Übermadt war zu
groß, Da ſchloß Krukowiecki 7. Sept. morgens
eine Kapitulation any 1 ber — P.
unter Ausbedingung einer Amneſtie ſich unterwarf.
Allein der Reihstag wollte dieſen Vertrag nicht
genehmigen, worauf Krukowiecki abdankte und Nie:
ber erg ee wurde.. Diejer Schloß
am Abend de3 7. Sept. eine bloß militäriiche Stapi:
tulation, wodurd Warſchau und Braga den Rufien
übergeben wurden; dagegen erhielten die poln. Ne:
gierung ug en und Armee freien Abzug nad
der Feſtung Modlin. Es war bie ut ‚ben
Kampf noch weiter fortzufegen. General Rybiniti
übernahm das DOberlommando und verfudhte alle
oln. Streitträfte bei Moblin zu konzentrieren.
Aber die detadhierten poln. Korps waren bereits
von den Ruſſen abgeſchnitten und wurden bald über
die Grenze nad) Galizien und tralau gedrängt. Bon
Modlin aus wurden nochmals Unterhandlungen mit
Polen (geſchichtlich)
Dastiewitih angelnüpft; diefer forderte unbebingte
Unterwerfung und Gibesleiftung für den « Hailer»
Nitolaus, Lieber aber gingen die ‘Polen in die Ver:
bannung. Der Rüchzug ward von Modlin über
Block nach der preuß. Grenze fortgefegt. Am
25. Sept. traten Regierung und Reichstag hinüber,
5. Ott. folgte Rybinſti mit der Hauptarmee, worauf
auch die lebten polr. Feſtungen Modlin und Zamosec
(9. umd 24. Dit.) fi den Auſſen ergaben.
Die Konititutien von 1815 wurde num aufgeho:
ben, die angeiehenen Teilnehmer des Aufftandes
nad) Sibirien geſchidt oder zum militäriichen Straf: |
dienfte verurteilt, zahlreihe Konſislationen vor:
genommen, die Univerfitäten Warſchau und Rilna
aufgehoben , die obern Klaſſen der Gymmaften und
bes Kadettenhauſes zu Kalijch aufgelöſt, deſen Zög—
linge in ruſſ. Militärfchulen verſeht, die volu. Sol:
baten in bie rufl. Armee eingereiht. Die Amneftie,
die 1. Nov. 1831 verlündigt wurde, enthielt zahl:
reihe Ausnahmen. An die Stelle ber Verfaſung
trat das Organiſche Statut vom 14. (26,) Febr.
1852. Dasſelbe hob den Reichstag auf und erjehte
ibn durch einen Staatsrat, deſſen Mitglieder der
Kaijer ernannte und die nicht geborene Polen zu
jein brauchten. Die Steuern wurden nad) dem für
das übrige Rukland geltenden Maßitabe geordnet.
Die oberfte Leitung der Verwaltung, früher von
verantwortlicen Miniſtern geführt, wurde einem
Adminiftrationdrate übertragen, der unter bem
Statthalter Pasliewitſch ftand. Cine andere Be:
ftinmung fügte hinzu, dab bei dem Verfahren gegen
Staatäverbredher die in Rußland geltenden Verord⸗
nungen zu Grunde liegen follten. Mit diefem Sy:
fteme eng verbunden war die Strenge polizeilicher
Überwadung, die Abi wg. bes Landes vom
Verkehr mit dem Auslande, die Hemmung jeder
nicht ruſſ. Thätigkeit in der Vrefie. Einzelne aben:
teuerliche Verſuche (1833), neue Aufitände hervor:
en, fteigerten nur bie polizeiliche Wachfamteit.
ugleih trat immer unverhüllter der Plan hervor,
. zu ruffifizieren. Die ver Krone zugefallenen
Güter der Emigrierten wurden ald Majorate an
Rufen verliehen und follten nur auf Nachlommen
otiech. Glaubens vererbt werden dürfen. So wurde
mitten in P. eine rufl. Ariftofratie begründet und
ber Anfang gemadıt, ber griech. Religion Cingan
ind Königreich zu verſchafſen. Nah dem Schul—
lane von 1833 jollte die poln. Jugend vor allem
uſſiſch lernen und ins ruſſ. Wejen eingeführt wer:
ben. Die alten Lehranſtalten wurden in dieſem
inne umgeftaltet, die frübern Lehranſtalten befei-
tigt und neue eingeführt. Niemand jollte auf rufl.
Univerfitäten zugelafjen werden, fein poln. Edel
mann ind Wilitär eintreten fönnen, überhaupt feit
1840 niemand ein öffentliches Amt erhalten, der
nicht der rufj. Sprache ganz mächtig jei. Die Woj-
wodihaften wurden in Gubernien umgewandelt.
Das poln. Munzweſen wurde durch einen Ukas von
1842 auf den ruff. Fuß geiebt und überhaupt bis
auf den Namen die Umwandlung der poln, Ver:
bältnifje ins Ruſſiſche konſequent durchgeführt,
Indeſſen blieb die Emigration, die freilich in ber
nnung bie alte poln. Uneinigkeit darftellte,
unermübet thätig, eine neue Erhebung vorzuberei:
ten. Vorzugsweiſe war e3 die demokratische Partei | Eifer dem poln. Reorganifationsprojelte.
|
[2]
25
Gnejen gefangen, viele Verdächtige in Poſen und
Weſtpreußen wurden verhaftet. Gin in der Nacht
vom 2. zum 3. Mär; von Kurnik aus gemachter
Verfud zur fberrumpelung der deftung Poſen
mißlang, ebenfo wurde in Ruſſiſch-Polen ber zu
SiedlceunternommeneRevolutionsverfuch vereitelt.
Bedeutender ſchien ſich der Aufitand in Kralau zu
entwideln, wo Tyſſowſti als Diktator die Leitung
der Dinge übernommen hatte, Doch fahen fich die
Wſurgenten ſchon nad) zehn Tagen — die
Stadt in der Nacht vom 2. zum 3. März zu ver:
lafjen, und tags darauf ergaben fie fich den Preu:
ben. Höchſt tragiich geftaltete ſich der Aufitand in
Galizien. Statt jih vom Adel zum Aufitande fort:
reißen zu lafien, erhob ſich da3 durch die Fronen ge:
drüdte Landvoll gegen die Edelleute jelbft. Es
rotteten fi in den Kreiſen Tarnow, Jaslo, San:
decz und Rzeſzow gan Haufen von Bauern unter
Führung des Jakob Szela — überfielen die
Edelhöfe, brannten und plünderten,, und mordeten
Hunderte von adeligen Gutsbeſihern. Krakau ver:
lor infolge des Aufſtandes, vermöge einer Berab:
redung ber öftl. Mächte, feine Unabhängigkeit und
sing im Nov. 1846 an Bfterreich über.
urch die Revolution von 1848 erhielt bie kaum
beihwictigte Bewegung in P. einen neuen Anitof;.
Die poln, Emigration verflocht fi aufs innigite in
bie revolutionären Erſchũtterungen diejes Jahres.
In Frankreich, Deutichland, Ftalien, überall tauch—
ten poln. Revolutionäre auf. In Ruſſiſch-Polen,
wo bie —— am beſten gegen einen gewalts
famen Schlag gerüftet war und mädtige Militär—
mafjen ftanden, regten ji) bie alten Wuͤnſche, und
e3 ging, freilid vergeblih, eine Deputation nad)
Petersburg, um die ne ne Ta Zuſtan⸗
des von 1815 * verlangen. In Kralau ward
gleich nach dem Ausbruch der wiener Märzrevolution
von 1848 eine Amneſtie verfündigt, Raſch ftröm:
ten nun Gmifläre und ————— nach dem
öſterr. P., und als die Behörden dem weitern Zu:
ſtrömen wehren wollten, ya April eine Be:
wegung los, die nur nad beftigem Kampf unter:
drüdt ward. Die Regierun huchte durd) das Ber:
ſprechen, die Roboten auf Staatstoften abzulöfen,
und durch Verkündigung einer neuen Amneftie die
Berubigung berzuitellen. In Preußen waren in:
folge der berliner Märzrevolution die gefangenen
Führer der Polenverfhwörung von 1846 befreit
worden, und eine poln. Deputation, die um natio:
nale NReorganijation Poſens petitionierte, erhielt
die Verheikung, daß ihr Verlangen erfüllt werden
follte. Kaum war diefe der beutichen Bevöllerung
nichts weniger als erwunſchte Verheißung gemacht,
als ſich im öftl. Teile des Großherzogtum bewafi:
nete poln. Haufen ſammelten und an veridiedenen
Orten Widerftand gegen die preuß. Behörden und
Truppen verjuchten, Die preuß. Regierung fandte
den General Willifen als Kommiſſar nah Poſen,
der ein Abkommen mit, den Aufitändiigen trai,
wonad die Wünfche nationaler Reorganitation er:
füllt, aber > der — Widerſtand aufge—⸗
eben werben ſollte. Doch die Polen fuhren fort,
I zu bewaffnen; die deutſche Bevölkerung aber
widerftrebte mit allen legalen Mitteln und air nie
Sine
in Baris, welche in diejem Sinne wirkte. Zwiſchen Lönigl. Kabinettsordre von 26. April 1848 ſchied
bem 17. und 21. Febr. 1846 jollte die Erhebung | das Gebiet des Großherzontums in ein öftliches, zur
—— Aber der zum Lenker des poln. Auf⸗
voln. Reorganiſation beſtimmtes, welches eigene
andes beſtimmte Mieroflamjti (f. d.) ward bei konſtitutionelle Verfaſſung, nationalen Schulunters
124
richt, Gerichtöverfaflung und Abminiftration eu
ten follte, und in ein weſtliches, mit der Feſtung Po:
fen, welches zur Aufnahme in den Deutichen Bund
bejtimmt war. Indeſſen dauerten die Ne
rischen Bewegungen foit, bis General fuel Mitte
Mai 1848 dem Aufitande ein Ende madıte. Die
Volitit der Reftauration machte 1850 alle Zugeltänd:
nie an die Bolen wieder — In Ruſſiſch⸗
Polen ſchritt die Politik der Ginverleibung rüdjicht?:
los fort, und 1850 fiel auch die Zolllinie zwiſchen
P. und Rußland. In Oſterreich ward 1850 und
1851 die Oejamtitaatspolitit auch auf Galizien ans
— und das Land auf öfterr. Fuß organiſiert.
ie poln. Emigration ſuchte und fand in ben ungar.
Stämpfen von 1848 und 1849 einen neuen Schauplah
ihrer —— aber im eigenen Heimatlande hatte
das poln. Element ũberall an Terrain verloren.
Das nãchſte Jahrzehnt war der poln. National:
fache keineswegs günftiger. Die Hoffnungen, melde
die poln. Emigration an bie Thronbeiteigung Napo:
leons III. —— erwiejen ſich ſchon während des
Orientkriegs als ragen: m Großherzogtum
Poſen jchritt das Deutſchtum dur feine wirt:
fhaftlie Überlegenheit zwar langſam, aber un:
aufbaltiam vorwärts. Im ruſſ. Königreih P., mo
nad Pasliewitſchs Tode Fürtt Michael ortichn:
tow als Statthalter fungierte (Febr. 1856 bis Mai
1861), trat jeit der Thronbejteigung Aleranders II.
eine weientlihe Milderung des Regierungsſyſtems
ein. Zunächſt konzentrierte ſich das öſſentliche Le:
ben B.3 in dem großen Landwirtſchaftlichen Berein
zu Waridau unter Borfig des Grafen Andreas
Zamoyſti, der an 5000 Mitglieder zählte und ſich
beionderd mit Hebung des Bauernitandes beichäf:
tigte. Die Bauern hatten zur Zeit des Herzogtums
Warſchau durd die Napoleoniihe Geſeßgebung
allerdings die perjönlide freiheit erhalten, aber
durch das Verhältnis der Zeitpacht mit Frondienſten
waren fie ganz von dem Grundadel abhän p ge:
blieben. Seht, wo aud in Rußland bie Aufbe ung
der Leibeigenihaft verhandelt wurbe, ſuchte ber
Sandivirtichaftliche Verein die wohlmollenden Ab;
fichten des Kaiſers Alerander II. noch zu überbieten.
Dieje Verhandlungen veranlahten jedod eine neue
Aufregung, welche die ruf. Behörden mit Miß—
trauen beobachteten, und die poln. Gmigration
ſchürte das euer, Dazu kam, dab in Galizien
durd da3 öjterr, Dftoberdiplom von 1860 neue
Hofinungen gewedt waren. Die Bolen in Galizien
forderten geradezu eine faſt vollitändige Autonomie
und national:poln. Neorganijation diejes öiterr.
Kronlandes, wogegen jedoch die ruthen. Bevölferung
von Ditgalizien entſchieden remonjtrierte, Unter
dem Miniſterium Belcredi gemann indes das poln.
Element volljtändig das libergemwicht, und mit Hilfe
de3 kaiferl. Statthalters Goluchowſti lonnten ſogar
die galiz. Polen einen Sprachzwang gegen ihre
ruthen. Landsleute geltend machen.
‚Im Königreih P. machte die nationale Oppoſi—
tion fi zu Ende 1860 bemerkbar. Bei einem
Zrauergottesdienft im Starmeliterklofter zu War:
hau 29. Nov. 1860, dem Jahrestage der Revolu—
tion von 1830, ftimmte die Vollsmenge einen reli—
iö3:patriotiihen Hymmus an, in dem die Be:
reiung des Baterlandes erfleht ward. Am 25. Febr.
1861, al? dem Jahrestag der Schlacht bei Grochow,
ward in Warſchau eine großartige Prozeſſion ver:
anjtaltet. Bei diejer Gelegenheit und ebenfo 27.
debr. lam e3 zu Konflikten, wobei das rufj. Militär
Polen (geihichtlidh)
einfchritt und mehrere Tote auf dem Plape blieben.
Durch kailerl, Ulas vom 26. März wurden jwar
verſchiedene Reformen für B. veriproden, nament:
lid) die Einſetzung eines beiondern Staatsrats und
einer Kommijiton für Kultus und Unterrichtsweſen
in Warſchau, jowie aud) die Erriditung von wähl-
baren Gubernial:, Kreis⸗ und Muntcipialräten.
Aber der Sicherheitsausſchuß und die bürgerliche
Polizeiwache wurden befeitigt, und auch der Land:
wirtichaitlihe Verein ward 6, April unterdrüdt.
Gortichafom — Urlaub und ſtarb bald nachher,
worauf General Suchozannet die Statthalterſchaft
übernahm, der aber noch im Laufe des Jahres
durch General Lambert und dieſer wieder durch
General Yüders (f. d.) erſeßt wurde. Obſchon nun:
mehr ein ſtrenges Milttärregiment eintrat, dauerten
doc) die Temonitrationen fort, und die Bewegung
verpflanzte jich fogar über die poln. Grenze, ſodaß
aud im Gubernium Wilna der Belagerungszuftand
erllärt wurde, Am Todestag Kofciuiztos (15. Dit.
1861) fam es in Warſchau wiederum zu blutigen
Demonjtrationen, bei denen ruſſ. Militär in bie
Kirdyen drang. Der Abminiftrator des Erzbistums
Warſchau, VBialobrzewili, verfügte hierauf bie
Schließung fämtlicher kath. Kirchen der Stadt; die
rot. und jüd, Geiltlihen folgten diefem Beilpiel.
ber nun wurden mehrere Zaufende aus allen
Ständen, die fid) bei der —— hervorgethan,
eingelerkert oder in das innere Rußland und Sibi—
rien deportiert, und ber Bela ag eye ward
mit größter Strenge gehandhabt. 8 Kapitel zu
Warihau weigerte fi) indefien, für den gefangenen
Adminiitrator eine Neuwahl vorzunehmen, und erſt
der neuernannte Erzbiſchof Feliniti ließ im Febr.
1862 bie Kirchen wieder Öffnen, Am 8. juni 1862
wurde der Bruder des Kaiſers, Grobfürjt Konitan:
tin Nitolajewitich, zum Statthalter des Königreichs
P. ernannt, dem Wielopolffi als Chef der Civil:
verwaltung und Bizepräfident des poln. Staats:
rat3 zur Seite geftellt war. Zugleich wurden in
fämtlihen fünf poln. Gubernien geborene Bolen
u Gouverneuren ernannt, die Gmancipation der
Ruben geſetzlich ausgeſprochen und die Grleihterung
des Bauernjtandes durch ein Ablöjungsgeieb, unter
Aufhebung der drüdenden ger I angebabnt.
Der fath. Geiftlichkeit wurde eine Prüfung ihrer
Beihwerden zugelagt und endlich ſogar die Univer:
fität Warſchau mit lauter nationalen Lehrlräften
wiederhergeitellt. Aber der nationale Fanatismus
in B. war ſchon aufs höchſte gefteigert. Am 27.
Juni wurde General Lüders dur einen Meuchel—
mörber ſchwer verwundet; 3. Juli fand ein Mord—
verſuch gegen den Großfüriten Konitantin, 7. und
15. Aug. foldye auch gegen Wielopolſti ftatt.
Der ojfene Ausbruch einer neuen poln. Snfurrel:
tion ward durch eine Nelrutierung befchleunigt, zu
welcher im Sept. 1862 der Befehl ergangen war.
Tie warſchauer ——— durch eine
eheime Inſtrultion die Behörden, vorzugsweiſe
olche Leute zum Militär heranzuziehen, die aus
Anlaß der legten Unruhen «fchledht notiert» feien.
Dempemäß ward bie —— in Warſchau 15.
San. 1863 in den Morgenitunden von 1 bis 8 Uhr
vollitredt. Die willlürlih beftimmten Relruten
wurden im üblicher Weiſe von Soldaten au$ den
Häufern geholt und zur Armee abgeführt; ähnlich
erging es in ganz a. Aber ſchon zuvor waren
viele Junglinge geflüchtet und hatten fid in den
Wäldern verborgen, und bald kam e3 zu blutigen
Polen (geſchichtlich)
Gefechten zwiſchen dieſen und dem ruſſ. Militär,
und bald war der Kampf allgemein. Das geheime
warſchauer Gentraltomitee tratjept ala proviforifche
Nationalregierung auf und rief durch Trollamation
vom 22. Jan. das poln. Volk zu den Waffen; doch
bewahrte der Bauernftand im ganzen Yurüdbal:
ga Nur der Adel mit feinem Anbange, die Geilt:
lichleit und die ftädtifche Bevöllerung ftellten ſich auf
Geite der Injurreltion. Die Nationalregierung
erflärte, dab es in Galizien und Poſen nicht zum
Aufitand kommen dürfe, da ®. alle feine Kräfte
gegen Rußland braude; dafür legte fie den Bewoh:
nern jener Brovinzen die Pflicht auf, Geld, Waffen
und Mannſchaft für die Nationaljadye zu liefern.
Übrigens bildete ſich niemals ein ſtärleres, feſtorga—
nifiertes Inſurgentenlorps, ſondern jede Freiſchar
operierte für ſich auf eigene Hand, jodaß troß der
arößtenTapferleit keine enticheidenden Erfolgegegen
die Nufien erfochten werden lonuten, nfangs
follte Mieroflawiti (f. d.) ala Tiltator die militä:
riiche Oberleitung führen. Derielbe traf aber erit
Mitte Februar auf dem Kriegsſchauplatze ein, und
fchon — Tage darauf wußte er nach einem un—
gludlichen efechte wieder fiber die Grenze flüchten.
Dann erllärte ſich (10. März) ein Freiicharenführer,
Sangiewicz (f. d.), zum Obergeneral; aber auch die:
fer ſah ſich ſchon 19. eu genötigt, eine Zuflucht
in Galizien zu ſuchen. Nunmebr übernahm die
proviſoriſche Nationalregierung in Warſchau wie:
der die alleinige Leitung der nfurreltion und er:
Härte jede fernere Diktatur für Hochverrat. Das
Treiben diejer geheimen Regierung, welche fich 10.
Mai definitiv ala Nationalregierung für B., Litauen
und Rotrußland fonjtituierte, war höchſt merlwür—
big. Alle Bemühungen der rufj. Behörden, den
Ei derjelben zu entdeden, blieben erfolglos, und
doch gab ſich diefe geheime Gewalt jeden Augenblid
fund. Sie jandte jog. Hängegendarmen, angeblich
200 aus, welche feiten Sold erhielten und beauf:
tragt waren, die Projfribierten zu ermorden und
die der Hinneigung zur ruf). Negierung Verdäch—
tigen zu hängen. Die Zahl der von ihnen Getöteten
betrug gegen 3000. Im offenen Felde waren die
Grfolge der Bolen unbebeutenb. In Litauen und
Rotrubland griff die Infurreftion nur wenig um
fih, da ſich das rufi. Landvolk gegen den poln.
Grundabel und für die ruf. Regierung erllärte,
Im Königreih P. verftärkte fich die ruſſ. Militär:
—* durch Zuzug, ſodaß ſie alle größern Städte
in Unterwerfung erhalten und jede Organiſation
ſtãärlerer Inſurgentenmaſſen verhindern konnte.
Je länger der Kampf währte, um jo mehr über:
en im Rat Aleranders II. diejenigen Stimmen,
e eine Rudlehr zu dem jtrengen Repreſſivſyſtem
aifers Nilolaus befürworteten. Ende März
1863 wurde General Graf Berg zum Adlatus des
wielgeits (. Sul); und nad dem Nüdtritt
w
we
des
Wielopolſtis (7. Juli) zum Vizepräſidenten des
poln. Staatsrats beſtellt. Der Großfürſt Konſtan⸗
tin verlieh 25. Aug. 1863 Warſchau und wurde 31.
Dft. auf Anſuchen feines Amtes enthoben, worauf
Berg definitiv zum Statthalter und Oberbefehls—
baber in B. ernannt wurde. Diejer jchritt mit
äußerjter Energie ein. Entſcheidend für den Aus:
gang der Infurreltion war, dab e3 der ruſſ. Regie:
rung gelang, den Bauernſtand vollends auf ihre
Seite zu ziehen. Zuerſt in Litauen (13. März
1863), dann in Rotrußland (12. Aug. 1863) und
endlich im Königreih P. (2.März 1864) erbielten die
125
Bauern dur kaiſerl. Udas ihre bisherigen Pacht:
höfe zu freiem —— verliehen; fie wurden von.
allen bisherigen Leiſtungen an die Gutsbeſitzer be:
freit und follten nur eine verhältnigmäßig geringe
Grundfteuer an die Staatslaffe bezahlen. Die
Gntihädi ung der Grundbefiper übernahm der
Staat, u nfang 1864 war die Inſurreltion im
ganzen erloſchen und die gebeime Nationalregierung
ttellte feit Februar ihre Thätigleit allmäblich ein.
Gin Ulas vom 8. Nov. 1864 verfügte die Aufhebung
aller röm.:tath. Klöfter, welde erwieſenen Anteil
am Aufitand genommen, fowie auch derjenigen, in
welchen ſich weniger als acht Ditglieder befänden.
Tieje Nafregel ward in der Nacht vom 27, auf den
28. Nov. überall im — zur Ausführung
gebracht. Sodann wurde durch Ukas von 26. Dej.
1865 das geſamte Eigentum der kath. Kirche in die
Verwaltung des Staats genommen und die Geilt:
lichleit auf feite Staatsbeſoldung geſeht. Gleich:
zeitig wurden Litauen, wo Murawjew (f. d.) mit
größter Strenge vorging, und Rotrußland vollends
ruſſifiziert. Der Gebraud der poln. Spradhe im
anıtlichen Verlehr ſowie an öffentlichen Orten ward
verboten, das Schulwesen der Aufſicht des rujfj.:
griech. Klerus unterftellt und der Einfluß der fath.
Kirche möglichft beihräntt._ Am 22. Dez. 1865
ward fogar durch faijerl. Erlaß für die neun weit:
ruſſ. Gubernien allen Berfonen poln. Hertunft ver:
boten, dafelbit Güter neu zu erwerben, außer auf
dem Wege geſetzlicher Erbſchaft. Auch follten die
wegen Teilnahme am Aufſtand ausgewieſenen poln.
Gulsbeſitzer ihre Güter nur an Ruſſen griech. oder
prot. Konfeſſion verlaufen und vertauſchen dürfen.
Mit dem ruſſ. Reichsrate war feit 1864 eine Kon:
miffion für die gr P.s verbunden,
deren Kompetenz 13. Dez. 1866 dahin erweitert
wurde, daß ihr die einheitlihe Durchführung der
vorzunehmenden Reformen und die oberjte Entſchei⸗
dung aller wichtigen Adminiftrativangelegenheiten,
unter dem perfönlihen Vorſihe des Kaiſers, zu:
ftehen follte. Der Staatsrat und der Verwaltungs:
rat in Warſchau wurden aufgelöft und der Statt:
halter Berg behielt neben dem Oberbefehl des Mili:
tärd_ nur die (Überwachung ber ge A Von
den felbftändigen Inititutionen P.s fielen demnad)
eine nad) der andern, Am 1. an. 1867 wurde bie
poln. Boftverwaltung dem ruſſ. Poſtminiſterium
untergeordnet, zugleich eine neue Einteilung P.s,
«des Weichjellandes», in 10 Öouvernement3 und 85
Kreife verfügt; die Gouverneure erhielten gleiche
Rechte mit denen in Rußland, Infolge der Auf:
hebung des Konkordats von 1847 — der
UÜtas vom 22. Mai 1867 die Angelegenheiten der
tath. Kirche dem röm.:tath. geiftlichen stollegium zu
Petersburg und unterfagte dem Klerus jeden direl:
ten Verkehr mit dem Papſte. Nachmals wurden
aud) die andern nihtgried,. Konfeffionen den peters⸗
burger Gentralbehörden untergeordnet. Nun be:
willigte der Kaifer 29. Mai 1867 eine beichräntte
Anneftie für die Teilnchmer des letzten Aufitandes,
und ein Ufa3 vom 20. Juni befahl, von weitern
Vermögenstonfistationen abzufehen. Zahlreiche
poln. Beamte wurden infolge der neuen Organi:
jation teil3 überflüffig, teils durch Ruſſen erieht,
ebenfo erging e3 bald auch im Lehrjahe. Nicht
nur, daß die Univerfität Warfchau durch Ufas von
8. Juli 1869 volljtändig ruffifiziert wurde, fondern
es ward in allen Schulen P.s das Ruſſiſche al?
alleinige Unterrichtsſprache vorgefchrieben, die poln.
126
Sprade nur falultativ gelehrt. Vom 13. Jan.
(1. Jan. alten Stils) 1869 an hatte nur der rujl.
Kalender in P. Gültigkeit. Cin Ulas vom 19.
April verfügte die Cinrihtung von Kameralhöfen
in den zehn poln. Gouvernements, die ihre Thätig:
feit mit Juli 1869 begannen. Damit ward die noch
in Warſchau beitehende Jinanzverwaltung aufgeho:
ben und die oberjte Zeitung der Angelegenheiten des
Kaſſenweſens, ber direkten und indirelten Stenern,
der poln. Etaatsichuld, der Berechnung mit frem:
ven Regierungen, der allen Bant und ber
Landſchaftlichen Kreditgejelliait dem ruſſ. Finanz⸗
miniſterium übertragen. _ Im J. 1870 erfolgte die
Degradation von 300 Städten (zwei Drittel des
Beltandes) in Dorfgemeinden. Varauf trat auch
eine Reform der Juſtiz ein und wurden alle Ge
richte mit ruſſ. Richtern beſeßt. Nach dem Tode
Bergs (1874) wurde Graf Paul Koßebue (f. d.) und
nachdem biejer 1880 zurüdgetreten war, der Gene:
ral Albedynſti Generalgouverneur von P. Letzterer
ftarb in Warfchau 31. Mai 1883, Beide erwarben
fih, inden fie die nationalen Gefühle möglidjt
ſchonten, die Sympathie und Achtung der poln. Be:
völterung. Ini J. 1883 ward General Gurto zum
Generalgouverneur ernannt, ber fofort mit neuer
Gnergie gegen alles Polniſche auftrat. Die indu:
jiriellen und landwirtſchaftlichen Verhältniſſe P.s
haben ſich in neuerer Zeit ſichtbar un sei wozu bie
vorhandene deutſche Bevölterung weſentlich beitrug.
Litteratur. Außer den poln. Werten von
ag Niemcewicz, Bandtle, Lelewel, Mickie:
wicz, hodafo, Schmitt und Szujjfi vgl.: Aulbiere,
«Histoire de l’anarchie de Pologue et du de-
membrement de cette röpublique» (4 Bde., Par.
1807); Oginjti, «M&moires sur la Pologne et les
Polonais depuis 1788—1815» (4 Bde., Par. 1826),
und defien «Observations sur la Pologne et les
Polonais pour servir d’introduction aux Me-
moires etc.» (Bar. 1827); Noepell und Caro, «Ge:
ſchichte B.3» (Bd. 1—4, Gotha 1840 - 75); Spazier,
«Geſchichte des Aufftandes des poln. Volks in den
J. 1830—31» (3 Bde,, Altenb. 1832 u. Stuttg.
1834); Soltyf, «La Pologne» (2 Bde,, Par. 1833);
Brzozowfli, «La guerre de Pologne en 1831» (Lpʒ.
1833); Solowjew, «Geihichte des Falles von }:.»
(deutich von Spörer, Gotha 1865); von Moltte,
«Daritellung der innern Verhältnifie in PB.» (Berl.
1832); Knorr, «Die poln. Aufjtände jeit 1830»
(Berl, 1880); Edwards, «The private history of a
polish insurrection» (2ond, 1865); Ferrand, «Les
trois d&membrements de la Pologne» (3 Bde.,
Bar. 1864); Beer, «Die erjte Teilung P.s» (3 Bde.,
Wien 1873); Bielowfli, «Monumenta Poloniae
historica» (2 Bde. Lemb. 1875); von der Brüggen,
«P.s Auflöjung» (Lpz. 1878). Geogr.ſtatiſt. Werte
find: Chodzto, «Tableau de la Pologne ancienne
et moderne» (2 Bbe., Par. 1830); Andree, «P. in
geogr., ftatift. und ge a Hinficht» (£p3. 1831);
Voſſart, Lulaſzewicz und Mullowſti Das König:
reich P. und der Freiftaat Kralaus (Stuttg. 184U);
Hervet, «Gthnographie P.s» (Wien 1871).
Bolenta (ital.), das gewöhnlichſte Nahrungs:
mittel der taliener, das aus einem Brei von
ar pen beiteht, oft mit zerriebenem Käſe oder
mit Ö — An der untern Donau, in Un—
garn, Siebenbürgen und in Bukowina heißt das
nämliche ... Mamaliga. In Savoyen,
Galabrien und Sicilien wird eine P. auch aus ge:
kochten Staftanien zubereitet.
Polenta — Volianthes
Poleſella, Diftrittshauptort in der ital, Pro:
vinz Novigo, linis am Yo und am ſchiffbaren Ka—
nal von P. (Ya Fofia), der in den Gajtagnaro
mündet, Station der Bahn Padua: Ferrara:Bo:
logna , bat (1881) 2775 (ala &emeinde 3835) €.
Hier verloren am 22. Dez. 1509 die Benetianer in
einem Treffen anf dem Strome gegen den Kardinal
Ippolito d’Ejte 3000 Mann und 15 Schiffe.
olefien, foviel wie Podlachien.
olewoj (Kitolaj Alerejewitid), ruf. Schrift:
fteller, geb. 22. Juni 1796 in Sibirien, fam in
Handelsgeſchaften ins europ. Rußland, erwarb ſich
eine allgemeine Bildung und begann in Moskau
den «Mostauer Telegraph» (1825—34) berauszu:
eben, eine Beitfchritt ‚die fi durch Friſche, Ve:
endigleit und Wahrheit auszeichnete und P. den
Namen eines Begründers der neuern ruſſ. Jour:
naliftit erwarb, aber ſchließlich ihrer freifinnigen
Tendenzen halber unterdrüdt wurde. Seit 1838
lebte P. in Beterdburg, wo er das Journal «Der
Sohn des Baterlandes», ſeit 1841 den «Russkij
Vöstnik» redigierte und 22. Febr. 1846 ftarb.
Bon P.s dramatifchen Stüden (gefammelt in
4 Bbn., Petersb. 1842—43) haben fi einige,
wie «Rarajcha», «llgolino», feine Üiberfegung bes
«Hamlet» (1837), auf dem Repertoire erhalten.
erner fchrieb er eine « Geſchichte des ruſſ. Volls »
6 Bde. Most. 1829— 33), « Fall und Ende Men:
ditowe», eine Biographie Suworows (beutic von
de la Groir, Riga 1850) und «Lebensbeichreibungen
der ruf]. Feldherren » Petersb. 1845); endlich kri⸗
tiihe Schriften über Derſhawin, Shulowſtij und
Buihlin u. a. — Sein Bruder, Kenophont
Alerejewitih P. (geit. 1867), eine Zeit lang
Buchhändler in Moskau, fchrieb über Lomonofjow
(Most, 1836) und gab Golikows « Geidichte Pe:
ters d. Gr.» (Most, 1837—40) neu heraus,
Katharina Alerejewna Amwdejewa, bie
Schweiter der beiden vorigen, geb. 1789 in Kurst,
geit. 21. Juli (a. St.) 1865 in Dorpat, ſchrieb:
«Bemerkungen über die alte und neue ruſſ. Lebens:
weije» (Petersb. 1842).
eter P., ein Sohn Nitolajs, ift ald Schrift:
fteller in Beteröburg Fer und lieferte unter an:
derm die Biographie palipeaneb für die von Re:
trafiow und Gerbel beiorgte Überjeßung der Ge:
fanıtwerfe desjelben (4 Bde., Petersb. 1866—67)
und bie «Geſchichte der ruſſ. Litteratur in Umrijjen
und Biographien» (1872; 3. Aufl. 1877).
olfaden, in der Öazeweberei diejenigen Het:
tenfäden, welche ſtets nad oben liegen; in ber
Samtweberei diejenigen Kettenfäden, aus welchen
der baarartige Überzug, Flor, gebildet wird.
‚Bolhöhe, die jheinbare Höhe des jichtbaren
Himmelspol3 über dem Horizont oder - berjenige
Bogen des Mittagskreiies, welder zoüden Bol
und Horizont liegt. Sie ijt der geogr. Breite gleich.
Polianthes L., eine zur natürlichen Familie
ber Liliengewädyje gehörige Gattung jchön blühender
amerit, Bilanzen, welche ein jechsteiliges, bleibendes
Perigon, —5 Staubfäden und eine dreifäche⸗
rige Kapſel mit lanzettförmigen, an beiden Enden
in einen Faden auslaufenden Samen befigen und
bei uns nur im warmen und temperierten Gewächs:
* e gezogen werben können. Hierher gehört die
uberoje (P. tuberosa Z.), eine beliebte Zier:
ange aus Merito, mit Inolligem Wurzelitode,
inea — lättern und weißen, in Ahren
geftellten, fehr ſtark duftenden, auch gefüllten Blu:
Policaſtro — Bolieren
men. Aus Amerifa werben in jedem Jahre größere
Mengen blühbarer Wurzelftöde in das nördliche
Guropa eingeführt. Amerikanischen Urjprungs iit
em eine zur Kultur fehr zu empfehlende, gefüllt
blühende Spielart, Pearl genannt, deren Blüten:
ichäfte eine Länge von 60 em erreichen, von denen
jeder 20—24 Blumen trägt.
Bolicaftro (offiziell Betilia Bollsadec),
Stabt in der ital. Provinz Catanzaro, Bezirk
Eotrone, hat (1881) 5697 €. €
Rolicafteo, Hafenſtadt in der ital. Provinz
Ealerno, Bezirt Sala Eonfilinn, Gemeinde Sta.:
Marina, im Hintergrunde des Golf3 von P. (Si-
nus Terinaeus) de3 Tyrrheniſchen Meeres, mit
(1581) nur 517 E. ift da3 467 v. Chr. von Micy:
thus, Tyrann von Meſſana, in Lucania gegründete
Pyxus, wurde unter dem Namen Buxentum
145 v. Chr. röm. Kolonie, gehörte in longobard.
Zeit zum Herzogtum Benevent, dann zum yürften:
tum Salerno, dem e3 1055 durch Robert Guiscard
entrijfen wurde, wobei die Stadt (mittellat. Poli-
castrum) in Trümmer ſank. Seit feiner Zerftörun
burd die Türlen * ſich der Ort (ehemals Bistum)
nicht wieder erholt,
olice (frz.), Bolize (ital. polizza), bie Urkunde
über einen Berjiherungslontraft, welde der Ver.
ſicherer ausſtellt. Sie enthält alle Klaufeln und
Bedingungen, unter welchen der Verſicherer ben
Bert bes verſicherten Gegenjtandes zahlen will
und obwohl der Bertrag gültig und Hagbar iſt au
ohne Ausfertigung einer V., fo iſt dieſe Ausfertigung
ganz allgemem üblich.
olice-Eonftables, f unter Gonftable.
ticiuell, ital. Maste, ſ. Bulcinella.
lidoro da Caravaggio, ital, Maler, |.
Galdara (Boliboro). i
fier (VBallier, von parler) heißt ber bei
Maurern und Zimmerleuten auf dem Baue ober
dem Werkplage (Plaßpolier) die Arbeiten anord:
nende und die Anfjicht führende Werfgefell (oder
Werkmeifter), welcher oft zugleid ala Obergeſell
des Meiſters Stelle vertreten hat.
Bolieren (ig polir, polissage; engl. polishing)
heißt diejenige Arbeit, durch welche man den Fabri:
taten aus Metall, Stein, Glas, Hol; u. f. w. einen
feinen fpiegelnden Glanz verleiht, fofern dies nicht
dur —— eines Lads geſchieht. Je härter
und Dichter ein Material iſt, um jo höherer Politur
iſt er fähig; außerdem ift zur Erzielung eines Ichönen
Glanzes forgrältige Bearbeitung der Oberfläche
durch Schleifen (f. d.) erforderlich.
Das P. wird bei Metall, Stein, Glas u. f. w.
auf zweierlei Weife ausgeführt: entweder durch
Abreiben mit äußerft feinen Pulvern, welde die
vom Schleifen zurüdgebliebenen Naubeiten bin:
wegnehmen und fo der Fläche Glanz verleihen
(weshalb dieſe Operation, die al3 ein verfeinertes
Schleifen zu betrachten it, auch ganz zutreffend
als Glanzidhleifen bezeichnet wird), oder, bei
wei Metallen, wie Meifing, Silber, —
Gold, ferner bei vergoldeten Gegenſtänden, urh
Riederdrüden der vom Schleifen oder Feilen
Schlichten) zurüdgebliebenen Rauheiten mittels
eines verſchieden geformten, gehärteten und fein po:
lierten ftählernen Wertzeugs, des Bolierftahls,
oder eines geichliffenen und gleichfalls feinpolierten
Steins = — Achat), des Polierſteins.
Zum Glanzichleifen gebraucht man auf Stahl
Meifing, NRotguß, ſowie bei Granit und gleich
127
harten Steinen reinen ungelöfchten Kalk, beſonders
Wiener Kall, auf diefe Materialien und auf bie
edeln Metalle rotes Cifenoryd, ſog. Polierrot
(Englischrot); zum P. der edeln Metalle, fowie des
Kupfers, Meſſings, Neufilbers wird außer Bolier:
rot au Zinnaſche und Tripel verwendet, weld
leßterer auch auf Achat u. dal. Anwendung findet.
Bei Glas, bei den Ebelfteinen und bei Marmor
geſchieht das’ P. auch mit Zinnaſche; zum P. von
Gold und Silber benubt man noch feingeſchlämmte
Knochenaſche und Kienruß. Horn, Knochen, Elfen:
bein, Hartgummi u. f. w. werden mit PBupfali
oder Kreide, die mit Seife auf einen Lappen auf:
getragen werden, poliert. Die Polierpulver
werden meift auf Polierhölzer oder Bolier:
iheiben aus Linden: oder Weidenholz, welche
mit Si oder Leder belleidet find, zuweilen auf
Spiegelglad oder auf Metalljtäbhen, auch wohl
auf eine Bürfte getragen und hierzu mit Baumöl,
in einigen Fällen mit Branntwein oder Weingeijt,
angemadht. Bei ornamentierten Gold: und Silber:
waren laßt man häufig die polierten Partien mit
unpolierten entſprechend abwechſeln, wodurch jehr
4 ihe Eifelte erzielt werden. Zuweilen macht
iervon _aud der Schloſſer Gebrauch, indem er
3. B. Schlüſſel nad dem Feinſchlichten zwiſchen
zwei gehärteten polierten Stahljtäbdhen reibt und
ſchlie 9 durch Anwendung von Kalt ben jo er:
ielten Glanz erhöht. Auf Eifen läßt man bie
Solierpähte troden wirken; dagegen taucht man fie
eim P. von Gold: und Silberwaren in Seifen:
waſſer, was die Arbeit —— Eine
eigentümliche Methode, Heine Metallgegenſtände
blank und glänzend zu machen, bei welcher beide
Wirkungen, das Abreiben und das Niederdrücken,
vereinigt ſind, beſteht darin, eine Menge der Ar—
beitsſtücke (zuweilen mit Sand oder einem andern
Scleifpulver, troden oder mit Waſſer) in eine
liegende Tonne (Bolier: oder Scheuertonne) -
bringen und dieſe, höchſtens zur Hälfte gefüllt, fo
lange um ihre Achſe zu drehen, bis die Stüde ſich
glatt gerieben haben.
Das Holz eignet ſich, feiner Weichheit, Vorofität
und faferigen Strultur wegen, weder zum Ab
reiben mit pulverförmigen Subjtanzen, nod zur
—— mit Polierſtählen oder Polierſteinen,
welch lehtere auch ſchon deshalb nicht anwendbar
ſein würden, weil an Holzarbeiten ſehr 5 Flächen
von großer Ausdehnung vorlommen. as man
beim Holz Polieren nennt, beſteht im Auftragen
eined harzigen Firniſſes, welder die mit Bims:
fteinpulver unter Zuſaß von Leinöl feingeichlifiene
Oberfläche in volltommen gleichförmiger Yage über:
kleidet. Um diejer ern; zu genügen, verfährt
man in folgender Weile: Mit der og. Politur,
einer Auflöjung von Scellad in Meingeift, wird
ein kleines Stüd feinlödherigen Badeſchwamme
oder ein Büſchel Baummolle, Werg u. dgl. ge:
tränft, welches man in ein Zäppchen von feiner,
ziemlich abgenugter Leinwand einſchlägt, um einen
weichen und elajtiichen Ball zu bilden, den man an
den zufammengedrehten Zipfeln hält. Diefer Ball
wird etwas mit DL benept, um ohne Anlleben auf
der Fläche zu gleiten, auf welder man ihn in
Irummen Linien berumführt. Vermöge des hierbei
ausgeübten ſauften Druds ſchwitzt die Harzauf:
löfung langjam durch die Zeimvand hindurch, ver:
teilt ſich auf der Holzflädhe äußerit dünn und gleich⸗
mäßig und trodnet jofort ein. Sehr wichtig iſt es,
128
daß das zum Schleifen des Holzes verwendete Ol
vor dem ®. möglidjit entfernt werde, weil das:
felbe fonft leicht durch die Politur ſchlã t und nad
einiger Zeit auf der Oberfläche matte Fleden bildet,
die nur durd) erneutes P. zu befeitigen find, Liber
MWadspolitur vgl. Bohnen,
Sn der Shrotfabrilation veritebt man un:
ter Volieren das Umhüllen der Schrote mit
einem dünnen liberzug von Graphit.
Polieren der Edelfteine, |. unter Edel:
jteinfchleiferei, Vd. V, ©. 752.
Polierheu, ſ. unter Equisetum.
olierhölzer, ſ. unter Polieren. ,
dliermaſchine, in der Nähnadelfabritation
eine Vorrichtung, auf welder die Nadeln mittels
einer fchnell rotierenden, ganz feinen Schmirgel—
—*— — —— Von —
o ulver und Polierrot, ſ. unter Po—
lieren; vgl. Eifen(:Berbindungen 1°).
Polierſchachtelhalm, |. unter Equisetum.
olierfcheiben, f. unter Polieren,
olierfchiefer, auch Silbertripel genannt,
f. unter Tripel. j
olierftahl, Polierftein, f. unter Bolieren.
oliguac, ein franz. Geflecht, das feinen
Nanıen von einem alten Schloß in der, Gegend von
FuysensVBelay im Depart. Oberloire bereite.
Name und Befistum gingen 1385 mit dem Gr:
Löichen des Mannzftanımes dur Heirat in bie
Familie Guillaumes von Chalengon über. Ar:
mand XVI. von P. hinterließ aus feiner She mit
Sjacqueline Grimoard zwei Eöhne, welche zuerit
die Familie zu einiger Bedeutung er oben. — Der
jüngere, Melchior de P., geb. zu Puy:en-Belay
11. Oft. 1661, trat in den — Stand, Als
Abbe zeigte er an ber Seite de3 Kardinals Bouil:
Ion in den Verhandlungen Ludwigs XIV. mit dem
Papſte Alerander VILL. große Gewandtheit. *
3.1693 wurde er als * otſchafter nach Polen
deſendet, um Johann Sobieſti zu einem Bündnis
mit Frankreich gegen Öfterreih zu bewegen und
nad Sobieftis Tode die poln. — auf den
franz. Bringen Conti zu leiten, was ihm, jedo
mißlang. Im J. 1706 fchidte ihn der König na
Non, 1712 beteiligte er ſich bei der Friedensver⸗
bandlung zu Utrecht. Zur Belohnung erhielt P.
die Kardinaldwürde. Als Anhänger des alten
Hofs verwidelte er fih während der Regentichaft
des Herzogs von Orleans in die Verfchiwörung des
ala Gellamare, Im 3.1725 durfte er auf fein
erlangen als Gefandter nad Rom gehen, wo er
8 durch Sinn für Kunſt und Altertumskunde ſehr
beliebt machte. Cr kehrte 1732 nad) Frankreich in
fein Erzbistum Auch zurüd, das er 1726 erhalten,
und jtarb 3. April 1742. R. interließ unter an:
derm ein die Bhilofophie der Alten vom chriſtl.
theijtiichen Standpuntt widerlegendes Gedicht, den
«Anti-Lucretius, sive de Deo et natura» (2 Vde,,
Far. 1745 u. öfter). Sein Leben beichrieb Faucher
(2 Bde., Par. 1777), — Sein älterer Bruder,
Scipion de P. wurde zum Marquis erhoben,
war Generallieutenant und Gouverneur von Puy
und ftarb 1739,
Teilen Entel, Jules de P., der erit Graf und
1780 Herzog wurde, heiratete 1767 Gabriele Yo:
lande Martine von Selakeen, Diejelbe war 1749
>. lam acht Jahre nad) ihrer Vermählung
urd) Diane, die ältere Schweiter P.s, an den Hof
und wurde hier die innigfte Vertraute der Königin
Polieren (der Edelfteine) — Polignac
Marie Antoinette und fpäter Bouvernante ber
tönigl. Kinder, Die Familie gelangte hiermit zur
großem Einfluß. Im Verein mit dem Grafen Ar:
tois bildete die P. um die Königin einen engen
Kreis, aus welchem die Kabalen gegen die Neform:
beitrebungen Ludwigs XVI. hervorgingen. Schon
im Juli 1789 verließ die Familie P. mit dem
Grafen Artois und dem Brinzen Condeé Frankreich.
Nachdem die Herzogin 9. Dez. 1793 zu Wien ges
itorben, ging ihr Gemahl mit feiner Tochter, der
Herzogin von Guide, und feinen drei Söhnen,
Armand, Jules und Gamille, nad Rußland, wo
ihnen Katharina und ihre Nachfolger bedeutende
Ländereien fchenkten. Nah dem Frieden von
Amiens begaben fie ſich in die Nähe der Bourbonen
nad England, Bon bier aus ging die Dee
von Buiche 1803 nad) Baris, um bei der Gemahlin
Bonapartes für die Nejtauration der Bourbons zu
wirken, mußte aber fogleic) Frankreich wieder ver:
lafjen. Nach der Rejtauration erhielt der Herzo
von —** XVIII. die erbliche Pairswürde, blie
jedoch in Rußland und ſtarb dort 21. Sept. 1817.
Armand Jules Marie Heraclius, Her:
og von P., geb. 17. Jan. 1771, der älteite Sohn
es vorigen, trat mit feinem Bruder Jules der
Verſchworung Cadoudals und Pichegrus gegen das
Leben Bonapartes bei und wurde im Febr. 1
zu Paris ebenfall3 verhaftet. Die Spezialtomif:
jion verurteilte ihn zum Tode, aber feine Gemab-
lin, eine Holländerin aus Batavia, erwirlte Durch
die Kaiſerin Joſephine die Verwandlung ber Strafe
in Sefangenihaft bis zum Frieden. Armand ſaß
mit feinem Bruder erft zu Ham, dann, —
der Friede eingetreten, in dem Temple endlich in
Vincennes. Nach der zweiten Vermählun Napo⸗
leons wurden die Brüder zu Paris in Haft gehal-
ten. Hier follen fie ſich 1812 bei der Verfhwörung
Mallets beteiligt haben. Als die Verbündeten 1814
in Frankreich eindrangen, mußten ſich beide ihrer
Haft zu entledigen, fuchten den Grafen Artois zu
Veſoul auf und gingen dann mit geheimen Inſtruk⸗
tionen nah Paris, wo fie zuerft 31. März bie
Farbe der Bourbons aufjtedten. Nach der Reſtau⸗
ration zeigte fih Armand, gleich feinen Brüdern,
al3 einen der beftigften Ultraroyaliften. Im
1815 trat er für das Depart. Oberloire in die
Kammer und wurde Adjutant ded Grafen Artois,
nad) deiien Thronbejteigung Großftallmeifter. Bon
feinem Vater erbte er 1817 die Pairswürde. Nach
der QJulirevolution begleitete er Karl X. ins Eril.
Der König von Bayern erhob ihn 1838 in den erb⸗
lihen Füritenftand,. Er ftarb 2. März 1847.
Jules AugufteArmand Marie, erft Öraf,
dann Fürſt von P., geb. 14. Mai 1780, der
zweite Sohn des Herzogs Jules von P., erlangte
als Mintiterpräfident Karls X. Berühmtheit. Wegen
Teilnahme an der Verihwörung Cadoudals er—
Ar er, wie fein Bruder, erft 1814 bie Frei—
yeit, wurde nad) der Nejtauration Marechal:des
Camp und bewies ſich als entſchiedener Ultra, Als
ihn Ludwig XVII. im März 1816 zum Pair er:
nannte, verweigerte er, den fonftitutionellen Eid,
ſodaß erft der Bapft feine Bedenken heben mußte.
Depterer belohnte auch 1820 feine Bemühungen für
den Katholizismus durd) die Erhebung zum, röm,
Fürften. Im J. 1823 übertrug ihm der König den
Gejandtihaftspoiten am Hofe zu London. Als das
Miniiterium Martignac 1829 feiner Auflöfung ents
gegen ging, übernahm P. 8. Aug. die Verwaltung
Nolignano a Mare — Politiſche Poeſie
des Auswärtigen mit der Leitung des neuen Kabi—
nette. In dieſer Stellung betrieb und unterzeich—
nete er die Drbonnanzen vom 25. Juli 1830, welche
den —— Dynaſtie nad) ſich zogen. P. beglei—
tete Karl X. nach Cherbourg, —— aber um und
wurde 15. Aug. 1830 in der Kleidung eines Be:
dienten zu St.:2ö unter Tumult verhaftet und
nad Vincennes abgeführt, Bei Gröffnung bes
ae gegen ihn und feine Kollegen vor der
airslfammer brachte man ion in das Gefängnis
des Lurembourg. Obſchon ihn fein edler Gegner
Martignac als Hauptangellagten mit großen Ge:
fchid verteidigte, wurde er doch 21. Dez. zu ewigen
Gefängnis und bürgerlihem Tode verurteilt. Cr
trat die Strafe mit feinen Schidjaldgenofjen Pey:
ronnet, ntelauze und Guernon de Ranville zu
Ham an. Nachdem er jeine Freiheit durch die Am:
nejtie vom 29. Nov. 1836 zurüderhalten, lich er
in England nieder. Während feiner Gefangen:
haft u er «Considerations politiques» (Bar.
1832). Gr jtarb 29. März 1847 zu Paris. — Sein
Sohnund —— Haupt der Familie, Jules
ArmandJean Melchior, Herzog von P. und
röm. Prinz, geb. 12. Aug. 1817, früher bayr. Haupt:
mann, lebt zu Paris. Aus feiner Ehe mit einer
Marquife von Crillon entiprangen vier Kinder. —
Gamille HenriMeldior, Graf von B., der
dritte —— des 1817 verſtorbenen Herzogs Jules
— geb. 27. Dez. 1781, teilte zunädjjt as Sid:
rd einer Familie und erhielt nad) der Reftauration
Grad eines Oberiten, fpäter den des Marechal—⸗
. Beim Ausbrud der Julirevolution war
er Kammerberr des Dauphin und Gouverneur von
———— Er ging nach dem Sturze Karls X.
— un
a Mare, Stadt in der ital. Pro:
vi uud Im Bejirt Bari, auf einer bis zu 24 m
DJ: ——— grottenreichen Felswand, die
fteil zum Adriatiihen Meer abfällt, Station der
* Bologna Otranto, hat (1881) 7855 E., einen
” en, Schiffahrt und Filcherei. r Ort, mittel:
t. Tolyı um, iſt Biſchofsſiß. Etwa 2 km
nordiwe von P. liegt das malerijche ehemalige
Klofter San: Bito, jeht ein Bauergut. ,
liguy, Stadt und Hauptort eines Arron
difjements im franz. Depart. Jura, an der Glan:
RZ 271 m über dem‘ a Auen
oul:Bejancon:Lyon un ole:⸗P. der Paris⸗
— (1881) 4669 G., ein
Handelsgericht, ein Co ege, Weinbau, Färberei
und Olmüblen. P. entitand in fränk. Zeit um die
Abtei Polemniacus i Scudingus,
im ie
Liffinif, ns init.
assiette, engl. gilding-size),
—— welche ver oldet werben follen, ein
* oder roter Anſtrich, der dem Blattgold
—— un ei te Entzünd
sch.), eine alute Entzündung
des Rüdenmarls, in: fi vorwiegend auf die
vordere graue mung Says elben beſchränlt und
unter den Symptomen der jog. eſſentiellen Kinder:
(S. Lähmung.)
Br fer a Brei Sa
Stab rovinz Neggio
di Beyirt e
t in ber ital.
— Palmi, am Weſtabhang des
Galabrifchen es, mit (1881) 8412 E., ward
Erdbeben 1783 gänslih jtört.
fitik (arch.) iſt die Wilenihait vom Staat,
feiner Elemente Bedingungen, feiner Zwede,
Eonverjationd »Lerifon. 13. Aufl. XIII.
129
Kräfte und Einrichtungen, feiner Dätigleit und
der Formen, in denen diejelbe fich vollzieht. Die
P. unterſcheidet fi vom Staatsreht dadurch, daß
das lebtere die poſitive Staatsordnung nach Maß—
abe einer lonkreten Geiehgebung zum Gegenſtand
er während die P. ſich mit dem Staat im allge:
wedmäßigiten Gejtaltung besjel:
ben_ beichäftigt. Die Erfenntnisquellen dieſer
Wiſſenſchaft find die philoſ. Erforihung des
Weſens und der Aufgaben des Staates, die Ge:
ſchichte und die vergleichende Betrachtung ber ftaat:
lihen Einrihtungen und des Staatsrechts, und
man unterfcheidet hiernach die glitr.. biitor. und
vergleichende Methode in der Wiſſenſchaft der P.
Demgemäß ift aud) die Litteratur über P. unüber:
[ehbar groß, da fait alle hervorragenden Philo—
ophen Ka aeg und Publiziften auf diefem Ge:
meinen und ber 3
biete thätin gewejen find. Das berühmteite der:
artige Werk aus dem Altertum ift die «Bolitif» von
Aristoteles. Den verfhiedenen Aufgaben des Staats
entiprechend, teilt man die P. ein in bie äußere
und innere, und bie (eptere zerfällt wieder in zahl:
reiche Zweige, wie Handel, Wirtſchafts-, Zoll⸗,
Münz:, Bank, eg d Kirchen: u. ſ. w. Politik,
Das beite Werk über die polit. Litteratur iſt Rob.
von Mohl, «Gedichte und Litteratur der Staats:
willenihaften» (3 Bde., Erlangen 1855—58).
olitifer (Les politiques), Name einer Bartei,
welche fi in Sranfreich in den lekten Jahren der
Regierung Karls IX. bildete. Sie bejtand aus den
Mihvergnügten ſowohl der lath. als aud) der prot.
Partei und wollte durch einen angemefienen Ver:
gleich zwiſchen beiden Religionsgenoſſenſchaften den
eden berftellen, Heinrich IIL. gewann bie Haupt:
übrer, indem er ihnen im Vertrag von Beaulien
1576 günjtige Bedingungen bemwilligte. Aus der
Partei erwuchs dann die große nationale Mehrheit,
welche fih an Heinrich IV. nad deſſen Übertritt
zum Slatholiziämus anſchloß. ;
olitifche Arithmetik, ſ. u. Aritbmetik,
zoliti —* Gleichgewicht. Die Idee des polit.
Gleichgewichts gehört der neuern Staatengeſchichte
an und trat am entſchiedenſten in den Vordergrund
bei den Bündniſſen, welche England, Holland,
Ofterreih, Brandenburg und andere Mächte ab:
eb und wiederholt gegen Ludwigs XIV.
drohende Pläne einer Univerjalberrichaft über
Europa ſchloſſen. Nah dem Sturz Napoleons I.
verlörperte ſich die dee des politiihen Gleich:
gewicht in den fünf Großmächten. Durch die Er:
richtung der ſechſten Großmacht, Italien (1861),
erfuhr das politiihe Gleihgewiht Europas keine
durcgreifende Underung.
Politifche Sfonomie, ſ. Nationalölo:
nomie,
Politiſche Poeſie. Iſt die Poeſie der tiefite
Ausdrud der Empfindungen und Bewegungen des
menſchlichen Gemutslebens, fo darf fie f auch an
den großen Kämpfen und Anliegen des öffentlichen
Lebens beteiligen, muß fi aber vor der Gefahr
hüten, Tendenzdidhtung zu werden, d. h. ftatt ſich
rein und unbefangen von ihrem Gehalt erfüllen zu
laſſen und denjelben künftleriich zu geftalten, auf
ganz unmittelbare, fpezinihe polit. Wirkung zu
gehen. Polit. Poeſie hat es daher immer und
überall gegeben, wo ee volit. Leben
iſt. In Deutſchland bat die polit. Poeſie ſchon in
Walther von der Vogelweide einen hervorragenden
Vertreter aufzuweiſen. Insbeſondere reich an
130
polit. Dichtung aber war das Zeitalter der Nefor:
mation (Ulrid von Hutten), die Zeit des Schmal:
faldifchen Kriegs und des Dreibigiäbrigen Kriegs.
Bol. von Liliencron, «Die biftor. Vollslieder der
Deutfhen vom 13. bis 16, Jahrb.» (4 Bde. ps.
1865—69). y neuerer Zeit wurde namentlid) in
den vierziger Jahren des 19. Jahrh. das Gebiet
der polit, Poeſie eifrig kultiviert durch Dichter wie
Anaftafius Grün, Herwegh, Freiligrath, Dingel:
ftedt, Hoffmann von Fallersleben, Brub u. a.
olitifche Berbrechen und Bergehen nennt
man die unmittelbar gegen den Staat gerichteten
Angriffe, welche denſelben in feinem Oberhaupt
verlegen, in feiner äußern oder innern Sicherheit
oefährden. Es gehören dahin Staats- oder Landes:
verrat, Hocdverrat (j.Majeltätsverbreden),
ferner Majejtätäbeleidigung, Widerftand gegen bie
Staatgewalt, Aufruhr u. a. Den politiichen
gegenüber ftehen die gemeinen Verbrechen, melde
gegen Individuen begangen werden und bei benen
der Staat nur indireft wegen der dadurch gefähr:
deten allgemeinen Sicherheit beteiligt üt. Die
öfientlihe Meinung beurteilt jene in der Regel
milder, weil fie erfabrungsmäßig keineswegs im:
ner aus einer gemeinen, fondern oft fogar aus
einer jehr uneigennüßigen, felbftverleugnenden Ges
finnung hervorgehen, die ſich nur entweder in ihren
AZweden oder wenigtens in den Mitteln vergriff,
indem fie ftatt der geſehlichen ungefepliche wählte,
teils weil — dieſe Ungeſehlichleit bisweilen
durch Ungeſe — der die Strafgewalt beſihen⸗
den, deshalb aber frei ausgehenden Machthaber
herausgefordert wird. Doch gibt es polit. Ver:
hrechen, auf welche dieſe mildere Beurteilung keine
Anwendung findet. Dahin gehört namentlich ber
Sandesverrat, ber zu allen Zeiten als eins der
ſchwerſten un ————— Verbrechen ange:
ſehen worden iſt. Die Unterſcheidung zwiſchen
polit. Verbrechen und polit. Vergehen richtet ſich
nach der allgemeinen Unterſcheidung von Ver—
brechen und Vergeben, welche nicht in allen Gejeb-
gebungen die gleiche ift, wennſchon im allgemeinen
unter jenen bie ſchwerern, unter dieſen die leichtern
Gejepesübertretungen verjtanden werben. Der
Unterſchied der po it. und der gemeinen Verbrechen
zeigt fih aud darin, daß die Nuslieferungs:
pfliht der fremden Staaten (f. Auslieferung)
gewöhnlich auf die lehtern befhränlt wird, auge:
nommen in neuerer Zeit die Fälle des vollendeten
oder verjuchten Mordes u. f. w. am Oberhaupt
einer fremden Regierung (ſog. Belgifche Attentat::
Haufel). Bol. Lammaſch, «Das Recht der Ausliefe:
rung wegen polit. Berbreden» (Mien 1884).
olitifche Vereine, ſ. unter Vereinsweſen.
olitifche Verſe (versus politici), Berfe,
welche ohne alles Metrum der Proſa gleich waren
und fi von derjelben im Lateiniſchen nur durch
ben Reim, im Griechiſchen durch die Sehung der
accentuierten Silben unterſchieden. Dieſe Verſe
famen im 11. Jahrh. auf; Proben davon finden ſich
in den Gedichten von Konftantin Piellos, Konftan:
tin Manafies, Nilelas Eugenianos u. a. Nicht zu
verwechſeln damit find die Leoniniſchen Verſe (f. d.).
Vogl. Struve, zliber den polit. Vers der Mittel:
griechen» (Hildesh. 1828).
Politſchta (jlaw. Politka), Stadt im öſtl.
öhmen, Sik einer Bezirtshauptmannichaft und
eines Bezirlsgerichts, mit (1880) 4632 E. czech.
Zunge, bat zwei Brauhäufer, eine Pappendedel:,
Politiſche Verbrechen und Vergehen — Poliker
Teerprobuften:, genen und Zündhölzchenfabrit
und eine achſchule. Die Stabt wurde 1265
durch König Ottotar II. — und fpäter Leib⸗
gedingsftabt der böhm. Königinnen. Im J. 1845
bis auf drei Häufer durch Brand zerjtört, iſt fie
feitbem neu aufgebaut.
olitür (Tiichlerpolitur), |. Polieren.
olig (Police), Stadt in der Bezirkahaupt:
mannihaft Braunau im norböftl. Böhmen, an
der Mettau, Station ber Oſterreichiſch- Ungariſchen
Staatsbahn Chotzen-Halbſtadt, Sib eines Bezirks:
erichts, zählt (1880) 2436 E, cyed). Zunge, bie
ale rer tn —
4, Stadt im preuß. Regierungsbezirk
Stettin, Kreis Randow, linls an ber Larpe und
der Politzſchen Sabıt, dem weitlihiten Mün:
dungsarme der Oder, der Ad und in
das Papenwaſſer mündet, Sit eines Amtsgerichts
hat (1880) 4146 E., ein en
fabrifen, Töpfereien und Hopfenbau. P. iſt mit
Stettin durd Dampfidiffahrt verbun
Pölit (Sarl Heinr. Ludwig), namhafter Bublis
iſt, —* — ir zu ( on
urgiichen, ierte in Leipzig Philoſophie,
ſchichte und Theologie, habilitierte ſich 170 ourde
1795 Profeſſor an der Nitteralabemie zu Dresden,
1803 außerord. Profeſſor der Philoſophie in ,
nod) in demjelben Jahre Profeſſor bes Natur: um
Völterrechts in Wittenberg, wo er 1808 das
amt der Geſchichte erhielt. Am J. 1815 er
als Profeſſor der ſächſ. Geſchichte und Statiftil
wieder nach Leipzig, wo er 1820 Pro der
Politik und Staatswiſſenſchaften wurde. ſtarb
daſelbſt 27. Febr. 1838. Seine an 30000 Bände
ftarte Bibliothek vermadhte er dem Rat ber Stabt
J
Leipzig, in deſſen Hände er auch den en Teil
ſeines erworbenen und zu Stipendien und Freitiſchen
für Studierende beſtimmten Eigentums niederlegte.
Seine vorzüglichſten hiſtor. d
Schriften ſind:
buch der Weltgeſchichte⸗ (3 Bde., Lpʒ. 1805; 7. Aufl.
—— von Bülau und Zimmer, 4 Bde. 1851
—53), « Handbuch der Geſchichte der
Staaten de3 Nheinbundes» (2 Dhe., 1811),
« Handbuch der Geſchichte der jouveränen Staaten
des Deutichen Bundes» (Bd. 1 in 2 Abteil., 2pz.
1817—18), «Geſchichte des Köni Sachſen »
(2p3. 1817), « Geſchichte vn ugufts, Königs
von Sadjen» (2 Bde, 3 1830). Unter feinen
ſtaatswiſſenſchaftlichen Arbeiten find hervorzu⸗
eben: «Die Staatswiſſenſchaften im Lichte unferer
eit» (5 Bde., Lpz. 1828; neue Aufl. 1827),
Hauptwerk; « Grundriß für ency Vorträge
über die !gefamten Staatswiſſenſ »
1825), « Vermiſchte Schriften aus bem —
Geſchichte und der Staatswiſſenſchaften»
Meiß. 1831), « Staatswiſſenſchaftliche Vorleſun
ee (3 Bde., Lpz. 1831— 33). Ein
Internehmen war die Herausgabe des Werls
europ. Verfaſſungen feit 1789» (4 Bde., Spy. 1817
— 25; 2, Aufl., 3 Bde., 1833— 34; DBb, 4 in 3 Ab:
teil. von Bülau, 1847). Im J. 18238
er die «xJahrbücher der Gedichte und S ,
E
*
7
die von Bülau bis 1849 fortgefeht wurden.
zm. (Adam), namhafter Obrenarzt
1835 zu Alberti in Ungarn, wibmete 8 in
Warzburg, Paris und London dem Studium ber
Obrenheillunde, habilitierte fi, nad Wien zurüd:
gelehrt, als Docent der Ohrenheillunde an der bor-
tigen Univerfität und eh fenttihte 1868 ein
4
— * u
Polize — Bolizeiftaat 131
ihr Neb der Spionage fiber das ganze Reich aut:
dehnte, Verbrechen felbit erft anitiftete (agents
provocateurs), alle Geſelligleit ——— ie Re:
gierung durch ihre Verbindung mit ehrlojen, wieder
einer geheimen Gegenpolizei (contre-police)
unterftellten Subjeften entwürdigte und troß ihrer
*— Koſten wenig Nuhen ewaährte.
al. Rob. von Mohl, «Die Bolizeiwifienichaft
nad den Grundſäten des Nechtäjtaats » (3. Aufl.,
3 Boe., Tüb, 1866); Förftemann, « Prinzipien des
reuß. Polizeirechts» (Verl. 1869); Nofin, «Das
Volizeiverordnungsrecht in Preußen» (Bresf. 1882);
Ave:Pallemant, « Bhyfiologie der deutihen P.»
(2p3. 1882); die Schriften über Verwaltungsrecht
von 2. von Stein, Röfler, Föning, ©. Meyer u. a.
‚Polizeiaufficht, eine in Deutichland nur neben
einer andern Freiheitsſtrafe accejloriih vom Nic;
ter zu verhängende Sreiheitsbeihräntung. Nadı
den darauf bezünlichen Borfchriften des Reichsftraf:
gejebbucha ($$. 38 u. 39) erhält auf Grund richter:
ichen Straferfenntnifjes die Landes olizeibehörde
die Befugnis, den Verurteilten nad Anhörung der
Gefängnisverwaltung auf die Zeit von böchfiena
nf Jahren unter Rolizeinufficht zu ftellen, Ge:
chieht dies, fo hat die Behörde die Befugnis, den
ufenthalt an einzelnen beitimmten Orten zu unter:
jagen, Ausländer aus dem Bundesgebiet zu ver:
weiſen undunabhängig von den zeitlichen Berhrän,
kungen der Strafprogeforbnung (3. B. auch zur
Nachtzeit) Hausfuhungen vo unehmen. Die P.
it franz. Ursprungs. Sie entitammt einem Geſeh
vom 28. Florcal XII (18. Mai 1804) und iſt neuer:
ding3 von der dritten Nepublit — das Gefeh
vom 30. Juni 1874 genau eregelt. Ihr Zived ijt
Prävention. Gefährliche Snboltuen follen ver:
bindert werden, fich der rechtzeitigen Grgreifung
und der Beobachtung ihres Lebenswandels zu ent:
ige Es find ur namentlich die Angehörigen
er jog. Verbrecherllaſſe, die bei der B. in Betracht
fommen. Auch die ital, Gejehgebung machte
gegenüber den Näuberbanden und den Gauner:
getellichaften der Camorra und Maffia von der P.
Gebrauch. u Schaden der P. laſſen ſich
in ihrem eitigen Verhältnis nicht leicht ab
Ihäsen. Als lübelſtand fällt ins Gewicht, daf eine
mißtrauifch gehandhabte P. leicht das Beitreben
folder durchtreuzt, bie ebrlihen Arbeitserwerb
nach geſchehener Entlafjung aus der Strafanftalt
ſuchen und dann durch polizeiliche Nachfragen kom:
promittiert werden. Man bat daher vorgeichlagen,
die Ausübung der P. den Schußvereinen über ent:
lafjene Strafgefangene zu überweilen. In Eng-
land wirkt der Polizeibeamte jelbft vielfach als
Arbeitövermittler für folhe, die al3 zutrauens:
wür A erlannt wurden. Troß der Möglichkeit
von Mißgriffen erfcheint doch die P. unentbehrlich.
Polizeiftant nennt man einen Staat, in mel:
chem die Fürforge der Verwaltungsbehörden für
die Wohlfahrt und Sicherheit der Geſamtheit auf
Koſten der individuellen Freiheit und ber unab:
bängigen Pflege des Nechts ungebührlich ausge:
en wird, Gin ſolches Syſtem führt zur ftaat:
neued Heilverfahren gegen gewiffe Formen ber
Schwerbörigkeit (fog. Kor es Verfah—
ten), in der künftlihen Eintreibung von
Luft in die Euſtachiſche Obrtrompete beiteht und
ſich als eine jehr wertvolle Bereicherung des
ohrenärztlichen Heilihapes bewährt bat. Im J.
1871 zum Profeſſor der un An ernannt,
begründete er eine auferordentlich reichbaltige
Sammlung anatom. und patbol.-anatom. ‘räpa:
rate des Gehörorgans; feine Vorlejungen find von
ar m en allen —— ihr u zahl⸗
rei ournalau veröffentli er: «Be;
leu i bes Trommelfells > gefunden
und 2* (Wien 1865), « Lehrbuch der
—— » (2 Bde., Stuttg. 1878—82) und
ieferte «Zehn BWandtafeln zur Anatomie des Ge:
» (Wien 1873), fowie vortreffliche «Pla:
ee ee le
» au eltausſtellung in Phila⸗
hia t und von bem Mujeum bes
Co of ren bafelbjt angefauft wurden.
3 oliee.
vom lat. —— die Staatsverwal⸗
ein An vieldeutiger Ausdrud. Biele
6 er ben darunter die erjemte innere
Staatäverwaltung mit Auaf luß der Nechtäpflege,
andere aud das Militär: und Finanz:
mweien aus; nod andere beichränken den Vegritf
nod) weiter, indem fie auch die Anftalten zur För⸗
derung des Wohlſtandes, de3 Unterricht? und der
Kultur davon ausnehmen. Im Oegenjap zu dieſer
Beitimmung bes polizeilichen Wir:
iſes verjtehen manche Schriftſteller unter
—* auf dem Gebiete der innern
die mit einem Zwang gegen Verfonen
verbunden a iR 0 [ die Anwendung der jtaat:
ae t auch auf dem Gebiete des Sinany.,
s und izweſens nicht zu entbehren ijt
und man demgemäß aud von Gerichter. Zoll:,
— i u ſ. w. ſpricht. Nach dem ger
lichen nr veriteht man unter P. die
Mafregeln zum Schuß der öffentlichen Sicherheit
und Wohlfahrt, fowohl gegen unerlaubte Hand:
lungen Einzelner als gegen fchädliche Naturereig-
niſſe. Man teilt die R nad) ihren verfchiebenen
Auf ein 3. B. in Kriminal⸗, Gefundheits:,
—*5 ey —** ge,
ohne möglich ift, einen voll:
ftändigen Katalog aufzufü da bie ftaatliche
Thätigteit nad) unzähligen efihtspuntten in Ab:
teilungen jerleot werben
fann, unterſcheidet ferner die Drt3:(F ofal:)
polizei und die allgemeine Landespolizei.
Die ift gewöhnlich den Gemeinden und an:
dern da zur Selbitverwaltung über:
tragen, während die lehtere von Behörden des
Staats enommen wird. Die gerichtliche
—* ) Bolizei iſt ein Teil der P., die:
elbe ift aber unter die Leitung der Staatsanwalt:
Oak —— een fe elizeige:
i rteit, db. bie Unterſuchung und Be:
ber fibertretungen ein et der Straf:
Den Behörden, welchen die Hand:
ber P. obliegt, ift in der Negel auch die
zum Erlaß von Polizeiverordnungen
rauch war die Geheime
izei, bie —— in Frankreich unter Lud⸗
Ein
ia XIV. eit 1697—1718), abe
en ie J. Ai
lihen Bevormundung der Bürger und zur Nicht:
a kung des Necht3, wenn das vermeintliche Fi
terefe des Staats dazu Veranlafjung gibt. ur
Rechtfertigung pflegt man fih auf den Sat salus
publica suprema lex esto zu berufen. Als Bei:
jpiel eines folhen Syftems wird gewöhnlich der
Staat Ludwigs XIV. angeführt.
9*
132 Volizeiftrafverfahren — Bolt
BPolizeiftrafverfahren. Den Volizeibehörden
tann nad) der Reichsſtrafprozeßordnung in ge:
wiitem Umfange die Befugnis durch Beitimmun
der Landesgeſehe * t fein, eine in den Straf:
geſehen angedrohte Strafe durch Verfügung feſtzu⸗
ehen. Dieſe Befugnis kann ſich aber nur auf Übers
tretungen erjtreden, * kann die Polizeibehörde
feine andere Strafe feitießen als gen is zu 14
Tagen oder Gelditrafe und die an Stelle nicht bei:
zutreibender Gelditrafe tretende Haft, ſowie eine
etwa verwirkte Einziehung. Gegen die von Amts
wegen erlafjene Strafverfügung, welche gleich einer
richterlichen Handlung die erjährung unterbricht,
fann der Beihuldigte, fofern er nicht eine gefehlic)
ugelafjene Beihwerde an die höhere Polizeibe:
drde ergreift, binnen einer Woche nad der Be:
tauntmachung bei der Volizeibehörde, welche diefe
terfügung erlajien hat (chriftlich oder mündlic),
oder bei dem zujtändigen Amtägeriht auf gericht:
liche Entfcheidung antragen. Der rechtzeitige An:
trag hat zur Folge, daß die Strafverfügung außer
Kraft und ohme förmliche Anklage und Fröffnungs⸗
beſchluß das ſchoöffengerichtliche Hauptverfahren
eintritt. Dasſelbe führt zur Entſcheidung In der
Sache jelbit, wenn die Bolizeibehörde zu der Straf:
verfügung fompetent war, andernfall3 nur zur
Aufhebung der Strafverfügung. Bol. Strafpro⸗
jekordnung für das Deutiche Reich, SS. 453—458.
olizeiftunde heit die Stunde, zu der bie
Schantlotale und fonitige Lolale, in denen öffent:
lich bewirtet wird, geſchloſſen werden ſollen. Nach
8. 365 bes Reihe trafgejehbuch® wird derjenige,
welcher in einer Schantjtube oder an einem öffent:
lichen Vergnügungsorte über die gebotene B. bin:
aus verweilt, ungeachtet der Wirt, fein Vertreter
oder ein Bolizeibeamter ihn zum Fortgehen aufge:
fordert hat, mit Gelditrafe bis zu 15 Mark beitraft;
er Wirt, welcher das Berweilen feiner Gäſte über
jene Stunde ginans duldet, Dagegen mit Geldftrafe
bis zu 60 Mark oder mit Haft bis zu 14 Tagen.
Wann die v. eintritt, unterliegt den Verordnungen
der Ortspoligeibehörde; die Beitimmungen darüber
find in verfdiedenen Orten ſehr verichieden.
Poliziano (Agnolo), mit dem Familiennamen
Ambrogini, ital. Dichter und Humanift, geb.
24. Juli 1454 in Monte-Pulciano in Toscana,
ftubierte die Haffiihen Sprahen in Florenz und
jand Aufnahme im Haufe Lorenzos de Medici, der
ihm die Erziehung feiner Söhne Piero und Gio—
vanni (fpäter Leo X.) übertrug. Im J. 1480 er:
hielt er den Lehrſtuhl der grich. und röm, Littera:
tur am Lyceum zu Florenz und ftarb 24. Sept.
149. Hervorragend durd) ungewöhnliche Gelehr:
famteit, wie durch feinen Geihmad und form:
vollendete Eleganz, hat er ſich namentlich dadurd)
Verdienite erworben, daß er die Tertlritit in bie
Hajiiiche Philologie einführte. Sein unvollendet
gebliebenes Sedicht auf Giuliano de’ Medici, Lo:
tenz08 Bruder («Stanze per la giostra di Giuliano
de’ Medici», dlor. 1494), gehört zu den beiten Gr:
zeugnifjen der altital, Poeſſe und bat erſt die Ot-
tava rima in derjelben a gemacht. Sein
«Urfeo» (Flox. 1494 u. öiter) gilt als das erite
ital. Trauerjpiel. Seine «Kime» (2 Bde, Flor.
1814), fowie jeine lat. Oden, Glegien und Epi—
gramme zeichnen ſich aus durch Leichtigkeit und An
mut, während feine Geſchichie der VBerihwörung
der Pazzi Sry conjurationis commenta-
riolum», Flor. 1478) als Nujter hiſtor. Darftellung
gilt, Sul. Menden, «Histora vitae Ang. P.» (Lpz.
1736); ® ähly, «Angelus P.» (Lpz. 1864).
Polizza (ital.), eigentlich Zettel, Billet; dann
Anteilsſchein mer einer Kapitalgejelihaft; ieht
insbefondere ſoviel wie Police (j. d.) im Sinne
des Verſicherungsrechts.
olizzi Generoja, Stadt in der ital, Provinz
Valermo auf Sicilien, Bezirk Cefalüt, 67 km füd:
öjtlich von Balermo, auf hohem Felſenjoch 917 m
über dem Meere, hat (1881) 7280 E., Wein: und
Slbau. ., mittellat. Policium, erhielt jeinen
Beinamen Generoja von Kaiſer Friedrich ll.
oljafotw (Iwan Semenomwitih), nambafter
ruft. Zoolog und Neifender, geb. 1846 ım ruſſ.⸗
ſibir. Gebiet Transbailalien, machte bedeutende
Zorſchungereifen im aſiat. und europ. Nupland,
huerf am Baitaljee (1865), dann an der Lena, im
hal der Dſchidda, 1871—79 an den Seen, des
nörbl. europ. Rußland. Darauf ging er wieder
nach Sibirien zurüd, an den Obi und au den Altai,
eg aud Dagheſtan und Tranätaulafien, und
begab ſich zuleht auf die Inſel Sadalin. Er ver:
öftentlichte; «Neije nad) der Inſel Sa alin in den
. 1881—82» (deutfch von A. Arzruni erl. 1884).
erichte über feine übrigen Reiſen finden ſich in
den Nachrichten der Ruſſiſchen Geographiidhen Ge:
feüſchaft und in den Denlſchriften der Alademie
in Fig k
vit (im Deutſchen auch Bult eſchrieben)
war in dem altruſſ. Vollsheer ein Heerhaufen, der
etwa einem Beutigen Armeetorps entiprad). Seit
Iwan IH. zerfiel das ruf. Heer in fünf Rolli, jpä:
ter aber wurde die Bezeichnung P. auf Truppen:
abteilungen —— welche den heutigen Regi⸗
mentern in ihrer Stärte gleichlamen, und noch
prute iſt in der ruſſ. und poln. S rache das Wort
„identiich mit dem Regiment Weſteuropas, jo:
daß der Negimentätommandeur oder Oberſt als
Pollownil bezeichnet wird. Gin weitverbreiteter Jrr=
tum ift e3, der Ausdrud P. gehöre nur den Kojaten
an, denn thatjächlich gilt er auch für die Negimenter
der regulären Infanterie und Kavallerie.
Poik (James Snor), der elfte Präfident ber
Vereinigten Staaten von Amerika, geb- 2. Nov.
1795 bei Charlotte in Medlenburg County im
Staate Nordcarolina , bildete ſich in Naihville zum
Ardvolaten aus und ließ fich als folder 1820 in
Columbia nieder. Nachdem er 1823 in die Legis⸗
latur ſeines Staats eingetreten war, wurde er
1825 in den Kongreß nach Waſhington ge lt.
Er gehörte dem Repräſentanten auje 14 Jahre
lang an und nahm in demjelben die hervorragend:
—— Stellungen ein. P. war einer der entſchieden⸗
ten und ein ubreichften Anhänger Jadjons, wurde
nach feiner Rüdtehr nad) Naihville zum Gouver:
neur von Tennejlee gewählt, aber nad Ablauf
ſeines Amtsterming 1841 von dem Whiglandida⸗
ten geſchlagen. Im Mai 1844 erhielt er ——
Konvent der demokratiihen Partei in Baltimore
die Ernennung zum Bräfidenticaftsfandidaten
und bei der im Nov. 1844 ftattfindenden Wahl
170 Glettoralitimmen, fein Gegentandidat Henry
Clay, dagegen nur 105, Am 4. März 1845 wurde
P. als Shräfident eingeſeht. Die Hauptereignijle
** Verwaltung waren der glüdliche Krieg mit
erifo, den er im Widerſpruch mit dem Wortlaut
der Berfafiung, welche nur dem Rongech dieje Be:
—— einräumt, erklärte, ſowie die Beilegung der
regon Gremfrage. Der meril. Krieg brachte den
Polla —
Tereinigten Staaten das reiche Goldland Califor:
nien und bie wichtige Provinz Neumerilo ein. P
ftarb ſchon drei Monate nad) feinen Nüdtritt vom
Amte, 15. Juni 1849, in Nafboille,
Polka, beliebter Nundtanz, welcher feinen Na:
men . einigen von feiner vermeintlichen ur:
iprüngliden Heimat Polen, nad andern aber we:
gen des in ihm waltenden Halbſchritts vom böhm.
Worte pulka, d. i. Hälfte, erhalten haben foll.
Polko (Elije), belletriitiihe Schriftitellerin,
ältefte Tochter de3 Pädagogen Karl Vogel (f. d.),
geb. 13. Jan. 1823 zu Waderbartsruhe bei Dres:
den, begründete ihren Ruf befonders durch die
Mufitaliihen Märchen» (Lpz. 1852; Neibe 1—4,
Lpz. 1868—76). Unter der großen Anzahl_ihrer
übrigen belletrijtiihen Arbeiten, zu denen fie die
Stoffe vorzugsweiſe dem Künſtler- und Frauen:
leben entnahm, find hervorzuheben: die Nomane
«Gin Frauenleben» (2 Bde., Lpz. 1854), «Fauſtina
Hafie» (Lpz. 1860) und »Unſere Bilgerfahrt von
der Ninderjtube bis zum eigenen Herd» (7. Aufl.,
Lpz. 1880). Auch verfahte fie Biographien ihres
Vaters (Lpz. 1863) und ihres Bruders Eduard
Bogel (f. d.), «Grinnerungen an Felix Mendels:
john : Bartholdy» (Lpz. 1868) und mehrere Antho:
logien, wie «Dichtergrüßen (12, Aufl., Lpz. 1885),
ferner deutiche, franz. und engl. Skizzen u. ſ. w.
Polfwig, Stadt im preuß. Regierungsbezirk
Liegniß, Kreis Glogau, 21 km füdlid von der
Kreisftadt, hat (1880) 2101 E., eine evang. und
eine fath. Bfarrlirche, ein Amtsgericht, ein Waifen:
haus und Tuchmacherei.
Polla, das alte Forum Popilii in Qucanien,
Flecken in ber ital. Provinz Salerno, Bezirk Sala
Confilina, am Negro, hat (1881) 6516 E., wurde
durch Gröbeben im Dez. 1857 faſt gänzlich zerjtört,
wobei über 2000 Menfchen umkamen. Das nabe
gelegene (zeritörte) Dorf San:Pietro hat am Wirts:
hauſe eine antife Inſchrift mit den Ortsentfernun:
gen der röm. Heeritraße (Via Popilia) von Capua
nad Reggio (Rhegium),
Bollalnolo (Antonio), ital. Maler, geb. zu
Florenz 1429, war anfangs Goldihmieb, wandte
ch bann ber Malerei zu, war außerdem als Ardhis
teft und Bildhauer ——— hat auch in Bronze
egoſſen. Von feinen Bildern iſt fein Altarwerk
ür die Familie der Pucci (Gefchichte de3 heil.
Sebaftian in der londoner Nationalgalerie) hervor:
zubeben. * Bar befindet ſich B.3 Hercules,
die lernäiſche Schlange tötend, für Nom ſchuf er
das Grabmal Papſt Sirtus’ IV. Gr ftarb 1495.
Auch als Verfertiger von Niellen iſt er berühnit.
Sein Bruder Pietro P., geb. 1441, lernte bei
dem Dialer Gajtagno und arbeitete häufig mit fei:
nem Bruder im Verein. Von 1483 datiert ijt ein
großes Bild P.s im Dom zu San:Gimignano, in
den Uffizien zu Florenz befindet ſich von ihm ein
Altarwerk mit mehrern Heiligen —— 56
Geſtalten der Tugenden. Der Stil beider Meiſter
iſt hart und ſtreng, mehr den Geſehen der Plaſtik
als denen der Malerei folgend, doch zeigen ihre Ge:
mälde Fortfchritte in ber Technik und Körper:
bebandlung. P. ftarb um 1496.
ntonio ber Jungere, Sohn be3 ältern
Antonio, war ala Daumeijter am Palazzo Strozzi
in Florenz thätia.
Pollen oder Bollenlörner, auch Blüten:
taub nennt man in der Botanik — Fort⸗
pflanzungszellen, die in den Staubbeuteln (j. d.)
Pollen 133
oder Antheren ber Phanerogamen gebilbet werben,
Diele Zellen, die fhon lange vor Entfaltung der
Blüte angelegt werden, haben zur Zeit ihrer Neife,
d. h. zur Zeit des Öffnens der Antheren, meift eine
fugelige_Öeftalt und ihre Wandung beſteht aus
wei bifferenten Schichten, der fog. Erine und
ntine, Die lehtere ftellt eine dünne Gelluloje:
baut dar, an welde der Zellinhalt direkt angrenzt,
die Erine dagegen ijt ftark cuticularifiert und zeigt
die mannigfaditen Verdidungserfcheinungen, nur
jelten beſiht fie eine glatte Oberfläche. Die Ber:
didungen, die nah außen vorragen, find in ber Ne:
gel in der Form von Warzen, Stacheln oder Leiten
ausgebildet, und haben eine regelmäßige Anord:
nung. Auch iſt an einigen Stellen die Grine bedeu—
tend dünner oder ganz unterbrochen, ſodaß bei der
Keimung der einzelnen Körner der von der Intine
umbüllte Pollenſchlauch leichter hervortreten kann.
Die Farbe de3 P., die meiſt nelb oder violett iſt,
rührt jtet3 von der Färbung der Grine ber; der In:
alt des Pollenkorns zeigt dagegen keine beiondere
ärbung; er beſteht aus einer körnigen Plasma:
maſſe, die in der Regel Stärkekörnchen und Öltröpf:
den als Nejerveftofte einſchließt. Bringt man die
Bollenkörner in Waſſer, fo entwidelt ſich durch die
eintretende Diosmoſe fehr bald ein ſtarker hydroſta⸗
tiſcher Drud im Innern, der ſchließlich eine ſolche
Höhe erreicht, dab die Wandung des Korns zer:
jprengt wird und der Plasmainhalt in unregel:
mäßiger Form nad) außen hervorquillt. Gelangt
dagegen das Pollenkorn durch Vermittelung von
Inſekten oder von Windftrömungen auf die Narbe,
d.h. auf dasjenige Organ des weiblichen Geſchlechts⸗
apparats, weldes zur Aufnahme der P. dient, jo
wird durch Einwirlung der von der Narbe abge:
ſchiedenen zuderhaltigen Flüjjigkeit das Pollenkorn
zur Keimung gebracht, und aus den fchon erwähn:
ten erg oder dünnen Stellen der Erine tritt
ein Keimſchlauch, der fog. Pollenſchlauch, hervor.
Derjelbe dringt dur das Gewebe der Narbe und
des die leßtere tragenden Griffel big zur Mitro:
pyle (f. d.) der Samentnofpe vor, um dort durch
Anlegung an den Embryofad die Befruchtung her:
vorzurufen. (©. Befrudtung.)
Dei den Öymnofpermen, denen Griffel und Narbe
fehlen, gelangen die Pollenkörner direlt auf bie
Samenfnojpen und bilden hier nur einen lurzen
Schlauch, der bis zum Eikern vordringt. Die yorm
der Vollenkörner einiger Gymnoſpermen ift infofern
etwas abweichend, als die Exine zwei große blajige
Erweiterungen zeigt, die jedenfalls als Flugorgane
u betrachten find. Außerdem unterjcheiden ſich die
Vollenkörner der Gymnojpermen von denen ber
Angiofpermen dadurch, daß bei den erſtern im Korn
felbjt eine Zellteilung ftattfindet, wodurd bei der
Reife gewöhnlich drei Bellen vorhanden find, wäh:
rend bei den — — dieſe Differenzierung
fi auf die Teilung des Zelllerns beſchränkt und
eine Wandbildung nit eintritt. Da die Pollen:
törner ala die Homologa ber Mikrofporen bei den
höhern Gefähtryptogamen anzufehen find, fo kann
man mit Recht in jenen Zeilungen innerhalb des
Korns einen Reit der Bildung von männliden
Prothallien erbliden, ebenfo wie man die Teilungen
im Embryofad (Vlafrofpore) vor der Befruchtung
als rudimentäre Entwidelung eines weiblichen Pros
thalliums auffaßt.
Tie Ausbildung des P. innerhalb des Staub:
beutel3 geht in der Meile vor fich, dab eine Gruppe
134
von Bellen im Innern der Anthere durch lebhafte
Teilung ih vermehrt und jede der zahlreichen, bier:
durch gebildeten Zellen, der fog. Urmutterzellen
der P. durch eine Vierteilung zu einer ſog. Te:
trade wird, in welch lehterer nunmehr jede Zelle
in ihrem Innern ein Pollenkorn erzeugt.
fen einer Tetrade bezeichnet man im Gegenſatze zu
ben Urmutterzellen ald Spezialmutter:
ellender®. Die Wände der leptern verichleimen
Fer und die Vollenkörner liegen dann innerhalb
ber Antherenfächer in dem dadurch entjtandenen
Schleim. Diejer verſchwindet mit dem
Reifwerben des P., ſodaß eg: x P. in der
Regel als ftaubförmige Maſſe die Höhlungen des
Staubbeutel ausfüllt, Bei einigen Pflanzen bleis
ben je vier aus einer Tetrade ftammende Hörner
auch fpäter miteinander vereinigt oder es wird auch
bie ganze Mafje der Pollenförner zu einem fog.
— verklebt, wie es no 3. B. bei vielen
t&hibeen findet. Eine derartige ereinigung meb:
rerer Bollenkörner ift jedenfalls von gewiſſem Vor:
teil für die Beitäubung der betreffenden Blüten
durch Inſelten. Bol. Betäubung nebft der dazu
en Tafel, Fig. 1a, 1b,6,7u.8_
ollentia, im Altertum Stadt der Statielli in
Ligurien, unweit nörblid von der Einmündung
ber Stura in den Tanarus, dann röm. Munici⸗
pium; bier brachte 403 n. Chr. Stiliho den Weit:
er unter Alaric) eine Niederlage bei; jest Pol⸗
enzo in der ital, Provinz Euneo, Bezirk Alba,
Gemeinde Brä, mit (1881) 1397 E,, königl, Schloß
und Ruinen der antilen Stadt.
Pollenza, Stadt im Norboften ber zur fpan.
Provinz Baldares gehörenden Inſel Mallorca, Be:
B Inca, nahe weitlich von der es und fichern
ut von P., jpan. Puerto de P. oder Puerto
Menor, bie fi Fe den Borgebirgen Cabo
Formentor und Cabo del Pinar ausbreitet, bat
(1877) 8547 G. Tucweberei, Wein: und Ölbau
und hieß im Altertum und Mittelalter Pollentia,
Drums (dad alte Bollentia), Ort nahe bei
Brä (f. d.)in der ital. Provinz Cuneo,
ollet (2e), ſ. unter Diep e. ie
ollex (lat.), Daumen; P.pedis, die große
Pollieitation (lat., Anerbietung) bezeichnet
im te nen Sinne des röm. Rechts ein einfei:
tiges Verſprechen, welches, wie ein religiöfes Ge:
lübde , ohne Annahmeerklärung feitens des Gläu-
bigers den PBollicitanten jchon bindet, Diefe Form
einer Verbindlichmachung war jedod lediglich ein
Inſtitut des röm, Municipalrechts und bezog fich
auf freiwillige Zufagen öffentlich nüglicher Einrich⸗
tungen an eine Stadtgemeinde. Im Fall der
Verarmung oder des Todes des Pollicitanten
konnte die Berpflichtung mit einem Fünftel feines
Vermögens abgelauft werden. Beginn der Aus:
führung verpflichtete aber zur Vollendung.
Pollio (Gajus Afınius), ein Römer aus plebeji:
[dem von Teate im Marrucinerlande ſtammen⸗
em Geſchlecht, geb, 75 v. Chr., ſchloß fich 49 im
bürgerlichen Siriege an Yulius Cäjar an, den er,
any — er aus der Niederlage des Gajus Curio
in Afrika glüdlic entlommen war, nad) Pharja-
lus, dann in den Afritanifchen und Spaniſchen
Krieg begleitete. Bon Cäſar wurde er 45 zum Prä:
tor gemacht und erhielt hierauf das jenfeitige
Spanien zur Berwaltung, wo er fi befand, als
Cäjar ermordet wurde. Gegen Sertus Bompejus
focht er hier ohne Glüd. Nachdem Lepidus und
Die Bel: de
Pollentia — Pöllnig
Antonius ſich 43 verföhnt hatten, ftieß er mit drei
Legionen zu ihnen und verwaltete dann ala des
legtern Legat das transpadaniſche Ballien. Im J.
40 Konſul geworben, ſchloß er als Vertreter von
Antonius mit Mäcenas, dem Vertreter Octavianz,
n Bergleih von Brundifium; im J. 39 fämpfte
er gegen die Barthiner in Illyrien und Dalmatien,
wo er Salonä eroberte, und triumpbierte nod) im
Ditober desſelben Jahres. Seitdem lebte er vor:
goimeite den Studien, doch auch ald Senator und
achwalter noch thätig, bis zum J. 6 n. Chr., wo
er auf feiner tusculaniſchen Billa ftarb.
Seine jchriftitelleriihen Werte, Neden, Tragö:
dien und eine Geſchichte des Bürgerlriegs in
17 Büchern 1 die in großem Anſehen jtanden, find
verloren. Die Nefte finden fi in den Sammlun:
en ber Fragmente der röm. Redner von Meyer,
t Tragiler von Ribbed, der Hiſtoriler von Peter.
Die wiſſenſchaftlichen und poetiihen Beitrebungen
einer Zeitgenoflen fuchte er auf alle Weife zu för:
ern, unter anderm auch dadurch, daß er zuerit
eine öffentliche Bibliothef in Rom anlegte und
— e Übungen in der Beredſ begründete.
ol. Xhorbede, «De C. Asinii P. vita et studiis
doctrinaes n 1820); Jacob, «Afinius P.»
(Zübed 1852); Aulard, «De C. Asinii P. vita
et scriptis» (Rar. 1877).
Sein Sohn, Gajus Afinius Gallus (Ealo:
ninus zubenannt), war 8 v. Chr. Konful, Er ver:
faßte eine verloren gegangene Schrift, in der er
Ciceros und feines Vaters Beredſamleit zum Rach⸗
teil de3 erjtern verglich, und fand 33 n. Chr. ——
Tod durch Tiberius, der ihn als den Gatten ſeiner
en u Vipſania Agrippina haßte, von der
ſich Tiberius nach dem Willen des Auguſtus und
der Livia hatte ſcheiden müfjen. j
Pöllnik (Karl Ludw., Freiherr von), Memoiren:
———— öln25. Febr.
1692, ber zweite Sohn des kurbrandenb. Staats:
mind und Generalmajor Gerhard Bernhard
von B., durdpreijte den größten Teil Europas und
and faft an allen Höfen wegen feiner liebenswür:
gen Eigenjhaften Zutritt. Er nahm in Oſterreich,
im Kirchenſtaat und in Spanien Sriegädienite,
fonnte aber nirgends eine feſte Anftellung finden,
bis König Friedrid) d. Gr. ihn zu feinem Vorlefer
erwäblte. Später erhielt er auch die Stelle als
Theaterdireltor. Nachdem er zweimal zur fath.
Kirche übergetreten und zweimal wieder in bie res
formierte zurüdgelehrt war, wurde er zum britten
mal katholiſch und ftarb 23, Juni 1775. einer
Beobachtungsgeiſt und Wit charalterifieren feine
«Lettres et m@moires, avec nouveaux m&moires
de sa vie et la relation de ses premiers voyages»
B Bde., Frankf.1738—40). Audy fein «Etat abrege
e la cour de Saxe sous le rögne d’Auguste III,
roi de Pologne» (Frankf. 1734) erregte Auffehen.
Am berühmteften aber wurde er als angeblicher
Berfafjer des Werts «La Saxe galante» (1737),
das die Liebihaften Auguft3 IL. von a ents
bält, das einige jedoch ihm — Wahrſchein⸗
lich ift er ber Verfajjer der «Histoire secrite
de la duchesse d’Hanovre, 6&pouse de George I,
roi de la Grande-Bretagne» (2ond. 1732). Nach
P.' Tode gab Brunn «Mömoires de P. pour ser-
vir à l’'histoire des quatre derniers souverains de
la maison de Brandebourg, royale de Prusse»
(2 Bbde., Berl. 1792) heraus. Alle feine Schriften
wurden ind Deutjche überfept.
Pollnow — Polnische Legion 135
Polluoss, Stadt im preuf. Negierungsbezirt
‚Kreis we, lint3 an der Grabow, Rn
auf allen Seiten von Hügeln umgeben, 37 kn im
SD. von Köslin, Siß eines Amtsgericht? , bat
1830) 2538 E., eine Wollipinnerei, eine Spiritus:
nerei und nabebei die mit einer Dampfſchneide—
mübhle verbundene Tafelglasfabrit ———
hre Erzeugnifje meiſt nach Dänemark und
Schweden abſeßt. Auf dem ſüdlich der Stadt be:
ne 85 igenberg ſtand ehemals eine be:
————— NO. von P. dehnen
fi) die t bewaldeten arbelower Berge
ans, ®. wird im 13. Jahrh. als im Befis des
Deutichen Ordens erwähnt und 1656 durd bie
Polen geplündert und eingeäjcert.
Bollodjhans, Stadt in der ſchott. Grafihaft
ew, 5 km im SSW. von Glasgow, Station
der Linie » Kilmarnod der Galebonian:
ftallifiert regulär, bildet aber gewöhnlich ganz un:
regelmäßig geftaltete Heine Partien, die äußerlich
reinem Kampfer ähnlich ausfehen.
Pollug (gr. Polydeules, Julius), griech.
Grammatiler und Lexikograph, aus Naufratis in
Ügypten, um 180 n, Chr., war der Lehrer bes
Kaifers Commodus, duch den er auch den Lehr:
ſtuhl der Rhetorik zu Athen erhielt, Er verfahte
unter bem Titel «Onomasticon» ein griech. Wörter:
bud) in zehn Büchern, das, nad Gegenftänden ein—
eteilt, namentlich für die Grllärung und richtige
eitimmung ber jynonymen Wörter und Nedens:
arten und — die griech. Altertümer vielfach
wichtig iſt. Die beſte, mit einem reichhaltigen
Kommentar verjehene Ausgabe ift die von Leder:
lin und Hemiterhuis (2 Bde., Amiterd. 1706), die
fpäter von W. Dindorf, mit neuen Zujäben ver:
mehrt (5 Bde, Cpz. 1824), wiederholt wurde. Eine
neue Tertrecenfion gab J. Beller (Berl. 1846).
Bon einem andern Julius ®., einem criftl.
Schriftiteller aus ungewiſſem Beitalter, iſt unter
dem Namen «Historia _physica» ober «Historia
i utjch | sacra» ein in griech. Sprade geſchriebenes Ge:
Hamb. 1830), das namentlid) in veligtö- ſchichtswerl pt uns gelommen, weldes, ſoweit
— erregte und viele Auflagen er: | ed bis jeßt gedrudt iſt, die Greignifje vom Ur:
in Southa 17. Sept. 1827. [prung der Welt bis auf die Regierung des Kaiſers
ographie jchrieb fein Bruder (Edinb. 1843). | > alens enthält. Es wurde zuerjt von Bianconi
Poll-tax (engl., Kopfiteuer), in England Ai (Bologna 1779), dann etwas vollitändiger von
en
g des zum Zwed der Barlamentswa ardt (München 1792) herausgegeben. Bir:
ar nn Wahlregijters und des Wahl iR
altes j
die
au
E
*
werl⸗ (Raſtatt 1861).
wolna, Stadt im öftl, Böhmen, Station ber
Linie Wien:Tetihen der Nordweſtbahn, Sib einer
Bezirtöhauptmannihaft und eines Bezirksgerichts,
FR zwei Brauereien, eine Stärfes und eine Sirup:
abrit —— (1880) 5309 E. czech. Zunge. Die
a den irche, an der Stelle einer ältern 1705
durch den Fürften Leopold von Dietrichitein im ital,
Stil erbaut, hat eine berühmte Orgel. Das Diet:
richſteinſche Schloß auf einem lſen zwischen zwei
Zeichen, ehemals ein prachtvoller Bau, ber durch
einen zweimaligen Brand verwütet wurde, ift zum
Teil verfallen und unbewohnt.
[.
enmeier, «fiber Julius P. und fein Gedichte:
(vom lat. pollutio Befledung),
unmwilllürlihen, mit d
verbundenen Samenergü De „Smoinbungen
reifen, im t8g enthaltjamen nern
ie treten normalerweije alle zwei bis
vier nur nachts En « —* =. werden
dadurch * e zwiſchen Harn⸗
der und — Vo ig in
fi die Samenbehälter (Sa;
— hab Die $, wenn
aft find die P., wenn
—— zu oder nachts zu oft (mögentli
R
N,
mehr und zwar längere Zeit hindurch olnifche Dame, f. unter Damenfpiel.
eintreten; fie können dann eine Erihöpfung des diniſche Tegion, Bezeihnung, unter welder
lange dauernde Gemütöverjtimmung | me fach Truppen aufgetreten jind, insbeſondere die
1796 zu Mailand vom Genera Dombrowſti und zu
Straßburg i. E. von Kniaziewicz mit Gench:
migung der franz. Negierung errichteten, welche
von 1798 bis 1800 in Stalien mit Auszeihnung
dia und auf Befehl Bonapartes nad ber
Körpers und G
——— Bon dem Samenabfluß (Sperma:
torrböe) * — dadurch, daß
bei jenem der ganz allmählich und ohne ge:
© Aufregung vor 19 geht. Treten bie $
r auf, jo müjlen fie beſchrantt werden durch
nüchterne Lebensweiſe, fleibige Leibesbe:
‚ tägliche alte jungen und Sitz⸗
im Sonmer Flußbäder), durd) Fernhalten
Borftellungen, namentlich aber dadurch,
man vor dem Sähtafengeben für genügende
Entleerung des Darms und der Blafe jorgt. Cr:
hierdurch baldige Beſſerung, ſo iſt ein
und Geben Urzt zu befragen, wo:
vor allen Geheimmiteln und brieflicen
nen — — — werden muß.
ux (Bolydeutes), ſ. Diosturen.
‚ein zwar nur ſehr fpärlich auf den
enräumen des Granit3 von Elba vorkommen:
des welches aber dadurch merkwürdig iſt,
daß es die —— Menge bes überaus ſel⸗
tenen Elements Cäftum (außer Kiejelfäure, Thon:
und etwas er 34 Proz. Cäfiumoryd) ent:
e3 gehört zu Familie der Zeolithe, kry⸗
n;
Schlacht bei Diarengo neu formiert wurden, Die
ehedem in Straßburg errichtete wurde nad, Santo:
Domingo geihidt und ging dort durch das Klima
und die Kampfe mit den Negern zu Orunde, Die
andere Bolniiche Legion nahm unter Dombromiti
1801 vor Peschiera den wichtigen Poſten Caſa⸗
bianca und wuchs 1806 infolge eines Aufrufs ihres
Generals derartig an, daß zwei Divifionen In War⸗
ſchau einzogen und 30000 Mann an der Belage:
rung von Danzig teilnahmen, Unter Dombromiti
focht auch 1809 auf vo Seite eine —* e Le⸗
gion, ebenſo 1812, wo dieſelbe mit dem Neit des
Boniatomwitiichen Korps beim {ibergang über die
Berefina große Dienfte leiitete, und 1813 bei Groß⸗
beeren, Jüterbog und Leipzig. Sodann ift 1854
eine Polniſche Legion feitens der brit, Negierung
aus in England und Frankreich lebenden und
fahnenflüchtigen Polen unter Graf Zamoyſli in
A
Er
ER
136 Polniſche
ber Stärke von pe Stavallerieregimentern errichtet
worden, bie am Orienttriege im Korps bes General3
Vivian teilnahm und nad) dem Frieden größtenteils
in ben türf, Dienft übernonmen wurde. In Frank—
rei) ward 1870 unter Jarojlam Dombrowſſi eine
Er niſche Legion in ber Stärke von einem Bataillon
nfanterie und einer Schwadron Ulanen bei der
ogefenarmee Garibaldis errichtet.
olnifche Litteratur. Die — der poln.
Litteratur reihen bis in bie vorchriſtl. Zeit und
bejtehen in den echt ſſaw. Clementen, welde in
Sprihmwörtern, Volksliedern und Vollafagen auf:
—— find. Sammlungen der Vollslieder ver:
anftalteten Wojcichi, Waclaw d Dleſta, Begota
Pauli, Roger (unter den ſchleſ. Bolen); der Volls—
jagen Mojcichi, Balinffi u.a. Das ganze ethnogr.
laterial über Polen bat Dakar Kolberg zu fammeln
begonnen in «Lud. Jego zwyczaje, sposöb Zycia,
mowa, podania u, f. w.» (Serie I-XVII, War:
ſchau 1857—69 und Krakau 1871—85). Gine eigen:
tümlihe Form des poln. Voltsliedes iſt der Strato:
wiat (}. d.). Zu den ältejten Dentmälern der poln,
Litteratur rechnet man das dem heil. Adalbert
zugefhriebene Lobgedit auf die Maria: «Boga-
rodzica», das aber, da es als Schladhtlied fich mit
den Generationen erweiterte und erneuerte, in der
auf uns gelommenen hen; fiher erſt aus dem
14. ober 15. Jahrh. ſtammt. Doch lamen dieſe
rein nationalen Keime nicht ſofort zur Entwidelung;
mit Einführung des Chriftentums im 10. Jahrh.
trat ein lat. Element an ihre Stelle und bildete
ür eine lange Zeit die Grundlage bes wiſſen—
chaftlichen und litterar. Lebens der Vote,
Die erften Ergebnifje diefer lat.:poln. Litteratur,
welche als erjte Periode der poln, Litteratur gel:
ten lann, waren die aus dem 12. und 13. Jahrh. ber:
rührenden, in lat. Spradye abgefaßten Chroniten
von Martin Gallus f d.), von Kadlubek (f. d.)
und Boguchwal oder Boguphal; ferner das «Chro-
nicon summorum pontificum et imperatorum Ro-
manorum» (Baf. 1559) von Martinus Polonus, der
Beihtvater des Papſtes Nikolaus ILL. war und 1279
ftarb. (Vgl. Zeißberg, «Die poln. Geſchichtſchreiber
bes Mittelalters», Lpz. 1873.) Nach geraumem
Stilljtande war, es König Kaſimir d. Gr. (f. d.), der
ber Litteratur eine bejjere Zeit vorbereitete. Der:
jelbe ließ 1347 ein Öejegbud, das berühmte Sta:
tut von Wiſliha, abfaſſen und ftiftete 1364 bie
Univerfität zu Strafau, bie aber erjt von Jagello
(j. d.) 1400 vollitändig eingerichtet wurde, nun
raſch zu hoher Blüte ſich erhob und lange Zeit der
Mittelpunkt des wiſſenſchaftlichen Lebens in Polen
blieb, Vor allem — daſelbſt die mathem.
und philoſ. Wiſſenſchaften, und es gehören Jo—
hannes Glogovienſis, geſt. 1507, Gregor von Sa—
not, geſt. 1477 als Erzbiſchof von Lemberg, und
MWojcich — eſt. 1497, der Lehrer des
Kopernikus un Berfaller mehrerer aftron. Werte
war, zu den berühmteften Gelehrten jener Zeit.
Es entitanden teilweife Üiberfehungen der Heiligen
Särift, wie die in Sarospatak befindliche «Bibel
der Königin Sophia», herausgegeben von Malecti
(Lemb. 1872), ferner poln. Andachtsbücher; zugleich
zeigten ſich in religiöfen und mytholog. Dia ogen
die eriten Spuren des poln. Dramas, Aud der
Huſſitismus, welcher in Polen zahlreiche Anhänger
fand, trug nicht wenig zu geiltiger Belebung_bei.
Das Vormwärtsichreiten der Bildung wurde ficht:
barer bei Dlugo3z (f, d.) und Kallimach (Buona:
— — ou
Ritteratur
corfi), geft. 1496 in Kralau, der Biographien feiner
Beitgenofien verfaßte. Auch ward um 1490 bie
erfte Druderei durch Sweipolt Fiol (f. d.) in
Krakau begründet, dem Haller 1503, dann Wietor,
nadjfolgten. Das ältefte noch vorhandene Doku:
ment Bon Schriftweſens ift das in dem St. Flo—
riandflofter bei Linz im Manuftript befindliche
Bialterium (herausg. von Dunin Borkowfli, Wien
1834), weldes wahrjheinlich der Königin Mar:
gareta, erjten Gemahlin Ludwigs von Polen,
gehört hat. Das erite befannte Drudwert in
poln, Sprache ift von 1521, eine Überfepung der
«Geiprähe des Königs Salomo mit Marcolt»,
(herausg. von Celichowſti, Po. 1876).
Erit in ug ce Periode wurde die poln,
Sprache — Schriftſprache erhoben und erreichte
in derſelben einen verhältnismäßig bedeutenden
Grad von Rralt, Selbſtändigkeit und Ausbil
dung. Diefe Periode umfaht die zweite Hälfte
de3 16. Jahrh. und reicht bis in die Mitte des
17. Jahrh. Es war die glorreihe Zeit ber
Könige Sigismund I., Sigismund IL. Auguſt
und Stephan Bathori; fie wird als das goldene
Zeitalter ber poln. Fitteratur bezeichnet. Die
Wiſſenſchaften, insbefondere das griech. und röm.
Altertum, erfreuten fich einer ungemeinen Pilege
und Begünftigung. Sigismund I. erhob 1595 den
anzen Yebreritand der frafauer Nlademie zu Ade—
igen und Stephan Bathori legte in Wilna eine
Alademie an, Dem Beijpiel der Fürften folgten
die Magnaten, wie Jan Zamojſti, der 1594 in
Zamodc eine Akademie ftiftete. Andere begaben
ſich behufs ihrer Ausbildung ins Ausland, beſon—
ders nad Italien und Deutichland, Die Refor—
mation, bie raſchen und allgemeinen Eingang
fand, trug außerdem viel zum geiftigen Aufihwung
der Molen bei. Die Poeſie trat jeht plöplid in
einer Vollendung auf, von der man vorber feine
gg gehabt —8— Die Bahn brach Nikolaus
Rei (f. d.). Auf höchſter Stufe ſtand nach ihm Jan
Kodanomfli (j. d.). Daran fchließen fih Talente
zweiten Nanges: Matthias Nybinjki, geit. 1612,
liberjeper der Pjalmen; Sep Szarzynſti; Hafpar
—— in Großpolen, geſt. 1622; Staniſtaw
Grochowſti, geſt. 1616, von dem geiſtliche Lieder
voll Innigleit berrühren, Die Empfindung der
Mängel des fozialen Lebens in Polen fam zum
Ausdrudinbden ‚len des Szymon Szymonowicz,
enannt Simonides, und jeiner Nachfolger, ſowie
in den Satiren des Klonowicz.
Die Verbreitung der Reformation veranlafte
ſehr bald_das Bedürfnis kirchlicher Geſangbücher
in poln. Sprache ſowie Bibelüberjegungen. Wa:
lenty Brzozowſti, geft. um 1570 als Konſenior der
fratauer Diöcefe, war der erfte, der böhmt. Gejänge
in poln. Sprade herausgab Königsb. 1554). Cine
andere wichtige Sammlung der Art veranjtaltete
Petrus Artomius, Prediger in Thorn, ee: 1609,
Schon 1551 erſchien Fr Königsberg die erite Über:
fegung des Neuen Teſtaments für Proteitanten
von Jan Sellucyan, den Herzog Albrecht als Pre:
diger von * nad Königsberg berufen batte.
nn. e3 Fürften Nitolaus Radziwill erichien
zu Brzesc 1563 die für ſocinianiſch erklärte Bibel:
überjehung , an der aud Jan Lafli (j. d.) teilhatte,
Die ganze Bibel für Katholiken wurde zuerit von
Jan Leopolita (Kral. 1561) überjest, dann von
Jalk. Wujel (geb. 1540, feit 1565 Jeluit, geit. 1597),
einem der gelehrtejten Theologen der Zeit, welcher
Polniſche
einer der kräftigſten Belämpfer der Reformation
war. Eeine Bibeluberſetzung (Krak. 1593 u. öfter),
welde bis heute nod für die befte gilt und von
Rom anerlannt wird, hat in ihrer kernhaften
Sprache Sihnlichkeit mit der Lutherſchen. Als
Redner it Starga (f. d.) berühmt. Unter den
evang. —— machten ſich durch viele Schrif⸗
ten belannt Jak. Niemojewſti, Theophil Turnowſti,
geit. 1608 als Senior der Bohmiſchen Brüder, Kro—
wicki, durch vortreffliches Polniſch ——
und Andr. Wolan , geit. 1610, der lange Zeit res
form. Prediger in Milna war.
Die Geſchichte erſchien jept in vaterländifchen:
Gewand zuerft in Marcin und Joachim Bieljtis
(j.d.) «Kronika», Ihnen Ye — Sörnicki,
1535— 91, der Etaroft und Sefretär Sigismund
Auguft3 war und ſchon damals in jeiner Gejchichte
der Krone Polen («Dzieje o koronie polski6j»,
Kral. 1657 ; zuleßt Warſch. 1804), welche die Zeit von
1538 bis 1572 unfaßt, und in andern Werfen, wie
«Der poln. Hofmann» (deutih, Stuttg. 1856), die
Gebrechen der Verfafjung Bolens mit Freimütige
teit aufdedte. Maciej Stryjlomfti, geb. 1547, Ha:
nonitus in Zivland, ſchrieb eine«Kronika» (Königs.
1581), in welcher trefflihe Quellen benupt find, die
aber auch viel Fabelhaftes enthält. Abm zur Seite
ftand Alerander Guagnin (f. d.). Barthol. Pa:
procli, geft. 1614, verfaßte mehrere grobe genea:
Iog. und heraldifche Werte, größtenteils in Verſen.
Sein Hauptwerk ift «Herby rycerstwa polskiego»
Kral. 1584). Dagegen ſchrieb Marcin Cromer
(l d.) feine Geſchichte Polens in lat. Sprache.
Auch Staniflaw Orzehowjli (f. d.) parte in lat.
Sprade die «Annales Poloniae» (Dobromil 1611),
weldhe die J. 1548—52 en Andreas Frycz
Modtzewſki, geit. 1572, verfuchte in feinem berühm:
ten Werte «De republica emendanda» ray bie fo:
zialen Berhältnifie Polens, vornehmlich zwiſchen
Staat und Kirche, zu vermitteln, Als Naturforicher
erwarb fi) Simon Syrenius, um 1590 Profelior
der Medizin an der kralauer Univerfität und Ver:
fajier einer ſprachlich x wichtigen poln. Botanif,
weiten Ruhm, ferner als Lehrer der Phyſik an der
Univerfität und Arzt zu Kralau Sebajtian Petrycy,
der auch wegen jeiner poln. Überjegung und Gr:
Härung Ariftoteliiher Schriften zu nennen iſt.
‚Die auf die Glanzperiode [eigende dritte Be:
tiode ber poln. Litteraturgeihichte, die etwa von
1621 bis 1750 reicht, iſt die der — 53
infolge welcher ein allgemeiner Verfall der Littera⸗
tut und Wiſſenſchaften eintrat. Der Kardinal Ho—
ſius hatte auf dem Tridentiner Konzil die Statuten
der Jeſuiten kennen gelernt und ſich bald überzeugt,
daß dieje allein im Stande wären, jegliche Firchliche
Neformation in Polen aufzuhalten. Er führte da:
ber den Jeſuitenorden in Polen ein und_ftiftete
1564 das erjte Kollegium in Braunsberg. Die Je:
fuiten nahmen bald überhand, insbejondere unter
Sigiamund III. Sie bemädtigten ſich der Bil:
dungsanftalten. Ein ftarres, prunkhaftes Gelehr:
tentum trat an die Stelle lebendiger % iſſenſchaft.
Durch Vermiſchung mit barbariſchem Latein verlor
nd eng Sprade ihre Reinheit und die Geſchichte
fant zu lächerlicher Lobrednerei, die Poeſie zu
leerem Wortihmwall herab. Anfangs vermodten
zwar einige fräftige Geifter, wie der Krongroßfeld⸗
berr Zamoiſti, all noch einigermaßen auf:
jubalten; allgemein aber begann der Niedergang
geiftiger und litterarischer Bildung, ala es 1622
137
den Jeſuiten gelang, das Anfehen und die Wirk:
famteit der kralauer Akademie, der einzigen Pfle—
gerin der Wiſſenſchaft in diefer Zeit, zu lähmen.
Unter den Dichtern dieſer Zeit ſteht Sarbiewſli
f. d) obenan, der aber nur —— ſchrieb. In
Wespaſian Kochomfti (f. d.) zeigen ſich ſchon neben
poetiſcher Wärme die Verderbnis der Sprache und
die Geſchmadloſigleit der Zeit. Neben ihm find
zu nennen Krzyftof DO;palinfli, ein angefebener Hof:
mannund Wojwode von Poſen, geit. 1655, er ſchrieb
«Satyry» (1652; neue Ausg., Poſ. 1840) voll ſchar⸗
fer Charalteriftif, doch ohne poetischen Wert; Wae—
law Rotocki, geft. 1693, der hervorragendite Dichter
der Zeit, deilen Epos «Wojna Chocimska» (Lemb.
1850) Beachtung verdient, und Glibieta Drusbacta,
get. 1760, die, ganz aus fich ſelbſt gebildet, durch ihre
einfache und natürliche Poeſie befonders für jene Zeit
ſich bemerllih machte. Unter den Hiftorifern find zu
erwähnen Pawel Biafecli, Biſchof von Praemyäl,
oeit. 1649, deſſen «Chronicon gestorum in Europa
singularium» (Straf, 1645) eine freimütige und un:
parteiijche Geſchichte feiner Zeit enthält, Szymon
Staromoljfi, geit. als Kanoniler in Krakau 1656,
ber mehrere wichtige litterarbijtor. Werte und eine
ausgezeichnete Statiſtik («Polonia, sive status
regni Poloniae descriptio», Wolfenbüttel 1656)
schrieb; Wijuf Kojalowicz, $efuit, geit. 1677, der
eine «Historia Lituaniac» (Bd. 1, Danz. 1650;
Bd. 2, Antw. 1669) verfaßte, die in der Fort:
jebung der «Allgemeinen Welthiftorie» (Bd. 50)
überjept ift; Paſſek, deſſen Memoiren Raczynſti
herausgegeben bat (deutſch von Stenzel, Brest.
1838); Jedrzej Wegierjfi, geit. 1649 ala evang.
Senior in Zublin, der in feinem Were «Slavonia
reformata» (Amiterd. 1679) eine ausführliche Ge:
fchichte der diffidentierenden Kirche gab und aud)
für die Litteraturgefchichte von größter Wichtigfeit
ist. Dasjelbe gilt von Yubieniectis (Lubieniecius
Rolitsius, geit. 1675 in Hamburg) «Historia re-
formationis Poloniae» (Freijtabt 1685). Kaſpar
Nieſiecki, Jeſuit, get. 1743, lieferte das wichtigste
Wert über poln. Heraldif: «Korona polskau(4Bde.,
Lemb. 1728—43 ; neue Ausg., 10 Bde,, Lpz. 1839 —
46). Rözef Zalujti, nod) diefer oje angehörig,
trug ſchon zur Entwidelung der folgenden bei.
Eine neue Richtung erhielt die poln. Litteratur
während der vierten Periode, feit der Mitte des
18. Jahrh., teil durd den Einfluß der franz. Lit:
teratur aus Ludwigs XIV. Zeit, mit welcher die
Polen auf ihren Reifen und an dem Hofe des Sta:
niſlaw Leizezyunfli (f. d.), der viele feiner Lande:
leute in Zothringen um fich verfammelte, befannt
geworden waren, teild durd) die — die
eine geſchmadvollere Wiſſenſchaft bei dem König
Staniſlaw Auguft, den Fürften Ezartoryfli (f. d.),
Jablonowſti (. d.) und andern Dagnaten fand,
bejonders aber durch die Thätigleit Stanijlaw Ko—
narſtis (f. d.). Infolge derjelben wurde aud) die
Erziehung der Jugend den Jeſuiten entzogen, ald
ein Staatsinterefle erllärt und eine beſondere
Gdufationstonmiifion aus den —— und tüc):
tigiten Männern gebildet. Unter tonarffis our
fen find zu nennen: der gründlich gelehrte Onufry
Kopczynſti, 1735—1817, welcher zuerit eine gramı:
ehe Begründung der Sprache in feiner «Gram-
matyka» (Warjch. 1778) verfuchte, Grzegorz Pira-
mowicz, geit. 1801, Verfaſſer von Schulidriften,
und der Seruit Franc. Bohomolec, der zahlreiche
Theateritüde aus dem Sranzöfiichen überjebte
Litteratur
133
(5 Bbe., Warſchau 1775). Vor allem aber wirkten
Narufzewicz (}. d.) und Hrafici (f. d.), fie waren
bie Träger der poln. Litteratur ihrer Zeit. Als
Dichter find in diefer Periode bemerkenswert: Sta:
niflam Trembecki, Franc. Aniaznin (. d.), Kajetan
Wegieriki, letzterer durch ſeine beißenden Verſe be:
kannt. Die zu ihrer Zeit jehr gerühmten dramatiſchen
Dichter — un! elinjti, geb. 1771
in Luck in Volhynien, geit. 1820 als Direktor des
ceums zu Arzemieniec, der Verfafjer der Tra—
die «Barbara Radziwillöwna» (deutfh: «Die
Karl Radziwilly, von Drion Julius, Berl. 1831),
erner Kropiuſti f. db.) und Dlinffi (f. d.) haben
meift ihren Ruf überlebt, da fie in übten Tragö⸗
dien, ohne natürliches Leben, nur in franz. Regel:
rechtigkeit einherichreiten. Neben ihnen fuchte Bogu⸗
ſlawſti (f. d.) das Vollstümliche feitzubalten.
Die Blüte, welche unter der Negierung Staniflaw
Augufts für die poln, Litteratur hervorgebrochen
war, konnte auch durch die folgenden Stürme nicht
pany zerjtört werben, und viele Geifter ſuchten num
n den Wiffenihaften Troft bei bem Unglüd bes
Baterlandes, Noch 1801 jtiftete Tadeusz Czacki
mit ir Dmöhowjfi und Albertrandy die
Geſellſchaft der Freunde der Wiſſenſchaften in War:
ſchau, die befonders unter dem Staatsrat und pa:
triotiichem Schriftiteller Stafzic reiche Früchte trug,
bis fie 1832 aufgehoben und ihre Bibliothel von
50000 Bänden nad Petersburg gebracht wurde.
Kräftig wirkten damals aud) Ofeti ſ. d.), Kol:
lontaj (f. d.) und Staniſlaw Potocki (j. d.) durch
Schritt und Wort zur Fördernis des Gemeinfinns,
während die Profefloren an der wilnaer Univer:
fität, die Gebrüder Johann und Andreas Sniabecki,
diefer durch feine allgemein als bedeutſam aner:
kannte «Theorie der organiſchen Wefen» (deutic)
von Neubig, Nürnb. 1821) die ._. Wiſſenſchaf⸗
ten mit Erfolg bearbeiteten. Somit ſchlummerte
in Bolen auch nad) dem Untergang der polit. Selb:
ſtändigleit die litterariiche Thätigkeit nicht, ja wäh:
rend der Unterjochung erſt hat fie ſich zu europ.
Bedeutſamkeit emporgeſchwungen.
Den Übergang zu dieſer höchſten Stufe, welche
in der fünften Periode erreicht wird, bilden Kar—
pinfti (f. d.), Woronicz (f. d.), Niemcewicz (1. d.)
und Brodzinjli (f. d.), in denen zuerit das Natio:
nale auch im Gedicht wieder hervortrat. In Wilna,
das feit 1815 Mittelpunkt der poln. Litteratur
wurde und alle Feuergeijter — *— verſammelte,
vereinigten ſich mehrere junge Männer, Mickiewicz
(1 d.) an der Spike, die, gebildet durch die Eng:
änder und die neuere deutiche Dichterfchule, mit
Wort und That gegen den bisherigen Gang ber
Litteratur ſich erhoben. Sie verwarfen die Klaſſi—
ität, die ſich durch die franz. Negelrechtigkeit bin:
en ließ, und löjten den Polen die Feſſeln, von
denen die ie en Leſſing befreite. Sie wiejen
darauf bin, daß die Dichter Polens mit geringer
Ausnahme nicht national —— denn nur mit poln.
Worten Dee fie gefchrieben, nicht aus dem poln.
Leben geichöpft, dagegen in aufgenommenen franz.
und röm. Gedanten und Gefühlen geichwelgt, Cs
entitand ein heftiger Streit zwiſchen Klaſſiziſten und
Nomantitern, aus dem Mickiewicz und die roman:
tifche, volfstümliche Schule als volllommene Sieger
bervorgingen. Als Genoſſen und Nachfolger Mickie:
wicz' find zuvörderjt zu nennen Malczewiti (j. d.),
Garczynſli (f. d.), Goſzezynſti (ſ. d.), Zaleſti (f. d.)
und Tomasz Padura, welcher, in der Ukraine ge:
Polniſche Litteratur
boten, 1817—20 eine Reife nad) bem Drient machte
und in jeinen lebensvollen Gedichten des reizenden
ruffinifchen Dialekt fich bediente («Pienia», Lemb.
1842); ferner Odyniec (j. d.), ren Korjal (geit.
1855), Iyrifcher und elegifcher Dichter, der ſich be—
ſonders nad) engl. Muſtern bildete («Poezje», Poſ.
1833; «Nowe Poezje», 2 Bde., Wilna 1840); Aler.
Chodzto (f. d.); Aler. Groja («Poezjer, Wilna
1843); Lucyan Siemienffi, geb. 1809 in Galizien,
geit. 1877, bekannt durch jeine ſchönen Gedichte (Upy.
1863) und trefjlichen Novellen; Auguftin Bielomitt,
geb. 1806 , geit. 1876 in Lemberg, iyriſcher Dichter
und fiberjeßer von «Igors Zug gegen die Bolomzer»
Lemb. 1833); Gorecti (f. d.); je, Theophil
——— Seh: nr he in B a. . = dem
ilderreidhe ngenherrühren(«Die dung»,
deutich, Ge 1865). Eine eigentümliche Stelle
nimmt der General Franz Moramwjfi (geb. 1785
geft. 1861) ein, welcher in der Idylle «Der Hof
meines Großvaters » ke Dworzec mego dziadka »
das gemütlihe Landleben des poln. Adels ans
mutig gejchildert hat. Zum Höhepunfte hat ſich die
neuejte poln. Dichtkunſt in der Emigration, ind:
befondere durch Krafiniti (f. d.) und Slowacki (f. d.)
erhoben. Zu den Gmigranten zählte Gzajlowili
ſ. d.). Bor ihm galten But Dome, Starbef und
. Bernatowicz («Nalencez», deutſch von Schnaaſe,
1834; «Pojata», deutich, Lpj. 1834) als die
beiten Romanjchreiber. Darauf ward Sa Ne:
wuſti (f. d.) zeitweilig ein Liebling des Publifums
mit ihm wetteiferten Wichael Grabowſli (j.d.), Gor⸗
Ha (5. d.), Dzierzlowfti (f. d.), Miltowfi (f. d.),
yomunt Kacztowſti (unter anderm in dem Ros
terab 1800) und Sgnacp Chobito (70.), Moslihe
tersb. 1855) und Ignacy Chodzto (f. d.). i
—— en auberdem 5 pfeudonyme
Wladiſlaw ee (Ludwig ee ft.
1862), Bol (1. d.), Gojlamifi (f. d.) und
Zielinſti («Kirgiz» und «Stepy», ——
1858). Der vielſeitigſte und fruchtbarfte Schrift⸗
fteller neuerer Zeit ift Kraſzewſli (}. d.), Als Im:
rovijatrice glänzte Luſzczewſta F d.). neue:
her Zeit trat Elita Orzeſzto in Wilna mit
enden und lebensvollen Erzählungen, die ins:
befondere dem Judentum entnonmten find («Meier
Ezofowicz», deutic von Briren, Dresd. 1884), her:
vor. Sienliewicz ſchrieb realtjtiiche Novellen (
lenſtizzeno) und Romane. Noch find als dramati
Dichter zu erwähnen: Jan Nepomucyn Kaminſti
(geit. 1855), Direktor des lemberger Theaters und
Überjeger Schilleriher und Calderonjcher Dramen, _
Graf —— (j.d.), 2* (j.d.), As i
(j. d.) und Malecki (. d.). Dominit Magnuſ
geb. 1810, erregte durch ſeine Dramen *
wartungen, ſtarb aber er 1845 in ei
—— dem —* er ———
neuen Richtung entſprach in der Geſchi
die Thätigleit Lelewels, nachdem ſchon vorher der
bereits genannte Dichter Adam Naruſzewicz den
Grund zu einer kritiſchen Geſchichtsforſchung gelegt
hatte. Ihnen folgten Theodor —— i
Moraczewſti (ſchrieb von republifaniihem Stan
punkt), Julian Vartofjewica, Theodor Morawfli,
Karl Szajnodha (ausgezeichnet durch lünſtleriſche
Daritellung), Heinrich Szmitt u.a. Doch g
e3 erit der neueiten hiſtor. Schule, ſich von dem
Feſſeln der Romantik ganz zu befreien. Dabin ges
are Joſef Szujjti, Michael Bobrzynſti, Kazimie
arohromiti u.a. Ihnen fchlieben ſich in der litte⸗
Polniſches Recht —
tariihen Kritik Wladimir pe, Etaniilaw
Graf Tarnowſti, Beter Chmielowili u.a. an. liber
“ rg von 1830 haben die Emigranten
zahlreiche Mitteilungen veröffent:
— find Mochnacki, Wrotnowſli,
ee Ballen offmann, Wofochi und Miero:
‚ über die: Nevolution 1862—63 Agathon
— —— iſt das Fach der Reiſebeſchreibung,
obwohl es an intereſſanten Skizzen und Reiſebil—
dern, wie von J * Chodito, Eva aan
Tripplin un. . w., nicht feblt.
Lucia a a ehe Hot A
n die Polen wenig Cigen:
; bodh find zu —— —
‚ geit. 1858, ein Schüler Schellings
er dee deutichen Werls «Die Philo—
(lange 183), —*
einzelner » (Erlangen owie
des «Dumani —
— —— 1861), €
i umd Cieſzlowſti, der die (Dar
Shriften « Prolegomena =E Hiftoriof ophie »
fl
und «Gott und Balingenefie» und
«Ojeze nasz» (Par. 1848) verfaßt
— Jr eller find Macie:
Herauägeber des ältejten poln.
Einen der 7
— ———
nennen die e von
ma 1861), ‚Decijofti (8 Bhe., ne)
1851—52; reiht nur bis zum 17. Jahrh. ), Bar:
—— et re. en er v arg „ge
Öriebene, e po
un — ——— « «ci te gen
— (in
und Een, 5* der
che — ., 2 Bde., ps. 1880—84
2. Bo. 1. u tommen bie rn
Werte von en m ainz 1873), Niti,
ne poln. gene Aufl, 2p3. 1875 —
der poln. Literatur», 2yp3.
. Monographien —* Sobuli,
„ Grebenit, Kraſzewſti u. a. Eine
neuere an ender Werte der poln.
ie eBib ioteka pisarzy pol-
skich» (2p3. 1860 SR bis 1886 81 Bde.). Eine um:
— gab Karl Eitreicher —
— t, ein —— des ſlaw.
echt bis zum 14.
et Gewohnheits —5 es nur aus
und inigen Lanka en, fowie aus Bon
Privatarbeit Ben Ta Sion ——
inger u
erlannt werden lan 1347 erlich König Ka:
fimir ein eb, das ſog. ———
Statut, — Öffentliche und Vri⸗
vatrecht umfa en ſollte B rg
nicht ausſcileß ein fi aw. Recht,
neben Fu bereit3 viele Grundjäe des
‚ rom. und fanonijchen ts enthielt.
Die te des poln, Rechts ſeit der Ver:
eſes Gejehbuchs erſcheint in einer
noch Weiſe, als = beim czech. Recht
der war, als ein Prozeß der Verjehung m
-rechtl d
—5——— Be de - das
A, men über Bialyſtok, Breft
Polniſche Sprade 139
—* Necht wurde am Schluß des 14. Jahrh.
ſchon zum herrſchenden Recht, deſſen Freibeiten
fi io der poln. Adel nick © allgemeines Reiche:
eich — —— ließ. Ganz verdrängt wurde
das Recht freilich niemals; namentlich auf
dem Pete des Privat: und Projehredts erhielten
ſich deſſen Grundjähe ſtets in Übung, und der Um:
itand, dab das Wiſliher Statut feine techtsverbind:
liche Kraft niemals verlor, trug dazu bei, die in
ihm enthaltenen poln. Rechtsſaäße im Gebrauch zu
erhalten. Fortgebildet wurde das poln. —— in
ſpaͤterer Zeit durch die Reſolutionen des ſog.
merwãhrenden Nates, der unter Vorſiß des Königs
= Drgan der autdent. Gefepetauslegung bildete.
m J. 1808 wurde in einem großen Teile Polens
> = us Napolcon St. Bandtlie,
«Historya prawa polskiego» (Warſch 1850); Lele:
wel, «Poczgtkowe prawodawstwo polskie» (1828);
die Werte Gzacki, Hube, Maciejowifi u, a.
Polnifcher Reichstag nenntman, nad) der lin:
—— Seidenf ftlichleit, mit welcher die Ber:
bandlungen auf den Reichstagen in Polen geführt
er eine Verſammlung, Unordnung und
Streit cht und fein Be Ya zu Stande tommt.
Poluiſche un na ört zu ber flam
—— = war e im = eg a
mi
ade) > "das ea 1 (ea, Wen.
(ir gehören; mit biefen prachen iſt
daher das poiniſ e am nächſten —— Von
ſaämtlichen andern ſlaw. Dialelten ift nn
dadurch am — a unterfcheiden, es zwei
Nafalvolale: q (pe Teen wie franz. on) und €
(zu ſprechen wie franz. in) befit, die allen jet le:
benden — * Sprachen verloren gangen
find, z. ® b (Eiche), € dub; poln.
migso ziel H, c —* — außerdem hat das
Volniſche allen andern Sprachen gegenüber
die Eigentümlichteit, da die . ets auf der
vorlegten Silbe betont werden. Di pradhgrenzen
des Polnischen find, in großen Zügen angegeben,
folgende: im Diten eine Cinie von Grobno am Nie:
ren zen in Ga:
—— hier grenzt. das Bol e an das ruſſ.
prad) ebiet; im Süden eine Linie von Jaroflaw
an bie atta, von da nad Ratibor in Schleſien;
bier grenzt das Polnische teils an ruffisches (Kein:
ruhe), teils an jlowal.:cjed ———
Weſten eine Linie von Ratibor nach Birnbaum
J der Warthe; bier berührt ſich das Polniſche mit
dem Deutichen, das in vielen Ausbiegungen und
Spradinjeln in das poln. Sprachgebiet eingreift;
im Norden eine Linie von Birnbaum über Brom:
berg, Graubenz, — — Naftenburg etwa nad
Suwalfi; dazu lonmit bier eine Ausbiegung des
Sprachpebiets in Weftpreußen linls der Weichiel
j. aud Kaſſuben); an ber Nerbgreng berührt
ich das Polnische mit dem Deutſchen un mit dem
Pitauifhen. Wie jet größere Sprachgebiet zer:
er auch das polnifche in Dialelte, die poln. Dia:
ettologie ift aber bisjeht noch nicht jo weit bear:
beitet, daß eine fichere Einteilung der Dialelte mög:
lid) wäre, Eine gebräuchliche Ginteilung —5 —
den ee abgejehen): 1) der großpoln. Dialelt
(f. Großpolen); 2) der mafurijche (im fübl. Dit:
reußen und dem arangrenzenden nördl. Zeil
olens); 3) der Heinpolniihe; 4) der ſchleſiſche;
als wird au wohl nod der litauiſche Dialekt
gezählt, Geſprochen wird polnifch von etwa 10 Mils
140 Bolnifcher Thronfolgekrieg — Bolniih -Schwed.-Dän.-Brandenburg. Krieg
lionen. Die Kr Sprade warb und wird nur
mit dem lat. Alphabet geichrieben, fie ift, wenn
man bie eriten —— mitrechnet, ſeit dem 15.
Sal: grammatiich bearbeitet worben und die
Zahl der Bearbeitungen eine ſehr große; neuere
Grammatilen find: Malecki, «Gramatyka jezyka
polskiego wicksza» (Lemb. 1863; bie befte größere
Grammatik); derjelbe, «Gramatyka historyczno-
poröwnaweza jezyka polskiego» (2 Bde., Lemb.
1879); Smith, «Grammatik der poln. Sprade»
(Berl. 1864); VBoplinjlfi, «Grammatif der poln,
Sprache» (neu bearbeitet von W. Nebring, 7. Aufl.,
Thorn 1881, «Glementarbucdh», 11. Aufl., Lpz.
1882); Wörterbücher: Linde, «S!ownik jezyka pol-
skiego» (2. Aufl,, 6 Bde. Lemb. 1854—1860, das
größte Wörterbuch des Polnischen); von Heinern
wird viel gebraucht Booch Arkoſſy, « Polnifch:deut:
ſches und deutich-polnisches Wörterbudy» (2 Vde.;
4. Aufl., Lpz. 1883).
Polnifcher Ihronfolgefrieg Polniſcher
Königsmwahltrieg), der Krieg, welcher nad) dent
Tode des Königs Auguft II. von Polen 1733 aus:
brad), Stanislaus —A von Frankreich un⸗
terjtügt, ſuchte ſich des * n. Throns wieder zu be:
mädtigen, Nußland und Oſterreich dagegen waren
für die Wahl des Kurfürften Auguft III. von Sadı:
jen. Der Krieg wurde in Deutichland und Italien
geführt und dauerte faktifch bis zum Wiener Prä—
liminarfrieden vom 3. Oft. 1735, dem crft 8. Nov.
1738 der Definitivfriede folgte. Stanislaus ent:
fagte ber poln, Krone und erbielt dafür Lothringen,
welches nad feinem Tode an Frankreich fallen
jollte; für Lothringen erhielt der jeitherige Herzog
Franz das Großherzogtum Toscana; den poln,
Thron erhielt der Kurfürſt Auguft II.
Polniſch⸗Kronue wird die Stabt Krone (f. d.)
genannt, im Gegenfaß zu Deutich:Strone,
Polnifch : Schwedisch: Dänisch: Branden:
burgifcher Krieg von 1655 bi8 1660, Die
Ihrondejteigung des Königs Karl X. Gujtav von
Schweden veranlahte 1654 Streitigkeiten mit dem
König Kobann U. Kafımir von Ken. der als
leßter Waſa Anſprũche — Die Schweden
rüdten 24. Juni von Riga ab und nahmen 9. Juli
Dünaburg; Truppen aus Vorpommern marjdier:
ten langs der Nehe vor und trieben das poln. Heer
27. Juli faft ohne Kampf auseinander, drangen
dann über Polen nad Warſchau und nahmen das
ganze Land in Beſitz. Alle poln. Feſtungen öl
neten ihre Thore, Krakau fapitulierte 18. Oft.
und König Johann II. Kafimir ob nad Schleſien.
Brandenburg rüjtete nun mit aller Kraft und warf
alle verfügbaren Truppen nad Preußen, wo im
November der Große Rurfürft gegen 20000 Mann
beifammen hatte, König Karl X. Guftav rüdte in
Preußen längs der Weichfel vor, jchloß die Bran:
denburger in Königsberg ein und erzwang 17. Jan.
1656 den Traltat von Königsberg, in welchem der
Kurfürft_ Preußen als ſchwed. Lehn empfing und
ſich verpflichtete, 1000 Mann Fußvollk und 500 Nei:
ter zum fchwed, Heere zu jtellen, auch ſchwed.
Kriegsſchiſffen ſeine Häfen zu öffnen. Inzwiſchen
erſchien König Johann U. Kaſimir, von Rußland
und Oſterreich unterſtütt, wieder in Polen und
fand beim Landvolte Anhang. König Karl X.
Guftav ſchlug zwar 18. Febr. die Polen bei Go:
lumbo, mußte aber zurüdgehen und erreichte
15, April Warſchau. Gr ſchlug die Polen 7. Mai bei
Önefen und 1. Juni bei Grin, ließ dann in War:
(hau Beſatzung zurüd und zog nad) Preußen ab.
Teer Kurfürſt verbündete fi 25. Juni zu Marien:
burg mit Schweden und führte 27. Juli 9000 Dann
dem bei Nowodwor ftehenden ſchwed. Heere zu,
deſſen Lage fehr mißlich war, da Warſchau 1. Juli
fapituliert hatte und 70000 Polen in Anzug waren,
während die Schweden nur 10000 Dann beiiam:
men hatten. Die Verbündeten rüdten indeffen über
den Narew vor und erfochten 28/30. Juli bei War:
fhau einen alänzenden Sieg. Aber die Polen
fanden von allen Seiten Unterftügung. Gin ölterr.
Heer rüdte gegen Pommern, ein — gegen
Riga vor, eine holländ. Flotte legte ſich vor Danzig,
das poln. Heer fammelte ſich bei Lublin und König
Karl X. wen. führte fein Heer nach Plock und
Pultust, gab Warſchau auf und belagerte Danzig.
Der Grobe Kurfürjt zog mit den Brandenburgern
nach Preußen zurüd, Die Polen erfochten 8. Olt.
am Lyd einen Sieg über die Schweden, drangen
Mitte November bis Danzig vor und ſchnitten das
ihwed. Heer von Pommern ab. In diefer Not er:
kannte König Karl X. Guitav im Bertrage von
Labiau 20. Nov. 1656 die Souveränetät Preußens
an. Krakau wurde von den Polen belagert. In
Preußen focht der Kurfürjt allein gegen Bolen,
da König Karl X. Guſtav nad) Holjtein gezogen
war. Der Große Hurfürft erreichte durch die Ver:
träge von Wehlau 19. Sept. 1657 und Bromberg
9. Nov. auch feitens Polens die Anerkennung ——
Souveränetät und verbündete ſich nun mit Polen.
Die Dänen wurden aus Bremen vertrieben, bei
tzehoe 20. Aug. geſchlagen und nad) Jütland ver:
olgt, wo Wrangel 24. Oft. Friedericia erſtürmte.
Dagegen wurde von Hahfeld und Montecuccoli mit
kaiferlichen Truppen Kralau genommen und Ihorn
bedroht, aud) blieb die Seeſchlacht bei Moen 22.
und 23. Sept. unentidieden. ,
König Karl X. Guftav lieh in Holitein 9000 Mann
zurüd, überjcpritt 9. Zebr. 1658 mit 10000 Dann,
meift Neiterei, den gefrorenen Kleinen Belt zwi
den Heilje und Jversnaes, flug die Tänen und
eiehte Fünen, gingdann 15. Febr. nad) Seeland und
ftand 22. Febr. vor topenhagen, worauf fi Däne:
mark 27. Febr. unterwarf und 8. März zu Noes:
filde Frieden ſchloß. Polen hatte mit Djterreich
und Brandenburg unthätig die zeit verjtreichen
lafjen und nur Thorn belagert. Doch wandte fid)
König Karl X. Guftav zunächſt wieder gegen Däne:
mart, führte ein Heer von Kiel nad) Korjoer über,
erſchien 21. Aug. vor Stopenhagen, verjudte am
22, vergebens die Wälle zu erjtürmen und eröffnete
die Belagerung. Die öfterr. und poln. Truppen
follten fi mit den brandenburgiichen bei Wittjtod
vereinigen und das verbündete Heer vom Großen
Kurfüriten geführt werden. Am 17. Sept. war die
Kavallerie zufammen und rüdte auf Hamburg und
Neumünfter vor. Die Schweden zogen ſich nad
Friedericia zurüd. Cine holländ. Flotte unter Ad:
miral Waftenaer fhlug im Sund 8. Nov. eine
itärtere ſchwediſche unter Admiral Wrangel, 16. Dez.
eroberte der Große Kurfürſt Die Yıle Alien und
begann dann die Belagerung von Friedericia, am
18. Febr. 1659 wurde ein von ben Schweden drei:
nal verfuchter Sturm von ber tapfern Beſatzung
Nopenhagens abgeſchlagen, auch eridien eine brit.
Flotte im Sund, um den auf Heritellung des Frie—
dens gerichteten Vorſchlägen Englands und Franl:
reich Nahdrud " geben. Die Generalitaaten
ſchloſſen fih 21. Mai im Haager Konzert diejen
Tolniih- Wartenberg — Polonaiſe
Beitreben an. Die Ehweden räumten 26. Mai
—— verloren 10. Juni nach hartem Kampf
noe, ſchlugen aber 6. juli einen gegen Fünen
gerichteten Landungsverſuch zurüd. Eſterr. Trup—
— rüdten im Juli in Pommern ein, belagerten
amm, weldes 7. Sept. fiel, nahmen Mollin und
belagerten bis 16. Nov. erfolglos Stettin. In
reußen verloren die Schweden die Feſtungen
zraudenz, Haupt und Strasburg, in Kurland
Liebau und Goldingen. Die bolländ. flotte unter
Admiral de Ruyter bradte 10000 Mann unter
General von Quaſt, dän. und brandenb, Truppen,
nad Fünen, die bei Nyborg 24. Nov. ein ſchwed.
Heer vernichteten oder (4000) gefangen nahmen.
Man mwollte nah Seeland überjehen, doch ver:
weigerte dazu der holländ. Admiral die Mitwir:
fung. Da entſchloß ſich König Karl X. Gujtav
zum Abichlub des Friedens, ftarb indes 23, Febr.
1660. Der Friede zu Dliva machte 3. Mai 1660
dem Siriege ein Ende.
Bol. Droyſen, «Die Schlacht von Warihau»
(2p3. 1863); «Rurzgefaßter Bericht der Operationen
der kaiſerl. Armee unter Dontecuccoli 1657—60»,
inder age Beitichrift(Wien 1813);
«Groberung der Inſel Alien 1658» (Wien 1864);
Rieſe, «Schlaht von Warihau» (Bresl, 1870);
derjelbe, «Sarl X. Guftavs Kriegszug über das
Eis u. f. w.» (Berl. 1861); «VBerjuch einer Ge:
ſchichte der F Inüge des preuß. Heeres» (Berl.1801).
olnifh:Wartenberg, j. u. Wartenberg.
olo (Warco), der größte und wichtigite von
allen Heifenden im Mittelalter, war der Sohn des
Venetianers Nicolo P. und wurde 1254 geboren.
Sein Bater hatte in Begleitung feines Bruders
Maffio eine Neife zum Großchan der Mongolen,
Ghubilai, gemadt, war dort wohlwollend empfan:
gen, viele Jahre — und 1269 nach Italien
zurüdgelchrt, um Wunſche des Chang gemäß
den Bapit um Zujendung einiger chriſtl. Miffonare
zu bitten. Im J. 1271 Bingen fie in Begleitung
von legtern und des jungen Marco zum Großchan
zurüd. Der junge Marco P. gewann die Gunit
des Großchans in hohem Grade, machte in deſſen
Angelegenheiten Reifen im Chineſiſchen Reiche und
in andern entfernten Gegenden, wurde fogar Statt:
halter der Provinz Kiang:Nan, Ungern entließ
ihn der Chan nebit jeinem Vater und Obeim, ale
die Sehnſucht fie endlich nad dem Vaterlande zu:
rüdzjog. Nach 24jähriger Abweſenheit langten fie
1295, mit Schägen beladen, über Sumatra, Cey:
Ion, Örmus, übrig, — gluclich in Italien
wieder an, Alle dieſe Umſtände laſſen ſich aus
Marco P.s Reiſe entnehmen. Seine fernern Scid:
fale find, 250 Jahre fpäter, von Ramuſio aus
—— und Sagen anderer zuſammenge—
ſtellt worden. Im J. 1298 geriet P. in dem See:
trefien bei Curzola in die a der Ges
nuejer, von denen er mit großer Auszeichnung be:
handelt wurde. Während diefer Gefangenihaft
diftierte er dem gelehrten Rufciano de Piſa feinen
Reijeberiht, und zwar in franz. Sprade, Nach
1302 zurüderlangter Freiheit wurde er Mitglied
des Großen Rats in feiner Baterjtadt Venedig und
arb dajelbft 1323, fieben Jahre nad) dem Tode
eines Vaters Nicolo. Sein Reiſeberxicht ift von
iter Wichtigkeit. Derjelbe enthält nicht nur
geogr. und oreogr. Mitteilungen über die noch jebt
am wenigften gelannten Gebirgäländer in Inner:
ajien, fowie eine Menge von Nadrichten über die
141
etbnogr. und polit. Verhältniffe in Afien zu ber
Zeit, wo das von Dibingis:Chan gegründete mon:
gol. Weltreih feine größte Blüte erreicht hatte,
ſondern iſt auch dadurb, dab in ihm zuerit Japan
(Zipangu) und zwar als ein fernes, halb märdyen:
baftes, von Gold überfülltes Wunderland vor:
fommt, ein Glied in der Kette jener fosmograpbi:
ihen Beobachtungen, Forihungen und mehr oder
weniger hypothetiſchen Schlußfolgerungen,, welche
die großen geogr. Entdedungen perbeifahrten, mit
denen das Mittelalter abſchließt. Mit Herodot
teilte P. das Schidjal, dab fein Werk ſchon gleich
nach feinem erften Belanntwerden burd Hand:
ſchriften verbreitet und in den weiteſten Kreiſen ge:
leſen wurde, dab man ihn zugleich aber vielfach der
ibertreibung und Unwahrheit befchuldiate. Grit
in verhältnismäßig neuerer Zeit ift die Glaubwür—
digkeit und Zuverläffigkeit von P. überzeugend dar:
gethan worden. Die primitive Nedaction wurde
1824 durch die Geographiiche Geſellſchaft in Paris,
die von P. jelbit verbejlerte Driginalredaction von
Pauthier nebft geogr. und biftor, Kommentaren
ar unter bem Titel «Le livre de Marco
>.» (2 Bde., Bar. 1865). Im ganzen gibt es
60 Ausgaben in ital., franz., engl., deuticher, ſpan.,
ortug. und holländ, Sprade. Eine deutiche Über:
etzung lieferte Bürd (mit Zufägen von Neumann,
%p3. 1846; 2. Aufl. 1855). In neueſter Zeit er:
ſchien: «Le livre de Marco P. Facsimile d’un
manuscrit du 14*siöcle conserv& A la bibliothöqne
royale de Stockholm, publié par Nordenskiöld »
(Stodh. 1882). Val. Zurla, «Di Marco P, e
degli altri viaggiatori veneziani» (2 Bde., Vened.
1818— 19); Bianconi, «Degli scritti di Marco
P.» —— 1862).
Polock, richtiger Polotsk, Kreisſtadt im ruſſ.
Gouvernement Witebsk, an der Dung, in die hier
die Bolota fällt, und an der Bahnlinie Dünaburg:
Witebst, zählt (1883) 19074 E., it Sib eines
griech. unterten Biſchofs, hat einen Kreml, eine
Kreisſchule für ng vier griech. Kirchen, Bi
Klöfter, eine höhere Mädchenſchule, eine jüd. Schule
eriten Nanges, ederfabrilen und treibt ziemlich be:
deutenden Handel, vier war ed die Hauptitabt
eines befondern, zu Weibrußland gerechneten Für:
ftentums, das fi) zu beiden Seiten der Düna bin:
zog. Zuerſt eroberten es die Litauer, darauf 1564
die Ruſſen, denen es 1579 Stephan Bathori entriß.
Später war P. als Hauptitadt einer zu Litauen
gehörigen Wojwodſchaft polniih, bis es 1772 au
Rußland zurüdfiel, E3 war im 14. und 16. Jahrh.
mehrfach ——— und wurde 1812 von den
Franzoſen eingenommen und zerftört. Zum Un:
denen an die bei dem Sturm P.s gefallenen ruf.
Krieger wurde 1850 ein gußeifernes Denfmal auf
dem Marktplatze aufgeitellt.
olonaife (ft3.), aud) (ital.) Bolacca genannt,
heißt ein poln. Nationaltanz, der ſich über ganz
Europa verbreitet, dabei aber auch mande Ab:
änderung wiegen bat. Die Mufik iſt ſtets eine
Melodie im Dreivierteltalt, beitehend aus zwei
Wiederholungen von 6, 8 oder 10 Talten; fpäter
bat man ihr noch ein Trio von ebenjo viel Zeilen,
ja auch zwei Trios und Coda angehängt: Der Cha:
ralter der P. iſt feierlicher Ernit un de: Bewegung
noch langjamer als bei der Menuet. Berühmt iſt die
fog. Kofciuizlo:B. (« Auf zur Rach', ihr Brüder»);
andere ausgezeichnete PB. bat man vom Fürften
Mic. Kleophas Oginſti. Auch wird die Bolonaifens
142
bewegung (alla Polacca genannt) bei Inſtru—
mentalftüden von brillantem Charalter, in den
variierten B. und Klonzertpolonaifen, ja fogar bei
Gejangitüden und in Opern (wie 3. B. von Spohr
in feinen: «Fauft») mannigfaltig angewendet.
Volonftij (Jalow PBetrowitich), ruſſ. Dichter,
neb. 18. (6.) Dez. 1820 in Rjaſan, befuchte das dor:
tige Gymnafium und ftubierte in Moskau Juris:
prudenz. Nachdem er darauf 1846—52 Mitrebac:
teur der Regierungszeitung in Tiflis geweſen, be:
tleidet er feit 1860 ein Amıt in der auswärtigen
Genjur in Peteröburg. Es erſchienen von ihm
mehrere Gedichtſammlungen (die erfte 1844), ferner
Grzählu und ein Drama «Licht und Schatten»,
das zur Aufführung gelangte. Seine Arbeiten,
von denen 1885 eine Geſamtausgabe zu erſcheinen
begann, berühren, obgleich oft nicht frei von einer
gewiſſen Unbeholfenheit in der Form, doch fympa:
ig durch ihre feine poetiſche Empfindung und
dur das ihnen aufgeprägte Kolorit einer jchwer:
möütigen, ftill buldenden, aber doch nicht ganz ver:
zagenden Stimmung. P. ift auch durch Kin Be:
jiehungen zu Iwan Zurgenjew befannt, mit bem
er in litterariihem Briefwechiel ſtand.
Bolotöf, f. Polock.
Polſchuhe nennt man bei eleftriihen Maid:
nen die in der Form dem Indultor ſich anſchließen⸗
den Ausläufer der Elektromagnete.
oltawa, |. Pultawa.
Polterabend heißt der Abend vor der Hochzeit,
der mit eiteflen, Aufführungen und Tanz began:
gen wird und Bekannten und Freunden, zugleich
aber auch oft, namentlich auf dem Lande, der mut:
willigen Jugend Beranlafiung gibt, ihre Zeilnahme
für das Brautpaar möglichtt laut und polternd,
hauptſächlich durch fehr geräufchvolles Zerſchlagen
von Töpfen, zu erfennen au geben. Diefer leptere
Gebrauch ift fehr alt und bedeutete urfprünglich die
Verſcheuchung von böfen Geiſtern.
Polting, der ruſſ. halbe Rubel.
Poltron (frz.), eigentlih Hafenfuß, Memme,
häufig unter Anlehnung an das deutiche «Polterns,
joviel wie lärmender Prahler; Poltronnerie,
Großthuerei.
Boly..., in Zufammenfeßungen aus dem Grie:
a RR * au bereich
elphiſch oder vielbrüderig bezeichnet
A Borantt die Verwachſung der Staub efäße
einer Blüte zu mehrern Bündeln. Derartige Staub:
gefäße, stamina BOTFadeIunIe befigen 3. B.
die Arten ber Gattung Hypericum (. Hy 2
neen). Linn nannte die 18. Klaſſe feines Syitems
Polyadelphia und rechnete bazu alle diejenigen
Dlanzen mit zwitterigen Blüten, deren Staubge—
fähe zu mehr als zwei Bündeln verwachſen find.
Polyämie (grh.), Vollblütigkeit, im Gegenſatz
zur Anämie oder Dligämie, Blutarmut. (S.
——
Polyandrie (grch, Vielmännerei), die Ber:
bindung einer Frau mit mehrern Männern, findet
fi) unter den Völkern auf Ceylon und Djtindien,
insbefondere bei den Toda, Nair und andern
Stämmen am dub des — weiterhin in
Tibet, bei den Estimos, Alẽuten und Koljuſchen.
Auch auf einigen Canariſchen Inſeln Lanzerote,
Fuerteventura), unter ben Ureinwohnern am Ori—
noco, bei manden auftral., nulahiwiſchen und iro:
fefiihen Stämmen, fowie bei den alten Briten war
bie Vielmännerei gebräuchlich. Bei einigen Stäm-
Polonſkij — Polybius
men in Tibet und Ceylon beſihen alle Brüder einer
milie ein gemieiniames Weib; die Mahl diefer
au iſt das t des älteiten Bruders.
, Polyandrus oder vielmännerig nennt man
jede Blüte, die zahlreiche Staubgefähe enthält. —
Pinne bezeichnete die 13, Klaſſe feines Syitems ala
Polyandria, welde alle diejenigen Pflanzen
umfaßt, deren Blüten mehr ala 20 bypogyn in:
jerierte Staubgefähe befisen. Außerdem bezeich-
nete er mit Polyandria je eine Ordnung in den
Klafjen 16—18 und 20—23,
j —— griech. Rhetor aus Macedonien, der
in itte des 2. Jahrh. n. Chr. lebte, fchrieb
unter bem Titel «Strategica» ein Werk über die
Kriegsliſten in acht Büchern, das er den Kaiſern
Marcus Aurelius und Lucius Berus widmete, wo:
von aber das ſechſte und fiebente Buch nicht mehr
vollftändig find. Das Wert enthält für den Hiltos
rifer manche Notiz von Wert und iſt in einem ziem⸗
= guten Stil, aber jehr flüchtig und nadläffig
geihrieben. Es wurde von Gajaubonus (Legden
1589), von Koraĩs (1809) und Wölfflin (Lpz. 1560)
herausgegeben, von Seybold (2 Bde., Frankf. 1793
—94) und Blume (2 Bde., Stuttg. 1834) überfept.
Polyarchie (grch.), Vielherrichaft, die Herr:
[haft mehrerer in einem Staat, im Gegenjage
zu der Monarchie.
—————— (grch.), eine Gelenkentzüundung,
welche gleichzeitig viele Gelenle befällt.
Polyäfthefie (arch.), die Bervielfahung der
Empfindung, insbefondere der ——
infolge deren ein einfacher Raumſinneseindruck als
doppelter, ein boppelter als dreifacher ꝛc. empfuns
den wird, eine Erideinung, die bei manchen Nervens
und Rüdenmarlgleiden beobachtet wird,
olybafit, f. Eugenglanz. j
Volybius, einer der vorzügliditen griech. Ge—
——— geb. um 210 v. Chr. zu Megalopolis
n Arkadien, wurde von feinem Vater Yylortas
bem vertrauten Freunde des Vhilopömen und nad
defien Tod Strategen de3 Achäiſchen Bundes, für
die Waffen und Staatsgefhäfte erzogen. Im J.
169 v. Chr. wurde P. zum Hipparden, Befehls—
aber der Reiterei, des Adhäifchen Bundes erwählt.
Als nad) des Perſeus Beſiegung (167 v. Chr.) die
Römer Gemwaltmaßregeln gegen den Achäiſchen
Bund ergriffen, befand er fi unter den 1000 Gei:
feln, welde die Achäer 166 nad Rom fchiden
mußten. Erft 150 v. Chr. wurden die Geijeln
entlaffen, P. aber folgte feinem Gönner, dem
Scipio Amilianus nad) Afrila, Er war 146 Zeuge
der Zeritörung von Korinth und bewog dann die
Nömer zu fchonender —— der achãiſchen
Gemeinden und war überhaupt vielfach thätig, das
traurige Gefhid feines VBaterlandes zu mildern
und die innern Verhältniſſe desſelben zu ordnen.
Gin Chrendentmal mit einer ſtark vermitterten
Darftellung des P. ift neuerdings gefunden. Be:
hufs Ausarbeitung feines Geſchichtswerls unters
nahm er Reiſen nad) Rhodus, Kleinafien, Igypten,
Gallien und Spanien. Im J. 134 begleitete er
Scipio nochmals nad) Spanien zur Belagerung
von Numantia. Er jtarb in feiner Heimat 127
v. Chr. infolge eines Sturzes vom Pferde.
Außer einigen verloren gegangenen Werken ver:
faßte er eine «llniverfalgefhichte» in 40 Büchern,
worin er in ausführlicher Darftellung bie Gefchichte
Noms, der Griechen und des Orients von 220 bis
146 v. Chr. mit einer einleitenden liberfiht über
Polycarpeae — Bolydhromie
die Begebenheiten vom Beginn de3 erften Bunifchen
Ariegs an (Buch 1 und 2) behandelte. Bon dieſer
trefflihen Arbeit find nur noch die fünf erjten
Bücher in ihrer urfprünglihen Bolljtändigfeit er:
halten, von den übrigen der erfte Teil des jechiten
und zahlreiche und zum Teil bedeutende Bruchitüde,
P. iſt in Genauigkeit und Treue ber —— und
im Umfang poliliſcher und militäriſcher Kenntniſſe
von keinem Geſchichtſchreiber des Altertums über:
troffen. Auch begründete er wohl zuerſt den bibal:
tiihen Pragmatismus in der Beldicte, d. b. die:
jenige Geſchichtsbehandlung, die durd) zergliedernde
Daritellung der Urſachen und Folgen der einzelnen
Begebenheiten eine belehrenve Vorbereitung zu
Staatägeihäften geben will. Die Kunſt der ſprach⸗
lihen Darjtellung tritt bei F hinter dem Intereſſe
für ſeinen Gegenſtand zurüd. Daher ift fein Stil
ohne Anmut, auch er ganz frei von Latinismen.
Unter ben zahlreichen Ausgaben ber jämtlichen
Überrefte des Werts find die von Cafaubonus (Par.
1603), Schweighäufer (8 Bde. Lpz. 1789— 95), 3.
Beller (2 Bde., Berl. 1844), 2. Dindorf (2 Bbe,,
2p3.1866—68; Bd. 1, 2. Aufl. von Büttner: Wobft,
2pj. 1882) und von Hultich (Berl. 1867—72) ber:
vorzubeben. Unter den liberjeßungen ift vor allen
die franzöfiiche von Thuillier mit den in TR
lriegswiſſenſchaftlichen Teils wichtigen Erläu:
terungen von Folard (6 Bde, Bar. 1727—30;
jpätere Ausg., 7 Bde, Amiterd. 1777) zu erwäh:
nen. Deutiche Übertragungen lieferten Ölsnik
und Trofjel, mit den Anmerkungen Folards und
Guiſchards (7 Bde., Bresl. und Berl. 1755—69),
Seybold, mit Auszügen aus Folard (4 Bde., Lenıgo
1779—83), Beniden, mit Anmerkungen und bild:
lichen Darjtellungen (Weim. 1820), Haath und
Araz (Stuttg. 1858— 75), Lampe (Stuttg. 1861
—63). Bgl. über die Darftellungsweife, Glaub:
würdigleit und das Leben des 3; Branbditäter,
«Bemerkungen über das Geſchichtswerk des F
(Dany. 1843); derſelbe, ⸗Geſchichte des ätoliſchen
Landes, Volks und Bundes, nebſt einer hiſtorio—
graph. Abhandlung über B.» (Verl. 1844); Nihzſch,
»P. Zur Geſchichte antiter Bolitit und Hiftorio:
grapbie» (Sliel 1812); La Noche, «Charakteriftit des
2.» (ps. 1857); Markhaufer, «P., feine Weltan:
ſchauung und Etaatälehrer (Münd. 1858); Nifien,
«Kritiſche Unterfuhungen über die Quellen der 4.
und 5, Telabe des Yivius» (Berl, 1863); Valeton,
«De Polybii fontibus et auctoritate» (Utrecht 1879).
pP +»). Bolylarpeen.
oly
Iycep ch (grch.), viellöpfig.
„gene ie ( ‚ übermäßige Gallenabfon:
olychreftfalz, alter Name für Kaliumfulfat.
ns roit (Safrangelb, Crocin), ein
$ er Farbſtoff, welder im Safran und in den
elbſchoten enthalten iſt.
olychrõm, ſoviel wie Pyromorphit.
olychromie nd, d. h. Bielfarbigfeit) nennt
man in der Kunſtge or bie Berzierung der Werte
der Arditeltur und Plaſtik dur bunten Farben:
ſchmud, welcher teils ganye grobe Flächen bededt,
teils an architeltoniſchen die Ornamente, an pla:
ſtiſchen Werten einzelne Teile des Körpers und
der Belleibung in beitimmter und ——
Weiſe hervortreten laͤßt. Was zunächſt die Archi—
teltur anlangt, jo finden fi ſchon in Agypten jo:
wohl die großen Wandflächen, als aud) die Säulen
der Tempel fajt durchgängig größtenteil3 mit bunt:
143
gefürhten Reliefs (Figuren und Hieroglyphen), zum
eil auch mit eigentlihen Malereien überzogen.
Der babylonijch:afiyr. Balaftbau erreichte eine äh:
lihe Wirkung äußerlich hauptſächlich durch einen
tiberzug ber Wandflähen mit bunten, glafierten
Ziegeln, inwendig zum Teil durch dazjelbe Ver:
— zum Teil durch Neliefihmud und Bema—
ung ‚die phöniz. Baukunft namentlid) auch durch
Ber leibung der Wände und anderer Arditeltur:
teile mit edlerm Material, zum Teil mit glänzenden
Metallplatten, ein Verfahren, worin ihnen die me:
fopotamifche Kunft ebenfalls ſchon vorausgegangen
war, und das auch von ben Griechen des Jon.
heroiſchen Zeitalters, offenbar unter Einfluß orient.
Vorbilder, in ihren PBalaft:, Tempel: und Graban:
lagen angewandt worben iſt. In der hellen. Archi—
teftur bat fich frühzeitig, wenigſtens für den dor.
Tempelbau, ein Syitem ausgebildet, von welchem
ſich noch an zahlreichen Monumenten deutliche =
ten erhalten haben. Diefe Spuren find am klarſten
am Fries, wo man die Triglyphen in der Regel
blau, die Tropfen darüber und darunter vergoldet,
die Metopen rot gefärbt findet, am Sadfsan
(Geifon), der ſich mit Blatt: und Rantenverz erun:
gen in verſchiedenen Farben (hauptſächlich blau,
rot, grün und gold) geihmüdt zeigt, und in ben
dreiedigen Giebelfeldern, beren Hintergrund teils
rot, teil3 blau erſcheint, fowie an ben Kapitälen
der Säulen; unficerer find fie an den Außenwän:
den ber Cella (deren innere Wände, nad) beftimm:
ten Nachrichten bei alten Schriftitellern, häufig mit
großen hiſtor, Wandgemälden geihmüdt waren),
am Arditrav (an dem biöweilen vergoldete Schilde
oder ähnlicher Metallihmud angebracht ung! und
an den Schäften der Säulen. Einige neuere Kunft:
forfcher, wie Kugler und Hettner, haben für. die
aus Tuff: oder Kalkitein erbauten Zempel einen
vollitändigen Überzug mit farbigem Stud zuge:
ftanden, bei den Diarmortempeln aber bie Bema:
[ung auf den Oberbau (Fried und Dachlranz) und
deſſen architeltoniſche Ornamente beicpränlt, eine
Anfiht, die andern mit der durch die Natur des
griech. Landes bedingten Vorliebe der Griechen für
länzende, gefättigte Farben im Miderfprud zu
hehen ſcheint. Namentlih Hittorf und_Semper
vertreten die Anficht, dab aud bei den Marmor:
tempeln die Bemalung fih gleichmäßig über alle
Teile des Bauwerls erjtredte. i j
In der röm. Architektur wird wenigſtens beim
Außenbau die Bemalung durch die bis ins Heinfie
Tetail gehende plaftiiche Ausführung der Orna—
mente, wie man fie jchon bei den Griechen am
korinth. Säulentapitäl wahrnimmt, in den Hinter:
grund gedrängt; aber überall, wo Stud zur Be:
tleidung der Wände, Deden, Säulen und Pfeiler
äur Anwendung kommt, aljo namentlich beim
Innenbau der Thermen, Paläfte und Privathäuf er,
da tritt auch die P. wieder in ihr Recht ein. Mit
ihr hängt eng —— die Yinmenbung geker,
farbenreiher Mofailtompofitionen für Die Sub:
böden, bie zur Zeit der Nachblüte der Kunſt be:
fonders in Alerandria und Pergamum, dann na:
mentlih_audy in Nom geübt wurde, aber nicht
bloß auf ſolche Hauptpunlte der Kultur beihräntt
blieb, fondern über dag ganze Weltreich hin, wie
ablreiche Neite zeigen, die vielfachite Verwendung
Fand und mit der Heit auch auf die Bekleidung von
Säulen und Wänden — worden iſt; ferner
die große Verbreitung der Dekorationsmalerei, die
144
mit ihren leichten und anmutigen, wenn auch meijt
etwas handwerlsmäßig ausgeführten Kompoſitio—
nen (teil mytholog. Scenen, teild Genrebildern
und phantaftiihen Arcitelturjtüden, nicht jelten
mit landſchaftlichem Hintergrund) die Wände na:
mentlid der Thermen und Brivathäufer ſchmückt,
wovon Pompeji (f. d.) viele Beiſpiele liefert.
In der Arditeltur des Mittelalters entwidelte
der roman, Stil eine reihe Bemalung der archi—
teftonischen Glieder und Ornamente, der Säulen,
Ktapitäle, Gefimfe, Gewölbrippen; die Hauptfarben
find rot und blau mit binzugefügter Bergoldung;
dazu kam die Ausihmüdung der größern Wand:
flächen, wie fie der roman, Kirchenbau darbot, mit,
Wandmalereien, Darjtellungen heiliger Perſonen
und Geſchichten. Im got. Etil wird die Bemalung
ber arditeftoniihen Ölieder durch, die plaſtiſche
Ausführung derjelben, ähnlich; wie in der forinth.:
röm. Architektur, etwas zurüdgedrängt; nur an
den Kapitälen findet man in der Negel vergoldetes
Blattwerk auf rotem Grund und in ben Gemwölb:
fappen goldene Sterne auf blauem Grund oder
— Darſtellungen. Auch die Wandmalerei
tritt infolge des Mangels größerer ruhiger Wand—
flächen in den Hintergrund; dafür wird aber eine
reihe polychrome Wirkung durd) die Anwendung
der Glasmalerei (f. d.) in den Fenftern erzielt.
Hinfichtlic der Plaftik ift es zunädhit felbitver:
ftändlich, daß überall, wo diefelbe im Dienjt ber
polychromen Architektur erfcheint, eine mehr oder
weniger ausgedehnte Färbung der Bildwerfe ftatt:
nden mußte. Died wird aud dur zahlreiche
Farbenſpuren beftätigt, welche fih an ägypt., aflyr.
und griech. Reliefs, die zum Schmud arditekto:
niſcher Werke dienten, und an den Statuengruppen,
welde in den Giebelfeldern griech. Tempel des dor.
Stils aufgeitellt waren (wie an denen des Athena:
tempels auf Agina und an denen des Zeustempels
zu Olympia), gefunden haben. Aber auch für die
von der Ardhiteltur ganz unabhängigen jtatuarifchen
Bildungen, wenigitens der gried.:röm. Kunft, ift
eine teils vollftändige, teils partielle Bemalung fo:
wohl durch fchriftliche Zeugniffe, als durch unver:
fennbare Spuren an nod erhaltenen Statuen be:
zeugt. Die älteften Aultbilder der Griechen waren
aus Holz und wurden wie große Ruppen mit Klei—
dern oder Goldihmud behängt: die unbelleideten
Zeile waren durchgängig meilt mit Rot oder Braun:
rot, bei weiblichen Götterbildern auch mit Weiß
bemalt, die Haare meiſt vergoldet. Auch die älte:
jten Kultbilder der Römer und Etruäfer, die meijt
aus — Thon gefertigt waren, wurden in
der Regel mit roter Farbe (Mennig) überſtrichen;
Bemalung mit verſchiedenen Farben (vorzugsweiſe
rot, blau, weiß) findet ſich noch an zahlreichen
Zerracotta:Statuetten der ausgebildeten griech.
Kunft, unter denen namentlich die in der Nähe von
Zanagra in Böotien entdedten zierlihen Figürchen
—— find, Die großartigen und koſtbaren
öiterjtatuen aus Gold und Elfenbein (chrysele—
phantine Statuen), deren Anfertigung eine Haupt:
aufgabe der bedeutenditen griech. Kuͤnſtler, eines
Phidias und Polyllet bildete, brachten ſchon durd)
die Verbindung diejer beiden Stoffe eine polychrome
Wirkung hervor, die aber noch durch Färbung des
Clienbeins und durch Emaillierun er Goldge:
wänder gefteigert wurde. Bei den Marmorflatuen
wurden nit nur die Gewänder, Fußbelleidung,
Waffen und fonftiger Schmud, fondern aud) die
Polychromographie — Polydesmus
— Lippen, Augen und die hervortretenden
eile der Wangen regelmäßig durch eine freilich
mehr konventionelle al3 naturaliſtiſche Faärbung
(meiſt Rot in verſchiedenen Nuancen) und Vergol—
dung hervorgehoben, nicht jelten auch einzelne
Stüde, bejonders des Waffenihmuds, in Bronze
angefügt. Inwieweit die nadten Teile eine leichte
—— oder eine Art Fleiſchton erhielten, iſt nicht
eſtgeſtellt. Aber ſogar an Erzſtatuen ſollen einige
alte Kunſtler durch Beimiſchung anderer Metalle
Gere Kupfer, Eiſen und Silber) zu der Erzmaſſe
arbige Gifette erzielt Haben, wobei freilid) das tech
niſche Verfahren nach nicht aufgellärt it.
Einen großen Spielraum fand die P. in ber
Holz» und Steinjtulptur des Mittelalter, und
war ging man bier bei der Bemalung der Gewän:
der Iron als der unbekleideten Körperteile we:
jentlih auf Illuſion in Nahahınung der Wirklich
keit aus, Die Nenaijjance dagegen verihmähte
in der Skulptur ebenjo wie an den Außenwänden
der monumentalen Arditeltur (abgeiehen von
jelbftändigen Wandgemälden) die farbige Wirkung
völlig, und erit in der RE haben einige
Künitler, vom Studium der Antike ausgehend, die
P. in beiden Kunftzweigen wieder in ihr Recht ein»
zuſehen verfucdht. , .
Vol. Duatremire de Duincy, «Le Jupiter
Olympien» (Par. 1815); Semper, «Borläufige
Bemerkungen über bemalte Arditeftur und Pla:
ftit bei den Alten» (Altona 1834, jebt aud in
«stleine Schriften», Berl. u. Etuttg. 1834); der:
felbe, «Der Stil in den techniſchen und teltoniſchen
Küniten» (Bd. 2, Frankf. a. Wi. 1860); Kugler,
afiber die B. der antiken Arditeltur und Stulpturs
(in. den «Kleinen Schriften und Studien zur Kunit:
geſchichtey, Bd. 2, Stuttg. 1853); Hittorf und Zanth,
«Restitution du temple d'Empédocle à Selinonte
ou l’architecture polychrome chez les Grecs»
(Bar. 1851) und «Architecture antique de la Si-
cile» (Par. 1870); Walz, «fiber die P. der antilen
Stulptur» (Tüb. 1853); Treu, «Sollen wir unfere
Statuen bemalen?» (Berl. 1884).
olychromographie, dic Kunſt, bildliche Dar:
ftellungen in gleichzeitigem, mebrfarbigem Drud auf
der Buchdrud: oder Steindrudpreile oder aber auf
einem eigens dafür fonjtruierten Apparat or
ftellen. Das neuefte Verfahren diefer Art ijt das
von Bogaert3 «Peinture Bogaerts» benannte; es
liefert ausgezeichnete Bilder und der Drud erfolgt
bireft auf Leinwand.
olyeythãmie (grch.), die Vollblũtigleit.
OR (grdh.), überzählige Finger ober
Zehen. (S. Mißbildung.)
olydesmus Mont., Kippattung aus ber Fa⸗
milie der Porenomyceten. Cine Art derjelben ruft
auf Raps und Nübjen eine gefährliche Krankheit
hervor, die fi durch ſchwarzoͤraune Fleden bejon:
der3 auf den Schoten bemerflih madt. Dieſer
Dil, P, exitiosus Mont. (Sporidesmium exitiosum
Kühn), au Rapsverderber genannt, entwidelt
Sr Mycelium unter ber Epidermis der befallenen
eile und bildet nad) außen fpindelförmige, mehr:
zelli e, braungefärbte Sporen, welche die genannten
Fleden hervorrufen. Die Sporen fcimen fofort
nad) der Reife und ihre Keimſchläuche dringen wies
der durd) die Spaltöffnungen in andere Partien ber
Wirtspflanze, ſodaß Die Verbreitung des Parafiten
fehr ſchnell vor ſich gehen kann. Die Schoten, auf
denen derſelbe vegetiert, werden mißfarbig und
Polydipſie — Polygaleen
entwideln in der —* feine Samen, wodurch ein
bedeutender Ausfall in der Ernte ftattfinden fann.,
Die zu diefer —— gehörigen Perithecien
find von Fudel beſchrieben und als Leptosphaeria
napi bezeichnet worden; fie ſchließen jich in ihrer
Form an diejenigen der ſog. Rußtaupilze (f. d.) an
und gelangen auf den Stoppeln des Napfes im
näditen Frühjahr nach der Conidienfruttifitation
zur Neife. Außer auf den ſchon erwähnten Bilan:
zen fommt —— Pilz auch noch auf einigen andern
Eruciferen, befonders auf dem als Aderunlraut weit
verbreiteten Hederich GKaphanuus Raphanistrum)
vor und dadurch wird die Verbreitung desſelben
erleichtert. Gin ficheres Mittel gegen denſel—
ben gibt es zur Zeit nicht,
— gr , übermäßiges oder franl:
gefühl,
Iydoros, ber jüngfte Sohn des Priamos
und der Laothoẽ, wurde von Adilleus getötet.
Nah .. in der Tragödie «Helabe» war er
ein Sohn der Helabe und wurde von feinem Vater
vor der Eroberung von Ilios mit großen
Schäpen zu Polymeftor, König in Thrazien, ge:
ſchidt. Diejer tötete nad) dem Fall von Ilios den $
um ſich jener Schäse zu bemächtigen, und warf ihn
ins Meer, Der u wurde endlich an das Ufer
angetrieben, wo ihn Helabe fand und erkannte,
Aus Nahe tötete diefe die beiden Kinder des Po:
Igmeftor, ihn ſelbſt aber blendete fie. Nach einer
andern Tragödie war P. ig Schwefter Ilione,
der Gemahlin des Bolymeltor, zur Erziehung über:
n worden, und dieje hatte ihn als ihren eigenen
om et ihren wirtlihen Sohn aber, Dei:
philos (Deipylos), für P. ausgegeben. Als nun
bie Hellenen, um den Stamm des Priamos zu ver:
tilgen, dem Bolymeitor die Eleltra zur Gattin und
grope Geldfunmen verhießen, wenn er den P. töte,
Sohn ben ale wegen der Vertaufhung mit dem
Sohn olymeltor dieſem Geſchick und Deiphi:
los wurde vom — Vater umgebracht.
aber, der das Oralel zu befragen ausgezogen war,
beftimmte, zurüdgelehrt, feine Schweiter zur Rache
an Bolpmefir der geblenbet und getötet warb.
vlydoros wird mit Agejandros und Athano:
doros als einer der Bildhauer genannt, welde die
Laoloongruppe ſchufen. (S. Laokoon.)
‚Bolyeder (grch.) iſt ein von ebenen Flächen
eingefchlofiener oder ediger Körper. Polyedral:
ablen heißen die Zahlen der Punkte, die ſich auf
en Eden, Seitenlinien und Seitenflähen regel:
mäßiger Körper in gleichen Entfernungen vonein:
ander jtellen laſſen.
Polyembryonie nennt man in ber Botanik
das Vorlommen mehrerer Embryonen in einem
Samen. Dieje Erſcheinung ift bei den Gymnojper:
nen, wenigftens in den erften Entwidelungsftadien
be3 Samen, die Negel, indem bei diefen Pflanzen
mebrere Corpuscula oder Archegonien und fomit
auch mehrere Eizellen im Embryofade vorhanden
find, von denen jede befruchtet werden kann. (Bel.
Öymnofspermen.) In vielen Fällen gehen jogar
m aus einer Eizelle —— Embryo⸗
anlagen hervor. Auf dieſe Weiſe können ni
onen in Embryofäden der Gymnojper:
men entftehen; doc wird meift nur einer weiter
ausgebildet und die andern verfümmern, ſodaß im
zeiren Samen ſich nur ein Embryo vorfindet.
Angiofpermen lommt die Erſcheinung
ber P. ebenfalls vor, doch ift diefelbe hier darauf
Gonverjationd-Leriton. 13. Aufl. XIII.
145
zurüdzuführen, daß außer von ber Eizelle auch
noch von Zellen des Eikerns, welche den Embryo:
fad umgeben, Embryoanlagen hervorſpoſſen; es ift
dies demnad ein Fall von parthenogenet. Erzeu:
ung der Embryonen. Befonders oft findet ſich diefe
Ser der ®. bei zwei Arten aus der familie ber
ia ovata und Allium fragrans.
j L., Vflanzengattung aus der nad)
ihr benannten Familie der Bolygaleen. Ihre zahl:
reihen, dur) die warme und gemäßigte Zone bei:
der Hemifphären verbreiteten, zum großen Teil am
Kap der Guten Hoffnung Anifoen Arten find
teild Kräuter, teil3 Sträucher und Halbiträuder.
Sie haben abwechſelnde oder gegenftändige, ganze
und ganzrandige, oft lederartige und ausdauern
Blätter und verjchieden angeordnete unregelmäßige
Blüten, welde aus einem blumenfronenartigen,
fünfblätterigen Kelche, drei bi3 fünf mit den beiden
Staubfadenbündeln verwachſenen Blumenblättern,
von denen das vordere helmartig geformt und meijt
efranft ift, acht nad} oben in eine Röhre verwad):
Fenen Staubgefäßen und einem oberjtändigen, zwei⸗
ſchneidigen, umgefehrt berzförmigen Fruchtlnoten
mit einem Griffel zufammengefeht find, woraus
ſich eine zweifädherige, zweiſamige Kapſel entwidelt.
Inter den einheimischen Arten ijt P. vulgaris L.,
dad gemeine Kreuz: oder Natterblümden,
auch Zaufendfhön genannt, die verbreitetite. Bei
diefer niedlichen, überall auf trodenen Wiefen und
Zriften wach enden Pflanze, welche niebergeitredte,
mit lanzettlihen Blättern befegte Stengel befikt,
find, wie auch bei den übrigen einheimischen Arten,
die meiſt bunfelblau, doch auch rot und -_ pe
ärbten Blüten in dichte, ährige Trauben geitellt.
on ihr, vorzugsweiſe aber von der in Sümpfen
wachſenden P. amara Z., welche fich durch Heinere
Blüten und auffallend große, in eine Rojette ge:
ftellte Grunbblätter unterſcheidet, war früher das
Kraut al Herba Polygalae offizinell. Cine viel
wichtigere Drogue ift die zur der nordamerik. P.
Senega L.(Senegamwurzel). Unter den vielen
ausländifchen Arten find P. venulosa L. von den
griech. Infeln und P. speciosa Sims. vom Kap,
prächtige Sträuder mit immergrüner Belaubung
und großen purpurnen Blumen, —
olygalaktie oder Bolygalie (grch.), Milch⸗
fülle, Üiberfluß an Milch. =
Volygalcen (Polygalöae), Pflanzenfamilie aus
ber Gruppe der Dilotyledonen. Man lennt gegen
400 Arten, die dur die gemäßigten und wär:
mern Gegenden der ganzen Erde verbreitet find.
Ihrem Habitus “. find es kraut- oder ftraud):
artige Formen zum Teil mit windenden oder klet⸗
ternden Stengeln, jeltener haben fie einen baum:
artigen Wuchs. Die Blätter ftehen alternierend
und find ungeteilt, gewöhnlich auch ganzrandig.
Die Blüten find zwitterig und unregelmäßig, ſie
haben fünf telhblätter, von denen die zwei innern
größer als die andern und oft blumenblattartig
entwidelt find, drei oder Ba (umenblätter, von
denen zwei oder drei gewöhnlich zu einem dem
Scifihen der Schmetterlingsblüten ähnlichen Ge:
bilde verwachſen find. Die Zahl der taubgefäße
beträgt in der Negel acht, feltener vier, welche zum
Zeil miteinander zu einem Bündel vereinigt find;
der Fruchtknoten ijt meift zweifäherig und trägt
auf feinem Scheitel einen einfachen Griffel mit zwei:
lappiger Narbe. Die Frucht ijt bei den meijten Ar:
ten eine zweifäcerige und zweifamige apfel.
10
iliaceen bei Fu
Polygäla
146
Mehrere Arten der P. werden ihrer ſchönen Blüten
wegen als Zierpflanzen kultiviert; einige * ofjüis
nell, wie 3. olygala Senega. (S. S. Polygala.)
Poly ämie (grech.), im weitern Sinne die ebe:
liche Verbindung eines Individuums des einen Be:
ſchlechts mit mehrern Andividuen des andern Öe:
ſchlechts; im engern Sinne Du ygh nie oder
Vie weiberei, die eheliche erbindung eines
Mannes mit mehrern Frauen, im Gegenſah zu? Bo:
Iyandrie oder Bielmännerei, die einer Frau
mit mehrern Männern. Lebtere Tommt nur bel
einigen Bölterftämmen Ceylons und Indiens, jo:
wie bei den Eslimos, Aleuten und Stonjagen vor.
Die eritere iſt bei ältern und neuern orient. Völlern
— (Bol. Ehe, Bd. V, ©. 783*,)
er oder vielehig Ba man in der
8* eine
die * Regie
und dilline Hläten ißt. * ten ſolcher
Pflanzen bezeichnet man als flores we,
Linne bezeichnet die 23. =. e feines 6
als Polygamia und redinete dazu alle P —
mit — *
——— nennt man ein Werk, das
einen und denſel halt in mehrern ee
enthält. Vorzugsweiſe hat man das Wort ſchon
früh von ben uögel e. ber Heiligen * ge⸗
braucht, in denen zwei, drei ober mehr lüberſe |
gen mit oder ohne den Grundtert zufammengeltellt
wurden. Da3 erftere größere Unternehmen der Art
war bie berühmte Complutenfti ibel, weldye
auf Beranftaltung des Kardinals Zimenes "mit uns
ei erm Aufwand für die Anſchaffung alter Hand:
nein angejehenen Gelehrten bearbeitet wurde.
Eie erſchien in ſechs prächtig gedrudten Yoliobän:
den 1514—17 in Ulcala de Genares, lat. Complu:
tum, Per fie den Namen Complutenfi de
Bibel erhielt, und enthält neben dem bebr. Tert
ac Alten Teftaments die altlat. (Vulgata), die
:alerandriniiche (Septuaginta) nebſt einer
= äblichen lat. fi rſetung und eine halbätjche
Barapbrafe, die ebenfalls eine wörtliche lat. Über:
fehung zur Seite b bat.
Eine andere berühmte ift die Antwerpener Bo:
Iyglotte, aud) die Königliche Bibel genannt, weil
König Philipp II. von Spanien einen Teil ber
Koften trug. Diefelbe wurde unter Aufficht des
gelehrten jpan. Theologen Benedikt Arias Mon:
tanus und mit Unterjtüßung anderer Gelehrten
bearbeitet, erjchien zu Antwerpen 1569—72 in acht
Foliobänden und enthält, außer dem —— Tert, bie
Vulgata, die Septuaginta mit einer lat. wörtlichen
fiberfehung, mebrere halbätiche Parapbrajen, eben:
falls mit lat, Üiberfegung, und was das Neue Tefta:
ment anlangt, den gried. Grundtert mit der Bul:
gata, eine fyr. überſetzung in zwei Reihen mit fyr.
und bebr. Lettern und mit einer lat. Überſetzung.
Noch vorzäglicher ift die Parifer Bolyglotte,
welche hauptiädhlich unter Zeitung des Rarlaments:
advolaten Guy Michael de Jay, ber fein ganzes
Vermögen darauf verwendete, von mehrern rien:
taliften und Gregeten beforgt wurde und 1645 in
zehn Foliobänden erſchien. Sie übertrifft die ant:
werpener, weil fie nicht nur dieſe gan al fon:
dern auch noch eine fyr. und eine ara rſehung
und eine fie begleitende lat. Überfehung, ſowie den
fog. jamaritaniihen Pentatenh und im Neuen
Zeitament ebenfalls eine arab. und eine diefer fol:
gende lat. Berfion.
riften bed Terte® und ber liberfehungen von | dienfte,
Polygamie — Polygonaceen
Die volljtändigfte 7 iſt die Waltonſche oder
Londoner Bolyalotte in zehn Sprachen
6 Bbe., 1657, und 2 Supplementbände, 1669),
bie Bauptiächlic unter —— und Aufſicht des
aligen Biſchofs von Cheſter, Brian Walton,
bearbeitet tet w thaͤlt den —— nad)
verfchiedenen Gremplaren und nädjit allen
Keen ber —— P. auch noch eine — ai
und zu biejen gehöri üb
Eine —— für
deutich) aaben == au
* u. * Tle. — 1875 —
—— er bebeutenbite er
Malerei, ein Sohn und Schüler des
Sale Aglaophon, !am —* bald nach den Per⸗
ſerkriegen als junger Mann aus ſeiner at,
der Inſel Thaſos, nad Athen, wo er ber ondern
Gunit des Kimon fi erfreute und i de de defien —*—
trag, meiſt > Verbindung mit den
und Bananos öffentliche Gebäude, wie
bie Böflfe, die Tempel ber Dioskuren 1 und bes The
jet ma = — eg le ya Dagegen
inakot — * lder Pro (der
(i. In * eh dba !ändnis — en
Unter ben
Were mare Di die beiden gr a Bu Abe in
un abe Bat idier in
Sn die l ten cenen —— von —
= —— in der Unterwelt darſtellend, di
teſten. Auch die böot. Städte —— *
inn —— Wandgemãlde von
welche er eine ſo a Stelle i in
* Geier delung der griech ch. Malerei einnimmt, nen
fih hauptfãch ch auf die Verbefierung der
Snung, ung, gegen wel e maleriſche Wirkung
in ben — trat. — gab
—— Figuren mehr Leben ei Se
eich die alte Strenge und —e der re.
us durch größere Manni ir feit des Ausdrucks
— — einer teriſtik das —
rn
— —— die Gewänder be:
kabel er — und menge aa ala feine
ger. der ftände für
(ine 2 Derfingen ei —* — — 8 einen hoben,
ztige gerichteten
in und bewährt ſich N hab — a
tant ber ernften ——
— * —— —* 2, Stu
n Dee (ie trht Bellen — die ——
ition der Delphi⸗
(in ben « — ng demie»,
1847); Geb — Kompoſition der Gemälde
des P. in ber 5 — u Delphi» (Gött. 1872).
Polygön (arch), Bieled, heißt in der Mathes
matil eine von geraden Pinien begrenzte Siour, nas
mentlich werben bie regulären, aus lauter gleichen
Seiten und Winteln gebildeten ag ren fo g%
nannt. — Bei Feitungen heißt P. die den allge:
meinen a. eines zufammenhängend befeftigten
Platzes bildende Figur. Folgt be ——
ot Künfihe Bredungen ber — dieſem Um⸗
„ſo heißt das Trace ein pol ——— die Be⸗
fe Ieligungsmeile, gehört dem Bold: ygonaliyitem an.
ihneuacken" (Polygonackec), Planzenf
olygonnceeen (Polygonackae nzenfas
milie = der Gruppe der Dilotylevonen. Man
Bolygonalzahlen — Polyhymnia 147
lennt gegen 600 Arten, bie über die ganze Erbe zer:
Tank vortommten. Cs find frautartige oder ftrauch:
ttige Gewächie, feltener Bäume. Die Blätter find
urn verſchieden geftaltet, in der Regel find fie anı
Grunde erweitert, oder fie bilden eine
Xute (ochrea, j Blatt). Die Blüten find
und beiteben aus einen vier: bis ſechsteiligen
—* ae blumentronenartigen Perigon, ſechs bis
—2 und einem gen tändi 5—
ten mit zwei bis vier Griffeln
deren grudh | ift ein —— Nußchen und ent:
einen Heinen, nicht jelten gefrümmten Embryo,
von reihlih Stärke führendem Eiweiß em:
oeſchloſſen it.
*
Bu den P. gehört u. a. der als Kulturpflanze wich⸗
- —— (ij. d., —— — —S— Für
lygo len bilden eine arithmetiſche
‚zweiter ans und entjtehen durch her
—— Reihe: 1,1+d,1+2d,1-+3d
—— wobei d jede abfolute ga gebl bebeuten
u gy Form der —
fonit 1,2+d,3+3d, 4+6d u.f.w.
= 1, fo entjtehen die late 5
8, — 10, 15 u.).w.; it d=2, die Quadrat—
en: 1 1,4 9, 16, 3 u. f.w; iſt d — 8, bie
tagonal; — 1, 5, 12, 22, solide
EB
en alien fi), durch feichweit
voneinander entfernte Bunkte, welche ein gleich:
feitiges Dreied bilden, darftellen; bei den Quadrat:
—— unter gleicher Vorausſehung Qua⸗
tagonalzahlen —— Fünf:
ng w. 8 —— ——
gattung aus
der ie der — nnt gegen 20
Arten, die in Pa nördl. gemäßi 2 Dom eine m.
63 find frautartige P
— Die Blätter find eifö *
—— * linealiſch und ſind in pie eihen
orbnet. Die Blüten jtehen in den
, te Yan ein cylindri mehr:
bon, ſechs — und
ioen $ Fruchtlnoten, dem
a * zc— Die Frucht iſt eine
Beere, die pi wenige Sa:
le Se find drei Arten ein:
die befannteiten davon find die große
at ume, aub Salomonsfiegel genannt,
P. officinale All. (Convallaria polygonatum L.),
bei welcher die Blüten einzeln in den Blattwinteln
ftehen; und die vielblumige Maiblume, P. multi-
florum AN. Convallarıa multiflora L.), die im
Habitus mit der vorigen übereinftimmt, deren Blü:
tenjtiele aber —— Blüten tragen. Beide Arten
find in Be Wein en nicht jelten, ihr Wur:
war früher unter. den Namen Radix Sigilli
offizinell. Die dritte Art, P. verticilla-
tum All. (Convallaria verticillata L)i feltener,
fie bat lineare, in Quirlen geitellte A ätter und
———— her ug * die
E16, Mann Bang
aus der nad) ihr en Familie Bei
etwa 150, find —* et.
Kur ein mehr — —
oder mi arfen oder bren—
Geſchmad aus, wie der in Gräben
in No und Norbamerita waciende
nöteric (P. Hydropiper L.), aud) Waj:
uf
ferpfeffer genannt, ber jonft unter dem Namen
Mercuriusterrestris bei den Ürzten in gro:
ßem Anfeben ftand. Der wohlriechen de Knö—
texich (P. odoratum Lour.) wird in Cochinchina
allgemein als Küchengemwürz angebaut. Als Bier:
pflanze wird der orientalijche Knöterich (P.
orientale Z.) mit feinen fhön roten, überhängen:
ben Ühren in Gärten häufig kultiviert. Die Blät:
ter des Wieſentnöterichs (P. Bistorta L.),
auch Natter: oder Schlangenwurz genannt,
har Heifchrote Blütenähren von den Kindern
n genannt werden, benugt man im jungen
—* in mehrern Gegenden als Gemũſe. Einige
* enthalten Indigofarbſtoff, wie namentlich der
ina ſchon ſeit undenklihen Zeiten kultivierte
rbelnöterid He tincetorium L.), welcher dent
in Deutichland einheimischen, überall auf Schutt,
an Mauern, Wegen Düngerftätten wild wachſenden
Suche Eraut (P. Persicaria Z.) ſehr ähnlich iſt.
lle die bisher genannten Arten tragen die B =
in —— dichten oder lodern ÜUhren. Da:
gegen * ieſelben beim Bogellnöteric (P.
aviculare L.), einem überall an wũſten ſandigen
Plähen —— niederliegenden kleinblätteri⸗
gen Unkraut, deſſen Samen von vielen Vögeln
ern gefrefjen werben, einzeln ober zu mehrern bei:
ammen in ben Blattwinteln, Cine in apan ein:
heimiſche und kultivierte Art, P. Sieboldi Reinw.,
war wegen feines ſchnellen Wachstums um Anbau
als Futterpflanze empfohlen worden, doch haben
die angeitellten Kulturverſuche kein günftiges Ne:
jultat in biejer —** ergeben, die lange wirb
jet nur in Gärten ala ierpflage wegen ihres
— Blattwuchſes F
Budhmweizen (f. 7 agopyrum esculen-
tum 4 wurde früher unter dem Namen P. Fa-
gopyrum ebenfalls zu diefer Gattung gerechnet.
olygraph (ardh.), «Bielichreiber», Verfaſſer
er Werke; auch Kopiermaſchine.
— ſ. unter Ehe und —
Polygynus, polygynijc oder vielweibig
bezeichnet in der Botanik eine Blüte, die ——
Griffel befist (flos polygynus), mm Linneſchen
Syſtem bezeichnet Polygynia die zwölfte Orb:
nung in den Klaſſen 1—13, welche alle diejenigen
u brefen Klaſſen gehörigen Bilanzen umfaßt, deren
lüten mehr ala 12 Griffel beſihen.
Polyhälit (ard., d. b. «viel Salz enthaltend»),
ein in ber Steinjalzablagerung u Staßfurt zwifchen
dem feiten Steinſalz und den Kalijalzen liegendes,
den fibergang beider vermittelndes hellgraues oder
häufiger rötliches Salz von 2,120 ſpezifiſchem Ge:
wicht, beiteht überwiegend aus R weielfaurem
Kalt, Magnefia und Halt, mit einem Waflergebalt
von circa 6 Bros.; e3 findet ſich aud zu Iſchl, Hal:
* Hallſtatt, A8
Bolyhifter (grch., d. i. VBielmiffer) nennt man
einen Gelehrten von Ir audgebreiteten Stennt:
nifjen in den verichiedeniten Gebieten der Willen:
haften, namentlich in der Gefchichte und Literatur.
m beiten Sinn führten diefen Namen Scaliger,
jaubon, Salmafius u. a.
Polyhymnia oder Bolymnia, d. i. die Ges
ſangreiche, eine der neun Muien (f. d.), die Erfin:
derin der Lyra und durch Oagros Mutter des Or:
pheus, galt ala die Muje, weldye in ihren Gelängen
die Götter und Heroen verberrlicht. Dargeitellt
wird fie in finnender Stellung, mit dem Se ae
der rechten Hand vor dem Munde oder, wie
10*
148
auf Reliefs ober in Statuen, in ihr Gewand ge:
hüllt und auf eine Stübe gelehnt.
Bolybymnia ift aud) der Name des 33. Aſte—
roiden. (©. unter Planeten.)
Polykandro, die alte Pholegandros, eine
Heine Inſel der Cylladen, öjtlih von Melos, Frucht:
bar im Weften, mit Hafen und Stadt im Diten,
geringen Neften des Altertum und (1879) 969 E.
Bolyfarpien (Polycarpöae), Bielfrüdtige,
nennt man in der Syitematif eine Abteilung der
Ditotyledonen, deren Blüten gewöhnlich zahlreiche
Fruchilnoten und Staubgefähe befigen, ſowie meijt
eine fpiralige Anordnung ſämtlicher Blütenteile
zeigen. Es gehören Dee unter andern die Ya:
milien der Ranunculaceen, Magnoliaceen, Ano:
naceen, Menifpermaceen, Berberideen, Calycan:
theen und Laurineen.
Polykarpus, Biihof von Smyrna, der Sage
nad) ein Schüler des Apoftel3 Johannes, ftarb als
86jähriger Greis 155 oder 156 den Märtyrertod
auf dem —— ALS ſeinen Gedãchtnistag
Dont die griech. Kirche den 23, Febr., die römische
en 26. Jan. Gin angeblicher Brief feiner Ge:
meinde, welcher zur Yahresfeier feines Todes an
bie Gemeinde zu Philomelium gerichtet fein fol,
wahrſcheinlich aber jpätern Urfprungs ift, erzählt
ſchon bie von Herder ſchön behandelte Legende über
feinen Tod, daß die Flamme gleich einem geblähten
Segel fih um ihn gelegt, und als hierauf ein
Kriegslnecht mit dem Schwert ihn durchbohrt,
löglich eine weiße Taube aufgeflogen fei. Unter
4 Ramen iſt noch ein Brief an die Gemeinde zu
Philippi, teilweiſe nur noch in lat. überſehung ers
—— deſſen Echtheit ebenfalls erheblichen Zwei:
eln unterliegt. Wahrſcheinlich bildet derfelbe nur
eine Vorrede zu den in der zweiten Hälfte bes
2. Jahrh. erdichteten Briefen des Ignatius (ſ. d.).
Kl. MWaddington, «M&moire sur la chronologie
de la vie du rheteur Aelius Aristide» (Bar. 1867);
Gebhardt in der «Zeitjchrift für hiſtor. Theologie»
(Gotha 1879); Lipfius in den «Jahrbüchern für prot.
Iheologie» (Lpz. 1878); Hilgenteld in ber «Zeitſchrift
für wiffenshaftliche Theologie» (Lpz. 1879); Egli,
ebenda (1882); Reville, «De anno dieque quibus Po-
lycarpus Smyrnae martyrium tulit» (Genf 1880).
Polykephaliſch (ard).), viellöpfig.
Polykladie (perj.), vermehrte Knoſpen- oder
Eprofbildung.
Polyklet (geh. Polylleitos) aus Silyon, Chü:
ler des argiviihen Bildhauers Ageladas und in
Argos vorzugsweife thätig, weshalb er aud) Ar:
giver genannt wird, ein etwas jüngerer Zeitgenoſſe
des Phidias, war der bebeutendite Meifter der
ältern ardiviichen Bildhauerſchule, aber auch ala
Arcitelt von Bedeutung, wie zwei von ihm im
Heiligtum des Aällepios bei Gpidauros ausge:
führte Baumerle, ein Theater und eine Tholos
Mundbau mit Auppeldadh), bezeugten. Seine pla—
ftiihen Werle waren, mit Ausnahme des folojlalen
Bildes der Hera aus Gold und Elfenbein, welches
er für das nad) dem Brande 423 v, Chr. neu auf:
gebaute Heräon bei Argos arbeitete, durchaus Erz:
bilder, und zwar war jein eigentlihes Gebiet, auf
dem er unerreidht oder doch unübertroffen daſtand,
nicht die Götter-, fondern die Menfchenbildung,
vorzugsmweile die Darftellung jugendlicher, durch
die Gymnaſtik zu regelmäßiger Schönheit und fräf:
tiger Anmut entwidelter Gejtalten. Die berühmt:
tejten unter jeinen Werten waren, außer der Hera
Polykandro — Polymaftie »
r Argos, der Diadumenos, d. h. ein Yüngling, der
ich eine Binde ald Siegeszeichen ums Haupt legt,
und der Doryphoros, d. b. ein Yüngling in ruhiger
Stellung mit einer Lanze in der Hand, nad)
wahrſcheinlich der jog. Kanon, eine Art alademiſcher
Muiterfigur, gebildet war, ſowie die Nitragalizontes,
d. i. Knaben mit Anöcheln jpielend. Mit der Sta:
tue einer Amazone foll er über mehrere feiner be:
deutenden Beitgenofien, darunter den Phidias, den
Preis bavongetragen haben. Andere fe von
ihm, der vorzugsweiſe jugendliche Geftalten bildete,
waren ein # mit dem Schabeifen reinigender At
wei Kanephoren (korbtragende ——
‚Statue eines auf einem koloſſalen Knöchel, der⸗
gieigen als Würfel gebraucht wurben, Stehenben,
fi
let
die
eines Knaben, ber im Fauftlampf zu Olympia
egte u. f. w. Alle zeichneten fi =. roße
Sorgfalt und durch edeln Anftand in Haltun
und maßvoller Bewegung aus. In Bezug au
die Stellung feiner Figuren führte er zuerit den
Grundſaß dur, die Laft des Körpers auf Einem
Bein ruhen zu laſſen und dem andern ftatt der tras
genden eine bloß regulierende Funktion zu geben.
i Göttergeftalten gelang e3 ihm weniger als
games, die Erhabenheit und Würde bes göttlichen
eſens zum vollen Ausbrud zu bringen. Val.
—— «Der Doryphoros des g (Berl.
1863); Conze, «Beiträge zur Geſchichte der griech.
laftit» (Halle 1869); Kelulé , «Die Gruppe de3
ünftlerd Menelaos» (Lpz. 1870); Michaelis, «Tre
statue Policletee», in den «Annali dell’ Instituto»
Rom 1878); Benndorf, «fiber ein Wert des ältern
»,in «Studien zur Kunftgefchichte» (Lpz. 1885).
Bolyfiet ber Jüngere, Bruber und Schüler
des Naufydes aus Argos, war ebenfalls, doch nicht
—— Erzbildner, wie der ältere P., mit
er wohl verwandt war. Er arbeitete im
4. Jahrh. v. Chr. Statuen von Athleten, ſowie
auch von Göttern, darunter einen Zeus Meilihios
aus Marmor und einen Zeus Philio mit den
Attributen des Dionyſos.
olyfotyledonen nannte man früher die Na:
delhölzer, weil bei mehrern Arten derjelben der
Embryo mehr als zwei Samenlappen oder Koty:
ledonen beſiht. Jeht hat man dieje Unterjheidung
als überflüffig aufgegeben, da die Coniferen mit
den Eycadeen zufammen al3 Gymnofpermen gegen:
über den die Dilotyledonen und Monokotyledonen
umfaſſenden Angiofpermen genügend in anderer
Weiſe haralterifiert find,
Polykrätes, des Hates Sohn zu Samos, grüns
bete nad Befiegung des Adels diefer Inſel 537
v. Chr. eine Tyrannis, und erhielt fi) in dieſer
Etellung gegen alle Angriffe feiner Gegner, die
von Milet und Lesbos, wie (524) von Korinth und
Sparta aus unterjtükt wurden. Obwohl mit dem
—* Amaſis von Ugypten befreundet, verbün:
deie er fi doch nad) deſſen Tode mit dem Perfer
Kanıbyfes (525) gegen Agypten. Endlich lockte
ihn der perf. —— Orötes in Sardes im J. 521
unter trügeriſchen Vorwänden nad) Magneſia und
ließ ihn ans Kreuz ſchlagen. Eine P. betreffende
Sage * Schiller in dem Gedicht «Der Ring des
BP.» behandelt. {
Polylemma (arh.), ein Schluß in ber Form
de3 Dilemma (f. d.), bei dem aber die Disjunttion
des Oberſatzes nicht zwei-, ſondern mebrgliederig ilt.
Polymaſtie (gIrch.), dad Vorhandenjein übers
zäbliger Bruftbrüfen,
Polymathie — Polypen (zoologiſch)
olymer, f. unter Iſomer. e
olymerismus (arch.), Mibbildung, in
mebrung ber ——— Zahl der
beſtehend.
Bolymiter (grch. «Vielmeſſer⸗), bei Jean Paul
ſcherzhafte Are und für die auch «Stredverjer
von ıym genannten Gedankenſpäne, welche in einer
Art rhythmiſcher Proſa und, meift in überſchweng⸗
liher Form, poetifhen Gmpfindungen Ausbrud
geben; Bolymetrie, Vielheit des Maßes, na-
mentlid des Silbenmaßes. i
Polymẽter, ein Initrument, welches zugleich
als Graphometer (halbkreisförmiges Ajtrolabium),
Kompaß und Waflerwage dienen joll.
Beiymorp ſ. Bolybymnia,
er⸗
BE (ard).), vielumfafjende Gelehrſ -
ei
Örperteile
olymorphiomus (arch.) nennt man eine auf
Arbeitäteilung beruhende Umtgeftaltung, welche ein:
elne Mitglieder von Tierftöden häufig erfahren.
In gewiſſem Sinne fann man bei den Ameijen und
Bienen ihon von einem P. ſprechen, ba * neben
den Geſchlechtstieren auch noch anders geſtaltete ge⸗
eo oje Arbeiter vorfommen. Am weiteſten geht
re P. bei Bolypen, namentlich bei den Schwimm:
polypen. (5. unter Afalephen.) Bol. Leudart,
aliber den P. der Individuen oder die Erſcheinung
der Arbeitsteilung in der Natur» (Gießen 1851).
Polymythie (arch.), eine Hülle von Mythen
oder Fabeln, namentlich bie Häufung von Begeben:
beiten in einem Drama,
Polyneſien ift die Bezeihnung für bie in ber
Süudſee, nordöjtlih von Neufeeland, zwiichen den
Mendelreijen gelegenen Inſeln und Inſelgruppen.
(S. Aujtralien und Dceanien. ,
Bolynefier, der öſtl. Zweig der Malaiifchen
Raſſe (j. d.), bewohnen die Inſeln des Stillen
Dreans von den Samoas oder Scifferinfeln im
Weiten bis zur Dfterinfel im Diten, von den Sand:
wichinjeln im Norden bis Neufeeland im Süden.
Die P. find von den Melanefiern (f. d.) und Mikro:
neſiern einerfeitö und den Malaien andererfeits,
mit welchen beiden fie ſprachlich zuſammenhängen,
leiblich ſcharf erg Dem Vialaien gegenüber
ericheint der P. als von größerer, beinahe athleti:
ſcher Geitalt, dunklerer Hautfarbe, mehr voriprin:
gender, oft adlerichnabelartig gebogener Naje und
weichern, zum Kräuſeln hinneigenden Haaren; vom
Melaneſier und Mikronefier, welche leiblibh an bie
Papuas (f. d.) ſich anſchließen, ſcheidet ihn die ſtets
ins Bräunliche, niemals ins Schwarze ſpielende
Hautfarbe und das immer ſchlicht bleibende, nie
* einer abſtehenden Perüde (wie dies bei
den Melanejiern der Fall it) heranwachſende Haupt⸗
haar. Die P. find auf die Juſeln, welche fie gegen:
wärtig bewohnen, von Weiten ber eingewandert
und haben ihre Nubtiere (das Schwein, den Hund
und das Huhn) aus der alten Heimat mitgebradt.
Dan kann teild® aus den Traditionen und Ge:
ſchlechtsreihen, deren Andenten auf den einzelnen
Inſeln jich erhalten hat, teil aus den Namen ber
Injeln und der geographiſchen Kenntnifie der Be:
wohner der einzelnen Inſelgruppen jo ziemlich ge:
nau den Gang der polynej. Wanderungen 4
weiien, befien eh auch durd die Sprach⸗
forfhung glänzend beitätigt wird. Danach haben
die polynej. Wanderungen von den Samoa⸗Inſeln
ibren Ausgangspunlt genommen. Weiter lehrt die
Unterfuhung der Mythen über das Paradies der
B., daß wahrfheinlid die Sunda-Inſel Buro es
149
war, von der aus fie ihre Außmwanderungszüge
u. dem unbelannten Diten begannen. Daß die
B. bei diefen Zügen das Gebiet der Papuas ——*
ten und auch papuan. Blut in fi aufnahmen, be⸗
weilt ihr leibliher Typus, der dem malaiifchen
gegenüber fih nur aus einer Miſchung mit den kräf:
tigen Bapuas erklären läßt. fiber die Sprade der
P. Malaio-Polyneſiſche Spraden.
— (ori. Bolyneites), Sohn des Edi:
pus und der Kolafte, Bruder bes Eteokles (f. d.).
Polynom (ard.) oder vielteilige Größe
heißt in der Mathematik eine Größe, die aus mehr
als zwei durch die Zeihen + oder — verbundenen
Gliedern beitebt, 3. Y.a+b—c+ d, und Boly:
nomiſcher Lehrfaß diejenige Formel, welche die
Entwidelung einer Potenz einer vielteiligen Größe
daritellt. Die verſchiedenen Ausdrudämeifen ders
felben rühren von Leibniz, Moivre und Euler ber,
Am Ende des 18. Yahrb. hat fih Hindenburg viel
mit dem Polynomijchen Lehrſaß beichäftigt.
sep (grch.), Vielnamigteit.
olyopie oder Bolyspiis (gr&.), Geſichts⸗
fehler, wobei ein Gegenftand vielfach erfcheint,
Doppeltjehen. j
Polypanarthritis (grch.), allgemeine Gelenk:
entzündung, Gelentrheumatismus,
olypar, f. unter Korfpolypen. ,
olypen (vom griech, rossrou;, d, i. Vielfuß)
bat man jehr verſchiedene Weſen genannt. Ur:
Iprünglid) wurde der Name für die Gephalopoden
oder Kopffüßler verwendet, meerbewohnende Weich:
tiere, deren Körper eine Art Sad bildet, weldyer
die Cingeweide enthält, während an dem vor dem
Eade befindlien Kopfe feitlih bie Augen und
vorn in der Mitte der mit einem Hornſchnabel be;
waffnete Mund angebracht find. Im Streife um
den Mund ftehen acht bis zehn lange Arme, welche
äußerjt fontraftil und beweglich und meiſt mit
Saugnäpfen und zuweilen nod mit Hafen zum
Anklammern bewaffnet find. Zu diefen Cephalo—
poden, bie in allen Deeren häufig vorlommen und
von denen einige Arten Mannslänge erreihen, ja
zu riefiger Größe anwachſen, gehörten in ben vor:
weltlichen Schöpfungen die Ammonshörner, Be:
lemniten, in den heutigen Meeren die Argonauta
(Argonauta argo, f. Tafel: Mollusten, Fig.2),
der Nautilus (Nautilus pompilius, Fig. 17), die
Sepia (Sepia officinalis, fig. 3) und der eigentliche
Secpolyp oder Bulpe (Octopus) mit at Armen
von faſt gleicher Zänge, boppelreihigen Saugnäpfen,
jadförmigen, weichem Körper, ber ſich von Fiſchen
nährt und zuweilen den Badenden durch Anſaugen
—A wird. Sein Fleiſch wird, meiſt geröſtet,
gegeſſen. Außerdem nennt man ÿ„. die Tieve der
Korallen (f. d.), fowie fernerdieÖydrarpolypen,
als deren Typus der Süßwafferpolyp (Hydra)
dient, dejjen Arten fi in allen jühen Gewäſſern,
vorzugsweiſe gern an ben Wurzeln der Waſſerlinſen
nden. Diefe Tiere ftellen gewiſſermaßen einen
agenſchlauch vor, an deſſen vorderm Mundende
mehrere Arme in wechfelnder Zahl im Kreiſe fteben,
die ganz eingezogen werben können und mit eigen:
tümlihen Neflelorganen bewaffnet find. Durd
legtere werden Heine Waflertiere, Flohkrebſe u. ſ. w.
gefangen und getötet, die dann in_bem Magen:
Ichlauche zur Verdauung gelangen. Die Neprodut;
tionäfraft diejer winzigen Tiere, welche zufammen:
gezogen wie ein kaum birjelorngrokes Schleim:
tröpfchen ausfehen, ijt ganz außerordentlich; jedes
150
abgeſchnittene Stac wachſt unter günftigen Verhält:
nijlen zu einem ganzen Tiere aus. Eie pflanzen ſich
durch Sproffen und Eier fort. Im Meere gibt es
eine große Anzahl ähnlicher Organismen, welde zu
den Quallen in eigentümlicher Beziehung ſtehen.
Als Polypen —— man auch die Moos⸗
tiere (Bryozoa), ſolange man ihre höhere Organi—
fation nicht kannte, welche fie gänzlih von den
Korallen: und Hydrarpolgpen trennt,
Polypen nennt man in der Medizin geſchwulſt⸗
förmige ———— n der Schleimhäute, die bald
zur flache Hügel daritellen, bald ftärfer ——
ragen oder ſelbſt von birnförmiger Geſtalt und
dann gejtielt find, Gingeteilt — fie hauptſäch⸗
lich ihrer Strultur nach in weiche oder Schleim:
Ki le und in feite oder Fleiſchpolypen.
m allgemeinen find jolde P. jo autartig wie bie
Marzen auf der äußern Haut und unterjcheiden
fih hierburd von ben frebiartigen Wucherungen,
erlangen auch meift nur durch die Stelle, an wel:
cher fie fihen, Bedeutung. Biele P. find volljtändig
—— während andere vorübergehende oder
auernde Verengerung, ſelbſt Berftophu ung des be:
treflenden Schleimbautfanals, fowie hroniihe Ka⸗
tarrbe, Verdidungen und Blutungen herbeiführen.
Die in der Nafe befindlichen erihweren das Atmen
durd) die Naje und entitellen die Sprache. Die P.
in der Nähe des Kehllopfs oder in bemfelben
machen die Stimme klanglos und Llönnen den
Durchtritt der Luft jelbit völlig verhindern (Cr:
jtidungegefahr). Der Sit derjelben in der Gebär:
mutter bedingt Unfruchtbarkeit und oft erichöpfende
Blutungen, Der Bolyp muß, wenn er Störungen
und Beſchwerden hervorruft, durch eine Operation
entfernt werden, die je nad) dem Sih, der Geftalt
und der Art desfelben verſchieden iſt (z. B. Ab:
—— Abbinden, Abdrehen, Brennen, Uhtzen).
Mitunter muß die Operation wiederholt "werden,
da manche B. nach ihrer Ausrottung wiederlehren.
Polypetälae (Wolypetälen) oder Kleu-
theropetälae,auhChoripetälae nennt man
im Gegenfab zu den Gamopetälae (f. d.) diejenige
Abteilung der en welche polypetale
Bluten befist. Yu den P. gehören mehrere große
Yjlanzenfamilien,, wie die Leguminofen, Nojaceen,
Myrtaceen, ajıfloren, Sarifrageen, Umbelli:
feren, Nanunculaceen, Geraniaceen, Gruciferen,
Guphorbiaceen Chenopodiaceen, Urticaceen, die
Ordnung der Amentaceen u. v. a.
olypetälus nennt man in ber Botanik eine
Blitte (los polypetalus), deren Perianthium aus
mehrern getrennten Blättern beitebt.
Bolyphagie (arch.), kranlhafte Gefräßigfeit.
Polypen (mediziniſch) — Polyporus
—— 6 unter Monophuletifä-
olypodiaceen (Polypodiacäae), die größte
Familie der Farne oder Filicineen. Man tennt
über 2000 Arten, die über die ganze Erde verbreitet
vorlommen, der Mebrehl * — den rei
gegenden angehören. Es find faſt fänıtlich fraut:
artige en mit friechendem oder aufiteigendem
—— d, baumartige Farne finden ſich im dieſer
Familie nur wenige. Die Wedel find ſehr verſchie—
den geitaltet, —— iſt *8* — der Sori eine
äußerſt mannigfaltige. — beſihen
einen vertilalen —— en Ring und ſpringen
u um Dureiß auf. ol. Tafel:
u ödium L., Name einer ber Try
ften Gattungen von Sarnträutern, welche fi durch
nadte (jchleierlofe He chthaufchen auszeich⸗
5 —* ro ehrhe heit ihrer rten wächlt inners
endefreife und unter biefen gibt e3 viele
—* Größe und Schönheit ausgezeichnete (43. B.
P. aureum L. in ‚” indien, mit folofjalen fieder⸗
joeitigen Wedeln). Unter den wenigen in Deutich:
and heimishen Arten, welde im allgemeinen
Züpfelfarn genannt werden, verdient das —
meine P. oder das En uns (P. vulgare)
ehoben werden. Dieſes in Feld: und
re eltener an Baumjtämmen wachfende Sarns
— hal einen kriechenden, dicht mit roftbraunen
en (Spreublättern) bebedten, ——
Ar elitod und etwa 30 cm lange, geitielte Wedel
mit mi Peer Blattfläche, an deren —* kr
die großen runden, * m Iben Frudjt
reihenweife ftehen. Der on tlhat füß —* «rm
Wurzelitod wurde frü ix Polypodii oder
Filiculae duleis in gen a hunde als auflöfendes
Mittel bei Huften und Heiferfeit angewendet.
ulnporcen (Polyporäi), Unterabielung ber
Pig familie der ger ceten (f. d. 8).
herpil; 3), Sligattung
aus te milie der en
gegen 300 Arten, von denen ungefähr bie hen in
Deutfhland vorlommen. Die Fr ber
bier ——— Pilze find fe —
arne,
der Regel ** e einen —
— Baden it, jene —— * der
eitlich ange en i tener i ut in
Mitte geſtielt. Die Spmenialfcicht beiteht aus
regelmäbigen Nöh bie auf der ——
Hutes ſihen. Et — dieſer Pilze wachſen
an Bäumen und — und —— daſe bit
gewöhnlich mehrere Jahre lang, wobei jedes Jahr
eine neue Schicht von Röhrchen über der alten ent:
widelt .. Nur — rmen wachſen auf der
Bolyphem (ach. Polyphemos), der Sohn des | Erbe.
Poſeidon und der Nymphe Thooja, ein einäugiger
rk war der berühmtefte unter den Cytlopen
In feine Höhle fam Odyſſeus, ald er an der
Güektafle Siciliens landete, mit zwölf Gefährten,
von denen P. ſechs verzebrte. Den übrigen jtand
dasjelbe S idjal bevor. Allein Odyſſeus berauf =
P. brannte ihm dann mit einem glübenden Pfa .
fein Auge aus, verftedte fih und feine Gefährten
unter die Bäuche ber —— als ſie P. aus
der Di auf die Weide geben lieb, und entlam jo
der Gefahr. Diefe Sage liegt dem Satyrdrama
des Euripides, welches Hyllops genannt wird, zu
Grunde. Bon fpätern Dichtern wird oft die Liebe
des P. zur Galaten (j. d.) erwahm.
Bolyphöniich, ‚Rielftimmig.
rper iſt bei den — holzig
oder doch — * —R4 —— wenn
auch |. nicht genofjen 1 werßen lönnen,
Andere dag sa ein weiches und ſchmachaf⸗
te3 Kee we der holzigen oder rten,
bejonders der an Laubholzbäumen, 5. B. an Buchen
häufige P. fomentarius , werben zur Heritellung
des Aunsıes oder Feuerihwamms verwens
det, “indem man durch Klopfen und durd) ——
Kochen a Lauge — tlörper ade chmeidiger
macht und ſie dann En Ipeterlöjung bringt oder
in —— * focht, wodurch fie ſich leichter ent⸗
—— beſſer fortglimmen. In einigen en
irg — wie im Thüringerwalbe, i
— für die völs
—* rung = demtihe deutung; obwohl früher
—
Polyptoton — Polytechniſche Schulen
der Handel mit diefem Produfte einen größern
Umfang hatte, fo ift doch aud) jet noch der Ver:
traud des Feuerſchwamms ein nicht geringer.
Auch in der Chirurgie wird er noch häufig als blut:
tillendes Mittel verwendet.
Bon andern Arten find beionders hervorzuheben,
das fog. Schafeuter (P. ovinus Fr.), ein weißer
oder graumeißer Bilz von ziemlicher Größe, defien
in der Mitte oder ercentrijch geitielter Hut eine
Breite bis zu 20 cm erreicht; er kommt gewöhnlich)
in Gruppen in Nadelholzwäldern vor und hat ein
zartes und wohlſchmecendes Fleiſch; ferner der in
Südeuropa häufigejog. Biegenfuß (P.pescaprae
Pers.) mit ſeitlich gejtieltem, etıva 12 cm breitem
dumfelbraunen Hut, der ebenfalls in ——
wäldern wächſt und gewöhnlid) eine Verwachſung
der in Gruppen vorlommenden Fruchtkörper Ken
Er hat gleichfalls ein wohlſchmedendes Flei 9
Auch der in Deutichland nicht jeltene Semmel:
pil; (P. confluenus Fr.) und der jog. Eichhaſe
oder Hajelidwamm (P. umbellatus Fr.) find
eßbar, ber leptere hat große boldenartig verzweigte
druchtlörper von bräunlider Farbe, der eritere iſt
rõtlich gelb und lommt wie der —— in Gruppen
vor, er wächſt beſonders in Nadelholzbeſtänden,
während der Eichhaſe gewöhnlich an faulenden
Laubholzbãumen ſich findet. Eine in Italien wach⸗
ſende Art, P. tuberaster Fr., mit in der Mitte ge:
ftieltem gelblich gefärbten Hut und etwas zäbem,
aber do wohlihmedendem Fleiſch, wird vielfach
gegefien und an verjdiebenen Orten Italiens jogar
ultiviert; diefer Pilz wächlt auf der Erde und das
Mycelium desjelben kann ähnlich wie das bes
Champignons (f.d.) mit den Erdllumpen getrodnet
und weit verjdidt werden. Außer P. fomentarius
wird bejonderd noch der in Südeuropa häufige
Lärchenſchwamm (P. officinalis Fr., P. laricis
Jasp.) zur Zunberfabritation verwendet und bildet
bauptiählih im ſüdl. Rußland einen wichtigen
Handelsartifel. Cinige der holzigen Arten werben,
ihrer eigentümliden etagerenartigen Form wegen,
ojt mit Hlechtenbärten, Moos ıc. verziert, als Zim⸗
merſchmud verfauft; im Thüringerwalbe werden
jährlich viele zu diefem Zwed verwendet.
Volyptston (erh) beißt eine rhetoriiche Figur,
bie in der nachdrũdlichen Wiederholung besjelben
Subſtantivs oder Zeitwortes in verſchiedenen
: em Beh a 28 gi bringt hr N
wenn Haß dem net» iller),
oder «fein Menf muß möüfjen» Geifing).
Polyptöchan (grih.) im Altertum und
Mittelalter ein aus —* als drei mit Wachs über:
Bun und bejchriebenen Holzplatten zufammen:
€ (gcch.), die Fettſucht.
A ie wie Flas
Poly yon, ein Feldherr Aleranders d. Gr.,
von urt ein Häuptling aus ber epirotijchen
er Tymp wurde von Antipater bei
defien Tobe 319 v. € r. zum Reichsverweſer er:
nannt. Der Sohn des Antipater, Kaſſander, fühlte
ſich dadurch zurüdgejeht und begann in Verbindung
mit Antigonos einen Kampf weniger um bie Reichs:
rerweſung, als um die Herrſchaft über Macebonien
und Griechenland. * Verlauf der daraus ſich
entwidelnden Kämpfe ſchloß P. zuletzt mit Kaſſander
Basen, ermorbete 309 Aleranders d. Gr. le
sten
ahlommen
Heralles und trat in Kaſſanders
151
Dienfte über; fein Todesjahr it unbefannt, dod)
- z nod) 303 v. * >.
olyspermus, vielſamig.
Polysylläbum (grd.), «vieljilbiges», befons
der3 mehr als dreifilbiged Wort.
Volyſyndẽton (grch., «vielfach verbunden»)
nennt man die Häufung von Berbindungspartifeln,
wie in Schiller3 Worten: «Und es wallet und fiedet
und braufet und zijchte. Im Deuticen ift das P.
jelten und wird meiftend nur zum Ywed der Her:
vorbebung gebraudjt. In andern Spraden, 3. B.
im Lateiniſchen und Griechiſchen, werben bie Verbin:
dung&wörter auch ohne irgend einen Nachbrud öfter
wiederholt. Der Gegenfat ift Aſyndeton (j. d.).
Bug an nennt man —— Spra⸗
chen, welche den Unterſchied zwiſchen Wort und
Sap aufheben und Beſtimmungen, welche dem lehz⸗
tern angehören, in das erjtere aufnehmen. Dabin
25 3. B. die Beſtimmung des Verbums durch
as Objekt. Die polyſynthetiſchen Sprachen inkor—
porieren nicht nur ben pronominalen, ſondern auch
den nominalen Objeltsausdrud dem Verbum, wel:
ee daburd) einen volljtändigen Saß repräfentiert.
Su den polyſynthetiſchen —— gehören vor
allen die meiſten amerik., und darunter lann wieder
das Merilanifhe (Nahuatl) ald das vollendetfte
Muſter einer polyiynthetiihen Sprache gelten.
olytechnik iſt der jeht üstihe Name für den
Inbegriff aller zur Ausübung der veridiedenen
Künfte und Gewerbe erforderlihen Kenntniſſe und
Gejhidlichkeiten, meilt mit dem Nebenbegriff_der
—— auf ihre mathem. und naturwiſſen⸗
tliche Baſis.
olytechniſche Schulen bisweilen auch Po:
Igtehnilum genannt) find Unterrichtsanſtalten,
welche bei vollftänbiger Organijation den Bebürf:
niffen des techniſchen Unterriht3 in demſelben
Maße zu —— haben, wie die Univerſitäten den
ſog. — tubien, ſodaß man fie in neuerer Zeit
häufig auch als Techniſche Hochſchulen be
eichnet. ie deutſchen Polytechniſchen Schulen
Find durchweg Staatsanftalten, vom Staate ge
leitet und dotiert und ala Spitze bes techniſchen
Unterrichts dem Organismus ber ftaatlihen Bil:
dungsanitalten einverleibt. Bon den Univerfitäten
unterjcheiden fie ſich durch Mangel an torporativer
Selbftändigteit (Leitung und eng di innern
Angelegenheiten dur —— llegialiſche
Behörden, Beſiß und Verwa J eigenen Bermös
gens, Verleihung alademiſcher Ehren, Vertretung
in ben ftaa 7— Repraãſentativlorpern u. ſ. w.)
und durch die Gliederung in Fakultäten. Die Po:
lytechniſchen Schulen find Shöpfingen ber Neuzeit.
m J. 1794 warb zu Paris die Ecole centrale
estravauxpublics erridtet, die ſchon 1795
in die Ecole polytechnique überging. Gie
wurde jedoch bald militärijch eingerichtet und zu:
nädjit für die Vorbildung der Artillerie und Ge:
nieoffgiere, der Straßenbau: und Bergingenieure,
ber Seeleute, der Telegraphenbeamten u. |. w.
bejtimmt. Die erften Polytechniſchen Säulen im
modernen Sinne errihtete Öfterreih in Prag
(1806) und in Wien onen Darauf folgten in
Deutfchland namentlich Berlin (die Gemwerbeala:
demie, 1820), Karlsruhe (1825), Münden (1827,
neu organifiert 1868), Dresden (1828), Han:
nover (1831), Stuttgart (1832), Braunſchweig
(1862, neu organijiert 1876), Darmftabt (1869)
und YHadıen (1870). In Berlin wurde 1879 bie
152
Baualademie und bie Gewerbealademie zu einer
techniſchen Hochjchule vereinigt. Die Schweiz bes
fipt jeit 1860 das treffliche Eidgenöffiihe Polytech—
nitum in Sri, Nubland das Baltiſche Bolyted:
nitum in Riga. Alle diefe Anftalten, zum großen
Zeil reich dotiert und mit den trefflichiten Lehrkräf⸗
ten verſehen, bereiten ſowohl für die techniſchen
—* des Staatsdienſtes wie für die höhere
Privatinduſtrie vor.
olythalamien, f. unter Wurzelfüßer.
olytheismus (arh., d. b. Vielgötterei)
beißt im Gegenfak zu dem Monotheismus (f. d.)
oder dem Glauben an Einen Gott, die Berehrung
einer Mehrheit von Göttern. Solange das reli-
giöfe Bewußtjein noch nicht über die Stufe der Na-
turreligion binausgefchritten ift, ift ber P. die ges
wöhnliche Neligionsform; und aud wenn ein
Stamm, eine Stadt oder ein Voll nur eine einzige
Schubgottheit verehrt, fo fteht dieſelbe doch als ein
oöttliches Einzelweſen den Schubgöttern der Nad:
barn gegenüber, Die Götter des polytheiſtiſchen
Boltsglaubens find zunächſt Perjonifilationen von
— — Mächten und Erſcheinungen des
daturlebens; mit der ſteigenden Kulturentwidelung
erfüllen ſich dann bie mytholog. Göttergeſtalten
mit geiſtigem und ſittlichem Gehalt, ein Prozeß,
der freilich als feine —— Konſequenz die
—— innere Auflöfung der polytheiſtiſchen
eligionen mit fi) führt, Cine eigentümliche Form
de3 $. iſt der Dualismus (ſ. d.), welcher ebenfalls
zuerſt von der Naturreligion ausgeht.
Polytrichum L., Name einer Gattung aus
der Gruppe der Laubmoofe, melde fih befonders
dadurch auszeichnet, daß die Müpe der bald runden,
bald vierfantigen Büchſe zottig —* iſt und ſich
innerhalb des aus 32 oder 64 Zähnen beſtehenden
Es Zen eine trommelfellartige Haut befindet.
ie Arten dieſer Gattung find perennierend, haben
einfache oder wenig verzweigte, mit dichtgedrängten,
lineallangettlichen. Blättern befette Stengel und
langgeftielte Sporangien. Sie find noch dadurch
merkwürdig, daß die männlichen und weiblichen
Geſchlechtsorgane auf verfchiedenen Individuen ſich
befinden und daß erſtere auf einer an der Spihe des
Stengels befindlichen zierlichen Roſette rotgefärbter
Blätter, dem ſog. Perichätium, das wirklich wie
eine Heine Blume ausſieht, ſtehen. Nach der Blüte:
zeit wächſt häufig der Stengel durch die Nojette bin:
durch. Die verbreitetite und gemeinfte Art it das
unter den Namen Goldhaar und Widerthon
belannte Moos (P. commune L.), welches überall
auf Heide: und Torfboden, in Waldbähen, an
naſſen Waldftellen, auf feuchten Wieſen wächſt, und
deſſen Stengel bisweilen eine Länge von mehrern
Fuß erreihen. Dasfelbe bildet dicke, fchwellende
olfter und trägt mit zur Torfbildung bei. Seine
Büchfe ift vierkantig, die Müse roftgelb, Cs war
rüber als heilkräftig geihägt, und galt auch ala
ittel gegen Zauber u. dal.
olytypen (ar&.), in Holz, Meſſing ober
Schriftmetall gravierte Hochdruckplatten für fiber:
ſchriften (jog. Kopfzeilen) zu Nehnungsformularen,
Handlungsbüdern u. ſ. w., für eigenartige Schrift:
— ſowie für Ornamente und Vignetten ſinnbild⸗
icher und anderer Art. Zum Zwede der Ber:
wertung duch Benubung bei typographiicher Aus:
ftattung von Werken, Formularen und andern
Drudjachen angefertigt, werden die Originale der
B. unter Herftellung von Matrizen teils durch Ab:
Polythalamien — Pomare
güfie auf ber Gieß: oder Clichiermaſchine, teils
ur Stereotypie ober Galvanoplaitit vervielfäl:
tigt. Das betreffende Verfahren heißt Bolytypie.
Polynrie (grch.), die abnorme Vermehrung der
Harnabjonderung, auch foviel wie Diabetes,
lyxen, natürlic vorlommendes Platin.
Iyzena, die Tochter des Priamos und ber
abe, wurde von Achilleus geliebt und fpäter von
tolemo3 auf dem Grabe desjelben geopfert,
en Hellenen, die zur Nüdtehr Anitalt trafen,
der Schatten des Helden erſchien und P. zum Opfer
forderte. Die nad ihr benannten Tragödien des
Sophofles und Euripides find verloren gegangen:
Pessgeitie rchi), das viele Fragen, beſonders
das Stellen verläng iher Fragen in der Art der
Skeptiler, 3. B. wie viel Sandlörner j einem Hau:
fen, wie wenig Haare zu einem Stahltopf gehören.
Bpoen, f. Bryozoen.
olzin, Stadt im preuß. Regierungsbezirk
Köslin, Kreis Belgard, am Wuggerbad, in der
Pommerſchen — ‚Sig eines Amtsgerichts,
= (1880) 4724 E., zwei Wollipinnereien mit 900
indeln, Gerbereien und Getreidehandel. Nabe:
bei liegen da3 Luifenbad mit 1688 entdedter Eiſen⸗
quelle, das Johanniter⸗ Kranlenhaus Bethanien
mit Moor:, Dampf: und Fichtennadelbädern und
das Nitteraut Schloß: P. (mit 130 E.), mit wel:
nebjt dem 1510 zur Stadt erhobenen Drte
de des 14. Jahrh. das von Manteuffeliche Ge:
ſchlecht belehnt wurde,
omaccen (Pomacdae), f. unter Rofaceen.
made (frz. pommade , in ber Reitkunſt
Schwung um den Satteltnopf beim Voltigieren.
omade oder Pommade (frj. pommade, ital.
pomata, abgeleitet vom lat. pomum, Objtfrucht)
nennt man im allgemeinen eine zu kosmetiſchen
wie zu mediz. Zweden verwendete Male, deren
Grundbeitandteil in der Regel ein Fett bildet, ge:
wöhnlich gereinigtes Schweinefett, dem man je
nad) dem Grade der Konſiſtenz, welche die B. haben
* irgendein fettes Öl (Baumöl, Mandelöl, Se:
amöl, Ricinusöl), Walrat, Paraffin, Bajelin
oder Wachs zuſetzt. Gewöhnlich ift das Fett der
Träger eines in Form von ätheriichen Ölen u. ſ. w.
—3— Parfums. Die oft beliebte Notfärbung
P. geſchieht durch den in Fetten löslichen,
9
Neo
ala
roten Farbftoff der Allannawurzel, Tas Ge:
[ame alten beſonders trodenen Haupthaars
ur mäßige Anwendung von P. iſt ratfam, da:
egen ber übermähige Gebrauch namentlih von
tark parfumierten P. weniger anzuraten. P. mit
Zuſaß vorgeblich therapeutifh wirtiamer Mittel
zur Wiederbelebung des Haarwuchſes auf kahl
gewordenen Stellen des Kopfes find nur Erzeug:
niſſe der Charlatanerie. Die mit Arzneiftoffen ge:
miſchten P. werden Salben (f. d.) genannt.
omaken oder Bomoten iſt die Bezeichnung
ber zum Islam übergetretenen Bulgaren.
Bomarance, Drt in der ital. Provinz Piſa,
Bezirk Volterra, links von der Gecina, 11 km füd:
lid von Volterra, bat (1881) 3255 (Gemeinde
7339) E., ein Schloß des Grafen Larberel und in
der Hauptlirche ein Gemälde Verkündigung) des
ger geborenen Roncalli, genannt il Bomerancio.
P. war in der Nenaijjancezeit durch feine Thon:
waren berühmt. Etwa 6 km ſüdlich von PB. liegt
Monte: Gerboli (f. d.), Mittelpuntt der Borfäure:
werte de3 Grafen Larderel.
Bomäre (Königin), ſ. Gefellihaftsinfeln.
Pombal — Pomerellen
Bombal, Stabt im portug. Diftrikt Peiria, in
adura, unmeit rechts vom Mondegozufluk
Arunca, Station der Bahn Lijjabon:Oporto, hat
(1878) 4384 E. und ein Schloß.
Bombal (Sebajtiäo oje de Carvalho e Mello,
Graf von Deyras und Marquis von), portug.
Staatämann, geb. 13. Mai 1699 in Soure bei
Goimbra, fhibiert bie Rechte in Coimbra, nahm
darauf Militärdienfte, 309 fich aber bald wieder in
feine Heimat zurüd, wo er fih wiſſenſchaftlich be:
ihäjtigte. Im J. 1739 übertrug König Johann V.
ihm den Gejandtihaftäpoften in London. Zwar
wurde er 1745 wieder abberufen, doch die Königin
Maria Anna (von Bjterreich), P.s Oönnerin, ver:
mittelte, dab man ihn als Gefandten nad Wien
ſchidte. Der Sohn und Nachfolger Johanna V.,
König Joſeph I., ernannte auf Empfehlung der Kö:
nigin:Dlutter im Sommer 1750 P. zum Miniſter
des Auswärtigen und 1756 zum Premierminifter.
Auch erhielt er die Titel eines Grafen von —
und (1770) eines Marquis von B. Sn dieſer Stel:
lung bewährte er ſich als Vertreter des aufgellärten
potismus und ftrebte durch tiefeingreifende Re:
formen das zerrüttete — wieder zu heben.
Gr beförderte Aderbau, Induſtrie und Handel,
orgte für das Unterrichtsweſen, beichränlte die
acht de3 Inquiſitionstribunals, * die Miß⸗
brãuche in Verwaltung und Rechtspflege ab u. ſ. w.
Als das furchtbare Erdbeben vom 1. Nov. 1755
Lifjabon verwüjtete, brachte er es durch feine Energie
dahin, daß die Stabt aus een Ruinen bald wie:
der —— erſtand. Der hohe Adel, dem er die
Privilegien raubte und die Krongüter entriß, und
die Seite, deren Einfluß auf Kirche, Hof und
Schule er zerjtörte, intriguierten lebhaft gegen P.;
in Baraguan mußte der von den Sefuiten aufge:
regten ölterung mit den Waften entgegenge:
treten werben. Aber bier wie in der Heimat unter:
lagen fie. Im Sept. 1757 gelang es P., die Jen
— Hofe zu entfernen, und auch Papſt
Benedilt XIV. ließ ſich ac sa eine Vifitation des
Drdens in Bortugal anzuordnen (Juni 1758).
Bald darauf geihah ein Mordverfucd gegen Kö:
nig Joſeph. Die Unterfuhung ergab, J zwei ber:
vorragende Familien des portug. Adels dies Atten:
tat angeftiftet hatten, und bereit3 13. Jan. 1759
wurde der Marquis von Tavora mit feiner Gattin
und feinen Söhnen, fowie ber Herzog von Aveiro
nebjt ihren —— vor dem Schloſſe von
Belem er am hingerichtet. Auch die Jeſuiten
wurden der Mitfchuld beichtigt und viele derfelben,
darunter ber Bater Malagrida, ins Gefängnis ge:
worfen. Am 19. jan. 1759 lieb P. das Vermögen
des Ordens mit lag belegen und troß aller Bro:
tefte des Bapftes Clemens XII. erfolgte am ah:
restage des Attentat3, 3. Sept. 1759, ein —*9—
Dekret, wodurch die Jeſuiten als Verraͤter und Ne:
bellen auf ewige Zeiten aus dem portug. Reiche
verbannt wurden. Dan vollitredte das Dekret mit
größter Strenge und beportierte fämtliche Jeſuiten
zu Schiffe nach dem Kirchenſtaat. Im Juli 1760
ward auch ber päpftf. Nuntius, weil er feind⸗
ſelig benahm, mit Dragonern über die Grenze ge:
bradt, und im Sept. 1761 erfolgte die Sineihtum
de3 Paters Malagrida, Die e war ber Bru
mit Rom. Grit nad) der Erhebung Clemens’ XIV.
fand eine MWiederausföhnung ftatt, = daß P.
irgend welche Konzeſſionen machte. Seitdem war
ðv. unumſchrãnkter Herr und konnte ungejtört feiner
153
reformatoriihen Wirkiamkeit nachgehen. Während
des kurzen Kriegs, in den Portugal, als Englands
Bundesgenofje, mit Spanien ſich verwidelt ſah
(1762—63), übertrug P. das Dberlommando dem
Reichsgrafen Wilhelm von Schaumburg:Fippe, der
das portug. Heer reorganifierte, aber ſchon 1764
nah Deutichland zurüdtehrte. Auch die Flotte
ward in guten Stand gejegt. Als aber 24, Fehr.
König Joſeph I. ftarb und defien Tochter Maria,
B.8 heftigſte Feindin, auf dem Throne folgte; mußte
B. fhon 5. März 1777 feine Entlafjung nehmen,
die meilten feiner Cinrichtungen wurden wieder auf:
gehoben, und die Großen verjuchten alles, ihn auf
da3 Wlutgerüit zu bringen. Die Königin lieh den
Prozeß der Königsmörder unterfuden, und B. ret:
tete fih nur dadurd, dab er die Driginalbeweiie
jener Verſchwörung, die nicht öffentlich befannt ge:
macht waren, vorlegte. Gr jtarb zurüdgezjogen ım
Fleden Rombal 8. Mei 1782. Vgl. «L’administra-
tion du Marquis de P.» (4 Bde., Amiterd. 1788);
Smith, «Memoirs of P.» (2 Bde., Yond. 1845);
Oppermann, «®, und die Jeſuiten⸗ (Dannon, 1815);
Garnota, «Marquis P.» (2. Aufl., Lond. 1871).
omegued, Inſel im WeW. von Marjeille,
nabe der Inſel Natonneau, { Ouarantänejtation,
omerannd, |. Bugenbagen. —
omerauzen heißen bie Früchte derjenigen
Barietät des Drangenbaums (1. d.), welche man
als die urfprüngliche Form dieſes Baums betraditet.
Sie unterſcheiden ri von den Anfeljinen (f. d.),
denen fie ſehr ähnlich ſehen, faſt nur durch ihr
überaus bitter ſchmedendes Fleiſch, weshalb man
fie auch in Spanien bittere Drangen, im Gegenſat
u den Apfeliinen, den jühen, nennt. — — der
— und Blüten erütiert fein Unterſchied zwi:
Sm dem Pomeranzen: und Apfelfinenbaum. Die
lüten werden glei denjenigen ber übrigen Dranı
geriegewächle ala Niechmittel und zur Bereitung
des Bomerausupiätendle (Oleum Neroli)
unddesDrangenblütenwafferd(Eaudefleurs
d’oranger) benupt; aus den Fruchtſchalen, welche
als Cortices Aurantiorum auch in der Heillunde
vielfältige Verwendung finden, bereitet man das
neben andern ätherijchen Ölen der Aurantiaceen in
roben Mengen zur Fabrikation der Eau de Co-
er verwendete Pomeranzenshalenöl
Oleum Aurantii corticum), fowie föltlide, das
erbauungsfgftem wohlthätig anregende Liqueure,
unter denen ber auf Curasao aus den Schalen der
dort gebauten, beſonders aromatijchen P. (Cortices
Aurantiorum curassaviensium) weltberühmt iſt.
Die P. find in der Negel Heiner als die Apfelſinen.
Es gibt deren indeflen eine große Anzahl von Spiel:
arten. In Deutſchland wird der Pomeranzenbaum
von allen Orangeriegewädien am häufigſten kulti-
viert (namentlid auch als Topfpflange), weil er am
wenigiten empfindlich ift unb auch bei geringer oder
vernadhläffigter Pflege noch leidlich gedeiht.
omeranzenbaum, |. unter Drangenbaum,
omeranzenblütendil und Pomeranzen:
ſchalenöl, ſ. unter Bomeranzen.
Pomerellen (Pomerania parva) bieß früher
der Landſtrich des jetzigen Weſtpreußen, der zwiſchen
dem linken Ufer der Weichſel, Pommern, dem Groß:
herzogtum Poſen und der Oſtſee liegt, mit den
Städten Schweh, Koniß, Stargard und Dirſchau.
Das Land hatte früher eigene Fürſten, fiel aber
ſchon 1290 an Polen, das wegen desjelben vicle
Kämpfe mit den Pommern, den Markgrafen von
154
Brandenburg und dem Deutſchen Orden > führen
hatte, m J. 1810 eroberten e& die Deutichen
Ritter, die es aber 1466 im Thorner Frieden wie:
der an Polen abtreten mußten, bei dem es bis zur
eriten Teilung Polens 1772 verblieb. Vgl, Perl:
bad, «Pomerellifches Urfundenbucdy» (Danzig 1882).
Pomerium (unrihtig oft Bomörium geſchrie—
ben) hieß in Rom der ee. menſchlichen Benugung
entzogene_gebeiligte Naum, der diesſeit und jen-
ſeit der Stadtmauer binlief und durd Martiteine
(eippi) begrenzt war. Die fog. ftädtiichen Aufpizien
—— urbana) mußten innerhalb des P. ange:
tellt werden, das zugleid die Grenze des jtädtis
ichen Friedens im engern Sinne war, daher zu den
Genturiatcomitien die Bürger fi außerhalb bes:
jelben verjammelten, ;
Pomeroy, Stadt und Hauptort von Meigs
County im nordamerif, Staate Ohio, liegt am
Obiofluffe, ungefähr in der Mitte zwifchen incins
nati und Pittsburgh, an der Atlantic: und Late
Gries und der Sn field, adion: und Romeroy:
Gifenbahn, 130 —68 von Columbus, hat
(1880) 5560 E., bedeutende year und Salzberg:
werte, eine Hochſchule, zwei Nationalbanten, ein
tath. Waifenhaus, eine Wollfabrik, Eifengiehe:
reien, Wa werte, Dahlmühlen, laichinen:, Bront;,
Magen:, Möbel: und andere Fabriken.
omefine, foviel wie Apfelſine.
Bomeitje (rufj.), in Rußland in älterer Zeit ein
Dienftaut, weldyes Staatseigentum war undandem
der Beliger nur ein Nußnießungsrecht für Leiſtung
im Kriegädienit hatte. Später wurden die Rechte
bes legtern immer mehr er (auf Beräube:
rung, Bererbung), und Beter d. Or. ftellte 1714 Die
Vienftgäter den Erbgütern (otezina) glei). Gegen:
wärtig bedeutet P. ein adeliges Gut, Bomeszczit
einen adeligen Gutäbefiker. !
eig a v’Arco, Ortſchaft in der ital.
Provinz Neapel, Bezirt Caſoria, nördlid vom
Veſuv, 11 km nordöſtlich von Neapel, hat (1881)
8252 lals Gemeinde 9439) E., eine Edelitein:
jchleiferei und Bogen einer antiten Wafjerleitung.
ommade, ſ. Bomade.
ommer, Holzblaginitrument ſ. Bombard.
ommer, ſoviel wie Spitzhund.
5 ommer (Dr.), Bommeranus, f. Bugen—
agen.
ommern, ein ehemaliges Herzogtum, gegen:
wärtig, nad) —— ——— Teile der Neu—
mark und einiger Orte Weſtpreußens, eine ber
nördl, Provinzen des preuf. Staats, grenzt im W.
an gg im ©. an Medlenburg und Bran:
denburg, im SD. und O. an Weftpreußen und im N.
an die Oſtſee, umfaßt 30109,13 qkm, ausſchließlich
jedoch de3 Großen und Kleinen Haffs (f. d.) und ber
Miele und Bodden (f. d.)von zufanımen 1538,00 qkm
Fläche, und zählte (1880) 1540034 E., mit Aus:
nahme einiger taujend Polen und Kaffuben in den
an Weftpreußen —5 Kreiſen Lauenburg und
Bütom ausſchließlich Deutſche; 1498864 gehörten
dem evang. und verwandten prot. Bekenntniſſen,
23877 ber röm,:tath. Kirche und 13886 der jüd.
Religion an. P. bildet feiner phyſiſchen Beſchaffen⸗
heit nach einen Teildesvon Welten nah Dften Fe
den uralifch:balt. Pandrüdens, ſowie des norddeut:
hen Tieflandes. Es beiteht öſtlich der Oder (dieſer
eil wird Hinterpommern genannt) aus mäßig
ausgedehnten Küftenebenen mit einzelnen Hügeln
und Höhen, im Innern aber aus mehrern terrafjen:
Pomerium — Pommern
förmig nad) der Oſtſee zu abfallenden Plateaus von
teilweiſe ausgeſprochenem Berglandcharatter, die,
vielfach jich verzweigend und zerrifiendurd zahlreiche,
der Weichtel, Netze, Ober und Ditjee zueilende Fluſſe
von meist furzem und raſchem Lauf, nicht allein be:
merkenswerte Höhen und mehrere Hundert größere
Landſeen (Pommerſche —ã— en tragen,
fondern auch reich an landichaftlihen Schönbeiten
find % ommerjhe Schweiz öftlid) von Scivel:
bein bei Bolzin, Rummeläburger Bergland nördlich
von Nummelsburg bei Pollnow). Auch weſtlich
der Dder (Worpommern und Neu:Borpom:
mern genannt), wo das Flachland größere Flächen
einnimmt, erheben fih einzelne Hügelreihen, und
auf der Infel Nügen (f. d.) bilden die malerischen
Kreidefelſen ( Stubbenfammer,, Herthaburg) mit
ihren ſchroffen Steillüjten berühmte Anzicehungs-
punkte, Die vorpommeriche Küjte ift überaus zer⸗
riſſen, die hinterpommerjche dünenreich und wenig
gegliedert, jedoch mit einzelnen Strandieen, glei:
ſam kleineren Haffen, durchfeht. Die bedenten
Höhen liegen im öjtlihen B.; bemerkenswert find
der Revelol (115 m) am See und ber
Gollenberg (145 m) bei Köslin, beide unfern der
Hüfte, ſodann weiter landeinwärts der tfolierte
Muttrinberg (159 m), ber Dombrowaberg (212 m)
bei Zauenburg, dann der Heiligenberg (240 m) bei
Pollnow, nicht fern davon der Steinberg (276 m),
ber Spikberg (220 m) bei Tempelburg, der Naben:
rdeichen
berg (246 m) an der Grenze deö weſtpreuß. Kreiſes
Deutich:strone u. a.m. Bon den Strandfeen find
der Lebafee (82,13 qkm), der Gardeſche (26 14 qkm),
der Vießler (13,10 qkm), ber Budomiche ber .
Jamundſche und der Kamp⸗See, von den Pand:
jeen der Vilmſee, der Drabiafee, der Pielbur:
er, der Groß:Lübbe: und der Maditefee (40 am),
—— der nach Mecklenburg hinüberrei m⸗
merowſee die —— Abgeſ von der
Oder mit ihren Mundungsarmen — Swine
und Dievenow hat P. nur wenig bebeutende Fluſſe,
von denen die Perſante auf 2, die Ihna auf 60
die liter auf 35, der Trebel und die Nednig a
28, die Tollenſe auf 45 km fchiffbar find; ebenfo
wenig find nennenswerte Kanäle vorhanden. Das
Klima ift im öftl, Teile rauher als im
und im weitl. Teile; da3 Yabrestent ittel
beläuft fich in Köslin auf 7,2° C., und das Monate:
mittel liegt hier drei Monate mit 0,7 biß 1,9° C. unter
Null; dagegen hat Stettin ein Sahresmittel von
ent m * ee = —— unter
ull (—1,1); die jäbrliden Ni e errei
im vieljährigen Mittel in Stettin 499, In Bullen
511, in Lauenburg 584, in Negenwalbe 623 unb in
Köslin 635 mm, (Bol. Karte: Medlenburg
—— ide a ab *
e Bewohner beichäftigen ſich überwiegend mit
Sandwoirtfänft und Vieh uch: findujtrie wird
nur in einzelnen Orten betrieben; der Handel, na-
mentlid) der Seehandel, ift Dagegen bodpentwidelt.
Nah der Berufszählung von 1882 waren unter
den 616 008 Erwerbsthätigen, neben denen 901 704
4108 Brot. in der Zobennupung und Zierpeht”
‚5 Proz. in der Bodennuhung
21,57 in nduftrie und Gewerbe, 7,67 im Handel
und Verkehr, 11,65 in perfönlichen Dienftl E
5,5: im Heer: und Berwaltungsdienit, fowie in freien
Verufen thätig. Die gewerbliche Vroduftion iſt
namentlich in Stettin und Umg durch einige
großartige Schiffswerften und Mafhinenbauans
Pommern
ftalten, ferner durch chem. —— Ziegeleien,
Zuders, Tabal:, Papier-, Leinwand: und Tuch—
fabriten , durch Glashütte, Sägemühlen, fowie
durch Fiſcherei vertreten; auch dad Gewerbe der
Badehaltung ift fehr bedeutend, unterftügt durch
die große Anzahl von See: und Solbädern, von
denen Kolberg, Bolzin, Greifswald, Rügenmalbe,
Stolpmünde, Binz, Crampas, Puttbus, Lohme,
Saßnitz, Misdroy, Heringsdorf und Emwinemünde
die befannteften find. Der Handel und Verkehr ftüßt
ſich auf ein, allerdings nur mäßig dichtes, aber doch
Anfang 1885 fchon 1342, km — Eiſen⸗
bahnnehß (44,6 m auf dem Auapratti ometer), auf die
bereit3 erwähnten Waflerftraßen, vor allem aber
auf zahlreihe Hafenpläge und eine reiche Neeberei,
welche 1884 über 736 Seedampfer mit 135649 Re:
giſtertons und 81 Segelihiife mit 23444 Regiiter:
tons verfügte; daneben beſaß P. 1273 Stift mit
76941 t — für den Fluß: und Küſten—
verlehr. — en und Hauptſißz des Handels
ift Stettin, ein Welthandelsplatz, in welchem 1883
3251 Schiffe mit 859052 Regiftertons (davon 206
Schiffe mit —— — J ern t ei
eingingen; utend für Handel un i
auh Swinemande; ileinere Häfen find ri
tolpmünde, Rügenwalde, Kolberg, Kammin,
Pievenow, Bollin, Lebbin, Stepenig, Altdanım,
Ulermünde, Ziegenort, Altwarp, Anllam, Wolgaft,
Greifswalder Dye, Bot, Stralfund, Barth und
Dammgarten. Landwirtſchaft wird in ausge⸗
dehntem Umfange betrieben. Der ne H
fiberwiegt den mittlern und bäuerlichen Befik; fa
61 %roz. ber gefamten Wirtſchaftsflache unterliegen
dem Großbetriebe. Die landwirtſchaftlich Frucht:
barften Gegenden find der Regierungsbezirk Stral:
Tate gelegenen Kurtie Bneiß, Geefenkogen unb
egenen e Pyriß, enhagen un
Randow mit Stettin, endlid ein großer Teiı
Küftennieberung im Negierungsbejirt Köslin. Von
der Selamtfläne (ohne Hafle) waren 1883 55,3
Vroʒz. Ader: und Gartenland, 10,2 Wiefen, 9,3 Wei:
den, Hutungen, Od⸗ und Inland, 19,7 und
Holzland und 5,5 Proz. waren weber land» nod)
forftwi Kid benußt: Noggen und Hafer, bem:
n e und Rartorfeln find die Haupt:
u von Weizen, Gerfte und
un
i d Flachs
— Beiden m ran
br für mehrere a. 33
Die Biehzuöt if bedeutend: die
von den Groß:
502829 Rinder, 2550502
68226 Biegen und 120743 töde ermittelt;
berühmt find die pommerſchen Spidgänfe und die
ne. inhtrativer Besichung ift P. in bie drei
n abm iver € 2 ebr
irle Stettin, ER und Stralfund
mit 13, beziehungsweiſe 12 und 5 landrätliden
Kreifen eingeteilt und zählt 73 Städte, 2131 Land:
gemeinden und 2486 Gutäbezirfe. Für die Reichs⸗
tagswahlen beitehen 14 Wahlkreife. das Ab:
tonetenhaus pebet die Provinz 26 Abgeordnete;
e
er
3 mit erblicher Beredhtigung und 23 auf PBräfenta-
* der jedesma = Thron:
il der | R
, | Kreisitati
155
folger von Preußen ift Statthalter der Provinz.
Siß des Oberpräfidenten und der durch die Pro:
vinzialordnung (f. d.) geregelten Provinzialverwal⸗
tung ift Stettin. Die lirchlichen Angelegenheiten
der evang. Landeslirche verwaltet das Konſiſtorium
zu Stettin, Die kath. Kirche ſteht unter dem Dele:
gaturbezirt Berlin de3 eremten Bistums Breslau,
mit Ausnahme der Probjtei Tempelburg, welde
zum Erzbistum Poſen, und des Delanats Paueit:
burg, welches zu dem anefenihen Suffraganbis:
tum Kulm gehört. Die Auseinanderfeßungs: und
Gemeinheitsteilungsſachen werden von ber General:
fommiffton zu Frankfurt a. D., die Angelegenheiten
der höhern Schulen vom Provinzialihultollegium
zu Stettin bearbeitet, Die VBergwerlsangelegens
beiten, faum nennendwerten Umfangs, reflortieren
vom Oberbergamt Halle, bie Gifenbahnen von den
Gifenbahndireltionen Berlin und Bromberg. Der
Nentenbant zu Stettin ift aud) die Provinz Schles-
wig-Holftein zugeteilt. Yür die indirelten Steuer:
und Zollſachen iſt die Provinzialftenerbireltion zu
Stettin zuftändig. Dberpoftdireltionen beftehen zu
Stettin und Köslin. Die Provinz bildet den Ober:
landesgerichtsbezirk Stettin; zu a. gehören die
Bezirke der Landgerichte Greifswald mit 11 Amt3-
gerichten und einer Kammer für Handelsſachen in
Stralfund, Stargard mit 14, Köslin mit 12, Stolp
mit 7 und Stettin mit 15 Amt3gerichten und einer
Kammer für Handelsſachen. Handelätammern be:
ftehen zu Stettin, Swinemünde und Stralfund.
Militäriſch bildet P. weſentlich den Erſatzbezirk und
Be =. die ®arnifonprovinz des 2. Armee:
orp3 (Generallommando zu Stettin, ebenda Kom⸗
mando der 3. Divifion, der 4. Divifion aber in
Bromberg). An wiſſenſchaftlichen und S ulanftal»
ten befigt P. die Univerfttät Greifswald (f. d.), 18
Gymnaſien, 5 NRealgymnafien, 3 Brogymnafien, 4
ealprogymnafien, 2Landwirtichafts:, 1 Aderbaus,
1 Garten: und Objtbau:, 1 Moltereis und 2 ländliche
——— 7 2 Eminem, für Hufbes
lag, 3 Navigationsſchulen und 7 Ravigationsvor:
ſchulen, mehrere gewerbliche hassen Sanftalten,
1 Handelslehrin titut, 1 —— ranſtalt, 6
Taubitummen: und 1 Blin anjtalt, 7 Lehrerſemi⸗
nare und 4 königl. Präparandenanftalten, 13 öffent:
liche Mitteljhulen und 2500 öffentliche Vollsſchulen.
Das Wappen P.s ift ein roter Greif in filbernem
Felde; die Provinzialfarben find Blau-Weiß.
Litteratur. Die ——— des königl.
Statiſtiſchen Bureaus in Berlin; Berghaus, «Lands
buch des Herzogtums P. und bes Fürſtentums
Nügen» (Anklam und Wriegen 1865 fg.); Graf von
Kraſſow, « Beiträge zur Hunde Neuvorpommerns
und Nügend » (Greilam. 1865); von ber Dollen,
«Streifzüge ni; B.» (Anklam 1884 fg.); zahlreiche
—* erausg. von den königl. Landräten;
reiche Nachweile der pommerfchen Speziallitteratur
enthalten Een der Geographiſchen
Geſellſchaft zu Greifswald, ,
Geihihte. In ältefter Zeit wohnten Eelt.,
dann bdeutihe Stämme (Bandalenftämme der
Rugier und Turcilinger) in 3 Zu Enbe des 5.
und im 6. Jahrh. wanderten Wenden ein, bie das
Land Bo-Mlore, d. i. cam Meere», nannten und urs
kundlih zu Karla d. Gr. In unter dem Namen
Pomoren und Bomorjanen (Pomerani)vorlommen,
Schon damals hatte das Land blühende Handels⸗
pläbe: Auf Wollin lag Julin, das fabelhafte
ineta (j. d.). Zu Anfang des 10. Jahrb. dehnte
156
ih PB. zwiſchen Weichſel, Nepe, Warthe, Ober
und Zarow aud, Später ein Hauptteil de3 alten
wendiichen ep atte P. von 1062 an
eigene Fürſten, al3 deren Ahnherr Smwantibor (geft.
1107) gilt. Schon feit dem 9. Jahrh. machte man
von verihiedenen Seiten Berfudye, die Pommern
zum Chrijtentum zu belehren; olberg war furje
Zeit von 1000 an Bistum unter Gneſen. Der
eigentliche Apoftel des Landes war der Biſchof Dtto
von Bamberg, der auf Be Miſſionsreiſen (1124
—25 und 1128) mit Weisheit und Milde das
Ghrijtentum pflanzte. Am 15. Juni 1124 vollzog
er die Taufe von 7000 Pommern am Dttobrun:
nen bei Borik, wo ihm 1824 König Friedrich Wil:
helm III. ein Dentmal ſehen ließ. Zu Julin wurde
1140 das erjte Bistum gegründet, das 1175 nad)
Kammin verlegt und bei Beginn ded 13. Jahrh.
Magdeburg unterftellt wurde, Mit der Einfüh—
rung de3 Chrijtentums, welche erjt gegen Ende des
12. Jahrh. vollendet war, begann durd Nlöfter und
niederſachſ. Anſiedler aus dem Braunſchweigiſchen,
Weſtfalen und Oſtfriesland die Germaniſierung des
Landes. Des erwähnten Swantibor Söhne —*
ten mehrere Linien und waren ganz unabhängige
Fürſten; die Enkel Swantibors (Söhne Wratiflaws)
Kaſimir und Bogiſlaw nahmen 1170 ben Herzogs:
titel an. Kaiſer Friedrich I. belehnte fie 1181 im
Lager vor Lübed als Herzöge des Deutſchen Reichs
mit der Fahne, den Markgrafen Dtto I. von Bran:
denburg aber mit ber Lehn&hoheit von P. Das
bamalige weitausgedehnte Herzogtum umfaßte das
Land zwiihen Demmin, Zchdenid, Warthe, Nebe,
Weichſel und Oſtſee. Man unterſchied das eigent:
liche B. oder Slawien (das Land zwiichen Peene
und Berjante) und Bomerellen (das jehige Welt:
preußen lint3 der Weichfel und den rechts der ‘Ber:
fante gelegenen Zeil des jegigen P.). Im J. 1295
erfolgte die Trennung des Fürſtenhauſes in die beis
den Linien Stettin und Wolgait, ie bis 1464, wo
die erjtere ausftarb, dauerte. Die Ukermark, einTeil
der Neumark und das «Land Stargard» (etwa das
jebige Medlenburg:Etreliß) wurden erworben, und
zum Grjak für das 1308 an den Deutichen Orden
abgetretene Bomerellen nebit Dan ip vereinigte
1325 Herzog Wratijlam IV. bie Anfe Nügen und
Barth mit P. Im J. 1338 wurde die brandenb.
Lehnshoheit aufgehoben, dafür aber den Branden:
burgern bie Erbfolge zugefagt. Kämpfe mit den
Na —— insbeſondere Brandenburg, und
Streitigkeiten mit ben Städten, namentlic mit
dem pur Hanfa gehörigen Straliund, füllen die
mittelalterliche Geſchichte P.s aus; innerhalb des
berzogl. Haufes fanden verſchiedene Teilungen und
Vereinigungen ftatt. Albrecht Achilles erzwang im
Vertrage von Prenzlau im 3. 1472 von neuem die
brandenb, Lehnshoheit über B. und die Abtretun
des lebten bei P. verbliebenen Neftes der Ukermart,
Die Anwartichaft zur Erbfolge wurde dem Kurfürjten
Johann Cicero im Bertrage zu Pyrik 1493 aus:
drüdlich beftätigt. Im J. 1529 erlangte P. durch
ben Vergleich zu Grimnik mit Brandenburg aber:
mals die Reichsunmittelbarkeit, Brandenburg aber
eine erneute Betätigung feines Erbfolgerechts. Im
J. 1531 wurde das Land von neuem in die Herzog:
tümer Stettin und Wolgaft gilt Barnim X. von
Stettin und Philipp I. von Wolgaft führten die Ne:
formation und die von Bugenhagen (l’omeranus)
verfaßte Kirhenorbnung in ihren Landen ein, die
1534 auf dem Landtage zu Treptow aud) von den
Pommerſches Haff — Pomona (Göttin)
Ständen angenommen wurde, Am 30. Juli 1571
erfolgte die Erbverbrüderung mit Brandenburg,
nad) welcher beim Ausiterben des Hauſes Branden:
burg die Neumark und dad Land Sternberg an P.
fallen follte. Da3 Haus Wolgaſt erloſch 1625, und
10. März 1637 ftarb mit Bogiilam XIV. das alte
Herzogsgeſchlecht im Mannsſtamm ganz aus. Nach
der beitehenden Erbverbrüderung hätte nun das
Kurhaus Brandenburg das Land in Beſiß nehmen
ſollen. Da aber während des Dreikigiährigen
Kriegs, in welchem P. wiederholt den Kampfplatz
bildete (Belagerung von Stralſund durch Wallen:
ftein vom 13, Mai bis 23, Juli 1628) und furdt:
— u erleiden hatte, die Schweden das—
jelbe in Beſitz hielten, jo mußte fih das Kurhaus
im Mejtfäliichen Frieden mit dem größten Zeile
von Hinterpommern begnügen, Vorpommern und
die Inſel —* ſowie Stettin, Damm, Garz,
Golnow und die Odermündungen aber an Schwe—
den überlafjen. Als jedoch Karl XII. im Nordi:
ſchen Kriege auch den König Friedrih Wilbelm I.
von Preußen, der Stettin nur bis zum Frieden be:
fegt 2 wollte, zum Striege reizte, mußte Schwe:
den im Frieden zu Stodholm 1720 den größten
Zeil Borpommerns ſamt den Inſeln Wollin und
Ufedom an Preußen abtreten, wofür Preußen 2
Mill. Thlr. an Schweden zahlte und 600000 Thlr.
pommerſche Schulden übernahm. Damals bebielt
Schweden bloß das Stüd zwiſchen Medlenbura,
ber Ditiee und dem Peenefluß nebjt der nich
Nügen, ein Befik, der ihm auch, nach vergeblichen
Verſuchen zur MWicdererlangung ber verlorenen
Landesteile während des Siebenjährigen Kriegs,
im Frieden a Hamburg 1762 verblieb, Nah Nas
poleons I. Sturz und dem dann erfolgenden Aus:
gleich der europ. Staaten kam Schwediſch⸗P. genen
Austaufh von Norwegen an Dänemark und von
biefen gegen das von Hannover abgetretene Herzog—
tum Lauenburg und die Summe von 2600 000
ET an Preußen, das übrigens noch 3, Mill.
Thlr. an Schweden zahlen mußte; durd den Ber:
trag vom 4. Juni 1815 iſt Schwediſch-⸗P. dauernd
mit Preußen vereinigt.
Litteratur, Slankow, « Bomerania», heraus:
gegeben von W. Böhmer (Stettin 1835); Sell,
«Geichichte des Herzogtums B.» (tie 1648, 3 Bode.,
Berl. 1819— 20); Barthold, «Geſchichte von Nügen
und PB.» (5 Bde., Hamb. 1839—45); Haſſelbach
und Slofegarten, «Codex Pomeraniae diplomati-
cus» (Greifsw. 1862); Bohlen, «Die Erwerbung
Pes durch die Hohenzollern» (Berl. 1865); od,
«Nügenih:Pommerfhe Geſchichten aus 7 Jahr—
underten» (6 Bde., Lpz. 1861— 72); Klempin und
Brümers, «Bommerjches Urkundenbudhe (Bd. 1—2,
tettin 1877—81).
Pommerſches u, f. unter Haff.
er bersan Parrdorf im bayr, Regie:
rungsbezirt Oberfranfen, Bezirtsamt Höchſtadt am
Aiſch, linls an der Reichen Ebrad), 19 km im SSW.
von Bamberg, bat (1880) 505 evang. E. Das in
prädtigem ital. Stil Anfang des 18. Jahrh. er:
baute Schloß Weißenſt ein des Grafen Schönborn
bat eins der ſchönſten Treppenhäufer Europas und
eine anfehbnlihe Gemäldefammlung.
Bomofen, ſ. Bomalen.
Pomologie, ſ. Obit und Obitbaumzudht.
Pomöna, eine in Latium einheimiſche Göttin
alles dejien, was in Gärten an Gewächſen und
Baumfrüchten gezogen und erzeugt wird, weshalb
Pomona (Inſel) — Ponpejt
man fie fi mit dem Gartenmefler in ber Hand
voritellte, hatte in Rom einen eigenen WPriefter,
Flamen Pomonalis genannt, und in der Nähe von
Nom einen alten Hain, Pomonal. hr Gemahl
war Bertumnus, der ſich anfangs umfonft unter
taufend verfchiedenen Geftalten bemüht hatte, fich
ihr zu nähern, bis er endlich, nachdem er ei au:
leht als altes Mutterchen fie zu bereden verſucht
hatte, feinen Zmwed erreichte. _
omona, der 32. Aiteroid, f. u. Planeten.
omona, Yniel, ſ. u. Orkadiſche Inſeln.
omörinm, ſ. Pomerium.
omoͤtu, |. Tuamotu.
v our (Jeanne Antoinette Poiſſon, Mars
quiſe de), Maitreſſe Ludwigs XV. von Frankreich,
eb. 29. Dez. 1721 zu Paris, war die natürliche
ochter eines franz. Unterbeamten bei der Armee:
verwaltung. zahm
in ſein Haus und ließ ſie gut erziehen. Sie zeigte
Talent für irn Fra Malerei, war ſchön, *
ewandt und gefa id. Im J. 1741 —— ſie
ich mit dem Unterfinanzpächter Lenormand d’Etio:
les und machte bald darauf die Bekanntſchaft des
Königs; 1745 erhielt fie Zutritt am Hofe, worauf
fie den Titel einer Marquife von PB. annahm. Zhr
Gemahl erhielt die Stelle eines Generalpächters
der —— dann der Poſten. Die Marquiſe ges
noß vom nfang an bei Hofe großes Anfehen, zu:
nädjit * in Rolle einer Beſchüherin von
Kunjt und Wiſſenſchaft. Schon nad) einigen Jahren
erlaltete die Neigung des Königs, die nie tief war,
und die P. ſuchte fih nun demſelben dadurch un:
entbehrlich) zu machen, daß fie ihm unabläffig durch
allerlei Spielereien die Zeit vertrieb und für neue
Gegenftände feiner Begierden forgte. Zug cent
[häbigte fie ſich durch einen maßlofen Einfluß auf
ie Regierung. Die Teilnahme ntreihs3 am
Kriege gegen Friedrich II. , dem fie die Verachtung,
mit der er fie behandelte, mit gülenben Haß ver:
galt, mar —— ihr Werk; die Kaiſerin
aria Thereſia wußte fie durch ein eigenhändiges
Handichreiben zu gewinnen. Sie entfernte den Kar:
dinal Bernis, nachdem fie felbft ihn erhoben, weil
er für die Neutralität eintrat, aus dem Minijte:
rium des Auswärtigen und brachte Choiſeul an
deſſen Stelle. Im Kriege erſtredte ſich ihr Einfluß
ſogar auf die — der Generale. So ließ
den Marſchall d’Ejtrees trotz feiner Siege ab:
und gab ihm eine Reihe unfähiner Nachfolger.
Die Marquife ftarb 15. April 1764. Ihre Be:
ziehungen zu dem Neffen Rameaus, weldye Brad):
vogel in feinem Traueripiel «Narcib» ſchildert, find
unbiftorijh. Die «M&moires» und die «Lettres»,
bie (Zond. 1758) unter ihrem Namen erfchienen,
—— von dem jüngern Grebillon fein. Bol. Cape:
gue, «Madame de P.» (Par. 1858); Sons
court, «Les maitresses de Louis XV» (2 Bde.,
Bar. 1861); GCamparbon, «Madame Je P.» (Par,
1876); Malaſſis verbientliähte die « Correspon-
dance de Madame de P.» (Bar. 1878).
Pompadour, Bezeihnung für einen zierlichen
Etridbeutel. ;
mpeja, ber 203, Afteroid, f. u. Planeten.
ompeji — Pompei), eine unweit der Mün:
bung des Fluſſes Sarnus (jet Sarno) in den Golf
von Neapel pele ene osliſche Stadt Campaniens,
nahe dem jüd Sube des Veſuvs, war ſchon in früher
eit ala Hafenplat für die weiter landeinwärts ge:
enen Anfiedelungen von Bedeutung. Gleich ihren
in reicher Generalpädhter nahm fie | hab
157
Rachbarſtädten wurde fie Ende bes 4. Jahrh. v.Chr.
in die Kämpfe zwifchen Samniten und Römern ver:
widelt, und infolge derjelben unter der üblichen
Form eines ewigen Bündniffes der röm. Herrichaft
unterworfen. Im J. 90 v. Ehr. ſchloſſen ſich die
Pompejaner der Erhebung ber ital, Bundesge—
nofien gegen bie röm. Suprematie an; nad) Nieder:
werfung des Aufitandes ftrafte Sulla P. dadurch,
daß er feinen Veteranen einen Teil der Stadt
und der Feldmark anwies. Seitdem wurde, die
Stadt völlig romanifiert und erfreute ſich eines
bedeutenden Wohljtandes; ihrer ig sn Lane
wegen wurde fie von vornehmen Römern als
Landaufenthalt geſucht; fo hatten unter andern
Gicero und der Kaiſer Claudius Billen bafelbft.
Die Einwohnerzahl von PB. dürfte nach ben
neueften Schäßungen zwifchen 12—20000 betragen
aben. Im J. 63 n. Chr. wurde P. durch ein hef⸗
tigeö Erdbeben heimgefucht, welches zahlreiche öfs
er e und Privatgebäube beichädigte, ſodaß be:
eutende Neubauten notwendig wurden. Dieſe
waren nur zum Teil vollendet, als der furchtbare
Ausbruch des Veſuvs 24. Aug. 79 n. Chr., welder
auch Herculanum und einige Heinere Orte der Um—
gegend begrub, P. mit einem Negen von Aſche
und Bimsiteinbroden (lapilli) überſchüttete. Dieſe
Kataſtrophe dauerte anderthalb Tage und fo lonnte
die Mehrzahl der Bewohner ſich durch die Flucht ret⸗
ten, während andere, welche im Innern der Gebäude
und Keller Schuß geſucht, oder beim Netten ihrer
Habe zu lange verweilt hatten, im Aichenregen ihren
Tod fanden. Nachdem der Ausbruch zu Ende war,
fehrten zwar die alten Bewohner zurüd, um aus
dem Schutt noch das Wertvollite zu retten; die öf⸗
fentliden Gebäude mußten als Steinbrud) dienen
und find großenteils ihrer Marmor: und Quaders
belleidung beraubt gefunden. Cine dauernde Nies
derlafjung aber bildete fich, troßdem mehrfache Ber:
ſuche gemadt wurben, an der Stelle von P. nicht
wieder, mehr al3 anderthalb Yahrtaufende lag die
Stadt unter der 6 m u vulfaniichen Dede bes
graben und vergeflen. Selbit ala 1594 der Archi⸗
teft Domenio Fontana eine Waſſerleitung mitten
durch den alten Stabthügel hindur er in ers
== tieferm Niveau) anlegte und bei diejer Ges
egenheit — ——— und andere Antilen zu
zog famen, blieb P. unbeadhtet und unentdedt,
rſt 1748 veranlaßte ein zufälliger Fund ge:
nauere ag hal ei en, bie feitdem wenn aud)
nicht ohne — bis zur heutigen Beit
— worden find, Beſonders erfolgreich wa:
ren die Ausgrabungen von 1763 bis 1775, welche
unter anderm bie beiden Theater, mehrere Tempel,
die Gräberftraße nebit mehrern anliegenden Villen
zu —— Bedeutendes ſchaffte die Regie⸗
rung Murats (1808—15), welcher die Aufdedung
des Forums, der Baſilila, der Stabtmauer in 5
ganzen Umfange und anderes verdankt wird. Nach
der Nüdtehr der Bourbonen wurde die Ausgrabung
zwar fortgeicht, aber mit immer abnehmendem Gifer.
Mit dem Anschluffe Neapels an das Königreich Ita—
lien (1860) beginnt die neuefte Periode der Aus:
—— für die Wiſſenſchaft die ertragreichſte.
nter der energiſchen und umſichtigen zung 10:
rellis begann, im Gegenfak zu dem frühern Raub
bau, dem es hauptſächlich “4 ein Zufammenhäufen
fojtbarer Fundftüde antam, eine planmäßige und
jorgfältige Aufdedung des Berfchütteten, die mög:
lichite Konservierung und genaue Aufnahme des
158
Gefundenen. Aufgededt ie bis jet etwa ein Drit:
tel der Stadt, an dem ü
Pompeji
der Stabt (BI. A), fowie ein größeres unbebedtes
rigen dürfte mindeſtens und ein Heineres bededtes Theater, lehtere beide in
nod) ein halbes Jahrhundert zu arbeiten fein. Lber | der Nähe des Forums (PL.k). Vor dem Herculaner:
die Geſchichte der Verfchüttung und Ausgrabung | Thor im Nordweſten befindet fh die Gräber:
vgl. Fiorelli, «Pompeianarum antiquitatum histo- | jtraße(f. Tafel, Fig.3). Unterden öffentlihen Ther:
ria» (2 Bde., —* 1860—62); «Pompei e la re-
gione sotterrata dal Vesuvio» (Neapel 1879),
Die Stadt P. hat (wie der nachſtehende Plan zeigt)
die Form eines Ovals, deffen beide Durchmeſſer
etwa 1200 und 700 m und beffen Umfang etiva
3 km beträgt, Die Stadtmauer, in geringen Ab:
ftänden durch Türme verftärkt, hat act zum Teil
wohl erhaltene Thore. Ihre Yänge beträgt etwa
2000 m; mehr als ein Viertel ihres urfprünglichen
Umfangs if da man ſchon in der legten republita-
nif und dem Anfang der Haiferzeit die Befe—
ftigung namentlich der Weit: und Südweftfeite als
unnüß aufgegeben hatte, von angelehnten Privat:
gebäuben occupiert und teilweije —— Das
Straßennetz zeigt eine im ganzen plan» und regel:
menanlagen zeichnen ſich die beiden ältern (1924
und 1857 ausgegrabenen; BI. 1, m) durd) Bollftän:
digleit der Erhaltung und gene eforation
aus; ein drittes — Bad (Pl. n), welches, wie die
Reite zeigen, beim Untergange der Stadt noch im
Bau war, iſt 1877 ausgegraben. Während aber
von Momumentalgebäuden, Tempeln, Theatern,
Thermen, fi an unzähligen Orten der rönı. Welt
Reite erhalten haben, iſt P. unvergleihlih als
Quelle für unfere Kenntnis des röm., Nrivatbe e
‚Der charakteriftifche Unterſchied zwiichen dem an-
tilen röm. und dem modernen europ, Privathauſe
läßt fi einigermaßen fo beftimmen, dab man das
eine als Innenbau, das andere ald Außenbau be:
zeichnet. Die Anlage des modernen Haujes fteht in
Plan von Bompeji mit dem Ergebnis der Musgrabungen bis 18982 (nad Dverbed),
blöden ſehr forgfältig gepflaftert und an den Seiten
mit Trottoird verfeben. Das Forum (f. Tafel:
it (han en von Pompeji, Fig. 1 u. 2)
mäßige Anlage, die —— find mit großen Lava—
a
D
liegt faſt am Weſtende der Stadt, hat die Form
eines Redhted3 von 150 x 50 m und ijt mit einer
umlaufenden Säulenhalle verſehen, weldhe, durch
das Erdbeben von 63 arg beſchädigt, ſich eben in
Neftaurierung befand, als die Kataftrophe herein:
hrach. Am Forum liegen eine große Anzahl öffent:
liher Gebäude (Plan a bis e): die Tempel des Jupi⸗
ter, des Apollo (Fäljchlich Benustemipel genannt), Die
Stapelle des Genius Augusti (fog. Merkurtempel),
ferner die Verlaufshalle für Lebensmittel (macellum,
früher Bantheon genannt), die Bafilita, mehrere für
die Berfammlungen der Dlagiftrate, des Stadtrat3
und anderer Korporationen dienende Lokale (fog.
Kurien) u. ſ. w. Bon andern öffentlichen Gebäuden
innerhalb der Stadt find zu nennen: die Tempel
der Jis (BI. f), der Fortuna (PL. g), der drei lapi⸗
toliniihen Gottheiten (Jupiter, Juno, Minerva;
BI. h), endlich der ſchon im Altertum’ als Nuine
baliegende dor. Tempel, das älteſte in P. eri:
ftierende Baumert 8 .). Für öffentliche Schau:
ftellungen dienten da3 Amphitheater am Oſtende
entihiedener Beziehung zur Strafe, auf welche ih
die Fronte mit vielen Fenſtern öffnet: das antike
iſt gun oder feinen Straßenfronten abgejchlof:
fen und, abgefehen vom Eingang, arditelto:
niihen Shmud, Die Wohnräume find um große
—— Mittelfäle gruppiert, von welchen fie
uft und Licht — Das urſprüngliche
Roͤmiſche Haus beſaß (wie der umſtehende Plan
zeigt) einen foldhen Mittelraum, das Atrium (1):
ed war ein quadratifcher Snnenkof nur an den
Seiten bedacht, während in der Mitte eine Öffnung
(compluvium) für den Abzug des Rauchs und eine
unterhalb derfelben liegende Bertiefung im Fuß:
boden (impluvium; Pl. 2) für Sammlung des ein⸗
fallenden tegenwaljerd diente. Von vorn war das
Atrium zupänglid durch einen Eingangslorridor
(vestibulum ; BL. 3), nad binten | fih das
große Sauptwohnzinmer (tablinum; Pl. 4, an den
Seiten fleinere Kammern an.
Diefe Teile finden ſich aud) in den Häufern von P.
wieder, aber die Anlage pflegt entfprechend den Ans
—— des fortgeſchrittenen Luxus durch ze
ügung eines zweiten Innenhofs hinter dem lis
num nebit einer zweiten — — Wohn⸗
räume erweitert zu fein. Als Beiſpiel eines pompe⸗
A
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_ AUSGRABUNGEN
—DVV—— —
10. Watfen. 8a, Lampen. 85, Lampenfüfse,
Brockhaus’ Conversations-Lexikon, 13. Aufl.
N VON POMPEJI
et
Yly —
MEINE,
—
D BIN
“
Zu fu Artikel: Pompeji.
8e, Trinkgefäfs. - K "hi 9. Candelaber und Spiegel.
mM.
Pompeji
janiichen Haufes, welches ſich durch eine regelmäßige
und harakterijtiiche Anlage auszeichnet, iſt die ſog.
Gajadi Banja (f. — derer Plan von Bom:
peil, 2 bervorzubeben. Es bezeichnet auf dem
nachſtehenden Plan diefes Haufes: 1 das Veſti—
bulum, 2 das Atrium mit dem Impluvium in
ber Mitte; rechts und lints bat das Atrium je
vier ziemlich quadratiiche Nebenräume (3), von
benen die drei eriten abgeichlofiene Kammern bilden,
während die beiden binterjten (4) nd 2 anzen
Breite auf das Atrium öffnen und fo flügelartige
Erweiterungen besfelben (alae) bilden. Hinter dem
Atrium liegt in
ber Mitte das
Staatszimmer (5,
tablinum); bier
empfing der Pa:
tron feine Glien:
ten, der Magiſtrat
feine Untergebe:
nen, bier wurden
in vornehmen Fa:
milien wäãchſerne
Ahnenbilder
imagines) auf:
ewabrt. Bon der
reizvollen perſpel⸗
tiviſchen Anlage
dieſes Teild des
Haujes gibt Fig.4
der —* (rejtau:
rierte Anficht der
Caſadel Poeta
tragico) eine
Borjtellung. Die
weitern Räum—
lichteiten find dem
Privatleben ges
widmet; rechts
vom Tablinum
führt ein Korridor
(6, fauces) in da3
Beriftylium (7),
einenvon16Zäu:
len getragenen
Hof mit einem
Maflerbaffin(pis-
eina)inder Mitte.
Unter den um das
Periſtylium grup⸗
pierten Räumen
zeichnen fi aus:
, ein großer Pracht:
faul (8. vecus) am bintern Ende, ferner mehrere
Speijezimmer (9, triclinia), auf deren Anlage und
ihtung die Nömer viele Sorgfalt verwandten.
Selbit einfachere Häufer pflegen ein Sommer: und
Wintertriclinium zu haben, von denen das erjtere
an der jchattigften Seite des Hofs angelegt, fi
Eafa di Panſa.
breit auf bdenjelben öffnet, um der friichen Luft |
und der Kühle des Brunnens Zutritt zu lafjen,
während bas zweite, an der Sonnenjeite gelegene,
mehr abgeihlofien iſt. Links vom oecus liegt die
Küche (10), dicht daneben nad) einer noch jeht in
Stalien gewöhnlihen Kombination, der Abort.
Dinter bem oecus endlich lag ein Garten (11,
xystus), von weldem eine Hinterthitr (posticum)
nad) einer Nebengajie führte. (Vgl. noch den Durch)
jchnitt, Fig. 5 der Tafel, in welchem aber dem
*
159
Periſtyl irrtümlich ber obere Umgang, ben es
neuern Unterfuhungen zufolge hatte, it)
Aus dem Plan wird erichtlich. daß nur ein
Teil der Räumlichkeiten des Erdgeſchoſſes mit den
———— Atrium und Periſtyl, zufammen:
ängt, andere dagegen in fi abgeſchloſſene Grup:
pen bilden. Die lektern waren vermietet un)
dienten als Heine Wohnungen oder zum Gewerbe:
betrieb (fo in unferm Fall die Räume 12—17 ii
eine Bäderei). Dieſe Läden (tabernae) öffneten ſich
breit nad) der Straße und waren vorn mit einem
aufgemauerten Ladentiſch —— gl Big. 6 ber
Tafel); die P *—— der Straßen — muß
weſentlich durch fie beftimmt geweſen fein.
6 die Pau Ts (anti nur einftödig gewe:
fen feien, ift unrich F freilich find bei dem unmetho:
ifchen Betrieb der usgrabungen in früherer Zeit
bie obern, leichter gebauten und ftärfer zerjtörten
Stodwerle meilt jpurlo3 weggeräumt, wogegen es
jest gelungen ift, in mehrern Füllen da3 Oberftod:
werk zu fonfervieren. Doc find vieljtödige Miet⸗
bäufer, wie in Rom und andern Großftädten, in P.
jedenfalls nicht vorhanbengewefen. Die Wände, aus
Kalkitein oder Ziegeln beftehend, gu mit Stud
überzogen, der auch in einfachern Bimmern einen
An ih in lebhaften Farben zu tragen pflegt. Ge:
wöhnlidh aber erhalten die Wände eine reiche Delo⸗
ration mit Malereien al fresco. Drnamentale
Zeilungen, phantaftiiche Arditelturen, Gandelaber
und Paubgewinde gliedern die Fläche, figürlicye
Darftellungen, —— oder größere mytho:
logiſche und genrehafte Kompofitionen, Landfhafts:
bilder, Stillleben ſchmücken bie Felder, Diefe Ge:
mälde, freilih nur Leitungen von Handwerlern
einer Frovinzialitadt, entzüden doch durch die eich:
tigleit und Sicherheit ber Ausführung, wie dur
den unerf&höpflichen Reichtum namentlich) i rer orna:
mentalen Motive. Fig. 7 mag wenigſtens von
dem Syſtem der pompejanijhen Wanddelora:
tion eine Borftellung geben. fiber die Malerei
P.s, vol. Zahn, «Die jhönften Ornamente und
merkwürbigiten Gemälde aus P., Herculanum
und Stabiä» (3 Serien zu je 100 Tafeln, Berl.
1828 fg.); Zernite, «Wandgemälde aus 6. und
Herculanum» (Berl. 1839—47); Raoul⸗Rochette,
«Choix de peintures de Pompei» (Par. 1844);
Helbig, «Wandgemälde der von Veſuv verjchütteten
Städte Campaniens» (Lpz. 1868); derjelbe, «llnter:
ſuchungen über die campaniſche Wanbmalereiv (Lpz.
1873), Mau, «Gedichte der deforativen Wandma:
lerei in PB.» (Berl, 1882).
Die innere Ginrihtung des anti röm. Haufes
war ungleid) einfacher al3 die de3 modernen. Die
Möbel, fait nur in Tiſchen, Stühlen, fofaartigen
Yagern, Betten und Käſten beitehend waren meiit
aus Holz, und die erhaltenen Refte find natürlich
ehr gering. Dagegen geben die Gegenftände des
äuslihen Gebraud)3_(wie Lampen, Candelaber,
eifühe, Koch- und Tafelgeihire, Schmud- und
Zoilettengegenjtände) einen hohen Begriff von dem
alles —— Kunſtbedürfnis, der Vered—
lung der ugniſſe des Handwerl3 durch da?
Kunſtgefühl der Alten. Die Fig. 8 und 9 geben
aus der Fülle des Gefundenen, einſ —— einiger
ern en (Sig. 10), hervorragende Beiſpiele. Die
volljtändigfte Sammlung dieſer Heinen Kunftwerte
bietet da8 Werk von Rour und Barre, «Hercula:
num und ®.» (deutih von A, Kaiſer, 6 Bde.,
mb. 1841).
160
Aus der fehr umfangreihen Litteratur über
P. können nur nod einige Hauptwerfe hervorge:
boben werben: Mazois, «Les antiquites de Pom-
pei» (4 Bde., Far. 1812—38); Niccolini, «Le case
di Pompei» (Neapel 1854 fg., noch unvollendet);
—5 «Descrizione di Pompeji» (Neapel 1875);
tiitien, «Pompejanifhe Studien» (Lpz. 1877);
Pau, «Bontpejaniiche Beiträge» (2p3. 1879); end»
lich das treffliche Werk von Dverbed und Mau:
V. in feinen Gebäuden, Altertümern und Kunſt⸗
werlen dargeftellt» (4. Aufl., Lpz. 1884).
"Bompejus ift der Name eines röm,, plebe:
jifcjen Geicjlecht®, das erit nad) der Mitte des
2. Jahrh. v. Chr. mit Quintus P. bedeutend
wird, Derfelbe gelangte troß des Widerftandes der
KRobilität zu curuliſchen Würden, führte als Klon:
ful Krieg gegen Numantia in Spanien, fämpfte
ober unglüdlich. Cr bekleidete 131 die Cenfur. —
Sein Entel Duintus P. Rufus ftand zur Sul:
laniſchen Partei und wurde als Honjul 88, als er
über das Heer des Prolonſuls Onäu * Strabo
den Oberbefehl übernommen erg erihlagen. —
Lehterer (Ronjul 89 v. Chr.) focht 90—88 dv. Chr.
mit Auszeihnung im Bundesgenofientriege,, ftand
aber im Ruf der Zweideutigkeit und Eelbitiucht,
wie man ihm denn einen Anteil an der Ermordung
des Quintus P. zuſchrieb. Nach Nom entboten, um
die Stadt gegen Marius und feinen Anhang zu
hüten, ſtarb er (87) an der Reit, j
Sein Sohn Gnäus P. mit dem Beinamen
Magnus, geb. 29. Sept. 106 v. Chr., war der
berühmte Gegner Julius Cäjard, Nachdem er
jchon als Jüngling an den Kämpfen unter feinem
Pater teilgenommen und (83) in dem Augenblid,
wo Sulla nad Italien zurüdtehrte, mit Erfolg
egen die Martaniiche Partei fi erhoben hatte,
tieg er raſch durch glüdliche Waffenthaten und die
Gunit des Diktators. Gegen Papirius Carbo in
Gtrurien (82), gegen En. Domitius Abenobarbus
in Afrifa (81) war er fie reich. Sulla, deiien
Etieftochter Amilia er nach —— der eigenen
Gattin Antiſtia geheiratet hatte, bewies ſich dank—
bar, und ®. ſchien der natürliche Erbe des Sulla-
niſches Cinflufjes werden zu müſſen. Nach Sullas
Tode war es denn aud) P., der gegen den Verſuch
des Alttonfuls M, Umilius Lepidus die ariſtolra⸗
tiſchen Ginrihtungen Sullas *8 hielt (77)
und den begabteſten Vertreter der Marianiſchen
Partei, Sertorius in Spanien, zwar lange Heit
ohne Erfolg belämpfte, aber doch nad) deſſen Gr:
mordung die Früdte diefer Kataſtrophe geichidt
erntete (71). Ebenſo gelang es ihm, den Sklaven:
trieg, nachdem Craſſus das Schwerite gethan,
ges zu beendigen, dann gegen bie beitehende
rdnung, bevor er die Heibentolge der übrigen
Magiitrate durdaemadt, das Konfulat für das
Jahr 70 zu erlangen, In diefer Stellung machte
er, herrihbegierig und popularitätsfüchtig wie er
war, der demokratiichen Richtung bedeutende Kon:
eifionen; namentlich erhielt das Tribunat auf den
Intrag des P. feine Befugniſſe zurüd, überhaupt
wurde jeht im weſentlichen die Sullaniſche Reſtau—
ration wieder beſeitigt. Doch willigte P. nicht in an—
dere Pläne der Demokratie, welche die Annullie—
rung der Sullanifchen Konfislationen, Verfolgung
der ! lörder der Broffribierten u. dgl. verlangten.
Nah Ablauf des Amtsjahres trat P. zunächit
aus dem polit. Leben zurüd, da er die Gunſt des
Senats und der Optimaten verloren und die des
Pompejus
Volls nicht zu — vermocht hatte. Doch
war fein glänzendes militäriſches Talent zu augen⸗
fällig, als daß man nicht hätte verſuchen follen,
Su zu benugen, Es wurde ihm daher zuerft mit
ilfe der Demagogie und des Druds der Maſſen in
dem Kriege gegen die Sceräuber (67) eine außer:
ordentliche Vollmacht auf drei Jahre durch das
Gabiniſche Gefeh erteilt und, na dem ber Kampf
beendigt, * auch in ähnlicher Weiſe durch das
Maniliſche Geſeß der Oberbefehl gegen Mithridates
übergeben (66). Damit erreichte feine Mad:
ftellung in der Nepublit ihren Höhepunlt. Es
waren nicht bloß große Siege, die er erfocht, denn
höchſt Wichtiges Pate der mit Undank entfernte
ariftofratiiche General Lucullus ſchon geleitet;
aber fein unbefchränttes Anfehen, der Ein uß, den
er nun befaß, und die Mittel, fi Kreaturen und
— u ſchaffen, galten in dieſem Augenblid
mehr, als es das Weſen einer republilaniſchen
Staaisordnung vertrug. Und indem bie ariſtokra⸗
tiſche Partei und die Patrioten, weldye die republi=
kanischen Formen zu erhalten fuchten, durch dies
{ibermaß von Macht aufs höchſte beforgt wurden
und ihre Wachſamleit gegen B. ſchärften, trieben
fie den durch Huldigungen und äußere Ehren ver:
wöhnten Dann nur ben Gegnern immer mebr im
die Arme. Mibvergnügt über die Zurüdhaltu
und das Mißtrauen im Senat, das feit 61 fi
bödhft empfindlich gegen ihn lehrte, ſchloß er (60
mit Cäjar und Craſſus das fog. Triumvirat, wo⸗
bei Gäfar ihm wohl einen Teil feiner Wanſche, die
Aderverteilung an die Veteranen und die Be—
ftätigung der aſiat. Einrichtungen, erfüllen half,
aber zugleich den Einfluß des P. und den Reichtum
des Grajius benupte, um in dem Konfulat vom J.
59 den Grund feiner eigenen Macht zu legen, die
Sullanifhen Einrichtungen aufzulöfen, ſich jelbit
die Brovinz Gallien zu verihaffen ‚und jtörenbe
Einflüffe fenatorifcher Wortführer, wie Cicero war,
zu befeitigen. P. erlangte allerdings bei ber Gr:
neuerung des Triumvirat3 56 das Konfulat und
die Verwaltung Spaniens auf fünf Jahre; aber
Gäfar verichafite fich indes die Hilfgmittel künftiger
Herrſchaft und blieb allen widerwärtigen Jerwürfs
nifien, deren Schauplak die Stadt Nom zu jener
Zeit war, für feine eigene Perfon fern.
Durd den Tod des Crafjus 53 hörte das in-
wifchen ermeuerte Triumvirat auf, aud ward
Each den Tod der Julia, der an P. vermäblten
Tochter Cäfars (54), der Bund beider ſehr gelodert
und Löfte fi allmählih. Sowohl um gegen Cã⸗
ſars wachſende Macht eine Stübe zu gewinnen, als
ur Schlichtung der furdtbaren innern Wirren, die
in dem Streit zwifchen Milo und Clodius ihren
Höhepunkt erreichten, näherte ſich die ariftofratiich-
tonfervative Partei wieder dem P. Er wurde (52)
zum alleinigen Konful gewählt und begann nun im
Sinne der Partei, mit der er fich wieder ausge⸗
föhnt, zu wirken. Dies drängte zum Bruch mit
Gäjar (49), obwohl P. zur Vorbereitung auf den
Kampf in Stalien noch einer Friſt bedurfte. P.
gab daber, als Caſar in größter Eile vorrüdte, die
weitl. Lander preis, um ben Strieg im Dften zu fuh⸗
ven. Anfang 48 (oder vielmehr nad) dem berichtig-
ten Kalender noch 49) erſchien Cäjar, der unters
deifen in Spanien fiegreich gelämpft und Maffilia
bezwungen hatte, in Cpirus, Die Gefechte, die P.
in der Nähe von Flag rar feinem 83*
waſſenplah/ dem Cãſar lieferte, waren nachte
Pompejusfäule — Bönalklagen
für diefen, der, in der Zufuhr behindert, ſich nad)
Apefalien mwenbete. 5 folgte ihm; aber feinem
Plan, ihn bier durch Mangel aufzureiben, ftellte
ih der Übermut feiner Partei entgegen, die eine
Schlacht wollte, So entſchied fi im Sommer bei
Bharjalus (f. d.) fein Schidfal. Auf der Flucht
wandte er ſich nad) Moppten, wo er wegen früherer
Dienfte auf Dank glaubte rechnen zu können; allein
bie Räte des unmündigen Königs ließen ihn, be:
vor er landete, treulos ermorden, ohne g a:
nit den Dank des ee ber wenig Tage fpäter
anlam, zu erwerben. Bon feinen Kindern überleb:
ten ihn die von feiner dritten Gemahlin, Mucia,
die er nad) dem bald erfolgten Tod ber Similia ge:
beiratet hatte, aber 62 wegen Untreue verftieß:
eine Tochter Bompeja, die erft an Fauſtus
Cornelius Eulla, dann an den Cinna, der fid)
gegen Augujtus verſchwor, verheiratet war, und
zwei Söhne, Gnäus und Sertus.
Gnäus P., — um 78, ſetzte nad) ſeines Va—
ters Tode den Kampf gegen Cäſar in Spanien
fort, unterlag aber (45) in der Schlacht bei Munda
und wurde | ber Flucht getötet. j
Sertu3 P., geb. 75, kämpfte erft in Afrika,
dann mit feinem Bruder in Spanien gegen Gäfar.
Rach der Niederlage von Munda fammelte er neue
Kräfte und behauptete ſich (44) im ſüdl. Spanien.
Er bemädhtigte ſich nad Cäfard Ermordung Sici:
lien, beunrubigte das Meer und die Hüften, be:
jehte Corſica und Sardinien und nötigte das zweite
Zriumvirat, ihn in dem Bertrage von Miſenum
anzuerlennen (39 v. Chr.). Schon 38 aber wurde
diefer Vertrag gebrochen. Detavian befriegte ben
Sertus eine Zeit lang ohne Glüd, bis Agrippa
denielben durd den Seeſieg bei Naulohus über:
wand. Gr entfloh mit dem Reit der my nad)
Lesbos. Bei dem Verſuch, ſich Kleinaſiens zu be:
mächtigen, fiel Sertus in die Gewalt des Titius,
eines Legaten des Antonius (85), welder ihn hin:
richten lieh.
Pompejusſäule heißt eine berühmte Säule zu
Alerandria (f. d.) in Hgypten, bie zu den wenigen
liberrejten gehört, weldje dafelbft aus dem griech.
röm. Altertum erhalten find. Nod im Mittelalter
ftand die Säule in einem Hofe in der Mitte von
mehrern hundert Heinern Säulen, woher aud ihr
arab. Name Amud-es-Sawari, d. h. Säule der
Eäulen. Der Schaft, ein Monolith dunkelroten
Granits von echt griech). Arbeit, wahricheinlich aus
der Zeit der eriten Btolemäer, bat 20,1 m Höbe
und im untern Durchmeſſer 2,7m. Der Unterjag
und das Hapitäl find jehr roh aus Sanditein aus:
geführt und verraten die fpätere Kaijerzeit. Der
Kern des Unterbaues, — die ganze Laſt ruht,
beſteht aus einem alten, verkehrt in die Erde geſteck⸗
ten Obelislen mit dem hieroglyphiſchen Namen
Vſammetich. Das Ganze iſt B1,0 m hoch. Die
Säule iſt wahrſcheinlich bei einer der vielen Be:
lagerungen im 3. Jahrh. n. Chr. ——— aber,
wie die griech. Inſchrift am Fußgeſtell ſagt, unter
dem Kaiſer Tiocletian von einem ägypt. Statthal⸗
ter Publius oder Poſidius (Pompejus nah an:
bern) wieder aufgerichtet worden, der den Fuß und
das Sapitäl_binzufügen ließ und zum Unterbau
einen alten Dbelisten benugte. Die Säule jteht
vor dem ſüdl. Thore Alerandriad unter Schutt:
ügeln und Lehmbütten von Arabern, die vom
iedeftal Steinitüdhen zum Verlauf abbrechen
und bereit3 den Unterbau ausgehöhlt haben.
Gonverfations » Lexiton. 13, Aufl, XIII.
161
Pompelmus nennt man die Frucht eines zur
Gattung Citrus gehörigen Baums (C. decumana
L.), der bem Drangenbaum gleicht, durch teils dors
nine, teils unbewehrte Zmeige, aroße, langgeftredte
Blätter, ftark geflügelte Blattftiele und Eu große
Früchte ſich auszeichnet und befonders in Dft: und
Weſtindien, in ben Sübftaaten der Union, aber auch
in den wärmern Gegenden der übrigen Weltteile
kultiviert wird. Die Früchte find fugelig, zumeilen
bis zu 5 kg ſchwer und von der Gröhe eines Men:
ſchenkopfes, grünlich- oder blaßgelb, ihre Saftzellen
nicht verwachſen, fondern getrennt, und bie Schale
ungemein did. Im Wohlgeihmade ya fie den
beiten Orangen und werden deshalb in den heißen
Ländern haufig gegeſſen, namentlich von den Brab:
manen; mit Wein und Auder eingemacht dienen fie
als Erfrifchungsmittel; in Zuder eingefegt find fie
unter dem Namen Citronat (f. d.) bekannt,
ompelmnsbaum, ſ. unter Citrus.
omphölyg (grch.), joviel wie Pemphigus (f.d.).
ompierregiment (Rögiment de sapeurs-
pompiers de Paris) heißt die zum franz. ftehenden
Heer gehörige parifer Feuerwehr, weldye nad dem
Cadregefeh vom 13. März 1875 ein Regiment von
2 Bataillonen zu je 6 Kompagnien bildet, Die
Stadt Paris trägt ſämtliche Koften der Befol:
dung und Ausrüjtung dieſer Truppe, welche ledig:
ih durd Freiwillige, ergänzt wird und nicht
zum Kampf bejtimmt iſt.
ompignan (Marquis de), franz. Dichter, f.
Le tanc (an yargued)
Pompilius, |. NumaPompilius.,
Romponne (Simon Arnauld, Marquis von),
franz. Staatsmann, geb. 1618, war 1642 Inten⸗
dant von Caſale, fungierte dann als Generalinten:
dant der Armeen in Neapel und Gatalonien. Ans
änger der janfeniftifhen Meinungen und Freund
Fouquets, — er ſich nad) der libernahme
der Negierung durch Ludwig XIV. anfangs mit
dem herrſchenden Syſtem, bis er 1665 als Ge:
fandter nad Stodholm geihidt wurde. Drei
Jahre jpäter ging er in derfelben Eigenſchaft nad)
Holland; 1671 nad) Schweden zurüdgelehrt, trennte
er diefe Macht von der Koalition gegen Lud—
wig XIV. Nach Lionnes Tod übernahm er das
Minifterium des Auswärtigen, bem er in jtetem
MWiderjtreit gegen Louvois, Colbert und die hinter
diefen ftehenden Jeſuiten bis 1679 vorstand. Im
. 1679 fiel er auf3 neue in Ungnade, aber nad)
Louvois’ Tode (1691) kam er wieder ins Confeil,
wo er gemeinfam mit feinem Schwiegerjohn, Mar—
quis de Torcy, das auswärtige Nefjort dirigierte,
Der charakterfeſte, kenntnisreihe und gewandte
Mann jtarb 1699. j
Pompons (fr;.), Zieraten von Paffamentarbeit,
namentlich fugel: oder eiförmige Anhängiel an
Zihatos, Etäben u. f. w.; aud eine Art Heiner
Rofen (Bomponrojen), darunter namentlic)
das weiß blühende Tijonrösdhen, mit rofa Centrum.
Pompöso (ital., « prädhtig»), al3 muſitaliſche
rege 5 ftart accentuiert und voll:
Pomum (lat.), Apfel. [tönend,
Pomus (lat.), Obitbaum.
Pön (lat.), Strafe, Buße; Pönfall, Ber:
gehen, worauf P. jteht; Pönal..., Straf...
Önalkiagen (actiones poenales) hießen im
röm, Recht diejenigen Klagen, weldye nicht (wie die
actiones rem persequentes) dem ar bloß
Schadenerjag zu verihaffen, fondern dem Bellagten
11
162
eine ——— deren er ſich gegenüber dem
Klãger — — hatte, zu vergelten be—
zwedten. Die Vergeltung lag darin, daß der Klä—
ger eine Geldleiitung beanſpruchen konnte, welde
entweber nad freier Schäpung ber Höhe de3 dem
Stläger zugefügten Unrecht im einzelnen Falle rid):
terlid) feitgejeßt wurde, oder weldye als ein Mehr:
faches des zu beanſpruchenden Schadenerjahes
(duplum, gan) reht3ordnungsmäßig feit:
ftand (3. B. die Brivatllage aus dem Diebitahl
ging auf das Vierfache oder Doppelte des Wertes
der geftohlenen Sache, je nachdem der Dieb bei der
That ertappt war oder nit). Diejenigen P., bei
denen es fıh bloß um Ahndung einer perfönlichen
Berlekung und nicht um eine materielle Schä—
digung des Klägers handelte, hießen actiones vin-
dietam spirantes und gingen wegen biejer_ ihrer
Eigenſchaft aktiv nicht auf die Erben über. Dahin
nebörten die Injurienklagen. — Die B. hatten die
Gigentümlichleit der poena, gegen jeden von mel):
rern Delinquenten im vollen umfang (ih zu rich:
ten und ** unvererblich zu ſein. Da beides im
bentigen Privatrecht nicht mehr anerlannt wird,
auch die Haftung auf das Mehrfache befeitigt iſt, fo
gibt e3 feine privatrechtlichen P. mehr.
> ei rin ya f. unter Straflolonien.
onani oder Bonnani, Hafenftadt im Diſtrilt
Malabar der brit.:ind. Präſidentſchaft Madras,
füdlic von dem Aſtuarium, welches der Fluß glei:
en Namens bei feiner Mündung in das Arabiiche
teer bildet, zählt (1872) 11472 E., hauptſächlich
Mohammedaner, welche unter der Negierung eines
Zongal genannten Oberpriefterd ftehen und haupt:
ſächlich Fiſchfang und Küſtenhandel treiben. P.
war früher viel bedeutender als jegt, wurde aber
von Zippu Sultan faft zur Ruine verwanbelt.
Ponape, Inſel der Garolinen (f. d.).
Poena „ſ. Zalion.
eg Stadt unweit der Süblüfte ber ſpan.
weitind. Inſel Buerto:Rico, Sik eines deutſchen
Dizelonfulats, hat etwa 15000 E. und führt aus
bem 3 km ſudlich vom Drt gelegenen Hafen (Playa)
Zuder, Melafie, Kaffee, Tabak und Rum aus,
PBonce de Leon joran Suiß), einer der berühm-
tejten lyriſchen Dichter der Spanier, geb. 1527
wahriheinlid zu Granada, trat 1544 zu Sala:
manca in ben Orben des heil. Auguitin, wurde an
der Univerfität dafelbft Doltor und Profejlor der
Theologie und erlangte als Ausleger der Bibel
ſolchen Ruf, daß jet Neider ihn wegen einer von
der Kirche gemißbilligten Tiberjegung des Heben
Liedes ind Spaniſche anklagten. Erſt nad fünf
Jahren Kerler gelang es ihm, feine Berleumder zu
widerlegen. Gr erhielt feine vorigen Würden mies
ber und wurde —* zum Provinzial ſeines Ordens
ernannt, ſtarb jedoch vor Antritt dieſer Würde zu
regel 23. Aug. 1591. Seine Gedichte gab
Quevedo (Mabr, 1631) zuerit heraus; die beite
Ausgabe davon erichien mit feinen übrigen Werken
in fpan. Sprade (6 Bde., Madr. 1804—16). Eine
neue Ausgabe befindet fih im 37. Bande der
«Biblioteca de autores espafoles», Cine ge:
Iungene deutſche Überfeßung mit dem fpan. Terte
bejorgten Schlüter und tord (Münft. 1853)., ©o:
wohl in feinen eigenen meiſt religiöfen Gedichten
al3 aud) in den zahlreichen Übertragungen altklaf:
ſiſcher (Birgil, Horaz) und bibliſcher Gedichte zeich⸗
net er ſich durch eine ungemeine Korrektheit Ider
Sprache und Wohllaut der Verfififation aus. Bol,
Pönalftationen — Pondichöry
Willens, « Fray Luis de Leon. Cine Sg u
Halle 1866); Reuſch, «Luis de Leon und die ſpan.
nquifition» (Bonn 1873).
Boncelet (‚jean Victor), bedeutender franz. In—
genieur, Mathematiker und Phyſiler, geb. 1. Juli
1788 in Meb, ftudierte an der Ecole polytech-
nique in Paris und in Meß, nahm 1812 an dem
ruf. Feldzug teil, geriet auf dem Rüchug in rufi.
Gefangenſchaft und verbradjte zwei Sabre in Sa:
ratow an der Wolaa, wo die Grundzüge feines be—
rühmten Wert «Trait& des propriet&s projec-
tives des figures» (Meb u. Paris 1823) entitanden.
% der Zeit von 1820 bis 1824 erfand er als
eniehbauptmann und Plakingenieur von Dieb
einen Mechanismus mit veränderlichen Gewichten
ur gleichförmigen Bewegung von Klappbrüden,
Es das nad ihm benannte unterſchlächtige
Waflerrad. (S. unter Waffermotoren.) ber
legtern Gegenitand eridien von ibm «Les roues
hydrauliques verticales etc.» (Meb 1826). In
demjelben Jahre eridhien das ausgezeichnete Wert
«Cours de möcanique ar aux machines»,
Im J. 1830 wurde P. Bataillonschef im Inge—
nieurforps, 1834 Mitglied der Akademie der Wil:
fenfchaften in Paris, 1835 in das Kontitee zur Be:
Ion ung von Paris berufen, in welder Gigen:
h er bis 1848 wirkte. diefer Zeit erſchienen
von ihm «Theorie des efiets mecaniques de la
Turbine Fourneyron» (1838), «Introduction à la
mecanique industrielle» (1810—41), « M&emoire
sur la stabilit6 des revötements» (1848, im
«M&morial de 1’Officier du Genie», Nr. 12\.
Von 1841 bis 1848 fie er zum Oberftlieutenant,
zum Oberft und zum Brigadegeneral auf; 1848
wurde er zum Kommandeur ber Ecole polytech-
nique und zum Oberfommandeur der National:
garde des Geinedepartement3 ernannt. P. ftarb
22. Dez. 1867 in Paris.
onceletrad, ein Waſſerrad mit gelrümmten
Schaufeln, f. unter Waffermotoren,
ouceite, f. unter Boncieren.
onchielli (Amilcare), Opernfomponift, aeb.
1. Sept. 1834 zu Paderno Fajolare bei Eremona,
war Schüler des Konfervatoriums zu Mailand.
Seiner erften Oper «I promessi sposi» (1856) fola:
ten «La Savojarda» (1861), «Roderico» (1861),
«] Lituani» (1874), «Gioconda» (1876), «Il figliuol
prodigo» (1880) u. f. m. R
Poucho, ein in Sübamerifa gebräuchlicher
Mantel indian. Urſprungs, urſprünglich nur ein
Stüd Tuch mit einem Schliß in der Witte, durch
welchen der Ben geitedt wird.
Boncieren (fr3.), eine durchſtochene Jeihnung
mit der Poncette, einem Sädchen voll Kohlen:
ftaub, durchpaufen; auch foviel wie glätten mit
Bimsſtein.
send da3 nieberländ. Pfund = 1 kg.
onderabilien (lat.), wänbare Naturftoffe im
Gegenfab zu den Jmponderabilien (j. d.); Bon:
beration, Abwägung, Ausgleihung.
Vondichery (engl. Pondicherry, ind. Putut—
ſcheri), die Hauptitadt der franz. Beſihungen in
Vorderindien (Etablissements frangais dans l'Inde
auf der Hüfte Noromandel, innerhalb des brit.
Dijtrift3 Süd: Arcot, liegt unweit, der Mündung
des Fluſſes Dſchindſchi (Gingy) in ben Benga—
liſchen Meerbufen in_dürrer Ebene. Die Stadt
gt in die Weihe Stadt der Europäer und bie
hwarze Stadt der Eingeborenen, die durch einen
Bondoland — Poniatomffi
überbrüdten Kanal getrennt find. Die Schwarze
Stadt befteht größtenteild nur au3 Hütten, die
eritere hat ſchöne Straßen, nad) europ. Art gebaute
Häufer, hübſche Boulevarda, mehrere kath. Kirchen,
ein College für die engliiche, Hinduftani: und Ma:
labarfprache , mehrere Freiihulen für den Elemen:
tarunterricht aller Belenntnifie, ein PBriefterjemi:
nar, eine Bibliothel, eine Buchdruderei, ein Thea:
ter, einen botan. Garten. Bemerlensiverte Ge:
bäude find daſelbſt das Gouvernementshaus, bie
Mijfiongtirche, die großen Bazars, der Leuchtturm
und mehrere Hindutempel. P. iſt Si des Gou—
verneurd von Franzöjiich Indien, aller höchſten
Civil: und Militärbehörden, fowie eines apojtoli-
ſchen Bräfelten und einer Kongre ation ber Mis-
sions &trangdres de France, Die Stabt zählt
etwa 40000 E., unter benen 900 Europäer. Es
befinden 8 dafelbit Hohöfen, eine Hupferfchmelze,
are ndigofärbereien, DManufalturen für
iichleinwand und Baummollgewebe, ſowie eine
Regierungs:Mufterfpinnerei von Seide und Baum:
wolle. ®. bat nur eine offene Reede, deren geringe
Waſſertiefe, verbunden mit der ſtarlen Brandung,
eine Landung nur mittel3 beionderer Flachboote
zuläßt. Gleihwohl ift B. der Mittelpunkt des ind.
Handels der ranzofen. PB. wurde 1672 nebit
einem Heinen Gebiet vom Könige von Bedſchapur
(Wiftapur) an die Franzöfih:DOftindiihe Kom:
pagnie abgetreten, 1693 von den Holländern er:
obert, aber im Frieden von Ryswijk 1697 wieder
jurügegeben. er Drt blühte nun zu einer an:
ehnlichen Stadt empor. Unter Dupleir widerſtand
diefelbe 1748einer vierzehntägigen Belagerungdurd)
die Engländer, wurde aber 1761, als fie bereits
70000 €. zählte, von den Engländern erobert und
—— 1763 zurüdgegeben , 1778 abermals von
en Briten erobert, 1783 im Frieden von Verjail:
les aufs neue zurüdgegeben, doch ſchon 1793 vom
Nabob von Karnatil und den Briten wieder in
Befis genommen, worauf man die Feſtungswerke
abtrug. Am Frieden von Amiens 1802 erhielt
Frantreih zwar Stadt und Gebiet wieder zurüd,
aber bereit3 1803 bejekten fie die Engländer aufs
neue und gaben fie erit infolge des Friedens von
1814 zurüd, unter der Bedingung, feine Feſtungs—
werle wieder anzulegen. Vgl. Duennefer, «Souve-
nirs de P.» (Lyon 1882).
Das Gouvernement Bondihery umfaht
inagefamt ein Areal von 508,5 qkm mit (1877)
280381 E. und zerfällt in die fünf getrennten
Territorien: ®. (291 qkm mit 152397 E.), Kari:
tal, Yanaon, Mabe und Chandernagor (f. d.).
ondoland, Dijtrift der brit. Kapfolonie, wird
vom St.John's⸗River oder Umzimvubo bewäſſert
und ijt von etwa 150000 noch ſehr uncivilifierten
Kaffern bewohnt. Dieſer leßte Reit des unabhän—
gigen Haffraria wurde im Verlaufe der Kämpfe mit
den Eingeborenen 1878 von den Engländern bejebt,
der Häuptling Umquitela des Landes für verluitig
ertlärt und 31. Aug. 1878 am linken Ufer bes St.:
John's-River ein Militärpoften errichtet.
Ponewieſh, Kreisſtadt im ruf. Gouvernement
Komwno, an der Newjajha, Station ber Eiſenbahn
Kalluhnen-Radziwiliſchli, mit (1882) 16414 G.,
darunter 5000 Juden, treibt Handel, namentlich)
mit Flachs. i
ongau, f. unter Pinzgau.
ng:bu, ſ. Pescadoͤres.
ongo, ſoviel wie Drang⸗Utang.
163
Pouiatowſti, eine [Arkt. Familie in Polen,
bie ihren Urfprung von dem alten ital., von den
ig von Guajtalla abjtammenden Geſchlecht
der Torelli ableitet. Den Glanz de3 Geſchlechts
begründete Staniſlaw P., geb. 1677, der wälı:
rend des Nordiſchen Kriegs jih an Staniflaı
Leſzezynſti und Karl XI. anſchloß, mit dem ſchwed.
Heer nad Rußland zog und bei Pultawa wefent:
lich zur Zebensrettung Karls XII. beitrug. Lebterer
jendete ihn dann von Bender aus nad) Konftanti:
nopel, wo er den Sultan zum Kriege gegen Ruß—
land zu bewegen wußte. Nach Karla Tode trat er
u Auguft II. über, der ihn zum Wojwoden und
Regimentarius erhob. Als nach dem Tode Auguſts
Leßczynſti wieder in Polen als Aronprätendent
auftrat, ſchloß Sich ihm auch P. wieder an, wurde
aber bei Danzig von den Ruſſen gefangen genom:
men. Nach feiner Freilaflung ad hi er 4 auf
Leſzezynſtis Wunſch mit Auguſt III., bei dem er
dann in jaben Ehren ftand. Er jtarb 3. Aug. 1762.
Von jeiner zweiten Gemahlin, einer Fürjtin
Gzartoryiifa, hinterließ er mehrere Söhne, von
welden zu erwähnen find: der zum König von
Polen erhobene Stanijlam Auguſt (}. d.),
Kazimierz P., geb. 1721, der in den Fürſten—
ftand erhoben wurde, während der Regierung jei:
ned Bruderd Großlämmerer der Krone war und
1800 jtarb; Andrzej ®., ber 1756 deutſcher
Neichsfürft wurde und 1773 zu Wien als öfterr.
Generalfeldjeugmeifter ftarb; .. P., ber
jüngfte der Brüder, geb. 1736, der in den geijtlichen
Stand trat und bis zu der Würde eined Erz—
biſchofs von Gnefen und Primas des Reichs auf:
ftieg. Er erwarb ſich ald Präjes der Edufations-
fommiffion große Verdienſte, 309 Base wegen
feiner für antinational gehaltenen ——
allgemeinen Hab zu und vergiftete ſich während des
Aufitandes, in Gefahr, vom Volke gehängt zu wer:
den, am 12. Aug. 1794 in Warſchau.
Jozef Antoni, Fürft B., geb. 7. Mai 1762
zu Warfchau, war der Sohn des erwähnten Andrzej
und einer Gräfin Kinſta. Er trat jung in ölterr.
Dienfte und 1789 al3 Generalmajor ins poln. Heer
über. Sein Oheim, der — übertrug ihm wãh⸗
rend de3 Feldzugs von 1792 den Oberbefehl, ſodaß
Kofciufzlo unter ihm ftand. Nachdem der König
der Konföderation von Targowiza beigetreten,
nahm ®. mit vielen der beiten Offiziere den Ab—
ſchied. Als indes Koſciuſzko fih zur Rettung des
Vaterlandes 1794 in Krakau erhob, trat er ſogleich
ala Bein ins poln. Heer ein und ftellte ſich
unter defjen Befehl. Koſciuſzlo vertraute ihm eine
Divifion an, mit weldyer er während ber beiden
Belagerungen Warihaus weſentliche Dienite lei:
ftete. Bald nad der libergabe der Stadt ging P.
nah Wien. Er ſchlug glänzende Anerbietungen
Katharina und Pauls aus und lebte ald Privat:
mann auf feinen Gütern bei Warſchau. Nach der
Errichtung des Herzogtums Warſchau übernahm
P. das Kriegsminiſterium, befehligte 1800 das
poln. Heer gegen die Oſterreicher, wurde zwar
19. April bei Raſzyn gefchlagen, zwang aber trob:
dem den Feind dur geichidte —— zur
Räumung des Herzogtums und drang in Galizien
bis Krakau vor. Nach dem Frieden blieb er Mini—
ſter, bis 1812 der Krieg gegen Rußland ihn aber:
mal3 an die Spike des poln. Heers rief. Nachdem
er an ben Hauptlämpfen dieſes Kriegs teilgenom:
men und zulegt in der Schladt bei Leipzig,
11*
164
während welcher ihn Napoleon * franz. Marſchall
ernannte, glaͤnzende Proben ſeiner Tapferleit ge⸗
neben hatte, erhielt er in Leipzig 19. Dit. den Be:
fehl, den Rüdiug der franz. Armee zu deden.
Schon waren die Verbündeten in den Vorjtäbten
Oeipzigs und hatten leichte Truppen auf das andere
Ufer der Eliter geworfen, als der Fürft mit ge:
ringem Gefolge am Fluffe anlangte, deſſen einzige
Brüde von den Franzofen zerftört war. P. ſprengte,
ſchon ſchwer verwundet, mit feinem Pferde in den
angeichwollenen Fluß und _ertrant, Erſt 24. Dit.
wurde der pen aufgefunden und am 26. bei:
geieht, dann aber nah Warſchau geführt. Im I
1816 erlaubte Kaiſer Alerander feine Beijegung In
der Kirche zu Krakau, Die Stelle, wo P. ertranf,
wurde fpäter Durch einen Denlitein bezeichnet.
hatte einen natürlihen Sohn, Jozef P., geb.
1809, der 1828 von der Gräfin Tyſzliewicz, einer
Schwefter feines Vaters, adoptiert und dann in
Frankreich naturalifiert wurde. Derfelbe fämpfte
1831 in Bolen, dann als franz. Offizier in Algier,
wo er 1855 ftarb. Er vermählte ſich mit einer Eng:
länderin, die ihm 1844 einen Sohn gebar, ber eben:
falls in die franz. Armee eintrat, j
Der erwähnte Kazimierz P. ag einen
Eohn, Stanijlam W., geb. 23. Nov. 1757, wel:
cher während der Regierung feines Oheims Groß:
ſchahmeiſter von Litauen, Staroft von Podolien
und General der poln. Kronarmee war und dann
vom ruf. Kaifer zum Wirt, Geheinrat ernannt
wurde. Seit 1804 lebte er in Wien, fodann längere
Zeit in Rom, wo er 1826 feine — an der Via:
\laminia gelegene Villa nebit allen darin befind:
lichen Merten alter Bildhauerkunft an den Eng:
länder Sytes verfaufte. Er ftarb zu Florenz
13. Febr. 1833. Sein Sohn, Fürft Jozef B.,
geb. 21. Febr. 1816 zu Nom, erhielt feine Bildung
u Floxenz, wo er nic feageiti den jhönen Kün:
Be bejonderd der Mufit und dem Gefang zu:
wandte. Vom Grofiherzog Leopold II. von os:
cana 1848 naturalifiert, ward er 1849 toscan. Ge:
fandter in Brüſſel und 1850—53 zugleid in Lon:
don. Im J. 1854 fiedelte er nad Frantreich über,
wo ihn Napoleon III. zum Senator ernannte und
auch mehrfach zu diplomatifchen Sendungen ver:
wandte, P. hat eine Reihe von Dpern komponiert,
wie «Giovanni di Procida», die 1840 zu Yucca mit
Erfolg aufgeführt ward, ferner «Pierre de Medici»
und die Operette «Au travers d’un mur» (1861),
welde in Paris zur Aufführung gelangten. Cr
ftarb zu London 4. Juli 1873.
Eine andere Linie des Haufes PB. ift in ber
Utraine reich begütert. Stammmvater berfelben iſt
Jonas P., ein Bruder des Staniflam P., des
Freundes Karla XII, der poln. General war und
ein ungewöhnlid) hohes Alter * Jahre) erreichte.
Noch in feinem 63. Lebensjahre vermählte er ſich
mit einer jungen Polin (gejt. 1842 in Lemberg),
die ihm zwei Söhne, ozef und Sudan ebar.
Jozef P. begann feine militäriide Laufbahn
unter Sriedri IL. von Preußen und diente dann
im poln, Heere, in dem er bis zum Oberiten auf:
rüdte, Gr ftarb 1845 zu Tahancza in der Ulraine.
Bönier, j. Bunier.
PBoninfki, eine adelige poln. Familie, uriprüng-
lid in Großpolen anfällig, — nicht nur
in len, fondern aud in Schleſien, Bayern und
Ruſſiſch⸗Polen als Grafen, in Galizien als Fürften
vielfach verzweigt und jehr begütert, kam erit Ende
Pönier — Pönitenz
des 17. Jahrh., infolge ausgezeichneter Kriegs:
dienfte einzelner Mitglieder, unter dem König So:
bieſti zu Daher Anjehen im Lande. Innige Bes
siehungen zu dem Orben der Geſellſchaft Yon und
Heiraten mit hohen adeligen Familien bahnten ihr
den Weg zu den höchſten Staatswürden. Am be:
tannteiten wurde Anton P., Wöjwode von ‚Bofen,
der als Marichall der Konföderation vornehmlich)
zur re mr Auguſts III. beitrug, geit. 174.
Gr hinterließ mehrere lat. Gedichte: «Opera heroica»
Warſch. 1739) und «Sarmatides» (Warich. 1741).
Gleichzeitig thaten fich hervor Stephan P., geſt.
1733, und Franz B., die dem Jeſuitenorden ange:
hörten und geiftliche und theol. Schriften lateiniſch
verfaßten. Der Sohn des genannten Wojwoden,
Jofeph P., geft. 1770, war viele Jahre hindurd)
Sefandter an fremden Höfen. Unter Stanijlam
— war Adam P. Großſchatmeiſter und be:
wirkte auf dem Neichtage von 1773 als Marſchall
desfelben durch feine Umtriebe, daß die meilt er:
fauften Abgeordneten der eriten Teilung Polens
zuftimmten. Der Reichstag von 1789 ließ ihn des:
halb gefänglich einziehen, er entflob, ward gefangen,
darauf aller Würden al3 Landesverräter entjeht
und verbannt. Die Targowizer Konföderation res
habilitierte ihn zwar 1792, er ftarb aber nad) Ber:
geudung feines großen Vermögens im Elend 1798
zu Warihau. In dem Unabhängigkeitätriege unter
Kofciufzto wurde dejien Sohn Adam B., General
eines befondern Korps, durd fein Ausbleiben die
—— der verlorenen Schlacht bei
Mactejowice. Wladiſlaw P., aus der Fehlef.,
mit den Grafen Dohna verwandten gräfl. Familie,
geb. 17. Febr. 1823, ſtand als Kavallerieoffizier im
öfterr. Dienfte, ämpfte im ungar. Unabhängigfeit®-
kriege auf feiten der Infurgenten, flüchtete dann
nad Piemont und wurde ital. Generalmajor der
Kavallerie und Adjutant des Königs. Das jebige
Haupt der gr Linie ift Fürft Calirt Valen—
tin B., geb. 14. Febr. 1824, das der gräfl. galizi-
Ken Romuald P., geb. 1852, Beſiher der Herr:
ihaft Kowalowta, das der gräflichen (goſenſchen
katholischen) Graf Eduard B., geb. 1. Dez. 1810,
veſiher der Herrichaft Wreſchen und eine Zeit lang
Deputierter auf dem preuß. Yandtag zu Berlin.
Der jüngern gräflichen (ichlef. evang.) Linie gehörs
ten an: Graf Chrilt oph P., geit. 1876 als Negies
a erh in Breslau, und Graf Adolf
B., befannt als eifriger Förderer des Spiritismus,
geb. 13. Juli 1801, geit. 17. Juni 1878 in Leipzig.
Pönitentiale (lat.), joviel wie Bußbuch.
Pönitentiar : Anftalten, j. Gefängnis:
wejen,
Pönitentiarius oder Großpönitentiar iſt
der Titel des Voritehers der päpitlichen Verwal:
tung3behörde La Penitenziaria in Nom, welche
Abfolutionen und in bejondern Gewiljensfällen
im Namen des Papftes Dispenfationen erteilt.
Nur ein Kardinal kann diefe Würde befleiden,
Auch führen diejen Titel Geiftlihe, welche von
dem Biihof bevollmächtigt find, in gewiſſen Fällen
Abiolutionen zu erteilen.
Pönitenz (lat.), eigentlich Neue, nennt man in
der röm.:tath. Kirche die fanonijchen Strafen und
Bußwerte, welche der Priefter wegen begangener
Vergehungen auferlegt, 3. B. Nojentranzbeten,
Faſten, Wallfahrten u. |. w. _(S. Buße.) Im der
alten Kirche, wo für gewifle Sünden eine ſehr lang»
wierige Buhe vorgeihrieben war, aab es einen
Pönitz — Pontano
befondern Pönitenzpriefter. — Poͤnitenz—
vfarre beißt nod gegenwärtig eine gering bo:
tierte oder entlegene Aare, auf welche ein Bfarrer
wegen leichten Vergehen verjeht wird.
Bönin (Karl Eduard), namhafter Nilitärfchrift:
fteller, geb. zu Döbeln 24. Jan. 1795, trat 1813
in das ic Hufarenregiment, 1814 aus dem
Dienft, wurde Fechtmeiter, 1825 Hilfsfehrer im
Kadettenhauſe zu Dresden, 1846 Oberpoftrat und
nahm 1854 den Abjchied. Er ftarb 27. Sept. 1858
zu Hojterwiß bei Pillniß. Seine Schriften erfchie:
nen meiltend unter ber Chiffre Pz. Gr fchrieb:
«Die Fechtlunſt auf den Stoß» (Dresd. 1821), «Tat:
tif der Infanterie und Ntavallerie» (Adorf 1838),
— Anleitung zur Rekognoszierung und Be:
ſchreibung des Terrain? au& dem taltiichen Geſichts
unft» (Adorf 1840), «Dlilitäriiche Briefe eines Ver:
torbenen an feine noch lebenden Freunde» (Adorf
1841-46), «Die Eifenbahnen ala militäriihe Ope:
rationslinien» (Adorf 1842; 2. Aufl. 1853) u. a.
ons, Stadt im franz. Depart. Charente:
Juferieure, Arrondifjement Saintes, auf einem
Hügel lints am Charentezufluß Seugne, Station
der Linie Nantes-Coutras der Franzöfiihen Staats:
bahnen und der Linie P. Royan der Seudre:Lotal:
bahn, hat (1831) 3105 (Gemeinde 4895) E., einen
Donjon aus dem 12, Jahıh. (jekt Gefängnis), da:
neben ein altes Schloß, eine Dineralquelle und
Branntweinhandel. P. war bi zur Revolution
Hauptort einer Seigneurie.
Pond (Louis), ein berühmter Kometenentdeder,
geb. 25. Dez. 1761 bee im Depart. Hod:
alpen, wurde 1789 Aufjeher bei der Sternwarte zu
Marjeille und dann Adjunft an derfelben. Sein
Name war längit einer der gefeierten unter den
europ, Aitronomen, ald er 1819 die Leitung der
Sternwarte erhielt, welche die Erzherzogin Maria
Suite von Parma in Marlia — ließ. Da er
indes hier nicht die nötige Unterſtüzung fand, jo
übernahm er 1825 die Leitung der Sternwarte des
Mufeums zu Florenz. P. entvedte in dem Zeit:
raum 1801—27 nicht weniger als 37 Kometen. Gr
ſtarb zu Florenz 14. Dit. 1831.
Ponfard (srancois), franz. dramatiſcher Dich—
ter, geb. 1. juni 1814 zu Vienne (Depart. Iſere),
ftubierte in Paris die Nechte und verfaßte unter
m Einfluß der gegen die romantiihe Dramatit
—— Reallion feine erſte Tragödie, «Lu-
er&ce», die u Paris im Odéon (1843) mit außer:
ordentlichen eifall aufgeführt wurde. Nachdem
einige jhwäcere Stüde («Agnes de Möranien,
1846, «Charlotte Corday», 1850, «Horace et
Lydie», «Ulysse») gefolgt waren, hatte feine fünf:
a ige Komödie in metriſcher Form: «L'honneur
et largent» (1853), einen glänzenden Grfolg und
rerſchaffte ihm 1855 die Aufnahme in die Alademie.
Ein anderes großes LZuftipiel in Verſen, «La
Bourse», fand ebenfalls eine jehr günftige Auf:
nahme, beögleichen ein neues hiſtor. Drama: «Le
lion amoureux» (1866). Dagegen ift das Drama
«Galilde» dramatiih wertlos. Allein das an:
fängliche Verbot des Stüds und die Angriffe der
Herilalen Tagesblätter wirkten voraus zu ee
Gunften, und die erjte Voritellung desielben (März
1867) war ein raujhender Triumph. P. ftarb
13. Juli 1867 zu Paſſy bei Paris. Ihm wurde
2%, Juni 1872 in Vienne eine Statue errichtet.
165
vres complötes» (3Bbe., Par.1876). Bol. Thierry,
«P, discours etc.» (Bar. 1870); Janin, «Frangois
P.» (Bar. 1872),
Ponfon du Terrail (Pierre Aleris, Vicomte
von), franz. Romandichter, geb. 8. Juli 1829 zu
Monmaur bei Grenoble, veröffentlichte feit 1850
eine große Anzahl Nomane, züerſt im Feuilleton
verſchiedener Journale, naher in Bänden. So
erichien 1855 «La tour des Gerfauts» (4 Bde.) und
«Diane de Lancy» (4 Bde., 1857), «La belle Pro-
vengale» (6 Bde.), «La contessina» (5 Bde.), «Les
chevaliers du clair de lune» (8 Bde.), «Les Bo-
hömes de Paris» (7 Bde.), «Les drames de Paris»
u. ſ. w. Aus diejem leptern Merle nahm er den
Stoff zu feinem mit Anicet:Bourgeoi3 zufanmen
gearbeiteten Dranın «Rocambole» (1864). Außer:
dem lieferte er dazu noch mehrere — in
dem «Petit Journal», Bon feinen lehten Nomanen
find zu nennen: «Le héros de la vie priv6e», «Le
— de moulin» und «Le sceret du docteur
toussel». P. ftarb zu VBordenur 31. Jan. 1871.
. mar ein — ———— von uner⸗
höpflicher ——— lieferte aber bei ſeiner
ielſchreiberei fein Werk von wirklichem Kunſtwert.
out⸗a⸗Bouvineõ, ſ. Bouvines.
ontacg, Stadt im franz. Depart. Baſſes—
Pyrenées, Arrondiſſement Pau links an der Ouſſe,
* (1881) 2621 E., Gipsbrüde, Ziegeleien, Ger:
erei und Heritellung von Wollzeugen. Sn der
Umgegend wird guter Rotwein gebaut.
onta Delgada, bie geöhte, reichte und ben
meiſten Handel treibende Stadt ber Äzoren, in
einer wohlangebauten Gbene der Südwelttüfte der
Iniel San: Miguel, Dijtrittshauptort, hat (1878)
17635 G., einen Hafen und Feſtungswerke. — Der
— ————— Ponta Delgada umfaßt die
eiden Inſeln San-Miguel und Santa-Maria und
zählt in ſieben Gemeindebezirlen 1285116.
Poutafel, Dorf im Bezirk Tarvis der Bezirks—
hauptmannicaft Villa) in Kärnten, liegt dort an
der ital. Grenze, ift Endjtation der Linie Tarvis P.
der Öfterreichiichen Staatsbahnen und zählt (1881)
684 deutſche E. Der tofende Confinbach (Ron:
tebbana) trennt P. von dem & enüberliegenden
ital. Bontebba, Station ber ahn Udine-P.
Pont-àa⸗-Mouſſon, Stadt im Arrondiſſement
Nancy des franz. Depart. Meurthe-Moſelle, an
der Mofel, Station der Linie Frouard:Novdant ber
Franzöfiichen Ditbahn, hat ein College, ein Semi:
nar, grobe Hafernen, ein großes Hofpital, eine Bi:
bliotbet, lebhafte Induſtrie und zählt (1881) 9212,
als Gemeinde 11293 E. Die zweitürmige Kirche
St. Martin ſtammt aus dem 13. Jahrh. Een.
der Stadt liegt die Ruine des Schloſſes Mouſſon.
Bei. fin eine im 17. Jahrh. erbaute Öate VBrüde
von fieben Bogen über die Mofel. In P. befand
ie von 1571 bis zur — 6— Revolution eine
niverſität. Beim Beginn des Deutſch-Franzö—
fiihen Kriegs war hier 16. Aug. 1870 das Haupt:
quartier des Königs Wilhelm von Preußen.
Pontano (Giovanni Gioviano), latinifiert
Pontanus, ital, Geſchichtſchreiber, geb. 1426 zu
Cerreto, geit. 1503, gelangte zu den höchſten Stan‘2:
würden in Neapel und beichäftigte ſich dabei eifrig
mit Philoſophie und Geſchichte. Am wichtigſten it
eine mit großer Sreimütigleit, nicht felten mit beißen⸗
er Schärfe in Haffiihem Latein verfaßte «Historia
Bon jeinen fämtlihen Werten find ‚mehrere Aus: arg itana» in ſechs Büchern (Neap. 1618; Tor:
recht 1
gaben vorhanden, die lehte unter dem Titel «Oeu-
618), die auch in die Geſamtausgabe feiner
166
Merle (4 Bde., Baf. 1556) mit aufgenommen ift.
Rol. Sarno, «Vita Pontani» (Neap. 1761).
Pontänus, kurſächſ. Kanzler, f. Brüd (Gre:
goriud).
Pontänus (Yoh. Iſaal), namhafter bolländ.
Philolog und Geihichtichreiber, geb. 21. Yan. 1571
zu Helfingör in Dänemarl, unteritüte nad) Bollen:
dung feiner Studien eine Zeit lang Tycho de Brahe
bei jeinen aftron. Unterfuchungen und wurde dann
Profeſſor der Phyſik und Mathematik zu Amfter:
dam, 1604 zu Harderwijt, wo er 6. Dft. 1639 ftarb.
Man befist von ihm, außer einer Ausgabe bes
Macrobius (Leid. 1597) und den «Analectorum
Libri tres» (Roftod 1600), die ſich auf die Erklärung
und Kritik des Plautus, Apuleius und Seneca er:
itreden, mehrere durch hiftor. Treue und elegante
Taritellung ausgezeichnete hiltor. Werke, befonders
«Rerum Danicarum libri novem» (Amiterd. 1631)
«llistoriae Geldricae libri XIV» (Harderwij
1639), «Discussionum historicarum libri duo»
(Hardermwijt 1607) und «Historia urbis et rerum
Amstelodamiensium» (Amfterd. 1611).
Pontarlier, Hauptitabt des giegnemigen
Arrondifjements im franz. Depart. Doubs, 59 km
füdöftlih von Befancon und nahe an der ſchweiz.
Grenze, am Eingange des bedeutenditen Jurapaſſes
und am Fuße des Yaveron und des Lormont, Sta:
tion der Linien Andelot:®. und P.-Vallorbes der
Bari3: Lyon: Mittelmeerbahn, Knotenpunkt wid:
tiger eg 838 m über dem Meere, am
Doubs, zählt (1881) 6118 E. hat eine Bibliothet
mit 4000 Bänden, bedeutende Apfyntb: und Kirſch—
brennereien, viele Mühlen und Käſemachereien
fowie große Pferde: und Viehmärlte. Geſchichtli
bedeutend ift P. in den lebten Wochen des Deutſch—
Franzöſiſchen Kriegs von 1870 und 1871 (f. d.) ge:
worben durch ben 1. pie 1871 auf Grund einer
Konvention erfolgten { bertritt der franz. DOftarmee
unter General Clindhant über bie ſchweiz. Grenze.
Schon 28. Jan. waren Teile des franz. 24. Armee:
lorps durch P. nn nachdem die Operationen
der deutſchen Südarmee unter General von Man:
teuffel den Franzofen füdlih von Befancon den
Weg verlegt und fie dadurch gezwungen hatten, ent:
weder eine Schlacht ———— oder auf neutra—
les Gebiet überzutreten. Eine Linksſchwenkung des
preuß. 7. und 2. Korps fchnitt dem Feinde den Rüd:
zug nad Süden ab. Am 31. Yan. und 1. Febr.
rüdten die deutihen Korps auf allen Straßen gegen
die ſchweiz. Grenze vor, 1. Febr. mittags nahmen
fie B., womit die feindliche rmee zum liberjchrei:
ten der Grenze genötigt war.
‚ Rontafficve, Stadt in ber ital. Provinz und
im Bezirk Slorenz, an der Mündung der Sieve in
ven Arno, Station ber Bahn Florenz: Arez30:Nom,
bat (1881) 4127 (als Gemeinde 11410) E. und
führt ihren Namen von der 1555 von Bartolomeo
Ammannato erbauten Brüde,
Pont-Audemer, mittellat, Pons Aldemari,
Stadt und Hauptort eines Arronbiffements im
franz. Departement Cure, an der Rille, welche bier
ihiffbar wird, Station der Linie B.:Glos:Montiort
der Eurebahnen, hat (1881) 6168 E., ein Handels:
tribunal, die ſchöne Kirche St.:Duen aus dem 11,
bi3 16, Jahrh., die Kirdhe St.: Germain aus dem
11. Jahrh. Baumwoll⸗ und Flachsſpinnerei, Gerbe:
rei und Handel mit Getreide, Yeinwand, Flachs,
Vieh, Holz und Cider. Mit LesHävre fteht P.
dur Tampfboot in Verbindung.
Tontanus — Pontecorvo (Stadt)
Pont Cauaveſe, Fleden in der ital, Provinz
Turin, Bezirk Jorea, an der Mündung der Soana
in den Orco, am Fuße der Grajifhen Alpen, bat
(1881) 3032 (Gemeinde 5516) E., Marmorbrüde
und Fabrikation von Baummolle und Eifenwaren.
Ponthartrain, Ealzwafierjee im füdöftl. Teile
des nordamerif. Staats Youifiana, iſt 64 km lan
40 km breit und 6 m tief, fteht im D. mit dem Yale
ug ig und durd) diefen mit dem Golf von Merito,
im W. mit dem Late Maurepas und durd einen
Kanal mit dem Miffiffippi in Verbindung. Dampf:
boote und Heinere Seeſchiffe fünnen durch ftanäle
bis nad) Neuorleans fahren. Der See wurde zu
Ehren des Comte de Bontdhartrain, des Marine:
minifterd unter Ludwig XIV., benannt.
Pont:Eroig, Stadt im franz. Depart. Finistere,
Arrondiffement Quimper, am Fluͤßchen Goyen,
3 km von deffen Mündung in die Vaie d’Audierne,
ze (1881) 1664 (Gemeinde 2656) E., eine bemer:
enswerte Kollegiattirhe Notre:Dame-de:Rofcubon
aus dem 13. bis 15. Jahrh., Tuch- und Zeugwebe:
rei und Handel mit Wachs und Honig.
Pont:de:Beauvoifin (Te), Stadt im franz.
Depart. Iſere, Arrondilfement La: Tour-du: Bin,
lint3 am Guier, Station der Linie St.: Andre: le:
Gaz:Chambery der Baris:Lyon: Mittelmeerbahn,
bat (1881) 1883 E., eine Maſchinenfabrit und Sei:
denmweberei. — Der Ort gleihen Namens auf dem
rechten Ufer des Fluſſes, zum Arrondifjement
Chambery des Depart. Savoyen gehörig, hat (1881)
1637 €. und ift mit der — durch eine kühn
gewölbte Brüde aus dem 16. Jahrh. verbunden.
Bont:de:l’Arche, Stabt im franz. Depart.
Gure, Arrondifjement Youviers, linl3 an der Seine,
über welche eine jchöne fteinerne Brüde führt, Sta:
tion der Linie Barid:Le:HAvre der Weitbahn und
der Linie P.Giſors der ne bat (1881) 1711
E., eine Kirche aus dem 15. Jahrh. mit Glasmale:
reien des 14. Jahrh., Tuchfabrikation und in der
Nähe die Trümmer der von Richard Löwenherz ge:
jtifteten Abtei Bonport.
Pontde-Baug, Stabt im franz. Depart. Ain,
Arrondiſſement Bourg, rechts an der Reyſſouze,
mit der Saöne durch Tdiffbaren Kanal verbunden,
Etation (P.:Fleurville) der Paris : Lyon - Wittel-
meerbahn, - (1881) 2853 €., Zöpferei, Gerberei
und Handel mit Getreide und Wein. Dem bier ge
borenen General Xoubert iſt ein Denkmal errichtet.
Bont:du:Chätcan, Etadt im franz. Depart,
Puy:de:Döme, Arrondifjement Glermont : Ferrand,
lint3 am Allier, Station der Yinie St. Etienne:
Montbrifon:Clermont: Ferrand der Paris Lyon:
Mittelmcerbahn, hat (1881) 3157 E., eine Schloß:
ruine, Yabrifation von Quincaillerien, Lachsfang,
Weinbau und er
Pont du Gard, }. unter Gard, Db. VII, ©,
536; Abbildung unter Aquäduft, Bd. 1, ©. 793,
onte (Jacopo da), ſ. Baſſano.
onte (Yorenzo da), ſ. Daponte.
ontecorvo, mittellat. Pons curvus, Stadt
in der ital. Provinz Caſerta (Terra di Lavoro), Be—
zirk Sora, links am Garigliano, 33 km ſüdöſtlich
von Froſinone, zählt (1881) 9601 (als Gemeinde
10309) E. Vor 1860 bildete B. mit feinem Gebiet
ein dem Papft gehöriges Fürftentum, vom nca:
polit. Gebiet umſchloſſen. Es wurde vom Bapit
Julius II. an den Kirchenftaat gebradht, war aber
1806—10 im Befit des franz. Marſchalls Berna:
botte, der davon den Namen Fürſt von P. führte.
Pontecorvo (Fürft
Pontecorbo (Fürit von), f. Karl XIV. Jo:
bann, König von Schweben. j
ontedera, Stabt in der ital. Provinz und im
Bert Bifa, an der Mündung der Era in den Arno,
Station der Bahn ee: Techn" Vo bat eine
120 m fange, 1839 erbaute Brüde über den Arno
und eine Marmorbrüde über die Cra, Baummoll:
webereien und (1881) 8695 (Gemeinde 11817) E.
P., — —— Here — bis in 14. Jahrh.
eine ftarfe ng Piſas gegen Florenz.
Ponte a tadt = rtug. Siftritt
Vianna do Eaftello, Provinz Entre Douroe Minho,
fints am Lima (Limia), über welchen hier eine ftei:
nerne Brüde von 24 Bogen führt, hat (1878)
2441 E., eine jhöne Kollegiatlirde, eine Ölono:
miſche Gefellfpait und Leinweberei. P.
ſchon im 8. Jahrh. al3 Limia.
Pon „Stadt in der engl. Grafſchaft
got ibing, Station der Oftlinie (Mancheſter⸗
oole) der Lancafbire: und Yorkihirebahn, die hier
nad) Leeds abzweigt, hat (1881) 8798 E., eine
Lateinſchule, Viehmärkte, Handel mit Korn und
— gi sr —— und Steinlohlen⸗
en. ich
n
ben. Nahebei befindet ſich ein Denkmal für die
chlacht bei de be In dem jest verfallenen
Bach ließ Heinrid IV. enttbronten
> II. 14. Febr. 1400 den Hungertod jterben.
nte in Baltellina, Gemeinde in der ital.
Provinz und im Bezirk Sondrio, anı Südende des
Val Fontana, hat Gemälde von Luini über dem
Portal der Kirche, ein Sy und (1881)
3456 E. P. iſt Geburtsort des Aſtronomen Piazji.
An felfiger Halde unterhalb des nahen Pendolasco
wãchſt der feurige Infernowein. i
outededra, Hauptitabt der gleichnamigen
rovinz (4504 qkm mit ei 451946 G.) d
n. Königreich Galicien (f. d.), ift cine alte Ciu—⸗
dad von 19857 E,, liegt an der Meftküfte im bin:
terften Winkel der Ria de P. an der Mündung
de3 Rio Lerez, über den eine alte röm. Brüde führt.
Die Stadt ih fehr ſchön gelegen und befigt
farrlirchen, ein Spital, einen Hafen, Sarbellen-
cherei, Gerberei, Scheidewafjer:, Hut: und Tud):
rifen und Handel mit Vieh nach Portugal.
Ponthien, im Mittelalter franz. Grafſchaft,
ber nordweftl. Teil der Picardie, ging aus dem
[eint, Pagus Pontivus hervor und bildet feit 1790
weſtl. Teil des Depart. Somme; Hauptitadt
war Abbeville,
Bontiae, Stadt und Hauptort von Dakland
County im nordamerit, Etaate Michigan, am
Elintonfluß und an der Detroit: und Milmaulee:
Eifenbahn, hat (1880) 4509 G., ein großes, ſchönes
Schulhaus, zwei Nationals und eine Sparbant,
eine Staatöirrenanjtalt, Gifengiebereien, Bier:
brauereien, Wagenfabriten, Dahl: und Hobelmüh:
len, große Glevatorgebäude u. f. w. i
‚Bontiänat, die wichtigſte Unterabteilung der
niederländ. Reſidentſchaft « Wefttüfte von Borneo »
der Inſel Borneo in Hinterindien. Den haupt:
lichſten Zeil diefer Unterabteilung P. bildet
a3 malaiijche, den unterjten Teil des Slußge:
bietes de3 Kapuas umfafiende Fürftentum Yon:
tianaf, deſſen Sultan fein Reh als erbliches
Zehn von der niederländ. -oftind. Negierung zu
empfangen bat und nur wenig Selbjtändigteit be:
bt Nördlich wird B. von den Heinen niederländ,
jallenftaaten des Banumbahan von Mampaͤwa
und de3 Bangeran von Landak, öftlich durch die
von) — Bontifer 167
Reihe des Panumbahan von Tajan und des Pan⸗
gerang von Melianw, füdlich durd) die Heiche des
uwan von Kubu und des Panumbahan von
Sintang und weſtlich durch den ſüdlichſten Teil der
Chineſiſchen Südfee begrenzt. Die Hauptitadt
Bontianal, wo der holländ, Reſident der Welt:
fülte von Borneo feinen Sik_und der Sultan
bes Reichs P. feine Nefidenz (Kraton) hat, liegt
an dem linfen Ufer des Kapuas.
—— röm. Biſchof 230—235, ſtimmte
auf einer Synode 231 der vom Biſchof Demetrius
von Alerandria über Drigenes (f. d.) ausgeſproche⸗
nen Verurteilung bei, Während feiner Amt:
führung dauerte die unter Calliſtus (geft. 222) ausge:
brochene Kirhenjpaltung in Rom noch fort. Mit
feinem Gegenbiſchof Hippolyt (f. d.) zugleich in die
Bergwerke Sardiniens verbannt, entjagte er da—
ſelbſt 28. Sept. 235 feiner bifhöfl, Würde und
ſcheint bald darauf gejtorben zu jein. Sein kirch—
liher Gedächtnistag ift der 19. Nov. Die röm.
Kirche ehrt ihn als Heiligen.
outifeg hieß bei den Nömern ein Briefter, der
zu dem nad) der Sage von Ruma eingeſetzten Kolle:
gium der Bontifices gehörte, an deflen Spike,
wenigitens jeit dem Sturze des Königtums, ein
eigener lebenslänglicher Bontifer Sta imus
ſtand, welder einen Zeil der ſakralen Befu niſſe
und Öbliegenheiten der Könige überlommen hatte,
wie er denn auch im alten Königshauſe, der Regia,
neben dem Heiligtum der Befta wohnte, Der Name
P., welcher eigentli Brüdenbauer bedeutet, foll
ſich daher jhreiben, daß die gedachte Körperichaft
die Brüde nah dem Yaniculum gebaut und zu
unterhalten hatte, weil fie ſowohl auf beiden Ufern
de3 Tiber als über dem Fluſſe jelbit heilige Hand—
lungen verrichtete. Das Kollegium zählte urjprüng:
lid) außer dem P. Marimus vier Mitglieder patrı:
ciſcher Abkunft, bis 300 v. —* das Ogulniſche
Geſet vier andere aus den Plebejern zu wählende
binzufügte, worauf 253 Tiberius Coruncanius der
erite plebejiihe PB. Marimus war. Sulla jteigerte
die Zahl der Bontifices auf 15, Cäfar fügte ein
weiteres Mitglied hinzu, und Vermehrungen nad)
Willtür fanden auch unter den Kaiſern jtatt, die
immer felbjt die Würde des P. Marimus annah-
men und aud in der chriftl, Zeit moch deſſen Titel
fortführten, bis Gratianus, der 383 n. Chr. ftarb,
ihn ablegte. Die Pontifices waren nicht mit dem
Opfers oder anderm Dienft einzelner Gottheiten,
wie die Flamines, Salier u. f. w., noch mit der Be:
fragung und Deutung des Götterwillens, wie bie
Augures, beauftragt, jondern hatten verſchiedenen
Hanptgöttern Opfer von Bedeutung für den Staat
darzubringen und bildeten außerdem die oberite
geiftliche Behörde, der die Aufrehterhaltung und
Beauflihtigung des gefamten Kultus, des geift:
lichen Rechts (jus pontificium), in welcher Hinficht
fie auch eine Art Rechtspflege übten, des Halender:
weien3 und der in das röm. Staatsleben vielfad)
eingreifenden Geremonien zujtand. Gie waren zu:
glei die widhtigite —— Behörde, die
dem Senat auf Beiragen Austunft über jafrale
Angelegenheiten gab und bei jolden Alten der
Magiitrate affiftierte und mitwirlte, Die hierauf
bezüglichen, dem Urſprunge nad) ebenfall3_auf
Numa zurüdgeführten Sapungen waren jhriftlid)
aufgezeichnet in den libri pontifieii, zum Zeil in-
digitamenta genannt. Dem P. Marimus fan
insbejondere die Aufſicht über die Beltalinnen zu,
163
und aud) nad alter, bis um das J. 120 v. Chr.
—— Sitte die Aufzeichnung der wichtigen
Begebenheiten des Jahres, woraus die ſog. anna-
les maximi bervorgingen. Lange Zeit ergänzten
fih die Bontifices nur durch looptation, bis 103
der Vollstribun Gnäus Domitius Abenobarbus
durd fein Geſeß die Priefterwahlen überhaupt an
die Verſammlungen des Volls brachte, für welchen
Zwed aber nur 17 Tribus zuſammentraten. Tas
omitische Gefek wurde von Sulla abgeichafit,
63 aber durch den Tribun Labienus erneuert, Als
ber Kaiſer Aurelian das Prieftertum der pontifices
Solis ftiftete, nannte man die alten Pontifices zum
Unterſchiede pontifices Vestae oder majores,
Vontififalien (in pontificalibus) bezeichnet bie
priefterlide Amtstracht, namentlich der Biſchoöfe,
insbefondere die Tracht, welche bei feitlihen Ge:
legenheiten vorgeichrieben ilt.
Pontififat (lirhenlat.), im allgemeinen bie
rieſterliche Würde, bezeichnet hauptſächlich die
liebe des Papſtes, der im Lateinifchen den Titel
Pontifex maximus fah t.
ontinifche hen ſ. P 2668
ontiniſche Sümpfe (ital. Paludi Pontine,
lat. Pomptinae paludes) ift der Name eines Land:
—— in der Provinz Rom, der ſich zwiſchen dem
bhang des Volskergebirges und der Meeresküſte
von Nettuno bis Terracina in einer Länge von 45
und einer Breite von durchſchnittlich 15 km erjtredt.
Gr wird durdfchnitten von mehrern Gebirgsbächen,
unter denen Amafeno und Ufente die bebeutenditen
find; bei ihrem geringen Gefälle gewähren fie den
itarfen von ben Vergen kommenden Niederjchlägen
nur ungenügenden Abfluß und werden fo die Ur:
fache der Ungeſundheit des Gebiets. An ben älteften
Beiten gehörte die Pontiniſche Ebene den Volskern,
war durch ein ausgebehntes Drainageiyftem, von
dem noch an zahlreichen Stellen Spuren erhalten
find, tulturfähig und durch intenfiven Anbau be:
wohnbar gemadt. Plinus gibt, freilih mit Be:
rufung auf eine ältere Quelle von zweifelhafter
Zuverläffigleit, an, dab die Zahl der Städte in der
Urzeit 24 betragen babe; von der bedeutenditen,
Pomcetia, ijt der Sandjtrich benannt. Die Nömer
führten um ben Befib des Gebiet3 hartnädige
Kämpfe mit ben Bolstern; bald nad) der Groberung
(383 v. Chr.) wurden röm. Koloniſten dorthin ges
fhidt, und die Anfiedelungen waren fo bedeutend,
dab 358 v. Chr. den beſtehenden 25 Tribus die
Pomptina neu hinzugefügt werden fonnte. Als der
Genjor Appius Claudius 312 v. Chr. die nach ihm
benannte Heerftraße durch diefe Gegend leitete, legte
er zugleich ein großartiges Netz von Abzugstanälen
an; aber am Ende der republifanischen Zeit war
die ganze Gegend ſchon als gefährlichiter Fieber:
berd verrufen und großenteils verödet. Bon den
Kaiſern haben befonders Nerva und Trajan große
Verbienjte um die MWiederheritellung der Appiſchen
Straße und die Drainage de3 Pontiniſchen Gebiets.
Doch machte in der jpätern Haiferzeit die Verödung
unaufbaltiam Fortichritte; einzelne Verſuche, zulekt
unter Theodorih, brachten immer nur zeitweile
Beſſerung. Geit dem Ende des 6. Jahrh. wurde
fogar die Via Appia verlafien, der Verkehr zwiſchen
Nom und GCampanien madte den Umweg über die
Berge. Unter den Päpiten war Bonifacıus VIII.
der erſte, der fich mit der Verbeſſerung der Genend
um Sejje und Eermoneta (die Stammgüter feiner
Familie) energiich beichäftiate und dur
Anlegung.
Pontififalien — Pontmartin
eines großen Kanals wenigſtens eine teilweife
Beſſerung berbeiführte (1295—1303); thätig dafür
waren aud Martin V., Leo X., Sirtus V., nament:
li aber Pius VI. Lebterer ließ die Via Appia
wieberberitellen, einen großen Abzugskanal (Linea
Pia) anlegen, die undurddringlichen fieberverbrei:
tenden ufchwälder lihten und ermöglichte die
Kultur auf einem größern Gebiete (1775—883).
pen unter ber franz. Herrichaft wurben die Arbei:
ten fortgejeßt, während man fpäter und bis in die
neuefte Zeit ſich damit begnügt, bie beſtehenden
Ginrihtungen zu erhalten. Das Yand ift fruchtbar,
aber nur zum Kleinen Teil bebaut, weit außgedebn:
ter iſt die Weidewirtihaft; am Meere dehnen fich
roße Buſchwãlder (macchie) aus. Das eigentliche
umpfland wird auf fiber 100 or geihät. Gine
jpärliche, vom Fieber decimierte Bevölkerung wohnt
in wenigen unbedeutenden Ortſchaften und einzel:
nen Weilern; im Sommer zwingt die Malaria gan
teilweifen Verlaffen auch diefer Wohnitätten. Bel
Nicolai, «De bonificamenti delle terre Pontine»
(Rom 1800); Brony, «Description hydrograph. et
histor. des marais Pontins» (Par. 1823); de la
Blanchere, «La malaria de Rome et le drainage
antiquen (Rom 1882) und «Terracine» (Rom 1884).
—5 Pilatus, ſ. Pilatus.
ontivy, waͤhrend des erſten und zweiten Kaiſer⸗
reihs Napoleonville, Hauptſtadt eines Arron-
diſſements im franz. Depart. Morbihan und ehe:
mals befeitigter Hauptort des Fürftentums Roban,
in fruchtbarer Gegend am ſchiffbaren Blavet und
am Kanal von Nantes nad Breft, Station ber
Linie ig der Orleans: und ber Linie St.
Brieuc:P. der Weitbahn, 51 km im NNW. von
Bannes, hat in der Altitabt noch ein altes, 1485
rejtaurierte3 fürftlihes Schloß, in der auf Befehl
Napoleons I. 1805 angelegten, aber nicht vollende:
ten Neuftadt mehrere jhöne Straßen. P. iſt Eis
eines a erfter Inſtanz und einer Ader:
baufammer, bat ein Standbild des Generals
Lourmel (1861 enthüllt), eine der ſchönſten Kaval—
lerietafernen Frankreichs, ein Militär: und ein an-
deres Gefängnis, ein Lyceum, ein Geſtüt, (1881)
5720 (Gemeinde 8164) E., Weberei von »bretag:
nifcher Leinwand», Yabrilation von Beinihwarz,
Hüttenwerle, Gerbereien und beſuchte Märlkte, Han:
del mit Garn, Leinwand, Leder, Eiſen, Getreide,
Hanf, Honig, utter, Pferden und Schladtvieh.
Pont: Abbe, Stadt im franz. Depart. Finis-
tere, Arrondifjement Quimper, im Hintergrunde
einer Bai, Station ber Linie Quimper-P. der
Drleansbahn, hat (1881) 3586 (Gemeinde 5110) E.,
einen Handelshafen, Bienenzucht, Habrilation von
Stärfe, Nudeln und Hanfleinwand, fowie lebhaften
Getreidehandel, ,
Pont’ Evdque, Stadt und Arrondifjement::
—— des franz. Depart. Calvados, an der
ouques, Station der Linien Liſieur-Villers-ſur—
Mer und P.:Honfleur der Mejtbahn, hat (1881)
2367 (Gemeinde 2933) E., Spipen: und Ceifen:
—— P. hieß mittellat. Pons episcopi im
agus Lexovius.
ontmartin (Armand Auguite Joſeph Marie
Ferrard, Graf von), franz. Edhrijtiteller, geb,
16. Juli 1811 zu Avignon, ftudierte in Paris und
fehrte nad) der Julirevolution in den Süden zurüd,
wo er in der «Gazette du midi» (1835—38) die
Sache der Legitimität eifrig verfodht. Später
wandte er fid) wieder nad) Paris. war Mitarbeiter
Pont-Noyelles — Bontremoli
on verfchiedenen Zeitungen und veröffentlichte:
«Contes et r&veries d’un planteur de choux»
(1845), «Mömoires d’un notaire», «Contes et nou-
velles» (1853), «Causeries litteraires», die feit
1854 in verfchiedenen Folgen erſchienen, u. f. w.
Bor allem zu erwähnen find: «Les Jeudis de
Madame Cherbonneau» (1862), eine polemifche
Edrift, worin er unter der Form eines Romans
ben litterarifchen Fournaliamus befämpfte. Außer:
dem find zu nennen: «Entre chien et loup» (1866),
«Lettres d’un intercepte» (1871), «Souvenirs
d’un vieux m&lomane» (1878), «Souvenirs d’un
vieux —— (1881 fa.) u. ſ. w.
‚Bont:Noyelled, Dorf mit 700 E. im Arron:
biffement Amien3 de3 franz. Depart. Somme, an
der Hallue, 12 km nordöſtlich von Amiens, war im
Deutih:Sranzöfiidhen Krieg 23. Dez. 1870 ein wich:
tiger Punkt in der Schlacht an der Hallue (f. d.),
die danach auch oft Schlacht bei P. genannt wird,
Bontoife, Stadt im franz. Depart. Seine:et:
Dife, Hauptort eines Arrondiſſements, 30 km im
RNW. von Paris, Station der Linie Saint:Ouens
(Aumöne:P. der Norbbahn und der Linie Paris:
B.:Dieppe der Weftbahn, am rechten a ber Dije,
die bier die Viosne aufnimmt, und über die eine
ESteinbrüde von fünf Bogen zur Vorftadt Aumöne
führt, hat, an einem felfigen Hügel hinaufgebaut,
meiſt enge, krumme, zum Zeil fteile Gafien, eine
Kirche aus bem 12. bis 16. Yahrh., ein Kommunal:
nt eine öffentlihe Bibliothel, eine Kammer
und Gefellihaft für Aderbau, ein Theater, ein
großes Krankenhaus, (1881) 6675 E., viele Mühl:
werte und Gipsbrüde, Yabrifation von Mühlen:
apparaten, Leder, Chemifalien, Weineflig, Strumpf:
waren und Eeilen und bedeutenden Handel mit
Korn, Mehl, Vieh, Leder u. ſ. w. Der Martini:
markt, ber jährlich 11. bis 13. Nov. auf einer großen
Diele an der Dife gehalten wird, ijt der eigentüm:
lichſte und bedeutendite in ber Umgebung von Paris.
In geringer Entfernung von der Stadt liegt bie
2139 E. zäblende, früher als Vorftadt von P. gel:
tende Kommune Saint:Ouen:l'Aumöne,Sta:
tion der Linie Ermont:Argenteuil der Nordbahn,
mit jhönem —*8 Park und den Ruinen der
GCütercienferabtei Maubuiſſon, bie, 1236 von
Blanca von Gaftilien, Mutter Ludwigs IX., ſechs
Tage vor ihrem Tode gegründet, das Grab diejer
Königin, fowie vieler anderer fürjtl. Berfonen ent:
Diet, aber während der Unruhen der Fronde ver:
fien und in der Nevolution 58 wurde. P.
war im Altertum das Briva (d. h. keltiſch Brüce)
NYarae (der Dije) der Belocafies, hieß im Mittel:
alter Pons Iſarae, auch Pontijara, Bons Hyferae,
Pontefia und Pons Ifiä, und wurde 844 und 885
durch ein feites Schloß gegen die Normannen fe
bedt, 885 aber von den Nlormannen erobert. Um
899 erhielt der Ort die Abtei St.:Mellon. Später
war B. Hauptort von Berin:srangais, defien Be:
fiper ſich einft Grafen von P. nannten, und hatte
ein königl. Reſidenzſchloß, worin Karl V. von Frank—
teih mit Karl II. von Navarra 21. Aug. 1359
Friedensverhandlungen pflog und 31. Juli 1413
der Dauphin Karl (VII) mit den übrigen Prinzen
Frieden ſchloß. Die Engländer eroberten die Stadt
1419, wurden zwar 1423 vertrieben, a fie
aber wieder unter Talbot 1437, Karl VII. er:
oberte fie nach dreimonatlicher Belagerung 19. Sept.
1441 und Heinrid) IV. 1589. In P. wurde 1560
ein Reichstag gehalten. Während der Unruhen
169
ber Fronde nahm Ludwig XIV. hierher feine Bu:
—* und 1672, 1720 und 1751 wurde das pariſer
arlament hierher verwielen.
Bonton (frz), Schiffgefäß von Holz oder Cifen-
blech, wird als Unterftüßung ſchwimmender Brüden,
Ponton: oder Shiffbrüden, gebraudt. In
den neuern Heeren führt man P. und das übrige
Brüdenmaterial fo zugerichtet mit, daß der Bau
einer Kriegäbrüde ohne weiteres au&geführt werden
fann. Das preußische P. hat eine Länge von 7,5 m,
eine Breite von 1,5 m, eine innere Höhe von O,8ı m,
Es beſteht aus verzinttem Eiſenblech und hat ein
Gewicht von 450 kg. Der Tiefgang des P. bei
belafteter Brüde ift 0,0 m. Die P, zu Kriegs:
brüden werden auf Bontonmwagen oder Hakets
transportiert. Eine gewille Anzahl diefer mit den
fonft noch notwendigen Fahrzeugen, der Beſpan—
nung und dem Begleitperfonal bilden einen Bon:
tontrain ober Brüdentrain. Die zum Brüden:
bau fpeziell beſtimmten Truppen führen in den mei:
ften Staaten den Nanıen Bontoniere (in Kiter:
reich Pioniere) und gehören entweder den tedyni:
ihen Zruppen ober, wie in Frankreich, der Feld:
artillerie an. (S. Genie, Kriegsbrüden.)
Pontoniertwiffenfchaft, die Lehre vom Bau
der Kriegsbrüden; fie bildet einen Teil der Inge:
nieurmwillenichaft.
Bontormo oder Buntormo (nacopo Gar:
rucci da), florent. Maler, geb. 28. Mai 1494 zu
PBontormo im Arnotbal, geit. 2. Jan. 1557 zu Slo:
renz, Schüler des Andrea bel Carto, eignete ſich
defien Etil an, den er aber im Laufe der Jahre
unter dem Einfluß der Werke Fra Bartolommeos
und Michel Angelos modifizierte. Von feinen Kir:
chenbildern und Porträts befinden fih_mande in
Florenz und aud anderwärts, feine Hauptiwerte
waren aber Freslen, von denen bie Schöne Viſitation
im Vorhof der Santiffima Annunziata noch beiteht,
andere in ber sen worin er Dürer nahahınte,
im Chor von San: Lorenzo ꝛtc. untergegangen find.
Sein befter Schüler war Angelo Allorı (Bronzino).
Bontorfon, mittellat. Pons Ursonis im P’azus
Abrincatensis (Avranchin), Hafenftadt im franz.
Tepart. La Mande, Arrondifiement Aorandes,
rechts am kanaliſierten Couesnon, unmeit deſſen
Mündung in die Baie de St.Michel, Station der
Linie Et.:2ö:Lamballe der Weftbahn und der Yolal:
bahn Vitre Fougeres: Mont⸗St.Michel, hat (1831)
1650 (Gemeinde 2563) E., Fabrikation von Blon:
den und bedeutenden Gierhandel nad) England,
ontoß, |. Pontus. I ,
ontremöli, SHauptitadt bes gleichnamigen
Bezirt3 der ital. Provinz Mafia und Carrera,
teile am Abhange de3 Gebirges, teils im Thale und
am Fluſſe Magra, Station der Dahn Yarma:
Spezia, Siß eines Biſchofs, hat cine Kathedrale
(dell‘ Aſſunta) mit großer Kuppel und zählt (1881)
3828, ald Gemeinde 14355 E., weldye von Ger:
berei, Wein: und Seidenbau leben. Das Fort
Bonnette beherrfht den Pabvon % ontrentoli
auf der Hauptitraße, welche im Mittelalter Via
Francesca oder Nomea hieß. P., mittellat. Pontre-
mulum, wirdzumerjten nal 1077 genannt, wo es dem
Haufe Ejte gehörig, diefem vom Kaiſer Heinrich IV.
beftätigt wurde, Im Dez. 1110 erjtürmte Kaiſer
Heinrich V. den Pla. Die Befeſtigungen rühren
zum Teil von dem berühmten Gajtruccio ber. Die
Stadt gehörte 1339—1404 ji Mailand, 1404—30
den Fieshi, dann abermals zu Mailand, ward
170
24. Juni 1495 von den Schweizertruppen des franz.
a. Karl VIIL geplündert und in Aiche gelegt
und fam 1650 durd Kauf von Philipp IV. von
Spanien an Toscana, 1847 an Barma und 1860
an das eg Dane :
Pontrefina, Dorf im Bezirt Naloja des jhweiz.
Kantons Graubünden, im Ober:Engadin, am Fu
des Piz Languard und an der Straße über den
Bernina, 1802 m hoch gelegen, ein im Sommer
vielbeſuchter Plak , die ey rg für ag wen
in das Ober: Engadin. Vgl. Ludwig, «PB. und feine
Umgebung» (5. Aufl., Chur 1881).
ontrieug, Ping mit Hafen im franz.
Depart.Cötes-du:Nord, Arrondiffement Guingamp,
rechts am Trieur, bat (1881) 2243 E., ein Schloß
aus dem 15. Jahrh. und einen Fohlenmarkt.
Bont : Sainte : Magence, mittellat. Pons
Sanctae Maxentiae, Stadt im franz. Depart. Diſe,
Arrondiffement Eenlis, an jteilem Bergabhange
lint3 an der Dife, Station der Linie Paris-Erque—
lines der Norbbahn hat (1881) 2340 E. und ſtarken
Handel mit Leder, Wolle, Getreide und Wein,
Pont⸗Saint⸗Esprit, Stadt im franz. Depart.
Gard, Arrondijlement us, rechts am Rhöne,
Station der Linie Le:Teil:Nimes der Paris-Lyon-—
Mittelmeerbahn, bat (1881) 3627 (Gemeinde
4726) E., eine von Ludwig XIII. angelegte Cita:
belle, eine 1265—1309 erbaute fteinerne Rhoͤne⸗
brüde von 840 m Länge, Seibenfpinnerei und leb:
ften — mit Getreide, Wein und Öl. P. ge:
örte ehemals — Vizegrafſchaft Uzes.
Pontd:de:&e (Les), Stadt im franz. Depart.
Maine:et:Loire, Arrondifiement, ur al auf drei
Inſeln der Loire, welche durch vier Brüden mitein:
ander verbunden find, Station der Linie Anger®:
Montreuil:Bellay der Franzöfiichen — —
at (1881) 1812 (Gemeinde 3483) E., ein Schloß,
eilerei, Gerberei und Weinhandel. — den
Frieden von P. (Aug. 1620) erwarb ſich Richelieu
die Rüdlehr in ben Staatsdienſt.
Bont-fur-Seine (Pont:le:Roi), Drtſchaft
im franz. Depart. Aube, Arrondiſſement NRogent:
— — an ber Seine, Station der Linie
aris⸗Petit⸗Croir der Ditbahn, hat etwa 900 E.,
ein Schloß und nahebei eine Stalaktitengrotte von
2 km Länge; füdlid von P. liegt die Ruine der von
Abälard gegründeten Abtei Baracletus,
Pontus (gr. Pontos, d. i. Meer) bezeichnet
urfprünglich ald Name eines Landes ben an bie
füdl. Küfte des Pontus Eurinus oder des Schwar:
jen Meers ſtoßenden nörbl. Teil von Kappadocien
(f. d.) im nordöſtl. Kleinafien, zwiſchen Paphlago—
nien im W., Kolchis und Armenien im O., und
wurde von dem Binnenlande der Kappodocier oder
Leulofyrer zunädft ald Kappadocienam Bon:
tu 8 unterjhieden, dann kurzweg P. genannt. Je
nachdem der Beſiß des Landes unter fremden Sa:
trapen und felbjtänbigen Herrichern wechfelte, ma:
ren auch feine Grenzen fehr verſchieden. Inter den
Ipätern Perjerlönigen bildete es eine abgefonderte
Statthalterihaft. Übrigens ſcheint die Herrihaft
dieſer Achämeniden gegenüber den Völlerſchaften
der pontiſchen Gebirge eine ſehr unſichere und lodere
geweſen zu ſein. Wenigſtens waren viele derſelben
zu Tenophons Zeit (400 v. Chr.) jo gut wie unab:
bängig und lebten unter eigenen Stammbhäuptern
in een ehden mit den griech. Koloniſten, die
frübgeitig an der pontiſchen Küjte zahlreiche Bilanz:
ftädte gegründet hatten. Einheimiſche Dynaſten
Pontrefina — Bontypool
des weftlich angrenzenben Baphlagonien (wie —
las um 400 v. Chr.) hatten ihre Herrſchaft damals
auch über einen Zeil von P. ausgebreitet. Wäh—
rend ber Regierungszeit des Perſerkönigs Ar:
tarerge3 IL gelang es 363 dem Satrapen von Phry⸗
gien, Ariobarzanes, ſich mehrere jener pontiſ
paphlagonifhen Bölterjchaften zu unterwerfen.
Sein Sohn, Fürft von Archina und Kios, fiel gegen
Antigonus, 302; aber nad) der Schlacht i $ohus
(301) wußte jenes Füriten Sohn, Mithridates IIL
Ktiftes, durch geſchidte Benugung der Zeitverhält:
nifje während der Kämpfe der Diadochen ein Reich
zu gründen, fodaß feine Nachfolger ſich « Könige
von Baphlagonien und Kappabocien am B.» nen:
nen fonnten, Auf un folgten Ariobarzanes III,
Mithribates IV., Pharnaces I., Mithridates V.
(156) und ſeit 120 v. Chr. Mithridates VI. oder
der Große (f. d.), unter welhem das Reich P. ſei⸗
nen größten Umfang und feine höchſte Blüte er
reichte, aber he dem blutigen Kampfe mit den
Römern feinen Untergang fand.
Der Sieger Pompejus vereinigte 65 v. Chr. das
Land weitlih vom Fluſſe Halys als einen Teil der
Provinz Bithynien mit dem Römiſchen Reiche,
während er andere Teile verjdiedenen Fürften
Aſiens überwied. Der an die Provinecia Bi-
Ft et Pontus anſtoßende Teil bis zum obern
Halys mit einem Teil der Küfte fiel an Dejotarus
von Galatia und hieß nun Pontus-Galaticus.
Das Land der Holcher (der jegigen Laien) und an:
derer benadhbarter —— an der Süboftede
des Schwarzen Meer erhielt einen eigenen Köni
in der Perſon des Ariſtarchos. Der mittlere Tei
des Landes lam fpäter durch den Triumvir Ans
tonius an einen König Polemo und erhielt den
Namen Bontus»Polemoniacus, der dem
Lande noch blieb, als e3 längjt mit dem Römifchen
Reiche vereinigt war. Den Bolemoniichen B. jelbft
trat der Eohn von Polemos Witwe Pythodoris,
Polemo II., an Kaifer Nero ab, der 63 n. Chr.
2 ur röm, Provinz machte, die zunächſt einen
eil von Galatien, Ipäter mit dem P.Galaticus
von Kappadocien bildete. Ende des 3. Jahrh.
bilden dann die P.-Landſchaften wieder zwei Pro:
vinzen, von benen bie öftlihe den Namen P.:Bole:
moniacus behielt, die andere Hellenopontu3
genannt wurde, Als die Lateiner 1204 Konjtan:
tinopel eroberten, jtiftete Alerios Komnenos ein
neues Reid in P., das Kaifertum Zrapezunt
(ſ. d.), welches fich bid auf Mohammed II. erhielt,
der e3 1461 mit feinen großen Groberungen ver:
einigte. Gegenwärtig entiprehen dem alten Lande
. im allgemeinen das türk. Vilajet Trapezunt
(Zarabufun) und die angrenzenden Teile ber Vila:
jete Siwas und Erzerum. Die dort befindlichen
Veh alreiden Altertümer find in den Reiſewerken
über Kleinafien, befonders aber von Hamilton in
den «Researches in Asia minor, P, and Armenia»
(2 Bde., Lond. 1842; deutih von Schomburgt,
2 Boe., Opy. 1843) erläutert worden. Bol. Meyer,
«Gejchichte des Königreichs P.» (Lpz. 1879),
Pontus Euxinus, Schwarzes Meer (f. 7
Pontypool, Stadt in der engl. Grafidaft
Monmouth, auf einem Felfen zwiihen dem Avon
und dem Monmoutbibirelanal, Station der Linie
Hereford : Newport der Great: Weiternbahn, welche
dien nad) —— und Roß abzweigt, und der
inie Newport: P.Blaenafon der Monmoutbibires
bahn, hat (1881) 5244 E., Eifenwerle, Steintohlens
Pony — Pope
und Eiſengruben und ehemals berühmt Fabri—
lation von Yadierwaren (Bontypool:Waren). Nabe:
bei fiegt die Ruine Galdicot:Gaitle.
Pony (engl), ein Pferd von jeher Heiner Statur,
oft nur 85 biß 100 cm, niemal® über 110 cm
och, alfo zwerghaft. Die Ponies bilden eigentüm:
Rafien und finden fih auf den Shetlands:
infeln, ben Inſeln der Bretagne, in Island, Nor:
wegen, Schweden und auf Gorfica in den Heiniten
laren. Cal Pferd, Bd. XII, 6. 889°,
und Tafel: Bferderafijen, Fig. 9 u. 11.) Grö—
ber ſchon find die Ponyrafien von Wales, Gallo:
. way, Sardinien und der fpan. Gebirge. Bon
110 bis 150 cm hoch find die fog. Doppel:
ponies der Koſalen, Polens, der Ulraine, Litauens,
Ungarns und Griechenlands. Die Ponies ſind
lebhaft und gelehrig; wenn auch zu ſchwerem
unbrauchbar, ungen fie doch leicht Neiter
ſichet und gehen gut im Wa fie auch
vielfach aus Liebhaberei gehalten werden.
Juſeln, eine im Tyrrheniſchen Meere,
ber Neede von Terracina und dem Vorgebirge Cir:
cello ſudlich genenüberliegende und zur ital. Bro:
vinz Gajerta ehörige Snfelgruppe, bei den Alten
Pontiae insulae, daher oder angeblich weil fie ſich
in der ber paar Sümpfe befinden,
—— che Inſeln —— find vullaniſchen
, mit Lava, Edhladen, Bimsſtein, Tuff,
alt und Aſche bededt, meift aus nadten Feljen
beftehend, wegen ihrer poröjen Subftanz fort und
ber Zertrümmterung durd) die Meereswellen
ausgefegt und nur in geringem Maße angebaut.
Sie bilden zufammen ein Mandamento des Bezirls
( es (1881) 3779 E. zählte. Die Haupt⸗
onza, 6 km lang, aber nur 500 m breit,
en befeftigten, nur für ag
Hafen, in Felſen gehauene Zellen (die
ilatusbäder) und eine Menge ———
ihre ferung lebt in mehrern Heinen Ortichaf:
oder in —— und treibt Landbau,
Fiſcherei und Handel. Pontia war unter den Rö:
mern ein Berbannungsort, wo unter andern Nero,
Sohn des Germanicus, durch Tiberius, die Schwe:
ftern des Galigula durch diejen ihren Bruber, Flavia
Domitillia durd Domitian ihren Tod fanden. Am
26. Febr. 1813 nahmen die —— die Inſel
weg, räumten fie aber 1814. Die Is Vento:
tiene, das alte Bandataria, wohin die berüch—
—— Tochter des Auguſtus, ferner Octa:
durch Nero, Agrippina, die Gemahlin des Ger:
manicus, durch Tiberius verbannt waren, 3 km
lang und 400 m breit, wie es ſcheint der fiberreft
Kraters, ift ganz baumlos, jedoch
u e, Mein: und Kornbau benupt. San:
tefäno ift eine Savamafje von 3 kın Umfang,
einen En En non —*
durch Felsbaſtionen b Zannone (lat.
Sinonia), nur 1,5 km im Umfang meſſend, trägt
auf dem Gi nie eines hoben Feljens die Trümmer
eines alten Sloftere. Palmarola (Palmaria),
mit wilden, abſchredendem Charakter, gilt in der
als ein Sih des Teufels.
‚, Stadt in der walifiihen Grafſchaft
Montgomery (f. d.). j Ruyſch (j. d.
el), Malerin, Tochter von
Stadt in der engl. Grafſchaft
an einer fern But ve —— — der
Somerſet n (BP.⸗Burnham), Sit eines
deutſchen Vizekonſuls, 8 (1881) 12303 E. einen
en, weshal
Ei
2
vn
H
iedr.
orſet,
J. | Neigung gezeigt hatte, Nachdem er
171
der beften Häfen an der Süblüfte —— Schiff⸗
bau, Fabrikation von Segeltuch, Auſternfiſcherei
und Handel. P. rüftet Schiffe aus zum Fiſchfang
an den Hüften Grönlands und Neufundlands,
0018:Hole, f. unter Burton,
oona, ſ. Puna.
op oder Pope, verwandt mit dem deutſchen
Pfaffe (f. d.), ift in der griech. Kirche der allgemeine
Name des Weltgeiſtlichen; Brotopopen ——
die höhern Prieſter, die in der alten Kirche Archi—
preöbyter genannt wurden. Da der Name P. mit
der Heit eine etwas verädtlihe Bedeutung er:
halten hat, jo werden in Rußland die Weltpriefter
jest in ber offiziellen Sprache Jer eĩ (vom griech.
tepös) und Protoierei genannt; doch üt die ——
end, Im Volle noch die allgemein gebräuch—
liche. Die P. erhalten ihre Dune in den Prieſter⸗
jeminarien und müſſen fi, jobald fie eine Stelle
als Geiſtlicher erhalten, verheiraten, dürfen aber,
Witwer geworben, zum zweiten mal nicht heiraten.
Popayan, Hauptitadt und Biihofsfik des co:
lumbijchen FöderativftaatesCauca (f.d.), Ikm vom
linfen Ufer des obern Rio Cauca in der großen
Thalebene zwifchen der Cordillera von Quindiu und
Choco, am Fuße der Bulfane Burace (4700 m) und
Sotarä (4435 m) in einer der berrlichften Gegenden
der Erde gelegen und durch die reibenden Flüßchen
Ejido und Rio Molina mit trefflihem Trinkwaſſer
verforgt, hat bei feiner Lage unter 2° 26° 27” nördl.
Br. in 1740 m Seehöhe ein jehr mildes Klima, jo:
dab in der Umgegend Weizen, Apfel und Erbbeeren
ebenfo vorzüglich wie Kaffee und alle einheimiſchen
Kulturpflanzen der gemäßigten Bone gedeihen. P.
wurde 1536 von Sebaitian — ——— gegründet,
1547 zum Bifchofafik erhoben, und blühte unter der
ſpan. Herrichaft durch feine Goldminen und als
Stapelplag an der großen Handelsſtraße zwiſchen
dem Magdalenenthal und Quito, ift aber durch
den Verfall des Bergbaues und der Gewerbe und
infolge der Erdbeben (1827 und 1834) und ber
innern und äußern Kriege ſehr .. elonımen,
Bon öffentlichen Gebäuden find der Palaſt des
Biſchofs, das ehemalige Münzgebäude, vor allem
aber die jhöne Caucabrüde bemertenswert, jowie
von öffentlichen Anftalten ein Kollegium, ein Prie⸗
fterfeminar und ein Hofpital. Die (1870) 8485 E.
leben, da der frühere Tranfit fajt ganz aufgehört,
hauptſächlich von Landwirtſchaft und vom Handel
mit den Bodenerzeugnijien.
ag Geiſtlicher, ſ. Bop.
ope (Alerander), berühmter engl. Dichter,
wurde zu London 21. Mai 1688 geboren. Sein
Vater, ein Zeinwandhändler, war ng gr und
gab bald nad) des Sohnes Geburt jein Geſchäft
auf, um ſich in Binfield bei Windfor niederzulaſſen.
Er war Hatholit und der junge P. erhielt feinen
eriten Unterricht vom —— Vom achten
yabre an fam er in die Schule zu Tiwyford bei
inchefter , mußte aber dieje Anftalt bereits in fei:
nem zwölften Sabre wegen eined Pasquills auf
feinen Lehrer verlaflen und befuchte fortan eine
Schule ma Seine Lieblingabeihäftigung blieb
die Poeſie, für welche er ſchon ſehr — Anlage und
i ich an liber:
fehungen verfucht, dichtete er im 16. Jahre feine
« Pastorals » (gedrudt 1709), bie durch die Schön:
au des Veräbaues und der Schreibart allgemeine
ewunderung erregten. Im J, 1711 erſchien fein
«Essay on criticism», der noch jet alö eins der
172
—— Lehrgedichte der Engländer betrachtet wird.
id nachher ſchrieb er den «Rape of the lock»,
ein ſatiriſch-komiſches Epos, veranlaßt durch einen
an einer vornehmen Dame verübten Lodenraub.
Au Y. 1713 * das beſchreibende Gedicht
«Windsor forest», deſſen größerer Teil bereits 1704
entitanden war und in welhem P. fein Vorbild, Den:
—— «Cooper’s Hill», bei weitem übertraf. Jeßzt
egann er die liberfegung bed Homer, die ihn
12 Jahre lan, 1713— 25, befhäftigte; bie Ilias
überjegte er allein, bie Fig in Verbindung mit
Broome und Fenton. Bon dem Ertrag diefer liber:
feßung une er ein Landgut zu Twidenham, das
er nun mit feinen Eltern bezog. Zu feinen beiten Ge:
dichten gehört die«Epistle from Eloisa to Abelard»
(1716). Die Ausgabe von Shalſpeares Werten, die
er bald darauf unternahm, bradte ibm wenig
Ruhm und verwidelte ihn in einen heftigen Streit
mit Theobald, einem andern Herausgeber Shal-
fpeared. Dieſe und andere teils littergriſche, teils
erfönliche Feindfchaften, die B. meiſt erſt durch
eine in Gemeinfhaft mit Swift herausgegebenen
«Miscellanies » ß Bde., Lond. 1727) veranlaßt
atte, brängten ihn mehr und er. zur Satire bin.
m J. 1728 veröffentlichte er die drei erften Bücher
einer «Dunciad»; das vierte Buch folgte erft 1742,
In der —2* aber waren «Imitations of Ho-
race», Gpilteln und moraliihe Verſuche in ziem:
licher nn. erſchienen. Nur ein einziges feiner
jpätern Gedichte gehört nicht oder wenigſtens nur
teilweife ber fatirifchen Gattung an, nämlich das
1733 erfchienene philof. Lehrgedicht «Essay on
man», Gr ftarb auf feinem Pandgute zu Tiwiden:
ham 30. Mai 1744. Als Tichter nimmt er einen
der erſten Pläbe unter ben engl. Dichtern zweiten
Ranges ein; an Schönheit der Form aber it er von
feinem engl. Schriftfteller übertroffen, von wenigen
erreicht worden. Ausgaben feiner Werke beforgten
unter andern Warburton (Lond. 1751), Warton
(1797), Bowles (10 Bbde., 1806), Noscoe (2. Ausg.,
8 Bbe., 1846), Croker und Whitwell Elwin; feine
dichterifchen Merte erſchienen in zahlreichen Aus:
aben; mit Anmerkungen von Dyce 1851, mit
Niograpbie von Pupton 1867; ferner von Ward
Lond. 1869) und Nofietti (Lond. 1873); eine deutſche
Überfeßung lieferten Ölder8 und Böttger (4 Bde.,
Lpz. 1842). Bol. Carruthers, «The life of P.»
(2. Aufl., 4 Bde, Lond. 1857); Deck, « Alerander
PB.» (Lpʒ. 1876). ,
Poperinghe, Stadt im VBezirl Mpern ber belg.
zen Weitflandern, 12 km weitlid von Ypern,
tation der Linie P. Hagebroud der Franzöfi:
er Nordbahn und der Linie Courtrai:'P. der
Flandriſchen Dftbahn, hat drei got. Kirchen und
zählt (1883) 10912 E., welde Hopfenbau, Baum:
wolljpinnerei, Leinwandbleicherei und Zöpferei
treiben. Die Stadt erfcheint fhon 1147 unter den
Städten der Grafichaft Zlandern; wegen ihrer Bar:
teinahme für Philipp von Artevelde wurde fie 1382
von den Truppen Karls VI. von Frankreich geplün:
dert und niedergebrannt,
Bopiel, fagenhafter poln. Fürft in Gnefen, der,
von dem Piaſten Semowit der Krone beraubt, auf
einen Turn im See Goplo (f. d.) floh und dort von
den Mäufen gefrefien wurde,
Poplar, ein Teil des öftl. London, nörklid)
von den Welt: India: Dods, mit zahlreihen An:
jtalten, die mit dem Seewejen in Verbindung jtehen,
zählt (1881) 156525 E.
Poperinghe — Poppelsdorf
mit Ginfhlag aus feinem Kammgarn, Slafchmir:
wolle oder rer e.
Popo (Little Popo und Great Popo),
f. unter Little Bopo. j
Popocatöpetl, ein 5421 m hoher Bullan in
Merito, f. Anabuac,
opoli, Stadt in der ital. Provinz Aquila degli
Abruzzi, Bezirk Solmona, rechts an der Pescara,
die bier den Namen Aterno verliert, Station der
Linie Caftellamare:Adriatico:Aquila, an der Ver:
einigung der Straßen von Pescara, Aquila, Avcz:
jano und Golmona, k— (1881) 7178 G., eine
aus QDuaderfteinen aufgeführte Hauptlirhe aus
den 15. bis 17. Jahrh. Mein» und Getreidebau.
Den Ort überragt die verfallene Burg der Gantelmi,
bie von P. den Herzogstitel führten.
Popovitich (Stefan), ferb. Kultusminifter und
pãdagogiſcher Schriftiteller, geb. 11. Aug. (30. Juli)
1844 zu Schalag in Serbien, widmete ſich in Ber:
lin, Hürich und Gotha philof. und pädagogiichen
Studien und trat 1868 in den Staatsdienſt beim
Kultusminifterium, Er rief eine Lehrerbildungs—
anftalt ins Leben und wurde an derjelben 1870
um Profefior ernannt. Im J. 1874 gab er dieie
tellung auf und lebte ein Jahr in Leipzig; 1875
zum Sefretär im flultuäminifterium ernannt, wurde
er 1877 Direltor der Lehrerbildungsanitalt, 1880
Sefretär und 1883 Referent im Kultusminifterium,
befien PBortefeuille ihm im Oft. 1884 anvertraut
wurde. Das neue, Ende 1882 ind Leben getretene
Volksſchulgeſeß ift zum großen Zeil ein Wert P.“
Als Schhriftiteller gab B. eine Methodik der Volls—
ſchulen, verſchiedene Handbücher für Lehrer und
Schüler, namentlid das Rechnen betreffend, heraus.
Popowka iſt ein Panzerſchiff von bejonderer
Form, nad) dem Erfinder, dem ruſſ. Admiral Bo:
0, fo benannt, Die P. find im Rumpf linfen:
örmig gebaut, von etwa 37 m Durchmeſſer, flach:
geben und werben durch vier Schrauben bewegt.
ie find ſchwer gepanzert und tragen in der Mitte
einen Banzerturm, aus dem zwei parallel ſtehende
Geichlike über Bord feuern, Der Zwed der runden
Form tjt vermehrte Drehbarfeit, jedoch haben jie
nur geringe Schnelligkeit. _ Bis jekt exiſtieren nur
zwei P. als Zeile der ruſſ. Schwarze: Wieerilotte;
auch werden fchwerlicd mehr gebaut werden, da fie
den Erwartungen nicht entiproden haben. _
— — ruſſ. Selte, f.u.Raflolniten.
epp-, bei naturwiſſenſchaftlichen Namen Ab:
fürzung für Eduard Friedrich Pöppig.
oppän Sabina zog als Gemahlin des M.
Salvius Otho (j. d.) 58 n. Chr. die Aufmerkſam—
feit Neros auf jih, welcher feine Gemahlin Oc:
tavia (f. d.) wegen angeblihen Ehebruchs hinrichten
ließ (62) und ®. heiratete. Doch ſtarb fie ſchon 65
an den Folgen eines Fußtritts, welden Nero in
der Truntenbeit ihr veriet batte,
Poppelsdorf, Dorf in der preuß. Rheinpro—
vinz, unmittelbar bei Bonn am Fuße des Kreuz—
berg3 reigend gelegen, it mit bieler Stadt durd)
eine prächtige Doppelallee von alten Kaitanien,
anmutige Spaziergänge und jtattlihe Häuferreiben
verbunden, ſodaß e3 als eine Vorftadt derjelben be:
trachtet werden kann. Im Orte, welcher (1880)
2701 6. zählt, befindet fih ein altes kurfürſtl.
Schloß, welches jeht der Univerfität Bonn gehört und
deren ſämtliche naturbijtor. Sammlungen, ſowie
die Näume zu Borlefungen über die entiprechenden
Voplin oder Bo R eline, eın glatter Seibenftoff
Poppenburg — Borcier
Disciplinen begreift; basfelbe wird von bem durch
feine ausgedehnten Palmen: und Treibhäufer
lehenswerten botan. Garten umgeben. Dem
Schloſſe gegenüber erheben fi die Itattlihen, zur
Univerjität Bonn gehörigen neuerridhteten Baus
ten: dad dem, Laboratorium, dahinter die Ana:
tomie und diejer zur Seite das phyfiol. Inſtitut,
fowie die landwirtſchaftliche Akademie. _ Die Ata:
demie trat Ditern 1847 unter Leitung Schweihers
ind Leben, Die Lehrer der Anftalt gehören zum
Zeil der Univerfität Bonn an; die Studierenden
fund bei der Univerfität immatrifuliert und **
beide Anſtalten miteinander verbunden. ß
Hartjtein, «Die landwirtihaftlihe Alademie zu P.»
(Bonn 1864); Düntelberg, — zur Feier
des - rigen Beftehens der königl. landwirtſchaft⸗
lihen Akademie PB.» (Bonn 1872).
Boppenburg, |. unter Nordjtemmen,
Popper (David), —— geb. 18. Juni
1816 zu Prag, war, Schüler Goltermanns am
dortigen Konjervatorium, 1868—73 erſter Cellift
an der wiener Hofoper und lebt feitdem ohne En:
gagement, auf häufigen Kunftreifen in den Haupt:
ſtädten Guropa3 auftretend, Seit 1872 ift er ver:
mählt mit der Klavicrvirtuofin Sophie Menter. B.
ſchrieb mehrere Solojtüde für fein Inftrument,
Poppi,mittellat. l’opium, Stadt inderital. Pro:
vinz und im Bezirk Arezjo, alter Hauptort des Caſen—
tinothals, auf einem Hügel recht3 über dem Arno,
445 m über dem Meer, hat (1881) 2213 (Gemeinde
6832) E., ein Kaftell mit hohem Turm, 1274 von
dem florentin. Dombaumeiſter Arnolfo del Cambio
erbaut, ein Gymnafium, eine öffentlihe Biblio:
thek, Tuchfabriken und Weinbau Um 39 km
nordweitlic von P. liegt eine 1262 erbaute Kirche,
bei welder 11. Juni 1289 die Schlacht von
Campaldino zwiſchen Florentinern und Aretinern
ſtattfand, in welcher der 55 Dante mitfocht.
öppig (Eduard Friedr.), Reiſender und Natur:
foriher, geb. 16. Juli 1798 zu Plauen i. Vogtl.
widmete ſich feit 1815 naturwiflenfchaftlihen und
mediz. Studien auf der Univerfität Leipzig. Im
J. 1822 ſchiffte er fid in — nach Cuba
ein. Nachdem cr 1822—24 Cuba bereiſt hatte,
ging er nad) den Bereinigten Staaten von Amerifa,
wo er bejonders im Innern von Pennfylvanien
jeine Forſchungen en bereifte dann feit Ende
1826 die mittlern und ſüdl. Provinzen von Chile,
erſtieg im Febr. 1829 zuerjt den Vulkan von Antuco,
ging dann zur Eee nad) Lima und weiter über die
Cordillera nad) den Urwäldern der Provinz Maynas,
wo er in ndianerbörfern an zwei —*— verlebte.
Mit höchſt intereſſanten botan. und zoolog. Samm⸗
lungen tehrte er gegen Ende 1832 in die Heimat
zurüd. Einen ausführlichen. Bericht über feine
Reiſe lieferte B. unter dem Titel «Reife in Chile,
Beru und auf dem Amazonenftrom» (2 Bde., Lpz.
1835, mit Atlas). Seit 1833 wirkte er als aufer:
ord., jeit 1845 als ord, Profejjor der Zoologie an
der Univerfität Leipzig, wo er kei um die Be:
gründung, Vermehrung und wiederholte Aufitellung
deö 300 seilhen Mujeums fehr verdient machte.
P. ftarb in Wahren bei Leipzig 4. Sept. 1868,
Bopräd, Fluß, See und Stadt in Ungarn,
Bipjer ftomitat. Der Fluß P. ift ein Abfluß des
gleichnamigen Sees (auh Popperſee), der in
der Hohen Tätra 1517 m hoch im Mengsdorfer
Zhal liegt, Dereinigt Ri mit dem Dunajecz in Ga:
lijien und ijt 152 lang. Die Stadt $. auch
173
Deutſchendorf, liegt am Fluß P. und an der
Kaſchau⸗Oderberger Eiſenbahn, in ſchoöner Lage,
mit Ausblick auf die Hohe Tatra und hat 1200 E.
(Deutihe und Slowalen) und eine Rapiermühle,
here ſ. unter Optimates.
opularität (lat.), Vollsgunſt, Beliebtheit bei
dem Volle; Gemeinverftändlichteit.
Popularklagen hießen im altenröm. Recht Ala:
gen, deren Erhebung im Wege des Civilverfahrens
jedem röm. Bürger (jedem Mitglied des populus
Romanus) zufteht, obwohl nicht das Privatinterejie
de3 Klägers, jondern ein öffentliches Intereffe ver:
legt it. Der Kläger vertritt hier das Volk, indem
er einer Buße wegen Verlegung öffentlicher In—
tereſſen einfordert. Aber dieje Buße floß nicht im:
mer in die Staatälafle, fondern jehr häufig teil-
weiſe und bei den aus dem prätorifchen Edit er
geleiteten P. gemih fogar ganz in die Tajche
des Alägerd. Solche Klagerechte beitanden in re
ligiöfem Intereſſe zum Schuß der Gräber, im Sn:
tereſſe des Straßenverlehrs zum Zwed der Freihals
tung öffentlicher Straßen und Pläbe und eins (die
actio de albo corrupto) follte fpeziell die Beſchaͤ—
bigung te Belanntmadhungen verfolgen.
Die P. gehören dem heutigen Recht nicht mehr an,
die in Ihnen zur Geltung gebrachten Anſprüche
fönnten nur infoweit no den Gegenjtand eines
Civilprozeſſes bilden, als Privatrechte verlegt wer:
den, welde kraft Bürgerrecht3 von jemandem in
Aniprud) genommen werden dürfen,
Population, |. Bevölkerung.
PBopulationiftif nennt man die auf umfallen:
ben En Daten berubende Lehre von der Bevöl:
ferung (ſ. d.). Die Bezeichnung Ey hauptſächli
durch Bernoullis «Handbuch der B.» (Ulm 1841
in Deutſchland eingeführt worden, wird jedoch in
neuerer Zeit weniger gebraucht und einfach durch
(vergleichende) Bevölferungsitatiftil oder auch wohl
durd den in Frankreich üblichen Ausdrud «Demos
grapbie» erſeht.
Populus, Laubholzgattung, f. Bappel.
Boracampoö(dre} von), ſpan. General, ſ. Ha⸗
len (Don Yuan). x
Porbaudar, —— am Arabiſchen
Meer an der Südweſtluſte der zur oſtind. Präfi:
dentſchaft Bombay gehörigen Halbinjel Kattywar,
zählt (1872) 14563 E. und treibt lebhaften Handel
mit den Küitenpläken Oſtafrikas, ſowie denjenigen
am arab. und perf. Meerbuſen. P. gehört einem
inbobrit. Bajallenfürjten, einem Nadjehputenhäupt:
linge oder Nana aus der Tribus der Saitwas.
Porchow, Kreisſtadt im ruf. Gouvernement
Pſtow, lint3 am bier ſchiffbar werdenden Schelon,
mit (1882) 3924 E., treibt bedeutenden Handel
mit Flachs und Getreide.
oreia, ſ. Porcier.
orcier iſt der Name eines röm. plebejifchen
Geſchlechts, das erjt im 3. Jahrh. v. sn. erwähnt
wird. Von den Familien, die diefen Namen tru:
gen, iſt die, weldhe den Beinamen Cato (f. d.) führte,
die berühmtejte durch Cato Cenſorius, der fie in die
Familien der Nobilität einführte, und durd feinen
Urentel Cato Uticenfis, Eine Tochter des lettern
von Atilia war Borcia, die Erbin der republis
fanifchen Gefinnung ihres Baters und durch reinen
Wandel ausgezeichnet. Sie war zuerjt mit Marcus
Bibulus, dem Konful des Jahres 59, verheiratet,
der 48 v. Chr. ftarb, Im N. 45 vermäbhlte fie ſich
mit Marcus Brutus, Auf die Nachricht von dem
174
Derluft der Schlacht bei Philippi, in der aud) ihr
jüngerer Bruder, Marcus Borcius Cato, nad)
tapferer Gegenwehr den Tod gefunden hatte, tötete
fie jih in Nom 42 v. Chr. ‚
Bordenöne, mittellat. Portus Naonis, deutich
Portenau, Stadt und Dijtriftshauptort im der
ital, Provinz Udine, am Noncello, Station der
Bahn Cormons:Benedig, hat (1881) 7199 (Ge:
meinde 10007) E., eine got. Domlirche mit Gemäl-
den bed bier geborenen lers Giov. Ant. Licinio,
genannt il Bordenone, einen got. Kommunalpalait,
Baummollmanufaltur, Geidenipinnerei, Papier:
fabrifation und Wein: und Getreidehandel.
Pordenöne, eigentlih Giovanni Antonio
Regillo Licinio, ein Maler der venet. Schule
und Nebenbubler des Tizian, geb. zu Pordenone
1483, bildete ſich nad Giorgione und malte im
Dom feiner Vaterftadt, in Mantua, Bic und
Genua; feine Hauptwerle aber führte er in enedig
aus. Hier malte er unter anderm die Kapelle des
heil. Rochus und mit —* den Saal der Pregadi
und die St. Johannislirche. Vom Herzog Her:
cules II. nad) Ferrara berufen, um die Kartons für
die gewirkten flandr. Tapeten zu zeichnen, ftarb er
daſelbſt im Jan. 1539, angeblid) an Gift. In der
außerordentlihen Schönheit und Glut der Farben
und in der Mürbheit (morbidezza) des Nadten ift
er den meilten andern Benetianern überlegen un
felbit Tizian nur wenig untergeordnet, Seine Werte
gelten in den Galerien nicht felten für die von Ti:
jian, Moretto da Brescia, Giorgione u. ſ. w.
oren (neulat.) nennt man die Zwifchenräume,
welche die Materie, aus der ein Körper beitebt, unter:
brechen; dieſelben ſind meiſt mit Luft, Gaſen oder
Flüffigkeiten, welche zur gegebenen Materie nicht
— gehören, erfüllt. Dan nimmt an, daß die
P. jedenfalls einen höchſt feinen, elaftiichen Stoff
(j. Ather) enthalten, durch deſſen Schwingung
itrablende Wärme, er Hanzung bes Lichts, viel:
leicht auch elektrifche Fe en u.f.w. entiteben.
Die Eigenfhaft aller Körper, $. zu befiken, wird
Borojität genannt. Man bemerkt an den Hör:
pern teils größere, teilö Heinere P. Bald ſchon mit
bloßen Augen ſichtbar, zeigt namentlich das Mikro—
jtop in den feiten Subitanzen aus dem Tier: und
Pflanzenreich in den Wandungen der Gefäße eine
große Menge der feinften P., die für den Lebens:
prozeß diefer Organismen von der größten Wich—
tigfeit find. Bon dem Vorhandenfein von P. in
dichten Hölzern überzeugt man fih, wenn man
Quedfilber unter Benugung des Quftdruds durch
diejelben hindurchprefjen kann. Biele Erfheinungen
jeigen, daß die Scheinbar fo dichten tieriſchen Häute
uch ihre 2 Gasarten und tropfbaren ga :
feiten den Durchgang geftatten. Andere ie s
nungen, die man auf die Porofität von Flüflig:
feiten zurüdführt, find die Verfhludung von Gas:
arten durch diefelben, Auflöjung feiter Körper in
ihnen, VBolumenverringerung beim Vermiſchen ver:
ſchiedener gu figkeiten. Das Eindringen von Dued:
flber in Gold, Silber, Zinn, Blei u. ſ. w., das
Einfaugen des Wajjers in ydrophan unter Ent:
widelung von Luftblafen, das Durchdringen des
Marmors von gefärbten harzigen Auflöfungen
laſſen — auf das Vorhandenſein von P. in
dieſen örpern ſchließen.
In phyſiolog iſchem Sinne verfteht man un-
ter Boren die Nusgangsmündungen der Schweiß:
drüfen in der Haut tierijcher Körver.
Pordenone — Porphyr
—— f. Tahiti.
oridma (grd)., ———— Folge⸗
ſatz, Folgerung; porismatiich, aus einem Gab
gefolgert; Borijtil, die Theorie des mathema—
tiichen Beweiſes.
Porjetichje, Kreisitabt im ruſſ. Gouvernement
Smolenst, an der Kaſplia, 87 km nordweitlid von
der Gouvernementsſtadt, mit (1882) 4651 E,, it
ein Stapelplap für Getreide, Flachs, Leinöl, Lein-
ſamen, Federn und Tabak, welde Gegenjtände
meift na Wr verichifft werden.
‚Bornie, Stabt im franz. Depart. Loire-Infe⸗
rieure, Arrondifjement Paimboeuf, nördlich an der
Vai von Bourgneuf, Station der Linie Ste.
Pazanne:P. der Franzöfiihen Staatsbahnen, hat
(1881) 1809 E. ein Schloß aus dem 13. und
14. Jahrh., einen Sechafen, Handel mit Getreide
und Barec:Niche, eifenhaltige Mineralquellen, jehr
befuchte See: und warme Sandbäber.
—— Stromſchnellen des Dnjepr (f. d.).
ororoca, Naturerfheinung an der Mündung
bes Amazonenſtroms (j. x: -
oros, griech. niel, ſ. Kalauria.
oroſitãt, ſ. unter Poren.
orotypie, ein Kopierverfahren bezwedend,
von mit Feitfarbe genommenen Buch⸗ Stein: oder
Kupferdruden Kopien zu —— Neuere voll:
fommenere Berfabrungsweiten haben dieſe Me:
thode wohl gänzlich verdrängt.
Porpezit, eine in Brafilien (in der Capitania
a vorfommende Varietät des gebiegenen
olde, die gegen 10 Proz. Palladium enthält.
— nennt man im weitern Sinn jedes
Geſtein, welches in einer, dem bloßen Auge dicht
oder homogen eriheinenden, ober ganz feinförnigen
Grundmafle größere, rundum ausgebildete Ary:
ftalle irgend eines Hlineral⸗ ſcharf hervortretend
enthält. Je nad) der Natur des lehtern unterſchei⸗
det man allgemein z. B. Quarzporphyr, Feldſpat⸗
(Orthollas:, Labrador:)P., Leuzitporpbyr, Horn:
blendeporpbyr, Glimmerporphyr, Augitporpbyr.
Die P. find nur beiondere Strufturformen von
andern Mafiengefteinen, bei welchen die minera-
liſchen Gemengteile alle mehr oder weniger bie:
jelbe Größe beißen. Doch hat man ſich neuerdings
allmählid daran gewöhnt, nur die mit einem ol:
hen charakteriſtiſchen Gefüge verjehenen Felsarten,
welche fih durch einen Gehalt an monollinem
DOrthoflasteldfpat auszeichnen, Borphnte, alle
diejenigen, in welchen plagioflaftiiche trilline Feld
jpate die Hauptrolle ſpielen, Porphyrite zu nen:
nen, und man unterideidet von diefem Geſichts—
punft aus: 1) Quar;porphyr, auch Felfitporphyr
— mit ausgeſchiedenem Quarz, meiſt auch
rthoflas in ſehr kieſelſäurereicher Grundmaſſe;
letztere, welche dem bloßen Auge bald feldſpatä
lich, bald hornſteinähnlich, bald, im verwitterten
Auftanb, tbonähnlich erſcheint, ift, wie das Miro:
ſtop lehrt, vielfach ein äuberit feines Gemtenge von
Quarz und Feldipat; das Geftein entipricht {amt
durch feinen Mineralbeitand und —J— in ſeiner
chem. Bam enfehung den förnigen Graniten.
2) Quarzfreier B., ohne Quarz, bloß mit Orthollas,
da3 Aquiwalent der Syenite. 3) Dioritporphyrit
in deſſen Grundmaſſe außer den Plagioklafen aud
häufig dunkler Glimmer oder Hornblende hervor:
— das en — —B
orphyrit, welcher außer Plagioklas a
—* ausgeſchieben aufweiſt, die porphyriſche Mo:
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Porphyrbreccie — Borree
dififation der Diabafe. Früher begründete man
die Unterfcheidung von PB. und Porphyrit auf bie
An: oder Abweſenheit von erlennbaren Duar;.
Die eigentlihen quarzführenden P. find weitver:
breitete Eruptivgefteine, welche in der Form von
Gängen, Kuppen, Deden vorlommen, und nanıent:
fi während der Gteintohlenformation und der
Ablagerung des Notliegenden, auch ftellenweije
noch während der Triaszeit an die Oberfläche ge:
drungen find. Viele Porphyrarten haben von
jeher Anwendung in der Architeltur und jelbit in
der Bildhauerkunjt gefunden, zu Säulenjdäften,
Foftamenten, Vajen, Badewannen, Särgen und
mancerlei Verzierungen, und dadurch find eine
Menge nichtwiſſenſchaftlicher —— und
Benennungen derjelben entſtauden, I 9. Porfido
rosso (roter ägypt. Borphyrit), Porfido nero, Por-
fido bruno, Porfido verde (Zabradoritporpbyr aus
Sacedämonien), Mordiglione u. ſ. w. Die Nömer
verwendeten den P. in der Bildhauerei meift nur
zu Gewändern, aus denen Köpfe von weißem Mar:
mor bervorfhauten. Die grösten befannten ver:
arbeiteten Porphyrmafien find zwei Sarlophage
im vatitaniihen Muſeo Pio Clementino aus dem
Zeitalter Konſtantins. Ferner find hier zu nennen
die gewaltigen Schalen in der Rotunde desſelben
Muſeums und das große Gefäß aus der Halle
des Pantheons, gegenwärtig am Grabmal Ele:
men3’ XI. in der Lateranlirche. Daran reiht jich
ber Dbelist Sirtus’ V. in Rom und bie Säule der
Eultan:Balide in der ehemaligen Sophienkirche in
Konitantinopel, deren Schaft 12 m mißt. Gegen:
wärtig findet nıan jehr große Porphyrmonolithen
in BeterZburg. j
ephyrbreccie, ein plaftiiches Geftein, bei
—— Bruchſtücke von Porphyr
durch ein Cement verbunden at welches bald
ſelbſt aus kryſtalliniſcher Borphyrmafie, bald aus
feingeriebenem Porphyrſchutt beiteht. Im eritern
Fall ift die B. auf dem Wege der Eruption gebildet,
im lehtern bat die dann auch meijt wohl gefchichtete
delsart ſedimentãren Urjprung.
orp t, ſ. unter Porphyr.
orphHYrins, neuplatoniſcher Philoſoph, Schũ⸗
ler des Plotin, hieß eigentlich Malchos. Er war
geb. 233 n. Chr. zu Batanea oder zu Tyros, lehte
met in Rom, wo er nad) Plotins Tode Philo
ſophie lehtte und 305 ſtarb, und beſaß eine ausge—
breitetere Gelehrſamleit ala Plotin, erreichte ibn
aber nicht an Tiefe. Unter feinen Schriften find
bervorzubeben: die «Vita Pythagorae», die Ab:
bandfung «De abstinentia ab esu animalium» und
die »Epistola ad Marcellum» (alle drei herausg.
von Naud, Lpz. 1860); ferner «De philosophia ex
oraculis haurienda» (herausg. von Wolff, Berl.
1856), «De antro nympharum» (herausg. von
Göns, Utrecht 1765) und die «Epistola de diis,
daemonibus etc. ad Anebonem» (mit Jamblichus
berausg. von Gale, Orf. 1678), vor allem aber die
im Mittelalter viel benubte, vor fajt allen Aus:
gaben des Ariftotelifchen «Organon» gedrudte »In-
troduetio in categorias Aristotelis sive de quinque
vocibus». Auch lieferte er eine Lebensbeſchreibung
Plotins und orbnete deſſen Schriften in ſechs En:
Gegen das Chriftentum fchrieb er (um
270) 15 er, gelebrter und jcharfjinniger als
alle andern beibnii en Scriftiteller. Widerlegt
wurde er vom Biſchof Methobius von u. Das
Berk des P. wie die Widerlegung des Methodius
175
lehtere wegen ber für pefäbrli geadhteten Citate,
at der Gier der dhriftl. Kaiſer Valentinian I. und
heodoſius I. vernichtet. Das meilte daraus findet
fid) bei Hieronymus. Wal. Bouillet, «P., son röle
dans l’&cole n&oplatonicienne» (Par. 1864).
ONE (grch., «der im Purpur
Ge ern) einame des byzant. Kaiſers Kon:
ſtantin VII.
orphyroide hat man Geſteine genannt,
welche zwar inſofern den maſſigen eruptiven au
phyren gleihen, al3 auch bei ihnen in einer dem
bloßen Auge — erſcheinenden Maſſe Kryſtalle
von Feldſpat und Quarz ausgeſchieden liegen,
welche ſich aber durch ihr Auftreten in Schichten
und durch ihre ſchieferige Strultur von den echten
Porphyren untericheiden. Durch ihre geolog. La:
— — geben fie ſich als zu der archäi—
hen Öruppe der Eryitalliniihen Schiefer gehörig:
Glieder fund und ftellen wahricheinlich porphyriſch
ausgebildete Gneife bar; fie find namentlid aus
dem öftl. Norbamerila und Schweden befannt.
Porphyrrhamnin, Farbitoff,f.u.Harmalin.
Porphurfchiefer, ſ. Phonolith.
Porpöra Micolo), berühmter ital, Komponiſt
und Singmeijter, geb, zu Neapel 19. Aug. 1686,
erhielt feine Bildung auf dem Konfervatorium
Sta.:Maria di Loreto und begann feine Laufbahn
als Komponift mit ber Dper «Basilio», Im J.
1712 gründete er in Neapel jene berühmte Geſang—
ihule, aus ber viele ber — Sänger un
Sängerinnen des 18. Ja N; ervorgingen, und
1719, wo feine Oper «Faramondo» in Keapel
einen glänzenden —* hatte, wurde er als
Maẽſtro (Direktor) am dortigen Konſervatorium
Degli Poveri di Gefü Ehrifto angeſtellt. Im J.
1726 fam er als Maẽſtro an das Konſervatorium
Degli Incurabili nach Venedig, ging aber ſchon
1723 als —— und Kompoſitionslehrer der
Kurfürſtin und als Hoflapellmeiſter nach Dresden.
Don ba reiſte er 1729 das erſte mal, und 1733,
nahdem er feine Stelle in Dresden aufgegeben,
ein zweites mal nad London, wo er den durch
Händels Widerſacher in3 Leben gerufenen Opern:
unternehmungen vorftand. Später hielt er fi) bis
1746 zumeijt in Benedig auf und begleitete hierauf
den Geſandten diefer Nepublit nah Wien, wo er
unter andern aud Haydn zum Schüler Hatte.
Gegen 1760 übernahm P. wieder in Neapel die
Stelle al3 Maöjtro am SKonfervatorium Sant’:
Onofrio und als Kapellmeiiter an der Kathedrale.
Gr ftarb im Febr. 1766 nad andern 1767). Di:
Zahl feiner Opern beläuft ſich auf mehr als 50.
Daran fließen fi verfhiedene Dratorien und
zahlreiche andere größere und Heinere Kirchenſachen,
eine große Zahl von Kammtercantaten, von denen
er 12 wertvolle Stüde in London druden ließ, und
verſchiedene Sonaten für Violine und Baß, Streich):
trios und Klavierſtücke. Der Stil in allen dieſen
Produktionen ijt wejentlich der damalige italienifce,
aber P. beſaß reihere Erfindung und größere Ge—
wanbtheit in den verfchiedenften Fächern der Hoxıs
pofition, al3 die meilten feiner Landsleute,
orporino, j. Hämatinon.
orgquerolles, eine der Hyeriſchen Inſeln (f. d.).
orree, Spanijder Sau „Eſchlauch,
eine in den Gemüfegärten fait allgemein kulti—
vierte Lauchart (Allium porrum L.). Sie ijt durch
einen 60—80 cm hoben, derben, bis zur Mitte
beblätterten Stengel, flache, graßartige, unten
176
elielte Blätter, eine aus vielen, langgeftielten, wei:
n Blüten gebildete, fugelrunde Dolde und eine
kugelige, mit Häuten überzogene Zwiebel charalte—
rihtert. Diele Pflanze gibt eine beliebte Suppen:
würze und wird in manden Gegenden auch zur
Bereitung eines kräftig und angenehm ſchmedenden
Genüfes benust. lan hat in den Gärten eine
Anzahl von Sorten, welche fi faum durch mehr,
als durd ihre Dimenfionen, insbefondere durch die
Länge und Stärke ihres Stammes unterjcheiden.
Veſonders beliebt find der erfurter Winterporree
und der kant. lange oder Sommmerporree, dieſer
hauptſächlich durch Feine ——— ‚Eine Spiel:
art des P. it ver BPerllaud, der feinen Samen
trägt un I ausichliehlib durch Brutzwiebeln
—— —— läßt. Unſere dart
tammt wahrſcheinlich aus Agypten, wo fie nad)
Plinius von vorzüglicher Güte war.
orreutruy, Stadt, ſ. Bruntrut.
orretanus, j. Gilbert (de la Porrie).
orretta, Fleden in der ital. Provinz Bologna,
Bezirk Vergato, linls am Reno, im Etrusliſchen
Apennin, Station der Eiſenbahn Bologna: Riftoja-
lorenz, hat (1881) 1296 (Gemeinde 3726) E., und
a Schwefelquellen von 36° 0.
orrch, |. Borree, ,
Porrigo (lat.), älterer Name für verſchiedene
Hautkrankheiten; P. decalvans, der umfchriebene
Haarſchwund (f. d.); P. favosa, der Erbgrind (f.
Favus); P.larvalis, der user! 1.55; 2.
scütülata s. tonsoria, die jcherende Flechte
ober der Ringworm. (S. Herpes.
orron, j. Citra. ,
orfanger:Fjord, Meerbufen de3 nörbl, Eis—
meers an ber norweg. Nordfüfte, dringt dicht öftlich
vom Nordlap ins Land hinein. Bei 140 km Länge
ift er 10—20 km breit. FR
oröberg (Bohr Der). f. unter Billnis.
orſch, foviel wie Porſt, ſ. unter Ledum.
orſenna war nad) der Sage zur Zeit der Ver:
treibung des Königs Tarquinius aus Rom König
der etrusk. Etadt Clufium. Tarquinius fuchte mit
den Eeinen bei ihm Schuß, und P. zog nach ber
fagenhaften Überlieferung 507 v. Chr. vor Ron,
in das er eingedrungen wäre, wenn nicht Horatius
Cocles —8 ihn aufgehalten Jane Die Uner:
fhrodenheit des Mucius Scävola (f. d,) foll ihn
bewogen haben, auf Unterhandlungen einzugehen,
und als er die Treue der Römer aus der Ausliefe:
rung der Clölia, die mit andern zu Geifeln gege:
benen Di afen ihm entflohen war, ertannt
batte, joll er fich freundlich gegen die Nömer be:
wiejen, ihnen die Vorräte feines Lagers überlafien,
das Verlangen der Wiebereinfekung des Tarqui:
nius enigeneoen, ja fogar das Gebiet, das fie nad)
feinem Willen den Bejentern zurüdgegeben hatten,
ihnen wieder zugeftellt haben,
Pordgrund, norweg. Seeſtadt in Bratsbergs:
Amt, zu beiden Seiten des aus dem Nordjjö
fommenden Stienselv, der bier in eine Bucht
des Friersfjords mündet, ift Station der Linie
Drammen:Stien der Norwegiihen Staatsbahnen,
mit (1875) 3453 E., treibt, bebeutenden Holz:
und Eishandel, hat eine Navigationsſchule, See:
verüiherungsanftalten, MWerfte und mechan. Werl:
ftätten. Die Handelsflotte der Stadt zählte
(1882) 81 Schiffe von 33202 t.
Porfon (Richard), nächſt Bentley der größte
engl. Kritifer, geb. zu Eaſt-Ruſton in Norfolk
Porrentruy — Port:au: Prince
25. Dez. 1759, erhielt feine Schulbildung in Eton
und ging dann nad Cambridge, wo er Profefior
der griech. Sprache wurde, feine zuge jedoch
wieder aufgab, da er die 39 Artilel, das Symbolum
der engl. Kirche, nicht ———— wollte. Gr
wurde nadhmals ——— er Royal⸗Inſtitution
in London und ſtarb daſelbſt 25. Sept. 1808. Gr
lieferte eine Tertrecenfion des Uſchylus (Glasg.
1794; 2 Bde., Lond. 1806) und eine trefiliche Bear:
beitung von vier Tragödien des Curipides, nämlich
der «Decuba», dem «Ürefte3», den «Bhönijien» und
ber «Medea» (Cambr, 1795), wovon Schäfer einen
vermehrten Abdrud bejorgte (Lpz. 1807; 3. Aufl,
4 Bbe., Lpz. 1824 u. Lond. 1835). Aud) hatte er
Anteil an der auf Koften der Brüder Grenville ge:
drudten Prachtausgabe de3 Homer (4 Bde., Drf.
1800). Nad) feinem Tode wurden aus feinen ‘
pieren von Mont und Blomfield «Adversaria»
(Lond. 1812; wiederholt, Lpz. 1814), von Dobree
«Notae in Aristophanem» (Gambr. 1820), «Photii
Lexicon» (2 Bde., Lond. 1822) und von Gaisforb
in den «Lectiones Platonicae » x f. 1820) feine
«Notae ad Pausaniam» u, a. amt gemadht.
Vol. «Watfon, «Life of Richard P.» (?ond. 1861).
Porſt, Pflanzenart, f. unter Ledum.
Hort-Abelaide, j. unter Adelaide,
ort: Alfred, Hauptitadt de3 Diſtrilts Ba—
thurſt (f. d.) in der brit. Kaplolonie.
Port:Antonio, Hafenftabt und Hauptort bes
Kirchſpiels Portland (1878 27918 E.) auf der
Nordküfte der brit. Inſel Jamaica in Weftindien.
ort:au:Prince oder Ye Port Republi—
cain, die Hauptitabt und der Hauptbafen der Ne:
pubiif Haiti in Meftindien, Hauptort tes Weit:
epartements, Siß eines Erzhiſchofs, des ober:
ften Gerichtshofs, eines Civil:, Kriminals und
Korrektionztribunal® , eines Handelstribunals,
liegt an der Weitlüfte der Inſel, im Hinter:
runde der nad ihr benannten Bai oder ber
Füdaftl, Bucht des großen Golf von Gonalves,
gegenüber der Inſel Gonave, in einer niedrigen
und ungefunden Marfchgegend, welche von Bergen
mit zablreihen Kaffeeplantagen umjcloffen und
beherrſcht ift. Die durch drei Forts verteidigte Stadt
hat breite und gerade, aber ungepflafterte und ſchmut⸗
zige Straßen. Die Häufer find größtenteild aus
Holz, nur wenige aus Stein aufgefahrt faft durch⸗
weg ein, höchſtens zweiltödig und nur (eicht gebaut
wegen der Erdbeben, welde bie erit 1745 gegrün:
dete Stadt wiederholt (namentlid) 1751, 1770, 1830
und 1842) heimgeſucht haben. Die anfehnlichiten
Gebäude find der Balaft des Bräfidentenam Parade:
plaß und das Senatshaus. Die Stadt hat eine
Kathedrale, ein Lyceum, ein College, mehrere San:
cafterichulen, ein Zollhaus, eine Münze und ein
Hospital und zählt etwa 35000 E, Der Hafen iſt
gut und mit Ausnahme von Auguft bis November,
wo Orlane eintreten, ganz fiber. Der Ha
ift zwar nicht mehr fo bedeutend wie in
Zeiten, aber immer noch beträdtlid und b
auptiählid Mahagoni, Blau: und Roth
Kaffee, Kotosnüffe, Kalao, Baumwolle, Gummi,
Made, Sonig, Ochſenhäute und Kupfer zur Aus:
fuhr. Cingeführt werben befonders Induſtrie—
erzeugniffe, Zuder und Spirituofen. 2. iſt Sitz
des deutſchen Konſulats für die Dominicanif
und die Republik Haiti. Die, beutfchen 1
fran. und jpan. Poitdampferlinien nad Weit:
ndien legen bier an,
f I |
] 1J \LOOQYIE
— — J⁊a
Port-Blair — Port: Said
Port: Blair, Hafen auf ber Inſel Sübanda:
man, f. unter Andamanen.
Bort: Gaftried, Hauptitabt der brit. Antille
Eta.:Lucia, f. Caſtries.
ort:Glarence, f.u. Stodton upon Tees.
ort⸗·Coruwallis, Hafen auf der Inſel Nord:
andaman, f. unter Andamanen,
ort de la Nouvelle, f. unter Narbonne.
ort de Paix, Hafenitabt an der Nordküfte der
Inſel und der Republik Haiti, Hauptort des Nord:
weitdepartement3, Eis eines Civil:, Kriminal:
und Korrektionstribunals, einer deutfchen son:
fularagentur , bat 2600 E. und führt Haffee und
Bauholz aus. P. wurde 1660 als die erite franz.
Niederlaffung auf der Inſel gegründet.
Port du Moule, Stadt a Guadeloupe (f.d.).
ort d'Urban, Stadt in Natal, f. Durban.
ort: Egmont, ſ. unter Jaltlandsinfeln.
Port: Elifabeth, Stadt in der Kaptolonie, ſ.
ee beth (Bort:).
du mine, ſ. Famine (Port:).
ort⸗Glasgow, Stadt in der ſchott. Grofigeft
Renfrew, lint3 an der Mündung de3 Clyde, Sta
tion der Linie So tonesGreenod der Glas om:
und —— n und der — —
bahn (Carlisle:Greenod), welche bier na Wempp-
Bay abzweigt, hat (1881) —— E., Dods, Sei:
lereien, Buderta inerien, Schiffs werfte und Ketten:
fmieden, 1658 als See F Glasgows ge:
gründet, hat ge Austiefung de3 Clyde ftromauf
bis In ow feine frühere Bedeutung verloren.
ope, Sana, in ber Provinz Ontario
vi Desinien Ganada, am Nordufer des On:
—— t (1881)
ndfon, Mohdrf in Eaſt Feliciana
gi norbamerif, Staate Louiſiana, linls am
Miſſiſſippi und an der Clinton: und ort:Hudfon:
arg n, Ar agH t 35 km oberhalb Baton Rouge.
uni 1863 ftürmte General Banl3 den ftart
ieh Drt und machte über 6000 fonföderierte
Soldaten unter General Gardner zu Gefangenen.
Bort-Huron, Cinfuhrhafen und Stadt im St.:
Clait County im nordamerit. Etaate Michigan,
rechts am St.Clair⸗Fluſſe und an —— des
Vladfluffes, 3 km vom Südende bes Huronſees,
(1880) 8383 E., eine Stadt: und eine County:
alle, eine Hochſchule ein Opernhaus, Gas: und
Waſſ erwerle eine Schiffswerte, Getreide: Gleva:
tors, — Wagenfabriken. Das neue Ber:
einigte Staaten: Jollhaus foftete 250000 Doll, und
wurde 1877 vollendet.
rt: —— ſ. unter Suez.
„ſoviel wie Puerto de Jslay.
ort: kon. Hafenbucht der brit. Kolonie
Reufüdwa — in Auſtralien. (S. unter Sydney.)
wis, f. unter Falllandsinfeln.
ort⸗Louis, Hauptitadt von Mauritius (f. d.).
ort: Mahon, over Buerto:Mahon, f.Me:
alte. Ne si Rot.
. imojto
Beet,
ar eyain, —55 der brit.:weftind.
—
Säle in ber f&hott. Graf:
von nt.
ill Mater, f. u. Nelbourne.
licain, f. PBort:au: Prince.
oyal, früherer Name der Stadt Anna:
polis (f. d.) in Neufchottland.
Eonverfations» Leriton, 13, Aufl. XIII.
varıfb
177
Port:Royal, Stadt auf der Sübküfte der brit.
Inſel Jamaica, auf der äußerften Weitipipe einer
! malen Landzunge, Do. e bie Hunt-Bay im Süden
abſchließt, Hauptitation der engl. Kriegsmarine in
Meftindien, bis 1722 Hauptftabt der Inſel, hat
14000 E., einen befeftigten Hafen, Schiiiswer te,
ein Marinehofpital, Arjenal und Stafernen.
Port:Royal:ded:Champs, ein Ciftercienfer:
nonnenklojter unweit Verſailles, 1204 geitiftet,
fpielte in der Geſchichte des Janfenismus eine große
Rolle. Schon 1626 hatte die Ubtiſſin Angelica,
Ant. Arnaulds Schweiter, durch Anlegung eines
ilials in der VBorftadt St.: ‚Jacau ues zu Paris, weL
es zum Unterſchied von dem Mutterkloſter Port:
oyal»de: Paris genannt wurde, ihr Kloſter in
nähere Berbindung mit den parifer Theologen ge:
fept. Die Nonnen von P. bekannten ſich unter der
Leitung ihres Beſchühers, des Abts von St.:Eyran,
ean Duvergier d Hauranne, zu ben Anfichten der
anjenijten und bebarrten auch darin, zumal da
ih um 1640 die beredteften Theologen und Ber:
fechter des yanfenismus, Nicole, die Brüder Ar:
nauld und Yemaitre, bei ihrem Rlofter in einem
bejondern Gebäude, des Granges genannt, anſiedel⸗
ten, die Büßungen und Arbeiten der Nonnen teilten
und eine Klofterichule errichteten, die dem lodern
Jeſuitismus eine reinere Moral, eine gründlichere
gelehrte Bildung und verdienftliche Ber Pferungen
in der Methode des Unterrichts entgegenfebte.
berühmte Anna von Bourbon:Eonde, Herzogin von
Longueville, 309 ebenfalls in des Klofters ähe und
wurde Beichügerin der Janfeniften; Boileau war
Fi Freund und Racine, der aud) eine Ge chichte von
(1693, beite Susgabe von Mesnard, Par. 1865)
jörıb, ib Schüler. Die Nonnen verweigerten
KB Unte hrift der Bulle Aleranderd VII. gegen
yonfene FR Eäte und erhielten fi, felbit als
re Befchüger vertrieben worden waren, allerdings
nur durch vorübergehende Unterwerfung unter die
hf des Erzbiſchofs von Paris, bis ihre Stand:
baftigkeit im Vekenntniſſe des Sanjenismus 1709
ufhebung und 1710 die völlige derjtörung
— Klofter durch die parifer Polizei zur Folge
tte, Vol. Reuchlin, «Gedichte von Bort:Royal»
2 Bde., De b. 1839—44); Gainte-Beuve, « ort:
Konals (5 Boe., Kar. 1800: Beard, «Bort:
Royal» (2 Boe., "Far. 1861).
Bort:Caid, Stadt an der Mittelmeerküfte
Aghptens, am Eingange zum Sueztanal, am Dit:
ende einer Sand: und Sumpfinfel, welde einen
Teil der fandigen Nehrung bildet, die den Menzaleh:
fee vom Meere trennt. Die Straßen find breit und
regelmäßig angelegt, die Häufer meijt auf Pfählen
aufgebaute, leichte Badfteingebäude. er 1860
— — rt zählt (1883) 16560 E., macht aber
feine raſchen Fortfchritte mehr. Die Bevolierung
beſteht zur groͤßern Hälfte aus Eingeborenen, zur
Hleinern aus den verichiedenften Europäern, unter
benen Franzoſen vorherrſchen. Die nlegung des
Hafens, in weldhen 1880 1427 Schiffe von 993893 t
(davon 746 Dampfer von 956285 t) einliefen und
welder 230 ha Flaͤche bei 8 m Tiefe einnimmt, ift
außerordentlich a. geweſen. Zwei Molen von
1600 und 2250 m Länge fhüßen den Eingang. Auf
der Sandnehrung erhebt fich der 53 m hohe Leucht⸗
turm, einer der höchſten ber Erbe. Weiter weit:
Lich liegt das Araberviertel mit einer Mofchee. Die
100—150 m breite, durch ſchwimmende Boien, be:
ziehungsweiſe rote und grüne Leuchtfeuer bezeichnete
12
178
ee führt zu den an ber Weſtſeite des
u en Baſſin Ismail gelegenen er men +
erftbafjin und Baflin:Cherif, an welchem ic
großartige Etabliſſements erheben, beitehend in
Yagerhäufern, Kais, Kranen, Schiffahrts- und
re a Te Bazar u. f. w., welde Brinz
einrich der Niederlande auf eigene Koſten anlegte,
1882 nad} dem Tode des Prinzen geſchloſſen, jpäter
von der engl. Regierung gelauft wurden und jehtals
Kaſerne, Militärdepöt ac. benugt werden. P. iſt
Sih des Generalgouverneurs für den Suezlanal
und eines beutichen —— und Station aller
das öſtl. Mittelmeer befahrenden Dampferlinien.
Port⸗ Saiute⸗Marie, Stadt im franz. Depart.
Lot⸗et· Garonne, Arrondiſſement Agen, rechts an
der Garonne, Station der Linien Bordeaux-Cette
und B.:Condom:Gauze der Sübbahn, hat (1881)
1636 (Gemeinde 2518) E., Leinen: und Baummolls
induftrie und Handel mit Obit und MWeintrauben,
rt:Stanley, |. unter Jalllandsinieln.
ort:Toiwndend, Pojtdorf und Hauptort von
efferfjon County im nordamerifan. Territorium
afhington, liegt weitlid am Admiralitäts: niet,
nahe der Straße Juan de Fuca, bat einen guten
Hafen, Handel und Fiſcherei und (1880) 917 E.
ort:Bendres, befeitigte Hafenſtadt im franz.
Depart. —— es, Arrondiſſement Ce—
ret, am Mittelmeer, 4 km weſtlich von dem zu
203 m Höhe auffteigenden Vorgebirge Bear (mit
Leuchtturm eriter Klaſſe), einem Ausläufer der
Monts Alberes, Station der Linie Narbonne:Ber:
pignan:Portbou der Südbahn, bat (1831) 2813
(Gemeinde 3311) E., Seebãder, Schiffbau und be:
deutenden Handel mit Getreide, Wein, ÖL, Früch—
ten, Volle u. f. w. Der mit mehrern Leuchtfeuern
verjehene Hafen, der einzige fichere zwiſchen Mar:
feille und der franz.sfpan. Grenze, bat eine Tiefe
bis zu 13 m und vermag gegen 500 Schiffe aufzu:
nehmen. Hier beginnt das unterjeeiiche Tele—
graphenfabel nad) Algier. [Sedellen.
etMWictoria, Hafen der Inſel Mahe, ſ. u.
rta (Baccio della), berühmter ital, Maler,
f. Bartolommeo (Fra).
Portae Caspiae, j. Caspiae portae.
orta-&ement, |. u. Porta Westphalica,
ortadoton, Stadt in der Grafihaft Armagh
der iriſchen Provinz Ulfter, an dem bier ſchiffbar
werdenden River Bann, von dem wenig oberhalb
des Ortes der Newrylanal abgeht, Kreuzungspunkt
der Linien Belfait-Zisburn:Cloned:Cavan und Du:
blin:Drogheda:Newru:Omagb der Great:Northern:
babn, hat 3568 E. Yeinmweberei und Handel.
ortneld (ob. Franz), belg. Geſchichtsmaler,
geb. zu Vilvorde 1. Mai 1818, erhielt jeine Bildung
in Brüffel unter Navez und in Baris unter Baul
Delarodhe, erwarb 1842 den röm. Preis und hielt ſich
nun mehrere Jahre in Stalien auf. Bon 1847 bis
1850 leitete er die Kunſtalademie zu Gent; fpäter,
nad mehrfachen Reifen, namentlich in den Orient,
wurde er Brofeflor an der Kunftatademie zu Brüſſel
(1847—50), an die er 1882 aufs neue als Direltor
berufen wurde. Seine Arbeiten ald Genre: und
Worträtmaler (feine weiblihen Porträts find vor:
zuglich —— t) find überaus zahlreich. Zu feinen
bervorragen ten Bildern gehören: Fatma la Bo-
h&mienne, ein Leihenzug in der Wüfte von Sue;
(1848), die griechiſche Spinnerin, junge Frau aus
der Umgebung von Trieſt, Judenmädchen aus
Kleinafien, der Selbitmord des Judas, die Jung:
Port:Sainte-Marie — Portalis
frau als Zröfterin der Betrübten, Fresfobild auf
Goldgrund im Giebelfeld der Kirche St.:Jacques:
fur:2audenbergzu Brüffel (1851), Freslen in der Ka:
pelle der Jgnorantiner zu Brüffel (1851), Porträt
der Prinzeſſin —— Kaiſerin von Mexiko, 1852
zu Monza gemalt), eine Loge in der Oper zu Peſt.
—_. (fr3., d. i. das Tragen, Fortſchaffen)
beißen in Canada ſolche Stellen an ſchiffbaren Flüf:
fen, über weldye wegen Mangel3 an Fahrwäſſer
Boot und Ladung getragen werden müſſen.
Portage, Ort im norbamerit. Staat Neuyorf,
County Livingiton, mit (1880) 1295 E., bei den
unterjten Waſſerfällen des Geneljee, über welche
in 71 m Höhe eine 244 m lange Brüde führt.
Portage-Eity, Stadt in Columbia County im
nordameri. Staat Wisconfin, an der Chicago :,
Milwaufee: und St.-Paul:, der Wisconfin,Cen:
tral: und der Madiſon⸗ und Portage: Eifenbahn, an
einem ſchiffbaren anal, welder den Upper:For:
River mit dem Wisconfin:River verbindet und jo
eine freie Waſſerſtraße von Green:Bay dem
Miſſiſſippi bietet, hat Fabrikation von Schuhen,
Stiefeln, Wagen und Karren und treibt bedeuten:
ten Handel, beſonders mit Holz. P. hat eine Hoch:
ſchule, zwei Getreide: Glevators, eine Eifengieberei,
eine Gerberei und zählt (1880) 3945 E., unter
welchen viele Deutſche.
Portage⸗Lake, cin 10 km langer See auf ber
in ben Obern See vorjpringenden Halbinfel Ke—
weenam im nordamerik. Staat Midhigan.
Portäl (vom lat. porta, das Thor), Bradt:
tbor, nennt man den reicher geihmüdten Eingang
eine3 Gebäudes, bejonders einer Kirche oder an:
dern öffentlichen Gebäudes. Der Schmud desjelben
—*— nicht nur aus architeltoniſchen Gliederungen,
Säulen, Pilaſtern, Geſimſen, Giebelfeldern, Rund:
ſtäben und Hohltehlen, MWimpergen, Fialen u. |. w.,
ſondern auch in Skulpturen, wie Statuen und Re:
lief. Beſonders reich ausgeſtattet wurden die
Hauptportale der roman. und got. Kirchen, ſowie
der Baläfte ver Nenaiffancgzeit.
Portalegre, Stadt und Hauptort des gleich:
namigen Dilritte (6400 qkm mit [1881] 105247 €.)
in ber — —— Alemtejo, in der Serra de
VPortalegre, Station der Bahn Liſſabon⸗Badajoz.
Biihofsiis, hat (1878) 8699 E. (einſchließlich For:
tios mit 542 und Urra mit 1118 E.), zwei Forts,
eine zweitürmige Kathedrale, ein biſchöfl. inar
und eine große königl. Tuchfabrilk.
ortalegre, j. Borto:Alegre.
ortälis (Jean Etienne Marie), Kultusminifter
unter Napoleon J., geb. 1. April 1746 zu Bauſſet im
Depart. Bar, lieh 8 1765 zu Air als Advolat nie:
der. Beim Ausbrud der Hevolution begab er ſich
nad Paris, wo er jedoch verhaftet und bis zum
Sturz der Schredendherrichaft eingefperrt wurde.
Sodann trat er in Paris ala Advolat auf und ges
langte 1795 als Abgeordneter der Hauptſtadt in den
Nat der Alten. Bonaparte übertrug ihm nach dem
18. Brumaire mit Tronchet, Bigot de Preameneu
und Maleville die Redaction bes ———
Im Sept. 1801 erhielt er Sig im Staatsrat.
dachdem er fchon 1801 die Kultusangelegenbeiten
neu georbnet, auch 1803 Senator geworden, er:
nannte ihn Napoleon im Juli 180% zum Kultus:
minijter. Er ftarb 25. Aug. 1807. er für die
Gedichte des 18. Yahrh. ift fein nachgelafienes
Mert «De l’usage et de l’abus de l’esprit philo-
sophique durant le 18° sidcles (2Bbde., Bar. 1820;
Portament — Borter (Bier)
8. Aufl. 1833). Bol. Lavollde, «D. sa vie et scs
@uvres» FE. 1869). j
ofepb Marie, Graf von P., des vorigen
Sohn, geb. 19. Febr. 1778 zu Air,, ſchlug erit die
biplomatifche Laufbahn ein, trat hierauf ald Ge:
neralfelretär in das Minijterium feines Vaters,
erhielt Si im Staatsrat und übernahm aud) das
Direktorium der kaiferl. Druderei. Am J. 1811
feiner Umter entjeßt, weil er im Intereſſe des röm.
Hofs ein Kabinettsgeheimnis verraten, wurde er
1813 doch zum eriten Bräfidenten am laijerl. Ge:
rihtshof zu Angers ernannt. Nach dem zweiten
Sturz Rapoleons trat er in den Staatsrat, und
Ludwig XVII. verlieh ihm 1819 bie Pairswürbe.
Im 3. 1824 wurde er Praſident ded Caflations:
bof8, erhielt Jan. 1828 im Minijterium Martignac
das Portefeuille der Juſtiz. das er jedoch als Feind
ber Jeſuiten mit dem des Auswärtigen vertauſchen
mußte. Beim Austritt aus dem Minifterium
wurde P. erjter Bräfident am Caſſationshof. Seit
1834 war P. PVizepräfident der Pairsfammer.
Er jtarb 4. Aug. 1858, nachdem er längere Zeit
vorher fein Amt am Gafiationshofe niedergelegt.
P. war Mitglied des Inſtituts. .
Portament (ital. portamento di voce) heißt
im Gefang die Geſchiclichleit des Sängers, die
Zöne einer Melodie jo aneinander zu reihen, dab
man keine Unterbredung bemerkt, fondern daß die
Zöne gleichſam auf: und ineinander fibergetragen
werden. Die größte Kunit dabei befteht darin, daß
der Sänger zur rechten Zeit Atem holt, um den
Zufammenbang der Töne nicht zu ftören. Von
dem menſchlichen Geſang ift die Benennung P.
aud auf die Töne der Inſtrumente übergegangen,
und man verlangt gegenwärtig auch ein porta-
mento di voce (Tragen der Stimme oder bes Ton?)
bei ben Saiten: und Blasinftrumenten.
‚ Bortarlington, Stadt in Queen's County der
irischen Brovinz Leinfter, am River Barrow, Sta:
tion der Great: Southern: und Weiternbahn, die
ier nah Tullamore abzweigt, bat 2430 E. und
Habrifation von Seife, Kerzen, Leber.
etafteine, ſ. unter Porta Westphalica.
ortatile (mittellat.), die Platte mit dem Re:
fiquieninhalt auf dem Altartifch; aud der Trag-
altar (f. unter Altar).
Portatis (fri. Orgue portatif), eine tragbare
Drgel; fie untericheidet ih vom Pofitiv (f. d.) nur
durch ihre Tragbarleit. Am Mittelalter waren die
P. jehr beliebt. Die Stimmen waren meift Rohr:
werte, Schnarrwerle. Das P. lieferte bie Tafelmuſik.
Porta W ca, die Weſtfäliſche
Pforte, im Negierungabezirt und Kreife Minden
der preuß. Provinz Weitfalen, heißt die Berglüde
in ber walbigen Wejerlette oder dem Nordrande des
Bejergebirges (f. d.), durch welche die Wejer aus
dem FH 37 ern gran —ã —— —*
a = nd tritt. glei Pforte und bei
den Anwohnern bie Scharte genannt, iſt dieſer
ruch nicht ein enges, zu beiden Seiten
fteil in ben Strom abfallendes elfen:
thor, ſondern ein ziemlich geräumiges, freundliches
’ der Fluß, die Landitraße am linten
und die Köln: Mindener Eifenbahn am rechten Ufer
ausfüllen. Die beiden Edpfeiler der Pforte find
rechts der Jaloböberg, 181,5m über dem Meere,
140 m über dem Beer) iegel bei Hauöberge, der
Anfang3punlt der eigentlichen Mejerlette, und lint3
der Wittelindsberg, der Anfangspunkt der
Er
179
Mindenfhben Bergkette (Wiehengebirge), 287 m
über dem Meere und 246 m über dem Stromfpiegel,
mit einem 22 m hohen, zur Rundidau erbauten
Turme und daneben der nur nod in den lim:
fafjungämauern, einem rohen Altar und Taufitein
erhaltenen apelle, der Margareten: Klufe, in wel:
cher der Sachſenherzog Wittelind getauft worden
fein fol. Das Gebäude ber Gifenbahnitation
Porta liegt 5km von Minden, 10 km von Nehme
bei Deynhaufen entfernt, Die Schihtungen de3
Geſteins liegen großartig zu Tage, und e3 werben
ier bie fhönen, braungeaberten Sandfteine, die
ortafteine, gebrochen, die mit den weltberühn:
ten Steinen und Platten von Hörter, Oberlirchen
und Vlotho das Material zu ven Neubauten in Min:
den, den Brüdenbauten bei Marienburg und ir:
ſchau und der Befejtigung des Jadebuſens geliefert,
Auch ist der Borta:Gement ein unübertroffenes
Erzeugnis diejer Gegend, wofür in Hausberge (1. d.),
einem Flecken, nahe oberhalb der Scharte rechts über
ber MWejer, eine eigene Fabril beiteht.
Borteros, eine der Hydriichen Inſeln (f. d.).
Bortechaife (frz.), Traafellel, tragbarer, ge:
bedter und mit Fenſtern verjehener Kajten mit
einer Bant, bis zur Einführung der Lohnfuhrwerte
in großen Städten übliches Transportmittel.
Bortefeuille (frj.), eine Tafche oder Mappe
zur Aufbewahrung von Briefichaften und andern
Papieren, wird in der polit. Spradhe der konftitu:
tionellen Länder figürlih für Minijterpoften ge:
braucht, weil die Miniſter mit dergleihen Mappen
in den Kammern und vor dem Fürſten zu erfcheinen
pliegen, dort ihre der Vollsvertretung au machen:
den Vorlagen, hier ihre Borträge an den Monarchen
darin mit fi tragend. Man fpricht daher von
einem Portefeuillewechſel, von angebotenen und
angenommenen oder a gelehnten B., von einem P.
de3 Innern, ber Finanzen u. f. w.
In anderer Bedeutung kommt das Wort B. auf
dem Gebiete des Geldverfehrs vor, ala Bezeichnung
für das Behältnis, worin öffentliche Geld: und
Kreditinititute ihre Wertpapiere (Wechiel, Staats:
dr u. ſ. w.) aufbewahren.
Portepee (frz.) heißt eine Quaſte oder ſonſtige
Bier, zuweilen in Eichelform, von Gold, Silber
oder Wolle, die an einem ſchmalen Bande befeftigt,
mittelö desfelben um das Degen⸗ oder Säbelgefäh
geichlungen und ala Abzeichen der Offiziere getragen
wird. Dieſes Band ijt von gleichem Stoff oder bei
ben Berittenen von geitidtem Leder, Die untern
Chargen führen ähnliche Quaſten von Wolle oder
Leber, die nicht P., fondern Säbeltroddeln oder
—5 genannt werden. Auch Militär- und
ivilbeamte tragen ein P., das ſich aber vom mili—
täriſchen unterſcheidet.
Porter, ein engl. ſchweres und dunkelbraunes
Bier, welches ſeinen Namen davon erhielt, m. es
urſprünglich hauptſächlich von den londoner Lalt:
trägern (porters) und Arbeitsleuten getrunken
wurde. Es wird wie andere Bierſorten aus vr.
und che gebraut, doch wendet man einen Zei
des Malzes als dunkelbraunes Farbmalz an.
Man unterfcheidet verſchiedene Sorten P. Am
konzentrierteſten ſind der brown stout und
double stout; weit leichter iſt das Tafelbier
(gewöhnlicher P.). Ein ähnliches Bier wird von
mehrern deutſchen Brauereien geliefert und teils
als engliiher P. verkauft, teild ausdrücklich als
«Deuticher BP.» bezeichnet.
13*
180
Porter (David Diron), nordamerif, Admiral,
geb. 8, Juni 1814 in Benniylvanien, trat 1827 in
mexit. Dienfte, 1829 aber in die Marine der Ber:
einigten Etaaten und erwarb fi) im Kriege gegen
Merito und befonders im Bürgerfriege große Ver:
dienfte. Sein erites erfolgreiches Auftreten in dem:
felben war im April 1862 das fünftägige Bom—
barbement des Fort Jadjon am Miſſiſſippi, wo:
durch die Forcierung der Stromeinfahrt durch
Farraguts Flotte und die Einnahme von Neu:
orleans durch die Union eingeleitet wurde. Als
Neuorleans von Farragut beſeht war , ergaben ſich
Fort Jackſon und das ihm gegenüberliegende Fort
St.Philipp an B. Im Juli desfelben Jahres griff
feine Flotille ebenfo bei dem Bombardement von
Vidsburg ein. Er wurde 1863 zum Kontreadmiral
ernannt und ihm ber Befehl über die Flotille des
obern Miſſiſſippi übertragen, mit welcher er Farra:
gut fräftig unterſtüßte. P. le dann ben Ober:
befehl auf dem Miſſiſſippi, während Farragut zum
Angriff auf Mobile abging. Im Dez. 1864 leitete
er den Angriff auf Wilmington, Er wurde 1866
Bizeadmiral, 1870 Admiral der Union,
Porter (Noah), nordamerif, Gelehrter und
Schriftiteller, geb. 14. Dez. 1811 zu Farmington in
Connecticut, ftudierte in Yale:College, wurde Leh⸗
rer, dann Tutor in Yale:College, ftudierte zugleich
Theologie, wurde 1836 Paſtor an der Kongregatios
naltiche in New:Milford und jpäter in Springfield
Maſſachuſetts), 1846 Profefior und 1871 Präſident
des Yale-College. Er bejorgte die revidierte Aus:
abe von Webjterd «American dictionary of the
‚nglish language» (1864), ſchrieb «The human
intellect, with an introduction upon psychology
and the soul» (Neuyort 1868), «The educational
systems of the Puritans and the Jesuits compa-
red» (Neuyort 1851), «Books and readings» (Neu:
vort 1870), «The sciences of nature versus the
sciences of man» (1871).
Porteur (fr3.) Träger, Inhaber von Wertpapie;
ten, f. Au porteur.
Portfolio (ital., «Vortefeuillen) hieß eine
Zeitſchrift, welde vom 21. Nov. 1835 bis zum
27, Mai 1837 in London erſchien und wichtige
diplomatiſche Staatsurkunden veröffentlichte, die
ſich faft alle auf die orient. Frage bezogen. Als
Sammler gilt Urqubart (f. d.), ein heftiger Ruffen:
feind, der die eroberungsfüdtige Politit Ruß:
lands aufbeden und die öffentlidie Meinung ba:
gegen aufregen wollte. j
orthan (Heine, Gabriel), finn. Gefdichtäfor:
ſcher, geb. zu Wütafaari 9. Nov. 1739, wurde 1772
Bibltothelar und 1777 Profeſſor der röm. Littera:
tur an der Univerfität zu Abo. P. kann als Be:
gründer der kritiſchen Geſchichtsforſchung in Fin:
land angejehen werden und iſt -_ dort jeine Ar:
beit über die finn, Vollspoeſie, Mythologie und
Sprade befannt. Seine Hauptwerle find: die
Ausgabe von Paul Juuſtens «Chronicon epis-
coporum Finlandensium» (Abo 1784— 1800),
«llistoria Bibliothecae Academiae Aboäusis»
(Ubo 1771— 75), «De poesi Fennica» (Abo 1776
fa.), «De superstitione veteram Fennorum» (Abo
1782), «Sylloge monumentorum ad illustrandam
Listoriam Fennicam» ( bo 1802—4). Seine
«Opera selecta» erjdienen in fünf Teilen (Helfing:
ford 1857— 73). Auch die erite Zeitung in Finlan
«Tidningar utgifna af en sättekap» (ibo 1771 fo.
wurde hauptfählih von P. redigiert. P. ftarb
Porter (David Diron) — Portland (in England)
16. März 1804 in Abo; 1864 wurbe ihm bafelbft
ein Erzftandbild errichtet.
Bortheven, Hafen bei Heliton (f, d.) in ber
engl. Grafihaft Cornwall,
Bote, tadbt am Golf von Neapel und am
des Veſuv, 8 km füdöftlid von Neapel an der
Linie Neapel:Eboli der Sübbahn gelegen, mit (1881)
10059 (Gemeinde 12437) E., ift berühmt durch den
von Karl II. 1738 angelegten königl. Balaft mit
ihönen Parlanlagen (jekt Aderbaufchule), fowie
durch die herrlichen Billeggiaturen, mit Seebädern
verbunden. Jenſeit des Palaftes von B. beginnt
Refina, eine Stadt, unter welder das alte Hers
culanum (f. d.) verfchüttet liegt.
Porticus (lat), Säulengang, Säulen:
halle, beißt ein auf einer oder mehrern Säulen
rubender bededter Gang, mag berjelbe einzeln a u
oder ſich an ein anderes Gebäude anſchließen. Der
P. iſt Bedürfnis in allen ſudl. Ländern und findet fich
dafelbjt allerorten und zu allen Zeiten in verſchieden⸗
artiger künftlerifher Ausbildung. Im Altertum
hatte fait jeder Tempel einen 2 fpäter aud die
meiiten öffentlihen Gebäude, bejonders Gerichts:
allen und Dlärkte; fie dienten zum Aufitellen von
unftwerten, dann aud) zum Spazierengehben. Im
Mittelalter und in der neuern Zeit wird der P. auch
in nördl. Yändern bei Gebäuden aller Art, vorzugs—
weife zum Schmud und liberbau von Portalen,
vielfach angewendet.
Portio gratialis (lat.), Snabengebalt; Por-
tio legitima, Pflichtteil; Portio statutaria,
Plitteil des überlebenden Gatten; Portio ca-
nonica, das Einlommen eines Kanonikus, wel:
ches derfelbe aus den gemeinen Einkünften dese tifts
erhielt; dann der Anteil von —— — Einlunf⸗
ten eines Geiſtlichen, den der Biſchof empfing;
endlich der Anteil des Ortspfarrers an den lirch—
lichen Vermächtniſſen eines Verſtorbenen, deſſen
Begräbnis in einer andern Pfarre gehalten ward.
— roßes Kloſter bei Aſiſi (ſ. d.).
ortiuncula:Ablaf heißt in der kath. Kirche
der Ablab, welder urjprünglid allen denen er:
teilt wurde, die am 7, Aug., dem Einweihungs:
tage ber 1569 über dem Days des heil. Fran
von Ajifi errichteten Kirche Dladonna degli Angelı
(Portiunculaticche) beichteten. Der Ablaß, wel:
cher der Legende nad) durch den heil. Franziskus
felbit von Ehriftus erbeten werden foll, wurde
dur Innocenz XII. auf alle Tage des Jahres,
und von Gregor XV. auf alle Franziskanerklöſter
ausgedehnt. .
ortland, zur engl. Grafſchaft Dorfet gehörige
Halbinfel im Kanal Ya Manche, welde mit dem
Feſtlande durch die Landzunge Cheſilbank zufammen:
gina, iit 6 km lang, 2 km breit und erreicht eine
öhe von 140 m; fie endet ſüdlich in dem Borges
birge Bill of Bortland, welches zwei Leucht⸗
türme trägt. P., welches in mehrern Wobnpläßen,
(1881) 10046 E. zählt, führt vorzügliche Baufteine,
Getreide, Gerite, Hafer, Hülfenfrüchte und Hammel:
feiih aus. Bei Portland Hill endet die Linie
rn rer rg der Great⸗
Welternbahn. Die Reede von P., zwiſchen ber
Halbinjel und ber Hafenſtadt Weymouth (ſ. d.),
wird durd vier Forts, 13 Batterien und zwei
1849—72 erbaute, 30 m hohe, unten 91 m, oben
15 m breite Wellenbredier gefhüst, von denen
ber innere eine Länge von 580 m, der äußere eine
ſolche von 1890 m hat.
Portland (in Nordamerika) — Porto:Maurizio 181
Vortlaud, Einfuhrbafen und Haupthandelsſtadt orto, Stadt in Portugal, f. Dporto,
des nordamerit. Staates Maine, liegt auf einer orto, ——
5 kin fangen und 1 km breiten Landzunge an der orto«Alegre oder Bortalegre, Haupt:
Gasco-Bay, hat (1880) 33810 E,, von denen 327 | ftadt und Haupthafen der Provinz Rio Orande do
Zurbige find, Der Hafen . einer der beiten an der | Sul im ſüdl. Vrafilien, liegt am öftl. Ufer des
tlantifchen Hüfte; er ift Durch die Forts Preble, | Äſtuars des Jacuby, das gegen Süden in die Lagoa
Scammel und Gorges geihüst, hat leichte und di: | do8 Patos (f. d.) ausläuft._Die Stadt, regelmäßig
telte Verbindung mit dem Ocean, eine Tiefe, die | und gut gebaut, fteht durch Dampfſchiffahrt auf dem
für die größten Schiffe binreiht, und ift das ganze | Rio dos Sinos mit den deutihen Kolonien Säo—
Jahr hindurch ofjen. P. unterhält eine regelmäßige | Leopoldo u. |. w. und ebenjo mit der am Gingang
Dampferverbindung mit Bofton, Bangor ıc. und im | der Lagoa dos Patos gelegenen Stadt Rio Grande
Winter mit Liverpool, Durd die Grand-Trunf: | in Verbindung und iſt der Siß des Präfidenten der
Gifenbabn ſteht fie mit Montreal und Detroit in Ber: | Provinz, eines Gerichtshofs, eines zen und
bindung. Schöne öffentliche Gebäude find die Stadt: | eines deutichen Konjuls, hat eine Kathedrale, eine
balle, das Zollhaus, die — das Marinehofpital, | theol, Fakultät, eine Lateinſchule, ein Ho ital, ein
das Waifenhaus, die Mechanie's Hallıc. Die Stadt | ſehr ſchönes Theater, einen Hafen mit Molo und
bat über 30 Kirchen, mehrere willeni&aftlide und | Schiffswerften und zählt 35000 E., worunter viele
litterarifche Jnftitutionen geh für Natur: | deutjhe Kaufleute und Ynduftrielle, die anjehn:
geſchichte bat eine wertvolle Muiheliammlung), | liden Handel treiben. Zur Ausfuhr kommen:
mehrere Mohltbätigkeitsanftalten, eine Staats: | TZabal, Mate und Erzeugnifje des Aderbaues_und
reformſchule, ein Vereinigte:Staaten:Marinehoipi: | der Viehzucht. > Station der Hamburg: Süd:
tal, ſechs Nationalbanten, Pferdeeijenbahnen, | amerifaniiden Bgittehn und ber 42 km
Schiffbauhöfe, Wagen:, Lolomotiv:, Dampfmaſchi— — Eiſenbahn P.-Hamburger Berg. Zwei
nen» und andere Fabriken, Petroleumdeſtillatio— pro e Bahnen von hier nad) Uruguayana und Bage
nen ıc. und treibt bedeutenden Handel, P. wurde | befinden fid im Bau, fie meiden mit dem Weiten
1632 von engl. Kolonijten gegründet, 1832 in: | und dem Süden ber Provinz in Verbindung ſehen.
torporiert und 1866 zum Teil durch Feuer zerjtört. ak f. Buertobelo, ,
Portland, Ginfuhrbafen und volfreichite Stabt orto:Calvo, Stadt in ber brafil. Provinz
des norbamerif. Staates Oregon, lints am Willa: | Alagoas, 135 km im SSW. von Pernambuco,
metteflub und an der Oregon: und California: und | hat etwa 6000 E. und treibt Handel mit Rotholz.
DregonsGentraleijenbabn. Durh Dampfſchiffe Porto d'Auzio, Stadt in der ital, Provinz
eht P. mit San: zrancisco, Olympia und andern | Ron, f. unter Antium,
läben am PBuget:Sound und dem Columbia: —— de Mocuripe, ſ. unter Cegra.
River in Verbindung. P. hat (1880) 17577 E., orto di Civitanova, Dorf bei Civitanova⸗
1 Gerihtshaus, 14 Kirchen, 1 Zollhaus, 1 Hoc: | Mardhe (f. d.). [deme { d.).
ſchule, 1 National: und 2 andere Banlen, 1 rren: rto di San:Giorgto, Hafen der ital, Stadt
anftalt, Gaswerte, Gifengiebereien, Mafcinenwert: orto Empedöecle, Hafen von Öirgenti (ſ. d.).
—— u. ſ. w. und führt Wei— orto⸗Ferrajo, Hauptitabt der ital. je
zen, Hafer, Mehl, Wolle und Holz aus, Elba (f. d., welche den Bezirk P. der Provinz Li:
ortland:Cement, j. unter Cement. vorno bildet), an deren Norblüjte der durch 40 Dat:
ortlaud⸗Vaſe nennt man eine jeht im Briti- | terien fehr ſtark befeftigte Hafen (mit Leuchtturm)
ihen Mufeum zu London aufgeftellte Baje, die mit | liegt. _ Der freundliche, von Bergen umgebene Drt
—* angefüllt in einem gut gearbeiteten Sarlo—
phag unter Papſt Urban VIIL (1623—44) in einem
rom. Grabmal entdvedt wurde. Der Sartophag
wurde in das Kapitoliniihe Mufeum, wo er noch
gegenwärtig ſteht, die Vaſe zunächit in die Barberi« | ba
niide Bibliothel zu Nom (daher fie auch Barberini: | Eine Kunftitraße mit ſchönen Landhäufern führt
Vaſe genannt wird) gebracht, von wo fie ungefähr | nad) Porto:Longone. Auf dem Gipfel der Felſen—
100 Fahre fpäter der Engländer Will, Hamilton göbe zwiſchen den Citadellen il Falcone und la
—“ erwarb und bald darauf der Herzogin Stella hatte Napoleon I. vom 5. Mai 1814 bis
von Portland zu London für ihr Mufeum überlich, | zum 26. Febr. 1815 feine Refidenz, wo & t der Sip
bei deſſen Berjteigerung fie an das Britiihe Mu: | der Unterpräfektur it; in dem nahen Thale Gans
pe gelangte. Sie beiteht aus einem blauen, Martino Het die von ihm bewohnte Billa. ,
urhjihtigen und darüber einem —— opalen Porto⸗Grande, Hafenplaß der zu ben Kapverdi⸗
Glasfluß und iſt mit kunſtvoll ausgeführten Reliefs ſchen Inſeln (ſ. d.) gehörigen Inſel Säo-Vicente.
ii deren Deutung zwar oft verjudht, aber nod) ortogruaro, Stadt und Dijtriftöhauptort der
nit mit Een gelungen ift. Einige Wahr: | ital, Provinz Venedig, am Lemene, in fumpfiger
heinlichkeit hat Windelmanns Deutung des einen | Gegend, Station der Cijenbahn Meitre-P., Sik des
elief® auf die Sage von Peleus und Thetis. Biſchofs von Concordia, hat (1881) 4867 (Ge:
Sie find am forgfältigften abgebildet in Millingens | meinde 9386) E., ein Lyceum und ein inar und
«Ancient unedited monuments» (Bd. 1, Lond. | betreibt Ausfuhrhandel.
1823), Im %. 1845 wurde die Vaſe von ihrem ortolano (ital.), N Portulan.
Voſtament herabgeſtürzt und zertrümmert, aber mit orto⸗Longone, Ort auf Elba (f. d.). ,
gutem Grfolge wieder zufammengefebt. orto-Maurizio, Hauptort der ital, Brovir;
Portlatv, Stadt in ber Grafihaft Waterforb | P. (1209,75 qkm mit 188937 G.) und des Bezirks
ber irischen Vrovinz Muniter, am Glodiagh:Niver, | P., 13km von Genua und 299 km von Marfeille,
einem rechtäjeitigen Nebenfluß des Suir, hat (1881) | febr ſchön auf einem Borgebirge am Liguri:
4351 E. und Baummwellmanufaltur. ſchen Dieere gelegen, an ber Bahnlinie Genua:
bat reinliche terraffierte Straßen und zählt (1881)
5391 E., welche anfehnlichen Fiſchfang, namentlich
Thunfiſchfang treiben und Cifenenie und Salz aus:
führen. P., Station der Dampfer der Societä Nu:
battino, it Sik eines deutſchen Konfularagenten.
—
182
Savona:Bentimiglia, befteht aus ber engen Alt:
und der freundlihen Neuftadt, zählt (1881) 6909
(Gemeinde 7219) G. und wird ojt als Himatifcher
Murort beſucht. P. ift eine Marineftation mit
gutem neu ger zu welcher ——
pläße gehören, und treibt Handel mit Dlivenöl.
orto⸗Novo, Ort in Dahomeh (if. d.).
orto-Bangi, Hauptitabt von Boa (f. d.). _
orto:-Praia, Stabt auf der Y den Hapverdi:
ichen Inſeln ji d.) gehörigen Inſe ———
Porto⸗Re, Freihafen und Marltſlecen bei Buc⸗
carı (f. d.) in Kroatien.
Portorieo, cigentlih Buerto:Rico, bie ölt:
lichſte und Heinfte der Großen Antillen, bildet mit
den nabe öjtlich liegenden, zur Gruppe der Virgini⸗
ſchen 5* gehörigen Eilanden Culebra, Culebrita
und Vieques ein eigenes ſpan. Generalcapitanat
von 9315 qkm, Die Inſel wird durch die 120 km
breite Mona-Paſſage, in welder das unbe:
wohnte und berrenlofe Ciland Mona liegt, von
Haiti getrennt und hat die Form eines Viereds,
da3 big 170 km lang und 64 km breit ift. Das
Innere P.s wird von W. gegen D. von walb: und
quellenreichen Bergmafien durchzogen, die im Durch⸗
fchnitt 400 m body find, im Yunque oder Anvil
jeboch 1120 m erreichen, gut bewäflerte und frucht:
bare Thäler enthalten und gegen 50 Flüßchen, zum
Teil fifibar, dem Meere zujenden. Doch finden
ſich im amenn auch ausgedehnte Savannen. Die
Küjten find teils von Klippen und Riffen, teil3 von
Lagunen eingefaßt, im N. oft jehr ſtarker Brandung
ausgeſetzt, in verſchiedenen Gegenden von ftunden:
weiten, überaus ergiebigen Fruchtebenen eingenom:
men. Die einzigen zu allen Jahreszeiten fihern
Häfen find San Auan, Hovas und Öuanica. Das
Klima, obgleid) warm , ift im allgemeinen gelünder
al3 auf den übrigen Antillen und zeigt ſich in den
höhern Gegenden zum Anbau europ. Öetreidearten
geeignet. Die mittlere ——— betrãgt
etwa 27° C., im Auguſt fteigt die Hitze aber oft auf
45°. Den Reichtum an tropifhen Produlten hat
P. mit dem übrigen Weitindien gemein. Vieh wird
in großer Menge gezogen, und das Meer ift überaus
ficreid. An mineralifchen Produlten finden ſich
Waſchgold, Kupfer, Eiſen und Blei, auch Kohlen,
Ealz wird in den Strandlagunen in großer Menge
gewonnen. Die Bevölterung belief ſich 1880 auf
154313 E., darunter 429473 Weiße und 324840
Sarbipe. ie Stlaverei wurde durch Gefeh vom
22.9 , 1873 auf P. aufgehoben. Dadurd) hat
fi der Yandbau vorzüglid der Kolonialprodufte,
insbeſondere Zuder, Kaffee und Tabak, und der
Handel auf P. ungemein gehoben. Das Juderrobt
gewährt hier im Verhältnis zu der mit ihm bebau:
ten Bodenfläche viel reichere Ernten al3 im übrigen
Weftindien. Im J. 1883 betrug die Ausfuhr der
ganzen Inſel an Zuder 79738103 kg, an Honig
30864367, an Kaffee 17070508 und an Zabat
1757892 kg. Die Geſamtausfuhr betrug 1883
11807720, bie Gejamteinfuhr 13785843 Peſos
fuertes. Die Einnahmen 1883/84 betrugen 3863376,
die Ausgaben 3926065 Peſos. Der Een
belief fi) im J. 1883 auf 1907 eingegangene Schiffe
mit 1227853 t Gehalt, und 1707 ausgegangene
Schiffe mit 1113383 t Gehalt, ungeredhnet die
Küftenfahrer und die Danıpfer der deutſchen,
engl, und amerik. Linien, welche ———
Häfen der Inſel regelmäßig anlaufen. Die Länge
der Zelegrapbenlinien betrug 1880 750 km, P.
Borto:Novo — Porträt
zerfällt in bie fieben Departementos Aguabilla,
Arecibo, Bayamon, Guayama, Humacao, Maya:
gun. Vonce und Goamo, Die 1514 —
auptitabt San⸗Juan de Puerto⸗Rico, auf
einem durch eine Brüde mit B. verbundenen Eilanbe
der Rordkũſte gelegen, mit ee
Hafen und ftarfen u en, 1 ee is der
Gentralbehörbe ber Inſel und des Biihofs und
zählt 18132 G., die ſehr ausgebreiteten Sechandel
treiben. Doch wird der leßtere ge übertroffen
von zwei andern Hafenpläben ber Inſel: Maya:
guezander fte und Bonce an der Sũdkũſte.
Andere Häfen find noch Aguadilla, Arroyo, Arecibo,
Humacao und Fajarbo.
Die Inſel, urjprünglid) Boriquen ober Buren-
quen genannt, wurde von Columbus auf deſſen
zweiter Reife 15. Nov. 1493 entbedt und *
von ihm den Namen «Kohannes bes Täuferd»
de San Juan Bantista), Sie wurde vom König
von Spanien 1509 unter die Berwaltung des Juan
Ponce de Leon geftellt. Die Bebrüdungen, benen
die in den Goldwäſchen beſchäftigten ei
Karaiben ausgefeht waren, riefen eine i
Empörung und blutige Kämpfe hervor, in denen
der größte Teil der Bevölterung (angeblich 600000
Menſchen) umlamen. Die Stel diente hauptſäãch⸗
lich als Verbannungsort von Berbredhern und hatte
durch fortwährende Angriffe der ber, auch
der nzojen und der Seeräuber viel zu leiden.
Grit jeit 1763 fing Spanien an, die Inſel mehr zu
berüdfichtigen, ihre Bläte begann mit der Regierung
de3 Generallapitänd Miguel de la Torre 1823,
Seitdem hoben fi die Bevölkerung und der Wohl:
ftand, ſodaß die Kolonie bem Mutterlande jekt jähr:
lid) einen Überjhuß gewährt. Gewaltige Drlane
und 1875 eine heftige Bodenepibemie unterbradyen
aber mehrfach ben Fortſchritt der Entwidelung.
orto: Santo, Inſel, f. unter Madeira,
orto⸗Torres, Hafenort, f. unter Safari.
orto-VBechio, Hafenitabt ug bar franz. Inſel
Corfica, Arrondifiement Sartene, im Hintergrunde
des en Golf an ber Sübdoftküfte Rom
(1881) 1085 (Gemeinde 2655) E. unb den
* ſowie die —— der Inſel.
vto-Benöre, im Altertum und Mittelalter
Portus Veneris, Hafenftabt in der ital. Provinz
Genua, ig Spezia, weſtlich an der Küſte des
Golfs von Spezia terrafienförmig auffteigend, mit
vorgefhobenen Werten ber —5* hat
(1881) 1223 (Gemeinde 3567) E., i und
iſcherei. Der Dom San⸗-Lorenzo, eine roman,
ſilita, hat an der Facabe alte intereſſante Re:
liefs. Die den Ort überragende maleriſche Ruine
der aus fhwarzen und weißen Marmorquadern
1118 erbauten Kirche Santo: Bietro fteht an Stelle
des antiten Venustempel3 und gewährt eine
prächtige Rundſchau über die Niviera di Levante
und bis nad) Gorjica, ,
BVorträt (fr5.) oder Bildnis nennt man eine
Abbildung eines Menſchen unter befonderer Berüds
fihtigung feiner individuellen Erſcheinung. Tas
Porträtieren oder Abbilden findet fomohl in pla⸗
ftifchen Werten (Porträtftatuen oder Ikoniſche Sta:
tuen, Borträtbüften und Porträtreliefs, lebtere be;
fonder3 ala Mebdaillons behandelt) als in Gemäl:
den ftatt, Die Borträtmalerei ijt eine eigene
Gattung der Malerei. Sie ftellt das ug
Bleibende, Bezeihnende an dem einzelnen Menſchen
dar. Das P. muß Charakterbild fein. Sklaviſche
Porträtftatue — Portsmouth (in England)
Annäherung an das Urbild ift nur Treue für den
A id, dba jeber Tag an dem Zufälligen der
menſchlichen Geftalt ändert. Darum bat der Künft:
fer bloß die bleibenden Hauptzüge aufzufaflen und
den phyfiognomiſchen Ausbrud, der jedem Zuge
feine Bebentung gibt. Bon den ital. Malern waren
befonber& die Benetianer (Tizian), von den nordi-
die Niederländer (van Dyd) und von den
Spaniern die Schule von Madrid (Velasquez) groß
in ber Porträtmalerei.
183
22 km erweitert, gegen alle Winde und Stürme ges
ſchützt ift und der ganzen engl. Kriegsflotte einen
trefflichen Antergrund bietet, ®. befteht eigentlich
aus zwei Städten, aus P. im S. und Portſea
im R. welches legtere aus einer Vorſtadt erwachſen
und gegenwärtig bei weiten größer ift. Beide
haben zufammen (1881) eine Bevöllerung von
127989 €. (gegen 72096 im J. 1851 und gegen
53058 im %. 1841), ungerechnet die 7420 E. von
Gosport (f._b.), welches durd bie Feſtungslinien
mit in den Städtelompleg gezogen und durch eine
um rz
=» > I I
Malstab' 1:390.000.
Topographiſche Lage
Portrieug, Fleden im franz. Depart. Cötes:bu:
Nord, Arrondifiement St.:Brienc, am weitl. Ufer
der Baie de St.:Brieuc, bat gegen 1000 6. einen
Hafen, Aufternbänte, Fiſcherei und Seebäder.
otwu-Hägel, |. unter Bortämouth.
Bortfen, zur engl. Grafihaft Hampibire ge
—* Inſel weſtlich vom Hafen von Porismouth,
oſtlich vom Sangitonhafen begrenzt, hat bie Städte
P. und Portsmouth (f. d.).
Bortömouth (ipr. :mösh), Municipalftabt und
Parlamenıt3borough, ftärkfte Jeſtung und Hauptfee:
erjenal Englands mit dem größten und ficherften Ha:
fen des Königreichs, liegt in der Grafſchaft Hampfhire
nordöftlid von der Inſel Wight, im ſüdweſtl. Teil
der Inſel Portſea, an dem Cingange zu dem herr:
lihen Bortsmoutb:Harbour, der, an ber fühl.
Einfahrt nur 1,2 km breit, fich im Innern bis auf
_.
eamster
Kl
don Bortämonth.
Bans Brüde mit demſelben verbunden if. Mit
en Borftäbten Landport, Somerstown und South:
ſea haben P. und Portfea 42 Kirchen und Kapellen,
eine Synagoge, zwei Lateinihulen, das 1729 ges
gründele Narinecollege, eine Sternwarte (60° 48’
3" nördl. Br., 1° 5’ 58,5" weltl. 2. von Greenwid),
eine Schiffbauſchule, einen Philoſophiſchen Verein
mit Muſeum, ein Athenäum, ein Handwerkerinftis
tut und ein Theater. Bon öffentlien Anftalten
und Baumerlen find 2 erwähnen bie ausge⸗
dehnten Kaſernen, der Palaft des Gouverneurs,
das Stadthaus, das Gerihtshaus, das Zollamt,
ein ee la i3, ein großes Arbeitshaus, ver:
ſchiedene obigen talten und zwei loloſſale
afierwerle. Die Stadt P. felbit ift eng, wintelig
und finfter, hat nur eine lange hubſche Straße, die
High:Street, und an bemerkenswerten Gebäuben
184 Portsmouth (in Nordamerifa) — Portugal (geograpbiich: ftatiftifch)
das alte Gouvernementshaus (bis auf Heinrich VIII.
eine Priorei) mit anftopender Barnifonstapelle und
die fehr alte Kirche St. Thomas mit einem 40 m
hohen als Landmarle dienenden Turm. Portſea
iſt beſſer gebaut, bietet aber auch nur einen beſchei—
denen Anblid. Schön find die beide Stäbte um:
ziehenden Wälle mit ihren Ulmenalleen und inter:
eſſanter Ausficht auf das ganze Hafenleben, auf die
Inſel Wight und die nächſten Küftenpunfte, Dem
Glacis gegenüber ziehen fich die Vorjtädte hin, die
größer find al3 P. und Bortfea zufanımen, mit rei:
zenden Squares, hübſchen Gebäuden und Gärten,
am fhönften bie Vorſtadt Southfea, die in neue:
fter Zeit ein vielbejuchter Badeort geworden. Dicht
am Seeftrand, nur durch dad Glacis getrennt, lie:
gen bie berühmten Kingsrooms, eins ber vor:
——* Seebãder Englands, Berühmt it P.
urch fein Secarjenal mit den größten Dods der
Welt. In Portſea befinden ſich die königl. Schiffs—
werften, bie einen ummauerten Raum von 96 ha
bebeden und alle Anftalten für den Bau, die Aus:
beſſerung und Verproviantierung von Kriegsſchiffen
in großartigen = ya enthalten. Auch iſt
das ——— der Marine und der Siß des Hafens
admirals. Südlich von den Dods liegt das Artil:
leriearjenal, dem zu Woolwid zwar nadjtehend,
aber doch auch fehr bedeutend, mit einem Zeughauſe
für Heine Waffen, einem Saboratorium, großen
Kais und fhönen Offiziermohnungen. In und bei
Gosport befinden ich die Bäderei, Brauerei und
PBrovianthäufer der Viarine, die Böttcherei und das
Vulvermagazin, fowie das großartige te
jpital für Seeleute (1746—62 erbaut), welches
etwa 2000 Kranke aufnehmen kann.
Die Befeftigungen der beiden Stäbte und Gos—
ports find mit 1115 Geſchützen bewaffnet und be:
dürfen in ihrer Verteidigung einer Garniſon von
20000 Dann. Sie beitehen zunächſt in einer En:
ceinte von 4,8 km Umfang mit 18 Baftionen und
Ravelins auf ‚der Landjeite. Den Eingang in den
Hafen verteidigen Monkton-Caſtle, füblich von Go8:
port, und Soutbjea:Cajtle auf der Inſel Portien,
auf deren Süblüfte außerdem nod die Forts
Lumps, Gaftney und Gumberland ftehen, die
mit den Forts auf den Sandbänfen die im S. bes
legene Neede Spithead, den gewöhnliden Sam:
melplaß der zum SRINENN zu DMandvern, Nevuen
u. ? w, "beltimmten Flotte, volllommen deden.
Eine zweite Enceinte bilden in einer durchſchnitt⸗
lien Entfernung von 1,2 km weitli von osport
die detadhierten Forts Gomer, Grange, Rowner,
Brochurſt und Elſon, und wiederum 3,2 km weit:
lich von Gosport entfernt liegen die Vorfeften Lee
Farm, Forbury und Bladhouje. Auf den im Nor:
den ber Hafenbai von Weſien gegen ften binftrei-
henden Hg, n liegen acht durd
bededte Gänge verbundene Forts und in Weiten
die Vorfeſte Wellington. Endlich auf ber Nordjeite
der Inſel Portſea, die dur einen ſchmalen, über:
brüdten Meeresarm vom Feſtlande getrennt iſt, be:
finden fi die Linien von Hilfe. Der Umfan
ſämtlicher Befeftigungen beträgt über 40 km. No
innerhalb der äußern Werke liegt Fareham (f. d.).
Die Induſtrie P.s, das zwei Mitglieder in das Par:
lament jevt, ii nur infoweit bedeutend, als fie
unmittelbar mit ben Marineetablijjements in Ver—
bindung ſteht. Nicht ohne Belang iſt der Handel,
namentlich der —— Es befinden ſich bier
Warenſpeicher aller Art, außer für Tabak. Mit
der Infel Wight, Plymouth, Falmouth, Havre findet
Dampfbootverbindung ftatt. — P. wird zuerſt im
Beitalter der Angelſachſen erwähnt, die hier 501 bei
ee, landeten. Unter Alfred d. Gr,
wurbe im Hafeneine Flotillevon neun Schiffen gegen
die Dänen bemannt und vor dem Ginfall der Nor:
mannen (1066) eine Menge von Schiffen von bier
aus gegen diefelben ausgejchidt. Unter Eduard IV.
wurden bie Befeitigungen begonnen und unter Ri:
hard III. vollendet. Erſt unter Heinrich VIIL er:
richtete man zu P. das Hauptmarinearjenal Eng:
lands, und unter Eduard VI. ftationierte im Hafen
die ganze Flotte des u ag die ns nur
aus 53 Schiffen mit 7780 Mann beftand. Königin
Glifabeth führte neue Vefeitigungen auf aus dem
Gewinn ber erften Staatslotterie m England.
Karl II. ließ neue Forts, Werfte u. ſ. w. anlegen,
und feit Wilhelm III. wurde bis auf die neueite
Zeit an ber Befeitigung fortgearbeitet.
——— „Stadt in Neuhampſhire (ſ. d.).
ortömouth ſſpr.mõsh), Stadt und Hauptort
von Scioto County im nordamerit. Staate Obio,
liegt am OBEN: oberhalb der Mündung des Scio:
tofluffes, an der Dhiolanal⸗, der Scioto:Balley: und
der B.:Zweigbahn der Marietta: und Cincinnati:
Eifenbahn, zählt 11321 E., worunter 969 Farbige,
hat 1 Stadthaus, 18 Kirchen, 1 Hochſchule, 5 Na:
tionalbanlen, Gaswerfe, Nägelfabriten, alzwerte,
Gijengiebereien, —— Maſchinen⸗, Mö—
bel⸗ Seien und Dfenfabriten, In der Umgegend
wird viel Eifen gefunden.
Portömonth (ipr. :mösh), Stadt und —5*
in Norfolk County im nordamerik. Staate Virgi—
nia, liegt am Elizabethfluß, an der Seabord- und
Roanole⸗ und der Atlanticz, ——— und Obio:
Gijenbahn und bat (1880) 11390 E. Der 1 km
breite Fluß bildet einen guten Hafen. Durd Dampf:
ſchiffe ſteht Seren Tg dere Egg Span
Norfolk in Verbindung. Die Stadt hat 1 Marine:
bofpital, 13 an 2 Banken und 2 Alabemien,
ortfoy, Hafenort in der ſchott. Grafſch. Banft,
an der Nordfee, Station der Linie Grange:P. der
Bahn Great:North of Scotland, hat 1832 E., Cer:
pentinfteinbrüche, Garnfpinnerei, Zeinweberei und
a ae ur Fiſcherei. _
ortugal, ein Königreich und das ſüdweſtlichſte
Land Europas, zwiſchen dem Atlantiihen Meere
und Spanien pe on, mit weldem es die Pre:
näiihe Halbinjel bildet, von 36° 59’ bis 42° 8'
nördl, Br. in einer Länge von 572,5 und einer
Breite von 126—222 km ſich erjtredend, hat ein
Areal von 89143,1ı qkm (ohne die Azoren). Abge—
(een von den überjeeifhen Veſihungen, zerfällt es
h oriſch in das eigentliche ——— P. und das
oͤnigreich Algarve (f. d.) oder Algarbien, admini—
Serge aber feit 1835 in 17 Verwaltungsdiſtrilte,
tatt deren aber die frühere Ginteilung in 7 Bro:
vinzen noch im Volle ſelbſt geläufig üt, nämlich:
Minho (Diftrilte Vianna do Caftello, Braga und
Dporto, 7212,9 Er mit [1881] 1014768 E.):
Traz 03 Montes (Braganga und Villa:Real, 11033
qkm mit 396676 E.); Beira Alta (Aveiro, Vizeu,
Goimbra, 11 749,5 qkm mit 964900 G.): Beira
Baira (Guarda, Caftello:Branco, 12141,5 qkm mit
412532 €E,); Eſtremadura (Liſſabon, Santarem,
Leiria, 17878,1 qkm mit 946472 E.); Alemtejo
(Bortalegre, Evora, Beia, 24293, qkm mit
367169 E.) und Algarve (Faro, 4834,2 qkm mut
204.037 E.). Die Zahl der Bevölkerung wurde früher
Portugal (geographiſch-ſtatiſtiſch)
durchſchnittlich nach den Feuerſtellen berechnet. Die
lan Bäblung 1841 ergab 3412500, die von
1851 auch nur 3487 027, die von 1861 aber 3693362
und die von 1881 bereit3 4306554 E. Die bevöl:
tertite Brovinz ift Minho mit 141 E. auf 1 qkm,
am ſchwãchſten bevölfert ift Alemtejo (15 aufl qkm).
Die beiden Hauptlongentrationspunlte der Bevöl:
ferung find Lifjabon mit (1878) 246343 E. und
DOporto (f. d.), die bedeutendfte Handelsſtadt des
Landes, mit 105838 E. Von den überſeeiſchen
Befisungen find die Adjacentes, d. h. die dem seit:
land am nädjiten liegenden Inſeln des Atlantifchen
Dreand, den europ. Beſitungen gleichgeftellt und
eit 1835 in bie wg Verwaltung derjelben mit
ineingezogen, ſodaß ihre Bewohner, welche der
zahl nach mit den Portugiefen von gleicher
Abjtammung, mit diefen auch gleiche polit. Rechte
ba Dieſe Infeln haben zujammen ein Areal
von 8203,3 qkm mit 401624 E. und bilden vier
der Berwaltungsdiftrifte P.s, nämlich: die Inſeln
Madeira (. d.) und Porto-Santo den Diftrilt
Zungel (815 e mit 132223 E.) und die Gruppe
der Azoren (j. d.) die drei Diftrifte Angra (auf Ter:
a (auf Fayal) und Bonta:Delgada (auf
Sio: iu), 2358,3 qkm mit 269401 G. um:
ſaſſend. Die übrigen überfeeifhen Beſihungen oder
Kolonien, welche erit ſeit der Verfaſſung von 1833
zur volljtändigen Teilnahme an den polit. Rechten
gelangt und in der Pairstammer fowie_in der De:
putiertenlammer vertreten find, * in ſieben Gou⸗
vernements eingeteilt: 1) Die Kapverdiſchen In—
feln (f. d.), 3851 qkm mit (1879) 99317 E. 2) Das
Gouvernement Guind oder die Befihungen in Se:
negambien 69 qkım (1873) mit 9282 8) Die
Guinea⸗ Inſeln Sio:Thome und Principe 1080,56
qkm mit 21097 E. Dazu Fort Ajuda, 35 qkm
mit 4500 €. 4) Angola (a d.) mit dem Hauptort
Säo-Baolo de Loanda, in drei Diftrikte: Loanda
(Angola), ıela und Mojiamebes, 809400 akm
mit etwa 2 Mill. Dewohnern. 5) Mozambique,
991 150 qkm mit 350000 G,, in 9 Diitritte: Cabo
do, Mozambique, Angoche, Quelimane, Da:
nica, Zete, Sofala, Inhambane und Lourengo
Marques. 6) ———— in Indien oder Goa: die
alten Groberungen in Goa, nebjt Bardez umd Sal:
cete, und Angedive, 3670 qkm mit (1831) 419993
G.; Damäo, 80 qkm mit 2 48838 E.; Diu,
5 qkm mit (1881) 12636 E. 2 Macao und Ti:
mor. o mit Taipa und Colovane, 11,75 qkm
mit (1880) 68086 E. und Zimor nebjt Kambing,
16300 qkm mit vielleicht 800000 E., in 11 Diftrit:
ten. Danach umfaſſen die außereurop. ya
1825252 qkm mit 3333700 6. Un
der der Ha en, von Mozambique und
Indien je ein Generalgouverneur.
P. ift al3 ein Küjtenland u betradten, von
Spanien mehr durch polit. als dur matürliche
Tan ieden, indem feine Gebirge und grö:
—* e nur weſil. Fortſehungen des innern
und Gebirgsbaues, fowie der Strom—
adern jenes Landes bilden. Es ift vorherrichend
Hochland, Seine Gebirgämajien treten jedoch nur
felten unmittelbar an da3 Meer, um an der im
— Tale de Pan — Mader
a anze Litorale aus flachen
5 weshalb die Zahl der guten Sa:
—— die Mündungen der größern zlufe
it. Am bt . in de
a orkiepung bes call Scheibepehitges,
185
ber Serra ba Eitrella, einem hohen Plateau, deſſen
Hauptmafie gern den Mondego und Hezere
liegt. (©. Beira.) Diejes Gebirge erreiht an
dem breiten Scheitel de3 Malhäo de Serra die
öbe von 1993 m, fteigt von Norden ber aus lab:
en, 650—1000 m hohen Plateauflãchen fanft, von
Süden her teil auf, ſeht ſich durch Eſtremadura
— Sudweſten als niedriger, von tjolierten, re:
atıv unbedeutenden Felſenmaſſen überböhter Bla:
teauzug bis zum Meere fort, gegen welches es jteil
abjtürzt, am fteiliten in ber Serra de Cintra und
dem 127 m hohen Cabo da Roca, der weitlichiten
Spibe des europ. Feitlandes. Im äußerften Süden
3 fteigt als weſil. Fortſehung des andaluſ.
cheidegebirges das —— wiſchen Alem:
tejo und Algarve (f. d.) oder die Serra de Mon:
chigue allmählich aus den hochliegenden wülten
Heideftreden von Alemıtejo bis zur Höhe von 903 m
an. Das Gebirge gr aus mehrern parallel
von Diten gegen Meften laufenden Stetten, welche
* in immer tiefer und enger werdende Thäler
inabfallen, bis die lebte mit ihrem ſüdl. Fuße die
niedrige beibe und fandige Küſtenlandſchaft Al:
garves ft jt erreicht. Das Gabo de Säo-Vicente
ift der lebte nur noch 120 m hohe Voriprung des
Gebirge, zugleich die ſüdweſtlichſie Spike von ganz
Europa. Im Norden des Mondego liegt die Ter—
raſſe von Der:Beira mit durdichnittlih 500 m
boben, wenig bebauten, aber herdenreichen Berg:
flächen, von zahlreichen tiefen, engen und frucht:
baren pälern durchfurcht, deren Flüſſe meijt dem
Duero (f. d.) oder (portug.) Douro zufließen, Links
vom untern Douro jteigt der Montemuro zu 1389 m
an, Am dichteiten zulammengedrängt find die im
Norden diejes Fluſſes binziehenden Felſenlämme,
Verzweigungen des Gebirgslandes von Leon und
Galicien; dort fteigen die Serra de Maräo zu
1422, die Serra do Gerez zu 1442 m au, Die mei:
ften Gebirge P.3 find nadt und feljig; keins erreicht
die Grenze des ewigen Schnecd. Die ausgedehn:
teten Ebenen befinden ſich in Alemtejo, Gitrema:
dura und Beira, die größtenteils den Charalter
von Gharnecas oder Heidejlähen haben. Tie
Hauptflüfje find der von Mertola ab ſchiſſbare Oua:
diana, welcher zum Teil die jüdöftl. Grenze bildet,
der Tajo (f. d.) oder (portug,) Tejo und der Douro,
von denen jener bei Villa-Velha do Nodäo, dieſer
bei Torre de Moncorvo ſchiffbar, jener bis Vallada,
diefer bis Oporto mit Hilfe der Flut von Seeſchiffen
befahren wird, endlich der von Salvatierra an
ihifjbare Minho (f. d.) an der Nordgrenge. Die
wichtigjten, im Unterlaufe fhiffbaren Küſlenflüſſe
find Lima (Limia), Cävado, Vouga, Mondego,
Sabo (Sadäo) und Mira. Landjeen hat P. nicht,
außer einigen Bergfeen in ber Serra da Gitrella;
dagegen gibt ed ab reiche, Freilich meiſt ſchlecht be:
nußte Mineralquellen, Zu Bade: und Zrinlluren
mit den erforderlichen Einrichtungen verfehen find
im ganzen fieben (von 108). (Hierzu eine Harte:
Spantenund Portugal bei Art. a
er Boden des Landes ift im ganzen leicht und
überall ungemein fruchtbar, wo hinreichende Bewäl-
ferung vorhanden; wo bieje jedoch fehlt, wie in
— beſonders in Alemtejo, bietet ſich nur
fulturlojes Weideland dar. Obgleich das Land tt
dem warmern Teile der nördl, gemäßigten Zone
liegt, hat es doc) bei weitem nicht die heiße Glut,
welche im mittlern und ſüdl. Spanien herrſcht.
Die Seewinde erfrifchen die Hüftengegenden, unt
186
Portugal (geographiſch-ſtatiſtiſch)
im Binnenlande kühlen die Norbwinde. Im Sa; | (46 Broz.) befteht noch jegt teil aus ganz unpro:
nuar beginnt der reizendſte Frühling; vom März
an wechleln Regen und Stürme mit trodener Hitze.
Die Ernte ijt im Juni (die von Mais und Wein im
September bis Dftober); vom Ende des Juli bis
zu Anfang de3 September verwelft teilweije ber
Vflanzenwuchs unter der Einwirkung der Sonne.
Negen it im Sommer felten , doch find nad yes
Tagen bie Abende und Nächte ſehr kühl. in
gegen Ende des September der erjte Regen die
Erde getränlt, wird fie aufs neue mit friſchem
Grün überzogen; e8 beginnt ein neuer Frühling.
Der am Ende des November eintretende Winter
bringt heftige, von Stürmen begleitete Negengüfle,
die aber mit heiterm Wetter abwechſeln. Nur in
den nörbl. Gegenden herrfcht dauernde Winterlälte,
in den ſüdlichen aber ift der Winter eine jeltene
Erſcheinumg. Gewitter finden nur im Herbft un
Binter ftatt. Bon jolhem Klima begünftigt, ift das
Sand reih an Produkten, die im ganzen mit benen
Spaniens übereinitimmen.
Die Stammverichiedenheit der portug. Bevöl:
ferung eriheint in der Gegenwart jeher unbebeu-
tend; nur in der Hauptitadt und in ben Hanbels:
plähen haben de, namentlich Engländer, fich
angefiedelt, neben denen Galicier und etwa 3000
Neger vorzugsweiſe in den arbeitenden und dienen:
den Alafien vorlommen. Die portug. Juden, bie
früber al3 befonderer Stamm mit abweichendem
religiöfen Geremoniell über das Land andgebreitet
waren, im 16. Jahrh. aber mit äußerfter Härte
verfolat und ausgetrieben wurben und dann bis
zur Beſetzung des Yandes durch die Franzofen von
dauerndem Aufenthalte dafelbft ſich ausgeichlofien
ſahen, genießen feit 1820 wieber die gefebliche An—
erfennung des Rechts freien Aufenthalts und freier
Neligionsübung. Ihre ze beläuft fih nur auf
einige Hunderte, faft ausſchließlich in Liſſabon. Auch
Zigeuner find in P. vorhanden. Die Portugiefen
n in Charakter und Sitten mit den Spaniern
i erſcheiden ſich von dieſen
auch durch ihre Sprache. (S. Portugieſiſche
Sprache und Litteratur.) Sie zeichnen fi
im allgemeinen burd) große Höflichkeit gegen Fremde
aus, desgleichen burd) Gelehrigleit, Unternehmungs:
get, Ausdauer, Tapferleit, Mäßigteit und Nüd;:
terndeit, durd) glühende Liebe zum Vaterland und
Anhanglichkeit an ihre Religion. Neben biefen
guten Cigenichaften wirft man ibnen aber auch
Hochmut, Praditliebe, Eitelleit, Schwaßhaftigleit
und Hang zu Übertreibungen vor, die namentlich
in den niedern Ständen hervortreten. Die röm.:
kath. Kirche ift die alleinige Landeslirche (religiäo
do estado), daneben aber jedes Glaubenbefennt:
nis geduldet. Die portug. oder luſitan. Kirche be:
fteht aus vier Provinzen: Liffabon, Braga, Evora,
Goa; die erfte mit neun Diöcefen und dem Ba:
triarchat (1716); die zweite mit ſechs und dem Cry:
bistum Braga; bie dritte mit drei und dem Erz:
bistum Evora; die vierte mit acht und dem Erzbis:
tum Goa. Das Primat im Weiten gehört dem
Erzbiſchof von Braga. Der Patriarch regiert nur
feine Provinz Liſſabon. Die früher fehr zahlreiche
Kloftergeiftlichteit ift feit 1834 durch Aufhebung der
Moͤnchskloͤſter beſeitigt. Nonnenklöſter gibt es jetzt
laum 20 mit etwa 100 Nonnen, Sieben prot. Ge:
meinden haben zufammen etwa 500 Mitglieder.
‚Die phyfifhe Kultur P.s liegt noch fehr da:
nieder, Faſt die Hälfte der Geſamtoberfläche
wenig gemein, und unt
|
|
\
— — —— —— — —
duktivem, teils aus bloß zur Viehweide benutztem
Terrain (lehtere® 15060 qkm, 16,7 des
Areals); doch bat nur der Rorden gute Wiefen,
ſonſt herrſchen bloß kurz begrafte Triften vor. Die
Yandwirtichaft befindet ſich einzelne Gegenden und
Güter ausgenommen, auf einer tiefen Stufe. Den-
noch bat ®. feit der meuen Geiehacbung von 1832
und 1833 nicht unbedeutende Fortihritte hinſichtlich
ber Bodenkultur und Viehzucht gemacht. die
Aufbebung der Mönchsflöjter, infolge deren Grund
und Boden der Klöfter und Kirchen für National⸗
gut erflärt, parzelliert und verkauft wurbe, ift die
Zahl der Heinen felbitändigen Grundbeſiher ſeht
vermehrt und die Wirtſchaft allmählich eine .
mäßigere und intenſivere geworben. Der größte
Teil des Grundes und Bodens befindet fidh aber in
den Händen des höhern Adels, bie meiften n
find nur Pächter. In neueſter Zeit hat man auch
zum Borteil des Landbaues den Straßen:, Weg-
und Eiſenbahnbau mit Energie zu betreiben begon:
nen, Außerdem bahnte man die Reform der
riſchen Gejehgebung an, und die Regierung führte
Viehausſtellungen und PBrämienverteilumgen ein,
Endlich baben aud bie Bildung einer Gefellichaft
zur Beförderung des Aderbaues (Associacäo ceun-
tral da agricultura portugueza) zu Liſſabon, die
Diftriktsagritulturräte, die zu Liſſabon feit 1852
beitehende königl. Landwirtſchaftsſchule, die Grün:
dung ähnlicher Anitalten zu Bizeu und Evora, fo-
wie die fpäter entitandenen Verſuchsanſtalten und
Mufterwirtichaften (Cintra) wefentlich zur Belebung
der Bodenkultur beiaetragen. Am beiten wird bie
Landwirtihaft in Minho, in einigen Gegenden von
Beira und Eſtremadura und, beſonders die Frucht:
baumzudt, in rg betrieben. Man baut Wei:
zen, Gerſte und Mais, im Süden auch Reis, Rifpen-
und Mohrenhirfe, im Norden und in Gebiradgegen:
den Roggen und Hafer. Außer Getreide baut man
Bohnen, Puffbohnen, Kichererbien, Linien, Erbſen
und Lupinen. Den Futterfräutern widmet man
nod) wenig Aufmerffamfeit. Gemuſe⸗ und Garten:
bau in größerm Maßftabe wird nur in ben Um—
gebungen der größern Städte betrieben. Die Kar:
toffel wird in allen Diftritten gebaut und jeht jo:
gar ausgeführt, Auch der Runkelrübenbau hat
neuerdings bedeutenden Aufihwung genommen,
befonbers in Ejtremabura, im Mondegothal und
in Minho, wo man aud Rübenzuderfabriten eins
te bat. Melonen, Kürbifie und Gurten wer;
allenthalben gezogen und im Süden als Feld:
früchte behandelt. Im Norden, namentlich um
Dporto, findet die Erdbeerenktultur in grobem Mab-
ftabe ftatt. Bon Gewerbepflanzen baut man mur
Wade, befonders in Minho, und Hanf in Traz:08:
Montes und Ejtremabura. Esparto wädhlt im
Süden haufig wild und wird, wie Baft und Blätter
der Zwergpalme und die Gewebfajern ber Biteira
(Agave americana), zu allerhand Flechtwerk be:
nußt. Der Tabakbau ift auf dem Feſtlande nicht
geftattet. Verbreitet, aber felten mit Sorgfalt be:
trieben, ift die Olivenbaumzucht (auf 2000 qkm) in
Alemtejo, Ejtremabura und Traz:08-Monted. Der
Weinbau, von alters her für P. von großer Wich—
tigfeit, hat feit 1857—58 einen harten Schlag durch
die Traubenfrankbeit erhalten, namentlich auch im
Weindiſtrikt Alto:Douro (f. d.), welcher den eigent:
lihen Portwein (f. d.) liefert. Außer diefem Di:
itritt am obern Douro wird der Weinbau befons
Portugal (geographiſch-ſtatiſtiſch)
ders dura und A
— I
* Garcavellos
ortwein, find die Moscatels von
tübal (Weibweine, audy unter dem Namen
ei abon: und St. Peswein befannt), die Rot:
weine von Torred:Bedras und Collares, die Weib:
u. er 2 uses
fabriziert. nd Nänit 558 —— *
—— 3 in auf
veranf ug ar —— her 8* —*
macht der Pa üdfrüchte werden längs ber
Küfte und in den warmen Flußthälern jelbit des
Nordens gezogen, in größter Maſſe aber im Al
Ken wo man beſonders Mandeln, eigen
nnisbrot allenthalben gewinnt. Die b
ngen zieht man um Setübal, Lifiabon umb
m ug die beiten Obftforten und Walnüffe in
* „Rordprovingen und dem centralen Gebirge.
den nördl. Gegenden (Amarante) gibt es ganze
187
Ton Flußfischerei ift namentlich die der Lachſe im
Minho zu nennen. Der Bruttoertrag ift burd-
Kin im — 1 Mill. Milreis oder etwa
4 M wovon ber Staat 6 Proz. erhält.
Hinfihtlid de3 Ber baue3 und Hüttenmwe;
ſens nimmt ®. doch nod) eine niedrige Stelle unter
den Ländern Europas ein, obgleich es an Erzen
aller Art ebenſo ee ift wie — Man ge:
winnt —— gg Blei, Antimon, Koh:
len, Manga Eiſen. Die bauptjächl * *
am beſten bearbeiteten Minen ſind die von
und San⸗ Domingos in ber Provinz Bllenteo,
Kupfer und Blei at und einem Engländer ge-
örend; die Min Ihal, die Kupfererz Liefert
und einer engl. re ie gehö hört, und Bracal, die
filberhaltiges Bleierz —* t, was an Ort und Stelle
in Sohn oeiämolen ı und fertig als Blei ver:
ſchidt wird. Diele letztere gehört einer deutichen
Samilie. Sowohl die Mine Palhal wie Braxal
—— ſich in * Provinz Minho und Douro, in
Bälder von Kaftanienbänmen. Im Güben und | der Serra Valongo bei Borto. Kohlenminen find
an ber Weftküfte gedeihen Sr ‚ind. | in ben Diſtrilten Oyorto, Zeiria, Aveiro und Coim⸗
Feigen und Dattelpalmen, in Algarve fogar Ba- | bra im Betrieb. Bon den bi 1874 Lonzefjionierten
nanen. Die Foritwirti—aft hat nur in den fönigl. | 246 bearbeiteten 30 Kupfer, 36 Blei, 6 Un:
Baldungen von Leiria geregelten Betrieb, im all: | timon, 21 Eifen, 101 Mangan, 25 Mangan und
emeinen liegt fie im angen.. Die vorherrihenden | Eifen, 7 Kohlen, 1 Asphalt, 5 "Kohlen und und 6i en.
Waldbäume find Pinien, und Kaftanien. Wichtiger und einträglicher jind bie Salinen. Mit
* Benteil ‘ h hläjfigt
zucht, gro nteil3 fe * verna
a gegen. on eit im Berfall, hat erft neuer:
dings wieder mehr Aufmerliamteit erfahren. Im
. 1870— 73 zählte man 89720 Pferde, 52190
ultiere, 146976 Ejel, 697 929 Rinder, ‚3064210
e, 973 119 Ziegen, 1051994 Schweine. Man
tet zwei Arten von Pferden, im Rorden die ga:
‚im Süben (Alemtejo) die bätiſch-luſita—⸗
— .1870 beſtanden 59 Geftüte (postos
icos Hengſte von den Nafien
Alter (berühint), Hannover, Araber, Engländer,
— 4 verteilt find, Die Bei — afe
wandern ſpan. umher und ver⸗
in den Ebenen von Alemtejo.
—— iſt in Ar Gebirgsgegenden verbreitet,
in Alemtejo, —— und Minbo.
ron werben in größtem Mafitabe in den aus:
dehnten Eichen: und Kaftanienwäldern von Alem:
n. Die meiiten und beften Maultiere hat
onted. Die ep wird be:
ſonders ——————— demnãchſt in betrieben,
die Bienenzucht namentlich in En ge Giftus-
—— von Alemtejo und Eſtremadura. Die Jagd
ſt in ®. frei, aber von feinem großen Belang.
Schr widti Dagegen ift die Fifßerei, weldye
1876 4000 —— beſchaftigte. Das portug.
Küftenmeer, nn das algarbifche, wimmelt
von Fiſchen aller Art (Sarbellen, Thunfischen
u =: w.); aud) an Krebſen Mollusten, Korallen
w. ift tein Mangel,
ei. jeber große Aufmerkjamteit gewidmet, und
wenn biejelbe ge —— auch lange nicht mehr
die Bebentung bat, wie im 14., 15. und 16. Jahrh.,
io bildet fie noch immer einen fehr "weientliden Er:
werbözweig. Die Mittelpunfte der (hauptjächlich
Sarbellen:) Fischerei find: Caminha, Vianna do
Gajtello, zu. de Barzim, Buarcos, Veberneira,
Venice, rafariaküfte, Gesimbra, Eines, Lagos,
Pera, Olhão, Tavira, Billa Real de San Antonio,
En
Man hat der Fiſcherei des Land
Ausnahme der Salzquelle von Rio Major im Di:
—* Santarem ſind alle Salinen ſog. Marinhas,
h. Gruben ae rer in ben ©al;:
——— am Sie Zahl it ſehr groß (1260)
und ihre — "Se amtproduftion im Kg
ſchnitt 22 Mill. Heftoliter; bie Fear ir 880 be:
trug 1922850 hl, Das 8 befte Seefalz wird in den
Marinhas de3 Sabo und in benen um Palmella
und Alcacer do Sal — und kommt unter
dem Namen Sal; von St. Yves (Se in den
Handel. P. befigt auch einen großen Reichtum an
Ihönen Marmorarten, 2 zu Eſtremoz, Mafra,
abida, an treiflichen Ba us und Sithographie,
fteinen, an Achat, der mi Bieraten verarbeitet wird.
Grenzaebirge finden ſich —— in =
da Ehtrella Öranate, Hyacinthe und Ber
— viele Thon⸗ Mergel: und e⸗ aller
Art, bei Oporto ei
Die Induftrie ietet in ihrem gegen:
wärtigen AZuftand ein erfreulicheres Bild als
die Biehzucht und —— — ——
fich ihr Markt nur erſt au
dejien Kolonien, fowie au Brafilien Beldräutt,
Viel trug zu diefem Aufihwung die Regierung
indem fie ihr — Syſtem, alle Privat:
—— zu überwachen und von allen größt-
möglichiten Borteil für die Staatslaſſe zu ziehen,
teilmeife aufgab, Eingangszölle > ſeßte, indu⸗
ſtrielle Anſtalten zu Sillabon und Dporto errichtete
und nationale Anbufieau tellungen (1849 zu
Liſſabon, 1855 und 1865 —— zu Oporto)
—— Früher forgte, F groben Nachteil
es, England Ir — el ber Bor:
tugiefen, das allein für Li Manufal:
turwaren nad) portug. RR iſt
—— Produ —— in —* rtiteln,
B. in Wollwaren, für den eigenen Bebarf ziem⸗
is ausreichend, und die Induſtrie von Oporto bat
fait ganz unabhängig von England gemacht.
N beiden Hauptcentren ber portug. Induſtrie
find Oporto und Liſſabon, die bedeutenditen übri:
gen Induftrieftäbte Covilhi, Rortalegre, Gouven,
188
Braga, Guimaräe, —* und Penafiel. Am
wichtigſten iſt die Woll-, Seiden: und Baum:
wollinduftrie, die Leinweberei und Spipenfabrila-
tion (Peniche). Sodann folgt, in P. utalt, die Fa—
brifation von Gold: und Silberwaren, fowie von
Filigranarbeiten, ferner von Gifen: und Blech:
waren, wg gu Liffabon und Oporto), In—
jtrumenten, blanlen Waffen und Meſſern, von Por:
zellan (zu Viſta Alegre) namen und Gtein:
gut, feuerfeften Scme ztiegeln (Oporto), zijhler:
waren (Liſſabon), Chofolade, Konjerven, Papier
(in den Diſtrilten Aveiro und Coimbra), Glas,
Hüten, Leder (Saffian und Corduan), Saubläuben,
ads:
—— (Liſſabon, Oporto, Braga),
tuch, Segeltuch, Seilerwaren und Tauwerk aller
Art (befonders in Algarbien), Feine Glaswaren
werben zu Marinha Grande im Diftrikt Leiria er:
eugt. Sehr arg A jeit 1845 der Schifibau,
Mr den an 16 Orten Werften beftehen , die leichte,
fehr elegante, dauerhafte und jchnelljegelnde Schiffe
liefern. Fabrikation von ——— iſt org eu
der Negierung; bis 1853 galt dies aud) von der
Seifenfabrifation, 1864 wurde das Tabalämonopol
aufgehoben. Für die Verfertigung von Cigarren,
Raud: und Schnupftabat find 20—30 Fabrifen,
auf Lıflabon und Oporto verteilt, thätig. Es be:
W t jeht in P. vollitändige Gewerbefreibeit, und
eit 1852 kann jedermann gegen Grlegung von
5000 Reis (22,5 Mark) jährlih Patente auf Gr:
findungen erlangen,
Der äußere Handel P.s, einft der großartigite
Welthandel, war im erſten Jahrzehnt des 19. Jahrh.
tief geiunfen und vermochte ſich wegen der unauf:
hörlichen —— und Bürgerkriege lange nicht
wieder zu erholen. Üüberdies benuhten die Eng:
länder die Lage des Landes, um nad) und nach fait
die ganze Ein: und Ausfuhr an fich zu reißen. Erſt
in neueiter Zeit bat namentlich A beilfamer
Neformen, insbeſondere der durch die Gejehe vom
5. Aug. 1854, vom 3. De. 1856, vom 23, Aug.
1860 und vom 7. Juni 1882 angeoroneten Gr:
mäßigung des Gin: und Ausgangszolls vieler Ar:
tifel, der portug. Handel einen Aufihiwung genom:
men, Doc iſt, da die portug. Induſtrie der aus:
ländiihen noch nicht Konkurrenz machen kann, der
Importhandel immer noch weit beträchtlider ala
das Grportgeichäft. Bei den offiziellen Angaben
über den Import fommt in Betracht, daß fich die:
felben nur auf die amtlich dur die Zollregifter
gehenden Einfuhren beziehen. Der äußere Handel
2.5 ift vorzugsweiſe Seehandel_und —
fih bauptjählid auf Liſſabon, Oporto, Setüval,
digueira und Faro, Außerdem find noch 16 Hei:
nere Häfen, wie Aveiro, Vianna, Lagos u. f. w.,
zum direkten Verkehr mit dem Auslande berechtigt
und den fremden ationen geöffnet, Doc liegen
diefe Bam größtenteils verjandet und befinden
fi über vB in ſchlechtem Zuftande, Die Han:
delsflotte beiteht, abgefehen von Heinern Küften—
fahrern (1882) aus 38 Dampfern von 11 735 cum
und 453 Segelſchiffen langer Fahrt ven 78354 cbm,
zuſammen 491 Schiffe von 90089 cbm, Es liefen
1882 in ſämtliche Häfen des Landes ein: 11221
Schiffe von 3689000 cbm, aus: 11423 Schiffe von
3334000 cbm, Die Gefantteinfuhr betrug (1882)
36327000 Milreis (zu 4 Dark 45 Pf.), worunter
für 7624000 Milreis Getreide, für 3335000 Mit:
reis Kolonialwaren, für 4486000 Milreis Tiere
und tierische Nahrungsmittel, für 2222000 Mil:
Portugal (geographiſch-ſtatiſtiſch)
reis Mineralien, für 2229 Milreis Häute und
Selle, für 4758000 Milreis Metalle, für 5493 000
ilxeis Spinnftoffe und Gewebe und für 3479000
Milreis Fabrifate von verſchiedenen Stofjen; die
Ausfuhr betrug 24746000 Milreis, worunter für
9979000 Milreis Mein und andere Getränfe, für
1805 000 Milreis Sämereien und Obft, für 1570000
Milreis Mineralien, für 2773000 Milreis Metalle,
für 2709000 Milreis Holz, für 3976000 Milreis
Ziere und tierische Nahrungsmittel. Die Haupt:
länder des Ymport: und Exporthandels find Eng:
land, Franfreih, die Vereinigten Staaten von
Amerika und Braſilien. Längs der Hüfte wie auf
ben ſchiffbaren Flüffen find neuerdings verjchiedene
Dampfbootlinien errichtet worden, wodurch alle
Häfen des Landes miteinander in Verbindung
ſtehen. Huch gehen die Dampfer der Companhia
peninsular e oriental von Yijjabon über Oporto
und Vigo nad) Southampton und über Gibraltar
nad) Gadiz. Kine andere Linie geht von Lifjabon
über Antwerpen nad Hamburg, die brafil. Linie
von Southampton über Lifjabon, Madeira und
Teneriffa nad) Brafilien, Montevideo und Buenos-
Ayres. Bu dieſen porhug. Dampfern gefellen ſich
die engl., franz. und ſpan. Boote, die in Oporto
und Sinlabon anlegen. Der Binnenhandel konzen:
triert ſich hauptſaͤchlich in Braga, Guimaräes,
Coimbra, Covilhä, Leiria, Santarem, Abrantes,
Bragansa, Elvas und Portalegre, in den drei leb-
ten Bläpen wegen ihrer Lage in der Nähe der —*
Grenze. Die Hauptverkehrswege ſind * t der
Douro und bejonders der Tejo. Dbgleih P. hin:
fihtlih der Binnenfhiffahrt viel günjtiger gelegen
als Spanien, iſt diefe dennod nicht bedeutend.
Sie hat ſich jedoch neuerdings _gehoben, jeit man
begonnen, den Lauf der Flüfle Douro, Tejo, Gua—
diana und Mondego zu regulieren. Auch nahm
man die ee analilation des Sabo, Sor,
Böuga, Lima, Cävado, Portimäo vor und bewirkte
die — des Tejo mit dem Sabo durch Ber-
längerung des Alpiagafanals und die des Tejo und
Douro mittel Kanalifierung des Zezere und Coa.
Landftraßen fannte man bis 1845 in P. fait gar
nicht. Bis 1854 waren erft die Chauſſeen von Lilja=
bon nad) Cintra und von Oporto nad Braga voll:
endet, und fonft nur Bruchſtücke von Kunftiiraßen
ohne Zufammenbang vorhanden, Die Gejamt:
länge der fertigen Straßen belief fih 1874 auf
3967 km, davon waren 3136 auf Staatstoften,
701 km auf Diftriftstoften und 130 km auf ftädtifche
Koften erbaut, Geit 1852 war man in B. bedacht
auf den Bau von Gijenbabnen und 1884 waren
1520 km (davon 83 km —— in Betrieb,
483,5 im Bau, Ende 1882 betrug die Länge ber
Staats: Telegraphenlinien 4670 km bei 226 Bu—
reaus, wovon 8 auf Madeira und 1 zu St. Vincent
auf den Kapverbifhen Inſeln. Poſtbureaus gab
e3 Dez. 1882 auf dem Feſtlande 931, auf den *
ſeln 43 (Azoren 26, Madeira und Borto:-Santo 17).
Unter den 54 Banken und Areditanftalten des Lan—
des nimmt die portug. Banf (Banco de Portugal)
zu Liſſabon (alleinige Zettelbanf) den erften Ran
ein, die ſchon 1822 gegründet, 1846 reorganifiert
wurde, Ferner gibt e3 acht Banken zu Oporto.
Zu Liſſabon beſteht feit 1858 ein Credit mobilier,
deſſen Operationen ſich auf induftrielle Unterneb:
mungen beſchränken. Außerdem find 7 Aſſeluranz—
sejellibaften vorhanden, 3 zu Lijjabon und 4 zu
Oporto. Börfen, Handelätammern und Handels:
Vortugal (geographiſch-ſtatiſtiſch)
Schulen beftchen zu Liffabon, Dporto, Vianna, Fi:
aueira und Setüval; Handelsgerichte find 27 vor:
handen. Konfulate unterhält B. über 300. Han:
del: und Schiffahrtäverträge hat e8 mit faft allen
Staaten Europas und Amerilas abgeſchloſſen, jo:
wie 1859 auch mit Siam und 1860 mit Japan.
Das Boltsjhulmefen war bis auf die neuere
Zeit ſehr vernadjläffigt. Der Ninifter Pombal erft
begann 1759 die Einführung der Elementarſchulen.
Im %. 1772 gab e8 deren 400, 1800 nur 873, da:
segen 1862 \ on 1336 Rnaben: und 127 Mädchen:
ſchulen, auf den Inſeln 93 Lehrer und 26 Lehrerin:
nen und 1874 bereit3 1987 inaben: und 458 Mäbd:
henihulen, auf den Inſeln 127 —— und 47 2eb:
rerinnen. Die relatıv ftärtite Zahl von Schülern
haben Bianna und Braganca, von Schülerinnen
Liſſabon und Braganga. Seit Ein —— der lon⸗
ſtitutionellen Verfaflung ift der gelamte Unterricht,
mit Ausnahme der theol. Fakultät und der Prie:
fterjeminare, von der Kirche völlig getrennt und
unabhängig. Auch beſteht in P. nominell Schul:
zwang, und Bäter und Bormünder verlieren ihre
polit. Rechte auf fünf Jahre, wenn ihre Kinder
oder Mündel bis zum 15. Lebensjahre nicht leſen
und jchreiben gelernt. Für den Selundärunterricht
beitimmt find die 17 Lyceen ber Diſtriltshaupt—
ftädte und vier der 5 EStaatslehranſtalten)
und außerdem Privatſchulen, welche vorzugsweiſe
die realiſtiſchen Fächer betreiben, zuſammen (1875)
mit 9274 ern, ferner das koͤnigl. Militär:
college zur Erziehung von Söhnen der Offiziere,
mit 196 Angehörigen. Zu den Anftalten für den
böhern Unterricht (instrucgäo superior) gehören
die Univerfität zu Coimbra (f. d.), die einzige des
Königreichs und eine der älteften Europas, mit
fünf Fakultäten (Theologie, Rechte, Medizin, Ma:
thematif, Philoſophie), 74 Vrofefioren und dur:
ihpnittlich 900—1000 immatritulierten Studenten;
die königl. polytechniſche Schule zu Liffabon, nad)
dem Mujter der glei —— chule in Paris
1837 ——— von 200 Schülern be:
ſucht; die polytechniſche Atademie zu Oporto, 1882
—83 mit 12 Brofefforen und 192 Schülern; ber
—* Kurs für Litteratur zu Liſſabon; die Kriegs—
Aule zu Liſſabon, mit dem Militärkollegium zu
Lifjabon als Borbereitungsanftalt ; die — *
ſchule ebenda von 1845; die mediz.: dirurgiichen
Schulen zu Lifjabon, Oporto und Funchal. Spe:
zia len find das Lehrer: und Lehrerinnenſeminar
u Liſſabon; vier weitere Lehrerfeminare («Normal:
Aulen»); die 19 geiſtlichen Seminare; die Lönigl,
Alademien der dönen Künfte zu Liffabon und
Dporto; das Lönigl. Konfervatorium für Dramatit
und Mufit in Liſſabon; das Induſtrie- und Han:
delsinftitut zu Lifjabon und das zu Oporto, das
Sauptagrikulturinititut zu Liſſabon, nebjt Tierarz:
neifqule. Es find vier Sternwarten vorhanden:
die königlichen zu Liſſabon und zu Ajuba, die der
Univerfität Coimbra und die der, polytechnijchen
Schule zu Lifjabon; eine Generaldireltion der geo:
dãtiſchen, topogr., bydrogr. und geolog. Arbeiten;
en meteorolog. Objervatorien zu Yıllabon und
oimbra, mit 11 Stationen und drei auf den In—
ſeln; naturhiftor. Mufeen zu Liſſabon und Coim:
bra; an Muſeen; ein archaͤologiſches zu Liſſabon
dad der Akademie der Wiffenfchaften (namentli
numismatiſch), das der Stolonien, das Miufeo
deſſo da Silveira, feit 1874, für die Fortf
Induſtrie. Es gibt fünf öffentliche Bi
itte der
iothelen:
189
die Nationalbibliothek zu Liſſabon (über 300000
Bände), die zu Porto (120000 Bände), Evora, zu
Braga und zu Billa:Real, die der Aladenie der
Wiſſenſchaften hat 75000, die der Univerſität
58000 Bände; 13 andere hatten 1825 jede mehr
als 20000 Bände; wie z. B. die des Yefustlofters,
die des Santa-Eruzllofterd zu Coimbra, die des
Hofpizes Nofia Senhora, die des biihöfl. Palaftes
zu Coimbra u. f. w. Botan. Gärten haben Ajuda
bei Liffabon, Eintra, Coimbra und Porto. Unter
den gelehrten Geſellſchaften ift die lönigl. Alademie
der Wiſſenſchaften zu Liffabon, 1778 gegründet und
1851 reorganifiert, die wichtigfte. Unter den vielen
den (210 Hofpitäler, 12 Wai:
jenhäufer u. f. w.) find bie grobartigiten zu Liſſa⸗
bon, an weldye ſich die Peemgne er zu Oporto
und im Badeort Caldas da Rainha Bil
Gine fehr bedeutende und vorzügliche Irrenanſtalt
befindet fi im ehemaligen Klofter Rilha:Folles in
der Hauptitadt. Die Anzahl der Kinder, die in die
Hospicios (Findelhäufer) jährlih aufgenommen
werden, beträgt 12—13 000, Die Strafrechtäpflege,
die Straf: und Beſſerungsanſtalten laſſen, ſowie
aud) die Gefundheitspflege, noch viel zu wunſchen
übrig. Die ſchweren Verbrecher pflegen zu mehr:
jähriger oder lebenslänglicher Deportation nad
den afrif, Kolonien, namentlid nad) Angola, ver:
urteilt zu werben. Die Zahl der Verbredien gegen
die Perſon bildet immer die Mehrzahl.
Die Staatäverfaffung des Königreihs P.
it eine konftitutionellzrepräjentative und beruht
auf der Carta constitucional (Carta de ley) Bez
dros IV. von P. (Haifers von Brafilien) vom
29, April 1826 und dem Acto addicional der Kö:
nigin Maria II. vom 5. Juli 1852, durch den die
Carta im Sinne der Septembrijten revidiert und
die königl. Gewalt fehr beichräntt wurde. Hierzu
fommt das Wahlgeſeß vom 23. Nov. 1859 und
das Gefep vom 6. Mai 1878 für die Bairslammer,
Die Thronfolge ift ſowohl in männlicher als weib:
licher Linie nah dem Recht der Eritgeburterblich, doch
gebt bei gleihem Verwandtichaftsgrade der Infant
der Infantin voraus, Die Mlinderjährigleit des
Königs, während welcher eine von den Cortes zu ers
nennendeRegentichaft regiert, dauert bis zumzurüd:
gelegten 18. Lebensjahre. Alle Prinzen und Prins
zeffinnen des portug. Aönigshaufes heiben Infan—
ten und nfantinnen, der Thronfolger Kronprinz
Herzog von Braganza, feine Kinder Prinzen und
PrinzeffinnenvonBerra. Der König führtden Titel:
König von Portugal und Algarve diesjeit und
ienfeit de3 Meeres, Allergläubigfte Majeftät. Die
Gortes beftehen aus der 154 lebenslänglihe und
erbliche Mitglieder zäblenden Camera dos Pares
und der 173 (feit 1884) Mitglieder Be Corte
dos Deputados, welche alle vier Jahre direlt in den
verfchiedenen Mahltreifen gewählt werden. Der
Pairslammer, in welcher auch die Lönigl. Prinzen
Sitz und Stimme haben, präfidiert ein Wahlpräfi-
dent, der Deputiertenlammer ein vom König aus
fünf von der Kammer vorgeſchlagenen Kandidaten
ernannter PBräfident. Die Cortes müſſen alljähr:
lich einberufen und vom König eröffnet werben,
Jede Pegislaturperiode dauert vier Jahre. Die
leitende und ausführende Gewalt übt der König,
der unverantwortlid und defien Rechte heilig und
unverleplic find, Die Minifter (des Innern, der
geiftlihen und Juftizangelegenbeiten, der Finanzen.
des Kriegs, der Marine und der überſeeiſchen
1%
Beſihungen, des Auswärtigen, ber öffentlichen Ar:
beiten und des Handels und der Induſtrie) find ver:
antwortlich und können von den Cortes (Deputier:
tentammer) in Antlagezuftand verfegt und (durd)
die Bairätammer) verurteilt werden. Außer dem
Minifterrat beiteht noch ein Staatsrat, defien
Mitglieder der König auf Lebenszeit ernennt. Am
9. Juni 1870 wurde der Staatsrat reformiert und
zerfällt feitdem in den beratenden polit. Staats:
rat und das abminiftrative Obertribunal. Die
richterliche Gewalt, die volllommen unabhängig,
üben die Richter und Geſchworenen. Das Gerichts⸗
verfahren im Civil: und Kriminalprozeß iſt öffent:
lid und mündlich. An der Spike der gejamten
Jurisdiltion fteht der Oberjte Gerichtshof zu Liſſa⸗
bon. Dem folgen drei Appellationggerichte (Re-
lagödes) zu Liſſabon, Oporto und den Azoren und
ein Appellhof für Handelsfachen, dem die Handels:
gerichie zu Liſſabon und Oporto unterftehen, bie
Geihmworenengerichte, als erite Inftanzen in Kri—
minalprozefien, die 146 Gerichtshoͤfe erſter Inſtanz
in den Comarcas (Gerichtäfreifen), unter diejen
die 236 Juizes ordinarios (Eingelrichter) in dei
Julgados oder Kantonen, ferner bie Friedensrichter
(Vermittler), weldhe von ben Bu Serra ai
und die Juizes e leitos, in den Parodien (Dorf:
ſchulzen für Bagatellfahen), welche von den Orts:
einwohnern gewählt werden. Die Diſtrikts—
und Öemeindeverfaffung P.3 beruht auf dem
Gejeh vom 6. Mai 1878. In jedem der 17 (21)
Diſtrilte, in welche das Nönigreid) zerfällt, wird die
geſamte Berwaltung von dem Gubernium geleitet,
an deſſen Spitze der Eivilgouverneur fteht, welcher
von dem Dijtriktsrat unterftügt wird und in der
von ben Gemeindebezirl: Ausihüffen gewählten
Generaljunta (Brovinzialvertretung), ſowie im Di:
ſtrilts-Verwaltungsgerichtshof den Borlis führt.
Dieje Diftrikte zerfallen in 292 Concelhos (Ge:
meindebezirke), in deren jedem ein vom König er:
nannter Abminijtrator die Verwaltung und Polizei
zu handhaben und die Intereſſen des Fiskus bei
der Beiteuerung zu wahren hat. Als Organe in
den Kirchipielen erfcheinen die Regedores denen
die Parochiejunta zur Seite fteht. Das Mandat
aller diejer genannten Junten gilt auf vier Jahre.
Kein Portugieje darf ohne vorbergegangene An:
age und richterlihen Befehl verhaftet werben,
und fein Haus ift ein unverlehliches Afyl. Jeder
Portugieſe kann bei erforderlicher Bejäbigung zu
jedem bürgerlichen, polit. und militärifhen Amte
Belangen. Die Preſſe i frei, das Briefgeheimnis
unverleplih, die Todesitrafe für polit. Verbrechen
ſ —— nach früherm 5* und ſeit 1864 überhaupt
a eh . ‚Rad der Berfafiung gilt war die rö:
miſch⸗ katholiſche ald Staatsreligion, —* iſt den
Fremden bie freie Ausübung anderer Religionen
im Haufe oder in zu diefem Zwed bejtimmten Ge:
bäuden erlaubt; nur dürfen leßtere in Außern nicht
die Form einer Kirche haben. Kein Stand hat nad
der Konftitution bejondere polit. Vorrechte, und
alle (Adel, Geiſtlichleit, Bürger, Bauern) find vor
dem Geſeß gleich. Der Adel teilt ſich in Granden,
Zitulares, * os und die Nobreza. Der alte
Adel iſt großenteils ſehr verſchuldet, verarmt und
herab ommen; ber neue, junge Adel dagegen
wohlhabend. Die hohe Gei en 1* hohe
Ir a die niedere ift oft ſehr Ichlecht be:
oldet. t Bürgerftand iſt poliliſch noch ohne
Bedeutung, aber im ganzen ziemlich wohlhabend,
Portugal (geographiſch-ſtatiſtiſch)
befonbers der Kaufmannsſtand. Der Bauernftand
(meijten® nur Pächter) lebt, mit Ausnahme der
Provinz Minho, in fe —— Verhaltniſſen,
indem er unter vielfachen Abgaben beinahe erliegt.
‚Die finanzielle Sage des Staat? war ſchon
feit Jahrhunderten eine läglihe, bat ſich zwar in
neuelter Zeit etwas gebeflert, doch bleibt noch im:
mer alljährlich ein it und die Staatsſchuld
vermehrt ſich von Jahr zu Jahr in großen Dimen:
fionen. Im Finanziahre 1884—85 beliefen fid) die
Ginnahmen auf 31436067, bie Ausgaben auf
38447706, das Defizit auf 1162561 Milreis, Die
Kolonien haben ihr eigenes Budget , das 1883— 81
einen überſchuß von 143533 Milreis_nahmweilt,
Infolge der finanziellen Mifverhältniffe ijt die
Staatsſchuld fehr beträchtlich angewachſen. Im
3.1835 belief fie ſich auf 55280990 Milreĩs, 1855
auf 93314346, 1865 auf 191045054 Milreis,
30. Juni 1883 auf 430852310 Milreid. Dieſe
—5 Schuld zerfällt in die innere von 235661 808
Milreis (für welche 1864 neue 3prozentige Fonds
etabliert wurden) und in bieäußere von 195 190502
Milreis. Dazu kommen ältere, zu fonvertierende
Schulden: 1907418 Milreis, Die rüdjtändigen, in
Schuldtiteln bezahlten ‚Bien beliefen ſich 1881/52
bezüglich der innern Schuld auf 2627833, bie be:
aglich der äußern auf 3075695 Milreis (686905
Sr. t.), alio im ganzen auf 5708528 Milreis.
te Barverzinfung 1881—82 betrug 13497530
Milreis, wovon 7503 718 auf die innere, 5993812
aa ie äußere Schuld fommen. ,
fö der Militärverwaltung iſt das Felt:
land in vier Militärbivifionen eingeteilt (Lifjabon,
Bizeu, Oporto, Cvora), wozu noch der Jnfeldiftritt
Madeira und Angra (Nzoren) kommt. Zum Reis
fort der Nommandanten diefer Militärdivifionen
gehören auch bie Feitungen, deren es eine jehr
große Menge gibt, die aber meiſtens im Verfall und
ohne Bejahung find. Die wichtigften und noch am
beiten unterhaltenen find Elvas, Balenza (die zwei
Hauptbollwerle genen Spanien), Säo:Juliäo da
Barra an der Mündung des Tejo, dad Fort a
Gracg, das Kaftell von Angra und Peniche an der
Weitküfte; zweiter Klaſſe find Abräntes, Kaftell
von Sao⸗Jorge, Torre de Belem, Bugio, Setüval,
Alminda, Inſel Caminha, Marväo, Campo-Major,
Ejtremoz, Villa nova de Bortimäo, Faro, Villa:
Neal de Säo:Antonio. Bon einiger militäriiher
Bedeutung find die Linien des Guadiana und
Minho. In den Hintergrund tritt Dagegen bie
Linie von Torres-Vedras bei Lifjabon, da diefe
einer Kriegsflotte den Cingang in den Hafen ber
Hauptitadt, dem einzigen a bes Landes,
nicht zu wehren im Stande iſt. Rach der Organi-
fation der Armee durch Gefeß vom 19. Mai 1884
umfaßt die Landmacht außer der Generalität (ein
Generaljeldmarfhall, der —— Ferdinand:
8 Divijiond: und 22 Brigadegenerale) und dem
aus 41 Offizieren bejtehenden Generalitabe 24 In:
fanterierenimenter, 12 Syägerbataillone, 10 Ka—
vallerieregimenter, 3 Regimenter berittener Ar:
tilferie, 1 Brigade Gebirgsartillerie, 1 Regiment
und 4 Kompagnien Yeitungsartillerie und 1 Ge:
nie-NRegiment. Die Dauer der Dienftzeit beträgt
12 Jahre, wovon 3 bei der Fahne, 5 in der
eriten und 4 im ber zweiten Nejerve abzuleiften
find. Die Kriegsſtärle foll 120000 Mann betra:
en. Die Stärle der portug. Armee auf dem
iedensfuß betrug 1. Yan. 1884 2195. Offjiere
Portugal (gefpichtlich)
und 24450 Soldaten. An Truppen in den Kolo—
nien waren 1833 vorhanden: 1 Kolonial-nfante:
rieregiment (do ultramar) mit 50 Offizieren und
1143 Soldaten, ferner Kolonialtruppen I. Linie
405 Dfiiziere und 7379 Soldaten.
Tie Flotte zählte 1884 im ganzen 44 Schiffe,
zum Zeil Dampfer (30 von 4145 Pferdelräften
und mit 103 Kanonen, neben 14 Segelſchiffen von
34 Kanonen), mit 137 Kanonen und einem Ge:
famtperfonal von 3235 Mann. Die Dampfer be:
jtehen in 1 Banzerlorvette von 500 Bierdefräften
mit 7 Aanonen, 5 Slorvetten mit 46 Kanonen,
10fanonenbooten mit 36 Hanonen, 7 Dampfern mit
9 Kanonen, 3 Transportſchiffen mit 5 Kanonen,
2 Torpedofahrzeugen und 2 Bugfierdampfern; die
Segelſchiffe in 1 Fregatte mit 19 Kanonen, 1 Kor:
vette nrit 6 Kanonen, 12 Schonern und Kuttern mit
9 Kanonen. Dazu lommen 3 neue Dampfer (1 Kor:
vette und 2 Stanonenboote) mit 11 Kanonen. P.
bat 6 Ritterorden: Chriſtusorden (gejtiitet
1317), Orden des heil. Benedikt von Aviz (1162),
Orden des heil. Jalob vom Schwerte (1283 vom
gleihnamigen jpan. Orden abgetrennt), Orden
vom Turm und ng user, Drden Unferer
Lieben Frau von Billa: Bicoja (1818) und den
Frauenorden der 2 Iſabella (1801) für Damen
der Grandezza. Das Wappen des Hönigreidys
iſt ein fülberner Schild mit fünf Heinen blauen, in
die Form eines Kreuzes geſtellten Schilden, von
denen jedes mit fünf ſilbernen Münzen belegt iſt.
Das Schild hat eine breite rote Einfafjung mit
fieben goldenen Türmen wegen Algarve. Um das
Schild hängt die Kette und das Kreuz des portug.
Chriſtusordens. Die Flagge des Landes iſt blau
und weiß mit bem portug. Wappen. Die Landes:
farben find blau:weih, die Kofarden aber blau:rot.
Litteratur, * neben den Reiſebeſchrei—
bungen Murphys, Links, Chateletö, Coſtigans,
6 93 u. a.: von Eſchwege, «P., ein Staats:
und lde nad 30 jährigen Beobadtun:
gen und Erfahrungen» (Hamb. 1837); Heerin:
gen, «Meine Reiſe nah P. im Frühjahr 1836»
(2 Boe., 2py. 1838); Kingiton, «Bortug. Land:
und Sittenbilder» (überjest von Yindau, 2 Tle.,
Lpz. u. Dresd. 1846); er Minutoli, «P.
und jeine Stolonien im J. 1854» (Stuttg. u.
Augsb. 1855); Vogel, «Le P. et ses colonies»
(Bar. 1861); «Diccionario abreviado de choro-
graplia, topographia e archeologia dos cidades
etc. de P.» (3 Bde., Liffab. 1867); Forrefter, «P.
and its capabilities» (4. Aufl., Yond. 1860); de
Figueiredo,, «Le P.» (Liſſab. 1873); Pery,
hia e Estatistica geral de P. e Colonias»
Yiflab. 1875); Latouche, «Travels in P.» (2, Aufl.,
Yond. 1875); Murray, «Handbook for travellers
in P.» (3. Aufl., Lond. 1876); Boinette, «Le P.»
(Bar:le:Duc 1882); Paſſarge, «Aus dem heutigen
Spanien und ®B.» (2 Bde., Lpz. 1883); Müller:
Beed, «Eine Reije durch PB.» (Hamb. 1883); Will:
lomm, «Die Pyrenãiſche Halbinjel» (Bd. 1: «Phyſ.
Gemälde der Yalbinfel und Schilderung von P.»,
Prag 1884); ferner die jährlic) erjcheinenden amt:
lihen Bublitationen: « Annuario estatistico do
Reino de P.» und «Comercio do continente do
Reinoe ilhas adjacentes con paizes estraugeiros»,
Geſchichte. P. teilte bis zum 12. Jahrh. die
Schidjale Spaniens (f. d.). Erſt von den Lufita:
niern und andern Böllerjchaften iber. und lelt.
Stammes bewohnt, dann von den Römern er:
— — — — — — — — —— —— — —
—— — —— —— — — — — — — — —— — nn
191
obert, zur Provinz (Lufitania) gemacht und ro:
manifiert, in den Zeiten ber Völkerwanderung
von Germanen (Alanen, Sueven, Weitgoten),
jeit dem 8, Jahrh. von den Arabern über:
ſchwemmt, geriet um die Mitte de3 11. Jahrh. das
Yand zwiihen Minho und Duero unter die Herr:
ſchaft Ferdinands I. von Caſtilien. Deſſen Nad:
folger Alfons VI. gab dem Grafen Heinrich von
Burgund (einem Nbkömmling des Königs Hugo
Capet von Frankreich), der zum Kampfe gegen die
Ungläubigen ins Land gelommen und des caftil.
Königs —— Tochter Thereſe geheiratet, das
Land zwiſchen Minho und Mondego unter dem
Namen Portucalia (von Portus Cale, dem ſpätern
Oporto), mit der Erlaubnis, alles was er den
Mauren entreißen würde, dieſer Grafſchaft hinzu:
zufügen, als Lehn 1095; ſchon 1101 jagte er *
von feinem Schwiegervater los. Graf Heinrich
eroberte noch weitere Streden und nannte ſich
Graf und Herr von P. Nad) feinem Tode (1112)
führte erſt Therefe im Namen ihres zweijährigen
Sohnes Alfons I. die Herridaft. Alfons L entris
ihr (1128) die Gewalt und befeitigte feinen Thron
durch glüdliche Züge gegen die Araber. Rach den
Siege bei Durique (1139) vom Volte als König
begrüßt und 1142 vom Papft Innocenz II. in bie:
jer Würde gegen einen jährlien Zins anerkannt,
wußte er feine Souveränetät gegen die Anjprüche
der jpan. Könige von Caſtilien und Leon zu be:
upten. Die Corte von Lamego 1143 gaben
em Staat feine innere Organifation, und 1147
entriß Alfons den Arabern aud) die Hauptitadt
Lifjabon. Sein Nahfolger Sandho (1185—1211)
ſehte durch glüdlihe Kämpfe und durch wachſame
Sorge für den Anbau und die Bevöllerung des
Landes das begonnene Werk fort. Alfons I. (bis
1223) und Sancho IL. (biß 1245) gerieten in heftige
innere Streitigkeiten, namentlih mit dem mächtig
emporwachſenden Klerus, Sando II. wurde von
Bapft Innocenz IV. für abgejest erflärt umd floh
zum a Ferdinand nad Toledo, wo er 1245
itarb. Alfons III. (geft. 1279) vollendete die Gr:
oberung des arab. Königreichs Algarve 1250, und
durch den Frieden mit Cajtilien 1263 erhielt P. im
wejentlichen feine jebigen Grenzen. Sein Nad):
folger ung Sie (bis 1325) ſchaffte gegenüber der
Kirche dem Throne wieder fein Anfehen, förderte
Wiſſenſchaften und Aderbau und legte den Grund
zu der merkantilen und maritimen Blüte jpäterer
Zeiten. Wie er dem libermaß des geijtlichen Be:
fipftandes, den Mißbräuchen des Adels entgegen:
trat, fo förderte er alle bürgerlihen Gewerbe und
fnüpfte durch den Handelsvertrag von 1308 zuerit
die Verbindung mit England an. Ihm folgte Al:
fons IV. (geft. 1357) und Pedro L. (geit. 1367), der
Gemahl der Ines de Caſtro. Mit Bebros Sohn,
Ferdinand I., erlojh 1383 der Mannsſtamm des
burgund. Haufes, Seine Toter Beatrix, die mit
dem Thronerben von Gaitilien, Johann, vermäh:t
war, war die rechtmäßige Königin; aber bie Por—
tugiejen zeigten ſich einer Berbindung mit Caſtilien
fo abhold, daß Pedros unehelicher Sohn, Johann .,
von den Ständen als König anerlannt wurde,
Mit ihm beginnt die 100. unechte burgund. Linie.
Durch den Sieg bei Aljubarrota (1386) befeitigte
fih Johann gegen die Caſtilier auf dem Thron,
übrte den bis 1411 dauernden Krieg glüdlich fort,
ellte im Innern bie Königsmacht von neuem feit
und begann auch zuerit Die portug. Macht nach
192
außen ausjubreiten. Es warb 1415 Ceuta er:
obert, und einer der Söhne des Königs, Heinrich
der Seefahrer, gab den erften Anftoß zu den aus:
wärtigen GEntdedungsfabrten, welche die jpätere
Kolonialmaht P.3 begründet haben. Die eriten |
Kolonien (Porto-Santo und Madeira) wurden
1419 und 1420 in Befig genommen. Auf Jo:
bann I. (acit. 1433) folgten defien Sohn Eduard
(geit. 1438), dann Johanns Entel Alfons V. (geft.
1481), welcher 1471 Tanger eroberte, aber um
den Beſitz Caſtiliens einen erfolglofen Strie gie
Tie Entvedungsfahrten wurden unter ihm -
ein
giebt und bis Oberguinea ausgedehnt.
obn Johann II., 1481—95, trat der fibermadıt |
des Adels entgegen, zog die verſchleuderten Aron:
nüter ein und überwältigte den verfhworenen
Adel, deilen Häupter, die Herzöge von Braganca
und von Bifeu, mit dem Leben büßten. Indeſſen
hatte Bartol. Diaz das Vorgebirge der Guten Hoff: |
nung entdedt (1486), und feit Columbus, der fih
vergebens an den portug. Hof — feine Welt⸗
fahrt im Weſten begonnen, li
hann II. ein
gen dort zu machen. Hierdurch entſtand ein Streit
zwifchen 3 und Gaitilien, bis endlid) durch den
Vertrag von Tordefillas 7. Juni 1494 eine Demar:
fationslinie feftgeitellt wurde, welde, 2770 km
weſtlich von den Azoren und Kapverdifchen a
laufend, die fünjtigen caftil. und yertug. be:
rungen ſchied. P. war nun eine Meltmadht ge:
worden und verlebte unter Johanna II. Nachfolger,
Emanuel I., bis 1521, feine glängendfte Periode.
Vasco da Gama ward 1497 ausgeſandt und fand
1498 den Seeweg nad Dftindien, deſſen Produkte
P. unermeßlichen Reichtum —— Unter den
Vizelönigen Almeida und Albuquerque wurde das
portug. Kolonialreih mit der Hauptitabt Goa in
Dftindien begründet, Ceylon erobert, die Moluklen
unterworfen, Verbindungen mit China angelnüpft.
Gabral, durch einen Sturm na ſten getrieben,
entdedte 1500 Brafilien, Die Nacht P.s ſtand nun
auf ihrem Höhepuntte; Lifjabon war die erfte Hans
delsjtadt Europas; der mächtig angeipornte Hel:
den: und Unternehmungsgeift deö Volls gab ſich in
allen Gebieten des Lebens fund, Gmanuel3 Nadı:
folger, 9 yann III. (1521—57), neigte zu der He:
rifalen Politik, die in der nämlichen Zeit Spaniens
Aufihwung lähmte und in P. diefelben Nachteile
im Gefolge hatte wie dort. Nach Johanns Tod
folgte ihm fein dreijähriger Entel Sebajtian, an:
fangs unter Bormundihaft, Bon den Jejuiten er:
zogen, ging diefer mit Einfeitigleit dem Gedanten
nad der Bet :hrer und liberwinder der Mauren in
Afrıla zu werden, verlor aber (1578) in der un:
——— er Alcazar fein Leben. Ihm
olgte fein Großo im, der Kardinal Heinrich, der
ſchon 1580 ſtarb und die burgund. Linie ſchloß.
In dem Streite um den Thron gelang es Phi:
—— II. (in Portugal —*5 .), als Sohn der äl:
teiten Echweiter Johanns IIL., ſich des Landes zu
bemädtigen und die andern Aronprätendenten zu
überwinden. Ohnedies ſchon im ge begriffen,
ward P. unter ‚Philipp und — eiden gleich—
namigen Nachfolgern in den Ruin Spaniens ver:
widelt und mußte zum guten Teil die Koften von
Epaniens Niederlagen tragen. Die Holländer er:
ooerten die Molutten und einen Teil von Bra:
ſilien, aud) festen fie fih auf Guinea feft und ent:
riſſen den Bortugiefen allmählid alle Befigungen
eb auch König Yo: |
efhwader ausrüften, um Entdedun:
Portugal (geſchichtlich)
in Oſtindien, mit Ausnahme der Städte Goa und
Diu. Im Innern ſaugte die Habſucht der Spanier
das Land vollends aus, So kam es am Ende zu
einer Nevolution, welde 1. Dez. 1640 einen Ab:
tömmling des alten Königsftammes, ben Herzog
Johann von Braganga, als Johann IV. auf den
ortug. er bradıte. Johanns Sohn und Nach⸗
* Alfons VI., 1662—68, ward von feinem
Bruder, Pedro II. 1668—1706 (Regent bis 1683),
der Regierung entjeht. ‚m Kriege gegen Spanien
behauptete B., von England und Frankreich unter:
jtüßt, feine Unabhängigfeit, die im Frieden von
Liſſabon (13. Febr. 1668) anerfannt ward. Auch
mit Holland wurde 1661 und 1669 unter ent
Vermittelung ein Friede geſchloſſen. P. zahlte
diefe Vermittelung mit dem Vertrag von 1708.
Brafilien wurde den Holländern fchon 1654 nad)
mehrjährigen blutigen Kämpfen entriflen; ebenſo
Angola und jämtliche Inſeln des Atlantifchen
Occans (1643—54). Die alte Größe war indeſſen
nicht mehr berzuitellen. Das Bolt war tief herab:
gelommen, fein Thätigleitstrieb gelähmt. Han:
deläverträge, wie namentlich der Methuen:Vertrag
von 1703 bradten P. or in das Verhältnis
einer Handelstolonie zu England. Auch die polit,
Verfafiung des Landes verfiel; die Cortes wurben
feit 1697 nicht mehr berufen. Auf Bebro IL, wel:
her im Spaniſchen Erbfolgefrieg Ludwig XIV. und
deſſen Entel Philipp belämpfte, folgte 1706 deſſen
Sohn Johann V. (geft. 1750), der durch feine
möndiihen Liebhabereien, namentlih den Bau
des Klofters zu Mafra und die zu Nom teuer er:
taufte Erlaubnis, einen Patriarchen von Lifjabon
Im Naben, die Hiltsquellen des Landes erfchöpfte,
nter feinem Sohne und Nachfolger Joſeph I.
(geit. 1777) wurden die Staatögefchäfte von Pombal
geleitet. Er fuchte mit eiferner Strenge Reformen
einzuführen und das Land im Einne der aufge
Härten Deipotie des 18. Jahrh. umzugeftalten,
belämpfte den Adel und die Geijtlichleit, na—
mentlih den efuitenorden, und das Attentat
egen den König (1758) ward der Anlaß, den Dr:
we aufzubeben. Auch bewies Bombal feine Energie
bei dem ſchredlichen Erdbeben von 1755, bas Sie
bon faft dem Ruin preisgab, aufs allerrühmlichite,
Als Joſephs ältefte Tochter Maria L. die ih 1760
mit ihres Vaters Bruder, Dom Pedro LLI., ver:
mählt * 1777_auf dem Throne folgte, fiel
Pombal und fein Syftem; doch war die Wirkung,
die er geübt, nicht zu verwiſchen, wenn aud) zu:
nächſt die Gewalt wieder an Adel und Alerus zu⸗
rucffiel. Als Maria 1789 in Gemütsfrantheit ver⸗
fiel, wurde der Kronprinz Johann Regent. In die
rofen Kriege gegen Frankreich durd die alte Ber:
—— mit England verflochten, erlag ®. der
Macht Napoleons I. Diefer verlangte, dab P.
dem Bunde mit England entjage, den engl. Schiffen
feine Häfen verſchließe und feine Flotte an Frant:
reich überlafje. Ta Johann diefem Berlangen
nicht entiprad), fo ſchloß Napoleon mit Spanien
den Vertrag von yontainebleau 27. Dit. 1807,
worauf das Haus Bragansa enttbront und P. zwis
jchen Frankreich und —5* geleilt werden —*
und fieh den General Junot mit einer Heinen
Armee in P. einmarfchieren; 27, Nov, ſchiffte I
der Hof nad Vrafilien ein, 30, Nov. erfolgte der
Einmarſch Junots in Liffabon. Bon Teilung war
nun feine Nede mehr; Napoleon behielt das Land
in feinem Beſiß. Der Aufſtand Spaniens gegen
Portugal (geſchichtlich)
bie franz. Gewaltherrſchaft rief auch in P. einen
— — hervor. England ſchickte hierzu
Truppen, Geld und Waffen. — — iege
und die 30, Aug. 1808 abgeſchloſſene Kapitulation
von Gintra hatten die Räumung des Landes durd)
die Franzoſen zur iger Nühmlich beteiligten ſich
dann die Portugiefen an dem Freiheitskampfe der
Pyrenãiſchen Halbinfel und drangen nad) wechſeln⸗
den Erfolgen unter Mellington, Beresforb und
Gomez Freyre als Hilfätruppen zuleht bis nad
Eüdfrantreih vor. Die lönigl. Familie blieb un:
terdefien in Brafilien, wo der Negent nad dem
Zode der Königin Maria I. (20. März 1816) als
Johann VI. den Thron beitieg.
Die Zeit de3 Kampfes hatte die Geifter aufge:
regt, der Ausgang fie unbefriedigt — Der
Hof fuhr fort, das Mutterland von Rio de Janeiro
aus zu regieren, während die unmittelbare Gewalt
an des Königs Statt Lord Beresford führte. Dies
alles, die Entfernung des Hofs, die Fremden:
regierung, die Fortdauer ber alten Mißbräuche
und der neu angefachte öffentliche Geiſt in der Na:
tion rief eine Gärung hervor, die fich feit 1817 in
Brafilien wie in P. tundgab, wenn auch die Aus:
brüdhe noch unterdrüdt wurden. Als dann in
Spanien die Revolution begann, reijte Beresford
felbft im April 1820 nad Brafilien, um einige
Konzeſſionen auszuwirlen; aber ehe er zurüdtanı,
brah 24. Aug. zu —— die Revolution aus.
Cine oberjte Junta übernahm die Regierung und
erflärte in einem Aufruf an die Nation die Be:
rufung bes Cortes und die Aufitellung eines Staats:
— * für das einzige Rettungsmittel. Ver—
gebens ſuchte die Negierung zu Liſſabon die Be:
wegung zu dämpfen. Schon 15. Sept. war ohne
Blutvergießen die — tadt felbjt mit der zu
Oporto begonnenen evolution einverftanden.
Eine Provilorifhe Regierung übernahm nun die
Gewalt im Lande, und eine Deputation wurde
nad Rio de Janeiro entfendet, um dem König Be:
richt zu geben und ihn zu bitten, daß er oder der
Kronprinz nad) Liſſabon zurüdtehren möchte. In—
dejien war Beresford mit unumjchränlter Boll:
macht aus Brafilien — aber die Junta
ließ ihn nicht landen, Die von ihr einberufenen
Gortes arbeiteten an der neuen Konftitution, deren
bemofratijher inhalt der jpaniihen von 1812
nicht unähnlid war. Jeßt entichloß fich der König
zur Nüdtehr nad B., während der Kronprinz Pe:
dro als Regent in Brafilien zurüdblieb. Als der
König 3. Juli 1821 an der portug. Kuſte ankam,
verweigerte man ihm die Landung, bis er bie
Grundzüge der neuen Berfafiung beſchworen hatte,
welche dann 23. Sept. 1822 vollends zu Stande
fam. Aber num erjt begannen die Schwierigkeiten.
Brafilien, deſſen ünice von den Gortes nicht
gehört wurben, riß ſich (Herbit 1822) von P. los
und rief Pedro I. zum Kaijer aus. In P. felbft
regten ſich die Anhänger des alten Zuftandes und
fanden ihre Stüse in der Königin Carlotta, Tod):
ter Karls IV, von Spanien, und ihrem jüngern
Sohne, Dom Miguel. Zwar miflangen die eriten
Verſuche, eine Kontrerevolution zu bewirlen; aber
27. Mai 1823 ftellte fit Dom Miguel felbit an
die Spike und forderte die Nation auf, ſich für
das abjolutiftiihe Königtum zu erklären. Das
Heer fiel ihm zu, und binnen wenigen Tagen batte
die Kontrerevolution überall gefiegt. Der König
ertlärte nun die Berfafjung für aufgehoben. Die
EonverfatioußsLeriton. 13. Aufl XIII
193
Klöfter erhielten ihre Güter zurüd, bie Cenfur
ward wieberhergeltellt, die Anbänger des Eonftitus
tionellen Syftems verfolgt. Doc ging Johann VI.
der Königin und dem Prinzen Miguel zu langjam
zu Werle, und diefe beihlofien darum einen
Staatsitreih,. Dom Miguel rief 30. April 1824
die Soldaten unter die Waffen, um feinen Bater
zur Thronentjagung zu zwingen. Aber diefer ents
floh aus feiner Gefangenihaft 9. Mai an Bord
eines brit. Linienſchiffs, und durd das Einſchreiten
der fremden Diplomatie fam er wieber in den Be:
fig der Negierungsgewalt, Tom Miguel mußte
ins Ausland gehen und begab fi nad) Wien. Mit
Brafilien kam (jedod) * Zuſtimmung der Cor:
tc3) 15. Nov. 1825 ein Vertrag zu Stande, der die
Unabhängigfeit dieſes Kaijertums anerfannte und
beitimmte, daß die Kronen ber beiden Länder nie
auf einem Haupte vereinigt fein ſollten.
m 10. Dlärz 1826 ftarb Johann VI., nachdem
er zuvor feine Tochter, die Infantin Iſabella, er
Negentin ernannt hatte, die Ihre Beichlüffe im Na:
men ihre Bruders, des Kaiſers Pedro I. (al3
König von Portugal Pedro IV.), erlich. Dom
Pedro gab fofort dem Königreihe P. eine Konitis
tution, die Carta de lei vom 29, April 1826, und
erließ eine allgemeine Amneſtie. Dann verzichtete
er 2. Mai 1826 auf die portug. Krone, übertrug
diejelbe auf feine Tochter Maria II. da Gloria
und verpflichtete fich, die Tochter mit ihrem Oheim
Miguel zu vermählen. Von neuem erhob fid)
indefien die abfolutiftiihe Partei; doch wurde
der Aufitand noch vor Ankunft der zu Hilfe geru:
fenen engl. Truppen überwältigt. Dom Miguel,
der fi in Wien mit feiner Nichte verlobt, auch bie
Verfaſſung beſchworen hatte und darauf von Dom
Pedro zum Negenten ernannt worden war (Juli
1827), traf im Febr. 1828 in Liſſabon ein und wie:
derholte vor den Cortes feinen Schwur. Kaum
hatten ſich aber die engl. Truppen eingeſchifft, fo
brach Miguel feinen Eid, hob die Verfaflung auf,
{ieß diefen Gewaltftreich durch bie wieberberufenen
alten Landſtände (Cortes von Lamego) gutheisen
und fi zum abjoluten König von. ausrufen,
30. Juni 1828. Unter der nunfolgenden Schredens:
berr u wurden gegen 16000 | nie verhaftet,
viele hingerichtet oder nad Afrita geihidt. Bald
war nur nod die Inſel Terceira in der Azoren:
gruppe der Königin Maria treu; in den übrigen
eilen der Monardie fehte Miguel fein wildes
Treiben fort und warb dabei von Spanien offen
unterftüßt. Indeſſen hatte Pedro I. die braiil.
Krone niedergelegt und rüftete ſich, um feiner Tod):
ter Maria II. da Gloria den pertug. Thron wieder
zu erfämpfen; auch fand diefe nad) der Julirevolu:
tion in England und Frankreich mehr Unterftügung.
Nahdem Dom Pedro feine Rüftungen in Terceira
beendigt hatte, landete er mit 12000 Mann an der
Mündung des Duero. Oporto öffnete ihm 8. Juli
1832 ohne Widerjtand die Thore, und bier be:
hauptete er fi 13 Monate lang gegen alle An:
ariffe Dom Migueld. Dann fandte Pedro eine
Erpedition unter Graf BVillaflor nah Algarve,
welde dort mit Jubel aufgenommen wurde, wäh:
rend oleihgeitig ber engl. Kapitän Charles Stapier
beim ap St.:Bincent 3. Juli 1833 die Flotte Don
Miguels befiegte. Nun erhob fich überall die Tons
ftitutionelle Bartei, und bereits 24. Juli Tapitus
lierte das von Villaflor (Herzog von Terceira) und
Napier eingejchlofjene Liffabon, wo Maria II.
13
194
23. Sept. 1833 ihren feierlichen Einzug bielt. ne
folge der Quadruplealliang vom 22. April 1834
erſchien aud ein fpan. Sieber, um der Königin
Maria beizuftehen. Dom Miguel erlitt eine ent:
ſcheidende Niederlage bei Thomar 16. Mai und
unterzeichnete ven Vertrag von Evoramonte,26. Mai
1834, wonach er dem portug. Throne entjagte und
fich verpflichtete, da8 Land auf immer e verlaffen.
Tom Pedro führte die von ihm verliehene Ber:
fafjung vom April 1826 wieder in ®. ein und lieh
ſich von den Cortes als Regent, bejtätigen, ftarb
aber ſchon 24. Sept. 1834. Die junge Königin,
kurz vorher für mündig erflärt, vermäblte ſich im
San. 1835 mit dem 9 N
Fe und nad) befien > i —— mit dem
zrinzen Ferdinand von en⸗Coburg⸗ my.
_ Die Regierung ber Königin Maria II. da Gloria
it für P. als eine Vorjchule des Verfaſſungslebens
zu betrachten. Das Beiſpiel des benachbarten
Spanien mit feinen Pronunciamento3 und Mili-
tärrevofutionen fand aud hier RNachahmung, ob:
ſchon die Kämpfe einen weniger blutigen Charakter
trugen. Eine wichtige Rolle im polit. Leben P.s
ipielten nad) wie vor die geheimen Gejellihaften,
nach Art der Freimaurer organijiert. Übrigens
waren es vorzugsweiſe die hervorragenden Berjön:
lichteiten, welde fib befämpften, während bie
Prinzipien nur zum Aushängeſchilde dienten. Es
befämpften fi vorzugsweife zwei Parteien. Ge:
genüber ber bejtehenden Seriafung Carta de lei)
Dom —— vom April 1826 holte die Oppoſition
die ältere Verfaſſung Johanns VI. vom t,
1322 hervor, welche nad dem Mufter der fpan.
Stonftitution von 1812 abgejabt und weit mehr de:
mofratiih war. Unter anderm batte lehtere als
Erſte Kammer einen —— Senat, die Charte
Tom Pedros aber eine er vr Bairie. Man be:
zeichnete die Anhänger der Verfaſſung von 1826
a'3 Pedriſten oder Gartiften (Honfervative), die
Anhänger der Verfaſſung von 1822 aber als Sep;
tembrijten (Radikale). Den legtern gelang es durch
die Schilderhebung von 9. Sept. 1836 ans Staats:
ruber zu fommen; eine verſuchte Kontrerevolution
vom 5. Nov. 1836 und eine zweite vom Aug. 1847
ſchlugen fehl. Die Verfafiung von 1822 wurde re:
vidiert und 4. April 1838 von der Königin und
dem König:Gemahl Ferdinand beihworen; eine
allgemeine Amneftie krönte das Werk, Bier Jahre
lang behaupteten die Septembriften die Obergewalt,
bis ein Abtrünniger ihrer eigenen Partei fie jtürzte.
Der Juſtizminiſter Coſta Cabral (Graf Thomar)
verftändigte na nämlich mit der Öegenpartei und
veranlafte zu Oporto 27. Jan. 1842 eine Schild:
erhebung für die Charte von 1826, welche ſchnell
und vollitändig glüdte. Ein cartijtiiches Miniſte⸗
rium wurde gebildet, in welchem er ala Suftigmi
nüter, fpäter ala Staatstanzler die eigentliche
Seele war; aud ward die Charte von 1826 wieder:
hergeftellt. Mehrere Aufitände in den nädjiten
Jahren wurden glüdlich gedämpft. Die Strenge
der Negierung und ber Steuerdrud erregten aber
Unzufriedenheit, und beim Ausbruch der Nevolu:
tion vom Mai 1846 jah Coſta Cabral ſich verlajien
und mußte aus dem Lande flichen. Das neue Dis
nilterium unter dem Herzog Palmella und dem
Marſchall derjog von Saldanha war wieder car:
—* Die Septembriſten erhoben ſich deshalb
abermals unter General Bomfin 12. Oli. 1846 in
D;orto, Zwar fchlug Saldanha die Empörer bei
Portugal (geſchichtlich)
Torred:Bedras 22, Dez. 1846, aber er verjtand den
Sieg nicht zu benuben. Die Empörung wuchs,
und e3 wurden auch ſchon republilaniiche Tenden⸗
zen faut, während gleichzeitig die Migueliſten *
regten. Dom Miguel —* ging damals na
England, um allenfalls bei der Hand zu ſein Jan.
1847). Schon rüdten die Infurgenten gegen Yıfja-
bon vor. Da entichloß fich die Königin, auf Grund
der Quadrupleallianz von 1834, bie Hilfe der
alliierten Mächte anzurufen. Nachdem die auf:
ſtändiſche Yunta in Oporto die engl. Vermittelung
abgelehnt, traf im Mai 1847 eim engl. © der
an ber portug. Küjte ein und nahm die Truppen
der Aufſtändiſchen, die zur See von Dporto nad)
Lifjabon gebracht werden follten, gef Gin
ſpan. Hilfsheer unterbrüdte die Snlarreltion
vollends und bejebte 30. Juni 1847 Oporto.
gegen mußte die Königin eine Amnejtie erlaflen,
welche ein Protokoll der Mächte gewährleiſtete.
Bald nachher lehrte Coſta Cabral aus der Ber:
bannung zurüd, reorganifierte die cartüjtiihe Par:
tei und gewann wieder großen Einfluß. Doch trat
vorerit Marſchall Saldanda im Dez. 1847 an die
Spibe eines cartiſtiſchen Kabinett, mußte aber im
Juli 1849 dem Coſta Cabral weichen. Die Folge
war, dab nunmehr ber ehrgeizige Saldanha ſich
den Septembriften näherte und eine Koalition aller
oppolitionellen Fraktionen bildete. Am 8. April
1851 verfuchte er eine militäriihe Schilderhebung
zu Cintra, ward aber geichlagen und mußte Hüd-
ten. Uber Dporto entpörte fi und nahm dem
Flüchtling als Führer auf (27. April). Der Erfolg
war jchnell und volljtändig, und Coſta Cabral ent-
oh nach England. Saldanha zog 15. Mai 1851
in Liſſabon ein und wurde Generaliffimus und
Präfident des Minifteriums, in welcher Stellung
er mit diltatorischer Willlär berrichte. Die Eharte
von 1826 blieb bejtehen, ward jedoch, ben Septem:
brijten zu Gefallen, weientlich modifiziert durch die
Additionalafte vom 9. Juli 1862. |
Anı 15. Nov. 1853 ftarb die Königin Maria II.
da Gloria, und es fuccedierte ihr ältefter Sohn
Pedro V., der no unmündig war. Deshalb
übernahm fein Vater, der Titularlönig Ferdinand,
die Negentichaft und führte diejelbe, bis Pedro
16. Sept. 1855 zur —7* gelangte. Wäh-
rend diefer ganzen Zeit blieb Saldanha am Staats»
ruder. Doc) hatte er wiederholt heftige parlamen:
tarische Hämpfe zu REN namentlih in der Pairs⸗
fammer, ıwo Coſta Cabral als Führer der Oppo—
jition auftrat. Allmählich verwiſchten ſich die alten
Barteiunterfchiede immer mehr, wenn aud die Nix:
men und die Traditionen ſich fortpflanzten. - Am
meilten Schwierigfeiten machten die Finanzen,
Das Budget hatte ein jährlihes Defizit aufzu⸗
weiſen. An diefer finanziellen Frage fcheiterte am
Ende das Minifterium Saldanba und trat im Juni
1857 zurüd, Es folgte ein Kabinett von vormali=-
gen Septembriiten unter Vorfik des Marquis von
Loule, welches ſich aber Schon während der nädjten
Gorteöfisung in eine Art Koalitionsminifteriumg
umgejtaltete, indem man mehrere gemäßigte Car:
tiiten, befonders den Finanzminifter d Avila, aufs
nahm (14, März 1857). Die Lage des Landes war
ziemlich ungünftig. Die Traubenfäule 30g ſchwere
materielle Berlufte nad fih, und mehrjährige Miß⸗
ernten veranlaßten eine Teuerung der Lebensmittel,
Darüber fam es im Aug. 1856 zu Liffabon und ans
derwärts zu Nubejtörungen, die aber feinen polit.
— — — —
— ———
Tortugal (geſchichtlich)
Charakter trugen und bald unterbrüdt wurden.
> nädjten Jahre m. das Gelbe Fieber in Lil:
abon aus, wütete bafelbft vier Monate lang und
tafite gegen 5000 Menſchen weg (Sept. bis Des.
1857). Die Che Pedros V. mit der Prinzeſſin
Stephanie von Hohenzollern: Sigmaringen (18. Mai
1858) ward ſchon 17. Juli 1859 wieder durch den
Tod der jungen Königin aufgelöft. Unterdeflen
tte das Miniiterium Louled’Avila ſchwere par:
amentarifche Kämpfe zu beftehen, die durch eine
Auflöfung der Cortes (Frühjahr 1858) nur für
turze Zeit unterbrochen wurden und mit den Rüd:
tritt de3 Kabinetts endigten. Am 16, Wai 1859
wurbe ein neues Minifterium aus der jog. Partei
der Regenerabores (Anhänger Saldanhas) gebildet,
in weldyem der Herzog von Terceira und nad) —*
Tode (26. April 1860) der Staatsrat d’Aguiar den
Borfig führten, Allein ſchon 4. Juli 1860 mußte
auch diejes Kabinett vor einem Plißtrauensvotum
zurüdtreten. Nunmehr gelangten Loulé, d'Avila
und deren Anhänger abermal3 an das Staats—
ruder, mußten aber ſchon 27. März 1861 wieder zu
einer Auflöjung der Cortes fchreiten, um fich im
Amte zu balten. Im Herbſt beöfelben ‘jahres
wurde die fönigl. Familie durch Todesfälle ſchwer
beimgefudt. Snflge eine3 bisigen Fiebers ſtarb
uerft Brinz serdinand6.Nov.,dann König Pedro V.
— 11. Rov. und ſpäter noch Prinz Johann
27. Dez.; der vierte Bruder, Auguſt, genas nad)
fhweren Leiden. Dieje Todesfälle veranlaßten
eine große Aufregung in Lifjabon, da das Bolt nicht
an einen natürlichen Berlauf glauben wollte, und
25. und 26. Dez. 1861 fam e3 zu lärmenden Zus
multen, die jedod ohne weitere Folgen blieben,
Pedros — Bruder, König Ludwig J. be:
ftieg den erledigten Thron, Cr leiltete 22, Dez.
1861 vor den verjanimelten Gorte3 den Eid auf die
Berfafjung und vermählte ſich 6. Oft. 1862 mit der
Prinzeſſin Maria Pia von Italien. Die Cortes
nahmen infolge diefer Todesfälle ein Regentfchafts:
gejeg an und ein anderes Geſetz, wodurd ber von
den beiden Schweitern des Königs, Donna Maria
Anna, Gemahlin de3 Prinzen Georg von Sachſen,
und Donna Antonia, Gemahlin des Erbprinzen
Leopold von Hohenzollern:Sigmaringen, bei ihrer
Bermählung per Verzicht auf die Krone auf:
ehoben wurde und die Ausſchließung der Nach—
ommen Dom Miguel3 vom Throne auch für ſpaͤ—
tere Zeiten ermöglicht werben ſollte.
Aud) unter König Ludwig I. behauptete ſich das
Kabinett de3 Marquis, fpäter Herzogs von Loule,
obſchon es end teilweife modifiziert wurde.
Seit dem Sturze Miguels herrichte eine Spannung
—— P. und dem röm. Stuhl. Die von der
egierung geübte zeigt Toleranz und die Nie:
derhaltung des Klerifalismus waren dem Papit
verhaßt. Als bei der Feier der Heiligfprechung der
japan. Märtyrer (Pfingſten 1862) kein einziger
portug. Prälat in Rom erfdien, ermahnte der
Papit in einem Schreiben die Prälaten zur eifri:
gern Berteidigung der lirhliden Rechte gegenüber
der Regierung. Darauf erließ das portug. Fuftiz-
miniftertum eine Derfügung vom 2. Aug., wodurd
den Geijtlihen bei Gefaͤngnisſtrafe unterjagt ward,
egen die Regierung zu predigen. Im — ge⸗
ng es dem Miniſterium Loule, verſchiedene libe—
rale Maßregeln durchzuführen. Ein Geſetßz vom
19. Mai 1863 bob die ſämtlichen Majorate auf,
ausgenommen das Kronfibeilommih des Haufes
195
Braganca, und in derfelben Seffion ward die Tos
besitrafe, die fchon feit 1852 für polit. Verbrechen
abgejtellt worden, vollends abgeſchafft. Am 7. April
1865 kam ein neues Kabinett unter Marquis de Cä
de Bandeira zu Stande, dad mit einer Auflöjfung
der Cortes (12. Mai) begann. Die Neuwahlen
fielen jedoch ungünftig aus, und jo trat Ende Auguft
wieber eine Arijis ein, aus welcher 4. Sept. 1865
ein u. unter Borfis des Staatsrats
d’Aguiar hervorging. Unter diefer Regierung war
beſonders eine parlamentariihe Nejolution von
prinzipieller Wi —— Mährend des letzten Jahr⸗
zehnis hatten einzelne revolutionäre Parteiführer
in Spanien wiederholt den Gedanken einer Vers
einigung der Halbinfel unter der portug. Dynaftie
aufgeftellt; aber be rg fand in P. keinen Bei:
fall. Bei Gelegenheit des burd General Prim in
Spanien angeftifteten Aufſtandes ſprach ſich die
portug. Stanımerder Abgeordneten einjtimmig gegen
eine etwa verfuchte Vereinigung Spaniens und W
aus, und eine Interpellation deshalb ward 8. Jan.
1866 von der Regierung in gie Sinne beant:
mwortet, Um ben Vährfien fizitö abzubelfen, be⸗
antragte der Finanzminifter in der Cortesſeſſion
von Ian, bis Juni 1867 eine Reform bes beſtehen⸗
den Steuerwejen3 und die Ein einer Kons
fumtionsfteuer, welche nad) lebhaften Debatten mit
großer Stimmenmehrheit in beiden Kammern ge:
nehmigt wurden. In derfelben Sejjion wurde eine
Vorlage über Berwaltungsreform und ein neues
Civilgefepbudh angenommen. Die Neuerungen im
Steuerwejen und in der Verwaltung erregten viel:
fach Unzufriedenheit, und es braden an verſchie—
denen Orten Unruhen aus, zu Oporto 22. De.
u. f. w., die mit Waffengewalt unterbrüdt werden
mußten, Als aber auch in Lifjabon 2. Jan. 1868
eine ernithafte Vollzbewegung ſich undgab, reichte
das Minifterium d’Aguiar feine Entlafjung ein,
und König Ludwig I. beauftragte den Grafen
d’Avila mit der Bildung eines neuen Kabinetts.
Diefer legte demnächſt den Cortes zwei Gefepent:
würfe vor, welche auf die Wiederaufbebung der
vorjährigen Verwaltungs: und Steuerreformen ab:
zwedten, und da die Majorität fih darauf nicht
einlafien wollte, wurden die Kammern aufgelöft
(14. Jan.) und die neuen Gejeße fuspendiert. Die
Neuwahlen ergaben eine Majorität für das Minis
fterium, und die 15. April eröffneten Gortes_be:
willigten demfelben die erbetene Indemnität. Nun
gi es, dad Defizit auf anderm Wege zu beden.
ie Regierung beantragte den teilweifen Verlauf
der Staat3waldungen, den Verlauf und die Kon—
vertierung des Eigentums der Kirchen und Korpo—
heran Aa verschiedene Zollerhöhungen. Jedoch
diefe Finanzvorfchläge ſtießen wi iderſpruch, und
als König Ludwig, nad) eingeholtem Gutachten des
Staatsrat3, ſich weigerte, eine wiederholte Cortes:
auflöfung zu verfügen, nahm das Minijterium
d'Avila feinen Abſchied (14. Juli). Nachdem ver:
ſchiedene Kombinationen geſcheitert waren, gelang
es endlid dem Marquis de EA de Bandeira
22. Juli, ein neues Kabinett zu bilden. Der Aus:
bruc) ber fpan. Revolution zog vorläufig die Auf:
merkfamfeit von den innern Angelegenheiten ab.
Die Idee einer «Iberiſchen Union», die in Spanien
wieber auftauchte, ward von ber Prefie und ber
Öffentlihen Meinung P.s mit größter Entſchieden—
heit zurüdgewiefen und der Jahrestag der Revolu:
tion von 1640 die&mal, 1. Dez. 1868, mit beſonders
13*
196
lebhaften, geradezu bemonftrativem Eifer gefeiert.
Unter ſolchen Umjtänden war e3 felbitveritändlich,
dab König Ludwig und fein Vater, der Titular:
könig Ferdinand, 1869 ſich gegen Annahme der
ihnen angetragenen fpan, Krone ausſprachen.
Aus der Verwaltung des Kabinetts de Sä be
Bandeira ift ein Lönigl. Delret vom 26. Febr. 1869,
betreffend ern der Sklaverei in ben Kolo—
nien, hervorzuheben. Gin zweites königl. Dekret
vom 19. März befchräntte die Zahl der Abgeord—
neten zur Deputiertenlammer auf 108. Als de Sä
de Bandeira 10. Aug. vor einem Tadelsvotum der
Rairsfammer zurüdtrat, folgte ein Minijterium
unter dem Vorfik des Herzogs von Loulé. Diefer
hatte mit den Intriguen des Feldmarſchalls Herzog
von Saldanba zu kämpfen. Die Neuwahlen vom
März 1870 fiherten dem Minifterium eine über:
wiegende Majorität; yore ward e3
durch ein militärische Pronunciamento geftürzt.
Nachdem Saldanha die Befabung Liffabons für No
gewonnen hatte, überfiel er 19. Mai den königl.
geht und nötigte den König Ludwig, ihn zum
inijterpräfibenten zu ernennen. Die Protefte des
Kabinetts Fould und der Corted gegen diejen Ge:
waltitreich blieben wirkungslos. Aber auch das
Minifterium Saldanha war nidt von Beitand,
und 30. Aug. folgte ein Kabinett unter de Sä de
Bandeira, 29. Dit. 1870 ein zweites unter d’Avila.
Diefes machte nach Jahresfrift einem Minifterium
der fog. Regenerationtpartei Plak, worin der vor:
malige Finanzminifter unter Saldanha und
d’Aguiar, Staatsrat de Fontes Pereira de Mello,
den Vorfiß und die Finanzen, fowie interimiftifch
auch das AED IEDGEEN übernahm, 13. Sept.
1871. Der Abſchluß des Handel3: und Schiffahrts—
vertrag3 zwiſchen P. und dem Deutichen Reich er:
folgte 2. März 1872, Das Minifterium Fontes
widmete feine Kraft vorzugsweiſe der Reform der
Berwaltung und der Serbeliung es Gleihgewichts
bei den Finanzen, Daß während der fozialdemo:
lratiſchen Bewegung, welde 1873 Spanien ergriff
in P. ſich nicht die geringfte Luft zur Nahahmung
oder zum Anjchluß zeigte, war ein Zeichen von ges
—— ſtaatlichen Zuftänden. Ein an das vertan
olt erlaſſenes Manifeft, worin dieſes zur Tei
nahme an der Erridtung einer Iberiſchen Republit
aufgefordert wurde, fand feinen Anklang. Die
Neuwahlen vom 12. Juni 1874 ergaben eine Mehr:
beit von 77 Minifteriellen gegen 14 Oppofitions:
mitglieder. Die wirt —6T Lage des Landes
beſſerte ſich allmählich; doch war das jährliche De:
fizit nicht zu beſeitigen. Dies gab den Progreſſiſten
Gelegenheit, das Kabinett zu ſtürzen, worauf
6. März 1877 ein Koalitionsminiſterium gebildet
wurde, an deſſen Spihe der Marquis d'Avila e Bo:
lama ftand, welcher außer dem Präfidium das Aus:
wärtige und das Innere übernahm, — das
vorige Kabinett für die Zwede des Verkehrs und
des Handels bedeutende Ausgaben gemacht hatte,
wollte das neue auch auf diefen Gebieten Sparfam:
feit eintreten laffen, um endlich das Defizit zu be:
wältigen. Da aber das Defizit fi) noch vergrö:
Berte und das Minifterium den Biichöfen gegen:
über große Schwäche zeigte, fo ward es 26. Jan.
1878 durd) ein Mißtrauensvotum geftürzt, worauf
ontes Pereira ein neues, auf die Regeneradores
ich ftügendes Kabinett bildete. Die Corteswahlen
vom 15. Dit, ergaben eine grobe Mehrheit für die
Reoierung. Doch nahm dieſes Miniiterium, in
*
*
Portugal (geſchichtlich)
welchem Mißhelligleiten entſtanden, 29. Mai 1879
ſeine Entlaſſung.
In dem aus der liberalen Oppoſition hervor:
gehenden neuen Kabinett übernahm Braamcamp,
der führer der fog. Hiftorifer, das Präfidium und
das Auswärtige. Die Kammer, beren konſervative
Mehrheit 3. Juni 1879 ein Mißtrauensvotum ge:
gen das Minifterium beſchloß, wurde aufgelöft und
19. Dt. Neuwahlen vorgenonimen, bei welchen das
Kabinett eine Mehrheit von mehr als 70 Stimmen
erhielt. Mit England, welchem bereit? 1878 der
freie Warentransport durch das portug. Gebiet der
Delagoabai (in Südafrifa) nad) oder von Trans:
vaal zugeftanden war, wurde 1879 ber Lorenzo—
Marquesvertrag geſchloſſen, worin den Engländern
neue Zugeftändniffe gemacht und ber Bau einer
engl. Sifenbahn von Porenzo:Marques nah dem
in Zransvaal liegenden van pe tattet ward.
Diefer Vertrag wurde von der öffentlihen Meinung
als eine Preiägebung portug. Gebiet3, als eine
— Aufhebung des vom Marſchall Mac—
ahon 1875 zu Gunſien der Rechte P.s auf die
Delagoabai gefällten Schiedsſpruchs an Den
Der von einer Maſſenverſammlung beſchloſſene
Proteft gegen den Vertrag wurde 15. März 1881
dem Bräfidenten der Cortes überreiht. Als die
Kammer trokdem den Vertrag genehmigte, ent:
ftand ein Tumult in Lifjabon, worauf das Mi:
nifterium Braamcamp 23. März feine Entlaf:
[ung eingab. In dem neuen Kabinett, das eine
iberale — hatte, übernahm Sampajo das
Präfidium und das Innere. Die Cortes wurden
anfae öß, und die Neuwahlen ergaben für das Mi:
nifterium eine bedeutende Mehrheit, Da aber das:
felbe gegenüber der progreffültifchen und republifa:
nifhen Agitation zu — auftrat, ſo mußte es
11. Nov. ſeine Entlaſſung nehmen.
In dem neuen, entſchieden konſervativen Kabinett
vom 14. Nov. 1881 übernahm de Fontes die Präs
fiventfchaft. Letzterer blieb nebſt dem Finanzmini:
* auf feinem Poſten, als 25. Olt. 1883 alle an:
ern Minifter austraten und durch neue Kräfte er:
fegt werben mußten. Die Thronrede vom 2, Jan.
1884 bei Cröffnung der Corte kündigte an, daß
das Minifterium Entwürfe über eine Änderung der
Verfafjung und des Wahlverfahrens vorlegen
werde. Nachdem beide Kammern den Entwurf
einer Berfaffungsrevifion im Prinzip angenommen
hatten und im Juni die neuen Corteswahlen er:
folgt waren, legte die Regierung 27. Dez. 1884 den
Entwurf eines Zufabes zur Verfaſſung von 1826
(die durch die Zufaßalte vom 5. Yuli 1852 nur in
wenigen Punkten abgeändert worden war) vor.
Danach follte die Pairslammer, welde bisher,
außer einigen wenigen ihr erblid) angehörenden
Mitgliedern der alten Ariftofratie, aus Vertrauens:
männern der Krone, die auf Lebenszeit ernannt
waren, bejtand, künftig aus 100 von König auf
Lebenszeit ernannten und 50 dur das Bolt ge:
wählten Mitgliedern zufammengefest fein, und das
auf dem —“ des Vermögenscenfus beruhende
Wahlrecht für die Abgeordnetenlammer (Cortes)
ſollte erweitert werden.
Bon großer Wichtigkeit für P. waren die Ver:
bandlungen über das Gongogebiet, hervorgerufen
durch die Unternehmungen Stanleys, Brazzas und
der Engländer. Durch diefe wurden die Intereſſen
P.s und feine Anfprüche auf einen Zeil_der W
küfte von Afrika, einfchließlih der Congomüns
Portugalete — Portugiefiihe Sprache und Litteratur
dungen, berührt und gefährdet, zumal da es an
einer genauen Abgrenzung des dortigen portug.
Gebiets fehlte. Um fich feine fouveräne Stellung
am untern Congo zu erhalten und diefelbe für jei:
nen Handel auszubeuten, ſchloß P. 26. Febr. 1884
197
wichtige Züge, daß es nicht in dem Verhältnis einer
Mundart zu demfelben fteht, fondern auf Selbitän:
digkeit Anfpruc machen kann, Der *—
beider Sprachen iſt nicht faſt der gleiche: die Miſch—
verhältnifie find durchaus andere, Das Portugie:
in London einen Vertrag mit Großbritannien, der | fiiche b
den untern Congo ausſchließlich in die Hand der
Vortugiefen und Engländer bringen follte. Da
aber der Neihslanzler Fürft Bismard in feinem
Schreiben vom 12. Mai erllärte, dab er die
Anwendbarkeit jener Bertragsbeitimmungen auf
die Angehörigen des Reichs nicht zugeben könne,
fo warb ber nod nicht ratiiizierte Vertra
von der engl, Negierung fallen gelafien un
die Congofrage auf der 15. Nov. in Berlin er:
öffneten Konferenz, bei welcher auch PB. vertreten
war, geregelt. Zugleid) wurden unter der Vermit:
telung Franfreids Verhandlungen zwiſchen P. und
der «Afrilanischen Geſellſchaft⸗ eröffnet, welche die
Abgrenzung der beiderjeitigen Gebiete am untern
Congo bezwedten und im Febr. 1885 zum Abſchluß
eines Vertrags führten. Die Haltung der Regie:
rung in dieſer Frage ward in der Cortesſihung vom
22. Febr. 1885 zwar anpenriften, aber vom Mini:
fterium unter dem Beifall der Mehrheit verteidigt.
Litteratur. Außer den Werten Herculanos
. d) vgl.: Gebauer, «Bortug. rag (2 Bde,,
1759); Fortia d'Orbay und Mlielle, «Histoire
de P,» (10 ®be., Bar. 1828—29); Schäfer, «Ge:
fhichte von B.» (5 Bde., Hamb. u. Gotha 1836—
54); llo ilva, «Historia de P. nos secu-
los XVII e XVIII» (5 Bde, Liſſab. 1860—71);
S. J. da Suz Soriano, «Historia da guerra ci-
vil» (5 Bde., Lifjab, 1870— 76); Latino Coelho,
«Historia politica e militar de P.» (Bd. 1, Lijiab. | d
1874); Barboja de Pinho Leal, «P. antigo e mo-
derno» (Bd. 1—7, Liffab. 1873—77).
alete, Aubenhafen von Bilbao — d.).
rtugalöl, joviel wie Orangenſchalendl.
—— oder Portugaleſer, Bezeich—
ber ältern portug. Golbmünze Meia Dobra
(halbe Dobra, ſ. unter Dobra) im Wert von
36,68 deutichen Mark. Dann auch eine in den deut:
ihen Hanfejtädten, befonders in Hamburg, bei feier:
lihen Gelegenheiten geprägte goldene Schaumünze
von 10 Dulaten; die erfte wurde 1623 bei Errich⸗
tung der Aomiralität (daher Admiralitäts:
——— genannt) geprägt. In Hambur
m —— ar man mit P. bisweilen au
oldmünze,
bed Ouinen, f. unter Sene:
gambien.
rtugi Portuguez, ſeltener Lusi-
BEBSS ee
. Bo ade, ingua Ro-
ustica, gebildet. ns ehört fprad;-
u Portugal
ih die nordweſtl. Kuſte der rendiſchen
Halbinfel, d. h. Galicien und Aſturien. der Dialelt
A & (Bable) unterſcheidet fich jedoch wefent:
der Galiciend nur unerheblich vom Portu⸗
shiden, Mlportigichi und Altaalich And ein
e Sprache, und zwar bedienten fich ihrer
von der Mitte des 13. bis Mitt
an bie fnan. Mlinncänger. deren des 15. Ja *
3 deren — orragen —
— — ſteht zwar dem Cafti:
unterfchei
—— Sprache und Litteratur.
acias der Ver:
mit ei
Ouellen, anime
e bat weniger arab. Elemente aufgenommen
und Basliſches jo gut wie nicht verwertet, Dagegen
mehr Keltiſches —— ſehr viel vom Lateiniſchen
gerettet, das dem Caſtiliſchen verloren ging, vieles
der Neuen Welt, beſonders Braſilien abgeborgt und
iſt außerdem ſtaͤrler mit franz. Beſtandteilen ver:
jeht, die man der zahlreichen Begleitung des Stif-
ters der portug. Monardie, des Grafen Heinrich
von Burgund, zufchreibt. Die Ableitung hat man:
ches Eigentümliche, und aud die Phonologie zeigt
bedeutende Abweihungen. So hat das Portugir:
fifche die dem Caftilifchen ganz fremden Nafallaute,
vorzüglich in fleribeln Auslauten, und verwandelt
—— durchgehends die caſtil. Kehllaute in fette,
elinde Ziſchlaute. Ferner unterſcheidet ſich das
zortugieſiſche vom Caſtiliſchen durch noch größere
as zum Volalismus, dur Brechung der
Selbftlaute e und o in ei und ou und durd Gr:
weihung und fehr häufige Ausſtoßung ber Konſo—
nanten im In⸗ und Auslaut. Einen jpeziellen Zug
befikt die portug. Grammatik in der echt verbalen
Flexion des Infinitivs, in der Beibehaltung des
(at. Blusguamperfefts als ſolchen, in der Unter:
ſcheidung der erjten und dritten Perfon Singularis
des Perfelts einiger Verba ftarler Konjugation
durch verjchiedene einge (tive teve, fiz fez,
estive esteve, pude pode) u. ſ. w. Dem vollen,
erh kraftvollen gie des —— aber,
a3 feine abſchwächenden Verkürzungen duldet, fteht
er trübere, gebämpfte, gemeſſene Klang des dor:
tugiefifchen,, feine Weichheit, die an Weichlichleit
grenzt, ziemlich Diametral gegenüber. Das Portu:
gieſiſche iſt auch über einen Teil von Dftindien,
Weſtafrila und Südamerila (Brafilien) verbreitet,
wird aljo in vier Erdteilen und von mehr denn
20 Mill. geſprochen. i
Die portug. Spradproben geben den fpanifchen
wenig an Alter nad); die älteſte rein portug. Ur:
kunde gehört der Regierung Sanchos I. an und ijt
mit era 1230 = 1192 gezeichnet; zahlreicher werden
fie erft jeit 1255. Ein ſehr brauchbares, body lei:
neswegs ausreihendes Hilfsmittel für das ältere
Portugieſiſch ift das von Santa-Roja de Viterbo
gearbeitete «Elucidario das palavras, que em Por-
tugal antiguamente se usärdo», dem eine furze Ge:
ſchichte der portug. Sprache vorausgeſchidt iſt
(2 Bde., Liſſab. 1798—99; neu, doch unkritiſch
herausg. von Innocencio da Silva, Liſſab. 1865).
Bon dem MWörterbuche der Akademie der Wifjen:
ſchaften von Lijjabon erfchien bloß ein Teil (Liſſab.
1793), der den Buchſtaben A enthält; doch ar-
beitet die Akademie weiter daran, in reichhal:
tiges, durch gefunde Kritik und große Sorgfalt ber:
vorragendes Leriton iſt das von Rafael Bluteau
(«Vocabulario portuguez e latino», 7 Bde., Lifjah.
1712— 71, und 2 Bde., Supplement, Liſſab. 1727
— 28); ſehr braudbar iſt * das ſich daran an:
lehnende des Braſilianers Antonio de Morars
Silva (Liſſab. 1789 u, öfter); die neuefte, bedeu—
*
tend erweiterte und volljtändig durdhgearbeitet:
T. — beſorgte F. A. Coelho (2 Bde. Liſſab.
1878). Das vollitändigfte, mit ſprachwiſſenſchaft-
licher und litterarbiftor. —— von Coelho
und Theophilo Braga verſehene Wörterbuch iſt
198
jedoch ber «Tesouro da liugua portugueza» von
rei Domingos Vieira (6 Bde., Liſſab. 1873). Das
og. «stritiich » etymologiihe Wörterbuch» von
Franc. Solano Conſtancio (Par. 1836) it reich an
unwiſſenſchaftlichen Wortdeutungen. Die Grant:
matif desfelben Verfaſſers ift ziemlich gut. Zu den
beſſern Spradlehren, die von Portugiefen feloft
geihrieben find, gehört außerdem bie von Jero—
nymo SoaresBa TE ———
da lingua portugueza», 2. Aufl., Lifjab. 1830).
Bruchftüde einer eigentlich wiſſenſchaftlich-hiſtor.
Grammatik lieferte F. A. Coelho in feiner «Lingua
ortugueza» (1868), «Theoria da sonjugacäo em
atim e portuguez» (1871), «Questöes da lingua
portugueza» (At. 1, 1874) und «A lingua portu-
gueza» (Tl. 1, Porto 1881). Ein Abriß einer jol:
den findet fi in Diez’ trefiliher «Grammatik der
roman. Sprachen». Die eingehendſte ——
— das Portugieſiſche bis jet in C. von Reinhard:
töttners «Grammatif der portug. Sprache auf
Grundlage des Lateiniſchen und der roman. Sprach⸗
vergleihung» (Straßb. 1878) erfahren. Kleinere
Kompendien find: das vorzüglice ualetto»
von E. Monaci und Fr. d’Dvidio (Ymola 1881),
F. > Lencaftre, ——— —— et
acile pour apprendre la langue portugaise» (2pj.
1883); Herold, «Praltiſcher Lehrgang zur Erler:
nung ber portug. Spradyen (2. Aull., Ser 1
Wörterbücher für Deutſche lieferten Wollheim da
Fonſeca (2. Aufl., 2 Bde, Lpz. 1856) und Bölche
(Hamb,); ein reichhaltigeres und forgfältigeres
von 5. Michadlis ift in Vorbereitung. Das Bortu:
iefiiche hat zahlreiche Mundarten. Man unter:
Aheiber zwei en tgruppen, eine jübliche und eine
noͤrdliche, deren Grenzſcheide der Mondego bildet.
Die nördl. Gruppe zerfällt in zahlreiche Unterab:
teilungen: die wichtigſten find die der Provinzen
Beira und Entre:Douroe:Minho, eigentümlich ift
der Grenzdialelt von Miranda (Traz:08: Montes).
Vol. Bazconcellos, «O dialecto mirandez» (Porto
1882). Die füdl. Gruppe, beitehend aus den Dia:
letten von Ejtremadura, Alemtejo und Algarve
zeigt weniger Eigentümlichleiten,
ußerhalb Europas, in Afrita, Aſien und Ame:
rila, hat das Portugiejiiche befondere Färbung an-
genommen, beeinflußt von den Spraden der Ur:
einwohner, Die brafil.:portug., die neger:portug.
und die indo:portug. Dialekte (Geylon, Diu, Macao
u. f. m.) find bis Gent jedoch wenig durchforſcht.
Gute Vorarbeiten lieferten Coelho, «Os dialectos
romanicos ou neo-latinos na Africa, Asia e Ame-
rica» (Liſſab. 1881); 9. Schuchardt, «Ereoliiche
Studien» (3 Hefte, Wien 1883), und Vasconcellos,
«O dialecto Brazileiro» (Porto 1883).
Die portug. Poeſie üt beinahe ausſchließlich
Kunftpoefie, und man kann ihre Entwidelungs:
erioden vorzugsweiſe nach den fie beftimmenden
[renden —3 einteilen. So bildete ſie ſich in
er exſten Periode bis zum 14. Jahrh. unter
dem Einflufje der provensal. rg in der
zweiten, bis zu Anfang des 16. Jahrb., unter dem
der —— in der dritten, bis in die Hälfte des
18. Jahrh., nad) Haffiih:ital. und jpan. Muftern,
und in der vierten, von ber Mitte des 18. Jahrh.
bis auf die Gegenwart, nad dem Borbilde der
Hafjiih-franz., der engl. und der modern:europ. Lit:
teraturüberhaupt. Die haralterijtiichen Grundzüge
der indigenen portug. Poefie find die des National:
charalters: füßfiche Weichheit, melanchol. Vagheit,
863). | f
Portugieſiſche Sprade uud Litteratur
elegiihe Sentimentalität, die mit dem portug.
Worte es am beiten charalteriſiert ift.
Einige alte vollsmäßige Nomanzen over Zäcaras
find im 16. Jahrh. aufgezeichnet worden, darunter
namentlich die «Trovas dos jFigueiredoss. Cine
Sammlung derjelben iſt von Almeida-Garrett in
feinem «Romanceiro» (2, Aufl., 3 Bde., Liſſab.
1863) veranftaltet worden. Neuere Romanzen:
bücher find die von Bellermann, «Portug. Volls⸗
lieder und Romanzen» (2pz. 1864, mit deuticher
Überfehung), Th. Braga, «Romanceiro geral colli-
gido da Aradigäo» (Coimbra 1867) und «Cantos
populares do —— Acorcano» (Porto
1869), Eſtacio da Veiga, «Romanceiro do Algarve»
(Liffab. 1870), E. B. Derbuns, «Romanceiro por-
tuguez» (Lpz. 1877), Alvaro Rodrigues de Azevedo,
«Romanceiro do archipelago da eira» (Yun:
el 1880) Er. Romeiro, «Cantos populares do
razil» (Vifjab. 1883). Überfehungen bieten aufer
Chrift, Friedr. Bellermann (f. d.) Gefonders vb,
Wolfin feinen «Broben portug. und catalon. Bolls:
romanzen» (1856) und Buymaygre «Vieux chants
portugais» (Par, 1881). Lyriiche Volkslieder,
«Cantigas» genannt, fanımelten Th. Braga, «Can-
eioneiro popular» (Coimbra 1867), und Barata,
«Cancioneiro portuguez» (Lifjab. 1866).
Die eigentlihe Nationallitteratur der —2*
en begann mit einer aus der Fremde ſtammenden
Hofpoefie. Bald nachdem, im Anfang des 12. Jahrh.,
Heinridh von Burgund und fein Der fü he
Ritter die ftaatlihe und nationale Selbftändigkeit
der Vortugieſen begründet, entftand, noch im
12. Jahrh., unter feinen Nachfolgern eine Hofpoefie
im eigentlichen Sinne des Wortes. Schon die
Söhne der bei Durique —— Krieger ahmten
—— gen {N —— — —
welche auf der öjtl. Hälfte der —
in Navarra, Catalonien und Aragon, ——
ſtilien unter den Vorgängern Alfons’ des Weiſen,
Schutz und hile e, Gönner und Nadahmer s
den. Zu voller Blüte lam der en:
jedoch erſt um die Mitte des 13. Jahrh. und er:
reichte —* Höhepunlt, als D. Dinis, der Or:
ragendjte und mächtigfte der portug. Trou rB,
den Thron beftieg (1279— 1325). Nächſt dem Kö:
nige dichtete fein Sohn und Nachfolger Alfons IV.,
en feine beiden natürlichen Söhne, die Infanten
. Afonfo Sandes und D. Pedro Graf von Bar:
cellos (dev Verfaſſer eines Adelsbuchs «Nobi-
liario»), und um fie ſchloß fi ein
Kreis von adeligen Dichtern,
aud geringere Leute, yakı ‚, VBürger nd:
werter und Spielleute, Aufnahme in bie
Cirlel. Gegen 300 Namen von Dichtern dieſer
riode find nut, und es haben ſich Lieder von
den meiften erhalten. Aufbewahrt find die Werte
der portug. Troubadours in vier band:
(erifti en Liederbücdhern «Cancion ‚ welde
eigentlic) jedoch nur zwei verſchiedene
bilden. Die eine, auf fpan. Boden en um:
faßt die zahlreichen geiftlichen Lieder Alfons’ X. und
eriftiert in drei loftbaren, in Toledo und im Escu⸗
rial rubenden, von einander bedeutend abwei
den Handſchriften aus dem 18, —3— deren
Herausgabe die ſpan. Alademie dem ues be
Valmar, D. Leopoldo de Cueto, übertragen bat.
Bis jeht find nur einige we diefer «Cantigas»
betannt. Die zweite Sammlung altportug. Ge
dichte (welche auch einige weltliche Lieder Alfons X.
Portugieſiſche Sprache und Litteratur 199
aus drei ——— ſich ge:
ra und — —* eher den
a ng Biete Made Qeifaen) |
Ajud». Man erriänete ihn früher als «Cancio-
S oe + —— —— ur:
rt und unter dieſem Tite
—— ward von C. Stuart (Par. 1823),
oder aud), Bush als Liederbuch des Grafen von
„weil fein zweiter, ganz unfritijcher =
ausgeber, gen, die, auch von
mann, 5 und F. Die; u ne e Meinung
—— Berta ae a Goder hät:
aller («Trovas e cantares
= —— en V seculo ou antes mui pro-
vavelmente O livro das Cantigas do Conde de
Madr. 1849). Eine kritiſche Neuaus:
16. —— in der —— Biblio⸗
ward, wer ug *5— Bruchſtude
cion
neirinho» von n, Wien 1870; Canti
3. Varnhage «
(«il Canzoniere portoghese della Biblioteca Va-
—— Canzoniere portoghese Colocei-
—*R von Molteni, Halle 1880).
gebildet, en alſo reine Kunſt—
—— Eigenart bedeutſame Gruppe lyriſcher
dämigo», von leichtem iebendigem dihythmus, in ob⸗
jeltiv
und ihr ganzes Gepräge an eine gewiſſe Art von
ge welche noch heutzutage in Portugal,
ferten Bellermann, «Die alten Liederbücher der Bor:
wurden jedoch rer ehe die Erzeugniffe der
— *
ortug. voeſie den Charal:
ie einer böntden Kun yrit; aber durd) die da:
—— denn —* die eine blühende Boltspoefie
——
gabe (1885) bevor. Der zweite, umfangrei:
here ierhandichrift aus dem
worden waren (« eiro d’el
zei . Diniz», von Moura, Par. 1847; «Cancio-
i portoghesio von E. Monaci Amola 1873),
vollftändig und diplomatiicd von Erneito Monaci
—— En 1875) und in nn Terte von
—* Eiſſab. 1878). Der dritte
e Coder ge Örte früher dem Huma:
nen ng — tjeht Eigentum des Gra⸗
5 — Eiche des — portug. Coder find
u. Ton, Geiſt und Form nad)
een den beiden andern findet fich jedoch
eine an nicht unbedeutende und durch ihre
Gedichte, weldye in Ton, Geift und Form durd) und
durch voltemäßi find, Frauenlieder, «Cantigas
naiver en ng, und oft in dramatischer Form.
Sie erinnern durch i Bau, ihre Eintleidung
Galicien und Ajturien gejungen werden (Muüeiras).
Wertvolle Arbeiten über die altportug. Poeſie lie:
tugiefen» (Berl, 1840), und Fr. Diez, «Über die erite
portug. Hunt: und eipoches Bonn 1863); beide
Veriode genügend belannt waren.
I. in der pweiten Periode, im 14. und
galicif dichtenden Spanier wurbe fie
in > er Hinjicht modifiziert und mehr natio:
uchten durch ihre heimiichen Formen die
— dung aus der höfiſchen
ee dieje 2 in
nd galie. M dichtenden Spanier
—— u, in der nn Poeſie die nationalen
men (ledondilhas),
lürzern Rhyth
en in den älteften Liederbüdern verwen:
det worden, und leichten vollamäßigen Normen
- tichend; bie Bortugiefen begannen jeit dem
auch in Bent Mundarten zu dichten,
1 braud) der fpan. Sprache nahm in den
big enden Jahrhunderten —— dur - —
— ſpan. Fürſtinnen, die ſich —*
—5* vermäblten) bei ** ſo —* —
portug. Litteratur in mehr als einer * yung
nur der farblojere Wiederabdrud der ſpauiſchen
wurde, Unter diefen in beiden Mundarten fingen:
den und daher gewiſſermaßen beiden Litteraturen
angehörigen Hofdihtern üt der fo berühmt gewor:
dene Galicier Macias (f. d.) zu erwähnen.
Auch in diefer Periode blieb der Lönigl. Sof das
Centrum poetiiher Vildung in Portugal; die Mit:
glieder der fönigl. Familie erfchienen nod) fort:
während als die Choragen dieſes höfiichen Sänger:
kreiſes, von welchem neben der Lyrik nur mitunter
auch die Didaim wurde. Ob König Pedro,
en —— ſ.w.) immer auäjchließen:
der Gemahl der Ines de Caftro, unter die Dichter
au 3 iſt, iſt fraglich Auber Frage aber jteht
ie Söhne und Enlkel Jobanns I. ſich nicht
op en Gönner der Dichter, jondern auch als
wirfende Kunſtgenoſſen auszeichneten. Die von
dem erften burgund. Füritenhaufe geübte und be:
ihügte höfiſche Minnepoefie trieb durd) den S us
und die Pflege des zweiten, deſſen Stifter
bann I. war, eine Nahblüte. Der König Dune,
Johanns Bruder, der vielgereijte Infant Don
!Bebro und deiien Sohn, ber berühmte Conndtable
Dom Pedro, find beionders hervorzuheben. Nicht
minder waren die Könige Johann II. (1481—95)
und Emanuel (1495—1521) große Freunde und
Gönner der Poeſie, und wenn auch von ihnen nicht
befannt iſt, daß fie fie jelbit geübt, hätten, fo ver:
fammelten fie doch einen reichen Dichter! hof um jid).
Unter ihre Negierung fällt die Glanzperiode der
eigentlich portug. Hof: und Konverſationspoeſie,
die an Garcia de Rejende, der felbft Dichter war,
einen qyeifigen Sanımler und Ordner gefunden
bat. Der von ihm angelegte und herausgegebene
«Cancioneiro geral» (Lifjab. 1516; neu berausg.
von Kausler, 3 Bde. Stutts. 1846—52) verdient
in der That diefen damen; denn er enthält Ge—
dichte von faſt allen bedeutenden portug. Dichtern
aus der zweiten Hälfte des 15. und den beiden
eriten Jahrzehnten des 16. Jahrh. und gibt daher
ein volljtändi 3 Bild von dem damaligen Zuftand
der portug. Poeſie. Auch wird an dieſen Liedern
der durch die fpan. höfiſche Kunftlyrit vermittelte
Einfluß der jpätern catalonifch:provensalifchen, der
Gaya scienga de’trobar von Toulouſe, e ihtlic).
Von allen in diefem Liederbuche vertretenen Did:
tern find aber nur drei in der Gefchichte der portug.
oefte epohemachend geworden. Es find_bies
hriftoväo Falcäo, Bernardim Nibeiro und Sä de
Miranda. Bon Chriftoväo Falcäo oder «Erisfal»,
wie er ſich zu nennen pflegte, gibt es nur eine ein:
ige Gtloge «Crisfal» (neueite Ausgabe Borto1871).
Miete eine aber ift als die ältefte und um ihres did):
teriichen Werts willen von großer — 7
Sie Sale. in voltztümlichen ſchlichten Redondi
has mit tindlicher Naivetät und liebenswürdigfter
Anmut das felbit erlebte Liebesleid des Autors.
Die Weichheit, die fehnfuchtsvolle Melancholie des
portu Charakters zeigt fi) in keinem andern Ge:
dicht ß unvermittelt und anſprechend wie hier.
Auch Bernardim Ribeiros ſieben Ellogen haben
noch ganz nationale Formen und lokalmäßige
200
Färbung. Belannter als durch dieje buloliichen Ge:
dichte ilt er durch den fentimentalen, halb Schäfer:
alb Nitterroman in Profa, welchem das Volt den
Titel «Menina e moga» (Lijjab. 1559; neueſte
Aufl. 1852) gab. Er ilt der eigentlihe Begründer
diejer beiden, von ben Portugiejen vorzugsweife hul:
tivierten —— Sein Freund und
Schüler Sä de Miranda bewegt ſich im Cancio-
neiro geral zwar noch ganz in den altherfömm:
lihen Formen der Cantigas, Vilancetes, Glosas
und Chistes. Später aber wagte er fih an größere
Aufgaben: er reformierte die nationale Schule und
füllte die abgebraudhten heimiſchen Formen mit
neuem Inhalt. Seine Cartas oder Satyras und feine
dur und durch volfstümlichen poetijchen Eglo-
gas und Redondilbas bahnten einem neuen Geift
und Geihmad die Wege. Cr begegnete daher nur
unbedeutendem Widerſtand, als er e3 nad) 1526,
von einer Reiſe nad Stalien heimlehrend, ver:
ſuchte, die Hafjischen ital. Dichtungsformen (So:
nett, Ganzone, Terzine) in Bortugal einzuführen,
Mit Recht galt er für den Choragen ber veränder:
ten Gejhmadarichtung der nächſten Periode und
für den Nepräfentanten des Übergangs von der
mittelalterlihen in die modern-laſſiſche Kunit:
poeſie der Vortugieien. Bol. de Basconcellos,
'«Poesias de Sä de Miranda» (Halle 1885), und
Molf, « Studien zur Geſchichte der fpan. und por:
tug. Nationallitteratur» (Berl. 1859). Daß aud)
ſchon in den beiden eriten Perioden die Proſa in
Portugal fultiviert wurde, beweifen, außer den
gemaian. Werten und dem freilich nur in der ſpan.
earbeitung auf uns gelommenen Amabdis (I. d.)
de Gaula, der «Leal conselheiro» des Königs
Duarte (Liſſab. 1843) und mehrere Chroniken aus
dem 14. und 15. Jahrh. in Profa, unter denen fich
auch ftiliitifch die von Fernam Lopes, Gomez Can:
nes de Azurara und Ruy de Pina auszeichnen,
Mit der Einführung und Nachahmung des klaſ—
fiid:ital, Stils (1526) durch Sa de Miranda be:
ginnt die dritte Periode der portug. National:
litteratur, Minder national als in feinen Ge:
dichten it Sa de Miranda in feinen in portug.
Proſa geichriebenen Lujtipielen, durch die er zwar
einer der Väter der portug. Dramatik wurde, aber
eben feiner fait ſtlaviſchen Nachahmung des Terenz
und Plautus wegen ohne Einfluß auf die eigent:
lihe Boltsbühne blieb, Dem von Sa de Miranda
egebenen Impulſe folgte mit noch weniger Selb:
tändigleit Antonio Ferreira, obwohl er mit mebr
äußerlihem Patriotismus nur in portug. Sprache
ſchrieb und nur vaterländiidhe Stoffe wählte; in
feiner « Ines de Caftro» gab er den Portugiejen
die erfte Tragödie im tlarfiichen Geihmad, Um
dieje beiden Profeſſoren und Hofmänner bildete fich
eine Schule von gelehrt:höfiichen Tichtern auf der
Univerfität von Coimbra und in der Nefidenz,
unter weldhen Diogo Bernardes, Pero d’Andrade
Caminha und eronimo Gortereal (« Successo do
segundo Cerco de Diu, poema», Liſſab. 1574 und
1784) nennenswert find. Aber diefe klaſſiſche
Schule blieb auf die Studierjtube und den Salon
beihräntt, für die fie berechnet war; das Volt
wurde bavon wenig berührt. Und doc) war gerade
damals eine Art von Nachheroentum für die Nation
eingetreten; durch ihre Entdedungen, Siege und
Groberungen in Aſien, Afrita und Amerika war
ihr Selbſthewußtſein gehoben und bis zur Begeiſte⸗
rung gelteigert worden; der Drang, dieſes Gelbit:
PVortugiefifche Sprade und Litteratur
gefühl auch litterariſch, auch poetisch augzufprechen,
war zu lebhaft, um nicht Organe F finden, und er
fand ſie auch. So wurde (den il Bicente (f. d.)
in ber eriten Hälfte des 16. Jahrh. Repräfen:
tanten des Vollstums, Camöes, der zu gleicher
Beit der größte Lyriler der Halbinjel und gleich be
wunberungswürdig in feinen nationalen und flaf-
fiihen Poefien it, in der_ zweiten zum begeifterten
Sänger bes nationalen Heroentums. Unter den
Königen Emanuel d. Gr, und Johann III. hatten
die Portugieſen den Gipfelpunft ihrer ſtaatlichen
Entwidelung, die größte Intenfität ihrer National:
kraft erreicht: unter den Dichtern Gil Vicente und
Gamöes entjaltete ſich auch die portug. Poefie zu
ihrer ſchönſten Blüte, zu ihrem eigentümlichiten
Leben, Nun genügten die jubjeltive Lyrik und bie
Nahahmung fremder Kunftdichtung nicht mehr; bes
Voltes Leben und Treiben mußte ſich in Gil Vicen⸗
ted Dramen objeftivieren, ber Nation Heldenthaten
drängten den Sänger der «Lufiaden» zur epiichen
Geftaltung. Doch ſchon mit ber Niederlage der Bor-
tugiefen bei Kaſſt el lebit (1578) erblich der Glanz
ihres Herventums. Die Erinnerung an vergangene
Herrlichkeit fonnte höchſtens noch einen Mann des
Volks, den Schubflider u Annes Bandarra,
zu ge von dem Wiederaufleben natio-
naler Größe injpirieren («Trovas em ar de pro-
fecias», Nantes 1644). Die Heldengedichte, die
nad) dem fchnellen Erbleichen men fpäten Heroen⸗
tums die Epigonen noch nadjangen, waren mehr
elegiiche Klaggefänge als epiiche Siegeslieder,, wie
ihon Dom ebaltiang Kampf: und Unglüds-
genofje, der Sänger des Untergangs feines und
de3 portug. Ruhms, Luiz Pereira Brandam, fein
Epos mit richtigem Gefühl « Elegiada» (Liſſab.
1588 und 1785) nannte; oder fie wurden gemachte
Epopden gewöhnlichen Schlags ohne epiiche De:
geilterung, in denen die elegiichen Bartien noch die
meiſte eigentümliche, nationale Färbung haben,
die eigentlich heroiſchen aber ſchon die epiiche Einz
fachbeit durch den Bombaſt des auch in der portug.
Poeſie immer mehr einreibenden Gongorismus zu
erſehen ſuchen. Selbſt Vasco Mouzinho de Due:
vedo e Caſtellobrancos «Affonso Africano» (Liſſab
1611; 1787), ein Heldengedicht, das ſeines gehe
gewählten nationalen Stoffs, gelungener ——
au a und Epijoden und feines fließenden elegan⸗
ten Stils wegen nod) den « Lufiaden» am nädjten
geftellt wird, ijt nicht frei von Gongorismus,
So wuchs durch den Verluft der nationalen und
polit. Selbftändigleit der Portugiefen unter ber
Herrichaft der drei Philippe von Spanien die Ab:
—A der portug. Litteratur von der jpani-
den bis zu dem Grade, daß die erjtere der t⸗
tenriß der leßtern wurde, mit all ihren Schwäden
und Maniertertheiten, obne das originelle Kolorit,
ohne die in einer eigenartigen Volkspoeſie wur:
elnde unverwüſtliche Lebens- und Negenerations:
raft zu befiten. Ja jo groß war der Mangel an
Selbitändigkeit und Vollstümlichleit bei den Bor:
tugiejen unter der jpan, Herrſchaft geworden, daß
fie das lebte Nettungsmittel einer unterjochten Na:
tion, die Mutterſprache, freiwillig aufgaben und
die meiften ihrer Dichter und Shit jener
eit es vorzogen, in jpan. Sprache zu fchreiben,
ur in der Schäferpoejie haben auch in biejer
Periode einige Sidi bie nationale Gigentüimlich:
keit in Sprache, Zon und Färbung bewahrt; jo
Fernäo Nlvares do Driente, geb. zu Goa um
Portugieſiſche Sprade und Litteratur
1540, in feinem in Brofa und Verſen verfaßten
Schãferroman « Lusitania transformada» (Liſſab.
1607 u. 1781). Rod) mebr ift dies der Fall in den
ebenfall3 in Profa und Verſen gefchriebenen drei
Scäferromanen des Francisco Rodriguez Lobo
(geb. zu Leiria in Ejtremadura um 1550): «Prima-
vera», «Pastor peregrino» und «O desenganado»,
die zu dem Beſten gehören, was die Portugiefen in
diejer von ihnen mit dem meiften Glüd kultivierten
buloliſchen Gattung geleiitet haben; durd feine
geiſtvolle Ab —** über höfiſche Bildung: «Corte
na aldea e Noites de inverno», iſt er Begründer
und Muſter der rhetoriihen Profa in der portug.
Litteratur geworden, Daß aber ein fo begabter
Dichter, wie Lobo, in feiner Epopde«O condestabre»,
worin er den portug. Cid, den Connétable Nuno
Alvarez Pereira ee: bob nur eine trodene
Reimcronik zu Stande brachte, daß er in feinen
ſpaniſch geihriebenen moresten Nomanzen (nur
ein paar Schäferromanzen bat er in yortug.
Sprade abgefaßt), die in ſtiliſtiſcher Hinſicht nicht
ohne Verdienjt find, dieje den Portugiejen fremd
—— vollsmaäßige Dichtungsgaltung über:
* zu parodieren verſuchte und ſelbſt dazu ſich
der ſpan. Sprache bediente, beweilt, wie wenig bei:
miſch der echte volfstümlichepiiche Geift bei den
Portugiefen geworden war. Endlich verdienen
noch die unter dem Titel «Laura de Amphriso»
(Evora 1627) erfchienenen ——— von dem
unglüdlihen Schwärmer Manoel da Veiga Ta:
garro (geb. zu Ende de3 16. Jahrh.) erwähnt zu
werben „Der auch unter die fieben gefeiertften bufo:
liſchen Dichter der Portugieſen gerechnet wird.
Aber auch nach der Befreiung von ber fpan.
Herriaft und der MWiedererlangung der polit.
Selbitändigkeit unter Johann IV. von Braganca
blieb die portug. Litteratur unter dem Einfluß der
ſpaniſchen und teilte ihre Schidjale. So zeigen fi
in ber portugiefiihen alle Ausartungen des Maris
nismus und Gongorismus; aud in der portug.
Poeſie riffen die Allegorie, der gelehrte Pedantis:
mus, das Spielen mit Concetti und vor allem die
Sonettenwut ein. Unter den Dichtern jener Zeit
verdienen Manoel de garia y Soufa, Antonio
Barboja Bacellar , der —— der Iop. « Sauda-
des», d. i. elegiiher Schilderungen verliebter Ein:
famfeit, und die Nonne Violante do Eeo genannt
zu werden. Bon den Gedichten jener Zeit gibt es
ein paar Sammlungen, deren Titel allein ſchon die
bombajtiihe Gejhmadlofigkeit derfelben charatteri:
Besen: «A fenix renascida» (2. Aufl., 5 Bde.,
ifjab. 1746) und «Eccos que o clarim da fama
dä» nee. 1761); eine geihmadvolle Auswahl
portug. Sonette gab hingegen John Adamfon im
eriten Zeil feiner «Lusitania illustrata» (Newcaſtle
1842) heraus, Nur der als Proſaiſt ausgezeich:
nete Jacinto Freire de Andrade hatte Mut, Ge:
ſchmad und Wis genug, um diefe portug. Gongo:
riſten auf ergöß ide —* in ein paar parodiſchen
Gedichten, leider fruchtlos, zu verſpotten. Hin—
gegen herrſchten auf den Bühnen Portugals die
roßen ſpan. Dramatiler jener Zeit; ſelbſt die
Born tiefen jchrieben für das Theater in fpan.
prade, worunter einige nambafte find, wie Dia:
mante Matos Sragojo und höchſtens wurden die
eigentlichen Do Bihaufpiele, die Autos, Farsas
und Eutremeses, auch in portug. Sprade ab:
faßt. Der große und geniale Gefchichtichreiber
Francisco Manoel de Nello bereicherte die vater:
201
ländijche Litteratur nur mit einer Komödie, mit
mebrern voltstümlichen SEEN ‚ nad
Art des Miranda, und mit einem Bande lyriſchet
Gedichte. Alle eg Dichtungen gehören ber
fpan. Litteratur an, Die einzige nennenswerte dra:
watiſche Produltion des 17, Jahrh. in portug.
Sprade iſt die Sammlung der Entremeses von
Manoel Coelho Rebello, die ala «A musa entrete-
nida de varios entremeses» (Coimbra 1658 und
Liffab. 1695) erſchien und juoleih bie älteften der
tug. Zwiſchenſpiele diefes Namens enthält. Doch
erzeugte die Einführung der ital. Opern am Hof:
yodanınd V. Anfang des 18. Jabrh., welche diefpan.
omedia verdrängten, eine Art portug. tomik er
Dpern, darunter einige von wirtlihem Werte, die
von dem brafilian. Juden Antonio Joſe da Silva
berrübren, der bei dem Auto da Fé von 1739 ver:
brannt wurde, (S. Braſiliſche Litteratur.)
Ungefähr denfelben Gang, 'wie die Pocfie in ge:
| bundener diede, nahm die Nationallitteratur in un:
| gebundener in dieſer Periode.
Auch fie war noch
anfang ganz in ritterlich:höfichen Formen; fo
, ber Ritterroman «Palmeirim de Inglaterra», in ber
| Manier des «Amadiss, von
ancisco be Moraes
(geft. 1572); da3 «Memorial das Proezas da se-
da tavola redonda» (Goimbra 1567), von Jorge
—* be Vasconcellos (geft. 1585), von dem
aud) drei berühmt gewordene dramatiiche Novellen
nah Art ber «Celestina» eriftieren («Comedia
Euphrozina», Lifjab. 1616; «Comedia Ulyssipo»,
Liſſab. 1618; «Comedia Aulegrafia», Lifjab. 1619).
Selbſt der berühmteſte Geſchichtſchreiber jener Zeit,
João be Barros, debütierte noch mit einem Ritter:
roman «Chronica do Imperador Clarimundo »
(Coimbra 1520). Damals aber begannen bie
abenteuerlich: beroifchen Entbedungszüge der Por:
tugiefen die Phantafie viel mächtiger aufjzuregen
als diefe matten Nahllänge einer längft auögeleb:
ten Chevalerie, und dieſes Heroventum, das die
«Lufiaden», das einzige wahrhafte Epos der moder:
nen Zeit, erzeugte, mußte auch zu einer Wieder:
erzählung begeiſtern, die, wenn fie auch in Profa
und nod halb im Chronilenſtil geichrieben war,
doch von epiſchem Hauche durchweht it. So ent:
itanden die « Decadas» des \joio de Barros, des
portug. Livius, in viel matterm Geijte —
von Diogo de Couto und Antonio Boccaro; ſo
fühlte ſich der natürliche gleihnamige Sohn bes
großen Affonfo de Albuguerque berufen, des Ba:
terd SHeldenthaten in feinen «Commentarios»
0 Bde., Liffab. 1557 u. 1774) zu erzählen; fo be:
reibt mit epiſcher Anſchaulichteit der vielgereifte
taat3mann und Neichshiftoriograph Daminö de
Goes (geft. 1572) da3 Leben Emanuels db. Or.
(Liſſab. 1566; 3 Bde., Coimbra 1790) und das des
Königs Johann I. (Liſſab. 1567 u. 1724); fo fanı:
melte an Ort und Stelle, als Gefährte der Crobe:
rer, Fernan Lopes de Caſtanheda (geft. 1559) die
Daten zu feiner «Historia do descobrimento da
India pelos Portuguezes» (Coimbra 1551; 4 Bde.,
Lifjab. 1833), worin er nur erzählt, «was er felbit
ejehen und gehörte; fo verfaßte der berühmte Rei—
ende Fernam Mendes Pinto den lebendigen Be:
richt über alles, was er in Afien (Indien, China,
3 an) erlebt und geſehen («Peregrinagöes»,
Vſſab. 1620). Aber auch die befiegten Indiarer
fanden einen Apoftel der Humanität in dem groß:
ten Redner der Bortugiefen, dem Jeſuiten Anton’e
Bieira, geb. zu Lifiabon 1608, geit. 1697, Piejer
202
Miſſionar brachte den größten Teil feines Lebens
in dem portug. Amerila zu, machte 14000 Meilen
zu Fuß in den einfamften Gapitanerien ber Neuen
Welt und ſchrieb Katechismen in ſechs verſchiedenen
Sprachen der Indianer, um dieſe die Wahrheiten
des Evangeliums zu lehren; er verteidigte, an den
Hof Johanns IV. zurüdgelehrt, mit all Feuer
feiner energifchen Beredſamkeit die Menſchenrechte
der Eingeborenen gegen die Habjudht der Eroberer
er nahm ſich mit folder Wärme ber Juden an, daß
er zweimal wegen feiner allzu freien Kanzelreden
und als des Judaismus verdächtig vor dem Tribu:
nal ber Inquiſition angellagt und nur auf_Ber:
wenbung bes Papſtes freigeiprodhen wurbe, Seine
Predigten und Neden (15 Boe,, Liſſab. 1748) find
die vollendetiten Mufter bes proſaiſchen Stils und
der Beredfamteit in portug. Sprache. Die meijten
übrigen Profawerte jener Zeit, die unter dem fpan.
Drude entitanden, find voll pedantiſcher Gelehr:
amteit und durch den Gongorismus entftellt; viele
ortugiefen ſchrieben felbft nad) wiebererlangter
elbftändigkeit ihres Landes noch in jpan. Sprade.
Daber find nicht bier, fondern in ber Gefchichte der
ipan. Litteratur ‚die Wortugiefen Faria e Soufa,
elo u. f. w. zu erwähnen. Lehterer lieferte jedoch
in den an Quevedos «Suehos» erinnernden, ſati⸗
riſchen «Diälogos apologaes» ein Proſawerk von
echt nationalem Wis und Humor. Mehr der Ge:
ſchichte der Wiſſenſchaften als der der National:
litteratur gehören die antiquarifhen, hiſtor. und
ethnogr. Werle von Manoel Severim de Faria,
den beiden Polyhiſtoren Macedo und Duarte
Nunez de Leio u. a. an. Doc find als rühmliche
Ausnahmen zu nennen Bernardo de Brito, geſt.
1617, der in feiner «Monarchia lusitana » Alco—
baga 1597 und Liffab. 1690, mit den Fortiegungen
von Brandam und Ra hael de efus, 8 Bde.), die
freilih von der Schöpfung der Welt anfängt und
die abenteuerliditen Fabeln und Sagen für hiſtor.
Wahrheit ausgibt und nur bis zur eigentlichen |
Gründung des portug. Staats reiht, ein Mujter | f
von patriotiiher Gefinnung und von einer durch
das Studium der Alten gebildeten korrekten Ein:
jachheit des Stils gab; Luiz de Soufa, geit. 1632,
der in feiner Biographie des Königs Sodann III.
und felbit in denen des heil. Dominicus und des
Erzbiſchofs von Braga, Bartholomäus dos Mar:
tyres, den Mönd gewordenen Ritter nicht verleug:
nen fan und doch durch die echt nationale Weich—
beit und Süßigfeit ſeines Stils einen ſolchen Reiz
für ——— bat, daß fie ihn unter ihre Hai:
ſiſchen Projaiiten zählen; vor allen aber gilt als
unübertroffenes Mufter klaſſiſcher Proſa die Lebens:
beihreibung Joäo de Caſtros, vierten Bizelönigs
von Indien (befte Ausgabe von Santo⸗Luiz, Lifjab.
1835), von dem obenerwähnten Jacinto Yreire de
Andrade, get. 1657, ber einen würdigen Gegen:
itand mit er ac Begeifterung —* Schwulſt
behandelt hat. Sein Wert verdient als ſehr geeig:
net zur Einführung in die portug. Schriftſprache
und Litteratur empfohlen zu werden.
Die vierte Periode wird zwar auch im ber
portug. Nationallitteratur durd den Einfluß ge:
tennzeichnet, den zu Anfang des 18, Jahrh. die
franz.:t affıldhe Schule auf alle Litteraturen des
gebildeten Europa mehr oder minder zu üben be:
gann; allein hier trat auch diefe Evolution fo
widerſtandslos, jo bloß äußerlich ein, daß fie mehr
ein Vertauſchen der gejhmadlos gewordenen ſpan.
Portugiefiide Sprache und Kitteratur
Moden mit den neu-fafhionablen tranzöfiicden war.
Hier reichte e3 hin, daß ein hochgeſiellter Mann,
aber fehr mittelmäßiger Dichter, der General
nz Zavier de Meneſes, Graf von Ericeira, den
[3 dazu gab, der, nicht zufrieden, Boileaus
«Art poetique» im portug. Berle zu übertragen,
auch noch bie nüdhterne hre durch ein ebenfo
poejielofes Beifpiel, feine « ueida» (Liſſab.
1741), eine langatmige, langweilige Ep auf bie
Stiftung der portug. Monardjie durch Heinrich
von Burgund, zu bethätigen ſuchte. Beſſer iſt ſeine
in Brofa geſchriebene Geſchichte der Neitauration
Portugal («O Portugal restaurado»). Ebenfo
wurde nad dem Muſter der Franzöfiihen Alabe:
mie 1721 eine Academia real da historia por-
tugueza geitiftet, die aber ohne eigentlichen Erfolg
blieb. Mehr wirkte ein nad) der rom. Dichtergejell-
ihaft der Arkadier nebildeter gleihnamiger Verein
von aufftrebenden jungen portug. Dichtern, die mit
ber klaſſiſch- franz. Cleganz und Korrektheit bie
Nahahmung der einheimischen Mufter des 16,
Jahrh., wenigitens in Hinfiht auf Spradreinbeit,
zu verbinden juchten, und durd ben «aufgellärten
Deipotiamus» des Marquis von Pombal wurden
wenigftens die Schranten des alten Obſturantis
mus gebrochen, um den hellern Anfichten des Jahr:
arg auch in Portugal Eingang zu verſchaffen.
od) wurde gerade eins der auägezeichnetiten Mit:
glieder der portug. Arkadier, Pedro Antonio Cor:
tea Garcäo, ein Opfer von Vombals Deipotis:
mus, der in im Kerler verſchmachten lieh. Er
ahmte mit feinem Talt die Alten, bejonbers den
Horaz nad und wird wegen jeiner Glätte und Ge:
jeiltheit ber portug. Horaz genannt; aud das
Theater fuchte er durch feine Yuftipiele in der Ma:
nier des Terenz zu reformieren («Öbras poeticas»,
Lifjab. 1778). Gin anderer Arlabier, Antonio
Diniz da Eruz e Silva, ift weniger torreft, bat
aber mehr Feuer und Schwung und gilt für ben
beften anakreontiſchen Dichter ber Portugieien ; auch
eine Nachahmung von Boileaus «Lutrin», «OÖ
hyssope» («Der Sprengmwebel»), wird für das beſte
heroiſch⸗- lomiſche Gedicht der Portugieien gehalten
(«Obras», Liljab. 1809). Domingos dos Reis
Quita, den, obwohl nur ein Frijeur, die Artadier
in ihre Genofjenihaft aufnahmen, bat fih mehr
nach vaterländifhen Muftern gebildet und daher
vorzugsweije die buloliſche Dichtungsgattung kul-
tiviert, in der er für den ausgezeichnetiten unter
ben Neuern gilt; auch fchrieb er nad franz. Mu:
itern mehrere Tragödien («Obras», Liſſab. 1781).
Mehr durch fein fritiiches Studium der portug.
Alaifiter bes 16. Jahrh. als durch feine eigenen
Gedichte it Francisco Diaz Gomez merkwürdig
(«Obras», Lifjab. 1799). Immer mehr riß aber bie
Gallomanie ein bis zur geiſtloſen Rahahmung
und ſelbſt zum Schaden der Sprachreinheit, noch
befördert durd) die Menge von gewöhnlichen Über:
feßungen, wiewohl man, durch den menden
—— Einfluß Englands, auch ſchon te dieſes
nde3 zu übertragen und mit deſſen Litteratur
befannter zu werden anfing. , f
Erit gegen Ende des Jahrhunderts erhielt bie
portug. Poeſie vorzüglich durch zwei Männer einen
neuen eigentümlihen Glan. Francisco Manoel
bo Nascimento, geb. zu Liſſabon 1734, geft. 1819,
noch aus der Schule der Arkadier und nad) Garção
und Diniz fi bildend, ift der Nepräfentant des
jtrengen Haffiihen Stils, ausgezeichnet durch
Portugieſiſche Sprache und Litteratur
Spradreinheit und elegante EN und lei:
ſtete, vorzüglid in der Lyrik, was ein fein gebildeter
Geihmad und ein bedeutendes poetifches Talent
ohne eigentlidy geniale Schöpfungstraft zu leiften
DER; auch als Profaijt zeichnete er — durch
ſeine berjegun von Djorios klaſſiſcher Geſchichte
Emanuels d. Gr. aus. Der andere, Manoel
Maria Barbofa de Bocage, weithin der berühmt:
tejte und vollstümlichite unter allen neuern Did;
tern Portugal®, war allerdings minder ftreng ge:
ſchult, hatte keinen fo fein gebildeten Geſchmad
und ſelbſt nit die mufterhafte Reinheit des Stils
unb der Sprade Manoeld; aber er war ein ge:
borener Dichter, feurig und leidenfchaftlid bis zur
Grtravaganz. Wenn auch viele von feinen Gedich⸗
ten nur als nfpirationen de3 Augenblid3 Wert
haben und feine Leidhtigleit im Verfifizieren ihn
verleitete, fi in allen Gattungen zu verſuchen und
die nötige Feile zu vernadjläffigen, fo gu er doch
durch jeine maritimen yoollen, Fabeln, Epigramme
und vorzũglich durch ſeine Sonette, die zu den
ſchönſten in portug. Spradye gehören, eine blei-
bende auögezeichnete Stelle errungen. Sein R
verleitete mehrere, ihm nachzuahmen, bie, ohne fei:
nen Geiſt zu befigen, nur feine Ertravaganzen und
jeine fpätere Manieriertheit noch zu überbieten
fuchten, und dieſen hat er e3 zu danlen, wenn er im
ber Gefhichte ber portug. Poeſie als der Einführer
eines neuen Gongorismus figurierte, den man
nad feinem poetijhen Ramen (Elmano) Elma-
nismo nannte. Dod) verdienen unter feinen Nach—
folgern mit Auszeihnung genannt zu werden ber
Zragiler Joäo Bapt. Gomes und J. M. da Coſta
e Silva, der Berfajler de3 anmutigen Gedichts «O
passeio». Hingegen folgten der Haffiihen Schule
des Manoel: Domingos Marimiano Torres, aus
gezeichnet —* feine Idyllen und Canzonen; An:
tonio Ribeiro dos Santos, als Ddendichter nam⸗
baft; der gutmütige Satirifer Nicolau Tolentino
de Almeida; der als Mathematiler berühmter ge:
wordene philoj. Dichter Joſt Anaftacio da Cunha
u.a. Doch war durch dieje Nachahmungsſucht das
Nationalgefühl fo jehr unterbrüdt worden, daß
Joſe Agoltinho be Macedo es wagen durfte, ben
größten Dichter feines Volfs in den Staub herab:
zuziehen, indem er in der Vorrede zu feinem Epos
«Ü Oriente», da3 denjelben Gegenftand wie bie
«Lufinden» behandelt, zu —— ſich bemühte,
dab Camöes nichts ſelbſtändig produziert, ſondern
alles den aͤltern und frühern alien und Spa:
niern abgeborgt habe; und dieſer Mann galt vielen
Bortugiejen für einen größern Dichter als Camöes!
Sein beites Gebicht ift «A meditacäon.
In neuerer Zeit haben bie Befreiungskriege und
die polit. Ummälzungen aud) in den Bortugiefen
das nationale Selbftgefühl wieder mehr aufgeregt
und erſtarlt, und unter den jüngiten Dichtern find
viele, die fi) von den fremden Feſſeln losgemacht
und eine vollstümlichere Richtung eingeſchlagen
haben. So Mouzinho de Albuquerque, ein ſehr
fruchtbarer Dichter, vorzüglich durch feine aGeorgi-
cas —— » belannt geworden, Antonio
Feliciano de Caſtilho, Alerandre Herculano de
Karvalho, der Romanzendichter Joſe Freire de
Serpa. Almeida-Garrett erregte ala Dichter zuerft
Aufmerfjamleit durch fein zu Paris 1825 ano:
nym dicht «Camöes», worin
er das Leben und den Tod des größten Did:
ter3 feiner Nation mit patriotijcher Begeifterung
203.
befungen hat; ebenfall3 noch zu Baris gab er ein
ſatiriſches Gedicht in fieben Ad « Donna
Branca, ou a conquista do Algarve», in Wie:
landſcher Manier heraus, das vorzüglich gegen
die Mönche gerichtet iſt; am merkwürdigſten iſt
aber fein Gedicht « Adozinda, romance» in vier
Gelängen (Lond. 1828), da es mehr im ro:
mantiſchen Geifte und nad) vaterländiihen Volks:
liedern (chacaras) verfaßt iſt. Ein gang be:
fonderes Verdienſt um die Litteratur feines Ba-
terlande3 erwarb ſich Almeida dur die Samm⸗
lung der portug. Vollsromanzen, die im 14. und
15. Bande feiner Werte erſchienen. Als Did:
ter der neueften Zeit find anzuführen der 2y:
rifer und Dramatifer Luis Augulto Palmeirint,
der Epiler Thomaz Ribeiro, deſſen Gedicht «D.
Jayme» (Liſſab. 1862) die Portugiefen außer:
ordentlich hoch Stellen; der Satirifer Guerra Jun:
queiro, der mit fdhranlenlofer Kühnheit gegen
Aberglauben und Tonventionelle Lügen vorgeht;
der geijtvolle Kritiler Ramalho Ortigäo; der Ly⸗
rifer und Philoſoph Anthero de Duental; der
durh Anmut und Natürlichkeit feiner melodi:
ihen Schöpfungen ausgezeichnete João de Deus;
der Romanſchreiber Exa de Queiroz, ber das reali:
ftiihe Genre, und Julio Diniz, ber das Genre der
Dorfgeihichte mit jehr viel Glüd und Geſchmack
kultiviert hat. Wenn in dieſen Werten ein Bes
ftreben, den 'modern-europ. Zeitgeiſt mit altnatios
nalen und ſogar vollsmäßigen Glementen zu ver:
ſchmelzen, nicht zu verlennen iſt, hat dagegen die
dramatiſche Poeſie der Portugieſen das herlömm⸗
liche franz.:tlaffiiche Gleis noch nicht zu verlaſſen
gewagt; dem von ber Gräfin Bimieiro eingeſchla—
nen Wege, deren Tragödie «Osmia» 1785 von ber
Alademie gekrönt wurde (deutih, Halberft. 1824),
folgten die wenigften neueften dramatifhen Dichter
(etwa mit Ausnahme des etwas fühnern Comes),
wie Manoel Gaetano Pimenta de — Ver⸗
[uter vieler Tragödien, aber alle im —
hen Geſchmad, Pedro Nolafco und ſelbſt Garrett,
und troß des Beitrebens Eaftilho3 und Herculanos,
das portug. Theater durd) liberfegungen aus bem
Deutſchen und durch eigene Kompofitionen zu refor:
mieren, fehlt es noch immer an einer portug. Na:
tionalbühne. Auch was der bereits erwähnte Pal:
meirim, dann %. Mendes Leal ber jüngere, Ernefto
Biefter und Pereiro da Cunha geleiftet haben, iſt,
wenn aud nicht ganz wertlos, fo doch einflußlos
eblicben. Um die Kultur der Profa und Bered:
amleit in diefer Periode machten ſich vorzüglich
einige Mitglieder der Alademie der Wiſſenſchaften
von Lifjabon durch ihre kritiſch-äſthetiſchen Ab:
handlungen in ben «Memorias de litteratura por-
tugueza» verdient; unter den neuern ausgejeich⸗
netern len find die unter den Dichtern ges
nannten Gaftilho, Herculano und Garrett wieder
u erwähnen. Die beiden lehtern errangen insbe⸗
ondere durch ihre hiftor. Nomane grobe Erfolge;
unter ihren Nachfolgern ift der beveutendfte Luis
Augufto Nebello da Silva, der durch feinen Ro:
man aus der vaterländifchen Geſchichte: «A moci-
dade de D. Joäo V.» (4 Bde, Liſſab. 1851—53),
—— großen Ruf gewann. Garrett gab auch unter
em Titel «Parnaso lusitano» (5 Bde., Bar. 1826)
eine poetiſche Mufterfammlung und dazu 1831
einen Supplementband, «Satyricos portuguezes»,
eraus; die dem «Parnaso» vorgefehte hiſtor.⸗
itiſche Einleitun? gibt eine nicht unbraudbare
204
iberficht der Gefchichte der portug. Poeſie. Sol.
auch außer den Merken von Bouterwel (ſ. d.)
und Sismonbi (f. d.) noch F. Denis, «Resume de
l’'histoire litteraire du Portugal» (Bar, 1826);
derjelbe, «Chefs-d’euvre du tlıöätre portugais »
(Bar. eg ke eiro, «Curso de litteratura
nacional» (Rio de Janeiro 1862); Lopes de Men:
boca, «Memorias de litteratura contemporanea»
(Siliab, 1855); Silveftre NRibeiro, «Resenha da
litteratura portugueza» (Lijjab. 1855). Das über:
fihtlichite Handbuch der portug. Nationallitteratur
it Theophilo Bragas «Manual da historia da
litteratura portugueza desde as suas origens até
ao presente» (Oporto 1875). Das große Leben®:
werk dieſes Verfaſſers, die Geſamtgeſchichte ber
vaterländifchen Pitteratur, ift noch Torſo, obgleich
bereit3 19 Bände davon veröffentlicht find,
Die wifjenfchaftliche Litteratur wurde in früherer
Zeit in einigen Zweigen von den Portugiejen nicht
ohne Erfolg betrieben; fo durch bie ——
Mathematiker Nunez und da * durch ihre
zahlreichen Reiſenden, unter denen Magellan einen
europ. Ruf hat; durch mehrere namhafte Ge—
lehrte in den Naturwiſſenſchaften und in den orient.
Spradyen. Dod) behielten bei ihnen die Willen:
ſchaften bis in die neuefte Zeit einen fcholaftifchen
Zuſchnitt und nahmen erjt dur die 1779 vom
Duque de Lafoes geftiftete Akademie der Willen:
fcaften einen freiern Aufihwung, unter deren
thäti je a a ber Mathematiler Gargäo:
Stodler, der Natur: und Geſchichtsforſcher Correa
ba Serra, die Rechtsgelehrten Mello, Figueiredo
und Nibeiro dos Santos, die Litterarhiitorifer
d'Aragão Morato, Alerandre Lobo und der Nitro:
nom Ferreira d’Araujo gehören. Die Akademie
der Wiſſenſchaften zu Lijjabon und die Univerfität
zu Coinıbra haben eine große Anzahl von Werken
druden lafien, unter denen, außer den eigentlichen
Alademieſchriften Aemorias⸗ und «Annaes»), in
erfter Linie die « Portugaliae monumenta histo-
rica» (noch im Erfdeinen begriffen) Crwähnung
verdienen; ferner «Corpo diplomatico portuguez»
von de Santarem, Rebello da Silva und Joſé
da Silva Mendes Leal, und Santarems «Quadro
elementar das relagöes politicas e diplomaticas
de Portugal com as diversas potencias do mundo»
(Bd. 1—19, Lifiab. 1842 fg.). Auf allen Gebieten
der Wiſſenſchaft ſind in neuerer Zeit bedeutende
Werke erſchienen. Die Hauptquelle für die ältere
———— Portugals iſt die «Bibliotheca
Lusitana » von Barboſa Machado (4 Bde,, Liſſab.
1741—52); noch volljtändiger und bis auf die
neuefte Zeit fortgeführt ift «Diccionario biblio-
grafico portuguez» (9 Bde., Liſſab. 1858 — 70)
des Innocencio Francisco da Silva, welches Brito
Acanha fortjegt (Bd. 10—12, Liſſab. 1883—85),
Portuläca L., Bortulaf, eine Bilanzen:
gattung, welche zum Typus der Familie der Vor:
tulalaceen geworden iſt. Ihre Merkmale find ein
zweiteiliger, am Grunde ringförnig ſich ablöfender
Kelch, vier bis ſechs gleiche, dem Nande des Kelchs
auffikende, am Grunde verwachſene Blumenblätter,
8—15 Staubgefähe und eine einfächerige mit einem
Deckelchen (portula, Thuͤrchen) aufſpringende Kap:
ſel. Faſt alle ihre Arten ſind tropiſche Kräuter
mit fleiichin-faftigen, breiten oder ſtielrunden, meiſt
fipenden Blättern. P. oleracea 7.., Gemüjeportu:
lat, ift in Südamerila einheimiſch und über Frank—
veih nah Deutſchland getommen und bier ver:
|
|
Portulaca — Portwein
wilder, Die Gartenform mit ihren 20—25 cm
hohen — — und dicfleiſchigen, keilförmigen,
länzenden Blättern wird im Gemüſegarten meift
n gefäet und als Suppemwürze benußt.
Vielfach empfohlen wird eine grohblätteri e Spiel:
art von goldgelber Färbung. Cine gleichfalls in
Südamerika einheimiiche Art, P.grandiflora Lind!.,
iſt eine der ſchönſten Annuellen des Blumengarteng
von 20 cm Höhe mit fleifchigen, cylindrifchen Blät:
tern und fhönen, großen, leuchtend violettroten,
innen mit einem dreiedigen, weißen Fleden a
neten Blumen, welche I aber nur im vollen Son
nenſchein öffnen. Bon ihr gibt es zahlreiche Spiel:
arten mit fcharlachroten (var. Thellusonii), leuch⸗
tendroten (var. ee orangeroten (var.
aurantiaca), weißen in verfchiedener Art gekraien
Blumen. Die jhönfte aller Varietäten aber ift die
efüllt blühende verfchiedenfter Färbung. Die ein:
achen oder er; balbgefüllten Spielarten pflanzt
man durd) Ausfaat fort, die dichtgefüllten, welche
feinen Samen tragen, durch Stedlinge.
Portulakacẽen (Portulacacdae ‚ Pflanzen:
familie aus der Gruppe der Dilotyledonen.” Man
fennt gegen 120 Arten, bie zum größten Teil in
Nord: und Südamerika vorkommen; in ber alten
Welt finden fih nur wenige davon. Es find fraut:
artige a e oder Meine Sträuder mit unge:
teilten meift fleifhigen Blättern und Kr
zwitterigen Blüten, welche aus zwei Keldblättern,
vier bis fan Olumenblätten, vier oder mehr Staub:
gefäßen und einem einfächerigen Fruchtlnoten, dem
ein an ber Spike breiteiliger Griffel he: beſte⸗
ben; die Frucht iſt eine Kapſel, die gewöhnlich zahl:
reihe Samen enthält. Zu den P. gehört 3. B. die
ortulatpflanze,deren Blätter als Gemüſe oder
uppengewürz benuht werden. (S. Portulaca.)
Portulan (frz., ital. portolano) nannte man
die Kuſtenkarten, welche im 16. Jahrh. in Venedig,
Genua, Lifjabon u. f. w. gefertigt wurden und fo:
wohl in den Stüjtenumrifien, ala in Bezug auf die
geogr. Länge noch fehr ungenau waren.
ortummnd, ein altitaliicher und röm. Gott
der Häfen, urfprünglich der Thore, de3 Ein- und
Ausgangs überhaupt, ſodaß er alfo Janus zur
Seite trat; er hatte in Nom einen Tempel amı
Tiberhafen und ein De m 17. Aug. Später
warb er mit dem griech. Melikertes identifiziert.
Portwein wird gewonnen im Thal des obern
Douro der Provinz Traz:03:Montes in Portugal
und hat feinen Namen von der Hafenftabt Oporto,
welche den Stapelplag für den Handel damit bil:
det. Das Gebiet der Rortweinerjeugung beginnt
90—100 km den Pouroftrom aufwärts und er:
ftredt fi mit Unterbrechungen über ungefähr
720 qkm. Die beiten Lagen befinden fi im «obern
Gorgo». Die Trauben des Brig a beißen:
Berbeilho, Mourisco, Batardo und Alvarilhäo;
ur Järbun dient die Sonzäotraube. Jeder für
dns Ausland beftimmte B. wird außerdem künftlich
gefärbt, und zwar durch Hollunderbeerenertraft;
außerdem, erhält er_in gewiſſen ———
einen dreimaligen Spritzuſaß. Auch werden in
ungünftigen Jahrgängen unbedenklich Zufäge von
Buder oder von Seropiga, eingedämpftem Moft:
irup, gegeben. Der fertige P. de3 Handels unter:
fcheidet fich von allen Meinen durd feine Yarbe,
welche braunrot, braun bis purpurbraun ift. Sein
Geſchmackiſt ein voller, geijtiger, mit einem Anflug
von Süßigkeit. Er ift jehr ſtark, denn er enthält
Rorzellan
21— 25 Bros. Altohol. Er muß mindeſtens brei
bis vier Jahre lagern, bis er flafchenreif wird.
Bemerlenswert ift der bedeutende Gehalt des P.
an Gerbjäure. Die Gefamtproduftion an B. wird
auf 110—120000 Pipen (zu 5,33 hl) geihäßt, wo:
von gegenwärtig durchſchnittlich etwa 40000 T
portiert werden. Das Hauptabjakgebiet iſt Grob:
britannien mit 26 000 Pipen (gegen 48000 noch im
. 1854), dann folgen die Vereinigten Staaten,
Brafilien u. ſ. w. Es wird auch ein weißer P.
in verjchiedenen Sorten (Branco:Rico, Ertrarico,
Barticular, Superior und Malvafia) gewonnen,
der jedoch feltener in den Handel gelangt; er iſt
feiner alö der braune P. Neben dem P. werden
im Dourotbal noch die a. de Ramo oder Con:
ſumo gewonnen, leichte, hellcote, angenehme Land:
weine, weldye ſich aber weniger zum Erport eignen,
Die ftärkjten, für Brafilien beftimmten P. führen
ven Namen Maduros. Der Bortweinhandel be:
fand fich lange Zeit einzig in den Händen ber durch
den Marquis de Pombal 1757 gegründeten Alto:
Douro:Hompagnie, —— Monopol in fo ſchad⸗
licher Weife ausbeutete, daß fie 1833 aufgelöft wer:
den mußte. An ihre Stelle ift eine freie Aktien:
gejellichaft «Real:Companhia dos do Porto»
getreten, welche im Befik der edeljten Weinlagen iſt.
ie Bortweindiftrifte oder «Corgos» des Douro:
thals find ftreng abgeteilt in diejenigen Lagen,
welche Vinhos de Feitoria (Faltoret: oder Erport:
—— und Vinhos de Ramo (Zweig: oder Neben:
weine) liefern, weshalb die echten Vv. auch häufig
unter ber eritern ———— im Handel vortom:
men. Seit 1852 bat die Traubentrantheit des
Didiumpilzes die Douromweinberge heimgeſucht,
wurde jedoch durch das Schwefeln bewältigt; 1876
it aber bie —— daſelbſt aufgetreten und er:
ſtredt fich ihr Verheerungsgebiet ſchon über 1000 ha
der beften Lagen, Der P. wird nur in England ala
Wein getrunfen, fonft überall nur ala Stomadicum
oder naeh fonfumiert. Auf den Wege
i
der Schiffahrt und durch die Engländer iſt er über
die ganze Welt verbreitet worden, wie neben ihm
faum ein anderer Wein. Indeſſen wird er, jelbit
ein Kunitproduft, in der verſchiedenſten Weife und
grober Menge verfälicht; insbefondere Nordamerila
iſt der Siß einer gro artigen Bortweinfabrifation
aus Waſſer, Caſſonade, Sprit und Farbitoffen mit
etwas Bouquetzufah.
Porzellan (frj. porcelaine; engl. porcelain,
china —— von porcellana, der portug.
B nung ber Porzellanſchnecle (Cypraea), die
volltommenjte aller Thonwaren, deren feine, weiße,
durchſcheinende Maſſe dur die innige Miichung
geſchmolzener Teilhen, Feldfpat und Quarz,
mit ungejchmolzenen, Kaolin, und fehr jcharfes
Brennen entfteht. Meift iſt diejelbe von einer durch):
fihtigen Glaſur überbedt; nur das fog. Biskuit
üt unglafiert. (S. unter Thonwarenfabrifa:
tion.) Seiner Natur nad ift das P. ebenſowohl
für mannigfachſten praftiihen Verwendungen
als zur ern der jarteften künftlerischen For:
men und Farben geeignet. Man fertigt daraus
= Ta Bean, —0 — *
„Shsf n; ferner Pfeifentöpfe, Puppentöpfe,
B; hilder u. ſ. w.; Gefäße und Apparate
für und ahafital. Zwede, wie Abdampf:
pfannen, Tiegel, Röhren, Retorten Iſolatoren;
Furusgegenftän e, wie Vafen, Nippfiguren,
men. -
205
Die Herftellung des P. gehört zu denjenigen
Erfindungen, deren Ursprung ſich in das Duntel
der frübelten Zeiten verliert. Im 1. Jahrh. n. Chr.
ſcheint diefelbe den un ſchon belannt geweſen
u ſein; von ihnen gelangte dieſe Kenntnis erſt viel
* zu den Japanern. Die hineſ. Porzellan:
abrilation erreichte ihre höchſte Blüte vom 14. bis
zum 17, Jabrh.; feitvem ift fie zum mindeften
dem künftleriichen Wert nah im Sinken begriffen,
Im J. 1518 fam das chinefische P. durch die Bor:
tugiefen als koftbarer Handelsartitel nah Europa
und von da an war man in den verjchiedenen Län:
dern eifrig bemüht, basielbe —— ein Be⸗
mũhen, das ſo lange erfolglos bleiben mußte, als
der weſentlichſte Beſtandteil des echten P. das
Kaolin, unbelannt war. In Frantreich wurde
ſeit 1695 in St.Cloud in größerm Maßſtab ein
—— P. Frittenporzellan (f. d.), hergeſtellt,
welches mit dem echten P. faſt nur das fdöne Aus:
ſehen gemein hat, aber feiner fünftlerifch wertvollen
Einenfhaften wegen noch heute geſchäht it, Seit
dem Anfang des 18. Jahrh. wurde dasjelbe auch
in Paris, Lille, Chantilly, Sceaur, Orlians, Arras
erzeugt. Im J. 1759 kaufte Ludwig XV. die 1738
in Vincennes gegründete, 1753 nad Sevres ver:
legte Fabrik, weldye feitdem Staatdeigentum ges
blieben ift und namentlich unter ihren Direktoren
Bronguiart, Ebelmen, Regnault, Solvetat für die
örberung der Porzellanfabrifation in technischer
und fünftleriicher Hinfidht hohe Bedeutung erlangt
. Das harte, dem chineſiſchen volllommen ähn;
iche P. erfand 1709 ein Deuticher, J dr Sriedr.
Böttger (f. d.), nachdem ihn ein Zufall_auf die
Entdedung der echten PBorzellanerde, des Kaolins,
geführt hatte. Im 3 1710 wurde unter feiner
Leitung die nahmals jo berühmt gewordene Jabrit
in Meiben angelegt. Obwohl man bier das Ver:
[ebren mit allen Mitteln geheimzubalten fuchte,
and dasjelbe bald durch beſtochene Beamte Vers
breitung. So entitand die Fabrik in Wien 1720,
die in Höchſt 1740, in Fürftenberg 1744, in Berlin
1750, in Betersburg und in Nymphenburg bei
Münden 1756, in Ludwigsburg 1760, in Franten:
en 1775; zu den ältejten Etabliſſements diefer
rt gehören auch die Fabrik Roerftrand bei Stod:
holm und die in Kopenhagen. In Stores begann
man 1770 hartes P. herzuitellen. Bis in die Mitte
des 19. Jahrh. waren die Porzellanfabrifen aus:
Schließlich Bejtandteile der fürftl. Hofhaltungen und
dienten mehr dem Lurus als dem praltiichen Be:
dürfnis. Dieſelben hatten indes eine Technik aus:
ebildet, die fi ————— mit dem chineſ.
Verfahren übereinſtimmend erwies, als dasſelbe
durch Julien 1850 in Europa befannt wurde. Dieſe
Technit war das wertvolle Erbe, welches die Privat:
induftrie antrat, als die Rorzellanfabrilation all:
mählid) fi) von den Höfen emancipierte.
9lod) jebt find die Altern Erzeugniſſe der chineſ.
und and) der japan, Borzellanfabrifation in
der Schönheit und Güte des Materials, in der ge:
ihmadvollen Wahl der Ornamente und in der
Pracht des Kolorits unerreiht; dagegen hat in
neuerer Zeit der Einfluß europ. Handelsintereſſen
verſchlechternd auf den Kunſtgeſchmack beider Natio:
nen eingewirkt. yı delorativer Hinſicht ubt die
franz. Porzellaninduſtrie ſeit zwei Jahrhunderten
den mächtigſten Einfluß auf die Induſtrie anderer
Länder aus, Der Ruhm von Etvres — fi
ebenfowohl auf die Reinheit der zur Verwendung
206
lommenden Materialien als auf bie Fünftlerifche
Schönheit der Zeichnung, die Eleganz der Form
und den Reichtum der Palette. Limoges erreicht
das Högte in der Verzierung durch Cmailarbeit,
welche glei) den präditigiten Cdelſteinen wirkt. In
der neueften Zeit hat in Frankreich die Fabrilation
des weichen oder Frittenporzellans (altes Sevres⸗
Borzellan) wieder bedeutend zugenommen, auch
wird dasjelbe in Schlefien und Böhmen erzeugt.
Gin weiches P. ift infolge des Zuſahes von Knochen⸗
aiche auch das eugliſche, das zuerft in Chelſea 1745,
feit 1772 in Staffordihire fabrigiert wurde und
—* in der Ausbildung der Technik ſowie der
ommerziellen Wichtigkeit in erſter Linie ſteht. Hin-
ſichtlich —— ——* lung des Materials
hat ſich gegenwärtig das berliner P. dem von
Stores würdig zur Seite geitellt. ,
Die Porzellanwaren erhalten oft eine Verzie:
und, efonders durch Bemalen (Porzellan:
malerei); die Farben, welche hierbei mit einem
Dub verniiſcht werden müjlen, der leichter im Feuer
chmilzt al3 die Glaſur, fallen nad) dem Brennen
meiſt anders aus. (S. unter Thonmwarenfabri:
fation; gl. auch Fayence und Tafel: Hera:
” a . Su) —
orzellanblümchen, ſ. unter Saxifraga.
Borzellanblume, gewöhnlid Wachsb ri me
genannt, j. Hoya carnosa. ,
en f. u. Galvanolauftil,
orzellaudruck entipridt dem techniſchen Ver:
fahren ei der Metachromatypie (f. d.), indem in
Metall oder lithographiſchen Stein gravierte Muiter
und Bilder auf elaftiihes Papier abgedrudt und
auf das unglafierte vo. übertragen werden.
orzellauerde, |. Kaolin
‚ Borzellanfuöpfe werden aus einer eigentüm:
lichen Porzellanmaſſe (gereinigter Feldipat mit
Zufak von Knochenaſche) mittel3 einer Schrauben:
reſſe geformt und in Muffeln gebrannt, öfters mit
tetalloryden gefärbt oder durch Drud verziert,
Borzellanmalerei, f. unter Borzellan und
Ihonwarenfabrifation.
Porzellandfen heißen ſowohl die zum Brennen
bes Porzellang dienenden Öfen (f. unter Thon:
warenfabrilation), als aud) die aus Fayence—
Kacheln beitehenden eleganten ——
orzellauſchuecken (Cypraeidae), Familie der
Meeresihneden mit ovalem, meijt von ewölbtem
Gehäufe, deren äußerfte Windung fait das ganze
übrige Gewinde überdedt; die Mündung ift lang,
ihlipförmig. Die Schalen find jehr feit, porzellan:
artig, oft ſchön gefärbt, namentlich gefledt und glän:
zend. Die P., zu denen da3 Kauri (f. d., Cypraea
moneta; ſ. Zafel: Mollusten, gie 14) gebört,
find beſonders in den tropischen Meeren zahlreich).
Porzellanthon, ſ.Kaolin.
Posada (jpan.), Wirtshaus, Schenfe,
Pofada:Herrera (Joſe de), pan. Staatsmann,
geb. Ir Llares in Ajturien, war Brofeflor der Na:
tionalöfonomie an der Univerfität zu Dviedo und
wurde 1840 in die Cortes gewählt, wo er zu den
gemäßigt Liberalen gehörte; 1853 wurde er zum
izepräjidenten ber Corte gewählt. Später war
er Flslalprokurator des Staatsrats; Juni 1858
bis März 1863 Minifter des Innern. Nach der
a engine 1868 wurde er Geſandter
in Rom; 1869 trat er wieber in die Corteö, deren
Präfident er 1875 ward. Cr ftarb 7. Sept. 1885
in Madrid,
Porzellanblümchen — Bojaune
Poſamentier over Bofamentierer (vom frz.
passementier; engl. lace-maker, fringe-maker,
inkle-manufacturer) hießen uriprünglich Diejenigen
Handwerker, welde die zu Beſähen beftimmten
Borten, Treffen, Yisen, Gimpen u. f. w. wirlten
oder webten. Später zogen dieſelben auch die Ber:
fertigung von Schnüren, Flechtwerk aus [ehtern,
Franſen, Quaften, Nojetten, Santillen, ber über:
ponnenen Knöpfe u. j. w. in ihren Bereich, ſodaß
fie jebt fait den ganzen Ausputz gemwebter Stoffe
liefern, Die Arbeit de3 P. ift teil Hand-, teils
Mafchinenarbeit. Der Bofamentierftuhl oder
Bortenwirkituhl enthält die weientlichen Teile
des gewöhnlichen Webituhls (ſ. unter Weberei)
meiſt in etwa3 abgeänderter Form und ijt ge Her:
ftellung von Mujtern mit entſprechenden Vorridh:
tungen verjeben, oft auch mit dem Jacquard⸗Mecha⸗
nismus verbunden. Außerlich unterjcheidet ſich
derſelbe durch feine geringe Breite, da er nur zum
Weben jhmaler Stoffe bejtimmt iſt. über Poſa—
mentierarbeiten j. Bortenweberei, Klöp—
peln und Klöppelmajdine.
Pofamentierftuhl, Bojamentiertvaren, |.
unter Bofamentier.
Pofaune (frz. trombonne, ital. trombone),
ein Blasinftrument von Meifing, beiteht aus einer
etwas weiter ald beim Horn menfurierten Röhre
ohne Tonlöcher, und ift amı obern Mündungsende
bis etwas über die Mitte der Höhe des Inſtruments
abwärt3, am rg no Mundjtüdende bis
ungefäb: auf drei Viertel der Größe und nach der
andern Seite hin aufwärts gebogen. Die Nöhre
bat zwei Hauptteile, das Hauptitüd und den Zug
oder Auszug. An dem aufwärts gebogenen Ende
des —— befindet ſich das keſſelfoͤrmig au:
netiefte Mundſtück, während das entgegengejckte
in einen weit ausladenden Schallbecher mündet.
Das Mundjtüd ijt ganz dem der Trompete und des
Horns Ähnlich, — nur einen weitern Keſſel.
Die doppelten Röhrenſchenkel ſind durch metallene
Querſtaͤbe verbunden, damit fie ſich nicht verbiegen
und aus der Lage weichen können. Der unterhalb
des Mundjtüds befindliche Doppelichenkel aber iſt
da, wo er die Biegung mahen würde, abgefchnit:
ten, ſodaß zwei offene Röhrenenden entitehen. An
dieje ift der Zug oder Auszug, aud die Stangen
genannt, angefhoben. Diejes zweite Stüd beitcht
ebenfall3 aus einer zu einem Doppelichentel zu:
fammengebogenen, durch einen Querftab verbun:
denen Röhre, weldye um jo viel weiter menfuriert
ift, ala die Röhre des Hauptitüds, daß fie luftdicht
ſchließend über die erwähnten offenen Enden des
legtern gejhoben und an denſelben, ähnlich den
Auszügen eines PBerjpektivs, aufs und abbewegt
werden lann, wodurd die Länge bes Rohrs ſich
beliebig verändern und, ungeachtet die Tonlöcher
fehlen, eine vollitändige ee Etala ſich
bherausbringen läßt. Die P. ift wejentlih auf das
mitteltiefe Tongebiet, il den Umfang des Män:
nergeſangs bejhränft, daher gibt e3 drei Arten der
B.: die Baf:, Tenor: und Altpojaune, die zufam:
men einen fog. Chor ausmaden. Die Baß—
pofaune bat einen Umfang vom Contra:B diro:
matifch bis e der eingeftrichenen Dftave und höher;
fie ift ein kraftvolle, aber ungelenles Inſtrument,
welches weber für jehr kurze und ſchnell wechjelnde,
noch für lang ausgehaltene Töne geeignet iſt. Die
Tenorpofaune hat einen Umfang vom großen E
bi3 zum eingeftrichenen b und höher. Ihre Beweg:
Bofaunenfeft — Poſen (Provinz)
lichleit iſt ae weitem größer als bie der ni
pojaune. red ri fi weniger anjtrengen
tritt at in Frankreich ——
an die der Be fodaß alſo der drei:
jtimmige er mit zwei Tenorpofaunen
und einer Altpofaune — wird. Die Altpo—
—— —* an ** erreicht in der Tiefe
5 B, boch ſind die unterſten
shre Sire Sihe erjtredt fich bis zum
r Klangharalter der P.
ah von marliger Sonorität
m ebel, —* und feierlich, daher ſie au
— eine bevorzugte Stellung ein:
zinmt, 4 ber der z. 5* — ſich
werer mit den ſonſtigen Tonorganen
als die übrigen mente, und wird daher na=
mentlich er feicht ——— * die
ug dat ma viele 5 —— — gi In *
at man auch, an e der Hüge, da
Syftem der Bentile au uf die P. angewendet. Die
ne * — —— An er
is zweigejtrichenen c
rs ihres ftumpfen und harten Klangs
bejondern Beliebtheit fich zu erfreuen. Die
um 1600 an Geſtalt ber
feit, das 8* Neujahrsfeſt (f. d.).
2 Bajlaromis.
dt im rufl. Gouvernement
3 —— Rebenfluß der Schelsna
—— Be es ie bedeutenden Handel mit
Butter und Häuten treiben.
( ), Komitat in Sroatien,
‚56 Saar: gr 75257 E., meijt
Serben und ae aan ng gebirgig,
walbig, gu gut — chtbar, aber nur mäßig
——— ——
Pen ulte. Die zucht liefer
Die Jagd (aud) auf Bären)
— —— * von Lipil, Daru⸗
Beide a at —— ——
J tats, Si — ‚bat ———
ee ung liegt in Ruinen
Pof * m (Boideran), Dorf bei Tau:
84 I (beuti uſchlap), ——— im
—— Kanton liegt ſadlich *
Veltlin vorgeſchoben, im
= ber ——— d.). z. und —— 8 von Ehen,
rn 0 er Südrhäti:
icen bus 8 oſſen, nach geneigt, ver:
Gropartigleit der Hocalpen mit
Während feine ober:
— Charakter zeigen,
——
m © —— Teil ug a und Kata:
er dem Gottes:
angebörig, er das P. jeht den grau:
hen Bernina mit 239 qkm Areal und
( 4151 6. meijt ital. Zunge und fath. ton:
ormierte). SHaupterwerbsquellen
Mena ft, ber Aderbau und bie Ta:
— der wichtige Spe⸗
uns Ping = Eröff:
n * nen bat,
dtart
en Sn BP. «oil 2 hen ai an Mrd u
nörbl, Korb Oller des —— — mit gipebaltiger
207
Schwefelquelle, und Bruſio (755 m). Das Thal:
waſſer, der —— ——— mit drei Quel⸗
len im Vai Lagone, Valle di Campo und auf dem
Berninajodh (Lago Bianco) und bildet in der Thal:
ſtufe von P. den 1,8qkm großen Lago bi P. (962 m),
den er bei Meschino wieder verläßt, um durd) eine
tiefe Schlucht die Stufe von Brufio zu erreichen;
bei dem Engpaß Piattamala (520 m) tritt der Fluß
auf ital, Gebiet über und mündet nad 32 km lan:
g> Lauf 2 km unterhalb Tirano (Beltlin) in die
dda. Mit dem Engadin und dem Beltlin ift das
P. durch die Poftitraße des Berninapafies ver:
bunden; nad Bormio führt ein Saumpfab über den
Sal ı jo di Val Viola (2460 m), Pe dem Livi u
die la di — Bol, Leonharbi, «
ojchiavino» (Lpz. 1859).
lina, ſ. Boszlina.
- eidon, griech. Gott, f. Neptun.
ofeidonia, dergrieh. Name von Pältum (f. e
Poſeidonia, neue Niederlaflung auf dem Iſth—
mus von —— am Weſtende des Iſthmiſchen
a Station der Bahn Athen-Korinih-Patras.
of en; rovinz des preuß. Staats, gehörte
früher zu ß olen und bildete einen Teil Grofpo ns,
Bei der erjten Teilung Bolens 1772 tamen zunädjt
* von der Reße nördlich liegenden Teile unter dem
Namen Beet, bei der zweiten Teilung 1793
aud) das übrige an Preußen, und fowo (biefer wie
der ganze übliche, von der Weichjel bis Warſchau hin
1795 bei derbritten Teilung ir olens von Preußen ee
mworbene Landſtrich wurde (f. d.) be:
nannt. Seit 1807 — . zu dem Herzogtum
Warſchau, fiel indes durch die Wiener Kongreß Akte
1815 unter dem Namen eines Großherzogtums
en - Preußen zurüd. Die Provinz grenzt an
olen im O. 8 an die preuß.
—* n im N., Brandenburg im W. und
Sclejien im S., bat einen Fläheninhalt von
28 956,5 qkm und zählt (1880) 1703397 E. Der
größere Teil der Vevölferung ift ſiawiſch (polnisch)
und katholiſch; die Deutjchen ww meijt Proteftan:
ten, doch gibt es in den füdl, Areifen der Pro:
vinz auch * polniſch redende Evangeliſche. Die
poln. Bevöllerung iſt beſonders in den ſüdöſtlich
gelegenen Kreiſen der Provinz überwiegend. Nach
den Belenntnis zählte man 1880: 532498 Evan—
Shen 1111962 Nömiich : Hatholifhe, 56609
uden, 2328 Andersgläubige. Die Provinz, P. iſt
—— phyfiichen Beſchaffenheit nach ein vorwie Do
enes einförmiges Flachland von 80bis 120m
gebe, mit vielen jumpfigen, fandigen und walbi or
treden, im Norden teilweife an den bier ziemlich
teil abfallenden uraliſch⸗baltiſchen Landrüden an:
toßend, im Süden von eini 73 n vorgeſchobenen Er:
be bungen des märkiſch-ſchleſiſchen Landrüdens
durchſeßt. Hervorragende Berge —— er
von dem Lyfa:Gora jüdlid vom Eintritt d arthe
in die Provinz. Der größte Teil der Provinz ge:
bört zum Gebiet der Oder, deren größter Nebenfluf,
die Wartbe (f. d.), ‚ Seupituß der Provinz ift; an:
dere, zum Teil floͤß⸗ und ſchiffbare Flüſſe find: die
Projna, Obra, Bartih, Orla, Nehe, Welna, Küd—
eg Brabe: die Meichfel berüßrt | die Provinz im
NO. nur auf eine kurze Strede. Die Seen, unter
denen ber Goplofee im Nebegebiet der nrößte iſt,
ne om etwa 330 qkm ein; fie treten gruppenmweife
auf, am umfänglichſten in der Gruppe der Nebefeen.
Neben dem für die Verbindung zwiſchen Weichſel
und Ober Höchit wichtigen, von Friedrich d. Gr.
208
1773/74 angelegten Bromberger Kanal (26km ohne
die kanalifierte Brahe und Nehe) und einigen kana—
liherten Flußſtreden gibt e8 größere ſchiffbare Ha:
näle nicht ne aber viele kirnftliche Abzugstanäle
in den groben Brüchen, welche leßtern etwa 500 qkm
bededen und unter denen ber Nebe:, Obras, Land:
raben-, Parchanie- und Bachorzebrud) die bemer:
enswerteften find. _ Das Klima ift, der öjtlihen
dage entiprechend, ein kontinentales und im ganzen
nid mild; Bromberg hat ein Nahrestemperatur:
mittel von 7,6° C., Bofen ein foldyes von 8° C.; der
Mangel an geößern Dälengügen und die nad) den
Ebenen ru ands bin offene Lage der Provinz be:
wirten, dab aud die Regenmenge mäßig ift, (in
Bromberg 514, in Poſen 505 mm im vie Reigen
Mittel). (Hierzu eine Karte: Provi " ofen.)
Seuptsefhälinung der Bewohner iſt bie Land:
wirtichaft und Viehzucht; doc) auch in der Induſtrie
find gute Anfänge gemacht. Im J. 1882 wurden
überhaupt 634576 Erwerbäthätige, 34259 Perfo:
nen ohne Beruf und 996 782 hauptberufälofe An:
gehörige ermittelt; von den Erwerbäthätigen wid:
meten ſich 59,12 Proz. der Bodennukung und Tier:
mi 15,57 der Induſtrie und dem Handwerk, 5,02
em Handel und Verkehr, 10,61 —— Dienſt⸗
leiſtungen und 4,56 dem Heer: und Verwaltungs:
dienfte jowie den freien Berufen. _Öewerbe, Han:
del und Verkehr befhäftigten in 74306 Betrieben
132162 Perfonen; die gewöhnliden bürgerlichen
Gewerbe nehmen bavon den größern Zeil in
Anſpruch; Ziegelei, Steinbrüche (Gips, Kallſtein),
Eifenverarbeitung, Maſchinenfabrikation, Wagen:
bau, etwas dem, Induſtrie, Holzbearbeitung,
Brauerei, Brennerei, Zuderfabrilation, Tabalver—
arbeitung, Salzgewinnung (Inowrazlaw), etwas
Zertilinduftrie u. ſ. m. find die wihtiglten Gewerbs⸗
—— e. Der Handel, unterſtüht durch mehrere gute
en dur Kunftftraßen und ein Anfang
1885 doch ſchon 1143,3 km umfaflendes Eifenbahn:
neb (39,5 m auf 1 gan), befabt fi ganz überwie:
gend mit Korn, Vich, Wolle, Holz und andern land:
und ak Produlten; auch Salz und
fchlef. Steinfoblen bilden einen bedeutenden Han:
delsartilel. Die jehr ausgedehnte Landwirticaft
beruht vorzugsweiſe auf dem Großbetrieb, welcher
dem relativen Umfange nad) fait demjenigen der
Provinz Rommern gleihtommt; 58,5 Bros. der ge:
famten Wirtfchaftsfläche entfallen auf Wirtfchaften
mit 100 und mehr Hektar Anbaufläche, Der Groß:
—— befindet ſich etwa je zur Hälfte in den
änden von Deutſchen und von poln. Edelleuten.
Guter und fruchtbarer Boden findet ſich in weiten
Streden der Warthe- und Nebeniederung und in
den durch Melioration und Gntwäflerung für die
Kultur gewonnenen Bruchflächen, hauptſächlich aljo
im Centrum und im öftl. Teile der Provinz; der
vorzäglihe Weizenboden im Kreife Inowrazlaw
und in den angrenzenden Kreifen liefert den aus:
gezeichneten tujaniichen Meizen; fandige und we:
niger fruchtbare Streden find an ber jchlef. und
brandenburg. Grenze vorherrjchend. Bon der Ge:
famtflädie der Provinz waren 1883: Ader: und
Gartenland 61,9 Proz., Wiefen 8,1, Weiden, Hu:
tungen, Od: und Inland 5,2, Forften (ju 87,65 Pros.
zu und Holjungen 20, Haus: und Hof:
träume, Wege, Gewäfler u. f. w. 4,8 Proz. Die
Provinz iſt ein ausgezeichnetes Getreideland und
erzeugt namentlich zur Ausfuhr ge viel Weizen,
Roggen, Gerfte, Hafer, Rübjen; Hopfenbau mird
Poſen (Provinz)
bei Neutomifchel (Kreis Buf) in bedeutenden lm:
fang betrieben. Auch die Viehzucht ift von Belang;
befonders® ragt die Schafzudht hervor, auferdem die
Pferdezucht (ein Landaejtüt mit 225 Beſchälern be:
fit die Provinz in Zirfe, Kreis Birnbaum, Land:
befhäler werden auf 67 Deditationen in allen
Kreifen aufgeei), die Bienenzucht und der Seiden⸗
bau. Der Viehſtand betrug 1883: Pferde 211291,
Nindvieh 625728, Schafe 1892336, Schweine
469 043, Ziegen 71353, Bienenftöde 93743.
In adminiftrativer Hinficht it P. in die Regie:
rungsbezirfe Rofen mit 18 und Bromberg mit 10
landrätlichen Streifen eingeteilt. Der Provinz ift
die Brovinzialordnung (f. d.) und die Kreisordnung
noch nicht zugeftanden; es beiteht daher nod die
eigenartige Einrihtung der ſchon 1837 eingeführten
Polizeidiſtrikte mit ftaatlihen Polizeibeamten, den
Tiftrittsfommiffarien, welde den Landräten als
Organe der Ortspolizeiverwaltung u. f. w. zu
dienen beftimmt find; der Sit des Oberpräfibenten
ift Poſen. Die Reihstagswahlen erfolgen in 15
Mahltreifen, In das Abgeordnetenhaus entfendet
die © a 29 Abgeordnete; im Herrenbaufe iſt fie
durd 19 Mitglieder (davon 7 erbliche und 10 auf
Präfentation berufene) vertreten. In militärijcher
Beziehung gebört der —————— Poſen zum
5. Armeelorps (Sit des Generallommandos in
ofen), der Regierungsbezirt Bromberg zum 2.
Armeelorps (Generaltommando in Stettin), _ Die
lirchlichen — der evang. Landeslit
werden von dem Konſiſtorium zu Poſen verwaltet;
für die röm.kath. Kirche beſtehen die auf immer vers
einigten, jedoch je mit einem befondern Metropolis
tantapitel ausgeftatteten Erzbistümer Poſen und
Gnefen; ein Teil des Regierungsbezirls Bromberg
fteht unter dem gneſenſchen Suffraganbiſchof zu
Kulm; während der noch andauernden Erledigung
des erzbifchöfl. Stubls führt ein befonderes ftaat:
lies Kommiſſariat in Poſen die Bermögensver:
waltung der beiden Didcefen. Beſondere ftaatliche
Berwaltungsbehörden find das rar
kollegium und dag Mebizinaltollegium in Poſen,
ferner für Bearbeitung der Auseinanderfegungsds
und Gemeinheitsteilungsfahen die Generallom-
miffion zu Bromberg (uateich für Dit: und Weit:
preufen), weiter die Nentenbant und für die ins
direkten Steuern die Provinzial:Steuerdireltion zu
ofen. Die Bergwertsangelegenbeiten refiortieren
vom Oberbergamt zu Breslau; für die fisfal. Salz:
bergwerls- und Galinenverwaltung * das
Salzamt zu Inowrazlaw. Die Staatseiſenbahnen
werden von den fönigl. Eiſenbahndireltionen zu
Bromberg und zu Breslau verwaltet. Die Provinz
zerfällt in die beiden Oberpoitdireltionsbezirfe Poſen
und Bromberg. Sie bildet mit dem weitpreuß.
Kreife Deutſch-Krone den eng ie en +
Poſen, zu welchem die Bezirke der Landgerichte
Bromberg mit 7 Amtsgerichten, Gnefen mit d, Liſſa
mit 8, Meferik mit 8, Oftrowo mit 8, Poſen mit 9
und einer Kanımer für Handelsſachen, Schneide:
mübl mit 13 Amtzgerichten — P. zählt 136
Städte (darunter eine, Anzahl Heinften Umfangs,
was eine befondere Eigentümlichleit der Provinz
ift), ferner 3395 Landgemeinden und 1997 Guts⸗
bezirle. Die Provinzialverwaltung iſt die ſtan—
dig die Brovinzioltände werden von 48 Mit:
—— gebildet, nämlih von 2 Inhabern von
irilftimmen, 22 Abgeordneten der Nitterfchaft, 8
Viril- und 8 Kollektivftimmen von Städten und
PROVINZ POSEN.
#4 0estl. Lanfe von Ferro
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Poſen (Stadt) — Pojtdonius
8 Landgemeinden; bie Brovinziallandtage finden in
Poſen ſtatt, wo auch der Sigder provinzialitändiichen
Verwaltungstommiifion, ferner ber —
diſchen Konmiſſion für Chauffee: und Wegebau, der
Sandarmendireltion, der Direktion der Brovinzial:
hilfslaſſe u. f. w. iſt. Handelslammern beftehen zu
Poſen und Bromberg. An Bildungsanftalten be:
fibt die Provinz ein fönigl. Seminar für gelehrte
Schulen zu Poſen, 14 Oymnafien, 2 Progymnaften,
4 Realgymnaſien, 13 Mittelichulen, verfchiedene
höhere Mädchenfchulen, 5 Schullehrerfeminare, 4
tönigl, Präparandenanftalten, 1königl. Lehrerinnen:
feminar, 2187 öffentliche Volksſchulen, außerdem 3
Zaubftummenlehranftalten und 1 Blindenunter:
richtsanſtalt. Der Erfolg des Boltsihulunterricht3
it indeflen noch immer nicht ganz befriedigend und
die Provinz ftellte 1884/85 noch den höchſten Pro:
zentjag von Analpbabeten zum Heere, nämlich 8,55
Proz. Das Fahihulwefen ift nicht befonders ent:
widelt. Es bejtehen 1 Landwirtichaftsfchule, 2
Aderbaus, 2 Garten: und Obſtbauſchulen und 13
ländliche Fortbildungsihulen, außerdem 1 Hebam⸗
menanftalt. Eine tehnijche oder fonitige Hochſchule
befigt die Provinz ebenfo wenig wie eine Univerji:
tät. Das Mappen der Provinz ift der preuß.
Adler, auf deſſen Bruft fi ein weißer Adler in
rotem Felde befindet, Die Provinzialfarben find
Karmoifin: Weiß.
Litteratur: Beröffentlihungen des lönigl.
preuß. Statiſtiſchen Bureaus; VBäd, «Die Provinz
P. in geogr., ftatift. und topogr. Beziehung» (Berl,
1847); Wuttle, «Städtebuch de3 Landes I» (Lp3.
1864; Nachträge 1866); «Statift. Handbuch der
Provinz > N of. 1877); Beheim⸗-Schwarzbach,
«Hobenzollerniche Rolonijationen» (2p3. 1874);
Meyer, «Geſchichte des Landes P.» (Pof. 1881),
welche gute Litteraturnachweiſe enthält; «Zeitichrift
für Geihichte und Landeskunde der Provinz BP.»
(of. 1882 fg.); Bergmann, «Zur Geſchichte der
Entwidelung deutider, poln. und jüd. Bevölferung
in der Provinz P. ſeit 1824» (Tüb. 1883).
Der Regierungsbezirk Poſen zählt (1880)
auf 17507,5ı qkm Fläche 1095873 E., darunter
285825 Gvangeliiche, 772187 Römif Katholische,
125 fonjtige Chrijten und 36570 Juden, ie 88
Städte, 2079 Landgemeinden und 1148 Gutsbezirke.
Er ift in folgende 18 landrätliche Kreife eingeteilt:
Wreſchen, te en, Schroda, Schrimm, Koiten,
Bul, Stadtkreis ofen Landkreis Poſen, Obornit,
Samter, Birnbaunt, Meferik, Bomit, Frauftadt,
Kröben, Krotofdhin, Adelnau und ——
Poſen (poln. Poznan), Feſtung erſten Ranges
und Hauptſtadt ber gleichnamigen Provinz des
Königreichs Preußen, ſowie einer der beiden Regie:
von
un arg derjelben, liegt 245 km djtlich
Berlin, an beiden Ufern der Warthe, die hier die
Eybina aufnimmt, Station der Linien B.:Stargard,
B.-reuzburg, B.:Bromberg, P.-Schneidemühl, P.:
—— a. O. und Breslau⸗P. der Preußiſchen
taatsbahnen, iſt Sit des Oberpräſidiums der
Provinz, des Generallommandos des 5. Armee:
torps, des Kommandos der 10. Diviſion, des
Er bifchofs von Gneſen und P., eines Gene:
taljuperintendenten, eines Dberlandes:, Land:
und Amtsgerichts, einer Provinzialiteuerdireltion,
einer laiſerl. Oberpoftdireltion, einer königl. Regie:
rung, eines Landratsamts und anderer Behörden
und zählte 1880 (einfliehlih ber 5717 Mann
ftarten Garnifon) 65713 E, Unter. den 59996
Gonverfationd » Lexiton. 13, Hufl, XIII. ;
209
Givileinwohnern befanden fih 34899 Ratholilen,
22580 Proteftanten und 7043 Juden. Am Marft:
platz fteht das —** ein prächtiger Bau im
Renaiſſanceſtil, aus dem 16. Sabıh., mit dem hödh:
ften Turme der Stadt. Unter den Kirchen zeichnen
ſich aus die Prarrliche Maria Magdalena (die ehe⸗
malige Jeſuitenlirche), ein bedeutendes Bauwerk im
jog. Jeritenfi, aus dem Ende des 17. Jahrh., und
der Dom, deſſen Außeres aus dem Ende des
18. Jahrh. datiert; in demſelben befindet fich bie
prächtige, hauptſächlich durch die Fürſorge des
Grafen Raczynitieingerichtete «goldene» Kapelle mit
den von Rauch angefertigten Bildfäulen der im
Dome ruhenden poln. Herzöge Mieczyflam und
Boleſlaw. Neben dem Don fteht der Palaſt des
Erzbiſchofs. In dem weitläufigen ehemaligen Je—
juitenkollegium hat die Hegierung ihren Sit. Der
Bazar ijt ein — auf Koſten des poln. Adels
erbautes Hotel. Am großen, ſtattlichen Wilhelms—
plab ſtehen das 1879 neu erbaute Stadttheater
und die 1836 aufgefübste Raczynſliſche Bibliothek
(30000 Bände ftark) mit 24 gufeijernen korinth.
Säulen, vom Erbauer der Stadt geſchenlt. Eine
architeltoniſche Zierde der lehtern iſt das 1865
vom Kaufmann Berger aus eigenen Mitteln auf:
geführte Gebäude des Realgymnaſiums. Außer
dent lektern befinden fih in P. von Unterrichts—
anftalten noch zwei Gymnafien, ein Seminar für
kath. Geiſtliche (geſchloſſen), ein königl. Seminar für
Lehrerinnen und Erzieherinnen, eine königl. höhere
Töchterſchule, fünf Etadtidhulen, eine Bürger:
und eine Mittelihule und eine Hebammenlehran:
ftalt. Der Handel iſt Bonn bedeutend; Haupt:
gegenftänbe desfelben find Holz, Getreide, Wolle,
piritus u. ſ. w. Die wichtigiten Gegenſtände des
Fabritbetriebs find: landwirtſchaftliche und andere
Nafchinen, Möbel, Sprit und Liqueure, Mehl,
Wagen, kupferne Brennereigeräte, Eigarren u. ſ. w.
Verkehr und Handel unterjtühen eine Neihsbant:
rer die Brovinzialaftienbant und andere
nftitute. Der Bau der großartigen Feſtungswerle
begann 1827; von der Citadelle, Fort Wintary ge:
nannt, überblidt man die ganze Umgegend P.s am
beiten; 1876 hat der Bau von zwölf detachierten
Forts begonnen. — P. iſt eine der ältejten Städte
Polens, erhielt 968 bei der eriten Einführung des
Chrijtentums in Polen ein Bistum und war bis
1296 — 5 der poln. Herzöge. Der weſtliche
(Haupt-) Teil wurde 1253 von deutſchen Einwan—
derern gegründet und hatte bis 1793 eigene Ber:
waltung nad Magdeburgiichem Recht. Im Mit:
telalter gehörte B. zur Hana, und viele deutjche,
engl. und jchott. Kaufleute lichen fich dafelbit nieder,
Später geriet die Stadt in Verfall, bis fie 1793,
reip. 1815 an Preußen lam. Von 1807 bis 1815
gehörte P. zum Großherzogtum Warſchau. Am
11. Dez. 1806 ſchloß Napoleon zu P. den Frieden mit
Sachſen. — Ter Landkreis Bojen zählt (1880)
auf 1093 qkm 68953 E. Bal. Yulafzewicz, «Obraz
historiczno-statystyczny miasta Poznania» (2Bde.,
Poſ. 1838; deutſch, Bof. 1881); Ölichläger, «P.Nturz:
gefabte Geſchichte und Beſchreibung » (Poſ. 1866).
Poferna, Dorf im preuß. Regierungsbezirk
Merfeburg, Kreis Weißenfels, an der Rippach, mit
420 E. und einer Salzquelle, Geburt3ort Seumes.
Pofidonius, ſtoiſcher Philoſoph, der Rhodier
enannt, weil er des Panaͤtius von Rhodus Schü:
er war und fpäter in Rhodus lehrte, war aus
Apamea in Syrien gebürtig und um 103 v, Chr,
14
210
geboren. Nach der Rüdkehr von feinen Reifen trug
er mit großem Beifall die ſtoiſche Philojophie vor.
Er war zugleih Staatsmann und ging in feinem
50. Jahre als Gefandter nad Rom. Die auöge:
zeichnetſten Römer, wie Pompejus und Cicero,
waren feine Schüler. Auch in die mathent.=ajtron.
Wiflenichaften fcheint er tief eingedrungen zu fein.
Er maß die Größe der Erde, ſoll auch die Abhängig:
feit der Erfcheinungen der Ebbe und Flut von dem
Monde gelehrt haben und gab die Höhe der Atmo—
fphäre ber Erbe zu 400 Stadien und die Entfernung
der Sonne von ber Erde zu 13000 Erdhalbmeſſern
an. Seine Schriften find verloren gegangen; die
gr“ mente berjelben haben Bale (Leid. 1815) und
. Müller (in «Fragmenta historica Graeci»,
Bd. 3, Bar. 1849) gefanımelt. Bol. B. Töpelmann,
«De Posidonio Rhodio rerum scriptore» (Bonn
1867); R.Scherpig, «De PosidonioApamensirerum
gentium terrarum scriptore» (Berl. 1870); Arnold,
allnterfuchungen über Theophanes von Motilene
und P. von Apamea» (2pz. 1882).
Pofiipo, ein villenreiher Höhenzug an der
füdbweitl. Seite Neapels, ift merkwürdig wegen ber
jog. Grotta di Posilipo, eines Tunnels, der wahr:
ſcheinlich unter Auguftus durch ben Tuffitein jenes
Höhenzugs gebrochen wurde und bereitö von Ge:
neca erwähnt wird. Diejer Tunnel, 689 m lang
und von verſchiedener Höhe, endet bei bem Städt:
den Fuorigrotta, von wo der Weg nadı Pozzuoli
rt. Die Mitte bezeichnet eine Höblentapelle der
aria, Alfons I. ließ 1442 die Grotte erweitern,
Diele von Toledo lieh fie pflaftern. Das Wort
osilipo ftammt von grieh. Pausilipon
ee Sans souei), dem Namen einer da;
elbft einft belegenen Billa des Vedius_Pollio
welche diefer dem Auguftus vermachte. Am ö {.
Gingang e Grotte liegt hoch das vielbefudhte
fog. Grab bes Birgil, ein röm. Grabgemwölbe,
4 m in Quadrat, mit 11 Nijchen für Aichenkrüge.
tiber die —— führt eine von Murat be—
gonnene herrliche Straße.
Pofiliptuff ober Buzzolan, ein von ber
Gruption der erlojchenen Bultane der Phlegräiichen
Iber herrührender Bimsfteintuff (j. d.), welder
unter andern ben Pofilip bei Neapel aufbaut.
Pöfing (meiſt Böjing, magyar. Bazin), königl.
Freiſtadt in Ungarn, preiburger Komitat, Sta:
tion der Linie Preßburg-Sillein der Öiterreichiich
Ungariihen Staatöbahnen,
und zählt —* 4338 E., Deutſche, Slowalen und
Magyaren, welche Bergbau auf Gold, Silber und
Eiſen treiben und guten Wein bauen.
Pofition nennt man in der Metrik und Bro»
jeit die Silbenlänge, wenn fie dadurch entſteht,
B auf einen kurzen Vokal zwei Konjonanten fol:
gen, 3. B. lat. fero—fert; ferner liber — liber
atque — aber lang durch B.: liber nubibus aether
oder libör patet exitus. Den Gegenſaß bildet die
jog. Naturlänge, die dann attendet, wenn bie
Silbe einen langen Vokal hat, 3. B. lat. it.
Im Kriegsweſen heibt Bofition eine Ört:
lichleit oder einen Terrainabichnitt, der ſich ent:
weber von Natur oder unter — fünftlicher
Mittel zur Berteibigung mehr oder weniger eignet,
ſodaß ber — in ben örtlichen ——
ein gewiſſes Gegengewicht gegenüber ber feindlichen
ra ee Ander. ennzeihen einer guten P.
find: Vegünftigung des Gebrauchs der eigenen
Feuerwaffen durch freie Beherrihung des Bor:
bat ein Mineralbad | fi
Poſilipo — Poſitiv
terrains, Dedung der Streitkräfte, Erſchwerung
des feindlichen Angriffs in Front und Flanlen
durch Terrainhinderniſſe, Möglichkeit — Offenſive
überzugeben, freie Bewegung in der Stellung und
geiiderter Nüdzug. Geeignete B. bilden namentlich)
Höbenzüge, welde fanft nad dem Feinde zu ab-
fallen, doc} finden fih P. auch in der Ebene, wenn
verteidigungsfäbige Ortidaften, Walbungen, Ter:
rainhinderniſſe in glüdlicher Berfnüpfung vorlom:
men. Auf Hindernifie vor der Front legt man, bei
ber ohnehin vernichtenden Wirkung der heutigen
Feuerwaffen, nicht mehr den Wert wie früherbin,
und um jo weniger, je mehr man eine aktive Ber:
teidigung im Sinn hat. Sie haben häufig nur
Folge, daß der Angreifer die P. ganz zu uigeben
ucht. Die Fortifitation lehrt, wie P. durch fünft-
en verjtärten und erforderlichenfalls zu
affen find.
In der Tanzkunſt werben Bofitionen die
(fünf) einfachen Hauptitellungen der Füße genannt,
die ben verjchiedenen Pas zu Grunde liegen.
Aud in der Fecht kunſt wird die Grundftellun
ber Fechtenden als Bofition bezeichnet; fie i
nad) der Art ber Waffen eine verſchiedene
BPofitiondartilferie, f. unter Artillerie,
Pofitionebnatterie, f. u. Batterie (milit.).
Pofitionsgeſchütze nennt man die Geihübe
oröhern Gewichts, welde ihren Kampf aus länger
andauernden Aufitellungen führen, im Gegenjaß zu
ben ihre a r elnden Manövrier⸗
—2 Zu den P. gehören namentlich die Be:
agerungsd: und Feſtungsgeſchüße; im Felbiriege
lommen ®. gegenwärtig jeltener vor.
BPofitionsiwinfel nennt man ben Winfel, wel:
hen ber durch zwei Sterne gelegte größte Kreis der
Himmelskugel mit dem durch einen
den Dellinationskreis bildet. wird von
Norden über Djten, Süden und Weiten von 0° bis
360° gezählt. Das jog. Pofitionsmitrometer Re
ftattet an einem we Kreiſe ben PB. abzuleſen
unb dient in Verbindung mit einem Fabenmifro-
meter, welches die Entfernung zweier nahe beieinan:
ber befindlichen Geftirne zu meflen erlaubt, zur Be:
ſtimmung ihrer gegenjeitigen Lage in Beziehung
auf die Kreiſe ber Himmelskugel. ö
oſitiv oder affirmativ bezeichnet im allne:
meinen das, wodurd) etwas bejahend gedacht wird,
entgegengejekt dem Negativen (f. d.), 3. B. ein po:
\ if, ein pofitives Urteil u. }. m. Ferner
bezeichnet P. aud) das faltiſch Gegebene, jowie das
durd eine äußere Autorität Feitgefehte. Bolitives
Recht ift der Inbegriff der ftaatlihen Geſehe, ent:
gegengejept dem fog. natürlichen oder Bernunft:
tet; politive Religion eine ſolche, die auf eine
äußere Offenbarung fi ſtüßt; poftive ——
e:
itiver B
entgeg eht der natürlichen Theologie oder
figionspbilojophie u. f. w. Schelling nannte die
legte Phaſe feiner Philoſophie die pofitive Philo-
fopbie, indem er annahm, daß die gejamte Ber:
nunftwifjenihaft nur eine Lehre von dem fei, was
er Gott ijt, alfo eine tive «Philojophier, und
daß die dialeltiſche Entwidelung des Gottesbegriffs
die einzige Aufgabe der poſitiven Philoſo Sie lei.
Poſitiv, die ungefteigerte Form des Adjeltivg,
ſ. — 1 ohne felbfänbiget
‚ eine Heine Orgel ohne än
Beat! welche früher —X auf —————
und in Zimmern gebraucht wurde, alſo die Stelle
des modernen Harmoniums einnahm.
Pofitives Bild — Poſſelt 211
Bild, ſ. unter Photographie.
. man Ph * Philoſophie
Richtung, im enſaß zu einem
bis auf die legten Gründe zurüdgehenden ſpekula—
& an dem bereits Ausgemachten
und — enũgen läßt und
rebt. Insbeſondere
ebraudte der granzofe Auguft Comte (f. d.) dieſen
eine jede Ni
tiven Verfahren fi
darüber nicht weiter hinaus
Husdrud von ch ibn begründeten —*
und — iſtiſ Schule, welche mit Umgehung
aller das —e— Wiſſen * die
Fãcher der Mathematik, Ajtronomie, Phyſil, Che:
mie, Biologie und Soziologie (f. d.), mit einem
Wort ber pofitiven Wifjenihaften, einſchloß. Diefe
Billenfhahen follen Kain bean
folge derartig aufeinander aufbauen, daß jede fol-
ende als die —— — bie frühern ala
e vorausfept. Das We:
ſentli it dabei, daß auch die Pſychologie ala
fte Teil der Biologie und die darauf zu
Geſellſchaftswiſſenſchaft nad) der eraften
der Naturwiſſenſchafte
P ie behandelt werden ſollen. Dieſelben
mit einer induftiven Feſtſtellun
Q
d Iler über den Berei
des Sehr Knauschnben Oppaieen nt
J
acht und George
Lewes («Comte’s philosophy of the posi-
five sciences», Lond. 1874) fie popularifiert. In
— zu das Gleiche Marimilien Littre («A.
und e8 hat id dort allmählich eine fatlihe She
woe Im Der von Sitte heraus:
\ «Revue ve» ihr Organ hatte. Bol.
EN RS
1
Posonium, ber lat. Name von Preßburg.
21, (ef) gr im etlichen Bar,
tum it Poſſabski die Bezeichnung der Stadt:
bewohner mit Ausnahme der Kaufleute.
—— (cuſſ), in Rußland in der älteſten
von den zur Verwaltung einzelner
Ba en eh
e P. nur als Name ter vom Volk ge:
Leiter ber rg re —2*
Dorf in der ital, Provinz Trevifo,
4 36 km im NW. von Trevifo. in
malerifcher Sage am Fuße des Monte-Örappa und
am Gingung ber Kalle Dec, it (ap bar
Ne
und das Grabmal des berühm:
ten , ein Sarlophag nad) dem Entwurfe
Canovas. Das eh i enthäl
Gipsabgüfie feiner gan som
„ Poflat (dm ee 0. 12. a | Be
[2 t, * *
Bein, Inte ale Buchhändler, eno$ | 6
büs | «Bellum populi Gallici adversus Hungariae Bo-
dann dramatifchen Unterricht
tierte, mad) veriiebenen fenufpielerfhen Br
n und fpeziell der
ſuchen an Liebbaberbühnen, 1861 in Breslau.
Hier für zweite Charakterrollen engagiert, fpielte
er 1862/63 erite Charakterrollen in Bern und
wurde 1863 als Nachfolger Görners für das ham:
burger Stadttheater engagiert, ging aber ihon im
folgenden Jahre an die Hofbühne nah München,
‚im J. 1873 wurde er bier Oberregiffeur und 1878
Direktor des Lönigl. Schaufpiels und Profefior.
Ihm dankt München die Organifation der feit
1876 dajelbit beftchenden Theaterſchule, ebenſo die
Aufjehen — — Geſamtgaſtſpiele von 1880.
P., der auf allen größern deutichen Bühnen, auch
in Rußland, Holland und der Schweiz gaſtierte, ijt
ein Mufter der Dellamation; in der Auffafiung
[Ener Rollen aeigt er —
härfe, im Spiel ftet3 edle Bewegungen. Nathan,
er Narciß, Manfred (dem er ebenjo wie den
Beriffes zuerſt auf die deutiche Bühne brachte),
Behrent (von Björnjon für ihn geſchrieben), ©hy:
lod u. ſ. w. gehören zu feinen bejten Leitungen,
8: verfaßte auch Bearbeitungen verſchiedener
halſpeareſchen Dramen und ein Syſtem einer
— 35— deutſcher Worte.
det auch Burleste, Farce, iſt die dra:
matiſche Geftaltung des fog. niedrig oder derb Ko—
mifchen. Diefelbe zeigt nicht trungen des Herzens
und Verftandes, fondern die —— ufälle und
Verwidelungen de3 gewöhnlichen Lebens, nicht
Charatterentwidelung, fondern Situationenwir,
. | und zwar Situationenwiß jo hervorragend, daß die
alten ital. Masten des Arlechino, Pierro, Banta:
leone, der Colombine oft nur pantomimifch aufs
treten. Die B. muß daher durchaus im Naiven,
derb Naturfräftigen, echt Vollstümlichen wurzeln;
denn e3 gilt, daS Urgefunde und das unverwüitliche
Heitere einer Grüten ER, in welder noc)
gar kein Bruch ** innlichem und Geiſtigen
eingetreten iſt, der nicht ſofort wieder humoriſtiſch
aufgelöft werden könnte. Es iſt daher eine Ent:
artung der P., wenn fi in fie moralijierende
Sentimentalitäten einmiſchen, wie wenn fie aus
dem naiv Komiſchen in das Gemeine fällt. Von
jenem Fehler ift der treffliche Naimund, von dieſem
die wiener und berliner * nicht freizuſprechen,
welche inſofern weſentlich Lolalpofſe iſt, als in
ihr meiſt das Treiben und die Sitten einer bes
jtimmten Stadt zur Darftellung gelangen. P. war
da3 Satyripiel der Alten, ja Ni freilid großartig
durchgebildet, iſt jelbjt die Komik des Ariſtophanes.
P. find die Faſinachtsſchwänke des Mittelalters; in
P. bewegten ſich namentlich auch die Buppenipicle
der een, Am eigenartigiten und glänzend:
5 bat fi die P. auf dem Volfätheater der Sta:
iener entfaltet. Beſonders aber find auch Moliere
und Holber Fi nennen. j
Boffelt ( nft Ludw.), hiſtor. Schriftiteller, geb.
22. Yan, 1763 zu Durlad in Baden, ftudierte in
Göttingen die Rechte, praktizierte ala Advolat in
Baden und übernahm 1784 die Stelle eines Bro:
feſſors der Gefchichte und Beredſamleit an dem
Gymnafium zu Karlsrube, wo er zugleich Privat:
fefretär des regierenden 5*5 war. Hier gab
er unter anderm das «Wiſſenſchaftliche Magazin
für Auftlärung» (1785—88) heraus. Im J. 1791
wurde er nad Gernsbah unweit Najtatt, als
Beamter verjeht, wo er Muße fand, fich biltor.
tubien zu widmen. Er beichrieb unter dem Titel
russiaeque reges eorumque socios» (Gött. 1798)
14*
212
bie Begebenheiten von 1792, _ Gleichzeitig begann
er fein Hauptwerl, das «Hiſtor. a er für
die neueſte Geſchichtey. Im J. 1796 nahm er feine
—— und lebte ſeildem abwechſelnd in Dur—
lach, Karlsruhe, — 5**— Erlangen und Nürn:
berg. Er ftarb zu Heidelberg 11. Juni 1804 infolge
eines Sturzes aus dem Fenfter der obern Etage.
ng feine Geſchichte der Deutichen»
(2 Bde. Lpj. 1789—90; for geicht von PBölik, Bd.
8u.4, Pp3. 1805 und 1819), «Geſchichte Karla XI.»
(Harlär. 1791), «Geſchichte Guſtavs IIL.» (Karlsr.
1793), «Strieg der Franken» (2p3.1794), —**
Leben» (Tub. 1798), die «Europ. Annalen», ſeit
1795, und die 1798 von ihm angefangene «A ge:
meine Zeitung». Bol. Gehres, «Lebensbeidhreibung
P.s» (2 Bde, Mannh. 1827),
3 en, der höchſte Gipfel der Hainleite (f. d.).
offenhofen, Dorf im bayr, — ——
Oberbayern, Bezirksamt München IL, am Weſtufer
des Wurmſee und an der Bayriſchen Staatsbahn
München:Unterpeiffenberg, hat ein ſchönes Schloß
de3 Herzogd Mar in Bayern mit Part,
Possessiva (pronomina p.), die Befit anzei:
genden Fürmörter: mein, bein, fein u. ſ. w. j
Poſſeſſoriſche Nechtömittel, ſ. unter Peti—
torientlagen.
offiethafen, f. unter Amurland.
guck, Stadt im Kreiſe Saalfeld des Herzog:
tums Sadjen:Meiningen, an der Kotichau, welde
unfern in die Orla mündet, Station der Linie Gera:
Eihiht der Preußifhen Staatsbahnen, ift Sik
eines Amtsgerichts, hat eine got. Kirche von 1390,
ein got. Rathaus, eine Bürger ule und eine höhere
rivatichule und zählt (1880) 7069 E., welche
abriten in Lederwaren, Flanellen, Porzellan,
arben und Konfitüren unterhalten.
oft, ſ. Poſtweſen.
oſtaliſch (vom franz. Adjektiv postal), das
Poſtweſen betreffend, 3. B. poftaliiche Borfchriften.
oftanent, ſ. Piedeſtal.
oſtanweiſung (fr. mandat-poste, engl.
money order) nennt man eine Anweiſung, welche
die Roftbehörde auäftellt, um einen bei ihr einge:
zahlten Geldbetrag dem Adrefiaten durch die Pojt
r übermitteln. Die Einzahlung erfolgt im deut:
hen Reichspoſtgebiet auf ein von der Poſt geliefer:
tes Formular am Poſtſchalter, und zwar in deut:
ſcher a a Die Sendung muß franfiert
werden. Innerhalb desdeutichen Reichspoftgebietes
beträgt die Gebühr, ohne Küdficht auf die Entfer:
nung, für Summen bi3 100 Mark: 20 Pf., über
100 bis 200 Mark: 30 Pf., über 200 bis zum
—— von 400 Mark: 40 Pf. Der Abſchnitt
der Anweilung kann im deutſchen Poſtverlehr zu
Ichriftlichen Mitteilungen verwendet werden. Die
Erhebung des Geldbetrags am Beſtimmungsorte
muß fpäteitens innerhalb fieben Tage nad Behän:
digung der Anweiſung erfolgen, Die Quittungs:
leiftung de3 Aoreflaten findet durch Ausfüllung
des beitlichen Vordruds auf der Nüdjeite des
dormulars ftatt,
Nach Art. 13 des Parifer Weltpoftvertrags vom
1, Juni 1878 bildet der Austaufh von P. den
Gegenftand befonderer Vereinbarungen zwiſchen
einzelnen Ländern oder Ländergruppen des Welt:
green. Der Meiftbetrag einer internationalen
. it auf 500 Frs. feftgeleht, die Dan auf
25 Gent. für je 25 Fr3. Wert, in Deutichland
20 Pf. für je 20 Mark, mindeltens aber 40 Pf.
Poſſen — Poſtauftrag
Dem Ubereinlommen ſind beigetreten Deutſchland,
Öfterreih:Ungarn, Belgien, Dänemark, Agypten,
Frankreich, Italien, Luxemburg, Niederlande, Nor:
wegen, Portugal, Numänien, Schweden Schweiz,
Türkei (Ronftantinopel), Tripolis und Tunis.
ie find auf Grund befonderer Verträge B. zu:
läfjig: aus Deutfehland nad) Auftralien, Barbadoes,
Canada, Kaptolonie, Großbritannien und Irland,
apan, nieberländ. Kolonien in Dftindien, Britifch:
ftindien und Vereinigte Staaten von Amerita,
Auf P. singegabtte Beträge können auf Ber:
langen bes Abfenders auch auf telegraphiſchem
Wege an die Poftanftalt des Beftimmungsortes
(innerhalb des Rei —— und nach der
Schweiz) zur Auszahlung überwiefen werden. Das
für find zu entrichten: die Poſtanweiſungsgebühr,
die Gebühr für das von der Poſtanſtalt auszufer⸗
tigende Telegramm, 25 Pf. Beftellgebühr von der
Poſtanſtalt zum Telegraphenamt, endlich das Eil:
beftellgeld am Beitinnmungzort.
Poitauftrag (frj. ordre de recouvrement)
oder Boftmandat nennt man bie 55
der deutſchen Poſt, Gelder auf Grund von Wech—
ſeln, Rechnungen, Belegen u. |. w. von einer be:
ftimmten Perſon zu Gunften des Abfenbers ein:
iehen und lehzterm dann übermitteln zu laſſen.
er Abfender hat ein Formular unter Angabe fei:
ned Namens und Wohnortes, des einzuziehenden
Geldbetrags, fowie de3 Namens und Wohnortes
de3 Schuldners auszufüllen und der Poft zu über:
geben, Die Abjendung erfolgt unter verichloffenem
mſchlag an die —— des Beſtimmungs⸗
ortes. ae ikteilungen an den Schuldner
dürfen au
dem Formular u. ſ. w. u. enthalten,
dagegen muß lehterm der betreffende Wechſel, die
Rechnung u. ſ. w. beigegeben fein auch lann der
Ball feitätag angegeben werden. Der Meiftbetrag
ür Boftaufträge ift in Deutjchland 600 Mark, die
Gebühr dafür 30 Pf. Für Poſtaufträge, welche
den Büherpoftiendungen beigefügt werben,
find außer dem Drudfahenporto nur 10 Pf. Auf:
tragägebühr zu entridhten. Die =. ge Be:
träge werden dem Abjender abzüg (a er Bolt:
anmweifungsgebühr übermittelt. Wird Zahlung
vom Adreſſaten nicht geleijtet und foll infolge
defjen die Proteftierung eines Wechſels u. f. w. bei
einem Notar u, |. w. erfolgen, jo muß der P. mit
dem deutlihen Vermerk «Sofort zum Proteit»
(fra. prot&t oder A protester) verfehen fein. Solde
Boftaufträge verbleiben 24 Stunden zur Ber:
fügung des davon benachrichtigten Schuldners auf
der Boftanftalt und werden mangeld Zahlung
alsdann zum Proteft gegeben, Pojtaufträge find
zuläiig in Deutſchland, nach Be gien, Frankreich
und Aigerien bis 750 $r3., Helgoland (ohne Bro:
tefterhebung), Luxemburg bis 400 Mark, Nieder:
lande bis 150 Fl., Oſterreich-Ungarn bis 200 Fl.,
Rumänien bis 750 Frs., a bis 750 Fr8.,
Tunis bis 750 Irs. Nach dem Ausland find die
ee ran . Sprade auszuitellen (nad)
umänien in deutfcher), Gebühr nad) den meilten
Ländern: Borto 20 Bf. [Ar je 15 g und 20 Pf. Auf:
tragsgebühr. Für Erfüllung der Weclelredts:
beitimmungen haftet die rg er: nicht.
Außerdem übernimmt die deutfche Reichspoſt
auch —5* zur Einholung von Wechſelaccep⸗
ten im Inland. Dem PB. iſt der Wechſel beizufügen.
Der Auftrag wird auf das dazu beſtimmte For⸗
mular gefchrieben und an diejenige Poftanftalt
Poſtbeamte — Boftgeldfendungen
adreffiert, welche die Borzeigung des Wechſels an den
Bezogenen bewirlen joll. Der angenommene Wed):
fel wird an den Auftraggeber unter Einſchreibung
urüdgejandt. Soll im Falle der Nihtannahme
— erfolgen, fo muß dies auf dem P. ver:
Bo werden. Gebühren: für den Auftragsbrief
Borto für den Einſchreibebrief mit dem acceptierten
Wechſel 30 Pf. Die eritere Gebühr iſt vom Auf:
traggeber vorauszubezahlen; die beiden andern
Gebühren werden ihm angerechnet, fall3 die Nüd:
fendung des Wechſels erfolgt; bei Proteftaufnah:
men bleiben die legtern Gebühren außer Anjap.
oftbeamte. Die Bedieniteten der Poſtver—
mwaltung werben in Beamte und Unterbeamte
unterſchieden. Zu den Beamten gehören: der
Refiortchef (Staatsfelretär), die Direltoren, Räte
und Selretäre der Gentralbehörde, die Beamten
der Dberpoitdireltionen, Oberpoſtlaſſen, Poſt⸗
ämter u. ſ. w. und die Poftagenten; zu den Unter:
beamten: bie Kaſtellane, Kanzleidiener, Kafien:
biener, Bureaubiener, Briefträger, Poſtſchaffner,
Stadtpojtboten, Landbriefträger, Poſthilfsboten,
Voſtfußboten, ſowie die — im Dienſte.
Die Beamten der deutſchen Reichspoſt müſſen dem
Kaiſer den Eid der Treue leiſten; ihre Verhältniſſe
regelt das Reichsbeamtengeſeß vom 31. März
1873. Zu der Beamtenlaufbahn werden Bewerber
entweder als z.. oder als en au:
elafjen. Poiteleven haben das Zeugnis der
eife eines Gymnafiums oder Nealgymnafiums
beizubringen. Kaution 900 Mark, Bedingung:
körperliche Rüjtigleit, namentlich geſunde Seh: und
Gehörwertjeuge Alter 16-25 ahre. Nah Ab:
lauf einer dreijährigen Ausbildungszeit haben Poſt⸗
eleven die Sefretärprüfung abzulegen und werben
dann zu Poſtpraltikanten ernannt, beziehungsmeife
Bern vg — räcegg org munn
etat die erforderlichen Stellen bietet. dach weitern
3—5 Jahren können fie die höhere Verwaltungs:
—— ablegen, deren Beſtehen den Zugang zu
n höbern tellen (Boftinfpeltor, Poſtdireltor,
Boftrat u. f. w.) eröffnet. Neuerdings hat Staats:
jelretär von ———— eine Poſt⸗ und Telegrapben:
Hochſchule in Berlin errichtet, auf welder die Be:
amten für die höhere —— im Rahmen des
Univerſitãtsſtudiums ausgebildet werden. Be:
werber als Poſtgehilfen haben eine Eintrittd:
prüfung im Deutihen, Rechnen und Franzöfiichen
abzulegen. Nach dreijähriger Ausbildung werden
e im Falle des Beſtehens einer weitern technifchen
rüfung zu Poſtaſſiſtenten ernannt und joker
etatsmäßig angeftellt. Die Unterbeamtenlauf:
bahn ift im wejentlihen den Militäranwär:
tern mit dem Eivilanftellungs: und ⸗Verſorgungs⸗
fchein vorbehalten.
ost coenam stabis etc., f. unter Coena.
ampfer, f Dampfihiffabrt.
pP
GR ‚unter Untedatieren.
o
eflaration, ſ. unter Deklaration.
Iber (seh. Postoloprty, lat. Apostolo-
rum porta), Stadt in der Bezirkshauptmannfchaft
Saaz, im norbweitl. Böhmen, Station der Linie
—— der Oſterreichiſchen Staatsbahnen, iſt
ib eines —2——— ar (1880) 3267 meijt
beutjche E. und hat eine gi erfabrif, ein Brauhaus
und in der Nähe Steinfohlengruben. Nach Eos:
mas foll der og Nellan 869 den Ort angelegt
baben . der zuerst den Namen Dragus hatte, jpäter
für die Borgeigung des Wechſels 10 Pi., | dem
213
aber nach dem Benebiltinerflofter Apostolorum
er benannt wurbe, welches bier um 1121 ent:
tand und 1420 durd bie Huffiten zerjtört_ wurde,
Seit 1692 gehört das Schloß und Gut dem Fürjten:
baufe Schwarzenberg. j
Poſten bezeichnet ſowohl den einzelnen Mann,
die Bewachung eines befondern Punktes über:
eben ift, als auch eine zu ſolchem Zwed aufgeitellte
Mannſchaft; ebenjo pe: den Ort ihrer Aufitellung.
Jede Wade 3.8. kann ein PB. genannt werden,
ebenjo wie jede einzelne Schildwache. Der + iſt
unverlehlich. Er hat die Pflicht und das Recht,
Den Unfug, in feiner Nähe zu verbieten und im
eigerungzfall den Schuldigen zu verhaften und
feitzuhalten, bis er von der Wade abgeholt wird.
Ihätliche Widerfegung gegen den PB. wird überall
—* hart beſtraft. Dagegen iſt der auf P. ſtehende
dann auch zu beſonderer Wachſamleit, Nüchtern⸗
eit und Beobachtung der ihm beſonders aufgege—
enen Funktionen verpflichtet. Cr darf ſich von
feinem eigentlihen Standpunlt nur etwa 30 Schritt
entfernen, er darf ihn, ohne abgelöjt zu fein, nie
verlafien, und jede Bernadhläffigung auf dem P.
wird härter als fonft beſtraft. Man ——
Ehren: und Wachpoſten, einfache und Doppelpoſten.
often vor bem Gewehr beibt der bei jeder
ache zu deren unmittelbarer eu aufge:
jtellte P. Im Felde fihern die Vorpoſten ( d.) die
rubenden Truppen; bei ihnen untericheidet man
Schhnarr:, Avertifiements:, detachierte P. Die bier:
bei von der lavallerie gegebenen P. heißen Bedet:
ten (f. d.). Relaispoften werden aus einigen
Neitern gebildet und an Straßenpunften aufgeitellt,
um Depeſchen, Briefe ıc. Schnell weiter zu befördern,
wenn eine telegraphifche Leitung nicht beiteht.
Bean ne, ſ. unter Chaine,
oftenfrieg nennt man die Unternehmungen,
bie im 17. und 18. Jahrh. von den Heeren, die Win:
terquartiere bezogen hatten, gegeneinander unter:
nommen wurden, da fie die Grenzen ber von ihnen
befegten Gebiete durch Aufitellung Heinerer Trup:
penabteilungen, fog. Poſten, zu fhüsen fuchten und
diefe Poſten dann während de3 Winters mehrfach
Heinere Scharmüsel gegeneinander bejtanden,
Pöſteny, i. Pöſtyen.
Poste restante, ſ. Poſtlagernd.
Postöri (lat.), Nadhlommen; Poſterität,
Nachkommenſchaft, Nachwelt; Posteriora, nad:
folgende Dinge, ſpätere nun: auch ber
Hintere; Pojteriorität, dad Späterjein, das
Nachitehen im Rang (Gegenfak von Priorität);
a posteriori, im p ilofoph. Einne, f. unter
Apriori. u |pät.
Post festum (lat.), eu dem Een .b.
oftgeheimnis, f. unter Briefgebeimnis.
oftgeldfendungen. Wenn jemand eine Geld:
fendung mittels der Poſt zu Händen des Adreſſaten
elangen laffen will, fo fteben ihm dafür im deut:
hen ojtgebiet mehrere Arten der Übermittelung
u Gebote; er Tann Papiergeld in einen Ein:
hreibbrief (f. d.) legen, wobei natürlih von
einer Wertangabe —— abgeſehen werden
muß; oder er wählt die Abſendung mittels Poſt—
anweifung (f. d.), oder endlich er entſchließt ſich,
Geld in die Boftfendung ach einzupaden, Was
zuerft die Form der Abjendung mittel3 Poſtan—
weiſung betrifft, fo ift fie die einfachfte und zugleich
ſicherſte, da alle Schwierigteiten betreff3 der Be:
ihaffung der Geldjorten (Gold, Papier, Courant)
214
vermieden werben, eine Deraubung oder Spoliie⸗
rung ausgeſchloſſen ift und bei dem etwaigen Ber:
[uft des Formulars zur Anmweifung ein Erſaß
durd eine Doppelpoftanweifung bei der Poſtan—
ftalt de3 Aufgabeortes fich Leicht befhaffen läßt.
Für Meinere Summen ift diefe Berfendungsart zu:
gleich die billigfte, indem ein Brief mit angegebe:
nem Werte minbeftens 20 Pf. Porto und 10 Bf.
Derfiherungsgebühr koſtet, während für Poftan:
weifungsbeträge bis 100 Mark nur 20 Pf. im gan:
zen zu entrichten find. Man fende daher Kleine
Geldbeträge bis zu 100 Mark ftetS mittels Poft:
anweiſung ab, Es tft durchaus zu warnen vor
der Cinlegung von Papiergeld in Einfchreibbriefe.
Denn im Falle de3 Verluſtes einer Einſchreibſen⸗
dung wird nur ein Erfaß von 42 Mark, für beſchä—
digte oder jpolüierte derartige Sendungen aber kein
Griaß geleitet. Das Gleiche ijt der Fall bei Ber:
fendung von Geld in gewöhnlichen, d. b. nichteinge:
jhriebenen Briefen. Man beobachte vielmehr ftet3
den Grundſatz: der Wert einer jeden Sendung in
barem Gelde muß deklariert, d. h. auf der Adreſſe
angegeben werden. Daburd wird man ſich vor
empfindlichen Verluſten bewahren und auch jene
vielfahen Weiterungen erfparen, welde mit Er:
jabforderungen an den Fiskus verbunden zu fein
pflegen. überdies follte man auch davon abjehen,
nur einen Teil des Werts auf der Adrefie anzus
geben, den andern aber bei einer Transportver:
iherungsgefellichaft gegen "Prämienzahlung zu
verfihern; denn derjenige Betrag an poftalischer
Aſſeluranzgebühr, welchen man bei geringerer
Wertangabe weniger an die Poſt zahlt, wird reich:
lid) aufgewogen durch den Zinsverluſt, welchen
man jelbjt bei Erlangung bes Zuſatzbetrags von
ber verlihernden Transportgefellihaft durch den
Verluft an Zeit oder fonftige Weiterungen zu tragen
hat, Außerdem ift da3 Geldporto der deutſchen
Reichspoſt leineswegs übermäßig hoch. (S. darüber
Bojtporto.) BeiBerjendungen von kurshabenden
Vapieren ift der zeitige Kurswert, bei Hypothefen:
initrumenten, Wechſeln u, j. w. ift der Amortifa:
tiongwert oder Neubeichaffungswert für den Ber:
luſtfall, im übrigen ſtets der gemeine, d. h. wirt:
lie Wert der Sendung auf ber Adrefie, und
nötigenfalls auch auf dem Paket, Geldbeutel oder
Faß zu dellarieren.
Geldbriefe müſſen mit einem genügend ftar:
fen Papier: oder Leinwandumſchlag (ſog. Geld:
couvert) verfehen und mit mehrern, durch dasſelbe
Petſchaft mit gutem Siegellad hergeftellten Siegel;
abdrüden jo verichloften fein, daß eine Berlegung
des Inhalts ohne Auferlih mwahrnehmbare Be:
ſchädigung des Umſchlags oder der Siegel nicht
möglid) it. Am beften find die, wie nachſtehend an:
gegeben, verichlofienen Leinwandumſchläge:
><
® = Fetihaftabdrud.
Dabei wirb empfohlen, das Siegellad auch unter
den Petſchaftabdruck auf die innere Seite ber Klap⸗
pen zu träufeln und die Giegelabbrüde nicht aus
einer jebr diden Schicht Lads, fondern aus einer
möglichft geringen Menge diejes Materials herzu:
jtellen, dabei aber die Aborüde ri auszjuprägen,
Schwere Geldiendungen find in feite Kiſten, ftarte
Poſtgeſetz
Leinwandbeutel von mehrfachen Hüllen ober in
ftarle Fäſſer von Holz zu verpaden; wertuolle
Bapiergeldfendungen padt man am beften in mehr:
Id um ben Inhalt gewidelte Wachsleinwand.
ei Aufgabe von Geldjendungen vergleiche man
die Angaben in dem von dem Boftbeamten erteil:
— — AR mi bu on
ung fe ediglich dieſer Schein bie re e
AS
waltung bildet. Derartige :
ſtens jeh3 Monate nady Einlieferung des Gegen:
ftandes an bie Dberpoftdireltion bes betreffenden
„Bon zu —— iq EI
oftgefeß, die Bezeihnung für diejenigen ge⸗
ſeß — — welche Rechtsverhãlt⸗
niſſe der Poſtverwaltung zum Publikum feſt—
ſtellen. Für das deutſche Reichspoſtgebiet gilt das
Geſeß über das Poſtweſen des Deutſchen Reichs
vom 28. Dit. 1871. Roch 1866—67, bei Gründung
de3 Norbdeutichen Bundes, beftanden in Deutſch⸗
land 10 felbftändige Poftverwaltungen, von denen
teil3 Spezialpoftgeiege, teils Verordnungen über
poftrechtliche Verhältniſſe erlafien waren. Diejer
une lihe, für das Bublifum fehr ungünftige
Zuſtand der hin Far wurde durch das
Norddeutſche Bundespoſtgeſeß vom 2, Rov. 1867
befeitigt, weldes am 1. Jan. 1868 in Kraft trat.
Aus diefem Gejeß entitand das einheitliche Reichs:
polt e is vom 28. Dft. 1871, weldes namentlich
3 3 regal in Betreff des Perfonenverlehrs gänz:
lich bejeitigte und die Strafen wegen unregelmähig
beichaffener Kreuzbandſendungen aufhob; dasſelbe
bat aud für Bayern und Württemberg, beren
Territorialpoitverwaltungen durch bie tiche
—— er; eiftet find, volle Gültig:
feit. Abfchnitt I dieſes Gefehes enthält die Vor:
ſchriften über die Rechte und Pflichten der Poſt,
—— über den Poſtzwang (j. d.); $. 5 garan⸗
tiert die hrung des Briefgeheinmifles. Ab:
ſchnitt II regelt die Haftpflicht der Poſt. Danach
wird dem Abfender im alle reglementämäßiger
Ginlieferung Erſatz geleiftet ($. 6): 1) für den Ber:
luft und die Beſchädigung der Briefe mit Wertan:
gabe, jowie ber Bafete mit und ohne Wertangabe,
2) für den Berluft ber refommanbierten (Gin:
ſchreib⸗) Sendungen (nicht für beren —22*
ür einen durch —— Beförderung oder Be⸗
tellung entftandenen Schaden leiſtet die Poſtver⸗
waltung nur dann Erſatz, wenn bie Sache durch
verzögerte Beförderung oder Bejtellung verborben
ift, oder ihren Wert bleibend ganz ober teilweije
verloren hat. Auf eine Beränderung des Kurſes
oder marktgängigen Preiſes wird jedod keine Rüd:
fiht genommen, , Die Erjabpflicht der Poſt it aus:
geichlofien, wenn der Berluft, die Beihädigung
oder die Verzögerung durch die eigene Fahrläffig:
feit des Abſenders (3. B. fchlechte Verp ‚uns
genügende Abrefie), oder durch die unabwendbareii”
Folgen eine Naturereignifies (vis major, z. B.
Erdbeben, liͤberſchwemmungen u. f. w.) oder durch
die natürlihe Beichafjenheit des Gutes (4.3. Leicht
verderblicher Inhalt an gan. Auftern u. ſ. w.)
herbeigeführt worden it, oder endlih fih auf
einem auswärtigen Gebiete ereignet hat wel:
ches bie Poſt die Erfasleiftung nicht durch ertrag
übernommen hat. Bei gewöhnlichen (nicht einge:
ſchriebenen) Briefen wird kein Grjaß geleijtet. So—
Bu bei Baleten die Angabe des Werts nicht er:
olat iit, wird im Falle eines Verluftes oder einer
Poſtgloſſatoren
Schaden, niemals aber
jedes Pfund der ganzen
Senbung vergütet ($.9. Bei Beihäbigungen von
enden die —— Kur: und
zungskoſten erjtattet, fofern nicht etwa
Fahrlẽ it des Reiſenden oder höhere
Beibädigumg herbeigeführt hat. Der
muß in allen Fällen
reiie belegen ift. Diejer
Anſpruch erliſcht mit d
Ablauf von ſechs Fr tggpunn = in
oder vom Tage ber Be:
ichädigung des Reifenden angerechnet. Aofepmittiit
des u De we ————
i n
—— Abſchnitt IV enthält trafbeftine,
bei Bolt: und Bortoübertvetungen (f. d.).
V regelt das Ber in Sontenoen-
chnitt 2 — 60 at die
ei
— — ner Poſtordnung,
ꝛc.
“=
riften über die Einlieferung
endungen enthält.
— * „J. unter G off * —
ergo at., en
diefem, daher el vr —* Bezeichnung für einen
r ‚ wenn man aus der bloßen
zweier Erfcheinungen einen ur:
Zufammenbang zwiichen beiden folgert.
„1. Nahgeboren.
(lat.), die hintere Säulenhalle eines
(lat.) nannte man ſonſt Auslegungen
j über die u und ol:
fchen Perilopen (.d.), welche uriprünglic) dazu be—
ftimmt waren, biejen (post ila) verlejen zu
werben, daber der Name. Eine ſolche trug bereits
Paulus Diafonus auf Befehl Karls d. G
dem Titel «Homiliarum» aus den Kirchenvätern
Die größte Verbreitung erwarben ji)
im 14. Jabrh. die «Postillae perpetuae in Biblia»
(5 Bde., Rom 1471) des Nitolaus von Lyra (geit.
1340), der vorzugsweife der Poſtillator hieß. del
verbreitet im —— Mittelalter war auch die
«Roftill» Joh. v3 von Kaijersberg. Am be:
aber ift die «Kirchen⸗ und Hauspoftille»
rden.
Sorten . postillon), .
tnedht oder — ————— aber —*
oder mieiſt vom Poſtfuhrunterneh⸗
d
if
al3 Beamter re und trägt Uni:
u.a.) gefeiert; von ſei⸗
«Schwager» ijt eine Berftümmelung
(frz. carte-co dance, engl. post
postali
rwerfs. In
alters, wird er doch
- Sein i ’ das ’ i d [:
en Se as Alan rk Sa
ner als Botfcaftsüberbringer i \
— — ——7
chevalier (S er L
— —— Kat das Bon
erlangt.
rrespon
card, . brief-kaart, ſchwed. brefkort, dãn.
bref kort, rufj. otkrytoe en ital, ihn
jpan. — 5— —* van —
ungar. ferelezösilap orrejpondenztarte,
zur Erleichterung brieflichen Mt
— Poſtkongreß 216
Poſtverwaltung 53* offene Karte (etwa 6cm
breitund3,s cm hoch), welche auf der Borderfeitemit
einem Poltwertzeichen in der Höhe des tarifmäßigen
Portos, jowie mit einem VBordrud für die Adrefle
verjeben ift, auf der Rüdjeite aber den Raum
chriftliche Mitteilungen a Die P. wird der
oft ohne Umſchlag (Eouvert) übergeben und zu er:
mäfigten Portoſahen befördert, welde innerhalb
des Deutichen Reichs neb erreid: Ungarn 5 h
mit Antwortformular 10 Pf., innerhalb bes We
oftvereins aber 10 Gentimes betragen. In dem
* it ber Preis für Herſtellung der Karte ent:
alten. Die P. kann als eine neue, auf dem Prin:
Er der —— beruhende Briefform ange⸗
ehen werben. Die P. wurden vom eralpoſt⸗
meiſter des Deutſchen Reichs, Stephan, erfunden,
welcher ihre Einführung 1865 auf der fünften deut⸗
jo Pofttonferenz in Karlerube empfahl; die Idee
rang jedoch damals nicht durch. Sodann regte
1869 Emanuel Herrmann, Profeſſor an der Mili-
täralademie zu Wien:Reuftadt, den Gedanlen noch
einmal mit mehr — an; ſchon vom 1. Olt.
1869 ab wurden innerhalb ber Oſterreichiſch. Unga⸗
riſchen Monardie P. gegen ein Porto von 2 Freu:
zer öftere. Währung befördert. Gleich in ben drei
erften Monaten jtieg ihre Zap auf mehr ala 2Mill.
Dem Beifpiel Öfterreichs folgten die übrigen P
verwaltungen, zuerft 1. Mai 1870 bie deutſche
Reichspoſt. Ein bleibendes Andenken habendie
poſtlorreſpondenzlarten im Deutjch : Franzöftichen
Kriege von 1870 bis 1871 ſich erworben. Seitdem
baben die P. ſich zum von allen Kulturvöltern
angenommenen Univerfaltorrefponbenzmittel ber:
ausgebildet. Die Anzahl der (1884) in Europa be:
förderten P. beläuft ſich auf gegen 600 Mill. (dar:
unter Deutichland mit 212, England 160, Bjter:
reich «Ungarn 60, Frankreich 34 Mill). In ber
nordamerif, Union wurden im J. 1882/83 über
370 Mill. P. verlauft. Im Weltpoftverein lurſieren
alljährlich insgeſamt (1884) etwa 1000 Mill, P.
Bofttongeeh (Snternationaler) wird bie
Bereinigung von Vertretern der Poftverwaltungen,
insbefondere der dem Weltpoftverein angehörigen
Länder, genannt, welche in bejtinnmten Zeiträumen
(von fünf zu fünf Jahren) zufammentritt, um über
die tentwidelung der Weltpofteinrihtungen
und über die Annahme neuer Grundfähe für den
Weltpoftverlehr zu beraten. Die Vereinbarungen
unterliegen der Santtion der betreffenden —*
rungen, welche einen völferrechtlichen Alt über die
Beichlüffe ratifizieren und auf diplomatischen Wege
der | außtaujchen lafien. Der erite Verſuch, gemeinfante
Rofteinrichtungen für mehrere Weltteile anzubab:
nen, wurde auf der von ber nordamerif, Union
angeregten — — tlonferenz von 1863
in Warıs gemadyt. Doc) blieb er ohne prattiſches
Ergebnis. Beſſern Erfolg erzielte der_auf Hein:
rich von Stephans Antrieb am 15. Sept. 1874
in Bern zufammengetretene P. 22 Staaten _be:
des | gründeten durch den Berner En vom 9. Dit.
1874 den Allgemeinen Boftverein, und damit war
die Grundlage für gemeinjame Regelung des Welt:
—— geſchaffen. Die zweite pariſer oſt⸗
onferenz erweiterte das in Bern begonnene Wert
und begründete mit der Annahme des einheitlichen
MWeltportos von 25 Gentimes = 20 Pf. für den
einfachen Brief den Weltpoftverein (Bertrag
vom 1. Juni 1878). Der dritte Weltpojtlongreß trat
erfehrs von der | am 4. Febr. 1885 in Lilfabon zufammen, gebilde
216
aus Vertretern von 48 Poftverwaltungen. Der:
felbe auf namentlich weſentliche Erleichterungen
für den Austauſch der Briefe mit angegeben m
Werte, für die internationale Paletpoit (5,Rilo:
Badete) und für den internationalen Poſtauftrags⸗
bienft. Die betreffenden Beſchlüſſe treten am
1, April 1886 in Kraft (1. Poſtweſen).
Sol (Karl), ſ. Sealsfield (Charles).
o — (früher posterestante, frj. bureau
restant, ital, ferma in posta, engl. to be called
for at Post Office) ijt die Vezeihnung für folche
Poſtſendungen, welche am Beitimmungsort nicht
durch bie — 55 — an den Adreſſaten beſtellt,
ſondern im Poſtamt bis zur Abholung ſeitens des
berechtigten Empfängers aufbewahrt werben ſollen.
Statt de3 Namens des Adreflaten fann, nadı der
deutichen Poſtordnung, eine Angabe der Adreſſe in
Buchſtaben oder Ziffern angewendet fein; nicht zus
Läffig ift die bei Sendungen, für welche die Poſt ge:
ferlih Gewähr j leiften hat. Die Aushändigung
poftlagernder Briefe erfolgt an diejenige —*
welche ſich zur Abholung meldet und bei Sendungen
gegen Poſiſchein u. ſ. w. durch einen Paß, Legiti:
mationsſchein u. ſ. w. ihre Berechtigung zum Gm:
pfang nachweiſt. Die Abholungsfriſt beträgt einen
Monat für Sendungen im Inlande, zwei Monate
bei Sendungen vom Auslande.
Po um (lat.), die Rüdlehr (inter die
Zbürihwelle, d. i. nad Haufe), ſ. Jus postli-
minii; auch bie MWiederheritellung ber frühern
Rechtsverhaltniſſe in einem Lande nach deſſen Be:
freiung von feindlicher Gewalt.
oftmandat, |. Boftauftrag.
e, |. Sreimarte.
oftmeile, ſ. unter Meile,
oftnachnahmen graben VBoftvorfhäffe)
können bis zu 150 Mark auf Briefiendungen und
Palete mitteld der Poſt als Erftattung von Spe:
fen, Auslagen u. f. w. entnommen werden. In
der Aufichrift (ſowohl auf den Briefen, als =
auf ben Baleten und auf den Begleitadrefien) mu
ber Nachnahmevermerk lauten: Nachnahme von
.... Mark .... Pf., auch bat der Nbiender Na:
men und ——— zu bezeichnen. Die Auszahlung
des Betrags erfolgt erſt, nachdem die Poſt ihn
vom Adreſſaten erhalten hat, und zwar empfängt
ihn der Abſender mittels —————— ohne Ab⸗
ng. Uneingelöjte Sendungen müſſen fpätejtens
ieben Tage nach dem Cingange an den
fender
urüdgefhidt werden, Wünfcht der Abfender eine
———— Abwidelung, fo hat er die Sendung
mit dem Vermerk « Sogleich zurüd» zu verſehen.
Wegen der Gebühren ſ. Boftporto.
Post nubila Phoebus, neulat. Gprid:
wort: «Nach Molten die Sonne», unjer: auf Regen
Top Sonnenfdein. ’
oftnumerando (lat.), nachzahlend, im Gegen:
faß zu Pränumerando (f. d.).
Hor-Offie-day, f. u. Galapagoßinfeln.
oftorduung, vom 8. März 1879, iſt eine auf
Grund des Reichspoſtgeſehes vom Neichätanzler
erlafiene — welche die Vorſchriften über
die Deichaffenheit, Verpadung und Adreſſierung
ber der Poſt zu übergebenden Sendungen jeder Art
(Abſchnitt I), ferner die Bedingungen für Eſta—
fettenfendungen (Abfchnitt Il), für ferfonenbeför:
derung mittel3 der Poſten (Abſchnitt III), endlich
für Ertrapoft: und Kurierbeförderung (Abſchnitt IV)
enthält. Mer Sendungen mit der Poſt befördern
ſeheslraft
Poſtl — Poſtporto
laſſen will, muß ben It ber P., welche Ge:
bat, genau achten, um fi vor Ver:
luften zu bewahren und eine gefiherte Boftbeförde:
rung für die eingelieferten Sendungen zu erreichen.
fipatetfendungen. Obwohl Bädereien im
Deutihen Reiche er mehr dem yolgmange f.b.)
unterliegen, aljo aud auf andern Wegen abgejandt
werden können, bat doch die Poftverwaltung ver:
möge ihres vortrefflih eingerichteten, fchneller
als die Eifenbahnen und andere Transportanital:
ten funktionierenden Poftpädereibetriebes alle Hei:
nern Pakete an fi geogen. fiberdies ift die
Baletbeförderung mitteld der Poft vom Stand:
—— ber Landeskultur geradezu unentbehrlich;
nn ohne den Bädereidienit der Bft würben viele
Gegenden, welde von Eifenbabnen noch nicht be:
rührt werden, binfichtlich des Güteraustaufdhes und
Warenbezugd in hohem Maße benachteiligt fein.
Deshalb ift es zwar nicht unbedingt notwendig,
aber doch vom Standpunkte der Berüdfihtigung
verlehrsarmer Gegenden wunſchenswert und jeden:
fen wirlſamer, wenn die Staatspoft ben Rädercı:
ienft in eigene Verwaltung nimmt und bie Tarife
o feitftellt, daß fie, ohne jedoch Staatszuſchüſſe in
nſpruch zu nehmen, burd) ihre Billigleit den Aus:
taufch von Waren und Gütern fördern. Die beut:
ſchen Staaten haben diefen Grundfaß von alters
er beobadhtet und ben Pädereibetrieb durch bie
taat3poft beforgen lafien, ebenjo Dänemarf,
Schweden, Norwegen und Rußland. In Frankreich
beitanden bisher nur PBrivatpafetgejellichaften
(Messageries), ebenfo in England (Agence conti-
nentale etanglaise), in den Niederlanden van Gend
et Loos u. a. m. Die Begründung des Weltpoftver:
eins hat aber zur Folge gehabt, daß die fremden
Staaten, nach dem erfolgreichen Vorgange Deutſch⸗
lands, ebenfalls Staatspaletpoſten einrichteten,
fo neuerdings namentlich England, bie Nieder:
lanbe, Belgien, Stalien.
Bis zum J. 1873 waren aud bie deutſchen
PBaletportofäge der Reichspoſt ———
durch ihre ielftufigleit Schwer anwendbar. Durch
das auf Stephans Initialive erlafiene Geſeß über
das Polttarweien vom 17. Mai 1873 wurde eine
durchgreifende Tarifreformeingeführtunddas Porto
für Palete bis 5 kg auf den Einheitsſaß von 50 Pf.
i8 10 Meilen 25 Bf.) feſtgeſeht (f.u. Poltporto).
iefer Einheitstarif hat die Verſendung von Waren
und andern Gegenftänden bis zum Gewidt von
5 kg in hohem Maße erleichtert und erweitert.
Namentlich find durch da billige einheitliche Porto
blreihe Handelaverbindungen und Berjendungs:
eziehungen ermöglicht, fo 3. B. Verſendung von
Kafiee, The, Tabak in Heinen Pateten bis 10 Pid.,
von Be Butter und andern Nabhrungdmitteln,
ebenfo von — Konfeltionsſachen, ſelbſt
von lebenden Tieren (harzer Ganarienvögeln); es
baben ſich dadurch birelte Beziehungen zwiichen
den Produzenten und Konfumenten gebildet, welche
früher des hohen Portos wegen nicht möglich
waren, vom Standpuntte ber Landeskultur aber
höchſt bedeutiam find. Innerhalb Deutſchlands be:
—* ſich alljährlich 50-60 Mill. Zehnpfund:
palete, Die Verfendungs: und Berpadungeverdin:
gungen enthält die Poſtordnung von 8. März 1879.
Poftporto, ——— beſtand das
Porto, d. h. die für Beförderung von Poſtſen—
dungen mittels der of u entrichtende Gebühr,
aus unverhältnismäßig hoben und meift ganz
PVoftprädilamente — Postscriptum
willtürlich f Beträ der felbftänbi
Eioat Hate Tee eigenen Doriefähe, melde I
- a anopeit ſchwer verftänt waren, in | 20
vorm gg ifiermaßen eine Steuer "auf
bie N da ie und den Gedanfenaustaufd dar:
Sn England wurde vor 1840 jedes ein:
—* — eines Briefs taxiert, woraus
ein förmliches Spionierſyſtem ſich erga ab, um bei
IK werern Briefen durch allerlei fün tliche ae
ie Zahl der Briefbogen und demgemäß bie Zahl
der anzumendenden Bortofähe zuerforichen. Deutich:
lan halt in jedem ber Bundesgebiete eine Tertis
to oft, nur in Süd: und Mitteldeutfchland
waren verſchiedene —— als Dan
— den Fürjten von Thurn und Taris (f. d.) ver:
odaß noch vor — —— 17
io —— in Deutſch Gehan en, von
den jede innerhalb ihres be dad Worto
felbftändig feititellte. Nimmt man die Auslands:
pe ofäse hinzu, jo erijtierten 1500—2000 verjchie:
ne Bortofähe, deren Anwendung u wie:
ee im efolge hatte. In England regte fi
der Kampf dagegen. Am 10. Jan
— ills (j. d.) Pennyporto, alfo ber
murhe Ai Portojap von 1 Penny a den ein:
Ban Brief, An feftgeftellt. Dieſem Vorgang
— ch und nad) die übrigen Poſtverwaltungen;
löglihe Ausfall in den Poſteinnahmen uns
nicht ohne weiteres ertragen werden, 3
nn Briefvertehr, ohwoßl er fich tr *
nah, "Ben doch nicht ſogleich den erhofften Umfang ans
Deutichla erhielt den Ginheitsja yon
Pf. für den info —* —— erſt 1868, na
En der Nordde und: despoft.
Die neuern Porto: * mens ber Deut:
— ko aıfbs Saar i
vom 28. Dit. 1871 nebft ujabgeieb ſehen vom 17
1874. beträgt das
1873 und 3, Nov
Briefporto imerSalß pe Ian 3 für den ge
wöhnli ierten Brief auf alle —— —
bis au Ben einf ww. 10 Pf., bei aröherm
zum dlag vo Oi unfrantierte Briefe
2 in erhoben, weil die
ni
größere Dahvaltung und Kontrolle erfordert
—— —5* wird, neben —
10 — —— rag be für Boftlarten
(f. d.) Pf. ohne Unlerſchied der Entfer:
—X P er als Drudſachen hergeitellt,
Unzureichen —— ue oder —8
achen iſt zu —— - —— ar rei id
über 50—250 g
über IL, big ke Snfatchu 0 30 Bf.: € Be
* Papyrographs, — *
Srudia — — ie
Büder:
— Sendungen mit Büchern,
farten, Beitfeprften, Bildern ıc.,
3
rudjadhenporto eine
—— 10 it au oben. ns ben
„wenn fie frankiert find, 10 Pf.; bei un:
be anlierung wird der rt Betrag
an on endungen
Bufclag von
rten mit Antwortöformular 10
Fi,
dert. rt Dru
—*
Vorio ift für die mittels
20 tie einge — werden.
— des Preiſes bei
fen, ohne Unterjchied des Gewichts und der Ent:
fenden Bortoteildvom Empfänger eingejonen
217
Für tried ber Onir beträgt die Gebühr,
ohne Unter —— der —— * 100 Marl
100 Want 40 31 Woaufträne Tnb mit 30 Bf.
tar oftaufträge find mi
zu franfieren. Das Huf für Balete beträgt:
1) bi85 kg au an bis 10 geogr. Mei:
I si li ‘f., auf weitere Entfernungen
eim Gewicht über 5 kg: für die eriten
5 ie Ne —* unter 1, für jedes weitere Kilo—
ka bis 10 Meilen (Zone 1) 5 Pf. bis 20 Mei:
en (Zone 2) 10 Pf., bis 50 Meilen (Bone 3)
bis 100 Meilen (Zone 4) 30 Bf., bis 150
Bellen en 5) 40 Pf. über 150 Meilen (Bone 6)
She ür Sperrgut wird dieſes Porto um die
gr te erhöht. Bei unfranlierten — bis
einſchließlich iſt ein Suichlan von 10 Pf. zu
blen. Wertjendungen unterliegen außer den
SBorto einer Berficherungsgebühr. Es ift zu zahlen:
für — mit Wertangabe ohne Rüdjiht auf das
Gewicht bei Entfernungen bis 10 geogr. Meilen
—— 20 Bf., auf alle weitern Entfernungen
40 Bf. (un anfierte 1U Pf. Zufchlag); für Palete
0 | das gewöhnliche Paletporto; außerdem an Ver:
fiherungsgebühr 5 Pf. für je 300 Mark oder einen
Teil von 300 Mark, mindeitens aber 10 Bf. Für
Ginf&hreibfendungen wird, außer dem Porto,
Em Ginihreibgebühr von 20 Br. erhoben. Für
— Bee ae re beträgt das Porto wie
vor bei Wertiendungen, doch find ftatt der Ver:
fi ——— an Rachnahme ebühr zu —
2Pf. für jede Mark oder einen Zeil von 1Mark,
mindeltens aber 10 Pf. Die Zeitungsgebühr
beträgt 25 Proz. des Einfaufspreifes der betreffen:
den Zeitung, «gi find bei Zeitungen, welche felte:
ner als viermal im Monat ——— nur 12%,
—— zu erheben, mindeſtens aber 40 Pf. jährlich.
ie Bortofreiheiten find gefeplich aufgehoben
und beitehen im weſentlichen nur noch für hilitäre
a und Neichsdienitiendungen, fowie für bie
Sendungen von den Fürften des Deuticen Reichs
und deren Gemahlinnen und Witwen.
Poitprädifamente, in ber alten Logik die von
—— es nach den zehn Kategorien behandelten
gemeinen Begriffe des Gegenſahes, der Zeitfolge
en der Gleichzeitigleit, der Veränderung und des
Buftandes (oppositum, contrarium, prius, poste-
rius, simul, motus, modus habendi).
Poftreg jäl ift das aus den Hoheitsrechten (jura
* * Staats ſich ergebende, den Gewerbe:
betrieb von Brivatperjonen ausfhliefende Recht —
Staats, Bolten, d. h. Transportanſtalten mit re ——
mäßiger Abgang3: und Antunftszeit, ſowie nad)
ftänden mit unterwegs gewechſelten Teansportmits
teln einzurichten und zu — —2* Recht
des Staats iſt ein unveräußerliches, auf Erzielun
der Vollswohlfahrt — es verbleibt ihm au
dann, wenn, wie die Seihicht e es lehrt, die Aus⸗
—8 des Regala als Lehen an Private verliehen
burn und Taris, f. d.) oder gegen Zahlung
Mae — — verpachtet De eneralpächter
in — Der Poſtzwang (ſ. d.) bezieht ſich auf
Fe 5 Fi Kos Sendungen, welche
ausjchliehlich mit den vermöge des Negals begrüns
deten Bolten befördert werden dürfen.
en (lat.), der Raum hinter der Bühne,
chiff, foviel wie Paletboot.
Postscriptum (lat., abgekürzt P. S.), Nach⸗
—— zu einem Schreiben; von tribieren, eine
achſchrift beifügen,
218
mwaltungen — Deutſchlands getroffenen Ein⸗
richtungen, welche unter Mitwirkung ber Boftan-
ſtalten als Sparannahmeſtellen dem Publikum die
verzinsliche Anlegung kleinerer Erſparnisbeträge
unter Garantie des Staats für deren prompte Ju:
rüdzahlung ermöglichen. Großbritannien war das
erite Land, welches, genötigt durch fchreiende Mip-
ftänbe und große Unterſchleife bei den jelbitändigen,
feit 1817 beitehbenden Brivatiparlafien (savings
banks), auf Vorſchlag von Mr. Syles in Hudders⸗
field, zur geiehfihen Einführung von Staatöipar:
laſſen (Post ofüce savings banks) ſchritt. Die be:
treffende Bill (Act to grant additional facilities
for depositing small savings at interest, with
the security of Government) wurde unter be&
Schatzlanzlers Gladftone Mitwirkung am 17. Mai
1861 in Kraft geieht und ber Poitiparbetrieb zu:
nächſt mit 300 Poftämtern eröfinet. Die Em:
lagen beginnen von 1 ©h. und —* bis 30 Sh.
in einem Jahre ſich ſteigern, der Meiſtbetrag mit
Zinſen beträgt 200 Pfd. St.; der Zins iſt 2 Rd.
Et. 10 Eh. von 100 Pfd. St. Die Einheitlichkeit
des Poſtinſtituts, defien Verzweigung durch alle
Teile des Yandes, große Grleichterungen bei der
Zurüdzahlung und die unbebingte Garantie des
Staats waren Faktoren, welche die jtetige Vermeh—
rung der Poitiparlafjeneinlagen in hohem Maße
begänftigten, obwohl daneben die Brivatiparfaiien,
und zwar unter befjerer Kontrolle de3 Staats fort:
been blieben und zum Teil höhere Zinfen ala
die P. gewährten. Im %. 1860 waren 638 ber:
artige Brivatiparfafien mit Gefamteinlagen von
412359145 Bid. St. in Großbritannien vorhanden.
Bis zum 31. Dez. 1869 war die Zahl der
Ginlagen beliefen ſich insgeſamt auf 51078765
fd. St. (37554556 Pd, St. bei den Privatipar:
laſſen, 13524209 Pfd. St. bei den P.). Im J.
1880 waren 6302 P. mit 2185 Sparfaffenbüdern
und 33745000 Pfd. St. Einlagen einſchließlich Zin-
jen vorhanden. Bon den alten Privatiparlafien
waren bis 1870 154 eingegangen, neue aber find
nicht mehr gegründet worden,
Die tontinentalen Länder Europas verbielten
ſich dieſen brit. Einrichtungen gegenüber abwar:
tend; namentlich hatte Deutichland vorerjt Leinen
unmittelbaren Anlaß, die vorhandenen Kommunal:
—— welche muſterhaft eingerichtet ſind und
durch nlegung der Spargelder für provinzielle
oder kommunale Zwede wirtichaftlih überaus
woblthätig wirkten, durch Eintritt der Konkurrenz
von P. zu beeinträchtigen. Auf dem europ. Kon:
tinent war e3 zuerjt Belgien, welches die britijchen
P. nahahmte, indem 1865 mit der Delgiihen Bant
ein Ablommen wegen ——— einer ſtaatlich ga⸗
rantierten Caisse genérale d'épargne et de retraite
getroffen, 1870 aber bie Nitwirtung der Poſt⸗
anftalten als Filialen diefer Staatsiparlafie ins
Werk gefeht wurde. Die Zabl der Annabmeftellen
wuchs von 57 (1868) auf 554 (1880). Die Ein:
lagen betragen etwa 11 Mill. Frs. Um die An:
janımlung Heinfter Sparbeträge zu erleichtern, hat
man in Belgien Sparmarfen von 5 Gent. an ein:
geführt. In den Schulen find fogar Marten zu
2 Gent. zugelafjen. Die belg. Sparlafje legt die
Ginlagen teil3 proviforiih in guten Wechſeln,
Warrants, GStaatöpapieren, Kommunalaltien,
teils definitiv in Hypothelen, Staats: und Kom:
) war [der Syar⸗
taflen (Private und Bolt) auf 4554 geitiegen. Die |
Poſtſparkaſſen
Poſtſparkaſſen find die von einzelnen Poſtver⸗munalobligatio
ionen an, woburd in großen Krifen
die Zurü erleichtert wird. Am 1. Jan.
1876 — ien mit der Einführung von P.
dem Beitpiel Englands und machte ſehr günſtige
Erfahrungen damit; benn ſchon Ende 1876 beitau:
den 1989 P. mit 2443000 Fr3. Einlagen; 1880
belief deren Zahl fich auf 3313 mit 46253 000 Frs.
Einlagen. Es werben ben italieniihen P. meijt
nur Meine Erſparniſſe zugeführt; der Dur itts⸗
betrag eines jeden Buchs nee (1880),
bei den daneben beitehenden en dagegen
710 Frs., bei den Vollsbanken und Krebitinftituten
ogar 1000 Irs. Die ältern Spartaffen haben ſich
in Italien ebenfalls fräftig entwidelt, fie hatten
Ende 1879 mehr al3 1 Mill. Spartafjenbücher mit
814 Mill. Frs. Guthaben im Umlauf. s
Frankreich führte durch das Gefch vom 9. April
1881 ebenfalls Spartaflen unter Benugung der
Boitanftalten ein, wobei die Einlagen unter Garan⸗
tie bes —— * Caisse des depöts — con-
signations in franz. Staatöpapieren angelegt wer:
den. Die Einlagen —* 2000 Frs. über:
fteigen, der Zinsfuß beträgt 3 vom Hundert.
Arbeiterforporationen, Wobltbätigkeitstnjtitute,
Vormünder u. f. w. lonnen bis 8000 Frs. eimab-
len. Auch in Frankreich zeigt das Boltiparlaflen:
tapital eine fortwährend a Im
J. 1882 betrug das Sparautbaben 47599891 Fr3.,
| Ende 1883 77444134 Fra, auf 375888
\ tafienbücber.
Spar:
Auf 1000 E. fommen (1883) 9,1
Bücher. Franfreih und Belgien haben unterm
31. Mai 1882 eine internationale Übereintumft
wegen libertragung der Sparguthaben von den P.
de3 einen Pandes auf diejenigen des andern Landes
aetroffen, doch wird dieſer Dienft wenig bemuht
(1883 nur in 43 libertragungen und 94 Zurüd:
zahlungen). Am 1. April 1884 wurde ber franz.
Poſtſparkaſſendienſt auf Algier und Tunis ausge
dehnt. Der überſchuß der franzöſiſchen P. betrug
1883 111172 Fres. Frantreich bat im Ariege
1870/71 die Erfahrung gemacht, dab felbft
großen Krifen die Gefahr eines allgemeimen run
bezüglih der Zurüdforberung der Spareinlagen
nicht zu beforgen ift. Ende 1870 betrug das Spar:
authaben, das Anfang 1870 fih auf 684 Mill.
Irs. belaufen hatte, 632 Mill. Fr3.; Ende 1871
538 Dil, Frs.; die gejamte Verminderung be:
ziffert fich alio auf 21,3 Proz. OSſterreich-Ungarn
rief P. am 12. Yan. 1883 in3 Leben. Ende 1883
betrug die Zahl der Einlagen bereit# 1802756 und
deren Betrag 8176883 Fl., wovon etwa 3 Mill. Ft.
im Laufe des Jahres zurüdgezogen wur ſodaß
5,3 Mill, Fl. im Beſtande verblieben. den
iederlanden bezifferte fi das Sparguthaben bei
den P. Ende 1883 auf 3217605 FI. mit 67922
Büchern. Das Durchſchnittẽguthaben auf ein Buch)
beträgt 12,18 Fl. Freimarken können, ebenfo wie
in Belgien, in den Niederlanden als Sparmarken
benußt werden. Schweden führte den Boftipar:
tafienbetrieb vom 1. Yan. 1884 ab ein. Der Min:
deftbetrag ift 1 Krone; auch find Sparmarfen zu
10 Sre eingeführt. Der Zins beträgt 3,60 Proz,
wird aber nur für jeden vollen Monat gewährt.
Außerhalb Europas * bis jeht von Japan, Gas
nada und den auſtral. Kolonien eingerichtet worden.
Deutſchland, welches übrigens vortrefflich ver:
waltete Konmunalſparkaſſen beſiht, ſteht ebenfalls
im Begriff, die Einrichtung von Reichspoſtſparkaſſen
vorzubereiten, da es von hohem wirtſchaftlichen
Post trinitatis — Poſtweſen
Werte iſt, der Bevölterung möglichjit zahlreiche An:
uabmeeen fr, Graenlgen ber,
Si — *
—
— * — *
e, in the a N
—— ——
Reg
0
— 38. Dit. 1871, welches in
27— ee Strafbeftimmun en ent:
des er een —— ———— mer
3 Mart ‚wer B ber polit. Zeitu
welc —— = Bo E. ‚ui ander
0 n s
—* oder verje wer fü gi — portopflich.
—— —* ie ortofreiheit bedin —*
— — ——
nutzt —— Betrug zu Salben):
—* oder andere Sachen zur Um:
e einem Poftbeamten oder
Be —
ung elben ⸗
ram ——— die Bun pelt, bei fernern
eublid, wer
Sri sn
ferner wifjent:
en aber verv
lich, um m ber oflafle das a ‚Berfonengeld zu ent:
ben, öweije ohne Lö:
cheins, mit r Bolt reiſt, wird mit
— Send —* e Be erfonengelbeß, min:
eg Außer der
I allen allen | das ——— Porto
—— Perſonengeld nachträglich zu
—— eigene und Entideidung im
t derjenigen Oberpoſtdirel⸗
an zu, —— En die Poftanftalt des Auf:
gabe: oder Einſchreibungsortes liegt.
(lat., a i. Verlangen — in
mentlich der —— Be⸗
zeichnung ihn fr Aufgaben, deren Loſung o weitere
ic) ai 3. D. zwilden zwei
Bas = gerade Linie u — während
robleme Aufgaben find, uflöfung erſt
von Operationen möglich ift. In
—— inne nennt man P. auch jede Voraus⸗
—— —— en en —* —— fein läßt,
hulaten, vr nraltiidhen Ver:
—— ntiche Philoſophie die Glau⸗
erblich⸗
der Men De diejelben ſich im mo:
== ung im it als unabweis:
ie — 3 — ——
a —* ine eben, obne no
en tbeoretifches
zu fein
—2 An * Stände:
infofern fe fie zur Bewilligung von
en)
welche die Regierung des Fürjten
—————— ——
t., abgelurzt
P. u. c.), nach Erbauung der Stadt. er: Kom).
ans oftnahnahmen.
dreimarte,
(Boit: —* Ben equites, nad) Sue:
ton von
aufgeitellte Reiter [Relais] zur Bes !
219
förderung von Kriegsnachrichten) ee nad)
dem modernen vo eine Staatsverfebrsanftalt
ur Beförderung von Briefen, —5* n, Geldſen⸗
—* en und, in mehrern europ —8 von
ereien und Perſonen. Das P. iſt, als Aus:
dub 5 des aus dem Begriff der Souveränetät ſich er:
gebenden ftaatlichen Regals (j. Poſtregah, in
allen civilijierten Ländern als Staatsanftalt unter
geiehlihen Garantien eingerichtet, weil die Not:
wen —— mit Aus Pr des Privatgewerbe
betrie bes, das Verlehrsbedürfnis ——
rigen dur gewifienhafte, unter die Be
—— gane Ilte —— Betriebäein,
—— unbedingter Negelmäßigfeit und
* ahrung des Briefgeheimnifies zu ge
digen. Überdies verlangt der internationale
talter der Wirlſamleit des P. vielfache Vertrags:
abichlüfje, welhe unter Beachtung der Grundfähe
des Völlerrehts — find und daher nur
von den Staaten felbit vollzogen werben können.
Vom nationalölonomiichen Standpunkte aus muß
ebenfalls der ftaatlihe Betrieb des P. als zwed:
* anerlannt werden, weil nur dadurch zu er⸗
— iſt, daß alle einzelnen Landesteile, gleich:
viel ob fie bedeutenden oder geringern Berfehr be:
fisen, mit gleihen Boiteinrihtungen bedacht wer:
den, deren Koften eben von der Gefamtbeit, d. h.
dem Staate zu tragen find. Diefe Art der er:
waltung fiert zugleich die fchnellite Ginfü A,
von Betriebserleichterungen, Bortos und
—* en | und andern Verbeflerungen, die *
etrieb, ihrer Koſtſpieligleit halber, jedenfall⸗
ng Zeit hinaus uſchieben geneigt wäre,
Altertum * lte es an sBoiten im jebigen
Simgänjid; ‚vielmehr mußte man ſich jahrtaufende:
lang zudem Nachrichten⸗ und Briefverkehr der Boten
und Sußläufer bedienen, wie dies aus den Angaben
der heil. Schrift (Either 3, 12), des Herodot, Diodo:
rus Siculus, Strabo, Sueton, S Suidas u. a.m. ber:
vorgeht. An Babylon, eiay n (unter König
Amenbotep 1500 v, Chr.), China (nad Marco
Polo), Griechenland, Rom und ebenfo bei den Inkas
in Beru beftanden Boten: Einrichtungen, welde
naturgemäß anfänglid nur zur Beförderung der
Negierungsfahen und Befehle des Herrfchers dien:
ten, nad) und nad) aber auch für Privatzwede Ber:
wendung finden. Der von Chabas te Ra:
pyrus des Königs Mineptoh (1300 v. Chr.) er:
wähnt zahlreiche ägypt. Briefboten (Bäal, at,
Nedt:amon, Sohn des Zor). Von den griech. 5
merodromen haben — aus ——
der 316 v. Chr. im Wettlauf zu Olympia ſiegte und
deſſen aus grauem Kallſtein gemeißelte Stele von
Prof. Curtius in Olympia aufgefunden ift, ſodann
Philonides, ein Abjchreiter NAleranders d. Gr. in
Alten (Annartorng rüs Aolac), deſſen Denkmal eben:
fall in Olympia ausgegraben üt, ſowie Phidippus,
welcher den 1200 Stadien langen Weg von Athen
nad) Lacedämon in 24 Stunden durchlief, um den
Einfall des Darius dorthin zu melden, endlich Yadas,
von deſſen Zub man im Sande feine Spur zu jehen
—— eine —* Berühmtheit erlangt. Ci:
cero, Cäfar und Martial erwähnen der liburnifchen
Stlaven ala tüchtiger ne und Briefboten in
Rom (tabellarii, von tabella = Brieftäfelhen).
Doch war die Vriefbeförderung vom alten Rom
nad) den Provinzen, worüber Cicero in den Brie:
fen an Atticus vielfach Hagt, eine jehr langſame
und oft unzuverläffige. Cäfor fand in Gallien
220
Rufpoften vor. Auch Feuerzeichen (Fanale) dien:
ten Gänfin zur Bermittelung von ** Aſchy⸗
los. Die Anwendung des Pferdes bezeichnet
einen großen Fortſchritt für den Kurierdienſt. Kyros
hatte, wie Xenophon in der Kyropädie (8. Buch) und
Herodot (VIIL, 98) mitteilen, in eh weiten perl.
Reihe von drei zu drei Stunden Stationen errich—
tet, auf welchen gefattelte Pferde Tag und Nadıt
bereit ftanden, um die Kuriere (Zyyz>oı) mit ben
Depeſchen des Königs an deſſen Satrapen unauf:
gehalten und zu jeder Zeit weiter zu, befördern,
Diele Angaroi (daher die Einrichtung den Namen
Angareion, dyyazeiov, nad) einen perſ. Worte Gara
[Frondienft] erhielt) legten die 111 Stationen =
333 Meilen von Sardes (bei Smyrna) bis zur
Hauptitadt Sufa in 6 Tagen zurüd. Auch der Maul:
tiere bedienten fi bie Cilboten_de$ Artarerres I,
(Bud Eſther 8, 10, 14); fpäter foll Antigonus bei
den Heinafiat. Kriegszügen den Eilboten Dromedare
gegeben haben, mit denen fie 1500 Stadien pro Tag
zurüdlegen konnten, was ebenfall3 auf untergelegte
Nelais hindeutet. Aleranders d, Gr. Boten an
Parmenio, der ihn verraten hatte, legten den Weg
von a nam nach Ekbatana «auf jchnell laufen:
den Kamelen» in 11 Tagen zurüd,
Den Römern blieb e3, bei ihrer ftraffen Staat:
einheit, vorbehalten, den poftmäßigen Gebrauch des
Pferdes nad) den VBorbilde der Perſer im Abendlande
einzuführen. Darauf deutet Schon die Ableitung des
Wortes veredus hin (vom perj. berd = tragendes
Pferd), dad mit der griech. Bezeichnung PBeztda;
übereinftimmt. Das Wort «Prerb» (niederſächſ.
perd) iſt danach dem gemeinfamen indogerma:
niſchen Sprachſtamm entiprofjen. Die reitenden
Kuriere Roms nannte man veredarii (auch diplo-
marii = mit Freipäſſen Verfehene). Solche rei:
tende Boten hat, nad) Sueton, zuerft Cäfar auf:
geitellt (dispenere equites, positi equites), um
Kriegsnachrichten zu befördern; es waren junge Leute
(juvenes), deren fehr primitive Kleidung, ohne
Schuhe, ein Mojcitbild im Tempel der Diana in
Non andeutet, Gteigbügel und Sporen waren
nicht im Gebraud. Ein etiwaiges zweites Beipferd
bie paraveredus oder parhippus, Mit dem Wache:
tum des röm, MWeltreihs unter Auguftus wurde ed
nötig, zu dem Neife: und Nachrichtenverlehr Wagen
zu benuen, Der ältefte röm. Wagen ift die rheda,
uriprünglich zweiräderig, Später vierräderig, auf der
Gäjar große Streden zurüdlegte (Sueton, «Leben
Gäjard», ap. 37) und die mit 1000 Pfd. belaitet
werden konnten, Schneller und leichter als bie
rheda war da3 zweiräderige eisium, das Cicero in
derNede pro Roscio erwähnt. Die carucca (Luxus⸗
wagen) und das carpentum (Pädereimagen) waren
vierräderig; zum Fortſchaffen des Gepäds der Sol:
daten dienten die clabulae oder clabularia vehi-
eula (Leiterwagen).
Die Anfänge poftmäßiger Einrichtungen durch
Auguſtus (vgl, Sueton, «Leben des Auguftus»,
Kop. 49) verlegt man in die Zeit nad) den Bürger:
triegen; jedenfalls brachte Auguftus die vorhan:
denen Beförderungsmittel von Neitern und Fuhr—
werfen in geordneten Zuſammenhang; e3 ift dies
der röm. cursus publicns, bei dem zur Beförderung
der Fuhrwerke die Leitungen der Privaten heran:
gezogen wurden. Die große Zahl der Militärs,
Staatsbeaniten u, ſ. w., welde auf Grund von
faijerl, Freipäfien (diplomata und evectiones) mit
dem cursus publicus fid) befördern liefen, gejtaltete
Poſtweſen
dieſe Leiſtung einem ſchweren Frondienſt der
Landbewohner, der mit der Ausdehnung des Reichs
immer brüdender wurde. Caligula und Helioga—
bal benugten den cursus publicus zur Beſchaffung
ze Lederbiſſen für die kaiferl, Tafel; ganze
ater: und Girktuseinrichtungen, wilde Tiere, fer:
nerMilitärausrüftungsgegenftände aller Artund un:
ter Ronjtantius fogarganze Legionen wurden mit dem
cursus publicus befördert. Die Freibeforderung ge:
ſchah auf Grund einer evectio (Freiichein), ſowie der
tractoriae (Bälle), dieden mitdiplomatibus verſehe⸗
nen Beamten ıc. auf der Staatspoftanftalt aufge:
ftellt wurden. Dberauffeher der röm. Staatspoft
war (im 3. Jahrh.) der praefectus praetorio, unter
ihm als Leiter I die einzelnen Provinzen beitellt
waren die praefecti vehiculorum, dieſen waren zu:
geteilt die principes agentium in rebus, bie prac-
positi und die curiosi (Nundfchafter). Die Bolt:
meifter (mancipes) (Konſtantins d. Gr, Mutter He:
lena 3. B. war eine Tochter des Manceps von Ni:
comedia) hatten zugleich die Aufficht über die an den
einzelnen Stationen (mansiones) befindlichen, oft
pradhtvoll ausgeftatteten Staatögebäude (palatia
und ee Unter ben mancipes Tanben
als Stationsbeamte und Diener die stationarii und
stratores (Stallaufjeher), die carpentarii, Wagen:
meifter, und muliones, beziehungsweife hippocomi,
Maultier: und Pferdetreiber. mi en den man-
siones waren (in der Negel ſechs bis acht) muta-
tiones, Pferdewedhielitationen, von weniger glän:
zender Ausftattung mit Ställen, Wirtshäufern
u. f. w. eingerichtet. i
Die brüdende Lait der Frondienfte wurde zeit:
weiſe von Kaifer Nerva gemildert, welcher den ita-
liſchen Gemeinden die Geitellung der Jubren für den
eursus publicus erließ, wofür zu Ehren Nervas eine
befondere Dentmünze geprägt wurde (97 n. Chr.):
ein Sefter; von Bronze (Imperator Nerva Caesar
Augustus Pontifex Maximus Tribunus Plebis Con-
sul III Pater Patriae); die Umſchrift lautet: Vehi-
culatione Italiae Remissa 8. C. (im Poſtmuſeum
zu Berlin befindlich). Doc) dauerte dieje Befreiung
nicht lange, da Nervas Nachfolger Trajan zwar bie
Ausftellung von Freipäfien feiner perjönlichen Ges
nehmigungvorbebielt, im übrigen aber die Benugung
des cursus publicus in ber alten Weile eintreten
ließ, Hadrian Dante eine burchgreifende Reform
der Einrichtung herbei, indem er einen Poſtengang
aus fiskal, Mitteln beritellte (Spartianus im «Le:
ben Habriand»); auch diefe Neform aber war nur
eine zeitweile, ſodaß die alten Bebrüdungen ber
Gemeinden, namentlich unter Commodus, Berti:
nar und Didius Julianus, fortdauerten. Die
Mibbräuhe waren ſchließlich, trog aller Geſetze
egen ben Wucher mit den diplomata (326 fon:
antins Verordnung De commercio angariarum
interdicto), fo fchreiend geworden, daß Arcadius
401 allen, mit Ausnahme de3 —— raetorio,
die Benuhung des cursus publicus verfhloß. Mehr
und mehr ging lehterer dem Verfall entgegen. Die
beiden legten Gejeke über den cursus publicus, das:
jenige unter Qeo (457—474), welches die Aufhebung
der Güter: und Gepädpoft, cursus clabularis, im
Dftrömifchen Reiche verfügte, und die Lex Anasta-
siana, welche die Beſchraͤnkung auf bloße Reitpoften
(cursus velox) einführte, waren zugleich die Grab:
efänge auf den Untergang des einjt jo geopartigen
eförderungsinftituts, der fid in den Stürmen der
Bölferwanderung vollzog. Offenbar war die röm.
Roftiwefen
Staatspoft mehr ein instrumentum regni, ein Ne:
ierungswerkzeug, doch hat fie vermöge der weiten
usdehnung des röm. Weltreich3 zugleich als ein
wichtiges Aulturelement die —— oms mit
fremden Ländern erleichtert und gefördert.
Selbft auf die Verbindungen zur See erftredte
— irlſamleit der röm, Staatspoſt; mit den
onjiffen konnten Nachrichten und Perfonen nad
Afrika, Kleinafien, Spanien u. ſ. w. gefandt wer:
den. Namentlih war der Hafen Noms, Oftia, am
Ausfluffe des Tiber, der re für die
Poſtſchiffe (Buteoli für die Getreideſchiffe) Momm—
jen bat in Dftia eine Inſchrift abet, deren
Inhalt darthut, daß an diefem Orte der curator
pugillationis et ad naves vagas, alio der Hafen:
und Seepoftmeilter, feinen amtlichen Si hatte.
Ebenſo hatten Rhegium, Brundufium und Byzanz
regen Seeverlehr. pi J. 562 verfuchte Kaiſer
YJuftinian nod) einmal den cursus publicus, in Ge:
meinſchaft mit den Saflaniden, neu zu beleben, in:
deſſen ohne durchgreifenden Erfolg, zumal die alten
herrlichen Bafaltitrafen, welde von Nom bis By:
dan; und Antiochien, ſowie nördlich bis zum Picten:
wall in Schottland fi) eritredten, allmählich ver:
fielen und im Schutt untergingen, j
Grit Chlodwig hatte im Zrantenreiche die Aus:
nubung der Gemeinden für den Voripann zu Ein:
richtungen, weldye dem röm. cursus publicus ähn:
lich waren, wieder ind Werk zu fepen verfucht, und
von Ehildebert wird berichtet, daß er Staats:
furiere, ausgeftattet mit der evectio publica,
nad) allen Richtungen au&gefandt habe, um bie
Güter der gegen ihn Verſchworenen in Beſchlag zu
nehmen. Karl d. Gr. bildete den cursus publicus
wieder großartiger aus und rief insbefondere drei
regelmäßige Kurſe ins Leben: von Autiffiodurum
(Aurerre), ala dem Anfangspunfte, über Nevers,
Limoges und Südfrantreih nach Spanien, ferner
über Autun und Lyon ——— und endlich über
Paris und Nahen nah Deutichland, Auch Lud:
wig der Fromme erlich noch 823 eine Verordnung,
weiche beitimmt, daß auf allen durch Gefeb zur ur
nahme des Kaifers und der laiferl. Beamten ver:
pflichteten Poſtſtationen ſtets die nötigen Bor:
tehrungen zu treffen feien: Neime, aus denen
fpäter (1103) Ludwigs VI. von Frankreich Eilboten:
einrichtungen hervorgingen,
Im Orient finden fi, abgeiehen von der häu:
figen Benukung der Tauben als Votſchaftsüber—
bringer (j. TZaubenpoften), faum 50 Jahre nad)
Mohammeds Tode die erften Spuren regelmäs
Giger arabifher Pojteinridtungen, als
deren Schöpfer Kalif Moawija (zeft. 679) genannt
wird. Zu jener Zeit hatte der Islam ein Gebiet
erobert, das ſich vom Indus bis nad) Kairawan,
von der Südfpike des Glüdlichen Arabien bis nad)
Armenien eritredte, In einem ſolchen Reiche war,
wie die Geſchichte Roms gezeigt hatte, eine De:
———— eine politiſche Notwen—
digfeit. Unter Kalif Abd:Almalik (geit. 705) waren
die wichtigiten Städte des Reichs durch Poſtſtraßen
verbun Nr Auen Beamte und Regierungs:
depeſchen mit Hilfe aufgeftellter Nelais ſehr ichnell
örbert wurden. Ibn Khorbadbeh, unter dem
Kalifen Motamid (870—892) Oberpoſtmeiſter der
u Fral⸗adſchemi, befchreibt in feinem Werte
«Das Buch der Straßen und Provinzen» an Ein:
—— ſehr genau, Die wichtigſie Straße war
die «heilige» Straße von Bagdad über Kufa nad)
221
Melfa, Im ganzen Reiche gab es damals 930
Foftitationen, welde durchichnittlich 2%, geogr.
Meilen voneinander entfernt * Selbit 50—
100 Mann Truppen beförderte die Poſt; ein Kurier
(sgte in 24 Stunden 60 deutſche Meilen zurüd.
Selbit ins Feldlager folgte die Poft dem Kalifen.
Die Oberpoftmeifter des Kalifen(arad. Farwanegay)
follen zugleich zur fiberwachung der andern Behör:
den und gu Berichterftattung über wichtige Dinge
an den Herrſcher verpflichtet gewefen fein. _ Nurs
eddin legte 1146 außer den Poſtſtationen noch Tau:
benpojtrelais behufs Beförderung der Negierungs:
depeſchen mitteld Tauben an, Damascus und Ha:
2 waren die Hauptrelais der Taubenpoft (f. d.).
Mit dem Zerfall des islamitiſchen MWeltreichs —
brödelte auch die Kalifenpoſt; ihre Spuren erhielten
I aber lange Zeit in den einzelnen Staaten, die
ſich aus den Trümmern des ——— erhoben,
fo die Kurierpoſten des ägypt.⸗fyr. Reichs unter
Sultan Beibar (1260—77), der dem Aniturn der
Mongolen Halt gebot. Die Kuriere gingen von
den vierten Nilfataraltten über Kahira bis Birah am
zupınat; regelmäßig zweimal in der Woche trafen
Briefe von allen Befchlahabern des Reichs am Hofe
de3 Sultans ein; felbft mit Schnee vom Pibanon
anftatt de3 Cijes wurde die Hoflüche des Eultans
durch die Kurierpoften verieben, ähnlich wie einit
GCaligulas Hofhaltung Delitateffen von Agypten,
Spanien und Byzanz durch den cursus publicus
geliefert erhalten Jam. Ähnliche Kuriereinrich—
tungen beſtanden ſeit uralter in dem Reiche der
Mitte, China, und Japan. Marco Polo, der venet.
Neifende, welcher im 13, Jahrh. den Hof des Chu:
bilai:Chan in Peling befuchte, berichtet, daß von
Peling aus regelmäßige Ruriere nad allen Teilen
des Reichs ausgingen, beziehungsmweije dahin zu:
rüdfehrten, und dab diefe Staatskurierpoft bereit3
et der Han:Dynaftie (3. Jahrh. v. Chr.) beftanden
abe.
Während alle diefe —— durch das Be:
dürfnis der Centralifation der Regierungsmacht,
aljo durd) den abjoluten Staatsbegriff, bedingt und
ausfchlieklich zu Etaatszweden geihaffen waren,
ändert der Charalter der Beförderungsanitalten jür
Nachrichten ſich in der folgenden Zeitepoche infofern
weſentlich, al3 die num ins Leben tretenden Ein—
rihtungen, die Botenanjtalten des Mittel:
alters, durch ein mehr allgemeines Bedürfnis,
jumächle der Höfe und der geijtlichen Korporationen,
Iniverfitäten, fodann aber durch die Initiative
großer Handelsgefellichaften, aljo der Privaten,
geichaffen werben. Zuerſt waren es die Abteien
und Klöfter, welche eines Nachrichtenaustauſches
mit den geiltlichen Obern, andern Ordensbrüdern
u. f. w. bedurften und daher einen Boftdienft durd)
Klofterboten einrichteten. Zur Unterbringung
der Kloſterboten an Gebirgspäflen und in fonftigen
unwirtlichen Gegenden waren Möndshoipize be:
gründet. Von den Univerfitäten ging diejenige in
Paris im 12. Jahrh. mit Errichtung eines Voten:
dienftes durch Univerfitätsboten (messagers
grands et petits) voran, Pie Boten bejahten ſich,
wie eine zeitgenöffiiche Chronik über den Streit de3
Biſchofs von Lificur (1368) mit den Normannen er:
zählt, mit der Beförderung von Perſonen, Briefen
und Rädereien, hatten aljo ausgedehnten Geſchäfts⸗
verkehr; fie waren durch Privilegien der franz. Kö:
nige, Philipps IV. des Schönen (1296) und Luds
wigs X. (1815), geichüht und leiſteten auch Privaten
At ogle
222
gute Dienfte. In einigen Gegenden Deutichlands
batten die Mehger die Aufgabe übernommen, bei
ihren Antäufen von —— die fie oft zu weis
ten Neijen nötigten, für Vermittelung bes Nach⸗
richtenverkehrs zu ſorgen. Dieſe gelegentlichen Be:
förderungsanſtalten ſind unter dem Namen der
Mepgerpojten bekannt; fie gaben ibe Eintreffen
ei Blajen auf einem Horn zu erfennen, was
vielleicht zur Annahme des Gebrauchs der Bolt:
hörner geführt hat; fie beftanden in einer gewiſſen
Organijation felbjt nad Gründung der Thurn und
Zarisihen Poften, und Kaiſer — U. erließ
1597 fogar ein Patent gegen die Mißbräuche der
Mepgerpoit. Cine — Einrichtung, rg
wifiermaßen die erjte deutſche Staatspoſt,
war die Poſtanſtalt des Deutichen Ritterordens,
welche von dem Hauptorbenzfike, der 1276 gegrüns
deten Marienburg aus alle Drdenslomtureien
durch reitende Boten miteinander in Verbindung
bielt; leptere hießen Bryffiongen und ihr Dienft:
total Bryfiitall: die Pferde Bryffſwoylen. Daneben
beitand noch ein ——* durch Wythinge
(freie Grundbeſiher). Die Überbringung eines
Poſtweſen
botenanſtalt (maitres coureurs unter einem grand
maltre) errichtet, deren Relais fiber das ganze Land
verbreitet waren; ebenjo Spanien (zuerjt unter AL
fons X. 1252—84): manderos, quetraen mandade-
rias pe cartas = Boten, welche Aufträge durch
Briefe beforgen; eine Cinrichtung, welche Ferdinand
der Katholische vervolllommnete. In Jtalien war
die Gefellidhaft der corrieri di Venezia von Beben:
tung. Nicht minder hatten die Schweiz, England
(Eduard I., gejt. 1307) mit zahlreichen Relaispoften,
die Niederlande, namentlih Flandern mit jeinem
blühenden Weltverkehr, ihre Botenanftalten. Aufer:
balb Curopas fanden die Spanier in Peru und
Merito bereits vollſtändig organifierte Kurierein—
richtungen vor, als deren Begründer in Peru der
N Yupanqui Pachacutec genannt wird. Die
oſtlurſe führten von Cuzco, der alten Inlahaupt—
Dal, De zum Meere; und auch dem SHerricder
von Merito, Montezuma (1502—20 n. Ebr.), wurde
bie Ankunft der weißen ner vom Meere aus
nad) der mexik. Hauptftabt Tescuco durch Aurier:
reiter mit erftaunlicer Schnelli gemeldet.
Mexilo und Peru führten die iere damals die
Brief von Mariendurg nah Kom durch bejon: | Quipus, Schnürbündel, als geheime Botſchaften
dere Boten koſtete damals 10 Marl (1 re = | mit ſich Quipuſchrift). In China funktionierte die
2 Dufaten), wo aiferl. Eilpoft von Peking bis zum Amur, und von
überall freie Zehrung hatten, für biejelbe Leiſtung
nur 1Mark empfingen. Etwa 1525 börtedie Ordens:
poftanftalt auf. In gleicher Weife batten die —
und Hoͤfe Boteneinrichtungen zur ii ag ter
Brieffchaften hergeftellt. Auch mander große Ge:
lehrte, z. B. Erasmus von Rotterdam (1467— 1536),
bejaß einen eigenen Briefboten, dem er 60 Gold⸗
aulden Wehe zahlte und der den Verkehr mit den
ifenfän lichen — des Gelehrten beſorgte.
it — als dieſe vereinzelten Boten:
änge aber waren die Botenanjtalten ber
Städte organifiert, ir zur Beit der allmäh:
lihen Gritartung der Rechtszuſtände nad Befei:
tigungderfeubalen Übergriffe namentlich in Deutich:
land als Träger ber Kultur erſchienen und_feite
Bündniffe untereinander zum Schuhe ihrer Selb:
————— und * andels abſchloſſen. Straß:
urg hatte nach urkundlichen Nachrichten bereits
im 12. Jahrh. 24 Boten zur Verfügung bes Bi:
fchof3 geitellt (feudum portandi litteras), woraus
ſich allmählich die ſtädtiſche Botenanftalt entwidelte,
Im J. 1443 erfdien dajelbit bereit3 eine Dienft:
anweiſung, «Die Löffern», d. h. für die geſchwo—
renen daãnſerboten Ebenſo beitand in Köln feit
Anfang de3 14. Yahrh. eine geordnete Botenanitalt;
in Frankfurt aM. find Botenbücer von 1385 vor:
handen. Sehr ausgebreitet war das hanjea:
tifhe Botenweſen, für das eine umfangreiche
Botenordnung vom J. 1580 erijtiert: «Ordnung
dor de Olderlude des gemeinen Kopmans mit
Bewilligung eines Erbaren Rades geitellet, wo Idt
mit ben geihworenen Baden, be nha Welten reiten,
künftig Shall geholden werden.» Die Botenkurje
der Hanfa und de3 Rheinischen Städtebundes er:
ftredten ih von Niga über Königäberg, Elbing,
Danzig, Lübed, Hamburg bis Köln, fodann von
Hamburg über Magdeburg, Braunfhweig, Dres:
den, Prag nad) Wien, und über Nürnberg, Aug:
burg nad Italien. Das Reichspoſtmuſeum be:
wahrt zahlreiche alte Stiche und Porträts von
«Botten» und von Botenorbnungen auf.
je Krantreis hatte Ludwig XI. 1464 aus
polit, Rüdjichten eine wohlorganifierte Regierungs:
en bie . welche unterwegs | f
Veling bis Yün:nan, Lhaſſa in Tibet (5460 km)
und St, mit über 2000 Relaisjtationen zu einer
Zeit, wo die europ, Poiteinrichtungen noch weit
zurüdftanden, mit großer Pünktlichkeit.
Das 15. Jahrh. gehört zu ben glämgenbften Zeit:
epochen ber Grde; es weit die größten geogr. Ent:
dedungen (Columbus, Vasco be Gama, t) auf
und bot der Intelligenz neue mächtige Anregung
durch Vervolllommnung ber ———
und mathematiſchen Wiſſenſchaften. N
mußten auch die ge de wenn fie den
Anforderungen des in Kultur und Leben fid) voll:
iehenden Umſchwungs gerecht werden follten, einer
Reform unterzogen werden. Bei der Zeriplitterung
des Botendienſtes unter zahlreihen Anjtalten der
Fürften, Univerfitäten und Städte war ed nicht
möglich, dem Mitteilungsbebürfnifte der Völler und
der Ausbreitung des feit dem Türfenkriege in Bene:
dig entitandenen Zeitungsweſens (f. Zeitungen)
mit der bisherigen Form der Boteneinrihtungen zu
—— es mußten die Grenzpfähle ber einzelnen
änder für den Poſtdienſt fallen. Cin Sprof des
Gejhlehts von Torriani, Herren von land,
bie ji ſpäter u Befipes in dem an
Dahswild reihen Gebirge von Taſſis bei Bergamo
den Namen berer von Taſſis beilegten (|. TZaris),
bat das Verdienſt, zuerſt die perj. dee des Anga⸗
reion, ber Pferderelais, auf Deutichland übertragen
und jo den Grunbdftein zu den modernen R rien
richtungen gelegt zu haben. Als Kaiſer Marimi:
lian I. die Notwendigkeit erfannt hatte, fein Hof:
lager in Wien mit ben Erblanden in gefiherte Ver:
bindung zu bringen, erbot fih Francesco de
Taffis, genannt Torriani, deſſen Bater Roger de
Taſſis on 1451 als Oberjägermei ed⸗
richs III. uniformierte Poſtreiter in Tirol und
Steiermarf zur —— der Briefſchaften auf⸗
eſtellt hatte, die kaiſerl. Briefe von Wien nach
Brüffel foftenfrei zu befördern, wenn ihm und
feinen Nachlommen der Bezug der Einkünfte aus
der neuen Beförberungsanitalt zugeſichert würde.
Diefe Zufiherung erhielt Taſſis im J. 1516; zus
gleich erteilte der Kaifer die Genehmigung dazu,
Poſtweſen
dab die «reitenden Boten des Taſſis⸗ ohne An:
ehung der territorialen Sonderrechte der einzelnen
ürjten und — ** ihre Straße von Wien
nad) Bruſſel ziehen durften. Die Ritte bewegten
fh von Wien — Augsburg, dann durch Würt:
—— über das Hochſtift Speier, Kreuzuach und
Bistum Lüttich nach Brüfiel; fie wurden nad)
dem Borbilde der courriers Ludwigs XI. ‚von Fran:
reich «postes» — Bolten genannt. Franz von
Taſſis aber wurde (31. nd — zum Poſtmei—⸗
fter der Niederlande ern
„Sl Aa eweien N et 5 nt
mbur ich nad) Man⸗
tua. Das erjte — r — 1552 erbaute
deutſche a — bei Pbi-
—— die Berichte der Eistee und Gefandten,
die Briefihaften der Kaufleute wurden mit gleicher | R
Echnelligteit beförbert, ſodaß ein gleichzeitiger Chro:
niſt — «Die Erfindung der Poſten iſt unter
Glüdieligfeiten j Zeit billig zu jeben.»
Die Landeäherren ber , burdı weldye die
Voſten on. Zaffıs — mn
er unentgeltlich bejorgte
Mit der - t
Sbreitung des P. aber (1588
100000 Dulaten reinen Über:
und ala Samoral von Taris, deſſen Familie
e: iſer naturaliiiert war — den 58*
hurn und —— — am uli
1615 vom Kaiſer Ma — ——
oftmeijter mit ber — ernannt wurde, daß
dieſes Amt aals ein neu eingejehtes Regale
38 und ſeine Erben zu Lehen» ver:
ie
f
E
Hin
acac Det regte m * 30 der —— ——
ihre Territorialrechte,
Nur in Oſterreich
SH Dieidero errichtet, dort war 1624
— as Se Reichspo
mit dem P. beſonders bei
— — —
eſervat⸗
— Sei Jahrhunderte ——
Nr bet * Er — rt; es blieb
t bei den li ar Streitſchriften (informa-
tiones rohen — —— 2, Hein >
———— angegri eiſende un
Poſtillone ver igt und iifelleifen weg:
—— und beraubt. Inzwiſchen war Eugen
von Thurn und Taris von Kaiſer
Leo ni I. 4. en 1695) in den ee Reichs⸗
f erhoben worden. norbnunge
auf den Poſtlurſen nahmen (liche einen jede
Um da ne d ä t
Bine Que ee Kurfärit u * ——
ich veranlaßt
rſt von
—— die —22* zurüdzumeiien
auf ihrem Gebiet ans
ulegen, Gran o. dies ſchon früher
—— der Hurfürjt hatte auf —X
es eiſters in Berlin) Auraten die alten
a en ug aufgehoben und kurfürſtl. Poſten
Kleve er Im J. 1651
iorieh ber 3 an den ra Brief
—— er reits eigene Poſten in ſeinem
— un Te nz ann gu
vom €
ehindert rd feine Eranten
Base nen ortete der Hurfürft mit einer
eo enden Note, welche für alle En
— einlegte. Seitdem
t mehr in der Entwide:
223
lung feiner ey oehenmt. Kurſachſen
erklärte 1681 das P. für ein «landesberrlihes Re;
galey. Braunſchweig⸗ Lüneburg belehnte 1682 die
Grafen Platen mit dem Erbgeneralpojtamt, und
Hannover hielt dieje Belehnung aufrecht, bis 1736
das bannöv. B. in Staatäbetrieb genommen wurde,
Im 3; 1720 Löjte Öfterreich das gräflih Paarſche
Erbpoftlehen ab und übernahm die Bojten in ſtaat⸗
liche Berwaltung. Ju den Niederlanden blieb das
Zarisjche P. bis 1789 in Wirlſamleit und zwar als
poste royale gegen eine zulegt bis auf 135000 Fl.
jährlich gefteigerte Pachtſumme. Obwohl num der
Befipitand von Taris im $. 13 des Reichsdeputa⸗
tionshauptſchluſſes vom 25. Febr. 1803 jo «wie er
tonftitwiert war» ausdrüdlidh garantiert wurde,
ging er doch mit dem Zuſammenſturz bes Römischen
* deutſcher Nation rechtlich unter, und bie
—— — auch im P. volle Souverãne⸗
tät, daß Taris nur aus Zwedmaßigleits⸗
gründen —— gen Pachtzahlung in der Ausübung
= —— — belaſſen wurde. Baden
de Taris erſt 1811, in Wurttemberg 1851
* egen 1’% int. Fl. Abfindung) abgelöft; in Hefien:
rinſtadt, Raſſau, Frankfurt Kurbeiien und den
üring. Fürftentüimern verblieben often
bis 1866, zu welcher Zeit Preußen Nachfolger von
Taris gegen eine Abfindungsfunme von 3 Mill,
Thlrn. wurde. Faßt man das Urteil über die
Wirlſamleit der Thurn und Taxisſchen Poſt zu:
fammen, jo muß anerfannt werden, daß diefelbe
trog ihres fislal. Geiftes, der naturgemäß auf Se
eig a Teerinei war, Deutfehland das mit
jeinen 2000 Territorien dem P , feine Ginheit zu
— vermocht hätte, große ee in wirtichait:
icher Hinficht fowie im Verlehrsweſen geleiftet bat,
—r daß die einheitliche Organiſation der Taxisſchen
a Grundlage für die jpätern ftaatlichen
en geworden iſt. Don lestern find einzelne
‚rwaltungen, wie folgt, eruorgubeben:
Das brandenburgi ch-preußiſche Poſt—
weſen, als deſſen Schöpfer der Große Kurfürſt ans
zufehen it, gedieh unter der einficht3vollen Pflege
der andesherren zu hohem Grade der Ausbildung
überall im Lande wurden Poſten angelegt, —
bei der langgeſtredten Lage Preußens eiheblige
Ausgaben erheiſchten. Im J. 1710 wurde die erſte
Poſtordnung — * 130 ia der reine fiber:
jhuß 200000 Thlr. Friedrich der Meiſter
im — — zu Felde, "vervollfomin:
nete namentlich auch die preuß. Feldpoſt (j. d. .): Die
vorübergehende Verpachtung des P. an ein Finanz⸗
päcdter:ftonfortium hatte feinen bejondern Erfolg
und ging 1770 wieder ein. Am 26. Nov. 1782 er:
ſchien die «Allgemeine „noforenung für fämtliche
tönigl. preußiihe Provinzen». Die franz. Invaſion
1805—12 warf faft jämtliche Boften nieder. Staats
tanzler Hardenberg ließ nad) dem Siege über die
Franzofen die Bojt neu —— der Abſchluß
von gang n mit Sadjen, Kurhefien, Ölter:
reih und ben Niederlanden belebte den Berl lehr.
Generalpoſtmeiſter Nagler rief 1821 die ſo al
gewordenen Schnellpojtverbindu — zwiſchen B
lin und Dresden, Hamburg und Leipzig 1827, *
Berlin: :Tauroggen:Nufland (1839) ins Leben, auch
vervolltommmete er das Landbriefbeſtellweſen. Im
J. 1849 trat Generaldireltor Schmüdert an die
Spide des P.; 1862 Philipsborn; beiden verdanlt
das P. viele zweama ige Einrichtungen. Im 3;
1850 wurden bie Oberpoftdireftionen (f. d.) als
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\ ‚008 c
224 Poſtweſen
Provinzialorgane der — Degrkinek, Die
Erlenninis der Notwendigleit, die internationale
Wirkiamteit des P. durch billige Tarife und andere
verlehrserleichterungen zu fördern, führte zunächft
(6. April 1850) zur Errichtung des Deutſch⸗Oſter—
reichiſchen Be dans nachdem frühere Be:
ftrebungen (1815), ein einheitliches deutſches P. zu
begründen, an der wenn der Roftverwaltungen
eicheitert waren. Ter neue Deutſch⸗Oſterreichiſche
Berein ftellte wenigftens für Deutſchland und Ofters
reich einen einheitlichen Bortojab ber. Nah den
folgenreihen Ariegen zwijchen ‚Breußen und ter:
reich, 1866, gelang es der fräftigen Jnitiative des
damaligen — eh. Poſtrats Stephan, auf die
Alten der fürjtl. Thurn und Js) en General:
poitdireftion in Frankfurt a. M. Bei ing zu legen
und aus den dortigen Rechnungen die Orundlage
für Nblöfung des_Tarisihen Nutzungsrechts im
en tum Hefien, den thüring. ; inientümern,
Kurhejien, Naflau und Frankfurt a. M. feitzuftellen.
Preußen —— für eine Abfindungsſumme von
3 Mill, Ihlen. das Nupungsrecht des Voftfürften
Taris. Damit war ber lebte Reſt des Feudalis:
mus in Deutichland bejeitigt. Im Y 1867 wurben
Hannover, Schleswig-Holjtein und Yauenburg dem
preuß. P. einverleibt. Am 1. Jan. 1868 erfolgte
die Begründung der Norddeutihen Bundes:
z0 ft, welche auch Heflen füdlih vom Main umfaßte.
ur Baden (is 1870/71), Bayern und Württem:
berg behielten eigene Landespoften; an die Stelle
der 17 Poftinftitute Deutichlands traten 4, in wel:
hen durch Verträge ein einheitlicher Betrieb des
N. garantiert wurde, Die Bundespoft war bie
erite Etappe zur Verwirklichung der deutichen Ein:
heitspoſt; ihr Gebiet umfaßte 419580 qkm mit
30 Mill. E. und 4600 Poftanftalten. Im J. 1868
übernahm Graf von Bismard, als Bundeskanzler,
die obere Leitung des Bundespoftweiens, das an
2, Nov. 1867 ein einheitliches Poſtgeſeh erbielt.
Eodann wurde durch Geſeß vom 4. Nov. 1867
der Sinpeitsyortoian von 1 Sr. für den ein:
fadhen Brief auf alle —— innerhalb
Deutſchlands eingeführt. Am 26. April 1870 trat
Heinrich Stephan (f. d.) vorerit als eneralpoftdi-
reltor an die Spike der Verwaltung; ihm wurde,
ba im Juli 1870 der Deutſch-Franzöſiſche Krieg
ausbrach, zunächſt die wichtige Aufgabe der Neu:
organifation des Feldpoſtweſens, welde er
glänzend Löfte (f. Feldpoit).
Nach Aufrichtung des neuen Deutſchen Reichs in
Terjailles (18. Jan, 1871) eritand auch die Deut:
HEN 4. spoſt wieder, aber nicht als Fortſetung
er alten feubalen Tarisfhen Reichspoſt, fondern
als eine der re des deutichen Volls gewid:
mete kraftvolle Reihsverlebrsanftalt mit ein
—— Leitung und einheitlichem Betrieb. Elſaß—
othringen wurde 1871 der Reichspoſt einverleibt,
Baden trat am 1. Jan. 1872 hinzu. Dagegen blie:
ben Bayern und Württemberg im Befis ihrer Ter:
ritorialpoftinftitute, mit der Maßgabe zes: daß
die Reichspoſt fie dem Auslande gegenüber vertritt,
Boftgefehe und Tarife aber allgemeine Geltung für
ganz Deutichland haben follten. Stephan wurde
1876 ber erſte Generalpoftmeifterdes Deut:
Then Reichs. Seine frudtbare, von Genialität
und Organifationstalent getragene Wirkfamteit hat
das deutiche P. auf eine Höhe gebracht, welche es
den erjten Rang unter den Poſtverwaltungen
der Erde einnehmen läßt. Abgefehen von der
Codifizierung des deutſchen Poſtrechts, der Vers
einigung von Poft und Telegrapbie im \nterefie
einer hier ri toftipieligen Verwaltung, ferner
der cinheitlihen Gejtaltung des techn n Be
triebe3 gebührt ihm das Verdienſt, die Zahl der
Toftanftalten in hohem Mabe vermehrt, fie mitten
in die ländliche Bevölkerung vorgefhoben und
den. Sandbriefbetellungsbienit in mufjtergültiger
Weiſe reformiert zu haben, dergeitalt, daß Stadt
und Land gleiche Berkehrserleichterungen genießen.
Dementiprehend hat der Verkehr fi in ungeahn:
tem Maße gehoben. Es betrug für 1884: die
Zahl der Boftanftalten (für das Reichspoſtgebiet
von 445147 qkm mit 37978 165 —* 13405 (gegen
4600 im Sabre 1868), der Reichstelegraphenanſial⸗
ten 1527, der Verkaufsitellen für Wertzeichen 11139,
der Voftbriefläften 56232, der Boitgrundftüde 334,
der Beamten und Unterbeamten 77 980, die Geſanit⸗
eN aller Poſtſendungen 1716277125 Etüd, der
elegramme 17223505, der Gefamtwert aller des
Marierten Sendungen 15542916502 Marl, das
—— t der Pädereien 331172860 kg, die
Gejamteinnahme 166207128 Mark, die Geſamt—
ausgabe 142165496 Mark, mithin der Überfhuß
24041632 Mark: Zahlen, welde ohne Kommen:
tar die Großartigkeit des Poſtverlehrs verdeut⸗
lihen. Außerdem verdankt das Verlehrsbeamten⸗
tum Deutſchlands Stephan wichtige Verwaltungs:
einrichtungen, welche die materielle und die geiltige
Wohlfahrt diefer großen Klaſſe von Staatsbürgern
re fördern beftimmt find. — müfjen nament⸗
ic erwähnt werben: die egründung ber Kaiſer⸗
Wilhelm:Stiftung, aus der zahlreiche Unterftükuns
gen und atjäbelich mehrere Stipendien zu Neifen
ind Ausland gewährt werben; die —— von
—A un — — ein wichtiger
ritt zur Löſung der ſozialen Frage unter den
Beamten; ferner die Erleichterungen bei der Lebens⸗
verfiherung der Beamten; endlich die Gründung
einer Hochſchule für Poft und Telegraphie, die Cr:
richtung von Amtsbibliothelen und die Herausgabe
des «Ardivs In Voft und Telegsaphieı zur Förde:
rung ber geiftigen Intereſſen Der KR j. w.
Beamten. Noch wichtiger für die erfolgreiche Kul—
tur find Stephans a men zur Negelung der
internationalen Boftbeziehungen. Die
lehtern litten in früherer Zeit an dem Mifftand
zahllofer Poftvertragsabichlüfie, etwa 1200, durch
welche die Beziehungen der einzelnen Länder in der
verfhiebenartigiten Weife geregelt waren, Die
bunte Moſail der internationalen Vertragsvor—
ſchriften hemmte den Verlehr ebenjo, wie er die
technijche Seite des Poſtbetriebes erſchwerte. Ste:
an erfannte mit Harem Blid dieſe jchreienden
— und es gelang ihm, durch die Ge—
walt feiner Ideen auf dem Poſikongreß in Bern
die übrigen europ. und norbamerif, Poſtverwal⸗
tungen zum Beitritt zum Allgemeinen Bolt:
verein (9. Dft. 1874) zu bewegen, dem 22
Staaten mit 37 Mill. Quadratfilometern Gebiet
und mehr ala 370 Mill. G. ſich anſchloſſen. Dieſer
Verein ſchuf mit einem Schlage neue Orundfäge für
den ve ungebinderte Freiheit des Poſt⸗
austaufches, Feſtſehung eines mäbigen Einheit:
portofahes im ganzen Bereinsgebiet und Fortfall
aller Tranfitentihädigungen. _ Der am 2. Mai
1878 zufammengetretene parifer Poftlongreb ers
weiterte diefe Union zum Weltpoftverein (j.d.),
welcher nach und nad) alle civilifierten Nationen
Poſtweſen
der Erde mit elementarer Gewalt an ſich gezogen het:
eine glänzende Kulturerrungenſchaft des 19, Ya eD.
oit»
anbetrifft, fo befaßt ſich gegenwärtig die ggg
ce:
wöhnlichen und
Was nun die Feitftellung des Begriffs «
im mwejentlichen mit folgenden Geichäften: a)
förderung (fowie Beftellung) von
eingeichriebenen Briefen, von Sendungen und Wa:
renproben oder Mujtern, von gedrudten, litho:
—— u. ſ. w. Sachen unter Band und von
eitungen, d. i. die Briefpoſt im eigentlichen Sinne;
b) Beförderung von Paleten, Geldern und Per:
fonen, d. i. die Fahrpoft im eigentlihen Sinne;
€) Bermittelung von Poitgeldanweifungen, Gin-
jiehung von Bo ala beziehungsweife Poft:
nachnahmen, ferner von (dbeträgen (auf Wechſel
u. f. mw.) im e des Poftauftrags ——
ſowie die Beſchaffung von Wechſelaccepten (in
Deutſchland durch Poſtauftrag). d) Vermittelung
des a ren ade Br an von Abonne:
ments, Ausführung der Beftellungen, Abredynun
mit den Verlegern u.f.w. Hierzu ‚tonımen no
aewiffe Nebenverrichtungen, wie die Zuftellung
ti ru en — — ——
rmittelung von Sparkaſſengeſchaften (in ⸗
land: Post Office ri in andern Yan:
dern die Boltiparlafien im eigentlichen Sinne),
— —* Ertrapoft: und Gftafetten:
‚ bie —— von Telegtaphenge⸗
a er beihräntt Ki
auf die Briefpoft in Frankreich, Spanien, Por:
tugal, Italien, den Bereinigten Staaten u. ſ. w.
Sie erjtredt ſich auf Brief: und Fahrpoft in Deutſch⸗
land, Großbritannien (Heine Batete), Belgien, den
Niederlanden, der Schweiz, Schweden, Norwegen,
Dünemarl, Aufland Er w. In Deutichland
get 1876), England, Frantreih, Rußland und
ortugal find Poſt und elegrap ie neuerdings zu
Einem Reffort vereinigt worden, was fich in finan:
rer wie in nationalötonomijcher Hinficht als ein
utender Fortichritt bewährt hat. Nu en weſtl.
Staaten bildeten ſich für den Fahrpoitbetrieb früh:
itig Brivatunternehmungen aus (Mefjagerien in
Öranlreich, Erpreb:Companies in England, Poft:
wagen -Ondernemingen in Holland, reſas in
Spanien). Wenn einzelne derfelben au Vorzüg:
liches leiſten, fo ftehen fie doch in der Gefamt:
beit, namentlich was die Transporte auf auäge:
dehnten Entfernungen und das Jneinandergreifen
betrifit, den deutichen und fchweiz. I erg eig ten
bei weitem nad). Die Gifenbahnen —— ie Ent:
laftung der Bolt von der Berfonenbeförderung und
von den —— eigentlich zu den Frachtgütern
—— rſendungen zum Teil bereits —
gel rt, Bezüglich der Hleinern Sendungen und
er Gelder können jie aber, wie die Einführung des
einheitlichen Patetportos (50 Pf. für 10: Prund:
valete) in Deutſchland bewielen hat, die Po u.
eriepen, weil ihre Organifation nicht fo einheitlich,
ihre Anlagen nicht fo ausgebreitet oder ihre Be:
triebäeinrihtungen nicht auf den Meinen Palet—
berechnet find,
— 3* — lommen vornehmlich in
Betracht: die itions⸗, die Kaſſen- und Ber:
waltungsgeſchafte, der Dienft im Verkehr mit dem
—— Gefällerhebung, der Betrieb des
ens (Pferde, Wagen, Poſtillone), der
Gang der Bolten, Eifenbahnzüge u. f. w. und die di:
reften mit andern Boftanitalten,
ferner ber Beitellungsdienit ım Orte und in dein
Gonverjations + Legiton. 13. Aufl, XIII.
225
aaa nachörigen Landbezirle. Für die Anlage neuer
Poſtanſtalten entſcheidet, neben der Einwohnerzahl
und der fommterziellen oder abminijtrativen Bedeu:
tung des Ortes jelbft, hauptſächlich aud) die Hüd:
ſicht auf —— Verteilung der —
punlte für das vie — Netz der Poſtverbin⸗
dungen und auf weitere Vorſ wat der Bolt:
verfehrsanlagen in das platte Land ek Ver:
mehrung und — der Landbriefbeſtellung.
Von den ſtabilen Boltanlagen (Poſtämtern, Agen—
turen, Hilfſtellen, burcaux de poste, post offices,
ufficii postali etc.), breiten ſich die mobilen Boft:
anlagen, die eigentlihen Bolten, über das Land
aus, Unter «Boftene find nicht nur die betreffenden
Einrichtungen auf den gewöhnlichen Lanpdftragen,
fondern audy die Pofttransporte auf den Gifen:
bahnen zu verftehben, welche namentlich feit Er:
rihtung der fahrenden Boftämter (Bahnpoften, bu-
reaux umbulants, travelliug post-offices, spoor-
weg-expeilitie-kantoors, uffici ambulanti) große
Bedeutung — ee ferner auch die Seepojt:
verbindungen mittels der Dampfſchi jet . d.).
In Vetreff der Poſtdampfſchiffe befteht in
England, fowie in Franlreich, Stalien, Spanien,
den Vereinigten Staaten u, ſ. w, das Syftem der
Subvention von Privatunternehmungen, denen
dann die für den Poſtdienſt (mail-service) nötigen
Bedingungen auferlegt werden. Auch Deutichland
ge neuerdings (vom April1886 ab) zwei proße vom
eiche fubventionierte (15 Mill. Mark) Poſtdampf⸗
hiffsunternehmungen ins Leben gerufen, welche
dazu beſtimmt find, den deutſchen Poſtverlehr nad)
rede und Auftralien von den fremdländifchen
Boftdampferlinien unabhängig zu maden. Ruß:
land, Dänemark, Belgien u. ſ. w. unterhalten
die Koftdampfichiff:Ver indungen unmittelbar für
Staatsrehnung mittel® Staatd: oder gemieteter
Schiffe. Die Poftverwaltung muß darauf bedacht
fein, ftet3 die volllommenften Transportmittel für
den Dienft des Bublitums in Benubung zu ftellen;
fie muß den Erfindungen und Berbeflerungen auf
diefem Gebiet mit Aufmerlfamteit folgen und_die
neuen Bewegungskräfte ſich dienftbar machen. ‚Die:
fes ift bezüglich der Gifenbahnen in zwedmäßigiter
Weiſe gefcheben, indem man mittel$ der erwähnten
fahrenden Poſtämter und deren Jangapparate (ex-
changing apparatus, appareil ä recevoir) eine
Korreipondenzverbindung aud mit folden Orten
herſtellte, wo die Schnell: und Kurierzüge nicht an:
pri Auf den ante namentlich in
lorwegen, Dänemark und England_befinden ſich
ebenfall3 ambulante Boltbureaus. Die pneuma:
tiihe Beförderung (f. Nohrpoft) leitet für die
groben Hauptjtädte: London, Berlin und Wien,
wichtige Dienſte in Bezug auf Schnelligleit des
Zrangport3 und nebenbei durch Entlaftung des
Straßenverfehrs als Folge der f erminderung der
Boltwagenfahrten. Auf den gewöhnlichen Yand:
ftraßen erfolgt die Beförderung der Po ten durch
Menſchenkräfte (Fußpoften, Botenpoften, pietons,
mail-messengers, pedoui) oder durch Zugtiere (Per:
fonenpoiten, Güterpoften, malle-postes; Reit: und
Gitafettenpoften, fahrende Yandbriefträgerpoften,
correos a caballo; chwimmende ndianerpoften,
fibir. Nenntierpoften u. ſ. w.). Sg nie
klimatiſche Einflüfle, Landesfitte u. ſ. m. beitimmen
die Art der Fortihaffungsmittel. In den meijten
europ. Ländern verjieht das Pferd den Dienſt, int
gebirgigen Svanien das Maultier, in den polaren
15
226
Nepionen das Nenntier. Die Pofttataren bed Gul-
tans und des Vizeldnigs von Ügypten bedienen
fich für Wüftenftreden des Dromedard, während
für die ruſſ. Narte (Poftichlitten) im öſtl. Sibirien
reise dreffierte Ziehhunde verwendet werben. _
s franzöſiſche Poſtweſen hat namentlich
unter Minifter Cocherys Leitung, ſeitdem 1878
Boft und Telegraphie vereinigt worben waren, er:
hebliche Fortſchritte gemacht. Am 1. Mai 1875
trat eine bedeutende Portoermäßigung in Kraft.
Das Porto für franlierte Briefe wurde von 25 auf
15 Gent. für je 15 g Gewidt, für unfranlierte
Briefe von 40 auf 30 Gent. und für Boftlarten
von 15 auf 10 Gent. eg ‚Die Zahl
der Poſtſendungen hat fih von 1865 bis 1875 um
26,03 Proz. erhöht. Die Lage des Poftperfonals
wurbe erheblid) verbefiert. Die Subventionen für
Seepoftlinien (103 Dampfer) erböhten fih auf
12118807 Ft3. jäbrlih. Die Anzahl der Poitan:
ftalten ftieg von 5570 (im J. 1877) auf 6486 im J.
1884, Die finanziellen Ergebniſſe find folgende:
1877: Cinnahme der Poſt und Telegraphie
139199515 Frs. Ausgabe 932923539 Frs., Über:
{hub 46275 976 Fr3. ; 1883: Einnahmen 161 094000
Fr8., Ausgaben 129830140 r3., Überfäub
31263860 $r3. Im J. 1881 richtete Fran reich
den Boftiparlafjendienft ein,
Das Ölterreihiiche Boftweien beſaß Ende
1883: 4148 Boftanftalten, 9117 Briefläften und be:
förderte insgeſamt 403 652 147 Boftiendungen (Stei-
gerung gegen da3 Vorjahr 23083474 Stüd), Die
Ginnahmen ftellten fich auf 20020730 Fl., die Aus:
naben auf 16473730 Fl., ber Überfhuß 3547000
Il. Oſterreich führte im Jan. 1833 den Poitfpar:
laſſendienſt ein. BR
Das britiſche Poſtweſen zeigt einen groß:
artigen Aufihwung. Es betrug nad) einer hiſtor.
Überfiht im Deutſchen Boltardiv:
Die Zahl
auf den
2. Ar
U ji ber
in Mifionen Bev ng
Im J. EAN — 3
» » 1840 (nad Einführun
des Nowland Hill:
Shen Benny: Bortos
[f. Nomland Hill]) . 169 7
De ver |, ————— 327 12
0 1860 .. ......... 523 18
„ » 1870 „oo0.0....0+ 800 26
n © 1880... .uo-n0000% 1128 33
»„ » 1881/82.. .. 1229 35
Davon find allein 11 Mill. unbeftellbare Sendun:
gen (dead letters), welche in dem Dead-letter-office
in London behandelt werden und die Werteinlagen
von mehr als 6000 Pfd. St. enthielten. Cine be:
fondere Einrichtung Englands find die Postal-
orders (Geldpoftanweifungen als Papiergeld für
den Umlauf); davon wurden 1881/82 4462920
Stüd im Betrage von 2006917 Pfd. St. aus:
gegeben; eine jolde Anmweifung ift etwa 6 Tage
durchſchnittlich im Verkehr. ei den engl. Poſt—
ſparkaſſen (dem älteſten in Europa) bezifferte ſich
1881/82 da3 Sparguthaben win 194 495 Bid. St.
(Zunahme 7, Proz. gegen das Vorjahr). Die
Zahl der Sparcontos betrug 2607612 (422640
mehr al3 1880/81). Boftanflalten waren 14918
vorhanden, die Zahl der Beamten u. ſ. w. war
53772 (daneben 20000 Aushelfer). Die Cinnab-
men beliefen fi) auf 9028374 Bid, St. (einfchlich: !
Poſtweſen
lich Telegraphie und Poſtſparlaſſe), die Ausgaben
au 5.997899 Bid. St., der Reinertrag aljo auf
3100475 Pd. St. = 62009520 Mart.
Das italienische Poſtweſen hatte
lange Zeit
mit den übertommenen Mißftänden der an:
terei zu fämpfen. Im J. 1868 betrug die ahl
der Briefe faum 80 Mill, Die ver Ein:
richtungen fteigerten in Verbindung mit dem erböh:
ten Nationalgefühl und dem Wachſen des Wohl:
itandes bie Dee 1876 auf 278 Mill. Im J.
1881 betrug diejelbe 362120101 Briefe, 22827
delarierte Briefe mit 20015165 fire Wertin-
halt, 4022308 eingezahlte Poſtanweiſungen mit
503695138 Lire und bei dem im Dft. 1881 einge:
führten Boftpädereidienit in zwei Monaten 415366
Stüd, Die Einnahmen = 1881 29787318
Lire, die Ausgaben 25980398 Lire, der Reinertrag
alſo 3806920 Fire. Italien hat die erhebliche Ein:
nahme von jährlich (1881) 980948 Lire aus dem
Poſttranſit der brit. iberlandpoft (f. d.), welche
dur den Mont⸗Cenis bis Brindiſi beförbert wird
und dort auf die Boftvampfer nad) Alerandrin über:
gebt, um nach Oſtindien transportiert zu werben.
In ben Vereinigten Staaten von Ame:
rila zeigt fih das wunderbare Wachstum dieſes
Landes aud) bei den Poſtanlagen. Als Dsgood 17%
Generalpoftmeilter wurde, beftanden aur 75 Poſt⸗
ämter in der Union, 1870 belief ſich deren bi
auf 28492, 1876 auf 36383, 1883 auf 47863,
york und Vhiladelphia hatten Ende des 18. Jahrh.
drei mal wöchentlih Poſtverbindung; jebt ie:
ren von Neuyort nad) San-Francidco auf brei Ba:
cific-Überlandbahnen npoftbureaus und durch⸗
fliegen den 3307 engl. Meilen breiten Kontinent
in 130 Stunden. Unter Wajhingtons Bräfibent:
ſchaft wurden 300000 Briefe alljährlich befördert;
im J. 1883 wurden für 42910319 Doll. r⸗
ten (1861699669 Stüd) abgeſetzt und Die der
Voitfendungen betrug etwa 1 Milliarde. Die
Länge der Poſtlurſe beläuft ih auf 353166 engl.
Meilen, 70000 onen verjehen den Dienjt ebenſo
pünktlich in dem Centrum Neuyorks wie in ben
öden Landitreden der Pacific-Territorien. Für ben
transatlantifchen Seepoftdienft werden 313584 Doll.
In gezahlt. Lange Zeit war im P. der Union
erhebliches Defizit (1859 etwa 7 Mill. Doll); jegt
bat das Finanzergebnis fich günftiger geftaltet. Die
Einnahmen betrugen (1883): 45508692 Doll., die
Ausgaben 43282944 Doll. , mithin der Neinertrag
2225748 Doll. Im Aufihwunge ift aud) das ca:
nadiſche a wefen begriffen, weniger zeigt ſich
eine Verbeſſerung des P. in den mittel: und füd:
amerit, Nepubliten, wo die Rechtszuſtande immer
noch er genügend befeitigt find. Der Gintritt
aller diefer Staaten in den MWeltpoftverein wird
aber ſichet den Poſtverleht beleben und erhöhen.
n Aſien vermitteln meift Agenten ber europ.
Bojtverwaltungen den Poſtdienſt. England unter:
= (von Dftindien abgefehen) Poftämter in Hong-
ong), Geylon, Shanghai, Singapore; Frankreich in
Beirut, Bien:Hoa und Saigon ——— ‚Zonlin,
Chandernagor, Bondichery und Karilal in Oftindien.
Rußland taufcht die Koxreſpondenz mit China über
Kiachta in Maimatichin aus, von wo die von
Grant errichtete Mongoliſche Steppenpoft Briefe
und Neifende über Urga und Karachoto nad) Peling
befördert. Im übrigen hat China kein PB. im mo:
dernen Sinn; zur Beförderung der Staatsdepeſchen
wird ein Staatspoſtdienſt durch Auriere (custom’s
Pöftyen — Potemfin
couriers) unterhalten, welche gegenwärtig zwifchen
Tientfin und Beling, beziehungsweife Newchwang,
Cheefoo und Shanghai täglich kurfieren. Ye n,
in einem bebeutfamen Kultur: und ehrsauf:
ſchwunge begriffen, bat bereit3 europ. Bofteinrich:
gen eingerichtet, welche vortrefflich funktionieren.
n Siam befindet fidh jet (1885) ein beutfcdher
Boftbeamter, um die Bolt auf europ. Fuß zu orga:
nifieren, Aujtralien bejist Bolten nad) dem Mu—
tterlan In Afrika verdienen die
n Organifation Agyptens,
tungen ber Franzoſen in Algier und die
Verſuche iens, den ſeit Nov. 1871 im Kaiſer⸗
tum Narollo ins Leben gerufenen Poſtdienſt zu ver:
beſſern und —— der — Ein
Unicum iſt P. des hawaiiſchen König:
reichs, deſſen Poſtverbindungen mit der übrigen
Welt durch einen Vertrag der amerif. Union mit
dem hawaiiſchen Gejandten Eliſha Allen vom 4. Mai
1870 geregelt find, |
Die Litteratur über das PB. war im 17. und
18, 34 —— —* ——
ſtregals ſchwebte, ziemlich ausgedehnt;
dieſe ältere Litteratur iſt —— ohne
Intereſſe. Zu erwähnen find dagegen: Beuſt,
«fiber das he Boitregal» (3 Bde., Jena 1748);
Matthias, «Über Bolten und Poitregal» (2 Boe.,
Berl. 1832); Stängel, «Das deutſche B. in geſchicht⸗
licher und rechtlicher Beziehung» (Stuttg. 1844);
Hüttner, «Beiträge zur Kenntnis des deutihen PB.»
(2p3. 1849); Stephan, «Geſchichte der preuß. Poſt
n en Quellen» (Berl. 1859), deſſen Ar:
ti um im «Staat: Lerilon» von Rotted
und (3. Aufl., Bd. 11, 2p3. 1864) und «Das
verleht leben im Altertum» (im «Hijtor. Tafchen-
bud», Jabrg. 1868); ferner Dambachs «Som:
mentar "io geieh» (Berl.); Sicher, «Deut:
ide Bo »; Qewins, «Her majesty’s
mails»; — —R « Histoire des postes »
(Bar); « Beitrag zur Geſchichte und Zu:
hunft des P.» in «llnfere Zeit» Gahrg. 1871,
1. Hälfte); «Zur Gefchichte des Briefichreibeng und
des Bri imnifjes» in «Ulnjere Zeit» (Jahrg.
872,2.9 fte)
1 Tybuſch, «Die internationale
Voftreform» in «linfere Zeit» (Jahrg. 1875, 1.
9 fte); «Die Norddeutſche Feldpoft im Deutic;:
chen Kriege von 1870 und 1871» (Berl.);
«Die —588 in «Unſere Zeit» (Jahrg.
1872, 1. Hälfte); «Das Reichspoſtgebiety (2 Bde,,
Berl. 1878); endlidy ala wichtige urkundliche Quelle:
das «Arhiv für Poſt und Telegraphie» (jeit 1871).
ſtyen (Böfteny, PBiityan), berühmtes
efelihlammbab im ungar. Komitat Neutra,
chts an der Wang, Station der Linie Preiburg:
S ber Oſterreichiſch⸗Ungariſchen Staatsbah⸗
nen; bie mefelquellen fördern überall
an ihren prungsftätten einen Mineralihlamm
58 bis 65° C.) zu Tage; die jährliche
f durchſchnittlich 2200 Kur:
gä ift Eigentum des Grafen Franz Erbödy,
it das aus dem Poſtregal (f. 2*
tende des Staats, zu verlangen, da
entweber alle oder einzelne bejtimmte Gattungen
von —— ar en 2 —
m er Bolt von rt zu
Ort Die Übertretung diejer Vor:
ſchrift zieht Strafe ui fih. Der P. war früher
eine Anzahl von Sendungen ausge:
auch eritredte er fi) auf die gewerbsmäßige
227
Beförderung von Perfonen. Bis zur Begründung
der Reichspoſt waren die Beitimmungen über den
P. in den einzelnen deutfchen Ländern verfchieben.
Das Geſet über das PVoſtweſen des Deutjchen
Reichs vom 28, Dit. 1871 machte diefen Abwei-
ungen ein Ende und —— ($. 1) die Materie ein⸗
ri für ganz Deutfhland. Danach ijt der Be:
örberungszwang für Perfonen ganz aufgehoben,
der P. aber dahin beſchränlt, dab es verboten ijt:
i) alle verfiegelte, zugenäbte oder ſonſt verſchloſſene
riefe, 2) alle Zeitungen polit. Inhalts, welche öfter
als einmal wöchentlich erfcheinen, gegen Bezahlung
von Orten mit Poſtanſtalt nad andern Orten mit
einer Poſtanſtalt des In- oder Auslandes auf an-
dere Weije, als durch die Poſt zu befördern; bin:
ſichtlich der polit. Zeitungen erjtredt dieſes Verbot
ſich nicht auf den zweimeiligen Umkreis ihres Ur-
———— Das wichtigſte Kriterium des P. be:
teht hiernad) darin, daß die Beförderung der ihm
unterliegenden Gegenjtände gegen Bezahlung ver:
boten ijt. Unentgeltlich darf daher jedermann ver:
ſchloſſene Briefe befördern. Auch können verfchlof:
fene Briefe und polit. Zeitungen in ein Balet gelegt
werben, ſofern lektereö nur mit der Poſt verjendet
wird. Die Beförderung offener Briefe unterliegt
feinem Verbot. Ebenfo können verſchloſſene Batete,
aber ohne Beigabe verjchloffener Briefe, mit jeder
— EEE ABER it verjendet
werden. Nur in Einem Falle dürfen poſtzwangs⸗
pfüchtige Briefe und polit. Zeitungen gegen Beʒah⸗
ung anders als durch die Poſt verſandt wer
nämlich durch einen expreſſen Privatboten; doc
darf ein folder Erprefier nur von Einem Abjender
abgeſchidt fein und dem Poſtzwange unterliegende
Gegenjtände weder von andern mitnehmen noch für
andere zurüdbringen.
Poszlina, im ältern Ruſſiſch Gewohnheitsrecht,
dann Gebühren, im lektern Sinne wird es nod)
jest gebraucht zur Bezeihnung indirefter Steuer,
. DB. für Zölle, Stempelfteuer, Korroborations—
‚Bet Kanzleiſteuer, Gerihtägebüßren u. a.
Poszony, ungar. Name von ! a d.).
Pot (Bott), Flüffigleitämaß; in der Schweiz
= 1,1], in Dänemark = 0,966 1.
—35* portug. Maß = 8,37 1. L'Hlaſſa.
otala, Reſidenz des Dalai: Lama, ſ. unter
Botajche, ſ. unter Kalium (Verbindungen 7).
Votaſſium, joviel wie Kalium.
Potatoe Bug, j. GColoradofäfer.
Potchefitroom, chemal3 Vrijburg, vorma:
lige Hauptitadt der Südafrifanifhen Nepublit
(Trangvaal), Hauptort des Diſtrilts P., am Mobi-
River oder Klakuga, einem rechtsſeitigen Nebenfluß
des Baal oder Lilwa, hat etwa 1500 E.
otelot, foviel wie Graphit. ä
otemfin (Grigorij Alerandrowitih, Fürft
Tawritichesti), ruſſ. Feldmarſchall und der befann-
teite unter den Günjtlingen der Kaiſerin Katha—
rina IL. (f. d.), war ein Nachtomme Peter Jwano—
witſch P.s, Statthalters von Borowsk, welcher
1668 Botſchafter des Zaren Alerei Michailowitic
bei Karl II. von Spanien und Ludwig XIV. war,
und deſſen merkwürdiger Gefandtichaftsbericht unter
dem Titel «La Russie du 17e siöcle dans ses rap-
orts avec l'’Europe occidentale» (Par. 1855) er:
Erbeoke ift. Im Sept. 1736 auf dem väterlichen
Gute Tſchiſchewo im Gouvernement Smolensk ge-
boren, kam P. frühzeitig nad) Mostau, wurde im:
dortigen Seminar erzogen und trat als Fähnrich
15*
228
in die Gardelavallerie, wo er von der Kaiferin in:
folge einer Galanterie fogleich zum Oberſt befördert
wurde und bald die Orlow aus der Gunit ber
Kaiferin verdrängte, Er war nicht allein im Innern
allmädtig, fondern leitete auch die auswärtigen
Angelegenheiten und ward feit dem Ende der fieb:
ziger Jahre der bedeutendite Träger ber ruſſ. Bolitit
in Guropa. Obwohl ohne militäriiche Kenntniſſe,
ward er doch am die Spite der Armeen geitellt,
zum Feldmarjhall und Wräfidenten des Kriegs:
follegiums ernannt und mit der Verwaltung der
wichtigften Provinzen betraut. Im Wettlauf um
das rufi. Bündnis erhob ihn Joſeph II. zum Fürften
de3 Römischen Reichs und bot ihm —*8 Gr.
den Erwerb des Herzogtums Kurland an. P. ſtarb
unweit Stuljani in Beſſarabien 16. Olt. 1791.
Obwohl von perjönlichen Anterefien geleitet, ift P.
doc) der Anreger und Schöpfer manches nüglichen
und bleibenden Werts geworden. So veranlafte
er im Heere die Abihatfun des Zopfes und eine
dem Klima angemefienere Bekleidung, ferner die
Vereinigung der Krim mit Rußland, melde ihm
den Fürjtenrang eintrug, die Gründung von Cher:
fon, Kertih, Nitolajew, Semwaftopol u. |. w., die
Hebung des Fabritwefens, die Errichtung der Flotte
de3 Schwarzen Meeres, Während ———— II.
Anſtalten traf, ee ein riefiges Maufoleum zu
gründen, ließ Paul I. B.3 Leichnam aus dem Grabe
reißen und in den Feltungsgraben werfen. Kaiſer
Alerander I. ließ dann feine Gebeine anſtändig bes
ftatten, Grit 1836 ward von der Stadt Cherjon
eine Bildfäule B.3 aufgeitellt, und noch fpäter lieb
feine Nichte, Gräfin Branicka, an der Stelle, wo er
ftarb, ihm einen Obelist errichten. Bol. Cerenville,
«Vie du prince P.» (2. Aufl., Bar.1808) ; Lewſchin,
«Shisn I’.» (2 Bde., Petersb. 1811). ‚
Potentät (vom lat. potens, mächtig), regieren:
der Fürjt, Souverän, [tential,
Botential (elettriiches), f. Eleltriſches Po:
BVotentialfunftion heißt in der neuern analy:
tiſchen Mechanit eine auf beſtimmte Art zu bildende
Funktion, mittels deren die Wirkung eines gegebe:
nen Körpers auf einen gegebenen Punkt oder auf
. einen gegebenen Körper berechnet wird.
Potentinlid, in der Grammatit der Modus
des Verbums, welcher eine Möglichkeit ausdrüdt,
eine befondere Gebrauchsart des Konjunftivs,
Potentielle Energie, f. unter Energie.
Potentilla L., Fingerkraut, Name einer
Pilanzengattung aus der Familie der Roſaceen.
Man kennt gegen 120 Arten, die eine je auäge:
dehnte Verbreitung befisen, befonders aber in der
nördl, gemäßigten Bone vorlommen. 3 find
Trautartige, jeltener ftraudartige Gewächſe; fie
haben verſchieden geformte, am bäuftgften finger:
förmig zerteilte Blätter mit an den Stil angewach—
jenen Nebenblättern und meift trugdoldig, felten
einzeln geitellten Blüten, welde aus fünf mit dem
ſcheibenförmigen Blütenboden verwachſenen Held:
blättern, fünf gelb, felten weiß oder rotgefärbten Blu:
menblättern, zahlreihen, mit den Blumenblättern
perigyniſch eingefügten Staubgefäben und ebenfalls
ahlreichen Heinen Stempeln beitehen, aus deren
Fruchttnoten ſich einfamige Nüßchen entwideln, An
den ſcheibenſörmigen Blütenboden find auswendig
fünf mit den Kelchzipfeln abwechſelnde Dedblättchen
angewachſen, welche einen fog. Außenlelch bilden.
Huber einer Menge wildwachſender, perennieren:
ber Arten, unter denen P. anserina L., der Gän—
PVotentat — Potenza
—24 das Gänſekxaut, mit unterbrodhen ge:
ederten, unterſeits ——— Blättern, und
P. reptans L., mit langgeftielten, fingerförmigen
Blättern, deren Stengel fadenförmig, kriechend und
wurzelnd find, und deren Blüten einzeln auf langen
Stielen ftehen, als Unkräuter auf Schutt, bebautem
Boden, an Mauern und Heden auftreten, lommen
aud) einige afiat. und amerif. Arten als Bierpflan:
e in Gärten vor, befonders die mit —— Ba
elroten Blumen begabte P. atrosanguinea Lodd.
und die mit großen purpurnen Blumen prangende
P. Nepalensis Hook. aus Nepal, die gelbblühende
P. pensylvanica L. u. a., welde alle im Freien
ne ohne befondere Pflege —— und ſich
durch Zerteilung der Wurzelitöde leicht vermehren
laſſen. Zu erwähnen ift ferner P. fruticosa Z., ein
aufrechter Stleinftrauch mit fiederfchnittigen Blättern
und gelben Blumen, der in Norbafien und Nord:
amerifa, auch in Rußland und in den Pyrenäen
wächlt und oft als Zierftraud kultiviert wird,
Bon der weitverbreiteten, in Deutichland fehr
häufigen Art P. TormentillaSchrnk. Kane illa
erecta L.), die gewöhnlich vierzählige Blüten befist
und früher mit einigen andern Arten als eigene
Gattung Tormentilla abgegrenzt wurde, war ber
MWurzelitod als Radix tormentillae gegen Durdfall
früher offizinell und wird aud) jebt I vielfad) als
Hausmittel verwendet.
Potenz oder Dignität bedeutet in der Mathe:
matik ein Mrobut gleicher Faktoren, deren Anzahl
der Exponent genannt wird, Rach dem leptern
wird die P. benannt: zweite, dritte u. |. .; die:
jenige Größe, welche mehrmals als Faktor geieht
oder auf eine B. erhoben wird, heißt die Grundzahl
oder die Wurzel der P. au wohl der Dignand.
Die erite B. einer Zahl ift von der Zahl nit ver
fhieden. Die zweite B. pflegt man Quadrat, bie
dritte Kubus oder Würfel, die vierte Biquadrat zu
nennen. Um eine B. zu bezeihnen, ſezt man ben
Grponenten rechts oben neben die Grundzabl,
J. B. as. Nach der obigen Erklärung ift der Expo—
nent eine ganze und pofitive Zabl, Man kann
jedoch aud Brüche und Wurzeln als = mit nega⸗
tiven und gebrochenen Erponenten darſtellen.
n der Mechanik verfteht man unter den medha=
nifhen Potenzen —— einfachen Vorrich⸗
tungen, aus welchen Maſchinen zufammengefcht
find, nämlich den Hebel und die ſchiefe Ebene,
Die Naturphilofophen, namentlih Schelling,
verfuchten dem Worte Potenz eine tiefere Bedeu:
tung unterzulegen, indem der letztere unter bildlicher
Anwendung des mathem. Sinns ded Wortes die
einzelnen Stufen der Natur als P. des Subjelts:
Objelts (d. i. des «Abfoluten») auffaßte.
Potenza, früher Bafilicata, Provinz des
Königreichs Italien, zählt auf 10676 qkm (31. Dez,
1881) 539258 €.
Die Hauptitadt Potenza mit 20353 E., an
der Straße von Salerno nad Tarent, am obern
Bafento, Station der Bahn Eboli: PB.» Metaponto,
ift Sit der Präfektur, einer Sektion des Appellhofs
in Neapel, eines Tribunals erjter Inſtanz, einer
Handels: und Gewerbefammer, eines Biſchofs und
bat eine Kathedraltirche, ein Gymmnafiallyceum und
ein Nationaltonvitt. Durch Erbbeben wurde 16.00
1857 faft die ganze Stadt zerftört. Das alte Po-
tentia in Qufanien, an der Via Popilia, lag tiefer
in der Ebene an dem Orte Ya Murata, Fundort
antiker Snichriften und Münzen, und wurde durch
Poterie — Potidäa
Kaifer Friedrich IT. zerftört; die heutige Stadt
nimmt die Stelle der antilen Arr ein.
(vom frj. poterie, engl. pottery), foviel
wie Thonwa ren; aud jovielwieTopfgieherei,
bie Herjtellung eiferner Kochgeſchirre.
Poterium L., Pilanzengattung aus ber Fa:
milie der Nofaceen. Man tennt gegen 20 Arten,
meift perennierenbe Kräuter, bie beſonders in der
gemäßigten Zone wadfen. Sie haben alter:
nierende unpaarig gefiederte Blätter und Heine zu
Köpfchen oder Ahren vereinigte Blüten. Die Ich
tern find teils zwitterig, teil$ diöciſch oder auch
polygamifh und beitehen aus einem röhrenför:
migen vierzipfeligen Kelch, welcher blumentronen-
artig entwidelt it, vier oder mehr Staubgefähen
und ein bis d chtlnoten, von denen jeder
einen fadenförmigen Griffel trägt; eine eigentliche
Blumentrone feb t. Die Früchte find einfamige,
vom ftehenbleibenden Kelche umſchloſſene Nußchen.
Die belannteſte Art iſt die in Deutſchland, beſon⸗
ders auf Kallboden ſehr häufige Becherblume,
P, Sanguisorba L., deren Blätter einen gewürzigen
— * und deshalb auch an einigen Orten
als Gemüfe oder Suppentraut gegefien werden;
auch gilt diefelbe für ein gutes Fulterlraut. Die
als rba officinalis L. befannte Pflanze,
auch Wieſenkopf, Wiefenbibernell genannt
—— s zur Gattung P. zu rechnen, fie iſt au
Wieſen ſehr gemein un —* im Spätfommer,
ihre auf einem 60—80 cm hohen wenig beblätter:
ten Stengel fisenden Blütenköpfchen find braunrot.
Die Dlüten find fämtlicy zwitterig, während bie
von P. Sanguisorba monöciih find. Die Wurzel
war früher als blutftillendes Mittel offizinell.
Poterne (vom lat. posterula), Au sfallihor,
wird ein o Ib geihlofiener, alfo tunnelartiger
Durchgang durch den Wall eines Feitungsmwerts
enannt, namentlich ein folder von Heinern Dimen:
onen, Weniger gebräuchlich ift der Ausdrud für
Öreiten, ben
wölbten
8 (lat.), S. reg Imperium.
zothenotſche Aufgabe oder Rückwärtsein—
ſqhnitt nad) drei Punkten ift das in der praltiſchen
Geometrie Meßlunſt) vorlommende Problem, aus
brei ihrer Page nad; gegebenen Punlten, welche ala
unzugän zu betrachten find, die Lage eines
vierten Punltes auf bem Felde durch bloße Mintel:
meſſung von diefem aus zu beſtimmen. Das Pro:
blem fann durch Rechnung, wie durch geometrijche
oder mechan. Konftruftion gelöft werden. Die erite
——— 1614 der niederl. Mathematilker
Snellius, während ber franz. Alademiler Pothenot,
iedensverlehr dienenden über:
ore.
defien Namen die Aufgabe trägt, erft 1692 ein
Memoire das Problem ferieb. al. von
eind, «Glemente der Vermeffungstunde »
(6. Aufl. zn 1879).
Pothier (Nob. 2) berühmter franz. Rechts⸗
elebrter, geb. zu Orldans 9. Yan. 1699, war im
Siter von 21 % bereit3 Nat beim Präfidialgericht
Orleans,
einen Nubm begründete er mit der
0 aPandectae Justinianeae in no-
vum ordinem digestae» (3 Bbe,, Bar. 1748—52;
Leid, 1782; neue Aufl. von Latruffe Montmeylian,
1818— 21; franz. mit gegenüberftehendem
von Bröard de Neuville, 18 Bde., Par. 1806
. wurbe jpäter or des Rechts
zu Bellen und a — Bere ran ——
S
22)
Gr ftarb 2. März 1772 zu Orleans, wo ihm 1859
ein Standbild errichtet wurde. Zu feinen bedeu:
tendſten wiſſenſchaftlichen Leijtungen gehören noch,
außer einer Bearbeitung der Coutume d'Orléaus,
die «Traitös sur differentes matidres de droit
civil» (8 Bde., Par. 1773), als deren Meifterftüd
ber « Trait& des obligations» (2 Bde., Par. 1781)
gilt. Seine Werte erfchienen zuerit als « Oeuvres
completes» (Par. 1810) in 25 Bänden. Don
gr Ausgaben find die von Siffrein (20 Bde.,
ar. 1820— 24), Dupin (11 Bde., Bar. 1823—25)
und Bugnet (11 Bde,, Bar. 1845—48) zu nennen,
Lebensbefchreibungen P.s verfaßten Dupin (Par.
1827) und Fremont (Orleans 1859). :
Pothos (erh), in der griech. Mythologie die
Berfonifitation des Verlangens,
—— (Port), f. unter Hyeres.
Bothuan (Louis Pierre Aleris), franz. Ads
miral, geb. 30. Dt. 1815 auf der Infel Martinique,
trat 1831 in die Marinefhule und wurde 1810
Ediffslieutenant, 1850 Fregattenlapitän und 1864
Kontreadmiral; während der Belagerung von Paris
1870 war er Kommandant des ‚et von Bicẽtre
und der von Marinetruppen verteidigten Sudforts;
fpäter befebligte er eine Divifion der Dritten Armee
und wurde im an. 1871 Vizeadmiral, PB. war
vom Febr. 1871 bis Mai 1873 Minifter der Marine
und ber Kolonien und feit 1871 Mitglied der
Nationalverfammlung, in welcher er mit dem linlen
Gentrum ftimmte; 1875 wurde er zum Senator auf
Lebenszeit ernannt, Unter dem Minifterium Du:
faure war P. nochmals Marineminijter, wurde
dann Gefandter am engl. Hofe, nahm aber ſchon
1880 feine Entlafiung. Er tarb 6. Oft. 1882.
vo (türf, Kala-⸗Faſch), befeitigte Hafenitadt im
rufl.»taulaf. Generalgouvernement Kutais (Min:
gesien), 125 km von Kutais, am öſtl. Ufer des
hwarzen Meeres an der Mündung des Nion ge:
legen, Station der Linie B.:Samtredi der Trans:
faufafifchen Gifenbahn, hat einen guten Hafen, iſt
aber berüchtigt wegen der bösartigen Fieber, die
ihren Grund in der niedrigen Lage der Stabt und
der großen fie umgebenden ftehenden Gewäſſer
aben. 4 km von J ſoll das alte griech. Phaſis
ſ. d.) gelegen haben. Die jebige Feſtung wurde
1575 unter Sultan Amurat Ill. erbaut, und lam
1829 an Rußland. Die Stadt hat eine hölzerne
Kirche und (1884) 3112 E. j R
Potihomanie(orh.),auh Potihinomanie,
ein um die Mitte des 19. Jahrh. beliebtes Verfab:
ren, um Glasgefäße mit Malereien auszufhmüden.
Man Hebt das Papier mit den Zeihnungen in das
nnere ber * und ſtreicht die Nüdjeite mit
(farbe an, ſodaß das Ganze dem gemalten Bor:
zellan ähnlich wird. : }
Potidän, im Altertum eine Kolonie der Korin—
ther, die durch den Fürften Beriander (625—585
v. Chr.) an dem ſchmalen Halfe der macedon. Halb»
infel Ballene gegründet wurde. bielt in dem
Perferkriege des Kerres 479 v. Chr. eine Belage:
rung durd den General Artabazos re aus.
Der Abfall diefer Stadt (432) von Athen wirkte
entſcheidend mit zum Ausbruch des Beloponnefiichen
Kriegs; die 429 v. Chr. von den Athenern wieder:
eroberte und mit attiichen Anſiedlern bejegte Stadt
wurde 356 durch den König Philipp II. von Mace:
donien zerjtört, auf ihren Trümmern aber_ nad
316 v. Chr. durch König Hafjander bie neue Stadt
Kaflandreia angelegt.
'
230
Potior (Prior) tempore, potior jJure,
lat, —— «Fruher in der Zeit, früher im
Rechte, unjer: Wer zuerft kommt, mahlt zuerft.
otiphar oder Potiphera, ägypt.: «dem
—— Ra ergeben», Name eines ä pt.
riefter3 von Heliopolis, welcher nad) der # r.
—* Joſeph, den Sohn Jakobs, kaufte, als Schwie:
erſohn annahm, zulekt aber auf die Anklage feines
jeibes hin in das —* nis werfen ließ. In der
Bibel (1 Moſ. 39) wird P. als «des Pharao Käm—
merer und Hofmeiſter⸗ bezeichnet, alſo als ein höherer
Staatsbeamter; ſein Weib verſuchte eine Verfüh—
rung Joſephs, ward aber von dieſem zurüdgewieien
und verllagte ihn dann, daß er fie habe entehren
wollen; Soleph fam ins Gefängnis, ward aber bald
wieder befreit (vgl. Jofepb). _
—— eine poln. deren Stamm⸗
* m. in ber ehemaligen Wojwodſchaft Kra:
u und ber noch gegenwärtig jehr bedeutende
Seredaften, beſonders in Galizien und der Ukraine,
angehören. Bom 16. ‚yebrh. an betleideten viele
Mitglieder dieſer Familie die höchften Staats: und
Kirhenwürden in Polen. — Graf Staniflamw
elir ®., geb. 1752, Großfeldherr der poln. Ar:
tillerie, hatte großen Anteil an den poln. Unruben
von 1788 und ftiftete zum Sturze der Berfafjung
vom 3. Mai 1791 mit Gleichgefinnten die Targo:
wiger Konföderation. Nach dem Auftreten Ko:
ciuſzlos 1794 floh er nad) Petersburg, Das
öchſte Gericht der Republik verurteilte ihn als
erräter bed Baterlandes zum Tode. Sein Ver:
mögen wurde eingezogen und fein Bildnis an den
Galgen geictonen uworows Siege vereitelten
jedoch diefe Beichlüffe, und Katharina ernannte P.
1795 zum ruſſ. Generalsen:Chef. Doch lebte er
meiſt auf feinen Gütern in ber Ukraine und ftarb
1805. Bon feinen Söhnen nahm Wladimir P.,
je 1798, im Ay Se er —
eldzuge gegen die Öfterreicher und ſtarb 1811 als
berit. Eeine Fink von Thorwaldſen fteht
in der kralauer Kathe
Graf Jonacy P., geb. 1751, Großmarſchall
von Litauen, war einer der Begründer der Konfti-
tution vom 3. Mai 1791, für die er aud) den Kö:
nig Staniflam Auguft zu gewinnen wußte. Als
bie ruſſ. Truppen vorbrangen, ſuchte er am ber:
liner Hofe vergebens Hilfe zu erwirlen. Er flüd:
tete dann a und feine Güter wurden
konfisziert. Der Aufftand Kofciufzlos 1794 rief
ihn nad) Warſchau zurüd, wo er mit der oberiten
Leitung der auswärtigen Angelegenheiten beauf:
tragt wurde, Im Vertrauen auf die mit Sumorow
abgeſchloſſene Kapitulation von Warſchau blieb er
in der Stadt, wurde aber verhaftet und ala Staats:
gefangener nad, Schlüfjelburg abgeführt. Paul
gab ihm 1796 die Freiheit wieder. Erſt feit 1806
trat er wieber ins öffentliche Leben ein. Er hatte
fih an der Spike der Abgeordneten ded Herzog:
tums Warſchau zu Napoleon nad Wien begeben,
als er 80. Aug. 1809 ftarb.
Graf Staniflaw Koftla P., des vorigen
Bruder, geb. 1752, zeichnete fi durch feine Bered:
jamteit ſchon auf den Reichſtagen von 1788 und
1792 aus und zog ſich nad) Polens Untergang auf
jein Gut Willanow bei Warihau zurüd. Dort
widmete er id) dem Studium der Künfte und den
Wiſſenſchaften und ward Mitbegründer der «Ge:
fellichaft der Freunde der Wifjenfchaften». Als
1807 das Herjogtum Warſchau errichtet wurde,
tale,
Potior tempore, potior jure — Potomac
wurbe er Präfibent der Erziehungsdireltion, 1815
vom Kaifer Alerander I. zum Minifter des Kultus
und bes öffentlichen Unterrichts ernannt. Er ftarb
14. Sept. 1821. Zu feinen vorzüglidhften Schrif:
ten gehört fein Werk über Beredjamteit und Stil
(4 Bde., Warſch. 1815); ferner eine trefili hide
en»
—— Windelmanns «Kunſt der
(3 Bde. Warſch. 1815).
Graf Jan P., einer der ausgezeichnetſten flam.
Geſchichtsforſcher, war 1761 geboren, hielt fi bis
1812 in Peteröburg, jpäter auf dem Lande in Po;
bolien und Bolbynien auf und ftarb 1815. Seine
vorzüglichften Werte find: «Voyage en Turquie et
en pte fait en 1784» (Warſch. 1788), «Essai
sur Vhistoire universelle et recherches sur la
Sarmatie» (5 Bde., Warſch. 1788), «Histoire pri-
mitive des peuples de la Russie» (Peter&b. 1802),
«Fragments historiques et g&ographiques sur la
Scythie, la Sarmatie et les Slaves» (4 Bde.,
Braunſchw. 1796), «Chroniques, m&moires et re-
cherches pour servir & l’'histoire de tous les
peuples slaves» (Warſch. 1793), «Voyage de Basse-
Saxe», mit Kupferjtihen, die Prillwiger Alter:
tümer enthaltend (Hamb. 1795), «Histoire des
uvernements de Volhynie, de Podolie et de
herson» (Petersb. 1804—5). Alle dieſe Werte
ind als Materialienfammlungen wichtig. P.
chrieb nur franzöſiſch, und von jedem feiner Werte
ind nur 100 Gremplare abgedrudt. P.s «Voyage
dans le steps d’Astrahan et de Caucase» (2 Bbe.,
Bar. 1829) gab Klaproth heraus. j
Claubyna Botocka, geborene Gräfin Dzia⸗
lynſta, die Gemahlin des Grafen Bernhard P.,
geb. 1802 zu Kurnif bei Poſen, wibmete ſich wäh-
rend der Revolution von 1830 zu Warſchau ganz
der Krankenpflege mit Singebung, teilte darauf das
Eril ihrer Landsleute und ftarb zu Genf 8. Juni
1836, wo ihr ein Dentlitein geſetzt wurde,
Alfred B., öfterr. Staatgmann, geb. 1817, bes
trat die diplomatische Laufbahn, warb 1861 zum
Mitglied des rg re bes öfterr. Reichsrats
ernannt und zugleich bgeorbneter im galiz. Land:
tage. Im Bürgerminiterium war er 1867— 10
Minifter des Aderbaues, darauf vom 15. April
1870 bis 7. Febr. 1871 Minifterpräfident; burd)
ihn wurde die Aufhebung des Kontorbats veröfient:
lit. Gr jcheiterte an der Aufgabe einer Verſöh—
nung ber Nationalitäten, 30g ſich dann zurüd, um
fi der Bewirtfhaftung feiner Güter in Oſterreich
und Rußland zu widmen, und war 1875—83
Statthalter von Galizien, ‚
Potomar, Su in den Bereinigten Staaten
von Amerila, welcher größtenteils die Grenze zwi:
ı Maryland einerfeit3 und Birginien und Weit.
virginien andererjeit3 bildet, entiteht durd die
Vereinigung eines nörbl. und fühl. Arms. terer
entſpringt in den Alleghanies, letzterer auf ber
Shenandoabhtette. Bon dem —— an,
welcher etwa 32 km ſüdöſtlich von ber Stadt Cum:
berland ftattfindet, fließt er zuerft nordöſtlich, dann
aber jüdöftlid, ſodaß er einen —— Bo⸗
gen beſchreibt, bis er die Stadt Waſhington er—
reicht. Von bier ab dehnt er fidh, eine fühl. und
ſüdweſtl. Richtung annehmend, zu einer 10—13km
breiten Bucht aus, wendet fih dann wieber nach
Südoft und mündet nad) einem Lauf von 640 km
in die Chefapeafebai. Seine Hauptnebenflüfje find
der Shenandoab, der Cacahon und der Monocacy.
Schiffbar ift er troß vieler Stromverbeflerungen
Potoſi — Potsdam
nur bis Waſhin u. da fein oberer Yauf von vielen
Säuellen und Kataralten unterbroden wird. Seine
= gm 33 — Naturſchonheit aus, befon:
ufiger Nämpfe.
im nordameril. Staat
Dubuque und A 80 *8 E., worunter viele
Deutf Bei B. wird viel Blei gefunden.
einer Zweigbahn der St.-Louis:, ron: Mountain:
und Souttern-ifebahn, bat (1880) 715 6.
die Hauptſtadt des glei namigen, durch
wo er ben Blue:-Ridge
x bare Ada waren die Ufer
ber € ——2*
—— ae = um pi und an der Mun⸗
dung des Grantflufles m oberhalb der Stadt
Botoſi, Poſtdorf und Hauptort von Wafhing:
ton County im amerif, Staate Mifjouri, an
Potofi wird oft auch der Staat und die Stadt
er (f. d.) in Meriko genannt.
feinen Sat an edeln Metallen berühmten De:
partements der ſudameril. Republik Bolivia, wurde
—* einer —* von 3960 m auf der Nordfeite
4688 m hoben Gebirgäjtods
—* —* Poioſi 1545 von Juan Vilarel und
Drego Centeno unter dem Nanıen Villa⸗-Imperial
— die jedoch bald dem indian. Namen des
es un Plah machte. Eine der
a tãdte der Erde, in fahler, öder Gegend,
fehr ee und I&luhtenreihem Terrain
Stadt zwar etwas eng, doch regel:
— Die Häufer find einfach aus Lehm:
nd —2* aufgeführt, im Centrum der Stadt
zweiltödig, ſonſt einftödig, mit Ziegeln bedacht,
weiß ichen, in den Parterreraͤumen meiſt
von Magazinen, Kaufläden, Branntweinläden
u. .w. ein —— und gesen plögliches Ein:
dringen bei ben oder Nevolutionen mit Vor:
— * errammelung verſehen. Außer der
Kathedrale, die 1809—37 ganz aus Quadern er:
baut, 1858 reftauriert wurde und im Innern
pradhtvoll ausgeftattet ift, hat P. noch 33 andere
= und fhöne, aber meilt verfallene Kirchen,
er und Komvente. Auf einem Heinen Mat
a von der Katbebrale jteht ein Obelist zu
Ehren Bolivars. it der Sitz des Departe:
mentöpräfelten und zäbtt etwa 11000 E., während
zur Zeit der höchſten Blüte die Zä (ung. von 1611
150000 E. ergab, die ausichließlicy vom Bergbau
febten,, wie * "die eutige Bevölterung. Außer
der Münze deren Mafchinen Maultiere treiben,
Belichen cm etwa act Amalgamierwerte mit Zubehör,
eine Buchdruderei, eine Bierbranerei und Bren:
nerei, ferner die Nationalbank, ein Handels: und
ein En non ein Gymnafium und einige Volta:
Privatihulen. Das Klima ift nit ungefund,
und lalt, die Gegend zur Kulturungeeignet.
Er & t ift reichlich mit gutem Trintwailer ver:
ſehen, das aus Sammelteichen auf der benad barten
Sordillera de Andacachua herbeigeführt wird. Die
1 sur Betrikung © erleitungen wurden urfprüng:
der Erzmahlmühlen u. ſ. w. an:
te Cerro de Potoſi, ein
—— F u a —— Suarz
rödeligen Zra eſtehend und ganz
von Silberadern üllt, üt er mehr als 5000
teil3 verlafiene, teils noch bearbeitete Stollen und
Galerien ausgehohlt. Die frühere ſehr reihe Sil⸗
berausbeute iſt jebt bedeutend gefunten. Die raſche
unahme der Bevöllerung im alten P. lag i in dem
iſchen Geſeß (Mita), wonad) die |
ndianer
231
ber bamaligen Brovir rcas gezwu waren,
in den Minen zu arb ng Rah ei —
Angabe floß durch den Fünften (Ouinta- d.h.
20 Proz.) 1556—1719 die Summe von 651 160123
eſos Ks me. Mark in den Lönigl.
— —**2* A Entdedung der Minen
von Saracoles, iefert B . bie Hälfte des in Bolivia
gewonnenen Silbers
Das Denen Potofi zählt (1865) auf
140457 am 290304 E. und zerfällt in fünf Pro:
— 27 Chayanta, Chichas und Lipez.
— iſt der franz. Name für Olla “
tri 7 b.) und wird nicht nur in derſelben
beutung red u ern, uber
on in muſilali eziehung,
ftatt 1 Ouodlise — —— m ga B —
Botſchappel, Ki im i en
Kreishauptmannſchaft Dresden ag diweitlic)
von Dresden, Station der — Dres ———
nitz und —— der Sächſiſchen Staatsbahnen,
in einem weiten Thalleſſel am uägange des Blaucn:
ſchen Orundes (f.d.). P. zählt (1880) 3520 E., ijt
der Gentralpuntt ber Steinfohlenprobuftion der
dortigen Gegend und hat Fabrilen für Porzellan,
Zündwaren, Blumen u. f. w
—— (flaw. Podätek), Stabt in ber Be:
—— chaft ilgram im füböjtl. Böhmen,
ber mä en Grenze, an ber Waffer:
ct ie a ae — cn
eer, it Sig ein eri
2931 czech. E. und ehe anufaltur
undin —— — ütten, Spinnereien,
blu € ve Kartoffelzuderfabrit. nike
tadt im ruſſ. Öouvernement Niſch⸗
nij⸗Rowgorod, Kreis Lulojanow, an Boma:
wg Rebenfluß des —* x), mit (1880) 8000 E.,
bat Getreidehanbel A itation von Matten
und Säden aus Linden
Potsdam des gleichnamigen Ne:
Bi g8bezirkg de der preuß. Provinz Brandenburg
und weite Refidenz des * > t 26 km fübd:
eftlich von Berlin an der Linie Berlin-P.:Nagde:
9 der —— er — in ber ſchoͤn⸗
ten Gegend der Mark Einflufie der Nuthe in
ie ſchiffbare Havel auf ei dam Inſel von 30 km lim:
fang (Potsdamer Werber), welche von der Havel,
einigen Seen und einem Kanale gebilbet wird.
Die zum Teil fhöngebaute Stadt rag aus der
Alt: and Neuftadt, zu ber auch der Kiez, die Fried:
richsſtadt und das Sollänbiih Revier gehören, und
aus vier VBorftädten (Berl — Nauener, Branden⸗
* und Teltower). traßen ſind breit,
mit vielen et —— und, wie
oe: zum Teil mit Bäumen beieht. Unter
lägen find die vorzüglidhiten: der ei
* — dem von —* entworfenen Denlmale
as mit ——
bäube nad) — — einer ehema In⸗
ſel, das als ri buy hie — egium
—5 — = — —— Ind Hart 6;
er arten, aus dem Bar:
ftehend vs dem em Saraepa u Ya Bil:
einen I. (von Hilgers, 18. 1 1885 enthüllt),
ner 14 Büften preuß. * herren aus dem Be:
—— (von Rauch) und einer des Seiler
lexander I. von Rußland, 12 Marmorftatuen und
8 Kanonen aus verfchiedenen Beitaltern; endlich
der Alte Markt am Schloſſe, auf deſſen Mitte ein
Obelisk von rotem und weißem Marmor, 23 m
232
hoch, fteht, deffen vier Seiten mit den Bruftbilbern
des Kurfürften Friedrich Wilhelm und der Könige
Friedrich J. Friedrih Wilhelm I. und Friebrid U.
geihmüdt fin . Unter den ſechs Slirchen (fünf pro:
teitantische und eine fatholifche) B.3 find bemerlens⸗
wert: die Garnifon: und Hoflirche mit ſchönem
Glodenfpiel auf denn 90 m hoben QTurme, einer
marmornen Kanzel, unter welder in einem Ge:
wölbe die Leihname Friedrich Wilhelms I. und
Friedrichs II. beigefeßt find und die eroberten franz.,
dän. und öfterr. Feldzeichen aus den Kriegen 1807,
1813 — 15, 1848, 1864, 1866 und 1870 und 1871
(an 150 Stüd) aufgehängt find; die nad) Schinkels
Entwürfen 1830 —37 aufgeführte Stadtlirche zu
St.Nilolai, die 1843 —50 noch mit einer präch—
tigen, 75 m hoben Kuppel und vier Glodentürm:
hen auf den Gden geihmüdt wurde; die Heilige:
Geijtkirche mit einem 90m hohen Turme; die franz.»
reform. Kirche, eine Notunde, ähnlid dem Pan:
theon zu Non; die Friedenskirche vor dem Bran—
denburger Thor am Cingange zum Garten von
Sansſouci, 1845—50 in Form einer Bafılila mit
freiftehendem Glodenturm (nad) San:Elemente in
Nom) nah Plänen von Perſius aufgeführt, mit
der Gruft Friedrih Wilhelms IV. und feiner Ge:
— ietas und Rauchs Moſesgruppe.
nter den übrigen öffentlichen Gebäuden iſt zu:
erit das königl. Schloß in der Altftadt zu nennen,
das 1660 —1701 erbaut, 1750 von Anobelsdorfi
umgebaut wurde und ein längliches Viered von
drei Geſchoſſen bildet. Einen ſchoͤnen Effekt be:
wirfen die Kolonnaden auf der Seite gegen die
110 m lange, 1822—25 erbaute Havelbrüde, zwi:
ſchen der Mitte des weitl. Schlopflügels und dem
tönigl. Neitpferdeftalle; die erjtere beiteht aus 20,
die andere aus 32 freiftehenden korinth. Säulen mit
m — aufgeftellten Hämpfergruppen. Sonſt
find in architeltoniſcher Hinficht noch bemerlenöwert:
das Rathaus, welches Friedrich II. 1754 nad) dem
Muster des amfterdamer Nathaufes erbauen lieh;
das Militärwaiſenhaus an der Waifenftraße, 120 m
lang, vier Stod hoch, mit einem Turme von 45 m
Höhe; das Schaufpielhaus, das Cafino (von Schin⸗
tel erbaut), das große Neit: und Erercierhaus.
iit der Sig des Oberpräfiviums der Provinz Bran—
denburg, der Regierung des Negierungsbezirts B.,
der Dberrehnungstammer, de3 Rechnungshofs des
Deutichen Reiche, eines Amts- und Landgerichts,
ſowie auch der Märkiichen Okonomiſchen Gefell
ſchaft. Auch beitehen dajelbit ein Gymnafium, ein
Realgymnaſium, eine Unteroffizierfchule, ein Ka:
detteninjtitut und eine Kriegsſchule, eine Gärtner:
lehranitalt mit einer Landesbaumſchule; —* das
Militärwaiſenhaus mit 800 Zöglingen, das Civil:
waijenhaus für Söhne unbemittelt verjtorbener
Staat: und Gemeindebeamten und eine Stiftung
zur Husjtattung tugendhafter Mädchen unter dem
Namen eLuiſendenlmals.
Die Bevölkerung der Stadt hat verhältnismäßig
nur langfam zugenommen; fie belief ſich 1817 ohne
Militär auf 23362, 1852 auf 32878, 1880 auf
48447 E. Handel und Induftrie haben in neuerer
Zeit größern Aufſchwung erhalten. Unter den Ya:
brifen cher die Werkjtätten der Eiſenbahn und
das Jacobsſche Etablifjement den erften Nang ein,
Außerdem beitehen große Brauereien, Fabrilen für
Tabak, Baummollwaren, Seidenzeuge, Yeder, Tuch,
MWahsleinwand, Licht und Seife, Pappe u. ſ. m.
Auch iit die Kunftaärtnerei von Bedeutung. Wäh—
Potſu — Bott
tend eines Teils des Jahres, namentlid im Som:
mer, ift P. die Refidenz des Kaiſers und der Prin—
zen. Die Stadt mit ihren reizenden Umgebungen
ft dann der Bielpuntt für viele Fremden. Vor den
meiften Thoren findet man ſchöne Alleen und weiter:
in, größtenteil® an der Havel, Wälder, buſchige
ügel und Weinberge. Durd) das Brandenburger
bor, einen ſchönen, mit freiftehenden 3 Saͤu⸗
len gezierten Triuniphbogen, nad) dem Muſter des
Trajanifchen in Nom 1770 von Unger erbaut, ge:
langt man — ‚Lönigl. Luſtſchloſſe Sansſouci
ſ. d.). Außerdem —* in den Umgebungen von
‚no: Babelsberg (f. d.); das königl. Luftichloß
barlottenhof, von Friedrich Wilhelm IV. als
Kronprinz 1826 angelegt; da3 «Neue Palais»,
Sommerrefidenz des Kronprinzen, 1763—69 er:
baut; das Marmorpalais, am Heiligen See, 1786
—96 von Friedrich Wilhelm IL. erbaut, der auch hier
ſtarb, vollendet 1845 durch Friedrich Wilhelm IV.,
eht Sommerrefidenz des Prinzen Wilhelm; bie
illa des Prinzen Karl in Klein: Glienide an der
Havel, wo eine prachtvolle Brüde über den brei:
ten Fluß führt; das ehemalige Jagdichloß des
Großen Kurfürſten, jeßt Sommerfig der Familie des
verftorbenen Prinzen Friedrich Karl; die Pfauen-
infel in der Havel; die fönigl. Villa auf dem PBingil:
berge; das Belvedere auf dem 85 m hohen Brau-
bausberge mit ſchöner Ausficht über Stadt, Strom
und weitere Umgebungen; das Jagdſchloß Stern
und das 1875—79 von Spieler erbaute Aſtrophy⸗
fitalifche Dbfervatorium auf dem Telegraphenberge.
Die Stadt P. entitand um 1300 aus einen von
Wenden bewohnten Bildern, welches die Stelle
der jebigen Burgitrabe einnahm, während ein zwei:
te3 auf dem heutigen Kiez ftand. Der Grobe fur:
fürft erhob dasfelbe zuerſt aus feiner Unbedeutend-
heit, indem er 1660—73 das fönigl, Schloß bauen
und mehrere Straßen anlegen ließ. Friedrich Wil-
beim I. umaab den Ort mit Mauern und gründete
die Neuftadt und den Wilhelmsplah, und Fried:
rich II. verſchönerte ihn durch viele Prachtgebäude,
das Nathaus, das Schloß Sansjouci, die Bilder:
galerie, das —— das —— u. ſ. w.
Friedrich Wilhelm IL. begann den Bau des Mar:
morpalais, und auch Friedrich Wilhelm ILL: fuhr
fort, die Stadt durch Gebäude und Anlagen zu ver:
fhönern. Die en wurde befonderd unter
Friedrich Wilhelm IV. unter Leitung Lennds (f. b.)
und des Hofgärtners G. Meyer zu den ven iten
Schöpfungen der Bartgärtnerei umgeftaltet. "Vgl.
außer den Schriften de3 1862 begründeten Vereins
für P.s Gefhichte: Schmidt, «Geſchichte und Topo:
rapbie der Reſidenzſtadt PB.» (Potsd. 1825); «Ge:
chichte der lönigl. Nefidenzitadt P.» (derausg. von
A. R., Potsd. 1883); Grieben, «Berlin, P. und lim:
gebungen» (31. Aufl., Berl. 1885).
‚Der ——— otsdam, welcher
die weſtl. Hälfte der Provinz Brandenburg bildet,
umfaßt ein Areal von 20642,57 qkm, zählt (1880)
1161332 E. und zerfällt in die 17 Kreiſe: Ober:
und Niederbarnim, Teltow, Stadt Potsdam, Stabt
Charlottenburg, Dft: und Weithavelland, Stadt
Brandenburg, Ruppin, Brenzlau, Templin, Anger:
münde, Weit: und Oftpriegnik, Beeslow⸗Storkow,
Yüterbogk:?udenwalde und —*
Potſu, chineſ. Name des Amu (f. b.).
Pott (Aug. Friedr.), ausgezeichneter Sprachfor⸗
icher, geb. zu Nettelrede im Hannoverſchen 14. Nov,
1802, widmete fi, nachdem er in Hannover bie
— — | u eu —
Pottaſche — Potteries
Säule beſucht, feit 1821 in Göttingen philol. Stu:
dien, wurbe 1825 Kollaborator am —— zu
Gelle, legte aber 1827 dieſe Stelle nieder und ging
nad Berlin, wo er fic) bei der Univerfität habilis
tierte. Im J. 1833 wurbe er Brofejlor der age:
meinen Spracwillenigaft an ber Univerfität Halle.
Seinen wiſſenſchaftlichen Ruf begründete er durch
feine rn Forihungen» (2 Bde., Lemgo
1833—36 ; 2. vollftändig umgeftaltete Aufl., 6 Bde.,
1859— 76). Eine fiberfiht über den «Yndogerman.
Spraditanım- gab er in Grid und Grubers «All:
gemeiner Encyllopädie» (Selt.2, Bd. 18). Hier:
auf erfchienen die Schriften «De Borussico-Li-
tbuanıcac tam ın Slavicis quam Letticıs linguis
principatus (2 Abhandlungen, Halle 1837—41),
«Die Zigeuner in Europa und Aſien⸗ (2 Bde,
Halle 18414—45), für welches lehtgenannte Wert
ihm die parifer Akademie den Volneyſchen Preis
erteilte, «Die quinare und vigelimale Zählmethode
bei voltern aller Weltteile» (Halle 1847) und «Die
Perſonennamen, insbefondere die Familiennamen
und ihre Entitehungsarten» (er 1853; 2. Ausg.
mit Regiſter, 1859). Kleinere Schriften find «Die
Ungleichheit der menſchlichen Hafen hauptſächlich
vom ſprachwiſſenſchaftlichen Standpuntte» (Lemgo
1856), «Doppelung als eins der wichtigſten Bil:
dungsmittel der Sprache» (Lemgo 1862), «Anti:
Kaulen, oder mythiſche Boritellungen vom Ur:
iprung der Völker und Spraden» (Lemgo 1863)
u.f.mw. Auch gab er W. von Humboldt3 Schrift
aliber die Berichiedenheiten des menſchlichen Sprad):
baued» nebit einer Einleitung «Wilhelm von Hum:
boldt und die Spradmilienichaft» (2 Bde, Berl.
1876 ; neue Ausg. 1880) heraus,
de . u. Kalium (:Berbindungen 7).
Botteudorf, Marktfleden in Niederöfterreich,
Bezirtshauptmannihaft Wiener:Neuftadt, Station
der Linien Meidling: Wiener:Neuftadt und B.:Gram:
mat:Neufiedel der Öfterreihifhen Südbahn, mit
einem fürſtl. ——*5— Schloſſe und (1880)
G., welde eine Baummollipinnerei und me:
han, Weberei (die erfte der Be. 1804 gegrün:
det) unterhalten. Das alte Schloß, im 11. Jahrh.
und wahrſcheinlich mit dem Material älterer Römer:
bauten aufgeführt, war der Siß des Edelgeſchlechts
von Pottendorf, das im 15. Jahrh. erloich.
BPottenftein, Vlarktfleden in Nieberöiterreich,
Bezirlshauptmannſchaft Baden, an der Triefting,
Station der Linie Leoberdborf :St. Pölten der
Oſterteichiſchen Staatsbahnen, ift Sig eines Ve:
sirtögerichts, bat Ruinen einer Burg der im
14. Jahrh. ausgeitorbenen Pottenfteiner und zählt
1880) 1897 E., welche eine Baummollipinnerei,
etallwaren: und Drabtitiftfabriten unterhalten,
ur Zeit Maria Therelias begründete Melchior
teiner aus Winterthur bier wie in der nächſten
Umgebung eine großartige Metallinduftrie, bie
zum Teil, wenn auch nicht im Orte, noch befteht.
Botter (Louis be), einer der Haupturbeber der
belg. Septemberrevolution von 1830, geb. zu
Brügge 26. April 1736, widmete fih während
eines langen Aufenthalts in Italien (1811—23)
tirhenhijtor. Studien, die von rationaliſtiſchem
Standpunft aus gemadht waren und deren Gr:
ebnijie er in mehrern Schriften , als «L'esprit de
'eglise» (8 Bde., Bar. 1821) und «Vie de Scipion
de Ricci, evöque de Pistoies (3 Bde., Brüſſ.
1825; 3. Aufl. 1857; deutſch, Stuttg. 1827), nieder:
233
Belgiens trat er in bie fhärfite Dppoſition gegen
die Minifter und zog fi 1828 eine Gefängnis:
itrafe von 18 Monaten zu. Gefängnis bes
5* er bie fog_Unton ber Katholiken und
iberalen , verflocht ſich aber durch vielfache revo:
lutionäre Pamphlete abermals in einen Hochver—
ratsprozeß, infolge deſſen er 30, April 1830 zu acht:
jähriger Verbannung verurteilt wurde. Nach den
brüfieler Septembertagen von 1830 wurde er Mit:
glied der Proviſoriſchen Negierung, entzweite ſich
aber bald mit feinen Kollegen, die ix tepublilan,
Borfhläge zurüdwielen. Cr verzichtete deshalb auf
jeine Umter und lebte feit jener Zeit ald Privatmann
(bis 1838 in Paris). Er flarb in — 22. Juli
1859. Als fein Hauptwerk verdient Erwähnung
die «Histoire du christiauisme» (8 Bde., Bar.
1836— 37; Auszug, 2 Bde., Var. 1856), die ganz
in antilirhlihem Sinne verfaßt iſt. Sonſt find
nod zu bemerken feine «Etudes sociales» (Brüfi,
1843), fein «Dietionnaire rationnel» (Brüfj. 1859)
und die «Souvenirs personnels» (2 Bde., Brüſſ.
1840). Bol. Yufte . «Louis de P.» —— ie
Votter (Baul), ausgezeichneter holländ. Dialer,
eb. zu Enkhuyzen 20. Nov. 1625, erhielt durch)
Inn Vater, Wieter P., einen mittelmäßigen
aler, den eriten Unterricht. Schon in feinem
15. jahre lieferte er allgemein bewunderte Werte,
und nadydem er ſich 1649 im Haag niedernelaflen,
fah er ſich mit Aufträgen überhäuft. Beſonders
arbeitete er viel für den Prinzen von Dranien.
Sein Fady war Tiermalerei und Landidaften, dod)
eihnete er ſich hauptſächlich in der eritern aus.
ie Landſchaften dienten ihm gewöhnlid) nur, um
die Kühe, Schafe, Biegen, die feine Lieblingägegen:
itände waren, in einer ihrer Lebensweiſe entipre:
enden Umrahmung barzuftellen. Sein Kolorit
it ungemein glänzend, und fo fein er aud alle
einzelnen Teile ag fo wenig findet fid) eine
Spur von gang, teifheit und Danier. Ge⸗
wöhnlic arbeitete er nur Stüde von mäßigem
Umfang. Cine Ausnahme biervon machen die
Bärenjagb im —— duſeum, die große
Ochſenherde, die beim Transport nach Peters:
burg auf der See unterging, und fein Hirt mit
einer Herde im natürlicher Größe, gewöhnlich Der
junge Stier genannt (im Haag), eins feiner auss
——— Werte. Am berühmteiten wurde er
ne feine Piffende Kuh (1814 vom Kaifer von
ußland in Paris angelauft). Auch hat man
geähte Blätter von ihm, die in hohem Wert jtehen.
Er jtarb 27. eig 1654 zu Amiterdam, wohin er
fid) zwei Jahre vor feinem Tode begeben hatte.
Kabinettsitüde von . werden unter allen holländ.
Tierjtüden am teueriten bezahlt. Sein Stier, ber
urfprünglic dem Prinzen von Dranien gehörte,
wurde 1795 von den Franzoſen aus dem Haag
weggeführt und war. Serauf eine der vorzüglich:
ften Zierden des parifer Muſeums, bis er 1815
wieder nad) dem Haag gebracht wurde. Auber:
dem finden ſich Hauptbilder von ihm in Peters:
burg, London, Paris, Antwerpen, Scheveningen,
Dresden, Wien und Münden. Sal. Meitrheene,
«Paulus P ‚sa vie et ses auvres» (Haag 1867).
Potteries, d. h. Töpfereien, nennt man in
England die Fabrikgegend im nordweſtl. Teil der
engl. Grafihaft Stafford, welde das berühmte
engl. Steingut, Porzellan u. f. w. liefert. Der
Diitritt umfaßt das Thal des obern Trent in einer
legte. Gegen da3 Ende der holländ. Regierung | Ausdehnung von 11 bis 13 km und hat auscr
234
groben Reichtum an Eifenerz ein befonderes Koh:
enlager und reichlichen Töpferthon
bie hier betriebene Induſtrie nod ergänzt wird
durch die feinften Thonarten von Burbet in Dorfet,
Seifen aus Cornwall, erftein von Gra:
vesend, aus Wales und Jrland. Gtrom:, Kanal:
und Eifenbahnverbindbung erleichtern dem merk:
würdigen Induſtriediſtrilt den Abjah feiner Erzeug⸗
niffe nad) allen —— Auf einem nur be:
ſchränlten Raume enthält derfelbe eine Reihe von
Städten, — und Dörfern, bie einander allmãh⸗
lich fo nahe gerüdt find, daß fie jebt faft eine einzige
Stadt von etwa 300000 E. bilden. Die ig
— meiſt an ber Eiſenbahn gelegen, find:
tofe upon Trent (f. d.); Nemwcaftle under
Lyme (f. d.); Etruria (f. d.); Fenton (f. d.);
Longton und Lane:End (4,3 km im Güb-
often von Stofe), ein unregelmäßig gebauter Ort
mit den Borftädten Gibraltar und Dreften,
zufammen mit (1881) 18615 E., 98 Fabrilen und
62 Werlftätten, einem Athenäum, einem litterari:
(den Inſtitut und einer Bibliothet; Hanley (1. d.);
urdlem (4,3km im Rorben von Stofe), ſchlechi
ebaute Marttftadt am Trent, der wichtigfte Ort für
ie yes der ®., mit (1881) 26521 E. einer
Stadthalle, einer Markthalle, dem 1870 eröffneten
Wedgwood⸗Inſtitut, einer Kunftfhule, Mufeum,
einer Glashütte in ber Borftabt Longport und
einem Kranlenhaufe in ber Nahbaridaft; Tun:
ftall(f.d.). Die Pottery befteht zum Teil aus einem
verworrenen Haufen funftlofer Gebäude, die, durch
bloße Feldwege verbunden, mitten unter Meiereien
und Adern liegen. Die Pottery verdankt ihr Auf:
tommen dem Unternehmungsgeifte Wedgwoods,
ber 1760—95 bier in dem von ihm erbauten Dorfe
Struria wirkte, ſowie dem Umftande, daß ſich da:
jelbſt die ergiebigften Steinfohlenminen und die
Gruben des beiten Thons befinden.
Pottfiſch, Pottwal, ſ. Kaſchelot.
Bottle, engl. Hohlmaß, = 2,72 1.
Vottloh, foviel wie Graphit.
Votto, ſ. unter Halbaffen.
Pottfcheö Abel (Malum Pottii), Spondyl:
arthrocäce, benannt nad) dem engl. Chirurgen
Bercival Bott (geb. 1713, geſt. 22. Dez. 1788 als
Oberarzt am ieh year pital zu London),
der das Leiden zu enau beſchrieb, heißt bie eite:
tige Entzündung der Wirbellnochen und die durch
fie hervorgerufene winfelige Anidung (Budel) der
Wirbelfäule. (S. unter Wirbelfäule.)
Vottötotun, Poſtdorf in Montgomery County
im norbamerit. Etaate Bennfylvania, liegt am
Schuyllillfluß, an der Mündung des Manatawny:
Greef, an der Bhiladelphias und Reading: und ber
Golebrootdale-Gifenbahn , hat (1880) 5305 E., 12
Kirchen, 1 höhere Unterridhtäanitalt, 1 Ho ſchuie,
2 Eiiengiebereien, 2 Hohöfen, 1 Nagel:, 1 Wagen:
und andere Fabrifen.
Bottoville, Stadt und Hauptitadt von Schuyl:
KU County im nordamerit. Staate Bennfylvania,
* in wilder Gebirgsgegend am Schuyltillfluß
und an der Mündung des Norwegian:Greel, an
der Bhiladelphia: und Reading-Eifenbahn und hat
(1880) 13253 G., unter denen viele Deutiche.
en
bat 1 Gerichts: und 1 Stadthaus, 18 Kirchen
1 5° ſchule, 3 Rational: und 6 andere Banlen,
4 Walzwerle, 3 Eiſengießereien, Hohöfen, Maſchi—
nenwerlftätte und mehrere Sabriten und ift ein
Hauptitapelplag für Steintohlen.
ber jedoch für | M
. | lie und Privatgebäude und
Pottfiſch — Poughleepfie
Potvbin (Karl), —— . au
ons 2. Dez. 1818, ftudierte an der kath. Univer:
fität zu Löwen, deren Grumbfägen er jedoch gleich
beim Antritt feiner litterarifchen Laufbahn abhold
wurde. 7 Zeit widmete er ſich zu Brüſſel der
Öffentlichen Zagesprefle im Sinne des eytremen
Liberalismus, fpäter beidhäftigte er ſich ausſchließ⸗
lid mit Studien und Arbeiten auf dem Gebiete
der Pitteratur: und Kunſtkritit und ift feit wielen
yabren einer der thätigften Rebacteure ber «Revue
e Belgique» und Inhaber des von der Stadt
Brüfjel unterhaltenen öffentlihen Lehrituhls für
Litteratur. Seit 1884 ift er Konſervator des Mu:
feums Wierz in Brüfiel. Bon feinen poetifchen
Werten find zu erwähnen: «Po&mes historiques
et romantiques» (Brüfj. 1840), «Patrie; po6sies»
(1862), «Marbres antiques et crayons modernes»
(1862), «L'art flamand» (1868), «Jacques d’Ar-
tevelde» (biftor. Drama, 1861), «La mörc de Ru-
bens» (Drama in 5 Alten, 1875), «Le roman du
Renard» (verfifiziert, 1860). Bon feinen fonftigen
Schriften verdienen hervorgehoben werben:
«L’eglise et la morale» (2 Bde., . 1858;
unter bem Pieudonym Don Jacobus), «Nos pre-
miers sidcles litteraires» (2 ., 1870), «De la
eorruption littraire en France» (1873). Zur
roman. Pitteratur lieferte er einen wertvollen Bei:
trag durch Herausgabe des zu Mons befindlichen
Manuftripts von Chreftien de Troyes' « Perceval
le Gallois» (5 Bde., Mond 1865— 71).
otwal, |. Rafcelot. j
onanee, Stadt im franz. Depart. Maine:et:
Soire, Arrondiffement Segre, Station der Linie
Sable:Chäteaubriant der Weitbahn, hat (1881)
2038 (Gemeinde 3446) E. ein Schönes modernes
Schloß, die Ruine einer Burg aus dem 13. und
14. Jahrh. und ein 1651 gegrünbetes Eifenwert.
Poudre (fr;.), Sand, Pulver, Buber; P. de
riz, feinftes Reismehl als trodene weiße Schminte.
Boudretie (irz., Fälalbünger), der zu einem
trodenen Düngemehl verarbeitete, zumeilen vorher
desinfizierte Inhalt der ftädtifchen Aborte. Wäh-
rend fıch die frühere Behandlung Far auf eine
fortgefehte Berbampfung an freier Luft, teilmeije
auch auf Hürden und in Trodeuftuben befchräntte,
hat man in neuefter Zeit die Gewinnung ber wert:
vollen Stoffe audy auf teild mechan., teild chem.
Wege (Verfahren von von Bodewild, Buhl und
Keller u. a.) mit Erfolg durdgeführt und dadurd)
zugleich einen Dünger gewonnen, welder, im Ge:
enſatz zu der frühern P „einen gleihmäßigen Ge:
hatt an Stidftoff, Kali, Bhosphorjäure u. }. w. be:
it. Auch die Vermiſchung der Fälalien mit
orfftreu hat fich als zwedmäßig erwieſen. Bal.
Heiden, Müller und von Langedorff, «Die Ber:
mertung der ftädtifchen Zätalien » (Hannov. 1885).
Ponghtecpfic (auch Boleepfie), Stadt umd
——— von Dutch Sen). im norbamerif.
taate Neuyork, liegt am Hublonfluß, über wel:
en eine ſchmiedeeiſerne Baltenbrüde führt (f. Ta-
fel: Brüden II, 2), an der Hudion: River: und
der B.: und Eaftern:Eijenbahn, hat (1880) 20207 E.,
breite und fhöne Straßen, geihmadvolle öffent:
be Anzahl vorzüglicher E Armen heran har
große Anzahl vorzüglicher Erziehun alten aus,
morunter das von Matthew Bajlar 1865 gegrün:
dete Vaflar:College, eine ee nterrichtsanftalt
jr Mädchen, das bedeutendite ift, Außerdem bat
. mehrere Gofleges, Seminarien, Ynftitute, eine
Pouillac — Bourtales
ſtaͤdtiſche Hochſchule, ein Opernhaus, ein Stadthaus,
eine Öffentliche Bibliothel, ein rg ſechs
Banten, ein Walzwert, einen Hohofen, Wolls, Wa:
en:, Mafchinen: Schuh⸗, —— und andere
abrilen. Die Deutfchen ber Stadt haben brei
irhen unb eine Schule.
ouillac, ſ. Bauillac.
onillet (Claude Servais Mathias), ausge:
zeichneter franz. Phyſiler, geb. 16. Febr. 1791 zu
Cuzance (Doubs), beſuchte feit 1811 die Normal:
ſchule zu Paris, an welcher er bald darauf Repe—
tent und Maitre de Conferences wurde. Er erhielt
dann den Lehrituhl der Phyſil am College Bourbon
und wurde 1829 zum zweiten Direltor des Konfer:
vatoriums ber Nünfte und Gewerbe ernannt, an
welchem er das un der Phyſil übernahm. Im
J. 1831 erhielt er die oberfte Zeitung diefer Anftalt.
Als ein aufrichtiger Verehrer der Julidynaftie ge:
hörte er auch ala Deputierter zu ben Bertretern
der minifteriellen Bolitit, Nach der Februarrevo:
lution von 1848 zog ſich P. aus dem polit. Leben
zurüd und legte nad dem Staatsſtreich von
2. Dez. 1851 auch feine Umter nieder. Seit AJuli | de
1837 war er Mitglied der Atademie der Willen:
fhaften. Er ftarb 15. Juni 1868 in Paris. P.s
Auf gründet fih auf feine trefilidden « El&ments
de physique experimentale et de me&töorologie »
(7. Aufl., 2 Bde., bearbeitet von N Müller [f. d.];
8. Aufl., von Pfaundler, Braunſchw. 1876—81),
die fih aud in Deutichland eingebürgert haben,
und auf feine « Notions generales de physique et
de met£orologie» (3. Aufl., Par. 1859).
Poniliy, Dorf im franz. Depart. Meufe, Ar:
rondijjement Montmedy, lint3 an der Maas, Sta:
tion der Linie Lerouville:Sedan der Dftbahn, mit
509 €.; bier überichritt am 31. Aug. 1870 das
preuß. Garbelorps ben Fluß, um bei der Berfol:
gung Mac⸗Mahons gegen Carignan vorzugehen.
‚Bonilly:fur-Loire, Stadt im franz. Depart.
Nieore, Arrondiſſement Cosne, reits an der Loire,
Station der Linie Paris: Neverd: Lyon (Ligne du
Bourbonnais) der Paris: Lyon» Mittelmeerbahn,
bat (1881) 1848 (Gemeinde 2986) E., Weinbau
(guter Weißwein) und Weinhandel. B., mittellat.
Polliacus im Pagus Autissiodorensis, gehörte
unter den Balois und Bourbons zu Nivernais.
oulat (Yean Joſeph Francois), franz.
Per eller, geb. 26. San 1800 wir du (De:
ırt. Rhönemündungen), machte feine Studien in
lir, fam 1826 nad) Paris, trat in freundfchaft:
lihen Bertehr mit Mihaud, wurde deflen Mit:
arbeiter an der «Bibliotheque des Croisades» und
bereifte mit ihm feit 1830 Griechenland, Konftan-
tinopel, Kleinafien und Jeruſalem. Bei * Rüd:
tehr ließen fie die «Co ndance d’Orient»
(7 Bde., Bar. 1833—35) erſcheinen. Nachher ver:
öffentlichten fie eine « Nouvelle collection des mé-
moires pour servir & l’histoire de France depuis
le XIIl® siècle jusqu'& la fin du XVIII% (32 Bde
Var. 1836—38). reits 1835 hatte P. den Ro:
man «La B£douine» (2 Bde., Par. 1840 u. öfter)
—— der von der — — Alademie ge⸗
rönt wurbe. Nach der Rüdlehr von einer Reiſe
nach Italien, wohin er Michaud begleitet hatte,
ließ er«Toscane et Rome, correspondance d’Italie»
(1839) erfcheinen, bejorgte auch eine neue Ausgabe
von Michauds «Histoire des Croisades » \ de.,
Se. 1840—48), mit einem Borbericht über das
ben bes Berfaffers. Außerdem verfaßte P. eine
235
«Histoire de Jerusalem» (2 Bde., Bar. 1841—42;
4. Aufl. 1856), die «Histoire de Saint-Augustin »
(3 Bde., Den 1844; 3. Aufl., 2 Bde., 1850), eine
elrönte Breisichrift und eins feiner Hauptwerte;
erner «Histoire de la r&rolution frangaise »
(2 Bbe., Tours 1847; 6. Aufl. 1877), «Le cardinal
Maury, sa vie et ses @uvres» (Bar. 1855; 2. Aufl.
1858) u.f.w. Im J. 1848 wurde P. im Depart.
Rhönemündungen in die Konftituierende National:
verlammlung und naher auch in die Gefeßgebende
Verfammlung gewählt, wo er mit der legitimift.
Rechten ftimmte. Gr jtarb zu Baris 5. Jan. 1880,
Poularden (frz.), verihnittene Hühner, bie ſich,
wie die Kapaunen, vorzüglid gut mäjten lafjen
und ein noch beſſeres, zarteres Fleiſch geben als
biefe. Anjtalten, wo diefe —8 im großen geſchieht,
nennt man in Frankreich POularderien. Neuer:
dings kommt das Verſchneiden aber immer mehr
ab, und man wmäjtet mit mehr Vorteil die fog.
Poules und Coqsvierges, junge Tiere, bie bis
zur Majtzeit völlig getrennt gehalten worden find.
Ponte (fr3.), der gefamte Einſaß in einem Spiel,
n der Gewinner belommt, befonders beim Billard,
oulton:le-Sands, Seebad beilancalter(i.d.).
ound (engl.), Gewidt, f. unter Avoir-
dupois, — P, Sterling, Pfund Sterling.
ounza iſt in Dftindien natürlid vorkom—
as 2, Dorf im Depart.’Eure:et:Loi
oupry, franz. epa tre⸗et⸗Loir,
5 km nordweſtlich von Artenay, bildet einen Teil
bes Schlachtfeldes von —* f. d.), auf weldem
2. Dez. 1870 gelämpft wurde,
Pongquebille —— Charles Hugues Lau⸗
rent), franz. Gelehrter, geb. 4. Nov. 1770 zu Mer:
lerault im Orne: Departement, widmete fi ur:
fprüngli) dem Stubium der Med in und erwarb
fih durd feine Abhandlung über die orient. Belt,
die er in Ügypten und Syrien beobadıtet hatte,
einen ehrenvollen Ruf. Nachdem er Mitglied der
ägypt. Kommiſſion geweſen, dann eine Reiſe nad)
Konftantinopel und Griehenland unternommen
batte, fenbete ihn Napoleon ala Generaltonful zu
Ali Paſcha nad) Janina, bei dem er bis 1812 blieb,
worauf er zum eneraltonful in Patras ernannt
wurde. Er ftarb 28. Dez. 1838 zu Paris. P.
widmete ſich — der ** ung Grie⸗
chenlands. Zuerſt erſchien feine «Voyage en Mo-
ree, à Constantinople, en Albanie, etc.» (3 Bbe.,
Bar. 1805), dann bie «Voyage de la Gr&ce» (5 Bbe.,
Par. 1820—22; 2. Aufl., 6 Bde., 1826—27), zus
left «La Gröce, histoire et description» (Par.
1835) für das «Univers pittoresque», Grobe Ber:
breitung erlangte aud) feine «Histoire de la r&ge-
neration de la Gröce, 1740—1824» (4 Bbe., Bar.
1824). Als Mitglied der Alademie der Inicpriften
verfaßte er das «Mö&moire historique et diplo-
matique sur le commerce et les &tablissements
frangaises au Levant» (1833).
Pour aoquit, ſ. Acquit. ’
Pour le mörite (Orden), f. Mérite (Or:
en frz), Unterrebung (behufs ei
Pourparler (frj. nterredung ufs einer
Berftändigung), Unter ——
Pour prenäre cong&, ſ. unter Congé.
Bonrtalds, ein in Preußen, Oſterreich (Böh:
men), Frankreich und der Schweiz blühenbes gräf:
liches und adeliges Geſchlecht, defien ——
Vorfahren nad) Aufhebung des Edikts von Nantes
aus dem jüdlihen Frantreich nad der Schweiz
236
auswanderten und ſich * Neuenburg niederließen,
wo ſie als fleißige Gewerbsleute lebten. Der erſte dies
fer Bürgerfamilie, der aus der —* hervor⸗
tritt, iſt der Kaufmann Jeremias P. deſſen Thä⸗
tigleit und Geſinnung die Blicke Friedrichs d. Or.
auf ihn Ienkten, Lebterer erteilte ihm 9. Febr.
1750 den Abelöbrief. Der Sohn diejes Jeremias
= war Jakob Ludwig von P., der eigentliche
öpfer jenes * Vermoͤgens, welchem
feine Nachkommenſchaft Rang und Stellung ver:
dankt, Er war 9. Aug. 1722 zu Neudätel geboren,
befuchte einige Jahre hindurch wiſſenſchaftliche Bil:
dungsanftalten und eröffnete dann 1753 fein Han:
delshaus in Neuenburg, das er binnen Furzer Zeit
zu einem der geachtetſten in der Welt erhob. Sein
taftlofer Unterne —**2* Da nicht nur ein
Nep von Comptoird und Geſchäftsverhindungen
über beide Hemilphären gezogen, ſodaß er Durch feine
roßen Handelsoperationen der glüdliche Neben:
ubler des Hopeihen Haufes in Amfterbam wurde,
fondern er begründete auch in feiner Heimat wie
anderwärt3 induftrielle Gtabliffements aller Art.
Er ftarb 20. Dlärz 1814 zu Neucätel. Zur An:
erfennung feiner Verdienſte wurden feine brei
Söhne 19, Mai 1814 vom König Friedrih Wil:
beim ILL. in den preuß. Grafentand erhoben. Sein
ältefter Sohn, Graf Ludwig von P., geb. 14. Mai
1773, geit. 8. Mai 1848, war Präfident des Staat2:
rat3 im Fürftentum Neuenburg , fowie Oberinjpel:
tor der ſchweiz. Artillerie. Bon feinen drei Söhnen
war ber ältefte, Graf Ludwig August von P.,
geb. 17. März 1797, geft. 7. Juni 1870, preuß.
außerordentliher Staatsrat und Oberftlieutenant
ber Artillerie des Fürftentums Neuenburg, wäh:
rend ber zweite, Graf Harl Friedrid von ®.,
eb. 10, Juni 1799, geſt. 5. Juni 1882, Oberin:
peltor der Milizen des Fürſtentums war. Beide
Brüder fuchten 3. Gept. 1856 an der Spibe der
Royaliften die königl. Regierung in Neuenburg
(j. d.) wiederherzuftellen. Graf Ludwig nahm das
Schloß zu Neuenburg, während Karl Friedrich nad)
Locle und Lahaur:de: Fonds z0g. Beide wurden
jedoch von ihren Gegnern gefangen genommen und
erit 26. Mai 1857 wieder in Freiheit geſetzt.
Peuinn (Nicolas), ausgezeichneter Hiftorien-
und Landſchaftsmaler, geb. Juni 1594 zu Billers
bei Les Andelys (Normandie), machte feine erſten
Studien in feiner Heimat_und in Paris unter
D. Darin und Allemand. Sein Berbienft war be:
reits anerfannt, als er, um ſich in feiner Kunft zu
vervollfommmen, 1624 nad Italien ging. An
Rom trat der Dichter Marini mit ihm in ein freund:
—— Verhältnis und flößte ihm Geſchmack
an den Dichtern Italiens ein, in benen PB. reichen
Stoff für feine Kompofitionen fand. Nah Marinis
Tode fehlte es P. an Unterftügung und er jah fich ge:
nötigt, feine Arbeiten zu ſehr niedrigen PBreifen zu
verlaufen, Endlich fand er eg Fr den
Kardinal Francesco Barberini und den Ritter Caſ—
fiano del Pozzo, für den er die Sieben Salramente
malte, Durd) diefe treffliche Folge von Gemälden
wurde P. au in Frankreich berühmt und 1639
vom Kardinal Richelieu nah Paris berufen, um
die Galerie de3 Louvre zu verzieren. Ludwig XII.
ernannte ihn zu feinem erjten Dialer. Er —*
in Paris viele Aufträge, fand aber auch zugleich
eine Menge Widerfacer, namentlih an Vouet,
Feuquieres und Mercier, welche bereits die Delo:
ration des Louvre begonnen hatten. Auch hatte er
Poufiin — Pouyer :Quertier
gegen bie ganze Schule des von ber Königin be-
nftigten Simon Bouet zu lämpfen. Er gab daher
ereits im Sept. 1642 feine Stellung in Paris wie:
ber auf und fehrte dann nad) Rom zurüd, wo er
19. Nov. 1665 ftarb. Am bedeutenditen war er im
————— Auf Grundlage des bisher von
den — und den in Rom wohnenden Nieder⸗
ländern Geleiſteten ſchuf er die ſog. heroiſche Land⸗
ſchaft, welche nad) den Geſetzen bedeutfamer Mafjen-
verteilung angeordnet, in ihren fanften und großen
rmen den Schauplaß für ein goldenes, idylliſches
italter darbieten follte. Dabei find diefelben von
erniter, ja melandolifcher —— Figura⸗
len verfolgt er eine antiliſierende Richtung, wo:
durch er zuerit die Haffiiche Bahn der fpätern franz.
Schule eröffnete. Als Hiftorienmaler befaß er
bie genauefte Kenntnis der Zeichnung und der Kom:
pofition. Auch in der Zeichnung find ihm plaftifcher
Ernit und ftrenge Beftimmtheit des Stils nicht ab-
zufprechen. P. bleibt das Verbienft, der Entartung
und Willtür in der franz. Kunſt für einige Zeit
Stillftand geboten und fie auf eine ftrengere Hai:
fiihe Bahn geleitet zu haben. Bu feinen berühmt:
teften hiſtor. Werfen, die ſich meift im Louvre be-
finden, gehören die Sündflut, Germanicus, die
Ginnehme von Zerufalem, das Abendmahl, die
Peſt der Bhilifter, Rebella, die Ehebrecherin, Mofes
als Knabe, Mofes, der mit feinem Stabe Wafjer
aus dem Felfen jchlägt, die Anbetung des Golbenen
Kalbes, Johannes, welder in der MWülte tauft
u.f.w. Nad ihm haben geftochen Chateau, Boilly
und am vorzügliditen G. Aubran, J. Besne und
Claudine Stella. Bol. Boudittd, «Le P., sa vie
et son @uvre» (Par. 1858); Andrejen, «Nicolas P.,
Verzeichnis der nad) feinen Gemälden gefertigten
Kupferttiche» (Lpy. * oillon, «Nicolas P.,
etude biographique» (2, Aufl., Lille 1875).
Pouſſin (Gaspäro), eigentlich Gaspard
Dughet genannt, Schwager des vorigen, geb. in
Nom Mai 1613, geft. dafelbit 25. Mai 1675, folate
diefem in der Pflege des Landihaftsfahs nad.
Seine ibealifierten Bilder aus ber Gampagna be-
zeichnen die höchſte Stufe diefer Richtung, fie find
voll Klarheit, großer Linien und gewaltiger Grup:
pierungen. Seine Werle find in den verſchiedenen
Galerien zeritreut, die zu Wien befist eins feiner
fhönjten, das Grab der Cäcilia Metella bei Kom,
outroye (La), foviel wie Schnierladh.
ouyer⸗Quertier (Auguftin Thomas), franz.
Staatsmann, geb. 3. Sept. 1820 zu Etouteville
(Seine:$nferieure), widmete ſich induftriellen Un—
ternehmungen und begründete zu Nouen umfang:
reihe Baummollfabrifen. Im 8. 1857 als bona-
partijtifcher Kandidat in den Gejehgebenden Körper
ewäbhlt, zeigte er fich zwar als Anhänger der kaiferf.
Regierung, betämpfte aber x freihandleriſches
polit. Suftem aufs ae efe 5 ihn da
bei den Neuwahlen 1869 fallen, Als Mitglied der
— — vom 8. Febr. 1871 (für
Rouen) ſchloß er fich dem rechten Centrum an und
wurde ſchon 28. Febr. 1871 von Thiers, befien
Ihubzöllneriihe Anihauungen mit denen vVa viel⸗
Rn übereinftimmten, zum Finanzminiſter ernannt,
n biejer Stellung leitete er beim Friedensſchluß
mit Deutichland die finanziellen Unterbandlungen
in Betreff der Kriegsfoftenzahlungen, Auch unter:
ſtüßte er den Präfidenten Thiers aufs wirlſamſte
vor der Nationalverjammlung in Berteibigung der
von diefem beantragten Reform der Steuern und
Pouzanges —
Zölle. P. nahm 3. März 1872 in Veranlaffung
der Affaire des Präfelten Janvier de la Motte,
deſſen Verhalten er in Schuß nahm, feinen Abichied,
worauf er in die Nationalverfanmlung wieder ein:
trat. Am 30. Jan. 1876 wurde er vom Depart.
Seine:nferieure in den Senat gewählt.
Bouzanges, Fleden im franz. Depart. Vendee,
Arrondijiement Fontenay:le:Comte, auf den Höhen
von 2a:Gätine, Station der Linie Tours: Yes
Sables d’Dlonne der Franzöfiihen Staatsbahnen,
hat Bun 1508 (Gemeinde 3096) E., Ruinen eines
Schloſſes aus dem 13. und 14. Jahrh., Eifenquellen,
Gerberei und Biehmärtte, 3
——* do Varzim, auch Bavda de Varzim,
Hafenftadt im portug. Diftrilt Oporto, Station der
Setundärbahn Oporto:Billa Nova de Famalicäo,
bat (1878) 10365 E., Schiffahrt und Fiſcherei.
otwellinfeln, f. unter Südpolarländer.,
owenez, Kreiftabt im ruf. Gouvernement
Dlonez, am nördl. Ufer des Onegafees, mit (1881)
643 E. bat Handel mit Bau: und ——
Pözl (Joſ. von), ee geb.5.Nov.
1814 zu Pechtersreuth bei Waldſaſſen in der Ober:
falz, widmete ſich jurift. Studien zu Münden und
Babilitierte fih 1842 in Würzburg. Seine publi:
ziſtiſche Thätigkeit war —— darauf ge:
richtet, die ide —— über Auslegung und
Handhabung der Berfallung zu belämpfen, zu wel:
wed er ein Kompendium des «Bayr. Staats:
verfafjungsrehts» (Würzb. 1847) veröffentlichte.
Er wurde 1847 Profeſſor des bayr. Staatsrechts
in Münden und 1848 von zwei bayr. Wahlbezirten
zum Parlament nad) Frankfurt gewählt. Später
veröffentlihte er das «Lehrbuch des bayr. Ber:
fa eu t3» (Munch. 1851; 5. Aufl. 1877), das
«Lehrbud des bayr. Verwaltungsredht3» (Münd).
1856; 3. Aufl. 1870) und den « Grundriß zu Bor:
lefungen über Bolizeiv (Münch. 1866). Außerdem
feitete P. unter Mitwirtung von Arndt und
Bluntichli feit 1853 eine kritiſche Zeitihrift für
Geſehgebung und Rechtswiſſenſchaft, die anfänglich
unter dem Titel «Kritiſche Überichau» erſchien, den:
felben aber 1859 in «Stritiihe Vierteljahrichrift»
abänderte. Im J. 1858 in die bayr. Zweite Ham:
mer gewählt, ward er 1863 zum zweiten, und ſpä—
ter zum eriten PBräfidenten ermählt. Seit 1871
war P. Mitglied der bayr. Kammer der Reichsräte
und gehörte jeit 1868 auch zum Lehrlörper der tech:
nif Hochſchule in Münden. P. ftarb in der
Nacht vom 9, zum 10, Yan. 1881 in Dünen.
ozſega Poſchega.
ozza dge äuber, ſ. Fra Diavolo.
Pozzo di Borgo (Karl Andr., Graf), ruf.
Diplomat, geb. 8. März 1764 in Alata auf der
Injel Corfica, wurde Advolat und 1791 in die Ye:
gislative Nationalverfammlung gewählt, wo er ſich
den Girondilten anſchloß. Er verlieh aber Frant:
reich um feiner perfönlichen Sicherheit willen und
wandte ſich feit Herbjt 1792 Baoli (f. d.) zu. P.
übernahm unter der engl. Herrichaft auf Corfica
ben Borfig des Staatsrats und ſchiffte ſich beim
abzupe der Engländer mit diefen ein. Der corſiſche
amilienhaß gegen die Bonapartes brachte P. vol:
ends ins Lager der Gegner der Revolution. Nach—
dem er in mehrern geheimen Sendungen, z. B. 1798
in Wien, für die Koalition thätig geweſen, trat er
in ruf. Dienfte, ging 1805 zur engl.:neapolit, Ar:
mee als rufj. Kommiliar, ebenjo 1806 zum preuß.
Heere. Der Bund Auslands mit Navoleon bewog
237
ihn, vorübergehend den ruſſ. Dienft zu verlafien
und 1809—10 in Oſterreich, dem Orient, Groß:
britannien feine Thätigfeit gegen Napoleon fort:
äufegen. Im J. 1812 begann der wichtigfte Teil
jeines öffentlichen Wirlens. Er brachte den Bund
mit Schweden zu Stande, drängte Alerander zur
Fortſetzung des Kriegs, fuchte Bernadottes bebä
tigeö Zögern zu überwinden, ging dann als ruf].
Kommillar ind ſchwed. F und im Jan. 1814
nad) England, um die brit. Politik zu entſchiedenem
Handeln zu beftimmen. Kaifer Alerander I. be:
lohnte ihn mit dem Poften eines ruff. Botichafters
in a und nahm an mit auf den Wiener on:
areß. Nach der Rüdlehr Napoleons von Elba eilte
er zu Ludwig XVII. nad) Gent, begab ſich hierauf
ins Hauptquartier Wellingtond und wurde bei Wa:
terloo leicht verwundet. Nach dem Ausbruch der
„ulirevolution von 1830 ward feine Stellung
chwierig. In Baris jah man in ihm den Vertreter
der Bolitit Rußlands gegen Polen, und es fam
nad) dem Falle Warſchaus zu Demonftrationen, die
feine —— im Fruhjahr 1832 zur Folge
hatten. Indeſſen ward er bereit nad) einigen Mo:
naten wieder nad) Paris gefandt, 1834 zum Bot:
ſchafter in London ernannt, blieb auf diefem Poften
bis 1839 und zog fi) dann als Privatmann wieder
u. ger jurüd, wo er 15, Febr. 1842 ftarb.
Bol. Vuhrer, «Notice biographique sur le comte
P. di Borgo» (Bar, 1842).
Pozzudli (bei den Alten Dicaearchia, dann
rõm. Puteoli genannt), Hauptjtadt des ae
en Kreifes in der ital. Provinz Neapel, in herr:
—F Gegend an einer Bucht des Golfs von Nea—
pel, zählt (1881) 11967, ala Gemeinde 16639 E.,
war einjt eine große röm. Handelsſtadt. An die
Nömerzeit erinnern zahlreiche ae und Ruinen,
namentlich da3 grandioje Amphitheater, fowie die
Neite des Serapistempels und des antifen Hafen
dammes. In und bei P. find berühmte Mineral:
bäder, in der Nähe die zumeift aus reihhaltigem
Gifenfand bejtehende neunnlanerne, welche,
durch Kalk verbunden, fteinhart wird. Zwiſchen PB.
und Bajä liegt der Lucrinerfee, dicht daran der
1538 durch vullaniſche Eruption aufgefchüttete
Monte-Nuovo, der See Avernus, ae von
P. die berühmte Solfatara (f. d.). Die alten Römer
benupten die Gegend von P. als Villeggiatur, an:
gebliche Reſte der Billa Eiceros werden gezeigt.
P.P., auch P.p. oder p. 7 Abkürzung für:
1) Professor publicus; 2) Pastor primarius;
3) Pater prior; 4) praemissis praemittendis (j. d.);
5) per procura (f. unter Protura); 6) prossimo
passato (f. unter Prossimo).
pp., joviel wie und fo weiter (ic.). j
p- p o., Abkürzung für pour prendre conge
(frj., d. h. um Abſchied zu nehmen), auf Qifiten
karten gebräuchlich, |. unter Conge. j
P. B. O., Ablürzung für Professor publicus
ordinarius. j nissimo.
ppp., mufifalifche Vortragsbezeihnung für pia-
p. ptr., lbtürjung für praeter propter, lat.,
d.h. Mapa, etwa.
P.R., Abiurzung für Populus Romanus (lat.,
d. b. das röm. ;
Pr, NAbtürzung ichem. Zeichen oder Symbol)
für Pruſſin. ‚ [der Vorrang.
Prae (lat.), vor; auch fubftantiviich gebraucht;
PBrändamiten, Menſchen, welde-vor Adam
gelebt haben jollen.
Präadamiten
Volt),
238
Bränmbel (Praeambulum, [at.), lange Ein:
leitung, ehe man zur Sache jelbft Tommt, Um:
j weil: in der Mufik joviel wie Bräludium.
Präbende (lat.) hieß uriprünglich der den Mön:
hen und Klerilern am gemeinfamen Tiſch gewährte
Lebensunterhalt. Daraus erllärt fi, daß der
Ausdrud im engern Sinne, und fo ijt er aud in
ber — Kirche üblich, vorzugsweiſe für die Ein:
nahmen der Stanonifer gebraucht wird, welche an
die Stelle des diefen gewährten Lebensunterhalts
getreten find, nachdem das gemteinfame Leben in
den Hlöftern auseinander gefallen war, und welche
heute meiſt in feften nein geeäieien Gebalten
und in Einräumung einer Wohnung (curia) be:
jtehen. m weitern Sinne bedeutet das Wort in
der kath. Kirche dasſelbe wie Pfründe (f. d.).
Bräcedend(vomlat.praecedäre), vorangehend.
räcedenz (lat.) beißt ein Vorgang, der für die
Behandlung eines gleichartigen fpätern Vorgangs
als Vorbild dient ober dienen kann. In diefem
Sinne ſpricht man von völferrechtlichen, verwal—
tungsrechtlichen, parlamentarijchen, polit, Präce:
denzfällen. Iſt der frühere Fall durch ein gericht:
lies Urteil erledigt worden, fo nennt man dies
ein Bräjubiz (f. d.).
Praeoessor (lat.), Borgänger. ,
Prachatitz (flaw. Prachatice), Stadt im füdl.
Höhmen (Böhmerwald), am rg des nn
am Ziwnahach, in landſchaftlich ſchöner Gegend,
©ih einer Bezirlshauptmannſchaft und eines Be:
irtögerichts, zählt 4359 meift deutſche E., hat eine
Sofamentiermarenfabri „„tine Brauerei, zei
tärkefabriten und eine Zundhölzchenfabrik. Cine
Spesialität von altersher ift der fog. Berlbrannt:
wein, ber unter bem Namen ae in die
Nachbarländer verjendet wird. P. ift eine der älte:
jten Städte Böhmens ımd war bedeutend als
Stapelplak des Salzes, das auf dem Goldenen
Steige von Paſſau nad Böhmen ie wurde,
P. hat mehr als jede andere Stadt Böhmens das
mittelalterliche Ausfehen bewahrt, bat enge Gaſſen,
Häufer mit innen, Fresken und Sprafittmalereien,
Reite der Stadbtmauern u. ſ. w. P. fam Ende des
15. Jahrh. an die Nofenberge, —* der Schlacht
am Weißen Berge an den Fürſten Johann Ulrich)
von Eggenberg, und 1710 durch Vererbung an die
Fürften von Schwarzenberg.
Prachern, in der Gaunerſprache ſov. w. betteln;
Pracher, Bettler; Pracherfleppe, Bettelbrief.
achtalof, f. unter Yucca.
rachteider, f. unter Giderente,
Prachtfinken (Amadinae), eine Gruppe meift
Heiner Vögel, die ſich von den Edelfinken nur durch
das meijt prachtvolle Gefieder der Männchen unter:
ſcheiden und im tropifchen Afien und Afrika, fowie
in Auftralien zu Haufe find. Man bringt fie jeßt in
großer Zahl als Stubenvögel auf den Markt, und
da fie verträglich, lebhaft und Leicht zu zähmen
ind, einige au ein angenehmes Gezwiticher
haben, fo werben fie gern in Bauern gebalten.
Dan kennt etwa 100 Arten, die in verfchiedene
Untergattungen verteilt find, wie Ymadinen (mit
didem Schnabel) und Aſtrilds (mit dünnem
Schnabel). Sie leben in großen Schwärmen und
verurſachen als echte Körnerfreffer in Getreide:
und Reisfeldern großen Schaden. Der Bartfinte
(Amadina fasciata), das Glitervögeldhen (Sper-
mestes cucullatus), das Goldbrüjtchen (Pytelia
subflava), der Heine Senegali (Lagonosticta mi-
Präambel — Präcifionsftenerung
nima), der Corbon bleu (Mariposa phoenicotis),
das Faſänchen (Astrilda undulata) u, a. *8*
u den ften Arten. Bol. Göller, «Der P
ucht und % * (Weim. 1878),
Prachtkäfer — —* eine aus mehr
als dritihalbtauſend Arten be —— über die
ganze Erde verbreitete, aber befonders in den Tro-
pen quantitativ und qualitativ ſtark entwidelte
Käfesfamii Die P. haben meift einen länglichen,
ihlanfen, nad hinten zugejpisten Nlörper, ber
häufig pe und fe bepa it. Der
leine Kopf ist tief im cylindrifchen Halsſchild, hat
kurze, elfglieberige, gejüghe Füblhörner; die oft mit
urden, Gruben u. j. w. verjehenen Fl n
en meiſt lebhaften Metallglanz oder prächtvolle
arben. Der Flug dieſer Tiere, die den warmen
Sonnenſchein lieben, ift ein ſehr burtiger, während
der Gang unbeholfen ift. Die langg en Lar⸗
ven leben meijt im Holz; einige der Meinern und
häufigern Arten werden bei uns bisweilen ſchäd—
ih. Die ausgebildeten Infelten finden auf
Blumen und bejonders an Baumftämmen und auf:
eſchichtetem Nußholz. Die größte einheimif
Art ift der erzbraune Kiefernprachtläfer —
s. Chalcophora mariana; ſ. Tafel: Inſekten J,
Fig. 13). Einige tropiihe Formen werden zu
Sdimuegenländen verarbeitet,
räcipieren (lat.), vorwegnehmen; vorfchrei-
ben, verordnen,
Praecipitantia (lat.), in der Chemie: Fäl-
lungsmittel; in der Medizin: niederſchlagende,
fäuretilgende Mittel,
äcipitation, ſ. Füllung.
äcipitieren (lat.), über Hals und Kopf
ftürzen, jäh herabitürzen, überftürzen, überbajten;
in ber ( ie: fällen.
äcipuum (lat.) bezeichnet das, was bei
gleihmäßiger Verteilung unter mehrere Perfonen
einer oder der andern derfelben von der zu vertei:
lenden Maſſe im voraus, d. b. * man die Teilung
vornimmt, gewährt wird. Solche Präcipua famen
früher namentlich bei Erbteilungen vor. Auch bei
faufmännifchen Societätägeichäften fommen ⸗
cipua inſofern vor, ala hier und da der eine Geſell⸗
(dafter. welcher in irgend einer Weife [ar das ge:
meinfame Unternehmen mebr leiftet als die andern,
vertragsmäßig eine_beftimmte Summe aus bem
fonft nad) gleichen Teilen zu verteilenden Gewinn
vorwegnimmt. Am gebräuchlichiten ift diefer Aus:
drud durch die Verträge binfi —8* des Deutſchen
Zollvereins geworben. Nach denſelben ſtand als
Regel feſt, dab an allen Zolleinkünften die Vereins:
ftaaten gleihmäfig nad) Maßgabe ihrer alle drei
Jahre durd) —— feſtzuſtellenden lg han
ticipierten. Nur von feiten einiger Staaten, Frank⸗
urt a, M., Hannover und Oldenburg, war ausbe⸗
ungen, daß fie mit Rüdjiht auf die größere Kon—
fumtion von verzollten Waren durch ihre Bürger
eine — — ſollten. Na
vereindvertrage vom 8. Juli 1867 ward jedoch die
Verteilung der —— Einnahmen ein⸗
fach nach Verhältnis der Bevölkerung ——
Prärcis (lat.), genau, darf, beſtimmt, punttlich;
Präciſion, Genauigkeit, Bündigkeit (bes Aus:
drud3); z cifieren, genau bejtimmen,
äcifetwechfel (Tagwechſel), ‘4 ‚Me DEE
räcifionsftenerung, bei inen
‚ eine Steuerung, welche einen mögli nellen
Abſchluß der voneinander getrennten Eins. und
Bräcifionswafien — Brabdier
Ausftrömungslanäle bei meijt hoher Erpanfion ge:
itattet, wober das Verftellen des Erpanfionsgrades
fe eichiebt.
nötwaffen üt eine Bezeihnung für die
mit Zügen verjehenen Feuerwaſſen, welche bier:
durch in Verbindung mit der Anwendung der Lang:
geſchoſſe eine erhöhte Trefffãhigleit erlangen. Prä:
ciſtonsgewehr (fusil de pr&cision) wurde in Frank⸗
reich das erjte, auf Erpanfionsgeichofien berubende
Infanteriegewehr genannt, (S. Minie⸗
nöwage, 1. Chemiihe Wane.
Praeco (lat.), öffentlicher Ausrufer, Herold;
te jemandes 2ob laut verfünden,
Fr 3. onifation, der Alt, durch wel:
in ber Karbinalsverfammlung einen
J —— geeignet befundenen Praͤlaten
als Biſcho at).
at.
gezogene
gemwehr.)
en Pesssä, bie Gegend
ums Herz.
gi (lat.), er vor ber Zeit reif
ober reifend, —— —— te tragend; auch in
übertragener Bedeu frübreif. (S. rübreife.)
—* at) orberverbammung.
radelled, Stadt a franz. ey Haute:
Loire, Arrondifjement Le Buy, 31 km ſüdlich von
& Em, in den Monts du Belay, bat (1881)
, Bollipinnerei, Fabrifation von Spigen
und —— ae eng B. gehörte einft zu Vivarais.
dt und Hauptort eined Arron:
ts im {ran Depart. Pyrendes:Drientales,
t3 an ber und am nörbl. Fuße des Mont:
Cala. Station der Linie Perpignan:P. der
Südbahn, ud 1881) 3856 E., ein Seminar,
—— ch und Wirkwaren, welche nad)
Bevante ausgeführt werben, ferner Handel mit
See Wein und =. ten. Etwa 3 km von R.
liegen die Huinen der 878 gegründeten Abtei
St Michel de Eura mit ſchönen Marmorarlaben
und Bortaf aus dem 11. Jahrh.
bänger der Lehre von
atianer
der Prädefti —— Gi 8.
d. i. Borberbeftimmung)
in ber und —* abſolu freie Ratſchluß
—— vermöge deſſen aus der durch den Sünden:
fall verberbten * e des Menſchengeſchlechts nur
die von t ber perjönli rwählten zur
Seligteit gela Der Urfprung ber Lehre hängt
ws dem —— = —— zuſammen, alles Heil
—— die freie görtlihe ide 6
— mit welchem man die thatſächli
Idee daß das chriſtl. Heil
— nur zu einem kleinen Teil der
Menſchen gelangt und guch unter dieſen wieder
nur — einem Heinen Teil ergriffen wird. {m
ans elagianer (f. d.) ftellte Augu⸗
—22 auf, welche ſpäterhin noch
—* gei her bak man eine doppelte P.
lehrte, Die eine zur Lerdammnis, die andere zur
Seligfeit. Aber die dem fittlichen "Beruftiein an:
Nößige Härte dieſer Lehre lieh fie troß des Anſehens
des Auguſtin während des ganzen Mittelalters
niemals zur Herrichaft gelangen. Schon im
9, . wurde ber Mön Sottichalt zu Orbais
um des Belenntnifjes zur B. willen graufam ver:
folgt und ftarb im Gefängnis. Dennod wurde fie
von nen ebenjo religiös ernſt geftimmten als
durch lonſequentes Denten ausgezeichneten Gei—
fern, wie im 14. Jahrh. von dem orforder Theo:
239
logen Thomas von Bradwarbina und nad ihm
Zr Biclifie (f. d.), verteidigt. Während die röm.
Kirhe dabei geblieben ift, die Beſtimmung zur
Seligfeit oder Unfeligfeit von dem durd Gott
vorausgejehenen menſchlichen Freiheitsgebrauche
abhängig zu machen, traten die Reformaloren ans
fangs jämtlid aufs entidiedenfte für die Prädes
Itinationslehre ein. Luther hat feine anfangs in
Schroffiter Form vorgetragenen prädejtinatiichen
Anfhauungen niemals zurüdgenommen, und bis
tief in die zweite Hälfte d des 16, Jahrh. wurde die
P. von ben meilten namhajtern luth. Theologen
nelehrt. Melanchthon, der jeit 1535 ww! von
ihr zurüdtrat, ftand ziemlich ifoliert. ilde⸗
rung ber P., welche bie Konkordienformel von
* vorträgt, * mehr ſcheinbar als wirklich, *
iſt durch innere Widerſprüche zu teuer erlaufi.
deſſen — ſich die luth. Theologen ſchon eit
dem Anfang des 17. Yabrb., die P. von dem durch
Gott e vorbergefehenen rechten Gebraudy ber
naher, ee men ten ebenjo wie bie
röm
Kirche von dem se Vorherwiſſen ab:
bängig zu machen. Dagegen hielten die Reformier:
ten est nur an der P. umerjchütterlich feft, fon:
dern prägten fie unter "dem Einfluß Calvins mit
eiferner Fol per —— aus.
rungen, w og Arminius
ve ucte, —— * —— ide ſy mbolifche
Seititellung auf der ode zu Sabre (1618)
und die Ausſcheidung der Arminianer (j. d.) aus
der reform. Slirchengemein * — innern Dif:
ferenzen ber reform. Theo über bie P., unter
denen ber Streit über eine * (te ober eine ein:
fache P., über die Abhängigkeit des Prädeftina:
tiomöbelrets von dem vorherverhängten Fall und
von vorherbeſchloſſenen Grlöfungswerle
Chriſti * apſarier und Supralapſarier) die
tn en find, machen für bie praftifch:rel je
* einen Unterf ied. Unter den nahma
n hen, die Bartikularität der Gnadenwahl Bit
der Univerfalität des —— Heilswillens
vereinbaren, ſind die ge n, aber widerſpruchs⸗
—* 3— * oſes Amyrault und
le von Saumur am belannteſten. Im
ch. mußte auch die reform. Prädeftina-
ons ehre dem Rationaliamus weichen, Cine tief:
finnige, aber von ber ältern uude u ——
abweichende Begründung ber Schleier⸗
macher — ‚ welder das — im —— des
philoſ. Determinismus bi d.) deutete und gerade
das dem fittlihen Gefühl Anſtößigſte daran, die
Peg Auswahl weniger Berdammter, dadurd)
pejeitigte er darunter nur eine in der geſchicht
*27 idelung des Reiches Gottes rn
begründete —— oder fpätere Berufung der Vol⸗
ter und der Ginzelnen zum Heile verftand. In
neuejter Dei | ift unter den feparierten ——
Amerikas ein heftiger Streit über die P. en
brannt, in an auch das lanbestirchli Suter
tum Zur at) vielfach verwidelt wu
Br auf Prädien (d. 5. Tiegenbe
Güter) al helle en, Grundſteuer.
Bradier (James), Bong. Bilbfauer geb. zu
Genf 23. Mai 1792, u 1008 Kar. und
ftubierte die eihenfunit i dem le Meynier
und die Bildhauerei im Atelier des Bildhauers
Lemot. Im J. 1812 erhielt er von der Atademie
einen Ehrenpreis, und das Jahr darauf gewann er
mit feinem Obyffeus bei Philoktet den erften
240
Hauptpreis der Bildhauerei, der ihm zu einer I
Der in der franz. Akademie zu Nom verhalf.
lad) feiner Nüidtehr aus Rom (1823) arbeitete er
beitändig in Paris und produzierte eine Menge
rößerer und lleinerer Bildhauerwerle, wie eine
Benus, die allerliebite Gruppe der drei Grazien,
das Modell der Statue des J. 3. Rouſſeau, nad)
welchem das Gußwert für Genf ausgeführt wurde.
Das nftitut nahm ihn 1827 unter feine Mitglie:
der auf, und feitbem entwidelte er als Alademiter
eine neue Thätigkeit. P. verfertigte unter anderm
1827—40 den Faun und die Bachantin, die Bas:
relief3 am Fronton der Deputiertenfammer, die
tolofjalen allegorifchen Figuren der beiden Städte
Lille und Straßburg auf dem Concordeplas u. |. w.
Hierzu famen fpäter die allegorifchen Figuren um
das Zifferblatt der Uhr im Gtebelgefilde des neuen
Flugels am —— die beiden Muſen am
oftanıent des Molitrebrunnens, eine Odalisle,
die Phryne, die Flora, die zwölf koloſſalen Victo:
rien am Grabdentmal Napoleons I. im Jnvaliden:
hotel. P. ftarb 14. Juni 1852 bei Paris. Bol.
Eter, «Biographie de P.» (per. 1859).
rädifabilien (Brädilamente, lat.), Merk:
male, Kennzeichen , die von einem Gegenjtand aus:
gelagt werden können; in ber alten Logik find P.
ie fünf Grundbegriffe, welche bei der Bildung von
Definitionen in Betracht fommen (Species, Genus,
Differeutia, Proprium, Accidens),
rädifamente, |. Kategorien. j
rädifant (lat.), Prediger, befonders bei den
Holländern und Mennoniten, Hilfsprediger.
rädifantenorden, jov. m. Dominilanerorden.
rädifat (lat.), dad, was von einem Subjeft
(f. d.) ausgeſagt wird; auch foviel wie Titel.
Prädisponieren (lat.), im voraus für etwas
geneigt oder empfänglid maden, Brädispofi:
tion, Anlage befonders zu einer Krankheit.
Prado (ipan., “Wiele, Aue»), die öffentliche
Promenadenanlage in ſpan. Städten.
radfchapati, in der alten ind, Mythologie ber
Echöpfer, Herr der ——* ber oberſte Gott der
Inder in den vedifchen Liedern. Später jegte die
seligiöfe Spelulation Brahına an feine Stelle.
Vradt (Dominique Dulsae be), franz. Publiziſt
und Diplomat, geb. 23. April 1759 zu Allandes
in Auvergne, war vor der Revolution Großvilar
bei bem Kardinal: Erzbifchof von Rouen, Laroche—
foucauld. Als Abgeordneter feines Standes trat er
1789 in die Nationalverfammlung, wo er fid) gegen
die Reform ertlärte. Nach Auflöfung der Koniti:
tuierenden Berfammlung wanderte er nah Ham:
burg aus, tehrte nad) der Revolution vom 18. Bru:
maire zurüd und wurde von Bonaparte zum Al:
mofenier, fpäter zum Baron und zum Biſchof
von Poitierd ernannt; 1809 erhielt er das Grz:
bistum Mecheln. Im J. 1811 hatte er die Ver:
andlungen mit dem Papft zu Savona zu leiten,
ei Eröffnung des Feldzugs von 1812 wurde P.
als franz. Gejandter na arſchau geidhidt, han:
delte hier aber mit Abficht gegen das Intereſſe Na:
—— verließ bei Annäherung der Ruſſen War:
hau und wurde in feine Diöcefe verwiefen. Nun
zeigte fih P. offen als Anhänger der Bourbonen
und veröffentlichte einen « Röcit historique sur la
restauration de la royaut& en France», Nach
der zweiten Reftauration gab er fein Erzbistum
gegen eine Leibrente auf. Er widmete fih nun
ausſchliebend der Bubliziftit und ſchrieb eine «His-
Prädikabilien — Präfelt
toire de Pambassade dans le grand -duch& de
Varsovie en 1812» (Bar. 1815), die großes YAufs
fehen erregte, ferner «Du congrös de Viennes
(2 Bde., Par. 1815), «Des colonies et de la
revolution actuelle de l’Amerique» (2 Bbe.,
1817), «Les quatre coucordats » (3 Bde., 1818
— 20), «L’Europe upr&s le congrös d’Aix-la-
Chapelle» (1819), «Le congrös de Carlsbad »
(1819), «De la Belgique depuis 1789 j’usqu’en
1794 » (1820). Diefe und andere Arbeiten erwars
ben en durch ſchlagende Polemik, freimütige
DOppofition und geiltreihe Gefihtspuntte große Er⸗
folge. Später veröffentlichte er: « Parallele de la
puissance anglaise et russe relativement A l’Eu-
rope » (1823), «Du jesuitisme aucien et moderne»
(1825), «Le congrös de Panama» (1825) ıc. Im J.
1827 trat er alö Abgeordneter von Glermont in die
Sammer, wo er ſich zur Oppofition gefellte. P.
ftarb 18. März 1837 auf feinem Schloſſe Bedrine.
Präcgiftenz, d. h. die Annahme, daß die
menſchliche Seele ſchon vor der Erzeugung des
gegenwärtigen Körper vorhanden geweſen jei,
war ein in dem Orient ſehr verbreitetes Vhilofos
phem. Auch griech. Philoſophen, beſonders die:
jenigen, welche eine Seelenwanderung annahmen,
belannten I —* dieſer Anſicht. Bei ‚Niro 8*
net uns dieſelbe, wenn auch in mythiſcher Dars
—* — in der Geſtalt eines Seelenfalls aus der
immliſchen Heimat. In dieſer Kr wurde fie
aud unter den Ehriften namentlih von Drigenes
vertreten, und in neuerer Zeit hat —5 üller
fie wieder aufgenonunen, um den Urfprung der
Sünde zu erllären,
Praefatio (lat.), Vorrede; im Mebritual
der kath. Kirche das Gebet vor der Wandlung.
Praefeotüra (lat.), Amt cines Bräfelten;
eg gg big 90 v, Chr. jede Stadt
in Stalien, welche nicht eigene Gerichtsbarkeit
hatte, fondern alle Jahre aus Nom einen Präfelten
zur Gerechtigleitspflege empfing.
Bräfelt (lat, Praefectus) war bei den Nöntern
eine Benennung für Vorgefehte verfchiedener Art.
Vorzugsweiſe hießen fo die verfdiedenften Civil—
und Militärbeamten und Offiziere in Rom wie im
übrigen talien und in den Provinzen. In der
Regel find fie von einem höhern Beamten, in der
Karferzeit zum Teil vom Kaiſer beftellt und jeden:
fall3 durchweg von den Magiitraten (f. d.) unter:
ſchieden. Bon Eivilbeamten gab es ſchon in re:
publitaniſcher Zeit namentlich die praefecti jure
dicundo, die von Rom aus ernannten Direltoren
folder Stäbte, denen ihre Selbitändigleit und na;
mentlich das He t, ihre obern richterlichen Beam:
ten ſelbſt zu bejtellen, entzogen war und die deshalb
räfelturen hießen. In der Armee bieken prae-
ecti sociorum die von Konful ernannten Befehls»
baber der bei den Legionen dienenden Bundes:
genojlen, praefecti equitum die Führer der Reiter:
abteilungen. In der Haiferzeit, als die Legionen in
den legati eigene bleibende Befehlähaber erhielten,
wurden die praefecti castrorum, Plaplommandans
ten, inden feſten Standquartieren eingeführt, denen
in ber |pätern yet der Befehl der Legionen über:
tragen wurde. Auch die Admirale der an vericies
denen Orten ftationterten Flotten hießen P. _
In der Stadt war der praefectus urbi ber
fhon in der Königszeit vom König in Abmweiens
beitsfällen zur Daun der Stabt zurüdgelafiene
Stellvertreter, teit Auguftus aber der Polizeichef
Präfekturen — Prag
über Rom und beffen Umgegend, und handhabte
fpäter au die Strafgerichtsbarleit. Auch für
Ronitantinopel ward ein ſolcher durch Konftantin
329 n. Chr. eingeſetzt. Die Befähigung zu diefem
Amt befaßen eigentlih nur Konjularen, und bie
Berufung erfolgte wie überhaupt für die meilten er:
nannten laiferl. Beamten ohne beſtimmte Zeitgrenge.
Ferner ward von Auguftus ein praefectus vigi-
lum eingejcht, dem bie Feuer: und fonftige Sicher:
—— und die Leitung der ſieben Kohorten
harwächter (vigiles) übertragen war.
Mit einzelnen Zweigen der Berwaltung waren
ber praefectus annonae und die praefecti aerarii
beauftragt. Lebtere führten feit Auguftus und
nad verjchiedenen Änderungen dauernd jeit Nero
anjtatt der Quäjtoren die Aufjicht über den öffent:
lihen Schab und wurden anfang aus den Präto:
ren durch den Senat, weiterhin durd das Los er:
wählt, zulest aber vom Kaiſer ernannt und zer:
fielen feit Errichtung des aerarium militare in die
raefecti zerarii Saturni und aerarii militaris.
ie Sorge für das VBorhandenfein von ausreichen:
den Getreidevorräten (annona) in der Hauptitadt
lag eigentlich den Ädilen ob, erſchien aber mit der
unabhme der Stadt und des Proletariats als eine
o wichtige Angelegenheit, daß deshalb Auguftus
chließlich einen beftänbigen, aus den Nittern zu
wäblenden praefectus annonae einjekte, welder
aud) in den auf das Getreidegeichäft bezüglidhen Ci:
vil: und Kriminalllagen die Gerichtäbarteit erhielt.
Eine höchſt bedeutende Stellung nahmen bald
die praefecti praetorio ober Dberbefehls:
baber der Garden ein. (S. Brätorianer.) Zu
der von Auguftus ihnen zugewiefenen Sorge für
die Sicherheit des Kaiſers fam, abgefehen von
der Macht, die ihnen ſchon ihre Stellung an der
Spitze der Garden in dem nicht zu einer erblichen
Monardyie gewordenen Raiferreid verſchaffte, mit
der Zeit der —— faft über das geſamte in
Rom und Stalien jtehende Militär, die Straf:
gerihtäbarkeit in Jtalien mit Ausnahme von Rom
und Umgegend und die Entſcheidung von Rechts—
rar auf Deshalb eingeleate Berufung, ſowie aud)
as Recht, allgemeine Verordnungen zu erlaflen,
die infofern fie nicht das geltende Recht veränder:
ten, gewiffermaßen Geſetzeskraft erlangten. Bei
der durhgängigen Trennung ber Civil: und Mili:
tärgewalt, welche Konſtantin d. Gr. vornahm, ge:
langte legtere an die magistri militum oder Heer:
meilter, für die eritere aber wurden bie praefecti
praetorio re deren jeder einem der vier
großen Gebiete oder Präfelturen vorftand, in welche
das Reich zerfiel.
Präfekturen (prefectures) heißen in Fran:
reich die oberiten Berwaltungsbehörden ber De:
partements. Diefelben wurden an Stelle der alten
aus Gemeindewahlen hervorgegangenen Departe:
gen durch Geleh vom 28. Pluvioje
des J. VIII ins Leben gerufen, das vom Staat:
oberhaupt zu ernennende und von diefem jederzeit
abjehbare Bräfelten (Prefets) an die Spike der
Departementsverwaltung ftellte. Den Präfelten
wurden Generaljetretäre und, befonders für ver:
waltungsgerichtlihe Angelegenheiten, Präfeltur—
räte (Conseils de pröfecture) beigegeben, lehtere
jebt aus drei oder vier und im Seine: Departes
ment aus acht gleichfall3 vom Staatsoberhaupt er:
nannten Mitgliebern bejtehend. Diefe Einrichtung
bildet noch jept die Grundlage der franz. Landes:
Converjationd»Leziton. 13. Aufl. XIIL
241
verwaltung; nur ift feitdem ben P. einerfeitö durch
das ſog. Decentralifationsdelret vom 25. März
1852 eine bie frühere bedeutend überfteigende, ſehr
umfangreihe Kompetenz verliehen, anbererfeits
jeit 1833 in den Conseils généraux eine jeht aus
direlten allgemeinen Wahlen bervorgehende und
duch Gefek vom 10. Aug. 1871 neu organifierte
Departementövertretung zur Seite geitellt worden.
Den ig Yang ftehen von ber Regierung er:
nannte, jedoch mit jehr geringen Amtöbefugnifien
verjehene Unterpräfetten (Sousprefets) vor,
neben denen als gewählte Vertreter die Conseils
d’arrondissement —— Gegen Entſcheidun⸗
gen ber P. ift das Miniſterium und danach das
taatsoberhaupt, gegen Entiheidungen der Präs
felturräte der Staatsrat Relurs: und Beſchwerde⸗
inftanz. In Paris und Umgebung iſt die Polizei:
verwaltung nicht den Departementspräfelten, fon:
dern einem befondern Prefet de police unters
geben. In Eljab:Lothringen find durch Gefeh vom
30. Dez. 1871 die Funktionen der Präfelten den
Bezirlöpräfidenten, der Brafelturräte den Bezirkös
räten, der Conseils generaux den Bezirlstagen,
ber Unterpräfelten den Kreisdireltoren, der Con-
seils d’arrondissement den Kreistagen, de3 Staats⸗
rat3 dem kaiſerl. Rat in Eljaß:Lothringen über:
tragen worden; durch fpätere Verordnungen iſt
die Kompetenz der Bezirlöpräfidenten und Kreis:
direftoren weientlihd anders als in Frankreich
geitaltet worden. ,
Präfig (lat., Vorfilbe) beit in der Grammatik
eine Silbe, die, einem Worte oder Wortitamme
vorgeieht, durd ihre Verbindung mit diefem ein
neued Wort oder eine neue Wortform mit verän:
derter Bedeutung hervorbringt, 3. B. «ftehen» —
averftehen», «Berge — «Gebirge». Gebr viele
Spraden beſihen P., die für fid) feine felbjtändige
Bedeutung haben, fondern nur in Verbindung mit
andern Elementen der Sprache dieſen eine bejtimnit
modifizierte Bedeutung geben, 3. B. die ſemit.
Spraden (Arabiſch, Hebräifch u. ' w.). Die indo:
german, Spradyen beſaßen urfprünglid) feine fol:
hen P. (nur Suffire, f. d.), fondern was wir jeht
P. nennen, find anfänglid felbftändige Worte und
zwar Präpofitionen, die mit andern Elementen fo
zufammengejeßt wurden, daß fie das erjte Glied
der Zufanımenfehung bildeten; erft wenn durch
Verkürzung und Verjtümmelung diefe einft für ſich
beftehenden Worte lautlich verändert find und nicht
mehr al3 Worte empfunden werden, erhalten fie
ungefähr den Charakter der obengenannten eigent:
lihen P., fo unfer «ver:, zer:, bes, ge:»; ber P.
abe:n 3. B. ift ganz derjelbe, was bie Präpofition
«bein, got, beides bi, vgl. got. bi thamma — bei
dem, und bi-satjan = bejehen (vgl. «beisfekenn).
Präfoliation (lat.), die in den geſchloſſenen
Knoſpen gegebene Stellung der Blätter zueinander,
Präformation (lat.), Vorausbildung von et:
was Künftigem nod int Keime, fodaß feine Ent:
rn Fa eine Entwidelung des bereits Vorhan:
enen iſt.
Prag (law. Praha), die Hauptſtadt Böhmens
und die drittgrößte Stadt in Oſterreich-Ungarn,
liegt an beiden Ufern der Moldau, ringd von
Höhen umgeben, umfaßt in fieben Stadtteilen
auf einem Flächenraum von 1378, ha einen Nom:
pler von 4018 Häujern mit (1880) 177026 E.
Bon den Stadtteilen breitet ſich die Altſtadt, die
Joſephſtadt, dieNeuitadt und Wysehrad am rechten
16
242
die Stleinfeite, der Hradichin und Holesowiẽ Bubna
am linten Moldauufer aus, Die Stadtteile Wyse:
brad und Holesowii:Bubna, früher jelbjtändige Ge:
meinden, wurden erjt 1883 und 1884 mit B. ein:
verleibt. Außerdem ift die Stadt im Halbtreis
nod von vier volfreihen Vorftädten (Smichow,
Karolinenthal, Zizlow und Weinberge) umgeben,
welche fi) unmittelbar an dieſelbe anſchließen und
mit P. einen zufammenhängenden Kompler von
5768 Häufern und 278862 E. auf einem Flächen—
Prag
Bau befinden; in einer der 12 Kapellen des Unt:
angs iſt das filberne Grabmal des Landespatrons
Johann von Nepomuk; in einer beſondern, mit
böhm. Halbedeljteinen und alten Wandmalereien
reich verzierten Slapelle das Grabmal des heil,
Wenzel und in einem anftoßenden Turmgemach die
böhm. Kroninfignien. In demſelben Burghof iſt
die altertümlide St. Seorastirche, das größte
Baumwerl roman. Stila in Böhnen, mit dem Grab:
mal der heil. Ludmila. Bon ben übrigen fünf
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Topographifhe Lage von Prag.
raum von 3048,38 ha darſtellen. Auch die weitere
Umgebung iſt dicht bebaut und bevöltert.
Die am linten Moldauufer gelegenen alten
Stadtteile (Heinfeite und Hradſchin) find noch von
teild ältern, teil3 jüngern Feſtungswerken einge:
ihlofien, haben fait burchmeg, eine hohe und anfte
gende Lage und haben ala Sik de3 Beamtentums,
des Klerus und des Adels zahlreihe und hervor:
ragende kirchliche und Brofanbaten Auf dem
Hradſchin nimmt unter den Kirchenbauten die erite
Stelle die Domlirche St. Veit (im dritten Hof der
Burg) ein, ein Prachtwerk der Gotik, 1344 begon:
nen, jedoch nur im Chor vollendet und von dem
1859 gegründeten Dombauverein reftauriert, wäh:
rend dad Schiff und ber zweite Turm fich noch im
Kirchen des Hradſchin find von Bedeutung: bie
Lorettolirche mit reichem Kirchenſchaß, bie Kirche
de3 Prämonftratenferitift3 Strahow mit großer
Orgel und dem Grabmal bes Ordensſtifters St.
Norbert — die demſelben Stift angehörige
St. Nocuätape fe. Bon PBrofanbauten des Hrad:
ſchin find beſonders hervorzuheb |
Burg, ein großartiger Bau, in feinem füdöjtl. Teil
dem 15., in den übrigen Zeilen zumeilt bem 16.
und 17, Jabeb. angehörend, mit vier Sälen, mo:
von ber Spanijche Saal ber größte, ber Mladir
flamwifche der ältejte ift; nebenan ijt das Therefia:
niſche Damenftift mit der gotifhen Allerbeiligens
fire; im Schloßbezirk find noch das alte Oberſt⸗
burggrafenamt, das Propfteigebäude und in dem
en: die königl.
Prag
m — — arten ber ſchöne Renaiſſancebau bes
uf dem Hradidinerpla jteht das erz⸗
* Valais, das ehemals Toscaniſche Palais,
dann der altflorentinij e Bau des ehemals Rofen:
ku (jeptfürftl.Schwargenbergfa en) Majorats:
ß . Lorettoplaß der pompoſe Bau des ehe:
Gzerninfchen Palais (jebt Franz: Yofephs:
Kane) und auf dem hödhjfi Pe unlte des Hrad⸗
Abtei Strahow. In der Kleinjeite
* fümtfiche Kirchenbauten (fieben), mit Aus:
* me des got. Teils der Malte —— in ihrer
en Geſtalt dem 17. und 18. Jahrh. an; unter
Keen ben ijt die St. Niklastird . dur Größe
Neihtum und edeln Stil, die Thomastirche —
de targemälde bemerkenswert. Auf dem öchſten
nite der Kleinſeite und der Stadt überhaupt, dem
jog. ge (322,5 m über dem Meere, 139,5 m
—— oldauſpiegel), N das St. Saurenzlird):
leinmit einerStapelle des heil. Grabes und den Streuz:
w ionen (von Fuhrich). Unter den zahlreichen
läften der Kleinfeite (mit geringen NAusnab:
ahrh. entitammend)
men auch dem 17. und 18,
arg Ei durch ftilvolle Anlage und Größe aus: }
8 Id ee Palais, am gleichnamigen
Plaß, von dem en Friedländer erbaut, mit
Task und Beier $ Loggia und weitläufigen
er räfl. Schönbornihe Palais und das
gräf.A ide lais, Unter 8 öffentlichen Ge:
Klöfter) ”
er tatthaltereigebäube, da3 Gebäude
erichts und das Generallommando
das jhöne Gebäude des ftädtifchen
In Altkabt, welche ebenfo wie die Klein⸗
mit der ehernen Sta aifer Karls IV. gezierte
Hi mit gi sn Nuppelbau ber
dehnten Mafliv des Elemen:
fl. Thunfche und gräfl. Morziniche
das es Oobtonnihiche Yelais mirns
auch ehemalige Adelspaläjte oder
au dem mit der en des Feldmarſchalls Gra⸗
feite durch zahle eihe und enge Gaflen und bobe
„dem — Colloredoſchen Palais
nam, — außerdem noch eine zweite >
=
Loblowisiche Palais mit großem
En. bemerlenswert das Land:
fen —— —— Ring, dann die Gendar:
Gebäude ihren —*— Urf — bekundet, iſt der
ug ehörende marmorrei
; fern dem neuen, nod) un:
Medi das Künstlerhaus Ru:
um (für Konzerte, Ausftellungen u. ſ. w.
— a die bie na ende ftaatliche
ie ftäbtilche ———
bei St. Marienplag bie
—* des * mund 1 Slam: un de nn a
am:&a e Ra:
—— dem Wine ing dad Rathaus mit
kr Ihönen Erlerfapelle und
ker be Perg —* —— —1—
r
Sänftofche Balı und die ehrwürbige Augen, | 00
ee {ae ———
bau der Bi ic un m ——— er⸗
Salvatorlirche am
oteſt.
—— u erwähnen der ſpät⸗
Pulverturms mit der an⸗
er am erne (einer ——
— et —* eis
mit gotifcher Grlertapelle, * ſchoͤne we
dol
Keim
243
sr ebäude bei St. Copa, bie gotiſche Et.
Egydilirche und am —* es mit dem gotiſchen
onument Kaiſer Sram I ‚ge ihmüdten Franzens⸗
fai3 die Gruppe der Altjtädter Mühlen mit dem
alten Wajjerturm einem neuen ſtädtiſchen
Waſſerwerk. — In der Heinen und eng gebauten
yolephiiabt ( emals Judenſtadt, jeht * als
* Hälfte chriſtlich iſt troh der zahlreichen Syna-
—— nur die ſog. Alt⸗Neuſchule und der neue Tem:
un ber alte —— bemerlenswert.
Reuſtadt, rößte Stadtteil P.s (1880
mit 74355 E.), iſt = an monumentalen Bau:
ten jeder Art, von denen hervorzuheben find: auf
ber — Seite des Franzenslais das präch—
tige böhm. Nationaltheater, 1883 vollendet, mit
dem Anbau des erg auf dem mit
dem Standbild des böhm = ehrten Jungmann
ae oleihnamigen u die got. Pe
ariasSchnee, die höchſte B.3; auf
Graben, der een Straße P.s, das *
Mufeumsgebäude; ferner das aus ebehnte Voft:
direltionsgebäude und die Heinrichslirche mit dem
freiftehenden got, Glodenturm; die ſpätgot. Cie:
menskirche —— ſowie die Sorten ot,
St. Peterslirche. Im obern (füdl.) Teil der Neu:
ftabt, welcher in burd feine anfteigende Lage
harakterifiert, befinden ſich beinahe jämtliche Heil:
anftalten P.s famt den Kliniken, Hörfälen und
Sammlungen der beiden mebiz. "Fakultäten ber
Univerfität; fo in&befondere die Jrrenanjtalt (in
vier abgefonderten Gebäuden untergebradt), das
Kranlenhaus der Glijabetbinerinnen, die in alt:
deutſchem Stil erbaute Gebäranftalt, das ſtädtiſche
Siechenhaus im og. mit dem got. Kup:
pelbau der Maria Himmelfahrislirche, die Kranten:
anftalt des prager Handelsgremiums mit —
auslapelle, das Allgemeine ——
ilitärkranlenhaus San ehemaliges Je hitertoller
ium) mit der St. ug und das Franz:
oſeph⸗ rg eiden lehtern auf dem
arößten Plab P.s, Ber Karlsplatz, auf welchem
ſich noch an monumentalen Bauten das on.
Peuftäbter Rathaus (Kriminalgerichtögebäude) mit
Be Turm, und das Gebäude der böhm. Poly:
technischen Hochfhul⸗ befinden. Von ſonſtigen Ge:
bäuden der obern Neuſtadt find
Renaifjancebau des ftädtiihen Bauhofs, das Ge:
bäude der böhm. Staatsrealihule, die ftädtiiche
höhere Töchterfchule nebjt den Schulgebäuden des
deutichen Mädchenlyceums und den Gemeinde:
fhulen bei St. Trinitas, das maffive Gebäude
des Provinzial trafhaufes” mit der got. St. Wen:
Ei, weldes jedoch demoliert und außerhalb
er Stadt verlegt wird, die got. Pfarrlirden zu
St. Stephan und St. Adalbert, bie alte Stiftslirche
be3 Kloſters Emmaus, bie | ichöne get. Marienlirdye
und der ftilvolle Neubau des ftädtijchen Bartlıos
lomäi:Armenbaufes. Die lehtern zwei Bauten lie:
ps Kon unterhalb der jteil anfteigenden Citadelle
ysehrad, in welder insbeſondere die ſpät⸗
Rolle iatfirde u St. Peter und Paul, fowie
neue Bropfteigebäude — find. Der
neuefte Stadtteil P.s, Holedomwii:-Bubna, in
balbinfelförmiger und "ebener Lage am linten Mol:
—— nur als Induſtrieort bemerkenswert.
Verbindung über die Moldau, deren Breite
— des Weichbildes der Stadt (mit Einihluh
—— Inſeln) zwiſchen 583 und 161 m
It, wird durch fieben Brüden bergeitellt, von
16*
ervorzubeben ber
244
denen bie oberfte und unterfte eg
find; den ältejten Flußübergang bildet die 497 m
lange und 10 ın breite Karläbrüde, von Karl IV.
im J. 1357 angelegt, feit dem 17. und 18. Jahrh.
mit 30 Heiligenftatuen mat und an beiden
Enden durch majfive got. Türme ald Brüdentöpfe
eihübt, von denen der altſtädter ſich durch jeine
Ihöne ilhouette und architeltoniſchen Schmud
auszeichnet; die re fteinerne Palackybrüde,
famt dem ausgedehnten Palackylai wurde 1878 er:
öffnet, während die Franzens:Hettenbrüde ſeit 1841,
die Franz: Jofeph3: Kettenbrüde feit 1867 und der
Ketteniteg ſeit 1868 beftehen. fiber die zahlreichen
lußarme ur leichfalls Brüden und Stege.
nter den Inſeln ift die im Weichbild der Vorjtadt
Karolinentbal gelegene — die größte, die
der prager Stadtgemeinde gehörige Sophieninſel
die ſchönſte. Der innere Stadtverkehr, ſowie der
Verlehr mit den Vorſtädten wird durd cin weit:
verzweigtes Trammwayneb vermittelt, welches Ende
1884 die Gefanttlänge von 18536 m hatte und
auf welchem 85 Wagen rg . ift der
Gentralpuntt von 10 Eijenbahnen, welde, mit
Ausnahme der Oſterreichiſchen Rordweitbahn,
durd Schienenitränge miteinander in —
ſtehen, und beſiht en den Vororten acht meiſt
tombinierte Bahnhöfe. Es führen von P. ab die
Böhmische Nordbahn nah Turnau, die Böh-
miſche Weftbahn nah Furth, die Buſchtiehrader
Bahn nad) Eger und Hoftiwik, die Oſterreichiſche
Staatäbabn nad Gmünd, die ae na
Liſſa, die Oſterreichiſch, Ungariſche Staatsbahn na
Wien und Bodenbach, die Prag-Durxer Bahn na
Brür. Außerdem münden in Prag 12 Straßen:
zuge, Der Flußverlehr wird durch drei Schiffahrts—
—— vermittelt, welche 35 Danıpfer (davon
acht Propeller) befigen, Der Geldverlehr wird
durch die Börje, durch ſechs einheimishe Banken
und zwei Bantfilialen, ferner dur zwei Spar:
taffen und acht Vorſchußlaſſen vermittelt. Als
Hauptzudermarkt Böhmens ſeßte P. an 290 Mill.
Gulden jährlihb um. Auch in andern Artikeln,
insbejondere Rohprodulten, Manufalturwaren,
Eifen, Maſchinen, Glas, Handſchuhen ꝛc. iſt der
Handel ſehr bedeutend. Auf dem Gebiete der In—
duſtrie, deren Hauptſiß Holesowiẽ-Bubna, dann
die Vororte Smichow, Karolinenthal und Lieben
find, erzeugen die meiſten Werte die zahlreichen
Vierbrauereien und Mühlen, die Eifengießereien,
Maſchinen- und Metallwarenfabrifen, die Baum:
wollfpinnereien und Drudereien, die Lohgerbereien,
Handihubfabrifen und die dem. Fabriten,
B., als Hauptitadt Bohmens, ijt der Eik der
oberften Landes- und Kirhenbebörden und verfügt
über eine große Zahl von Unterrictsanitalten,
Vildungsmitteln und Humanitätsanitalten. Cs
befist insbejondere die 1343 gegründete Karl:
derdinandeiihe Univerfität, feit 1883 in 2 Ab:
teilungen (1 deutſche und 1 czechijche) mit mehr
al3 300 Brofefioren und Lehrern und 3000 Stus
dierenden, 2 —5 Hochſchulen (1 deutſche und
1 czechiſche), zuſammen mit 112 Profeſſoren und
Vehrern und an 1000 Studierenden, 3 deutiche und
2 czeh. Obergymnafien, 3 czech. Oberrealgymna:
fien, 2deutfche und 1czech. Oberrealſchule, 1 deutiche
und 1 cçzech. höhere Töchterſchule, 2 Bildungsan:
ftalten für Lehrer und 2 für Lehrerinnen, 6 Bürger:
ſchulen (2 deutiche und 4 czechiſche), 25 Vollsſchulen
S8 deutſche, die übrigen czechiſch). An Brivatanftalten
Prag
für allgemeine Bildung beſiht P. 1 deutſches Unter:
realgymnafium und 1 ec. ehrerinnenbildungs⸗
anftalt, 3 deutſche Bürgerſchulen und 18 Rolls:
chulen (15 deutiche, 2 czech. und 1 deutich:czedh.), an
Fachſchulen 1 deutiche und 1czech. Handelsatademie
und viele andere Fachſchulen. Von den fonftigen
Bildungsmitteln nehmen die wiſſenſchaftl. Inftitute
und Sanımlungen der Univerfität und der techn.
Hochſchulen, dann die Sammlungen des böhm.
Landesmufeums, des neuen kunftgewerblihen Mu:
ſeums im Nudolfinum und das Privat: Gewerbes
mujeum des V. —* ſowie das ſtädtiſche Mus
—— (im Kleinen Stabtparf) den erſten Rang ein.
Inter den fünf öffentlichen Bibliothelen zählt die
Univerfitätsbibliothet 190000, die Bibliothek des
böhm. Mufeums 160000, die Bibliothek der beiden
techniſchen Hochſchulen 20000, die Bibliothek des
Landeslulturrats 27000, die des Gewerbevereins
39000, die Näpriteliche Bibliothef 38000 Bände.
In P. erſcheinen an 120 Zeitſchriften (wovon über
80 in böhm. Spradye). An Humanitätsanftalten
befigt P. acht öffentliche Krantenhäufer, eine Ge:
bär: und Findelanſtalt, ein ſtädtiſches und fünf
Privat: Waifenhäufer, zwei ftädtifche Armenhäufer
und ein ftädtiiches Siechenhaus, zwei getitliche
Pfründenanftalten, fünf israel. Verſorgungsanſtal⸗
ten, ein Zaubjtummeninftitut und eine Anjtalt zur
Verforgung erwachſener Blinder, ein ſtädtiſches und
ein Brivat:Afylhaus u. a. m.
Für Vergnügungen ift zunächft durch die beiden
Landestheater, jowie durch ein drittes ftabiles
czech. Theater in Smichow geforgt; außerdem be:
fist P. in der Gemeinde Weinberge drei Sommer:
theater (zwei deutſche und ein czechiiches) und, in
Karolinenthal ein viertes Theater. Offentliche
—— ſind die Sophien- und die
chuheninſel, der auf der öſtl. Ochne des Laurenz:
berg3 gelegene große Garten der Hafenburg, der
fog. Volksgarten und die Rudolfsanlagen auf dem
Belvedere, alle drei mit weiter Fernſicht über die
Stadt; ferner am rechten Moldauufer die Anlagen
auf dem Rudolfs- und Franzenskai, die Parkan—
lagen auf dem Karlsplaßz, die Eelalowikyanlagen
mit dem Bauplaß des neuen Mufeums, der Große
und Kleine Stadtpark und der fog. Baradiesgarten
in Zizkow. Auch die ſchönen Gärten des Grafen
Maldktein und der Fürſten Loblowik und Kinſty,
(ehterer in Smichow, und die der böhm. Garten:
baugeſellſchaft find dem .Publitum zugänglich,
ebenjo der Kanaliſche Garten in der Weinberg:
gemeinde und der große, dem Lande gehörige Part
(ber — rd in Buben,
P. entwidelte fih unter dem günftigen Einfluß
feiner centralen Sy und als ©ih der Herrſcher
Böhmens aus vier Burgfleden, welche der Zio0r
Burg, fowie der en. rg deren Anlage in
bie Prubeften Zeiten der böhm, Geſchichte hinauf:
reicht, ihre Entjtehung verdankten, und von denen
die jetzige Altſtadt, ala Siß des Handels und der
Induſtrie, von jeher der bedeutendite war. Zu
diefen Burgfleden gefellte fih feit dem Ende des
11. Jahrh. auch eine deutiche Kolonie auf dem Bo:
den der jetigen untern Neuftadt, ſowie zahlreiche
Dörfer sp dem altitädter und wysehrader
Burgfleden. Um 1235 erhielt die Altſtadt deutſches
Stadtreht und Mauern, im J. 1257 die Kleinfeite
(d. h. die Heine Stadt * im Regenſab zur grö
Stadt P. = * ‚ während ber Hrad 8
ſchuhunterthänig blieb und in der Altſtadt ſich
Digitized.by Go 0:
Be
— nz
Praga
allmählich eine privilegierte Judengemeinde ent:
widelte (Nudenjtadbt). Im %. 1348 erhielten die
prager Städte einen neuen —— durch die An:
lage der Neuftadt, welche raich ausgebaut und von
ihrem Gründer, Kaiſer Karl IV., mit zahlreichen
Kirchen und Klöftern geihmüdt wurde. Durch die
Huſſiten, die 1420 an dem jebt fog. Zislaberge,
öftlih von dem Neuthor gelegen, unter ihrem An:
führer Ziska den Kaiſer Sigismund ſchlugen, wurbe
P. 1424 erobert und damals im Innern jehr ver:
wüſtet, jedoch, nachdem fie 1433 dem Kaiſer ſich
unterworfen, deſto regelmäßiger wieder aufgebaut.
Die höchſte Stufe der Macht und des Anfehens er:
reichten die prager Städte in ben — Georgs
von Podiebrad und der Könige der Jagelloniſchen
Dynaſtie. infolge der Beteiligung an der Erhebung
der böhm. Stände im Schmalfaldiihen Krieg ver:
loren jedoch bie prager Städte im J. 1547 ben
weitaus größten Teil ihrer Privilegien und Güter,
und zugleich wurde ihre Macht, gleich der des böhm.
Bürgerjtandes überhaupt, Durch neue Einrichtungen
dauernd bejchräntt, Ginigen Erfak hierfür erbielt
P. dadurd, daß es bis 1618 die Nefidenz der kunſt⸗
finnigen Nachfolger Kaiſer Ferdinands I. und fo:
nad aud in gewifjer Hinficht der Mittelpunkt der
bab3burgifchen Monarchie war. Der Dreikigjährige
Krieg nahm durch den Fenfterfturg der —* Statt:
halter (23. Mai 1618) in Prag feinen Anfang. Am
8. Nov. 1620 fam ed auf dem eine Stunde weit:
ih von P. gelegenen Weißen Berge zur Schlacht
-zwilchen dem Stönig Friedrich V. (f. d.) von ber
Pfalz und dem Kaiſer Ferdinand IL., die jenem die
Krone koftete und die Stadt in die Hände des Hai:
ſers bradte. Im J. 1631 wurde PB. von den Sadı:
jen erobert, wenige Monate nachher aber durd)
Wallenftein ihnen wieder entriffen. Am 10. Mai
1635 fam e3 bier zwifchen dem Kaifer und Kur:
ſachſen zum Frieden. Im Ofterreichiichen Erbfolge:
triege wurde die Stadt 26. Nov. 1741 von den
Sranzofen und Bayern genommen, im Jan. 1743
aber wieder zurüderobert. An Frievrih db. Gr.
übergab fie fih im Sept. 1744 durd Kapitulation.
Im Siebenjährigen Kriege (6. Mai 1757) ſchlug
Sriebrich db. Gr. am Ziskaberge den Prinzen von
Lothringen. Tie vier prager
durch Kaiſer Joſeph II. zu einer einzigen vereinigt.
Im Juli und Aug. 1813 fanden zu P. die Ver:
band — zur Vermittelung des Friedens zwiſchen
Oſterreich, Preußen und England mit Frankreich
ſtatt. Im J. 1848 war P. namentlich der Schau:
plaß der nationalen Kämpfe zwiſchen Deutſchen und
Gechen. Zu Ende Mai des genannten Jahres trat
hier ein allgemeiner Slawenkongreß zuſammen,
der bei dem mittlerweile 11. Juni ausgebroche—
nen flaw.:demofratiihen Aufſtand auseinander:
geiprengt wurde. Die Altitabt und Neuftadt wur:
den bei biejer Gelegenheit durch den Fürften Win:
diihgräß zwei Tage hindurch beichofien. Seit
1860 fteigert fi die böhm. Agitation von Tag zu
Tag, wie namentlich die Wahlen für den Landtag,
den Gemeinderat und bie Handeläfammer bekun:
den. Im J. 1861 trat in P. zum eriten mal ber
böhm. Yandtag in feiner neuen Organijation auf
Grundlage des Patents vom 26. Febr. 1861 zu:
fammen. Während des Deutichen Kriegs von
1866 wurbe die Stadt 8. Juli von ben Preußen
bejegt und blieb es bis nach dem Frieden, welcher
23. Aug. 1866 (ratifiziert 80. Aug.) bier abge:
ihlofjen wurde,
täbte wurden 1784 | (Bd
245
Die wihtigften Beltimmungen dieſes Prager
riedens, mit den Präliminarien von Nitols:
urg weſenilich übereinftimmend, find folgende:
Art.2. Der Kaifer von Oſterreich gibt feine Zu:
ftimmung zur Vereinigung des Lombarbifch : Bene:
tianischen Königreichs mit dem Königreich Italien.
Art. 4. Der Kaifer von Öfterreich eriennt die Auf:
löfung des bisherigen Deutihen Bundes an und
ibt feine Zuftimmung zu einer neuen Geftaltung
eutichlands ohne Beteiligung Oſterreichs, ertennt
ebenfo das engere Bundesverhältnis an, welches
der König von Preußen nördlich von der Linie des
Mains begründen wird, und erllärt ſich damit ein:
verftanden, daß die ſüdlich von diefer Linie gelege:
nen beutihen Staaten in einen Berein zufammen:
treten, defien nationale Verbindung mit dem Nord:
deutfchen Bunde der nähern Verjtändigung zwifchen
beiden vorbehalten bleibt und ber eine internatio:
nale unabhängige rn haben wird. Art. 5. Der
Kaifer von Oſterreich überträgt auf den König von
Preußen alle feine im Wiener Frieden vom 30, Dt.
1864 erworbenen Rechte auf die Herzogtümer Hol:
ftein und —— mit ber Maßgabe, daß bie Be—
völferung der nördl. Diſtrikte von Schleswig, wenn
fie durch br Abjtimmung den Wunfch zu erfennen
gebe, mit Dänemark vereini E werden, an Dä:
nemart abgetreten werden ſolle. (Diefer Zufak
wurde aber durch den in Wien 11. Olt. 1878 zmi:
hen Deutichland und Bfterreich Ungarn abge
fchlofienen Vertrag [veröffentlicht durch den «Reichs:
Anzeiger» 4. Febr. 1879] wieder aufgehoben.) Art.6
betrifft den unveränderten Territorialbeitand des
Königreihs Sachſen. Nach Art. 11 verpflichtet ich
ber Kailer von Djterreih, 40 Mill, Thlr. Kriege:
entjhädigung an den König von Preußen zu zab:
len; dafitr übernimmt Preußen die an Ofterteich
nod von Schleswig-Holjtein zu zahlenden 15 Mill.
Thlr. Kriegskoſten und bringt 5 Mill. Thlr. für
freie Verpflegung der preuß. Armee in den von ihr
occupierten öiterr. Zandesteilen in Abzug, fodak
nur 20 Mill, Thlr. bar zu zahlen bleiben,
Val. Tomel, Stiche der Stadt B.» (deutfch,
Prag 1856 fa.); derſelbe, «Geſchichte der prager
Univerfität» (rag 1849); derjelbe, «D2jepis Prahy»
.1—3, Prag 1855—75); derfelbe, «Mistopis
Prahy» (Bd. 1—5, Prag 1865—76); die Führer
von Merklas, Klutihat, Schönpflug, Boromfty u.a.;
Ambros, «Der Dom zu P.» (Prag 1858); Kühne,
«dB, Böhmiſch-deutſch und czechiich» (Lips. 1857);
Herold, «Maleriſche Wanderungen durch P.» (Prag
1875); «Statiltiiches Handbuch der königl. Haupt:
ftadt P. und ber Vororte» (2Bde., Prag1832—83).
Praga, eine am rechten Weichjelufer gelegene,
[eft nur von Kleinbürgern und Arbeitern bewohnte
orftadt Warſchaus, zählt gegen 15000 E. und iſt
mit der Hauptitabt durch eine — eiſerne
Brücke verbunden. An ihren Namen fnüpft ſich
eine verhängnisvolle Kataſtrophe der poln. Ge:
ſchichte. Nach der Schlacht bei Maciejomwice (f. d.),
10. Dft. 1794, 308 Suworow pegen B., den Waf:
fenplas und das leßte Bollwerk der Polen, bie ſich
20000 Dann jtark unter Makranowſli hineinge
worfen hatten. Zajonczek erhielt den DOberbefell
über die nunmehr 30000 Mann ftarle Befakung,
die ein befeftigtes Lager vor P. bezog. Nachdem
die Ruſſen 2. Nov. gegen P. vorgerüdt, brachen fie
am Morgen be3 4. Nov. in fieben Kolonnen zum
Sturm auf. Zwei Kolonnen ſchnitten, nachdem fie
die poln. Neiterei zurüdgebrängt, die Befahung
246
von P. von ber Verbindung mit Warfhau ab,
während die andern Kolonnen ſich der Bajtionen
und ber innern Werke bemädhtigten. Unter blu:
tigem Kampfe von Straße zu Straße drangen die
Ruſſen in die Stadt vor, und um 9 Uhr früh war
das dreifach verſchanzte P. erftürmt. Der Kom:
mandant von Warjhau, Wawrzecki, hatte die
VBrüde nah Warſchau abbrennen laſſen; doch unter:
warf ſich die Hauptitabt ſchon 8. Nov.
ägedrud, j. Neliefdbrud,
ragel heißt der Paß der Schwyßzeralpen
(1. Alpen 22), der das Muotathal im ſchweiz. Kan:
ton Schwyz mit dem Klönthal im Kanton Glarus
verbindet. Kriegsgeſchichtlich iſt der P. durch die
—— vom 27. bis 30. Sept. 1799 zwiſchen
den Rufien unter Suworow und den Franzojen
unter Molitor befannt.
Prägen (frz. estamper, frapper; engl. stamp-
ing, coining) beißt im allgemeinen das Verfahren,
einem Körper dur) Drud oder Stoß eine voraus:
beitimmte Geftalt zu geben, fofern es mittels einer
Maichine (rägmaf ine, he te oder
Prägwerk) und mit Hilfe entiprechend vertieft
gravierter, regelmäßig gebärteter jtählerner For:
men (Brägftempel gefcieht. In den meiiten
Fällen liegt dem P. die Abfiht zu Grunde, auf
plattenförmigen oder ähnlichen flachen Gegenjtänden
Neliefzeichnungen, Aufichriften u. dgl. bervorzu:
bringen; nicht felten jedoch erzeugt man buch W.
felbjt die ganze Geftalt eines Gegenitandes, wie
.B. bei der Herftellung filberner, neufilberner und
Kahlerner Gabeln, neufilberner Eplöffel, Gardinen:
halter u. ſ. w. ber Fall iſt. (S. unter Blechbearbei—
tungsmaſchinen und Fallwerk.), Seine
Hauptanwendung findet das P. in der Verarbei—
tung der Metalle, aber auch Papier (zu Vifiten:
tarten, verziertem Briefpapier), Leder (zu Tapeten
und Büchereinbänden) ul w. werben geprägt. Die
allerwichtigften Erzeugniſſe der Prägkunſt ſind die
Geldftüde, eye und Medaillen,
In alter Zeit geihah das P. in der Meife, daß
man ben untern —— auf einem Blocke feſt—
ſtellte und auf den mit der Hand gehaltenen Ober:
itempel mit einem Sammer jchlug; dieſes Verfahren
war natürlich mangelhaft, verurſachte viel Zeit:
verluft und lieferte eine ſchlechte Prägung. Daß
man fpäter den Oberftempel mit feinem Stiele
ſchieberartig in einer Führung auf: und niebergehen
ließ (bei dem jog. Klippwerke), tonnte wohl das P.
etwas bequemer machen, das Produkt aber nicht
verbeflern. Die Prägmaſchine, das joe. Stoßwert
mit ſtarker eiſerner Schraubenſpindel, welche, von
mehrern Menſchen bewegt, ſelbſt die größten Geld—
jtüde mit einem einzigen Stoße vollendete und eine
weit größere Schnelligleit in die —— des P.
brachte, ſoll bereits 1558 in Frankreich gebraucht,
nach andern erſt Ende des 17. Jahrh. erfunden
worden fein. Selbſt in feinem vollkommenſten zu
ſtande, auf welchen es von Mechanilern des
19. Yahrh. erhoben worden war, hat das Stoßwert
fühlbare Mängel; es nimmt wegen der Kreis—
bewegung feines langen Schwengel3 einen großen
Raum in Anſpruch, erfordert viel Menſchenhände
und erzeugt bei feinem Gange erjchütternde Stöße.
Man fe te —— nad) Brägwerfen, welche bei
geringem Raumbedarfe leicht in Verbindung mit
einem Motor geiegt werden konnten und durch
Drud (nit dutch Stoß) das P. bewirken. Ein zu
biefem Biele führendes Maſchinenelement entdedte
Prägedrud — Pragmatiihe Sanktion
man in bem Anichebel, der bekanntlich zu Preffen
vorteilhafte Anwendung findet. Das erite Präg-
wert nach dem Kniehebelprinzip ift von Nevedomfti
zu Petersburg erfunden worden, aber zu feiner
groben Verbreitung gelangt. Größern Erfolg hatte
ie von Uhlhorn in Grevenbroih ausgeführte
Prägmaſchine, die jet überall eingeführt iſt. (©.
Münzeund u en nebſt der dazugehöri⸗
gen Tafel, Bd. XI, ©. 42.)
rager Friede, . unter Prag.
rager Kompaftaten, f. unter Calirtiner.
ägeſchatz oder Schla Tab, ſ. unter
Münze und Munzweſen, Bd. XI, ©. 941*,
Aägmaf inet. ünzeu. Münzwefen.
agmatifch (vom gried. rpäyue, Handlung,
Geihäft, Sache), fahlih, der Geſchäftslunde ge—
mäß, in Gejchäften gewandt, erfahren; man ſpricht
demnadh von einem pragmatifhen Kopfe,
einem Bragmatiiden Genie oder von prag⸗
matifhen Regeln, d. h. Ratſchlägen der Klug-
heit, die von den moralifchen Grundjäßen verſchie⸗
den find, Cine befondere Bedeutung erbält das
Wort in der Gefhichtfchreibung, wo man diejenige
Daritellungsweife, welche die Begebenheiten nad)
ihrem er Bi ammenbang entwidelt, die
pragmatijche ritellung (den hiſtoriſchen
Pragmatismus) nennt. (S. Gefdidte.)
Cine Dienftpragmatit ift eine Verordnung,
welche die Regeln für den ftaatlichen Verwaltungs:
dienit enthält.
Pragmatifche Sanftion (Sanctio a-
tica) hat man eine Reihe von Staatägrun
genannt, welche unverlehlich fein und für e
Heiten in Kraft bleiben follten. Die wichtigſte die⸗
jer Urkunden ift das Gefeß, durch welches Kaiſer
Karl VI., da er ohne männlide Nadhlommen war,
die Nachfolge unter feinen —— Nachlommen
ordnete. Dieſelbe wurde von Karl VI. bereits
19. April 1713 als Hausgeſetz erlafien, aber jpäter,
da fie nicht bloß Hausgeſeß, jondern ein Staats:
orundgefeh fein follte, den — aller öiterr,
Yänder vorgelegt. Kon den Ständen Niederöfter:
reich8 und Böhmens wurde fie 1720, vom ungar.
Landtage, unter Verwahrung der ungar. Berfaf:
jungärechte, 1722, von den übrigen Landtagen in
den J. 1720—24 angenommen und barauf 6, Dez.
1724 als Grundgefeß prollamiert, In dieſem Ge:
fe war beitimmt, daß die gefamten öfter. Staaten
immer ungeteilt beifanımen bleiben und zunädhit
auf die männlihen Nachkommen des regierenden
Kaiſers, in deren —— auf ſeine weiblichen
Nachkommen, bei deren Abgang auf die Töchter ſei⸗
nes Bruders Joſeph und deren männliche und weib-
liche Nachlommenſchaft jederzeit nad) dem Rechte
der Erftgeburt fallen follten. Um die Gewähr:
leiſtung ſowohl des Deutihen Reichs al3 der aus:
wärtigen Mächte wurden keine Bemühungen und
Dpfer gefcheut, ja es lich fogar Karl VI. zur grö:
fern Sicherftellung die beiden Joſephiniſchen Erz:
berzoginnen, die al3 Töchter des ältern Bruders
die naͤchſten Erbrechte hatten, bei ihrer Vermäblung
mit dem Kurprinzen von Sachſen und dem won
Bayern auf die Erbfolge in Öfterreich eidlich Ver:
zicht leiften. Troß diefer Borlehrungen wurde biefe
Pragmatifche Sanktion doch nad Karls VL Tode
die Urſache zu dem Oſterreichiſchen Erbfolgetrieg
mit Maria Therefta, indem namentlid Ba ins
folge feines verwandtſchaftlichen Verhältnities Ans
ſprüche auf einen Teil der öjterr. Erbländer machte,
Prägnant — Brafrit
Berühmt ift ferner die von Karl VII. von Frank—
reich 1438 zu Bourges nad) den Beichlüffen des Ba:
feler Konzils gegebene Pragmatifhe Santtion, auf
welcher die Freiheit der Gallitaniichen Kirche (f. d.)
berubte; ebenſo der Beichluß des deutfchen Reichs:
tags zu Mainz von 1439 zur Annahme derjelben
Beiclüffe; endlich auch das vom König Karl III.
von Spanien, als er 1759 den Thron beider Si:
cilien feinem dritten Sohn und defien Nachlommen
abtrat, erlafiene Erbfolgegeieb.
ant (lat., «[hwanger»), bedeutungsvoll,
inhaltsihwer; prägnant heiht bejonders ein
Ausdrud, wenn er in einem übertragenen, bie
ewöhnliche Bedeutung gleichſam potenzierenden
inne gebraudt wird; Prägnanz, Gedanken:
reichtum, Begrifisfülle,
ägring heißt der ftählerne Ring, innerhalb
beiten die Münzplatten während des Prägens ein:
eſchloſſen find, um völlig runde Form, genau die
röße und eine glatte oder verzierte und mit In—
ii ten verjehene zen ji erhalten. Der
ing ift zuweilen aus drei Teilen beitehend (der
gebrochene Prägring), meift aber voll (d. b. nicht
geteilt). Eine bejondere Art P. iſt der Kerbring,
er dem Rande der Münzen eine gerade gejtreifte
oder feingerippte Beichaffenbeit erteilt.
empel, ſ. unter Brägen.
ägſtock, foviel wie Prägitempel oder aud)
foviel wie Prägmaſchine, f. unter Münze und
Münzweien und unter Brägen.
(fr3.) hieß der Aufitand der franz.
Großen 1440 gegen Karl VII. wegen Errichtung
eines Heinen ftehenden Heeres. Der Name kam
von dem Huffitenaufitand in Prag 1419.
erk, f. unter Münze und Münz:
weſen nebft Tafel: Munzweſen, Bd.XI, ©.942,
und unter Brägen. ichte
ſchichte.
—— ich, vorgeſchichtlich. Rot Uraeı
‚ein flaches, niedriges mare. das in
= und auf Slüffen zum Fort Halten ſchwe⸗
rer Laſten dient und je nad ſeiner Beſtimmung
chiedene Namen, & B. Fährprahm, Kanonen:
pr u. f. w. enthält.
Zn 0) «MWiefenmonat» des franz. re:
publifaniichen alenders 20. Mai bis 18. Juni).
ie (frz. prairie, Wieſe, Aue) ift der Name,
die franz. Erforſcher den großen frucht:
baren, baumlojen Ebenen Noxdamerilas, bie zwi:
ichen Öbio und Michigan im Dften und den bürren
im Welten liegen, beilegten. Die großen
Grasebenen erjtreden ſich über den weſtl. Teil von
Dbio, über Indiana, Illinois und Jowa, den fühl.
Zeil von Michigan, den nördl. Teil von Mifjouri
und Zeile von Wisconfin, Nebrasta und Kanſas.
Sie find teils ſlach und teils wellenförmig (rolling
prairies), meijt holz: und wajlerleer, mit einem
Graswuch⸗ verſehen, ſodaß der Horizont
auf allen Seiten in einem Grasmeer untertaucht,
das, vom Winde bewegt, wie in Wogen auf: und
‚ Die Prairiebrände, welche teils
durch iges, teils abſichtliches Anzünden des
bürren Prairiegrajes entjteben, vernichten jedes
‚mit Ausnahme der Wurzeln des
3, die bald wieder ausſchlagen.
du Chien, Hauptort von ig Si
— ei taate Wisconfin, liegt
am pi, 5 km oberhalb der Mündung des
Wisconfinflufies, an der Chicago:, Milwaulee: und
St.:Bauleifenbahn und hat (1880) 2777 E., von
247
denen viele Deutfche find. P. hat eine Hochichule,
ein fath. College, ſechs Kirchen, eine Bank, eine
Mafchinenwerlitatt, eine Mahl: und eine Eiger
mühle und mebrere Pflug: und andere ——
rairie Grove, —— in Waſhington
County im nordamerif, Staate Arkanſas, hat
(1880) 994 E.; im Dez. 1862 fand bier ein blutiger
ten ftatt, in welchem leßtere unterlagen.
— ſ. unter Murmeltier—
in ge praejudicium), eigentlich eine
vorgefabte Meinung oder ein Vorurteil, in der
Rechtslehre die nachteilige Folge, die einer Partei
daraus erwädlt, dab fie einer gejeblichen Vorſchrift
oder rihterlihen Verordnung nicht Genüge leiftet.
‚Mit le bezeichnet man auch die ge
richtliche Entſcheidung einer Rechtsfrage, welche die
Nichtſchnur für künftige gleihartige Fälle abgibt.
Eine un: Autorität fonımt naturgemäß den
P. des höchſten Gerichts zu ; doch ift diefe Autorität
jeßt eine nur thatiädhliche; ältere Beftinnmungen,
welche den P. oberiter Gerichtähöfe eine weiter
F ende Bedeutung, ſogar Geſetzeskraft, beilegten,
ind durch die Reichsjuſtizgeſetßgebung beſeitigt.
räjudizieren des ng bedeutet die
Lähmung bdesfelben in feiner felfraft, befon:
ders di Verjährung und durch Verſäumung der
Kampf zwifchen Unionstruppen und Konföderter:
Vrotefterhebung. Obwohl in diejen Fällen der aus
dem Wechjel Verpflichtete nit mehr wechſelmäßig
patch, o bleibt er doch injoweit dem Inhaber des
Bechjels haftbar, als er ſich mit defien Schaden
bereichern würde (Wechielordnung, Art. 83).
äkluſion (lat.) bedeutet in der Rechtsſprache,
dab mit einem beftimmten Zeitpunkt eine Perſon
von der Vornahme einer Rechtshandlung ausge:
ſchloſſen fei, fie nicht mehr vornehmen könne, was
ur Folge haben kann, daß fie eines ihr zuftebenden
echtes verluftig geht, wenn zur Wahrung diejes
Rechts jene Rechtshandlung erforderlich war. P.
find namentlich im Prozeß nicht zu entbehren, um
kei Erledigung ficher iu ftellen. Aber auch außer:
alb des Prozeſſes finden fie und fanden von al:
ters her Verwendung zur Sicherung rechtlicher Vers
hältniſſe. (S.Aur ebotsverfahren.)
rafonifieren, j. unter Praeco,
räfrit bedeutet im weitern Sinne ben ganzen
Kompler ind. Sprachen, welche eine mittlere Stel:
lung zwijchen dem Sanskrit und den heute gejpro:
chenen ariichen Dialekten Indiens einnehmen und
fich zeitlich von etwa 500 v. Ehr. bis 1000 n. Chr.
eritreden, In diefem Sinne umfaßt es aud) das Paͤli
(j. d.), welches höchſt wahrſcheinlich mit den nord»
oͤſtl. Dialelten Indiens verwandt ift. Gewöhnlich
aber verfteht man unter P. nur eine beſchränlte
auch von mittelind, Dialelten, welche wie das
Pali ſchon frühzeitig litterariſche Verwendung ge:
funden und eine Grammatik im Gegenſatz zum
Sanslrit firiert haben. Es ift befonders die Sprache
der Didainas (j. d.) und einige Dialekte, welche
von den Dichtern, namentlid Dramatilern, ver:
wandt worden find, befonders die Caurajeni (da3
profaifhe Dramenprälrit), die —— das
poetiſche P.), Mägabhi und Apabhramçä. Bon
der ſehr umfängreichen Litteratur der Dſchainas iſt
erſt wenig in Europa veröffentlicht worden in Mes
bers «fiber ein Fragment der Bhagavati» (2 us
Berl. 1866—67); Yacobi, «The Kalpasütra 0
Bhadrabähu» (Lp3. 1879). Vol. Ed. Müller, «Betz
trägezur®rammatildes Jainaprätrite (Berl.1876).
(30% gle
248
Aus der poetischen Prafritlitteratur find zu nennen:
«Rävanaha oder Setubandha» (präfrit und
deutih, berausg. von S. Goldſchmidt, 2 Lign,,
Straßb. 1880—83); Weber, «fiber das Saptagata-
kam des Häla» (2pz. 1870 u, 1881). Die Dramen
find meift in Sanskrit und P. geichrieben, aus:
ſchließlich in P. die «Karpüramanjari» de3 Ra—
jacefhara» (herausg. im «Pandit⸗, Bd. 7). Das
3, iſt Frübzeitig Schon in Indien grammatiſch bes
bandelt worden, die mwichtigften europ, Arbeiten
darüber find: Laflen, «Institutiones linguae Pra-
criticae» (Bonn 1837); Delius, «aRadices Pracri-
ticae» (Bonn 1839); Cowell, «The Präkrita Pra-
kaca of Vararuci» (Pond, 1862); Piſchel, «De
grammaticis pracriticis» (Bresl. 1874); derfelbe,
«Hemacandra® Grammatit der Präfritipracdhe»
(mit Überfeßung, 2 Bde., Halle 1877—80); Bühler,
«The Päiyalacchi Nämamälä» (Gött. 1879); der:
felbe und Bijchel, «The Decinämamäld of Hema-
candra» (Bomb, 1880). ,
Praktik, die Ausübung oder Anwendung einer
Kunft oder Wiffenichaft; auch veraltete Bezeihnung
des Kalenders; Bauernpraftil, die bei Yand-
leuten geltenden Wetterregeln; welſche Praktik,
ein Verfahren, fih durch Zerlegen einer größern
Zahl in Heine das Nechnen zu erleichtern; Prak—
titen (vom franz.), ſchlaue Kunftgriffe, Ränte.
Praktikant, ein zur Beihilfe oder zur Cinübung
des praltiſchen Dienjtes bei einer Behörde u. ſ. w.
Angeſtellter.
— (vom griech. npäfıs), den Zweden des
thätigen Lebens gewidmet, dazu brauchbar und ge:
ſchickt, im Gegenjab zum bloß Theoretifchen.
—— etwas ausübend betreiben (3.2.
die Thätigfeit eines Arztes, Nechtsanmwalts); etwas
gewandt und unmerllic ins Werk fehen, an eine
Stelle bringen, von einer Stelle weg bringen.
Pe (Getränk), ſ. unter Bischof.
rälaten (lirchenlat.) 0 in der kath. Kirche
bie Inhaber eines mit wirllicher Jurisdiltion ver:
bundenen Kirchenamts (Dignität). Diefes waren
urfprünglid nur die Biihöfe, Erzbiichöfe, die
Patriarchen und der Papit. Später erhielten auch
die Kardinäle und Legaten, die Übte und Voriteher
der Klöſter durch Privilegien und Herlommen eine
gewiſſe — tion, wird zuweilen der Pra⸗
latentitel ohne damit verbundene Jurisdiltion ver:
lieben (Ehrenprälaten). In Deutichland gab
es bis zur Sälularifation zahlreiche ., welde,
frei von ber Landeshoheit, unmittelbar unter dem
Reiche ſtanden. Viele hatten re weltliche Negie:
rungsrechte, jelbit die fürftl, Würde und Sik und
Stimme auf den Perg erg en. In England, Schwe:
den und Dänemark bat jih die Prälatür aud
nad) der Reformation erhalten.
Im prot. Deutichland blieb der Name P. vor:
zugsweiſe in den Domftiftern; in Baden und Heſ—
jen iſt J noch jeht der höchſte Würdenträger der
evang. Yandeslirhe; in Württemberg iſt P. der
Titel der Generalfuperintendenten.
‚Brälegät (lat.), Borvermädhtnis, heiht im tech⸗
niſch juriſtiſchen Sinne das Vermächtnis an jemand,
der zugleih Erbe ift. Dieſes Vermächtnis hatte
nad röm. Recht Eigentümlichleiten, wenn, was
rer Begriff der P. erforderlid war, der Erbe
elbft mit der Entrichtung des Vermächtnifjes an
ſich zu einem Teil belaftet war. Jedoch ift gerade
dieje Eigentümlichleit in den neuern Landesrechten
meift bejeitigt und ber Erbe erhält das ganze P.
Praktik — Prämie (Belohnung)
als reines Vermächtnis, nicht mehr, wie nach röm,
Anfhauung, zum einen Teil nur al3 Vermächtnis,
zum andern als Erbteil.
Präliminärien (neulat.), das Vorhergehende,
Borläufige, nennt man in&belondere ſolche Verein
barungen, weldje die fernere Verhandlung einleiten
und ermöglichen. Bei dem Borhaben eines Frie:
densſchluſſes beftimmen die P. den Ort der Beipre:
hung, die dabei zuzulafienden Mächte und diejeni—
gen ugeftänbnife, von welden der eine oder an:
dere Teil das Eingehen auf Weiteres abhängig ge:
macht hat. rar gg part ver f. $riede,
linde8, |. unter Canditen,
udinm, |. Vorſpiel.
am (Chriten Henritfen), bän.:norweg. Did:
ter und ftaatsölonomiidher Shri titeller, geb. in
Gudbrandsdalen in Norwegen 4. Sept. 1756, war
feit 1781 beim Ölonomie: und Kommerzlollegiumt
angeftellt, bis er 1816 bei Aufhebung dieſes Depar:
tement3 feinen Abſchied erhielt. Er redigierte die
«Handelszeitung» 1782—87 und lieferte mehrere auf
flantsmiffen haftliche en bezũgliche Preis:
fhriften, 3. B. über die Nationaltracht (1798) und
über die Anlegung einer Univerfität in Norwegen
(1796). Als Dichter begründete er feinen Ruhm
durch das ——— os «Stärtodder» (1785);
auch feine —— en Stüde und eine Reihe klei—
ner Erzählungen befunden viel Lebensfriſche und
Humor. Mit Rabbet —— er 1785 die Zeit⸗
Schrift «Minerva», welde auf die Geftaltung ber
dän. Litteratur einen bedeutenden Einfluß ausübte.
Im %, 1819 ging er als Bollverwalter nad) der
weſtind. Inſel St. Thomas, wo er aber ſchon
25. Nov. 1821 ftarb. Seine belletriftiihen Werte
gab Rahbek heraus (mit Biographie, 6 Bde.,
Kopenh. 1824—29).
rämie (lat, praemium) be ee eine beſon⸗
bere Belohnung Ar verdien (ice iftungen. ®.
werben bei vielen Gelegenheiten gewährt, 3. B.
Schülern in Form von Büchern und andern Dingen
für bewiejenen Fleiß und gutes Betragen, Arbei:
tern für ausgezeichnete Leiltungen, für Kleinere Gr:
findungen und Ablürzungen des Verfahrens bei der
Arbeit, Landwirten für Zucht beiter Haustiere, au:
ter Getreide: und Obſtſorten, ſowie für Kultur bis:
er unbenupter Ländereien u, |. w. Ferner gibt es
. für Tötung = Tiere, namentlich der
eigentlihen Raubtiere, für Erzeugung ausgezeic):
neter Produfte, Heritellung von Fabrilaten in qu:
ter Qualität oder großen Quantitäten, für Einfuhr
von Getreide bei Teuerung oder von neuen Nob:
ftoffen, für Altlimatifation von Tieren und Pflan:
en, bei Ausjtellungen aller Art u. dgl, Belannt
Kind die Yusfuhbrprämien, welche denjenigen
ewährt werben, die gemwifje gewerbliche und andere
Produlte des Landes ausführen, In der Regel be:
ftehen diefelben in der Eritattung der Zölle und Ab:
aben, welche von den bei der Produktion verwen:
eten Robitoffen erhoben wurden. Bei Anleihen
werben oft denjenigen P. gemäbt, welche die ge⸗
pen Sunme vor der beitimmten Zeit einzab:
en. Außerdem gibt es Prämienanleiben (f. d.),
die fih von dem übrigen Anleihen dadurch unter:
—* daß fie denjenigen, die ſich bei ihnen betei—
igen, neben einem mäßigen Bin noch P., die un:
ter fämtlichen Zeichnern verloft werben, in Ausjicht
ellen. Beim Verfiherungsgeichäft heißen P. (Ber:
iherungsprämie) die Beträge, welche die
erjiherten an die Verfiherungsgefellihaften für
Prämie (im Lieferungsgefhäft) — Prantl
die fibernahme des Rifiko zahlen. (S. Prämien:
verfiherung.)
Prämie (im Lieferungsgeihäft), |. unter Prä—
miengeihäft und Zeitlauf.
Pramienanleihen find ſolche Anleihen von
Staaten, Korporationen, Gefellihaften u. |. w.,
melde den Gläubigern außer einem bejtimmten
Zins auch noch Ausficht auf den Gewinn von zum
eil jehr großen Geldprämien gewähren, bie jähr:
lich nad) einem bejtimmten Plane verloft und den
Inhabern der Stüde mit den gezogenen Nummern
ausgezahlt werden. In andern Fällen wird nur
den jährlich zur Amortifation gezogenen Stüden
durch das Los eine gröfere oder geringere Prämie
zugeteilt. Nach dem deutſchen Reichsgeſeß vom
8. Juni 1871 dürfen Inhaberpapiere mit Prämien
in Deutichland nur auf Grund eines Reichsgeſehes
und zwar zum Zwed ber Anleihe eines Bundes:
ftaates oder de3 Neich® ausgegeben werden. Bon
ausländiihen Papieren diefer Art dürfen fortan
nur diejenigen Stüde in den Verlehr gebracht wer:
‚ weldye in einer am 15. Juli 1871 abgelau:
fenen Friit abgeftempelt worden find, (S. An:
leiben, Zotterieanleben.)
ämiengefchäft nennt man eine eigentüm:
liche Art des Lieferungstaufs, welche fi dadurch
charalterifiert, daß dem einen Kontrahenten, Käufer
oder Verkäufer, gegen eine Vergütung (Prämie),
die er bem andern Kontrahenten zahlt, ein Wahl:
recht zuftebt in Bezug auf die Erfüllung überhaupt
(aljo ein Rüdtrittsrecht) oder auf Zeit, Art, Objelt
der Erfüllung. Der Wahlberechtigte büßt alſo die
Prämie ein, Hehert fi aber dadurd die Möglid:
teit, von dem Geſchäft gänzlich zurüdzutreten
(Empfang ober Lieferung der Ware zu verweigern)
oder zu einer andern Zeit ein anderes Quantum
u gay en oder zu liefern u. f.f. Den Gegen:
nd des F bilden —— ertpapiere.
Prämienpapiere find ſolche Wertpapiere, bie
bem Berechtigten die Chance eröjinen, dab wenn
feine Nummer behuf3 Amortifierung ausgeloft wer:
den follte, er außer dem Nominalbetrage noch eine
bald höhere, bald niedrigere Summe (Prämie) er:
halten würde. (S. Brämienanleiben.)
Prämienverficherung nennt man im Gegen:
fat zur Verfierung auf Öegenfeitigleit denjenigen
Berjicherungdvertrag, bei dem die Leiſtung des Ver:
ſicherten genau firiert ift, ſich alfo nicht wie dort nad)
dem Unlange er zu erjehenden Schäden richtet.
Bei der P. lufriert der Aſſeluradeur (regelmäßig
eine Altiengefellibaft) den überſchuß der gefamten
Prämien über die gefamten Schadenbeträge, trägt
aber auch allein den Berluft, wenn jene hinter die:
fen zurüdbleiben. Die B. iſt * Handelsgeſchäft.
Gandelsgeſehßbuch, Art. 271, Nr. 3.)
en (lat.), in der Logik die Vorderfähe
eines Schlufies (j. Syllogismus), überhaupt
die Urteile, aus weldhen man einen Schluß zieht.
Praemissis praemittendis (lat., meiit ab:
gelüirst P. P. oder p. p.), nad) Vorausſchidung des
ſchidenden, d. b. mit Weglaſſung aller
Kurialien, des Titels u. bal,
Praemisso titulo (lat., abgefürzt P. T.), mit
Borausf
(Weglafiung) des Titels.
fer orbertiner, weiße
Ranoniler, ein geifllicjer Orden, geftiftet von
Norbert, einem Chorherrn aus Kanten im Kleve—
Ken der 2 lirchlichen Eifer ſpäter ala Cr:
of von Magdeburg (feit 1127) die Kanonijation
249
erwarb und 1134 ftarb. Im Walde von Coucy,
zwiichen Rheims und Laon, fammelte Norbert auf
einer ihm nad) feinem Vorgeben vom Himmel ges
keipten Miefe (pr& montr&, pratum monstratum,
aber der Name des Ordens) feine erften Schüler
1120 und baute 1121 das erfte Klofter, dem er die
ene Regel Auguſtins gab. Deshalb rechnen
ſich die P. zu den regulierten Chorherren, obwohl
fie ihrer Verfaſſung nad wirklliche Mönche find,
Der Orden wu s(onel auch entjtanden mehrere
Nonnenklöfter derjelben ftrengen Negel, nachdem zu:
er die Rrümonftratenferhorirauen in den:
felben Klöftern wie die Männer, nur durch eine
Mauer getrennt, gelebt hatten. Der Abt des
Stammllofterd Premontre bei Coucy führte den
Titel General und bildete mit drei andern kan.
PBrämonftratenjeräbten den Hohen Nat der Väter
des Ordens, infolge der Reformation verminder:
ten ih die Alöfter des Ordens um mehr als die
Hälfte, Um die verfallene Klofterzucht herzuftellen,
vereinigten fich die KHlöfter in Spanien 1573 au
einer noch ftrengern Obſervanz; doch blieben fie mit
den Klöftern von ber gemeinen Objervany in Dr:
densgemeinichaft, welche 1630 durch neue Statuten
für alle Klöſter beider Sattungen befeftigt wurde.
Im 18, Jahrh. hatte fi der Orden in Frankreich
i8 auf 42 männliche Klöſter vermindert; die weib:
lihen waren eingegangen. Seht beſiht er nur noch
eine geringe Zahl von Klöftern in Bolen und den
öjterr. Staaten, befonders in — Die Tracht
der P. iſt durchaus weiß und beſteht aus Tunila,
Slapulier und vieredigem Barett, darüber im Chor
ein weißes ——— und auf der Straße ein
weißer Mantel und breitfrämpiger weißer Hut.
Bol. Winter, «Die P. des 12. Jahr.» (Berl. 1865).
Prämortäl (neulat.), vem Tode vorbergebend;
prämortale Temperaturfteigerung iſt in
der ra Yo Thermometrie die Bezeichnung ‚für
die — über 42° C. hinaus; fie iſt ein
Zeichen des rain Todes. (S. unter
Sieber, Bd. VI, ©. 791°.) j
—— Stadt in Latium, ſ. Paleſtrina.
ranger oder Schandpfahl (palus infa-
mans, numella; engl. pillory) nennt man ben ftei:
nernen oder hölzernen Pfahl, an welchem Verbre:
her nad) gerichtlichen Urteil durch den Gerichte:
fron oder gar den Henker zur Schau geitellt und der
öffentlichen Beihämung preisgegeben werden. Die
Prangeritrafe hatte ont mancherlei Grade und
Örtliche Formen, wurde auch häufig mit Auspeit:
ſchen verbunden. Sie zählte zu den jog. beihimpfen:
den und darum grundjählich verwerflichen Strafen.
Gine jeder vernünftigen Kriminalpolitit wider:
ſprechende Gigentümlichteit diefer Strafe war, vor:
züglich in England, die unbefchränfte Freiheit, mit
welcher die Zufchauer dabei ihre Gefinnung äußern
durften, War der am P. Stehende dem Pöbel
verhaßt, fo lief er Gefahr, durch Steinwürfe und
andere } —— an feiner Geſundheit Scha:
den zu nehmen oder felbit das Leben einzubüßen,
während die Strafe, wenn ihn das Volt entichul:
digte, In in eine Art Triumph verwandelte. Bei:
jere Einfichten haben alle Prangerftrafen befeitigt.
Praenomen (lat.), Borname.
Prantl (Karl von), nambafter Hiſtoriler der
ghtofoppie, geb. 28. Jan. 1820 in Landsberg am
ech, itudierte in München und Berlin und habili:
tierte fih 1843 an der münchener Univerfität, we
er 1847 außerord. und 1859 ord. Profejior der
250
Shilofop ie wurbe. Außer liberfeßungen einiger
Dialoge Platos und einer Tiberfiht der gried.
röm. Bi —— (Stuttg. 1854) veröffentlichte er
eine Ausgabe der Schrift des Arijtoteles über bie
Farben (Münch, 1849) und in der Engelmannfchen
Eammlung die « Bhpfit des Ariftoteles (Lp3. 1854)
und desfelben «Bücher über das Himmelsgebäude
und über Entitehen und Vergehen» YA 1857),
erner «Die gegenwärtige Aufgabe der Philoſophie⸗
Münd. 1852) und noch einige andere philof.
riften. Sein Hauptwerk iſt: «Geſchichte der
Logik im Abendlande» (Bd. 1—4, Lyz. 1855— 70).
Auch verfaßte er «Geſchichte der Ludwig: Marimi:
lians-Univerfität in Ingolftadt, Landshut, Mün«
en» (2 Bde., Münd. 1872). Don feinen Heinern
riften find zu nennen: «Die Philofophie in den
Sprihmwörtern (Münd. 1858), «Michael an
und Petrus Hiſpanus⸗ (Lps. 1867), «Verſtehen
und Beurteilen» (Münd. 1877) u. |. w.
Präuumerando (lat.), durch Vorausbezahlung
(d. 5. vor Empfang einer Sache oder vor Gewäh—
rung einer Leiltung), im Gegenfah zu poftnume:
rando, durch Nachbezahlung (d. h. nad Empfang
oder Gewährung).
ränumeration (lat., d. i. Borausbezahlung)
ißt die fofortige Gewährung der ———
ür eine erſt zu erfüllende Verbindlichkeit. Dies
ann bei verſchiedenen Geſchäften bedungen wer:
ben, 3. B. bei Mietverträgen, Verkäufen; vorzüg:
li fommt aber P. im Buchhandel vor, im deut:
hen gewöhnlich nur bei Zeitfchriften. Meift genie-
n die Pränumeranten für die zum voraus er:
füllte Leiftung den Vorzug eines geringern Preifes,
als jpätern Käufern nach Verlauf der, bejtimmten
Friſt bewilligt wird. Von der P. ift die Subflrip:
tion (f. d.) verichieden, j
Präparand (lat.), «ber Borzubereitender, Schü:
ler einer Vorbereitungsihule; Präparanden:
anftalt, Borbereitungsanftalt zur Aufnahme in
ein Schullehrerfeminar,
Präparat (anatomijhes), f. unter Ana:
tomie, Bb. I, S. 612°.
Präparat (hemiiches), f. Chemiſche Prä—
parate, Bb. IV, ©. 232, [leitend
äparatorifch, vorbereitend, vorläufig ein
arieren (anatom.), Bräparierfaal, ſ.
unter Anatomie.
—— ſ. Grundierſalz.
räponderanz (lat.), Übergewicht; präpon:
derieren, überwiegen, das Übergewicht haben.
Bräpofition (lat., Vorwort, Berhältniswort)
bezeichnet in der Grammatik eine Wortllaffe, die
uriprünglich identifch ijt mit dem Adverbium, d. h.
zur nähern Beitimmung eines andern Sabteils, |
namentlich de3 Berbums dient. Das von der P.
näher bejtimmte Verbum erfordert einen beftimm:
ten Cafus des zu ihm fonftruierten Nomens, wel:
her Caſus aljo eigentlich vom Verbum abhängig
ist, ſehr früh aber, bat ſich das Sprachgefühl daran
A den Caſus als von der P, abhängig zu
ühlen (daher der grammatijche Ausdrud: die P.
regiert den und den Caſus). Wir können das ur:
ſprüngliche Verhältnis noch nachfühlen, wenn wir
— B. den Saßtz ver ſpricht zu mir» umftellen in «er
priät mir zu», in erfterm Falle beziehen wir den
ativ «mir» auf «zu», im zweiten auf «fprichtn,
während die Säbe derart urfprünglich ganz iden:
tiſch find. Cine ſehr weite Yusbeimung hat zum
Zeil auch Schon in früher Zeit der Sprachgeſchichte
Pränumerando — Präfentation
der Gebraud der P. dbadurd erlangt, daß fie zur
Bezeichnung des Verbältnifjes zweier Subftantiva
(oder der durch fie bezeichneten Vorftellungen) ver-
wendet wurden, während urfprünglich dazu weſent⸗
lich die Dellinationsformen (Cafus) dienten; ver:
gleiche 3. B. im Deutichen «Liebe zum Vaterlande»
mit lat, amor patriae, Spraden, welde durch
lautlihen Verfall ihre Cafus ganz oder teilweife
eingebüßt haben, pflegen diefelben durch präpofitio-
nale Verbindungen zu erfehen, ver * B. den
franz. Genitiv agneau de Dieu, buchſtäblich lat.
agnus de deo mit echt lat. agnus dei,
— (at.), die Vorhaut bes mãnnlichen
iede
Präraffakliten, Name einer Sms engl.
Maler, welche inhaltlich und techniſch die Borgän-
ger Rafaels nachzuahmen fuchen. Die Hauptmaler
diefer um 1850 entjtandenen, jeht nur noch ſchwach
vertretenen Ridhtung find: ‚sohm Everett Millais,
William Holman Hunt, Rofetti, Stanhope.
Prärogativ (das), — — (die, lat.),
Vorrecht, insbeſondere Bezeichnung für bie Bor:
rechte des Monarchen, namentlich derjenigen Rechte,
—— deren den parlamentar. Körpern eine
—— nicht zuſteht (3. B. Berufung, Erörf-
nung, Schließung, Auflöfung der Kammer), ſowie
derjenigen, welche dem Monarchen den parlamentar.
Körpern felbft — zuſtehen (z. B. das Recht,
ber Kammer Vorlagen zu machen, Sanktion ber
Kammerbeihlüffe, Bublifation derjelben u, ſ. w.).
rafem, der lauchgrüne Quarz (f. d.).
äfen® (lat.), in der deutſchen Grammatik ge:
wöhnlid, gegenwärtige Zeit, Gegenwart. genannt
heißt eine Form des Verbums, die uriprüngli
nicht die zeitliche Beziehung der Gegenwart auss
drüdt, fondern bezeichnet, daß die angegebene
Handlung eine dauernde fei. aber die Anwen:
dung der Präſensform in allgemeinen Sentenzen
und Süßen, 3. B. «die .. dient zum Aus:
drud des Gedantenä». Da bie sr von Dauer
und Gegenwart für den Nedenden jehr oft zufam:
menfallen, dient diefe VBerbalform im Gegenfaß *
andern Formen, die beſondere Elemente zur Be—
eichnung der Vergangenheit enthalten, 3. B. das
ers tum, zugleich zum Ausbrud der gegen:
wärtigen Zeit. Zu unterjcheiden von dem un
praesens iſt der in der neuern Grammatil üblich
—** Ausdruck Praäſensſtamm; man verſteht
arunter diejenige Form des Verbalſtamms welche,
abgeſehen von allen zeitlichen Verhältniſſen, die
dauernde Handlung bezeichnet, während der Per:
feltjtanım die vollendete, der Aoriftitamm bie mos
mentane Handlung ausdrüdt. (S. Tempus.)
Präfentation (lat.) beißt der Vorſch n eines
oder mehrerer Kandidaten zu einer erlebigten
Stelle, weldhe dem Patron einer Kirche, den
Städten in Anfehung ihrer Beamten und in man-
chen Ländern den —— Landeslollegien bei den
in ihrem Gefchäftäfreife erledigten Umtern zufteht
(Bräfentationsredt). Die P. iſt bloß Bor:
ſchlag, denn die einentliche Verleihung oder Über:
tragung des Amts geht immer von dem aus, wel:
chem präjentiert wird, Wenn der dazu Berechtigte
die P. bei kirchlichen Amtern über ſechs Monate
verzögert, fo tritt nach gemeinen firchenrechtlichen
Beltimmungen Devolution ein, d. b. der Höhere
ernennt felbit. (S. Rirdenpatronat.)
Präfentation heißt auch das Vorlegen eines
Wechſels (f. d.) an den Bezogenen und zwar, wenn
Präfentationspapiere — Präjumption
—* noch nicht fällig iſt, zur Acceptation, wenn
er fällig iſt, zur Zahlung. Die P. zur Annahme iſt
nur bei Wechfeln, die auf eine bejtimmte Zeit nad)
Sicht lauten, nad der Deutſchen Wechſelordnung
notwendig; ®. zur Zahlung aber ftet3, um den
Negreß bei nicht erlangter Zahlung zu fihern. Bei
verweigerter Annahme oder Zahlung wird darüber
der Broteft (j. d.) aufgenommen.
Präfentationspapiere nennt man die Ur:
funden über Forderungen, die nur unter Borlegung
der Urkunde geltend gemadt werden können, Es
gehören dahin namentlich der Wechjel und die In:
haberpapiere. (S. Au porteur.)
Präfentätum (lat., d. b. «vorgelegt»; abgekürzt
praes.) nennt man die Cingangsbemerfung, die
Angabe der Zeit, wann ein Schriftitüd bei einer
Behörde eingegeben worden iſt.
räjenzzeit, ſ. Dienitzeit,
‚ Bräfervation (lat.), ———— Verhũtung
eines übels, Vorbauung gegen dasſelbe; präfer:
vativ, vorbeugend, werben, verwahrend; Brä:
fervativmittel, Vor * Schußmittel.
Präfervierung der Nahrungsmittel, ſ.
Konfervierung der Nahrungsmittel,
(lat.), Bräfident, Vorſihender; Statt:
halter einer röm. Provinz.
Präfident (lat. Praeses) oder Vorfihender
beißt derjenige, welder in einer kollegialifch ein:
gerichteten Berwaltungs: oder Gerichtäbehörde oder
in einer beratenden oder beſchließenden Verſamm—
lung den Vorſiß führt und die Gefchäfte leitet. In
Republilen führt das auf eine beftimmte Zeit ges
wählte, verantwortliche Staatsoberhaupt meiſt den
Titel R. ‚Im Fall der Verhinderung wird der
®B. durch einen VBizepräfidenten ——
den Vorſihenden) oder das älteſte Mitglied des
Kollegiums vertreten,
Prafidiäl (in Zufammenfegungen), den Vorfik
I das PBräfidium betreffend, davon ausgehend,
frei eren (lat.), vorschreiben, verorbnen ;
I verjährt erklären; davon das Subftantiv Prä:
fription.,
Praslin ir ber Name eines Marquifats in
Franlreich, welches im Beſih einer der Hauptlinien
des Hauses Choifeul war, aber 1690 nad} dem Er:
hen der Marquis von P. an die Grafen von
Chevigny, einen andern Zweig des genannten Ge:
ſchlechts, gelangte und 1762 zu Gunften desjelben
zum Herzogtum erhoben wurde, :
Charles Raynard Laure Felir Choi:
feul, Herzog von P. geb. 24. März 1778,
eifriger Anhänger Napoleons, Kammerberr ber
Kailerin und 1814 Chef der eriten Legion der
parijer Nationalgarde, mit welder er 30. März
gegen bie Verbündeten kämpfte. Er ftarb zu Paris
28. Juni 1841.
Sein Sohn, Graf Theobald Choifeul,
Herzog von P., geb. 29. Juni 1805, verheiratete
ih 1825 mit der Tochter des Marſchalls Scha:
ftiani, die —* ein bedeutendes Vermögen zubrachte
und neun Kinder, drei Sohne und Er Töchter,
gebar. Am 18. Aug. 1847 wurde diefelbe in ihrem
Haufe ermordet — Der Verdacht des Ber:
fiel bald auf den Herzog ſelbſt, welcher
21. Aug. nad) dem Lurembourg abgeführt
wurde, bier aber 24. Aug. infolge genommenen
Giftes ſtarb. Die Schuld des Herzogs war aufer
allen Fe geiebt, (Vgl, « Der Neue Bitaval»,
Bd. 14, 2py. 1860.)
251
Gegenwärtiger Herzog von P. und Haupt der
Familie it des lehtern Sohn, Gaſton Louis
ilippe vonChoifeul:®., geb. 7. Aug. 1834.
j Suyfch, Kreisitadt im Gouvernement Block,
in RuſſiſchPolen, mit (1881) 7212 E. hat Leinen:
induftrie un Holzhandel.
‚Präftabilierte Harmonie oder Bräftabi:
lis mus iſt ein Ausbrud von Leibniz (f. d.), wel:
cher mit Recht die allgemeine Bezeihnung von
deflen metaphufiihem Syftem wurde, da die damit
ausgedrüdte Lehre deſſen el ten Stern bildet. In—
dem nämlich Leibniz jede «Dionade» als eine felb:
ftändige, feinen Einfluß von einer andern erfah:
rende Subſtanz betrachtete, lehrte er, daß ber
Iheinbare Einfluß derfelben aufeinander fih durch
eine innere Harmonie der Vorftellungen erlläre, in
denen nad) ihm die Thätigkeit diefer Subftanzen
befteht. Weil nämlich jede Monade das ganze Uni:
verjum mit größerer ober rg pe Deutlichteit
vorftellt und der Ablauf dieſer Vorftellungen in
allen mit gleicher Notwendigkeit — ſo
ſtimmen ſie alle in jedem Augenblide überein.
Insbeſondere wendete Leibniz dieſe HART ean,
um das durch die artellaniiihe Schule lebhaft an:
geregte Problem des Verhältniffes von Leib und
Seele zu löfen, indem er annahm, daß die Seele
als Centralmonade des Körpers, ohne von dem
felben einen Einfluß zu ee oder einen ſolchen
a ihn auszuüben, doc vermöge ihres innern
Lebens in jedem Augenblid eine Hare und deutliche
Borftellung von allen Zuftänden des Körpers habe.
Die durch Chr. Wolff gegründete Schule, welde
im allgemeinen die Ideen von Leibniz zu fyitema:
tijieren fuchte, ließ diefe Hypotheſe wieder fallen.
Dal. G. R. Bilfinger, «Commentatio de har-
monia animi et corporis humani praestabilita,
ex mente Leibnitii» (Sranff. 1723); 9. C. W.
Sigwart, «Die ee a von ber präftabi:
lierten Harmonie in ihrem Zufammenhange mit
frühern Bhilofophemen» (Tüb. 1822); ©. C Gub;
rauer, «Leibnitii doctrina de unione animae et
corporis» (Berl. 1837); H. Sommer, «De doctrina,
quam de harmonia praestabilita Leibnitius pro-
posuit» (Gött. 1866); Erdmann, «Martin Knuͤten
und feine Zeit» Lpz. 1876).
Präftanz, Vorzüglichkeit, würbevolles Anfehen,
Vorrang, Leiftungsfähigkeit. _ ;
räjtieren (lat.), etwas leijten, entrichten,
räfumption (lat.) nennt man eine Voraus:
feßung, welde auf Gründen der Wahrfcheinlichteit
beruht. In den Rechtsverhältniſſen —** man
darunter einen Satz, welcher ohne weitern Beweis
ſo lange für wahr gilt, bis das Gegenteil erwieſen
werden kann. Das Natürliche, Regelmäßige wird
präſumiert; Veränderungen und Abweichungen
müſſen erſt beſonders erwieſen werden. Jeder iſt
[In einen rechtlich handelnden Menjchen, für un:
chuldig alten, bis ſeine Schuld bargethan
wird. Wahrſcheinlichleiten aus beſondern indivi:
duellen Gründen beißen praesumptiones hominis
oder facti, die in den Geſetzen anerfannten Ber:
mutungen, wie 3. B. dab das Kind, weldes eine
drau während der Che gebiert, von ihrem Ehe:
manne erzeugt fei ug are juris. In
einigen Fällen der (chtern, 3. B. bei der Annahme,
daß ein der aus nicht sg Bellagter
berjelben geftändig fei, wird jogar der Beweis de3
Gegenteils nicht zugelafjen; dieje heißen praesump-
tiones juris et de jure. (9. Beweis, juriltifch.)
252
A rear nennt man dad, was unter ge:
willen Bedingungen eintreten fann; daher fpricht
man von einem präfumptiven Thronerben und
verfteht darunter denjenigen, der unter ben ge:
—— Umftänden, die ſich aber noch ändern
Önnen, bie naͤchſte Anwartichaft auf den Thron hat.
Brätendent (vom lat. praetendere) ijt im wei:
teften Sinne jeder, der auf etwas Anſpruch erhebt.
In engerer Bedeutung bezeichnet man aber damit
die Prinzen, welde Erbanſprüche auf einen ihnen
vorenthaltenen Thron maden.
Praeteritio (lat., libergehung), rhetoriihe
Figur, f. unter Paralipfie.
Bräterition (Tat.) hieß im röm, Recht die
aeg eined fog. Noterben (ſ. d.), d. 5.
deſſen ichtuennung unter den teſtamentariſch ein:
gejekten Erben, Die P. vernichtete das Teſta—
ment, denn der Noterbe mußte entweder zum
Erben eingefeht oder ausdrüdlid) enterbt wer:
den, Diejes Präteritionsrecht erlitt bereit3 im
Lauf der röm. Entwidelung bedeutende Verände—
rungen, indem zunädjt die Enterbung der Not:
erben nicht mehr der Laune des Erblafjers über:
laſſen, vielmehr an Gründe gebunden wurde, und
[dann die V. nicht mehr bei allen Noterben (Ge:
chwiſtern) dem Teſtament ſchädlich war. Zugleich
wirkte allmählich mit der Ausbildung des Prlicht:
teilgrecht3 die nicht genügende Hinterlafjung des
Pflichtteils (f. d.) der P. gleih. In den mober:
nen Nechten gibt es nur noch Pflichtteilsrecht, die
P. it dieſem gegenüber ohne eigene Bedeutung.
Präteritum (lat., d. i. vergangen, zu ergänzen
tempus, d. i. Beit) heißt in der Grammatik eine
Form des Verbums, an welcher durch bejtinmte
Nittel diefes Zeitverhältnis ausgedrüdt it. Dieſes
Mittel it in den indogermaniihen bad Augment
(i.d.); wenn dasfelbe dem Präſensſtamm vorgefebt
it, entiteht das Imperfeltum (praeteritum prae-
sens), wenn dem Perfeltſtamm, jo heißt die jo ent:
ftehende Form Plusquanıperfeltum, wenn dem
Aoriſtſtamm, jo nennt man biefe Verbalform
gewöhnlich einfach Aoriſt (genauer praeteritum
aoristi). In dieſen urfprünglicen Verhältnijien
bat die Geſchichte der einzelnen Sprachen, die das
ba zuweilen fehr früh verloren haben, oft
grobe Änderungen vorgenommen, von benen eine
der —— die iſt, daß eine urſprünglich
nicht zur Bezeichnung der — Zeit, fon:
dern der Vollendung der Handlung beſtimmte
Form, das Perfektum, die Bedeutung eines prä:
terialen Tempus der Erzählung angenommen bat;
jo ilt das fog. deutſche Imperfekltum urſprünglich
ein Perfeltum; das lat. ejeltum (3.8. veni, vidi,
vici) ift Zempu3 ber Erzählung geworden,
Praeter propter (lat.), mehr oder weniger,
ungefähr.
Prätexta toga, ſ. unter Toga; praetexta
tragoedia, f. unter Comoedia,
Prati (Giovanni), ital. Dichter, geb. 27. Jan,
1815 zu Dafindo bei Trient, ftudierte zu Padua
die Rechte und widmete ſich fpäter ganz der ſchönen
Litteratur, Geit 1835 lebte er in feiner Heimat,
feit 1840 in Padua, wo er feine «Edmenegarda»
(Padua 1841), eine rührende poetiſche Erzählung
in Byrons Manier, ſchrieb, die feinen Ruf als
Dichter begründete. Im J. 1843 ging er nad)
Zurin, veerihte in einer Dichtung Karl Albert
als Netter Italiens und erhielt dafür eine Benfion.
Später lebte er in Venedig und in Florenz, zuleht
Präfumptiv — Prätor
in Rom als Mitglied bes oberften Rats im Mini-
fterium des Unterridt3 und Direktor einer vom
Miniſter De Sanctis gegründeten höhern Mädchen:
ihule, Cr _ftarb zu Nom 9. Mai 1884, Seine
zahlreihen Schriften zeichnen fich aus durch Bilder:
reihtum und ſchwungvollen Stil, laſſen aber Ur:
fprünglichleit und Serühlstiefe ae Geſamt⸗
ausgaben erſchienen zu Genua (»Opere. Edizioue
ordinata e riveduta dall’autorer, 4 Bde. 1851—
52) und in Florenz («Opere edite ed inedite di
Giovanni P.», 5 Bde., 1862—65). Aus fpäterer
Zeitijt namentlich die Gedihtfanmlung«Armando»
(Flor. 1868) zu erwähnen, Vgl. De Gubernatis,
«Giovanni P.» (Flor. 1861).
Pratioa (ital.), in den Mittelmeerhäfen der
ir Verkehr eines anlommenden Schiff? mit dem
ande, der nicht geftattet wird, wenn der Abfahrt: =
bafen pet: oder holeraverdächtig iſt.
Ber f. Prättigau—
‚ Brato, Stadt in der ital. Provinz und im Ve—
irk Florenz, 18 km im NW. von Florenz, am Pi:
—* und an der Bahn Bologna⸗Piſtoja⸗Florenz,
in reizender und fruchtbarer Gegend, Sit eines
Biſchofs, a 20 öffentliche Pläke, eine alte Cita—
belle, ein Theater, eine im 12. Jahrh. als roman.
Bafılifa errichtete, im 14. Jahrh. durd) Giovanni
Piſano in got. Stil vergrößerte Hathedrale mit
trejilichen Skulpturen von Donatello und Andrea
bella Robbia, den fchönften Wandgemälden im
Chor aus der Geſchichte Joanne de3 Täufers
und des heil. Stephanus von Filippo Lippi (1456),
und einer prachtvoll ausgefhmüdten Kapelle, in
welcher ber Gürtel der Jungfrau Maria (Cintola
della Madonna) aufbewahrt wird, die Kirche Dia-
donna belle Garceri, von Giuliano da Sangallo,
1485—92 in —— eines griech. Kreuzes mit Kup:
pel erbaut, zehn andere Pfarrlirchen, im Palazzo
comunale eine kleine fehenswerte Gemäldegalerie,
in welcher befonders die beiden Pippi vertreten find,
ein Gymnafium (Collegio Cicognini), eine öffent:
lihe Bibliothek, ein Findlingshaus und ein großes
Hofpital. Die Stadt zählt (1881) 16509 (Gemeinde
42070 E.), hat Wollweberei, Seidenfpinnerei, Fa:
brifen in Seiden-, Baummwoll: und Leinenzeugen,
Strohhüten, Papier, Seife und Kupferwaren, fowie
Kupferhämmer und berühmte Bädereien, welche das
beſte Brot in ganz Italien baden. — ®., mittellat.
Pratum, 1289 —— unterwarf ſich 1313
dem König Robert von Neapel, wurde 13850 von
Johanna I. an Florenz vertauft und am 13. Aug.
1512 vom ſpan. General Carbona erjtürmt.
Prato Magno, dem Etruskiſchen Apennin füd:
lich vorgelagerte, bi3 1580 m aufjteigende Gebirgs⸗
mafle, vom Arno öftlih, ſudlich und weſtlich um:
floffen, gehört zum kleinern nordweſtl. Teil der
ital. Provinz Florenz, zum größern ſüdöſtlichen ber
Provinz Areyo an.
Prätor hief bei den Nömern ber ben Konfuln zu:
nächſt ftehende Dagijtrat, fein Amt Prätura.
ALS die Patricier fahen, daß fie das Konſulat mit
ben Plebejern teilen mühten, ſuchten fie die Juris:
biftion ihrem Stande, bei dem auch damals vor:
zugsweiſe die Kunde bes Rechts war, zu retten.
Daher wurde 867 v. Chr. ein eigener Magijtrat
unter dem früher aud für die Konfuln üblichen
Namen P. eingefeht, um der Rechtspflege in der
Stabt vorzuftehen. Erſt 337 Ben die Blebejer
aud) den Zutritt zu dieſem Amte, Um 242 fam, ba
die Zahl der in Nom ihren Aufentbalt nehmenden
Prätoria — Prättigau
Fremden (peregrini) immer wuchs, ein zweiter
B. der jpäter praetor peregrinus bieh, hinzu, dem
die Behandlung von Nechtsjtreitigleiten zwiſchen
Fremden oder zwiichen Bürgern und fremden ob:
lag, während dein eriten als praetor urbanus oder
praetor urbis die \yuriädiftion unter Bürgern ver:
blieb. Nur bisweilen wurden anfangs noch bei
anderweitiger Verwendung des einen P. die Ge:
Ihäfte beider verbunden. Zwei neue P. wurden
feit 227 zur Verwaltung der Provinzen Eicilien
und Sardinien, und noch zwei feit 197 für die Ver:
waltung der beiden fpan. Provinzen gewählt. Als
aber für gewifle Berbrechen ftändige Gerichtähöfe
(die quaestiones perpetuae) in Nom eingerichtet
wurden, blieben auch diefe B., um denfelben vor:
zufteben, in der Stadt und gingen erſt nad) Ablauf
ihres Amtsjahres in die Provinzen. Wegen Ber:
niehrung der Quäftionen fügte Sulla noch zwei P.
binzu; Cäſar erhöhte die Zahl auf 10, dann auf
14 und 16. in der eriten Kaiferzeit war die Zahl
ſchwankend, bis vielleicht Claudius fie auf 18 feft:
iehte. Die P. wurden in denfelben Comitien und
unter denfelben Aufpizien wie die Konſuln gewählt
und als Kollegen der Konſuln betrachtet, ihr Im—
perium galt aber doch für ein geringeres. Unter
Ihnen war ber praetor urbanus der angefehenite;
er verſah auch die jtädtifchen Geſchäfte der Kon:
fuln in deren Abweſenheit und ihm kam die oft:
ſpielige Haltung der Apollinariihen Spiele zu.
Aus den Botihaften, den fog. Brätorijhen
Edikten, die der praetor urbanus und der prac-
tor peregrinus über die Rechtspflege namentlich
bei dem Amtsantritte erlieken, bildete fi) das prä:
toriihe, magiſtratiſche Necht (jus praetorium oder
honorarium), welches namentlich dem jus gentium
einen Einfluß auf die Jortentwidelung des röm.
Rechts verſchaffte. Als curuliſche Magijtrate mit
Imperium hatten die P. die Ehrenzeichen der sella
curulis, der toga praetexta und Yiltoren, wahr:
ſheinlich in Nom zwei, in den Provinzen feche.
In der Kaiſerzeit blieben anfänglich ihre Verrich—
tungen diejelben ; aud) erhielten beftinmte, einzelne
P. gewiſſe Civilfachen, namentlich neben den Son:
fuln Streitigfeiten über Fideilommiſſe, desgleichen
boden eier und Privaten und das Vormund:
haftswejen, ſowie die oberite Leitung des Ge:
richtshofs für Erbſchaftsprozeſſe, der Centumviri
(ij. d.) und die Leitung der Freiheitsprozeſſe zu:
geteilt, Allmählich verengte ſich ihr Wirkungstreis
durch den Untergang der jurisdictio peregrina,
der quaestiones perpetuae und durch den liber:
pang der richterlihen Gewalt auf den Kaiſer und
eine Beamten. Die Sorge für die Feftipiele war
nun ihre —
rätoria, ſ. Pretoria.
rãtoriauer hießen die Gardetruppen der
roͤm. Kaiſer. Schon die Feldherren der Nepublit
batten von alter Zeit ber eine Echar erprobter
Soldaten zu ihrer perjönlidhen Bededung und
nädjten Umgebung verwendet, die fog. cohors
praetoria, die aber zu einer der Legionen gehörte,
der Hauptſache nad) nur durd) die höhere Schäßung
de3 Feldherrn vor den übrigen Reyerten ausge:
zeichnet wurde, äußerli von den übrigen Linien:
truppen fich nicht unterſchied. Als ftändiger Ober:
befehtshaber dergejamten Armee bildetedann Augu:
Mus unter dem Namen cohortes praetoriae neun
eigene Kohorten, die fpäter um eine vermehrt
wurden, jede zu 1000 Dann. Zu jeder Koborte
253
lam noch eine Abteilung Reiterci. Ihre Vorrechte
vor den Legionen (f. d.), zu deren feiner fie ge:
börten, beitanden in kürzerer Dienſtzeit, höherer
Löhnung und größerm Gefchent, das der einzelne
bei der Entloffung empfing. Eie ftanden unter
dem praefectus praetorio f Präfelt) und wur:
den bis auf Septimius Severus bloß aus Stalien,
Macedonien und außerdem nur aus ganz romani:
fierten Ländern, wie Spanien und Noricum, aus:
gehoben, beziehungsweiſe durch Freiwillige aus
denjelben ergänzt, Eeit Severus dagegen gelang:
ten die Soldaten der Legionen aus dem ganzen
Neid durch Avancement in die Garde. Unter
Auguftus lagen nur drei — durch die der
Wachdienſt im Palatium verſehen wurde, in Rom,
die übrigen waren in Landſtädten untergebracht.
Tiberius vereinigte fie insgefamt in einem großen
verfhanzten Standlager, das auf der Norbdoitjeite
Noms, vor der Borta Gollina und Biminalis, an:
gelegt war. Wiederholt erlangten fie den bedeu—
tenditen Einfluß. Schwächere Kaifer wurden ganz
abhängig von den P. und deren Bräfelten, die oft
genug mit dem Throne gewaltthätig ſchalteten,
Kaifer, die ihren Unmillen erregt hatten, mordeten
und bei der neuen Wahl die gewichtigfte Stimme
hatten, während fie doch beinahe niemals im
riege zur Verwendung famen. Septimius Seve:
rus vermehrte die Zahl der P., Diocletian ſehte ihre
Zahl und Bedeutung herab. Stonftantin d. Gr.,
der das Heerweſen des Reichs von Grund aus neu:
geftaltete, fchafite fie gan ab.
Praetorium (lat.), im röm. Lager das Haupts
quartier; in den röm, Provinzen das Amtsgebäude
des Statthalters.
Prätorius (Michael), berühmter deutfcher Kir:
chenkomponiſt und D ufitfchriftfteller, geb. 15. Febr.
1571 zu Kreuzberg in ne war feit 1604
Fat weig. Kapellmeifter in Wolfenbüttel, wo
er 15. Sebr. 1621 ftarb. Bon feinen zahlreichen
Kompojitionen, die fi) über alle Gebiete der Kir:
chenmuſik eritreden, find die mehr ala 1200 Ge:
jänge enthaltenden «Musae Sioniae» (9 Tle.,
Wolfenb. 1605—10) die wichtigiten. Noch bebeu:
tender iſt er als Mufitjchriftiteller. Eein dreibän:
dige$ «Syntagma musicum» (fat. und deutich,
Wolfenb. 1614—20) ift die reihhaltigfte Quelle
für die praltiſche Mufit der damaligen Zeit, na:
mentlich find feine Abbildungen und Beſchreibun—
gen ſämtlicher mufitaliiher Inſtrumente von Wert.
Prat3:dc-Mollo, unmauerte Stadt im franz.
Tepart. —————— Arrondiſſement Ce:
ret, linls über dem Tech, am Endpuntte der Straße
von Berpignan, ſüdlich vom Mont:Canigou, bat
(1881) 1001, als Gemeinde 2467 E., das nad)
Plänen Baubanz erbaute Hort Lagarde über dem
Orte, und Fabrikation von Tuch und Baummwoll:
waren, — Etwa 8 km weſtlich im wilden Pyre:
näenthale de3 Ted liegt La Preſte mit vier
Schwefelthermen, die zum Baden, Trinken und
Douchen Verwendung finden, j
Prättigau (roman. Val Partenz), Hochthal im
ſchweiz. Nanton Graubünden, eritredt fi, 40 km
lang, an ber Sohle felten über 1 km breit, zwifchen
dem Rhätilkon und den Pleſſuralpen vom Sılvretta:
gebirge nordweitlih bis zu der wilden, von der
Burgruine Fragitein beherrichten Feldenge Klus,
durd) welche das Thalwaſſer, die Landquart (f. d.),
in das Nheinthal binaustritt. Rechts münden
gegen das Hauptthal das Schlappinthal, das
254
et. auge und die Tobel des Schrau⸗ und
des Taſchinesbachs, linl3 das Yenazertobel und
Valzeina. Im untern Teil fruchtbar und gut an:
ebaut, reih an Wieſen und Adern, Objtbäumen,
lhornen und Buchwäldern, befikt das P. in feinen
obern Stufen ausgedehnte Alpweiden und Nadel:
waldungen. Zahlreiche wohlhabende Dörfer mit
ftattliden Herrenhäuſern beleben den fchmalen
Fbeigkuns und die Berglebnen. Die ‚wichtigiten
derjelben find: auf der rechten Seite Kloſters (1. d.),
Edierd (660 m, 1710 E) und Seewis (932 m),
Geburtsort des Dichters Joh. Gaudenz von Salis,
auf der linken die Babeorte Serneus (altaliiche
Schwefelquelle) und Fideris (ſ. d.). Das Thal zählt
(1830) in 16 Gemeinden 9111 E. meift deuticher
Bunge und reform. Konfeilion, deren Haupter:
werbsquellen der Ader: und Obſtbau, die Vieh:
zucht und Alpenwirtihaft, die Ausbeutung der
Kalt: und Scieferbrüde und ber —9* Tou⸗
riſtenverlehr ſind. Mit dem Rheinthal und dem
Davos iſt das P. durch eine Poſtſtraße verbunden,
die einerſeits bei der Station Landquart an die
Bahnlinie Chur-Sargans, andererſeits bei Davos:
Dörfli an die Flüelaſtraße anfchließt. Liber den
Rhätiton ins Montafon (Vorarlberg) führen meh—
tere raube Fuß: und Saummege, wie das Schwei:
zerthor (2151 m), das Schlappinerjod_(2200 m)
u. ſ. w., in das Unterengabin der Fleßpaß (2470 m)
und einige Gletſcherpäſſe. Früher als einjtiger
Belig der Freiherren von Va und der Grafen von
Toggenburg zum Zehngerichtenbund gehörig, bildet
jebt das P. mit dem Davos und dem untern Zeil
des graubündifchen Nheinthals die Bezirke Ober:
und Unter:Landquart.
de das Amt des röm, Prätors (f. d.). ,
raudnig, Stadt im preuß. Regierungsbezirk
Breslau, Kreis Militſch, am Nordfuße des Hagen:
gebirges, Sig eines Amtsgerichts, hat (1880)
2205 E., eine evang. und eine lath. Pfarrkirche
und ftarfe Schuhmacherei.
Prävarifation (lat.) wird nach röm. Recht be:
gangen von dem Ankläger, welcher den eines öjfent:
lichen —— Angeſchuldigten durch übertre—
tung der Pflichten des An a... begünjtigt. Seht
nennt man P. das pflichtwidrige Verhalten eines
Anwalts, der zum Schaden feines Vollmachtgebers
dejien Sache im Einverjtändnijje mit dem ——
gegner ſchlecht führt. Nach 8. 356 des Deutſchen
Strafgeſetzbuchs wird ein Advolat, Anwalt oder
anderer Rechtsbeiſtand, welcher bei den ihm ver:
möge feiner amtlichen Eigenſchaften anvertrauten
Angelegenheiten in derſelben Rechtsſache beiden
Barteien durch Rat oder Beiſtand giihtwibrig
dient, mit Gefängnis nicht unter drei Monaten bes
ftraft. Handelt derfelbe im Ginverftändnis mit
der Gegenpartei zum Nachteil feiner Partei, fo
tritt Zuchthausitrafe bis zu fünf Jahren ein.
Pravaziche Sprige, Heine von Neufilber oder
Hartgummti verfertigte Spritze zur Vornahme fub:
tutaner (unter die Haut ftattfindender) Ciniprigun:
gen, benannt nad} dem franz. Arzt Bravaz in Lyon.
(S. unter Injektion.)
Prävenire (lat.), das Zuvorlommen, das
Durchkreuzen von jemandes Abficht, dadurch, daß
man das von ihm Gewollte früher thut oder dem:
felben vorbaut, namentlich gebräuchlich in der Re:
densart adas P. fpielen».
‚Bräpention 63 d. h. das Zuvorkommen)
wird im Rechte beſonders in dem Sinne gebraucht,
Prätur — Prawda rufffaja
daß jemand eine rechtlihe Handlung früher vor:
nimmt al3 ein anderer dazu ebenfall$ Berechtigter
und fi dadurd das ausſchließende Recht zur Fort:
ſehung der Sade verihafft. So entſcheidet unter
mehrern zu Anftellung einer Klage Berechtigten fo:
wie unter mehrern zugleich zuftändigen Gerichten
die erfte er und Behandlung der An:
gelegenbeit. Auch nad der Deutihen Strafprozeh-
ordnung ($. 12) gebührt unter mehrern zuftändigen
Gerichten demjenigen der Vorzug, welches die Un:
terſuchung zuerjt eröffnet bat.
Auf einem andern Gedanken beruht die Prä—
ventionätheorie deö Strafrecht. Ginem An:
oriffe zuvorzulommen, ift erlaubt. Aus der Vor:
ausjehung nun, dab man jemand, ber einmal ein
Verbrechen begebt, weitere Nechtöverlehungen zu:
trauen könne, leiten die Anbänger diejer Theorie
das Recht des Staats zu Sicherheitämitteln ab,
welche unter anderm auch darin beitehen können,
daß man den Verbrecher ſolche üble Folgen feiner
rechtswidr gen Handlung empfinden läßt, welche
ihm die Luſt zur Wiederholung feines Verbrechens
verleiden, Dieje Theorie, deren vorzüglichiter Ber:
teidiger in neuerer Zeit Karl Ludw, Wilh. von
Grolman war, iſt deshalb zu verwerfen, weil fie
den Zwed ber Strafe in etwas von diejer felbit
Verſchiedenem ſucht. Die Polizei wird als Sicher:
beitspolizei aub Bräventivjuftiz genannt.
m kath. Kirchenrecht beißt PB. das Recht bes
höhern Geiltlihen, in die Befugniſſe des Unter:
gebenen einzugreifen und dieſem dadurch zuvor:
zulonmen, insbeſondere aber das angebliche Recht
des Bapftes, geiftlihe Benefizien und Imter mit
Üibergehung der eigentlichen Kollatoren vergeben
u können. Diejen Vorbehalt ftügt das kanoniſche
echt darauf, a. der Papſt fein Necht bei Ver:
leihung der Benefizien und Pfründen den Kolla-
toren nur übertragen habe, daß er daher dieſen
auch jederzeit zuvorfonmen und fein Necht jelbft
wieder ausüben könne. —
Prävigilien (lat.), ber Tag vor der Vigilie oder
bem Vortag eines Feites.
tere bulgar. Stadt, f. Brovadija.
rawda ruſſkaja, «Ruſſiſches Necht» (von
pers: das Recht, die Wahrheit), heißt eine Sanım:
ung des ruſſ. Gewohnheitsrechts, welche von Ja—
roſſaw 1019 veranſtaltet wurde. Die älteſte da—
tierte Handſchrift iſt vom Ende des 13. Jahrh.
Man unterſcheidet mehrere Redactionen der P.;
die ältefte von Jarojlam erkennt die Blutrache und
—— an, und ſtellt daneben für Tötung das
Wergeld (wira) und die Sühne (golowniczestwo),
[a andere Berlegungen ein Strafgeld (prodasha,
.d.) und Sühne (plata sa. obida) feſt. Wergeld
und Strafe fielen den Fürften, die Sühne dem
Verletzten oder defien Erben zu. Die Söhne Jaro—
ſlaws en die Blutradhe auf, und um Mitte des
11. jahr). kam die zweite Redaction der B.zu Stande.
Meitere Julie (Wuchergejehe) fügte Wladimir
Monomady Anfang des 12. Jahrh. hinzu. Die
legte Bearbeitung wird als P. des 13. und 14. Jahrh.
bezeichnet. Die 9 wurde von Tatiſzczew 1737 ent:
dedt, und zum erſten mal herausgegeben und ins
Deulſche überfeht von Schlözer 1767. Die lehte
Ausgabe iß von —— (einleitende Grklärun:
gen, Moslau 1846 und Tert 1847). Bearbeitet
wurde die P. zuerft von Nalowiecli (poln., Warfch.
1821) und Ewers, «Das ältejte Recht der Ruf:
fen» (Dorpat u. Hanıb, 1826). Cine umfaſſende
Praweſh — Präzeflion
Bearbeitung ift in neuefter Zeit von Mroczel:Dro3:
dowſti begonnen worden. Be
ee 4 ‚ein Erelutionsmittel im alten
ruf. Net, durd) Peter d. Gr. aufgehoben, Das
ältere rufj. R nnte feine Grefution in das
Gigentum, fondern nur gegen die Perſon bes
Schuldners. Der P. beftand darin, ba der Schuld:
ner in Haft gehalten wurde und an Gerichtstagen
geprügelt wurde, bis er entweder ſelbſt zahlte oder
von andern oft aus Mitleid ausgelöft wurde.
Hatte der Schuldner eine beftimmte Zeit die Prü-
gel ausgehalten, fo wurde er entlaffen und konnte
nicht mehr belange werben. Da je ——
ihre Schulden sabjtanden», fo ver ee Regierung
im 17. yahı . dem Gläubiger ein Erefutionsredht
gegen deſſen Bauern; wenn die nicht zahlen konnten,
wurden fie zum ®. geftellt.
—— je: 1 gie ftoin ten bp
azend, ein ſog. Batripaffianer, db. 5.
einer derjenigen lirchl. Lehrer, ai feine Mehr:
eit göttliher Perfonen annahmen, fonbern be:
upten, daß in Ehriftus die Gottheit bes Vaters
elbit Menſch geworden ſei und gelitten abe, u:
leid ein eifriger Gegner ber Montaniſten. K
—— aus Kleinaſien, wo er in einer Verfolgung
Konfeſſor wurde, und verbreitete feine Lehre ums
. 190 unter dem Schuhe des röm. Biſchofs in
om. Die gegen ihn gerichtete Schrift Tertullians
(f. d.) ift lange nach P. geichrieben und in Wahrheit
gegen den Biſchof Calliſtus von Nom gerichtet.
re edis, bie Heilige, und ihre Schweiter
die heilige Budentiana, waren ber Sage na
Töchter de3 röm. Senators Pudens, den Betrus
betehrt haben foll. Beide find dargeitellt in Do:
faifen der Zn gewidmeten Kirchen Sta.Praſſede
und Sta.:Pudenziana in Rom.
Pragid (gr), die Ausübung einer Kunft,
Lehre u. f. w. (im Gegenfaß zur Theorie). das er:
fahrungsmäßig fiblice. aud Geſchäftskreis und
Zhätigfeit eines Rechtsanwalts, Arztes.
Pragitöles, ein Sohn des Bildhauers Kephiſſo⸗
dotos aus dem attiſchen Gau Eirefivä, ift mit feis
nem etwas ältern Zeitgenofien Skopas (f. d.) der
Hauptvertreter ber jüngern attijhen Bildhauer:
ſchule, welche in der Bildung zarter Jünglings: und
- anmutiger rauengeftalten und in ber Ausprägung
der bald mildern, bald heftigern Gemütsbewegungen
(auf dem Gebiete de3 Bathetifchen) ihre ſchönſten
Kerrolge. errungen bat. Der Haupticdauplak ber
fünftlerifchen Thätigfeit des P., die etwa die Zeit
365—335 v. Chr. umfaßt, war Athen und die be:
nachbarten Landihaften Megaris und Böotien.
Er arbeitete fomohl in Erz als in Marmor, war
aber nady dem Urteile alter Kunftrichter auf dem
lestern Felde glüdlicher als auf dem erſtern. Seine
zahlreichen Werke find größtenteil® Ginzelftatuen
oder aus wenigen Figuren bejtehenbe —
arg Göttergeltalten, wie Hera, Apollon,
rtemis, Hermes, Dionyſos, Aphrodite und Gros,
Demeter und Berjephone und göttliche Weſen aus
den Streifen berfelben, — aus dem des Dio⸗
nyſos. ALS die berühmteften find hervorzuheben:
fein jugendlicher Apollon, ber, an einen Baumſtamm
im Begriff it, eine an —— empor⸗
Eidechſe au töten (Sauroftonos); me
tere Statuen jugendliher Satyrn, darunter einer,
x ben rung —— “un ber Fr
Trunlenheit) zu einer Gruppe gehörig, nli
einfah ber Berühmter (Weribostos) ——
255
bie Statue ber Aphrodite in Knidos, wofür ihm an-
geblich die berühmte Hetäre Phryne als Modell ge:
dient haben foll; die Statue des Eros in Thefpiä
in Böotien; endlich eine Gruppe ber Demeter und
Kora und des Jalchos in einem Tempel der Deme:
ter in —— an welcher beſonders die Statue des
we ewundert wurde, Bon mehrern biefer
Werte find aus dem Altertum mehrfache, zum Teil
gute Kopien erhalten, jo von der Aphrodite im Ba:
tifan in Rom er chon modifizierte Nachbildung
ift die in Münden, f. Zafel: Bildnerei II, Fig.
12); neuerdings ift auch ein Driginalwerl bes P.,
die im Heräon in Olympia aufgeftellte Marmor:
ftatue eines den Anaben Dionyſos tragenden Her:
mes, bei den Ausgrabungen in Olympia entdedt
worden (j. dieſelbe Tafel, Fig. 11), Auch die
Gruppe der Niobe (f. d.) und ihrer Kinder wurde
Schon im Aitertum von manden für eine Arbeit des
B, gehalten, während andere fie wohl mit mehr
Recht dem Slopas zufchrieben. al. Friedrichs,
«PB. und die Niobegruppe» (Lpz. 1855); Treu, «Her:
mes mit dem Dionyjostnaben» (Berl, 1878); Ke—
fule, afiber den ie des Prariteliichen Hermes»
(Stuttg. 1881), und über einen ältern B., dem
einige einen größern Teil der dem P. beigelegten
Werte puteilen, während andere feine Exiſtenz ganz
verwerten, Klein, « Studien zur 53 Kunſtler⸗
geichichte» in den «Archäol. epigraph. Mitteilungen
aus Öjterreich» (Wien 1882); Brunn, «Zur gried.
Künftlergefhichte» in den «Sikungäberihten der
Bayriſchen Atademie» (Münd. 1880),
BPrazäf (ipr.: Praſchal, Alois, Freiherr von),
öjterr, Juſtizminiſter, geb. 21. are 1820 zu Unga⸗
riſch-Hradiſch in Mähren, abfolvierte in Olmüß die
juriſt. Stubien, begann in Brünn die Anwaltspraris,
wurde 1848 in den mäbrifchen Yandtag und in den
Reichstag gewählt und trat der föderalijtiichen Par:
tei bei. Im J. 1861 trat er an die Spibe der von
ihm organifierten czech. Partei Mährens, die er
bis 1864 im Reichsrat vertrat, buldigte dann der
czech. Abjtinenzpolitif, doch trat er, wenn aud) unter
Verwahrung einer Rerzichtleiftung auf das czech.
Staatsrecht, 1874 wiederinden Reichsrat und ſchloß
fih anfangs der Rechtspartei unter Hohenwart an.
Im %.1879 wieder gewählt, wurde er zuerit ala Mi:
nifter ohne Bortefeuille in das Kabinett Taaffe be:
rufen und 1881 zum Juſtizminiſter ernannt und in
ben Freiherrenftand erhoben. In der Seſſion 1883
—85 war feine ——— in Böhmen und
Unterſteiermark, die Durchführung der Sprachen—
wangsverordnung, die Slawiſierung des Richter—
Hanbes u, ſ. w. Gegenftand der herbjten Kritit von
feiten der Deutſch-Liberalen. ,
Präzeffion nennt man die von bem gricd).
Aſtronomen Hipparh durch Vergleihung feiner
eigenen Beobachtungen mit denen älterer Nitro:
nomen entdedte langfame Bewegung der Äquinok⸗
tialpunfte, Als er durch das Erſcheinen eines neuen
Sterns im Skorpion im %. 134 v. Chr, zur An:
legung eines Sterntatalogs veranlaft wurde, fand
er, J die Länge des Sternes Spica in der Jung:
frau jeit etwa 150 gaben um 2° —
habe, und es ſtellte ſich heraus, daß diet ewegung
eine allen Sternen gemeinſame ſei. Sie entſteht
h⸗dadurch, daß die Durchſchnittspunkte des ÄAquators
mit der Elliptik auf dieſer langſam nad Weſten,
entgegengeſeht der Bewegungsrichtung der Sonne,
fortwandern, und zwar beträgt dieſes Fortrücken
augenbliclich 50,2" in jedem Jahre oder nahezu 1°
256
in 70 Jahren. Die Thatfache, daß die Längen aller
Eterne zunehmen und diefelben infolge deijen nad)
Dften vorrüden, gab Beranlafjung zu der Benen:
nung ®., während die eigentlihe Urſache ein Bu:
rüdweidhen der firen Punkte an der Himmelstugel
ift, auf welche die Längen bezogen werden.
Tie Urſache diefer Erfheinung fand Nemton
nah GEntdedung des —— in der
Anziehung, welche Sonne und Mond auf den ſphä—
roidiihen Erdlörper ausüben. Wäre die Erbe eine
vollfommene Kugel, fo würde ihre Adje, deren
irren Nr die Richtung der Weltachſe
angibt, ihre Richtung im Weltraum niemals än-
dern. Da man ſich aber die Erde in eine Kugel und
eine diefelbe in der Gegend des Aquators um:
ebende Schale von ungleicer Dide jealent denfen
ann, fo üben Sonne und Mond auf die vericie:
denen Teile derfelben eine ungleiche Anziehung aus,
welche, wenn bie anziehenden Körper ſich außerhalb
der Ebene des Hquators befinden, zur Folge, hat,
daß lehtere bejtrebt iſt, 8 der Ebene der Etliptit,
reip. der Mondbahn zu nähern. Da nun ferner die
Erde eine Notation befist, fo erfolgt nad) den Ge:
ſehen der Mechanik eine Trehung der Erdachſe um
eine ber Achſe der Elliptik parallele, welde mit
jener einen Winlel von nahezu 23',,° bildet. Man
lann diefe Erfcheinung mittel3 des erging
—* Maſchinchens darſtellen, welches einen frei
ſchwebenden Kreiſel enthält. Erteilt man demſelben
eine Rotation und hängt an den den Kreijel um:
— Ring ein kleines Gewicht, ſo beſchreibt die
lchſe, indem ſie eine beſtimmte Neigung gegen den
Horizont beibehält, eine Kegelflähe und zwar ift
die Bewegung, um fo langfanıer,, je Heiner das an:
gebänte Gewicht war, welches bei dem Berfuch die
stelle der Anziehung von Sonne und Mond auf
die Erdſchale vertritt.
Da Sonne und Mond fowohl ihre Stellung zur
Ebene des Uquators, al3 aud) ihre Entfernungen
von der Erde beitändig verändern, fo ift die Be:
wegung der Erbadjie feine gleichmäßige. Insbeſon⸗
dere bewirlt die in einem Zeitraum von etwa
19 Jahren periodiſche Veränderung der Lage der
Mondknoten ſtarke Schwankungen von gleicher Pe:
riode, welche Heine Drehungen der Erdachſe um
ihre mittlere Lage verurſachen und mit dem Namen
Nutation (f. d.) bezeichnet werden. Der oben an:
gpoebene Wert von 50,3" iſt die fogenannte mittlere
., weldye, da die Gkliptik ſelbſt ihre Lage in Welt:
raum langfam verändert, in einem ———
um 0,0244” wächſt. Die P. hat zur Folge, daß der
Weltpol, in welchem die Verlängerung der Erd:
achſe über den Nordpol hinaus das Himmelsge—
wölbe trijit, langfam unter den Sternen fortrüdt
und im Laufe der Zeit ungefähr einen Kreis um den
Bol der Elliptit befchreibt., Der Name des Polar:
fterng (ſ. d.) fann daher einem beftimmten Sterne
nicht dauernd angehören, Die Veränderung ber
Lage de3 Weltpols bewirkt aud), daß gewiſſe Stern:
bilder zeitweilig für den Horizont einer bejtimmten
Breite verihiwinden. Go war das befannte Süd:
liche Sireuz (j. d.) in frühern Zeiten felbjt im nördl.
Europa fihtbar, während es ſich jeßt nur im nie:
drigen nördl. Breiten über den Horizont erhebt.
Die Periode diefer Veränderungen, die man das
Platoniſche Jahr nennt, beträgt etwa 26000 Jahre.
Das Zurüdweichen der Hauinoktialpunlte bewirkt
aud), daß die Zeit, welche die Sonne von einem
Durchgang dur den Frühlingspunft bis zum nächſt⸗
Präzipitat — Prechtl
folgenden gebraucht, um 20 Min. 23 Sel. lürzer
it als die Dauer eines wahren Umlauf. Dan
nennt diefe Zeit das Tropiiche Jahr.
Prägzipität, ſ. Niederihlag (vol. Füllung).
— Rotes Präzipitat (Mercurius praecipita-
tus ruber) ift Quedfilberoryd, f. unter Quediils
ber(:Berbindungen 10). — Weißes PBräzipi:
tat (Mercurius praecipitatus albus) iſt Diquedjil:
ber: Diammoniumchlorid (f. ebendafelbit 3°).
Preanger NRegentichaften, eine Reſident—
Schaft im weſtl. Dritteil der niederländ. Inſel Java
in Hinterindien, Die Preanger Regentſchaften neh:
men ein Areal ein von 21243 qkm und werben be:
grenzt gegen W. von der Kefidentichaft Bantam,
gegen N. von den Refidentihaften Batavia, Kra:
wang und Tieribon, gegen D. von lepterer und ber
Refidentihaft Banjumäs, gegen S. von dem ind,
Dcean. Die Bevölterung von den Preanger Reſi—
bentichaften beträgt (1879) 1238540 Seelen, wor:
unter 757 Europäer und 1553 Chinefen. Obgleich
dieſe Reſidentſchaft im allgemeinen gebirgig, üt,
enthält fie doch auch große Ausbreitungen niedrig
elegener Flächen, äußerft fruchtbaren, für den An:
auersoh aller einheimiſchen al3 aud) eingeführten
Pilanzen, deren Kultur auf Java überhaupt itatt:
ndet, ihr eeigneten Bodens. Unter den einge:
übrten Kulturpflanzen nimmt ber ——
eine der Hauptſtellen ein. Große Bodenjtreden in
den Preanger Regentſchaften find auch noch mit den
pradtvolliten Urwäldern beitanden. Hauptort
und Sit der höchſten Provinzialbehörden it Ban:
dong, Station der Bahn Batavia:Tjitjalenta.
ebifchthor, ein Felsbogen in ber Sächſiſchen
Schweiz, jedoch ſchon auf böhm. Gebiet gelegen,
auf dem rechten Elbufer, 10 km jüböftlih von
Schandau, unten 30, oben 20 m breit, 373 m über
bem Meere, mit Hotel und ſchöner Ausjicht.
ecarlum (lat.), bittweis liberlafjenes. Wenn
man jemand eine Sache auf beliebigen Widerruf
unentgeltlich leiht, fo entiteht ein P. Dasielbe be:
rechtigt den Empfänger (Precarift) zum Bejik der
Sadje und verpflichtet ihn zur Nüdgabe, fobald der
Geber diefelbe verlangt. Gin foldes Verhältnis
fand im ältern röm. Recht, aus welchem der Be:
riff des P. herfommt, wohl nur an Immobilien
tatt, vielleicht ift e3 urſprünglich die Form für die
liberlaffung von Staatsländereien an Private ge:
wefen und fomit ber Urtypus der röm. —
Moderne Rechte haben das P. in dem Kommodat
aufgeben laſſen, indem fie es bloß ala einen Fall der
unentgeltlichen Leibe behandeln.
Prechtl (Joh. Joſ., Ritter von), hervorragender
Technolog, geb. 16. Nov. 1778 zu Biſchofsheim an
der Rhön, widmete ſich philof. und fameraliftiichen
Studien zu Würzburg und kam nad) kurzem Aufent:
halte in Wehlar 1802 nah Wien, um bei dem
dortigen Neihshofrate feine Praxis fortzuſetzen.
Hier wendete er ſich bald phyfit.smathem. und
de: Studien zu. Seine —— «über die
hyſik des Feuers» wurde 1804 von der holländ.
Sefelfcjaft der Wiſſenſchaften zu Harlem gekrönt,
Ini J. 1809 ward er Direktor der in Trieſt zu er:
richtenden Real: und Navigationsalademie und mit
deren Organifation beauftragt. Nad) dem Fries
densſchluſſe ging er nadı Wien zurüd und übernahm
ier 1810 an der Realalademie das Lehrfach der
Phyſit und Chemie. In dieſer Zeit **
ihn die Vorarbeiten zur Errichtung des Polyted
niſchen Inſtituts in Wien, wozu er den Plan
Prechtler — Predigt
—— hatte, Im J. 1814 ward er zum Direk⸗
tor dieſer Anftalt ernannt, welche bald zu einem
ausgedehnten Rufe gelangte, Er trat 1849 in den
Ruheſtand und wurde bald darauf in den öfterr.
Ritteritanderhoben. P. ſtarb 28, Olt. 1854 zu Wien.
Unter B.3 Schriften iſt vor allen die «Technol.
Encytlopädie» (20 Bde., Stuttg. 1830—55; Sup:
plemente, herausg. von — 2 Bd. 1—4, 1857
Fr) u nennen, für melde er eine große Anzahl Ar:
titel jelbit bearbeitete. Viele Abhandlungen enthal:
ten pi die von ihm herausgegebenen «Aahrbücher
de3 Volytehnijcen Inftituts» (20Bde., Wien 1819
—39), ſowie andere techniſche Zeitihriften. Von
jelbjtändigen Arbeiten find hervorzuheben: «Grund:
lehren der Chemie in techniſcher —— (2 Bbe.,
Wien 1813; 2. Aufl. 1817), «An eng pe ⸗
mäßigen Einrichtung der Apparate zur Be euhtung
mit Steintohlengag» (Wien 1817), «Prattiſche
Dioptrit» (Wien 1828), «Unterfuchungen über den
Flug der Vögel» (Wien 1846). j
rechtler (Joh. Dito), deutich:öfterr. Dichter,
— Jan. 1813 zu Grieslirchen in Oberöſterreich,
tudierte in Linz und Wien, trat 1834 in die allge:
meine Hoftammıer in Wien ald Beamter ein, wurde
1856 an Grillparzerd Stelle Ardivdireltor im Fi—
nanzminifterium, lebte feit 1866 penjioniert meijt
in Linz und jtarb 6, Aug. 1881 zu Innsbruck. P.
machte ſich zunächſt dur, lyriſche «Dichtungen »
(Wien 1836) belannt. Dieſen folgten «Gedichte»
(Wien 1844), das romantijhe Gedicht «Das Kloiter
am Traunjee» (2. Aufl., Gmunden 1869), «Ein
Jahr in Liedern» (Wien 1849), «Beitlofen» (Wien
1855), «Sommer und Herbfts (Stuttg. 1870) u...
Bon jeinen dramatijhen Werfen find zu nennen:
«Die Aronenwädter», « Falloniere», «Adrienne»,
«Die Roſe von Sorrento», «Er ſucht feine Braut»,
Auch fhrieb PB. gegen 40 Dpernterte, darunter
«Diana von Solange», fomponiert vom Herzog
Ernit von — —
Precigne, Fleden im franz. Depart. Sarthe,
Arrondiſſement La Fleche, Station (4 km vom
Orte) der Linie Le Mans-Angers der Weftbahn, hat
(1881) 1216 E. (Gemeinde 2700), ein Seminar, ein
Waiienhaus, Tuch: und Ölfabritation, Seilerei,
Ziegelei, Töpferei und Mineralquellen,
Dreriös, & Pretiös.
redeal, Dorf in Siebenbürgen, an dem höch—
ften Buntte des Törzburger Bafles an der Grenze
von Rumänien, Station der Linien Großwarbein:
„der Ungarijden und Plojeſti⸗P. der Rumãniſchen
Staatsbahnen. Das Hodplateau der Umgebung
ift reich an Alpenweiben,
Predella (ital.) it bei Altarauffähen und na:
mentlid den mittelalterlihen Flügelaltären der un:
mittelbar über dem Tiſch befindliche Sodel oder bie
auf demjelben befindliche figürliche oder bilbnerifche
— ee der auf der bintern
Seite deö Itars befindliche Stufentritt, welcher zur
Aufbewahrung von Leudtern, Altargefäßen u. |. w.
dient. 1 elet,
rediger (Buch des Alten Teitaments), j. Ko:
redigeraffe, j. Brüllaffe.
redigerorden, f. Dominilanerorden.
Predigt (vom lat. praedicare, verfündigen)
heist der geiltliche —— welcher zur religiöfen
Grbauung der Gemeinde das göttlihe Wort ver:
fündet un — von der Kanzel herab gehal⸗
ten wird. Nach dem allgemeinen Anhalt der P.
der fich auf die kirchlichen Zeiten und Feſte bezieht,
Gonverjationd » Lerilon. 13. Mufl. XIIL
257
3. B. auf Weihnachten, Oftern, die Reformation
u. f. w,, redet man von Feſtpredigten; jofern er
aber befondere Begebenheiten und Verhältniſſe be:
handelt, fpricht man von Gedächtnis-, Hochzeits⸗
und Leichenprediaten, oder von Gaft:, Probe⸗, An:
tritts- und Abſchiedspredigten, Ernte-, Brand-,
Miifiond:, Bußtagspredigten u, ſ. w. Behandelt
die B, Sähe aus der Sittenlehre, fo heißt fie Mo:
ralpredigt, bezieht fie fi aber auf Glaubens:
lübe, fo ift fie dogmatiſch, und ſofern fie die chriſtl.
Glaubensfäge gegen Angriffe verteidigt, iſt fie Dog:
—B— —— Da die P. die Verkundigung
des göttlichen Wortes ift, jo ergibt es fid) von ſelbſt,
daß ihr immer eine religiöfe Wahrheit oder That:
ſache zu Grunde liegen muß, welche der Prediger
auf das chriſtl. Leben anzuwenden jucht. Übrigens
läßt ſich auch jede Erfcheinung im Leben felbit zum
Gegenitand einer hriftlihen P. machen. Bor allem
aber find die Wahrheiten und Thatſachen des Ehri-
ftentums ſelbſt dazu angethan, die Erbauung des
Menihen durd Auslegung des in der Heiligen
Schrift enthaltenen göttlichen Wortes zu Ichaffen.
Daber entlehnt auch die PB. ihren Stoff vorzugs—
weile aus der Heiligen Schrift, indem fie einen ein:
vu Abichnitt derielben zu Grunde legt. Um
ieje Bibelftelle, der Tert genannt, bewegt fich dann
die ganze B. Entweder iſt der Tert für jede P. an
Sonn: und Felttagen vorgeichrieben, wie dic bei
den aus den Gvangelien und Epiiteln entlehnten
Beritopen (f. d.) der Fall, oder er wird frei gewählt.
Außer den Bibeljtellen werben in der prot. Kirche
ausnahmsweiſe auch Abfchnitte aus dem Katechis—
mus (fog. Katechismuspredigten) und geiftliche Lie:
der als Predigtterte behandelt. Die Grundlage
und der Entwurf zur organischen Geitaltung des
Inhalts der P. bildet die Dispofition. Der Grund:
gedante der P., welcher beftimmt, möglichſt kurz
und leicht Fahlich ausgedrüdt werden muß, heißt das
Thema. Dasjelbe zerfällt gewöhnlich in mehrere
Teile, welche dad Thema nad) feinen verfhiedenen
Beziehungen hin entwideln. Die Anordnung der
Teile kann verfhiedene Methoden befolgen (ana»
lytiſche oder ſynthetiſche P.). Cine erbauliche Be:
trachtung über ein zu Grunde Be Bibelwort
ohne förmliche Gliederung in Thema und Teile
pflegt man eine Homilie (f. d.) zu nennen.
In formeller Beziehung muß der Charalter der
P. im allgemeinen ineinfacher, gemeinverjtändlicher,
aber edler Sprache gehalten fein und ebenjo wohl
auf den Verftand als auf das Herz und den Willen
einzumirten fuchen und namentlid) den erbaulidhen
Zwed nie aus dem Auge verlieren, Die P. bildet
in der evang. Kirche den Mittelpunkt des Gottes:
dienftes; in der kath. Kirche ward fie vielfach ver:
nachläſſigt. Die wiſſenſchaftliche Anweiſung zur
tirchlichen Beredſamkeit gewährt die Homiletik(ſ. d).
Bol. Paniel, «„Pragmatiſche Geſchichte der chriſt—
lichen Beredjamteit» (unvollendet; 2 Bde., Lpz.
1839—40); Cruel, «Geſchichte der deutſchen B, im
Mittelalter (Detm. 1879); Marbach, «Geſchichte
der deutichen B. von Luther» (Berl. 1873), C. ©.
Schmidt, «Gefchichte der P. in der evang. Kirche
Deutichlands von Luther bis Spener» (Gotha
1872); ©. Sad, «Geſchichte der P. in der deutſch—
on. Kirche von Mosheim bis Schleiermacher und
Mentens (Heidelb. 1866); Stiebrik, «Zur Geihichte
der P. in der evang. Kirche» (2 Bde. Gotha 1875
— 76); Nebe, «Zur Geihichte der P. von Schleier:
macher bis auf die Gegenwart» (3 Bde., Wiesb.
17
258
1879); Rothe, «Geichichte der Kanzelberedſamleit
von den Anfängen bis auf Schleiermadyer», herausg.
von Trümpelmann (Brem. 1881). j
Bredil, Alpenpab im füdl. Kärnten, der, foweit
bie Kenntnis reicht, feit dem früheſten Mittelalter
den fibergang aus dem Gebiete der Drau in das des
Iſonzo vermittelt und auch ſchon von den Römern
begangen wurde. Der Anftieg auf einer Kunſtſtraße,
die fi) in eine Sommer: und Winterftraße teilt,
erjolgt von ber lärtner Seite bei Raibl, füdlich
von Zarvis, in einer Seehöhe von 914 m, die Paß⸗
höhe felbit beträgt 1162 m, der Abjtieg auf der
görzer Geite bei Flitſch 580m. Die ganze Strede
bietet eine Reihe hodinterefianter Bilder aus ber
Alpenwelt. Die Benubung des P. für den Gifen-
nie ift von der öfterr. Regierung im Prin:
zip angenommen, aber noch nicht auägerübrt.
—— Stadt in der preuß. Provinz Schleswig:
Holſtein, Kreis Plön, an der hier aus dem nördl.
Teil des Lanlerſees, dem Kirchfee, tretenden und
den Abfluß des nahen Boftjees lints aufnehmenden
Schwentine ſchoön gelegen, Sik eines Amtsgerichts,
Station der Linie Rel-Aſcheberg der Preußiſchen
Staatäbahnen, hat (1880) 4720 E,, Gewerbeſchule,
Höhere Tochterſchule, MWaifenhaus, Stiftung für
Töchter jdyleswig-holitein. Adelsfamilien (an Gtelle
des 1216 auf dem Wlarienfelde — und
um 1260 nad) feinem jetigen Standort verlegten
Benediktinerinnenklofters), Woll: und Baummoll:
weberei, Gerbereien, ſehr ſtarle Schuhmacherei,
Bierbrauereien, Brennereien, eine Hefefabril, Ziege:
leien, Kaltbrennerei, eine Wagenbauanjtalt mit
Dampfbetrieb, eine Mafchinenfabrit und eine
Flachsbereitungsanſtalt. Etwa 7 km unterhalb P.
liegt im romantifhen, von Tourijten viel beſuch—
ten Thale der Schwentine die 1637 gegründete
Naftorfer Rapiermühle, : j
Pröference (frj.), a ed mit beutfcher
Karte unter drei oder vier Perfonen geipielt; in
legterm Falle ijt der Geber beim Spiel nicht betei:
ligt. Der Name rührt daher, daß eine Farbe vor
der andern bevorzugt iſt; den Gewinn enticpeidet die
Mehrheit der Stiche, nicht der Wert der Bilder.
Prefisso (ital.), ſ. Bräfir.
Pregel, der Hauptiluß Djtpreußens und bie
Grundlinie für das Waſſerſyſtem diefer Provinz,
entiteht bei Gumbinnen aus der Vereinigung ber
‘Billa und der Nominte. Die 22, km lange Piſſa
iit der Abfluß des Wyfztyten, eines an der poln.
Grenze liegenden Seed. Die 66 km lange Nominte
bildet ſich teils aus Landieen im Kreiſe Goldap,
teils aus ſolchen an der poln. Grenze bei Przerosl.
Das vereinigte Wafler trägt den Namen Piſſa noch
bis zur Einmündung der Angerapp, 8 km oberhalb
Sinjterburg bei Tarpupönen, worauf der Name P.
eintritt. Bon bier an ijt der Fluß ſchiffbar, ver:
folgt noch 133,8 km weit feine weftl. Richtung und
mündet, nachdem er von Tapiau aus rechts einen
ſchiffbaren, 41,43km langen Seitenarm, bieD eine,
an Yabiau vorüber in das Kuriſche Haff geiendet,
8 km unterhalb Königsberg, bei dem Schlofte Hol:
ſtein, in das Friſche Haff. Die Breite des P. be:
trägt im Regierungsbezirk Gumbinnen, bem er
30,3 km weit angehört, durchſchnittlich 132 m, im
Regierungsbezirl ee: den er 60,6 km weit
durditrömt, 150m, Nach der Bereinigung der faft
parallel laufenden Arme de3 Alten und des
Neuen Pregel, in die ſich der Strom bei Hei:
ligenwalde 27 km oberhalb Königsberg getrennt
Predil — Preis
Dat, dehnt fich jeboch bei diefer Stadt felbft bie
reite auf 226 m aus. Die Tiefe ift oberhalb
Wehlau 0,8 bis 0,54 m, in Königsberg aber normal:
mäßig 3,45 m; Heinere Seeſchiffe lönnen bis bierber
ftromaufwärts ngen, große müſſen in Billau
löjhen. Die hohe Bedeutung des P. für Preußen
liegt namentlid darin, daß derſelbe ein ganz preuß.
Strom it und in feinem 19230 qkm großen Ge:
biet alle Wafjer ſammelt, die zwiſchen der Sjeſzuppe
und Bafjarge auf dem preuß. Landrüden ent:
fpringen, "Snfterburg, Wehlau, Tapian und Kö:
*8 liegen an dem P., und die letztere Stadt
gi t als Feitung im Verein mit Pillau diefer
teomlinie Wichtigkeit und Feftigleit bei militäri:
hen Operationen. Der bedeutendite Nebenfluß
P. ijt die Alle (f. d.) bei Wehlau. Der größte
Nebenflub auf dem rechten Ufer ijt die In ſter, bie
bei Inſterburg mündet, 105 km lang, aber nur
1,3 km aufwärts für Heine Kähne fahrbar ift,
Preien, ein sa auf See mit dem Sprachrohr
anrufen; aud durch Signale mit einem Schiffe
verlehren.
Preis (lat. pretium) nennt man im allgemeinen
den Gegenwert, der für ein in ben Taufchvertehr
—— Gut, eine Ware, von ſeiten des Eintau—
chenden gegeben wird. Im engern Sinn jedoch
verſteht man unter P. den in dem allgemeinen
Aquivalent- und Vermittelungsgut, dem Gelde
(. d.), ausgedrüchten Gegenwert, den der Käufer
der Ware entweder fofort zahlt oder in ber Zukunft
zu zahlen fich verpflichtet. Rot. Kauf) Die in Geld
ausgedrüdten Breife ftellen zugleich die relative
Gröbe der Taufchwerte der vertchiedenen Waren
dar. Unmittelbar hängt der B. einer Ware ftet3
von dem Verhältnis des Angebots zu der Nachfrage
ab, und es unterliegt daher auf einen gegebenen
Markt fortwährenden Schwankungen, mit Sebung
oder Senkung, je nachdem jenes Verhältnis ab:
nimmt oder zunimmt. Aber Angebot und Nad):
frage ſelbſt können ſich nicht mwilltürlih bewegen,
fondern find von den thatfädhlichen Verhältniſſen
der Produktion und der Konfumtionsfähigfeit der
Bevölkerung abhängig. Enticheidend maßgebend
für den . werden daher die Produftionstoften.
Sind dieſe für alle Produzenten annähernd gleic)
und fann die Produltion unter gleihen Bedingun:
gen beliebig ausgedehnt werden, jo wird der P.
der Ware nur vorübergebend mehr betragen Fön:
nen, als die Herſtellungskoſten nebft dem landes:
üblihen normalen Kapitalgewinn, da bei füber:
jchreitungen diejer Grenze bald ein vergrößertes
Angebot hemmend und preisbrädend auftreten
wird. Andererfeit3 aber kann der PB. auch nie
längere Zeit hindurch erbeblih unter jenem Nor:
maljab bleiben, da in diefem Fall die Produzenten
ihre Nechnung nicht finden, ruiniert werden oder
ihren Betrieb befchränten oder einftellen, und ſomit
eine Berminderung des Angebot3 ftattfindet, welche
wieder ein Steigen des B. bedingt. Demnach wird
durch die Broduftiongkoften nebjt dem landetübs
lien Sapitalgewinn ber fog. natürlide P. be:
dingt, um welchen ber jeweilige Marktpreis mit
größern oder geringern Ausfchlägen zu, ſchwanken
pflegt. Handelt es fih um Waren, die mır mit
jteigenden Schwierigkeiten und Koſten vermehrt
werden können, fo iſt der natürliche B. gleich den
Koften (nebit dem üblichen Stapitalgewinn) in den:
jenigen Betrieben, die unter ben ungünftigiten Bes
dingungen arbeiten, aber zur Beiriedigung ber
Preiscourant — Preller (Friedr.)
ei eftiven Nachfrage noch mitwirken. müffen. In
diefem Fall erhalten alſo die günftiger geitellten
— in dem P. mehr als den gewöhnlichen
ta Wird ein ugnis nur von einem
— —* von — roduzenten, die ſich
en rem eliefert bed bildet fi ein Mo-
no — Bei Ar och jtellt, dab die Ver:
has erden kat —— gap ealten wobei
rn audi ” bnahme der Nachfrage bei ſtei⸗
jerdem Betracht flommt. Affektions- und
ne —— nd ſolche, die aus beſondern
—— für einzelne individuelle Ge:
BER * 34 Fi baftehende Grzeugnifie,
wie namentl tie, bezahlt werben. Fur
bie —— Ft der Geldpreife einer Mare
—— aber au den de Seite F Boss MIR
zus a eigentliche es
Es ßes, mit A Betradt. Bei
=. —* — — anhaltenden Vermehrung
es baren Geldvorrats wird unzweifelhaft ſchließ⸗
id, mi wie fich dies auch deutlich bei der übermäßigen
ermehrung von —— Papiergeld mit
—— gezeigt bat, eine Verminderung des
gegen Die Waren, aljo ein allgemeines
eg eintreten. Jedoch geſchieht dies
—— eines verwidelten Brozefies und keineswegs
für alle Waren gleihmäßig, oder in irgend einer
angebbaren Proportionalität zu 2. Geldvermeh:
rung. Beitweije fann aud der bare Geldvorrat
einen erheblichen Zuwachs erfahren, ohne daß die
Preiſe —— beeinflußt werden, weil das Geld
—— gü & Vermenbungögelegenhei findet und
in den ten aufftaut ne Herabdrüdung
durch Verminderung des Geldvorrat3 wird
einen nur mittelbar entitehen, indem die
—— nur eine Erhöhung des Disconto
> chließlich vielleicht eine Geld * und
Kreditkrifis er ©. Preisrevolution.)
nr en Bes! ein Ihe He Dertäuf Hr —*
reiſes, zu we ie verläuflich ſin
———— ution nennt man eine bedeutende,
raſch von ze ‚gehende und dauernde Berände:
hen des a ae Niveaus der Preife, ſpeziell
= din eingetretene allgemeine ——
jelbe wurde In von dem ze
nö ne eäri titeller Jean 60 für eine i *
des ufluffes von Edelmetall aus Amerita
erllärt. 3 Zweifel hat dieſe lehtere Thatſache
weſentlich mit —— jedoch ſteht die P. auch
mit der ganzen en Entwidelung der Welt:
in or mug Eine neue Periode
ann ar und 1850 mit den großen Gold:
in Californien und Auftralien zu be:
innen — es fand in der That in den naͤchſten
ng Da eonn u: und ganzen eine erhebliche
arenpreiie ftatt. Die Bewegung
14 Ic nicht als na haltig, vielmehr trat
ind — Ey en ein üdichl: ag ein, ſodaß
etwa im Durchſchnittspreis von 22
wichtigen — I, ber lonboner «Economist»
feinen fortlaufenden vergleichenden Berechnungen
S Grunde legt, wieder dem Durchſchnitt aus
1845 — 50 A Diefe Erfheinun
ben allgemeinen vollswirtſchaftlichen Ver H
niflen der tie mund und fo ti Mären,
—— Rae
der Demonetiſierung
o große Barvorräte in den
Banlen = rung —* der Discontoſaßtz ſelten
die bayr. Armee
259
—— geweſen iſt, als gerade in dieſer Periode
der ee Preisbewegung.
— elbeeren, ſ. unter Vaccinium.
refaär (vom lat. precarium, ſ. d.), unſicher,
ſchwankend.
—— iſt der durch Vermittelung
einer neutralen Nation betriebene heimliche Ger
bandel zwiſchen zwei im exe e —— Staa:
ten, deren beiberfeitige e in den 2. des
neutralen Landes Au u = —* u
Prel (Karl, Freiherr du), a riftiteller,
geb. 3. April, 1839 in Landahut, m 1853 in bie
önial. Pagerie in Münden, wo er aud) das Gym—
nafium und die Univerfität befuchte, trat 1859 in
nahm 1872 als Hauptmann feinen
Fat und seat ſich are —— —
Gr veröffentlichte: «Oneirokritikon. Der Traum
vom Standpunkte des transſcendentalen Jdealis:
mus (in der «Deutſchen Vierteljahrsfchrift», 1869),
«Der gejunde Menjchenveritand vor den roblemen
der Wifjenichaft» (Berl. 1872), «Unter Tannen und
Pinien» — Berl. 1876), « Pſychologie
der Lyrif» (ps. 1880), «Die Du Bisssiibewekne und
die Nebularhy vpotbefe» (2p3. 1880), «Entwidelun e
eſchichte des tall3» (3. Aufl., Lpz. 1882), «
it ophie der Myſtik⸗ (£p3. 1889), «der alas
phyſiſche — (Lp3.
Beil Her (Friedr.), berliner deutfcher Sand:
fchaftömaler, geb. 95. April 1804 in Eiſenach, be:
uchte zu Weimar die Zeichenſchule unter Hofrat
eyer. Bon Goethe empfohlen, fam P. ala 18jäh:
riger Jüngling nad) Dresden. Der Großherzog von
Meimar vr ihn 1825 felbft zu van Bree N die
Alademie zu Antwerpen, wo er feine Aufmerkfan::
feit vo nr ber menf lihen Figur zuwandte.
Hierauf ging P. 1827 nah Mailand, 1828 nadı
Nom, wo er fich bejonders an Jojeph Anton Koc)
anſchloß und fehrte 1831 nad) Weimar zurüd, wo er
als Zeichenlehrer bei der Kunſtſchule eintrat. Zu—
gleidy ward ihm der Auftrag, neben Genelli und Hoc
das Härteliche, fog. Nömiiche Haus in Leipzig mit
Gemälden zu ade. P. führte daſelbſt J eben
—— Bilder aus der Odyſſee in Tempera aus
i der Ausſchmückung des weimariſchen Schlof:
ſes mit Bildern nah den Werten der deutfchen
Klaffiter fiel ihm das Wieland: Zimmer zu. P.
wandte 49 bierauf nah der Inſel Nügen und
1840 nad) Norwegen. Zahlreiche timmungsbilder
aus nordiichen Landichaften gingen jchnell in Pri:
vatbeſißz über. Sechzehn landſchaftliche Sliz—
en zur Odyſſee machten 1858 auf der allgemeinen
eutichen Ausitellung zu München ae eben. Im
J 1859 wandte 3 wieder nad) Jul ien und er:
ielt nach feiner Rüdtehr (1861) na & Weimar vom
roßherzog den Auftrag, die erwähnten Bilder au:
der Odyſſee I das neu zu errihtende Mujeum aus-
zuführen. Zunädjit vo jexbeie er binnen 18 Mo:
naten die Slartons in der Größe der Wanbbilder,
welche fich jeit 1865 im Mufeum zu Leipzig befin:
den, Inzwiſchen hatte P. noch die Kalypjo und
Leulothea (zwei Bilder) für —*—* in Munchen und
die Naufilaa für die Galerie Raczynſti in Berlin
gemalt. Die Bilder für dad Muſeum zu Weimar
wurden 1868 vollendet. Mit dichteriſchem Geiite
ſchuf P. frei aus den Eindrüden, die er von der
Naturempfing, bedeutende Schaupläbe, indenen ein
roßes Menſche —— P. ſtarb als Pro:
Il und Hofmaler zu Weimar 23. April 1878. Cr
at auch eine Reihe trefflicher Nadierungen oeliefert,
17°
260
Pes landſchaftliche Skizzen * Odyſſee find mehr:
fah in photographiſcher Nachbildung erſchienen,
befonders von Albert (Münd. 1864), Val. Ro:
quette, «Friedrich B.» (Franff, a. M. 1883),
ein Sohn, Friedrich B., geb. 1. Sept. 1838,
wurde durch den Vater in die Kunſt eingeführt. Mit
demselben befuchte er 1859 Italien, wo er bi3 1866 in
Rom verweilte. Nach Dresden übergefiedelt, erhielt
P. 1868 die Profeſſur der Landſchaftsmalerei an
der dortigen Alademie. Im ftiliftiichen Sinne des
Vaters Figur und Landichaft verbindend, lieferte
er feitdem die Wandbbilder für die Villa Cichel in
Eiſenach (1870—71), desgleichen mit Staffage aus
der griech. Heldenmythe in der Billa Dieyer zu Dress
den, in der Albrechtsburg in Meißen, im dreödener
Theater. Das jtädtifche Mufeum in Leipzig, ſowie
die dresdener Galerie befiben von P. auch Lein—
wanbdbilder ; außerdem hat P. treffliche Zeichnungen
tlaſſiſcher Landichaften geliefert.
Preller (Ludw.), deuticher Altertumsforicher,
geb. 15. Sept. 1809 ji Hamburg, ftubierte in Leip:
sig und Berlin Philologie und privatifierte dann
einige Jahre zu Hamburg, bis er ſich zu Kiel habi—
litierte, In diefer Zeit veröffentlichte P. eine my:
tholog. Arbeit über «Demeter un wre
(Hamb. 1837). Im J. 1838 ging P. als ord.
Profeſſor der Philologie nad) Dorpat, nahm aber
bald feine Entlafiung, lebte längere Zeit in Italien
bis er 1844 nad) Jena überjiedelte, wo er 1846 au
eine Profeſſur an der Univerfität erhielt. Noch in
demfelben Sabre wurde er Oberbibliothefar in Wei:
mar, wo er 21. Juni 1861 ftarb, Er hatte 1852
mit Böttlin und Hettner eine Neife durch Griechen:
land und Kleinafien unternommen, welche auf feine
Anſchauungen von dem Altertum weientlichen Ein:
uß übte. P.s Hauptwerk ift die «Griech. Mytho—
ogie» (2 Bde,, Berl. 1854—55; 4. Aufl, von
Robert, 1885 —8 Weniger Wert hat die «Röm.
Mythologie» (Berl. 1858; 3, Aufl., von Jordan,
1881 fa.). Ferner jehrieb er: «De Hellanico Les-
bio» (Dorp. 1840), «Die Negionen der Stadt Rom»
(Yena 1846), «über die Bedeutung des Schwarzen
Meere für den Verkehr und den Handel der Alten
Welt» (Dorp. 1842) u. ſ. w. Die Ergebniſſe feiner
philoſ. Studien legte er in der «Historia philoso-
pbiae Graecae et Romanae» (Berl. 1836; 6. Aufl.
von Teihmüller, 1878) nieder, welche er mit 9.
Nitter bearbeitete. Für die «Allgemeine Encyllo:
yädie» von Erſch und Gruber lieferte B. zahlreiche
wertvolle Beiträge, Eine Anzahl «Ausgewählte
Auffäher gab N. Köhler (Berl. 1864) heraus,
Prellſchuft, auch Prallichuß (frj. ricochet),
ein Schuß, welcher nicht direkt, fondern erft nad)
vorhergegangenem Aufichlag des Geſchoſſes auf den
Erdboden ein Objelt trifft. Durch den P. erleidet
das Geſchoß eine Verminderung feiner Kraft.
relliteine, f. Abweifer,
reloutich (Prelout), Stabt in der Bezirks:
bauptmannichaft Bardubik in Böhmen, links an der
Elbe, Station der Linie Wien: Prag der Öfterreis
—— Staatsbahnen und der Lolalbahn
PreHeĩmanmẽſtee, ift Siß eines —— und
zählt (1880) 3437 czech. E. In der Nähe beſteht
eine grobe Zuckerfabrik. — P. gehörte ſchon 1086
zur Dotation des Kloſters von Opatowiß, erhielt
1261 das Stabtreht und verblieb im Beſihe des
Kloſters bis zu dejien Aufhebung 1421. Der Ort
bat in Böhmen denfelben Ruf wie im Deutſchen
Schildau.
Preller (Ludw.) — Preradovié
Preémery, Stadt im franz. Depart. Nievre,
Arrondifiement Cosne, am Nitvre, Station der
Linie Clamecy⸗Nevers der Paris:Lyon-Mittelmeer:
bahn, hat (1881) 1183 (Gemeinde 2449) E., Hoh—
Öfen, Eifenhämmer, Holz: und Lederhandel.
‚emeti, Bremmeti, Stadt im türk. Vilajet
Jannina, Lima Argyrolaftro (Ergheri), linls an der
Wojusa, hat 3000 &., meijt Albanefen, ein Kaftell,
— — Han — — nr
em pr. emyfl), au rzemy
ein Edelmann aus der Gegend von Stadik (bei
Auffig), war nach der Sage der Gemahl der Libufia
(f. d.) und der Begründer der Dynaftie der a
mojliden, die gegen 600 Jahre in Böhmen herrſchte
bis fie 1306 mit dem in Olmüß ermordeten Men:
zel III. im Mannsſtamm erloſch.
Prenzlau oder Prenzlow, Kreisſtadt im
preuß. Regierungäsbezirt Potsdani, die Hauptſtadt
der ehemaligen Ulermarf, liegt an der Ufer und an
der Norbfeite des Unteruferfees, Station der Linie
Angermünde: Stralfund der Preußiſchen Staat:
bahnen, iſt Siß eines Lande, Schwur⸗ und Amts:
gerichts, eines Landratsamts, einer Neichabant:
nebenjtelle und eine3 Hauptfteueramts un Eur
(1880) 16933 E. Unter den fünf Kirchen der Stadt
— ſich die got. Maxienkirche (von 1340) mit
wei Türmen aus, welde zu den fhönften Bad:
einbauten der Dark zählt. Auch find die alten
Stadtthore bemerlenswert. Von höhern Unter:
richt3anitalten befinden fich zu * ein Gymna⸗
ium, verbunden mit Realgymnaſium, eine Kna—
enmittelihule und zwei ‚über Töchterſchulen;
auch beſteht daſelbſt ein Provinzial : Landarmens
haus. Unter den Einwohnern befinden ſich viele
franz. reg m Aufer manderlei Manu:
— on A — — * —*
ie hauptſächlichſte rungsquelle für die Stadt.
Dei P. mußte n 28. dr 1806 das von Jena her
auf dem Nüdzug begriffene 10— 12000 Mann ftarte
preuß. Korps unter dem Fürſten von er
nah einem unglüdlihen Gefecht den nzofen
unter Murat ergeben. — Der Kreis Prenzlau
zählt (1880) auf 1133 qkm 56 180 €.
eobrafchenst, ruſſ. ae | in der Nähe von
Mostau, wo Zar Peter der Große eine aus Spiel:
genofien zufammengeitellte gie militäriich
ausbildete, aus welcher nach der Thronbeiteigung
das erite —— — iment P. errichtet
worden iſt. Died Negiment gehört zur 1. Garde:
—— ſteht in Pelersburg und ergänzt
ein Offizierlorps aus den Söhnen hoher Generale
und Würdenträger, fowie der angefeheniten ruji.
und deutichen Adelsfamilien, welche im Pagenkorps
erzogen worden find,
eradovie (Peter), der angefehenfte froat.
Dichter der Neuzeit, geb. in Grabovnica (in Kroa⸗
tien) 19. März 1818, kam 1830 in die Militärala-
demie in Wiener:Neuftabt, wurde 1838 Offizier und
avancierte nach vielfachem Wechſel der Regimenter
und Garnijonen 1866 zum General. Die deutſche
—— hatte ihn ſeine Mutterſprache faſt ver—
3 en lajjen; durch Iroat. Kammerreden und die
erbindung mit den in den vierziger Jahren in
Agram und Dalmatien thätigen Schriftftellern an=
eregt, wandte er fih dem Stubium ber kroat.
prache wieder zu und begann von 1842 an darin
zu dichten. Seine gefammelten Merle erichienen
unter dem Titel: « Pjesnitka djela Petra Prera-
dovica» (Ugram 1873). P. ftarb 18. Aug. 1872,
Prerau — Presbyterianer
Prerau (czech. Prerov), Stadt in Mähren, ſüd—
ag oe Dlmüs, an der Berzwa, Station der Li:
nien Wien⸗Kralau, zen und Nezamyslis:P.
der Ferdinands:Nordbahn, it Siß einer Bezirks:
bauptmannichaft und eines Bezirkägericht3, hat ein
not. Rathaus und eine alte Burg, ehemals Sik des
Königs Matthias Corvinus, ein czech. Realgymna—
fium mit Obergymnafium und Oberrealſchule, eine
gewerbliche Fortbildungsidhule und eine landwirt—
ſchaftliche Schule und zählt (1880) 11190 meilt
law. E., welde Zuder:, Seilerwaren:, Metall:
waren:, Magen: und lanbwirtichaftlihe Maſchi—
nenfabrifen unterhalten.
rerowſtrom, ſ. unter Bodden.
zeöber (Herm.), humoriſtiſcher Schrijtiteller,
geb. 9. Dez. 1830 zu Rüdesheim, jtudierte in Heidel⸗
berg und Tübingen Geſchichte und Litteratur, wurde
1853 Lehrer zu Frankfurt a. M. und ftarb dafelbit
3. März 1884, Am befannteften find feine Genre:
bilder «deal und Kritit» (1856) und «Wolfen:
fududsbheim» (1859), eine Schilderung bes rhein.
Lebens in den fünfziger Jahren. Auch jchrieb er
einige Novellen, wie: «Gin Anempfinder» (1862),
«Nudolf» (1876), «Nheiniiche Novellen» (1882).
Preöburg, |. BErbbure
Presöbpopie (ard.), j. Altersſichtigkeit.
Breöbpter (erg, d. i. ÜUlteſte) hießen nad) dem
Borgang der jüd. Eynagoge in der älteften Kirche
die mit der Sittenaufficht in den einzelnen Gemein:
den betrauten, durch Alter und Erfahrung ange:
jehenen Mitglieder derjelben, welche meiſt mit den
Biſchöfen, d. h. uriprünglicd den Verwaltern des
Gemeindevermögens, zufammengefallen zu fein
ſcheinen, daher in der Urkirhe die Ausdrüde P.
und Biſchof (j. d.) häufig wellen. Erit um die
Mitte des 2. Jahrh. wurde Bi Sof der Chrentitel
für den Borjikenden des Pres er
(Bresbyterium), der bald alle lirchliche Macht:
volllommmenheit in feiner Perſon vereinigte. Doch
war noch im 3. Jahrh. das Anfehen der B. fehr
bedeutend. Erjt im 4. Jahrh. wurden die P. als
Parrer einzelner Kirchen den über einen ganzen
Sprengel geſeßten Biſchöfen —— unterthan.
Der prieſterliche Charaller, welcher namentlich das
Recht der Sakranientsverwaltung bedingt, blieb
ihnen jedod mit den Viihöfen gemeinfam und
wies ihnen ihren Pla im hoͤhern Klerus an. Gie
fonnten predigen, taufen, Abendmahl halten, die
Statehumenen unterrichten, dagegen nur vermöge
bejonderer biihöfl. Vollmacht konfekrieren, ordi—
nieren, fonfirmieren, und folde, die in öffentliche
Kirchenbuße verfallen waren, abfolvieren. Der
erfte P. hieß Archipresbyter oder BProtopres:
byter. Etwas weſentlich anderes als die kath.
Kirche verfteht die evangelische unter dem Amt der
PB. Unter vermeintliher Wiederaufnahme der apo:
ſtoliſchen Gemeindeverfaflung wurden in ben re
form, Kirchen der Schweiz, Franlreichs, der Nieder:
lande und namentlih Schottlands ſchon in ber
Neformationszeit den Geiltlihen angejehene und
lirchlich gefinnte Laien zur Wahrung der Kirchen:
nut und zur Zeitung der äußern Genteindeange:
enheiten zur Seite gejeht, welche mit den Geilt:
den gemeinfam das durd fog. Kooptation ſich
ſelbſt ergänzende Preöbyterium bildeten, Dieſe
alten reform. Presbyterien waren ſonach kirchliche
Auffichtsbehörden von arijtofratijch : theolratiſchem
Charakter, denen die Gemeinden ebenfo rechtlog
gegenüberjtanden ala den luth. Konfiftorien. Grit
261
in neuerer Reit verfteht man unter P. bie erwähl«
ten Vertreter und Bevollmächtigten der kirchlichen
Gemeinden, welche die Angelegenheiten berielben
—— zu ordnen haben und den Geiſtlichen mit
er Aufgabe zur Seite ſtehen, die Rechte und An—
uungen der chriſtl. Laien gegenüber einem ein:
eitigen Paſtorenregiment zur Geltung zu bringen.
Gegenwärtig befteben folde freigewählte Presby:
terien (Rirchgemeinderäte, Kirchgemeindevorftände)
in den meilten deutihen Landeslirchen. Als Be:
dingung ber Wählbarteit hat man oft außer per:
fönlider Unbefgoltenheit und einem Alter von
mindeſtens 30 3. auch gewiſſe lirchliche Qualifila—
tionen (lirchlichen Sinn, fleißigen Beſuch des Got:
tesdienjte3, regelmäßige Teilnahme am Abend:
mabl u. a. m.) aufgeitellt. Presbyter.
esbyter Johaunes, ſ. Johannes der
Ag men (grch.) iſt ber Name einer in
England, Schottland und Amerila fehr zahlreichen
Kirchenpartei, welde die biſchöfl. Verfaſſung der
Anglilaniihen Kirche (f. d.) verwirft und an der
reform, Shan reg ebenfo wie an den
übrigen Grundfäpen ber ſchweiz. Neformatoren,
namentlih aud an ber Einfachheit und Schmud:
lofigeit des reform. Kultus feſthält. Schon in
der ehe Reformationsperiode gab ih gegenüber
der halben Reformation Seinrichs VII. in England
das Streben fund, die Kirche zu ihrer urfprüng:
lichen Reinheit zurüdzuführen, wurde aber durch
ben Fönigl. Defpoten gewalttam niedergehalten.
Das eigentlihe Hervortreten einer presbyteria:
nifhen Partei unter den engl. Protejtanten datiert
jedoch erjt feit dem Regierungsantritt ber Königin
Glijabeth, unter welder zahlreihe, den Händen
der blutigen Maria entronnene Flüchtlinge aus
Genf, Zürih, Bafel und Straßburg mit ftreng
reform. Anſchauungen nad ihrem Vaterland zu:
rüdfehrten. Als Eliſabeth vom Parlament fi die
oberfte Kirchengewalt übertragen ließ (Febr. 1559),
die ohnehin halbkath. Liturgie Eduards VI. nad
einigen noch mehr tatholijierenden Ünderungen
durd die Uniformitätsalte (Juni 1559) für alle
Kirhen des Reichs beitätigte und ihren frühern
Lehrer Matthäus Parker zum Erzbiihof von Can:
terbury erhob, fo verwarfen bie calviniſtiſch Ge:
innten das Epijlopat der Königin und die biihöfl.
ürde überhaupt als hierarchiſches Unweſen und
forderten die Unabhängigteit der Kirche vom Staat,
eine fhärfere Kirchenzucht und die Einführung der
** Kirchenverfaſſung, wie fie Knor der ſchott.
Kirche gegeben hatte. Als Gegner der Uniformi-
tät3afte wurden diefe P. auh Nonconformilten,
wegen ihres rigoriitiihen Cifers für Heritellung
einer von allen katholifierenden Elementen gerei:
— Kirchenordnung Puritaner (f. d.) genannt.
8 die Regierung die wiberjtrebenden Ürebiger
entfeßte und verfolgte, begannen fie feit 1567 eine
eigene, auf den ine genfer Grundbjägen be:
ruhende kirchliche Gemeinſchaft zu gründen und mit
der preäbyterialen Verfaſſung das —
Dogma und die ſchlichten calviniihen Kultusfor—
men unter ſich einzuführen. Sie verſammelten ſich
in eigenen Häusern, verwarfen die bisher beibehal:
tene, kath. Prieſterlleidung, bie —— der
Heiligentage, der Faſten und Apoſtelfeſte, ferner
das Singen der Gebete, bie Anwendung des Kreu—
zes bei der Taufe, die Paten bei derielben, die
Gloden, Orgeln und Altäre, das Knien beim Abend»
mahl, das Berneigen beim Namen Jefu, bie
262
—— durch die Biſchöfe, das Vorleſen aus
den —— das herfömmmliche kanoniſche Recht
und alle geitlichen Würden, die der ältejten Kirche
unbelannt gewejen wären. Sie behaupteten, daß
alle Diener der Kirche unter fich gleich, das Epiflo:
vat mit jener ganzen Verfajiung nur Hierarden:
tum fei, die Kirche ſich unabhängig vom Staat re:
gieren, jede einzelne Gemeinde durch Presbyterien,
die ganze Kirche aber durch die aus denjelben her:
—— — Synoden geleitet werden muſſe.
Mit der Gründung dieſes kirchlichen Vereins be:
gann das eigentliche und jelbftändige Auftreten ber
2. in England. Unter mannigfahen Drud er:
hielten ſich die P. im ftillen big es endlich 1572
dem Prediger Field zu Wandsworth, einem Dorf
bei London, gelang, die erite resbyterianiſche
53 in England zu ſtiften. Die Leitung derſelben
ward elf Presbytern oder Alteſten anvertraut,
Bald verbreitete fich die presbyterianiſche Kirchen:
verfaffung, befonders von Th. Cartiwright willen:
ihaftlich verteidigt, im geheimen immer weiter,
Gemeinden traten zu Klaſſen zufammen, befonders
in Eifer, Warwidihire, Rorthamptonſhire und an:
derwärt3, und zu ihnen ehörte ein großer Teil
der Geijtlihen in der bijhöfl. Kirche, ſodaß ſich bis
su Glifabeth3 Tod die Zahl der P. auf 100000 be:
lief, Die jtrengen Verordnungen gegen fie dauer:
ton dabei immer fort, ja fteigerten x noch unter
Jalob J. der ein in Staat und liche unbeichränt:
t8 Rönigtum, geftüßt auf die Grundfäge der Epi-
itopaltirhe, eritrebte. Gin Vereinigungsverſuch
mit den Staatslirhlihen zu Hamptoncourt 1604
war vergeblich. Viele P. wanderten unter ſolchen
Verhältniffen abermals aus, andere verteidigten
isre Nechte gegen die königl. Willtür und fteigerten
die polit, Oppofition gegen den König durch ihren
veligiafen Fanatismus. Noch größer ward der |
MWiderftand und der Haß gegen den König, als
Jalob die fchott. Kirche, die jich feit der Reforma—
tion ebenfalls als Presbyteriallirche geitaltet hatte,
mit der engl. Epijlopalticche wieder zu vereinigen
iuchte. Die neue, der bijchöfl. Kirche entiprechende
Liturgie, die Jalobs Sohn, Karl L, in Edinburgh
einführen ließ (Juli 1637), gab endlich die Veran:
(aflung zum eriten Ausbruch der Revolution. In
Schottland bildete nd 1638 eine fait über das
sanze Land fich erjtredende politisch: religiöfe Vers
bindung gegen den König (Covenant). In England
begann das fait ganz pres yterianiſch gefinnte Par:
lament im Staat wie in der Kirche zu reformieren,
und auf dem Wege der Gefehgebung die biſchöfl.
Yiturgie und Verfaſſung durch die presbyteriantiche
zu erfehen. Die polit. Revolution, welde Karl I.
aufs Schafott führte, trug zugleich einen jdwär:
merifch:religiöfen Charakter und war die Glanz⸗
periode der P. und der mit ihnen verwandten, nur
noch weiter —— Independenten (ſ. d.). Die
Wiederherſtelung des Königtums dagegen durch
Karl IL. (1660) bereitete auch der — der
V. und Independenten ein Ende. Karl II. ftellte
tofort die bifchöfl. Kirchenverfaffung in England
und Schottland her und erließ ftrenge Geſetze wider
die P. Unter dem zum Katholizismus neigenden
König Jakob IL. wurde ihre Yage noch ſchlimmer,
daber ein großer Teil nad Nordamerika auswan:
derte umd dort neue Gemeinden gründete, Grit
unter Wilhelm III. wurde die preöbyterianijche
Verfaſſung in Schottland — und in Co
Gnaland erhielten die P., und mit ihnen die In—
Presbyterium — Prescott
dependenten, Baptijten und Duäler, durch Die To:
—— — eine beſchranite Ge⸗
wiſſensfreiheit, indem alle gegen fie erlaſſenen
Gejeke, mit Ausnahme der Korporationd- und
Teſtalte, aufgehoben, fie aber verpflichtet wurden,
den Ort ihres Gottesdienftes zuvor anzuzeigen, bie
Gefälle an die bifhöfl. Kirche fortzuentriten und
die 39 Artikel, mit Ausnahme von Art. 22, 34 und
36, welche im Sinn der biſchöfl. Kirche lauten, zu
unterfchreiben. Im Barlament erhoben fid) zwar
mehrmals (1736, 1790) Motionen, auch die Kor:
porationd« und Zeftalte aufzuheben, doch gingen
fie nicht durch.
Die Kirchliche Einrichtung der B. ift weſentlich
folgende: ‘jede Gemeinde befteht für fih, wählt
ihre Alteſten, Diatonen und Geiftliden, unter
denen es feine verſchiedenen Klaſſen gibt. Sy
noden werben nicht gehalten. Die Geiltlihen be:
raten alle Eirchlichen Angelegenheiten, tönnen aber
ohne ee uno der Gemeinde keinen bindenden
Beſchluß fallen. Für alle gilt Gewifjenzfreibeit;
die Kirchenzucht wird mit ver yo und Aus:
ſchließung geübt. Der Gottesdienjt beiteht in Ger
fang ohne Orgelbegleitung, Gebet Predigt und in
der eier der Satramente, Die Srebigt wird ab:
gelefen, bei der Taufe der Täufling mit Wafler
nur beiprengt, das Zeichen des Kreuzes en.
Paten find nicht zugegen, vielmehr legt der Vater
des Kindes oder ein Anverwandter dad Glaubens:
befenntnis ab. Beim Abendmahl, das figend ent:
re wird, findet das Brechen des Brotes ftatt.
In Schottland hat ſich die rg eg
feit MWilpelm II. ganz in ihrer frübern Strenge
erhalten, (5. Schottifhe Kirche.) In England
dagegen it die Partei bedeutend zurüdgegangen
und zählt gegenwärtig circa 270 Heinere Gemein:
den, in Irland circa 560. y Nordamerila, wo
bie ee ae Kirche jeit Begründung ber
neuengl. Kolonien die angejehenfte und zahlreichſte
it, hat ſich diefelbe neuerdings in viele Kleinere
Varteien geipalten und unfat im ganzen: Aber
7000 Gemeinden. Bol. Gillat, «History of the
nn Church» (2 Bde., Pbhilad. 1864;
2, Aufl. 1875); Weingarten, «Die Revolutiond:
firhen Englands» (2pz. 1868); Steats, «History
of the free-churches of England» (Lond. 1869).
Presbyterium, das Kollegium der Presbyter,
— die vrieſter in der Kirche, daher jo:
viel wie Chor.
Prescot, Stadt in der engl. Grafſchaft Lan⸗
cafter, 10 km im OND. von Liverpool, Station
der Linie Liverpool: Wigan:Mandefter: Mirfield
Leeds, hat (1881) 6418 E., —— ——
Baummwollipinnerei und Fabrikation von Segeltuch,
Uhren und Uhrmacherwerlzeugen.
escott, Stadt in Grenville County der cas
nad. Provinz Ontario, links am Lorenzftrom, über
den eine große Eifenbahnbrüde führt, zählt (1881)
2999 €E., treibt Handel und bat Gif eien,
Brauereien, eine Brennerei u. |. m. -
Predcott, Hauptort von Yavahai County im
nordamerit, Territorium Arizona, zählt (1880)
1836 E. und war früher Sit der Territorialregies
rung. Rahebei find reiche Gold: und Silberminen.
Mredcott (William Hidling), amerit. Geſchicht⸗
—— geb. 4. Mai 1796 zu Salem im Staate
Mafachufetts, ftudierte 1811—14 im Harvard:
ege die Rechte. Noch auf der Univerfität hatte er
durch einen Zufall ein Ange verloren, die Sehlraft
Prejenning — Preßburg
des andern warb bald durch anhaltende Arbeit
ge t, und nad einer fchweren Krankheit,
während der er dem völligen Erblinden nahe war,
ſah er fid) genötigt, feinen jurift. Beſchäftigungen
zu entjagen. Zwei Sabre verbrachte er in Curopa,
wo er die Hilfe der berühmteiten Augenärzte von
London und auffucdhte, ohne jedoch Heilung
zu finden. Später beſſerte ſich indejjen feine Seh:
fa zu — en dien!
ichen tiglei nitten, beſchloß er, ſich ganz
dem Studium —A zu widmen. Unter den
großen Schwierigleiten, die ihm — Zuſtand ent⸗
negenfehte, ſammelte er zehn Jahre lang die Ma:
terialien zu feiner «History of Ferdinand and
Isabella» (Boft. u. Lond. 1838; deutſch, 2 Bde.,
Lpz. 1842). Diefer folgte die «History of the con-
zz exico» (3Bbe., Bojt.1843; deutich, 2Bde.
p3. 1845), welde, dur Stil und Inhalt gleich
ausgezeichnet, den litterarifchen Nuf des Berfaflers
befeitigte. Seine «History of the conquest of Peru»
3 Doft. 1847; deutih, 2 Bde., Lpz. 1848)
—8 — ge De De ale Eon Lei:
ngen ®. nen: fleißiges Quellenftudium,
arbenreihe Darjtellung und eine der objeftien
uhe des Gefhichtihreibers nur felten Eintrag
tbuende Wärme des Gefühls. Seitdem ae
[6 P. mit Vorarbeiten zu einer, Gedichte Phi
ipps II. Gegen Ende 1855 erfhienen die beiden
eriten Bände unter dem Titel «History of the reign
of Philip IL, king of Spain» (beutfc, 2p3. 1856),
denen 1858 ber dritte Band folgte. Er war eben
im Begriff, die legte Hand an den vierten zu legen,
als er 28, Jan, 1859 zu Boiton ftarb. P.s Bei:
träge zur «North American Review» wurden unter
dem Titel «Biographical and critical miscel-
lanies» (Neuyork u. Lond. 1843), andere Heinere
Arbeiten in den «Critical essays» (Neuyorf u. Lond.
1852) gejammelt. Eine Frucht der zur «Geichichte
IL» gemachten Studien war aud) die von
F m 1856 veröffent — Ben en —
nzungen verſehene Ausgabe von Robertſons
en of a Bol. Tidnor, «Life of P.»
Ron 1864). Die legte revidierte Ausgabe feiner
erfe wurde von feinem Privatſelretär J. F. Hirt
herausgegeben (15 Bde., Vhilad. 1874— 75).
P g, Stüde von waſſerdichtem, ge:
teertem Segeltuch, welde zum Bededen von Yu:
ten u. ſ. w. J ei A — — Darſel⸗
—— i e»), bildliche Darſte
lung der Anbetung der Hirten.
Prefidios (vom lat. praesidium, d. i. Schub,
Wache, Poſten) heißen in Spanien und Portugal,
owie in den Kolonien beider Länder eigentlich fefte
Plaͤhe, gegenwärtig aber verfteht man in Spanien
unter diefem Namen Gefängnifle, inäbejondere
uhthäufer für männlide Verbrecher. Ynsbefon:
nd im Ausland unter dem
Küfte von Marokko, in welde Staatsgefangene
und bie fchwerften Verbrecher lommen, und *
an die Stelle der —— Galeeren getreten ſind.
AL find dies die Ieten Nefte des früherhin ausge:
ten fpan. Landbeſitzes an derNiorbtüfte Afrikas,
Als das harteſte P. in Afrika gilt Ceuta (. d.), das
1580 mit Bortugal an Spanien fam. Dann fol:
gen von Weiten gegen Diten an der Küſte der Nif:
iraten; Benon de Velez de la Gomera oder
‚ind amen B. |
befannt die vier ſpan. Deportationaorte an der |
263
Albucemas (feit 1673 ſpaniſch, 277 E.), beide auf
Heinen Inſeln, und Melilla oder Mlila (jeit
1496 fpanijch), eine feite Stadt füblid) von Cabo
de Tres Forcas gelegen, mit 1517 G. und einen
Hafen. Südöſtlich von Melilla liegen die drei
Dihafaran: oder Zafarani:$nfeln, von den
Spaniern erjt 6. Yan. 1848 bejegt und Islas—
C afarinas genannt, mit 367 E. Die vier P.
zählen zufammen auf 66 qkm mit den Garnifonen
und Sträflingen (1877) 12170 E., ein Gemiſch
von Spaniern, Juden, Mauren, Negern und Mu:
latten, und haben für Spanien nur als feite Plähe
und Straforte Ruben.
resirn (ſpr. Preſchirn, Franz), der bedeu—
tendſte ſlowen. Dichter der Neuzeit, geb. 3. Dez.
1800 in einem krainiſchen Dorfe, ftudierte in Wien
die Rechte und war zugleich Lehrer am Klintow:
ftrömfchen Juftitut. Im J. 1828 wurde er in Laibach
angeftellt, 1847 erhielt er eine Advolatur in Krain:
burg und jtarb dafelbit 8. Febr. 1849. Seine Ge:
dichte find durchweg lyriſcher Art (gefammelt unter
dem Titel «Pesmi Franceta Presirna», Laib. 1866).
Deutſche Überfegungen von Liedern P.s gab E.
Sambaber heraus unter dem Titel « Prediren:
Hänge» Laib. 1880).
‚Prest, bei naturwifjenfhaftlihen Namen, be:
zeichnet Karl Botiwoj Bresl, geb. zu Prag
17. Sebr. 1794, war Cuſtos des böbm. Mufeums
und Profeſſor in Prag, ftarb 2, Oft. 1852 in Prag;
feine Hauptichrift ijt «Tentamen Pteridographiae»
(Prag 1836; Supplement 1845).
resles, Dorf bei Chatelet (j. d.) im Hennegau.
Prefibau ijt beim Bergbau der Abbau, Aus:
bieb des ganzen Inhalts einer Lagerftätte. P. be:
zeichnet Per den verlajienen, ganz abgebauten
und mit Bergen ausgefehten Abbau einer Grube.
Treßbauen heißt eine Lagerftätte rein abbauen,
ohne Bergfeſten, taube Mittel, Pfeiler ftehen zu
lafjen. reß wird —— ſolche Zimmerung ges
naunt, welche wandelbar, verſtodt, verfault iſt.
* beugel, ſ. unter Buchbinderkunſt.
rehburg oder Presburg (ungar. Pozsony,
jlaw, Prespurk,, lat. Posonium), königl. Freijtadt
im gleihnamigen Komitat Ungarns (4310,83 qkm
mit [1880] 314,147 E.) am linfen Ufer der Donaır,
Station der Linien Marchegg-Budapeſt und B.:
Sillein der Oſterreichiſch. Ungariſchen Staatsbahnen,
iſt die zweite Hauptſtadt, und wenn auch nicht der
Bevölkerungszahl nad, jo doch hinſichtlich der gün:
ftigen Lage, des Verlehrs und der fozialen Bildung
Ihrer Bewohnerſchaft nächſt Budapeſt die wichtigſte
Stadt des Landes. Dieſelbe iſt Sit der Komitats—
Iee eines Wechſelgerichts, einer Filiallandes:
falje, einer Poſtdireltion, einer Handels: und Ge:
werbefammter und hatte bei der Iehten Zählung
(1880) 48284 meijt fath. E. in großer Teil der
Bevölferung — ausſchließlich deutſch, doch wird
in den höhern Kreiſen das Magyariſche und Deutſche
leichzeitig lultiviert. Das zur Stadt gehörige Ge:
Diet umfaßt ein Areal von 80 qkm. Dan unter:
cheidet die Altſtadt, Ferdinanditadt, Franz-Joſeph—
tadt, Therefienftadt und Neuftadt (Blumenthal).
nter den Bauwerken ragt befonders das alte Schloß
hervor, weldes fi auf einem über der Donau
83 m hoch aufiteigenden Helfen erhebt und die Stadt
jowie die weite Donauebene beherrſcht. Dasſelbe
war einft die Nefidenz der Könige von Ungarn und
ele; de la Gomera (feit 1508 fpaniich, 1877 | eine Zeit lang Siß der Sandtage. Unter Maria
mit 315 E.), Fort Alhucemas oder Peñon de | Therefia wurde es erneuert und dem Schwiegeriohn
st. nnalo
N ‚oogle
264
Preßdecke — Prefie und Preßgefeggebung
der Staiferin, bem Dev Armed von Sadjen: | Stabt wieber je Hauptftadt des Landes erhoben.
Zeichen, dem damaligen
Mohnfig beftimmt. Seit dem Brande von 1811
latin von Ungarn, zum | ®. blieb inde
en Sik der Landtage, bis aud) dieſe
1848 nad Peſt⸗Ofen überfiedelten. In dem nad
liegt es jedoch in Auinen. In der 1090 begonnes | der Schlacht und dem MWaffenftillftand von Aufter:
nen, 1452 geweihten Domlirche St. Martin wur:
den bie Hönige von Ungarn gefrönt und auf dem
von Menſchenhänden errichteten, 1873 abgetra:
enen Krönungsbügel (unmittelbar an der Donau
fig (f. d.) zwifchen Napoleon I. und Kaiſer Franz IL.
26. Dez. 1805 abgeichlofienen Frieden zu Preß—
burg mußte lekterer 1) den im Luneviller Frieden
erworbenen Teil von Benedig (40200 qkm mit
ei der Sciffbrüde gelegen) wu. der neuge⸗ 2180000 €.) an das Königreich Ftalien abtreten;
frönte König nad alter Sitte das Schwert Ste:
phans bes Beiligen nad) den vier Weltgegenden
um Beichen, dab er Ungarn verteidigen wolle, wo:
er der Feind auch komme. Außer der Domlirche
bat P. noch 14 kath. und 2 evang. lichen, 7 Ka—
pellen, 6 Klöjter und 2 Synagogen. Bon ben
übrigen Gebäuben find bervorzubeben: das 1288 be-
gonnene Rathaus mit dem ftädtiihen Mufeum, das
1753 erbauteLandhaus, 1802 —48 Sikungsgebäubde
des Reichstags, jeht Gerichtshof, das Komitatshaus
ber ersbiichöfl alait, das vom Erzherzog Friedri
bewohnte Grafialfowikihe Palais und das neue
Theater. Bon höhern Bildungsanſtalten beftehen zu
B.: eine königl. Nechtsatademie, ein kath. Staats:
gymnaſium, eine Staat3-Oberrealichule, ein prot.
Lyceum mit einer theol. Lehranftalt und einer reich
ausgeltatteten Bibliothek, ein = geiftliches Semi:
nar und eine höhere Töchterſchule. In Bezug auf
Heil: und Humanitätsanftalten ift P. reicher als bie
meiften andern Städte Ungarns, Unter den Hojpi:
tälern ſteht das 1864 eröffnete Landlkrankenhaus
obenan. Handel, Induſtrie und Weinbau find die
hauptſächlichſte Erwerboquelle für die Bewohner.
Die hauptſächlichſten Ausfuhrartilel find Getreide,
Bein, Mehl, Gemüje, Obit, Spiritus, Chemitalien
und Holz. Nicht unbedeutend ift verhältnismäßig
bie yrbuftie: Drechsler: und Tijchlerarbeiten,
mufttaliiche Inſtrumente (Klaviere), Handſchuhe,
Bädereiwaren (Zwiebad) erfreuen ſich eines weit:
verbreiteten Rufs. Sonft find zu nennen einige
Waflermühlen, eine Dampfmühle, eine Tabals:
fabrif, eine Seidenband: und mehrere Shanıpagues,,
Spiritus: und Nofogliofabriten, eine große Tuch:
fabrik in der Stadt; ferner in der Umgebung das
Schieferbergwert zu Mariatbal und die Schwefel:
fabrif zu —— Die Umgebungen P.s ſind rei—
zend. Während die Stadt von ber Hügelreihe der
Kleinkarpaten umfäumt wird, auf denen 1868—69
der Gebirgspark angelegt wurde, breiten fich jenfeit
der Donau dichtbelaubte Auen, befonders der forg:
fältig erhaltene Aupark aus; in der Engerau finden
im Frühjahr Pferderennen ftatt.
‚„ Üiber den Urjprung ber Stabt und die Entitehung
ihres Innern berrfchen fehr abweichende Anſichten.
Gewiß it, daß Herzog Wratiflam pier fhon im
9. Jahrh. eine Burg bejaß, welche jpäter in den
Beſiß der vordringenden Ungarn kam. Geitdem
waren die Schidjale der Stadt P. mit denen des
Königreihs Ungarn aufs engfte vertnüpft. Als
Sclüfiel des Landes wurde diefelbe oft hart be:
drängt, wie unter den Kaiſern Heinrich III. (1042)
und Heinrich V. rc unter Herzog Friedrich
von Öfterreih und Dttolar von Böhmen. Bon den
Mongolen blieb P. jelbit zwar verſchont, doch wur:
den die Orte der Umgebung fait gänzlich zerftört
(1241). Als die Türken 1541 die Nefidenz Dfen
enommen batten, wurde P. Haupt: und Krönungs:
* von Ungarn, ſowie Siß der Reichsbehörden,
des Reichsprimas und des Landtags. Im J. 1784
wurde die Statthalterei nach Ofen verlegt und dieſe desha
2) den ſturfürſten von Bayern und Württemberg
die königl. Würde und Souveränetät und lehtere
auch dem Kurfürjten von Baden zugeitehen; 3) Ti:
rol, Vorarlberg und einige Landichaften nebit Eich:
ftätt und Paſſau an Bayern, ben größten Teil des
Breisgaus nebſt Konftanz an Baden, die Donau:
ftäbte und einige Stride in Schwäbiſch-Oſterreich
an Württemberg überlaflen; dafür wurde 4) das
bisherige Kurfürftentum Salzburg der öfterr. Mon:
archie einverleibt, der Kurfürit Erzherzog Ferdinand
aber durch das ihm von Bayern abgetretene Würz:
burg entichädigt. Der Friebe zu P. wurde auch
bie nächſte Veranlaſſung * Auflöſung des Deut:
hen Reichs. (S. Deutihland und Deutſches
eich, Gefhichte, und Rheinbund.) Bal. Helich,
Illuſtrierter Führer durch P.» (Preßb. 1884);
gner und Orbok, «Geographie des Preßburger
Komitats» Preßb. ve :
ede,
' PBrefidede, & unter e
reffe und Brefigefehgebung. Nach ber bei
der Bervielfältigung von Schriftwerlen hauptſäch—
li verwendeten Buchdruderprefie bezeichnet man
die Geſamtheit der durch ben Drud verbreiteten
Schriften und die darin fid) offenbarende geiltige
Bewegung mit dem Namen Preſſe. In einem
engern Sinne wird diefe Benennung auf denjenigen
Zeil der Litteratur übertragen, deſſen ganze Wirt:
ſamleit von der raſchen und allgemeinen Berbrei:
tung, darum aber vorzugsweife von der Benukung
ber Druderpreiie abhängt, alſo auf die Tages:
litteratur. Während des 18. Jahrh. gebrauchte
man dafür häufig den Ausdrud Bublizität,
Faſt gleichzeitig mit dem Aufblühen des Drud-
gewerbes tritt das Mißtrauen der geiftlihen und
weltlihen Macht gegen diefes Mittel der Gedanlen⸗
verbreitung hervor, Es jollten alle a
Veröffentlihungen mittel Konfiskation und Ber:
nichtung der vorgefundenen Gremplare, Beitrafun
ber Druder und Verbreiter, noch beſſer aber dadur
gehindert werden, daß man von dem Inhalt der erit
u drudenden Schrift Kenntnis nahm und, falls
erjelbe anſtößig befunden wurde, die Beröffent:
lihung unterjagte. Das letztere Berfahren, die bes
reits vom Bapl Alerander VL. in Bezug auf bie
Anfertigung von Bücerabichriften eingejehte Gen:
fur 6 d.), erhielt ſeit 1515 durch Leo X. aus Anlaß
der an Neformbewegung ihre weitere Aus:
bildung. Seit 1557 ward feitens der päpſtl. Re—
gierung ein «Index librorum prohibitorum» ber:
ausgegeben (j. Inder) und bis zum heutigen Tage
fortgeführt, (Vgl. Neufch, «Der Inder der verbote:
nen Bücher», Bonn 1883.)
In Deutihland war die oberhirtliche Beauf:
fihtigung der Drudereien allerdings nicht allgemein
durdzuführen. Dafür verordnete aber ſchon 1529
der Reichstag zu Speier: «Alles, was Neues ge
drudt oder feilgehalten werden folle, fei zuvor
einer von jeder Obrigkeit dazu verorbneten ver:
ftändigen Perſon zu unterbreiten.» Obgleich nun
ib ein Büdherlommiffariat in Frankfurt a. M,
Prefle und Preßgefeggebung
errichtet und mehrfach mit Wiedereinfchärfung der
Genjurverordnungen en wurde, jo kam dod)
von Reichs wegen nichts G — zu Stande,
und die Behandlung der Preſſe war in den verſchie—
denen deutichen Territorien je nach der Stellung,
die man zu den liberalen Ideen genommen, eine
höchſt abweichende. Hierin vollzog fich nicht einmal
eine weſentliche Underung, als feit dem 17. Jahrh.
die litterariiche Thätigfeit auch dem Gebiete ber
Politik und der fozialen Frage fih zumandte und
damit der bis dahin —— —
fen Cenſur eine zugleich polit. Richtung gab. Viel
mebr behielt diefes Polizeiinititut bis gegen das
Ende de3 römisc:deutihen Reichs eine partitula:
rütiiche Färbung, und während in Bjterreich noch
unter Maria Therefin der furchtbarite Preßzwang
herrſchte, in Bayern Schriften und Schriftiteller der
jreiern Nichtung mit Fanatismus verfolgt wurden,
mochte das freie Wort in Preußen unter Friedrich
d. Ör., in Hannover, Braunfchweig und Holſtein
eine offene Zufluchtsitätte fuchen. Erſt als nad
dem Auäbruche der Franzöfiichen Revolution bie
Befürchtung überhand nahm, daß die Völker auch
diejjeit des Rheins die Notwendigkeit des Beitehen:
den in Zweifel ziehen könnten, wurden beim Reichs—
tage wieder allgemeine Maßregeln gegen die Preſſe
angeregt, famen aber, bauptiächlich auf Hannovers
Einſprache, nicht zu Stande, Zur Zeit der franz.
Fremdberrichaft unterlag die deutfche Preſſe allent-
halben dem Trude des Napoleoniſchen Dejpotismus,
welder an Balm (j. d.) fogar die Todesſtrafe wegen
Preßvergehen volljtreden ließ. Bein Wiener Kon—
greß drangen Preußen und Hannover auf allge:
meine Bejtimmungen über die Preſſe in liberalem
Sinne. Es ward jedoch durch Art. 18 der Deut:
{chen Bundesalte nur verheißen, daß ſich die Bun:
desverfammlung in ihrer eriten Zuſammenkunft
mit der Abfafiung von gleihförmigen Verfügungen
bezüglich der Preſſe beſchäftigen Flle, a dieſe
Zufage eine Stelle unter den zugeliherten Volt:
freiheiten einnahm, jo fonnte man als entiprechende
Verfügungen nur ſolche vorausfepen, die den Bann
der Genjur und aller Bolizeiwilllür von der Preſſe
binwegnähnn. Sn diefem Sinne ſprach ſich auch
der 12. Dit. 1818 durd) den Bunbestagsgejandten
von Berg erjtattete Vortrag aus, nach welchem eine
Kommiſſion mit der Einbringung von entipreden:
den Vorſchlãgen beauftragt wurde.
Während man aber nod) ein Bundesgeſeß zu Guns
ften der A reibeit erwartete, die in Weimar,
Raſſau, Medlenburg, Hefien: Darmitadt, Bayern,
Württemberg und Hannover bereit3 Aufnahme ge:
funden hatte, wußte die —— Realtion
einen Umſchlag an den maßgebenden Stellen ber:
beizuführen, und der infolge der Karlabader Kon:
ferenzen (j. Karlöbader Beſchläſſe) gefaßte
Bundesbeihluß vom 20. Sept. 1819 verpflichtete
deshalb alle Staaten zur Beibehaltung oder Wie:
bereinführung der vorläufigen Genjur in Betreff
aller Schriften unter 20 X ogen. Umfänglidhere
Schriften fonnten zwar auf Gefahr des Verlegers
ohne weiteres erjcheinen, doch follte auch hier Gen:
fur nachgeſucht werden dürfen und, wenn die Be:
hörde das Erſcheinen —— habe, der Verfaſſer,
Verleger und Drucker von jeder nachträglichen Ver—
antwortung befreit ſein. Die Bundesverſammlung
legte ſich ferner das Recht bei, Schriften für den
anzen Umkreis des Bundes zu verbieten und ben
Redacteuren von fo verbotenen Zeitichriften jede
265
entiprechende Thätigkeit für anf Jahre zu unter:
agen. Außerdem erhielten die Bundesregierungen
er zu gegenjeitiger Rechtshilfe in Preß—
fahen. Der Beichluß, welcher nur al3 ein provi:
foriiher auf fünf Jahre verlünbet, aber 1824 auf
unbeitimmte Zeit verlängert worden war, nelangte
indejjen nicht zu gleichförmiger Durdführung.
Bayern behielt in Wreßedift von 1818 bei, das
bloß periodiihe Schriften polit. Anhalts der Cenſur
unterwarf, Oldenburg gewährte hinfichtlich der
innern Landesangelegenheiten völlige Preßfreiheit,
Preußen ordnete mittel® Edilts vom 18. Ofi. 1819
eine allgemeine Cenfur für alle Schriften an, und
in Öfterreih und Sachſen verfuhr man nad) den
eigenen Genfurvorichriften von 1810 und 1812.
Meiſtens hing jedoch ſchon damals die Gröffnung
neuer Drudereien und die Herausgabe polit. Zeit:
ichriften von der Grlaubnis der Negierungsbehörde
Konzeſſion) ab, und die Vorſchrift, dab auf jedem
Iuche der Druder und Berleger genannt fein müſſe,
ficherte allenthalben die Haftbarmachung beitimmter
Perſonen. Grleichternd wirkte zuerft wieder 1830
der Nüdichlag der franz. Yulirevolution. Baden
erließ ein Preßgeſeß, weldyes die Cenjur nur für
alle den Deutihen Bund oder andere Bundesftaa:
ten betreffende Schriften mit der Beitimmung bei:
behielt, daß dieſe fi en Befeitigung des wirklich
Strafbaren beihränten folle.. In Bayern ward
ein ziemlich freiiinniges Preßgeſeß von den Stän:
den als noch nicht ausreichend verworfen. In ben
meilten fübdeutichen Etaaten hörte die Cenſur fat:
tiih auf, indem bie Behörden fie nicht zu üben
wagten, und anderwärts gelangte wenigitens eine
mildere Praxis zur Geltung. Nur F bald legte ſich
aber wieder der Bund ins Mittel, Verſchiedene
polit. Beitichriften, wie «Der Freifinniges, bie «Zeit:
fhwingen», die «Deutjche Tribüne», wurden unter:
drüdt, das bad. Preßgeſeß als mit dem Bundes:
beſchluß von 1819 unvereinbar außer Kraft neieht,
die Cenſur wenigftens aller Schriften unter 20 Bo:
en für obligatoriſch erklärt, den Regierungen eine
—J—— ſtrenge ala > binfichtlich der Berörient:
lihung landſtändiſcher —— empfohlen,
weiterhin ſelbſt der ganze Verlag einiger Firmen
(unter andern Hoffmann u. Campe in Hamburg),
ja fogar jedes durch Schriftiteller einer beftimmten
Kategorie (Heine, Gußkow, Laube, Wienbarg, das
fog. th Deutichland) herauszugebende Wert ver:
boten. Dabei nahmen die Cinzelgeiebgebungen von
dem franz. Syftem der Kautionen Kenntnis, wonach
den Herausgebern von Zeitſchriften bie Hinter:
legung einer Geldjumme zur fofortigen Beitreitung
etwaiger Geldbußen ziel oh wurde. Die Preb:
vereine, die fi) darauf in mehrern Ländern, 3. B.
Rheinbayern, zur Verbreitung freilinniger Schriften
und zur Unterftükung in Strafe verfallener Schrift:
fteller gebildet am; mußten ſich auflöfen.
Seit 1840 loderten fi indeſſen abermals die
Belkin. In Preußen jollte die 1842 erfolgte Ein:
ehung einer höhern Inſtanz mit annähernd richter:
lihem Charalter, des Obercenjurgericht3, der Will-
für allzu enaherziger Genforen begegnen, und das
ſächſ. Preßgejeg von 1844 befreite die Schriften
über 20 Bogen von der ohnehin nicht überftrengen
Genjur. Das J. 1848 brachte endlich der Preije in
allen Teilen Deutihlands eine Freiheit, ‚Die wegen
der Schwäche der Behörden eine Zeit lang der Bürg:
haften gegen wirkliche Gejepübertretungen ent:
behrte. Nr Genfur, jowie das Konzeſſions⸗ und
266
Kautionsweſen bei Zeitihriften ward in den einzel:
nen Ländern durch die neuentitandenen Berfaflungen
oder durch beionderes Gefeh, für ganz Deutichland
aber in der Reichsverfaſſung vom 28. März 1849
unter Berweifung der Brefvergehen vor die Schwur:
gerichte für immer aufgehoben. Kurz darauf follte
Es die Preſſe infolge der überall hereinbrechen:
en Nealtion dem ern Banne aufs neue vers
fallen, Die Cenfur in alter Form 309 zwar nicht
wieder ein, bafür erließ man aber in den meijten
deutſchen Staaten verſchärfte Preßſtrafgeſetze, griff
hinſichtlich der —— auf den Kautionszwang
und ſonſtige Erſchwerungen zurüd und er den
Geſchworenen das Urteil in ‚eeiaden Als Bor:
bild diente meiftens das preuß. Geſeß vom 12. Mai
1851. Noch weiter ging der Bundesbeichluß vom
6. Juli 1854, welcher die Verwarnung, Einitellung
und Unterbrüdung ak im Berwal:
tungswege aus Franlteich herübernahm und mit
der Anordnung , daß alle Schriften vor ihrer Aus:
abe bei der Behörde eingereicht werden follten, die
Behelfe der Cenſur, wiewohl ohne die Verbindlich
eit zur Entfhädigung ber Verleger, fich vorbebielt,
* en publizierten nicht alle Regierungen den
eſchluß, und Sachſen nahm au biefen Grund hin
fpäter die Veröffentlichung zurüd. Mit Auflöfung
de3 Deutichen Bundes 1866 fiel natürlic der ge
meinfante ® vehgwang in Deutichland weg, während
die bisherigen Preßbeſchränkungen in den einzelnen
deutſchen Staaten, ſowie au) im Norddeutſchen
Bunde vorerit im ganzen fo blieben, wie fie ſich
Anfang der fünfziger Jahre geitaltet hatten. Ein:
zelne Beſchraͤnkungen entfielen durch die Gewerbe:
ordnung vom 21. Juni 1869. Bol. Schletter,
eHandbucdh der deutihen Preßgeiehgebung» (Lpz.
1846); Wiesner, «Denkwürdigleiten ber öſterr.
Cenfur» (Stuttg. 1847); Kommentare zum wen
(orich von 1851 von Schward (Berl. 1862), Thilo
(Berl. 1862), Hartmann (Berl. 1865); zum bayr.
Gefeh vom 17. März 1850 von Brater (Erlangen
1853); zur ſächſ. Gefehgebung von Bauſch Epz.
1870) und von Barth (Yypz. 1870).
‚Das neubegründete Deutſche ya ee
die Beitimmungen über die Preife der ! eh
gebung. Das xPreßgeſetz für das Deutſche Reich
vom 7. Mai 1874» ward in allen Staaten einges
führt mit Ausnahme von Elſaß-Lothringen, wo das
franz. Preßgeſetz einftweilen beibehalten wurde,
Die bisher gültigen Präventivmapregeln wurden
durch das Reichspreßgeſetz zum größten Teil befei:
tigt. Zum Betriebe des Buchhandels und der Bud)
bruderei, ſowie zur Herausgabe einer Zeitung ift
eine befondere Konzeſſion nicht mehr erforderlich;
eine Entziehung dieſes Gewerbebetrieb iſt weder
im Verwaltungswege noch durch rihterlichen Spruch
zuläffig. Die Beitellung einer Kaution iſt nicht er:
forderlich und ber biöher in einigen Staaten einge:
führte Zeitungsſtempel ift befeitigt. Jede Drud:
ichrift muß den Namen und Wohnort des Druders
und Berlegers enthalten, während bei periodiichen
Drudſchriften, welche in monatlichen oder kürzern
riiten ericheinen, außerdem ein verantwortlicher
ebacteur, der im Deutſchen Reich feinen Wohnfis
baben muß, anzugeben iſt. Gleichzeitig mit ber
Ausgabe einer Heitungsnummer it ein Eremplar
derfelben an die Polizeibehörde des Ausgabeortes
——— nur bei Drudſchriften, welche aus:
Schließlich den Zweden der Wiſſenſchaft, der Kunit,
bes Gewerbes und der Induſtrie dienen, findet dieſe
Preſſe und Preßgeſetzgebung
Vorſchrift keine Anwendung. Wenn gegen eine
Nummer einer im Auslande eriheinenden periodi⸗
hen Drudichrift binnen Jahresfrift zweimal eine
Verurteilung auf Grund ber SS. 41 und 42
Strofgetenhmie erfolgt it, jo lann der Reichs;
tanzler das Verbot der fernern Verbreitung der
Drudiärift bis auf zwei —* ausſprechen. Die
Verantwortlichleit für Handlungen, deren Straf:
barkeit durch den Inhalt einer dichrift begrüns
det wird, beftimmt ſich nad) den bejtehenden allge:
meinen Strafgefegen. Iſt die Drud chrift eine
eriodijche, fo ijt der verantwortliche Redacteur als
häter zu beftrafen, wenn nicht durch befondere
Umftände die Annahme feiner Thäterfchaft ausge:
—86 wird. Worin dieſe «befondern» Umſtände
beftehen, ift dem Ermefien des Richters überlafien.
Es können Fälle eintreten, in denen dem Rebdacteur
der ftrafbare Dani des Artikels entgangen iſt,
weil ihm die befondern Thatſachen und Berhält
er auf denen die Strafbarteit de3 Artikels be:
ruht, nicht befannt gewefen find, Dies gilt vor:
zug&weife von Injurien, bei denen ber Injuriöfe
Charakter nur denen ertennbar wird, welden die
einfchlagenden Verhältnifje bekannt find. Dagegen
enthebt die Unterzeichnung des Artikels dur n
Verfaſſer den Redacteur nicht der Haftbarfeit. Denn
e3 liegt dem Nedacteur die Pflicht ob, den It
des Artikels zu prüfen und bei eintretenden N:
ten den Abdrud zu inhibieren. Auch aus dem Um:
ftande, daß ein Artikel aus einem andern Blatte ent:
lehnt und an dem Orte feines Erfcheinens nicht zum
Gegenftand einer Unterfuhung gemacht worden,
fann der angellagte Nebacteur feinen Entidul:
digungsgrund herleiten. Begründet der Inhalt
einer Drudichrift den Thatbeftand einer jtrafbaren
Handlung, jo find der Redacteur, der Verleger, der
Druder und der gewerbmäßige Berbreiter Dur
fie nicht al3 TIhäter oder Teilnehmer zu beitra en
find, * Fahrläſſigkleit zu beſtrafen. Die
itrafung bleibt jedoch für jede der benannten Per:
jonen ausgeſchloſſen, wenn fie den Berfafler, mit
defien — die Veröffentlichung gejhehen
iſt und der im Bereich der richterlichen Gewalt eines
Bundesſtaats fich befindet, nachweiſt. Darüber,
inwiefern Redacteur, Verleger oder Druder zum
Zeugnis fiber die — des * ers angehalten
werden können, find bis zur Einführung der Deut⸗
ihen Strafprozehordnung vom 1. Febr. 1877. die
Beitimmungen ber Proze —— der einzelnen
deutſchen Bundesſtaaten maßgebend geblieben. Vgl.
außer den Kommentaren zum Reichspreßgeſ
von Schwarze —— Erlangen 1885) 0
Berl. 1874), rquardien (Berl, 1875) noch:
Jaques, «Abhandlungen zur Reform der Geſeh—
gebung» (Abteil. 1: «Grundlagen der Preßgeſeß⸗
ebung», Lpz. 1874); Berner, «Lehrbud) des
chen Preßrechtsv (Epz. 1876); von Liſzt, «Das
deutjche Reichspreßrecht» (Berl. 1880).
In England war die a €
jede beſchtänkt. Diefelbe ftand unter der t
er Sternlammer, eines von —— einge⸗
ſehten Ausnahmegerichts, welches die ————
Buchdruder und Preſſen beſtimnite und den Cenſor
ernannte, * deſſen — nichts gedrudt
von
werben durfte. Die Strafen, womit man einen
mipfälligen Gebrauch der Preſſe ahndete, Tonnten
bis zur Barbarei ausarten, und Urteile, die wegen
angeblicher Beleidigung des Königs auf Abſchnei⸗
den der Ohren oder Abhauen der Hand lauteten,
'mamsal : Pyılv nz 'yuv Tr "moyızaı
usyuueg 'Ipuopm 'n uuRUuLIosRug "noptmorf "SB aJjefr 'MLIqRjuSuTgoRE "g 8 oje Aqunmngosuje
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orsandusgteigog
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arten
"Sm olıeH
'yıaquzuaurgosumg vsissnen
op assaudasıdeg ‘Fr
Preſſen
find wirklich vollſtredt worden. Das Lange Parla—
ment machte 1641 ber Sternfammer ein Ende und
nahm deſſen Rechte hinſichtlich der Preßpolizei auf
fi. Bis 1694 erneuerte auch das Parlament
mehrmals die Anordnungen, welche die Behörden
mit der Ausübung der Genfur beauftragten, er:
Härte ih aber dann gegen bie weitere Erneuerung.
Co trat gleihjam von jelbit das Syftem in Kraft,
wonach es durchaus feine Beſchränkung des Druds
und der Berbreitung von Schriften gibt und bloß
die Urheber von Schmähſchriften (Libellen) als Stö⸗
rer des öffentlicdyen Friedens auf erhobene Anklage
und nad) einem verurteilenden Wahrſpruche ber
Jury beitraft werden können. Doc) kommen jelbit
jolche Anklagen nur felten vor, denn es bat in
England die Anficht_feften Fu gelobt, daß bie
öffentliche Meinung, fich ſelbſt überlafien, am beften
Wahres vom Falſchen fcheide, Unwürbiges verwerfe
und dem durch die Preſſe ungerecht Berlepten auf
demfelben * vollgültige Genugthuung verſchaffe.
Nordamerika befolgt gleiche Grundſähe.
In Frankreich ward die Außerungs- und
Prebfreiheit durch die Konftitutionen von 1791 und
1793 verkündet. Naddem aber Igon bad Geſeh
vom 27. Germinal des J. IV die Aufforderungen
zum Hodverrat, zur Wiederberftellung bes König:
tums und zu Mord und Blünderung mit dem Tode
bedroht hatte, unterwarf bereitö wieder das Geſetz
vom 19. Sructibor des J. V (6. Sept. 1797) die Zei:
tungen polizeiliher Aufſicht, und der Konſularbe—
ſchluß des %. VIII (1800), welder das Erfordernis
öffentlicher Ermädtigung zur Herausgabe von polit.
Zeitjchriften einführte, leitete nur das Syftem von
Maßregeln ein, mit deren HilfeNapoleon I. die Prefie
in völliger Abhängigleit erhielt. In der konftitu:
tionellen —— von 1814 war die Preßfreiheit
wiederhergeitellt, und die Drdonnanzen von 1830,
welde fie vernichten und die Genfur von neuem
einführen follten, ftürzten fogar den Thron der
ältern Bourbonen. Nach der ultrevolution trat
wieder ein gefiherter Rechtszuſſand für die Preſſe
ein. Geſchworenengerichte entſchieden über deren
Mißbrauch nad) den allgemeinen Strafgefegen; für
Angriffe g den König und die Kammern beftanden
befondere ftrafrechtlide Beftinnmungen. infolge
des Fieschiſchen Attentats auf König Ludwig Phi:
lipp (28. Juli 1835) ergingen jedoch die joe. ep:
tembergefege, welche die Strafen für Pre vergehen
bedeutend Ihärften und deren Zuerlennung in allen
ſchwerern Fällendem Pairshof übertrugen. Die Un⸗
gebundenheit der Preſſe nach der Februarrevolution
von 1848 ſollte nur kurzen Beſtand haben. Infolge
der Juniemeute und des über Paris verhängten
—— — —— Cavaignac als
Diltator der Republik eine große Anzahl polit.
Zageblätter, und die Gefehe vom 27. Juli 1849
und 16. Juli 1850 Tehrten faft 7 allen Behelfen
vorbeugender Strenge zurüd. Nod weiter ging
Napoleons III. Dekret vom 17. Febr. 1852, das die
Preſſe der Gnade der Verwaltung überlieferte.
Dieſes Dekret wurbe geändert durch die Gefepe vom
11. Mai 1868, 15. April 1871 und 29. Dez. 1876,
Das neueite Geſeh vom 29. Juli 1881, welches end:
lid einmal ein vollitändiges Geſeß für die perio—
diſche wie nichtperiodiſche Brefie brachte und an bie
Stelle von zahlreichen und zerjtreuten Terten einen
einheitlichen feste, ift aus parlamentarischer Initia—
tive hervorgegangen und jehr freifinnig. Bezüglich
ber Zeitungen und veriodiichen Drudjchriften beiteht
267
feine —— vorgängiger Genehmigung,
feine Kautionspflicht, keine Pflicht der Unterzeich-
nung ber Artilel; beibehalten ift der Gerant (vers
antwortliher Redacteur), Anzeige: und Hinter:
legungspflidt. Die Reihe ber Wrehbelitte ift einge:
Ichräntt gegenüber Peahen Gefegen (Art. 23—41),
Die Berantwortlicleit in ſtrafrechtlicher Beziehung
trifft den Geranten (oder en und den Ber:
le: dagegen den Druder und Verbreiter nur für
nit mit ihrem Gewerbe in Verbindung ftehende
Handlungen (Art. 42—46). Die Cigentümer der
Zeitungen ober periodiſchen Druchſchriften haften
für Berurteilungen, welche auf Gelb lauten. Cigent:
lie Prefdelitte, ausgenommen Berleumdung und
Beleidigung von Brivatperfonen, find vor die Jury
gewiejen. Cine Ergänzung (betreffend Verteilung
von unfittlichen Schriften, Bildern u. ſ. w.) brachte
das Gejeh vom 2. Aug. 1882. —
Preſſen (frz. presse, engl. press) find im eigent⸗
lichen Sinne Apparate und Maſchinen, welche
dazu dienen, burch den auf einen feiten Körper aus:
geübten Drud entweder die Oberfläche desjelben zu
verändern, ober fein Bolumen zu vermindern, oder
eine in ihm enthaltene 28— zu entfernen.
(Bol. Prägmaſchineunter MUnze und Münz:
wejen;Bergolde:, Blinddrud: und Präge—
preſſen unter Budbinderlunft; Filter:
preile, Sarnpreffe, Heuprefie; Ölprefie
unter Slfhlägerei.) In jedem Fall wird das
betreffende Refultat dadurch erreicht, daß der zu
peeil ende Körperaufeinefefte Unterlagegebradht und
em Drud des gegen diefelbe ie a Teils (Blatte
oder Kolben) * wird. “ den zur Ans
wendung kommenden Mechanismen bezeichnet man
die Preſſen als Keil-, Ercenter:, Kurbel-,
S rauben:,Rniehebel:oderWalzen reſſe;
nach der verwendeten Betriebskraft als Hand-,
Dampf: ober Hydrauliſche Preſſe, nad den
verarbeiteten Materialien oder ben zu gewinnenden
Probuften ald Thonpreije, Weinprefje ıc.
Bei den Heilpreifen, bei denen neben dem zu
preſſenden Gegenftand ein Keil eingetrieben wird,
ift die Wirkung ungleihmäßig, weshalb dieſe ältejte
Anordnung jeht nahezu verlaſſen iſt.
n dig. 1 bis 3 der Tafel: Preſſen find
Schraubenprejfen bargeftellt. Diefe, die am
bäufigften vorlommende Art von P., find mit einer
Schraubenipindel, feltener mit zwei oder mebrern
verjehen. Die Ausübung des Druds geſchieht dur
Drehung entweder der Spindel oder der Schraubens
mutter, welche Bewegung durch Hebel oder Räder:
wert bewirkt wird. gi . 1 zeigt eine Bowenfde
Differentialfdraubenpreffe. Die vertikale
Schraube hat im obern Zeil Gewinde von geringerer
Steigung al3 im untern. Die Drehung geſchieht
durch ein Anarrwert, ähnlih dem Mechanismus
berBobrfnarrer ober = he (f. unter Bohrer
und Bohbrmafchinen), indem zunächſt die obere
Schraube bewegt wird, wobei die Preſſung ziemlich
raf 5* Hierauf wird der Sperrlegel um:
etehrt, ſodaß bei entgegengefehter Bewegung bes
Hebel3 gearbeitet wird; die Preffung erfolgt ald:
dann langfamer, bei jeder Umdrehung um die Diffe:
renz zwiichen der Steigung ber untern und ber
obern Schraube. Bei den Schraubenprefien von
John und Henry Gwynne in London wird bie
Mutter der Nrebföpraube — und dadurch die
wirkſame Bewegung der Spindel erzeugt. Entweder
wird zu dieſem Zwech die Mutter mit Löchern zum
268
das Muttergemwinde ijt in die Nabe eines loniſchen
Rades eingedreht, welch lehteres durch konifche Ge:
triebe von einer Handfurbel aus bewegt wird
(Fig. 3). Bei den Kniehebelpreſſen wird die Leber:
tragung des Druds durd) zwei unter einem Wintel
Idharnierartig verbundene Streben bewerfitelligt,
wobei durch Vergrößerung des Winkels eine all:
mäbhliche Verftärkung des Druds ftattfindet. Cine
Papierprefſe mit Aniehebelbewegung, von der
Halleihen Maſchinenfabrik und Giiengießerei ge:
baut, iſt in Fig. 4 abgebildet. Bei derjelben wird
burch Klinlwerl mittels eines Hebels oder eines
Handrades mit Kurbel und Griffen eine rechts: und
eine linfägängige Schraube gedreht, auf welchen je
eine Mutter gleitet, an denen die Scharniere ber
Sniehebel angebracht find. Diefe Preſſe dient fo-
wohl zum Satinieren des Papiers als auch für die
mangerli Zwecke der Buchbinderei. In Fig. 5 ilt
eine Weinprejfe der genannten ge dargeftellt.
An einer vertifafen mittlern Welle find oben an
fräftigen Scharnieren die Kniehebel befeitigt. Die
Anteftüde werden durch Schraubenmuttern gebildet,
die auf einer rechtö und einer links gejchnittenen
Schraubedurd deren mittels Hebels und Knarrwerls
erreihte Drehung gleiten. Die vertilale Welle dient
gen an welcher die untern Stniehebel be:
rerigt find, als Führung. In Fig. 6 ift eine Talg:
prejje derjelben Firma ab ebilbet. Das cylindrifche
Vreßgefäß hat einen durdläffigen, aus hölzernen
Stäben hergeftellten Mantel, der für den Ywed der
Entleerung zum Aufllappen nad) der Arbeitsjeite
bin eingerichtet ijt.
‚Bon bejonderer Wichtigkeit find die Hydraus
liſchen Preſſen, nicht nur wegen ihrer bedeuten:
den Preßwirkung, fondern auch weil man bei ver:
bältnismäßig geringem Kraftverbraud den Drud
nad) Belieben fteigern und durch das an denfelben
angebrachte Manometer den ausgeübten Drud
enau beſtimmen fann. Der außerordentlich ftarte
rud wird bei diefen Mafchinen dadurch erreicht,
daß mittel einer Pumpe mit Plungerfolben
(j. unter Bumpen) von geringem Querſchnitt
ölüffigkeit (Wafler, oder mo dasfelbe dem Gefrieren
ausgeſetzt iſt, Glyzerin) in ein Gefäß gepumpt wird,
in welches ein zweiter Kolben von bedeutend größerm
Querſchnitt, auf den die Preßplatte aufgeſeßt ift,
taucht. Der Drud pflanzt ſich durch die ganze
Slüffigkeit hindurch gleichmäßig fort; e8 muß daher
auf die Querfchnittseinheit des groben Kolbens der:
jelbe Drud ausgeübt werden, den die Querſchnitts—
einbeit des Heinen Kolbens erzeugt. Hieraus erklärt
es ſich, daß mittels der Hydrauliſchen Preſſe ein viel
ftärferer Drud als mit jeder andern Preſſe ausgeübt
werden fann. Die Preßplatte —— ſich bei dieſen
B. meiſt von unten nad) oben, nur bei vereinzellen
Anwendungen wirkt der Drud in horizontaler oder
von oben nach unten in vertilaler Richtung.
ber Iehtgenannten Korftruktion befindet 1 das
Bumpmwert direlt unter der Preſſe; der feite obere
zeil wird in feiner Lage durch kräftige chrauben
fixiert, die einen Querfchnitt entſprechend dem
häufigen ſtarlen Zug, auf weichen fie beanfprucht
werden, erhalten müflen, Die Pumpen find für
Handbetrieb und Mafchinenbetrieb eingerichtet.
Sig 7 zeigt eine Hydrauliſche Preſſe von John
und Henry Gwynne.
Bei der Garnpreife (Fig. y, wird die in dem
untern Behälter befindliche Flüſſigkeit durch eine
Dei | ht
| mehr in Anwendung gelonımen, da ſich genug Leute
— — — — — —
Preſſen der Matroſen — Brefjenie
—— von Dreharmen (Fig.2) —— oder Handpumpe in den Preßſtiefel gepumpt.
Um
einem Bruch in der Maſchine vorzubeugen, iſt feit:
li} ein Heines, durch Hebel mit euiäh belajtetes
Bentil angeordnet. Bei der Preſſe Fig. 9 find
zwei Bumpen getrennt vom Preßapparai aufgeftelit
und mit demſelben durch Hope verbunden. Die in
Fig. 10 dargeftellte, von Baſſermann u. Mondt in
Mannheim gebaute Preſſe, welche hauptſächlich als
Obſtpreſſe, fowie in Laboratorien Berwendung
findet, bejteht aus zwei burd einen anal ver:
bundenen, mit Öl gefüllten Eylindern. Der größere
berjelben iſt vertital, der Heinere horizontal an:
geordnet. In beiden find Kolben geführt, von
denen der auf und nieder pedene ftärlere einen
tellerartigen Aufiag mit Abflußrinne trägt;_auj
diejen wird ein gelochtes cylindriiches Gefäß geftellt,
das, um ein Beriprigen der — lüfig:
keit zu verhindern, mit einem Mantel aus Blech
—— iſt. Die zu bearbeitenden Subſtanzen
werden zunächſt mit Hilfe der an dem Schwungrab
angebrachten Schraubenfpindel, bie auf eine runde
Platte drüdt, geprebt. Sodann wird mittels der
Kurbel die untere Schraubenfpindel gedreht und
dadurd) der Heine Kolben in den Eylinder hinein:
gedrüdt; das Öl dringt durd den Kanal in den
größern vertifalen Eylinder, worauf durch Heben
des größern Kolbens die Brefiung vollendet wird.
Die gewaltigften bydrauliichen — en
werben im Lokomotivenbau zur Herſtellung der
Naben mit Speichen aus einem Stüd für die Yolo:
motivräder gebraudt. Hierbei wird das bellvot
warme Eiſen durch den Stempel der Preſſe binnen
einer Minute in die aus Hartguß hergeſtellte Form
geprebt. Auch das Aufziehen der Lotomotivräber
aufdie Achſen gefchieht mittels hydrauliſcher Preſſen.
Die Nabe des aufzuziehenden Nades wirb koniſch
—— entſprechend koniſch, —* 1', mm
ſtärler, wird die Achſe abgedreht, r die leptere
Preſſung werden die Materialien nicht erhigt. Zur
| Heritellung von Blechdoſen, Patronenhülien, Ber:
zierungen an Bijouterien, beim Nieten ftarter Bleche,
zur Anbringung von Verzierungen auf Papier und
bei Anfertigung von Attrapen benupt man ®.,
deren Preßplatten mit den beabfichtigten Form:
veränderungen entiprechenden Vertiefungen oder
Erhöhungen verfeben find.
ber die in den —— Künſten zur
Vervielfältigung von Schriftſtücken oder Zeichnun⸗
gen dienenden P. f. die Artikel: Brieffopier-
preffe, Buhdruderfunft, Kupferdrud,
Schnellpreſſe und Steindrud,
effen der Matrofen, eine geiehlihe Nah:
regel in oem, wonach im Sriegsfalle, bei
mangelnder Mannſchaft, Kriegsichiffe vom Sande
Seeleute aufgreifen oder fie auch von engl, Han:
delsſchiffen nehmen und fie bis Er Ende des Kriegs
in Dienit behalten konnten. Das Geſehß it zwar
noch nicht aufgehoben, jedoch in neuerer Zeit nicht
zum freiwilligen Eintritt in die Marine meldeten.
Preſſenſe (Edmond Dehoult de), franz. prot.
Theolog, geb. & Paris 7. Jan, 1624, uber
1842—45 zu Laufanne unter Binet Theologie,
worauf er 4 die Univerfitäten Halle und Berlin
befuchte. Nah Paris zurüdgetehrt, wurde er im
Sommer 1847 als Paſtor der evang. Freilirche an
der Kapelle Taitbout angeftellt und jpäter Profeſſor
der Ecole libre des sciences theologiques.
Seine glänzende Nebnergabe, das Feuer feiner
Preßfreiheit — Preſtel
religiöfen Begeiſterung und fein Kampf für völlige
Unabhängigteit der evang. Kirche von der Staats:
gewalt machten feinen Namen bald in weitern
Kreifen befannt. Auch feine zahlreichen Schriften,
die fih durch ebenfo viel Wärme als Berediamteit
auszeichnen, haben zum größten Teil eine praltiſch—
religiöfe Tendenz. Im ganzen ftebt er der deutichen
Bermittelungstheologie nahe, Unter P.s zahl:
reihen Schriften find erbaulichen Inhalts «Le re-
dempteur» (Par. 1854; deutſch, Gotha 1883), «La
famille chretienne» (deutſch, Lpz. 1864), «Discours
religieux» (Par. 1859) u. ſ. w. Bon feinen biftor.
und dogmatischen Arbeiten find hervorzuheben die
von der Afademie gefrönte «Histoire des trois pre-
miers siöcles de l’öglise chretienne» (deutſch,
6 Bde. ,2p3. 1862— 77), «J&sus-Christ, son temps, sa
vie, son euyre» (3. Aufl., Bar. 1866 ; deutich von Fa:
barius, Halle 1866), «Le Concile du Vatican, son
histoire etc.» F 1872; deutſch von Fabarius,
Nördl, 1872), »Ktudes Evangäliques» (Par. 1867;
deutih von Jabarius, Halle 1869), «Les origines»
(Bar. 1882; 4. Aufl. 1884; deutſch von Fabarius,
Halle 1884). Auch begründete B. 1854 die «Revue
chrötienne» und das «Bulletin theologiquen».
tehfreiheit, ſ. unter Brejje und Preß—
gelebaebung. gefehgebung.
efee, Sf. unter Preſſe und Preß—
wen, f. unter Preßbau.
Fr e iſt fünftlich kultivierte Hefe, die zur
ehe der lebhaftejten Vegetation von ihrer Nähr:
figkeit getrennt und durch Abpreflen in Hebel:
und Silterprefien fomweit wie möglih von Feuch—
tigkeit befreit ift. Sehr häufig, fait immer, wird
fie zur leichtern Entwäflerung mit Kartofielitärte-
mebl vermiſcht. Ihre Dar — ———— einen
nicht unwichtigen Induſtriezweig. Sie findet aus—
gedehnte Verwendung bei der Bereitung des Brotes
und ſonſtiger Badwaren.
‚Breflieren (lat.), drängen, treiben; Eile haben,
feinen Aufſchub leiden; Pre f fion, Bedrängung,
Drud, Beeinfluffung.
Breffionsführung „ſ. u. Geſchütz, Bd. VL,
S. 888
— ————— Robert), —— forſt—
— air chriftſteller, geb. 17. Jan. 1815
Dresden, beſuchte die Pealicule und technifche
ehranſtalt dafelbit, wurde 1836 Lehrer an der Ge:
werbejchule zu Zittau, 1840 Profeſſor an der forit:
und landwirticaftlihen Akademie zu Tharand;
1883 trat er in den Rubejtand, Im J. 1858 er:
ſchien das erſte Heft feines «Nationellen Wald:
wirtön: «Des Waldbaues Zuftände und Zweden
Dresd.), 1859 das zweite Heft: «Die forftliche
Finanzrechnungy. Diejes Werk war bahnbrechend
und begründete eine ganz neue Schule der forftlichen
Miffentchaft und Praris, die ſog. «Neinertrags:
ſchuley. Sein «Forftlices Hilfsbuch für Schule und
Brariss (Dresd, 1869) iſt das umfaflendite Wert
auf diefem Gebiete. Mit Kunze bearbeitete P.:
«Die Holzmehkunft in ihrem ganzen Umfang» (Berl.
1872). Grobe Berdienjte erwarb er ſich auch durch
feine Lehre vom «Meiferprogent», (5. unter Fort:
abj äbung, Foriteinrihtung und IE
mat ematif.) Für die Schäkung ftehender
Bäume und Beitände entdedte B. ein neues, vor:
ügliches Verfahren, die og. Richtpunktsmethode,
Dar Unterjuhung des Zuwachſes ftehender Bäume
erfand er den jog. Zuwachsbohrer, mit welchen
man dem Baum einen dünnen Span entnehmen
269
fann, um die Jahresringe zu meſſen und zu zählen.
Aud) rühren von ihm mehrere praftifch konftruierte
Tabellenwerte ber, unter denen der «ingenieur:
Mebfnecht mit Tertbud;» (5. Aufl., Tharand 1876),
“ —— Zafeln» (3, Aufl., Tharand
1882) und aForſtliche Nubierungstafelns (6. Aufl,
Tharand eine find,
Prefnig, Stadt in Böhmen, Bezirkshaupt ⸗
mannſchaft Kaaden, im Erzgebirge ‚Station der
Linie Komotau:Weipert der Bufchtichrader Eifen:
babn, ift Sit eines Bezirlsgerichts und zählt (1880)
3487 beutjche E. welche Spigenklöppelet und Fabri:
fation von Muftlinftrumenten treiben. Tie pre:
niber —— aften (Harfeniſtinnen) unterneb:
men Reifen durch halb Europa.
— Preßpappe oder Tuchkarten,
ſ. Klanzpappe.
Preffvergehen liegen im Gegenſatz zu Preß—
poltzeivergeben dann vor, wenn eine ſtrafbare Ge:
dantenäußerung öffentlich durch Verbreitung von
Drudicriften erfolgte. In der Verbreitung liegt
die Begehungshandlung; bis diefelbe ftattjand, lies
gen Vorbereitungshandlungen vor,
Prebpolizeivergehen find dagegen Über:
tretungen ganz beftimmter ——————— en,
namentlich der Pflicht der Rennung der bei Herſtel—
lung und Ausgabe von Drudſchriften beteiligten
Perjonen, der Bilicht der Hinterlegung eines Erem:
plars jeder Nummer ber periodifhen Preſſe gleich:
zeitig mit der Ausgabe, der Pflicht zur Aufnahme
von Beridtigungen u. dal. Für diefe Vergehen
find meift kürzere Berjährungsfriften (6 Monate)
feftgefebt und in Bayern, Württemberg, Baden
und Oldenburg für P. die Shwurgerichte als ent:
ſcheidende Berichte beibehalten.
Prefziegel find mit Hilfe von Prefien herge—
ftellte Dauerziegel oder aud nach dem Formen und
teilweifen Trodnen zu dem Zwede befonders nad)
geprefte Maſchinen- oder Sandziegel, um ihnen
eine eraftere oder glattere Oberfläche zu geben.
Prefteigue, Hauptitadt der engl. Grafſchaft
Radnor (f. d.) im Fürftentum Wales,
age (Joh. Gottlieb), Maler und Nupfer:
fteher, geb. 1739 zu Grünbad in Schwaben, er:
bielt den erften Unterriht in der Dlalerei durch die
Brüder Zeiller in Tirol, ging 1760 nad) Venedig
und 1767 nad Rom, In der Schweiz, wo er ſich
nachher aufbielt, beichäftigte ef fich befonders mit
Borträtmalen, wobei ihm Yavater zur Seite ftand;
in Nürnbera, wo er dann lebte, fing eran, mit
dem Grabftichel zu arbeiten. Später begann er
in Nötel: und Tufchmanier zu arbeiten und ver:
ſuchte fi dann nicht ohne Glüd im Radieren. So
entitand eine befondere Handzeihnungsmanier, die
ihn berühmt gemacht hat. Er wußte die >
nungen auf das alüdlichite in der Nadierung na
zuahmen. Die Blätter, welche er herausgab, über:
trafen alles, was Engländer und Franzofen hierin
eleiftet haben. Im x 1783 ließ er fi in Franl:
—* a. M. nieder; Beam gine er nad Augsburg,
wo er 5. Dft. 1808 itarb. Vorzüglich befannt find
feine in —— 1780, 1782 und in Wien 1779
————— rei großen —— intereſ⸗
anter Zeichnungen der vorzüglichſten Maler aus
mehrern Schulen, wovon die erite 48, die zweite
30, die dritte 36 Blätter enthält.
Preftel (Michael Aug. Friedrih), Meteorolog,
geb. 27. Dit. 1809 zu Göttingen, war am Gym:
nafium au Emden, zeitweife auch an der Naviga:
—
2
Ä ıVOQJIE
270
tionsfchule dafelbit thätig. Er richtete 1864 an den
bannov, Hüften ein Sturmwarnungsſyſtem ein und
— ſich durch zahlreiche Abhandlungen um ver—
chiedene Zweige der Meteorologie verdient ge—
macht. P. ſtarb zu Emden 29. Febr. 1880.
Preftidigitatenr, ſ. ——
Pre © (frz.), eigentlich Blendwerk, Gaufelei;
dann foviel wie Nimbus, überlegenes Anjeben.
— Erestie), Stadt im weſtl. Böhmen,
lints am Sie Angel, Station der Linie Pilien:
Eifenftein der —— Staatsbahnen, Sit
einer Bezirlshauptmannſchaft und eines Bezirks:
gerichtö, mit re 3066 E. jlaw. Zunge, bat
große Viehmärlte. .
Presto (ital., «eiligr), in der Mufil das ſchnellſte
ber fünf Haupttempi; eine weitere Steigerung ift
nur Prestissimo (jehr eilig).
Preiton, Muntcipaliabt und Barlaments:
borough in der engl. Grafihaft Lancafter, rechts
am ſchiffbaren, fifchreichen Ribble und am Lancafter:
fanal ey einer 40 m bohen Anhöhe gelegen, iſt
Station der Linie Stafford:Warrington:Lancafter:
Garlisle der London:Norbweitbahn und ber Linien
Mandheiter » Bolton: B. : PRoulton, P.⸗Ormslirk—
Liverpool, PB. : Wigan und P.-Lytham-Blackpool
der Lancafhire » Horkibirebabnen, und zählt (1881)
96532 E. Im 18. Jahrh. hatte fie ald Sik der
Gerichtshöfe des Herzogtums Lancafter und als
Sammelplatz de3 Adels ber nächſten Umgebung
ein vornehmes Anfehen; feit dem Auflommen der
Daumwollinduftrie a ift fie durchaus Fabrit:
und Handeläftadt. Sie bat 25 Kirchen und Sa:
pellen, eine Lateinſchule, einen Verein zur Verbrei:
tung nüßlicher Henntniffe mit Bibliothef und Mu:
feum, einen Aderbauverein, ein Theater, eine Korn:,
eine Tuch: und eine Markthalle und ein Taub:
ftummeninftitut. Cine Statue des Grafen Derby
wurde im Juni 1873 enthüllt. Es gibt bier und
in der nädften Umgebung 220 Fabrifen und 2000
Werkjtätten mit mehr als 24000 Arbeitern, meiſt
Baumwollfabriten, dann Leinwandfabrilen, Gifen:
und Meflingeiehereien, Mafchinenfabriten, Walz:
darren, Brauereien, Gerbereien und Seilerbahnen.
Kleine Seeſchiffe gelangen bis zur Stadt. Bei P.,
das einſt Prieſt's⸗Town bieß, auf dem Nibbleton
Moor, erfochten 18.—20. Aug. 1648 Crommell und
Lambert einen Siegüber dieNoyalijten und Schotten
unter dem Herzog von Hamilton, und an berjelben
Stelle wurden 1715 die Anhänger des Prätendenten
Jalob (III.) Stuart durch die Generale Willes und
Carpenter geſchlagen und zerfprengt. Etwa 21 km
nordöftlich von P. liegt das berühmte Fefuitenkolleg
Stoneyhurft mit 200 Zöglingen.
Preiton (Richard Graham, Viscount), f. unter
Graham Geſchlecht).
Prefton : Band, Heiner Hafenort der fchott.
Grafſchaft Haddington, 12,9 km öftlih von Edin—
burgh, ſüdlich am Firth of Forth gelegen, mit
1592 €,, die Fiſcherei, Aufternfang, Salzftederei,
Geifenfiederei und Ziegelbrennerei treiben, iſt Sit
eines deutſchen Konfularagenten und befonders be:
rühmt wegen ber Auftern, deren beite unter bem
Namen Pandoor3 weit und breit verichidt werden.
Hier erfodt 2. Dit. 1745 der Prätendent Karl
Eduard einen Sieg über den engl. General Gope.
Preftonfalz it Bitterfalz (ſ. d.).
Prefttwich, Stabt in der engl. Grafichaft Dan:
cafter, nahe Mancheiter, hat (1881) 8627 E. und
Daummwollipinnerei.
Preftidigitateuer — Preuner
eti (Maria), ital. Maler, f. Calabrefe.
8 (lat.), koftbar, wertvoll, gesiet; Pre—
tiofen, Koſtbarleiten, Geſchmeide, Cdelſteine.
Pretiso (Siſinio, Freiherr von P.Cagnodo),
öfterr. Staatsmann, geb. 1828 in Hamburg als
— dortigen öſterr. Generalkonſuls, ſtudierte
in Jnnsbrud, Prag, Göttingen und Heidelberg,
diente bei den Finanzbehörden im Süden des Reis,
vornehmlich in Trieit, 1850-62, dann im Marine:
minifterium, bierauf im Handelsminifterium. Als
Autorität in Zollangelegenbeitenbelannt, reihänb:
ler feiner lͤberzeugung nach, ſchloß erdie meiſten Han⸗
delsverträge (mit Frankreich, Italien, Deutſchland).
Nah Pleners Nüdtritt ſchied er aus dem Miniſte—
rium und wurde 1871 Statthalter von Trieſt und
Küftenland. Im Miniſterium Auersperg wurd:
er 1872 Finanzminifter. Er fuchte die Folgen der
1873er Krifis zu heilen, begann die Steuerreform
und fchloß den Ausgleih mit Ungarn. P. war
außerjeben, ein Kabinett ug Auerspergs Ent:
(afjung zu bilden, fand aber bei den Führern der
euer «liberalen Bartei, von denen er bie Ver:
längerung des Wehrgefeges und die Anerlennung
der Occupation verlangte, feine Unterftügung und
unterließ deshalb die Habinettsbildung, was die
Berufung Taaffes zur Folge hatte. P. ging im
—— als Statthalter nach Trieſt.
etoria, Hauptſtadt der füdatrif. Republik
(Transvaal), Vorort de3 Diſtrilts P., Siß de3
Vollsraads und der Regierungsbehörden, am Ab:
bange der Magaliesberge, hatte (8. Febr. 1881)
eine Bevölkerung von 1550 Weißen und 1350
Schwarzen, außer der Befakung von 842 Mann
regulärer Truppen und 700 Freiwilligen, von denen
in * der größte Teil den Ginwohnern von P.
angehörte. In der Nähe find Bleiminen,
rettin, Stadt im preuß. Regierungsbesirt
Merfeburg, Kreis Torgau, unweit rechts der Gibe,
18 km im NW. von Torgau, Sik eines Amts:
gerichts, . (1880) 1877 E. Dicht an P. ſchließen
ih die Dörfer Hinterfee und Lihtenburg an,
legtere3 mit Schloß, feit 1811 Strafanftalt.
retze, ſ. Brebel,
euſch, Stadt im preuß. Negierungäbenirt
Merfeburg, Kreis Wittenberg, nahe linl3 der Glbe,
at (1880) 2026 E., Schiffahrt und Fiſcherei.
chloß P. auf der Elbjeite, Schon von den Wenden
als feite Burg (Pretofinie im Gau Nizizi) benutzt,
1697—1727 Wo sie von Chrijtiane Eberhardine,
Gemahlin Auguft3 II. von Polen und Sadjen, feit
1829 eine Tocteranftalt des Fönigl. Waijenhaufes
in Potsdam für Mädchen. Unweit ſüdweſtlich der
Stadt liegt die königl. Domäne P. mit Part.
Preuner (Chriſt. Ludw. Auguſt), klaſſiſcher
—— und Altertumsforſcher, geb. 14. Sept.
1832 zu Obringen in Württemberg, ftudierte in Tu—
bingen, war dann in verichiedenen Lehritellungen
thätig, wurde 1860 Bibliothelar des theol. Stifts in
Tübingen, habilitierte fich dafelbit 1864 als Privat:
bocent der Haffiihen Philologie und wurde 1866
außerord., 1870 ordentl. Brofeflor der Archäologie
und ber öeſchicht⸗ des klaſſiſchen Altertums an der
Univerfität in Greifswald. Cr bat mit feinem
Hauptwerk «Heſtia —Veſta. Ein Cyllus religions:
—— * ungen» (Tüb. 1864) den ſeit⸗
namentlih auch von W. H. Roſcher verfolgten
Meg der zugleich hiltor, » fritiihen und vergleichen:
den Grforihung ber grieh. und röm. Mythos
logie und —— * betreten. Außerdem
EROVIENZENZEOSTZZUEN
m ng 00
> 35 3 Vestl. Lange 37 w
—
Erklärungen.
ua) Preussische Provinz Ost - Preussen
| nn | - West
I
|
1
STADT mit über 100000 Eure. ©Stadt mit über 1EB09 Eirw. ı !
STADT se . eh... | t
o Stadt 2000 . as . . Se.
ee a ee ar ie ,
die der Kreise dusfäch unterserichm. !
Maßstab 1: 1750000.
Der Ba. — —
12
N
E:
Rrorkhanm‘ Tan: Lexikon. 1% Aufl
Ze a
‘DD WEST " PREUSSEN:
x —
Ex SHE =
—8 — Se
—— —
—
u — — Zu Artikel Preunsen
Preufelbeeren — Preußen (geographiſch-ſtatiſtiſch)
* —— die un — — N bi
ardhäol, Unterjuhung auf Grun ndberichte»
Greifsw. 1874) und «fiber die pergameniſchen
fulpturen » (in den « Berhandlungen der ftettiner
BVhilologenverfammlung», Zpz. 1881).
elbeeren, f. unter Vaccinium.
(9 . David Erdmann), —
geb. 1. April 1785 zu Landsberg an der Warthe,
widmete fih in Frankfurt a. D. theol. und huma⸗
Ad
ſchrieb
tudien. e Schrift «Die ſchönen
fünfte in Deutichland» (2Bde. Berl. 1814—16)
ab gern de , daß er 1816 ala Lehrer der Ge:
chichte und —* Litteratur an das Friedrich—
ilhelms⸗ Inſtitut in Berlin berufen wurde, Einige
Zeit darauf erhielt er auch den Titel eines lönigl.
rofefjors ber Geſchichte und 1841 —— ſeine
nennung zum Hiſtoriographen des lönigl. Hauſes
Brandenburg. Nachdem er ſich jedoch 29. April
1860 von feinem Lehramt zurüdgejogen, ftarb er
24, r. 1868 zu Berlin. Aus * tudien
zur ichte vn“ IH. ging zuerſt die «Bio:
grapbie iedrichs d. Or.» (4 Bde, Zert und 5 Tle.
rlunden, Berl. 1832—34) und fobann bie mehr
rt bad Kine: Bublitum berechnete Schrift «Die
ageichichte des groben Königs von ur
Ben, Friedrichs IL.» (2 Bde., Berl. 1834; 2. Aufl.
1837) bervor; darauf folgten «Friedrich d. Gr.
ala Schriftfteller» (Berl. 1837;, Ergänzungsheft
1838) und ⸗Friedrich d. Gr. mit feinen Verwandten
und Freunden» ra Pen a Die Schlußſchrift
diefes Cyllus bildete die Jubelfchrift « Friedrichs
d. Gr. Jugend und Thronbefteigung» (Berl. 1839).
Während der fpätern Zeit wurde P.' ganze Thätig:
feit durch die Ausgabe der « Oeuvres » Kriedriche
d. Gr. (30 Bde., nebſt Negifter, Berl. 1846—57)
in Anfprud genommen. .
; en (Brovinz P.) hieß bis 1378 die nord:
öftlichite Provinz der Preußiſchen Monardie; die:
felbe umfaßte 62459,97 qkm mit (1875) 3199171
G. (worunter 70,» Proz. Evangeliſche, 27,9 Proz.
Satholiten, 1,3 Proz. Juden), zerfiel in die vier Ne:
gierungsbezirfe Königsberg, Gumbinnen, Danzig
und Marienwerder, hatte Königäberg ur Haupt:
ftadt, wurde aber, durch Gefeh vom 19. März 1877,
am 1. April 1878 in die beiden felbitändigen Pro:
vinzen Dftpreußen (f. d.) und Weitpreußen (f. d.)
= t. Hierzu eine Karte; Preußen (Oft: und
Srcnhen ſchſatiſiſch. Das A
renfen (geographiich:itatiitiih). Das König—
reich B., der größte Staat des Deutſchen Neichs,
iſt —— aus einer langen Reihe von Land—
erwerbungen, deren Kern die Markgrafichaft Bran—
denburg bildete. Im S. der Oſtſee, Medlenburgs,
Dänemarls und der Nordſee und im N. Öfterreichg,
Sachſens, ber t Eng. Staaten, Bayerns und
Air dehnt 4 a8 Yand von den Grenzen Ruß:
ands bis Elfah-Lothringen, Quremburg, Belgien
und Niederlande aud. Mit Ausnahme von 14 Gr:
Haven in dreifach fo vielen Stüden, fowie verjcie:
ben großer, zu 16 andern leer Staaten gehö—
riger Enllaven iſt das Gebiet P.s feit 1866 ae:
ſchloſſen. Es erjtredt ſich zwiſchen 49° 6’ 45" (fü:
lihfter Punlt der Rheinprovinz), einſchließlich
Hohenzollern dagegen zwiſchen 47° 36’, und 55° 53'
40” nörbl. Br. und zwijchen 23° 31’ 55” und 40°
33’ 25" öſtl. 2. von Ferro. Die Äußere Landes:
grenze des Hauptgebietes, abgefehen von den Gren:
en der Erflaven und Enllaven, ift rund 7600 km
ang; davon fallen 1244 auf die Grenze gegen die
271
Oſtſee, 410 gegen die Nordfee und raft 6000 auf bie
Sandgrenze; an lehterer find beteiligt: Rußland
mit 1357, Öfterreich mit 765%, , Luremburg mit
125, Belgien mit 112, Niederlande mit 607, Däne:
marfmit 75. —— ——— ächen⸗
inhalts liegen bisher nicht von allen Teilen des
Staats vor; die Grundſteuerverwaltung Earl
1883 benjelben auf 352485 qkm, einſchließlich
4154 qkm Inhalt der drei großen Haffe an der Dit:
fee, der engen Gewäfler um Rügen und Bingft, ber
Glbflädhe auf holftein. Seite und bes Jadebufens.
Seit der Mitte des 19. Jahrh. wurden neu erwor:
ben: da3 Gebiet des Kriegähafens am Jadebuſen
3,40 qkm vom Großherzogtum Oldenburg durch
Kaufvertrag vom 20. Juli und deſſen Nachtrag vom
1. Dez. 1853 (in Beſiß genommen dur atent
vom 5. Nov. 1854), am 8. April 1873 vergrößert
auf 15 gkm, gemäß Vertrag vom 16, Febr. 1864;
das früher dem König von Dänemark unterworfene
erzogtum Lauenburg mit 1182 qkm nad dem
iener Friedensvertrag vom 30, Oft. 1864, und der
Gafteiner Kauflonvention vom 14. Aug. 1865 zwi:
ſchen P. und Öfterreich durch das Gefek vom 23. Juni
1876; die früher mit Dänemark in Berfonalunion
ftehenden, feit dem Deutſch⸗Däniſchen Kriege von
1864 von P. und Hfterreih gemeinfam verwal:
teten und durch den ‚Brager Friedensvertrag vom
23. Aug. 1866 für P. allein behaupteten Herzog:
tümer Schleswig (wovon die äußerſte Nordland:
— an Dänemark zurüdgegeben ward) und Hol:
tein mit 17665 qkm ug mittel3 Vertrags
vom 27. Sept. 1866 das Amt Ahrensböl an Dlden:
burg abgetreten war), beibe in B. förmlich aufge:
nommen durch Geſeß vom 24. Dez. 1866; ferner
auf Grund des Berliner Friedensvertrags vom
22. Aug. 1866 die früher bayr. Landesteile Bezirk:
amt Gerzfeld, LandgerihtsbezirtOrb ohne Aura und
Gemeinde Kaulsdorf mit 542 qkm; die vom Gros:
berzogtum Heflen am 83. Sept. 1866 abgetretene
Landgrafſchaft Heſſen-Homburg nebit der Herrſchaft
Meiſenheim, ſowie die ehemals heſſen-darmſt. Kreiſe
Vöhl und Biedenkopf nebſt dem nordweſil. Teile
des Gießener Kreiſes, dem Ortsbezirk Rödelheim
und dem Anteil an Niederurſel mit zuſammen
1065 qkm; durch das Recht der Eroberung und bie
Ginwilligung des Landesherrn das ehemalige Kur:
fürjtentum Heffen (nad) Abtretung von 69 qkm an
das Großherzogtum Heflen und eines Walodiftrilts
an den Herzog von Coburg:Gotha) mit 9403 qkm,
fowie das ehemalige Herzogtum Naffau (nad) Ab:
tretung von 17 qkm an Heſſen) mit 4674 qkm;
dur Eroberung und auf Grund des Bejehes von
20. Sept. 1866 das Gebiet der ehemals Freien
Stadt Frankfurt a.M. (nah Abtretung von 13 qkın
an Hejlen) mit noch 84 qkm; endlid) ebenjo, ohne
Zuſtimmung des frühern Landesherrn, das ehema:
lige Königreih Hannover mit 38475 qkm. Spätere
Grenzverträge mit Niederland, Öjterreih, Sachjen:
Altenburg, Bremen, —— Braunſchweig, An—
halt, Oldenburg und Medlenburg-Schwerin brad):
ten nur unbedeutende Arealveränderungen zu Wege.
Seit 1853 iſt etwa ein Fünftel des heutigen Areals
neu erworben. Das gegenwärtige Territorium
P.3 wird mit Einrechnung von Berlin und Hohen:
zollern in folgende 14 Provinzen eingeteilt: Dit:
preußen, Weitpreußen, Stadtkreis Berlin, Bran:
denburg, Pommern, Poſen, Schlefien, Sachſen.
— —— Hannover, Weſtfalen, Heſſen—
Naſſau, Rheinprovinz und Hohenzollernſche Lande.
(” are, *
Google
272
(Vgl. die Politifhe Überfihtstarte des
Deutihen Reihe, Bd. V, ©. 205. Karten der
verichiedenen Gebietsteile finden ſich bei den Ar:
tifeln der einzelnen Provinzen.) j
Die Bodengeftaltung P.3 ift ſehr mannig:
faltig; in reihem Wechſel bat e3 tiefe Ebenen,
welliges Hügelland, waldreiche Mittelgebirge, fub:
alpine Regionen und ſelbſt Hochgebirge, da aber
feine diefer Formen einfeitig weite Flächen bededt,
% ijt es nicht allein an landſchaftlichen Schönheiten,
ondern auch an natürlichen Hilfsquellen rei. Der
weitaus größte Teil des Staatögebietes gehört den
norddeutichen Tieflande an, welches von einzelnen
oftweftwärts ftreichenden Hügelfetten (Baltiicher
Landrüden) belebt, fanft nad) Norden hin abfällt
und, jtredenweife vom Meere ſelbſt durch veränder:
liche Tünen (die höchſten in Europa, auf der Kuri—
* Nehrung bis 62 m hoch) gegen die Fluten ge:
ſchutzt, ah in den Meeresboden übergeht; Aus:
nahmen bilden fait allein die ſamländiſchen Steil:
füften, die Inſel Nügen, deren Kreidefelſen ſchroff
am Strande emporjtehen, und der Nordoiten
Schleswig:Holiteing mit feinen von tief eingreifen:
den Föhrden (HFiorden) zeridnittenen hohen Ufern.
Gegen die Nordjee find an verſchiedenen Stellen
toftipielige Dämme aufgeführt, um das bahinter
zum Teil tiefer als der Waſſerſpiegel liegende Land
vor — zu ſchüßen, von welchem gleich—
wohl manche Sturmflut größere Strecen in eine
neu gebildete Meeresbucht verfenkt; auch im Nor:
ben der Provinz Preußen und in Norbweiten Pom—
merns war man mehrfach zu künſtlichem Küften:
ſchuhe genötigt. Die vorgedadhten welligen Cr:
bebungen des Bodens bilden einen breiten Haupt:
ftod im preuß. Landrüden, fteigen im preuß.:pom:
merſchen Höhenrüden bis 334 m im QTurmberg,
erreichen in Bungsberge in Holjtein noch 159 und
in Schleswig 110 m, Angenehme Formen bildet
der märtiice Höbenrüden in den Freienwalder
Dergen (Märkiihe Schweiz). Südlicher ftreicht ein
zweiter Höhenzug, bier und da von Tieflandb unter:
broden, vom Tarnowiber Plateau (St. Annaberg
390 m) aus in wejtnordweitl,. Nichtung fort; ben
jufammenbängenden —— bat man die Na:
men Trebniber Höhen (Weinberg 310 m), Grüne:
berger Hügelland (Nüdenberg 228 m), Fläming
tHageläberg 201 m), Huywald (311 m), Haldens:
lebener Hähen, Hellberge (150 m) u. f. w. gegeben;
er verläuft in der Lüneburger Heide, wo ſich der
höchſte Punkt noch 171m erhebt. Teils zu Füben
biefer Bergzüge, teil3 mitten in der Ebene oder in
Meeresnähe breiten fich weite Bodenſenkungen aus,
von denen bentertt zu werden verdienen: die Til:
fiter Diemelniederung, die MWeichfelniederung, der
Nebebruh, der Marthe: und Obrabruc, der Oder:
bruh und das Mündungägebiet der Oder, der
Spreewald, das Havelluh, die Niederung der
Schwarzen Elfter, der Drömling, die Marſchen in
Schleswig-Holitein und Hannover, die Torfmoore
in Hannover und Münfterland und die Ebene des
Niederrheing. Dieſes ganze Gebiet befteht faft durch—
weg aus Diluvialbildungen, in welchem erratifche
Blöde aus dem Norden nicht felten find, und aus
Zertiärformation, aus welcher bier und ba ältere
Felsbildungen bervorragen. Im füdl. Dritteil
waltet der Gebirgächaralter vor. Zunächſt wird
das Örenzgebiet gegen Oſterreich vom Subetenzuge
erfüllt, innerhalb defien der Schneeberg 1424 m,
das Gulengebirge in der Hohen Eule 1014, da3
Preußen (geographiſch-ſtatiſtiſch)
Reinerzgebirge in der Hohen Menfe 1085, die Heu:
ſcheuer 919, der ifolierte Zobten 718, das Niefen:
gebirge in der Schneefoppe 1601, das Iſergebirge
in der Tafelfichte 1124, das Lauſiher Gebirge end:
lih in der Landskrone bloß noch 429 m erreicht.
Den Südmeiten der Provinz Sadhien bededt das
Jähl. »thüring. Dergland in verfhiedenen Formen:
der Frankenwald mit dem Nofenpiehl von 537, der
Zhüringerwald mit bem \nfelöberge von 914 m
Höhe, das thüring. Hügelland an Saale und Un:
ſtrut, die Schmüde, das fahle Plateau des Eichs—
felde3 mit dem Obmberge von 523, nördlicher der
Unterharz mit dem Namberge von 537, der Ober:
herz mit dem Broden von 1141 m Höhe. Nad)
eiten zu ſchließen fih die unter dem Sammel:
namen des Wejergebirges bekannten, im Moosberge
auf 494 m fteigenden Gruppen des Thüſter-, des
Deilter:, des Solling, des Teutoburgerwaldes und
ber ir an. Ohne —— Unterbrechung
reiben ſich ſüdlicher im alten Franlen der Reinhards—
wald (Staufenberg 467 m), der Meißner von 751,
die Hohe Rhön mit der Großen Waflerkuppe von
950, das Sauerland (Haaritrang, Yennegebirge
u..m.) mit dem Kahlen Aſten von 830, der Weiter:
wald mit dem Fuchslauten von 657, der Taunus
mit dem Großen Feldberge von 880 m Höhe an,
und das maleriſche Siebengebirge ſchließt dieſen
Gebirgsftod ab. Das Rheinthal ſcheidet ihn von
ben gleichfalls eine große Mafie bildenden weſtl.
Hodplatten: dem Vorgebirge, dent Hohen Veen
von 695, der Schnee: Eifel mit dem Wiejenftein
von 710, der Eifel mit der Hohen Acht von 760,
dem Soonwalde mit dem Simmerer Hopf von 663,
dem Hundsrüd mit den Zwei Steinen von 781, dem
Hochwalde mit dem Walderbeslopf von 814 m Er:
ebung über dem Meere. Hohenzollern gehört der
chwaͤbiſchen Alp an, welche hier im Hohenzollern
866 m und im Hornbühl 886 ım erreicht. P.s oro:
graph. Öliederung iſt zumgroben Teil nurim Zuiam:
menhang mit derjenigen Deutſchlands zu veriteben.
(S. Deutfhland und Deutſches Reich.)
Die Bodenbeſchaffenheit des norddeutſchen
Tieflandes, eined Prodults mehrerer geolog. Bil:
dungsepochen, wedjielt je nad) den aufliegenden
Tiluvial: und Alluvialſchichten vom beiten Weizen:
und Nübenboden bis zum gänzlid) ertraglofen Flug:
fand. Stauende Näſſe des Untergrundes vereitelt
in weiten Streden häufig die Mühe des Anbaues,
und erſt eine jahrhundertlange eifrige Ableitung der
Sumpfgewäfler vermochte laum bewohnbares Yand
in fruchtbare Gefilde umzuſchaſſen, wie beiſpiels—
weije Die map und ben Oderbruch.
Höher gelegene Streden leiden in trodenen Jahren,
welche glüdliherweife den mit ihnen abwechſelnden
Niederungen mn ute lommen, Dangel an befrud;:
tenden Niederichlägen. In den nordweſtl. Provin:
en wedhfelt trodener- und farger Geeitboden mit
umofem Marſchlande und abjolutem Torfmoor
ab. Die Länderrüden, welche bie —— durch⸗
ziehen, beſtehen zumeiſt aus Sandſchichten mit
geringer —— von Thon, welche bei der
furzen Dauer der Beſtell- und Erntezeit keinen
reihen Ertrag zulaſſen. Kaum vorteilhafter für
die Vegetation ift der Kallboden des oberſchleſ.
Plateau, Eine außerordentliche Fruchtbarkeit wohnt
dagegen dem Schwemmgebiete der Haldensleben:
ichen Singer (Magdeburger Börde) inne, wie denn
aud die Vorlandſchaften der Subdeten, des ſächſ.
thüringifchen Berglandes (Saalthal, Unftrutthal,
Preußen (geographiſch-ſtatiſtiſch)
Goldene Aue), der Wefergebirge (Weſerthal, Fürften:
tum Hildesheim), des Lennegebirges (Hellweg), des
BWeiterwaldes (Rheinthal), des Taunus (Rheingau)
und die Thäler des Hundsrüd größtenteils von den
beiten Bodenarten bededt find, Die Gebirgsrüden
felbft geftatten wegen ihrer Höhenlage u. |. w. felten
— Anbau der genügfamiten Gewächſe.
mtlihe Gewäſſer, deren mwohlverteilter
Reichtum den Aderbau und die Schiffahrt günſtig
beeinflußt, gehören außer einem Teil Hobenzollerns
dem Oſt⸗ und Norbieegebiete an. Die Hüfte der
Ditfee, wenig gegliedert in den Provinzen Dit: und
Weſtpreußen bis zur Odermündung in die pommer:
Ihe Bucht, bildet den einzigen größern Meerbufen
von Danzig mit dem durch die Halbinfel Hela von
der offenen See getrennten Pupiger Wie, ſowie
bie drei aroßen Haffe (f. d.) und mehrere Kleinere
Strandjeen. (S. Pommern.) Fürgröhere Schiffe
mit 4 m Tiefgang und darüber find die Häfen von
Memel (5,6 m), Königsberg (4 m), Billau (5,5 m),
Danzig > m), Neufahrwaſſer (6 m), Stolpmünde
(4 m), ügenwalde (4 m), Kolbergermünde (4 m),
Swinemünde (6 m), Stettin (5 m) und Wolgalt
(4,7 m) geeignet. r —— üfte von Vor:
pommern mit mehrern Heinern, aber nicht unwich⸗
tigen Häfen (Greifswald, Wyl, Stralfund, Barth)
liegen mehrere Injeln vor, unter denen nur Rügen
durch Größe und Geftalt —— Von den
durch dieſe Inſel und das Feſtland begrenzten Ge—
wãſſern ſind oftwärts der Stralfunder Bodden nebſt
m Fahrwaſſer, weſtwärts der Jasmunder und
der Kubitzer Bodden bemerlenswert. An der pom—
merſchen Weſtgrenze bildet die See die Inſel Zingſt
und durch Vorſchiebung eines bald mehr, bald min:
ber breiten Gewäflers in das Land die Halbinjel
rd, Mad) einer — durch andere
deutſche Gebiete beſpült die One en öſtl. Strand
Schleswig-Holjteind, an welchem ſechs u.
Inſeln, darunter Fehmarn und Alfen, liegen. Auf
diefer Strede wird der Schiffsvertehr ſehr erleich:
tert durch tief ins Feſtland eindringende Buchten
mit 27. Häfen, von denen Neuftabt — Tiefgang
ber Schiffe 4 m), Heiligenhafen (26 m), Stiel (6 m),
Holtenau (6 m), Friedrichsort (6 m), Edernförde
(5m), Flensburg (6m), Edenfund (7m), Apenrade,
Habersleben, Sonderburg auf Alfen (6. m) die wid):
tigften find, Die Nordjeelüften von Schleswig:
Holjtein im Weften und Hannover im Norden haben
mehrere bedeutende Einbuchtungen, wie die Eider:,
Eb⸗ und Wefermündung, den Jadebuſen und die
Emsmündung (Dollart). Über 70 größere und Klei:
nere > liegen an diefer Küftenitrede, darunter
Huſum (größter Tiefgang der Schiffe 2,3 m), Tön:
ning (83,5 m), Glüdjtabt (5,5 m), Altona (4, m),
Krautiand (7,5 m), Kranz (4,5 m), Harburg (4,5 m),
Geejtemünde (7,3 m), der Kriegshafen Wilhelms:
baven (7,5 m), Emden (3,5 m), Leer (5 m) und Ba:
enburg (3,5 m), Starke Wogenjpülungen haben
er übrigens den Saum bes Meers mit Untiefen
(Wattenmeer mit den Halligen, f. d.) erfüllt und
zahlreiche Infeln zum Teil erft in gel chichtlicher Zeit
vom Feitlande losgeriffen. Die bedeutenditen diejer
Ianggeftredten, bünenreichen Inſeln find Sylt,
Söbr, Amrum, Pellworm, Rorditrand, Spielerooa,
Langeoog, Norderney, Juiſt und Borlum. — Land:
feen fommen in der von Holitein über Medlenburg
burd Pommern, Weit: und Oſtpreußen nad Ruß:
—— durch viele Flußdurchbrüche ge
en baltifchen Seenplatte außerordentlich
Eonverjationg»Legifon,. 13. Aufl. XIII.
273
jablreid vor, zuweilen, namentlich in Oftpreußen,
urch ſchiffbare Waflerläufe zu Schiffahrtsſyſtemen
verbunden. Auch außerhalb dieſer Seenzone finden
fih vereinzelte bemerfenswerte MWafferbeden. Im
ganzen zählt P. rund 400 Landfeen von annähernd
1 qkm und darüber. Durd ihre Größe zeichnen
ih aus; in Dftpreußen der Spirdingiee von 102,
der Mauerfee von 105 qkm Fläche, der Löwentin:
und der Geſerichſee; in Bofen der Goplo: und die
Nebefeen; in Pommern der Lebaſee von 82, der
Gardeſche von 26,4 der Madüejee von 40 qkm
und der Hummeromfee; in Schleſien die Miltiſch—
Trachenberger Seengruppe; in Brandenburg der
Ruppiner und die Haveljeen; in edle der fühe und
der falzige Mansfelder See; in Schleswig: Holftein
der Rapeburger, Plöner und Eelenter See; in
Hannover das über die Grenze reichende Stein:
huder Meer und der Dümmerfee, diefe beiden bie
einzigen größern Wafieranfammlungen weſtlich der
Elbe. Endlicd) verdient der hochgelegene Laacher
See, ein auägebrannter Krater, in der Nheinprovinz
Erwähnung. — Von mehr als der Hälfte des
Staatögebietes fließt das Wafler zur Ditfee ab.
Die Stromgebiete derfelben find einjchliehlich der
Haffe: äußerfter Nordoften 990, Memel 4420, ſüd⸗
öftl, und ſudl. Abdahung zum Kuriſchen Haft und
Nehrung 1150, Abdahung zur Oſtſee zwiichen beis
den Haffen 220, nördl. Abdachung zum Friſchen
Haff 540, Pregel 15750, übrige Abdahung zum
* Haff und Nehrung 5380, Weichſel 30910,
bdachung zur Oſtſee zwiſchen Weichſel und Oder
15600, Oder 100240, übrige Abdachung zur Dit:
fee 7400; Stromgebiete der Ditfee julammen
182600 qkm, Nach der Norbiee fallen etwa
165000 qkm ab, und zwar: nörblichite Küſtenflüſſe
8730, Elbe 61690, Weſer 34480, Abdachung zur
Nordiee zwischen Wefer und Ems 1400, Ems 10300,
Vechte 1900, Nhein 41440 und Maas 5030 qkm,
Zum Gebiet der Donau, aljo des Schwarzen Meers,
ehören endlih 725 qkm, Größte und größere
Fffbare Flüſſe und deren Längen auf preuß. Ge:
biet (in Klammer: ſchiffbare Länge, wenn kürzer als
jene) in Kilometer find: die Memel 64 mit dem
Ruß 48 und der Gilge 42; der Pregel 117 nebit
dem Nebenarn Deime 41 und den ſchiffbaren Ne:
benfluß Alle (54); die Weichſel 117 mit dem Neben:
arm Nogat 58 und Danziger Weichſel 68 (der
Elbinger Weichſelarm iſt nacht ſchiſſbar und in ber
trodenen Jahreszeit meiſt waſſerleer); ſchiffbare
Nebenflüſſe der Weichſel ſind rechts Drewenz (11),
lint3 Brahe (16), Schwarzwaſſer (4) und See: die
Dder 806 (741, Mündungsarm Dievenow außer:
dem 86), ihr zufließend rechts die Warthe (358),
mit Nehe (214) und Obra (45), ſowie die Ihna (60),
lint3 die Glaher Neiſſe (11), die Görliger Neifje
(15), die (der (35) und die Peene (170); die Tollenje
(45); der Trebel (28); die Redni (28); die Eider 183
(140); die — (41); die Elbe (614), ihr zufließend
rechts die Havel (306) mit Spree (169), Rhin (80)
und Doſſe (17), fowie die Stör (40), lints die Saale
(159) mit Unjtrut (72), die Jeetze (28), die me:
nau (38) und die Dite (81); die Wefer (410), aus
Merra (72) und Fulda (104), ihr zufliehend die
Aller(105) ; die Ent3 330 (272) ; der Rhein (360), ihm
zufließend der Main (55), die Lahn (107), die Nubr
(73) und die Lippe (191), links die Moſel (240) mit
Saar (119). Die Gefamtlänge der innern natürs
lihen Waſſerſtraßen P.s mit Ausschluß des Kuri—
fhen und des Friſchen Hafjs wird auf 7340 kın
18
274
angeaeben; am reichlichſten find bamit die Provin-
zen Brandenburg, Hannover, Ditpreußen, Weit:
preußen und Rheinland verjehen, ne erg ven
für den Verlehr wird durch eine anjehnlihe Za
von längern ober kürzern Stanälen gehoben, welche
fi zum Teil an natürliche Waflerläufe oder Seen
anſchließen und Höhen bis zu 20%, m im Friedrich:
MWilhelmötanal, 23,4 m im Bromberger, 26 m im
Gider:, 36,4 m im Finow- und 99 m im Glbing:
Dberländiichen Kanal überwinden. Durch ihre
Yänge oder era sc für den Verlehr u ber:
vor: der König: Wilhelmsfanal mit der fanalifierten
Minge 49,3 km, die maſuriſche Waflerjtraße 163,9,
der Glbing:DOberländiide Kanal 197, der Seden:
burger Kanal 11 und der Große Friedrichsgraben
19 in Khpreuben, ‚ber Bromberger Stanal_26,5
zwifchen Brahe (Meichfel) und Nepe ae)
in Poſen, der Klodniptanal 45,5 in Oberjchlefien,
der Finowlanal 67 Rai en Oder und Havel
(Eibe), ber Sriebrich. :Wilhelmslanal 24 zwiſchen
Oder und Spree (Havel:Clbe), der Rhinkanal 96,5,
der Havelländijche 58, der Yandwebr: 9, der Luiſen—
ftädtiiche 2,2 und der Spandauer Kanal 9 in Bran:
denburg, der Cider: 32 und der Stednipfanal 72
zwifchen Trave und Elbe in Schleswig:Holitein, ber
Plaueſche Kanal 32,3 zwiſchen Havel und Elbe und
der Ihleburger Kanal 30,4 in Sachſen, der Hadeln:
ſche und Geeitelanal 43,5, der Tredjahrtätanal 23,5,
der Nhauderfehnlanal 72,5, der Bapenburger Stadt:
tanal 34, der Gmölanal 26, der Em3:Bedhtelanal 21,
ber Süd:Nordlanal 71 km und andere Kanäle in
Hannover, der Mar:Clemenstanal 37,5 km in Weit:
falen, die Rubrlanäle bei Duisburg und Rubrort
und die Saarlanäle in der Nheinprovinz. Gin wei:
terer Ausbau des preuß. Kanalnetzes ift projeltiert.
Das Klima ift vermöge ber Yage des Landes
und wegen ber wechielvollen Bodengeftaltung größ:
tenteils ein gemäßigtes und bei dem Fehlen fchroffer
Gegenfäße im ganzen der Gefundbeit und der Wege:
tation günjtiges. Im Norboften des Landes ift die
Zeit ber Seite allerdings ſehr befhräntt, und auf
den Höhenrüden des norddeutichen Tieflandes, ben
beil.weitfäl, Gebirgen und den linfsrhein. Hoch—
platten herrihen rauhe Winde vor. Die mehr ge:
Ihüpten Gegenden erfreuen ſich indes eines fehr
milden und gleihmäßigen Klimas, 3. B. die Vor:
landſchaften der Sudeten, der größere Teil Sad:
jens, der Süben Hannovers, der Nheingau und
das mittlere Rheinthal. Nach 30: bis 33jährigen
Beobachtungen fteigt Die mittlere Jahrestemperatur
auf den Höhen nee faum auf 64°C. und
auf der ojtpreuß. Seenplatte faum auf 6'/,, da:
gegen an der Mojelmündung auf 10Y,, und im
Rheinthal immer noch auf über 9 bis nahe an 10°,
Das Vlonatstemperaturmittel liegt in Oft: und
Weitpreu n bis 5%,,° unter Null im Dezember,
„yanuar, Februar und März, in Pommern, ka
Brandenburg und Schleſien 1 bis 3° im Dezember,
Januar und meift aud) im Yebruar, in Sachfen nur
im Januar mit weniger ala 1°, im Rhein» und
Mofelthal dagegen mit 1Y, bi82'/,° über Null jelbft
im Dezember und Januar. Das Marimum der
—— Niederſchläge im langjährigen
Durchſchnitt fällt auf den Oberharz (Clausthal)
nut 1365 mm, dann die nieberrhein. Gbene (Stleve)
mit 781, die Küften der Oft: und Nordjee mit 641
bis 721, die Borftufen des Niefengebirges mit 651,
bie münfterfche Gbene mit mehr denn 688; am
wenigften Riederfhläne wurden im Berlin mit 420,
Preußen (geographiſch-ſtatiſtiſch)
der Ukermark, dem öjtf. * des Eichsfelde3,
dem ſüdl. Pomerellen und dem Nahethal beobach—
tet. Die Menge ber Niederſchlage wechſelt natür—
lich von Ort zu Ort, namentlich in den gebirgigen
Gegenden. Das Negenitationenneb iſt in Beufen
aber nicht dicht genug, um bierüber ein erſchöpfen⸗
des Bild zu geben. Auf die Richtung des Windes
find örtlihe Zuftände von großem Einfluß; 3. B.
überwiegt im Thale der obern Dder Nord: neben
Sidmind, in Tilfit der Sudwind, in Krefeld Süboft,
in Trier Nordoft während eines Dritteils des ad:
reöneben Süb, in Kreuznach Südweſt nebenNorboft ;
auf den meilten Stationen ijt aber der Sübmelt:
wind, an der Niederelbe, Havel und Warthe ber
reine Weitwind am bäufigften beobachtet. Für die
klimat. Verhältniffe P.s iſt charalteriſtiſch, dab in
den 6 Jahren 1879 — 84 von rund 55000 Ge—
meinde: und Gut3bezirfen des Staats Ernteſchäden
erlitten: durch Negen und Näjle 3,4 bis 11,4 Broz.,
durch Uberſchwemmung 0,7 bis 5,1, durch Hagel
2,5 bis 12,3, durch Kälte und Froft (Maifröfte) 2,0
bi8 32,5, durch Dürre 1,2 bis 9,4 Proz.
Die ortsanweſende Bevölkerung B.3 betrug
nad) der Volkszählung vom 1. Dez. 1880 (deren
Koſten ſich beiläufig auf 499608 Mark beliefen),
27279111 Berfonen, auf dem Quadratkilometer
(nad Abzug der Grenzgewäfler und Haffe) mitbin
78,3. Die ſüdweſtl. und mittlern Provinzen find
ftärler ald die nördlichen bevöltert: die Rheinpro-
vinz mit 151, Weſtfalen mit 101,2, Schlefien mit
99,5, Hefien:Nafjau mit 99,1, Brandenburg ein:
ſchließlich Berlin mit 84,9, Sachſen mit 91,6; ba-
egen Pommern mit nur 51,2, Dftpreußen mit 52,3,
eitpreußen und Hannover mit 55,2 Bewohnern
aufjelgkm, Das P. von 1816 zählte 10349031
€. ;1825 betrug die Bevölkerung 12256 725, 1810:
14928501, 1852: 16935420, 1861: 18491220,
1867: 23971462, 1871: 24639706 und 1875:
25693634 E. Die durchſchnittliche jährliche Be—
völferungszunahme betrug von 1871 bis 1875 1,04
und von 1875 bis 1880 1,16 Proz. der mittlern Be:
völlerung und war in legterer Periode am ſtaͤrkſten
in Berlin (2,92), Weitfalen (1,39), Rheinprovinz
(1,57) und Sachſen (1,27), am ſchwächſten dagegen
in Hohenzollern (0,35), Oſtpreußen (0,82), Schlehen
(0,83) und Weftpreußen (0,91). Bon der 1880er Be:
völferung, welche fih auf 3113676 bewohnte Ge:
bäude und 18589 zum ——— — ſonſtige
Wohnſtãtten (Schiffe u. dgl.) verteilte, lebten ein
zeln 325066 Perfonen, die übrigen teils in den
5390690 Familienhaushaltungen, teild in 7849
öffentlichen und 21287 Beherbergungsanftalten. In
1287 Stadtgemeinden wurben 9707 802, in 37668
Landgemeinden und 15 829 Gutsbezirken 17571309
Ortsanweſende gezählt; 4564098 Perfonen oder
16,73 Broz. der Gejamtbevölterung wohnten in den
69 Städten mit über 20000 E., und auf die Drte
mit über 2000 E. kommen 11614385 Berfonen oder
42,5 Proz. der — Mehr als 25000 E.
—— folgende 51 Städte: Berlin 1122330, Bres⸗
au 272912, Köln 144772, Königsberg 140909,
Frankfurt a. M. 136819, Hannover 122843, Dan:
zig 108551, Magdeburg 97539, Barmen 9591,
Düffeldorf 95458, Elberfeld 93538, Stettin 91 756,
Altona 91047, Aachen 85551, Krefeld 73872,
Hallea. 6.71 484, Dortmund66 544, Poſen 65 713,
Kaſſel 58290, Efien 56944, Grfurt 53254, Arant:
furt a,D, 51147, Görlig 50307, Wiesbaden 50233,
Potsdam 48447, Stiel 43594, Duisburg 41242,
Preußen (geographiſch-ſtatiſtiſch)
Münfter 40434, Gladbach 37337, Liegnik 37157,
Elbing 35842, Bromberg 34044, Bodum 33440,
Dsnabrüd 32812, Bonn 31514, Halberjtadt 31 260,
— 30956, Bielefeld 30679, Koblenz30648,
rlottenburg 30483, Remſcheid 30029, Stral:
fund 29481, Spandau 29311, Brandenburg a. 9.
29066, Stadt Königshütte 27522, Neuftadt:Mlagbde-
burg 27090, Hagen 262%, Norbhaufen 26198,
Hildesheim 25887, Guben 25840, Kottbus 25584.
fiber die Zufammenjekung des Volks nad) Ge:
ſchlecht, Alter, Samilienftand, Religionsbefenntnis,
Gebürtigleit und —— —— im J. 1880
—* genaue und gleichartige Nachrichten vor.
Neben 13414866 männlichen wurden 13864245
weiblihe Berfonen gezählt, d. h. 1033 weibliche
auf je 1000 männlide; das männlihe Geſchlecht
überwiegt auffällig in Weitfalen (nur 969 weibliche
auf 1000 männliche), um ein Geringes auch in Rhein:
land, Hannover und Schleswig-Holitein; das weib:
liche dagegen in Schlefien (1100 weibliche auf 1000
maͤnnliche), Oftpreußen und Hohenzollern (1084
weibliche auf 1000 männliche), forte in Bofen. Un:
ter 1000 männlichen Berjonen ftehen im Alter von
15 3. und darunter 360, von 15—65 J. 599, von
mehr al3 65 J. 41; von 1000 weiblichen beziehent:
lid) 354, 600 und 46. Bon je 1000 männlichen
Berfonen waren 343 verheiratet, 31 verwitwet
und 1 gefhieben, von ebenfo vielen weiblichen Per:
ſonen —8 334, 84 und 2. Dem Religions:
befenntnifje nach fcheidet ſich P.s Bevölkerung in
17633279 (64,64 Proz.) Evangelifche und Proteitan:
ten, 9206283 (33,74) röm. Katholiken, 52225 (0,19
fonitige Ehrijten, 363790 (1,33) Juden; der Reit iſt
anderer oder unbefannter Religion. Die Katbolifen
üiberwiegen in Hohenzollern (95,36 Broz.), Rhein:
land (72,20), Poſen (65,28), Weitfalen (52,37) und
Schleſien (51,94), und bilden aud in Weftpreußen
nahezu die Hälfte der Bevöllerung (49,34), ver:
ſchwinden dagegen faft ganz in SH eswig:Holftein
(0,79 Broz.), Bommern (1,55) und Brandenburg mit
Berlin (3,89) und find auch in Sachſen (6,2), Dan
nover (12,20) und Oſtpreußen (12,95) erheblich in
ber Minderheit; in Heſſen-Naſſau find fie mit
27,03 Broz. der Bevölkerung vertreten. Die Juden
find bejonder3 zahlreich in Berlin (4,81 Broz.), in
ber Brovinz Poſen (3, 32, in der Stadt Pofen 10,7)
und effen:Nafjau (2,66, inder Stadt rankjurta. Mt.
3,3) und machen aud im weſtpreuß. Negierungs:
bezirt Marienwerder noch 2,99, im Bezirk Oppeln
1,69, Breslau 1,50 (in der Stadt Breslau 6,4) und
Koblenz 1,53 Proz. der Bevölterung aus. Der
Staatdangehörigteit nad) wurden 1880 in P.
163390 nichtpreuß. Reichsangehörige und 98985
Reihsausländer ermittelt. Dagegen befanden ſich
unter je 10000 männlichen Berfonen 84 außerhalb
Deutſchlands, aber in Europa, 3,3 außerhalb Euro:
pas und 204 In andern deutichen Staaten geborene;
für das weibliche Geſchlecht find die N
den Zahlen 65, 3,+ und 182; 91,2 Proz. der Be:
völlerung waren in ihrer Provinz und 6,1 außerdem
im Staate geboren, woraud man auf die Sep:
baftigleit und den verhältnismäßig geringen Wan:
dertrieb der Bewohner 24 ſchließen darf, ohne daß
damit ein lebhafter Wohnfihwechiel in engern Krei—
jen, der thatſaͤchlich befteht, ausgeichlojien wäre.
die Nationalität der Bewohner nad) ihrer
Abjtammung mit Sicherheit feitzutellen, iſt uns
möglich; denn bejonders in den öſtl. Provinzen
haben Hungeränöte, verwüjtende Kriege und Geu: |
275
en einen oftmaligen Wechjel der Volksſtämme in
efik und Bewohnung des Landes hervorgerufen.
Die Behauptung, daß eine mehr oder minder ge:
waltfame Verdeutſchung der geſchichtlich ältejten
Inſaſſen öftlich der Elbe ftattgefunden babe, hält
vor einer jorafältigen Kritit nur inſoweit Stid),
als jede polit. Unterjohung, zumal in den raubern
ältern Zeiten, den Beſtand des unterworfenen Volks
erjhüttert und durch Ginführung ber Verwaltungs:
ormen des Siegers, fowie durch bie aus feinen
eihen rei ri Kolonifation bie Verbreitung
der fiegenden Nation und dementſprechend meiſt
eine Verminderung ber befiegten im u. bat,
So aud) in den Landesteilen des jekigen P. Auch
die Heranziehung fremder Koloniſten hat in ausge:
behntem Maße ls, und diefen Zuzügen
verbantt die heutige Bevöllerung mehr als den
Ureinwohnern ihr Dafein. So wurden Deutiche
von den wendifchen Herzögen nad) Pommern, von
den Piaften nad Schlefien, von poln. Großen nad
dem Südweſten Poſens und andererjeitö Polen
vom Deutichen Orden und feinen er nad)
dem Süden Ditpreußens in berfelben Weiſe heran:
gezogen, wie Bolen zur Beit der poln. Herrichaft
nach Weltpreußen und wie Ober: und Niederbeut:
ſche von Aslaniern und Hohenzollern nad Bran-
denburg, Pommern und Ditpreuben. Die allmäh:
liche Germanifierung der nichtdeutichen Bevölkerung
erfolgt gegenwärtig auf freiwilligem Wege und
nicht am wenigiten dadurch, daß fih Ablömmlingne
freinder Stämme nad) deutichen Gegenden begebeit
und dafelbft deutiche Sitte und Sprache fih und
ihren Kindern zu eigen machen. Als Kennzeichen
der Nationalität ift Die Sprache anzuſehen, weldy:
im Samilienkreife geredet wird. Cine Feititellung
berjelben ift neuerdings nicht erfolgt. Auf Grund
älterer Ermittelungen darf man die Deutfchen auf
24030000 oder 88,4 Proʒ. der Bevölkerung nad)
Abzug der Neich3ausländer, die Dänen auf 153500
oder 0,55, die Litaner und Kuren auf 147000 ober
0,53, die Polen rl 2700000 oder nahezu 10, die
Böhmen und Mährer auf 54000 oder 0,20, bie
Menden auf 81000 oder 0,30 und die Wallonen auf
10800 oder 0,04 Proz. ſchätzen. Dänen wohnen
nur im Norden Schleswigs, Yitauer nur im Norben
der zen Ditpreußen, Wallonen an der belg.
Grenze. eiter verbreitet find die Polen; der im
Süden Ditpreußens lebende Volksſtamm der Ma:
furen unterfcheidet ſich durch Glaubensbelenntnis
und Mundart weſentlich von den Großpolen; die
im Weſten des danziger Regierungsbezirks und in
äußerſten Oſten Pommerns angeſeſſenen Kaſſuben
bedienen ſich ebenfalls eines beſondern Dialelts;
dichter wohnen die Polen im Süden Weſtpreußens
und im Oſten Poſens zuſammen, in welden Lan:
desteilen allein fie fich ihrer reinen Schriftſprache
bedienen; die oberichlej. Polen endlih, deren Ge:
ſchich feit Jahrhunderten von dem der Großpolen ge-
trennt war, befigen eine eigene Mundart, die wafler:
peintide. Don Slawen anderer Stämme fommen
Mährer und Böhmen im Süden Ober: und Mittel:
ichlefiens und Wenden auf einem aufammenhängen
den Gebiete der Laufik im Norbmweiten Schleften:
und im Süboften Brandenburgs vor. Die deutichen
Bewohner des Staats gen meijt den Staͤm⸗
men ber Niederfachien, Oberſachſen und Franfen an.
Die Vorgänge der natürlihen Bewegung ber
Bevölkerung werben feit Einführung der Standes:
ämter abfolut zuverläffig und ausführlich regiſtriert,
15*
276
allerdings nicht ohne erhebliche Koften, welche
100000 Mart allein für die Zwede diefer Statiftik
betragen. Am J. 1884 haben in P. 1093973 Ge:
burten oder 38,7 auf 1000 Lebende (Geburtäziffer),
761172 Sterbefälle oder 26,9 ei 1000 Lebende
(Sterbeziffer), beides mit Einſchluß von je 43123
Totgeburten (3,9 Proz. aller Geborenen), und
225939 Eheſchließungen oder 16,0 auf 1000 Le:
bende —— iR ſtattgefunden. Die Geburt3:
iffer war im Mittel der J. 1867—84: 40,0 und ift
feit den auf den Deutich:Franzöfifchen Krieg folgen:
den Jahren, wo fie den hoͤchſten Stand mit 42,8 er:
reicht hatte, a berabgegangen. Die Ster:
beziffer betrug im Mittel derjelben Jahre 28,0, war
am höchiten 1872 mit 31,1 und hat ſich ſeitdem re:
gelmäfig vermindert. Die mittlere Heiratäziffer
derfelben Veriode war 17,0, am höchſten 1872 mit
20,7, und iſt jeitdem merklich gefallen, In den
Städten ift die Geburtsziffer wegen der verhältnis:
mäßig größern —* der Unverheirateten etwas
niedriger als auf dem platten Lande, bie Heirats—
ziffer ebendeehalb aber etwas höher; auch die Sterbe:
ziffer ift in den Städten höher. Die rein land:
wirtſchaftlichen und die mit polnischer Bevölterung
ftart durchjesten Provinzen Weſtpreußen, Poſen
und Dftpreußen haben bie höchſten Geburtsziffern,
1884 beziehungsweife 43,4, 41,6 und 40,1; aud)
Schleſien Sadıfen und Weitfalen zeichnen ſich in
el dem Sinne aus, während Heſſen-Naſſau und
hleswig:Holftein mit 33,4, Hannover mit 33,7
und Hohenzollern mit 33,8 in entgegengefekter
Richtung hervorragen; die Sterbeziffer war 1884
und Äähnlid in andern normalen Jahren bejonders
body in Schlefien mit 30,7 und in Oſt- und Weſt—
preußen mit 29,2 und 29,1, ein Gab, hinter
dem Berlin mit 28,2 zurüdbleibt, mas, in An:
betradht der befondern Verhältnifie der Großſtadt,
ein gunſtiges Zeichen für ihren Gefundbeitäzuitand
iſt; mit fehr niedrigen Sterbeziffern ftehen Schles:
wig⸗ Holſtein (20,6), Hannover (22,7) und Hefien:
Naflau (23,1) obenan, Wirlten Fortpflanzung und
Sterblichkeit allein auf die Vollsmenge ein, jo würde
fie im Mittel der}. 1867 —83 jährlich um 1,20 Proz.,
im J. 1884 um 1,18 Proz. gewachſen fein. Die
allerdings regüitrierte, aber nicht genau zu erfaflende,
bald ftärtere, bald, ſchwächere Auswanderung ver:
mindert indejlen die natürliche Bevöllerungszu—
nahme um etiva 2 biS 3 pro Mille der durchſchnitt—
lich Zebenden. Dem Geſchlecht nad) von 1000
Geborenen im Mittel mehrerer Jahre rund 515
männliche und 485 weiblihe, und bei den Geftor:
benen ijt der mittlere Anteil der männlihen Ge:
fchlecht3 mit 525 von je 1000 noch größer, woraus
ſich Schließlich die obenerwähnte ſtärlere Vertretung
des weiblichen Geſchlechts in der Bevölferung er:
gibt. Die unehelihen Kinder machen im Dlittel
etwa 7,5 Proz. aller Geborenen aus; fie find mit
8,8 Broz. am bäufigften bei evangeliſchen und mit
2,7 +4 am jelteniten bei jüd, Müttern, während
von kath. Müttern 5,6 Proz. unehelich geboren wer:
den. Die weſtlichen Provinzen, aber auch Poſen, weis
jen die wenigiten unebelichen Geburten auf, Unter
1000 Geborenen find ungefähr 25 Mehrlingskinder
und unter 1000 Entbindungen etwa 987 Einzelgebur:
ten. Unter 1000 neuvermählten Berfonen befanden
ſich durhichnittlich 2,3 Männer und 96,7 Frauen
von unter 20 J., 679 Männer und 705 Frauen von
20 bis 30 J., die übrigen in höhern Altersſtufen;
ferner 865 Junggefellen und 913 Jungfrauen,
Preußen (geographifch:ftatiftifch)
129 Witwer und 82 Witwen, 5,3 geibiebene Mäns
ner und 5,6 gefchiedene Frauen. Unter 1000 neu⸗
geihlofienen Ehen waren 626 rein evangelifche,
291 rein Batbekitee 1,2 rein bifidentifche, 11,3 rein
jüdifche und 70,5 Miſchehen. Die verhältnismäßig
— —— iſchehen wird als ein Beweis für die
zertraglichleit der Religionsgemeinſchaften unter
einander, vom ſpeziell lirchlichen Standpunlte aber
als ein Schaden anzuſehen ſein und iſt vom popu⸗
lationiſtiſchen Standpunkte ebenfalls nicht günſtig
— beurteilen; denn in P. wenigſtens ſind die
Mifchehen durchweg weniger fruchtbar als die rein
tonfejfionellen, am ——— die hriftlichsjüdiichen,
welche Lektere fo wenig Kindern das Leben geben,
daß eine lediglih aus dergleihen Miſchpaaren bes
ſtehende Bevölterung fehr bald ausſterben müßte.
Über die Bef Sat tigung der Bevölterung B.8
hat die Berufszählung von 1882 die ausführliche
ten Aufichlüffe gegeben. Danach waren unter der
auf 27287860 (eroehelten Gefamtbevölterung
10120813 ober 37,1 Proz. Erwerbäthätige aller
Art, 886177 oder 3,2 Proz. Dienftboten für häus:
liche Dienfte, 15575375 oder 57,1 Proz. Angehö:
rige, weldye überhaupt nicht oder nur nebenfächlich
erwerbend thätig waren, und endlich 705495 oder
2,6 TO berufslofe Selbftändige und Anftalts-
infaffen. Dem Hauptberufe der Ermwerbäthätigen
nach aliedert ſich die Bevölferung mit Einrechnu 14
—— und der im Haushalte bei den betreffen⸗
den Erwerbsthätigen Dienenden folgendermaßen:
Gruppe A, Landwirtſchaft, Forſtwirtſchaft, Tier:
zucht und Fifcherei 11904407 oder 43,63 Proz. der
Gejamtbevölterung; Gruppe B, Ynduftrie, ein:
Ihlieplid Bergbau und Bauweſen 9393750 oder
34,2; Gruppe C. Handel und Verkehr, einſchließlich
Saft: und Schankwirtichaft 2725344 oder 9,99;
Gruppe D. Lohnarbeit wechielnder Art und häus:
lihe Dienftleiftungen (Aufwartefrauen u. dal.)
690892 oder 2,53; Gruppe E. Staats:, Gemeinde:,
Kirchen: u. f. w. Dienſt und jog. freie Berufsarten
1305657 oder 4,79; Gruppe F. Berufslofe Selb:
ftändige und Anjtaltsinfaffen 1267810 oder 4,61
Proz. Nah dem Anteil der Bevölkerung an den
einzelnen Berufägruppen zu urteilen, iſt P. noch
überwiegend auf das Gebeihen der Landwirtſchaft
angeioiefen, erſt in zweiter Yinie fteht die gewerb:
lie Thätigfeit, bie allerdings ebenfalls bereits
einen großartigen —— gewonnen hat. Über⸗
wiegend landwirtſchaftlich thätig iſt die Bevöllerung
der Provinzen Poſen (64,67 Proz.), Oſtpreußen
(64,32), Weſtpreußen (60,55) und Bommern (54,51),
welche in diefer Richtung alle andern Gebietsteile
de3 Deutichen Neichs, ſelbſt Sübbayern, Medien:
burg und Oldenburg überragen. Dem gegenüber
waltet in Berlin, im — (mit Hohenzollern)
und in Weſtfalen die Induſtrie ſo ſehr vor, daß
dieſe Gebietsteile nacht dem Königreih Sachſen
die induftriereichiten Deutichlands find; 54,0 be
jiehungsweife 47,31 und 46,50 der Bevölkerung
jener Provinzen gehören mit ihrem Hauptberufe
der Induſtrie an. Berlin, Schleswig: Holitein,
Hellen:Rafjau, Rheinland und Hannover zeichnen
fi) durch größeres, Berlin fogar jehr ſtarkes Auf:
treten der Handels: und Bertehrögewerbe aus,
Die Landwirtihaft hat, feitdem die Stein:
Hardenbergſche — der phyſiſchen Landes⸗
tultur überhaupt die Wege geebnet, einen hedeut⸗
famen Aufihwung genommen, Der nachhaltige
Fleiß der lanbmirtt chaftlichen Bevölkerung hat unter
Preußen (geographiſch-ſtatiſtiſch)
Mitwirkung und Leitung einer einfichtävollen Re:
gierung und Gejeßgebung der Bodenbenutzung
Erfolge zu erringen vermocht, welche die nicht ge:
rade verichwenderiiche Natur des Landes zu ver:
fagen ſchien. Die grundlegenden gejebgeberiichen
Maßnahmen, welche die Landwirtichaft weſentlich
gefördert haben, find folgende: 1807 wurde die Erb:
— aufgehoben, 1811 und 1861 die Ab:
lösbarleit der Grundlajten gegen eine billige Ent:
ihädigung ausgejproden, die Parzellierung und
Zufanmenlegung der Beliktümer gejtattet, 1821
die Teilung der Gemeinbeiten unter gewiſſen Be:
dingungen verordnet, 1850 die Lehen in freies Gigen:
tum verwandelt und die Ablöfung der Grundlaſten
durch Errichtung von Provinzial:Nentenbanten er:
leichtert, 1861 die ungleich verteilten Grundſteuern
mit Ent;chädigung der Neubejteuerten neu reguliert
u.f.w. Auch in den neuen Provinzen find teils
von den frühern Regierungen, teild unter preußi:
ſcher Herrſchaft in ähnlicher Weile die rechtlichen
Borausjegungen geihaffen, unter denen die Ent:
widelung der Landwirtſchaft überhaupt möglich ift.
Die freie Verfügung und Teilbarleit des Grund:
eigentums, welche die Gefehgebung zum Grundſatz
—— hat, iſt indeſſen auch nicht ohne nachteilige
Folgen geblieben und hat infolge der gleichen Erb—
teilung zur Verſchuldung des laͤndlichen Grundbe—
tez und zur Gefährdung des mittlern Bauern—
tandes geführt. Den hierdurch drohenden natio—
nalwirtſchaftlichen und ſozialen Gefahren ſucht die
—* preuß. — — Wiedereinführung
bezie u... pünitigung er frühern bäucr:
fi Erbrechte zu begegnen. (S. Höfemwefen.)
Andern Maßnahmen zur Hebung der Landeskultur,
wie der Ordnung des landwirt Sehen Kredit:
weſens, der Deichverbände und Waflergenofien:
ſchaften zu Ent: und Bewäfjerungazweden u. ſ. w.,
ber —— und Waldgenoſſenſchaften,
des Viehſeuchenweſens, des landwirtichaftlichen
Unterrichts: und Verfuhsweiens, der Melioratios
nen u. a. m., bei welchen Staat und Selbitverwal:
tungsförper mitwirken, verdankt Land: und Forit:
wirtichaft reihe pofitive Förderung. Go kommt
es, daß dieſer Zweig produftiver Thätigkeit >
aller großartigen Entfaltung der Induftrie no
te die Hauptgrundlage des nationalen Wohl:
andes bildet; A fein Gedeihen find 40 bis 45
Bros. aller Familien direlt angewiefen; im 5.
1882 wurden in P. 3040196 Haushaltungen oder
56 Proz. aller Familienhaushaltungen ermittelt,
von denen aus überhaupt Landwirtſchaft betrieben
wurbe: davon bewirtichafteten 613000 nur geringe
Anbauflächen von unter 20 a, die übrigen 2 427.000
mit über 20 a Anbauflähe hängen unzweifelhaft
mehr oder minder vom Wohl und Wehe der Land:
wirtihaft unmittelbar ab. Im ganzen berricht
Heinere und mittlere Betrieb vor, der Grob:
betrieb nur in einigen öſtl. Provinzen. Es wurden
im J. 1882 1456 724 Landwirtſchaftsbetriebe mit
unter 1 ha landwirtidaftlih benußter Ba
1178625 mit 1—10 ha, 884408 mit 10—100 ha
und 20439 mit mehr als 100 ha ermittelt, und von
der geſamten landwirtſchaftlich benuhßten Fläche
lamen 2,2 Proz. ag er erite, 19,8 auf die zweite,
46,3 auf bie dritte biefer Grö enffafien, während
die vierte 31,7 in a nahm; der entre he
zentjab, ber des ro betriebes, erhebt ſich in Weit:
preußen auf 47,1, in Bofen auf 55,3 und in Bom:
mern bis auf 57,4, fällt aber in Hohenzollern auf
277
2,5, in Rheinland auf 2,7, in Weltfalen auf 4,8, in
Heffen:Nafiau 7 6,7 und in Hannover auf 6,9.
Nah dem Anteil an der bewirtichafteten Fläche
haben den ftärliten Bauernitand (Wirtſchaftsfläche
10—100 ha) die Provinzen Ne Ha ae
(72,2 Proz.), Hannover (63,3), Weltfalen (57,8),
Ditpreußen (51,1) und Sadjen (50). Das Grund:
fteuerfatafter beziffert den Anteil der Kulturarten
an der weiter oben angegebenen Gefamtflähe für
1883 folgendermaßen: Aderland, Gärten und Wein:
berge 50,35 Proz., Miefen 9,5, Weiden, Hutungen
und Unland 11,2, Foriten und Holzungen 23,4,
Haud: und Hofräume 0,3, Wege, Gewäſſer u. f. w.
48 Pro. Won den 17548011 ha Ader: und
Gartenland waren 1883 bejtellt: mit Getreide und
Hülſenfrüchten 60,4 et mit Hadfrüchten und
Gemüfe 15,1, mit Handelsgewächſen 1,1, mit ut:
terpflanzen 8,3, als Adermweide und Brache wurden
benugt 13,9 und als Obitgärten 1,2 Proz. Die Ars
bauflächen ber wichtigſten Nährfrüchte für Men:
hen und Tiere waren für Noggen 4431034 ha,
t Weizen 1099683, für Spelz 17290, für Gerite
939027, für Sartofteln 1990221, für Hafer
2456373 und für Wiefenheu 3202297 ha; von
Handelsgewächſen wurden 91193 ha mit Rübjaat
ur Ölgewinnung, 76257 mit Flache, 271609 mit
re 5071 mit Tabal, 5412 mit Hopfen
angebaut u. ſ. w. In wärmern Landſtrichen iſt die
Obſtzucht ſehr betraͤchtlich; Wein wird im ganzen
auf 20271 ha, und zwar beſonders am Rhein und
der Mofel, an der Saale und Unjtrut, fowie in
Shlefien gewonnen. Die Grtragsfäbigteit der
einzelnen Kulturarten ijt natürlich ſehr verſchieden.
Der N j. Orundfataiter,
Grunbdfteuer) des Aderlandes wechſelt in B. von
9,2 Marl pro Heltar in Ojtpreußen, 10,2 in Poſen
und 10,8 in Weitpreußen, über 19,» in Schleften
EStaatsdurchſchnitt 18,2) bis zu 30,3 in der Rhein:
provinz und 31,2 in Sachſen; derjenige der Gärten
von 19,4 in Dftpreußen bis zu 68,4 in Rheinland
Staatsdurchſchnitt 40,7); derjenige der Wieſen
von 11,ı in Dftpreußen bis 29,1 in Rheinland
(Staatsdurdichnitt 18,1); derjenige ber Holzungen
von 1,8 in Weſtpreußen bis 11,8 in Schleswig: Hol:
ftein (Staatsdurdichnitt 4,9) u. ſ. w. Dem ent:
ſprechend find auch die durchſchnittlichen Heltarer:
träge in den einzelnen Provinzen fehr ungleich.
Im ganzen Staate jtellt fih der Ernteertrag der
dauptfruchtarten im J. 1884 in Doppelcentnern
zu 100 kg wie folgt: Weizen, Spelz und Einkorn
13593835, Roggen 38142750, Gerjte 10408261,
Hafer 24860345, Buchweizen 1223426, Erbjen
und Aderbohnen 3779913, Kartoffeln 141 800105,
Mohrrüben, Weiprüben und Kohlrüben 18373851.
m Durchſchnitt der J. 1879—83 wurden auf den
opf der Bevölkerung 46 kg Weizen u. f. w., 139
Nopgen, 38 Gerite, 4,4 Buchweizen, 14 Erbjen und
Bohnen und 458 kg Slartoffeln — 8.
würde alſo, wenn es auf ſich allein angewieſen
wäre, feine Bewohner troß des großen Anteils der
Induſtriebevöllerung ſelbſt zu ernähren im Stande
ein; indeſſen find Ausfuhr und Einfuhr landwirt—
chaftlicher Erzeugnifje bedeutend. Die Waldfläche,
welche 1883 auf 8146073 ha, davon 33,69 Proz.
Laubholz: , 54,5 Kiefern: und 11,51 fonftige Nadel:
bolzbeitände, ermittelt wurde, verteilt fich ungleich
über den Staat; fie beträgt 6,4 Proz. ber Geſamt—
fläche in Schleswig:Holitein, 16,1 in Hannover, 18
in Dftpreußen, 19,7 in Bommern, 20 in Bofen und
278
Sachſen und fteigt auf 30,7 in Rheinland, 32,5 in
Brandenburg, 33,4 in Hohenzollern und 40 Proz.
in Heſſen-Naſſau. Der Staat befikt 2409739, die
Gemeinden u. f. w. 977084, Stiftungen 88445,
Brivate 4374438, Waldgenoſſenſchaften u. dal.
237005 und die Krone 59449 ha Waldland. Den
Holzertrag jhäst man auf 25", Mill, cbm jährlich,
wovon ein Viertel Stod: und Reiſerholz. Der
Geldertrag aus Holz ftellt fi in den Staatsforjten
auf etwa 20%, Mark pro Heltar der gefamten
Waldfläde. Der Staat läßt ſich eine gute Forſt—
wirtſchaft für den eigenen Befig angelegen fein und
hat neuerdings Gelehe wider ſchaͤdliche Entwal:
dungen und Waldfrevel erlaffen.
Gleich dem Aderbau dent aud) die Viehzucht
2.8 einen nicht unerheblichen Zeil ihrer Erzeugniſſe
in das Ausland ab; einen hohen Ruf hat fich be:
fonders die Pferdezucht erworben. Auf bie Erhal:
tung und Bervolllonmnung guter Raſſen wirken
drei Hauptgeftüte vorteilhaft ein, und aus den eben:
falls vom Staate unterhaltenen 15 Landgeftüten
werben Hengfte alljährlich im Lande verteilt, um
die Stuten der Pferdebefiger gegen ein nicdriges
Sprunggeld zu deden; derartige Bebedungen fanden
1381 100469 ftatt, aus denen über 56000 lebende
Sohlen geboren wurden. Auch die Remontemärkte,
welche zur Ergänzung des Heereöbebaris regel:
mäßig veranftaltet werden, tragen zur Belebung
der Pferdezucht bei. Vor allen andern Lanbesteilen
zeichnet fi in u > Beziehung die Provinz Dit:
preußen aus. Man zählte 1883 im Staate
2417138 Pferde überhaupt, worunter 400363
Fohlen von weniger als drei Jahren, 8924 Zucht:
hengfte, 1514168 vorzugsweife zu landwirtichaft:
liher Arbeit, 66712 Militär-, 426971 fonjtige
Reit- und Wagenpferde, Die Rindviehzucht, unter
beren * zumal die holftein. und frieſ.
Ochſen großen Ruf haben, umfaßt 8737199 Haupt,
nämlich 119 784 Zuchtſtiere, 51328339 Kühe, 747136
Ochſen, 1883474 Ninder von Y, bis 2 Jahren und
853966 Kälber. Einſchließlich Lämmer erijtierten
um diefelbe Zeit in B. 14747975 Stüd Schafvieb,
worunter 5315330 feine Wollfchafe; doch legt man
wegen der Konkurrenz der auftralifcen und Kap:
„wollen feit Jahren mehr Gewicht auf Erzeugung
von Fleiſchſchafen; im ganzen befindet ſich die Schaf:
sucht im Rüdgange; der Ehafbeftand war 1883
un mehr als 25 Proz. geringer ala 1873.
Schweine, einſchließlich der Ferkel, waren 5818 732
vorhanden, Ziegen und Ziegenböde 1679686. Die
Vienenzucdt wurde mit 1237991 Bienenftöden be:
trieben, darunter 178957 mit beweglichen Waben.
Der Hefamtbefig an Vieh verteilt jih auf 3125062
Haushaltungen. Die Fiſchzucht it durch Schon:
geſehe, die gelungene Verpflanzung edler Fiſcharten
u. f. w. neuerdings fehr gehoben worden; die fis—
taliſchen Fifchereigewäfler liefern allein einen jähr:
lihen Padtertrag von über 1 Mill, Mark, Die
Seidenzucht ift im ganzen nicht bedeutend, am mei:
ften noch in Brandenburg, Schleſien und Bommern.
Die Jagdnutzung wird auf etwa 6', Mill. Mark
jährlich veranfchlagt. X
‚ Eine große Bedeutung für die inbuftrielle Thä—
tigteit des Volta —* der Reichtum P.s an Mine—
ralien. Zwar iſt der foſſile Bernſtein der Djtfee:
duſte nur örtlich von einiger Wichtigkeit, deſto um—
fangreidher tritt aber der Abbau rober Dlineralien
auf. Man bricht Marmor in Schlefien und andern
Provinzen, brennt Kalt namentlich in Oberfchlefien,
Preußen (geograpbiich : ftatiftifch)
— Porzellanerde bei Wettin in S
feifen und Waltererde in Mittelſchleſien und Naf:
fau, bearbeitet Lavamuhlſteine in der Rheinprovinz,
andere in verfchiebenen Gebirgen des Landes, ver:
fendet Traß und Tufffteine aus ber Mofelgegend
in die Niederlande u. f. w. Der Induſtrie der
Steine und Erden gehörten 1882 179369 Erwerbs:
thätige und mit deren Angehörigen überhaupt
479117 Berfonen an. Mit mineraliihen Quellen
it befonders der Regierungsbezirt Wiesbaden ge:
jegnet (Bäder in Homburg iesbaden, Ems,
Sclangenbad, Zangen walbadı, Eoden u. f. w.),
aber aud der Kaſſeler Bezirk (Nenndorf, Schwal-
geim), Nheinland (Machen, Kreuznach, Heuenabr),
lefien (Warmbrunn, Salzbrunn, ——
Reinerz, Landech und ſporadiſch auch andere Bro:
vinzen, Der Bergbau, welcher 1883 auf 1818 s
fen, darunter 1577 in Produltion, mit einer durch⸗
—— Belegſchaft von 284270 Köpfen betrie—
en wurde, lieferte Mineralien von 69222260 t im
Merte von 367,3 Mill. Marl an den Gruben.
Steintohlen allein wurden 50611018 t von 255,3
Mill. Mark Geldwert gewonnen. Sie kommen in
ber Rheinprovinz an der Saar, nördlid von der
Eifel (Inde- und Wurmrevier) und am beiten und
reidhlichften im Gebiet der untern Nuhr vor; der
Koblenreihtum der Provinz Weſtfalen liegt im
Ruhrgebiet und an den Borbergen des Teutoburger:
walde3, der Hannovers am Deifter und im Fürften:
tum Dönabrüd, ber der Provinz Sachſen im Beden
von MWettin und der Schlefiens im Waldenburger
und befonder3 im Tarnowiher Revier. Braun:
tohlen, deren Förberung fid) 1883 auf 11826 630 t
von 31,5 Mill. Mark Wert belief, finden fich zwar
in ben meiften Provinzen; —— Mengen lieferten
indes nur Sachſen, Brandenburg, Niederſchleſien
und der Regierungsbezirk Köln und Kaſſel. As—
phalt (20411 t zu 134419 Mark) neben Erdöl
(2495 t zu 254117 Marl) ift bloß in Hannover von
einigem Belang. Unermeßliche Lager von Stein:
falz beſiht die Provinz Sachſen im Staßfurter
Beden und bei Erfurt; hier und zu Stetten in
Hohenzollern wurden 203241 t zu 1262534 Mari
Wert gefördert, wovon fat neun Zehntel ohne
Umfiedung in den Verbrauch gelangen. Daran
fchließen v 230071 t Kainit zu 3,ı Mill. Marl,
andere Halijalje 609742 t zu über 5 Mill. Matt,
etwas Bitterſalze und reiner Boracit zu 74200 Marl,
Die Gefamtproduftion von mineralifhen Salzen
betrug 1048235 t zu 9465000 Marl. Die Erz
gewinnung umfaßte: Eiſenerz 4118331 t zu
27507000 Dtark (befonders in den Bezirlen Kto:
blenz, Arnsberg, Oppeln, Wiesbaden, Hildesheim
und Osnabrüd), Zinterz 676 796 t zu 8858 000 Mark
(hauptſächlich in Oberſchleſien), Bleierz 149445 t
zu 17145000 Marf (in den Bezirken Aachen ⸗
peln, Wiesbaden, —— uü. ſ. w.),$ pfererz
604406 t zu 15775000 Dark (hauptſächlich in der
Grafihaft Manzfeld), Silber: und Golberz 96 t
zu 57000 Mark (bei Clausthal), Kobalterz zu
19000 Mark (im Kafleler Bezirk), Nidelerz, Anti:
monerz, Arfeniferz, Manganerz 4573 t zu 118000
Markt, Schwiefelfies 148717 t zu 1352000 Mart
(bauptfächlic im Bezirk Arnsberg) und fonftige Bi:
triol: und Alaunerze. Die nefamte Erzgewinnung
belief fi auf 5713471 t im Werte von 70868 009
Mark, Die Salzgewinnung aus wäfleriger Lö:
fung u. f. w. befhäftigte 59 Werke mit 3642 Mann,
welche neben Alaun (323800 Mark), fchwefelfaurer
Preußen (geographifch:ftatiftifch)
Thonerde (911250 Mark), fchwefelfaurer Kalium:
magnefla (435800 Marl) u. a. m. vorzugsweiſe
Gtlauberfalz (2053700 Mark), fehwefelfaures Kali
(2 752400 Mark), Chlorkalium (10467000 Mart)
und Kochſalz (6316000 Mark) produzierten. Die
Gefamtgewinnung von Salzen aus wäfleriger Lö—
fung betrug 425209 t zu 23360000 Mark Wert.
% ausgedehnt ijt auch der Hüttenbetrieb.
Tie Metalldarftellung aus Erzen und Edladen
machten fich im J. 1883 212 im Betriebe befindliche
Werke zur Hauptaufgabe, nicht eingerechnet bie
hüttenmäßige Verarbeitung von Roheiſen; e8 ar:
beiteten 1883 darin in mittlerer Belegung 35 786
Arbeiter; in ber gefamten Hütteninduftrie waren
1882 109088 Perſonen thätig. Aus 10193912 t
Erz, Schladen und andern Materialien wurden
3037 652 t Metall und andere Hüttenprodulte im
Werte von 227240 7738 Mark, außerdem Edelme:
talle, Cadmium und Uran im Werte von 26111 130
Mark erzeugt, ſodaß die geſamte Hüttenprobultion
(inmer ohne die weitere hüttenmäßige ale
verarbeitung) fi) auf 253360000 Mart belief. Es
betrug die Produktion an Noheifen 2575 978 £ von
143 070300 Mark Wert, an Zinkin Blöden 116644 t
von 33668 700 Marl, an Blei in Blöden und gl
glans 88667 t von 21348400 Marl, an Vlod: un
tofettenfupfer nebit Kupferſtein 18750 t von
24855500 Marl, Silber 172866 kg von 25804900
Mark, an Gold 101 kg von 284400 Marl, an Nidel
nebit Rideltupfer und Nidelfpeife 109 t von 755000
Dart, an —— 224980 t von 12253600
Mark, an Bitriol 8550 t von 1334500 Marl, an
Schwefel 3753 t von 497385 Mark, dazu etwas
Cadmium, Uranpräparate, Mangan, Zinn, Kobalt:
farben, Antimon und Arfenitalien, Außerſt um:
angreich iſt die büttenmäßige —— des
oheiſens, namentlich in Berlin, Sachſen, Nhein:
land, Meftfalen und Schlefien, und die preuß. Eiſen—
indujtrie gehört mit zu den eriten ber Welt,
Die Intelligenz und ber Fleiß der Landesbewoh-
ner haben P. auch im übrigen den induftrielliten
Etaaten beigefellt; die Hinwegräumung aller Zunft:
beichränlungen und zu weit gehenden Bolizeivor:
foriften durch die Stein: Hardenbergfche Gefehne:
bung, die Gewerbefreiheit, fjodann eine dem Groß:
gewerbsbetriebe günftige Öeiepgebung, die Handels:
olitik, die ftarle Zunahme der Bevölterung und
ie bis zur liberproduftion führende Zuwendung
bedeutender Kapitalien trugen zu biefem Ergebnis
das Ihrige bei, nicht minder 2 die ftaatlichen
und jonftigen Einrichtungen zur Hebung der ge:
werbliden Bildung und Geſchiclichkeit, jowie die
reichs⸗ und —— — Maßnahmen zum
Schutz gegen unbefugte achahmung. _Hauptjike
der Gewerbſamkeit ſind die großen Städte, die
Thäler im Stromgebiet des *— die Regie:
rungsbezirte Aachen, Düffeldorf, Arnäberg, der
nördl, Teil des Mindener Bezirks, der Süden Han:
nover3, der Sübmelten Sachſens, die Laufik und
die Borlandihaften der Sudeten. Mit Ausſchluß
der vom Bergbau, Hütten: und Salinenbetriebe,
fowie von der Torfgräberei lebenden Bevölte:
rung gehörten 1882 nad) dent Hauptberuf der Er:
werbsthätigen 8266925 Bewohner P.s der In:
dufirie mit Einfluß des Bauweſens an; das find
30,3 Proz. der Gefamtbevölterung. Beider Gewerbe⸗
zähfung 1832 wurden, ausfcliehlid, der Handels
und Vertehrägewerbe, aber einfchlichlich des Berg:
baues und der Hütteninduftrie, 1245362 Haupt:
279
und 187171 Nebenbetriebe verzeichnet; von eritern
befanden fd 201 im Befiß des Staats oder Reiche,
403 in demienigen kommunaler Körperfchaften,
2215 in demjenigen wirtfchaftliher Gefellichaften
und Genofienichaiten, 16783 in demjenigen meh:
rerer Gefellichaften und 1225760 in demjenigen
einzelner Berfonen; 92 Hauptbetriebe befchäftigten
mehr als 1000, 1062 zwifchen 201 und 1000, 4399
zwiſchen 51 und 200, 20765 zwiſchen 11 und 50,
29997 zwiſchen 6 und 10, 1189047 weniger als 5
Perſonen; unter lektern waren jpeziell 768510 Be:
triebe einzelner Perſonen ohne Gehilfen und ohne
Motorenbenupung, welche fomit die einfachite Form
des handwerksmäßigen Handbetriebes darftellen.
Als Inhaber und Geichäftsleiter find 891 731 männs
liche und 321125 weibliche Perſonen, als taufmän:
niſch und technifch gebildetes Perſonal 70.066 männ:
liche und 1401 weibliche Berionen, als Gehilfen,
Lehrlinge und Arbeiter 1910652 männlidhe und
288160 weiblihe Perfonen bezeichnet. Die Ge:
famtzahl von 3483135 in der Induſtrie Beichäftig:
ten verteilt fich auf die Gemwerbegruppen: Kunft,
und Handelsgärtnerei mit 28247, Siierei und ge:
—— Tierzucht mit 21114, Bergbau, Hüt:
tens und Salinenweſen und Torfgewinnung mit
359177, Induſtrie der Steine und Erden mit
216931 , Dietallverarbeitung mit 285112, Heritel:
lung von Mafchinen, Werkzeugen und Apparaten
mit 200528, chem. Induftriemit 38722, Herftellung
von Heiz: und Leuchtſtoffen mit 24399, Tertilindu:
ftrie mit 428548, — und Lederinduſtrie mit
117210, Induſtrie der Holz: und Schnikftoffe mit
253925, Herftellung von Nahrungs: und Genuß:
mitteln mit 393105, Gewerbe für Belleidung und
Reinigung mit 741142, Baugewerbe mit 331338,
polygrapbifche Gewerbe mit 35970, künſtleriſche
Betriebe für gewerbliche Zwecke mit 7672. Die
Verbreitung der einzelnen Induſtriezweige über den
Staat und Is Zeile ijt, je nad) dem Vorhanden⸗
fein der allgemeinen und bejondern Borbedingungen
für ein Gewerbe, jehr ungleih. Cine gedrängte
Schilderung der daralteriftiihen Andultrien der
einzelnen Provinzen ijt in den Artikeln über lehtere
erfolgt, weldhe daher zu_vergleihen find. Im J.
1885 ift man mit der Schaffung befonderer Ge:
werbefammtern (f. db.) vorgegangen.
Dem bedeutenden Umfange des Bergbaues und
der — 6 iſt auch die Menge der
in Gebrauche befindlichen motoriſchen Kräfte
ſehr groß; 1882 wurden 60817 Hauptbetriebe er:
mittelt, welche motorische Kräfte verwendeten, Im
%.1885 waren in P. 41421 feitftehende Dampfleſſel,
38830 feftftehende Dampfmafchinen und 9191 be:
weglihe Dampfleſſel und Lolomobilen vorhanden
und zum allergrößten Teile in der Induftrie thätig.
Allein an Dampfpferdeträften beſaß 1885 P.s In—
duftrie und Pandwirtichaft 1304884; dazu fommen
noch ungefähr 290000 Waſſerkraft-, Gastraft:,
Windkraft: und ———— Rechnet
man hierzu die in den Handels: und Verlehrsgewer⸗
ben benubten rund 2394400 Pferdeſtärken, fo ftellt
fi die Summe von zur Form: und Drt3verände:
rung verwendeten Pferdeſtärlen in B., ohne Gin:
tehnung der Kriegsflotte, auf rund 3989300.
Der Verkehr ilt jehr lebhaft entwidelt und hebt
fi) Hand in Hand mit der wachſenden Induſtrie,
dem blühenden Handel und dem weitern Ausbau
der Verlehrsſtraßen außerorbentlih. Im J. 1882
waren im Land: und Waflerverkehr, ſowie in den
250
bierher zu rechnenden Gewerben für Beherbergung
und Grquidung 415988 Perſonen erwerböthätig;
mit Einrechnung der Angehörigen u. f. w. derſelben
lebten im nanzen 1349687 Bewohner P.3 unmittel:
bar vom Verkehr. Die Eröffnung neuer age
wege ilt in ftetigem Fortichreiten begriſſen. Den
bereits erwähnten natürlichen und künftlihen Waf:
feritraßen im Innern des Landes treten zahlreiche
Chauſſeen hinzu, in deren Erbauung P. in der neue:
ſten Zeit ſehr eifrig und mit Aufwendung beträdht:
licher Mittel (früher aus Staatsfonds, gegenwär:
tig aus Provinzial: und Kreisfonds) vorgegangen
ift. Es gibt deren innerhalb der weſtl. Provinzen
ungleidy mehr als innerhalb der öjtlihen; fie gehö—
ren gegenwärtig, nachdem die Straßenbau:Angele:
enheiten den Selbjtverwaltungsförpern übertragen
ind, entweder den Provinzialverbänden oder den
Kreifen, nur wenige einzelnen Gemeinden ober Pri⸗
vatperfonen. Ihre Länge ift wohl auf 75000 km
zu ſchäzen. Das Eifenbabnnek umfaßte zu Ende
1884 eine Gefamtlänge von 21 923 km, welche inners
balb der Grenzen des Staats dem öffentliden Ver:
tehr gewidmet waren; bierunter befanden ſich
17543 km Haupt: und 4380 km Nebenbahnen von
bloß lokaler Bedeutung; 1265 km lagen in Dit:
preußen, 1106 in Meftpreußen , 2540 in Branden:
burg, 1343 in Pommern, 1144 in Bofen, 3010 in
Schleſien, 2011 in Sachſen, 999 in Schleswig:Hol:
ftein, 2095 in Hannover, 2070 in Weitfalen, 1325
in Hejien:Nafjau, 2033 in Rheinland und 81 in
Hohenzollern. Ferner waren große Streden Gru:
ben: und Indüuſtriebahnen für nichtöffentlichen
Verlehr vorhanden. Entſprechend der neuern preuß.
Eiſenbahnpolitik ſind die Bahnen gegenwärtig zu
faſt 90 Proz. (18799 km) Staatsbahnen; die noch
nicht verftaatlidhten Vrivatbahnen (3124 km) find
zu mehr al3 einem Drittel lediglich Nebenbahnen
von untergeorbneter Bedeutung. Außerpreuß.
Gijenbahnen beſihen kurze Streden an der Grenze,
wogegen mehrere preuß. Bahnen in das benachbarte
Ausland hinübergreifen, Das gefamte Anlage:
fapital der preuß. Giienbabnen betrug 1881
5388247000 Marl, oder für jeden der Damals vor:
bandenen 20492 km durdichnittlic 262944 Marl.
An Betriebsmitteln waren 1881 auf fämtlichen
Bahnen in P. vorhanden 7144 Polomotiven, 10955
BVerfonen:, 150919 Güter: und 745 Boitwagen.
Befördert wurden in demjelben Jahre 124383 963
Perſonen mit 4050 Milliarden Berfonentilometern
für 144738000 Mark und 120120222 t Güter und
Vieh mit 9598 Milliarden Tonnentilometern für
402741000 Mart, _
Der Verkehr auf den Waſſerſtraßen it ebenfalls
außerordentlich beträchtlich und mit dem Ausbau
des Cifenbahnnekes immer mehr geitiegen, zumal
die Konkurrenz der Gifenbahnen eine Ermäßigung
der Kanalgebühren und früher ſchon die Aufhebung
der Flußzölle herbeigeführt hat. Er läßt ſich aber
nicht wohl allgemein, fondern nur individuell für
einzelne bedeutende Durchgangs- oder Hafenorte
darjtellen. So find 3. B. 1883, ausschließlich des
Floßverlehrs, bei Schmaleningten auf der Memel
in der Berg: und Thalfahrt 2908 beladene und un:
belabene Frachtſchiffe von 299000 t Tragfähigkeit
mit 143600 t Güterladung durdhgegangen; bei
horn auf der Weichfel 1943 Schiffe von 212900 t
Tragfähigkeit mit 155 800t Gütern; auf dem Brom:
berger Kanal 1809 Schiffe von 160500 t Zragfäbig:
keit mit 93800 t Gütern; bei Küftrin auf der
Preußen (geographiſch-ſtatiſtiſch)
Warthe 4525 Schiffe von 465000 t Tragfähigkeit
mit 282500 t Gütern; ebenda auf ber Oder 4664
Schiffe von 432800 t Tragfähigkeit mit 307000 t
Gütern; bei Thiergarten (Oblau) auf der Dder 1666
Schiffe von 111400 t Tragfähigteit mit 49600 t
Gütern; auf dem Friedrich Wilhelms: (Müllrofer)
Kanal 8616 Schiffe von 344300 t Tragfähigkeit
mit 183400 t Gütern; bei Berlin auf der Spree
angelommen 32007 Schiffe von 3133400 t Trag:
—I mit 2896500 t Bütern; bei Harburg auf
er Elbe angelommen 12 632 Schiffe von 402000 t
Tragfähigkeit mit 300700t Gütern ; auf dem me
tanal bei Eberswalde durchgegangen 11 941 Schiife
von 1201800 t Tragfähigleit mit 1054900 t Gü:
tern; bei Magdeburg auf der Elbe angelommen
4990 Schiffe von 1091400 t —— mit
689000 t Gütern; auf dem Plauer Kanal durchge⸗
gangen 7142 Schiffe von 918600 t Tragfähigkeit
mit 664600 t Gütern; bei Bremen (Boligrenge) auf
der Ober: Mefer durcgegangen 1166 Schiffe von
138315 t Tragfäbigteit mit 99700 t Gütern; bei
Gmmerid auf dem Rhein 36791 Schiffe von
6072400 t Tragfähigkeit mit 4494300 t Gütern;
bei Ruhrort auf dem Rhein abgegangen 12768
Schiffe von 2118700 ie mit 1977200t
Gütern; bei Güdingen auf der Saar burchgenan:
gen 7456 Schiffe von 1683600 t Tragfähigleit mit
680700 t Gütern u. ſ. w. Der Beſtand an in P.
— luß⸗, Kanal⸗, Haff: und Küſtenſchiffen
belief ſich Anfang 1883 auf 13120 (darunter 512
Dampfidiife), von 12733 wird die Tra 55*
auf 1198005 t angegeben; die 512 Dampfer hatten
ua Ze von 63913 indizierten Pferdekräften.
Der Seeverfehr, dem Sigenhankl und der Spe:
bition gleihmäßig Dienfte leiltend, iſt in einzelnen
Hafenplägen fehr umfangreid). 9 beſiht, außer
kleinern, 27 Häfen, in welchen der Seeverlehr eine
töbere Bedeutung hat; bie hervorragenbditen find:
Nemel, Königsberg, Pillau, Neufahrwafler (Dan:
ig), Swinemünde, Stettin, Kiel, Flensburg, Al:
tona und Geeitemünde. Am großen Weltvertehr
nimmt das Land indefjen einen feiner fonjtigen
Bedeutung Br entiprechenden Anteil, indem es
ſich vielfady der Bermittelung der Hanfeftäbte, Grob:
britanniens und der Niederlande bedient, Im J.
1884 verfügte die preuß. Reederei über 2747 See:
ſchiffe mit 453272 Regiftertons Netto-Raumgehalt
und mit 17103 Mann Bejapung; darunter befan:
den fid 280 Dampfichiite mit 94256 Negiftertons
und 3306 Mann, Auf Ditpreußen fallen 32178,
auf Weitpreußen 43509, auf Pommern 159095,
auf das Ditfeegebiet Schleswig: Holfteins 80316,
auf deſſen Nordjeegebiet 35285, auf das Elb⸗ und
Weſergebiet Hannovers 50021, auf das Ems: und
Jadegebiet 52871 Regiftertons,
Der Verkehr der wichtigſten Hafenpläke war
1883 folgender: Memel eingegangen 940 Schifie
von 230082 Regiftertons (davon 508 Schiffe von
140023 Regiſtertons in Ballaft oder leer), ausge:
gangen 948 Scirfe von 228909 Regiſtertons (16
Schiffe von 5851 Regijtertong); Königsberg einge:
angen 1635 Schiffe von 368286 Regiſtertons
418 Schiffe von 99925 Regiftertons), ausgegangen
1750 Schiffe von 397231 Regiſtertons (39 Schiiie
von 9844 Regiftertond); Pillau eingegangen 390
Schiffe von 191966 Regiftertons (106 Sale von
58351 Regiftertons), — en 368 Schiffe von
219189 Regiſtertons (63 Schiffe von 41849 Re
giftertons); Neufahrwafler (Danzig) eingegangen
Preußen (geographiſch-ſtatiſtiſch) 281
2352 Schiffe von 652828 Regiftertons (560 Schiffe —— und beruht auf der Goldwährung und ber
von 187471 Regiſtertons), ausgegangen 2365 ecimalteilung (1395 Mark — 1 Pfund fein; 1 Mart
Schiffe von 658126 Regiftertons (458 Schiffe von | [4]=100 Pfennige). Das Maß- und Gewichts:
111591 Regütertons); Smwinemünde eingegangen arm, gleichfalls reichsgeſetzlich durch die Maß:
567 Schiffe von 241722 Regiftertons ( Schiffe | und Gemwichtäordnung vom 17. Aug. 1868 ges
von 5163 ee), ausgegangen 563 Schüfe | ordnet, ift das metriſche.
von 238333 Negiſtertons (331 Schiffe von 171271 Entiprechend der hoben wirtichaftlichen Entwide:
Regütertong); Stettin eingegangen 3251 Schiffe | lung üt aud das Bant: und Kreditweien in
von 859052 Regiftertong (206 Schiffe von 213412 | B. Fehr vieljeitig ausgebildet. Bezüglich der Yet:
Regiftertons), ausgegangen 3528 Schiffe von
876646 Regiitertong (516 Schiffe von 220658 Re:
güftertong); Kiel eingegangen 3217 Schiffe von
439491 Regiſtertons (149 Schiffe von 9586 Ne:
great), ausgegangen 3254 Schiffe von 449352
egiftertons (844 Schiffe von 126919 Regiitertons);
—— eingegangen 1329 Schiffe von 117446
egiſtertons (128 von 4799 Regiſtertons),
Teer igen 1138 Schiffe von 120208 Regiſtertons
(497 Scyitie von 93 922 Regiſtertons); Altona ein:
angen 585 Schiffe von 138810 Negijtertons
(6 Shit von 1596 ——— ausgegangen
Schifſe von 110843 Regiſtertons (122 Schiffe
von 97612 Negiftertons) ; Geejtemünde Any
618 Schiffe von 225126 Negijtertond (118 Hi
von 25093 Negilterton), —— en 629 Schiffe
von 255349 Negiltertons (233 Schiffe von 131929
Negiftertond). Der gefanıte Seevertehr P.3 bezif⸗
ferte fe auf 43318 Schiffe von 4449395 Regiſter⸗
lons im Eingange und 42982 Schiffe von 4485594
Regiftertons im Ausgange; davon gehören etwa
zwei Drittel der Regiltertong dem Dampferverkehr | Grundkapital) zu Nöslin, die Schleſiſche Boden:
an, Der Verkehr der Bolt und —— kann für | trebit:Aftienbant (mit 7% Mill), die Preußiſche
P. nicht Bene angegeben werden, da dies Ans | Bodenkredit:Aktienbant (30 Mill), die Preubil
gelegenbeiten des Deutihen Reichs (f. d.) find. Gentral:Bodentredit:Altiengefellihaft (147, Mill.),
die Preußiſche Hypothelen : Attienbant Spielha en
(6 Mill.), die Deutihe Hypothetenbant (5% Mill.),
die Norddeutiche Grundfrebitbant (4, Mill), die
Preußiſche Hypothelenverficherungs » Attiengeiell:
(dert 15 Mill.) und bie Preuß Immobilien⸗
ktienbant (6 Mill.) in Berlin, die National:Hypo:
De Mare te (etwa 1 Mill.) in Stettin
der Frankfurter Hypotbelen:treditverein (1? Mill.)
und die Frankfurter Hypothelenbank. Zur Betrei-
bung von Kommiſſionsgeſchäften wurden unter an:
dern gegründet: bie Breslauer Wechslerbant
a, der Börfenhandelsverein (3 Mill), der
erliner Maklerverein (3 Mill.), die Börjenlom:
miffionsbant (2Y, Mill), die Gifetenmallerbant
(2 Mill), die Fondsmallerbant (1%, Mill.), die ©e-
treidemalferbant (1Y, Mill), die Maklerbant
3 Mill.) in Berlin, die Koiniſche Wechsler: und
ommiffionsbant (5"/ mil), die Deutiche Gifel:
ten: und Wechſelbank (12 Mil.) in Frankfurt a, M.
Andere hervorragendere Banten, ausgenommen bie
R Bauzweden errichteten, find: die Königsberger
ereinsbant (3 Mill.), die Bant — Landwirtſchaft
und Induſtrie (2'/, ill.) in Polen, der Oberſchle⸗
iſche Kreditverein (1'/; Mill.) in Ralibor, die Ober:
lefiiche Bank für Handel und Induſtrie (1Y, Mill.)
in Beuthen, der Schlefiiche Bankverein (18 Mill.)
in Breslau, die Breslauer Discontobant (13),
Mill.), die Kommunalftändiiche Bank für die preuß.
DOberlaufik in Görlig, die Niederlauſiher VBant
2), Mill.) in Kottbus; folgende in Berlin: bie
iscontogefellihaft (60Y, Mill.), bie Deutiche
Bank (45 Mill), die Berliner Händelsgeſellſchaft
(20 Mill.), die Nationalbank für Deutichland
20 nn die Vereinsbant (6 Mill.), die Deutiche
enofienichaftsbant Sörgel:Varrifius (9 Mill),
telbanten bat die Reichsgeſehgebung einheitliche
Drdnung geſchaffen, mit dem in Cngland und
——— bereits erreichten Ziel einer Gentrali:
ierung ber —— e durch die Reichsbank.
Indeſſen beſtehen in P. neben letzterer, die ihren
Haupiſih in Berlin und zahlreiche Filialen im Lande
at, zur Zeit noch folgende Hettelbanten: Frant:
urter Bank mit 177, Hannoverfhe Bank mit 12,
Danziger Privat: Aktienbant, Provinzial: Altien:
bank des Großherzogtums Poſen, Städtifhe Bant
u Breslau, Magdeburger und Kölnische Privat:
ank mit je 3 Dill, Mark Grundkapital. Dem
Nealkredit dienen die Landestreditanitalten für
—— Heſſen und Naſſau, die auf Gegenſeitig—
eit errichteten ältern und neuern General-Land—
ſchaften u. dal. zu Königsberg, Marienwerder,
Stettin, ss, reslau, Görlik, Berlin, Halle,
Kiel, Stade, Celle, Hannover und Aue einige
Heinere Verbände, dann die Presse hiltstafjen
u. f. w., ferner folgende Altiengeſe Br die
Bommerfhe Hypothefen:Aktienbant (mit 3 Mill.
Der Handel mit nihtpreuß. Ländern ift ein
Beitandteil de3 Handels des —— und man⸗
gels beſonderer preuß. Erhebungen nicht nachzu⸗
weiſen. Er hat aber einen ſehr bedeutenden Um—
fan r den Außen⸗ und — mit
Einichf des Kredithandels, aber ohne die Haufier:
ee wurden 1882 im ganzen 260 769 Haupt:
mit 492720 darin beichäftigten Perjonen
und außerdem 88 787 nebenfädhlich betriebene Han:
—— gezählt; von den Hauptbetrieben hat:
ten 85157 je 1—5 Gehilfen, 7231 dagegen 6 und
mehr Gehilfen, von leptern 141 fogar mebr als
50 Verjonen. Die im Hauptberuf vom Handel
lebende Bevöllerung (Ermwerbsthätige, Angehörige
und Dienitboten) bezifferte fih auf 1256099 ober
m der Gejamtbevölferung. ——
be für den Binnen: und —— ind Ber⸗
in, Königäberg, Danzig, Stettin, Poſen, Breslau,
Mag 9, Hannover, Altona, Frankfurt a. M,,
Köln, Barmen, Elberfeld, Krefeld, aud Frankfurt
a. D.; ber Bin ndel blüht außerdem in vielen
ge Städten. In über 2700 Orten finden neben
Heinere Märkte und Mefien ftatt, darunter bedeu—
tende Wollmärkte in Berlin, Breslau, Königsberg,
Lands a. W., Straljund Hildesheim,
ver, Pa en und Kaſſe E3 beftehen in
81 Handelälammern. Regelmäßige Börienver:
andengrö ge äben, worun:
die zu Berlin und ranffurt a. M. von europ.
zeitweilige Induſtrieborſen an verichie:
denen Orten, die en zu Franlfurt a. M. und
—— a. O. * ieren den Umſaß im Großen
und die Preiſe. 8 Münzwejen iſt durch die
Neichögejehe vom 4. Der. 1871 und 9. Juli 1873
282
die Berliner Produlten⸗ rm
vie Sandwirtfchaftlice Bant (1%, M Bant
für * und Produltenhandel a, ‚de
Bant Berliner Kaffenvereins (9 Mill),
en emeine Deutfche —— eich (| io) ):
en weitl. zeug en: ber an N eburger Bant:
Serie und ve — —— ant (je 3MiM.),
die Erfurter Bant (1 M der Hall je Pant
verein (6 Mill.), die Kereindbant (9 Mi F Han⸗
nover, die Osnabrüder Bant (1Y, Mill, ), die Land:
räflich Seide tonzefjionierte Landesbank in
Homburg, die Deutfche Vereinsbant (24 Mill.), die
Deutſche Handelägefellicha a (9 Mill.), der Frank—
juni ntverein (9%, iD in anffurt amM,,
die Weftfälifhe Ban (4Y, V Si), n Bielefeld die
Eſſener er u ), die Duisburg:
Shane 8 ant (1% M der Barmer Bant:
verein Sn 10 Mill, NR die ie Leni, Märlkiſche Bant
(10%, Mill.) in Elbe — Schaaffhauſenſche
Banlverein — Nil), die eitige male
Genofienfhaftäbant ( (1% Mil.) in Köln, die G
werbebant (2 Mill.) in Krefeld,
contogefellichaft 65 ill.) die Bank für Handel und
Gewerbe (6 Mi 9 in Ya * die Mittelrheiniſche
Kreditbank (1°; Mill.) in oble enzu.a. Gigentlidher
Vantier des Staats ift die ihm gehörige Preußifche
Ceehandlung in Berlin. Der Geld: und Kredit:
handel wurde 1882 in B. von überhaupt 2506 Ge:
ſchäften (darunter von 415 nebengewerblih) und
12389 Berfonen er ungerechnet jedoch bie
Landichaften u. dgl ., jomie die dem Kredit vielfach
dienftbaren Öffentlich id ——
Die Anſtalten Br orforge zeigen fi in
P. nad allen Seiten gut entwidelt. Sparkaſſen
wurden al Sammel unfte und Nubungsanftalten
der Heinen Erfparnilfe im erften Viertel des 19.
Jahrh. nur in geringer Anzahl von ftädtifchen Be:
bhörden und einzelnen Privaten errichtet; feit dem
Erlaß des Neglement3 vom 12. Dez. 1838 nahm
die ab! der Gemeindefpartafien beträchtlich zu,
und feit den fünfziger Gabten traten ſehr viele
Kreisanftalten diefer Art auf; zum Teil dienen fie
gleichzeitig als Darlehnstaffen. m %. 1883 be:
siehungsweife 1883/84 beftanden as 1258
Sparta en mit einem Cinlagelapital von 1966
SU, Mark, die fih auf, 3650613 Sparbücher
(darunter fol 28,03 Proz. mit weniger ala 60 Mark)
— Keſerveſ onds belief ſich auf 128,6
tarf. Von den 2045,5 Mill, Mart jinabar
an aelcaten Beltänden waren 26,65 Proz. ald Hypo:
thelen auf ftädtifche, 28,02 auf ländlide Grund:
— 26,75 in kurshabenden Wertpapieren ange:
2 * gegen Pfand, 9,87 auf Schuldſcheine und
et und 6,62 an öff Hentliche Inſtitute und Hör:
perfchaften ausgeliehen. Neben der in den J. 1884
und 1885 reichögefehlich geordneten Kranken: und
—— —— .d.) der Arbeiter wirten zahl⸗
reiche freie Vereine, welche ihren etwa 250 000 Mit:
aliedern Unterftühung i in hl gm rt ober den
Hinterbliebenen Begräbnisgeld gewähren. Für die
Vergwerld: und Hüttenarbeiter beſtehen Zwangs⸗
taflen feit Jah ——* bei einzelnen Werken oder
in größern riften, und zwar verfichern dieſe
Knappſchaftskaſſen ihren rund 320000 Mitgliedern
auch SEUDLARDERS EHEN und bieten verichiebene
andere Vorteile. Ähnlich find die mit Zufchußver:
vilic tung der Arbeitgeber ausgeftatteten Fabrik:
arbeiter-Unterftügungstaffen und Geſellenlaſſen für
einzelne Anftalten und Verufszweige oder für die
die Aachener Dis, Mm
Preußen (geographiſch-ſtatiſtiſch)
betreffenden Arbeiter innerhalb bes Gemeinbebegiris
eingerichtet. Die Zahl —— Kaſſen dieſer
tern Art mit Einſchluß der
—* betru ok: P. sol me —*
iedern. Verhältnism
nftalten der ebenfalls — um bi
vereine ( d.) nad Sir em Mufter.
—* Be er — eamten und
ber Lehrer find nefehlich geregelt, desgleichen die
is e für die Hinterbliebenen der Eivilbeamten
und der Lehrer, Für die Beamten der Gemeinden
und vieler u Privatunternehmungen, ſowie
für die Werkitättenarbeiter und das untere Betriebs⸗
perfonal der Eifenbahnen, befonders
nen, beftehen enfionstaffen mit Zufchüfien der Ge-
meinden oder nternehmer. Bon ben na lze⸗
Delißſchſchen Grundfägen arbeitenden Erw und
Wirtſchaftsgenoſſenſchaften gab es Ende 1881 in P.
1051 Vorfhuß: und Kreditvereine, von weldhen 496
einen Umfaß von 1958, Mill, Marl $
daneben beftanden viele "Ronfumvereine, ftoff:,
agazin-, Werl: und Baugenofjenfchaften,
Die Berfiherungen auf den Lebens: und
Todesfall haben in P. feit —— vieler mit⸗
einander konkurrierenden, zum Teilta —
Geſellſchaften in hohem Maße Teen, Beten
den verfchiedenen Zweigen der Lebens:
und * —— efaßten ſich in
1883 überhaupt 65 paid AKT Dale
—* und Anftalten; die ver:
apitalverficherungen ben
außerdeutſche —
ſicherte Summe der
Todesfall betrug allein über 1353
439 000 Bolicen; Knie hang 15 Boy.
der V ai blume ällig und en —
Auszahlung. Ins fiberwiegen der deutfchen
tiengefellf aften ift ein bedeutendes; ihnen ver
ten 65,4 Proz. aller * Berfonen
58,3 Bros. der gefamten Verſich — —
während auf die Gegenſeitigleit lt ae
beziehung&weife 36,5 Broz., ber
deutf * e Geſell —** entfel. Die ——
und —— — D bat ihren Schwer:
pentı * lreichen lotalen Sterbelaſſen; die gro-
— Geſellſchaften — hieran nur einen unter:
geordneten Anteil. a re auf 7
Erlebenzfall ewähren 33 Gefellichaften u,
Die gewerblihe Unfallverfierun ———
mit 572773 verſicherten Perf —2
lichen Geſellſchaften ſteht * der NR —2
—— der — en und ii
aftstafien zu ie Nentenverfiherung
gleichfalls nicht fehr entwidelt. Die
gegen. Hagelihäden betreiben neben außerpreu
hen in P. felbft e Afalln nf, & und 27
* und kleinere Anſtalten auf Gegenſei
Viehverfiherung find neben 9 groͤßern
felfihn * — meift Heine
thätig. e ©ee:, Fluß: und Landtransportver:
fiherung ift bei dem bedeutenden Verle
umfänglih entwidelt; aufer nichtpreubif
treiben in P. felbft 25 aröfere Gefellichaften he
außerdem eine Anzahl —— Anftalten und Ber:
eine diefen ne Angel ngszweig; am bedeuten
it das Gefchäft der Düffeldorfer Geieltihe *
Rheiniſch⸗ dpi eg loyd in G
Deutichen Lloyd in Berlin, der ————
portverficherungägefellichaft dajelbft en
in Köln und des Neuvorpommerfchen
e Seite
fiherungsvereind in Stralfund,
Preußen (geographifch -ftatiftifch)
Suualbeliuweridierunotgeieliäuft und die Nord:
——— hol in Berlin betreiben außer
Dan ten auch die Verficherung gegen Kün—
digung Ausfall von Dupotgeten. Spiegel:
ola herung gewähren bie — ———
die Berliniſche, die Hannoverſche und die Kölniſche
Spiegelglasverſicherungsgeſellſchaft, außerdem ne:
benbei einige für andere Berjiherungsarten be:
ftimmte ee ften. x die Berfiherung gegen
uerſchãden ht in P. ein ſehr umfangreicher
pparat. Die meiſten Landesteile ſind aus frühern
an ber mit ftändifchen oder ſtädtiſchen Feuer:
ocietäten verfehen,
Pflichten befaben, ihre Ausnahmeftel:
fung aber großenteil3 allmählich verloren und die
Verſicherung von Mobilien erft in neuerer Zeit auf:
—— ben. aft alle find mit ähnlichen
nftalten anderer Staaten zu_ einem Verbande
deutfcher öffentlicher eng in no ern
mit dem Eibe in Merjeburg zujammengetreten,
und mehrere unter ihnen haben eine befondere Rüd:
—— oſſen, um Schwankungen in
den Beitragsſahen moͤglichſt zu vermeiden. Bei
38 Anftalten dieſer Art waren zu Ende 1882 an
nmobilien 13492 und an Mobiliar 1339 Mill,
mit durchſchnittlich 1302 Promille Beiträgen
verfihert, Ihnen reihen nd: 78 auf eine Bro-
vinz —— Heinere Berbände für Immobiliar⸗,
156 für Mobiliar: und 10 für beiderlei Berficherung
mit Mill. Mark verfihertem Gebäude: und
675 Mill. Mart Mobiliarwert, 14 andere Anftalten
auf it mit 33695 Mill, Mark, 24
deutfche Altiengefellichaften mit 22 153 Mill. Mart
und 7 nichtdeutiche Attiengefellichaften mit 1614,5
Mil, Mark Berfiherungsbeitand. Danach beläuft
= in B. die gefamte Berfiherung gegen Feuers:
aefahr auf 28 156,5 Mill. Mark,
n Hinfiht auf Bildung und Unterricht,
her Thätigleit 1882 im ganzen 72538 männ:
liche, 26818 weibliche Berfonen hauptberuflich und
2324 —— 20 weibliche Perſonen neben:
ne als hrende u. dgl. oblagen, nimmt der
preub. Staat eine hervorragende Stellung ein. Der
Efementarunterriht je obligatorisch, die Schul:
—— t Sache der Gemeinden und
Gulsherren u. f. w., welchen der Staat in Fällen
der Vebürftigkeit zu Hilfe kommt. Die Oberaufficht
über die Schulen nimmt der Staat für ſich in Anz
fprud; die unmittelbare Aufficht führen Deputa-
tionen und Kommiffionen der Gemeinden nebjt den
Lokal: und den ftaatlich beitellten Kreisichulinfpet:
toren, die höhere liegt den Vezirköregierungen ob.
Die Erteilung de3 Unterrichts und die Vorbildung
der Lehrer ift wohlgeorbnet und entfpricht der fort:
gefchrittenen abogogit nach Maßgabe der ——
denen Mittel; in den Landesteilen nichtdeutſcher
Zunge wird auf die Erlernung der deutſchen Sprache
ſeitens aller ee bingewirtt. Bon den fchul:
pflidtigen und Dungeähigen Kindern vermag
ih nur ein verfchwindender Bruchteil dem Unter:
richt zu entziehen, weshalb fich in der neueiten Zeit
—— nitt des Staates nicht mehr 2 Proz. der
jährlich in das Heer eingeftellten Relruten, in vielen
Landesteilen nicht einmal % , Bros. ohne alle Schul⸗
bildung erweiſen. Am günftigften ift e3 um bie
Bolt Bun m Sobe ollern, Schleswi a —
Hannover, in jehtalen und Sage n beitellt,
am —— den öſtl. Grenzgegenden. Für
bie ruheſte Jugend beſtehen viele Kindergärten und
welche gewiſſe Vorrechte neben |
283
Kleinlinderbewahranftalten, Die Zahl der öffent:
lichen Voltsfchulen war 1882: 33040 mit 65968
Klaſſen, in welchen 4339729 Kinder von 59917
Lehrern und Lehrerinnen, durchſchnittlich aljo 72
Kinder von je einer Le tfraft unterrichtet wurden.
an Privatſchulen, welde nicht mehr fehr zahlreich
ind, finden etwa 120000 Kinder Unterricht. Fort:
bildungsfhulen, Abend: und Sonntagsjdulen,
welche teil3 ee we teils —— ar erichtet
find und erforderlihenfalld Staatsbeihilfen er:
alten, find über das ganze Land verbreitet und
orgen für Befeftigung des in ber Schule Erlernten
bei der nicht mehr ſchulpflichtigen Jugend. An
öffentlichen Mittel: und höhern Mä n/hulen be:
fteben etwa 350 mit gegen 100000 Schülern. Die
Gejamtfoften der, öffentlichen Bollsihulen, ein:
ſchließlich der Mittelihulen, wurden 1878 auf
101016623 Mark beziffert; davon wurden aufge:
bracht 66,27 Proz. von den Gemeinden u. ſ. w.
12,85 Proz. durdy das in den Vollsſchulen nod)
nicht überall abgeſchaſſte Schulgeld, 12,24 Proz.
durch Staatszuſchuſſe, 7,79 Proz. durch Erträge bes
Schulvermögens un. |. w. jedes Schullind Toftet
jährlich pe 24 Mark, Die Heranbildung von
Lehrern erfolgte, von 4 jüd. Lehrerbildimgsanftalten
und vielen höhern Mädchenichulen mit_Seminars
Hafen abgeſehen, 1882 in 102 lönigl, Seminaren
mit 9373 Schülern und 9 königl. Lehrerinnenfemis
naren mit 582 Schülerinnen. 13 Lehranftalten mit
50 Klaſſen und 117 ordentlihen und Handfertig:
leitslehrern foraten 1883 für den Unterricht von
900 Blinden, für deren jeden im —
546,61 Mark aufgewendet wurden, 96 Anſtalten
und Schulen mit 381 Klaſſen und 463 Lehrkräften
im %. 1884 für den von 3991 Taubjtummen, deren
jeder einen Aufwand von etwa 416 Mark jährlich
verurſachte. An Anftalten für den höhern Unter:
richt befaß P. im Winter 1884: 18 höhere Bürger:
Donien mit 222 Lehrern (ohne DOrtägeiftliche für
eligionsunterricht) und 4578 Schülern, 17 Neal:
fchulen mit 246 Lehrern und 3957 Schülern,
12 Oberrealjhulen mit 224 Lehrern und 3656 Schü:
lern; 88 Rea progpmnafien mit 613 Lehrern und
8547 Schülern, 90 Realgymnafien mit 1490 Leh—
rern und 23906 Schülern, 36 Progymnaſien mit
278 Lehrern und 3880 Schülern, 253 Gymnafien
mit 4208 Lehrern und 73060 Schülern; an den zu
den vorgenannten Anftalten gehörigen ——
unterrichteten außerdem 610 Lehrer 19203 ü:
fer; auf den Gymnafien erhielten 1884: 3420 Schü:
ler, auf den Realgynınafien 648 und auf den Ober:
realichulen 46 Schüler das Reifezeugnis. Mit der
Aufficht über die bien Schulanftalten und Lehrer:
bildungsanftalten find die Provinzial: Schulfolle:
gien betraut, Als mittlere und niedere Fachſchulen
eitanden 1883: a) 16 De dulen, 32
Aderbaufchulen und 32 landwirtſchaftliche Winter:
ſchulen, ferner 26 Schulen für Garten» und Obft:
bau u. j.w., 5 für Wiefenbau u. ſ. w., 1 für Flachs⸗
bau, 9 Moltereiihulen, 6 Hufbeichlags:Lehrihmie:
den, 452 ländliche Fortbildungsichulen, verſchiedene
Kurfe für Seidenbau und Bienenzucht, 1 Brennerci:
fchule, 1 Lehrinftitut für Zuderfabrilation u. f. w.;
ferner: b) 9 Bergichulen und 17 Bergvorſchulen,
1 Hüttenfhule, 1 Martiheiderfahichule, 5 höher:
MWebeihulen, 18 Baugewerk: oder Kunft: und Ge⸗
werlihulen, 1 Schule für Kunſttiſchlerei, 1 Schule
für Korbflechterei, 1 Schule ji Töpferei, 2 Lehr:
anftalten für Aleineifen: und Stahlindujtrie und
IQ
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284
Metallinduftrie, die Fachllaſſen bei verſchiedenen
böhern Bürgerfchulen u. ſ. w., ferner 14 Naviga:
tionsſchulen und 18 Navigationsvorichulen; e) 19
Hebammenlebranftalten; d) 2 Militärknaben Er:
— 6 Unteroffizierſchulen und 2 Bor:
hulen, 1 Militärfchießichule, 1 Artilleriefchieb:
Out, 1 Militärreitinjtitut, 1 Oberfeuerwerler:
ichule, 7 Kadettenanftalten, 7 Kriegsſchulen, 1 Mi:
litärturnanftalt, 1 Lehrbataillon, 3 Militärlehr:
ſchmieden, Werftichulen, Schiffsjungen:Abteilungs:
ſchulen, Werftdivifiond:, Matrojendivifions:Schu:
len, 2 Mafciniften: und Steuermann: Schulen,
1 Marineſchule. ,
Univerfitäten mit einer evang.:theol,, einer jurift.,
einer mediz. und einer philof. Fakultät beſtehen zu
Königsberg, Breslau, Greifäwald, Berlin, Halle,
Kiel, Göttingen, Marburg und Bonn; Breslau
und Bonn befiken auch eine kath.:theol. Fakultät,
und als ——— Hochſchulen haben die Ala—
demie zu Munſter und das Lyceum zu Braunsberg
je eine lath.theol. und eine — Fakultät. An
allen zuſammen wirkten im Sommerſemeſter 1884
1086 Profeſſoren, Docenten und Lehrer, darunter
56 Lehrer für Stenographie, Muſik, Fechten, Rei—
ten und Turnen; von den Profeſſoren und Docen—
ten nehören ber evang.theol. Fakultät 81, der fa:
tholiichtheologifchen 26, der juriftiichen 90, der me:
diziniſchen 293 und der philofophiichen 538 an.
Für eine umfangreihe Berufsbildung forgen die
trefflich ausgeſtatteten Inſtitute, Seminare und
Sammlungen, welche mit den Univerſitäten eng
verbunden ſind. Im Sommerſemeſter 1884 be—
ſuchten die Vorleſungen an den Univerſitäten 2111
evang. und 423 kath. Theologen, 2040 Juriſten,
3307 Mediziner und 4961 Studierende der philoi.
Yakultät; die Summe der 12342 immatrifulierten
Studierenden verteilt ih auf Königsberg mit 925,
Braunsberg mit 20, Breslau mit 1481, Greife:
wald mit 903, Berlin mit 4154, Halle mit 1593,
Kiel mit 421, Göttingen mit 1010, Münfter mit
332, Marburg mit 803 und Bonn mit 1109 Stu:
dierenden. Denfelben fchließen ſich 1519 zum Be:
fuche der Vorlefungen Berechtigte (in Berlin allein
1487) an, Als Hochſchulen für Spezialfächer wir:
fen: die lanbmwirtichaftliche Alademie zu Poppels:
dorf und die Fönigl. Iandwirtichaftliche Hochſchule
u Berlin mit zufammen 185 Studierenden im
inter 1883, daneben die mit den Univerfitäten
verbundenen landwirtichaftlichen Inſtitute zu Bres—
lau, Halle, Göttingen, Kiel und Königsberg mit
zuſammen 203 Etudierenden, die Foritafademien
zu Eberswalde und Dlünden mit zufammen 231
Studierenden im Winter 1883, die Bergalademien
zu Berlin und Clausthal mit zufammen 158 Stu:
dierenden im Winter 1883, die königl. technijchen
Hochſchulen zu Berlin mit 887, zu Hannover mit
354 und zu Aachen mit etwa 300 Studierenden im
jahre 1833, eine Handelsafademie zu Danzig und
eine höhere Handelsſchule zu Berlin, die koͤnigl.
Zierarzneifchulen zu Berlin mit 247 Studierenden
und zu Hannover mit 91 Studierenden, das mebdiz.:
chirurgiſche Friedrih-Wilhelms:|nftitut, die mediz.:
chirurgiſche Akademie und die — —
zu Berlin, die vereinigte Artillerie: und Ingenieur—
ſchule bei Charlottenburg, die Kriegsakademie zu |
Berlin unddieMarinealademie zu Kiel. Erwähnung
verdienen bier aud) die private Dohigule I die
Wiſſenſchaft des Judentums und das Nabbiner:
femimar zu Berlin. Hochſchulen der Künſte find:
Preußen (geographiſch-ſtatiſtiſch)
die Alabemie der Künfte zu Berlin mit fünf Abtei:
lungen, die Kunſtakademien zu Königeberg, Kaſſel
und Düfleldorf, die page ademie zu Hanau, die
Hochſchule für Mufil in Berlin und das Inftitut
für Kirhenmufit_in Berlin und Breslau. Ihnen
reiben fi die Hoftheater zu Berlin, Hannover,
Kaſſel und Miezbaden, die Singafademie zu Berlin,
die königl. Mufeen und Bildergalerien an. Bro:
vinzielle und ſtädtiſche hiſtor. Muſeen und Archive,
Altertum3: und Kunitlabinette, Brivat: und Stadt:
theater ıc. find ns über das Land zerftreut, wie
benn auch viele Gejellihaften und Privatinititute
fi) die Förderung von Künſten und Wiſſenſchaften
angelegen fein laſſen. Die königl. Atademie der
Wiſſenſchaften, die Staatsardive, dielönigl. Biblio:
thet zu Berlin, die Univerfitätsbibliothelen und
* Landesbibliotheten u. ſ. w., das geodätiſche
In titut, das Gentralbureau der eurov. Grad:
mellung, der botan, Garten in Berlin, das aſtro—
—— Obſervatorium bei Potsdam, die geolog.
ndesanſtalt und viele andere öffentliche Snftitute
dienen der Pflege der —— in ausgedehn⸗
tem Umfange. Der Erhaltung von Kunſigegen—
ſtänden und Denkmälern der Vorzeit wendet der
Staat eine freigebige Fürforge zu. Für den Schuß
be3 geijtigen Eigentums ijt * lich (Geich
vom 11. uni 1870) und durch zahlreiche Verträge
(Litterarfonventionen) geforgt. Cine unmittelbare
praltiſche Richtung verfolgen bie in allen bedeuten:
dern Städten vorhandenen Gewerbevereine, wäh:
rend die feit etwa 1845 entitandenen Arbeiterbil:
dungövereine die Hebung bes Arbeiteritandes be:
weden; daneben wirkt die Deutiche Gefellichaft für
erbreitung von Bollsbildung mit zahlreichen
Zweigvereinen in P. Die —— und Pflege
der Waiſenlinder iſt durch die Vormundſchaftsord—
nung vom 5. Juli 1875 umſichtig geregelt und
findet in Waiſenhäuſern und in Familien ftatt. Die
verwahrlojten Kinder finden ſeitens freier Vereine
und kommunaler Nettungshäufer, (auch in zwei
ftaatlihen) erziehlihe und unterrichtliche Verſor—
gung; 1882 gab e3 deren 180 mit über 7800 Zög⸗
ingen. Das Gefek vom 13. März 1878 regelt die
zur Hälfte auf Staatskoften erfolgende Zwangs—
erziehbung der finder von 6—12 Jahren, welche —*
im Zuſtande ber Verwahrloſung befinden (1884:
7190), durdy fiberweifung derfelben an die Kom:
munal:, bejiehungsweife PBrovinzialverbände, wo:
für ihnen und dem Staate jährlih über 1330000
Mark Ausgaben erwachſen. Es wird beabfichtigt,
in fämtlihen Landesteilen hierfür auch ftaatli
Bellerungsanftalten zu errichten. i
ie fittlihe Kultur läßt ſich ſtatiſtiſch nicht
in allen Erſcheinungen erfafien, barf aber als eine
bem ode allgemeinen Kulturftande der Nation
entiprechende bezeichnet werben. Unter den nega⸗
tiven eig je die Sittlichleit mögen neben
ben bereit3 berübrten unehelihen Geburten unter
andern die Konflifte mit dem Strafgefeßbud
mwähnt werben, die dem Durchſchnitt des ganzen
Deutſchen Reichs — * 1883 kamen in P. auf
10000 über 12 Sabre alte Bewohner 104,2 wegen
Verbrechen und Vergeben Berurteilte, barunter 17,4
wegen folcher gegen Staat, öffentliche Ordnung und
Religion, 34,3 wegen folder gegen bie Perjon, 52,0
wegen folder gegen das Gigentum. Auch über
das Firdliche Leben liegen umfafiende —— ten
ur bezügli nde3:
er:
nicht vor. der evangelifchen
lirche, welcher 64,54 Proz. der Gejamtbevöllerung
Preußen (geographiſch-ſtatiſtiſch)
angehören und welche 1881 über 14016 Kirchen und
Hapellen und 9087 Pfarr: und fonitige geiftliche
Amtsjtellen verfügte (durhichnittlich 1256 Gvange:
liſche auf eine Kirche, 1938 auf einen Geiftlihen),
lann als Zeichen kirchlichen Lebens angegeben wer:
den, dab von den lebend geborenen Kindern evang.
Eltern 1876: 94,05 Proz., 1881: 95,21 und 1884:
94,20 Bros. kirchlich getauft, von rein evangeliichen
neu geſchloſſenen Ehen 1876: 86,44, 1881: 91,16 und
1884: 92,76 Proz. lirchlich eingeiegnet worden find.
Im ganzen Staate und in allen Neligiontgemein:
Ihaften waren 1882 überhaupt 18102 Perſonen
als Geiftlihe, Organijten und andere —
beamte bauptberuflich und 2851 ebenfolche neben:
beruflicdy thätig, außerdem als Kirchendiener und
dergleiden Dienftperjonal 2956 hauptberuflich und
2211 nebenberuflich. —
Für die Geſundheitspflege ſorgt ein reich—
liches Heilperfonal; 1882 waren 8436 approbierte
Arzte (1 auf 3234 E.) vorhanden. r Bereitung
der Heilmittel beftanden 1879: 2429 fonzejfionierte
Apotheten, J Krankenpflege und nn
987 öffentlide und private allgemeine Heilanftal:
ten mit 43393 Betten, worin 275875 Kranle ver:
pilegt wurden, ferner 1881: 64 öffentliche und 92
private Srrenanftalten mit 28334 Berpflegten,
51 Augenheil: und 134 Entbindungtanitalten, Im
3. 1882 widmeten ſich überhaupt 40887 Berjonen
bauptberuflih und 3230 Perfonen nebenberuflich
der Gejundheit: und Krankenpflege.
Hinfihtlih der Staatsverfaffung it P.
nad dem Grundgeſeh des Staats, der durch ſpä—
tere Gejehe im einzelnen mebrfah abgeänderten
Berfaffungsurlunde vom 31, Yan, 1850, eine fon:
ftitutionelle Monarchie, in weldyer die gelehgebende
Gewalt von König und dem Landtage gemein:
ſchaftlich au&geübt wird und die Freiheitsſphäre der
Unterthanen dem Monarchen gegenüber derart ab:
geftedt ift, daß diefelbe gegen mwilltürlidye Gingriffe
des letztern geſchüßtzt ift. ß ® ng Be Sn:
wiemweit die preuß. Verfaffung durd die Verfafjung
des Deutihen Reichs vom 16. April 1871, defien
bundesftaatliches Mitglied und Bräfidialma >
ift, nad dem Grundfahe: «Reichsrecht bricht Yand:
recht», an Geltung verloren hat, vgl. unter Deut:
ſches Reid) (ſtaatsrechtlich. Der König von P.
leiftet nad dem Negierungsantritt in_ Gegenwart
ber Kammern den Eid auf die Verfaſſung; iſt er
minderjährig (bis zur Vollendung des 18. Lebens:
jahres) oder zu regieren dauernd verhindert, fo führt
der nädjite re Agnat die Regentichaft. Die
Krone vererbt ſich nach dem Rechte der Erſtgeburt
im Mannsitamm und der agnatiſchen Linealfolge
mit Ausſchließung der Kognaten, Das königl. Haus
Hohenzollern iſt evang. Konfeffion. Die Angelegen:
heiten des lönigl. Haufes und des Hofitaats reſſor—
tieren vom Minijterium des königl. Haufes, das
dem Gejamtminijterium nicht angehört, und vom
Oberitlämmereramt. Zur, perjönlihen Grleid):
terung bei feinen Staatsgeſchäften bedient fid) der
König eines Civil: und eines Militärfabinetts,
Neben den ihm als Deutihem Kaijer beigelegten
Befugniſſen vereinigt der König nad ber Grund:
anſchauung des deutic:monardiichen Staatsrechts
die geſamte — grundſätzlich in feiner
Hand; er übt die vollziehende Gewalt, ernennt und
entläßt die Minifter und Staatödiener, beruft und
—— t die beiden Häuſer des Landtags und darf
aus der Abgeordneten auflöfen; die Verlün:
285
digung und Ausführung der Gefehe fteht ihm allein
au; er hat dad Recht der Begnadigung und Straf:
milderung, der ee dar Orden und andern
Auszeichnungen; er führt den Oberbefehl tiber das
Heer, aber dad Recht, Krieg zu führen und Frieden
zu ſchließen, ſowie teilweiſe die Fuhrung der aus:
wärtigen Angelegenbeiten find, ſtaatsrechtlich ges
nommen, von dem König von %. auf den Deutichen
Kaiſer übergegangen. Die Perfon des Königs iſt
unverlehlih. Handlungen der Regierungsgewalt,
mit Ausſchluß der Armeebefehle und der Alte des
Königs, welche er als oberjter Träger des landes—
herrlihen Kirchenregiments vollzieht, bedürfen zu
ihrer Gültigkeit der Gegenzeihnung eines die Vers
antwortung übernehmenden Miniſiers, doch fehlt
es biäher an einem diefe Verantwortlichkeit vegeln:
den Gefehe. Zu den öffentlichen Bermögensrechten
des Königs zählt neben Steuer: und Bortofreiheit
die Eivillifte, welche fi zur Beit auf 12219296
Mark beläuft und die geſamten aus Staatsfonds
dem Könige und dem königl. Haufe zu gemährenden
Mittel darſtellt. Als Deutſcher Haifer bezieht der
König von P. feine Dotation,
Der Landtag beiteht aus dem Herrenhaufe und
dem Haufe der Abgeordneten; er han das Recht der
geſehgeberiſchen Initiative, ber Zuſtimmung zu allen
Geſehen und gewiſſen Verträgen, übt die Kontrolle
der Dinangsermaltung, nimmt Betitionen entgegen,
fann von den Miniftern Auskunft verlangen (f. In—
terpellation), Kommijfionen zur Unterfudung
von Thatſachen einfegen und Adreſſen an den Kö—
nig rihten, Er tritt alljährli zwiichen Anfan
November und Mitte Januar gejehlih und fonft
nad) Bedarf —— Die Sißungen find öffent⸗
lid. Die Mitglieder können wegen ihrer Abitim:
mungen und Reden im Haufe außerhalb desfelben
nicht zur Verantwortung gezogen werden und ges
ulchen bejondern ſtrafrechtlichen Schuß. Ausge:
ſchloſſen vom Landtage find nur der Präfident und
die Mitglieder der koͤnigl. — ———
Die Mitglieder des Abgeordnetenhauſes erhalten
Zagegelder und 4* ten, auf welche ſie nicht
verzichten dürfen. Das Herrenhaus beſteht aus
den grohjäbrigen Prinzen des lönigl. Haujes, dem
Haupte des fürftl. Hohenzollernſchen Haufes, den
mit erblicher Berechtigung auf Lebenszeit oder auf
Präjentation vom König berufenen Mitgliedern,
welde Preußen fein und in P. wohnen, über
30 Jahre alt und ehrenhaft fein müſſen. Zur Prä:
jentation je eines Mitgliedes ſind beredtigt: die
Domſtifter Brandenburg, Merjeburg und Naum:
burg; die Zandesuniverlitäten; die —
bände der mit Rittergütern angeſeſſenen Grafen;
adelige Familienverbände mit ausgebreitetem
Grundbefis; 45 Städte, denen dieſes Recht vom
Könie veigelegt wurde; zur Präſentation eines
oder mehrerer Mitglieder die Verbände des alten
und befejtigten Grundbeſihes, d. ). der minbejtens
50 Jahre in derjelben Familie verbliebenen und der
in Veräußerung und Vererbung beſchränkten Rit—
tergüter. Im %. 1884 zählte das Herrenhaus
324 Stimmen, darunter 44 rubende; 95 Mitglieder
find erblich berechtigte, 64 auf Lebenszeit, 165 auf
Präfentation berufene. Das Haus der Abgeord:
neten zählt 433 in 256 ftändigen Wahlbezirlen ge:
wählte Mitglieder. Die Wahl erfolgt alle drei Jahre
nad) dem Gejek vom 30. Diai 1849 mittelbar durch
Wahlmänner (je einer auf 250 Seelen), welde in
Urwahlbezirten von je 750—1749 Seelen jeitens
286
der über 24 Jahre alten, bie bürgerlihen Rechte
befigenden, feit ſechs Monaten in der Gemeinde
wohnhaften und feine Armenunterftügung empfan:
genden Männer der Eivilbevölterung mittels öffent:
lider Stimmabgabe erwählt werden; die Urwähler
find in drei Abteilungen von gleicher Steuerleiftung
Sn nk a geteilt. Dem Abgeordneten:
aufe müfjen finanzielle —— der Staatsregie⸗
rung zuerſt zugehen, und das Herrenhaus darf den
Staatshaushalt3:Gefepentwurf, wie er aus den
Veratungen des eritern hervorgegangen iſt, nur im
ganzen annehmen oder ablehnen, J
FETT N Net der Preußen iſt
die Gleichheit vor dem Gejeb unter Aufhebung aller
Standesvorredhte; bloß die Mitglieder des königl.
und des Hohenzollernfchen Fürftenhaufes, die ge
milien der 1866 depoſſedierten —— und die
Standesherren, d. h. diejenigen mediatiſierten Für:
ſten und Grafen, welche ſich bei Aufloſung des
alten Reichs im Befis_der Neichunmittelbarkeit,
der Reichsſtandſchaft (Sik und Stimme im Reichs:
tage) und einzelner Regierungsrechte, beziehungs:
weiſe der Landeshoheit befanden, genießen, be:
ftimnte Vorrechte, und für die Beamten des Civil:
und Militärdienftes find neben gewillen PBrivile:
gien und Pflichten auch beiondere, zum Teil einge:
Ichräntte Nechte gültig. Die bürgerlichen Nechte
find feit Begründung des Deutfchen Reichs (f. d.)
zum Zeil reichsgeſetlich, beziehungsweiſe reichsrecht⸗
lich geordnet (Freizügigteit, Gewerbefreiheit u. ſ. w.).
Die — Freiheit iſt gewährleiſtet, das Eigen:
tum, die Wohnung, das Briefgeheimnis unverleh:
lich: alles vorbehaltlich eines Einſchreitens der Ge:
richte und zum Zeil (bei frifcher That) der Polizei.
Auf bürgerlihen Tod und VBermögenseinziehung
darf nicht erlannt werden. Ausnahmegerichte find
nicht geftattet, es ſei denn ein befonderes Geſehz er:
laſſen oder über einen Yandesteil der Belagerungs:
zuftand verfündigt. Jeder Ginwohner darf aus:
wandern, fofern er nicht feiner Militärpflicht zu ges
nügen hat. Glauben, Wiſſenſchaft und Preſſe find
innerhalb der Grenzen, welde das Strafgefehbud
zieht, frei. Zu frieblichen und unbewafineten Ver:
ſammlungen, jowie zu nicht traffälligen Gejell:
ſchaften darf man ſich vereinigen; aber freie Ber:
fammlungen zur Beratung politiicher und ſozia—
ler Angelegenheiten unterliegen der Anmeldung
bei der Polizeibehörde und der Beaufſichtigung
durch dieſe. Jeder geſunde Preuße männlichen
Geſchlechts iſt wehrpflichtig.
Die Organijation der Staatsbehörden,
die Beſtimmungihrer Juftänbdigfeit, Bezirke und Sibe
ſteht als Beftandteil der volljiehenden Gewalt dem
König zu, ſoweit 1 wegen Ünderung bejtehender
Gejehe oder —* Mehrbelaſtung des Staatshaus—
halts eine geſehliche Ordnung unter Mitwirkung des
Landtags vorgeichrieben ift. Die Staatöbehörden
find Gentralbehörden, Provinzial: (Bezirks:, Kreis:)
Behörden und Lolalbehörden, An der Spihe ber
Verwaltung jteht das Staatsminifterium, das
vom Minijterpräfidenten, beziehungsweife deſſen
Stellvertreter, 9 Reſſortminiſtern und fonjt etwa
bejonders ernannten Staatsminiftern gebildet wird.
Demfelben untergeordnet find das Gentraldirefto:
rium ber Vermeſſungen, der Disciplinarhof für
nichteichterliche Beamte, der Gerichtshof für lirch—
liche Angelegenheiten, das Dberverwaltungsgericht,
die Brü ngöfonmtiffion r die höhern Verwal:
tungsbeamten, der Gerichtshof zur Entſcheidung
Preußen (geographiſch-ſtatiſtiſch)
* —— 8 ——
er «Deutſche Reichs und Preu i-
er» und die Nedaltion der Gefehfammlung. Dem
Präfidenten find insbefondere die Generalordens-
lommiſſion, die Staatsardive und das Gejeßfamm-
—— (im . oftamt befindlich) unterftellt,
Selbftändige Oberbehörden neben den Minifterien
find die Oberrechnungslammer und der Evan %
Oberkirchenrat. Als beratende Körperſchaft beite
Br Begutachtung von Verordnungen und
er (1884 realtivierte) Staatsrat (1. d.).
ber Einzelminifterien find: die auswärtigen ⸗
legenheiten bon Auswärtigen Amt des
Reichs verfehen); die Finanzen; die geiſtlichen, Un-
terrichts- und Medizinalangelegenbeiten;
und Gewerbe; die öffentlichen Arbeiten; die Innern
Angelegenheiten; die Juſtiz; die militärifhen An-
gelegenbeiten; die landwirtfcpaftlichen, Domänen
und Forftangelegenbeiten. i
Das Finanzminifterium befteht aus den brei
Abteilungen für das Etat: und Kaſſenweſen ¶
für die Verwaltung der direlten Steuern (IL) und
für die Verwaltung der indireften Steuern und
Zölle (111). Die Generalſtaatslaſſe und Haupt:
buchhalterei, die Seehandlung, die Hauptvermal:
tung der Staatsſchulden nebit dem königl. Leihamt
find dem Miniſter untergeordnet; die Gen
tion der Lotterie, die Münze zu Berlin und die
amtliche Probieranftalt zu Frankfurt a. M,,
allgemeine Witwenverpflegungtaxbalt ören der
I. Abteilung an; unter der II. fteht die Direktion
für die Verwaltung der bireften Steuern in Berlin;
unter der III. die Brovinzial:Steuerdireftion zu
Berlin, das Hauptitempelmagazin dafelbft und die
ur Kontrolle der Zölle und Reichsſteuern im Gebiete
es Reichs beftellten preuß. Beamten. Zur Bro-
vinzialverwaltung der indirelten Steuern find 11
Vrovinzial-Steuerdireltionen (außer der zu
eingefeßt, deren lofale DVerwaltungsorgane bie
Haupt: und die Nebenzollämter und die Haupt:
jteuer: und Steuerämter find; ber ——
Steuerdireltion der Rheinprovinz unterſtehen aud)
die Hypothelenämter. Die direlten (in Hohe
auch indirekten) Steuern werden von den
regierungen verwaltet; die Veranlagung der direl:
ten Steuern geſchieht durch die Kreis: und Ge—
meindebehörden unter Mitwirkung von Steuer:
pilichtigen und Vertretern der Selbſtverwaltungs⸗
förper; die Hebung erfolgt, abgefehen von der an
die Kreislaſſen einzuliefernden Einfommen
durch die Gemeinden in ben öftl. alten Provinzen,
4 Ye —X und in —* vos — *528
urch königliche Steuerempfänger (Steuerlaſſen
die Veränderungen in den Grund: und Gebäude:
ftenerbüchern fortzufchreiben liegt der Ratafterver:
waltung ob. Die unter dem Yinanzminifter und
dem Minijter für Landwirtidaft, Domänen und
Foriten stehenden Provinzialrentenbanten haben
auf richtigen Gingang der Alm für
Grundlajten und auf die Berzinfung und Einlöfung
der Nentenbriefe zu ſehen. Die Oberprü s
tommijfion für Landmefier fteht gemeinſcha
unter dem Finanzninifter, dem Minifter für Land⸗
wirtſchaft u. ſ. m. und dem für Öffentliche Arbeiten.
In die Geſchäfte des Minifteriums der
öffentlihen Arbeiten, welches 1878 vom Mi:
nifterium für Handel, Gewerbe und hy iche Ar:
beiten abgelöft wurde, teilen ſich die vier Abteilun:
linenmwejen, für die
gen für Berg, Hütten: und
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Preußen (geographiſch-ſtatiſtiſch)
Berwaltung ber Staatseifenbabnen, für die Ver:
waltung des Baumwelens und für bie Führung der
Staatsauffiht über bie Privateifenbahnen. Die
fi) felbjt verwaltenden Privateiienbahnen werben
durd das königl. Eifenbahntommifjariat in Berlin
beaufiichtigt, die Staatäbahnen und die unter
Staatsverwaltung ftehenden Privatbahnen durch
die Gifenbahndirektionen zu Bromberg, Breslau,
Berlin, Hannover, Altona, Magdeburg, Erfurt,
Frankfurt a. M., Elberfeld und Köln (redht3:
rheiniſche und linfsrheinifche) geleitet; der durch
Gejek vom 1. juni 1882 eingejebte Landeseiſen⸗
bahnrat und die Bezirkseiſenbahnräte, beratende
Körperichaften für die Staateifenbahnverwaltung,
ehören zum gemeinſchaftlichen Refiort bes Mint:
her der öffentlichen Arbeiten, des Minifters für
Handel und Gewerbe und deö Minifters für Land:
wirtfchaft. Bon der dritten Abteilung refjortieren
die Alademie de3 Bauweſens (beratende Behörde
in Bauſachen ꝛc.) und die techniſchen Prüfungs:
fommiffionen für bie erfte und zweite Staat3prü:
fung im Bau: und Maſchinenfache; mit Ausnahme | wird dur
287
ölonomielollegium —55 — deſſen Mitglieder
teils von den landwirtſchaftlichen Centralvereinen
gewählt, teils vom Minifter ernannt werden. Zu
er I. Abteilung für landwirtſchaftliche und Ge:
in we ebören neben jenem Kollegium
ie Landıpirtfhaftlicen Lehranftalten und Vereine,
ebenfo die techniihe Deputation für das Veterinär:
wefen und bie königl. Thierarzneifchulen, die land:
ge ra das landwirtſchaftliche
ujeum, bie Deichverbände, Meliorationsgenofien:
ſchaften u. ſ. w., die Central-Moorkommiſſion, Die
Staatägeftüte und das Dber:Landestulturgericht,
nebjt den Auseinanderfeßungsbehörden in ben Pro:
vinzen zur Negulierung der gutsberrlihen und
Gäuerlien Verhältnifie, ſowie zur Ausführung der
Gemeinheitsteilungen (Generallommifjionen). Die
U, Abteilung verwaltet die Domänen, die Ill.
bie Forſt- und —7— — fowie das
forſtliche Unterrichts und Prüfungsweſen (Forit:
alademien und Forſt-Oberexaminationskommiſſion).
Der Geichäftötreis des Kultusminiſteriums
die vier Abteilungen für die geiftlichen,
der Strombauten, für welche vier befondere Direl: | für das höhere und techniſche Unterrichtöwejer,
toren beftellt find, gehören die Waſſer- und Hoch—
bauten in den Bereich der Bezirlöregierungen; bie
Bauſachen der Provinzen, Kreife und Gemeinden
werben von Organen ber Selbftverwaltung geleitet.
Zum — der Abteilung für das Berg-, Hütten:
und Salinenweſen gehören die geolog. Landes:
anftalt, die Bergalademie zu Berlin und die Prü:
fun miffionen für die erſte und zweite Staats:
g über die Befähigung zu ben technijchen
Amtern bei den Bergbehörden, nk als Provin⸗
ialbehörben die Oberbergämter zu Breslau, Halle,
rtmund, Bonn und Clausthal; letztere beauf:
fichtigen die Bergſchulen, kontrollieren durch Ne:
vierbeamte ben WPrivatbergbau, behandeln bie
ber. den —— u die Verg:
bauhilfslaſſen zur Unterftügung bergbaulicher Un:
ternehmungen, haben die Oberaufſicht über. die
An aftstäfen und bilden eine obere Inſtanz
für bie Staatsunternehmungen auf biejem Ge:
biete; zur fpeziellen Verwaltung der dem Staate
gehörigen werfe, Hütten und Salinen dienen
die Bergwerlsdireltion zu Saarbrüden, die Berg:
infpeftionen und Faktoreien, die Hüttenämter und
die Salzämter,
Das Minifterium für Handel und Ge:
werbe verwaltet, nach vielen im Lauf der Jahre
erfolgten Abtrennungen und nad ben diefem Nef:
fort durch die Kompetenz bes Reichs gewordenen
Einſchränkungen, alle mit Handel und Gewerbe
mittelbar und unmittelbar zufammenbängenden
Angelegenheiten, namentlich diejenigen der Reederei
und Schiffahrt, das Lotjenwefen, die Navigation:
ihulen, die Privatbantinititute, das er und
Gewichtsweſen, die Korporationen für Handel,
Gewerbe: und Induſtrie, ſowie (neuerdings wieder)
einen großen Teil des gewerblichen und lunſtge—
werblichen Unterrichtsweiens, das KHunftgewerbe,
einſchließlich der Lönigl. Porzellanmanufakturu. ſ. w.
Unter ihm ſtehen ferner die techniſche Deputation
für Gewerbe und der Vollswirtſchaftsrat, lehterer
zugleich unter bem Minifterium der öffentlichen Ar:
beiten, fowie für Landwirtichaft u. f. w.
Dem Minifterium für Landmwirtichaft,
Domänen und Forften, welches in drei Abiei—
lungen zerfällt, N als eine begutachtende und bes
tihtende Sahverjtändigentommiffton das Landes:
jowie Kunft u. f. w., für das niedere Schulwefen
und für die Medizinalangelegenbeiten bezeichnet.
Zum Reſſort des Miniſteriums ori die willen:
ſchaftliche Deputation für das Medizinalweſen, bie
techniſche Kommiſſion für pharmaceutiiche Ange
legenheiten, bie ärztlichen, pharmaceutiichen, zahn—
ärztlichen u. j. w. Feifungstommiftanen, die große
Heilanftalt_der Charite, die Hofapothelentommii:
fion; das Direltorium Montis pietatis, die Kom⸗
miſſionen für wilenshaftlihe Prüfung der Kandi—
daten des geiftlichen Amtes, die allgemeine Kirchen—
verwaltung u. ſ. w.; die Akademie der Willen:
ihaften, die Alademie der Künfte, das aſtrophyſila—
liſche Obſervatorium, das meteorologifche —
(von 1886 ab), die koönigl. Muſeen, die National:
galerie, das Raud:Mufeum, die königl. Peer
Sternwarte, der botan. Garten, ba3 geodätiſche
Bi (zugleich Gentralbureau der europ. Grab:
mellung), die Univerfitäten und technifchen Hoch—
faulen, die wifienfchaftlihen Prüfungstommiffio:
nen, bie litterarifchen ꝛc. Sadyverjtändigenvereine,
die Schulbehörden, die Unterrichtsanitalten, bie
Zurnlehrer:Bildungsanftalt, die Prüfungstont:
mijfion für Turn, Shwimm: und Fechtlehrer, für
QTurnlebrerinnen, für die Vorfteher der Taubftum:
menanftalten u, ſ. w., die Hunftdenfmäler u. ſ. w.
Gentralitelle der allgemeinen Landesverwaltung,
der PBolizei:, Gemeinde:, ſtändiſchen und Armen:
angelegenheiten it das Minifterium des In—
nern; auch refjortiert von ihm bie Leitung der
polit. Wahlen und die Mitwirkung bei militäriſchen
Aushebungen u. ſ. w. Bu feinem Refjort gehören
die ftatift. Centraltommilfion, das Statiftiihe Bi:
reau nebjt (bi3 1886) dem meteorologifchen Inſti—
tut, fowie unmittelbar das Polizeipräftdium zu
Berlin und einzelne Stifter, .
Als oberfte Inſtanz für die Juſtizverwaltung
dient das AJuftizminifterium; die Vorftände
der Gerichte und Staatsanwaltichaiten find Organ:
desfelben, Eine Einwirkung auf die Rechtſprechun;
jteht dem Juſtizminiſter nicht zu; neben der rei
verwaltenden Thätigteit ift feine Entſcheidung vie!
mehr nur auf die Beichwerden über Disciplin,
Beihäftsbetrieb und Verichleppungen beichräntt.
Unter dem YJuftigminifter hebt die für die ganze
Monarchie eingefehte Yultizprüfungstommilfior.
288
Die Verfaffung der ordentlichen Gerichte ift reichs—
geiehlih durd das Gerichtsverfallungsgeich vom
27. Jan. 1877 — Auf Grund deſſen, jo:
wie des preuß. Ausführungsgejehes vom 24. Apri
1878 und des Geſehes vom 4. März 1878 ift das
Land in 13 Oberlandesgerichtöbezirfe, und dieje
ihrerfeitö wicder in Landgerichts: und weiter in
Amtsgerichtsbezirke eingeteilt (j. Gericht und Ge:
rihtsverfaflung), welche fämtlih nur durd)
Gejeh abgeändert werben können. Die Oberlandes:
nerichtäbezirte entiprechen im allgemeinen den Bro:
vinzen, in Dee ae den Negierungsbezirken,
und haben ihre Sige in Königsberg, Marienwerder,
Berlin (hier Kammergericht genannt), Stettin, Pos
fen, Breslau, Naumburg, Kiel, Celle, Hamm,
Kaſſel, Frankfurt a. M. und Köln; zugelegt find
jedodh: zu Naumburg die Imter Elbingerode und
Hohenftein, ſowie Schwarzburg: Sondershaufen
und Anbalt; zu Celle der Kreis Ninteln ynd die
beiden Lippe, jowie Pyrmont; zu Hamm der land:
rechtliche Teil der Nheinprovinz (f. d.); zu Kafjel der
Kreis Biedenkopf, fowie Walded; zu Frankfurt a. M.
der gemeinrechtlihe Teil der Nheinprovinz und
Hohenzollern; zu Köln das oldenburg. Fürftentum
Birkenfeld; die Kreife Schleufingen, Schmaltalden
und Ziegenrüd find dagegen dem nihtpreuß. Ober:
landesgerichtsbezirt Jena zugewieſen. Oberſter Ge:
richtshof für Preußen ift das Reichsgericht in Leipzig
(i. Reihsgeriht, Amtsgericht, rent
richt, Oberlandesgeridht, Handelsgeridt,
Schwurgeridt, ir
An klirchlichen Angelegenheiten find zwar
alle Religionsgefellihaften grundjäplic unabhängig
vom Staate; indes leitet fi aus der Kirchenhoheit,
die ein wejentlider Beſtandteil der ——
iſt, das ſtaatliche Oberaufſichtsrecht an wichtigſtes
neben einigen andern) her. Die oberbiſchöfl. Ge—
walt des Landesherrn bedingt einen unmittelbaren
Einfluß der Staatsgewalt auf die evang. Kirche
aud) heute noch. Die ſtagtsbürgerlichen Rechte find
unabhängig vom religiöfen Belenntnis, Die jtaat:
lien Organe in Kirdenauffihts:, Kirchenverwal—
tungs⸗ ac. Sachen find der Minifter der genen
Angelegenheiten, in den Provinzen die Ober: und
die Negierungspräfidenten und die Kirchen: und
Sculabteilungen der Bezirkäregierungen. Oberſte
Behörde für die rein lirchlichen Angelegenheiten der
evang. Landeslirche der Altern Provinzen ijt der
dem König unmittelbar untergeordnete Evangeliiche
Oberlirdenrat zu Berlin, deffen Organe in den
Provinzen die Generaljuperintendenten und bie
Konfiftorien find. Die äufere Ordnung und die
Drgane für die kirchliche Selbftverwaltung find
durch die Kirchengemeinde: und Synodalverfailung
geſchaſfen; dieje Organe find der Gemeindelirchen:
rat und die Gcmeindevertretung, die Kreisſynode,
die Provinzialiynode und die Generaliynode. (©.
Evangelijde Kirhenverfaffung.) in den
neuen Provinzen führt der Landesherr gleichfalls
das Kirchenregiment und e3 bejtehen dort ähnliche
eg An Hannover
haben ſich das luth. Pandestonfiftorium und bie
reform. Kirche ——— zu Aurich), in Frank—
furt a. M. das luth. und das reform. Konſiſtorium,
in Naſſau das — Konſiſtorium zu Wiesbaden,
int Regierungsbezirk Kaſſel das Da evang.
Konfiftorium zu Kaſſel, in Schleswig: Holitein das
—— Konſiſtorium zu Kiel noch ſelbſtändig
und frei von der Oberaufſicht der berliner Kirchen:
Preußen (geographiſch-ſtatiſtiſch)
u erhalten; fie ftehen unter dem Kultusmi⸗
nifter. Die Konftitorialbezirke find in 608 Kirchen⸗
freife (Diöcefen, Superintendenturen, Inſpeltionen,
ien eingeteilt. — Die —— der Ka⸗
tholilen werden größtenteils von einheimiſchen
iſchöfen geleitet (Bulle De salute animarum
von 16. Juli 1821). Das eremte Bistum Ermland
GBiſchofsſih in Frauenburg) umfaßt Oftpreußen und
den rechts der MWeichiel gelegenen Teil von Weit
preußen mit Ausnahme des Kulmerlandes. ar
res und die meiiten wejtpreuß, Kreife links
Weichſel bilden neben dem pommerſchen Dekanat
Lauenburg den Sprengel des von Poſen refjorties
renden Suffraganbistums Kulm (Sit in Belplin).
Dem Erzbistum Poſen-Gneſen gehört die Pros
vinz Bofen, das weſtpreuß. Dekanat Deutſch⸗Krone
und die pommerfche Propftei Tempelburg an. Für
beinahe ganz Schleſien, den franffurter Negies
rungsbezirt und den Delegaturbezirt Berlin beſſeht
das audı nad Oſterreich — eremte
Bistum Breslau; die Grafſchaft Glaß fteht unter
der \urisdiltion des Erzbiſchofs von Prag, der
Diftritt Katſcher in Oberichlefien unter der des
Erzbiichofs von Olmüg. Der Erzbiichof von Köln
verwaltet die Bezirke Köln und Aachen und Teile
von Düfjeldorf und Koblenz. Das eemte Bistum
Hildesheim umfaßt den größten Teil Hannovers,
Das eremte Bistum Dsnabrüd beiteht für die Re—
ierungsbezirle Dsnabrüd und Aurich und die
* ogtümer und iſt zugleich Provilariat der nor
diſchen Miifionen.
l — Delanale u. dgl.) und dieſe in Paro—
urfraganbistümer von
find die Bistümer Paderborn für die Provinz
Den und die Bezirte Minden und Arn ß
Münfter für den Negierungsbezirt Münfter umd
Teile von Düffeldorf; Trier fr den Südmweiten ber
—— Zur Oberrheiniſchen Kirchenproving
(Erzftift Freiburg) gehören: die 4 hohenzoll. Dela⸗
nate, die Suffraganbistümer Fulda für das Ge
biet des ehemaligen Kurfürftentums Heſſen und
Limburg für das ehemalige Nafjau, jowie die von
Mainz rejjortierenden Prarreien der früber heſſ.⸗
darmit. und homburg. Pandesteile. — Die Ges
meinde Norditrand in — hängt dem ——
länd. Janſenismus an. Die Altkatholilen
ihren eigenen Biſchof ohne abgegrenzten Sprengel,
— Die Juden, deren Kultusangelegenbeiten in den
alten Provinzen durch Geje vom 28. Juli 1847,
in den neuen Provinzen teils etwas ie er, teils
etwas Später durch damalige Landesgeſehe geordnet
find, haben frei nebeneinander ftehende Synagogen:
emeinden; nur in Hannover ift das ißraelit. Kon:
iftorium und in Kaſſel das Landesrabbinat Auf
ſichtsbehörde über den Glauben.
In der innern Berwaltung der Propin—
en und einzelnen Landesteile hat neben den ſtaat⸗
ihen Verwaltungsorganen die Selbftverwaltung
in ausgedehntem Umfange Boden gewonnen,
Durd die neuere ——— ebung
die ſtaatlichen Provinzial, Bezirks: und Kreis:
behörden eine völlige Umgeſtaltung erfahren, wel:
der, in Antnüpfung an die weiter unten zu bes
ſprechende Ordnung der Selbftverwaltung, der
Grundſatz der Decentralijation der Landesverwal⸗
tung unter Mitwirkung der Selbjtverwaltung und
der von unabhängigen Organen zu übenden
waltungsgerichtsbarteit — iſt. Die
ältern Vorſchriften über die Organiſation der Vers
waltung fommen, bis zu der teilweife in nädjiter
Preußen (geographiſch-ſtatiſtiſch)
Zeit bevorftehenden Einführung der Brovinzialorb:
nung (j.d.) und Kreisordnung (j.d.), jekt nur nod) in
Poſen, Weitfalen, Rheinland und Schleswig-Hol—
ein zur Unwendung. Die —*—*— der allgemeinen
ndesverwaltung, neben welchen die bei den ein:
zelnen a oben bereit3 erwähnten befondern
Staatsbehörben beitehen, find der Oberpräfident,
ber Regierungspräfident (beziebungsweife die Ne:
gierung bis zur Cinführung des Landesverwals
tungs&gefehes vom 30, Juli 1883 in ben lehtgenann:
ten vier Provinzen) und der Landrat, weldyen in den
Kreisordnungsprovinzen bejondere Organe ber
Selbftverwaltung als beſchließende (in Verwal:
— in ober entfcheidende (in verwaltungs:
en Angelegenbeiten) Kollegien mit 'gejeb:
i timmten uftändigteiten zur Seite ftehen.
Die weiter oben bereit3 genannten Provinzen, zu
denen ber Stadtkreis Berlin und der Negierungs:
bezirt Sigmaringen (Hohenzollernſche Lande) zu zaͤh⸗
len find, ftellen bie allgemeinfte Ginteilung des
Staats in Verwaltungsbezirle dar. Sie werden in
Regierungsbezirle (im ganzen 86 mit Berlin und
igmaringen) und diefe wieder in reife (am
u i 1885 im ganzen 515, davon 47 Stadt:
freie, d. b. größere, einen Kreis für ſich bildende
Städte) eingeteilt; die Knoten des vielmafchigen
tungsneped bilden die Gemeinden (1883:
1285 Stabtgemeinden, 37348 Landgemeinden und
15803 Gutöbezirle). — Der Dberpräfivent vertritt
in der Provinz die oberiten Staatsbehörden und
da3 Staatsintereffe, verwaltet unter Mitwirkun
des Provinzialrats die über die ganze Provinz fi
erftredenden Angelegenheiten, führt die Aufficht
über die Behörden und ift fpeziell in Kommunal:
und Rolizeifachen letzte Befchwerbe-Inftanz, wäh:
rend der Provinzialrat über Beſchwerden gegen
Beſchluſſe des Bezirlsausſchuſſes zu entſcheiden hat;
er iſt —— des —— und des Provin⸗
Fe egiumd, Mitglied des Staatsrats,
in Kommiſſarius des het
nimmt bie ſtaatliche Kirchenauflicht und eine Reihe
befonderer Gefhäfte wahr. Der Oberpräfident von
Brandenburg ift zugleih Oberpräfident von Ber:
lin; ber Negierungspräfident von Sigmaringen
teilt ſich mit auflänbigen Miniftern in die Ober:
präfidialgefhäfte von Hohenzollern, das nur in
—— vom Oberpräfidenten der Rheinpro⸗
vinz reffortiert. — Den Bezirkäregierungen, be:
iehungsweife Negierungspräfidenten nebjt dem
Berirtsausihuß liegt die Sermaltun aller innern
Landesa iten innerhalb des Bezirks ob, für
wel t bejondere Behörden geipafjen find. ie
alte Regierun — in drei Abteilungen (nur
eine in Stralſund und S u nur zwei in
Weftfalen Rheinland aufer üffeldo ) ift in
a eigen Yan — un
u ulſachen und für
direfte Steuern, Domänen uns orten) gewichen,
nachdem die Geſchafte der Abteilung des Innern
dem Regi präfibenten übertragen find, wel:
Gem hierbei ein zugleich das Bezirlsverwaliungs⸗
t der usſchuß zur Seite fteht.
n in werben die Kirchen; und Schulfachen ıc,
vom Bolizeipräfidium, die Militär, Bau⸗ und
Kafienfahen von der Minifterial s Militär: und
‚bie Ben — ee
vom identen verfehen. —
Die des Landrais erftreden ſich auf alle
‚ zu beren Wahrneh:
Eonverjationd«2eziton, 13, Aufl, XIII,
289
mung die Regierung eines —— — in
den Kreiſen bedarf; feine Wirkfamdeit umfaßt
innerhalb feines Kreiſes materiell diefelben Dinge
wie die der Regierung. In den Kreisordnungs:
provinzen führt er in Verbindung mit dem unter
jeinem Vorfig ftehenden Rreisauskt uß nicht allein
die Gefchäfte der allgemeinen Landesverwaltung,
fondern eig 1 die der Sreistommunalverwaltung;
in letzterer Beziehung iſt er auch Vorfikender des
Kreistags. Der Kreisausſchuß (in Stadtfreifen
der Stadtausſchuß) bildet zunleih dad Verwal:
tungsgericht erſter Inſtanz. — Die örtlichen Organe
der Kreisverwaltung find die Amtsvorſteher, die
Vürgermeifter (Nheinland), Diſtriktskommiſſare
(Bofen) u. f. w., fowie die Vorftände ber Stadt:
gemeinden, Landgemeinden und Gutsbezirle.
Die Selbftverwaltung ift, nachdem fchon die
Steinſche Städteordnung die erfte Vrefche in die
Meisheit des alten Polizeiftaats gelegt und der
Gedanke der Ausbildung der Htonnnunalverbände
allmählich, lange Jahrzehnte hindurch allerdings
nur beſcheidene praltiſche Groberungen gemacht
hatte, durch die mit|der Nreisordmung (f. d.) vom
13. Tez. 1872 (Neurebaltion vom 19. März 1881)
beginnende neuefte Berwaltungsreform in die brei:
teiten Bahnen gelenkt worden und heute ſchon zu
vieljeitiger und fruchtbarer Entwidelung gelangt.
Den fommunalen Verbänden (Provinzen, Kreifen
und Gemeinden) find nicht allein eine Reihe wich:
tiger Verwaltungszweige felbftändig übertragen,
fondern es ift ihnen auch die Mitwirkung bei der
allgemeinen Verwaltung in ausgedehntem Um:
fange zugeitanden.
8 unterfte Glied in dem Organismus der
Eelbjtverwaltungstörper ift die Gemeinde, gleich:
zeitig ein wirtfehaft iher und politifcher Ber:
band; dieſelbe verwaltet Tr eigenen Angelegen:
beiten felbftändig durch jelbftgewählte Organe
unter Aufiht des Staats, beziehungsweiſe ber
böhern Selbitverwaltungsorgane. Die Verwal:
tungöregeln für die Gemeinden find in Städte:
und Kandgemeinbeorbmungen (f. Gemeindeord—
u. taeftellt, deren Heform ala Abſchluß der
auf elbftverwaltung der einzelnen Organismen
im Gtaate gerichteten Gelepaebung in Ausficht
ftebt. In den Städten ift der Grunbjab voller
Selbftverwaltung ſehr vollftändig durdgeführt.
Mit dem an der uk der ftädtifhen Verwaltung
—— Bürgermeilter (ober in größern Städten
berbürgermeijter) bilden Beigeordnete und andere
befoldete oder unbeioldete Näte den Magitrat;
alle Mitglieder desjelben werden in der Regel auf
12 oder 6 \jahre von ber Gemeindevertretung ers
wählt, unterliegen aber ber Betätigung oder Nicht:
genehmigung durch die Bezirksregierung (in volts
reihen Städten zum Teil durch den König); nur in
Neuvorpommern ergänzt fi der Magiſtrat durch
Kooptation, und der Bürgermeifter wird von König
ernannt; auch Hannover bat eine befondere Städte:
ordnung, und in Helfen :Naffau (außer Frankfurt
a.M.) und Hohenzollern: Sigmaringen bejteht nur
eine ————— für Stadt: und Landge:
meinden. Den rhein. Städten fehlt der Magiftrat,
an deſſen Stelle der Bürgermeijter für die Verwal:
tung verantwortlic) ift und bie 5— zu
ve — Geſchaͤften deputiert. Als Vertretung
der Bürger dient die Stadtverordnetenverſamm⸗
lung, welche a dem Syſtem der drei Steuerab:
teilungen gewählt wird, In den Landgemeinden
19
2%
der öſtl. Provinzen bilben alle ſteuerzahlenden Gin:
wohner die Gemeindeverfammlung, in welder das
Stimmrecht an den Grundbefip gebunden iſt; in
den Kreisordnungsprovinzen fann mit Geneh—
migung des Kreisausſchuſſes an deren Stelle eine
gewählte Gemeindevertretung gefeßt werden. An
hrer Spiße fteht der Gemeindevoriteher (Schulze),
ihm zur Seite die Schöffen (Geihworenen, Ge:
rıchtsmänner). In den weitfäl. Landgemeinden
mit eigenem Haushalt bilden die Nittergutäbefiker
und 6—18 gewählte Gemeinbeverorbnete die Ge:
meindeverfammlung, welde den Vorſteher auf
G Jahre wählt; in den rheinischen befihen diefe Be:
fugnis die Meiftbeerbten und die denfelben glei
fiehenden Gemeindeberechtigten, und mit dem Bor:
jteher teift fich-ein aus 6—30 Mitgliedern beftehen:
der Gemeinde: ober Schöffenrat in die Geſchäfte.
Die aus mehrern Gemeinden zufammengejchten
weitfäl. Amter werben von einem ernannten Amt:
mann verwaltet, dem die aus Rittergutsbefigern,
Gemeindevorftehern und gemählten Abgeordneten
— Amisverſammlung zur Seite ſieht; ähn:
ich ift die Organijation der rhein. Vürgermeiite:
reien; unter den Einfluß der bureaufratiichen Amt:
manns: und Bürgermeifterei:Einridtung bat ſich
hier allerdings die fommunale Selbittbätigleit am
wenigiten zu entwideln vermodht. Den 1866 ers
worbenen Landesteilen find abweichende Gemeinde:
ordnungen teils belafien, teils neu verliehen wor:
den. Auch in Hohenzollern gelten noch die frübern
Landesgeſehe. Im ganzen gleicht die Verfafiung
der preuß. —— einer bunten Mufter:
larte, was bei der großen wirtichaftlidhen und
joziafen Verfhiedenheit der einzelnen Landesteile
nicht immer zu beflagen ift, wenn hon die gefehliche
Feſtſtellung gewiſſer allgemeiner Grundjäbe immer
mehr unabweisliches Bedürfnis geworden ift.
Der ** Kommunalverband und Haupt⸗
träger ber Selbſtverwaltung iſt der Kreis.
Kreisordnung.) Statt der frühern, von ber
Entwidelung der Dinge längft überholten ftänbi:
ſchen Verfa — t der gegenwaͤrtigen ai
fung in ben meiſten Anh ein wohldurchdach⸗
tes Syften von Intereſſengruppen, auf welchen
die Kreisvertretung —— iſt, zu Grunde; in
den übrigen iſt deſſen Einführung in Bälde zu er:
warten, Die Dertretung der Kreisangehörigen ges
Ihicht durch ben von ihnen gewählten Kreistag,
weldyer den Areistommunalverband zu vertreten,
den Kreishaushalt Feitzuftellen, die Kreisleiſtungen
zu verteilen, die Orundjähe für die Verwaltung
des Kreisvermögens und der Kreisanſtalten zu be:
ftinnmen ha u. ſ. w. Er wählt die Mitglieder des
Kreisausſchuſſes, welcher unter dem Vorſiß bes
Landrats die eigentliche kollegialiſche Regierungs-
behörde für die reisangelegenheiten bildet; daß er
ugleich die Beihlußbehörde in Landesverwaltungs:
achen und bie erjte enticheidende (verwaltungs:
gerichtliche) Inſtanz iſt, war ſchon weiter oben er:
wähnt. Den Kreifen find neben bem Vefteuerungs:
recht noch befondere Dotationen und gewilje Ein:
fünfte überwieſen. Die großen Städte von mehr
als 25000 €. find befondere Stadtlreiſe oder kön:
nen folde fein; die Pflege der Selbftverwaltung
liegt in denjelben vorwiegend auf dem Gebiete
der Gemeindeverwaltung; nur in den Stadtaus—
ſchuſſen, heziehungsweiſe deren verwaltungsgericht:
licher Zuftändigeit, ift ein darüber hinausgebendes
Clement enthalten,
Preußen (geographiſch-ſtatiſſiſch)
Der zwiſchen Kreis und Brovinz ftehende Regie:
rungöbezirk it fein Stommunalverband oder
—— t; in Hefien:NRaffau bilden
jedoch die Negierungsbezirle ebenfalls Kommunal:
verbände; in dem mit Staatsverwaltungsgeichäften
und der Thätigfeit des Bezirksverwaltungsgerichts
betrauten Bezirlsausſchuß bat in dem Streis-
ordnungsprovingen indeſſen aud das Laienelement
laß gefunden, und imiofern iſt er auch an dieſer
telle zu berühren.
Die Provinzen jtellen die oberſten Glieder
der fonımunalen Gelbitverwaltung dar. Nach—
dem bereits 1867 ben neuen Provinzen eine von
&: | der veralteten ſtändiſchen Berfafjung der alten
Provinzen abweichende Bertretung der Provinz:
angehörigen unter Aufgabe ber Beoorredtung
des Grundbefipes verliehen war, erfolgte durch dje
Provinzialordnung (f. d.) vom 29. Juni 1875, be:
ziehungsweife 22. März 1881, melde Dur Seit (1885)
bloß für Polen, Schleswig Hofitein und Rheinland
itfalen aber in Vorberei⸗
tung ift, die Umbildung ber Provinzen je zu einem
mit den Nechten einer torporation ausgejtatteten
Kommunalverband zur erweiterten Selbjtverwal:
tung ihrer Angelegenheiten, Der ———
band baut ſich auf den Kreisverbaänden auf, fein
tommunaler Inhalt ift hauptfähli durch das
Dotationsgefeh vom 8. Juli 1875 beitimmt. Die
Vertretung der Brovinzinlangehörigen erfolgt in
dem von den Slreiätagen gewählten Provinzial:
landtag, welcher über befondere Brovingeinrichtun:
n und Verfafjungsangelegenbeiten Provinzial:
tatuten und Neglements zu erlafien befugt ift, die
Grundjäpe für die Bermönensverwaltung der Pro⸗
vinz bejtimmt, bie jtenerlihen und ahdern Leijtun-
gen für Provinzialzwede verteilt, den Provinzial:
baushalt feititellt u. ſ. w., das Petitionsrecht be:
—— auf Erfordern der Regierung Gutachten
über Geſetze und ſonſtige Gegenſtände abgibt. Die
Berwaltungsorgane der Provinzialverwaltung find
ber vom Provinziallandtag gewählte Provinzial:
ausihuh und ber Landesdireltor (in ejien
Landeshauptmann, in Hamover Landesdirelto-
rium), weld) lehterer das ausführende Organ iſt
und der Beitätigung des Königs unterliegt. Ab—
weichend von dem analogen Inſtitut des Kreisaus:
ſchuſſes ift im Provinzialausſchuß die Kommunal:
verwaltung nicht mit der Landesverwaltung ver:
bunden. Lebterer dient dagegen der Provinzialrat,
in weldem auch das Yaienelement vertreten ift. —
Die in P. ſonſt noch vorlommenden fonımunal:
ftändiihen Verbände find Ständelörperfchaften
chemals felbftändiger Landſchaften, welde nur
ihre eigene Bermögensverwaltung und folche An:
gelegenbeiten ihres landſchaftlichen Bezirls verwal;
ten, bei denen eine Ktollifion mit_der allgemeinen
PBrovinzialverwaltung ausgeſchloſſen iſt; ihre Be—
deutung als Selbitverwaltungsförper im gewöhn⸗
lichen Sinne des Wortes iſt gering.
Die Finanzwirtſchaft P.s gilt als eine der
fparjamjten der Welt und iſt vorzüglid) geordnet.
Die preuß. Staatsſchuld ijt ganz überwiegend pro;
dultive —— neuerdings namhaft ver:
mehrt durch Anlage und Anlauf von Eiſenbahnen.
Sm J. 1806 betrug die verzinslide Staatsſchuld
159, 1820: 654, 1847: 387, 1866: 776Y, Wil.
Mark, bie unverzinsliche in ——
47%, Mill. Dart; im Senbjabr 1878 betrugen
Kapilalſchulden einichliehlih derjenigen der neuen
nod) nicht ergangen, für
Preußen (geographiſch-ſtatiſtiſch) 291
Zanbestzife 10974, Mill. Marf, 1855: 390110
Mill, Marl, Ihnen gegenüber ftebt aber ein jo bes
deutendes Vermögen des Staats an baren Wit:
* Domänen, —— Gebäuden, Eiſenbahnen,
induſtriellen Anlagen u. f.w., dab die Jinan (age
—* — als eine äußerft günftige angeleen
den darf. Für * — 1885/86 find
ke Gianalnes und Ausgaben auf. 1258928 396
—— lagt. Die Betriebsausgaben betragen
641920414 Mart, die Dotationen 318626 297, die
Verwa usgaben des Staatsminifteriums
3184453, Fre der auswärtigen Uns
aelegenheiten 503 en wen miniſteriums
4866626, des , offentlichen Ar:
beiten 17 786661, des Hand elöminifteriums
2927841, des Ju inminifteriums 85663000, des
Mi ms des Innern 41768671, des Miniftes
riums für Sandwirtichaft, Domänen und Korften
12447526 des Minijteriumg der geiitlichen, Unter:
und enbeiten 52 744533, bes
Dat orbentiihe, Inba eutfhes Neic) 114862
odann 36925212 Mark ein:
malige —— yon Ausgaben. Eins
na en find —— die Domänen und
mit 8481809 (wovon v 7719296
die Givillifte des Königs in Abzug lom⸗
, die direkten Steuern mit 148521 672, die in:
di gr mit 51009000, die Lotterie mit
4049900, die Seehandlung mit 2339000, bie
3 ‚ Salinen und Öüiten mit 107684851,
die Gifenbahnen mit 679181267, die allgemeine
Finanzverwaltung mit 122. 002.983 und die Ein⸗
nahmen aus einzelnen Zweigen der Staatsverwal:
ang nat 66 705559 ER Die direlten Steuern
die Grunditeuer, die eu —
die Eiſe nbahna bga
„die laflenfteuer, bie, taffigterte Ein
euer und die — &gebühren
— 5———————— ſ. w., ſowie die b beio nders ge:
schien diretten Steuern in — welche
on Mark ertragen. Die Grunditeuer
— Provinzen, ausgenommen Hohenzollern
Grund djäben geregelt und au
Betrag von 39,5 Mill. Ma
bein u worden, ilt aber infolge der Beränderun:
fi ons ne 18866 mit Liegenſchaften
ür Sub Sinai it 40131000 Mart
ähnlicher Weiſe ijt die
— * der Baulich⸗
leiten verteilt, — dab ſie alle 15 Jahre neugeord⸗
ns de fein —— —*— —
Set, ur Be 31
54— vor einertrag der
—— nen —* —* vollen Prozent:
ienfapital fteigende Abgabe ent:
ri — Se, mel un 3 Seit ı nur noch 334000 Mark ein
Bine ee von welcher die
beträgt 2 Proz.
nes aba eßten Brobulte. Perſonen,
e n —2* ichtigem Umfange
betreiben —— Ge jteuer von ver *
ben, a v) der Bevölterung und dem
- Drtid bie — en
und der Mittelhanbel, der Klein⸗
lich Bäder, leiſcher,
ller und des Ha [3 mit
Nebengeihäft), die Gaſt⸗
immervermieten,
ft (einf ber Heinen
Müller), dann die Schiffahrt, das Fuhrgewerbe
und die P ferdeverleiber, „endlich der Haufierbetrieb;
fie erträgt 19200000 Mark (einjchliehlich Perg:
werlsabgabe). Die ge der Hajfifizierten
Cintommenjteuer, welde alle Haushaltungsvor:
jtände und einzelne felbjtändige Perjonen mit mr
denn 3000 Mark reinen Einkommens trifft, erfolgt
* der mutmaßlichen Jahreseinnahme mit run
3 Proz. derjelben, Haushaltungsvorjtände und ja
jelbjtändig ermährende ger at *
ein geringeres Einlommen b herab
haben, zahlen in 12 — Steuerſtufen eine
Klaſſenſteuer von im Hoöchſtbetrage nicht 3 Proz.
des reinen Einlommens, deſſen Einfhägung unter
—* der Woh Ihabenheit des Steuer:
flichtigen efchieht: fie H ps 42100000 Mart
— vorausbeftimmt; durd) neuere Gejehe
t aber den beiden unteriten Klafenfteuerftufen
(bis 900 Mark Einlommten) die ganze Steuer, den
Stufen 3—12 ein Vierte berfelben, ferner ber
unteriten —* llaſſifizierten Einfommenjteuer
ein Sechſtel, der zweiten Stufe ein Zwölftel bes
Japresiteuerbetrags dauernd erlafjen worden, wo:
durch fi die Erträge erheblid vermindern; für
1885/86 iſt 4 Ertrag ber — Eintom:
meniteuer auf 36440000, der ber Nonteahenen anf auf
22062000 Mark veranfchlagt. Die indirekte Be:
fteuerung ift in der Hauptiache auf das Reich über:
gegangen (Zölle, Branntwein-, Braus bat,
NRübenzuder:, Salz, fowie Wedf el, Vörfen: und
Spiellartenftempe teuer), für die preufi. per
zen kommen hiervon nur die Anteile für ngs⸗
u.f. w. Koſten, ſowie die aus den Zolleinnahmen
u. ſ. w. des diei den —— zu ee
den Beträge in Betradt; rein * indirelte
Steuern beitehen nurin * tempelabgaben
für Verträge u. ſ. w., der Erbſchaftsſteuer, ber
Brüden:, Hafen», Kanal: u. f. m. ( älle und ver:
fchiedener Gebühren uf. w ie giomiee
Staatsausgaben belajten — Kopf
der Bevölkerung mit 43,5 Mark, davon werden
aber nur 5,8 Marl durd, die direkten Steuern auf:
ebracht; von feiten des preuß. Staat wird da:
u der Sädel der Steuerzahler nur in mähigem
Umfange in Anfprud genommen, Die umfang:
reihen Aufgaben aber, welche die ——7 den
Selbitverwaltungstörpern überwieien übren
ihrerjeitö eine weitere nicht i* Na Be:
laitung der Bevölterung herbei. 1833/81
beliefen fih die Ausgaben der en
auf 280653259 Marl, die der Landgemeinden auf
129499927 Mark und die der Gutsbezirle, bei
welchen die Ausgaben für Ö — Zwede viel:
fa von den privatwirtichaft tiden untrennbar find
und deshalb nur annähernd ‚geihäbt werden kön:
nen, anf mindeſtens 25 Mill. Mark, zufanmten
alfo auf rund 435,2 Mil, Mark, einſchließlich der
Korporationsabgaben zu Provinzia «, Sreide,
Schul und lirchlichen Zweclen. Das ergibt Somit
nahezu 16 Mark auf den Kopf der Bevölkerung.
Demnach verurſacht bei der heutigen Lage der
Dinge in B; die Erfüllung. der öffentlichen Staats:
und Selbitverwaltungsaufgaben einen Aufwand
von rund wenigitens 50 Mart pro Kopf ber Be:
völferung. — Das Finanzjahr beginnt am 1. April.
Das preußiſche Heer bildet den Hauptbe:
ndteil der Armee des Deutichen Neih3 und um:
bt nicht nur das fpegiell preub. Kontingent, fon:
dern auch die Kontingente aller deutjchen Staaten
19*
292
bis auf diejenigen Bayerns, Württembergs, Sad:
fens und Braunfchweigs. Für Walded, Schwarz:
burg-Sonder&haufen, beide Lippe und bie drei
Hanfeftädte hat P. alle militärifhen Leiftungen
übernommen und bisponiert dagegen unter ge:
willen Beſchränkungen über die brpflichtigen
diefer Staaten und unbeichräntt über die Mittel,
welche nad) dem Reichsetat auf das Wehrweſen der:
felben entfallen, ie Sontingente von Baben,
Heilen, beiden Medlenburg, Oldenburg, Anhalt
und den thuring. Staaten find unter verjchiedenen
Modalitäten Beftandteile der preuß. Armee gewor:
den, —— daß der —** von P. der Kriegs:
berr derjelben ift und dab P. die Militärverwaltung
ber Staaten übernommen bat. Die gefamte Armee
P.s, einſchließlich der mit ihm durch Militärlon:
ventionen verbundenen Staaten, umfaßt 13 Ar:
meelorps (dad Garbelorps und die Armeelorps
1—Xl und XIV [Baden]) ganz und das XV. Ar:
meekorps (Elſaß⸗Lothringen) großenteild und ent:
bält nad) den einzelnen — ————— 123 Re:
gimenter Infanterie, 14 Bataillone Jäger, 73 Ne:
gimenter Kavallerie (10 Kürajfier:, 26 Dragoner;,
18 Hufaren:, 19 Ulanenregimenter), 29 Negimenter
Dee‘ 11 Negimenter und 2 Pataillone
——— 15 Bataillone Pioniere, 1 Gijenbahn:
regiment, 14 Pataillone und 1Rompagnie (heſſiſche)
Train, insgefamt 14004 Offiziere und 330629
Mann Friedensſtärle und etwa 25000 Dffiziere
und 1 Mill. Mann Kriegsftärte, Auf die nicht
in die preuß. Armee einverleibten Kontingente der
übrigen deutichen Staaten find ihre militäriihen
Einrichtungen bis auf einige Außerlichleiten, wie
Uniformierung u. ſ. w. übertragen worden.
Das preußische Kriegsminifterium befteht
aus drei Departements und mehrern Abteilungen:
dem Allgemeinen Arieg&departement, dem Militär:
Öfonomiedepartement, dem Departement für das
Invalidenweſen, der Abteilung für die perfönlichen
Angelegenheiten, der Abteilung für das Nemonte:
weſen und der Militär: Medizinaladteilun . Das
Allgemeine Kriegsdepartement zerfällt in nf Ab:
teifungen, davon zwei für die Armeez, pen r bie
Artillerie:, eine für die ngenieurangelegenbeiten.
Das Militär: Ökonomiedepartement hat Abteilungen
für das Etats: und Haffenwefen, für die Natural:
verpflegungsangelegenheiten, für die Belleidungs⸗,
Gelbverpflegungs:, Reife: und Borfpannangelegen:
beiten und für das Serviswefen. Die Abteilun
für die perfönlichen Angelegenheiten befindet ß
zwar im Etat des Kriegsminiſteriums, dat aber
unter der —— «Militärtabinett» feit 1883
eine felbftändige Stellung erhalten. Von
Kriegsminiſterium reffortieren die Infpeltion der
Sinfanteriefchulen (unter ihr die Unteroffizierſchulen
au Potsdam, Julich, Biebrih, Weihenfels, Ett:
ingen und Marienwerder, die Unteroffiziervor—
ſchule zu Weilburg, das Militärfnaben:Erziehungs:
injtitut ji Annaburg mit der Unteroffiziervorichule,
die Militärturnanftalt, die Militärſchießſchule),
die Traininfpeltion, die Gewehrprüfungstommijs
fion, die Inſpeltion der Gewehrfabrifen (unter ihr
die Gewehr: und Munitionsfabriten zu Spandau,
Danzig und Erfurt) das Militärreitinjtitut zu Hans
nover, bie Artillerievepätinfpeltionen, die Zeugs
bausverwaltung zu Berlin, bie yaipeten bes
Militärveterinärwefens, die Inſpeltion der mili:
tärifhen Strafanftalten, das Medizinifchschirurs
giihe Friedrich: Wilhelms: Inftitut und die Medi—
Preußen (geographifch: ftatiftifch )
——— — für das Militär. Von
er techniſchen ei für Artillericangelegen;
heiten des Allgemeinen Kriegsdepartements a
tieren die Artilleriewerkftätten zu Spandau, Deub,
Danzig und Straßburg im Elfaß, dad Feuerwerl&
laboratorium in Spandau, die Geſchlißgießerei in
Spandau, die Geſchoßfabrik zu —— und
zes zu Spandau, Meb und Hanau. Der
neralftab bildet kein in ſich abgeſchloſſenes Korps,
fondern ergänzt fih unaufbhörlid aus ten
aller Raffengattungen, während feine Mitglieder in
den praftifchen Dienft zurüdtreten. Er bat in dem
Grofen Generalftab zu Verlin feinen Mitt
und verfieht die höhern Truppenftäbe (Urmeelorps
und Divifionen) und Gouvernements der wichti
ungen mit eneralftabsoffizieren. Unter o
eitung des Chefs des Generalitabes der Armee
das gelamte Landesvermeſſungsweſen in der
des un der Landesaufnahme⸗ konzentriert, dem
eine trigonometriſche, topo —*29 und
grap iice Abteilung unterftellt ift. liber die Wehr:
verfaffung, Dr anifation der Truppen, Stärlever:
Raul derfelben, —— die Feſtungen
ze Heerwefen, Bb. V, ©. 110 fg.
Das Militärbildungs: und Gr iehungs:
mwefen erfreut na ganz befonderer Ihrlege, [43
fteht unter einem ——— dem für die
Leitung der Kriegsſchulen ein befonderer ———
unterſtellt iſt. Die Kriegsſchulen bezweden die
militaͤrwiſſenſchaftliche Ausbildung der Aſpiranten
des Offizierſtandes in einjährigem Kurſus und be:
ftehen zu Potsdam, Erfurt (am 1. Oft. 1885 nad
G — * Neiſſe, Engers, Kaſſel, Hannover,
ntlam und Meh. Für den Erfah der
forgt außerdem die von Berlin im Juli 187
Lichterfelde (ſ. d.) —* Haupiladettena
mit den Voranſtalten zu Kulm, Potsdam, Wahl:
ftatt, Bensberg, Plön und Dranienftein. Die Ber:
einigte Artillerie: und Ingenieurſchule bei Berlin
dient zur tehnifch willen haftlihen Ausbildung
der Offiziere für die Spezialwaffen, die Ariegsala-
demie Mu Berlin zur höhern Ausbildung für Ai
iere aller Waffengattungen, namentli a
—538 für den Generalſtab. An m
diefer Unterrichtsanftalten beteiligen fi
rag me Bayerns diejenigen beutf taaten,
deren Kontingente felbjtändig daſtehen; eine Aus:
nahme bildet bezüglich der —— das
Konigreich Sachſen, das ein eigenes Kadettenlorps
in Dresden beſiht.
Eine fpeziell preufifhe Marine gibt es feit
Errichtung des Deutſchen Neich® * mehr, ſon⸗
dern nur eine Marine des Deutſchen Reichs, welche
einheitlich unter dem Oberbefehl des
Laiſers ſteht. (S. unter Deütſchland und
Deutſches Reich, Bd. V, S. 228 fg.)
Das Staatswappen ift ein drerfäches. Das
Heine enthält in Silber einen ſchwarzen gelrönten
Adler mit roter Zunge, goldenen Kleeſtengeln auf
den Flügeln, dem Scepter in der Nechten,
Reichẽ apfel in der Linken und dem Namens
Königs auf der Bruft. * Adler
mit
233
Das mittlere Mappen bat ein Mittelf
Mappen von Preußen enthaltend, und 11
mit den Embfemen der per Es ift mit der
Königstrone bededt und wird von zwei
Männern mit Keulen ga und von Kette und
Kreuz des Schwarzen Adlerordens umgeben. Das
große Wappen enthält drei Mittelſchilder (Preußen,
f
Preußen (geographiſch-ſtatiſtiſch)
Brandenburg, Nürnberg:Follern) und 48 Felder
mit ben Zeichen der Provinzen. und Lanbesteile;
e3 wird von einem gelrönten Helm bededt, von
den Ketten des Schwarzen, des Noten Adlerordens
und bes Fönigl. Hausordens, jowie von dem Bande
be3 Kronenordens umfangen, von zwei wilden
Standarten haltenden Männern geftüpt und it au
einen blauen, goldeingefabten Schildesfuß mit
dem Wahliprud «Gott mit und» geitellt. Das
Ganze umgibt ein purpurnes, mit Adlern und
Konigslronen beftidtes Wappenzelt, beijen Gipfel
die Königslrone und das Fönigl. Reichspanier
deden. Die Landesfarben find rohe und Weiß.
Unter den Orden ijt der von Friedrich I. am
18, Jan. 1701, am Tage der Krönung, geftiftete
Schwarze Adlerorden (f. d.) der — bm
unädjft ſteht der 1705 geatänbete und jpäter mebr:
ha erweiterte Note Adlerorden (j.d.), welcher ſich in
Großlreuze und vier Klaſſen mit zahlreichen Schat⸗
tierungen teilt. Der Orden Pour le mérite wurde
1740 von Friedrid d. Gr. gefiftet (f. M6rite).
Belohnung für Gelehrte und Künftler bejtebt
erner eine. goldene und eine filberne Verdienit:
mebaille.. Der Hausorden von Hohenzollern, am
23. Aug. 1851 bei der Huldigung der hobeno ern:
Igen Sande geitiftet, zerfällt in den mit der Devije
m Fels zum Meer» verfehenen, vom König zu
nden Orden des königl, Haufes mit mehrern
Abteilungen und den mit königl. Genehmigung von
bem jeweiligen Haupte des fürjtl. Haujes De
zollern zu verleihenden Hausorden, Am 18. Olt.
1861 wurde von Aönig Wilhelm I. der Kronen:
orben (f, d.) geftiftet. Der Johanniterorden (f. d.),
ein Standesorden , wurde nad Aufhebung der Jo:
banniterballei Brandenburg 1811 preuß. Haus:
orben, Der Orden des Gijernen Sireuzes (f. b.)
bejteht aus dem Öroßkreug und zwei Klaſſen; er
wurde 10. März 1813 gejtiftet und 19. Juli 1870 er:
neuert. Der Luſſenorden (j. d.) wurde 3. Hug. 1814
eitiftet. Das Verdienſtlreuz für Frauen und Jung:
tauen wurde 22, Mai 1871 geitiitet. Außerdem
n noch das Militärverdienjtlreug, das Mili—
i ideen 1. und 2. Klaſſe, die Landwehr:
—— 1. und 2. Klaſſe, ein Dienſtaus⸗
zeihnungsfreuz für Offiziere des jtehenden Heer,
eine —— für Unteroffiziere und Ge:
meine, eine Dienſtauszeichnung für alle, welche
1848—50 unter den Fahnen eflanden, Medaillen
für die an ben Siriegen feit 1864 beteiligt Geweſe⸗
nen, das Allgemeine — — das Ver⸗
die aan rn für Rettung aus Gefahr.
Litteratur. SHauptquellen für die Statijtil
B.3 find die Veröffentlihungen des Aönigl. Stati:
ftüchen Bureaus, namentlic das «Jahrbuch für bie
——— preuß. Staals (Berl. 1863,
—* „1876 und erg th Seitteit
zwanglojen Heften (je ‚ die «Zeitſchri
az tatiftiichen Bureaus» (feit
1861 In rth, «Beiträ i
, ferner ‚ «Beiträge zur Finanz:
= Gemeinden 1878 » (Bert, Hang): 4
rg \ tijtit der Kreiſe des —* taats⸗
elbe und von den Brinden, «Bei⸗
atijtit der Gemeinden 1881»
293
öfterr, Eiſenbahnnehes von 1838 bis 1882 » (Berl.
— — für das Königreich *
(Berl, 1884); « Standesamtö:Lerilon für das Kö:
nigreich P.» (Det 1883); Guttftadt, «Stranlen:
—— ür das Königreich P.» (Berl, 1885);
ngel, «Das Zeitalter des Dampfes» (2. Aufl.,
Berl. 1881); derielbe, «Die deutiche Induſtrie 1875
und 1861» (2. Aufl. Berl. 1881); Meiten, «Der
Boden und die landwirtichaftlihen Verhältniſſe des
preuß. Staats» (Berl. 1868— 73); Neumann,
«Das Deutiche Reich in geogr., ſtatiſt. und topogr.
Beziehung» (Berl. 1874); Delitſch, a Deutſch⸗
lands Oberflä —* Bresl. 1880); Müller:
Köpen, «Die Höhenbeftimmungen der Königl. preuß.
Landesaufnahme » —* einzelne Provinzhefte,
noch nicht abgeſchloſſen); die zahlreichen Zeit—
ſchriften der übrigen Centralſtellen des Staats und
die Artitel «Preußen» in Notted3 und Welders
«Staats: Lerifon» (3. Aufl., Bd. 12, Lpz. 1865),
fowie in Wagener «Staats- und Geſellſchafts
Leriton» (Berl, 1864); ferner Dieterici, «Handbud
der Statijtit des preuß. Staat» (Berl. 1861); Lin
gewitter, «Die preuß. Monarchie, geographiſch, ftas
title, topographiſch und hiſtoriſch ausführlic) dar:
geftellt» (Berl. 1859 ; Keller, «Der preuf. Staat, ein
Handbuch der Baterlandstunde» (Wiind, 1864—66);
«Statiftit des zollvereinten und nördl, Deutjchland»
von Biebahn (Bd.1 u. 2, Berl. 1858—62); Kraab,
« Topogr.statiit. Handbuch des preuß. Staats»
(2, Aufl., Berl, 1870); für Staatsredt und Ber:
waltung; 2. von Nönne, «Das Siaats-Necht
der Preuß. Monardie» (4. Aufl., Bd. 1—4, Lppʒ.
1881 —84); 9. Schulze, «Das preuß. Staats:
recht auf Grundlage des deutichen Staatsredt5»
(2 Dde., Lpz. 1872—77); Graf Hue de Grais,
«Handbudh der Verfafjung und Verwaltung»
(4. Aufl., Verl, 1884); Freiherr von Stengel,
«Die Organifation der preuß. Verwaltung nad
den neuen Neformgefehen» Lpz. 1884); 9. Schulze,
« Das Staatsrecht des Königreichs B.» in «Hand:
buch des öffentlichen Nechtö», herausg. von Dar:
quardſen (Bd, 2, 2. Halbbd,, Freiburg u, Tüb.
1884); €. Meier, «Die Neform der Verwaltungs-
organijation unter Stein und Hardenberg» (Er
1881); G. Meier, «Lehrbuch des deutichen Ver:
waltungsreht3» (1883); Schneider, «Bollsjchul:
wefen und Lehrerbildung in B.» (Berl. 1875) ; «Der
Schutz der jugendlichen Perſonen im ie
Berl. 1883) ‚ Wiefe,« Das höhere Schulwelen in B.»
3 Bde. Berl. 1864— 74). Die beten Karten find:
gelhardts «Harte vom preuß. Staat» (23 Blatt,
Berl, 1843) und «Beneraltarte vom preuß. Staai»
Berl. 1868), Neymanns und Handtles «Atlas von
.» (36 Blatt, 2. Aufl., Ologau 1853), «Secatlas»
(14 Blatt, Berl. 1841), R. ori « Spradfarte
vom preuß. Staat» (2 Blatt, Berl. 1865), «Harte
vom preuß. Staat mit befonderer Rüdjicht auf die
Kommunilationen» (12 Blatt, Berl); Ißleib,
«Specialatlas DER DRS Staatö» (16 Blatt, Gera
1869); Sohr, « Wandlarte des preuß. Staats »
12 Blatt, Olog. 1872); bie öfters erneuerte «Pojt:
rd: Starte» in 9 Blättern; vorzüglich aber die im
Maßſtab von 1:80000, refp. 1:100000 immer
noch fortgeſehte Generalitabstarte (ſ. d.); «Nlarte
des Deutichen Reichs», herausg. im Maßſtab von
1:100000 von der fartogr. Abteilung der Königl.
preuß. Landesaufnahme (Berl. 1880 Gu Dechen,
« Geolog. Harte von Deutichland» (2 Blatt, Berl.
1870). — Eine fehr vollitändige Nachweiſung der
294
über B. handelnden wichtigern Litteratur iſt der
«Katalog der Bibliothel des Königl. preuß. Stati:
ftifchen Bureaus» (2 Bde., Berl. 1874— 79).
Geſchichte. (Hierzu Hiftorifhe Karte von
Preußen.) Die Länder an der Ditjee, welche
fpäter das eigentliche Königreih P. bildeten,
tollen infolge de3 Berniteinhandels fchon den
Alten durch den Griehen Pytheas etwa 820 Jahre
v. Chr, befannt geworden fein. Pytheas nennt das
von der Oſtſee bejpülte Land Mentenomon, die Be:
wohner desjelben Guttonen (Boten), deren Nad)-
barn Tentonen. Diefe Namen verraten unzweifel:
aftdeutihe Stämme. Tacitus nennt dieBewohner
ſtii, d. b. Dftleute oder Eſten, welcher Name jpä-
ter auf die finn. Einwohner des heutigen Gitland
überging. An der Stelle der mit der großen Goten:
wanderung abziehenden deutſchen Bölter fehten
[id Stämme ſlaw. Uriprungs in diefen Küftenlän:
ern feit, ſich mit zurüdgebliebenen Reften german.
Bevölterung vermifhend. Der Volkszweig, wel:
er dem Lande P. öftlih von der Weichſel (in
eitpreufen, Pomerellen, ſaßen die Pomerani)
den Namen gegeben bat, die Poruſſi (Boruffi,
Pruſſi, Pruzzen), wird zuerft gegen, Ende bes
10. Jahrh. genannt. Die Religion diefes Volks
trägt wejentlic den Charakter des Naturdienites.
Kein flaw. Bolt hat mit folder Zäbigleit an fei-
nem alten Glauben ac A als die Preußen,
was fi aus den taufendfältigen Beziehungen der
Religion zu den örtlichen Cigentümlichleiten des
Landes erllärt. Spuren heidniſcher Sitten und
Kultusformen laſſen ſich ie bis in den Anfang
des 17. Jahrh. verfolgen. Die erſten Belehrungs⸗
verfuche, die von dem heil. Adalbert, Bifchof von
Prag, und von Bruno von Magdeburg unternom:
men wurden, fcheiterten an der friegeriihen Wild:
beit des Volls. Adalbert wurde 997, Bruno 1009
erichlagen. Der poln. Herzog Bolejlam Chrobry
machte 1015 die B. tributpflidtig. Seine Nach—
[eloer, Kafımir I., Boleflaw U., Wladiilam J.
ührten glüdliche Kriege mit den P., welche fich
fortwährend gegen die Bolenherrihaft und gegen
das Chriftentum auflehnten. Boleſlaw IV., wel:
cher einige Gebiete P.s unterjocht hatte, wurde zu:
leht (1161) völlig geichlagen.
inzwischen war in den Lande weitlich der Weich—
fel unter vielen Stätten Ser Bildung um 1470
das Eijtercienferllofter Oliva gegründet worden.
Hier faßte der Mönd Chriſtian, ein Pommer von
Geburt, den Gedanten, das Ehriftentum in P. zu
verfündigen. Nachdem er feit 1208 in den öftlich
von der MWeichfel gelegenen Dijtritten eine große
Anzahl von Heiden, darunter auch manche Stam:
meshäuptlinge, zur Taufe vermodt, wurde er
1215 von Rapft ee III. zum eriten Biſchof
P.s ernannt, Allein da, diefem erjten Gelingen
nur deſto Eu ere Reaktionen und Verwüjtungs:
kriege der P. folgten, fo gewann Chriftian die Über:
jugung, daf das Heidentum diefes Volls nur mit
em Schwert ausgerottet werden fönne. Mit Cr:
laubnis des Papſtes rüftete er in Gemeinschaft
mit Herzog Konrad von Mafovien und Herzog
Heinrich dem Bärtigen von Schleſien einen Kreuz:
zug gegen die Preuben. Aber diefe erhoben ſich
1223 und 1224 zu kräftiger Gegenwehr, eritürmten
Danzig, zeritörten Dliva, verwülteten Mafovien
und alle von Ehriftian gejtifteten Kirchen und
Klöfter. Diefer ſelbſt hielt fi in dem feften Kulm;
die Fuhrer des Kreuzheers hatten fih beim erften
Preußen (geſchichtlich)
Sturm zurüdgezogen; die Preußen mit
ihrem Raub in ihre Wälder zurüd, Num riefen
Chriſtian, der inzwifchen zu Dobrin den Drben der
Nitter Chrifti gegründet hatte, und Herzog Konrad
den Deutihen Orden zu Hilfe. Der amalige
Drdensmeilter Hermann von Salza wurbe durch
die von Konrad angebotene, von Raifer Friedrich I.
und Papſt —* IX. bejtätigte Schenlung des
Kulmer und Löbauer Landes, famt allen in ®.
noch zu erobernden Gebieten, beiwogen, 1228 eine
Heine Anzahl von Drdensmitglievern, 1230 eine
größere unter dem tapfern Hermann nad P.
zu jenden. Die Deutſchen Ritter trugen auf dem
weihen Mantel das ſchwarze Kreuz, woran bie
preuß. Farben noch erinnern. In den erften Jah:
ren Ankunft des Ordens wurden Seren; en
den Preußen vermieden. Zuerſt fuchten die
durh MWiedererbauung zerjtörter Bur
Kulm, und durd Gründung neuer Felten, 3. B.
Rp Marienwerder (1233), Elbing (1287), ih
eiten Halt zu verfchaffen. Im J. 1233 ——
jedoch mit einer für den Orden glüdlihen Schlacht
an der Eirguna der große Krieg, der unter ⸗
ftrömen deutſchen Adels, deutj rſten und
hervorragender Dynaſten des Abendlandes50 Jahre
dauerte und 1283 mit Unterwerfung des ganzen
‚ wie
Preubenlandes endete. Durch Begünftigun
ſcher — die aus allen Teilen des Reichs ein⸗
wanderten (befonders zahlreich aus den nieberrhein.
Gebieten), wurde nun dem Lande allmähli ein
deutſches Gepräge gegeben. Die Städte erhielten
zum Zeil Lübiiches, zum Teil Magdeb des
Recht, die Bauern freie Gemeindeverwaltung.
Andenken an die unter Leitung Köni
von Böhmen nad harten Kämpfen vo Gr:
oberung Samlands wurde 1256 Nönigäberg ge:
— Die Burg Memel war 1253 erſtanden.
dach Chriftians Tode (1243) richtete man die Bis:
tümer ein, Kulm, Bomejanien, Ermeland, als
viertes 1255 Sanıland,
Nach der Eroberung P.s befchäftigte ſich der
Drden mit der Unterm Fitauens und unter:
ftühte den Markgrafen mar von Branden⸗
burg in der Eroberung Pomerellens, welches Land
ihm gegen eine —A abgetreten wurde
(1310). Zu derſelben Zeit hatten die fortwähren:
den Kämpfe und die mit der Erweiterung des Ter:
ritorialgebietö zunehmende Schwierigleit der Ver:
waltung den Orden veranlaht, feine bisher in
Venedig und Marburg gehaltene Hauptrefidenz
1309, unter Siegfried —— n, in die
(1276 erbaute) Feſte Marienbu ep Die
Städte erblühten unter dem S ns de3 Ordens zu
großer Macht und Wohlhabenheit und wurden
meilt von reihen Kaufmannsgilden in
Weiſe regiert. Bald entitand j i
weder die Städte noch die eingewanderten Adeligen
wollten fih in die ftrenge Herrihaft des Orbens
fügen; Städte: und Ritterbüindnifje wurden s
tet. Unglüdliche Kriege gaben dem innern
reiche Nahrung. Litauen konnte in einem beinabe
100jährigen Kampfe nicht befiegt werden. Zwar
hatte Konrad von Kiniprode (1851—82), der mäd:
tigſte der ge en er, ben Pitauern
und deren Verbündeten bei Rudau (1370) eine
glänzende Schlacht geliefert, aber die Ero
des Yandes fcheiterte an dem Widerjtand Polens.
Als durh Mladiflam Jagello Litauen und Polen
vereint wurden (1386), war der Orden dem Tiber:
HISTOKISCHE KAR.:
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Territoriale Entwicklung des brandenburgisch - preussischen Staates.
Zeitfolge der Erwerbungen. |
Il. Unter den Kurfürsten Frnedr. Wilhelm II. us ne. Prriedr.Wilhelm IV. wwe ımsı |
FRR Die Mark unter Friedrich I. ın15- ı0%0 Wilhelm I. ıscı. Deutscher Kaiser 1371.
> Fi Friedrich I. mem. Albrecht Achilles. ın1e ne Jahumn Ciraro ınar on Verlorene Gebiete.
Pr —
n | Joachim I, oe ısas. Johann Gonrg 1anı-ısas, JohannSigiemtmd wenn wis, | Erwarben unter König Friedrich 1.u. Friedr.Wilhelm I.
— Friedrich Wilhelm '4 Eroune Kurfürst me ıun« l " ‘ Yriedr.Wilhelm U... Hu Wilhelm I
2.Unter den Königen. Erklärungen. j
M | Die den Namen beigesetzten Zahlen bezeichnen das Jahr der Er
Friedrich T.(Kurf.r men m) mei mu Priedr Wilhelm I.nu ne werbwng, die aingehlammaerten Zahlen das Jahr des Verlusten
A Pie Hau umränderten Gebiete ın Schlerien. sind diejenigen and 48
Friedrich II. ad. Grosse rw ı1n8. wriche Preussen Erbansprüche besuss
f Be Mabktab 1: 4,500000.
Friedrich Wilhelm IL. ns sms. Fried Wilholm DIE. 1t93- 100: EEE & jo
# Gregrambische Meslen 221
L — tn: uU — — — — — = ——_ — — —ñN — —
32 34 26 38
z ertist. Anstalt, keipsig. Zu Artikel: Preussen
l
( Io
j \008 [
Preußen (geihichtlich)
gewicht dieſes großen flam. Reichs nicht mehr ge:
wadien. Er erlitt in der Schlacht bei Tannenberg
1410) eine ſchwere Niederlage, mußte zuerst in dem
Frieden von Thorn (1411), dann in mehrern
andern Verträgen preuf. Ländergebiete abtreten
und verlor auch im Innern feine Selbſtändigteit,
indem er Ausfhüfien von Adel und Städten Zeil:
nahme an der Negierung einräumen mußte, Durd)
den Abfall mehrerer Ordenslomture und durd den
in Elbing gefchlojienen Preußiſchen Bund (1440),
der bald mit den Bolen gemeinfame Sache machte,
geihwächt, von dem Deutſchen Reich ohne jede
Hilfe gelaſſen, ſah fid) der Orden, zumal feine aus
den aufgelöften Huffitenheeren gebildeten Söldner:
baufen dem Gegner die Schlüffel der Feitungen
überlieferten, zur Unterwerfung unter Polen ge:
nötigt. In einem zweiten Thorner Frieden (1466)
wurde das Land .n. von der MWeichjel mit
voller Souveränetät an Polen abgetreten, ifür die
öftl., Hälfte aber die Lehnsoberhoheit der poln.
Könige anerkannt. Diefes Ereignis hatte aljo die
Trennung Pes in Oft: und Weitpreußen zur Folge.
Nach einer Reihe ſparſam und milde regierender,
aber ſchwacher Ordensmeifter, die fih den poln.
Lehnẽeid meiſt ohne Schwierigkeit gefallen ließen
jahen die Ritter ein, dab nur ein feerer Anſchlu
an das Deutſche Reich ſie von dem fremden Joch
wieder befreien könnte, und fie verſuchten daher
durd Übertragung der Hocdmeifterwürde auf fürſtl.
Sprößlinge das Intereſſe deutjcher Zurlen yna⸗
ſtien für ihre Säche zu erweden. Im J. 15
wählte das Kapitel den Markgrafen Albrecht von
u et (Ansbady), den Entel des
Kurfürften Albrecht Achilles, zum Hochmeilter.
Auf die Hilfe vertrauend, bie ihm der Kaifer ver:
bAlbredt, den Eid als Lehnz: | d
ſprochen, weigerte
unterthan des Königs von Polen zu leiten. Nach
mehrjährigen en ber poln. libermadt für
Aloreht unglüdlihen Kriegen ‚ging diefer nad)
Te d (1522), um für die Unterftühung P.8
von jeiten des Reichs zu wirken. Da ihm diefe
nicht zuteil ward, fo entichlof fih Albrecht zu einer
ihm von mehrern Seiten angeratenen Staat&ver:
änderung, die zwar in den äußern Beziehungen zu
Bolen teine Berbefierung bervorbradte, dagegen
der Delle des Landes, welche durch fortiwäh-
sende Streitigleiten zwiiden Orden, Adel und
Städten, bei zunehmender Beſchränlung der ober:
ihen Rechte des Hochmeijters, immer halt:
fer rdben war, ein ganz anderes Gepräge
verlieh. Als t 1523 den Reformator Luther
in Wittenberg aufjuchte, machte ihm diejer den
Hr ‚den Orden aufzuheben und P. in ein
Farſtentum zu verwandeln. Auch Polen
8 darauf ein und übertrug, unter der Bes
ung des von Albrecht anertannten Lehnsver:
bältnifjes, den Vertrag von Stratau (8. April
1525) B. dem afen als weltliches, erbliches
n. Der Beifall, welchen diejer Schritt im
nde bei Rittern und Unteribanen fand, war
ich der Verbreitung der reformatorijchen
in ®. zu verdanten. Zu den erſten, welche
em. neuen Herzog. huldigten, gehörten bie der
Kirhenneuerung zugethanen Bilhö von Sam:
land und omelanien, welche von der Regierung
in a re "Bice gm arte Dem bet
n. er e dem‘
und den h landitändifche Rechte. Die meisten
Ritter blieben im Lande und erhielten Lehnsgüter.
1 |von Quremburg über die
295
PBapit Clemens VII. ———— bie Sälula:
rijierung des Ordenslandes und Kaijer Karl: V.
beitätigte die vom Reihälammergericht 1583 gegen
Albreht —— Acht; allein dieſer blieb
im ungeftörten Beſih des Landes, führte die Refor—
mation in P. durch und gründete ihr einen feiten
Si durch Stiftung der IUniverfität Königsberg
1544. Mit den Landftänden, welche ihre Macht zu
vergrößern ſuchten, hatte er manche Streitigfeiten,
wobei jene meijt die Entſcheidung des Oberlehns-
beren anriefen. Herzog Albrecht ftarb 20, März
1568. Schon vorher hatte auf dem Reichstag zu
Betrifau (1563) Bolen für den Fall des Aus:
fterbens der fränk. Linie der Hohenzollern ber
brandenb. Linie die Mitbelehnung und Anwart:
ſchaft auf P. erteilt. Wenige Monate nad) Herzog
Albrechts Tode, welchem fein Sohn Albredht Fried:
rich folgte, wurde diefe Belehnung für Kurfürſt
Joachim LL., defien Sohn Johann Georg und
dejien männliche Deſcendenz erneuert, und 1618
nach dem Tode Albrecht Friedrihs wurde P. mit
Brandenburg — einem einzigen Staat vereinigt.
Seit 1415 befand ſich die Hohenzollernſche Dy⸗
najtie bereits in dem Befis der Hurmark Branden-
burg. (S. Hohenzollern und Brandenburg.)
Die beiden erften Regenten aus biefem Haufe,
Driebeit I. (1415 —40, als Burggraf von Rürn:
erg Friedrich VI.) und Friedrich U. (1440 — 70)
benugten ihre lange Regierungszeit, um die Ver:
lufte, welche die Länderverfchwendung Sigismunds
) art verhängt hatte
wieder gut zu machen. Die Ulermark wurde urd)
Sriedrie I., die Neumark durch Friedrid IL,
wieder mit Brandenburg vereinigt; 1445 wur:
den bie Palin Kottbus und Peih, 1462
bie Herrſchaft Teupik erworben. Grfolgreid waren
ihre Verſuche, der Landesherrihaft im Innern
eine kraftvollere Stellung gegenüber den Adel
und den Städten zu geben. Friedrich I. beftegte
den Adel und zwang ihm ein Landfriedensgeje
auf, Friedrich II. dbemütigte die Städte, namentli—
Berlin. Der ger 0 des legtern Albrecht Adil:
les (1470—86), widmete ben märtifchen Ange:
legenbeiten wenig Intereſſe und refibierte meijt in
den fränt. Befisungen Ansbah und Bayreuth.
Dod * er nad) einen glüdlihen Kriege Pom⸗
mern zur Anerkennung der brandenb. Lehnsober:
pomit (1479) und wurde der Stifter eines für die
ererbung der Hohenzollernſchen Lande beider
Linien maßgebenden Hausgeſ (dispositio
Achillen), am N 1482 lam das Yürftentum Srof:
fen an Brandenburg. Sein Sohn Johann (1486
—99) gab den Anfprud auf die Lehnshoheit über
ommern auf und ließ biefelbe in eine eventuelle
folge verwandeln (1493); 1490 erwarb er bie
richaft Zofien. Defien Sohn und Na olger
oachim I. (1499—1585) jteuerte dem ritter:
wejen des Adels, errichtete 1506 in Frankfurt a. D.
eine Univerfität, gründete ald oberftes Gericht das
Kammergericht zu Berlin (1516) und vergrößerte
1524 die Kurmart durd) die Ye Ruppin. Cr
verfolgte die prot. Lehre mit Graujamteit, ſelbſt bei
feiner Gemahlin Eliſabeth, die, für ihr Leben fürch⸗
tend, in Sachſen ein Aſyl fuchen mußte. Durch die
Che mit diefer aus dän. Haufe jtammenden Fürftin
002) hatte Joachim J. für den Fall, da die männ:
ide Linie in Dänemark aus türbe, eine Even:
u — Schleswig und Holitein erworben
(1508), ie Goldene Bulle und die erwähnte
296
Achilleiſche Hausordnung verlekend, zweigte Joachim
von den lurmärliſchen Landen die Neumark ab und
vermachte leptere feinem zweiten Sohne, Johann
von Küjtein, während der ältefte, Joahim IL., mit
der urwürbe das übrige erhielt.
oachim II. (1585—71) führte zwar 1539 die
Neformation in die Kurlande ein, nachdem fein
entjchlofjenerer Bruder in der Neumark ihm das
Beifpiel dazu gegeben, aber fein Bemühen, mit
bem Kaiſer in dem * Einvernehmen zu blei⸗
ben, hielt —* von der Teilnahme an dem Schmal⸗
laldiſchen Bunde ab. Beſſer forgte Joachim II.
ür die Ausdehnung des Territorialbeftandes, ‚in:
em er durd Erbverbrüderung mit Herzog Fried:
rich II. von Liegnig (1537) die Anwartſchaft auf
die Fürftentümer Liegnig, Brieg und Wohlau
—* der Hohenzollernſchen Erbanſprüche in Schle⸗
ien) feiner Dynaſtie zubrachte. Hierzu kam noch,
wie bereits erwähnt, die Mitbelehnung mit dem
erzogtum .P. Den erjten bedeutendern Auf:
Ömung nahm indes die Mark unter Joachims 11.
adhfolger, Johann Georg (1571—98). Die drei
Bistümer der Mark, Brandenburg, Havelberg,
Lebus, wurden eingezogen, bie Neumark mit ben
Kurlanden wieder vereinigt, 1575 Beeskow und
Storkow einverleibt, der geh des Kurfürſten
in der Behauptung des Erzſtifts Magdeburg,
welches fchon feit 1513 von Prinzen des bran-
denb. Haufes bejcht worden war, antertüßt:
Vor allem aber erwarb er Erbaniprüde auf B.
und die jülichihen Lande, indem er feinen Enfel
Johann Sigismund mit Anna, der Erbtochter des
weiten — von P., des geiſtesſchwachen
lhrecht Friedrich, vermählte. Dieſe FJearſin war
nicht nur die Erbin des Herzogtums P., ſondern
hatte auch durch ihre Mutter, die als Schweſter
des lehten Herzogs von Jülich bei dem Erlöſchen
des Mannsſtammes in ihrer Familie für erbfähi
erllärt worden war, die nächſten Anrechte es
die Herzogtümer Jülih, Kleve und Berg, fo:
wie auf die Damit verbundenen Grafichaften Mart
und Ravensberg. Joachim Friedrich (1598-1608)
verfolgte die beiden großen Aufgaben feines Va:
terö, die Erwerbung P.s und Julichs, weiter.
Gr lief ſich die Belebung über P, erneuern und
fuchte in Jülich die Landitände für das brandenb.
—3* zu gewinnen. Außerdem beſtätigte er das
ausgeſeß des Albrecht Achilles durch den Vertra
u Gera, den er mit feinen fränk. Bettern abſchlo
(1608). und errichtete 1604 als ftändige oberite
erwaltungsbebörde das Kollegium des Geheimen
Nat, Johann Sigismund (1603—19) beeilte fi
nad) dem Tode des legten jülichichen Herzogs, fich in
den Veſitz der ganzen jülihfchen Erbſchaft zu ſehen,
mußte fih aber in dem mit Pfalz:Neuburg 1614
abgeichlofienen Vertrag von Kanten mit Kleve,
Mark und Navensberg begnügen, Des Kurfür—
ften libertritt zur reform. Kirche war von dem
Erlaß eines Religionsedikts für feine Territo:
rien begleitet, in welchem beiden evang. Kirchen
oleidhmäßige Toleranz zugefichert wurde. Von da
an blieb die Verſöhnung und Vereinigung der
evang. Belemmtnifje ein eifriges Beſtreben der
brandenb.:preuß. Herrider.
Sm %. 1618, als mit Albrecht Friedrih das
Deraonl- Haus von P. ausftarb, wurde Johann
igismund Herzog von P. und dieſes Land mit
Brandenburg zu einem einzigen Staat vereinigt,
Die poln. Lehnshoheit scubte zunächſt anerlannt
Preußen (geſchichtlich)
werden. Bon unbeilvarer Gehirnlran
fen, mußte Yohann Sigismund die Negierung
(Dez. 1619) niederlegen; er ftarb wenige Tage ſpã⸗
ter. Sein Sohn Georg Wilhelm (1619—40) war
den Schwierigkeiten der Lage nicht gewachien.
Unter dem Einfluß des Grafen Adam von Schwar:
ienberg, feines tatholifhen, öſterreichiſch gefinnten
Minifters, ftehend, blieb er der kaiſerl. Politik
treu. Trohdem wurden die Marten von den
Wallenfteinern furchtbar verheert. Die Bundesge:
nofienihaft mit Guftav Adolf, von diefem durch
Bedrohung Berlins (Mai 1631) erzwungen, war
nur eine vorübergehende Epiſode. Als nah dem
Sinten des ſchwed. Kriegsglüds der Kurfürſt von
Sachſen einen a en (1635) mit Kaiſer
Nerdinand II. einging, folgte Brandenburg dieſem
Beifpiel; hierdurch zog es die Rache der Schweden auf
fi, die mın mit allen Greueln entfeflelter Kriegs:
wut länger als zehn Jahre in den Marken bauften.
Unter diefen traurigen Verhältnifien übernahm
Friedrich Wilhelm (1640-88), fpäter der Große
Kurfürft genannt, ala 2Ojähriger Fürft die Negie-
tung ber brandenb. Sande, Durch ufftelung eines
tüdhtigen Heerd und durch Abſchluß eines Waffen:
ftilljtandes mit den Schweden machte er ſich wicder
zum Heren von Brandenburg und durd ein Bund—
nis mit Holland ſicherte er fich den Bejis feiner
weſtl. Gebiete. Im Weitfäliichen Frieden erlangte
er zwar nicht ganz Pommern, auf das er ein
Grbredht hatte, und muhte Vorpommern nebit
Stettin den Schweden überlaffen; als Erſatß da
für erhielt er aber die Bistümer Halberjtadt,
Minden und Kamin als weltlihe Fürftentümer
und die Anwartichaft auf das Erzitift Magdeburg.
Sid von der poln, Lehnsherrlichleit umachen,
war in den erſten Jahrzehnten ſeiner Regierung
das Hauptbeitreben driedrich Wilhelms. Er nahm
am ſchwed. poln. Krieg (1655-60) Anteil und
erhielt für feinen Beiltand in der breitägigen
Schlacht von Warihau (28. bis 30, Juli 1656),
die fich zur erften Heldenthat der brandenb, Armee
eftaltete, im Vertrag von Labiau die Anerfennung
* Souveränetät im Herzogtum P. ſeitens des
ſchwed. Königs Karl X. Guftav. Kaum hatte ber
25 durch die Entfernung der ſchwed. Kriegs:
macht freie Hand erhalten, ald er auch das Einver-
ftändnis mit Polen wieder antnüpfte und fid) die
unbeſchränkte Oberhobeit in B. durch den Vertrag
von Wehlau (1657) beftätigen ließ. se er
Brandenburg die Herrichaften Lauenburg und
tow von Polen zu Lehen, Sowie Drabeim als Pfand,
welches lehtere 1688 völlig einverleibt wurde. Die
Friedensverhandlungen in Dliva (1660) brachten
ihm endlich die alljeitige Anerfennung der Souve:
ränetät aber P. Nun erit war diefe Provinz mit den
übrigen brandenb. Landen unmittelbar vereint und
der Grund für die —— eines mächtigen
norddeutſchen Staats gelegt. Wie im Norden, fo
mußte die Politit Friedrih Wilhelms auch im
Weiten die deutſchen Intereſſen mit Nachdrud
vertreten. Als Ludwig XIV. von Frankreich 1
in da3 Reich einfiel, war Friedrich Wi der
einzige Fürft, der für die Unabhängigkeit
lands am Rhein die Waffen erhob, Infolge deſſen
veranlafte Frantreih, um ſich von den bran
Truppen zu befreien, bie Schweden zu einem Ein
fall in die Marten, Der Hurfürft Ki t über fie
den Sieg bei Fehrbellin (18. Juni 1675), vertrieb
fie aus Pommern und foäter, als fie von Livland
Preußen (geſchichtlich)
ber bie preuß. Grenzen überſchritten, auch (1679)
aus P. Allein in dem 1679 ab eſchloſſenen Frie⸗
den zu St.-Germain mußte er auf bie Groberungen
in V. verzichten. Im J. 1680 fiel das Erzſtift
Magdeburg definitiv an Sturbrandenburg; 1686
wurde der Schwiebufer Kreis (1694 wieder ab:
getreten), 1687 Burg erworben.
Kurfürft —— Wilhelm iſt der wahre Be—
ründer des brandenb. preuß. Staats. Er ſchuf die
randenb. Armee, die er meiſt aus ſeinem eigenen
Landvolk zuſammenſeßte. Durch Aufnahme der
aus Frankreich vertriebenen —— (1685)
überwied er feinem Staate die Rolle der Schup:
macht des Proteſtantismus. Am wicdhtigiten für
die Geſtaltung ber ganzen Staatsverwaltung war
e3, daß er die Oppofition der Landſtände, nament:
lich der ojtpreußifchen, an welcher der provinzielle
Partilularismus feine Stübe fand, unterbrüdte,
den Adel und die Städte zur Unterordnung unter
das Staatsinterefje zwang und im Geheimen Rat
für alle Landesteile eine einheitliche Verwaltungs:
bebörbe jchuf. Bei feinem Tode, 9. Mai 1688, bin:
terließ der Hurfürjt den Staat, der 110840 qkm
mit 1%, Mill. E. zählte, in der beten Ordnung;
dinanzen und Heerweſen ftanden aufs günftigfte,
Friedrich III. (1688—1713), ein prunkliebender
Fürft, nahm an dem zweiten Reichskriege gegen
Frantreid teil und ſchidte dem Kaiſer Hilfstruppen
gegen die Türlen. Um feiner Dynaftie und feinem
Yande einen höhern Rang zu verichaffen, betrieb er
die Erhebung des jouveränen Herzogtums PB. zu
einem Rönigreih und die Anertennung besjelben
feitens des Kaiſers und der übrigen Mächte. Die
Zuſtimmung des Kaiferd hierzu erhielt er durch
Unterzeihnung des Vertrags vom 16. Nov. 1700,
worin er ihm —— den Spaniſchen Erbfolgekrieg
ein preuß. Hilfslorps und in allen Reichsangelegen⸗
beiten treue Grgebenbeit zufagte. Am 18. jan. 1701
ſegte er fich zu Königsberg die Krone aufs Haupt
und nannte fich fortan König Friedrich I. Als fol:
cher wurde er, mit Ausnahme Frankreichs, Spa:
niens und des Papſtes, von fämtlichen Nächten
anerlannt. Frankreich und Spanien thaten dies
exſt im Utrechter Frieden von 1713. Obgleich das
Verhältnis des Königs zu dem Deuficen eig
hierdurch feine Veränderung erfubr und er zuglei
v8 Kurfürft von Brandenburg blieb, jo trat er
doch num ebenbürtig in die Reihe ber —
Europas ein und hörte auf, ein bloßer Reichsfurſt
u fein. Indes führte er vorläufig nur erſt aufer:
Ib Deutichlands den Titel König’von Breufen;
im Reid) jelbit nannte er fi König in Preußen,
und erit Friedrich d. Gr. nahm 1773 auch bier
ben Titel König von Preußen an, nahdem 1772
bad —** von ihm reoccupiert worden war.
n Kurfürſtentitel verſchwand jean aud)
allmählih die Begeihnung der einzelnen Länder:
gebiete als befonderer Herzog:, ig und Dart;
rafentümer, welche num unter dem Gefamtnamen
Dre ußen als ein einziges I Mn
gefaßt werden. Durd) die Gründung der Univerfis
tät Halle (1694), auf weldyer den Gegnern ber ftar:
ren Drthoborie eine freie Stätte bereitet, wurde,
und durch Stiftung der Alademie der bildenden
Kanſte und der Societät der Wiflenfchaften in
Berlin förderte Friedrich I. die geijtige Bildung.
ejehen von der Erwerbung Neuenburgd und
Ballengins (1707) vermehrte er das Staatögebiet
duch Anlauf der Grafihaft Tedlenburg (17071
297
fowie der Vogtei über Norbhaufen und Dueblin-
burg (1697). Außerdem wurde 1699 die Grafichaft
Hohenſtein, 1702 Lingen und Mörs erworben.
Die Regierung feines Sohnes, Friedrich Wil:
helm I. (1713—40), war für B. von hoher Bedeu:
tung, da ohne deſſen zwedmäßtge Heereseinridhtun:
gen und treffliche Finanzverwaltung Friedrich d. Gr.
nicht die Kräfte a Laie hätte, die für jeine
unternehmende Politik unerläßlich waren.
Einrihtung des « Kantonsſyſtems», wodurch den
einzelnen Negimentern bejtinnmte Bezirke jur Gr:
gänzung der abgängigen Mannſchaft angemwieien
wurden, war ein F zur Umwandlung des
Soöldnerweſens zum nationalen Wehrſyſtem. Dies
ſehte ihm in den Stand, das Heer allmählich von
38000 auf 84000 Mann zu verftärfen. Hinſicht—
lich der innern ed erhob der König B. zu
dem beutichen Zn es 18, Sabeb. Um Ein:
beit in das Finanzweſen und bie ganze Berwaltung
des Staats zu bringen und eine genaue Kontrolle
auszuüben, errichtete er 1723 das Generaldirekto:
rium, Grfolgreih waren feine Bemühungen für
Hebung des Aderbaues, für die Kultur öden Lan:
des, befonders in P., für die Heranziehung tüch—
tiger Kolonisten (die 18000 Salzburger 1732), Gr
erweiterte den Staat im Frieden von vr (1713)
durch Obergeldern und im Frieden mit weden
1720 durch Vorpommern bis zur Peene nebſt Stet:
tin und den Inſeln Uſedom und Wollin.
Sein moin Friedrich II. oder der Große (1710
—86) fand ſonach ein zwar räumlich nicht arron:
diertes, doch durch einheitlihe Verwaltung zu
einem hohen Grade des Gemeingefühls entwidelt.s
Ländergebiet von 120590 qkm mit etwa 2Y, Mill.
GE. vor, ſowie eine gute Armee und einen gefüllten
Staatsihag. In der deutichen Politit waren ihm
die Wege jhon von feinem Vater vorgezeichnet.
Auch Friedrih Wilhelm hatte anfangs eine kailer:
jeans Haltung bewahrt, war aber, obgleich er
ie Pragmatiiche Sanktion anerkannt und den
Kaifer im Po * Erbfolgekrieg unterſtußt
atte, mit Undank belohnt worden, indem Kaiſer
arl VI, in Angelegenheit der julich⸗kleveſchen Erb:
ſchaft, auf die P. die nächſten ———— zu
deſſen Ungunſten entſchied. Fice ilhelm ge:
langte ſo Ir der Überzeugung, daß P. ohne Rüd:
fiht auf Oſterreich die Bahn feiner Interejien ver:
folgen müjje, felbft auf die Gefahr hin, mit dem
Kaiferftaat in Konflikt zu geraten, iebrich 11.
I, bald nad) feinem Regierungsantritt Gelvgen:
N;
Lie
eit, diefer Politif Ausdrud zu geben, inden der
od Haijer Karla VI. (20. Oft. 1740), in Ermange:
lung eines männlihen Nachfolgers, das Berhält:
nis des — n Hauſes
den wie zum ge eih in Schwankun
bradte. Maria Therefia feinen Antrag, da
er gegen Abtretung Schlefiend, auf das er wohlbe:
ründete Anfprüce hatte, ihre Erbfolge mit allen
einen Kräften gegen jeden a verteidigen
\ *
es zu feinen Kronlan⸗
wolle, nicht annahm, ſo erklärte iedrich für
die Anſprüche des Kurfürſten Karl Albert von
Bayern, unterjtügte denſelben in ver Erwerbung
des deutſchen Staifertbrons und begann den erjten
Schleſiſchen Krieg (1740—42), in weldem er die
reihe Provinz eroberte, ſodaß fi Maria Thereita
’ deren Abtretung genötigt ſah. Als jodann die
eptere Din ihrem Sieg über Bayern und Frant:
reih, Schlefien bedrohte, kam Friedrich 1744 ihr
auvor, rüdte in Böhmen ein und wußte in cinem
298
weiten Schlefifchen Kriege (1744—45) die Provinz
zu behaupten. (S. Schleſiſche Kriege.)
Angefichts der fortdauernden Bemühungen
Oſterreichs, mit den andern Großftaaten eine feite
rag egen P. zu fchließen,, benukte hierauf der
König die nädjite Friedengzeit zu durchgreifenden
Neformen auf allen Gebieten der innern Verwal:
tung. Er forgte dabei nicht nur für Hebung der
San esluitur und der Wehrkraft, ſondern faßte
auch eine beſſere und lhmahgete Organiſation
der Nechtöpflege ins Auge. Unter anderm ſtam⸗
men aus jener Zeit die Coccejiihen Rechtsformen,
aus denen das Preußiſche Landrecht erwachſen üt.
Das Heer wurde in den elf Friedensjahren auf
152000 Mann verftärlt. Die Mittel zur Erhal:
* dieſer Militärmacht ſuchte jedoch der König
t in Erhöhung der Steuern, ſondern in der Be:
rderung der Bodenkultur, der Fabrik: und Ge:
ee überhaupt in der Gntwidelun AI
aller —— Thãtigleiten, welche den Er
jtand des Landes und infolge deff en die Einkünfte
des Staats —— Die Staatseinkünfte
ftiegen in den er‘ . oT Jahren feiner Regierung
von 7 auf 12 Thlr. Wie vortrefflid der
König — beweiſt, daß er von Eripar:
niſſen des jährlichen Budgets bis zum J. 1756
einen Staatsſchatz von 11 Mill. anfammeln konnte.
In diefer Anangteilen Bereitichaft lag die Macht
welche Friedrich II. befähigte, endblid den Kamp
geaen das kolofjale fi ergewicht feiner Feinde an:
unehmen und mit beiipiellofem Erfolg durchaus
Fra In dem Siebenjährigen Striege (1756 —63),
den Maria Therefia zum Zwed der Wiedererobe:
rung Schlefiens —— und in welchem P. gegen
die nr von fait ganz Guropa Stan halten
mußte, erwarb Friedrich II. feinem Staate, der
bisher ein mehr nur geduldetes Dafein geführt, die
allgemeine Anertennung als Großmacht. (S.
u a
Nah mebrjährigem Einverftändnis wit Kaiſer
Dan) 1. ſah fi der König nody einmal veran:
aßt, der öfterr. Politik entgegenzutreten, als dieje
nach dem Tode Marimilian | Solep bs von Bayern
den Verſuch machte, Zeile de3 bayr. Kurſtaats
Oſterreich (1778) einzuverleiben. (S. Bayriider
Grbfolgetrieg.) Nod einige Jahre vor feinem
Tode ftiftete Friedrich, um den Vergrößerungsplä-
nen be3 —— Hauſes ein bleibendes Hindernis
entgegenzu eden, zur Aufrechthaltung der deutichen
Reichsverfaſſung und des deutjchen Gleichgewichts
uerſt mit — und Hannover (1785) den Fürs
—— (j..d.), dem allmählich nod 13 Reiche:
fürften beitraten. Um Polen nicht ganz in die
Hände Ruflands fallen zu lajien, Beteiligte er ſich
mit Öfterreicdy und Rußland an der eriten Teilung
Polens 1772, wodurd P. das bisher polniihe P.
(MWeitpreußen), außer Danzig und Thorn, und den
Nepediftrilt mit 34 690 qkm und 600000 €, erhielt.
Nah dem Hubertusburger Frieden (1763) gingen
die Bemühungen des Königs dahin, die ſchweren
Wunden zu hie, bie ber Siebenjähri e Krieg
feinem Lande geichlagen. Namentlich bot Ei Ne:
gierung jehr bedeutende Geldmittel (über 24 Mill.)
dar, um den Wiederaufbau ber zeritörten Dörfer
und. Vauergehöfte zu betreiben, Wie in der aus:
wärtigen Politik, jo ging auch bei den Maßregeln
dee innern Verwaltung. jeder Anſtoß vom König
jelbft aus. Die ganze Staatöregierung gipfelte in
feiner Berion, und die Miniſter waren nur Wert:
Preußen (geſchichtlich)
— ſeiner Beſchlüſſe. Wenn ſich —**— Frhr
[utismus a von gewaltiamen rei:
tungen fern bielt, jo la —* in * or n Grund:
ſahe des Königs, daß illen und
fein Streben dem —5— oltg un unterzuorbnen
yabe —— * der * m St zu Könet
ab «da, wo das Recht Ipre er zu
gen babe», Sein befannter Ausfpru ‚daß in ſei⸗
nem Staate jeder nad) anni Baron eli ——
lönne, beruhte auf der Üüberzeugung, da tab ih
Glaubenaform nicht vorſchreiben lafle und a *
— —— —— —
ntwidelung der bürgerlichen Freiheit
ei. —* I. hatte der Ländermafle feiner
onarchie dur die Eroberung von. Schlefien
37000, burd die Erwerbung von iesland
(1744) 2970, durch das bei der erften pol, Teilung
gewonnene weitpreuß. Gebiet 34690 qkm hinzu:
efügt und der * Länderumfang des preuß.
Stants belief 6 ei feinem > (17. Aug. 1786)
auf 193546 qkm mit 6 Mill, E. Die jährlichen
Staatseinnahmen waren während -: 3
rung von 7'/, Mill, auf 22 Mil. Thlr. g
Unter folhen Berhältnifien wäre fein
Nachfolger, König Friedrih Wilhelm IL —
97, wohl im Stande geweſen, eine fi
reuß. olitik in den auswärtigen ——
en Solange der aus der
bervorgegangene Minifter
= Die ber Staatöleitung ftand,
Selbftändigkeit gefihert. Aber eine
Gamarilla am Hofe arbeitete auf die An
P.s an Oſterreich hin, in der beftimmten
durch die Vereinigung beider Mächte ein Gegen:
ie — *— — Revolution in
Ira Die — —— ——
tion gu 36 — Me ne * ei
nung P.s unter Öfterreih um
Schritt jener ——
—— des En ur any, ——
ionskriegen anheimfiel. Der zu n ———
1787 war weder für die Fi für den mis
litäriſchen Geift Age sin a —* 1792
begann er im Bunde mit Biterreid)
das revolutionäre Frankreich, der bei a salat
und dem Mißtrauen der Verbündeten nur
Nachteil beider, namentlich aber zum
He;
ausfiel. Wenn aud) der Kön nig dur ——
der Fürftentümer Ansbach u )
und durch die beiden neuen Teilungen aaa
und 1795) einen Landerzuwachs (1798
mit a und Thorn, 1795 Neu: mit
der Hauptkadt Warſchau und NenS fefien) von
.. 110000 qkm le fodaß nun nd
er —* trug dieſer duwach⸗ —* nicht
Staates nad) innen und
a Sie altloje Politil Friedrich Wi
hatte ihm die Großmächte entfrem *
war erichäpft, ber Staat mit Schulden belaftet,
Stimmung in den öftl. Provinzen ‚bas
geiftige Leben durch bemmende
regeln, wie das Religionsedilt und den urs
wang, 8 gelähmt. Durch einen Se wit
Sean rei 4 fu Bajel 5. April 17%), in
das tech einufer an Frankreich ü
u durch Ziehung einer Demarkationslinie fuchte
der König feine Neutralität zu ſichern.
Friedrich Wilhelm IIL., 1797—1840, fußte dar»
auf die innern Hilfsquellen zu vermehren
Preußen (geſchichtlich)
erichöpften Ben wieberherzuftellen. Während
aber Frantreid jeine Macht auf dem Kontinent
immer weiter ausdehnte, verlor B. durch fein neu:
trales Verhalten feine polit. Bedeutung und brachte
ſich in eine bedenkliche Afolierung. Als Erfah für
die abgetretenen linlsrhein. Gebiete hatte es bei
dem Reichsdeputationshauptſchluß 1803 die Bis:
tümer Baderbornund Hildesheim, den größten Teil
des Hochſtifts Münfter, die kurmainziihen Be:
finungen in nn (Erfurt und das Eichsfeld)
und die Neichejtädte Mühlbaufen, Nordhaufen und
Goslar erhalten. Aber jeine zögernde Haltung im
beitten Sloalitionstriege 1805, die Einwilligung if
den Bertrag von Schönbrunn 15. Dez. 1805 und
in den Vertrag vom 15. Febr. 1806, wonach es
Ansbach, Kleve und Neuenburg abtrat und dafür
das dem befreundeten England gehörige Hannover
annahm, und die Zuſtimmung zu dem Ichimpflichen
Allienzvertrag mitNapoleon (15. Febr. 1806) brach⸗
ten ®. bei Napoleon um alle Achtung. Im Gefühl
biefer Erniedrigung griff nun®. zu den Waffen. (©.
Franzöſiſch-Preußiſch-Rüſſiſcher Krieg
von 1806 bis 1807.) Aber der günftige Zeit:
punft war vorüber. e Unfäbigleit der Feld:
berren führte den Verluſt der Schladhten bei Jena
und Auerjtädt (14. Dft. 1806) herbei und nach den
Kapitulationen der Feltungen und einzelner Trup:
——— die Zertrummerung des Staats.
is an die ãußerſten Grenzen feines Reichs zurüd:
pas . der König mit Napoleon den Frie:
zu Tilft @. Yuli 1807)‘, durch welchen er bie
Hälfte feiner Länder verlor (alle Beſihungen lints
z Kreis Kottbus und die meiften poln.
Grwerbungen von 1793 und 1795 nebſt Teilen
Nekediltrilts) und in die Bejekung des Neftes
durch ein franz. Heer bis zur Bezahlung —
Kriegslontributionen einwilligen mußte. Dieſer
Schlag wurde vom ganzen Volle aufs tiefſte ge:
fühlt, umd die allgemein geliebte Königin Luife
farb 19. Juli 1810 aus Gram. Syn diefer Not er:
wachte aber auch die Lebenskraft und die innere
Energie des preuf. Staats von neuem. Der Mi:
nifter Stein, nad) diefem, feit 1810, Hardenberg,
leiteten mit Glüd die Reorganifation B.3, die vor
allem darauf er durch liberale Reformen den
Vatriotismus der iger u en und ibren
Zu zu fördern. A. das Edilt vom 9. Dit,
1807 wurde ein freier Bauernftand geichaffen, durch
die nn an 19. DR > ——
munen Selbſtverwaltung zugeſtanden, währen
ERSTE
g vor ete. Nach fieben Jahren
Druds erfhien endlich die Zeit der Be:
Flüchtig und ohne Truppen kehrte Napo:
eon 1812 aus Rußland zurüd, noch jeht den
E-Rulitjo-Deusjd:hramöfiicer Arten)
A De :xran er Ar
Da u PER SSriebrich Wilhelm a
März 1813 an Napoleon den Krieg und rief
fein Volt unter die Waffen, das num
mit Gut und Blut dem allgemeinen
Ham B.3 Erhebung, feine Ausdauer
und führten vorzugsweiſe in den glor:
16.
17,
reichen Feldzügen von 1813 bis 1815 zur Befreiung
3* d3 aus den Feſſeln der Stemdberrihaft
Inf der Friedensſchluſſe zu Paris und des
N zu Wien nahm P. feine frühere polit,
Etellung unter den europ. Mächten und in Deutſch⸗
fand wieder ein, indem e3 zur Entihädigung für
299
feine verlorenen Provinzen und die im Befreiungs-
kriege gemachten Anftrengungen, außer den ebe-
mal3 am linken Ufer der Elbe von ihm befeflenen
Landedteilen, die Hälfte des en Sachſen,
das —— Tr ofen nebſt Danzig und zu
den frühern weitfäl. Befikungen mehrere neue, zu
dem ehemaligen Meftfalen gehörige, ferner das
—— Berg, das Herzogtum Jülich, den
größern Zeil der ehemaligen kurkölnifchen und tur:
trierfchen Länder, das Fürftentum Neuenburg und
Schwediih: Pommern nebit Rügen erbielt. Da:
gegen verblieben Ansbach und Bayreuth bei Bayern
und Dftfrieeland, Lingen, Goslar und Hildesheim
lamen an Hannover. Zugleich trat e8 in den neu:
gegründeten deutſchen Staatenbumd ein. Ungünſtig
war auch bei dem neugeſchaffenen P., daß feine ein:
zelnen Gebietsteile mit ein fompaftes, fondern ein
auseinander nerifienes, in zwei ungleiche Teile zer:
ee Ganzes ausmadten. Dadurch wurde feine
Dat jo geihwäht, daß es nur in der engften
Verbindung mit dem übrigen Deutichland feiner
Aufgabe genügen konnte, Die Herjtellung einer
ſolchen engern Verbindung war von nun an das
Streben der preuß. und deutſchen Patrioten.
Die hierau —— Friedensjahre benuhte
riedrich Wilhelm, ſeinem vielgliederigen Staat
E en zu geben, die Verwaltung zu organifieren,
Handel und Gewerbe zu beleben, Kunft und Wiſſen—
ſchaft —— und den durch den Krieg erfchüt:
terten Woblitand wieder zu heben. Zunächſt warb
ber Staat 1816 behufs der Abminijtration in zehn
Provinzen und jede Provinz in Negierungsbezirte
geteilt, die verwaltenden Behörben für dieſe, ſowie
die ge ———— eingejekt, die Juftizpflege
durch Errichtung der Land» und Stabtgerichte, der
Dberlandesgerichte u. ſ. m. organifiert und in den
neuen Sandesteilen, mit Ausnahme des größten
Teils der Nheinprovinz und Neu-Vorpommerns,
das preuß. Landrecht eingeführt, Im J. 1824 wur:
den jedod die Provinzen Niederrhein und Julich—
Kleve-Berg zur Rheinprovinz, 1829 Dft- und Welt:
preußen zur Brovinz Preußen (bis 1878) zufammen:
gelegt. Zugleich traten neben dem neuorganifiers
ten Staatsrat die Miniſterien mit ftreng abgegren;-
ten Gejchäftstreifen ind Leben. Die allgemeine
Militärpflichtigleit wurde zugleih mit einer Mi:
litärverfafjung,, wie fie ſchon im legten Kriege vor:
bereitet war, eingeführt, die Finanzverwaltung und
das Staatäfhuldenweien eordnet und eine Rom⸗
miffion für die Geſetzreviſion niedergeſetzt. Zu⸗
(eich ward die Ausführung eines Nebes tre licher
unftftraßen begonnen, die Einrichtung der Poſten
vervolllommmnet, 1838 der Ban von Eifenbahnen
unternommen. Den größten Aufichwung erhielt
der Handel durch den vom Finanzminijter Maaßen
zwiichen P. und den meilten deutichen Staaten
1828—34 zu Stande gebradten —— dem
fpäter 1888 bie allgemeine Münztonvention und
der Bertrag über ein allgemeines Zollgewicht folgte.
Dr Gründung und age rg der Schulen und
öhern Lehranftalten ward in diefer Neorganija:
tionsepoche de3 Staats ebenfalls auf das groß:
artigjte und nachbaltigite geforgt. Außer der ſchon
früher zu Berlin (1810) errichteten Univerfität
wurde eine zweite 1818 zu Bonn gegründet, gegen
70 Gounalen neu geitiftet, die alten verbejiert,
Schullehrerfeminarien und Vollsſchulen errichtet
und die Gehalte der Lehrer, beſonders die der
Roltsichulfehrer, verbefiert. Mit gleich lebendiger
300
garisıpe ſuchte der König das Gedeihen bes Kir:
enwejens zu fördern, Fuͤr bie lath. ode mwurben
infolge des 1821 mit dem röm. Stuhle abgeſchloſſe⸗
nen Konlordats zwei Erzbistümer und ſechs Bis:
tümer errichtet. Die ſchon von feinen Vorfahren
pebeote Idee einer Union (f. d.) der reform. und
uth. Kirche, die der König bei dem 1817 eingetre:
tenen Reformationsjubiläum zu verwirklichen juchte,
fand indefjen, fo wohlgemeint fie aud) war, bei Ge:
meinden und Geijtlihen heftigen Widerſpruch und
führte, befonders feit die Cinführung der neuen
Agende und Liturgie befohlen wurde, zu anhalten:
den Zerwürfniſſen. Rt harten Konflikt geriet die
Regierung Friedri — mit der lath. Kirche,
als der Erzbiihof zu Köln, Droſte-Viſchering,
1836, im eu mit feiner frühern offiziellen
Erklärung, die gemijchten Chen der Protejtanten
und Katholilen * as Verſprechen einer lath.
Kindererziehung als ungeſetlich und unrechtmäßig
verbot, Als er ſich der Negierung nicht fügen wollte,
dem Staate alles Recht, in lirchlichen Dingen mit:
ureden, abſprach und ſogar Klerus und Bolt zu
anatifieren Fucte, wurde er 20. Nov. 1837 nad)
der Feſtung Minden und aus dem gleidien Grunde
ber Erzbiihof von Pofen und Gnefen, Martin von
Dunin, 6. Olt. 1839 nad) der Feltung Kolberg ab:
prjavek Die Unterhandlungen mit dem Papſt
lieben ohne Refultat. Außerden nahmen die An:
zeichen polit. Aufregung und bürgerlicher Unzu—
riedenheit die Aufmerkjamteit der Negierung in
RIprud. Die politiich fortgeichrittenen Clemente
der Nation fühlten ſich unbefriedigt, da der König
die 1815 verjprochene — —— nicht
erteilte, ſondern ſich von den freiſinnigen Anfängen
der frühern Zeit mehr zur Rejtaurationgpolitif bin:
wandte. Die feit 1817 bervortretenden, burichen:
ſchaftlichen Beitrebungen trugen dazu bei, die Bo:
litit B.8 immer mehr mit der Reſtaurationspolitit
r verflehten. Beſonders feit den Slarläbader Be:
chlüuſſen errang dieje Tendenz allmählich das Über:
gewicht, und das Patent vom 5. Juni 1823, das
die Bildung von — —————— mit beratender
Stimme und die Einrichtung von dreijährigen Pro:
vinziallandtagen anorbnete, blieb die farge Erfül—
tung der 1815 gegebenen Zufagen.
©o waren bei ben Negierungsantritt Friedrich
Wilhelms IV. (1840—61), der 7. Juni 1840 feinem
Vater folgte, roße Schwierigkeiten im Innern vor:
handen. Auf den kirchlichen, willen haftlichen und
polit. Gebieten hatten fi Anſprüche erhoben, die
nad) einer Reform der immer noch ziemlich abio:
Iuten Berwaltungsgrundfähe und des ganzen
Staatöfyftems bindrängten, Bor allem trat an
die Regierung bie Forderung Dean ben aud) in
P. mädtig vordringenden Tonititutionellen Ydeen
gegenüber in klarer und bejtimmter Meife gerecht
zu werden. Aber Sriedrih Wilhelm war nicht der
Mann einer polit. —— ſondern der
einer mittelalterlichen Romantik. Gleich bei der
Huldigung in Königsberg erklärte er dem preuf.
—** welcher in einer Eingabe um Einführung
einer allgemeinen Landesvertretung bat, die Pro—
vinzialitände ſollten erhalten, Reichsſtaͤnde nicht
—— werden. Die Brofhüren Schöns und
Jacobys: «Woher und wohin?» und «Bier Fragen»,
verlangten entſchieden das Gintreten in die koͤnſti—
tutionelle Bahn. Die Regierung Be na zu nichts
mweiterm berbei als zur Abſchaffung der Genfur für
Bücher über 20 Bogen, zur Grridtung des Ober:
|
durch Vermittelung des lath.
mm — — — — — — — — — — —— — — — — — — — — —
Preußen (geſchichtlich)
cenſurkollegiums und zur Berufung der ſtändiſchen
Ausſchuſſe Ve rovinziallandtage nad Ber:
lin 1842. Die Provinzialjtände, an melde ſich
Korporationen und Privatleute mit Petitionen für
Berufung von Reichsſtänden wandten, richteten in
diefem Sinne eine Adreffe an den König, erbielten
aber eine abjdlägige Antwort, An die Spibe
Unterrihtäminiftertums wurbe der jtreng orthobore
Eichhorn berufen, An der noch nicht geordneten
Angelegenheit der fatb. Kirche bewies die Regierung
große Schwäche. Der König war bereit, der fat,
Kirche alle von ihr begehrten Freiheiten zu geftat-
ten, ſchaffte ſofort das fönigl. Blacet ab, gab den
Verlehr der Biihöfe mit Rom frei, unterbandelte
. Grafen Brühl mit
dem Bapjte und ſchloß 1841 eine Konvention, mo:
nad Dunin auf feinen Biihofejis —
Droſte ſeiner Haft entlaſſen wurde und den Bi of
Geiſſel von Speier als Koadjutor erhielt und eine
kath, Abteilung im Nultusminijterium eingerichtet
wurde, welde, mit der Wahrung ber ſtaatlichen
Hoheitörechte propmäher den Kirchenbehörden be:
traut, ſich bald zur Vertreterin der lirchlichen An:
tereſſen gegenüber der Staatsregierung bergab und
1850 bei Abfafjung der firchlichen Verfaſſungspara⸗
graphen aufs freigebigfte für die 5 ſorgie. Die
ultramontane Propaganda nahm infolge deſſen in
P. wieder mächtigen Aufihwung, wie 3. B. 1844
die Ausftellung des ſog. — Rods > Trier
bewied, Der Aufitand in Polen (1846), allerdings
nur ein Ausbrud des —— teö, und
einige Neibungen zwiſchen Civil und Wilitär, na:
mentlich in ber Rheinproving, vermehrten bie Gr:
tegung der Gemüter. In ber Abjicht, die Verſtim—
mung zu befeitigen, trat endlic) die Negierung des
Königs mit dem Patent vom 3, Febr. 1847 bervor,
weldes die Landjtände der Provinzen in den Ber:
einigten Landtag zufammenzog, der bei neuen
Staatsanleihen, bei Einführung neuer oder Gr:
böbung ber bejtehenden Steuern eine Zultimmung
eben und bei der Gejebgebung eine beratende
Stimme haben follte, Das DO diejer jtän:
diſchen Verjammlung beitand aus der Herrenfurie,
die der König aus den Prinzen feines Hauſes, ben
Fürften und ehemaligen reihsunmittelbaren Stan:
desherren, fowie aus Bertrauensmännern der Krone
peiommenients, ‚Das Unterhaus, die Dreiftände-
urie, bildeten die Stände der Provinziallandtage,
die Nitteridhaft, die Städte und Landgemeinden,
Ein Ausſchuß follte ſich periodiſch, wenigſtens alle
vier Jahre, verjammeln, während bie Einberufung
bes vollen Vereinigten Landtags nur in
ſachen und etwaigen weitern Berfaflungsänderun:
gen ——— hatte. Die Nede, die der König
11. April 1847 zur Gröffnung des erjten Vereinig:
ten Yandtags hielt, verriet feine tiefe Abn
egen alles Eonititutionelle Leben. Da ber
ammlung felbjt eine Begutachtung des Februar:
—— und ſeiner —————— en war, ſo
onnte eine eingehende Kritil tönigl. Entwurfs
nicht ausbleiben. Während ſich die Herrenlurie
im ganzen jehr regierungsfreundlicy bewies, trat
dagegen in der Treiftändelurie eine aeilofiene
Phalanr_ der Liberalen auf. Gemille ge
a“ fr ge pi * — N
nträgen auf Vorlegung jährlihen Finanz:
etats, Abjchaffung der Genfur, hrlide Boruht
des Landtags, verlangt. Da das Kabinett di
und andere Yunkte teils ftilljchweigend überging,
Preußen (geſchichtlich)
teils verwarf, fo lieh der im Juni 1847 geſchloſſene
Landtag im ganzen Bolte einen entihiedenen Miß—⸗
Hang zurüd, der fich noch fteigerte, als die im Jan.
1848 verfammelten Ausſchuſſe als einzige Vorlage
die Durchberatung eines neuen Strafgejehbudhs er:
bielten, —* wie allgemein erwartet, Modifilatio⸗
nen in der Berfafiung.
Die re der franz. Republik (24. Febr.
1848) gab der Neformbewegung —E einen an⸗
dern Chaxalter. Während man bisher nur eine
friedfiche Überleitung des Staats in fonftitutionelle
Zuftände int Auge gehabt, verband man jetzt mit
der Forderung einer freiheitlihen Verfaſſung aud)
die einer Neorganijation des Deutichen Reichs,
gegenüber den —5*** die dem gemeinſamen Ba:
terlande von Weiten ber drobten. inmitten ber
allgemeinen und tiefen 5 ſchloß der König
rn Wilhelm IV. (6. März) den Vereinigten
usſchuß mit der Erklärung, die diefem bereits ge:
währte Periodicität auf den Yandtag zu übertragen.
Eine Kabinettsordre vom 8. März ftellte zugleich
eine Neform der Pregeiehgebung in Ausſicht.
Während fo die Regierung die Gewalt ber Be:
wegung unterſchãtzte und in gefährlicher ——
leit der Meinung war, mit zögernden Konzeſſionen
Meifter bleiben zu lönnen, fanden in Berlin bereits
ftürmifche Vollsverſammlungen ftatt, und vom
14. bis 16. März lam es zu blutigen Konflikten
zwifchen dem Bolt und dem Militär. Vergebens
erließ die Negierung 14. März 1848 ein Yatent
weldyes den —— Landtag auf den 27. Apri
einberief und die Maßregeln der deutichen Neform
von einem nad Dresden zu —— Fürften:
longreß abhängig machte. ine Deputation aus
Köln 17. März ſprach von der brohenden Stim-
mung der Nheinprovinz, eine andere aus Berlin
18. März verlangte ntlafjung des Minifteriums,
Einführung einer freifinnigen Verfaſſung und Bür:
te eng m 18. März endlich wurde ein
Önigl. Patent erlaffen, welches die Preſſe gie
freigab,, den Vereinigten Landtag auf den 2. April
einberief und zu einer Umwandlung des Deutichen
Bundes in einen Bundesſtaat, zur Regeneration
Deutſchlands mitzuwirken verſprach. Mitten in
der Freude über diefe Zufagen gaben in Berlin
einige ge Schüſſe am Nahmittag des:
jelben Tags den Anlaß nz den blutigen Konflikt
meinte ilitär und Boll, von dem es ſchwer zu
agen, ob Zufall oder Abjiht die Schuld daran
trug. Rach einem hartnädigen und blutigen Kampfe,
in welchem die Truppen die wichtigften Stabtteile
eroberten und Sieger waren, gab der König feine
Einwilligung zu dem Verlangen, die Truppen zus
rüdzuziehen (19. März) und das Miniiterium zu
ändern. Graf A. von Arnim, Graf Schwerin und
Alfred von Auerswald wurden zunächſt in dasſelbe
berufen, und in den nächſten Tagen wurde es durch
den Eintritt Bornemanns, 2, Camphaufens und
bes Freiherrn A. H. von Arnim ergänzt. Am
19. Dlärz wurde der König gezwungen, dem Leichen:
zuge der gefallenen Barritadentämpfer vom Balkon
Schloſſes aus feine Achtung zu bezeigen. Der
König näherte ſich der Bevölkerung in Fehr verjöhn:
licher Weife, erließ eine polit. Amneftie, welche auch
auf die gefangenen Bolen ausgedehnt war, und ge:
pi br die Errihtung einer Bürgerwehr zum
der Stadt und des Schloffes, während der
Prinz von Preußen, dem die aufgeregte Stim—
mung die Schuld an den Vorgängen zufchrieb, nad)
801
England ging. Am 21. März machte der König, mit _
den deutſchen Farben geſchmůdt / einen —S
Berlin und erklärte dem Bolt, ſich an die Spike
der deutichen Bewegung, jtellen zu wollen. Am
29. März ward das Minifterium weiter im liberas
len Sinne reorganifiert, indem ftatt des Grafen
Arnim Camphaujen an die Spitze trat und Hanje:
mann die Finanzen übernahm. Am 2, April trat
der Vereinigte Yandtag zufammen, votierte das
von der Nenierung vorgeichlagene Wahlgefeb zur
Berufung einer tonftituierenden Berfammlung und
bewilligte der Regierung einen Kredit für die Be:
dürfnifie der Lage. Während fo die Dinge zur
Ruhe einlentten, erhoben fid) Konflikte an anderer
Stelle. In der Schweiz hatte Neuenburg die europ,
Verwirrung benutzt, fih von P. loszuſagen. Die
poln. —— der Provinz Roten erhob ſich
unter Führung Mieroſlawſlis, verjagte die preuß.
Beamten und wollte ein 8* Polen wiederher⸗
ſtellen. General Williſen — die Aufſtändiſchen
und zwang fie 9. Mai zur Unterwerfung. Inzwi—
ſchen war in Frankfurt jene Umgeftaltung des Burns
EAU
vorgegangen, welche diefe Behörde unter den Ein:
uß des Borparlaments und Fünfziger-Ausihufies
tellte, P. ward vom Bundestage die Erelution in
der fchlesw.-holjtein. Berwidelung übertragen.
Nachdem ein Bundesbefhluß vom 4. April B. mit
der Wahrung der Rechte der Herzogtümer beaufs
tragt, rüdten preuß. Truppen in Salfein ein, ſchlu⸗
gen unter Wrangel die Dänen bei Schleswig
(23. April) und drangen nad) \ütland vor,
Am 22. Dai wurde die fonjtituierende Verſamm⸗
lung eröffnet. Sie bejtand meiſt aus Politilern
zweiten und dritten Ranges, welde ſich einer
ſchrankenloſen Demokratie hingaben und von den
Strafendemonftrationen beherrſchen ließen. Am
14. Juni ftürmte und plünderte die revolutio-
näre Maffe das Zeughaus und 15. Juni beſchloß
die Verfanmlung, den von der Regierung vorge:
legten Berfafjun Bauen als zu wenig demofra:
triſch beifeite zu legen und eine eigene Kommiſſion
zur Beratung einer neuen Verfaſſung einzufehen.
Darauf nahm das Minifterium feinen Nüdtritt
und ward durch ein Kabinett erjeht, deſſen Vorſitz
Rud. von Auerswald führte, und in welches Hanſe—
mann, Milde, Nodbertus, Kühlwetter, Schrecken⸗
ſtein, Gierle und Maärker eintraten (25. uni). Das
neue Kabinett ſtellte außer der —————
Geſehe über die Bürgerwehr, die Entlaſtung des
Eigentums, bie Gemeinden, die Rechtspflege und
die Beſteuerung in Ausſicht. Als aber die Ver:
fammlung, damit nicht zufrieben, den demokrati—
ſchen auch in die Armee verpflanzen wollte
und den Antrag annahm, wonach denjenigen Offi⸗
zieren, welche mit den neuen polit. Prinzipien nicht
— — der Austritt aus dem Dienſt
zur Ehrenpflicht gemacht wurde, ſo entſtand ein
verhängnisvoller Konflilt. Das Miniſterium wei:
erte fih, den Beſchluß auszuführen; die Verſamm⸗
ung beharrte (7. Sept.) auf ihrer Abftimmung.
Darauf reichte das Minifterium 9. Sept. jeine Ent:
lafjung ein. Der Krieg mit Dänemark, halb 30:
ernd und diplomatijc geführt, hatte inzwijchen
Kinen vorläufigen Abſchluß durch den Warfenftills
tand von Malmö (26. Aug.) gefunden. Die Trup⸗
—* fehrten zurüd, lagerten ſich in der Umgebung
erlins; Wrangel erhielt die Würde eines Oberbe⸗
fehlababers in den Marten, Das neue Miniſterium
302
von 21. Sept., unter Vorſiß des Generals Pfuel
gebildet und durch Eichmann, Bonin, Donhoff,
Kisler und Ladenberg ergänzt, ſchien durch feine
Zufammenjekung die Politit des Widerſtandes
gegen die Nationalverfammlung anzulündigen.
Die Berfammlung ging, nachdem jie verſchiedene
wichtige Gefege beraten, 12. Dit. zur Beratung der
Berfatiung jelbit über. Die Bejeitigung des Titels
«von Gottes Gnaden», die Abjchaftung des Adels,
der Titel und Orden waren die bezeichnenditen Be:
ſchlüſſe, welche aus diefen eriten Beratungen ber:
vorgingen, Neue Tumulte der Arbeiterklaſſen
(16. Dit), die zu blutigen Konflikten zwijchen dieien
und der Bürgerwehr führten, die wiederholten In—
julten, welde den —— beim Heraus⸗
gehen aus dem Sißungslolal zugefügt wurden, bie
Ohnmacht der öffentlihen Gewalt und ber Bürger:
wehr, dergleichen zu hindern, dies alles mehrte
die Sehnfucht nach feitern und geordneten Buftän:
den. Das Minifterium gab 2. Nov. feine Ent:
lafjung, und Graf von Brandenburg wurde mit
der Bildung eines neuen Kabinetts beauftragt.
Am 8. Nov. war das Minifterium gebildet; Dan:
teuffel, General Strotha, von Ladenberg waren in
dasfelbe eingetreten. Am 9. Nov. erhielt hierauf
die Berfammlung die Mitteilung, daß fie nad)
Brandenburg verlegt und ihre Sıgungen bis zum
27.Nov. vertagt jeien, Die Berfammlung beſchloß
dagegen, in ihren Arbeiten fortzufahren. Die Rechte
hatte zwar zugleich mit den Miniſtern den Saal
verlajien; doch blieb die Verſammlung beichluß:
fähig und bemühte ih unter Unruhs Vorſiß ihre
Beratungen fortzufeßen. Um dies zu verhindern,
rüdte 10. Nov. Militär in Berlin ein und bejeste
das Sipungslolal; am 12. warb darauf der Be:
lagerungszuftand über Berlin verhängt und die
Auflöjung der Bürgerwehr angeordnet. Bon Drt
zu Ort gedrängt und in ihren Beratungen vom
Militär gehindert, ließ fich die Verſammlung bei
ihrer lebten Zufammenfunft, 15. Nov., zu dem Be:
ſchluß fortreißen, das Minijterium fei nicht berech:
tigt, Steuern zu erheben: ein Beichluß, der im
Lande eine der —— entgegengeſehte Wir:
tung hervorrief. Am 27. Nov. fanden ſich die Mit—
glieder der Rechten in Brandenburg ein; am 1. Dez.
erſchienen aud) etwa 100 Abgeordnete von der Op:
polition, jedod nur, um ihren Proteft gegen die
Verlegung zu wiederholen. it ihrem Ausſcheiden
war die Verſammlung nicht mehr beichlußfäbig.
Nun erfolgte 5. Dez. ein Lönigl. Delret, dag die
Verſammlung —5— eine Verfaſſung oltroyierte,
welche durch die nächſten Kammern revidiert wer—
den follte, und dieſe Kammern auf den 26, Febr.
1849 einberief. Die neuen Wahlen ergaben eine
Majorität der gemäßigten Partei. Doc trat nun
die deutiche Berfafjungsangelegenheit in den Vor:
dergrund. In Frankfurt beſchloß man, einen Bun:
desſtaat unter P.s — zu gründen, und 28. März
1849 erfolgte die Erwählung des Königs Friedrich
Wilhelm IV. zum deutichen Kailer, worauf die
Kaiferdeputation in Berlin erfhien. Beide Hanı:
mern baten den König um Annahme der Wahl;
allein e3 erfolgte 3. April an die taiferdeputation
ein Beicheid, den dieje felbft ald Ablehnung auf:
nahm, auch wenn die Regierung diefe Deutung
noch zurüdiwied. Inzwiſchen ftellte Rodbertus in
der Zweiten Hammer den Antrag, die deutiche
Verfaſſung, wie fie aus den Beratungen in Franl:
furt hervorgegangen, als gültig anzuertennen. Der
Preußen (geſchichtlich)
Antrag ward 21. April angenommen: er enthielt
eine unzweideutige Wibbilligung der minifteriellen
Bolitit; am 25. Voril zog man die Frage, inwieweit
der fortdauernde Belagerungszuftand geieklich ſei,
in Beratung, und die Abſtimmung entihied aber:
mals gegen das Minijterium, Am 27, April er:
folgte jodann die Auflölung der Zweiten Hammer.
2.5 unvermeiblider Bruch mit dem Parlament
in Frankfurt trat nunmehr ein. Nachdem man
(28, April) die Verfaſſung und Kaiſerkrone unbe:
dingt abgelehnt, wurden die Bevollmächtigten der
einzelnen Regierungen nad) Berlin zur Beratung
über die Reichsverfaſſung eingeladen und damit
ber Weg der Vereinbarung betreten. Als die
Deutſche Nationalverfammlung 4. Mai den Be:
ſchluß faßte, die Durchführung der Reichsverfaſſung
ihrerfeitö zu verjuchen, und das bewaffnete Ein:
fchreiten als einen Bruch des Reichsfriedens be:
—— erllärte P.: es erlenne die Nationalver⸗
ammlung nicht mehr als die Vertretung des deut⸗
ſchen Volkls an, und berief feine Abgeordneten zu:
rüd, Indeſſen war es nicht bloß in Dresden und
in der Pfalz zu Bewegungen gelommen, die unter
der Form legaler Agitation für die Reichsverfaſſung
republilaniſche Tendenzen verbargen, fondern aud)
in ®. felbit war die Ruhe —2 wenigſtens
brachen in Breslau, Elberfeld, Duſſeldorf, Yier:
lohn und andern Orten ähnliche Aufſtände aus wie
in Sadien und im deutichen Suüdweſten. Zugleich
famen die in Berlin — Konferenzen zum
Abſchluß. Während Sſterreich und Bayern nicht
beitraten, die Heinern Staaten, welde die jranl:
furter Reichsverfaſſung anerkannt, ſich fern hielten,
fam zwiſchen P., Hannover und Sadjien das
Bündnis vom 26. Mai 1849 zu Stande, weldes
bie le om einer bundesftaatlihen Berfaj:
ung für die freiwillig beitretenden Staaten Deutſch⸗
ands zum Ziel ſehte. Zugleich intervenierte P.
in Sachſen, unterbrüdte bie dortige revolutionäre
—— ſchidte feine Truppen nach der Pfalz
und nad) Baden und überwältigte in wenigen Wo—
chen die dort ausgebrochenen republilaniichen Er:
bebungen. Der Krieg mit Dänemark, von Reichs
wegen unternommen und eine Zeit lang glüdlich
gerührt, ward, nachdem die jchle3.:holjtein. Arnıce
die Niederlage bei Fridericia erlitten hatte, von P.
durch den Waffenſtillſtand vom 10. Juli vorerjt
beendigt, die Herzogtümer unter eine Landesver:
waltung geftellt und das füdl. Schleswig von
preuß. Truppen bejebt. Die Unterhandlungen über
das Bündnis vom 26. Mai gingen unterdeſſen vor:
wärt3, führten aber mit Ölterreih, Bayern und
Württemberg zu feiner Verjtändigung; dagegen
traten die meijten der Heinern Staaten dem Bunde
allmählich bei. Mit Ofterreich vereinigte fih P.
einjtweilen nur über den Vertrag vom 30, Sept.,
wonach bis zur definitiven Ordnung der deutjchen
Angelegenheiten eine gemeinfame Bundeslommij:
fion die Verwaltung der Bundesangelegenheiten
übernehmen follte. Indeſſen waren auch die innern
Angelegenheiten P.s der Löfung einen Schritt
näher gelonımen. Die Negierung hatte nad Auf:
löjung der Kammer das liberale Wahlgefeb vom
5. Des. 1848 aufgehoben und ein neues oltroyiert,
welches fih dem ın dem Dreilönigsbündnis verab:
rebeten Dreillafienwahlgeieß näherte. Dadurch und
noch mehr durch die freiwillige Zurädhaltung von
den Wahlen, über welche die demokratische Partei
übereingelommten, fielen die neuen Wahlen zur
Preußen (geihichtlidy)
Zweiten Kammer für die Regierung viel günftiger
aus als die frübern, und in der neuen Verfamm:
(ung, die 7. Aug. 1849 zufanmentrat, war das
tonjervativ:reaktionäre Element überwiegend, das
liberalstonititutionelle in der Minderheit, das be:
mofratijche gar nicht vertreten. So begann bie Re:
vifion der preuß. Verfaſſung in dem ber Negierung
erwünfhten Sinne und warb im Dez. 1849 zu
Ende gebradt. Allein ftatt der erwarteten befini-
tiven Erlebigung erſchien nachträglich 9. Jan. 1850
eine lönigl. Botihaft, worin weitere Abänderun:
gen verlangt wurden, welche die Minijterverant:
wortlicheit, die Bildung einer erblihen PBairs:
fanımer, die Erweiterung der königl. Brärogative,
den aſſungseid, die Errichtung eines bejondern
Staatsgerichtshofs, —— der Preßfreiheit
u. ſ. 0, betrafen. Nicht ohne lebhaften Wider:
ſpruch wurden faſt alle Foörderungen bewilligt.
Am 31. Jan. 1850 erfolgte bie Verkündigung diejer
Berfaffung und 6. Febr. die Eidesleijtung des Nö:
nigs und ber Übgeorbneten.
Zu derſelben Seit war auch die bundesftaatliche
Politik in ihre enticheidende Phaſe getreten. Nach⸗
dem die Verſtändigung mit Ojterreih, Bayern
Württemberg mißlungen, Oſterreich ſelbſt dur
das Ende des ungar. Aufſtandes freie Hand be—
fommen, geſtaltete ſich deſſen Haltung gegen das
Bündnis vom 26. Mai ſchroffer, zumal ſeit ſich er»
gab, daß Hannover und Sachſen ſelbſt nicht ges
neigt waren, bei jenem Bundniſſe zu beharren.
Diejelben felofien vielmehr mit . Württemberg
und Bayern das Vierkönigsbündnis. P. berief
das Unionsparlament nad) Erfurt 20. März 1850;
die dort angenommene Unionsverfajlung wurde
im Mai dem in Berlin tagenden Sonareh ber
Unionsfürjten vorgelegt. Man konnte jih aber
bier nur zu dem Beichluß vereinigen, daß ein pros
viforifches. Füritenlollegium die Gentralgewalt der
Union bilden jollte. Die Mittelitaaten fteuerten
bereit3 mit vollen Segeln der Nejtauration des
Bundestags unter öflerr. Fahne zu. In Frankfurt
jaben bereitd 13 Bundestagsgejandte als außer:
ordentliche Plenarverfanmlung. Noch fperrte ſich
B. gegen die Wiederheritellung des Bundestags.
Aber Oſterreich verftändigte fih (11. Oft.) zu
Bregenz mit Bayern und Württemberg über ben
Ginmarfch eines Bundeserelutionsheers in Kurs
heilen. WB. proteftierte; General Radowig über:
nahm das Miniſterium des Auswärtigen; das
Heer wurde mobilifiert. Bei einer neuen Zu:
janımentunft in Warſchau, wo Franz Joſeph und
Graf Brandenburg ih einfanden (Ende Dftober),
unterftüßte Kaiſer Nitolaus bie Forderung Öfler:
reichs, dab P. die Union aufgeben und den rejtau:
tierten Bundestag anerlennen folle, Der Austritt
von Rabowis (2. Nov.) aus dem Kabinett entſchied
für die Nachaiebigteit. Es fam zwar (8. Nov.) bei
Bronzell in der Nähe von Fulda zwiichen ben
Preußen und den bundestäglihen Grefutionstrups
ven zu einem Heinen Zuſammenſtoß; aber die Kons
ferenz; zu Olmüß, die Manteuffel mit dem öiterr.
Bremierminiiter Schwarzenberg bielt, entjchied den
Nüdzug der Preußen aus dem Kurfürjtentum Hefs
jen. Die zu Dlmüs getroffene Punktation vom
29. Nov. beitimmte, daß P. ſich der Befehung Kur:
heſſens nicht widerjegen und Holftein gemeinfam
mit Öfterreich befeßen , und daß auf Miniſterkonfe⸗
renzen zu Dresden bie beutihe Verfaſſungsfrage
entichieden. werden follte. Bei diefen Konferenzen
303
| der deutfchen Regierungen zu Dresden wurden alle
Verfafjungsreformvorichläge verworfen und ein-
fach zum alten Bundestag zurüdgegriffen. Geit
| Mai 1851 nahm PB. wieder an deilen Beratungen
teil, und einige Zeit darauf löſte e8 auch diejeni-
en feiner Provinzen, welche es 1848 dem Deut:
ſchen Bunde einverleibt, wieder von demfelben ab.
Auch im Innern machte I eine gleiche Tenden;
ber Reitauration geltend, jeitdem, wie der Minifter
Manteuffel, der nach dem Tode des Grafen Bran:
denburg (6. Nov. 1850) an die Spike des Minijte:
riums trat, fich ausdrüdte, mit der Revolution ge:
—5— und an die Stelle der konſtitutionellen und
Einheitspolitit die «Solidarität der konſervativen
Intereſſen⸗ getreten war. Es ward bereits gegen
die 1850 befchlofiene Gefehgebung, 3. B. die Ge:
meinbeordnungen, reagiert, die Ütefgefehgebung
verihärft, die Beantendisciplin jtvenger gehand—
habt. Im Minifterium ſelbſt erhielt durd den
Eintritt Naumers als Kultusminiſters dad ftreng:
gläubige Clement, durch den Weſtphalens als Dit:
niſters des Innern das Neftaurationzftreben der
grundbefikenden Adelspartei Unterftükung. Stren:
ere Mafregeln der Kirhenpolizei, Verfolgung der
eien Gemeinden und die Wiederberufung der für
erloſchen gehaltenen PBrovinziallandtage waren die
eriten Erfolge dieſer Richtung. Auf andern Ge:
bieten konnte man dagegen eine rege Förberung
nicht verfennen, und namentlich erlangte das Eifen:
bahn:, Bolt: und —— eine bedeutende
Entwidelung. Im Auguſt reiſte der König nad
den hohenzoll. Landen (f. Hohenzollern), die
durch den freiwilligen Verzicht der Fürften (7. Dez.
1849) an P. übergegangen waren, um dort die
Huldigung entgegenzunehmen, In derjelben Zeit
erlangte P. einen wichtigen Erfolg durch den Ab:
ſchluß des Bollvertrags vorı 7. Sept. 1851, wo—
nad Hannover und die fibrigen Staaten des
Steuervereind dem Zollverein beitreten follten.
P. kündigte nun (November) den Zollverein, um
denjelben auf neuer Grundlage zu refonjtituieren.
Dies gab Hfterreih Anlaß, den * früher ange:
regten Entwurf einer öſterr.deutſchen Zollvereini—
gung aufzunehmen und zu dieſem Zwed Zollkonfe—
renzen nad) Wien zu berufen. Der Konflift fand
eine friedliche Löjung. Am 19. Febr. 1853 ward
zwiſchen Öfterreih und P. ein Handels: und Schiff:
fahrtsvertrag auf 12 Jahre unterzeichnet, der ge—
genjeitige Verlehrserleichterungen feititellte. Der
Zollverein wurde durch den Steuerverein vom
1. Jan, 1854 an erweitert, während der Verlehr
mit Oſterreich durch den Vertrag vom 19. Febr.
einen neuen Aufſchwung erhielt. Dem Londoner
Vertrag vom 8. Mai 1852, wodurch die dän. Erb;
folge abgeändert ward, trat P. bei. Auch wandte
e3 einen bejfondern Gifer auf die Gründung einer
Seemadt. Im Juli 1853 ward mit Oldenburg
ein Vertrag abgeichloffen über die Erwerbung von
Gebiet an der ade zur Gründung, eines Kriege:
—— und zugleich das Marineweſen als ein be—
onderes Departement von der Kriegsverwaltung
getrennt, In der auswärtigen Politik fchien jeit
dem Staatejtreih in Frantreid und der Heritel:
lung des franz. Kailertums eine Annäherung an
die Djtmächte bemerkbar. Doch mißlang im Herbit
1853 ber Verſuch Rußlands, in der_orient. Ber:
widelung P. näher in fein Intereſſe zu ziehen,
fowie aud der Verſuch der Weſtmächte, dab P.
mit ihnen gemeinfchaftliche Sahe gegen Rubland
304
meh folle, unerfüllt blieb, Das Minifterium bielt
an feiner vermittelnden — — feſt. Tropdem
nahm P. an den Verhandlungen des Pariſer Frie—
denslongreſſes teil und unterzeichnete ben Vertrag
vom 30. März 1856. Am 3. Oft. 1854 erlieh der
Kultusminifter Raumer drei tiefeingreifende Vers
ordnungen über die Einrichtung des evang. Semi:
nar:, Bräparanden: und Glementarunterrichts (die
fog. Regulative), welche die Boltsfhule aufs
äuferfte beihränften und im Lande die entichie:
denfte Mißbilligung erfuhren. Nachdem endlich
durch Lönigl. Verordnung vom 12, Dit. (auf Grund
des Pairiegefehes von 1852) eine neue Erite Nam:
mer gebildet worden, die den Namen des «Herren:
ufes» erhielt, während die Zweite Hammer fortan
8 «Haus der Abgeorbneten» hieß, erfolgte 30.Nov,
1854 die Eröffnung des Landtags. N
Die Neuwahlen für das Abgeordnetenhaus, die
27. Sept. 1855 ftattfanden, fielen für die Regierug
— günftig aus. Nachdem der König durch zwei
;erordnungen vom 12. Nov. die kg Au ung
des privilegierten Gerichtsitandes zugelichert und
den früher reichsunmittelbaren Standesherren weis
tere Begünftigungen verſprochen hatte, eröffnete
er 29. Nov. den Yandtag. Es erfolgte nunmehr
die Annahme des minifteriellen Antrags auf Wie:
derberftellung der gutäherrlihen Polizeigewalt,
eines Disciplinargefehes für den Richterſtand, eines
Geſetzes über die Beihränfung der Wechſelfähig—
leit. Noch in demjelben Jahre erhob ſich ein Her:
würjnis zwilden der Krone Preußen und ber
Schweiz, das aufs neue in einen Krieg auszufchlas
gen drohte, DieNoyaliften des Kantons Neuenburg
(j. d.) unternahmen in der Nadıt vom 2. zum
3. Sept. einen gewaltfamen —— um die Herr⸗
ſchaft des Königs von P. in dem Laͤndchen wieder⸗
F uſtellen, der aber vollſtändig mißlang und die
kr r des Aufitandes in eidgenöſſiſche Gefangen:
Khaft brachte. Friedrich Wilhelm IV. verlangte in
abetracht feiner Rechte die Niederihlagung des
—— es und die Freigebung der Ge—
angenen, welche gene her ſchweiz. Bundesrat
verweigerte. Die preuß. N egierung dagegen ſehte
eine bedeutende Truppenmacht in Bereitſchaft und
wandte jih an die Großmädte ſowie aud) an den
Deutſchen Bund. Im Yan. 1857 brachte der Kai
fer der Franzofen eine Vermittelung zu Stande,
wonach der Bundesrat die Gefangenen freigab.
In einem Vertrag vom 26, Mai verzichtete ven
die Krone Preußen in aller Form auf ihre Souve:
ränetäterechte über Neuenburg. ö :
‚ Wiewohl auch in diefer Zeit der polit. Realtion
eine Förderung der materiellen Vollsintereſſen von
jeiten der Regierung nicht zu verlennen war, be:
fand fi) doch gegen 1857 hin der preuß. Staat in
einer unbefriedigenden Lage, der öffentliche Geift
war verftimmt und gedrüdt, die Regierung nad)
außen ohne Anfehen. Im Sommer 1857 wurde
König Friedrih Wilhelm von einem Schlaganfall
betroffen, infolge deſſen er dur Kabinettsordre
vom 23. Oft, jeinem Bruder, dem Prinzen Wilhelm
von Preußen, auf drei Donate die Stellvertretung
in den Regierungsgeſchäften übertrug, die 6. Jan.
1858 auf weitere drei, im April auf ſechs Monate
verlängert wurde, Am 7. Olt. 1858 wurde endlich
durch lönigl, Verordnung die bisherige Stellver:
tretung in eine ige Regentſchaft verwandelt,
und der Prinz: Negent berief auf 20. Oft. den Land:
tag ein, dem er anı 26. den Eid auf die Verfaſſung
Preußen (geſchichtlich)
leiftete. Nach Ginfehung der Regentichaft- wurde
das — e Kabinett 6. Nov. entlaſſen und ein
neues Minilterium —— Die Mitglieder des⸗
jelben waren Fürft Karl Anton von Hohenzollern:
Sigmaringen (Premier), Rud. von Auerswald
(Staatäminifter), von Scleinik (Auswärtiges),
Graf Schwerin-Hukar (Inneres), von valow
er von Dethmann:Hollweg (Kultus und Un:
terricht), von Bonin (Beleg), von VBüdler (Ader:
bau). Bon den bisherigen Miniftern behielten nur
der Yuftizminifter Simons und der Handelämini-
ter von der Heybt ihre Portefeuilles. Eine Ans
rache des Prinz:Negenten vom 8. Nov. an das
inijterium war als dad Programm der neuen
Ne ————— und rief in gun une
lebhafte ympathie hervor. Der Regent ſprach
ſich im ganzen für ein geiehmäßiges, konjtitutio-
nelles Regiment aus, bezeichnete die Vertretung
der Intereſſen Deutichlands für P.s heili
Pflicht und erflärte die Schaffung einer fta
Armee als eine abfolute Notwendigkeit für B.8
Stellung. Ein Erlaf an die Oberpräfidenten unter:
jagte jede Beeinflufiung der bevorftehenden Wahlen
von feiten der Negierungsorgane. Die Wahlen
fielen minifteriell aus, Am 12, Jan. 1859 wurde
* ae — die öffentliche Aufmerkfa
nzwiichen begann bie öffentliche Au m:
feit fih, der Spannung zwiſchen wann und
Franlreich bezüglich Ktaliens zuzumenden. Die im
preuß. Volle vorherrihende Überzeugung, daß die
Grhaltung der öiterr,. Herrſchaft in Jalien lein
Inlereſſe der deutſchen Machtſtellung und National⸗
ehre ſei, wurde auch von der —— geteilt.
Dieſelbe unterſtühte anfangs bie engl, Vermitte—
lungsvorfchläge, erklärte aber ngleich, daß fie
ihre gefamte Kraft in bie Wagla e legen werbe,
um jede für Deutſchland nachteilige Veränderung
des europ. Gleichgewichts zu verhindern. Um für
alle Eventualitäten gerüftet zu fein, wurden 20. A
1859 drei preuß. Armeelorps mobilifiert.
5. Mai forberte die Regierung einen außerordent⸗
lichen Kredit für Heer und Marine und einen zeits
weiſen Zufchlag zur Eintommeniteuer, fowie zur
Mabl: und Schladhtiteuer, wobei ihr das Abgeorb-
netenhaus bereitwillig entgegenfam, Am 14. Mai
wurde fodann der Landtag geſchloſſen. a
bei einen Befuch des Erzherzogs Albrecht in
lin, hatte m das preuß. Kabinett gew ‚ eine
Garantie für den djterr. Befisftand in Italien zu
übernehmen und dur Aufftellung eines. großen
deutichen Heers am Rhein Frankreich zu ins
dern, jeine Armeen nad yo zu jchiden.
die polit. Ziele Öfterreich$ fennen F lernen, ſandte
P. den General Williſen nach Wien. In Sud—
deutſchland ſtanden Regierung und Volt =; feiten
Oſterreichs; P. wollte aber weder ala Vaſall Öfter
reichs, noch als Beauftragter des Bundestags in
militärische Aktion eintreten, fondern nur als ſelb⸗
Pänbipe Macht, welde, nad) keiner Seite ge
en, beiden Parteien Forderungen ftellen und bies
fen durch eine fchlagfertige Armee ein
wertes Gewicht geben tonnte. P. mobilifierte zu
diefem Zwed feine ganze Armee und beantragte
25. Juni Mobilifierung des 7. und 8, U
und 4. Yuli die des 9. und 10. Bundesforps, vers
langte aber für P. den Oberbefehl über die ganze
deutihe Streitmadht und die unbeichräntte Vers
Moung über diefelbe. Sſterreich ftellte am Bunde
n Öegenantrag, wonad) der Oberbefehl zwar P.
— — —
Preußen (gefhichtlid))
übertragen. werben, ber. Brinz von P. aber von
ben zu trultionen des Bundestags, d. h. thätjädh:
lich — abhängig fein ſolle. Darauf konnte
BP. nit eingehen. Darauf ſchloß Oſterreich 11. Juli
den , org eigen von Villafranca, da es in
dem Borgehen —33 am Bunde eine ſolche Gefähr—
bung feines Ein * in Deutſchland erblidte, dab
eö den von diefer Seite drohenden Verluſt
höher anſchlug ala die Opfer, die ihm der Friede
von Qillafranca auferlegte. !
Bon nun an fchlofien ſich bie Reformparteien
wieder mit Bertrauen dem Staate Friedrichs d. Gr.
an, Am 16. Sept. 1859 wurde in Sranffurt a. M.
ber Rationalverein (f. d.) gegründet, der die Does
der Gentralgewalt, die Vereinigung militäriicher
Führung und einheitlicher diplomatifcher Vertre—
tung Deutichlands unter P. hervorhob. Durch
ganz ge) land verzweigt, erwedte der Verein in
allen deutſchen Landen — — zu Gunſten
der preuß. Spibe. Die preuß. Regierung duldete
e die Berfaminlungen des Vereins und deſſen
usbreitung im eigenen Lande, unterließ e3 aber,
ih über jenes Programm der nationalen Partei
zu erllären und fich auf dasfelbe zu ſtühen. Biel:
mehr beſchränlte fie fih darauf, in einigen am
Bunde ſchiwebenden Angelegenheiten eine das Ver:
trauen der Liberalen erwedende Stellung einzuneb:
men, jo im —* en ren und in den
Angelegenheiten eswig⸗ Holſteins, und bean:
fragte zunädft am Bunde eine Reform der Bun:
beöfriegäverfafjung. In feinem Entwurf vom Yan.
1860 verlangte e3 für das Kommando über die
Bundesarmee eine Zweiteilung, ng bie zwei
—— * Korps an Öfterreich, ie zwei nord:
den an P. fü — follten, Dieſer
Antrag yurde 20. April 1860 von der Bundes:
verfammlung verworfen, namentlich von den Staa:
ten der ſog. Würzburger Koalition vom 23. Nov.
1859, d ne gebildet hatte, um bei den Abjtim:
mungen am Bunde als eine geſchloſſene Phalanx
aufzutreten. Ebenſo führten die von PB. im Jan.
1860 nad) Berlin berufenen Konferenzen ber Ufer:
—— von Dit: und Nordſee, zur Verbeſſerung
Küftenfchupes, nur mit den Heinern Staaten
zu ‚einem Refultat (zu dem Beſchluſſe, 10 Linien:
hiffe und 20 Fregatten aufjuftellen), fanden das
gegen Widerftand an —— das auch dem Bau
einer Eiſenbhahn von Minden nach dem Jadebuſen,
fomeit die bannov, Gebiet berühren follte, die
Erlaubnis verfagte. Es war Mar, dab P. weder
Öjterreich noch die Mittelftaaten für fi gewinnen
lönne, um auf dem Wege des Bundestags eine
orm der Bundesverfaflung uf en.
fo mehr glaubte unter folden Umftänden
bie preu he ——— —— ———
eigenen r u müſſen. Nachdem
5. Dez. 1859 der Generallieutenant von Roon ala
Kriegäminifter eingetreten, wurbe 9. Febr. 1860
dem Sandtage ein Gefeh vorgelegt (betreffend die
Verpflichtung zum Beige) welches die Dienit:
icht in der Linie auf drei, in der Neferve auf
er, in der Landwehr auf neun, die Gefamtdienft:
fomit auf 16 Jahre (bisher 19) fehle,
ie von 150000 Dann auf etwa
213000 erhöhte, eine Aushebung von jährlich
63000 (itatt 000 Retruten anordnete, die ge
illone, zur —— weiterer Ga:
‚von 135 auf 253 erhöhte und die Einrichtung
18 neuer imenter verlangte. Die
Gonverjationd-L2eriton, 13, Aufl. XIII.
305
Landwehr follte bei einer Mobilmachung geſchont,
die Linie und die au de verftärft und dadurch die
Möglichkeit zur raſchen Aufitellung einer nad)
Quantität und Qualität ftarten Armee bergeftellt
werden. Der jährliche Mehraufwand für dieje Or:
ganifation war zu etwas über 10 Mill. Thlr., die
Koſten für bie hen Einrihtungen auf etwa Sl.
Thlr. beredinet. Da nad) den von der Kommiffion
gusgeſprochenen Anſichten die Nichtannahme des
Geſehes wahrſcheinlich war, fo I ‚die Regierung
dasſelbe zurüd und bradte 5. Mai einen andern
Antrag vor das Haus, der eine außerordentliche
Bewilligung von I Mill, Thlrn. verlangte, um das
Heer ein Jahr lang, bis zum 30. Juni 1861, in er:
öhter Kriegsbereitihaft halten zu können. Mit
üdfiht auf die unfihere polit. Lage bemwilligten
nun beide Häufer den außerordentlichen Kredit und
erteilten damit allerdings vorläufig, d. b. bis zum
30. Juni 1861, der Militärreorganifation —* Zu⸗
ſtimmung, indem man die Regierung zugleich zu
einer kräftigen Politik in Deutſchland aufforderte.
unädjft ſah man aber P. nirgends eine nationale
olitit einihlagen, und die Note des Minifters
chleinitz 30. Dit. 1860 an Sardinien betonte in
ſehr auffallender Weife den Standpunlt der Legi:
timität, Die Zuſammenlunft des WrinyNegenten
mit Napoleon IIL in Baden-Baden 15. bis 17, Juni
1860 geitaltete A zu einem Fürftentongreß, da
vier Könige, drei Großherzöge und ein Herzog um
den Prin :Regenten fih verjanmelten, Dieſen
deutſchen Mitverbündeten gegenüber hob der Prinz:
— hervor, feine Bemühungen ſeien auf eine
Reform der Bundesverfafiung und auf eine ftrafie
Bufammenfaffung der Streitträfte Deutſchlands
— ‚ohne daß dadurch das zwiſchen den deut:
den —— beſtehende völlerrechtliche Band
erjhüttert würde,
Friedrich Wilhelm IV. ftarb 2. Jan. 1861, und
ber Prinz⸗Regent folgte ihm ala König Wilhelm 1.
auf dem Thron. Alle Erwartungen fonzentrierten
ih in P. auf die Perſon des neuen Herrſchers.
Ein 12. Jan. 1861 erlafienes Ammeftiedefret für
alle polit. Vergehen machte den beiten Cindrud.
In einer Proflamation vom 7. an. erklärte der
aönip, daß er feine Pflichten für P. als mit denen
für Deutichland zufammenfallend betrachte. gu
geig ward ausgeſprochen, daß die Aufgabe, die
P. in und für Deutichland zu erfüllen habe, auf
feiner rubmvollen Geſchichte und feiner entwidelten
Heeresorganisation berube. Auch in der Thron:
rede zur Gröffnung des Landtags (14. an.) fand
ih die Betonung der Heereorganifation. Da:
gegen wurden beftimmte Vorſchlage über die Bun:
eöreform bei diefer Gelegenheit vermißt. Das
Abgeordnetenhaus verfäumte nicht, in der Ant:
wort auf die Thronrede darauf hinzuweiſen, daß
eine zwedmäßige Geftaltung der Heereorganija:
tion allein nicht genügen werde, die beredtigten
Wunſche des deutſchen Volls zu erfüllen (7. Febr.).
Die preuß. Militärorganijation wurde auch dies:
mal nicht zum Gefeh erhoben, fondern die für jene
— Summe, mit einem Abſtrich von 750000
(en, nur als außerordentliche Ausgabe bewilligt
(31. Mai), —— eindringliche Vorſtellungen
von ſeiten der Regierung hatte endlich das Herren:
baus das Örunditeuergefeh 7. Mai angenommen.
Am 5. Juni wurde der Landtag geſchloſſen. Am
9. Juni verlündigte die «Deutſche Fortſchritts—
partei», welche aus der Fraktion « Jungstitauen »
20
306
bervorging,ir Programm, Sieverlangte darin eine
deutjche Centralgewalt mit preuß. Spike und einer
Volksvertretung, und forderte für P. Minifterver:
antwortlichteit, m der Gejhworenenge:
richte für politiiche und Preßvergehen, Reform des
Herrenhaufes und Eriparungen im Militäretat
duch Einführung der zweijährigen Dienjtzeit. Die
Gegenbeitrebung der Konfervativen that ſich in
dem 20, Sept. 1861 geftifteten «Preußiſchen Volls⸗
verein» fund. Diejer Verein verwarf das parlas
mentariiche Regiment vn der Minifterverant:
wortlichleit und ftellte dafür das Gottesgnaden:
Königtum auf, weldes König Wilhelm jelbit in
der Ylede bei dem Kammerſchluß und in dem Mani:
fejt vom 3. Juli, worin er jeine Krönung in Königs⸗
berg für den Monat Oltober ausihrieb, in den
Vordergrund geihoben hatte. Während eines
Aufenthalts in Baden-Baden wurde der König
14. Juli von dem erfolglojen Attentat eines jungen
Deutih:Nuffen, Oslkar Beder, betroffen.
Das Nefultat der Wahlen vom 6. Dez. 1861
war ein Sieg der Fortidrittspartei, welde nun
die Majorität in der Kammer hatte, In der14. Jan.
1862 ——— Thronrede nahm der König die
ſchon Juli 1860 vollendete Militärorganifation als
unumſtößliche Thatſache an, bedauerte den Stand
der deutſchen Wehrverfaſſung und erwähnte den
Abſchluß von Militärlonventionen mit einigen Hei:
nern Staaten(Coburg:Gotha, Altenburg, Walded).
Das Abgeordnetenhaus vermißte ein energiiches
Vorgehen in Sachen der Bundesreform und wollte
einer thatenlofen Regierung die Mittel zu einem
ftärfern Militäraufwand nicht bewilligen. Es
nahm 6. März den Hagenihen Antrag an, wonad)
der Staatshaushaltsetat künftig mit genauerer
Spezialifierung der einzelnen Halten vorgelegt und
diejer Grundjaß ſchon auf das Budget von 1862
angewandt werden Inne. Darauf reichte das Mi:
nijterium fein Entlaſſungsgeſuch ein, das Abgeord:
netenhaus wurde 11, März aufgelöjt, die Ent:
lafiung 18. März angenomnien.
68 3 bie Bildung eines neuen Kabinetts,
an deſſen Spitze der Prinz Adolf von Hohenlohe:
Ingelfingen jtand. Graf Bernftorff, von der Heydt
(Sinanzen) und Roon blieben, von Jagow trat
für das Innere, ie zur Lippe für die Juſtiz,
von Muhler für den Kultus, Srat von Fpenplik für
die Landwirtſchaft ein. Cin ann vom22. März
forderte die Yandratsämter auf, ihren Einfluß aufs
zubieten, damit nicht dem königl. Regiment zu
Gunften einer fog. parlamentariichen Regierung
Abbruch geichähe. Diefer Drud auf die Wahlen
batte feinen Erfolg. Die Wahlen vom 6, Mai
1862 brachten der Fortſchrittspartei den entſchie—
denſten Sieg; fein einziger Minifter wurde gewählt,
Der Landtag wurde 19. Mai vom Fürjten von
Hohenlohe eröfjnet. In der von ihm verlejenen
Rede war auf die größere Spezialifierung der Ein:
nahmen und Ausgaben und auf die Erſparniſſe im
Militärhaushalt hingewieſen. In dem vorgelegten
Budget waren die Ausgaben rg die Armeeorganis
fation al3 ordentliche aufgeführt. Die Adreſſe des
Abgeorönetenhaufes wies auf den minijteriellen
Wahlerlab hin, verlangte verſchiedene Reformen
in der innern Gefehgebung und nad) aufien eine
träftige nationale Bolitit, Yepterm Verlangen kam
die Negierung eben damals entgegen. Das König:
reich Italien wurde von P. anertannt, der Hait:
delövertrag mit Franlkreich der Kammer vorgelegt,
Preußen (eſchichtlich)
der Hurfürjt von Heflen zur Wi der
Verfaffung von 1831 genötigt. ae rn
Tem genehmigte den Handelsvertrag und bie Mi:
itärfonventionen und — Sept. mit
308 gegen 11 Stimmen als ordentliche Ausgaben
für das Heer 31932000 a ſtrich aber die
Mehrkoſten für die Neorganijation, welche ſchon
von der Kommifjion aus dem Orbinarium in das
Ertraordinarium, 29* worden waren.
In dieſer Lage der Dinge übernahm 28. Sept,
1862 von Bismard:-Schönbaufen, mit
ſchon im März Unterhandlungen eröffnet wort
waren, interimiftifch den Vorſiß im Staatsminiſie⸗
rium, während ber Brinz von Hohenlohe davon
entbunden wurde. Die erite Mitteilung, die Bit
mard der Hammer machte, ging dahin dab
die Regierung den vorgelegten Entwurf des Stantds
baushaltsetats für 1863 zurüdziche, um denfelben
in der nächſten Sikungsperiode nebft einem neuen
Neorganifationsgejeh von neuem zur Beratung
ju bringen (29. Sept.). Seine Grül in ber
Budgetlommiffion 30, Sept., dab bie groben Ar
eihlaff Be : Non pe ob Cie entſchie den
€ e, jondern durch Blu en
würden, erregte unter den Liberalen weniger Auf:
mertjamleit, als fie e3 verdient hätte, Am 1. DE,
trat von Bodelſchwingh an von
als gg ein, und Bismard
nahm 8. Oft, definitiv das Präfibium dee
minifteriums und das Portefeuille des
gen, während Graf Bernftorff ausf
in den erjten Wochen feiner minift
leit entwidelte Bismard die Theorie
terführung der Finanzen ohne ein V
einem Notrecht werde, ſobald einer ber
gebenden Faktoren (Krone, Herrenhaus, i
netenhaus) feine Zuftimmung verweigere,
Konflikt der drei Faktoren trat offen zu Tage,
das Herrenhaus durch den Beſchluß vom 11. Dit.
Gtat verwarf und dagegen den
feiner urfprünglichen Form annahm. Das At
ordnetenhaus antwortete darauf 13. Dt. mit einer
Refolution, welche dahin lautete, daß ber
des Herrenhaufes gegen den Sinn der
verftoße und widerrechtlich , fomit null und
fei. Den Kern feiner For en hatte das
—— bei der ge in die gegen
*
3 Minifterium gerichtete Erllarung "die eng
dab es verfaflungswidrig fei, wenn bie
Staatöregierung eine Ausgabe verfüge: welche
Haus definitiv abgelehnt habe (7. DM. 1862). 2
am 13. Oft. wurde der Landta oe
die Majorität ded Landes mit ber
Abgeordneten einverftanden war, darüber lieh ber
Empfang „der diejen allenthalben in den liberalen
Wahllreiſen bereitet wurde, feinen Zweifel. Die
Negierungsorgane und die er anderer:
ſeits fuchten durch Anfpraden, Ylugblätter umb
Loyalitätsadrejien eine lonfervative
im Lande zu unterhalten. Am 9, Dez. 1862
nahm an Stelle von Jagows der Graf Eulenburg
das Minifterium des Innern, und von Selchen
erhielt das Miniſterium des Aderbaues,
Unter folden Umftänden me 10. Jan. 1863
die Eröffnung des Landtags jtatt. Die Antwort,
die das Abgeordnetenhaus auf die Thronrebe
geitaltete fich zu einer Anklage gegen die
welche die Regierung in verfajjungswidriger Weife
Preußen (geſchichtlich) 307
ohne Etat führten, das Anfehen der Landesvertre⸗
u und, entgegen der Grflärung von
7. 1862, Ausgaben beftritten, welche die
Kammer abgejegt habe. Gin neues Motiv des
Zwieſpalts trat hinzu, als die Regierung wegen
des Aufitandes in den rufj.:poln. Brovinzen Ende
anuar vier Armeelorps mobilifierte und, ob:
chon Preußiich: Polen von der Bewegung nicht er:
griffen war, eine Konvention mit Nubland abichlof
(8. Febr.), obne dem Parlament über den Inhalt
elben Eröffnung zu machen. In der Antwort
auf die Adreſſe äußerte der König 3. Febr., ohne
mung des Minifters, feine perjönli
Anſicht dahin, daf das Zujtandelommen des Bud:
gets auf der Übereinftimmung der drei Faltoren
be und daß die Krone daher das von dem
Haufe der Abgeordneten in Anſpruch genommene
echt alleiniger Bewilligung oder Verweigerung
des Gtat3 als ne] in die —— betrachten
muſſe. Am 24. April erſtattete die Militärtom:
miſſion des Haufes ihren Bericht über die von Mi:
nifter Roon vorgelegte Geſehesnovelle zur Militär:
——— Sie beſchränlte ſich nicht darauf,
die Militärnovelle zurüdzumeifen, fondern hatte
jeden Paragraphen derjelben mit ihren Berbeflerun:
gen chen und daraus den Entwurf zu einem
neuen Geſeß über die Kriegspflicht hulanmen:
It, worin eine nur zweijährige Dienftzeit bei
der Linie feitgefest war. Ein parlamentariicher
Konflilt zwiſchen dem ae are Roon und
dem Bizeprälidenten Bodum: olffs verichärfte den
Streit (11. Mai). Das Miniſterium gab am fol:
genden e die Erllärung ab, daß feine Mitglie-
der nicht eher im Haufe wieder eriheinen würden,
bis das Präfidium fich jeder Disciplinargewalt
über die Miniſter ben habe. Da das Abgeord:
netenhaus an der Bejtimmung der Gejchäftsord:
nung feithielt, hielten ſich die Minifter fern von
den Sigungen des Plenums und der ommiffio:
nen, r König trat in einem Schreiben vom
21, Mai für das Recht feiner Minifter ein, worauf
das Abgeordnetenhaus in einer Adrejle (22. Mai)
erflärte, daß die —— den Ratgebern der Krone
und dem Lande beſtehende Kluft nicht anders als
durch einen Wechſel der Perſonen und mehr noch
durch einen Wechſel des Syſtems ausgefüllt wer:
den könne. Die Negierung antwortete darauf
27. Mai mit dem Schluß der Sejjion. Ihr nach⸗
ſes Beitreben richtete fich num darauf, die liberale
, die das ganze Land ergriffen er
ſtrenge tel der Verwaltung, namentlich du
interrmiftische Aufhebung der Preßfreiheit zu unter:
drüden. Eine Ordonnanz vom 1. un 1863 unter:
itellte die — der Aufſicht der Regierungs⸗ und
behoͤrden.
‚Der beutichen Frage gegenüber nahm das Mi:
niſterium Bismard von Anfang an eine entſchie⸗
dene Stellung ein. Zunädjit hatte ſich B. nicht be:
itren laſſen durch den Widerjtand, den der 29. Mär,
1862 abgefchlofiene Handelövertrag mit Frankrei
bei den jüddeutichen Regierungen * und dur
die Neigung, welche dieſe ſeildem zu einem Ham
delsbunde mit dem öfter. Kaiſertum zeigten. In
das Berhältnis P.s zur Bundesreform fam einiges
Licht durch den. vom Kaiſer Franz Joſeph nad)
Frankfurt a.M. (Aug. 1863) berufenen Fürjtentag,
auf dem P. nicht erjchien, weil e3 den dort vorge:
legten Reformplan mit dem öfterr. Bundesdiret:
torium als feiner Machtitellung nicht entiprechend
zurüdweifen mußte. Dagegen erflärte P. in med:
rern Depeichen vom Aug. und Sept. 1863, es ver:
lange die Gleichftellung hs mit Sſterreich hinſicht⸗
lid) des Vorſihes und der Leitung des Bundes und
eine nicht aus Delegationen der Yandtage, ſondern
aus direlten Wahlen nach dem Maßſtab der Be-
völferung der einzelnen Staaten hervorgehende
Vollsvertretung mit eg 3 eſſenen Befug⸗
niſſen. In der Hoffnung, durch ihre Haltung in
der öjterr. Neformfrage das Vertrauen des Bolts
wiedergewonnen zu haben und durch Neuwahlen
eine willfähigere Kanımer zu erhalten, löſte die Ne:
gierung 3. Sept. 1863 das Abgeordnetenhaus auf,
Aber troß aller Anjtrengung bradhte fie nur 37 ihrer
Kandidaten dur. Die erite Thätigkeit des 9. Nov,
eröffneten Abgeordnetenhaufes erjtredte ſich auf die
Verwerfung de3 vorgelegten ine gig! vom
1. Juni, welches denn auch, obwohl das Herren:
haus fih dafür ausſprach, 21. Nov. fuspenbiert
wurde, Die Budget:, Militär: und Verfafjungs:
frage trat aber augenblidli in den Hintergrund
vor der großen Aktion in Schleswig-Holitein, die
ſich jeit dem Tode Friedrichs VIL. von Dänemark
in P. vorbereitete. Das Minifterium Bismard
nahm in diefer Sade eine Stellung, die mit den
Wünihen der Nationalpartei zunädit keineswegs
in Gintlang ftand. Letztere Partei war für bie Los⸗
ſagung P.s vom Londoner Vertrag und für die An-
erfenmung des Prinzen Friedrich von ——
als Herzog von Schleswig Holftein. preuß.
Regierung dagegen, indem fie gemeinschaftlich mit
Öfterreih beim Bunde den Antrag (7. Dez.) ein:
brachte, Dänemark dur exelutoriſche Bejebung
Holfteins und Lauenburgs zur Aufrechthaltung der
Verpflichtungen von 1852 zu zwingen, bewies, dab
fie vorläufig bei den Stipulationen des Londoner
Vertrags ſtehen bleiben wolle. Dadurch ſchonte fie
die Giferfucht des Auslandes und leitete gleichwohl,
wenn aud) in der Form einer Grefution, die mili:
tärijche Occupation des Feitlandes von Tänemart
ein. Daß der öjterr.:preuß. Antrag vom 14. Jan,
1864, nad) weldiem Schleswig als Pfand für die
Erfüllung der an Dänemark gejtellten Forderungen
in Befis genommen werden follte, von der Majori:
tät des Bundes abgelehnt ward, erweiterte die
Hluft zeiten legterm und den beiden Großmäch—
ten. Aber aud die liberale Mebrbeit des preuß.
Abgeordnetenhaufes ſchloß fi dem Bundesſtand—
punkte an und befürwortete jogar 18. Dez. 1863 in
einer Adreſſe an den König die Ginfehung bes
Auguftenburgers. In diefer Stellung des Ab:
geordnetenhaufes zu einer groben auswärtigen Kom⸗
bination, wo der Rechtsſtandpunkt allein nicht ent:
heiden konnte, fondern wo die Entſchlüſſe aus der
erehnung der polit. Chancen und der Machtver⸗
bältnijje berzuleiten waren, lag die verhängnis:
volle, Schritt für Schritt fich volljiehende Schwä:
dung der Barlamentspartei. Das Abgeorbneten:
haus machte eine auswärtige polit, Frage zu einer
Frage der minifteriellen Oppofition, und es ver:
weigerte 22. Yan, 1864 dem Minijterium eine An:
leihe von 12 Mil, Thlrn. zur Beftreitung der durch
die ſchlesw.holſtein. Verhältnifje gebotenen außer:
ordentlichen Ausgaben, Die Negierung wußte ſich
aber dod; die Mittel zur Kriegführung zu verſchaffen
und hatte ſchon nad wenigen Wochen große Gr:
folge aufzuweifen. Die Erftürmung der Düppeler
Schanzen (18. April), das Scheitern der Londoner
Konferenz und der libergang auf Alfen (28. bis
20*
308
29. yuni 1864) waren Glanzpunlte der militärischen
und diplomatiſchen Strategie. (S. Deutſch-Dä—
ner Krieg von 1864.)
r preuß. Landtag war inzwifhen 25. Yan.
1864 uf en worben, Der 1.Aug. abgeſchloſſene
Baffenitillitand wurde 30, Oft. 1864 zu Wien in
einen definitiven Frieden verwandelt, in weldem
Dänemark die Herzogtümer an Öfterreich und P. zu
—— Beſitß abtrat. Unterdeſſen war auf
handelspolit. Gebiete die Kriſis glücklich vor:
——— indem die widerſtrebenden ſuübdeut⸗
chen Staaten und Hannover, dem Gegendrud ber
oltäinterefjen weichend, zur Erneuerung des Zoll;
vereind auf Grundlage des ——
ſchen Handelsvertrags die berliner Zolllonferenzen
(30. Sept. 1864) beichidten. j
Die Tendenzen des preuß. Kabinett3 in ber
chlesw.holſtein. Sache ftellten fich immer deutlicher
us. P. verlangte von Sachſen und Hannover
ie Entfernung der Erelutionätruppen aus Holftein
und Lauenburg und ſehte diefelbe durch. Am 7. Dez.
ging die Regierung Holfteins von den Bundeslom⸗
miflaren auf Civillommifjare Ö a Ar B.8
über. In Berlin wurde der Wiener Friede und
das Kondominium von Anfang an fo aufgefabt,
daß man dadurch ein gewiſſes Verfügungsrecht über
Schleswig-Holftein an ſich gebracht habe, Bei der
Eröffnung des Landtags 14. Jan. 1865 ſprach der
König die Hoffnung aus, daß angeſichts der bedeu-
tungsvollen ——— des vorigen Jahres der Ge:
ent zwifchen Regierung und Abgeordnetenhaus
eine Ausgleihung finde. Aber lehteres verwarf
nicht nur das Militärgefeh und die eng ations⸗
loſten, ſondern auch die Marine: und Kriegskoſten—
vorlage (22 Mill, Thlr.) und erllärte die zum Zwed
ber Kriegführung geichehene «Entnahme» von Gel:
dern aus dem Staatsſchatze für verfafjungswidrig.
Der Schluß dieſes vergeblihen Landtags erfolgte
17. Juni. In der Depeihe vom 22. Febr. 1865
machte P. feine Zuftimmung zur Erridtung eines
felbitändigen Herzogtums Schleswig.do jtein davon
abhängig, dab ee. unbedingte Verfügung über die
ganze Yand: und Seemadht der Herzogtümer über:
tragen würde. Bjterreich Dagegen ftimmte 6. April
1865 einem Antrag der ſuddeutſchen Staaten am
Bundestag bei, wonad die bedingungsloje Ein:
feßung des Auguftenburgerd in die Verwaltung
Holſteins fofort erfolgen follte. Diefer Widerftreit
der beiden Großmächte äußerte fich im Kondominat
von Schleäwig:Holitein, das unter fortwährenden
Konflitten ausgeübt wurde,
Das Verhältnis zwifchen P. und Öfterreich ftand
bereit3 fo, daß man mit der Kriegsfrage rechnen
mußte. Am 21. Juli, als der König von Karlsbad
nad) Gaftein reifte, wurde in Regensburg Minifters
rat gehalten und die frage aufgeworfen, ob P.,
falls Ojterreid auf feinem Widerſtande bebarre,
—— Kriege ſchreiten ſolle und ob es dazu gerüftet jei.
urd) die Konvention von Gaftein vom 14. Aug.
1865 wurde bie —— hinausgeſchoben.
Durch dieſe Konvention wurde die Verwaltung der
Herzogtümer in der Weife geteilt, daß die Holiteins
auf den Kaijer von Öfterreih, die Schleswigs auf
P. überging, unbeſchadet der gemeinjamen Beſitz⸗
rechte, die auf dem Friedenstraltat vom 30, Dit.
1864 berubten. Außerdem überließ Oſterreich das
Herzogtum Lauenburg gegen eine Entihädigung
von 2", Mill, Thlrn. an die Krone P. Aber das
neue Proviforium machte den fortwährenden Rei:
Preußen (geſchichtlich)
bungen kein Ende. Die Spannung zwiſchen P.
und Oſterreich trat aufs ſchroffſte hervor, da ber
öfter. Statthalter in Holftein die Demonftrationen
der auguftenburgifcen Partei gegen P. nicht nur
geihehen ließ, fondern fogar begünftigte. Als unter
Schutze des Statthalters 23. Jan. 1866 eine
Maſſenverſammlung in Altona ftattfand, die eine
entſchieden antipreuß. Stimmung bekundete, ent:
Ipann ſich ein energifcher Depeſchenwechſel ——
ſterreich und P., der die Unmoͤglichleit einer fer:
nern Allianz darlegte. P.s Depeſche vom 26. Jan.
griff das ganze polit. Regierungsſyſtem Oſterreichs
in Holjtein an, erllärte es für eine Schädigung der
fonfervativen Intereſſen und fprad) das uern
darüber aus, daß «revolutionäre und jedem Thron
—— Tendenzen unter dem Schuhe des öſterr.
oppelablers fidy entfalten». Oſterreich wies in
einer Note vom 7. Febr. die u. feiner Bolitit
jurüd und erllärte, der Kaiſer werde bei derjelben
verharren, felbft auf die gest: eines B der
Altanz mit P. Seit Ende März 1866 geitaltete
ſich die Lage aufs ſchlimmſte. Der preuß. Annerion
Schleswig: Holſteins beizuftimmen, war Öfterreid)
nicht geneigt. Eigene Croberungspläne in diefem
Lande zu verfolgen, verbot ihm bie — Lage,
und eine Geldabfindung hatte die öffentlihe Stimme
in Öfterreich mit Gntrüftung ‚ehrt rare Ebenio
wenig ließ ih Kompenſation * lbtretung preuß.
Gebietes erwarten. Die Politik des berliner Kabi-
nett3 ging von Anfang an dahin, den Krieg zwar
teineswegs um jeden Preis berbeizuführen, aber
demjelben aud) nicht durch 9 —* auszu⸗
weichen. Noch im März 1866 ging das Minifterium
Bismard mit einer —— vor, die leinen Zwei:
fel lieh, daß dasfelbe enticlofjen war, dem etwa
entjtehenden Kriege eine —— die deut⸗
jöe rage überhaupt zu geben. Die Eirkular:
epeſche vom 24. März 309 nicht nur die deutfchen
Regierungen in die Spannung zwiſchen Öfterreich
und P. mit hinein, indem fie denfelben bie Frage
vorlegte, welches Verhalten fie bei einem Waffen:
— beider Mächte einzuſchlagen geſonnen ſeien,
—— ſie nr. auch P.3 Vorgehen in der Bun⸗
edreform an, Da aber die Februarbedingungen
gezeigt hatten, dab man in Berlin eine Föderation
mit Matter Gentralgewalt erfirebe, fo bie
Mittel: und Kleinftaaten wenig Luft, an dem preuß.
Reformwerk ſich zu beteiligen. Die Parteiſtellung
der Bundesſtaaten formierte fich bei be
(21. April) über den preuß. Antrag vom 9. April,
wonach ein deutſches Parlament auf Grunddirelter
Wahlen und des allgemeinen Stimmredts zum
Zwech der Beratung einer neuen Bundes affıng
einberufen werben follte, Dem nationalli
Programm P.s gegenüber begann fich die Koalition
Oſterreichs und der Mittelftaaten zu bilden. Man
ewährte zwar dem Antrage die formelle ——
ung durch Niederſeßung einer ————— rte
aber den gegenwärtigen Beitpunft ala u
— Reform und verwies zugleich auf den
er Bundesalte, der jeden Krieg zwiſchen den Bun:
besjtaaten verbot. Die Mitteljtaaten _ ftellten
19. Mai am Bundestag den Antrag auf gleich:
itige Abrüftung ſämtlicher Bundesglieder, er
ntrag wurde angenommen; ®. und Sſterreich
aber —— na die Erllärung, unter
Vorausjekungen fie abrüjten wollten, vor.
durch wurde ber Beſchluß wieder erfo los. P.
ſchloß 8. April einen Allianzvertrag mit Italien
ignet
11
a Te a rent
Preußen (geſchichtlich)
und orbnete im Mai bie Mobilifierung ſämtlicher
Armeelorps an. : i
Die nunmehr beginnende Politik der Aktion ftieß
anfangs in ®. felbit auf ſchwere Hindernilfe. Die
Kluft zwiſchen Negierung und Landesvertretung
war völlig unausgeglihen. Die Regierung durfte
von feiten des Abgeordnetenhaufes auch nr die
geringfte Unterftüßung in der fchlesw.:holitein.
ache erwarten. Der Landtag, 15. Jan. 1866 er:
öffnet, verharrte auf feinem einjeitigen Rechtsſtand⸗
punkt und wurde jhon 23. Jan. 1866 geichlofien,
noch ehe das Budget des laufenden Jahres beraten
worden war, on mehrern ber ——
Städte der Monarchie wurden Adreſſen an den
König gerichtet mit der Bitte, dem Lande den Frie—
den zu erhalten und andere Minifter zu berufen;
nur Breslau — in ſeiner Adreſſe vom 16. Ma
der Bismar — olitit rüchhaltslos bei. Die
Regierung ſah ſich fomit auf ihre eigenen Mittel
—— ein Staatsſchatß von mehr ala 20 Mill,
:hlen., aus den vieljährigen Überſchüſſen einer wei:
fen Finanzverwaltung ade und andere be:
deutende Hilfsquellen — ihr zu Gebote. Als
der Ernft des Kriegs herantrat, änderte ſich indes
raſch das Verhältnis zwifchen Voll und Regierung.
Nah) dem Bundesbeſchluſſe vom 14. Juni und dem
Einrüden der preuß. Streitfräfte in Sadien und
Hannover erlieh König Wilhelm, dem Aufruf von
1813 entſprechend, die Broflamation vom 18. Juni,
in —* er an die alte Einigleit zwiſchen König
und Bolt appellierte. Der preuß. Geiſt erwachte
überall —*— Mit den erſten Nachrichten von
den böhm. Siegen verlor die innere Oppoſition
ihren Boden im Volle. I der Hauptſtadt fündigte
ſich der Umſchwung dur Ovationen an, die dem
König und dem Minifterpräfidenten, der 15. Sept.
1865 in den Grafenftand erhoben worden war,
29. Juni dargebradht wurden. Der Sieg von König:
gräß (3. A teigerte das kriegeriſche —
des 5 Volls gi eier Daten und Üpfer:
freudigfeit. = eutiher Krieg von 1866.)
Der gewa get aber glorreidhen Löjung des
öfter. Konflifts folgte die friedlihe Löjung des
innern Konflilts. Die Neuwahlen für das 9. Mai
aufgelote Abgeorbnetenhaus erfolgten 3. Zuli. Das
Volt hatte wenig Verjtändnis mehr für die For:
ber Dppofition, daß auch jeht noch, nad):
dem die Negierung die nationale deine erhoben
tte und im Begriff war, die Führung Deutſch⸗
nd3 zu übernehmen, derfelben ie Mittel
—— Fl —— —* en
e, verweigert werden follten.
Die Sortichrittöpartei verlor gegen 100 Siße an die
Regierung; die Liberalen hatten kaum noch eine
Mehrheit von 70 Stimmen, Und auch diefe jerfiel
bald darauf, da ein Teil der Liberalen eine die Ne:
— —— id — ——
ei nationalliberale Partei) grün:
bete, —*
ow
r bie
olge
die äußerte Linle unter Hoverbed
in Doltrinarismus verharrte.
Bei der öffnung des Landtags 5. Aug. ——
der König die Gründung eines neuen Bundes, die
—— Vollsvertretung der Bundes⸗
—— und das Verlangen der Indemnität für die
eitherige budgetloſe Verwaltung an. Die Indemnis
tätönorlage mwurbe —— mit 230 gegen 75 Stim:
men angenommen und damit das Vergan
anbeimgeneben. Am 17. ‚ ver:
B——
önigl. Botſchaft, wonach Hanno:
ene der
309
ver, Kurheſſen, Naſſau, Frankfurt der preuß. Mons
archie einverleibt wurden, und durch das Patent
vom 12. Yan. 1867 wurde auch Schleswig:Holitein,
mit Ausjchluß eines Heinen an Oldenburg abgetre:
tenen Bezirks, einverleibt. Der Landtag genehmigte
diefe —— — und erteilte der Regierung
bis 1. Olt. 1867, wo die preuß. Verfaſſung in den
neuen Landesteilen eingeführt werben follte, eine
Art Diktatur. Auch ward der Regierung 25. Sept.
ein außerorbentliher Kredit von 60 Mill. Thlrn.
ur Anfüllung des ziemlih erfchöpften Staats⸗
ahes und aus ber Kriegsentſchäädigung 1Y, Mill.
-hlr. zu Dotationen für den Grafen Bismard und
die Generale Roon, Moltte, Herwarth von Bitten:
feld, Steinmeß, Vogel von Faldenftein, bewilligt.
Das Wahlgejek für den Reichstag des zu gründen:
den eig Bundes, das Militärbudget famt
den Ausgaben für bie Neorganifation, der Vertrag
wegen Übernahme der Thurn und Tarisichen Poſt⸗
verwaltung gegen eine Entf rg ill,
Thlrn. wurde gleichfalls genehmigt. Die Zahl der
aus den neuen Provinzen zu wählenden Landtagss
abgeorbneten wurde % 80 feitgefeht, was das
errenhaus, das eine ähnliche Verſtärkung für fi
elbft verlangte, nur infolge einer Preſſion des
inifteriung * Der a wurde 8, Febr,
1867 geichlofien. rch die anneftierten Länder,
Sauenburg mitgerechnet, erhielt P. einen Zuwachs
von 72022 qkm mit 4815700 Seelen, ſodaß nun
das Gefamtgebiet einen Umfang von 347500 Som
und 23590000 6, hatte. ebt erft bildete P. einen
auch — wohl arrondierten Staat. Einen
weitern Machtzuwachs erhielt es durch die Grün:
dung des Norddeutſchen Bundes, defien Verfaſſung
17. April 1867 von dem konſtituierenden Reichstag
angenommen wurbe, P. gab zwar daburd die
auswärtigen ——— Handel, Zollweſen,
oft, Telegraphie, Militär, Marine u. ſ. w. an den
und ab und ward in diefem ein Bartikularjtaat
wie jeder andere. Da aber die realen Machtver:
bältnifje überwiegend auf feiten P.s waren und der
in ber Hand des Königs von P. befindlichen Cen-
tralgewalt die Leitung des Militär: und Marine:
weſens des Bundes übertragen war, fo hatte P.
trop der Mainlinie (melde übrigens durch bie
Alltanzverträge vom Aug. 1866 bereit3 überichrit-
ten war) über eine Macht zu en wie fie faum
einer andern Großmacht zu Gebote jtand.
Gerade dies aber ag. die Eiferſucht Frank:
reichs in einem fo hoben Grade, dab P. ſchon jeht
in allen feinen Plänen und Einrichtungen mit ber
Eventualität eines deutſch-franz. Kriegs rechnen
mußte. Napoleon III. ging von der Anſicht aus,
dab für die oeieftigung feiner Dynaftie die Er:
oberung Belgiens und des linken Rheinufer abſo⸗
lut notwendig ſei. Der —— Khan Ab-
fihten ftand feine Macht fo fehr im Wege als P.
Daher bemühte er fi, jobald er zur Kegierung
elangte, fortwährend um eine Allianz mit P., und
uchte dasjelbe gegen Überlafjung der Hegemonie
in Norbdeutichland, zur Abtretung linksrhein. Ge:
biete zu bewegen. Schon 1851, vor feinen Staats⸗
eich, ſchictte er feinen vertrauteften Diplomaten,
erigny, nad Berlin, um die dortige Regie:
rung zu einer Allianz gegen Oſterreich zu bewe—
gen. Dazu war indes das Minifterium Manteuffel
nicht geneigt. Im Febr. 1859 ließ Napoleon dem
Bra Repeater olitein, Hannover, Kurbefien an«
ieten, fal3 P. ihn in der ital, Frage unterftügte.
310
Auch auf diefen Borichlag ging P. nicht ein. In
ven es —— teils in ——
in Berlin me ls ähnliche Anträge gemacht.
m Mai 1866 ließ Napoleon III. P. ein förmli
enfiv: und DOffenfiobündnis antragen, weldes
P. einen Gebietszuwachs mit einer Bevölterung
von TE Mil. E. Frankreid) einen Teil des linlen
—— verſchaffen ſollte. Nachdem auch dieſes
A ge abgelehnt war, fpetulierte Napo:
feon III. auf eine Niederlage oder wenigftens auf
eine bedeutende Erſchöpfung P.s. ALS ftatt deſſen
ar ber Sieg gemeldet wurde, fuchte er die preuß.
riedensbedingungen auf ein möglichft beicheidenes
berabzubrüden, und als ihm aud) dies nicht
vollftändig gelang, verlangte er 5. Aug. 1866 ala
Kompenjation Rheinbayern und Rheinheſſen nebft
der Feſtung Mainz, Auflöfung des zwiſchen dem
Deutihen Bunde und Luremburg beitehenden Ber:
bhältnifjes und Aufhebung des preuß. Garnijons:
rechts in der Feitung Luxemburg und machte aus
der Annahme oder Nichtannahme diefer Vorſchläge
eine Kriegsfrage. Diejes —— wurde rund
abgewieſen. Zu Anfang 1867 verlangte er von P.
die Zuftimmung zur käuflichen Erwerbung Lugem:
burgs und eine Allianz zum Zwed der Eroberung
Belgiens und wollte dafür P. die Aufnahme Süd:
deutihlands in den Nordbeutichen Bund zugeftehen.
Zugleich wandte er fih an den König von Holland
und unterhandelte mit diefem über die Überlafjung
des Großherzogtum Erste Non eine ent:
ſprechende Geldentihädigung. e preuß. Regie:
rung, von Holland befragt, ob fie eine ſolche Abtre-
tung gutheißen würde, erwiderte, daß fie niemals
ihre Zuftimmung dazu geben werde. P. wandte
fih darauf an die Mitunterzeichner des Vertrags
von 1839, wodurch die jtaatärechtlidhe Stellung
Luremburgs begründet war. Die Gefandten diejer
Staaten verjammelten fi in einer Konferenz zu
Sondon. Der Londoner Bertrag vom 11. Mai
1867 beftimmte für Yuremburg bie ——
tung des Statusquo mit der Ausnahme, daß die
Feſtung von den preuß. Truppen geräumt, zugleich
aber aud) ganeR werben jolite, Aber auch iebt
ab Napoleon II. feine J—— nicht auf. Im
März 1869, zur Zeit der * franz. Gijenbahn,
ftreitigleiten, jchidte er feinen Better, den Prinzen
Seröme Napoleon, nad) Berlin und lie dort jon:
dieren, ob, für den Fall einer franz. Occupation
Belgiens, B. jein Belgien nicht anderswo finden
tönnte, Wie dieſe Anträge, jo wurde aud) der In—
terventionsverſuch der franz. Regierung in dem
Streit P.s mit Dänemark wegen der nördl. Dijtrifte
—— von P. zurüdgewieſen und jene daran
erinnert, dab fie nicht Nitunterzeichnerin des Prager
Friedensvertrags fei. In P. verfäumte man nichts,
was die Bereitihaft für den bevorjtehenden Krieg
erhöhen konnte, ohne daß man übrigens heraus:
fordernd auftrat. Für alle Fälle legte der R des
preuß. Generalſtabes, General Moltke, im Winter
1368 ver 1869 dem König einen bis ins einzelnjte
ausgearbeiteten Feldzugsplan gegen Frankreich vor.
Die Verſchmelzung der neuen Provinzen mit dem
Königreih P. ging nit überall ohne Anitoß vor
ih. Die Verordnungen über Einführung verſchie—
dener Steuern und über bie tung ber in
jenen Brovinzen vorhandenen Staatälapitalien rie:
en Unzufriedenheit hervor. Die preuß. Regierung
bemühte fi, die Differenzen auszugleihen und die
Preußen (geſchichtlich)
beſtimmen. Die Neuwahlen für das Abgeordneten
haus fanden 7. Nov. 1867 ſtatt und ergaben einen
eutſchiedenen Sieg für die nationalen Parteien.
Der König eröffnete 15. Nov. den Landtag und be:
gelbte die Vertreter ber neuen Provinzen. In das
enhaus wurden aus denfelben 26 Mitglieder
berufen, von denen der König 18 ernannte, die
übrigen 8 von ben Städten Hannover, Kafiel,
ntfurt, Altona, Flensburg und den Univerfitäten
Öttingen, Marburg, Kiel präfentiert wurden. In—
folge der Angriffe, melde der —— Graf
zur Lippe wegen gerichtlicher verfo gung des Ab:
eordneten Tweiten erfuhr, reichte jener jeine Ent-
fung ein (5. Dez.) und erbielt zum Nachſolger
ben vormaligen 38 Juſtizminiſter und Ober:
appellationsgerichts-Prãſidenten Leonhardt. Der
Landtag genehmigte 11. Dez. den Acceſſionsvertrag
mit Walded vom 18. juni 1867 und die mit den
depofiedierten Fürſten abgeſchloſſenen Entſchä—
digungsverträge vom 18. und 29. Sept., wonach
dem Herzog von Naſſau, gegen Ber ihtleiftung auf
den Thron, I Mill. Thlr. außhejahlt, den König
von Hannover, auch ohne Berzichtleiftung, die Bin:
fen eines Kapitals von 16 Mill. Thlrn. angewiejen
wurden. Die Civillifte des Königs von P. wurde
von 3 auf 4 Mill. Thlr. erhöht. Hannover wurde
ein PBrovinzialfonds von 500000 hen bewilligt
und vom Abgeordnetenhaus die Au —— an
die Regierung gerichtet, dem nächften Landtage Ge:
fehentwürfe vorzulegen, wodurd aud) den übrigen
Provinzen Provinzialionds zugemwieien und im
Sinne der Selbitverwaltung eine Reform der Ge:
meinde:, Kreis⸗ und Provinzialverwaltung einge:
leitet würde. Der Yandtag wurde 29. 2 ‚1868
eihlofjen und 4.Nov. wieder eröffnet. Inzwiſchen
Pate die Regierung, ba der König von Hannover
und der Kurfürft von Helen zur Ausführung ihrer
Reitaurationspläne eine preußenfeindliche Agıtation
unterhielten, jener jogar eine —* mu in ber
Schweiz, fpäter in Frankreich aufitellte, durch Ber:
ordnung vom 3. März 1868 die Beihlagnahme des
Bermögens der beiden Fürſten verfügt und gegen
den hannov. Grafen Blaten einen Hocverratspro:
zeß eingeleitet. Die Beihlagnahme fam 29. Jan.
1869 im Abgeordnetenhaus zur Verhandlung und
wurbe genehmigt mit der Bejtimmung, dab die Wie:
deraufbebung der Beichlagnahme nur durch Gejek
erfolgen lönne. Am 1. März wurde vom Abgeorbd:
et der wi ———— tadt
rankfurt 26. Febr. abgeſchloſſene aus
migt, wonad alle 1866 in der vormals Freien Stadt
Frantfurt zu Staatszweden verwendeten Gebäude
und Liegenſchaften und ſämtliche Eifenbabnen in
den Beth des preuß. Staats übergehen, die Schul:
den, welche nach Abzug der Aktiva noch 9 Mill. Fl.
betrugen, vom Staat übernommen und der Stadt
drantfurt als Erſatz für das verlorene Staatseigen⸗
tum die Summe von 3 Mill, Fl. übergeben wurde,
wovon der Staat 2, der König aus feiner Privat:
taſſe 1 Mill. bezahlte. Das von Vühler ——
Vollksſchulgeſet und ſein Vorſchlag, den Artilel der
Verfaſſung, welcher die Unentgeltlichleit des Unter:
richts in der Vollsſchule feftfehte, aufzuheben, wur:
den (lehterer 10. Febr.) mit großer heit —
gewieſen. Der Landtag wurde 6. März geſch =
Die Landtagsſeſſton 1869—70 wurde 6. Dit.
1869 eröffnet. Zur Dedung eines Defizitö von
5400000 Thlrn. forderte der Finanzminiſter von
provinziellen Fonds für nur provinzielle Ziwede zu | der Heydt einen Zuſchlag von 25 Prozent zur
Preußen (gefhichtlih)
Einlommen:, Klafien:, Mahl: und Schlachtſteuer.
Da beide fer gegen eine ————
ausſprachen, ſo nahm von u 25. Dit. jeine
—— Beer Sampler
r nt eehandlung, Camphau⸗
fen, ein itglied der liberalen Fraktion des n⸗
hauſes. Dieſer legte 4. Nov. einen neuen Finanz⸗
—— vor, wonach der Staatsſchuldenfonds durch
rwandiung der in den alten Landesteilen be—
ehenden Staatsſchuld in eine fonfolidierte Renten:
um 3422600 Thlr. erleichtert und die zur
edung bes Defizits noch fehlenden 2 Mill. durch
Beräußerung eimger nicht ſehr rentabler Grund:
ftüde und induftrieller Gtablifiements gewonnen
werden jollten. Dieler Finanzplan, welder eine
Gteuererhöhung unnötig machte, wurbe vom Ab:
orbnetenhaus 14. Dez. angenommen und vom
errenhaus genehmigt. Der vom Minijter des
Innern, Grafen Gulenburg, vorgelegte Kreis—
ordnungsentwurf wurde 16. bis 20. Dit. beraten,
fand aber nicht die Zuftimmung der liberalen Frat:
tionen, und wurde deshalb vom Minifter wieder
jurüdgezogen. Der vom Grafen Lippe gegen bie
Errichtung eines Bundesoberhandelsgerichts ge:
ftellte Antrag wurde 17.Nov. vom Herrenhaus
verworfen, dagegen der Miquel:Lasterihe Antrag,
die Regierung aufzuforbern, ihren ganzen Einfluß
geltend x machen, dab im Wege der Bundesgeſeßz⸗
gebung bie Kompetenz des Norddeutichen Bundes
auf dad gelamte bürgerlibe Recht ausgedehnt
werde, unter Unterftüßung des Yuftizminifters vom
eorbnnetenhaus 24, Nov. angenommen. Der
uß des Landtags erfolgte 12. Febr. 1870,
or derfelbe wieder zujammentrat, brad) ber
längjt drohende Krieg mit Frankreich aus, der mit
ber gänzliden Niederlage dieſes Staat3, mit ber
MWiedergewinnung ber deutihen Provinzen Elſaß
und Lothringen und mit der Ummandlung des
Rorddeutſchen Bundes in ein ganz Deutſchland um:
Ye Deutſches Reich endigte. (S. Deutid:
and und Deutihes Reich und Deutid:
BESSISILGEE Krieg von 1870 und 1871.)
ie Kriegserllärung vom 19. Juli traf ganz ®. in
ber — zur Leiſtung bes äußerſten Wider⸗
ſtandes, zur Darbringung jedes Opfers entichlofie:
nen Stimmung. Die preuß. Heeresverfaſſung be:
wäbhrte ſich ſowohl in der Yeiitungsfäbigteit der
Verwaltung und der Truppenlörper, als auch in
der Unerſchöpflichleit des Materials an Rejerven
und Landwehren. Das preuß. Finanzweſen war
in fo guter Ordnung, dab aus der preuß. Staat:
laſſe den ſüddeutſchen Staaten die erſten Mobili:
fierungöfoften vorgejtredt werben konnten. Eine
aus allen polit. Barteien zuſammengeſetzte Ber:
fammlung ın Berlin —— in einem Aufruf
an das deutſche Bolt und in einer Adreſſe an den
König gegen jede Art von Einmiſchung fremder
te und bezeichnete die Heritellung der Einheit
Deutichlands als das unter allen Umſtänden feft:
tende Ziel des Kriegs. Die Neuwahlen für
3 Abgeordnetenhaus (16. Nov.) fiherten der Ne:
gierung eine ſtarle Majorität. Der Yandtag wurde
14. Dez. eröffuet und 17, Febr. 1871 geſchloſſen.
Gr beihhäftigte ſich zunächſt mit der Grledigung des
Budgets von 1871 und genehmigte zwei Gejepent:
mürfe des Kultusminijters_in Betreff der evang.
Kirchenverfaſſung und der Einführung der Presby:
terial: und Synodalordnung in Hefien. Am 1. Jan.
1871 erfolgte die amtliche Bertündigung des «Deut:
311
hen Reichs» und 18. an. fand im Schloſſe zu
Berjailles die feierliche Proflamierung des Königs
Wilhelm als Deuticher Kaiſer ftatt. Am 17. März
tehrte der Kaifer mit bem Aronprinzen, bem ber
Zitel «Kronprinz bes Deutſchen Reichss und bas
Prãdikat «Kaiſer * Hoheit» 1. Febr. verliehen wor:
ben war, nad) Berlin zurüd und eröffnete 21. März
bie erite Seflion des erften Deutichen Reichstags.
Den Abſchluß diefer großen Zeit bildete der Einzug
der Truppen in Berlin 16. Juni 1871.
Am 29. Nov. 1871 begann die neue Seſſion des
preuß. Landtags. Der Finanzminifter fündigte an,
daß die Einnahmen um mehr ala 6 Mill. Thlr. die
Ausgaben überfteigen, daß der preuf. Staatsſchatz
aufgehoben und das vorhandene Geld zur Tilgung
eined Anlehns von 26 Mill. Thlen. verwendet
werde. Der von der Regierung neubearbeitete Ent:
wurf einer Kreisverfaſſung für Preußen, Branden:
burg, Pommern, Sclefien, Sachſen wurde vom
Abgeordnetenhaus 21. März 1872 angenommen.
Bon der größten Bedeutung waren die Maßregeln,
weldye bie Regierung ebendamals gegen das herrſch⸗
füchtige Auftreten der Herilalen Wartei ergriff.
Schon bei den Wahlen zum Abgeordnetenhaus (und
ipäter zum Reidy&tag) trat eine fpezififch fath. Par:
tei hervor, jekte 57 Mitglieder dur und fon:
ftitwierte ſich ſpaͤter als «Gentrumäpartei»; 56 Mit:
glieder derfelben ſandten eine Adreſſe an den König
nad) Berfailles, worin fie um Wiederberftellung der
weltlichen Herrihaft des Papſtes baten. Aber der
König und feine Regierung erlannten die Gefahr,
welche dem modernen Staat durch die Beſchlüſſe
des Batilanifhen Konzil drobten, und waren
daher, angeficht$ der befonders unter der Hegierung
des vorigen Königs —26* Langmut und Gleich⸗
ültigkeit und angeſichts der Konſequenzen des Un:
— der Anſicht, daß die Macht des
Klerilalismus nicht geſtärlt, ſondern geſchwächt
werben miliſſe. Da die Regierung die Beihlüfie des
Batilanifhen Konzils für fih als bindend nicht
anerkannte, fo fonnte fie auch nicht zugeben, daß die
Biſchöfe diejenigen Geiftlihen, welche das Unfehl:
barteit3dogma nicht anerlannten, maßregelten. Als
der Biihof von Ermland einen Neligionglehrer
in Braunsberg wegen Nichtanerfennung diejes
Dogmas juspendierte underfommunizierte, weigerte
fi die eg diefe Mafregel anzuerkennen,
und ſchutzte den Lehrer in der Fortführung feines
Amts. Auf die Adreſſe der Biihofslonferenz von
Fulda 7. Sept. 1871, worin gegen das Vorgehen
der Regierung Beichwerde ah wurde, antwor:
tete der König 18. Olt., es ch is auf verfaſſungs⸗
mäßigem Wege eine Loöſung ſolcher Konflilte erfolgt
ſei, ſeine Pflicht, die —— Geſetze aufrecht zu
erhalten und nad Maßgabe derjelben jeden Preu—
n in feinen Rechten zu ſchüßen. Da die Biſchöfe
ortfuhren, den Verordnungen feine Folge zu leiiten
und den Staatägefeben nit zu gehorchen, worin
bie preuß. Berfaljung von 1850 fie begünftigte, fo
erfolgte Schlag auf Schlag der Erlaß neuer Ber:
ordnungen und bie Vorlage neuer Geſetze. Es
handelte fidh für Die Regierung darum, ben ENiiöfen
ihre zwei *1 Domänen, die Leitung der
Schule und die Beherrihung des niedern Klerus,
zu entziehen und den Klerus amt den Biſchöfen den
Staatägejeßen zu unterwerfen. Zunächſt wurde
8. Juli 1871 die tath. Abteilung des Kultusminiftes
riums, welche die Rechte des Staats, ftatt fie zw
wahren, an die Nurie preisgab, aufgehoben und die
312
Bildung, altlath. Gemeinden gebulbet. Darauf
legte Kultusminifter Mühler dem Landtag 14. Dez.
1871 ein neues Sonulaufjuhtägeieh vor, wonad) bie
Aufſicht über alle öffentlihen und privaten Unter:
richts⸗ und Erziehungsanftalten dem Staate zu:
ftehen, diefer allein das Recht ber Ernennung der
Drt3: und Kreisſchulinſpeltoren haben und der vom
Staat erteilte Auftrag jederzeit widerruflich fein
follte. Da dad eg aus wenig Luft be
zeigte, mit dem realtionären ultusninilter m.
Geſetz zu diöfutieren, und bderfelbe bei einem die
Verwaltung der Kunitanftalten betreffenden Anlaß
in einen ihn fompromittierenden Konflikt mit dem
Kronprinzen kam, fo reichte er 12, Jan. 1872 feine
Entlafjung ein. Diefelbe wurde ihm 17. Jan. ges
währt und 22. Jan. der Geh. Oberjuftizrat Fall
um Minijter der geiftlihen, Unterrichts- und Me—
iginalangelegenheiten ernannt. Darauf wurde dad
Shulaufüchtäge eh nad) heftigem Kampfe mit der
Gentrumspartei 13. Syebr. vom Abgeordnetenhaus
mit 207 gegen 155 Stimmen angenommen. Das
Herrenhaus genehmigte das Geſeß 8. März mit
125 gegen 76 Stimmen. In Übereinftimmung mit
dem vom Reichstag angenommenen Gefep über die
Busfgliekung ber Jejuiten und ber ihnen ver:
wandten Orden aus dem Gebiete des Deutichen
Reichs ſchloß ein Erlaß des Stultusminifters vom
15. juni die Mitglieder geiſtlicher Orden vom ——
amt an oͤffentlichen Schulen aus. Ein anderer Er:
laß vom 4. Juli verbot den Schülern der Gym:
nafien und ähnlicher Anftalten die Teilnahme an
religiöfen Vereinen. In mehrern Bezirken wurben
weltliche Kreisſchulinſpeltoren angeftellt und lath.
Geiſtlichen die Schulaufſicht entzogen. Durch dieſes
Vorgehen der preuß. — —— wurde die päpitl.
Kurie aufs höchſte erbittert. Der Papſt wies bie
Ernennung bed Kardinals Hohenlohe zum Bot:
——— des Deutſchen Reichs in der 28 Weiſe
(3. Mai) zurüd, I 25. Juni von dem Stein,
der bie Ferſe des Koloſſes zertrümmern werde, und
bezeichnete 23. Dez. das Verfahren ber beutichen
Regierung als ein unverſchämtes, worauf ber P.
vertretende Legationgjelretär den ** erhielt,
unbeſtimmten Urlaub zu nehmen und ſofort von
Nom abzureiſen.
Der Landtag wurde 23, März 1872 vertagt und
22. Dit. wieder eröffnet. Das Herrenhaus verwarf
31.D8t. den vom Abgeorbnetenhaus angenommenen
Kreisorbnungsentwurf mit 145 gegen 18 Stimmen.
Die Seffion des Landtags wurde 1.Nov. geichlofien,
in einer Konferenz zwijchen — ala euren oa
und Vertrauengmännern des Abgeordnetenhaufes
ein neuer Kreisorbnungsentwurf vereinbart und
diefer dem 12. Nov, einberufenen neuen Landtag
vorgelegt. Derjelbe wurde 26. Nov. vom Abgeorb:
netenhaus angenommen und 9. Dez. vom Herren:
bausmit 116 gegen91 Stimmen Pe der t, nachdem
der König 24 neue Mitglieder für dasſelbe ernannt
hatte und weitere Mapregeln in Ausficht geftellt
waren. Aus Unmut über den Widerjtand, welchen
er in der Srage über die Reform des ——
bei einigen Mitgliedern des Miniſteriums fand, bat
Bismard um Enthebung vom Praͤſidium deajelben,
welche Bitte ber König 21. Dez. gewährte; ber
Borfig im Staatminijterium ging nun an ben
Kriegäminifter Noon, als den älteften Staats:
minilter, über. Am 1. Jan. 1873 wurde Roon zum
definitiven Minifterpräjidenten und General fa:
mele zum zweiten Chef der Urmeeverwaltung er:
Preußen (geſchichtlich)
nannt. Balb folgten nod andere Kabinetlsän⸗
derungen. Das —— des Miniſters
der Landwirtſchaft, von Seichow, wurde 13. Jan,
angenontmen und ber bisherige Oberpräfibent von
2 en, Graf von Königsmard-Olesniß, zu feinem
hfolger ernannt. Infolge der — Ent⸗
hüllungen über die Mißſtände im Eiſenbahnkon—
eſſionsweſen und der Einſeßung einer Unter:
Judungstommifion erfolgte 13. Mai die Ent:
aſſung bes Handelsminiſters Grafen Jsenplik und
die Ernennung be3 bisherigen Unterſtaatsſelretärs
ee um Handelöminijter, Am 9. Jan,
egte Kultusminiſter Fall dem Abgeorbnetenhaus
vier Gefege vor, melde ben Viſchoͤfen die unbe:
bingte Herrichaft über die Geijtlichkeit entreißen, die
Macht des Klerus über die Laien vermindern, dem
Staate die gefehmäßigen Mittel zur Beitrafung un:
gehorfamer Biſchöfe und Oeitichen —*8 ſoll⸗
ten. Dieſe Geſetze, welche, weil fie im Mai ſanltio—
niert und publiziert wurden, «Maigefehe» genannt
wurden, betrafen bie Borbildung und Anjtellung
ber Geiftlihen, den Austritt aus ber Kirche, die
firhlihe Disciplinargewalt und die Errichtung
eines königl. Gerichtshofs für kirchliche Angelegen:
jeiten, die Grenzen des Rechts zum Gebrauch kirch—
iher Straf: und Zuchtmittel. Da aber dieje vier
Geſetze mit den die Selbftverwaltung ber Kirche
ausſprechenden Art. 15 und 18 der preuß. Ber:
fallung im Widerſpruch ftanden, fo wurde im Ab»
eorbnetenhaus der Antrag geftellt, bieje beiden
rtifel durch — von Zufägen mit den neuen
Geſetzen in Einklan — bringen. Das Abgeorb;
netenbaus nahm 4. Se t. bie Berfafjungsänderung,
19. und 21. März die vier Slirhengefeße an; das
Herrenhaus genehmigte die Verfajjungsänderung
4. April, die Kirchengeſetze 1.Mai. In einer Kollel:
tiveingabe an das Staatäminifterium vom 26. Mai
fündigten bie preuß. able dem Staat den paſſi⸗
ven Widerftand gegen diefe Geleke an, machten
nach wie vor bei der Anftellung und Berfehung der
Geiltlihen dem DOberpräfidenten nicht die vorge:
fchriebene Anzeige und wollten die Staatsaufſicht
über ihre Konvifte und Seminarien nicht anerlen:
nen. Mehrere berfelben wurden von ber Negierung
geſchloſſen, Gelbitrafen über bie renitenten Biſchöfe
verhängt, der renitente Erzbiſchof Ledochowſli von
Poſen nad angeorbneter Zemporalienjperre —
— — ſeines Amts aufgefordert, Die Re
ierung ließ eine neue Eidesformel für neu zu beeis
igende Pa ag feftießen, in welche das Gelöbnis
gewifienhafter Beobachtung ber Staatögejehe auf:
genommen war. Dielen Eid 2. 7. Olt. ber
alttath. Biſchof Reintens, worauf er von der Re:
ierung als kath. Biſ Zi anerlannt wurde und eine
otation von 16000 Thlrn. erhielt. Der Konflikt
rn ber Regierung und ben Klerikalen wurde
urd einen Brief des Papites an Kaiſer Wilhelm
(7. Aug.) noch verſchärft. Die vom 3. Sept. ba:
tierte Antwort fand in allen nichtlferifalen Streifen
ungeteilten Beifall. Im Minifterium trat bie ins
derung ein, baß bie Stelle eines Staatsfelretärd
de3 Auswärtigen Amts mit dem Titel und Rang
eines Staatsminijterd dem bisherigen medlenb.
Vinifter von Bülow übertragen, Generalfeldmar:
ſchall Graf Roon 9, Nov. vom Präfivium des
Staatöminijteriumd und vom Kriegsminiſterium
entbunden, Fürſt Bismard aufs neue zum Präſi⸗
benten bed Minifteriums, Finanzminiſter phau⸗
fen zum Vizepraͤſidenten desſelben, Generallieute⸗
— —
Preußen (geſchichtlich)
nant Kamele zum Kriegsminiſter ernannt wurde.
Das Entlaſſungsgeſuch des Miniſters der Landwirt⸗
ſchaft, Grafen Konigsmarck, wurde 8, Dez. ange:
nommen, Sandelaminifter Ahenbac mit der einft-
weiligen Führung diefes Minifteriums beauftragt
und 19. Sept. 1874 basfelbe dem rt der frei:
fonjervativen Partei, Dr. Friedenthal, übertragen.
Bei den Landtagswahlen vom 4. Nov. 1873 ver:
loren die Alttonfervativen 59 Sike, während bie
Nationalliberalen 44, das Centrum 27 gewannen,
ſodaß jene 169 Stimmen hatten, diefes 86. Der
Landtag wurde 12. Nov. eröffnet und demfelben
10, Dez. ein Gefehentwurf über Einführung der
obligatorischen Civilehe vorgelegt. Das Abgeord:
netenhbaus nahm das * 23. Jan. 1874, das
Herrenhaus mit einigen Abänderungen 20. Febr,
an, worauf dasjelbe, nachdem das Abgeorbneten:
haus 24. Febr. den Anendements beigetreten war.
im März —— wurde. Unter heftigem Wider:
ſtand der Klerilalen wurde 29, Jan. die für den
alttath, Biſchof Reinkens feitgefehte Dotation vom
Abgeordnetenhaus genehmigt. Noch heftiger war
der Kampf bei der Debatte über die beiden neuen
Kirchengeieke, von denen das eine eine Deklaration
und —— des Geſehes vom 11. Mai 1873
über die Vorbildung und Anſtellung der Geiſtlichen
enthielt, das andere von der Berwaltung erledigter
lath. Bistümer handelte und den Staat vor der
Anftellung renitenter Bischöfe fihern follte. Beide
Gejege wurden vom Abgeordnetenhaus 9. Mai,
vom Herrenhaus 16. Mai angenommen. Der Ge:
fegentwurf über die evang. Kirchengemeinde: und
Synodalordnung vom 10. Sept. 1873 für die Pro:
vinzen Preußen, Bonmern, Brandenburg, Poſen,
Schleſien, Sachſen wurde von beiden Häufern 2. und
16. Mai angenommen, Die neue Brovinzialord:
nung für die fünf öftl. Provinzen am 20. Jan. zur
erften Beratung, wurde aber nicht mehr erledigt.
Die Aufnahme einer Anleihe von 50 Mill, Thlrn,
zur Erweiterung des Staatseiſenbahnneßes wurde
vom Abgeordnetenhaus 16. Mai genehmigt. Bei
der Darlegung der Finanzlage teilte Camphaufen
mit, dab das %. 1873 mit einen überſchuß von
21456483 Thlrn. abichliefe und dab der Staat
1. Jan. 1875 um bie Summe von 2114000 Thlrn.
entlaftet werben follte, Am 21. Mai wurde der
Landtag geichlofien.
Der Kulturlampf nahm in * immer größere
Dimenfionen an. Erzbiſchof Lebochowfli, welcher
dem Staate jedes Recht der Jurisdiktion in Fird:
lichen Ungelegenheiten abſprach, wurde 3. Febr.
1874 verhaftet und in das ————
u Otrowo gehracht. Der lirchliche Gerichtshof
prach 16. April die aee über ihn aus,
& Vermögen des 14 öfl. Stuhls wurde mit
Beſchlag belegt und die Verwaltung der beiden
— Poſen und Gneſen zwei Landräten als
lönigl. Adminiſtratoren übertragen. Biſchof Mar;
tin von erborn wurbe 4. Aug. in das ftreis:
htögefängnis abgeführt, 5. Yan. 1875 feines
t3 entjeßt und 19. Jan. in Wefel_ interniert.
Auch der Erzbifchof von Köln und der Biſchof von
Zrier wurden in das Gefängnis abgeführt, andere
Biihöfe zu Gelditrafen verurteilt. In einer Im—
—— vom 22. Mai 1874 an den Kaiſer
erllärtendie preuß. Biläöfe aufs neue, daß die Kirche
fih nicht eimfeitigen Staatögefeken und Verord:
nungen über Firchliche Dinge unterwerfen fönne,
und bei der Konferenz zu Fulda wieſen fie den vom
313
Bistumsverweſer Dem von Fulda gemachten Vor:
ſchlag, wonad zur Anbahnung eines friedlichen Auss
feichs mit der Regierung — ethan werden
ollten, entſchieden zurüd, Die wich unter
dem Volle, das in ben Vereinen und von der Preſſe
gegen die Regierung ſyſtematiſch aufgehegt wurde,
wuchs. Am 18. Juli 1874 erfolgte das Attentat
des fanatifierten Böttchergejellen Kullmann (f, d.)
aus Neuftadt: Magdeburg auf den Fürjten Bis:
mard in dem Badeorte Kiffingen.
In feiner Encyclica vom 5. Febr. 1875 erflärte
Pius IX. dieneuen ft irdhengefehefür ungültig, verbot
den Gehorſam gegen diejelben und ſprach gegen fämt:
liche alttath, Geiitlihe die Erfommunitation aus,
Am 15, März ernannte er den gefangenen und ab:
geſetzten Erzbiſchof Ledochowſti zum Kardinal, Die
Regierung, welde fi) auf einen noch erbittertern
Bann gefaßt maden mußte, legte, um ihre Defen-
fioftellung zu verftärfen, eine weitere Serie von
Nirchengefehen vor. Am 4. März. 1875 brachte fie
das jog. Sperrgeſeß ein, wonach alle Leiftungen aus
Staatsmitteln an Bischöfe und ſämtliche kath. Geiſt—
liche eingeftellt wurden, folange diejelben nicht
durch eine fchriftliche Erklärung zu der Befolgung
ber Staatägejehe fich verpflichteten. Das Sperr:
gejeß wurde von beiden Häufern angenommen und
22. April ald Staatsgeſeß publiziert, Die Bor:
lage über die Aufhebung der Art. 15, 16 und 18
der Verfaſſung, welde — ihre elaſtiſche Faſſung
den Anſprüchen der Klerikalen eine günſtige Hand:
abe darboten, wurde vom Abgeorbnetenhaufe 11.
Mai, vom Herrenhauje 14. Juni genehmigt, Das
Kloſtergeſeß ſchloß alle Orden und ordensähnlidhen
Kongregationen der kath. Kirche vom preuß. Staats:
gebiet aus, Iehte die Auflöfungsfrift auf ſechs Mo—
nate feit, verlängerte diejelbe auf vier Jahre nur
für die mit dem Unterricht und der Erziehung der
Jugend ſich beichäftigenden Niederlafjungen und
—— mit dem Aufhebungsdelret, jedoch wider:
ruflich, diejenigen Orden, welde ſich ausſchließlich
der Krankenpflege wibmeten. Diejes Geſeß wurde
vom Abgeordnetenhaufe 10. Mai, von Herrenhaufe
22. Mai angenommen. Das vierte Öejek betraf
die Bermögensverwaltungen in den lath. Kirchen:
gemeinden und übertrug diejelbe einem Kirchen—
vorjtande, von weldem der Geiſtliche ausgeſchloſſen
war, und einer Gemeindevertretung. Dieſes Geſetz
wurde vom Abgeorbnetenhaufe 4. juni, vom Her:
renhauſe 11. juni genehmigt. Um nicht diefe Ber:
mögensverwaltung vollitändig in die Hände ber
Negierung oder lirchenfeindlicher Gemeindemitglie:
der oder gar ber Altlatholilen geraten zu laſſen,
empfahlen die Biichöfe den Gehorjam gegen diefes
Gejek und forderten die Gläubigen zur eifrigen Be:
teiligung an den Wahlen in den Kirchenvorftand
auf, Huferdem wurde von dem Abgeorbneten
etri der Antrag geftellt, die Bildung der altlath.
emeinden und ihre Aniprüde auf das kath. Kir:
chenvermögen durch ein Geſeß zu regeln, und dieſes
Altlatholitengejeh vom Abgeoronetenhaufe 8, Mai,
vom Herrenhaufe 10, Juni angenommen, Die
Neihe der Biſchöfe lichtele fih immer mehr. Im
%. 1878 waren von den zwölf preuß. Bifhöfen nur
noch drei im Amte, die von Kulm, von Ermland
und von Hildesheim, Abgeſeßt waren ſechs: die
von — von Paderborn, von Breslau, von
Münſter, von Köln und von Limburg; drei Bis—
tümer, Fulda, Trier und Osnabrüch, waren infol
des Todes der Biſchöfe vacant und fonnten, ba d
314
Domlapitel ſich über die Befepung mit ber Regie:
rung nicht einigen konnten, vorderhand nicht wieder
befegt werben. Außer den Klirchengefeben befchäf:
tigten den Landtag aud die Verwaltungsgefeke, | laub
welche eine Fortfegung au der ſchon 1872 angenom:
menen Rreisorbmung bieten. Nach langer Beras
tung wurben dieſe Gefeke von beiden Häufern ge:
nehmigt und 29. uni 1875 das Geſeß über die
Provinzialordnung für die fünf dftl, Provinzen,
3. Juli das Geſeß über die Verwaltungsgerichte,
8. Juli das über die Dotation der Provinzen publi-
zietrt. Der Schluß der Seffion erfolgte 15. Juni.
Am 16. Jan. 1876 wurde die legte Seſſion biefer
Landtagsperiobe eröffnet. Zwei a Vorlagen
mwurben bei demielben einge Be ie eine betraf
die Auffichtörechte des Staats bei der Vermögens:
verwaltung in den kath. Diöcefen, war eine Ergän:
zung des Gefehes vom 20. Xuni 1875 und wurde
15. Mai vom Abgeorbnetenhaufe angenommen.
Bei der zweiten Borlage handelte e8 ſich um bie
Generaljynodalordnung für die evang. Landeslirche
der acht Ältern Provinzen, welde aus ben Bera-
tungen der auferorbentlihen Generalfynobe, auf
Grundlage des vom Dberfirchenrat im Verein mit
dem Kultusminiſter feitgeitellten Entwurfs, hervor:
gegangen und vom ne 20. Yan. fanktioniert
worden war. Dieſe Vorlage murbe vom Abgeord»
*—— 9. Mai, beide zugleich vom Herrenhauſe
24. Mai angenommen. dur ortführung ber Ber:
mwaltungsreform wurden dem Yandtage weitere es
—ã— vorgelegt, aber nur der über die Zu—
aͤndigleit der Verwaltungs- und Verwaltungs:
gerichtsbehörden im Geltungsbereich der neuen
Vrovinzialordnung (Kompetenzgeſet), von beiden
Häuſern 27. und 29. Juni angenommen. Die
Geſehentwürfe über die Bereinigung Lauenburgs
mit der preuß. Monardie und über den Gebraud
der beutichen en als der ausſchließlichen
Geſchäftsſprache der Behörden und polit. Körper:
jchaften wurden vom Abgeorbnetenhaufe 28. April
und 23. Mai, vom Herrenhaufe 18. Mai und 19.
Juni angenommen. Die größte Aufmerkjamteit
erregte der 24. März eingebradhte Gefehentwurf,
wonach die Regierung von dem Landtag ermächtigt
werden follte, zum Zweck des Verkaufs fämtlicher
Staatseifenbahnen an das Neid) ey = —
ſchließen, deren Genehmigung, falls es zum Abſchluß
lam, dem Landtag vorbehalten blieb. Dieſe Eijen:
bahnvorlage wurde nach langen Debatten vom Ab:
georbnetenhaufe 2. Mai, vom Herrenhaufe 20; Mai
angenommen. Am 30, Junt wurde die Geffion
eye. Die Neuwahlen für das Abgeordneten:
aus fanden 27. Dit. 1876 ftatt; von den 433 Ab:
—— errangen bieRationalliberalen 174,
ie —— 66, die Freikonſervativen 34,
bie Neufonjervativen 26, die Altktonfervativen 9,
das Centrum 88, die Polen 14.
Dasneugewählte Abgeordnetenhaus trat 12. Jan.
1877 zufammen. Gejekentwürfe über die Teilung
ber Provinz Breufien in die Provinzen Dftpreußen
und Weitpreußen, über anderweitige Einrichtung des
BZeughaufes in Berlin und über die Berlin:Dres:
dener Bahn wurden von beiden Häufern genehmigt.
Die Angelegenheiten diefer Bahn braten P. in
einen Konflilt mit Sachſen, welcher durch das Lu—
beder Oberappellationägericht 28. Juni im Sinne
P.s entihieden wurde. Am 3. März wurde die Sef:
fion gehötofien, Das Entlafjungsgejud Bismards
(27. März), welcher ala Reichstanzler und als preuß.
Preußen (geſchichtlich)
Minifterpräfident zurüdtreten wollte, wurde vom
König nicht genehmigt. Der Minifter des e
Graf Eulenburg, ** einen ſechsmo
ion ndtags wurde
eröfinet. Das Geſetz über Zwangs⸗
.. Die neue S des 2a
21. Dt. 1877
befugnis der Kommiſſarien für bifpöfl. Vermögens:
—— in erledigten * en wurde von —*
uſern angenommen, das X
um Gerichtsverfaſſungsgeſeh eg re ni
haufe 9. debr. — t, vom Herrenhauſe 16.
ärz in amendierter Ba angenommen, weldyer
odann das ur nie Sur 23. März zuftimmte,
3 als Nadıtrag zum Staatshausbaltsetat vor:
ge Refiortgejeb beantragte die Ablöfung des
iſenbahnweſens vom Handeläminifterium und Er:
rihtung eines eigenen Eifenbahnminifteriums, den
Übergang ber Verwaltung der Domänen und Forfte
vom Finanzminifterium an das Minifterium ber
Landwirtſchaft und die Feitftellung eines lts
von 36000 Mark (9000 Mark W —
digung) für bie neu zu errichtende Stelle eines Bi
präfibenten be3 Staatäminifteriums, Das Ab:
georbnetenhaus Ichnte, zumal da die Vorlage erft
gegen das Ende ber Sion eingebradht wurde, die
eiden erften Vorſchlage ab und genehmigte 28.
März ben Gehalt des Vizepräfidenten, welchem
Befafuffe das Herrenhaus 30, März
Der Landtag wurde 30. März 1878 geſchloſſen.
Am nämlihen Tage publizierte der Meichsan—
zeiger» die Entlaflung be3 Grafen Eulenburg
als Minifter des Innern und Achenbachs als
Minifter des Handels und die Ernennung des Gra⸗
fen Botho zu Eulenburg:Widen, Oberpräfidenten
in Hannover, zum Miniiter des Innern, des Unter:
ſtaatsſekretärs im Handelsminilterium, Maybadı,
gi Handelsminifter, deö Oberbürgermeifters von
rlin, Hobrecht, zum Finanzminifter an die Stelle
be3 23. März entlafienen Camphauſen. Achenbach
wurde zum Oberpräfidenten ber 1. April neu fon:
ftituierten Provinz Weftpreußen ernannt. Zum
Vizepräfidenten des Staatöminifteriums wurde der
bisherige deutſche Botihafter zu Wien, Graf von
Stolberg: Wernigerode, ernannt. Mit diefen Er:
nennungen war teilö bie allzu ſtarle fiberbürbung
de3 Fürſten Bismard bejeitigt, teild das Minifte:
rium mehr im Sinne Bismard3 geftaltet. Die Er-
nennung Maybachs, des frühern Präfidenten des
Reichseiſenbahnamts wies auf ein entfdiebenes
Borgehen im Eiſenbahnweſen hin. Am 6. Mai
trat der Präfident des evang. Oberlirdhenrats,
Dr. Hermann, zurüd, fein Nachfolger war der Ober:
konfiftorialrat Hermes.
Den ſchmerzlichſten Eindrud in ganz Deutſchland
und weit über deſſen Grenzen hinaus madte das
Attentat, welches der Alempnergeielle
Lehmann) 11. Mai 1878 in Berlin 7 den
unternahm. Die Partei ber Sozi
nun in ben legten Jahren in P., namentlich in
Berlin, ungeheuere Fortichritte gemacht und eine
den Staat und bie ganze Gefellichaft bedrohende
een unterhalten hatte, wurde von der öffent:
lihen Stimme mit verantwortlich für das Attentat
gemacht. Da der Reichstag 24. Mai das ihm auf
dies hin vorgelegte Sozialüitengefek verwarf, ers
ließen die preuß. Minifter des Innern und der Ju:
ftiz Weifungen an die Bolizeibehörben und an die
Staatsanwaltihaft, wonach hinſichtlich der fozial:
demofratischen Bereine, Berfammlungen und Preſſe
bi3 zur äußerften Linie des durch die beftehenden
Preußen (gefhichtlich)
Geſetze Zuläffigen vorgegangen werden follte. Die
—— in P. und in ganz Deutſchland ſtieg aufs
höchſte, als am Nachmittag des 2. Juni 1878 ein
zweites Attentat auf den Kaiſer ftattfand und diefer
dur mehrere Schrotlörner und Rebpoften ſchwer
verwundet wurde. Der Attentäter war Dr. Karl
Nobiling aus Kolno bei Birnbaum in der Provinz
Poſen. Auch diefe That mußte man als das Ne:
fultat der f —— Agitation, wohl auch
als das der Thätigleit der londoner Internationale
bezeichnen. Sofort eilte der Kronprinz, welcher
26. Mai in London einer ſehr ftarten ſozialdemolra⸗
tiihen Demonitration ausgejeht geweien war, von
England herbei; Bismard, feit mehrern Wochen
geſundheitshalber abweſend, traf 3, Juni in Berlin
ein; 4. Juni wurden in einem Minijterrat bedeu—
tungsvolle Beſchlüſſe aefabt. Ein kaiſerl. Erlaf
vom 4. Juni übertrug dem Kronprinzen die Stell:
vertretung des Slaijers für die Dauer feiner Behin:
derung und dur Erlaß vom 5. Juni an das
Staatsminifterium übernahm der ser fofort
in jtellvertretender Weiſe die Negierung. Der At:
tentäter Hödel wurde vom kaiſerl. Staatsgerichts—
hof in Berlin 10. Juli zum Tode verurteilt und
16. Aug. entbauptet. Nobiling ftarb 10. Sept.
in. der Stabtvogtei zu Berlin an den Wunden, bie
er ſich bei jeiner Verhaftung jelbjt beigebracht hatte.
— wurde 19. Nov. 1878 wieder er:
öffnet. Die Regierung legte das Reſſortgeſetz in
einer etwas veränderten Fajlung wieder vor. Die
Domänen: und Koritverwaltung jollte vom Finanz:
minijterium auf das landwirtichaftliche Minifterium
übergeben, und das Miniſterium für Handel, Ge:
werbe und öffentliche Arbeiten in ein Minilterium
der öffentlihen Arbeiten (Giienbabnen, Bauten,
Verg:, Hütten: und Salinenverwaltung) und ein
Dinifterium für Handel und Gewerbe geteilt wer:
den. Nachdem das Gefek von beiden Häufern an:
—— war, wurde 80. März 1879 der bisherige
Landwirtſchaftsminiſter Friedenthal zum Miniſter
für Landwirtſchaft, Domänen und Forſten, der bis⸗
herige Handeläminifter Maybadı zum Minifter der
öfientlichen Arbeiten, einige Zeit jpäter der Präſi—
dent bes Neichälanzleramts, Hofmann, zugleich zum
Minifter für Handel und Gewerbe ernannt. Die
Anträge des Gentrums auf Wiederheritellung der
1875 aufgebobenen Berfafiungsartifel und auf Sis
ftierumg des Hlojtergeiehes wurden vom Abgeord—
netenhaus abgelehnt. Das Gejeb über die Be:
fahigung zum höbern Berwaltungsdienit wurde
vom Landtag angenommen. Die vom Würften
Biemard mit Öfterreich eröffneten Unterhandlungen
über volljtändige Aufhebung des Artikels V des
Prager Friedensvertrags, wonad) die Bevölterung
der nördl. Dijtrilte Schleswig, falls fie durch eine
freie Abjtimmung ihren Wunſch auf Wiederver:
einigung mit Dänemark ausſprach, an diefen Staat
abgetreten werden jollte, führten zum Abſchluß des
preuß.söfterr. Vertrags vom 11. Oft. 1878, der die:
fen Artilel außer Gültigkeit jeßte und dadurch dieſe
Streitfrage befeitigte.
Im Zuſammenhang mit den vom Fürſten Bis:
mard dem Reichstag 1879 vorgelegten wirtſchaft⸗
lihen Gejehen, weldye eine Reform des bisherigen
Steuer: und Zolliyftems bezwedten, ftand das Ent:
laljungsgejud des Finanzminifterd Hobrecht und
des lanbwirtihaftlihen Ninifters Frieventhal. Ihr
wurde vom Kaiſer angenommen und 5, Juli
1879 der bisherige Unterftaatajelretär des Innern,
315
Bitter, zum Finanzminifter, ber Nittergutsbefiper
Lucius zum Minifter der Landwirtihaft ernannt.
Das höchſte Aufjehen erregte die Nachricht, daß der
Kultusminifter Fall au 5 neue feine Entlafjung
nachgeſucht und daß ber Hlaifer den Oberpräfidenten
von Schleſien, Buttlamer, zum Kultusminifter
ernannt habe. Der Juſtizminiſter Leonhardt, wel:
her ſich um die Einführung der neuen Yuftizorga:
nifation große Berdienfte erworben hatte, erhielt
30, Dit. 1879 die wegen fchwerer Erlrankung er-
betene Dienſtentlaſſung; jein Nachfolger wurde der
Staatsſekretär Friedberg.
Die Abgeordnetenwahlen vom 7. Oft. 1879 hat:
ten zum Rejultat eine Niederlage der Liberalen und
einen Sieg der Konfervativen. Die beiden Frat:
tionen berjelben hatten zufammen 158, die National:
liberalen 101, der Fortichritt 35, das Centrum 96
Mitglieder. Der Landtag wurde 28, Olt. eröffnet.
Bon der nrößten Wichtigleit waren die Vorlagen
über den Anlauf von Brivateijenbahnen. Nachdem
fi der Landtag mit der Regierung über bie Ertei:
lung ber nötigen finanziellen und wirtſchaftlichen
Garantien verjtändigt hatte, wurden die Vorlagen
genehmigt. In jedem der folgenden Jahre wurden
neue Grwerbungen gemadt, ſodaß 1885 der Staat
im Befis aller wichtigen Privatbahnen war. Die
Nichtigkeit dieſes Verfahrens erhellte daraus, daß
der Eijenbabnetatjährlid bedeutende Überfchülleauf:
zuweifen hatte. Zugleich wurde dem Landtag ein
neues Kirchengeſeß vorgelegt, welches die lirchen—
polit. Gejege in einigen weſentlichen Punkte abän-
dern jollten. Die Unterhandlungen mit Rom waren
nad) dem Tobe Pius’ IX. (7. Febr. 1878) wieder auf:
genommen worden, Sein Nachfolger, Leo XIIL.,
eröffnete in feinem Schreiben vom 20. Febr. 1878 die
Korrefpondenz. Fürſt Bismard empfing 1878 in
Kiffingen den Runtius Majella in Münden, 1879
in Gajtein den Nuntius Jacobini in Wien, Darauf
folgten längere Verhandlungen in Wien zwilden
lehterm und dem preuß. Botichafter Prinzen Reuß.
Aber weder die mündlihen noch die fhriftlichen
Verhandlungen führten zu einem Refultat, da die
Kurie bie Anzeigepfli t nur in jehr befchränktem
Maße zugeitand und ſchließlich geradezu die Auf:
bebung der Maigejehe und die Wiederberitellung
der frühern, die Nechte und Würde des Staats be:
einträchtigenden Zuſtände verlangte. Gleihwohl
legte das Minifterium das Kirchengefeß vor, durch
welches es ſich diätretionäre Vollmacht Übertragen
laſſen wollte, um die von der — Kirche als beſon⸗
dere Härten empfundenen Vorſchriften und Anord-
nungen zumilbern oder zu bejeitigen. infolge eines
\ zwifchen den Konfervativen und Nationalliberalen
abgeichlofienen Kompromiſſes, in weldem der bie
Surüdberufung der abgejehten Biſchöfe enthaltende
Paragraph und einige andere Beſtimmungen ge:
opfert wurden, warb das Gejeh 28. „juni 1880 vom
Sonsschneisubenß, 3. Juli vom Herrenhaus ge:
nehmigt. Die prattifhen Folgen des Geſetzes lagen
darin, daß einige geiſtliche Amtsbandlungen in er:
ledigten Pfarreien von ftellvertretenden iſtlichen
ausgeübt, die Staatsleiſtungen wieder aufgenom-
men, die der Krantenpflege gemidmeten Orden von
einigen Beichräntungen des Ordensgeſetzes befreit
werden durften. Nachdem der Landtag dad Gejeh
über die Berwaltungsorganifation genehmigt hatte,
wurde er 3. Juli 1880 geſchloſſen. —
An der Stelle des zum Staatsſekretär in Elſaß—
Lothringen ernannten Miniſters Hofmann übernahm
316
Bar Bismard im %. 1880 felbft das Minifterium
ür Handel und Gewerbe. In dieſer Eigenſchaft
errichtete er durch Verordnung vom 17. Sept. ben
preuß. ee welder ſolche Geſetz⸗
entwürfe, die ben Handel, das Gewerbe, bie Land:
und Forftwirtfhaft zum Gegenftand haben, begut:
achten follte, bevor diejelben dem Landtag oder dem
Reichstag vorgelegt würden; er wurde 27. an.
1881 zum erften mal eröffnet. Die neue Seilion
be3 Landtags dauerte vom 28, Dit. 1880 bis 23.
fsebr. 1881. Außer dem Etat, dem Gefeh über
Steuererlaß und der Kreisordnungsnovelle wurde
feine Vorlage von Bedeutung erledigt. infolge
eines parlamentarischen Konflilts mit dem Fürſten
Bismard reichte Graf Eulenburg 1881 fein Ent:
laſſungsgeſuch ein, worauf derfelbe zum Oberpräfi-
denten von Hefjen:Naffau ernannt, Hultusminijter
von Puttlamer zum Miniſter des Innern, von
Goßler, Präfident des Neihstags, zum Kultus:
minifter ernannt wurde, Zugleich wurbe das vom
Grafen Stolberg, dem BVizepräfidenten des preuß.
Staat3minifteriums, eingereichte Entlaſſungsgeſuch
vom Kaifer angenommen und biefe Stelle 11. Olt.
1881 dem Mintiter von Puttlamer übertragen.
Inzwiſchen waren die Verhandlungen mit ber
Kurie fortgefebt worden, zuerft durch Spezialbevoll:
mädhtigte, dann durch den zum außerordentlichen
Botſchafter beim päpftl. Stuhle ernannten bis:
berigen Gefandten in Dafbington, von Schlözer.
Derjelbe überreichte 24. April 1882 dem Papſte
jein Beglaubigungsfchreiben. Dem Wunſche der
Regierung, durch Ernennung von Biihöfen eine
regelmäßige Didcefanverwaltung wiederherzuftellen,
fam bie Kurie in denjenigen Bistümern entgegen,
welde dur den Tod ihres Oberhirten verwaift
waren, nicht in denen, welche durd) das Abſetzungs⸗
urteil des königl. Gerichtshofs für kirchliche Angele:
en —— Biſchofs beraubt waren; denn bie
tehtmäßigleit dieſes Gerichtshofs erkannte bie
Kurie niht an. Im J. 1881 wurde der Erzpriefter
Dr. Korum von &trahburg um Bifchof von Trier
der Generalvifar Em von Hildesheim zum Bilhof
von Fulda, 1882 der Dompropft Dr. ig. in Ber
lin zum Fürftbifhof von Breslau, der Bistums:
verwejer Höting zum Biſchof in Dsnabrüd, ber
Bistumsverweſer Drobe zum Biſchof von Paber:
born ernannt, 1883 der abgefegte Biihof Blum von
Limburg und 1884 der abgefegte Bifchof Brinkmann
von Münfter begnabigt und beide wieder in ihre
Diöcefen eingefeht, 1885 an die Stelle des verjtor:
benen Blum der geiftlihe Nat Roos zum Biſchof
von Limburg und im Oktober desfelben Jahres der
Biſchof Kremenß von Ermland zum Erzbifchof von
Köln ernannt —— der abgeſeßte — Mel
chers den Karbinalahut erhielt, Allen dieſen Biſchö⸗
fen wurde der zum Gehorſam gegen bie Staatäge:
jege verpflichtende Eid erlaflen, die lommiſſariſche
Vermögensverwaltung, wurde —— und die
Wiederaufnahme der eingeſtellten Staatsleiſtungen
für die Diöcefen angeordnet. Bon den zwölf preuß.
Bistümern waren nun alle wieder mit Bilchöfen
beſeht, außer Poſen-Gneſen.
‚14. Jan, 1882 eröffneten preuß. Landtag
wurde ein neues Kirchengeſehß vorgelegt, worin aufs
neue biäfretionäre Vollmachten für die Regierung
gefordert waren, Nach einem zwiſchen ben Konten,
vativen und dem Centrum abgeſchloſſenen Kompro-
miß follte das * von 1880 über die diskretio⸗
nären Vollmachten bis zum 1, April 1884 verlän:
Preußen (geihichtlic)
gert, der ag verworfene Biſchofsartilel ange:
nommen, die Aufhebung de3 Kultureramend und
die Befeitigung des Inſtituts der Staatöpfarrer be:
fchloffen werben. In diefer Faflung wurde das
Geſehß von beiden Häufern angenommen und von
ber Regierung 31. Mai 1882 beitätigt. Der Schluß
des Landtags, der ſonſt nichts Bemerkenswertes
darbot, erfolgte 11. Mai. Die 26. Dit. 1882 voll:
zogenen Neuwahlen ins Abgeordnetenhaus veritärt:
ten bie Reihen der Konfervativen. Die beiden
———— derſelben zählten zuſammen 176, die
tationalliberalen 67, —* ritt und Sezeſſioniſten
zuſammen 58, Centrum 98 Mitglieder. Die neue
Seſſion des Landtags dauerte vom 14. Nov. 1882
bis 2. Juli 1883, In dieſer wurden die Geſetzent⸗
würfe über Verwaltungsgerichte, über die Land:
er für Brandenburg, über die Aufhebung
er Klafleniteuer für die zwei unterften Stufen und
bie Lauenburgiſche Rommunalvorlage angenommen
und ein weiteres Kirchengeſeß genehmigt, durch wel:
ches das ſtaatliche Einſpruchsrecht auf folde geift:
es Amter, welche fundationsmäßig dauernd zu
bejeßen find, beſchränkt und die Zuftändigfeit des
Gerichtshofs für kirchliche Angelegenheiten verfdie-
benen Einſchränkungen dran sm wurde, Das
Gefek wurde von beiden Häufern, 25. Juni und
2. Juli 1883, angenommen und an lekterm Tage
der Landtag gehiofe. Die neue Geifion des
Landtags, welche vom 20. Nov. 1883 bis 19, Mai
1884 dauerte, war eine ziemlich unfrudhtbare. Von
den Regierungsvorlagen wurden nur ber Gtat, die
weitern Eifenbahnverltaatlihungsgefeke, ein neues
Selundärbahngefeß und die Kreis: und Provinzial:
ordnung für Hannover von den Kammern vollitän:
dig beraten und genehmigt, alle andern , welche ſich
auf das Steuerwefen bezogen, unerledigt gelaflen,
n bem Berfonal bes preuß. Miniſteriums fan:
ben einige Veränderungen ftatt: das Entlafjungs:
gel un bes Finanzminister Bitter, des Kriegs—
minijterd von Kamele und des Staat3minifters von
Stoſch wurbe vom Kaiſer angenommen und 2. Juli
1882 Scholz zum Finanzminiſter, 8. März 1883
Generalltieutenant Bronjart von Schellendorif zum
Kriegdminifter und 20. März 1883 Generallieute:
nant von Caprivi zum Chef der Abmiralität er:
nannt. Gegenüber ben radifalen und demofrati:
hen Parteien, welche für Einführung bes Parla:
mentarigmus agitierten und den Monarchen zu
einem Mer aeg ach ber Landtags⸗ und
Reichstagsbeihlüffe zu degradieren beabfichtigten,
wurbe ber Erlaß des Kaiſers vom 4. Jan. 1882 an
das — — veröffentlicht, der das ver:
faflungsmäßige Recht des preuß. Königs zur per:
——— Leitung ber Politik betonte, welches R
urch die verantwortliche Gegenzeichnung ber Mi:
nifter nicht aufgehoben fei, und zugleih von allen
Beamten verlangte, fih von jeder Wablagitation
egen die Regierung —— Der des
onprinzen Friedrich Wilhelm im Vatilan (18.
Der. 1883) war, da derfelbe auf Förderung kirchen⸗
polit. Fragen nicht einging, nur als Höflichkeitsalt
RE betrachten. Bon großer polit. Bedeutung war
ie Zuſammenkunft, melde Kaiſer Wilhelm 15.
Sept. 1884 in Schloß Stierniewicze (Polen) mit
den Kaifern von fterreid:Ungarn und von Ruß:
land hatte, und welcher auch die leitenden Minijter
der drei Monarchen beimohnten. Als das Refultat
berjelben war die Einigung der drei Oſtmächte in
allen Fragen der großen Politik, fpeziell der Ballan⸗
Preußen (geſchichtlich)
balbinfel, anzujehen. Nad einer Unterbredun
von 30 Jahren — durch einen Erlaß des Rat,
ers vom 30. April 1884 der preuß. Staatärat
f. oben, ©. — wieder ins Leben gerufen, deſſen
ei für die Vorbereitung von Gejehentwür:
fen und den Erlab von wichtigen Verordnungen
eine beratende fein follte. Zum Präfidenten bes:
felben wurde durch den kalſerlichen Erlaß vom
11. Juni der Kronprinz, zum Bizepräfidenten Fürft
Bismarck ernannt. Die Eröffnung des Staatsrats
erfolgte 25. Dit. 1884 durch den Kronprinzen.
„die ——— — des RE 1885 dauerte vom
Die Vorlagen über den Er:
erh Brioatefenbahnen, über den Bau von
— über die Ausdehnung der Kreis⸗
und rovinzialorbnung auf Heſſen⸗ Raſſau, über die
Benftonsverbältnifie der —— — und der
Antrag des Abgeordneten von Hüne auf liberwei:
fung von beftimmten Beträgen, welde aus den
vom Reichstag 1885 erhöhten landwirticaftlicen
BZöllen u ae an die Kommunalverbände wur:
den von n Häufern genehmigt. Auch das
Geſeß über die ee Schadloshaltung des
det :bolfteiniihen Fürftenhaufes, welchem die
eiltung desſelben auf alle von dem Haufe
—— Ho —* tenburg früher auf die
erzogtümer Schleswig⸗ Holſtein gemachten An:
prũche zu Grunde lag, er en NM ——
— s. Die Feier des 70. Geburtstags
— 2 — Dienſtzeit des Reichslanzlers
us had in — Fuürſten Bismard
April u, tete ſich bei der allgemeinen
Zeilnahme der er n aller Länder zu einem na:
tionalen Fefte erften Ranges. Die Erlrantung des
Kaifers im Ma 1885 ließ das Schlimmite befürd):
ten, zumal da der Tod mehrerer ihm ſehr nahe:
ftehenden Männer ihn ſehr e — Fuͤrſt Anton
von Hohenzollern ſtarb 2. Juni, d iedrich
Karl von Preußen 15. ae, der — ter von
> B ——— von Manteuffel, 17. Juni). Doch
e ſich der Kaiſer fo weit, daß er 23, Juni feine
gevobnte 3 Brunnenkur in Ems beginnen und von
Mainau und Gaftein fich begeben konnte,
6 dieſer Kuren lehrte er fo geſtärlt nad)
— daß er an verſchiedenen Herbſtmand⸗
vern, die in Preußen, Baden und Württemberg
anden, teilnehmen fonnte, Die Abgeoröneten:
wahlen vom 5. Nov. 1885 hatten eine Nieder:
e ber Deutichfreifinnigen zum Refultat, Die
— Deutſchlonſ — Iten 129 Mitglieder, die
* Nationalliveralen 68,
dad Gentrum 1 a rn 43,
die Polen 15, die e cin 3, bie Dänen R wäh.
rend 8 ronete keiner Fraftion angehörten.
Snfeige en war * —— nicht
zu zu. omm
Unter den ablesen ring g — P.s
beſonders hervorzuheben: Kletle, «Quellen:
2 1808-61); des ee Staatö» (Bd, 1u.
Lancizolle, «Geſchichte der
— — Peer (Berl. 1828); Leutſch,
a ” — an von befien Eniſtehen
3 Bde., Berl. 1825);
een — —8 Staatö» (Bd. 1—5,
1830—54); zn 8 e3 preuß.
ubertusburg bis zum
Er Barifer * Bde., Franff. 1819—
8, von Rante Meun Bücher
it dur 3 Bde., Opg. 184748);
317
ng, «Bmölf na 8* Gefchichter (2. Aufl.,
5 Bde., Op. 1874—78 Dmeiorge, «Geſchichte des
————— er randenb.:preuß. Mon:
ardie» (Lpz. —— ix, « Die Teritotialgeſidi⸗
des brandenb.: taat3» (3. Aufl., Berl. 1884);
Niedel, «Gef id "des preuß. Königs aufes» (2
Dbe., Berl, 1861); um; —88 er *
Rolitito (2. Aufl, 3. 1868— 81); Hei:
nel, «Geſchichte ke (7. i. a. und fortgejeht
von Laudien, 2 Bde Gütersloh 1872— 76); ferner
die Handbücher von FJ Voigt (3. Aufl., 7 Bde.,
Berl. 1878), Hahn (8. Aufl., Berl. 1883), die Dar:
ftellung von Eberty (7 Vde., Brest. 186773) und
Gojel, «Geſchichte des teuf, Staat3 und Volls
unter den Hohenzollernſchen —* (8 Bde., Berl.
1869—76). Einzelne Perioden behandeln: Drlid,
Geſchichte des preuß. Staats im 17. Jahrh.»
Bde., Verl. 1838—39); die Werke Föriters Aber
den rohen Kurfürften (4. Aufl., Berl. 1855) und
20 Wilhelm I. (3 Bbe., slotad, 183435).
us der ungemein reichen Gitteratur über ——
d. Gr. und deſſen Zeit ſind mit Ar eihnun
nennen: die Were von Preuß g.B) öriter vd)
und auie ($. d.) in geile: ezie 4. au *
von —— e (4 Bde., Lond. 1858—65; deutſch von
Neuberg, Berl. 185866). Die neuere und neuefte
Zeit betreffen: Philippfon, «Gefhichte des preuß.
Staatsweſens vom Tod % gi riedri 4 d. Gr. bis zu
den Freiheitsfriegen» (2 Bde., 1880 — 82);
Reimann, «Neuere Geſchichte des preuß. Staats
vom we Frieden bis zum Wiener Kon:
gre Ar d. 1, Gotha 1882); yore, «Neuere und
neuelte
teuf. er 5. Aufl., 2 Bde,, Berl.
ri enzel, «Zwanzig Jahre preuf,. Gejihte
1786— 1806» (Berl. 1819). öriter, ——
beim IV. und feine geb (2% de. ‚Son ersh 1889);
Gräfin vonVosf, «I eununbjeciig Jahre am bier
Hofe» (1.—4. Aufl. ., £p3. 1876); ferner die Werte
von Beipte (f. d.) er örjter über die Befreiungs:
friege; die biographiſchen Werke von Verb (f. d.)
über den Minijter von Stein und den General Önei:
fenau, das von Droyfen über den General York,
jew "das von S, von Ranle, «Dentwürdigfeiten
es Staatslanzlerd Fürften von Hardenberg» (5
Boe,, . 1877). Bol. noch Oppenheim, «Zur in
nern Seh chichte P.s feit 1866» (in «Unſere Zeit»,
Lpz. 1877). Die ——* bes preuß. Kriegs: und
—— nee ten Gansauge (Berl. 1839),
"Homme de Courbitre (Berl. 1852), Croufaz (2
Bde., Anllam 1865—67) und Lange (« Sefehichte
der teuf. Landwehr», Berl. 1856); ferner die Ge:
Shichte des Finanzweieng Niedel («Der brandenb.:
reuß. Staatshaushalt in den lekten beiden Jahr:
June, Berl. 1866); die De, ichte des preu
eamtentums Saacfobn (28 (2 Bde., Berl. 1873—77);
eine Geſchichte der «Titel und Wappen de3 preuß.
Königshaujed» en Stillfried (Berl. 1875 und
eine er preuß. Boft» ehe (Berl.
1859). Vorzügliche Arbeiten über die Geſchichte des
eigentlihen P. lieferte vor allem Job. Voigt (f. d.);
ferner Töppen, «Geſchichte der preuß. Hiltoriogra=
phie⸗ (Berl. eo: tterich, «Die Gründung des
deutichen Orbensjtaats» (Lpz. 1857); Hirſch, Töps
pen und Strehlfe, «Scriptores rerum prussicarum»
(Bd, 1—8, erl. 1861—66); «Alten der Stände:
tage Dft: und MWeitpreußens» (herausg. von dem
Vereine für die Gefchichte der Provinz Preußen, Lp
1874 fg.), fowie die «Publikationen aus den könig
vreuß. Staatsardiven» (Lpz. 1878 fg.). ;
318
Preufßiſchblau, ſ. unter Berlinerblau.
PBreufifch : Dentfcher Krieg, ſ. Deutſcher
Krieg von 1866,
hie Hr de u. Banken, Bd.I1, 5.447.
reußiſche Sprache, j. unter Litauiſche
Er Fifch- Eylan, f. Gy!
reukifch : Eylau, ſ. Cylau.
Preußiſch⸗ ——— — Krieg vom
1806 bis 1807, |. Franzoͤſiſch-Preu—
biſch-Ruſſiſcher Krieg von 1806 bis 1807.
Brenufifch: Friedland, ſ. Friedland.
PBreufiich: Holland, Kreisitadt im oftpreuß.
Negierungsbezirt Hönigsberg, auf einem fteilen
Berge, it Si des Landratsamts und eines Amts:
gerichis, Station der Linie Güldenboden:Allenitein
der Preußiſchen Staatsbahnen, bat ein altes
Schloß (jett Gefängnis) und zählt (1880) 4773
meift prot. E., welche Aderbau und Handel treiben,
aud eine Maſchinenfabrik unterhalten. P. wurde
von eingewanderten Holländern gegründet und er:
hielt 1297 Stadtrechte, — Der Kreis Preußiid:
Holland zählt auf 859,5 qkm (1880) 45345 E.
Breufifch- Mähren, die Umgegend der fchlef.
Stadt Katſcher (j. d.).
Preufifch = Sfterreichifcher Strieg von
1866, |. Deutſcher Krieg von 1866,
Preußiſchrot, joviel wie Engliſchrot (f. d.).
—— : Auififch = Franzd [de Strieg
von 1806 bi 1807, ſ. Sranzöliid- Preu:
biſch-RuſſiſcherKrieg von 1806 bis 1807.
Prevali (Prävali), Dorf in der Bezirtshaupt:
mannſchaft Böltermarkt in Kärnten (Öfterreich),
Station der Linie Marburg : Billa der Südbahn,
im Mißthal, einer rings von Höhen umgebenen
Niederung, mit (1880) 938 (Gemeinde 6042) E. und
dem größten Gijenraffinierwerk Härntens?
Preveſa, wichtigiter türl. Hafen am Joniſchen
Meer, Station der dalmatiih:albanef. Yinie der
Hoyddampfer, der griech. Grenze gegenüber, am ſich
bier verengenden und militärijch leicht zu beberr:
fchenden Eingang des tiefen, für mittlere Kriegs—
ſchiffe zugänglichen Golfs von Arta, auf einer den:
felben vom Meere fcheidenden, ſchmalen Halbinfel
und gegenüber dem durd die Seeſchlacht von
Actium (2. Sept. 31 v. Chr.) berühmt gewordenen
Vorgebirge gelegen, hat alte Mauern, einen ſichern
Hafen, deilen Zugang aber durd) eine vorgelegene
Sandbant erihwert wird, 5000 E. albanef, und
griech. Stammes, die Schiffahrt und Handel trei:
ben, und ift auf der Pandfeite von Dlivenpflanzun:
gen umgeben. In der Nähe von P. befinden ſich
die Ruinen des aus Anlaß des Siegs von Actium
durch Octavianus erbauten Nilopolis.
Prevorft, ein zur Pfarrei Gronau geböriger
Meiler im Oberamte Marbach des württemb.
Nedarkreifes, der Geburtsort einer durch Juſtinus
Kerner (f. d.) belannt gewordenen Nerventranten,
ber jog. Seherin von P. Dieje Kranke, Namens
driederile Hauffe, geb. Wanner, wurde 1801
als Tochter eines dortigen Nevierförfters geboren
und zeigte ſchon früb krankhafte Reizbarkeit und
Neigung zum Wunderbaren. Gie verbeitntete fich
1819 mit dem Förſter Hauffe und zog mit dem:
felben nah Kürnbah, einem Walddorfe an der
bad, Grenze. Bald verfiel fie bier in ein lange an:
haltendes heftiges Fieber mit geſpenſtiſchen Phan—
tasnıagorien, Es trat endlich völlige Nervenzer:
rüttung ein, und jebt 309 man Yultinus Kerner in
Meinsherg als Arzt herbei, welcher anriet, die
Preußiſchblau — Prevoft:Paradol
Kranke aus ihrem magnetiihen Zuftanbe « binan-
uführen» und mit den gemwöhnlidyen ärztlichen
titteln au behandeln. Doc die Sirante verſchlim—
merte fi — und nachdem ſie im Febr.
1826 nach Weinsberg gebracht worden, griff Kerner
zu dem Magnetismus und brachte fie in den Zu:
jtand des ſog. Somnambuligmus, Den Verlauf
diefer Behandlung erzählt Herner in der Scriit
«Die Seberin von B.» (5. Aufl., 2 Bde., Stutta.
1877). Immer böber ſich fteigernde Gfitafen führ-
ten endlid 5. Aug. 1829 den Tod der Kranken ber:
bei. Bei der Seftion fanden ſich krankhafte Ber:
änderungen in den Unterleibsdrüfen, in der Leber
und in dem Herzen. Vgl. auch Gichenmayer, «My:
fterien de3 innern Pebens, erläutert aus der Ge—
ichichte der Seherin von B.» (Tüb. 1830) und «Das
verjcjleierte Bild zu Said» (%pz. 1830).
_Prevoft d'Exiles (Ant. Francois), franz.
Schriftjteller, geb. 1. April 1697 zu Hesdin in
Artois, anfangs Mitglied des Jeſuitenordens,
darauf Soldat und nad kurzer Nüdtehr in den
Orden von neuem einem abenteuerlihen Soldaten:
(eben fi widmend, trat, unbefriedigt von feinem
weltlichen Leben, in den Orden der Benebiltiner
von St.:Maur und nahm zu St.:Germain des:
Pres an den gelehrten Arbeiten feiner Ordensbrü—
der, befonders an der Ausarbeitung der « Gallia
christiana» lebhaften Anteil. Später lebte er
fchriftftellernd in Holland und England, wurde
1735 Almofenier und Sefretär des Brinzen Conti,
mußte infolge einer litterariichen Unvorfichtigfeit
flüchten und ftarb 23. Nov. 1763 bei Chantilly.
Durch P. erlangte die engl. Litteratur Einfluß aui
die franzöfifche. Nachdem er feit 1728 in Holland
feine «Mömoires d’un homme de qualit& qui s’est
retir& du monde» (8 Bde.) herausgegeben, gründete
er nach dem Vorbild des engl. «Spectator» 1733
die Zeitjchrift «Le pour et le contre» und fchrieb
eine Reihe abenteuerreicher, künſtleriſcher Kompo—
fition entbehrender Nomane nad engl. Muiter,
zum Teil an biftor, Perjönlichteiten antnüpfend,
wie «Histoire de M. Cleveland» (6 Bbde., Utr. 1731
und öfter; deutich, 3 Bde., Ypy. 1832), «Le doyen
de Killerine» (1735), «Histoire de Marguerite
d’Anjou» (1740) u. ſ. w., unter denen der bejte und
befannteite die «Histoire du chevalier des Grieux
et de Manon Lescaut» (2 Bde., Bar. 1733 u. öfter,
deutfh von Bülow, Lpz. 1842) if. P. begann
1746 jeine «Histoire generale des ren deren
erite Bände bie Überjepung des engl. Werks «A
new general collection of voyages» von Green
(1745) enthalten, und die er bis zum 17. Bande
führte, Er überfegte außerdem Werte Richardſons,
Humes, Ciceros u. a.; eine Auswahl feiner Werte
erfchien in Paris 1783 und 18310—16 unter dem
Titel aDeuvres choisies»,
Prevoft:Baradol (Lucien Anatole), nambafter
franz. Bolititer und Schriftiteller, geb. 8. Aug. 1829
zu Paris, jtudierte an der Normalichule und erhielt
eine Brofefiur für fram. Litteratur an der Alademie
zu Wir, kehrte jedoch ſchon 1856 nah Paris zurüd
und befämpfte im «Courrier du Dimanche» heftig
da3 Napoleonifche Neigime, weshalb das Platt
unterbrüdt wurde. B. war dann ftändiger Mit:
arbeiter am «Journal des Debats» und wurde
1865 Mitglied der Franzöfifhen Akademie. Kurz
vor Ausbruch des Deutich - Franzöfiihen Kriens
von 1870 nahm P. die Stellung eines Gefandten
in Washington an und endigte fein Leben 20. Juli
Prevdt und Prevdtalgerihte — Priamus
1870 —— B.3 bedeutendſte Schriften
find: «Eitudes sur les moralistes francais» (1864),
«Du röle de la famille dans l’öducation» (1857),
«La France nouvelle» (1868), und feine Brojdüre:
et Deeos igerichte. Prevöt, d
t talgerichte. PBrevöt, d. i.
ren (vom lat praepositus, Vorge:
eh e e
bobe Bin
in Frankreich verſchiedene
Grand -prevöt de la conné-
tablie, welcher leptere Würde überdauerte, übte
mit feinen Lieutenants die Polizei in der Armee,
mit Ausnahme der fönigl. Garden, die unter einem
Prövöt des bandes ftanden, Der von Philipp V.
eingejehte Pre&vöt de P’hötel richtete in allen Polizei:
und inalfällen,, die im Bereiche des Hofs vor:
lamen, und bie jeit Karl VII. Grand-prövöt de la
France. Der Grand-prövöt de l’armde, welchen
Napoleon einführte, beſaß zugleich faſt die ga
Gewalt des alten Pr&vöt de France. Der Prevöt
de Paris. war eigentlid der Präſident des Stabt:
und Landgerichts der Vizegrafichaft Paris und als
folder, auch Kreishauptmann der Ritterſchaft und
Scirmvogt der Univerfität. Der Prövöt des mar-
chands war das Haupt der Kaufmannsforporation
und zugleich erfter Diunicipalbeamter von Paris:
er verjah im ganzen die Funktionen de3 heutigen
Maire, Außer der Hauptitabt befaß nur Lyon
einen ſolchen Prevöt. Auch die Korporation der
Bundärzte einen Brevöt; desgleichen führten
diefen Namen mehrere Vorfteher geijtlicher Stifter.
Diefe Würden find nicht zu verwechjeln mit den
Soelalgeriäsien (Cours 1renötaes" Mreadtafbfe
i prörvötales talhöfe
oder et, zn welche die außer:
ordentliche Bo ijuftiz in ben Provinzen mit ſum—
marifchem ahren handhabten. Sie wadten
über den ieden und pflogen über Landſtrei—
dr me — et 5* er
er untl ne e Juſtiz. elige und die
meijten Staatöbeamten A Geriätsbarteit
nicht unterworfen. Die Revolution machte den
Prevötalhöfen ein Ende, Napoleon I. jtellte fie
—* als Spezialgerichtshöfe wieder her. Nach
n Reſtauration wurden fie aufgehoben,
traten aber nochmals durch Geſeß vom 20. Des.
1815 zur Verfolgung polit. Verbrecher auf drei
abre wieder ins Leben. Bol. Frey, Frankreichs
ls, und Kriminalverfafjung» (Mannh. 1842);
erriöre, «Essai sur P’histoire du droit gais»
* Becher (hier; Biliom), namhafter Ro
ierry William), nambafter Phyſio⸗
log, 4. Juli 1841 in Mancheſter, befuchte die
gemein zu Duisburg und Bonn und ftubierte in
Bonn, Berlin, Heidelberg, Wien und Paris Natur:
wiſſenſchaften und Medizin, habilitierte ſich 1865 in
Vonn für Zoochemie und Zoopbyfil in der philoſophi⸗
jdhen, 1867 für Bhyfiologie auch in der mediz. Fakul⸗
tät und wurde 1869 als ord. Profeſſor der Ph fiolo:
gie nach Jena berufen. P. war der erite, welcher bie
quantitative Speltvalanalyje verwirklichte, jtellte
zuerſt den wirlſamen Beitandteil des amerik. Pfeil:
gifts, das Eurarin, rein dar, beftimmte die ren:
® der Tonwahrnehmung wandte die Grundfähe
Graßmannſchen Ausdehnungslehre auf die
an in den «Elementen ber reinen
dungslehre» (Jena 1877) und jtellte eine
bie Uriadhe bes Ehlafs, (Brutto, 1B77Y Cine mit
ie ats» (Stuttg. . Eine mit
J. — aNeije nach Island im
319
Sommer 1860» wurde von beiden befchrieben (
1862). Bon größern Werken veröffentlichte P.
außerdem: «Die Blaufäure» (Bonn 1868-70),
«Die Blutlryftalle» (Jena 1871) und « Elemente
der allgemeinen Phyfiologie, kurz und leicht faßlich
dargeitellt» (2pz. 1883), ſowie namentlich «Die
Seele des Kindes, Beobachtungen über bie geiftige
Entwidelung des Menſchen in den eriten Lebens:
Er. (2. Aufl., 2p3. — und «Spezielle
Phyſiologie des Embryo, Unterſuchungen über die
Lebenderjcheinungen vor der Geburt» (Upz. 1885).
Die beiden legtgenannten Werte find die erften
ihrer Art, P. zeigt darin die Fruchtbarkeit der
Dejcendenzlehre für Phyſiologie und Pſychologie;
den herrſchenden Anfihten über die Urzeugung tritt
er entgegen, indem er die Möglichkeit der Entftehung
von Lebendem aus Totem (Anorganifchem) ver
neint. Don feinen populären Ejiays und Vorträ:
gen erſchienen 2 Bände unter dem Titel «Natur:
wiflenfchaftlihe Thatjahen und Probleme» (Berl,
1880) und «Aus Natur: und Menichenleben» (Berl.
1885). Auch veröffentlichte P. feit, 1862 eine grobe
Anzahl von Driginalunterfuhungen, unter anderm
über die Atmung, das Blut, den Hypnotismus, die
— ‚und Tonempfindungen, in wiſſenſ
ichen Zeitſchriften, und erflärte das ſog. Gedans
fenlefen in natürlicher nei (1885).
Preysst., bei naturbijtor. Namen — 5
II, — Daniel —A— als Mar
ch und Bergmeiſter zu Prag; «Böhm. Fauna»),
eziös, j. Bretids,
riamel ilt der Name einer Art kurzer, voll3-
mäßiger gnomifcher Dichtungen, die in Deutjchland
mindejtens vom 12. Jahrh. an, wo ſich bereits beim
alten Spervogel Beijpiele finden, bis ins 16, gr.
üblich und namentlich im 14. und 15. Jahrb. jehr
beliebt war. Die eigentümliche Form dieſer Reim:
ſprüche befteht darin, dab nad der Aufführung
einer Reihe von Vorderſähen ein zu ihnen ind
ejamt gehöriger kurzgefaßter Nachſat tritt, mit
m der Spruch wie mit einer epigrammatif
Spitze ſchließt. So 3. B.: «Wenn man einen Ein:
fältigen betreugt, Und man auf einen Frommen
leugt, Und Feindichaft zwiichen Ehleuten madt:
der Dreyer Arbeit der Teufel lat»; und: «Eine
junge Maid ohne Lieb, Und ein großer Jahrmarkt
ohne Dieb, Und ein alter Jud ohne Gut, Und ein
junger Mann obne Mut, Und ein alte Scheur ohne
Mäus, Und ein alter Pelz obne Läus, Und ein
alter Bod ohne Bart: das ijt Alles wider natürlich
Art.» Der Name ift aus praeambulum, Vorberei—
tung, entjtellt. Cine Sammlung von 54 P. lieferte
Keller in «Alte gute Schwänte» (2. Aufl., Heilbronn
1876). Bol. Wendeler, «De praeambulis corumque
historia in Germania» (TI, 1, Halle 1870).
PBriamus (ar. Priamos), der Sohn des Lao—
medon und (mach Apollodor) der Strymo oder
Plafia, König von \lios oder Troja, hieß (nad
demfelben) früher Bodartes, d. i. der Schnellfühige,
und befam den andern Namen erft fpäter, als ihn,
der allein von den Söhnen des Laomedon übrig
eblieben war, feine Schweiter Hefione von Hera-
les lostaufte. Aus der Zeit vor dem Trojanifcher
Kriege, der erſt in feinem ne Alter ausbrach,
wird wenig von ihm erzählt, Nur das berichtet
Homter, daß er mit den Pbrngiern gegen die Ama-
zonen gezogen fei. Vermäblt war er nach Apollo:
or auerlt mit Ariöbe, der Tochter des Merops, bie
ihm den Uſakss gebar. Seine zweite Gemahlin
zed by Google
320
bieß Helabe (lat. Hecuba, f. d.), und von biejer
war er nad Apollodor Vater des Heltor, Paris,
Deiphobos, Helenos, Pammon, Bolites, Antiphos,
Hippenoos, Polydoros, Troilos, der Ardufa, Lao—
dite, Bolyrena und Kaſſandra. Außerdem batte er
no Kinder von andern MWeibern, nad Homer im
ganzen 50 Söhne, von denen 19 von der Helabe
waren. Am Kampfe zur Verteidigung Trojas nahm
er feines Alter wegen nicht teil. Nach den die
Beritörung Trojas — Dichtern fand er
einen Tod durch Neoptolemus am Altar des Zeus
Herleios, oder auch an der Schwelle des Palaſtes.
riapea, ſ. unter Priapos.
riapismus (grch.), der trankhaft geſteigerte
a — bei — = sfaft
riäpos, ein griech. Gott der Zeugungskra
und in put Fruchtbarkeit der Natur, unter defien
Schuß die Gärten und Weinpflanzungen, fowie
wohlbewãſſerte Wiefen und die auf denjelben weis
denden Herden ftanden. Sein Hult war befonders in
Lampſalos und einigen benadbarten Städten am
Hellespont und der ro ontis — aber auch
über Lydien und mehrere Inſeln, ſowie über Griechen⸗
land und von da nach Italien verbreitet. Nach der
ewöhnlichen Sage war P. ein Sohn des Dionys
03 und der Aphrodite (oder auch einer Nympbe);
eine andere Tradition nannte Hermes feinen Vater.
Dargeftellt wurde er gewöhnlich als bärtiger, nad)
afiat. Weife belleiveter Mann mit ——
— Zeugungsgliede, in dem aufgehobenen
churz ſeines Gewandes Baumfrüchte und Trau—
ben tragend, ein turbanähnliches Tuch oder einen
Kranz von Weinlaub ums Daun ei ben Nö:
mern, welde P. mit ihren ländlichen Zaren (f. d.)
identifizierten, wurden rohe Holzbilder des P., eine
Diype oder Keule in der Hand, ein hin und ber
wanfendes Rohr auf dem Haupte, als Bogel:
ſcheuchen in den Gärten aufgeftellt. Röm. Dichter
machten diefen Gott nicht Jelten zum Gegenſtand
Heinerer, an Wis und epigrammatljchen Aeinten,
aber aud an Unfauberleiten reicher Dichtungen
Er ea); eine beträchtliche Anzahl (82) davon
ind heiter Sie find von Sciopius (Schoppe)
und Anton befonders herausgegeben und aud) in die
——— der lat. Anthologie von Burmann und
von Meyer, ſowie in die Textausgabe des Petro—
nius von Büdheler (3. Aufl., Berl. 1882), in Müllers
«Gatull» und in Bährens’ «Poetae latini minores»
aufgenommen.i
ribislau (Pribislav, fpr. Brihibislau), Stadt
in der Bezirlshauptmannſchaft Bolna im öftl, Böh:
men, rechts an der Sazawa, iſt Station der Linie
Dien:Tetihen der Oſterreichiſchen Nordweitbahn,
Sitz eines Bezirkägeriht3 und hat (1880) 2674 E.
flaw. Zunge, Yandwirticaft, eine Stärke: und Ol:
nn. abrit und Ziegeleien. Der frühere Bergbau
auf Silber ging während der Huflitenkriege durch
Zerftörung der Gruben ein. In der nädjten Um—
gebung, bei Schönfeld, ift ein Dentmal an ber
telle, wo Ziäta ftarb.
Pribram 5 Prſchibram), königl. Berg: und
Bezirksftadt in Böhmen, ſüdweſtlich von Prag, an
der Rakonitz: Protiviner Staatsbahn, mit (1880)
11171 größtenteils jlaw. Bewohnern, ift Siß einer
Bergdireltion, die unmittelbar unter dem Han:
delöminifterium fteht, einer Bezirtshauptmann:
ſchaft und eines Bezirksgerichts und hat eine Berg:
alademie, eine niedere Bergſchule, ein Pädago:
eium und ein Ober:Realgymnafium, Die größte
Priapea — Pridard
Bedeutung hat P. durch. feinen Bergbau auf-Sil-
ber, der nicht nur der bedeutendfte in Böhmen, fon:
dern in der ganzen Monardie iſt. Er reicht ur:
fundlih bis 1330 hinauf, wurde durd)
häufig unterbrochen und gefhädigt und ift feit
nn en e Kuranteile der —
urgerſchaft ausgenommen, in ausſchließlichem
des Staats. Sein Erträgnis beläuft ſich
jährlich durchſchnittlich auf 45000 Mark feinen
Silbers. In einer — von 1 km liegt
Heiligberg, der berühmtejte Wallfahrtsort Böh—
mens, den jährlich etwa 100000 Andächtige befuchen.
Pribylowinjeln, Inſelgruppe im Berings-
meer, zum Territorium Alasla der Vereinigten
Staaten von Amerika gehörig, unter 170° weſtl. 2.
von Greenwich und etwa 57° nördl, Br., mit den
beiden Hauptinfeln St⸗Paul und St..George,
haben ee: 400 E., blaue Füchfe, Seebären
und andere Pelztiere, deren Jagd ehemals ſehr
wichtig war. Das Klima ift rauh und kalt, felbit
im Sommer berrihen dichte Nebel,
Price (Bonamy), engl. Nationalöfonom, geb.
22, Mai 1807 auf Guerniey, ftudierte in Orforb,
wurde dann Lehrer am College in Nugby und 1868
Profeſſor an der Univerfität Orford. Bon feinen
größern Schriften find zu nennen: «The principles
of currency» (Lond. 1869), «Currency and bank-
ing» (Pond, 1876, deutich von Brefeld, Berl, 1877),
«Practical political Economy» (Lond. 1878).
Prichard (James Comles), berühmter engl.
byfiolog, wurde 11. Febr. 1786 zu Roß in
erefordihire geboren, ftudierte Medizin und lieh
ſich als Arzt in Briftol nieder, wo er ji vorzugs⸗
weife der Behandlung von Geiltesfrantheiten wid⸗
mete. Go wurde er auf phyfiol. Studien geführt,
deren erjte Frucht: «Researches into the physical
history of mankind» zunächſt 1813, fpäter in ver:
mebrter .. erfdhien (3. Aufl., 5 Bde., Lond.
1838—47; deutſch von Wagner und Will, 4 Bde,
Lpz. 1840—48) und die Frage, über Einheit oder
Kai ing oe des Menſchengeſchlechts mit einem
roßen Aufwand von Gelehriamleit behandelt.
Eine fehr populär gewordene Zufammenit
—— Forſchungen über denſelben Gegenſtand
ie «Natural history of man» (Lond. 1843; 4,
mit — von Norris, Lond. 1865). Im
dem Werke « The eastern origin of the Celtic na-
tions» (Lond. 1831) legte er wichtige etbnogr. und
linguiftiiche Bemerkungen nieder, während er in
der «Analysis of Egyptian mythology » (Lond.
1819; deutf von 2. Haymann, Bonn 1837) die
vorhandenen Hilfmittel mit Umfiht bemupte,
Dabei war er eg. als mediz. Schriftiteller uner:
mübet thätig, wie feine « History of the epidemie
fever that prevailed in the years 1817—19»
(Briftol 1820), feine « Treatise on diseases of the
nervous system » (Lond. 1822), befonders aber bie
« Review of the doctrine of a vital principle, as
maintained by some writers on physiology»
(2ond. 1829), «Treatise on insanity» (Fond. 1835)
und «On the different forms of insanity in rela-
tion to jurisprudence» (CLond. —9 beweiſen.
Nachdem ihm die Univerſität er ie Doktor:
würde erteilt und die Ethnologiſche Gefellichaft
zu ihrem Präſidenten erwählt hatte, ehrte Die
gierung 1845 feine Berdienfte durch Ernennung
zum Kommijlar für Irrenhäuſer (Commissioner
of lunacy). Hierdurch veranlaßt, 309 er nad Lon⸗
don, wo er 22. Dez. 1848 ftarb, 3 bat weſentlich
Pride —
m ing der Phyfiologie und ‚a id an
n
f
einen
tellung
at er fi
eigetragen; der Biychiatrie
die Au
dauernden Namen gemadt dur
1.) Bejeiäneten ———
« d.) bezeichneten pſychiſchen Krankbeitsform.
ride oder B id e, Soviel wie Reunauge.
den, die in (üffen oder engen feidhten Fahr:
waſſern zur Bezeichnung der Fabrrinnen an deren
Seiten in den Grund geitedten Stangen,
Mir rignitz. ſkeſſel.
iel, die zwei hoͤchſten Punlle der Gebirgs⸗
gruppe, die ih an der Grenze von Oberöfterreich
und Steiermark zwiichen den Flüffen Traun und
Steyr ausbreitet und im Volle das Tote Ge:
birge genannt wird. Der große Briel (2511m)
it ein befuchter Ausfichtspuntt. Der Keine
Briel (2132 m) bietet eine beichränktere Rundficht.
Am Fuße beider Höhen ziehen fich die durch ihre
Naturfhönbeiten berühmten Thäler der nördl,
Kaltalpen, Vorder: und Hinterftoder hin.
Briel, enge Durchfahrt zwiihen zwei Sand:
bänten, t. unter Bant (geographiich).
Priene, im Altertum eine ion. Stadt in Ka—
rien Buyer Milet am latmiihen Meerbufen,
von fie fpäter da3 vom Mäander ange:
Ihwennmte Land trennte, am Abhang des Mylale:
ebirges. Sie war eine der zwölf Bundesftädte der
onier. Man bat dort bebeutende Ruinen gefun:
den, namentlid von dem Tempel der Athena 5
lias, der eine Weihinfchrift von Alerander d. Gr.
trug, die mit andern in P. gefundenen Neften von
Etulpturen ins Britifche Muſeum gebradht wurden.
Briefen —— Stadt in der Bezirlshaupt—
mannſchaft Komotau im nordweftl. Böhmen, Sta:
tion der Linien Prag⸗ Komotau⸗Eger und P.:flaa:
pe Buſchtiehrader Bahn, mit (1880) 968
n
der chi find Kohlengruben.
r
Beiegmin,t diene ſ. unter ent :
* ig Wincenz), der Begründer der neuern
Kaltwafjerkur (f. d.), geb. zu Gräfenberg im öfter,
Schleſien 5. Dit. 1799 als der Sohn eines Land:
manns, übernahm die VBewirtihaftung feines
väterlihen Gutes. Teils durch einen in der Näbe
wohnenden Dann, der oft Heinere Berwundungen
an ſich und andern durch Anwendung von kaltem
Waſſer beilte, teils durch den Erfolg diejes Ver;
fabrens an fü —— bei einer bedeutenden Ver—
wundung durch den Schlag eines Pferdes auf die
Heillraft des lalten Waſſers aufmerliam gemacht,
erteilte P. je häufig den — * der Um:
egend Ratichläge, wie fie alle übel mit kaltem
fier befämpfen follten, und erlangte durch meh:
tere — d glüdliche Erfolge diefer Methode
einen ziemlich bedeutenden Auf unter feinen Nad):
barn. Nach und nad) immer mehr um Nat ange:
gangen, bildete er fic durch die Modifitationen, in
denen er fein Mittel anwendete, fowie durch die
Erfahrungen, die er dabei fanmelte, eine Art
en nad) dem er bie bei ihm Nat Suchenden
t ndelte, lid) famen 1826 auch einige Fremde
in — arg { * an, welche längere oder
tü dafelbjt blieben, ſodaß fi) 1829 die
Zahl $ ber Babegäfte ſchon auf 49 belief. V. ftarb
28. Nov. 1851, feine Heilanftalt feinem Schwieger:
john zurüdlafiend,
Umfchlag, f. u. Bähung.
im allgemeinen die, welche von
Berufs wegen die gottesdienftlihen Handlungen
Converfations» Leriton. 13. Aufl. XIIT,
ch als Moral insanity
€., Eiſenwerlen und Sauerbrunnen, In | de
Priefter 321
vollziehen. Nach einer faft bei allen Völlern ber
heidniſchen Welt verbreiteten Anfhauung konnten
nur beftimmte Berfonen, von denen man meinte, fie
ftänden der Gottheit näher al3 andere, die religiö:
jen Ceremonien, namentlich die Opfer (f. d.), an
der Stelle der übrigen verrichten. Diefelben galten
dem Bolfe für heilig, wohl auch als mit wunder:
baren Kräften begabt und übernahmen ſonach das
Mittleramt zwiſchen Göttern und Menihen. In
den älteften Zeiten patriarhalifhen Lebens war
das Yamilien» und Stammeshaupt zugleich mit
den priefterlidhen Funktionen betraut, Später war
die priefterliche Würde mit dem Königtum verbun:
den. Sn Athen, Nom und anderwärts führte aud)
nad) der Cinfü gi der republilaniſchen Berfafs
fung der oberfte P. den königl, Titel (Zeywv Baar-
keU;, rex sacrorum), Dagegen fheint in den
deſpotiſchen Stanten des Morgenlandes das Prie:
ftertum fich früh ſchon von der königl, Würde ge:
trennt heat und neben der Madıt der Fürften
bildete fi bier ein bald durch Wahl und Beruf,
bald durd) erbliche Gefchlechtsfolge fortgepflangter,
durch höhere Weisheit ausgezeichneter geichloflener
Vriefterftand. So zeigten fich bei den Ägyptiern,
Griechen und Römern die P. auch als Ratgeber
der Negierungen und übten auf das öffentliche
Leben einen tiefgreifenden Einfluß. Ihr urfprüng:
liches Gefchäft war, aus geheimnisvollen Anzeichen
(Orakel, Bogelflug, Eingeweideichau u. f. m.) den
Willen der Götter zu erforfchen, durch fymbolifche
—— das Göttliche zur Anſchauung der
enſchen zu bringen und den nationalen Kultus
(Opfer, Gebete, Prozeſſionen u. f. w.) zu leiten.
Bei den —5— findet ſich bereits eine ausge—
bildete Theotratie. Wie anderwärts, jo rührte
auch bei den Hebräern die religiöfe Gefekgebung,
welche ſich zum großen Teil mit den Opferritualen,
n Moden: und Yahresfeiten, den eg und
Neinigkeitsvoricriften beſchäftigte, von den P.
ber und ficherte Iguen daher die religiöfe und
polit, Leitung des Volls, bis in der Folgezeit die
Schriftgelehrten ihr Anſehen in den Schatten ftell:
ten. Das jüd, Prieftertum, gefchichtlich zu Davids
Zeit aus dem Geſchlecht Hadots ervorgegangen,
t ſich erit jpät zu einer eigenen rt: entwidelt,
an deren Spibe der Hoheprielter (f. d.) ftand. In⸗
dem man die Ausübung der rieſterlichen Funltio⸗
nen an die (vermeintliche) Abjtammung von
Aaron (f. d.) nüpfte, fanten die Leviten, d. h.
die übrigen Glieder des fon. Prieſterſtammes Levi
(ber aber mit dem alten, frühzeitig untergeordneten
Stanme Levi nur den Namen gemein hat) zu
bloßen Tempeldienern herab, Die fpätere Geſeh—
gebung führte indefien nicht bloß die Ausfonde:
rung eines bejondern Priefterftannmes (Levi) und
die reihe Dotierung desfelben mit eigenen Städten
und Ländereien ſchon auf Mofe zurüd, fondern
aud) die Unterfcheivung von P. und Leviten und
das Inſtitut des Desenpeichertumd. Diejelbe Ge:
feßgebung beftimmte, daß das Prieftertum nur
vom 25. oder 30. bis zum 50. Jahre verwaltet
werden könne; doch konnte zu Davids Zeit der
Gintritt in das ——— ſchon mit dem 21.
Ybe beginnen und lebenslänglich dauern. Zur
erwaltung des Tempeldienftes und Opferlultus
waren 24 Prieſterklaſſen beſtellt; jede hatte einen
Vorfteher und war ſteis eine Woche lang im Dienit.
Bon Zehnten, Erftlingen und Opfern b ogen ſie
ihren Unterhalt. Als Kleidung trugen fie einen
21
322 -
weißen Nod, buntgewirkten Gürtel, Turban oder
ein Kopfband von Byſſos
Nach der urchriſtl. Grundanſchauung follten alle
Bläubige ein —* Prieſtergeſchlecht und Gottes
Eigentumsvoll bilden. Obwohl Jeſus ſelbſt die
prieſterlichen Ordnungen nicht antaftete, fo trat
das Prieſtertum ebenjo wie der Tempelkultus von
felbft in feiner Lehre zurüd, Doc das von alt:
teitamentlichen Anihauungen erfüllte Bewußtjein
der ältejten Chriſten konnte der Prieſteridee ſelbſt
auf die Dauer nicht entbehren. Der Brief an die
Hebräer ftellte Jejum felbjt als den wahren Hohen
Prieſter dar, welcher einmal ins Allerheiligite ein:
gegangen, durd feinen blutigen Opfertod eine
ewige Verföhnung geitiftet habe. Seit Ende bes 1.
oder Anfang des 2. Jahrh. begann eine neue chriſtl.
Prieſterſchaft oder ein eigener Klerus (ſ. d.) im
Unterſchied von den Laien nad dem Vorbilde der
altteftamentlihen Ordnungen fih zu entwideln,
Schon im 2. ya) . durften gewiſſe T1 e Hand:
lungen, wie die Feier des Heiligen Abendmahls,
nur durch die Biſchöfe und Presbyter verwaltet
werben, deren Verrichtu man immer mehr im
Lichte de3 moſaiſchen Srieftertums betrachtete.
Beſonders trug hierzu bei die gefteigerte Vorſtel⸗
lung he niet re om
8. Jahrh. die Meßopferidee, welche den priejter
a als eine —— zwiſchen Gott und
den Menſchen erſcheinen ließ. Allmählich bildete
ſich ein durch viele Grade gegliederter Klerus aus,
welcher ein großes Gepränge im Gottesdienſte wie
in der Kleidung einführte, die Gewifjen beberrfchte,
von den Laien reihe Einkünfte bezog, und bald
— auch in einen äußerlichen Tempeldienſt ver:
anf, In der kath. Kirche kommt der Name Fe
nicht allen Mleritern, fondern denjenigen zu, welche
das heil. Amt der Meſſe verwalten. Die Brie:
fterweibe (f. Ordination), welde als Sakra—
ment gilt, erfolgt durch den Biſchof. Sie beiteht
darin, daß ber Biſchof dem zu Weihenden unter
Gefängen und Gebeten die Hände auflegt, ihm die
innere Fläche der Hände, Daumen und Zeigefinger
ſalbt, die Stola, das Meßgewand und andere Zeile
der priefterlichen Kleidung überreicht und ihm die
Befugnis gibt zu allen priefterlihen Funktionen, zu
binden und zu löjen, zu fegnen, zu weihen und zu
eiligen. Die prot. Kirche hat nicht nur die Prie:
terweibe ald Satrament, fondern den ganzen Bes
griff eines beſondern Vriefteritandes verworfen
und, bie dee eines geiltlihen Prieftertums aller
Chriſten im Zufammenbang mit der Lehre von der
einigen Mitt —* Chriſti wieder hervorgezogen.
i
hre Geiftlichen find daher ‚aber t 2
i Beieher Johannes, — —
re er.
Briefterfehrift (bieratifde Schrift), f.
unter Hieroglypben.
Priefterftädte werben diejenigen 13 von 48
Levitenftädten in Baläftina (4 Mof. 35) genannt,
welche nad) Joſ. 21 den aaroniti hen Brieftern zu
Wohnungen angewiefen worden fein follen und in
den Stanımgebieten Juda, Benjamin und Simeon,
aljo rings um Jeruſalem lagen, eine ideelle Ein:
richtung, welche das Worbandenjein des Tempels
zu Jeruſalem vorausſeßt, aber wahrſcheinlich nie⸗
mals zur thatfächlihen Verwirklichung gelangte.
Een CO. mal Bi Sfr
e 0f.), eng olog, ilofopb,
Chemiter und Phyſiler, geb. 13. März 1733 a
Priefter Johannes — Prignitz
Fieldhead bei Leeds, ſtudierte Theologie und erbielt
1755 ein Predigtamt bei den Independenten in Sufs
folt. Cr wurde 1761 Profeſſor der Litteratur an
der Alademie zu Warrington und 1768 Prediger
der Socinianer in Leeds. Als Theolog jah er *
bald in Streitigleiten mit Reid, Beattie u.a. ver:
mwidelt, namentlich durch feine Schriften «Exami-
nation of the doctrine of common sense» (Lond.
1775), «Disquisition on matter and spirit» (Lond.
1777), «The doctrine of philosophical necessity
illustrated» (Vond. 1777), » History of the cor-
de of christianity» (2ond. 1782), in denen
er die Bibrationen der Gehirnnerven als die mate:
riellen Urfachen des Empfindens und Dentens dar:
ftellte, die Kirche für eine Feindin der Wahrheit er:
te u. ſ. w. Geine chem. ober fil, Arbeiten
waren «History and present state of electricity »
(Lond. 1767), «History and present state of disco-
veries relating to vision, light and colours»
(2 Bde., Lond. 1772; deutich, Lps. 1775), « Obser-
vations on different kinds of air» (Lond. 1772).
P. ging_1780 nad Birmingham als | er
einer Diſſentergemeinde. Doch jeine Schriften und
die Verdammung derjelben durch die Er
bradten ihn in —* böſen Ruf, den er durch die
«Familiar letters addressed to the inhabitants of
Birmingham in refutation of several charges»
Sl nicht zu verbeflern vermochte. Der Unmille
Pobels in Birmingham brad end:
u. derg t gegen ihn los, daß fein Haus nieber:
gebrannt wurde und er nur mit
e
retten konnte. Drei Jahre nachher ſchiffte er fich
nad Amerifa ein, wo er ſich zu Nortbumberland
in Bennfylvanien nieberließ und feine « History of
the christian church« (4 Bde. Rorthbampton 1803)
—* Er ſtarb 6. Febr. 1804. Die
dankt ihm eine Menge der wichtigften En
indbefonbere die des Saueritofis und bes er:
ftoffs. In feinen theol. Anfichten war er trog feiner
Freiſinnigleit ein Feind des Unglaubens, gegen den
er 8 in mehrern Schriften, z. B. «Institutes of
and revealed religion» (1781) kämpfte,
Seine Autobiographie ift in der von Rutt heraus:
gegebenen Sanımlung der « Theological and mis-
cellaueous works of Joseph P.» (25 Boe., Hadney
1817) enthalten; feine Narmorftatue wurde 1. Aug.
1874 in Birmingham enthüllt.
j ka a, (Priegrig) oder Bormarl hieß ders
jenige Zeil der ehemaligen Kurmarl Brandenburg,
welder von Hannover, Medlenburg, der Mittel:
mark, bem Herzogtum Magdeburg und der Alt
mark begrenzt wurde. Dieje Landſchaft hat laden,
fandigen Boden und wird an ihrer Sübweltgrenze
von ber Elbe und Havel berührt und von ben Fluſ⸗
fen Doſſe, Stepenik, Elbe und Löleniß durchfloſſen.
Die von den wend. Brizanen bewohnte B. bildete
den wi tigften Schauplak des Kriegs zwifchen den
nordſächſ. Markgrafen und den Wenden und wurde
beuticherjeits Unterfhied von ber Nordmart
(f. Altmark) die Bormark genannt. Diefer
Name wurde auch fpäter in amtlihen Grlafien
der gewöhnliche. Ohne Zweifel hat Albrecht der
Bär bei jeinem Vorbringen über die Elbe zunädit
in der P. feine Herrſchaft dauernd as Sie
blieb im Beſiß der Aslanier, wurde nad deren
Ausſterben (1320) von medienb. Fürften einge:
nommen, jedoch von Ludwig dem filtern aus dem
aufe Wittelsbach durch Bermittelung feines
chwiegervaters, bes Königs von Dänemarf, 1324
ie ver:
Prifas — Prima Plana
wieder gewonnen. Die Streitigleiten ber eriten
Hohenzollern mit Medlenburg wegen der P. wur:
den endgültig 12. April 1442 durch den Bertrag
von Wittjtod beigelegt. Als er von fur:
brandenburg 7 ie P. in fieben Kreiſe: Perle:
berg, Brigwalt, Wittjtod, Kyrik, Havelberg, Lenzen
und Plattenburg. Hauptftadt war Perleberg.
Gegenwärtig zerfällt die P. in zwei Kreiſe, die
ren (1880) auf 3346, qkm 140491 €. zäh:
en: 1) der Kreis Weitprignib, 14634 qkm
mit 72956 E., enthält die Kreisftadt Perleberg
an der Stepenig mit 7825 E. und die Städte Wit:
tenberge (9711 E.), Havelberg (7054 E.), Lenzen
(2828 E.), Wildnad (2254 E.) un le (1942 E.,
Stammfig der «Edlen Gänfe von Putli»), 2) der
Kreid Oftprignis, 1883,2 qkm mit 67535 E.,
enthält die Kreisftabt Kyrik mit 5111 E. und bie
Städte ng (6838 E.), Prißwall (6041 E.),
Meyenburg (1589 E.) und das Gut und abelige
dräuleinitift Heiligengrabe, früher ein berühm:
tes Eijtercienjer-Nonnentlofter, das 1289 geitiftet
murbe, mit 309
E.
Prikas (ruſſ.), Befehl; im moslowitiſchen Zar⸗f
tum bezeichnete man mit dieſem Worte auch die
zahlreichen Centralbehörden, welche fi zum Teil
aus ben Kanzleien des Bojarenrat3 (Bojorskaja
duma, ſ. unter Bojar) gebildet hatten und an
deren Spihe Bojaren oder Hofbeamte ftanden.
Prikasnyje, Ranzleibeamte, prikaszczik, Berwal:
ter eined Gutes, eines Dorfs, feltener einer Stadt.
eilltwig, Pfarrdorf im Großherzogtum Med:
lenburg.Strelig, am See Lieps, hat (1880) 210 E.
Die jegt im neuitreliger Mufeum befindlichen Gößen:
bilder (ſog. Prillwiger Idole) werden fajt allgemein
für unecht gehalten.
Priluki, Kreisſtadt im ruff. Gouvernement Bol:
tawa, 240 km nordweitl. von Poltawa, am Udai,
mit (1881) 13097 E., treibt Handel mit Tabal,
Getreide, Talg und Vieh.
Prim (Yuan), Graf von Reus und Marquis
de los Gajtillejos, berühmter fpan. General und
Staatsmann, geb. 6. Dez. 1814 zu Reus in Gata:
lonien, trat 1834 beim Ausbruch des Bürgerkriegs
in das Heer ber Ghriftinos und ſchwang fh raſch
zum Oberſten auf. In polit. Hinficht hielt er zu der
Partei der Progrefliften und beteiligte fich lebhaft
an der Dppofition gegen den Regenten E3partero,
Als Nov. 1842 der Aufitand in Barcelona aus:
brach, geist BP. in Verdadt der Mitfhuld, Er
ae ich der Verhaftung durch die Flucht nad)
Fanktreich, kehrte aber wieder zurüd, als ihn feine
—* ern Ab eorbeten Jr Barcelona gegen
weitere Verfolgung jhüpte, Als im nächiten & re
die Moberados und die Progreffiften fi zum
Sturze Esparteros vereinigten, f —* te neben Nar:
vaez auch P. eine hervorragende Rolle. Ende Mai
1843 erhob er in feiner Baterjtadt Neus die Fahne
des Aufftandes und warf ſich dann nad} Barcelona.
Die neue Regierung erhob ihn dafür zum General
und Grafen von Reus und ernannte ihn zum Gou:
verneur von Madrid. Die im Herbit 1843 in Bar:
celona begonnene Erhebung der radifalen Partei
ſchlug P. 1844 mit Wafjengewalt nieder, erkannte
indes, daß er nur ben Dioderados in die Hände ge:
arbeitet, und 300, fi deshalb aus dem Dienfte du
rüd, $. wurde im Dft. 1844 verhaftet, auch der
Verſchwörung und des Morbverfucdhs gegen Nar:
vaez angeklagt; doch verurteilte ihn das nn cn
gericht nur zu fechsjährigem Gefängnis und die
323
Königin begnadigte ihn 1845 vollitändig. Später
ging % als Generaltapitän nad der Inſel Bor: .
torico, erhielt aber 1848 feinen Abſchied. Seitdem
wirkte er al3 einer der peogeeifijtiihen Führer in ber
Deputiertenlammer und ward deshalb im April
1853 nad) Frankreich verwiefen, von wo er fi) Ende
1853 nad) der Türkei wandte, um den Operationen
der Donauarnee gegen die Ruſſen beizumohnen.
Nach feiner Rüdtehr nah Spanien widmete er ſich
wieder ber parlamentarijchen Thätigkeit und wurde
1858 zum Mitglied des Senats ernannt, Beim
Ausbruch des Kriegs gegen Marollo erhielt er das
Kommando einer Rejervedivilion, anderen Spiße er
im Sei bei 203:Gaftillejos 1. Jan. 1860 ſich
augzeichnete. Die Königin verlieh ihm dafür den
Titel eines Marquis de los Caftillejod. Nachdem
die fpan. Regierung durch Konvention vom 31. Dit.
1861 mit England und Frankreich eine gemeinfame
Intervention in Merito vereinbart, wurde B. mit
dem —— über das ſpan. Erpeditionslorps
betraut und landete Anfang 1862 in Veracruz.
Die Spanier und Engländer wollten jedoch den
ranz. Eroberungsplänen nicht dienen, und auf der
Ktonferenz zu Drizaba 9. April entzweiten ſich die
——— ber Verbündeten vollends. P. ent:
ſchloß ſich, — eigene Verantwortlichleit Mexilo zu
verlaſſen, und lieb feine Truppen 25. April in
Beracruz einſchiffen. Dies Verfahren ward von
der fpan. Regierung und nachträglich auch von den
Cortes gebilligt. ’
Am 13. Aug. 1864 erfolgte wegen angeblider
Zeilnahme an einer Verfhwörung die Berbannung
P.s nad) Dviedo. Er wandte fi) hierauf ins Aus:
land, erhielt aber durch königl. Delret vom 10.
Juni 1865, welches freilich nach wenigen Tagen
amtlich zurüdgenommen ward, ben Befehl, nad)
Madrid zurüdzulehren,. Am 3, Jan, 1866 gab P.
dad Zeichen zum Aufitande, mußte aber ſchon
20. Yan. über die 8* Grenze flüchten. Am
17. Febr. 1867 wurde er von der portug. Regie:
rung ausgewieſen und * nach England. Von
dort und von Brüuſſel aus leitete er einen im Som:
mer 1867 in Spanien ausbrechenden Aufitand,
welcher aber jehr bald durch O Donnell unterdrüdt
wurde. Als 17. Sept. 1868 unter ber en des
Admirals Topete die Militärrevolution in Cadiz
ausgebrochen, erſchien 19. Sept. P. daſelbſt und
erließ 20, Sept, mit Serrano, Topete und andern
verbannt geweſenen Generalen ein Manifeft über
die Ziele der Erhebung. P. erſchien 26. Sept. vor
Murcia, das fofort überging, und 308 nachdem
Serrand 28. Sept. den königl. Genera Novaliches
bei der Brüde von Alcolea geſchlagen, 7. DEt. in
Madrid ein. In der von Serrano 8, Dft. gebilde:
ten Proviſoriſchen Regierung — das
Miniſterium des Kriegs, wurde 27. Dit. von Ser:
rano zum Generallapitän der Armee ernannt,
blieb während der Regentideft Serranos Kriegs⸗
miniſter und trat als Miniſterpräſident an die
Spiße des Kabinetts. Er ſehte nad) dem Scheitern
mehrerer anderer Kandidaturen die Wahl des Her:
po Amadeus von Nofta zum König von Spanien
ur, erlag aber fhon 30. Dez. 1870 den Wun:
den, bie er von Meuchlershand 27. Dez. empfangen
hatte. (S. unter Spanien.)
ima, — —— unter Wechſel.
imagen, ſoviel wie Kaplalen.
Prima Plana, da3 nicht in Reihe und Glied
ftehende Berfonaleiner Kompagnie; man unterfchied
21*
324
früher das geſamte Kriegsperfonal liſtenmäßig in
Stäbe, Prima Plana und Gemeine. _ f
Primär (fra), urjprünglic, anfänglich; fo pri
märe Gebirge, Urgebirge, — In der
Heillunde nennt man primär ein fibel, welches
nicht erft Folge einer andern Krankheit ———
tertiär) it ondern unmittelbar aus der frant
machenden Urſache entiteht.
Primärfchulen (Ecoles primaires) heißen im
anz. und auch im belg. Schulweſen alle diejenigen
ehranftalten, welche eine allgemeine Borbildung
bezweden, fie fallen im weſentlichen mit unfern
Elementar-, Volls⸗ und Bürgerfhulen zufammen.
Yan gegenüber ftehen die Selundärjdhulen
ecoles secondaires, collöges), die unfern Gelehr:
tenfhulen (Gymnaſien —*— u. ſ. mw.) *
und zunächſt auf das Stu ium der alten Sprachen
game find, Außerdem gibt es in Frankreich
coles primaires sup@rieures, höhere Bürger: und
Realihulen, welhe auf dem Gebiete der modernen
Wiſſenſchaften und Spraden ebenfo weit über die
rimärfchulen hinausgehen, als die Gymnaſien in
rem Bildungsbereiche, ä
Primas, aud Metropolitan und Erard),
wurde in der alten Kirche der Biſchof der Haupt:
abt einer Provinz (in Afrita der am längiten ors
inierte Biſchof der Provinz) genannt. Später
warb P. der Amtstitel für die päpftl.Bilarien, Im
11. Jahrh. verfuchten die Bäpfte mit Berufung auf
die pfeuboifidoriichen Delretalen, den angefehen:
en Erzbiſchof jedes Landes zum P. und apoftoli:
hen Vilar zu erheben und iöm die übrigen unter:
uordnnen. Allein die Erzbif L erklärten ſich ent:
chieden dagegen, und fo blieb P. ein bloßer Ehren:
titel mit einigen Chrenredhten, k B. dem Vorſih
auf den Nationalkonzilien, der Königskrönung ꝛc.
J Spanien iſt P. der Erzbiſchof von Toledo, in
ngland führt der Erzbiſchof von Canterbury den
Titel P. des Reichs und der von York den von
England, in Ungarn iſt P. der Erzbiihof von
Gran (in Brefburg). Im alten Deulſchen Reiche
war P. der Erzbiſchof von Salzburg. Heute führen in
der kath. Kirche aud) die Erzbiihöfe von Tarragona,
Fi Rouen, Medeln, Venedig, Prag, Armagh,
Poſen den Titel als P. Gin jouveräner Fürjt
Primas wurde in Deutichland durch die er
bundsalte geichaffen, und es erhielt diefen Titel
der bisherige Reichslanzler Karl ge von Dal:
berg (; .). Er wurde vom Protektor des Rhein:
bundes ernannt und führte den Vorſih in der Bun:
desverfammlung zu Frankfurt a. M.
Zum Primas von ie wurde ber Erz
biichof von Gneſen durch das Konzil von ———
1416 erhoben, darauf durch das Laterankonzi
1515 zum Bertreter des Pair Nuntius, zum
legatus natus des päpftl. Stubl3 eingejeht. Als
Dt der poln. Geiftlidhleit war er der Leiter ders
elben, insbejondere — er die Synoden zu be:
rufen. In polit. Hinjicht befleidete er bei Thron:
erledigung al3 primus princeps die Würde eines
Stellvertreterd des ug als interrex, er hatte
die Landtage und den Reichstag zur Wahl eines
neuen Königs zu berufen, am Kinder felbft mit
fremden Gejandten zu verhandeln, die Stim:
men der Wähler zu ſammeln, den neugewählten
König zu proflamieren und ihn auf dem Krönung:
reihstage zu frönen, Im Senat führte er neben
dem König den Borfib. Der P. wurde anfangs
von dem Domkapitel erwählt, fpäter von dem
Primär — Primawechſel
König ernannt, durfte aber vor päpftl. Beftätigung
ein Amt nicht antreten. Der lehte P. des poln,
eichs war der Bruder des Königs Staniflam
Auguft, Michael Poniatowſti, der 1794 ftarb.
Rach 1815 hatte für Ruffiich-Kolen der Erzbiichof
von Warſchau eine Zeit lang den Titel eines P.
Bei Errihtung des Erzbistums Gneſen-Poſen
m. die Bulle De salute animarum (1821) warb
der Titel in Preußen nicht erneuert, doch ernannte
Pius IX. während des Vatikan. Konzils den Erz
biſchof Ledochowſti von neuem zum B. von Polen,
rimat. Nach kath. Lehre hat Chrijtus feine
Madtvolllommenheit auf die Apoftel in der Weife
übertragen, daß Petrus unter ihnen der erfte fein
follte und als fein Nachfolger anzufehen fei, und
daß die röm. Biihöfe als Nachfolger Petri auch
in deſſen P. fuccebiert feien. Während nun in ber
älteften Kirche ein ſolches P. nicht eriftiert bat, fo
nd doch Anfprüde auf dasfelbe jhon früh von
n Räpiten erhoben und im Mittelalter zur all
gemeinen Anerlennung und Durhbildung gebracht
worben. Danach eh! dem Papite zu: primatus
honoris, gemwifje ausſchließliche, feiner hohen Stel:
lung entiprehende Ehrenrechte, und primatus juris-
dictionis, die oberjte lirchliche Negierungsgewalt,
Bezüglich der letztern bat in der Kirche lange eine
pi geherricht (Epiſtopaliſten), die namentl
auch in der franz. Kirche (Gallitanigmus), in B
ien durch Dan Eipen, in Deutfchland durch Niko:
aus von Hontheim (Febronius) Vertretung gefun:
den hat und welde den Papft auf die zur tet
tung der lixchlichen Einheit notwendigen Herrfi ⸗
rechte beſchraͤnlen, die übrigen aber den Bifchöfen
umeifen wollte, deren im allgemeinen Konzil ſich
arjtellende Körperfchaft über dem Papſte ftebe,
Indeſſen it diefe Anfhauung durch das Batikanifche
Konzil als falſch verurteilt und damit das dem
Epijtopaliyftem entgegengejeste Papal: oder Ku:
rialſyſtem alö Lehre der kat "Rirchedefiniertiworben.
rimaten, joviel wie Affen (f. d.).
rimaticcio (Francesco), Maler, geb. 1490 zu
Bologna, erhielt feine erite Bildun Inno⸗
cenzo da Imola und hatte dann Gliulio ano
zum Lehrer. Mit mehrern neh diefes Meifters
malte er nad) deſſen Entwürfen den Palaft del Te
in Nantua aus, Im J. 1531 kam er in die Dien
des Königs Franz I. von Frankreich, der durch
” gen we ee * ——
güſſe fertigen ließ und ihn nachmals zu m
eriten Hofmaler, fowie zum Abt von PR ern
de Troyes ernannte, Unter Sranz II. erhielt er
die Oberaufficht über die königl. Gebäube, ——
um 1570. Bon ihm rühren nicht nur viele Stuc-
caturarbeiten und Freslogemãlde ber, aud) andere
Arten Malerei, 3. B. die Gmailmalerei und die
Zeppicjitiderei wurden unter feinem Einfluß ſ
vervolllommnet. Als Baumeifter en er
Grundriffe zu mehrern arditeltonifchen
3.2. ff den Grabmälern Franz’ I. und
richs U. Mehr Bam garen ihm feine fün
[chen Dekorationen des Schlofjes in Fontaine
erworben. Ihn unterftügten dabei mehrere ital,
Maler, unter welden Riccolo del Abbate der bes
rühmtefte war. P. gilt als das Haupt ber
Schule von Fontainebleau. Sein Stil verrät
Schüler Giulio Romanos, den er an Gefälligleit
und Geihmad wohl übertrifft.
Prima vista (ital.), ſ. Aprima vista,
Primawechſel, f. unter Wechſel.
— ——— |
Prime — Primordialſchlauch und Primorbialzellen
Prime (prima), die Erſte, heißt in der Muſil der
e Ton einer Oftavenreibe, Reine Brime oder
Einklang (unisonus) nennt man zwei Töne von
leicher Größe, 3. B. c, c; große oder übermäßige
$. dagegen zwei Töne berjelben Stufe von uns
glei röße, 3. eis,
Ms Brime wird Beim Buchdrud die mit der
eriten Seite eines Drudbogens anfangende und mit
Signatur und Norm verſehene Drudform bezeichnet.
el (Primula L.), Pflanzengattung aus der
Familie der Brimulaceen. Sie umfaßt jchöne pe:
tennierende Kräuter, welche meift grundjtändige,
Ianagefticlte Blätter haben und auf einem nadten,
grundftändigen Stengel (Scafte) die flah aus:
gebreiteten oder etwas becderförmigen, fünflap:
igen Blumen in der Regel in einfacher Dolde
en. Die P. find in Europa und im noͤrdl. Aſien
einheimiſch und einige ein Srüblingsfnnud der
er und Wieſen. P. elatior Ehrh., die hohe
r Schlüſſelblume, Himmelſchläſ—
fel), iſt haufig in feuchten Wäldern und auf Wie:
jen; ihr röhriger Kelch ift weißlih, grün gelantet,
mit lanzettlichen arg der Saum der hellgelben
Blumenkrone flach und die Kapfel länger als der
fie dicht umschließende Kelch. P. officinalis L, die
gemeine Brimel, wächſt auf trodenen Wiefen
und lichten Waldſtellen; ver Saum der überhängen:
ben —— goldgelben, am Schlunde mit
Fünf rötlichen —* verzierten Blume iſt vertieft,
Kelch aufgeblaſen, weißlich, mit eiförmigen zu:
geipipten Bähnen, Aus der erjten diefer beiden
ten find zahlreiche Gartenvarietäten bervorge:
angen, deren Blütenfarben die verfchiedenartigften
ancen bed Gelb, Not und Violett, fowie alle
möglihen Miſchungen derfelben darſtellen. Gigen:
tümli im diejenigen Barietäten, bei denen ber
Kelh in ber Weife der Corolle entwidelt hat,
ſoda os ganz on Blumen ineinander fteden
(engl. hose in hose), Alle Varietäten aber gedeihen
in ie mäßig friihen Boden und vorzugsweise
in balbjchattiger Lage, An Farbenvarietäten nicht
minder ausgiebig geweſen tft die in Europa auf
ügeln und in Hainen wild wachſende P. grandi-
ora Lam. (P. acaulis AI.), mit ſchwach entwidel:
tem, einblumigem Schaft und fchwefelgelben, wohl:
riehenden Blumen, Bon größerer blumiftifcher
Bedeutung it P. Auricula (S. Auritel.)
Was die genannten Arten für die Gärten, das ift
P. sinensis Lindl. für Gewächshaus und Wohn:
räume geworden. Die Blumenfärbung ihrer zahl:
teihen Spielarten bewegen fih, abgeiehen vom
in allen möglichen Nuancen von Not, wozu
noch bei —— Flecken und Streifen treten. Auch
einige Abweihungen in der Tracht und in der Be:
laubung haben fi nad) und nad) entwidelt, 3.2.
var. erecta und var. filicifolia, Am belieb-
teiten find die zur Gruppe der fimbriata (mit ge:
franften Blumen) gehörigen Spielarten. Die China:
primeln blühen ſan das ganze Jahr hindurch und
erhalten dadurch in der blütenarmen Zeit (vom
an) doppelten Wert. Länger als zwei
abre follte man feine Bflanze fonfervieren. In
haben ferner Eingang gefunden P. cor-
tusoides L., eine fibir, Art mit vielen grundftän:
digen, geftielten,, behaarten, rundlich:ovalen, ge:
bten Blättern und mit einer Dolde Heiner pur:
purroter Blüten auf hohem Schafte, mit einer An:
zahl von Farbenvarietäten; P. japonica Es., mit
einem bis 45 cm hoben, ftarfen, geraden, fteifen
Schaft, der fehr viele hellpurpurne, gelbäu
Blumen in drei bis ſechs voneinander a cenen
—— Quirlen trägt; P. nivalis ., bie
chneeprimel, mit einer reihen Dolde hellvio⸗
letter Blumen, und ihrer Abart var. turkestanica
Rgl., bie ſchönſte P. Mittelafiens, wie P. japonica
mit quirligsetagenartig geordneten, leuchtend vio«
lettblauen Blumen; P. capitata Hook., eine ſehr
robufte Himalajajpecies, mit großen länglid lan
zettförmigen, unten etwas weiß bejtäubten Blättern
und zu einem dichten, vielblütigen Kopf zufammens
gedrängten violett:rofenroten Blumen u. a. m.,
alle winterhart. Hierzu kommt nod eine große
Zahl anderer alpiner Arten, wie P. farinosa L.,
das Sennenauge, P. carniolica Jacq., P. alpina
Schleich., P. minima Z., P.marginata Curt. Mag.,
eine der ee Erſcheinungen des ganzen
Geſchlechts, P. denticulata Sm., P. scotica Hook.,
P. viscosa Jacq. u. f. w.
rimerofe, eine bläulide Modifikation des
Eoſin, f. unter Fluoreszein.
oerius (lat.), der erjte unter ben Amts⸗
genoflen, befonders der erſte Domberr eines Stifts.
di, im franz. republilanifchen Kalender
ber erfte Tag einer Delade,
Primiero (deutich 2 imör), fübtirol. Bezirls⸗
hauptmannſchaft, mit Bezirksgericht, an der ital,
Grenze, im Thale des Cismone, von Prebazzo int
—— Thale aus auf neuer Kunſtſtraße über den
ollepaß zu erreichen, mit (1880) 10 883 E.; Haupts
ort ijt Fiera oder Pieve di P. mit 655 E.
Primitien (lat.) biehen bei den Alten die Erfts
linge der Früchte, welche irgend einer Gottheit dar:
gebracht wurden,
Primitiv (lat.), urfprfingfie), uranfänglid, ur:
zuſtändlich, das Gegenteil von kultiviert.
Primitivftreifen, die erite Organanlage des
— . d.). lein junger Prieſter lieſt.
miz, in der kath. Kirche die erſte Meſſe, welche
rimfenan, Stabt im preuf. rar ge
Liegnib, Kreis Sprottau, hat (1880) 1654 E., eine
tath, und eine evang. * arrlirhe und Ziegeleien;
nabebei liegt das Schloß P., Sik der gleichnamigen
Herrichaft des Herzogs zu &cjleswig-Holflein-Sons
derburg : Nuguftenburg,, der hier ein Cifenhütten:
und Gmaillierwert, zwei Dampfichneidemühlen und
eine Stärfefabrit unterhält.
Primogenitür (lat.) oder Erftgeburt. Das
ar nee der Gritgeborenen bei der Grbfolge
(f. Erbredt und —— iſt eine ſowohl dem
röm. wie dem alten german. Recht unbekannte, mit
der Unteilbarleit der Stammgüter entitandene Erb⸗
folgeordnung, nad) welcher jedesmal der Ülteſte der
älteften Linie zur Erbfolge gelangt. Nad den Ge:
eben der P. ordnet ich jest fait in allen europ.
eihen die Thronfolge.. Im Deutichen Nleiche
ftellte — die Goldene Bulle Karls IV. 1356 die
Unteilbarleit und P. für diejenigen weltlichen Ter:
ritorien feit, auf welden die Kurwürde ruhte, und
erit jpäter wurde diefelbe auf die übrigen Lande der
Kurfürften, und zwar zuerjt 1473 im brandenb.
Die: welches dadurch uptfächlich den Grund zu
einer nahherigen Größe legte, ausgedehnt, aud
bei den andern weltlichen efüren urch be
fondere Hausgeſehe eingeführt. Val. H. Schulse,
«Das Necht der Erjtgeburt in den deutfchen Für:
ftenhäufern » (Pp3. 1851), e
Primordialſchlauch und Brimordialzellen,
ſ. unter Zelle,
326
orbialzone ift bie unterfte Abteilung ber
Gilurformation, welche die erften reichlichen ei.
einer irdiſchen Fauna, namentlih viel Trilo—
biten (f. d.) * ließt (Böhmen, England, Stan:
dinavien, Nordamerita).
Primula, |. Pri mel,
Primulacẽen — ki» Sag var
aus der Gruppe ber Ditotyledonen an kenn
gegen 250 Arten, von denen die Mehrzahl in ber
nördl. gemäßigten Zone, beſonders auf höhern Ge:
birgen wählt; nur verhältnismäßig wenige kom:
men a y ber füdl. Ha Halbkugel vor. Es find kraut:
artige Pflanzen von fehr verſchiedenem Habitus.
Die Blüten And
zwitterig und von bi one gar Po
Bau. Sie beitehen aus einem in ber Regel fünf: | e
fpaltigen Kelch, einer meijt tellerförmigen oder
glodenartigen, —— Blumenkrone, fünf
oder mehr Stau efäben und einem kugeligen ober
—* — erigen Fruchtknoten, dem ein Griffel
au ffiht. 41 eine er ge or. die
—— * (reihe Samen enthält. Viele Arten
die ie milie find ihrer fchönen Blüten wegen be:
lie ierpflanzen.
Primum mobile (lat.), das erfte Beweg⸗
liche, die Haupttriebfeder; in der alten Aftronomte
die erfte oder tägliche (fjeinbare) Bewegung des
Himmels,
Primus inter pares — der ER unter
(an Rang, Würbe ebeutung u | . mw.) Gleichen.
Primzahlen heipen ac en, die Produlte an:
derer ganzer Zahlen (mit usfähliekung ber Ein:
heit) nicht find, 3.8. 2,3, 5, 7, 11,13, 17,19. Es
gibt in der Ja (enreihe unendlich viel B.,0 geringere
Mengen berjelben in den Beute: Taufenden, ohne
ein bemerkbares Geje ihrer ufeinanderfolge.
lative P. (P. unter fich) nennt man zwei oder
mehrere ganze Zahlen dann, wenn fie feinen von
1 a gemeinfchaftlichen Faltor haben;
.
Prince: —* Island, ſ. —
Eduards-Inſel.
rince⸗ of⸗ Wales⸗Jslaud, (ul * Be
(lat.), der Erfte, Vor fommt
bei den Römern mebhrfad als Ehrentitel ober Amts:
at ge vor. Go hieß ihon zur Zeit der Ne
publi senatus der vom Cenſor im Verzeichnis
der Senatoren zuerit Aufgeführte , welcher auch bei
Abftimmungen zuerft um feine Meinung gefragt
wurde. Gewöhnlich gelangte der Ültefte unter den
zurüdgetretenen Cenforen an dieſen Ehrenplak, Dc:
tavian ward 28 v. Chr. P. senatus, und von da an
verbindet fi im Anſchluß an bie allgemeinere Be:
deutung bes Wortes mit dem Worte principatus
der Begriff einer oberiten, dem Kaifer zulommen:
den Madtvolllommenbeit, in welcher anfangs durch
mehrere aufeinander folgende Senaisbeſchlüſſe,
weiterhin auf einmal mittel® der Lex de imperio
oder vielmehr de tribunicia potestate alle Befug:
niſſe und ——— ber alten Magiſtraturen ver:
einigt waren. Seit dem Kaifer Auguftus wurde
aud) den Söhnen oder Enkeln der Kaifer der Titel
P. ıuventutis erteilt. Dabei erhielt ſich aber die
Verwendung des Titels —* außerhalb der laiſerl.
Familie, indem namentlich in ſpäterer Kaiſerzeit
die vorſtande verſchiedener Bureaus (officia) den
Titel P. führten.
Zur fränk. Zeit und in der erſten Hälfte des
Mittelalters nannte man alle geiſtlichen und welt⸗
lichen Herren Principes. Im vollendeten Feudal—⸗
Primordialzone — Principium contradictionis
— traten jedoch die Principes aus dem übrigen
— als ein beſonderer Stand heraus, den das
deutſche Wort Fürft (f. ——— ibt.
nce Regent's Julet, eerenge im arl:
Bann führt unter dem 90.° weitl. L. (von
Örcenm ) öft (ich von ber Inſel New: Somerjet
aus der Barromftraße füdlich in den —
fie wurde 1819 durch Barry ——
PBrince-Smith John), namhafter Volkswirt
und Begründer ber beutichen Freihandelspartei, geb.
+ London 20. Jan. 1809, verlebte feine Jugend in
ritiſch⸗ Guaiana , wo fein Vater Civilgouverneur
war, und fam fpäter nad Deutihland, wo er zu:
* in Elbing (in Weſtpreußen) als, Lehrer der
I. Sprache fungierte. Seit den vierziger Ja
ibmete er fi ich vollswirtſchaftlichen Studien =
—— vertiefte er ee in die Werte
Smith3 und in bie Schriften ber fpätern Dar.
cheſterſchule. Dann fiedelte er nad) Berlin über und
mwurbe bier das geijtige Haupt des een
—8 de lsvereins, zu welchem ———
ael Fe u. a. gehörten und der feine
fegung in der «Volkswirtſchaftlichen Gejellf *
and, deren langjähriger Vorſihende A war.
ttes Tode [eek er auch den Vorfik der ftänbigen
Deputatton De es ·Kongreſſes deutſ Boltswirter.
Un dieſen Stellungen, wie durch feine publizifti >
rbeiten übte er auf die Verbreitung ber
zipien des Den (j. d.) einen nachhaltigen
Einfluß. Diefe jeine Wirkfamteit fand ihre Ergän-
zung in feiner parlamentarischen Thätigkeit, in der
ſich jedoch mehr feine nationalötonomijdye Autorität
in allen Fragen der freiern wirtfhaftlihen Gefeh:
gebung als feine Rednergabe geltend machte.
—— als Vertreter der Stadt Stettin ——
em preuß. Abgeordnetenhauſe und 1871—73
den erften anbalt. Wahlkreis dem Deutſchen Rei
tage an, wo er fidy der nationalliberalen Bartei
an hloß. Er ftarb zu Berlin 3. Febr. 1874. 2.3
nationalölonomifche Arbeiten find als «Gefammelte
Schriften» von D. Michaelis und K. Braun (mebit
einer Biographie von Wolff) herausgegeben wor:
den (3 Bde., Berl. 1877—80).
Princeton, Ort im Mercer County im -_
amerif. Staate Neujerfey, an einer Zmweigbahn der
Bennfylvania:Eifenbahn, ift hübich — bat
neun Kirchen und eine Bank und zählt (1880)
3209 E. Der — erh tagte bier am
30. Juni 1788. P. ift der Sik bes Princeton:
College, welches 1746 von eu ai ge:
gründet und 1757 nad) P. verlegt wurde; 1884/85
waren 519 Studenten und 48 rofefjoren in dem
College. Die Bibliothek enthält über 60000 Bände.
Prineipato, der Name von — Provinzen des
ehemaligen Koönigreichs beider Sicilien, beide
zum Compartimento Campanien —* F
teriore iſt die jehige Fe Sa me; d. 1; $.
ulteriore bie jebige rovinz Avellino (f. d.).
Prinoipes (lat. —**x von Princeps),
ber röm. Legion anfangs die Borlämpfer; fpäter
bildeten fie das zweite reffen en Hastati
und vor den Triarii, (S. Leg
Principiis obsta ([at.), a na:
ben erften Anfängen (nämlich rſuchungen
zungen, Irrtümern, falſchen ——— u. |. @.),
wehre dich gleich bei Beginn, Eitat aus Doids
« Remedia amoris » (Vers 92).
ipium oontradiotionis, ſ. unter ®i:
berf ne
Pringsheim — Prinz-Eduards-Inſel
nael), ausgezeichneter deut:
ſchet Botaniker ifroftopiter, geb. 30. Nov.
1833 in et Landöber “ Oberſchleſien,
ftubierte in Breslau, Leipzi erlin u Baris
*ſꝛ —— * ——
ſchaften ——
nn eg (Na
in mit der
13 ———— der Achlya
— u. en 1851) und wurde 1856
auf Grund ber beiden n «Örunblinien einer
Knie her Pie ver * 1854) —
Befruchtung und Keimung der Algen und das
Se —— (Berl. 1855 pm Mitglied de
demie ber Bilent haften ernannt.
1857 begann he usgabe der «Jahr:
Ser, für wienic otanif» (Bd. 1—16
—— Fark Si 1864 nahm er einen Ruf
eſſor der nit nad) Jena an. Das von
Froliferen
1 dete Inftitut für P enphyſio⸗
Ei den en äntoh zu Kent 3 —— *
an mehrern andern Univerfitäten, auch über eu
land hinaus. Im J. 1868 gab '®. feine Kerken
in Jena wieder auf und lehrte in feine alademiſche
Stellung nad Berlin zurüd, wo er Aa ein
De ten 73 pflanzenphyfi Unter:
ir —* unterhält. Fe feinen wiffen] *
ſtungen iſt beſonders hervorzuheben ſe
Feen der Serualität bei den Wiebrigften
Gewächſen. Nicht minderes Aufjehen n bie
—ã ſenden wre ungen P.s über die Wirkung
chtes auf die Pflanze und die Bedeutung ber
einen ar für die Vegetation. Sie führten ihn
ntnis, dab die grüne Farbe der Ge:
mädea als ein den imungeeronh derjelben regu:
der Schirm dient, welder die Pflanzenwelt
Br dem —— Einfluß der bireften Sonnen:
a. Kit. Kyzyl Ada), die größte * ——
jeninfeln armaramıeer (.® Demonefi).
—— engl. Maler, peb: 14. Gebr.
1838 in Indien, lam früh nad; England und em:
ging feine Erpiebung — im —— ollear, Dr
orbereitungsſchule für Beamte im te
— Kompagnie. wandte er ſich (ok
alerei zu. Seine Gemälde find a
buch Kraft der Zeihnung und Schönheit des Kto:
lorit3. Für feine bedeutendite Leiftung gilt das im
Auftrag eines ind. Nationallomitees gemalte, jetzt
im Budinghampalaft in London befindliche Bild
des großen Durbars in Delhi, bei welchem die Kö:
nigin Bictoria als Kaiſerin von Indien proflamiert
wurde, Die zu biefem Zwed von ihm unternom:
mene Stubdienreife an die Höfe ber ind. Fürften be:
ſchrieb P. in dem Buche «Imperial India» (Lond.
1881). Im %. 1879 — er zum Aſſociate der
lönigl. Mademie FETTE
BPrinfterer ( toen van), ſ. Groenvan
Brinfterer.
be ic eye vom —** . Worte prince, Fürft,
rinceps [b .i. ber Erfte] gebildet
it) und (fr. princesse) jeiben gegen:
wärtig zunädjt die — itglieder ſou⸗
grüne Fürftenhäufer, ebenfo in Deutſchland alle
3% ſolcher ftandesherrlicher Familien, welche
eit des een NRömif — Reichs bereits den
ntitel befaßen. Der eritgeborene Prinz wird
Sirene (f. d.), in kaiferl, und — Haͤuſern
Kronprinz (j.d.) genannt. Das a te Srantreic
erteilte den Zitel Prince dem höchſten Adel ohne
Unterſchied, ftellte aber an defjen Spike die Prin:
327
zen von Öeblüt (Princes de sang royal) oder
die naten des Tönigl. Haufes.
Ebdbuarb3: ie (engl. PrinceEdward⸗
sland), norbamerit. el und feit 28, Juni 1873
rovinz des Dominion of Canada, die bereit3 mit
Groberung Canadas in die Hände der Engländer
fiel und le endlich Durch den Parifer Frieden
von 1763 von Frankreich abgetreten wurde. Die
ward am Johannistage 24. Juni 1497 von
obn und Sebajtian Gabot entdedt und von diefen
obannesinjel, Saint-Johns'JIsland,
von den Fra ofen Saint:Jean genannt, wel:
Namen 1799 zu Ehren des Herzogs von
nit t, —— —— — —*
a, mit dem gegenwärtigen vertaufchte. Sie liegt
im füdt. Zeile des St. Borenzgolfs, ift von den fon:
tinentalen Provinzen Reufgottland und Neubraun:
ſchweig durch die 15—50 km breite No s
landftraße — und umfaßt 5628 qkm mit
einer Bevölterun e gest) von 108891 E., weldye
fih auf die drei Counties Prince Queens und
Kings — — Inſel hat af durchweg fel:
fige, 6—30 m hobe, überall von ſchönen Fjorden
tief eingefchnittene Küften, feine Berge, | onbern nur
einen —— Höhenzug, ſehr N aren, ln
Getreidebau treffli —— Boden, reich
Bewãſſerung, ver — wenig ne
Sümpfe und Sandfläden, noch viel ſchönes Bau:
hol, fowie ein mildes, jeht geſundes = von ftar:
en Nebeln faft ganz freies Klima. Die Bevöl-
ferung beiteht großenteild aus Nachlommen ber
franz. Acadier, die nad) ibergabe der *
urüdblieben,, teils aus Anſiedlern aus
nd, bie feit 1770 bierher verfeht er
aus Nachtommen ameril. Royalilten und pätern
Ginwanderern aus Grofbritannien und and.
en Ureinwohner (1883 nur noch 2%) ehören zu
bem ehemals zahlreihen Stamme der Dlicmac:\jn:
bianer. Dem Belenntnis nach gehören etwa 43 Proz.
zur kath., 56 Bron. zu ber prot. (meift zur presby:
terianijchen) Kirche. Es gibt (1881) 415 Schul:
diſtrilte mit 463 Lehrern und 21601 Schülern,
—— en höhern Bildungsanſtalten, wie Brince:
les Tollege and Rormal:School und die Wes⸗
leyihe Methodiiten:Atademie in Charlottetomn,
fomwie das röm.: =. College in St.:Dunftan, weld)e
aber nur ſchwach beſucht werden. An der Spibe
ber Verwaltun jtebt ein Lieutenant :Governor
(Bizegouverneut), t vom Öeneralgouverneur von
Canada ernannt wird und einen Rat von neun
Mitgliedern als Erekutive zur Seite ftehen hat. Die
gefeßgebende Verſammlung beiteht aus einem Le:
iglative-Council von 13 Mitgliedern und einem
oufe of Afjembly von 30 Mitgliedern, der Ober:
gerichtshof (Supreme Court) aus einem Oberrichter
und drei Beifisern. Im Parlament des Dominion
ift B. durch vier Senatoren und ſechs Abgeordnete
vertreten. Die öffentlihen Einnahmen beliefen fi
1881 auf 275380 Doll.; die Ausgaben betrugen
261275 Soll, Die ange ye wird von einer
von Rorbmeften a Sübdoften laufenden Eifen:
bahn durchſchnitten, welche Charlottetomn mit
Tignifh und Georgetomn verbindet. Nah Neu
(daten, Teig rg N Quebec, Halifar J—
ofton fahren regelmäßige Dampfer, olange die
Schiffahrt (Mai bis Dezember) dauert. Den Haupt:
nahrungszwei der Bevölkerung bildet die Land:
wirtſchaft. Alle mitteleurop. Getreide: und Ge:
‚ müfearten werden gebaut Fur den Fiſchfang ift
328
die P. die befte Station in dem St. Lorenzgolf.
Die Fischerei iſt jedoch großenteils in den Händen
von Fiſchern der Vereinigten Staaten, die bier
jabeli 2—300 —12* beſchäftigen. Der Han:
beſchränlt ſich hauptjächlic auf den Umtauſch
landw ge Produkte, Bauholz, Fiiche und
fertiger Schiffe gegen brit. Manufalturwaren und
andere Konſumtionsartikel. ü
Hauptiiadt und Regierungsſiß iſt Charlotte:
Tomn in Queen’3 County, an der Hillaboroughbai
der Südfüfte, ein ganz regelmäßig angelegter, gut:
gebauter Ort mit (1881) 11485 E., breiten, recht:
winlelig fich ſchneidenden Straßen, mehrern ge:
räumigen Squares und einem vortrefflichen Hafen.
Die Stadt bat einen ſchönen mafjiven Kolonial:
Building mit den Räumen für Sikungen und Bu:
reaus der legislativen Verfammlung, der Regie:
rungöbehörden und des Obergericht3, eine Akademie,
eine Nationaljchule, eine Lateinfchule, mehrere Kir:
hen und Kapellen, ein Irrenhaus, Werfte, Eifen:
gießereien und Wollmanufafturen, Im Sept. 1881
wurde bier eine Hiftorifche Geſellſchaft gegründet.
* eninfel (Ylba do Principe), portug.
Inſel in der Bai von Biafra des Golfs von Guinea
230 km im SS®W. von Fernando Po, zählt au
151,37 qkm (1878) 2665 E., Portugiefen und Ne:
ger, hat ein gefundes Klima und führt Kaffee und
Kalao aus. —— iſt Säo:Antäo an ber
—** der Inſel mit ſicherm Hafen,
uzeninfeln, .Demoneji. :
rinzenranb (Sähfifcher) heißt die Ent:
führung der Söhne des Kurfürſten Friedrich des
Sanftmütigen von Sadfen, Ernſt und Albert,
dur den Nitter Kunz von Kaufungen (defien
Stammſitz die gleihnamige Burg bei Penig war)
aus dem Schlofje zu Altenburg. Die Prinzen foll:
ten ihm als Geijeln dienen für die Erfüllung der
—— die er an deren Vater für geleiſtete
Kriegödienfte zu haben glaubte. Zu feinem Vor:
baben verband er ſich mit Wilb. von Mofen, Wilh.
von & —* und andern dem Kurfürſten feind—
lichen Edelleuten. Ein kurfürſtl. Küchenjunge Hans
Schwalbe verriet ihm als die paſſendſte Zeit zur
Ausführung die Nacht zum 8. Juli 1455, wo Fin
i — in ipi und die meiſten Hofleute bei einem
Banlett in der Stadt waren. Mit ſeiner Hilfe ge:
langte Kunz, der dem Kurfürften am 4. Juli einen
hdebrief zugeichidt hatte, in das Schloß, deſſen
nneres er als ehemaliger Schloßhauptmann genau
annte. Nachdem fie die Zimmer der Hurfürftin und
ihrer Dienerinnen verriegelt, entführte Kunz den äl:
teſten, Emit; — des jüngern, Albert, ſoll Moſen
zuerſt deſſen Schlafgenoſſen, einen Grafen Barby,
een, Kunz aber den rechten nadgeht haben,
Auf verfchiedenen Wegen juchten die Räuber die
böhm. Grenze zu erreichen. Kunz war bereits in
die Gegend von Elterlein und Grünhain, unweit
der damals böhm. Herrihaft Schwarzenberg gelom:
men, als er abjtieg und dem Prinzen Albert, der
über Durſt Hagte, einige Beeren zu prlüden erlaubte,
Dabei foll bieler Gelegenheit gefunden haben, fich
einem Köhler zu entdeden, ber darauf mit Hilfe
anderer berbeigerufener Köhler den Nitter und feine
Gefährten gelan en genommen habe. Das darauf
bezügliche ! anitef des Kurfürſten vom 26. Juli
1455 enthält davon nichts, fondern teilt einfach mit,
daß die aufgebotenen Lehnsleute Kunzen beim Klo:
ter Grünhain gefangen genommen, Die ältejten
erichte kennen auch Leinen Namen des Köhlers;
Prinzeninfel — Prinzip
ber erfte, der ihm einen foldhen, und zwar « Bacco-
lari», gibt, ift Albinus («Bergronit», 1580); erit
Sagittarius in einem —— von 1674
nennt ihn Georg Schmidt und bezeichnet die
milie Triller als Nachlommen desjelben, und J. Vul⸗
pius fügt 1699 die ganz irrige Etymologie hinzu
«weil er Kunzen mit — Schürbaum jo weiblich
— babe». Das Gnadenlorn, welches an den
Iteften aus dem Geſchlecht der Triller ald angeb⸗
liher Nachkommen des Köhlers u > wurde,
ftammt erjt von Kurfürſt Morik ber. (Bol. Koch
«Trillerfagen», Bd. 1, Meining. 1884.) Mofen und
Schönfeld, die 10 in einer Höble bei Hartenftein
an der Mulde veritedt hatten, lieferten den Prinzen
Ernſt gegen Zufiderung ihrer Begnadigung frei-
willig aus. Kunz wurde 14. Juli zu Freiberg ent:
bauptet, bald danach aud fein Better, Dietrich
von Kaufungen, wahrfcheinlich 30. Juli zu Alten:
burg, Hans Schwalbe und drei Knechte wurden zu
Zwidau gevierteilt. Vieles in dem ganzen Hergang
it noch unaufgellärt,
Val. Schreiter, « Geſchichte des PB.» (2pz. 1804);
W. Schäfer, «Der Montag vor Stiliani u. ſ. w.»
(Dresd. 1855); J. Gersdorf, « Einige Attenjtüde
pi Geſchichte des PB.» (Enten 1855); von
raun, «Die Stadt Altenburg in den J. 1350—
— —— en 8
eſſin, ſ. unter Prinz.
Beine) nenifein ‚I. Demonefi.
Prinzeflinftener. Die Berbeiratung der Tod:
ter des Yandesherrn war im Mittelalter einer der
älle, in welden die Leiltung eines Beitrags zur
lusftattung und Mitgift feitens der —
herlömmlich war. In der Magna Charta iſt das
Necht des Königs von England auf Erhebung diejer
Abgabe für die Verheiratung der älteften ter
ausdrüdlih anerkannt; ebenjo beftand es im
deutichen Fürftentümern gewohnheitsrechtlich. Ge:
genwärtig it infolge der Zrennung des Staatöver:
Feng ir von dem landesherrlichen Haussermögen
die Ausftattung der Prinzeffinnen in ber Regel aus
dem leptern zu entnehmen und ein Anfpruch auf
eine P. nur da begründet, wo er durch einen Rechts:
fat ausdrüdlih anerlannt ift. In den meijten
deutichen Mitteljtaaten ift dies der Fall, dagegen
in Breußen nicht. j
Prinzip (principium) heißt Anfang, ein Erſtes,
Vorausjepungslofes, von einem andern nicht Ab:
— und Bedingtes. Man unterſcheidet P.
es Seins und *22 (Realprinzipien,
principia essendi oder fiendi) und Erfenntnis:
prinzipien(Ydealprinzipien, principia cog-
noscendi), indem man unter den erjtern die lehten
Urjachen deſſen, was iſt und geihieht, unter diejen
die für ſich felbjt gewiffen Ausgangspunfte des
Dentens und Griennens verfteht, die zugleich fähig
find, etwas anderes gewiß zu machen. Die Unter:
[nung der erftern führt auf die Beſtimmung des
erhältniſſes zwiſchen Urfadhen und Wirkungen,
die der lehtern auf die des Verhältniſſes zwiſchen
Gründen und Folgen. Unter den Ertenntnisprin:
zipien unterfcheidet man wieder ſolche, welche ſich
bloß auf die Form der Anordnung und innern Ber:
bindung einer Menge von Erkenntniſſen be
a Rn terueue
Inhalt der Erfenntnis abhängt Materialprin:
ipien). Dieje Unterfcheidung hat 3. B. die prot.
heologie gemacht, wenn fie fagte: dad Material:
prinziv der Dogmatik fei die Heilige Schrift, das
Prinzipal — Priscianus
Formalprinzip der Gebraud der Vernunft. Ein
anderer Unterſchied ift der zwiſchen ſolchen P., die
ſich auf die Erkenntnis deſſen, was iſt und geichiebt,
beziehen, und folden, in denen ſich eine Wertbe:
ftimmung ausſpricht. Man bezeichnet jene als theo:
retiſche, dieſe als praftiiche, und zwar deshalb, weil
der Gedanke einer ſolchen Wertbeitimmung ein Mo:
tiv für ein bejtimmtes Handeln werben fann. Im
Praltiſchen unterfcheiden fih P. von Maximen
(j. d.) dadurch, daß jene eine — und objek⸗
tive, dieſe nur eine ſubjeltive Bedeutung haben;
daher äſthetiſche P. Maximen des Künſtlers, ethiſche
P. Marimen des Individuums werden ſollen. Un:
ter dem höchſten oder abjoluten PB. wird ein ſolches
verftanden, in welchem bie Dafeinsgründe oder
Realprinzipien Pr den Erkenntnisgründen oder
Idealprinzipien g —— ihre Begründung
haben. Die Unterſuchungen über das höchſte P.
ehören zu den Gegenſtänden der Metaphynif (f. d.).
n ber gewöhnlichen Ausdrucksweiſe bezeichnet man
mit B. jeden Geſichtspunlt, von welchem aus man
irgend welche Gegenjtände erforjcht, betrachtet, be:
urteilt oder behandelt: fo fpriht man von politi:
ſchen, techniſchen P. Unter Brinzipienreiterei
verſteht man daher ſoviel wie unter Doltrinaris:
mus, ein zãhes und pedantiſches Feithalten an ge:
—* Grundſähen, ohne Berüdfichtigung der ge:
gebenen Verhältniſſe.
Prinzipal, zunächſt der jelbitändige Kaufmann
im Verhältnis zu feinen Handlungsdienern (f. un:
ter Sandlungsdiener); dann überhaupt der Be:
fiper oder Chef eines Geſchäfts im Verhältnis zum
Perſonal. [Hauptſtimmen.
Ahern ‚in ber —* Name der eigentlichen
* (lat.), die Stelle, Würde eines Prin-
ceps (f. d.), Oberherrſchaft, Vorrang.
inzmetall, ſ. Bathmetall.
Prinz von Wales * ſeit 1301 ber Kron:
Prinz von Großbritannien (j. unter Wales).
De ee Intel ſ. Pulo⸗Pinang.
rior heißt in den Klöſtern der nächſte nach dem
Abte und, wo kein Abt iſt, der Vorgeſehte des Klo:
fterd. Denjelben Rang hat in Nonnentlöftern die
Priorin. PBriorat, im allgemeinen das Amt
eines P. oder einer Briorin, hieß bei den Johan:
nitern ein Provinzialbezirk, ber wieder in mehrere
Balleien zerfiel. Priorei heißt teils das Klofter,
in welchem der P. oder die Briorin, fofern diefen
Drdensobern andere Klöfter unterworfen find, den
Siß hat; teild aber auch die Geſamtheit der ihnen
unterworjenen Klöfter. Diejenigen P., welche die
Angelegenheiten ihres Ordens leiten und eine Ge:
rihtöbarkeit in demſelben ausüben, heißen Kon:
ventualprioren; von ihnen ift der Großprior
verſchieden, nämlih das Haupt einer Abtei, zu
welder mehrere B. gehören. In ben geijtlichen
Nitterorden aber Maar nächſte nach dem Groß:
meiiter ben Namen Großprior,
rior (Matthew), engl. Dichter, geb. 21. Juli
1664, jtudierte jeit 1682 in —— und ſchloß
ſich bier an Charl. Montague, nachmaligen Grafen
Halifar, an, mit welchem gemeinſchaftlich er «The
country mouse and city mouse» (1687) verfaßte,
eine Barodie auf Drydens polemijches Gedicht
«The hind and the panther», Auf Empfehlung
be3 Grafen Dorfet wurde er dem engl. Bevollmäch:
tigten im Haag als Sefretär mitgegeben, war dann
längere Zeit Gefandtichaftäfelretär in Paris und
wurde 1701 Varlamentsglied. Im J. 1712 be:
329
Beet er Lord Bolingbrote nad) ie und blieb
ort als Gejandter bis zur Xhronbefteigung
Georgs I. Bon der nun herrſchenden Partei der
Whigs zurüdgerufen, wurde er 1715 verhaftet und
wegen Fines Anteil3 am Utrechter Frieden in An:
Hageftand verfekt. Bon der 1717 erllärten Amneftie
wurde er ausgeſchloſſen, erhielt jedoch bald nachher
feine Freiheit. Gr ſtarb 18. Sept. 1721 und wurde
in ber MWeftminfter: Abtei beerdigt. Unter feinen
Merken, weldhe von Mitford (2 Bbe,, Lond, 1835)
und von Silfillan (Edinb. 1858) herausgegeben wur:
den, find die beiden didaltischen Gedichte «Solomon,
or the vanity of the world» ernften, und « Alma,
or the progress of the soul», ſcherzhaften Inhalts,
ſowie feine poetischen Erzählungen, in welchen letz⸗
tern er am glüdlichiten war, hervorzuheben. Gr
befaß große Leichtigkeit und Anmut im Versbau,
Lebhaftigkeit und heitere Laune, verbunden mit
einer jehr gewählten Sprache, , i
Priorät und Priorei, |. unter Prior (Titel).
Priori, j. A priori.
‚Priorität (lat.) nennt man das Net, vor
einem andern zu irgend einem Vorteil, einem Anıte,
zur Befriedigung einer — zu gelangen.
Die P. iſt von beſonderer Wichtigkeit im Konlurſe,
wenn das Bermögen des Schuldners zur Bezahlung
fämtlicher Gläubiger nicht zureicht. Hier kommt e3
uvörderſt auf die Nidtigfeit der Forderungen
—— und ſodann auf die Ordnung an, in
welcher die vorhandene Maſſe unter die Gläubiger
verteilt werden foll (Priorität); diefe wurde nad
früherm gemeinen Necht im Liquidationsverfahren
ober auch in einem befondern a
verhandelt und durch gemeinſcha u fog. «Klaſ⸗
fen:, Lokations⸗ ———— » feſtgeſtellt.
In den Wiſſenſchaften und Kunſten nennt man
Priorität das Recht jemandes, als Urheber neuer
u und Entdedungen zu gelten. _
rioritätdaktien und Prioritätsobliga⸗
tionen, f. u. Altie und Altiengefellichaft.
rioritãtsurteil, ſ. unter Konturs.
ripet, rechter Nebenfluß des Dnjepr in Ruß:
land, entipringt aus Sümpfen und Heinen Seen im
Gouvernement Voldynien, fließt durch ben ſüdl.
Teil des Gouvernements Mint und mündet im
Gouvernement Kiew nad) einem Laufe von 814 km,
Gr fliegt meiſt langfam durch ungeheuere Wälder,
Sümpfe und durch par ober gar unbewohnte
Gegenden; allein für die Schiffahrt ift er von Wich—
tigkeit und ift durch Kanäle mit dem Syſtem des
Niemen und der Weichfel verbunden.
Prifchtina, Stadt im türk, Vilajet Koſſowo, an
der Bereinigung der Bäche Woluja und Stare Keta,
Station der Linie Saloniti:Mitroviga der Türlifchen
Staatsbahnen, mit 9000 E., hat 12 Moſcheen und
eine griedh..tath. Schule. Die Stadt (Prisdianum,
Pristinum, Pristina) gehörte im 14. yabrh- zu Sers
bien und fam 1455 in den Beftg der Zürfen,
Prisciauus, mit dem Beinamen Cäfarienfiß, ,
von feiner Vaterſtadt Cäfaren in Mauretanien,
der betanntefte lat. Grammatifer, ein Beitgenofie
des Caffiodor, lehrte im 6. sah, n. Chr. zu Kon:
itantinopel die lat. Sprade. Er ſchrieb unter dem
Titel «Institutiones grammaticae» das gründlichjte
und umfaſſendſte Werküber die lat. Spradein18Bü:
chern, von denen die 16erſten Bücher die einzelnen Ne:
deteile, die zwei legten «De constructione» die Wort:
fügung oder Syntar behandeln. Außerdem gibt es
von ihm noch fech® andere Leinere grammatiſche
330
Abhandlungen und zwei herametrifhe Dichtungen:
«De laude imperatoris stasiio und eine freie
Bearbeitung der «Periegesis» de3 Dionyfius Pe:
riegeted. Am beten wurden die «Institutiones
grammaticae» von Krehl (2 Bde., Lpz. 1819—20)
und Herb (2 Bde., Lpz. ——— die Heinern
grammatiihen Schriften von Lindemann (Leid.
1818) und von Heil (Lpz. 1856—60) bearbeitet.
Cine Ausgabe bes Gedichts «De laude Anastasii»
und ber «Periegesis» beforgte zulept Bährens in
den «Poetae latini minores» (BB. 6, Th 1883).
Priseillian, Stifter einer gnoſtiſchen Sefte in
Spanien, trat nad) der Mitte des 4. Jahrh. mit
er an bie Lehren des Marcion (f. d.) und der
anichäer (f. d.) erinnernden Syfteme hervor und
ewann ne Sittenftrenge und Berebfamteit felbit
ischöfe für fih. Bon einer Synode zu Saragofla
380 erlommuniziert, wußte er durch Beitechung die:
es Urteil rüdgängig zu mahen und feinen Haupt:
eind, den Biſchof Ithacius, zur Flucht zu nötigen.
ndes fand der lehtere bei dem Uſurpator Mari:
mus zu Trier Gehör und brachte es bei diefem da:
2 daf die Briscillianiften verhaftet und ihr
nführer troß feiner Appellation an Maximus 385
in Trier hingerichtet wurde, Gegen biefes erfte
Beifpiel der an einem Häretifer vollzogenen Todes: | J
ftrafe erlärte fi namentlid Martin von Tours,
fibrigens pflanzte ie. die Selte ungeadtet aller
Berfolgungen im geheimen fort. Vgl. Mander:
nad, «Geihichte des Priscillienismus» (Trier
1851); Pius Gams, ⸗Kirchengeſchichte Spaniens»
(1. Abteil., 2. Bd., Negensb. 1864).
Brife (franz.) nennt man im Seefriege ein weg:
genommenes feindliches Schiff und nad) Befinden
auch defien Ladung, oder das weggenommene
neutrale Schiff, welches Kriegscontrebande führt
oder die Blodade bricht. Den im Altertum allge:
meinen Gebraud, das Eigentum der Unterthanen
bes feindlihen Staats für herrenlos zu erflären
duldet das neuere Vollerrecht nur noch radfichtlic
des auf der See ſchwimmenden Privateigentums.
Das Geebeutereht wird in Europa gegenwärtig
nur noch durd) die von einer Kriegsmacht auöge:
rüfteten Schiffe ausgeübt, indem die europ. See:
ftaaten auf dem Parifer Kongreß von 1856 dem
Vorbehalte entiagten, auch bloßen Freibeutern (f.
Kaper) die gleiche Befugnis mitteld Mark: oder
Kaperbriefs zu erteilen. Gegenftand des Seebeute:
rechts find die feindlihen Schiffe (miewohl nicht
bloße Fifcherboote) und das darauf befindliche Pri⸗
vateigentum der feindlichen Unterthanen, Yeind:
lies Privateigentum auf neutralen oder neutrales
Eigentum auf feindlihen Schiffen, das nicht für
Kirtegdcontrebande anzujehen ijt, kann nicht mehr
für equte PB.» erklärt werben, denn der Barifer
Kongreß von 1856 bat die Säbe «Frei Schiff, frei
Gut» und «llnfrei Schiff, frei Gut» zu allgemeiner
Anerlennunggebradt. Dieweggenommenen Schiffe
oder wenigftens deren Papiere find in einen Hafen
bes Nehmeſtaats zu bringen, wo ein eigenes Pri—
ſengericht über die Frage entjcheidet, ob die Bor:
bedingungen einer rechtmäßigen Erbeutung vor:
liegen. (Bol. Seeredt.)
a et ſ. unter Priſe.
risma heißt in der Geometrie ein Raum, wel:
er von mehrern Ebenen, die mit einer Geraden
parallel find, eingefhloffen und gewöhnlich durch
zwei parallele Ebenen begrenzt wird. in breifei:
tiges P., von drei Parallelogrammen und zwei
Priscillian — Prittwitz
Dreieden b t, hat ſechs Eden und neun Kan:
ten, und he gerade, wenn die beiden Dreiede zu
den Barallelogrammen normal jte
In der Optif heißt P. ein von
durchſichtigem Material. Ein Li wird beim
Durdigang durch das P. zwei ; bie
Bredung, welde er erfährt, ift von dem Winkel
und dem Material des P. von Yncidenzwintel
und von der Farbe des Strahls abhär
ber Strahl, wenn er mehrfarbig ift, in
Wegen der unter
ausgebreitet wird. Wegen der unter gewiſſe
(wine attfindenden «totalen Hefleric
ient man fid) der P. aud) ftatt der Spiege
riemaniched Bulder Erhiehpulner, bef
e en
Körner —— rismatifch geformten und durd;
—* —— Hear find hr das für
robe Ladun werer Gefhüße r verbrei-
tet hi (S. Ge — re
D, |, Brismoid, ’
enbrille, ſ. unter Brille.
ismenkreis, |. unter Sertant,
rismenfreuz ift ein einfaches und iveß,
auf zwei redhtwinteligen Glasprismen
nftrument zum Abjteden gerader Linien
ter Winkel, eine Erfindung von Bauernfeind.
Bauernfeind, «Elemente der Vermeſſungslunde⸗
(6. Aufl., Stuttg. 1879).
—— (auch Prismatoid), ein Körper,
deſſen Orundfläden parallele, aber nicht fongruente
geradlinige Figuren von gleich vielen Seiten find.
Prifrendi oder Berferin, Hauptort des Bi-
lajets Koſſowo der europ. Türlei, an ber Resna
Marika, einem Nebenbad des albanif Drin,
auf einem wichtigen Straßentnotenpu
zählt —— — ——
und Viehzu eiben und zu faſt gleichen
[I aus Ghriften und Moslems, = auch 2
uden zuſammenſe fie ieht bi ,
Pristaw, im Ruffifhen j ie Bezeichnung
für Bolizeibeamte; czastny pristaw, Stadtteils:
aufieher; stanowoi pristaw, Diftriftsauffeher (auf
dem Yande); in ber ältern Zeit B n
GErefutivbeamte in Juftiz, Polizei, aber — —
wie Verwaltungsſachenlommiſſar.
Pritfche, hoͤlzerner Schlägel zum Glätten ber
Schmelzhüttenherde; ein Stab mit einem Griff an
einem Ende und in fournierartige dünne Blätter
der Länge nad) gefchnitten, we
dient, um damit laut ſchallende
den Harlelins
die nicht wehe thun; hölzerne — 5 — Baar
tuben, Gefängnifien x.; am Schlitten der Binter
Siömenfrei, f. u. Geradführungen.
em Kaften angebradhte Sik für den Kutſcher.
‚Bettgenmcien, ſJ. ah Schüpengefell:
aften.
ritteraal, ſ. unter Wollin.
Futieih ein altes adeliges Geſchlecht poln.
Urtprungs, das
in Schleſien Ion im 12. Jahrh.
angeſeſſen war.
voahim Bernhard von P., geb. 8.
Behr 8* Fe ——— ren. 2
ietenſcher Hujaren in der von Kunersdorf
1759 König Friedrich IL. aus den das Gefolge be:
reits hart bedrängenden Koſalen heraus, Er ftarb zu
Berlin 4. Juni 1793 als General der
—— der märliſchen Kavallerie und des
egimentes Gendarmen., ——
rihsdentmal in Berlin befindet ſich feine Statue.
u u — ————
Prigerbe — Privatklage
Karl Ernſt von P., preuß. General der N
fanterie, geb. 16. Dit. 1790, trat ſchon 1803 in die
Armee und wurbe 1806 bei Auerftäbt vermunbet.
Bei ber Berminderung des Heeres 1807 inaltiv ge:
worben, trat er 1810 wieder ein, wurbe 1812 in
den Generaljtab verfekt, nahm an ben Selbgügen
1812/15 teil und wurde 1815 Major, fpäter Adju:
tant des Prinzen Wilhelm, Abteilungächef im ®ro:
ben Generalitabe, EEE ver me mn und 1828
Kommandeur bed 1. Garderegiments zu_ Fuß.
Im %. 1835 erhielt er dad Kommando einer Garde:
‚nfanteriebrigabe und 1843, nachdem er 1836 zum
General befördert war, das der Garde-Infanterie.
Gr wurde 1844 Generallieutenant und befehligte
18. März 1848 die Truppen in Berlin, und 1849,
nad General von Wrangel, das Reichsheer in
Schleswig. Hierauf wurde er zum fommanbieren:
den General bes Garbeforps ernannt, nahm aber
bald darauf feinen Abfchied ald General der In—
fanterie und ftarb 9. Juni 1871 zu Görlis. ®. ift
der een der «Beiträge zur Geſchichte bes J.
1818» (Potsd. 1843), melde befonderd über bie
en der neuen Heereäträfte wichtige Auf:
ſchluſſe geben
Morisg Karl Ernft von B. und Gaffron,
ß. General, geb. 8. Febr. 1795, ftubdierte in
reslau, trat im Febr. 1813 bei den Bionieren ein
und ftand vom September desfelben Jahres als
Lieutenant bis Sept. 1815 in Glab, worauf feine
SEE bem Dccupationstorps in Frankreich
und bald die Ernennung zum Hauptmann erfolgte.
Im J 1818 wurde er zum Feltungsbau nad) Ho:
blenz lommandiert, 1824 Adjutant bei General von
Aiter und 1828 Feftungsbaubdireftor in Bojen. In
gleiher Stellung fam er, feit 1837 Major, 1841
nad) ber Bundesteftung Ulm, um beren Befeftigung
er ſich während eines zehnjährigen Wirlens große
Berbienjte erwarb. Auch die Wieberheritellung ber
Burg Hohenzollern geſchah unter feiner Leitung.
Er wurde 1849 Oberſt und 1851 Infpelteur zu
Berlin, 1853 Generalmajor und 1858 General:
lieutenant. Won 1851 bis 1856 war er Mitglieb
bes Haufes der Abgeorbneten für Berlin. Nach—
dem er 1860 zum zweiten Generalinjpelteur des
Ingenieurlorps ernannt worden, nahm er 1863 den
Abicieb. Cr ftarb 21. Dit. 1885 in Berlin. Aud
litterariſch bat ſich P. belannt gemadıt.
Konradfar von B..@altren, amannt on
auf Ealoß Guhla be Ninpiig‘. Kubierte Jura
au ublau bei Nimp udierte Jura
und Rameralia in Breslau und Berlin und über:
nahm nad dem Tode feines Vaters die Ritter:
güter Henneräborf und Ober:Langjeiffersdorf. Er
erwarb fid einen geachteten Namen durch feine
1875) e@ehihten (Heikenbad 1881), edieder und
«Gedichte» (Reichenbach 1881), «Lieder un
Balladen» (Reihenbad) 1882).
‚, Stabt im x ß. Regierungsbezirt
Potsdam, Kreis Weithavelland, rechts an der Havel
gelegen, hat (1880) 1734 €., Schiffahrt, Fiicherei
u
Prigwwalt, Stabt im preuß. Regierungsbezirk
Potsdam, Kreis Ditprigmiß, [ints ans Dömnip,
Station der Beigmib: iienbahn (Perleberg: Witt:
fod), Siß eines Amtögerichts, hat (1880) 6041 E.,
eine irtſchaftliche Vereinsbank, Tuchfabrilen,
brilen für landwirtſchaftliche Maſchinen, Für:
reien und Tiſchlereien mit Dampfbetrieb, Ger⸗
bereien, Ofenfabril und bedeutenden Handel mit
331
Getreide und Fettvieh. Der Drt befipt eine got.
Kirche und ein Hofpital (Beauinenftift) aus dem
13. Jahrh., fowie ein Zohanniterfrantenhaus.
Privas, Hauptitabt des franz. Depart. Ardeche
und eines Arrondiſſements, am norböftl. Abhange
der Montagne be Coirons, linls an der Dundge,
Station der Linie Livron-P. der Baris-Lyon: Mit:
telmeerbahn, hat (1881) 4203 (Gemeinde 7921) E.,
einen Gerichts- und Affifenhof, eine Normal:Pri:
märjchule, ein mineralog. Mufeum, eine Srren:
anftalt, Bergbau auf Gilen, Gary senior en
Seidenfabrilation und Handel mit —— ein,
Leder, Butter, Käfe, Raftanien und rüffeln, Die
Stadt, welde nd an ber Spihe der Ealviniften des
Vivarais gegen Ludwig XIII. erhoben hatte, wurde
1629 in Aſche gelegt und entfeftigt.
‚ Privat (lat.), das dem Öffentlichen, Gemein:
jamen, Staatlihen, Amtlihen Entgegengejebte.
rivat, f. Saint:PBrivat:la:Montagne.
rivataften, |. Nanualalten.
ivatbeichte, ſ. unter Beichte.
rivatbefferungsanftalten, f. unter Bej:
ferung, Befjerungstbeorie u. f. w.
Privatbocent, ein Gelehrter, der Vorlefungen
an einer Univerfität halten darf, aber den Titel und
Gehalt eines Brofefiord noch nicht erlangt bat.
rivatfürftenrecht, das bejondere Familien:
und Erbrecht ber ——— und ehemals
reichsſtändiſchen Geſchlechter in Deutſchland, meiſt
auf Hausgefegen (f. d.) beruhend.
vation (lat.),Beraubung; privativ, berau:
bend, ausſchließend. (S. Alpha privativum.)
Privatissimum, auf Univerhtäten ein nicht
en oder für alle, fondern nur für einen ge:
ſchloſſenen Kreis von Zuhörern gelefenes Kolleg.
Privatllage, Privatank age beibt die pro:
zeſſuale —— des ſtaatli Straf⸗
rechts, die Durchführung der Strafllage durch einen
Privaten, nicht durh eine öffentlihe Behörde
(Staatöanwaltihaft). Während das engl. Recht
unter gewiflen Umftänden Brivate zur ebung
und Verfolgung der öffentlichen Klage verpflichtet,
fennt die deutſche Strafprogebordnung eine P. nur
in fehr beihränttem Umfang: Beleidigungen näm:
lih und Nörperverlegungen können, foweit_die
Berfolgung nur auf Antrag eintritt, von dem Ber:
legten im Wege ber P. verfolgt werben, ohne daß
es einer vorgängigen Anrufung der Staatsanwalt:
ſchaft bedarf. Die P. ift aljo eine pringipale, nicht
eine jubiibiäre. Auf der andern Seite: in ben
llen, in welden P. zuläſſig, wird die öffentliche
lage von der Staatsanwaltihaft nur dann er:
hoben, wenn dies im öfjentlihen Intereſſe liegt,
worüber das Ermefien der Staatsanwaltihaft ent:
cheidet. Der Entwurf hatte eine fubfiviäre P. ein:
gem wollen in dem Sinne, daß bei Antrags:
elitten, wenn die Staatsanwaltſchaft die Berfol:
gung ablehne, der Berlepte die Klage in bie Hand
nehmen lönne. Dieje Beftimmung tft aber von der
—— — des Reichstags geſtrichen worden.
tati deſſen gibt das Geſeß dem Verlehten, wenn
ſein Antrag auf Strafverfolgung von der Staats:
anwaltſchaft zurüdgemwieien und eine Bef tde
bei ber vorgeſeten Behörde erfolglos aebli iſt,
das Recht, auf gerichtliche Entſcheidung anzutragen;
beſchließt dann das Gericht die Erhebung der Öffent:
lien Klage, fo ift die Staatsanwallſchaft ver:
pflichtet, fie durchzuführen. Bol. Strafprogehord:
nung für das Deutiche Reich, 88. 169-175. Das
332
Privatllageverfahren ift geregelt in Strafprozeb:
ordnung, 8. 414—434. (S.Nebentklage.)
rivatrecht ift im fubjeltiven Sinne jedwede
ugnis, die der Einzelne erwerben und nad
Billlür gebrauchen oder wieder aufgeben Tann.
Das P. im objeltiven Sinne, oder der Inbegriff
aller Rechtsfäge, nach welchen die einzelnen und die
zufällig unter ihnen entitehenden Beziehungen be:
urteilt werden, zieht aber, im Anſchluß an die röm.
Auffaffung, außer der Lehre vom Eigentum, den
fonjtigen Saden: und ben Forderungsrechten (Ver:
mögensreht), aud das Familienrecht in feinen
Kreis, obwohl —* unverãußerliche Güter in Frage
fommen. Obgleich die Gemeinden, der Staat und
die Kirche binfichtlih der Aufgabe, beitimmte ge:
meinnüßige Zwede zu verwirklichen, nad öffentli-
chen Recht verfahren, Is fönnen fie doch auch in
der eleichjeitigen Gigenihaft von Privatperfonen
3. B. Dar _ und flaufverträge fchließen, Yand:
güter und Grundftüde beſihen, und find deshalb
ebenfall3 nah P. zu beurteilen. Alle P. jteben
unter dem Gejee des Staats und dürfen im Falle
einer nicht anders zu erzielenden Befriedigung des
öffentlichen — durch die geſezgebende Ge:
walt abgeändert oder widerrufen werden, wobei
jedoch die Inhaber für den abzutretenden Beiis (f.
Grpropriation) in der Regel Entſchädigung zu
beanipruchen haben. :
Privaiwirtſchaft iit die von dem wirtſchaftlich
felbftändigen — auf eigene Rechnung
und Gefahr betriebene planmäßige ——
und Verwendung wirtſchaftlicher Guter zum Zwe
der Bedürfnisbefriedigung oder der Vermögens:
anfammlung. Der Gegenſaß derſelben iſt nicht die
Vollewirtichaft, die aus der Gefamtheit ber unter:
einander in Beziehungen ftehenden P. beiteht, fon:
dern die Gemeinwirtichaft (f. d.) oder die öffentliche
oder Staatsmwirtjchaft.
ivet, f. Abort,
rivigyn (Privitz), Marltfleden in Ungarn,
Komitat Neutra, am Neutrafluffe, mit 2600 G.,
meift Slowalen, die Tuchweberei und Gerberei
treiben, bat ein Piariftenklofter mit Gymnaſium.
Privileginm (lat.) it ein Gele) oder eine An:
ordnung, wodurd beitimmten Perjonen oder einer
einzelnen KHlafje von Staat3bürgern gewiſſe Son:
der: oder Vorrechte eingeräumt werden. Derglei—
hen war 5.3. im alten Feudaljtaate die Steuer:
freiheit der adeligen und geiftlihen Güter, ber Aus:
nabmegerichtsftand der Mitglieder dieſer beiden
Stände u. |. w. Diejenigen Stände, welche ber:
artige Vorrechte genießen, nennt man privile:
gierte Stände, Die Neuzeit hat viele derartige
6; als unvereinbar mit der Gerechtigfeit und
leichheit, auf welche das heutige Staatsleben ges
game fein muß, im Geſeßgebungswege bejeitigt.
eim Gewerbemweien fommt der Ausdrud P. noch
vor als gleihbedeutend mit Patent oder Konzeifton.
BeinILenlerieh Gewerbe heißt in manchen
rten ein ſolches, deſſen Beſiher von Obrigkeits
wegen die ſpezielle oder auch die ausſchließliche
Erlaubnis zur Betreibung desfelben erlangt hat.
Privy oouneil, ſ. unter Council.
Pro (lat.), für, häufig in Jufammenfekungen.
Pron oder Prau nennt man die namentlid) im
Malaiiſchen Archipel gebräuchlichen Fahrzeuge von
ſchlanker ſchmaler Form, hinten und vorn in hohe Bo:
luten auslaufend und mit einem verhältnismäßig
jehr großen Lateinfegel aus leichtem Baſttuch ver:
Privatreht — Probiergewicht
jehen, das jedoch nur bei günftigem Winde angewen⸗
det wird, während man die P. ſonſt mit Rudern fort:
bewegt. Die B. haben verſchiedene Größe, je nad):
dem he zum Fiihen, Perfonen: oder Warentrans:
ort benußt werden, von 6 bis 20 m Länge. In
he Falle find fie gededt, fonft gewöhnlich offen.
Pro aris et foois (lat.), «für Altar und häus:
lichen Herd», für Haus und Hof (kämpfen), Citat
aus Ciceros «De natura deorum» “ 40).
obabilismus (neulat.) heißt die Denkart,
welche ſich bei der Beantwortung wiſſenſchaftlicher
Fragen mit einem ——5—— oder geringern Grade
von Wahrſcheinlichkeit begnügt. Sie iſt die ge:
wöhnliche Form des Steptizismus (j. d.), wenn er
den Saß, daß es überhaupt keine ſichere Erkennt:
nis der Wahrheit, fon ern nur ug Ag
gehe, allgemein ausjpricht und zum Prinzip macht.
ie hauptſächlichſte Vertretung bat der ht. in ber
antiten Philoſophie durch die jog. mittlere Alade—
mie und deren Schulbäupter Arcefilaus und Kar:
neades gefunden. Cine fpezielle Bedeutung ei
das Wort namentlich dur die Jeſuiten für Die
Moral erhalten. Hier heißt P. die Marime, eine
Handlung ſchon für gerechtfertigt zu halten, wenn
& nur für die Güte derjelben irgend ein wahr:
cheinlicher Grund anführen läßt, ſei eg nun, daß
ber Hanbelnde ſelbſt oder ein anderer, etwa ein
angejehener Theolog, denſelben aufitellt.
obät (lat,), erprobt, bewährt; probätum
est, es ift bewährt, e3 hilft.
Probegold und Brobefilber (Standard) find
bie den geſetzlichen Vorichriften des Gold: und
Silberwarenhandeld entipredhenden Legierungen
der Edelmetalle,
obefanf, f. unter Kauf.
oben (Praben, auch Brona, magyar.
Pröna, flaw, Provna), zwei Ortichaften in Un:
garn, Komitat Neutra , nämlih Deutfhproben
und Kleinproben. Der erftere Marltfleden mit
faft ſtädtiſchem Ausfehen hat faft 3000 rein deutſche
E., die zu den fog. Kriderhajern (ſ. d.) gehören.
Der Ort reiht in feinem Beltande weit zurüd; er
erhielt ſchon von König Ladislaus dem Kumanier
(1272—%) Stabtprivilegien, die 1293 erneuert
mwurben, Deutjchproben war der Mittel: und Aus:
angapunft der umliegenden deutſchen Häueran:
Tebelungen, die aber jet meiſt jlowalifiert find,
obieren, f. unter Probierkunft.
obiergetwicht heißen diejenigen Teilgrößen
bes Gold: und Silbergewicht3, deren man ſich zur
inheitsbeftimmung, d. 5. zur Beitimmung des
bältnifies bedient, in welchem der Edelmetall:
inhalt einer Metallmifhung zum Geſamtgewicht
derſelben (in welhem das Feingewicht zum Rau
gewicht) ftebt. Dieſe Teilgrößen bilden mandmal
eine beiondere, d. h. von der beim Wägen üblichen
verſchiedene Abſtufung; 3.8. die Feinheitsbeſtim⸗
— des Kr Hi — au Vierundzwan⸗
zigſteln, we er faſt allgemein verbreitet
war. In ar und mehrern benachbarten
Ländern hatte man bis in die neuefte Zeit ala Ein:
beit des Edelmetallgewichts die Mark (f. d.), bie
man ala P. beim Golde in 24 Karat zu 12 Grän,
beim Silber aber (wie beim Wägen der Metalle)
in 16 Lot zu 18 Grän, aljo zur Beitimmung ber
ze bei beiden Metallen in 288 Grän teilte,
r d B. eine Miihung von Gold und Kupfer
ein Gerät, eine Goldmünze oder aud ein Gold⸗
rren) %, fein, d. b. enthielt fie %, ihres Gewichts
Probierhahn — Probus (röm. Kaifer)
an Gold und Y, an Kupfer, fo bezeichnete man fie
als 18 Karat fein oder 18larätig, indem dann in
jeder Mark oder in jeden 24 Karat der Mifchung
18 Karat Gold enthalten waren; dagegen nannte
man eine %, feine Silbermifhung 12 Lot fein oder
12lötig. Die Bezeichnungen «Karat», «Lot» u. |. w.
als fogenanntes - find alfo nichts anderes, als
befondere Namen für einen Bruchnenner, da Karat
Vierundzwanzigftel, Lot Sechzehntel, Grän Zwei:
ernährt u.f. w. bedeutet. (S.X ot.)
In den meiften europ. und amerit. Staaten brüdt
man Are wenigſtens beim Münzmwefen (in
Zeus and feit 1858) die Feinheit in Taufendteilen
der Miſchung (frz. milliemes, ital. millesimi, fpan.
milesimos, — duizendste deelen, engl, thou-
sands) aus, fodaß eine Gold: und Silberware,
welche %, feines Metall enthält (18 Karat, 12 Lot),
ala 750 Taufendteile fein bezeichnet wird und die
Benennung P. hierbei keinen Sinn mehr hat. In
Großbritannien und Irland wird zur Per
beitimmung das Troypfund beim Golde in 24 Ca:
rats zu 4 Grains, beim Silber in 12 Dunces
(Ungen) zu 20 Pennyweights Cejenniggewicht) e⸗
teilt und ſtets nur angegeben, wie viel eine Gold-
oder Silberware befjer oder geringer an Fein:
beit ift als brit. Münzgold (standard gold) von
Y,, oder 2 Karat fein, bejiehungsweife Münz-
filber (standard silver) von ?’/,, oder 11’/;, Unzen
(= 222 dwts. Kefenniggemiät] fein, indem i B
ein mit 8 gre- . (d. 1. 3 grains worse, 3 Grän
ſchlechter) bezeichnetes Gold 3 Grän geringhaltiger
als jenes Muͤnzgold ift, ein mit 10 dwts. M. oder B.
(d. 1. 10 —— more [mehr] oder better
[beifer]) ezeichnetes Silber aber ein ſolches be:
eutet, das 10 Pennyweights feiner ift als Münz:
filber. In Rußland heiht die Feinheit ——
ie wird dort in den beim Wägen üblichen Abſtu—
ngen des Pfundes ausgedrüdt, (S. Pfund und
ünze, Bd. XI, ©. 91.) ,
obierhahn, bei Dampftefleln ein Organ zur
ennung des Waflerftandes. j
Probierkunft (Dotimafie) iſt derjenige Teil
der analytiichen Chemie, welder die Berfahren
lehrt, nach denen Erze, Hüttenprodufte und Legie:
rungen zur Ermittelung ihres Gehalts und Mertes
Einlöfung, Kaufsprobe) oder zur Kontrolle ihrer
üttung und ——6 Betriebs⸗Kontroll⸗
probe) unterfucht werden. Die zu unterſuchende
ubjtanz wird als Brobiergut, die behufs Prü:
fung vorzunehmender Arbeiten als Probieren,
der Hüttenmann, welcher mit —————
en betraut ift, ald Brobierer oder Wardein
net. Das Probieren geichah früher falt nur
auf trodenem Wege (Probieren in der Muffel, vor
dem ng) der Neuzeit kommt das Probieren
en ege mehr und mehr zur Geltung.
Probieren auf trodenem Wege
Fr dur Schmelzen mit — Bu:
en, mit oder ohne Mitwirkung des Sauer:
fi8 der Luft, die fremden Beimengungen zu ent:
ernen und das vorhandene Metall in reinen, wäg:
Buftand überzuführen. Beim Probieren
Fr najjem Par werben die Materialien durch
ungsmittel, Säuren, —— entweder ganz in
flüffigen zn verfeht oder das Metall aus be:
eftein in ogen, um dann nad) ben
eln der dem. Ana te a8 vorhandene Metall
oder in ge von
fo enau be:
fannter Zuſammenſetzung abzuiheiden.
uf trode:
333
nem Wege läßt fi 3. B. Werkblei auf feinen Sil:
bergehalt prüfen. Das gewogene Material wird in
einer aus poröfem Material, ſchwach angefeuchteten
rege in einer Form re didwandigen
Scale, Kapelle, in einer jtark glühenden Muffel
bei Luftzutritt anhaltend geſchmolzen. Durch den
Sauerftoff der Luft werden bier alle ebeln Teile,
mit Ausnahme des Silbers, in Oxyde verwandelt,
und von dieſen befist da8 geihmolzene Bleioryd
ein großes Löjungsvermögen für alle übrigen
DOryde. Die geihmolzene Maffe der Oryde wird von
der poröfen Kapelle aufgefogen,, während zuleht
ein bellglänzendes Silberforn zurüdbleibt, welches
zur Wägung kommt. Die Prüfung auf naſſem
Wege wird unter anderm bei ber Prüfung des zu
Münzen zu verarbeitenden Silbers angewandt.
Hier wird die eingemwogene Silberfupferlegierung
in —— gelöft, und fo lange mit einer
Kochſa ien von genau befanntem Gehalt und
einem abgeräß, Bürette, verfeht, bis der lebte
Tropfen keine Abſcheidung von unlöslihem Chlor:
filber mehr bervorbringt. Da der Wirlungswert
der Kochſalzloͤſung genau befannt ift, und da außer:
dem die Größe des Verbrauds —* Löfung er:
mittelt ift, je läßt fi aus diefen beiden Daten der
—— t leicht ableiten. Endlich iſt das Pro—
bieren des Goldes eine Kombination der trodenen
und naflen Methode. Das zu prüfende Gold wird
mit einer durch Erfahrung (gelte Menge von
Silber und mit Blei gemiſcht auf der Kapelle ab:
getrieben, wie beim Werkblei. Es bleibt dabei ein
aus Gold und Silber beftehender Kern zurüd, wel:
der zu Blech ausgewalzt wirb, worauf die aus
letzterm gebildete Holle mit Salpeterfäure gelocht
wird, um alles Silber zu löfen. Die dabei zurüd:
bleibende Golbrolle wird mit Waſſer gewaſchen,
bis alles Lösliche entfernt ift, darauf auf einer
reinen Kapelle ausgeglüht und endlich gewogen.
Probierftein nennt man den bei der Gold:
probe (f. d.) verwendeten Kiefelichiefer; mit Pro:
biernabdel bezeichnet man die hierbei benusten
Nadeln von befanntem Goldgehalt.
—2 (lat.), ** enheit.
roblem (grch.), eine Lufpabe, beren Löfung
noch nicht gelungen I roblematifc, ein P.
bildend, noch unentſchieden, fraglich; ein Urteil
beißt problematiih, wenn es, mit dem entgegen:
gefekten Urteil verglichen, ebenfo möglich iſt als
das lehtere felbft; dem problematifchen Urteile it
das apodiltiſche entgegengefebt, durch welches die
entgegengefehten Urteile als unmöglihe ausge:
ſchloſſen werden. ,
— — (grch.), Vers von einer kurzen und
vier langen Silben (> ,
Probftheida, Pfarrdorf in der ſächſ. Kreis:
und Amts auptmannſchaft Leipzig, 5 km ſüdöſt⸗
lich von Leipzig, mit Ge 1060 E. und Runit:
gärtnerei, während der Völterfchlacht bei Leipzig
18. Oft. 1813 Mittelpunft der franz. Stellung.
(Val. Bd. X, S. 937° und 938*,) j
robus (Marcus Aurelius), einer ber tüchtig:
ften röm. Kaiſer, geb. 1. 232 h Sirmiun
e
in Pannonien, wurde al exbefehlshaber im
Drient nad dem Tode des Kaiſers Tacitus (im
April 276) von feinen Truppen zu Emefa als Kaiſer
aufgeftellt, gegen des Tacitus Bruder Ylorian,
der in Pontus | eigene Hand den Purpur ge:
nommen hatte, Florian wurde aber im Juli 276
zu Tarſos von feinen eigenen Leuten getötet. P.,
334
am 3. Aug. durch den Senat anerlannt, ſah fein
Streben, bie Grenzen des Reichs gegen die Bar:
baren aller Stämme zu jhüsen, von glücklichem
Erfolg — Er trieb 277 die Franken, Bur:
gunder, Alamannen und Banbalen, bie in Gallien
eingefallen waren, zurüd und erneuerte den Grenz:
wall, der zwiihen der Donau und dem Main das
fog. römiſche Zehntland von Germanien ſchied.
Gleiche Sorge trug er 278 für die Sübbonaulän-
der, für Ügypten, in das die nubiſchen Blemmyer
eingefallen waren, und für den Orient, wo er die
räuberifchen Jſaurier bezwang und einen vorteil:
haften Frieden mit ben be oB;,
pörer Saturninus in Ägypten, jowie die Gegen:
faifer Broculus und Bonojus in Gallien übermand
er ohne Mühe (279 und 280). Um ben verödeten
Grenzprovinzen Bevöllerung zu ſchaffen, fiebelte
er 279 in Möften und Thrazien grobe Maſſen von
Barbaren an, die damals noch leicht romanifiert
wurden. Bejondere Sorge trug er für bie Kultur
des Bodens. Daher hob er das alte, den alleini:
gen Vorteil Italiens bezwedende Verbot, in ben
trangalpinifhen Ländern Ölbäume und Heben &
pflanzen, auf und gab dadurch den Anlaß zum Öl:
bau in der Provence und zum Weinbau in Gallien,
am Rhein und in Bannonien. Die Strenge, mit
welcher er bie Soldaten zu nüglichen Arbeiten bie:
fer Art nötigte, rief eine Meuterei hervor, in
welcher er im Sept. oder Dit. 282 bei Sirmium
erſchlagen wurde.
Probus (Marcus Valerius), belannter lat.
Grammatiker, war aus Berytus In an lien ge:
bürtig und lebte im 1. Jahrh. n. Chr. in Rom
unter Nero bis in bie Yeiten Domitiand. Gr
machte ſich durch kritifche Behandlung röm. Dichter
verdient. Grhalten iſt unter feinem Namen ein
Kommentar zu Virgils «Bucolica» und ——
deſſen Kern von ihm berrühren wird (am beiten
herausg. von Keil, Halle 1848), und ein Auszug
aus feiner Schrift «De notis», der die in der Rechts:
ſprache gebräudlihen Abkürzungen enthält (am
beiten heraudg. von Mommſen in Keils «Gramma-
tici latini», Bd, 4, 2pz. 1862—64). Die den Ramen
des P. tragende «Ars vaticana» rührt von einem
Grammatiker des 4. Jahrh. ber. Die —* Ausgabe
lieferte Keil in «Grammatici latini» (Bd. 4).
Proo., Abkürzung für Prozent, Profonful,
Prokura.
Procaccini, ital. Rünftlerfamilie aus Bologna.
Grcöle P. geb. 1520 dafelbit, wurbe das
Haupt einer Da rſchule, welche fih in Mailand
bildete, nad ähnlihen Grundſähen, wie die ber
Garacci zu i
u Bologna, aber mit geringerm Erfolg.
Seine mittelmäßigen Werte Selen fih zu Bo:
logna und Parma. Er ftarb nad) 1590.
— 9* Sohn und Schüler des vorigen,
geb. 1546 zu Bologna, geft. 1625 zu Mailand, war
er hervorragendſie Künftler diefer Schule, Cr
hat mit Nutzen bie Schule der Caracci ftudiert und
befonder3 Correggio und Barmeggianino zu Bor:
bildern erwählt. Seine leichte Auffafiung verlei:
tete ihn nicht felten zur Zlüchtigleit und zum Ber:
nachl Tipen der Raturwahrbeit. Bejonders auf:
—5 iſt ſein unwahr roſtfarbener Fleiſchton.
ern Arbeiten rg fih in den Kirchen
und ber Galerie zu Mailand. Auch in Bologna,
avenna, Bavia, fowie in ben Galerien zu Wien,
Dresden, Münden u. f. w. find Bilder von ihm,
wie er denn überhaupt fehr produktiv war. Es
rſern ſchloß; den Em | f
Probus (lat. Grammatiker) — Procter
gibt auch fünf von ihm radierte Blätter, die leicht
und geiitreic behandelt find.
Giulio Cefäre P., der Bruder des vorigen,
geb: in Bologna um 1560, geit. um 1626 zu Mais
nd, ftrebte ebenfalls der Schule der Caracci, aber
auch Correggio nad, deſſen Weile er, ohne die
Grazie und Darmonie feines Vorbildes zu erreichen,
mandmal glüdlid traf, jodaß feine Werte oft für
die des Correggio ausgegeben wurden. Nament:
li war das bei Stabinettäbildern der Fall.
, Procambium nennt man in ber Botanik bie:
jenigen Gambiumpartien, bie in den jungen Stamm:
pigen in Form von Strängen auftreten und noch
feine weitere ——— in beſtimmte Gewebe⸗
elemente zeigen. (Bol. Cambium.)
Brocedieren (lat.), vorgeben, zu Werte geben;
Procedur, — Rechtsgang.
Prooellaria (lat.), Sturmvogel,
Procent, |. Prozent.
‚ Procöres (lat.), die Vornehmiten, Ebelften;
in Spanien die Mitglieder der Erjten Kammer,
oceR, ſ. Prozeß.
oceflion, ſ. Brozeffion.
:ocida (Prochyta bei den Alten), eine Heine,
um reife Bozzuoli der ital, Provinz Neapel ge:
örige Inſel von 9 km Umfang, im Golf von
Neapel, zwiihen der Inſel Ischia und dem Miie:
niſchen Borgebirge, iſt überall fruchtbar und bildet
leichſam einen Wein: und Gemüfegarten. Die
dent .. Bewohner beläuft fi) (1881) auf 14247,
iefelben find als ausdauernde und mutige Schiffer
betannt, treiben an der Küjte einträglichen Thun:
SH und an der afrif, Hüfte Korallenfiſcherei.
Mittelalter gehörte die Inſel dem befannten
obann von PBrocida, dem Hauptanitifter der
iciliihen Beiper. Das am Meeresufer liegende
Städten Procida hat einigen Handel, einen
Hafen und ein Kaſtell, jest Strafanitalt.
Pro oopia (lat.), für die Abjchrift.
Procter (Bryan Waller), engl. Dichter, be:
fannter unter feinem Schriftitellernamen Barr
Gornmwall, geb. 1788 in London, widmete fü
ber jurift. Laufbahn, praktizierte als Advolat und
war dann längere Zeit Kommiſſar für die Bermal:
tung der Srrenanitalten, welches Amt er 1860
niederlegte. Gr ftarb 4. Oft. 1874 in London, Als
Dichter trat P. zuerft 1815 mit «Dramatic scenes»
auf, durch meld er eine natürlichere Redeweiſe in
die dramatifche itteratur einzuführen ftrebte; 1820
folgte «Marcian Colonna, an Italian tale», 1821
ging fein Traueripiel «Mirandola» mit glängendem
Grfolg über die Bühne von Covent-Garden. Bon
—— 1831 erſchienenen «English songs» (neueſte
ufl., Lond. 1853) find mande, wie 3.8. «The
sea», voltätümlich geworden. PB. bat — dich⸗
teriſchen Stil nad den Dichtern aus Eliſabeths
Beit gebildet; feine kleinern Iyrifhen Gedichte find
meift vortrefflich. Auch gab er 1837 das Leben von
Edmund Kean F Bde.) heraus, 1838 ein «Memoir
of the life and writings of Ben Jonson» vor der
Ausgabe diefes Dichters in Einem Bande (Lond,
1838) und einen «Essay upon the genius of Shak-
speare» vor deilen Werten (3 Be., Lond. 1843),
wie eine Biographie feines Freundes tles
mb (Lond. 1866). Cine Sammlung einer « ys
and tales in prose» erſchien 1852 in zwei Bänden.
Adelaide Anne P., Tochter des vorigen, geb.
Dit. 1825, gehörte zu beliebteiten engl.
80.
Dichterinnen, ftarb aber ſchon 2. Febr. 1864, Bon
Proctitis — Produftivgenofjenfhaften
ihren Gedichten find «Legends and lyrics» (2 Bde.,
Lond. 185860; neue Aufl. 1865) und ihre Bei:
träge zu dem 1861 unter dem Titel «Victoria Re-
gia» egebenen Sammelwerfe zu erwähnen.
‚1. Maftvdarmentzündung.
an be (engl., vom lat, procurator), Anwalt;
* — Brforb und — Titel
von i) mit polizeilichen gniffen ausge:
— Beamten.
Procul a Jove, prooul a fulmine, lat.
Spridwort: «Fern vom iter, fern vom —
ſoll den Vorzug niederer Stellung vor den gefahr⸗
en bezeichnen; auch foviel wie «Meit
vorm ”
negotiis (lat.), fern von den Ge:
fhäften. (S. unter Beatus.
Pro oura (lat.), ſ. Brotura
ou ern, f. u. Hund (Sternbilder).
—8 rufl.), en. in der ältern Zeit
Strafgeld, 3 r Tö und ſchwere Ver:
ftümmelung wurde bie Hira (Wergeld) von 80,
r alle andern Berlekungen
Ibfreien oder Stlaven P.
von 12 Grimny und weniger. ,
8, f. unter Dataria.
ätderflärung (lat., von prodigus,
d. chwender), der im Entmündigungsver:
GE Eee ges )erlafjene Richterfpruch,
m chwender erflärt (Ent:
3. wirft nach der Deut:
mit ber Zuſtellu der⸗
big:
entsicht dem Entmündigten die
feit, ohne vormundſchaftliche Genehmigung I
‚se
zu
ober etwas zu ver die
igteit, zu teſtieren. fte und andere
Geſchäfte, auch Eheſchließung,
lann er en ou jelbftändig vornehmen.
um, j. Omen,
domo, |. unter Oratio.
Prodrom (grch.), Vorläufer, Vorrede; Pro:
dromalſymptome, die dem Ausbruch der
Krankheit vo den Symptome.
net, j. Bhyiiofratismus,
I bezeichnet den Handel mit
nn r (Landesprodulten), in Deutſch⸗
land ih den Handel mit Erjeugnifien der
Landwi er > B. Getreide, ülfenfrü ten,
Kartoffeln, (fat, Spiritus, Sämereien u. f. w.
Diefer Handel ift im 19. Jahrh. von großer Wich⸗
tigfeit geworben und bat an vielen Orten bes Sn:
landes, namentlih an den Erportpläken der See:
füften, eigene Börfen, Mäller und Kursberichte.
Zugleich aber ift auch die internationale Kontur:
venz, beſonders die der überfeeifchen Länder, zu
ichen Entwidelung gelangt. Da | ®
—— = —* ie ern g kart
chwanlen, fo ie on i ‚ei
große Rolle. Shre Wirkung ift j we =
tigen enge rn ge weſentlich eine preis⸗
re und fomit eine Ft, (S. Ge:
tre et
nennt man die Erzeugung von
335
bringung und Bermehrung von Taufchwert pa:
tallel, wenn es aud) vortommt, daß Einzelne 2.
vatwirtiaftlihen Taufchwert für ſich erwerben,
ohne daß irgendein neuer Gebrauchswert gefchaffen
wird, ja jogar unter Verminderung des vorhan:
denen Beitandes an Gebrauchswerten. Jede B. im
voltswirtſchaftlichen Sinn ſchließt eine menſchliche
Arbeitsthãtigleit mit ein. Bei der P. im engern
Sinn, nämlid der P. von Sadhgütern, erfcheinen
neben der Arbeit, wenn auch nicht in gleichartiger
Bedeutung mit diefer, als weitere Faktoren
Produktion einerfeits das Kapital, beitehend aus
Arbeitsmitteln, die felbft Produkte find, und ande:
rerfeitö die Naturgrundlage (Boden und Natur:
fräfte), welche die nicht produzierten, fondern ur:
—— von der Natur gegebenen Produktions:
mittel umfaßt. Außer der Erzeugung von Sad)
—— betrachtet man jedoch auch alle Arbeits⸗ und
ienftleiftungen als P., die irgendwie für einzelne
Menſchen oder für die Ge amt nüglich ober an-
enehm find, wenn fie auch nicht in ein materielles
ubitrat eingeben, wie die Dienfte ber gelehrten
— — der Beamten, die Leiſtungen der
chauſpieler, der Dienſtboten u. ſ. w. Dieſe Er—
weiterung des Begriffs der P. und der probuftiven
Arbeit iſt volllommen gerechtfertigt, da jene Dienft:
leiftungen unzweifelhaft ſowohl Gebrauchswert,
wie auch Tauschwert beſihen.
Produftiondkoften nennt man die Geſamtheit
der Auslagen, bie für die Herftellung einer be
—— enge einer Ware im marktfähigen Zu:
tand zu machen find. Es gehören aljo dahin zu-
nächſt die Koſten ber in biefer Quantität enthal:
tenen —— und der unmittelbar für dieſelbe
aufgewandten Arbeit, ferner aber auch ein ent:
prechender Anteil an den Ausgaben für Hilfs:
toffe (Kohlen, Gas u. f. w.), an den Unterbalte:
tojten des Aufſichts- und Verwaltungsperſonals,
an dem durch Abnukung der Maſchinen und des
übrigen ftehenden Kapitals verurſachten Verluſt.
Auch die Verfiherungstoften, die Koſten der —T7
bewahrung und des damit etwa verbundenen A
angd, ſowie die in vielen Fällen unmittelbar vom
* uzenten getragenen Koſten der Zufuhr auf den
arlt ſind verhältnismäßig in Rechnung zu brin—
gen. In der Regel rechnet man zu den P. auch
noch den Anteil an der Verzinſung des ſtehenden
und umlaufenden Kapitals nach dem landesüblichen
Zinsfuß, obwohl dieſer Betrag nur einen Teil des
Kapitalgewinns ausmacht. Der Kapitalgewinn
im ganzen erſcheint privatwirtſchaftlich als ein
nad) der Größe des benutzten Kapitals mit Berüd:
fihtigung feiner Umlaufszeit bemefjener verhältnis:
mäßiger Zufchlag zu den P., und die legtern in
erbindung mit dieſem Suflag geben den Map:
ftab für den normalen Preis. Volkswirtſchaftlich
it immer eine Verminderung der P. zu wünfchen,
wenn aud) die Produzenten pripatwirtichaftli nur
einen vorübergehenden Vorteil von einer ſolchen
baben, da derjelben infolge der Konkurrenz bald
3 ein entſprechendes Sinfen des Breifes folgt,
roduftiondtermin bieb im frühern gemein:
wi i en, wie auch bie weitere Ber: | rechtlichen Prozeß der ——— Termin, in wel:
a bereitö vorhandener Güter Br Erhöhung chem der Beweisführer die Beweisurkunde vorlegt
8 handelt ſich bei der P. | und dann der Gegner ſich gleich über ihre Echtheit
ihres es.
vom Standpunkte der Volkswirtſchaft weſentlich
on Gebr jedo t
mit ber Ietern bei der ———
ordnung im und ganzen auch die Hervor⸗
zu —— 2 fen ſind Bereini
rodu enoſſenſchaften find Vereinigun⸗
en von — oder Keinen Gewerbtreibenden
(in ber Regel gleichen Berufs), welche die Herftellung
336
induftrieller oder landwirtfchaftliher Erzeugniſſe
auf gemeinfhaftlide Rechnung zum Gegenitand
baben. Die P. find durch den zunehmenden Groß:
betrieb hervorgerufen; diefelben bezweden, durd)
Kombination der einzelnen Arbeitskräfte und klei—
nen Kapitale die Vorteile des Großunternehmens
mit der möglichften Selbſtändigleit der Beſchäftig—
ten zu verbinden, dadurch die guten Seiten des
Handwerks auf dem Boden der modernen —
ſoweit als möglich zu mehren und den Gegenſat
zwiſchen Unternehmer und Lohnarbeiter innerhalb
ihres Wirlungskreiſes zu beſeitigen. Indem die P.
ſich nicht, wie andere Genoſſenſchaften, auf einzelne
Bedingungen und Erleichterungen der Produltion,
wie die Beihaffung von Kredit, Nobitoffen, Dia:
ſchinen, beſchränken, fondern das Ganze der Pro:
duftion umfafjen, bilden fie offenbar die höchſte
Stufe der Genofjenfhaften, zugleich aber aud) die
ſchwierigſte. Sie erfordern bei den Geſchäftsleitern
einen bejonders —*— Grad von Zuverläſſigleit
und techniſcher wie faufmännifcher Tüchtigteit, bei
den andern Mitgliedern aber fehr viel Gemeinfinn,
Verträglichkeit und Strebfamleit: Eigenſchaften,
welche nur durd) längere Schulung im Vereinsleben
erworben zu werden pflegen. Die Erfahrungen in
Srantreih, England und Deutſchland beweijen
übereinftinnmend, daß die P. gegenwärtig noch als
bloße Experimente zu betradhten find.
Als Grundzüge der Organifation wirklicher P.
find bernoryubeben: 1) Das zum Geihäftsbetrieb
erforderlihe Kapital wird in der Form von Ge:
fhäftsanteilen in der Negel durch Jucceſſive Ein:
zahlungen und Innebehaltung der Dividenden an:
gefammelt; dasjelbe bleibt Eigentum der Mitglie:
der, daneben aber wird durd die Eintrittögelder
und einen Teil des Neingewinns ein Genoflen:
—— als Reſervefonds gebildet. 2) Der
Eintritt und das Ausſcheiden der Mitglieder unter—
liegt der Beſchlußfaſſung der Generalverſammlung.
3) Die Mitglieder find zugleich die Arbeiter des
Geſchäfts, und der Neingewinn wird einesteils
nad) der Höhe ber Geſchaͤftsanteile, andernteils
nad) der Arbeitsleiitung (al «Bonus») verteilt;
an Ichterm partizipieren aud) diejenigen Arbeiter,
die (ausnahmsweiſe) nicht Mitglieder find. er Zur
Kontrolle des Vorſtandes dient ftatt des Aufſichts—
rats, bei der meift geringen Mitgliederzahl, ein Re:
vijor, ald Drgan der Generalverfammlung; in der
legtern, welde jehr weitgehende Befugniſſe befikt,
hat jedes Mitglied nur eine Stimme, Für Deutich:
land führt der Yahresberiht von F. Schrent für
1883 neben 1910 Kreditgenoffenihaften und 675
Konfumvereinen nur 145 induftrielle und 198 land:
wirtſchaftliche P. auf, wovon die meiften unbedeu—
tend und viele überdies nur dem Namen nah P.
find. (S. Genofjenfdaften.)
Gegenüber den auf Selbſthilfe begründeten P.
eritreben die Sozialdemokraten ſolche, welche von
der Kommune oder dem Staat dotiert und organi:
I werden; fo befonders Louis Blanc und Laf:
alle, welch lehterer vom Staat 100 Mill. Thlr. zur
Eubvention von P. als Hauptmittel der fozialen
Umgeftaltung forderte. Abgeſehen von ber ver:
ſchwindenden Kleinheit einer folden Summe dem
—— Privatlapital gegenüber, verlennt dieſer
zorſchlag vollſtändig, daß die —5————
ner Rent der P. nicht in der Beſchaffung von
Kapital, fondern in der zwedmäßigen und gewiffen:
haften Verwendung desjelben liegt, diefe aber durch
Produktivität — Profan
das Fortfallen der peluniären Verantwortlichleit
der Beteiligten im böchften Grad. beeinträchtigt
werden würde, und dab andererjeit3 das birelte
Ginmifhen der Negierung in den privaten Ge
werbebetrieb in polit. und fozialer Beziehung
äußerft bedenklich wäre.
gl. Schäffle, «Kapitalismus und Sozialismus⸗
(Tüb, 1870); —— «Die Entwidelung
des Genoflenfchaftsweiens» (Berl. 1870); derfelbe,
«Die Genoſſenſchaften in einzelnen Gewerbözweigen»
(2p3. 1873); Flärl, «Die P. und ihre Stellung
zur fozialen Frage» (Münd, 1872); Mill, «Prin-
ciples of political economy» (Boll&ausgabe, Lond.
1867; deutich von Soetbeer, 3. Aufl., Lpz. 1870);
Thornton, «On labour» (Lond. 1869; deutic von
Schramm, Lpz. 1870).
roduftivität iſt die Leiſtungsfähigleit ber
wirtſchaftlichen Arbeit, gemefien an der Quantität
ihrer verfhiedenartigen Erzeugniſſe. Je böber alfo
die Menge des auf den Hopf der beidäftigten Ars
beiter lommenden Produfts einer bejtimmten Art
fteigt, um fo größer ift die P. der Arbeit in diefem
Zweige. Eine Steigerung der P. der Arbeit fann
erfolgen durch befjere Ausbildung und Übung der
Arbeiter, —* zwedmäßigere Teilung und a:
nifation der Arbeit, namentlich aber durch Ver:
befierung der Werkzeuge und Maſchinen, burd
neue techniſche —— und durch erweiterte
Verwendung der Naturkräfte im Dienit der Men:
hen. Der Taufchwert des durd erhöhte P. der
Arbeit vermehrten Prodults fteht jedoch leinesw
in gleihem Berhältnis mit der vergrößerten Maſſe
desjelben, da der Preis der Mengeneinheit in der
Regel bedeutend finkt, weil weniger Arbeit für ihre
Heritellung erforderlich it und der Gewinnzufchlag
wegen der etwaigen Mehranwendung von ftehen:
dem Kapital die Erfparung an Arbeit nicht auf:
wiegt. Für die Arbeiter hat daher die Steigerun
der P. durch Mafchinen und Naturkräfte Unädit
oft mehr Nachteile als Vorteile, und es gilt bis zu
einem gewiſſen Grad der Satz von Rodbertus, da
unter jener Borausfehung ihr Anteil an dem Na:
tionalproduft relativ Heiner wird. Gleichwohl
muß Erhöhung der Fe der Arbeit das Hauptziel
des voltswirtichaftliden —5—— bleiben, da ſie
die erſte Bedingung abſoluter Vermehrung der der
Mafie der Bevölterung zugänglichen Güter bildet.
roduzieren (lat.), vorführen, vorbringen,
vorzeigen, beibringen (Beweismittel); bervorbrin:
gen, erzeugen (von geiftigen und Naturerzeugniffen).
Proẽdrie (grch.), bei den alten Athenern das
Ehrenrecht, in den Schauſpielen die vo en
Pläpe zunächft der Orcheftra einzunehmen ; auch Bor:
fig im Nat und in den Bollsverfanmmlungen,
Profän (lat., d. b. unheilig mei) eb bei
den Nömern nicht nur jeder Ort, der au eines
heiligen Bezirks lag, und überhaupt alles, was leis
nem Gott geweiht war, fondern auch jede Berion,
die nicht in gewiſſe Myſterien oder Geheimniffe eins
— war, daher auch die Alten beim Beginn von
pfern und andern feierlichen Handlungen die Un:
eingeweihten durch befondere Formeln zu entfernen
ſuchten. —— heißen bie g
und röm. Schriftiteller, im — u den
ſchen und lirchlichen Brofangef * die welt⸗
liche Geſchichte, im Gegenſaß zur Kirs
Profanarchitektur die nichtlirchli
tur; profanieren, entheiligen, en n; Bros
fanation, Entweihung, Entheiligung.
Profeß — Programm
PVrofeh (lat.), dad Ordensgelübde, das der flo:
ftergeiftlicde nad) überftandenem Noviziat ablegt.
rofeifen (professi) ift der Name derjenigen
Mitglieder des Fefuitenordeng, die in alle Ordens:
—— e eingeweiht und im Beſiß der höhern
mter find. Sie leiſten das vierte Gelübde des Ge:
horſams gegen den Papſt, ſind insgeſamt ordiniert
und wohnen in den * rofebhaͤuſern.
rofeſſion (lat.), im allgemeinen jeder Beruf,
zu dem man — etzt vorzugsweiſe ein
Gewerbe oder Handwerk; Profeſſioniſt, einer
der etwas berufsmäßig betreibt, namentlich foviel
wie Handwerter.
eofeffor (vom lat. profiteri) oder Ante—
cefjor wurde in der röm. Kaiferzeit ein öffent:
liher Lehrer, befonderd der Grammatik und Nhe:
torif, genannt. Der Titel ging dann Ende des
15. Jabrh. auf die vom Staat angeftellten Lehrer
an den Univerfitäten über. Dieje teilen fi in
ordentlidhe P. (Professores ordinarii), die ein
mit beftimmten Rechten ausgeftattetes Kollegium
bilden, und außerordentliche (Professores ex-
traordinarüi); Honorar er find ſolche,
die im Range den ord. Profejloren gleichgeftellt,
aber ohne Si und Stimme in der Fakultät find,
Die Lehrer an den den Univerfitäten gleichftehenden
Hochſchulen (Techniſchen Hochſchulen, Polytechni—
den Schulen, Bergalademien ıc.) führen ebenfalls
n Titel ®., ebenjo audy Lehrer an Gymnafien,
Realſchulen und andern höhern Bildungsanftalten
(4. B. Kunftatademien, Konfervatorien der *
Profil fr vom lat. filum, Faden), Dur
ſchnitt, heißt im allgemeinen bie arftellung des
—8 — Durchſchnitts eines Körpers, beſonders
eines Gebäudes und eines architeltoniſchen Gliedes.
Obgleich das P. auch nad der Länge genommen
werden kann, wie bei der Oberfläde von Straßen
und Gifenbahnen, bezeichnet dieſes Wort doch vor:
zugsweiſe den Querjchnitt eines Bauwerls, aus
weldem die Konſtrultion desfelben erfehen werben
lann. Das P. iſt deshalb für Bauzeihnungen von
der größten Widhtigleit und eine notwendige Er:
gänzung von Grundriß und Aufriß. Befonders
Ba angewendet werden P. einzelner ardjitelto:
t Ölieder und Maſchinenteile.
Im gewöhnlichen Leben bezeichnet man mit Bro:
Til aud) die genau von der Seite genommene Ab:
bildung des menſchlichen Gefihts oder Körpers,
Es ift dann oft gleichbedeutend mit Silhouette oder
Sxitenanfiht, wobei natürlih das Hauptgewicht
auf die Contour gelegt iſt.
Brofilhobel, ! unter Hobel.
Pro forma (lat.), der (bloßen) Form wegen,
anftandshalber, zum Schein. ,
Profof (vom lat. praepositus) war früher in
den Heeren ein mit der Hegimentspolizei beaufs
tragter Militärbeamter, Er hatte Hauptmannd:
rang, ordnete im Lager den Markt an, bejtimmte
den reis der Lebensmittel, fahndete auf Ausreißer
und Marodeure, erhob die Antlage gegen Ber:
brcher, verhaftete fie und leitete die Erelutionen,
wozu ihm Stodmeilter, Stedentnedhte und Scharf:
richter beigeordnet waren. Er jelbit ftand unter
dem Generalprofoß oder — —— des
Heeres. Jeßt iſt dieſe mit großer Autorität beklei—
dete Stelle verſchwunden und der P. nur noch in
einzelnen Heeren der die Aufficht über die Arreitan:
ten führende Unteroffizier
Profoßenarreſt abgeleitet ift.
Converjationd- Legion. 13. Aufl, XIII.
nil
wovon der Ausdrud
337
us (lat.), übermäßig, zu ftark,
‚Broglottiden, wiſſenſchaftliche Bezeichnung für
bie — get . — —
rognoſe (vom gr. pöyvwaıs orber:
fage, M in der Batbologie die Pezeihnung
für die Vorherbeftimmung des künftigen_ Ber:
lauf3 und des Ausgangs einer beftimmten Aranl:
rel (lat.), tieffinnig, gründlich,
ro
beit. In manchen Fällen ift eine allgemeine P.
nicht | wer; von einer Anza —— (3. B.
Krebs) iſt belannt, daß fie tödlich verlaufen, von
andern, daß fie fait ausnahmslos mit Geneſung
enden, und bier hängt das Eintreffen der P. nur
von ber oo und Schärfe der Diagnofe (f.d.)
ab. Um jo jhwieriger wird die P. aber, je unfiche:
rer die Diagnofe ift oder je fpezieller, feiner die P.
gegeben werden foll, Außer der Krankheit an ſich
gibt allgemeine Anhaltspunlte für die P. der Er:
nährungs: ober Kräftezuſtand des Kranken, der
Charalter ng ort Epidentie, die Nom:
plifation der SKrankheitserfcheinungen und bei
[ebeegonen Krankheiten vor allem der Gang und
ie > der Hörpertemperatur (f. Fieber); eine
lange Zeit anhaltendes geringes Fieber oder eine
aud nur einmal erreichte jehr hohe Temperatur
find von ſchlechteſter P. Die Kunſt, die P. zu tel:
len, wird Brognoftil genannt,
In der Meteorologie verjteht man gegen:
wärtig unter Brognofen (Wetterprognofen)
die auf Grund der an vielen Orten eines größern
Teild der Erdoberfläche angejtellten meteorologi:
ſchen Beobachtungen zufammengeftellten Ausfichten
auf die Wetterlage des näditen Tags (Tages:
prognofe) oder Monats (Monatsprognoje).
Auch nad) dem Gebiet, auf welches die P. 5 er:
ftreden, zerfallen diefelben in allgemeine Bro:
gnoſen und lofale Brognofen. Zu den erftern
gehören die von der Deutichen Seewarte täglich
gegebenen P., zu ben lehtern die einzelner Länder,
wie Sachſen u, f. w. oder diejenigen, welche regel:
mäßig größere politifche Zeitungen bringen. Über
den praltiichen Wert und die N uverlärfigfeit der
P. find die Anfihten noch fehr geteilt, während
ihre Bedeutung für die Meteorologie al3 Willen:
ihaft keinem Zweifel unterliegt. (Val. See:
warte und Wetter.)
Prognoftifon (grch.), eine Vorherſagung zus
folge gewifler Anzeigen; jemand das P. jtellen,
ihm fein Schidjal vorherfagen (vgl. Brognofe).
‚ Programm (grch.), eigentlich öffentliche, Schrift:
Iihe Ankündigung, öffentlicher nſchlag, jet ipe:
ziel die Anzeige, welche die Reihenfolge bei Felt:
lichkeiten, Konzerten und Schauftellungen aller Art
angibt; ferner die Darlegung der polit. Grundfäße
eines neueintretenden Miniiteriums, einer polit.
Partei u. ſ. w. Auch heißt B. jede öffentliche An:
fündigungsds oder Einladungsſchrift, die von den
Univerfitäten, Gymnaſien und andern höhern
Bildungsanftalten aus Veranlaſſung einer feier:
lien Handlung, 3. B. eines kirchlichen oder polit.
Feſtes einer Disputation, Promotion, Habilita
tion, Prüfung u. ſ. w., erlaflen wird, und welcher
nad) altem Brauch eine wiſſenſchaftliche Abhand:
lung beigegeben ift. Cine nenelung des Program:
—— der deutſchen höhern Schulen iſt 1872
in der Art erfolgt, daß die Beigebung einer willen:
Ihaftlihen Abhandlung freigeftellt it und der Aus:
taufch jebt durch die Buchhandlung von B. ©.
Zeubner in Leipzig vermittelt wird. Unterm
22
338
31. DM. 1879 empfahl ber damalige preuß. Kultus:
miniiter von Puttlamer dringend, die Sitte, den
B. wilenfchaftlihe Arbeiten beizufügen, fegubal
ten. Bol. Bechſtein, «Die Litteratur der Schul:
programme» (2pz. 1864).
Brosreh (lat.), Fortſchritt.
rogreffion (lat.) nennt man in der Mathe:
matit eine Reihe von Größen, deren jede aus der
vorhergehenden nad) einem gegebenen Gefet gebil:
det wird. Geben je zwei aufeinander folgende Ölie:
der dieſelbe Differenz oder iſt jedes Glied das
arithmet. Mittel aus dem vorhergehenden und nad:
folgenden, fo ift die Reihe eine arithmetiſche; iſt
Dagegen ber Quotient je zweier aufeinander folgen:
der Ölieder gleich oder ift jedes Glied das geometr.
Mittel des vorhergehenden und nachfolgenden, fo
beißt fie eine geometr. Reihe. So ift 3. B. bie
Reihe 3,5, 7,9, 11,13 u. f. w. eine arithmetische
P. mit der Differenz 2, die Reihe 2, 4, 8, 16, 32
u. 5 eine geometrijche B. mit dem Duotienten?.
cögreifiobrall, f. unter Gefhüs, Bd. VII,
6.888,
Progreffive Paralyfe der Irren (Demen-
tia paralytica), von ben Laien fälſchlich auch Ge—
birnerweihung genannt, eine der häu er
und wichtigſten Geiſteskranlheiten; troß der That:
ſache, daß bei derfelben faft ausnahmslos an der
Leiche deutliche Veränderungen des Gehirns unb
feiner Hüllen gefunden werben, it man über das
eigentliche Weſen de3 Krankheitsprozeſſes vu nicht
ganz Har, Es ftehen fi zwei Hauptanfichten
gegenüber, nad) der einen handelt es fich um eine
Entzündung der Ninden: und Markjubit der
Großhirnhemifphären und ihrer Häute, nad) der
andern um einen einfachen Schwund der Nerven:
fafern und Ganglienzellen daſelbſt. Schließlich
tritt ftet3 hochgradiger Schwund der Großhirn—
lappen ein, ten ber vordern Teile (Stirn:
und vorderer Scheitellappen). Die Symptome ber
Krankheit find ungemein zahlreich, bejonders *
deshalb, weil ſich mit den Leiden des Gehirns au
Rückenmarkserkrankungen (beſonders Rudenmarks—
ſchwindſucht, Tabes dorsualis) verbinden können.
Dan untericheibet die Brodromalericheinungen und
die Erſcheinungen der ausgebildeten Krankheit;
lehtere beitehen teils in geiftigen, teils in körper:
lihen Störungen: in einer fortfchreitenden Ab:
nahme der geiltigen Kräfte und der Präcifion und
Energie der Bewegungen. Die Abnahme der gei:
ftigen Kräfte betrifft bald mehr das Gedächtnis,
bald mehr die Urteiläfraft und — ſich oft
unter dem gleichzeitigen Auftreten von Reizungs:
ericheinungen de3 Gehirns (maniatalifcher
regung) meijt mit Größenwahn (f.d.); aud) in Form
ihwerer Hypochondrie, Melancpolie, Berfolgungs:
wahn u. ſ. w. kann fih das Gehirnleiden Deochiich
äußern, Bon den Bewegungs: motoriſchen) Stö:
rungen ift ganz befonders eine Form von Sprad):
ftörung (Silbenftolpern) charakteriſtiſch, die Kran:
ten verſprechen und verjchreiben fich u. j. w. Won
Brodromalerfheinungen find — Anfälle von
Bewußloſigleit, vorübergehende Spradjlofigteit
u. ſ. w. Die Krankheit dauert meift nicht länger
als 2—3 Jahre und endet meift mit dem Tod; oft
eigen ſich trügeriſche Beſſerungen bis fheinbar zur
Norm kürzerer oder aud jahrelanger Dauer; nur
in ganz vereinzelten Fällen ift bisher dauernde
Heilung beobachtet. Die Krankheit befällt aus:
Schließlich Perfonen im kräftigen Alter (befonders
:| von 1860 die für faft ſämtliche
Progreß — Pröhle
zwifhen 30 und 45 Jahren), Männer weit zabl:
reiher al3 Frauen. Die großen Stäbte liefern
eine viel arö Bahl von Erkrankungen als die
ländlichen Diftrifte. Die * der ——
Paralyſe ſind noch nicht feſtgeſtellt, geſchlechtliche
Exceſſe und Syphilis ſcheinen nicht ohne Einfluß zu
fein; auch Altoholercefie haben oft einen Anteil;
desgleichen eine unregelmäßige aufregende Thätig:
feit mit mangelhaften Salat Doch werben aud
Perſonen von der progreifiven Paralyfe befallen,
bei welchen fi nichts von alledem nadhmeifen läßt;
bier ift öfter$ eine gewiſſe erblihe Anlage nad):
weisbar. Die Behandlung läßt ſich aud in den
Anfängen nur in einer Jrrenanftalt zwedmäßig
durchführen und ift, wenn früh begonnen, keines:
wegs ausſichtslos. Die baldige Berbringung ber
Kranken in eine Anftalt ift au notwendig, weil
diefelben zu unfinnigen Spekulationen, unfittlichen
Handlungen u. dgl. —— und fo oft Vermögen
und Auf aufs Spiel ftellen.
neunte euer, ſ. u Ginlommeniteuer.
rogreſſivſyſtem, foviel wie Iriſches Syitem,
f. unter Gefängniswefen, Bd. VII, ©. 638*,
PBrogymuafinm (in Bayern Lateinſchule
enannt), Vorſchule zu einem Gymnafium; nad
m amtlichen Sprachgebrauch in Preußen, Baden
und Elſaß⸗Lothringen jedoch ein unvollftändiges
Gymnafıum, dem die Prima fehlt. In Württem:
berg wird das P. ala Lyceum (f. d.) bezeichnet.
Demgemäß gibt e3 in den genannten Staaten auch
Realprogymnafien, welde in Württemberg
als Neallyceen bezeichnet werben.
‚Beohibitivfg nennt man bie ertreme Aus:
bildung des Schutzzollſyſtems (f. d.), bei der die
Einfuhr der Waren, deren Brodultion im Inlande
befördert werden foll, gänzlich verboten oder durch
enorme Zölle thatſächlich jo gut wie gänzlich ver:
—— wird. Die Einfuhrverbote entwidelten ſich
onfequent aus ben Tendenzen bed Merkantil:
ſyſtenis (f. d.) und zwar namentlich feit den legten
yabt ehnten des 17. Jahrh. In den Eolbertichen
arifen finden fie fi no nicht, aber bald nad)
Colberts Zeit wurden fie in großer geht von Franl:
reich und England als handelspolitiihes Kampf:
mittel gegeneinander benugt. Meiftend betrafen
die Prohibitionen nur Anduftrieerzeugnifie, doch
finden fid) (befonder3 in England nad einem Geſeß
von 1815 und in Frankreich nad einem Geſeß von
1819) auch Berbote der Getreibeeinfuhr bei einem
ewiſſen, feineswegs niedrigen Minimalpreife.
m längiten hat Frankreich das P. beibehalten, in:
dem es erit in dem Handelövertrag mit England
Bebritate von
einiger Bedeutung geltenden Ginfuhrverbote auf:
bob und durch erträgliche Zölle erſeßte. Zur Er:
änzung des P. diente auch das Verbot der Aus:
* der von den geichükten — — be⸗
nußten Rob: und Halbſtofſe. (S. Ausfuhrver—
bot, Einfuhrverbot.)
Pröhle (Heinr.), deutſcher Schriftſteller, geb.
4. Juni 1822 zu Satuelle im Regierungsbezirk
Magdeburg, ftudierte in Halle und Berlin, lebte
dann in Wien ald Horrefpondent für die m.
burger «Allgemeine Zeitung» und 1850—56 in der
Sarygegend. Im X. 1856 wurde P. Lehrer am
Friedrichs : Werberichen Gymnafium in Berlin,
1858—59 war er Dberlebrer in der Rheinprovinz,
wurde hierauf Oberlehrer am Luifenftädtifchen
Nenlgymnaftum in Berlin. Seine erfte Schrift
Prohner Wiek — Profatalepfis
erfchien unter dem Titel «Aus dem Kaiferftaat »
(Wien 1849). Zu jeinen fpätern Schriften gehören
«Aus dem Harze» (2. Aufl, 2pz. 1857), «Der
Pfarrer von Grünrode» (2 Bdchn., Lpz. 1852),
«Gedichte» (Lpz. 1859), «Harzfagen» (2 Boe., Lyʒ.
1859), «Märden für —— (Halle 1854),
«Weltlihe und geiftlihe Bollslieder und Volls—
ichaufpiele» (Neue Ausg., Aichersleben 1863),
«Harzbilder» (2pz. 1855). Unter feinen litterar:
biitor. Schriften And zu nennen: «Gottfried Auguſt
Bürger» (Ipz. 1856), «Friedrich d. Gr. umd die
deutfihe Sitteratur» (Berl, 1872), «Leifing, Wie:
land, Heinfes (Berl. 1877).
er eösrebric udwig Jahns Leben» (Berl, 1855;
neu bearbeitet von Euler, Stuttg. 1881).
Prohner Wief, f. unter Bodden.
ektil, ſ. Geſchoß.
rojettion (lat., Entwurf) iſt die Darſtellung
eines raumlichen Gegenſtandes auf einer Ebene
(Bildflähe, Projeltionsebene). Die Projeltions⸗
lehre findet beſonders Anwendung auf den Ent:
wurf von Lande, See: und Himmelstarten (Karten:
nebe). Da e3 nicht möglich ift, die Oberfläche der
Erde oder Teile derfelben vollftändig treu auf der
Fläche darzuftellen, vielmehr entweder die Umriffe
der Länder u. ſ. w. verändert erſcheinen, oder das
richtige Berhältnis des Flächeninhalts geitört wird,
ober beides eintritt, fo hat man unter den zahl:
reichen Entwurföarten diejenige zu wählen, welde
dem Zwed der zu zeichnenden Karte am beiten ent:
ipricht. Die P. find entweder perſpeltiviſche, d. h.
aus einem angenommenen Augenpunft —I—
oder ano — Die erſtern teilen ſich, je
nachdem der Augen- oder Gefichtäpunlt an der
Oberfläche der Kugel oder in unendlich weiter Ferne
außerhalb oder im Mittelpunkt derfelben befindlich
gedacht wird, in eine ſtereographiſche, orthogra-
pbiihe und Gentralprojeltion, und da ferner die
mittlere Gefichtälinie entweder auf einen Punlt im
Üquator, oder auf den Bol, oder irgend einen belies
bigen andern Buntt arg auffallend angenom:
men werden fann, fo find für jede der drei ge
nannten Entwurfsarten wiederum drei verſchiedene
Ausführungen möglid, eine Aquatorial:, eine
Polar: und eine Horigontalprojeltion, was neun
verſchiedene perſpeltiv. Darftellungen der Kugel er:
gibt. Die ftereograph. und orthograph. PB. rühren
von Hippard) (150 v. Ehr.), die Eentralprojeltion
von Thales (600 v. Chr.) her. Die erftere wird ge:
wöhnlich für Erd: oder Sternkarten angewendet, die
zweite für Monbbilder. Die Mitte zwiichen der
orthograph. und ftereograph. bildet die P. von La
Hire (1701) und die B. von zwei Dritteilen der Erd⸗
fugel von James (1858) ; bei beiden wird der Augen:
punkt etwas außerhalb der Kugel angenommen.
Bei den nicht perſpeltiviſchen P. werden unter:
ſchieden: 1) Mbbildungen duch Abwidelung. Die
* find bie Mlattlarten, Entrollungen einer
an Stelle der Kugel geſehten Eylinderfläche. Eine
große Bervolltonmmnung derfelben it Mercators
eg er 1569 von Gerhard Siremer
(Mercator) konftruiert, wegen ber geradlinigen
Lorodromie jo wichtig für die Schiffahrt, daher
feit lange für Seelarten faft ausſchließlich, häufig
auch für Erbfarten angewandt; die Kegelprojeftio:
nen von PBtolemäus (erjte Hälfte des 2. Jahrh.),
Mercator (1554), Murdoch (gejt. 1774), Lambert
(geft. 1777) und Albens. Die zweite B. des Pto-
rner veröffentlichte
339
Bonne (geft. 1795) empfohlen, kommt am häufig:
ften zur_Darftellung —— Länder in Anwen:
dung. Die nad Flamfteed benannte, aber von
Mercator erfundene P. ift für Afrita und Süd—
amerifa beliebt. Die P. von Werner (geft. 1528)
und die polygonifhen Entwurfsarten gehören
gleichfalls —* 2) Zu den äquivalenten oder
eflähentreuen» P., Entwürfen mit proportionalen
Slähenräumen, gehören von ben vorgenannten
auch jene von Werner } —— und Bonne, ſo⸗
dann vier P. von und die Homalogra:
hiſche B. (1. d.). 3) Zu den — oder win⸗
eltreuen P., in den kleinſten Teilen ähnlichen Ab:
bildungen, Keen neben der auch hierher gehörigen
—— en P., Mercators Cylinderprojeltion,
mbert3 Kegelprojeltion und die von Lagrange
(geit. 1813). 4) Die von Poftel (geft. 1581) erfun:
dene P. wei von Lamberts äquivalenten Entwurfs:
arten und Aires Projection by balance of errors
(1861) werben Ar en Entwurfsarten genannt.
5) Al tonventionelle Entwürfe werben bezeichnet
die Trapezprojeltion (14. Jahrb.), die von P. Apias
nus ( et. 1552) angegebene, die von Nicolofi 1660
bargeitellte und bei engl. Blanigloben häufig ange:
wendete Globularprojeltion und bie iu
tion von Ludwig Müller (1807), ©. Yäger (1865)
und Herm. Berghaus (1878). Bol. Se. Tob,
Mayer, «a Grundlicher und ausführlicher Unterricht
—5 chen —— hi >. agen —*
nhauſer, «Grundzüge der mathem. ie
und der Sanblartenprojeftion » (Wien 1857): Ger.
main, «Trait& des projections des cartes géogra-
phiques» (mit 14 Tafeln, Par. 1866); Doergens,
«Theorie und Braris der geogr. Karte (1.ZL.,
Berl. 1870); Gretichel, «Lehrbuch der Kartenpro:
jeftion» (Weim. 1873); 8. Zöppriß, «Leitfaden der
Startenentwurfölehre» (Lpz. 1884). ur
Projektion (homalographifde), [.Homa:
epraphiige ale * tion
(iſometriſche), }. Iſometriſche Projektion.
erg ‚ auch optiiche B., bat ben
Zwed des Vorführens von — vor
einen größern Zuſchauerkreis. Mittels einer Bro:
jeftionslampe oder Laterna:magica (f. d.) werden
transparente Glasphotographien und durchſichtige
natürliche Präparate auf einer gegenüberliegenden
weihen Wand in — ertem Maßſtabe darge:
Fr Y England und Nordamerila bedient man
ich der P. feit langer Zeit zur Vorführung aftron.
und rn a Bilder, befonders zur
Darftellung der Phaſen der Himmelstörper, zu
anatom, und phyſiol. Grörterungen, fowie zum
Nachweis minimaler Lebensbewegungen und k
Vorgänge. — Die von den Engländern erfundenen
Dissolving views oder Nebelbilder (f. d.) find An:
fihten von Gegenden, welche vor den Augen bes
Zufhauers entitehen und vergeben, von Bewegun:
gen im Bilde, fowie von plößlich auftretenden Na:
turerfheinungen, und werden hervorgebradt, in:
dem zwei verſchledene Bilder in eine doppelte La—
terna:magica gebradht werden, Die B. als unent:
behrlichen Beflanbteil des naturwiſſenſchaftlichen
Unterricht3 begründete Johann Czermak (f. d.).
Bol. Stein, «Das Licht ac,» (Lpz. 1877).
Projektionslinie oder Sehlinie, f. unter
Auge, Bd. II, S. 19.
—— (grch.), in der Rhetorik der
Kunftgriff, die Anklagepunfte zu Gunften des An:
lemäus, Bonneſche genannt, weil von Rigobert | gellagten zu menden,
22*
340
Prokeſch⸗Oſten (Anton, Graf von), öfterr.
Diplomat, ein gründlicher Kenner des Drients,
geb. zu Graz 10. Dez. 1795, nahm als Offizier
1814 und 1815 an —3 in Frankreich teil,
lam fpäter in Garniſon nah Mainz, Linz und
Wien und war einige Zeit Ba der Mathema:
tit an der Kadettenichule in Olmüs. Im J. 1818
og ihn Feldmarſchall Fürft von Schwarzenberg in
* Umgebung, bei welchem er bis zu deſſen Tode
(1820) verblieb {und deſſen «Denkwürdigleiten »
(Wien 1822) er herausgab. Später diente PB. im
Generalitab und wurde dann der Marine zugeteilt,
So lam er in den Drient und nad) Griechenland
in diplomatischen Miſſionen. Nachdem er Griechen:
land, Afien und Agypten bereift, wurbe er 1827
Major und Chef des Generalſtabes der hen: Flo⸗
tille. Er vollführte Anfang 1828 die erſte Löſung
griech. Gefangener aus türk, Sklaverei, ſchloß 1829
mit dem Paſcha von St.-Jean d’Ucre eine Überein:
kunft zu Gunſten der Chrilten in Baläftina und Ga:
filäa und eine ähnliche mit dem Paſcha des nörbl.
Syrien zuAleppo. Nad) Wien zurüdgelehrt, wurde
er 1830 in den Adelsſtand re en mit dem Präbi:
tat «von Diten». Als Oberftlieutenant und faiferl.
Kommiffar ging er 1831 mit dem öjterr. Heere
nad) Bologna, 1832 in befonderer Sendung nad
Rom, 1833 zur Vermittelung des Friedens zwifchen
dem Sultan und dem BVizelönig nad Kairo. Im
Sommer 1834 wurde er Gejandter in Athen, wo
er bis zum Jan. 1849 verweilte. Hierauf ging er,
nachdem er bereits 1843 zum Generalmajor beför:
dert und 1845 in den Freiherrenftand erhoben wor:
den war, Ende Februar als Gejandter nad) Ber:
lin, wo er bis Nov. 1852 blieb, in perſönliche Be:
jiebungen zu Friedrich Wilhelm IV. trat und die
blehnung der deutichen Kaiſerkrone beeinflußte.
Er förderte die Pläne Schwarzenbergs, nahm an
den Dresdener Konferenzen Anteil und wurde
24. Yan. 1853 zum Präfidialgefandten am Bundes:
tage in cantret a. M, ernannt, nachdem er in
der Zwildhenzeit den Rang eines Feldmarfcall:
lientenant3 und Geheimrats erhalten. Am 20. De;.
1855 wurde P. zum kaiſerl. Internuntius zu Kon:
ftantinopel ernannt und blieb in diefer Stellung
(ipäter al3 Botfchafter) bis zu feiner 6. Nov, 1871
erfolgten Penfionierung, bei welcher Gelegenheit
er in den Grafenftand erhoben wurde, päter
lebte P. in Graz und ftarb in Wien 26. Dit. 1876.
P. galt als gründlicher Kenner des Drients,
bedeutender Arhäolog und Numismatiter, als
Dichter von Stimmung und Begabung. Bon jei:
nen Schriften find hauptſächlich zu erwähnen:
« Grinnerungen aus Slgypten und Sleinafien»
(3 Bde,, Wien 1829—31), «Das Land zwiihen den
Kataralten des Nils» (Wien 1832), «Reife ins
Heilige Land» (Wien 1831), «Gefhichte des Ab:
fallö der Griechen vom türk. Reich » (6 Bde. Wien
1867). GC. Münd gab aus Schnellers Nadlak
«Denfwürdigkeiten und Grinnerungen aus dem
Drient von Ritter Profefch von Dften» (3 Bbe,,
Etuttg. 1836—37) heraus; ein Freund P.s ſam—
melte deſſen «Kleine Schriften» (7 VBde,, Stuttg.
1842 —44). Als Mitglied der berliner und der
wiener Alabenie der Wiſſenſchaften bat er auch
mebrere ardhäol. und numismatische Abhandlungen
ſchrieben. Kurz vor feinem Tode erihien «Die:
ed: Ali» (Mien 1877); nad feinem Tode «Dein
erhältnis zum Herzog von Reichſtadt. Zwei
Sendungen nad) Italien » (Stuttg. 1878).
Protefh:Dften — Proflus
Lepteres Werk ift von feinem Eohne, Anton,
Grafvon ni gr Diefer, geboren
19. Febr. 1837, it Major des öfter. 1. Landwehr:
Dragonerregiments, vermählte na 1861 zu Wien
mit der Schaufpielerin Friederife Goßmann 1 d.)
und widmete fidh der Herausgabe des reichen litte—
raxiſchen Nachlaſſes feines Vaters. Er veröffent:
lite: «Aus dem Nachlaſſe Friedrichs von Gentz»
(2 Bde., Wien 1865), « Depöches inedites du che-
valier de Genz etc.» (3 Bde., Par. 1877) und
«Zur Geſchichte der orient. Frage. Briefe aus dem
Nachlaſſe Friedrih3 von Gen» (Wien 1877).
Außerdem verfaßte er: «Nilfahrt bis zu den zweiten
Kataralten, Ein Führer durch Ugypten und Nus
bien» (Lpz. 1874). \
oflamation (lat.), Verkündigung, wird bes
fonders von folden gedrudten Anſprachen ges
braucht, durch welde auf die Stimmungen und
Entſchließungen einer größern Menge gewirkt wer:
den fol. Bon dem Manifeſt (f. d.) unterfheidet
fich die P. dadurch, daß erfteres einen mehr diplos
—— lehtere einen mehr populären Charakter
bat. P. wird aud die öffentliche Verkündigung
von Brautleuten genannt. ——
Prokles, Sohn des Ariftodemos und Bruber
de3 Euryithenes, mit weldiem er der Gage na
Sparta gründete; er ift Ahnherr der Königsfamis
lie der Mrofliden.
Proklitikon (grch.), nach dem Vorgange ©.
Hermanns Bezeihnung für —— Woͤrter, die
fi) an das nachfolgende «anlehnen», auf diejeg
ihren Accent werfen, (Bol. Entlitifde®Wörter.)
Proklus, der lehte bedeutende Neuplatoniter
(f. d.), geb. zu Konftantinopel 411 n. Chr., ftudierte
in Alerandria und Athen Philofophie und Rheto—
rik. war der bedeutendſte Vertreter
nienſiſchen Schule des Neuplatonismus. Von ſei—
nen Schriften ſind noch Kommentare über mehrere
Schriften Platos, über Euklids « Geometrie», eine
Einleitung in die Platoniſche Theologie in ſechs
Büchern, eine Abhandlung gegen das Ehriftentum,
eine Schrift «De sphaera» u. |. w. erhalten, Seine
Lehre gründet ſich auf die der gan en neuplatonis
hen Schule gemeinſchaftliche efauptun das
Abſolute, die allem Mannigfaltigen zu Grunde
liegende Ureinheit, laſſe ſich durch unmittelbare,
allem refleltierenden Denken vorausgehende Ans
ſchauung erlennen. Der eigentümliche Dienft, wel:
chen er der Schule zu leiften fuchte, befteht darin,
daß er teil die Notwendigkeit der Borausfekung
diefer Ureinheit dialektifh zu begründen, teils die
Art, wie fih das Eine in der Mannigfaltigkeit
einer veränderlihen Erſcheinungswelt elle,
beorifismäßie — beſtimmen bemüht war, Der
Typus dieſer Entwidelung ift ihm eine triadifche
—— das Eine bleibt bei ſich, geht aber
ebenjo aus ic heraus und ehrt, weil e8 in dieſem
Beben ei ſich iſt, im fich zurüd, Die
rodufte dieſer triadiſchen Forticreitungen, bie
ihrem Grundgebanlen rg an die Hegelihe Dia:
lettit erinnern, find das Vegrenzende, das Unbe-
grenzte und die Vereinigung beider; aus dieſer
erften Trias entfteht die zweite, Sein, Leben, Ins
telligenz, welche lehtere das Prinzip der Rü in
das Cine enthält. Im weitern Yortichritt verliert
ih P. in eine weit ausgeführte Dämonenlehre,
und aud bei ihm fällt die Spekulation mit dem
Aberglauben und der Schwärmerei des Zeitalters
zufammen. P. ftarb 485, Seine Werle haben
Prokne — Prokopius
Couſin (6 Bde., Par. 1820—25; neue Ausg., Par.
1864) und Creuzer (3 Bde., Drf. 1835) herausge⸗
eben. Seine Biographie von Marinus ift von
oiffonade (Lpz. 1814) herausgegeben. Bol. 4.
Berger, «P., exposition de sa doctrine» (Bar,
1840); Kirchner, «De Procli neoplatonici meta-
physica » (Berl. 1846).
ofne, |. Philomela.
ofne, der 194. ae Ä u. Planeten,
rofonfuln und Proprätoren hießen bei
ben Römern namentlid bie Statthalter der Pro:
vinzen. Schon in frühern Zeiten wurde öfter er
Behuf ber —— rung, — in einzelnen Fällen,
einem Konſul oder Brätor na Ablaur feiner Yimts-
zeit das Imperium auf Antrag des Senats durch
einen Vollsbeſchluß, bernah auch durch einen
bloßen Senatsbeſchluß, a wovon dad erſte
Beiipiel das des Konſuls Quintus Bublilius
Philo (f. d.) 327 v. Chr. war. Daraus bildete ſich
fpäter ein regelmäßiges prokonſulaxiſches und pro:
prätorifches —— 8 meiſt einzelnen aus der
Zahl der — Magiftrate, ausnahmsweiſe
vom Vollke auch einem Privatmann, wie dem Pu:
blius Cornelius Scipio 211_v. Chr., übertragen
ward, Als in der fpätern Zeit der Republit ie
anfangs wegen ber PBrovinzialverwaltung in grö:
Berer Anzahl erwählten Prätoren (f. d.) ide Amts:
ahr glei den Konfuln (f. d.) in Rom zubrachten,
Io wurde es üblih, daß biefelben nach Bekleidung
ihrer Magijtratur als Broprätoren in bie Provinz
en gingen. Dies wurde dann durch Sulla Gefeh,
odaß nunmehr regelmäßig Prätoren und Konfuln
als ſolche ein Sahı in Rom, das darauffolgende
als Broprätoren und Profonfuln in den Provinzen
fungierten; feit 53 und 52 v. Chr. aber und, nad;
dem Cäjar diefe Beitimmung aufgehoben hatte,
hernach wieder in ber Kaiferzeit, mußte eine Zwi:
fchenzeit von —*— Jahren wiſchen Konſulat und
rätur und Prokonſulat und Proprätur eintreten,
n der Kaiferzeit führten alle Statthalter der ſena—
toriihen Provinzen (f. d.) den Titel Proconsules,
die der faiferlihen, welde ihr Amt im Auftrage
de3 Kaiſers ausübten, den Titel Legati Augusti
pro praetore, mochten fie von gewefenen Konſuln
oder Prätoren verwaltet werden. Ausgenommen
war jedoch Aanpten, das unter einem Bräfelten
ftand und gewiſſe Heinere Provinzen von eigentüm:
lihen Berhältnijien; bier hießen die Statthalter
Procuratores,
Profopins (Andr.), der Große ober der
Kahle (Holy), berühmter Hufiitenführer der er:
tremften Richtung, war der Schweiterfohn eines
prager Edelmanns, der ihn aboptierte und ftubie:
ren ließ. Mit diefem machte er Reifen nad Frank—
rei, Spanien und Jtalien, aud) nad) Jeruſalem.
Nach der Rüdlehr zum Priefter geweiht, eilte er beim
Ausbruch des Suffiten ampfes zu Ziska und wurde
Hauptmann. Nach Zistas (1424) und des Bohu:
ſlaw von ig —— 1425) Tode wurde P.
von einem Hauptteil der Hufliten (f. d.), den Ta:
boriten, zum Führer erwählt und verwüftete nun
zunächſt Oſterreich, eroberte 1426 die von ben
Meibnern bejegten Orte Dur, Teplitz, Bilin und
Leipa le nie Auffig. In der blutigen
Schlacht bei Auſſig, 16. uni 1426, vernichtete er
ein meißniſch⸗ſächſ.thüring. Heer und eritürmte
und verbrannte die Stadt. Hierauf trieb er die
Oſterreicher aus yore und verwüſtete im Früb:
ling 1427 Öjterreidh bis an die Donau, Inzwiſchen
341
hatte ein anderer Haufe Taboriten, die ih Walfen
nannten, unter dem Prieſter Procupek oder Pro:
topius dem Kleinen die Lauſih verbeert und
Lauban verbrannt. Mit ihm vereinigt, drang nun
P. plündernd in Schlefien vor. Als die Deutichen
in Böhmen eindrangen, wurde das von ihnen be:
lagerte Mies ohne — 2. Aug. 1427 entſeht
und das deutiche Heer auf dem Rüdzuge geichlagen;
bierauf nahm P. Tahau mit Sturm. Dann zo
er (1428) verwültend durch Schlefien, Mähren un
Ungarn bis vor Preßburg, und nur bie befeftigten
Städte, wie Neiſſe, Brünn u. f. w., widerſtanden
ber huffitif en Wut, Bon 1429 bi3 1430 vers
müjtete P. Meißen, Sadien, Mähren und Schle—
fien. Ein Kreuzheer von Reichsſtruppen drang un:
ter dem Rurfürten iedri I. von Brandenburg
im Aug. 1431 in Böhmen ein und belagerte Taus,
ergriff jedoch, al3 P. heranzog, die Flucht (14. Aug.
1431). SHierauf_vertrieb des P. Unteranführer,
rofopius der Kleine, ben Herzog Albredt von
fterreih aus Mähren, P. felbit aber die Sachſen
aus Böhmen, worauf er in Schleſien eindrang.
Bereinigt plünberten und verheerten beide B. Uns
garn bis jenjeit der Wang; jedoch ——
bogen fie 1432 durch die Laufik und die Mark
tandenburg bis Frankfurt a. O., mußten aber
endlich auch bier zurüdweiden, worauf fie I
trennten. P. fiel abermals in Schlefien ein, nahm
Breslau durch Überfall und bewilligte dem Lande
für eine große Geldſumme einen zweijährigen
Waffenſtillſtand. Sodann wendete er fih nad
Sachſen und ſchlug ben Herzog von Bayern, wel:
her mit dem Hurfürften von aa Leipzig dedte,
bei Taucha, das er verbrannte, Auch Sadjen ers
—* mit 9000 Dulaten einen zweijährigen Waf:
fenitillitand. Endlich brachten die Bäter des ton:
ziliums zu Bafel es dahin, daß die Huffiten acht
Abgeordnete, unter ihnen auch P., nah Baſel
ihidten, wo fie 1433 anlangten, aber nad)
50tägigem erfolglofen Disputieren wieder abjogen.
Mit ihnen fchidte das Konzilium zehn berühmte
Theologen und einige fürjtl. Abgeordnete nad
Prag. Hier Biere man fich in mebren Bunlten,
worauf in Bajel die theol. Verhandlungen zu
einem —* führten, den ſog. * er Kompak—⸗
taten 30. Nov. 1433, durch welche di Suffiten den
Genuß des Kelchs im Abendmahl erhielten und die
Böhmen für die «erften Söhne der kath. Kirche»
erklärt wurden, Nur die beiden P. mit den Tabo:
riten und Waifen und viele Stabtgemeinden woll-
ten ſich nicht fügen; daher entitand num zwiſchen
diefen und den Galirtinern ein mörberijcher Kampf.
Nach mehrern Gefechten fam es unweit Böhmijch:
brod, bei Lipan 30. Mai 1434 zu einer entſcheiden—
ben Schlacht, in welcher die Taboriten vollftändig
befiegt wurden und beide Brofope fielen.
Prokopius, aus Cäjarea in Baläftina, daber
Caesariensis genannt, ein — Geſchichtſchrei⸗
ber aus dem 6. Jahrh. n. Chr., begleitete den
Beliſar ſeit 526 n. Chr. auf —— dzügen als
Geheimſchreiber, lehrte dann zu — 55 —
die Berebſamleit und wurde vom Kaiſer Juſti—
nian I. zu hohen Staat3ämtern (unter anderm 562
zum Praefectus urbi) erhoben. Grhalten find von
ie mehrere wertvolle hiſtor. Werte, die nad) dem
orbild des Herodot in einer noch ziemlich quten
Sprache und mit großer Unparteilichteit und Wahr:
rg verfaßt find, namentlich bie Geſchichte
einer Zeit, in acht Büchern, die eine Beſchreibung
342
ke Yuftinians mit den Berfern, Ban:
dafen, Mauren und — enthält und um 555
n. Chr. —— wurde; ferner unter dem Titel
«Ktismata» aedificils) eine Schrift über bie
vielen unter —X neu errichteten und wieder⸗
ten Bauten, in ſechs Büchern, die um 560
verfaßt wurde und gewöhnlich unter der Auffchrift
«De aedificiis Justiniani» angeführt wird. In ben
* gg Kanten Tode herausgegebenen aAnecdota»
historia» macht er feinem Groll
Aber die Defpotie des Kaiſers und der Theodora in
= er Weile Luft. Die befte Ausgabe ſämtlicher
e bejorgte W. Dindorf (3 Bde., Bonn 1833
—38), eine bejondere Bearbeitung der «Anecdota»
Nr Drelli (er. 1827) und eine gute deutſche
berfegung der Gejchichte feiner get ed
(4 Bde. Green. — ol. Dahn, «
von _ .
rn . ber gewaltſam Aus:
redende) M ber ie es Räubers Damajtes
oder Polypemon in Attila, ber alle Reifenden , bie
in feine Hänbe fielen, in fein Folterbett legte "und
die zu kurz _b nbenen & Tode ftredte, den ie
langen das Übermaß der Ölieder abhadte. Schli
lid brachte ihn Theſeus (f. “ auf diefelbe We se
um, PBrofruftesbett braucht man daher ſprich—
* — wangslage.
—— (grch.), Eins am After; Brof:
ins "Mait armentzündung; Broftocele, Mait:
barmbruc, Aftervorfall; PRroftön cus, Afterge:
— —BV einer, der in:
olge von After: oder Unterleibs eiden Eriheinun:
en hat oder Gefpenfter fieht (in Goethes «Fauft») ;
Nrottoplaftif, tünftlidhe Aterbildung; Prof:
torrhagie, Maftdarmblutung; Proktorrhöe,
— Brottofpasmus, Haft.
darmlra Broktoftenofe, Maftdarmverenges
Elm, Maftdarmichnitt.
tulejaner, |, unter Sabinianer.
Brofica (lat.) bedeutet Bollmadht, im engern
Einne aber die ausgedehnteſte, dem Umfang nad
ſetzlich beftimmte, hg: unbeichränfbare Wollmanıt,
welche ein Prinzipal feinem Handlungsdiener er:
teilen kann, indem er ihn zum Disponenten ernennt
und In bevollmä ot, die Firma «per procura »
zu zeichnen (Hande efepbuch, Art. 41); * Dis⸗
ponent wird dann Meokurift genannt. Der Pro:
kurift ift zu allen Rehtshandlungen bevollmädhtigt,
welche der Betrieb irgend eines Handelsgewerbes
mit jich bringen kann, daher ijt er lediglich zur Ber:
äußerun * und Bela tun von Grundjtüden nicht
befugt (Art. 42). Die wird in das Handels:
regiſter eingetragen und der Brokurift bat vor dem
Gericht die Firma und feine Namensunterfchrift zu
zeichnen (Art. 45). Eine P., welde an mehrere
eig gemeinſchaftlich erteilt wird (4. B. an die
attin des — und an einen Handlungs⸗
diener), heißt Kollettivprofura.
Profuration (lat.), einer der verſchiedenen
Ausdrüde für Auftragsbeforgung, Stellvertretung,
wird hauptſächlich für diejenige Form der Ehe:
Ihließung Pen fürftl. Berfonen verwendet, wo
ein Bevol arg er ih ſtatt des abwejenden
Bräutigams mit der Verlobten trauen läßt und fie
dann dem durch P. vermählten — zu⸗
ührt. Gewöhnlich findet Her —* nochmalige Ein⸗
egnung des Paares ſtatt. Früher war dieſe Art
von Ceremonie ai fürftl. Perſonen allgemein
gebräuchlich und wurde in der ältern Zeit fogar
Profruftes —
Brolepfis
dabin ausgedehnt, daf der ai rn mit der
ihm an t B dem gelam
Ser me — u nn
eide auf einem R ſich niederl en und ein
blo chwert zwifchen ſich hatten. i
dieſe Geremonie ae Gebrauch gelommen.
ofurätor (lat. it im allgemeinen zur
Bejorgung fremder Angelegenheiten cn den A
tigte. Die Römer erteilten diefen Namen ben
jebern über Landgüter und den Berwaltern
Einkünft * = oo 2 des Senats und der
in den e auch bisweilen die S
der —2 wg ri on in kleinern Provinzen,
oder in fo no vertraten, welche einen Zeil der grö-
bern ausmachten. Gegenwärtig verfteht man unter
. denjenigen, - —— einem andern durch eine
den Auftra Big — gerichtliche
Es au —* Seichäfte r NER
Da der B — der
und ſie i 'defien # amen leitet, 4
durch Beibringu ———— t ——
u beweiſen, daß er von demſelben zur Beſorgung
Be: Angelegenheiten ie —— * von einer
Gemeinde beitellte P. heißt Syn dikus.
In der franz. Geri —— ſind ——
die Beamten des öffentlichen Minifteriumß,
Staatdanwalte (f. u. er
In Hlöftern wird der Konventual, ——
olonomiſchen und andern weltli en Ang
u beforgen bat, Pater Brolurator oder Ho
h terfhofner genannt.
* uratorvon San-Marco war ber Ti⸗
tel der vornehmiten Staatöbeamten Fe rn
Venedig. eben den neun wirtfihen ®.
denen der Doge gewählt wurde, gab es nod Rn
Titularproturatoren.
rofurift, ſ. unter Brofura,
ofuror (vom frz. procureur), im Ruffif
Staatsanwalt. Dieſes Amt wurde zuerſt von
ter d. Gr. verwandt und in moderner, bem
Inftitut nachgebildeter Form du
— von 1864 eingeführt. (S.
Proläpfus (lat.), der Vorfall,
treten innerer Körperteile, ſodaß diefelben mit ——
äußern Luft in unmittelbare Berührung fommen.
{ber den P. der Scheide und Gebärmutter f. unter
Gebärmuttertrantheiten, über den P. des
Maſtdarms ſ. Maftdarmvorfall,
Prolegomena erh), — das Vorher⸗
geſagte, bezeichnet bei den Neuern eine
oder Einleitung, befonders zum Vortrag einer Wif-
ſenſchaft, um die Vorbegriffe derjelben zu en
oder Namen, Begriff, Einteilun * dal. Mar
ſtellen. In diefem inne fchrieb
berühmten «Prolegomena» zu ——
die urjprün —* und echte Geſtalt, über * —*
ſchiedenen Veränderungen und die Art der Ber:
befierung der Homeriihen Dichtungen
wird, und O. Müller die «P. zu einer
lichen Moytbologien.
Brolcpfis je
grch.), das —— eines
Krankheitsiymptoms, namentlid beim Wechſel⸗
fieber; in der Nhetorik die —— Beant⸗
wortung (Anticipation) eines möglichen Einwurfs
in der Botanil die Erſcheinung, wenn bie jet
nächſte Jahr angelegten Knoſpen ſchon in
ben Sommer zu einem beblätterten
wideln; proleptiſch, vorgreifend, ad
mend, vorbeantwortend.
Proles — Prometheus
Proles heißen in der Botanik verfchiedene
Sproßarten, beſonders aber die jog. Zwiebelbrut,
die ſich aus den Achſeln der Zwiebelblätter ent:
widel nden wiederum zwiebelartigen Sproſſe.
letarier (lat.) hießen nad der Genfusein-
tung bes röm. Königs Servius Tullius alle
—— „ann welche nicht mehr den niebrig:
—5 Vermögensſaß der fünften Klaſſe (12500 As)
und eine einzige J—————— in den
192 che der in den —— er en enthaltenen
Bürger und Ritter bildeten. ame wurde ab:
— von proles, d. i. Nadtemmenide t, weil
e ®. allein durch dieſe dem Staat n ich fein
—— neuerer Bei bat man den Be auf
e befigloje, nur auf die Lohnarbeit angewiefene
Ka e ber bü —— Geſellſchaft angewendet.
roli, Seltierer, ſ. unter Rapp ei;
oliferierend nennt man in der Botanik einen
Laub: ge an an welchem abnorme Ber:
a oder Knofpenbildungen auftreten. Diele
Me be enge ehört ..
u isbildungen und ibr re Urfa
lönnen erfdhiebenartiger Natur fein. (
Mißbi ——
er (orö. ), eigentlich Borrede oder Vorwort
haupt, bildete im Drama der Alten den erften
Teil der u den vor dem erften ———
pur diente ep dem ag die Du inge
uf ‚ die zu erwartende Handlung
—— ns die Scene zu je — wo die
— ftattfinden follt gewöhnlichen
e der P. zuerit von Thespis,
rheber —8* Trauerfpiels, um 530 v. Chr.
un und Arne nur von Einer Berfon
Doch behielt man diefen Namen aud
‚ al3 der Chor feit = ylus die Handlung des
Stüde durch eine Erzählung eröffnete.
Eine Erweiterung u der bejonders durch
Euripides, der ihn ala eigentliche Einleitung in
die dem m Stüds untergelegte Fabel betrachtete, um
biefe dem Zuſchauer zu erflären oder bis dahin zu
—— wo die Handlung ihren fand nimmt.
tem kann der . auch die Verhältniſſe des
ichter8 Sa Schau pielers zum Rublitum be:
& : nee ören —* By: ei m.
erenz und au nige engliſche, je illers
—3 zum « Wallenftein» und Goethes « Vorſpiel auf
dem — zum «Fauft» und «Was wir bringen»,
pt auch der B. bei außerordentlichen or
laffungen oder feierlichen ——— 3. B. b
dem tage eines berühmten Dramatiters,
bei Hoffeften oder bei Eröffnung einer Bühne der
rung vorangejdidt, um die Bedeu:
vie de
des Tags eibrin (id) auseinander un —*
I vo lat) erlängerung,, bezei net
—— ändigung, wonad) ein redht:
s ie bie urfprüngliche Zeitdauer
5 e —“ * — leit
Geſtundung ung für noch einige Zeit
—— erklärt wi Ob foldenfalls juriftisch
Schuldneuerung (fog Novation) vorliegt oder
———— ve einzelnen Falles. Im Wechiel:
eine P. nur Wirkungen zwijchen dem
’ welcher die Geftundung bemwilligt,
und Vezogenen, ſodaß jener, wenn er am
—— alltage den Wechfel vorlegen und
—* ichtzahlung Proteſt (. d.) er —— läßt
die B eher, von denen das Papier au
ihn übergegangen ift, mit der Regrehllage in An:
343
fprud) nehmen kann. (5. Negreh.) Dafür
aber auch felbft eine id dem Wechſel Ba du
P. nichts Verpflichtendes für Dritte, an welche das
hir ier weiter begeben wird, Diefe find alfo zur
ablungsforderung am ——— berechtigt. Ahr
gens wird die P. am einfadhiten erelion Ausitellung
einer neuen Wechſelurlunde ade
Seren essen, efchäft, f. unter Feittauf.
— Y.,b.i. erlängerung) beißt
eine 1876 vom ——— abrilanten Friedrich
Ehrbar in Wien erfundene Verbeſſerung des Kla—
—— welche den Spielenden in den
Stand jeht, einen Tom oder einen ganzen Kompler
von Tönen alfo einen Accord) beliebige Zeit nad):
lingen zu laſſen, während alle übrigen der Dänt;
plung unterworfen bleiben. Das P. ift ein über
er gewöhnlichen Dämpfung befindliche er, einer zwei⸗
ten obern Dämpfung ſcheinbar glei nder Meda:
nismus, der durch ein neben dem gewöhnlidyen
|; der eerfeiebunge) angebradhtes Pedal, das
rolongementpedal, dirigiert wird,
Prome, Dijtrilt der Divifion Begu der Provinz
. | Britifch-Birma in —— zählt auf 7477 qkm
(1872) 274872 E, Die Hauptitabt Rt Na:
mens, linl3 am Irawadi, * urch Eiſen⸗
bahn verbunden, m 831157 €. und ijt von bedeu⸗
tender Michtigteit ür den Handel nad) Oberbirma.
Promemoria (lat., «zur Erinnerung»), Gin:
gabe an eine Behörde, einen Borgejebten; auch jo:
viel wie Memorial.
zomefie, Öeuerbricf f.u.Heuergefdäft.
metheus (d. i. nad der Etymologie der
Alten Gelbft ber —— Vorausblickende) iſt
in der griech. Mythologie ein Sohn des Japetos
und der Klymene, neben welcher auch Themis oder
Afia als feine Mutter genannt werben. Seine
Brüder in Atlas, Menoitios und Epimetheus;
mit der Bandora oder einer andern erzeugt er den
Deulalion, mit der —— den Hellen. Haupt:
—— für feinen Mythenlreis find nme und
Uſchylus, der benfelben! in einer Trilogie behandelte,
aus welcher aber nur eine a or «Der ee
P.», volljtändig erhalten ift. Dieſe galt früher für
die mittlere, wird jeht aber wohl mit Recht viel:
mehr j die erite gehalten, während bann der «be:
Ir .» bie mittlere, der «feuerholende B.» die
F Tragödie der Trilogie war. Nach Ü hylus
i P. einer —* No ai in Dee 2 den *
— * zu ziehen ſich anſchiden, wir von ſeiner
Mutter Themis belehrt, daß nur durch Lift der
Sieg erfochten werben könne. P. ſucht die Titanen
in diefem Sinne zu überreden und fchlägt fi, als
diefe auf Anwendung von Gewalt ae ur
Partei des Zeus, der nun durd die Mu N:
läge des P. fiegt und ben väterlichen T uch be:
teigt. Allein jet zerfällt P. mit dem neuen Ober:
aupte der Götter, weil, wie er bei dem Dichter
agt, bei Verteilung der Güter der Welt das Ge:
Het der Sterbliden nicht nur nicht berüdjichtigt,
9 ern fogar vertilgt und ein neues Gef let
babe geſchaffen werden follen. Da habe er allein
die Menſchen vom Untergange gerettet, das Feuer
feinen ———— mitgeteilt und ſie unterwiejen,
es zu gebrauchen. Zeus rächt fi an dem Ber
wegenen, indem er ihn von Hephaiftos und beffen
Dienern Kratos und Bia an einen Felfen des Haus
tafus anſchmieden, pl hlen und endlich von einem
Adler feine ftet3 wieder nachwachſende Leber zer:
fleifhen läßt. Lange Zeit muß P. diefe Pein
344
leiben; er trägt fie aber ſtandhaft und trobt allen
Drohungen bes Zeus, da er weiß, daß und warın
er befreit werben wird, fowie dab auch Zeus, wenn
er mit einer nur dem P. bewußten Göttin (Thetis)
einen Sohn erzeugt, von dieſem geltürzt werden
wird. Endlich fommt Heralles zu ihm, erlegt den
Adler und erlöft den Dulder, und zwar mit Zeus’
Suftimmung, nachdem P. fein Geheimnis enthüllt
—* P., der zum Andenken an feine Schuld und
trafe einen eijernen Ning am Finger und einen
Lygoskranz auf dem Haupte tragen muß, kehrt in
ben Olymp zurüd und lebt fortan als weifer Rat:
geber mit den Göttern. Er foll aud nad Apollo:
dor die Geburt ber Athene aus dem Haupte des
Zeus durd Spaltung deöfelben ermöglicht haben.
Nach Hefiod unternahm es P., als ſich die Göt:
ter mit den Menfchen zu Melone, dem fpätern Si:
fyon, wegen ber ihnen gebührenden Zeile vom
Dpfertier auseinander zu ſetzen fuchten, den Den:
ſchen das beſte Teil zuzumenden, indem er die Göt:
ter betrog. 838 der den Menſchen nicht wohl
wollte, ließ ſi abſichtlich betrügen und ſtrafte nun
den P. und die Menſchen, indem er diefen das
ya vorentbielt, nad) defien Naub dann P. jene
Bein erdbulden muß, bis hernach Heratles * er⸗
löft, während die Menſchen mit der alles Unheil
über fie bringenden Pandora (f. d.) heimgefucht wer:
den. Spätere Dichter lafjen den 8; aud den Men:
ſchen erfhaffen. Er formt ihren Körper aus Lehm
und mit Benußung mander Teile und Eigenſchaften
von Tieren. Sodann befeelt er die Geftalten felbit
oder erlangt die Bejeelung von wohlwollenden Göt⸗
tern, wie von Ballas Athena. —** iſt der My⸗
thus von P., ſowohl von Dichtern als Philoſophen,
je nad) ihrem Zwed und Bedarf modifiziert worden.
Uriprünglid iſt P. ohne Zweifel ein mächtiger
wobhlthätiger Seuergott, der den Menſchen im Blik
das Feuer vom Himmel gebracht hat, und dem fie
dann den Gebrauch desjelben bei den Opfern, wie
im Dienfte des täglichen Lebens verdanken. Er it
ein Wohlthäter der Sterbliden: er gibt ihnen das
Feuer, die Grundbedingung menſchlicher Kultur
und Gefittung, und er hebt fie zu höherer Weisheit
und Erkenntnis. Aud) leidet er für fie ſchwer und
willig im troßigen Gegenftreben wider die herr:
ihenden Götter. P. wird dann zugleich der Ne:
präjentant des ftrebenden Menjchengeijtes, ber in
nie raftendem Grfindungstriebe die Natur und ihre
Clemente fich dienftbar macht.
Die bildende Kunft hat die Ginzelgeftalt des P.
nicht zu einem Idealbild erhoben, wohl aber ift fein
Mythus in den verfchiedeniten Phafen zu einem
Lieblingsgegenftand derjelben geworden. Am voll:
ftändigiten gibt den Kreis der Mythen von P. im
Sinne der |pätern Zeit ein berühmter Sarkophag
im Mufeum GCapitolinum: Bildung des Menichen
durch P., Beſeelung dur Athena, Tod, Heim:
führung der Seele durch Hermes, Schmiedung der
‚selleln des P. in der Schmiede des Hephaiftos,
efreiung durch Herakles.
Bol. Welcker, «Die Üſchyliſche Trilogie P.»
(Darmit. 1824; Nachtrag, Frankf. 1826); Weiske,
«PB, und fein Mythentreis» (herausg. von Leyſer,
it 1842); Lafaulr, «P., die Sage und ihr Sinn»
(Würzb. 1845); Schömann, «Des Aſchylus gefej:
jelter B.» (Greifsw. 1843); Milhhöfer, «Befreiung
des PB,» (Berl. 1882). Im Zufammenbang mit
den verwandten Sagen wurde der Mytbus von
Adalbert Kuhn (f. d.) behandelt.
Pro mille —
Pronomen
Pro mille (lat.), für Taufend oder im Berhält:
2 — beſonders ber Preis für 1000 Stüd;
0
Promittieren (lat.), ver ; Bromif:
fion, Beripreden; et oriſch, ein Per:
ſprechen madend oder enthaltend; Promiſſo—
rium, ſchriftliche Sufage,
Promontorium (lat.), Borgebirge, in ber
Anatomie die vordere, in bie Höhle Heinen
Bedens vorjpringende Flach⸗ des obern Kreuzbein⸗
endes; auch ein Heiner Knochenvorſprung in der
Paukenhöhle, unmittelbar unterm ovalen Feniter.
Promotion (lat., d. h. Beförderung) wird
auptſächlich von ber Beförderung zu akademiſchen
ürden gebraudt. Daher Iapt man von einem
Gelehrten, daß er ald Doktor, Magiſter u. ſ. w. pro:
moviert worden fei. (S.Doltor.)
Promp nm ober Bromtuarium (vom
lat, * früher häufig Titel für Bücher, in
welden eine Wifjenfchaft volljtändig zum nn
Nachſchlagen dargeitellt ift. Berühmtheit ei ben
Juriſten erlangte 3. E. J. Müller «Promptuarium
Juris novum etc.» (7 Bde., Lpʒ. 1792—97).
Promulgieren (lat.), öffentlich befannt machen,
namentlich ein Gefeß; bavon Bromulgation.,
‚Pro mundo (lat.), «für die Reinjdrift», in
Liquidationen über Gericht3:, Rechtsanwalts⸗ oder
fonftige —— rg
oelium, botan. Bezeihnung für die
kurzen Mycelien, bie bei einigen De bei ben
Uredineen und Uftilagineen als Keimfhläuce aus
ben Sporen bervortreten und an ru Enden Heine,
fofort feimfähige Sporen, To0, zer hun: ab:
Ihüren, (Bol. Urebineen, Ujti —— Fr
8. e u. ”
Tafel: Pflanzenkrankheiten,
——— .), Tempelvorhalle.
onation (lat.), Ginwärtsdrehung, diejenige
Bewegung des Vorderarms und der Hand, infolge
deren der Handteller nad hinten, der Daumen
nad) einwärts zu ftehen fommt, im Gegenjaß zur
Supination, burd welche ber —— nach
vorn, der Daumen nach auswärts kommt. Die P.
erfolgt durch zwei Musleln, — — auch
Pronatoren heißen; der eine, Pronator teres,
verläuft vom innern Knorren des Oberarmbeins
ra⸗ nach auswärts und abwärts zur Speiche,
er andere, P. quadratus, dagegen dicht oberhalb
des Handgelent3 von ber Speihe zum Ellbogen.
Pronomen (lat.) oder Fürmort iſt ber zujam:
menfafjende grammatiihe Name für eine Wort:
Kaffe, die urfprüngli g dene Glemente
enthält. Das eigentlie P. auch P. substantivum
genannt, dient in der Rebe dazu, ben Namen eines
Gegenftandes, aljo ein Subjtantivum zu erjegen,
und unterſcheidet id vom Nomen durch eine eigen:
tümlihe Art der Deklination, die man erkennt,
wenn man 3. B. im Deutichen bie Dellination von
«der, die, dad» mit ber Deklination von « Dann »
oder andern Gubjtantiven vergleicht. Je nach der
Beziehung, in der die Pronomina — wer⸗
den, teilt man fie in verſchiedene Klaſſen: das P.
personale «id, du», welche beide als ungeſchlech—
tige, d. b. das grammatifche ** nicht unter:
ſcheidende Formen dem P, personale der britten
Perſon: «er, fie, e8», welches die drei Gejchlechter
unterſcheidet, gegenüberitehen; P. demonstrativum,
welches auf einen Gegenftand hinweiſt, 3. B. aber»;
P. interrogativum oder Fyragepronomen, 3.
«mer?» P. relatirum, wodurch eine in einem neuen
Pronomination — Propellerſchraube
Sage enthaltene Ausfage auf ein Clement eines
andern Saßes bejogen wird; P. reflexivum, wel:
ches fi auf das Subjekt eines Sapes zurüdbezieht,
B. «er ärgert ih». Das im deutichen «fich» ent:
En B. bejo ſich urſprünglich auch auf die erſte
und zweite on, Dieler Gebraud) ift dem Deut:
fchen verloren gegangen, baher «ich ärgere mich, du
HR dih». Jede Sprache befist außerdem eine
Anzahl als Pronomina deklinierter und gebraud;:
ter abgeleiteter Formen, bie teilweife unter bie an:
gegebenen Kategorien fallen, bemonitrative: 3. B.
edieſer, jener, foldher» u. a., relative: «welcher», teil:
weije adjektiviiche Bedeutung haben, wie « meiner,
deiner» u. f. mw. Lebtere, weil fie den Befi an:
zeigen, heißen Pronomina possessiva. Außerdem
ilden die einfachen Pronomina die Grundlage für
eine große Anzahl fog. Adverbien; im Deutſchen
find 3. B. «wo, da, je» u. a. ſolche Ableitungen.
Bronomination (lat.), Redefigur, beftehend in
ber Umicdreibung eines Eigennamens durch eine
den Träger derjelben hezeichnende Wendung, 3. B.
der Sieger bei Roßbach, ftatt Friedrich II.
Prouoneiert (frz.), ausgeſprochen, ſcharf auds
geprägt, deutlich hervortretend. e
Pronunciamento (pan.)beihtin Spanien und
den amerif, Republiten ſpan. Zunge eine öffentliche
Kundgebung gegen die — egierung, wel
zugleich das Signal zu einem Aufitand gibt.
ony (Gaspard Clair Frangois Marie Riche de),
— eh, Ingenieur, geb. zu Chamelet
im Rhöne-Departement 22. Yuli 1755, wurde 1780
Unterfriegsbaumeifter, 1783 nad Paris berufen,
um Berronet und Chejy in ihren ſchwierigen Arbei:
ten zu unterjtügen, und 1785 Safenbeamter in
Dünkirhen. Im J. 1791 zum Jngenieursen:Chef
u Perpignan ernannt, erhielt er Me in bemfelben
ahre die Direktion des neueingeridhteten Steuer:
weſens, wurde 1794 Profeſſor an der Polytedh:
niſchen Schule, 1798 Generalinfpeltor und in dem:
felben Jahre Direltor der Baualademie. Sm J.
1828 zum Baron und 1835 zum Pair erhoben, ftarb
er 29. Juli 1839. Von B.3 zahlreihen Werken find
u nennen: «Nouvelle architecture hydraulique»
2 Bde., Bar. 1790—96), «Cours de mecanique,
concernant les corps solides» (2 Bde., Bar. 1815),
«Description hydrographique et historique des
Marais Pontins, etc.» (Par. 1823, nebft Atlas),
«Notice sur les grandes tables logarithmiques et
trigonometriques, adaptees au nouveau systöme
mötrique döcimal» (A 1824), worin er über die
unter feiner Zeitung feit den eriten Jahren der Res
volution im Auftrage der Negierung beredneten,
17 Foliobände füllenden logarithmifchen Tafeln bes
richtet. Auch wurden von P. viele öffentliche Bau:
ten, beſonders Wafjerbauten, in Frankreich und
Stalien ausgeführt.
Pronyſcher Zaum, ein nach dem Erfinder bes
nannted Dynamometer (f. d.).
Prodminm (grd.) nannten ſchon die Alten im
allgemeinen teils den Eingang einer Rede ober
eines Gedichts, teild das Vorjpiel in der Mufit,
insbejondere aber eine eigene Gattung Heiner Iy:
riſcher Gejänge, bie vor einem gröbern Hymnus
angeitimmt und mit der Zeit von muſilal. Dichtern
zu jelbftändigen Ganzen ausgebildet wurden,
opädentif (grich., d. i. Vorbereitung oder
Vorübung) nennt man den Inbegriff der Kenntniſſe
und geijtigen Übungen, die zum Griernen einer
Wiſſenſchaft oder Kunft nötig find,
345
‚ Propaganda (lat.), eine für die Verbreitung
einer Lehre wirlende —— t; in der röom.lath.
Kirche fpeziell die zur Ausbreitung des Hatholizis-
mus begründete, mit den Miifionen (f. d.) verbun:
dene große Anftalt, welche in der von Gregor XV.
1622 geitifteten Congregatio de propaganda fide
ihren Centralpunft hat. Diefe Kongregation der P.
ift ein gegenwärtig aus 30 Hardinälen und 2 Präla:
ten, die vom Papite auf Lebenszeit ernannt werden,
beſtehendes Kollegium, welches die Aufgabe bat,
die Verbreitung des kath. Glaubens und die Aus:
rottung der eher zu leiten, Urban VIII. verband
damit 1627 das Collegium seu seminarium de
propaganda fide, eine Bildungs: und Vorberei-
tungsanftalt für Miffionare. Die Kongregation
verjammelt ſich wöchentlich einmal in Gegenwart
des Papftes. Ihr Hauptfeit begeht fie 6. Jan.,
an weldem eine Alademie gehalten wird und die
aus den verſchiedenſten Ländern gebürtigen Zög—
linge de3 Kollegiums in ihren Landesipracdhen Re—
den halten oder Gedichte deflamieren. Sie ijt im
Beſitß eines eigenen fehr ſchönen Palaſtes und bat
eine dur ihren Reichtum an Drudſchriften be:
rühmte Druderei, welche die ferniten Yänder mit
Breviarien, Mepbüchern und Traktätchen in ihren
Landesipraden verfieht. Alle Länder find von de
in Provinzen geteilt. In enger Verbindung mit ihr
ftehen die jefuitiihen Seminare oder Kollegien,
wie das Collegium Germanicum und Hungaricum
in Rom, das Collegium Helveticum in Mailand,
Bei weitem bie en der Mitglieder ber B.
find Priefter, größtenteils Jeſuiten und Franzis:
faner. Die Vermittler zwiſchen der P. und den
Biſchöfen find die Erzbiſchöfe, wo dieje fehlen, die
jtehenden väpfil- Nuntien oder bejondere Delega:
ten. Vol. Meijer, «Die B., ihre Provinzen und
ihr Recht» (Gött. 1852). Se j
Proparorhtöndn (grch.) heit in der griech.
Betonungslehre ein Wort, welches den Acutus auf
der drittlegten Silbe hat, 3.B. Pfaop.ev awir tragen».
Pro patria (lat.), «fürd Vaterland»; Bro:
patriamenfur, ein ftudentifches Duell, welches
ein oder mehrere Vertreter einer Verbindung, im
Namen derjelben mit ebenjo viel Vertretern einer
andern eingeben. , j
Propeller (hydrauliſcher), ſ. Hydrauli—
ſcher Propeller.
Propellerſchraube (engl. screw-propeller;
urſprunglich vom lat. propellere, forttreiben, fort:
ftoben) nennt man die archimediſche Schraube in
ihrer Anwendung ald bewegende Straft bei Dampf:
ſchiffen. Die P. oder der Schraubenpropeller, auch
furzweg Propeller genannt, befteht aus zwei, drei
oder vier jhraubenartig oder, wenn man jo jagen
will, windſchief gebogenen Flügeln, die, ähnlich wie
die Nuten einer Windmühle, mit einer Nabe an
einer horizontalliegenden Achſe befeitigt find. In
der Regel tft die P. an dem Hinterende des Schiffs
in der ÜBeite angebracht, daß jene Achie, indem bie:
jelbe in der Nichtung des Kiels aus dem Hinter:
jteven des Schiffs hervortritt, an diefem ihrem ber:
vortretenden Zeile den Propeller trägt, der jeiner:
feit3 vermittelft der Achje durch die Dampfmaichine
des Schiffs in rotierende Bewegung gejeht wird.
Wenn von einem großen, zwei: oder breigängigen
Schraubengewinde, welches bis auf die Achie durch:
geführt iit, ein kurzes Ende abgeichnitten wird, jo
erhält man dadurch die Anficht des Propellers mit
den Flügeln. Die Steigung oder die Höhe des
346 Propemptifon
Gewindes biefer Schraube, wovon ber Propeller ein
Abſchnitt ift, richtet ſich nad der Geſchwindigleit,
die das Schiff erhalten foll. Als Bedingung für
den beiten dynamischen Effelt ift es erforderlich, daß
die Flügel des Propellers ganz unter Waſſer tan:
den, und da mit dem Durchmefjer des Propellers
aud der er wädjlt, fo erfordert diefer Motor
tiefgehende Schiffe, infofern die Ausdehnung feiner
5 el die Unterkante des Kiels nicht überfchreiten
* Die phyſil. Urſache für die Fortbewegung
des Schiffs dur diefen Propeller liegt in dem
ſchiefen Drude der Flügel gegen das Waller. Wäh—
rend die Achſe eine Umdrehung macht, bat die ge:
wundene anni bie Steigung des Schrauben:
windes einmal durchlaufen und, indem ihr das
Hafer als Widerftand gedient, das Beſtrehen ge-
äußert, nad Art einer gewöhnlichen Schraube, fi
um das Maß diefer Steigerung von der Stelle zu
bewegen. Da die P. jedoch ein integrierender Teil
des Schiffs iſt, fo iſt auch dies Veitreben des Fort:
bewegens auf das Schiff —— en. Bleibt der
Fortgang des Schiffs hinter dem Maße der Gtei-
gung zurüd, fo ilt diefe Steigung dem Verhältnis
nad) zu groß, und der Propeller gleitet um den ver:
lorenen Teil im Wafjer aus, welden Verluft man
mit Slip bezeichnet. Schiffe, die mit der P. ver:
fehen werden, behalten die ſchlanle Form eines
Segelſchiffs bei und tönnenaud) als ſolche mandvrie:
ren, welches bei Dampfidiffen mit Schaufelrädern
nicht der Fall ift. Gegenwärtig hat das Bedürfnis,
die Meere per Dampf zu durdfahren, die P. fo:
wohl für den Handel wie aud) für den Krieg ganz
allgemein zur Geltung gebracht.
en meiften Einfluß auf die Verbreitung ber P.
in England bat fi Francis Pettit Smith —* im
Febr. 1874) dadurch erworben, daß er mit einem
Shraubenf iffe von 6 Pferbelraft und 6 t Gehalt
die erfte Fahrt von Dover über den Kanal nad
Srantreih machte. Durch die Negierung aufge:
muntert, baute er 1838 den Ardiimedes, ein Schiff
von 80 Pferdelraft und 232 t Gehalt. Kapitän
Champel machte damit eine Reife um Großbritan:
nien. 9 neun Jahre ſpäter wurde die Anwen—
dung der P. allgemeiner, indem 1847 Brunel bei
dem im Bau begriffenen Great:Britain die anfangs
beabfihtigten Schaufelräder verwarf und dafür
Emiths ——— adoptierte. Was die Priorität
der Erfindung betrifft, ſo iſt neuerdings erwieſen
worden, daß 1812 der Deutichöfterreiher Joſeph
Reſſel (f. d.) die Idee der P. bereits ſehr richtig be:
arbeitete und zur praktiſchen Ausführung brachte.
In Oſterreich —2* ſich jedoch Reſſel für die Ent—
wickelung feiner Erfindung allerlei Hinderniſſe ent:
gegen, und er fuchte deshalb diefelbe 1829 in Frank—
reich zu verlaufen. Es iſt jo gut wie erwiefen, daß
man fich feitdem in Frankreich der Erfindung be:
mädhtigte, und daß ſowohl hier ald aud) in Eng:
land die jpätern Konſtruktionen der P. eu der
Reſſelſchen Erfindung beruhten. Die Verſuche,
Fahrzeuge vermittelit der Schraube fortzubewegen,
reichen indes bis ins 18. Jahrh. zurüd, wenngleich
En angeitellten Verſuche zu einem praltifchen Ne:
ultat nicht führten. So erhielt 3. B. Bramah
1785 ein Batent in England auf einen Propeller,
der nad) Art der Windmiühlenflügel konftruiert war
und am Hinterteile des Schiffs ruderte. William
Littleton erhielt 1794 ein Batent auf einen Schrau:
benpropeller mit drei Blättern. Ein bejonderes
Berdienft um Vereinfahung und Verbeſſerung des
— BPropertius
Schraubenpropellers hat fid) der Ingenieur Erics;
on (j.d.) erworben, der in Amerila die erfte Schrau:
enfregatte, Princeton, baute. In Beit
t die P. viele Rerbefferungen, nam
irſch und Griffith, in ihrer Form erfahren, wo:
durd ihre Slip bedeutend verringert worben ift.
Im Verein mit Vervolllommnungen ber Majchine
im allgemeinen und der Schiffsform iſt es ——
Schraubenſchiffen die che Geſch
leit von 20 Knoten (37°, km) in der Stunde
geben. In der Neuzeit verfieht man die Ecilie
vielfach mit Awillingsfhrauben, d. h. es u
fi an jeder Seite des hintern Schiſſs eine
eine befondere Welle getriebene P. an
dadurch nicht nur beijere Mandvrierfähigkeit, in:
dem man bei Drehungen die eine Schraube rüd:
wärt3 und die andere vorwärts geben läßt, jondern
dies Syftem geftattet auch bei flahgehenden Fahr⸗
zeugen mehr Fahrt zu geben, als dies mit einer
Sale wegen ihres geringen Durchmeſſers der
a
fein könnte,
Propemptifon (ard.) beißt ein Abfi \
d e mit
find einige
gedicht, womit man jemand bei feiner
ge MWünfhen begleitet. Erhalten
rfe aus einem «Propempticon Pollionis» von
Helvius Einna aus dem 1. Jahrh. v. Chr., nz
an den nach Griechenland reijenden Aſinius Pollio
— iſt. Ahnliche Erzeugniſſe gibt es von
tatius und Sidonius.
Properiſpbomendu (grch.) heißt in ber griech.
Betonungslehre ein Wort, welches den
auf der vorlehten Silbe hat, z. B. noüs« «die Mufen,
pertius (Sertus), einer der ——
m —5** der ae en Bei * 49 = br.
n Umbrien, wahrſcheinlich zu m, geboren,
lebte zu Nom, A Aber Hit Mäcenas, Doibius
und ftarb um 16 v. Chr. Seine Dichtungen be:
x in einer Sammlung Glegien, die nur
e t und in —— verderbter alt überlie:
ert find. Wie die leidenfhaftlide, glübend ſinn⸗
liche Liebe zur ebenfo ſchönen als geiftvollen \
falls diefe wirklich die «Cynthia» —* Gedichte
war, den faſt ausſchließlichen Inhalt derſelben bil:
det, fo baben die Studien griech. Poeſie, namentlid)
der alerandrinishen Dichter Philetas umd Kalli:
mados, den wejentlihiten Einfluß auf ihre
und Darftellung geübt. * verhüllt den dichterſchen
Gedanken vielſach in Anſpielungen und ernt
liegende Bilder, die fein Verſtändnis ſehr ſchwer,
ja oft ganz unmöglich machen.
Die Elegien von P. zuerft in Venedig 1472, feit:
dem in der Negel mit Gatullus und Tibullus zu:
fammen gedrudt, wurden kritifch zuerft Durch Joſeph
Scaliger (ver 1577) und mit reihen Kommentaren
von Broelbuizen (Amſterd. 1702, 1727) und von
Yurman (UÜtr. 1780) herausgegeben. durch⸗
reifende Recenſion gab Lachmann (Epz. 1816 und
erl. 1829), der ſich die Texte von Jacob ——
1827), W. Hertzberg (mit Kommentar, 2 .
Halle 1843 —45), Keil (2pz. 1850), Haupt («Ca-
tullus, Tibullus, Propertius», 2p3. 1853; 8. Aufl.
1868; 4. Aufl. von Bablen, 1879) und mit ftärlern
Abmweihungen L. Müller * 1870)
Eine neue Tertesrecenfion hat Bährens (2pz. 1880)
unternommen, aber faft allgemeinen ——
gefunden. Überſeßzungen verſuchten Anebel (p5.
1798), 3.9. Voß (Braunſchw. 1830), Strombed
(2. Aufl., Braunfhw. 1822), wv. Herkberg Stuttg.
1839) und Jacob (Stuttg. 1869). t
— — — —
Propheten
Propheten (arh.), d. h. S t Gottes (hebr.
nebiim, d. nuntii), hießen in der Zeit
des entwidelten Hebräismus die vom Geifte des
reinern Monotheiamus erfüllten Männer, melde
im Namen Jahves zu dem Bolte redeten, das re:
ligiöfe Bewußtſein wedten und pflegten, die religiö-
fen und fittlihen Forderungen ber altteftament:
fi Bundesidee an das Cigentumsvolt Gottes
geltend machten und dem Bolte je nad) der Stellung
besjelben zu jeinem Bundesgotte bald ——
—— 2— feine Geſchicdde verlündigten. Als die
verjönli
legten fie die Norm des göttlichen Gefepes an die
ee Gegenwart, traten bald als begeifterte
oltärebner, bald als Ratgeber der Könige, bald
als Reformatoren des Gottesdienftes, Sittenrihter
und Bußprebiger auf und griffen durch die Macht
—* — Perſoönlichleit oft tief auch in
die polit. Geſchide des Volks ein. Die Berlün:
di —*— Zukunft war keineswegs ihre ausſchließ⸗
ie oder auch nur hauptiächliche Wirkjamteit, doch
gehörte ed mit zu ihrem Berufe, die religiöfe Idee
auch durch ben Hinweis auf die Jutun t bes Gottes:
i wei I erhalten und das Volk durd die
Weis ſagung drangſalvoller, bald glüdfeliger
Zeiten zur Erfüllung feiner YBundespfli ten gegen
Sjahve zu ermuntern. Dem Brieitertum gegenüber
fie die eigentlichen Repräfentanten der religiö-
fen Bewegung, von denen alle Weiterbildung und
Zäuterung des hebr. Gottesbewußtfeind ausging.
Wie das religiöfe Bewußtſein Israels überhaupt,
fo hat aud der Prophetismus eine reiche Ent:
widelung durdlaufen, wie denn namentlich die von
ihm dem Bolte vorgehaltenen Zukunftsbilder ſich
fortichreitend vergeiftigen und auf dem Höhepuntte
der Entwidelung ſich zur Verlundigung eines allge:
meinen Öotteöfrievens und eines Reichs der From⸗
en und Geligfeit erheben, in welchem alle
Bö es zu dem wahren Gotte belehren werben.
Den at der hebr. Prophetismus den natio:
nalen Bartitularismus, mit dem freilich die alt:
teftamentlihe Bundesibee felbft ftand und fiel, nie:
mals überwunden. (S. Meſſias.)
Den P. ſelbſt galten ebenio wie dem gläubigen
Bolte ihre Reden und Sprüde als unmittelbar ein:
gegeben von Gott, und die religiöie Begeiiterung,
welche bald in der Form der Bifion oder des
Traums, bald als elſtatiſche Entzüdung und un:
woiberjteblicher innerer Nededrang über fie kam,
wurde als ein Überwältigtwerden vom göttlichen
Geifte, der dem Menichen das Gotteswort «in den
Mund legt», befchrieben; doch mußte dies Gottes:
wort feinen natürlichen Antnüpfungspuntt in ber
Seele des P. haben. In der Zeit Samuels, in
welder die P. zuerft erwähnt werden, war zum
to f eine längere Vorbereitung und
orbilbung erforderlich, die in den jog. Propheten:
fchulen erworben wurde. Damals traten die P.,
wie es fcheint, auch in gefchlofienen Vereinigungen
auf. it jener Zeit mag fih aud die eigentüm:
liche Bropbetentracht, der lange Mantel von grobem
Stoff, der lederne Gürtel und vielleicht auch die
Tonſur herſchreiben. Seit der feftern Drganijation
des dienſtes und des levitiichen Priefter:
tums handeln die einzelnen P. meilt ohne engern
Verband untereinander auf ihre perfönliche Verant:
wortlichleit. Jeder, der fih vom Geiſte Gottes ge:
trieben fühlte, trat ala ®. hervor, und nicht felten
widerſprachen ſich ihre Ausivrüche aufs fchroffite,
Träger des israel. Gottesbemußtfeins | 3
347
Darum erwähnt die Gefdhichte neben ben wahren
BP. Jahves auch faliche, denen es an innerm Beruf
ehlte und deren Neben ſich ala teügerife erwieſen.
In Zweifelsfällen wurde die Entſcheidung wohl einer
Urt von Gottesurteil überlaflen, wobei derjenige
dann als ber rechte P. galt, defien Weisfagungen
eintrafen. Auch kommen neben den P. Jahres hat.
Ihe B. vor, die im Namen anderer Götter weisfag:
ten. Den Willen Jahves thaten die B. bald in
fürzgern oder längern Sprüdhen (Oraleln), bald
durch ſymboliſche Handlungen Fund. In der lehten
eit des Prophetentums trat an die Stelle der
etftatiichen Begeifterung deren künftlihe und finn-
bildliche Rachbildung, an bie Stelle der echten Bifion
die ſchon bei Ezechiel oft jehr lang ausgefponnene
gr Allegorie. Bald nad der Rüdtehr
aus dem Eril hörte die Brophetie völlig oh und
an die Stelle fchöpferifcher religiöfer Begeiiterung
trat bie hriftgelehrte eihäftigung mit den bei:
ligen Urkunden des Altertums. Die jüd. Apola—
Iyptit (f. d.) der Folgezeit war nur eine Fünftliche
achbildung der propbetiichen Erzeugnifie aus ber
Zeit des Verfalls.
Von vielen P. bes Altertums nur die
Namen, von andern nur einzelne Sprüche oder
ſymboliſche Handlungen befannt. Größere Samm:
lungen von Sprüden finden ‚ih im altteftament:
lihen Kanon von Jeſaias (und Deuterojefaias),
eremia und Gzedhiel, welche mit dem weit fpätern
Buche Daniel ald die «vier großen PB.» bezeichnet
werden. Außerdem gibt es das Buch der zwölf
Heinen P., mit den gefammelten Sprücden bes
Hofea, Joel, Amos, Dbadja, Micha, Nahum, Ha:
batut, Zephanja, Haggai, Saharja und Maleadıi
und der wunderbaren Geſchichte des Propheten
ee und feines Orakels über Ninive. Obadja,
(Yona,) Haggai, Sacharja und Maleachi wirkten
noch nad) dem Eril. Bol. Knobel, «Der Bropbetis:
mus der Hebräer» (2 Bde., Bresl. 1837); Ewald,
«Die P. des Alten Bundes» (2. Aufl., 3 Tie., Gött.
1867—68); Gujtav Baur, «Geſchichte der alttefta-
mentlichen u (1. Tl. Gieß. 1861); Dill:
mann, «Die P. des Alten Bundes nad) ihrer polit.
Wirkiamleit» gr = 1868). In der chriſtl. Kirche
werden in den erſten Jahrhunderten ebenfalls P.
erwähnt. So erzählt die Apoſtelgeſchichte von einem
Propheten Agabus, welcher eine Hungersnot vor:
berfagte und den Paulus fpäterbin durch eine ſymi⸗
boliſche Handlung vor der Reife nad Jeruſalem
warnte (11,28; 21,10 fg.). Auch Propbetinnen
werden im Alten und Neuen Teftament erwähnt
(Apoftelgejh. 21,9), und um die Mitte des 2. Jahrh.
rühmte 8 namentlich der Montanismus feiner P.
und Propbetinnen (wie Montanus, Marimilla,
Priscilla u. a.), welde als Organ des Heiligen
Geiites berufen feien, die Kirche zu leiten, um fie
auf die Wiederkunft Chrifti vorzubereiten. Die ein:
zige prophetiich-apotalyptiiche Schrift ift die um
68 n. Chr. verfaßte Offenbarung des Johannes
(j. d.). Eine dem Montaniämus verwandte pro:
phetiiche Schrift des 2. Jahrh. iſt der jog. Hirte des
Hermas (f. d.). Auch in der Folgezeit hat es der
hriftl. Kirche niemals an ſog. Prophetien gefeblt,
deren Zukunftsbilder fih namentlid um die Er:
ſcheinung des Antichriſts, um die Wiederlunft
Chriſti und die Aufrichtung des tauſendjährigen
Reichs bewegten. Insbeſondere gab das Beſtreben,
durch Auslegung der Offenbarung des Johannes
die Zukunft des Gottesreichs zu lecken in alter
348
und neuer Beit zu bergleihen Schwärmereien Ber:
anlafiung. (S.Apolalyptilerund Antidrift.)
Prop ylaktilch ih), vorbeugend, verhütend,
abmwendend,
Brophylägis (grch.), d. b. das Streben, Krank—
beiten vorzubeugen, ift ein Hauptteil der ausüben:
den Mebizin ſowie der öftentlihen Geſundheits—
pflege und gehört zur Hygieine (j. d.). Sie umfaßt
teils allgemeine medizinal:polizeilihe Maßregeln in
Betreff der die Bevöllerung umgebenden frant:
machenden Ginwirtungen (wie z. B. Sorge für
gute Luft, Waſſer, Wohnungen, Nahrungsmittel),
teils vorlehrungen gegen beſondere Schidlichleiten
oder gegen drohende endemiſche und epidemiſche
Krankheiten, teils eine das Individuum ſelbſt gegen
folche Übel gleichſam ftärtende und ftählende Ge:
fundheitspflege B. durch paſſende Nahrung,
Nörperübungen, Abbärtung, Vermeiden von Aus:
ſchweifungen u. ſ. w.), teils endlich die ärztlichen
—— daß wirklich ſchon ausgebrochene
Krankheiten nicht andere ſchwere Übel und Kom:
plifationen nad) ſich ziehen. In allen diefen Be-
— fann der Arzt ſehr viel Gutes ſtiften,
und zwar meijt ohne Arznei, durch feinen morali:
ſchen und diätetiihen Einfluß, oft aber aud) durch
medilamentöfe oder operative Eingriffe (wie 3. B.
durd Edußpodenimpfung). ,_.
Propination (lat.), ausſchließliche Brau⸗ und
Drenngeredtigfeit.
Propionfaure C, H, O,, das ber Gifigiäure
zunädjt homologe Glied der Fettſäurereihe.
Propontis nannten die Alten bie Erweiterung
bed Meer vor dem Pontus Curinus (dem jekigen
Schwarzen Meere) oder den zwifchen dem Thrazi:
ſchen Bosporus und dem Hellespont gelegenen Teil
des Meers, das jekige Meer von Marmara (f. d.),
jedoch jo, daß der noͤrdl. Teil der Dardanellen im
Itertum mit zur P. gerechnet wurde.
‚Proportion (lat., d. i. Verhältnis) heißt jcht
die Gleihung von ———— Je nachdem die
Berhältnifje arithmetiſche oder geometriſche find,
heißt die P. eine arithmetische, 3.8. 17—14=10—7,
oder eine geometriiche, 3.8. 5:15=6:18. Iſt das
weite Glied dem dritten gleich, fo heißt die P. eine
tetige, 3. B. 11—8=8—5, oder 2:6=6 : 18; das
doppelt ftehende Glied ge dann das arithmet,
oder geometr. Mittel aus den beiden andern, In
jeder arithmetifchen P. ift die Summe ber beiden
äußern Glieder, des erften und vierten, der der beis
den innern, des zweiten und dritten, gleich; in jeder
geometriſchen aber das Prodult der äußern Glieder
glei dem Prodult der beiden innern. Hiernach
lann ein unbelanntes Glied einer P. aus ben übri:
gen Öliebern gefunden werden. Die ald Negula
de Tri befannte Nechnungsart ift Die Berechnung
des vierten Gliedes einer geometrifchen P. durch
die drei übrigen, die dadurch gefchieht, daß man
das zweite mit dem dritten multipliziert und das
Produft durch das erſte Glied dividiert.
‚ Die Proportionslehre findet Anwendung
in mehrern ‚mei en ber —————— in [ber
Chemie bei den Maß- oder Vo —
nach welchen einfachere Körper chem. Verbindungen
eingehen (Stöchiometrie); in der Aluſtik bei
den Berhältnifjen der Schwingungsmengen, wel:
hen Töne von bejtimmten Intervallen entiprechen
armani). Eine «Broportionslehre der menſch—
ichen Geitalt» ijt von K. G. Carus (Lpz. 1854) und
"von Beijing (2p3. 1854) aufgeftellt worden,
Prophylaktiſch — Propyläen
rn uber f. unter Zirkel.
roportiondlehre, j. unter Proportion.
‚Propositio (lat.), etwas Vor⸗, an wer
ein vorangeftellter Sab; P. major, berjap;
P. minor, der Unterjaß im Schluß (f. d.). ;
Propdtiden, in der grieh. Mythologie cypri:
{che Mädchen, die die Gottheit der Aphrodite ge
leugnet hatten und deshalb von diefer zur Liebeswut
entzündet und endlich in Stein verwandelt wurden.
roprätoren, ſ. Brofonfuln.
ropregut, ſ. Ginbandsgut.
roprehandel, ſ. Gigenbandel,
ropft (aus dem lat. praepositus) heißt im all:
gemeinen jeder weltliche wie geiſtliche Vorgejfekte,
Speziell war es der Amtstitel für denjenigen, der
in Stiftern und Klöſtern die Ölonomie zu beauf:
fihtigen hatte, und ift in diefen noch gegenwärtig
ber Titel eines der erften u Hase Würdenträger,
Der B., in Hathedralitiftern Dompropft genannt,
folgt für gewöhnlich im Range gleid nad) Bi:
ſchof oder Abt, anderwärts aber erft nad dem
Delan, während er aud) ag oberiter Vorge⸗
fegter de3 Stift war, n Propfttitel führten
auch die geiftlichen Vorſteher bei den Frauenllöſtern.
y" bie prot. Kirche iſt der Titel übergegangen als
Bezeichnung bald der Superintendenten, bald ber
zaſtoren an den Hauptlirchen einiger norddeutfchen
Städte, wie z. B. Berlin. ——— verſteht
man den geiſtlichen Amtsbezirk, den Sprengel
eines P. Der Feldpropſt iit in Preußen die erjte
Inſtanz der Divifiond: und Brigadeprediger,
Propftei, eine Gegend im Kreiſe Plön ber
ring Provinz Schleswig:Holitein, öftlih vom
ieler en an ber Ditiee, früher dem Stlojter
Preeß gehörig. Die Bewohner, Nahlommen der
Menden, haben noch eigentümlihe Sitten und
Tradten. Hauptort ift das — Schönberg,
Sitz eines Amtsgerichts, mit (1880) 1557 €,
Berseiken lat.), das Forttreiben, Fortſtoßen
propulfiv, forttreibend, x
Proppläen (grh., d. i. Vorhallen) hießen bei
den Griechen die Thorhallen, welche den Eingang
der Tempelböfe oder größerer ae un überhaupt
bildeten. Es waren feine bloßen Thore, fondern
Bauten von einigem Umfange, die in der Mitte
eine Säulenballe und zu beiden Seiten Gemädher,
öfter auch ——— an beiden Façaden ent:
hielten. Insbeſondere berühmt waren die pracht⸗
vollen, in den %. 437—432 v, Chr. nad dem Plane
und unter der Leitung des Architelten Mnefilles
erbauten P. in Athen, welche den Eingang in den
innern Naum ber Alropolis bildeten, und bie in
dee Anlage dieſen entiprechenden P. des äu
eribolo8 des Heiligtums der Demeter und Kora
zu Gleufis, Die ganz aus pentelifhem Marmor
erbauten, mit reihbemalten und vergoldeten
menten —— atheniſchen⸗ V., von denen noch
bedeutende Reſte erhalten find (während die eleufi-
niihen jebt einen verworrenen Trümmer
bilden), enthielten eine Mittelhalle, deren Dede von
ichs ion. Säulen getragen wurbe, Aus biejer
Mittelhalle führten fünf an Höhe und Breite ſym—
metriſch abgeftufte Thore in eine durch ſechs dor.
Säulen, deren Interlolumnien der Weite der T
entiprachen, gebildete Vorballe, Eine gleiche Bor:
halle befand jıch vor der Weftjeite der Mittelballe;
zu beiden Seiten diefer waren Flügelgebäude ans
gebracht, mit Vorballen rechts und linls von den
in die P. Eintretenden, von welchen die eine fürzer
Pro rata —
wurde als die andere, weil während des Baues der
P. der Bau des Nitetempelchens auf dem Plate vor
der füdl. Halle befchlofjen wurde. Überhaupt hat
es ſich herausgeftellt, daß nicht die ganze urfprüng:
fi geplante Bauanlage ausgeführt worden iſt.
Doc jſt aud) die Gejtalt der wirklich ausgeführten
Slügelbauten erft vor kurzem vollends richtig ge:
eftellt worden, Die große Treppe, welche zu den
5 Hinauffübrt, wurde im 1. Jahrh. v. Chr. gebaut.
S. Tafel: Alropolis zu Athen.) Der nördl.
u enthielt in dem Saale hinter der Halle eine
Gemäldefammlung, wovon er heutzutage gemöhn:
lid. Pinakothek genannt wird. Die Koſten bes
Baues follen 2012 attiſche Talente, d. i. über
MU, Mark, betragen haben. Bol. Stuart und
Revett, «The antiquities of Athens» (neue Ausg.,
95,2, Lond. 1825); Beule, «L’acropole d’Athenes»
(Bd. 1, Bar. 1853); Bohn, «Die B. der Alropolis
zu Athen» (Stuttg. 1882).
Pro rata, j. unter Rate,
oreftor, ſ. unter Rettor,
orogation (lat.), Verlängerung (eines Im—
periums über die Amtsbauer), Huffepub Vertagung -
daher B, einer Frift, des Barlaments u, ſ. w. —
Bon BP. der Gerichtsbarkeit fpriht man, wenn
ſich jemand einer Gerichtsbarleit unterwirft, welcher
ex jonjt nicht unterworfen ift.
Proſa (wahrjcheinlidd vom lat. prorsus, zu:
fantmengezogen aus proversus, Nebenform prosus,
alio prosa, seilicet oratio, die geradeaus gehende
Rede), wird diejenige Iprachliche Darftellung ge:
nannt, welche fich nicht in der —— Form
der Poeſie bewegt. Sie iſt die Sprache des ge—
wöhnlichen Lebens und des wiſſenſchaftlichen Den:
tens; fie ift auch die Sprache derjenigen Dichtarten,
die, wie der Roman, das bürgerliche Trauerjpiel
und mande Gattungen des Luſtſpiels, ſich eng an
den Boden und die Bedingungen der Gegenwart
und Wirklichkeit anjchließen. N% altlich unterfcheidet
man die erzäblende Broja von der didalti:
Shen und der rhetoriſchen Proſa. Die mer:
würdige Thatjadye, dab in der Schriftiprache früher
die Poeſie auftritt als die P., iſt die naturnotwen:
dige fee des pſychol. Entwidelungsgangs, daß
die Phantafie ſich früher ausbildet als der Verſtand
und daher die Mythe und Religion der Natur: und
der Ge Bichtswiffenicaft vorangebt.
Projcenium (lat.) hieß im röm, Theater der
Ma vor der Scene oder der vordere Teil der
Bühne, wo die Schaufpieler auftraten. Er war
etwas niedriger ald die Bühne, aber in gleicher
Ebene mit der eier Am modernen Theater
it P. der unmittelbar an die Bühne angrenzende
Teil des Zuſchauerraums.
Profeceo, Dorf im Gebiete von Trieft in
Öfterreich, am der Lehne des Karftgebirges, Station
der Linie Wien: Trieft der Serben, mit (1880)
1179 E., deren Haupterwerb im Weinbau beiteht.
Der unter dem Namen 8: befannte dunfelrote
Dein wird auf der ganzen Strede bis gegen Duino
bin gebaut. Es ift die älteft befannte Weingattung
im Küftenlande und gehörte ſchon zur Römerzeit
unter die vorzüglichen und namentlich wegen feiner
Heilwirkung geſuchten Weine.
Broſekior (lat., «Borfchneider», «Zerglieberer),
in anatom. Lehranitalten der dem Lehrer der Ana:
tomie beigegebene Aſſiſtent, welcher die zu den Vor:
lefungen gebrauchten Präparate an friſchen Leid:
namen, ſowie biejenigen, welche in Sammlungen
| tra
Proferpina 349
aufgenommen werden follen, anzufertigen hat. In
pin wi Krantenhäufern und tihnifchen Inſtituten
werden auch die pathol. Anatomen, welche die
Leichenſeltionen behufs Feſtſtellung des Krantheits⸗
befundes ausführen, P. genannt,
Proſelyt (erh), eigentlich Antömmling, heit
derjenige, welder von einer Religion zur andern
übergeht. Die Juden, bei denen der Name —
gehraͤuchlich wurde, unterſchieden P. des Thors
und P. der Gerechtigkeit. Unter P. des Thors,
auch Judengenoſſen dest, ‚verftand man bies
jenigen, welde dem Götzendienſt entfagten und fich
zur Verehrung des einigen Gottes betannten, ohne
jich der Beſchneidung und den übrigen Vorſchriften
des moſaiſchen Ceremonialgefehes zu unterwerfen.
Die Beitimmungen über ihr Verhältnis zu Israel
waren den geſetzlichen Anordnuͤngen hinſichtlich
jener Nichtisraeliten entlehnt, welche das Recht
re «in den Thoren Israelsy, d, h. in den Vor:
tädten und Flecken des israel, Gebiets, zu wohnen.
Für diefes Recht wurden ihnen außer dem Belennt:
nis des einigen Gottes nad 3 Mof. 17 und 18 ges
wiſſe, nahmals unter dem Namen ber are er
* befannte Verpflichtungen auferlegt. Das
Judendriftentum trug das Wrofelytenverhältnis
aud) auf die Stellung der Heidenchriſten zur Meſſias⸗
gemeinde über. P. der Gerechtigteit wurben die:
jenigen genannt, die von dem Heidentum zum Ju⸗
dentum völlig übertraten, beidynitten wurden und
fich zur Beobachtung des moſaiſchen Gefehes (Ge:
techtigteit) verpflichteten. Nach der Beichneidung
erhielten fie, nad) einer freilich erft für die nad)
chriſtl. Zeit nachweisbaren, aber wahrſcheinlich ſchon
ältern Sitte, die Taufe, indem man fie an einem
Feſttage in Gegenwart dreier Richter mit dem gan:
zen Körper in eine Gijterne voll Waſſer tauchte.
Bei Kindern eines P. fand diefe Taufe, welche unter
dem Namen der Brofelytentaufe befannt ift,
nur ftatt, wenn fie eine heidniſche Mutter hatten,
Bei den Mädchen Are die Taufe aud) die Bes
ſchneidung. Be ytenmaderei nennt man
vorzugsweife das zudringliche Beſtreben, Genoſſen
einer fremden chriſtl. Religionspartei in die eigene
herüberzuziehen.
Brojen ym nennt man im Gegenfaß zu Pa:
renchym in der Botanik diejenigen Gemwebeelemente,
die langgeitredt find und an ihren Enden ſchief vers
laufende Querwände ee wodurd die betreffen:
den Zellen eine fpindelförmige Geftalt erhalten,
gef alle Baftzellen, fowie die meiften Elemente der
efäßbündel find zu dem P. zu rechnen,
roferpina (ach. Perſephone, auch Per:
fephatta und noch anders, bei Homer Perfephoneia),
die Tochter des Zeus und der Demeter, ift im Kul—
tus ſtets aufs engjte mit diefer verbunden, ſodaß
P. Van | einfah als Kora, d. ß Mädchen,
Tochter, bezeichnet wird und beide oft ohne weiteres
adie Göttinnen» oder auch «die Herrinnen» genannt
werben. In der Poefie ericheint fie von Homer an
als ftygiihe Hera, als Gemahlin des Hades oder
Pluto (1. d.), mit weldhem fie über die Seelen der
Abgeſchiedenen und über die Schreden der Unter:
welt herrſcht. Pluto raubte fie ihrer Mutter mit
Bewilligung des Zeus, als fie mit ihren Geſpie—
linnen auf einer Wiefe Blumen pflüdte. vange
fuchte Demeter ihre Tochter vergebens mit Fadeln
auf der ganzen Erde, bis fie von Helios deren Aufs
gie erfuhr. Heftig zürnte fie num, und die Erde
infolge ihres Zorns Unfruchtbarkeit. Dadurch
350
enötigt, befahl Zeus dem Pluto, die P. auf die
berwelt — Dieſer unterwarf ſich
dem Befehl, gab ihr aber liſtig von einem Granat⸗
apfel ju lem, wodurch fie für immer der Unterwelt
verfiel. Nur fo viel lonnte Demeter jetzt von Zeus
noch erlangen, daß P. bloß ein Dritteil (nad) ſpä⸗
terer Sage die Hälfte) des Yen bei Pluto in der
Unterwelt zuzubringen habe. Offenbar ift in dieſem
Mythus, aud) einen wejentlichen Teil der den
Eleuſiniſchen Mofterien N d.) zu Grunde liegenden
Mythen bildete, zunächſt die im Frühling hervor:
iprofiende Erbvegetation gemeint, die zur Zeit des
Herbites wieder vergeht, insbefondere bie der Ge:
treidefrudht, daher aud) Triptolemos, der Heros des
Aderbaues, im Kultus wie in der Kunft und Poeſie
aufs engfte mit Demeter und PB. verbunden ift. Bei
den Orphilern und in der Myſtik der Spätern er:
ſcheint J als allwaltende Naturgottheit, die alles
hervorbringt und tötet, weshalb ſie auch mit andern
mpftiichen Gottheiten, der Rhea, Artemis, Helate
u.a., verbunden oder identifiziert wird. Diele
moftifche B. ift es auch, mit der Zeus in Schlangen:
geitalt den Dionyfos Zagreus erzeugt = en ſoll.
Hauptgegenden en —— waren Attila und
Sicilien; doch iſt ihr Kultus kaum irgend einem
Teile Griechenlands und feiner Kolonien fremd.
Dargeftellt wird r teils al3 des Hades Gemahlin,
neben diefem auf einem Throne fipend, mit dem
ernten und ftrengen Charafter der unterirdiichen
Hera, teil als —— Abbild ihrer Mutter
Demeter. Bol. Preller, «Demeter und Perſephone⸗
(Hamb. 1837); Förfter, «Der Naub und die Nüd:
lehr der PB.» ‚Stun: 1874); Dverbed, «Demeter
und Kora» (im 4. Buch des 3. Bd. der «Griech.
Kunftmythologie», Lpz. 1878). 3
Broferpina iſt aud der Name des 26. Aſteroi—
den, ſ. unter Planeten.
Prosimii, |. Halbaffen. f
Proskau, Varktfleten im preuß.ſchleſ. Regie:
rungsbezirt und Kreis Oppeln, mit (1880) 2339
mei fath. E. iſt — eines pomologiſchen Inſtituts,
einer Forſtlehrlingsſchule und eines milchwirtſchaft⸗
lichen Inſtituts. Dal. Stoll, «Das königl. pomo:
logische Inſtitut zu P.» (Lpz. 1877). ;
Brojfription (lat.) bie bei den Nömern eine
öffentliche Belanntmahung durch Anſchlag, wie fie
vor —— ſtattzufinden pflegte. Als Sulla
nad der liberwindung der Marianer 82 v. Chr.
auf Grund feiner unbeſchränlten Diktatur viele fei-
ner demokratiſchen Gegner ermorden lieb, beichloß
er, gemahnt, der Ungewißbeit ein Ende zu machen,
die Belanntmadhung der Nanıen der zu Tötenden
mittel3 ausgebängter Tafeln. Dadurch famen die
Nusdrüde proscribere und proscriptio für die Ver:
urteilung zum Tode unter Ausschluß jeden Gehörs
lediglich mittels öffentliher Belanntmahung des
Namens und der Strafe in Gebraud. Mafjen:
weile P. verhingen auch Dctavian, Antonius und
Lepidus während ihres Triumvirats.
roseturow, ſtreisſtadt im ruf). Gouvernement
Podolien, 96 km nördlid von Kamenez, an der
Gijenbahn Odeſſa-Wolotſchisk, mit (1882) 11751
G., darunter 4500 Juden, die bedeutenden Getreide:
handel, Garten: und Gemüſebau treiben,
rosfyneiis (grch.), fuhfällige Verehrung.
rodlav: Balkan, j. unter Ballan.
rosna, linksjeitiger Nebenfluß der Wartbe,
entjpringt im preuß. Negierungsbezirt Oppeln
9 km nordöſtlich von Nofenberg, fließt überwiegend
50 RO
Proftata
in nörbl. Richtung und mündet nad einem Laufe
von 180 km ſüdweſtlich von Peiſern ).
ft auf ——— —* bildet = Dr
renze zwijchen den preu i
peln und Poſen einerſeits und Yu ——
andererſeits, nur bei Kaliſch greift ruſſ.
auf das linke Ufer über.
Proſodie (grch.), bei den alten Grammatilern
dad, was bei der Ausſprache zu den bloßen Bud-
ftaben hinzugefügt wird, alſo namentlich Accent,
Spiritus und Dauer der Silben, jeht teild Bezeich
nung für das Beitverhältnis der Silben, teils ber
Nnbeoeifi der allgemeinen Regeln über und
ürze der Silben. In lehterm Sinne gebraudt
man au den Namen Brofödil, die daher von
ber Metrik (j. d.) oder eigentlichen Verslehre wohl
S unterfcheiden ift. Je nachdem in der Poeſie eines
olls die Quantität (f. d.) oder der Accent (f. b.)
der Silben fi überwiegend geltend macht, nennt
man die Boefie und Sprache desfelben quantitierend
oder accentuierend,
rofödif, f. unter Proſodie.
ro —— (grch.), Geſichtsſchmerz.
roſopopiegie (ard.) tslähmung.
olope die, 1. Berfonifltation.
roſopofpasmus (grch.), Gefichtätrampf.
roſpekt (lat.), —2 Ausſicht, Fernſicht,
nennt man in der bildenden Kunſt die
der Anſicht von —— Stra —
einer Stadt u. dal., wonach diejen
lerei, welche ſich mit ſolchen Darſtellungen bejchäf-
tigt, als Proſpeltmalerei bezeichnet wird.
Architetturmalerei) St u det
aber von der eigentlichen Arditeltu
geringere Anwendung maleriiher Mittel
von Staffage und landidaftlider U und
ftrengere Betonung des Perſpeltiviſ Aud
nennt man P. die gedrudte Ankündigung einer
werblichen, willenichaftlihen oder kün —*
Unternehmung mit Sfijzierung des ts.
Proſpelt nennt man auch bie Schiff der
Kirche zugelehrte ——— des Drgelgebäufes;
dieſe Seite allein iſt mit künftlerifhem Schmud
(Gefimfe, Säulen, Türme u. |. m.) verſehen und
d.
zeigt die ſauber polierten ——
Prossimo ſital.), nächſtens, nahe bev
roſnitz (böhm. Prostöjov), Stadt in ’
in der fruchtbaren Hannaebene, Station der Lini
Brünn:Sternbergber Bee
ijt Siß einer Bezirlshauptmannſchaft und eines
irlsgerichts, zählt (1880) 18417 E. und hat eine beut-
Ihe und eine ſlaw. Oberrealichule und ein Klofter mit
Spitalder Barmberzigen Brüder, bedeutende
wollinduftrie, Getreidehandel, Malzfabriten, Fa:
brifen für landwirtſchaftliche Maſchinen wi⸗
mübhlen, Branntwein: und Liqueu abrifen, Bier:
brauereien, Kleiderfabriten und eine Zündwaren:
— Mi un iſt — —— rs 16.
eine Zeit lang der Hauptfi 3
die bier ihre et und dene Gatten,
a —
aftaniengroße, aus mehrern Lappen
—— — m zu. — —*— Teil
es Beckens zwiſchen mbein un
liegt, den Anfangsteil der Harnröhre a
einen Karen eiweihreichen Saft (liquor i-
eus) abjondert, welcher ſich bei der Ergi des
Samens mit dieſem mengt und zugleich mit ihm
entleert wird. Im Alter wirb die P. häufig von
Prosthefe — Protagoras
Hypertropbie befallen, wodurch die Harnröhre ver:
und die tleerung oft im hohen Grabe
a me aa de a
ieren nbung der P. von hart:
nädigen Blaſenbeſchwerden begleitet. — Broita:
titis, Entzündung der Vorſteherdruſe. — Projta:
torrböe, Schleimfluß der —5——
Prostheſe ober Prosthe —2 — Hinzu:
fehung») bedeutet bajelbe wie Brotbeie (1. d.).
a (lat.) oder Breisgebung, vor:
——* —F Eye ns rauen ig —
e eisgebung eines Frauenzimme
zur bt. Die Geſchichte der P. ift fo alt wie
die gem ichen Geſellſchaft und der Kultur
chlichen
upt. In der Bibel finden ſich ſchon zur Zeit
der ar projftitwierende —— erwähnt
a an a ae
au ro en. ylon mußte
ſichj * rene mindeſtens einmal im Leben
im t Mylitta (f. d.) einem Fremdling
hingeben, und von bier auß verpflanzte ſich der
Kultus der religiöfen P. rafh nah Phönizien,
Eypern, Üigypten und Perfien. In Athen bildeten
bie or anen Em gg — hie
nad bejtimniten en und Regeln ihr ſchmach⸗
volles sg ae Ole wenn — — elne
Hetären (f. d. ildung, Feinheit m:
gangs ihren Einfluß auf rag ie Män-
ner eine ‚bedeutende Rolle ſpielten. Ebenſo war
Nom zur Zeit der Kaifer von Proftituierten über:
flutet; e8 nd nicht nur eine große Anzahl jtaat-
lider und privater Freubenhäufer (Lupanaria),
auch zahlloſe vagierende Luftdirnen (meretrices und
prostibulae) trieben in den öffentlihen Bädern,
dem Cirlus und den Tavernen ihr Unweſen. Im
Mittelalter nahm troy wiederholt verjuchter ges
waltjamer Unterbrü durd Kirche und Staat
die Sr dern (S. Srauenbäufer.)
Die Geſchichte der P. beweiſt hinlänglid, daf die
lehtere ein in der menschlichen Gefellichaft und in
den Berhältniffen ihrer Kultur tief begründetes
fibel ift, wel wohl durch zwedmäßige Maß:
regeln eingefchränft, aber nie gewaltjam unter:
drüdt und ausgerottet werben fann, und welches
um jo ſchwerer und eingreifender das Wohl der
Geſamtheit Schädigt, je heimlicher und verborgener
es auftritt, Troß aller Belämpfung bat die P. in
allen großen Städten eine Ausdehnung erlangt,
wilde derjenigen des alten Rom nicht viel nad:
fteht; fo wurde 1884 die Zahl der proftituierenden
Frauen und Mädchen in Berlin auf 23000, in
Wien auf 25000, in Paris - weit über 40000,
in London auf 60000 geihägt. Namentlich werden
ſchlechte Erziehung der Mädchen, insbefondere der
untern Voltsflafien, materielle Not und Arbeits:
loſigleit, die Betreibung eg Gewerbe buch
Frauen, bie Bermifchung der Kinder mit den Gr:
jenen in Werfftätten und Sabrilen, die immer
gröber werdende Schwierigfeit der Gingehung von
Chebundniſſen, ſowie Arbeitsfcheu, Pusjucht und
die mannigfachiten Be ——— in den großen
Städten ftet3 zahlreiche Frauen der P. in die Arme
werfen. -Da nun die Hauptgefahr der P., abge:
jehen von ber tiefen Schädigung und Untergrabung
der öffentlichen Moral, vorzugsmweife in der Ver:
breitung einer der an Ar m und gemeingefähr:
lichſten Kranlheiten, der Syphilis, Tiegt, fo iſt die
Notwendigkeit einer ftrengen fanitätäpolizeilichen
Überwadhung der P. neuerdings allfeitig anerfannt
351
worben. In diefer Fa ift wiederholt auf inter:
nationalen mebdiz. Kongreſſen (Paris 1867, Florenz
1869, Wien 1873) auf das ftrengfte betont worden,
daß nur dur das Verbot der heimlichen, ur
die polizeiliche Kontrollierung der offenen P., dur
Ginzegilirierung und regelmäßige ärztliche Unter:
ung der Broftituierten und womöglich durch
ie Beihränfung der P. auf öffentli leichter
fontrollierbare Proftitutionshäufer (Bordelle,
Maisons tol&rdes) die Verbreitung der Syphilis
wirkſam betämpft werden kann.
Dem entſprechend ift jeßt fait in allen Kultur:
ftaaten die P. durch Geſehe und polizeiliche Anord-
nungen geregelt. Im Gebiete des Deutſchen Reichs
werben nad) $. 361 des —— Sera nur ſolche
ewerb3mäßig Unzucht treibende Weiber mit Haft:
trafe bedroht, welche die polizeilichen Vorſchriften
überfreiten, wohingegen das Proftituieren unter
Einhaltung der diesbezüglichen eg an Negu:
lative nicht geahndet wird. Das Konzejfionieren
und Halten von Bordellwirtſchaften ijt nach den
$$. 180 und 181 des Strafgeſehbuchs, welche die
Kuppelei und gewohnheitsmäßige Beripaffung
von Gelegenheit zur Unzucht mit ihr fen
bedrohen, verboten; aber troßbem beftehen in faft
allen — Städten, namentlich Hafenſtädten
Deutſchlands noch Bordelle, wenn auch nur ftill:
ſchweigend gebuldet. Zur erfolgreichen Belämpfum
der P. ſtehen auch der Gejell haft eine Reihe wirt:
famer Dlittel zu Gebote; in diefer Du dürften
namentlich gewifle Neformen im Erziehungs: und
Vormundſchaftsweſen, die Errichtung von Mägde:
berbergen und Unterkunftshäufern für dienft: und
arbeitslofe Mädchen, Beitrebungen zu befierer Ver:
wertung der rauenarbeit, fowie die Stiftung von
Alylen und Beflerungshäufern für reuige Profti:
tuierte (Magdalenenjtiften) geeignet fein, die Quel:
len der P. wenigftens teilweiſe zu verftopfen.
Litteratur, Hügel, «Zur Geſchichte, Statiftik
und Regelung der PB.» (Wien 1865); Müller, «Die
P. in fozialer, legaler und fanitärer Beziehung»
(Erlangen 1868); Parent:Duchatelet, «De la P.
dans la ville de Paris» (3, Aufl,, Par. 1857);
Sjeannel, «De laP. dans les grandes villes au
19° sicle» (2. Aufl., Bar. 1874; deutſch von Mul⸗
ler, Erlangen 1869); Acton, «P. in its moral,
social and sanitary adspects in London and
other cities» (2, Aufl., Lond. 1869); Huppe, «Das
foziale Defizit von Berlin» (Berl. 1870); « Das
deutihe Strafgeiehbud und polizeilich konzefjio:
nierte Bordelle, Altenftüde ıc.» (Hamb. 1877); Le:
cour, «La P. à Paris et à Londres 1789— 1871 »
(3. Aufl., Bar. 1877). j
Proftfen, Dorf im preuß. Regierungsbezirk
Gumbinnen, Kreis Lyck, am Lydflub und an der
ruſſ. Ben, Station der Linie Pillau-P. der Dit:
preuß. Südbahn und Breft :Litowst:P. der Nufi.
Südweſtbahn, hat ein Hauptzollamt und (1880)
1797 E. Hier fiegten 18. Oft. 1656 die Polen und
Zataren über die Brandenburger und Schweden.
Proſtylos (ar), Tempel, deffen Vorhalle in
voller Breite durch freie Säulenftellunggebildetwird.
Prot..., Proto... (vom griech. rpwros ber
erite), in Zufammenfegungen der erfte, vornehmite
> —* 5. Philoſoph, geb Ab
rotagöras, griech. Philoſoph, geb. zu Ab—
dera, lebte um die Mitte des 5, Jahrh. v. Chr.,
vermutlich etrva 485 —415. Man bielt ihn ee
lich für einen Schüler Demokrits, deſſen Atomlehre
352
er aber nicht annahm und ber vielleiht um:
geehrt Schon protagorifche Lehren feinerfeit3 be:
nubt hat. Gr lehrte vorzüglich in Athen und galt
für einen der bedeutendften Sophiiten (f. Ph Des
Atheismus befhuldigt, wurde er aus Athen ver:
wiefen und feine Schriften öffentlich verbrannt,
Auf der Flucht foll er 70 J. alt im Meer ertrunten
fein. _Sein Hauptfag: Der Menſch iſt das Maß
aller Dinge, wird ihm von den Alten in dem Sinne
beigelegt, dab nur das * ſei, was einem jeden
fo ſcheine, daß es feine allgemeingültige, ſondern
nur eine jubjeltive Wahrheit gebe; es liegt darin
eine innere Berwa —* mit der Lehre des Hera⸗
Mit, wie namentlich die Erörterung in Platos
«Theätet» deutlich nachweiſt. Die ——— die⸗
ſer Leugnung einer allgemeinen ee. eit war die
Lehre, dab man mit angemefjener Nedelunft auch
der »[hwädern Sache⸗ zum Siege verhelfen könne.
Außerdem hat ih P. durch zahlreihe ſprachliche,
—— e und ſyntaltiſche Unterſuchungen ver:
ient gemacht. Auch in Beziehung auf die ethiſche
Nihtung der Sophiſtik betrachtet ihn Plato im
«Protagoras» ald Vertreter des Satzes: daß die
Luſt der Maßſtab des Guten fei, und damit als
Typus des fenfualiftiichen Eudbämonismus, Bol.
8, 5. Herbit, «B.’ Leben und Sophiſtik, aus den
Duellen zujammengeftellt» (in Beterfens «Bhilol.:
hiſtor. Studien», Bd. 1, Hamb. 1832); J. Frei,
«Quaestiones Protagoreae» (Bonn 1845) ; Halbfaß,
«Die Berichte des Platon und Arijtoteles über *
EStraßb. 1882); Natorp, «Forſchungen zur Geſchichte
des Erkenntnisproblems im Altertum» (Berl, 1884) ;
Cattig, «Der Protagoreiihe Senfualismus» (in
«Zeitschrift für Philofophie und philof. Kritik»
Bd. 86, Halle 1885),
Proteacken (Proteacdae), ———— aus
der Gruppe der Dikotyledonen. Man kennt gegen
1000 Arten, die zum größten Zeile in Auftralien
und Südafrika wachſen. In der nördl. gemäßigten
Zone fehlen fie gänzlid. Es find Bäume oder
Sträucher, feltener perennierende krautartige Ge:
wächſe mit leverartigen, meiſt immergrünen Blät:
tern. Die Blüten find bei vielen Arten fehr au:
ſehnlich und chen gewöhnlich in ähren: oder köpf:
dienartigen zn orescenzen, Sie find in der Regel
witterig, ſeltener polygamifch oder diociſch, fie be:
tehen aus einem vierteiligen Perigon, vier Staub:
gefäßen und einem einfäderigen Fruchtlnoten, dem
ein an ber Spibe etwas verbidter Griffel anfikt.
Die Frucht iſt eine einfamige Nuß oder eine mehr:
famige Kapſel. Viele P. find ihrer Blüten wegen
beliebte Zierpflanzen.
‚ Proteinftoffe (Eiweißſtoffe, Blutbilder),
eine * Klaſſe von organiſchen Verbindungen,
die ſich im Körper aller lebenden Weſen, im Plan:
zenreich, wie im Tierreich vorfinden. Sie entjtehen
im Aſſimilationsprozeß des Pflanzenreihs, ob fie
aber in der unge unmittelbar aus anorganifcher
Materie, Kohlenjäure, Waſſer, Ammoniat oder
Ealpeterfäure gebildet werden, oder ob fie aus der
Umbildung und Verwandlung von andern orga:
nijchen Subftanzen, 3. B. aus der Metamorphofe
von Amidoverbindungen hervorgehen, darüber ift
Sicheres noch nicht bekannt. Im Pilanzenreich
treten fie in reihlichiter Menge in den jugendlichſten
Zellen auf, die in ihrer eriten Anlage zum ganz
überwiegenden Teil aus Giweißitoffen (Proto:
plasma) beitehen, und erſt in ihrer weitern Ent:
widelung mehr und mehr andere Stoffe aufnehmen,
Protenceen — Proteinftoffe
Bei fortfchreitender Vegetation fammeln ſich in ber
Pflanze immer größere Mengen von P. an, bis zur
Ausbildung der Blüte und beginnenden Frufti
tion, Mit diefem Zeitpunkt iſt das Eiweißbildungs⸗
vermögen ber Pflanze beendet, bagegen beginnt eine
Wanderung des Eiweihes aus den vorhandenen
Organen, die dadurch ärmer an P. aber nie ganz
daran erfchöpft werden, zu dem entſtehenden Sa:
men, in weldem die P. fi konzentrieren, —*—
als Neferveftoffe für eine neue Vegetation aufge:
eichert zu werden. Gin Bildungsvermögen fir
welches dem Pflanzenlörper eigentümlich ift,
bejist der Tierförper nicht. Lebterer ift darauf ans
ewiefen, die für feinen Aufbau und für feine Ers
altung in großer Menge nötigen P. zunächſt in
Form von Pllanzennahrung aufzunehmen. Die in
diefer in den Tierlörper gebrachten B. werden hier
ee die —— Weiſe umgeftaltet und um:
geformt, ohne aber ihren em. Charakter weentli
zu verändern, Ühnlich wie der Tierlörper v
ten ſich die nichtgrünen Pflanzen, auch dieſe ges
deiben nur dann üppig, wenn ihnen in
rung P. oder von dieſen fich direkt ableitende Ber:
bindungen zugeführt werden; dod) find fie nicht in
leihem Maße von diefer Art der Ernährung ab:
ängig wie die Tiere, infofern als fie, wenn es
ihnen an P. fehlt, auch Ammonialjalze oder ſal⸗
peterfaure Salze zum Aufbau neuer Giweißniole
füle verwenden können. In Bezug auf die
bes Vorlommens findet in beiden Naturreichen ein
wefentlicher Unterſchied ftatt. In der ausgebildeten
Pilanze befteht das eigentliche Gerüft des Körpers
nicht aus P., diefe treten, wenn man ben flörper
als Ganzes betrachtet, der Menge nad) jehr gegen
die andern Stoffe zurüd. Im Zierlörper berricht
ein umgelehrtes Verhältnis, Sieht man von jeis
nem Wafjergebalt ab, fo befteht er zum ganz über:
wiegenden Teil aus P. Alle Organe der Menſchen
und Tiere, Musteln, Drüsen, Gefäße, das Fleiſch,
die Gliedmaßen find organifierte P., denen haupt:
—* nur noch Fett und Salze beigemiſcht find,
nd während die — ihren Giweißvorrat
zu dem angegebenen Zeitpunft pin beftändig ver:
mehren, Eiweiß fammeln, aufipeidhern, jo vers
brauchen die Tiere beftändig B., And auf dauernde
Neuzufuhr derjelben angewieien und n zu
Grunde, fobald diefe eine Unterbredju hrt.
In chem. ana; ee die einzelnen Kö
der Eiweißgruppe viel ÜUhnliches. Sie find fämtlid
fehr fompliziert zufammengefekte Moleküle, in beren
Bau die fünf Elemente: Kohlenftoff, Wafferftoff,
Stidjtoff, Sauerftoff und Schweiel e geben, Wie
diefe Elemente im Cimweifimoletül gelagert ’
oder welche Konftitution die Moleküle befhen
über fehlen ung noch alle Kenntniffe, da es bislang
nicht gelungen ift, das Wefen der 1. irgendiie zu
erfennen. Zrob zahlreicher und mühevoller Unter:
ſuchungen fteht die Wiffenfchaft bei dieſen fo hoch⸗
wichtigen Körpern noch am Anfang nfangs,
und es ift nit unwahrſcheinlich, daß durch weitere
Beehaungen alles bisher Erreichte wieder unge:
oben werden wird. Die P. find ungemein leicht
erjehbar, bei dem geringften em. Angriff zerfallen
fe ſodaß man bei Unterfuhungen faum die Ge
wißheit hat, ob man nod) den urfprünglichen Kör⸗
per oder bereit3 Zerſehungsprodulte unter ben
er bat. Außerdem geben die P. gie feicht
erbindungen mit andern Körpern, . Salzen
ein und zeigen dann ganz mobdifizierte Gigenfchaften.
Protektioniften — Proteftanten und Proteftantismus
ner treten I in verfchiedenen Zuftänden auf, fo
ann derfelbe P. Nüffig und feit fein, oder berjelbe
P. * „je nachdem man ihn bei höherer oder nie—
derer Temperatur eg ein ganz verjchiebenes
—— es ſollen ſogar lebende PB. und tote ver:
ſchieden fein. Alles dies läßt es zweifelhaft erichei:
nen, ob bie einzelnen Körper der Eiweißllaſſe,
welche man jebt al3 chem. Individuen betrachtet,
wirklich an t find,
Brotektioniften, Bezeihnung ber Anhänger
des Schutzzollſyſtems.
reg —— ollfyftem.
tektor (lat.), Beihüher, Schirmherr, Titel
Erommwelld; Proteltor des Rheinbundes,
Ziel Napoleons 1. j
teftor, eine ap) aworriitung an
Schloſſern. (S. unter Schloß.)
oterandrie (orh.), ſ. unter Beftäubung
und Dihogamen.
roterobaß, f. unter Diabas.
oterogynie (ard.), ſ. unter Beftäubung
und Dihogamen.
Protefilaos, ein Held des trojaniichen Sagen:
treifes, fprang bei der Landung der Griechen zuerit
and Geſtade, obwohl er wußte, daß der erſte, der den
teoifchen Boden betrete, fterben müife, und wurde
fogleih von Heltor getötet. Seiner eben erjt mit
ihm vermählten Gattin Laodameia gewährten die
Götter die Bitte, dab P. auf kurze Zeit in die Ober:
welt zurüdtehrendürfte. Als ihr dann aud) ein Bild
des Gatten geraubt wurde, gab fie ſich jelbjt den Tod.
. (im Wechſelrecht). Sämtliche auf einem
mon als Ausfteller und Indoſſanten verzeichnete
onen haften ihren Rechtsnachfolgern dafür, daß
der Wechfel von dem dazu Verpflichteten angenom:
men und zur rechten Zeit an dem — *r Orte
eingelöjt werde. Wenn dies nicht geſchieht, fann der
Inhaber des Papiers * Vormänner wegen des
ihm daraus erwachſenden Schadens nad) Wechiel:
Aniprud nehmen, muß aber dabei mittels
öffentlicher Urkunde beweijen, daß der Wechjel dem
Vezogenen oder fonftigen Schuldner an dem an:
ge Tage und vorgelegt worden fei.
olhe Urkunden fertigt auf Erſuchen der Beteilig:
ten ein Notar oder ein Gerichtsbeamter aus, indem
er jchriftlich bezeugt, daß er ſelbſt den Wechjel vor:
fhriftsmäßig anzubringen verfudht, aber damit kei⸗
nen * gehabt und deshalb ſeinem Auftrag:
mr ämtlihe Rechte vorbehalten habe. Bon
iefjem ausdrüdlihen Vorbehalt führen derartige
Urkunden den Namen P. Die Form der Bro:
teiterbebung ift in der Deutihen Wechſelord⸗
nung, 87—9%0, geregelt. P. find zur Wahrun
des W es jo wejentlih, daf fie nicht einma
unterlafjen zu werden brauchen, wenn fid) die Bor:
männer, um für alle Fälle an den Koften zu fparen,
die Brotejtierung verbeten haben (Wechielordnung,
Art. 42), es geihieht dies durch die Worte *
—— ober «ohne Koftens. Auch außerhalb des
ſelverlehrs können P. erforderlich werden, um
den vergeblichen Berjuch ullung einer Rechts:
pflicht u einigen, 3.8. wenn am lebten Tage
einer Notfriſt Beweisiehriften Berufungen und
andere Nechtsmittel bei Gericht nicht angebracht
werben können; ober wenn ein Verkäufer den ur:
tundlichen Beweis beritellen will, dab fein Mitkon—
trahent bie reell angebotene Lieferung nicht an:
—— oder wenn bei Veräußerung eines
rundjtüds ein Borfaufsberechtigter feine Rechte
Converfationd- Lexiton. 13, Aufl. XIII.
353
durch Eintragung des P, im Grund: und Hypotbelen:
buche fich vorbehält xc. gar ſolche Fälle iſt jedoch
ſtatt P. au) der Ausdrud Proteſtation üblich.
— liber die weitere Bedeutung von P. in privat:
und ſtaatsrechtlicher Beziehung ſ. Ri otejtation,
Proteftanten und Broteitan mund. Pro—
teftanten heißen eg 1 ang PR ana em
Spradgebraud die Belenner jämtlider aus ber
Reformation des 16. Jahrh. bervorgegangenen
Kirchengemeinſchaften, im Unterſchiede — von
den röm. als von den griech. Katholiklen. Seinen
eſchichtlichen —** hat dieſer Name von der
964 tation, welche die evang. Stände auf dem
ar Reichstage zu Speier 19. April 1529 gegen
en alle kirchlichen Reformen verbietenden Beichluß
der Mehrheit um Gottes, feines heiligen Wortes,
des Seelenheils und Gewiſſens willen eingereicht
hatten, Seit diefer Zeit wurden fie als die «pro-
tejtierenden Ständer bezeichnet, daher der Name
Proteſtanten zuerst im Munde der Gegner für alle
Anhänger der deutichen Reformation auflam, von
biefen eibft aber als Ehrenname aufgenommen
wurde, Allmählich ging derfelbe auch auf die Evan-
eliſchen der außerdeutichen Länder über. Die röm.
egner brauden den Ausdrud abwechjelnd mit
Alatholiten (f. d.) und verbinden damit den Sinn,
daß die Proteftanten gegen «die Kirde» und die
örtliche Wahrheit, überhaupt gegen alle «pofitive»
eligion «proteitieren»,
Um das Wefen ebenfo wie die urfprünglidhe ges
ſchichtliche Geftalt des Broteftantismus zu veritehen,
muß man ihn im lulturgeſchichtlichen zuſammen⸗
bange mit einer Reihe verwandter Erſcheinungen
auf andern Gebieten des geijtigen Lebens betrachten,
tiberall macht fi am Ende des Mittelalterd das
Streben geltend, fi durch erneute Vertiefung in
die urfprünglichen Quellen von der Herrichaft bes
—— Herlommend und der alten Autoritäten zu
efreien, Nachdem man auf dem Gebiete der Kunſt
ſchon im 15. Jahrh. begonnen hatte, durch Zurüd:
gehen auf die urfprünglicden Mujterbilder des Schö-
nen im Haffischen Altertum mit den mittelalterlihen
Traditionen zu bredjen, vollzog ſich der ——
im Humanismus auf dem Gebiete der Sprache und
Litteratur, in der Reformation auf dem Gebiete
der Religion, und ergriff ein apobe undert jpäter
auch die —588 Wie die Renaiffance in Kunſt
und Litteratur auf das Haffiiche Altertum, fo ging
die religiöfe Reformation auf die Urkunden des
Chriſtentums, die heiligen Schriften des Alten und
Neuen Teitaments zurüd, um mit ihrer Hilfe an
dem dermaligen — bes Dogma und der firdh:
lihen Ordnungen Kritit ji üben. Mit diefer Ten:
benz verband jid) in ber Reformation das Streben
nad) perjönlicher religiöfer Befriedigung bes from:
men Subjelts, welches den nädjiten Antiop zur Be:
lämpfung der äußern lirchlichen Heilsvermittelung
gegeben hatte. Wie nachmals die neue, mit Gar:
teſtus anhebende Philofophie den ganzen Beſtand
unſers wirklichen oder vermeintlichen Wiſſens unter:
fuchte und mit Energie dahin ftrebte, im unmittel:
baren Selbjtbewußtiein des dentenden Ich die erite
ſchlechthin unumftöhlihe Gewißheit nden, jo
juchte die Neformation perfönliche Gewißheit des
Heils in der unmittelbaren innern Erfahrung des
frommen Gemüts. Nicht die äußere Autorität
eines heiligen Buchſtabens, fondern der innere Got:
teötroft oder das «Zeugnis des Heiligen Geiftes »
im Herzen bob einen Luther über alle Qualen und
354
belfemmenden Zweifel feiner nad) Frieden mit Gott
vürjtenden Seele hinaus und erfüllte ihn mit freus
diger Zuverficht zu dem Evangelium von der Gnade
in Chriſtus, welches ihm dieje innere Gewißheit ge:
geben hatte. Als das Prinzip des Protejtantismus
ericheint in diefer Beziehung das Recht der Subjel:
tivität, gegenüber allem äußern Traditions- und
Autoritätäwefen, und infofern iſt derjelbe allerdings
feiner Natur nach «negativ», d. 5. er proteitiert
gegen jeden Gewiſſenszwang und alle überlieferten
Formen und Normen, wenn diejelben vor dem relis
giöfen Gewiſſen ihr Recht nicht darzuthun vermös
gen. Andererjeits erhält der Proteitantismus auf
religiöſem Gebiete jene nähere Beilimmung als
evang.:prot. Frömmigleit. So weift er feiner Ra:
tur nad) auf ein Objeltives zurüd, deſſen das Sub»
jeft fih immer völliger und —— bemäctigen
ſoll, auf die ewige göttliche Heilswabrbeit ſelbſt und
deren geichichtlihe Offenbarung in Chrijtus. ns |
jofern fann man von zwei Seiten ober Momenten
des prot. Grundprinzips reden, der jubjeltiven oder
dem Nechte des frommen Subjelts auf perfönliche
Aneignung bes Heild, und ber objektiven oder die:
ſem Heile jelbit in feinem ewigen geiftigen Gehalt
und in feiner geſchichtlichen Verwirllichung in der
on im Chriſtentum. Weſentlich in dieſem
Sinne hat auch die neuere Vermittelungstheologie
die von der Dogmatik des 18. Jahrh. unterjchiedenen
fog. zwei Prinzipien des Protejtantismus, das
Materialprinzip oder die Nechtfertigung aus dem
Glauben allein, und das Formalprinzip oder bie
Normativität der Heiligen Schrift gedeutet, ns
bejien ift nicht zu überjehen, daß der ältere Prote—
ftantismus damit etwas ganz anderes meinte, Die
Heilige Schrift ift ihm das oberjte Erlenntnigprin:
zip ber Theologie, fofern alle Dogmen aus der
Schrift als unfehlbarem göttlichen Lehrcoder (ſ.
Inipiration) abgeleitet und begründet werben
jollen; das Dogma von ber Rechtfertigung aus dem
Glauben allein dagegen ift ihm der erjte und weient-
lichſte Glaubensartifel, mit welchem alle andern
jtehen und fallen. Mit der röm.-lath. Kirche
ſtimmte ber ältere Proteftantismus nicht bloß in
der Feſthaltung der in den erjten fünf bis ſechs
Jahrhunderten feitgeftellten Lehrformeln, ſondern
aud) in der Wertſchäßung des ganzen bogmatijchen
Ehriftentums überhaupt und in dem Surüdgreifen
auf eine unantaftbare äußere Lehrnorm überein.
Nur follte letztere nicht mehr die Kirche fein, ſondern
die Heilige Schrift. Dieſe aber wurde von Anfang
bis Ende unmittelbar al3 «Gottes Wort», alfo
alles in ihr Enthaltene als unantaftbare Wahrheit
betrachtet, ein Stanbpunft, welder allerdings den
fath. Gegnern mehr als einen Angrifispuntt bot,
Wirklich ließ fi die altprot, Schriftautorität nur
durch eine neue Pehrtradition feftbalten, welche, in
den Belenntnisichriften niedergelegt, alö treue, für
alle Prediger und Lehrer ſchlechthin verbindliche
Auslegung der Schriftlehre galt, und wenn man
doch die Lehrartifel der alten Kirche über die Drei:
einigfeit die Menfhwerbung Gottes, die zwei Na:
turen in Ehriftus u. ſ. w. als fchrijtmäßige Wahr:
beit glaubte fefthalten zu müflen, fo war es eine
Sntonfequenz, erit an der fpätern kirchlichen Ent:
widelung Kritik zu üben, Indeſſen war diejer dog:
matiſche Proteftantismus mit feiner «reinen Lehre»,
ſeinen tbeol. « Stontroverjen» und feiner Bergötte:
rung bes ag Wr nur bie erjte und für
die Zeit feiner Entjtehung einzig mögliche Weife,
PVroteftanten und Proteftantismus
in welder das neue, in der Reformation zum
Durchbruch gelommene Prinzip fi Geltung ver:
ſchaffte. Später bat dann Georg Ealirtus gegen:
über der ſcholaſtiſchen Spikfindigfeit, die überall
bei andern tirden fundamentale Abirrungen von
der alutb. Wahrheit» ſah, dad Gemeinjame in
allen chriſtl. Konfeffionen betont, der Pietismus
an die Stelle dogmatiſch-kirchlicher Lehrkorreltheit
die perjönliche Deren römmigfeit der Einzelnen
eſetzt, die Leibniz: Wolfiſche Schule das t des
Beritandes im Chriftentum und die Notwendigfeit
einer ——— Begründuug der lirchlichen
Glaubensartilel geltend gemacht.
Mittlerweile hatte ſich die allgemeine Bildung
und Wiſſenſchaft immer mehr von der lirchlichen Be:
vormundung emancipiert und im jog. Aufllärung®:
zeitalter zu Ergebniſſen geführt, melde mit dem
anzen —— Chriſtentum zugleich die bis⸗
J von allen Kirchenparteien feitgebaltene Mei:
nung von feiner übernatürlihen Gntftehung und
den naiven Glauben an die Gefchichtlichkeit der
biblifchen Wundererzählungen erichütterten. Der
Nationalismus (f. d.) lenkte dieſe geiftige Strö:
mung mitten hinein in bie Theologie, indem er
vom «pofitiven» Ehriftentum nur bie moraliſchen
Wahrheiten ftehen ließ, die Wunder aber möglichſt
durch natürliche Deutung befeitigte. Ihm gegen:
über fuchte der Supernaturalismus weninjtens
den Wunderglauben mühſam zu retten, während
er von bem altprot. Dogma ein Stüd nad ben
andern preisgab. Das Werk des Nationalismus
führte ſodann die neuere Bhilofophie durch Kant,
Fichte und Hegel weiter. Aus ihren Arbeiten ging
die moderne Weltanſchauung hervor, welche alles
natürliche und geiftige Geſchehen, ftatt auf einen
außerordentlihen Mahtwillen, auf die der Welt
einwohnende vernünftige Geſetzmäßigleit zurüd:
kg und folgerichtig mit dem Gottesbegriffe auch
ie Vorftellungen von Religion, Offen ——
weſentlich umgeſtaltete. Gieich eitig bereicherte
unſere klaſſiſche Litteratur das Leben mit einem
neuen geiſtigen Gehalt, der, dem kirchlichen Chri:
ftentum fremd, dennod zu einem ———
Beſitze der deutſchen Nation ward. abr
je ‚ Über diefer Bildung mit der unrettbar ver:
orenen Form aud den lebendigen Gehalt des
chriſtl. Heilsbewußtjeing zu verlieren, trat Schleier:
macher mit feinen tiefeingreifenden Unterfuchungen
fiber das Weſen der Religion und feiner Neugeital:
tung der Dogmatik aus dem frommen Bewußtſein
der Chriften heraus, aber mit den Mitteln der
modernen Wiſſenſchaft und im Geifte der freieſten,
dur feine dogmatifche Fseflel gebundenen For—
ſchung gegenüber, und begründete fo als ber erite
eine den willenidaftlichen und ——— Ten⸗
denzen des 19. Jahrh. volllommen ebenbürtig zur
Seite tretende, ebenſo prot. als evang. Theologie.
Dennoch führte die Reubelebung der chriſtl. Froͤm⸗
migfeit zunaͤchſt zu einer Repriſtination der ältern
Vorftellungsfornen, welche zuerft im neuerwachten
Pietismus die philoſ. und die hiſtor. Kritik, dauach
in der durch die polit. Reaktion ermutigten meu:
alten Orthodorie jede Abweihung vom Buchſtaben
der Schrift und des altlirdlidyen « Betenntnifjed»
proffribierte. Dagegen arbeitet die freie prot.
Iheologie der Gegenwart an ver Aufgabe, in
Schleiermachers Bahnen weiter ſchreitend, eine tie:
nn Berföhnung des Chriſtentums mit unjerer nıo-
rnen Kultur zu gewinnen, Der prot. Charalter
— —⸗
Proteſtantentag — BProteftation
diefer Richtung erweilt fich im allgemeinen in dem
Streben, das reine Wejen des Chriſtentums im
Unterfdied von jeder unfreien Gebundenheit an
irgend welche geichichtliche Erfcheinungsform immer
lauterer auszumitteln, aljo einerjeit3 feinen ewigen
religiöfen und fittlihen Gehalt in den wechſelnden
Formen herauszufinden, andererjeit3 durch fortge:
este forgfältige Forſchung über die geſchichtlichen
Uriprünge des Chriſtentums überhaupt und. ber
prot. Kirche insbeſondere eine wirklihe geſchicht⸗
liche Dt derjelben zu ermöglichen. In leb:
terer Beziehung find namentlich die Schriften von
Strauß, Ferdinand Chriftian Baur und der Tüs
bi Säule, ferner von Holmann, Keim, Haus:
rald, So jten, Darnad u. a.; in eriterer die von
Hafe, Aler. Schweizer, Biedermann, Ritſchl, Zip: |
us, Schentel, Pfleiderer u. a. zu nennen. |
Mas ie äußere firdliche Geftaltung des Pro: |
teftantismus betrifft, jo findet man nit nur von
Anfang an eine große Mannigfaltigteit von fird):
liden Kultus: und Verfaſſungsformen, fondern
auch verichiedene Ausgeitaltungen des dogmati: |
ſchen Lehrbegriffs. Der bebeutendite dieier Inter:
ſchiede, — durch alle Gebiete des lirchlichen
Lebens hindurchzieht und bereits in der Reforma⸗
tionszeit hervortrat, üt der zwifchen den Luthera⸗
nern (j. d.) und Heformierten (j. d.)._ Derjelbe
ruht nicht ſowohl auf prinzipieller Differenz ala
vielmehr auf einer verſchiedenartigen Ausprägung
des prot. Grundprinzips. Indeſſen hat ſich trob
der firchlihen Trennung im Laufe der Zeit eine jo
durdhgreifende Mi reform. und luth. Ele
mente vollzogen, daß die urfprünglichen Unter:
ſchiede erſt die
** Forſchung der Gegen⸗
wart Har erlannt und in ihre feinern Beziehungen
verfolgt werben konnten. Die Union (j. d.) beider
Kirchen, bie ſich im 19, Jahrb. zuerit in Preußen,
danady auch in einigen Heinern Staaten vollzog,
war daher nicht bloß durd Die «\jnoifjerenz» der
Zeit, fondern durd die kirdlihe und theol. Ent:
widelung felbjt veranlaßt. Außerhalb Deutſch⸗
lands hat namentlich der reform. Proteſtantismus
eine große Mannigfaltigteit von Heinern Kirchenpar⸗
teien erzeugt, deren uppiges Gedeihen befonders in
Gngland und Nordamerika aber gerade kein Zeichen
innerer Geſundheit ift. Während die lebendige ge:
ſchichtliche Entwidelung des Protejtantismus ihre
eigentlie Heimat in Deutihland bat, iſt der
angloamerit,. Proteftantismus von der geiitigen
Bewegung in ber Theologie erjt in neuerer Zeit be:
rührt worben. Dagegen haben die Proteſtanten
zu ‚ Öfterreih3, der Niederlande und ber
eiz ſich an den geiltigen Kämpfen Deutichlands
leb beteiligt. Über die äußere Geſchichte des
Broteftantismus f. Reformation.
Bol. Schenkel, «Das Weſen des Proteftantie:
mus» (2. Aufl., Schaffh. 1862); Dorner, « Das
Prinzip umferer Kirche» (Kiel 1841); (Hundes:
Dagen) a Der deutſche Proteitantiamus» (3. Aufl.,
Heibelb. 1850); Schentel, « Chrijtentum und Kirche
= — ggg » en
- a ichte der prot. Dogmatit»
(3 Bbe, Berl. 1854-62); Frant, «Geichichte der
prot. Theologie» (2 Bde. en. 1862—65); Dorner,
Geſchichte der prot. Theologie» (Münd. 1867);
weizer, «Die prot. Gentraldogmen» (2 Bbe.,
Zür. 1854—56); Baur, «Das ur bes Pro:
teftantismus und feine geſchichtliche Entwidelung »
(in den «Theol, Zahrbü », Jahrg. 1855);
355
Schwarz, «Zur Geſchichte der neueften Theologie»
(4, Aufl., Lpz. 1868); Baur, «Kirchengeſchichte des
19. Yahrb.» (Tüb. 1862).
rd ir ‚PBroteftantenverein.
oteftantenverein (Deutjicher), eine im
Sept. 1863 zu Frankfurt a. M, gegründete Ver:
einigung namhafter prot. Theologen und Laien,
welche ım allgemeinen dem Zwede buldigt, die
Sortentwidelung des prot. Chrijtentums im Gin:
Hange mit der modernen Kultur befördern zu bel:
fen, Der Berein erjtrebt nad außen bin Befreiung
der prot. Kirche von ftaatliher Bevormundung,
Verhinderung ihrer Ausnugung für realtionäre
polit. Tendenzen, Erwedung des prot. Bewußtſeins
namentlid) aud gegenüber den libergriffen der
fath. Kirche; nad innen die Begründung einer
wirklichen Vollslirche gegenüber der bisherigen
Theologenlirche, aljo — der Gemeinden
und namentlich der gebildeten Klaſſen zur leben:
digen Beteiligung an den lirchlichen Angelegen:
beiten; die Berbindbung ber einzelnen deutichen
Landeslicchen zu einer beutfchen Nationallirche; die
Verreiung der prot. Wiffenihaft von dogmatiſchen
und ſymboliſchen Feſſeln, aljo Schuß der Lehrfrei-
beit auf Nanzel und Slatheber, und energifchen
Kampf gegen jede Gewiſſensbeſchwerung und alle
hierarchiſchen Gelüfte innerhalb der Kirche. Da:
gegen gibt der Berein bem Prinzip ber Freiheit
gemäß Raum für die verjchiedeniten theologiſchen
Richtungen. Seine Jmwede erreicht er teild durch
Gründung von Lolalvereinen, welche durch Vor:
träge und wieberlehrende Verſammlungen das In⸗
terefje für kirchliche Angelegenheiten in immer wei:
tern Kreifen zu weden haben, teils durch jährliche
Generalverfammlungen der von den einzelnen Ber:
einen bevollmädhtigten —*—— oder durch
jog. Proteſtantentage. Die Geſamtleitung des
Vereins liegt in den Händen eines engern und
eines weitern Ausſchuſſes. Der erſtere hat ſeinen
Sitz jest in Berlin. Der letztere beſteht aus den
Delegierten der Lolalvereine. ze der neueiten
Zeit find eine Anzahl Brovinzialverbände (nord:
weſtdeutſcher, —23 ſchleſiſcher, ſchleswig⸗hol⸗
ſteiniſcher u. ſ. w. B.) entitanden, welche regel:
mäßige ——— abhalten. Der
erſte deutſche Proteſtantentag wurde im Juni 1865
zu Eiſenach gehalten. Bol. die Berichte über die
einzelnen Proteftantentage und das im Auftrage
des Ausſchuſſes 1866 begründete «Flugblatt des
Deutfchen B.» en
oteftantifche Freunde, ſ. Lichtfreunde;
vgl. Freie Gemeinden.
Proteftantismus, |. Proteitanten und
Proteftantismus. j
oteftation (lat.) nennt man jebe feierliche
Erklärung, befonders die Berwahrung gegen eine
Handlung oder genen nadteilige Folgerungen aus
einer Thatſache u. ſ. w. Durch läßt ſich nament:
lih der Annahme begegnen, dab man mit dem
nachteiligen Gebaren eines Dritten einverjtanden
fei. Mitbeteiligung an der betreffenden Handlung
macht jedoch die P. (protestatio facto contraria)
wirkungslos. Im Staatsleben fommt die P. ge:
wöhnlih da vor, mo der protejtierenden Partei
die reelle Macht zur Geltendmachung ihres Rechts:
anfpruchs fehlt und e3 keine anerfannte höhere In—
ftanz gibt, vor der man feine Sache austragen
fönnte oder wollte, So proteftierten häufig die
deutihen Ständeverfammlungen gegen Tibergriffe
23 *
356
der Regierungen, Prätendenten gegen das Vorgehen
angeblich unberedhtigter Throninhaber ıc. — Über
Proteftation im Wechſelverlehr ſ. Proteſt.
Proteſterhebuug, ſ. unter Proteſt.
Brotend war nah Homer ein weisſagender
Meergreis, der die Robben oder Seelälber des Bo:
—— weidete und die Gabe hatte, ſich in alle Ge—
alten zu verwandeln. Sein Aufenthaltsort war
die Inſel Pharos (nad Virgil im Karpathiſchen
Meer zwiſchen Kreta und Rhodus). Er ſtieg des
Mittags aus den Fluten und fchlief in der Mitte
feiner Robben im Schatten am Ufer. Zum Weis:
jagen mußte er mit Gewalt, der er ſich jedoch durch
allerlei Verwandlungen zu entziehen fucdhte, ge:
bradt werden. Konnte er der Gewalt nicht wider:
fiehen, jo nahm or feine urfprüngliche Geſtalt wie:
r an und weisfagte dann untrüglid. Seine
Tochter heißt bei Homer Eidothea. Nach fpäterer
age war ®. ein uralter König Ägyptens, ein
Sohn des Poſeidon. Bei ihm foll während der Be:
lagerung Trojas die wahre Helena gewejen fein, die
Menelaos nad feiner Nüdtehr von Troja zurüd:
erhielt, während Paris nur ein Schattenbild beſaß.
Die fpätern, namentlich die —* chen Myſtiler ge⸗
ſtaltelen ihn zum Symbol des offs um.
aid (Ampbibie), ſ. Olm
rotebangelium, die in 1 Mof. 3, 15 gefuns
dene erſte Weisfagung vom Meſſias im Alten
Zeitament.
Brorbaittum, f. unter Farn, Bd. VI, 6.584*,
rothefe oder Brothelis (arh.,«Borjehung»)
nennt man in der Sprachwiſſenſchaft die Entwide:
lung eines Bolals aus einem anlautenden Konſo—⸗
nanten, 3. B. wurde im Lateiniſchen spiritus
«Haud)e) zu ispiritus, espiritus, worauf die franz.
Form esprit beruht.
Prothefe (grch.), in der Chirurgie ber künftliche
Wiedererjak verftünmelter oder durch Krankheiten
verloren gegangener ——— He entweder
durch mechan. Hilfämittel, wie die künftlihen Nafen
aus Silber, Hartgummi, Papiermaché, die Obtu:
ratoren gegen Gaumendefelte, die ünftlichen Arme
und Beine (f. Glieder, künſtliche), oder auf
operativem Wege (f. Blaftifhe Chirurgie).
Protiften (grch. oder Urweſen nennt man
nad) Hädel die niederften, einzelligen Lebeweſen
von geringer Größe, die eine derartige Mifchun
pilan —* und tieriſcher Charaltere zeigen, da
ihr Studium mit demſelben Rechte der Zoologie
wie der Botanik zugeteilt werden dlann. Dies ver:
anlafte Hädel, aus dieſen Geſchöpfen ein bejon:
deres «Neich» zu mahen, das jih, gewiſſermaßen
neutral, zwifchen Tier: und Pflanzenreich ein:
fhiebt; er rechnet zu den P. unter andern die Mo:
neren, Amöben, Gregarinen, Slagellaten (f. unter
VBrotozoen), Infuſorien im engern Sinn, Bacil:
larien und Diotomeen, Foraminiferen, Radiolarien,
Bilze und Schleimpilze oder Myrompceten. _ Bol.
E. Hädel, «Das Protijtenreich» (Lpz. 1878). Hierzu
eine Tafel: Brotiften und Protozoän,
Brote .., 1. Brot...
Protoeoccoideen, |. unter Algen.
Protococcus, ſ. unter Blutregen.
Protogeneia, ber Name des 147, Aiteroiden,
f. unter Planeten.
Protogenes, berühmter grieh. Maler aus
Raunos in Karien, Zeitgenofje des Apelles, lebte
im legten Drittel_des 4. Jahrh. v. Chr. auf ber
Inſel Rhodus. Seine beiden berühmteiten Ges
Proteſterhebung — Protokoll
mãlde, die er für einen Tempel (wahrſcheinlich des
Dionyfos) in ar ausführte, waren ber rho⸗
diiche Heros Ja os als Dager von einem Hunde
begleitet dargeitellt (diefe8 Gemälde, an welchem
der Künftler jieben, nad} einer andern Angabe gar
elf Jahre lan — ————— ſoll, befand ſich in
ber röm. Kalſerzeit in Rom im Friedenstenipel
und verbrannte dort unter Commodus) und ein an
einen Baumftamm 3* Satyr mit der Dop⸗
flöte. Auch in der Pinalothek der atheniſchen
Kroyläen befand ſich ein berühmtes Gemälde des
welches bie beiden attifhen Staatsſchiffe Para⸗
[08 und Ammonias al3 eine männlide und weib:
liche Geftalt ———— darſtellte. Alle Werte
bed P. zeichneten ſich durch große Sorgfalt in der
Fran n Aus Au aus, . Brunn, «Ge
gl
dichte der griech. Künitler» (Bd. 2, Stuttg. 1859).
* anit, ſ. unter Granit.
oto „ſ. unter Bo
p.
rototoll (ar) bieß im griech. Altertum ber
ben Bapyrusrollen vorgeflebte Zettel, der zu Auf:
priften iente. Gegenwärtig verfteht man unter
. (procds verbal) da3 Niederichreiben irgend
einer Verhandlung, einer Erklärung, der Ausfagen
befragter Berfonen, Zeugen, Angeſchuldigter, Sach⸗
verftändiger, ber Beichlüfe eines Kollegiums oder
einer andern beratenden Verfammlung. Diefe Auf:
—— muß durch einen dazu beſtellten öffentlichen
eamten (Gerichtsſchreiber oder Notar) geſchehen.
Für den ——8 beſtimmt die Civilprozeß⸗
ordnung für das Deutſche Reich; über die mund⸗
liche Verhandlung vor dem Gericht ein P. ee
men. Das B. hat indefien nicht den
er Berbandblung aufzunehmen, fondern nur den
—— der Verhandlung im allgemeinen anzugeben;
daneben bezeichnet bad Geieh gersie Alte (4. B.
Anerlenntniſſe, Verzichte, Vergleiche, gewiſſe An:
träge und Erflärungen), welche jedenfalld durch
Au me in das P. feftzuftellen find (im amtsge—⸗
rihtliden Verfahren entſcheidet über die Proto—
tollierung von Erllärungen und Anträgen der Par:
teien das richterliche Ermeflen); zu prototollieren
Kor insbefondere auch das Ergebnis eines Augen:
eins und die Auslagen der Zeugen und Sad:
veritändigen (bie legtern aber bann nicht notwens
big, wenn bie Bernehmung vor dem Prozeßgerichte
olgt und das Endurteil der ng ni
unterliegt). Das P. ift, ſoweit es Anträge, Erlläs
rungen, Anerlenntnifje, Berzichte, Vergleiche, Bes
weisaufnahmen betrifft, den Beteiligten vorzus
lefen oder zur Durch 3x vorzulegen, in bem P.
auch zu bemerlen, daß dies geichehen und die Ges
nehmigung erfolgt ſei oder welche Einwenbun
oben find. Das P. ift von dem Borfien
und dem Gerichtsſchreiber zu — und
ießt als öffentliche Urkunde öffen ichen Glau⸗
eobachtung der für die münd⸗
lie Berhandlung vorgefchriebenen Förmlichleiten
fann nur durd) das ®. bewiefen werben und es i
gegen ben diefe Förmlichleiten betreffenden Jap t
ſelben nur ber Nachweis der Fälſchung zuläſſig.
r ben —— gilt in der Vorunter⸗
ſuchung das Geſetz vollſtaͤndiger Protolollierung; es
iſt Über jede Unterſuchungshandlung ein P. aufzu⸗
nehmen. Das P. über die Hauptverhandlung, das
von dem Borfigenden und Gerichtäfchreiber
unterzeichnen ift, muß Ort und Tag der Verhand⸗
lung angeben, die Namen ber Richter, Gejhwore
nen, Schöffen, bed Beamten ber Staatsanwalts
nzen Inhalt
en. alt bie
PROTISTEN UN
1. Protomyxa aurantiacn. 2. Amoeba, a, » kriechend, c eingekapselt. 3. Difflugia oblonga. 4. Hastingeria
Kammern zu zeigen, e im Querschliff, 6, Alveolina Quoyi, Längsschnitt. 7. Triloeulina gibba. 8. Textulari
13. Actinomma asteracanthion. 14. Carpocanium diadema, 15. Bodo saltans, a, 5 kriechend, e in Querteilu
21. Stylonychia mytilus, 22. Freia elegans. 23. Stentor polymorphus. 24. Balantidium coli, a Beginn, d
zwei Individuen im Zusammenhang, c Stylorhynchus oligacanthus. 27. Eingeka]
Brockhaus’ Conversations- Lexikon. 13. Aufl.
SDEPRROTOZOEN.
m —ñ—
a re
19 is
„Murrayi. 5. Nummuliten, a im Mutterstein (Nummulitenkalk) angeschliffen, d einzelne aufgebrochen um die
„ Mariae. 9. Globigerina bulloides. 10. Actinophrys sol. 11. Thalassicolla pelagiea. 12, Heliosphaera actinota.
‚degriffen. 16. Cercomonas intestinalis. 17. Euglena viridis. 18, Acineta. 19. Vortieella. 20. Aspidisca turrita,
jrtgang der Querteilung. 25. Opalina polymorpha, 26. Gregarinen, « Monoeystis agilis, Gregarina cuneata,
„welte Gregarinen, a zwei konjugierte Individuen, 5 Auflösung in Pseudonavicellen,
Zu den Artikeln: Protisten und Protozoen,
R
Protonema — Protuberanzen
ſchaft, des Gerichtsſchreibers und des etwa zuge:
ge Dolmetſchers, die ——— der —*
n Handlung nad ber Anklage enthalten, die
Namen der * en, ihrer Verteidiger, der
— ————— ebenklläger, Jeern ertreter,
ollmãchtigten und Beiſtande, und die Angabe,
daß öffentlich verhandelt oder bie Öffentlichkeit
auageichloflen ift. Das P. muß den Gang und die
Ergebnife der Hauptverhandlung im we ——
wiedergeben und die Beobachtung aller weſentlichen
örmlichkeiten erſichtlich machen. ——
iederſchreibung und Verleſung hat der Vorfigende
anzuordnen, wenn es auf die Feititellung eines
Vorgangs in der Hauptverhandlung oder des
Wortlauts einer Ausjage oder Außerung ans
lommt. Bezüglich der Genehmigung und bezüglich
der Beiveittralt des P. gelten im —— ent⸗
ſprechende Vorſchriften. Im übrigen vgl, Civil:
prozeßordnung für das Deutſche Reich, 88. 145 fg.,
470; Strafprozeborbnung, 88. 186, 271 fo.
Sn völlerredtlidher eziebung wirb der
Ausdrud Protokoll im allgemeinen für die Auf:
eichnung ſolcher amtlicher Verhandlungen gebraucht,
ie in Gegenwart von Vertretern der Staaten und
durch fie geführt werden, insbejondere da, wo es ſich
darum handelt, ein Ginverjtändnis ber Staaten
durch perjönlidhe Vertretung oder durch Verband:
lungen fo herbeizuführen, daß ein Vertrag verein:
‚ein gemeinfamer Beichluf geiobt oder au
nur eine gemeinfame Grllärung abgegeben wird.
zotonema, f. unter Musci, Bo. XII, ©. 5®,
tonotarien a apoftolifche, heißen
beim päpft. Stuhle die zwölf ein Stollegium (das
Bentosatariat) bildenden vornehmen Geilt
en
welche alle die Kirche betreffenden Alte, die
ben und verpflichtet find, auch dem Papfte außer:
om? zu en.
ton die 03 — aerſte Lüge»), Grund⸗
fehler, Grundirrtum, z. B. in einer Beweisführung.
Protoplasma (ar&.), früher auch Cyto—
ober Sarköde zen, eine weiche
he uren bei anonifationen u. ſ. m. zu beforgen
införnige, eimeihähnlihe Subftanz, welde aus
lenftoff, Sauerftofi, Stidjtoff, Waflerftoff und
wefel beftebt und für fich oder in feinen Mem:
branen (Zellhäuten) einge inlen die Grundſub⸗
nz der tierifchen und pflanzlichen Bellen darftellt.
BP. bildet die einfadfien rganismen \ Pro:
tiften- und Protozoen) wie die höchſten Ge:
webe des Tier: und VRangentörpers und vermittelt
durch feine fteten chem. Umänberungen die gefam:
ten ae ur pflanzlichen Lebenserfcheinungen.
» Belle.
toplaften (grch.), die Zuerftgebilbeten, in
ber Dogmatik vorzugeweife Adam und Eva; pro:
toplaſtiſch, urbildlich.
otopope, ſ. unter Pop.
topresbpter, f. unter Presbyter.
ptöris Sternb. nennt man in der Phyto:
valäontologie eine Gruppe von folfilen Farnftäm:
men, die beſonders in der Steinlohle und zum Teil
aud im nn. —— in
otorganiömen, joviel wie Protiſten.
—* * Urtypus, Us Mufterbild,
01050
e, einzellige, ſich ungeſchlechtlich fortpflanzende
anismen von geringer Größe, aus Sarcode
(f. d.) beitehend und ohne befondere Organe und Ges
webe. Zu ihnen gehören die zwei folgenden Klafien:
.) oder Urtier beißen ein: | b
857
Die erfte Klaffe, bie — pre (f. d.), find
ebildetausden Drbnungender1)Foraminifera,
oraminiferen (f. d.), zu denen die Amöben
ſ. d. und Tafel: PBrotiften und Protozoen,
. 2a, b und c) und wohl aud die Moneren
.Sig.1, Protomyxa aurantiaca) gehören; ferner die
hecolobosa oder beihalten Amöben (Big. 3,
Difflugia oblonga, aus unjerm Süßmwafler) und die
eigentlichen Foraminiferen mit einer meijt gelam-
merten und falligen, von zahlreichen Poren dur:
brochenen Scale (Fig. 6, Alveolina Quoyi, eine
Schale im Längsdurdfchnitt; Fig. 4, Hastingeria
Murrayi, das ganze Tier mit der Schale; Fig. 7,
Triloculina gibba; dig 8, Textularia Mariae;
Fig. 9, Globigerina ulloides, von allen dreien
bloß die Schalen), Zu ——— ehören
auch die Rummuliten (ſ. u Rummulitenformas
tion; und Fig.5 a,b und e). 2) —— d.),
Sonnentierden (Fig. 10, Actinophrys sol, aus
dem fühen Mailer). 3) Radiolaria (f. d.),
Strablinge (fig. 11, Thalassicolla pelagica;
fig. 12, Heliosphaera actinota; dig. 13, Acti-
nomma astheracanthion; ig. 14, jum
diadema), Die zweite Klaffe ber g bilden
die Sujnlerien (f. d.), zu denen außer den
eigentlihen Infuforien (Fig. 18, ein Sauger,
Acineta; Fig. I9, eine Vorticella; Fig. 20, J. Aspi-
disia turrida; ig. 21, —— mytilus; die. 22,
Freia u Fig. 28, Stentor polymorphus;
go 24, Balantidium coli, ein im menſchlichen
d: und Maftdarm fchmaropendes Infufor; Fig.
25, Opalina polymorpha, aus dem Enddarm
Froſches), auch nod die merkwürdigen Brent
rinen (}. d. fig. 26 a Monocystis agilis, aus den
männlichen Sefälchtsorganen bed Regenwurms,
b Gregarina cuneata, aus dem Darm des Mebl:
wurmfäfer®, c Stylorh chus oligacanthus, aus
dem Darm einer Libelle; Fig. 27 eingelapielte
Gregarinen, a zwei in Konjugation befindliche In—
dividuen, b Zerfall in Teilftüde, fog. Pieubonavi-
zellen) und die Geißelträger, Flagellata, gerechnet
werben, —5 find ſehr Hein, mit einer oder
mehrern Geibeln, deutlihem Kern, zumeilen noch
mit beitommenden Wimperfäumen, ftet3 ohne After,
öfters auch ohne Mund. Zu ihnen gehören die Mo:
naden (j. d. Fig. 15 a, b,c, Bodo saltans, und
Fig. 16, Cercomonas intestinalis, aus —
von Typhuslranlen) und Aſtaſieen, mit lon—
traftilem nadten Körper und fee Nahrung aufs
— (Fig. 17, Euglena viridis).
otuberanzen (lat.) nennt man bie bei totas
len Sonnenfinfternifien an dem ſchwarzen Rande des
Mondes wahrnehmbaren roten Hervorragungen,
welche in —— Geſtalten ähnlich verſchie⸗
denen Wollenformationen erſcheinen und von be:
trächtlicher ug 5 find. Schon im 18. Sa. bat
bei der totalen Sonnenfinfternis am 12. Mai 1706
Stannyan aus Bern einen bluteoten Saum be:
merkt und als 1715 Halley auf fie, die Roſenlranz⸗
lörner genannt wurden, aufmertjam machte, wur:
den fie vielfach gefeben, Jedoch erjt bei der totalen
Sonnenfiniternis 1842 und 1851, zu welcher von
verschiedenen Aitronomen Neiien gemacht wurden,
find fie ausführlich nad Geftalt; Größe und Farbe
eſchrieben. Bei der totalen Sonnenfinfternis in
Spanien 1860 wurden fie zuerit ———
und kurze Zeit vor und nad) der Verfinſterung wahr:
enommen, und zu gleicher Zeit dabei feitgeftellt,
5 fie Gebilde Ans die der Sonne angehören.
Bei einer totalen Sonnenfinfternis in Indien
18. Aug. 1868 entdedte der Ajtronom Yanfien und
unabhängig von ihm Lodyer in London, daß die
P. fih im Speltroftop (i. d.) durch lichte Linien
in bem Spektrum auszeichneten und daß in dem:
felben die Eriftenz der P. zu jeder Zeit Lonftatiert
werben kann, Im 3. 1869 zeigten Zöllner, Hug:
gins und Lodyer, daß im Speltroflop, wenn man
den Spalt recht weit macht, die B. ihrer ganzen
Form nad) erlannt werben können, und feitdent
wurden fie auf vielen Sternwarten, bejonders in
Nom, in Palermo, in Moslau u. ſ. w. regelmäßi
beobadıtet. Da die P. ihre Geftalt oft jehr raf
ändern, ift man zu der Anficht gelommen , daß fie
leicht fich verändernde, mit ungeheuerer Schnellig⸗
keit fih bewegende Gafe find, deren Maſſen eine
Höhe bis zu 100000 km und mehr haben. Unmit:
telbar um ven Sonnenrand iſt ein kontinuierlicher
Ring diefer roten Hervorragungen, welden man
——— nennt. Die P. find nicht im
allen Jahren oa Ka ie ſondern haben wie bie
Sonnenflede ein Marimum und ein Minimum, und
es ſcheint ſowohl die Periode als auch die Häufig:
feit mit der der Sonnenflede und Fadeln in fiber:
einftimmung - * woraus man auf einen Zu:
fammenbang dieſer Grf einungen ſchließt.
eng ua Ne ——
mit «proben», d. i. plahen, krachen, zu:
ſammenhängend) der zweiräberige Border:
Sehen der
eſchüze. Man unterſcheidet nad) den
Geſchutzllaſſen: Feld:, Belagerung: und Feſtungs⸗
proßen, nad) der Konftruttion: Kajten: und Sattel:
—— Die Kaſtenprotzen haben kaſtenförmige
ehälter zur Aufnahme von Munition und find
nur für Feldgefchüge beftimmt, während die Sat:
telproßen blob zum Transport, daher ohne Kaften, | P
fonitewiert find. Bei den Feltungsprogen unter:
ſcheidet man nod Wall: und Ka ——
welche lehtere ftatt der Speichen- niedrige Blod:
räber haben. Protzhalen, Proßnagel find Teile der
P. welche zur dung berjelben mit ber Yafette
dienen, die ihrerfeits eine Protzöſe oder ein Prog:
loch befikt. Die Sicherheit der Verbindung wird
durch Die Proplette erhöht. (S. G ki id
Proudhon (Pierre Joſeph), berühmter franz.
Soyialift, geb. 15. Juli 1809 zu Befanson, Sohn
eines armen Böttcher, zuerit Lehrling, nachher
Afiocie eines Buchdruders, veranitaltete eine neue
Auflage von dem Werte des Abbe Bergier über die
«Elements primitifs des langues» (Bejangon 1837)
und fchrieb als Beilage dazu «Essai de grammaire
—— für welche Arbeit ihm die Alademie von
efangon 1838 auf drei $ re ein Stipendium
von 1500 Frs. erteilte. P. ging bierauf nad
Paris und überreichte ald Früchte Mi national:
dtonomiſchen Stubien ber Mademie von Befancon
feine Rechtfertigung der Sonntagsfeier, «La cel6-
bration du dimanche» (Par, 1840; 4, Aufl. 2:
und feine vielbefprochene Abhandlung über bie
Gigentumsfrage: « Qu’est-ce que la propriet&?»
(Bar. 1840 u. öfter), die von vornherein den Cab
aufitellt: «Gigentum ift Diebitabl.» Die Alademie
von Bejancon äußerte dem Berfafier ihr ftrengites
Mipfallen und entzog ihm das Stipendium. P
ward nad Lyon berufen und leitete dafelbit ein
Unternehmen von Warentransport auf der Saöne
und dem Rhöne (1843—47). Dabei jehte er zugleid)
feine ſchriftſtelleriſche Thätigleit fort und ließ in
Paris zwei feiner Hauptwerte ericheinen: «De la
Protutor — Proudhon
er&ation de Vordre dans l’humanite» (1843;
2. Aufl. 1848), eine polit. iſations
und «Systöme des contradictions &eonomiques»
r a u. öfter), rasch > Reformatoren ——
er polit. eien, die Uto r rar
Setten und die Öfonomiften der er chule mit
den ſchärfſten Waffen der Dialektit und Satire be:
fämpfte, n die ber Gründung ber r⸗
republit folgende polit. Bewegun er mit
grober Lebhaftigteit ein. An der 86 des ⸗
laits «Le reprösentant du penple» (April
——— er als Organ der Partei auf, die eine
demokratiſch⸗ſoziale Republik verlangte und machte
ſich bald fo populär, daß er im Juni zum Abgeorb-
neten des Seinedepartements gewählt wurbe.
* der Konſtituierenden Verſamm ung and ermit
einen ercentriichen Anträgen und Neben wenig
Erfolge, er griff daber wieder zur Feder und grün:
dete nacheinander drei Zageblätter: «Le peuple»
(Nov. 1848 —2—— 1849), «La voix du peuple»
(Oft. 1849 bis Mai 1850) und «Le penple de
1850» (Juni bis Ditober). Obgleich in beftändige
Preßprozeſſe verwidelt, beitritt er doch alle Koften
mit bereitwilligen Beiiteuern vom Volle. Im J.
1849 begründete BP. die Banque du Peuple, eine
u mit der immung, die Ab⸗
chaffung der Geldzinfen und die Neform bes
Güterumlaufs mittels der Organifation des Are:
dits auf Gegenfeitigkeit und ber Ausgabe von
«Bons de cireulation» herbeizuführen. Jedoch
—* gen te zu drei n
efängnis wegen Prefvergehen bewogen,
Unternehmen zu unterbrechen und nad) ber Schweiz
zu flüchten. Bald kehrte er aber nad) Paris zurüd
und ftellte fc zur Abfisung feiner Haft in Ste.
elagie, wo er ſich verheiratete und auch mehrere
Bücher fchrieb: aConfessions d’unrevol
(3. Aufl. 1851), ‚«La revolution sociale d&montree
par le coup d’Etat» (1852 u. öfter). Nachdem B.
die Freiheit wieberer ‚ geriet er in neue Non:
flitte durch fein Wert: « j dans la r&vo-
lution et dans l’6glise» (3 Bde,, 1858). Er wurde
dafür zu drei Fahren Gefängnis und 4000 Fre.
Geldbuße verurteift, entzog ſich aber der Boll:
tredung des Urteils durch die Flucht nach Belgien.
J. 1860 amnejtiert, fehrte ernad) Paris zurüd
und ktarb in Bafiy 19. Jan. 1865.
P. war ein glängender Dialettiter, ein geiftreicher
—— u er une a ———
ens, aber do
beanlagt und nicht frei von blendender Sophüftit.
Gr war nichts weniger als Kommumiſt, er wollte
das Privateigentum nicht aufheben, fonbern refor:
mieren und verallgemeinern und den ein:
zelnen Individuen auf eit und billige
Gegenfeitigkeit begründete — ame
er
ezeichnet. taat a
woͤmoͤglich ganz befeitigen und eine bloße
Adminiftration erfepen. Er nannte fi) daher
rg —— Pa Wort anders auf:
apte, als eiten® der heutigen gu
ii Cine Geſamtausgabe von Beten er:
* * — «Oeuvres complötes »
2 e., Par. — 70), «Deuvres posthumies »
(8 Dve., Par. 1870-75). Langlois u
feine «Correspondance» (14 Bde. Par. 1874— 5).
Bal. Sainte ve, «Pierre Joseph P., sa vie et
sa correspondance 1838—48» (Par. 1872).
SB:
Prouft — Provence
Pronft (Antonin), franz. Politiker, geb. 18.
März 1832 zu Niort, widmete fi —— our⸗
nalismus und gründete 1864 in Brüſſel ein
wöchentliche Blatt «La semaine universelle»;
1870 wurde er Gambettas Sekretär, 1871 Mit:
er ber Rebaction der «R&publique frangaise».
wurde 1876 in die Deputiertenlammer gewählt
und war im Kabinett Gambetta (14. Nov. 1881 bis
26. jan. 1882) Minifter der ihönen Künſte. P.
ſchrieb «Les beaux-arts en Angleterre» (La Ro:
delle 1862), «Chants populaires de la Gröce
moderne » (Niort 1866), « Les beaux-arts en pro-
vince» (Riort 1867), «Archives de l’Ouest» (5 Hefte,
1867 —69), eine Urkundenfammlung, die Revolu:
tion betreffend, «La justice r&volutionnaire &
Niort» (1869), «La d&ömocratie en Allemagne»
(1872), «Le prince de Bismarck, sa correspon- | Laf
dance» a " balic
ovadija (offiziell, gewöhnli rawady,
BE er im Mittelalter en.
Stadt und Diftriltshauptort im Fürftentum Bul:
rien, in maleriſcher Gebirgägegend linls am
Stufe ., ber füblih von Barna in dad Schwa
teer mündet, Station der Eiſenbahn Rujtihul:
Varna, hat (1881) 4704 E., Wein: und Gartenbau.
Unmeit öftlih von P. Ina das antile Darciano:
polis (f. db.) — Der Diftrilt P. zählt 63246 E.
Proveditori, f. Provveditori.
aan f. Provence.
rodengalifhe Sprache und Litteratur.
Die provencal. Sprade, deren Gebiet das fitdl.
Srantreich biß zur Loire und einen großen Teil des
nordöftl. Spanien umfaßt, hieß von der Bejahungs:
form oc (d. i. lateinifch hoc) die Langue d’oc
oder die occitaniſche, im Beoeniah zu ber
Langue d’oil (b. i. lateinifch hoc illud, neufrz.
oui) oder ber nordfranz. Spradye. Nach ber 10:
vinz Limoufin wird fie auch die limouſiniſche
Sprade genannt, während man fie vielfach ganz
allgemein auch als die romanische (romans) bezeid):
net. Diefelbe fteht linguiſtiſch wie geogranhiich in
ber Mitte zwiichen ben volltönenden füdroman.
Epradyen und urn ranzoſiſch.
Das Provencalifche ur öſtlich nach Stalien hin:
ein, wo bas Piemonte ide ihm verwandter ala
dem Italieniſchen üft; in Spanien gehört demſelben
das Catalonifhe an. Das Grundelement ber pro:
vencal. Sprade, wie das aller roman. Spraden,
bildet das Bulgärlatein; dazu lommen bedeutende
german. Beftandteile, in geringerm Umfang teltiiche
und griechiſche. Als die litterariih am früheiten
ausgebildete roman. Spradhe hat fie ein beſonderes
Intereſſe. Das ältefte poetiihe Denkmal ijt das
ruhftüd von 257 Berjen eine Gedichts über
Boẽthius, aus dem Ende des 10. Jahrh., am beiten
von Diez (Altroman. Spraddentmale», Bonn
1846) und von Bartih in der «Chrestomathie
—— (4. Aufl. Elberf. 1880) herausgegeben.
e Blütezeit der Litteratur beginnt Ende des 11.
und reicht bis zum Schluß bes 13. Jahrh. Ihren
Mittelpunkt bildet die hoͤfiſche Lyrik der Trouba:
dours (f. d.), während die epiſche Poeſie ihren
Schwerpunlt in Nordfranlreidh bat; doch fehlt es
auch im Süden niht an einzelnen epiſchen Dich—
tungen, Romanen, Legenden, didaltiſchen Gebidhten,
wozu nod) eine ehe ra itteratur fommt. Bon
ber Bollspocfie jener Zeit, die in den Händen ber
Jongleurs (f. d.) war, find nur vereinzelte Spuren
überliefert. Die polit, Ereigniffe des 13. Jahrh.
359
serftörten die polit, wie litterarifche Selbftändigteit
Sudfranlreichs; zwar bemühte ſich die jünftige
Dichterſchule in Zouloufe, feit dem Anfang des
14. Jahrh., die nationale Poeſie zu erhalten (I.
Jeux floraux), vermochte ihr aber kein Leben ein:
—— Das Provensalifhe wurde zu einem
ollsdialelt herabgebrüdt, ift jedoch in neuerer Zeit
wieder zu litterariihem Gebraud und Anfehen ge
langt, und einzelne diefer Dialektdichter, wie Go:
dolin, Eyprian Deipourrins (geb. 1628), Jacques
erg und Frederic Miftral, haben ſich Berühmt:
eit erworben. Es übertrifft noch jebt das Nord:
franzöfifche bebeutend an Volltönigfeit der Formen
und Wohlllang der Laute.
Eine Entwidelung ber Sprade in Proben von
der älteften bis auf die neueſte Zeit gibt Mary—
on in «Tableau historique et litt@raire de la
langue parlöe dans le midi de la France» (Bar.
1842). Wiffenihaftlic zu behandeln verſuchte fie
Raynouard («Choix des po&sies originales des
troubadours», 6 Bbe., Par. 1816 —21, wovon Bd.
1 u. 6 grammatiſchen Juhalts; Auszug danad) von
Adrian: «Provençal. Grammatik, Frank. 1825)
und «Lexique roman» (6 Bbe,, Par. 1838—44);
dod) erjt Diez («Grammatik der roman. Sprachen»,
3 Vde. Bonn 183644; 4. Aufl. 1876—77) gab
eine wahrhaft wiſſenſchaftliche Darftellung. Schon
aus dem 13. Jahrh. gibt es provencaliſch geichrie:
bene Grammatilen («Grammaires romanes inedites
du 13* siöcle», herausg. von Gueſſard, Par. 1840;
2. Ausg. 1858; am beiten von Stengel, Marburg
1877), wozu im 14. Jahrb. die umfangreichere der
«Leys d’amors», berausg. von Gatien Arnoult
(Zouloufe 1841) fommt. Darſtellungen ber Litte:
ratur gaben außer Naynouard namentlid Diez
(«Die Poeſie der Troubadours», Zmidau 1826;
2. Aufl. von Bartich, Lpz. 1883; «Leben und Werte
ber Zroubabours», Zwidau 1829; 2. Aufl. von
Barth, Lpz. 1883) und fpäter Fauriel («Histoire
de la po&sie provengale», 3 Bde,, Par. 1846), ber
aber viel Unrichtiges einmifht, und Bartſch in
feinem «Grundriß zur Gedichte der provemgal. Lit:
teratur» (Giberf. 1872); die jpan. Troubabours be:
—*— Milä y Fontanals «Los trovadores en
ispana» (Barcel. 1861). fiber die_neuprovencal,
Sprade und Litteratur vgl. Schnalenbourg,
«Tableau des idiomes populaires de la France»
(Berl. 1840); Pierquin de Gemblour, «Histoire
litteraire, philosophique et bibliographique des
patois» (Par. 1844); ferner «Notices et extraits
de quelques ouvrages &crits en patois du midi de
la France» (Par. 1840); Cabrie, «Le troubadour
moderne» (Par. 1844); Günther, «fiber die füb:
franz. Vollspoejier (Bernb. 1844); Böhmer, «Die
provencal. Poeſie der Gegenwart » (Halle 1870),
Brovence (lat. Provincia), früher eine Provinz
Franlreihs, die in die Ober: und Unterprovence
rfiel und von Piemont, dem Mittelländiichen
Ser, Languedoc, der Dauphine und Benaijfin
umgrenzt wurbe und 22025 qkm umfaßte, bildet
jept, abgefehen von einem Heinen Teil, der zum
Depart. Bauckufe gehört, die drei Departements
Niederalpen, Rhönemündungen und Bar, ſowie
ba3 zum Tepart. — gehörige Arrondiſſement
—8* Das Land wird nach allen Seiten hin von
Ausläufern der Alpen, Alpinen genannt, zwiſchen
welden fi) weitere und engere Er öffnen, un:
ter denen vorzüglich das große Thal von Barcelo⸗
nette befannt iſt, jowie von den Flüſſen Nhöne,
360 Provenceröl
Durance, Bar und einer Menge Waldbäche durch⸗
jogen Die in ber Nieberprovence fi ausbreiten:
n Alpinen, nadte, unbemwalbete, aber mit aroma:
tiſchen — bebedte Felſen, —*— bier Maures.
An ihrem Fuß liegt die ſteini ene Grau (ſ. b.).
Zemperaturverhältnife, Beſchaffenheit des Bobens
und Erzeu —— ſind in den beiden Teilen
der P. —* verſchieden. Während die Oberpro⸗
vence bei feuchten, höchſt veränderlichem Klima,
ſteinigem und dürftigem Boden nur geringen Ader:
bau ku, nur in einigen wenigen Gegenden Mein
und Südfrächte hervorbringt und den Mangel an
Getreide durch den Anbau von Kartoffeln erſehen
muß, bat die Niederprovence ein wahrhaft ital,
Klima, trefflihe Seidenkultur und Bienenzucht,
— eher s, — Si Divenbun,
aud Ziegen un ucht un erei. Keine
Provinz Frankreichs H fo reih an edeln Süd:
rühten als bie P. Außer dem vorzüglichen HL,
18 unter bem Namen Brovencerdl ausgeführt
wird, ge n bier das meiſte Kern: und Steinobjt,
rune Pflaumen von Brignolles), Feigen und
erdrigonen, Miſpeln, Maulbeeren, Saitanien,
an Eitrenen, Drangen, welſche und Hajel:
nüffe, Kapern Sükhol, rüffeln, Rofinen und
Wein, aus defien geringern Sorten man Brannt:
wein bezeitet. Weniger bebeutend ift, weil ed an
guten Weiden fehlt, die Rindvieh: un Bierbe ut;
aud) ift an Holz großer Mangel, was ber Betrei—
bung des Bergbaues auf die bier hrechenden Mine:
ralien, Kupfer, Eifen, Blei, große Hinbernifie in
ben Weg legt. Die Hike im Sommer ift, da es nur
felten regnet, oft unmäßig. Schon im Sanuar be:
Heidet fi die Erde mit friſchem Grün, und im
Februar fteht alles in Blüte; doch führt der kalte,
wütende Norbweftwind, hier Mijtral genannt, häu:
fig, wenn auch nur auf Tage, Froſt und Reif, die
dann den Dliven und Güdfrüdhten ſchädlich werben.
Die Bewohner der P. die BProvencalen, unter:
chen fih von den übrigen Franzofen durd ihren
oltächarafter, wie durch eine eigentümliche Mund:
art und beſondere Litteratur. (S. Provenca:
lifde Sprade und Litteratur.) Sie find
beftig, leidenfchaftlih und unbeftändig und lieben
Vergnügungen über alles; doch find fie auch geift:
ei, aufridtig, ihr mäßig und arbeitfam und
einen ſich als fleißige Landleute, unerfchrodene
iſcher und Schiffer und als thätige Kaufleute und
geihidte Manufalturiften aus.
Die Römer benannten Provincia Gallia ober
bloß Provincia im Gegenfaß zu dem freien Gallien
denjenigen Teil des Transalpiniihen Gallien, den
fie zuerit 122 v. Chr. eroberten und ber die jehige
B., Dauphime und Languedoc umfaßte. a hen :
dem das übrige Gallien durch Cäfard Eroberung
ur Provinz geworden war, blieb die Benennung
incia fi jenen Teil, der bei der nun erfolgen:
den Einteilung Galliend Gallia Narbonensis be:
nannt wurde, vorzugsweiſe üblid. Cine der Hei:
nern Provinzen, in die dad Narbonenſiſche Gallien
im 4. Jabrh. zerfiel, die Narbonensis I. oder Sep-
timania, welche den größten Zeil von Languedoc
begriff, wurde in ber erften Hälfte des 5. Sehr
von den Weltgoten, das Land vom Genferjee bis
egen bie Durance (das heutige Dauphine) von den
Burgundern eingenommen und jo der röm. Beſih
und zugleich der Name Provincia auf das Land
wiſchen ber Durance und bem Mittelmeer einge:
Ohränkt, ber bei dieſem als Eigenname verblieb,
— Proverbe
obwohl im meitern Sinn fpäterhin, wo er in das
romanifche P. übergegangen, ber Name Brovencas
len aud für bie Einwohner von ganz Südfrant:
reich gebraucht wurde. Auch jener Reit der alten Pro-
vincia wurde ben Römern um 470 durch den weft:
—* König Eurich entriſſen, der Arelate (Arles) zu
einem Sik machte. Durch Theoborich d. Gr. wurde
die P. 507 für den Schuß, den er den Weſtgoten
gegen die Franklen gewährte, ein Teil des Dftgo-
tiichen Reichs. — ſchon 536 trat fie ber oſigot.
König Vitiges dem fränk. König Theobebert ab,
morauf fie mit dem Fränkiſchen Reich vereinigt
murde. Bei ben Teilungen unter ben Göhnen
Lubmwigs —— kam die P. erſt an Lothar I.,
dann an Karl den Kahlen. Nach dem Tode Lud—
wigs beö Stammlers wurbe fie 879 ein Teil des
Burgunbifchen Königreich, das Graf Boſo von
Vienne ftiftete. (S. Burgund.) Die Grafen von
Arles aber, die den größten Zeil der B. beſaßen,
daher aud Grafen ber B. genannt wurden, ftanden
nur in geringer Abhängigleit von den Königen.
Nachdem ihr Dannsitamm 1100 erlofchen, fiel ihr
Land durch Erbfchaft an den Grafen Raimund IV.
von Barcelona. Dur einen Bertrag von 1125
wurde der Süden beö Arelat fo zwiſchen ben
Grafen von Touloufe und Barcelona geteilt, daß
eritere bie Grafichaften von nce, Die, Drange,
Venaiſſin, lehtere bie eigentlihe B. oder die Graf:
fchaft Arles, zu der damals aud Niyga bis 1365
ehörte, und die Grafidaft Forcalquier (den Land:
Fri zunächſt nördlich und weitlich von der Durance)
erhielten, Diefes Land fam 1162 an Alfons II.,
feit 1163 aud König von Aragonien, weil er
von derjenigen Linie der Grafen von Barcelona
ftammte, die 1137 bie Krone von Aragonien er:
worben hatte; er hinterließ es feinem Sohne glei:
hen Namens, mit deffen Sohn Raimund Beren:
ar IV. 1245 ber nnaftamm ber barcelon,
rafen ausftarb, unter beren Schuß bie Blüte der
rovengal. Dichtkunſt fich entwidelt hatte. Beatrir,
aimunds Tochter, brachte bie P. 1254 ihrem Ge:
mahl Karl von Anjou, Ludwigs des Heiligen Brus
der, zu, der nachher auch —— von Sicilien wurde.
Den feines Haufes blieb die P. bis auf bie
nigin von Neapel Yohanna I., bie den Herzog
Ludwig von Anjou (f. d.), Bruder bes age d:
nigs Karl V., 1382 zum Erben einſehte. Deſſen
legter Nahlömmling Karl IV. vererbte 1481 die
B. an Ludwig XI. von Franfreid. Über bie Graf:
ſchaften Orange und Benaiffin mit Avignon, bie
geographiſch zur P. gerechnet werben, [. Oranien
und Avignon. Die Hauptitabt der P. war Air
(. d.). Bal. Bapon, «Histoire générale de la P.»
(4 Bbe., Bar. 1777—86); Boude, «Essai sur
l’'histoire de P.» (2 Bde., Marf. 1785); Merry,
«Histoire de P.» (2 Bde., Bar. 1830),
ovencerdl, ſ. Baumöl,
vencer Rofe, ſ. unter Centifolie.
ovenienz (neulat.), bie Herkunft eines Pro:
dult3 u. f. w.; ein aus einem fremden Lande ein:
—— Erzeugnis oder von dorther kommender
egenftanb; in neuelter Zeit werden aud (3. B.
bei Anorbnung von Quarantänen) Schiffe, Per:
fonen u. f. w. als Brovenienzen *
Proverbe, Sprichwörterſpiel, in Frank
ür Heine Luſtſpiele von wenig
fomplizierter und zur Gntwidelung irgend eines
Sprichworts bienender Handlung. Garmontelle
(f. d.) ſchrieb mehrere Bände »Proverbes drama-
reich Bezeichnun
Proviant — Provinz
tiques», welche fchnell das Repertoire aller Gefell:
(hnftöthenter wurden und zahlreiche Auflagen er:
ten. In neuerer und neueiter Zeit machten bie
dramatiſchen B. von Theodore Leclerg, Qu re be
Muſſet und Octave Feuillet beionders viel Glüd.
Probiant (ital.) heist Mundvorrat für die
Zruppen. Er umfaßt alle zur Unterhaltung der
Armeen erforberlihen Nahrungsmittel, Er wird
in Magazinen aufbewahrt und im Kriege den Trup⸗
en durch Brovianttolonnen nadgeführt. Die
haffung des P. (Berproviantierung) ift fehr
wichtig und wird von der ‚Nrtenbantur durch Bro:
viantämter geleitet. Beſonders notwendig iſt
eine ausreichende, auf längere Dauer berechnete
Berproviantierung für Feitungen, welche einer Be:
lagerung auägefept find.
‚PBropdidence, abwechſelnd mit Newport (f. d.)
bie polit. Hauptſtadt und ihrer Bedeutung nach die
erite Stadt, ſowie der Haupteinfuhrhafen des nord:
amerif, Staats Rhode» Island, liegt 57 km vom
Ocean, 70 km von Bolton, am nörbl. Ende ber
Narraganfet:Bai, auf beiden Seiten des Brovi:
bence-River, der ſich innerhalb der Stadt zu
einem gewaltigen, von einem ſchönen Ulmenpart
umgebenen Baſſin erweitert. Unter den Gebäuden
find hervorzuheben die aus Granit aufgeführte,
68,5 km lange «Arcade» mit Warenlagern und Ge:
—— das ſchönſte Gebäude dieſer Art in
Vereinigten Staaten; das Staatöhaus, das
Dpernhaus, einige Schulhäufer, die neue Eity:Hall,
die-Börje u. f. w. WB. wurde 1636 von Roger
Billiams gegründet, 1649 als Tomn und 1832 ala
Stadt inkorporiert, hatte 1800 erit 7614, 1870 be:
teit3 68904 und 1880 jchon 104857 E., worunter
3592 Farbige und 64 Chinefen. P. hatte 1205 in-
duftrielle Gtablifjements aller Art; der Handel wird
durch fünf Eifenbabnlinien, den Hafen und ——
bie täglich nach Fall:River, Newport und Neu or
abgehenden Dampfer begünitigt. Die — in
rartilel ſind Weizen, Hafer, Mais, Kohlen,
olle, Eifen und Baumwolle. Die bedeutendſten
rilen verarbeiten Silber, Gold, Eiſen und
aummolle. Vv. hat 142 Gold: und Silberwaren-
Etablifjements, Kattundrudereien, Schrauben;,
Wertzeug⸗, Wollzeug : und Pofamentierwaren:
fabriten. Die Corlik: Steam: Engine:Company,
welhe Dampfmaſchinen zu Yabritzweden kon:
ftruiert, ift eine der beiten der Welt. Die Stadt
bat 76 Kirchen; die erite Baptiſtenlirche, welche
1638 gebaut wurde, it die ältefte in Amerila.
er befinden ſich in B.: das Staats-⸗Lehrerſemi⸗
nar, bie Franklin Society (für Naturwilienicaf:
ten), bie Rhode Island Medical Society, das Butier
Hospital for the insane, das Armenhaus, das
Dexter Asylum, das Pehrinititut Friends’ Yearly
Meeting Boarding School.
Providentiae memor (lat., b. b. ver Bor:
febung eingebent), ber Wabliprud der fächl. Krone,
baber auch bie Deviie des fächl. Ordens ber
utenkrone.
Providenz (lat.), Fürforge, Borfebung (Gottes);
———— von der göttlichen Vorſehung
errührend, zeugend.
vinceto wn,
afenſtadt im norbamerif,
Staat Mafiahufetts.
S, unter Cape Cod.)
Provins (mittellat. Pruvinum und Pruvinnum),
Stadt und Hauptort eines Arrondifiements, im
Depart, Seineset: Marne, 95 km füdöftlid)
von Paris, am Duretin und der Boulzie, auf einem
361
Hügel gelegen, durch Zweigbahn nach Longuevilfe
mit der Oſtbahn (Baris: Petit — verbunden,
Pr in eine eng gebaute alte Oberjtabt mit ſiei⸗
en Straßen und eine weitläufiger angelegte neue
Unterſtadt, deren jede von einer gut erhaltenen, be:
türmten Mauer umgeben ift. Am Südweſtende der
Dberitabt erhebt ſich ein ſchönes mittelalterliches
Bauwerl, ber achtedige Gefangenen» oder St.
Uuiriaceturm, ein Donjon aus dem 12. Jahrh,,
an jeder Ede von einem runden Turm flanfiert.
Unter den Kirchen zeichnet fich die des heil. Quiriace,
1160 begonnen, von einer modernen Kuppel über:
ragt, durch majeſtätiſche Cinfachheit aus. In dem
Palais bes Grafen von Champagne befindet fi)
jest das Kommunal:College. Ein hier entipringen:
ber Eifenfäuerling wird viel . Die Stadt
gaplı (1881) 5986 —— 7728) E., welche Han⸗
mit den ſeit alten Zeiten belannten Roſen von
P., mit Getreide, Mehl, Wolle und Leder treiben.
Provinz (provincia) hieß in der Sprache des
röm. Staatsrecht3 im weitern Sinne überhaupt
der einem Magiltrat zugeteilte Wirtungstreis, ur:
ſprünglich Ku}. auch das ihm übertragene
Kommando in einem beftimmten Kriege, dann in
eogr. Beziehung ein Land, das, der röm. Herr:
hatt unterworfen, nad) einer in ber Negel von dem
Feldherrn und Abgeordneten des Senats eingerich—
teten Berfaflungsform (forma provinciae) von
einem —— dem bie militãriſche und bürger:
lihe Verwaltung zugleih zulam, regiert wurde.
Die erfte B. in dieſem Sinne war, feit 241 v. Chr.,
Sicilien, die zweite ſeit 236 Sardinien. Für bie
Statthalterfchaften wurden anfänglich eigene Prä⸗
toren erwählt, fpäter wurden fie durch Proprätoren
und Prolonjuln verwaltet. Den Statthalter be:
gleiteten Legaten, die er ſowohl mit bürgerlicher
al3 militäriiher Verwaltung beauftragen konnte,
ein Duäftor für das Kaſſenweſen und eine prä:
« | torifche Kohorte, unter welhem Namen fomwohl
feine Leibwache als fein übriges Gefolge von Freun⸗
den, Schreibern (scribae) und Dienern verjtanden
wurde, Der Grund und Boden der P. wurde, ab:
efehen von dem der civitates foederatae, für
Shoatkei entum (ager publicus) erllärt und blieb
um Zeil unter der Verwaltung des Staats; ein
eil wurde verlauft, ein Teil den alten Befigern ge:
lafjen; aber diefer wie auch jener blieb Staatseigen:
tum und abgabenpflichtig, der verkaufte freilich zum
Zeil mehr nur formell; die —— ung des ital.
Bodens, quiritariſchen Gigentums fähig und fteuer:
frei zu fein, hatte der Boden der P. im allgemeinen
nit. Die Städte in der P. hatten eine beſondere,
gewöhnlih von Rom aus geordnete Verfaflung;
im übrigen war ihre Stellung eine ſehr veridhie:
dene, je nachdem fie glei anfangs Durch einen Ver:
trag (foedus), ber ihre Verpflichtung beitimmte, für
felbjtändig erklärt (civitates foederatae) oder nach⸗
ber mit der Freiheit, fpeziell auch der von Abgaben
der Grundfteuer (Jmmunität), beſchenlt (civitates
liberae et immunes) und dem unmittelbaren Im:
periun des Statthalters entzogen oder umgelehrt
diefem völlig unterworfen waren. Zu den Städten,
die im allgemeinen ihre hergebradhten Einrichtungen
behielten, famen dann die Kolonien, die es ſeit
Gajus Grachus auch aufer der Halbinfel gab, jo:
wie die Städte, welde, ohne Kolonien zu werden,
das jog. Recht der Latinität oder das röm. Bürger:
recht erhielten und Municipien wurden. Die Ober:
behörde für Rechnungsablegung des Statthalters,
362
Beſchwerden ber Provinzialen u. ſ. w. war ber
Senat; für bie gewöhnlichite Beſchwerde, über wi-
derrechtliche Erprefiungen, wurde zuerft 149 durch
ein Calpurniſches Geſeß ein ftehender Gerichtshof
(quaestio perpetua de repretundis) eingerichtet.
Auguftus teilte die römischen B. fo ein, daß er
biejenigen, welche einer ſtärlern militärischen Bes
fahung bedurften, feiner eigenen Berwaltung unter:
ordnete, die übrigen aber dem Senat und Bolt
rüdgab, und diefer Unterſchied zwiſchen PB. des
rinceps und bes Volks beftand mit öftern Ber:
nderungen bis gegen Ende des 8. Jahrh. n. Chr.
In die leßtern, die aber der Dberauflicht des Prin⸗
cep3 nicht etwa entjonen waren, wurden nad ber
alten Weiſe Statthalter gejchidt, im zwei gewejene
Konfuln, in die übrigen geweiene Brätoren mit
Legaten und Duäftoren, jo jedoch, daß jeht alle
Brotonfuln hießen. Die erftern ließ der Princeps
dur Legaten mit unbeftimmter Amtsdauer ver:
walten; an die Stelle der Quäftoren traten bier
taiferl. Procuratores, denen bisweilen aud eine
Heinere ober ber Teil einer P. übertragen war.
So verwaltete Pontius Pilatus ald Prokurator
Yudäa, das zu Syrien gehörte. Agypten ward
anders als die fämtlichen übrigen
. von einem
eigenen kaiſerl. Vräfelten regiert. Für die Ver:
waltung erbielten die Statthalter, bie jekt auch
nicht bloß wie früher außgerüftet, ſondern auch bes
foldet wurden, beftimmte Inſtrultionen. Die P.
ag = jest größern Schub gegen die Eigenmacht
er Statthalter, namentlich was Truppenauds:
bebung, Beftenerung und Kriminalgewalt anlangte,
als in den Zeiten der Republit. Stalien war wäh:
rend der Republik für ſtaatswirtſchaftliche Zwe
in vier 2 ie mit eigenen Quäftoren geteilt wor:
den, die Claudius aufhob; Auguftus teilte bad
Land in 11 Regionen. Hadrian übertrug einen
Teil der Rechtäpflege bafelbft, mit Ausnahme von
Rom und deſſen Gebiet, vier Konſularen; M. Aurel
In Juridiei prätorijhen Ranges ein, ſchließlich
eit Ende des 8. Jahrh. ward auch Italien in feften
Verwaltungdbezirten von Correctores in der Art
der P. verwaltet. Cine bedeutende Veränderung
im Provinzialweien geihah, als Konftantin das
ur Neih mit Ausnahme der beiden Hauptitäbte
in Diöcelen teilte, welde unter Statthaltern ftan:
den, bie felbft unter die Praefeeti praetorio geftellt
waren, und beren von Rectores verwaltete Unter:
abteilungen nun bie gegen früher beträchtlich Hei:
nern P. ausmadhten.
neuerer Zeit bezeihnet man als P. die ver:
ſchiedenen Teile eines Staatöganzen, namentlich
wenn, wie im Königreich Preußen, bei dieſer Ein:
en die Gigenart ber Länder und ber Bevölle:
rung, ſowie ihr früherer geſchichtlicher Zuftand Be:
rüdjihtigung gefunden hat. In Frankreich behaup:
tete fih, troß aller von Richelien und mehr noch
von Ludwig XIV. gegen bie Provinzialfreiheiten
geführten Streihe, ein ähnliches Syſtem felbit
während des 18. Jahrh., bis die Revolution und
das erfte Kaiſerreich den centraliftiihen Gedanten
rüdfihtslos durchführten und alle Fäden der Ver:
waltung in der Hauptitadt vereinigt wurben.
Brovinziäl (lat.) Fr in der fath. Kirche der
Drdensvorgejehte der Klöfter einer ganzen Brovinz,
der unter dem Ordensgeneral fteht und bei bem
Provinzialtapitel den Borfis führt.
Provinzialismus (neulat.) heißt ein Wort
oder eine Webensart, die nur in einer bejtimmiten
Provinzial — Provinzialordnung
Stabt oder Provinz gebräuchlich ift. So fehr man
fid) im allgemeinen folcher Brovinzialismen zu ent:
halten hat, fo haben doch viele berielben ihrer fräf:
tigen Bildlichleit und Deutlichleit wegen durch Lu:
tber, Goethe, Voß, Hebel, Uhland u. a. .. in ber
Shhriftfprade bie verdiente Aufna gefunden,
Provinziallandtag, f. unter
orbnung.
Provinzialorduung wird das preuß. Gefeh
vom 29. Yuni 1875 genannt, durch welches die
tommunale Selbſtverwaltung auf ihrer oberften
Stufe gegliedert ift. Diefelbe trat 1. Jan. 1876
in Rat t, erftredte ſich aber zunädhft nur auf die
Provinzen Dftpreußen und Weſtpreußen on
bis zum April 1878), Brand ne ie Stadt
Berlin, Bommern, Sclefien und en. Durd
Gefeh vom 7. Mai 1884 ift dann aud für Han:
nover und durch Gejek vom 8. yuni 1885 für Heſ⸗
jen:Rafjau die B. mit gewiſſen, durch die befondern
Berhältnifie jener —— bedingten Abänderun:
gen eingeführt worden.
Nach der P. bildet jede Provinz einen mit Kor:
porationdredhten ausgeftatteten Kommunalverband
zur Selbftverwaltung ihrer Angelegenheiten, ver:
treten burch den Brovinziallandtag, der aus
den Abgeordneten der Land: und Stadtkreiſe befteht.
rovinzial:
ge Kreis werben gewöhnlich (mel, r ſchleſ.
e mit weniger alö 40000 Givileinwohnern
nur ein, für größere Kreife drei ober mehr Abae-
orbnete auf ſechs Jahre ig und zwar für die
einen eigenen Kreis bildenden Stabtgemeinden vom
Magiftrat und der Stabtverorbnetenverfammlung
in gemeinſchaftlicher Sikung, für die übrigen Kreiſe
vom Areidtage. Wählbar ift jeber felbftändige
Deutſche, welcher das 30. Lebensjahr vollendet hat,
fi im Befis bürgerlien —*— befindet
und feit minbeftens einem Jahre ber Provinz durch
Grundbefis oder Wohnfik angehört. Den Teil:
nehmern an ben Berhandlungen, Kommiſſions—
figungen u. bgl. wird eine ihren baren Auslagen
entſprechende Entihädigung gewährt. Der Pro:
vinzallandtag wird vom König alle zwei Jahre min:
beftens einmal en und fann aufgelöft werden
in weldem Falle kted) Brouinztalausiänß
und Kommiſſionen beftehen bleiben. Mittelöperfon
der Staatäbehörden bei den Verhandlungen mit
jenem ift ber — als königl. Kommiſſa⸗
rius, welcher auf Verlangen zu jeder Zeit gehört
werben muß. Der Provinziallandtag —* einen
ik er felbit , darf Anträge und Bejchwer:
den, welde bie Provinz betreffen, an bie Regie:
rung richten, beſchließt über Statuten mit Tönıgl.
Genehmigung, über die Berwendung ber auß ber
Staatötafje überwiefenen Jahresrenten und Fonds,
fowie nee Einnahmen, über die Aufnahnıe
von Anleihen und Eingehung von Burgſchaften mit
Genehmigung bes Miniſters des — richtet
die Provinzialämter ein, wählt den Lande ſSdirel⸗
tor und dle ſonſtigen leitenden Beamten der Pro⸗
vinzialverwaltung und —— die Wahlen zum
Provinzialausfhuß. Dieſer beſteht aus einem Bor:
figenden, 7—18 Mitgliedern und bem Landesdirel⸗
tor, welche vereidigt werben und fo oft zuſammen⸗
treten, wie es bie Gefchäfte erfordern. Der Pro:
—— bereitet die Beichlüfie des Provin⸗
ziallandtags vor und Feet fie aus, infoweit damit
nicht befondere Kommiflionen oder Beamte beauf:
tragt find, verwaltet die Angelegenheiten bes Pro:
vinzialverbandes, ernennt und beauffichtigt die
Provifion — Provokation
Brovinzialbeamten und begutachtet die ihm von den
Miniftern oder dem Oberpräfidenten ü iefenen
Angelegenheiten. Sämtliche PBrovinzialbeamten
haben die te und lichten mittelbarer Staats:
beamten; ihr Borgefehter ift der auf 6—12 Jahre
“ erwäblende und ber Beitätigung durch den König
bürfende Landesdireltor oder Yandeshauptmann.
Diefer führt unter Auffiht des Provinzialaus:-
ſchuſſes die laufenden Geſchäfte der fommunalen
Brovinzialverwaltung, vertritt den Provinzialver:
band nach außen und führt ven Schriftwechſel; er
darf die vermittelnde und begutadhtende ur
der Kreid:, Amts: und Gemeindebehörben in An:
fprud) nehmen. —
Die Verteilung der Provinzialabgaben er—
folgt auf bie eimelnen Land: und Stadtkreiſe nad)
Maßgabe der in ihnen aufkommenden direlten
Staatöfteuer mit Ausſchluß der Gewerbefteuer vom
Haufierbetrieb. Hierbei find die von einer Be:
lajtung mit Kreis: ober Gemeindeabgaben ganz
oder teilweife befreiten —— 3. B. die der
Militärperjonen, außer Anfak zu affen, bagegen
die behufs Aufbringung ber ftädtiichen und Kreis:
abgaben beſonders veranlagten Beiträge auf Höhe
der Staat3fteuern mit anzurechnen. Der Genehmi:
nung der Staatäregierung bedürfen gewiſſe Punlte
in den Satzungen über die bienftlihen Verhältnifie
der Brovinzialbeamten, Aber bie Landarmen: und
Korrigendenanftalten, fiber bie Itten-, Taubftum:
men:, Blinden: und piotenanftalten, über bie
Hebammenlehrinftitute, über die Provinzialhilfs⸗
und Darlehnäfafien und über die Verſicherungs⸗
anftalten. Auch behalten die Minifter den größten
Zeil we} bisherigen Befugnifie in Betreff polizei:
licher Vorſchriften. In der allgemeinen Landesver:
waltung fügte bie P. ald neues Glieb ben Be:
jirtörat ein, beſtehend aus dem Regierungdprä-
jiventen, einem vom Minifter des Innern ernann:
ten höhern VBerwaltungsbcamten mit Befähigung
m Richteramt und vier von bem Provinzialaus:
chuß gewählten Mitgliedern. Derjelbe beauffich:
tigtdie Rommmunalangelegenheiten der Kreiſe, Amts:
verbände und Gemeinden im Regierungsbezirk, bie
Scdwlangelegenheiten und den Wegebau, iſt für
Belhlüfe in allgemeinen Landesangelegenbeiten in
Bezug auf Grundftüde und Berfonen oder Kor:
po en in eriter Iuſtanz zujtändig und hat das
Net, in —— Faͤllen den Regierungspräfi:
denten zum Erlaß proviforiiher Polizeivorſchriften
ee er Belhwerden gegen die Beſchluſſe
Bezirkörats werben vom Brovinzialrat ent:
ſchieden, welcher aus dem Oberpräfidenten, einem
vom Minifter des Innern ernannten höhern Ber:
waltungsbeamten und fünf erwählten Mitgliedern
des Brovi nusſchuſſes befteht. Diefer Behörde
ftehen im in mit bem Minifter des Innern
aud) die Abänderung ber Amtäbezirke und die Ber:
einigung ländlicher en ser — der Polizei⸗
tabtbezi
verwaltung mit einem u; fie darf dem
D äfidenten Vollmacht zum Erlaß von Polizei:
ve gen für mehrere Kreife oder den Umfang
der Provinz erteilen. fiber die Anwendung
der B. in en tet bas Geſeß
vom 26. Juli 1876 Beftimmung. Bol. Brauchitſch,
«Die neuern Organiſationsgeſehe der innern Ver:
waltung für bie Brovinzen reußen, Brandenburg,
ommern, Schleſien und Sadjen» (Berl. 1876).
Bropifion iſt die Verleihung eines Kirchen:
amtes, welche der Kirchengewalt zufteht. Eie ijt
363
ordinaria, wenn fie durch ben orbnungamäßig Be:
redhtigten vorgenommen wird. Dies vollzieht ſich
aber bei niedern Umtern durch ben Biſchof, ent:
weder frei (collatio libera) oder gebunden an ven
Vorſchlag eines dritten (collatio non libera, ſ.
Kirhenpatronat), wo dann die bifchöfl. Thätig:
feit institutio collativa heißt. Bei höhern Kirchen:
ämtern erfolgt die P. durch Wahl (electio ober
postulatio) unter Bejtätigung (confirmatio oder ad-
missio) des Papftes, oder auf landesherrlicde Er:
nennung (regia nominatio) durch päpftl. institutio.
Die provisio extraordinaria greift aber Plaß, wenn
an die Stelle des orbnungsmäßig Berechtigten ein
zen Drgan tritt, umd zwar entweber, wenn ber
erechtigte ſchuldhafterweiſe von feinem Vrovifions;
rechte in der zulälfigen Friſt feinen oder unrichtigen
Gebrauch gs t (ex jure devolutionis), ober
weil der Bapft fich die Verleihung der Stelle vor:
behalten hat (reservatio), oder ausnahmsweiſe die
Verleihung nicht durdy den nad gemeinem Recht
Befugten vorgenommen wird. In ber evang.
Kirche erfolgt die P. durch ben Landesherrn, ent:
mweber veriönlih oder durch das kirchliche Nenie:
rungsorgan. Vol, Friedberg, «Lehrbuch des Kirchen:
rechts» (2, Aufl., Lpz. 1884).
Im Handelsweſen nennt man P. die Gebüh—
ren, welche neben ben baren Auslagen für die Be:
forgung eines Geſchäfts berechnet werben, was
meist nad) Prozenten geſchieht; in ber franz. Han:
beläterminologie beißt P. die Dedung.
Propifionsreifender, f. unter Agent und
unter Handelöreijender,
ovifor (lat.), Berwalter, Verweſer; in Apo:
tbelen Titel des erften Gehilfen.
Proviförifch (lat.), vorläufig, für die Zeit bis
zur endaliltigen Negelung geltend; Brovijorium
ein vorläufiger Nechtäjuftand oder eine vorläufige
Eintihtung. — Proviſoriſche Centralgewalt
bie die von ber Deutſchen Nationalverfammlung
zu Frankfurt durch Gejek vom 28. Juni 1848 ein:
gejehte Reichsregierung über Deutigland, weil fie
ihr Amt nur bis zur Aufrihtung einer befinitiven
Reichsgewalt führen follte. Da leptere nicht ins
Leben trat, fo ward an bie Gtelle jener Gentral:
gewalt fpäter ein neues Proviforium, das fog. In⸗
terim,, gelebt, bis man endlich zum alten Bundes:
tage zurüdtehrte.
onofation (lat., d.h. Aufforderung) war in
der Rechtsſprache zunaͤchſt gleichbedeutend mit Ap⸗
ellation; dann verftand man darunter auch eine
lage, wodurch ein anderer aufgefordert wird, einen
Anſpruch binnen einer gemifjen EA gerichtlich gel:
tend zu machen, entweber weiler ſich dieſes Anſpruchs
wider die Wahrheit berühmt hat oder weil dem Bro:
volanten dagegen Einreden zuftehen, bie mit ber Zeit
ihre Wirkjamteit verlieren. Dem Provolaten wurde,
wenn er die lage nicht erhob oder den Beweis nicht
führte, im erften Fall ein ewiges Stillſchweigen
auferlegt; im zweiten befam die Einrebe eine blei:
bende Dauer. Dies et dar bieß früher Provo⸗
fation&prozeh. Derfelbe iſt jet —— wor⸗
den durch die Beſtimmung der Deutſchen Civil:
——2 Saal, wonach auf Tel tellung des
eitehens oder Nichtbeſtehens eines Rechtsverhält:
niſſes auf Anertennung einer Urkunde oder auf Felt:
tellung der Unechtheit derfelben Klage erhoben wer:
n ann, wenn der Kläger ein rechtliches Intereſſe
daran bat, daß das Rechtsverhältnis oder die Echt⸗
beit, beziehentlich Unechtheit der Urkunde durch
364
richterliche Entſcheidung alsbald feitgeftellt werde.
(©. Feitftellungstlage.) s
An anderm Sinne bezeichnet man mit Bro:
volation aud eine Anreizung, Herausforderung,
beſonders zum Duell, (Bol. Brovozieren,)
Provo —— ſ. u. Provotation.
Provoſt (engl., vom lat. praepositus, Vorge—
febter), in England Titel höherer kirchl. Würden:
träger, ſowie der Boriteher von Colleges an ver:
—5— Univerſitäten; in Schottland Titel der
agiſtratsvorſteher, von denen einige den Titel
Lord P. führen.
oe Drug ie (lat.), etwas hervorrufen, ver:
anlaſſen; jemand zu etwas reizen, anreizen, heraus:
fordern. (gl. PBrovolation.) i
Provveditore (Proveditore, ital.), Titel
ber Beamten, welche mit der Verwaltung ber der
Republik Benedig untergebenen Territorien beauf:
tragt waren; in Venedig ſelbſt führte den Titel
P. commune ber Direktor der Polizei, den Titel
P. del mare der Zahlmeiſter der Flotte.
Bash. Abkürzung für Prozent.
rozent (in Sfterreih Bercent, frz. pour
cent, engl. per cent) heißt wörtlich: für 100. Eine
grobe Menge von —— und Abzügen wer:
en für jede 100 Einheiten des Geldes, Gewichts
oder Maßes angerechnet, aud wird die Qualität
mander verunreinigter ober gemijchter Waren
(Spiritus, —*2 Soda) vielfach in Hundert:
teilen der ganzen Menge an unvermiſchter Mare
ausgedrüdt, ſowie man bei Gewinn und Verluſt
beren Anteil —— auf jede 100 Einheiten des
Kapitals zu —— und in ſtatiſt. Erhebungen
den Anteil vieler Berhältnifie auf je 100 Köpfe der
Bevölkerung u. ſ. w. zu ermitteln pflegt; alle dieſe
Anteile, das Maß jener Vergütung u. f. w. find
demnach P. In P. wird insbefondere auch der
Binsfuß ausgebrüdt, ferner ber Diöconto, bie Kom:
miflionagebühr oder Brovifion, das Delcredere, bie
Courtage, vielfach aud die Tara, das Gutgewicht,
das Agio u. ſ. w. Die B. find entweder wahre P.
oder P. «von» hundert, d. h. fie verjtehen ſich für
jede 100 Marl, Pfund u. f. w., oder fie find un:
—— (die dann im Widerſpruch mit dem Na:
men ftehen und gar — genannt werden ae
ten), nämlid —— . «auf» und «in» hun:
bert. Wenn 5. B. irgend ein Preis mit Nüdjicht
gewährende Kreditfriſt um gewille P.
Pr bie zu
höher geftell worden ift, als er bei barer Zahlung | bef
normiert worden wäre, fo führt man, wenn dann
doch Bere Dahl eintritt, indem der Kredit nicht
benußt wird, die Rechnungsſumme durch einen ent:
Ip: enden Abzug auf ihr ven ob zurüd,
ären z. B. 6%. Auficlag im Preife, d. b. wären
latt jeder 100 Mark wegen Krediifriſt 106 angeſeßt,
o rechnet man bei barer Zahlung wiederum ftatt
eder 106 nur 100 Marl, und da aljo hierbei
6 Marl auf Ihe 106 (nicht 100) Marl abgezogen
werden, fo bezeichnet man diejen Abzug oder Rabatt
als 6 ÿ. «auf» hundert (von der bereits erhöht ge:
wejenen Summe find dies alfo keine wahren 6 ®.
«mehr», d.i. feine %ı90, fondern vielmehr %ıos).
Sehr häufig aber wird gleichwohl der Rabatt avon»
hundert gerechnet (in wahren P.), weil man ſich
auf die Entjtehung nicht weiter einläßt, und das
Nämlihe gilt immer vom Wechſeldisconto, der
fahgemäß « auf» hundert bewilligt werben müßte.
Hat man dagegen üblicherweiie an einer Rechnung
ſich einen feftitchenben projentweifen Abzug gefallen
Provofationsprozeß — Brozeßbetrieb
u laflen und will daher den Betrag derſelben ober
Preis um jenes Maß im voraus erhöhen, da
man jene P. nicht verlieren kann ober will, jo muß
man ihn in der Art erhöhen, daß die Rechnungs:
Kane ober der Breis nach Abzug jener wahren
. fo groß ift, daß fein foldher Berluft ftattfindet,
Mußte man 5. B. 1 r Abzug newähren, ſodaß
man für jede 100 Mark u. f. w. der Rechnung nur
99 wirklich erhielte, fo würde man dann ſchon ftatt
jeder 99 Mark u. ſ. w. 100 anfeßen; man mwürbe
alſo die fonft zur berechnenden 99 Mark nicht um
ein wahres ®., d. i. um Yıoo erböhen, fondern um
ein fogenanntes B. «in» hundert, d. i. um "4.
ozent:Aräomöter, ſ. unter Aräometer.
ozeh in der Chemie nennt man eine Ope—
ration oder Realtion, bei oder durch welde die Na:
tur eined Körpers verändert wird. Zu diefen he:
mifhen Prozeſſen gehören die Auflöjung, der
Niederichlag (das Fällen), die Berdampfung, das
Schmelzen, die Deitillation und Sublimation. In
ber Natur geben ähnliche chemiſche P. vor fich,
und durch fie bringt die Natur die beitändigen Ber:
änderungen in dem Weſen der Körper oder den
Wechſel der Dinge hervor.
‚Vrozefi (processus, im Haffiichen Latein ein
—— Aufzug oder —— beißt ber Rechts⸗
ge oder das gerichtliche Berfahren, d. b. diejenige
eibe olge von Handlungen, durch welche ber
ftaatlihe Rechtsſchutz fih verwirklicht. P. nennt
man auch die geießlichen Vorſchriften über das ge:
richtliche Verfahren und deren wiſſenſchaftliche Dar:
ftellung. Aus der Verſchiedenheit feined Gegen:
ſtandes ergibt fidh der Gegenſatz zwiſchen Straf:
prozeb (1. d.)und bürgerlichen oder Civilprozeb (f. d.).
vzchbetrieb(civilprozefiualiich). Am frühern
emeinen Prozeß lag die formelle Fortführung des
Berfahrens ausfchliehlid in den Hänben des Ge:
richts. Im Gegenſah dazu wird nad) franz. Pro:
eßrecht das Gericht durch jeden Spruch adejaifiert»
(Sariiät des Gerichts) und bedarf eö eined neuen
tte3 ber Partei, um das Verfahren wieder in
Lauf zu ſehen. Dies Prinzip ift in feiner Schroff:
beit nicht von ber beutichen ——
adoptiert; Syſtem iſt das eines weſentlich mo:
bifizierten Parteibetriebes. Die Zuſtellung der
— — wird danach von den Parteien
etrieben. Die Zuſtellung nicht verlündeter Ent:
ſcheidungen wird durch das Gericht von Amts wegen
eſorgt. Berkündete Entſcheidungen werben, inſo⸗
weit ihre Zuſtellung erforderlich, quf Betreiben der
artei zugeſtellt, nur in einigen Ausnahmsfällen
(fo namentlich das auf Trennung, Ungültigleit
oder Nichtigkeit einer Che erfennende Urteil) von
erg —ã —— die vg
ebt, fo gilt Folgendes. rimip iſt biefelbe
Ende ber Bart: diejenige hat den Gegner zu
laden, welche über die Hauptſache oder einen Zwi⸗
fohenftreit mündlid verhandeln will. In von Amts
wegen anberaumte Termine aber wird dur das
Geriht von Amts wegen geladen. Bon Amts
wegen werden anberaunıt Termine ——
einer ſchon begonnenen bug sur ao ung (ug
nad einem vorbereitenden Verfahren ober na
einer Beweisaufnahme) ober zum Erfaß eines aus:
gefallenen Verhandlungstermins. Vorausſetzung
iſt jedoch dabei, daß nicht ein Stillſtand des Pro—
eſſes (Unterbrechung, Ausfekung, Ruben bes Ber:
Ihres) eingetreten war. Bon Amts wegen wer:
en anberaumt ferner zur Beweidaufnahme und
Prozeßeinrede — Prozekleitung
zur Verlündung einer Entſcheidung beſtimmte Ter:
mine. Zu verfündeten Terminen wird überhaupt
nicht geladen, gewiſſe Fälle ausgenommen, in wel:
den die Partei zu laden hat.
—— ſ. unter Einrede.
rozehfähigkfeit iſt die Fähigkeit, ſelbſtändig
einen Mroseh zu führen, prozeliuale Handlungen
mit Wirtiamteit vorzunehmen. Nach der Deuticen
Civilprozeßordnung ift eine Perſon injoweit pro-
sehfähig, als fie ſich durch Berträge verpflichten
fan; diefe Fähigkeit aber bejtimmt ſich nad) den
Vorfchriften des bürgerlihen Rechts; jedocd wird
die P. einer grojährign Perſon nicht dadurd,
daß fie unter väterliher Gewalt jteht, die P. einer
Frau nicht dadurch, daß fie Ehefrau ijt, beichräntt,
und finden die VBorichriften über die Geſchlechtsvor—
mundfchaft auf die Prozeßführung Feine Anwen:
dung; aud find einzelne Vrozebhandlungen, zu
welden nad Eivilrecht eine bejondere Ermächtigung
nötig wäre, ohne ſolche gültig, wenn nur die Er:
mäctigung zur Prozepführung im allgemeinen er:
teilt oder die Prozepführung ım allgemeinen ohne
ſolche Ermädtigung Ratthaft ift. Ein Ausländer
wird allemal als prozehfähig behandelt, wenn er
es nach dem Recht des Prozeßgerichts iſt, wenn er
es auch nicht iſt nad) dem Hecht feines Landes. Der
Prozeßunfähige (prozeſſualiſch Handlungsunfäbige)
bedarf eines «gejeglihen Vertreters» | 4. B. Vor:
mund eines Minderjä rigen), der an jeiner Statt
ndelt (fog. notwendige Stellvertretung). Der
angel der P., der Legitimation des gejehlichen
Vertreter, der erforderlichen Ermächtigung zur
Prozekführung ift von Amts ur m vom Gericht
u berüdfichtigen; bei Gefahr auf Berzug lann aber
ie progebunfähige Partei oder ihr geſehlicher Ber:
treter einjtweilen zur Prozekführung —5———
werben, unter Vorbehalt der Beſeiligung des Man:
* erſt wenn die hierfür beſtimmte Friſt ver:
Bu darf dann das Endurteil erlaffen werben.
Soll ein vertreterlojer Prozehunfähiger verklagt
werden, jo hat ihm bei Gefahr auf Verzug der Bor:
fihende des Prozeßgerichts einen befondern Ber:
treter auf won zu beitellen, bis der grade
eintritt. ©. Civilprozekordnung für das Deutſche
Reich, ð8. 50—55.
Beogeifion (lat.) nennt man insbeſondere bie
in röm.slath. Kirche üblichen feierlihen Auf:
und Umzüge der Geiftlidleit und des Volls um
Altäre, Kirchen oder durch Straßen nad Kirchen
und heiligen Plägen unter Schautragung heiliger
Gegenitände, mit brennenden Yichtern unter
——— und Abſingung von Hymnen, Pſal⸗
men und Gebeten, zur Verehrung Gottes und der
Heiligen, Man nennt diefe Aufzüge aud Kreuz:
und Fahnen, die mit
änge en ber *
—— Ar werden. Bittgänge heißen fie,
wenn fie ben Ipegielen Zwed cin, eine Gabe
oder Gnade, nftige Witterung oder Ernte:
fegen, zu loben an Betfahrten
wenn fie nad) einem entfernten heiligen Orte,
wo fih ein Marien» oder Heiligenbild befindet,
unternommen werben. Ühnlihe P. waren ſchon
im Altertum bei den meiften Völkern üblih. Die
welche die alten Griechen zu Ehren des
‚ ber Demeter, Perſephone und anderer
- en nr Ärger e Soden von —*
en begleitet, bei welchen man gewöhn⸗
Diele —— vortrug. Auch das Juden⸗
tum lannte feierliche P. In der kath. Kirche lamen
365
fie feit der Zeit des heil, Ambrofius im 4. Jahrh.
auf. Bitt: und Bußumgänge wurden um die Mitte
de3 5. Jahrh. von dem Biſchof Mamertus zu Bienne
eingeführt, Die Sitte fand bald —— und
Verbreitung, zumal ſeit die Kirche anfing, die Teils
nahme an Bittgängen und Wallfahrten als für ein
gutes Werk zu ertlären, wofür Ablab geboten
wurde. Die —— v. der —* Kirche finden
am Fronleichnamsfeſte, und den Gedächtnistagen
der Schutzheiligen ſtatt. Die prot. Kirche hat die
P. als auf willtür —* Satzung beruhend und als
Anlaß zu Sittenloſigleiten, verworfen. In mans
hen Staaten, wie in Breußen, ift die Abhaltung
von 3. auberhalb der Kirchenmauern an bejondere
polizeilihe Erlaubnis gelnüpft.
Prozeſſiousſpiuuer (Cnethocampa proces-
sionea) heibt ein 30—37 mm fpannender, im Auguſt
fliegender Nachtſchmetterling, mit dünn beichu pten
braungrauen Vorderflügeln, auf denen zwei dunk⸗
[eve Querbinden jtehen, die hellern Hinterflügel
Dr nur eine verwaſchene Binde, Die 30 mm
ange Raupe ift unten graugrün, oben blaugrau,
mit einem breiten ſchwarzen Rüdenitreifen; auf
jedem Leibesring befinden fich 10 braunrote Warzen,
die mit langen weißen Haarbüſcheln bejeht find.
Jedes dieſer Haare iſt hohl und am Grunde mit
einer Drüje verbunden, die ein der Ameifenjäure
verwandtes Gift abjondert, bricht bei Berührung
äußerft leicht ab, dringt mit dem Gift in die Haut
von Menſch und Vieh ein und veranlaßt oft geführ:
lie Entzündungen. Am Tage ruhen die Raupen,
tlumpenweiſe zufammengeballt, irgendwo am
Stanım oder in der Ajtgabel eines Baumes; gegen
Sonnenuntergang rüden fie zum Freſſen aus, eine
voran, ber die andern, wenn die Gefellichaft nur
klein ift, im Gänfemarfch olgen. Iſt der Trupp
—— er, ſo folgen auf die Anführerin, die in—
eſſen keine beſtimmte iſt und während des Mars
ſches wechſelt, zwei, dann drei Raupen u. |. w. bis
ünf in einem Glied und bilden fo eine Phalanr,
ie fih nad) hinten zu wieder verjhmälert, Die
Puppe findet fi im Juli in einem löfdhpapier:
artigen, grauweißen Cocon, befonderd an den
Stämmen der Hauptnährpflanze, der Eichen. Der
P., welder in Mitteleuropa ein beſchränltes Bors
tonımen hat, wird bisweilen den Eihenwaldungen
außerordentlih jchädlih und wird am beiten im
Raupenzuftande, durch Abbrennen oder Zerquetichen
der an Stämmen ruhenden Geſellſchaften vernich⸗
tet. Der Hauptfeind des P. ijt der Kudud und der
Puppenräuber (f. d.). L
Prozehlegi om iſt der Nachweis der Vers
tretungsbefugnis von feiten deſſen, der in einem
Bruch für einen andern handelnd auftritt. Bon
dem Bevollmächtigten verlangt die Deutiche Civil:
er ordnung v 76), daß er fich durch eine ſchrift⸗
ihe Vollmacht legitimiere, deren gerichtliche oder
notarielle Beglaubigung der Gegner fordern kann,
wenn fie nur in einer Privaturlunde beftebt.
sgchleitung iſt die ee des Richters,
welche darauf ** daß der Prozeß ſeine ord⸗
nungsmäßige Er ebigung finde, Sie äufert ſich
burg Beihlüffe un rfügungen. in pofitiver
Weite (fog. formale B.), 3. ®. durch Anfesung der
erforderlichen Termine und Friſten, Leitung der
münbdlihen Verhandlung u, |. w. wie in negativer
(jog. materielle ®.) u Burüdweiiung ee
neter oder unzuwläjliger Prozeßalte (4. B. überflüls
figer Beweisanträge).
366
Prozekordnung heißt ein umfänglicheres Ges
ſeß, weihes die Formen des gerichtlichen Verfah⸗
rens oder des Prozeſſes (ſ. d.) feſtſtellt. Aus der
Verſchiedenheit der Juſtizſachen ergibt ſich der Ge:
genjak zwiſchen Strafprozeb (j. d.) und Civilprozeß
(ij. d.) und demnach auch zwiſchen Strafprozeßord⸗
nungen und Civilprozeßordnungen. Die Civilpro—
zepordnung für das Deutſche Reich datiert vom
30. Jan, 1877, die Strafprogebordnung für das
Deutiche Reich vom 1. Febr. 1877. Beide Geſetze
find 1, Dit. 1879 in Kraft getreten. j
Prozehitrafen find Nachteile, welche eine Bar:
tei treffen, die in ſchuldhafter Weiſe ihre prozeſſua⸗
len Rechte mißbraucht, zur Verſchleppung des Pro⸗
zeſſes, Chifanierung des Gegners u. ſ. w. Solche
tennt das geltende Deutſche Prozeßrecht nur im ſehr
beſchränktem Umfange. Nad dem Gerichtskoſten⸗
geieh, 1 47, tann ig in gewiſſen Fällen (3. B.
bei Ablehnung eines Richters), in welchen an ſich
feine Gebühr erhoben werben foll, bie Erhebung
einer folhen von Amts wegen das Gericht dann
beſchließen, wenn das Verfahren nad) freier richter⸗
licher fiberzeugung mutwillig veranlaßt war. Es
fann ferner nad) $. 48 desſelben Geſehes das Ges
richt, wenn außer dem Fall des $. 300 der Civil:
prozehordnung durch Verſchulden einer Partei oder
eines Vertreters derfelben die Vertagung einer
mündlichen Verhandlung oder bie Anberaumung
eines Termins zur Fortjehung der Teer ai Ber:
handlung veranlaft oder durch nachträgliches Vor:
bringen von Angriffs- oder Verteidigungsmitteln,
Beweismitteln oder Bemweiseinreden, weldes zeiti:
er erfolgen konnte, bie Erledigung bes Rechts⸗
treit3 verzögert worden iſt, von Amts wegen bie
befondere Erhebung einer Gebühr für die verur:
fachte weitere Verhandlung, ſowie einer —
für die durch das neue ——— veranlaßte noch⸗
malige Beweisanordnung beſchließen.
Prozeftvollmacht iſt die Vollmacht zur ge
famten Prozeßführung, zu allen den Prozeß be:
treffenden Rechtshandlungen. Der geſehliche Um:
fang, welden ihr die Deutiche Civilprozeßordnung
($$. 77, 78) gibt, Tann mit Wirkjamteit gegenüber
dem Gegner nur beihränft werden in Hinſicht auf
die Befugnis zu Vergleich, Verzicht, Anertenntnis.
Die B. kann jelbft wiederum in einer umfafjendern
Vollmacht, z. B. einer Prokura, enthalten fein.
Einer bejondern Form bedarf fie nicht, auch die
mündlich erteilte ijt bindend. (fiber den Nachweis
der P. ſ. Brozeplegitimation) Mangel der
Vollmacht kann der Gegner jederzeit rügen und ift
aud von Amts wegen vom Gericht zu beachten,
joweit * Anwaltszwang beſteht. Durch nach—
trägliche
—*— wird der Mangel geheilt.
Gin auftragloſer — fann gegen oder
ohne Sicherheitsleiſtung für Koften und Schäden
einftweilen zur Prozeßführung zugelafien werden;
Endurteil darf dann e olgen, wenn bie zur
nagbringung der Vollmacht gejehte geift ver:
ſtrichen. Die Vollmacht endigt weder durch den
Tod des Bollmaditgebers, noch durch eine Anderung
bezüglich feiner Prozeßfähigleit oder gefchlichen
—— Sie endigt ee ar a die je:
doch dem Gegner gegenüber erjt durch Anzeige wirt:
fam wird, im Anwaltsprozeß erft durch Anzeige der
Beitellung eines neuen Anwalts. S. im übrigen
moilpengehorbnung für das Deutiche Reich, 88. 7A fg.
(Dgl. Bollmadt, Rechtsanwalt.)
rozymiten, f. unter Azumiten.
Prozekordnung — Prüfung
Prſchewalsky, ſ. Przewalfkij.
—25 Abtürzung für Praeter propter.
Prüde (frz.), zimperlich:geziert, \pröde; Prüs
derie, zimperliches Weſen, Sprödethun.
rudentin® (Mureliud Clemens), einer ber
frühern chriſtl. Dichter, geb. um 348 zu Galagurris
in Spanien, lebte noch zu Anfang des 5. Jahrh.
Gr trat anfangs ald Sachwalter auf und ftieg bis
zur Würde eines Statthalter8, widmete ſich aber
in fpätern Jahren religiöien Betrachtungen und
verfaßte eine Anzahl Gejänge teils für die häus—
lie Erbauung, teild zum Lobe der Märtyrer oder
über ähnliche religiöfe Stoffe. Diefe Gedichte wur:
den von Arevalo (2 Bde., Rom 1788), Obbarius
> 1845) und am beiten von Drefiel (en. 1860)
rausgegeben. Bol. Clem. Brodhaus, «Aurelius
P. Clemens» (Lpz. 1872),
Prudhommes, in Frankreich die ſachverſtändi⸗
gen Mitglieder ber Gewerbegerichte (ſ. d.).
rud’hon (Pierre), franz. Hiftorienmaler, geb.
4. April 1758 zu Cluny (Depart. Sadneset:Loire),
erhielt den eriten Unterricht in feiner Kunſt bei
Desvoges, Lehrer an der Malerſchule in Dijon.
Der grohe Preis für Malerei und das bamit ver:
nüpfte Stipendium ermöglichten ihm 1782 die Reife
nad) Stalien, wo er vorzüglich die Werke von. bel
Sarto, Leonardo da Vinci und Correggio zum Ge:
genſtande des gründlichiten Stubiums made (1785
—88). Sein erfted Gemälde war eine große allego-
rifhe Nompofition: die Weisheit, unter der
ftalt der Minerva, bringt die Wahrheit auf bie
Erde (1799, jeht in ganz verborbenem Zuſtande im
Louvre), 1808 malte er den Plafond eines Saals
in der Antilengalerie de3 Louvre: Diana bittet
ihren Vater Jupiter um die Grlaffung des Che:
tandes. Zwei Hauptwerfe von ihm find ——
ſyche, von Zephyren entführt, und das Verbrechen
des Mordes, von der Rache und Gerechtigleit des
—— vertelgt (im Louvre). Im Y 1812 er:
chien von ihm Benus und Aboni® und 1814 ber
ih ſchaulelnde 38 Die ſchlafende *. mit
dem | lafenden Amor an ihrer Seite ift
Stizge geblieben, aber felbft in diefem Zuſtande fein
Meitte tüd. P. ftarb 16. Febr. 1823 ir Paris,
Sn 9.3 mytholog. Gemälden ift weit mehr am:
tiles Weſen als in den feubollaffifhen Bi
von David und feinen Schülern. —— an⸗
ziehend in P.s Werken iſt eine dem Correggio ver:
wandte Zartheit der Abrundung. Copia und B.
Roger ſtachen ſeine Werke; die beſten Lithographien
ar. denfelben lieferten Aubry⸗Lecomte, Sirony und
%.Boilly. Bol. Element, «P., sa vie, ses auvres et
sa correspondance» (niit 30 Kupfern, Bar. 1872).
Prüfung beift überhaupt der Akt, durch wel:
chen die Be —* eines Gegenſtandes oder das
Maß der Kenntniſſe und Fertigleiten einer Perſon
erforſcht wird. In lehterm Falle bezeichnet man fie
—— mit dem lat. Worte Examen. Dieſes
eſteht nicht bloß für die Schule überhaupt, um die
Beſchaffenheit und den Grad ihrer Leitungen be-
urteilen zu fönnen, fondern bejtand früher auch für
die, welche ein Geſchäft betreiben wollten, für mel»
ches dem Publitum die Garantie gegeben werben
jollt, daß feine Bebürfnifje in genügender Weite
efriedigt werden würden. Daber beftanden aud)
obligatorifche P. für Handwerker in dem Gefellen-
und Meifterftüd, für Kaufleute und andere Ge:
werbetreibende. Mit der Ginführung ber Gewerbe:
freiheit find die obligatorischen gewerblichen P. mit
Prüfungsapparate für Materiallen — Pruntrut
wenigen Ausnahmen abgeihafit worden, jedoch
fteht es den auf Grund der Deutſchen Gewerbeord:
nung neu gebildeten gen fee) ben Eintritt in
bieielben von einer P. abhängig zu machen, ſowie
auch Lehrlingsprüfungen vorzufchreiben, und diefen
legtern fönnen aladann nad) $. 100 e durch Beitim-
mung ber —** Verwaltungsbehörde auch die
Lehrlinge ſolcher Meiſter unterworfen werden, die
der Innung nicht angehören. Unmittelbar vorge:
ichrieben find in der Gewerbeordnung B. für die
Seeſchiffer, Seedampfermaſchiniſten, Yotien, Heb:
ammen, Apotheler, ſowie für Ärzte, Tierärzte und
Yahnärste, fofern fie eine Approbation und da3
Necht ſich Arzte u. f. w. zu nennen, erhalten wollen,
und landesgeſetzlich können aud) B. für Huffchmiebe
und Marliceider angeordnet werden. Bon unzwei⸗
jelhafter Zwedmãßigleit find die P. für folche, die
ein öffentliches Amt im Civil: oder Militärdienft
bekleiden wollen, und e3 bat fich daher diefes Ver:
fahren mit größerer und geringerer Ausdehnung
in den meiften Staaten eingebürgert. Selbſt in
Nordamerika erfennt man die Nühlichkeit desſelben
mehr und mehr an. Zur Abhaltung der P. find
bejondere, für jedes Fach aeeignete Behörden ein:
gejegt, welche die Prufungslommiſſion bilden.
Srüfungsapparate fur Materialien, ſ. Ma⸗
terialprüfungsmaſchinen.
PBrüfungdtermin heißt im Konkurs ber Ter:
min, ber zur Prüfung der angemeldeten Konkurs:
forderungen bejtimmt ift, Im ſog. allgemeinen
P. werben jedenfalls geprüft die innerhalb der An:
meldefrift angemeldeten Forderungen, die nachher
angemeldeten dann, wenn weder von jeiten des
Berwalters, noch der Gläubiger widerſprochen
wird. Die im —— P. hiernach nicht ge
prüften werden in beſondern P. geprüft, deren Ho:
jten die betreffenden Gläubiger tragen. Die Prü
fung geſchieht in mündlicher, von Konlkursrichter ges
leiteter Verhandlung; jede angemeldete Forderung
iſt ei na ag und Vorrecht zu erörtern.
Notwendig ift die Inweſenheit des Konkursverwal⸗
ters, nicht die der ©läubiger; die angemeldeten For:
berungen werden auch in Abweſenheit der betreffen:
den Gläubiger geprüft, Der Gemeinshuldner hat
fi über die angemeldeten Forderungen zu erklären;
eine Forderung ift für den Konkurs feſtgeſtellt,
wenn weder der Verwalter nod ein Gläubiger
Widerſpruch erhebt (ver Wideriprud des Gemein:
ſchuldners ift nur außerhalb des Konkurſes wirt:
jam; bat er nämlich nicht wiberiprodhen, fo fann
unmittelbar aus der Feititellung in der Gläubiger:
tabelle die Erelution gegen ihn bewirkt werden).
Der Eintrag der jeltgeitellten Forderung in bie
Gläubigertabelle wirkt gegenüber allen Konkurs:
läubigern ſowohl bezüglid des Betrags wie des
orrechts wie ein rechtölräjtiges Urteil. Iſt Wi:
derfprud erhoben, jo bedarf es gerichtlicher Ent:
ſcheidung in geiondertem Prozeſſe; je nach Lage der
Sache bat der Widerfprechende feinen Widerſpruch
ober der Gläubiger ber beitrittenen Forderung die
Feſtſtellung derjelben prozeſſualiſch zu betreiben,
Dal. Konkursordnung für das Deutiche Reich,
Bud U, Tit. 4, SS. 126 fo., 152.
Prügelitrafe. Die Berabreihung von Schlä:
gen mit der Nute, dem Stod, der Peitiche oder
Seibel durch den Gerichtsdiener, in älterer Zeit,
wenn auf Staupenſchlag erfannt war, durd) den
Henker, bei Militärvergeben durch eine gene
Truppe, wie im Falle des Spiefiruten: oder Steig:
367
riemenlaufeng, ift neuerdings mit Ausnahme Eng:
lands fajt allgemein al3 inhumanes Strafmittel
befeitigt. Dasielbe wirkt felbjt in geringern Gra—
den ungleich, indem es je nad) der Körper: und Ge:
mütsbejchaffenbeit des Gezüchtigten bleibende Nach⸗
teile für die Gefundheit zur Folge haben und fogar,
bejonders wenn die Streicdhe en den Rüden zu füb:
ren find, das Leben gefährden kann, wogegen das
vorher einzubolende ärztlihe Gutachten über die
Bollitredbarleit der Strafe keine Sicherheit ge
währte. Entſchadend für den Gefehaeber ift die
tage, ob die P. nad) dem jeweiligen Stande bes
olt3bewußtfeins als beihimpfend erachtet wird.
Sie fonımt nur nod) als Disciplinarftrafmittel in
mand)en ya ui arg vor.
Prüm, Kreisitadt im_preuß. Regierungsbezirk
Trier, 60 km im N. von Trier, am ſudl. Ende der
Schneeeifel und am Flüßchen Prüm, das gegen S.
in den Mofelzufluß Sauer gebt, gelegen, Station
der Linie Geroljtein:B, der Preußiſchen Staats:
bahnen, it Sig eines Landrat3amts und eines Amts:
geriht3, bat ein Progymnafium, ein ——
Schloß (die ehemalige Abtei) mit ſchöner Kirche und
ein kath. Lehrerſeminar und zählt (1880) 2176 *
dath. E., welche Lederfabrikation, Gerberei un
Landwirtſchaft treiben. P. war vormals der Sig
einer berühmten reichsunmittelbaren, gefürfteten
Benediltinerabtei, die, 722 von Bertrada, der Großs
mutter der Gemahlin des Frankenlönigs Pipin,
geftiftet, 762 bedeutend erweitert wurde und 1579
an das Erzitift Trier kam, pn berfelben ftarb der
Kaifer Lothar I. Im Mittelalter war die dortige
Stlofterichule Sehr berühmt, an welcher unter andern
der Chroniſt Negino lehrte. Im Lundviller Frieden
wurde B. mit dem linfen Vore 1801 an Frank⸗
reich abgetreten und die Abtei ſäkulariſiert; 1815
lam die Stadt an Preußen. — Der Kreis PVram
zählt auf 918,8 qkm (1880) 35485 E.
Pruneae, |. Amygdalaceae,
Brunel, Stoff, ſ. Yafting.
Prunella L. oder Brunella, Brunelle,
Name einer zur Familie der Labiaten gehörenden
Gattung perennierender Kräuter. Man kennt nur
drei Arten, bie eine weite Verbreitung befigen und
beſonders in ber nörbl, gemäßigten Zone, ſowie
auf höhern Gebirgen der Zropengegenden vorlom:
men. Die häufigfte Art ift die fajt über die ganze
Grde verbreitete gemeine Brunelle (P. vul-
garis L.), eine niedrige Pflanze mit geftielten, läng:
lihen Blättern, nah allenthalben auf trodenen
Wieſen und Graspläken, aud in Wäldern wächſt
und früher al Herba Prunellae offizinell war. In
Gegenden mit Kalkboden kommt die höne P. gran-
diflora Z., mit mehr als doppelt größern Blumen,
häufig vor. Dieſe findet man auch bisweilen als
Zierpflanze kultiviert.
Prunellen, ſ. Brunellen.
Bruntent (fri. Borrentruy), Hauptitadt des
leihnamigen Bezirl3 (317 qkm, 24287 GE.) im
Jura des jchweiz. Kantons Bern, liegt 446 m über
dem Meere, 59 km nordnordweſtlich von Bern auf
dem linken Ufer der Allaine an der Linie Delemont
Delle der Bernifchen Jurabahn, befist ein altes
Schloß, 1523— 1792 Reſidenz der Fürftbifhöfe von
Bafel, jept Waifenhaus und Öreifenatyl, zwei Kir
den und eine Synagoge, ein Lehrerfeminar, ein
Gymnafium (franz. Kantonfhule), das in dem
ehemaligen Sejuitenfollegium untergebracht ift, ein
Rathaus und ein Spital und zählt (1880) 5676 E,,
368
meist lath. Konfeſſion (1162 Reformierte, 140 33:
raeliten) und franz. Zunge (916 deutich), deren
Haupterwerböquelle neben Feldbau, Handel und
Kleingewerbe die Uhreninduſtrie ült.
us L., eine zur race der Amygdaleen
(Mandelbaumgewächle) gehörige Gattung, welder
auch der Pflaumenbaum (j.d.) I und I er
auch die Apritofe (P. armeniaca L.) und die Kirſche
(P. Cerasus L.) beigerechnet wurde, welche jest als
für fich beitehende Gattungen aufgefaßt werden. P.
spinosa L., der © hlehenborn, it ein dur
ganz Europa gemeiner Straub, und eignet ſich na:
mentlich zur Heritellung von Ginfriedigungen, In
den Gärten pflanzt man bisweilen eine Ihöne Spiels
art mit gefüllten Blüten an. P. japonica Thbg.,
ein nicht über 1 m hoher Straud) der Landidaft?:
ärten mit ——— paarweiſe oder zu dreien
Were beilroten Blüten, Einer ihrer Spielarten
(var. multiplex Ser.) beſiht gefüllte rofenrote und
eine andere (var. alba plena) dichtgefüllte weiße
Blüten. P. Mahaleb L., Steinweidjel, ein in
Vittel: und Südeuropa einheimisher Straud) oder
Baum von 5—8 m Höhe, wird bei der Anlage von
Larlgehölzen häufig als Füllmaterial vun und
iſt nůt feinen zahlreichen weißen, in kurzgeitielten
Doldentrauben ftehenden Blüten eine gan ange:
neme —— Letztere, wie auch die Blätter
und das Holz haben einen fräftigen Wohlgeruch.
Aus den geraden, ſtarlen Schoſſen werden in ben
Vogeſen die beliebten Weichſelrohre verfertigt. P.
Padus L., Traubenfirjche, im Vollsmunde
aud Silberregen, ein Yierbaum von 4—5 m
Höhe, der in Blüte (im Mai) oder in Frucht gleich
anmutigift. Er hat bräunliche, * weige,
eirund-lanzettförmige, fpike, doppelt gefägte Blät:
ter und feine langgeitielten, jtart duftenden, weißen
Blüten ftehen in zahlreichen überbängenden Trau:
ben. Gr findet ſich Häufig in Parlanlagen, wo er
doppelt nüplich zu verwenden ıft, da er den Schat:
ten höherer Gehölze verträgt. 2 der Gattung P.
gehört auch der — (.d.).
Brurigo oder Bruritus (lat.), das Juden,
auch der Judausſchlag oder die Judblattern (j.
Juden); aud Nigel, heftige Begierde.
rufa, alte Stadt, das jekige Brufja (f. d.).
ruſias, alte Stadt, ſ. Gemlilk.
ruſias, zwei Könige von Bithynien (f. d.).
‚neulat, Name für Preußen.
Pruth (Pyretos bei den Alten), ein Nebenfluß
der Donau, entfpringt in Galizien auf dem nord:
öftl. Abhang der Karpaten, unweit der Schwarzen
heiß auf dem Homiliberge, fließt anfangs eine
kurze Strede nad) Norden, nimmt rechts den Grenz—
uk zwiſchen Galizien und der Bulomwina, den Gje:
remosz auf, geht dann durch die Bulomwina nad)
Diten und zuleht nad) Süden, bis er ſich nad) einem
Laufe von 630 km bei Reni, öftlid von Galacz, in
die Donau ergieht. Raſch in feinem obern Laufe,
durchſtrömt der Fluß von Stephaneidi an nur
langiam die Ebenen ar untern Laufs: ſchiffbar
wird derſelbe erſt auf eine Strede von 266 km von
Slulieny, gegenüber Jaſſy, an. Auf einer dur
Windungen des Fluſſes gebildeten Landzunge wurde
eter d, Gr. bei dem Städten Huſch von ben
ürlen gänzlich eingeſchloſſen und 23. Juli 1711
re Frieden am P. gezwungen. Der P. bildete
eit dem Frieden von Bulareft (1812) die Grenze
—2 dem türk. und dem ruſſ. Reich, ſeit dem
rieden von Paris (1856) jedoch nur noch bis Ka:
dh) | ftudierte 1834—8383 Whilologie,
Prunus — Pruß
tamori (etwas unterhalb de3 47. Breitengrabes),
während von da an bis zur Mündung aud) das
linte Ufer zu Rumänien neihlagen wurde. Der
Berliner Bertrag vom 13. Juli 1878, nad welchem
das 1856 an Numänien —— Stüd Beſſara⸗
bien an Rußland zurüdfiel, macht jedoch den P.
wieder bis zu feiner Mündung zum Grenzfluß zwi⸗
ihen Rumänien (Wejtufer) und Rußland (Dftufer).
‚Brut (Rob. Eduard), deutſcher Dichter, A
tifer und Hiftoriler, geb. 30, Mai 1816 zu —
bilofopbie
Geſchichte zu Berlin, Breslau und Halle und begann
feine litterariiche Thätigleit mit Beiträgen zu den
—— dann «Deutſchen Jahrbücern». Seit
1840 in Preußen vonder Bolizeigemaßregelt, wandte
er fih erft nach Dresden, dann nad) Jena, von wo
er, 1843 — nad) Halle ging. Erſt 1846
erhielt er zu Berlin die Erlaubnis zu litterarhiltor,
Vorlefungen. m J. 1847 übernahm er die dras
maturgijche Peitung des hamburger Stabttheaters,
wo er «Dramaturgiiche Blätter» erjcheinen lieh;
doch gab er diefe Stellung bald auf. Er privati-
fierte erft in Hamburg, dann in Dresden, wo er
nad Ausbruch der Februarrevolution Vortrade
über die neueſten Zeitereigniſſe hielt. Hierauf bes
gab er ſich im März 1848 nach Berlin ieß
mit Gintritt der ovembertataftropbe die —
Hauptſtadt wieder und lebte zu Stettin er
Ditern 1849 ala außerord. Profeſſor der Litteraturs
peihigte nad) Halle berufen wurde. Aus dieſer Stel-
ung ſchied er 1859 und fiedelte nad) Stettin über.
Einen Namen machte fih P. zuerit durch feine
Monographie: «Der Göttinger Dichterbund» (ps.
1841), Diejer folgte die unvollendet gebliebene
«Geſchichte des deutihen Journalismus» 5
Hannov, 1845), dann die «VBorlefungen d
Geicichte des deutfchen Theaters» (Werl. 1847),
«Borlefungen über die deutiche Litteratur der Ge:
genwart» (en 1847) und «Zehn Jahre. 1840—50.
Geſchichte der neueften Zeit» e ., 2.1
56), denen fi) das « Tafchenbuch der neueſten Ges
ſchichte (1. Jahrg. 1849, Deflau 1851) anf
m J. 1851 begann er mit Wolfjohn das
Mufeum» (2pz.), eine Wocenjchrift, die er feit
Dit. 1851 allein redigierte, bis 1866 8. in
Berlin erg a on. . ——
eine «Gedichte» (4. Aufl., Lpz. dienen,
und «Neue —— (2. Aufl., . 1849)
erfe» (4Bde,, 2pz.1 7-49)
eg ge - —
olgten. In dem Luſtſpiel «Die polit. u ante
(3. Aufl., Zür, 1845) lich er In Arifto ——
Weiſe der freieſten Laune die Zügel ſchießen. In
Folgezeit wandte ſich P. Roman zu. 3
veröffentlichte er «Die Schwägerin» (Defiau
ferner «Das Engelhen» (3 Bde., 2pj. 1851);
diefen ſchloſſen jth an: «Der Mufilantenturm»
(3 Bde., Lpz. 1855), «Helene» (3 Bbde., Brag 1857)
und «Vberndorf» (3 Bde., Lpz. 1862). Bon feinen
fpätern Arbeiten find die litterarhiſtor. S
über «Ludwig Holbergs (Stuttg. 1857) und
Litteratur der Gegenwart, 185060» (2.
2 Bde., Lpy. 1860), die poetiihen Sammlungen
«Aus der Heimat» (1858), «Aus goldenen ——
Prag 1861), «Herbitrojen» (4. Yu ge d),
«Stinmen der Liebe» (Berl. 1868) und «Buch der
Liebe» (3. Aufl., Lpz. 1874) hervorzuheben. -
itarb 21. Juni 1872 in Stettin infolge eines
hirnſchlags. Vol. Gottſchall, «Robert P. - Ein lite
terariiher Efjay» (in «linfere Zeit», 2p3. 1872)
Prytaneum —
Hans P., Sohn des vorigen, geb. 20. Mai 1843
zu Jena, ftubierte in Jena und Berlin Geihichte
und war 1863—72 je am Gymmafium zu
Danzig. Durch feine Monographie «Heinrich der
Löwen (?p3. 1865) und fein Wert Safer ihr L»
(3 Bde., Danz. 1871— 74) belannt geworden, wurde
er 1872 als DOberlehrer an die iriedrihs «Wer:
derſche Gewerbeſchule zu Berlin berufen und habi:
fitierte fih 1873 an der berliner Univerfität. - Im
Dane 1874 führte er im Auftrag des Deutichen
eichs lanzleramts eine Forihungsreife nad Syrien
und beſonders Zyrus aus, deren Ergebniffe er in
dem Bud; «Aus Phönizien. Geogr. Skizzen und
iftor. Studien» (Lpz. 1876) niederlegte. Seit
tern 1877 wirlt er als ord. Profeſſor der Ge:
ſchichte an der Univerfität Königsberg. Von P. er:
ienen ferner: «Geſchichte des Sireifes Neuftadt in
jeitpreußen» (Danz. 1869), «Geheimlehre und Ge:
heimſtatuten des Tempelberrenorbens» (Berl. 1875),
«Duellenbeiträge zur Geſchichte der Kreugüge⸗
Left 1, Danz. 1876), «Die Befikungen des Deut:
hen Ordens im Heiligen Lande» (Ep. 1877),
eg te des Abendlande3 von Karl d. Gr.
big imilian» (1. Bd., Berl, 1885, in
Ondens Gef —
Brytaucum (grch. Prytaneion) hieß in den alt:
eh. Städten ein etwa unferm Rat: oder Stadt:
us En! A age ps Gebäude, in welchem die Bry:
tanen, d. h. bie regierende Behörde, oder in be:
mofratiihen Staaten ein Ausfhuß des Rats (in
Athen aus 50 Mitgliedern beftehend), der je unge:
F einen Monat hindurch die laufenden Seichähte
rte, zuſammenlamen und aud ihre gemeinfamen
ableiten auf Staatstoften hielten. Zu dieſen
Mahlzeiten wurden auch ausgezeichnete Fremde,
befonders Gejandte —— Staaten, häufi
als Ehrengãſte eingeladen, und Bürger, welche fi
große Verdienfte um das Vaterland erworben hat:
ten (wozu im Altertum auch die Sieger in den gro:
ben ‚Nationalfpielen gerechnet wurden), erhielten
als höchſte Ehrenbezeigung lebenslänglihe Spei:
fung im P. In Athen, wo das alte \ in einiger
Entfernung öftli von der Agora am Nordfuhe der
Alropolis ng. wurde feit der Demotratifierung
Athens durch Hlei Re gegen Ende des 6. Yahrh.
v. Chr. das Speiſelolal der Brytanen in die neben
dem Nathaufe (Buleuterion) von der Südoftfeite
der Agora gelegene olos verlegt. Den Mittel:
—— edes B. bildete der ber Heſtia geweihte hei—
ice Herd der Stadt, auf welchem ewiges Feuer
unterhalten wurde; von diefem nahmen Stoloniften
Feuer mit, wenn fie auszogen, ſich eine neue Heimat
in der Fremde zu gründen, als Symbol des Zuſam⸗
menhangs wilden der vlutter und Tochterſtadt.
nie, Stadt, ſoviel wie zen:
‚ eine der ältejten Städte des öfterr,
Kronlandes Galizien, liegt zu beiden Seiten des
Fluſſes San, über welchen eine Brüde, fowie weiter
abwärts eine Eifenbahnbrüde führt, ift Anoten:
punlt der Karl Ludwigsbahn und der Ungarijch:
—— Eſenbahn, ſeit 1874 ſtark befeſtigt und
befigt ein geräumiges verſchanztes Lager.
Stadt zählt (1880) 9244, als Gemeinde 22040 E.
darunter ein Drittel Juden. Sie ijt Siß einer
— anebBaizttgeelätl, einer
dinanzbezirtödireltion und anderer Behörden; fer:
ner eines röm.sfath. (feit 1375) und eines griech.⸗
tath. (ſeit 1218) Bistums, Unter den Gebäuden
zei ſich die beiden altertümlihen Domlirchen
nö»Leziton, 13, Aufl, XIIL
Die R
Przewalſtij 369
aus. Bon Klöftern beftehen ein Franziskaner: und
ein Reformatenttoiter, fowieein Benebiktinernonnen:
Hofter mit einem Lehrerinnenfeminar und einer hö-
bern Mädchenſchule. Dem Unterricht dienen nod)
ein Obergymnaftum, eine höhere Bürgerfchule, eine
Haupt: und zwei Vollsſchulen, ein rönt.tath. und
ein gried.sfath. Seminar, eine PBrivatanftalt für
— —— ein Muſikverein mit einer Mufit:
ſchule für Knaben und eine Bibliothet des griech.
tath. Domtapitels. Der Handel, der ſich zumeijt
in jud. Händen befindet, beſchränlt ſich m Holz,
Getreide, Leder und Leinwand, Bon gewerbliden
Anlagen beftehen zwei Dampfmühlen, eine Spos
dium: und Mafchinenfabrif, eine —— le
und eine Liqueur- und Roſogliofabrik. Auf dem
der Stadt benachbarten Berge liegen die ziemlich
gut erhaltenen Nuinen zweier Bajtionen des u.
maligen fürftl, Nefiden Äihlofies, P. foll bereits im
8. Yahrh. von dem poln. Fürften Przemyſlaw bes
gründet und nad) diefem benannt worden fein.
—— Stadt im öſtl. Galizien, Sik
einer Bezirfshauptmannihaft und eines Bezirks:
gerichts, zählt (1880) 3654 E. meift ruthen. Stam⸗
mes, hat eine Gerberei, eine Dampfbrauerei, eine
Spiritusbrennerei und bedeutenden Hopfenbau.
Przewalſtkij (Nitolai von), ber bedeutendſte
neuere ruf. Entdedun —— geb. 31. Mär;
1839 al3 Sohn eines Gutsbeſihers im Gouverne:
ment Smolenst, beſuchte das © —— zu Smo⸗
lenst und ſpäter die Militäralademie in Peters:
burg. Er wurde Lehrer der Geſchichte und Geo:
raphie an der Junkerſchule zu Warihau und er:
hl 1867 auf feinen Wunſch eine Anftellung in
jtübirien, wo er zwei Jahre lang blieb und na:
mentlich das Uſſurigebiet durchforſchte. Hierauf
durchreiſte er 1870 die Mongolei auf der Linie von
Kiachta nad) Peking, durchforfchte von bier 1871
die ſudl. Mongolei und brach im März 1872 von
Peling nah der dinef. Provinz Ganfu auf und
drang bis an den obern Yang:tjesliang vor. Bon
—— wandte er ſich nad) Norden, durchzog die Wuſte
obi und fan im Dit. 1873 in Irlutsk an, Eine
neue Entdedungsreile, welche die Erforfhung des
Lob:Nor:Sces und des Altyn: Tag: Gebirges zum
Zmwed hatte, begann B. von Kutfän aus 12, Aug.
1876. Nachdem er fein Ziel erreicht, fam er im
—* 1877 mit reichen botan. und zoolog. Samm⸗
ungen wieder in Kuldiha an. Wegen Erkrankung
m Febr. 1879
tehrte er nad) ep Sr „Behr:
ab und war
reifte P. wieder von Petersbur
30. Mai in Chami, überftieg das Nanihangebirge
und drang in Tibet ein; al3 er nur noch 260 km
von Laſſa entfernt war, wurde bie Weiterreife ges
waltfam gehemmt und P. 309 nad) Sining, er
forſchte das Quellgebiet des Hoangho, ging über
Urga und Kiachta zurüd und war Ende 1850 wieder
in Orenburg. Cine neue Reife trat er Nov. 1883
von Kiachta aus an, durchzog die Wüſte Gobi nad)
Alaſchan und dem öftl, Zaidam, entdedte in 4140 m
Meereshöhe die Quellen des —— und drang
bis zum Yang⸗tſe⸗liang vor; hierauf trat er ben
üdweg an und gelangte 7. Febr. 1885 an den
Lob⸗Nor. Sein Berfud, von hier in das eigentliche
Tibet zu gelangen, fcheiterte, B. zog deshalb nad)
Chotan, um über Alſu nad) Guropa zurüdzutehren.
> iſt get enwärtig Oberft im rufj. Generalitab.
eine elleheri te find meiſt in den Bublilationen
der kaiferl, ruf. Geogra —— Geſellſchaft zu
Petersburg ent * em veröffentlichte er
(ten, Außer
370
«NReiſen in der Mongolei, im Gebiet der Tanguten
und den Wüiten Norbtibets 1870— 73» (me jüch,
2Bde., Petersb. 1875— 76; deutich von Slohn, Jena
1877) und »Neifen in Tibet und am obern Laufe des
Gelben Flufies in den J. 1879—80» (rufj., Petersb.
1883; beutich von Stein:Norbheim, Jena 1884).
ibram, Stadt in Böhmen, }. Bribram.
P.3, —— für Postseriptum, Nachſchrift.
aligraph „1. Ausigneidetunft.
alm (grch.), im Niederfähliihen Salm,
ibt im allgemeinen foviel ala Geſang. eg
weife aber verfteht man unter P. die im Alten Te:
jtament in eine ——— ſ. d.) ver:
einigten religiöfen Gejänge bebr. Voils Der
——— ſalter iſt aus mehrern, zum Teil
ß re ungleicharligen Sammlungen in —
ter Zeit zuſammengeſtellt worden. Einige Lieder
find ſogar in doppelter Recenſion auf uns gelom:
men. Die liberlieferung führt die P. teild auf den
König David, dem allein TI ®. beigelegt werden,
teils auf feine Sang: und Mlufitmeijter Aſſaph,
Heman, Ethan, einige auch auf andere Namen zu:
rüd (darunter fogar den 9. P. auf Moſes und
V. 72 und 127 auf Salomo). Obgleich ſich der
Tempel efang zugleih mit dem reidhern gottes:
dienitlichen Seremoniell erft nad Salomos Tem:
pelbau ausbilden fonnte, fo werben doch einige dem
David beigelegte P. wirklih von ihm berrüßren.
Aber bie —* ſind ſicher ſpätern Urſprungs.
Mehrere unter den Klagpſalmen rühren von pro:
vhetiſchen nern her, welche für die hittere
Wahrheit, die ſie verfünbeten, von ihren Zeitge:
nojien Hohn und Mißhandlung ernteten. Andere
ftanımen wohl aus der Trauerzeit der Babyloni:
ichen Gefangenſchaft und der Rüdtehr, wohin wohl
befonders die gehören, die mit dem Namen ber
Kinder Korah bezeichnet find und wahrſcheinlich
meijt_einen Verfaller haben. Aus noch jpäterer
Zeit find die fog. Stufenpfalmen, von Luther mib-
verftanden Lieder im böhern Chor nenannt, jene
Neifelieder, die man auf die Nüdlehr von Babylon
bezogen bat, die aber überhaupt ſich auf die jähr:
lichen Walltahrten nad) Jerufalem und dem Tempel
beziehen, Einige wenige endlich ſcheinen jogar der
er ber Mallabãer anzugebören. Die gegenwärtige
mmlung befteht aus 150 P., die jedod) in ältern
Handſchriften nicht überall mit derjelben Zahl be:
zeichnet find wie in der liberjegung Luthers. Die
ganye Sammlung zerfällt in fünf Bücher, deren
jcbes mit einer Doxologie fließt. Die Ticdhtgat:
tung, welder die P. angehören, ijt im allgemeinen
die religiöfe Lyrit, Die meiften haben die Gebets:
form, beginnen oder enden al$ Gebet und find, fie
mögen Klage, Trauer oder Troſt ausiprehen, Aus:
drud bes tiefiten Gottvertrauens und der lebendig:
iten — Doch ſpricht ſich in vielen ein das
chriſtl. Bewußtſein befremdendes Vertrauen auf die
eigene —— und Unſchuld, in andern auch
ein leidenfchaftliches Berlangen nad Rache an den
Feinden aus. Bei vielen derſelben laſſen fich die
geſchichtlichen Beziehungen nody auffinden. Übri—
2. enthält die Sanımlung der PB. im Alten Te:
tament keineswegs den ganzen Liederihak der
Hebräer. Im Alten Teftament felbit werden noch
manche erwähnt, die fich in der Bjalnenfanımlung
nicht finden, 3. B. ber — —*— der Debora
im Buch der Richter. In der alten reform. Kirche
wurden bie P. beim öffentlichen Gottesdienſt ge:
fungen, und eine Reihe evang. Kirchenlieder find
Przidram — Pſeudepigraphen
aus Umdichtungen bibliſcher P. hervorgegangen.
Die beſte Überjehung iſt die von De Wette. Gute
Stommentare haben De Wette, Hibig, Sn Len-
gerle, Ewald und Olshauſen gegeben. Her
der, «&eijt der ebräifchen Poefie» (2 Tle., 3. Aufl.
von Juſti, Lpz. 1825); Gwald, «Die Dichter des
alten Bundes» (2. Aufl., Bd. 1 u. 2, Gött. 1866).
Pialmödie (grch.) bezeichnet ſowohl das Singen
der Bialmen mit oder ohne Mufikbegfeitung, als
die Vielodie des Pjalmengefangs. Die alte P., wie
fie bei den Juden üblich war, üt unbelannt. Schon
in der gpoſtoliſchen Kirche waren P. bei jeber lirch⸗
lihen eier gebrãuchlich.
Bialter (grd.) hieß das Saiteninſtrument, un:
ter befien —— die Bialmen gchn n mwıtr:
den, eine dreiedige Spipharfe. Auch * man
mit P. die ganje Sammlung der Bjalmen. a
Mittelalter hieß P. der lange Rojentranz, den bie
Nonnen einiger Orden führten.
terium Mariae, j. unter Ave Maria.
fammenit, ſ. umter Bfammetid.
fammötich it der wahrſcheinli de)
Name von drei ägypt. Königen der 26. z
ſchen Dynajtie. Die grieh. Schrütfteller nannten
den zweiten König diejes Namens Piammis, ben
dritten Pfammenitos mit wi Berän-
berung. Der erſte und berühmteite war ur:
Iprünglid) Fürft von Sais; erregierte663—610 und
befreite das Laud mit Hilfe griech. Söldner von ber
afiyr. Oberhoheit. Gleichzeitig unterwarf er die an:
dern Kleinen Fürjten, die von Herodot jo genannten
Dodelarchen. Er gab der ägupt. Politik eine neue
Richtung, indem er griech. Söldner in Dienft nahm
und das Yand dem fremden Handel ‚wo:
durch ihm ungeheuere Neichtümer zufloil Auch
die Kunſt nahm unter ſeiner —— einen neuen
Aufihwung; freilich trägt fie jo wie die pause
Kultur diejer ug einen gelehrt a
Charalter. U diefe fpäte nationale Blüte
dauerte nur bis an das Ende feiner Dynajtie, wo
die Perſer das Land unter P. IH. eroberten.
fammis, f. unter Pſammetich.
fammöm (gr. Eandgeihwulft), eine rund⸗
lie, höderige, dem Sarlom (f. d.) nabe
Geſchwulſt mit veichlicher Cinlagern er oder
jandiger Stonfremente, findet ſich bisweilen im ®e-
birn und an der harten Hirnhaut.
Piara, Injel im Agäiihen Meer, ſ. Ipjara.
Psaronius Corda nennt man in der v:
paläüontologie eine Gruppe von foffilen Farnzeiten,
die größtenteils ſich im eng finden, Es
ſind teils Stämme mit breiten Gefähbänbeln, teils
—* auch kp die op —* Er im
ehtern Falle zeigen fie auf dem Querſchnitte zahl:
reiche freisförmige oder lptiide er —
fend...,1. Bieude... _
fendarthröfid (grch.), faliches Gefent, ſ. un:
— —— (erh..d.6. 6%
eudepigraphen (ard)., d. h. Schriften unter
falſchen Namen) heißen im kirchlichen Spenge:
braude eine Reihe von Schriften, weldye nady Ab:
ſchluß des altteftamentlichen Kanon unter den Ra:
men von alten Gottegmännern umb Propheten,
wie Henoch, Moſe, Jeſaja, Jeremia,
Baruch, Esra u. ſ. w. in Umlauf geſeßt wurden.
Dieſelben werden von den Apolryphen des Alten Te:
ſtaments noch unterſchieden. Die jehr zahlreich un:
ter falſchem Namen verbreitete neuteſt
Litteratur wird, joweit bie ältere Kirche ihre Pfeubo:
Pſeudo ... — Pjendomorphofen 371
nymitãt durchſchaute, unter den Namen «Apo—
bes Neuen Zeitaments» zuſammengefaßt.
Diefe Art von Schriftitellerei war zu einer Zeit
außerordentlich verbreitet, welche den Begriff des
litterariichen Eigentums nicht kannte und die Män-
ner, unter deren Namen man neue Litteraturpro:
dulle ausgehen lieh, zu = meinte. Sammlun:
gen der P. des Alten Tejtaments haben Fabricius,
«Codex pseudepigraphus Veteris Testamenti»
(2, Aufl., 2 Bde., Hamb. 1713— 23), Gfrörer, «Pro-
phetae veteres pseudepigraphi» (Stuttg. 1840),
und Ärigiche, «Libri Veteris Testamenti pseud-
epigraphi selectio (EB: 1871) herausgegeben,
Wieudo... (vor falen Pteud..., vom grch.
Yeidw, d. i. belügen, taͤuſchen), als Borfilbe in
Zufanımenfeßungen aus dem Griechiſchen, bedeu:
tet, daß nicht der wahre Begriff des durd) die Nach—
Iben bezeichneten Wortes, fondern etwas diefem
älſchlich Angedichtetes und Untergeihobenes ge:
meint fei, 3. B. Pſeudophiloſophie, Mieudoproppet,
Pſeudoſmaragd u. ſ. w. Cbenjo wird es Namen
vorgefebt, die jemand nicht zulommen, ſei es nun,
daß die Perſon fie felbft fich zueignet, z. B. Pſeudo—
Demetrius, Pſeudo⸗Sebaſtian, Bjeudo:Smerbdig:c.,
oder daß jie ihr von Spätern beigelegt wurden,
3: B. Pſeudo⸗ Iſidor, Pſeudo⸗Orpheus ıc.
‚ Bienbodipteros hieß ein gried. Bau, welder
eine ringsum laufende Säufenhalle hatte, wenn
dieſe jo weit von ben Mauern des Tempels entfernt
war, wie bei dem wirklich von einer doppelten Säu:
("BBfeubobogie (prä), falhe Sehre, Zreleh
odorie .), fa ebre, Irrlehre.
a (grd., faliche Roſe),
pP ne diffusa, eine ausgebreitete heftige Ent:
zändung der Haut und bes Unterhautzellgewebes,
welche in ihren Symptomen mande uSy feit mit
dem echten Eryfipel oder der Rofe (f. ) hat, von
diefer aber dur ihren atypifchen Berlauf unter:
ſchieden iſt. Sie führt meift zu ausgebreiteter Eiter:
bi ‚oft auch zu brandiger Zerjtörung des
Unterhautzellgewebes. Die Behandlung hat vor:
nehmlich für eine möglichſt baldige Entleerung der
entjtandenen Abſceſſe durch große und tiefe Ein:
ichnitte, ſowie für einen forgfältigen antijeptiichen
Verband zu
auf i
‚ Biendo: Fidorifche Defretalen beißt eine
lirchliche Rechtsſammlung, weldhe um die Mitte
9. Jahrh. im Frantenreihe auftritt, und
von einem unbelannten, weitfräntiihen, erit ber
rheimfer Kirchenprovi er gr Geiſtlichen
veranjtaltet iſt. Dieſelbe gibt ſich den Anſchein
identiſch zu ſein mit einer ältern, dem Iſidor
von Sevilla fälſchlich zugeſchriebenen lirchenrecht—
lichen —— die auch im Frankenreiche
verbreitet war. Sie unterſcheidet ſich aber von
derſelben namentlich dadurch, daß ſie viele Be—
ſtandteile enthält, die in jener fehlen und welche
ich durchweg als Fälſchungen charalterifieren. Der
Berfafler bat nämlich nicht nur eine Anzahl ge:
fälſchter Altenftüde, die ſchon vorher verbreitet
waren, in jeine Sammlung aufgenommen, ſondern
- ‚jelbit zahlreiche Briefe gefertigt, welche er
N 9 aus Stellen von Schriftitellern, Ge:
—* Konzilien zuſammenſetzte und als von den
ültejten PBäpiten außgegangen bezeichnet. Bei die:
ſer groben Fälſchung iſt als ausgeſprochene Ten:
denz erlennbar, die älteſten Zeugen des Chriſten—
zu le I welche zu ben
tums ausfpre
Fuhänden des Sehufifäeniiteids In Kheian Ge
genſatz ftehen und font diefe ala ſchädlich und ab:
änderungswürdig bezeichnen. Soweit dieſe Ten:
denzen mit denen der röm. Päpfte und dem Ber:
treter des Papſtſyſtems übereinftimmten, haben
dieje die pfeudo:tfiborifchen Materialien benußt, die
denn aud) in die Rechtsſammlungen und in das
Corpus juris canonici eingeſchloſſen find und die
Rechtsentwickelung der Kirche ftark beeinflußt haben.
Daß das pfeudo:ifiborifche Werk Fälſchungen ent:
halte, iſt feit dem 16. Jahrh. deutlich erfannt wor:
den und heute unbeftritten. Cine kritiſche Ausgabe
des Wertes ward 1863 von Hinſchius veranftaltet.
—— ſ. Joſippon.
Pſeudokrupp, nachts bei kleinen Kindern
auftretende Anfälle von heftiger Atemnot, die mit
Sruppanfällen eine game bnlichleit win und
polge von alutem Kehltopflatarrh find; Behand—
ung: Brechmittel, warmes Getränf, warme Um:
fchläge auf den Hals.
Plendomembrän (grö.:lat., d. i. falfche Haut,
Afterhaut), in der Medizin hautähnliches Gerinfel,
durch Ausſchwißung gerinnbarer Lymphe entjtehend.
Pfeudomorphoſeun (nach der ältern Bezeich—
nung Afterkryſta = nennt man diejenigen fry:
ftallinifchen oder amorphen Mineralförper, welche,
ohne jelbjt Kryſtalle zu fein, die ihrer Subſtanz
nicht zulommende Kryſtallform eines andern Mi:
neral3 zeigen. Die oft äußerlich ganz ſcharfkantigen
und glattflädigen P. bejtehen nicht aus einem In—
bividuum der ihrer Form entiprechenden Mineral:
art, jondern meiſt aus einem lörnigen, fajerigen
oder dichten Aggregat einer ganz andern Mineral:
art, und diefe äußere Form der P. üt nur das rüd:
ftändige Monument des urfprünglichen und oft
nun ſpurlos verſchwundenen Kryftalls, um welchen,
in welchem und aus weldem die P. gebildet wurde.
Gemäß der verfhiedenen Entjtehungsweife unter:
ſcheidet man bei den P. einerfeit die Umhüllungs-
und Ausfüllungs = B — — andererſeits
die — Tr er ofen.
Bei ben Umbüllungs: Pjeudomorphofen
handelt e3 na um den Abjah einer dünnen Krufte
irgend einer Mineralſubſtanz auf den Kryſtallflächen
eines andern Minerals. Wenn 5. B. eine Er
Schicht von Quarz ein Rhomboẽder von Kallſpat
überziebt, jo ftellt bier der Quarz äußerlich eine
Form dar, welde ihm felbft nicht zulommt. ft
dann jpäter der umbüllte innerlide Kallſpat durch
irgend einen natürlichen Auflöfungsprozep, welcher
die Quarzkruſte verſchonte, entfernt worden, jo blieb
entweder der Quarz mit der von dem Kallſpat er:
borgten Geitalt als leere Schale übrig, oder es
wurde diejer Hohlraum alsdann im auf der Zeit
durch Abjag einer neuen Mineraljubitanz in der
Innenſeite teilweife oder ganz ausgefüllt, wodurch
dann auch bieje, einem Abguß zu vergleichende ein:
jeführte Maſſe an ihrer Außenfeite die ihr fremde
altypatform gewann. Während dieje Vorgänge
mehr auf dem einfach mechanisch erfolgten Abfas
eines fremdartigen Mineral3 aus Gewäſſern be:
ruhen, wurden dagegen die Umwandlungs-Pſeudo—
morphojen vermöge der jubjtantiellen Veränderung
eines Kryſtalls, vermöge der em. Erjegung feiner
Subſtanz durch eine andere, und »e unter Bei:
behaltung feiner Form gebildet. Diefe dem. Un:
wandlung beginnt gewöhnlih an der Oberfläche,
dringt dann, namentlich zunächſt auf gg
en, allmählich weiter einwärt3 vor, und fo findet
man. nicht felten im Innern einer folden P. noch
24*
yYy\ ml 2 c
372
einen unveränderten Kern des urſprünglichen Mi:
nerals, aus deſſen Zerfepung die P. hervorging.
Diefe Ummwandlungs: Pfeudomorphofen
find 1) foldye, bei weldyen zwifchen der urjprüng:
lien und der pfeudomorphen Subſtanz noch
ein hem. Zuſammenhang ftattfindet, indem beide
Mailen wenigftens noch einen oder mehrere Be:
itandteile gemein haben; dieſe fönnen gebildet wer:
den durch Nerluft gewiſſer Beitandteile (nicht fon:
derlich häufig), oder durch Aufnahme neuer Be:
jtandteile (3. B. von Waller, Sauerftoff, Kohlen:
fäure, wie die P. von Gips nad Anbydrit, von
— 5 nach Rotlupfererz), oder endlich durch
teilweilen Austaufd von Beitandteilen, wobei die
uriprünglihe Subitanz gewiſſe Stoffe verloren,
andere dafür aufgenommen hat, 3. B. die weitver:
breitete P. von Brauneifen nad Cijenties oder
Eifenjpat, Kaolin nach Feldipat, Aragonit nad
Gips u. f.w.; 2) folde B., bei welchen die Ten
Beltandteile des urjprünglicen und des an jeine
Stelle getretenen Minerals vermöge des jtattge:
fundenen Stofjaustaufhes gänzlich voneinander
verſchieden find (4. B. Uuarz, Flußſpat oder Kalt:
fpat, Giientie® nah Quarz, Zinnſiein nad Feld:
ipat), eine Abteilung der B., deren genetiſche Deus
tung noch manches Ratſelhafte bietet. Die pfeudo:
morphe Umbildung ijt übrigens nur ein ganz ipe:
zieller Fall der großartigen hem. Veränderung:
vorgänge im Dlineralreid) und zwar derjenige, bei
weldem während und troß der Wletamorphoje bie
äußere Geitalt erhalten blieb. Dieſe unſcheinbaren
Gebilde find aud für die Geologie von höchſter
Wichtigkeit, denn durch fie wird in erjter Linie bie
Grienntnid und Spezialifierung der gejebmähig
verlaufenden dem. Prozeſſe vermittelt, welche in
den Gebirgen der äußern Erdkruſte thätig waren
und noch fortwährend andauern, _Breithaupt,
Blum, Dana, Haidinger, Scheerer, ©. a. ba:
ben ſich —— um Auffindung, Beſchreibung
und Deutung der P. verdient gemacht.
Pſeudonhm (grch.) nennt man eine Schrift, die
entweder abſichtlich von dem Verfaffer unter einem
falſchen Namen ge wurde oder den Na:
men eines Verfaljers führt, der fie nicht verfaßt bat.
Bfeudönymus it daher derjenige, der diefen
falſchen Namen mit Abſicht oder aud) ohne fein Zus
thun führt._ Die volljtändigiten Verzeichniſſe pjeu:
donymer Schriftiteller gaben Barbier in dem
«Dictionnaire des ouyrages anonymes et pscudo-
nymes» (3. Aufl., Bar. 1872 fg.), De Manne in
«Nouveau dictionnaire des ouvrages anonymes
et pseudonymes» (2. Aufl., Bar. 1862; dazu «Re-
touches» von Qusrard, Bar. 1862); Qudrard, «Les
&crivains pseudonymes de la litt6rature frangaise»
(Kar, 1854—56); Yancetti, «Pseudonimia» (Mail.
1836); (Delzi,) «Dizionario di opere anonime e
pseudonime di scrittori italiani» (3 Bde., Mail.
1848—59); Weller, «Die mastierte Litteraturn
(Bd. 1: «Index pseudonymorum», 2. Aufl., Xp}.
1862; Supplement, 1867); «Essaı d’un dietion-
naire des ouvrages anonymes et pseudonymes
publies en Belgique» (Brüfl. 1863); Doornind,
«Bibliotheck van nederlandsche Anonymen en
Pseudonymen» ('3 Gravenhage 1867— 70).
Pfeudoparenhhm (grih.), botan. Bezeichnung
für Gewebe, die zwar auf Durchſchnitten die Formen
des gewöhnlichen Parenchyms zeigen, aber nicht
durch Zellteilung entſtanden find, ſondern ſich durch
dichtes Aneinanderlegen einzelner Zellen gebildet
Pſeudonym — Pſlow
haben. P. findet ſich beſonders häufig bei Pilzen,
wo es durch Verflechtung und Verwachſung der
Hyphen entſteht.
Pſeudoplasma grch. geſchwulſtförmige Reu⸗
bildung, Gewächs, Altergebilve (j. Geihwulft).
Pieudoftop (gr.) heißt ein von Wheatjtone
1852) erfundener optiicher Apparat, der mitteld Res
erion die von den Erhabenheiten und Bertiefungen
der Körper ausgehenden Lichtſtrahlen derart ver:
taufcht, dab daraus Umfehrungen des Reliefs für
die Seherſcheinungen, mithin o tifhe Täufhungen
entitehen, jodaß 3. B. das Nädjite als das Entfern⸗
tefte, das Entfernteite al3 das Nächite, Tontave
Körper als fonver, fonvere aber als tonlav u. dal.
erſcheinen. Das einfachſte B. ergibt fih, wenn man
in einem Stereoftop die Bilder verwechſelt.
Pſeudoſtopiſche Erjheinungen beißen die
unmilltürlihen optiicen Tauſchungen bezüglich der
Größe, —— Geſtalt der fihtbaren Ges
genitände; fo 3. B. ſcheint eine geteilte Gerade
länger als eine ungeteilte, ein ſehr heller Gegen:
ftand näber als ein duntler u. dgl. m.
Pſeudoſtorpione, ſ. Afterilorpione.
Psidium ZL., Mlangengattung aus der Familie
der Myrtaceen. Die Arten derjelben find ſamt⸗
ic im tropiſchen und ſubtropiſchen Amerila eins
beimish. Am befannteften find die jog. Guaven:
oderÖuajavenbäume, deren Früchte einfchmad:
baftes Dbft liefern. Die als Objtbäume belichteften
Arten find P. pyriferum L., ein urſprünglich nur
in Weftindien und dem benachbarten äquatorialen
Südamerila heimischer, jegt aber in allen Tropen:
(ändern in verjhiedenen Abarten kultivierter Baum,
und die Abarten desfelben befonders P. pomiferum
L. und P. sapidissimum Jaeg. Alle Arten find
ſchöne ig Bäume mit gegenftändigen,
ganzrandigen Blättern und achſelſtandigen Blüten:
buſcheln, deren wohlriechende Blüten aus fünf
weißen, meilt großen Blumenblättern und zahl:
reihen Staubgefäßen mit gelben Budeln beft
Die durch Verſchmelzung der —* werden
Kelchroͤhre und des darın An enen Frucht:
fnoten® entitandenen Früchte enthalten in ihren
marligen Innern mehrere harte Samen und
bei P. pyriferum die Form und er einer Birne
und eine äußere gelbliche gerk bei miferum
eine runde Form, die Größe cined Borsdorfer
Apfels und eine dunfelgrüne Farbe, während fie
bei P. sapidissimum etwa einer Pflaume gleichen.
Alle find aromatiſch wohlrichend und von füßem,
mehr oder weniger aromatijchem (bei P. pyriferum
imbeerartigem) Geihmad. Sie gehören Em
liebteiten und geſchäßteſten Obitarten der Tropen:
länder und werden teils rob, teils verſchiedenartig
zubereitet gegeſſen. Die in —* eingemachten
Fruchte lommen in neuerer Zeit als Konſerven
in den Handel.
omelan, Kae} Glaskopf (j. d.).
ſilsſis (grich.), das Ausfallen der Haare;
Piilothrum, ein Enthaarungsmittel,
sittäous (lat.), Papagei.
Biol, Fluf in den rufj. Gouvernements Kurst,
Chartow und Poltawa, der in einer jump Ge:
gend des Kreifes Obojanow entfpringt ur in füd:
weitl, Richtung dem Dnjepr zuflieht. Er ift 560 km
lang und großenteils fhijfbar.
Bikom oder Wleftomw, feit 1777 ein Gouver-
nement des europ. Rufland
vielfa
nd, einen ae
des alten Großfürftentums Nomwgorod, nämlich
Pſoa — Pſyche
alte Fürſtentum P. —— und von ben Gouver:
- nementö-Peter2burg,Nomwgorod, Twer, Smolenst,
Witebst und Livland begrenzt wird. Das Land üt
eben, nur an wenigen Stellen hügelig, meiſt jandig,
im fübl, Teil fumpfig, ſehr reih an Seen (854)
und von ziemlich waſſerreichen Fluſſen bewäſſert,
die teils, wie der Lowat und Schelon, in den Ilmen—
fee, teils, wie die Welitaia, in den 734 qkm großen
Bitomwerfee fallen, welcher gegen Norden dur
einen 64 km langen und 5—15 km breiten Waſſer⸗
zug mit dem Peipusſee in Verbindung ſteht. Der
Ertrag des Aderbaues genügt = den Bebürfnifien
ber Bewohner; von größerer Bedeutung ift der
Flachs und Hanfbau. Die 31 Proz. der Bodenfläche
einnehmenden Wälder bergen nur weniges Wild,
deſto mehr Beeren und Pilze, die, fowie eine Art
von Fiſchen, die ſog. Löffelitinte, woran die Flüſſe
reich find, weit durch das Land verſchickt werden.
duftrie und Handel find unbedeutend, Das
ouvernement, welches in acht Kreiſe zerfällt,
zählt (1882) auf 44208 qkm (davon 995 Waſſer)
895 713 E. (meift Rufen).
Die gleihnamige Hauptjtabt de3 Gouverne:
ments liegt am rechten Ufer der Welifaja, 270 km
im SSW. von Peteräburg, an der —
Warſchauer Eiſenbahn und iſt der Sig des griech.
Erzbiſchofs von P. und Livland, ſowie eines Civil:
gouverneurs. Die Stadt zählt (1882) 21170 €.
und hat einen ganz aus Stein erbauten Kreml und
feite Mauern, breite Straßen, 38 griech. Kirchen,
eine kath. und eine prot. Kirche, ein Priciterfeminar,
ein Gymnafium, zwei Kreis: und zwei Kirchſpiels⸗
ſchulen, ein — drei Klöſter, ein
Hoſpital, eine Militärſchule, ein Waiſenhaus und
ein Zuchthaus, ſowie einen fteinernen Bazar. Man
verfertigt gute Juchten, Leinwand und Segeltuch
und treibt lebhaften Handel zu Waſſer nad) Narwa,
u Lande na u. ——— im Fe:
rar ein bedeutender Marlt abgehalten. Unter
den Gebäuden zeichnen fich die mit verfilberten
Kuppeln gezierte Kathedrale, das großartige Gou—
vernementögebäudbe und das palaltartige Gebäude
des Priefterfeminars_aus. SP. batte Früher eine
republitaniſche Berfafiung, ſtand mit der Hanfa in
lebhaften Verlehr und hählte einft 60000 E., wurde
aber 1510 dur Iwan Waſſiljewitſch erobert und
ijt ſeitdem nad) und nad) gefunfen.
Er (ardh.), die Lenden: und Nierengegend.
das (ard.), der große Lendenmustel, welcher
von ber GSeitenflähe und den Duerfortiähen der
denwirbel entipringt, unter dem Leiftenband aus
der are bervortritt und fih am Oberjchen:
felbein an et. ‘
BPfönsabjech (ar.-lat.), die Vereiterung des
Lendenmustels infolge einer primären Entzündung
des lestern oder fariöjer Seritörung der Lenden⸗
wirbef, verurjacht meijt eine Geſchwulſt in der Hüft:
beuge, Schmerzen in den Lenden und Beſchwerden
beim Geben. Behandlung: möglichſt frübgeitige
Entleerung des Eiters, antifeptifher Verband.
en (grch.), die Entzündung des Lenden:
"Bora (gr&.), bie Rräbe; pforifd, !
ora .), die Krähe; pſoriſch, kräbig;
**218 ittel (Psorica), Krägmittel.
Pforiäfie (gri., d. i. Krägigfein), Schuppen:
flechte, eine ronifche, nicht anſtedende Hautfrant:
beit, welche auf einer ſchleichenden Entzündung der
oberjten Lederhautſchichten beruht und ſich durd
Bildung von trodenen, weißen, perlmutterartig
373
glänzenden Schuppen auf geröteten Hautitellen zu
erkennen gibt. Je nad) der Form und Ausbreitung
der franten Hautftellen unterfcheidet man verfcie-
dene Formen der P. Handelt es fih um Meine
runde Gijloresjenzen, jo fpridht man von einer
Psoriasis guttata; durch Vergrößerung derſelben
entitebt die großfledige P. nummularis; weiterhin
untericheidet man die ringförmige P. annularis, die
guirlandenartige P. gyrata und die nleihmähig
über größere Hautftreden ausgebreitete P. diffusa.
Lieblingsftellen der P. find die Stredieiten der Gr:
tremitäten, beſonders die Aniee und die Glibogen.
Die Krankheit kommt verhältnismäßig häufig
vor, befällt vorzugsweiſe gefunde und kräftige In—
dividuen und ijt in manchen Familien ein erbliches
Leiden; mitunter ift fie ein Sumptom allgemeiner
Syphilis. Der Verlauf der trodenen Schuppen:
flechte ift gewöhnlich ein ſehr hartnädiger und Rüd:
fälle find auch nad) vollitändiger Abheilung unge:
mein häufig. Die Behandlung befteht zunächſt in
der Entfernung der aufgelagerten Schuppenmafien
durch Dampfbäder, warme Bäder, Cinreiben mit
Dlivenöl und Schmierfeife oder durch Bededen mit
Kautihulleinwand. Sind die Schuppen völlig ents
fern, fo werben die kranken Hautitellen mit Chry—
arobinjalbe, Byrogallusfäure, Naphtboljalbe oder
andern Teerpräparaten eingerieben. Die örtliche
Behandlung wird zwedmähig mit der innerlichen
Darreihung von Heinen Doſen Arjenik verbunden.
Kit die P. ſyphilitiſcher Natur, fo muß, fih der
Rrante einer antiſyphilitiſchen Kur unterziehen.
forofpermien, joviel wie Gregarinen (j. d.).
ſychagögos lard., Eeelenführer), Beiname
des Hermes als Führer der Seelen der Veritorbe:
nen in die Unterwelt; auch foviel wie Toter
beihwörer, f. unter Nelromantie.
Piyche it das griech. Wort für Seele. Tiefe
wird in der gried. und gried.:römijchen Kunſt al3
zartes Mädchen zuerjt wohl mit Vogel-, dann mit
Scmetterlingsflügeln und als Schmetterling dar:
geitellt. Gin Erzeugnis der philoſophierenden Tich:
tung des fpätern Hellenismus ijt die —— von
Gros (Amor) und P., die bald von Eros hoch be:
lüdt, bald gepeinigt wird, nicht eigentlid ein
tuthos, fondern eine wohlauf Blatoniichen Vor:
ftellungen der menschlichen Seele beruhende Alle:
orie, die zahlreichen Kunſtwerken zu Grunde liegt.
erahmt üt namentlich die Gruppe, welde Amor
und P. fih umarmend darftellt. (S. Tafel: Bild:
nerei II, Sig 16.) Vogl. D. Jahn in «Archäol.
Beiträge» (Berl. 1817); Collignon, «Essai sur les
monuments grecs et romains relatifs au mythe
de Psych6» (Bar. 1877); Stephani in «Compte
rendu de la commission archöologique de St.-
Pötersbourg» für 1877 und Wolters in der «Ars
chãol. Zeitung» (1884).
Nicht viel mehr als die Namen Amor und P. bat
mit jener Erzählung ein von Apulejus 7
anmutiges Märchen gemeinſam, das auch bei an:
dern indogerman. Völlern fi wiederfindet. P.
eine Königstochter, wurde wegen ihrer Schönheit
für Venus felbjt gehalten und wie eine Göttin ver:
ehrt. Dies erregte den Neid der Venus, die dem
mor gebot, ihr Liebe zu einem unebenbrtigen
Menſchen einzuflößen. Auf den Sprud) eines Ora—
lels wurde P. auf den Gipfel eines Bergs geführt
und von bier trug fie ein fanfter Wind in ein ans
mutiged Thal hinab, wo fie in einen prächtigen
Palaſt gelangte, in welchem Amor, der fie ſelbſt ſich
—
374 Pſychiatrie — Pſychologie (philoſophiſch)
erloren hatte, fie bes Nachts, ungeſehen und un:
erfannt, befuchte. Sie wäre glüdlich geweſen,
wenn fie Amors Warnung befolgt hätte, ihn nicht
[De zu wollen, Allein fie glaubte ein Ungeheuer
n ihm zu umarmen, und beleuchtete mit einer
Lampe den Schlafenden, entbedte den ſchönſten ber
Götter und ließ vor freudigem Schreden einen
Tropfen heißes Ol auf ihn fallen. Amor erwachte
und entſloh. Nun irrte P. nad) ihrem Geliebten
orichend überall umber. Bu fam fie in ben
laft der Benus, welche ihr die ſchwerſten Arbei:
ten auflegte. Aber P. er dabei wunderbare Hilfe.
Auch die lehte aefährlihite Aufgabe, von Projer:
ina aus dem Schattenreich eine Büchfe mit Schön:
beitsfalbe zu holen, beftand fie, aber auf dem Rüd:
wege öffnete fie die Büchfe, und der Dampf, der
— —— betäubte fie. Erſt die Berührung mit
mors Pfeil brachte fie ind Leben zurüd. Endlich
wurde P. von Jupiter mit Unfterblichfeit begabt und
ihre Vermählung mit Amor im Beifein aller Göt:
ter, auch der Venus, gefeiert, worauf dann P. dem
Amor eine Toter, Voluptas (die Luft), e-
Von neuern künftlerifchen Darftellungen der Mythe
—8 die Freslen Rafaels in der Farneſina zu Rom,
erner die plaſtiſchen Gruppen Canovas und Thor:
waldfens die berühmteften,
FAR der 16. Aiteroid, ſ. unter Planeten.
ſychiatrie oder Seelenbeillunde, die
—— Lehre von den Geiſteskranlheiten und ihrer
ehandlung, einer der jüngern Zweige ber Medi:
zin, welder erſt feit Ende des 18. Jahrh. eine
willenfcha tlihe Geftalt angenommen hat. (©.
Geiftestrantbeiten, Jrrenanftalten.)
Piychograph (Spiritoftop), }. unter Tiſch—
rüden und Geilterllopfen. —
ſychologie (grch, d. i. Seelenlehre) iſt die
Wiſſenſchaft von der Seele oder, ſofern von der
metaphyſiſchen Annahme einer Seelenſubſtanz Ab:
itand genommen wird, von den Geſehen bes ſeeliſchen
(piy gen Lebens. A Dbjelt find die Zuftände
und Thätigleiten, welche bie innere Erfahrung uns
in unferm eigenen Innern finden läßt, unjere Ge:
danlen, Gefühle, Überlegungen, Pläne, Entſchlüſſe
u. ſ. w. velrachtet man die P. als Erfahrungs—
wiſſenſchaft (empiriſche P A fo bat
fie in Bergleih mit andern Gebieten der Beobadı:
tung und der Grfahrung mit eigentümlihen Schwie:
rigfeiten zu fänıpfen. Ihre einzige unmittelbare
Quelle ift bie Selbftbeobadhtung; was die Beobadı:
tung anderer lehrt, bebarf jhon einer Deutung mit
Hilfe defien, was der Beobachtende in ſich ſelbſt
wahrgenommten bat, und dasfelbe gilt von allen
bijtor. Überlieferungen, ſowie aud vom ſeeliſchen
Leben ber Tiere. Die geijtigen —5* bleiben
niemals für den Beobachtenden volllommen gleich;
denn ſie ſind fortwährend bald in allmählichen, bald
in gewaltſamen Übergängen und Umwandlungen
begriffen. Jede abſichtliche Selbſtbeobachtung unter:
bricht und ſtört die Gemütslage, welche beobachtet
werden ſoll, und der Einfluß den der Körper auf
den Verlauf geiftiger Greigniffe bat, entzicht ſich im
einzelnen jeder genauern empirijchen Beitimmung.
Nimmt man dazu, daß die innern Beobachtungen
nicht in der MWeife wie die äußern zu kontrollieren
find, da jeder direlt nur ſich felbit erfahren kann,
ſo ift es nicht zu verwundern, wenn die P. länger
als andere Errahrungswiflenfchaften ſich mit ziem:
ie allgemeinen Aoftraltionen und Hlaffifitationen
beholfen und von jeher eine Neigung oehabt bat,
ie ben pſychol. Thatbeftand im einzelnen leicht
n ben Anfängen der —9* ol. Wiſſen⸗
ſchaft bei —— wurde das geiſtige Weſen
dem lorperlichen noch nicht entgegengeickt, De
ı Ei
auf — Theorien hinzueilen, bei denen
elbſt als ein Stoff von ätheriſcher und
atur angenommen, in welchem man zugleich die
——— des Leibes erblidte. Dieſe Anſicht
herrſchte in allen Schulen vor Sokrates und wurde
auch noch fpäter durch die Stoifer und Epilureer
fortgejebt- Mit Sokrates und Plato dagegen be:
gann die allmähliche Entlleidung des Seelenweiens
von allen lorperlichen Eigenſchaften, die Erlenntnis
der totalen Unvergleichlichkeit pbnfilcher und piy:
hifcher Thatfahen und bie deutli der
Einſicht, daß es gegenüber dem —— der
äufern Sinne noch ein der Beobachtung inne:
rer Thatſachen gebe. Aber erft 5355 machte
einen Verſuch, die verſchiedenen pfy —*
mene volljtändig und in naturgemäßer
aufzufaflen und anzuorbnen. Er nahm brei ver:
ſchiedene Teile der Seele an, einen vegetativen,
einen empfindenden und einen denlenden. u
rend ber lehtere dem Menſchen ei
tonıme ber zweite auch ſchon dem Tieren, ber erſte
den Tieren nebft den Pflanzen zu. Die
ſah Ariftoteles al3 etwas von den Funktionen des
leiblichen Lebens Unabhängiges an. Bol. Bren:
tano, «Die P. des Ariftoteles» (Mainz 1867).
Die Richtung, welche Ariftoteles der P.
hatte, blieb lange Jahrhunderte bin
gebend, und das Mittelalter bielt im ganzen, ob-
wohl nicht fonfequent, daran feit und prägte na-
mentlich den Gegenfab zwijchen der Seele und dem
leiblichen Leben, teilweife aus religiöfen Motiven,
bis pr einer prinzipiellen Sonderung derfelben aus,
(Bol. Karl Werner, «Der ge
mittelalterlihen ®.», Wien 1876.) Gin neuer
für die P. erwachte mit den Umſchwung der neuern
Philoſophie, beſonders —— weil im
u ber objektiven Nichtung der antiken
eht die Thätigleiten des menſchli und
Mollens in den Vordergrund fun br tra:
ten. Bei der ſcharfen Sonderung zwi Materie
und Geift, welde die Gartefianiiche ofopbie
geltend machte, beichäftigten bie des
17. Jahrh. hauptſächlich die Frage nach dem ur:
fachlichen ern ange —2 Leib und Seele
(j. Dccafionalismus) und bie Strei
über die Freiheit oder Nichtfreibeit des menſ
Willens. (S. Determinismus und Freiheit.)
Aber aud) für eine genauere Analyfe ber pf
Griheinungen geſchahen bedeutende Schritte.
cartes’ Schrift über die Leidenichaften («Les pas-
sions de Vames, Amfterd. 1650) war in diefer Be-
giebung ebenio bahnbrechend, als die fich unmittel⸗
ar daranfhließende Behandlung desfelben Themas
durch Spinoza im dritten Buche feiner Ethil. Noch
mehr aber geſchah dies infolge deſſen, dab Lode in
feiner empiriftiihen Grfenntnistbeorie bie
Erfahrung der äußern — hatte. Dar⸗
aus erſt erwuchs der wirkliche ang einer vor⸗
ausſehungsloſen ride
Ipäter —— die —* re
Standpunlt der innern Beo ng z
nahmen, wurde die erflärenbe ren
durd die Aſſociationspſychologen Hartley, Prieft-
ley und Hume befördert, welde bie Sefehe der
Ideenaſſociation feitzuftellen fuchten, dabei jedoch
;
ir
Piyhologie (ꝓhiloſophiſch)
nn die Abhängigkeit der feelifchen
Dusch * —— aufmerkſam
Beſtreben führte in Frankreich
Peg m. ge aa ehe higen Theorien eines Eon:
dillac, Bonnet, Helvstius, teils zu dem Materialis-
mus von Samettrie und dem Systöme de la nature.
Ein grober em ugr für die B. gefchab ferner
Leibni * welcher ſich durch ſeine Monadologie
der dunteln oder bewußtloſen Bor:
Helkungen aefü u — er das Bewußtſein
ie © ng der ®or:
ftellumgen ertannte. Die Bolhfehe chule legte der
Seele zwei Grundvermögen bei, ein theoretiiches
oder Erfenntnisvermögen und ein praltiſches oder
ne en Ye jedes derjelben wurde in
ein höheres und ein niederes — wovon
dieſes auch den —* — Rn ausfclich-
Hd den Menſchen ‚na:
—— Mendelsfi u — En wiſchen
Erlenntnis⸗ und xungsvermögen noch ein
Gefühlsvermögen als drittes Glied ein. So ent:
fand im 18. % auch im Deutſchland eine
Schule empiriſcher aus welcher manche ſchaͤtz⸗
bervorgingen, wie bie von Neimarus,
Tetens, Platner, Tiedemann, Maaß, Moris u. a.
Kants Grteuntwiötfeorie wurde für die P. dadurch
——— fie der pſychol. E ner das
—— en, we A aller Erfah:
ine er imern vorangehen, al3
Kg ebiet u — * ſtrengerer
die wichtige
un den ber Ede al3 einem Gr:
ee und al3 dem transſcen⸗
dentalen Urquell der —2— und moraliſchen
Thãtigleiten eingeleitet wurde; dagegen zeigte Kant
die Unmöglichteit einer metaphyfi ſiſch bearündeten
fog. rationalen Biudolonie und warf zugleid)
der an he vor, daf fie niemals zu einer
Sa an ran en Ai
8 nne, weil fieder ung
Peg fer Diefem Mangel ſuchte
—— en, en er alle Borgänge in der
eele * elengen —E Dieſe werden
durch die zwi i tn —
aneinander zu Kräften, und was wir geiſtiges Lebe
nennen, ift das Prodult oder der Ausdrud der Art,
wie fie wirten. Herbart * auf die Art die fon.
———— (f. d.), die bald phantaſierende,
ald gedächtnismäßige Neprodultion der Vor:
—— ie yo u "0 der Begierden und Fei:
ften u. ſ. w. zu erflären aetucht. Dabei hat
2, * einen eralten Ausdrud für die pſychiſchen
re ug m die Hilfämittel der Rechnung be:
= u Entwu einer mathematifchen P.
Krane Yuker ihm bat 5. E. Benele ebenfalls
eine Theorie des geiltigen Lebens auf der Grund:
Gar der Borftellungen aufgejtellt, jedoch nur mittel3
der Beobachtung ıınd der induftiven Schlußfolge⸗
——— ee ar
ei er men.
Benele, «Die neue B.», Berl. 1845.) In hu
ftarlen Gegenfi u Biefen *. rebungen en
— der Sa Ei
d der eg rer en e. —* beſtimmen
en > e aus dem Verhältnis des
—————— t, wobei ſie von dem
Grundfag au alles Sein, auch das
— — —2 von geiſtiger lan, ift.
deenwelt zur Materie als der J. H
375
Nach dieſem Grundſaß geftaltet ale bie a —
Übergangsglied — aterie und
zu einer Geſchichte der Seele» * "ur
Geſchichte einer allmählidhen Selbft
geiltigen Subftanz aus den Feſſeln, in
er unorganiichen Natur —8 — ak
zu —— rieben, hernach zu Empfindungen
und Begehrungen, much zu intelleltuellen, mora⸗
= =: äl tischen Thätigfeiten.
n neuerer Zeit ift man teils auf Anregung
engl. und. franz. Denler, teil® auf Grund ber
großen Fortichritte der Phyfiologie und namentlic)
der Nervenpbyfit, zu einer Wiederaufnahme der
abe „Grundlagen des Seelenfebens zurüdgelehrt,
ohne jedoch immer die —— I des an id)
Gedantens zu vermeiden. (S. Biydo:
— — Auf der andern Seite * man die von
erbart neu betonte Theorie der Afjociation ——
nlehnung an die ſprachliche Entwidelun u A
Menſchen weiter burdzuführen. Die Aufg
Zukunft befteht darin, mit Benußung der hefol
tethoden den — * en Urſprung der Ele—
—— des pſychi 8 zu begreifen 2
dann auf ai — Indultion
die Geſehe der Berknüpfungen feſtzuſtellen, welche
—32 im einheitlichen Bewußtſein erfahren.
—— — unge —* en Stand
Vycho rıagung» Axp⸗
Abgeſehen von den Bearbei der Anthro⸗
pologie (f. d.) und den Schriften der Philoſophen,
die der Gefchichte der Philofophie überhaupt ange:
—A repraſentieren unter der reichen Litteratur
er P. en ag die —— — der
neuern P. Auf der Grundlage der —*
mögenslehre ruhen: Tiedemann, «Lebrbud) der
. von Wachler, Lpz. —* Cänii ib
iide ntbropologie» (3. Aufl,, Gött. 1826
Richtung der Schellingſchen —— ie Ram
Sr tt, — der Seele» (Tüb. 1883;
fl. 1850); ‚ “Borlefungen über B.»
1831); Dreh, "«Bigcher ( OR
ep: forzb. 1846;
ufl. 1851). „ der Hegelſchen Schule eben
Rofentranz, « ogie» (Königsb. 1837; 3. *
1863); Michelet, «Anthropologie und VB.» (Be
1840); Erdmann, «Biychologie» (3. Aufl., *
1863); Sad, «Riychologie» (Beim, 1860).
Herbarts «PB. als Wiſſenſchafte (2 Bde., Königsb.
1824— 25) ſchließen ſich —— Fehrbud der
B.» (Greifsw. 1828); Drobiſch, »Empiriſche PB.»
Cpʒ. 1842); derjelbe, «Erſte Grundlehren der
matbhem. B.» (Lpz. 1850); Mai, ne der P.⸗
Braunſchw. 1849); Vollmann, «Lehrbud) der P.»
(2 Bde., Köthen 1875— 76; 2. Aufl. 1884); ——
«Die Elemente der B.» (slöthen 1877); —*
«Grundriß der B.» nr 1884); Bencle, «Ye ——
ber B.» & Aufl., Be 1861): derfelbe, «
matifche » (Berl. 1850). Sie fommeh mande e
zwifchen den bisherigen — äben vermittelnde
Arbeiten, wie: George, «Lehrbuch der P.» (Berl.
1854); Fortlage, «Syftem pe (2 Xte., Lpi.
1855): derielbe «Beiträge zur P.» (Lp3. 1875);
Selen, — einer —— rũn⸗
dung der B.» (Berl. 1855); Schulß⸗Schulhenſtein,
Meues Syſtem ber PB.» een 1855); Yazarus,
Se Leben der Seele» (2. Aufl. Berl. 1876— 78);
Fichte, «Anthropologie» Ce, 1856; 3. Aufl.
1876); "berkiie. ‚Biyhologie» (2 Bde., 2y3.1864—
74); oe, « «Mediz. B.o Lpʒ. 1862); derjelbe, «Milros
tosımus» (3 Bde,, Opz. 1856—63; 3. Aufl. 1976);
376
Pſychologie (gerichtliche) — Pteris
Grube, «Blide ins Triebleben der_Seele» (2pz. | dungsintenfitäten eine arithmet. Progreſſion bilden,
1861% Den Standpuntt der ſprachwiſſenſchaftlichen fo bilden die entiprechenden Neizitärten eine geo:
Apperceptionstheorie vertreten Steinthal, «Bram: | metr. Brogreifion; oder: die ren
eizes. Dieſe
malit, Logik und P. und ihr Verhältnis zueinander»
(Der 1855);" derfelbe, «Abrik der Sprachwiſſen—
fto (Tl. 1, Berl. 1871); Ologau, «Steinthals
pſiychol. Formeln» (Verl. 1876); derielbe, «Grund:
riß der B.» (Breslau 1884); denjenigen der phyſiol.
Grundlegung H. Spencer, «Principles of —
logy» (Lond. 1855); A. Baine, «Mental and moral
science» (Lond. 1868); derjelbe, «Geilt und Baur
(«Internationale wiſſenſchaftliche Bibliothel⸗, Bd. 8,
Lpj. 1874); Ribot, «La psychologie anglaise con-
temporaine» (Par. 1875); berjelbe, «La psycho-
logie allemande contemporaine» (Par. 1879;
2. Aufl. 1889); Taine, «De lintelligence» ur
1874); W. Wundt, «Grund üge der phyſiol. P.»
63 1874; 2. Aufl. 1884). Sammelſ ten find:
Morig, «Magazin für ine) eelentunde»
10 Bbde., Berl. 1785—93) ; Nafie, e Zeitichrift für
nthropologie» (Lpz. 1823— 27); Friedreich, «Da:
gapin für Seelentunde» (MWürzb. 1829—33); Venete,
Archiv für die ee .» (Berl. 1851—54);
Neugeboren, «Bierteljahrsichrift für die Seelen:
lehre» (Kronftadt 1859 — 60);
(5 Bbe., Lyz. 1858—63); Lazarus und Gteinthal,
«Beitfchrift für Völterpfychologie» (Berl. 1861fp.).
fiber die Geihichte der P. handelt 3. A. Carus,
gelafenen der P.» (Lp3. 1808, al3 Bd. 3 der «Nach:
Noad, «Piyher
gelaſſenen Werte»), und Siebed, «Geſchichte der P.»
(1 ZI. in 2 Abteil., Gotha 1880 u. 1884).
ychologie (gerichtliche oderforenfifche),
f. Gerihtlihe Piyhologie.
Pi omantie (gr), foviel wie Nelromantie,
ſy zus e (or) Schlaf der abge:
fchiedenen Seelen vom leib iden Tod bis zur Auf—
erſtehung; lirchliches Dogma der Pſychopan—
er j
In mag? (orch.) ift der von Fechner (f. d.)
vorgefchlagene, jebt allgemein adoptierte Name für
eine zwiſchen KA te und Biychologie fich bewe:
— ſenſchaft, welche die gejegmäßigen Be:
iehungen, die zwischen den Erregungen bes Nerven:
Foftems und der Empfindungsthätigleit obwalten,
auf dem Wege des Erperiments und der Mefjung
exalt zu erforjchen beabfichtigt. Zu diefem Zwecke
galt es zuerit, ba piygiiche orgänge wie Empfin:
dungen an fich feine Meſſung erlauben, indirefte
Methoden für eine ſolche Maßbeſtimmung aufzu:
finden. Fechner entwidelte dabei im Anſchluß an
frühere Verſuche von E. H. Weber (j. d.) die Me:
thode der noch merklichen Unterſchiede. Diejelbe
befteht darin, daß für einen jchon vorhandenen
Reiz derjenige Reizzuwachs feitgeitellt wird, der
eine von der frühern gerade noch unterſcheidbare
Intenſität der Empfindung gibt. Dabei bat fid
nun —— daß dieſer Zuwachs bei jedem
Menſchen und in jeder Sinnesſphäre in einem fon:
ftanten Verhältniſſe zu dem ſchon vorhandenen
Reize jeden muß. Wenn der Anfangsreiz doppelt
fo groß iſt, 4 auch der Zuwachs, den man noch
empfinden foll, doppelt jo groß fein. In demfelben
Mae, als der Nerv ſchon erregt iſt, ſteigt auch der
Zuwachs von Erregung, der zu einer merklichen
Unterfheidung beider Gmpfindungen erforderlich
it. Mathemaliſch formuliert ſich dies jo: wenn die
Intenfität der Empfindung um gleiche abjolute
rößen zunehmen fol, jo muß der relative Reiz:
zuwachs fonitant bleiben; ober; wenn die Emvfin: | lata Z. mit ihren Varietäten,
roportional des Logarithmus des-Neizes.
ormel nennt man da3 Weber: Fehneride
oder das pſycho phyſiſche Grundgefeh. Cine
der befannteften Thatfahen, welche Ra auf dieſe
Meije erklären, ift icienige, daß wir bei Tage die
Sterne nicht ſehen, indem der Reizzuwachs, welchen
das eigene Licht des Sternd an dem von ihm ein:
genommenen Puntte der allgemeinen Sonnen:
beleudhtung des Himmels binzufügt, nicht aus—
reicht, um die (an ich jedenfalls vorhandene) Mehr:
beleuchtung diejed Punktes von dem Glanze feiner
Umgebung unterjceidbar zu machen. Zwar haben
ſowohl die Methode Fechners, als auch die allge:
meine Geltung des von ihm aufgefundenen Geſehes,
bauptiächlich bei ſehr ſchwachen und jehr ſtarlen
Neizzuftänden, ſchwerwiegende Ginmwürfe bedeuten:
der Forſcher, namentlich aud von Helmholtz, erfab:
ren: allein jedenfalls iſt mit diefen Unterfuhungen
der Anfang zu wertvollen Forſchungen gegeben,
deren NRefultate für die exalte Arbeit beider dabei be:
teiligten Wiſſenſchaften von größtem Werte find.
Bol. Fechner, «Glemente der B.» (2 Tle. Lpz.
1860); derfelbe, on * der P.» (Lips. 1878);
Gaspari, «Die piyhophyiiche Bewegung in Nüd:
ſicht der Natur ihres Subitrats» Eph. 1869);
Hering, «Zur Lehre von der Bezi yung iſchen
Leib und Seele. Erſte Mitteilung: Über deäners
pfychophyfiſches Gefep» (Wien 1876); Langer, «Die
Grundlagen der B.» (Jena 1877); ©. E. Müller,
«ur — — der B.» (Berl. 1878); 5. 4.
Müller, «Das Ariom der B.» (Marburg 1882).
Abe ompos (grc.), foviel wie Piyhagogos.
Pfychoſe (mediz.) Bezeichnung für diejenigen
Geritesjtörungen , welche von längerer Dauer ſind
und bei welchen ſich beitimmte urfächliche zen
änderungen bisher nicht haben auffinden laſſen, wo
aljo fcheinbar die Pſyche felbitändig leidet.
Pfychromẽter (ard.), eine fpezielle Art von
Hygrometer (. d., Bd. IX, ©. 500, wo ſich auch
——— —— abllond
ychrophor, ſ. onde.
fyra, Bufel im Ugäiſchen Meer, f. Jpfara.
Pt, chem. Zeichen oder Symbol für Platin.
P.T., Abtürzung für pleno titulo (mit vollem
Titel) oder für praemissis titulis (mit vorausge:
fchidten, d. b. weggelafienen, Titeln).
Ptah, ſ. Phtha.
Ptarmioa, ſ. Achillea.
Pteris L., Saumfarn, ift ber Name einer
u den Polypodiaceen gehörenden Gattung von
arnkräutern. Man kennt gegen 120 Arten, die
größtenteils in den Tropengegenden wachen. Sie
unterfcheiden ſich dadurch von den übrigen Gattum:
en jener Familie, daß bie —— einen
ortlaufenden, mehr oder weniger breiten Saum
längs des nad unten ——— Randes des
Farnblatts bilden. XLehterer dedt anfangs bie
jungen Sporangien zu. Die Arten diejer
haben eine fehr verihiedene Größe und ——
geformte Wedel a und breifachgefiederte
oder fiederteilige, einfach und doppelt dreiteilige
u.f.w.). In Deutihland lommt nur eine Art
vor, ber befannte Adlerfarn (ſ. d.). Einige Arten
Ps beliebte Zierpflanzen für Warmbäufer, fo be:
onders die im füddjtl, Afıen a P. serru-
on der in Neuſee⸗
-Pterocarpus — -Btolemäer
land wachſenden P. esculenta Forst. werben die
jtärtemehlreihen Wurzelitöde geröjtet und bilden
ein Nahrungsmittel fürdie Eingeborenen.
»Pterocarpus L., Pflanzengattung aus ber
Familie'der Keguminofen, Abteilung der Bapilio:
naceen, Man kennt gegen 15 Arten, die ausſchließ—⸗
ich in den Tropengegenden wadjien. Cs find
Bäume mit unpaarig gefiederten Blättern und
gelben oder rötlihweißen aniehnlihen Blüten,
welche meilt zu traubenartigen Inflorescenzen ver:
einige find, Die Frucht iſt eine gelrümmte mit
Flügeln verfehene Hülfe, die einen, feltener zwei
nierenförmige oder längliche Sanıen enthält. Ver:
ſchiedene Arten dieſer Gattung haben für die In—
duſtrie eine ziemliche Bedeutung, da fie teils Dra—
henblut und ähnliche Farbſtofſe, teil3 Holz für
techniſche Zwede liefern. Beſonders zu erwähnen
find der in Weſtindien wachſende P. Draco L., aus
defien Ninde das fogenannte amerif, oder weltind.
Dradenblut '. d.) gewonnen wird. Auch die in
Dftindien vorlommende P. indiens Willd. liefert
Dradyenblut und von dem — indiſchen P.
Marsupium Koch. ſtammt das ſog. malabariſche
oder Amboĩna⸗Kino (j. Kino). Cine andere, beſon—
ders auf den ojtind. Inſeln wachſende Art, P. san-
talinus L. fil., hat ein ſchönes rotgefärbtes Holz,
das unter dem Namen rotes Sandelholz oder
Galiaturbolzzu Drechsler- und Tiſchlerarbeiten,
jowie zu Pulver gemahlen, beim Polieren anderer
** verwendet wird.
terodaftäle (arch.), Axmgreif oder Bogel:
eidechſe (Pterodactjlus) heißt eine aus mehrern
Gattungen beſtehende Ordnung vorweltlicher Nep:
tilien von abenteuerlicher Form, die als Flu eibed:
jen (Pterosauria) unterfcieden werden. Die bis
jeht bejchriebenen Arten bewohnten zur Zeit der
Yuras und Kreideperiode das mittlere Guropa und
Nordamerila und Rejte von ihnen finden fid) nicht
jelten im litho raphiſchen Stein von Eichſtädt und
Solnhofen, Sie befigen einen nicht jehr langen
Hals, eine ſehr verlängerte Schnauze, ein viel:
zähniges, Icharfes Gebiß; vorzüglich find fie aber
ausgezeichnet durch die ausnehmend lange lebte
ober Heine Zehe der Vorderfühe, welche die bis zu
den Hinterfühen reihende Flughaut ausfpannt,
während bie vier andern Finger nur kurz und, wie
bie Zehen der Hinterfühe, mit frummen Krallen be:
waffnet find. Ihre Lebensweile war wahricheinlich
derjenigen der Sledermäufe ähnlich. Die größten
europ, Arten hatten etwa die Größe eines Auer:
hahns, die Heinften maßen etwa gegen 8cm, In
der Bildung des Schwanzes und der Zähne zeigen
—* merkwürdige Abſtufungen; die älteſten Sie
aurier aus dem Lias haben ſehr zahlreiche Zähne
und ſehr langen Schwanz; Pterodactjlus unter:
fcheidet fih durch bis nah vorn bezahnte Kiefer
und einen kurzen Schwanz, Rhamphorhynchus
durch vorn zabulofe, wahrjcheinlich mit einem Horn:
bei bededte, hinten bezabnte Kiefer und einen
en, —* Schwanz; die riefige Gattung Ptera-
end ig aus der amerilk. Kreide, hatte weder
N3.
(PBteröma, grch. «lügel»), der Um:
gene zwiſchen der Gella eines Tempels und den
umgebenden Säulen.
ut serie frerer nannte Brogniart eine Öruppe
von fojjilen Blattreiten, die Keu:
per un Bi auftreten. Sie haben Ähnlichleit
mit den Blättern mander Eycadeen und werden
377
‚deshalb aud in der Phytopaläontologie zu dieſer
Sm —— das Slügefell (. d)
Pterygium (avd.); das Flũgelfell (f. d.).
Bine ern YA Tifane, Geritentranf,
Ablochung von zerftoßener Gerfte; dann überhaupt
ein dem Kranlen dargereichte3 —5 — Getränt,
Ptolemãer ift der gemeinfhaftlihe Name der
macedon.:grieh. Beherricher Agyptens feit dem
Tode Aleranders d, Gr. .
Der erite derfelben, Btolemäus Lagi, d. i,
Sohn des Lagus (daher die B. auch öfters Lagi—
den genannt werden), war einer der Feldherren
Aleranders und, wie erzählt wurde, mit ihm ver—⸗
wandt. Seine Mutter, Arſinoẽ, follte ihon von
Philipp ſchwanger fein, als jie den Lagus heiratet‘,
Alerander jtarb im Juni 323 v. Chr. Sein Stier:
bruder Philippus Aridäus folgte ihm, gegen den
Nat des Ptolemäus, in der Regierung, deren An—
fang nad} der ägypt. Jahresrechnung vom 12. Nov,
324 v. Chr. datiert wurde. Ptolemäus übernahm
die Statthalterfhaft von Aghpten im Namen des
Aeilipp, deſſen Name daher auf den Seyptiicen
enltmälern diejer Zeit erjcheint, — der Aleran:
der& IL, des nachgeborenen Sohnes Aleranders,
welcher 317 v. Chr. dem Aridäus folgte. Im Y.311
ftarb auch Alerander II. und Ptolemäus ward da:
durch fattiich (teinherrfcher von Ägypten, obgleic)
er den Königstitel erſt 305 annahm und zugleid)
den Beinamen Soter (I.) erhielt. ,
Gr übergab 285, zwei Jahre vor feinem Tode,
die Negierung feinem Sohne Ptolemäus I.
Philadelphus L., der ihm von feiner dal s
ſchweſter und vierten Gemahlin Berenice I. geboren
war und unter defien weiler Regierung beſonders
der Grund zu der hohen litterariichen und willen:
ihaftlichen Bedeutung Agyptens, die ed unter den
WB. erlangte, gelegt ward, obgleich die eriten An:
fänge dazu ſchon Teinem Bater zuufcreiben find,
Es find bier namentlid die beiden m en Grün:
dungen de3 Mufeums und der Bibliothek in der
neuen Refidenz Alerandria zu erwähnen.
63 folgte Btolemäus III. Euergetes L,
Sohn des Philadelphus von feiner Schweiter
Arfinod II. Diefer regierte mit feiner Gemahlin
Berenice UI., Tochter des Magas, 247—222, Seine
afiat. riegszüige, auf denen er alle Länder diesfeit
des Euphrat nebjt Cilicien, Pamphylien, Jonien,
den Hellespont und Thrazien fi unterwarf, dann
auch über den Euphrat hinüberging und‘! tejopo:
tamien, Babylonien, Sufiana, Perfien, Medien
und die übrigen Länder bis nad) Baltriana eroberte,
machen ihn zu einem der größten Eroberer des Alter:
tums, obgleich nur wenige Nachrichten über dieſes
mächtige, aber ephemere a * find,
hm folgte Ptolemäus IV. Philopator J.,
der Mörder feines Vaters, dann feiner Mutter
und feines Bruder? Magas. Cr beiratete feine
Schweiter Arfinod III., die er im folgenden Jahre
gleichfalls ermordete, ,
hr ar Ptolemäus V. Epiphanes, 210
geboren, olgte feinem Vater er 204,
vermählte ſich 193 mit Kleopatra J., der Tochter
des Antiochus, von welcher die fpätern Königinnen
den dynaftiihen Namen Stleopatra annahmen, und
regierte bis 181. .
Sein ältefter Sohn Ptolemäus VI. Eupator
folgte, ftarb aber in demſelben Jahre. ,
der zweite Sohn PBtolemäus VIL Philo—
metor L, aub Tryphon genannt, trat an feine
378
Stelle, warb 170 genötigt, feinen Bruder Ptole—
mäus (IX. Exergetes II.) zum Mitregenten an:
— heiratete 165 feine Schweſter Kleopa
tra nd vertrieb im —— Jahre feinen
Bruder nad Cyrene. Gr ftarb 1
Gein Sohn und Nachfolger BPtolemäus VIII.
Bhilopator II. wurde nod in ——
ermordet von feinem Obeim Ptolemaus1
63 folgte Euergetes II. 4 fon), der von
Cyrene zurüdtehrte, feine S a und Schwä:
gerin Kleopatra 11. 143 verftieß, Kleopatra ae
die Erbtochter feines Bruders, iratete, und je
Regierungsjahre von feiner Erhebung zum lt:
tegenten (170) an datierte. Er nahm 141 feine erfte
rau wieder auf und regierte bis 132 mit beiden
gar zugleih, warb aber 130 vertrieben.
Doc) kehrte er 127 "zurüd und regierte nun bis zu
feinem Tode 117 wieder mit beiben Kleopatren.
In diefem Yahre folgte ihm Kleopatra II.
Bungee u3, Diefe nahm zuerft ihren älteften
Sohn PtolemäusX. a U. Soter
II. zum Mitregenten an, der im folgenden Jahre
eine Gemahlin und Echweiter Kleopatra IV. ver:
tieß > feine “ weite Schweſter Selene heiratete,
bald aber auch diefe mit i De zwei Kindern ver:
fiieß. Im 5. 107 vertrieb Kleopatra ihren älteften
Sohn und nahm 5* eiten, Btolemäus XI.
Alexander L, zum Dikttegenten an. Her} er
tatete die [egitime Erbtochter ſeines Bruders
nice III., ermordete 89 feine Mutter, warb —
trieben und ftarb alsbald. Rtolemäus X. Philo⸗
metor II. Soter II. fehrte nun zurüd und zählte
feine Regierungs gr von 117 an.
Nach feinem Zode 81 folgte Berenice II.
Philopator. Sie heiratete ihren Stiefjohn Bto:
lemäus XII. Alerander Il., der fie aber na
19 Tagen ermorbdete, fliehen mußte und bald darau
Re ermordet ward. Mit ihm ftarb die legitime
dachfolge der Lagiden aus,
Ptolemäus XIII. Neos Dionyſos, Philo:
—— II, Philadelphus Il., auch unter dem
einamen Auletes befannt, unebelidjer Sohn
Ptolemäus’ X. Soter II., verheiratet mit leo:
patra V. Tryphäna, melde leihfalls eine unehe:
liche Tochter des Soter geweſen zu fein ſcheint, ge:
langte jet auf den Thron. Im 3.58 wurde er
jebod) vertrieben, und es regierte, nadıdem i in dem:
felben Jahre Tryphäna geitorben, deren älteite
Tochter und Mitregentin Berenice IV. 57—55
allein, die dann von ihrem zurüdtehrenden Vater
netötet ward, Neos Dionyfos ftarb 52.
Seine Toter Kleopatra VI. (f. d.) Philopa:
tor, die berühmtefte ihre Namens, regierte mit
ihrem nächſt jüngern Bruder PBtolemäus XIV.,
ber fie 49 vertrieb und acht Monate allein regierte.
Im J. 48 kehrte Kleopatra zurüd und Ptolemäus
Xıv. ertrant, Kleopatra nahm nun ihren zweiten
Bruder, Ptolemäus XV., zum Mitregenten an.
Nachdem diefer 44 von ihr ermordet war, erllärte
fie ihren und Julius Cäfars Sohn P tolemäus
XV. Cäfar (gemwöhnlih Gäfarion genannt) zum
Mitregenten. Bon 37 an regierte fie mit Marcus
Antonius, bi fie 30 fi) dur En tötete und das
Reich jur tom rovinz warb, Ihr Sohn war [don
—A ** — * ihr endigte die Dynaſtie
er P
ek Ba ekamvelten! 2. «Annales des Lagides»
1819); Letronne, « Recueil des in-
—— grecques» (Bd. 1 u. 2, Par. 1842
Ptolemais — Ptyalagoga
Lepſius
J— (Berl. 1853
Ptolemais, un mehrerer von Btolemäern
— Städte in Pamphylien, ———
eht Acca, ſ. d.), in ber Cyrenaica (Ruinen bei
Tolometa) und in Aoypien
Btolemäus (Claudius), Geograpb, Aſtronom
und Mathematiler, von Geburt ein aypter, lebte
in der erften Hälfte des 2. Jahrh. n. Chr. zu X eran:
dria. Er machte ald Mathematifer und Aftronom
einige neue Entdedungen und Beobachtungen. Doch
—— zum Teil nicht feſt, welche er ſelbſt neu 2* —
welche er von feinen Vorgängern, namentli
von Hipparch, überfommen hat. Insbeſondere hi
er ein Inſtrument zur Mefjung von Parallaren des
Mondes zum Behufe der Beitimmung feiner Ent:
fernung von der Erbe erfunden und bie Eveltion
desfelben feitgeiegt. ebenfalls war er? —
Sauptnerbientt, t, baf er x Beobachtungen und
dedungen früherer Aftronomen, namentlid ge
größten von allen, des Hipparch, in einem
zufammenfaßte, das nad) T das eh Haie be
erle belannt machte,
« Zur Kenntnis der Ptolemäer⸗
Syftem heißt, und in einem W
das gewöhnlid unter dem at. Titel «Syntaxis ma-
thematica» ober « Constructio mathematica» an:
eführt wird. Diefes Werk, das runglich ben
itel «Die große ufaınmenftellung» wurbe
um 827 ins Arabiſche überjeht, ⸗
ſehzung, die unter dem Namen «Alma me
Verbindung des arab. Artikels al mit dem
lativ adyıotog) befannt ift, ward zuerft im12. Ja
und fonft noch öfter ins Lateiniſche übertragen,
am beiten wurde zuleht der griech. Text und eine
franz. Überfegung von Halma (4 be., Bar. 1818
—28) heraudgegeben.
Eine nit minder — Schri —— ſeine —*
hia», die im Vergle
—— Geographen ia Sort m ae ins
dem B. außer andern Jufähen, eiherungen und
Berbefferungen darin, übrigens ebenfalls nad) dem
Borgange des Hipparch, die Lage der Drte nad)
den Graben der Länge und Breite beitimmte und
den geometr. Grund zur Berfertigung ne ——
farten und der Projeltionen der Erd
Eine Bearbeitung de3 in vielfadher Suche
— Textes lieferten Wilberg und Grashof
„Eſſen 1832—44); eine lorrelte Handaus⸗
———— ra —45); eine umfaflende
Sugabe hat Karl er unternommen (Bd. 1
Par. 1883); eine deutſche fiberfekung gab Georgi i in
feiner —— Geographie» (Bd. 1, Stuttg. 1838).
Eine p tapbierte Ausgabe des Manuftripts
aus * 7 ostlofter Batopebi —F Langlois War.
1866) beforgt. — 55* über Ajtro *
Chronologie und In feiner Optilk lo
tierte er die Etroblenbredung und die durch bier
felbe bewirkte Veränderung im Orte der beobadte:
ten Himmeläförper.
Ptomalue, leihen ifte, find organifche, in
rel Ab ähnliche Stoffe, welche ei der
aͤulnis der Eiweißſtoffe entitehen.
Ptofis (grch.) iſt das Herabhängen des obern
en entweder infolge von abnormer
Schwere desfelben oder von einer Lähmung des
zur Hebung des — dienenden Muskels.
Ptyalagsga (gech., lat. Salivantia, Spei⸗
helmittel), Mittel, "welche eine vermel rte Ab:
fonderung des Speichels bewirken. Zu ihnen ‚fe
hören die Duedfilberpräparate, die Sallaparilles
Ptyalin — Puccinia '
I, das Saffafras: und Quajalholz u. a.; am
wirkanfen aber erweifen fich die Folia Jaborandi
3 das aus dieſen dargeſtellte Altaloid Pilolar⸗
vin, w in ganz geringen Mengen unter die
Haut ven ejprit, eine außerordentlich ſtarle Spei:
Selabfonberung; jur e bat.
Ptyalin, ein im * peichel enthaltenes
ment, dem die Eigenſchaft zulommt, Stärtemeh
igſen und in Maltoſe zu verwandeln. Es iſt we ni
diefer Wirlung von großer Wichtigkeit für den Ber:
f der S h
—— — — Er = 1m.
ftpflanze, ſ. unter Namie,
(lat., oder Mannbarkeit) heißt
der Eintritt und bie weitere Ausbildung der Ge:
I —— er erfolgt beim Weibe in der
—— (im 13. und 14. Jahre) als
beim Manne (im 15. und 16. Jahre). Doc) finden
ie auch oftgroße individuelle —— ftatt,
von verſchiedenen Berhältnifien abhängen.
ber größern Städte tritt bie
P. — etwas früher ein als bei den Landbewoh:
nern, in ._ —— früher als in den nördl. Län:
bern u der nun fchneller erfolgenden
Entwideli * Geſchlechtsorgane und dem Ein:
- Herr arg (Samener me beim Manne,
bei der u, fähigteit)
eh eine Umbildung aud) des übrigen örpers | jo:
eper Dad ichbaft Im Die Bänan mente in bi
in die Län r in bie
—— Beim Manne nimmt er Muskulatur zu,
se Stimme wird tiefer (mutiert), der Bart beginnt
Weohen. Beim Weibe gewinnt der Körper durch
an chlichern
.—. an der der Frau eigen:
tümlihen Rundung, der Stimme wirb
voller. Auch gewifle ee eränderungen treten
dabei zus or. —— tindlichen Beſchaf⸗
In mad gewohnten Neiz, und nicht
—— ein en Unbehagen bes
ieh he atenfuft des Junglings erwacht
—— — u ſich den ihre zulunftigen Beſtim⸗
ichten vorbereitenden Gefühlen hingibt,
tliche Objelte fie noch nicht kennt. In
ve Beit der lebhaftern Entwidelung fällt au
die Dispofition zu —— Krantkheiten, namentli
des Weibes epfie, Somnambulismus, Hy:
fterie, 2... t), und die Tuberluloſe macht,
wenn die Anıla a: dazu Kane oft in der eriten
re der Eder 3, baftere Fortichritte; auch kommen
chlechtern Rh verfehrter Erziehung
——— ante Stimmung und Schwärmerei
—— — Geiſtesſtörung vor, lehtere na—
a He erotijcher und reli iöfer
Sue chluß erreicht die B. beim Weibe
—— rals —— Manne; fie iſt beim Weibe
Manne etwa im 25. Yahre
—** — — und Jungfrau.)
(lat.), öffentliche (obrigteitliche)
"Babtiianie lage, ſ. u. Bindilation.
(sc. collegium), f. u. Kollegium.
we Berlündung.
Some Name eines röm. plebeſiſchen
zwei * Verteidiger der pfebeji:
t berühmte
us olero, der 472 als Vvoustribun
gab, durch welches die Wahl der Tri—
— der Plebs in Verſammlungen
————
— li
58
Männer angehören, nänı:
379
ber Plebs nad Tribus ei ingefüh und
Quintus Publilius Philo. Kiefer bet betleidete
das a viermal: 339, wo er gegen die Latei:
ner, ‚wo er un Baläpolis (auf der Stelle
des Kater Neapel) kämpfte, 320 und 315 mit Pu:
cius Papirius Curſor zufammen im Sammniter:
friege. Im J. 839 wurde er nad) der Tradition von
feinem Kollegen aud zum Diktator ernannt; aud)
war er der erite, deſſen Imperium (326) prorogiert
wurde. Als folder gab er drei Geiehe (Leges
Publiliae Philonis), von denen das eine die Gültig:
feit von Blebisziten oder nad Diommfen von Be:
fchhlüffen der patriciich:plebeiifhen Tributcomitien
für das Gefamtvolf ausiprad), refp. erweiterte, von
gewiflen Beihräntungen befreite. Das andere ver:
orbnete für die Genturiatcomitien, dab bie von
ihnen befchlofienen Gejege von den Patres (wohl
den Batriciern im Senat) fhon vor der Abftimmung
bejtätigt werden follten. Das dritte gebot, daß ſtets
ein Genfor Plebejer fein ſolle. Die Brätur beklei:
dete er als der erſte —5 337, die Cenſur 832,
—— Syrus, ſ.
ubliziſten nannte man re diejenigen Ge:
lehrten, die ſich mit der —— des poſitiven
Staats: und Staatenrehts und des Völterrechts
beidhäftigten. Gegenwärtig werden befonders polit.
Schriftiteller für Zeitungen als P. bezeichnet. -
ublizität ift die Eigenſchaft einer Handlung
ober eines Greignilics, dem Publikum (im Gegen:
fat zu einzelnen Rrivatpe onen) kenntlich und ficht:
bar zu fein. Im juriſtiſchen Sinne aber wird die
P. von Rechtsakten nicht nur dadurch bewirkt, daß
der Alt ſich vor den Augen des Publikums "voll:
zieht; auch das ift nicht erforderlich, dab derjelbe
öffentlich betannt gemacht werde (j. '». in Beitun:
gen oder durch öffentlichen Anſchlagh; vielmehr be:
eutet bier B. die dem Publikum oder body dem in:
tereffierten Publilum gewährte Möglichkeit, von
einem folden Akt in öffentlihen Büchern, d. b.
folchen, die von einer Behörde geführt werden, Ein:
fiht zu nehmen, Sie findet ſich daher nanıentlich
bei dem Grund:, Stadt:, Hypothetenbüchern, kurz:
bei den über den Immobiliarbejib jet faſt überall
angelegten Negiftern. Von einem Syſtem ber P.
fpriht man dann, wenn dingliche Rechte nicht an-
ders, ala durch Eintragung in diefe Bücher be:
gründet und nicht anders, als durch Löſchung in
denfelben aufgehoben werden fönnen, ſodaß alſo
der Einſichtnehmende aus dem öffentli en Bud
ein vollftändiges und erflufives Bild von den recht:
lihen Verbältnifien eines Grundftüds erhält. In:
des ift diefes Prinzip noch keineswegs durchgeführt.
p. u. o., Abtürjung von Post urbem conditam,
nad) Grbauung der Stadt (nämlich Nom).
Puccinia Pers. pgatene aus der Familie
ber Uredineen oder Ho pilze. Man kennt zahlreiche
Arten, von denen etwa 40 in Deutichland vorlom⸗
men. G3find fämtlich Die die aufböhern Pflanzen
als Barafiten leben und ihre Sporenhäufchen unter
der Epidermis diefer Bilanzen entwideln. Bon
mebrern Arten iſt ein volljtändiger Generations—
wechſel (vgl. Uredineen) bekannt, von andern
lennt man nur eine ober zwei Formen besjelben.
Die Uredofporen find einzellig und haben in ar
Hegel eine gelbliche, —* €: oder roſtrote
bung; die Teleutofporen be teben aus zwei *
und find dunfelbraun oder ſchwarz gefärbt. Beide
Arten von Sporen fommen in länglichen ftaubigen
Häufchen vor und durchbrechen meijt bei der Reife
380
die Epidermis ber befallenen Pfl teile. Die
Urebofporen treten im Laufe bes Sommers und
ſtets her als die Teleutofporen auf, häufig ent
mideln ſich beide in benjelben Sporenhäufchen.
Während die Uredofporen unter günftigen Bedin:
e en fofort nad) ihrer Reife teimen und fo zur
rbreitung ber Pilze während des Sommers bei
tragen können, müllen die Teleuto: oder Winter:
poren erjt überwintern; fie treiben im nächſten
jahr ein 109, Promycelium (vgl. Tafel:
flanzenkran Maren Fig. —* an welchem
Heine, — keimfãähige Sporen, og. Sporidien
one werben. Diele Sporidien lönnen nun bei
jenigen Arten, welde einen vollitändigen Ge:
nerationswechſel befipen, entweder auf derfelben
Wirtöpflanze oder auf einer andern durch die Epi:
dermis mitiels ihrer Keimſchläuche eindringen und
nunmehr die Ücidiengeneration, als deren Fructi⸗
filationen die Hcidiumfporen und die ——
nien zu betrachten ſind, hervorrufen. Sr Zafel:
Pflanzenkrankheiten, Fig. 58 ei benjeni:
gen Arten, bei denen bie leßtere eration fehlt,
werben aus den Sporibien wieder Urebofporen ent:
widelnde Mycelien oder, wenn auch die Uredoform
mangelt, direkt bie Teleutofporengeneration —
Die befannteften Arten find diejenigen, wel
auf verjdiedenen Getreibearten und Gräjern vor:
fommen. Es find dies befonders brei Bi von
denen ein vollitändiger Generationswechſel befannt
ift, nämlich P, graminis Pers., P. straminis F'ink.
und P. coronata Corda. Alle drei find a bete:
röciſche Formen, d. ?. ihr Generationswechſel fpielt
fih auf zwei er Pflanzen ab. Die P.
graminis befällt fait alle Getreidearten, ſowie auch
viele andere Gräjer. Sie unterfcheidet ſich von ben
beiden legtern vorzugsweiſe dadurch, daß ihre Te:
-Teutofporenhäufhen bie Epidermis durchbrechen,
während bie von P. straminis und P. coronata
dauernd von derfelben bededt bleiben. Die P. co-
ronata ijt daduxch charalterifiert, daß ihre Teleuto:
fporen amt Scheitel: zapfenförmige Verdidungen
befigen, bie eine Art Krönden bilden. In ihrer
Entwidelungsweife, fowie in ber Färbung ber
Uredo⸗ und eg zeigen dieje drei Roſt—
pilge feine befondern Verſchiedenheiten. P. grami-
nis und straminis treten fajt aufallen Getreidearten
und vielen andern Gräfern auf. P. coronata findet
ih zwar auch auf mehrern Getreidearten, am häufig:
ften jeroh auf Hafer und einigen Wiefengräfern,
wie Holcus lanatus und Lolium perenne.
Die Lcidiengeneration von P. graminis ent:
widelt ſich auf der gewöhnlichen Berberipe, Berbe-
ris vulgaris, und bildet hauytſãchlich auf den Blãt⸗
tern biefer Pflanze den früher als Aecidium Ber-
beridis Pers. bezeichneten orangeroten Roſt. (Bol.
Tafel: Aflanzentzantpeiten, Fig. 58) Die
gleichfalls gelbrot gefärbten Ucidien von P. stra-
minis fommen auf verfchiedenen, als Aderunfräuter
Yan fon ——— zur Entwidelung, vorzugs⸗
weile auf ben Blättern von Anchusa officinalis
— —— arxensis. Aus bie —— ——
zeigen eine orangerote Farbe, ſie entſte
auf Heinen Öemebepolftern ber Alter und jungen
meigen einiger Rhamnusarten, befonders auf
amnus frangula und R. cathartica.
Da die genannten Roftpilze infolge ihrer fchnellen
und ausgedehnten Berbreitung für die Getreide:
arten von großem Schaden find, zumal durch ihre
Mycelien ein nicht geringer Zeil des Afiimilitations:
Puchta (Wolfgang Hehir.)
*8* zerſtört und ſomit weniger Stärlemehl ne-
ildet-wird,-fo iſt es dringend nötig, durch Vor—
ſichtsmaßregeln die Verbreitung dieſer Pilze zu be-
Ihränfen. Dazu dient in erſter Linie die möglichit
gänzliche Entfernung derjenigen Pflanzen, auf
enen die Hcidien ſich entwideln, aus der Nähe ber
Getreidefelder; ferner empfiehlt es fih, das mit
Zeleutoiporen dicht befeßte Strob durch Berbrennen
nu vernichten, ebenſo follten die mit jenen Sporen
ededten Stoppeln verbrannt werben, denn burd)
die Zerftörung der Teleutofporen wird die fiber:
winterung der Pilze verhindert. Auch diejenigen
Grasarten, die von den Pilzen befallen werden
und in den Getreidefeldern oder in deren Näbe vor-
fommen, beſonders die auch fonft läftige Quede,
Triticum repens, find möglichit zu entfernen.
Bon andern hierher gehörigen Roftpilgen mögen
nod) folgende erwähnt werden: Der jog. Zwiebel:
roft, welcher durch P. allii Casp. häufig auf Zwie-
bein und auf dem Schnittlaude hervorgerufen
wird, Diefer Pilz gehört zu den ſog. antöcischen
Formen, deren ganzer Generationswechiel fich auf
derfelben Pflanze abipielt. Die fämtlichen Sporen:
formen entwideln ſich auf den Blättern jener
Pflanzen, die Urebofporen find rötlich, die Teleuto:
fporen haben eine dunkelbraune Farbe und bleiben
von der Epidermis bedvedt. Ferner der Sonnen:
blumenroft, P. helianthi Schto., der auf den Blät-
tern von Helianthus annuus auftritt, er gehört
ebenfalls zu den antöciihen Formen mit volljtän-
digem Generationswechſel. Die Uredofporen haben
eine braunrote Särbung, fie bededen mit den Te-
leutojporen zn n großen Mafjen die Blät:
ter der befallenen Pflanzen und führen dadurch ein
Vertrodnen derfelben herbei. Dieſer Til bat in
Süudrußland, wo die Sonnenblume zur Olgewin:
nung im großen angebaut wirb, befrädtlichen
Schaden angerichtet. Bon den Arten mit unvoll:
ftändigem Generationswechſel ift der Roft der Mal:
ven, P. malvacearum Mont., bervorzubeben, der
auf verfchiedenen Arten von Malva und Althaea
vorfommt. Derfelbe ftammt aus Südamerika und
bat fich in neuerer Zeit ziemlich Schnell über faſt ganz
Guropa verbreitet. Es find von ihm nur die Te:
leutojporen befannt, die zahlreiche —
graubraune Häufchen auf den Blättern bilden, wo-
durch dieſe eine gelblihgraue Färbung annehmen
und fchließlich vertrodnen. In den Anpflanzungen
von Althaea officinalis fann diefer HA: groben
Schaden anrichten; für die in Gärten a er an:
zen gezogenen Malven ift er ebenfalls fehr lä 0.
Puchta * Heinr.), nambafter deutſcher
Juriſt, geb. zu Möhrendorf bei Erlangen 8. Aug.
1769, betrat die prattiihe Laufbahn als Abvofat
in Ansbad, wo er bald als Kriminalrat bei der
preuß. Regierung — wurde. Seit 1797
erfter Yuftizbeamter un Duftgtat, lam er nad)
dem fibergange ber Provinz Ansbach an Bayern
als Landrichter nach Cadolzburg und 1811 als Di:
rigent des Landgericht nah Grlangen, wo er
6. März 1845 ftarb. Es war bejonders eine reiche
Erfahrung und eine ihres Zweds ſich Har bewußte
praltiſche Richtung, die feinen Schriften Anerlen:
nung verſchafften. Seine vorzügliditen Arbeiten
find: «Handbuch des gerichtlichen Er in
Sachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit» (2 Bde.
Nürnb. 1821; 2, umgearbeitete Aufl. 1831— 32),
«Das Inſtitut der Schiedsrichter» (Erlangen 1824),
«Gntwurf einer Ordnung des Verfahrens in den
Puchta (Georg Friedr.) — Püdler- Mustau
Gegenjtänden der freiwilligen Gerichtsbarleito (Er:
langen 1824), «fiber den Konkursprozeß» (Erlangen
1827), «Üiber die gerichtlichen Klagen, befonders in
Streitigteiten der Landeigentümer» (Gieb. 1833;
2. Aufl. 1840), «Das Prozepleitungsamt des deut:
ſchen Civilrichters (Gieß. 1836), «Über die recht:
liche Natur der bäuerlihen Gutsabtretung» (Cr:
langen 1837), «Der Inquifitionsprozeß mit Rüds
fiht auf eine zeitgemäße Reform bes ——
Strafverfahrend» (Erlangen 1844). Seine reichen
Grfahrungen legte er in den «Erinnerungen aus
eben und Wirken eines alten Beamten»
(Nördl. 1842) nieder.
Puchta (Georg Friedr.), Sohn des vorigen, aus:
gezeichneter deutſcher Rechtslehrer, geb. 31. Aug.
1798 zu Cabolzburg in Franken, ftudierte zu Er:
langen, wo er 1820 Privatdocent wurde. Die ihm
1823 übertragene außerordentliche Profefiur ver:
taufchte er 1828 mit einer ordentlichen in München.
Er folgte dann 1835 einem Rufe nad) Marbur
1837 nach Seipiio und 1842 als Savignys 3
folger nach Berlin, wo er 1844 zugleich zum Geb.
Obertribunalrat und 1845 zum Mitglied des Staats:
rat3 und ber Gelehgebungstommiffion ernannt
wurde, aber ſchon 8. Jan. 1846 ftarb. P. veritand
es, das röm. Recht bis in feine innerjten Gedanten
zu verfolgen und feine Geftaltung zu einer geilt-
und lebensvollen Einheit aufzuzeigen. Dabei ver:
band er mit — philoſ. Bildung (er gehörte
der Schellingſchen Schule an) eine auferordentliche
Schärfe und Klarheit des Gedantens und des Aus:
druds. P.s Hauptwerte find: «Pandelten» (Lpz.
1838; 12. Aufl., bearbeitet von Schirmer, 1877),
«turfus ber Jallitationens (Bd. 1 u. 2, &pz. 1841
—42; 6. Aufl. 1865—66; Bd. 3, herausg. von
Rudorff 1847; 9. Aufl,, von Krüger, 2 Bde., 1881)
und die «Vorlefungen über das heutige röm. Recht»
(berausg. von Rudorff, 2 Bde., Lpz. 1847—48;
6. Aufl, 1873—74). Von P.s übrigen Schriften
find hervorzuheben: «Grundriß zu Vorlejungen
über jurijt. Encyllopädie und S — (Er:
langen 1822), « ne Abhandlungen» (Bd. 1,
Verl, 1823), « Encyllopädie als Einleitung zu In:
fitutionen:Borlefungen» (Berl. 1825), «Das Ge:
wohnbeitäreht» (2 Bde., Grlangen 1828—37),
«Lehrbuch für Inftitutionen:Borlefungene (Münd.
1829), «Syitem des gemeinen Civilrechts, zum Ge:
braud) bei Bandelten:Borlefungen» (Munch. 1832),
«Einleitung in das Recht der Kirche» (Lpz. 1840).
Seine «Kleinen civiliftiihen Schriften» (Kpz. 1851)
wurden von Rudorff herausgegeben. i
Pucie —* Graf; auch Pocié, 23
Putié geſchrieben, ital, Orſatto Conte Pozza),
einer der befannteften und fruchtbariten dalma—
tiniſch⸗ ſlaw. Dichter der neueften Zeit, geb. 21.
März 1821 in Raguſa, ftudierte in Padua und
Dien, lebte 1846—48 in talien an den Höfen
von Lucca und Barma und ging 1849 nad) Agram.
Die Bewegung des jog. Illyrismus, wie die von
1848, begleitete er mit ſchwuͤngvollen patriotijhen
Gedichten. Seit 1849 lebte er in Ragufa und jtarb
bier 30. Juni 1882, Seine poet. Werte find teils
triotiſch⸗ſlaw. Inhalts 2, Braöa», « Bosanske
vorije», «Slavjanstvo», «Karadjurdjevkan u. a.)
teils fonettenartig («Talijanke»), teils epifch:lyrifch
mb («Cvietao), und zeigen eine anſehnliche
—5— — verbunden mit gewählter und
pathetiſcher Sprache (gefammelt unter dem Tert
jesme Meda Puci6a Dubrovtanina», Pancſova
381
1879). Bon den Gedichten ift einıged ins ta:
lieniſche überjeßt von de Rubertis Campobaſſo
1866). Cine Lebensbeichreibung P.8 findet ſich im
«Rad» der Sudſlawiſchen Alademie (Bd. 67, 1883).
‚Bud, bei den alten geieien, Angeln und Yüten
ein Kobold, durch die Angeln aud nad England
eingeführt, wo er auch Robin Goodfellow heißt
und von Shaljpeare im «Sommernadtstraum »
poetiſch verwertet wurde,
ckler⸗Muskau (Herm. Ludw. Heinr., Fürft
von), geiftvoller deuticher Schriftiteller, geb. 30. Dit.
1785 zu Muskau in der Laufis, ftudierte 1801—8
u Leipzig die Rechte, trat in Dresden in die Garde:
wCorps und nahm 1804 als Rittmeijter feinen
Abichied; 1811 kam er durch den Tod feines Baters
in den Beſiß der Standesherrſchaft Muslkau (f. d.)
und widmete ih der Berfhönerung feines Stamm:
uts, wobei ihn Schinlels Rat unterjtügte. Er trat
it. 1813 als Major in ruſſ. Dienfte und wurde Adju⸗
tant bei dem Herzog Auguft von Sadien: Weimar.
Zum Oberitlieutenant ernannt, beſchäftigte er fid)
in der nächſten Zeit mit Errihtung eines Jäger:
regiment3 und war zu Brügge Militär: und Eivil:
gouverneur, Nach dem Frieden trat er in das Pri-
vatleben zurüd, Im %. 1817 vermäblte er fi) mit
der Tochter des Staatälanzlerd Fürſten von Har:
denberg, der biöherigen ir. räfın von Bappen:
beim, von der er 1826 ehelich gefchieden wurde,
ohne ſich jedoch von ihr zu trennen. Zur Entſchä—
digung für aufgegebene Vorrechte wurde er 1822
von dem König von rien in den Fürftenftand
erhoben. Nach feiner Rudlehr von einer Reife nad)
England betrieb er die Berfhönerungen in Muslau
mit neuem Eifer nad) vergrößertem Maße und gab
diefem Werte eine mahrhat geniale Vollendung.
Eine Frucht diefer Thätigleit waren feine «Andeu:
tungen über Landihaftsgärtnerei» (Stuttg. 1836).
Später machte er mehrjährige Reifen durch Nord:
afrita und Vorderafien und lebte dann wieder in
Mustau, bis er 1845 diefe Herrſchaft ——
Seitdem hielt er fi an verſchiedenen Orten Deutſch⸗
lands und Italiens auf. Sein eigentlier Wohn:
fig war das Schloß — im Kreiſe Kottbus, wo
unter feiner Leitung ebenfalls großartige Garten:
anlagen ausgeführt wurden. Im Oft. 1861 erhielt
er das Prädikat Durdlaudt und 1863 wurde er
zum erblihen Mitglied des Herrenhaufes ernannt.
Nachdem er noch im preuß. Generalitab bem Deut:
{hen Krieg von 1866 beigewohnt hatte, ftarb er
4. Febr. 1871 zu Branis. Sein Nadfolger zu
Branig iſt fein Vetter, Reichsgraf Heinrih von
Püdler, geb. 14. April 1835.
Als Schriftſteller machte fih P. zuerit befannt
durch die «Briefe eines Verftorbenen» (4 Bde.,
Münd. 1830 u. Stuttg. 1831). Diejelben enthal:
ten ein Tagebuh aus England, Wales, Irland,
Frankreich, Deutihland und Holland, bieten äußerft
interefiante Sitten: und Charalterfchilderungen von
Verfonen aus den höditen Kreiſen und zeichnen
fich durch glänzenden Stil und freimütige Urteile
aus, Sodann erſchienen von ihm «Tutti frutti, aus
den Papieren des Verftorbenen» (5 Bde., Stuttg.
1834), weldye, wie aud) feine «Tjugendwanderungen»
(Stuttg. 1835), geringere Bedeutung haben. _ Als
Früchte von P.s jpätern .. erſchienen: «Semi:
aſſos vorlegter Weltgang; Traum und Wachen;
aus den Papieren des — — a
1835), «Semilafjo in Afrita» (5 Bde. Stuttg. 1836),
«Der Vorläufer» (Stuttg. 1838), « Südöjtlicher
382 Pud — Bueblos
Bilderfaal» (3 Bde. Stuttg. 1840), « Aus Mebe:
med⸗Alis Reich» (3 Bde., Stuttg. 1844), «Die Rüd:
tehr» (3 Bde., Berl. 1846—48).
Bol. Ludmilla Aſſing, «Fürjt Hermann von B.»
(Bd. 1, Hamb. 1873; Bd. 2, Berl. 1874); «B.3
Briefwecjel und Tagebücher» (herausg. von Lud⸗
milla Aſſing, Bd. 1u.2, Hamb. 1873; Bd. 3—9,
Berl. 1874— 76); Bebold, «PB. in jeiner Bedeutung
für die bildende Gartenfunft» (Lpz. 1874).
Pud iſt ein rufi. Handelsgewicht von 40 Fat
10 P. machen 1 Berloweß oder 1 Sciffepfund.
12. ift = 16,58 kg = 36,113 engl. Handelspfund.
Buddeln (vom engl. Duddie), im Flammofen
frühen, biejenige Behandlung des geihmolzenen
Roheiſens, bei weldher man den in demfelben ent:
baltenen Koblenftoff unter bejtändigem Umrübren
der orydierenden Wirkung der Luft ausfeht, ſodaß
nad) der teilweijen Verbrennung des Kohlenſtoſfs
Schmiedeeiſen oder Stahl entiteht. (S. u. Eiſen—
erzeugung, Bd. V, ©. 898.) , }
uddelofen, cin Slammofen, in welchem die
Dperation des Puddelns vorgenommen wird. (S.
unter Gifenergeugung, Bd. V, ©. 898.)
Pudding, eine als Zuloſt beliebte Mehlſpeiſe
aus Mehl, Giern und Butter, die öfters durch ver:
ihiebene Zufäße pitant gemacht wird. Der berühmte
Plumpudding, das brit. Nationalgeridht, er:
hält als Hauptzuſaß Rofinen, Citronat und dium,
der beim Auftragen angezündet wird.
dingſtone, ſ. unter Konglomerat.
dlingsarbeit, ſ. Friſchen und Puddeln.
udel, ſ. unter Hunde, Bd. IX, ©. 465.
‚ein aus feinfter Stärte ——
häufig aromatiſches weißes Pulver, diente ſeit der
Mitte des 16. Jahrh. dazu, Haare und Perüden
damit zu bejtreuen, meld Sitte aber feit Anfan
des 19, Jahrh. aus der Diode gelommen ift. Erſt
jeit den lehten Jahren des zweiten Kaiſerreichs hat
ſich der P. wieber in einzelnen Kreiſen eingebürgert
und dient als Neisftärfemehl (poudre de riz) aud)
zum Beftäuben der Haut. f
Pudicitia, in der röm. Mythologie die Per:
fonifitation der Keufchheit und en meiſt
als nadte, in ſich gelauerte Jungfrau oder Frau
abgebildet.
Buplein (Bobolin), Stadt in Ungarn, Ko:
mitat Zips, linls am obern Poprad, mit 1659
meijt flowal. E., hat ein Gyninaſium und Mar:
morbrüde und war früher ein befeitiger Blab.
Pudoſh, Kreisitadt im ruf. Gouvernement Olo:
ney, rechts an der Wodla, 116 km öſtlich von Petro:
ſawodst, mit (1881) 1327 E., welde iſchfang, na:
mentlich Lachsfang und Handel mit dlachs treiben.
Pudufota, Butunlottai, Heiner zu der Pra—
——— Madras des brit.⸗ ind. Reichs gehören:
der Vaſallenſtaat mit gleichnamigem Hauptort,
wird nördlich vom brit. Diſirilt Tirutfchinapalli,
öftli von Tanjore, ——* von Madura, gleich:
falls beit. Diftrikten, begrenzt und zählt (1872) auf
3574 qkm 316695 6,
Puebla (2a), Stadt auf der fpan. Inſel Mal:
lorxca, zum Bezirk Inca der Provinz Baleares ge:
börig, Station der Bahn Empalme:®B., an der
Straße von Balma nad Alcudia, hat (1877) 4861 €,
Buebla (La), mit vollftändigem Namen La P.
belos Ang eles, die Hauptitadt des gleichnamigen
merif, Staats, Gib der ——— desſelben, ſowie
eines Biſchofs (jeit 1550), liegt an der Haupt raße
von Beracruz nach Mexiko, 240 km —8 von
Vera und 120 km füböjtlih von Merxilo, in
2196 m Meereshöße, am fübweitl. Fuße der Sierra
Malinche und nahe öjtlih vom Fluſſe Atoyac, ber
dort den Rio Preto aufnimmt. Die Stabt wurbe
1533 gegründet und gehört zu den vollreichſten und
ihönjten Städten Neuſpaniens. Sie hat nad) alt:
Ipan, Bauart dide Ningmauern, außerhalb welcher
die Stadtviertel (barrios) der Indianer liegen, üt
ganı regelmäßig erbaut, hat breite, gutgepflafterte
traben, 72 Kirchen und Stapellen, 9 Mönds: und
13 Nonnentlöfter, ein Briefterfeminar, eine mediy.:
chirurgiſche Akademie, eine Wajjerleitung, ein Mu:
feum und ein großes Theater und zäblt (1880)
64588 E. Bemertenswert ift die 1552 begonnene,
1649 eingeweihte große Domlirche im reiniten bor.
Stil, mit zwei ſchlanlen Türmen und im Innern
jehr reich ausgeitattet. In Bezug auf Handel und
engen nimmt P. einen nicht unbedeutenden
ang ein. Mit der von Veracruz nad Merito
übrenden Bahn it P. durch eine 47 km lange
weigbahn nah San Luis Apizaco verbunden.
Hauptausfubrartifel find trefflicher 9 Weizen, ſowie
Mehl, befonders nad) Daraca und Veracruz. Die
Märkte in P. find ftark befucht. Wegen ihrer ſtra⸗
tegiichen Bedeutung bat die Stadt in der ms
Kriegsoeſchichte mehrfach eine Rolle gefpielt. %
kannt machte fie fih durch ihre ge
Gegenwehr in dem It :merif, Kri Am
5. Mai 1862 erlitten — unter General
Lorencey, der über die res von Acalcingo
—— war, bei P. durch den merif, General
ragoza eine u ge, ſodaß fie
8. Mai ihren Rüdzug na ba antreten muß:
ten. Im J. 1863 waren die Franzoſen unter Ge-
neral Forey bei einem neuen Angriff erfolgreicher.
—— fie der Stadt das Waſſer abgeſchnitten und
16. Mai dad wichtige Fort Teotimehuacan zerftört
hatten, ließ fi) Ortega bewegen, 18. Mai die Stab:
zu —— (S. Merito, Land.)
Der Staat Buebla im N. und D, an Vera:
cruz, im S. an Daraca, im SB, an Guerrero, im
W. an Morelos, Merito, Tlascala und Hidalgo
grenzend, zählt 1882 auf 33000 qkm 784466 6.
PBnebla de ag (2a), Stabt in der jpan.
— Sevilla, Bezirk Moron, linls am ober
orbones, einem linken Zufluß des Guabalquivir,
hat (1877) 5161 E. und in der Nähe Silber:, Blei:
und Eijengruben, ſowie Mineralquellen.
Puebla de Don rique, Stadt in der fpan,
Provinz Granada, Bezirk Huescar, am
des big zu 2400 m aufiteigenden Gebir La
Sagra, hat (1877) 6765 E., Woll: und ⸗
rei und gu Sc
Puebla de man, Stadt in ber jpan, Bro:
re her Bezirk Valverde del Camino, 50 km
nordweitlih von Huelva, mit dem es
jtraße verbunden ift, 204 m über dem Meere, hat
(1877) 3868 €, und reiche Rupferbergwerle. _
Puebla de Sauabria, Bezirlshauptort in der
ſpan. Provinz Zamora, rechts am Tera, an ber
Einmündung des Gaftro in denfelben, hat 1215 €.
und ift Hauptort der Landſchaft Sanabria, de
nordweſtl. Teil der Provinz Zamora,
ueblos, d. i. abewohnte Orte», Name der
albeivilifierten regnen au. welche in
— = rizona Ka > dio ——
orte in feſten Wohnſihen ange i
den Bauten und ——— zu ſchließen,
waren die von den P. bewohnten Gegenden der
Pueblo-Viejo — Buerto:Montt
Sig einer alten, über das ganze Hochland ver:
breiteten Kultur, weiche bis auf den heutigen Tag
nicht ganz verwijdht werden fonnte. Die P. zer:
fallen in mehrere Stämme, welche ſprachlich drei
Abteilungen bilden, nämlih: 1) Jemez, Tegua,
Teſuque und Taos ; 2)Queres und Ncoma ; 3) Zuñi.
Die —— der P. zeigen weder mit den Idiomen
der umwohnenden Stämme, noch überhaupt mit
einer Sprache Nordamerilas irgend welche Ber:
wandtſchaft. Vol. Bancroft, «The native races
of the Paciſie States of North-America» (5 Bde.,
San⸗Francisco, Lond. u. Lpz. 1875).
Bueblo-Biejo oder Tenampua, alte Quiche:
jtabt, j. anter Comayagua.
Puella/lat.)‚,das Mädchen; Puella publica,
Freudenmãdchen, Broftituierte,
Bueltfihen (Puelches), die Indianer der
Bampas in der u rg Nepublit, vornehm:
lid) zwiidhen dem Rio Negro und Rio Colorado,
nicht mit den Picunches zu verwechjeln, die irrtümlich
auch Puelches genannt werden, aber einen Stamm
der Araucaner bilden. (S. Behuentihen.) _
:®enil, Stabt in der fpan. Provinz
Cördoba, Bazirk Nauilar, rechts am Genil, Station
der Bahnen Görboba-Mälaga und P.«Jaen-Espe⸗
luy, hat (1877) 10904 E., Woll: und Leinweberei,
Seidenzaupenzudt, Oliven: und Weinbau.
Puente la Reina, Stabt in ber ſpan. Provin
Ravarra nice ag! [ins am Arga, i
Straßenfnotenpunkt und hat (1877) 3306 €., Wein:
bau und zwei Meſſen (im Juli und im September).
(lat.), lindiſch; Puerilia, Hindereien,
era, Kinbbetterin, Wöchnerin.
alfieber, j. Kinbbettfieber.
um (ar Kindbett, Wochenbett.
Puerto (ipan.), Hafen; Paß.
Buerto:Belo (Porto Bello), eigentlih San:
Felipe de Puerto Belo, Stabt auf der Land—
enge von Panama, im RD. von Eolon oder Aspin⸗
wall, in dem ehemaligen Generallapitanat Gua:
temala, jebt zum Depart. Colon des columbiichen
—— Panamũ gehörig, wurde 1584 angelegt.
Die Stadt ijt berühmt wegen ihres Schönen Hafens,
der, ſchon von Columbus 2. Nov. 1502 entdedt und
benannt, fie jonft zum Stapelplab der fpan. Silber:
flotte madte, und berücdhtigt wegen ihres mörbe:
rifchen Klimas, das ihr den Namen des Grabes der
Europäer zuzog und alle kommerziellen Vorteile
ihrer Lage amı Ende vernichtete, ſodaß fie jept aus
einem wichtigen feiten Handelsplage mit 15000 E.
zu einem verjallenen Orte mit etwa 1200 E., meijt
Negern und Mulatten, geworden ift, die allein dem
dortigen Klima etwas Widerftand leiten können.
Unter ber jpan. nid war P. ein Hauptempo-
rium de3 Handel3 zwiihen Spanien und Mittel:
amerila und hatte jährlic) eine große Meſſe. Durd)
wiederholte Blünderungen feitens der Boucaniers,
durd die Einäfherung von jeiten des engl. Abmi-
rals Bernon 1739 und zulept dadurch, daß feit dem
Ende der ſpan. Herrſchaft —— als Haupthafen
an der atlantiſchen Küſte des Iſthmus an ihre
Stelle trat, jank jie immer mehr herab,
Buerto : Caballo8 oder Puerto» Cortez,
fleiner Ort in der mittelamerif, Republit Hon:
duras, an der Bai gleihen Namens, öſtlich des
Seehafens Dmoa, ift der Ausgangspunlt der Eifen:
bahn, welde den Atlantifchen Drean mit dem
Stillen Dcean (Amapala an der Fyonjecabai) ver:
binden foll. Doc ift feit 1871 erſt die Strede von
3833
P. bis Sant: jago (90 km) in Betrieb, Seitdem
ift nicht weiter gebaut worden.
Buerto⸗Cabello, Seejtadt von (1882) 10145 C.
im Staate Carabobo der ſüdamerik. Nepublit Ve:
nezuela, in niedriger Küftenebene am Karibiſchen
Meere gelegen, iſt gut gebaut und bat einen der
ſchönſten Häfen der Welt, der von einer gegen alle
Winde —— Bai gebildet und ſo tief iſt, daß
die größten Schiſſe unmittelbar anlegen können.
Zwei Forts und ein Bajtion verteidigen BP. Das
Klima iſt heiß und ungejund; die Bevölferung be:
jtcht meift aus Mifchlingen und Farbigen. Dod gibt
e3 verhältnismäßig viele große Handelshäufer von
Ausländern, befonders deutiche, englifche und fran-
zöfiche. Zur Ausfuhr gelangen Kaffee, Farb or
Kakao, Felle, Indigo, Baunmolleund Zuder. P. iſt
Siß eines deutichen Konſulats, deſſen Amtsbezirk die
Staaten Garabobo und Norte de Dccidente 5*
rto de Gabrad, Hauptort der Canariſchen
Inſel Fuerteventura, _ ,
uerto de Colima, Hafen des merilan, Staa:
te3 Golima (f. d.).
nerto de Eopinpö, ſ. unter Copiapd.
j o de Espaũa, Hauptitadt der brit.weit
ind, Infel Trinidad (j. d.).
uerto de Jolay, Y3lay, 1830 angelegter
Hafenort der peruan. Stadt Arequipa (f. d.), im
* Arequipa, an ſteiler, öder und ungefunder
Küjte, hat einen Race und geräumigen Hafen,
welder aber feit Anlage der Bahn Arequipa:
Mollendo an Bedeutung eingebüßt bat,
Buerto de la Oroiava oder Puerto de la
Cruz, ein ihön — Drt an der Nordkuſte ber
Ganarifchen Inſel Teneriffa, 5 km von ber Stabt
Drotava, u eine offene Reede, aber feit dem Ein:
eben des Weinbaues wenig Handel; Hauptausfuhr
it Cochenille und Kartoffeln nah Wejtindien, Die
Stadt zählt (1877) 4195 G.
uerto de la Periquera, Hafenort im vene:
zuel. Staate Apure (f. d.).
Puerto de Sauta : Maria, cine Gtabt
(Eiudad) in der Provinz und 10 km im NO. von
Gadiz, an der Eifenbahn Sevilla:Cadiz und am Ab:
bange einer Anhöhe bei der Mündung des ſchiff⸗
baren Guadalete in die Bai von Cadiz gelegen,
zählt mit ihrem von Weingärten bebedten Gebiete
(1877) 22125 E. und ijt eine großenteils regelmäßig
gebaute, wohlhabende Handelsſtadt, der Haupt:
| verihiffungsplas des Kerezweins, der bier in groß:
| artigen Lagern (Bodegas) aufgeltapelt wird. Der
| Ort bat ein Findel: und ein Korreltionshaus, ein
Theater, einen großen Stiergefechtscirlus, fowie
ſchöne Promenaden. Mitten in der Stadt erheben
ſich die Reſte eines großen mauriſchen Kaſtells. Die
Induſtrie befteht in Leder:, Seifen-, Hut:, Brannt:
wein: und ——— Die Umgegend er—
zeugt viel Wein, Getreide, Gemüfe, Drangen, Fei—
gen, Mandeln und Ol. Auf dem Delta de3 Gua⸗
dalete und Rio San: Pedro liegen viele Salinen.
Aljährlih im Mai wird eine Meſſe in Verbindung
mit großartigen Stiergefechten abgehalten, ,
Buerto la Mar, der Sechbafen Bolivias, feit
29, Nov. 1884 unter hilenisher Verwaltung, ſ.
Cobija. (f. d.).
erto:Mahon, Hauptſtadt von Menorca
nerto:Montt (bei den Araulanern Mili:
pulli), Hauptitabt der Provinz Aanquihue im
ſudl. Chile, lieat im Hintergrunde des r⸗
buſens von Reloncavi und wurde 1853 unter
384
der: Regierung des Präfidenten Montt gearün:
det. Die Stabt ag » (1888) > etwa. 4000 G;,
rößtenteild Deutſche, m Handwerlsbetrieb jeder
Sirt, eine deutſche Schule und feit 1865 einen deut:
ſchen prot. ar ‚Der Hafen iſt einer der
beiten Chiles, freilich in einer nod) fajt ganz mit Ur:
wald bededten Gegend. Derſelbe vermittelt den
Verkehr mit Ancud, —* den Quaytecas⸗Inſeln
und andern Kuſtenpunlten. Erportiert werden Holz,
Getreide, Sohlleder und Honig. B. iſt Sik eines
deutichen Bizetonfulats, defien Amtsbezirk ſich über
die Provinzen Llanquihue und Ehiloe eritredt. -
Puerto:Plata, Seeſtadt der Republit Santo:
Domingo mit etwa 40006. und Hauptort des glid-
namigen Seediſtrilts (mit 18000 E.), auf der Nord:
füfte der Inſel Haiti in Weftindien, ift nächſt der
Hauptitadt Santo:Domingo der bedeutendite Han:
velsplap des Staats und fteht in regelmäßigen
—— — mit St. Thomas und Ha⸗
vana, Ausfuhrartitel find Tabat, Mahagoniholz,
Gelbholz, Wade, Honig, Kaffee und Zuder. Die
Deutihen nehmen an dem Handel bedeutenden
Anteil, In der Nachbarſchaft find mächtige Stein:
tohlenlager. P. it Sip eines deutſchen Konſulats
für das Land nördlich des Gebirges Cibao von
Monte-Erifti bis zur Bahia de Samand,
Puerto: Bozo, f. Pailon. j
Puerto: Principe oder Ciudad del Prin:
cipe, Hauptitadt des gleihnamigen Diſtrilts im
Dftdepartement der ſpan. Inſel Cuba, 475 km im
DSD. von Havana, 70 km fübwejtlih von ihrem
Eeehafen Nuevitas oder San: Jernando de
Nuevitas entfernt und mit diefem jeit 1840 durch
eine Gifenbahn verbunden, zählt 30000 €. Die
Stadt hat große Cigarrenfabrilen und bedeutenden
Handel mit Zuder, TZabat, Wachs und Honig, treibt
ftarte Viehzucht, Tent in einer feuchten Niederung
wiihen zwei zur Regenzeit weithin austretenden
Flüſſen und gewährt mit ihren auf Pfählen er:
bauten Häufern einen elenden Anblid. Es beitehen
fünf Kirchen, zahlreiche Klöſter, Hofpitäler und
Kafernen, zwei Theater, zwei Gymmajien und 27
Glementoriäulen. m Anfang des 16. Jahrh. von
Velasquez am Deere erbaut und dann zweimal
verlegt, blühte die Binnenftadt zu anſehnlicher
Größe auf, ward 1733 zur Gouvernementsftabt er:
pen und 1780 durd) den Hafen Nucvitas bereichert.
dachdem die Spanier Santo:Domingo 1800 an
Kaurds abgetreten, wurde‘ P. zum Siß der oberiten
önigl. en, und des oberjten Gerichtähofs für
das ſpan. Weſtindien erhoben.
Puerto:Neal, eine Stadt (Billa) von (1877
10632 €. in der ſpan. Provinz Cadiz, 10 km öftli
von der Stadt Cadiz, an deren innerer Bai, wie das
—— Fort Trocadero an der Eiſenbahn
von Sevilla nad Gadiz gelegen, ift regelmäßig ge:
baut und hat jhöne Gebäude und Gärten, die meift
begüterten Gabitanos (Bewohnern von Gadiz) ge
ören. Bei dem Fort Trocadero befinden fh
—— und Werfte, am Bahnhof ein Gin:
Shiffungsplag und in der Nähe viele Calinen, für
deren Produlte die Stadt große Niederlagen hat.
uerto:Rico, ſ. Rortorico,
ufendorf (Samuel, Freiherr von), einer der
erjten und ausgezeichnetiten deutichen Naturrechts:
lehrer, geb. 8. ‚jan. 1632 zu Dorf:Chemnih bei
Chemniß, wo fein Vater Prediger war, befuchte die
BerPeniasie zu Grimma, dann die Univerfitäten zu
eipzig und Jena und nahm 1658 die Stelle eines
Nuerto:Plata — Pufendorf
Hofmeifters. in dem Hauſe des ſchwed. Geſandten
am dän. Hofe an. Als bald nachher der Krieg zwi⸗
ichen Dänemark und Schweden ausbrach, wurbe er
in Kopenhagen mit der familie des ichweb. Ge:
jandten ——— Waͤhrend ſeiner achtmonatlichen
Verhaftung ſtudierte er beſonders des Grotius und
Hobbes Schriften über Recht und Staat und ſchrieb
feine «Elementa jurisprudentiae universalis »
(Haag 1660). Ter Aucfürft von der Pfalz, Karl
Ludwig, welchem P. diefe Schrift zugeeignet hatte,
nahm fie mit folhem Beifall auf, daß er für P.
1661 zu einge eine Brofeflur des Natur: und
Völterrecht3 (die erite in Deutichland) ftiftete. Im
3. 1670 übernahm er die Brofefiur des Völterrehts
an der neuerrichteten Univerfität zu Lund. Hier
—— er fein Werk «De jure naturae et gentium»
Lund 1672) und dann das Nompendium «De officio
hominis et civis» (und 1673), das viele Ausgaben
und Überſetzungen erlebt bat. Da er in diejen
Schriften fib von der ſcholaſtiſchen Methode noch
mebr al3 Grotius entfernt batte, jo fonnte e3 ihm
an heftigen Gegnern nicht fehlen, die er aber durd)
jein geiftiges Übergewicht überwand, Ihm ſchwebte
noch Harer als Grotius die Idee einer Wiſſenſchaft
vor, weldye, ge mau von allem Einfluſſe des
pofitiven Rechts oder der Theologie, die Rechts—
verhältniffe bloß nad Gefepen der Bernunft be:
itimmen follte. Er ftellte als Grundlage des Rechts
mit Grotius bie Sozialität auf, d. h. er betrachtete
das Recht, deflen Bedürfnis er aus der verderbten
Natur des Menſchen ableitete, als die Bedingung
einer rubigen und geordneten Gemeinſchaft und
Geſellſchaſt. Wie in dem Naturrecht, jo machte er
nicht minder im deutſchen Staatereht Epoche.
— Heidelberg ſchrieb er auf Anregung des
Kurfürften unter dem Nanıen Severinu3 a
Monzambano das berühmte Buch «De statu
reipublicae Germanicae» (1667 u. öfter; deutſch
von Breklau, «Hiltor.:polit. Bibliothek», Lief. 31
u. 43, Berl. 1870), weldye er durch feinen Bruder,
Eſgias P., der ſich damals als ſchwed. Geiandter
in Paris aufhielt, zum Drud befördern ließ. In
demfelben hatte er Deutſchland als einen republis
laniſchen Körper dargeftellt, deſſen ſchlecht zufam:
mengefügte Teile ein abenteuerliche Ganzes bil:
beten. ( Franklin, «Das Deutihe Reich na
Severinus von Monzambano», Greifsw. 1872.
—— rieb er mehrere andere ftaatd: und
lirhenrehtlide Werke. Als der Krieg in Schonen
ausbrad, ne. er fih nad Stodholm, wo er zum
Staatsfelretär, Hofrat und Hiltoriographen er:
nannt wurde. In diefer Zeit ſchrieb er «De rebus
Suecicis» (ltr. 1676) und «De rebus a Carolo
Gustavo gestis» (2 Bde., Nürnberg 1696), fowie
die «Ginleitung zur Geſchichte der vornehmiten
Reihe und Staaten» (3 Bde., Frankf. 1682), die
fpäter Ohlenſchläger fortführte. Im J. 1686 folgte
er dem Rufe des Kurfürſten von Brandenburg,
iedrih Wilhelm, ald Hofrat, Hiftoriograph und
ammergeriht3beifiger nach Berlin, mwurbe 1690
wm Geh. Rat ernannt und 1694 von Karl XI. von
chweden in ben lege erhoben, Er jtarb
u Berlin 26. Dit. 1694. Nach feinem Tode er:
—— noch von ihm: «De rebus derici
Wilhelmi Magni» (2 Bde., Berl. 1695) und «De
rebus gestis Frideriei Ill.» (Berl. 1695). Bal.
Droyfen, «Zur Kritit P.3» (in «Abhandlungen. Zur
— 2p3. 1876); von Treitſchle in den
«Rreuß. Jahrbüchern» (Nr.35 u. 36, 1875),
Buff — Bulcinella
Puff, eine Art Vrettſpiel, weldes von 2 Ber:
fonen auf.dem Trictrachrett- mit je.15 Damenjtei:
nen geipielt wird. Das Brett beiteht aus zwei
nebeneinander gelegten quadratiichen Feldern, jedes
mit 12 jpiten Dreieden, deren Spiben gegeneinan:
der gelehrt find. Das Seen der Steine erfolgt
durch NAuswürfeln mit zwei Würfeln, ebenjo, wenn
alle Steine gefekt find, da3 Ziehen. Wer alle
jeine Steine zuerſt wieder aus dem Brett heraus:
gewürfelt bat, ijt der Gewinner. Zur Belebung des
Spiel3 dienen verſchiedene Negeln. j
Buffbohne, die Widenart Vicia Faba L., ſ.
unter Bobne, ME:
Buffotter (Clotho arictans), eine höchſt giftige
Schlange, die bi3 1,5 m lang wird, einen fehr diden
Yeib, kurzen Schwanz und gelielte Schuppen hat;
diefe fandfarbige Otter findet fih in Südafrika,
Pugatſchew (Jemeljan), berüchtigter Abenteu:
rer, ber ſich flır Kaiier Peter III, (f. d.) von Ruß:
land ausgab, war der Sohn eines Koſalen und
1726 in dem Dorfe Simoweist am Don geboren,
wo er ſich in der jugend ſchon zum Anführer einer
Näuberbande emporſchwang. Im Siebenjährigen
Striege diente er erjt im rufj., dann im preuß., zu:
let im öſterr. Heere. In fein Baterland zurüd:
gekehrt, juchte er unter feinen Landsleuten Aufruhr
auszuftreuen, wurde indes bald zu Mailowla an
der Wolga verhaftet und nad Kaſan geſchickt. Doc)
wußte er 9 u befreien, zjog weiter öſtlich nad)
aizfoi und abe bier, Bra eine angebliche ihn:
lichfeit mit dem Kaiſer Peter III. veranlaßt, den
Entihluß, ſich für diefen audzugeben, Seine An:
hänger verbreiteten da3 Gerücht, man habe ftatt
Peters III. einen ibm ähnlichen Soldaten auf dem
Totenbette ausgeitellt, jener aber fei verkleidet ent:
fonımen und erſcheine nun wieder in der Mitte jeis
ner getreuen Koſalen, um mit_deren Hilfe Krone
und Reich .zurüdzugewinnen, Der Aufruhr brad)
in der Dlitte Augult 1773 aus, wo ein Manifeft
2.3 im Namen. Kaiſers Beter III. verbreitet wurde.
P. wußte die 500 Mann ſtarke Befagung der Feltung
Jaizkoi für ſich zu gewinnen, und als.ein Teil der
durch harte Verfolgungen erbitterten Altgläubigen
ſich für ihn erllärte, traten viele ſeiner Landsleute,
ſowie ber größte Teil der Bauern zu ibm über, Gr
eroberte mehrere ruji. Feftungen und Stanijen am
Ural und am Don, wobei er furdtbare Graujams
keiten beging. Sein Heer belief fich bereits auf
mebr als 15000 Mann, als fich ihm die Mehrzahl
der Bajchtiren, fowie der Wotjäten, Bermjäten und
anderer finn, Bölferihaften auſchloß und aud) die
eigentlichen Tataren unterwarfen. General Wlichels
fon konnte anfangs nicht3 gegen P. ausrichten.
Sogar Kaſan erlag P.s Angriff, und nachdem er
die Wolga überfchritten, gedachte er ſich Mostaus
zu bemäditigen. Da gelang e3 endlid) den verein:
ten Anjtrengungen Panins und Sumorows, P.
von feinem Hauptheer abzufchneiden. Won fei:
nen einenen Anhängern verraten, wurde B. durch
Michelſon nah Moskau gebracht, wo ihn ein Kriege:
gericht zum Tode verurteilte. P. wurde 21. Yan.
1775 nebjt den Rädelsführern zu Moskau hingerich:
tet, Val. Puſchkin, «Geſchichte des P.ſchen Aufitan:
des» (2 Bde., Betersb, 1834; deutfch, Stutta. 1840).
PBuget:Sound, tiefe Bucht des Großen Oceans,
zum Territorium Waibington der Vereinigten Staa:
ten von Amerita gehörig, hängt durch Admirals:
Inlet nordweitlid mit der Straße San: juan de
Gonverjationd=Lerilon. 13. Aufl, XIIL
Fuca zufammen und hat an feiner jerllüfteten Küſte
385
eine große Anzahl fichere und ſturmfreie Unterpläge,
unter denen Olympia, die Hauptſtadt des Territos
riums, der bedeutenbite iſt.
Pujol (Alerandre Denis), f. Abel de Pujol.
Pula, afrik. Volksſtamm, ſ. Felläta.
Pulawy, jezt Nowaja Alexandrija ges
nannt, ehemalige Reſidenz des Fürſten Gzartoryili,
rechts an der Weichſel, im ruſſ. Gouvernement
Lublin, ein Marttfleden mit ungefähr 2200 E., iſt
Station der Linie Kowel-Plawa der Weichſelbahn.
In dem Schloſſe befand ſich eine auserwählte Bi:
bliothet von 80000 Bänden. Der engl. arten war
einer der ſchönſten in Polen, und der darin erbaute,
von MWoronicz befungene Sibyllentempel enthielt
eine Sammlung der felteniten poln. und flaw, Al:
tertümer. Während des Inſurrektionskriegs von
1831 wurde das Schloß von den Ruſſen verwültet
und fpäter die ganze Befikung lonfigziert, die Bi:
bliothek aber nadı Petersburg gebradt. In dem
Sclojje beitand 1846—62 ein höheres Erziehungs:
injtitut für Mädchen, das nah Warichau verlegt
wurde; jeßt ijt bier eine landwirtſchaftliche Schule.
Bei B. fochten die Bolen 1809 mit den Öfterreihern,
26. Febr. und 2, März 1831 mit den Ruſſen.
Pulcheria (Alia Augufta), Tochter des oſtröm.
Kaiſers Arcadius, geb. 19. Jan. 399 n. Ehr., über:
nahm 2. Juni 414, nad) dem NRüdtritt des Mini:
ſters Anthemius, als Augufta für ihren noch min:
derjährigen Bruder, den Haifer Theodofius II.,
die vormundf aftliche Regierung. Als Theodofius
28, Juli 450 ftarb, reichte fie (zu bloß nomineller
She) dem General Marcian die and, um ihm die
Krone zuzumenden. P. jtarb im Juli 453.
Bulei (Luigi), ital, Dichter, 8 3. Dez. 1431 zu
Florenz, ſtand mit Lorenzo de Medici und Polizian
in vertrauten Verhältniſſen und ſtarb 1487. Sein
durch Geiſt und With ausgezeichnetes, aber im Vers:
bau rauhes Epos «all Morgante maggiore» (Vened.
1481; vollitändigfte Ausg., Flor. oder Neap. 1732),
worin er die Abenteuer des Rinaldo und des Nies
fen Morgante erzäblt, foll er auf Antrieb der
Viutter Lorenzos, Lucrezia, verfaßt haben.
Von feinen beiden ältern Brüdern ſchrieb Bers
nardo P. Iyriiche und religiöje Gedichte; Luca
P. verfahte Stanzen auf das Turnier des Lorenzo
de’ Medici, heroiſche Epijteln, eine Rajtoralromanze
«Driadeo d’amore» (Flor. 1479) und eine epiiche
Romanze, wahrſcheinlich die erjte im ital. Sprache,
all Ciriflo Calvanco» (Flor. um 1490),
Puleinella, franz. Polichinelle, eine Cha:
raltermaste in ber ncapolit. Volkspoſſe, verdantt
angeblih Namen und Urjprung einem wihigen
Bauern aus der Gegend von Acerra, Namens
«Puccio d’Anielloo, der diefe Nolle zuerjt geipielt
haben foll, it aber gewiß eine viel ältere Volks—
tradition von einem wikigen Budeligen, dem man
allerlei ſpaßhafte Einfälle aufgebürdet, und der ſich
vielleicht ſchon aus den altröm. Atellanen (ſ. d.) auf
das niodern ital. Volksluſtſpiel (commedia deli’
arte) vererbt hat. P. üt ein Heiner verwachſener
Kerl, voll fcharjer und beißender Laune. Seine
Tracht beiteht in weißwollenen Pluderhofen und
weitärneligem Oberlleide von denjelben Stoffe,
mit Herzen von rotem Tuch benäht, mit Yranien
beſaumt und mit einem ſchwarzen Ledergürtel oder
Haarjeil umgürtet. Um den Hals trägt_er eine
Yeinwandkranfe, auf dem Kopfe eine weihwollene
Mühe, lang gefpikt und rot bezipfelt. Drei Viertel
des Geſichts find mit einer ſchwarzen Maske bededt;
25
386
die Nafe ift krumm und fpik wie ein Vogelſchnabel.
P. fpricht in bäueriſchem Dialekt und figuriert in
Italien nicht bloß auf den Bollsbühnen, ſondern
auc bei Boltsfeiten, zumal beim Starneval. Im
franz. Marionettenjpiel befam die Maste die Ge:
jtalt eines hinten und vorn budeligen Glieder:
mannes, der einen großen Dreimajter trägt, jchlen:
ternde, dünne Beine, plunpe Holzihuhe und ein
buntes Harletinstleid hat. Beſonders charalteriſtiſch
für den B. ift ein quielender, gellender Stimmton,
den der Marionetteiiipieler mit einem Stückchen
Holz oder Blech im Munde hervorbringt.
Pulex (lat.), der Floh.
PBulgada (jpan., von
ſpan. Zoll,= 4, pie oder
Pulicärla Gaertn., Sloblraut, Lg vr
gattung aus der familie der Kompofiten., Van
tennt gegen 24 Arten, die größtenteild in den
Mittelmeerländern vorkommen. Es find fraut:
artige Pflanzen, die mit den Arten der Gattung
Inula (j. Alant) große Ähnlichkeit Eur und fich
nur durch einen doppelten Pappus der Achenen
von jenen unterfcheiden. In Deutichland find zwei
Arten einheimisch: das gemeine Flohkraut (P.
vulgaris @aertn., Inula pulicaria Z.) und P. dys-
enterica Gaertn., weldye beide früher offizinell
waren. Gie finden fich häufig an feuchten Orten
Flußufern, überſchwemmten Bläßen, feuchten
Wieſen) und blühen gelb. Das gemeine Flohkraut
bat länglidhe, jpige, wellig gebogene Blätter und
Heine, riipig angeordnete Blutenkörbchen mit jehr
furzent, zurüdgeichlagenen Strahl, die zweite Art
berzförmig:ftengeiumfafiendg, jinmpfe, ebene Blät:
ter und doldentraubig gejtellte größere Blütentörb:
hen mit langem, borizontalem Strahl. Beide
Arten, befonders die eritere, haben einen jehr un:
angenehmen Geruch.
VPulk, ſ. Bolt,
Pulkowa heißt ein Bergruͤden 15 km ſüdlich
von Petersburg, welcher das niedrige Becken der
Rewa mit der ruſſ. Hauptſtadt von den dahinter
liegenden Gegenden mit ihren lieblichen Hügeln,
Törfern und friihem Grün fondert. Er fällt jteil
zu jener Cbene ab; über ihn führt die große Strabe
nad) Zarstoje:-Selo und bietet dem Auge das präch—
tige Janorama der Hauptitabt. An —— Fuße
liegen die freundlichen Pulkowaſchen Dörfer
mit 600 E,, ihren weißen Häuschen und grünenden
Gärten, Oben aber fteht die peteröburger oder
Sternwarte von Pulkowa, die großartige
Gentraljternwarte Rußlands, welche, mit den koſt—
barjten Inſtrumenten ausgeitattet, 1833 —89 er:
richtet, jeit jener Heit bis zu dem Tode Struves
(1. d.) unter dejien Direktion ſtand. Sie liegt unter
59° 56’ 31" nördl, Br. und 47° 57° 57° öftli) von
Ferro. Bol. Struve, «Description de l’observa-
toire astronomique central de P.» (Petersb. 1845).
Püllna, Dorf in der böhm. Bezirfshauptmann:
haft Brür, mit (1880) 234 E. und den berühmten
Bitterwaljerquellen, die unter 1000 Teilen 12,12
ſchwefelſaure Magnefia, 16,12 ſchwefelſaures Na:
tron, 0,3 ſchwefelſauren Halt und 2,16 Chlormagne:
fium enthalten. Der jährliche Verſand beträgt
800000 Flaichen.
Pulmo (lat.), die Zunge,
PBulmonaden, die Pungentchneden.
Pulmonaria 7.,Zungentraut, Bilanzen:
gattung aus der Familie der Boragineen. Van
sennt nur vier Arten, die in Guropa und im weſtl.
ulzar, Daumen), der
in = 2,33 cm.
[
— — — — —h — —— — — — — — —— — — — —— — —— — —— —— —— — — —
Pulex — Pulo-Pinang
Aſien vorkommen. Es ſind krautartige Pflanzen
mit jtark behaarten ungeteilten Blättern. Die Blü—
ten haben einen glodig:fünflantigen Held, eine
triterförmige Blumenkrone mit fünflappigem
Saume, fünf Staubgefäße und vier getrennte
Fruchtknoten, die ſich zu vier einfamigen Nüßchen
entwideln. Die verbreitetite Art it dad gemeine
gun rede (P, officinalis L.), eine der eriten
srühlingsblumen, welche in Deutſchland allerwärt3
in Zaubgebölzen, Wäldern, an Bächen wild wächſt
und deren Blumen erjt bellrot, dann violett, zuleßt
dunkelblau find. Das jaftige, behaarte Kraut ſo—
wie die Wurzel war chevem als Herba et radix
Pulmonarine maculosae (die Blätter find meiſt
weihlich-gefledt) als Mittel gegen Blutſpeien, Hei:
jerkeit und Halsentzündung oje
Bulo:Eondor, franz. Inſelgruppe in der Chi:
nefichen Südfee, aus elf Felfeneilanden beitehend,
unter 8° 25’ nörbl. Br. und 108° öftl, 2. von
Greenwich gelegen und 1862 von Codindina abge:
treten. Die ſich mit ihrer höchſten Spihe gegen
600 m erhebende Hauptinjel umfaßt 60 qkm mit
450 E. Durd) ihre nur 89 km von ber weſtl.
Mündung des Me—kong entfernte Lage bildet P.
eine wichtige Seeftation für die Schiffahrt von
Saigon nad) Siam, China und Singapore, und
eignet fih, da die Etromfahrt bis Saigon felr
langwierig und beſchwerlich iit, zu einem weit be:
quemern Hafen für Franzöſiſch-Cochinchina als
die Hauptſtadt. Die Inſel wurde 1687 von Tanı:
pier beſucht, hatte dann von malaiiihen Seeräu:
bern viel zu leiden, und diente 1702 ſchon der Eng—
liſch-Oſtindiſchen Kompagnie zur Anlage einer
Faltorei, welche jedoch gegen Anfang des J. 1820
einging, nachdem die dort angefiedelten Malaſſarea
alle Engländer ermordet hatten, Neben den Eng:
ländern hatten auch die Franzoſen bereits 177)
hier eine Schiffäftation angelegt. Durch Verbeſſe—
rung der natürlichen Häfen und Befejtigung derjel:
ben jeitens Franlkreichs iſt die Inſel jegt eine der
wichtigſten Stationen in den ojtafiat. Gewäſſern.
Bulo:Binang oder Bulu: Pinang, d. h.
malaiiſch Betelnupinfel,audh Brince:o f:WBales:
3land genannt, brit, Inſel in Hinterindien, zwi⸗
Ichen5* 16’ und5° 30’ nörd!. Br.,fowie unter 100°25'
öftl.L. von Greenwich gelegen, bildet mit Singapore,
Valakta, Tulu Saggar und Wellesiey die Provinz
Strait3:Settlements, ping 1867 von dem Yndian:
Dffice an das Colonial⸗Office über, wurde zu einem
Seligovernment erhoben und üt in militäriicher
wie in fommerzieller Hinfiht jehr wichtig. P. be:
— den noͤrdl. Eingang der Straße von Ma—
alla, hat einen geräumigen, ſichern Freihafen, ein
itarfes Sort (Cornwallis) und beichükt deu Hanbel
zwiſchen China und Indien, fowie die engl. Be:
isungen auf der Halbinfel Malalle. P. umfast
»74,5 qkm (mit dent gegenüberliegenden, 55 kın
langen Küjtenitrich Wellesfey 885,7 qkm) und be:
hist eine jehr gemilchte Bevölkerung von 61797
Seelen (mit Wellesiey 133230), meilt Schiffahrt
und Handel treibende Malaien und Chinejen, jer:
ner Briten, Hindu, Eiamefen u, ſ. w. Die Inſel
it durch Klima, Yage, Fruchtbarkeit und Geftaltung
ganz bejonders begünitigt. Obgleich ſich im Weiten
und Diten der Inſel weit in die See hineinreichende,
nit Nhizophorenwäldern bededte Strandſümpfe
befinden, üjt das Klima jo gejund, daß die E
der jie ald einen Sanität3ort anjehen. Die
iſt überall vortrejjlich angebaut und dicht bevöllert,
lan:
en?
Pulpa — Puls
während die gebirgige Mitte, mit Ausnahme de3
gegen 750 m hohen Flaggenſtodsbergs, wo ſich
einige Landhäuſer und Gärten befinden, unbebaut
und wie auch die Weitlüjte nur von wenigen Wa:
laien bewohnt ift. P. erzeugt treffliches Schiffbau—⸗
holz, viel Pfeffer und Reis, außerdem Betel und
die meiſten Erzeugniſſe der ind. Flora. Von Wich—
tigkeit find, nachdem die Muslatnußplantagen
meijtens eingegangen find, jet die Anpflanzungen
von Gewürznelten und Kokosbäumen. Yuder und
Arrowroot werben nicht jomohl hier als in Welles⸗
ley in großer Duantität gewonnen, kommen aber
auf P. zu Markte. Mit dem Anbau von Kaffee hat
man günftige Verſuche gemacht; die Anpflanzung
von Baummolle aber blieb ganz erfolalod. Die
Ditindiiche Kompagnie nahm die Inſel 11. Aug.
1786, am Geburtstage des Prinzen von Wales, in
Beſitz. Sie hatte diejelbe kurz vorher dem engl.
Kapitän Light abgelauft, der fie als Mitgift von
jeinem Ecwiegervater, dem Fürſten Abdallah von
Dueda oder Keddah, erhalten hatte. Light, geit.
1794, war eriter engl. Gouverneur von $ hm
ift das fchnelle Aufblühen der Inſel befonders zu
danfen. Der Fürft von Diunda trat 1800 der
Kompagnie aud den gegenüberliegenden Stüjten:
jteich, jeßt Wellesleyprovinz genannt, ab.
Pulpa oder Fruchtbrei nennt man in ber
Botanik dasjenige faftige Gewebe, weldyes in der
Beerenfrucht die Samen umgibt. (Vgl. Deere.)
Be (Seepolyp), f. unter Bolypen.
ülpe (fr3. pulpe, engl. pulp) wird insbefondere
in der Rartojfelitärfefabrilation der Nüditand ges
nannt, der ſich bei der Abjcheidung des Stärtemehls
aus dem Kartoffelbrei ergibt.
Pulpitum (lat.), in den röm. Theatern ber
mittlere Teil des Profceniums, von dem aus die
Darfteller jpradyen; in drijtl. Kirchen das Leſe—
pult, Gvangelienpult.
Pulque it der ſpan. Octli der aztelifche Name
eines Lieblingsgetränl3 der Derifaner, aber aud)
der Bewohner von Vlittel: und Südamerika. Das:
jelbe wird aus mehrern Varietäten der Agave
Americana, welde in Mexilo Diaguey oder Wetl
beißt, bereitet, welche nicht nur die Rebe ber azte:
tiihen Völker ift, fondern aud) die Stelle des aſiat.
Hanf und des Bapiercypergrafes —— anti-
quorum) der alten aypter vertritt, Unmittelbar
vor Entwidelung der Blüte wird das Herz ausge:
ihnitten und dadurch während zwei Monaten an
5—10 hl Saft gewonnen, der in Krüge gefüllt
wird und in eine leichte —— gerät. Fremde
trinlen ihn friſch am liebſten, die Eingeborenen
aber erſt, wenn er in die zweite faulige Gärung
übergegangen. Er gibt dann ein ſäuerliches Ges
tränt, das zwar einen fehr unangenehmen Geruch,
wie von faulem Fleiſch hat, nichtsdeftoweniger aber
für den Geihmad ſehr angenehm, dabei jtärkend
und jehr nabrhaft it. Man bereitet auch Pulque—
branntwein daraus. In weitere Gärung er
raten, gibt der P. Eſſig, eingelocht Sirup. Mit
Waſſer und Rohrzuder vermiſcht und nur einige
Stunden der Gärung überlafien, heißt das Getränt |
Tepade. Pulquerias nennt man offene Schup:
pen, in denen ber
glei als Zanzböden dienen,
Puls, Pulsſchlag (pulsus), die eigentümliche
Bewegung, die an größern Arterien G. d.) durch
das Gefühl und das Geficht wahrnehmbar ijt.
Bon Herzen wird betanntlic das Blut rhythmiſch
P. verſchenlt wird und die zu: |
387
unter kräftigem Stoße in die Schlagadern (Arte:
rien) geprebt, und während die Blutmaffe jelbit
durd Dielen Nachichub verhältnismäßig langſam
in Gefäßiyftem fortrüdt, pflanzt fi der Stoß,
welcden die Blutjäule erfahren bat, ſehr ſchnell in
einer al3 B. wahrnehmbaren Welle im arteriellen
Syitem fort. Am Haargefäßigftem wird biele
Welle dur Reibung des Blutes an den Gefäß:
wandungen gebroden, ſodaß fie jenfeit desfelben
(in den Blutadern, Benen) unter normalen Berhält:
niffen nicht mehr wahrgenommen werden kann.
Dieſe Blutwelle erweitert aber nicht bloß die Arte:
rien momentan, fondern ftredt fie aud) etwas in
die Länge, infolge deſſen jih das in feiner Umge—
bung feſt angebeftete Gefäßrohr in einer für das
Auge und den taftenden Singer wahrnehmbaren
Weiſe krummt. Der Finger, welcher die Arterie
fanft gegen eine harte Unterlage (einen Knochen)
andrüdt, fühlt einen furzen Stoß, und die fihtbaren
Arterien machen eine fchnellende Bewegung. Sekt
man auf die Arterien den kurzen Arm eines hebels
ähnlihen Inſtruments (Spbygmograpben,
Pulszeihner), deiien langer Arm auf einem
vorbeigezogenen Bapierftreifen jchreibt, fo ran
das Inſtrument eine wellenförmige Yinie, Die Ge:
ihwindigteit der Fortpflanzung der Pulswelle läht
ſich mit der Uhr mejjen, indem man die Durdhtrittä:
eit des Mellenberg3 in eine entferntere Arterien:
Helle mit der Zeit der * vergleicht; fie bes
trägt im Mittel I m in der Selunde.
rrAe hi Kg der
Thätigleit de3 Herzens und von der Beſchaffenheit
der Arterie, Bei jchnellem Herzſchlag iſt auch der
P. ſchnell (frequens). * der Herzſtoß kurz
und kräftig, fo iſt der P. gleichfalls ſchnell (celer),
im untgelebrten Falle träg (tardus), Eine ftarre
oder geipannte Arterie macht den P. hart (durus),
In gemwifien, namentlich fieberhaften Zujtänden
wird der P., was er fchon unter gewöhnlichen Ver:
hältnifjen in geringem Grade ilt, deutlich doppel:
ſchlägig (dierotus), und man fühlt gleich nad) dem
eriten jtarfen Stoße einen ſchwächern zweiten. Bei
einem gefunden Manne beträgt die Pulszahl in der
Minute 60 und 70, etwa um zehn mehr beim Weibe
und weitere zehn mehr beim Kinde, während der
Säugling gegen 130 Schläge in der Minute bat.
Bei Klappenfehlern des Herzens wird der P. mehr
oder minder weſentlich verändert. Es ilt hieraus
erfichtlich, daß das Verhalten des P., wenigſtens
in Bezug auf die Frequenz desfelben, weit mehr
von der Thätigleit des Herzens abhängig it als
von der Beichaffenheit der Arterie. Alles, mas auf
die Thätigleit des Herzens von Einfluß ift (Ge:
mütseindrüde, Körperbewegungen), ändert auch den
P. ab. Deshalb hat die Beihaffenheit des P. für
die Beurteilung eines Krantheitszuftandes auch nur
einen beihräntten Wert. Doch bat fich ermitteln
lafjen, daß, bei Ausſchluß der zufälligen Einflüfie,
bie Frequenz des P. mit der Höhe des Fiebers zu:
nimmt. Auch die Denen können pulfieren, und
zwar ijt der Venenpuls entweder ein fcheinbarer
oder ein wirklicher. Giner Vene, welche über einer
Arterie verläuft, wird die fchnellende Bewegung
mitgeteilt, wodurd der fcheinbare (fortgepflanzte)
Benenpuls entjteht. Dagegen zeigen den echten P.
die Denen in unmittelbarer Nähe des Herzens,
wenn die venöfen Klappen desſelben nicht mehr
ſchließen und das Blut fo in die Denen zurüdge:
worfen wird; ferner dann, wenn eine Arterie jo
25*
388
mit einer Bene verwachſen ift, daß ſich das arterielle
Blut in die Vene ergieht (Varix aneurysmaticus).
(5. Arterien, der, Kreialauf.)
Bulsader, |. Arterien; Pulsaderge—
ihmulft, j. Aneurysma.
Bulfanten (lat.), Klopfende, Antlopfende;
Glodenläuter, Glödner; Afpiranten auf eine erle:
digte (fath.) Vfarre, Klofteritelle,
Pulsatilla, Kühenihelle oder Diter:
blume, ift der Name einer Unterabteilung der
Gattung Anemone L. Dieſelbe unterjcheidet fich
von den übrigen Anemone: Arten befonders durch
die mit einem Federſchwanz verfehenen Früchte.
Die hierher gehörenden Arten find ausdauernde,
zottige, narkotiſch-ſcharf giftige Kräuter mit doppelt:
Federjchnittigen oder doppelt: dreifchnittigen Blät:
tern und einem einfachen, einblütigen, oberhalb der
Witte von einer Blätterhülle umgebenen Schaft.
An Deutichland ift die Wiefenpulfatille, P.
pratensis Mil. (Anemone pratensis L.), welde
ſich durch die ſtets hängende glodige, die Staub:
eräße nur wenig überragende, meilt braunviolette
Blüte auszeichnet, und in manden Gegenden auch
die gemeine Bulfatille (Anemone Pulsatilla
L., Pulsatilla vulgaris Mill), welche durd) die fait
aufrechte, größere und ſich ausbreitende, violett:
blaue Blüte unterihieben ift, als Heilmittel ge:
bräuchlich. Beide Arten wachten auf fandigen und
talkigen Hügeln des mittleren und ſüdl. Guropa und
blühen im Frühling. Das beim Zerreiben beißend
riechende Kraut enthält als Hauptbeftandteil ein
eigentüntliches giftigesÖl. (S. Anemonin.) Das
Kraut von P. prutensis war früher offizinell. (Gine
Abbildungvon Anemone Pulsatilla j. Tafel: Gift:
pflanzen I, Fig. 5.)
PBulfation (lat.), das Klopfen, befonders des
Herzens, der Pulsſchlag; pullieren, Schlagen,
Klopfen; Pulſion, Stoß, Edlag, Schwungbe:
wegung.
ulshammer beißt eine mit zwei Endkugeln
verjehene, geichloflene Glasröhre, welche teilweiſe
mit rot oder blau gefärbtem Weingeiſt gefüllt iſt,
und aus welder vor ihrem Berichlujfe die Luft
dur Erhihen ausgetrieben worden iſt, fodaß bie:
felbe oberhalb des Weingeijtes nur noch die Dämpfe
des lektern enthält. Diefe drüden bei gewöhnlicher
Temperatur auf den Weingeift viel f Pu als
wenn die Luft darin geblieben wäre. Infolge
deſſen bietet der MWeingeijt im Inſtrument, wenn
bloß eine der Kugeln mit der Hand erwärmt wird,
eine dem Sieden ähnliches Aufwallen und Pulſie—
ren. Lebteres, und weil e3 den Anſchein hat, ala
ob der Puls der Hand auf dieſes Analogon de3
Siedens Einfluß hätte, dürften beigetragen haben,
das Ynjtrument als P. zu bezeichnen.
Bar onsſyſtem, j. unter Bentilation,
ulsmeſſer oder Sphygmograph, f. unter
Pula,
Pulsuitz, Stadt in der ſächſ. Kreishauptmann—
Schaft Baugen, Amtshauptmannſchaft Kamenz, an
der Pulsniß, einen Nebenfluß der Schwarzen liter,
und an der Linie Nadeberg:stamenz der Sächſiſchen
Staatsbahnen, ift Sit eines Amtsgerichts, hat ein
Schloß mit Park und zählt (1880) 2984 E., welde
Gurt: und Bandfabrifen, mechan, Weberei, Segel:
tuch⸗ und Leimvandjabrilation, Biejferüchelei,
Zöpferei, Wagenbauerei, Nagel: und Drabtfabris
kıtion, Woll: und Haargarnipinnerei betreiben.
®. ift der Geburtsort des Vildhauers Nietjchel,
Bulsader — Pulſzky von Lubocz und Efelfalva
Pulſomẽter ober Dampfvacuumpumpe,
eine Waflerhebemafchine , welche das Waſſer direkt
dur Dampf, ohne Vermittelung eines Kolbens,
in die Höhe treibt. (S. unter Pumpen.)
—— ſ. unter Puls.
ulſzky von Lubocz und Cſelfalva (Franz
Aurel), bedeutender ungar. Schriftſteller, geb.
17, Sept. 1814 zu Eperies im Komitat Säros, ſtu⸗
dierte hier und in Miskolcz, worauf er Reifen ins
Ausland unternahm. a. fein ungarifh und
deutich erichienenes Wert «Aus dem Tagebuche
eines in Großbritannien reifenden Ungarn» Peſt
1837) wählte ihn die Ungarijche Akademie zu ihrem
torrejpondierenden Mitglied. Vom Komitat Säros
wurde. er in den Reichstag von 1839/40 ge:
wählt, und zog fi 1845 auf fein Gut Szecfeny
zurüd, Im J. 1848 wurde er Staatäfelretär im
ungar. Finanzminifterium, fpäter in gleicher Eigen:
(daft nad Mien verieht. Nach dem Dftoberauf:
tand entlam P. nad) Ungarn und wurde hier zum
itglied des Landes :Vertretungsausihufles er:
nannt. Als Windifhgräg nahte, ging P. ins Aus:
land und wurde 1849 von Koſſulh zum Vertreter
Ungarns beftellt. Epäter begleitete er Kofuth auf
defien Rundreiſe durch Amerika, die er in Gemein:
[haft mit feiner Gattin befchrieb («White, red,
black», 3 Bde., Lond. 1853; deutſch, 5 Bde., Haffel
1853). Schon vorher hatte er einen hiftor. Noman:
«Die Jalobiner in Ungarn» (deutih, 2 Bde, Lpz.
1851) veröffentlicht. Im Mai 1852 wurde P. vom
Kriegsgericht in Peſt in contumaciam zum Tode
verurteilt. P. ging 1860 nad) Italien, nahm an
Garibaldis Erpedition, die mit Aspromonte endete,
teil und wurde infolge deffen einen Monat lang in
Heapel gefangen gehalten. Im J. 1866 wurde P.
ammejtiert und 1867 — 75 in den Neidyätag ge:
wählt, wo er fid) der Deäk: Partei anſchloß. Seit
1869 ift P. Direktor des ungar. Nationalmufeums,
ſeit 1872 eneralintendant der öffentlichen Muſeen
und Bibliothefen Ungarns, au ee des
Kunſtrats ꝛxc. Seit 1884 iſt er wieder Reichstags—
abgeordneter, P.s neuere Werle find feine Auto:
biographie «Eletem &s levrom» (4 Bde., Peſt 1882;
deutih, «Meine Zeit und mein Leben», Preßb.
1880—83) und «Die Slupferzeit in Ungarn» (ungar,
und deutih, Peſt 1854).
P.s Gattin, Thereje, geborene Walter, geb.
1819 in Wien, verheiratete ſich 1845 mit P. und
folgte 1849 ihrem Gatten nad) England, wo fie ſich
litterariichen Arbeiten — Ihre «Memoirs
of an Hungarian lady» (2 Bde., Lond. 1850;
deutich, Lpz. 1850), die mit P. verfaßten «Tales
and traditions of Hungary» (2 Bde., Yond. 1851;
deutſch, Verl, 1851) und die geiftvollen Ekizzen,
nit denen fie das amerik. Neifewerk ihres Gatten
bereicherte, fanden jehr günitige Aufnahme. Cie
ftarb in Ofen, Sept, 1866, an der Cholera,
R.3 Sohn Hugujt, geb.1816, feit 1875 Vrofeffor
des Naturreht3 an der Univerfität Budapeſt und
Reichstagsabgeordneter, fehrieb über «Bergangen:
heit und Gegenwart des Gefängniswejens» (Veſt
1567), über «Die neuere Entwidelung des röm.
Nehtsn» * N und verfaßte ein «Handbuch
des Naturrecht3> (Peſt 1855).
‚ Ein anderer Sohn, Karl, geb. 1853 in London,
richtete 1873 das Hunftgewerbemufeum ein und iſt
feit 1880 Direltor der Yandes:(Efterhäzy:)Galerie
in Belt. Im J. 1884 organifierte er die Gold:
f&hmiebelunjt:Ausitellung dajelbjt und wurde Reichs
— — u ——— u
Pultawa — Pulvermüpl:
tagsabgeordneter. Er ſchrieb zahlreiche kunſthiſtor.
‚Studien und gab «Chefs’d’wuvres.de l’orferrerie
en Hongrie» (ar. 1885) heraus.
“ Bultaton, richtiger Boltämwa, ein Gouverne:
ment von 49895 qkm in Kleinrußland, begreift
einen großen Teil des alten Großfürſtentums Kiew
und des Fürjtentums PBerejaflam, gehört zu der
altruſſ. Ukraine, bildete bis 1797 die Stattyalter:
ſchaft Jekaterinoſſaw und wurde 1802 zu einem
eigenen Gouvernement erhoben, weldyesin 15 Streiie
eingeteilt iſt. Es it eine der fruchtbarſten und be:
völfertiten Provinzen des Ruſſiſchen Reichs. Wei:
zen, Spelz und Buchmweizen, Mais, Hirje, alle
Arten Hüljenfrücte, Olgewächſe, Flachs, Hanf,
Hopfen, Tabak, ipan. Vfeffer werden reichlich ne:
baut; Arbufen oder Waflermelonen und Kanta:
lugen, auch eine Melonenart, wachjen im freien
Felde, und unter dem VBaumobit zeichnen ſich befon:
ders die Pultawaſchen Kirfchen aus, aus denen der
Wyſchnewka, eine Art Kirſchwein, bereitet wird.
Das Land ift meiſt flah, nur an wenigen Stellen
bügelig, aut bewäjlert, aber holjarm, Am Süden
ift Steppe. Unter den Strömen iſt der Dniepr mit
feinen unzähligen Nebenflüjjen beſonders hervor:
zubeben. An feinen Ufern balten fih Belitane,
Schwäne, wilde Enten und Schnepfen auf, und im
Fluſſe jelbit iſt die Fiicherei von großer Bedeutung.
Vieh: und Pferdezucht find aufgezeichnet, auch der
Gemüſebau und die Bienenkultur von Belang.
Handel und Anduftrie haben nach der Vollendung
der das Gouvernement berührenden füdrufi. Bahn
bedeutenden Aufihwung genommen. Unter den
Fabriten zeichnen fih Wollfabriten, Gerbereien,
Branntweinbrennereien, Salpeterfiedereien und die
zabllofen Yiqueur: und Konfitürenfabriten aus,
Die (1882) 2418871 E. find meiſt Nleinrufien;
doch leben unter ihnen viele Großruſſen, Griechen,
Deutiche und Juden, in deren Händen meijt der
Handel iſt.
Die Hauptftadt Pultawa, mit einer Cita:
delle, liegt, von Kirſchwäldern umgeben, am Gin-
389
Pultusf, KAreisftadt im ruf. Gouvernement
Lomſha, rehts am Narew, mit 7689.G., mehrern
ſchönen Kirchen und einem großen Schlofie (ehemals
Nefidenz der Biihöfe von Block), war der Schau:
plab zweier Treſſen. Während des Norbiichen
Kriegs befiegte dort 1703 Karl XII. ein ſächſ. Heer
unter dem General Steinau und nahm es fait voll:
ftändig gefangen. Am 26, Dez. 1806 ſtießen bier
die Franzofen unter Lannes zum erſten mal nad)
ihrem Einmarſch in Polen mit den Ruſſen unter
Bennigien zuſammen. Der taktiihe Sieg verblieb
den Nufien, weldye indes in der Nacht aus jtrategi:
ſchen Rüdfichten und wegen Vlangel an Verpflegung
nad Oſtrolen?a —
Pulu, zum Ausitopfen verwandte Haare meh—
rerer Farnarten, ſ. unter Agnus Seythicus.
Pulver (pulvis) nennt man jede jehr —* zer⸗
teilte fefte Subjtanz. Man pulveriſiert Subftanzen
zu techniſchen, mediz. und andern Zweden und
unterfcheidet einfache P., 3. B. Diamantenpulver
zum Schleifen, und zufammengejebte, > Näuder:
pulver, Schiehpulver, Sprengpulver, Düngepulver,
Zahnpulver, Beſonders bäufig und in.den ver:
ſchiedenſten Zufammenjehungen werden die P. in
der Medizin angewendet, Man gibt gewöhnlich
ſolche Stoffe in Bulverform, welche ſich in den ge:
wöhnfichen Flüffigleiten nur ſchwer oder gar nicht
auflöjen laſſen. P. aus Stoffen, die Schon in Hei:
nen Gaben bedeutend wirken, miſcht man der bejjern
Verteilung wegen mit einer größern Quantität
einer andern, pulverifierten, aber nicht wirlſamen
Subitanz, wie Nohrzuder, Milchzucer u. ſ. w. Ve:
nubt werden fie äußerlich, wie Zahn-, Nies: und
Streupulver, und innerlid, wie Huften: und
Braujepulver. Se nach der Wichtigkeit der Gabe
des angewendeten Hauptmittel3 verordnet der Arzt
entweder eine gewiſſe Quantität P., von der z. B.
ein Teelöffel oder eine Meſſerſpiße voll genommen
wird (og. Schadtelpulrer), oder. er läßt vom Apo:
thefer die ganze Quantität in eine gewiſſe Anzahl
gleicher Teile teilen und dieje dann beionders ver:
fluß der Poltawka in die Worskla und an der Bahn | abreihen (die fon. aptierten B.). Sind flüchtige
Eliſabethgrad-Charkow, ift von Boulevards ein:
geichlofien, hat breite und gerade, aber ungepflafterte
Straßen, 19 Kirchen, ein Wrieiterfeminar, ein Gym:
|
Etoffe darin (5. B. Kampfer, Moſchus, ätheriſche
Öle), fo werden diefelben in Wachspapierkapſeln
verabreicht. Die Herjtellung der B., das Pulveri—
naſium, das Petrowſche Militärgymnafium, zwei | fieren, geichiebt in den meilten Fällen auf medan.
Zheater und zäblt (1881) 41035 E. Den öffent:
lichen Blap ziert ein fchönes Tentmal Peters d. Gr.,
eine Säule aus grünlihem Kupfer. Der bier all:
jährlih vom 10. Juli (a. St.) bis zum 10. Aug.
abgehaltene Iljinsliſche Jahrmarkt iſt einer der be:
deutenditen ın Südrußland, namentlid für fpan.
Wolle und Pferdehandel. Die Stadt wurde im
12. Jahrh. von den ukrainischen Koſaken gegründet
und fiel 1667 durch den Traktat von Andrufjom
von Polen an Rußland. Hiſtoriſch denkwürdig üft
fie durch die Schlacht vom 27. Juni (8. Juli) 1709,
in der die Nufjen unter Peters Anführung über
Karl XII. (f. d.) und die Schweden einen entichei:
denden Gieg bavontrugen, von melden ber ſich
zeriio die Machtitellung Nuflands datiert. (S.
a: her Ktrieg.) Nur 5km von B., an der
elle
das «Schwedengrab» in Form eines 20 m hoben
Hügel, der ein hölzernes Kreuz trägt.
ultdach, ſ. unter Dadı. .
Bultfenerung, bei Dampfkeſſeln eine Feuerung
mit geneigten Nottitäben, um das Nachrutichen der
Kohlen zu erleichtern,
wo der Sieg entichieden wurde, erhebt ſich
Wege durch Stoßen oder Reiben mit Reibſchalen
und Reibkeulen oder durch Mahlen, in neuerer
Zeit auch durch Maſchinen. Auch auf chem. Wege
durch Fällung aus Flüjfigkeiten werden beſonders
viele als Farben P. hergeſtellt.
Per ſ. Schießpulver.
ulverflagge iſt eine ſchwarze Flagge mit
weißem P, welche mit Schießpulver und andern
Erplofivftoffen beladene Fuhrwerke und Schiffe als
MWarnungszeichen 1: führen verpflichtet find.
ulverholz, Straucdart, ſ. Khamnus.
ulverifatenr, ſ. unter Anäjthefieren und
Inhalation.
Pulverkammer, auch Verbrauchs: Pulver:
magazin, iſt ein kleiner Aufbewahrungsraum für
Pulver und Pulvermunition, wie er bei Anlage
von Batterien im Feſtungskriege vorkommt.
ulverforn, Le hiekpulver.
uldermagazine, |. Magazine.
— im weitern Sinne eine Anlage
zur Fabrikation des Schießpulvers; im engern
Sinne die maſchinelle Vorrichtung zum Zermahlen
der bei dieſer Fabrikation verwendeten Materialien,
3%
beftehend in einem Stampfwerl, in einem Roll:
oder Walzwerk, oder in einer fog. Pulverifiertrom:
mel, einem um eine Achſe drehbaren, im Innern
mit vorfpringenden Leiften verjehenen Eylinder, in
welchem die Zerfleinerung bei der Drehung durd)
Reibung des Materiald an den erwähnten Leiſten,
fowie an einigen metallenen Kugeln vor fich gebt.
Pulververſchwörung nennt man ben von
Fanatifern der kath. Partei in England entworfe:
nen Plan, bei Eröffnung der Parlamentsſeſſion von
1605 den König Yatob I., deffen Familie und das
anje Parlament in die Luft zu fprengen. In diefen
ſchlag, für defjen Urheber Robert Catesby und
—— Percy, aus dem Hauſe Northumberland,
— ten, wurden zunächſt John Wright und Thomas
inter eingeweiht. In x ndern gelang es lehterm,
einen engl. emigrierten Offizier, Guy Fawles (ſ. d.),
dafür zu gewinnen. Geit Ende 1604 gruben fie
aus den Kellern eines Nebenhaufes des Parlaments
die Grundmauern durch, mieteten dann den zufällig
mietlo8 gewordenen Keller unter dem Haufe der
Lords felbft und bradıten nun eine Anzahl Pulver:
tonnen in dad Gewölbe. Der Eröffnungdtag des
Parlaments, mehrfach hinausgeſchoben, endlich auf
den 5. Nov. 1605 feſtgeſetzt, ward zur Susführung
beitimmt. Zehn Tage vor ber Barlamentseröffnung
erhielt Lord Monteagle von unbelannter Hand
einen Brief, worin erin geheimnisvollen Ausdrüden
ermahnt wurde, fi) bei der Eröffnung von dem
rei fern zu halten. Darauf hin ließ der
tönig am 4. Nov. den Keller durchſuchen, in dem
man 8 nmtes bei den legten Vorbereitungen traf.
Die andern Berfhmworenen, alles in allem etwa
100 Gefährten, wollten ſich nach Wales retten und
die Bevölkerung gegen das jtuartifche Königtum
aufrufen; aber nirgends hob ſich hier eine Hand,
viele von ihnen zeritreuten fi, die Nädelsführer
wurden in dem Schloß Holbeach —— ange⸗
griffen, einige getötet, die übrigen gefangen
nach London gebracht und nach förmlichem Vrozeß
80. Yan. 1606 hingerichtet. Zur Erinnerung an die
BP. wird nod) jebt der Guy-lawkes-Day (5. Nov.)
in London al3 Volksfeſt gefeiert.
Pulvinar (lat.), urfprünglid) das Götterpoliter,
der vor den Statuen und Altären der Götter be:
reitete, mit Loftbaren Teppichen bebedte Eik der:
jelben, dann Yagerftätte oder Siß der Kaifer und
Kaiferinnen; in Mittelalter foviel wie Yoliter.
uma, ſ. Cuguar.
umpen (frz. pompe, engl. pump) find Ma—
ſchinen, welche den Zwed haben, Fluſſigleiten —F
Anſaugen, Heben und Drüden zu befördern. Na
ber he re unterjcheidet man Kolben:
pumpen, Rotationspumpen, Gentrifugal:
oder Kreifelpumpen und Strablpumpen.
Die Rumpen find mit Röhren und Ventilen oder
Klappen verjehen. Dasjenige Rohr, weiches die
Hlüjfigleit zu der Pumpe leitet, wird Saugrohr,
das ableitende Rohr Drudrohr genannt. Die Höhe
ber Pumpe über der Oberfläche der zu hebenden
Flüffigkeit bezeichnet man als Saugböbe, diejenige,
eu welche die Flüffigkeit gedrüdt wird, ala Drud:
böbe; Saug: und Drudhöhe zufammengenommten
ergeben die Förderhöhe einer Pumpe. Die am
meiſten angewendeten P. die Kolbenpumpen,
find entweder Hub:, Saug: und Drudpumpen, oder
Saug: und Hubpumpen, oder Saug: und Prud:
vunpen, je nahdem die Flüffigkeit durch hydro-
ftatifchen d in diejelben fließt und von dem in
Pulververfhiwdrung — Pumpen
einem Eylinder auf und nieber ober hin und ber
gehenden Htolben gehoben, oder durch die Bewegung
des Kolbens angefaugt oder fortgedrüdt wird. E
ner unterjheidet man einfahmwirltende und
dboppeltwirlende Pumpen; bei Ichtern wird
bei jedem Kolbenhub auf der einen Eeite gejangt,
auf der andern gebrüdt.
Jede einfachwirkende Bumpe bat zwei
Bentile: ein Saugventil, durch weldes das einge:
ſaugte Wafler in die Pumpe tritt, und ein Drud:
ventil, durch welches das gehobene Wafier hindurch⸗
geht. Entweder haben beide feſten Siß, oder es iſt
nur das eine feſt, während das andere in dem be:
wegten Kolben angeordnet ift. Danach bezei
man die Bumpen als folde mit mafjivem Kol:
ben und joldye mit Bentilfolben.
Eine Hubpumpe gewöhnlider Anordnung ift
in Sig. 1 und 2 der Tafel: Bumpen abgebildet.
Die Einlafventile befinden ſich hier unter dem Ober:
waflerjpiegel. Beim Niedergang des Kolbens wird
das unter demfelben befindliche Waſſer durch die
Bentiltiappen über den Kolben gedrüdt und das
Einlaßventil ift geſchloſſen; beim Aufgang des Kol-
bens fchlieben fi die Klappen, das Ginlafventil
öffnet fi und während durd) dasfelbe Mafler zu:
ftrömt, wird das über dem Kolben befindliche zum
Ausfluß gebradt. Steht das Steigrohr über dem
Stiefel (dem Teil, worin ſich der Kolben bewegt), jo
gebt die Kolbenftange in demfelben in die Höhe; üt
das ge neben bem Stiefel angeorönet, fo
wird die Kolbenftange durch einen über dem Stiefel
angebrachten Dedel geführt, in dem fie durd) eine
Stopfbuchle gedichtet wird (Fig. 3).
Eine einfahe Saugpumpe ift in ig. 4 und 5
bargeftellt. In Fig. 4 wird beim Aufgang des
Kolbens das Kolbenventilgeichlofien und die Fiuſſig⸗
keit durch den Drud der Atmoſphäre in dem Rohr
bis in den Stiefel getrieben; beim Niedergang
des Kolbens (Fig. 5) wird das Saugventil ge:
ſchloſſen und das Kolbenventil geöffnet, ſodaß das
Mafler durch dasfelbe über den Kolben treten fann.
Der Drud der äußern Luft hält einer Waflerfäule
von 10,336 m das Gleichgewicht. Weil die Luftleere
in dem Saugrohr nicht volllommen zu erreichen ift,
fann jedody mit diefen P. nur bis zu einer Höhe von
7 bis 8 m gefaugt werden; der Kolben darf aljo
nicht höher über dem Unterwaſſer angeordnet wer:
den. Eine Saug: und Hubpumpe erhält man,
wenn man Saugrohre an den einfachen Hubpum-
pen anbringt, aljo den Stiefel von dem Unter:
waſſer entfernt.
Die Drudpumpen arbeiten ftet3 mit maflt-
vem Kolben, der entweder ſcheibenförmig it und
fi) in einem Gylinder, dem Stiefel, bemegt,
oder aus einem langen Gylinder, dem Blun:
ger (au Bramah⸗- Mönds: oder Taucherkol⸗
ben genannt), beſteht, weldger die Wandungen des
Stiefels nicht berührt, fondern nur am obern Ende
des leßtern durch eine Stopfbüchſe geführt iſt.
Fig. 6 und 7 ftellen das Prinzip der erften Art dar.
Beim Aufgang des Kolbens hebt ſich das untere
Ventil; die Flüſſigkeit ftrömt ein, der Riede
gang
des Kolbens bewirkt den Schluß des untern Bentils,
jowie das Fortdrüden der Flüffigkeit durd das
obere Ventil und die Drudleitung. Fig. 8_ftellt
das Prinzip der zweiten Art dar; hierbei iſt Gang:
und Drudpumpe vereinigt. Zur Bejeitigung bes
ftoßweifen Ausflufies, des Waſſers, welcher bes
ſonders bei einfachwirlenden P. fehr ftart aufs
=
’
21. Wanddampf-
pumpe von
Weise u. Monski,
Halle a. 8S.
'wl
30, 31. Zwillingsdampfpumpe von Klein, Schanzlin u.
Becker, Fraukenthal.
23. Freistehende Dampfpumpe
von Weise u. Monski, Halle a. S.
29. Vertikale Wanddampf-
plungerpumpe von Schütz u,
Hertel, Wurzen.
2
1.8. Hubpumpen. 4. 5. Saug- und Hubpumpen.
13. Aufl.
Brockhaus’ Conversations- Lexikon,
26. Flügelpumpe
, 832. Dampfpumpe der Wasserleitung
in Brooklyn bei Neuyork.
= von Schumann u. x
18. Gartenspritze von Köppe, Leipzig. 28. Rotie
W. Knaust, Wien. 2
5 W,Gar
2 19. Wandpumpe
Efrer für Handhetrieb
==’ von W. Knaust,
Wien.
INPEN.
7 27. Flügelpumpe von
Schumann u. Köppe,
6. 7. Druckpumpe. 8, Suug- und FREIE ER ORTEN :
; Druckpumpe. Leipzig (im Schnitt). 90, Kesselspeisepumpe für Hand-
i betrieb von Weise u. Monski,
Halle a. 8,
x irende Pumpe von
Würens, Hannover.
16. Hydraulischer Widder von
W. Garvens, Hannover.
10. Ketten- oder
Juuchepumpe.
11. Ketten ·
pumpe von
W,Garvens,
Hannover,
23. Dampfpumpe mit stehen-
En dem Kessel von Weise
| u. Monski, Halle a.S.
24. I penanlage für
tiefe Brunnen mit
Göpel- und Handbe-
25, Horizontale Dampfpumpe von
ir 17. Hals trieb von Weise u. k h
„+ Mlsometer, 9. Membranpumpe. Monski, Halle a. S. Weise u. Monski, Halle a. S.
um I — — —
— Zu Artikel: Pumpen.
Numpen
tritt, orbnet man Windfejjelan, Behälter, in
benen Luft angefammelt it. Durd das Pumpen
wird dieſe Suft derart komprimiert, dab fie das
Waſſer in faft gleihmäßigem Strahle zum Ausfluß
bringt. Windtefjel, welche über den Saugrohren
unter den Saugventilen angeorbnet werben, heißen
Eaugmwindfefjel; fie heben teilweiie die Stoͤße auf,
die beim Eintritt des Waſſers im Stiefel entitehen.
Diedoppeltwirtenden Bumpen findderart
Tonftruiert, dab an beiden Enden des Sticfels je ein
Einlaß⸗ und ein Auslaßventil angebradt find; in:
folge deſſen werden beim Hergang wie beim Rüd:
gang gleiche Waſſermengen angefaugt und fortge:
drüdt. Für Hlüffigkeiten, welche das Material der
B. angreifen würden, oder welde Sand, reip.
lörnige Niederfchläge mitführen, werben Konftrul:
tionen angewendet, bei denen die zu hebende Flüffig:
keit durch eine elaftiiche Membrane von der B. ge:
trennt bleibt (Fig. 9). Durch den Auf: und Nieder:
gang des Kolben werden Schwingungen der Mem—
brane erzeugt und die Flüffigkeit angefaugt und
fortgedrüdt. Für unreine Flüfligleiten werden Het:
tenpumpen (ig. 10 u. 11) benukt, welche befon:
ders ala Tauchepumpen Verwendung finden, Gine
Kette ohne Ende, in gewifien Abjtänden mit Schei:
ben aus Holz, Eiſen oder Gummi verjchen, iſt durd)
ein Rohr geführt, ſodaß die Scheiben die innere
Rohrwandung leicht berühren und jtatt der Ketten
zum Heben der lüifigleit dienen. Diele Kette wird
durd Hand: oderMaichinenbetrieb in Bewegung ge:
ſeht. Wird das Anjaugen und Weiterdrüden der
Flüſſigleit durch drebende Bewegung des Kolbens
in einem Gehäuſe ſtatt durch hin und her gehende
bewirkt, fo iſt die P. eine rotierende, Der Kol—
ben ſaugt dadurch Flüffigkeit ein, daß er ſich von
der Wandung entfernt; er drängt die Flüſſigkeit
aus dem Gchäufe, indem er fi) der Wand wieder
nähert (Fig. 12). Zu den rotierenden Pum—
pen gehören aud) die Kapſelräder (j. d.).
BeidenGentrifugalpumpenwird die Flüſſig—
teit einem in einem Gehäuſe jchnell rotierenden
Schaufelrad in der Achienrichtung desielben zu:
geführt, die Gentrifugaltraft treibt die Flüſſigkeit
nad) dem Umfang des Schaufelrades, reſp. des Ge:
häuſes und zwingt diefelbe zum Austritt. Um das
Waſſer auf eine beftimmte Höhe zu fördern, muß
die Umfangsgeichwindigteit des Rades größer fein,
als die der Förderhöhe entiprechende Fallgeſchwin—
digkeit. Fig. 13 zeigt eine Centrifugalpunpe im
Schnitt durch Gehäufe mit Schautelrad, Fig. 14
eine Gentrifugalpumpenanlage. -
Mit dem Namen Hydrauliiger Widder oder
Stoßbeber (vgl. eben) bezeichnet man eine
Waſſerhebemaſchine, bei welcher als bewegende
Kraft die Kraft eines Gefälles benupt wird. In
Big. 15 it ein Hydrauliiher Widder ſchematiſch
dargeltellt. Das Waſſer jtrönıt durch ein Rohr in
den Apparat, der mit einen Speriventil, Steig:
ventil, Windkeſſel und Eteigrohr verfehen ift. Iſt
ber Apparat in Ruhe, jo füllt fih das Steigrohr
bis zur Höhe des Oberwaſſerſpiegels in den offenen
Gefäß. Wird das Sperrventil aufgeſtoßen, fo
fließt eine gewille Menge Wajler aus dem Apparat,
dasjenige im Zuflußrobr drängt nad, und jobald
dasſelbe eine gewiſſe Geſchwindigkeit erlangt bat,
fchließt der Waflerdrud das Sperrventil. Die ganze
im Rohr in Bewegung geratene Waſſermenge
tommt jebod) nicht jogleich zur Ruhe, fondern ſtößt
das Steigventil auf, wodurd eine Quantität Waj:
des äußern Luftdruds geöffnet wird, wodurch
391
fer in — das Steigrohr tritt; dem:
gemãß ſteigt das Waſſer höher als der Spiegel im
—— Ehe ſich hierauf das Steigventil
ſchliehen kann, nimmt die Waſſermaſſe im Zufluß—
rohr eine kleine — u an, durch welche
der Drud auf das Sperrventil für kurze Zeit auf:
gehoben und dasjelbe vermöge feines Gewichts *
er
Gang des Stoßhebers ein ſelbſtthätiger wird.
Fig. 16 zeigt einen Stoßheber nad) der Ausführung
von W. Garven3 in Hannover.
‚Beim Bulfometer, welcher gleichfalls unter
die P. zu rechnen ift, wird Waſſer durch direkte
Einwirkung von Raflerdampf gehoben. Die erite
Konftruftion diefer Art wurde 1698 von Ihomas
Savery (ij. unter Dampfmajdhinen, Bd. IV,
©. 817°) ausgeführt; erſt nahdem die Erfin:
— 1871 durch den Amerikaner Henry Hall ver:
volllommnet worden war, fand diejelbe praktiſche
Verwertung. Zwei nebeneinanderliegende flachen:
förmige Kammern find durch ihre Hälfe miteinan:
ber verbunden und münden in einen gemeinfamen
Bentilfaiten, durch welchen der Dampf eintritt.
Das Tamprventil wird durch eine Klappe oder,
wie in ig. 17 an 57— durch eine Bronze:
fugel gebildet; dieſe I icht abwechſelnd die beiden
PBunpenräume, Die untern Teile der Kammern
fonımunizieren durd Ventile mit dem Eaugrohr;
außerdem ftehen die Kammern mit eimer zwijchen
ihnen liegenden VBacuumlammer in Verbindung.
Unter dem Saugrobrftugen wird ein zweites
Saugventil angebracht, das dazu dient, das ein:
gedrimgene Waller am Nüdjall zu verhindern.
Der einftrömende Dampf tritt je nad) der Yage des
Ventils am Kopfende der Kammern in eine der:
jelben und drüdt die in ihr befindliche Flüjſſigkeit
durch die Drudöffnuung hinaus. Hierbei findet, weil
der Dampf beim Gintritt nur mit einer geringen
Hlüffigkeitsoberfläcye in —— fommmt, geringe
Kondenfationdesjelben ftatt; die Flüffigleit wird auf
eine. dem Dampfdrud in der Kammer entiprechende
Höhe getrieben. it die Kammer mit Dampf ge:
füllt und die Fluſſigleit aus berfelben heraus:
gedrüdt, fo findet durch zurüdfallendes Wailer
plöslihe Kondenjation ftatt und es wird ein fait
volllommenes Vacuum erzeugt. zn wird das
Dampfventil rad) diejer Seite bin angefaugt, der
Dampf abgeichlofien und gezwungen, in die andere
Sammer zutreten und hier das Spielzu wiederholen.
Zu den Pumpen gehören aud bie Feuer:
jprigen (1. d.). ig. 18 zeigt eine Gartenſpritze
von W. Knauſt in Wien. Die Bumpe (fig. 19) der:
felben Firma it eine Wandpumpe für Handbe—
trieb, die mittel3 Schrauben befeftigt wird. Bei der
Kefielfpeifepumpe für Handbetrieb von Weije
u. Monsti in Halle a. ©. (Fig. 20) iſt der Pum—
penſchwengel drehbar, fodaß die Befeltigung auf
der rechten oder linten Seite gefchehen fann. Tie
MWanddbampfpumpe derjelben Firma (ig. 21)
ift boppeltwirfend; fie wird mittels Schrauben an
der Wand befeitigt. Bei der in Fig. 22 dargeltellten
Dampfpumpe mit ftehendem Keſſel von
Weiſe u. Monsli it links eine Zwillingspumpe
für das zu fördernde Wafler, rechts die Pumpe,
welche dem Keſſel das Speifewaifer zuführt. Tie
Speifewafjerpumpen werden aud) ald Halt:
wafierpumpen bezeichnet. Fig. 23 zeigt eine
freiftehbende Dampfpumpe derfelben Firma,
die zur automatiihen Speifung von Maiſch- und
392
Deftillierapparaten bient; bei derfelben ijt der Hub
veritellbar. Die Bumpenanlage für tiefe Brunnen
mit Göpelbetrieb (Fig. 24) it mit_einer doppelt:
wirfenden Zwillingspumpe verjeben. Fig. 25
zeigt eine horizontale Dampfpumpe auf eige:
nem Fundament... Fig. 26 und 27 ftellen, eritere
geſchloſſen, leßtere im Schnitt, eine Flügel:
pumpe von Schumann u. Köppe in Leipzig dar.
Der in dem feiten Gehäufe Shwingende Kolben ift
mit zwei Drudventilen verfehen. Gin feſter Boden
trägt zwei Zaugventile, zwischen denen ——
wand errichtet iſt. Beim Schwingen des Kolbens
findet auf der einen Hälfte Saugen, auf der andern
Drüden ftatt. Dierotierende Bumpe von Bar:
vens in Hannover ift auf einem Dreifuß montiert,
fodaß fie leicht transportiert und aufgejtellt werben
fann (Fig. 28). Fig. 29 zeigt eine vertifale Wand:
dampfplungerpumpe von Schüb u, Hertel in
Wurzen, welche hauptiächlich für dide Flüſſigkeiten
in Brauercien zur Anwendung kommt. ig. 30
u. 31 ftellen eine Zwillingspampfpumpe von
Klein, Schanzlin u, Beder in Frankenthal dar, die
für große Waſſermengen bejtimmt it.
Die Waflerverforgung der Großſtädte erfordert
PBumpenanlagen von bebeutenden Dimenfionen.
dig. 32 zeigt die Purmpenwerke für die in Broollyn
— Waſſerleitung von Neuyork. —
(S. aud Luftpumpe und Strahlapparate.)
Pumpenſood ijt ein Bretterverichlag, in wel:
chem die Schiffspumpen Steben, und der vom Ober:
ded bis unten auf den Kiel reicht, damit die Pum—
pen nicht beichädigt oder bei lojer Ladung (Kohlen,
Korn u. j. w.) nicht veritopft werden lönnen.
Bumpenftiefel, das Nolbenrohr einer Pumpe.
Pumpermetten, |. Sinitermetten.
Bumpernidel beiht das in Weitfalen, befon:
ders im Münjterichen und Dsnabrüdiichen, aus
die Kleien noch enthaltendem Roggenmehl gebadene
grobe, ſchwarze Brot in großen, meijt vieredigen
Laiben, wovon ein einziger oft 30 kg wiegt. Es
gehört dazu eine eigentümlidhe Behandlung des
eig& und des Feuers, da das Gebäck 12— 14
Stunden im Badofen ſtehen muß. In neuerer Zeit
kommt B., der für den Yandbewohner, welcher fich
ausarbeitet, eine jehr kräftige Nahrung iſt, vielfach
auch in den Handel. Üüber die früher behauptete
bejondere Nahrbaftigkeit des P. bat man ſich Täu—
ſchungen bingegeben. Neuere, im phyſiolog. Sn:
titut in München ausgeführte Unterſuchungen ba:
ben ergeben, dab der P. von allen Brotarten
im Organismus am wenigſten ausgenußt werde.
Unter den zahlreichen Etymologien für dieſes Wort
it die wahrjcheinlichite die, nach welcher es von
einer Bezeichnung diejes Brotes jeitens der Stadt
Dänabrüd abgeleitet wird, welde bei einer
Hungerönot un 1400 für die ftädtiichen Armen
Brot baden ließ und dies abona panicula» nannte,
woraus im Vollsmund korrumpiert das Wort P.
entitand; der Turm, in welchem ber betreffende
Magitratsbadofen lag, wird noch jeht Bernidel
genannt, Nach einer andern, wohl ſcherzhaften
Unnahme it P. eine Berftümmelung der franz.
Worte: «bon pour Nickel», mit denen ein ran:
zoſe dieſes Brot ala gut für Pferde (Nidel war der
Name feines Pferdes) bezeichnet haben ſoll.
PBumpernidel heißt auch ein Judergebäd von
trodener Konfiitenz, welches mit Zujak von grob
eichnittenen fühen Mandeln, Citronat und ver:
hiedenen Gewürzen’ in längliche Brote geformt,
Pumpenfood — Bunderpur
auf einem Blech gar aebaden, no warm in Schei:
ben zerſchnitten und jo nochmals gebaden wird.
n, japan. Gewicht. Gandariı.
una, Dunai, engl. Boona ‚ein Kollektorat
ber füdl, Divifion der brit!: ind, Bräfidentichaft
Bombay, mit 14200 gkm und (1872) 997235 E.,
hauptſächlich Maharatten,
Die Hauptftadt Buna, in kahler Ebene an
der Vereinigung (Sungum) der Flüfie Muta und
Mula, früher F 1750 ftatt Satara) Eik des
Peiſchwa und als folder die Hauptitadt der Dia:
—— ſoll zu ihrer Blütezeit 150000 E. ge:
abt haben und zählt (1881) wieder 129751 E.,
Dat auch durch die Briten mannigfadhe Berbejie:
rungen erhalten. Die Stadt ift eins der Haupt:
quartiere der brit. Bonbayarmee, hat jet Ning:
mauern, ein Fort, gute Straßen und Bazars, in
dem großen, aber geſchmacloſen ehemaligen Balajt
des Peiſchwa ein Befängnis, Kranken: und Irren—
haus, Seit 1846 befindet ſich bier eine engl. Ne:
gierungsichule, verbunden mit einem 1821 geitifte:
ten Sanäfrittollegium, welches aus drei Abteilun-
gen für Sanskrit, Engliſch und Lehrerbildung
bejteht. ferner beiteben dafelbjt mehrere Mädchen:
ſchulen. Als Handels: und Fabrikſtadt bat P.
gegen früher verloren; nur die Händler mit Korn
und Nobitoffen haben fih noch im Wohlſtand er:
halten. Saum 2 km weitlid von der Stadt befin:
den fi) die großartigen Nantonnements der engl.
Truppen mit geräumiger Kirche und comfortablen
Dffizierswohnungen. Im Norden und Diten liegen
zablreiche, teiliweije in den Annalen der ind. Kriegs—
aefchichte, befonders durch die blutigen Kämpfe der
Briten 1817 und 1818 berühmte Felſenfeſtungen.
Für die brit. Truppen zu B., und auch ſonſt von
grober Wichtigkeit it Mababaleihwar, ein
75 km im Eüdweiten der Stadt und ebenjo weit
vom Meere, 1300 m über deinjelben auf den Ghats
gelegenes Torf mit einem 1828 gegründeten viel:
befuchten Sanitarium. Der Ort bat alle Ginrich:
tungen folcher indobrit. Gejundheitsanftalten und
N auch meteorologijch berühmt als einer derjenigen
rte der Erde, wo am meiſten Regen fällt, nämlich
jährlich 630 em in 127 Negentagen, meiltens in
den vier Monjunmonaten. Die meteoroloa. Gr:
ſcheinungen find bier von großer Negelmäßigfeit.
Buna, zur Provinz Guayas der Nepublit Gcuas
dor gehörige Anjel im Golf von Guayaauil des
Großen Oceans, 45 km lang und 22 kn breit, dicht
bewaldet, hatte zur Zeit der Landung des Pizarro
(1531) etwa 20000 G.; die wenigen ndianer,
welche P. jeht bewohnen. bringen fog. Panama—
hüte in den Handel.
Bunas, die öden, vegetationslofen Hochplateaus
von 4000 m und darüber in Peru (f. d., Bd. Xli,
©. 839 fg.; vol. Paͤramo).
Punch, fatiriiche Zeitichrift, f. unter Punſch.
Punch, Pierderaiie, ſ. unter Punſch.
uudenn, engl. Weinmaß, = 1, Hogshead,
= 3,50 hl,
Punota diaeresdos (lat.), Trennungspunlte,
ſ. unter Diärefis,
Punotum ooeoum (lat.), die Stelle der Neb-
baut, an welcher der Sehnerv in das Auge tritt.
Punotum saliens (lat.), hüpfender Punkt, in
der Anatomie die früheite Anlage des Herzens beim
Gmbryo (f. d.); bildlich der Yevensvunlt, Haupt:
punkt, auf den alles anlommt,
Punderpur, Stadt, foviel wie Pandharpur.
Pılnditen — Puniſche Kriege 393
Bunditen oder Banditen, eingeborene Aſia—
ten, meilt Inder, welde von den Engländern zu
Geodätencausgebitdet werden, -umsin Tibet und
andern ‘den Guropäern ſchwer zugänglidien Ge:
bieten Forſchungsreiſen zu unternehmen. Der erſte
BP. war Mohammed.i Hamid, welcher» 1865—64
über den-Staralorumpaß nad Jarkand reiſte; der
berübmteite war Nain:Singb (I. d.).
Bundichab, joviel wie Pendſchab.
Punica (lat.), der Granatbaum.
Punier oder Pönier (Poeni) wurden die Kar—
tbager genannt nad) ihrer Abjtammung von den
Phöniziern, (S. tartbago.)
- Bunifcher Apfel, joviel wie Granatapfel.,
Bunifche Kriege nennt man die drei Kriege
der Nömer mit den Karthagern, die von den No:
mern gewöhnlid; Poeni, Punier, d. i. Bhöniter,
genannt wurden. Die.Groberung von Unteritalien,
die 265 v. Chr. vollendet war, hatte die Römer den
Karthagern genähert, die einen großen Teil Sici:
fiens bejaßen und mit dem —— des übrigen,
Hiero II. von Syralus, damals im Frieden lebten.
Den Anlaß zum Kriege bot das Hilfsgeſuch der in
nl ie von Hiero belagerten Mamertiner, dem
die Römer entipraden, was ein Bündnis des Hiero
mit den Narthagern zur Folge hatte, Appius
Glaudius Gauder ging mit einem Heere nad) Sici:
lien, bejehte Meſſana, und damit begann der erjte
Puniſche Krieg, 264—241. Hiero ſchloß ſich
bald den Nömern an, deren Siege in Sicilien
jedoch fruchtlo3 bleiben mußten, jolange fie den
Karthagern nicht auch zur See die Spihe bieten
fonnten. In kurzer Zeit wurde daher die erite röm.
Siriegäflotte gebaut, mit der Gajus Duilius, der
durd die Anwendung des Enterhakens den Krieg
zur See dem zu Lande ähnlicher machte, über_die
im Seeweſen erfahrenen tarthager den erjten See:
fieg bei Diylä (260) erfocht. Nach einem zweiten
groben Seeſieg bei dem Berge Ginomos (256)
verjekte Marcus Atilius Negulus den Krieg in
das fartbag. Afrika jelbit, wo er die Karthager
ſchlug und in Tunes überwinterte. Schon dadıten
diefe an Frieden, als ihnen der Spartaner Xan:
thippus geübte griech. Söldner zuführte; durch ihn
wurde 255 das röm. Heer geſchlagen, deſſen Trüm:
mer fih nad dem feiten Orte Clupea retteten,
von wo fie die röm, Flotte nach einem Sieg über
die fartbagiiche beim Hermäiſchen Vorgebirge heim:
holte. Nachdem diefe Flotte auf der Nüdjahrt bei
Camarina und eine neue im J. 253 an der Stitite
Lucaniens Schiffbrud erlitten hatten, befchräntten
fih die Römer auf den Landfrieg in Sicilien, wo
die Karthager nach dem Siege des Lucius Cäcilius
Metellus bei Panormus über Hasdrubal (250) auf
den Bejit des wejtlichiten Teils, bei Lilybäum, Dre:
pana und Eryr, beichränlt wurden. Hier wurde
ber —* mit wechſelndem Glüd —— Hamil⸗
tar Barkas, ſeit 248 karthag. Oberfeldherr, errang
mehrere bedeutende Erfolge, bis die Entſcheidung
durch den großen Seeſieg, den Gajus Lutatius
Catulus mit einer durch freiwillige Beiträge der
röm. Bürger neu geſchaffenen Flotte bei den Liga:
tiſchen Inſeln erfocht (241), herbeigeführt wurde.
Die Karthager mußten den Frieden durch völlige
Verzihtleiftung auf Eicilien, das die erſte rom.
Brovinz wurde, und durd) die Zahlung von 3200
Zalenten erlaufen. (5. Narthago.) j
Der zweite Puniſche oder Hannibaliſche
Krieg, 218— 201, begann, alö Hannibals An:
griff auf das von ben Römern gefhüste Sayunt
von den Karthagern gutgebeißen wurde. Hannibal
lan ; nachdem Sagunt gefallen, den Röntern, die
den Strieg nach Spanien verſehen wollten, zuvor
und fiel, nachdem er.die. Pyrenäen überfchritten,
das jüdl, Gallien durchzogen und, feinen bewun:
derungswürdigen Marjch über die Alpen gemacht
hatte, in Stalien ein, wo er die Römer zuerft in
dem Neitertreffen am Ticinus, dann an der Mün:
dung der Trebia in den Po überwand (218) und
im näditen Jahre 217 über den Apennin nad)
Gtrurien zog. Die Niederlage, weldye der Konſul
Gajus Flaminius am Traſimeniſchen See zwiſchen
Cortona und Peruſia (Perugiq) erlitt, vermochte
die Feſtigleit des röm. Senats nicht wu brechen,
und Quintus Fabius Marimus verſtand es, durch
Huge Krieyführung, die ihm Später den Namen de3
Zauderers (Cunctator) erwarb, Hannibal, der durd)
Umbrien, Bicenum, die Gebiete der Bejtiner, Mar:
ruciner und Frentaner nad Apulien gezogen war,
in den ſamnitiſchen Bergen hinzuhalten. Jm J. 216
aber bradıte die furchtbare Niederlage, welche die
Nömer bei Gannä erlitten, Nom nahe an den Rand
des Verderbens. Es wurde gerettet durch Die Weis:
beit jeines Senats und die Standhaftigfeit des
Volks. Hannibal, der wohl erfannte, dab ein An:
griff auf Nom felbit auch nach einem jolden Siege
erfolglos, ja gefährlich fein würde, zog ſofort nad)
Gapıra, wo er fein Heer überwintern ließ; das
Bündnis, das er mit dem macedon. Könige Phi:
lipp V. ſchloß, war fruchtlos, da dieſem die nötige
Energie ganz abging, und die röm, Politik ihn dann
auch namentlich durd die Ütolier in Griechenland
beichältigte; 2 das Übergewicht der karthag.
Partei in Syralus nah Hieros Tode gewährte
feine Hilfe. Marcus Claudius Marcellus, der 216
bei Nola den erjten Vorteil über Hannibal im offe:
nen Felde errungen, wurde 214 nad) Sicilien ge:
jendet, das, nachdem Syrakus nad zweijähriger
Belagerung fih ergeben hatte (212) und endlich
auch Agrigent durch einen numidiſchen Offizier,
Mutines, den Römern ausgeliefert worden war
(210), wieder ganz im Beſiß der Nömer war, Von
Karthago nicht unterſtühzt, focht Hannibal in Unter:
italien zwar meijt fiegreich gegen die Römer, aber
zu entſcheidenden Schritten war er zu geſchwächt,
und auch fein plößlicher March auf Nom (211)
vermochte Capua nicht vor der Rache der Nömer
zu fhühen. Die Bernihtung des Hilfsheerd, das
ıhm fein Bruder Hasdrubal von Spanien ber zu:
führte, unfern von Sena in Umbrien duxch die
Römer entichied 207 den Krieg in alien. Zu den
Bruttiern, die ihm treu blieben, zurüdgedrängt,
bielt fi) Hannibal in der Sübweitipike noch bis
zum J. 205, wo er dem Befehl des larthag. Senats,
der ihn zum SR der Vaterftadt zurüdrief, gleich
feinem Bruder Mago, der in Ligurien gelandet
war, gehorchen und Italien verlafien mußte.
Waͤhrend des ital. Kriegs hatten Die Römer auch
in Spanien, wo Hannibal feinen Bruder Hasdrubal
als Oberbefehlshaber zurüdgelafien hatte, tapfer
gelämpft. Die Brüder Onäus und Publius Cor:
nelius Scipio hatten feit 217 dort mit Glück gegen
Hasdrubal gefochten und diefen dadurch abgehalten,
Hannibal nad) Italien zu folgen. Im J. 212 unter:
lagen aber beide und ihr Heer wurde vor Vernic):
tung nur durch Lucius Marcius bewahrt. Aber
nun übernahm der Iunge Publius Cornelius Scipio,
des Publius Sohn, den fpan. Oberbefehl, Er
394
ewann bie Ipan. Bölter durch Milde wie durch feine
iege über die Harthager, denen er das wichtige
Neularthago 210 abnahm; Hasdrubal wurde 208
bei Bäcula in Andalufien geſchlagen. Der Abzug
Hasbrubals, den Scipio nicht zu hindern vermochte,
erleichterte ihm die Führung des Ariegs in Spa:
nien, ben er, nachdem er Hasdrubal, Gisgos Sohn,
und Mago wiederum 207 bei Bäcula geichlagen,
und der lebtere 206 Gades, ben lepten Plat, den
die Karthager noch innehatten, verlaffen hatte, um
feine Truppen nad) Xtalien zu führen, mit der Ein:
nahme von Gades für bie Römer fiegreic endete,
In Rom erbielt er für das J. 205 das Konfulat
unb bie Zn Eicilien; 204 landete er an ber
larthag. Küfte, er über Hasdrubal, den Sohn
Gisgos, und den numidiſchen Fürften Syphax, und
bie Harthager jahen eidg ey ige vn
das lehte Rettungsmittel. In der Ebene von Zama
lam es 202 zwiſchen den beiden großen Felbherren
aut Schlacht. Scipio blieb Sieger, und im farthag.
enat ſprach Hannibal nun felbft für den Frieden.
Die Bedingungen, die Scipio ftellte, genügten, um
Karthagos Macht zu brechen. Die Karthager muß:
ten 50 Jahre lang eine jährliche Kontribution von
200 Talenten zahlen, bie Kriegsichiiie bis auf zehn
und die Glefanten ausliefern, den mit Rom ver:
bündeten Numiderfürften — entjchädigen
und geloben, feinen Krieg fernerhin ohne Noms
Erlaubnis zu führen. Bol. Keller, «Der zweite
Puniſche Krieg und feine Quellen» (Marburg 1er:
War der zweite ein Kampf um die Weltherricaft
geweien, fo war ber dritte Puniſche Krieg
149—146, von feiten der Karthager ein Kampf
der Verzweiflung um ihre Grütenz. Der Wider:
ftand, den die —— den Quälereien des Maſi⸗
niſſa entgegenzuſtellen ſich genötigt ſahen, wurde
von den Romern, die fie — gelaſſen hatten,
als Bruch jener Friedensbedingung erllärt. Haß
und Begier nach den Reichtümern der wieder auf—
blühenden Stadt, —* als Beſorgnis vor einer
Gefahr, die von ihr drohen könnte, waren es, welche
die Römer bewogen, dem Verlangen des ingrimmi:
gen alten Cato Folge zu geben und den Krieg zu
erllären. Die geängfteten Karthager verftanden
fich zur Stellung von Geijeln, zur Auslieferung
der Waffen und Schiffe; ala aber die Römer nun
mit der Forderung bervortraten, fie follten ihre
Stadt verlafjen und ſich mindeftens 10000 Schritte
vom Meere entfernt anfiedeln, erhoben fie ſich zum
Kampf. Der Konjul Manilius wurde 149 von
Hasdrubal zweimal geſchlagen, auch der Konful
Lucius Calpurnius Piſo vermochte 148 nicht3, und
erit 146 eroberte Publius Cornelius Scipio Ami:
lianus die Stabt, die er über ein Jahr belagert
tte und die von ben Einwohnern, noch als bie
Römer ſchon eingedrungen waren, Schritt für
Schritt verteidigt, endlid den Flammen geopfert
wurde. Bol. Jäger, «Die Puniſchen Kriege» (2 Bde,,
Halle 1869); Neumann, «Das Zeitalter der Buni:
chen Kriege» (herausg. von Faltin, Brest. 1883).
mente reue (Fides Punica), d. i. fartha:
ginienfifhe Treue, f. unter Graeca fides.
PBunig (poln, Poniee), Stabt im preuß. Regie: |
rungsbezirt Poſen, Kreis Kröben, lints am Bolni:
fchen Landgraben, nahe der ſchleſ. Grenze, hat
(1880) 2008 E., darunter 760 Bolen, 56 Juden,
eine kath. und eine evang. Pfarrkirche, viele Wind:
müblen, rege Stellmacherei, Böttderei und Tiſch— |
lexei, fowie Schweinehandel. P., bereits kurz nad)
Punifhe Treue — Punktion
1200 erwähnt, lag ehemals an der großen von Ro:
fen nad) Breslau führenden Handelsſtraße. Etwa
1,5 xm weitlid) von P. iſt 1884 eine I milde De:
EBEN, gefunden worden, wo zahlreiche Urnen
ern, Bei ®. befiegte 1704 Karl XIL die Sachſen.
ünjer Bernd. ‚ Prot. Theolog, geb. 7. Juni
1850 zu Friedrichsgaabeloog in Schleswig-Holltein,
ftubierte 1870— 1874 zu Jena, ngen, Zürid)
und Kiel, habilitierte Ka 1875 in Jena als Docent
ber Theologie, wurde 1880 außerordentlidier Bro:
* und ſtarb 13. Mai 1885. Ein Schüler von
ipſius und Biedermann, gehörte er der freien
wiſſenſchaftlichen Richtung an. Sein Hauptfeld
war das der Religionsgefhichte und Religions:
—2533 — Seine Hauptſchrift iſt «Die Geſchichte
der chriſtl. Religionsphiloſophie ſeit der Refor—
mation» (2 Bde., Braunſchw. 1880—83). Außer⸗
dem verö ntlichte derjelbe eine kritiſche
von «Scleiermachers Reden über die Religion »
Braunſchw. 1879) und gab feit 1880 den «Theol.
a —— on heraus. ’
unft (lat.) heißt in der Geometrie nad) des
Euflides Definition das, was keine Teile oder feine
Ausdehnung bat. Ein P., in Bewegung gedacht,
beichreibt eine Linie. P. bilden die Grenzen, nicht
aber die Teile einer Linie. In der Arithmetik it
ber ®. Zeichen der Multiplitation. — In der mufi:
taliſchen Notenſchrift ift der P., ſobald er neben
einer Note fteht, ein Zeichen, welches die Beitgel:
tung des Tons um die Hälfte vermehrt; ftehen zwei
®: hinter einer Note, fo gilt der zweite wieder die
älfte von dem erjten. Man nennt derartige Noten
punttierte Roten. Gin P. über einer Note be:
deutet, daß diefelbe leicht abgeſtoßen werden joll,
was man staccato nennt.
Punktation (lat.) heißt jede fchriftliche Beur:
fundung, worin die Hauptpunlte eines zu Schließen:
den Vertrags enthalten find und aus welder, jo:
bald fie gegenfeitig angenommen worden, jhon auf
Vollziehung geklagt werden fann. Die noch in Aus:
fit jtehenden mweitern Vereinbarungen follen dann
nur nod) wegen der Ausführung des fiberein-
tonımen® und binfichtlich bloßer Nebenpunlte das
Erforderliche beſtimmen.
unftierfunft, |. Rupferftehlunft.
unktierkunſt, eine Art, Dratel zugeben, indem
man eine Anzahl Bunte, die man ohne befondere
Abficht verzeichnet, in Figuren bringt, um daraus
nad gewiſſen Regeln verborgene und zulünftige
Dinge zu erforfchen. Diefe Art der Meisjagung
wird von den Arabern hergeleitet, welche die Buntte
mit einem Stabe in den Sand oder Erbe zu machen
flegten, weshalb fie auh Geomantie (d.i. Weis:
agung aus der Erde) genannt wurde. Die Regeln
der in den untern Volksſchichten noch fehr beliebten
Kunft finden fi in den jog. ed Ser
Bunktion (lat.), in der Chirurgie bie Durch:
trennung der Weichteile vermittelft fpiker und
ftechender Inſtrumente, um Aufſchluß über Beſchaf⸗
fenheit und Widerftand der tiefer gelegenen Teile
u erbalten oder widernatürlich angejammelte
lüffigleiten oder Gafe aus denjelben zu entfernen.
Handelt es fi dabei um bie fünftlihe Gröffnung
einer Körperhöble (Bruft: oder Bauchhöhle, Harnz
blafe, Herzbeutel), jo heißt die Dperation aud) Pa⸗
racente je Man führt die P. je nad) dem beabs
fihtigten Zwed entweder mit einem jhmalen fpiben
Mefjer oder dem Trolar (f. d.), oder mit langen
ftählernen Nadeln (ſ. Alupunttur) aus und
Bunftlorallen — Pupille
bededt nach ber P. bie Heine Wunde mit Heftpflafter
ober einem anti en, Samilie
poridae * eine
von Cölenteraten, die man früher den en ten oral:
len zuzäbfte, jebt aber, auf Grund umfafjender Un-
bilden maſſi ge verjweigte,
i ſige, oder au aus
Stöde oder Kolonien von oft be:
trädtlicher Größe, in — die ei
nen Individuen, weiche alle ziemali
einfaden, runden, Ang = Bunttlö
—— ind und
nenben $
feinen —— gende e.. ftrabligen Bau
Kattftelett it außerdem
rchzogen.
nd find, in
aufweilen. Das ganze
” imiento der Republif Peru, grenzt
‚am Bolivia, im R. und W. an das
* ferner i im W. an bie peruan.
name user requipa, Moquegua und Tacna
und — 52301 qkm (1876) 256 594 G., welche
bejonderd Viehzucht, am Titicacafee auch Aderbau
und etwas Ber treiben meebededte Ge:
birgözüge der Anden rufen ein kaltes Klima ber:
vor; im R., in der Waldregion, fließen die Gemäller
zum Rio Snambari, im ©, zum Ziticacafee, defien
nordweſtliche Hälfte hierher gebört.
Puno oder Eoncepcion de Buno, Haupt:
ftabt des rtimiento, an ben weltlichen Bufen
des Titicacaſees, 3821 m über dem Meere, durch
Eiſenbahn einerfeits über Arequipa mit Mollendo
andererjeits mit Santa:Rofa verbunden, hat (187 6)
229 €. und —— Tranſithandel nach Bolivia,
dagegen hat der ehemals bedeutende Bergbau jet
ganz aufgehört.
ch, ein allgemein verbreitetes Getränf,
nad Europa gegen Ende des 17. Fahrh
aus Dftindien gelangte, wo die dort anſaͤſſigen
Briten nad dem Veriht 5 («New account
of East-India and Persice, Lond. 1697) es aus
Arak, Thee, Zuder, Wafler und Citronenfaft be:
reiteten und wer - es aus fünf Materialien
nen en ind. Namen Pantſch (d. i.
Hinf in fi — Mundarten) beibehiel⸗
ten. ne, meiſt warm genoſſen, fand in
eg hier — Das Waſſer wird
bei der Bereitung oft ganz oder an Zeil bur
Wein erſeßt ee Außerdem gibt es
viele verfdiedene Arten von P., und i a dem Bar:
teeper:Guide «How to mix drinks» (Neuyort
1862) find allein 79 verſchiedene Punfchrezepte aufs
oeführt. Unter den zahlreichen Buniheffenzen
genicht bie Düfieldorter befondern Ruf.
In keinem Zuſammenhange mit diefem Getränt
ftebt das engl. Wort Bund (befonders durch das
—* ihm benannte ſatiriſche Blatt «Punch» be:
u; welches aus dem ital, Pulcinella entjtand.
Beritümmelumg diefes Namens mag viel:
—— — em, punch, d. i. ein jeder kurze
und dide Gegenſtand (3. B. ein Sind), mitgewirkt
—— In der leßztern Bedeutung gilt auch der
P. für eine —— Raſſe von Gebrauchs⸗
erden, die ſich durch gedrängten, ſtämmigen
u und ftarte Glieder befonder⸗ zur Landarbeit
ıen, }. 2 die Suffol: Bundes, Clydesdale:
Funde. © e Bezeihnung iſt in die deutjche
rache —— und im Pferdehandel wie
bei ——e üblich.
Bunfchpflange, ſ. unter Aloysia,
dei: 00 ‚5 km) verbunden, bat etwa 8000
395
Punta Bichas ſpan.), Gpise, Borgebirge.
% chilen. Kolonie an der Ma:
Ge
rena „Stadt und Hauptausfuhrhafen
ber mittelamerif. Republik Coſta⸗Rica, auf Se
ger, fandiger — am öſtlichen Ufer des Golfs
von * Haupiort eines Diſtrilts und run
deutſchen Bizetoniulats, Station mehrerer Dampfer
Mei: } linien, ift mit Ejparta durch Eijenbahn (22, km)
und mit Gartago durch eine benfinie
und führt
affee, Kautſchuk, Metalle, Häute und Selle, Ba:
nanen, Hölzer, Ecildpatt und Silber in Barren
aus, B, wurde um 1840 gegründet und hat ein
heißes, ungefundes Klima. (f. d.).
nta de Europa, Sübfpite von Gibraltar
uuto be von foviel wie Boint:de-Galle.
unta do Lenha, Hauptitlavenfaltorei im
Lande Congo (f. d.).
en, ſ. Bunzen. [wefen.
larde ofitorium, f. unter Depofiten:
ilarf tion, ein Inftitut des röm.
Erbredts: der Vater als Gene ber über fein
unmündiges (noch nit 12—14jähriges) Hauslind
ſetzt, da das letztere teftierunfähig tft — in
einem Teſtament Erben ein für den daß das
Kind noch vor erreichter —— En während
andauernder väterlier Gewalt) fterben follte.
Dies h, aljo eine ftellvertretende Erbeinfehung kraft
väterlichen Rechts, Subftitution aber war fie des:
balb, weil der Vater fie nit, ohne zugleich über
jein eigenes Bermögen zu teftieren, verfügen konnte
und er bier gewöhnlich das Kind zu Erben einfehte,
ſodaß der Punillariubititut die Erbſchaft des
Vaters ſamt der des Kindes Fre it einge:
tretenem Re erlojd die Gültigkeit
d jeht ſelbſt verfügungsfä —*
wurde. "Diefes Reben ift in moderne
t ohne Modifilation ————
ille (lat. Pupilla), die ce oder das
Seblod, ift die runde, normalerweije teil warz
ericheinende Offnung in der Regenboger o ge⸗
nannt, weil auf derſelben ſich das (eine Bilden
(pupilla, Puppchen) projiziert, welches bie Horn:
baut als Heiner Ronveripiegel von einem ins ——
Ihauenden Beobachter entwirft. J ——
albinotiſchen Auge leuchtet die P. hellrot, weil! Kae
durch die Yugenhäute u bie in das Augeninnere
gelangt und badjelbe dilfus beleuchtet. Die P.
dient hauptfählic zur Negulierung der ind Auge
gelangenden Lichtmenge und hat eine ver:
änberliche Größe. Es befindet ſich nämlich in der
Jris ein doppelter Mustelapparat; ber ringförmig
die B. umkreiſende Verengerer (sphincter) der B.,
welder unter dem Einflufje eines Gehirnnerven
Nervus oculomotorius) ſteht, und ber rabiär ver:
aufende Erweiterer (dilatator) der —— der dem
vom Rudenmart tommenden {ympathiichen Nerven
aehordht. Die P. kann fi verengern ſowohl durd)
Aujanımenzieen des Berengerers als durch Er:
ihlafiung des Ermeiterers; fie dann fid) erweitern
jowohl durd) Aufammenziehen des Erweiterers,
als durch Erſchlaffung des Verengerers. Cine
Verengerung der P. tritt ein bei heiler Beleuchtung,
beim Sehen naher Gegenftände, bei Konvergen;:
Beh der Sehachſen, eine Grweiterung bei
gan oder fehlender Beleuchtung, beim ern:
k en und bei Barallelftellung der Sehachſen. Das
upiltenfpiel hört auf, wenn einer der beiden
396 Bupillen —
Musteln gelähmt it (Jridoplegie); bei Lähmung
de3 Sphineter verharrt die P: im Zuſtande abnor⸗
mer Weite (Mydriaſis), bei Lähmung des Dilatator
im Zuftande abnormer Enge(Myofis). Daher deutet
bei Lahmungszuſtänden eine beftehende Mydriafis
auf ——— der Gehirunerven, eine Myoſis da—
gegen auf Fähmung des Nüdenmarls. Durch Cin:
ringen gewiſſer Prlanzenalfaloide, des Atropin,
Daturin, Hyoscyamin, Cocain, Duboifin, ann die
BP. künſtlich erweitert werden; dieje Mittel werden
daher al3 Mydriatila bezeichnet. Andere haben
die Eigenſchaft, die Pupille zu verengern, das
Eſerin oder Phyſoſtigmin, Pilocarpin, Morphium,
Nicotin, und werden daher als Myotika bezeich—
net. In der Augenheilkunde finden diefe Altaloide
reihlihe Verwendung.
Als Ausdrud gewilfer Entwidelungsftörun en |
kommen fowohl partielle als totale Defekte der
Kris vor, im erſten Falle bat die P. eine birn: |
oder ſchluͤſſellochfoörmige Geſtalt (Coloboma), im |
zweiten (Srideremie) erjcheint fie EL yın: |
gemein weit, Nimmt die P. nicht die Mitte
der Iris ein, fondern liegt ercentrifh, fo nennt |
man das Korreltopie. Die runde Horm der menſch—
lihen P. geht bei den Tieren vielfah in ans
ders gejtaltete, bei der Habe 3. B. in eine ſchlih—
förmige über. Infolge von Entzündungsprozeflen
fann der Nand der B. entweder teilweije oder ganz
mit dem unmittelbar hinter ihr liegenden Linfen: |
ſyſtem verwachſen. Tie B. wird dann enger und
unregelmäßig, oder auch volljtändig durd; Ablage:
rungen geſchloſſen. Hier fann dann durch Bildung
einer neuen, ercentrijch von der natürlichen liegen:
den Fünftlihen P. (Noremorphoje), die darin
bejteht, daß man ein Stüdchen der Iris ausjchneidet
(Frideltomie), das verringerte oder verloren
gegangene Schvermögen oft_ganz oder teilweile
wiederhergeftellt werden. Diefe Iridektomie iſt
auch das von Albrecht von Graefe entdedte Mit:
tel, um der Hi für unvermeidlich gehaltenen
Grblindung infolge des fog. Glaucoma («grüner
x
Star») entgegenzutreten.
Pupillen (von lat. pupillus) heiben eigentlich
nur die unmündigen Minderjährigen (bis zum 12., |
reſp. 14. Jahre), in weitern Sinne aber alle Min:
berjährigen in der Bedeutung von Pflegebefohlenen;
daher Bupillentollegium, das Amt, welchem
von Etaat3 wegen die Wahrnehmung des Inter:
eſſes der unſelbſtaͤndigen Minderjährigen übertragen
it, Da nad) dem Gejche Vormünder die Mündel—
gelder jin&bar anlegen, dabei aber die Gewährung
eines Darlehns von deflen Eiderftellung durch
fihere Unterpfandsrehte an viel wertvollern
Grundjtüden abhängig machen follen, fo verjteht
man unter pupillariſcher une! über:
haupt eine ganz fichere, für alle Fälle Dedun
gewährende Hypothet. (Vgl. Vormundi haft)
Pupillenregiment wurde 1811 das von Napo:
leon I. in den franz. Dienft übernonmtene, vom
Könige Ludwi ——— für den Kolonialdienſt
aus Söhnen holländ. Offiziere und Soldaten er—
richtete, aber wegen des Verluſtes der Kolonien im
Lande verbliebene Bataillon Vélites royaux ge—
nannt und ber Kaiſergarde zugeteilt. Das P. ſollte
ſich au? allen Waiſen- und Findelhäuſern des Reichs
ergänzen, hat aber meiſtens aus Holländern, Bel—
giern, Teutihen und Italienern beftanden. Das
tegiment wuchs raſch auf 9 Bataillone an, von
denen zwei (das 1. und 7.) als Yeldregiment 1813
Buppenfpiel
bei Fügen und 1814 bei Paris ins Feuer kamen.
Ferner, wurde aus den-über 16-%. alten Pupilles
ein Tirailleurregiment 1813 errichtet, dieſelbeñ auch
zum Teil als Erſaß für die junge Garde verwendet.
Tas P. wurde nad) dem Sturze Napoleons aufgelöjt.
upillin, Weinort bei Arbois (f. d.)
upiparen, ſ. Qauäfliegen.
pen werben die Inſellen in derjenigen Pe:
riode der volllommenen Metamorphofe genannt,
in welcher fie ruhen und nicht frefien, und aus wel:
her fie nach fürzerer oder längerer Zeit in das voll:
fommene Inſelt fi) verwandeln. Nubende P. be:
fisen die Häfer (j. vom Coloradofäfer, Tafel:
Schädliche Anjelten, Fig. 16 f), Hymeno:
pteren (f. vonder Johannisbeer:Blattweipe,
Zafel: Schädliche Anfelten, Fig. 20 b), Ti:
pteren, Schmetterlinge und eigentlichen Nebflügler.
Die P. ijt bald nur mit einer feinen Haut befleidet
(Bienen), die alle Organe ſehen läßt, bald edig und
nur mit geringen Andeutungen der Körperteile
(Schmetterlinge), bald gänzlid) in ihrer Geſtalt von
derjenigen des Inſekts oder feiner Larve vericie-
den (Dipteren). Häufig ift fie-von einem Gejpinit
oder Cocon umſchloſſen (Ameijen, Spinner, 3. ®.
beim Kleinen Nachtpfauenauge, Tafel: niet:
ten III, Fig. 8), in andern Fällen nadt. Die
Dauer der Puppenruhe ijt fehr verfchieden, von
wenigen Tagen bis zu Monaten und Jahren. Wäh—
rend dieſer Zeit wird der Bildungsftoff, welcher
durch die frejjende Parve angehäuft wurde, zur
Ausbildung der äußern und innern Organe, ganz
befonders aber derjenigen der Flügel und der Fort:
pflanzungsorgane verwendet. Cine Scharfe Grenze
zwiſchen ruhenden und beweglichen P., die man
Ipeziell mit den Namen Nympbhen belegt, eriltiert
nicht, Viele font rubende P. bewegen ſich lebhaft,
wenn fie gereizt werden, andere, wie mandhe der
Müden, Shwimmen oder friechen fogar umher, wie
3. B. die P. der Glasſchwärmer (Sesia) gegen das
Ende ihres Puppenlebens aus dem Innern der
Baumftämme an die Öffnung ibrer Nöhren, die
fih an der Rinde finden, emporjfteigen.
uppen (Getreidepuppen), ſ. unter Ernte.
uppengebärer, Abteilung der Dipteren (1.d.).
uppenränuber (Calosoma) heißt ein Geſchlecht
anfehnliher Cauftäfer, deſſen 80 Arten über die
ganze Erde verbreitet, aber im Norden der Alten
und Neuen Welt am zalfireichiten find. Die größte
einheimifche Art (C. sycophanta) ijt bi3 gegen
30 mm lang, dunkelblau, mit grünen rotihimmern:
den Nlügeldeden. Der Käfer Hettert mit Vorliebe
auf Bäume und ift ein Hauptfeind gejellig, leben:
der Raupen, befonders der des —
wodurch er ſehr nuͤhlich wird,
uppenſpiel nennt man in Deutſchland eine
Buhnendarſtellung, in der die Schauſpieler durch
Gliederpuppen erſeht werden. Die P. gehören
lediglich, wie die franz. Marionetten (f. d.), der
Volksbühne an und find meiſt burlesfen Anbalte.
Ahre Blütezeit fällt in die Zeit nach dem Dreißig—
jährigen Kriege; erhalten haben fie fich bis in den
Anfang des 19, Jahrh. Ein Lieblingsitüd bes
Buppentheaters war das P. von «Doltor Johannes
Fauft» (lderausg. von Simrod, Frankf. 1846), das
ſchon Leſſing bearbeitete, und aus deſſen Anregung
aud Goethes «Fauft» hervorgegangen iſt. Engel
veröffentlichte eine Sammlung alter deuticher B.
unter dem Titel «Deutſche Puppenltomödie »
(3 Bde., Dldenb. 1873— 75).
Pur — Puritaner
397
Pur (Bura), im Indiſchen foviel wie Stadt, | drüdte. In ihm kam die echt engl. Mufit zur
a 5 vielen Ortsnamen angehängt.
uränas heißen in der ind, Litteratur eine An:
zahl umfangreicher Gedichte, welche theolog. und
pbilof. Belehrungen, rituelle Borjchriften und Le:
Blüte, Bon P.s Werken wurden einige nad) feinem
Tode wiederholt gedrudt, die Kirchenſtüce am voll:
jtändigiten von Nivello in vier Bänden. Drei ſei—
ner dramatiſchen Kompoſitionen erfchienen in der
genden enthalten, Es find ihrer 18 vorhanden; fie | Ausgabe der Musical Antiquarian Society; eine
beruhen auf untergegangenen Edhriften ältern Da:
tums, gehören aber ſämtlich einer fpätern Zeit,
jedenfalls dem Ichten Jahrtaufend an, (Bol. In:
diſche Litteratur und Sansfrit.)
Burbach oder Peurbach (Georg), ausgezeich—
neter Diathematiter, führte diefen Namen nad) dem
Städtchen Peurbach in Eiterreich ob der Enns, wo
er 30. Mai 1423 geboren war. Nadydent er feine
Studien in Wien vollendet, ging er nad) Stalien,
wo cr an den vorzüglicdhiten Univerſitäten aftron.,
Vorträge bielt, und wurde dann Wrofeflor der
Mathematik und Aitronomie in Wien. Das crfte
Werk, welches er dafelbit jchrieb, war eine Erklä—
rung der fechs eriten Bücher des «Almageſto des
Ptolemäus, der bald eine größere Anzahl anderer
mathem. und aſtron. Arbeiten, wie die Sinus:
tafeln, die efliptiichen Tafeln zur leichtern Berech—
nung der Sonnen: und Mondfinfterniffe und haupt:
fädhlich die «Theoriae novae planetarum» folgten,
Auch fertigte er Duadranten, Sertanten u, iR w.
Er ſtarb 8. April 1461.
Purbeck, Halbinſel an der Sudküſte Englands,
bildet den ſüdoͤſtlichſten Teil der Grafichaft Dorſet,
ift 16 km lang, bis 12 km breit, erreicht eine Höhe
von 220 m und fällt fteil zum Hanal La Mande
ab, Kalkſtein, Gifenftein, Schiefer und Marmor
wird bier gebrochen.
Purcell (Hecury), der größte engl. Komponiſt,
geb. 1658 in London, wurde ſchon 1676 Organiſt
an der MWeltminjterabtei und 1682 Organitt ber
Hoftapelle oder der lönigl. Kirchenmuſik. P. ftarb
21. Nov. 1695, nachdem er durch eine erftaunliche
Fruchtbarkeit in allen Zweigen der Kompoſition
ſich ausgezeichnet hatte, In der Kirchenmuſitk leistete
er in großern Formen und in dem fonzertierenden
Stil jeiner Zeit dasjelbe, was hundert Jahre vor
ihm fein Landsmann William Byrd in den jtren:
ern und geichlojjenern Formen des 16, Jahrh. ge:
eiftet hatte, Zu den Gäcilienfejten, welche von
1683 an alljährlid in London ee wurden,
ſchrieb P. die erſte Ode und 1694 ſein berühmtes
Tedeum nebſt Jubilate. Weil der muſikaliſche Teil
der Opern oder Singſpiele, die ſeit 1666 in London
auf ital, und franz. Anregung entſtanden, damals
in den Händen der Rp. Kapelle war und felbit
die Knaben des Kirchenchors darin mitwirften, fo
fonnte auch P. unbeichadet feines Kirchendienites
mit der Bühne in Verbindung bleiben. Schon 1675,
in feinem 17. Jahre, fomponierte er die Heine Oper
«Tido und Anegsy, und in den nächſten zwanzig
Jahren die Mufit für 38 Theaterjtüde, die teils
aus ganzen Opern, größtenteils aber aus Schau—
fpielen, muſikaliſchen Scenen und Zwiſchenakts—
muſilen beitanden. Bon einem diefer Werle (Dio—
cleitan oder die Tropbetin», 1690) erichien die
Geſamtausgabe feit 1878 in London. P. wurde in
der Weſtminſter-Abtei bejtattet.
PBurganz oder Abführmittel, ſ. Abführen.
Purgas, Bezeihnung für Schneeftürme in
Kamtſchatta. (5. unter Buran.)
‚Purgation (lat.), j. Reinigung und Bur:
gieren; Purgatio contumaciae nannte der
gemeinrechtliche Brozch die Nachholung einer ver:
täumten Prozeßhandlung, bevor der an die Vers
ſäumnis gelnüpfte Nachteil verwirklicht war,
urgatorium (lat.), der Neinigungseid; in der
fatb, Kirche das Fegfeuer.
Purgieren (lat.), reinigen, befonders den Leib,
abführen; fih von einer Beldhuldigung befreien,
lich rechtfertigen; Purgiermittel (Purgantia),
Reinigungs: oder Abführmittel; Burgation, die
Reinigung, beſonders von dem Verdacht eines
Verbrechens.
PBurgierföruer, ſ. u Croton und Ricinus.
Burgierfrant, ſ. u. Gratiola, Burgierlein,
Pflanze, f. unter Linum, Burgiermittel, ſ. unter
Burgieren. Burgiernuf, |. unter Jatropha,
uri, Stadt in Bengalen, f. Dibangarnatd.
urifizieren (lirhlich), j. unter Ablution. -
urifizierung, die «Bereinigung» eines (durch
Gid) bedingten Urteils; Burikitati onsurteil
oder Burifitationsbefceid, das Urteil, wel
ches die Folgen des geleiteten oder nicht geleifteten
Parteieides feftitellt. (S. Eid.)
Burimfeft beißt ein jüd. Feſt, das am 14. und
15. Tag de3 Monats Adar (zum Teil unjerm
März entiprechend) als ein durd Gaſtmaähle, ge:
genfeitige Beichenkung und Spenden an die Armen
zu begehendes Freudenfeſt gefeiert wird, zur Erin:
nerung an die im Buch Ejther erzählte Errettung
der Juden durch Ejtber und Mardochai aus den
Gefahren, die Haman ihnen bereitet hatte. Daher
beißt das Feſt auch Hanıansfeit oder das Felt der
Mardohaitage. Am Vorabend des Feſtes wird
gefaltet, zur Erinnerung an das Faſten Ejthers und
Mardochais, am Feite feloft die Synagoge alänzend
erleuchtet und das Bud) Ejther vorgeleien. Der Urs
ſprung des Feſtes füllt wohl erft ins2. Jabrh. v.Chr.
Puris, cin Indianerſtamm in den brafil, Pro—
vinzen Rio de Janeiro und Espirito:Santo. Die
P. jollen mit den Coroados verwandt fein und mit
den Botokuden zufammenhängen, gehören aljo nicht
zu den großen Völfertompler der Guarani-Tupi,
welchem die indianische Bevölkerung Brajıliend
gröftenteild angehört. . ,
Puriémus (vom lat. purus, rein, unvermiſcht)
heißt das Streben nad) Neinigung der Sprade
von fremden Worten. Dieſes an fid) geredhtfertigte
Streben wird tadelnswert, wenn es in Bedanterie
ausartet und ſich auch auf Ausdrücke eritredt, die
Muſil damals volljtändig gedrudt, von den übrigen | längft das Bürgerrecht in der Mutteriprade cr:
find viele Geſänge gedrudt in den zwei Bänden | langt haben, oder auf ſolche, für. die es der Mutter:
beö «Orpheus Britanunicus», welde feine Witwe
1698 und 1702 herausgab. B. haralterifiert fich
durch Neichtum der Erfindung, Geichlojjenheit des
Charalters und Kraft der Perſönlichkeit, und ver:
ftand e3, ſich einen perjönlihen Stil zu ſchaſfen,
indem er allem das Gepräge feines Geiſtes auf:
ſprache felbjt an entiprechenden glei deutlichen
und beſtimmten Bezeichnungen mangelt. Puriſt,
Spradreiniger, (S. Fremdwörter.)
Buritaner heißen in England feit der Nefor:
mation diejenigen Protejtanten, die die Kirche aufs
jtrengite nach der Reinheit (puritas) de3 ‚göttlichen.
398
Wortes und frei von jeber menſchlichen Autorität
und Sakung beritellen wollten. Der rigoriſtiſche
und fanatifche Eifer, mit welchem fie dieſe Tendenz
verfolgten, wurde durch den Defpotismus erwedt,
womit die Hönige durch die Errichtung der Epijfo:
pallirhe oder Hochtirche (f. Anglikaniſche
Kirche) der Reformation ein willfürliches Biel
jeßten. Die Oppofition der B. in Schottland und
England trug weientli zur Entwidelung der Nie:
‚volution unter Karl I. bei. Die Kirchenverfaſſung,
welche die gemäßigtern PB. anjtrebten, war die
Vresbyterialverfafiung, woher fie den Namen
Vresbyterianer (f. d.) führen. Bol. Hopkins, «The
Puritans» (3 Bde., Lond. 1860—61); Weingarten,
«Die Revolutionslirchen Englands» (Lpj. 1868).
Purkinje (Jobs. Evangelijta), nambafter Phy⸗
fiolog, geb. 17. Dez. 1787 zu Libochowik bei Leit:
merit in Böhmen, wurde in dem Biarijteninftitut
zu Nikolsburg erzogen, ftubierte dann zu Prag zu:
erit Bhilofophie, dann Medizin, wurde 1819 Ali:
tent der Anatomie und Phyſiologie zu Prag, 1823
ordentl. Brofefjor der Phyſiologie und Pathologie
zu Breslau und 1850 Profeſſor der Phyſiologie in
“rag, wo er das 6, Dt. 1851 eingeweibte phyfiol.
Anftitut gründete, Gritarb zu Prag 28. Juli 1869.
Don feinen Schriften find zu nennen: «Beobad:
tungen und Verſuche zur Pögfiologie des Sehens»
(1. Bd., Brag 1823; 2. Bd., Berl. 1825), «De cel-
lulis antherarum fibrosis nec non de granorum
pollinarium formis commentatio physotomica»
Bresl. 1830) und zahlreiche Abhandlungen in Zeit:
Schriften, namentlidy in der von ihm 1853 gegrün:
beten und bi3 1864 herausgegebenen Zeitichrift
eZivan. Auch überjegte er Schillers lyriſche Ge:
bichte ins Czechiſche (2 Bde. Bresl. 1841).
Burmerceud, Stabt in der niederländ. Provinz
Nordholland, am Kanal von Amiterdam nad) Hel:
der und an der Eiſenbahn Zaandam :Enthuizen,
wiſchen den drei Poldern Burmer, Wormer und
center, zählt 5400 E. und treibt einen nicht un:
bedeutenden Handel, befonders in Vieh, Käfe und
Holz. B. verdankt feinen Namen dem Bürmerfee,
ber 1618—22 troden gelegt wurde.
Burneah, ee Kommiflariatfchaft der
Divifion Bhagelpur der brit. : ind. Präſidentſchaft
Bengalen, mit 12838 qkm und (1872) 1714 795 E.,
bem größten Teil nad Hindu, wurde gegen das
3. 1541 von den Mohammedanern unterworfen
und fanı 1756 an bie Britiſch-Indiſche Kompagnie,
Die Hauptitadt B., an beiden Ufern des Flufjes
Klin-Koſi mit 16057 E., vielen Gärten, Plantagen
und offenen Pläken, iſt eine der beftgebauten Land:
täbte in Britiſch-Indien.
Purpur, eine im Altertum berühmte Farbe,
welche wefentlich violett in verfchiedenen Nuancen
war und zu dem Ecdjönften und Stoftbarften ge:
hörte, was die Alten kannten, weshalb auch die da-
nit gefärbten feinen Stoffe bei ihnen ftet3 in hohem
Wert jtanden, Ein Burpurmantel war daher ſchon
in frübefter Zeit das charakteriftiiche Abzeichen der
afiat. Slönige und Häuptlinge, ebenfo * erſten
Miniſter und Hofbeamten, welche lehtere deshalb
bei den Römern vorzugsweije Purpurati hießen.
Selbſt fpäter blieben dergleichen Gewänder eine
Bevorzugung bochgeitellter Berfonen und gewiſſer
Etände oder Würden, wie noch jeht der Kardinäle,
baber der Ausdrud «mit dem PB. beffeidet werden»
oder «den P. erhalten» fo viel bezeichnet, als zur
Würde eines Hardinals gelangen. Die Alten be:
Purkinje — Purnlent
reiteten den P. aus mehrern Schaltieren, die im
Mittelmeer einheimiſch ſind und meiſt den Gat—
tungen der Tritonshörner (Buccinum), Felien:
ſchneclen (Murex) und Burpurichneden (Purpura)
angehören. Die Drüje, welche den ſchleimigen,
farblojen oder gelbfichen Saft abſondert, findet jich
bei allen Schneden; der Saft färbt fich unter dem
Ginfluß des Lichts. Wenn man ihn aus der
Schnede ninımt, ſieht er gelblichweiß aus; taucht
man aber cin Stüd Zeug hinein und jeßt es der
Einwirlung der Sonne aus, jo ändert ſich jene
Farbe ftufenweife und geht endlich in ein mehr
oder minder dunlles unvertilgbares Biolett über.
ALS Erfinder der Furpurfarbe nennen die Alten
einſtimmig die Bhönigier, und allgemein verbreitet
ift die Sage von dem Schäferhunde, ber ſich die
Schnauze von dem Safte zerbijiener Purpur:
ſchneden rot färbte und dadurch Veranlafiung zur
nähern Unterjuchung diejer Tiere wurde. Da aber
bie Burpurfchnede nicht blos an der phöniz. Küjte,
fondern im ganzen Mittelmeer gefunden wurde, jo
waren aud bie Purpurfärbereien den Phöniziern
nicht ausfchliebend eigen. In der Schönheit, Güte
und Haltbarkeit der Farbe fand, nad Beſchaffenheit
der Schneden, von welden der Saft genommen
wurde, ein großer Unterſchied ftatt. In Tyrus
war der hochrote und violette P. ganz vorzüglich.
Man färbte damit hauptſächlich Wolle, gewöhnlich
zweimal, und gab den Purpurgewändern durch
Kunſt noch einen befondern Glanz. Doch verfer:
tigten auch ſchon die Alten aus gewilien Beeren
eine unechte Burpurfarbe. Die neuern Farbitoiie
aus der Drjeille und die aus Teerbeitandteiien
bereiteten, die jhöner, leichter zu behandeln, man:
nigfaltiger und gleihförmiger ind, haben den aus
Schneden gewonnenen P. ganz verdrängt. Cine
ründliche und vollftändige Gejchichte der Purpur—
Pirberei und de3 Burpurbandels bei den Alten gab
Schmidt in feinen «Forſchungen auf dem Gebiete
de3 Altertums» (Bd. 1, Berl. 1842). Val. Lacaze:
Duthiers, »Al&moire sur la pourpre» (Lille 1860).
urpur (franzöfiicher), f. unter Drfeille.
urpura (lat.), foviel wie Blutfledenkrankheit.
Purpurausſchlag, PBurpurfriejel (Pur-
pura), Kleine unfdeinbare rote Fleden ber Haut,
welche meijt unter rheumatischen Schmerzen auf:
treten und allmählich wieder verblaflen.
urpurblau, foviel wie Andigpurpur,
urpur des Caſſius, |. Goldpurpur.
urpurholz, ſ. Amarantholz.
urpurin, ein Farbſtoff des Krapps (j. d.).
urpurkarmin, ſoviel wie Murerid.
rpurlack, ſoviel wie Krapplad.
tpurolein, ein roter Sun, welcher in den
Stengeln von Sorghum saccharatum enthalten iit.
a rar f. unter Burpur. _
urpurfchwefelfäure, f. unter Indigblau:
fhwefelfäuren.
Purree, Jaune indien, gelber Farbitoff, der in
fugeligen Mafien von etwa 100—120 g von Dit:
indien und China importiert wird. Sein Urfprung
it gänzlich unbefaunt. Gr beiteht aus Euranthin:
fäure C,, Hy, O,, und Magnejia.
Bürfchen (richtiger Pirſchen), ſ. u. Jagd,
Bd. IX, S. 771* Purſchbüchſen, j. unter
Jagdgewehre, Bd. IX, ©. 773*, j
Burulent (lat.), eiterig; Buruldnta, Eiter
erzeugende Mittel; Burulenz, die Giterung, das
tern; Puruleszenz, die Bereiterung.
Purus — Puſeyismus
Burns, bebeutender rechtäfeitiger Nebenfluß
bes Amazonenjtroms, —s unter 10° 30
füdl. Br. in der Waldregion (la Montana) Perus,
fließt _jtet3 in nordöftl. Richtung, berührt Bolivia
in deflen nordweſtl. Spibe, tritt unter 9° 5’ in die
braſil. Provinz Amazonas ein, durchſtrömt diefelbe
in fehr gewundenem Lauf und mündet in vier
großen Armen, Der ®. hat eine Länge von über
3100 km und ift bis nad) ‘Beru für Dampfer ſchiff⸗
bar, da feine Stromfchnellen und Waflerfälle die
Be ieit hindern, was 1864—65 Chandleß feit:
ellte, der den Strom aufwärts befuhr. Unter den
Indianerſtämmen, welche die Ufer bewohnen, find
ju nennen die Burus, weitlid vom untern P.
Burtooredjo, Hauptort der Reſidentſchaft Ba:
gelen (f. d.).
Puſchkin (Alerander Sergejewitich), der ge—
feiertfte Dichter der ruſſ. Nation, geb. 26. Mai
1799, erhielt den erften Unterricht im Hauſe feines
Baterd und trat 1811 als Zögling im das Lyceum
zu Zarskoje-Selo, wo er fich bereits eifrig mit
Voeſie beihäftigte. Nachdem er 1817 feinen Kurfus
im Lyceum beendigt, erhielt er eine Anitellung im
auswärtigen Minijterium, wo er bis 1820 blieb,
Hier jchrieb er unter anderm die Didtung «Nuplan
und Ljudmilla», ein Heldenmärden in ſechs Ge:
füngen, das die alte Heldenzeit Rußlands in Kiew
verberrlicht. Ginige Gedichte von zu großer epi:
grammatiicher Schärfe hatten P.s Entfernung ans
Vetersburg zur Folge; er wurde nach Kiſchinew in
die Kanzler des Generallieutenants Inſow verieht,
welcher bevollmächtigter Statthalter in Beſſarabien
war. Später wurde er dem Grafen Woronzow,
damaligen Generalgouverneur von Neurußland,
attachiert. Doch al& er 1824 in jugendlichem Über:
mut ein Schmähgedicht auf denſelben geichricben,
wurde er auf fein väterliche3 Gut im Bitowichen
verwiejen. Während feines fünfjährigen Aufent:
balt3 im ſüdl. Rußland erlernte er die ital. und
teilweile aud die ſpan. Sprache. Gr jtubierte
Byron, defien Einfluß auch in P.s Dichtungen aus
diejer Zeit nicht zu verlennen iſt. Dahin gehören
der «Kaulaſ. Gefangene» (deutſch von Wulfert,
Beter2d, 1823, und Seubert in Reclams «Ulniverfal:
bibliothel»), ferner «Die Duelle von Baltidhijarai»
(Most, 1824) und der Anfang des verfifizierten
Romans aus dem ruff. Leben «Ewgenij Onjegin »
(1825— 32; deutſch von Seubert in Neclams «Uni:
verjalbibliotbet). Kurz nad der Thronbeſteigung
des Kaiſers Nifolaus ward P. von diejem aus dent
Grit nad Mostau berufen und zu neuen Erzeug:
nijjen ermuntert, doch hatte cr auch ferner viel un:
ter der Verfolgung der geheimen Polizei zu leiden.
Gr trat 1826 der Form nad) wieder in den Staat®:
dienit, machte im Hauptquartier des Grafen Bas:
fewitich den Krieg in Türkifch:Afien mit und hielt
fid) dann bis 1831 bald in Moskau, bald in Beters:
burg auf. Während diefer Zeit erjchienen unter
anderm im Drud: «Die Zigeuner», «Die Näuber:
brüder», «Graf Nulin», eFoltawa», «Angelo»,
«Das Häuschen in Kolomna», feine profaischen
Novellen, die er pſeudonym als Iwan Belkin ver:
öffentlichte, mehrere lleinere Gedichte und feine
bramatiiche Dichtung «Boris Godunorm» (Petersb.
1831; deutjch, Lpz. 1853) aus der vaterländifchen
Geſchichte. P. fievelte 1831 aus Moskau ganz
nad Petersburg über. Hier begann er zunächſt
an einer ⸗Geſchichte Peters d. Gr.» zu arbeiten;
als Frucht feiner jonftigen Studien über rufl. Ge:
399
fchichte veröffentlichte er unter anderm die «Ge;
ſchichte der Verſchwörung Pugatichews» (Petersb.
1834; deutſch, Stuttg. 1840). Seine Novelle
«Pique-Dame erſchien in der «Lejebibliothet »
(1833), feine «Stapitänstochter» (deutſch in Wolf:
Johns «Rußlands Novellendichter», Bd, 1, En.
1848, und von W. Lange in Reclams «Univerfal:
bibliothef») in dent «Sovremennik», einem Journal,
das er jelbt feit 1836 berausgab, Außerdem find
unter vielem andern noch die «Neife nad) Erzerum⸗
und die dramatiſchen Scenen aus «Fauft», ferner
«Der Schmaus in den Zeiten der Veit», «Mozart
und Galieriv und «Der geizige Nitter» hervorzu—⸗
rn Auf dem Höhepunkt jeines Talents ftarb
. 10, Febr. 1837, in einem Duell tödlich verwun:
bet, zu dem er drei Tage vorher den ‚sranzofen
d'Antes (Baron Hederen), der feiner fhönen Frau
den Hof gemacht, aufgefordert hatte. Die ganze
Sache hat ſich als die Folge einer Intrigue erwieien,
welde von Feinden P.s in den ariſtokratiſchen Krei—
fen Vetersburgs erdacht wurde. Sein Denkmal in
Moskau wurde 6. (18.) Juni 1880, ein anderes in
Petersburg 19. Aug. 1884 enthüllt.
Gine Geſamtausgabe feiner Werte warb 1839
—41 in 12 Bänden veranftaltet (2., und die bejte
Aufl., beforat von P. AUnnenkof, 7 Bde., Petersb.
1855 —57; Bd. 1 enthält Materialien zur Bio:
rapbie des Dichters; 4. Ausg. 1870—171). gu
fihe zu derielben, die in Rußland verbotenen Ge:
dichte enthaltend, erfchienen 1861 in Berlin (2. Aufl.
1870). Deutſche Überfehungen von P.s poetifchen
und dramatiihen Werten lieferte Bodenſtedt
(3 Bbe., Berl, 1854—55). Mehrere «Novellen»
wurden von Tröbft und Sabinin (2Bdchn., Jena
18410—47, fpäter von W. Lange in Neclams «Uni
verjalbibliothel»), B.3 «Gedichte» in deuticher Nach—
bildung von Schmitt (Wiesb. 1873) und Aſcharin
(Dorpat 1877) deutich bearbeitet, Die beite Bio:
rapbie, von P. Annenkfof, aber noch nicht voll:
Mändıg (1799 — 1826), ift 1874 erfchienen, eine für:
zere von W. Stojunin (Petersb. 1881). Vgl. auch
da3 «Album der P.ſchen Ausitellung im J. 1880»
(Most, 1882) mit vielen Borträts u. a.
uſchkur, ind. Wallfahrtsort, ſ. u. Adſchmir.
uichlav, ſ. Poſchiavo.
uſchtu, ſ. Batbto,
ufey (pr. Piüſeh, Edward Bouverie), engl.
Theolog, einer der Begründer des nach ihm genannten
Puſeyismus (ſ. d.) geb. 1800 zu Puſeh bei HR
trat 1818 in die Ghrift:Churd:School in Oxford,
reijte 1823 für längere Zeit nach Deutſchland und
wurde dann 1828 Kanonikus von Ehrit-Churd
und Profeſſor der hebr. Sprache an der Univerjität
Drford, in welcher Stellung er bis zu feinem
16. Sept. 1852 in Ascot-Priorei erfolgten Tode
verblieb. Am J. 1833 fchloß er fich der von feinen
Freunden Newman, Sieble, Perceval und Froude
ausnehenden katholifierenden Richtung der engl.
Hochlirche an, ſchrieb auch einige der «Tracts for
the times», wurde 1813 auf zwei Jahre feines
Predigtamts entjeht und trat dann nad) dem Über:
tritt feiner Freunde zur lath. Kirche an die Spike
der Partei, Trotz feiner Vorliebe für die Lehren
und den Kultus des Katholizismus blieb er ber
engl. Hochlirche treu. j
Puſeyismus, Traltarianismus, Nitun-
lismus, von den Anhängern Anglolatholizis-
mus oder Anglitanismus genannt, heißt ein:
dem rom. Katholizismus zuneigende Nichtung in
400
der engl. Staatslirche. Ihre Entftehung ift auf eine
Konferenz in Hadleigh in Suffolf
wo 1833 einige engl. Beinlice, Roſe, Froude,
Keble, Newman, Perceval, denen ſich ſpäter Pu—
ſey (i. d.) anſchloß, zufammentraten, um über eine
Neubelebung der durch die Diſſenters und die me:
thodiſtiſch gefärbte ſog. evangelische Partei ihrer
Anſicht nah ſchwer bedrohte enal. Hochlirche zu
beraten, Sie fanden das Hauptübel in der durch
die Reformation geförderten allzu großen Freiheit
und die einzige Heilung in einem Zurüdgeben zu
der Kirche der eriten Jahrhunderte, der alten wah—
ren apoftoliihen. Um für ihre Anſichten Propa:
panda zu machen, gaben fie eine Reihe von
Traftaten («Tracts for the times», daher der
Same Traktarianer) heraus, in welchen fie
die Autorität der kirchlichen Tradition und bie
magiſche Wirljamkeit der Salramente betonten
und nur dem Geiftlichen die Beräbigung zur Bibel:
erilärung erteilen wollten, indem jie die Entſtehung
de3 Sektenweſens in England dem freien Bibelleſen
ter Laien zujchrieben. Befonderes Gewicht legten
fie auf die apoſtoliſche Succeſſion der Biſchöfe.
Außerdem verwarfen fie die Suprematie der welt:
lichen Macht, wollten nicht die Predigt, ſondern die
Ependung der Salramente und das Gebet des
Geiftlihen als die Hauptſache beim Gottesdienit
angeſehen wilfen und lichen jogar die Ginführung
der Meilen, der Falten und der Ohrenbeichte als
wünſchenswert erſcheinen. Sie nannten dies die
Herftellung, der wahren Kirhenprinzipien und
gegen ihre Holgerungen noch weiter. Eie beftritten
ie Rechtfertigung durch den Glauben, priefen das
Verdienſt der guten Werke und erneuerten die röm.
Vehre vom Fegfeuer. Am meijten Auffehen machte
der lebte der 90 Traftate, den Newman 1841 un:
ter dem Titel «Remarks on certain passages of
the thirty-nine articles» veröffentlichte, und worin
cr das Hauptiymbol der anglifan, Kirche, die ſog.
39 Artikel, angriff und offen behauptete, die engl.
Kirche müſſe mit der römiichen in Einklang gebracht
werden. Gegen dieje Abhandlung erhoben ſich num
in zahlreichen Ediriften die Vertreter der Staats:
lirche, denen nicht nur die Bujeyiten, jondern auch
lathol. Iheologen mit Eifer antworteten. Der
Biſchof von Oxford unterjagte die Fortſehung der
«lracts for the times».
Um fo größer war der Aufſchwung, den der P.
unter den Beiltlichen, Lehrern und Studenten zu
Orford, das immer mehr Mittelpuntt der Bewe—
gung wurde, jowie in der hochlirchlichen Geiſtlich—
teit überhaupt nahm. Doch ſchieden ſich die Pu:
ſeyiten bereits wieder in zwei Richtungen, in eine
mildere, die den Kryptokatholizismus Rewmans
verwarf, und in cine ertreme, von Puſey, Keble,
namentlih aber von Newman, Ward und ber
Dierteljahrsichrift «The British eritic» vertreten,
bie ganz offen die Notwendigfeit einer Wiedervers
einigung mit Nom verfocht, Bereits traten einige
jüngere Geijtliche diejer Nichtung zum Hatholizis:
mus über; Puſey befannte fih 1843 in einer Pre:
digt zur kath. Transjubjtantiationslehre und Ward
nannte in feiner Schrift «The ideal of a christian
church» 1844 die Rechtfertigung durch den Glau:
ben eine «verdanmliche, peitilenzialiiche luth. Kehe—
rein. Als aber die Univerſität Oxford das Bud)
verdammte und ihn felber, der nicht widercufen
wollte, ausſtieß, antwortete er ebenjall3 mit dem
fibertritt, und ihm folgte 1845 Newman, der be:
zuritdzuführen, |
Pusillus — Buftel
deutendſte Bertreter des B;, fowie eine ‘große Anz
zahl hochtirchlicher Geiftlichen und Laien. Puſey
ſelber verblieb indeſſen in Gemeinſchaft mit der
anglilan. Kirche, ſuchte ſich auch in einem Schreiben
an den Biſchof von London gegen den Vorwurf des
Kryptolatholizismus zu rechtfertigen und wurde
nun das Haupt der Partei (daher Puſeyiten).
Ein neuer Römerzug folgte dann 1850 infolge des
Gorhamſchen Taufſtreites, in welchem trotz aller
Vroteſtationen der Puſeyiten der etwas liberaliſie—
rende Gorham von allen Oberbehörden in ſeinem
Amt beſtätigt wurde, Unter andern traten der
Archidialonus (nahmalige Kardinal) Manning
und Wilberforie, Bruder de3 Biſchofs von Orford,
über, Nom durfte es infolge diejer mafienbaften
libertritte wagen, in England ein kath. Kirchen:
fyitem einzurichten (the papal aggression); nun
| aber jtieg die Erbitterumg im Volfe, das gegen den
P. jtet3 einen —————— Widerwillen gehabt
hatte, aufs höchſte. Der Ruf «No popery» wurde
mit Macht erhoben, und nachdem bereits Aug. 1846
die evang. Gejinnten aller Denominationen ſich zu
London zur Evangelifchen Allianz (ſ. d.) zufammen:
geſchloſſen hatten, mußten fich die Puſeyiten öfient:
(ih von den romanifierenden Tendenzen ihrer
frübern Gefinnungsgenofien losfagen. Damit war
ihrer Bewegung Halt geboten. Troßdem fehten fie,
obihon mit größerer Vorfiht, ihre Wirtjamfeit
nanientlich unter der hohen Arijtofratie fort, und
ſuchten durch Einführung des alten Nituals auch
die engl. Yiturgie der rönt. Meſſe fo nahe al3 mög:
lid) zu bringen (daher Nitualijte Hi Im J. 1860
gründeten ſie zur Verteidigung ihrer Lehre die
English church Union, der ihre Gegner 1865 die
Church Association gegenüberfebten. Dieje beiden
Vereine führen den Kampf für und gegen den Ri—
tualismus, und es ift nicht zu leugnen, daß die
Puſeyiten, wenn auch von den Gerichten jtet3 ver:
urteilt, doch in neuelter Zeit burd) ihre humanitären
Beftrebungen und Anjtalten auch im gemeinen Bolt
viele Freunde gefunden haben, ſodaß ſich gegens
wärtig gewidhtige Stimmen, wie 3. B. Gladſtone,
für ihre Tuldung ausſprechen. Ihre Organiſation
ift ganz der kathol. Kirche nahgebildet: ein Nek
von Bruder: und Schweiteridaften, ſogar von Or:
ben, ijt über das ganze Land geworfen; doch iſt die
Hauptverbindung die genannte English church
Union, die (1884) 2615 Geijtliche, 18600 Männer
und Frauen und 300 Zweigvereine zählte. Tas
Hauptorgan nennt fid} «Church Union gazette»
und die eigentliche Leitung, eine Art Tirektorium,
liegt in der Society of the holy cross.
gl. Weaver, «Der B.» (deutih von Amthor,
2p3. 1844); Puſey, «The church of England» (Or:
ford 1866); Mettgenberg, «Nitualiamus und No:
manismus in England» (2p3. 1877).
Pusillus (lat.), in der botan. Terminologie
foviel wie klein,
Puſtel (pustula), Blatter oder Eiterblafe,
eigenartige Form der Hautentzündung, wobei ſich
an einem rundlichen geröteten Haut: oder Schleim—
bautbügel durch Anſammlung von Giter unter der
Oberhaut eine Dla’e abhebt, die ſich bald in einen
mehr oder weniger diden Echorf verwandelt, wel—
her nad einiger Zeit abfällt und eine Heine glatte
Narbe hinterläßt. Dieie Form entſteht faft immer
durch Entzündung einzelner Talgdrüien der Haut
und bildet die Grundform mehrerer Hautlranthei:
ten, 3. B. der Menſchen- und Kubpoden, der Puſtel⸗
PVuftelfledte — Putbus
fedte, der eiternden Hauffinne, des Elthbyma u. a.
brigens find die B. an Gröhe, Form und Bau
jebr verſchieden, z. B. die Heine, Honigſaft abſon—
ernde P. der Milchborle, die fͤcherige und gena—
belte der Menſchenpocke u. ſ. w. Weſentlich von der
P. verſchieden find die Blafen (f. d.), indem dieſe lei—
nen Eiter, fondern nur klare Flüffigleit enthalten,
— * ſ. Elthyma.
erich, ein vielbeſprochenes Erzbild von
64 cm Höhe, das ſich im Schloſſe zu Sonders—
hauſen befindet. Angeblich wurde es im 16. Jahrh.
in einem unterirdiſchen Gewölbe der Rotenburg bei
Kelbra aufgefunden. Die Figur, hohl gegofien und
einen fnicenden Knaben von unförmlic diden Ver:
hältnifien daritellend, wurde früher für ein flaw.
Göpenbild gehalten und zwar für ein Bild des
Feuergottes, aus weldent die Priejter Flammen
und Rauch bervorftrömen ließen. Indeſſen ift in
neuerer Zeit dieſe Anficht aufgegeben und die Er;:
figur wird mit größerer Wahricheinlichkeit für den
Iräger eines Vebälters, vielleicht eines Taufbedens
erllärt, wie fie in ähnlichen Figuren, wenn aud) in
geringerer Größe, am fog. Krodo Altar zu Goslar
und an vielen noch vorhandenen Taufbeden vor:
kommen. Bol, Raabe, «Der P. zu Sondershaufen,
fein Götzenbild. Unterfuhungen über deſſen ur:
fprüngliche —— (Berl. 1852).
Bultertha ‚ ein etwa 100 km langes Gebirgs:
tbal im öſtl. Tirol, eins der größten und interefjan:
tejten dieſes Landes, zieht ih von Mühlbach an
der Riem), einem Zufluß des in die Etſch ftrömen:
ben Cijaf, aufwärts und im ganzen gegen Oſten
über die Muhlbacher Klaufe, St. Lorenzen, den
Hauptort Bruned (f. d.), über Welsberg, Dorf mit
Schloß und Mineralbad, nah dem Toblader
Felde, einer Hochebene von 1204 m Höhe, die,
ohne ein merkliches Querjoch zu tragen, die Waller:
ſcheide enge der Rienz und der Drau bildet,
weshalb denn auch das Thal beider Flüſſe als eins
angefehen und innerhalb Tirols P. genannt wird.
N Drauthal liegt der Marttjleden Innichen
.d.); dann folgt der Marttileden Sillian mit
663 E., einem Bezirkögericht und einem Sauer:
brunnen (Weitlanbrunn), dann die von der Drau
durchtojte Lienzer Klaufe. Hinter diefer eröffnet
fi eine der grobartigften und reizendften Gegenden
Zirols, in deren Mitte, an der Vereinigung der
Jel und Drau, die Stadt Lienz (f. d.) liegt, die
oͤſtlichſte Tirols, Fundort röm. Altertümer (hier:
ber verlegt Mommtfen das alte Aguntum). An der
Nähe liegt das Schloß Brud, und der benachbarte
Berg Schleinis ift für diefe Gegend, was der
Blodsberg in Norddeutihland. Das P. hat viele
Seitenthäler. Von Lienz führt die Straße nad
Kärnten, aud) ins SHeiligenbluterthal, aus dem
ich die Eispyramiden des Glodner erheben. Von
oblach gelangt man in das Ampezzothal (f.
Ampez30.) Das P, welches einen fo bequemen
Übergang aus dem alten Noricum in das Herz der
Rhätiichen Alpen darbot, war ſchon von den Nö:
mern, von deren Niederlaflungen zahlreiche Alter:
tümer zeugen, mit einer Straße verjehen worden,
Denfelben Weg, den die Nömer gebabnt, zogen
Ende des 6. Jahrh. die Slawen: fie fielen ver:
wüjtenb über das Thal «Buitrifia» her. In einer
großen Schlacht auf dem Toblacher Felde befiegte
609 ein Bayernherzog die Andringenden, und feit:
dem ſcheint der Anrafer Bah, 20 km oberhalb
Lienz, die Grenze der law. Bevölferung gewefen zu
Gonverjationd » Lexiton. 13. Mufl. XIII.
401
fein, Im Mittelalter warb die Gegend von zahl:
reihem Adel beſetzt, und auch jeht haben alle Dörfer
der Nahbarfchaft Schlöffer und Edelfibe. Das p.
geielı politiic in die Bezirtshauptmannfchaften
runed und Pienz. Bal. Rabl, «Alluftrierter Füh—
rer durch das P. und die Dolomiten» (Wien 1882).
Pustula maligna (lat.), der Milzbrandpuſtel.
(S. unter a hehe ——
Pufzten (Singular Puſzta), gewöhnlich mit
«Ginöde» überfeht, find und waren in Ungarn
eigentlich Allodialgrümde oder Prädien, d. h. folde
Befigungen, auf denen keine Bauerngründe.oder Urs
barialjeffionen vortamen. Im Innern des Landes,
wo durd die lange Türkenherrichaft eine große
Menge Heiner Dörfer verichwanden und die Bewoh:
ner jih in wenige Ortichaften zufammendrängten,
waren wi Prädienweitausgedehnt, und, aneinan:
der ftoßend, bildeten fie vor 1848 jene großen Weide:
pläße für Pferde (Menes), Rindvieh (Gulya), Schafe
und Schweine, deren Hirten Csikös (für Pferde),
Gulyäs (für Nindoich), Juhäsz (für Schafe), Ka-
näsz (für Schweine) ein freies Leben führten. Die
Schönheiten diefer Ebenen: der ital. Himmel, ber
fhöne Sonnenuntergang, die Fata:Morgana (Deli
Bäb, db. h. Mittags: oder füdl, Ace) u. ſ. w., find
oft von Dichtern, namentlich, Petöfi und Arany,
befungen worden. Sept find die Weidegründe vom
Ailuge ichon fehr eingeengt und auf den P. find
ort Mufterwirtichaften, ausgedehnte Weizen: und
Maisfelder und Baumpflanzungen an die Stelle
der frühern «Cinöde» getreten; daher ift jeht Puſzta
der gewöhnliche Name für ein ungar. Landgut, und
die meilten derfelben bilden leinere Gemeinden,
die einer größern Stadt oder Gemeinde einverleibt
find. Man zählt im eigentlichen Ungarn 3917, in
Kroatien : Slawonien 147, zufamnıen 4064 P.
er (Hendrit van), f. Buteanud.
ei (Slaubensche, Matrimonium
putativum), ſ. unter Che, Bd. V, ©. 785°,
utauali, Bullan, f. Cdgecunmbe: Mount.
utbus, Sürften und Grafen, find eine Neben:
linie der alten Zürften der Inſel Rügen und erfen:
nen als — den ige dr Stoiſlaff I. rer.
an. Der Entel desfelben, Borante, erhielt dur
Erbvergleich 1249 das Schloß Podebust oder Put:
bu3, wonach er ſich nannte, nebft 15 Dörfern, die
Halbinfel Jasmund, die Graffhaft Streye und
andere anfehnliche Ländereien. Seine Nachtommen
teilten fich ſeit 1483 in die däniſche oder Pridbori-
ſche und die rügifche oder Waldemarfche Linie, welche
lestere 1704 ausſtarb. Die fie beerbende dän. Linie
wurde in ihrem Haupte Malte, Baron von Ein:
fiedeläburg und Kiorup (geb. 1671, beit 1750),
unter die dän. Barone aufgenommen, jowie 1727
in den deutſchen und 1731 in den ſchwed. Reichs—
—— erhoben. Sie hatte bereits 1650 das
erbliche Landmarfchallamt in Vorpommern und auf
Rügen erhalten, welches 1728 beftätigt wurde. Der
König von Schweden erhob 27. Mai 1807 den Gra⸗
jen ilhelm Dlalte von P. und defien männliche
adjlommen, nach dem Mechte der Erjtgeburt, unter
dem Namen Malte in den ſchwed. Fürſtenſtand,
und ber König von Preußen beftätigte, nachdem
Schwediſch-Pommern 1815 an Breußen gelommen,
24. Yan. 1817 nicht nur diefe Würde, fondern er:
teilte aud dem Fürften von P. den Titel Dur:
laucht und 1823 eine Virilſtimme im erften Stande
und den Borfiy auf dem Provinziallandtage von
Neuvorponmern. Die Najoratsherrichaft P. nebit
26
402
der 1816 erfauften Herrichaft Spyfer wurde 1840
zu einer Grafſchaft erhoben. Der letzte männliche
ee en ee ame
(geb. 1. Au Fürft und Herr zu P., ©
zu B. und 28* a hei der Infanterie u. ſ. * *
ůfteie rm Ar neue Fideilommikurkunde, wonach
da er feine Söhne hatte und fein Bruder, ra
Morik Karl zu P. (geb. 1785, geft. 1868), auf die
Succeſſion verzichtete, ber zweite Sohn feiner äl:
teiten Tochter, Graf "Wilhelm Malte von Wylich
und Lottum, berufen werden follte, Nach dem
eventuellen Auäfterben des Stanımes jeiner älteiten
Tochter follten Würden und Güter an die Nahtom:
men feiner ** Tochter, Gräfin Aſta Luiſe, ver:
mäbhlte von theim tbeim auf Bartensleben ‚ fallen.
* * Sr Bil Im Malte 26.Sept. 1854 ftarb,
erh . und Spyter feine Gemahlin,
bie Sarftin I 6, ürftin und Herrin zu B., gebo:
rene von Lauterbach, verwitwet geweſene —
von Veltheim (geb. 7. Dit. 1784), und na
Tode 27. Sept. 1860 ihr genannter Entel, i
an Sohn ihrer ältejten Tochter Glotilve (a
ril 1809) (ie, Dal Grafen von Kar
em
a Erna due ai Ehe
e t ieſer gegenwaͤrtige
Wilbelm Malte (geb. 16. Ari 1833), Oberft:
Truchſeß, Erblandmarihall im Fürftentum Rügen
und der Sande Barth, Mitglied des preuß. Herren:
baufes, erhielt von König Wilhelm I. durch Kabi:
nett3ordre vom 4. Marj 1861 das Prädilat Durchs
laucht beftätigt. Derjelbe ift
Witwer von der Yürftin Wanda, geborene von
Beltheim:Bartenzleben (geb. 12. Zufi 1837), und hat
fünf Töchter (Gräfinnen von Byli und ed
Die Herrf ERBE: und Spyler umfafien 330 gkm
mit 15000 E., welde auf 120 Yandgüter (darunter
45 Dörfer) verteilt find. Das füritl, Schloß But:
bus, 2 km von der Sübfüfte Nügens, enthielt vor
den Brande vom 24. Dei. 1865, außer Arbeiten
von Canova und Thorwa dien und einigen guten
Gemälden, eine Sammlung rügenfcher, ——
und anderer Altertümer, ſowie eine ſchoͤne Ka
Das Schloß ift von, herrlichen Barlanlagen und
Gärten umgeben, in denen jeit 1859 das von ann
pejertiate. tandbild des 1854 verstorbenen
tebt. Diefer —— 1810 auch ben F J *
Putbus und das daſelbſt befindli 1836 eröff: | ;
nete tönigl. Bädagogi —— Der Fleden ift ein gut
pe bauter Badeort (dad «Rügenihe Karlsruhe —3*
a ” a. Dee Gärten gelebhnt, und
he —— eetrande ig
em buſchigen e, gegen m Gilan
Vilm, liegt Offer beju * Seebadeanſtalt zu
Lauterbach (Dorf mit 120 E.), 1816 mehr dem
und feit 1818 Friedrich⸗ Wilpelmsdad ge:
nannt. Klima ift mild, und r und Runft
haben ſich vereinigt, um Putbus und feine Uimgebun:
gen er einem reienden ufenthalt zu machen.
nung .), eigentlich eine fteinerne Brunnen:
ein affung, nn ein Bliggrab, das an ber Stelle er:
richtet ward, wo ein Blign indie‘ Erde geihlagen hatte.
nicanus (Erycius), eigentlih Hendrifvan
But, berühmter Altertumäfenner uud Geſchichts⸗
forfcher, r, geb. 8.Nov. 1574 zu Benloo, erhielt, nad):
dem er feine Studien zu Köln und Löwen vollendet
batte, 1601 ben Lehrſtuhl der Berediamkeit zu
Mailand und 1607 die Brofefiur der alten Littera:
tur zu Löwen, die er bis an feinen Tod (17. Sept.
1 made als (ebenslänglice Nupnieberin | ts d
preuß. Geheimrats | Wei
Puteal — Butlik
1646) mit großem Ruhm belleidete. Er beſaß eine
—* ende Gelehrſamleit und beihäftiate ſich na⸗
ch mit Unterſuchungen über ardäol. Gegen⸗
—* bie ſich in den Theſauren von Gronov und
Grävius geſammelt finden, und mit Grörterung
und —*5*8 einzelner Teile der BAER,
wohin fein «Theatrum historicum im;
Austriacerum etc.» (Brüfj. 1642) und die "Histo-
riae Insubricae libri VI» (Pöwen 1630 u. Pp3. 1678)
— Letzteres Werk erſchien auch unter dem
itel «Historia barbarica» (Antw. 1634),
Richt minder befannt it Beier P., eigentlich
Bierre du Bu 27.Rov. —— *
6. tar
De le Dart h 4 6 — en Be Mer
und —— —
es droits et libertes
(3 — 19 —
im franz.
rondiſſemeni ent, em fu
lint3 an der Seine, am
—— der Linie Pa re Ems —
—*— hat 15586 €.
dam fen end ‚tr bei, Bellen,
in > ineffi fig, und Ba
tundruderei ie — * —
teöli, |. Bozzuoli.
ter, foviel wie Truthahn (.d.).
utiguano, Stadt in der ital. Provinz und
Yarı ba Bari delle Pu In 38 km im SSD. von
Bari, hat (1881) 12161
*
zn
eit 18. Dez. 1867 | Fabrikation
Weg) bezeichnet in we altern
———— zweig. ——
— die ihr t aus einem fürjtl.
Amte
Butlig, Stadt im preuß. Regierungtbezirk
Potsdam, Kreis Meitprignig, an der Siepenib,
bat (1880) 1942 Ar Aderbau umd Bieh:, bejonders
Schwein le i liegen die Nittergüter Burg:
ER, und} erde . mit 113 und 109 G.
R gay dar «Bänfe Edle Herren
P.», des e bauch mädhtigiten der Prignig, wird
Ay urlundlid) als Bot *2* im er (in der
— *6 F Se we ——
u einr. Ga x Herr iu),
ie, aus einem alten ku
ihleht, geb. 20. März 1821 zu ru 3 =
Prigniß, widmete fi zu Berlin und rer era
Studium der Rechte, war von 1846 bis 1
bei der Negierung in Magdeburg beihäftigt und
lebte ſeitdem teild auf feinem Gute ——— —
in Berlin, teils auf Reiſen.
nahm er die Intendantur des H
Schwerin. Seinen Ruf als —
u dem lieblichen rg 9 i * pa
ald erzählt» (Berl. 1850; 44 —
verwandt iſt 4 ii ee *8* Au, l.
1882). Daneben hatte P. feit 1847 auch eine Neihe
von Zuftipielen der Bühne übergeben, die zum
arößern Zeil in drei Bänden Bert 1850—52) ger
drudt erfchienen. Ihre Saupteinenfchaften find
Deine Anmut und gemütreiher Humor. Als bes
onder& gelungen find «Die blaue Schleifer, «Babes
Zeit in
Putney — Puttkamer (Robert Bictor von)
. | Geervliet,
furen» und «Der Salzdireltor⸗ hervorzuheben
Später eridhienen die Schaufpiele: «Das Teita:
ment de3 Großen Kurfürften » (Berl. 1858), «Wal:
bemar» (Berl. 1862) und « Wilhelm von Dranien »
(Berl. 1864), dad Trauerfpiel «Don Juan d'Au⸗
jtria» ( 1860) und die Luſtſpiele «llm die
Sirone» (Berl. 1864) und «Spielt nicht mit dem
Beuer!» (Berl. 1866). Außerdem veröffentlichte B. | flallee.
d | mit der Grafſchaft Holland vereinigt.
einen Band «Novellen» (Stutte. 1863) un
«Brandenb, Geihichten» (Stuttg. 1862). P. fun:
ierte 1867 —68 als Hofmarſchall des deutſchen
ronprinzen, wibmete ſich dann wiede
ſchrifiſtelleriſchen Thaͤtigleit und lebte in Berlin,
bis er 1873 die Generaldireftion des Hoftheaters
in reg übernahm. Die Zwiſchenzeit bezeugt
eine reiche litterarifche Thätigkeit im Drama, Ro:
man und ber Novelle. Es erfchienen: eine Biogra-
phie Immermanns (2 Bde., Berl. 1870), vier
Bände Luftipiele (Berl. 1869— 72), die Romane
«Die Halben» (1868), «Die Nahtigall» (1870),
«Walpurgis» (1869), « Funken unter der Ajche»
1871), « Theater:Grinnerungen» (1873), emblich
eine «Ausgewählten Werte» (6 Bde., Berl. 1872
— 77). Dazu lamen fpäter nod mehrere Romane
und Novellen, wie «Groquet» (1872), « Gifen»
(1879), « Das Frölenhaus » (1881), «Das Maler:
Majorle» (1883), ſowie die Scaufpiele «Rolf
Berndt» (1881) und «Die Spealiften»,
Putueh, fübmweltl. Boritadt von London, I—
10 km von ber Paulskirche, in der Grafſchaft
Surrey, am füdl. Themfe:Ufer, gegenüber Fulham,
mit dem e3 durch eine alte hölzerne Brüde verbun-
ben ift, in anmutiger, von Parks, Billen und
gartenartiger Kultur erfüllter * gelegen, mit
(1881) 13225 E. Zwiſchen P. und London:Bridge
findet lebhafter Dampfichifiävertehr ftatt; außer:
dem fteht ed mit ber Hauptſtadt durch bie Linien
der Sübmeit: und der Nord »London :Eijenbahn in
Verbindung. P. iſt eine Hauptitation für die Boot:
fahrten auf der Themfe. Thomas Erommell, der
Minifter Heinrichs VIII. und der Hiftorifer Gibbon
wurden in P. geboren; der jüngere Bitt ſtarb dort.
Putorius (lat.), der Illis.
utride Fieber, ſ. Faulfieber,
teide Jufektion, |. Byämie.
Putſch, ein Wort der züricher Mundart, kam
bei der dortigen Bewegung von 1839 auf und wird
feitbem überhaupt für einen unerwarteten, aber
raſch vorübergehenden Aufftandsverfuch gebraucht.
utte (Iſaak Dignus Franſen van de), nieber:
länd. Staatömann, geb. 22. März 1822 in Goes,
machte ald Matrofe, Päter al3 Steuermann, meh:
tere Reifen nad) Oftindien; 1849 ward er Befiker
einer Zuderfabrif, jowie einer Tabalpflanzung auf
ava. Nach zehn Yahren ins Vaterland zurüdge:
ehrt, warb er 1862 von Rotterdam zum Abgeord:
neten für die Zweite Kammer gewählt und trat
1863 ala Minijter der Kolonien in da3 unter Füh—
rung Thorbedes jtehende liberale Kabinett, =.
Mai 1866 zurüdtrat. Den gleihen Poſten beklei
dete er in dem von Geertiema und de Bries gebil:
beten Minifterium (Juli 1872 bis Aug. 1874). Er
war dann wieder ald Mitglied ber Zweiten Kammer
thätig; feit 1880 gehört P. der Eriten Kammer an,
utteeala, foviel wie Battiala.
uttelange 128 Saaralbe, ſ. Büttlingen.
‚Butten, ehemalige Inſel in der niederländ. Pro⸗
vinz Südholland, zwiihen der Alten Mans, dem
Spui und der Bornifje, enthält die Ortichaften
rt ganz der | Marl
403
| Spitenife, Helelingen, Simonshaven
und Biert. Nach der Verfhlämmung ber Bornifle
bildet P. den öftl. Teil der Inſel Boorne und P.
Die alte Herrſchaft P. deren ſchon 1048 Erwähnung
geihicht, erftredte fich bedeutend über die Grenzen
e Inſel und umfabte, außer diefer, den weſtl. Teil
elmonde und die öftl. Hälfte der Inſel Over:
Das «Band von PB.» wurde im 15. Jahrh.
von
ütter (ob. Steph.), einflußreiher Staats:
tslehrer, geb. zu Iſerlohn in der Grafſchaft
Rart 25. Juni 1725, bezog bereit3 im 13. Jahre
die Univerjität, Nachdem er ein Jahr in Marburg
jurift. und philoſ. Disciplinen ftudiert hatte, ging
er 1739 nad) Halle, 1741 nad) Jena, 1742 wieder
nad Marburg, wo er 1743—45 einem jungen, ba=
felbit ftubierenden Burggrafen zu Kirchberg als
jurijt. Repetitor beigegeben war. Gleichzeitig habi-
litierte er fi 1744; 1746 folgte er dem Rufe als
außerord. Profefior der Rechte nad Göttingen.
Bon 1752 an las er regelmäßig Staatsrecht, Reichs⸗
geihichte und Reichsprozeß; auch hatte er ein fehr
beſuchtes Praltikum. J. 1755 rüdte er in bie
ze ät ein und 1757 wurde er zum Brofeflor des
taatsrechts und zum Hofrat ernannt. Mit königl.
Erlaubnis ging er 1762 nad) Gotha, um ben Erb:
— en von Sachſen-Gotha im Siaatsrecht und in
r — te zu unterrichten. Im J. 1764
wurde er der furbraunihw. Wahlgeſandtſchaft in
drantfurtbei Gelegenheit der ErnennungJoſephs II.
um röm. Könige als Rat beigegeben. Zum Geh,
* ernannt, war er von 1797 an erſter Pro⸗
eſſor der Rechte und Ordinarius im Sprudtfolle:
— ließ ſich 1805 als letzterer emeritieren und
tarb 12. Aug. 1807. Sein Hauptwerk: aHiſtor.
Entwidelung der Berfaflung des Deutichen Reiche»
(3 Bde., Gött. 1786; 3. Aufl, 1793), bat auch jeht
noch Wert, ebenfo feine « Litteratur des deutfchen
Staatärehtö» (3 Bde., Gött. 1776—83; 4. Bo.
von Klüber, Erlangen 1792).
Putti (Butten, ital., d. b. Kinder, Knaben),
Bezeichnung der feit der Renaiffancezeit in ber belo:
tatıven Malerei und Blajtit mit Vorliebe ange:
brachten Kindergeſtalten.
Puttkamer (Robert Victor von), preuß.
Staatsminiſter, geb. 5. Mai 1828 zu ent
a.D., Sohn des fpätern Dberprälidenten der Pro—
vinz Bofen, ——* das —— um Grauen
Kloſter und das Köllniſche 25* ium zu Ber:
fin und ftudierte feit 1846 in Berlin, Heidelberg
und Genf Rechts- und Staatswiljenihaften, mo:
derne Sprachen und Geſchichte. Nach Abjolvierung
feiner erjten jurift. Prüfung beim Appellations:
per zu Diarienwerder 1850 arbeitete er ald Aus:
ultator am Gericht zu Danzig, wurde 1851 Ge:
richtöreferendar, 1852 Regierungsreferendar und
nad einer zweijährigen Beichäftigung bei der Re:
gierung zu Poſen 1854 Regierungsafiefior. In
iefer Eigenſchaft war er bis Ende des Jahres bei
iz | der Direktion der Ditbahn zu Bromberg er unb
r Heydt
folgte dann einem Rufe des Miniſters von
als Hilfsarbeiter in die Eiſenbahnabteilung des
Handelsminiſteriums. Hier arbeitete er vier Jar
unter dem Unterjtaatöjefretär von Pommer⸗ che,
den er im jan. 1859 al3 Oberpräfidialrat nad
Koblenz begleitete. Won dort wurde er 1860 zum
Landrat des Demminer Kreiſes und während bes
Deutſchen ig en von 1866 zum Giviltommiflarius
von Mähren berufen. Nah dem Friedensſchluß
26*
404
trat er zunächſt als Hilfsarbeiter in das Minifte:
rium des Innern, dann als vortragender Rat in
das — Bundeskanzleramt, Im Aug.
1871 wurde er zum Regierungspräſidenten von
Gumbinnen, 1875 zum Bezirlspräfidenten von
Lothringen, 1877 zum Oberpräfidenten von Schke:
fien ernannt, Nah dem Rüdtritt des Minifters
Falk übernahm P. 12. Juli 1879 das Kultusmini:
ee um die von Leo XIII. mit der preuß. Ne:
ierung angelnüpften Unterhandlungen wegen Her:
Nelung des Friedens zwiſchen Staat und Kirche zu
örbern. Zu diefem * e wußte er im Landtage
ein Gefeß durchzubringen, welches die Regierung
ermädtigte, gewiſſe Beitimmungen der Maigefeke
außer Kraft zu ſeßen. Durch einen Erlaß P.s vom
21. San. 1880 wurde in ben preuß. Schulen eine
berichtigte deutihe Orthographie eingeführt (ſog.
Puttkamerſche Orthographie). Am 18. Juni 1881
übernahm er das Miniſterium des Innern und er:
bielt im Oktober das Vizepräſidium des preuß.
Staatsminiſteriums. Im J 1874 wurde P. vom
Wahlkreis Pod: Dleplo:Fohannisburg, 1878 und
1831 vom Wahllreis Löwenberg in den Deutjchen
Reihetag, 1830 von diefem Wahlkreis ins preuß.
Abgeordnetenhaus gewählt (Hofpitant der deutſch—
fonjervativen Partei). Im Dez. 1884 ward er
zum Bevollmä tigten für den Bundesrat ernannt.
Puttlamer (Varimilian von), preuß. Staats:
mann, Vetter und Schwager bed vorigen, geb.
28. Juni 1831 auf Groß: Noffin in Pommern,
ftudierte in Bonn und Berlin die Rechte, arbeitete
ald Gerichtsafjellor eine Zeit lang bei den Land:
gerichten in Koblenz und Bonn, wurde 1861 Kreis:
richter in Frauſtadt (Pofen), 1871 Rat bei dem
Appellationggeridht zu Colmar, 1877 Generaladvo:
kat bei diefem Gerichtshofe und wurde 1879 als Chef
ber \juftizverwaltung zum Mitglied des neugebil:
deten Minifteriums für Cljab:Lothringen ernannt.
m J. 1882 wurde ihm außerdem die gefamte Ge:
ngnis» und die Slultusverwaltung, mit Aus:
nahme des öffentlihen Unterrichts, übertragen.
Seit 1879 verjieht er zugleich die Gefchäfte eines
Kommiſſars des kaiferl. Statthalters beim Bunbes:
rate und ijt feit 1884 ftellvertretender preuß. Be:
vollmädhtigter bei biefer Körperſchaft. Seine parla:
mentariſche Thätigkeit begann P. als Mitglied des
Norddeutſchen ——— Reichstags, dem er
ebenſo wie dem Abgeordnetenhauſe ſeit 1867 als
Vertreter des Kreifes Frauftadt angehörte, Beim
Übertritt in den Reichsdienſt legte er fein Land:
tagsmandat nieder, während er im Reichstage bis
1881 may blieb, P. gehörte der nationallibe:
ralen Partei an, bis er infolge der ablehnenden
Haltung feiner Fraltion gegenüber der Zolltarif:
vorlage mit Völk und einigen andern Genoflen
aus derſelben ausſchied. J. 1881 unterlag
er bei der Reichsſstagswahl feinem poln. Gegner.
Seine Gemahlin, Alberta von B., geb. 5. Mai
1849 zu Groß-Glogau, begann ihre bichterifche
Thätigteit bald nach ihrer liberfiedelung in das
Elſaß 1871. Sie veröffentlichte wie einzelne
Dihtungen und Überfegungen aus dem Franzöfis
ſchen, nad) Alfred de Muflet, in verfchiebenen Zeit:
ſchriften und gab dann das biftor. Drama «Saifer
Otto III.» (Glogau 1882) und einen Band «Did;
tungen» (ep. 1885) heraus,
Wültt! ngen, Landgemeinde im preuß. ‚Regie:
rungsbezirk Trier, Kreis Saarbrüden, im Göller:
thal, Station der Induſtriezweigbahn Wölflingen:
Puttlamer (Marimilian von) — Puy (Stadt)
P. ber Preußifhen Staatsbahnen, hat (1880) 7782
meijt fath. €. und Steintohlenbergbau.
üttlingen (frz. Puttelange [23 Saar;
albe), Stadt im Kreife Forbach des elſaß⸗lothring.
Bezirks —— 14 km ſüdweſtlich von Saar⸗
gemünd, an ber! tober (einem Seitenflufle der Albe),
zählt (1880) 2202 meiſt fath. E. und hat bedeutende
Seiden:, Ylüjch: und Samtfabrifen, fowie Stroh:
hutflechtereien. Die Stadt war einftmit Mauern um:
geben und bildete den Mittelpuntt einer Orafidaft.
uttun, |. Batan.
utu, Inſel bei Tſchuſan (f. d.).
utumayo, linfer Nebenfluß des Amazonen:
ftroms in Südamerifa, entipringt im Staate
Gauca der Republit Columbia am Oftabbang der
Cordillera von Neugranada, fließt meiſt in ſüdöſtl.
Richtung, bildet im mittlern Yaufe die Grenze von
Columbien gegen Ecuador und Peru und mündet
nad 1580 kın Stromlauf ala ca bei Säo: Anto-
nio do Ica in der brafil, Provinz Amazonas. Der
ee nu ſich und durchſtrömt meift Urwald,
ug, ſ. Abpub.
uhen, Buben (frj. döcoupure, engl, burr),
Abfall, der ſich beim Lochen :c. von Metallen ergibt.
Pupig, Stadt im weitpreuß. Regierungsbezirt
Danzig, Ntreis Neuftadt in Weftpreußen, an dem
Pusiger, Wiek, dem weitlihen im NO. von
der Putziger — — begrenzten Teil der
Danziger Budıt, Si eines Amtsgerichts, hat (1880)
2019 E., einen Hafen, eine evang. und eine fath,
Pfarrlirhe, eine Dampfmahlmüble und Ziegelei.
P. ward 1341 vom Deutſchen Orden gegründet und
1378 zur Stabt erhoben. Die Putziger Kempe
ift das wollen r und der Rheda gegen das Wiel
voripringende Plateau. —
utzmaſchine, ſ. unter Meblfabrilation.
utzmühle, ſ. u. Getreide-Reinigungs—
maſchinen.
Putztuch, ein gazeartiges Baumwollgewebe
mit weit auseinander liegenden Fädenpaaren in
der Kette und fehr diden Fäden im Einſchlag, das
zum Busen von Maſchinenteilen verwendet wird,
Puvid de Chavannes, franz. Hiftorienmaler,
eb. 14. Dez. 1824 zu Lyon, war Schüler von
Feat Sceffer und von Couture, Den eriten Er:
folg hatten feine zwei Gemälde Krieg und Frieden
(1861, Mufeum in Amiens), diefem Tolgten Arbeit
und Ruhe (1863), Ave Picardia nutrix (eine Dars
ftellung des Lanblebens in der Picardie, 1865),
Maifilia (1869) und der Sommer (1873, letztere
beiden im Mufeum in — Für das Yan:
theon in Paxis malte er zwei Epifoden aus dem
Leben der heil. Genoveva; kin Gemälde Pro patria
ludus (libung der Jugend im Lanzenwerfen) er:
warb ihm die Ehrenmedaille bes Salons von 1882,
Buy (in catalon. Form ‚Buip) ift im fühfran;.
zen ber Auvergne und der Gevennen der
ame für bie dort fo — abgeſtumpften
Kegelberge erloſchener Vullane.
Buy 6 Le: Buy:en:Belay (mittellat, in
der Frantenzeit Anicium, fpäter Podium), Haupt:
abt des franz. Depart. Beute Size und eines
rrondiſſements, ſowie der Landichaft Belay(Pagus
Vellavus oder Vallagia), amp — am
ſchroffen Abhang des vulkaniſchen Berges Anis,
aus welcheni ber lkoloſſale Baſaltkegel Corneille
(757 m) emporſtarrt, unweit vom Zuſammenfluß
der Borne und des Toolaijon mit der Yoire, Station
ber Linie Et.» Etienne:Langcac der Paris-Lyon
Puy (Pierre du) — Puy:de:Döme
Mittelmeerbahn, in der Nähe der vulfaniichen Berge
von Volignac, St.: Michel und Eſpaly in 625 m
Seehöhe gelegen und unmittelbar felbft von hoben,
anz ſeltſam geformten Felsnadeln umgeben, ift in
Bas auf die Gigentümlichleit ihrer Yage und Um:
gebung vielleicht bie merfwäürdigite Stadt Franl:
reichs, übrigens finfter, unregelmäßig gebaut, mit
jteilen, etagenmweije übereinander ſtehenden, meiſt
aus Lava errichteten Häufern. Die Stadt iſt der Siß
eines Suffraganbiidofs der Erzdiöceſe Bourges,
eines Aſſiſenhofs, eines Handels: und zweier Yyrie:
densgerichte, ſowie eines Arbeiterfchtedsgerichts
(conseil de prudhommes), hat zwei geiſtliche Se:
minare, ein Lyceum, ein Lehrer: und ein Lehrerin:
nenjeminar, eine Geſang- und Mufilihule, kom:
munale Induftrieihulen, eine Schule für Spiken:
Höppelei, eine öflentlihe Bibliothef von 15000
Bänden, das Mufeum Crozatier für Kunſt, Ar:
häologie, Naturalien, Gthnograpbie, re
und Spipeninduftrie, ein Theater, eine alademiſche
Gejellihaft für Aderbau, Wiſſenſchaften, Gewerbe
und Handel, eine Aderbaufanımer , eine Gewerbe:
kammer, eine befondere Kammer für die Spihen⸗
fabrifation, eine Taubftummen: und eine rren:
anftalt. Unter ben öffentlichen Gebäuden ijt ber:
vorzubeben die auf dem höchſten Punkte der Stabt
gelegene Kathedrale Notre: Dame aus dem 8, bis
15. Jahrh. Ihr früher in ganz —— be⸗
ruhmtes und vielbeſuchtes Gnadenbild Notres
Dame de Puy (la vierge noire) aus Cedernholz,
angeblich ein 1254 von König Ludwig dem Heiligen
aus dem Drient mitgebradhtes Gelder, nad ans
dern ein ſchon im 8. Jahrh. aus Agypten bierher
getommenes Iſisbild, wurde in der Revolution:
eit verbrannt und fpäter durch ein anderes erfekt.
m Sept. 1860 ward auf der Spike des Bajalt:
tegels Gorneille dad 16 m hohe Standbild ber
Notre: Dame de France, nad) dem Entwurf von
Bonnaflieur, aus 213 den Ruſſen bei Sewaſto—
pol abgenommenen Kanonen errichtet, innen mit
einer gußeiſernen Treppe von 57 Stufen bis zur
firone. Auf der Plattform des Nocher de Corneille
“erhebt fih außerdem die Bronzeftatue deö 1862 ge:
ftorbenen Biſchofs de Morlhon von Buy, gleichfalls
nad) Bonnaffieur. Bemerlenswert find ferner bie
St. Laurentiuskirche (14. —— dem Grabe
des Connetable Duguesclin, das jedoch nur deſſen
Eingeweide birgt, während der Körper ſelbſt in
St.:Denis ruht; die monumentale Fontaine Cro:
Re in Marnıor und Bronze. (mit den Statuen
er Stadt Buy und der Flüſſe⸗Loire, Allier, Borne
und Dolezon) auf dem großen Plage Breuil. Auch
t die Stadt reizende Promenaden; auf einem der
oulevards erhebt fi) die Statue Lafayettes, von
Hiolle. Neben der Unterſtadt führen 277 in ben
Fels gehauene Stufen pP der auf einem 35 m hohen
vulfaniihen Feld gelegenen Kirche St.-Michel
—— aus zwei Kapellen beſtehend, deren
neueſte aus dem 10. Jahrh. ftammt. P. zählt (1881)
15459 (Gemeinde 18825) E. und bildet den Hauptſitz
der Spißen: und Blondenmanufaltur des Departe:
ments. Auberdem bat die Stadt Seiden-, Garn;,
Wollſtoff·, Gold: und ‚Silberfädenmanufalturen,
Lob: und Weißgerbereien, Buchdrudereien, Ge:
treidemuhlen, Gloden: und Keſſelgießereien. Seit
langer Zeit liefert P. auch die Schellen und Klin:
seln für Maultiertreiber und Fuhrleute des mitt:
lern und ſüdl. Frankreich. Die er ———
des Handels ſind Schlachtvieh, Ser e, Maul:
‚die D
405
tiere, Wolle, Getreide, Gemüfe, Spihen, Leber
und andere Fabrilate.
33 (Bierre du), ſ. Puteanus.
uycerda, Puigcerda, Heine ſpan. Stadt an
der von Perpignan nach Seo de Urgel führenden
Straße in Catalonien, Provinz Gerona, rechts an
der obern Segre, mit alten Befeltigungen, wurde ge:
ſchichtlich namhaft 1795, mo die Spanier den von
ben Franzofen beſehten Plaß erftürmten und die
Beſaßung gefangen nahnten,
Buy:de:Döme, Departement im mittlern Süd:
franfreich, aus Teilen von Nieder: Auvergne, Bour:
bonnai3 und Forez zufammengejebt, zählt (1881)
auf 7950,53 qkm 566.064 E., zerfällt im bie jüni
Axrondiſſements Clermont-Ferrand, Ambert,
Iſſoire, Riom und Thiers mit 50 Kantonen und
467 Gemeinden und bat zur Hauptſtadt Klermont:
derrand (j. d.). Etwa drei Viertel der Oberfläche
gehören dem Gebirgalande, ein Viertel den Thä—
lern und ber Ebene an. Zweige des Cevennen: und
Auvergnegebirged erfüllen den Dften und den
Weiten, zu beiden Seiten des in nördl. Richtung
vom Allier durchſtrömten, im ganzen 126 km lan:
gen, durch feine Schönheit und Fruchtbarkeit be:
rühmten Thals —— linf3 und rechts von
Hügelreihen begleitet, deren Abhänge mit Reben:
pflanzungen geſchmudt, während die nit mit
Dörfern und Burgen befeht, bie durchführende
Heerftraße und Eiienbahn mit berrlihen Nußbäu—
men eingefaßt find. Die Menge von Kegelbergen
ober By Bafalt:, Lavamafjen und Kratern
zeigen bier die dullaniſche Natur des Bodens. Am
meijten häufen fich die erlojchenen Vulkane im
Meiten des Allier und teilen fi dort in zwei
Hauptgruppen. Die Gruppe des 1465 m hohen
Buy:de:Döme, weitlid von Clermont, erjtredt
ſich etwa 30 km von Nordoften gegen Südwelten
und beiteht aus etwa 60 Felslegeln auf granitener
Baſis, mit mehrernKratern von 160 bid 200m Zee
und 1600 m Umfang. Die kolofjale, in Geftalt
einer Kuppel aufiteigende Maſſe des eigentlichen
P. trägt zwei Gipfel, den Großen und ben Kleinen
uy, beherrſcht die übrigen 60 Gipfel und ift von
chladenfeldern umabießbaren, öden, mit finfterm
Heidefraut bededten Flächen, umlagert. Die jüdl.
Gruppe des Mont:Tore (f. d.) beherrſcht der eigent:
lihe Mont: Dore, defien Gipfel Puy-de-Sanc
(1886 m) der höchſte Punkt im centralen Frankrei
iſt. a der Ditfeite des Mont:Dore liegt die von
Bultanbergen umgebene Stadt Beile:en-Chandefle,
in ber Nähe die falten Mineralquellen von Condat
und einer der merkwürdigſten unter ben ee
Kraterieen des Landes, der Lac-Pavin, deſſen
Abfluß, die Couze, die prächtige, 7 m hohe Ga3:
cade- von Saillans bildet. Südlicher, bei dem
Städtchen Ardes, befindet fich eine der größten und
ſchönſten Bafaltlolonnaden, 23—26 m hoch. Der
Boden des Departements iſt zwar größtenteils ftei-
nig und dürr, aber die vultanifche Natur befördert
die. Begetation und die Thäler find fehr — bar,
beſonders die Limagne. In dieſer nimmt der Allier
ore, Alagnon, Couze, Veyre und Morges
auf, Die Dorbogne erreicht nad) kurzem Laufe die
Südgrenze. Das Klima tft fehr unbejtändig; die
von Stürmen umtobten Gebirge find 6—7 Vlonate
lang mit Schnee bededt. Der Aderbau it in der
Limagne fehr lohnend und erzeugt Weizen, Noggen,
Flachs; Obſt, befonders Kirihen und Nüffe, gibt
e3 in großer Menge und Güte; ber Hornertrag
406
dedt den Bedarf. Der Mein ift mittelmäßig und
wird in beträchtlicher Menge ausgef ie Fel⸗
der der ag Den liefern nur kümmerfi
Ertrag an Roggen, de fer, Buchweizen und Kar⸗
toffeln, ſodaß uptnabrun des Dergbewoh:
ners die Kaftanien bilden. Deito ausgezeichneter
8 die Bergweiden und der Wieſenwa Dieſe -
örbern befonders die Rindviehzucht, die Butter:
und Käfebereitung, außerdem aber auch die Schaf⸗
Ziegen :, Pferde: und Maultierzudt. Das Mine:
een, liefert Gifen, Antimon, Blei, Alaun und
teintoblen, ſowie mancherlei "Steinarten, Lava,
Marmor, Granit, Müblfteine u. f. w. Heiße und
talte Vineralauellen find fehr zahlreich; die befuch:
tejten find: Bains (f. d.) und bie von Saint: Myon
und Chaͤteldon. Die wichtigſten
find Leinwand, Spiten, Bänder, Zwirn,
woll:, Woll:, Bapier:, Leder:, Meiler: Saum
Quincailleriewaren. Haupif he der —— ſind
Clermont⸗ Ferrand, Thiers und Riom. Joanne,
— du Departement du P.» a 1876).
aurens, Stabt im franz. Depart. Tarn,
ih Lavaur, hat (1881) 1575 E. (Gemeinde
5012), und Handel mit Ak und Maulejeln.
Puzol, Stadt in der fpan. Brovinz Valencia,
Bezirk Sagunto, unmeit der Hüfte des Golf3 von
Valencia, an der Bahn Almanja:Balencia-Tarra:
gona, bat 2924 E. Hier ſch alu am 35. Dit. 1811
der franz. Marſchall Sudet die Spanierunter Blale.
uolanerde, f. unter P Bonu oli.
nagwölt, Stadt, ſ. Bonus
heli, Stadt in der rafſchaft Carnarvon
des engl. Fürftentums Wales, an der Nordküite
der Gardiganbai, Station ber Lnie Machynlleth⸗
Barmouth⸗P. der Cambriſchen Bahn, die über
Garnarvon mit der London: und Northiwefternbahn
in Berbinbung ftebt, bat (1881) 3239 E., einen
— Auſtern-⸗, Hummern: und Heringsfifcerei.
(oder dwt.), Abkürzung für Pennyweight.
Bine (ardh., nuutuere tung, Eiter:
vergiftung putride Anfeltion), eine meilt
ſchnell verlaufende, fchwere, fieberhafte Infeltions:
trantheit, wel e zumeilen nach äußern Verlegungen,
eingreifenden Operationen, ſowie nad ausgedehnten
Giterungen innerer Organe auftritt, durch die Auf:
nahme von mechaniſch und hemijch ſchädlichen, fog.
jeptiihen oder putriden Subjtanzen in das Blut
entfteht und ſich durch ja fieberhafte Allgemein:
erfcheinungen, durch Schüttelfieber und durch ſog.
—— Abſceſſe verſchiedener Organe, bejon:
ders der Lungen, mit Entzündungen der betreffen:
den ferdfen Häute charakterifiert. Nicht weientlich
verſchieden von der P. ift das bei Wöchnerinnen
vorfommende Kindbettfieber (f. d.). Während bei
normalem Wundverlauf in den verlegten und durch⸗
ſchnittenen Blutgefähen bald mehr oder minder aus:
gedehnte Blut: und Faferftoffgeriniel, fog. Throm:
ben, ſich bilden, welche ſich nad) und nad) organifie:
ren und einen wejentlihen Anteil an dem Prozeß
der Wundheilung nehmen, erfolgt unter ungüniti-
gen Verhältnifien, namentlid durd Zutritt der
überall in der Luft umberjdiwebenden mikroſlopi⸗
ſchen Fäulnis: und Gärungserreger, der fog. Mitro:
ben (j. d.), eine Verjaudung der eiternden Wund—
fläche, welche weiterhin eine Erweichung und fau:
lge Berfegung der in den Gefäßen gebildeten
— ur Folge hat.
Werden Teile dieſer zerfallenden Gerinſel durch
Embolie (ſ. d.) von dem Blutſtrom fortgeriſſen und
Puy⸗Laurens —
nduſtri —— das
Pyat
an den verſchiedenſten Stellen des Körpers in ben
feinften par der Arterien eingefeilt, fo
n fie auch dort ae ihrer reigenden Be:
‘a affenheit he a
86 * if ———
metaftati ““ ceifen eine
ränderu — in Bin
alle bewi an Diefer en
eidieben fein; ihre ug —
aöbängi von dem Ei bolie. Während
Abſceß im Gebirn önel — Tod, ein Abſceß
* der Lunge wenigſtens eine ſwere
hrt, lann ein metaſtatiſcher Abſceß in einer
liedmaße Bine er e Symptome bleiben.
Doch iſt ein pyämifcder Giterberb * ——
Leben wichtigen Körperſtelle
der eutung, weil nur fetten
einer allein auftritt und jeber einzelne "ans die
Quelle neuer Embolien werden kann.
itandelommen eines ſolchen Abjcefies Tün
immer zuerft durch einen ſtarlen Schü —*
verſchiedener Dauer an, —— ein A
SERIE A em kt je
oft t nn meilt ein tioes,
Irmüierenbs Sicher, a —— * *
Schwãche und ud
taten Zuftand führt; unter Zunahme Beer Er:
re erfolgt meiſt der Tod, felten Genejung.
iſt eine äußerſt anjtedende Krankheit,
weldye haupifad ich durch unreine, mit Miasmen
eſchwängerte Luft, durch unſaubere Inſtrumente,
wãmme und —E— durch ſchmutzige
Hände u. dgl. übertragen und derhalb vorzugsweile
in unxeinlichen, überfüllten und ſchlecht ventilierten
Krantenhäufern entjteht. Da die Siran
tödlich verläuft, fo bildet die Frage ihrer
eine der wichtigften Aufgaben der Chirurgie; in bie
fer Beziehung üt vor allem auf die größte Zn
teit, auf unausgejehte Bentilation und Desinfeltion
der "Rranfenzinmer, fowie auf die größte Sauber:
ie = Sorgfalt ie —* 3 — ae
ich aber vermag die von Liſter
antiſeptiſche Berbandmethode, bei der bie
Fäulniserreger der Luft durch zeritäubte Carbol⸗
jäurelöfung und carbolifierte Verbandſtoffe von der
Wunde fern gehalten werden, ziemlich fiher bie
Entjtehung der P. zu verhüten. (S. Bunde.)
* 3 an). ), — —
— liſt und Bubnend F
ter, = 4. Ött. 1810 % rt.
ierjon
war vor der Februarrevolution Mitarbeiter am
alte Rd) ala Berl ” ——
und machte ſich als Verfaſſer mehrerer
belannt, die —* Seit den
serruriers» (1841),
chiffonnier» (1847).
Depart. Cher in bie — wo gi
Nepräientanten des Bergs iu been
—— ge er ge höre sr! n die —
gewählt, wurde er als
rischen Manifeites vom 2%
—5 — * & ed du Se —* se
weiz der ftung zu entziehen.
—— ging er Belgien und von da
nach London. 869 Tehrte er Frant:
reich wieder zurüd, de jedoch ſchon Mo:
nate —* =. feiner —— im — zu
einem halben Jahr nis verurteilt
tete abermals ven Den ndon, von mo a
Pydna — Popin
menge den 5 t, 1870 die Nüdlchr . eigene —
Belagerung von Paris gab er
«Combat» nad) dieſem den » Vengeur» heraus.
Er war nad) dem 18. März 1871 Mitglied der
zifer Commune, entfloh beim Eindringen der 2. She
ailler Armee und wurde 1873 vom verfailler Kri
gericht in contumaciam zum Tode verurteilt,
ebte jeitdem in London, von wo aus er die in Pa:
ris erfcheinende «Commune affranchie» dirigierte;
nad) der Sr ee fam er nad Paris zurüd,
feite Stadt an der MWeitfürte des
men a Sertufens in un 168 *
Zun v.
König Wer fg von —— durch den home
Amilius Paullus gänzli — wurde. In
—* bzant. Zeit —3 fie Kitron oder Kitros,
er Be elomephritis (gr), &
0 ye ze is grch.), die
eiterige Entzündu —* nbedens,
ſtlin
eanos Fluten
en
Dä b ein —* ftes
—— It, daß es an des
von Krani befriegt werde, Gemwö 2
erben fie an die Duellen des NilS oder na
dien, von Spätern u > in den Norden in die Gegend
von Thule verfegt. Sie follen unter anderm den
—* ſeinem —— mit Antäos (f. d.) im Schlafe
—— nit ihren Heerſcharen ange:
aber von diefem in feine Löwenhaut
gene Yorke fein. Es erijtieren noch zahlreiche
titellungen der
Pygmalion, von Kypros, Vater der
Metharme, der — in des Kinyras, fahte eine
SE Seideni, idaft für das elfenbeinerme Bild
obite, Ben. eis Darjtellung für das
er ſelbſt Rt gefertigt und das
au feine Bitte belebte, Er nahm danndie
lin; fie gebar ihm den Paphos.
„unter scompceten,
ometer heißt ein Heines, dünngeblafenes
welches zur Beftimmun der Dichte
Des he ſchen — — der Körper dient, Für
gleiten iſt hierbei die Anwendung des P. einfach,
Item Th rag u ai, ——
zu mmen 198 a e dann
er * md Sun. dit des gleic den Volumens
werben, Für d mung der
te ne Süne ift der Sehr, P. etwas
tomplizierter, aber im weſentlichen fommt —* dabei
—— an, ju — —— viel Waſſergewicht
ins P. on gelegte fefe rperchen verdrängt bat.
Diefes Gewicht eh Waſſers, dividiert
in das abjolute Gewi 4 —
lleinen feſten me r* 38 —*—
— —
n nur um das Ein⸗ und — th
untern es entfernt jtehen.
‚ der Sobn des Strophios und der
Be Sr ti —— Sähweh n
deſſen Schweiter
a er heiratete und welde ihm den Medon
und &
A ), die Entzündung der
*
en beißen bie mächtigen, turm:
welde den Haupteingang ber
opt. Tempel bilden und in ihrer eigentümlichen
ein harakteriftiiches Merkmal der alt
ägypt. Arkhiteltur find. Bu beiden Seiten des
wergvolf, von
a
eh
eu:
ri
‚ &bnlich wie = a
407
entlihen Thors erhebt ſich je ein Turm mit ge:
böfchten Wänden zu anfehnlicher Höhe, der an =
Eden einen Rundjtab als Umrahmung der Seite
und eine mächtige Hobltehle ala ig gen bat.
den find gewöhnli und gar mit
en Daritellungen und jerog vphiſ zu
—2 in flachem, bemaltem Steliet bevedt.
ihrer —— waren oft auch noch große M
mit weh Blaggen angebracht. Bor en
Tann ms mei zwei Obeliöten oder Statuen.
.), der Magenpförtner, |. Dia:
— Ca tenofe, De erengerung bes
Ma ortners
108, alte Stadt an der Weſtkuſte Mefieniens,
auf dem die jepine Bucht von Navarin im Norden
abſchließenden 8* Koryphaſion gelegen, er⸗
cheint in der Homeriſchen Woche als Königsfip des
eftor und jpielt im — Äriege eine
Rolle, da es 425 v. Chr. durch den atheniſchen
Demofthenes befeitigt wurde. Gtädte
Namens gab e3 auch in der Landſchaft
— (dem füblichiten Teile von Elis) am
Bade Pamiſos im Gebiet von Lepreon und im
nördl. Elis am Einflufje des Ladon in den Peneios.
por hieß * das heutige Navarino (f. d.).
(Hohn), engl. ep geb. 1584 in
— ire, — in an und wurde wäh:
rend in egierung Jalo ins Parlament ge:
wählt, wo er bald als —* der Führer der Oppo⸗
fition bedeutenden Einfluß gewann. —* Einfluß
—— wãhrend der Regierung Karls J. Du
tönigl. Broflamation im Y, 1637 verhindert aus:
uwandern, trat B. nad) der Wiederberufung des
Barlaments ; im %. 1640 fofort mit unerbittlicher
Entſchiedenheit gegen die —— Politik des
Königs auf und wurde zum Vorſihenden der Kom—
milfion ernannt, vor welder Graf Strafforb des
Hodyverrats angellagt und zum Tode verurteilt
wur P. war eins der fünf Mit —* * Un⸗
terhauſes, deren gejehwidrige Ver arl I.
im Jan, 1641 perſuchte, die aber * ae fpä:
ter im Triumph aus der City nad) Belmin r zu⸗
rüdgeleitet wurden, Rach dem Ausbruch des Buͤr⸗
gertriegs im Nov. 1643 zum Feldzeugmeiſter er:
nannt, ftarb P. 8. Dez. desſelben Jahres. Seine
Leihe wurde in der MWeltminfterabtei beigejcht.
Bol. Tu; Forjter, nen of the Common-
wealth of England» (5 Bde., Lond. 1841—44),
Pyon (ard.), Eiter; Byocele, ein ——
Byocephälus, die Giteranfammlung i —*
der Schäbelhöhle —80 —— —5
des Eiters; vor ftis —e
Byogenie, iterbildun —— die Eiter⸗
vergiftung des m. (i. ee: —*
Eiteranſammlung in der Ge bärmutter; Byone:
ae €, —— Rierenabſceß Y0:
— eiterige ugenentzündung: 0
almus, ein Eiterauge; Poopneumatbe.
Er er und Luftanfammlung in der ze i
böble; 3331 Eiterhuſten; Pyorrhöe,
Vereiterung.
a ur, Eiterbruft,Empyäma),
die — ammlung von Giter in dem
—— = Ige einer heftigen Vruſtfell⸗
ne —*4
in (Aler. Nilolajewitſch), namhaſter ruſſ.
— iſtoriler und Strititer, geb. 1833 in Sa⸗
ratow, abjolvierte feine Studien auf der peters:
burger Univerfität und bereilte 1858—60 und 1862
408.
Meitenropa. Er wurde 1860 Profeſſor der peters:
burger Univerſität, doch nahm er ſchon nad an-
derthalb Jahren, infolge der damaligen Unruhen,
leichzeitig mit andern Profefioren (Kawelin,
tapjulewitih, Spaſowiez u. a.) feinen Abſchied
und widmete üich der litterarifchen ran zuerſt
im «Sovremennik», feit 1867 im «Vestuik Evropy».
V. ift, wie fein Vorbild Bielinftij (f. d.), über deſſen
Leben und litterarifche Wirkjamtleit er ein 4
liche& Werl («Bölinskij», ruff., 2 Bbe,, Peteräb,
1876) veröffentlichte, eifriger Verbreiter humaner
und liberaler Ideen (im welteurop; Sinne) in Ruf:
land, jedoch zugleich unter unbefangener Würdi⸗
gung der wirllichen Verbienfte des Slawophilen:
tums und der flaw, litterariſchen Bewegung über:
aupt. Dies zeigt feine Schrift «Die litterariichen
einungen der zwanziger bis funfziger ——
—— 1871), die eigentlich eine Fortſezung
ildei von «Die geſeliſchaftliche Bewegung zur Zeit
Alerander& I.» (ruf)., Petersb. 1871; 2, Aufl. 1885);
ferner die mit dem Uwarowſchen Preiſe gefrönte
Weſchichte der jlaw. Litteraturen » (ruſſ., Petersb.
1865; 2. Aufl. in 2 Wn., 1879—80; lehtere deutſch
von T. Pech [Lpz. 1880— 84]; fie wurde aud ins
geangöfi de und Czechiſche überjekt), worin die
bteilung über die poln, Litteratur von W. Spa:
fovid oder Spring A d.) verfaßt ift, In feinen
den ältern Perioden der ruſſ. Litteratur gewidmeten
Forſchungen bat ſich P. befonders den apotryphen
und märdenhaften Erzählungen zugewendet, eine
Anzabl folder Terte ———— (Betersb. 1862)
und in der Schrift «Die Litteratur der altruff.
Märchen und Novellen» (ruff., Petersb. 1857) den
eritem Grund zur Erforfhung des Zuſammenhangs
diefer Terte mit ähnlihen byzant.:röm, Litteratur:
erzeugnifien gelegt. Auch ſchrieb er eine Geſchichte
der ruf. Eihnographie (in « Vöstnik Evropy»,
Jahrg. 1884—85) und überjehte die die franz.
und engl. Litteratur behandelnden Teile von Hett:
ners atitteraturgefchichte des 18. Jahrh.v (Petersb.
1865—66) ins Nuſſiſche.
Pyra (Immanuel Jakob), deutſcher Dichter,
ge. 25. Juli 1715 zu Kottbus, ftudierte 1734—38
heologie in Halle, wurde Mitglied der Hallefhen
Dichterichule, lebte dann bei feinem Freunde Sam.
Gotth. Lange zu Laublingen, war Hauslehrer
in Poplih und Heiligenthal, 1742 in Berlin und
ftarb dafelbft 14. Juli 1744 als Konreltor am Koll⸗
niſchen Gymnaſtum. Durd den Hallefchen Pietis—
mus angeregt, widmete er fich der religiöfen Poeſie
und dem Freundichaftäfultus und ward damit ein
Vorläufer KHlopitods,. Es erſchienen von ihm:
«Tempel der wahren PDidtfunjt» (Halle 1737),
«Thyrfis' N ra3) und Damons (Panges) freund:
fchaftliche Lieder» (Für. 1746; 2. Ausg. von Lange,
Halle 1749). AS Gegner Gottſcheds zog er ſich
viele Feindfeligleiten au befonders durch feinen
«Erweis, daß die Gott
verderbe» (Hanıb. 1743). Bol. Waniel, «m:
mannet B. und fein Einfluß auf die deutſche Lit:
teratur des 18. Jahrh.» (Lpz. 1882).
en, f. Kiaurlsche Zahlen.
ramide (grch.), ein geometr. Körper, be:
renzt vom einer ebenem, gerablinigen Sigur als
rundfläche und fo vielen in einem Punkte zufam:
. nden Dreieden, als die Grundfläde Sei:
ten bat; Die Dreiede heißen die Seitenflädhen, der
gedachte Punkt aber die Spige; ihr Abjtand von
der Grundfläche beißt die Höhe, Je nachdem eine
chedſche Sekte den Geichmad.
Pyra — Pyramiden
B.3,4,5 u. ſ. w. Geitenflähen ober zur Grunds
fläche ein Dreis, Bier:, Fünfed'ıc. * heißt fie drei⸗
vier⸗, fünffeitig x. Zu den dreijeitigen P. gehört
auch das Tetraẽder. Der körperliche inhalt einer
P. it gleich dem dritten Teile eines Priama, das
mit ihn. Er Grundfläche und Höhe hat, und wird
daher gefunden, wenn man bie Grundfläche mit dem
dritten Teile der Höhe multipliziert.
Pyramiden (des verlängerten Marks), f. unter
Gehirn, Bd. VIL, ©. 662°. I
yramiden heißen die von einer quabratifchen
Grundfläche vierfeitig aufgebauten, ſpiß zulaufen-
den Grabgebäude der altägypt. Könige und nad)
diefen alle ebenfo geformten Körper, Die ägypti—
chen P. haben nie einen andern Zwed als den von
Grabmälern gehabt. Bei weitem die meilten und
die größten von allen finden fi) in Unterägypten
auf der Wetfeite des Nils in der Höhe von Kairo
bis gm Fayım, (Bol. die Karte: Kairo und
die Byramidenfelder, Bd.X, S.11.) Es find
in diefem Stride des Wüſtenrandes noch jeht bie
Spuren von 67 P. nachzuweiſen. jede war zum
Grabmal eines Königs beftimmt, einige wenige llei⸗
nere für einzelne Glieder der Lönigl. damit, Da:
gegen hatten die Privatgräber, aud; die der Prinzen,
eine länglich;vieredige, oben flach gebedte Form.
Diefer Gebraud, P. für die en a errichten, be:
ftand aber nur im Alten und Mittlern Reiche bis
gegen 2000 v. Chr. Aus dem Neuen Reiche iſt feine
einzige Königspyramide befannt. Doch ſtammen
ausdiejer jpätern Zeit einige Heine Ziegelpyramiden
in rg Dagegen wurde etwa feit dem 7. Jahrh.
v. Chr, diefer Gebraud in Äthiopien wieder aufge-
nommen, und bier ift auf den ya Totenfeldern
in der Nähe vom Berg Barkal und auf der Inſel
Meroẽ die Sornbisene nicht bloß auf die Kö—
nig&gräber bejchräntt, fondern in allgemeiner An:
wendung. Die ägypt. Pyramidengruppen von Abu:
Roaſch, Gizeh, Zämyet el⸗ Aryan, Abufir, Saltära
und Dabidhür gehören fäntlid den Königen der
mempbitiichen Dynaſtien an; die ältejten, die von
Dahichür, der dritten; die größten, die von Gizeh,
der vierten; die übrigen den folgenden Dynaitien;
die in der Nähe des Fayum wahricheinlich der zwölf:
ten; alle find zwischen 3500 und 21000. Chr. erbaut.
Die beiden größten P. find die des Cheops 8
ln der Dentmäler) und die des Chephren (des
Chafre der Denkmäler) aus der vierten Manethoni:
ſchen Dynaftie. Jene war urſprünglich an ber
Baſis 233 m breit und 146,5 m hoch; jeht mißt fie
nur nodj 227,5 m und 137,2 m, Die zweite, etwas
—* gelegene P. hatte uriprünglich 215,7 m Breite
und 138,4 m Höhe, jeht 210,5 m und 136, m. Die
dritte, von dem Nachfolger des Chephren, Men:
cheres, dem Menlare der Denkmäler, neben der
zweiten erbaute P. ift bedeutend Heiner; fie ift nur
108 m breit und früber 66,4, jeht 62 m body. Da⸗
gegen erreichen die beiden not ältern Steinpyra:
miden von Dahſchür faft die Höhe der beiden er-
ftern, indem bie eine 213 m an der Baſis, 99 m in
der Höhe hat, die andere, welche jeht einen doppel:
ten Winfel der —*— zeigt, weil fie ur:
iprünglich eine größere Baſis haben follte, 188 m
(Ntatt circa 210) an der Balis, 97,3 m in der Höhe.
Die meilten P. waren von Stein, mande von
ſchwarzen Nilziegeln gebaut, aber aud) dieje wur:
ben, wenn ih vollendet, mit einer fteinernen glatt:
polierten Belleidung verjehen, melde die P. von
Gizeh erit im 14. Jaͤhrh. durch die Araber verloren
Pyramidenbaum — Pyrenäen
baben. Alle P. find mit ihren Seiten genau nad
den Himmelögegenden orientiert. Die Grablam:
mern find in der Regel unterirdijch in den Fels ne:
graben und die P. über den Felsklammern maſſiv
aufgehäuft. Nur ausnahmsweiſe finden fi aud)
Kammern im Mauerwerk ſelbſt, 3. B. in der P. des
Cheops. Inſchriften fehlen in den älteften P. ganz;
bie fpätern (feit dem Ende der 5. Dynaftie), die
neuerdings geöffnet find, enthalten umfangreiche
religiöfe Terte, die als die älteften Spradpent:
mäler Sigyptens eine befondere Wichtigkeit haben.
Bol. Vyie, «The pyramids of Gizeh» (3 Bde. At:
las und 3 Bde. Tert, Lond. 1839—42); Lepfius,
«liber den Bau der P.» (im «Monatsberichto der
berliner Akademie für 1843); Petrie, «The pyra-
mids and temples of Gizeh» (Yond. 1885).
Pyramidenbaum nennt man diejenige Obit:
baumform, bei welder der volltommen ſenkrechte
Stamm von unten (30 cm über dem Boden) bis
zur Spike rundum in 30 cm voneinander abjteben:
den Gtagen mit nad) oben regelmäßig an Länge
abnehmenden Aſten bejeht it. Letztere müſſen da:
bei mit dem Horizont einen Wintel von hödjitens
85 cm bilden. —* dieſer Formgebung iſt ein
möglichit reicher Ertrag von volllommen gusgebil⸗
beten Früchten auf —— beſchränltem
Raume. Im übrigen haben viele nicht zu den
Obſtarten gehörige Bäume ſchon von Natur einen
— * oder weniger volllommen pyramidalen Wuchs,
3. B. mande Fichten und Tannen, die Pyramiden:
eihe (Quercus pedunculata var. fastigiata), die
lombard, Bappel, Cupressus sempervirens und
andere. Bäume folder Form dienen oft dazu, die
Monotonie des Gehölzbeitandes der Parkanlagen
zu unterbrechen.
—— f. unter Obelisken. ,
raͤmos und Thisbe war der Sage nad) ein
babylon, Liebespaar, das durd) die Fein erh ber
Eltern zu geheimer nächtliher Zufammenkunft ge:
trieben wurde, Als dieſe ein plöplich erfcheinender
Löwe ftörte, gab ſich erſt P., da er Thisbe von dem
Löwen zerriſſen glaubte, dann diefe felbjt den Tod,
Bei den Alten ver man diejen Stoff nur in Dvids
«Metamorphofen» und in den « Dionyfialas bes
fpätern gried. Epilers Nonnos ausführlicher be:
handelt. Dagegen war er im fpätern Mittelalter
äußerft beliebt. Am berühmtelten wurde er durch
die Farikierte Behandlung in Shalejpeares «Som:
mernadtstraumn, ,
Pyrawarth, Dorf in der Bezirlshauptmann:
haft Großenzersdorf in Niederöfterreih, mit
(1880) 1301 E. und einer Mineralquelle, die als
eilbad für Frauen einen weitverbreiteten Auf
at. Die Gegend iſt hügelig, ohne bejondern land:
haftlichen Reiz. Für die Äußere Ausitattung des
Bades wurde in neucjter Zeit viel gethan. Vol.
Bree, «Das Eijenbad PB.» (Wien 1884). :
enden heißt das Spanien von Frankreich
trennende Gebirge, das fi in einer Fänge von
450 km und einer Breite von 22—120 km vom
Golj von Rojas im Mittelländiihen Meere bis
m Col de Belate (ſprich Velate) zieht. Die P.
ind durchaus ein Hettengebirge, welches einen Teil
des Nordrandes des Plateau der Byrenäifhen
Halbinfel bildet und weſentlich dieſem angehört,
da e3 nicht mit den Cevennen zuſammenhängt, fon:
dern frei, fait unmittelbar aus den Tiefebenen und
Hügellandicpaften Südweitfrankreichs auffteigt, auf
der Sübjeite dagegen durch die Gebirge von Ara:
409
gen und Gatalonien mit dem Gebirgsterne ber
yrenäijhen Halbinjel verfnüpft, auf der Weitjeite
aber unmittelbar mit demſelben verbunden iſt. Die
Landesgrenze zieht ſich fait durchgehends auf der
Kammlinie hin, Die P. beftehen aus zwei Haupt:
fetten, einer aus Weſten fommıenden, welche, als
öftl. Fortfeßung des Gantabrifhen Gebirges, bei
dem Grenzflüßchen Bidaſoa beginnt und im Diten
an der Noguera Ballarefa endigt; und einer andern,
welche nördlich von der vorigen von der Garonne
im Thale Aran (Val d’Aran) und vielen Heinern
lüfjen durchbrochen wird und oftwärts bis zum
olf von Nojas am Mittelländiichen Meere ftreicht,
wo fie nördlich von diefem Golf in den Vorgebirgen
von Norfeo und Creus endigt. Beide Ketten hängen
jedod in der Nähe der Garonnequellen dur eine
2000 m hohe, nordiüdlich ftreichende Kette bei dem
2880 m hohen Gebirgäftod des Bic de Mauberme
—— Die Abdachung der P. nach Norden zu
en Hügellandihaften Südweſtfrankreichs iſt ſanfter
als nach Süden zu, mo [ie in teilen Terrajjen in
die anliegenden Berglandichaften übergehen,
Die größtenteild3 granitiiden Djtpyrenäen,
vom Cap Creus bis zum Pont:du:Noi der Garonne
und noch weiter ſich eritredend, beftehen im Diten
aus drei, durch tiefe Thäler von einander getrenn:
ten Ketten. Die beim Kap Gerbere beginnende erjte
pen einen langen Arm zum Kap Creus; dort liegt
er Pic Zaillefer 514 m hoch; aber bald folgen
höhere Gipfel, wie der Pic Neulus 1257 m. Hier
find, felbit an der Meereslüſte (Gol els Balitres)
bloße Saumpfade vorhanden; nur am Wejtende
führt ... 290 m hohe Einfenkung der durd)
das Fort Bellegarde geihüpte Perthus, bie fahr:
bare er von Berpignan nad) Gerona hindurch.
Der öjtl. Teil diejer eriten Nette heiht_die Monts—
Albores; fie ift durch fahle Gipfel und fteile Wände
über den mit Ölbäumen geſchmückten ——
ausgezeichnet. Im Thale des Tech, der den Granit
fait ganz von den fibergangsgefteinen trennt, führt
eine a ritrafe aufwärts bis nad Prats-de Mollo
und Bains; aber in feiner Qucllengegend über:
jteigen wieder nur Saumpfabe die nr 1600 m
hohe Kette. Im Norbweiten des Ted) iſt die Stette
auf der Nordjeite durd Granit, auf der Südjeite
zum Teil durch kryſtalliniſche Schiefer gebildet;
zwiſchen Tech und der Töt jteht der impofante gra:
nitiiche 2785 m hohe Ganigou, vor der Kanımlınie
nah Frankreich hineingeihoben. Er ijt an den
Kanım angeichlofien durd) den 2460 m hohen Vlont:
Escoula, auf weldyen der 2881 m babe Pic du Geant
und der ungeheuere, 2909 m hohe Puigmal folgen;
der Kamm Petbft ſeht fih nad) Südweiten auf ſpan.
Gebiete fort in der Sierra del Gadi, welche die ſüdl.
gegrenzung der Gerdagne oder des Hochthals ber
Segre bildet; der fahrbare Col de Toſa trennt fie
vom Kamme. Im Norden dieſer Linie findet ſich
eine Ginjentung; dort fließt bie Tet nach Nordoſten
und die Segre nady Südwelten, und der 1610 m
pobe Col de la Perche verbindet beide Thäler; dort
äuft durch die franz. Gerdagne die Straße von
Perpignan nah Vuigcerda, an welche ſich von lep:
term Orte an, in ber fpan, Cerdaña, wieder nur
Saumpfad nah Seo de Urgel anſchließt. yım
Norden diefes Col erreiht auf der Grenze der
Departements ber Ditpyrenäen und der Aude der
Sranitjtod im 2471 m hohen Pic Madres feinen
höchſten Gipfel; jenjeits liegt der 1720 m dobe Gol
de Gafteillon mit der Straße von Quillan nad
410
Montlouis; der Pic Carlitte (2920 m hoch); der
1931 m Col de Buymorend mit der Straße
von Ar nad) Buigcerba, und ver 2812 m hohe Pic
Nigre mit der Arisgequelle, Im Norden biejer
dritten — 2* liegen m wiſchen dem Unterlaufe ber
Tet und Aude, von Col⸗St. Louis nad Rordoſten
bis Narbonne, die Gorbitres (f. d.). Der zweite
Abſchnitt der Oftp venäen bilbet eine einfache, bald
Kante bald — fette, wel im Bic de
ontcalm 3080 m Höhe erreicht, und in n weder
die wenigen Cols nur Senf ade b bieten; fie ift
nirgenb3 unter 2200 m body m Pic Negre zum
2849 m hohen Pic be ourbe fiber den 2911 m
oben Pic de Serrere umſchließt bie gebrochene
inte die Hochthäler der Balira und ihrer Zuflüfie
Fr das Thal von Andorra. Nah Nordwelten feht
der Kamm im 3080 m hoben Pic de Montcalm,
at hohen Mont⸗Rouch, im ſchönen, 2839 m
bohen Montya im 2880 m hohen Mauberme
fort bis zur — des Pont⸗du⸗-Noi, durch welche
die Garonne in 585 m H5 austritt. Nach Fran:
reich ſchiden diefe P. jentredht vom Kamme aus
* ende Contreforts, welche im Norden durch zwei
lange, der Hauptlette parallelitreihende Hämme
begrenzt werben; der En, fajt gas fibergangs:
ein, auf den Seiten ftarf bewaldet (der 2543 m
—* lanc, ber 2349 m hohe Pic de Tabe ober
de St.- -Bartheleny, ber 2366 m hohe Pic de Tar⸗
befon), heifst Tabegebirge; der zweite, lahlere, mauer:
artig, oft boppelt, 500 — 900 m hoch, heißt Plans
— —8 folgen nur niedri ß Hügel.
—— näen beſtehen, si den
wer ber :Ballareja und des ragon,
aus Granit und ——— und ſind der
——— Teil des — Gebirges; weſtlich von den
des Aragon und des Öave d’ Aspe beitehen
fie hauptfädli and Triasformation und find viel
niedriger. Die öftl. Abteilung beginnt am Aran:
thale mit dem granitiichen Malabettaftode, der bie
rößten Gletſcher und höchſten Gipfel (den 3402 m m
oben Bic d'Anethou) aufzuweiſen ——
den Maladetta ũberſchreitende Puerto de Viella hat
2456 m Höhe. Diejer Spanien angehörende Ge:
birgsftod iſt von fchieferigen Zöchern umgeben; mit
der Grenlette verbindet ihn der Pic de la Pine,
in deſſen Weiten der 2417 m hohe Port de Benas:
que liegt. Um das Lys⸗ oder Luchonthal ——
ſich die höchſten Gipfel und breiten ſich die ausge:
behnteften Schneejlähen aus: der 3110 m hohe
— ng -. Hr 3104 le saie
n größten Pyrenäen A
Gram?s beberrichen chen, jomwie der 3220 m hohe x
Kerbiobern, dem zur Seite ſich der hödhite De
3044 m Portillon, binziebt.
ält bie Kette, 120kı weit, Dis lm 2823 m hohen
lic Arriel bei der Gall elle, 3000 m mittlere
Gipfel: und 2500 m - öbe; nur ber Port von
Gavarnie finkt zu 2282 m herab. Dort liegt ber
Xroumoufe:Cirtus, weiter alö der von Gavarnie,
— weniger großartig; dort ſteht der Marborẽ (der
3253 m hohe Pic und der 3327 m hohe Eylinder),
von weldyem die Gletſcherbäche des Gavarnie-Eir:
fus von den 4000 m weit ſich erjtredenden Wänden
aus 1000 m Höhe herablommen; bort liegt auch
die 304 m hohe Nolandsbreſche und fteht ſudlich
von Eauteretö der 3290 m hohe Vignemale, der
bödfte PByrenäengipfel Frankreichs; weitlicher er:
bebt fi) der 3146 m hohe Bat Laktouſe. Auf ſpan.
Seite fteigen die höhern, der 3367 m hohe Fic Fo:
Pyrenäen
fetö (ber zweite Porenäengipfel) und ber 3352 m
ar Mont du oder Las tred —— auf, der
ochſte und ſchönſte Kallberg Europas. gwiſchen
Gallego und —* werben bie Höhen geringer;
bei ber Quelle — lehtern liegt ber nur 1640 m hohe
Somport, wo eine fahrbare Straße von
als N m a, ierführt Alf den mad Chden
umpfab me n na
auslaufenden vw. ge fi ber 3160 m hohe
ic Eoricilla. km Entfernung von der
äife der Weltpyrenäen ziehen in Gatalonien und
Aragonien ihre parallelen Kalkketten, der Monjed)
zwiſchen Segre und Einca, —* Sierra de Guara
zwiſchen Cinca und Sallego, bie in der Peña de
Droel 1649 ım hohe Sierra de In Pena (jwilcen
Bern und Aragon). Nacı Norden jenten ſich die
Kauirde rts eta gern bis zu 1400 und
12000 Höhe: das beim hc be la Mine beginnende,
welches im Weiten das Aranthal —3 — hat etwa
2000 m Höhe; daß zwifchen der zur Garonne gehen:
ben Nejte und dem zum Adour gehenden Gave de Pau
ift der Neouvielle:Stod mit feinen Dh und
feinen hoben Gipfeln, dem 31765m hohen Pic Camp⸗
vieil, 8194 m boben Pic Long, dem 2831 m
hoben Arbigon und dem 2877 m boben, jchönen
Vic du Midi de Biaorre. Im Diten des Gane:
d Oſſau erhebt ſich der ebenſo majeftätifche Doppel:
gipfel des 2885 m hohen Pic⸗du⸗midied Dſau und
bei Gaur:Bonneß der 2612 m hohe Mont be Ger.
Die weitl. Abteilung der Weitpyrenäen culminirt
in dem 2504m hoben Pic d'Anie (d. i. Ziegenberg);
außer dem 2017 m hohen Pic d’Dry 5* bie
Gipfel aber nur 1500 und 1000 m 9 ——
—* führen der 980m uohe —— ol We
gambide, der 1222 m hohe Col de art mit
einer Heinen Fahrſtraße; der 1000 m hohe Gol be
Roncevauz, ein Eaumpfad zwifchen der Straße von
Burguete nad) Pamplona und der aus dem Bal
Gartos nad St.Jean⸗Pied⸗de⸗Port; der 947 m
bobe Col des Aldudes, längs deö 1503 m hoben
ont:Abi, welcher das Ende der von t.-Gtienne:
be Baigorry mit dem Anfange der nad) Pamplona
—— Fahrſtraße verbindet; der mit einem
rt ne Col de Lindur, und ber 868 m hohe
Vort de Belate, 7, km im Südweſten der franz.
Grenze, zwifhen ben Bidajoa und dem Aragon;
dur ihn führt die ——— — von Bayonne
nadı Bamplona, die zuerſt ü ber den 602 m —*
Im Nordweſten erheben ſich
erglande die 678m hohe Montagne
d’Urfonia; die 900 m hohe Rhune eig Nivelle
und Bidafoa; der 1132 m hohe Mendaur und die
838m hohe Haya i in Spanien, zwiſchen Bidafoa und
der Urumen. Längs diefer Nbhänge führt Die
Küfteneifenbahn hin, welche Spanien und Frant:
reich, verbindet.
Die mittlere Kammböhe der P. beträgt 150—
2270 m. Faſt in derfelben Höhe liegen die meiften
ihrer teil Gol, teils Bort (jpan. Puerto) genann-
ten Dale, haza m mebr als 100 über das Gebirge
geben. des ewigen Schnees, welche auf
———— des Gebitges mit 2730 m und
auf dem Sübabhange mit 3050 m Höbe beginnt,
enthält feine geoben Schneefelder, umd der Pyre—
ndenlamm zeigt im Sommer eine zufanımen:
hängenbe Schneebede, —— nur einzelne Schnee⸗
loppen und Flede. In Betreff des ewigen Schnees
ſtehen fie den Alpen nad. Gipfel von mehr als
3000 m Höhe find im Sommer frei von Schnee
Col de Ma ebt.
im vaatiichen 2
Pyrenäen
und nur im — finden fi
—* und Gletſcher; dieſe find —*
der Graouesgietſcher beim
mg Ku w -. neben bem ig
fie —* nur auf den * Abbängen der hochſten
Berge zu trefien und reihen am tiefiten am Bigne:
male, bi 2200 m, und niemals in die bebauten
Thäler binab. Die obere Baumgrenze reicht an der
Nordjeite bis 2415 m, an der Südjfeite bis 1625 m;
die Getreidegrenze dort bis 1625 —8 bis 1690 m.
Sehr verſchieden ift der landſchaftliche —*2—
auf den beiden Seiten der P. Mäbhrend auf
—— und trodenern Gübabhange G
*283 Wälder nur wenig gefunden werden
teilen Zelawände meift ganz lahl oder
in 3000—3400 m
er
ner mit niederm Gejtrüpp und magern Weis | WI
befleidet find, zeigt der jchnee: und darum quel-
, fanfter adfallende Norbabhang eine rei:
—* tion, iſt großenteils mit Hochwaldungen
und ſchoͤnen en befleivet und tommt in
feiner Natur den Alpen näher, Das Gebirge ift
nit ſehr metallreich, zählt aber rt —
quellen, von denen die von -.
(1. d.) und von Bareges (f. d.) die ——
ſind. ochſte bewohnte Ort iſt * —— in
den Ditpyrenäen, in einer en
Yüdemann, «Züge durd die BP.» Be 1 a:
ben) «Reife eines Norddeutf * durch die H
pyrenäens (2 Tle. 23. 1843); Brandes, Ausflug
in die B.» (Lemgo und Detmold 1855); Taine,
«Voyage aux Pyrönees» (6. Aufl., Var. 1872);
Joanne, «Itineraire general de la France. Les
Pyren&es» (4. Aufl, War. 1874).
Die B. haben drei franz. Departements den Ha:
men Das größte derjelben, das Depart.
Niederpyrenäen (Basses Pyröntes), das füb:
weſtlichſte Frantreihs, aus Biarn, Franzöfifch
Navarra und den gascognijchen Landſchaften Soule
und Labourd zujanmengejeht, zählt (1881) auf
7622,66 qkm 434366 E. in 40 "Nantonen mit 558
&emeinden, zerfällt in die fünf Arrondiffements | C
Bau, Dloron, Orthe;, Bayonne und Mauldon und
hat zur Hauptftadt Ban (j. d.). Die P. fteigen hier
am höchſten im Süboften auf, in dem 2885 ın hoben
Pic-du-Midi-d’Dffau, werben gegen Weiten immer
niedriger und treten nur mit unbebeutenden Bor:
bergen in da3 Innere des Landes ein. Dasjelbe
gehört faft ganz dem Beden des Abour (f. d.) an,
der einen Zeil der Rordgrenze bildet und bier eine
Menge Pyrenäen oder Gaven aufninmt *
die —— oder Gave de Pau im Thale
—* mit der Gave d ODloron im Thale von Offan,
welches die Seitenthäler Soule und Aspe aus:
Kaufen, die Bidoufe und die Nive im Thale Bai:
gorry. Die Nivelle im Thale Bajtan ergieht ich
unmittelbar in Meer, wie aud das FIlußchen Bi:
dajoa (j. d.). Das Klima ift gemäßigt und geſund.
= Boden ift, außer in den Heibefläcdhen im Nord:
when feud) r und liefert namentlich viel Mais,
e Brotlorn der — guten
—— viel Bit, befonders N Die beiten
Pontaca, bei pnein und bei
den — Kubertin und ) furancon gebaut. Die
Bälder und Weiden ber Thäler und Bergacbänge
—— die Viehzucht, namentlich von Schwei⸗
die berühmten Bayonner Schinten lie:
— von Rindvieh, geihäkten navarreſiſchen Pfer⸗
den und von Maultieren. Die Wälder liefern Maſt⸗
bäume und Zimmerholz in Menge. Das Mineral:
bem | de?
411
—* pendet namentlich Kupfer, auch Eiſen, Blei
Marmor un — * den zahl⸗
rn ineralquellen find die von Gaur:Bonnes
oder Aiqued:Bonned und von Eaur:Chaubes im
obern Oſſauthale, von Laruns und Cambo die be:
rühnteften. Die Induftrie ift wenig erheblich, lie:
—— Frey = a tan und hl Mein‘
Leder un gniſſe nebft n
Branntwein So, — Wolle, Vieh, hinten,
Sa fleifch u. .w, bilden die Hauptgegenftände des
Handels, den die Häfen von Bayonne und St. Jean
u} ——
Hochpyrenäen oder Ober—
renden (Hautes Pyröndes), aus ben gascog⸗
hi hen Landſchaften Bigorre, Duatre:Balldes,
agnoac, Teilen von Nebouzan und aus Haut:
——— gebildet, zählt (1881) auf 4529,45 gkm
236474 GE. in 36 Stantonen und 480 Gemeinden,
zerfällt in die drei Arrondiffements Tarbes, Ar:
eles und Bagnered:de:Bigorre und hat zur Haupt:
—* Tarbes. Die P. ſteigen —— im —* du Midi
m body und
mi De
und Ebenen den Norden. Der Hauptfluß ift der
Ali entipringende Adour im —— *
a iſt mild (außer im Hochgebirge), aber verän:
frudtbare und gutbebaute Voden der
—** und Thäler liefert Getreide, Flachs, Obſt
und Wein, ber zum Zeil ausgeführt, zum Teil zu
Branntmwein benußt wird. Die Bewä erungsfunft
bat bier beveutende Fortſchritte gemacht. Die fetten
Berg: und Thalweiden —— die forgfältig
betriebene Ninder:, Schaf, Schweine: und 3 erde:
zuct. Im Gebirge * man viel Eiſen, man⸗
— andere Metalle, viel Schiefer und Marmor.
Unter den zahlreichen Mineralquellen bilden die
von Bagneres, Bardges und Cauterets die berühm
teiten und befuchteften pr — Bei u
Schwefelquellen von St. findet fi
de Bigorre 2376, im Bignemale 3290
bededen mit ihren Vorbergen ben Süben.:
:Sauveur bei
höchſte Waflerfall des ** die 422 m
ascade de Gavarnie, welche die ‚Gene de Bau bil:
— Die Induſtrie beſch ent auf ®erberei,
berei, Bapierf hin md nufaltur von
— =; Wollwaren und Barẽegesſtoffen.
—* Depart. Oftpyrenäen (Pyrenees orien-
tales), aus Rouffillon mit Cerdagne und einem
Teile von Razes gebildet, von — dem Mittel⸗
meer, den Depart. Aude und Aridge und Andorra
begrenzt, zählt (1881) auf 4122,11 qkm 208855 E.
in 17 Kantonen und 231 Gemeinden, zerfällt in die
drei Arrondifiements Perpignan, Prades * Ceret
und hat zur Hauptſtadt Perpignan (. d.). Die P.
ug bier feine bedeutende Höhe mehr, * in
dem 2785 m h ‚ fait ganz Sole ‚Canigou,
breiten ſich aber in — ebenzweigen weit⸗
eer ſtoͤßt eine ziemlich geräu⸗
hin aus. An das
mige Tiefebene, die hier von den Strandſeen von
Et.: —— und von Leucate ** —* und von
der Tet, dem Hauptfluß des La durchzogen
wird. * —* bewäflert den ——
hlreichen, ſaͤntlich gutbewäflerten in
das von Garrol, das des Ted) und der Tet die be:
merfenswerteften, die beiden lektern, wie die Hüften:
ebene, von ausgezeichneter Frudtbarteit. Der Bo:
den trägt. bier, begünftigt von dem fehr warmen
Klima, eine große Menge trefflichen Obſtes, ſelbſt
Drangen und Gitronen im Freien, ſowie Dliven,
Maulbeerbäume, Melonen. und Getreide. Den vor:
zügliditen Neichtum des Landes aber macht ber
412 Pyrenäifher Friede — Pyrker
Mein aus, denn bier wachſen die vortrefflichen | Berithecien nicht wie bei jenen eine Heine fporen-
Mustatweine von Nivesaltes, Collioure u. ſ. w, | oder halsförmige Öffnung tragen, fondern alljeitig
die unter dem Namen Noufiillonweine betannt find. geſchloſſen find und bei der Neife unregelmäßig
Auch die Yenupung der Korleiche und der Soda üt | auseinanderreißen ober bie Ascofporen erſt nad
gewinnreih. Die Weiden find bier mager, doch | Verwittern, reip. Verfaulen der Berithecienwand
giebt man Pferde, Maultiere, Merinos und yiegen. austreten lafien, (S. Berifporiaceen.)
nfangreiih ift die Bienenzucht, und aud die Sei: Pyrethrum, ſ. Chrysanthemum.
denfultur ift nicht unbeträchtli. Das Mineral: Pyretica (richtiger Antipyretica, grd.),
reich liefert viel Eiſen, auch Blei, Alaun und Koh: | Mittel gegen Fieber. Die am häufigiten angewen:
Ien, fhönen Marmor und Alabafter. Die Induftrie : deten und fiherften P. find Chinin, Antipyrin,
iſt wenig entwidelt und beſchränlt ſich auf Cifen: | Kairin, ug og Digitalis und = ierte
büttenbetrieb, gg mar die Fabrifation von | kalte Bäder. (Vol. Fieber, Bd. VI, ©. 798°.)
VBapier, Dlivenöl, Branntwein, etwas Tud und Pyrexie (grch.), Sieber, Sieberzuftand, ein Fie⸗
Leber. Lebhaft wird dagegen Eeefiicherei betrie: | beranfall. j }
ben. Der Handel bringt namentlih Rouſſillon. Pyrgos, Nanıe mehrerer Orte ın Griechenland,
weine zur Ausfuhr. Warme Bäder finden ſich zu befonders des Hauptortes der Eparchie Eleia in der
Villefranche und Arles. Nomardie Achaia und Eli, 20 km weitlid von
Pyrenãiſcher Friede heißt der zwiichen Frank: | Olympia, belebt und zumal durch Korinthenaus:
rei und Spanien von Mazarin und Don Luis de | fuhr blübend, mit (1879) 8788 E., ift mit feinen
Haro auf der Fafaneninfel im Bidafoaflufie 7. Nov. | Hafen Hatalölo am Golf von Arkadien durch
1659 geſchloſſene Friede, der den feit 1635 geführ: | eine 22 km lange zur verbunden,
ten Krieg mit dem völligen Üübergewicht Sranl: | Phrheliometer (gri.), Initrument für Mei:
en den Rivalen beendigte. Spanien trat “ai Sonnenwärme, (S. Altinometer.)
an Frankreich ab: Nouffillon mit der feiten Haupt: yriphlegäthon, joviel wie Bhlegethon.
ftadt Perpignan, Conflans und einen Zeil der Ger: rit —— wurde von ben Alten ſowohl
dagne, ſodaß die Pyrenäen ſeitdem beide Neiche | der Feuerftein, d. b. jede harte funtengebende Kie—
trennen; in den Niederlanden Artois und Zeile von | ſelmaſſe, als aud der Schwefellies oder Eiſenlies
Nandern, Hennegau und Quremburg mit den feften | genannt, welcher ebenfalls zum Feuerzeug diente
(ägen Arras, Hesdin, Gravelines, Landrecy, Le: | und früher duch zu Alintenfteinen verarbeitet wurde;
uesnoy, Thionville, Montmedv, Marienburg und | die neuere ſyſtemaliſche Mineralogie braucht dieſen
Philippeville. Dagegen verſprach Franlreich, Por- Namen für den Gijenties,
Be nicht zu unterjtüben. Der Prinz von Conde u Age oder Kiefe nennt man die Ediwe:
und bie Herzöge von Lothringen, Savoyen und | fel:, Arien: und Antimonmctalle von metalliihem
Modena und der Fürft von Monaco wurden in den Habitus und meiftens gelber, weiber oder roter,
Zuftand vor dem Kriege —* Zu den Frie⸗ | jelten grauer oder ſchwarzer Farbe, welche im all:
densbejtimmungen gebörte die Vermählung Lud- | gemeinen fpröde und härter als Kallſpat find.
wigs XIV. mit Maria Therefia, der ältejten Tod): | Porig, Kreisftadt im preuß. ——
ter Philipps IV. die 1660 allem Erbrechte auf den | Stettin, in ebener, ſehr fruchtbarer Gegend, dem
fpan. Thron entjagte. Dennoch machte jpäter Lud: | «Meizader», Station der Stargard-Slüftriner Eifen:
wig XIV. ein Erbrecht geltend, welches 1667 dem | bahn, von einer Ringmauer mit Türmen und büb:
Devolutionsfriege und 1701 dem Spaniſchen Erb: | jchen Thoren umgeben, ift Sit eines Amtsgerichts
folgefriege zum Vorwand diente, ; und bat (1885) 8058 E., ein Fkönigl. Gymma-
renäiſche Halbinfel, die füdweitlichite | um, ein Schullehrerfeminar, eine höhere Töch
Halbinfel Europas, die Königreihe Spanien und | terfchule, eine Kreditbant, Mafchinenfabrifen, eine
Portugal umfafiend, fo benannt nad den Pyre: | Nübenzuderfabrit, Weberei, Viehzucht, Gärtnerei
näen, welche fie von Frankreich trennt. und Getreidehandel. P. ift eine der älteften Städte
Pyrenompeäten, Kernpilze, —— Pommerns; am 15. Juni 1124 taufte Biſchof Dito
ber Gruppe der Ascomyceten. Es find ſehr zahl: | von Bamberg die erſten Pommern aus der Quelle
reihe Arten befannt, die über die ganze Erde ver: | des alten Dttobrunnens, wo jeht das frühere Se:
breitet vorlommen. ine beftinnmte Zahl läßt ſich minar Ottoftift ſich erhebt, welches jept emeritier:
ni * en, da ſehr viele noch zu wenig unter: | ten Lehrern zur Wohnung dient; der neue Otto—
fucht find. Der allgemeine —— der P. iſt die | brunnen iſt ein dem heil. Otto errichtetes Dent-
fugelige oder flaihenförmige Ausbildung der Beri- | mal. Am 26. März 1493 wurde zu B. zwiſchen
tberien, d. h. derjenigen Sruhtlörper, in denen | Herzog Bogiſlaw X. und Kurfürft Johann Gicero
die og (j. Ascompceten) erzeugt wer: | von Brandenburg ein Vertrag abgeſchloſſen, welder
den, Außer den Perithecien befipen die P. noch | die Erbfolge des brandenburg. Kurhauſes in Bom-
verſchiedene Conidienfructififationen, deren For: | mern für den Fall des Erlöſchens bes ——
men eine große Mannigfaltigleit zeigen. Die | Mannsſtammes feitiepte. P. führte unter allen
P. find teils Sapropbyten, teils Paraliten, von | Städten Pommerns zuerft die Reformation ein
denen einige Arten auf Tieren, die meilten aber | (1524). — Der Kreis Byris zählt auf 1045 gkın
auf Pflanzen fchmaropen. Bu den ‚leptern gehört | (1880) 45055 E.
unter andern derjenige Pilz, der die ald Mutter: | Pyrker (ob. Labiilam), von Felld-Eör,
torn (f. d.) bezeichnete Krankheit auf verſchiedenen öfterr. Dichter, geb, 2. Nov, 1772 zu Langb in
Getreidearten und andern Gräſern hervorruft. | Ungarn, trat 1792 in den Orden ber Gijtercienfer
(Bol. Tafel: Pfla — Claviceps | zu ilienfeld in Unteröfterrei), hörte Theologie in
purpurea, Fig. 4.) Den ®. ftehen die Perifporia: | dem Seminar zu St. Bölten, wurde 1812 Abt,
ceen jehr nahe und werben auch gewöhnlich mit zu | 1818 Bifchof zu Bips, 1820 Patriarch von Venedig
diefer Familie gerechnet; fie unterfheiden fi von | und erhielt im Febr. 1827 das Bin Grzbistum
den übrigen P. hauptſächlich dadurd. dab ihre | Erlau und die damit verbundene Erbobergeipans
Pyrmont — Pyrometer
würde des Heveſer Komitats. Er ftarb 2, Dez.
1847 zu Bien. Verdienten Ruf erwarben ihm feine
epifhen Dichtungen; «Berlen der heiligen Vorzeit»
(Ofen 1821; 4. Aufl., Stuttg. 1841; ital., 2 Vde.,
Brescia 1824; ungar., Dfen 1830), die «Tunifias»
Wien 1819; 3. Aufl. 1826; ital, von Malipiero,
ened. 1827) und «Rudolf von Habäburg» (Wien
1824; 2. Aufl. 1827). Lyriſch Wertvolles enthalten
feine «Lieder der Sehnſucht nad den Alpen»
Sagen 1845) und die «Bilder aus dem Yeben
efu und der Apoftel» (Lpz. 1842—43; 3. Aufl.
1855). Cine Sammlung jeiner Werke erichien in
drei Bänden (Stuttg. 1832—33; neue Aufl, 1855).
Pyrmont, ein mit dem deutichen Fürjtentum
Malded (j.d.) zu einem untrennbaren Staatsgebiete
vereinigtes Fürjtentum, umfchlojien von dem preuß.
Negierungsbezirt Minden, dem reife Hameln, dem
braunſchw. Kreife Holzminden und den lippefchen
Umtern Blomberg, Scieder und Echwalenberg,
ift ein gebirgiges Landchen, das von der Emmer
durchfloſſen wird und auf 66,35 qkm (1880) 8000
meijt prot. E. zählt, die fi in eine Stadt und zehn
Dörfer verteilen. Außer Aderbau und Viehzucht
bilden die Dlineralquellen und Suranitalten des
Hauptortes Pyrmont (f. d.), die Fabrilation von
Cigarren, fowie Strumpfitriderei die hauptſäch—
lichſten Grwerbsquellen der Bevölkerung. Tas
ießige Fürftentum P. war früher Grafihaft und
gehörte den Grafen von P., durch deren Ausjterben
1494 das Yändchen an die Grafen von Spiegelberg,
1557 an die von der Lippe, 1584 an die von Glei—
den und durch Grbverbrüderung 1625 an Walded
gelangte. P. ſchidt drei Abgeordnete in den Wal:
dedichen Landtag. In abminitrativer Beziehung
bildet das Fürftentum P. einen der vier Kreije des
Fürſtentums Walded.
Pyrmont, Hauptitadt de3 Fürſtentums P.,
im Thale der Emmer am Fuße des Bombergs ge:
legen, Station der Linie Hannover. Altenbelen der
Preußiſchen Staatäbahnen, zählt (1880) 1401 E.,
ift Sommerrefidenz des Fürften von Malded, hat
zwei evang., eine fathol., eine engl. Kirche und
eine Synagoge und ijt berühmt durd) feine Eijen:
und Eoolquellen. P. iſt feit dem 16. Jahrh. ein
vielbejuchter Kurort, der alljährlih von nahezu
13000 Kurgäſten bejucht wird, die hier trinfen und
baden, wg re Dineralwäfler, Stahlbrunnen und
Salzbrunnen werden alljährlich in großen Uuantis
täten verfendet (neuerdings jährlid über 100000
Flaſchen). Die bedeutenditen Mineralquellen find
an Gifenfäuerlingen der eiſenhaltige Trinkbrunnen
(Stahlbrunnen), der Brodelbrunnen und der Neu:
brunnen; auferdem ein Kochſalzſäuerling, der |
äuerling. Die |
Salzbrunnen und ein einfadher
Vlineralquellen haben eine Temperatur von + 9
bi3 -+ 11° R. Die Ummgegend des Kurortes ijt
413
robolif, Feuerwerlerei.
Pyroelektricität —3 auch Kryſtallelek—
tricität) heißt die beim Etwärmen oder Abkühlen
mancher Kryſtalle auftretende Eleltricität. Einige
Kryſtalle (3. B. Turmalin, Boracit) zeigen bei ber
Erwärmung xwei entgegengeſeßt eleltriſche Pole,
andere (3. B. Topas, Prehmt) ——— zwei gleich⸗
artig eleltriſche Pole. Beim Abkühlen kehrt ſich die
Polaritãt der P. um; bei konſtanter Temperatur
jedoch verfchwindet die P. Mit der befonders von
Rieß, Rofe und Hankel ftudierten P. darf man die
Ihermoeleftricität (j. d.) nicht verwechſeln, weld)
lehtere es hauptiädhlich mit den durch Temperatur:
unterfchiede erregten eleltriſchen Strömen zu thun
hat, während die P. nur die rubende polare Elel:
tricität gewiſſer Kryitalle zum Gegenitand hat,
Byrogallusfäure,auh Byrogallolgenannt,
C, H, (OH), ,, wurbe bereit3 im lebten Viertel des
18. se von Schecle beim Erhiken der Gallus:
fäure (j. d.) bemerkt, ader für identiih mit lehterer
gehalten. Sie bildet id, wenn man Gallusfäure
bi3 zu 210—220° C. erhiht. Diefe zerfällt dabei in
Kohlensäure und P., welche lehtere jublimiert.
Die fublimierte P. bildet blendendweiße lange
Kryftallblättden oder Nadeln, löſt ſich leicht in
Wafler, Altohol und Üther und fchmedt bitter.
Sie findet vielfah Verwendung in der Photo:
grapbie, Sowie zum Schwarzfärben der Haare. In
neuerer Zeit hat man interejiante farbige Terivate
aus der P. dargeitellt, jo das Gallein und das
PBurpurogallin. i
——— ein aus Carbolſäure dargeſtelltes,
doch faum in Gebrauch gelommenes Mineralöl.
— (Pyrolacöae) nannte man früher
eine befondere Familie der Ditotyledonen, die jeht
allgemein zu den Ericaceen (f. b) gejtellt wird,
ee (grch.), Feueranbetung.
yrolufit, f. Braunftein. ,
romanie (grch.), f. Branbditiftungs:
trieb. ‚ euer.
romantie (gcch.), Weisjagung aus dem
romẽter (grch.) oder Hitemeſſer üt ein
Inſtrument, mit welchen höhere Hibeyrade, die
über den Siedepunft des Quedjilbers weıt hinaus:
(iegen, gemeifen werben können. Unter den ver:
ichredenen Vorrichtungen, die man hierzu erjonnen,
gt das auf dem Schwinden des Thons bajierte
P. von Wedgwood (1782) ein kaum verdientes An:
jehen genoljen. Andere P. beruhen auf der Aus:
dehnung eined einzelnen Metallitabes (Muſchen—
broet 1750) oder der ungleihen Ausdehnung ver:
ſchiedener Metalljtäbe, Auf den verichiedenen
Schmeljgraden der Metalle beruht das P. von
Prinſep. Auf der Erhigung der Luft bafieren die
eine genauere Meſſung geitattenden Luftpyrometer
(3. B. von Bonillet). Dan kann die hohen Hike:
romantifch; dieKlur: und Badeanftalten find mufter: | grade auch mittel® des thermoelettriihen Stroms,
aft. Intereflante Ausflüge bieten der Königsberg, | 3. B. eines Platin-Eiſenelements, mefjen, wenn bie
sriedensthal, die Klippen bei Thal, die Erdfälle, | cine Berbindungsitelle der beiden genannten Me:
die Gasgrotte, ber Obxberg, Hämelfche Burg, die | talle in die Wärmequelle getaucht wird, während
Stadt Hameln, die Grterjteine, das Hermann: | die beiden andern Enden auf fonitanter Tempera:
Dentmal dar. gl. Gruner, «Bad PB.» (Aroljen | tur erhalten und mit den .. eines eleltro:
1873); Seebohn, «P. und feine Kurmittel» (Berl. | magnetiihen Multiplitators (Galvanometers) ver:
1875); derjelbe, «Der Kurort B.» (Arolien 1876); | tnüpft werden, um durch dieſen den infolge der
Braun, «Führer durch B. und Umgegend» (Byrm. | Temperaturunterfchiede entjtehenden Strom zu
1878); Lynker, »Altes und Neues über den Kurort | meſſen. Da jedod die Stärte des Stroms ben
P.o (Pyrm. 1880); Schüding, «Bad P. Ein Führer | Temperaturuntericieden der Enden beider Metalle
für Kurgäjte und Fremden or. 1884) nicht genau proportional — ſo muß man auf
3] en(:Berbinbungen). | empirischen Wege, durch Bergleihung mit einem
varfenfäure, ſ. u.
414
Quftpyrometer, bie den einzelnen Stromitärten zu:
gehörigen Temperaturen ermitteln, Zu den thermo:
eleltriſchen B. gehören die von Pouillet, Bequerel
u.a. Das P. von Siemens beruht darauf, daß der
elettr. Widerftand eines Blatindrahtes nad einem
beftimmten Gefehe mit feiner Crbigung zunimmt,
Poromorphit (Grün: und Braunbleierz,
Buntbleiery) iſt ein in bem beragomalen ©y:
ftem, vorwiegend als ſechsſeitige Säule mit Grad:
endflä ‚ tryftallifierendes Mineral, gewöhnlid
—* inend und fettglängend, von der Härte 4
und dem jpezifiichen Gewicht 7, meift grünlich oder
bräunlid) gefärbt: in chem. Hinficht bejteht der P.
aus ungefähr 90 Proz. phosphorfaurem Blei und
10 Proj. Chlorblei. Sein Name kommt von der
Gigentümlicheit, vor dem Lötrobr ſehr leicht zu
ſchmelzen und dann unter Aufglühen zu einem po:
lyẽdriſchen en rg en Horn zu eritarren, Die
ſchonſten Fe des P. findet man zu Zſchopau
in Sachſen, Zellerfeld auf dem Harz, Braubad) in
Heſſen: Raſſau, Pızibram, Bleiftadt und Mies in
Böhmen, höniguille in Vennfylvanien.
Pyröp (Irch, von rin, Feuer), in Bezug auf
die blutrote are bei durchtallendem Lichte, eine
in böberm Werte ftehende Varietät des Granat
(1. d.), ein etwas chrom: und eifenhaltiger zeugen:
Thongranat, defien feinere Körner aud) als Scleif:
pulver benußt werben,
— * —8— Feuerfreſſer.
yrophor (grch.) Luftzunder, iſt im allgemei⸗
nen Sinne des Wortes jeder an der Luft ſich von
jelbft entzündende Körper. [Bindungen 1).
eg er 1. Phosphor (Ber:
vropiſſit oder Wachs lohle iſt eine graulich⸗
gelbe bis gelblichbraune, im feuchten Zuſtande net:
bare, im trodenen erdige und leicht zerbrödelnde
Maſſe, mit glänzendem Strich und dem fpezififchen
Gewicht 0,0, weldhe bei Weißenfels und Helbra in
der preuß. Provinz Sadjjen die obern Teile eines
Braunfohlenflözes bildet; fie entzündet fich ſchon
an der Lichtflamme, brennt mit heller rußender
— und ſchmilzt zu einer ſchwarzen pechähn⸗
ichen Maſſe; mit Ather läßt ſich ein wachsartiger
Beſtandteil von ſehr komplizierier Zuſammenſehun
ausziehen. Der P. liefert ein wertvolles Materia
für die Darftellung von Paraffin. E \
yrofäuren, j. Brenziäuren.
Pyrofis (grch.), Brand, Entzündung; in ber
Heilkunde das Sodbrennen.
ram ind foviel wie Byrometer.
yro —— ſoviel wie Chlorophan.
rotechnik oder angewandte Wärme—
lehre nennt man denjenigen Zweig der Technolo:
nie, welder ſich mit der Feititellung der willen:
—— Grundfäge und mit ber Praris aller
auf Unterhaltung, Regierung, Benußung der künit:
lien Wärme und des Feuers — en Gegen⸗
ftände beſchaftigt. Dahin gehören alle Feuerungs⸗
anlagen (gewoöhnliche Öfen, Gasöfen, Negenerativ:
feuerungen) zum Heizen, S melzen, Ölüben u. f.w.;
die Feuerzeuge und Feuerlöſchmiltel, die Bereitung
des Sciehpulvers u, dgl.
Im engern Sinne verfteht man unter P. die
deuerwertgkun t. G. unter Feuerwerl.)
yrogen, Mineral, f. Augit.
yroxyſin iſt Schießbaumwolle.
ſ. Deulalion.
yrrhichius beißt in der griech. und röm.
Metrif ein aus zwei Furzen Silben (oo) beftehen:
Pyromorphit — Byrrhus
der Versfuß; er erhielt feinen Namen von der
yrrbide, einem griech. Wafjentanze, bei wel:
roceleusmatifhe (aus P. zufammengefehte)
Werbe: Euiter ber Büufg nach lfm genannt
yrrho, Sti er hãu ihm genannten
ältern fleptiihen Schule der griech. ſophie,
war aus Elis im Peloponnes gebü und um
376 v. Chr. geboren. In feiner Jugend Säftiete
er ſich mit der Malerkunit, bis teils eigenes Nach
denlen, teild das Studium der Schriften des De:
motrit ihn der Bhilofophie jufüßrten. Ginen fei
Lehrer, den Anarardog, foll er im Gefo
bers b.-Gr. nad) —* begleitet und ſi —*
ſem Zuge mit den Meinungen der Gymnof
und Magier bekannt rg er Sein Miß⸗
trauen gegen das pohtive Willen ging endlich fo
weit, dab er alles Willen für unnüg hielt, die Ent:
baltung von allem Urteil empfahl und nur ber
Zugend und der auf ihr beruhenden um ⸗
lichen Gemütsrube (Atararie) einen Wert te.
ne Außerungen in dieſer Hinficht feine
Gegner durch viele lächerliche Geſchichten zu perfi-
—— geſucht. Einen großen Teil ſeines Lebens
un — in der * a ir Seine ——
ehrten ihn wegen ſeines ſittlichen Charakters um
übertrugen ihm nicht nur das Knt eines Oberprie-
fters, fondern erklärten feinetwegen auch alle Phi:
loſophen für frei von öffentlichen Abga
Er ftarb un 288 im hohen Alter. Die Athener ehr:
ten ihm durch Aufitellung feiner Statue. Cicero
—* ihn ausdrüdlich noch zu den Solratilern,
und zwar infofern mit einigem Grunde, weil feine
Skepfis fih an die Ironie des Sokrates anſchloß.
Seine Anfihten trug er bloß münblid vor; auch
die Schriften feines Schülers und Freundes Timon
find verloren. Was man von B. und feinen An:
ten weiß, verdanlt man Sertus iricus und
pätern Philoſophen. Die 108, Pyrrhoniſchen
Wendungen oder Zwei — e gehören
. nicht alle an, fondern find teils ſchon von den
ophiſten, teils erjt von fpätern St aufge:
ftellt und entwidelt wo ber it es
falſch, die Stepfis Byrrbonismus ’
da P.s Anfiht nur eine der eriten Gehalte des
Sleptizismus (f. Stepfisund Steptizismus)
war. Vgl. R. Broderien, «De philosophia Pyrriio-
nis» (fiel 1819).
erhopin, ſ. unter Chelidonium,
rerho8, Sohn des Adilles, f. Neoptole:
rrhotin, ſ. Magnetlies, ſmos.
hula (lat.), der Gimpel.
bus arch B rrhos), König von Epirus
fl .), geb. 319 v. Chr., einer der größten
erren feiner Zeit. Nach einer unter vielen
efahren verbrachten Jugend hatte er an der Seite
(ins Schwager Demetriod Boliorletes ven
iederlage bei Ipſos (301) geteilt, ging für diejen
300 als Geijel nad) — äblte dort
mit ber Antigone, der Tochter der Kö Bere:
— — F —— 298 in feine
epirotifche Herrichaft zurüdgeführt. Hierauf ver:
— er ſeine Macht durch Eroberung nach allen
eiten; Macedonien vermochte er jedoch nurvorüber:
gehend 288—286 zu behaupten. Ein neuer Schau:
plap des Ruhms eröffnete ſich ihm, als ihn die Be
mohner von Tarent im Kriege gegen bie Römer zu
Hilfe riefen. P. fiegte zuer v. Chr. bei He:
rallea am Siris und 279 zum zweiten mal bei As:
culum in Apulien glanzvoll über die Römer; allein
Pyrus — Bythagoras
der lehtere Sieg wurde jo teuer wu, daß er,
wie Plutarch im Leben des P., Kap erzäblt,
lacht in die Worte un «Ro
ein jolder Sieg und wir find verloren!» * der
Ausdrud Pyrrhusſieg). Bon den Syraluſanern
fen, um ihnen
ee Beiſtand keiten folgt Bier &in.
ger zw lei As as - n⸗
ladung, zumal da er
thotles gewiſſe 348 auf dieſe Inſel zu *
meinte, —* v. * nad Sicilien über, drängte
—— rüd und war
J — er ft anzugreifen,
anf eines ftrengen —— die unzuver⸗
lãſſigen — Do ae ee elen.
Er lehrte nun, von den italifhen Bundesgenofien
dringend eriucht, nad) Italien zurüd, um den bart
bedrängten Tarentinern abermals zu helfen, erlitt
aber in Jtalien 275 v. Chr. bei Beneventum du
Curius tatus eine gänzliche Niederlage. Na
biejen Unfällen ſah er ſich genötigt, a8, nad | Epirus
er Angrif X os * —5368 eek. |bah
auf Ara v. Chr
9, Nom und König B.» (Halle 1870).
PR he I —23 —— aus der
— — des ——— —
—— auch des innern, das
den Fruchtſleiſches, du
De Mnkasit bi nicht moi jenben, fondern
und —*— elchzipfel, durch
in Doldentrauben oder nmengefehte Trug⸗
dolden —— — It a einfach che Blätter,
3 baum» und ftraucförmigen Arten,
melde fi groß: und Lleinfrüchtige einteilen
— *
dei en in
a 5 cm
Apfel: und Birnbäume. (6. ie; Apfel:
baum und Birne, Birnbaum.) Die Heinfrüd:
rien, welde von ben meilten Botanilern
— Sorbus —e— werden, haben viele
reife
en in zuge, zufammengefeßte | 2
er —— nn
— aſiat. und nordameri
—— gehören bie Ibirne (P. Aria
A, Sorbus rs, die Elfebeere, Elze:
— (P, torminalis Ehrh., Sorbus torminalis
Ortz.) und dieDpelbirne (P. intermedia Ehrh.,
Sorbus scandica Fr.). Erftgenannte Art, ein auf
Kalkboden, an Haltfelien in Mittel- und Südeuropa
wild wachfender und bei zus cl als Ziergehölz häufig
angepflanzter Großſtrauch oder Heinerer Baum iſi
durch de. —— gehe unterfeits fchnec-
* ie . ur) Tänglichrunde, rote,
55 chte ausgezeichnet. Die
en iR Kal oden tiebenbe, in Mittel:
europa ſche und auch oft zur Bierde kultivierte
Art wir —— —* 3 au
berzeiförm pige, ahornäbnliche er
bejibt und 24 u. ——
chte, faſt
von ber Größe der m or de, von jänerlichem
Geichmad trägt, fen er einem Froft einiger:
—— geni — ee. 8 im Kern rötlich—
mte, hart ‚
per ge Tele es ſich nicht hehe und — F
tur annimmt, wird zu Maſchinenteil em. Vreſſen,
Schrauben, ſowie zu En Dredöler: un een
arbeiten ar Ad namentlihin Südſchweden
‚d Deutichland t
ns ons J— 366
415
beiden gen ech Arten nd bie ringsherum
— zahnte Lappen zerſpaltenen, übrigens
eiförmigen® tter, die unterfeits ———
und ſich im Herbſt ſcharlachrot färben. Die
or denjenigen des Meblbirnbaums äh
iefe Art wird häufig als Fierbaum angepflangt
üttenwerf bei ee; rg (.d.).
agvräilch, f. a a
öras, ein Weifer
= iiter der Itali Säle,
Sri br u Als fein
ae wirb die — ‚Samos genannt; fein Bater
Mneſarchos foll a u oder font einer Eon
Stadt —— Nachri
fein =. wu —* ne Ben, intiefnden Be *
en vun iſſer i
Ye bes Bolpfrates und vermutlich a
sobre Abneigung gegen deſſen Alleinberr,
daft, 40 J. alt, Samos a Kroton in Un:
—— ien ewandert iſt. er eine höchſt be:
ee war > daraus hervor,
daß er —— der Stifter und SR ttelpuntt einer weit:
—— und einflußreichen —— ft ie
Botba priiden Dunbeb, wurde
und polit, Zwede uerfolgle und * burg je
liihe Gebräuche von der MI taffe ab
——— wurden einer 2* und ſorg⸗
fältigen Prüfung ——— fie mußten ſich wäh:
rend einer langen Lehrzeit bewä ren, und in biefer
waren fie nur —— — —* torität des Mei:
ſters unterworfen. de LebenSorbmung
war eine den tere + En. die y den
eine große Familie betrachteten, emeinfame; eng
geregelte Mäßigfeit in tn Genüflen, ein
forgtältig ——— wiſchen gymnafti-
fchen und gen (teligiöfen un u elbft ascetifchen)
fibungen — Selbitprüfun —* 6
derſelben. Cine Abhängigleit der ganzen Einzie-
tung wie einzelner Borfchriften von den Gebräuchen
der ägypt. ski iefterfafte ift unverfennbar._ Die —*
Wirkſamkeit iſt wahrſcheinlich in der Hand eines
engern Ausſchuſſes von 300 Mitgliedern konze 1:
triert gewefen; Vythagoriſche Berbrüderungen, die
von dieſem abbingen, feinen in mehrern unter:
ital, und ficil, Städten beitanden zu haben. Ihre
Tendenz, gegen demokratifche Neuerungen (bie zum
Teil von dem Ehrgeiz einzelner, die nad) der Ty-
rannis jtrebten, benupt wurden) die dor.=ariftolra-
tifchen Staatsformen — u erhalten, hatte
mern, wie es fcheint, bedeutenden ee, wurde
aber fpäter bie —53 zur Zerſtörung des
Bundes. Der erbittertfte Gegner des P. in Kroton
jetoft war Kylon, ein angeje hener Bürger. Diefor
ie das Haus des Milo, wo eine Anzahl Batbe ba:
goreer ver —— war, ingeln und anzit
egen 40 Berfonen, uhr Ban nad) änoen, or
Peibit, follen dabei das Peben verloren haben. Na
andern floh er nad) Lolri, wo man ihm die Auf-
nahme verweigerte, und foll in Metapontum pe:
ftorben fein. Die Wirkjamtleit des Bundes war a
gebrochen, und die Epuren deöfelben verlieren ſich
nad) kurzer Zeit, obgleich einige ide goreer auch
fpäter noch eine ſehr einflußrei tellung ein:
nahmen, Bol. Jam lichus «De vita Pythagorica⸗
(heraus ‚von fichling, X 3.1815—16; von Wefter:
ei ar. 1850); Kriſche, «De societatis
ora in En Crotoniatarum conditae
—— itico» (Gott. 1830); C. 2. Heyder, «Ethi-
ces Pythagoreae vindiciae» (Sranff. 1854).
416 Pythagoreiſcher Buchftabe — Pythagoreifhe Zahlen
Die Wirkfamtleit des P. lag hauptſächlich in der | ſpraͤchen. Sie nahmen diefer Sphären zehn an: die
Nichtung einer religiöfen, moralijchen und polit. | ſechs damals befannten Planeten, Sonne, Mond,
Neformation. Er lehrte vor allem den Monotheis: | Erde und eine hypothetiſche «Gegenerden, Bon der
mus, die Unfterblichteit der Seele in der ägypt. | Erde lehrte Philolaus eine tägliche Bewegung um
Form der Seelenwanderung und eine lautere Mo: das Gentralfeuer, jpäter Hiketas von Syralus ihre
ral, zeigte jedoch in der Anordnung des Unterrichts | Achſendrehung, andere fuchten beides zu vereinigen.
die weile Einxichtung, diefe Lehre nicht den gewöhn: | ie Pythagoreer entwidelten eine große willen:
* Vorſtellungen der Griechen ſchroff entgegen: | ſchaftliche Thätigkeit. Ihre Lehren fanden durch
l
ch
uſtellen, fondern vielmehr aus denſelben allmäh: | Alkmäon eine Annäherung an den orient. Dualis—
id) und zwar vermutlich dur Vermittelung der | mus, durch Hippafus von Metapontum eine noch
in den Myſterien, befonder3 den orphiichen, um: | mehr an Herallit, durch Elphantus eine an den
laufenden Gedanten zu entwideln. Daneben forgte ‚ Atomismus erinnernde Formung, burd den Klo:
er dafür, daß feine Schüler fi eingehend dem | miker Gpiharmus eine allgemeine Verbreitung.
wilienichaftlicen Leben widmeten, und richtete die | Auf Plato haben fie einen großen Einfluß gehabt,
Thätigkeit derjelben hauptſächlich gi die mathem. | und namentlid) in der lehten Zeit feines Lebens hat
Etudien. Er jelbit beſchäftigte fich fehr lebhaft mit | er ſich bemüht, feine Jdeenlehre mit der Pythago—
denfelben, und es wird auf ihn der mad) ihm be: | teiihen Zahlenlehre zu verlnüpfen. In den eriten
nannte Pythagoreiſche Lehrias (ſ. d.) zurüdgeführt. | Jahrhunderten nad) Chriftus ſuchten die fog. Neu:
Ihm ſchreibt man aud) die Entdedung zu, daß die | pythagoreer (f. d.) in der Zahlenlehre des P. eine
muifaliihen Tonverhältnifie ſich durch Zahlenver: | Quelle höherer Weisheit.
hältnifie darftellen laflen. Aufmerkſam gemadt | Dal. Ritter, «Geſchichte der Bytbagoreiichen Phi:
durd den verfchiedbenen Klang der Hämmer in der | lofophie» (Hamb. 1826); A. Wendt, «De rerum
Weriſtãtte eines Schmiedes, Fort er durch das Ber: | principiis secundum Pythagoreoss (Lpʒ. 1827);
bältnis der Gewichte der Hämmer auf die Grfin: Pen «Beitrag zur Crläuterung der Pytha—
dung des Monochords, ſowie auf die Beitimmung | goreiihen Metapbyiit» (Jena 1827); Brandig,
der Zonfeiter (Pythagoriſche Lyra) gelommen fein. | «liber die Zahlenlehre der Bythagoreer» (im «Rheis
Im Anſchluß an diefe Studien haben fpäter die | niſchen Mufeums, Bd. 2, 1828); Gladiſch, «Die
Pythagoreer ein eigentümliches philof. Syitem | alten Schinefen und die Rythagoreer» ( Bof. 1841);
aufgeteilt, welches unter dem Namen ihrer Zah: | Nöth, «Geſchichte unferer abendländ. Pbilofophier
ig befannt iſt. Die bedeutendjten unter | (Bd.2, Mannh. 1862); Rothenbücher, «Das Syitem
ihren find Philolaus aus Kroton oder Tarent, | der Bythagoreer nad den Angaben des Ariitoteles»
Drellus aus Lulanien, Timäus aus Lolri und | (Berl. 1867); A. E. Chaignet, «P. et la philo-
Archytas aus Tarent, Doch iſt es fchwer, ihre | sophie pythagoricienne» (2 Bde,, Bar. 1873).
Lehren genau feftzuftellen, da ihre erhaltenen Frag: yt —— Buchſtabe, ſ. Y.
mente zahlreiche jpätere Unterfchiebungen verraten. j
Bol. Bödh, «Philolaus! des Pythagoreers Leben
nebit den Bruchſtücken feiner Werte» (Berl. 1819);
D. 5. Gruppe, «Liber die Fragmente des Archytas
und ber ältern Pythagoreer» (Berl. 10; Ded:
mann, «De Pythagoreorum reliquiis» (Berl. 1844); | opfert haben foll. Der Er, beißt: «In jedem re
Nofe, «Commentatio de Aristotelis librorum or- | winfeligen Dreied iſt da3 Quadrat der Hypotenufe
dine et auctoritate» (Berl. 1854); Schaarihmidt, | glei der Summe der Quadrate der beiden Has
«fiber die angebliche Cchriftitellerei des Philolaus» | teten.» Bezeichnet man demnach in einem ſolchen
(Bonn 1864); Mullad, «De Pythagorae eiusque | Dreied die dem rechten Winkel gegenüber liegende
discipulis et successoribus » (in «Fragınenta phi- | Seite (die Hypotenufe) mit a, die beiden andern
losophorum Graecorum», Bd, 2, Par. 1867), Seiten (die Katheten) mit b und e, ſo iſt a?=b?+c?,
Tas ep diejer Lehre Scheint auf den Ver: | In innigem Zufammenhang mit dem aufgeführten
ſuch hinausgelaufen zu fein, den eleatiihen Begriff | Sap ftehen die folgenden: Fällt man in einen recht:
von der Ginheit des Seins mit der heraklitiichen | winkeligen Dreied ABC von der Spike A des red:
Sehre von der Vielheit der ewig werdenden Dinge | ten Winteld ein Perpendilel AD auf die Hypotes
in der Weile zu verjöhnen, daß die Ableitung der | nufe, jo ift 1) das Quadrat über diejem Perpen«
Zu aus der einheitlichen Gottheit in derſelben dikel an Fläche gleich dem Nechted aus den Ab—
Weile begriffen wurbe, wie diejenige des Zahlen: | jhnitten der Hypotenufe, AD? = BD-DC; 2) das
ſyſtems aus der Eins. —J— dieſe Weiſe erhielt in Quadrat irgend einer Kathete iſt gleich dem Rechteck
d * Syſtem jeder Begriff eine beſtimmte Stelle, | aus der Hypotenuſe und dem an jener Kathete lies
welche pi mit einer ber Zahlen in Barallele fekte. — — derſelben, AB? = BO · BD oder
AC?=BC»
ythagoreiicher Lehrſah, einer der wichtig:
ften und folgenreichiten geometr. Lehrſähe Tdaber
früher häufig Magister mathes&os genannt),
den Vythagoras fand, worauf er nad) Diogenes
von Laertes den Göttern eine Helatombe (f. d.) —
t⸗
Darin beſtand die pythagoreiſche Zahlenfymbolit C; 3) das Rechteck aus ben Katheten
oder —— es Zahlenſyſtems iſt gleich dem Rechteck aus der Hypotenuſe und
alten ihnen die 4 und die 10 (=1+2+3+4) als | ihrem Perpendilel, AB- AC = AD-BC. Für den
ejonders heilig. Auf den übrigen Gebieten, 3. B. | Nythagoreiichen Lehrſatz gibt es eine große Anzahl
bei den — Grundbegriffen eine wertlofe Spie: | Beweiſe. Bol. Hoſſmann, « Der —— read
lerei, enthielt diefe Anſicht auf demjenigen der | Lehrfah mit 32 Beweifen » (Mainz 1821); Müller,
Phylit eine unklare Ahnung von der mathem, Ge: | « Syftematiihe Zufammenftellung der wichtigften
[eßmäßigfeit ber Ratur. Namentlich wertvoll waren | bisher befannten Beweiſe des Pythagoreiſchen
ie aftron. Lehren diefer Schule. ie hatten nad) | Lehrfages» (Nürnb. 1819).
aaypt. Vorbild die Vorftellung der Bewegung von ythagoreiſche Zahlen heißen 3 8* Zah⸗
phären um ein Centralfeuer, aus der die berühmte | len a, b, c, wenn a! +b?=c?ilt. 3. B. 3, 34,5
Sphärenharmonie hervor eben follte, da die Abs | find Pythagoreiſche Zahlen, weil 9 + 16 = %, des:
ftände derfelben den mufitalifchen Intervallen ent: | gleichen 5, 12, 13, u.f.w. Ein Dreied, dejien
Pytheas
Seiten ſich verhalten wie Pythagoreiſche Zahlen
a, b, e, it rechtwinkelig und heißt ein Pythago—
reiſches Dreied.
Pythẽeas, aus Maſſilia, vorzüglicher Geograph,
Aſtronom und Mathematiler des Altertums, dem
man die erfte beftimmte Runde von den norbweitl.
Gegenden Europas und deren Bewohnern ver:
banft , lebte zur Zeit Aleranders d, Gr. und unter:
nahm um 334 v. Chr. von feinen Geburtsorte
Maffilia, dem heutigen Marfeille, aus eine See:
reife nad) dem brit. Cantium, dem jegigen Kent,
von da na ae: worunter Pelewel die Ortabi:
[den und Shetländifchen Inſeln, Müllenhoff eine
r vr * und in das ſog. Bernſteinland.
Auch hat er eine Meſſung der Sonnenhöhe mittels
de3 Gnomons zur Zeit der Sommerjonnenwende
ausgeführt, die Lage des Weltpol3 genauer ie
eftellt und wohl auch die geogr. Breite von Maf:
Alla bejtimmt. Bon der Beihreibung feiner Ent:
bedungsfahrt, die er unter dem Titel · Vom Dcean»
in griech Sprache verfaßte, haben ſich nur Brud;:
ftüde erhalten, welche von Arwedſon (Upſ. 1824)
und Schmetel (Merieb. 1848) gefammelt und er:
Härt worden find. Weil man die von P. berichteten
Erſcheinungen in dem die norbweitl, Hüften Euro:
pas befpülenden Ocean mit den allgemein verbrei:
teten Vorftellungen von ber Beſchaffenheit der nördl.
Länder und Meere nicht vereinigen konnte, litt P.
unter den Schmähungen eines kritiſchen ——
namentlich wurde er nach des a. organg
bei Strabo als lügenhaft mit Tadel überjchüttet.
Bol. Lelewel, « Entdedungen der Karthager und
Griechen im Atlantiihen Dceans (Berl. 1831)), fer:
ner die von Strafzewicz herausgegebene Schrift «P.
de Marseille et la geographie de son temps»
Par. 1836; deutſch mit Zufäben von Hoffmann,
eeyz br,«De Pythea Massiliensi» (Darmit.
1835); Redslob, «Thule. Die phöniz. Handels:
wege nad) bem Norden» (£p3. 1855); Beflell, «Über
BP. von Maffilien» (Gött. 1858); Ziegler, «Die
Reiſe des P. nad) Thule» (Dresd. 1861). Nament:
lid hat neuerdings Müllenhoff in feiner «Deutfchen
Altertumstunde» (Bd. 1, Berl. 1870) die Refultate
des P. einer —— Unterſuchung unterworfen,
welche für die Bedeutung und Glaubwürdigleit des
P. ſehr günftige Ergebnifje gehabt hat.
— qmm 417
thia, die Brophetin bes Delphifchen Oralels
Del) be bei der Befragung desſelben auf
einem Dreifuße über dem dampfenden Schlunde zu
Delphi thronte und deren in der Verzüdung aus:
geſtoßene Worte der Opferpropbet formulierte,
war in den frühern Jahrhunderten ftet3 eine Yung:
frau (Bürger: oder — aus guter Fa:
milie; in der Blütezeit des Oralels wurden fogar
drei folder P. beichäftigt; im fpätern Zeitalter
war die P. eine Frau in Altern Jahren,
. Bothien oder Pythiſche Spiele nannte man
eins der vier großen hellen. Nationalfeite, welches
der Sage nad) von Apollo jelbft nad) Überwindung
des Drachen — (1.d.) in Delphi geftiftet worden
fein follte, Uriprünglid) fanden dabei nur mufifche
MWettlämpfe ftatt. Panhelleniſche Bedeutung er:
hielt das Felt feit 590 v. Ehr., wo e8 nad) den
eriten glänzenden Erfolgen bes fog. erften Heiligen
Kriegs durd die — e Amphiltyonie
neu eingerichtet und erweitert wurde. Die Feier
fand nunmehr alle vier Jahre, und zwar im dritten
Jahre jeder Olympiade, im delphiſchen Monat Bu:
tatios (Auguſt oder September) unter der Leitung
der Amphiftyonen ftatt, und e3 wurden dabei außer
den muſiſchen auch gymniſche und hippiiche Wett:
tämpfe, wie bei den Olympiſchen Spielen, ab:
—— als Wettpreiſe erhielten die Sieger Lor—
eerlränze. Lieder zur Verherrlichung folder Sie:
ger gibt es no von Pindar, Die Feier erhielt ſich
bis ins 4. Jahrh. n. Chr. Bol. Weniger, «Die
religiöfe Seite der großen ng (Brest. 1870).
ython, fpäter auch Delpbynes genannt,
war nach der grich. Mythologie ein furdhtbarer
Drache, der am Parnaß baute und von Apollo ge:
tötet wurde; Apollo erhielt davon den Beinamen
des Pythiers.
eeee, ſ. unter Rieſenſchlangen.
yurie (arh., Siterharnen), ber mehr oder
minder reichliche Abgang von Eiter durch den Harn,
wodurch berjelbe trübe, mildig und ſtark ſedimen—
tierend erfcheint, meift Solge von afutem oder dhro:
nihem Harnblafentatarr), Nierenabicefien und
andern Nierenkrankheiten. (S. unter Sarnblaje
und Nieren.) u .
Pz., die Chiffre des Militärfchriftitellers Karl
Eduard Pönit (. d.).
—*
O it der ſiebzehnte Buchſtabe des lat. beutfchen
und ber meilten übrigen abendländ. Alphabete, ge:
wöhnlid mit einem nachfolgenden u vorlommend.
Der Pautwert des q ift= K. (S. unter el
Als Abkürzungszeichen fteht Q (oder Qu)
und q in röm, Snforilten. Handſchriften u. ſ. w.
ür Quintus, Quirinus, quaestor, quartus; bei
lächenbeftimmungen beißt Q, q (oder Qu, qu) fo:
viel ald Quadrat, } B. Oflilom. oder qkm = Qua:
dratkilometer; beiden franz. Franzthalern bezeichnet
Q bis 1709 die Münzitätte Narbonne, fpäter Per:
—* und Chälons; qu ſteht für quäſtioniert (in
age ftehend), [bench.
«B., Ablürzung für Queen’sBench, ſ. King’s
O. Abkürzung für Queen’s Counsel (f, unter
Counfel), aud für Queen’s College (f, unter
Cambridge).
Converſations· Lexilon. 13. Aufl. XIII,
om, offizielle Abkürzung für Duabratcentimeter.
8. D.b. v., Ablürjung für Quod Deus bene ver-
tat (lat., d. b. was Gott zum Beiten lenken möge).
Q. e., Abkürzung für Quinta essencia (Duint:
eflenz); aud) für quod est (lat., d. h. was bedeutet).
Q. o. d., Abkürzung für Quod erat demon-
strandum, f, unter Demonstrandum.
Q. F. F. F. S., Abtürzung für Quod felix
faustum, fortunatum sit (lat., d. h: was glüdlid)
von ftatten gehen möge); mit dieſer Formel be:
gannen Tonß ie Geridtsverhandlungen.
km, offizielle Abkürzung für Duadratlilometer.
.1., Abkürzung für Quantum libet (lat., d. h.
fovicl als beliebt).
qm, offizielle Abkürzung für Quadratmeter.
qmm, offizielle Abkürzung für Quadratmillis
ı meter,
27
418
.pl., Abkürzung für Quantum placet (fat.,
—8 als gefäio it). [was recht ift).
.r., Ablürzung für Quod rectum (lat., d. b-
. 8., Ablürzung für Quantum satis (lat., d. h.
ſoviel als eben genügt).
Sundelbeeren,, joviel wie Wacholderbeeren.
Quackſalber, ein Medizinpfuſcher, ift zunächſt
die Bezeichnung für jene herumziehenden Wunder:
doftoren, die auf öffentlichen Plägen und freien
Straßen die Wirkungen ihrer Salben, Bilafter und
Tinlturen mit geläufiger Zunge anpriejen (qualen
— ſchnattern, quälen wie eine Ente). Dann über:
haupt die Benennung für jeden, der ohne willen:
ſchaftlich mediz. Bildung Heilveriuche unternimmt,
aijo «turieridmwindel» treibt. (S. Charlatan.)
Quadjalberei, ſ. Medizinalpfujherei.
Meitelmal, Pomphus), eine flache,
unregelmäßig geftaltete, doc ſcharf umfchriebene,
bellrötlihe Anſchwellung der Haut, weldye durd)
die Ausſch g einer feröjen Siuffgteit in das
Gewebe ber Lederhaut entiteht. Die O. bilden bie
Grundform mehrerer Hautkrankheiten: der Reſſel⸗
fudht (f. b.), des Lichen urticatus, der ſich von der
eritern durch bie Aleinheit der D, unterfcheibet, des
fog. Borzellanfriefels (Essera) u. a. Auch gehören
die Sloßitiche und bie durch Brennnefjeln entftehen:
den Hautausſchlãge hierher. , ,
on (Drean), ein Atoll in der Ralillette
bed Marſchallarchipels, mit 40 Inſeln, worunter
Namo und Kwajelein die bedeutenditen find.
Quaden, die jüböftlichjte jneviiche Völlerſchaft,
ſaßen vom 1. bis zum 4. Jahrh. n. Chr. im heutigen
Mähren und im nordiweitl, Ungarn, namentlidh
zwiſchen Mar) und Gran, zwiichen der Donau,
dem Mähriichen Höhenzug und den Karpaten. Sie
werden gewöhnlich zufammen mit den ftanmıver:
wandten Marfomannen genannt und nahmen kräf⸗
tigen Anteil an den Striegen dieſes Volls und der
jarmatifchen zjasyoen gegen die benachbarten röm.
Provinzen. Nachdem ihre Macht genen Ende des
4. Jahrh. bedeutend geſunlen, verichwindet ihr
Nanıe gänzlich im 5. Jahrh. PWahriceinlic find
fie, teil vermifcht mit andern fueviihen Stänmen,
weitwärts gezogen, teils, in den alten —* zurüd⸗
bleibend, unter nachrüdenden Völkern aufgegangen.
DQuader (oder Hauiteine) nennt man alle aus
dem Rohen regelmäßig zugehauene oder rein be:
arbeitete Werkitüde aus natürlichen Stein, nament:
lih Sandſtein, welche befonders zu Grund: und
Waſſerbauten, aber auch zu Obermauern, 3.2. bei
Monumentalbauten, verwendet werden. Je nad):
den die Steine, die meijt die doppelte Breite oder
Höhe zur Yänge haben, mit der lehtern Dimenfion
nad) der Tide oder Länge der Diauern gelegt wer:
den, nennt man fie Binder oder Läufer. Meiſt
wechſeln in jeder Schicht Binder und Läufer niit:
einander ab (Ouaderverband). Duadermauern find
aus jolden Q. hergeitellte (maffive), bisweilen aber
auch nur cin: oder zweifeitig bamit verfleidete (ver:
blendete) Mauern, deren Zwiſchenraum aus joy.
Fullmauerwerk beiteht.
Die äußere oder Kopffläche der D. lann in ner:
ſchiedener Weife bearbeitet, 3. B. gefpibt, ſcharriert,
geihliffen oder mit Gliederungen verjehen fein.
Auf der Oberfläde rauh zubearbeitete, gefrönelte
oder mit wurmförmigen Vertiefungen verjehene Q.,
die befonders zu Sodel: und Varterremauern Ber:
wendung finden, nennt man Rujtilaquader.
Im Mittelalter verſah man die DO. häufig mit
|
|
m 7m m m ———
=
Q. pl. — Quadrat
Bofien (Kröpfen), die — Anfaffen oder leichtern
Verſetzen dienten und ſpäter abgearbeitet wurden,
bisweilen aud) ftehen blieben (Budeljteine).
Qunderjanditein, ein gelblich-weiber ..
jandjtein mit weitläufiger Schichtung und jent:
rechter Duerflüftung, deshalb zur Uuader: und
Felsbildung geneigt, bildet ein Glied der obern
Streibeformation, z. B. in der ſächſböhm. Schweiz,
bei Adersbach und Medelsdorf, bei Quedlinburg,
aus welhem Grunde leistere wohl auch al3 Dina:
derianditeinformation bezeichnet wird.
Duadragena (lat.), in der fath. Kirche in Be-
zug auf Buße, Ablaß x. ein Zeitraum von 40 Tagen.
Quadragesima, Duadrageiimalfaften,
f. unter Safen (al3 Neligionsübung).
— — —
t. quadrangulum), ered,
Quadrat; quabrangulär, vieredig.
ans (lat.), der vierte Teil eines Gangen,
onders eine altröm. Rupfermünge im von
Y,Q8 (f. d.); früher auch ein Gewicht von 3 Unzen
nad Medizingewidt.
Sn zant, a - bie neuere Zeit von
Aſtronomen vie enußtes Inſtrument zur
B der Höhe von i welches aus
einem geteilten Viertellreiſe und einer Alhidade
mit Dioptern, refp. einem Fern zum Biſieren
beitebt. Die D. waren zum Tei bel
eingerichtet, indem fi der Gra an einer mit
einem Fußgeftell ebenen vertifalen Säule be-
fand. Zu den genauern Beobachtungen dienten
die jogenannten Wanerquadranten, welche an
einer in ber Richtung des Meribians jtehenben
Mauer angebracht und in Guropa zuerit von Tycho
de Brahe angewandt wurden. Die Beobachtungen
mit benjelben erreichten namentlih, als man jtatt
der Dioptern Fernrohre zum Bifieren benußte, eine
große Genauigkeit, und erft in der neuern Zeit find
Iben einerjeit3 durch den Gertanten und die
transportabeln Univerjalinjtrumente und anderer:
jeit3 den Meridiantreis verdrängt worden.
Als Zubehöritüäd von Geihügen wird der D.
bemubt, um dem Rohr die gehörige —— zu
eben. Der Gebrauch des D. zu diejem } iſt
i Mörſern Regel, bei Kanonen nur fakultativ,
als Erſaß de3 Auffabes (j. d.), wenn das Ziel über
das Geihükrohr hinweg nicht fihtbar ift oder die
Länge des Aufſahes nicht augreiht, auch um beim
Richten beſſere Dedung zu haben. In früherer Zeit
hatte man Bendelquadranten, jeht benubt man aus:
ſchließlich Libellenquadranten. Der Q. wird auf
eine am Nobr fih als geeignet darbietende oder
befonders angebrachte Fläche aufgejeht.
Quadrautel, rom. Hoblmaß, ſ. u. Amphora.
Quadrat heiht ein Vieret, deſſen Seiten und
Winkel fämtlih untereinander gleich find, aljo ein
regulierted Biered. Megen feiner Einfachheit dient
das D. als Einheit bei der Ausmeſſung der jenen
oder Flähenräume; das Duadratmaß heilt
Quadratmeter, Ouadratcentimeter u. ſ. w., je nad):
dem bie Seite desjelben einen Meter, Eentimeter
uf. w. lang ift. Um den Flächeni eines Q.
zu finden, muß man die Seite desfelben mefjen und
mit fich jelbft multiplizieren; iſt z. B. die Seite 7 m
lang, fo ift der Inhalt 49 qm. Deshalb nennt man
vor die zweite Botenz einer Zahl (oder ihr Pro:
duft mit 19 jelbit) das Quadrat derjelben.
Magiſches Duadrat nennt man ein D., das
ſchachbrettartig in Felder eingeteilt, in welche die
Quadrateifen — Quaglio
natürlichen Zahlen ober auch die lieber einer be:
liebigen aritbmet. Progreifion eingetragen find,
aber jo, dab die Horigontal:, Vertifal: und Diago:
nalreihen gleihe Summen geben, 3. B.
1 J15!14] 4
1216 |7 |»
slıoluıl5
13/3] 2 ]ı6
Die Zahl der Felder an age Seite heißt die Sei:
tenzabl oder Wurzel des Q., wonach man magische
D. mit gerader oder ungerader Seitenzahl unter:
ſcheidet. Ihr Urſprung iſt in Indien * U a
ihre Benennung haben fie ohne Zweifel von dem
Gebraude, den man ehemals (wahricheinlich ſchon
in Indien) von ihnen als Talismanen (f.d.) machte,
In dieſer — t gelten die erſten ſieben A. von
den Seitenzahlen 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, mit den erſten
9, 16,25, 36, 49, 64, 81 natürlicyen gaben beſeßt,
für beſonders wichtig; man nennt fie lanetenftegel
Sigilla Saturni, Jovis, Martis, Solis, Veneris,
ereurii, Lunae). Geitvem Moſchopulos (um
——— die magiſchen D. ng anern baben ſich
auch Mathematiter mit denjelben beichäftigt,, unter
denen Frenicle, Lahire, Sauveur, Euler, Klügel
und Mollweide zu nennen find,
eifen (fr. fer carr&, engl. square bar-
iron), vierlantiges Eiten, f. unter Walzeifen.
Auadratiiche Gleichung, VBezeihnung ber
Gleichung (f. d.) zweiten Grades.
Sunseaimah, 1 ir Onsdrat, ofehrift
r t die in den Handſchriften
der —— angewendete Schrift, welcher die
iebigen bebr. Typen nadgebildet find. Gie iſt
die einer aramãiſchen Schriftart, die feit
Gras Zeit bei den Juden in Gebrauch kam und
die althebräifche (phöniziiche) Schrift allmählich ver:
drängte, Un bie Zeit Cheiftiwarhe mit ihren Gigen:
tüm ten ſchon ganz ausgebildet und hat ſich in
diejer Jorm either wenig verändert erhalten. Die
rabbintjche Aurfivfchrift iſt eine Abart davon. ,
tür, die Berechnung des Inhalts einer
—— Planfigur, geſchieht durch Integral:
auch durch Verwandlung der krumm
linigen Figur in eine gleichgroße geradlinige, Über
die D. des Kreiſes f. u. Kreis (geometriſch).
In der Analyjis heißt DO. die Berechnung bes
[8 eines gegebenen Differentials, z. B. ydx,
wenn y mit x burd eine Gleichung verbunden it;
dagegen wird die Auffindung des Integrals einer
gegebenen Differentia gieicjung eine Integration
genannt, die. man auf OÖ, — ſucht.
(in ber Sternlunde), ſ. unter
Wipelten.
— f. unter Wurzel (mathem.).
Quaäriönnium (lat.), Zeitraum von vier
(lat.), vieredig machen, eine arith:
metifche Größe ins Quadrat erheben: in der Bau:
funft: den Bub eines —— mit Quaderfugen
v um O una men.
m eg —— für di
ie zeichnu r einen
von vier et geptnnten ren ge:
jogenen Wagen (Vier nn), rend der mit
Pferden Amer. iga genannt wird. Der
durch die Achſe verbundenen Rädern
419
rubende Wagenlaſten war hinten offen, vorn mit
einer niedrigen Brüjtung umgeben, die teils aus
bloßem Holz beitand, teild mit Leder oder auch mit
Grjplatten überkleidet und gewöhnlich mit orna:
mentalen und oft auch bildnerifhem Schmud ver:
ziert war, Den obern Rand der Brüftung bildete
ein feiter Holm oder Bügel aus Holz oder Metall,
an dem fich der wer, dem Wagen Stehende (im der
Schlacht der eigentliche Ränıpfer, der immer nod)
einen Wagenlenter neben fi) hatte) mit einer Hand
feithielt. Diefe Wagen wurden bei den Römern
wie bei den Griechen der hiftor. Zeit zum Wett:
fahren in den Feſtſpielen 5 In den heroi⸗
ſchen Zeiten dienten fie hauptſächlich den Griechen
als Streitwagen, wie ähnliche Streitwagen bei
Agyptern, Aiiyrern und überhaupt im Drient im
Gebraud waren. So _ findet man fie vielfach
in Darftellungen von Schlachten oder auch, wie
öfter auf aſſyr. Dentmälern, von Jagden abge:
bildet. Vgl. Ginzrot, «Die Magen und Fahrwerte
der riechen und Römer» (Münd. 1877).
Qundeille, ein franz. Tanz (eine Art Gontre:
tanz, |. d.) von munterm Charakter, welcher von
je vier Perſonen getanzt wird; aud) eine Tour bei
Nitteripielen und Ringrennen, von vier Abteilun:
gen Reiter, jede zu 8—12 Mann, ausgeführt,
die ſich durch die Farben ihrer Wafjenröde unter:
ſcheiden; fie führen Tanztouren aus oder ftedhen
nad einem Ringe, Türlentopfe u. f. w.
Quadrillion, f. unter Billion.
‚Dmadrireme (lat.), vierruderiges, d. b. mit
vier Neihen von Ruderbänlen verfe Schiff.
Quadrivium, ſ. unter Freie Hünite.
(lat.), «Vierhänders, j. Affe,
adrupeden (Quadrupödes), «Bierfühler», be:
ſonders die Säugetiere,
Quadrupel, vierfad; bei Golbmünzen gewöhn:
(ih das vierfache Münzitüd, befonders die jpan.
vierfache Piſtole.
Quadruple⸗Alliauz, f. unter Allianz.
Quadruplit, ſ. unter Replit,
‚Quagga (Equus s. Hippotigris Quagga) heißt
eine der gejtreiften Pferdearten Südafrilas. Es ift
an den Schultern etwa 1,20 m hoch, im allgemeinen
braun, an dem Bauche und der Innenſeite der
Scentel weiß und nur am Kopfe, Halje und an
der Bruſt grauweiß gejtreift, während das ähnliche
Daum (E. Burchelli) über den ganzen Leib mit
Ausnahme der Beine, und das Zebra (f. d.) aud)
an den Beinen geftreift ift. Es zeigt fich muti
und wild, läßt ji zwar zähmen und beweilt fi
gelebrig, bleibt aber doch tüdijch und —
ie ſüdafril. Bauern halten es gern unter ihren
Herden, weil e3 den Naubtieren mutig entgegen:
tritt. Seine Stimme wird mit den Silben quah—
quah oder quada verglichen, daher auch fein Name.
Quaglio (Domenico), Architefturmaler und
Nadierer, geb. 1. Jan. 1786 zu Münden aus einer
ausgezeichneten, von Laino am Comerſee ftam:
menden Hünftlerfamilie, die von ihrem Ahnherrn
Giulio (geb. 1601) an, der fich zur Schule Tinto:
rettos bielt, dur —— Generationen ſich mit
der Pflege und Ausbildung der Dekorations- und
BVerfpeltivmalerei beichäftigte und viele tüchtine
Mitglieder zählt. Domenico D. wurde früh als
Theatermaler angeftellt. Cr hatte bereits viel in
Kupfer, auf Stein und in Hl gearbeitet, als er
1819 feine Stelle aufgab, um fich der Ölmalerei zu
widmen. Seitdem machte er große Neifen, um die
27*
420
vorzäglihften Werke der altdeutichen Baulunſt zu
ftudieren und die berühmten Dentmale berfelben,
wie die Münfter zu Freiburg, Ulm, Münden,
Straßburg und Köln, das Rathaus zu Löwen, St.
Sebald zu Nürnberg, den Dom zu Regensburg
u. ſ. w. zu malen. Auch gab er die Ihöne «Sanım:
fung mertwürbiger Gebäude des Mittelalters in
Deutihland» (2 Bde., Karlsr. 1810), «Anfichten
merfwürdiger Gebäude in München» 2 a
Münd. 1811) und «Denktmale der Baukunft des
Mittelalterö in Bayern» (Münd). 1816) heraus,
Er hatte im Auftrage des damaligen Kronprinzen
Marimilian von Bayern den Plan zur Reftauration
der Burg von Sobent wangau entworfen und dieſe
bereitö angefangen, als er 9, April 1837 zu Hohen:
fhwangau ftarb,
Angelo D., ein älterer Bruber (geb. 1778, geit.
2, April 1815), Deforationamaler, lieferte die Bei)
nungen zu Sulpiz Boiſſerees «Dom zu Köln»,
Sre Q,, ein 5* Bruder, geb. 19. Dez.
1793, widmete fi vorzugsweiſe der Genre:
malerei. Seine Gemälde beitehen teils in Dar:
Dekan aus dem Mittelalter, teild und vorzüg:
ich in Schilderungen ländlicher Scenen aus dem
bayr. Hochlande. Auch lieferte er mehrere Stein:
rt hen zum müncdhener Galeriewert,
Der jüngfte Bruder, Simon Q., geb. 23. Dit.
1795, Hoftheatermaler und Delorateur in Mün:
den, folgte als Maler und Lithograph dem Bor:
bild feines Vaters und älteften Bruders, wurde
1815 an Angelos Stelle Hoftheaterardhitelt und
dann Hoftheatermaler; er jtarb 8. März 1878 zu
Münden. Sein Sohn Angelo, geb. 13. Dez.
1829, folgte Ion in berjelben Richtung nad).
. Kai,
Quaken „Stadt im preuß. Regierungs⸗
bezirt Osnabrud, Kreis Berſenbrüch an der Haaie,
dicht an der oldenburg. Grenze, Station der Linie
Duisburg-D. der Preußiſchen und der Linie Olden⸗
burg.Denabrüdder Oldenburgiſchen Staatöbahnen,
zählt (1880) 2545 E., ijt Sig eines Amtögerichts
und hat eine evang. und eine kath. Pfarrkirche, ein
Realgymnafium, Gerberei und Seilerei, Bürjten:
fabrifation, Baumwollweberei und Färberei, eine
Gold: und Silberwarenfabrit, Lachsfang und Han:
del mit Getreide, Wein und Wolle,
Quäfer (engl. Quakers, d. i. Bitterer, ur:
fprünglid Spottname, entweder wegen zitternder
Bewegungen in ihrem ſchwärmeriſchen Religions:
eifer oder weil ihr Stifter, ©. For [f.d.], eine
Nede vor Gericht mit den Worten ſchloß: Hittere
vor dem Worte des Herrns) werden die Mitglieder
einer um die Mitte des 17. Jahrh. in England ent:
ftandenen Religionsgefellichaft genannt. Sie felbft
nennen fi die Chriſtliche Geſellſchaft der
Sreunde, weil dad Band der Freundſchaft und
Gleichheit ihre von der engl. Kirche abweichenden
Glieder und Gemeinden vereinigen ſoll. ng
Söhne oder Belenner des Lichts laſſen fie fi
ern nennen. Es war 1649, als For, 23 J. alt,
ich berufen hielt, ala Neligionslehrer aufzutreten.
Trotz aller Verfolgungen bildeten ſich in mehrern
Teilen von Großbritannien, wie in Wales und
Leicefter, feit 1654 au) in London Uuälergemein:
den, die von den Regierungen abwechſelnd geichont
und gedrüdt wurden, Unter Karl II. waren ihre
gottesdienitlihen Verfammlungen und Übungen
anfangs freigegeben; doch wurde jpäter For mit
jeinen Anhängern verfolgt, befonders. weil fie fich
Quai — Quäfer
weigerten, Eide ab — * Viele von ihnen wan⸗
derten aus, vornehmlich nach Nordamerika und
Weſtindien; andere zogen nad) Holland, Dft: und
Weitfriesland. ALS unter Jalob IL. eine friedlichere
Zeit für fie erfchien, fehten fie ih in Schottland
und Irland feit. Ein bejonderes Berdienft um ihre
innere Organifation erwarb fih William Penn
(f. d.), der am Delaware eine Quäferkolonie grün:
dete. Unter Wilhelm III. verſchaffte ihnen endlich
in England die Toleranzalte (1689) kirchliche Freis
beit, und in Amerila wurde ihnen bald auch bürger:
iche Gleichitellung mit den ältern — *—
teien gewährt. Die Quãlerſelte hat ſich beſonders
in England und in den Vereinigten Staaten erhal:
ten, In Deutſchland leben Q. nur vereinzelt in
der Gegend von Pyrmont und Minden; in Güb:
frantreih in der Nähe von Nimes. Wo fie jeht
geduldet werden, gilt ihr einfaches Wort vor Ge:
richt an Eidesftatt. Etatt Kriegsdienſte zu leiften, .
entrichten fie beftimmte Abgaben,
Ein eigentlices ar es Ölaubensbelenntnis
are die Q. nicht aufgeftellt; doch gilt der ur:
prünglid) in lat. Sprache abgefaßte «Catechismus
et fidei confessio» Robert Barclays (Rotterd.
1676) als ihr eigentlich ſymboliſches Buch, mit dem
man Barclays «Theologiae vere christianae apo-
logia» (Amjterd, 1676) verbinden muß. Aus diefen
Schriften, wie aus denen von George For, George
Keith, Samuel Fisher, William Penn, Henry Tufe,
. J. Gurney u. a., fowie aus den gebrudten Ur:
nden und Sendſchreiben ihrer jährlichen Ber:
Sammlungen in London find ihre Glaubensanfichten
au entnehmen. Als Kern und Wurzel —* eigen:
tümlidhen Lehren ift die von einem göttlidhen und
übernatürlichen Lichte zu betrachten, das fiber einen
jeden zur rechten Seit fommt und das als inneres,
eiftiges Licht, als Heiliger Geift, als innerer Ebri«
tus die einzige richtige Quelle der Gotteserfenntnis
und eines wahrbaft chriſtl. Lebens ift. Aus diejer
Quelle ftammt aud) die Heilige Schrift; aber fie iſt
doch nur eine tote Kopie und kann ala Norm des
religiöfen Lebens nur infofern Kin, als fie der
direften Gottesoffenbarung im Geiſte nicht wider:
[nei Da diefes innere Licht ferner über jeden
enichen fommt und an fein befonderes Amt ge
bunden it, jo haben die Q. feinen beſondern geiſt⸗
lihen Stand und —*—— Zehnten und andere
Abgaben an Kirche und Klerus. Ihr öffentlicher
Gottesdienſt übertrifft an Einfachheit den Kultus
jeder andern Selte. Man ſieht weder Altar noch
Kanzel und Bilder, ebenſo wenig hört man Geſang
oder Muſik in ihren Verſammlungen. Ohne Gloden⸗
Hang kommt die Gemeinde zuſammen und ein jeder
barrt ſchweigend auf den Herrn, bis ſich irgend
jemand von ihnen, ſei ed Mann oder Weib dazu
berufen fühlt, Fr predigen oder zu beten, Taufe
und Abendmahl verwerfen fie als äußere Ceremo⸗
nien und erfennen ftatt der Waflertaufe nur bie
innere Geiftestaufe, ftatt des Leiblihen Eſſens und
Trinkens nur die Teilnahme des innern Menſchen
an dem geiftigen Leibe, d. b. dem Worte Ebrifti, an.
Ihre Moral verwirft den Eid, den Kriegsdienſt und
alle Luftbarleiten, wie Theater, N d, Tanz, Spiel,
Nomanleltüre, Die Kleidung be tebt bei den Män:
nern in einem breitfrempigen Hut und- fchlichten
Rod ohne Kragen, bei den Frauen in afchgrauem
Hut obne Band, Vlume, Feder oder ſonſtigen Auf⸗
pub, aſchgrauem Kleid und lichtem Shawl. Im
geſelligen Verlehr vermeiden fie alle Titulaturen
Qualififation
d böfli ‚ nennen alle M n ohne
Unter! 4 ven * —— ei⸗
nem den Hut ab. Die Monate und Wochentage
benennen fie nicht mit den herkömmlichen altröm.
Namen, fondern nad) der Zahlenordnung.
„Die Berfa ung ber Quälergemeinben ift zufolge
ihres Gleichheitsprinzips bemofratifch,
lieder einer oder mehrerer Gemeinden, nad) Ber:
Phiedenheit ihrer Anzahl, verfammeln fih monat:
li, um über den Wandel ihrer Glieder, die Pflege
der Armen, die Schul: und Wohlthätigkeitsanftal:
ten, über bie Beitrafung ausgearteter Glieder, über
die Aufnahme von Brofelyten u. |. w. zu berat:
ſchlagen und zu verfügen. Diefe monatliche Ber:
fammlung enti&heidet auch in eriter Inſtanz über
die Streitigfeiten einzelner Glieder und wählt die
weder durch Befoldung en bug andere Vorrechte
——— Beamten der Geſellſchaft. Die
vierteljährlihen Verſammlungen beſtehen aus den
Deputierten der Gemeinden eines Diſtrikts und bil:
den eine höhere Synode zur allgemeinen Aufficht
der monatlichen Berfammlung, welche die Berichte
derjelben je Kenntnis der jährlihen Verfammlung
bringt, Appellation in zweiter Inſtanz annimmt
und enticheidet und die Repräfentanten des Diftrifts
p den ger. Verfammlungen ernennt. Diefe
Yind_für alle Gemeinden die hoͤchſte Inſtanz, üben
in Sadıen der Tizciplin, Verfa tung und Sitte die
gejehgebende Gewalt und geben in Angelegenheiten
und Streitigkeiten jeder Art die definitive ——
dung. Solcher jährlichen Verſammlungen gibt es
ſieben in Nordamerifa und für die europäiſchen D.
eine in London. Die ee welde den
Aufwand der Gemeinde für die
bäufer, milden Anftalten u. ſ. w. bloß aus dem Er—
trage freiwilliger und meijt fehr reichlich eingehen:
der Beiträge der einzelnen beftreiten, ftehen unter
der Dberaufficht der Berfammlung, die aud einen
allgemeinen Nationalfonds hat, aus dem die Koften
für Verbreitung religiöfer Bücher u. dgl. beftritten
werden. Bemerlenswert it, dab dieje Verfaſſung
und Kirchenzucht fhon von George For felbit ein:
geführt wurde. Unter den Q. haben ſich übrigens
vielerlei Sekten gebildet. Diejenigen, welche manche
—— Gigentümlichkeiten in der Strenge des
Lebens aufgegeben, beißen Naffe Quäker, im
Gegenfag zu den Strengen oder Trodenen;
die, welche es jelbit für erlaubt halten, Krieg&dienfte
erfammlung®:
zu thun, heißen freie oder Fechten de Quäler;
die, welche den freien Anfich‘en von Elias Hids
über die Bibel huldigen, heißen Hidfiten, denen
wieder die Evangelical Friends gegenüber:
ftehen. Grofartig find die Leiftungen der O. auf
den verſchiedenſten Gebieten der chriſtl. Liebes:
thätigteit, wie fie fih_auc in ihrem Privatleben
durd) ihre würdigen, ftrengen Sitten auszeichnen,
—— net man in England etwa 16000,
in Nordamerika etiwa 70000 Q,
l. —*2 «A portraiture of Quakerisme»
(3 Bde., Lond. 1806); Sewel, «History of the rise
of the Q.» (2 Bde., Lond. 1834); Ernit Bunfen,
«Milliam Penn» (aus dem Engliſchen, Lpz. 1854);
Lods, «Ktude historique et critique sur le Quake-
risme» (Straßb. 1857); Weingarten, «Die Nevolu:
tionsfirhen Englands» (Lpz. 1868); Abbey Over:
ton, «English church in the 18% century» (Lond.
1878); Stougbton, «W. Penn» (Lond. 1883).
Qualififation (lat.) beißt die Beilegung, dann
auch der Befik einer Eigenschaft, eines Titels u. ſ. w.,
ie Mit: | I
— Quantität 421
und in diefer Bedeutung wird aud das Beitwort
qualifizieren gebraudt. Qualifiziert ift in
der Rechtsſprache ein Verbrechen, 5.8. ein Dieb:
ftahl, ein Mord, das unter gewiſſen, vom Gefek
als erichwerend bezeichneten Umftänden verübt wird.
Qualifikationoberichte, |. u. Conduiten:
iſten.
Qualifiziertes Geſtändnis, |. Geſtändnis.
rex, talis grex (lat. Sprichwort:
aMie der König, fo die Herde»), entiprechend dem
deutſchen: Wie der Herr, fo der Knecht.
Qunlität(lat.,d.b. Be wird ebenfo:
wohl auf das, was 14 die Dinge, als auf das,
was 8 dacht wird, bie eariife und Urteile bezogen.
Die Q. eines Dinges heißen feine Eigenfchaften; ſie
bezeichnen das, was da3 Ding ilt. Die D. eines
Begriffs ift gleich feinem Inhalt; je —— das,
was in einem Begriff gedacht wird. Unter der DO,
eines Urteils verfieht man bie Gültigleit oder Un:
gültigkeit desjelben, d. b. aljo feine pofitive oder
negative Form, wie fie im bejahenden und ver:
neinenden Urteil bervortritt. Im gewöhnlichen
Leben iſt D. auch foviel wie Rang, Titel, Würde ıc.
Qualität der Ware, Wenn in einem Ver:
trage über die Beichaffenheit und Güte der Ware
nichts Näheres beftimmt ift, fo hat der Verpflichtete
nad Handeläreht Handelsgut mittlerer Art und
Güte zu gewähren (Handelsgeſeßbuch, Art. 335).
(Bal. dejihtigung derWare und Empfang:
barleit der Ware.) j beit nad).
Qualitativ, der Qualität, innern Beichaffen:
Qualitätöeifen, zur Serftellung tadellofen
Schmiedeeiſens vollitändig taugliches Roheiſen.
uallen, ſ. Afalepben.
Quan (Kwan), Münze in Annam = 2,3 Mark;
auch Gewicht dafelbjt = 312,2 kg.
uando? (lat.), wann?, eine der ficben Slate:
gorten (f. d.).
Quandoque bonus dormitat Homörus
(Tat.), «Juwelen fchläft (ift unachtſam, begeht einen
Fehler) auch der gute Homer», Citat aus Horaz’
«Ars poetica» (Vers 359),
Quandt (Job. Gottlob von), namhafter Kunft:
biftorifer, geb. 9. April 1787 zu Leipzig, machte
mebrere Reifen nach Jialien, Iebte fpäter in Dres:
den, dann auf feinem Gute Dittersbach bei Stolpen,
wo er 18, Juni 1859 ftarb. Er veröffentlichte na:
mentlih: «Streifereien im Gebiete der Kunjt»
(3 Ile., Lpz. 1819), „Entwurf zu einer Gefchichte
der Kupferjtechlunft» (Lpz. 1826), «Briefe aus Ita—
lien» (Gera 1830), «Vorträge über Sifthetil» (Lpz.
1844), «Briefe aus Spanien» (Lpz. 1853). Auch
lieferte Q. eine gute fiberjekung von Panzis «Ge:
fchichte der Malerei in Jtalien» (3 Bde. Dresd.
1830—33). Val. Uhde, «Johann Gottlob von D.
und der Sächſiſche Kunftverein» (Stuttg. 1877),
Quänon, Inſtrument, ſ. Kanün,
Suantität (lat.), das Wieviel, die Größe (f.d.),
Menge. In der Logik bezeichnet die D. eines Be:
griffs feinen Umfang, d. 5. die Menge von Be:
griffen, die ihm fubordiniert find; die Q, eines Ur:
teil die Beltimmung, ob das Prädilat von ben
ganzen Umfang des Subjelt3 oder nur von einem
Zeil desjelben bejaht oder verneint wird. Parin
bejteht der Unterfchied de3 allgemeinen und bejon-
dern Urteil. — A. nennt man aud) das Maß ber
Zeit, weldhes man braucht, um eine Silbe (nadı
ihrer Zuſammenſeßung aus den einzelnen Lauten
bemefjen, ohne Nüdficht auf die Betonung oder den
422
Accent) auszufpredhen. Man unterfdeidet dem:
nad ni ber Profodie (f. d.) kurze Silben (breves,
correptae, —— durch —— und lange Silben
(longae, a. ductae , bezeichnet Dur) —); doc) gibt
es auch die —— lurz als lan join
fönnen —— communes, bezeichnet bu
—8 der — nach.
Duantitätöf: sb — Sachen.
re mung — Quantität (ſ. d.) mel:
in; = — von —— ——
egenſaß zu den accentuierenden ccen
— lat.), das Wieviel, eine —
**
Joy
der Le ei s d. Ör., geb. an. 1697 zu
——— — * ey * Rays ne
Hu ed3, lam in die herzogl. Kapelle in €:
—* im Hi iföen Ra ‚ munbe un; —
og. Polniſchen Kapelle in u un
—2 dann ı stehen (wo er Aler. eich ug
5* genoß), hierauf Frankreich und E
Er ging dann nach Dresden * loönigl.
— bis ihn 1741 Friedrich II. unter jebr *
9 ften —— nach Berlin berief. Er ſtarb
berü an ötenfpieler,
otödam 12. Juli 1773. D. hat nicht blo als
iR er auf ber Flöte, jondern . als Berbejjerer
derfelben große vdienfte. Sein «Berjud einer
Anweiſung die Flöte traversiere zu zu (Berl.
1752) —— mehrere A uflagen und ——
auch verfertigte er rg löten zum Verla
Komponift arbeitete er Ta nur für feinen edler
Friedrich d. Gr., für welchen er mehr ala 400 Stüde
ejeßt hat. Seine Kompofitionen find deshalb nicht
I — wie ſie bei ihrer techniſchen Voll ng,
melobijche —— heit und Reinheit des Satzes es
verdienen. V Quant, «»Leben und Werte des
Alötiften Schaan Joachim D.» (Berl. 1877).
Duanza, Coanza oder Cuanza, bedeuten:
der Strom in Süd: oder Niederguinen an ber
Veittäfte Südafrikas, entipringt auf dem centralen
Hodlande aus bem Mufumbofee, etwa 13° 35’
fübl, Br. und 15° öftl. 2, von Greenwich, fließt in
der erften Hälfte feines Laufs in nördl. Richtung,
wendet fih dann, um in felfigem Bette die ber
Küfte parallel ziehenden Bergletten mit Wajler:
fällen zu durchbrechen, im öjtl. Angola gegen
Weiten über die —* Preſidios Pungo⸗Andongo
(noch 1280 m body, Stapelplaß der Produlte des
Innern) und Cambambe und tritt nahe unterhalb
des legtern mit feinen legten Kataralten, aldbald
für große Kähne ſchiffbar, in die flache Küftenebene,
wo er mit vielen Windungen und doch noch mit
ftarfer Strömung die Brefidios Dondo (bis bier
ftromaufwärts regelmäßige Fran eg teil „
ſchima und Bom Ne ſus berü Strom mün:
det über 375 km füblic) vom Congo, 50 km füblih
von Säo:Paolo de Loanda, unter 9° 23° füdl, Br.,
nachdem er, ehe er das Meer erreicht, mehrere ee
jeln gebildet. Er fchüttet jehr bedeutende Waſſer⸗
waſſen i in das Meer, die wegen ihrer weißlichen
Färbung noch 10 km von der Küſte bemerkbar find.
Se bedeutende Nebenfluß it recht3 der Luando.
Valdez, «Six years of traveller’s life in
—— Africa» (2 Bde., Lond. 1861).
Quappen, Kaulguappen, No nägel wer:
den die Larven der Fröſche und Kröten genannt,
welche durch ihre Geſtalt rung von den er:
wachſenen Zieren abweichen, r Dotter der in
gallertartiger Hülle im Waſſer — Eier die—
n⸗vorzeigen.
Quantitativ — Quarantäne
fer Tiere wandelt ſich in ein Tier mit didem Kör:
ver, ohne abgejegten Kopf um, an deſſen vorderm
Ende ber mit Hormzähnen bewaffnete Mund, da:
hinter die Augen und binter diefen bie Kiemenipal:
ten und Kiemen ſich befinden, während das hintere
Ende in * — mit bäutiger Floſſe
auzläuft. d. fhwinmen im Waſſer, nähren
ih von Bilanenfiofen: erit wenn fie eine
A
Größe erreiht haben, „aprolien zuerft die E
be, dann die Hinte hervor und left u —*
der Schwanz * le fodaß fie dann
in Frofchgeftalt erfcheinen und auf dem Lande als
(uftatmende, 5*8* ende Tiere leben.
Tafel: Lurche IL, Fig. 4.
uarantana, est Dihebel Karantal, >
(S.
fer und böbfenret: Bergrüden an dem öftl. A
fall des Gebirges —* zur Jordansaue, a
norbwetli oberhalb Jericho. Er wurde feit bem
Zeitalter —— für die Stätte des Mtägigen
ftend (daher fein Nanıe) und der Berfuhung
Jeſu gehalten. Auf feiner höchſten Spige finden
ch bie Ruinen einer Kapelle, und an feinem Fu
entfprinat eine Duelle, Ain e3:Sultän, welche Elifa
geſund gemacht haben ſoll (2 Kön. 2).
Quarantäne (frz.) oder Kontumaz. Die
Wahrnehmung, daß gewiſſe Krankheiten ſich durch
Anſiedung von Perſon zu Perſon weiter verbrei:
teten, veranlaßte ſchon in frühen Zeiten das
Abfperren einzelner Kranlen. eh zu Ende bes
— Jahr. errichtete die Republik Venedig zur Ab:
u —* Veit, die in Oberitalien herrſchte, eine
Anſtalt, welde alle Antommenden, ehe fie die Stadt
betreten durften, einer 40tägigen liberwahung
und Beobachtung unterwarf und deshalb ben Na:
men Quarantina erhielt. Dieſem Beijpiel engen
nah und nad) die übrigen Völfer, namentlich die
Seeitaaten, und e3 find jeitdem die Quarantäne:
ober, wie man fie fpäter nannte, die Kontumaz:
anftalten allmählich zu einer hoben Stufe ber Aus;
—* gelangt. ſehen von derartigen Gin:
n bei einzelnen Epidemien für eine *
Zeit find Rontumazanftalten ftehenb zur Ab —*
der orient. Pet (j. d.) in allen größern Hä
ropas eingerichtet, namentlich in denen des Sitte
ländifhen Meeres, welche dem Herde ber orient.
Belt am nãchſten liegen, und an den Landgrenzen
gegen bie Türtei, wo vorzüglich die öfterr. Militär:
grenze ſich als vortrefliches Schukmittel gegen das
Eindringen der Peſt bewährt hat. In den Häfen
iſt die Einrichtung ungefähr folgende: Jedes Schiff,
weldye3 aus einem öfters von der Peſt heimgefudh:
ten Lande kommt, nmuß, bevor es die Erlaubnis
zum Einlaufen erhält, ein Gefundheitäzeugnis über
den Ort, von dem es fommt, für defien Richtigkeit
ber Kapitän und der an —* Orte von der Re:
sierung beauftragte Konſularagent zu haften _
mitbringen und dasjelbe beim Hafenlommandant
Auf diefe Gefundheitszeugniffe fügt
fih nun die Ausdehnung ber anzumenbenden
Uuarantäneverordnungen. Rad) Mabgabe
—— —** oder geringern Gefährlichleit wird
dem Schiffe eine gewiſſe Zeit als Kontumaz aufge:
Icot und ein gewiſſer Plaß zum —— angewieſen.
jede Verbindung mit Lande und andern
Er Er abzuſchneiden, wird e3 mit Wachtbooten
umgebe e Mann ft fann auf dem Schiffe
bleiben * erhält ihre Bebürfnifie mittelö langer
Stangen augetellt Gleichzeitig wird das ..
gelüftet und die Ware, welche der Verbreitung des
Duarantäneflagge — Quartal
iſt, — Be un 3
een a Ann hen aus:
cn Sort,
Benin)
werfen. Sie, m
en.
Ihe, me bekangt —e—
—2 —— —
————
doch —
Ka das Ole er Bet. Gone entlich | B
— N ne von
—— ——
—
ke ——
ſamen Ordnung dieſer Sa
dings —* zer = =
einer * >
‚ s. ımter Flagge.
—— im Be |
—— Wräffel-D. br Q. ber
Staatabahnen, mı it 12517 €.
ne der Nil durd ——
irl Mons
ich von —*
derſelbe durch
e | getremut ift; er wird 8
u f. a gaza ſcher Meer. |
Meerbufen von Fiume genannt wird
Gh Me Dagraetiläen Aalen (U ———
——— Cherſo und
TAT Mi
genaue und Safe die im
ltertum durch ihren ttsbetrieb berũhnite
an der fi ee Hehe
einzelnen
m anfteigenden T
—
———— verhältwismäßig niedri
iedriger
— a
3 ten, d. i. illgrifch —*
re
n u
—— —— — ——
maritimen Verle en, eniſchen
— —* ohren all
——
Die
die ei üdl Die
halt de Se Gere (8) u — F
Luſſin (. d.). Die erſtere iſt durd) den Duarnero:
tanal (Canal del ) von der Halbinjel itrien
getrennt, der an der engiten Stelle Ganale di Ya:
salina heißt, und von den Cilanden Levrera, Plan:
nich, Tritenik u. a. t. Die lestere it von
den Gilanden Unie, ibole, Sanjego, Palazio,
Aſinello u. a. umgeben. Die zweite Haupt:
Diten, durch den Quarnerofanal von den
6. | aufmi
423
n gefchieden, Rear - ı grobe Inſel ®
und ba Gil BVervichio, die durch den ee
—— —— eat (Cansle — ——
— * der engften rden
—— di Maltempo genannt) von dem froat.
Küftenlande rer un wie auch * füdlichern,
ſchon zu ——
Im 34 — und Pago. Die fleinen
nd — nur nn bald fahl, nit
Eine merkwürdige Ausnahme
in —— ein 110 m hoher
bevöltert und mit Reben ut. Die üben
ben Inſeln ift tief und das Ufer » äh
dab eine Flotte fait überall bis belt
länge beranfabren lann. Die © sh ift daher
Kanälen des O. Teicht und
— doch bisweilen durch die plö * von
von dem Monte⸗
—* in der
uteriemaſſe,
— —— Angriff a avallerie nad
allen Seiten Front t. Man unterf gs
und hohle OD. Wbjolut kompakte
innern fönnen nur Ueme Ybteilungen it
den. Sat illonsquarres bebürfen eines immern
Raums zur Ordnung
rer Formation, zur *
eg von cher nn ieren, und Ge
d, Verwunbeten u. ſ. w. Sit di
gering und bie Sieg aller vier Fronten tief
nennt man das O. ein volles, adden ohle Q. —9*
auf jeder —— etwa vier —— Tiefe —* 5
oßen innern Raum.
> | at das ı —— er gi —* das Bm Bi zweite a
Entfernung Salven oder Schnell:
in hd Sr die Senn erie Kin D. nn. EM
aus ihrer eit der
eutung zum SE. Gewehre —* c ibn Be:
bei europ. Kriegen fait
nie Zukunft in den — n ie
—— uncivilifierter Völker immer no
Anwendung kommen, wie es thatſächlich bei den
mr
obe
jur
ben } engl. — * im öjtl. Sudan 1884 und 1885
zur Anwendung gelommen iſt.
O ur er wie Carremaſchine.
Quart, B unter Format.
Quart ® br em Viertel) Die ein bis zur
hen Syſtems fibliches Flüf-
eu ——
einiger —* Staaten. Das preuß.
a — Yun des Eimers = Y, preuß. Getreidemehze
= 64 preuf. Kubilzoll = 1,145 1 = etwa Y, engl.
Imperialgalton. Das engl. D. des Flüffigkeits-
und Tro —— iſt* * een on {i. d.).
Quart, Hieb und Stoß, ſ. unter sehttunf.
QDuarta, eidemaß in Portugal und Bra:
filien = 3, u; —— in Genua = Wa 1.
ia, ſ. Falcidia lex.
——* der vierte Teil eines Jahres,
welcher gewöhnlich nad) dem Anfangstag desjelben
genannt wird (Nenjahrs:, Diter:, Jo ohannis⸗, Mi:
chaelis⸗Quartal), oder auch durch "He vier Quatem:
ber (ſ. he ee —— auch
—— wird das auf emonat
e3 Beamten folgende —— für
—— der Gehalt desſelben gewö ee Te ort:
—* vom 31
geht. Nach dem Reich
beziehen die Witwe oder die ehelichen —*—
424
eines deutſchen Neihöbenmten während bes Gna—
denquartal3 dem vollen Gehalt des Berjtorbenen
(8. 7). (S. Onabeniahr.) ,
Ouartän (lat.), viertägig, nad) je vier Tagen
wiederfehrend (Fieber).
Q nt, ein Buch in Quartformat.
Quartär (au wohl Duaternär) nennt man
bie jüngften, elle pofttertiären Ablagerungen der
Erdrinde, nämlih das Diluvium und Alluvium
(j. d., fowie Geognofie, Eiszeit, Drift).
Duartation, |. Soldideidung
Quarte (grch. Diatefiäron, d. b. vier) heißt in
der Mufil ein ——— weiches vier Stufen ums
faßt und in drei verfhiedenen Gattungen ericheint:
rein (volltommen), übermäßig und verntindert,
Die reine oder volllonmene D. (c-f, g-c) beiteht
aus zwei ganzen Tönen und einem großen halben
Tone; die übermäßige D. enthält in vier Stufen
drei ganze Töne (abe Tritonus genannt, f-h);
die verminderte D. endlich beiteht aus einem ganzen
und zwei großen halben Tönen (gis-c). Die reine
D. An in ber Tonleiter eine umgelehrte Duint
(3. B. g-c iſt gleich der Duint c-g), und wird dann
als Konfonanz, in allen übrigen Fällen aber als
Diſſonanz betrachtet, Die Tonleitern der Griechen
festen ſich aus verſchiedenen Reihen der D. zufam:
men, ben fog. Tetradhorden; die D. ift daher >
riſch wichtig ald der Umfang der älteften Syiteme
der Muſik. Auf der Violine heißt die a-Saite D.
Quarte, Onartlage,
nartparade ıc., |.
unter Fehtlunft, Bd. VI, ©. 628,
Quarter (d.i. Viertel), der Name eines Troden:
maßes und eines Handelsgewicht3 in England,
Das Getreidequarter (Imperial quarter), das
bauptfächlichite engl. Maß für Getreide, Sämereien,
Salz, Kalt u. ſ. w., bat 64 Gallons und iſt =
290,791, Das Gewichtsquarter iſt ein Viertel des
Hundredweight oder engl. Centners und hat 28
engl. Pfd. Handelsgewicht (avoirdupois) = 12,70kg.
Quarteronen, f. unter Farbige.
Quartett ne im allgemeinen jedes für vier
Stimmen, Gejang: fowohl wie Jnjtrumentalftim:
men gelehte Tonftüd. Im engern Sinne (welcher
fir bejonders eit „ol. aydns Kompofitionen ge:
bildet hat) ift U. jede für zwei Biolinen, Bratjche
und Violoncello beredjnete, fonatenförmige, aus
drei bis vier Säßen beftehende Kompoſition und
gehört, wie das Duo, Trio u. f. w., zur Sammer:
mufil. Zur Unterfcheidung von dem D, für Sing:
ftimmen nennt man dag D, für Inftrumente aud)
Quatuor. Im DSrcheſter werben die vereinigten
Bartien der Riolinen, Violen, Violoncelle und
Kontrabäfje, mit Ausnahme der Blas: und Schlag:
injtrumente, ebenfall3 OD. (Bogen:, Saiten:, Streih,
quartett) genannt. Das D. für Singjtinmen fann
ein einfaches, vierftimmiges Lied (Bolalquartett)
oder aud) breiter ausgeführt und mit nffeumen:
talbegleitung verfehen fein (in Opern, Dratorien,
Cantaten u. f. w.); wird e8 nur von männlichen
Stimmen gefungen, fo heißt es Männerquartett.
Das D. oder die kunſtmäßige Vereinigung von vier
Stimmen bildet den Mittelpunkt der harmonifchen
Stompofition, ‚ [republitanifchen Stalender.
di, der vierte Tag einer Dekade im franz.
nartier, —— —— mehrern
Ländern Norddeutſchlands, meiſt —Quart (}.d.).
Quartier (vom franz. quartier, das Viertel
oder überhaupt die Abteilung eines Sonn bes
zeichnet namentlich das Stadtviertel, den
Quartan — Duarz
zirk, wird aber auch für Wohnung gebraucht, mili-
tärifch für die Unterkunft von Truppen ober ein:
zelnen Mannſchaften in Kaſernen ober bei den Ein-
wobhnern (Hafernen:, Bürgerquartier). (S. Eins
quartierung.) Man unterfcheidet Standquar:
tiere (joviel wie Garnifon), Marſch-, Kantonnie:
rungd und Winterquartiere, Lehtere find feltener
—— da bei der jehigen Kriegführung der
Winter die Operationen nur im äußerſten Notfall
unterbricht. Alarmquartiere find D., in denen bie
Truppen enge zufammen und jtet3 zum Ausrüden
bereit gehalten werben.
Im Schiffsdienft heißt Duartier die Wach—
eit auf Ded, Der ganze Tag wird dazu in vier ober
joe Teile geteilt und dabei berüdfichtigt, dab die
aunſchaft abwechielnd gleiche Nachtruhe bat,
Quartier geben, im Gefecht, heißt foviel
wie Pardon (ſ. d.) geben.
Quartierleiftung, die ben Landeseinwohnern
obliegende Verpflichtung, den Truppen unter näher
fejtgelekten Umftänden und Bedingungen für län:
gere oder kürzere Zeit Unterkunft zu gewähren. Im
Deutichen Reiche ift die A. dur das Gejek vom
13. Febr. 1875 über die Naturalleiftungen für die
bewaffnete Macht im Frieden geregelt.
Quartiermacher werden die von marſchieren—
den Truppen ein bis zwei Tage vorausgejendeten
Mannſchaften genannt, welche in den zu belegenden
DOrtichaften die Unterkunft und Verpflegung der
Truppen vorzubereiten und zu regeln haben,
Quartiermeifter it die Bezeichnung für einen
Offizier oder Unteroffizier, dem die Sorge für die
Verpflegung, Belleidung, Ausrüftung ee ’, einer
orößern oder kleinern Truppenabteilung oblient,
ſodaß es Regiments-, Esladrons-Quarkiermeiſter
u. ſ. w. gibt. In der deutſchen Armee findet ſich
dieſe Bezeichnung nur für einen Unteroffizier der
berittenen Truppen, der die Funltionen des Ham:
merunteroffiziers der Fußtruppen innehat. Ein
wefentlich anderer Begriff ift mit der Bezeichnung
Generalquartiermeiiter (ſ. d.) verbunden, 3
Quartodeeimaner heißen diejenigen Klein:
afiaten, die den Hauptfeittag in der Paſſionszeit
am 14. Niſan (daher der Auen), fei es ald Todes:
tag Jeſu, fei es als Tag des lehten Paſſamahles
des Heren feierten. (S. unter Djtern.)
Quarto Sant’ Elena Dein Sleden
in der ital. Brovinz und im Bezirk Gagliari, auf
Sardinien, unweit nörblih vom Golf von Duarto,
den norböftl. Teile des Golfs von Cagliari, bat
[1201 6681 E., Salzwerle, Getreide: und Wein:
yau (Malvagia). Bemerkenswert iſt das bier all-
jährlih am 21. Mai glänzend gefeierte Feit der
heil, Helena.
Qwuartrevers, f. Flanconade.
Quarz beißt ein Mineral, welches Ergftallifiert
(zumeift in beragonalen Pyramiden mit oder obne
Brismenflädhen), derb, eingeiprengt in unregel-
mäßigen Körnern, als körniges bis ſcheinbar dich:
te3 Aggregat, als Geſchiebe, Gerölle und Sand
vorlommt, an farblos, durchſichtig und waſſer⸗
bell, aber vielfach mannigfaltig gefärbt ift, dabei
(asglänzend bis fettglängend, von muicheli em
ruch und in der Härte zwiſchen Feldfpat und To:
pas jtehend; das ipeziniche Gewicht beträgt 2,5
bis 2,8. In chem, Hinſicht beiteht der in Säuren,
mit Ausnahme der Fluorwafjeritoffiäure, unlös-
lihe A. aus reiner Kiefelfäure (Kiefelerde). Die
tadtbes | Klarjte und edelſte Varietät des A. it der Berg:
Duarzbreccie — Quäftor
—* (f.d.). Der gemeine Quarz bat unter
allen
Mineralien die weitefte Verbreitung, in ein: | ber
425
sia L., Name einer Pflanzengattung aus
milie der Simarubaceen und durch zwittes
nen und zufammengruppierten Sryftallen als | rige Blüten, einen fünfteiligen gefärbten Kelch,
örniges Aggregat (fog. Quarzit) ganze Feld: | fünf Blumenblätter erh in eine Nöhre zuſam—
maſſen bildend, ferner al3 wejentliher Gemengteil
zahlreicher Felsarten, wie des Granits, Felfitpor:
pbyrs, Rhyoliths, Gneiſes, Glimmericiefers,
Granulits u, f. w., endlich noch als Hauptbejtand:
teil aller Sandfteine und lodern Sande. Die
Quarzite und Sandſteine dienen zu Baufteinen,
Muh —— Schleifſieinen, die Quarzſande finden
eine Benußung bei der Bereitung des Glaſes und
Porzellans, des Mörtels, als Schleif: und Scheuer:
material, ald Formſand und bei verfchiedenen me:
tallurgifchen Arbeiten, Der indigo: bis berliner:
blaue Saphirquarz verbantt * arbe einer
Einmengung von Krokydolithfaſern, der u ir
Praſem genannte D. die feinige einem Durch—
wachſenſein von zarten, grünen Hornblendebüfcheln.
Der muſchelig brechende Roſenquarz ift rötlichweiß
bis roſenrot, der opalähnlide Milchquarz mild)
weiß und halbdurchſichtig. Stinfquarz nennt
man eine graue bis braune Darietät, welche fein:
verteilt Bitumen enthält und deshalb gerieben oder
angeichlagen ftinlt, Der Gelentquarz oder Ita—
tolumit (f. d.) iſt fein eigentliher D., fondern ein
jchieferiges Gemenge von DO, mit Glimmer, Talt
oder Ehlorit. Schillerquarz oder a
nennt man einen grünlihweihen bis grünlichgelben,
von parallelen Amianthfaſern durchwachſenen D.,
welde e3 veranlafien, dab der Stein, ——
ge — einen wogenden oder ſchielenden beweg⸗
lichen Lichtſchein, aäͤhnlich dem eg einer Rabe,
ausfendet, weshalb er vielfach als Ningitein ver:
arbeitet wird; die beiten finden fich als Geichiebe
in Geylon und Malabar. Andere Varietäten des
D. find der Aventurin und der Gifenkiefel. Auch der
violblaue Amet hyſt ift nur cine gefärbte Barietät
des A. Im Achat ift mit verjdiedenfarbigem D.
(bejonders Amethyſt) Jafpis, Hornitein, Chalce:
don u. ſ. w. lagenweife verwachſen. Dem DL. äuferft
nabe jtehen die jehr fein Eryitalliniichen Aggregat:
maſſen Feueritein, Hornftein und Jaſpis.
——— ein gewöhnlich ſehr hartes und
ſchwer 3 —— Geſtein, beſtehend aus grö—
bern und Heinern edigen Bruchſtücken von Quarz
oder Duarzit, welche durch ein kiefeliges ochergelb
oder braunrot gefärbte ei enthäifiges auch etwas
thoniges Cement verbunden find. old)
mentlich in ältern ——— Formationen aus:
gebildet, 3. B. im Silur Böhmens, im Devon Nor:
wegens —— im Rotliegenden bei Eiſenach.
narzdiabas, j. unter diabas.
Quarzdiorit, j. unter Diorit.
Quarzfels oder Russell, i unter Quarz. |
rphyr, ſ. unter Borpbyr.
Quad, Öetränt, ſ. Kwaß.
Quaſi (lat.), als wenn, gleihjam; in Zuſam—
menfehungen mit andern Wörtern foviel wie
Schein... 4 B. Quaſigelehrter: Scheingelehrter;
aber auch Bezeichnung von etwas Analogem, z. B.
Quaſilontratt, Quaſiuſusfrultus u. ſ. w.
iz, |. Juris quasi possessio.
Quafimödogeniti (lat. * wie die neuge⸗
borenen» [Kinder)), in der abendländ. Kirche Be:
zeichnung des erften Sonntags nad) Ditern, an wel:
chem die Meſſe mit 1 Petri 2, 2 —
— „unter Sub:
itution,
menneigen und vielmal länger als der Kelch find,
ar Staubgefähe, fünf Frucdtlnoten, aus denen
päter Steinfrüchte werden, und einen einzigen
Griffel ausgezeichnet. Es it nur eine Art, Q.
amara Z., befannt, welde in Surinam einheimiſch
it, in Ouaiana, dem nördl. Brafilien und in Weit:
indien kultiviert wird und ein 3—5 m hohes Baum:
hen mit grüner Rinde, unpaarig gefiederten Blät:
tern, beren Stiel geflügelt ift, und mit aus Trug:
dolden zufanmengefegten Trauben p roter Blüten
bildet. Das ſtark und rein bittere Holz des Stam:
mes und der bdiden Üjte ift unter dem Namen
echtes oder furinamifhes Quaſſienholz
oder Bitterbolz (Lignum Quassiae) als Arznei:
mittel gebräuhlih und das Fräftigjte unter den
rein bittern und gerbitofffreien Arzneimitteln, Es
wird meilt in der Form des Delolts gegen Ber:
dauungsihwädhe angewendet. Das gerafpelte
Quaſſienholz in Waller geweiht und mit Zuder
verfüßt, gibt ein gefahrlojes und ficher wirfendes
Fliegengift. (S. aud Fliegenpapier) Das
äbnlih wirkende jamailanifche oder dide
Quaſſienhol ſtammt von der nl Jamaila und
auf den Karaiben wachſenden hoben Bitter:
eiche, Simaruba excelsa Dec. (S. Simaruba.)
Der Träger de3 bittern Stoffs aller Duaffiaarten
iſt ein indifferenter, in Heinen weißen Prismen
kryſtalliſierender Nörper, das Quaſſiin, weldes
feinen Geruch, aber einen intenſiv bittern Geihmad
ze, im Waſſer bei Zujab von etwas Salz ſich
eiht auflöft und beim Trhihen wie ein Harz
ſchmilzt. Quaffienholz wird zuweilen in der Bier:
brauerei als Hopfenjurrogat verwendet.
Quaſte oder Quajt (frz. houppe, = tassel),
eine durch Polamentierarbeit bergeitellte‘ eure
an Kleidungajtüden ıc., beftehend aus büſchelförmig
berabhängenden, an den obern Enden zuſammen—
ebundenen Fäden oder zufammengerollten Fran:
* Eine Heine D. wird auch Troddel genannt.
Quästio (lat., Frage), im Strafprozeß der rönt.
Nepublit das Unterſuchungsverfahren, aud das
Gericht zur Aburteilung beitimmter vor die einzel:
nen, nad) und nach eingeführten quaestiones ge:
wiejenen Strafiadhen. Die dauernde Anordnung
ed. ift na: | folder Gerihtstommifjionen erfolgte unter Sulla.
Quaestiopertormenta, \
estio faoti (lat.), Frage des einzelnen
Falls, eine Frage, die fich nicht allgemein nad
echtsgrundfägen, fondern nur nad) Yage des eins
zelnen alles beantworten läßt. ,
Quäftor ift der Name eines röm. Magiitrats,
dem die oberite Leitung der Staatskaſſengeſchäfte
anvertraut war, Zu den anfänglihen zwei Q.,
denen urſprünglich namentlid die Unterfuchung
von Kriminalverbrechen oblag, während fpäter
immer mehr die Verwaltung des ftädtifchen Ara:
riums ihr Hauptgeiäft wurde, und die dann zum
Unterſchiede von den hinzulommenden andern D.
jtädtische hießen, lamen 421 v. Chr. zwei, um die
Konjuln als Kriegszahlmeifter ind Feld zu begleis
ten. Kurz vor dem erjten len Kriege wurden
acht D, ernannt, und ihre Zahl ftieg wahrſcheinlich
mit der Vermehrung der Provinzen, bis fie Sulla
auf 20, Gäjar auf 40 erhob, worauf fie dann aber
Auguftus wieder auf 20 befchränkte, Die Mahl
— wie Folterung.
—
Duäftur — Duatremere de Duincy
der Q., welche in der ältern der Republit, wie | auf einer gelegen. der Nähe durd-
früher vor den Hönigen, —— den Konſuln er⸗ſchneidet bie von PR A: nad) Brüfjel
nannt worben waren, geihah dann in Tributcomi: | die von Namur nad; Nivelles. Der Drt it burd
tien; feit 421 war die Duäjtur aud Plebejern | die bei (f. d.), 16. Juni 1815, ge
— a vorbem häufig aud) ältere i Napo:
äuner diefelbe betleibeten, galt fie fpäter ala un: | leon I. die Preußen bei Liany ® pn Ney
terite Stufe der honores ober der hoͤhern Ehren: | an ber eine3 ftarten —* engl.:
ämter, (S. Magijtratu2.) Die —* D. w . Yrmee bei feithalten.
wohnten ben fißungen bei, und alle D. bat: | Auf beiden Seiten blieben in den D.
ten, wenn fie nad) der Rechnungslegung abgegangen | u 5000 Dann, darunter der
waren, feit Sulla das Anrecht auf einen im | ri von Rraunfchweig. Die von Na—
Senat. Zur Ausführung der Gef ftand ihnen | poleon I. bezwedte Trennung der Blücherö
ein wechſelndes und ba eigentliche | und wurde nicht ——
——— er;
na ote. u wurde iance aterloo) u
ihnen die — des Arariums mmen, —— Louis Ar⸗
welche fie nur auf wenige Jahre durch Claudius mande be) franz. Naturforicher, geb
wiedererbielten. Doch es bloß in den | 10. Febr. 1810 zu (im “
Provinzen, in welden ft die feitherige Ver: im umd
waltung umter oberjter Huficht de Senats fort: dich als Arzt nieder und wurde
beftehen ließ, fondern aud) in Rom noch D. ne: | 1838 ebenda zum Brofefior der Zoslogie
beſondere hatten die dem Kaiſer —— Ste er jedoch bald be⸗
D. —* ne Arge — I: 5 ein A na — >
wo ber ieb zwi vinzen des Prin: ſchungen nad) Paris 1842
ceps und des Senats aufhörte, wurden aud) in die | reifte er die Nü — tlantiſchen uud
legtern ſtatt der A. nur faiferl. Proturatoren | des
oder Nationales gefendet. Dennoch erhielt ſich die
Duäftur, bei deren Antritt Fejtipiele gegeben wer:
den mußten, ohne innere Bedeutung als Titular:
ma tur noch geraume Zeit.
uf mehrern deutſchen Univerfitäten heißt D.
der das Geldweien, namentlich die Einnahme der
Honorare für bie Vorlefungen beforgende Beamte,
fein Amtslolal die Duäftur.
Quäftören hießen in der franz. Nationalver:
fammlung von 1848 und 1849 die drei Mitglieder
einer Kommifjion, welche das Rechnungsweſen der
Berfammlung, fowie die Sicherheit und Ordnung
derjelben aufrecht zu erhalten hatte. Ebenfo werben
im Deutjchen Neihötage und im preuß. ord:
netenbaufe die vom Präfidenten für die Dauer fei:
ner Amtöführung ernannten, das Kaſſenweſen ver:
waltenden zwei Abgeordneten D. genannt.
Quäftür, ſ. unter Duäftor,
Duatember (auö dem lat. quatuor tempora,
d. i. die vier Jahreszeiten), weldhe ala Epochen für
manche bürgerliche Geichäfte und Einrichtung von
Steuern dienen, find in einigen Gegenden Ditern,
Johannis, Michaelis und Weihnachten; in andern,
3. B. in Sachſen, Reminiſcere (27. Febr.), Trini:
tatis (28. Mai), Crucis (17. Sept.) und Luciä
(17. Dez); in noch andern, z. B. in Nürnberg,
Lichtmeb, Walpurgis, Laurentii und Allerheiligen.
Bei den Katholilen find die D. vier Fafttage, welche
am Mittwoch, Freitag und Sonnabend vor gewii:
fen Feiertagen beobadytet werden und fich mit die:
jen jährlich ändern.
Quaternär, j. Duartär.
Duaterne, j. unter Yotto.
Quaterne (im Buchdrud), j. unter Duernen.
Quaternionen⸗Kaltül it der Name eines von
Hamilton 1853 erfundenen Hilfämittel3 für Unter:
eng ar im Gebiete der analytiidhen Geometrie
und Mechanil
Quathlamba, Rablamba,f. Drakenberge.
Quatrain (fr;.), Strophe oder Gedicht von
vier Verjen. —
OQuatre⸗Bras, cine Meierei in der belg. Pro:
vinz Sübbrabant, zum Bezirk Nivelles gehörig und
"Bar. 1811), «Observations sur qu
dienfte beftehen weſentlich in den i
ſchungen, durch u er bie Kenntnis der Natur
der niedern Tierllafien bereicherte, und in einer
Reihe antbropol. Unterſuchungen. Mit Virchow
iner Schrift «La race
bar. 170 Sins ga Fehde zu —
— Orientaliſt, geb. 12. 1782 zu
zu
1809 bie — ber gried) der 3:
! an >
tultät zu ouen erhielt Im J. 1811 ehrte er nad
* —— 1815 _ Alademie der
Anfchriften aufgenommen, Profeſſor
— und Syrif am de
und war jeit 1838 aud) Lehrer des
der Schule für lebende orient. he
18. Sept. 1857 zu Baris. Mit gründlichen
tenntnijien und umfaflender Belefenbei
teratur der Kopten, Syrer, Araber, Berfer, Türken
und Armenier, arbeitete er Hauptjächlic
(hung der Gejdji und eoarapbie dieſer Voller.
eine wichtigſten ): Recherches his-
toriques et critiques sur la langue et la littöra-
ture de l’Egypte» (Bar. 1808) «M&moires
g&ographiquesethhistoriquessurl. ——
ts
de la g&ographie de P . 1812), bie
Ausgabe von Raſchid⸗ed dins «Histoire d
en Perse» (Bar.1836), dielüberiehung von
«Histoire des soultans mamlouks en »
(2 Bde. in 4 Tin. Bar. 1837—45), «Memoires sur
les Nabatdens» (Par. 1835). D.3 an orient. Ma-
nuffripten reiche Bibliothek nebjt feinem eigenen
handſchriftlichen Nadlaf wurden von König s
milian II. von Bayern für die mündener Hof: und
Staatsbibliothek angelauft.
—— — ntoine jo:
töme), berühmter franz. Ku u
ris 28. Oft. 1755, war vor der ud min Nat
u
Duattrocentiften — Quebec
Si —— Ser mung gie er al ef al
—— f be te er 13 AR uns og im Ge
fängnifle zu. Am 5. —— ſtand er mit —— der
Spihe des ee ben Konvent gerichteten A
be3 und eöhalb zum Tode ——
aber Gelegenheit zu entlommen. Im
ze ee wurde er 1797 Solar dem
Seine: Departements bei dem —— reichen
Fr und —— des Rats der Fünfhundert
ctidor wieder geächtet, entging er
t der Deportation nad) Cayenne.
——— tüdberufen, wurde er
1800 Mitglied bes Rats de3 Seine. Departements
427
nb oft 1200-1500
en Ts
An ber Küfte nörblich vom St. Lawrence Niver *
A Ad En —*
Chaleurs n e lt:
co an der Mündung bes St. Lawrence und bie
Magdalen im Golf. Bon den Flüfjen ift der Lorenz:
796 nad) | jtrom id —— Nebenflũſſen, unter denen der
b.) der bedeutendite ift. Bon den zahl:
Seen find ber Memphremagog, ——
Temiscouata, Matapediac, St.:\john und &t.:
bie bedeutendften. Das Klima it gefund : bie
bie — ———— ſeh — —
r
den iſt in Sieden Diltriften * —*
und 1803 in das Inſtitut aufgenommen, treide geeignet. Gipfel und ee im
biitor. Klafie fein «M&moire sur l’&tat de —— Ser gebe 2 — ri nod von
tecture chez les Egyptiens» (Bar. 1808 5 Wäldern bededt, in wel ee ich die weiße
hatte. Später wurbe er Generaljetretär des Rats —— rote —5— —— —— iſt. Außerdem gibt es
m ach der Betaurati eg hy en ernannte —— sen a 3 one Nu:
i t Reftauration zum er ber bäume Sidor: b nu rn, Kirſch⸗ u. ſ. w.
legion, zum königl. Sie, ns ve ber Bäume. See Kartoffeln und Heu, ——
Künfte und öffentlichen Dentmale umd zum Mit:
glied des Conſeil für den öffentlichen Unterricht.
Er ſtarb zu Paris 28, Dez. 1849. Von feinen zahl:
reihen Werken find zu nennen: «Dictionnaire de
Parchiteeture» (3 Bor, Bar. 1786— 1828), «Le
Jupiter ee, (Bar. 1814), «De la nature, du
but et des moyens de l’imitatıon dans les beaux
arts» (Par. 1823), «Histoire de la vie et des ou-
vrages de Rafatlo (Bar. 1824; 2. Aufl. 1838),
«Histoire de la vie de Michel- -Ange» (Par. 1835),
«AMonuments et ouvrages d’art antique restitu6s»
(2 Bbe., Bar. 1826—28), «Vies des plus c&löbres
architectes» (3 Bbe., Bar. 1830), «Canova et ses
ourrages» (Bar. 1884). Seine Lobreden a ver:
ftorbene Alademiler erſchienen gefammelt (2 Bde,
Bar. 1833—87).
Denis un D.:Disjonval, Bruber bes
ten Dee Baris 4. Aug. 1754, ftubdierte
ften und gewann mehrere Preiſe,
= 2. reden 0 Schrift «Examen chimique de
Pindigo» (Bar. 1777). Mit einer Seidenjpinnerei,
bie er e, fallierte er 1786, worauf er nad)
Spanien ging. Sodann trat er 1789 in die Dienfte | u
der holländ. Batrioten, wurde aber von der Dra:
niſchen Partei gefangen. m J. 1796 kehrte er
nadı Baris ‚wo er —— «Araneologie» (Bar.
1798) ſchrieb. ter wurde er dem Kaiſer —
dächtig und in bie Be! verwiejen. Na
Reitauration lebte Q F Marſeille, dann zu —
deaux, wo er 1830 ſtar
ital. quattro cento,
(vo
X — —— für 1400). "die ital, Künjtler des
Jahrh.
(lat), f. unter Duumviri.
4, vier), foviel wie Quartett
8 Dominion of Canada
nur im N. von La:
venzgolf, im S. von Neu:
(lat.,
d.
0: ——— —
in Britiſch⸗ Amerika, wir
bradot, im D. vom Lo
bra eig, Maine, Newhampihire, Vermont
und Neuyork und im W. von Ontario. Gie bat
500769 qkm mit (1881) 1359027 E. Die Haupt:
gebirge And: die Notre-Dame: oder Green-Woun:
tains, welche in den Shidfhod:Mountains nahe dem
Gape-Chatte: Fluß eine Höhe von 900—1200 m er:
reichen, die Laurentian-Mountains, welche ſich von
der Hüfte von Labrador nad dem Dttama-Niver
außer
Weizen, Gerite, Roggen, Mais lache, Zabat find
die Hauptfarmprodufte. Die Siicherei, beſonders
an der Hülle von Labrador, iſt gan) bedeutend.
ge find in fteter eter $
Möbel, Leber, —— Chemila ien, Schuhe Schuhe und
Sti —— —— —— und Agrilultur⸗
Naſchinen u. Der ——
—* bedeutend: bleu Hehtiran)
Walſiſch⸗ und chweinthran werden — ca
erportiert. Durch 2726 km Eifenbahnidhienen ift D.
mit Ontario und mit ben Bereinigten Staaten ver:
bunben. Die Yegislatur befteht aus einem Council
von 24 Mitolievern, welche vom Lieutenant-Go:
vernor auf Lebenszeit ernannt werben, und einer
‚| Affembly von 65 Mitgliedern, welche vom Bolte
auf vier Jahre erwählt werden. Der nt:
Governor wird vom General: Governor des Do:
minion ernannt; er wird von fieben Räten, welche
von ihm ernannt und ber Ajiembly verantwortlic)
find, unterftüßt. Die Brovinz ift in 68 Gounties
eingeteilt. ie öffentlichen Schulen I unter der
Kontrolle des Minifters für öffentli ne
nd einem aus 24 Mitglievern (16 Katholiten,
8 Broteftanten) beftehenden Nate. Es gab (1883)
246 Alabemien, 31 College, 18 Spe —
3 Normal: und 4404 Glementarfchulen ie Haupt:
ftäbte der Provinz find Montreal und Dureber.
eber, Hauptitabt, Feſtung und Hafen ber
eleigmamieen vovinz in —— Amerila, liegt
auf der des Lorenzſtroms und an der
—— os 6t.:Charlesflufles, auf dem Bor:
ſprunge eines mit bem 170 m hohen, mit einer großen
& itabelle befeßten Gape:-Diamond — —
zugs. Die Oberſtadt 1 * —— —
d t:
lügen Gebüude, jo ber Sieben ——
Governors, die kath. Rathebrale, die 4000 Den:
ſchen faßt, die Univerfität der Kath oliten mit ber
Refidenz des Erz Erzbiſchofs, die —— ——
das Hötel:Dieu, welches ein N —— ter ar
Kirche, Kirchhof und Gärten umfaßt, as von f
nen Gärten umgebene Sefuitentollegium, jebt =
Kaferne, die Markthalle, das Theater, das Stadt:
us, das Gefangenhaus, Kaſernen und das 304
wi w., ee große und | - öffentli
Rläge, 3 } Pa Pt ngegarten
mit einer —— Eu die — trägt:
428 Duebrado — Quedjilber
«Hier ftarb ber fiegreihe Wolfe am 13. Sept. 1759.»
Die untere Stadt iſt vorzugsweile der Gik be3
Handels und bes Geſchäftslebens. Q. zählt (1881)
62446 E. und ift Freihafen und das Hauptcentrum
des Seehandels von Canada. Der Lorenzitrom hat
anı Cape:Diamond eine Breite von 1200 m, bildet
aber mit der Mündung des St.:Charles ein Hafen:
baſſin von ungefähr 6,5 km Länge und 2,5 km Breite.
Der Strom fi ier etwa 50 m tief, die Flut beißt
5,5 und die Springflut 7 m. Die größten —— e
koͤnnen bei den Werften anlegen. Von der Mitte
de3 Dezember bis zur leßten er des April iſt
der Strom gefroren und die Schiffahrt unterbrochen;
1883 gehörten 1733 Schiffe mit einem Gehalt von
216577 t zu dem Hafen. Die Haupterportartifel
find Hol. Schiffe, Tiere —— — zur
Einfuhr kommen Wolle, Baumwolle, Seidenzeuge,
Eiſen, Kohlen, Zuder, Weizen u. f. w. Die bedeu:
tenditen Bildungeanftalten find das Seminar mit
der Yaval:Univerfität, die prot. Sigp:Schont das
Morrin:Gollege, die Laval:Normal: and Diodel: teilten Metallen. Es findet fich gediegen und in
School. Ferner find zu erwähnen die Royal: Zniti: | Form von —— als Zinnober. Die
und ſchwer zu vertilgendes Unkraut; doch gewähren
tution, die Literary and Hiſtorical-Society, das ausgezeichnetſten Fundorie des D. find in Spanien
fie auch einigen Nußen als gefundes Futter und
als Düngemittel — medenden, zuder: und
gummibaltigen Durelipee en der DO. (Dueden:
mwurzeln) find als Rhizoma Graminis nebft dem
daraus bereiteten Extractum Graminis offizinell.
Ein Vorteil der D. beiteht darin, daß fie an Hüften:
gegenden den Fugſand ſchnell überziehen, befeiti:
en, mit der = verbeſſern und dann eine gefunde
eide gewähren, Meniger häufig fommt die
Hunds ede (Triticum caninum Z.) vor, welche
fi von den gemeinen D. dur einen büfcheligen
Wurzelftod, einjeitig überhängende Uhre und lang:
begrannte Blüten unterfcheidet. Sie wächſt gern
an Ufern von Flüſſen und Mübhlgräben und fonft
an feuchten Orten,
uedentrefpe, f. unter Trefpe.
Queckſilber oder Merkur (dem. Zeichen Hg;
Atomgewicht = 200) gehört zu den jeltener vor:
fommenden und nur fparfam in der Erbrinde ver:
Mechanics: Inſtitute, die Legislative:-(Barlaments:) | (Almaden) und Jdria in Krain; ferner findet e3 ſich
——— mit wertvoller Handſchriftenſammlung, in Venetien, in Frankreich, am Ural, in China und
verſchiedene gelehrte Vereine u. ſ. w. apan, in Mexiko, in Peru und in Californien.
alt alles D. wird aus dem Zinnober erhalten, und
zwar entweder durch Nöften in Schadhtöfen, wobei
die Verdichtung der Quedfilberdämpfe in Kammern
vor ſich geht, oder in ‚ober bar Aeegen des ten
Q. wurde 1608 von den Franzoſen angelegt, 1629
von den Englänbern erobert, 1632 aber wieder ber:
ausgegeben. Im J. 1663 erllärten es die Fran:
zofen zur Hauptitadt von Canada. In den J. 1690
und 1711 pa e3 die Engländer vergeblid) an;
1759 übergaben e3 die Franzoien an die Engländer,
naddem General James Molfe die Franzoſen unter
General Montcalm bei Qt. geſchlagen hatte. Im J.
1775 belagerten e3 die Nordamerifaner unter Ge:
neral Montgomery, welder bei dem Hauptiturm
(31, Dez.) fiel; aber durch Garletons Sieg ward es
6. Mai 1776 entſeht. Im Frieden von 1783 blieb
es den Briten,
Quebracho, Troguen, von denen zwei Arten
unterfchieden werben:
1) Notes Quebrachoholz und :Rinde,
ſtammt von Loxopterygium Lorentii Grisch.
Tas von Argentinien lonimende Holz j- ſehr hart,
aber 4. ipaltbar, e3 iſt, fo wie die Ninde, ſehr
reich an Gerbſtoff und enthält, auf Klüften abgefon:
dert, viel Harz. In der Rinde ift ein Alfaloid
Loropterygin C,H}; NO von Helle entdedt.
2) Weifes Brei are und «Rinde,
ſtammt von Aspidosperma Quebracho Schlech-
tend., fommt in ber Provinz Catamarca in Argen:
tinien vor. Das Holz ift wegen feiner großen Seltig:
feit zur Anfertigung von Xylographien benußt. Die
Ninde dient als Fiebermittel, fie enthält mehrere
Altaloide, die von Hefie unterfucht find.
Ducde, auch Hund&mweizen, Pädergras,
Zweden, heißt ein zur Gattung Weizen gebören:
des ausdauerndes Gras, das auch den Nanıen
triehender Weizen (Triticum repens Z.) führt
Ihongefäßen erfolgt, oder durch Zerlegen des Fin:
nobers in Netorten durch Zuſchläge, wie Gijen:
hammerſchlag oder Halt, und Kondenfation der
übergehenden Quedjilberbämpfe. Das Q. ift metall:
glänzend, zinnweiß, bei — Temperatur
flüſſig, bei —39,5° C. wird es feſt und dehnbar; es
fiedet bei 360° C. Sein ſpezifiſches Gewicht iſt in
flüffiger Geftalt 13,5, in feiter Form 14,19. Es ver:
bindet ſich mit den meiften Metallen und bildet da:
mit die Amalgame. Das D. des Handels ift nie
ganz rein, fondern enthält meift wenn auch nur ge:
ringe Mengen von andern Metallen, wodurd es
für mandye Verwendungen untauglich wird. Um
e3 zu reinigen, fann man es der Dejtillation unter:
werfen, oder befier e3 mit 5 Proz. feines Gewichts
Gifenchloridlöfung von 1,88 ſpezifiſchem Gewicht
ihütteln, big es ſich zu feinen Kügelchen verteilt.
Nach zweitägigem Stehen find die fremden Metalle
gelöft und werden durch Waſchen zuerft mit ver:
dünnter Salzläure, dann mit Wafler entfernt,
Tas D. bildet zwei Neihen von Verbindun—
en, dem Orybul und dem Oryd entiprechend, die:
elben werden aud) al3 Hydrargyro: und Hydrar:
yri:Verbindungen bezeichnet. Die wichtigiten der:
jelben find folgende:
1 Quedfilber und Sauerftoff: a. Queck—
filberorydbul Hg,O entiteht als ſchwarzer, in
Wafler unlösliher Niederihlag beim Vermiſchen
} { einer Löfung von Quedfilberorgbulnitrat mit
und fid) durch eine aufrechte, zweizeilige Ühre kenn: | Altalibydrat. b. Quedfilberoryd HgO, Hy-
zeichnet, deren flache, vielblütige Ährchen fih mit | drargyrum oxydatum, rotes Quediilberprä:
ihrer breiten Seite an die Spindel anlehnen und | zipitat, entitehtalsrotes kryftalliniiches, in Waſſer
deren Blüten grannenlos find. Die Q., welche | unlösfiches Kryitallpulver, wenn Quedſilberoxyd⸗
überall an Wegen und Zaäunen, beſonders auf | nitrat mit feinem gleichen Gewicht Q. gemifcht
Sandboden wachen, find auf Adern wegen ihres | und in einem Deftillierapparat bis zum Verſchwin—
weit umberkriechenden, vielfach verzweigten, den | den der anfangs entweichenden ſauren Dämpfe
Boden in allen Nichtungen durdhziehenden Rhizoms, | erhikt wird, oder als Hydrargyrum oxydatum via
defien Heinfte, im Boden verbliebenen Stüde neue | humida paratum, wenn eine Löſung von Qued:
Prlanzen zu entwideln vermögen, ein fehr läftiges | filberchlorid mit Altalihydrat gefällt wird.
Quedfilberacetat — Quedjilbermittel
2) Duedfilber und Schwefel: Schwefel:
quedfilber HgS, Hydragyrum sulfuratum ni-
grum, entiteht ala ſchwarzes amorphes Pulver bei
anhaltendem Berreiben von 200 Zeilen Q. und 32
Teilen Schwefel; jet nicht mehr offizinell, Dasfelbe
in ——— bildet den naturlich vorlom⸗
menden und künftlid) dargeſtellten Zinnober (f. d.).
8) Quedfilber und Chlor: a. Duedjilber:
&Hlorür Hg,Cl,, Raldömel, Hydrargyrum chlo-
ratum, wird in dem. Fabrilen dargeltellt, indem
D. zunädjt in Quedfilberorydfulfat verwandelt,
dies mit einer dem angewandten O. gleichen Menge
D. verrieben und auf je 100 Teile D. mit 50 Teilen
trodenem Kochſalz innig gemifht wird. Das Ge:
menge wird in einem Glaslolben, der im Sand:
babe ſteht, erhit, wobei das Sal; in ſchönen weißen
Kruften in den obern Teil des Kolbens jublimiert.
Läßt man, bei der Sublimation die Dämpfe des
Kalomels in einen Behälter eintreten, in weldyen
zugleid Waſſerdampf einftrömt, fo verdichten fich
die Tämpfe rajch und Ihlagen fi) als weißes
Bulver, Hydrargyrum chloratum vapore paratum
oder Dampffalomel, nieder. Auch erhält man Dued:
filberhlorür durch Vermiſchen einer Löfung von
QDuedfilberorydulnitrat mit Kochſalzlöſung, Hy-
drargyrum chloratum via humida paratum. Leh—
tere Form ift nicht offizinell, Kalomel ift in Waſſer
unlöslid und unterideidet ſich hierdurch, fowie
durch feine mildere Wirkung wejentlid von dem
Quedfilberdjlorid. b. Quedjilberdlorid HgCl,,
Sublimat, Hydrargyrum bichloratum. t:
ftellung durch Sublimation einer Miihung von
Duedfilberorydjulfat mit Kochſalz. Bildet weiße,
truftenförmige Mafien, die in heißem Waſſer un:
ſchwer löslih find, beim Grlalten ber Yöfun
ſcheidet ſich das Eal; in Argitallen ab. Hödjit gif:
tig. e. Diquedjilber:Diammoniumdlorid
ne N,Cl,, Hydrargyrum praecipitatum album,
weißesQuedfilberpräzipitat. Darftellung:
2 Zeile Quedjilberhlorid, in 40 Teilen Waſſer ge:
löft, werden bi8 zur eben wahrnehmbaren altalifchen
Realtion mit Ammoniak vermiicht und der auf dem
ilter gefammelte weiße Riederſchlag mit 18 Teilen
aſſer gewaſchen und bei aewöhnlicdyer Temperatur
getrodnet. Weißes, beim Erhipen nicht ſchmelzen—
de3, nicht in Waſſer, leicht in Salpeterjäure lös:
liches Pulver.
4) Quedfilber und Jod: a. Duedfilber:
iodür Hg,I,, Hydrargyrum iodatum. 8 Zeile
D. werden in Kleinen Anteilen mit 5 Teilen Jod,
unter Befeuchten mit Alkohol, zufammen gerieben,
wobei jede Erwärmung zu vermeiden ült. Das
Reiben ift fortzufeßen, bis fein Metall mehr wahr:
zunehmen und das Ganze in ein gelbarünes Pulver
verwandelt ijt. b. Duedfilberiodid Hel,, Hy-
drargyrum biiodatum. 4 Zeile Quedſilberchlorid,
in 80 Zeilen Waſſer aelöft, werden mit einer Lö:
fung von 5 Teilen Jodkalium in 15 Teilen Waſſer
vermischt, der entſtehende ſcharlachrote Niederfchlag
it mit altem Waſſer zu waſchen. Unlöslid in
Waſſer, in 20 Teilen heißem Altohol löslich, die
— — beim Erkalten Kryſtalle ab.
5) Quedfilber und Cyan: Quecſilber—
cyanid Hg(CN),, Hydrargyrum cyanatım. Dar:
ftellung: durd) Cöfen von Quedfilberoryd in wäjle:
riger Blaufäure, Nah dem Verdampfen wird das
Salzin durchſichtigen Kryſtallen erhalten. Es vereint
die giftigen Wirkungen des D. und der Blauſäure.
429
wefelfäure: Qued—
filberorydfulfat HgSO,. Gleiche Gewichts—
teile DO. und Schwefelſaͤure werben im Eifentefiel
erbibt, bis eine trodene weiße Kryſtallmaſſe zurüd:
bleibt. Wird diefe mit viel Waller vermift, fo
tritt Zerſehung ein und es fcheidet ſich in Waffer
unlösliches, gelbes, bafifches Sulfat 11gSO, .2HgO
ab (früher ala Turpethum minerale of inell).
7) Quedfilber und Salpeterjäure: a
Quedfilberorybulnitrat Hg,(NO,), Hy-
drargyrum nitricum oxydulatum. Darſtellung:
Gleiche Teile D. und Salpeterfäure werden bei ge:
wöhnlicher Temperatur 4—5 Tage in Berührung
pelafien, wobei das Salz na in Siryftallen aus:
cheidet. Löft fih in wenig Waſſer unzerfeht, bei
mehr Waſſer ſcheidet ſich gelbes baſiſches Salz aus,
Gine unter Zufas von Salpeterjäure bereitete
10pro3. Löfung des Salzes war bis 1882 als
Liquor Hydrargyri nitrici oxydulati offizinell,
b.DuedfilberorybnitratHlgiNO,}, entftcht als
in Nadeln tryftallifierendeg, fehr zerfliehliches Cal;
beim Löfen von Quedfilberoryd in Salpeterfäure.
QDuedfilberacetät (Gfiiofaures Qued:
filber), f. unter Effigfaure Salze (9).
Qucdfilberamalgäm, |. Umalgäm.
Quedfilberbranderz, foviel wie Ydrialif:
, Quedfilberdlorid und Ouedfilberchlorür,
j. unter Duedfilber («Verbindungen 3 a und b).
Quedfilbercyanin, j. unter Quedjilber
(:Berbindungen 5). j
Quedfilberhornerz, natürlih al3 Mineral
vorlommendes Quedfilberdlorür Hg,Cl,, jehr
Heine tetragonale Kryftalle bildend, welche zu grau:
(ih: und gelbli au diamantglänzenden düns
nen und reihen Drüfenhäuten verbunden find; auf
den Quedfilberlagerftätten von Jdria, Almaden, in
Rheinbayern, Meriko, R
Ouedfiberiodib und Queckſilberiodür, f.
unter Quedjilber (:Berbindungen 4 a und b).
Qucdfitberfrantheit (Merkuriallrant:
heit), f. unter Quedfilbervergiftung.
SQ uedfifberlebererz, Gemenge von Schwefel⸗
quedjilber (Zinnober), erdigen, kobligen und hars
zigen Stoffen, das ſich bei Idria in Krain findet.
Quedfilberlegierungen, fov. w. Amalgame.
QDuedfilberiuftpumpe, f. u. Quftpumpe.
Quedfilbermanometer, f. u. Manometer.
Quedfilbermittel (Mercurialia) gehören zu
den fräftigften, aber audy bei Mißbrauch geradezu
oiftig wirkenden, krantmachenden und lebenver—
fürzenden Arzneimitteln, weshalb die neuern ärjt:
lihen Schulen ihren Gebrauch weſentlich einge:
ſchränkt haben. Das reine metalliihe Quedſilber
it unmwirkffam. Man benupt diefe Mittel gegen:
wärtig hauptſächlich gu Heilung der Sony
(f. d.), wo fie troß der Anfeindungen der fog. Anti:
merturialiften al3 unfhäsbare, geradezu besifiih
wirfende Heilmittel noch immer gan unentbehrlid)
find und teils innerlich, teils äußerlich als Ginreis
bung in die Haut (fog. Schmierkur) und als ſublu—
tane Injektion vielfache Anwendung finden ; ferner
ur Tötung gewilier Schmarober, zur Förderung
der Aufjauaung und Zerteilung gewilier Entzüns
dungsformen, einige derfelben aud) als Fig: oder
Abfuhrmittel u. |. mw. Die am meilten angewens
deten Quedfilberpräparate find das Quedjilbers:
&lorür oder Kalomel (Hydrargyrum chloratum
mite, ſ. Nalomel), Quedſilberchlorid oder Eub:
limat (Hydrargyrum bichloratum corrosivum,
430
f. —— das ee oder gelbe
Fodquedjilber ( ——— iodatum flavum),
das Quedfilberi oder od
(Hydrar ur biiodatum rabrum),
Uuedjilberoryd (Hydrargyrım — bei das
weiße Quedjilberpräcipitat (Hy
—— album), das —— ——
dul (Hy nitricum oxydulatum .
und in Loſung (Liquor Bellostii) ——
— — een) und jhwarzes Qued⸗
filberorydul (Hydrargyrum oxydulatum ni
Habhnemanns auflöslihes Duedfilber); nur elten
gebraucht werden * erahnen gr engen
rat nd me Stadien (minera,
liſcher oder
—— Queck⸗
filberfalbe ——
ratum ni
oder Neapolitanum) und das Que E
fter (Emplastrum —— s. mercuriale) ent»
n — von Quedſilberoxy
dul das Metall in Buftande aber fer
fein zerteilt. Das ned wurde erit von ben
ge . ni — in —— a
en, je angewende e
jo zur Kenntnis der übrigen Nationen. Der innere
Gebraud wurde geraume Zeit hindurch noch ſehr
5 Hvar und erjt durch van Swieten allgemeiner ein:
nachdem auch die aa ren
* * — 1* denſelben durch Auffinden und zwed⸗
mäßigere Bereitung einzelner — erleichtert
hatten. Kann eine zu große, rper auf ein:
mal jugeführte Quantität diefer ee ſehr ſchnell
Vergiftungszufälle herbeiführen, jo verm
ein zu lange fortgejeßter Gebrauch derjel — in
Heinen Gaben eine allmähliche Vergiftung hervor:
zurufen. (S. Quedjilbervergiftung.)
ermohr (Acthiops mineralis) ijt
Schwarzes — unter era I
d (fnallfaures), ſ. Knall
quedfil er
und Quedfilberogydul,
ſJ. —* er Dusali ilber (:Berbindungen 1 a — bj.
ueckſilberoxyd wit At,j.unterQuedjilber
— en —5 —
—* ulfat, unter ued:
filber( einbungen 6).
Quedfilberpflafter (Emplastrum Hydrar-
gyri) wird bereitet aus 100 Teilen metallischen
Quedſilbers, 50 Teilen Terpentin, 300 Teilen
Bleipflafter und 50 Teilen gelben Bad es.
Queckfilberpräparate, ſoviel wie Duedfilber:
verbindungen, im engern Sinne nur die in ber
Medizin angewandten, ſ. Quedfilbermittel,
O äzipitat, rotes, ſ. u. Qued:
filber («Verbindungen 1 b); weißes, f. unter
Quedſilber — 3.c).
Querfilberfalbe, graue (Unguentum
Hydrargyri eineröum), ein Gemiſch von 13 Teilen
Schweinefett, 7 Zeilen Hantmeltalg und 10 Tei:
m metalliichen QUuedjilberö; rote (Unguentum
Uydrargyri rubrum), ein Gemiſch von 1 Teil
rotem Quedjilberpräzipitat und 9 Teilen Baraffin;
und ca rem Hydrargyri album) von 1 Teil
—— —— und 9Teilen ein
imat(Quedfilberdlorid)
ſ. ar ——— (Verbindungen 3 b).
Queckſilberſulfat (Ouediilberorydiul:
fat), f. unter Ouedfilber (-Berbindimaen 6).
auch giftun
Queckſilbermohr — Quedfilbervergiftung
Dnedfilberiulfid (Sesteisnehtiinen,
j. unter DQuedfilber(-Berbindungen 2).
Iberturpeth (Turpethum minerale),
f. unter Duedfilber (»Berbindungen 6).
Quedfilberverbindungen, ſ. unter Qued:
ass = —
mg ne ftung (Merkurialismus, Hy:
5 win oder Hydrargyrismus), die durch Gin-
verleibung einer größern Menge von Quedſilber
hervorgerufenen Bergiftungsigmptome. nd
—* t nach der Schnelligleit und
Duedfilberwirtung die atute und hromifche ‚nad
ber Art der Cinverleibung die techniſche
—— = einer 5 chniſchen
ervergiftung (gewerblichem Merturialis
ſpricht a in a Dong ren Fällen, in denen Are
ter in ihrem Beruf andauernd Duedfilber
DeeiEilundieinupee al3 feinen Staub oder
Zeus einatmen und mehr oder minder
— in dieſer 35
——
„ Bergolde u
—— in geringem Grade die
5* die ſich wre jbereitu des falpeterfauren
beiten und | —E — ———
nale —
ten des Arztes zu Ar
a nn * —5 — uf nnaloh wäh:
rend lngeer Je it in Form von Ginreibungen,
Einfpri innerlic) v t werden.
Die ymmptone der alutenQued ——
, die am häufigſten durch Sublimat, jel-
ten durch andere Quedſilberverbindu ngen veranlaft
werden, find die einer überaus heftigen Magen:
darmentzündung: intenfive —— in Mund,
—— und Magen, heftiges Erbrechen, anbal-
tende zu Harnverhaltung und rascher Krafte
verfall. Der Berlauf ijt meijt ein ſehr rapider, a
tritt der Tod ſchon nad wenigen Stunden ein. D:
Behandlung der akuten Q. beſteht in =
fchnellen Entfernung des eingeführten G
die Magenpumpe oder durch ublutane nietionen
von Apomorphin, fowie in dem reichli enuß
von einhüllenden und reizmildernden Sto en Re,
Eiern, Giweiblöjungen); als eigentliches ——
wird das ch gefälte Eiſenſ en
durch Zuſaß von Schwefelaltalien zu triol:
löfung) empfoblen.
Die droniiche oderfonftitutionelleQued-
filbervergiftung (Merkurialtrankheit,
—— Merkturialismus) iſt ent:
—* r eine * —— —— O. u
olge von öfterer Aufnahme Heiner ⸗
lbers, —— —— Sue und
ber — De
räparaten; fie gibt fich le be * ———
Rund d: und Aufladen Ir mit Speichelfluß und
geihwürigem Zerfall der Mundſchleimhaut und des
mg durch Lodern und der
ähne, durch übelriechenden Atem und auffal:
ende Störungen der Gejamternährung ( (fehmupige i
bleiche Hautfarbe, ein — Geſicht
Augen, anhaltende Appetitloſigleit)
Arbeiter, welche infege, ihrer —
— — — *
auch lei anlungen der
geſetßzt; viele leiden an chroniſchem Huſten und Hit
— —
Duedjilbervitriot — Quedlinburg
menige erliegen jchließlich der Lungenſchwindſucht.
Bei den höhern Graden des konititutionellen Der:
kurialismus jtellen fich ſtets auffallende Alterationen
der Nervenfunktionen ein; die Kranken Hagen über
Sclaflofigfeit, unrubige und ängftigende Träume,
Kopfihmerzen, Herzllopien und grobe Erregbarfeit,
vermögen infolge eines höchſt charalteriſtiſchen
Mustelzitternd (Duedfilberzittern, Tremor
mereurialis) nicht ihre Glieder ſtillzuhalten und
werden auch oft von Krämpfen, Anäjthefien und
2a befallen.
i —* ich der Berhüt der i D.
* —————
ärztliche Überwa durchaus erforberlid; über
die hierbei nö
fihtsmaßregeln j. unter
Sy philis. e
nijhen Q.
lommen vor al
Verhütung der t
Dingen eine lichſt volllom⸗
mene Ventilation der Arbeits mini i
träume, eine ange:
meſſene —— in denſelben,
das Verbot der nasaufnahme im Arbeits:
fen beein, Häufhge Benenung
in freier Luft u. |. ug Betracht. AUS feinftes
Wohnräumen vorhanden Ian ass Eee
dienen; fie jterben in quedilberhaltiger zeugen
Ubememupber Branle (öleunigf ansberquedfuber
h Atmofphäre entfernt werben; Sie eigent:
im —— ee
gierenden Mumdwällern
des Jodlaliums
Syphilis» (Berl.
ben onfti:
rialismus» (MWürzb,. 1861).
esitriol (Quediilberorydjul:
fat), f. unter Duedjilber (Verbindungen 6).
über umfa —— F fd ib:
r ng entum auf der 2
Ken Malaklka, im Innern derjelben, die öftl. Be:
ber einen Zeil des brit. Gouvernements
trait: ements bildenden Provinz Wellesley,
mit 600 qkm und 70000 G. Früher gehörte and)
bie Inſel Pulo: Binang (f. d.) zu dem Neid D.
Die Hauptjtabt Queda liegt an der Ditküjte
der Malaklaſtraße.
Quedlinburg, ehemaliges freies weltliches,
reichöunmittelbares Frauenftift im Oberfächfiichen
Kreiſe, ward von König Heinrich I., der nahe dem
alten Dorfe Duitlingen an der Stelle des ſpä—
tern Kloſters St. Wiperti eine Pfalz beſaß, in *
nem lehten Lebensjahre durch Berlegung des Stiftes
Wenthuſen (Thale) gegründet, erhielt aber erjt
durch Otto L, und zwar durch die Urkunde vom
13. Sept. 936, feine innere Berfafjung. Das Stift,
deſſen vier erjte Übtiffinnen Töchter der deutichen
Kaiſer waren, erfreute fi der befonbern Begün:
jtigung der legtern und warb mit Gütern und Pri-
vilegien reichlich ausgeitattet. Seine Befigungen
erjtredten fi) bi3 zum Vogtlande und Havellande,
und von ben Hoheitsrechten beſaß e3 das Münz,
Yoll: und Marktreht, den Wildbann , die Reichs:
ſtandſchaft mit Siß und Stimme auf der Rheini—
ſchen !brälatenbant, die oberſächſ. Kreisitandichaft,
bie hohe und niebere Gerichtsbarleit. Das Kapitel
beftand in älterer Zeit aus der Albtiffin, der Pröp-
ftin, der Dechantin, der Schlieberin, der Scholaftita
und ber Pförtnerin; feit dem Übertritte zur Refor:
mation (1539) aus ber Abtiffin, Pröpitin, Dedan-
dige | an und lieh feine Anſprüche durch einen —*
451
tin und Kanoniffin. Die Privilegien und Güter
bes Stiſts erlitten die bedeutendſte Einbuße durd)
das Verhältnis zu feinen Schukvögten, mit denen
es in faſt ununterbrochenem Streite jtand. Die
Schutzherrſchaft war urſprünglich bei dem ſächſ.
Kaiſerhauſe, nad) deſſen Ausſterben fie vielfach neu
und weiter verliehen, vertauft und verpfändet
ward. Nachdem fie 1479 erblich geworden, fiel fie
1485 der Albertinischen Linie des ad: Kurhaufes
u, welche fie 1697 für 340000 Thlr. an das Stur:
us Brandenburg verlaufte, Lebteres eignete ſich
alsbald Rechte ver Landbeshoheit gegen das Stift
hauptmann wahrnehmen, der unmittelbar von den
höchſten Landeskollegien zu Berlin abbing. Infolge
de3 Luneviller Friedens ward das Stift, das noch
110 qkm mit 13200 E. umfaßte und aus ber Stadt
Quedlinburg (f. d.) nebit einem Teile de3 waldigen
Rambergs im Unterharze und dem Fleden Ditfurt
beitand, durch den Reichsdeputationshauptſchluß
von 1803 der Krone Preußen ala ein erbliches
vürftentum überwiefen. Nah dem Sturze der
weitfäl, Zwiſchenherrſchaft (1807— 13) wurbe es
dem preuß. Staate vollitändig einverleibt. In der
Zeit 966— 1704 und 1718—1803 wurde das Stift
von 38 Abtiſſinnen, in der Zeit 1704—18 von der
—— Aurora von Königsmark (ſ. d.) regiert.
ie erſte btiffin war Mathilde, Tochter Kaiſer
Dttos L., die legte —— Albertine, Tochter König
Adolf Friedrichs von Schweden. Vorgãngerin
(1755—87) war Anna Amalie, die Schweſter Fried⸗
richs d. Gr. Bol. Voigt, «Geichichte des Stifts
D.» (3 Bde., 2p3. 1786 u. 1787; Quedlinb. 1791);
Fritſch, «Geſchichte des vormaligen Reichsſtifts
und der Stadt OD.» (2 Bde. Quedlinb. 1828).
Quedlinburg, ehemalige Stifts- und Hanſe—
ſtadt, jeßzt Hauptſtadt des Kreiſes Aſchersleben des
Regierungs bezirks —— liegt überaus male:
il in der Nähe des Unterharzes an der Bode und
an den Linien Wegeleben:Thalehınd D.:Ballenftedt
der Preußiſchen Staatsbahnen. Der nörbl. Arm der
Bode oder Mübhlengraben fcheidet die Altftadt (von
Kaiſer Heinric) I. ala Stadt begründet) von der im
12. Jahrh. angelegten Neuftadt, während der ſüdl.
Arm (die Wilde Bode) dieſe beiden Stadtteile mit
ihren Borftädten Reueweg, Weitenborf und Münzen:
berg von der erft 1862 angelegten Vorſtadt Süder—
ftadt ſcheidet. D. ift Siß eines Yandratdamts, eines
Amtsgericht? und einer Reihäbanfnebenftelle. Die
Stadt befist fieben evang. und eine neuere lath.
Kirche. Unter denfelben ragtdie Stifts:und Schloß:
firche hervor, eine Baſilila aus der zweiten Hälfte
des 11. Jahrh., 1862 bis 1882 rejtauriert. Von
architeltoniſcher Bedeutung find ferner die Krypta
des St. Wipertiflofters, die einjt der Pfalz der
Ludolfinger zugehörte und als der älteite Überreſt
hriftl. Kunftbildung in den ſächſ. Landen betrachtet
werden Tann, die Ruinen des Marienklofters auf
dem Münzenberge, die vormaligen Stiftägebäude,
das jehr alte Rathaus mit einer Sammlung von
Altertümern, die Ruinen der Burg Gersdorf jüd:
öftfich der Stadt und der Burg Lauenburg im
ftäbtiichen Rambergsforſte; endlich zahlreiche alte
Warten auf den Höhen des Weichbildes der Stadt.
Die Krypta der erwähnten Schloßlirche enthält die
Gräber Heinrichs I., feiner Gemahlin Mathilde
und feiner Entelin gleihen Namens; in ber Ober:
firche befindet _fih das Grabgemölbe der Gräfin
Aurora von Königsmart. Neichhaltig find das
432
Archiv der ftädtifchen Urkunden und die Bibliothet
des Gymnaſiums. Lebtered wurde unter ben
Aufpicien Luthers und Melanchthons begründet.
Die Stadt befikt eine fehr ausgedehnte Feldmarf,
und Ader- und Gartenbau bilden den Haupt:
nabrungszweig der Bewohner. Bon befonderer
Wichtigkeit iſt die Kultur von Sämereien, hinſicht⸗
lich welcher DO, mit Erfurt rivalifiert. Daneben iſt
auch die Fabritation von Tudwaren, Zuder und
Drabtwaren erwähnenswert. Der Handel nich
zumal auf dem im Oktober ftattfindenden Vie
markte, ift erheblich. Die malerische Lage der Stadt,
die mannigfaden ntınäler ihrer bedeutfamen Ge:
ſchichte, die Nähe der ſchönſten Punkte des Unter:
barzes machen Q, zu einem bevorzugten Ziele der
Harzreifenden. Von befonderm ntereffe für die
Geologen iſt der benachbarte Sibetenberg mit feinen
Kaltiteinhöhlen. Unter den Parkanlagen zeichnet
fi) der Brühl aus, ein Luftwälbchen, in welchem
1824 für Klopftod und 1865 für Karl Ritter, bie
zu Q. geboren find, Denkmäler errichtet wurden.
Vol. Ranfe und Kugler, «Beihreibung und Ge:
ſchichte der ee zu Q.» er 1838); Ya:
nide, «Urkundenbuch der Stadt O.» (2 Boe., Halle
1873— 82); Hafe und Quaft, «Die Gräber in der
Schloßlirche zu D.» (Quedlinb. 1877).
ueen (engl., ipr. Rein, Königin, vom angel:
ſäch. cwen, Titel, der erft jeit den normann. Zeiten
den Gemahlinnen der engl. Könige beigelegt wird,
Queens (engl., « Königinnen») oder weiche
Biskuits, f. unter Biskuit. j
Queen’s bench ijt feit ber —
der Königin Victoria Name des früher King's
bench (f. d.) genannten Gericht&hofs.
Qucen’8 Counſel, ſ. unter Counfel.
Queew’8 County, Grafihaft in der iriſchen
Brevinn Zelnher, mit a 72598 €. auf
1719 qkm, zwiichen den Slieve-Bloom-Dlountains
im NW. und den a a Hills im SO., wird nörd:
lich und öjtlid) vom Barrow umflofjen, it fruchtbar
an Getreide, hat Steintohlenbergbau, Schiefer:
und Marmorbrühe, Viehzucht und Leinweberei.
Hauptort it Maryborougb, Station der Great:
Eouthern: and Wejternbahn und der Waterford:
and Gentral:relandbahn \ aterford), mit 2060 €.
‚ Qucenöferey (South:Queensferry, Stadt
in der jchott. Grafſchaft Linlitbgow, ſüdlich an der
engiten Stelle des Firth of ort, Station der Linie
Ratho : Dunfermline der —— nakubedr:
die bier auf einer großartigen Eijenbahnbrüde
das Aſtuarium des Fort) überichreitet, hat (1881)
1676 E., Fiiherei und Seifenfieberei, SR
liegen Hopetoun:Houfe und der Talmeny Bart,
legterer im Beſiß des Earl of Nofeberry. North:
Queensferry mit 450 E, liegt auf dem nörbl,
Ufer des Firth of Fortb, in der 368 Ste.
Qucendland, zweitgrößte der brit. Kolonien
Auftraliens, bededt mit F Areal von 1730630
Fa den ganzen Norboften diefes Kontinents, ein:
chließlich der Halbinjel York und der anliegenden
Heinern Inſeln. Sjtlih wird die Kolonie vom
Korallenmeer, im Norden von der Torresitraße,
im NW. vom Garpentariagolf beipült; im Süden
grenzt fie an Reuſüdwales, die Weſtgrenze bildet
der 141. Meridian öſtl. L. von a vom 29.
bis 26. ° jüdl. Br. (gegen Südauftralien), von da
-
=
Queen — Queensland
liche und gefhükte Häfen; der hauptiächlichite der:
(ie iſt Vie Woretonbat der fih die H i,
ort Curtis, Keppelbai, Vort Bowen, Vort {
fon, Rodinghambai, Port em u. a. anſchließen.
auptflüfle find im O. der Brisbane, der Burnett,
igroy und Burdelin, im N. Albert, 5
orman, Mitchell, im ©. Victoria oder Barcu
(Cooper Greef), Warrego, Gondamine und Bar:
wan, Bu D. ee aud eine Anzahl Inieln;
die größern verk find: Strabbrofe:, Moreton;,
Bribie:, Frazer:, Curtis:, Whitfunday:, PBalm;,
—— und Lizardinſeln an der ——
hursdayinſel an der Nordküfte und die Wellesley:
und Bentindinfeln im Golf von Garpentaria. Den
Südoften der Kolonie erfüllt ein Bergland, das ſich
unweit der Grenze von Neufübmwales zu Höhen von
1300 m erhebt und vielfady von Querthälern durch⸗
feßt wird; von diefem zieht fich ein niederes Pla:
teau durch das nnere, das, überragt von niedrigen,
Hippenähnlichen Bergen, einen ... von Gras⸗
land, Baumbeftänden und wülten Ebenen zeigt und
defien Flüffe nur periodifh Waſſer führen.
Die Bevöllerung, welde 1846 nur 2253
Seelen betrug, belief Ni 1856 bereit3 auf 22232
und war 1883 auf 2837475 (169990 männliche,
117485 weibliche) E. geftiegen ; davon waren 54.376
Römisch: Katholische, 457 Juden und 16871 Heiden
und Mohammedaner; was die Nationalität der
Bevölkerung betrifit, fo waren nach dem Cenſus von
1881 geboren in auftral. Kolonien 100901, in Groß⸗
britannien 75614, in Deutfchland 11638, in China
11253 Seelen; die Eingeborenen wurden damals
gefhäkt auf 20585; 1883 fanden 2392 Heiraten,
9890 Geburten und 5041 Todesfälle ftatt; 1883
betrug die Zahl der Einwanderer 26685, die ber
Auswanderer 11959. Die Kolonie wird in zwölt
Diftrikte geteilt, Sie ift reich an Kupfer, Kohlen,
inn und Gold; 1867 ward Gold im ampton:
iſtrilt entdedt. Wichtig für die Zukunft der Kto:
lonie ift auch das Auffinden von Blei, Galmei und
Silber. Mit Erfolg werden Zuderrohr und Baum:
wolle angebaut. Zur Kultur diefer Felder ift durch
ein Gefeß (Polynesian Labours Act) die Ein:
aprung von Eingeborenen aus den Subſee⸗Inſeln
geitattet worden, Seit 1870 iſt freier unter:
richt in der Kolonie eingeführt. Die Schiffäbewe-
gung ftellte fi für 1883 auf 1808 iffe zu
832491 t, Die Kolonie befaß 1879 43 eigene
Dreandampfichiffe von 18715 t und 115 Fluß⸗
dampfichiite von 5272t, Die öffentlichen Einn
men der Kolonie betrugen 1883 2583444 Pd. Et.
(davon Steuern 929430 Pfd. St.), die Ausgaben
2242971 Pfd. St., die Staatsfhuld 14907850
Pd, St. Die Einfuhr bezifferte fih 1883 auf
6233000, die Ausfuhr I 5277000 Pd. St.
Ausgeführt werden namentlid) Ber Gold (1883
für 128000 Bid, St.), Zinn, Wolle — 2.278.000
Pfd. St.), Baumwolle, Talg, Häute, Fleiſch, Num
u.f.w. Der Viehftand besifferte fih Ende 1880
auf 163083 Pferde, 2800633 Hornvieh, 6065 034
Schafe und 64686 Schweine. Die Ausfuhr von
präpariertem Fleiſch (preserved meat), Fleiſch—
ertralt und Fleiſcheſſenz ift in neuefter Zeit beden⸗
tend im Zunehnien begriffen. Der Regierung ſteht
ein die Königin von Großbritannien vertretender
Gouverneur vor; ihm zur Seite ſteht eine Erelu⸗
an nördlich bis zum Garpentariagolf der 138. Me: | tive und ein aus zwei fammern —
zuſa
ridian öſtl. Länge (gegen Alexandraland). Außer
zahlreichen Buchten und Baien hat Q. viele treff⸗
Council und Legislative Assembly) mmen:
geiehtes Parlament, Das Legislative Couneil
Queen’s pipe — Quellen
befteht au3 28 von der Regierung ernannten Mit:
gliedern unter Borfiß eines von ihnen felbjt er:
nannten PBräfidenten. Zur Legislative Assembly
x men 43 Mitglieder. Jeder wirkliche oder natu—
ralifierte, unbeicholtene, 21jährige brit. Unterthan
iſt nach ſechs Monaten feines Aufenthalts in der
Kolonie wahlberehtigt, wenn er ein Beſihtum im
Werte von 100 Pfd. St, oder einen feiten Gehalt
von gleicher Höhe nachweiſen kann, oder wenn er
10 Pfd. St. jährliche Miete bezahlt. Im J. 1883
waren in der Kolonie auf 10708 km 17083 km
Trahtlänge im Betrieb, auf denen 1019686 De:
peihen von 201 Bureaus verfandt wurden. An
Eijenbahnen befigt OD. (1883) 1670 km; 731 km
find im Bau begriffen. Poſthureaus gab es (1883)
538. Die Hauptitadt iſt Brisbane (f. er mit
(1882) 36169 E. und einem deutfchen Konſulat.
Geſchichtliches. Durd James Cook war 1770
die Moretonbai und die Nordoftfüfte entdedt wor:
ben (f. Auftralien); die erite europ. Anfiedelung
war eine 1824 gegründete Berbrecherlolonie an dem
in die Moretonbai mündenden Fluß Brisbane,
welde bis 1842 beitand. Diefer Anfiedelung folg:
ten bald andere nady und ſchon 1843 konftituierte
ſich der Moretonbai:Dütritt als ein befonderer
Wahlbezirk von Neujüdwales. Cine vollitändige
Zrennung der neufolonifierten Diſtrilte al3 eine
jelbftändige Kolonie wurde im Juli 1857 vom
Parlament in London fanktioniert. Der eigentliche
Alt der Trennung beider Kolonien fand 5. Juli
1859 fatt, und 6. Sept. wurde Brisbane zur
Hauptitabt erhoben. Vgl. Eden, «Q. by an eight
years resident» (2, Aufl. 1876), ‚
Queen’s pipe (engl., fpr. Kwihns ir)
Tabalspfeife der Königin, wird fcherzweile ein
großer Dfen in den londoner Tod, neben dem
von den Zollbehörden DEREN Tobacco» Ware:
ben genannt, in welchem die fonfigzierten , ge:
älichten und verdorbenen Waren, bejonders Tabat,
verbrannt werben,
Queendfprige, ſ. unter Biskuit.
„ Queensdtown, ehemal3 Cove of Cork, Stadt
in der irifhen Grafichaft Gorf der Provinz Mun—
fter auf der Inſel Great-Island im Hafen von
Eorl, durch Zweiglinie mit der Bahn Cork:V)oughal
verbunden, hat (1881) 9740 E., prädtige Kais,
Schiffsmagazine, ein ſtark befuchtes Seebad und iſt
Slottenftation und Luftlurort. D. ift Haupthafen
von Cork, befonders gehen die Dampfer der Linien
Eiverpool: ac Liverpool: Duebec: Montreal
und Öla ar bier vor Anfer.
Queich, linler Nebenjluß des Rheins im bayr.
Regierungsbezirt Pfalz, entipringt ſüdlich von
auenjtein in der Hardt, fließt durch das Annweiler
hal, berührt Landau und mündet nad) einem Laufe
von 50 km bei Germersheim,
Sueiroz (Joſe Maria Era be), hervorragender
portug. Romanjdriftfteller, wurde 25. Nov. 1843
in Povoa :de:Varzim geboren, jtubierte von 1860
bis 1866 \urisprudenz in Coimbra, gab aber die
juriftiihe Garriere auf und widmete fid) in Evora
und Lijjabon litterariihen Studien. Er ging dann
al3 Adminijtrator nad Leiria und ward hierauf
guerit portugiefifcher Konful in Havana, fpäter in
teweajtle und 1880 in Briftol._ Bon feinen durch—
aus naturaliftiichen Romanen find hervorzuheben:
«O crime do padre Amaro» (Porto 1874; 2. ums
gearbeitete Aufl. 1880) und «O primo Basilio»
(Porto 1879 u. 1880).
EonverfationseLeriton. 18, Aufl, XIII
433
‚ Quellbottich, ein meit aus Eifen oder cemen:
tiertem Mauerwerk beftehender Behälter, der in der
Brauerei, Brennerei und Stärkefabrifation zum
Einweichen (Ginmaifchen) der Getreidelörner dient.
Quellen find mit jehr wenigen, durch beſondere
Umftände veranlaßten Ausnahmen nicht3 anderes
als der Teil de3 aus der Atmoſphäre auf die Land:
oberfläde niedergefallenen Waſſers, welder bis zu
einer gewiſſen Tiefe in den Boden eingedrungen tft
und dann an einzelnen Stellen, zu DO. verbunden,
wieder hervortritt. Die Stellen, an welchen das
durch die Oberfläche eingedrungene Waſſer al3 D.
wieder hervortommt, find bedingt durch den innern
Dau des Bodens. Das Wafler der meilten gemöhn:
lihen Q. ift nur dur die lodere obere Boden-,
Schutt- oder Sanddede bi3 zu deren feiterer und
dichterer Grundlage eingedrungen, wo es fid an
den relativ tiefiten Stellen ſammelt und als D.
wieder zu Tage tritt. Zuweilen aber it der felſige
Untergrund derart zerllüftet, dab das durch die
Oberfläche eingebrungene Waller einen weiten oder
tiefen unterirdiihen Weg zurüdlegt, ehe es, durch
die befondere Natur diefes Felsbaues veranlaßt,
al3 D. ausftrömt. Auf feinem unterirdischen Wege
nimmt das verhältnismäßig fehr reine Regen: oder
Zauwafler ftet3 gemwifle Beitandteile de3 Bodens
oder der durdfiderten Gefteine auf. Die Quantität
dieſer aufgelöften Beitandteile ift aber bei den ge:
möhnlihen oder füßen Q. fo gering, daß man fie
durd Geſchmack und Geruch kaum bemerkt, und
daß ſie eben nur dazu beiträgt, dem Wafler einen
—— Geſchmack und eine durſtlöſchendere
Eigenſchaft zu — als das Negenwalier be:
fist, Etwas Kohlenfäure, gewille Salze, Altalien
oder Erden enthält fat jedes Quellwaſſer in ge:
ringen Duantitäten aufgelöft. Wird der Gehalt
folder Beltandteile durch Geihmad oder Gerud)
utlich bemerkbar, fo nennt man fie Mineral:
quellen, deren viele als Heilquellen oder als Sal;:
quellen, une benust werden, Wenn das
Wafler der O. keinen tiefen unterirbiihen Weg
qusüdgelegt bat, fo befist es ungefähr die mitslere
emperatur der Gegend, eriheint daher im Som:
mer lälter, im Winter wärmer als die Luft. Sit es
aber, durch den befondern Felsbau veranlaßt,
einigermaßen tief eingedrungen, fo zeigt e3 eine um
fo höhere Temperatur, je tiefer e3 eingedrungen iſt,
und diefe Temperatur kann bis zum Siedepunkt
jteigen. So entjtehen warme und hie Q., bie F
gleich häuſig Mineralquellen ſind, da ſie durch ihre
erhöhte Temperatur beſonders befähigt waren,
allerlei Bejtandteile aufzulöjen. Zu den minera:
lichen D, *7 nicht nur die eigentlich ſog.
Diineralquellen (f. Mineralwaſſer), fondern
auch die Cementquellen, welche aufgelöftes Kupfer:
vitriol enthalten und ein nur * eit eingetauch—
tes Eiſen mit einer roten, metalliſchen Kupferhaut
überziehen, dergleichen ſich zu Neufohl und S möl:
nit in Ungarn, zu St. Pölten in Oſterreich, Inni⸗—
im in Tirol, Falun in Schweden und eine am
ammelsberge in Goslar zeigen; endlich infruftie-
rende D., die einen Teil ihrer aufgelöften Beltand:
teile, befonders toblenfaure Kallerde, nad) ihren
Austreten fallen lafjen und die mit ihnen in Be:
rührung kommenden Körper mit einer Krufte von
fteinharter Beſchaffenheit überziehen, wie die D.
bei Karlsbad, bei Königslutter in Braunihweig
und viele in Stalien,
28
434
An der niederländ, Hüfte bei ne wer ae
Sceveningen, Hattwyk:an:dee, auf Grönland, bei
Budum im_weftl. Island, bei Bolton im Nord:
amerika, auf Helgoland und im Belington Harbour
in der Graffhaft York findet man Q., melde
Zuflüffe aus dem Meer erhalten. Start be te,
ausgedehnte, mit mäßigen Vertiefungen wechſelnde
Berg: und Hü elreihen ng ftet3 die meiſten
und keihaltigten Q., während das Flachland und
jelbft daS in Ebenen ſich allmäblic
Hügelland deren nur wenige oder feine befigt. In
Rüdficht der Waflermenge, welche die OD. liefern,
teilt man fie in gleihförmige und periodifche. Die
eritern geben fait zu allen Seiten gleichviel Waſſer,
und zu ihnen gehören vorzüglich die Mineralquellen
und bie heißen O. Die periodiihen zeigen einen
—— en * in he Waferenlab ung, flie
a T, er und verfiegen zu
—* ganz ee dee ö —F
erg namentli gro nzabl von Q.,
die, unter dem Namen reden befannt,
den Winter über verfiegen, zu Anfang des Früh:
lings aber wieder zu fließen anfangen; ferner die
Hungerquellen, bie, wenn fie ſehr reichlich
fließen, ein Mißjahr weiſſagen follen. Beide Arten
verdanfen ihren Urſprung dem auf den Gebirgen
angefanmelten Schnee, welcherim Sommer ſchmilzt,
durd) die Erde fidert und die Q. fpeilt. Man findet
aber auch D., die ftundenweife ab: und zunehmen.
Die D. von Fonfande bei Nimes feht je nad) fieben
Stunden aus, und eine andere bei Gichenberg, uns
weit Wipenhaufen, von zwei zu zwei Stunden. Die
von Senez in ber Wrovence ſeht jedesmal 7 Minuten
aus; 1755, bei dem großen Erdbeben von Liſſabon,
wurde fie gleihmäßig fortfließend, fing aber 1763
an, wieder auszufehen. Mehrere folder ausjehen:
den D. findet man in der Schweiz. Man leitet dieje
Erſcheinung von Heinen Berghöhlen oder Wafler:
behältern ber, bie fi von oben anfüllen und jeit:
wärts durd) —— Nöhren oder Kanäle wie:
der leeren. Die Heber leeren die ar. nur bis
an die wagerechte Fläche ihres Berbindungspunftes
aus, hören dann auf zu fließen und fangen erjt
wieder an, wenn ber dentel am Behälter bis auf
den höchſten Bunkt gefüllt it. Auf Yeland, am
eng rg in Nordamerila und auf Neufeeland
efinden ſich einige D., die ihr Wafler nur ſtoß—
weiſe von ſich geben. E3 find dies diefog. Geifer (ſ. d.).
Tas Aufſuchen von Q. fann nur uf Grund
der geolog. Kenntnis einer Gegend von Erfolg fein.
Als Bedingungen für unterirdiihe Wafleranfamm:
(ungen, welche durch eine künftliche D. angezapft
werden follen, find anzufchen: 1) das Vorhanden:
fein eines leicht durchlaͤſſigen, poröfen (5. B. feige
fandigen oder jtark zerklüfteten) Geſteins, in wel:
dem ſich die Wafler anfammeln können; 2) das
Vorhandenfein einer undurdläffigen oder ſchwer
durdläffigen (z. B. rn Schicht unter der
wafjerführenden, wodurch verhindert wird, daß die
Waſſer in größere Tiefe ſinlen; 3) das Vorhanden:
fein einer Dedſchicht, welche bei flacher Lage der
Waſſerſchicht daS Verdunſten, bei tieferer Lage der:
jelben das allmähliche Entweichen des Waſſers
—— Dieſe Bedingungen bieten ſich z. B. in be
onders günſtiger Weiſe fait im ganzen norddeut—
ſchen Tieflande, wo der Diluviallies die Waſſer—
ſchicht, der Geſchiebelehm die Dechchicht und ber
Thon des Diluviums und Dligocäns die undurch⸗
läjfige Baſis bildet. In hochgelegenen Gegenden
Quellery — Quenſtedt
und auf Gebirgärüden find jo ftige Berhält:
niſſe nur felten gegeben, an nur
von einer Verwitterungstrume bebedte
boden meift nicht —— — von Waſſer ge⸗
eignet iſt, dieſes vielmehr entweder itig a
+ . fi ” b⸗
a a nn
in
Thalende I oder
Ken Ba Bien a are Beten
verlaufende | Vgl.
d zb Sufrnbung Di MER Mac Tair:
beutie von . [ * ent : ——
Suellmoos, !. Fonsinalin. er —*
Quelpart, richtiger Ouelpaer
d. ⸗ Inſel
ner
Korea und
e von der
n vo
Be
&, zum Korea i
groß, geingig unb erben Dem
udland genannten Berge bis an 2000 ın über die
See. An dem norböitl. Ende von D. liegt die Heine
pe an ihrer Sũdlũſte
unmweit ihre3 weitl. Endes die der Barlow» Fnjeln.
Die Bewohner von Q. find meiſt Fiſcher und Schiffer.
— —
sen Friede. Aug.), bero
[og und Mineralog, geb. 9. juli 1809 in Eisleben,
ftudierte in Berlin und folgte 1837 einem Nuf als
PBrofeflor der Mineralogie, Geologie und Paläonto-
Iogie nad Tübingen. Seine —
ſind: —— der —— (Züb. 1840),
«Handbuch der Mineralogie» (3. Aufl., Züb. 1877),
«&rundeiß der beitimmenden und dechnenden Ary:
rung" (Xüb. 1873). In der ograpbie
olgte er feinem 2 . Sam. Weiß;
Zwed der überfichtliben Darftellung des fan,
men! 8 unter den Öliederneines 1
unternahm er den Ausbau der von Neum in
Königäberg zuerjt erfonnenen Linearprojeftion.
J. 1861 eridienen die «Epochen der Natur» (Tüb.).
Das Hauptverdienit von D. liegt aber auf geolo-
gie läontologiihem Gebiet, insbeſondere in der
urhforfehung des Schwäbiſchen Jura, in dem
— Studium der typiſchen Gliederung des⸗
elben, der Gegenſaähe in der Foſſilführung der
verſchiedenen Horizonte, der beſondern Entwide
lung und des Zuſammenhangs der einzelnen foſſi⸗
(en Formen. So verfaßte er: «Das nt u
MWürttemberg3» (2. Aufl., Tüb. 1851), «Der Jura»
(Tüb. 1857), «Handbuch der Petrefaftenkunder
(3. Aufl., Tüb. 1882 fg.); noch unvollendet find die
«Betrefaktentunde Deutichlands» (2pz. 1849 fg.) und
«Die Ammoniten des Schwäbiihen Fran ( tuttg.
1884 fa.). Auch veröffentlichte D. zwei Reihen popu:
lärer Vorträge über Geologie (Tüib. 1856 u. 1884),
Quenftedt (Job. Andr.), luth. Scholaftiter,
geb. 1617 zu Quedlinburg, ftubierte zu Helmijtedt
und Wittenberg, wurde 1646 Privatdocent, 1649
außerordentl, Profeflor, 1660 orbentl. Profefior,
1684 Propit an der Schloßlirche und Konfiftorial:
rat in Wittenberg und ftarb dafelbit 1688. Sein
Hauptwert, die «Theologia didactico -polemica»
(2 Bde., Wittenb. 1685), in welchem er mit großer
Belejenheit und Gelehriamteit die Lehrjäge
luth. Proteſtantismus einerfeits durd Sammlung
von Autoritäten aus den Kirchenvätern zu ver:
teidigen, andererfeit3 durch Antithejen gegen alle
davon abweichenden Parteien Har zu legen juchte,
Quental — Querelle d’Allemand
ilt als charalteriſtiſch für die fog. lutheriſche Scho—
aſtik. Auch fchrieb er «Ethica pastorum» (Wittenb,
1678) und einige Heinere archäolog. Schriften.
QDuental (Antbhero de), einer der eigenartigiten
Dichter und Denker des modernen Portugal, geb.
in Bonta » Delgadba auf der Inſel San: Miguel
18. April 1842, ftubierte Jura in Coimbra und
veröffentlichte feit 1860 lyriſche Dichtungen, philoſ.
Auffähe und litterarifche Streitartifel, welche bes
fonders bie veralteten Richtungen und Anfchauun:
gen des Dichters —** (f. d.) und feiner
Schüler befämpften und den neuen losmopolit.,
von philof. Geijte — durch V. Hugo
u. a. beeinflußten dpfungen der jüngiten
Dichterſchule das Wort redeten. D. gab 1863 eine
Sammlung von Sonetten heraus; 1864 das Ge:
dicht «Beatriz»; 1865 eine Gedichtſammlung «Odes
modernas» (vermehrte Aufl., Porto 1875), 1872
neue Lieder unter dem Titel «Primaveras roman-
ticass (Porto); 1881 ein Meines Heft gedanfen:
reicher «Sonetos» (Borto). Unter feinen Proja:
ſchriften find zu nennen «Bom-senso e bom-sosto»
(Goimbra 1865), «A dignidade das letras» (Coim:
bra 1865), «Consideracgöes sobre a filosofia da
historia litteraria portugueza» (Porto 1872), «A
poesia na actualidade» (Porto 1881), Mit natio:
nalpolit. ragen beſchäftigen fich die Werte «Por-
tugal perunte a revolugäo de Hespanha» (1868),
«Causas da decadencia dos povos peninsulares»
(Liſſ. 1871) und «Carta ao sr. marquez de Avila»
(1871). D. lebt in dem Städtchen Billa-do-Conde.
Queutchen oder Duint hieß im frübern Ge:
wichtsſyſtem der vierte Teil des Lotes, ſ. Lot.
uentel oder Quentell (Heinr.), einer der
berühmtejten Buchdruder des 15. Jahrh., der 1479
—1503 zu Köln thätig war, wo er jeinen Mohnfik
im Haufe zum Palaſt auf dem Dombofe (jet Dom:
hotel) hatte. Im J. 1500 belief ſich die Zahl feiner
Drude bereit3 auf mehr ald 170, von denen 134
feinen Namen tragen, Diejelben find in 13 ver:
ſchiedenen Typenarten gebrudt. Diejenigen feiner
Vreberzeugnifle, die feinen Namen nicht tragen,
find erfennbar an dem Holzſchnitt (ein Leſer, vor
einem geöffneten Buch fipend), der fi in allen
Druckwerken von D. findet. — Einer feiner Nad):
fommen, BeterQ., lieferte noch im 16. Jahr).
jehr ſchöne Werfe, wie die «Opera» des Dionyjius
Carthuſius a Rydel in mehr als 20 Folianten.
Quentin (Saint:), Stadt in Frankreich, |.
Saint-Quentin.
Querard (Joſ. Marie), ausgezeichneter franz.
Bibliograph, geb. 25. Dez. 1791 zu Rennes, kam
im Alter von 11%. in eine Buchhandlung feiner
Vaterjtabt und ging fünf Jahre jpäter nad) Paris.
Hier fonditionierte er in verichiedenen Häufern und
reijte im buchhändleriſchen Jnterefle, Notizen über
die franz. Litteratur fammelnd, in Frankreich, Eng:
[and und Jtalien, bis er 1819 in die Schalbacheriche
Buchhandlung zu Wien eintrat, wo er fünf Jahre
blieb. Nach der Rudkehr nad Paris begann er
fodann die Veröffentlihung ſeines großen Werls
«La France litteraire» (10 Bbde., Bar. 1827—42),
das nicht bloß Notizen über jämtlihe franz.
Schriftſteller des 18. und 19. Jahrh. und Beni
niſſe ihrer Schriften enthält, fondern auch über alle
ausländiichen Schriftiteller, welche in Frankreich
wieder abgedrudt oder überjekt worden find, Ein
Supplement dazu bilden als Teil 11 und 12 «Ad-
ditions, auteurs pseudonymes et anonymes dé-
435
voil&s» (Par. 1854—64). Nod vor ber Bollendung
besjelben begann D. al3 Ergänzung «La litterature
frangaise contemporaine» (6 Bde., Bar. 1842—
57), von denen aber nur ber erjte und bie Hälfte
des zweiten Bandes vonD. herrühren, während das
übrige von Louandre, Bourquelot und Maury bes
forgt ift. Dazu ließ DO. «Omissions et bevues»
(1848) ericheinen. DO. veröffentlihte außerdem
«Auteurs döguises de la littörature francaise au
19° sidcle» (Bar. 1845), «Les supercheries littö-
raires devoildes» (5 Bde. 1846—54) ıc. In ber
periodiſchen Schrift «Le Q.» (2 Bbe., Bar. 1855—
56) veröffentlichte er mehrere litterar. und biograph.
Monographien. D. ftarb 3. Dez. 1865 zu Paris.
Queragt ober Zwerchart (fri. bisaigud, engl.
twybill), f. unter Art. ,
Quercetin, ſ. unter Duercitron.
‚Quereit (Eihelzuder, Samenzuder),
ein von Braconnot in ben Eicheln entbedter und
von ihm anfangs für Milchzucker — ——
Stoff. Er kryſtalliſiert in farbloſen Säulen, welche
bei 255° C. ſchmelzen und dann fublimieren , fann
durch feine Gärungsmittel in_geiftige Gärung
verjeßt werden und gibt mit Salpeterfäure eine
erplojible Verbindung (Nitroquercit).
Quereitrin, f. unter Quercitron,
Quereitrön beißt die in gerafpeltem Zuftanbe
in den Handel fommenbe Ninde der nordameril.
Färbereiche (Quercus tinctoria), eines großen
Baums mit jpiglappigen, unterfeits filzigen Blät:
tern, welcher aud) bisweilen bei und ala Zierbaum
angepflanzt wird. Die Rinde, auch gelbes Eichen;
holz genannt, bat einen berben und bittern Ge:
Ihmad und färbt den Speichel intenfiv gelb. Außer
Gerbſtoff enthält fie ein eigentümliches, gelbes Pig:
ment, das Quercitrin C3sH,s0,, weldes aus
der altoholiich: wällerigen Yöfung in blumenlohl⸗
artigen, aus Eleinen Siryitallen zufammengejebten
—— ſich ausſcheidet, geruchlos, aber von
äußerjt bitterm Geihmad iſt, ſich in lochendem,
mit etwas Allohol verſetem Waſſer mit gelber
Farbe auflöſt und mit eſſigſaurem Bleioryd einen
ſchön gelben Niederjchlag bildet. Beim Behandeln
mit Säuren zerfällt da3 D. in einen zuderartigen
Körper, ben gg C;H,,O, und dad Duers
cetin C,,4H,,Ö,,. Das Quercitrin findet fi auch
in den Blüten der Roßtaftanie, im Weinlaub,
Gatehu und Sumad. Man benukt den D. zum
Gelbfärben von Baumwolle und Wolle und zum
Grundieren baumwollener und wollener Stoffe, die
man fpäter braun oder grün färben oder druden
will, Seit dem Belanntwerden der gelben Teer:
farben hat die Wichtigkeit des D. abgenommen.
uerous, Laubholzgattung, ſ. Eiche.
uerch (Cauſſes de), f. unter Cauſſes.
Querder, ſ. unter Neunauge.
Querel (lat.), foviel ald Beihwerbe oder Klage.
In erjterm Sinne kommt e3 meijt al3 Nullitäts-
querel, d. i. Nichtigleitsbeſchwerde (f. d.), vor. a"
legterm Sinne ijt_e3 im röm. Recht die ſpezifiſche
Bezeichnung gewiffer Klagen, 3. B. querela inoffi-
ciosi (testamenti), die Klage des in einem Teſta—
ment ungerecht ausgeichlojienen Noterben gegen
die Teftamentserben, querela non numeratae pecu-
niae, die Klage auf Zurüdgabe der Schuldverichrei:
bung, weil man das darin verſchriebene Darlehn
nicht empfangen.
erelle d’Allemand, eigentlich Querelle
(d. d. Streit) d’Allemans, foviel wie ein vom Zaun
253*
436
gebrochener Streit, Allemans war der Name einer
weitverzweigten altfranz. Adeläfamilie, welche jedes
Unrecht, das einem ihrer Mitglieder zugefügt war,
als dem ganzen Ge ge angefügt betrachtete und
eh folidariih gegen den Urheber des Un:
rechts vorging. Von a a an rapben
Littre, wird die Redensart auf die Deutichen bezogen.
Querstäro (de Arteaga), die Hauptitabt des
gleichnamigen Staats der Nepublit Merito, Liegt
an der Sa in Straße von Merito nad San: Luts
2. 1850 m über dem Meere auf und an einem
ügel, umgeben von einer fruchtbaren und wohl:
angebauten, gegen Norden und Often von hoben
Bergen begrenzten Ebene. Die Stadt zählt (1880)
27 560 E., darunter viele Indianer und Meftizen,
und ift eine der fchönften Städte Merilos, von
Fruchtgärten umgeben, mit regelmäßigen Straßen,
drei großen Pläpen, vielen prächtigen Gebäuden
und * Springbrunnen, 15 Kirchen, acht
Mön Das merk—
würdigte ®ebäudeift das NonnentlofterSta.:Clara,
defien weitläufiges ‚Innere fait einer Heinen Stadt
Pa Das auf der Spibe des Stadthügels ge:
egene Franzistanerllofter Sta.Cruz ift durch eine
intereflante Bibliothek bemerkenswert. Die ſchöne
Hauptlirhe Nueftra Señora de Guadalupe enthält
einen Altar von mafjivem Silber. Die Stadt be:
fit ein Kranfen: und ein —“ ſowie ——
verhältnißmãßig gute Schulen, eine alte berühmte
Waſſerleitung (Caheria) und jehr ſchöne öffentliche
—— Es beſteht zu D. eine Baumwoll⸗
fabrit, die größte Mexikos; in den zahlreichen Woll:
manufalturen arbeiten befonder3 die Indianer und
Meftizen, die ſich auch durd) Anfertigung von Holz:
fchnigereien auszeihnen. Außer dem Gewerbe:
betrieb trägt der Handel, der viele Einwohner be;
fchäftigt, zur Velebtheit der Stadt bei. — D. war
urfprünglih ein Hauptort der Dtomiten, eines
friegeriihen und unabhängigen Indianerſtammes,
wurde 1531 von den Spaniern erobert und 1655
fe Ciudad erhoben, Am 29. Mai 1848 ratifizierte
ort der mexik. Kongreß den mit den Vereinigten
Staaten 2. Febr. geſchloſſenen Frieden von Guada:
lupe:Hidalgo, Nachdem die längere Zeit von Kaiſer
Marimilian verteidigte Stadt 15. Mai 1867 durch
Verrat des Generals Lopez von den Nepublilanern
unter General Escobedo eingenommen worden,
wurde der Kaifer 19. Juni nebjt den Generalen
Mejiaund Miramon aufdem Cerro de lasCampanas
bei DO. kriegsgerichtlich erſchoſſen. (S. Merilo.)
Der Staat Queretaro, einer ber lleinften der
Republit, im N. an San: Luis Potoſi, im O. an
Hidalgo, im S. an Meriko, im SW. an Micdhoacan
und im W. an Guanajuato grenzend, umfaßt
10200 qkm mit (1882) 2032350 6.
Querfurt, vormals eine reichsunmittelbare
Herrihaft im Oberſächſiſchen Kreife, beftehend aus
der Herrihaft O. mit den Städten Jüterbog, Dabme
und Burg, gehörte urjprünglich den Edeln von d.,
nad) deren Ausjterben mit Bruno XI., 1496, fie
vom Erzitift Magbebutg als eröffnetes Lehn ein:
geiogen wurde, Im Prager Frieden von 1635
überlich Kaifer Ferdinand II. die Herricaft dem
Kurfüriten Johann Georg I. von Sachſen, der fie
————— erhob, das bei ſeinem Tode nebſt
r Herrſchaft Heldrungen ſein zweiter Sohn Auguſt,
der Stifter der Linie Sachſen-Weißenfels, erhielt.
Der Herzog Johann Adolf J. trat 1687 Burg an
Brandenburg ab, und nach dem Ausſterben der
3: und drei Nonnentlöftern.
Queretaro — Querſchnitt
Weißenfelſer Linie fiel das Fürftentum 1746 wie:
der an Kurſachſen. Dasielbe hatte ein Areal von
450 qkm und 20.000 E., fiel 1815 an Preußen und
wurde teil dem Negierungsbezirt Merfeburg (die
Amter D. und Heldrungen), teils dem Negierungss
bezirt Botsdam (die Amter Jüterbog und Dahme)
— ‚Das frühere Amt D. bildet feitdem einen
eil des jegigen Hreifes Querfurt, der 1880
auf 684 qkm 56748 €. zählte,
ie Kreisftadbt Querfurt, 30 km lich
von —— und 32 km —— von e
in fruchtbarer Gegend an der Querne gelegen, Sta
tion der Linie Oberröblingen-A. der Preußiſchen
Staatsbahnen, iſt Eik eines Landratsamtes und
eines Amtsgerichts und zählt —— 4920 meiſt
prot. E. mit anhängendem Thaldorf 5844 E, Die
Stadt befiht drei evang. Kirchen, ein Kreisftände:
Dane —— —— ule für
öhere Schulen und eine Bürgerfchule. In bem
alten Schloß befinden fich jeht die Räumlichkeiten
der Amtägerichte, des Rentamts, fowie die Woh—
nungen und Wirtfcaftsgebäube des Domänen
pächters. Q. hat zwei Zuderfabrifen, zwei Mineral:
wa — vier Ziegeleien un ei K
brennereien. In der Nähe befinden fi) ergiebige
Braunktohlengruben und Steinbrüde.
‚Quergurt, der bei Gewölben, namentlich über
Kirchenſchiffen, ſenkrecht zur Län —s———
meiſt nach unten ſichtbare und profilierte Gurtbogen,
durch welchen das Joch des Gewölbes markiert und
letzteres m verjtärft wird. Die nad) der Länge
ehenden Gurtbogen (Längsgurte) in gewölbten
irchen trennen die einzelnen Echiffe voneinander,
Auch bei langen Tonnengewölben kommen DO. vor,
Suerhaupt, Mafdinenteil, |. Kreuzkopf.
Querieug, lub, in Frankreich, ſ. Hallue,
Querini, |. Quirini.
Quermäuler, Gruppe ber Knorpelfiſche (f. b.).
Querpfeife, eine beim Militär gebräudjliche
alte Flötenart von gellendem Ton, melde eine
Oltave höher fteht als die gewöhnliche Flöte und
der Videlflöte ähnlih, aber durdy den Mangel der
Klappen von ihr verſchieden iſt.
Querprofil, j. Querihnitt,
Querrieug, Dorf im franz. Depart. Somme,
11 km nordweitlid von Amiens; bier 28, Dez.
1870 Nelognoszierungsgefeht als Einleitung der
Schlacht an der Hallue (. d.).
—*— eine Säge, die zum Querabſchneiden
des Dale ient und ein breites, bauchiges Blatt
mit zwei ſenkrecht ftehenden Angeln bat.
Querfchiff (Kreurfchiff) it bei Kirchen ber
—— zum Laneihif ftehende Teil des Ge
bäudes, wodurd) dasjelbe im | eine Kreuz:
form erhält und nd im Jufammenftoß der beiden
Schiffe eine fogen. Vierung oder Transſept bildet,
Das D. befindet fid) entweder am Ende des Lang:
ſchiffs, wie bei den althriftlichen Bafilifen, oder
bildet mit demjelben ein griehiihes (F), meilt aber
lateinifches Kreuz (7), wie bei den romaniſchen und
gotiſchen Kirchen, :
Querfchnitt (Duerprofil) ift die ae
ſchnittszeichnung eines Gebäudes nad der Ti
oder eines ftabförmigen Körpers rechtwinfelig zu
feiner Längenrihtung, bisweilen auch dieſer aus:
geführte Schnitt felbt (3. B. bei Hölzern) oder die
Infiht der Schmalfeite. Er dient zur genauen
Voritellung der innern Beihaffenheit oder äußern
Form des Gegenitandes. (S. Profil.)
ren
Querſchotten — Duesnoy (Stadt)
Querſchotten nennt man diejenigen wafler:
dichten eifernen Wände, mit welchen eiferne Schiffe
quer durchzogen werden. —— hat man deren
acht bis neun, welche den Raum des Schiffes in
ebenſo viele Abteilungen teilen. Der Zwed iſt, bei
ſchweren Leden das eindringende Wafjer auf einen
der Zeile a beichränten und das Schiff dadurch vor
dem Sinken zu bewahren, oder lehteres wenigſtens
folange wie möglich zu —— Bei Kriegs⸗
ſchiffen verfleinert man dieſe Räume auch noch durch
Laͤngsſchotten, ebenſo wie man den ganzen unter
Waſſer befindlichen Boden doppelt baut und mit
einer großen Zahl waſſerdichter Zellen verſieht.
Querulant fat.) eißt derjenige, welcher que:
ruliert, d. i. Beichwerde führt; mitunter verbindet
ih damit die Nebenbedeutung eines zudringliden
chilanöſen Verfahrens,
Querulantenwahnfinn, Prozeblrämer:
wa un inn, eine Art ——— welche ſich im
weſentlichen lundgibt in rudſichtsloſer, eventuell
bis zu gewaltthätiger Selbſthilfe ausartender Ver:
in en Dog Rechtshandels. An den einfadhern
Fallen diefer Art liegt entweder Schwachſinn (Un:
äbigfeit, die abftralten Rechtsbegriffe, beziehungs:
weile die Rechtsordnung zu fallen) oder Berfol:
gungswahnjinn (fire Ideen der Beeinträd:
tigung durch andere, fpejiell die Gerichte) vor;
dabei findet ſich ausnahmslos ein — geſtei⸗
gertes Selbſtgefühl, welches die eigene Meinung
ſtets als die richtige anſehen, davon abweichen:
den fahverftändigen Rat mißachten läßt. Vielfach
lommt e3 auch vor, daß an ſich nur gering ſchwach—
finnige Perfonen im Berlauf eines Prozeſſes an
Berfolgungswahn erkranken, welcher den Charalter
des D. zeigt; ja auch bei geiltig Gefunden fann das
begründete Bewußtiein, in einer gerechten Sache vor
Gericht Unrecht erhalten zu haben, durch die mit der
Prozekführung verfnüpften Erregungen ıc. ſchließ—
li zu Berfolgungswahn in Form von D. führen.
uerwälle, P Traverjen.
Suefe, f. unter Blafenwürmer.,
Ducduay — der Urheber des Phy—
fiofratismus (ſ. d.), geb. 4. Juni 1694 zu Merrey
bei Montfort:l'Amaury im franz. Depart. Eure,
bekleidete eine Profeſſur der Brent und war zu:
nleih Leibhirurgus Ludwigs XV, D, ftarb zu
Paris 16, Dez. 1774. Schon ig richtete er fein
Augenmerk auf die Beihränkung des Innern Ver:
kehrs dur Zölle zwischen den Provinzen, die Menge
der verjchiedenen Abgaben und die Begünftigung
des ſtädtiſchen Gemwerbfleißes = Koften der Land:
wirtihaft, für die er jtet3 eine befondere Vorliebe
begte. So es im Öegenjab zu bem berrichen:
den Merkantiliyitem zu einer vollswirtſchaftlichen
Zheorie, bie von ber Annahme ausging, daß bie
Landwirtichaftallein eine wirklich produktive Thätig:
feit und Freigebung aller wirt — räfte
die befte Wirtichaftspolitif ſei. Cr veröffentlichte
feine Ideen zuerft 1756 in ben Artikeln «Fermiers»
und «Grains» der Diderotfhen Encyklopädie, dann
in präciferer Form 1758 in dem «Tableau &cono-
mique», befjen erfte in Verfailled nur in wenigen
emplaren — Ausgabe gänzlich ver:
ſchwunden ift. Eine «Analyse» de3 «Tableau» nebft
vermebrter Ausgabe ber beigefügten «Maximes»
und «Notes» und andern in dem «Journal de
V’agriculture etc.» erfdienenen Abhandlungen Q.s
ijt von Dupont de Nemours in dem Werte «Physio-
cratie, ou constitution naturelle du gouvernement
437
le u avantageux augenrehumain» (2Bbe., Par.
und Leiden, 1767—68) herausgegeben worden. Q.
ſchrieb auch mehrere geſchaͤhte mediz. Werte, } B.
die «Histoire de l’origine et du progrès de la
chirurgie en France» (Bar. 1749). Eine Samm:
lung der bedeutenditen Schriften D.8 mit einer zwed⸗
mäßigen Auswahl aus den Werfen der übrigen Phy—
fiofraten enthält die «Collection des principaux
&conomistes» von Guillaumin (Bd, 2, Par. 1846).
Quesnel (Le), Dorf im franz. Departement
Somme, Arrondifjement Montdidier,nambaftdurd
das Gefecht vom 24. Nov. 1870 zwifchen der Avants
garde des 1. deutjchen Armeelorps und Abteilun:
gen der vor Amiens ftehenden — . Armee.
Quesnel (Paſchaſius), kath, Theofog, Priefter
de3 Dratoriums, geb. zu Bari! 14. Juli 1634, gab
1675 die Werte Leos d. Gr, heraus, verjehen mit
Anmerkungen, in benen bie Freiheiten der Galli:
fanifchen Kirche verteidigt wurden. Das Bud
ward auf den Inder gefeht und D. ” fih 1681
nad Orleans zurüd. Als 1685 der Hof von allen
ai des Dratoriumd die Verdammung bes
anſenismus (f.d.) forderte, ging D. nad) Brüffel,
und als er bier 1703 auf Betreiben der Sefuiten
gefangen geſeht, aber durch Freunde befreit ward,
nad Amſterdam, wo er 2. % 1719 jtarb. Großes
Auffehen erregte feine from. berfehung des Neuen
Tejtament3, mit moraliihen Anmerkungen in
milden janfeniftiichen Geijt («Reflexions morales
sur le Nouveau Testament», 2 Bde., Par. 1687),
Obgleich Boſſuet undNoailles GErzbifchof von Paris,
das Buch als Erbauungsbuch empfahlen, wußten
die Jeſuiten es durchzüſetzen, dab dasſelbe 1708
verboten und in der Bulle Unigenitus vom 8. Sept.
1713 von Papft Clemens XI. 101 Säge desjelben
als keperiich verdammt wurden. Die röm, Kirche
Des ich damit offen zum Semipelagianismus be:
annt; die franzöfiiche fpaltete fi in dem Streit
über die Anerlennung oder Ablehnung der Bulle in
die beiden Parteien der Konftitutioniidhen oder
Acceptanten und ber Appellanten; letztere, an ihrer
Spihe Noailles, appellierten wegen der Bulle an ein
allgemeines Konzil, vermifchten ſich aber ſpäter mit
den ſchwärmeriſchen Janſeniſten oder Konvulfionärs,
Unter den seltenen Schriften D.8 find nod) zu
nennen: «Tradition de l’öglise romaine sur la pre-
destination et la gräce» und «L'idée du sacerdoce
et du sacrifice de Jesus-Christv. Vol. Neudlin,
“ —** von Port:Royal» (2 Bde. Hamb. und
Gotha 1839—44); Sainte:-Beuve, «Port-Royals
(5 Bde., Par. 1840—60).
Quesuoy (Le), Stadt im franz. Norb:Departe:
ment, Arrondiffement Avesnes, im ehemaligen
Hennegau, 16 km im SSD. von Valenciennes,
zwifchen den Flüßchen Nhonelle und Ecaillon, Sta:
tion der Linien Anor:Balenciennes und Cambrai:
Bavay der Franzöfiihen Nordbahn, an einer An:
öbe, welche dieweite undfruchtbare Ebene bis zu dem
alde von Marmal beherriht, zählt — 40306.
und bat Nagelichmieden, Cichorienfabriken, Ger:
berei, Brauerei, Baumwollipinnereien und Handel
mit Pferden, Rindvieh, uhwerk und Wolle.
Die Stadt war bis 1866 befeltigt. — D., in alten
Urkunden Haimoncasnoit, erhielt Mauern und ein
Schloß durd Balduin V. von Hennegau um 1150,
ward 1477 von Ludwig XI. von Frankreich, bald
darauf vom Erzherzog Marimilian, 1654 von Zu:
renne, 4. Juli 1712 vom Prinzen Gugen von Sa:
voyen, aber ſchon 4, Olt. vom franz. Marſchall
438
Billard erobert. Es Tapitulierte 11. Sept. 1793 an
bie Öfterreicher unter Glerfayt, warb 16. Dit. 1791
von ben Franzofen unter Scherer eingenommen und
ergab ſich 1815 den Niederländern.
Que —— bu), f. Fiamingo.
g-fur-Denle, Stadt im franz. Nord:
Departement, Arrondijiement Lille, 11 km norb:
nordweitlid von Lille an der Deule, Station der
Linie LillesComines ber Franzoſiſchen Norbbahn,
£ it (1881) 2376 (Gemeinde 5051) E. und bat
Nagel: und Kettenfabriten und Flachshandel.
Bueflant, foviel wie —
Questembert, Stadt im franz. Depart. Mor:
bihan, Arrondiſſement Vannes, Station der Linien
Savenay⸗Landerneau und Q.⸗Ploẽrmel der Dr:
Lansbahn, hat (1881) 1119 (Gemeinde 4155) E.,
Tudfabritation und Gerberei.
Quetelet (Lambert Adolphe Jacques), nam:
bafter Aſtronom und GStatijtiter, geb. 22. Febr.
1796 zu Gent, erhielt dajelbft feine Bildung und
bereitö 1815 bie Profefjur der Mathematit am
königl. College. Gr fiedelte 1819 in gleicher Eigen;
Schaft an das Athenäum zu Brüffel über, wo ihm
1836 auch die Brofeflur der Aitronomie und Mathe:
matit an ber Kriegsſchule übertragen wurde. In—
wifchen hatte O. 1828 aud) die Direktion der unter
wii Leitung errichteten Sternwarte übernommen.
Daneben wirkte er jeit 1834 als beftändiger Selre-
tär der Afabemie, die ihn bereits 1820 zu ihren
Mitgliede ni tte. Auch ftand er mit an der
Spihe ber ftatilt. Centraltommifjion für Belgien.
Er ftarb 17. Febr. 1874 zu Brüjlel.
nter D.3 mathem., ehren. und phyſil. Schriften
find befonders en « Elöments d’astro-
nomie» (5. Aufl., 2 Bde., Brüff, 1848), «Positions
de physique» (2. Aufl., 3 Bde., Brüff. 1834), «Sur
le climat de la Belgique» (2 Bbe., Brüff. 1849—
57) und «Meöt£orologie de la Belgique» (Brüff.
1864) ; ferner «Sur la physique du globe»s (Brüjj.
1861), «Histoire des sciences mathömatiques et
physiques chez les Belges» (Brüff. 1864) nebit
«Sciences math@matiques et phyeigues chez les
Belges au commencement du XIX® siöcle» (Brũſſ.
1866). Seinen europ. Ruf aber hat D. namentlid
durch feine focial:ftatift. und anthropometriſchen
Arbeiten erworben. D. ſucht darin die Gefehe auf:
uftellen und zu begründen, welche ſowohl die phyſi⸗
chen al3 die moralifchen Erſcheinungen des inbivi:
duellen und fozialen Lebens regeln. Er bekundet
dabei allerdings oft eine zu mechaniſche Auffaſſung
ber nachgewieſenen numerifchen Regelmäßigfeiten
und aud) feine Methode ift in der neuern Zeit mehr:
fach angegriffen worden. Seine hierher gehörenden
Werte find: «Sur ’homme etle developpement de
ses facultös, ou essai de Pu sociale» (2Bde.,
Bar. 1885; deutſch von Niede, Stuttg. 1835),
«Lettres au duc regnant de Saxe-Cobourg sur la
thöorie des probabilites» (Brüff. 1846), « Du sy-
steme social et des lois qui le rögissent» (Par.
1848) und «L’anthropomötrie ou mesure des diffe-
rentes facultös de l’homme» (Brüfl. 1871). Den
größten Teil der Ergebnijje feiner eigentlich fad):
wiſſenſchaftlichen Studien legte DO. teil in den «Me-
moires» ber belg. Alademie, teild in der anfangs
mit Garnier, fpäter allein redigierten «Correspon-
dance math@matique et physique» und den «An-
nales del’observatoire» nieder. Aucherfchien unter
feiner Leitung feit 1834 das «Annuaire de l’obser-
vatoire», teil3 aftron., teils ftatift. Inhalte, Wal.
Duesnoy (Frangois du) — Quevedo y Villegas
Mailly, «Essai sur la vie et les ouvrages de Q.»
(Brüff. 1875); Wolomfti,«ElogedeQ.» (Bar. 1875).
Ern eſt D., Sohn des vorigen, geb. 7.Aug. 1821,
bildete fih auf der Militärfehule zu Brüffel und
trat 1848 ala Unterlieutenant in da3 Geniecorps
der Armee. Gr lam 1855 al3 Aſtronom an bie
Sternwarte zu Brüflel, wo er fi an ben Arbeiten
feines Bater3 beteiligte und ſich beſonders durd)
feine magnetifhen Unterfuhungen vorteilbaft be:
fannt madte. D. ftarb 6. Sept. 1878 Fr Brüflel.
* Er aan f. unter Analyje,
Quetſchmaſchine (frj. machine à exprimer,
engl. rolling-machine), eine mafchinelle Vorrid):
tunß mit mehrern Paaren gubeiferner Walzen,
zwijchen welchen man ben den Rottebehältern ent:
nommenen Flachs durchgehen läßt, um defien Trod:
nen und nadjfolgende Bearbeitung zu erleichtern.
Quetfchmine, ſ. u. Mine, Bd. XI, ©.740°.
Quetſchmühle, joviel wie Schrotmühle.
Quetſchung, Kontufion (Contusio),diejenige
Verlegung von Körperteilen, wobei diefelben zwi:
hen zwei harten, feiten Gegenftänden gebrüdt wer:
n. Die nädjfte Folge ber D. ift die Berreißung
der weichen Teile unter der Haut, auf welche ein
Bluterguß, Schwellung, dunkle Färbung der Haut,
Schnierzhaftigfeit folgen. Bei der Heilung wird
unter größerer oder geringerer Entzündung bas
ergofjene Blut wieder aufgelaugt, das zerjtörte Ge:
webe durch neues erfekt, ober die Haut über der
gequetichen Stelle briht auf und es kommt zur
Giterung, felbft zu Brand. Iſt die Haut gleichzeitig
ve worden, fo heißt die Verlegung eine
uetſchwunde. Die höchſten Grabe der O., bei
denen es zu vollftändiger Zertrümmerung ber Ge:
webe und zu völligem Erlöfchen der Bitalität kommt,
werben als Zermalmung oder Jerquetihung
(Conquassatio) bezeidhnet. Bei ganz friiden ein:
fachen DO. erweift fi) das Befeuchten mit Alkohol
(Arnitatinktur) vorteilhaft; in ſchwerern Fällen iſt
die Anwendung von kalten Romprefien, Eisbeuteln
und narlotifchen Mitteln erforderlich.
Quetta, Stabt in Balutidiftan, im Gebiete bes
Chans von Kelat, am Eingange de3 Bolanpafies
und an der von Kandahar durd) das Viſchinthal
nad) Shilfarpoor am Indus führenden Straße, iſt
befeftigt, befißt eine ftandige Garnijon des brit.-ind,
Heeres, bildet den wichtigiten Zugang aus Indien
nad) dem ſüdlichen Afghaniſtan, it mit bedeutenden
Magazinen für Kriegsmaterial nusgeftattet und
wird (1885) durch eine Eijenbahn mit dem Indus
in birefte Verbindung gebradt. Bei D. foll ein
ftehendes Lager errichtet und mit einer ftärlern
Heeresabteilung bejegt werden.
Queue (frj. «Schwanz»),, die letzten Reihen
—— eines Truppenteils; eine Reihe von Ber:
onen, welche einzeln oder zu zweien hintereinander
fih aufftellen, um die Sröfmung eines Theaters
u. dgl. abzuwarten, daher Queune maden, fid
einer hinter dem andern aufitellen.
Queue beißt aud der Stab beim Billard (ſ. b.).
Duevedo 9 Villegas (Don Francisco de),
origineller fpan. Schriftiteller, geb. zu Madrid
26, Sept. 1580, ftudierte zu Alcalä de Henares,
mußte noch al3 Student wegen eines Duell, in
welchem er feinen Gegner erſtochen, nad) Italien
flüchten, wo er fi die Freundichaft des Herzogs
von Dfuna, Vizelönigs von Neapel, erwarb. Unter
demfelben ward er in Neapel Finanzminifter, wurde
Duszaltenango — Quichua
jedoch nach feiner Zurüdkunft nad Spanien als
ein Bertrauter des in Ungnade gefallenen Herzogs
— en —— auf ſeinem —— La
ngen ** und erſt
nach ae ud wieder; in Freiheit geſeßt. Wegen
org fi * den Miniſter Olivarez, welches
er abermals faſt vier
I⸗ lang in — erlerhaft und ſtarb nad | 2
einer F ——
los ter —— n See A
bie humoriſtiſchen durch Scherzhaftigleit und
nnreihe Erfindung aus (neue Ausg. —
cia 1876; Ungedrudtes enthalten: «El libro
verde. Coleccion de poesias de Francisco Q.»,
Madr. 1871; 2. vermehrte Aufl. 1874, und «Poesias
icarescas —— Madr. 1863). Mit Unrecht
—* cheinen ihm die trefilichen Gedichte des Francidco
de la Torre, die er herausgab, beigelegt zu werben.
Seine profaijchen Werte be eben meiſt aus Ergüflen
der Laune und Satire. Berühmt wurde U. be:
fonder3 durch rm aeg nadhgebildeten aSuehos
y discarsos » ( Barcelona u. Balencia 1627; deutſch
ai Bhilander von Sittewald, Straßb. 1645) und
durch feinen «Gran Tacafio» ventfch von =. 33
1826), einen ber erſten komiſch⸗ſatiriſchen oder
S omane (picaresco). Seine Werte 1%
febr oft gebrudt worden; bie volljtändigite Ausgabe
bien zu 9 (u Bde. 1791 — A). 3
Ulbrich, «Don Francisco de DO,» (Franif. a -
1866) und Baumitark, «Don Francisco be
fpan. Lebensbild» (Freiburg i. Br. 1871). ER
eriten zwei Bünde einer neuen kritiſchen Ausgabe
der Werke D.8 (mit Biographien von Guerra y
Drbe) erfchienen in ber « Biblioteca de autores es-
paholes » (Bd. 23 u. 48, Mabdr. 1852 u. 1859, ben
Dritten publi ierteXaner, Bd. 69, Madr. 1877), eine
4 bejorgte Ochoa, «Obras escoridas con
notas» (Par. 1873), eine illuftr. Ausgabe erſchien
1873,4 „ Mabdr.).
tenau 90, Departenient der mittelamerif.
publit Guatemala. mit (1880) 83 674 E. ilt der
— Zeil des Landes. Die ſchmale Rüften:
ebene ift wenig bevöltert, im Gegenſaß zu dem ge:
ſunden Hodyplateau 1, mofelft neben den europ,
Getreibearten aud Baumwolle und Zuderrohr ge:
baut werden und die ſchönen Savannen Viehzucht
begünitigen. Die Hauptitabt gleichen Namens,
mit etwa 22 000 E. faſt ausſchließlich Judianern,
an Etelle ber zweitgrößten Stadt des ehemalige *
Quichẽ⸗Reichs 1524 von Alvaredo gegründet,
eine jhöne Kathedrale und ſechs andere —
ftarte Yeinen:, Baummoll: und Wollweberei und
vermittelt den Handel —— Guatemala und
mexitan. Staate Chiapa
Quibdo, Stadt im — Cauca ber fübamerif,
—— Columbia, Municipio de — —
ts am obern Atrato, bat (1870) 68
niberon, eine Lange Sand er = en Weit:
füjte von Franlreich, mit einem Marftfleden gleichen
Namens (Station der Linie Auray:D. der Orleans:
bahn) von (1881) 2537 E., im Depart. Morbihan,
wurde durch die von einer großen Niederlage be:
tete Landung, welche 1795 die von ber brit.
erung unterftügten franz. Emigranten unter:
Ben tlih namhaft. Während General
21795 mit den Royaliftenhäuptern
itete Graf Puiſaye, ber Ober:
—— Ghouans (j. ey = Derein mit ber
ig ne einen — auf die franz. Hüften
Sept. 1645 zu Villa-Nueva * Pr
439
vor und ſchiffte fi auf cinem vom Commodore
Warren befehligten Geſchwader Mitte Juni ein.
Im Angefiht der Küfte begegnete Warren der aus
12 8inienfdiffen und 11 Fregatten beſtehenden fran;.
or von Breit. Warren rief das zu u feiner Dedung
ftimmte, 10 Linienſchiffe ftarle brit. Geſchwader
Admiral Britport herbei und dieſer ſchlug
uni die franz. Flotte auf —* Höhe von Lorient.
dem Warren 26. Juni im ber un von Q. ge:
ankert, ſtieg Puiſaye 27. bei dem Dorfe Carnac mit
3000 Mann ans Land. Sogleich eilten die Chouans
—F und bildeten ein Korps von 10000 Mann.
uiſaye ließ die in drei Haufen ee Chouans
ins Land hineingehen, wo fie 7. Juli von Hoche
angegrilfen | und auf die Zandzunge zurüdgeworfen
wurden. Dergeltalt mit 15 000 Mann und vielen
üchtlingen auf Q. ae ahnt faßte Nr
aye den Entſchluß, die Nepublitaner, welde Seh
ei Ste.:Barbe verfhanzten, zu überfalle N.
—* ein ftartes Korps unter inteniac zu Saife
an die Mündung der Vilaine, weldes von hier aus
Hode in den Nüden fallen jollte. Nachdem nod)
ein 1100 Mann ſtarkes Gmigrantentorps unter
Sombreuil von der Elbmündung angelommen, griff
Buifaye 16. —* bie Nepublifaner an, wurde aber
von Hoche geihlagen. Tinteniac war auf dem uge
gefallen. In der Nacht vom 20. yuli ließ je
hierauf durch 300 Grenadiere das Fort Penthievre
auf einem Felswege erſteigen. Rn gleidy brang er
auf der Landzunge vor und trieb die Emigranten
nit den Chouans nah dem Meere. Buifaye rief
—— herbei, und das brit. Geſchwader vermochte
en 2200 Emigranten zu retten. Sombreuil
m ut mit 1000 Entigranten ergeben, bie auf
on — Konvents erſchoſſen wurden.
Quibo oder Coiba, Inſel im Großen Ocean,
an der Südküſte des Staates Banamä (Iſtmo) der
üdamerik. Republik Columbia, ift 550 gkm groß,
t einen trefflihen Hafen und wird von Berlen:
ſchern befucht.
niche, ein Indianerſtamm in Guatemala,
ſotegn zu dem ——— gehörend.
rat (Louis Marie), franz. a
12. yo 1799 zu Paris, wurde Profeſſor —8
torit in Bourg:en: Brefie, war 1827—31 —
der pädagogiichen Zeitſchrift « Lycées in Paris und
wurde 1843 Konjervator der Bibliothel Ste. :Ge:
nevieve dajelbft. Bon feinen Werken find hervor:
— «Traitö de versification latine» (1826
. öfter), « Thesaurus poöticus linguae latinac »
(1836; umgearbeitet 1875), «Traite de versification
frangaise» (1838; 2. Aufl. 1850), « Nouvelle pro-
dem | sodie latine» (1839 u. öfter), « Dictionnaire latin-
francais» (1844 u.
(3 Bde., 1867), «Intr
nius Marcellus» (1872).
‚Etienne yuleh Foſeph Q., Bruder des v0:
—** —— geb. 13, Okt. 1814 zu Paris,
be ud e die Ecole des chartes bafelbit, war danıı
an der königl. Bibliotyet befchäftigt, wurbe 1849
Profefiorander Ecole des chartes und1871 Direktor
diejer Anjtalt. Er ftarb 9. April 1882 zu Paris.
D. ſchrieb: «Procts de condamnation et de r&ha-
bilitation de Jeanne d’Arc» (5 Bde., Bar. 1841—
49), «Apercu nouveau sur Jeanne d’Ärc» (1860),
«Histoire du siege d’Orl&ans» (1850), «Histoire de
Sainte-Barbe» (3 Bbe., 1R60—64), «Histoire du
costume en France» (1874).
Quichua, füdamerit. Stamm, ſ. Khetſchua.
öfter), «Adolphe Noworit»
uction & la lecture de No-
440
Quick, —* wie Quedſilber; Quidarbeit,
foviel wie Amalgamation; Duidbrei, ſoviel wie
Amalgam; Duidgold und Quidfilber, foviel
wie Gold: und Silberamalgam.
Quidam (lat.), ein Gewiſſer, gewöhnlich in ver:
ächtlichem Sinne,
Quiäd pro quo (lat.), etwa& für etwas, eins
für das andere, Verwechſelung.
Quidquid 3, —— agas ot res-
pioe finem, «Was du auch thuft, thue e3 Hug
und bedente das Ende», lat. Spruch eines unbe:
fannten Verfaſſers.
dquid delirant reges, pleotuntur
Achivi (lat.), «Was bie * (nämlid Aga⸗
mennon und Achilles, die ſich vor Troja entzweiten)
raſen, müſſen die Achiver bühen», d. b.: Für un:
heilvolle Handlungen der Herriher muß das Volt
büßen, Citat aus Horaz' «Epijteln® (I, 2, 14).
Quiädquid id est, timeo Danaos etdona
ferentes, ſ. unter Danaer.
Quieszieren (lat.), in Ruheſtand verſehen;
Quieszenz, Ruhe, Ruͤheſtand.
Quietiner, f. Theatiner.
Quietismus (vom lat. quies, Ruhe), eine
myſtiſch⸗religiöſe Richtung in der röm.kath. Kirche
de3 17. Jahrh. Der gänzlich nad) außen gerichtete
Geijt einiger ag erg beſonders der yı uiten
und Dominikaner, hatte im 17. Jahrh. die Andacht
und Bottesverehrung der Katholiken —* in eine
bloß mechan. Gottesdienſtlichkeit verwandelt. Daher
wendeten ſich —58* Gemüther, die es mit ihrer
Andacht ernit 10 meinten, mit neuem Gifer der
a zu. Diejem Bedürfnis entiprad) be3 fpan.
Weltprieſters Mid. Molinos (f.d.) Erbauungsbuch
«Guida spirituale» (Nom 1675). Nach der darin
gegebenen Anleitung fuchten die Andächtigen die
Ruhe eines gänzlich in Gott verfuntenen Gemüts
(Quietijten). Der franz. Hof fehte e3 beim
Papſt dur, dab Molinos feine Jrrtümer ab:
ſchwoͤren und in ein röm. Dominilanerflofter
wandern mußte, wo er 1697 jtarb, Diefer Gemalt:
ſchritt Dinderte jedoch feineswegs die Verbreitung
des Q. Der «Geijtlihe Wegweiler» Molinos’ fand
in Deutſchland und Frankreich, wo man durch die
Schriften der Bourignon, Poirets und der Bietiften
vorbereitet war, immer weitere Verbreitung und
veranlaßte bald eine Menge Erbauungsbüder in
aleihem Geiſte. Die berühmtefte Bilegerin des
franzöfiihen DO. war eine am Hofe Ludwigs XIV.
beliebte ſchͤne und reihe Witwe, Jeanne Marie
Bourier de la Mothe Guyon (ſ. d.). Ihre ercen:
triſchen —— ſowie ihre übel gedeutete pla⸗
toniſche Liebe zu ihrem Beichtvater Lacombe brachten
ſie ins Gefängnis, aus dem ſie aber Frau von
Maintenon befreite. Auch Fendlon (ſ. d.) redete
der Madame Guyon und ihren Schriften in feiner
«Explication des maximes des sainis sur la vie
interieure» (1697) das Wort. Die Fürfprade
eines fo bedeutenden Theologen gab den D. neues
Gewicht und dem Vorfechter der franz. Theologen,
Boſſuet, Geegenheit, Fenelon eine Beihämung zu:
zuziehen. Boſſuet erwirkte 1699 ein päpitl. Breve,
das 23 Sähe aus Fenelons Buche als irrig ver:
dammte und der weitern AusbreitungdesQ. Grenzen
Igier bob men be no 1724in Palermo anzwei Quie:
tiſten ein großes Autode Fe vollzogen. Der Q. fordert
die fog. reine Liebe, die ſich ohne Furcht und Hoff:
nung, gleichgültig gegen Himmel und Hölle, mit
gänzlicher Selbftver
Duid — Duimper
Fleiſch muß dabei ganz ertötet, jeder weltliche Ge—
danfe entfernt, alles Bertrauen auf eigene Kräfte
bei guten Werten vernichtet und die Seele in einen
leidenden Zuftand verfeßt werben, bei dem Gott
allein in ihr wirkt. (. Matter, «Le mysticisme
en France au temps de Feueclon» (Par. 1864);
Stein,«Studien über die Heſychaſten des 14. Sr
(Wien 1874); Heppe, « Geihichte der quietiſtiſchen
Moitit in der kath. Kirche » (Berl. 1875).
Quietiſten, myitiihe Sekte, ſ. Heſychaſt en
und unter Quietismus.
Quieto, Fluß in Sitrien, entipringt oberhalb
Pinguente aus zwei Quellen und geht in einem
vielfach gewundenen, tief eingeihnittenen Thal in
weitl. Richtung zum Meere. Gr wird 10 km vor
feiner Mündung ſchiffbar, während in feinem obern
Laufe die Waſſermenge dazu nicht genügt.
uievrain, Gemeinde im Bezirt Mons ber
nr Provinz Hennegau, Station der Linie Brüjjel:
D. der Belgiſchen Staatsbahnen und Paris-Q. der
Framööſiſchen Norbbahn, mit 3088 E. Hier fiegten
29. April 1792 die Öfterreicher über die Franzoſen.
Quilca, Hafen in Beru, f. unter Arequipa.
Quilimane, Quelimane, nördl, Stromarm
des Sambeſi-Deltas, nad weldem der portup.
Küitenitrih D, zwiihen Mozambique (nördl.) und
Sofala (jüdl.) feinen Namen führt. Ctwa 10 km
von der Mündung des Q, auf einer Inſel, liegt
der Hauptort diejes Diſtrikis, ebenfallaU. genannt,
mit 3500 E. und lebhaftem Handel.
ala Mol., Pflanzengattung aus der Ya:
milte der Nofaceen. Man kennt nur vier Arten,
die namentlich im tropiichen Südamerita wadien.
63 find Bäume mit immergrünen lederartign
Blättern und großen anjehnlihen Blüten. Die
Ninde der in Peru und Chile wachſenden Q. Sapo-
naria Mol, zeichnet ſich durch die Eigenſchaft aus,
glei der Seife mit Wafjer Schaum zu bilden, in:
dem fie Saponin enthält. Cie wird deshalb in den
genannten Pändern allgemein al3 Seife benupt
und bildet dort einen bedeutenden Handelsartitel,
Quillau, Stadt im franz. Depart. Aude, Arron:
billement Yimour, am Aude, Station der Yinie
Garcafionne:Q. der Südbahn, hat (1831) 2424 E.
Zudfabritation, einen Eiſenhammer und bedeuten:
den Holzhandel. Jr der Nähe liegt das Bad
Ginoles mit drei Thermalquellen,
Quillebeuf, Stadt im franz. Depart. Cure,
Arrondifiement Bont:Audemer, linls an der Seine,
unweit deren Wündung, bat (1831) 1414 E., einen
Heinen Hafen mit Leuchtturm und Fifcherei.
Quillota, Stadt und Hauptort eines Tepart.
in der Brovinz Balparaifo der jüadamerit, Repubiit
Chile, lints am Rio Quillota, Station der Bahn
Balparaijo:Santiago, hat (1875) 11347 E. und in
der Ihönen Umgegend ſehr reihe Kupferminen,
Quillu, Fluß, ſ. Kuilu.
Quiloa, Stadt in —— (. d.).
Quilon, Hafen in Travancore (f. d.).
Qui mangedu pape, en meurt (fr3.),« Wer
(etwas) vom Bapit (Kommendes) ißt, ftirbt daran»,
ein aus der Zeit des Papſtes Alerander VL ftam:
mende3 Sprihmwort, welder ſich mißliebiger Ber:
fonen dadurch entledigte, daß er ihnen bei feinen
— mit Gift gemiſchten Wein vorſeßte.
nimper, Quimper Corentin, Seeſtadt
und Hauptort des franz. Depart, Finistere, im
Hintergrunde einer tiefeingejchnittenen Meeresbucht
eugnungauf Gott richtet. Das | der Südküjte von Niederbretagne, dem Äſtuarium
DuimperlE — Quinctier
des Det, Station der Linien Savenay⸗Landerneau,
D.:Douarnenez und D.-Bont-['AbbE der Orléans⸗
babn, hat am Zujanımenfluß des Ddet und Steir,
17 km vom offenen Dcean, einen guten, für Schiffe
von 150 t zugänglichen Hafen mit zwei je 325 m
langen Kais, ift der Sih eines Sufra anbifhof3
der Grzdiöcefe Rennes (frder des Erzſtifts Tours)
und zählt (1881) 12709 (Gemeinde 15 288) €. Der
ältere Stabtteil, no mit Mauern und Türmen
umgeben, bietet ein Labyrinth von finjtern Straßen.
Auch der neuere Stadtteil, unterhalb 200 m hoher
Felſen, iſt nicht ſchön dod beſſer gebaut und befipt
die Kathedrale &t.:Corentin, der fchönfte goti
Bau der Bretagne, auß dem 13. bis 15. a —
mit prächtigen Türmen, die Kirche Locmaria (aus
dem 11. und 15. Jahrh.), dad Schaufpielhaus und
die öffentlichen Bäder. Nahe der Kathedrale be:
findet fich eine Statue des zu Q. geborenen Arztes
Laönnec, des Erfinders der Ausfultation. Die
Stadt hat ein rieſterſeminar, ein Kommunal:
College (ehemals —— 7 ein Seminar
für Lehrerinnen, eine ueegrapil e Schule, einen
Vehrituhl für Landiwirtichaft, eine öffentliche Biblio:
thet von 25000 Bänden, ein Gemäldemufeum, eine
Aderbaufammer, einen landwirtſchaftlichen Verein,
ein Gejtüt nebjt Hippodrom, ein allgemeines Ho:
jpital und ein Jrrenhofpital, Sie unterhält Schiffs⸗
werfte, Seilerbahnen, große Fayence- und Topf:
marenfabriten, derbereien und Brauereien und
treibt Sardinenfiiherei, fowie ziemlich lebhaften
—— Zur Ausfuhr kommen Getreide, Mehl,
opfwaren, „she, Salzfleiſch, —
Pferde, Honig, Wachs und Butter. Eingeführt
werden Salz, Wein, Branntwein, Baumwolle,
Steintohlen u. f. w. — D. (in der Landesſprache
Kemper, im Mittelalter lat. Coriosopitae oder Co-
risopitum ——ã war die Hauptſtadt der Graf⸗
* Gornouaille (lat. Cornu Galliae). Als die
Grafen Herzöge von Bretagne wurden, kam die
Stadt ganz unter die Herrichaft des Biihofs. Gie
wurde 1344 von Karl von Bloi3 erobert, 1364 von
Johann IV. eingenommen, 1594 im Kriege ber
Ligue, fowie 1793 als Anhängerin der Girondiſten
hart mitgenommen.
Duimperle, Stadt und Hauptort eines Arron:
bifjements des franz. Depart. Finistere, am Zu:
jammenfluß der Elle und Iſole, welche von bier ab
die Paita bilden, deren Nündungein Heiner Seehafen
(Anfe du Rouldu) it, Station der Linie Savenay:
Yanderneau der Orldansbahn, entitand um die Abtei
Kemperlegia, zählt (1881) 4557 (Gemeinde 6821) E.
und hat Bapierfabritation, fowie Handel mit Ge:
treide, Vieh, Holz, Leder, Honig und Wachs. Die
wieberhergejtellte Kirche Ste.» Croir iſt nad dem
Vorbild der Grabeslirche zu Jeruſalem erbaut.
Quinarius, altröm. Silbermünze, die Hälfte
de3 Denars (j. d.), nämlich 5 Aſſes, welcher Wert
bäufig im Avers durch V oder 44 edrücdt iſt.
Als der Denar auf 16 und 12 Aſſes * * wurde,
bezeichnete man aud) die D. mit VIIL oder VI. Bon
der Siegesgöttin, welche fpätere D. auf dem Revers
haben, nannte man dieſe auch Victoriati,
Quinault (Bhilippe), der ausgezeichnetite
Dperndichter der fyranzoien, geb. 3. Juni 1635 zu
Paris, war kurze Zeit Advolat, wurde aber früh
durch feinen Umgang mit dem Dichter Triftan
UHermite, feinem Erzieher, für das Theater ge:
wonnen und erzielte ſchon mit jeirem erſten Luſtſpiel
«Les rivales» 1653 einen Erfolg. Im J. 1670
441
wurde er in Anerfennung feiner Leiitungen als
dramatischer Dichter Mitglied der Alademie. Durch
feine Verheiratung mit der Witwe Bouvet fam er
zu großem Vermögen und kaufte fich 1671 die Stelle
eines Auditeurs der Rechnungskammer. Er über:
nahm 1672 mit dem Komponiſten Lully die Aca-
démie royale de musique, das erite franz. Opern:
baus, in dem bie —— Oper ihre Ausbildung
erfuhr. In ſeinen aim Jahren von Schwermut
ergriffen, bereute er feine dramatiſche Thätigkeit
und ſuchte durch ein Gedicht gegen den‘ ——
mus («L’herösie dötruite») ſeine Schuld zu ſuͤhnen.
Gr ftarb 26.Nov. 1688. Er jchrieb fünf Tragödien,
fieben Tragifomödien und vier Komödien (1653 bis
66), fowie 14 Opern (darunter zwei Ballette und
ein Baftorale, 1672 — 86). Die Komödien find
Intriguenſtücke, das befte ijt «La möre coquette»
(1665); die Tragödien ge der polit. Liebes:
tragödie an und haben Corneilles Stüde zum Vor:
bild; intereffant ift darunter «Astrate» * ob⸗
wohl von Boileau verſpottet. Die meiſt mytholog.
Sujet3 und ernſte Konflikte behandelnden, mit
bäufigem Scenenwechſel, Aufzügen, Verſenkungen,
Ballett undallegorifchen Brologen verjehenen Opern
find zwar bisweilen eintönig und Dürftig in der
Handlung, von geringer Wahrfjcheinlichteit in den
Charakteren und phantaftiih in der Konzeption,
er ſich aber durch ihre poetiihe Sprache und
urch Wohllaut des Verſes aus, find u Rs ber
Stimmung und gehen wie ihre Vorbilder, Racines
Tragödien, auf Nührung aus; die hervorragenditen
unterihnen find «Armide» (1686) und «Atys» (1676).
Seine dramatifchen Werke find in feinem«Theätre»
(5 Bde., Bar. 1739 u, 1778), zum Teil in den
«Oeurvres choisies» (2 Bde,, Bar. 1842) enthalten.
Quinecailleriewaren, |. Kurzwaren,
Qnincey (Thomas de), engl. Schriftiteller, ſ.
De Duincey (Thomas).
Quinde (Georg Hermann), namhafter Phyſiler,
eb. 19. Nov. 1834 zu Frankfurt a. D,, ftudierte in
Berlin, Königsberg und Heidelberg, wurde 1859
Vrivatdocent, 1865 außerord. Profeſſor der Phyſil
an der Univerfität Berlin, 1872 ord. Profeſſor der
Phyfit an der Univerfität Würzburg; feit 1875 in
Heidelberg. Seine wiljenihaftlihen Unterfuhun:
gen über Capillarität, Aluſtik, Optik, Eleltricität
und Magnetismus hat er feit 1856 größtenteils in
Poggendorii3 und Wiedemanns «Annalen ber
Chemie und Phyft» veröffentlicht. j
Quinctier, Name der Mitglieder eined röm.
patriciihen Geichledts. Ihm gehörte der berühmte
Lucius Quinctius Cincinnatus (f. d.) und jpäter
Titus Duinctius Slamininus an. Diejer
wurde, noch nicht 30 jährig, nachdem er nur erſt die
Quäftur bekleidet hatte, für das Jahr 198 zum Kon:
ful gewählt, um den Krieg gegen Philipp V. von
Macedonien zu führen. Er gewann die Achäer für
fih, entriß dem König in den Böotiern feine Ichten
griech. Bundesgenofien und zwang ihn durch bie
entſcheidende Schlacht bei Kynostephalä 197 v. Chr.
die Friedenshedingungen einzugeben, die ihn au
Macedonien beihräntten und ſeine Macht lähmten.
Hierauf verkündete er, der in der Politik ſich nicht
minder gewandt als in der Kriegstunit ige und
rieh. Bildung befaß, den Griechen bei den Iſthmi-
Then Spielen in Korinth 196 die Freiheit und Un:
abhängigkeit, welche ihnen Rom ſchenlte, aber nur
mit der Folge, dab von neuem Zwietracht fie
innerlich zerrüttets, Er demütigte den fpartan,
442 Duinctilianus — Quinquennales
Tyrannen Nabis und feierte dann einen glänzenden | Quiudiu, Teil der Corbillera von Columbia,
Triumph in Rom. m J. 189 verwaltete er mit | auf ber Grenze der beiden Staaten Gauca und To:
Marcus Claudius Marcellus die Cenfur; 183 ging | lima, fteigt im Pic de Tolima bis zu 5584 m auf.
er als Gejandter zum König Brufias UI. na — —— —— franz. u ik und ——
thynien und verlangte von ihm Hannibals X * 1808 zu Bo ——
Ze ging, —— er ſeine Studien in afburs,
lieferung, worauf ſich diefer den Tod gab.
Dninetilianns, |. Onintilianus. Genf und Paris vollendet, nad —— und
veröffentlichte nad) feiner being
von Herders «Sheen zur Hofe pbie "der Geſchichte
der Menichheit» (3 Bde. Straßb. 18235—27). Zum
Duincung (lat.), fünf —— eines Ganzen,
als Münze = 5 Unciä = As, welde auf ber
einen Seite neben bein ‚Bilde der Diosfuren 1 fünf
Bunkte in der Form :-: trugen. Name und Figur | Mitgliebe der — bei der franz
wurden auch auf die röm, Schlachtordnung, jowie | Erpedition nad) Wo 828) ernannt, all.
fpäter auf eine Anordnung von Bäumen oder Säu: | D. in Griethenlanb Die aterieften zu feinem *
len in der Form eines Q. übertragen, und zwar | «De la Grèee moderne et de ses
nad) dem Echema 3* Vantiquit&» (Par. 1830; 2. Aufl. 1832). Rad
Quinch, Hauptitadt von Adams Eonnty im — —— orieb er 1831— 39 für die
nordamerit. Staat Minois, am Miſſiſſippi, auf eux Mondes» eine Reihe gehaltvoller
— ſtiliſtiſch ausgezeichneter Aufſatze (teilmeife ge⸗
ſammelt in « Allemagne et Italier, 2 Bde. Par.
1839) und ein poetiihes Werk von myftiic theofo:
phiſchem Inhalt: «Ahasrerus» (befondersabgedrudt
1833). d. ihwärmte damals für das Vollsepos
und verfuchte feinen Ideen in den Dichtu aNa-
pol&on» (1836) und «Promethee» (1838) Ausbrud
zu geben. Um Diejelbe Zeit erfolgte feine Ernennung
ım Brofefior der ausländiſchen Litteratur an der
Sahultät zu yon, wo er ſehr befuchte Borlefungen
hielt, in we er den eriten Umriß zu ber Schrift
«Du genie es religions» (Par. 1842) entwarf,
Ein ziemlich Tebbaftes Pamphlet, «1840 et 1815»,
—— den Minifter nicht, ihn nad; Paris and
ollöge de France zu berufen und ihm dem neu:
gründeten Vehritubt der fühenrop. Spr Bus
iteraturen zu übertragen. Die energifche Art und
| Weife, wie er vom Katheder aus die polit. Fragen
behandelte, hatte indes jeine einfi Amtsent:
bindung zur Folge. Zugleich ließ er auch heftige
antilferitaliiche Alunblätter ericheinen, darunter
aLes Jesuites» (1843 [gemeinschaftlich nıitMichelet),
brüche,, in melden 1200 Perſonen beihäftigt find. | 10.Aufl., Bar. 1873). Abgeordneter ne
D. wurde 1625 angefiebelt, iſt aljo einer ber ältejten | 1848, fodann der Legislative 1849, bielt er fi
Pläge in den Vereinigten Staaten. Hier wurde beiden Verjanımlungen zur äufeeften Linken. 8*
ng —* die erſte Eiſenbahn in —— gebaut. | dem Dekret vom 9. Jan. Ay das . aus Frant:
t Geburtsort von John Hancod, des reich verbannte, nabın D. jeinen Aufenthalt in
* Bräfibenten ing en —— Sohn | Brüflel. Cr ftarb 2 7. März 1875 in Berjailles,
einer 38 m über dem Wa eripi el elegenen =>
höhe, hat lange, breite und ſchöne Stra ben &
eiienbabnen, viele ſchone öfjentl.und ————
vier hũbſche vari⸗ einen großen Ausſtellungsplatz
ein College, eine Akademie, eine —
De Hoipitäler und drei A yle und zählt —
27268 E. Die Stadt hat Wagen:, Tabals: und
Mröbelfaßriten. Gijengiebercien, ſchinenwerl⸗
ftätte, Mehl⸗ Säge: und andere Mühlen, einen
Getzeibejveicher, BE oße Schladht: und Giehäuier
und fieben Banlen. Pure; den Miffifippiftehtfiemit
St.:2ouis und Neuorleans, durch Eiſenbahnen
mit St. Paul, Chicago und Toledo in Verbindung
und treibt mit biefen beträchtlichen Handel in Ge—
treide, Mehl und Schweinefleiich.
nisch, Boitdorf in Norfolt County im nord:
amerit. Staat Maſſachuſetts, liegt an der DI6 |
Golony: Eifendahn, hat (1880) 10570 E., ein
ihönes, aus Granit gebautes Stadthaus, zwei
Nationalbanten, eine Hoch: und 27 öffentl. Säulen,
eine öffentl. Bibliothek, eine Alademie u. |. w. In
ber Nähe befinden fid) "bie berühmten Granitftein:
dams und deſſen Sohn John DO. Adanıs, Sein Standbild zu Vourg wurde 14. Mai 1883
(Sefieh), edeutender amerit. Staats: enthüllt. Unter jeinen fpätern Schriften find ber:
— * br. 1772 zu Bofton, ſtudierte die vorzuheben: «Les esclaves» (1853), «Marnix de
Achte und — e 1793 Advokat in feiner Geburts: | Sainte-Aldögonde» (1856), «Merlin Venchauteurs
ftabt, 1804 Staatäfenator und 1805 Mitglied des | (2Bde., 1860), «La ercation» (2 Boe., 1870; deutſch,
Rongrefies. Letzterm gehörte er acht Jahre lang Lypz. 1871), «La zcpublique» (1872) und «L’ esprit
an und — fi in demſelben als Führer ber | nouveau» (1874). Nad) feinem Tode fein
föderaliftiiden Minorität und durch feine Be aLivre de l’exilö» (Par. 1875). Eeine «Deuvres
ſition gegen ben Krieg von 1812, bie —— umfaſſen 10 Bände (Par. 1856—59).
nahme von Louiſiana und ge geom gen die laverei = I. Ehaflin, « Edgar Q., sa vie et ses @urres»
Sim 3. 1813 legte er feine Stellenieder, wurde aber | (Yar. 1859) "und « Correspondance d’Edgar Q.»
bald darauf in den Staatsfenat und 1620 ” - (2 Bde., Bar. 1877); «Edgar D. Ein litterarifcber
Staatörepräfentantenhaus gewählt. ur (in «Unſere Beite, Jahrg. 1875, 2. Hälfte).
rejignierte er, wurde Stadtrichter und N Ama Quinin, joviel wie Chinin.
meilter von Bolton. Bon 1828 bis 1845 war er —— Reismelde, ſ.u. Chenopodium.
Bräjident der Harvard;Univerfität und son fih dann | inquageſima (lat., zu ergänzen dies, Tag),
ins Privatleben zurüid. Er jtarb 1. Juli 1364 zu | der fünfzi R Tag vor Ditern oder der Sonntu
Duincy. Bon Q.s Werten 5* nennen: «Memoir — 9
of Josiah Q. jr., of Massachusetts» Boſton I88u nätens (lat.), ein im alten Rom zu Ehren
u.1875), «History of Harvard University» (2Bde., | ber Minerva im Mär; und uni gefeiertes Felt.
Cambridge 1840), «Ihe life of John Q. Adaıns» Duinquecentiften, joviel wie Cinquecentiften.
(188). Sein Sohn Edmund D. gab feine Leben: | Om aleö, in den röm. —— die
beſchreibung (1867) und ſeine Neden (1875) heraus. | den röm. Genforen entiprechenden, alle fünf Jahre
Duindecimbiri, ſ. unter Decemviri, gewählten Beamten.
Quinquillion — Quintilianus
Quinuquillion, ſ. unter Billion,
Dninquina, ſoviel wie Cinchona.
Quint, Eiſenhuttenwerk bei Ehrang (ſ. d.) in
der preuß. Rheinprovinz.
Quiutal (franz., ſpan. und portug. Schreibart,
ital. Quintale), bedeutet Centner (ſ. d.). _Der Q.
metrique ober metriiche Gentner (in Oſterreich⸗
Ungarn auch «Metercentner») hat 100 kg ⸗2deutſche
Gentner und wird daher aud Doppelcentner ge:
nannt. In Spanien, wo jept das franz. Maßſyſtem
geſehlich vorgefchrieben ift, bat der frühere DO.
4 Arrobas oder 100 Pfd. (Libras) und ift in Ga:
ſtilien = 46 kg. In Portugal und Brafilien, wo
ebenfall3 das franz. Maßſyſtem gilt, war vorher der
Q. ein Gewicht von 4 Arrobas —8— (Libras
oder Arrateis) = 58,752 kg. (Val. au Pfund.)
Quintäns (Don Manuel Joſe), fpan. Dichter,
geb. zu Madrid 11. April 1772, ftudierte zu
GCordova und Salamanca, trat dann in bas
Advofatenkollegium der Refidenz und war fpäter
Generalfefretär der Gentraljunta und Sekretär im
Departement ber Auslegung fremder Spraden.
Er dichtete patriotiiche Lieder An & Espaüa
libre», 1808), rebigierte die Beitichrift « Varie-
dades de ciencias, literatura y artes» und grün:
dete das «Semanario patriötico». Nad) der Re:
ftauration wurde er auf eine Fern gebracht
und erjt 1820 freigegeben, bierauf in feine frühern
Stellen wieder eingejekt und 1821 zum Präfibenten
der Generaldireltion der Studien ernannt. Im |f
J. 1823 verlor er wieder feine Stellen und lebte in
Gjtremabura, bis er 1828 — zurüdtehren
durfte. Im J. 1839 wurde er Procer des Reichs und
Witglied des Staatsrats, bannzumSenator erwählt,
Erzieher der Königin und Präfident de3 Stubien:
rats. Am 25. März 1855 krönte ihn bie Königin
feierlich al3 Dichter. D. ftarb 11. —* 1857.
Schon 1795 trat er als Iyrijcher, fpäter al3 drama:
tiſcher Dichter auf und erregte durch feine «Oda al
mar» allgemeine Aufmerkſamleit. Cine gute Aus:
gabe feiner Werle erſchien im 19. Bande ber «Biblio-
teca de autores espaholes» (Mabdr. 1852). Die
neuefte und volljtändigite trägt ben Titel «Obras
poeticas» (Madr. 1830). Als Hiftorifer hat er
fi) einen Namen gemacht durch feine « Vidas de
los espaüoles c&lebres» (3 Bde. Madr. 1807—
83). Cañete veröffentlichte D.8 «Obras ineditas»
(mit einer vom Neffen bed Dichters, J. Duintana,
geichriebenen Biographie, Madr. 1872). D.3 Ge:
dichte erheben a durch die Wahl meiit erniter
Gegenftände über das Gewöhnliche und zeichnen fich
durch philof. Tendenz, patriotifhe Gefinnung und
eine männlich : kräftige Sprade aus,
Quintanrennen , f. unter Raruffell.
Quiute (ar. Diapente, b. 5. durch fünf),
ift in der Mufil ein Intervall, welches fünf
tufen umfaßt und in drei verſchiedenen Gattungen
erſcheint: rein (volllommen) oder groß (aus brei
an und einem großen halben Zon beftehend,
3.B. cdefg), vermindert oder Hein (aus zwei
zu und zwei großen halben Tönen beftehend,
cde N, und übermäßig (vier ganze Töne, zwei
roße un ps Heine oder zwei große Terzen um:
aſſend, c de fis gis) (c-gis). Die reine D. ift eine
—— andern ſind mehr oder minder Diſſo⸗
nanzen. Die Fortſchreitung gleicher Stimmen in
D. iſt im reinen oder ſtrengen Sahe fehlerhaft, fo:
fern fie gegen den Wohlklang verjtößt. Sämtliche
13 Töne unferer Tonleiter find durch fortlaufende
443
D. in Zufammenbang zu bringen (3.8. c-g, e-d,
d-au.f.w.); man nennt dieſes den Quinten:
zirkel. Auf der DO. beruht alfo gewiſſermaßen
unfer moberne3 ober temperiertes Toniyitem, wie
auf ber Quarte (f. d.) das der Alten.
Quinterne, ſ. unter Lotto.
Quinteffenz (lat. quinta essentia, «da3 fünfte
Eeiende») nannten bie — ——— den Äther.
Jetzt verſteht man barunter den feinſten Auszug
einer Sache, der ihre Beftandteile in konzentrierter
Form enthält, daher aud) bildlich das Beite oder
den fern einer Sache.
Quintett (ital. Quintetto), ein Tonftüd für fünf
obligate, mehr oder minder felbftändige Botal:
oder Inſtrumentalſtimmen. Das nftrumental:Q.
wird zum Unterſchied von bem Vokal⸗Q. wohl aud)
Quintuor genannt. Der Ranıe D. —*—
beim Geſang ſtets nur Soloftimmen, bat alio feine
Anwendung auf jene fünfftimmigen Bolaldyöre, die
in ber alten Kirchen: und Mabrigalmufit fehr be:
liebt waren. In Weſen und Einrihtung gleicht
ba3 D. dem Üuartett (f. d.), bat aber in ber
Kompofition eine viel geringere Bedeutung.
Quiutidi, im franz. republ, Kalender ber fünfte
Tag eine Delade.
uintilianus (Marcus Fabius D.) oder
Quinctilianu3, der berühmtefte röm. Rhetor
(Lehrer der Beredfamteit), geb. zu Calagurris (Ca:
lahorra) in Spanien 85 n. Sir, erhielt in Ron
eine Ausbildung und trat dann in feiner Heimat
al3 Lehrer der Beredſamkeit auf. Er ging 68 mit
Galba wieder nad Rom, wo er bald höchſten
Ruhm als Lehrer der Beredſamleit ſich erwarb und
von Veſpaſian durch Ausſetzung eines Jahrgehalts,
von Domitian durch Erteilung des Titels und
Ranges als Konſul geehrt wurde. Nach 2Ojähriger
Lehrthätigleit legte er die in ber Praris gewonnenen
Erfahrungen in einem «Institutio oratoria» be:
titelten Werke in 12 Büchern nieder. Bon feinem
weitern Leben ijt nichts befannt. Sein Wert ftellt
fich die Aufgabe, eine Anleitung zur Bildung des
Redners von frühefter Jugend an bis zum reifen
Lebensalter zu geben, und Löft biefe Aufgabe in nad)
Form und Anhalt gleich befriebigender Weife. Bon
befonderm nterefie it das 10. Buch des Werts,
defien erftes Kapitel eine prägnante Charalteriftit
der bebeutendern griech. und lat. Schriftjteller aus
den Geficht3puntte des Nutzens, weldyen üre Lektũre
dem künftigen Redner gewährt, enthält. Unter ben
vollitändigen Ausgaben des Werts find bie von
Gesner (Gött. 1738), von Spalding (vollendet von
Buttmann und Sumpt, nebft «Lexicon Quintilia-
neum» von Bonnell, 6 Bbe., Lpz. 1798 — 1834),
von Bonnell (2Bde., Lpz. 1872—74) und die kritiſche
Ausgabe von Halm (2 Bde., Lpz. 1868—69), unter
den —— —— des 10. Buchs die
von Bonnell (4. Aufl., Berl. 1873; 5. Aufl., von
Meifter 1882), von Krüger (2. Aufl., Lpz. 1874)
und die lateinisch: deutfche von Alberti (Lpz. 1858)
hervorzuheben. Eine Überſetzung de3 ganzen Werts
aben Hente unter dem Titel «Lehrbuch ver ſchönen
ilenichaften in Profa» (neu überarbeitet von
J. Billerbed, 3 Bbe., Helmftedt 1775— 77) und
Voßier und Baur (Stuttg. 1863 fg.), bes 10. Buchs
Bender (Stuttg. 1874) heraus. j
Außerdem gibt es unter D.3 Namen eine Samm⸗
lung von 19 größern und 145 kleinern «Declama-
tiones», d. i. Ubungsreden (amt beten herausg. von
Burmann, Leid. 1720, zufammen mit der «Institutio
444
oratoria» Q.s), bie Heinern neuerdings gefonbert
von Nitter (2py. 1884), Die größern find ficher
nicht von Q. ein Teil derfelben vielleicht von einem
Schüler desfelben, die Heinern find neuerdings,
aber ſchwerlich mit Recht, für Slizzen erllärt worden,
welche Schüler nad Vorträgen D.3 aufgezeichnet
baben. Bol. Ritter, «Die Quintilianifchen Della:
mationen» (Freiburg i. Br. 1881).
Quintin, Stabt im franı. Depart. Coͤtes⸗du⸗
Nord, Arrondifjement Et.:Brieuc, am Gouet,
Station der Linie St.:Brieuc-PBontivy der Weit:
bahn, hat (1881) 3281 E., ein Schloß aus dem 17,
und 18. Jahrh., ein Handelstribunal, nambafte
Seinmweberei («toiles de Bretagne») und Handel
mit Leder, Vieh und Honig. j
Duintinus, Stifter der Quintiniften, einer
libertiniftiihen Sefte, urjprünglid ein Schneider
aus dem Hennegau, der um 1530 mit feinem Lands⸗
mann Bocquet bejonders in Frankreich die Lehre
verlündigte, dab der Menſch alles nur durch die
Gingebung de3 Heiligen Geiites Du ‚ dab alſo die
Sünde nur eine Einbildung, ein Wahn und die Gr:
löfung die Befreiung von diefem Wahne fei. Bon
der Königin Margarete von Navarra aufgenommen
und beihüpt, aber von Calvin 1545 in feiner Streit:
ſchrift wider die Sekte ber Libertiner ſcharf ange:
griffen, verſchwindet O, und feine Selte bald wieder
aus ber Geſchichte.
Quintius, |. Quinctius,
, Omintöle neulat), Gruppe von fünf Tönen
in die eine gröhere Note zerlegt worden üft, durd)
einen Bogen mit darüber gefehter Ziffer kenntlich.
Quintomonarchiauer, |. Fünfmonardi:
Quintuor, ſ. unter Quintett. ſten.
Quintus Calaber, von der Auffindung feines
Gedichts in Ealabrien fo genannt, auch Smyr:
näus, von feinem Aufenthaltsort Smyrna, ein
jpäterer gieg Dichter, vielleicht im 4. Jahrh. n.
Ehr., ift er * der «aPosthomerica», eines
ziemlich umfangreihen Epos in 14 Büchern, welches
als Fortſegung der Ilias die Gefchichte des Troja-
nischen Kriegs von dem Untergang des Heltor bis
zur Nüdlehr der Griechen enthält, und wenn es
aud mit den Homeriſchen Gedichten nicht ver:
glihen werden kann, doch eine für die damalige
Zeit hervorragende Leiftung ift. Die beiten Aus:
aben lieferten Lehrs (in der Ausgabe des Hefiod,
Bar. 1840) und Köchly (Lpz. 1850 u, 1853), eine
Üiberfegung Donner (Stuttg. 1867).
Quintus Jeilius,ſ.Gu ichard(Karl Theoph.).
Quippos oder Khipus (vom Khetſuaworie
Khipus, der Knoten) iſt die —— der
Schnurenbünbel, durch welche die alten Peruaner
ewiſſe Regiſter, Vollszählungen, Steuereingänge,
riegeriſche Sseignifle u. dgl. verzeichneten. Jedes
diefer Bündel beitand aus einer ziemlich ftarfen
Hauptidhnur, an bie — — und ver:
hiedenartig gelnotete dünnere Nebenichnüre an:
getnüpft wurden; ge Farbe und jede Art Knoten
hatten ihre eigene Bedeutung. Es war jedoch für
jeden DO. ftet3 ein mündliher Kommentar not:
wendig, der angab, wovon derſelbe handle, gu
Inlazeit waren eigene Beamte zum Anüpfen, Ent:
zijern und Aufbewahren der Q. beftellt, fie bießen
Khipusltamayor. Died. find bloß höchſt ungenfigende
mechaniſche mnemoniſche Behelfe und jtehen weit
binter den Bilderfchriften zurüd,
ed pro quo (lat.), « Einer für Einen», Ber:
wechſelung einer Perfon mit einer andern.
Duintin — Duiftello
Quirinãl, einer ber fieben Hügel des alten Rom ;
jest ein Palaſt auf bemfelben, jeit 1871 Refidenz
—— von Italien. “ -. u
a 83 aa im alten Rom Feſt des Quirinus
. Yebr.).
Suirini oder Duerini (Angiolo Maria), ein
um bie Litteratur und Kunſt hochverdienter Karbi-
nal, geb. 30. März 1680 zu Venedig, trat in den
Orden der Benebiktiner von Monte :GCafino und
wurde 1718 Abt feines Kloſters. ‚1723 erbielt
er das Grzbistum Korfu, von Benedikt XIIL. das
Bistum Brescia und 1727 den Kardinalshut; doch
lebte er, zumal da er zum Bibliothelar der Kirche
und zum Vorſteher der Kongregation des Inder er:
nannt worden war, meilt zu Rom, bis er 1751 nad)
Brescia fi zurüd; 8, wo er 6. Jan. 175% jtarb,
Bon D.3 Schriften em zu nennen: «Primordia Cor-
eyrae» (Bredcia 1725; 2. Aufl. 1738), «Specimen
variae literaturae, quae in urbe Brixia ejusque
ditione paulo post typographiae incunabula flore-
bat» RN Bde., Brescia 1739), «Pauli II., P.M.,
vita» (Rom 1740) und mebrere Sammlungen feiner
Briefe. 2 erſchienen auf ſeinen Vetrieb die
Werte des Ephraem Syrus in griech. fyr. und lat.
Sprache (6 Bde. Rom 1732—46), von denen er
äter felbit eine lat. Üüberſetzung beiorgte (2 Bde.,
ened. 1755). Wichtig für jein Leben und Wirken
find die von ihm ſelbſt verfaßten «Commentarii de
rebus pertinentibus ad A. M, Quirinum» (3 Bde.,
Brescia 1749; 2. Aufl. 1754).
Quirinus (von dem fabin. Wort quiris ober
curis, d. i. ber Speer) war wohl zuerit bei den Sa:
binern ein Beiname des Mars; bei den Nömern
murde es aud der Name des nad feinem Ent:
ſchwinden von der Erde vergötterten Nomulus, des
Sohnes de3 Mars.
irinusöl, Bezeihnung für ein am Tegern:
fee in geringer Menge vortommendes Erdöl.
Quiriquina, Heine die Bai von Goncepcion
oder Talcahuano fchüsgende Inſel, gehört zur dilen.
Provinz Concepcion. {
Duirites, wohl ftammverwandt mit Duirinus,
war nad) den meiften alten und manchen neuen For:
fern ber Name ber nad) der Sage unter Titus
Zatius zu den Römern unter Romulus binzutreten:
ben Sabiner. Später findet man es als Benen:
nung ber Bürger des röm. Volls; wenn Cäſar
durch die Anrede D. den Trop aufrühreriſcher
Soldaten beugte, fo geſchah es, weil er, indem
er fie nicht Milites ( a fondern Quirites
—— als aus dem Militärdienſt Entlaſſene
zeichnete.
Quirl oderQuerl, ein bölgernes Werlzeug, mit
wel man durch rafches mdreben (Ouirlen)
Fluſſigleiten in Bewegung ſetzt. Auch der Gipfel
einiger Nadel — wird bisweilen als D.
— Rn — Bi ——
ital., d. h. bier geneſt man) wir
oft ala ——— klimatiſche Kurorte und in
denfelben gelegene Benfionen, Hotels ıc. —
— eig eg ift das koͤnigl. Sufethlop 4
bei Gaftellamare di Stabia (f. d.).
bia (f
? Quid? Ubi? x. f. u. Aategorien.
uiftello, Ortſchaft in der italien. Provin;
Mantua, Diſtrikt Nevere, recht? an der untern
Secchia, hat — 2968 (Gemeinde 10 492) E.,
Weinbau und Branntweinbrennerei. Hier brachten
1734 die Kaiferlihen den Franzofen und Garden
eine Niederlage bei.
— — eu
Quiftorp —
Quiftorp oh Ehriftian von), berühmter
deuticher Kriminali fe . zu Roftod 30. Dt. 1737,
bilitierte ſich dajelb t 1759 und erregte Aufiehen
urch En nauguraldifjertation, in welcher er bie
damals wichtige Frage « Utrum unus testis faciat
torturae locum ?» beantwortete. Er wurde 1772
ord. Profeſſor der Nechte zu Bühow, 1774 medlenb.:
ſchwerin. Juftizrat, 1780 Oberappellationsrat, 1792
von dem Kurfüriten von Sachſen als Reichsvilar
in den Adelöftand erhoben und jtarb 15. März 1795.
Von der großen Zahl feiner Schriften ftehen noch
ebt feine «Grundſätze des deutſchen peinlichen
echt3» (2 Bde., Roft. 1770; 6. Aufl,, 4 Bde.,
1809—27) in Anjehen.
Andere gelehrte Mitglieder diefer Familie waren
Johann D. geb. 1584, geit. 1648 als Profefior
der Theologie und Superintendent zu Noftod; deſſen
Eohn, m Q. geb. 1624, geft. 1699, und
Enkel, Johann Nikolaus D. ebenfalld Pro:
r Theologie zu Roftod; ferner Bern:
rofeſſor zu Roftod und Generaljuperintendentüber
chwediſch Pommern und Rügen; Theodor Jo—
ann Q. geb. 1722, geft. 1776 zu Wismar ala
rolurator und Advolat des königl. Tribunals,
den feiner Luft: und Trauerfpiele wegen Gottſched
als Dichter ſchãßte.
Quis tulörit Gracchos de seditione
querentes? (lat.), «Wer mag die Grachen er:
tragen, die über Aufruhr Hagen», d. h. Wer mag
auf den hören, der dasjenige, wogegen er eifert,
ſelbſt thut; Citat aus Juvenals «Satiren» (II, 24).
tacet, oonsentire vidätur(lat.), «Wer
ſchweigt, ſcheint zuzuftimmen», von dem wird ange:
nommen Hi er ppm: der Grundfah bes
Bapites Bonifacius VIIL., findet fi) im 6. Bud) der
«Detretalen». s
Quito, auch San: Francisco deQuito, die
Hauptftadt der fübamerif. Nepublit Ecuador und
der Broninz Pidinda, unter 0° 14’ füdl. Br., in
2850 m Sechöhe —— öſtl. Fuß des Vulkans
Pichincha am Fluſſe Muhangare, 1533 vom Con:
quijtabor Sebajtian de Benalcazar gegründet, 1541
von Kaifer Karl V. zur Stadt erhoben, ift regel:
mäßig auf ſehr unebenem Terrain angelegt. Von
den öffentlihen Gebäuden, die größtenteils maſſiv,
—* die bedeutendſten an dem großen, in der
litte der Stadt gelegenen, mit einer ſchönen Fon:
täne gr Hauptplak (Plaza mayor), wie die
Kathedrale, der erzbiichöfl. Ralaft, das Regierungs—
—— und das Nathaus (Cabildo). Für das
hönjte Gebäude gilt das ehemalige Jeſuitenlolle—
gium, das ein ganzes Strafenquartier einnimmt
und deſſen Kirche mit Säulen, Statuen und Stulp:
turen von vielem Kunſtſinn gefhmüdt ift. Es um:
fat diejes Kollegium die Univerfität mit der nod)
wohlerhaltenen, die Lage und Seehöhe der Stabt
anzeigenden Marmortafel, welche die mit der
peruan, Grabmefjung beauftragten franz. Afade:
miler (Lacondamine, Bouguer und Godin) 1736
bajelbit aufgeteilt, und einer von benjelben ein:
gerichteten Sonnenuhr; ferner das Seminartolle:
ium San⸗Luis mit Bibliothel und Gemäldefamm:
und; die Münze, ein Waffenmagazin und das Klo:
fter de los Camilos, Unter den zahlreichen übrigen,
zum Zeil ſchönen Klöftern ift das größte das Fran:
——— —— für die Sihungen des
ongre esund zu Gefängniſſen eingerichtet. Außer:
dem befist DO. ein Colegio-Nacional (ehemals Do-
efloren
h rdöyriedrihQ,, geb. 1718, geit. 1788 als erfter
Quitten 445
minifanerlollegium San: Fernando), Die Zahl der
Einwohner wird zu 80000 angegeben, Nur ein Hei:
ner Teil derjelben befteht aus Beißen (überwiegend
Grundbefiger und Beamte); die Mehrzahl bilden
Indianer und Meftizen (Cholos), Neger und Ab:
fömmlinge id gibt es fehr wenige. Fremde
balten ſich in_der durch ihre Lage überaus ſchwer
ugängliden Stadt nur wenige auf, am meiften noch
Franzoſen. Der Landbau, welcher den größten Teil
der Bevöllerung beſchäftigt, wird nur von India:
nern, nduftrie und Handel vorzüglich von Meftizen
betrieben, welche auch für fehr geichidt in der Archi:
teltur, Skulptur und Malerei gelten. Q. verfieht
einen großen Teil Südamerifas mit Heiligen» und
andern Bildern, die meift in Öl gemalt find, Man
verfertigt grobe Tude, Woll: und Baumwoll:
ewebe, gute wafjerdidte Zeuge, Strumpfwaren,
wirne, Spißen, ge twert, Goldfhmiedewaren
und Konfitüren, OD. ift der Siß der oberiten Re:
ierungsbehörden, des höchſten Gerichtshofs, des
—5— des Erzbiſchofs von Ecuador und eines
deutſchen Konfulats. Die Hauptvergnügungen der
niedern Vollsklaſſen find Hahnentämpfe und Stier:
eben, jowie die Chihahäufer, Das Klima ift ge:
und, wird aber mit Unrecht als das eines ewigen
srühlings bezeichnet. Die mittlere Jahrestemvera:
tur ijt 12,5° R,, die beiden Ertreme find 4,8 und
17,6° R. Einen Teil bes * hindurch iſt die
Witterung ziemlich — ie im Norden und Su—
den die Stadt umgebenden Ebenen enthalten viele
Gärten und gute Viehweiden. Befonders köftlich
iſt das jenfeit des Dügelß Puengafi (Roingafi) ae:
legene Thal von Chillo mit angenehmem Klima,
zahlreichen Gärten und reizenden Landhäuſern.
Großartig find die Panoramen, welche die in der
Nähe der Stadt liegenden Hfigel genen, indem
die Ausficht von denfelben er evados (Schnee:
berge) umfaßt, die Vullane Cayambe (5840 m hoch),
Antifana (5746), Cotopari (5943), Sinholagua
(4988), Corazon (4787), Yliniffa (5305), Pichincha
(4787) und Catacachi (4966 m hoch).
Quitfchbeere, Bogelbeere, ſ. a
Quitta, Ketta oder Kita, Stadt an der $ üjte
von Norbguinea, zur 45 Kolonie auf der Golp:
füjte gehörig, liegt im W. der deutfchen Beſitzung
Bageida auf einer ſchmalen Halbinsel zwiichen dem
Meere und einer Lagune und zählt 5000 €. Zu Q.
befinden fih eine hamburgi de and eine bremifche
Faltorei. Im J. 1885 brady hier eine Empörung
gegen die engl. Herridaft aus, j
Quitten heißen die Fruchte de3 im ſüdlichern
Europa einheimiſchen und jeßt auch in Deutſchland
— und da verwilderten gemeinen Quitten—
aums (Cydonia vulgaris Pers.). Die zu den
PRomaceen gehörige Gattung Cydonia unterfchei:
det fi von der ihr zumächit jtehenden Gattung
der Apfel: und Birnbäume (f. Pyrus) durd die
blattartigen, nach der Blütezeit fich vergrößernden
und die Frucht frönenden Kelchzipfel, durch die
vielfamigen Faͤcher der Srudt, durch die fnorpelig:
holzige —— des das —— um⸗
gebenden Fleiſches und die aus ſchleimhaltigen
Zellen beſtehende Schale der Samen. Die Blüten
find groß und ftehen einzeln. Die Früchte des ges
meinen Quittenbaums find groß, apfel: oder birn:
förmig, citrongelb, mit einem graulichen, lodern,
abfallenden Filze befleidet und haben einen erben
und zufammenziehenden, füßlichen oder ſäuerlichen
Geſchmad und einen eigentümlichen,, angenehmen,
4416
etwas an Ananas erinnernden Gerud. Diefelben
werden niemals roh, wohl aber gelocht und als
Quittengelde oder Quittenjirup genofjen und find
befonders für Konditoreiwaren * beliebt. In
der Heilkunde geben fie als Konſerve, Gelée oder
Quittenbrotein fühlendes, einhüllendes, doch immer
etwas adftringierendes Heilmittel ab. Die Samen
(Duittenterne) enthalten in ihrer Schale eine
große Menge Schleim (jog. Baflorin), der ſich ſchon
mit kaltem Wafler ie bt und bei Augen;
frankheiten, vorzüglich bei Entzündungen —
det, ſonſt aber auch von Konditoren und zu kosme⸗
tüicen weden benuht wird. In ber griech). —*
thologie war der Quittenapfel ber Aphrodite geweiht
und ein Gejchent der Liebe. Häufig wird jept bei
uns au der japanijhe Duittenbaum (Cy-
donia Japonica), eine im erſten Fruhling blühende,
bei und immer nur jtrauchige Art mit dornigen
Zweigen, wegen feiner zahlreichen, fait granatroten,
hönen Blüten in Gärten fultiviert. Die fablen
Früchte haben einen quittenartigen Geruch und
einen den Renetten äbnlihen Geſchmad und wer:
den in Japan al3 Obſt gegejien, lommen aber bei
uns nicht zur Neife,
Quittenäther, Quitteneſſenz, Sructätber,
befteht aus einer alloholifchen Löfung von Pelar:
gonjäureäther.
Quittung (apocha) ift die vom Gläubiger aus:
geſtellte oder auf defien Antrag bei Gericht abgefahte
Urkunde über die erfolgte Zahlung einer Schuld.
Privatquittungen lönnen gemeinrehtlih binnen
30 Tagen nad ihrer —— Grund der
Behauptung widerrufen werden, daß der Schuldner
vorzeitig, ohne Zahlung neleiftet zu haben, in deren
Beſitz gelangt ſei. Der Schuldner muß dann, wenn
er wirllich jeiner Verbindlichkeit genfigt hat, durch
andere Beweismittel, 3. B. durch Zeugen, die Zah⸗
lung darthun. Indeſſen werden Privatquittungen
gleich von vornherein unanfechtbar, wenn ſie einen
ausdrüdlichen Verzicht auf die Einrede des nicht:
gezahlten Geldes enthalten, oder wenn darin das
Belenntnis enthalten iſt, daß die Zahlung bereits
in einem frkern näber angegebenen Zeitpunlt ge:
ichehen jet. Nach Ablauf der erwähnten 30 Tage
wird die Schuld durd eine felbit ohne Grund
empfangene DO. jebenfallß getilgt. Neuere Geſetz—
gebungen an dagegen den D. fofortige Be:
weistraft zu, laſſen aber den Gläubiger jederzeit zu
dem Beweife, dab der Schuldner nicht gezahlt und
die D. nur zufällig oder irrtümlich erhalten habe.
Cbenſo beftimmt $. 17 des Einführungsgefehes zur
Deutſchen Eivilprozekordnung vom 30. jan. 1877,
daß bie Beweistraft einer D. an den Ablauf einer
Heitfrift nicht gebunden fein fol, Q. über öffent:
liche Abgaben haben ftet3 fofortige Beweistraft.
Quito, ein altes, einft ſeht mächtiges Adels:
geile t wend, Uriprungs in der Mark Branden:
urg, das noch beſteht und defien Name in dem
209 und Gute Duikom, 4 km im Nordweſten von
‘Berleberg in der Prigniß, fortlebt. I der Zerrüt:
tung des Landes während der bayrischen, noch mehr
während der luremb. Herrihaft war dieſes Ge:
ſchlecht zu folder Macht gediehen, daß der Pfand:
inhaber der Mark, Jobſt von Mähren, 1400 eins
der beiden Häupter der Familie, Hand von Q.,
zu feinem Statthalter ernannte. Da jedoch diefer
Q, die Fehden felbft ins Große trieb und das Land
hart drüdte, este er ihn wieder ab, Friedrich I.
von Hohenzollern, von Kaifer Sigismund anfangs
Quittenäther — Duote
pr Stadthalter der Marten ernannt, fpäter mit
em Lande als Kurfürjt belehnt, hatte bei jeinen
Kämpfen mit dem widerfpenitigen Abel befonders
zu —** die Gebrüder Hans und Dietrich
von U., die Söhne des Ritters Kuno auf Quitz⸗
höfel (jebt Dorf und Gut in der Meftprignik,
rechts an der Glbe und an der Mündung der Havel);
24 Schlöſſer wurden von Friedrich I. den DO. ab:
enommen; aber erjt nad) — Tode 1414 konnte
ch ſeine Autorität befeſtigen Ein Dietrich von Q.
war brandenb. Rat und laiſerl. Feldmarſchall. Gr
ftarb 14. Oft. 1569. Bol. Klöden, «Die Q. und
ihre Zeit» (Berl. 1828).
Quod erat demonstrandum, |. unter De-
monstrandum.
. Quodlibet (lat. quod libet, d.h. was beliebt),
ein aus ſehr verſchiedenartigen Teilen zu lomiſcher
Wirlung zufammengefegtes Ganzes, bejonders eine
Aneinanderreibung von Brucjjtüden verſchieden⸗
artiger belannter Kompoſitionen (mufilalifhes
Duodlibet oder Botpourri).
Quod licet Jovi, non licet bovi (lat.),
wörtlih: «Was dem \jupiter erlaubt ift, paßt ſich
(darum noch lange) nicht für das Nindviche, b.b.
eine Handlung findet nad dem Anjchen oder der
Stellung des Handelnden verfhiedene Beurteilung.
Ahnlich jagt Goethe: «Eines fchidt ſich nicht für alle,»
Quod tibi fiöri non vis, alteri nefeoöris
(lat., entiprechend dem deutichen Reimfprud «Was
ou nicht willſt, dad man dir thu’, das füg’ auch
feinem andern zu»), eine Sentenz, bie der röm,
Kaiſer Alerander Severus (geft.235 n. Chr.) öffent:
lih ausrufen ließ, wenn er jemand rügte, und
welche er aud an feinem Palaſt und verſchiedenen
öffentlichen Gebäuden anbringen ließ. Die Senten;
it die lberfepung einer Stelle aus Tobias 4, 16
(«Was du nit willjt, dad man bir thue, das thue
einem andern auch nicht», ähnlich wie in Matth. 7,
18, Zul, 6,51), welche er von Juden oder Chrijten ge:
bört und_im Gedächtnis — batte. Cine
ähnliche Sentenz findet fi Ion bei Jolrates,
welche im «Nitolles» ſagt: «A nasyovres up irdpwv
doylfesse raüra rois Adkoıg pr) moreiren (d.h. Wor:
über ihr zürnt, wenn ihr es von andern erleidet,
das thut den andern nicht), wogegen der heil. Co:
lumbanus (geit. 615) hat:
Quod tibi vis fieri, hoc alii praestare memento;
Quod tibi non optas, alii ne feceris ulli.
Quorra, ber untere Lauf de3 Niger (f. b.).
Quos Deus perdere vult, prius de-
mentat (lat.), «Welche Gott verderben will, ver:
blendet er zuvor», bie lat. Übertragung eines bei
mehrern griech. Schriftitellern vorlommenden Ge:
danlens.
Quos ego! (lat.), «Euch werde ih!» elliptifcher
Drohruf, mit welchem Neptun in Virgils «Aneide»
(I, 135) den Winden Ruhe gebietet. ,
Quot capita, tot sensus, lat. Sprihwort,
afoviel Köpfe, joviel Sinner, ift wohl der Stelle in
Horaz’«Satiren», Buch II, 1,27: «Quot capitum vi-
vunt totidem studiorum milia», nahgebildet. Ahn⸗
ih hat Plautus im « Phormio», Alt 2, Scene 4,
und Cicero in «De finibus», Bud) I, 5,15: «Quot
homines, tot sententiae», «foviel Leute, for
viel Anfichten». : ,
Quote bebeutet gewöhnlich denjenigen Bruchteil
eined unter mehrere Perſonen zu verteilenden
Ganzen, 3. B. eines Gewinns oder auch eines Ber:
(ufte8, der auf einen einzelnen fommt, wobei
Quotient — Raab (Stadt) 447
übrigens diefe Anteile fowohl gleich ald aud nad)
irgend einem Prinzip verſchieden beitimmt fein
lönnen. Man nennt aber auch D. überhaupt einen
von; mebrern qualitativ gleichartigen, quantitativ
aber auf irgend welche Art bejtimmten Anteilen,
ohne daß diefe durch Zerlegung eines Ganzen ent:
jtanden zu fein brauchen.
Quotient 7* die bei der Diviſion gefundene
Zahl, ſ. Diviſion (arithmetijch.
nenzt man diejenigen direlten
Steuern, welche nicht, wie bei den Reparti:
tions! „ eine feite Geſamtſumme (eim jog.
Kontingent ) ringen üt, das dann nad) be-
itimmnten
. zum. 8 — einzelnen I + Hi
verteilt wird, jonbern bie jeben einzelnen tigen
nit einem nad jeinen ECinlommens⸗, Befih» oder
fonjtigen Berhältniffen befonder3 beftimmten Be:
trage treffen. So find H. B. in Preußen die Grund»
und die Klaſſenſteuer Hepartitions: oder kontingen:
tierte Steuern, die Einlommenſtener dagegen eine
D. Man kann übrigens auch alle indiretten Steuern
als D. betrachten. Aemtllet), «Wie er
ousque tandem? (lat.), «Wie lange noch ?»
— gewordener Ausruf der Ungeduld,
nach den Anfangsworten von Ciceros erſter Catili⸗
nariſcher Nede: «Quousque tandem, (atilina,
abutẽre patientia nostra» («Mie lange noch, Cati⸗
lina, wirft du unfere Gebuld mißbrauchen 2
Quoy et Gat., bei naturwiſſenſchaftlichen Nas
men Abfürzung für Jean Ren“Conſtant Quoy
(geb. 10. Nov. 1790, geit. 4. Juli 1869) und Paul
Gaimard (geb. 1793. aeft. 10. Des. 1858),
R.
AM— der 18. Buchſtabe des deutſchen Alphabets,
iſt wie alle unſere Buchſtaben zunädjt aus dem lat.
Alphabet entnonmmen; da dieſes aus dem griechi:
ſchen ftammt (wo r, genannt rho, fö, bie 17. Stelle
einnimmt), das —2 aus dem phoniziſchen, jo
acht im legten Grunde das Zeidyen auf das phöni:
ze r zurüd (im bebr. Alphabet resch genannt).
Den Laut, welden das r bezeichnet, nete die
ältere Grammatil mit 1, m, n zu deu hquidae, diefe
Bezeichnung ijt aber IA meijtens eingeihränft auf
l,r (während m, n Najale genannt werben). Der
Laut x (wie I) gehört zu_bem tönenben (fonoren)
Lauten, da bei ihm ein Stimmton ftattfindet; die
Stellung der Nundorgane zur Bildung des r it im
allgemeinen die, dab der vordere Zungenſaum den
Alvcolen der Oberzähne ober dem harten Gaumen
hinter biejem ert und ber Luftſtrom durch
dieje Enge bindurdgepreht wird; es kann dabei
ugleich ein Schwingen des vordern dünnen Zungen:
—* ftattinden, das dann dem r ben zitternden
oder rollenden Laut gibt; dies Zittern ift aber nicht
an fich ein notwendiges Charalteriftifum des r,
3. DB. das engliiche r wird ohne — geſprochen.
Tas in Deutſchland viel gehörte jog. gutturale r
entitet, wenn bei der Ausiprade des Yautes das
Zäpfchen (uvula) in Schwingung verjept wird.
Das r ijt nicht bloß Konfonant, jondern fann ebenfo
wohl aud Vokal jein und ift es in vielen Spraden,
z. B. im Sanstrit vrkas(Wolf), im Serbiſchen crna
zora (Montenegro), im Czechiſchen Broo (Brünn).
Die nächſte Verwandtſchaft zu r bat 1, in den indo:
german. Sprachen wedieln r und I häufig; aber
auch andere urjprüngliche Laute find oft in r über:
gegangen, fo im Deutichen gegenüber dem Goti:
Ichen das s zwiſchen Volalen, z. B. gotiſch basi,
unſer «Beere», ebenſo im Lateiniſchen, wo z. B.
generis für — ſteht, val. den Nominativ genus.
Die Schreibung griechiſcher, mit r anfangender
Worte durch rh beruht darauf, daß im Griechiſchen
dieſe Worte vor dem r den spiritus asper hatten,
alſo mit $ (eigentlich hr) gefchrieben wurden.
Als Abkürzungszeichen jteht R undr in röm.
Inſchriften, Handichriften, auh Münzen u. ſ. w.
für Roma, Romanus, regia, regnum, restitutor
u, f. w.; ein Heined r. oder f. r. in Citaten in
bibliogr. Beichreibungen heißt recto oder folio recto
(d. i. auf der rechten Seite bes Blattes), Auf Ne
zepten bedeutet K, foviel ala Recipe (d. i. nimmt).
Auf dem Nevers älterer franz. Münzen bezeichnet
R den Munzort Orldans, auf ältern portug. Mün:
— — Rio de Janeiro. In der Mathemati N R
ür rechter Riintel, z. B. 2 R= 180°, In der Phyſik
bezeichnet R die adhtzigteilige Stala nad) Reaumur.
In der Mufil jteht R für Ripieno (f. d.) oder jür
schte Hand. Auf der Stellieibe von Tajchens
ubren iſt R die Abfürzung für Retarder (b. i. ver:
zögern), im Gegenſaß zu A für Avancer (d. i. vor:
geben), —— mie auf engl. Uhren 8 für Stower
ım Gegenſaß zu A für Advance,
B., bei — ———— Namen Ab:
fürzung für Karl Asmund Rudolphi.
a, ägypt. Gott, ſ. Re. F
Raa nennt man die quer am Maſt in ihrer Mitte
aufgehängte Stange, welche bejtimmt ift, Segel zu
tragen. Auf grosen Schiffen gibt es Ragen an
jedem Maft, vier übereinander, welche je nad) ihren
Segeln benannt werden: jo Fochraa, Großraa,
Groß:, Vor: oder Kreuzmars⸗, Bram: und Obers
bramraa. Die R. werden gewöhnlich aus Holz
gefertigt. Auf größern und namentlih auf den
Vanzerſchiffen macht man fie jedod) aus Eiſen⸗ oder
Stablbleh, und hohl. Die lateiniihe Ran,
wie fie die Heinen Fahrzeuge des Mittelmeers,
Schebecden, Tartanen u. ſ. w., noch führen, und
wie ſie auf den alten Galeeren gebräuchlich war, hat
ein dreiediges Segel. Ihre untere Spitze * auf
dem Ded, ihre obere ragt jchräg in die Höhe.
Raab (ungar. Györ over Nagy-Györ, lat. Jauri-
num), fönigl. Freiſtadt und Hauptort des gleich:
namigen Komitat in Ungarn, der Sig eins
Bischofs, der Komitatsbehörden, eines Steueramts
und cincd Stuhlgerichts, liegt am Zufammenfluß
der Naab und Nabnik mit einem Arm der Donau
(der jog. Kleinen Donau), Station der N.» Eden:
burger, der Linie R.:Steinamanger der Ungarijchen
Weſtbahn und der Linie Budapeit:Brud der Unga⸗
riihen Staatöbahnen, in einer ausgedehnten Ebene.
Die Stadt pa (1880) 20981 G., von denen etwa
drei Viertel Ungarn, die übrigen nun Deutſche
find. Die innere Stadt, welche ſeit Aufhebung der
dejtung ungemein gewonnen, üt jehr regelmäßig
gebaut, Gine beiondere Zierde it bie Promenade,
448
Unter den Sehenswürbigleiten find zu nennen: bie
alte Domlirche, neuerdings im Innern falt ganz
— namentlich mit mehrern prachtvollen
armoraltären geihmüdt; die Benediltinerlirche,
die Karmeliterlirche, die bifchöfl. Refidenz, das Ko:
mitatähaus und das Nathaus. Bon höhern Bil:
dungsanftalten beftehen eine Rechtsalademie (nad)
19jähriger Unterbredung 1867 —— ein
—— der Benediltiner, eine * Lehr⸗
anftalt und klerilales Seminar, eine Unterreal:
ſchule, eine kath. Lehrer: und eine Pehrerinnenprä:
Raab (oh. Leonhard) — Nabät
Sänger Niemann und gaftierte feitbem nur nod
an größern deutichen Theatern, biß fie nah Grün:
dung des Deutihen Theaters in Berlin
desjelben wurde, Im Genre der muntern, jchel:
miſchen und naiven Mädchenrollen ift fie eine der
beiten Vertreterinnen.
Naabe (Wilh.), ein unter dem Pieubonym
atob Corvinus befannter deutiher Roman:
hriftfteller, geb. 8. Sept. 1831 zu Eicherähaufen
in Braunfhweig, befuchte die Gymnafien zu Holz:
minden und Wolfenbüttel, ftudierte 1854 — 56 zu
Aud | Berlin Bhilofophie und Geſchichte und widmete ſich
eg ein evang. Untergymnaſium u. ſ. w. Au
findet ſich hier die luth. Superintendentur für
ben ungar. Diſtrilt jenfeit der Donau. R. iſt ein
wichtiger Handelsplag, namentlid für Getreide,
gie und Borftenvieh, und Station der Donau:
—— ———— Neuerdings hat ſich
daſelbſt auch eine eigene Dampfſchiffahrtsgeſell⸗
ſchaft gebildet. Unter den gewerblichen Etabliſſe—
ments ſind die für — und landwirtſchaftliche
Maſchinen und eine große Olfabrik hervorzuheben.
n ber Nähe von R. liegt die alte und berühmte
enebiltinerabtei Martinsberg (f. d.). — Die An:
fänge RE * bis in die Zeiten der Römer zurüd,
ie dafelbh ie Kolonie Arabona ober Rabona
anlegten. Gegen Ende des 10. Jahrh. war e3 ſchon
ein bedeutender Ort, ber in den Kämpfen zwiſchen
den — und den deutſchen Kaiſern viel zu leiden
hatte. Die Türken nahmen R. 1594 durch Verrat
ein, verloren es aber wieder durch den Überfall
unter engere und Palffy 20. März 1598.
Montecuculi erhob R. zur Feſtung erften Ranges,
die jedoch 1783 unter Joſeph LI. einging. Erft 1809
wurde bie Feltung wieder erneuert, doch 1820 aber:
mal3 aufgehoben, Am 14. juni 1809 befiegte bei
R. der Vizekönig Eugen von Italien die ungar. In—
furrettion nad — Gegenwehr. Auch 1848
und 1849 war R. welches die Ungarn ſtark befeſtigt
hatten, mehrmals Schauplap kriegerifcher Ereigniſſe
und wurde 28. Juni 1849 von den Bjterreichern
erjtürmt. — Das Komitat Raab zählt (1880)
auf 1881 qkm 109502 meift magyariide E.
Raab (oh. Leonhard), Kupferſtecher, geb. zu
Schwaningen bei Ansbach 29. März 1825, wurde
in Nürnberg in der polgtehnifchen Zeichenichule
vorgebildet und lernte dann in der Kunftanjtalt
von Karl Maier die Kunferjtchtunft. Zugleich
unterrichtete ihn in der Kunſtſchule Direktor Reindel
im Gebiete der Malerei. Nachdem er 1846/47 die
Alademie zu Münden befucht, kehrte er nad Nürn: | A
berg zurüd, wurde aber 1868 an die Atademie der
Künjte nah München berufen, wo ihm die Schule
ber Kupferftcher fpeziell zur Leitung übergeben
wurde, Bu feinen beiten Sorträts in Malerei ge:
bört das des Prinzen Albert von England, ım
uftrag der Königin gefhaffen. Seine —
Stichblaͤtter find nad Originalen von Bautier,
lüggen, Leſſing, J. Beder, Schwind, Riloty,
amberg u. a, entitanden. Auch lieferte er einen
fhönen Sti der Madonna Tempi nad) Rafael,
Raabe (Hedwig), Schaufpielerin, geb. 3. De.
1844 zu Magdeburg, trat (bon früh zur Bühne,
lam mit 14 Jahren an das Thaliatheater in Ham:
burg, fräter nach Stettin. Nachdem fie einige Zeit
am Wallner:Theater in Berlin, in Mainz und Prag
geipielt hatte, erhielt fie dauerndes Engagement
am Deutſchen Hoftheater in Petersburg, von wo
fie alljährlich Gaſtſpielreiſen nad Deutſchland unter:
nahm. Im %.1871 verheiratete fie fich mit dem
bann dem litterariichen Beruf. Im J. 1862 fiedelte
R. nad) Stuttgart Aber und 1870 nahm er En
dauernden —— in Braunſchweig. Von ſeinen
Romanen und Novellen find zu nennen: «Die Chro⸗
nit der Sperlingögaffe» (1857), «Ein Frühling»
(1857), «Die Kinder von Finkenrode» (1859), «Halb
Mäbr, halb mehr» ng: 1859),
oliniers Herrgotts Kanzlei⸗ (1862), «Tie Leute aus
dem Walde» (1863), «Ter Hungerpaftor» (1864),
«Ferne Stimmen» (Novellen, 1865), «Abu Zelfan
oder die Heimkehr vom Mondgebirge» (1868), «Der
Regenbogen» (1869), «Der Schübderump» (1870),
«Ghriitoph Pechlin⸗ (1873), ·Deutſcher Mondſchein⸗
(1873), „Wunnigel⸗ (1879), «Deutſcher Adel» (1880),
«Alte Neſterv (1880),« Das Horn von zus
er) «Prinzeſſin Filch» (1883), —— Muhle⸗
u ‚ “Unrubige Gälte» (1885). R. verfolgt in
einen Romanen und Novellen bei einer ausge:
ſprochenen Neigung zum Phantaftifchen oft eine
anz realiſtiſche Richtung, wobei er fich wejentlid
* ſeinen friſchen De und feine kernige
Sprache ——
Raaſegel, ſ. Raa und Segel.
Rab, dalmatiſche Inſel, ſ. Arbe.
Rab (ruſſ., ftammverwandt mit raböta, Arbeit,
undrobenok, das Kind), ber Sklave, Rabä, bie Stie:
vin, fpäter durch das Wort Cholöp (Knecht) ver:
point: Die Sklaverei, teild erbliche, teils zeitwei-
lige, beftand in Rußland feit ältefter Zeit und wurde
et Ende de3 17. Jahrh. von der Gejehgebung mit
der 100 Sabre vorher aus andern Urſachen ent:
jtandenen Leibeigenfchaft zufammengeworfen.
NRabanusMaurns,j.Hrabanus Maurus,
Rabaſtens, Stadt im franz. Depart. Tarır,
Arrondifjement Gaillac, reht3 am Tarn, Station
der Linie Perigueur:Figeac:Touloufe der Orleans:
bahn, hat (1881) 3092 (Gemeinde 5093) E., eine
irche mit 1860 entdedten Wandmalereien aus dem
14. und 15. Jahrh., Fabrikation von Hanfleinwand
und Hüten und Getreidehandel,
Nabät, Rebät, Rbat ober Arbet, aud
S’lab Dihedid oder Neu:Saleh genannt,
Seeſtadt an der Weftküfte Maroftos, dritter Han:
belspla und Marineftation des Neih3, linls an
der Nündung&bucdht des Led Bu-Regreg gegenüber
der alten Stadt Saleh gelegen, bietet mit feinen
zahlreihen Häufern von europ. Bauart einen fait
europ. Anblid dar, Die mauriſchen ——
En jedoch niedrig, unſcheinbar und teilweile zer:
allen. Die Kasbah iſt eine gefhmadlofe Baus
mafle, das Fort halb zerfallen, die Bazars und Bü:
der von gewöhnlicher Art, die fog. Kriegsmarine,
in einem ummauerten Hofe auf3 Trodene geleat,
beiteht aus einigen ärmlichen Kanonenbooten, wäh:
rend das anſtoßende Arfenal mit einer Anzahl alter
und unbraudbarer Kanonen verjehen it. Impo⸗
fant dagegen und ein Kunſtwerk aus der Blütezeit
a
Nabato — Rabbiner
der maurischen Baukunft iſt das 58 m hohe Minaret
der Hajlan:Mojchee, das aus einem Walde von
Drangen: und Gitronenbäumen, Binien, Sytomoren
und Cubeben hervorragt. Auch das Holllager gr
hört der beſten Zeit der mauriſchen Kunft an. R.
* (1878) 32000 E., darunter 3—4000 Singer
ie ein befonderes Viertel bewohnen, und fehr we:
nige Europäer. Nädjit ge ift R. noch immer der
auptfig der Jnduftrie Maroftos und fertigt viel
eppiche, Mäntel (Haiks), Woll:, Baummwoll: und
Seidenftoffe, Töpferwaren und Maroquinleder.
Der Handel ift ſehr geſunken; zur Ausfuhr gelangen
uptfächlid Getreide, Ol, Orangen, Ninderhäute,
chs und Färbeftoffe, bie meiſt nach England
gehen, Tabak, Schwefel und a find Mono—
volartitel des Kaifers; Vieh, Wachs, Kork und
Blutegel find Monopole, die verpacdhtet werden.
Die geringe, Einfuhr beiteht in Baumwollſtoffen,
Muflelin, Leinen, Eiſen-, Meſſerſchmiede- und Glas:
waren, Zuder, Ihee und Färberröte, N. ift Sitz
eines: deutichen Konſulats. Die Schweiteritadt
Saleb (arab. Selah oder Stab), am rechten Ufer
Bu:Regrea, gewährt mit ihrer weißen Häufer:
mafje, ihren Dlinaret3 und ſchön en Kuppeln
von Marabuts einen ftattlichen Anblid, zeigt aber
im Innern den tiefiten Verfall. Die Stadt zählt
noch 10000 E., fanatifche Mufelmanen. Der Hafen
iſt beinahe n verjandet. Das alte Sala am
Fluſſe Sala Fol ie füdlichjte röm. Kolonie in Nord:
weitafrifa geweien fein. Doc ift nicht ficher, ob
dieſe antife Stadt nicht in dem Heinen, nahe bei N.
u enen Orte Eſch⸗Schaleh zu fuchen, der, weil er
ie heiligen Grabmaufoleen mehrerer maroff. Herr:
ſcher enthält, keinem er ng juoäng-
lich ift. m fpätern Mittelalter war Saleh eine
völlig unabhängige Stadt, reich durch Handel und
Seeräuberei. E3 wurde 1755 von Muley Moham:
med unterworfen und zerftört.
Rabäto, Hauptort der Inſel Gozo (f. d.).
Nabatt (ital.) heit der nad) Prozenten feitzu:
gr Abzug vom Kaufpreis, welcher barzahlen:
en Käufern als Jnterufurium (f. d.) zugute gebt,
wenn der Preis mit Nüdjiht auf die Gewohnheit
eines längern Kreditgebens bemeſſen war (dann ge:
wohnlicher Disconto [j. d.) genannt); fodann der
Nachlaß von den bere —B womit Groß⸗
händler den Wiederverläufern eine Prämie gewäbh
rei. —3 Art iſt auch der R. welchen die Ver—
lagsbuchhändler, Muſilalienverleger u. ſ. w. von
ihren Verlagsartikeln den Sortimentsbuchhändlern
bewilligen.
Rabatte Ih) ber. umgeichlagene Saum man:
her Kleidungsitüde, bejonders der andersfarbige
Aufſchlag an Uniformen ; auch das die größern Quar:
tiere eines Gartens einfafjende ſchmale Nandbeet.
Rabaut (Paul), hervorragender Vertreter der
reformierten Kirche Frankreichs, geb. 9. Jan. 1718
in Bedarieur (Tepart. Herault), wurde 1744
reform. Geiſtlicher zu Nimes, in welcher Stellung
er fih um bie Wiederberftellung ber infolge der
Aufhebung des Edilts von Nantes zerjtörten reform.
Kirche Frankreichs große VBerdienfte erwarb. Wie:
derholt leitete er die Beratungen der reform. Na:
tionalfynode, trat 1785 nach 50Jährigem Dienſte von
feinen? Anıte zurüd, wurde in der Franzöſiſchen Re:
volution in den Kerler — und ſtarb 25. Sept.
1794 zu Nimes. Bol. Coquerel, «Histoire des
eglises ‚du deserts» (Pur, 1841); Borel, «Bio-
graphie de Paul R. et de ses trois fils» (Par.
Eonverfations » Lexiton. 19. Aufl. XTIT.
449
1854); Hugues, «Histoire de la restauration du
Protestantisme en France (Bar. 1872).
Rabaut: Saint: Etienne (Jean Paul), franz.
Redner und Hiftoriter, Sohn des vorigen, geb.
1743, widmete fi dem Predigerftande, war aber
yeleic auch Advolat. In dieſer doppelten Eigen:
haft kämpfte er für die Gewiliensfreiheit feiner
Glaubensgenoſſen, der Broteitanten, denen er beim
Ausbruch der Nevolution als Mitglied der Kon:
ftituierenden Berfammlung unbedingte Anerfen:
nung ihrer Rechte erringen half. Unter feinen vielen
Schriften hatten vorzüglich die «Considerations sur
les interöts du Tiers-etat» (Par. 1789) großen Ein:
fluß auf die öffentliche —— Nach Anflöfung
der Konſtituierenden Verſammlung beſchäftigte er
ſich mit der Abfaffung feine® «Almanach histo-
rique de la r&volution francaise» (War, 1791, mit
Kupfern), welches Wert als «Precis de l’histoire
de la revolution frangaises von Pacretelle beendigt
und_oft aufgelegt worden ift (mit R.s Leben von
Boiſſy d'Anglas, Bar. 1822). Auch arbeitete er an
der «Feuille villageoise», die er mit Cerutti ge:
gründet hatte, und am «Moniteur», Als Mitglied
des Konvents, in weldem er das Depart. Äube
vertrat, widerſetzte er fich den Blutbeſchlüſſen des
Bergs und wurde deshalb beim Sturz der Giron:
diften geächtet. Er irrte eine Zeit lang in den
Wäldern umber, kehrte aber dann nad) Paris
urüd, wo er bei einem freunde entdedt wurde,
Das Nevolutionsgericht verurteilte ihn und er be:
hieg 5. Dez. 1793 das Schafott. j
abba, Hauptort der Landichaft Nupe im Reich
Gwandu oder Gändo, im weitl. Sudan, links am
Niger, 169 m über dem Meere, auf dem hohen Ufer:
rande de3 Stroms, nahe den Stromſchnellen und
Strudeln, welde eine durch ‚den Niger ziehende
Rifflette veranlaft, hat Schiffahrt, Handel und
Induſtrie in MWollwaren, befonders in ſchwarzen
Toben oder Hemden, _
‚ Rabba oder Nabbath: Ammon, alte Stadt
im Lande der Ammoniter, ſ. Ammän,
Rabban, f. unter Rabbi.
Rabban:Hormuz, Kloſter bei El-Koſch (f. d.).
Rabbaniten heiben im Gegenjab zu den Karai—
ten oder Karäern diejenigen Juden, welde an den
rabbinifhen Überlieferungen und bem Talmud
feithalten, [induftrie ſtechniſch).
ar Leminbel: f. unter Baummwoll:
Rabbi heist im Hebräiſchen ſoviel als (mein)
Lehrer und war ein Ehrentitel der jüd. Schrift: und
Geſetzeslundigen, und zwar derer in Baläftina (die
babylonischen hießen Hab), anfangs, wie Doktor
und Magiiter nur den Graduierten gebührend; ipä:
ter wurde es zur höflichen Anrede und gleichbedeu—
tend mit Herr. Gin noch höherer Ehrentitel war
Rabban (unſer Lehrern); denjelben führten in
den beiden erjten Jahrhunderten die Präfidenten
de3 Synedriums. —
Rabbiner heißen die von den Gemeinden be—
— oder von dem Staate eingeſeßten oder an:
erfannten Lehrer des talmudiſchen Judentums. Sie
waren früher, wie nod) gegenwärtig in den osman.
Ländern, nicht bloß Lehrer der gefehftudierenden
Jugend und mit den Trauungen und Sceidungen
beauftragt fondern zugleich Prediger, Richter, zu:
weilen auch Gemeindeichreiber. Jeht beichräntt ſich
ihr Wirkungskreis meilt auf Begutachtungen des
rituell Geſehlichen, Verrichtung der Trauungen
und Scheidungen, Prüfung der Schächter und
29
450
Unlerweiſung im Talmud, In Frankreich jteht an
der Spihe der Nabbiner ein jüb. Konfitorium mit
einem Großrabbiner als Vorfikenden; im andern
Yändern gibt es Land:, Kreis⸗ und Ortsrabbiner.
Anſtalten zur Bildung von Nabbinern (Rabbiner:
feminare) gibt es in Paris, Berlin, Breslau,
Yudapeft. Früher unterſchied man vom Rabbiner
den israelit. Prediger; doc hat man, jeitdem nur
geprüfte und gelehrte Männer zum Rabbinat zu:
gelafien werden, den Nabbinern den Religions:
unterricht, das Predigen und die Yeitung des ©ottes:
dienites übertragen. ;
Nabbinifche —— — Sprache nennt
man gewoͤhnlich die Geſtaltung der hebr. Sprache,
welche IE durch Aufnahme ſtarler aramätjcher Ele:
mente ſchon in der Miſchna und den bebr, Teilen
des Talmud (f. d.) und Midraſch angenommen bat.
‘te weiter jih vom 10, Jahrh. an bei den Juden
die Sitte verbreitete, alle Wiſſenſchaften in Fed
Sprache zu bearbeiten, deſto mehr mußte ſich die
Unzulängligjteit des Althebrätihen für eine Menge
wijjenjchaftlicher Begriffe herausitellen. Man half
fi) danıit, daß man entweder den alten Wurzeln
neue Bedeutungen unterlegte (meift nach Vorgang
des Arabijchen), oder nach Analogie des Althebrät:
fchen von den alten Wurzeln neue Ableitungen bil:
dete, oder (dod) im ganzen jelten) neue Wurzeln aus
dem Aramätichen und Arabifchen, hier und da aus
dem Griechiſchen und Lateinischen aufnahm, Frei:
lich weicht infolge deſſen die rabbiniiche Sprache,
beſonders der philoſ. Schriften, von derjenigen der
bibliſchen Bücher ſehr weientlih ab. (5. Jüdi—
fche Litteratur.) Hilfsmittel zur Erlernung des
Nabbinischen find: Cellarius’ «Rabbinismus» (Zeit
1654); Nelands «Analecta Rabbinica» (Utr. 1702);
Burtorf3 «Lexicon Chaldaicum, Talmudicum et
Rabbiniecum» (Baf. 1639; neue Ausg. von Fiſcher,
Lpz. 1866— 74); Levys «Neuhebr. und chaldaiſches
Wörterbuch über die TZalmudim und Midrafchim»
(Lpz. 1875 fg.); Siegfried und Strad, «Gramm:
tit des Neuhebräifchen» (Lpz. 1884).
Nabe oder Kolkrabe (Corvus —— ein
über den größten Teil von Europa, Mittel: und
Nordafien verbreiteter Vogel aus der nad) ihm ge:
rannten Gattung, zu welcher lestern auch die
Sträben (j. d.) gerechnet werden, Er iſt von anfebn-
licher Größe, etwa 70 cm lang, fein Schnabel von
der Länge des Laufs, fein Gefieder rein ſchwarz
mit ſtarlem ftahlblauen, auf den Flügeln grün:
lihem Detallglanze. Der R. lebt paarweife, niſtet
an den einjamjten Orten, entweder auf jehr hoben
Bäumen dichter Waldungen oder auf Felſenſpitzen,
frißt —55 Mäufe, Maulwürfe, aber auch Heine
Vögel und junge Hajen, am een aber Aas. Er
äußert halbe Haubvogelfitten, iſt liſtig, ftarl, ge:
wandt, Fühn und grimmiger Feind aller echten
Raubvögel, Sein diebiiches Weſen bat man zwar
übertrieben, doch läht es ſich durdaus nicht ab:
leugnen. Harte Muſcheln und Seeigel läßt er auf
Felſen fallen, um nachher die zerſchellten zu ver:
ſpeiſen. yung eingefangen, wird er leicht pm,
lernt ſprechen und belujtigt dann durch jein laumi:
ges und liſtiges Weſen, bleibt aber doch biſſig,
diebiſch und boshaft, Den Römern galt der R. viel
bei ihren Yugurien, Die nordiihen Völker jaben in
ihm einen dem Odin heiligen Vogel. Das Weibchen
legt vier bis fünf grünliche, braungefledte Eier, und
die Brütung, in welche fich beide Gatten teilen,
dauert drei Wochen. In Amerika wird der R. von
Rabbiniſche Sprache — Rabelais
einer andern, wenngleich ähnlichen Art vertreten.
= ——— F Zeichnen. 4
abe anco berühmter franz. Sa
tirifer, geb. um 1195 u Chinon in der Touraine
(nad) andern in Seni Im fein Bater Apotbeter
oder Gaſtwirt geweien jein foll, trat bei den ⸗
—— zu Fontenay⸗le· Comte in der
Novize ein, empfing die
mn Durch eüri-
es Stud te die Mönde ‚
bie * —— — ſich mit —
au beicäft en, ze — — |
aber, em Freunde
päpff. Qudults gelangt, in ben Venebitineroxben
u
in di
Nbtei Maillans — ee
regulierten Chorberrn. Aud) Koſter verlieh;
= ohne —— md Dbern. Der
enthalt feinem Eelofie bei
R. ſehte dort feine Studien fort, :
a —
nad) Montpellier, wo er it — ⸗
dierte. Darauf Spitalarzt zu a
EBEg
trat er als mediz. Schriftiteller hervor und ließ
beiden erſten Bücher feines jatirifhen Romans er:
icheinen. Gr begleitete 1535 und 1536 als Leibargt
den Kardinal du Bellay auf deſſen ——
reiſen nach Rom und erhielt dort vom
Paul III. aufer völliger Abfolution, die Bollmacıt,
u. in den en i ——
armherziger icht auszuüben.
Nach feiner Nüdtehr nach Franfreich erlangte #.
1537 in Montpellier een Dottors der
Medizin. Gr —— [8
Drten im fübl. Sranfreich und
die Benediltinerabtei St.:Maur bei Barıs, wo ihm
vom Abt, dem Kardinal du Be ——
ſtelle verliehen wurde. Die Gunſt, deren er ficdh bei
Franz I. erfreute, ſchuhte ihn vor Verfolgungen,
denen er auch hier ausgefeht war; nad) des Königs
Tode (1547) mußte er jedodh den Schub des Hlar-
dinals du Bellay in Rom juchen einer Unter:
fuchung wegen —* zu entgehen. NS derjelbe
jpäter Bijchof von Paris geworden, erhielt R. durdı
ihn die Pfarre von Meudon (1551), im deren
er 9. April 1558 zu Paris ftarb. Sein Denfmat
zu Tours wurde 25. Juli 1880, ein anderes zu
Chinon 2, Juli 1882 enthüllt.
N. bejah eine für feine Zeit erſtaunliche
feitigteit des Wiſſens; außer den damals am all-
gemeinjten gelannten Spradhen (G Latei
niſch, Hebräisch, Franzöſiſch und Spani —
er auch das Engliſche und Deutſche — das
Holländiide, Dänische, Arabiſche und Basliſche und
mehrere franz, PBatois; dabei war er
Theolog, Matbematiter, Arzt, Jurüt,
Geometer, Mufiter, jogar Maler und Dichter. Man
bat von ihm mediz., ardjäol. S aſtron.
Kalender. Alle dieſe Arbeiten — jedod) weniger
zur Verewigung feines Namens i
iches Wert: «Das Leben des großen Rieſen
gantua und feines bodhberühmten, erlauchten Sob:
ne3 Bantagruel, ng eider,
Heldeuthaten», ein religiös:politifcher
riih-jatirücher Noman von ganz a
uhr der bei jeinem Erjdeinen
Aufſehen erregte und N, erbitterte Widerſacher,
aber auch Bewunderer unter den Anhängern der
*
—
- Nabenau — NRabiufa
umaniſtiſchen Geiſtesbildung verjdnfite, die weder
eine wunderliche Sprache noch fein Eynismus in
ihrer Hochachtung und Würdigung jeines eigenarti:
gen Geijtes beirrte. Den Wert des Werks bezeugen
die vielen von der Entitehungszeit bis auf die Gegen⸗
wart herab gaben, Überfegungen und
umfangreihen Kommentare. Der Roman iſt in
feiner groteslen Form ein Seitenftüd ſowohl 2
5 maccaroniſchen Dichtung als zur
itteratur der erſten Hälfte des 16 Sabıh.. nad
Geift und Inhalt das Werk eines ungemein origi-
nellen, vieljeitig gelehrten, fein Jahrhundert über:
ſchauenden fühnen a, in feinen Übertreibungen
und Nobeiten der Ausdrud eines in feiner
Jugend der Zucht und m ni ge:
mordenen Ingeniums. tür fehlt e3 nicht an
jatirijchen Beziehungen auf beftimmte Perſönlich—
feiten und Borgänge; aber da3 Ganze geht nicht
darin auf, infojern es aus ſich jelbft und in dem
oben Sinne verftändlid wird,
N’ Roman bejteht aus fünf Büchern, die einzeln
erfchienen; das zweite («Bantagruels, 1533) vor dem
en (188), was insbejondere wahrſcheinlich
macht, dab R. auch Berfafler der anonymen, mit
jeinem Roman bisweilen zufammengedrudten gro:
testen «Chronifen vom großen Köng Gargantua»
(2yon 1532; neue Ausg., Par. 1835) fei, als deren
Umdichtung in verändertem Geiſte der erjte von
Gargantua handelnde Teil des Romans anzufehen
und zu dem «Pantagruel» —— als Fort:
jeßung gedacht gewejen fein wird. Das dritte Bud)
erjchien 1546 zu Paris unter R.’ Namen, ftatt des
von ihm eye Ti ebrauchten anagrammatiſchen
Dieudonyns « Icofeibas ſiers; das vierte, dem
Kardinal von Ehätillon gewidmet, mir
1552; das fünfte, das er unvollendet binterlich,
elf Jahre nad feinem Tode (1564). Die beiten
Ausgaben find die von Leduchat und B. de La:
monnoye (5 Bde., Amſterd. 1711 u. öfter), von
Esmangart und Eloi Johannot (9 Bde. Bar, 1823
— 26), von Lacroir (Par. 1854), von Vurgaud bes
Maret3 und Rathery (2 Bde., Bar. 1857—58), von
Barre (Par. 1876), von Cheron Be 1816 fa.).
Die engl. liberjeßung von Th. Urdard und B. de
moteur (2 Bde., Lond. 1708, feitdem öfter wieder
aufgelegt, vermehrt und verbejjert) wird von den
Engländern als ein Muſter in Ne Art betrachtet.
Gine bolländ, Überſetzung se ien bereit3 1682
(2 Bde., Amfterd.) voneinem Pſeudonymus Claudio
Gallitatio. Am früheiten aber ward R. in Deutich:
land eingeführt durch feinen Geiltesverwandten
Joh. Fiſchart, der 1575 den «Gargantua» und
«Bantagruel» frei bearbeitete. Eine klaſſiſche archäi:
fierende deutjche Überfehung mit Kommentar gab
Regis (2 Ile. in 3 Bon., en. 1832 —41), eine
in der heutigen gebildeten Sprache geſchriebene
4. Gelbde (Lpʒ. 1880). Vgl. Brunet, «Recherches
bibliographiques et critiques sur les &ditions
originales des cinq livres du roman satirique de
R.» (Bar. 1852); Lacroix, «R.,savie et ses euvres»
rt. 1859); Mayrargues, «B., etude sur le
VIe sieele» (Par. 1869); Fleury, «R. et son
auvrer (2 Bde. Par. 1877); Sebdart, «R., la
renaissance et la röforme» (Nancy 1877).
Nabenau, Stadt in der ſächſ. Kreishauptmann:
ſ Dresden, Amtshauptmannſchaft Dresden:
Altitadt, an und auf einem rechts über der Noten
ſich _erhebenden Berge, Station der
ihmalfpurigen Setundärbahn Hainsberg: Schmiede:
451
berg⸗Kipsdorf, hat (1880) 2021 E,, eine Dungpeine
und eine bereit3 1710 gegründete ſiarle Stuhlbaue⸗
vei, N. und der Nabenauer- Grund (Meiherib:
thal) find ein befichtes Ausflugsziel der Dresdener.
Nabener (Gottlieb Wilh,), deuticher Satirifer,
geb. 17. Sept. 1714 auf feines Baterd Gute Wachau
bei Leipzig, beiuchte die eilt zu Meißen
und jtudierte feit 1734 auf der Univerfität zu Leip⸗
zig. Im J. 1741 wurde er ai des
Leipziger Kreiſes, 1753 Oberjieuerjelretär in Dres:
den und 1763 Steuerrat. Gr jtarb 22. März 1771.
Zuerſt trat er als Satiriler feit 1741 auf in den
von Schwabe herausgegebenen «Beluftigungen de3
Verftandes und Mibes», dann in den «Bremer
Beiträgen». Die in diejen Zeitihriften zuerit er:
Ichienenen Satiren füllen bie erjten beiden Bände
feiner «Sammlung ſatiriſcher Schriften» (Lpz.
1751), denen er 1752 einen dritten («Satirifde
Briefe») und 1755 einen vierten Band folgen fie,
welche bis 1772 zehn Auflagen erlebten. Die von
x geſammelten «Freundihaftlichen Briefe» gab
. 3. Weihe heraus nebft einer hurzen Biographie
des Berfafiers (Lpz. 1772); auch bejorgte derielbe
eine Ausgabe der Jämtlichen Schriften R.s (6 Bbe,,
a: 1777; neuejte Ausg., beraudg. von Ortlepp,
4 Bde,, Stuttg. 1840), Seine Satiren, in die er nie
Berfönlichleiten bereinzog, ftellen mit heiterer Laune
und gutmütigem Wiß im einer leichten, gefälligen
Profa die Thorheiten der mittlern Stände dar.
Rabenfrähe, ſ. unter Hräbe, _,
Rabenſchlacht, der Name einer Dichtung aus
dem Kreiſe der Sage von Dietrich von Bern, die
in der zweiten Hälfte des 13, yabrb. ein Spiel:
mann verfaßte, wahrfcheinfich derjelbe Heinrich der
Bogler, der das Gedicht von Dietrihs Flucht ſchrieb.
Die Strophenform ift der Nibelungenftrophe nad):
gebildet. Grhalten it das Gedicht nur in über:
arbeiteter Geftalt mit duchgeführten Eäfurreimen.
Den Inhalt bilden die Kämpfe vor Naben (Ra:
venna), welches Ermenrich belagert, während Diet:
rich vor Padua liegt. Etzels jugendliche Söhne und
Dietrich3 jüngerer Bruder Diether verlaſſen das
Heer, verirren fih nach Ravenna und werden von
Witich erſchlagen. Diefe Epifode bildet den Aus:
gangs- und Höhepunft der Erzählung. Dietrich
nimmt Rache und verfolgt Witid bis and Meer,
wo eine Meerfrau den Fliehenden aufnimmt. Her:
ausgegeben iſt das Gedicht von von der Hagen
und Primiſſer im «Heldenbuch» (Bd. 2, Verl. 1825),
in von der Hagens «Heldenbuch» (Bd. 1, Lpz. 1855)
und von E. Martin im « Deutfchen Heldenbud) »
(Bd. 2, Berl, 1866).
Rabeuſtein nannte man ehedem den erhöhten,
von Steinen aufgemauerten Plab, auf welchem bie
Enthauptung von Berbrechern ftattiand, weil da-
jelbft gewöhnlich Naben in Maſſe fih aufzuhalten
pflegten. Die R. dienten als Zeichen der peinlichen
Gerichtsbarteit und fanden ſich daher fat in allen
den Städten, denen dieſe zujtand, find aber in
neuerer Zeit befeitigt. j
Nabenftein, Weiler im bayr. Negierungsbezirt
Dberfranten, Bezirkſamt Pegniß, in der fränf.
Schweiz; dabei die Sophien- oder Rabenfteinhöhle.
(S. unter Muggendorf.)
Rabies canina, ſ. Hundswut.
Rabiuſa oder Rabioja, zwei wilde Bergwaſſer
im jchmweiz. Kanton Graubünden, von denen das
eine, au Safierrbein genannt, am Bärenhorn
(2932 m) entipringt, das Safierthal und da®
29, *
452 Nabnig — Nadel Felir
lyriſche Empfindung. In ag und Stil ift er
weniger lorreit als fein Lehrer Malherbe defien
Leben er auch beſchrieben hat. Eine neue Gefamt-
ausgabe — —5 hat Tenant de Latour
(2 Bde. Par. 1857) beſorgt.
Racconigi, Stadt in der ital, Provinz Cuneo
ca zu ‚ reht3 an der Maira, Station der
Gifenbahn Turin:Euneo, hat (1881) 9471 E., ein
Eur — mit 1755 von Le Notre nn
Bart, einit Pieblingsaufenthalt des Königs Karl
Albert von Sardinien, ein Gymnafium, ein großes
Hoipital, Seidentultur, Seidenipinnerei, Fabriten
von Wollwaren und ftarte Schuhmacheret.
Raoe (frz.), Raffe, f. Art und Menſch.
a oviel wie Eumeniden.
achel,
Verfamertobel durchſließt und nad) 20 km langem
Eu 90 km oberhalb Neichenau rechts in den
Borderrhein mündet, das andere von der Majler:
fcheide der Qenzerheide nordlich durch das Thal von
Ehurwalden fließt und ic bei —— i km
fudlich von Chur, in die effur ergiebt.
Nabnitz (ungar. — linter Nebenfluß ber
Raab, jan Kane in Niederöfterreich weitlid, vom
Stidlberg, durcfließt die ungar. Komitate Oden⸗
burg und Raab, fowie den Sumpf Hanſäg deſſen
zum Reuſiedlerſee gehenden Haupttanal fie lints
— und mündet bei der Stadt Raa
abuliit (vom neulat, rabula), Zungendreſcher,
——
abutin (Roger de), Graf von Buffy, franz.
General und S tiftiteller, geb. 18. April 1618 zu
ai (Depart. Nitvre), diente feit feinem 12. Jahre
im Regiment feines Vaters und ftieg raſch bis zum
Generallieutenant empor, verfeindete ſich aber mit
dem Marihall Turenne und muhte die Armee ver:
faffen. Er ping nun an den Hof, wo ihm ein
Spottgebicht Auf bas Verhältnis Ludwigs XIV. mit
der La Palliere die königl. Ungnade in foldem
Mahe zuzog, daß er ein Jahr lang in die Baftille
geſeht, jodann auf feine Güter verbannt wurde und
erit nach 16 Jahren wieder in Verfailles ericheinen
durfte. Später lehrte R. nad Burgund zurüd,
Hier fhrieb er unter andern Werken «M&moires»
(2 Bde., 1696; neu herausg. 1857) und «Lettres»
(7 Bde., Par. 1697 und 1709; neue Ausg., 5 Bde.,
185859). Er ftarb zu Autun 9. April 1693.
Sein Hauptwerk ift die «Histoire amoureuse des
Gaules», zuerjt 1665 in Lüttich gruß, feitdem
fehr oft wieder herausgegeben (2 Be., Bar. 1857;
2, Aufl, 1858, mit Einleitung und Anmerkungen
von Roitevin). f i
Nacahon ift der Name eines meblbaltigen
Nahrungsmitteld, weldes zu verhältnismä ig
ohem Preife verkauft wird und hauptſächlich aus
Reis: und Kartoffelmehl fowie aus Zuder beftebt,
dem noch einige andere Zufähe, wie Chololaden—
pulver, Saleppulver, Dertrin (Röftgummi), Na:
nille u. f. w. beigefügt find. Es wird zu ftärtenden
Suppen verwendet und ſoll die gefdmwächte Ver:
dauung wiederberitellen, ſowie überhaupt die «ver:
(orenen Kräften erfepen. Urfprünglid war das N.
ein ſchwach geröftetes Pulver der in Algerien wad):
fenden ekbaren Eicheln (der Früchte von Quercus
Ballota) und fam als Racahout des Arabes
in den Handel. Bald aber wurde dieſes echte R.
dur obige Miſchungen nahen. Meder das
echte nod) das * eahmte R. beſitzt den, hohen
Nahrungswert, we En die Nellame ihm beilegt.
aealmuto, früberauh Nealmuto, Stadtin
der ital. Provinz und im Bezirk Girgenti, ——
cilien, Station der Eiſenbahn Aragona-Caldare—
Gatania, hat (1881) 13434 E. und Bergbau auf
Schwefel, Salz und Quedüilber.
Racan (Honorat de Bueil, Marquis de), franz.
————— geb. 1589 zu Laroche⸗Racan in der
ouraine, geſt. dafelbft 1760, war zuerft Page am
Hofe Heinrichs IV. und lebte, nachdem er als Offi⸗
zier einige Feldzüge mitgemacht, zu Paris im Um:
gange mit den ausgezeichnetiten Männern der da:
maligen Zeit. Er war eins der eriten Mitglieder
der Sranzöfiichen Atademie. eine «Bergeries»,
Heine Schäferdramen im Gefchmade des « Pastor
fido», find liebliche Bilder des Yandlebens. Manche
feiner «Po6sies diverses» (1621 u. öfter) zeigen echte
Berg im Böhmerwald, f. u. Arber.
Rachel (Koahim), fatirifcher ee b.
28. Febr. 1618 zu Funden in Norderd der,
ward 1652 Neltor der Schule zu Heide in Dith-
marfchen, 1660 der zu Norden in Dftfriesland und
1667 der zu Schledwig, wo er 3. Mai 1669 ftarb.
R, war in der funftmäßigen, verfifizierten, den röm.
Muftern nachgebildeten deutſchen Satire der be—
rühmtefte Dichter feiner Zeit, Er gab zu ſechs
«Deutiche fatiriſche Gedichte» (Frantf. 1 und
dann noch einzeln zwei andere heraus. Alle acht
erfchienen zufammen 1667, worauf bis in die Mitte
des 18. Jahrh. noch elf Ausgaben jene mit zehn
Satiren, von deren beiden legten die Echtheit aber
nicht feftiteht. Neueſte Ausgabe der a t Satiren
mit Anmertungen u. f. w. von Schröder, Altona
1828.) R.s Satiren beziehen ſich auf Verhältnifle
des Privatlebeng, 3. B. die Kinderzucht, und zeigen
ur fittlich-ftrengen Eifer ala Humor und
Vol. Sad, Joachim R.» (Schleswig 1869).
Rachel Felig, eine der größten neuern Tragd:
dinnen, geb. 28. Febr. 1821 in einem Wirts hauſe
uMumpf im Kanton Aargau, ſtammte von armen
Srael. Eltern, Die Familie —— die
und deutſchland, bis fie zu Lyon einen
nahm, wo die ältefte Tochter, Sarab, fingend in den
Kaffeehäufern umberzog, begleitet von R.
das X. 1830 fam die Zamilie nad) Paris, und auch
der ehten die beiden Geſchwiſter ihr Gewerbe fort.
oron, der Direltor der Schule für Kirhenmunt
fernte fo R. kennen, nahm fie in feine Schule auf,
und als fie keine Anlage zur Sängerin, wohl aber
dramatiiches Talent zeigte, Grad er fie in der
Detlamationsichule von Bagnon St.:Aulaire, Mit:
glied des Theätre frangais, unter. Am 26. Oft.
1836 fpielte R. auf einem Heinen, von St.:Aulaire
errichteten Theater die Rollen der Hermione und
der Soubrette im «Philosophe marie» von Molitre
mit Beifall. Poirſon, der Direltor ded © k
engagierte * of R., u * —* 2
«Die Wendeerin» tierte, aber ohne
Bit der Direktor fie fortan nur in —
ollen auftreten ließ. N. wandte ſich darauf an den
berühmten Schaufpieler Samfon, der —
ab, und bald wurde fie von Vedel für das Theätre
Francais gewonnen. Sie trat zuerjt 12. Juni 1898
in den «Horatiern» auf, und fortan waren ihr Glüd
und ihr Nubm begründet. Im J. 1840 fchloß fie
mit dem Theätre rancais ein feltes
das ihr mit Einfluß der — ——
(ic) 60000 Fre. eintrug. Außerdem erhielt fie
das Jahr einen dreimonatli Urla
den fie zu einträglichen ra in allen Ländern
Guropas, zulept felbft in Nordamerila benutte.
Nahen — Nacine
Die bedeutenden Erfolge indes, welde Adelaide
Nütori 1856 in Paris errang, verfehten fie in große
Reizbarleit, Um ihrer Nebenbublerin auszuweichen,
trat fie eine Kunftreife nach Amerita an, von ber
fie mit reichen Einnahmen, aber lörperlich gebrochen
rer Vergeblih ſuchte fe Genefung in
loypien; e ſtarb 8. San, 1858 in einem Landhaufe
zu Canet bei Toulon, welches fie im Herbit 1857 be:
zogen hatte, Bon ihren beiden natürlichen Söhnen
wurde der ältefte vom Grafen Morny anerkannt.
Die Beilehung ihrer überreſte erfolgte zu Paris,
auf dem Pere⸗ Lachaiſe. N. brachte auf der franz.
Bühne das Trauerfpiel wieder zu Ehren, und na:
mentlid war es bie altklaſſiſche franz. Tragödie
(Racine, ‚Corneille, Voltaire), in ‚der fie ihre
Triumphe feierte und die Majeität ihres Genies
entfaltete, In modernen Traueripielen dagegen
zeigte jich ihre Größe weniger. Ihre antife Hal:
tung ‚ ihr mächtiges 358 ihr reines Organ, ihr
ſtrenges Marmorgeſicht und zugleich das Freiſein von
jedem nationalen Gepräge und Pest Schultradition
befähigten ſie durchaus für die klaſſiſche Darſtellung.
* Janin, «R. et la tragédieo (Par. 186833.
achen ober Schlund (fauces, pharyux) heißt
der im Hinterhaupte und Halſe gelegene laum, in
welchen die Nafen» und Mundhöhle gemeinfchaft:
li münden. Bon der Mundhöhle ift der R. durch
den — — (isthmus faucium) —
welcher vom Gaumenvorhang und den Gaumen:
bogen mit den Mandeln begrenzt wird; mit der
— — hängt er durch die beiden hintern Naſen—
gänge, die jog, Ghoanen jeisumen. Am gel iſt
die vordere Wand desſelben durch die Zungen—
wurzel gebildet. Die hintere Wand iſt gewoͤlbt und
beſteht oben aus dem Boden der Schädelhöhle,
unten aus den Weichteilen des Halſes. Unten
fpaltet ſich der R. in zwei Kanäle, die hinten ge:
legene Speiferöhre und die vorn gelegene Luftröhre
mit dem opt: Durch den R. gelangt aljo der
aus ber Nafe abjliehende Schleim entweder in den
57 oder in die Mundhöhle, ferner die Luft in
die Yunge und aus derielben, ebenfo Mageninhalt
Deine Erbrechen) und Lungenjelret (Schleim) in die
undhöhle. Durch die Selretionen der den R.
auslleidenden Schleimhaut, fowie durch den ver:
ihludten Speichel wird der N. fortwährend feucht
erhalten, Nach außen wird die Rachenſchleimhaut
von einer Lräftigen Musfelhaut (constrictores
haryngis, Nacdenjchnärer) umgeben, durch deren
ufammenziehung bie Nacenböble verengert wird,
(©. Shlingen) Da der N, nicht bloß beim
Schluden, fondern aud beim Atmen, Sprechen
und Singen fortwährend gebraucht wird, auch der
Einwirkung Ihädlicer Subjtanzen ausgeſetzt wird,
jo befindet er ſich oft in krankem Zuſtande.
Unter den Erfranfungen des R. ift der Ka—
tarıh (Pharyngitis) die gewöhnlichite. Bei dem
afuten mapsntatartd. der oft unter Fieber
verläuft, tritt eine ſtarle Nötung und Schwellung
der Schleimhaut, namentlih aber der Mandeln
und ihrer Umgebung ein, ſodaß der Racheneingang
mehr oder minder vollitändig geſchloſſen ift (angina
faucium). Es findet dabei eine leb m chleim:
und Speidelabjonderung ftatt, welche fortwährend
zum Schluden Butt (Leerfhluden), die Sprade
iſt geftört, näfelnd und undeutlich, die Mandeln
abjcedieren häufig, die Schmerzen und bie Atem:
not find nicht unbeträchtlih. Der chroniſche
Rachenkatärrh findet fi befonders bei ſolchen
7
453
Leuten, welche viel ſprechen müſſen (daher auch
Schullehrerbräune genannt, in — clergy-
men sorethroat, in Frankreich angine elericald),
und nicht felten bei ſolchen, welde viel rauchen.
Die Rachenſchleimhaut iſt hierbei gerötet, Lörnig,
verdidt und mit erweiterten geſchlaͤngelten Venen
—— durchſetßzt; auch wird mehr Schleim abge:
ondert, der zu häufigem Näufpern und Hüjteln
nötigt. Nicht felten ergreift der Katarrh aud die
benachbarte — wodurch dann die
Stimme belegt, heiſer und klanglos erſcheint. Der
chroniſche Rachenlatarrh ift mehr läftig als gefähr:
lich und wird häufig eine andauernde Quelle jhwerer
——— Während man beim akuten Rachen⸗
fatarrl) am zwechmäßigſten abwartend Dee und
alle energifchen narife meidet, behandelt man
den chroniſchen Katarrh des R. am beiten durch
volllommene Ruhe, Gebirgs: und Waldluft, Trink:
furen, Bepinfeln und Inhalieren adftringierender
Subjtanzen (Alaun, ſchwa e Höllenfteinlötung x).
Yon ‚probe Wichtigkeit ift bei der Behandlung
chroniſcher Rachenkatarrhe die Abhärtung des Kör:
en durch kalte Bäder im Fluß oder Schwimm:
affin, tägliche lalte Abreibungen u. dgl. Ber:
didungen und Wucherungen der bintern Rachen—
wand werden am beiten durch ähende Mittel
(Höllenftein, Galvanofauftit) belämpft.
Die wichtigſten, weil geſährlichſten Erkrankungen
DEN. find Krupp (f.d.)u. Diphtberitis (j.d.).
NRacenbräune, jede beftigere Entzündung der
Rachenſchleimhaut; —— oder epidemiſche
Rachenbräune ſoviel wie Diphtheritis (ſ. d.).
Rachenkatarrh, ſ. unter Rachen.
Rachenlilie, ſ. Antholyza.
Nacine, zweitgrößte Stabt des nordamerik.
Staates Wisconfin, liegt am Michiganſee und an
der ar, des Noot:Niver und iſt mit Mil:
waufee und Chicago durch die Chicago:Milwautee:
und St.-Paul: und durd die Chicago: und North:
a lan verbunden. Im J. 1848 infor:
poriert, zählt fie (1880) 16031 E., von denen viele
Deutiche oder deuticher a rang find. N. hat
viele und große Fabriken, in denen landwirtſchaft-
lihe Maſchinen, beſonders Dreſchmaſchinen und
Kornſchwingen, Wagen, Möbel, Schulgeräte, Pia—
nos, Schuhe und Stiefel, Segel und Tauwerk,
Shawls und Wollwaren, Eisſchränle u. ſ. w. ber:
eſtellt werden; ferner mehrere Banken, ein Waiſen—
rg mehrere Hofpitäler und Wohlthätigkeite—
anftalten. Das Racine:College wurde 1852 von
der Proteftant:Episcopal: Kirche gegründet, bat
ſchöne Gebäude und eine Bibliothet.
Racine (Jean Baptifte), berühmter franz. Tras
gödiendichter, geb, y a Ferte⸗Milon in der Picardie
21. Dez. 1639, der Sohn eines * Verwaltungs⸗
beamten, lernte Lateiniſch im Kollegium zu Beau—
vais, Griechiſch im janſeniſt. Kloſter zen
unter Leitung des berühmten Grammatikers Claude
Lancelot. Nachdem er auf dem College d'Harcourt,
dem jehigen College Saint:Louis (zu arie), feinen
philof. Kurjus were machte er ſich bei Hofe
durch eine Ode auf die — ung Ludwigs XIV.:
«La nymphe de la Seine», befannt und gewann
durch eine zweite Dde: «La renommöe aux Muses»
(1663), Boileaus Freundihaft. Seine auf Ver:
anlafiung Molieres 1664 aufgeführte erite Tragödie
ala Thebaide ou les fröres ennemis» errang leid:
lihen Erfolg, gröbern die folgende «Alexandre»
(1665), obwohl beide weder den Regeln der fran;.
454
Tragödie vollftänbig entſprachen, noch R.s Cigenart
und feinen Gegenfak zur beroijch:polit. Tragödie
Eorneilles deutlich zum Ausbrud brachten. Dies
war erjt der Fall mit bem dritten Stüd «Andro-
maque» (1669), en welches R. die franz. Liebes:
tragödie und md ſelbſt als den Reformator der dra:
matifhen Sprache Frankreichs inaugurierte. R.
hat dasſelbe Motiv in ſeinen folgenden Tragödien
«Britaunicus» und »Iphigénie en Aulide» (1669),
«Berenice» (1670), «Bajazet» (1672), «Mithridate»
(1673), Phedre (1677), mit fi fteigernder
tiefung, Feinheit und wachſendem poetifhen und
veredelten Ausdrud, am erihütternditen wohl im
Iebigeme unten Stüd behandelt. Am J. 1673 wurde
N. zum Mitgliedder Franzoſiſchen [tademiegewählt.
Von religiöfer Schwermut ergriffen, 30g er fich von
der Bühne zurüd, heiratete ein Fräul in —
und führte nun ein frommes, zurũdgezogenes
milienleben. Grit 1689 fchrieb er, a itten er
Frau von Raintenon, «Esther» rdie linge bes
Sräuleinftifts St..Eyr, und zulept, auf langen
des Königs, «Athalie» (1691), zwei biblifche Tra-
gödien, von denen bie lehtere * der Ein Sole
der Handlung, der Mannigfal K unb Ho
der Werfonen, der religiöſen Begeifterung und
wegen ber ergreifenden Lyrik der Chöre, als R.s
Meiſterwerk gilt. R.s Tragddien find der Ausdrud
einer edeln harmonifchen Perfönlichteit, bie aud)
den böfen Charakteren eine gemifle Rornehmbeit
verleiht, das Kraſſe, Niedrige und Triviale überall
vermeidet, meiſt au erte voll dramatifchen | a
vchens bei aller Regelitrenge, reich an Gebanten
und wo ach in ber Sprache, und in allen
diefen ungen ben franz. Tragödien des 17.
und 18. % ab, überlegen. Ym_ ariftophaniichen
Stil geſchrie und bes ee pen»
— et iſt fein Luſtſpiel «Les pisklonrss
*2 eine Verſpottung der Advolaten. Außerdem
chrieb R. Epigramme, Oden und religiöſe Lieder,
—* Gefchichie von Port: Royal, zu welcher fein
Ehrenamt eines Hiftoriographen der Krone Frant:
reich die ren, ung geboten, ferner liberjegungen
aus dem Griehiihen und Briefe. Seine gleihialls
in —— Een **8* verfaßte gungen e Frant:
reis unter Ludwig XIV. wurde von ihm in der
Handfhrift verbrannt, nur vereinzelte Notizen und
Bruchftüde find davon übrig. Ein Finanzreform:
plan, den er auf Antrieb der Frau von Maintenon
ausgearbeitet und ber vom Könige bei derielben
gefunden ward, raubte ihm Ludwigs XIV. Gunft;
der Gram darüber foll jeinen 26. April 1699 zu
Paris erfolgten Tod zur Folge gehabt haben. Bon
den zahlreihen Ausgaben feiner jämtlichen Werte,
deren erite 1697 erſchien, iſt die ſchönſte die von
Didot (3 Bde., Par. 1801—5, mit Hupfern), die
pol han rich: * von Martin (1. Aufl., Bar. 1826;
5. ‚ Bar. 1844), die befte die von
—— 8 Bier ‚Bar. 1865 fg.) mit Ginleitungen,
Varianten und Borterbud). Gine vollftändige
deutfche fiberfeßung der Dramen lieferte H. Vieboif
6 4Bde., Berl. 1870), eine Auswahl Laun (Hild:
urgb. 1869). Bal. Stop, aR,, sa vie intime et sa
correspondance avec son fils» Bar. 1874); Picot,
«Bibliographie Racinienne» (Bar. 1876).
Sein Sohn, Louis R., Dichter und Schrift:
* geb. 6. Nov. 1692 zu Paris, geit. ebenda:
29. Yan. 1763, iſt bekannt dur) religiöfe
Weine, «La religion» und «La gräce», zwei
— geſchäßte, doc) wenig geleſene, kalte, torrefte
Rad — Raczynſſli
* Auch ga * er — *—— a. *
ſeines Vaters und Bem ——
Kann beraus. Seine gefamten Sch 7
oͤfters gebrudt (am volljtändigiten, 6 Bde., Par.
1808). De-la Roque veröffentlichte «Lettres in-
edites de Jean et Louis R.» (Par. 1862).
Ba}: Arral,
Nade, |. A neltrane
— * per —— Auer: und Birk:
el, f. unter Birthu
ee f. Raketen.
Naiti (fpr. Ratſchli, Franjo), kroat. Geſchichts⸗
und Altertumsforſcher, geb. 25. Rov. 1829 in Aujine
bei Fiume, ftubierte a riefterfeminarien und
an der In tät Wien. uf war er 1857—
60 Kanonikus De yrifhen Kapitels in Rom
und ward 1866 bei Begründung der Südjla
Alademie in Agram zu deren re ee
welche Würde er noch belleidet. R. fchri
alter und die Wirlſamleit der Slawenapoftel En
und Method» (2 Bde., Agram 1857—59), woran
fih eine Unterfuhung über die altſlaw. Schrift
anſchloß (Agram 1861 Rom kopierte er das
ſog. Aſſemaniſche ober atilaniſche Evangelium
agolitifche ſchrift) und gab es mit Jagit
eraus (Agram 1865). Seine fernern Arbeiten über
üdflaw. Gefchichte, die Bogomilen * Patarener,
Ausgaben alter Litteratur a. erfchiemen
in ber Beiticheift «Knjizevnik», im ads und ben
«Starine» der Sudſlawiſchen ‚zum Zeil
au befonderd. Auch war er als 5 Mitofieb des
froat. Landtags und pefter Reihötags an den Aus-
gleichsver nt R yotylen Kroatien hey Fr
See zur 1) un ie: bas Bra
ra — 1861) und über
Gabe, Dom, | enter Hednis.
‚um edni
—8 Berta e Mi
Gouvernements 3 nörblich von Stra:
fau, in defien langem Thalwege Rofciufzlo 4. April
1794 den rufl. General Tormaflow unter Beibilfe
der mit en bewaffneten Bauern befiegte.
Näczteve, —— F Cſepel.
Naczynſfki, eine großpoln. —— aus un
Stanme Nalecz, — ———
der kurländiſchen und der im *
gen, blüht und aus welcher mehrere
I oben Staatd: und Kirchenämtern in «ro =
angten. — Rafimir R. ( 1824), Krongroß
marſchall und General von oßpolen,, ftellte ftellte ben
von feinem Enkel Eduard R. herausgegebenen hiſto⸗
riſch wichtigen «Codex diplomaticus Majoris Po-
loniae» Bi 1840) — — Sein Schwie
gerſohn, Bhilipp R. (geſt. 1804), war General
im poin. Heere und hinterließ zwei Söhne, welche
1824 den preuf. Grafenftand erhielten.
Der ältere, Graf Eduard R., geb. 1786 in
Pofen, ftudierte zu Frankfurt a. D., wo er ſich
bauptfählic dem Spraditubium und den Natur:
wiſſenſchaften zuwendete. Nach dem Ginrüden Ra-
poleons in Polen 1807 trat er ins Be Heer und
nahm al3 Hauptmann an mehrern Schlachten teil.
Darauf wurde er Landbote au DE. Reichstage
den Friedrich Auguſt 1812 na u —
Er unternahm 1814 eine Reiſe N antinopel
und der Heinafiat. Hüfte, die er in einem mit präd-
tigen Kupfern auögeftatteten Werle (deutſch von
5 MW, von der Hagen, Bresl. 1827) beichrieb. Die
ange Reihe der von ihm herausgegebenen poln.
ee
Nad — Nadabweijer
Werte eröfjneten die «Briefe des Königs Johann
Sobiefti an feine Gemahlin während de3 Feldmmas
vor Wien» (deutih von Decdäle, Heilbr. 1827),
denen bie wichtigen «Memoiren Bafjels» deutſch
von Steftend, Bresl. 1838), die Memoiren de3
Furſten recht Radziwill, Wobielis, Kitowicz'
u. a. folgten. Hieran ſchloß ſich eine quellenreiche
Sammlung einzelner Werle unter dem Titel«O
Polski i Po (21 Bde., Poſ. 1840), ferner
Geſchichte der Negierung Johann Kaſimirss.
Gie neing lieh er eine poln. «Bibliothek lat. Alaifi:
> in * rg er ſelbſt —*
s po un nzoſiſch erſchienene prachtvo
Wert «Gabinet medalöw polskich» (Bb. 1 u. 2,
Verl. 1845; Ddb.3 u.4, Poſ. 1841—48) und die
durch einen Atlas erläuterten «Wspomnienia Wiel-
kopolski» (2 Bde., Bof. 1842—43). Seine befon:
vers für die poln. Litteratur wichtige Bibliothet
von etwa 21000 Bänden fchenkte er mit einem
großen Gebäude der Stabt Poſen. Mibmut über
Kräntungen, die er von den poln. Parteien zu er:
dulden hatte, veranlaßten ihn, wie es ſcheint, fi
20. Yan. 1845 das Leben zu nehmen.
Sein einziger Sohn, Graf Roger R., geb.
7. Juli 1828, ern geiftige Befähigung
und Bildung, Wohlthätigleits: und Gemeinfinn,
ftarb finderlos 24. Febr. 1864 in Paris. Erveröjient:
Lichte mehrere franz. und deutjche Schriften, unter
a : aLa justice et la monarchie populaire»,
Der vor Bruder von Eduard R. GrafAtha:
nafius R., geb. 2. Mai 1788, wurde preuß. Ge:
1863 in ‚1854 zum erblichen Mitgliebe des
preuß. Herrenhanje3 ernannt. Er ſammelte eine
tojtbare Gemäldegalerie, die von ihm in feinem
Palais zu Berlin aufgeftellt wurde, jebt_aber
der dortigen Nationalgalerie einverleibt ik. Durd
jeine «Histoire de l’art moderne en Allemagne»
(3 Bde., Par. 1836—42; deutſch von F. 9. von
der Hagen, Berl. 1836—42) und «Les arts en
Portugal» (Bar. 1846) er ſich al3 einen gedie⸗
genen und geihmadvollen Kenner bewährt. Er
pab auch unter dem Titel «Geſchichtliche For:
chungen von Athanafius NR.» (2 Bde., Berl. 1860
—63) die Geſchichte jeiner Familie heraus. R. ftarb
in Berlin 21. Aug. 1874. — Sein einziger Sohn,
Graf Karl R., geb. 19. Aug. 1817, vermäblte ſich
1854 mit der Prinzeffin Karoline von Öttingen:
Marlerftein und lebt in —5*
Das Haupt der ältern kurländ. Linie, welche
6. Juli 1798 in den preuß. Grafenſtand erhoben
wurde, it Wilhelm Leopold R. geb. 30. Sept.
1808, rufj. Garberittmeilter und Staatsrat a. D.
Rad (frj. roue, engl. wheel), im allgemeinen
eine Treisförmige, maſſive oder durchbrochene
Scheibe aus Holz oder Metall, welde den Zwed
Be drehende Bewegungen zu vermitteln, und ba:
entweber zur libertragung von Kräften oder
zur Unterftüßung von Fuhrwerken dient. Die Räder
ber erftern Art übertragen die Bewegung entweder
bireft, wie bie ——— und die Friktions—
räder (f. d.), oder indirelt, wie die Riemen- Seil-,
Schnur: und Kettenfcheiben (ſ. unter Trans:
mijjionen und Triebwerle). Tas R. fist
entweder feit, wie alle Iraftübertragenden und wie
die Eifenbahnwagenräber, oder drehbar, wie bie
gewöhnlichen Wagenräder, auf der in der Mitte
durchgehenden Achſe. Das Speihenrad, im
Gegenſaß zu dem mafjiven oder Scheibenrad,
fandter in Hopenhagen, dann in Lifjabon und bis |
Madrid
455
beſteht aus ber Nabe, den in biefelbe eingefügten
Speichen (10—16 an der Zahl) und 6—8 Fel:
ı gen, welch Iehtere —— den Kranz bilden,
wozu noch die verſchiedenen Beſchläge kommen. Um
die paarweife je in einem Stranzteil angeordneten
Speichen in der Nabe dauerhaft zu befeitigen, um:
gibt man die lehtere mit eifernen Ringen, die heiß
aufgezogen werden. Die Geſtalt des Nadkran:
zes iſt entweber die eines cylindriſchen oder (für
gewölbte Straßen) die eines loniſchen Ringes. Ta:
mit das hölzerne R. genügende Haltbarkeit erlangt,
umgibt man e3 mit einem eijernen Reifen, welcher
meijt glühend aufgezogen und mittels Nägel ober
Schraubenbolzen mit verfentten Köpfen befeftigt
wird. Die Häder für Luruswagen umgibt man
nod mit Hautichufftreifen (fog. OGummiräbder),
um das Geräuſch beim Fahren auf gepflafterten
Straßen zu vermeiden. Die Naben verfieht man
mit Büchjen (Achsbuchſen), welche am beiten vorn
verſchloſſen find und in ihrem Hohlraum ein Quan⸗
tum Schmiermaterial enthalten, um dasjelbe all:
mãhlich an die Achfe abzugeben.
‚San neuerer N tommen häufig für alle Nab:
teile Spezialmaſchinen zur ee + So be:
dient man ſich zur Anfertigung der Naben, da die
Bohrung derielben volltonmen central und rein
fein muß, befonderer Mafchinen. Cine Maſchine
zum Zerſchneiden hölzerner Speichen bejteht aus
mebrern nadeinander angewendeten Sreisfägen.
Naben und Speihen für Eifenbahnmwagenräder
werden aus weißglühendem Gijen unter hydrauli:
ſchen Brefien in gußeiſernen Formen gebildet. Die
hölzernen Felgen werden oft in voller Kreisrundung
durch mechau. Vorrichtungen, Biegemafdinen,
hergeitellt. Das Biegen eijerner Nadreifen geſchieht
in kaltem ober in glübendem Zuſtand in einem
Walzwerk mit drei gußeiſernen Eylindern. Zum
Abdrehen der bereit3 auf der Achſe feftfikenden
Gifenbahnwagenräder jind eigentümlich angeordnete
Drehbänte, Räderdrehbänke, in Gebraud.
Rad, Strafe des Radesoder Rädern. Tie
während des Mittelalters in Deutſchland üblich ge:
wordene, übrigens aud im Orient vortommende
Strafe des N, beftand urjprünglid darin, daß
dem Verbrecher die Glieder, erſt die Unterjchentel
und Vorderarme, dann die Oberfchentel und Arme
mit einem fchweren R. zeritoßen und zerbrochen
wurden, Bor derjelbe noch lebendig auf das N.
elent und dieſes auf einen Pfahl geitedt ward,
odaß der Unglüdliche zuweilen noch mehrere Tage
lebte, Später war man wenigſtens menſchlich ne:
nug, den Qualen des Verbrechers durch einen lehten
Stoß auf die Bruft und in das Genid ein Ende zu
maden (Nädern von unten), oder mit dem
Zerbrechen des Nüdgrat3 den Anfang zu maden
(Nädern von oben), oder aud) den Berurteilten
vor dem Zerſtoßen erbrofjeln zu laſſen. Auf Rüde:
rung ward namentlich gegen Mörder erfannt. Die
legten Beijpiele des Näderns gehören den eriten
Jahrzehnten des 19. Jahrh. an. Auch in Preußen
beitand nad) dem Allgemeinen Landrecht von 1794,
dejlen Beſtimmungen erft durch das Strafgejehbud)
vom 14. April 1851 abgeändert wurden, die Strafe
des N. nod) bis zur Mitte des 19. Jahrh. für Lanz
besverrat ($. 100) und für Mord (SS. 826, 854 und
1193) zu Recht, wenn fie auch längjt nicht mehr
volljtredt, fondern die Todesitrafe durch Enthaup:
tung volljogen wurde, *
NRadabweiſer, ſ. Abweiſer.
456
Mabagaifud, ein germ. Heerführer von unges
wilier Herkunft, ber 405 n. Chr. mit einem aus
fiber 200 000 Mann beftebenden Heere von Boten,
Sueven und Bandalen in Oberitalien einbrad und
Florenz belagerte, aber dur Stilicho 406 bei Fä-
ful& geichlagen und gefangen wurde. R. wurde
enthauptet Fin Heer teils in röm. Sold genommen,
teilö nach Südgallien abgeführt.
Radakinfeln oder Rataktinfeln, f. unter
Mariballinfeln. , .
Radaune, lintzjeitiger Zufluß ber Mottlau im
meitpreuß. enge Pen Danzig, entfließt dem
15 km langen Radaunejee, durditrömt den
Klodno⸗, Brobno: und Dftribiee, teilt fi unterhalb
Prauft in die Alte und Neue R,, von denen jene
bei Nonnenhof, diefe unterhalb der Stadt Danzig
in die Mottlau flieht.
MRadautz, Stadt im öfter. Herzogtum Bulo—
wina, nahe der Oſtgrenze des Landes, in Schöner
Umgebung, 8 km vom Gtationsplak der Linie
Suczawa-Czernowiß der Lemberg: Ezernomwiher
Eiſenbahn, iſt Sik einer Berirtshauptmannicaft
und eines Bezirlägerichtö, zäblt (1880) 11162 E.
gemifchter Nationalität, vorwiegend Deutſche, und
bat ein deutiches Staats: Obergymnafium und ein
ärariiches Geftüt. R. war bis 1786 Sik des Bi:
ſchofs für die nichtunierten Griechen, der fpäter
nad) Gzernowiß verlegt wurde,
Nadbagger, f. unter Bagger. ,
Nadbarometer (von Hood), ſ. unter Mikro:
barometer. .
Nadeliffe, Stadt in der engl. Grafſchaft Pan:
cafter, 6 km füdöftlih von Volton:le:Moors, Sta:
tion ber Weſtlinie (Mancheiter : Bolton : Brefton:
Poulton) der Lancaſhire- und Yorkſhirebahn, hat
(1881) 15856 E. Kohlengruben, Baummollweberei
und Kattundruckerei.
Nadeliffe (Anna, geb. Ward), engl. Roman—
bichterin, geb. zu London 9. Juli 1764, heiratete
1787 den Rechtsgelehrten Will, Nadcliffe, nad:
maligen Eigentüner und Herausgeber ber Reitung
«The English Chronicle». Ihre Nomane «The
romance of the forest» (1791) und namentlich
«Ihe mysteries of Udolpho» (1794) ftellten fie an
bie Spike einer Schule, welche fi in der Aus:
malung grauenbafter Scenen Sen Wie bierin,
fo war fie auch in Schwung der dh antaſie, kräftiger
Grfindung und NAusführung ihren zahlreihen Nach—
ahmern weit überlegen. Ihre übrigen Nomane find
vergefien. Cine Reife nad) dem Feſtlande beſchrieb
fie in der «Journey through Holland and along
the Rhine» (1795). Eie ftarb 7. Febr. 1823.
— ſ. unter Dampfſchiff, Bd. IV,
a)
Madde (Guſt. Ferd. Nihard), Neifender und
Naturforicher, geb. 27. Nov, 1831 zu Zanig, be:
—* ſich 1852 auf Koſten der —— en Ge⸗
ellſchaft in Danzig nach der Krim und veröffentlichte
in dem «Bulletin» der mosfauer Naturforfchenden
Geſellſchaft (1854 und 1855) die drei Aufſähe
«Tierleben am Faulen Deere», Tan
Prlanzenphyfiognomie QTauriens» und «
zur Ornithologie Südrußlands». In den %.
1855--60 bereijte R. im Auftrag der Ruffifchen
Geographifcen Gefellihaft zu Betersburg ben
Süden von Dftfibirien, berichtete über dieſe Wan:
derungen in Baers und Helmeriens «Beiträgen
„einer
iträge
Nadagaifus — Radecke
feiner Forſchungen in feiner «Reife im Süden von
Dftübirien» (Bd. 1, «Die Säugetier- Fauna», Be:
ter&b. 1862: Bd. 2, «Die Feſtlands-Ornis des
ſüdöſtl. Sibirien», 1864) nieder. Seit 1863 lebt
R. in Tiflis, wo er Vorftand des durch ihm be
—— naturhiſt. ethnogr. und Altertumsmu—
eums iſt. fiber die Reiſen und Forſchungen,
die er ſeitdem von Tiflis aus in den kaulaſ. Ge:
bieten, namentlih aud in Hocharmenien unter:
nahm, finden fi Berichte in Petermanns «Mit:
teilungen» (Jahrg. 1865 fg.). Seine Reifen in
Mingrelien find in den zu Tiflis eriheinenden
Berichten über die biolog. Rabe: Unterſuchungen
in den Kaukaſuslaändern⸗ Gahrg. 1866) beſchrie⸗
ben. Ferner erſchienen: «Die Chew'ſuren und ihr
Land» (Kaſſel 1878); «Ornis caucasica» (Kaſſel
1884); «Reifen an der perſ.-xuſſ. Grenze. Talyſch
und feine Bewohner» und «Die Fauna und Flora
des fübweitlihen Hafpigebiets» Lpz. 1886). Am
3. 1885 wurde R. zum Chef einer Erpedition in
die neuen Grenzländer von Chorajan und Afgha:
niltan ernannt.
Nadderalbud nennt man eine alte Silber:
münze, welche feit dem Anfang des 15. Jahrh. von
den rhein. Hurfürjten Mainz, Trier und Köln, denen
fich fpäter Pfalz und Heſſen anichlofien, gemein:
ihaftlid geprägt wurde. Ihren Namen trägt die
Münze von ben auf dem Revers in einem Zirkel
fi) befindenden großen Kreuz, welches einem Rade
ähnlich) ſah; in den vier Winkeln des Kreuzes ftan:
den bie vier kurfürftl. Wappen. Die R. waren
anfänglid von 12lötigem Silber und galten am
Rhein 3 gemeine Albus und 6 Heller. Sie wurden
aber allmählich verringert und ſanken ſchließlich
im Werte bis auf Kaiſergroſchen zu 9 Pfennigen,
Nade, Pflanzenart, f. Agrostemma,
Nadeberg, Stadt in der ſächſ. Kreishaupt:
mannſchaft Dresden, Amtshauptmannfhaft Dres:
den-Neuftabt, an der Röder und ber Linie Dres:
den⸗Gorlitz der Sädfiihen Staatsbahnen, iſt
= eines Amtsgerichts und zählt (1880) 6610 E,,
welche bedeutende Hohl: und ZTafelglasfabriten,
ein Gifenwalzwert mit Gifengieherei, eine Ma:
Ihinen: und Gijenbahnwagenbauerei, eine Drabt:
nagelfabrif und eine Papierfabrik unterhalten. In
der Nähe ift die Lehrmeierei Heinrichsthal, verbun:
den mit Moltereiwirtichaft und Käferei, ferner das
Auguftusbad (f. d.) und das Dorf Liegau mit dem
Hermannsbad, fowie dad Dorf Langebrüd, ein
vielbefudhter Luftlurort und Sommerfriſche, das
parkähnliche Seifer&dorfer Thal und der Felirturm,
ein heſuchter Ausfichtspuntt. , ,
‚Radeberge oder Haftenlarre, ein zweiräde:
riger Karren, deſſen Boden und Seiten nicht durch—
broden find, (S, unter Karren.)
—— Stadt in der ſächſ. Kreishaupt—
mannſchaft Dresden, Amtshauptmannſchaft Gros
benhain, am Einfluß der Promniß in bie Nöder,
Station der ſchmalſpurigen Selundärbahn Rave:
beul:R., Sip eines Amtsgerichts, hat (1835) 2759 E.,
eine Fabrik für landwirtſchaftliche Maſchinen, eine
Glastabrit, eine ——— und Chamotte⸗
—— Schuhmacherei, Tiſchlerei, Seilerei,
Gerberei und Faͤrberei.
Nabede (Rob.), Muſiker, geb. 31. Dit. 1830 zu
Dittmannedorf, Kreis Waldenburg in Schlefien,
bildete fi 1848—50 auf dem Konjervatorium zu
*
zur Kenntnis des Nuffifchen Reichso (Bd. 23, | Leipzig, wurde 1852 zweiter Direktor der leipziger
Petersb. 1862) und legte die zoolog. Ergebnijie | Singatademie und 1853 Chor: und Muſildireltor
Nadegaft — Näbdertiere
am leipziger Stadttheater. Hierauf ging R. nad)
Berlin und richtete dafelbit Soirden für Kammer:
mufil ein, gründete fpäter auch große Abonnements:
Konzerte für Volal⸗ und Inſtrumentalmuſil. Im
3. 1863 wurbe er Muſildireltor der königl. Oper, | prattiihen Talt und duxch vergleichende
1871 Lönigl. Kapellmeiſter, 1880 m Kapell⸗
meiſter der Hofoper. R. lomponierte
|
)
457
paßt, das erlennt man weder aus dem ärztlichen
Namen der Kranlkheit noch aus dem Weſen der
innern Krankheitsprozeſſe. Man muß vielmehr das
richtige Mittel durch Proben, durd einen **
0 ⸗
tung zu treffen wiſſen. Das praltiſch Wichtige in
uverturen, | NR. Auftreten war nur, daß er eine Menge von
eine Symphonie, die Oper «Die Möntguter», Trios | teild neuen, teils ai Arzneimitteln und
für Klavier, Violine und Cello, Gejangswerte für
Frauenchor und viele Lieder.
Radegaſt, in anderer liberlieferung aud Rede—
noR; Nedigaft, it der Name eines von den Elb—
lawen (‘Bolaten) tag Gottes, defien Tempel
fi in der Stadt Nethra (auch Niedegoit genannt)
im Gebiete des Stammes der Nebarier (der ſüdöſtl.
Zeil des heutigen Medlenburg :Strelik) —
tiber den Gott iſt nichts Näheres belannt (der Name
üt überliefert bei Adanı von Bremen und daraus
in Helmold3 «Slawendronib»), der Tempel beichrie:
ben in Thietmars von Merjeburg Chronit (Bd. VI,
©. 17); es war ein Holzgebäude, dad Dad auf
Zierhörnern rubend, die Außenfeiten mit Schnib:
bildern von Göttern verjehen, im Innern befanden
ſich Götterjtatuen.
Nadein, Badeort in Steiermarl, Bezirlshaupt:
mannſchaft Quttenberg, 4 km djtlid von Nablers:
burg, an der Diur, hart an der ungar. Grenze, zählt
(1880) 486 E, und bat einen Sauerbrunnen, der
egen hroniihen Magen: und Darmlatarrb, Gelb:
Id, ämorrboiden u. ſ. w. empfohlen wird.
ädelsführer oder Nädleinsführer (dux
eriminis) ijt bei Gewalthandlungen, melde von
mehrern Berfonen begangen werden, derjenige,
welcher die Leitung und Anführung bei der Ver:
brechensbegehung übernimmt, In diefer Eigen:
ſchaft ficht die Gefehgebung einen qualifizierenden
Umſtand, dem zufolge eine ſchwerere Strafe den R.
trifft. Vol. Neihsitrafgefehbuch, 88. 115, 125, und
Seemanndorbnung vom 27, Dez. 1872, 88. 89, 91.
Die Herleitung des Wortes R. ift noch beftritten.
Einzelne bringen dasjelbe in Zufammbang mit den
aufrübreriihen Bauern des 16. Yahrh., welde
außer dem Bundjchub (j. d.) oft auch ein Nad als
Feldzeihen geführt haben jollen. Andere leiten es
= von dem bayr. Worte «Mädel», was einen Kreis
ne va bedeutet. j
Nademacher (ob. Gottir.), belannt als Stif:
ter einer neuen ae Schule, geb. 4. Aug.
1772 zu Hamm in der Grafihaft Mark, ftubierte
die Medizin zu Jena und Berlin und ließ ſich 1797
in dem Heinen Städtchen God nahe der holländ,
Grenze nieder, wo er 40 jahre lang der einzige
praktische Arzt weit und breit war und aud) 7. Febr
1849 ftarb, In diefem vielbewegten RBꝛ en
Leben faßte R. frühzeitig Widerwillen gegen die
damals in der Medizin herrſchenden Theorien (be:
fonderd den Bromwnianismus) und ergab fi in:
folge defien dem reinen Probieren von Arzneimit:
teln am Siranlenbette, womit er das Studium ber
Schriften des Paraceljus und der Schüler desjel:
ben verband. Seine mediz. Prinzipien legte er in
bem Werke «Rechtfertigung der von den Gelehrten
mißlannten, verſtandesgerechten Grfahrungsbeil:
lehre der alten fcheidelünjtigen Gebeimärzte »
(4. Aufl., 2 Bde., Berl. 1852) nieder. Diefe Grund:
fähe find etwa jei ende, In ——— ſind
beſtimmte Heil —* gegen gewiſſe Kranlheitsarten
verborgen (Eigenmittel, Spezifila). Welches Eigen:
mittel aber auf einen vorliegenden Krankheitsfall
Priparaten zu prüfen ſuchte. Damit fand er, be:
ſonders unter ähnlich fitwierten Praktikern, eine An:
hl Ipeg welche ſeine Mittel nachprobierten.
ie dieſer Methode zu Grunde liegende Theorie
von prädeftinierten, in den Arzneiſtoffen verborge:
nen, aus gewöhnliden Naturkräften nicht erllär:
baren Heilfräften muß von der wijjenihaftliden
Medizin verworfen werden. tgrath, «Dottor
Johann Gottiried R.» (Berl. 1850): ürgenen,
«Dre willenihaftlihe Heillunde und ihre Wider:
jadher » (£p3. 1877).
äder, |. Rab.
Räder (Guit.), Komiker und Poſſendichter, ge).
22. April 1810 zu Breslau, der Sohn des Teno—
riften Karl R., betrat ſchon 1813 als Kind die
Bühne und begann feine eigentliche ſchauſpieleriſche
Laufbahn am Hoftheater in Altenburg. In der
Folge fpielte R. meift an Heinen Bühnen, lam
dann an das Königjtäbtiihe Theater in Berlin,
von da nad) Hamburg und 1839 an das Hoftheater
in Dresden, dem er bis zu feinem 16. juli 1868 in
Teplig erfolgten Tode angehörte. N. ſpielte in der
lomiſchen Oper, im Euftipiel, in der Poſſe, im
tomiſchen Ballett und wirkte immer durch feinen
echten Humor. Bon feinen Poſſen find die popu:
lärften «Robert und Bertram», «Der Beitumjenler
wider Willen», «Der Artefiihe Brunnen». Seine
Arbeiten find gefammelt als «Gefammelte komiſche
Theaterjtüde» (4 Bde, Dresd. 1859—67), «Sing:
fpiele für Heinere — (3 Hefte, Diesb. 1868),
«Komiſche Couplets⸗ (5 Hefte, Dresd. 1869 - 70).
Räderbohrer, ſ. unter Bohrer und Bohrs
molsine »
äderdrchbanf, ß unter Drehbank.
Räderformmaſchine, ſ. unter Eifengiebe:
rei und unter Zahnräder.
Rädern, Todesſtrafe, ſ. unter Rad.
eh ſ. unter Rädertiere.
NRäderfteinchen, |. Bonifaciuspfennige.
Nädertiere (Rotatoria) find fehr Heine im
Waſſer lebende wirbellofe Tiere, welde jeht all:
emein als eine * Formenkreis der Würmer ge—
Örende Klaſſe betrachtet werben und ſich dur
og. Räderorgane auszeichnen, worunter die am
Kopfende angebrachten, mit Wimpern bejegten ein:
fachen oder et ten, ganzrandigen oder einge:
(änittenen Hautlappen verftanden werden, deren
impern fo fchnell geſchwungen werden, bafı die
Lappen das Anjehen von jhwirrend umbdrehenden
Rädern erhalten. Mittel3 dieſer Räderorgane
ihwimmen die R. entweder oder erzeugen eine
freifende Strömung im Wajler, durch welche Heine
Körper der Mundöffnung zugeführt werden und
die Ernährung ermöglicht wird. Der Körper der
R. iſt durchſcheinend, bald verlängert, bald kurz,
öfters mit einem Fortfake verſehen, der aud) der
Fuß genannt wird, wie ein Fernrohr ein: und aus:
geihoben werden Tann und mit einer Gabels
nge endet, mittels welcher das Tierchen ſich feits
Iten fann. Xroß ihrer Reinheit haben fie doch
eine wunderbar volllommene innere Organifation
458
und find dadurch von den nfufionstierdhen weient:
lich verſchieden. Sie pflanzen fid) durch Gier oder
aud durch ausgekrochene junge fort. Entweder fipen
fie rubig an Wafferpflanzen feit oder ſchwimmen frei
umber; viele können ihre Geftalt ſehr verändern,
andere find von harten Banzern umſchloſſen. Manche
Arten leben nad) jahrelanger Bertrodnung wieder
auf. Bis in die neuere Zeit kannte man mur die mit
einem bezahnten Schlundkopfe und vollitändigen
Verdauungsapparaten verjehenen Weibchen, erit
Veydia hat ung die weit Heinern Männchen kennen
aelehrt, welche weder Mund, noch Schlundlopf ober
Darm befinen und nur kurze Zeit leben. Man teilt die
N. , weldye Ehrenberg noch zu den Infuſorien red:
nete, jeht fait allgemein in feſtſitzen de, welde mit
dem Fube angewachſen find und meilt fogar in
Hülien fteden, die oft große Gallertmafien durch
ihre Zuſammenhäufung bilden, und freiihwim:
mende, welde wieder je nad) ihrer verſchiedenen
Organijation in mehrere Familien zerfallen.
äberiwerf, j. unter Jäbnräder, Trans:
miffionen und Triebwerle und Uhren.
Nadeſyge (aus dem dän.:normweg. rade, lang:
wierig, und syge, Krankheit, gebildet) oder Thaerıa
(Böd) nennt man in Slandinavien eine langwie:
rige, auf tertiärer Syphilis (ſ. d.) berubende Krant:
beit, welche ſich vorzugsweiſe durch ausgebreitete
Hautgeihwüre auszeichnet, die im glüdlichern Falle
mit Hinterlaffung weißer nchförmiger Narben
heilen, oder immer weiter um fid) areifen und fo:
gar tiefer liegende Teile, 3. B. die Naſe, zerftören
!önnen. R. verwandt find: die jog. Dith—
marſche Krankheit in Holftein, der Sterlievo im
ülyr. Küftenlande, die Sibbens Schottlands und
einige andere endemiſche Nrankbeitsformen. Ältere
Urzie vermifchten mit der R. andere chroniſche
Hautübel, inöbefondere 1) die fog. norwegiſche
oder Vorlenträge (Scabies crustosa), d. b. jenen
ften Grad ber —— Kratze (ſ. d.), wo bie
aut dick mit Grinden bededt iſt, in welden ſich
zahlloſe Krägmilben ſamt Brut und Eiern finden,
und 2) den eigentlihen nordiſchen Ausfag, bie
Spebalste Sigdom (Lepra borealis, die Liktraa
der Yaländer), welche in der . al3 Knollenaus:
ſatz dide, felte Knoten unter der Haut und ben
Schleimbäuten hervorruft, oder als fog. verftün:
melnder Nusjak ein brandiges Abfterben der Zeche
und Finger bedingt. (S. Au3fas.)
Nadenkt Fedor Feborowitich), ruff. General,
geb. zu Kaſan 28, Juli 1820, wurbe in der In—
genieuralademie zu eteräöburg erzogen, trat 1839
als Dffizier in das ruſſ. ngenieurlorps, wurde
lange Zeit in Kaulaſien verwendet und war 1849
in Ungarn dem General Grafen Rüdiger al3 Gene:
raljtab&offizier beigegeben, lehrte dann nad) Hau:
tafien zurüd und warb 1860 Generalmajor und
Chef des Generalftabes des Koſalenheeres vom
Teret, R. wurde 1868 Generallieutenant und 1876
tommandierender General des 8. Armeelorps , mit
welchem er im Türfenfriege im Juni 1877 die
Donau bei Simnida überfchritt und bis zum Ballan
vordrang. Im Auguft und September gewann R.
hohen Ruhm durch die hartnädige Verteidigung des
Sciplapafies. Er wurde Generaladjutant des
Kaiſers und übernahm nach dem Friedensſchluſſe
den Befehl über das 5. Armeelorps zu Nabom als
General der njanterie, 1881 den Befehl über das
(Srenadierforps zu Moskau und wurde 1382 Gene:
ralgouverneur des Militärbezirfs Charlom,
:
Näderwert — Radetzky
Rad (Jof. Wenzel, Graf R. de Nadch),
öfterr. Feldmarſchall, geb. 2. Rov. 1766 zu Trzeb-
nit bei Klattau in Böhmen, trat 1784 als Kadett
in ein ————— und wohnte 1788-89 dem
Kriege gegen die Zürten ald Ordonnanzoffizier des
Feldmarſchalls Lacy, dann 1792—95 den Feldzügen
in ben | und am Rhein bei. Im J.
1796 Rittmeifter und Adjutant Beaulieus zeichnete
er fih bei Boltri aus, rettete den Feld bei
Baleagio vor Gefangenſchaft, ward zum Major im
Bionierlorps beförbert und mit ber neuer
Bataillone für dasfelbe beauftragt. Während des
Kriegs von 1797 war er alö Oberitlieutenant Ab:
jutant bei Melas und ſtieg 1799 zum Oberjt auf.
April 1800 wurbe er Nommanbant bed fi:
raffierregiment® Erzherzog Albert, mit welchem er
in der Schlacht von Hohenlinden rühmlich focht.
Nach dem Frieden ſtand er in Ödenburg, von wa
aus er bei Beginn des Feldzugs von 1805 als
Generalmajor nad) Stalien veriekt warb. m
Kriege von 1809 dem 5. Armeekorps zugeteilt, focht
er als Befehlshaber der Borhut mit Auszeichnung
bei Braunau, Wels und Gungendorf, ftieg nad) der
Schlacht bei Aapern zum Feldinarihalllieutenant
auf und wohnte Bu Schlacht bei Wagram ſowie
ben Gef auf NRüdzuge des ölterr, Heers
bei. Nach dem Frieden wurde R. zum Eher bes
Generalguartiermeifteritabes ernannt, in welcher
Stellung er für die Reorganiſation des öfterr.
Heer3 und in den Feldzügen von 1813—15 im Stabe
des Fürften Schwarzenberg hervorragendes leiftete.
Di der Schlacht bei Leipzig wurde er verwundet.
ad dem Frieden von 1515 tam R. als Divifionär
nad Odenburg, fpäter nad Ofen, 1821, nachdem
er kurz zuvor zum General der Kavallerie ernannt
worden, ala Neitungslommandant —* Dimis
und 1831 nad) \\talien, wo er den Befehl über bie
dortigen öjterr. Truppen übernahm.
18. März 1848 der Nufitand in Mailand
losbrach, führte R. ſeit 1836 Feldmarfchall) einen
mebrtägigen Straßentanpf, verlieh indeſſen in ber
Nacht vom 23. März mit jeinen Truppen bie Stabt
und 0A fi) nach Verona zurüd. Während König
Karl Albert mit den ital. Streitfräften über den
Mincio vordrang, 2 N. das aus dem Norden
ranrüdende Korps Nugents an fib und rüdte
eit3 27. Mai nad) Mantua ab, überichritt den
Mincio und nahm die Linien von Enrtatone,
Wegen der Unzulänglichkeit feiner Mittel wurde
er bei Goito jnrüdgeichlanen und mußte ih Man-
tua wieder nähern. Da die Enticheibung nament:
lid) von diejer von den Ftalienern eingeihloflenen
Stadt abbing, lieh R. 22. Juli die Höhen von
Sona und Sommacampagna nehmen, die Höhen
von Cuſtozza beſehen und beherrſchte dadurch die
fibergänge längs des Mincio. Jeßt endlich ſah er
ſich im Stande, einen Hauptſchlag zu führen, der
25. Juli in der ſiegreichen Schlacht bei Cuftozza
erfolgte. R. bewilligte dem Könige einen Waffen:
ftillftand, den diefer aber ſchon 12. März 1849 fün-
digte. N. ‚og raſch feine — t bei Pavia
zulammen, überfchritt 20. März den Ticino, rüdte
ın drei Kolonnen vorwärtd und fchlug mit ber
rehten 21. März den Feind bei Bigevano, 22, mit
der mittlern bei Wortara, infolge beilen die Piemon⸗
tejen von ihrer eigentlihen Nüdzunslinie abge-
ſchnitten wurden. Am 23. März ftegte er ſodann
in der Schlacht bei Novara fo entiheibend, dab
Rarl Albert die Krone niederlente. Der aanze
Nade vorm Wald — Nabdiometer
a war burdh die rajchen Bewegungen R.3 in
chieden worden, “rn ſchon 26, März
* er ehr u neuen Könige, Victor Gmanuel,
illftand, welchem der Friede folate.
Benebin el ge erit nad —* lagerung in
jeine Hände. N. hielt ſeitdem als Generalgouver:
neur und Militä ——— die Ruhe in Ober⸗
italien mit großer Strenge aufrecht. Auf fein An:
fuchen entbob ihn der Kaiſer 28. Yebr. 1857
—— als ren anna ea von Lombardo⸗
Venetien. ftarb an Folgen eines unglüd:
lichen Falles —* —* 1858 zu Mailand und wurde
in (im unteröfterr. Bezirt Ravelsbach) in
—3* —— ggg Joſeph Ritter von
wo ihm in dem Helden:
au —* errichtet wurde. Am
10. "1868 wurde ein ihm auf dem Kleinfeitener
a Brag erri A. 36 Ouforewegment (von
— enthüllt. —— ya
= Selten ki feinen Namen.
zu Stuttgart «R 3 Dentiehri en nititärife
—* aus dem j ihen Na
l. Strad, «
1849);
1851): ar ® Semar Il Graf R.
—S err. da — er hie
(Stuttg, 1852); Se Heller, — ———
es du Feld-
2 comte a. le — de Vltalie en
18 16 490⸗ (neue —— ar
—— Düfjelbort. Rreis- 2 " —* —*
ennep,
—* —— mit 185 Wo 9036
farrlirche, Fabrilen
755
—8 Shen Nr, € «und Welingmaren, ‚ namentlich
Schlöſſern und ne von ae ‚Hammer:
werfe, » und Baummwollfpinnereien, Tu
fabritation, Strumpfwirlereien, Bierbrauereien
— GSlorentius), Stifter der Brüder
des ——————— Lebens.
— —— —ündg
al (at), in ber It von Rabien, ſtrah⸗
Is; in ber Nabius oder die
—— er fung; das
(aine en j. unter Bohrer und
rmafdinen.
nr... wie ———
—— Radial.
ſt, ſ. unter
Kupferſtecht —* x6$
upferftehtun
Nadiernadel, Weinabeloderieißt *
Hift, be
vom Kupfer: Sub er ſowie vom Hd
zum r ftärterer Pinien be»
—8 breite Striche werben mittel3
ei — Nadeln hervorgebracht.
—
NRettich.
Nadikal (vom at. —* Wurzel) pflegt man
eine —— oder ein Syſtem des Handelns zu
welches überall bis zu den lehten ton:
* eines ez, — bis a die
Wu gehen ſucht. Vorzugsweiſe wendet man
—— Ak rn au
ſolche Rich—
der Wiſſenſchaft und des Lebens an, welche
und Handeln rucſichtslos die Kon—
——— eines Prinzips zur Geltung zu bringen
459
fuchen und daher nicht mir von allem Beftehenden,
fondern felbft von aller Antnüpfung an das Be:
itehende, aller allmählichen Entwidelung aus dem:
jelben abſehen wollen. In diefem Sinne verjteht
man unter Rabilaliamus wen religiöfem oder BE
Gebiete die bis zur Leugnung und ichtun
poſitiv Gegebenen getriebene Kritil oder S Hit
auf politiihem diejenige Denk: und Handlung®:
weife, welche die höchſten Prinzipien der Bee
Gleichheit und Humanität in unbedingteiter Wei
und nad allen ihren am an
Radikale nennt man in der Chemie Atomen:
tomplere, welche bei Berjekungen die Eigenſchaft
der elementaren Atome zeigen, unverändert
gegenfeiti —— en jene austauf Radilale
gibt es iſe in organiſchen und unorga:
nifchen — Unter Umftänden können
el Atome fi wie N, verhalten, 5. B. ber
ritoff in der Chlorwaſſerſtoffſäure u. ſ. w.
arte glaubte man fie jedoch nur in organiſchen
indungen annehmen zu müflen, und fo lam e8,
daß Liebig und andere ter bie organifce
Chemie geradezu die der zufammengefehten R.
nannten, Unorganiſche — ehte R. ſind
das re das Uranyl ul u.f.w.
Einige der wi Ötigften ee 3. Map ind
ge [, Athyl,
—* wie einzelne tome fo find fie
ch zu iſolieren, ſondern nen aaa bei ihrer
vs Bonsai ftet3 zu Molekülen, die aus zwei Atom:
gruppen find. (Val. Methyl.)
eff, \oo iel wie ;
— muß, |. —* Nadital,
Nadiolärien, eine formenreiche e ber
Urtiere, deren innerer organlofer, nur aus s
plasma beftehender Körper von einer feften —*
umfchlofien iſt, deren feine Poren die
(Bieubopobien) durchlaſſen, *— ähnlich ee bei
füßern nach allen ————
Meift haben die R. ein außerordentlich erliches,
aus Kieſelſubſtanz gebilbetes Stelett . von
trabligen Sternen, Gittern, Körb Die
. leben jelbft in ößten Tiefen des Meeres,
einige wenige Arten — ſich im Saßwaſer.
* Zen _ N»
eter (ard).) bci nu ve Erootes (1874)
— Inſtrument aus einem mittels
— — ‚mögl ft Iuftleer, gemachten
Glasballon be ein —— es,
um eine lo 4 % Ne fehr leicht dre (u:
miniumfreuz fich befindet; an dem eines
jeden Armes Ay je ein fehr leichtes, auf einer *
geſchwärztes Scheibchen (aus Aluminium
merblättcen, Sollundermat u. bat) befefat,
daß feine Ebene fenkredht zu dem zugehöri Arme
— t vie daß die geihwärzten Flächen jener vier
ibchen nach berjelben Seite gewendet find.
Sat man das R. dem Lichte auß, Any; dieſes
Kreuz zu rotieren an —— ala ob Erg
Flächen von dem Li rüdgeftofen w
äftiger die eihtanele A. —* * ee Yi
jenes Kreuz; man bat d chtmühle
genannt, welcher Name i m geblieben 1 it obwohl
jene Rotation des Kreuzes micht von nen Stoß
der Fichtftrahlen auf die geihwärzten Flächen, wie
Crooles urjprünglid annahm, herrübren fonde rm
zunãchſt —— —— iede hervorge
rufen werden ß nicht das Licht die Notation
bewirkt, iſt Be worben, indem jenes Areuz
460
ey in Notation gerät, wenn bem Licht, von dem
es beftrahlt wird, die Wärmeftrahlen dadurd) ent:
jogen werden, dab man das Licht durch eine Dide,
urchfichtige Alaunplatte oder durd eine Alaun:
löfung geben läht, bevor es das N. beicheint. Leitet
man dagegen die Lichtitrahlen durch eine dunlle
Jodlöſung, fo werden die Lichtitrahlen von der:
jelben auagelöjcht (abjorbiert), und es dringen nur
die dunfeln Wärmeſtrahlen dur, welche lehtere
jenes Kreuz in Umdrebung zu verjehen vermögen.
In welcher Weife die Ungleichheit der Temperatur
jene Notation veranlafien kann, ift gegenwärtig
noch eine offene Frage. Gewöhnliche durd die
Temperaturverſchiedenheit bewirkte Luftitrönnungen
fönnen in dem höchſt luftverdännten Raum kaum
—— je. Einige Phyſiler (Fait, Dewar,
Finlener und fpäter Groofes) ſuchen jene Notation
aus der neuen mechan. Gastheorie, nach welcher
die Gasteilchen auf die Wände ſtoßen, zu erklären;
andere (Reynolds, Govi, Zöllner) ſuchen jene Ro:
tation auf eine Emiſſion oder Gvaporation der an
der Oberfläche der Körper londenfierten Gafe oder
Tämpfe u. del. m. zurüdzuführen. Hantel ift der
Anficht, dab die Notation des N. von den durch die
einfeitige Temperaturerhöhung gefteigerter Ampli:
tude —— en Schwingungen des jenes Kreuz
umgebenden Üither3 herrühre.
Radiophön, ſ. bbotopbon.
Radius (lat.) eines Kreiſes ift gleichbedeutend
mit feinem Halbmeſſer (f. d.), Radius vector
(Zuglinie) eines bewegten Punktes beißt feine
veränderliche Dijtanz von einem feiten Punkt; 3. B.
Vector eines Planeten ift die Diftanz des Planeten
in feiner elliptiichen Bahn von den Brennpunlte
der Gllipfe, weldhen die Sonne einninmt,
Radix (lat.), Wurzel,
‚Radizieren (lat.), wurzeln, Wurzel ſchlagen;
die Wurzel ziehen ch etwas auf feinen
Urjprung zurüdführen; auf bejtimmte Einkünfte an:
weilen; auf ein Orundjtüd als Hypothel eintragen.
Nadfersburg, Stadt in Unterfteiermart. Die
Stadt liegt nahe der ungar. Grenze an der Mur,
Sih einer Bezirkshauptmannſchaft und eines Be:
zirksgerichts, Station der Linie Spielfeld-R. der
eg Staatsbahnen, zählt
(1880) 2525 G. deuticher Zunge, die neben den
jtädtiichen Gewerben Feldiwirtihaft und Weinbau
treiben. In der Umgebung finden ſich zahlreiche
Altertümer aus der Nömerzeit. Bei N. wurde einer
der ae liberfälle der Türken 1418 vom Her:
zoge Ernſt dem Eijernen Tr ana
Nadkranz, ſ. unter Nad, ©. 809.
Radkunſigezeug, ſ. unter Bergbau, Bd. IL,
Nadlinie, |. Cytloide.
Radmannsdorf (jlow. Radoljea), Stadt im
öjterr, Herzogtum rain, in dem an Naturfchön:
heiten reihen Thale der obern Save, Sib einer Be:
sirtshauptmannichaft und eines Besirkägerichts,
Station der Linie Tarvis:Laibah der Öfterreichi:
Ichen Staatsbahnen, zählt (1880) 664 E. flow.
Zunge. Der Ort mit dem feiten Schloß gelangte
nad) dem Ausjterben ber Ortenburger an das Haus
Oſterteich, und von diejem als ———— ſpäter
an die Herren von Dietrichſtein, endlich durch Kauf
an die Grafen von Thurn Valſaſina, die das Gut
zu einem Familienfideilommiß machten.
Raduitz (Radnice), Stadt in der böhm. Ve:
zirlshauptmannſchaft Pilfen, durch Ylügelbahn
nad Chraſt mit der Böhmiſchen Wejtbahn verbun:
Nadiophon — Radom
den, zählt (1880) 3021 E. czedh. Zunge, die meiſt in
den benadhbarten Pe Grwerb fin:
den. Das Nabniper Kohlenbeden, 126 ha eroh,
umfaßt die älteften Roblenichürte Böhmens,
Schädte erreichen eine Tiefe von 83 m, das obere
Kohlenflög hat eine Mächtigfeit von 76 m,
adnor, Grafihaft im öjtl. Teile des
Fürftentums Wales, zu Südwales gerechnet, zählt
auf 118,5 qkm (1881) 23539 €, und fchidt zwei
Abgeordnete ind Parlament, Die Gra t be:
jteht zum größten Teil aus Berg⸗ und De land,
weldes entweder ganz kahl oder mit Heidelraut be:
wachen ift, auch große Torfitreden enthält, im
Nadnor:Fore t 659 m, im a er hung eh
aufiteigt und feine Gemälier zum Teil dem *
—— aber mittels des Wye dem Briſtol—
anal zufendet. Der ſiſchreiche Wye, der die Weit:
und rm bildet und den * aufnimmt,
iſt der bedeutendſte Fluß. Derſelbe durchſtrömi
eins der wenigen Thäler, in welchen Feldbau Naum
findet, während fajt alles übrige Land zur Schaf:
trift dient, Der Haupterwerbszmweig ift Viehzucht ;
der Bergbau liefert nur geringe Mengen Blei und
Silber. In der Mitte und an der Weltgrenze wird
die Sraficaft von Eiſenbahnen durchſchnitten.
Die Hauptſtadt Preſteigne, an der Oſt
dem fruchtbaren Thale des Severnzufluſſes Lugg
elegen, zäblt 2336 E. und enthält das Grafidhafte-
Es: ein Gefängnis und_eine Lateinſchule. Der
12,s km füdwejtlicher am Somergill in einem Eng:
paß zwifchen zwei Bergen gelegene und von Vieh:
weiden umgebene Parlamentsborough News Rad:
nor, bie frühere feite — iſt ein armer Ort
mit 2190 E. und einer Schloßruine. Nur 6,5 km
davon liegt das Dorf D[d:Radnor und 12,6 km
entfernt der Badeort Llandrindod,
Radolfzell oder kurzweg Zell, Stadt im bad,
Kreife Konflan ‚17km im Norbweiten von Kon-
ſtanz an der Linie Baſel-Konſtanz
Staatsbahnen, die hier nad Mengen abzweigt,
und am nörbl. Ufer de3 Unter: oder Zeller:
fees, des nordweftlichiten Arms des Bodenſees,
405 m über dem Meer gelegen, ein alter um:
mauerter Ort, iſt der Siß eines Antägerichts bat
eine jhöne got. Kirche aus dem 11. v (voll:
endet 1436) mit zablreihen Grabdentmälern, ein
Spital (das alte Nitterhaus) und zählt (1880)
2056 E., welche eine Trilot: und eine Pumpen:
fabril unterhalten, Mein:, Obft: und Gemüjebau,
Schiffahrt und erheblichen Vieh: und Getreide:
penbel nad) der Schweiz treiben, der durch ſtarl
eſuchte Wochenmärlte befördert wird, N. wurde
816 als Gella von Natolf, Biihof von Verona,
gearünbet, gehörte fpäter zu den ſchwab. Befipungen
ſierreichs, erfaufte ſich 1415 von Kaiſer ha
mund die Erhebung zur Freien Neichsftadt, I
aber nachmals wieder an Biterreich und 1805 wie
Konftanz an Baden. Die nahegelegene Billa See
balde ijt der Sik des Tichters J. V. von Scheitel.
Nadom, ruf). Gouvernement im frühern Hönig-
reih Polen, —— aus der Wojwodſchaft
Krakau vergrößert, umfaßte das ganz nd
ichen der Weichiel, der Wilica und bericlehen,
den unebenften Teil Polens, und ift feit 1866 in
zwei Gouvernements zerlegt, von welchen das n
öjtlihe den Namen N, beibehalten, das fühweltli
nad) feiner Hauptſtadt Kielce (f, d.) benannt wi
Das Gouvernement R. enthält auf 12352 qkm
(1882) 633715 E. und hat ergiebige Eifenbergwerle.
Nadomysl — Radſcha
Die Hauptſtadt Nadom, in der Tiefebene an
der in ben, —— ſtrömenden Mleczna,
105 km ſüdlich von Warſchau gelegen, iſt der Sit
eines Gouverneurs und anderer Behörden, Sta:
tion der Eiſenbahn Ywangorod:Dombrowo, bat
drei fath., eine orthodore und eine evang. Kirche,
ein Gymnaſium, eine Realſchule und zählt (1882)
12061 G., welche Fabriten für Metallwaren unter:
halten und bedeutenden Handel treiben. Hiſtoriſch
denkwürdig ift R. durch das Blutbab bei der Er:
oberung feitens der Schweden 1656; ferner durch
die hier 23. Juni 1767 duch Repnin zu Stande
gebrachte Konföderation unter Karl Radziwill, jo:
wie durch die —— ſeitens der Ruſſen
16. Febr. 1831. Auch war R. von 1613 bis 1766
Sitz der Schaßlommiſſion oder der Rehnungslam:
mer für Polen, die jährlich ſechs Wochen fungierte.
Radomysl, Kreisitadt im ruſſ. Gouvernement
Kiew, 105 km —* von Kiew, am Teterew, mit
(1880) 5900 E., darunter 3200 Juden, treibt be
deutenden Handel mit Holz und Waldproduften,
namentlich mit getrodneten ‘Pilzen.
RNadowitz (Joſeph Maria von), preuß. General
und Staatsmann, geb. 6. Febr. 1797 zu Blanfen:
burg, erbielt au ar und auf der Kriegsſchule
des Königreih8 Weitfalen zu Kaflel feine militä-
riſche Berufsbildung und trat 1813 als Offizier in
bie weitfäl, Artillerie ein. Bei Leipzig verwundet
und gefangen, ging er nad) Auflöfung des König:
reichs Weſtfalen in den kurheſſ. Dienjt über un
machte in der Artillerie die Feldzüge in Franfreid
mit. Vach dem Frieden wurde er Lehrer der mathem.
und Kriegswiſſenſchaften bei der Kadettenanitalt
u Kaſſel und zugleid de3 Prinzen Friedrih Wil:
elm (nadhmaligen Kurfürften von Heflen), welche
Stellung er jedoch verließ, um als Hauptmann in
den Generalftab und als Lehrer des Prinzen Albrecht
in preuß. Dienfte zu treten. Er wurde 1828 Major
und 1830 Chef des Generaljtabes der Artillerie.
Durd feine Berheiratung mit der Gräfin Marie
von Voß An er in den Kreis der hoben
preuß. Ariſtokratie ein und fpielte in dieſem bald
eine hervorragende Rolle. Lebhaft beteiligte er fich
bei dem 1831—37 in Berlin erſcheinenden «Polit.
Wochenblatt». Seine reihe und vieljeitige Bildung,
ja geiftvolle und eigentümliche Betrachtung der
inge, feine polit. und religiöfe ge
näberten ihn dem Aronprinzen (Friedrich Wil:
helm LV.), und es bildete fi ein Verhältnis inniger
und dauernder Freundſchaft. Auf das Gerüdht, daß
er den Kronprinzen zum Katholizismus verleiten
wolle, wurde R. 1836 als preuß. Militärbevoll:
mächtigter zum Bundestage verfeht; 1839 wurde
er Oberitlieutenant, 1840 Oberſt. Im J. 1842
erfolgte jeine Ernennung zum außerordentlichen
Gefandten und bevollmädhtigten Minijter bei den
Höfen zu Karlsruhe, Darmitadt und Naffau, und
1845 ward er Generalmajor, R. war der engite
Vertraute der polit. Beitrebungen König Friedrich
Wilhelms IV. Er war am innigften eingeweiht in
deſſen Pläne einer_deutjchen Bundesreform und
verfaßte in diefem Sinne 1847 eine Dentichrift, die
ber König genchmigte und auf Grund welder R.
als aufßerordentliher Bevollmädtigter in Wien
unterhandelte. Der Plan ſcheiterte an Metternichs
Zögerungspolitit und an der Bewegung von 1848.
Die Shriften von R.: «Deutjchland und Friedrid
Wilhelm IV.» (Hamb. 1848), «Geſpräche aus der
Gegenwart über Staat und
)
Kirche» (Stuttg. 1846) ! tituläre Würde,
nn nn — — — — — — — — — ne — — ——— —
— 5
461
konnten als Manifeftation der Nichtung gelten, dic
in dem preuß, Berfajjungspatent vom 3. Febr.
1847 praltiſch zu werden fuchte,
R. nahm 1848 feinen Abſchied aus preuß. Tien:
ften. In die Deutſche Nationalverfammlung ae:
wählt, war er dort der Führer der äuferjten Rech—
ten, Ende April 1849 ward R. nah Berlin beru:
fen, und der gel durch das Dreifönigsbündnis
Deutſchland eine Berfaffung zu geben, geichah
bauptjächlich unter feiner Mitwirlung. Er trat an
die Spige der proviforifhen Bundesverwaltung
(Herbft 1849), vertaufchte aber diefe Stelle bald
mit der Leitung der Unionsangelegenheiten, die er
fowohl vor den preuß. Kammern ald vor dem
(März 1850) nah Erfurt berufenen Parlament
vertrat. Am 27. Sept. 1850 übernahm er das Wi:
nilterium des —— trat aber, da feine Bor:
Schläge wegen kräftigen Borgehens gegen Oſterreich
feine Annahme fanden, ſchon 2. Nov. wieder zurüd.
Gr 309 fi im Jan. 1851 nad) Erfurt zurüd, Schrieb
dort jeine «Neuen Gefprähe aus der Gegenwart»
(2 Bbe., Erf. und Lpz. 1851), welche die Heorgani-
fation Deutſchlands pen Gegenftand * wurde
im Aug. 1852 Direktor des Militärſtudienweſens
und ftarb 25. Tez. 1853. Seine « Gefanmelten
Schriften» erjchienen ind Bänden (Berl, 1852—53).
Ral, —— Joſeph von NR.» (Lpz. 1850),
und Fiſcher, «NR. Seine polit. Anfhauungen und
deren Einfluß auf Friedrih Wilhelm IV.» (im
«Hiſtor. Tafchenbud)», Lpz. 1874).
Radowitz (Joſeph Maria von), on des vori:
en, geb. 19. Mai 1839 in Frankfurt a. M., ftubierte
in Bonn und Berlin, trat 1860 in den Staats:
dienft, wurde 1861 der Gefandtidaft in Konftanti:
nopel beigegeben und lam 1862 als Legationsjelre:
tärnah China und Japan, Er führte 1864 die
Geſchäfte des Generaltonfulats in Shanghai und
wurde 1865 zur Botſchaft in Paris verjept. Als
— des Prinzen Friedrich Karl von
Preußen nahm er am Kriege 1866 teil, war ſeit
1867 bei der Geſandtſchaft in München und wurde
1870 Generaltonful des Norddeutſchen Bundes in
Bulareft und Mitglied der Europäifchen Donaufom:
miffion. Am 22. März 1871 leiftete R. an der Spike
der deutichen Kolonie den Angriffen des bulareiter
Pobels Widerftand und ftürzte, infolge deſſen, das
deutichfeindlide Minijterium Joan Ghifa. Im
J. 1872 tam er ald Gefhäftsträger nad) Konftan-
tinopel, wurde dann ala Decernent für die orient.
Angelegenheiten in das Auswärtige Amt nad) Ber:
lin berufen und zum Geb. Legationsrat befördert.
NR. blieb, troß feiner 1874 erfolgten Ernennung zum
Gefandten in Athen, mit geringer Unterhrechung
im Auswärtigen Amt beichäftigt, verwaltete im
Sommer 1880 in befonderer Miſſion die Botſchaft
in Paris und war dann auf dem often in Athen
bis zu feiner im Oft. 1882 erfolgten Ernennung zum
Botichafter des Deutichen Reichs in —
Radſcha, von den Engländern Naja und Na:
jah gefchrieben, iſt ein indiches, mit gleicher Be:
deutung aud in die malaliſche Sprache aufgenont:
mene3 und im Indifchen Ardhipel vielfach nebraudı):
tes, im Sangtrit König oder Fürſt bedeutendes
und den uralten Titel der einheimiſchen .
Vorderindiens bildendes Wort. Maharadſcha,
d. i. Großlönig oder Groffürft, wird nicht ‚ten
ein folder genannt, dem mehrere andere R. pi
borchen, iſt meiftens aber nur eine höhere, bloß
462
Nadſchahi (engl. Rajeshaye), Rudi abi,
eine Divifion der Lieutenantgouverneurſchaft der
Untern Brovinzen der Bräfidentichaft Bengalen des
— Reichs, ſowie ein Diſtrilt darin.
Die Diviſion R. hat 45206 qkm mit 7377063 E.,
der Dijtritt A. 5786 qkm mit 1310729 E.
Nadſchamaudri, Najamundri oder Goda—
vari, Diſtrilt der Präſidentſchaft Madras des
Briliſch⸗Indiſchen Reichs, 16119 qkm groß, mit
(1871) 1592939 G,, wird im N. von Oriſſa, gegen
NO. von dem Diſtrilt Wifagapatam, gegen SD.
von der Bai von Bengalen, gegen SW. von dem
brit. Diftritt Mafulipatam (Sriihna) und gegen
W. durch das Gebiet de3 Nizam von Haiderabad
begrenzt. Der Boden in R. bejteht meiſtens aus
einem reichen Alluvialgrunde und zeichnet ſich durch
Sruchtbarkeit aus. — desſelben find
Reis, Mais, Hirſe, Olſaaten und Zuclkerrohr. Für
die Ausfuhr wird vorzüglich Tabak, Indigo und
Baumwolle gewonnen, die lehtere von vorzüglich)
ſter Beſchaffenheit. Die Hauptftadt N. liegt auf
dem linten oder nördlichen Ufer des Godavari und
zählt (1872) 19738 6. s
Radio, f. unter Handfeuermwaffen,
Bd. VILL, S. 794*.
Radfchpntana, das Land der Radſchputen
($. d.), eine Brovinz der Präſidentſchaft Bengalen
des Britiſch⸗Indiſchen Reis, die aus einer Anzahl
rößerer und Heinerer feudaler, unter eingeborenen
Siegenten jtehender Fürjtentümer kombiniert und
unter die Oberleitung und Veauffihtigung von
einem den Titel des politiihen Agenten führenden
hoben Beamten der brit. Regierung geitellt ift, der
in Mount:Abu refidiert, N. ijt 336088 qkm groß
und zählt (1881) 10268392 E. Die beträchtliche
Anzahl der Radſchputenſtaaten wird in politiſch⸗ad⸗
niniftrativer Hinficht in fieben Aififtentagentichaften
geteilt, nämlich —— daipur), Dſchaipur,
Marwar, Haraoti, Agentſchaft der ö l. Staaten,
Alwar und Sirohi. Jede diefer A ——
ſchaften iſt unter einen Aſſiſtentagenten geſtellt,
denen die Beaufſichtigung der, betreſſenden Fürſten
und dieſe, ſowie deren Miniſter mit ihrem Rat,
wenn ſolches nötig iſt, zu unterftügen obliegt.
Außerdem find noch die Diſtrilte Adſchmit und
Mairwara, weldje den Briten unmittelbar unter:
worfen find, von Nabichputen bewohnt. Im gan:
en beitehen 19 Nadichputenftaaten: Meywar oder
ldaipur, 32814 qkm, 1134700 E.; Dſchaipur,
37463 qkm, 1750000 E.; Marwar oder Dſchod⸗
pur, 95826 qkm, 2850 000 E,; Bundi, 5950 qkm,
224000 G.; Kotah, 9834 qkm mit 527000 G.;
Diallawar, 6475 qkm mit 331268 E.; Karoli,
3260 qkın, 140000 E.; Kiſhengurh, 1875 qkm,
105000 &.; Shapura, 1030 qkm, 36000 E.;
Alwar, 7832 qkm, 778596 E.; Dichefalmer,
42596 qkm, 72000 E,; Bilaner, 60863 akm,
300000 6,; Sirobi, 7821 qkm, 153000 E.; Dun:
garpur, 2600 qkm, 175000 E.; Partabgarh,
3800 qkm, 150000 G.; Banswara, 3900 qkm,
150000 €.; Bharatpur, 5113 qkm, 743710 E.;
Tholpur, 3108 qkm, 250000 GE. Die beiden
legtgenannten Staaten werden von Dſchats be:
herrſcht. Der einzige mohammed. Staat ift Tont
mit 7070 qkm und 320000 E. Die Agentidaft
Meywar umfaßt Udaipur, Bartabgarh, Dungarpur
und Banswara; die Agentihaft Dſchaipur diefes
und Bikaner; die Agentihait Marwar Dihodpur
und Dichefalmer; die Agentichaft der öftl, Staaten
Nadihahi — Radwelle
Bharatpur, Dholpur und Staroli; die Agentſchaft
Serast! Tonf, Shapura, Kiſhengurh, Bundi, Ho:
tab und Djallamar; Alwar und Sirohi find eigene
Agentichaften. Der Agent von Marwar it zugleich
Präfident des Gerichtshofs der Watils (zur Schlich⸗
jr er Zwiftigleiten zwiſchen Radſchputenſtaaten).
dſchputen, im Engliſchen Rajpoots (im
Sanstrit Rajaputras, d, 5. Hönigsjöhne), ein weit
verbreiteter Vollsſtamm in Djtindien, der feinen
Urfprung auf die zweite oder Kriegerlaſte der alten
Hindu zurüdtührt, wahricheinlich aus den Ländern
auf der Nordfeite des Ganges abitammt, ſich im
Süden ya Stroms aber auf dem Wege der Gr-
oberung feitgejeßt und im centralen und weill. Hin-
doſtan eine Nenge anderer Stämme, wie die Bhils,
bie eg die Dihäts, die Mina, zum Teil aud)
die Vihaird oder Meras (Maiwaras), fich unter:
worfen hat. Die R. leben in f n It
niffen in der Provinz Radjchputana (f. d.). Sie
find nur laue Anhänger des Brahmanismus. Die
Brahmanen find wenig geachtet und ihre Stelle
vertreten die Charuns und Bhats, welche zugleid)
die Gefährten und gewöhnlichen Ratgeber der yür:
ften find und als —— Barden, Annaliſten
und Genealogen größten Einfluß haben. Alle
rg fondern En
Adel jtoly von den übrigen Landesbewohnern ab,
unteriheiden fi von ihnen durch Haltung, Ge:
ftalt, Kleidung und führen zum Teil feit der Be:
Ihräntung und dem Verluſt ihrer Freiheit erſt
durd die Maharatten, dann durch die Briten ein
träges Leben, während andere noch immer ihrer
alten Fehde: und Raubluft nachhängen.
Radſchuh, f. Hemmſchuh.
Madſiwilow, Flecen im ruſſ. Gouvernement
Volhynien, Kreis Kremenez, an der Slowna in der
Nähe der öſterr. Grenze, an der Eiſenbahnlinie
Scolbunowo:R., die bier an die Galiziſche Karl
Ludwigsbahn anfchlieht, mit (1882) 7350 E., iſt
ein wichtiger Ort für den auswärtigen Handel.
NRapdftadt, Stadt im öjterr. Herzogtum Salz:
burg, Bezirlshauptmannſchaft St. Johann, an der
Enns, nit fern von dem Punkte, wo der Fluß aus
feinem gegen Norden ziehenden Quellthal in das
öſtlich gerichtete Yängenthal eintritt, an der ſchon
von den Römern erötineten Bergitraße, die von den
Ufern der Mur und Drau über die Tauern nch
Salzburg führt, und an der Linie Biſchofshofen—
Seljthal der Haijerin:Glifaberb:Bahn, ift Sih eines
Bezirkögerihts und zählt (1880) 953 E., welche be:
beutenden Holzbandel treiben. Die Stadt, von den
age von Salzburg wegen ihrer Unterwätr:
figfeit in der Gegenreformation «die Getreue» ge:
nannt, war eine der reichiten im Lande, trägt jekt
noch ein mittelalterlihes Gepräge und ift burd
eine reizgende Lage an den Norbabhängen der
Dadjfteingruppe (TZaunloppen 1672 m, Rofbrand
1768 m, Hofered 1630 m) ausgezeichnet. Im
nahen Quellthal der Enns waren die jebt einge:
gangenen Eiſenwerle von Flachau altberühmt.
Radwelle, beiler Rad an der Welle, eine
zu den einfachen Mafchinenteilen gezählte Anord:
nung. Gewöhnlich wirkt die bewegende Kraft am
Rad, die zu überwindende (Lat) an der Melle, doch
me auch das Umgelehrte ftatt; die Laft iſt in der
egel mit der Welle durch ein Seil verbunden,
welches ſich um diejelbe auf: und abwidelt. Die
auf den uniene des Rades wirkende Kraft faun
direft als äfeltraft, als Seilfpannung, als
Nadziwill
Zahndruck oder auf andere Weiſe übertragen wer:
den. Iſt fie groß genug, un das Rad zu drehen,
jo wird offenbar die Lajt gehoben werden. Man
macht hiervon in der Braris bei Winden und ähn: |
lihen Mechanismen (f. unter Hebeapparate)
ausgedehnten Gebrauch. Liegt die Achſe des Wellen:
rabes horizontal, fo heißt es Hafpel; ſteht fie ver:
tital, fo nennt man e8 Böpel. Beim Tretrad
oder Tretwerl, welches von Menſchen durch die
Bewegung ber Fü er mit Benukung des Hör:
gergewichts in geſetzt wird, find am Umfang
des Rades Tritte oder Sproſſen angebradit.
Nadzitwill, eine der älteiten und ausgezeichnet:
ften litanifchen Fürlienfamilien mit großen Be-
fihungen im Nönigreich Bolen, in Litauen und in
Vojen. Der Erite des Namens R. kommt als ein
Marſchall von Litauen 1405 vor und wurde mit
Sagiello . Kaijer Marimilian I. erfannte
1518 ben Balatinus von Wilna und Kanzler von
Litauen, Nitolaus R., Fürjten von Goniqgdz und
Mebele, als Reichsfürſien an, welche Würde von
dem König Sigismund von Polen beftätigt wurde.
Da aber mit den Söhnen diejes Fürjten die Linie
von Gonigdz und Medele 1542 ausſtarb, fo dehnte
ber Kaiſer Karl V. 1547 die Reichsfürſtenwürde
e
auf defien Bruberföhne, den Fürften von Birze
und , laus, und die Füurſten von
fa und Niefwieiz, Niolaus und Johann, aus
Ermeiterung vom König Sigismund Auguft
von Bolen 1549 beftätigt wurde, Cine jpätere, von
jeiten des Großen Aurfürften von Brandenburg
ra Bemübu 8 —— R., zu —
wi ei ande mit Si un
Stimme Fee hatte feinen Erfolg, weil
es feine ungen im Deutichen Neiche hatte.
Die Schweiter des Nilolaus von Birze war Bar:
bara R., geb. 1523, mit welder fid; Sigismund
Auguſt als Aromprinz heimlich vermählte. Nach
feiner Thronbejteigung wideriehte ſich aber ber
Reichstag, aufgereigt von des Königs Mutter, Bona
Sforza, ihrer Krönung und forderte die Trennung
der Ehe, weil der König ſich nicht ohne Willen des
Neihstagd vermählen dürfe, Als die Krönung
dennoch zu Krakau erfolgte, ftarb Barbara an
empfangenem Gifte 1551.
Zu der Linie von Birze gehörte Januſz R., |
Kajtellan von Wilna, geit. 1621, der Jeines evang. |
Glaubens wegen vom poln. Könige Sigismund Ill. |
von allen hoͤhern Staatämtern ausgeſchloſſen
wurde und deshalb in offenem Kampfe gegen den
König auftrat, jedoch mit feinen Anhängern bei
Guzowo geihlagen wurde.
on feiner zweiten Gemahlin Sophia, einer
Tochter des brandenb. Kurfürjten Johann Georg,
binterließer einen Sohn, Boguflaw R. geb.1620,
welcher 1657 vom Großen Kurfürjten von Bran: |
denburg zum Generalgouverneur in Preußen er: |
naunt wurde und ſich feine Ber:
HA dur ;
waltung wie aud durd) feine Stiftungen für Unis
verjität und Schulen ein bleibendes Andenlen er:
warb. Gr jtarb 1669, Mit ihm erloſch die Linie
von Birze und Dubinli; feine einzige Tochter,
Charlotte Luife, wurde zuerjt mit dem zweiten
Sohne des Großen Kurfürften, Ludwig, und nad)
deſſen Tode mit dem Pfalsgrafen Karl Philipp von
Neuburg vermäblt.
So ift der Stammmvater des jet noch blühenden
Haufes der gemanke Nikolaus R., Fürft von
Diyfa und
tiefwiejz, mit dem Beinamen’ ber |
463
Schwarze. Er war Wojwode von Wilna und Ge:
fandter bei Kaifer Karl V., ging zur reform, Kirche
über, ließ 1563 — Brzesc die berühmte poln.
«Nadziwiller Bibel» druclen und ſtarb 1567.
Schon feine Söhne traten wieder zur nn Kirche
— Der älteſie derſelben, Chriſtoph Niko—
aus R. von Olyla und Nieſwieſz, geſt. 1616,
machte ſich durch eine Pilgerreiſe nach Jeruſalem,
die in poln. Sprache (herausg. von Wargocki,
Bresl. 1847) ſowie lateiniſch in dem Werke «l’ere-
grinatio Hierosolymitana» —— 1601)
beichrieben it, belannt und jehte 5000 Dulaten
aus, um Gremplare der von feinen Vater bejorg:
ten Bibel aulyasaufen und verbrennen zu laſſen.
Fürft Kari R., geb. 1734, war einer der reich:
ften a und populärften Männer feiner
Zeit. Als er fih nad) dem Tode Auguſts III. der
Wahl des Königs Staniflaw Auguft widerſehte,
ward fein Schloß Nieſwieſz von den Ruſſen erftürnit
und er mußte ins Ausland fliehen, Nach vergeb:
* Bemühungen, dort Hilfe für Polen a finden,
fah er jich genötigt, zurüdzufehren und Staniflaw
August anzuerkennen. Bald aber ward er eins der
Häupter der Barer Konföderation, worauf er ſich
wieder ind Ausland begeben mußte. Turd Pro:
teltion der Haiferin Katharina erbielt er feine Gü—
ter — auf denen er wie ein ſouveräner Fürſt
waltete und ein eigenes Heer unterhielt. Er ſtarb
1790 tinderlos. Mehrere poln. Schriftſteller, wie
Chodzko, Rzewuſti, haben feinem Leben ausführ:
liche Darftellungen gewidmet.
Michael Hieronymus R., MWojwode von
Wilna, Fürft von Nieborom, geb. 10. Dft. 1744,
jtarb 28. März 1831 und hatte vier Söhne.
Der zweite derfelben, Anton Heinrih R.,
Fürft zu Olyla und Nieſwieſz, geb. 13, juni 1775,
vermählte fi) 1796 mit der einzigen Tochter bes
Prinzen Ferdinand von Preufen — Do:
rotbea Luiſe Bhilippine (geb. 24. Mai 1770, geft.
T. Dez. 1836), wurde 1815 preuß. Statthalter im
Großherzogtum Poſen und verband mit willen:
ſchaftlicher Bildung und gründlichen Kenntniſſen
in der Mathematik und Zonkunjt alle gefelligen
Talente cines feinen Weltmanns. Geine Kompo—
fitionen zu Goethes «Faujt» erwarben ihm einen
geachteten Namen als Diufifer, Er ftarb zu Berlin
7. April 1833,
Sein Sohn, Fürft Wilhelm R., geb. 19. März
1797, trat früb in das preuß. Heer, befehligte 1848
als Generallieutenant eine pen Divifion in Hol:
ftein und nahm 1849 unter dem Prinzen von Preu:
ben an dem Zuge nach Baden teil, Als General
der Infanterie und Chef des Ingenieurkorps jtarb
er 5. Aug. 1870 zu Berlin
Defien Bruder, Bogutlam R., geb. 3. Yan.
1809, preuf. Major a. D., galt als eins der Häup:
ter der ultramontanen Partei und ftarb 2. Yan.
1873 zu Berlin,
Bon den drei Söhnen des Fürſten .. N.
ift der älteite, Fürft Anton, geb. 31. Juli 1853,
Beſiher des Herzogtums Rieſwieſz in Rußland,
preuß. Generallieutenant und General & la suite
des Deutjchen Kaiſers und erbliches Mitglied des
preuß. Herrenhaufes. f
Bon den fünf Söhnen des Fürften Boguſlaw N.
it Fürst Ferdinand, geb. 19. Oft. 1834, vermählt
niit einer Fürſtin Sapieha, Befiker der —5*
Przygodzice und des Schloſſes Antonin im Kan en:
ſchen, fowie de3 Herzogtums Dlyfa in Rupland,
464
erbliches gie des preuß. Herrenhauſes und feit
1874 Mitglied des Deutihen Reichstags für den
ojener Wahlkreis Adelnau⸗Schildberg, der polni:
— * angehörig. Ein anderer Sohn ring
Edmund, geb. 6. Sept. 18412, Vilar in Difromo,
äpftl. Hausprälat, war 1874— 81 Ditglich bed
eutſchen Reichstags für den fchlef. Wahlkreis
Beuthen:Tarnowig, dem Centrum angehörig, iſt
Verfaſſer der Schrift «Die lirchliche Autorität und
das moderne Berubtfeine (Brest. u
Nafacl Santi oder Sanzio, der berühmteite
Maler aller Zeiten, wurde im J. 1483 zu Urbino
geboren. Der Geburtstag ſelbſt ift ſtreitig. Je
nachdem man die Grabjdrift R.s interpretiert,
welhe von R. ausfagt, er fei «an gleichen Tage
geboren, an welchem cr ftarb» («quo die natus est
eo esse desiit VIII. Id. April. MDXX»), Starfrei:
tag, 6. April 1520, feht man den Geburtstag auf
ben 6. April oder auf den Karfreitag (28. März)
1483 an. Schon im Haufe des Vaters Giovanni
Eanti, der felbft ein tüchtiger Maler und über:
dies eine am Hofe beliebte Perfönlichteit war,
mochte er die Elemente der Kunft erlernt haben.
Seine eigentliche Erziehung dankte er aber nicht
dem Vater, den er bereits im 11. Jahre verlor,
fondern zunädjit einem unbelannten Meijter in Ur:
bino, vielleicht dem Timoteo Viti, mit welchem er
aud) jpäter enge ——— unterhielt. Erſt im
. 1499 verlieh er die Vaterſtadt und trat in die
erkitätte ie in Perugia, Etwa drei bis
vier Jahre genoß R. Peruginos Unterricht. Das
älteſte Datum, welches man auf feinen Bildern an—
trift, ift das J. 1504 auf dem Spofalizio in Mai:
land. Doch hat er gewiß * früher ſelbſtändig
earbeitet, für Kirchen in Perugia und in Cittä di
aftello Beitellungen erhalten. Als jeine früheften
Gemälde werden gewöhnlich der heil. Georg und
der heil, Michael in Paris und der Traum eines
Nitters in London ausgegeben. Im J. 1504 über:
jedelte R. nad) Florenz, wo er mit einigen Unter:
rechungen, die ihn nad) erugia und Urbino zu:
rüdführten, verweilte. Ju Florenz traf ihn der
Einfluß Leonardos und ge Bartolommeos am
mädjtigften. Leonardos Vorbild ändert feine Zei:
chenweiſe, Fra Bartolommeos Beifpiel iſt an feinen
erößern Kompoſitionen erjichtlid. Die oft behaup:
tete Cinwirlung Michel Angelos kann erft für R.3
römiſchen Aufenthalt nachgewieſen werden und
aud) dann traf fie mehr R.s Schüler als ihn felbit.
ALS abſchließendes künſtleriſches Reſultat der ſog.
Florentiner Periode iſt die für San-Francesco in
Serugia gemalte Grablegung zu betrachten (jeßt im
Palaſt Borghefe zu Rom).
nı Srabjn r 1508 finden ſich die erften An:
Inüpfungen mit Herbit bes:
elben Jahres definitiv überfiebelte, Die Päpfte
ulius II. und Leo X. gaben ihm, hier die würdig:
ten und bögften Aufgaben. Bis dahin hatte er
hauptſächlich nur Altarbilder gemalt
von Madonnen, einige Porträts und
gen Inhalts. Nur einmal hatte er ſich bis jeßt in
er Srestomalerei (S. Severo in Berugia) verfudht.
yeht wurden ihm monumentale Aufgaben geftellt.
leben andern Aufgaben hatte er eine Heide von
Zimmern im Vatilan, eine ganze Arkadenreihe des
ke Stodwerts im vordern großen Hofe des⸗
0
Non, wohin R. im
eine Reihe
elben Palaſtes mit Hiftor.:fymbolifchen und bibli:
hen Darftellungen zu bededen. In ben eriten
eben Jahren feiner röm. Periode ift er noch vor:
Tafeln heili:
Rafael Eanti
zugsweife Maler und zeigt ſich Fat De Verleht
mit dem Venetianer —* del Piombo ange⸗
regt, eifrig bemüht, die koloriſtiſche Seite feiner
Kunft auszubilden. Davon legen einzelne frübröm.
Madonnen und befonder3 mehrere Porträts Zeug-
nis ab. In den lepten fünf Jahren feines Lebens
war er auch Baumeilter von St. Peter, und neben
arditeftonischen nahmen ihn aud) ardjäol. Studien
in Anſpruch. Er ſtudierte den Vitruv, und um die
alten Dentmäler ſelbſt auf ſich wirlen zu laſſen,
lam er auf den Gedanken, das ganze alte Rom
wieder aus dem Schutt der Jahrhunderte an das
Tageslicht zu ziehen. Ein Breve des Papſtes Leo
machte ihn zum Konſervator der Denkmäler und
Vorſteher über alle Marmorftüäde und Steine 10
Miglien weit im Umkreis von Rom. Man hat
einen intereflanten Bericht des Künſtlers an den
Papſt (ein Eremplar davon befindet fi in der
Bibliothet zu München) über feine Ausgrabungs:-
arbeiten, Während aber das Unternehmen bei
feinen Zeitgenoſſen die > Begeifterung erregte,
führte ihn ſelbſt das Beltreben, die alte Stadt wie
der zum Leben zu erweden, um fo früher in den
Tod, NR. zog ſich bei den anftrengenden Arbeiten
ein hibiges Fieber zu und ftarb nad kurzem Kran:
tenlager im 37. Jahre, Ganz Rom enpfand den
Verluft aufs fchmerzlidite. Bei der Ausſtellung
der Leiche jtand das lebte, noch nicht ganz vollen:
bete Merk feiner Hand, die Verklärung Chriſti
(«Trangfiguration»), ihm zu Häupten. Dann
wurde er feierlich im Pantheon beigeſetzt, in einem
Gewölbe hinter dem Altar unter der Statue der
Madonna, in der Nähe der Gruft von Maria
Bibiena, Nichte des Kardinals Bibiena, feiner
ihm bejtimmten Braut. Pietro Bembo verfahte
die lat, Grabſchrift, deren finniger Wortlaut beißt:
llle hie est Raphael, timuit quo sospite vinci,
rerum magna parens et moriente mori.» (ine
Ausgrabung 1833 zeigte eine ungewöhnlich gute
Erhaltung der Reſte. Dies das kurze Leben des
größten Malers, deſſen liebenswürdige Perſönlich—
feit und angenehmes Weſen von feinen Zeitgenofien
nicht genug gepriefen werden fan, Alle, die ihn
lannten, rühmen den —— bilfebereiten, Frie⸗
den und Liebe ſpendenden Charalter des auch durch
körperliche Schönheit ausgezeichneten Künſtlers.
Aus der madonnenreihen Schule von Umbrien
ſtammend, bat R. fein ganzes Leben hindurd Ma:
| donnen gemalt von Jugend auf bis ınd Mannes:
alter. So ijt eine der frübeften, die Madonna Eon:
nejtabile in ‘Petersburg (1503), ganz aus der An:
dacht heraus gemalt, Maria geht in der Landſchaft
und lieſt; jo ſorglich fie dabei den Sinaben trägt,
iſt * bier noch kein rechtes Verhältnis zu ihm,
Die Madonna del Oranduca in Florenz (1504) er:
innert, wie jene, aud noch an jeine perugimifche
Zeitz fie iſt dargeftellt mit in fich gefehrtem Blid,
von wahrhaft feuihem Neiz, das Kind die liebe,
unbeholfene, unfchuldige Natur. Als Gaſtgeſchent
für das Haus des Taddei in Florenz malte er zwei
Madonnenbilder, vermutlid die Jungfrau im
Grünen (volllonumen erhalten im Belvedere in
Wien), im Wiejengrunde rubend, auf ——
und das Chriſtuskind nachdenklich niederblidend,
und die ſog. Madonna mit der Fächerpalme (im
Befih des Lord Ellesmere in London). In beiden
ieht man die Einflüfle Beruginos und Leonardos
jich verichmelzen, Diejelbe Gruppe, in ber Nom:
pofition jo ſchön wie in den einzelnen Körpern,
Rafael Santi
wiederholt ſich in den beiden Nadonnen del Garbel:
lino (Galerie zu Florenz) und La belle Jardiniöre
1508; Louvre), Die Madonna Canigiani (Pina:
othet in München) ift_eine ſtreng architeltoniſche
Gruppe der ganzen Heiligen Familie. Immer
handelt «3 fi * mehr um Andacht; nur all:
mäblich ſpielt das Buch eine geringere Holle, In
der Madonna Tempi, aber bricht die Mutterliebe
mit aller Innigkeit hervor; fie herzt das Kind
und drüdt es an ſich (münchener Pinakothet). In
der Madonna Golonna (Berlin) ift e3 ſchon die
Mutter, welche fi) im Lefen unterbricht dem Kinde
u Liebe, das ſtürmiſch nad) ihrer Zärtlichkeit ver:
angt. Dieſes Motiv tritt jet in den Vordergrund.
Man findet e8 in der Madonna Niccolini, Ma:
donna Bridgewater (1512) u. a.; R. weiß es viel:
ad zu variieren. Aus der röm. Zeit tritt in der
abonna au Diademe (Louvre) ein anderes, viel:
ad behandeltes Motiv auf: ya hläft und
aria hebt den Schleier, um das Kind dem Heinen
Johannes zu zeigen. Diefes Bild, je die Ma:
donnen Alba in Petersburg und Al obrandini be:
reiten den libergang zu einem ungleich grobartigern
Stil vor, derzum erjtenmalin der verklärten Erſchei⸗
nung der thronenden Gottesmutter der Madonna di
Fuligno (Vatikan) deutlich auftritt. Auch die Ma:
donna del pesce, urfprünglidy für die Dominila⸗
nerlirche in Neapel gemalt, jebt im königl, Mufeum
zu Madrid, iſt ein foldes Gnadenbild. Mehr Fa:
milienbilder find wieder die Madonna col divino
amore (Mufeum von Neapel) und die Madonna
dell’ impannata (Palaſt Bitti), Auch la perla
1518 für den Deriog von Mantua gemalt, jet in
Madri ) ift eine der herrlichſten Familienſcenen,
während in der berühmten Madonna della sedia
(Balajt Pitti in Florenz) der reinfte Ausdrud der
Mütterlichleit und Liebe fpricht. uiid fteht die
Madonna di San-Eifto, (Siztinifce ladonna,
Dresden) als die Krone feiner Madonnenbilder, ja
der Malerei da: die Jungfrau in ihrer hödften
Verklärung ald Königin des Himmels, von unaus:
ſprechlicher Schönheit und Hoheit der Erſcheinung.
Die Arbeiten im Vatikan, drei Zimmer und ein
— Saal, tragen den Namen der «Stangen»
R. In der Camera della Segnatura fchilderte
er, an die Anſchauungen der Renaiffance an:
Inüpfend, die Mächte, welche dem Leben des Geiſtes
vorjtehen und das menſchliche Dafein ordnen, und
führt uns die Gemeinden, welde diefen Mächten
buldigen, vor die Augen. An die Dede ftellte er
leichan in Überſchriften die Mächte felbit, die
beologie, die Pbilolophie, die Poeſie und die Ge-
rechtigleit in Nundbildern dar und bietet in_ob:
longen Feldern Beifpiele ihres Waltens, den Sün:
denjall, Urteil Salomos, Beitrafung des Marſyas.
Auf den n Wandbildern treten uns die Ge:
meinden, welche diefe Ideen auf Erden verlörpern,
— In der ſog. Disputa die Gemeinde der
Glaubigen, um den Altar bei geöffnetem Himmel
eihart, im Parnaß die Dichter alter und neuer
dei um Apoll und die Mufen gefanmelt. Die dee.
chule von Athen zeigt die Vertreter der Willen:
ſchaft (trivium und quadrivium), vorwiegend griech.
Philoſo ‚von Nato und Ariftoteles ei tt,
wie jie lehren und unterweifen. Nur das Bild der
Jurisprudenz zeigt eineabweichende Anordnung, un:
ter einer ale Darftellung Bapft und Kaiſer,
welche den Befehl zur ana der Gefepbücher
erteilen. In dem zweiten Zimmer (Stanza dell’
Eonverjationd-Legifon, 13, Aufl, XIII.
465
Eliodoro genannt) beziehen fid) die Wandbilder auf
en Gott der Kirche
den unmittelbaren —*
leiſtet. Sie zeigen zunächſt die Vertreibung des
tempelräuberiichen Heliodor durch göttliche Send:
linge aus den Tempel von Serufalem (Maklab. 2,3),
dann die 1263 ftattgefundene Meſſe von Bolfena,
bei der ein Wunder Veranlaſſung zur Etiftung des
ronleichnamfejtes gibt; weiter, bereit3 unter dem
ontififat Leos X., die Befreiung Petri aus dem
erler und die Vertreibung Attilas aus Italien.
gm dritten Zimmer (Stanza dell’ Incendio oder
ten) werben Ereigniffe aus dem Leben der -
gei namigen Bäpfte Leo III. und IV. vorgeführt.
das — nen Gemälde iſt der Burgbrand,
die Loſchung des Brandes im vatilaniſchen Stadt:
teile durch den —— des Papſtes, in Wahr⸗
beit der Brand von Troja, feſſelnd vor allem durch
die dramatische Lebendigkeit der Schilderung. Die
eslen im vierten Saale, Begebenheiten aus dem
Leben Kaiſer Konſtantins (Sonftantunfchlacht) erzäb:
lend, find erft na R.3 Tode ausgeführt, ja —
erſt entworfen worden.
Eine andere große Arbeit, die Leo X. R. noch
auftrug, war die Ausfhmüdung der Loggien, offene
Arkadenreiben, die um den Hof des heil. Damafus
laufen, und deren Architeltur der Künftler felbit
angegeben. Im zweiten Stodwerk hat R. 13 Ar:
faden an ihren gemwölbten Deden mit 52 Leinen
Bildern aus der Bibel, befonders dem Alten Tefta:
ment, an ihren Wänden und Pfeilern aber mit
Drnamenten und Arabesten höchſt mannigfaltig
und phantafiereih geihmüdt. Im Entwurf rührt
da3 meifte von ihm ber; die Ausführung überließ
er feinen Schülern, den ornamentalen Teil den
Giovanni da Udine. Ein noch bedeutenderes Wert
R.s find die zehn Kartons mit Darftellungen aus
der Apofelpeichte, in Waflerfarben ausgeführt,
nad) welchen in Brüfiel Tapeten gewirkt wurden,
die an Feſttagen die Sixtiniſche Kapelle ſchmücken
follten, Die Gegenftände, welde N. aus der
Apoftelgefchichte hierzu wählte, find: der wunder:
volle önug, weide meine Schafe, die Heilung
des Lahmen, der Tod des Ananias, die Steinigung
de3 Stephanus, die Betchrung des Paulus, Elymas
mit Blindheit gefchlagen, Paulus und Varnaba⸗
in Lyſtra, die Predigt des Paulus in Athen und
deſſen Gefangenſchaft. Für den Altar komponierte
er eine — Marias, die gleichfalls mit Gold
durchwirlt in Flandern gewebt wurde, Sieben der
Driginallartons befinden ſich jet im South-Ken—
fington:Mufeum zu London (Früher in Hampton:
court),. Die ganze Folge von Tapeten, welche zu:
erit am Stephandtage 1519 in der Kapelle an den
Wänden prangten, iſt jept im Vatikan aufgehängt.
Außer diefen monumentalen Arbeiten für die
zone übernahm er deren auch für Privatperfonen.
Agoſtino Chigi, der Pina ier Papſt Julius’ H,,
> in zwei von ihm gr tigten Kirchen Kapellen
auen lafjen und deren künftlerifche Ausfhmüdung
N, übertragen. In der einen, der von Maria della
Pace, malte R, über dem 3iigenbagen die herr:
lichen Geftalten der vier Sibyllen, in Bezug auf
eng der Linien und der Kompofition eine
feiner beiten Leiftungen. Fi Sta.:Maria del >
polo aber, der andern Kirche, gab er felbit die Ar:
iteltur der Kapelle an und fertigte nicht nur die
twürfe zu den Gemälden in der Kuppel, die in
Moſaik ausgeführt wurden und die Gridaffung
der Geftirne darjtellen, fondern auch die für die
30
e
466
Marmoritatuen der Bropheten Jonas und Elias.
Nür denfelben Kumftfreund führte R. in deſſen
Villa, La Farnefina, eigenhändig ein großes Wand⸗
bild aus, welches unter dem Namen des «Trium:
vhes der Galatea» fo befannt geworden iſt. Auch
ſchuf er für die Gartenhalle desfelben Gebäudes
die von bezauberndem Liebreiz erfüllten Entwürfe
von Darftellungen aus der Geſchichte des Amor
und der Pſyche. . j
An die Wandmalereien RS ſchließen ſich feine
Tafelbilder religiös-bifter. Inhalts. Die Beil.
Gäcilia (etwa 1514; jebt in der Pinalothet zu Bo:
logna) iſt eine wunderbare Berberrlihung der Wir:
kung der Mufit, durch zartefte Abwägung und Be
rechnung der Farbentöne ein Meifterftüd von Yar:
benharmonie, von wohltbuenditer Wirkung für das
Auge. Die Bifion des Gzechiel (etwa 1515), ein
Heines Bildchen (Palaft Pitti), iſt bewundernswert
durch die. Größe der Erſcheinung in jo Heinem
Naum. Für Palermo malte er 1517 die berühmte
Streuztragung (lo spasimo di Sicilia), jebt in
Madrid. Aus demjelben yjehre ijt die für König
Franz I. gemalte lebensgroße Figur des heil. Mi—
chael, berabfabrend und fchon im voraus Sieger,
den ſich unter feiner libermacdht krümmenden Satan
mit der Lanze durchbohrend (jet im Louvre I Pa⸗
ris). Die Transfiguration (1519—20) beſchließt
die Reihe diefer Bilder wie die Thätigleit des Ma:
lers überhaupt. Die untere, bei feinem Zode un:
vollendete Hälfte führte Giulio zu Ende (Batita:
niſche Galerie). Nicht unerwähnt dürfen R.s Lei:
ftungen al3 Porträtmaler bleiben. Noch aus ber
lorentiner Periode datieren die liebenswürdigen
sorträts Angelo und Maddalena Donis (im Ba:
laſt Pitti zu Florenz), fowie dad eigene Porträt
des Künftlers in den Üffizien. In bie Zeit_ feiner
Wirkfamteit zu Nom fallen dann: der großartige
ulius II. (Bitti), die Fornarina (im Palaft Bar:
erini zu Rom), das — —7— Inghi⸗
ramis (Pitti) u. a., welche nur noch von dem ge:
radezu monumentalen Gruppenbilde Leos X. mit
zwei Kardinälen übertroffen werben (Pitti). Als
Baumeiſter von Et, Peter machte R. einen neuen
Plan und ließ ein Modell danach fertigen, welches
allgenieine Bewunderung erregte, Es kam jed
nur eine Berftärkung der von Bramante zu ſchwa
angelegten vier Pfeiler, welche die Kuppel tragen
follten, zur Ausführung, und der Plan erlitt fpäter
gänzlihe Umänderung. Mehrere Baläfte in Rom
—X Ricciardi, Vidoni) und Florenz (Palazzo
ndolfini) wurden nad feinen Blänen errichtet.
R.s wunderbare Begehung, welche ihn die Re:
fultate hundertjäbriger Kunftentwidelung harmo-
nijch zufammenfafjen und roft ee ſchaffen ließ,
wie es die andern wohl wollten, aber nicht konn:
ten, find durch feinen Fleiß beinahe noch über:
troffen, weldyer ihn in den Stand jehte, jedes fei-
ner Werke auf das forgfältigfte vorzubereiten. Das
ber iſt das Stubium Fe Handzeichnungen (die
meijten von Braun in Dornach in getreuen photo:
graphiſchen Falfımiles herausgegeben) für R.s Gr:
tenntnis von beſonderm Werte. Sie gewähren den
beiten Einblid in die Entwidelung des Meifters.
‚Am 28. Mär) 1883 wurde der 400. Jahrestag
feiner Geburt in vielen ital. Städten, bejonders in
Rom und Urbino, fehr feſtlich begangen.
‚Dur Grundlage aller Lebensbeſchreibungen R.s
dient die, welche Bafari in feinem Werte über bie
ital, Künjtler gegeben. ©. della Balle und Bot:
ser 5 ER 82.
’
Raff — Nauffinieren
tari haben diefelbe in neuern Ausgaben dur Ro-
— — gg —— ſich beſondere
erdienſte um die und Jugendgeſchichte
R.s in dem «Elogio storico di Giovanni Santi-
(Urbino 1820). Die Abhandlung über R. von Ru:
mohr in deſſen «tal. Forſchungen · enthält eine
geitreiche Beleuchtung des Gegenſtandes. Im bio:
graphiſchen Teil antiquiert , wegen bes kriti⸗
tifchen Berzeichniffes von R.s Werten noch inmmer
unentbehrlich iſt Baflavants Wert «N, von Urbino
und fein Bater Giovanni Santi» (Bd. 1 u. 2 nebit
Atlas, Lpʒ. 1839; Bd. 3, 1858), gewöhnlic)
—— der franz. Ausgabe von 1860 citiert.
. 9. Grimm, s Leben R.3 von lirbino»
(ital. Text von Bafari, Bd. 1, Berl. 1872); N.
Springer, «RM. und Michel Angelo» (2. Aufl.,
2 Bde., %p5. 1883); Eugene Münk, «Raffael, sa vie,
son @uvre et son temps» (2. Aufl., Par. 1885);
Crowe und Gavalcajelle, « Raphael, bis life and
works» (2 Bbe., Lond. 1886). erg Fe
träge zum Leben R.s hat Campori in
(«Notizie inedite etc.»), zur Rafnelstritif Morelli
(Lermolieff) in verfchiedenen en
ker Sehr wichtig it auch der von Au Be:
ehl der Königin Bictoria verfabte «Catalogue of
the Raphael-Collection in the Royal Library at
Windsor-Castle» (Lond. 1877).
Naff (Joachim), deutiher Komponift, geb.
27. Mai 1822 zu Lachen im Kanton Schwyz, wurbe
dort im Lyceum der Jeſniten zum Lehrfach ausge:
bildet. Auf Mendelsſohns Empfehlung tamen feine
erften Rompofitionen zum Drud 1843), was
ihn beftimmte, ſich gänzlid der t zu wibmen.
Außer Mendelsiohn war befonders Liizt von Ein-
fluß auf ihn, mit welden er 1850 nad Weimar
309. Seiner Begeifterung für Wagner, welche Liſzt
ihm einflößte, gab er damals im mehrern Kritilen
und a Ben. el —— ie:
age» (Bd. 1, Braunſchw. umfänglichjte
F Er fievelte 1855 nach Wiesbaden über, wo er
jeine meiften Werle fhuf. Seine am beifälligften
aufgenommenen Rompojitionen find aus dem Ge
biete ber Inftrumentalmufit: Alavierftüde, Sona:
ten für Bianoforte und Violine, Trios, Ouartette,
Duverturen, Symphonien u, ſ. w. Gr ſchrieb mit
großer Gewandtbeit, aber zu jchmell, denn die be-
deutende Zahl feiner Werfe jteht mit dem Gehalt
derjelben im Mifverhältnis. Seit 1877 war N.
artijtiiher Direktor deö neugegründeten Hochſchen
Stonfervatoriums der Muſik in Frankfurt a, M.,
wo er 24. uni 1882 farb.
NRaffinade, f. unter Raffinieren.
Raffinenr (vom frz. rafüiner, d. i. verfeinern),
ein in Holzi (eifereien gebräuchlicher
apparat. (6. unter Holzftoff.)
af ten (frz. raffiner, re-affner, von fin,
fein) nennt man in der Chemie und Technologie
überhaupt das Feinmachen, Reinigen und Läutern
gewiller Subftanzen. —⸗ aber wird R.
von der Läuterung bes Zuders (Raffinade),
Kampfers, des —* Borar, Rüböls, Betroleums
u. f. w. gebraucht, ſowie in der Hüttenfunde bei der
Stahlbereitung und Kupfergewinnung.
Figürlich bezeichnet man mit Raffınement die
Feinheit und Berihmibtheit im Denken und Han:
deln, inäbejondere aber die Erlünftelung in irgend
einem enuſſe.
Naffinieren des Roheiſens und Stahls, f.
Gärben und unter Eiſenerzeugung.
Berfeinerungs:
Rafll. — Nagaz
Baffl., bei naturhiſtor. Namen Abkürzung für
Thomas Stamford Raflles. j j
Raffles SB: Thomas Stamford), um bie
wiſſenſchaftliche Erforſchung von Hinterindien hoc):
verdienter brit.:ind. Staatsmann, geb. 5. Juli
1781 auf dem Schiff Anna im Gejicht von Jamaita
ala Sohn des n bayern Benjamin Raffles,
wurbe im 14. jahre im Ditindiichen Haufe zu Yon:
don als Schreiber angejtellt und 1805, als bie
Dftindifche — auf Pulo⸗Pinang eine Nie:
derlafjung gründete, Setretär des Gouverneurs
dieſer Snfel Hier und zu Malalla erwarb er fich
die —— Kenntnis von allen Verhältniſſen
ſowohl der Malaienſtaaten, als auch der niederländ.
Beſitzungen in Hinterindien, Er machte den Gene:
ralgouverneur von Britiſch-Indien, Lord Minto,
auf die Wichtigkeit des Beſihes von Java für Eng:
land aufmerkſam, begleitete ihn 1811 auf dem Zuge
dahin und wurde nach der Groberung Batavias
Lieutenantgouverneur von Java. Als Tolcer ging
er zu der Radilalreform aller Zuftände dafelbit und
ee den Molulten über, ließ ſich aud die willen:
ſchaflliche Erforfhung der ind, zieh nad allen
Richtungen angelegen fein. Nah Zurüdgabe der
ind, Sniein an 5 and (1816) kehrte er mit großen
ungen nad England zurüd, wo er feine
Haffifhe «History of Java» (2 Bde., Lond. 1817;
neue Aufl. 1830) herausgab. Die Regierung er:
nannte ihn zum Ritter; die Oftindifche Kompagnie
mißbilligte aber feine durchgreifenden Reformen
auf Java. Deſſenungeachtet aber wurbe er 1817
zum Pientenantgouverneur von Benkulen ernannt.
Das großartigite Werk feiner Thätigfeit von dort
aus war die Gründung der Stadt Singapore (f. d.)
1819. Als er feiner immer mehr geſchwächten Ge:
fundheit wegen 1824 nah England zurüdfehren
wollte, hatte er da3 Unglüd, daß das Schiff, auf
dem er ſich befand, wenige Stunden, nachdem es
Benlulen verlafien, in Brand geriet. Cr verweilte
hierauf nod) mehrere Donate in Benkulen, fuchte
den Berluft feiner reihen naturbiftor. Sammlungen
nah Möglichkeit zu erſeßen und legte darauf die
Reife nad England glüdlih zurüd. Mit grob:
artigen wiſſenſchaftlichen Arbeiten beſchäftigt, Harb
er 5. Juli 1827. Bgl. das von feiner Witwe ber:
ausg aMemoir of the life and public ser-
vices of Sir Thomas Stamford R.» (2 Bde,, Lond,
1830). In Singapore wurde eine Marmorjtatue
von ihm aufgeftellt, und eine von Dr. Arnold ent:
dedte Bflanzengattung wurde R. zu Ehren Raffle-
sia (f, d.) genannt. .
Rafflesia R. Br., Nafflefie, Pflanzen:
gattung aus ber Bamiie der Cytineen, Man kennt
vier Arten, die famtlih auf den Inſeln des Ma:
laiiſchen Archipels vorlommen. Es find eigentüm:
liche Schmarohergewächſe, die auf, den Wurzeln
von Vitisarten leben. Ihre vegetativen Teile ſind
auf ein rhizomartiges, in die Wirtöpflanze eins
dringende3 Organ beihränft und die riefigen Blu—
ten erjcheinen als direfte Auswüchſe diefes Ge:
bildes. Die befanntefte Art ift die von Arnold 1818
auf Sumatra entvedte Rafflesia Arnoldi
R. Br., deren Blüte im geſchloſſenen Zujtande die
Größe eines mächtigen Kohlkopfs ber mit dach—
ziegelartig liegenden Schuppen bebedt iſt, beſitzt.
Die geöffnete Blüte hat einen Durchmeſſer von
etwa 1m und ijt fomit wohl die größte aller be:
fannten Blumen, Sie beiteht aus einem fünf-
teiligen fleifchigen Perigon von lebhaft roter Farbe
467
und aus einer biden roten Säule von — 35 —
Staubgefäßen oder Griffeln. Die Blüten ſind diö—
ciſch und verbreiten nad dem Aufblühen einen
ftarfen aasartigen Geruch, der Fliegen berbeilodt
und fo die Beitäubung ermöglicht. Cine etwas
Hleinere Art, R. Patma Blume, die auf Java vor:
fonımt und deren Blüten einen Durchmeſſer von
40—60 cm befißen, wird von dem dortigen Gin:
geborenen als blutitillendes Mittel verwendet,
Naffray (Adille), franz. Naturforſcher und
Neifender, bereifte im Auftrage des Unterrichts—
minifteriums 1873—75 Abefjinien, Sanfibar und
da3 Yand der Wanila, 1876—77 die Moluften, die
Nordküfte von Neuguinea, ſowie die Inſeln der
Geelvinkbai, kehrte mit wertvollen z0olog. Samm:
lungen zurüd und wurde zum franz. Stonful zu
Maſſaua ernannt. Im J. 1876 veröffentlichte er:
«Afrique orientale, Abyssinien.
Rafin., bei naturhiitor. Namen Abkürzung für
Konftantin Fr. Rafines Band als
Profeſſor der Naturwiſſenſchaften in Lexington 1840).
Rafn (Karl Chriſtian), ausgezeihneter Kenner
des nordiſchen Altertums, geb. 16. Jan. 1795 zu
Brabesborg auf Fünen, widmete fih auf der Uni:
verfität zu Kopenhagen (feit 1814) dem Rechts—-
ſtudium, wandte ſich aber dann ausſchließlich der
Geſchichte und Poeſie des alten Skandinavien zu.
Seit 1821 als Unterbibliothefar an_der Univer:
htätsbibliothel zu Kopenhagen angeftellt, unter:
nahm er eine Hauptrevifion der dort aufbewahrten
altnord. Handjchriften, die zum Arna:Dagnäani:
chen Legat gehören; auch gründete er 1825 die Be:
jelifhaft für nordifche Altertumsfunde, ald deren
Selretär er die Nedaction der von derjelben heraus:
gegebenen Schriftdentmäler führte. Er gab eine
dän, Bearbeitung der «Nordiichen Heldengefhichten
oder mytbiichen und romantischen Sagen» (2. Aufl.,
3 Bde. 1828—30) heraus, Diejem Werke folgte
die Ausgabe der «Kräkumäls» ($topenbh. 1826) und
der «Fornaldar-Sögur Nordrlanda» (3 Bode,,
Kopenh. 1829 — 30), eine Sammlung mytbijc:
biftor. und romantiiher Sagen des Nordens. Fer:
ner veröffentlichte er 1832 die «Fereyinga - Saga»,
Bu der großen Sammlung der «Fornmanna-Sögur»
. Bde. —— 1828 fg.) bat R. einen großen
eil der Ter earbeitung und von der dän, fiber:
ſehung diefer Sagen die drei erften und den elften
Band geliefert. N den«Antiquitates Americanaer
Kopenh. 1837) führte er den Deimeis, daß bie alten
Standinavier im 10, Jahrh. Amerika entdedt, vom
11. bi3 14. Jahrh. eine große Strede des Küſten—
landes von Nordbamerifa zu wiederholten malen
bejucht und fi namentlich in Rhode-Island und
Mafiahufett3- niedergelafien haben. Dieſen Ar:
beiten ſchloſſen ſich in ähnlicher —— an
aGroenlands hiſtoriſte Mindesmaerter» (3 Bde.,
Kopenh. 1838—45) und die «Antiquites russes et
orientales» (3 Bde., Kopenh. 1850-52, Folio;
1856, Oltav), an denen R, einen wejentlihen Anz
teil hat. R. ftarb 20. Oft. 1864 in Kopenhagen.
Rafraichiffene (vom frz. rafraichir, d. i. er:
frifhen), eine Borrihtung, um ſich erfriichendes
und wohlriehendes Waſſer ins Geſicht zu jpriken.
(S. unter Berftäuber.) \
Ragaz oder Raga d Dorf und Bad im Bezirt
Sargans des jchweiz. Kantons St. Ballen, liegt in
reizender Umgebung, 521 m über dem Meere, an
ber Tamina, da wo dieſelbe aus derengen Thalſpalte
von Biäfers (ſ. d.) in das Nheinthal binaustritt,
30*
468
an der Bahnlinie u Se ud und zählt (1880)
1996 meift fath. E. Die Heilquellen, indifferente
en von 37,3° C., entipringen in ber Pfäfer:
ſerſchlucht und werben durch eine 4,3 km lange
Nöhrenleitung nah R, binuntergeführt,_1o „bie:
felben, immer noch 35,2° C. warm, zur Speifung
der großartigen und vorzüglich eingerichteten
Bäder (Neubad mit den Fürjtenbädern, Helenen;,
Mühlen:, Dorf:, Schwimmbad) verwendet werden.
Früher Staatsdomäne des Kantons St. Gallen
ging 1868 der Hof N. famt dem Bade Piäfers
und den Thermen für 100 Jahre in den Beſih
des Architelten B. Simon über, welder die Kur:
anftalten Bi er en: Nr ern und großartige
Neu: und Umbauten s uellenhof, Kurfaal, Trint:
balle u. ſ. w.) beträchtlich erweitert und verſchö—
nert und damit R. zu einem der beſteingerich—
teten und freguentierteften Kurorte (jährlid etwa
20000 Kurgäfte) Europas gemacht hat. Geſchicht⸗
lich ift R. befannt durch den Sieg, den die Ölar:
ner und Schwyzer bier 6, März 1444 über die
Öfterreicher errangen. Vgl. Kaifer, «Die Therme
von R.:Pfäfers» (5. Aufl., St. Gallen 1829); von
Tſchudi, «R.:-Pfäfers und die Vereinigten Schwei:
jerbahnen» (St. Gallen 1870).
Raglan (Fikroy James Henry Somerfet, Lord),
brit. Feldmarſchall, geb. 30. Sept. 1788, war der
jingfte Sohn des fünften Herzogs von Beaufort,
trat 1804 als Kornet beim brit. 4. Dragonerregi:
ment ein und wurde im folgenden Jahre Lieutenant
und 1808 Kapitän. Mitgroher Auszeichnung diente
er im Halbinfeltriege unter Wellington, der ihn be:
reit3 1809 al3 Chef der Kriegstanzlei in feine un:
mittelbare Nähe sg Beim Eturm von Badajoz
war er der erite, der die Brefche erftieg und den
Degen des franz. Kommandanten empfing, und in
der Schlacht von Waterloo verlor er den rechten
Arm. Zum Oberiten aufgerüdt, folgte er Welling:
ton nad) Paxis und auf feinen Geſandtſchaftsreiſen
nad) Wien, Verona und Petersburg. Inzwiſchen
ward er zum Mitglied des Unterhaufes gewählt,
erhielt 1818 die Stelle eines Selretärs beim Ge:
neralzeugamt, die er fpäter mit der eines Selretärd
beim ——— des engl. Heers, Lord Hill,
vertauſchte, in we * Amt er auch ſeit 1842 unter
Wellington verblieb. N. wurde 1825 General:
major, 1838 Generallieutenant und nad Melling:
tond Tode 1852 Generalfeldzeugmeifter mit der
BVeerswürde und dem Titel Lord R. Im Febr.
1854 übernahm er den Befehl über die brit.
Armee im Drient, und mit der Landung in ber
Krim 14. Sept. begann der blutige und ereignis:
volle Kampf, in dem der Sieg an der Alma, der
Flankenmarſch nad Balallawa, die Schlaht von
Inlerman, nad der R. zum Feldmarfhall erhoben
wurde, und die langwierige Belagerung von Se:
mwaftopol die Hauptmomente bilden. R. ftarb an
höpfung vor Sewaftopol 28. Juni 1855. Aus
feiner Ehe mit einer Tochter des Örafen Morning:
ton und Nichte Wellingtons hatte er zwei Söhne,
wovon ber ältefte, Major Arthur William
Fisroy Somerfet, 1845 im Kriege gegen bie
Silhs blieb, der zweite, Rihard Henry Sipron
Somerjet, geb. 24. Mai 1817, der dem Vater
als Lord N. in der Peerage folgte, unter dem Mi:
nifterium Derby 1858—59 Kammerherr der Köni—
gin Victoria war und beim Wiedereintritt der To:
ries im Juli 1866 diefes Amt zum zweiten mal er:
bielt. jtarb 4, Mai 1884 zu London, Ihm
Raglan — Ragufa (Stadt)
folgte als dritter Lord N. fein Son George
Fißroy Den), geb. 1857.
Nagnaröf, d, i. die große Kataſtrophe der Göt:
ter, bedeutet in der nordiichen Mythologie den Un:
tergang der Welt und der herrſchen ötter, die
im Kampfe mit den böfen Mächten, nachdem aller:
lei Naturerfcheinungen vorausgingen, ihr Ende fin;
den, Neben R. erſcheint in fpätern altisländ, Quel⸗
len ragnarökr, d. i. Verfinfterung der Götter ; nad)
diefem ijt das ort und der Begriff «Götterbämme:
run in unfere Roefie eingedrungen,
agnit, Kreisſtadt im preuß. Regierungsbezirk
Gumbinnen, an der Memel, it Sib eines Land:
ratsamts und eines Amtsgerichts, bat ein altes
Schloß und ap (1880) 3580 meift prot. €., weldye
Dampfſägemühlen unterhalten un
Holz: und Getreidehandel treiben. Bei R. liegt das
Rittergut ——— nit mit einer 1846 gegrunde⸗
ten Provinzialbaumſchule, Lehrhof⸗Ragnit mit einer
1850 eröffneten Ader auf: ule und Neuhof: Nagnit
mit einem tönigl. Nemontebepöt. — Der Kreis
nagnt ählt (1880) auf 1217 qkm 54394 €,
aguhn, Stadt in Anhalt, Kreis Defiau, auf
einer durd die Mulde gebildeten Inſel, Station
der Linie Magdeburg :Zerbit-Peipzig der Preubi:
hen Staatsbahnen, hat (1885) 2040 E. und Fa:
brifation von Tuch, Bapier, Öfen, ätherifhen S
und Drabtfieben, fowie eine bedeutende Mahlmühle,
Ragufa (ilaw. Dubrownik, türf, Paprownik),
Hauptitadt der gleihnamigen Bezirlshauptmann⸗
[seit im öjterr, Köniareih Dalmatien, liegt amı
ihe und zum Teil an den felfigen, fteilen Ab:
* en des Berges Sergio, ſodaß die
afen durch Treppen mit den untern verbunden
find. Durd die vielen Türme und hohen Mauern
erhält fie da3 Anfehen einer Feltung aus dem
Mittelalter, dod) iſt fie ziemlich gut gebaut und die
Gaflen find, wenn aud) eng und uneben, fehr rein:
lid. Der 300 m lange, ſehr breite Corſo teilt fie
in zwei gleiche Teile, Die Stadt hat zwei Bor:
ftädte, alte Feſtungsmauern und (1830) 7245, als
Gemeinde 10936 E. Sie ift feit 1 der
eines Bischofs, während früher (feit 1121) da
ein Erzbifchof refidierte, eines Kreisgerichts, einer
Prätur, eines Central:, Hafen: und Geefanitäts:
amts und einer Handeld: und Gewerbefammer und
at eine theol. Lehranftalt, ein Gymnafium, eine
Nautiſche Schule, Klöfter der Jefuiten, Domini-
faner und Franzisfaner, mehrere Woblthätigleits-
anftalten u. f. w. Die Domlirdhe und der €
lige Nefidenzpalaft des Reltors der Republik find
ausgezeichnete Gebäude, Die Forts ©: 0,
Leverono, Molo, ne eritta, Imperial und
croma beberrfchen die Stadt und den Hafen, wel:
cher Hein und dem Sirocco ausgefept ift. Bei
Leverono liegt das HKontumazgebäude und auch ber
Bazar für die türk. Karavane, welde br
wöchentlih fommt, Den eigentlihen Hafen von
N, bildet die 6 km entfernte Bucht von Gravoſa
oder Sta.Eroce, die ſicher und für die größte Flotte
geräumig, auch mit Magazinen und Schi
wohl verjehen iſt. An diefer malerif Bucht
—— die vornehmen Bewohner R.s ihre Villen.
t. war beinahe vier Jehrhun erte lang der Mittel⸗
— eines bedeutenden Induſtrie- und Handels⸗
etriebs und befaß eine anfehnlide Marine, Gegen:
wärtig —— ſich die Irduſtrie auf etwas
Eeide und Leder und einige Liqueurfa ; vor
trefflich ift auch das dortige Sl. Der Handel mit
Nagufa (Herzog von) — Rahl
der benachbarten Türkei ift mehr Tranfit: und Spe:
bitions: als Aftivbandel,
Der Drt wurde 656 n. Chr. durch Flüchtlinge
aus Altraguſa gegründet, als diefes die Treburier,
ein flaw. Bollsitamm, zerftörten. Es bildete ſich
nah Venedigs Vorbild zu einer ariftofratiichen
Nepublit mit einem Rektor an der Spike, begab
fih 1358 unter Ungarns Schuß und zahlte fpäter
auch der Pforte Tribut. Seine Blütezeit fällt in
die J. 1427—37, wo die Stadt 35000 E. zählte.
Das Gebiet der Nepublil betrug nie mehr als
1375 qkm, Die Belt in den J. 1548 und 1562,
überaus häufige Erdbeben, von denen das von
1667 die Stadt faft ganz zeritörte und bas vom
14. Avril 1850 fie abermals fchredlich heimſuchte
(jowie das benadhbarte Stagno 29, April gänzlich
nieberwarf), endlich die veränderte Richtung des
Welthandels untergruben den Reichtum des Heinen
Handelsſtaats. Napoleon I. ließ 1805 unter dem
Vorwand verlekter Neutralität das Gebiet von R,
befepen, das nun von Ruſſen und Montenegrinern
verwüjtet ward, R. wurbe 1811 zum neugebildeten
Hönigreih Illyrien gefchlagen, mit dem es 1814
an Biterreic tam. Napoleon verlieh dem Marſchall
Marmont den Titel eines Derzons von R.
Der Fleden Altragufa (ital. Raguſa vecdhia),
das alte Epidaurus, 589 v. Chr, von griech. An:
fieblern gegründet, ift jebt ein ärmlicher Flecen,
10 km von R., mit 675 (Oemeinbe 9304) E.
—8* (Herzog von), ſ. Marmont.
Ragufanifche Litteratur, |. u. Kroatiſche
gitteratur]).
Nagwurz, Bilanzengattung, foviel wie Orchis,
Nahber Anud Yyne), leiter dän. Schrift:
fteller des 18. Jahrh., geb. 18. Dez. 1760 zu open:
bagen, bezog 1775 die Univerfität dafelbit und wid:
mete ſich fa ausſchließlich belletriftiichen Studien.
Nachdem er * 1788 Vorleſungen über Aſthetil
an der lopenhagener Univerſität gehalten, erhielt
er 17 die Prof der Aſthetit und war feit 1809
Mitglied der Thenterlommilfion. Seit 1816 trat
er von neuem als Lehrer der Univerfität auf, Er
ftarb 22, April 1830. Von feiner_litterarifchen
Thätigleit bat R. eine ausführliche Schilderung in
feiner Selbjtbiograpbie (5 Tle., 1824—29) binter:
laſſen. Als Dichter erwarb er ſich durch feine Iyris
ſchen Gedichte (2 Bde., 1794—1802), weniger durch
jeine vaterländiihen Schaufpiele (3 Bde., 1809
— 13) Beifall. Die allgemeinfte Anerkennung fan:
ben jedoch feine nad Gefinnung wie Form gleich
vortrefflihen Erzählungen (8 Bde., 1785—1806).
Einen noch nedkaltierre Wirkungslreis eröffnete
er ſich durch feine Fritiiche Thätigleit als Heraus:
geber mehrerer Zeitfchriften, der «Minerva» jeit
1785, der «Dän. Minerva» 1815—19, des «Hespe⸗
russ 1819—23, der «Tritogenia» 1828—30, vor
allem aber des durch Addiſons «Spectator» ber:
—— «Dän. Zufchauer» 1791—1806,
ahel (bebr., «Diutterichaf»), nad der hebr.
Stammfage die jüngfte und jchönfte Tochter La—
bans, um deren Beſiß atob erſt fieben Jahre und
danach, ala ibm Laban binterlijtigerweije feine
ältefte Tochter Lea untergefchoben, noch weitere
fieben Jahre diente, Sie follnad einer langen un:
fruchtbaren Ehe die Mutter —38 und Benamins
geworden, bei der Geburt des lehtern aber geſtorben
ſei. Am Wege nach Ephrath, zwiſchen Bethel und
Jeruſalem (nicht bei Bethlehem), ſoll ihr Jalob ein
Örabmal gejept haben.
469
De Gattin von Barnbagen von Enfe (f. b.).
Ra (Karl Heinr.) — Kupferſtecher,
geb. 11. Juli 1779 zu Hofen ei Heilbronn, ftubierte
in Wien unter Fügers Leitung. Seine eriten Ar:
beiten führte er in der Punftiermanier aus, wandte
ſich indes bald dem Grabftichel und der Nadel zu,
— welchem Gebiet er zu ruhmvoller Auszeichnung
elangte. Im J. 1815 wurde er zum Mitglied ber
kademie der Künfte zu Wien, 1829 zum Kammer:
fupferftecher und 1839 zum Profefior an der & £
Akademie, endlich 1841 zum Profeſſor erfter Klaſſe
in Florenz ernannt; er ftarb 12. Aug. 1843 in
Wien. Seine bebdeutendften Arbeiten find: Hiob
und Belifar, nah Eberhard Wächter zu
die großen Landſchaften von Pouffin, bie
eil. Margareta aus der Schule Rafaels, Correg:
i08 Nacht, fowie die Madonna und die heil. Mag»
alena desſelben Meifterd, bie Darftellung im
Tempel von Fra Bartolommeo, bie heil. Juſtina
von Moretto u. f. w.
Mahl (Karl), Sohn des vorigen, einer der be:
deutenditen Hiftorienmaler der neueften Beit, 4*.
13. Aug. 1812 zu Wien, beſuchte die bortige Ala—
demie unb gewann im Alter von 19 Jahren mit dem
Bilde David in der Höhle Adullam einen Preis.
Nachdem er feit 1833 mit mehrern Kirchenbildern
aufgetreten, malte er Hagen an ber Bahre Si
frieds. Im J. 1836 ging er nad) Venedig un
Rom. Die nachſten Arbeiten waren: der Schwur
auf dem Nütli, und Manfred, ber von farl von
Anjou auf dem Schladhtfelde von Benevent gefun:
ben wird; ferner der Einzug Manfreds in Luceria.
Beide Manfred:Bilder famen in die Galerie bes
Belvedere, Dann entitand Odyſſeus, dem Leuto-
thea im Sturm den Schleier reiht. Auch Porträts,
in denen er ftet3 Hervorragendes leiltete, wurden
bereits in Nom gemalt, Sm 1843 fehrte er nad)
Wien zurüd und beſchäftigte fi dann in Paris mit
Kopien nah Tizian, Veroneſe und Rubens,
J. 1848 nahm er als Abgefandter der Alademiſchen
Pegion in Wien an der — —— in
Eiſenach teil und lebte dann in München. I
1850 wurbe er proviforiich an bie wiener Akademie
berufen, aber feine fünftlerifche Richtung wurbe fo
ſehr angefeinbet, daß er bereits nad) fieben Monaten
urüdtrat und eine Privatlunſtſchule gründete. Im
uftrag des Barons von Sina malte er 1856 die
Bilder an der Fazade und im Veſtibul ber griech.
Kirche am Alten Fleiſchmarkt al fresco auf Gold—
rund. Außerdem jhuf er für den Palaft dieſes
Önners vier Bilder aus der griech. Heroenzeit und
die vier Glemente. Ferner fhmüdte er den Palaſt
Drafche (Heinrichshof) mit den Perjonifilationen
ber Künſte de3 Friedens und ber Kultur und den
Balaft Todesto mit Gemälden aus ber Paris:
mythe. Cine ber Bürgerichaft von Athen vom
Baron von Sina gefchentte Summe beftimmte jene
dazu, eine peefaruge Kompofition R.s in Fries—
form, die Aulturgefchichte Griechenlands darſtellend,
ausführen zu lafjen. N. vollendete noch die Farben⸗
ſtizze und einen großen Teil der Karton®, Im J
1863 zum Profeſſor ernannt, wurde ihm bie Aut:
malung des Treppenbaufes im Waffenmufeum zu
Wien übertragen. Gr malte bier drei koloſſale
Dedenbilder und drei Bilder über den Fenſtern.
Ebenjo vollendete er noch die Entwürfe für das
Dpernhaus, die, feiner teftamentarijchen Beſtim—
mung gemäß, zwei Lieblingsfhüler ausführen
ſollten. SHierunter nimmt der Vorhang mit der
470
Berfinnlihung der Orpheusmythe den vornehn:
iten Plab ein. Unter den vielen Kompofitionen
ür Zafelbilder find = hervorzuheben: Neros
— durch das brennende Rom und die
Cimbernihladht (für die Galerie des Barons von
Schad in Münden beftellt). Außerdem hat R. zahl:
reiche Porträts berühmter Zeitgenofien ig Hm
N. ftarb 9. Juli 1865 zu Wien. Bol. George:
Mayer, « Erinnerungen an Karl N.» (Wien 1882).
Rahm, Sahne, Schmand iſt ber fettreichite
Teil der Bild, welter Sid bei rubigem Stehen in
Form einer ſchiwach gelblich gefärbten, didflüffigen
Schicht an der Oberfläche der Milch abjondert und
teil3 als Nahrungsmittel genofien wird, teild das
—— ur Bereitung der Butter und gewiſſer
Käfejorten bildet. Ye nachdem die Milch während
der Rahmabjonderung friſch blieb oder —
a zu fäuern, erſcheint der N. als ſüßer oder
aurerRahm. Zur momentanen Abjcheidung des
R. aus der Milch bedient man fi) mit großem
Vorteil der Centrifugen oder Separatoren, Mild:
ihälmafchinen, von denen die von Lefeld und Lenz,
Fesca u. a. zu erwähnen find. Die Menge des bei
ruhigem Steben fich bildenden Rahms gewährt ein
wenn auch nicht — ſicheres Urteil für bie
Dualität der Milch. Zur Ermittelung dieſer Menge
bedient man fi befonderer Inſtrumente, der
Rahmmefjer oder Eremometer (f. d.).
ahmäniye, Heine Stadt in der ägypt. Pro:
vinz Behera, lintö am weſtl. Hauptmündungsarm
(von Rofette) des Nils, 70 km im DSD. von
Alerandria, namhaft durch das ſiegreiche Gefecht
der Franzofen mit den Mamluten 12. Juli 1798,
Rahmen, im Maſchinenhau joviel wie Geftell;
bei der Appretur der Gewebe joviel wie Troden:
oder —— in der Schuhfabrikation am
Rand genähte Sohlen. — über Bilderrahmen
ſ. unter Goldleiſten.
Rahmenarbeit, ein Verfahren der weiblichen
Handarbeit, bei welchem durch Nähen innerhalb
eines Rahmens allerlei feine Wollwaren, ſog. Phan:
tafieartitel, hergeſtellt werden.
Rahmmeffer, foviel wie Gremometer. —
Nahn (Joh. Rud.), Kunſthiſtoriler, geb. 24. April
1841 in Züri, ſtudierte in Züri, Bonn und Ber:
lin, und habilitierte fi 1868 in Züri, wo er jeit
1877 als Ordinarius wirtt. Seit 1883 bociert er
gleichzeitig als Profeſſor der eg am
dgenöffifchen Polytechnilum. Von ibm erjchien
namentlih «Geſchichte der bildenden Künfte in der
Schweiz von den älteiten Zeiten bis zum Schluß
des Mittelalters» (3 Abteil., Zür. 1874— 76), eine
Ausgabe des «Psalterium aureum von St. Gallen»
(St. Ballen 1878), «ftunft: und Wanderjtudien aus
der Schweiz» (Wien 1883). Seit 1879 rebigiert R.
den «Anzeiger für fchweiz. Altertumsfunden,
Nahnis, Stadt, ſ. Nanis.
NRahway, Stadt in Union County im nord:
amerit, Staate Neujerfey, am Rahwayfluſſe und
an der Benniylvania: und der eg Sr
bat (1880) 6455 E., Wagen: und andere Fabriken
und eine Öffentliche Bibliothel. AR. wurde 1720 ge:
gründet und 1858 als Stadt inforporiert.
Raiatea, eine der Gefellichaftsinfeln im Großen
Deean, die größte und füdlichite der Leewardinſeln,
mit dem nördlicher gelegenen GEiland Tahaa von
einem Korallenriff umgeben, bat vielfad einge:
buchtete Steillüften, vier gute Häfen (Hamanene
und Toteroa im W., Uturoa und Dvoa im D,)
Rahm — Raimondi
und zählt auf 194 qkm 1400 prot.
Das Gebirge der Inſel fteigt bis zu 650 m auf. -
Rai Bareli, Roy Bareilly
den Norbweitprovinzen des Indo:Britifhen
im ebemaligen Audh, 12027 qkm mit
2648950 E., zwifchen dem es im ©. und der
Gumti im N, Der Hauptort i
—— er 7 über den eine ——
is hierher für Fahrzeuge von
Raibolini — berühmter ital. ler,
f. as
aid (ſchott. ſpr. Rehd, d. h. S nannte
man namentlich die im norbamerif.
von der Reiterei unternommenen Züge,
die feindlihen Verbindungen und
ftört, Vorräte fortgenommen, Gefangene
und Heine Boiten aufgehoben wurben.
Naiffeif e Darichnätaff
Darlehnövereine.
envereine, |.
Naigern (auch Groß-Naigern af kai, m
Markt in der Bezirlshauptmann im
fübl, —— Zt vum ala -
— un
Brünn der Kaifer Ferdinands-Norbbahn,
1651 jlaw. E. einer bedeutenden
einer Benebiktinerabtei, die 1048 vom Herzog Die:
tislaw aeftiftet wurde, eine ſchöne S eine
ie — ——
iche und archaͤol. ungen
Raigras, ſ. unter in
Railway-spine (engl.), en —
der Grihütterung des note wie fie bei
Gifenbabnunfällen vortommt, und bierdurd)
bedingten —— Kopf: und Rüden:
ihmerzen, Schwindel, Nustellähmungen, abnorme
Zaftempfindungen u. hal.
aimondi (Marco Antonio), gewöhnlih Marc:
anton genannt, der größte Ku echer ber ital.
Renaiflance, berühmt als trenefter
bedeutenden Anzahl Rafaelſcher
Seine Lebensumstände find fehr wenig
De Belogne 1475 ober wenig fpäter geboren,
cheint er feine Lehrzeit bei Francesco Raibolini,
dem Maler und olbichmied, bejtanden und in
deſſen Werkitätte ſich zuerft in Nielloarbeiten ver:
jucht zu haben. Auch bei ben erben
arbeiten dienten —* die Zeichnungen ſeines
ſters neben denen Mantegnas und anderer
als Vorlagen. Im J. 1504 wird Marcanton ale
hervorragender Stecher genannt; aus bem J.
ift uns der erfte datierte Stich erhalten.
nach muß er mit den Merken Dürers helannt
worden fein, von denen er ganze Serien in
ar mg —— gu
ohnſit na om und trat bort
reiche Beziehungen zu Rafael. — Zn
techniiche Befähigung durch zwei feiner gefuchtejten
Stiche: die Hletterer und Qucretia, bewiefen,
traute ihn Nafael von da ab gem mit der Repro-
fi) .
dultion feiner vorzüglichiten ofitionen,
Stecher jener Beit fertigten ihre Sfatten
8
Bar
aus⸗
nahmslos nad) Skizzen und Zeichnungen,
nad) den Kartons des Malers, aber nicht den
fertigen Gemälden; von Wi des loloriſti⸗
ſchen Effelts oder des Helldunfels eines Bildes
wußte auch Marcanton ae bagsarn feine
Zeichnung ‚von unverglei * und
edelſter — ſodaß ſchon Sage
entitand, Rafael felbit habe ihm die Contouren auf
die Wlatte vorgezeihnet, In diefer Hinſicht
®
— —
Raimund — Naimund de Sabunda
feine Werle bis zur Gegenwart unübertroffen,
während fie von für alle Stecher reichſte
Quelle de3 Studiums geweſen. Die Thätigkeit
Marcantons erreichte ihren Höhepunkt in den J.
1510— 24; eine Anzahl trefflider Schüler, wie
Marco di Ravenna, Ngoftino Veneziano, Jacopo
Garaglio u. a., arbeiteten unter feinen Augen, und
ihre Mithilfe ermöglichte innerhalb jener 12—15
Sabre das Entftehen von Hunderten ———
Platten. Rad) Rafaels Tode (1520) arbeitete Marc
anton häufig nad Zeichnungen Giulio Romanos;
in einem Fall zu feinem Unglüd, da die Wieder:
gabe der tigten 20 Götterliebichaften ihm
den Zorn des ftes und Gefängnishaft zuzog.
Das bedeutendite Wert, der fpätern Jahre ijt der
Tod des heil. Laurentius nad Bandinelli. Die | Herbit
Groberung Roms (1527) ruinierte Marcanton voll:
ſtãndig und trieb ihn nad) Vologna zurüd; von da
ab verliert fid) jede fiddere Spur künftleriihen Wir:
lens, ſodaß nicht einmal das Todesjahr anzugeben
it; 1534 ſcheint er nicht mehr gelebt zu haben.
Ra von Saint-Gilles, Graf von
Zouloufe, jeit 1088 der reichſte und mädhtigfte Fürft
S ‚ war einer der erjten, welche auf den
Auf Bapftes 1095 fi zum Kreuzzug bereit er:
Härten. Während desfelben zeichnete er ſich wieder:
holt aus, namentlich bei der Eroberung und Ber:
—— ——— Als nad) der Einnahme Je—
ruſalems 1099 Gottfried von Bouillon zum ze
de3 neuen Königreich erwäblt warb, fühlte R. fi
zurhdgejett und kehrte heim. Unterwegs aber tra
er in Konftantinopel ein neues Kreuzheer; er fü
ſich beftimmen, die Führung desjelben durch Klein:
aſien zu übernehmen, eroberte 1103 Tripolis und
ſtarb dafelbjt 28. Febr. 1105.
Ra ein Scholaftiter, mit dem Beinamen
de Penna forti oder de Rupe forti, gleid)
ausgezeichnet als Kanoniſt und Kafuift, ein Sad.
lomme der Grafen von Barcelona und ber Könige
von Aragonien, wurde 1175 auf dem Schloſſe Ho
Bennafort in Gatalonien geboren. Er widmete
ſich dem Rechtsſtudium, trat dann als Lehrer des
fanonifhen Rechts in Bologna auf und wurde
1218 Kanoniker und Ardidiafonus in Barcelona,
1222 Dominifaner. Als Freund und Bejörderer
der Inquiſition wie als Prediger gegen die gr
bigen Mauren machte er fih um den päpitl. Stuhl
verdient, ſodaß Gregor IX. ihn zum Beidhtvater
und Großpönitentiarius erwählte (1230) und durd)
ihn ein fgjtematiiches, meiſtens aus den frühern
Defretalen zufanımengebradptes Geſetßzbuch auf:
ftellen lieb (1234), weldyes unter dem Namen «De-
eretalium Gregorii P. IX. Lib. V» befannt ift.
Auch war er ed, ber ftatt der alten Bönitengbücher
die Kaſuiſtik in eine ſcholaſtiſch-wiſſenſchaftliche
Form brachte. Dies geſchah durch feine «Summa de
itentia et matrimonio», gewöhnlid) «Summa
imundiana» genannt, bie oft herausgegeben
wurde (namentlich mit den Glofien von Johannes
de Friburgo, Nom 1603). N. kehrte nad) Epa-
nien wieber zurüd, erhielt 1238 die Generaldwürde
feines Ordens, legte fie aber ſchon 1240 wieder
nieder, widmete fih nun dem beihaulichen Leben
und ftarb, 100 3. alt, 1275. Glemens VII. ver:
feste ihn (1601) unter die Heiligen der röm. Kirche.
‚Raimund (Ferd.), nambafter öiterr. Bühnen:
dichter und Schauipieler, der Begründer der humo:
riftiich:gemütlichen Vollspoſſe, geb. zu Wien 1. Juni
1790, lernte bei einem Honditor, entfloh aber und
4il
ging zum Theater. Er trat zuerft in Preßburg und
1809 in Edenburg und Naab auf. Dur }; 1814
elang es - am Iheater in der Joſephsſtadt in
ien für das Fach lokaltomiſcher Bartien ange:
ftellt zu werben; 1817 fam er an das Leopoldjtädter
Theater und wurde allmählich die Secle der wiener
Volksbühne. Seit 1823 trat er auch als Bolts:
dihter auf. Sein erſtes Stüd war das Zauber:
[piel aDer Barometermader auf der Zanberiniel»;
ieſem folgte «Der Diamant des Pr
1824), «Der Bauer als Millionär» (1826), «Moi:
— Bauberfludh» (1827), «Die gefeſſelte Phan—
tajie» (1828), «Der Alpenlönig und der Menſchen⸗
feind» (1828) und das tragitomiiche Zauberſpiel
«Die unbeilbringende Zaubertrone» (1829), Im
1830 löfte er jein Verhältnis zum Leopold⸗
jtädter Theater, dejien Direktion er in den Ichten
zwei Jahren geführt. Im J. 1831 fehte er felbit
in ben und Hamburg, 1832 in Berlin und
Hamburg feine Luftipiele in Scene und trat in den
Hauptrolten berjelben, fowie in andern beliebten
wiener Lolaltomödien auf. Im %. 1833 fchrieb er
für das Joſephſtãdter Theater fein leites und beftes
Stüd «Der Verſchwender⸗. Hierauf kaufte er fi)
in einem Thale bei Gutenſtein eine Heine Beſizung
und jpielte ſechs Monate lang wieder im Leopold:
ftädter Theater. In den %.1835 und 1836 gab er in
Münden, Prag und Hanıburg abermals Gaft:
rollen. Sn einem Anfall von Hypochondrie fuchte
er ſich mittel3 eines Terzerols a töten und ftarb
= en Zope ; nadıbet, * ei; —
«Sämtlichen e» gab zuerjt J. N. Bogl herau
(4 a en 1837; 3.4 u Fi 1882); dann
Glofiy und Sauer, anad) den Original: und Then:
termanuftripten, nebſt Nadlah und Biographie»
(3 Bde., Wien 1881). Am 18. Dez. 1872 wurde
ihm an jeinem Geburtshauſe zu Wien eine Geben:
tafel errichtet, eine zweite ijt für 1886 in Potten:
ftein, dem Drt feines Todes, geplant. Bol. Otto
mm Bäuerle), «Ferdinand R., Roman»
(3 Bde., Wien 1855); 2. 9. Franll, «Zur Bios
graphie Ferdinand R.3» (Wien 1884). .
Raimund (Golo), Romanfhriftitellerin, Pſeu—
bonym für Frederich, geborene Heyn (nicht,
wie früher geglaubt wurde, für Georg Dannen:
berg), feit 1847 vermählt mit dem Hofmaler und
jpätern Rebalteur des «Hannöverjcyen Kouriers,
Eduard Frederic in Hannover (geit. 1864), ver:
Öffentlichte feit 1854 zumächit im Feuilleton dieſer
Zeitung, dann in Buͤchform eine Reihe von No—
vellen. J. 1856 erſchien ihr erſter zweibändiger
Familienronian «Z3wei Bräute», dem ſpuüter eine
rößere Anzahl anderer Romane und Novellen
olgten, darunter «Bürgerlidh Blut» (1859), +»Cin
rtes » (1859), «Durch zwei Menſchenalter⸗
1862), «Schloß Cltrath» (1865), «Zweimal ver:
mäblt (1867), «Berwaift» (1875), «Mein ift die
Rache⸗ (1877) u. f. w. Sie ftarb 5. Dit. 1884.
aimund de Sabunda (eigentlih Sabiende),
gebürtig aus Spanien, wendete fid von der Medi:
zin zur Philoſophie und Theologie, die er um 1430
Zouloufe vor Gr gehört zu den fpätern Aus:
äufern der Scholajtit und ſuchte ihr vom Stand:
punkte der Naturkenntnis und des geſunden Men:
ſchenſinns Hilfe zu leiften in_einer Ausglei ur,
des Gegenſatzes zwiſchen der Scholaftit und Myſti
mit bloß etlektiiher Benuhung der herfömmliden
ſcholaſtiſchen Formeln. In dieler Beziehung ift fein
«Liber creaturarum. seu theologia naturalis»
472
(1436; Straßb. 1496; neue Ausg., Sulzb. go
am bebeutenbften geworben. Gr behauptete, ba
Gott dem Menichen zwei ſich nicht widerjpredhende
Bücher gegeben babe, um ibn, ihr Verhältnis zu
ihm und ie Beſtimmung zu erkennen; dieſe Bücher
feien das Buch der Natur und die 5 Schrift.
Von Ben Buche, das allen une vorliege, ver:
ftändli und von Kehern Weser bar fei, müfle
die Erfenntnis at Da die Heilige Schrift
durch die Menschen gefälfcht worden ſei, müſſe man
jenes Buch, d. b. durch die
Vernunft, wie durch die innere und äußere Erfah—
rung begründen. Andererſeits könne die Dffen:
barung nur fe lehren, was mit der Vernunft
ihre Ausfprüde du
vereinbar ſei; fte fei zur Gröffnung berjenigen
Wahrheiten, die der Menſch aus eigener Kraft nicht
finden würde. Als die höchſte Erlenntnis bezeichnete
er bie Liebe Gottes, Nach jenen Grundſähen fon:
ftruierte er dann bie ganze Kirchenlehre. Val. Mapte,
«Die natürlihe Theologie des R. von Sabunda»
(Brest. 1816); Hutter, «Die Neligionspbilofopbie
des Raymund von Sabundan up. 1851).
Raimundns Lullus, Scholaftifer bes 13.
Jabrh., ſ. Lullus,
Rain, Stadt im bayr. Regierungsbezirl Schwa⸗
ben, Bezirlsamt Neuburg a. D., an der Ach und
unweit rechts des untern Lechs, Station der Linie
— mpeg“ ensburg der Bayriſchen
Staatsbahnen, eines — bat (1880)
1449 E. und eine Hündhölzerfabrif. Bei Verteidi-
aung bes Lehübergangs und der damals wichtigen
Grenzfeitung R. gegen Guſtav Adolf erhielt am
15. April 1632 Tilly die Wunde, welcher er am
30. April zu Ingolftadt erlag. N. iit Geburtsort ber
Rompeniken dranz, Janaz und Bincenz Lachner.
NRainald von Dafiel, Erabifcor von Köln
1159— 67, war ſchon er 1156 Kanzler Kaifer
Friedrichs I. S ebe er kölniſcher Erzbiſchof
und zugleich Erzkanzler von Italien ward. In der
erſten ie ber Regierung des eg kl deſſen vor:
nehmſter Natgeber und ganz von der alles über:
ftrablenden Machtvolltommenbeit des Kaifertums
erfüllt, trug R. viel dazu bei, daß Friedrichs Ver:
bältnis zu den lombardiſchen Städten und zum
Wapfttum ein frofies ward, namentlich jr Zeit
Aleranders III. mit dem R., als derfelbe nod
Kardinal Roland war, auf dem Reichstag zu Be:
fangon Dt. 1157 perjönlich Brrnhsiinerse N war.
Mur feinen Betrieb erklärte Friedrich fi für den
Gegenpapft Victor IV. und deſſen Nachfolger.
Zurd ibn und feinen in Gemeinſchaft mit dem
Erzbiſchof Chrijtian von reis gewonnenen Sieg
vor den Thoren Roms wurde Alerander zur Flucht
genötigt und der Gegenpapſt Bafchalis III. in Rom
inftalliert. R. ftarb an der Malaria 14. Aug. 1167,
Seine Leiche ward im lölner Dom beigefept, welchen
R. durch die von ihm erworbenen Gebeine der heil.
drei Könige zu einer bochgefeierten Pilgerftätte ge:
macht hatte. Vol. J. Fider, «N, von Dajjel, Erz
— Fr a A lie
ainer (of. ob. Michael Franz), Erzherzog
von Öfterreicy, Vizelönig des Lombardijch:Venetia:
nischen Königreichs, der fiebente Sohn Kaiſer Leo—
pold3 II. aus deſſen Che mit Marie Luiſe von
Spanien, war 30. Sept. 1783 geboren, Geine |
Yaufbahn war anfangs eine militärische, bis er |
1818 zum Bizelönig des öjterr. Italien erhoben
warb. Sein perſönlich milder Charakter verſprach |
eine glüdlihe Regierung, aber das Metternichiche
Raimundus Lulus — Raiwawai-Inſeln
Grenzen, Unter ſolchen Verbäftnijien konnte ber
Grjberzog die innere Gärung und ihre gewaltiamen
Ausbrüde nicht bindern. Als im M
Aufitand in Mailand ausbrach, ſah er fi genötigt,
die Lombardei zu verlafien. r
num meiſtens in Sübtirol und ftarb dort 16, Jan.
1853, Cr war feit 1820 mit der farbin. Pri
Glifabeth, der Schweiter des Königs Karl >
vermäblt, aus welder Ehe ihn ſechs Kinder über:
lebten: Adelheid, geb. 3. Juni 1822, ſeit 1842 mit
Victor Emanuel Il. von Sardinien vermählt, =
20. Yan, 1855; Erzherzog Leopold (f. d.) k
6. Juni 1823, General der Kavallerie; Griberzog
Ernit, geb, 8. Aug. 1824; Siegmund, geb. 7.
1826; Erzherzog Rainer, geb. 11. Yan. 1827,
eugmeifter, ſeit 1852 mit der Erzherzogin
Karoline), der jüngften Tochter des Enbeniogs
arl, vermäblt, trat früh in die Armee, wu
1852 Oberft, fpäter Generalmajor und Brigabier.
Am 2. Febr. 1857 zum Präfidenten des ftänbigen
Neichärats ernannt, leitete er 1860 die
lungen des Berftärkten Reichsrats und wurde
4. Febr. 1861 Präfibent des erften liberalen Kabi⸗
netts —5— Am 9. März 1861 Feld:
marfhalllieutenant erhoben, leitete er die Staats:
geſchafte big zum 22. Juli 1865. Seit 1868 wid-
mete er fi der Drganifation der Landwehr, deren
oberiter Kommandant er ward. Durd Anlauf des
— von El⸗Fayum ———— Gr Rai:
ner), den der Kaufmann Theodor Graf auf feiner
Drientreife entdedte und Profefior Kara ent:
üiiente und bearbeitete, bat ſich R. ein befonberes
gerdienft um die Wiffenichaft erworben. Dabei
—— er die Kunſtinduſtrie als Proteltor des
uſeums (ſeit 1863) und Präfident der Weltaus-
ng ya 1873. Heinrich, ber
Sohn R.s, geb. 9. Mai 1838,
tenant, ift vermäblt mit Baronin Waidel lehema⸗
ligen Schaufpielerin Hofmann).
Nainha (Caldas da), f. unter Caldas,
Naintweide, f. unter Ligustrum,
Rainy Lafe, ein Landfee auf der Grenze des
nordamerif, Staates Minnejota und Britiſch Nord:
amerila, fteht durch den Rainy oder Rainy Late:
Sub mit dem Lafe of the Woods in Verbindung.
abe feinem Ausflufie befinden fid) die 6 m hohen
Fälle von Fort Francis, i
Naipur, Naiapur, Hauptitabt eines Diftrikts
(30 781 qkm mit 1093405 €.) in der Divifion
Zichattisgarh der Gentralprovinzen des Indo
Reichs, öftlih von Nagpur, mit (1872)
1 Y
Raifind de Damas, ß unter Roſinen.
Naismes, Stadt im franz. Depart. bu Nord,
Arrondifiement Balenciennes, Station der Linien
Donai:-UQuicvrain und Valenciennes⸗Lille der Nord»
bahn, hat (1881) 3276 (Gemeinde 4896) E. Stein:
tohlenwerte, Eifeninduftrie, Fabrifation von Weins
eig und Holzhandel. }
ait (lm. Räjec), Dorf in ber Bezirlshaupt⸗
mannſchaft Boslowis im füdl, Mähren, an ber
Zwittawa, Station der Linie Wien:Prag der
reihiich = Ungariihen Staatsbahnen, mit 1000)
1332 flaw. E. Das Schloß des Fürſten
Reifferſcheid, auf einer bominierenden Anböbe, bat
ihöne Gartenanlagen und eine wertvolle
Ina von Bildern und Antiquitäten,
aiwawai-Inſeln, ſ. Tubuai:Injelm,
—
Syſtem in Wien Shen Be Einfluß bie engften
e
1848 der
Naizen — Naleten
Naizen, ribtiger Rahen (ſſaw. Nabi, Raſchhi,
Rafchane, magyar. Räcz, in der Mehrzahl Näczot,
im mittelalterlichen Latein Rasciani), werben die
Serben grieh. Glaubens in Serbien, Slawonien,
Niederungarn und Rumänien von ibren nichtilam.
Landsleuten, namentlich von den Magyaren, aber
auch von Deutihen genannt, Der Name
fommt von ber alten Stabt Raſſa, bem heutigen
Novibazar, an dem Fluß Raſchla im ſüdl. Ser:
bien, wo zuerit in dem geichichtlich befannten alten
Gau gleihen Namens die Nemanjiten 1159 bie
Großzupanie Raſſa (Rascia), das fpätere
raſſiſche oder ferb. Königreih, gründeten und in
der genannten Stadt ibre erfte Refidenz hatten.
Selbit noch rn ber —— des Reichs bis
—— Küfte nannten nd ie Fürjten aus
em Haufe Nemanja «Könige des raßiſchen (fer:
Dilcen) und Küjtenlandes». Später zerfiel das:
jelbe in einzelne Gebiete mit_befondern Namen,
und Rascien gilt im engern Sinne nur für Ser:
bien. Der inifer von Dfterreich führt als König
von Ungarn no das Wappen eines Herrn von
Rascien im großen Staatswappen.
a, der Rochen.
Raja, Rajah (in Kamen: f. Nadia,
Majah (eigentlih riaja, Mehrzahl des arab.
Wortes raije, Herde) dient im Zürliihen als
Kolleltivbe unge, ber der Pforte unterworfenen
Bölterfhaften. welche, fofern fie nit dur An:
nabme des Islam in die —— Raſſe der DS:
manen eintraten, von dieſer als willen: und recht:
loſe Herben geführt und — werden ſoll⸗
ten. Die europ. Sprachen haben das Wort R. als
Bezeichnung des jenen Volkerſchaften angehörigen
Individuums aufgefaht, ſodaß ein R. einen nicht:
mohammedaniſchen Untertban ber Pforte bedeutet.
tiber die ſtaatsrechtlichen Berhältnifie der Rajah—
nationen ſ. OSmaniſches Neid.
Najerz, Marktjleden im ungar. Komitat
Trentichin mit 2636 E.; in der Näbe tft ein warmes
Mineralbad
Naiolen (des Bodens), f. Rigolen.
oo gl Beni puten,
Male, ſ. Mandelträbe.
Raketen (vom ital, rocchetta) find Feuerwerls⸗
körper, welche nicht bloß auf dem Gebiete der Luft:
feuerwerlerei eine Rolle fpielen und bier zu ben
eindrudsvolliten Stüden * ſondern auch für
ernſtere Zwede (Signalmelen) und insbeſondere
als Kriegsmittel Bedeutung haben und als ſolche
zeitweiſe für hervorragend galten. Die R. gehören
zu den Steigfeuern (. Feuerwerk) und haben
als Hauptteil eine cylindrifhe Hülfe von ftarlem
Bapier oder Eiſenblech, welche mit einem raſchen
Treibſaß in verbichtetem Zuftande derart angefüllt
ift, daß innerhalb des Sabes eine an einem Ende
ofiene Höhlung, bie Seele, bleibt. An bem der
Offnung entgegengeiehten Ende ift die Seele durch
ein Stüd maſſiven Sabes, die ſog. Zehrung, ge:
ſchloſſen. Die Hülfe ift fo ftarl, daß fie der aus:
gebehnten Araft des Gaſes bes Treibſaßes zu
wiberftehen vermag. Bei der Entzündung fängt
der Sak auf den Seitenwänden der Seele und der
innen der Zehrung Feuer und brennt unter
ftarter Gasentwidelung allmählich ab. Die N, be:
ment fich infolge des auf die Zehrung wirlenden
einjeitigen Gasdruds in entjprechender Richtung
mit wachiender Geſchwindigleit fort, Die vermöge
ber Anbringung der Seele vergrößerte Vrenufläce
473
des Satzes ergibt von Anfang an die nötige Gas:
menge, um das Trägbeitsmoment der N. zu über:
winden. Gin an ber Hülfe * langer hoͤl⸗
erner Stab dient dieſer als Gegengewicht, ver:
hindert bie feitlihen Schwankungen und das Über:
agen der N. und verleiht diejer die pfeilartine
—— Am vordern Ende erhält die Hülſe
zum bejjern Durchichneiden der Luft eine koniche
Spitze. R. zu Feuerwerlszweden läßt man mög:
lichſt fenfrecht aufiteigen, ihr Effelt berubt entweder
nur auf dem langen Funkenſtrahl des Treibfages
(woran ſich beim Grlöfhen des lehtern häufig noch
der Knall einer vorwärts der Zehrung angebrach—
ten Heinen Bulverladung reiht), oder außerdem
noch auf der Zugabe einfacher Feuerwerlslörper,
die fie auf der größten Steigböhe brennend aus:
wirft. Man nennt foldhe die Verſeßung der R.
Beliebte Berfehungen ind Schwärmer, jowie Leucht⸗
kugeln, welde in einer Haube am vordern Ende
der Hülfe untergebracht und von ber R. im höch—
jten Punkte ihrer Bahn in Brand gejeht und aus:
geſtoßen werden. Manfpricht demnach von Schwär:
mer: und von Leuchtraleten. Hallihirmrateten
aben ala —— eine intenſive und längere
eit leuchtende Flamme, oberhalb welcher ji beim
usſtoßen ein aus Seidentaft beitehender Schirm
ausbreitet und vermöge bed Widerſtandes ber
Luft die Flamme einige Zeit ſchwebend erhält.
um Grnitgebrauch dienen die den R. der Luft:
feuermwertlerei ui ee Signalraleten,
welche im höchſten Punlte ihrer Bahn ein weithin
wahrnehmbares Signal durd Knall oder durch
verfchiedenfarbiges Licht geben, und bejonders die
riegsraleten, welde Träger eines Geſchoſſes
find und damit eine dem Geihüs ähnliche Wir:
fung auszuüben vermögen. Das die Berfehung
der Kriegsralete bildende Gej 4 kann entweder
ein gewöhnliches Artilleriegeſchoß fein (Oranate,
Shrapnel, Kartätiche), oder es iſt ein ſpeziell dem
—— der N. dienendes Spreng:, Brand» oder
eucht eich in diefem Fall als Spreng:, Brand:
oder Leuchthaube bezeichnet. Die Kriegsraleten
haben einen ſehr ftarten, Bug aus verdich⸗
tetem Kornpulver beftehenden ‚reibjaß und eine
dem entipredhende wiberftandsfähige Hülfe aus
Eiſenblech; der Stab ift entweder ſeitlich, oder in
der Achſe der Hülfe angebradt, die Berbindun
geſchieht in lehterm Falle mittels einer Burat
Gibt man den Binfen der leßtern eine fchräge
Stellung, fo fungiert die R. als Rotation»
rafete. Leptere lommen auch ohne Stab vor und
tragen ftatt desjelben am bintern Ende ein eiſernes
Gegengewicht, den Kondultor; in demjelben bes
finden fi gewundene Kanäle, durch welde bie
Gaje ausſtroͤmen und fo die Achfendrehung erh.
erzeugen. Die Kriegsraleten werden je nad) ihrem
Zwede und der ——— auf welche ſie wirlen
ſollen, unter verſchiedenen Elevationen abgefeuert
und man bedient ſich zur Ermöglichung desſelben
eines Raletengeſtells, welches — drei einig
it. (fiber Gewehrrateten ſ. Bd. VI ‚S. A
über den Gebrauch der N. im Nettungsweien an
den Seetüjten ſ. Raletenapparat.)
Die N. ftammt aus dem Orient und war dort
bereits im 9. Jahrh. n. Chr. belannt. Yon da ver:
breitete fich ihre Henntnis auch in das Abendland,
Durch das Auftommen_ der Feuerwaſſen geriet fie
ya: beinahe in Vergeſſenheit, bis bie Engländer
ei ihren Kämpfen in Oſtindien im 18, Jahrh. die
*
474.
Brandrafeten ald Kampfmittel in den Händen der
Gingeborenen kennen lernten. Der indifche Fürſt
Hyder Ali (f. d.) hatte 1766 ein Korps von 1200
Rafetenwertern, welches fein Sohn Zippo Sahib
auf 5000 Mann vermehrte, Bejonders bediente
fi lezterer desjelben bei der Belagerung von
Seringapatam 1799. Dies wurde Veranlafiung
zur Ausbildung der —— in Europa. Den
erſten Anftoß gab ber engl. General Congreve (ſ. d.)
1804. Die Verwendung ber R. ala Geſchoßträger
regte der däniihe Hauptmann Schuhmacher an
se Beſchießung von Kopenhagen durch bie
nder 1807, wobei au Brandrafeten zur An:
wendung gelommen waren). Seine bee wurde
befonder3 durch die Engländer und Ojterreicyer
außsgebeutet und fpäter and) von andern Artillerien
aufgenonmen. Nordbameritaner William Hale
erfand 1846 die Rotationsrafete ohne Stab, welche
päterhin in der dfterr. Artillerie Annahme fand.
an benupte die Kriegsralete ſowohl im Feld: und
Gebirgs:, als im Feitungstriege. Zu eriterm Zwed
organifierte man Raletenbatterien, welche ä er
den Feldbatterien auftraten. Beſonders erfolgrei
war die Anwendung ber Kriegsraleten ſeitens ber
& in Feldzuge in Stalien und Un:
garn 1848 und 1849. Im Feſtungskrieg gebrauchte
man hauptſãchlich die Spreng: und Leuchtraleten.
Befondere Vorteile bieten die R. im Hochgebirge,
da man zu ihrem Transporf der Fahrzeuge ganz
entbehren fann und das Raletengeſtell ſich überall
mit Leichtigkeit aufftellen läßt. Die Schattenfeiten
der R. als Kampfmittel liegen namentlid in ber
Unficherheit ihrer von vielen AZufälligleiten ab:
bängigen Flugbahn und in ihrem Mangel an Ber:
fuffionstraft. Durch die gezogenen Gefdüpe traten
die Kriegsraketen mehr und mehr in ben Hintergrund
und lommen geaemmärtis nur noch im Gebirgs⸗
Irieg und al3 Leuchtraleten im yet frieg vor.
tenapparat ift eine Rorrihtung zum
Retten Schiffbrüdiger, wenn das Schiff fo nahe
(nicht über 4—500 — Meeresufer geſcheitert
iſt, daß ſich mittels R. eine Tauverbindung
zwiſchen jenem und dem Lande herſtellen läßt. Dies
geſchieht auf folgende Weiſe: An den Stab einer R.,
wie fie ähnlich für —— gebraucht werden,
iſt eine dünne ſtarle Leine befeſtigt, welche über das
verunglüdte Fahrzeug fortgeſchoſſen wird und von
den Schifibrüdigen ergriffen werden kann. Letztere
—* dann mit ihr ein ſtärleres, etwa 6 cm im
mfange baltendes Tau, fog. Yolltau, vom Lande
zu fh an Bord. Das —— iſt durch einen
Steertblod (Kloben mit Tauwerksſchwanz) ge:
ſchoren und feine beiden zufammengefügten Enden
bleiben am Lande. Wenn dann der Steertblod fo
hoch wie möglich am Bord feſtgemacht ift, wird von
der Rettungsmannfhaft am Lande mit dem Soll:
tau das eigentliche Rettungstau von 10 bis 12 cm
Umfang zu dem Schiffe hingezogen, von ben Ber:
unglüdten etwas über dem Steertblod befeitigt und
fodann am Lande vermittelt eines Flaſchenzugs
jo ftraff wie möglich gelebt, wobei man no, um
es zu erhöhen, einen Bod unterjhiebt. Dann ſchidt
man mit_Hilfe des Jolltaues die Hofenboje an
Bord. Dies ift ein mit waflerbichtem Gegeltud)
überzogener Rorkring, an dem eine kurze ebenfalls
aus Segeltuch gefertigte Hofe fiht. Die ganze Bor:
richtung hängt in einem Taubdreied, das mit einem
Ninge über das Rettungstau geftreift wird und auf
ihm bin: und bergleiten fan, Die Schiffbrüchigen
Naletenapparat — NRälöczi
fteigen einzeln in die Hojenboje und werben mit ihr
ans Land geholt. Die Raketen werben ftets von
einem unter 45” gegen ben Horizont geneigten Bod
efeuert; die Leine trägt 5—600 m weit, bie, um
ſich nicht zu verfnoten, jehr forgfam auf ein Bilod:
geftell aufgewidelt ift und von ihm mit
wenig Reibung ablaufen fann, In
gebrauchte man ftatt der R. Mörjer, an deren
die Peine mit einem Kettenende befeftigt
Der erfte beftige Bulverftoß brach jedoch öfter die
Leine, während die Raleten eine geringere Anfangs:
geſchwindigleit haben, deshalb ficherer und jegt all-
gemein gebräuchlich find. Der ganze R. befteht aus
zwei vierräberigen, leicht fonftruierten Wagen,
denen manibnmit allen Jubehöran die Straudungs-
ftelle ſchafft. Die deutſchen Raketen find bie beiten.
= werben ar Ipandauer Laboratorium i
und vom preuß. Kriegäminifterium gegen
toftenpreis an bie Deutiche Gefellichaft zur Rettung
Shiffbrüdiger abgegeben. Lehtere hat jeit Is
Gründung (29. Mai 1865) an ber rn ite
99 Rettungsftationen errichtet und mit denfelben
bis 1. Aprıl 1885 bereit3 1546 Perfonen gerettet.
a A zur See.)
Nakhaing, die nordlichſte Divifion von Britiich-
Birma,f. Aracan. .
Bey; ‚ — im * —— Haleb 5*
a, linls am rat, oberhalb N:
mündung bes Nabr-Belit (im Altertum Biledas),
ehemals ein Mittelpunkt des Karawanenverkehrs
zwiſchen Syrien und Mejopotamien, hat 8000 €.
lifen Harün:al:Rafdhid.
und war Lieblingsfik das
An ber N ba3 331 v. Chr. von Alerander
d. Gr., nad a 310 v. Chr. von Seleufos 1.
gegründete Nilephorion in Dörhoöne, weldes
- re - ——— Ken wird,
J mte, in männlicher Abftammun
erlofepene Familie in Öberungarn, deren —
figungen in den Komitaten Säros, Abauj, Zemplen
u. ſ. w., namentlich in der weinberühmten Heayalja
(Zofay) lagen. Auch gehörte ihnen Säros:Patat,
der Sik eines berühmten reform. Kollegiums, als
defien Batrone die R. befannt find.
Siamund R., Bocstais (. d.) Statthalter in
Siebenbürgen , wurde nach deſſen plöplichem Tode
troß feines Alters 11. . 1607 zum Furſten
Giebenbürgens ausgerufen. Doch danlte er zu
Gunften riel -Bäthoris 5. März 1608 ab und
ftarb 5. Des. 1608.
Sein Sohn, Georg L. R., wurde nad dem
Nüdtritt der Witwe Betblend‘ (1. .), Ratbarı
von Brandenburg, 26.Rov. 1631 von Sieben:
bürgen. Er ließ 16. Febr. 1642 feinen Sohn
Georg II. zum Fürften erwählen, den er ein Jahr
barauf mit der Erbin aller Bathoriſchen Güter,
Sophie Bäthori, vermählte, wodurd) feine Familie
die reichſte in ey pe und Siebenbürgen wurde.
Infolge eines 26. April 1643 mit dem ſchwed. und
dem franz. Geſandten geſchloſſenen Bündnifjes fiel
Georg I. im Febr. 1644 in Ungarn ein, wo religiöfe
Bedrüdungen überall Unruhe zur hatten, und
breitete fich bald in Oſterreich und Mähren aus, um
dem ſchwed. General Torftenfon die Hand zu rei:
en. So erlämpfte er zu Gunften feiner prot.
—— den Linzer (Linz in Oberöfter:
reich) Frieden (16. Dez. 1645), welcher Ungarns
olit, und religiöfe Freiheit auf3 neue —
uf einer Nationalſynode zu Szathmär:Remeti
(1646) ordnete er die reform. Kirche in Ungarn und
Nälsczimarſch — Näkofi.
Siebenbürgen; er ſtarb ſchon 11. Dit. 1648. Bal.
Szifägyi, «Actes et documents ponr servir ä
Phistoire de Yalliance de George R. prince de
Transsylvanie avec les Francais et les Suddois
dans la guerre de trente ans» (Peſt 1874).
Georg II. R. folgte feinem Bater, zeigte aber
weniger Unficht als diejer. Er ließ die Yandtags-
beihlüiie feit 1540 orbnen umd prüfen und gab
diefe als «Approbatae constitutiones» aus,
Rachdem Georg die Oberherrlichleit über die Mol:
dau und Waladei erlangt, trat er, gegen den
Willen der Hohen Pforte und der Stände, auf bie
Seite des Echwedenlönigs Karl X. Guſtav gegen
Johann Kafımir, König von Polen. Sein aben-
ſeuerlicher Zug begann 18. Yan. 1657 und endete
nit der © y mn der Armee, die ſamt ihrem
General Joh. m. die Krim abgeführt wurde.
Georg entwich nad; Siebenbürgen, das türl, und
tatar. Truppen graufam verwüjteten, obne feinen
er in son Nachdem er endlich 22, Mai
1660 bei Klaufenburg gefhlagen worden, ftarb er
6. Juni an feinen Wunden zu Großwardein,
in 18jähriger Sohn, Franz J. R., obgleich
ſchon 12. Febr. 1652 gewählt, gelangte nicht zur
Regierung und 208 ſich mit feiner Mutter, Sophie
Bäthori, nad Ungarn zurüd. Diefe begünftigte
den Katholi i ie Jefuiten und warb die
in der Proteftanten. Durch die Ber:
mählung mit Helena Zrinyi ſah ſich Franz I. in
die von deren Tater Peter Zrinyi und dem Pa-
fatin Weflelenyi geleitete Berijhwörung verwidelt,
welche die rigen der übrigen Hänpter (1671)
zur Folge hatte, während Franz von Leopold 1,
amneftiert ward. Er ftarb8. Juli 1676 zu Muntäcs.
Sohn, Franz II. R., war die bedeutendfte
Berjönlichleit feines Geſchlechts. Nach des Vaters
Tode und der Ergebung feiner Mutter (15. *
1688), welche ſich in der Feſtung Munläcs drei
Jahre lang gegen den öfterr. Feldherrn Carafia be:
hauptete, geriet er in die Gewalt Oſterreichs und
wurde in den ejuitenllöftern zu Prag und Neu-
haus erzogen. - Nachdem er die Tochter des Land:
arafen von Heſſen geheiratet, gab man ihm jedoch
einen Teil feiner ungar. Güter zurüd und erlaubte
ihm aud) die Nüdtehr nad Ungarn. Indes zog
man ihn wegen feiner Verbindung mit den unger.
Unzufriebenen im Mai 1701 wieder ein und führte
ihn nad Wien, von wo er nad) Polen entwich.
Bon Oſterreich geächtet, lebte er bier mehrere Jahre
rubig, bis ihm eine Deputation der in den Nord:
komitaten aufgeftandenen ungar. Bauern das
Kommtando anbot, das er aud), von Frankreich
aufgemuntert und von den poln. Großen unterftüßt,
übernahm. Durch fein Manifeft im Mai 1708 bes
lebte er den Aufitand, den aber 7. Juni Mlerander
Kärolyi niederichlug. Vom wiener Hofe beleidigt,
trat jedoch and) lekterer zu den Aufitändifchen über
und wurde der tüchtigfte Anführer R.s. Der Auf:
ftand geftaltete ſich nun zu einer Nationalerhebung
und 1705 wurde Franz R. zum Oberhaupt der fon:
füderierten Stände erllärt. Im J. 1707 erfolgte
auch feine Ausrufung zum Yürften von Sieben:
bürgen, wo er aber feine große Anhänglichleit fand.
Bon Siebenbürgen aus begab er ſich zur Verſamm⸗
kung nach Onod, wo 31. Mai 1707, zum Nachteil
der Erhebung, die Unabhängigleitserflärung Un:
arns ausgeſprochen wurde. Seitdem fant das
füd der Konföderierten, und die Unterhandlungen
mit Wien wurden wieder aufgenommen. @raf
475
Johann Palffy trat als Bevollmächtigter des
Königs auf, und es lam zwil dieſem und
Alerander Kärolyi pm Frieden, der 1. Mai 1711
zu Sjathmär * fien wurde, Franz R. ver:
fhmähte die Ammeftie, ging nah Frankreid und
fpäter in die Türkei, wo er 8, April 1735 zu Ro:
—— ſtarb. —— AMemoires = = revolutions
© Honzries (Haag 1738) geben Auskunft Über
a und Fi, de ie Finde
. Horn, «Kranz R. II., ein hiſtor. :
bild» (2p3. 1854); Siedler. «Altenftüde zur Ge⸗
Ihichte Franz N.s» (Wien 1855 — 71); Krones,
«Zur Geſchichte Ungarns im Beitalter Franz
R:8 IL.» (Wien 1870), In den Schriften der he
rien Alademie der Wifienihaften veröffentlichte
Koloman Thaly da3 «Archivum Räköezianums ;
von ihm ſtammen —— Monographien über
Ne —— Bernie ze. don ·Geſchichte ber
anz' Il. cin (alle in ungar. Sprache).
ats ‚ % ungar. Mufitjede von
einem unbelannten Komponiſten, angeblich das
Ciebtingsftüd Franz Rätöcis IL (1. d.), jebenfalls
in feiner Armee viel geipielt. Den Driginaljag aab
Gabr. Mätray (Wien 1825) heraus. Die Sage
nennt den Zigeuner Michael Barna (der Braune),
der Näköczis Hofmufitus geweien fein foll, als
Komponijten, deſſen Enlelin Anna Cinla, eine
berühmte Geigerin, die Tradition des Stüds be:
wahrte, Nach deren Spiele feste der Propit Karl
Baczeh das Stüd in Noten. In der Revolution
und im Kampfe 1848—49 galt der R. den Ungarn
als das, was den Franzojen die Marſeillaiſe war.
Raksczy, toblenfäurehaltige Kochſalzquelle in
Kiffingen (f. d.); auch Bitterwafjerquelle in Ofen.
Watonit (flaw. Rakovnik), Stadt imnorbweitl.
* Station der Linie R.Protivin der Oſter⸗
rei teen Staatsbahnen und durch Zweigbahn nad)
Luzna⸗Liſchan mit der Bufchtiehrader Eifenbahn ver:
bunden, Sis einer Bezirlshauptmannſchaft und
eines Bezirtögericht3, zählt (1880) 5245 E. flaw.
unge (1881) und hat eine Kommunal: Oberreal:
Aule, eine alte Delanatälirde, eine Zuderfabrit,
ein Brauhaus und eine bedeutende Hafnerei, in der
Nähe Steintohlengruben. j
Ratkos (Ipr. Rahloſch, deutſch Kroiſſenbach, d. i.
Krebſenbach) iſt der Name eines Heinen Flufies
in Ungarn, ber, von Gödöllö nad) der Donau zu
fließend und bei Altofen in diefelbe mündend, der
aroßen Ebene, welche meilenweit Beit im Halblreiſe
umgibt, ihren Namen Rakosfeld gegeben hat.
Seine hiſtor. Berühmtheit verdankt dasjelbe dem
Umiftande, daf bis zum erften Viertel des 16. Ja nr
auf demfelben die ungar. Reichstage olt
unter freiem Himmel abgehalten wurden. Vom
8. bis 24. April 1849 lagerte daſelbſt ein Teil der
ungar. Armee unter *4 und wurden dort zwi⸗
ſchen diefer und der in Veſt befindlichen laiſerl.
Armee mehrere bedeutende Gefechte geliefert.
Näkofi ſpr. Rahloſchi, Eugen), ungar. Dichter,
neb. 12. Nov. 1842 zu Acſad im Eifenburger Komi⸗
tat, * a. 7 — —— * dem
romanti piel «Aſopus⸗ auf, das glänzen:
den Erfolg errang und ein Lieblingsitüd des Publi⸗
tums bfieb. Wechſelnden Erfolg hatten jeine fols
genden Dramen: «Ein altes Lied von altem Haß»,
bürgerlihes Schaufpiel; «Lift wider Liſty und «Die
Mönde von Kratauz, hiſtor Luftiyiele; «Die Schule
der Liebe», dramatiſches Gedicht; «Die ade des
blatternarbiaen Mitar. Vollsſtüd; «Magdalenar,
476
Bauerntragödie; «Die Briefe ber Baronin», Poſſe,
und mehrere Gelegenheitsftüde, Gleichzeitig über:
fete er für die Kisfaludy-Geſellſchaft einige Stüde
Shalipeared. NR. war 1869— 75 Rebacteur des
Dealiſtiſchen Tageblatts «Neform», 1875 — 81
Direktor des budapeſter Vollstheaters.
Näfod:Palota, ſ. unter Palota.
NRakow, Fleden im ruf. Gouvernement Radom,
mit 1900 E. 20 km im Südoften von Kielce, am
Weichſelzufluß Czarna, war im 16. Jahrh. eine
ſtarl bevölterte Handelsſtadt und eine Zeit lang als
Siß der Socinianer (f.d.) berühmt. Nachdem diejen
von dem Erbherrn von R., Sienienfti, eine Zuflucht
gewährt und 1570 eine Kirche eingeräumt worden
war, gründeten fie hier in dem efarmatiichen Athen»
1602 ihre berühmte Schule, an der Ditorod, Stato:
rius u. a. als Lehrer wirkten, und die von mehr als
1000 Schülern, zum Zeil aus edeljten poln, Ge:
ſchlechtern, befudyt wurde, fowie eine Druderei,
aus der neben vielen Schriften Socins und anderer
der Iop- Ralauiſche Katechismus 1605 polnisch und
1609 lateinifch hervorging. Die Gegner der Soci:
nianer (in Polen «Artaner» >
endli bin, daß 1638 die Schule und Druderei
aufgehoben, die Kirche zerftört und die «Arianer»
1643 vertrieben wurden,
Rakſchi, Fluß in Armenien, ſ. Aras.
Naleigh, Hauptitadt des nordamerik. Staates
Nordcarolina, liegt an der N. und Gafton;, der R.:
und Nugufta:Air-Line: und der North:Carolina:
Tiviion der Nihmond: und Danvile:Cifenbahn
10 km weſtlich vom Neufeiluffe und zählt (1830)
9265 E., von denen 4911 Weihe und 4354 Farbige
find, N. liegt auf einer Erhöhung und ift Iebe regel:
mäßig angelegt. Im Centrum der Stadt liegt der
4 ha umfajjende öffentlihe Plab Union Square,
von dem vier 30 m breite Straßen auslaufen.
Durd) diefe wird die Stadt in 4 Teile geteilt, deren
jede einen 160 a umfafjenden öffentlichen Plat pr
N. hat viele und ſchöne öffentlihe Gebäude: das
aus feinem Granit gebaute Vereinigte: Staaten:
Gerichtshaus nebft Bot, das ebenfalls aus Granit
gebaute Etaatsgebäube (State house), das geolo:
diſche Mufeum, die Taubitummen: und die Blinden:
anjtalt, das Irrenhaus, das Stantsgefängnis, das
County: Gerihtshaus find die hervorragenditen.
In dem 1831 abgebrannten alten Staatsgebäude
ftand die Statue Wafhinntons von Canova. N.
treibt lebhaften Handel mit Baumwolle und Schnitt:
waren, bat mehrere Gifengiebereien, Tabak: und |
andere Fabriten und drei Nationalbanten.
Naleigh (Sir Walter), berühmter brit. See:
mann, geb. 1552 zu Hayes bei Bodley in der Graf:
haft Devon, ftudierte zu London und Orforb die
Rechte, ging 1569 mit dem Korps, mel es die
Königin Eliſabeth den Hugenotten zu Hilfe ſendete,
nad) srankreic und focht 1578 in den Niederlanden
gegen die Spanier, Im J. 1579 unternahm er mit
teinem Halbbruder Humphrey Gilbert eine erfolg:
loje Entdedungsreife nad Nordamerita. Als 1580
in \jeland der von den Spaniern unterftühte Auf:
ftand losbrach, Fänıpfte er tapfer unter dem Grafen
von Ormond und wurde von der Nönigin Eliſabeth
mit der Statthalterfhaft von Cork und mehrern
Gütern belohnt, Im J. 1584 richtete er aus eige:
nen Mitteln mehrere Schiffe aus, um mit Einwilli—
ung Glijabeths den eriten ernitlichen Verſuch zu
einer brit. Kolonie in Nordamerika zu machen. Gr
landete im Juli in ber Cheinpeakebai, gründete an
—— brachten es
Raͤlos-Palota — Raleigh
der Küjte eine Kolonie, die ſich jedoch na i
Jahren auflöite, und nannte ben ee
Ehren der jungfräulichen Königin Virginien.
die jpan, Armada die engl. Hüfte bedrohte, ver:
mebrte R. die Flotte der Königin durch 2.
Schiffe und wurde deshalb zum Mitgliede des Ge—
heimen Rats ernannt. Ehrgeizig und verfchwende-
riſch nu leich, beutete er die königl. Gunft ſtalt
aus, — er ſich Haß und Neid der übrigen Höflinge
zuzog. Im J. 1590 rüftete er mit Frobiſher aber:
mals ein Geſchwader aus, weldes er zur De
nahme fpan. Schiffe nah Weftindien führte.
erbeutete er nur ein reichbeladenes jpan. Saü-
Die Erzählungen von den reihen Gold: und Silber:
jhäsen Guaianas bewogen ihn bierauf, eine Er:
pedition dahin zu verſuchen. Er ging 1595 nad
Südamerifa unter Segel, nabm die Inſel Trinidad
und ſchiffte den Drinoco hinauf. Indeſſen ſah er
bald ein, dab die erwarteten Schäße nur berg:
männifch gewonnen werden könnten, und
mißnutig nach England zurüd, Nachdem er 1596
der Erpedition gegen Gadiz beigewohnt, befehligte
er im folgenden Jahre als tontreabmiral auf der
Flotte, mit welcher der —* von Eſſer die ſpan⸗
weſtind. Flotte wegnehmen follte, Von ben engl.
Streitlräften durd Stürme getrennt, eroberte er
im Augujt an der Spike feines Geſchwaders bie
Dias ayal, ohne die Ankunft des
abers abzuwarten. Er zog ih dadu Zorn
ebrgeigigen Eſſer zu und entging der Abjekung mur
durch die geriprade mächtiger Freunde.
Unter Jalob I. der Teilnahme an der VBerichmö:
rung, welde die Thronerhebung ber Ara
Stuart bezwedte, bezichtigt, wurde er im Des. 1608
ins Gefängnis gebradt. Miewohl er, feinesiwegs
überführt werden konnte, verurteilte ihn eine ge-
fällige Juſtiz auf das einzige Zeugnis Cobhams
r überdies feine Ausfagen zurüdnahm, Tode,
Der König ließ ihn nun in den Tower jehen, mo
er fih während einer 13jährigen Haft mit ben
Wiſſenſchaften beihäftigte. Unter anderm ſchrieb
er de feine geichäßte «History of the world»
(2 Bde., Yond, 1614 u. öfter), deren Fortf er
aus Unmut über das Schwanfende u or. [3
verbrannte, Nachdem ber Graf von Somerfet,
beftigfter Feind, in Ungnade gefallen, er
1615 die Freiheit zurüd. Während feiner Gefangen:
ſchaft hatte R. das Gerücht von einer Goldmine
| verbreitet, die er früher in Guaiana entdedt haben
wollte, und von wel e dem
den
er er verficherte, daß fi
Ausbeuter unerme in Neihtümer einbri
müßte. Jalob I., der ſich in großer
befand, gab zu einer Erpedition nad) Guaiana feine
Einwilligung, N. wurde zum D er:
nannt, mit der — Gewalt eines lönigl.
Generallieutenants, bedung ſich aber zugleich das
Fünftel aller Schäße aus, die man auffinden würde.
Im %. 1617 lief . mit einer 14 Segel ftarten und
von einer Schar von Abenteurern bemannten
von Plymouth aus und langte 12. Nov. an den
Kaſten von Ouaiana an. Bon einer jhweren Krant
beit befallen, blieb er felbit mit einem Teil der
Flotte an der Mündung des Drinoco liegen und
ab feinem Sobne und dem Kapitän A den
Auftrag, mit den andern Teile itromaufwärts zu
geben und die Goldgrube am bezeichneten Orte auf:
zufuchen und zu eröffnen, Nachdem j
einem Stampfe mit den Spaniern bie Erpebition
mihlungen war, mußte R. das Unternehmen
— E
Ralikinſeln — Nämäyanı
aufgeben und nad) England zurüdtehren. Sogleich
nad) feiner Ankunft lieb ihn der König verhaften
und vor eine Kommiſſion ftellen, die jedod) erflärte,
dab fein Verhalten rüdfidhtlic der re un:
tadelbaft fei. Unterdeſſen beichwerte fid) der fpan.
of drohend wegen des Friedensbruchs, ſodaß
Jalob befchloß, den Schuldlofen ala Opfer fallen
zu laffen. R. wurde vor die Kings-Bench geführt,
wo man ihm auf königl. Spezialbefehl eröffnete,
dab das frühere, in der Komplottangelegenbeit ge:
fällte Todesurteil nunmehr an ihm vollzogen
werben follte, Er mußte 29. Oft. 1618 das Schafott
—* und ſtarb mit großem Gleichmute unter
dem Beile. Die Schriften R.s, polit., hiſtor. und
poetiichen Inhalts, erſchienen gefammelt in act
Bänden (Orf. 1829 u. 1857). Bol. Tytler, «Life
of R.» (Edinb. 1833 u. 1857). Gebensbeihreibungen
lieferten Saint⸗John (2 Bde., Lond. 1868), Edwards
(2 Bde,, Fond. 1868), Creighton (Fond. 1877).
Hatitinjein, f. unter Darf allinfeln.
Nallen (Rallidae) heißt eine Familie der Wad—
vögel mit langen Läufen und langen jchlanken
Zehen, verhältnismäßig kurzem Hals und kurzem,
kräftigem, feitlich zufammengedrüdtem Schnabel;
Bügel a. —— und wie der weiche Schwanz
urz. Die R. find kosmopolitiſche Voͤgel, deren
etwa anderthalbhundert Arten ſich auf 18 Galtun
gen verteilen. In Europa finden ſich gus dieſer
amilie häufig das Bag eh? das ger
en, das —* er Wachtellönig und die
gemeine Waſſerralle (Rallus aquaticus), ein un:
pelabe ftargroßer Bogel, oben grünbraun mit
chwarzen Fleden, an den Seiten mit ſchwarz un
weiß gebänderten Federn; Schnabel und Beine
find rot, In Deutſchland tft er ein Zugvogel, der
im März anfommt und im Dftober nad) Süd:
europa pet, wo er viel gegefien wird,
Ralliement, ralliieren (fr3.), das fchnelle
ufammenziehen und Dronen der Truppen nad)
einer auflöjenden Bewegung, einem Sieht j
Rama, Namatb, Namoth (hebr., «Höben») iſt
im Alten Zeftament Name mehrerer paläftinenfischer
Städte. Rama Benjaminslag2 Stunden nörd:
lid von J— auf einem kegelförmigen Hügel
an der Ditfeite der Straße nad) Bethel und Sichem
und ift heute ein Dörfchen mit dem alten Namen
Er:Räm. Davon iſt wahrſcheinlich zu unterjcheiden
das Nama Samuels, aud genannt Ramathaim
Zophim («Doppelhöhe» oder «Schau»), das neu:
teftamentlihe Arimathia, auf dem weitl, Teile
des Gebirges Ephraim gelegen und deshalb wohl
einerlei mit dem heutigen hochgelegenen Orte Veit:
Rima, nordöftlich von Lydda. — Rama im Stamm:
mern Naphtali ift noch vorhanden in dem großen
orfe Raͤme, füdweftlih von Safed in Nieder:
galiläa. — Hama im tammgebiete Affer heißt
Bun. noch Räme und ift ein Dorf auf einem
Süge füdwetlid von Tyrus. — Rama oder Ra:
motb in Gilead, j. unter Mizpa.
Ramadan oder Ramadhan, nad) türt. Aus:
fpradje Ramasan, der neunte Monat des isla—
mitiſchen Mondjahres, ift eine 29tägige Feſtzeit,
während welcher der Koran den Gläubigen unver:
brüdliche Entbhaltung von allen fürperlichen Ge:
nüflen für die Zeit der Tageshelle vorjchreibt, wäh
rend die Nächte religiöfen fibungen und Luftbar:
keiten gewidmet find. Den R. beſchließt der Bairam
Kal ein auf die eriten drei Tage des folgenden
onats Schawwal fallendes Seit, welches wegen
477
der ——— ſtenzeit von den Drientalen
mit dem Oſtern der genen verglihen wird und
al3 das bedeutendfte islamitiſche Feſt nad) dem
Kurban: (Opfer:)Bairäm gilt,
Ramaganga, zwei Flüſſe im nördl. Teile des
brit. Vorderindien, Der öftlihe Ramaganga
entfpringt in der Divifion Kamaon der Nordweſt—
provinzen von den Südabhängen der Hauptlette
de3 Himalaja und mündet bei Ramefur in den
Surju. Der weitlihe Ramaganga entipringt
ebenfalls in der Divifion Kamaon, aber von dem
niedrigern, füdl. Borgebirge des Himalaja, aus der
Vereinigung einer Anzahl_unbedeutender Quell:
arme, fließt im ganzen nad) Süden und mündet nad)
einem Laufe von 597 km fints in den Ganges, der
alten Stadt Kannaudſch faft quer gegenüber,
Namakeifen (frz. fer de ramasse; engl, fa-
goted iron, scrapiron), eine Art Stabeifen, aus
Abfällen von Schmiedeeifen beftchend, weldhe man
in Palete J— ſchweißt und ausſtredt.
(5, unter Eiſenerzeugung.)
‚ Rämäyana des Bälmili, das zweite große Na:
tionalepos der Inder, in 24000 Doppelverfen, die
in fieben Bücher verteilt find, Dem Mahäbbhärata
(f. d.) gegenüber gilt es als ein Kunſtgedicht (kävya)
und im weſentlichen als das Wert eines Tichters.
Den Deal bildet die Geschichte des Näma. Thron:
erbe jeines Vaters Dazaratha, Königs von Ayodhyä
Dude), wird er dur die \ntriguen einer zweiten
Frau desfelben auf zwölf Jahre eriliert. Im Dan:
dalawalde wird ihm feine Gattin Sitä durd) einen
Dämonenlönig Rävana, der in Lanka, Ceylon, ſei⸗
nen Gib hat, entführt, NRäma zieht mit feinem
Berunbe, em Affenkönig Sugriva, und dejien Ge:
olge über das Meer zur Belagerung der Stadt
Lankä, tötet den Nävana im Kampf und lehrt mit
Sitä nad) Ayodhyä zurüd, Dieſe Sage ruht allem
Anschein nad wejentlih auf mythiſchem Grunde
und ſcheint teils die Verbreitung der ariſchen Kultur
nad) dem Dethan (die Affen wie die Dämonen ver
präjentieren die Ureinwohner Indiens, jene die den
Ariern freundlichen, dieſe die ihnen feindlichen
Stämme), teild aud ganz allgemein den res
palden den dem Aderbau günftigen oder feind:
ihen Mächten der Natur (Näma im Aveſta der
freundliche Genius des Windes; Sitä die im Veda
eng. verehrte Aderfurde; das Eril die winter:
liche eit u. f. m.) zu fymbolifieren. Möglicher:
weiſe hat Bälmiki manche Züge auf Grund einer
Belanntihaft mit dem Inhalt des Homeriiden
Sagentreijes der alten Sage hinzugefügt. Das R.
ift allem Anſchein nad) nur mündlich
überliefert worden und erſt allmählich) u ee
jepigen Umfang herangewachſen. Die A faſſungs⸗
eit der vorliegenden Form kann nicht über die
dei der griechiich: baktrifchen und indoſkythiſchen
önige hinausgehen.
Die grobe Popularität, deren ſich das Werk über
ganz Indien hinerfreut, ent darin verherrlichten
—— Rama und Sita, ſchließlich geradezu göttliche
Verehrung, reſp. die Identifilation mit ifönu und
feiner Gattin, eingetragen, und Räma tt neben
Kriſchna in der That noch jet der populärfte Bott in
Indien, Sehkei e Überfeßungen und Bearbeitun:
gen in ind. Dialelten, ebenfo wie das Borhandenjein
mehrerer, nad) den verfchiedenen Landftrichen ver:
jchiedener Tertredactionen auch in Sanstrit, fowie
einer Unmaſſe von Werten, die ihren Stoff aus dem
R. entlehnt haben, bezeugen den ungebeuern Einfluß,
478
den es auf den ind. Geiſt ausgeübt hat und ausübt, |
wie noch jebt fowohl biejes Gedicht wie das Ma:
häbbärata von bejondern brahmanischen Erzählern
(näthalas) in den Tempeln dem verjammelten
Volke vorgetragen werden. Nachdem die beiden
Ausgaben und fiberjekungen des Werls
Garey und Maribman, Seranpore 1806—10, und
durch U. von Schlegel, Bonn 1829—38) nicht über
die beiden eriten Bücher hinausgelommen waren,
gibt e3 jeht drei vollſtändige Tertausgaben, die
von Gorrefio (ber jog. Bengalitert, Bar. 1843—67)
und zwei, Die 1859—60 in Kaltutta und in Bom:
bay, begleitet von dem Slommmentar des Räma (der
Soli führt ben Namen des Helden jelbit), er:
ſchienen find; eine vierte wirb gegenwärtig in
Indien umter ben Aufpizien des patriotijhen Hindu
Protay —— Roy vorbereitet. Es gibt bis jeht
mei Überjegungen in europ. Spraden, eine Ita:
ieniſche (durch Hipp. Fauche ins Franzöfiide über:
jet) von Gorrejio (der legte Band erſchien Par.
1370) und eine engliihe von Griffith (Benares
1870— 74). Bal. Ahr, Weber, «liber das NR.»
(Berl. 1870; engl. überfebt im «Indian Antiquary»,
1872), und die Gegenſchrift dazu von Kaſhinath
TrimbatTelang unter dem fonderbaren Titel: «Was
the R. copied from Homer?» (Bombay 1873).
Nambaud (Alfred Nicolas), frany. Hiftoriker,
geb. 2. Juli 1842 zu Befangon, ftudierte an der
Normalſchule in Paris und wurde 1871 Profeilor
der Geſchichte an der litterariihen Fakultät zu
Gaen, 1875 zu Nancy, 1882 zu Paris, Er fchrieb:
«L’empire grec au X*sitcle, Constantin Porphyro-
gentte» (1870), aL,a domination frangaise en Alle-
magne 17%2—1804» (1873), «aL’Allemagne sous
Napolöon I. 1804—11» (1874), «La Russie &pique»
(1876), «Francais et Russes, Moscou et Scbasto-
pol» (1877), «Histoire de la Russie» (1878).
Rambeeler Heide, ſ. unter Gadebuſch.
Rampberg, die höchſte Kuppe des Unterharzes,
537 m body, J. unter Harz. .
Ramberg (Arthur Georg, Freiherr von),
deutſcher Maler und Zeichner, geb. 4. Sept. 1819
in Wien, wo er auch feine künftlerifche Ausbildung
erhielt. Seit 1850, wo er in Münden auftrat, be:
gann er die Aufmerkſamleit auf ſich zu lenken durch
eine Neihe von Genrebildern, welche fih durch
ſchlagende und feine Charatteriftit der Figuren,
Präcifion in der Zeichnung und forgfältige Behand:
lung auszeichneten, R. wurde 1860 an die Kunſt⸗
ſchule in Weimar gerufen, wo er das ihm über:
tragene Hiftorienbild: Hofhaltung Kaifer Fried:
richs IT. zu Palermo, für das Marimilianeum in
Münden ausführte, Außerdem wurde er in weitern
Kreifen beſonders belannt durch jeine reizenden
Zeichnungen zu der von ibm und Pedht (f. d.)
berausgegebenen «Schiller: Galerie» und «Goethe:
Galerien, Auch wurden ihm mit Pauwels die
Fresken in dem einjt von Luther bewohnten Zeile
der Wartburg übertragen. Cr ging 1865 wieder
nad München, einem Rufe als Profeſſor der Malerei
an der dortigen Afademie der Künſte folgend. Zu
feinen ſchönſten Leiftungen gehören die Kompofitio:
nen zu Goethes «Hermann und Dorothea», R. jtarb
in ber Racht vom 5. zum 6, Febr. 1875 zu München.
Ramberg (ob. Heinr.), Hiltorien: und Genre:
maler, geb. zu Hannover 1763, ftubierte an ber
Vialerakademie zu London, wo er neun Jahre blieb
und hauptſãchlich unter Neynold3' Leitung in jeiner
Kunft fih ausbildete. Später fehrte er nah Han:
Namband — Rameaun
nover zurüd und wurde zum Hofmaler ernannt.
N. zeichnete ſich bejonders in humoriſtiſchen Kari:
laturen aus; berühmt find fein Neinete Fuchs und
fein Gulenjpi Geäst hat R. mehrere Kleine
Blättchen, die jelten vorfommen. Er jtarb zu Han:
(durd) | nover 6. Juli 1840. Bol. Hofmeijter
ijter, «NR. in feinen
Werten dargeitellt» (Hann. 1877).
Rambervillerd, Stadt im je Er vorn ber
Vogeſen, Arrondifiement Epinal, an der N e
und der Linie R.:Charmes ber Franzöffchen Dil:
bahn, 27 km im NO. von Epinal, zählt (1881)
5153 E., bat eine teilweife aus dem 11. \ .
rührende Kirche, ein Stadthaus von 1581 und
it Mittelpunkt einer bedeutenden Hopfentultur;
eine Bewohner fertigen Papier, ce, “
öhren, Gußeijengeidirr, Leinen, Strümpfe,
Zwillich und unterhalten eine Wolljpinnerei, Säge:
müblen und bedeutende ien. R., mittellat.
Nampertoilla, gehörte im Mittelalter zum Bistum
Meg und kam mit diefem 1552 an Frankreich. In
einem Gefecht fchlug bier General von Degenfeld
12. Dft. 1870 franz. Truppen zurüd, j
Rambia (La), Stadt und *— ptort in
ber ſpan. Provinz Cordoba, 30 üdlich von
Cordoba, hat (1877) 6160 E., Fabrilation von
Wolld und Wein⸗, Getreide: und Olhandel.
Rambouillet, Arrondiſſementshauptſtadt im
Gen Depart. Seine:et:Dije, Station der Linie
18: Breit der Franzöſiſchen Weitbahn, zählt
1881) 3564 (Gemeinde 5186) E. Das alte Schloß
ebt in einem von Le:Nötre a ten Barte vor
1200 ha, weldyer durch ſchöne Anfihten, mannig-
altige Hochwaldungen, große Teiche, fowie durch
einen Garten mit dem Milchhauſe der Königin
Rarie Antoinette und einer von Ludwig XVI. für
die Veredlung der Schafzucht gegründeten Schäferri
(Rambouilletwidder) mertwürdig ift. An ihn ſchließt
ich der Wald St.:Quger von 12818 ha, mit jchönen
tomenaden, das ehemalige kaijerl. Jagdgebiet.
3 Schloß, von Baditeinen und unregelmäßig
aufgeführt, mit einem gewaltigen got. Turme, war
—— Reſidenz. Franz I. ſtarb bier 1547.
Ludwig XVI, kaufte die Beſihung von Fleuriau
b’Armenonville, Karl X. unterzeichnete bier 2, Aup.
1830 jeine Abdankung.
NRambouillet3, f. unter Merinos.
Ramdaspur, Diſtriltshauptſtadt im Pendſchab,
Ramké, ſ. Ramié. [f. Amritſar.
Rameau (Jean Philippe), einer der größten
und einflußreijiten franz. Komponiften und Mufit:
theoretifer, geb. zu Dijon 25. Sept. 1683, betrieb
die Mufit anfangs unter Leitung feines Vaters,
fowie verſchiedener Drganiften Be Bate t
und ging 1701 nad Mailand, wo er ſich ald Bio-
linift bei einer Scaufpielertruppe, die in den
Städten Sudfrankreichs ihre Vorftellungen gab,
engagieren lieh und ſchon damals als Orgelfpieler
Auf erhielt. Im J. 1717 wandte er ſich nad) Paris,
wo er anfangs an bem berühmten Organiſten Mar:
chand einen Freund und Natgeber, bald aber einen
en fand, N. ging deshalb als Organiſt nadı
Lille und darauf nach Clermont in die Stelle feine:
Bruders (Claude R., get. 1761). Hier bildete er
eine neue Theorie der Harmonielehre aus. Nach
erlauf von vier Jahren wandte er fih abermals
nad Paris, wo er 1722 jeinen «Traits de l’harmo-
nie reduite à ses principes naturels» veröffent:
* ber viel Aufmerkjamteit erregte. Im J. 1726
chien jein epochemachendes «Nouveau systöme
Ramée — Ramler
de musıque thöorique» und 1732 die «Disser-
tation sur les differentes methodes d’accompagne-
ment pour claveein ct pour l'orgue», welche Werte
feinen Ruf als Theoretifer befeitigten. Durch den
reichen Generalpachter La Popliniere, deffen Frau
er Alavierunterricht gab, erhielt er von Boltaires
Hand einen Dperntert, «Samson», den er fompo:
nierte, Das Werk wurde mit Beifall in La Popli:
nieres Haufe aufgeführt, kam aber nicht auf die
Bühne, weil die Direftion von einer Dper bibliſchen
Inhalts nichts wiſſen wollte, Sein Gönmer ver:
Ichafite ihm jedoch einen andern Tert, «Hippolyte e:
Aricie» (vom Abbi Pellenrin); dieſe ſeine zweite
Dper warb 1732 zum erſten mal gegeben, fand
indes anfangs eine ungünitige Aufnahme, nament:
lich bei den Anhängern Lullys. N. war entmutigt,
aber feine Freunde halfen ihm das Publitum zu
gewinnen, und jo gelang e3 ihm endlich 38
durch mehr als 20 mufitalifch-theatralifche Werte,
Opern und Ballettopern die Herrfchaft auf der Bühne
der Großen Dper, wenngleich nicht über Lully, doc)
neben diefem zu erringen. Als Hauptwerk unter
dieſen € ntfien gilt «Castor et Pollux» (1737).
Hieran ſchli ſich «Dardanus», «Zoroastre» (mit
Benutzung der Muſil zu aSamsour), «Pygmalion»,
« Zais», aAcante et Cöphise» u, a. m. Bon dem
König zum Kammerloniponijten ernannt, fpäter
auch genbelt, ftarb R. 12. Sept. 1764. R, hat ala
Iheoretiler das Verdienft, die Harmonielehre durch
die Lehre von dem Fundamentalbaß zuerſt in das:
jenige Syitem gebradht zu haben, welches der Kom—
poſitionsrichtung feiner Zeit entiprah. In der
Dper baute er mit entjchiedenem Talent und be:
bentend entwidelterer Technik auf den von Lully
gegebenen Örunblagen fort, wobei er in der Bildung
der Melodien ben Yalicners feiner Zeit ih an:
ſchloß; Lullys und R.s Werte bildeten fortan den
Grundftamm — Oper.
As Reffe, unt durch das dialogiſche Wert
Diderots, welches Goethe überjehte und veröffent:
lichte, noch ehe das Drigimal ſelbſt befannt war, ijt
feine fingierte, fondern eine reelle erfönlichkeit,
von ber 3. B. Wercier, der Verfaſſer des «Tableau
de Paris», berichtet. Diderot benußte dieſe Ber:
fönlichkeit, teild um feine Anfichten über Mufil
dialogiih zu entwideln, hauptjählih aber, um
einen Charaktertypus jeiner moraliſch und ſozial
verwilderten Zeit aufzuftellen. Neuerdings bat
Brachvogel denjelben Eharalter, als Prototyp des
beruntergefommenen, revolutionären Frankreich,
in dem Trauerjpiel «Rarcih» dramatüch, wenn
auch mit dichterischer Licenz behandelt.
Ramede (Daniel), franz. Architekt und Kunft:
——— geb. 19. Mai 1806 zu Hamburg,
tudierte auf den Colleges in Dinant und Mezieres
und fam 1823 nad Paris. Als Mitglied der Kom:
mijfion für die Baudentmäler wurde er mit der
Nejtauration der Kathedralen in Senlis und Benu:
vais und mehrerer Abteien und Kirchen beauftragt.
Hierauf reifte er 1832—48 durd Italien, Deutic-
land, Holland und England. jchrieb: «Manuel
general de P’histoire de l’architecture» (2 Bde.,
ar. 1843), «Sculptures döcoratives du XII° au
X VI® siecle» (2 Bde., Bar. 1864), «L’architecture
et la construction pratiques» (2, Aufl., Bar. 1871).
Ramee (Louija de la), ſ. Quida.
Ramie 78 de la), ſ. Ramus.
Rameh, J. Ramie.
Namenghi, ital. Maler, f. Bagnacavallo.
479
Nameffiden, Pharaonen, f. unter Ramſes.
Ramedtivaram ober Rameswar, Kleine brei-
edige Inſel zwifchen der Eüdofttüfte von Vorder:
indien und der Nordweſtküſte von Geylon, bildet
das wejtl. Ende der ſog. Adamsbrücke (f. d.), ge:
bört zum Dijtritt Madura der indo-brit. Bräfident:
Ihaft Madras und wird von dem Feltlande ge:
trennt durch die für die Sciffahrtsverbindung
—— den Golf von Danaar und der Pallſtraße
ienende, aber gefahrvolle und ſchwer zu paffierende
fog. Panıbanjtraße. Auf der Inſel R. befindet fi)
ein berühmter großartiger Tenıpel des Siwa, der
dur die Negelmäßigkeit und Vollendung ber
Arditeltur, ſowie durd) feinen an den ägytijchen
erinnernden Bauftil ausgezeichnet iſt. Die Haupt:
ftadt Paumben pi (1872) 9407 6,
, Ramie over Nameh nennt man eine Geſpinſt⸗
afer, die von einer Pflanze aus der Familie der
rticaceen, Böhmeria tenacissima (j. Böhme-
ria), gewonnen wird. Ihre Heimat ift Ditafien;
angebaut wird fie in Indien, China, Manila und
dem jüdl. Zeile der Vereinigten Staaten von Nord:
amerila. Die R. ift ein Straub, welcher etwa 3 m
hoch wird; aus der Wurzel entwideln ſich zahl—
reihe dicht und ſchlank emporſchießende Schöß—
linge oder Stengel mit ziemlich fpärlichen, zungen:
förmigen, genarbten und wolligen Blättern, Sie
ift perennierend und dauert in gutem Boden viele
abre aus, Borigepan wird fie nur durch
urzelausläufer oder Stedlinge; die Pflege der in
Reihen geftellten Pflanzen beſchraͤnkt ſich auf Yode:
tung und Reinhaltung des Bodens. Yür Europa
ift die beſte Pflanzzeit April und Mai. Schon in
eriten Jahre gibt fie, günjtige Bedingungen voraus:
gejeht, vier Ernten, in jpätern fogar noch mehr.
Die Ernte erfolgt, fobald die Oberhaut der Stengel
dunkelbraun geworden, alsdann werben fie dicht
am Wurzelftode —— Zur Gewinnung
der Faſer, welche als (f. d.) in den
Handel kommt, iſt das fernere Verfahren, wie beim
Flachs, ——— und nach Trocknen und Blei—
chen des Rohbaſtes Brechen und Schwingen.
Mr ————— Schlachtort bei Jodoigne (ſ. d.) in
elgien.
Haming (Groß:Raming), Dorf in der Be:
zirlshauptmannſchaft Steier in Oberöfterreih, ar
der Enns, in Schöner Umgebung, Station der Linien
St. BalentinsTarvis der Öjterreihiihen Staats:
babnen, I (1880) 499, al3 Gemeinde 2657 C.
und bat lebhafte Gifeninbuftrie.
Ramiften, Anhänger des Petrus Namus (f. d.).
Ramla, Ramleh (arab., «Sand»), offener
— in Baläftina, auf dem Wege von Jaffa nach
Jeruſalem etwa 18 km von erſtgenannter Stadt in
der Saronebene gelegen, verdankt feinen Ruf den
Umftande, baß hier die Pilger zur heil. Stadt in der
Negel nädhtigen, Die lat., die gried. und die armen.
Konfeifton befigen dafelbit zu jenem Behufe an
jehnliche Klöfter mit Hoſpizien und Kapellen: außer:
dem befinden fih in R. ein Bazar, eine Bezirke:
regierung mit Kreiägerihtund mehrere Moscheen.
Der Ort zählt 3000 E. (unter denen etwa 800
Chrijten), die Landbau und Geifenfabrifation
treiben. Die firdliche Tradition bezeichnet den Ort
als da3 Arimathia der Bibel, nad arab. Duellen
aber verdankt R. feinen Uriprung (feit 716n. Ehr.)
erjt ben ommaijadiſchen Kalifen.
Ramler (Karl Wilh.), Iyrifcher Dichter, geb.
15. Febr. 1725 zu Kolberg, ftudierte zu Halle, wurde
480
1748 Profefior der Logik und ſchönen Wiſſenſchaften
bei dem Kadettenkorps in Berlin, legte aber 1790
das Lehramt nieder, um fich ganz der Mitdireltion
des Nationaltheaters in Berlin zu widmen, die er
feit 1793 allein führte, m J. 1796 zog er ſich von
allen Geihäften zurüd und ftarb 11, April 1798.
Gr verfuchte ſich = t mit Glüd in ftrengerer Nadı:
bildung antiter iyriſcher Versmaße. Dadurch und
als ein Mufter des jorgfältig abgerundeten und
torrelten Ausdruds bat er ſich um die deutſche
Sprache bleibende Verdienſte erworben. R. darf
als der Begründer der deutjchen —
angeſehen werden, und hat namentlich in ſeiner
Überſehung einer Anzahl «Den aus dem Horaz»
(Berl, 1769; die Pech iene fämtliher Oden des
Horaz erſchien erft nad) feinem Tode und iſt von
ſehr ungleihem Wert) ein für feine Zeit vortreff:
* Muſter in Übertragung antiler Gedichte ge:
liefert. Unter feinen eigenen Gedidhten verdienen
nächſt den Oden die Gantaten erwähnt zu werben,
von denen «Der Tod Jelu» durh Grauns Mufil
berühmt geworden ift. Seine «Nlurzgefahte Mytho:
logie» (Berl. 1790; 7. Aufl. 1869) hat als Handbud)
vielen Nuten gehabt, Auch lieferte er eine Be:
arbeitung von Batteur’ « Einleitung in die ſchönen
Willenihaften» (4 Bde., Lpz. 1758; 5. Aufl. 1803).
Um die Wiedererwedung Logaus (f. d.) machte er
fih gemeinfhaftlih mit Leifing verdient, Cine
rg ag «Boetifchen Werte» gab Gödingt
heraus (2 Bde., Berl. 1800—1); eine Zafchenaus:
gabe erfchien zu Berlin 1825 (2 Bde). Vgl. Heinſius,
Werſuch einer biograph. Slizze N.s» (Berl. 1798),
Ramlöſa, Kurort bei Hellingborg (f. d.).
Nammbär, f. unter Ramme.
NRammbrunnen, |. unter Brunnen.
NRamme iſt ein Werkzeug oder eine Mafchine,
womit Steine, Pfühle oder andere Gegenftände in
die Erde eingetrieben werden, Der Hauptteil beider
ift ein ſchwerer Kloß, defien durch eine gewiſſe Fall:
höhe vermehrtes Gewicht den zu rammenden Gegen:
ftand in den Boden treibt, gun Pflaſtern oder
zum Komprimieren von Beton bedient man ſich der
gewöhnlihen Handramme, die je nach ihrem Ge:
widt von einem bis vier Mann gehoben wird.
gem Einſchlagen von Pfählen bei Grund: und
Waflerbauten dienen die größern Nammmajfdinen,
von denen man Jugrammen, Hunftrammen und
Dampf:, bez. Pulverrammen unterſcheidet. Diefe
Nlamnmnafdinen bejtcehen au3 einem, auf einem
Schwellwert (Rammiftube) erhobenen Gerüfte, das
die zur Führung des Rammklohes oder Nammbärs
(Hoyer) dienenden Laufruten oder Läufer trägt.
Am obern Ende derfelben befindet fi die Ramm—
ſcheibe, über —5* das am Rammbär befeſtigte
Seil (Rammtau) läuft, um auf der andern Seite
ſich in eine Anzahl Stränge, wie bei der Zugramme
abzuzweigen oder, wie bei der Kunftramme, a
einer Welle mittels Vorgelege aufgewunden zu
werden. Gewicht und allhöhe des Nammbärs,
fowie Zahl der Echläge in der Zeiteinheit find bei
den genannten Arten von. verfchieden, demzufolge
auch ihre Wirlungsweiſe. Während bei den Zug:
rammen das Gewicht des Nammbärs 300—600 kg
und die Fallhöhe höchſtens 1,5m beträgt, und nad)
einer Anzahl von 25 Schlägen, Hihe genannt, eine
Nubepaufe eintreten muß, ift das Gewicht und die
Ballhöhe des Bären bei Kunſtrammen bedeutender
und zwar 350 — 800kg, bejiehungsweife5—10m, da:
gegendie Anzahl der Schläge einegeringere, Bei den
Ramlöſa — Rammler
in neuerer Zeit angröbern Bauten faft ausichließlid;
zur Anwendung kommenden, — von Naf
fonftruierten Dampframmıen beträgt das
de3 Nammbärs 2500 kg, die Hubböhe 1 ın und bie
nl der Schläge in der Minute 80—120. Bei
den Pulverrammen wird die Erplofionsfraft bes
Bulvers zum Eintreiben der Pfähle benubt; doch
ift dDiefe Art von R, nur wenig eingeführt.
Rammeln (der Hafen), |. unter Brunft.
Rammeldberg, ein 622 m hoher, durd) feinen
Erzreichtum berühmter Berg des Harzes, im prei
Regierungsbezirk Hildesheim, jüdl. von der Sta
Goslar, welde an feinem Fuße liegt, 88* bis
1874 zudemfog. Kommunionharz, weldhen
(Ehe Hannover) und eg ——
ich befaßen. Die Erze, die man abbaut, find fehr
mädtige Kiesmaſſen im en
welche vorzugsweiſe Kupfer, Blei, Silber und f
Gold liefern; bei ihrer Verhüttung wird befonders
Schwefelſaure in fehr bedeutender Menge und vor:
ügliher Güte gewonnen. Die Entdedung ber
ergiverfe oeihah der Sage nad um das J.
Später war ihr
Goslar und den Herzjögen von Bra
Dur Vertrag vom 9. Juli 1874 lam Preu
ben alleinigen Befiß des Bergs, während die Aus:
beute der in dem Hüttenwerlen an der Oder umd
Grane zu gemachten Erje noch * zu“/Preu⸗
7 *
ben, zu %, Braunſchweig zufällt. ( arz.)
—— (Karl tiebr.), —
deutſcher Chemiler, geb. 1. April 1818 zu Berlin,
widmete fi anfänglich der Pharmacie e
aber fpäter (1833—37) auf ber Univerfität feiner
Vaterſtadt Naturwiflenfchaften, namentlich Chemie
und Mineralogie. Nachdem er 1837 den Doltor:
grad erworben, habilitierte er fi) 1840 in Berlin
und wurde 1845 zum Profefjor ernannt, Das von
ihm geleitete aboratorium für analytiiche Chemie
mußte R, aufgeben, ald er 1851 die Stelle eines
—— der und Mineralogie am Gewerbe:
inftitut übernahm und na augleih an den Vor:
lefungen der neuerrichteten Bergalademie beteiligte,
m J. 1855 wurde er von der Alademie der Wi
haften zum Mitglied erwäblt und erhielt 1874 die
zweite ord. Profeſſur der Chemie an der Univerfi-
tät, jowie die Direktion des zweiten dem. Inſtituts
derfelben. R.s dem. Arbeiten, über die er zum
größten Teile in Poggendorffs „Innalen» b =
betreffen vorzugsweije die dem, Natur der Miner
förper. Seine Hauptwerle find das «Handwörter:
buch des chem, Teils der Mineralogie» (Berl, 1841;
Supplement 1—4, 1843—49), welches in ——
— — ng — —
emie» (2. Aufl., Lpz. 1875 r «Handbud)
der Iryftallographifchen ca (Verf. 1855; Sup:
plement, 1857) und das «Handbuch der tryjtallo-
graphiich-phyfil, Chemie» (2 Bde. Lpz. 1881—82).
Hieran reihen fich das «Lehrbuch der Stödhiometrie»
— 1842), «Leitfaden für die chem quantitative
nalyje» (3. Aufl., Berl. 1874), «Leitfaden für die
em.:qualitative Analyfeo (7. Aufl, Berl, 1885),
«Lehrbuch der Kiryftalltunde» (Verl. 1852), «Lehr:
buch der dem, Metallurgie» (2. Aufl., Berl. 1865)
und «Grundriß der Chenrie» (5. Aufl., Berl. 1883),
Rammenan, Dorf in der ſächſ. Amts
mannichaft Bauhen mit (1880) 1378 E,, i
burtsort des Philofophen ob. Gottlieh
dem bier 1862 ein Denlmal errichtet wurbe,
Nammier, der männlide Haje (f. d.).
968.
eſih lange Zeit ftreitig zwiſchen
Rammohun Roy — Namus
Nammohun Roy, |. u. Drabmajomadid.
Ramnad, Ramanathbpuram, Stadt im
Diſtrilt Madura der indo-brit. Bräfidentichaft
Madra3, 9 km von der Hüfte der Palkitraße ent:
fernt, Hauptitadt eines Bafallenjtaats gleichen Na:
mens. Sie ijt ihrer Befeſtigung und des fehr uni:
fangreihen, an jie anftoßenden Forts — — be⸗
— in welchem über 5000 Menſchen
leben. Auch hat R. einige wohlgebaute Mofcheen
und eine Heine prot. Kirche.
Ramnes, yatriciicher Tribus — d.) in Nom,
NRamolino (Maria zn), unter Bona:
parte, Bd. III, S. 30
Ramoth: Muse. unter Mizpa.
Rampe oder Appareille, f. Auffahrt.
Ramphastus, der Tufan, Pfefferfreſſer.
NRampfinit, ein fagenhafter ägypt. König, bei
Herodot der Nadjfolger des Proteus, Gr würde
bijtorifch etwa den König Ramſes III. dem Haupte
der 20. Manethoniſchen Dynaftie entipreden. R
war nad der griech. Sage ein befonders Ei
König, belannt ift dad Märchen von feinem Schab:
haus und dem ſchlauen Diebe.
Rampur, indo:brit. Bajallenftaat in der Tivi:
fion Rohilthand der Nordmweitprovinzen, wird gegen
N. und W. von dem brit. Diftrikt Muradabad, gegen
NO. und SO. von dem brit. Tiltritt Barayli be:
grenst, und zählt (1872) auf 2447 qkm 507013 E.
Die Ein fünfte des an feiner Spi er jtehenden Na:
warb werden auf — t im ahre ge:
fhäßt, Derfelbe i Bent N 500 Mann Sa:
vallerie und 1447 Mann volt zu unterhalten.
Die Hauptitadt R. liegt. am linten Ufer de3 Sutlai.
Ramri, Stadt im Diſtrilt R, (11160 qkm mit
1414177 €. |ber Divifion Aralan in dem brit. Birma
in Hinterindien, auf einer Heinen, vom Feltlande
von Arakan einen engen, aber tiefen Kanal
getrennten Sn, zählt (187 E.
Namsau, Pfarrdorf im * Regierungsbezirk
Oberbayern, Bezirlsamt VBerdtesgaben, im Alpens
thal ber Ramsauer Ache, 663 m fiber dem Me eere,
hat (1885) 908 6. Slabe füdöftlich befindet fid)
* Wimbachtlamm er dem großartigen Wim:
badıthal und dem — Gletſcher Deutſch—
nds (das «blaue Ciä»),
"Bam ay ar unter Dalboufie.
ay (Allan), fchott. Dichter, geb. 15. DI.
10801 zu Der ilt3 in der Grafſchaft vLanart, kam zu
einem Perũcenmacher in Edinburgh in die Lehre
und errichtete dann ein eigenes Geſchäft, das er je:
doc) 1716 aufgab, um Buchhändler zu werben. Gr
ftarb 7. Jan. 1758. Sein Hauptwerk it der «Gentle
shepherd» (1725), ein Hirtenfpiel in ſchott. Mund:
art, welches fid) durch treue und lebendige Schilde⸗
rungen jhott. Natur und jchott. Landvolt3 aus:
= eichnet. Auch ſchrieb er Lieder, Fabeln — Fer
zungen; feine Sammlungen alter ſchott. 2
he tea-table miscellany» (1724) und «T * *
abi (1725), hat man der vielen willtürlichen
Beränderungen Iber getadelt. Die befte Aus:
gabe — dichte iſt die * Ne an
3 Bde., Edinb. 1800; neue Aufl ).
n Edinburgh wurde ihm 25. März iß66 ger
Samöven (Seile), Dererti licher
amöden (Jeſſe), Derfertiger vo
mathem. — geb. 8. Dit. ang de
in der der Karl — wibmete fe e. in
tehlunft; doch mitand,
daß er oft Abbildungen mathem. Inſtrumente zu
—— 13. Auſi. XIII,
481
itehen hatte, führte ihn feinem eigentlihen Ve—
rufe zu. Sein Lehrer wurde der berühmte Optiler
Dollond; ſchon 1763 ftanden feine Arbeiten in gro:
ben Rufe, Mehrere optiſche und aftron, Inſtrumente
find durch ihn ——— wie der Theodolit, das
Pyrometer, das zu Höhenmefiungen beitimmte Ba:
rometer und Hadleys Uuadrant und Sertant,
mehrere von ihm erſt erfunden worden; feine Haupt:
erfindung ift eine Teilmafchine. Zu feinen vor:
züglichſten Leiſtungen ‚gebören die für die Stern:
warten zu Blenheim, Dublin, Mannheim, Gotha
und Baris verferti ten Fernrohre und die in Radıra
und MWilna — Mauerquadranten. Er
wurde 1786 Mitglied der Königlichen Geſellſchaft
zu London und ftarb 5. Nov. 1800,
Ramſes (Ra-mes-se, «Ni hat ihn geboren »),
Name verfciedener ägypt. Könige. Der be:
rühmtefte derielben ift N. II. (um 1250 v, Chr, ),
der zwar troß langjähriger Kriege dent nordfyriicen
Reiche der Cheta gegenüber feine Dauernden Erfolge
erringen Tonnte, der aber doc) durch die 67 jährige
Dauer feiner Negierung und durd) feine unzähligen
großartigen Bauten den Nadlommen als ein
— ohnegleichen erſchien. R. III. (um 1180
ck der einer andern Yamilie angehörte als
fi II. beitrebte fich, feinen großen Vorgänger auch
in allen Hußerli feiten nachjuahmen; ebenfo thaten
es die zehn Nachfolger des felben, die auch den Na—
men, führten ke etwa ein Yabrhundert regierten.
Unter dieſen letern, den ſog. Rameſiden, geriet die
Herrſchaft in die Hände der tbebanif—hen Hohen:
priefter, die endlich die Hönige jtürzten. Nachkom—
men der R. finden ſich indes noch in fpätern Jahr:
hunderten als vornehme Leute,
Mamſey (mittellat. Ramsa), Hafenftabt an der
Dftküfte der engl. Inſel Man in der Iriſchen See,
im Hintergrunde der Bai von Ramſey, hat 2900 E.,
Leuchtturm, Herinoefiſcherei Schiffbau und iſt mut
dem Hauptort Douglas durd) Eifenbahn verbunden.
Namdgate, Warltitadt, Seehafen und ſtarkbe—
fuchter Seebadeort in der engl. Grafichaft Kent, an
der Dftküfte der Halbinjel Thanet, 24 km im Oft:
norbojten von Canterbury gelegen und mit diejer
Stadt durd) die Eifenbahn verbunden, iſt ein jehr
freundlicher Ort, teils in einer Zheltpalte, teils auf
den dieſe einfchließenden malerischen Kreidellippen
erbaut. Der Hafen der Stadt, 19 ha umfafjend
und durch Batterien verteidigt, wird durd zwei
Steindämme gebildet und iſt die einzige Zuflucht
vor den im Süboften liegenden Goodwin: Sands
(gefährlichen Sandbänten), © Der Ort hat ein Stadt:
haus, neun Kirchen und Kapellen, eine Konver:
fationshalle, ein Seehofpital und zählt (1881)
22605 E., welche Schiff jbau und Seilerbahnen unter:
halten, fowie von diicherei, Handel und Fremden:
vertehr leben. Nur 3 km im Norden liegt der
Seebadeort Broadftairs, mit einem_ hölzernen
Hafendamm, zwei Batterien und 4362 €.
Hamstopf, Pferdekopf, bei dem die Nafe nad)
außen gewölbt ift, im Gegenfah zum Hechtkopf,
bei dem die Nafe nad) innen gebogen ift.
zen. (Petrus), eigentlih Pierre de la
mede, ein —— Gegner ber ariſtoteliſch—
—A— Philoſophie des 16. Yahrh., Mathe—
matifer und Humanijt, wurde 1515 zu er in
Vermandois geboren. Ein Polyhiſtor in vollem
Sinne, ftudierte er * — 5*— ——
den Ariftoteles, von deſſen Anfehen er fi jeboc
nidyt blenden ließ; vielmehr fing er bald an ihn
31
482
mit Freimütigleit zu befampfen. Er hielt die Lozil
für die bloße Kunft, geſchickt zu disputieren, ſuchte
daher für diefelbe eine einfachere, praltiich braud):
bare Form der Darftellung und ging überhaupt
darauf auß, bie Philoſophie mit Hilfe der Ahetorif
von den Feſſeln der Scholaftil zu befreien. Im J.
1543 erſchienen feine «Institutionum dialecticarum
libri Ill», denen die «Animadversionum in dia-
lecticam Aristotelis libri XX» 1534 ———
Beide —— erregten einen wirklichen Aufruhr
und zogen ihm viele Verfolgungen zu; gleichwohl
erhielt er 1551 den Lehrſtuhl der Dialektil und Rhe⸗
torit an der Univeriität zu Paris, die ihm viele
trefflihe Einrichtungen verdankt, Als quten Hu:
maniiten zeigte er jich in feinen Schriften «De
moribus veterum Gallorum» und «De militia
Caesaris», in vielgebraucdhtes Werk it feine
«Professio regia, h, e. septem artes liberales
apodictico docendi generepropositae» (Baj. 1569),
einer der erjten encyllopädiihen Verſuche. Da er
fich für den Calvinismus erflärt batte, mußte er
einigemal aus Paris flühten. Mehrmals feines
Amtes entjept und wieder angeltellt, reijte er einige
Zeit und fand in der Schweiz und Deutſchland
vielen Anklang. Im J. 1571 nad Paris zurüd:
getchrt,, fand er in der Bartbolomänsnacht durch
den Verrat de3 Ariftotelifers Charpentier 24, Aug.
1572 feinen Tod. Sein Leben ift ſehr oft beichrieben
worden, namentlich von feinem Schüler Freigius
und von Lenz in der «Historia Petri Rami»
(Wittenb. 08} Er gewann in Frankreich umd
Deutichland viele Anhänger, Ramiſten genannt,
die jeitens der beitehenden Autoritäten Unfechtun-
gen zu bulden hatten, Wal. die Biographien von
Waddington (Bar. 1856) und Deömaze (Bar, 1861),
Ran, Göttin, f, unter Öogir.
Ran, Moraft in Borderindien, f. u. Katſchh.
Rana (lat.), der Froſch.
Rane (Arthur), Ira Bolitiker, geb. 20. Des.
1831 zu Poitiers, ſtudierie Jurisprudenz zu Paris
|
und wurde unter Napoleon III. wegen feiner Teil: |
nahme an demokratiſchen Kundgebungen nad
Algerien deportiert. Es gelang ihm aber, zu ent:
weichen. Nach der Amneltie von 1859 nah Paris
zurüdgelehrt, wurde er Korreltor der «Opinion
nationale» und Mitarbeiter an Dppofitionsblättern.
Ein Preßproʒeß zog ihm vier Monate Gefängnis zu.
ach dem 4. Sept. 1870 wurde er Maire des 9.
parifer Bezirks, verlieh Paris 14. Dit. im Luft:
ballon und begab ſich r Gambetta, welder ihn zu
einer Art Boltzeiminiiter machte, worauf R. einen
Spionendienit organifierte, Im J. 1871 von dem
Tepart, Seine in die Nationalverfammlung ge:
wählt, ſtimmte R. gegen bie Friedenspräliminarien
und legte fein Mandat nieder. Er wurde Mitglied
der parijer Commune und gehörte zum Ausſchuß
der Juſtiz und ber auswärtigen Angelegenheiten.
Da er aber dad Dekret über die Hinrichtung der
Geiſeln mißbilligte und zwiſchen ben Führern de3
Aufftandes und den gewählten Maires kein Ein:
verjtändnis berftellen konnte, gab er 6. April feine
Dimiffion, Im Nov. 1871 trat er in bie Redaction
der «&publique frangaise», Seit dem Juli 1871
Mitglied des pariier Gemeinderats, wurde er 1873
vom Depart. thöne in bie Nationalverfammlung
gewählt und bielt ih zur äußerften Linken. Als
wegen feiner Teilnahme an der Commune das ge:
richtliche Verfahren I ach n eingeleitet wurde, floh
er nach Belgien, in contnumaciam zum
Nan — Nanda
Tode verurteilt (13. Olt. 1873), kehrte nad) der
Amneſtie von 1879 nah Frankreich zurüd und
fchrieb für die « Republique frangaise» und deu
«Voltaire»; 1881 wurbe er von dem Depart. Sein:
zum Deputierten gewählt. Gr verfabte einen poli-
tiihen Roman: «Sous l’empire» — u. 1877),
«Le roman d'une conspiration» (1868 u. 1885),
« Histoire de la conspiration de Babauf» (1869),
«De Bordeaux à Versailles» (1877, eine Geſchichte
der eg er
Nance, Küſtenfluß in der Bretagne, entſpringt
im franz. Tepart. Cötes:du:Nord am Ditabhange
des Gebirgsſtockes Le Mend, vereinigt fi ſüdlich
von Dinan mit dem zur Ille nad) Rennes führenden
idiffbaren Stanal, bildet bald darauf ein Aftunr
und mündetim NW. bes Depart. Ylleset:Bilainenadı
ge m. 2 1 — ae era
n der Mündung der R. li ich die Seehäfen
von St.-Servan und St.-Malo.
Rance (Dominique Armand Jean le Boutbillier
de), der Stifter der Trappijten (ſ. d.), geb. zu Paris
9, Jan. 1626, = ſchon in feinem 13. Jahre den
Anakreon mit Anmerkungen (Bar. 1639) us,
Seit feinem 11. Jahre Chorberr an ber Hirdie
Notre: Danıe, wurde er 1651 Prieſter und 1654
Doktor der Theologie. Dabei gab er fih den
gröbſten Ausihweifungen bin, bis er 1660 infolge
eines erfhlitternden Greignifjes plöklich bie Haupt:
jtabt verlieh und der übertriebenjten ascetifchen
Strenge ſich zuwendete. Er verzichtete auf ſämtliche
Pfründen mit Ausnahme bes Klofterd La Trappe,
das er zum Gib der ſtrengſten Entfagung machte,
und fchrieb feinen «Traits de Ia saintets et des
devoirs de la vie monastique» (Bar. 1683), worin
Verachtung der Wiſſenſchaften, bie ſchwerſten
Kaſteiungen und namentlich ein ewiges Schweigen
verlangt werden. Er ſtarb als Abt von La Trappe
12. Ott. 1700, noch im Tode die Regel feines
Ordens beobadhtend, auf einem Aſchenhaufen. Zr:
tereffant iſt jeine «Relation de la vie et de la mort
de quelques religieux de la Trappe» (4 Bde., Bar.
169). Val. Marjollier, «Vie de R.» (Bar. 1703;
neue Aufl, 1753); Chäteaubriand, «Vie de BR.»
(Bar. 1844); Dubois, « Histoire de l’abbe de R.»
(2 Bbde., Bar. 1867),
Naucheros (vom jpan. rancho, d. i. Namerad⸗
ſchaft) beißen in Mexiko Landleute, die, aus einem
Gemiſch von fpan. und indian. Blute hervorge—
gangen und von Jugend auf im Sattel lebend, vor:
treffliche Neiter umd Sjäger find und ben größten
Zeil der berittenen Truppe, eine Ar* irreguläre
Kavallerie bilden. j
Randa (Anton), ausgezeichneter öfterr. Necht?:
lehrer, geb. 8. Yyfı 1834 in Biftrig in Böhmen,
ftudierte die Rechte an der prager Univerfität, ba:
bilitierte ſich 1859 dafelbjt für öſterr. Givilreht und
wurde 1862 zum auberord., 1868 zum ord. Bro:
fefior bes öjterr. Civil-, dann des Handel: und
Wechſelrechts mit czech. VBortragsiprade ernannt.
Im J. 1881 wurde N. zum — — Mit:
lied des öſterr. Herrenbauies und kurz darauf zum
Hofrat umd Mitglied des Reichsgerichts ernannt.
Geit 1882 ir N. an der czech. Univerfität in
Trap. R., welcher zu den beiten Stennern des öjterr.
Givilrechts zählt, fchrieb auf diejem Gebiete eine
große Reihe von Abhandlungen, namentlich in der
von ibm (1861) mitbegründeten jur. Heitjchrift
«Prävnik», Gr veröffentlichte ferner in beutjcher
Sprade fein Hauptwerk: «Der Beſiß nach äfterr.
Nandazzo
Nechte» (2p3.1865; 3. Aufl. 1879), dann bie Schrif:
ten: «Der Erwerb der Erbichaft» (Wien 1867) und
«Das Eigentumsrecht nad) ölterr. Hecht» (Lpz. 1884).
In czeh. Sprade gab N. ein Lehrbud des öfterr.
Eigentums: und des Handelsrechts heraus und be:
handelte in ausführlichen Monographien die Lehre
über den Schadenerfah und die Entwidelung der
öffentlichen Bücher in Böhmen und Hiterreid).
andazzo, das antike Tissa, mittellat. Ran-
dacium, Stadt in der ital, Provinz Catania,
Bezirk Acireale, am Nordfuße des Sitna, 15km von
deilen Gipfel, 773 m über dem Meere, rechts am |
Flüßchen Alcantara, hat ein durchaus mittelalter:
liches Ausjehen, dunlelbraune bezinnte Yavamauern
mit normann. Türmen und Spikbogenthoren,
Häufer aus jhwarzer Lava und mehrere Kirchen in
normann. Stil, unter denen der 1222—39 erbaute
Dom Santa-Maria mit mobernem Weftturm ber: |
vorragt. R. zählt (1881) 10225 E, und hat Han:
del mit Wein, Öl und Käfe.
NRändelgabel, ſ. unter Krauäräder.
Nändelmafchine oder Rändelwert, f. unter
Münze und Münzweien. Ben
Rändelrand oder Rändelſcheibe, foviel wie
Krausrad. .
Nanden, Bergrüden des Jura im —5 Sans:
ton Schaffhauſen, erhebt 5 nördlich vom Klettgau
als breites, von tiefen Thälern durchfurchtes Hoc):
plateau mit bewaldeten Abhängen und kahlen, jekt
zum Teil aufgeforfteten Kämmen, deren höchſter,
der Hoh R., an der —— Grenze mit zwei
Kuppen, dem Hagen und den Klauſen, 914 und
930 m über dem Deere erreicht.
Nanderd, Hauptitadt eines Amtes (2432,7qkm
mit 104321 E. im J. 1880) des Stiftes Aarhuus
in Jütland, 37 km nördlich von Narhuus und öſt—
lid von Biborg, an den Linten Bamdrup:fFrederifs:
haven, R.:Nyomgaard und R.:Hadfund der Jütiſch—
Funenſchen Gijenbahbn, und an der Guben: Aa,
11 km von deren Mündung in den 22 km langen
und für Schiffe von 4m Tiefgang fahrbaren Nan-
ders:Fjord gelegen, bat einen Hafen, wozu
25 Schiffe von 2964 t gehören (1883), eine gelehrte
und einige Bürgerfchulen, ein großes Hofpital und
zählt (1880) 13457 E., die Brauereien und Brennes
reien, Cichorien- und Tabalsfabrifen, Kattun:
drudereien, Strumpf:, Tuch: und namentlich aud)
Handſchuhfabrilen Randersihe Handſch J e),
jowie eine nicht unbebeutende Fabrik für Giten:
bahnwagen unterhalten. Auch betreibt man Lachs:
fiſcherei und Handel mit eigenen Fabrilaten, Ge:
treide, Vieh, Butter, Salzfleiſch ut. w. Bedeutend
find die Prerdemärkte des Ortes, R. wird fchon
im 11. Jahrh. genannt, war ehemals ftark befeitigt,
daber im Mittelalter und noch im 16. und 17. Jahrh.
häufig Kriegsihauplag, hat aber ſehr an Bedeu:
a verloren.
andgloffen, foviel wie Marginalien.
Randon (Jacques Louis Ceſar Alerandre,
Graf), Marſchall von Frankreich, geb. 25. März |
1795 in Grenoble, wurde 1812 in Rußland für |
Auszeichnung in der Schladht bei Borodino Offizier. |
Im ** von 1813 war er Adjutant beim Ge: |
neral Mardand, feinem DOntel, und, ftieg zum |
Napitän auf. Nach ber Reftauration diente er den
Bourbon, wurde 1830 Major, 1835 Oberitlieute:
nant und fam 1838 als Oberſt zu den afrit. Jägern.
‚in Algerien zeichnete er ſich mehrfach rühmlich aus,
lommandierte eine Zeit lang in Konftantine und
' erhoben.
— Rang 483
wurde 1841 zum Marehal:de:Camp, 1847 zum
Generallieutenant befördert, worauf er nad Franl:
reich zurüdtehrte. Nach der Februarrevolution
übertrug ihm die Provijorifche Regierung im März
1848 die Yeitung der alger. eg im
Kriegsminiſterium. Im Juni erhielt R. die 3, Mi:
litärdivifion in Mek und übernahm vom Jan. bis
Dft. 1851 unter dem Präfidenten Ludwig Napoleon
das Kriegsminiſterium. Nah dem Staatsjtreid)
wurde AR. noch im Des. 1851 zum Generalgouver:
neur von Algerien und im folgenden Jahre zum
Senator ernannt. R. erwarb fıch viele Verdienfte
durd feine Verwaltung und Förderung der Koloni—
fation, unterwarf 1853—56 die Kabylen vollitän:
dig und wurde dafür 18. März 1856 zum Marfchall
Im Kriege von 1859 war er Chef des
Gencralftabes der ital. Armee, übernahm 1860 bis
‚an. 1867 das Krieggminifterium, erhielt jedoch im
Deutſch⸗Franzöſiſchen Kriege von 1870 und 1871 fei:
nes hoben Alters wegen fein aktives Kommando,
Die Regierung der nationalen Verteidigung er:
nannte R. Nov. 1870 zum Vorfikenden der Kom—
miffton, welche die Unterfuchungen über die Kapitu-
lationen von Sedan und Mek führen ſollte. R.
ı jtarb indes fhon 16. San. 1871 zu Genf. Bol.
aM&moires du maröchal R.» (Bd. 1, Bar. 1875 fa.).
Raudom, rechtsſeitiger Nebenfluß der Uter,
in feinem obern, fanalifierten Laufe als Land:
araben Grenze der Ukermark und Bommerns und
mit der Welfe, einem Heinen linfen Zufluß der Ober
in Verbindung Let urn mündet bei Goagefin im
preuß. Regierungsbe irl Stettin. — Der Kreis
Random des preu A Stettin
zwifchen N. weitlich und der Ober öftlich, zählt auf
1316 qkm (1880) 109056 meijt evang. E.; Siß
- ee a Ser ber Gifße, f
an t:Singh, Herrſcher der Silbe,
Fe
Randichrift nennt man in der Minzlunde bie
Schrift, die ih auf dem Rande der Münze felbft
befindet und meijtvertieft indemfelben eingeichlagen
ift. Sie follte auch da3 Beſchneiden der Münzen
— und kommt zuerſt auf franz. Münzen vor.
andsfjord, norweg. Binnenjee in Ktriftians:
Amt, 131 qkm groß, liegt 130m bo. Perf. ge:
hört zum Syften der Bayna:(Drammens):elf und
wird von der Dolla durchſtrömt. Am jüdl, Ende
des R. liegt Nandsfjord:Station (Eiſenbahn—
ſtation der Linie nach Drammen und Kriſtiania),
von wo Dampfſchiffe nah Odnäs am nördl. Ende
des R. gehen,
Ranen, bedeutender Fjord an der norweg.
MWeitküfte (66° nördl. Br.); nördlich dabei liegt der
große Öleticher Spartijen. ,
Ranenburg oder Oranienburg, Kreisſtadt
im Gouvernement Rjafan, am Zufammenfluß der
Stanowaja und Yagodnaja Rjafa, Station der
Rjaſan-Koslover Eiſenbahn, mit (1882) 4302 E.,
treibt bedeutenden Handel mit Getreide, Bieb, Hanf,
Wolle, Honig, Wachs u. f. w.
Rang nennt man die Ordnung, wodurd ſich
im Uußern ein Vorzug des einen vor dem andern
ausfprechen foll. Rangordnung heißt das nad)
der Bedeutung bejtimmte Heibenerpältnis der fou:
veränen Staaten untereinander, der Souveräne
bei Zufammentfünften und der Gefandten bei feier:
lien Audienzen, während die einzelnen Hofrang:
ordnungen die Aufeinanderfolge derer bejtint:
men, die bei Hofe zu erjcheinen das Recht haben.
81*
484
Nangabe — Nangieren
Die Rangverhältniffe haben in früherer Zeit fehr | wie «Die XXX Tyrannen» (deutſch, Brest. 1883),
oft ernitliche Streitigfeiten veranlaßt; befonders | « Ducas» (deutih von Elliſen
Bresl. 1881),
lächerlich waren die Rangitreitigteiten beim Zu: | « Phrofyne», der «Vorabend » (beutfch von Elli:
fammentreten deutiher Neihsftände, (Ngl. Hell:
bad, «Handbuch des Rangrechts», Ansb. 1804.)
Gegenwärtig find diefelben faft ganz aufgehoben.
Die Souveräne betrachten fi) als einander gleich:
gejtellt und kommen meiit ohne alle Etikette zufam:
men; bei Unterzeihnungen wählt man, wie bei den |
fen, Bresl. 1882), «Die Hochzeit des Kutrulis»
(deutich von Ellien) und andere Luftipiele. Fer:
ner enthält die Sammlung Üiberfegungen (von
altgrich. Dramen von Aſchylus, Sophofles, Arifto:
phanes, und von der neuen Lirteratur die « Hölle»
von Dante, «»Julius Cäfar» von Shalipeare,
diplomatischen Berhandlungen jeit 1813, die alpha: | «Nathan» von Yeifing, «pbigenie» von Goethe,
betiiche Ordnung der Staaten (nah dem franz. | «Tell» von Schiller), erzählende Gedichte und zwei
Alphabet). Nach der Einwohnerzahl ninımt man
Staaten eriten R. von wenigitens 10 bis 12 Mill.,
zweiten R. von 3 bis 10 Mill, dritten R, von 1 bis
3 Mill. Cinwohner und endlidy vierten R. an; zu
lehtern werden die deutichen Kleinftaaten gerechnet.
Nirgends ijt die Nangorbnung unter den einzelnen
stlaffen ber Deamten und Einwohner fo genau be:
ftimmt als in England. In Rußland und Preußen
it der R. auch der Staatsdiener nach militärifchen
Adftufungen beitimmt. Del. Malortie, «Der Hof:
marfchall» (2Bde., Hannov. 1866); Graf Stillfried,
«Geremonialbuch des preuß. Hofö» (Berl. 1878).
Rangabe ee Rizos), einer der vielfei:
tigften Gelehrten de3 neuen Griechenland, geb.
1510 zu Konftantinopel, ftammt aus einer ange:
fehenen Fanariotenfamilie, Sein Bater J.R. Ran:
gabe, der fi) ebenfalls als Dichter auszeichnete
uk: (yriihen Gedichten eine metriihe fiber:
— der AÄneide und vieler franzöſiſcher klaſſiſcher
Thealerſtüche) und von dem nachmals ein geogr.⸗
hiſtor. Werk über das neue und alte Griechenland
unter dem Titel: «T&'Edinwxd» (3 Bde., 1853
—54) erihien, belleidete früher namentlich in ber
Walachei einflußreihe Staatsämter und lebte feit
1821 in Odeſſa. , Der junge R, beſuchte feit 1825
bie Kriegsſchule in Münden, ging Ende 1829 nad)
Griechenland und trat bier in die Artillerie ein,
weldye Stellung er jedoch bald wieder aufgab, um
ſich philol. Arbeiten zu widmen. Im %. 1832 zum
Departementödireltor des Unterricht3 ernannt, be:
mübhte er fi, das höhere Unterrihtswefen nad)
deutichen Grundjäßen einzurichten, Gr wurde 1841
zum Direktor der lönigl, Druderei ernannt, 1842
zum Nat im —— des Innern und 1845 zum
Brofejlor der Urdäologie an der Univerfität Atben.
zn Febr. 1856 übernahm R. das Portefeuille des
ußern, melde Stellung er bis Ende Mai 1859
innehatte. Im 3.1867 ging er als griech. Geſandter
nad Walhington, Später belleidete er den Poften
des griech. Gejandten in Paris, Konftantinopel und
nachher in Berlin und war einer der Bevollmäch—
tigten der griech, Regierung, die dem die orient. An:
gelegenheiten regelnden Kongreß zu Berlin (1878)
die Wünſche Griechenlands übermittelten,
Seine wiflenidaftlihen Arbeiten find vorzugs:
weile archäol. Inhalts. Befondere Erwähnung
verdienen: das mit Samurlafig und Levadeus ver:
fahte «Ac&ıxdv Tlardo-Eiinvırövn (Athen 1842), die
«Esquisses d’une grammaire du grec actuel»
(1857; 2.Aufl.1873), die «Antiquites helläniqness
(2 Bde., 1842 u. 1855), namentlich Inſchriften ent:
haltend:; «Eyyerpldtov nerpeans® (Athen 1862), für
Gymnaſien, und «Iorepla trjisdpyalaz xadkırzyviagn
(2 Bde., Athen 1865 fo.). _ Cine Sammlung feiner
poetischen Arbeiten, in Athen 1874 angefangen, iſt
bis zum 12. Vande gediehen. Sie enthältaußer (yri:
ſchen Gedichten eine Anzahl Dramen, den verſchie—
benen Epochen der griech. Geſchichte entnommen,
Bände Novellen, N. überfehte auch Plutarchs «Bior
rapäkhrnıcı» (10 Bde., Athen 1864—66) ins Neu:
riechiſche. ch Mitbegründung der «Eörkarn»
1848), der «Tlavöcspan (feit 1851) und vorzüglich
der polit, Zeitung «Edvopia», deren einziger Leiter
und Nebacteur er war in den fchwierigen Zeiten,
die ber Revolution gegen König Otto vorangingen
und folgten, erwarb er a um die wiſſenſchaftliche
sjournallitteratur in Griechenland Berdienfte. Au
drieb N. eine «Geſchichte der neugriech. Littera—
tur» (franzöfih, Verl. u. Par. 1877, deutſch,
Lpz. 1884), Vol. Nicolai, «Geſchichte der neu:
ariech. Literatur» (Lpz. 1876). !
Rangieren heißt im Eiienbahnbetrieb das Zus
fammenftellen einzelner Wagen zu einem Zuge,
jowie aud die Auflöfung eines Zugs in Zugteile
oder einzelne Wagen. Für das Zujammenftellen
der Züge find mist die allgemeinen, namentlid
in Bezug auf die Verteilung der Bremfer u. f. w.
egebenen Betriebsvorfchriften maßgebend, ſodann
iſt aber befonders darauf zu achten, daß die Abgabe
der Wagen an den Stationen, für welde fie be:
ftimmt find oder an welden fie die vom Yuge ver:
folgte Richtung verlaffen follen, um auf anfdlie:
bende Bahnen —— thunlichit erleichtert
wird, Die letztere Rüdfiht macht bejonders das
N, der Güterzüge zu einem der weſentlichſten
weige des Betriebädienftes. Ausgeführt wird das
. durd Menfchen, Tiere oder mechan. Vorrich—
tungen. Das N. durch Menfhen und Pferde
empfiehlt fih nur für Stationen mit geringerm
Verkehr, am allgemeinften verbreitet ilt dad N.
mit Lolomotiven. Auf ben größern Stationen
werden hierzu befonders für diefen Zweck gebaute
Lolomotiven verwendet, welche nicht fehr ſchwer
find, möglichft kurzen Radjtand haben und nad allen
Seiten ri Ausſicht gewähren. Auf einzelnen
Dee en wird das R. durd) Dampfidiebebühnen
bewirkt, durch welche die einzelnen Wagen von
einem Gleife zum andern ohne Bermittelung von
Weichen gebracht werden. In England, wo die
Güterwagen durdgängig Heiner und leichter als in
Deutichland find, geſchieht das R. größtenteils unter
Anwendung von Schiebebühnen und Drebicheiben.
In Deutihland gewinnt in neuerer Zeit das R.
mit Benuhung fteigender Gleiſe (Ablaufgleiie)
immer mehr an Ausdehnung. Der Zug oder ein:
zelne Zugteile werden hierbei von einer Lokomotive
auf ein mit einer Neigung von etwa 1:150 bis
1: 100 anfteigendes Gleis gezogen, die einzelnen
Magen werden nad) und a. von dem Zuge los:
getuppelt und laufen dann, durd die Schwertrait
getrieben, nachdem die Weichen —— geſtellt
worden, in das für fie beſtimmte Gleis. Für das
N. der Züge find umfangreihe Gleisanlagen er:
forderlich; e3 werben deshalb bei größern Sta:
tionen bejondere Rangierba nböfe ebaut. Bol.
Heufinger von Waldegg, «Handbuch für ſpezielle
Ranglifte — Nant
Gifenbabntehnif» (Bd, 4: «Die Technik des Gijen-
babnbetriebes», 2. Aufl., Lpz. —5—
angliſte heißt in der deutſchen Armee das nad)
eereseinteilung, den Truppenteilen und ben
Graden geordnete namentliche Verzeichnis der Offi:
ziere und Militärbeamten. Gewöhnlich ift die N.
auoleih QDuartierlijte, indem fie die Standorte der |
tuppen angibt; zuweilen üt jie mit einer Stamm:
lite, eine furze Geſchichte der Truppenteile enthal⸗
tend, verbunden. In der öſterr. Armee wird dieſes
Berzeihnis Schematismus — während
N. dort nur das Verzeichnis der Dffiiere nad)
—* Anciennetät im gleichen Grade durch die ganze
rmee bezeichnet,
Nangoondl, f. unter Petroleum,
Rangordnung der Gläu ei Se iſt die Dr
folge, in welcher im Konturs die Konkursgläub er
zur Befriedigun elangen, derart, dab immer bie
——— Klaſſe voll befriedigt fein muß, wenn
die nachfolgende etwas erhalten Holt Das frühere
gemeine Necht hatte ein ſehr fompliziertes Syftem
zahlreicher Pfand: und Vorzugärechte, welches den
Kredit gefährdete und das Verfahren zu einem fehr
Ichwerfälligen geftalten mußte. Die modernen Nechte
baben damit volljtändig gebrochen und fo insbe:
fondere auch die Deutſche Reichslonlursordnung,
welde in $. 54 die N. genau beitimmt. (Vgl. auch
—— im Konturs).
angpur oder Nungpore, Diſtrilt der Divi—
fion Rudicichahi der indo-brit. Präfidentfchaft Ben:
galen, 9002 qkın grob, mit (1872) 2149972 E.,
nördlich von Kutſch Behar, öftlic, von dem Brahma⸗
utra, ſudlich von dem brit, Diſtrilt Bograh und
Fübroei id von dem brit. Diftrikt Pinadfhpur be:
ge Die u Hauptitadt mit 14845 E.
t eine Schöne Mofchee und zwei bei Mohanıme:
danern in hohem Anſehen ftehende Monumente,
Nangün, nad engl, Schreibweile Nangoon,
Hauptſtadt bes gleichnamigen Diftrikts (25381 qkm
mit 431099 ia der Divifion Pegu der engl.-ind,
Provinz Britiſch⸗ Birma in Hinterindien, 44,5 km
oberhalb der Mündung des öftl. Arms des Jra-
wadi, der zu allen Jahreszeiten mit dem Haupt:
ftamm des — —— Stromſyſtems in un—
unterbrochener Verbindung ſtehend, Hin einen
trefflichen, für die größten Rauffabrteifchiiie und
z. otten zugün lichen Hafen bildet. Zugleich
iſt R. durch die Nähe reicher Zealwaldungen das
erſte Schiffswerft des Reichs geworden, auf dem die
Einwohner unter Leitung brit. Baumeiiter Schiffe
bis zu 1000 t Tragfähigkeit bauen. N. ift mit Ba:
lifjaden umgeben, bat enge, von Kanälen durd):
zogene Gaſſen, auf —— ruhende elende
uſer, ein Fort, eine Menge Buddhamonumente
und Klöfter und zäblt (1881) 134176 E, Unter
den Ausfubrproduften jtehen Tealholz und Reis
obenan. Die größte Merhvürdigkeit von R. ijt die
große Pagode Shoe:Dagong oder Schwe:Dagong,
d. h. golbenes Haus, in jeiner Nähe, ein maflıves,
imponierendes Gebäude mit einem 100 m hoben
Zurme, deſſen 12 m hohe Krone reich vergoldet ift.
Sie ift berühmt durch die in ihr aufbewahrten acht
upthaare Gautamas oder des vierten Buddha
und durch ihre 56000 Pfd. fans Slode, daher
ein ſehr — im Gradi r mit einer lebhaften
Meſſe in Verbindung ftehender Wallfahrtsort. R.
wurde erjt 1753, nad) der Zerjtörung der Städte
und Syrian, von Alonıpra zur Hauptitabt
von Pegu Fax a und bildete feitvem die zweite
485
Stadt de3 Birmanenreichs. Am 19, Mai 1824
wurde fie von den Briten unter General Campbell
erobert. Im uni 1851 gab die Weigerung des
birman, Gouverneurs, zwei von ibm beleidigten
engl. Kaufleuten Genugthuung zu gewähren, Ans
laß zu einem Kriege mit den Virmanen, in dem die
Briten unter General Godwin und Admiral Auſtin
14. April 1852 die große Pagode und bald darauf
die Stadt ſelbſt eroberten. (S. Birma.)
Nanieri (Antonio), ital, Schriftiteller, geb.
8. Sept. 1809 zu Neapel, ftudierte dajelbit und in
Bologna die u päter in Berlin Philoſophie
und Geſchichte. Nah Italien zurüdgelehrt, aber
wegen feiner liberalen polit. Gefinnung aus dem
Königreich Neapel verbannt, ließ er ſich in Florenz
nieber und wohnte hier mit Leopardi zufammen,
den R., als er nad) Neapel zurüdtehrte, mit ſich
nahm und mit feiner Schweiter Pauline fieben
Jahre lang pflegte, Nach Leopardis Tode errichtete
ihm R, ein Denkmal in Neapel, beforgte eine Ge:
amtausgabe von defien Schriften und jchrieb eine
iograpbie des Dichters, welche er jpäter durch die
Schrift «Sette anni di sodalizio con Giacomo
Leopardi» (Reap. 1880) ergänzte, Von feinen fon:
ftigen Schriften find zu nennen der foziale Roman
«Ginevra, o l’orfana della Nunziata» (Gapolago
1839), welder großes Aufiehen machte und N.
Berfolgungen von feiten des Klerus und Halt
zuzog. Es folgten: «I primi cinque secoli
della storia d'Italia da Teodosio a Carlomagno»
(Brüfj, 1841), deren Zwed war, die Entitehung der
päpitl. Theofratie aufzudeden. Cine Gefamtausgabe
jeiner Schriften ift zu Mailand (3 Bde, 1862— 64)
erichienen. Nach der Wiedergeburt Jtaliens ward N.
Profeſſor der Geſchichte in Neapel, ,
Nanigandfch (Naneegunge), Stabt in der
Divifion Bardawan der brit..ind, Lieutenantgon:
verneurfchaft der Untern — mit (1872)
19578 E, bat ſehr große Steinkohlenlager.
Rauis, Stadt im preuß. Regierungsbezirl Erfurt,
Kreis Ziegenrüch, Siß des Pan ratsamts und eines
Amtsgerichts, bat (1880) 1842 E. und eine evang.
und eine kath. Kirche. Auf einem die Stadt über:
tragenden Felſen erhebt fich das die Dienfträume des
Landratsamts enthaltende alte Schloß «Burg: R.»;
in der Nähe des Ortes liegen die Schlöfier Branden:
itein, Ludwigsbof und Heroldshof. j
Nank (Yofepb), belannt durch feine Schilderun—
gen und Erzählungen aus dem Vollsleben, geb.
10. juni 1816 zu Friedrichsthal im Böhmerwald,
—*— eines Landwirts, ftubierte in Wien Philo—
ſophie und Rechte, wandte fich aber bald ausſchließ—
lid) der litterariichen Laufbahn zu. Im J. 1848
war R. kurze Zeit Mitglied der Deutfchen National:
verjammlung, wo er fich zur gemäßigten Temofratie
befannte. Später lebte R. abwechjelnd in rant:
furt a. M., Stuttgart und Tübingen; hierauf nahm
er längern Aufenthalt in Weimar, dann in Nürn:
berg, wo er den «Nürnberger Hurier» redigierte.
Im J. 1861 fiedelte R. nad Wien über, wo er
1862 das Direltionsſelretariat der k. f. Hofoper
und jpäter den Poſten eines Generaljelretärd anı
Wiener Stadttheater übernahm. Schon fein erites
Merk: «Ausdem Böhmermwalde» (Lpz. 1843), welches
lebensfrifhe und treue Schilderungen ft unbe:
fannter Vollszuſtände bot, ward beifällig aufge:
nommen, Wehr fünftleriihe Durchbildung bekun:
beten fpätere Arbeiten, wie «Neue Gedichten aus
dem Böhmerwalder (Wien 1845), «GineMutter vont
486
Ranke (botanifh) — Nante (Leopold von)
Lande» (2pz. 1848), «Florian» (2 Bde., Lpz. 1853), ! und fomit auch ein Reiz ausgeübt. Die nunmehr
«Geihichten armer Leute» (Stuttg. 1853) u. a.
Seine Vollserzählungen fahte er wieder unter dem
Titel «Aus dem Böhmermwalde» (3 Bde., Lpz. 1851)
—— e Sammlun —* den bedeutenditen
ertretern ber fog. Dorfgefei te zugefellte. Bon
R.s fpätern Schriften find zu nennen: der Volkes
roman «Adhtipännig» (2 Bde., 2p3.1856), das Cha:
ralterbild «Ein Dorfbrutus» (2 Bde., Glog. 1861),
die beiden Sammlungen: «Bon Haus zu Haus»
c 3. N! und «Aus Dorf und Stadt» (2 Bbe,,
og. 1860), die Romane «Im Klofterhofr (Stuttg.
1875) und «Der Seelenfänger» (Stuttg. 1876).
Raute (cirrhus) nennt man in der Botanik ein
——— verzweigtes oder —— Ge⸗
ilde, das den meiſten kletternden Pllanzen dazu
dient, eine Befeſtigung derſelben an irgend einem
als Stube paſſenden Gegenſtand zu ermöglichen.
Ihrer morphologiſchen Natur nach kann die R. ſo—
wohl ein metamorphoſiertes Stammorgan als aud)
ein Blatt oder ein Teil desfelben je n mans
hen Fällen ift es überhaupt zweifelhaft, ob fie als
Blatt oder als Stengel zu betradten iſt, fo z. B.
bei den Cucurbitaceen. Übrigens ift es für bie
dunktion der, als Befeftigungsmittel völlig gleich
gültig, welcher morphologiichen Kategorie diefelbe
angehört; denn die blattbürtigen Ranlen der Pa:
—— leiſten genau dasſelbe, wie die als
tengelorgane zu betrachtenden Ranlen von Vitis
Ampelopsis u.a. Die äußere Form ber R. ift bei
den einzelnen Kletterpflanzen tulofern verſchieden,
als die einen, z. B. die Paſſionsblume (f. d.), un:
verzweigte, andere —* wie die Cucurbitaceen,
verzweigte beſihen. Doch iſt dieſe Verſchiedenheit
für ihre Funktion ebenfalls ziemlich belanglos.
Die wihtigite Eigenſchaft jämtliher Ranten ift
eine mehr oder minder ſtark ausgebildete Reizbar⸗
keit, die — zu erlennen gibt, daß bei an—⸗
dauernder Berührung, Drud oder Stoß, alfo durch
og. Kontaltreize, Beränderungen im Wahstum
ernorgerufen werben. Bei den meijten AR. tritt
infolge des Reizes eine Berzögerung im Wachstum
ber berührten Seite ein und es lommt babei eine
bogenförmige oder ſchraubenlinige Krümmung zu
Stande, mittel3 deren ein Anheften an den Stuͤtzen
ermöglidt wird. Da diefe Krümmungen ſich nicht
bloß auf die direkt gereizte Partie, fondern allmäb-
lid) auf die ganze R. eritreden, fo wird zugleich ein
Heranziehen des Hetternden Stengel3 an die Stübe
herbeigeführt. , NR:
Bei jehr empfindlichen R., wie bei vielen Beil
floren, genügt fon ein Drud von wenigen Milli:
gramm, um eine Krümmung zu erzielen, bei an:
dern dagegen muß eine länger andauernde Berüh:
rung verbunden mit ftärferm Drud einwirken,
ehe jenes ungleihe Wachstum zweier gegenüber:
liegenden Seiten der R. eintritt. Die Urſache diefes
verſchiedenen Wachstums iſt nicht ficher bekannt,
jedenfalls aber werden Underungen in der Tur—
—8 der an ber berührten Seite liegenden Bel:
en durch den Reiz hervorgerufen und es dürfte
infolge deſſen wohl das ftärkere Wachstum der
gegenüberliegenden Partie eingeleitet werden.
Cine weitere wichtige Eigenſchaft der R. iſt ihre
Fähigkeit, Ion Nutationsbewegungen (ſ. Nuta:
tion) auszu — und ſo gewiſſermaßen in dem
Umtreis ihrer Bewegungen eine paſſende Stübe zu
ke Tritt eine ſolche hindernd für die Nutation
auf,
entitehende Krümmung kann dann leicht ein Um-
pilingen ber Stüße ermögliden. Bei einigen
Hanzen, die an Mauern, Wänden, diden Baum:
tämmen u. dgl. in die Höhe Hettern, wirb die Be-
eftigung der Ranken auf etwas andere Weife er:
reiht; bei derartigen Stüben würbe ein lim:
ſchlingen mittel3 Krümmungen nicht möglid) fein,
e3 kommt deshalb bei folhen Pflanzen, wie 3. B.
bei den Arten der Gattung Ampelopsis, infolge
bes Reizes zur Bildung —*8 Gewebe⸗
polſter an den Enden der einzelnen Ranlenzweige,
die ſich feit am die Unterlage andrüden. ——
tritt, wahrſcheinlich durch Ausſcheiden eines Sefrets,
eine Verlittung dieſer Polſter mit der Stutze ein
und es wird dadurch eine ebenfo wirlſame Be:
feftigung ber Metternden Stengel erreit. Da auch
in biejen Fällen außerdem noch in den zurüd:
liegenden Partien der N. meiſt fchraubenlinige
Krümmungen auftreten, jo wirb ebenfo wie bei
den andern Kletterpflanzen der Stengel an die
Stüße Derange ogen.
‚ Ganz ähn id wie die echten Ranken wirfen bei
einigen Kletterpflanzen die Blattftiele; doc kommt
in diefen Fällen nur ein Befeftigen mittels Krüm:
mungen iu Stande. Derartige Blattitiele befipen
3. B. viele Arten der Gattung Clematis; fie find
auf allen Seiten gleich reizbar, während die mei
ften R. nur auf einer Seite Reizbarkeit befigen.
ats N. — man im —A Leben
häufig auch die Ausläufer mander Pflanzen , wie
3. B. der Erdbeerſtöde, body haben derartige Dr:
gane mit den eigentlichen R. gar nichts zu thun.
Nauke (Leopold von), ver ide eichneiſte der
gegenwärtigen beutichen Geſchi Öreiber, geb.
21. Dez. 1795 zu Wiehe in Xhüringen, erhielt
eine Erziehung zu Donndorf und Schulpforta und
tubierte dann zu Leipzig, wo er, bejonders durch
G. Hermann angeregt, fich mit den Grunbfägen
ber neuern philol. Kritit vertraut machte und ein:
gehend mit den Werken bes Thucydides, Luthers
und Fichtes beidhäftigte. Für feine hiſtor. Studien
wählte er, außer Thucydides, namentlich Niebubr
und Savigny zu Vorbildern. Schon R.s erfte
Schriften, die « Geſchichten ber roman, und german.
Bölter von 1494 bis 1535» (Bd. 1, Berl. 1824;
3. Aufl, Lpz. 1885) und «Zur Kritik neuerer Ge:
ſchichtſchreiber (Berl. 1824; 3. Aufl, Lpz. 1885),
erregten ungewöhnliche Aufmerkiamteit und ver:
anlasten 1825 feine Berufung von Frankfurt a. D.,
wo er feit 1818 als Oberlehrer am Gymnafıum
wirkte, a einer außerord. Brofejiur der Geſchichte
an die Univerfität zu Berlin. Wie feine huge
Methode, fo kennzeichneten feine erjten Werte be:
reits auch den vornehmlichen Gegenitand feiner
—— Studien. Seine Hauptwerle jtel:
en vorzugsweiſe jene große Weltbewegung des
16. — dar, welche der mobernen Entwidelung
bis auf unfere Gegenwart die enticheidende Nic:
tung gegeben hat: den — Weltlampf
der german. und roman. Völker im Zeitalter der
Reformation. Seine Forſchung wie feine Dar:
ftellung it ohne jede Sympathie oder Antipathie
jr den Gegenjtand unternommen und ſtets auf das
eritändnis des Ganzen, bes —————
exichtet. Der von N. aufgeſtellte Grundſatz der
bifter. Methode, wonach aller Wert der Studien
in der Auffindung und Benutzung der echten Quellen
fo wird dadurd) ein Drud auf die R. erzeugt | befteht, alſo die umfafjende Sammlung, genaue
Ranke (Friedr. Heinr.)
Verglei enhafte Sichtung des ge-
famten —— in ſi ar liebt, bat zur Herans:
abe einer Menge wichtiger Quellen u zur Unter:
uchung und Feltitellung von eg eg aus allen
den der Geſchichte geführt. S
einer erften Arbeiten erfannte R. —ã& im ber⸗
liner Archiv, die große Wictigteit der Berichte,
u e die venet. Gejandten ihrem Nate ren
tet waren, und veröffentlichte, auf iefelben
oeftnpt bie «F Fürjten und —* zu Südeuropa i im
16. und17. Jahr.» (Bd. 1, Berl.1827: 4. erweiterte
Aufl, ich 1877, unter dem Titel «Die 35
— * 16. zer 17, H
einer — beſonders na
Venedig, Rom und — ——— er Die
== Revolution » n» (Ham. 1829; unter u see
und di te 19.
in in en — en (la
487
chmidt, Fer
ivffamteit für Hebung und
Dunder, — „A.
R
et en
' Förderung der Geſchichtswiſſenſchaft erhielt eine
—— Stutze, als König Marimilian von
Bayern zu Münden eine hütor. Rommiffion fti etc,
u deren Vorfipendem er ernannt ward. Die
tn «Jahrbücher des Deutichen Heiäs
unter den ſächſ. Kaifern» wurden wieder un
nommen und nunmehr au auf die fränkiſ
ftaufifchen ausgebehnt. eit 1834 war
Profeſſor an * Univerfität = eit 1841 Sifionier
graph des preuf. Staats; anı 22. 1865 wurbe
er vom König von Breuben in den erblichen
nd erhoben. Seine akadem. Ihätigfeit ſchloß er
Herbjt 1871 und widmete fich feitden einer u
Ausgabe feiner «Sämtlihen Werte» (48 3
1867 fg.; 2. Aug. 1873 fa.; 3. Au ——
Örung gege vor allem aber der Heraus eder«Me
1081; unter dem age Le “ © verein Se bein Hauptwerfe feines Lebens, von weld
», 295. 1878, — en undb«Bar: | 1885 6 Teile in 12 Bänden (1.3, U ah
ocfie» (Berl. 1873). | 1880— 85) —— Am 29. Sept. 1867 Tourde
—— — ———— R. zum pour le mörite er:
an ——— eine 2. s = nannt, am rn & oje ee feiner
fhrift» (1832—36) onmen. Zu — hr Akademie der Wiſſenſchaften
werte — * 5 übe Mi SE | bene Frktiiet ———
werle mit «Die te ihr dem Br ce am Y3 em
——— » (3 Bde., ?
1885), Wert, t
nur in zinda — |
a —— =
z 1871—74,
Bande er
d. Gr. zu entwideln Fucht.
wieher — ——
ichte, vor⸗
* tr dir, Stuttg.
Stuttg. 1 —
*
ichte im 16. und 17.
—* die «
16, — 3185967; 3.Aufl,, 9 Be,
In allen diejen Wert
Berl. u
— eifter in der geihichtlicen
Er felbft beabfichtigt nicht die Er—
5* n ee en — aterials,
Sesam mine zu 4
nchmlich im 16. un 5:
— 3.
4. Aufl, 6 Be,‘
Tage, an welchem er vor 60 Jahren an die Uni:
—*8 Berlin berufen worden, erteilte ihm Ber:
lin das Ehrenbürgerredt. Sein 9. 90. Geburtsta
(21. Des. —* * MR allgemeinfter Teil:
nahme g
Werke R.s find: «Zur beutichen. 2
ee Von Religionsfrieden bis zum Dreibigie
(2pz. 1868; 2, Aufl. 1874), «©
—— Epʒ. 1869; 4. Aufl. 1880 * =
des Siebenjährigen Krieges» (Lips. 1871),
J— und — Füritenbund, Deutſche
chichte von 1780 bis 1790» (2 Bbe., Lyʒ. 1872;
2. N Lpz. 1875), «Abhandlungen und erfucher
AI 872; 2. Auft., 2py. 1877), «Uriprung der
volutionäfriege 1791 und 1792» (2p;.
2. en, ‚Aus den Briefwechſ Sri
mit Bunfen» (2pz. 1878). Von der
Regierung wupe N. mit der ‚Herausgabe
der Memoiren Staatslanzlerd Fürften von
Hardenberg beauftragt. Das derſchien unter
dem Titel «Dentwürdigleiten des Staatslanzlers
Kürften von Hardenberg» (5 Bde. Lpz. 1876—77).
Noch veröffentlichte er: «Zur Seldihte von Hfter:
reich und Preußen zwijchen den lüfjen
tor Biogrnphiiöe —
«Hiftor.-biogra: en» (Kardinal Eonjalvi;
—— il o Strozzi und Gofimo, eriter
iedenäf
em wählt Rn ie prägnanten, entiheidenden Gro oA von Toscana; Don Carlos, Sohn
und Bann! a ente aus. Den Stoff | Kön K ilipps II. von Spanien; Lpz. 1877). Bon
weiß er eren, die Thatfachen J r wurden hera eben: «Leopold von
mit ihr: —3 83 — ee nbängen und Folgen | R — len aus feinen Werlen⸗ (Bert. 1885).
in fharfen ngen —— u jtellen, Seine ae Dear), nambafter deutſcher
it überaus Har und lebhaft. — Bruber des vorigen, ge 1797, war
—— —— und ſchließt er mit weittragenden all: vediger in Rüdersdorf tnberg, dann
en Betr: en. Meijterha —— an und gräflich Giechſcher Konſi itorialrat
er CE die Berfön en mit lebensvoller Friſche und 1 urn. Im J 1840 wurde er orb. Profeſſor
Anf —3 — Rs alademiſche Thätigleit, nur ogmatit zu Erlangen, 1841 Konfiftorialrat
zeitweilig durd) wienthaftt Neifen unterbrodhen, bei dem prot. re zu u — yre x 33
na
or. Abu
wat von Erfolge begleitet. Die von ihm
en rag den ——
unlkt der ae cin
Keil der —** —— — icht — ie
1842 ging er in *
von wo ſeine De erlonſiſtorialrat
nach München — ſtarb daſelbſt 4. Sept.
1876. Außer durch die — uber den
488 Nanle (Johs.) — Nanpau
Pentateuch · (Bb. 1u,2, Erlangen 1831—40) bat er | berg trägt, R. hat eine große Spinnerei und eine
ſich ** durch Predigten belannt gemacht, Landes rrenanſialt.
die ſich durch ag aeg Innigleit und Glaubens⸗ ‚Rann (flow. Brez&e), Stadt in Unteriteiermarf,
treue auszeichnen. Aus feinem Nachlaß erſchienen | die füblichite Stadt im Lande an der Save, Station
SOageapezunerungen» (Otußg, 1876), der Linie Steinbrüd:Sifjet der Öfterreichifchen Süd:
Karl Ferdinand R. ein dritter Bruber, geb, bahn, Gik einer —— und eines
26. Mai 1802, war zuerſt Kollaborator, dann Kon: Bezirlsgerichts, zäh t (1880) 996 E. gemifchter Na-
reltor, jpäter Direktor des Gymmafiums zu Qued: tionalität, die Sandwirticha t und Weinbau treiben.
linburg, lam 1837 in gleicher Eigenſchaft an das | R. hat ein bedeutendes Schloß des Grafen Attems
Gymnaſium nah Göttingen, Ditern 1842 als Di: | und ein Franzislanerlloſter.
reitor des Friedrich-Wilhelms Gymnaſiums nach Ranqueles, ein Stamm der Araucos (j. d.),
Berlin, Vorübergehend war er aud in Göttingen | öftlich von den Anden auf den Pampas am Salcado
Direltor eines pädagogiidhen Seminars und Pro: | und feinen guflüfen wohnend. Die R. find famt
[eier der alten Litteratur an der Univerfität, N. | den verwandten ncaes erit nach der Befi ung
tarb zu Berlin 30. März 1876. N, genob als Pa- de3 Landes durch die Spanier vom Welten ber in
dagog und Didaltifer eines bedeutenden Nufs und | diefe Gegenden eingewandert. ,
hat ſich durch mehrere pädogogiſche und philol. Ar: ansbach, Prarrdorf im preuß. Negierungs-
beiten befannt gemacht. } bezirt Wiesbaden, Kreis Unterwefte ‚ Amt
Friedrich Wilhelm R., ein vierter Bruder, Selters, am Nordfuhe ber ‚Montabaurer Höhe,
eb, 1804, war Regierungsrat in Breslau und bat | Station der Pinie C ngerö:Siersbahn der P Bi:
EG als Berwaltungsbeamter Verdienſte erworben, —* Staatsbahnen, zählt (1880) 1214 kath, G,, iſt
Seine Schriften: «Die Verirrungen der hrijt. Stunfts | $ ittelpunft des Kannenbäderlandes und hat ⸗
Bresl. 1855), der er aBerirrungen der hriftl. Welt» | fation von Thonfrügen und anderm «fob r
Lpz. 1857) folgen ließ, erregte grobes Auffehen. | Thongefchirr» und eine Schmirgelmüble,
Gr farb 17. ‚Juni 1871 auf feiner Beſihung Silber: Ranftädt (Nlaus von), f. Kla usNarr.
fee bei Teupiß. Ranzan, einederälteiten Familien ber jchlesw.:
Ernit R., ein fünfter Bruder, geb. 10, Sept.1814, boljtein. Ritterſchaft, die jeht noch in feh8 Pinien
war zuerit Prediger zu Buchau in Franten und | über Deutichland anemart und Holland verbreitet
wurde 1851 Profeſſor der Theologie, 1858 Kon: | und ohne weifel nad ihrem im = —
ſiſtorialrat in Marburg. Er bat ich dur Her: | (Wagrien) belegenen Stammgute, fei amens
benannt iſt. Nach einer geſchichtlich unbegründeten
Sage ſoll das Gefhleht von dem Stamme, der
Burggrafen zu Leisnig und Grafen von Groikjch
(j. d.) im Nönigreih Sachfen meint fein,
—— des Mittelalters nahm die Famille N, in
Schleswig-Holitein eine —— Stellung ein
und verpflanzte ſich ſeit der Thronbeſteigung des
oldenb. Hauſes auch nach Dänemark, -
Baltbajar von N. (geb, 1498, geſt. 1547),
feit 1536 prot. Biſchof von Yübed, wurde 1545 von
dem medlenb. Edelmanne Martin von Waldenfels
auf der Reiſe überfallen und entführt und ftarb in
der Gefangenschaft. Yon feinem Bruder Ka jet
von R. ftammt die Linie R.:Schmoel:Hoben-
felde, welche jet noch im zwei Zweigen in Dir
nemarf und Holland fortblüht,
——— von R. (geb. 1492, geſt. 1565), Herr
auf Breitenburg und Vothlamp in Holitein, wurde
Landrat und Landhofmeijter und wirkte eifrig mit
bei der Einführung der luth. Reformation in
Schleswig:Holitein. Er diente Köni —*— I.
und Chriſtian ILL. von Dänemark, ſowie
Adolf von Gottorp lange Jahre als Staatsmann
und Feldherr, zuleht noch (1559) als Feldmarjchall
bei der — Dithmarſchens.
Johanns Sohn, Heinrih von R. (geb, 1526,
eit. 1598), Herr auf Breitenburg, Nankau u. f, w.,
tte in Wittenberg ftudiert und wurde, nachbem er
ih am Hofe Staifer Karls V. — ausgebildet,
Anıtmann von Segeberg und Statthalter im fönigl,
dän, Anteil von Schleswig:Holitein, Durch ftaats-
männifche Gefabrua und ( ne amleit, ſowie durch
Sorge für Kunſt, Induſtrie un fen] —
er ſich berühmt. Auch verfaßte er eine lat. ichte
des Dithmarſcherlriegs von 1559 (unter dem Pfeu-
donym Gilicius) und eine Veichreibung der Cint
briſchen Halbinfel, i
Der Entel von Heinrichs älteftem Sohn, Dtto
von N., Herr auf Asdal, erbielt durd König
ausgabe wichtiger Fragmente der «ltala», durd) lat.
Gedichte, ganz bejonders aber durch feine kritiich:
liturgiihen Werte befannt gemacht, Hierher ge:
bören «Das Firdjliche Beritopenfyftem» (Bert. 1847),
sstritiihe Zufammenftellung der neuen Berifopen-
treije» (Berl. 1850), «Der Fortbeſtand des herfömm:
lihen Perikopenlreiſes⸗ (Botha 1859), Bum 600,
Jahrestage der Einweihung der Glijabethentirche
zu Marburg gab er heraus «Chorgefänge zum Preis
er beil, Eliſabeth aus mittelalterlichen Antipho⸗
narien» (2 Hefte, Lpz. 1883—84),
Nanfe (obe.), Phyfiolog und Anthropolog,
Sohn von Friedrich Heinrich R., geb. 23. ug. 1836
zu —— ſtudierte in Munchen Berlin und Paris,
habilitierte ſich 1861 in Münden für Phyſiologie
und wurde 1869 Profeſſor der Anthropologie
dafelbit. Seine Hauptwerte find: « Tetanus» Epʒ.
1865; Bb. 2, 1871), «Grundzüge der hpfiologte»
(2p3. 1868; 4. Aufl. 1881), «Die Vebensbedingungen
der Nerven» (Ip. 1868), « Die Genahrung des
Menichen» (Münd. 1876), «Das Blut» (Münd.
1878), «Beiträge zur phnlilden Anthropologie der
Bayern» (Münd. 1883). Much ift N. Nedacteur
des «Archiv für Anthropologies, der «Beiträge zur
Anthropologie und Urgefchichte Bayerns» und als
Generaljetretär der Deutichen Antbropologifchen
Geſellſchaft des «Correipondenzblattes» der lehlern.
anfenfüher, |. ———— Zu ihnen ge⸗
hört die gemeine Entenmufchel (Lepas anatifera ;
Zafel: Kruftentiere, Sig. 8), von der nıan im
Mittelalter glaubte, ſie wüchle au treibendem
do löſe fich los und würbe zu einer Bernideigans.
anfforn, j. Milzbrand,
‚ Ranktweil, Dorf in Öfterreich, im u Feld⸗
irch in Vorarlberg, an der rechtsjeitigen ehne des
Nbeinthals, Station der Linie Vludenz:Lindau der
gtereihlien Staatsbahnen, zählt (1880) 2686 6.
Die Häufer ftehen im Halbfreis um den Frauen.
berg, ber dieberühmtefte Wallfahrt3firhe in Vorarl.
Ranula — Ranunfulaceen
Chriftian V. 1671 den Rang eines bän. Lehnsgrafen,
der fpäter auf die er feines Bruders
anz überging. Für diefe daniſch-lehnsgräf—
iche Linie wurde 10. Sept. 1756 das Fideicommiß
Rojenwald im Amte Veile (Kütland) errichtet, wozu
noch 1828 Stovgaarde auf Fünen binzulam.
Des * ters Heinrich vierter Sohn, Ger:
hard von ®R. (geb. 1558, geſt. 1627), folgte dem
Vater auch in der Statthalterfchaft bes königl. bän.
Anteils von Schleswig :Holitein. Defien Sohn,
Chrijtian von R., ftiftete die reihsummittel-
bare Reichs ee e in der Reichsgrafſchaft
Ranpau, welche ſchon 1734 exloſch.
Ein Entel von des Statthalters Heinrich jüngerm
Bruder Baul war Joſias von N, (neb. 1609,
aeft. 1650), Erbherr auf Bothlamp, der während des
Dreißigjährigen Kriegs abwechſelnd unter ſchwed.
und kaiſerl. feit 1635 aber unter franz. Fahne
diente und wegen feiner Tapferkeit berühmt war. Gr
trug 60 Wunden davon, verlor ein Auge, ein Ohr,
einen Arm und ein Bein. In der Schlacht bei Tutt-
lingen 23, Nov, 1643 ward er von den Kaiferlichen
gefangen aber bald wieder auggelöft und 1645 zum
Marſchall von Frankreich erhoben. Gr ſtarb kinder:
los als Gouverneur von Dumkirchen.
ı Ein Better des Statthalter Heinrih war Da:
niel von N, (geb. 1529, geit. 1569), Herr auf
Nienhof und Ahrensburg in Holitein, welcher im
Heere Kaiſer Karla V. diente, Nach Holftein zurüd:
gelehrt, trat er in den Dienft des Herzogs Adolf
von Gottorp und wirkte 1559 bei der Unterjodhung
Dithmarſchens mit. Als der fog. Siebenjährige
pn (1563— 70) zwiſchen Dänemark und Schweden
ausbrach, wurde er Feldhauptmann des dän. Kö:
nigs Friedrich IL Seine dentwürbigfte That war
der Sieg auf der ——— eide bei der
Sparterau in Halland, wo er 18, Oft. 1565 ein
weit überlegenes ſchwed. Heer ſchlug. Er fiel bei der
Belagerung vor Warberg in Halland.
Bon feinem Bruder Anton von ®. ftammt bie
fog. Gottſchalkſche Linie, weldhe im 18. Jahrh.
nach Medienburg überfiedelte und in die dortige
Ritterſchaft recipiert wurde. Die Mitglieder wer:
den nad einem Gute dafelbjt als Herren von R.
aus dem Haus Neeſe (dagegen in Schleswig:
Holflein als N. aus dem Haus Panter) bezeichnet
und haben fid auch eg Preußen ausgebreitet. —
Eine andere Linie, die Herren von R.:Segalen:
dorf, befindet ſich teils im württemb., teils im
medlenb. Staat3dienft.
n rg Holſtein blühen noch zwei gräfl.
Linien. Die ältere ftammt von Chriſtian von R.
(geb. 1683, gel 1729), der 18. März 1727 zugleich
mit feinen Brüdern Hans und Detlev dur ya
Karl VI. in don deutichen Neichagrafenitand erho—
ben wurde. Bemerkenswert ift der Sohn von Hans,
Schad Karl zu R.:Ajcheberg (geb. 1717, geit.
1792), tönigl. dän. General, melde erit 1770 mit
Struenjee zum Sturz des Grafen Bernftorff wirkte,
dann aber 1772 Struenfee ftürzen ch Er war
darauf kurze Zeit Kriegäminiiter, verlieh dann Dä:
nemarf und ftarb kinderlos in Avignon. Bon den
Bamiliengütern ward Oppendorf zum — ———
erhoben, wonach man die Linie jeht als R.-Oppen:
borf bezeichnet. Diefelbe zerfällt in zwei Zweige.
Haupt des ältern Zweigs N
zu Dppendorf, geb. 1. Aug. 1871, Haupt des jün:
gern Zweigs Graf Emil, Herr _auf Raitorff, geb.
t Graf Heinrich, Herr |
489
—— iſt Graf Kuno, geb. 10. März 1843, Geh.
gationdrat und vortragender Nat im Aus:
wärtigen Amte bes Deutfchen Reichs, vermählt feit
6. Nov. 1878 mit Maria, der Tochter des Fürjten
Dito von Bismard.
Die jüngere Linie ftammt von Detlev von R.
(geb. 1659, geft. 1745), der 18. März 1728 in den
eihsgrafenitand erhoben wurde, Dieſelbe wird
nad) ihrem Hauptgute nunmehr R.»Breitenburg
genannt. Jetziges Haupt biefer Linie ift Graf
Kuno, geb. 8. Dez. 1852. Bol, Karl von Nankau,
»TDas HausR. Eine Familienchronif» u 1865).
Ranula, 1. Sröf leingeſchwulſt.
Ranumfel oder Hahnen Pi h (Ranunculus Z.),
die typiſche Gattung der Familie der Ranunkula:
ceen. Sie umfaßt ausdauernde, felten einjährige,
mehr oder weniger ſcharfſaftige, ſelbſt giftige Kraͤu⸗
ter. Im allgemeinen iſt fie durch einen drei: bis
fünfblätterigen Kelch, eine fünf: bis mehrblätterige
Blumenfrone mit * am Grunde der
Blälter, zahlreiche auf dem Blütenboden ſtehende
Staubgefähe, viele einfächerige, kopfförmig ge:
äufte ruchtinoten und auf einem fegelförmigen
ruchtboden ftehende Schließfrüchtchen gelennzeich
net. Je nad) dem Standorte wechſeln die Formen
biefer artenreichen —** in auffallender Weiſe.
Die alpinen Arten find holzig, verlürzt und haben
oft ein einfaches Blatt (R. glacialis u. a.), bie der
Wälder und Wieſen (R, aconitifolius u, a.) zahl:
reichere, kräftiger entwidelte Blätter, welche bald
einfach, bald in der verichiedeniten Weiſe geipal-
ten, ſehr oft handförmig geteilt, bisweilen drei-
zählig und boppelt breigäblig, find; die der in
Sünmpfen wachſenden Arten (R. Flammula u, a.)
find meiſtens fehr Kamel oft linienförmig, und bei
den in ftehendem oder fließendem Waller vorlont:
menden (R. aquatilis, fluitans u. a.) in bloße Rip:
pen aufgelöft, während nur die ſchwimmenden
Blätter es > einer Spreite —— Einige gefüllt
blühende Spielarten werden als Zierpflanzen in
den Gärten unterhalten, z. ®. von R. repens Z.,
dem Kriechhahnenfuß, und R. acris L., bem
Scorfbahnenfuß, wegen ber art und der gold:
gelben Farbe der Blumen gewöhnlich Goldknöpf—
hen genannt, während jener R. aconitifolius Z.
mit gefüllten Blumen den Namen Silberfnöpfchen
führt. Blumiftifch bedeutender ift R, asiaticus Z.,
der Gartenranuntel, welcher, feit länger als 300
Jahren in Kultur, in unzählige halb oder ganı
efüllte en ——*9 iſt; lehtere
len en, abgefehen von Weiß, alle möglichen
Nuancen von Gelb, Rot, Braun bis Schwarz.
Auch gibt es in verfchiedener Weife geftreifte, ge:
flammte und marmorierte Blumen, Cine Form
de3 Nanunfels, welde aus Afrika ſtammen foll,
der fog. türfiiche Ranunfel, unterſcheidet fih vom
Gartenranuntel durch kräftiger entwidelte Blätter
und Stengel und mehr halbkugelig gebaute Blu-
men. Der Wurzelitod des Blumiften:Ranuntels
iſt aus kurzen, deiichigen. gebüjchelten Anöllden
(Klauen) zufammengefebt, oben mit einer Gruppe
filsiger, Schuppiger Augen, aus denen die Blätter
und Stengel nd entwideln. Man pflanzt den Ra:
nunfel durch Xeilung dieſes Wurzelftod3 F
Aus Samen, den man von einfachen oder höchſtens
halb gefüllten Blumen gewinnt, blüht der R. erſt
im dritten Jahre.
Ranunkulacken (Ranunculacéae), Pflanzen—
12. Juli 1827. Ein Bruder des Vaters des Grafen familie aus der Gruppe der Dilotyledonen. Man
4%
lennt gegen 1000 Arten, die über bie ganze Erbe
verftreut vorlommen. 63 find größtenteils Frauts
artige, feltener ſtraucharti Er Gewächſe, einige ber
(ehtern baben kletternde Stengel.
Blätter ift bei den einzelnen Gattungen jehr ver:
ſchieden; die Blüten find zwitterig und meift regel:
* gebaut, fie beſtehen aus einem drei⸗ oder
nie rblätterigen, nn fünfzähligen Kelch,
einer mit dem Ste ch 9 hligen Blumentrone,
zahlreichen ng —** Staubgefäßen
und mehrern een den Frudtinoten, aus denen
fi) fpäter einfamige Achenen ng Diele R.
werden teils als offizinelle Pflanzen, teils als Bier:
gemädfe —*
emals reichsunmittelbare Grafſchaft
in m gehörte bis 1641 zu Pinneberg und
lam bis 1726 an Dänemarf,
Ranz des vaches (fr;.), ſ. Rubreiben.
en (Baarung ber aubtiere), f.u.Brunft.
we 5 g nennt man Öle oder Yette, die durch
langes Aufbewahren und Luftzutritt ihren milden
und fühen Geihmad und Gerud verloren und
einen ſcha 7 uͤnangenehmen Geruch und einen
widrigen Geihmad angenommen haben. Das
Ranzigwerden iſt eine Folge einer eingetretenen
Zerfegung, durch welche aus den fetten freie, durch
unangenehmen Geſchmack und Geruch dharalteri:
fierte Fettjäuren abgefpalten werden. Um dieſe
Säuren zu neutralifieren und z. B. ranzig gewor:
dene Butter wieder > enießbar zu machen, fann man
da3 Fett oder die Butter mit verbünnter Yöfung
von Soda * beſſer noch von doppelttohlenfaurem
Natron waſchen.
Ranzion Li bie das Löſ — durch wel⸗
ei Kriegsgefangene chemals losge tauft werden
mußten. Der Sieger beftimmte die Höhe desſel⸗
ben; doc wurde in jpätern Zeiten dur ondere
Kartellverträge wiſchen friegrührenden —* *
N. für die ve —— Grade feſtgeſett
zwiſchen Oſterreich und Schweden im —
rigen Kriege 1642: für einen fommandierenden
General 30000 Thlr., einen Dberjten 1000, Nitt:
meiſter 200, Kapitän 150, Reiter 6, Mustetier 4,
Martetender > Thlr. Noch) 1780 ſchioſ en Franl:
reich und England einen eigenen dem nad) dem für ben
Gemeinen ae St. und na ange jteigen:
der Betrag zu zablen war. Seit it dent franz. Revo:
Iutionstriegen werben Gefangene nur gegen Ge:
— nen. Briganten und Kaper laſſen
ich no en
Naon V’Etape, franz. Städten im Depart.
Bogefen, an der Su che: Station der Linie Lund:
ville:St.:Die der ehe mit (1881) 3962 €,,
welche vorzugsweiſe in Eifengießereien, Töpfereien,
Strohhut : und Strumpfwarenfabrilen, jowie im
Holz: und eg erwerbt ätig find, wurde
geſ — t im Deutid: —— —
Kriege durch das Gefecht 5. Olt. 1870, in welchem
die von Francs⸗Tireurs beſeßte Stadt nad) beftigem
Kampfe von bad, Truppen unter Generalmajor von
Degenfeld genommenmwurde. Die Franzofen erlitten
* —— ſtarle, die Deutſchen geringe Verluſte.
Dupal (Edgar), franz. Polititer, geb.
9. April 1832 in Yaon (Depart. Aisne) begann
früh feine jurift. Laufbahn und war nadeinander
Staatsamwaltsvertreter in Nantes, Generaladvo:
fat in Angers, Vordeaur und Rouen. Nach ber
Revolution vom 4. Sept. 1870 nahm er feine Ent:
Die Form der | Wa
Nanzau — Rapel
Niederfeine in die Nationalverfammlung gewählt,
wo er ald gemäßigter Jmperialift der monarchiſchen
Maiorität —2 Im J. 1876 wurde er vom
hlbezirl von Lonviers Eure) in die
Deputiertenfammer ; bei den von
1877 erhielt er lein
— Nochette (Deſire Raoul, genannt),
ku —*— geb, 9. März 1790
7 — —— 1811 ae er der Ge:
(dich e am la Lyceum in Ba Guizots
— ei * —
eſchichte an der pariſer
lademie der — itredacteur des
—— des savants», er Rechten des An:
tifen: und Mepaillentabinetts an der fönigl. Biblio:
thel, fowie 1826 Profeſſor der ——
ſelben Anſtalt und 1839 beftändiger Sefretär der
Atademie der jhönen —— Er Fe zu —
Juli 1854. ſchrieb;
l'ẽtablissement des —— ne. ( She
Ze. —— inedits d’ uites
figur&es grecques, &trusques —
Bar. 182830), «Antiquites
phore cimmerien » — de
tiques inedites» (Par.
giques sur la peinture y- — (Bar. 1840),
«M&moires d’arch6ologie comparde asiatique,
grecque et ötrusque» iS 1, Par. 1848).
Napa, yufel, ſ. Oparo.
Napa, * lz gefättigte Waſſer des
Salzjees Elton (
es ap ), Haubwögel — (lat.),
Raubtiere
Rapacki (Bincenz), poln, S
Da er —
ule in aus
ic) bald auf den poln. Bühnen gro a
auptrollen find: Jago, «
Kafımir in dem Drama «DMazeppa» u.
feines Schaufpiels ic Stwosz» —5
++ * * —— ) in der
o (mittella um
ital. Provinz Genua, 2 — - —
Riviera di Lvanle des & f8 von Genua
der oberital. Bahnlinie Piia-Genua, Kahle (8
5372, ala Gemeinde 10142 €, und hat einen
Spikentlöppelei und Handel mit ——
Sintergrunde de * Diebe (an ——
eine Fahr in ie zu den ———
gehoͤrt, iſt ein altes K Die Stadt und
mgegend feiert 1. bis 3. Juli in
Madonna — — ein *
Napallo Miccolo, Marcheſe di), 1825,
diente mit Auszeichnung in en
u fügelabjutant des ——
en 10. r. 1855 erfolgtem Tode Groß:
Bee der Witwe des Herzogs t
rinzeſſin Glifabeth von en mit
ihm 1856 in morganatijcher
309 ſich jeitdem gänzlich vom Hofe zurüd und ftarb
. v. Kr u Turin
3* * ——————
0 appee,
aus Karotten und aeisien St ttern; die ——
Sorten ſind: echter in
facon, Marino, Maroklo, Pariſer und olar
beige in Bid, feinem nörbL. Dudların Gabe
‚ mi jenem n arm a .
Santiapo
laflung und wurde Juli 1871 vom Depart. der ! poal Grenzfluß zwiſchen den Provinzen
— —
Raphael — Rapp
491
und Colchagua der fübamerit. Republit Chile, mün: | Rapoport (Salomo Yehuba), ausgezeichneter
m. — ee —— ee os h
aphae ara), Pſeudonym der dän, rift⸗
ſtellerin Mathilde Fibiger (f. 35
Raphael Santi, |. Rafael, [1f. d.).
Raphania, früherer Name der Kriebeltrantheit
Raphänus, Pflanzengattung, ſ. Rettid).
Naphe oder Naht nennt man in der Botanit
diejenige Partie der Samentnofpe oder aud) des
daraus hervorgegangenen Samens, an welder
der Nabelitrang (funiculus) mit dem Anofpentern
oder Eilern verwachſen ift. Am ausgebildeten Sa:
nen tritt Die R. bei vielen Pflanzen gewöhnlich als
deutlich begrenzte und heller gefärbte Linie hervor.
Naphelenugh oder NRapheling (Franz), be:
tannt al3 Gelehrter und Buchdruder, war zu Lano
unweit Riſſel 27. Febr. 1539 geboren, bildete fi
in Nürnberg zum gen aus, ging aber dann,
um die griech. und hebr. Sprache gründlich zu er:
lernen, nach Paris und brachte es bald darin fo
weit, daß er das Griechiſche in Cambridge öffentlich
lehren fonnte. Nach kurzer Zeit in die Niederlande
zurüdgelehrt, heiratete er 1565 Wargarete Plans
tin, die älteſte Tochter des berühmten Buchdruckers
Chriſtoph Plantin (f. d.) in Antwerpen, wodurch
er der Buchdruderkunſt zugeführt wurde, Die
große Korrektheit der Plantiniſchen Drude ift zum
großen Teil fein Berbienft; a an gilt Died auch
von dem Hauptwerle jener Druderei, der «Biblia
polyglotta» (8 Bde, 1559 — 72). Im %. 1585
übernahm R. Plantins Offizin in Peiden, die unter
feiner Zeitung auf das beite gedieh. Aus ihren
Preſſen ging auch 1595 eine reichhaltige Probe fei-
ner arab. Typen hervor. Gr erhielt ſpäter die
Profeſſur der _hebr. und arab. Sprache an der lei:
dener Univerfität und ftarb 20. Juli 1597. Er
veröffentlichte unter anderm «Variae lectiones et
emendationes in Chaldaicam bibliorum para-
phrasin», eine bebr. Grammatik, ein chald. und
ein arab. Wörterbuh. Seine beiden Söhne,
Franz und Juſtus N., zeichneten fid gleichfalls
al3 Kenner der alten Sprachen aus und führten
gr bie Druderei eine Zeit lang fort.
Raphoe, uriprünglihd Rathbol, Stadt und
Sit eines lath. Biſchofs in der Grafihaft Donegal
der iriſchen Brovinz Ulfter, 10 km im WNW. vom
Hauptort Lifford, hat (1831) 1021 E., eine Kathe—
drale und ein Waiſenhaus.
en (Mario), ital. Dichter, geb. 1843 zu
Eatania, it Profeſſor Ra an der Uni:
verfität da elbſt und hat fid) befonders durch philo:
fophifch:reflettierende Dichtungen, wie «La Palin-
genesi» (Flor. 1868) und «Il Lucifero» (Flor. 1877)
befannt 8* Außerdem veröffentlichte er ein
Drama in en: «Manfredi», eine Gedichtſamm⸗
fung: «Ricordanze» (lor. 1872; 3. Aufl. 1881),
Tiberfeßungen des Gatull und Lucrez tt. a. m.
Rapolano, Babeort in ber ital. Provinz Siena,
auf einem Travertinhügel, Station der Bahn Em:
poli:Chiufi, hat (1881) 2488 (Gemeinde 4202) E.
und ſechs Schwefelthermen (39° C.).
olla (mittellat. Rapulla), Stadt in ber
ital. Provinz Potenza ee Bezirk Melfi,
am norböftl. Abhang des Monte-Bulture, in ro:
mantifcjer Gegend. hat (1881) 3299 6. Bie 1258
erbaute Kathedrale des Bistums Melfi:R, wurde
1694 durd) Erdbeben bis auf das Hauptportal
der Façade zerjtört. tlıöra,
apontifa oder gelbe Rapunzel, f. Oeno-
israel. Gelehrter, geb. 17. Mai 1790 zu Lemberg,
veröffentlichte feit 1820 eine Reihe forgfältig gear:
beiteter Biographien berühmter jüd. Schriftiteller,
fowie Abhandlungen über Partien der jüd. Litte:
raturgejdicdhte, auerft in dem Jahrbuch «Bikkure
ha-ittim» («Gritlinge», 12 Bde., Wien 1820— 81),
dann in ber Zeitihrift «Kerem chemed» («Luft:
garten, 7 Bde., Wien und Prag 1833—47). Bon
einer «Talmudiſch- rabbiniihen Encyllopädie »
(«Erech-Millin») ift nur der erfte Band (Prag
1852) veröffentlicht. Im J. 1837 wurde R. Kreis:
rabbiner in Tarnopol, 1840 Rabbiner in. Prag
und jtarb dafelbjt 16. Dt. 1867. Bgl. Aurländer,
Salomo Jehuda RN. Studie» (Peft 1868).
Rapp (Georg), Stifter der Harmoniten, geb.
im Württembergiihen 1770, wollte eine nad) dem
Borbild der apoſtoliſchen Kirche organifierte lirch—
liche und bürgerliche Gemeindeverfaflung mit @üter:
—— Apoſtelgeſch. 4, 52) herſtellen. Vom
taat in feinem Treiben gehindert, zog er mit ſei⸗
nen Anhängern 1803 nad) Amerifa und gründete
ier 1804 in Butler County bei Bittsburg bie Ko:
onie Harmonie. Er erreichte mit feinen Genoſſen
bald einen bedeutenden Wohlftand, 309 1815 nad)
Indiana und kaufte dort am Wabalh einen Land:
rih von 27000 Adern. Im 5. 1824 verlaufte
er das Beſißtum an den fhott. Sozialiften Robert
Dwen und ließ fih dann in Beaver County in
Venniylvanien, amı redhten Ufer des Ohio, etwa
30 km norbweitlih von Pittöburg nieder, wo er
die Stadt Economy anleate. Im J. 1831 erlitten
die Harmoniten einen bedeutenden Berluft durd)
den Seltierer Bernhard Müller, der fi eine Zeit
lang in Offenbad a. M, aufhielt, Proli nannte
und eine geiſtliche Weltmonarchie verkündete, dann
aber nad Amerika fi begab. Hier trat er unter
dem Namen Graf Marimilian von Leon auf, lieh
IK in Bittöburg nieder, erllärte ſich für den Ge:
bten des Herrn und für berufen, die Welt zu
richten und durch die Gründung der Neu:
eruſalems⸗Geſellſchaft das —— Reich
zuſtellen. Er ſchloß ih an R. an, und dieſer
nahm ihn al3 Propheten in feine Geſellſchaft auf.
Bald aber verlieh Proli mit 300 Anhängern die
Gefellichaft wieder und gründete das Neue Jeru—
falem in Philippsburg. Er vergeubete jedoch das
Gemeindegeld leichtſinnig, trennte ſich 1833 von fei-
nen Anhängern, ging nad) Natchitoches in Arkanfas
und ertrant fpäter im Miſſouri. R., beflen Kolonie
ſich erhielt, ftarb 7. Aug. 1847. Sein Nachfolger
wurde ber Kaufmann Beder. (S. Economy.) Bgl.
Wagner, «Geſchichte der Harmoniten» (Baihingen
1833); Bonnhorit, «Der Abenteurer Proli» (Frantj.
1834); Norbboff, «The communistic societies of
the United States» (Pond. 1874).
Napp (Jean, Graf), franz. General, geb.
26. April 1772 zu Colmar, trat 1788 in ein franz.
Kavallerieregiment, wohnte den Revolutionsfriegen
bei, wurde Offer und 1796 in Italien Adjutant
Defair', der ihn auch 1798 mit nad) Agypten nahm,
wo er bis zum Oberſten ftieg. dr der Schlacht bei
Marengo 14. Juni 1800 nahm ihn Bonaparte unter
feine Adjutanten. Im %. 1802 vermittelte er in
der Schweiz die — Frankreichs. Nach
Errichtung des Kaiſerthrons wurde R. Brigade:
general, begleitete 1805 den Kaiſer auf dem Feld⸗
duge nad) Öjterreih und —— In bei Aufterlig
ucch einen kühnen Kavallericangriff auf die ruſſ.
492
Garde zu Pferd aus, worauf er zum Diviſions⸗
general erhoben wurde. Im Feldzuge von 1806
war er bei Jena im Stabe Napoleons und *
ligte danach bei —— der Preußen die Bor:
but Murats, und im poln, Thjuge eine Dragoner:
divifion unter Davouft. Bei Golymin verwundet,
wurde er von Napoleon zum Gouverneur von
Thorn und dann zum Gouverneur von Danzig er:
nannt, In diefer fehwierigen Stellung erwarb er
fich durch feine Biederkeit allgemeine Achtung. Im
Feldzuge von 1809 kämpfte er in der Schlacht bei
Aspern, Als Stapk (f. d.) 13. Dft. Napoleon bei
einer Heerfhau zu Schönbrunn ermorden wollte,
war es R. der das auffallende Betragen des Sun
ling3 zuerit bemerkte und denſelben verbaften lieb.
R. wurde bierauf in ben Orafenftand erhoben.
Dog ver der Schlacht bei Wagram wurde R. durd)
miturz feines Wagens gefährlich verlegt, fo:
daf er —— zurüdfehren mußte. Im 3.1810
begab er ſich nad Danzig, um dort die ftrengite
Ausführung des Kontinentalſyſtems an der Ditiee:
tüfte zu überwachen. Im ruf. Feldzuge fämpfte R.
tapfer bei Smolenst und erhielt an der Moskwa
die 23. Wunde. Von Wilna ſchidte ihn Napoleon
nad Danzig voraus, wo er die flüchtigen Heeres:
trümmter ——— ſollte; bald wurde er jedoch von
den Ruſſen und Preußen eingeichlofien. Er ver:
teidigte ſich auf das 5 — ein ganzes Jahr
hindurch und übergab die Stadt im an. 1814
unter ber Bedingung des freien Abzugs nach Frank—
reih. Die Verbündeten verwarfen indes den Ber:
trag und fchidten ihm als Kriegsgefangenen nad)
Kiew. Nach der eriten Rejtauration durfte R. im
Juli 1814 nach Frankreich zurüdtebren, wo er fi
den Bourbons unterwarf. Bei der Nachricht von
x Landung Napoleons erbielt er von Zub:
wig XVII. den Befehl über das 1. Armeelorps;
er trat jedoch zum Kaifer über, ber ihm das Kom—
mando der Nheinarmee gab. Bon den Öfterreichern
gedrängt, mußte er fih auf Straßburg zurüd:
ziehen, wo er einen Waffenftillitand abſchloß. Lud:
wig AVIIL, dem er fi wieder unterwarf, lieh
ihm das Kommando nach ber zweiten Neftauration
bis zur Auflöfung des Heeres. Dann begab er fi
a fein Gut Wildenftein im Kanton Aargau,
Erſt 1817 kehrte er nah Frankreich zurüd und
wurde wieder in die Armee aufgenommen. Gr
behielt die Pairswürde, die ibm Napoleon wäh:
rend Det Tage erteilt hatte; außerdem er:
nannte ihn der König 1818 zum ———
N. ſtarb 8. Nov. 1821 auf feinem Landgut Rhein—
weiler bei Lörrad) in Baden. Außer einer Beſchrei—
bung der Belagerung von Danzig hinterließ er «de-
moires» (Par. 1823; deutih, Gotha 1824). Sn
Colmar wurde ihm 1853 ein Denkmal errichtet.
Nappahannod, Fluß im nördl. Virginien in
den Vereinigten Staaten von Amerila, entitebt
durch die Vereinigung des Nord⸗Forl und anderer
Heiner Gewäſſer in Culpepper County im genann:
ten Staate und fällt nad) einem etwas über 200 kın
Langen Laufe in ſüdl. Richtung, fi zu einer etwa
90 km langen Bucht erweiternd, in die Chefapeate:
Bucht. Sein Hauptnebenfluß iſt der 135 km lange
Napidan, der fih an ber Enge von Gul:
vepper County in ihm ergieht, Die bebeutenbfte
Stadt am R. ift Frederidsburg, wo der Fluß an: | R
fängt — werben, Während des amerik.
Bürgerkriegs bildete der R. häufig die Scheidelinie
zwiſchen den beiden feindlichen Heeren und erlangte
Nappabannod — Rappier
eine große ftrategifche Wichtigfeit. Namentlich war
das in dem Feldzuge von 1862, 18683 und 1864 ber
Fall, wo ihn die Bundestruppen bei Frederidsburg
überfchritten und empfindliche Niederlagen 13. Dez. °
1862 bei Frederidsburg, 2. Mai 1863 bei Chan:
celloräville, 5. Mai 1864 in der Wilderneß erlitten,
Nappee, Schnupftabat, |. Rapé. -
‚ Rappen (in_der franz. Schweiz Gentime,
in Kanton Teffin Centefimo genannt), eine
Heine fchweizer Bronzemünze, den 100. Teil
Frankens vorftellend und alfo dem franz. Gen:
time gleih. Man prägt in gleiher Art auch
Stüde zu 2 R., ferner aus einer aus Silber,
Kupfer, Zint und Nidel beftehenden Mifchun
(Billon genannt) Scheidemünzen zu 5, 10 um
2 R. +3 m früher war der R. eine Rechnungẽ⸗
und — mehrerer ſchweiz. Kantone und
ſtellte den 100. Zeil des ältern ſchweiz. Franlens
vor, welcher lehßtere burchichnittli 11’ nm
preuß. wert war, Die erften R. wurden
15. Jahrh. in Freiburg gemünzt und erhielten ihren
Namen von dem aufgeprägten Nabentopfe. _ _
Nappenan, Pfarrdorf im bad. Kreije Heide‘
berg, Amt Sinsheim, Station der Linie Nedar-
ahnen, hat (1880) 1449 evang. E., ein Schloß der
Herrſchaft von Gemmingen, eine Mafchin abrit,
eine Liqueurfabrit und eine Saline (wohin Zweig:
bahn) mit bis 210 m tiefen Bohrlödern und dem
Solbad Sopbienbad.
Nap erichtop! oder Rapperswil, altes
malerifches Städtchen, Hauptort des — im
ſchweiz. Kanton St. Gallen, liegt 412 m über dem
Deere, 26 km füdöjtlich von Zürich auf einer Land:
unge am —* Ufer des obern Züricherſees, be-
Hit eine alte, ur in welcher ſich gegen ein
olnijches hiſtor. Muſeum befindet, ein f t:
— ein Kapuzinerkloſter, eine reihe Pfarr: und
eine prot. Kirche, ein Proghmnaſium, —
briken (Baummollfpinnerei ıc.), Gafthöfe t
und zählt (1880) 2637 E., worunter 924 Proteſtan⸗
ten, Der wohlhabende gewerbfleißige Ort iſt ein
belebter Safenplab, Station der Dampferlinie
Zürich: Horgen:R. und der Bahnlinie Züri en:
ur, welde fih bier durch die Zweigbahn R.-
Pfaffiton an die linlsuferige Zürichjeebahn an-
ſchließt. Der Seedanım, über welchen diefe Zweig-
linie rührt, 1876— 78 an Stelle einer alten
1358 erbauten Geebrüde errichtet, ift 1005 m
lang und beftehbt aus einem gemauerten Damme
mit eilernen ——— auf 26 Pfeilern und
einer eiſernen Drehbrücke. R. wurde zu Anfang
des 12. Jahrh. von den Grafen von R.
deren Stammburg Alt:R. dem jekigen gegen
über auf dem linten Ufer des Sees lag, fam
an —— von deſſen Herrſchaft es fih 1458
freimachte, bildete von da an mit feinem Gebiet
unter dem Schuß der Eidgenoſſenſchaft ein jelb-
jtändiges Gemeinwefen, bis es 1798 an den Slan-
ton Linth der Helvetiichen Republik fiel und 1803
dem neugeichafienen Kanton St, Gallen einverleibt
wurde. Bol. Nidenmann, «Gedichte der Stabt
N.» (2. Aufl., Rapperſchwyl 1879).
Rappert, in Oſterreich übliche Benennu
die Lafette der Schiffegefhüge, Man unterf
ad: und Sclittenrapperte. ,
Rappier (im, rapitre) beißt der für ben Fecht⸗
boden und die Menſur beftimmte Degen zum Gto-
ben besichbunpsweile Hauen als eriterer Stoß:
Rappitz — Rafant
rappier oder Florett, als ———— Hieber
oder Schläger genannt. Das Haurappier hat eine
breitere und ftärtere Klinge als das Stobrappier
und ift auch im Gefäß abweichend, infofern een
ftatt des Stichblatts eine halbkugelförmige Glode
zum Schuhe der Hand befigt.
Rappitz, Dorf bei Buſchtiehrad (f. d.), ;
Rappol n, auh Hohen:Rappoltitein
genannt, ein 450 m hohes, jeht in Trümmern lie:
endes ſchloß am Eingange eines anmutigen
ogeſenthals im elſaß⸗lothring. Bezirt Oberelſaß,
Kreis Rappoltsweiler, war früher die Reſidenz der
Herren von R., welden die umfangreiche Herrſchaft
R. zugebörte, die durch Erbgang 1673 an die Pfalz:
* von Birkenfeld, 1734 an die von Zwei—
rüden, zulegt an Marimilian Jofepb, den fpätern
eriten König von Bayern, fiel, und 1789 durch die
Seanzöfhe Revolution beftätigt wurde. Die Herren
von. waren mit der — — über die fah⸗
renden Spielleute, die «Pfeifer» belchnt, welde
— am 8. Sept. zur Feier des «Pfeifertags» in
appoltsweiler zufammentamen. Zu dem Schloſſe
be Hi die Schlöſſer
n:Nappoltjtein gehörten no
Ho
E chsburg und
Nr 1874); Varre, «fiber die Bruderfhaft der
Pfeifer im Eljaß» (Colmar 1874); C. Mündel,
«Die Bogefen» (Straßb. 1883). . j
, som töweiler 63 Ribeguville), Kreisſtadt
im elfab:lothring. Bezirk Oberelfaß, am Eingange
de3 Rappoltsweiler ar und am Fuße deö Rap⸗
poltfteins, 16 km nördlich von Colmar und 5 km
weſtlich des an der Eifenbahnlinie Straßburg: Bafel
gelegenen gleichnamigen Bahnhofs, mit weldem
es durd) die Straßenbahn verbunden ift, zählt (1880)
6013 meift fath. E., ift Si einer Kreisdireltion und
eines Amtsgerichts, hat eine Realſchule, eine von
Nonnen geleitete Erziehungsanftalt für Mädchen,
Mafchinenwebereien für Baumwolle, Kattunfabri:
fen, Gerbereien und Meinbau, — Der Kreis
Rappoltsweiler zählt (1880) auf 459 qkm
62996 meiſt kath. E. j z
ort (frz.) beißt in der Militärſprache im
allgemeinen jede ſchriftliche oder mündliche Mel:
dung des Untergebenen an den Borgefepten, ſpe—
ziell aber eine nach bejtimmtem Schema angefer:
tigte, hauptſächli ablengrupven enthaltende
Nachweiſung über dienſtliche Öegenftände. So gibt
der Stärferapport die detaillierte Stärke einer
Truppe, der rontrapport die Stärken der in einer
Parade pure Abteilungen, der Waijenrapport
die Zahl der vorhandenen Waffen u. ſ. w. Die
weiten R. werden periodiſch eingereicht,
Raps und Nübfen find die beiden wichtigjten
in Mitteleuropa kultivierten Olgewächſe, welche zur
Familie der Kreuzblütler und zwar zur Gattung
rassica (f. d.) ——— Man uͤnterſcheidet Win:
terraps und Sommterrap3 von B. Napus,
Winter: und Sommerrübfen von B. Rapa;
jener wird im Herbit, diefer im Frühjahr ausge:
jäct. Von dem Winterraps kommen wieder meh:
tere Spielarten vor, von denen ſich befonders der
holländ, oder peid: Schirmraps auszeichnet, der
ſich ftarf bejtodt, ſehr hoch wird, große, ölreiche Ea:
men befigt, vom Ungeziefer weniger zu leiden hat
und etwas Feher reift. Der Raps, — Reps,
Sohl, Kohlfaat (daher frz. und ital. Colza),
Tölpel, Lewat, große W Merjant genannt,
behauptet den Vorzug vor dem Nübfen, weil ex er:
. MEER ‚ die fog. «Trei
Burgen». Bol. Rathgeber, «Die Serfägft RN.» | fi
493
giebiger iſt, ſtellt jedoch ee Anfprücde an Boden,
ee u. ſ. w. Beide haben verheerende Feinde
an dem Erdfloh (Haltica napi und brassicae), dem
Slanztäfer (Meligethes aeneus), verfchiedenen
Geutorhyndhusarten, dem Pfeifer, der Yarve der
Rübfaatmorte (Botys margaritalis) und der Napa:
weipe (Athalia rapae), Raps und Nübfen werden
Bee: Samen wegen angebaut, die ein vorzügliches
vennöl (Rüböl) liefern; Stroh und Schoten ge:
währen ein gutes Biehfutter, Der Raps liebt einen
träftigen, tiefgründigen, nicht zu naflen Boden,
welcher namentlid) guch feine Näffe im Untergrunde
befigen darf. Die Düngung kann fehr ftark fein;
beſonders hat fi der Schafdung bewährt. Die
Ausfaat erfolgt für Winterraps und »Nübfen im
Auguft, beziehungsweife September, für den Som:
merraps und :Rübjen Ende März, beziehungsweiſe
Anfang Mai. Da der Naps_ eine Behr unfichere
Pflanze ift, fo ſchwanken die Erträge zwiſchen
8—25 hl (a 65—70 kg) —— Heltar.
Rapsiloh, |. unter Erdfloh.
Rapskäfer heit vorzugsweiie der Glanzläfer
(Meligethes aeneus), ein gefährlicher Feind der
Raps- und Nübfenfaaten. (S. Raps.) Er ftellt
ich öfters in Maffen bei der eriten Entwidelung
der Blüten der Ölfaaten ein, das Weibchen legt
feine Gier in die Blütenknojpen und die daraus
entitehende braunföpfige Larve frißt deren Inneres
aus. Iſt die Rapspflanze infolge vorausgegange:
ner ungünftiger Witterung nicht hinreichend erjtarlt,
D vernichten die Glan täfer häufig die gefamte An⸗
aat. Yhretwegen 9— zuweilen der Rapsbau ganz
aufgegeben oder fo lange filtiert werden, bis die
Fortentwidelung der Käfer aus Mangel an Nab:
rung unterbrochen ift. Ganz befeitigt können dies
jelben niemals werden, folange freuzblütige Un:
teäuter auf den Sldern geduldet find. Ter R. iſt
taum 2 mm lang, ebenfo breit, glänzend erjgrün,
mit lfeulenförmigen Fühlern und braunen Beinen,
NRapsverderber, ſ. Polydesmus.
Raptatöres (at), Naubvögel,
Rapuntifa, f. unter Denothera,
Rapünzchen, |. Feldialat. e
Rarotonga, Inſel, |. Coolsardipel,
Räs (arab.), foviel wie Kap (f. d.).
Nas, Fluß in Armenien, f. Aras.
Helen: ſ. Rjäſan. DEZE.
Nafant oder beitreihend heißt die Flugbahn
eines Geſchoſſes in den Grenzen, innerhalb wel:
cher ſich diefes nicht mei als bis zur u A
ewöhnlihen lebenden Ziele (Manns-, Reiters
öbe) über den Boden erhebt. Innerhalb der ra:
anten Geſchoßbahn ift der Schüge in feinen Er:
olgen von der Kenntnis der Entfernungen und der
Wahl des richtigen Viſiers ver ig. Bejondern
Wert legt man J— eine große Raſanz oder Ge:
ftredtheit der Geſchoßbahn bei Handfeuerwaflen,
wo die Beobachtung der Gefhoßauffdläge erſchwert
iſt. Mittel zur Erreihung Kl afanz find die
Steigerung de3 Ladungsverhältniſſes und eine zur
Überwindung des —— tandes günftige Geſtalt
des Geſchoſſes. In letzterer Hinſicht find die Lang:
geſchoſſe der gezogenen Feuerwaffen von befon:
derm Werte. Eine Skigerung des Ladungaver:
hältnifies hat man in neuefter Zeit bei Gewehren
durch Verminderung des Kalibers, bei Geſchuͤßen
durch Verwendung langfam verbrennenden Schieß⸗
pulvers moöglich gemacht. (S, Geſchüh und
Handfeuerwaffen.)
494
Raſch (frı. ras, engl. rash), ein vierfchäftig ae:
föperter Stojf aus meift eben Kanımgarn und
leicht gearbeitet. Feiner R. lam jonjt unter der
Benennung Chalon vor. Früher verfertigte man
unter dem Namen Tuchraſch einen ähnlichen,
aber ganz aus Streichgarn bejtehenden, ſchwach ges |
waltten Stoff. j
Maſchau, Pfarrdorf in der ſächſ. Kreishaupt:
mannſchaft Zwicau, Amtshauptmannſchaft Schwar:
zenberg, im Thale der Mittweida, 4 km im SD.
von Schwarzenberg, hat (1885) 2716 E., Bergbau
auf Silber, Braunfteingruben, eine Arjenil- und
zwei Kallwerke, eine Dampflorkfabrik, eine Fabrik
jür —— über 50 Korlſchneidereien/ zwei
Holzftoffichleifereien, Feuerfprigenfabrit, Spiken:
Höppelei, Gerbereien, eine —— rik,
L Bund Sägemühlen und eine Kloppelſchule.
afchdorff (Yul.), Architekt, geb. 1823 zu Pleß
im gg Fa Oppeln, beſuchte die Baus
akademie in Berlin und wurde 1853 Gtadtbau:
meijter in Köln. Hier reftaurierte er mehrere ro:
man. ober zum Teil * Kirchen, ſowie das Nat:
haus, lieferte den Plan zum Umbau des Gürze—
nich, leitete mit Felten den Bau des Wallraf:
Richarz⸗Muſeum, baute das neue Stadttheater
(im Renaiffanceitil), das rhein. Brovinzialftände:
haus in Düffeldorf (ital. Nenaiffance) und viele
andere öffentlihe Profanbauten. Im 1879
wurde er Profeſſor an der berliner Alademie,
Raſchewka, Fleden im rufl. Gouvernement
Poltawa, im Kreis Gadjatſch, am Pfjol mit 4702 E.,
welche Handel mit Honig, Wachs, Federn, Borjten,
Bferdehaaren u, f. w. treiben, i .
Raſchi, eigentlih Salonıo ben Iſaak, fälſch—
ih Jarchi genannt, jud. Gelehrter, geb. 1040 zu
Troyes in der Champagne, hielt ſich auch zeitweilig
in Mainz und Worms auf, genoß eines großen Ans
ſehens als Gefeplehrer und ftarb 26. Juli 1105.
Verdient bat er 1d durch feinen Kommentar zu
30 Zraltaten de3 babylon. Zalmud gemacht, der
auch in allen volljtändigen Ausgaben den talmu:
diſchen Tert begleitet. Außerdem verfaßte er einen
Kommentar zu der hebr. Bibel (die Chronik ausge:
nommen), ber ſehr oft gebrudt und von Breithaupt
ins Lateiniſche überfekt it (3 Bde., Gotha 1710
—14). Eine deutfche libertragung des Kommen:
tars * erſten Buche Moſis beſorgte —
(1834), zum ganzen Pentateuch Dules (Prag 1833
—38). Sammlungen halachiſcher Ausſprüche und
Gutachten rühren von jeinen Schülern ber.
Raſchid, Stadt, |. Rofette.
cia, f. unter Raizen. f
Rasdorſtaja Staniza, ein Fleden in Ruß—
land, im Lande der Doniſchen Koſalen, erfter donis
nifcher Kreis, am Don, mit 3493 E., hat bedeuten:
den Weinbau und große Viehmärkte.
Nas:el-Kadrün, f. unter Caſius.
‚Rafen nennt man eine in der Hauptfache aus
dicht beifammenftehenden Grasblättern zufammten:
geiehte Pilanzendede des Erdbodens. Je mehr die
Gräſer vorberrichen, je dichter diejelben ftehen, je
gleihmäßiger hoch und von je friiherm Grün fie
ſind, deſto ſchöner iſt der R. Der ſchönſte R. iſt
bloß aus Gräjern mit grünen und ſchmalen, flachen
Grundblättern zufammengefegt. Einen folden R.
aibt 3.8. das engl. Raygras (Lolium perenne),
deſſen nıan ſich gewöhnlich zur Anlage künftlicher
Najenpläge in Gärten und Parks bedient. Auch
da? Knauſgras (Dactylis glomerata L), das Ti:
us nn — —
|
‘
Naſch — Nafin
mothygras (Phleum pratense 7..), das Fiorıngra3
(Agrostis alba Schrad.) und da3 Honiggras (Hol-
cus lanatus L.) benust man zur Heritellung von
Rafenplägen, jedoch newöhnlid im Gemiſch mit
dem engl. Raygraſe. Um einen ſchönen R. aus ven
genannten Gräſern berzuftellen, iſt es notwendig,
den Boden tief umzugraben, von Steinen zu jäu:
bern und durch wiederboltes Harfen zu zerfleinern.
Noch befler iſt es, denfelben durchzuſieben. Hierauf
ebnet man ihn ein, fäct den Grastanıen breitwürfig
und möglichft dicht und walzt den Boden. Die
fmaragdgrüne Grasnabe , welche ih dann bildet,
muß öfterd abgemäht und gewalzt werden, bis der
R. die gewünschte Dichtigkeit erhalten bat. Unkräu—
ter werden fofort ausgegätet, wenn fie fich zeigen.
Soll der R. dauernd ſchön bleiben, jo dürfen die
Gräjer nie zur Blüte gelangen, fondern müjlen im:
mer kurz gehalten werden. Hierzu empfiehlt ſich
befonders die Raſenmähmaſchine (f. unter Gar:
tengeräte, Bd. VII, S. 559%). Durd forgjam
—— Düngung mit Ruß, Aſche, Guano, Chili—
alpeter, Kaliſalzen, neben reichlicher Befeuchtung,
kann einem ſchwachen R. bald aufgeholfen werden.
Nafenbrennen oder Brandwirtich eft nennt
man das Abbrennen oder Schwelen fterilen oder
ſtark verfilzten Wald, Moor: und Heibebodens.
(©. unter Betriebsiyitem 1.)
Nafeneifenftein, auch Wieſenerz, Sumpf:
erz und Morafterz, heißt ein Gifenerz, weldes
hauptſächlich aus Eijenorybbydrat bejteht, gewöhn⸗
lich etwas Manganoryd, Kieſelſäure, Phosphor:
läure und organische, aus dem Pilanzenreich jtam-
mende Beimengungen enthält und mit Quarzſand
verunreinigt üt; es it dunkel gelblihbraun bis
Ihwärzlichbraun und pehichwarz, häufig fettglän:
zend, bald erdigund weich, bald porös und ſchwamm⸗
artig durchlöchert und findet ſich meiſt gleich unter
dem Raſen an durchwällerten moorigen Stellen,
wo feine Bildung noch jeht vor fich gebt; weit aus:
edehnte, aber nicht jehr mächtige Ablagerungen
ommen namentlid) in der großen mitteleurop. Nie:
derung vor, von Friesland bis in die ruſſ. Ditfee:
ze und füdlich bis Niederfchlefien reichend.
Man benust den R. wegen feiner Dünnflüffigkeit
oft zu Gußwaren, doc) ilt das aus ihm dargejtellte
Eifen wegen des Phosphorgehalts kaltbrüchig.
enen, Bollöjlanm, f. unter Etrurien.
Rafenerde, ſ. unter Erden und Grdarten.
Rafenmähmafchine, f. u. Gartengeräte,
Nafenmeifter, |. Abdecker.
Nafenfchmiele, Bflanzenart, f. unter Aira
Raferei, ſ. Manie.
Nasgrad, befeitigte Diftriktäftadt in Bulgarien,
am obern Bjali Lom (At Lom), 295 m über dem
Meere, Station (2 km vom Drt) der Bahn Aufl:
ſchul⸗Varna, zählt (1831) 11.084 E. und hat Bein:
bau und Handel, Am 13. Juni 1810 und 14. Aug.
1877 fanden bier Gefechte zwiichen Türfen und Ruſ⸗
jen ftatt; am 28. Jan. 1878 befehten lehtere N. —
Der Diftrift Rasgrad an (1881) 121412 E.
Raficren (militärifch) bei t ſoviel wie abtragen,
dem Boden gleihmahen, und wird namentlich in
der militäriichen Sprade für das Freimachen des
BVorterraind von Feitungswerfen gebraudt, wo:
durd) den Feuerwaſſen ein freies Schußfeld ver:
ſchafft werben foll, \uglhe
aftermeifer (frz. rasoir, engl. raser), ſ. unter
Rafin (Stenla, d. i. Stephan, Timofejewitich),
Führer eines Kojaten: und Rollsaufitandes 1667
Raſk — Raskolniken
—70 in Rußland, ftanımte aus dem Wojßlo der
Doniſchen Kofaten und wurde in Tſcherlaſſk ge:
boren. Snfolpe der bedrängten Lage des Volls im
Moskauer Reih und in der Ukraine —F ge des
Zaren Alerej famen viele flüchtige befikloje Leute
und Hofaten am Don zufammen, Sie wählten N.,
einen Dann von ungewöhnlicher Thatkraft, und
Verwegenheit, zum Ataman, und er zog mit ihnen
«gegen die Bojaren», alles plündernd und mordend.
Der Hauptſchauplahß feiner Thätigkeit war längs
der Wolga und auf dem Kaſpiſchen Meere; bier
hatte er einen Kampf mit ber perj. flotte zu be:
jtehen. Am ſchlimmſten war fein Auftreten in
Aſirachan, wo er den Wojwoden Broforomftij, alle
Adeligen und reihen Leute, Später der Nachfolger
R.s au den Metropoliten Joſeph ermorden ließ,
und bie Kirchen, Staatslajjen u. a. plünderte,
tiberall in den eingenommenen Orten wurde die
demotratiſche Koſalenverfaſſung eingeführt und das
Volk ſah in R. feinen Netter und Befreier; gegen
ihn gefandte Truppen gingen meift nach Ermor—
dung ihrer Befehlshaber zu N. über, Crit als er
Baryzin, Saratow, Samara erobert und vor Sim:
birst ftand, wurde er im Dft. 1670 vom Fürften
Barjatynſtij geihlagen. Immer mehr zurüdge:
drängt, zo kb R. an den Don zurüd, wurde hier
jedod von den fehhaften Koſalen gefangen genom:
men und an Moslau ausgeliefert. Nach graufa-
men Folterungen erfolgte dajelbft 16. (6.) Juni
1671 feine Hinrichtung, wobei ihm zuerjt ein Arm,
dann ein Bein und zulekt erit der Kopf abgebauen
wurde. N. ertrug alle Qualen mit großem Gleid:
mut, ohne nur ein Zeichen von Schmerz zu verraten;
das Andenten an jeinen Tod und feine Berfon hat
ſich in zahlreichen Liedern und Sagen de3 großruf].
Volls erhalten. Bol. Koſtomarow, «Bunt Stenka
Razinas» («Der Aufitand R.3», Petersb. 1859, und
in defien «Istoribeskija eg dee
Maſt (Nasmus Krijtian), bedeutender Sprach—
foricher, geb. 22. Nov. 1787 zu Brendelilde bei
Odenſe auf Fünen, begründete zjuerft feinen Ruhm
durch die vänifch geichriebene, 1818 ſchwediſch um:
gearbeitete «Anleitung zur Kenntnis der isländ.
oder altnord. Spradhe» (Ho wi 1811); eine fürzere
dän. Faſſung («Stortfattet Vejledning» u. f. w.) er:
ſchien 1832 10 Auft., 1861). In den J. 1807—12
entwarf er Syſteme der meiften german., ſlaw. und
roman. Spraden; auch brachte er die ind. Sprad:
familien in eine vergleihende Überliht. Im J.
1813 ging er nad Island, und hier widmete er
drei Jahre der Geſchichte des Landes feine -_
merkjamleit und legte eine Sammlung ber intere):
fanteften Sagen an. Sein 1814 vollendetes Haupt:
werk für fomparative Spracdenfunde, die «Unter:
ſuchungen über den Urſprung der altnörb. ober
isländ. Sprache», wurde 1817 gebrudt. * J. 1816
trat er eine Reiſe nah Aſien an. In Stodholm,
wo er fich zuerit über ein Jahr aufbielt, gab er die
aEdden⸗ (1818) heraus und vollendete feine «Angel:
ſächſ. Spradlehre» (Kopenh. 1817). Dann hielt er
ſich längere Zeit in Peterdburg auf, ginghieraufüber
Tiflis nad) Berfien und Indien, wo ihn neben dem
Hinduftanifhen und Sanskrit aud die alte Berfer:
prache —— Als t dieſer Studien er⸗
chien die Abhandlung «fiber das Alter der Zend:
prade und die Echtheit des Zendaveita» (deutſch
von gen, 1826). Im J. 1823 nah Kopenhagen
zurüdgelebrt, ſchrieb er eine «Span. Spradjlehre»
und eine « . Spracdhlehre» (1824— 25), gab
495
feinen —** einer wiſſenſchaftlichen dän. Recht:
ſchreibungslehre⸗ (1826) und eine dän. Grammatik
in engl. Sprade (1830 u. 1846) heraus und ar:
beitete zugleich an einem Werle über den malaba:
riſchen Spradftamm. Außerdem beichäftigte er ſich
mit einem got. Wörterbuch, jowie mit einer Unter:
ſuchung der Berwandtichaft zwiichen den lappiichen
und den nordafiat. Spraden. Seine Thätigfeit
als Vorftand der von ihm 1816 gegründeten 4:
ländifchen Litteraturgefellichaft und der 1825 ge:
ftifteten königl. Gefellihaft für nord. Altertums:
kunde, an deren Ausgaben altnord. Terte er ſich
beteiligte, war umfaſſend. R. ftarb 14. Nov. 1832,
Nach feinem Tode erfchienen noch feine «Engl. For:
menlehre» (1833) und die Sammlung feiner Ab:
bandlungen ß Bde., Kopenh. 1834—38),
Raskoͤlniken (ruf: raskolniki, von raskolotit’,
zerfpalten), foviel ala S iömatifer, Keher; Ras-
kol, das Schisma. Die älteften Abweihungen von
der Kirche in Rußland befchräntten fih nur auf
— Lehren. Dahin gehören die Strigol:
niten, im 14. Jahrh. von KarpStrigolnik gegrün:
det (je verwarfen jede — u. a.); die Juden⸗
tümler im 15. Jahrh. verwarfen die Saframente;
im 16. Behr eugneten Matthäus Baſchkin und
Theodoſius Koßyj die Gottheit eine j
Der eigentliche Raskol beginnt aber erft im 17.
Jahrh. mit der Verbefferung der liturgifchen Bücher
durch den Patriarchen Niton, und It neben der
a ichen auch eine polit. und foziale Bedeutung.
Auf einem Konzil zu Moslau 1666 wurden die von
Nikon TERN Verbeilerungen von vielen nicht
anerlannt, und fie, diefe R., hielten fich auch ferner
an die alten Bücher und Gebräuche, weshalb fie ſich
auch Altrituale (staroobrjadey) oder Altgläubige
(straroverey) nannten, während man unter Recht:
läubigen oder Orthodoxen (pravoslavnyje) die An:
bün er der Staatslirche verfteht. Zugleich ver:
warten fie aber aud die polit. Gentralifation, ja
oft jogar die Gewalt des Zaren felbit, die Bureau:
fratie, die Nefrutenaushebungen u. a., insbeſondere
die Neformen Peters d. Gr. An den Aufitänden
von Rafin und Pugatſchew waren die R. ſtark be-
ng Sie hatten daher heftige Verfolgungen von
der Regierung und der Kirche zu erdulden, breiteten
fi aber gleihwohl immer mehr aus, über_alle
—— Rußlands, wie auch in Polen und Sibi—
rien. Budilowitſch (in «Statistiteskija tablicy»,
ee. 1875) berechnet fie auf 3074000, doch foll
tein der That8, nach andern ſogar 11 Mill. betragen.
‚Schon zu Ende des 17. Jahrh. fpalteten ſich
die R. in zwei Hauptzweige, die noch en
in folde, welche die Notwendigkeit von Prieftern
anerlannten und fie beibehielten (popovcy, popov-
$tina), und in folche, welche einen befondern Pric:
ſterſtand verwarfen (bezpopovcy, bezpopov3tina,
die Priefterlofen), wobei dann die Älteſten die lirch—
lichen Geremonien auszuüben haben. Die Priefter:
lojen (Bespopomzen) entitanden im Gouvernement
Dione;, am Aluße Wyg und an der Küſte (po-
morje) de3 Weißen Meer3 und beiben deshalb
auch Pomorijanen, von denen fich fpäter die So.
fianer und Bhilipponen (f, d.) abtrennten. Neben
diefen drei Hauptzweigen bildeten ſich noch verſchie—
dene Heinere Selten, wie die Baganten (stranniki),
die Flagellanten (chlystovstiki), Stopzen (f. d.)
u. a. Aablreich find die Duchoborzen (f. d.) und
die Mololanen (f. d.), bei denen Ginflüfle des Pro:
teitantismus nicht zu verfennen find. Um 1870 ift
496 Rasores — Räß
eine Selte pietiftifher Richtung (Stundisty, Stunda)
im Gouvernement Kiew entitanden. Auch die R.
mit Prieftern (Bopomwzen) zerfallen in verſchiedene
Selten, von denen die wichtigjten die Cingläubigen
(jedinovörcy) oder Neupopowzen find, welche ſich
von den Orthodoxen nur in einigen Außerlich—
leiten untericheiden. er
Durch Nüchternheit des Lebens und gegenfeitige
Unterftüßung gelangen die R., zu denen viele ruſſ.
Kaufleute gehören, meift zu großem Wohlſtande.
Das Centrum ihrer Organiſation ift Mostau, mo
beide Hauptriditungen des Raslols ihre reid) do:
tierten Hofpitäler und Klöfter haben. Die anfangs
barten Berfolgungen ließen unter der Kaiferin Ha:
tbarina IL. etwas ah Doch wurbe erft 1874 durd) |
i
Einführung der Eivilftandsregifter in Rußland die
Ehe der R, wenn fie in jene Negifter eingetragen
worden, als gefehlid anerkannt. Andere Beichrän:
lungen der bürgerlichen Freiheit beftehen noch fort.
Infolge der genauern Kenntnis des Raslols, welche
die neuern ge gebracht haben, wird es
aber immer mehr möglich, die ſchadlichen von den
unfhädliden Selten zu unterſcheiden.
Vgl. Malarij, «Gedichte des ruſſ. Rastols»
(rl, Vetereb. 1855); Schtihapow, «Der ruſſ.
astol» (tuff., Kaſan 1859); «Le Raskol, essai his-
torique etc.» (Par. 1859); ferner die ruf. Schriften
von Melniltom (f. d.), Ariftow, Nilstij, Subbotin,
öres (lat.), j. Scharrvögel.
Raspail (Francois Vincent), ausgezeichneter
ben aturforjcher, zugleich belannt als radilaler
epublifaner, geb. zu Carpentras 29. Jan. 1794,
lam 1815 nad Paris, wo er ſich bei allen Ber:
chwörungen der Neftaurationsperiode beteiligte.
n der \julirevolution von 1830 wurde er ver:
wundet. Später half er die Geſellſchaft der Bolts:
freunde gründen und ſchrieb each ‚die Juliregie:
rung eine Reihe erbitterter Flugſchriften, die Im
einen Prozeß und 15monatliche Haft zuzogen, Als
1832 die —— der Vollsfreunde ſich auf—
löfen mußte, trat R. der, Geſellſchaſt der Men:
fhenrechte bei. Unter feinen naturwifienfchaft:
lihen Schriften früherer Zeit find befonders
hervorzuheben: «Essai de chimie microscopique
appliquée & la physiologie» (Bar, 1831), «Nou-
veau systöme de chimie organique» (Par. 1833),
«Nouveau systöme de physiologie vögetale et de
botanique» (2 Bde., Par. 1837, mit Atlas), worin
beſonders die glüdlicdhe Anwendung mitrojfopifch:
den. Berfuche zu rühmen ift, «M&moire compara-
tif sur P’histoire naturelle de l'insecte de la galen»
(Bar. 1834; deutſch von Kunze, Lpz. 1835) und
«Histoire naturelle de la sant& et de la maladie
chez les végétaux et les animaux» (3 Bde. 1839—
43; 2. Aufl, 1846), ein Werk von bedeutendem Ber:
dienft, Beim Ausbruh der Aprilunruben von
1834 verhaftet, doch alsbald wieder freigelaflen,
itiftete er das demofratifche Tageblatt «Le Röfor-
mateur», das infolge von Preßprozeſſen Ende 1835
wieder aufhören mußte, N. warf ſich num mit
doppeltem Eifer auf wiſſenſchaftliche Forſchungen
und bildete ſein mediz. Kampferſyſten aus. Die
— in welcher er mit dieſer Theorie hervor—
trat, führte den Titel: «Cigarettes de camphre et
camphatitres hygieniques contre une foule de
maux lents à guerir» (Par. 1839 u. öfter).
Am Abend des 24. a 1848 drang er an
der Spige eines Voltshaufens in den Beratungs:
faal der Proviſoriſchen Regierung auf dem Stadt:
baufe und — dieſe, ſofort die Republil
rotlamieren. Am 27, Febr. lieb er bie ehe
ummter des «Ami du peuple» erſcheinen, deſſen
Wirlſamkeit er durch die Stiftung Klubs der
Vollsfreunde unterftüste. Am 15. Mai befand er
fi an der Spibe des Vollshaufens, der in den
Saal der Nationalverfammlung eindrang. Mit
Barbes, Blanqui und den andern Urhebern biefes
Komplott3 verhaftet und nad Vincennes gebradit,
wurde er vor den 8 en Gerichtshof in Bou
geſtellt und zu fünfjähriger Haft verurteilt.
Sommer 1853 erlaubte ihm die faijerl. Regierung,
Bir Haft mit dem Eril zu vertaufhen, und ſeitden
ebte er in Belgien auf einem Dorfe bei
Im J. 1869 in den Gejehgebenden Körper ge
gehörte er bier zur äußerſten Linlen. Seit 6
war er Mitglied der Deputiertenlammer, Er
u Arcueil bei Paris 8. Jan. 1878. Von feinen
Inte Schriften find zu nennen die periodiiche
Schriit «Almanach et calendrier meteorologique»
und »Nouvelles etudes scientifiques et philolo-
giques» (1861—64). Pol. Saint-Martin, «Fran-
gois Vincent R. Sa vie et son @uvre» (Par, 1877),
Benjamin R., ältefter Sohn des vorigen, geb.
16. Aug. 1823, Naturforfder und demolratiſch⸗
fozialitifcher Republitaner, war 1848 Repräjentant
des Rhönebepartements in der Legislative und
wurde im Yan. 1852 verbannt. fehrte 1863
* Franlreich zurüd und wurde 1876 als Mit:
glie der äußerjten Linfen in die Deputiertens
ammer gewählt. 2
Eugene R. Neffe von Fransois Vincent R.,
geb. 12. Sept. 1812 zu —— im Depart. Vau⸗
cluſe, hat ſich als Archäolog, Numismatiler und
Geolog belannt gemacht. Er war Direltor der
Gasheleuchtungsanſtalt zu Avignon, als er im
April 1848 als Abgeordneter von Baucluſe in die
Nationalverfammlung gewählt wurde, wo er der
äußerjten Linken angehörte.
afpe, ae! Raſpe.
Raſpe (Rudolf Eric), ſ. unter Munchhauſen
(Karl Friedr. Hieronymus, Freiherr von).
Rafpel (m räpe, engl, x ift ein zur Forms
gebung und Slättung von Holz, Horn und andern
Schnisitoffen dienendes Handwerljeug aus r⸗
tetem Stahl, welches durch sahlseiche, auf jeiner
DOberflähe (dur Einhauen mit einem Spibeifen)
bergeitellte Zähnchen wirkt; feine Dimenfionen und
die Form bes Querfhnittes find nach der Geftalt
des Wertjtüds verfchieden. Bon der Feile unter:
fcheidet fie ſich durch eine — Stellung und
andere Herſtellungsart der Zähnden. _
Naspopinffaja Staniza, Stadt in Rußland
im Lande der Donifchen Koſalen, Kreis Uſt Died:
webizt, am Don, mit 10353 E. it ein Ha —
plaß für Getreide und Fiſche und hat por
tenden Handel mit Rindern und Pferden.
NAH (Andreas), kath, Theolog, it April
1794 zu Sigolsbeim im Obereljab, ftubierte unter
Liebermanns Leitung in Mainz und wurde 1830
Superior de3 bifhöfl. Seminars in Straßburg,
dann Kanonilus am Münfter und 1842 — da:
[er Er war 1874—76 Mitglied des Deutichen
deichſtags, wo er ald Mitglied der —
erſchien, aber 18, Febr. 1874 durch feine
fennung der Thatjadhe des Frankfurter Friedens
Auffehen erregte. Auch empfing er 2. Mai 1877
unter dem Portal des Müniters den
Kaiſer. N. —* mit Biſchof Weiß er Ce
Raſſa — Naftatt
Butlers «Leben ber Väter und Märtyrer» (25 Bbe.,
Mainz 1821—27) heraus, begründete die Heitichrift
«Der Katholil» und veröffentlichte das große Wert
«Die Konvertiten feit der Neformation» (12 Bde.,
Freiburg i. Br. 1866— 75).
Halle: ſ. unter Raizen. ..
Raffam (Hormuzd), riefen, geb. zu Moſſul
am Tigris, von chaldaiſch⸗chriſtl. Abjtammung, am
1847 nad) Orford, wo er ftudierte, wurde Layards
Gehilfe und fpäter Stellvertreter bei deflen Nad):
gra ungen in Ninive; 1854 Dolmetſch des engl.
Minifterrefidenten in Aden, bald darauf Unter:
refident dafelbjt. Im di; 1864 mit einer Botſchaft
an König Theodor von Abefjinien beauftragt, wurde
er von diejem 1866 gefangen geſeht und erjt April
1868 durch Napiers Erpedition befreit, und rt
nad) London zurüd. Seit 1876 leitete er die Aus:
rabungen der Engländer in Afiyrien und Baby:
onien, Ihm verdankt man (1877—78) die Auf:
dedung des Ruinenhügel3 Balawat, öftlic von
Ninive, mit dem Balalt des Salmanaflar Il. und
den vielgenannten « Bronzethoren von Balamwat»,
ebenfo (1881) die Aufdedung der Ruinen von Sipar
(Sepharvaim der Bibel) in dem heutigen Abu
abba, ſüdſüdweſtlich von Bagdad, und die wenig:
ens fe e wahrſcheinliche Nachweiſung der alten
Etadt Kutha in dem heutigen Tell: Zbrahim, nord:
öftlich von Babylon, —
Naffe, ſ. Art und Menſch (naturgeſchichtlich).
Raffelkllingeln und Raſſelwecker, ſ. unter
Elektriſche 7* und Weder.
Naffeltwig, ſ. Deutſch-Raſſelwißtz.
Raffowa (bulgar. Rasevata), offener Fleden
in dem durch den Berliner Frieden 1878 an Rumä—
nien äbgetretenen Teil der Dobrudiha, an der
Donau, welche hier ihren weftöftl. Lauf in einen
ſudnördlichen ändert, war früher peeftigt und a
2006 E., meift Bulgaren, welche Aderbau und Fiſch—
ka treiben. Seine Bedeutung als —— ab
at der Drt feit Eröffnung der Gifenbahn von Gzer:
namoda nad) Küftendfche verloren. lofens.
Beier untere fegelförmige Raum eines Hob:
Raſtatt, Stadt un ung im Kreiſe Baden:
Baden des Großherzogtum Baden, an der Mur,
und den Linien Nannheim:Bafel und R.:Gernsba
der bad. Staatsbahnen, ift Sik eines Amtsgerichts
und bat (1885) 12463 E. Die Stadt bejist ein
Ihönes Schloß nebit *8 arten, drei lath. und
eine evang. Kirche, ein Rathaus, ein Gymnafium
und eine höhere Töchterfchule. Die Fabrilthätigfeit
der Bewohner erftredt fi auf Spriken, Tabak und
Handfabrifation. Als Feſtung hat R. einen Teil
einer frühern Bedeutung verloren, feit Straßburg
ih eworden iſt. Die Werte m. aus der
Stadtbefeftigung (Forts Leopold, Friedrich und
Ludwig, Weit: und Oftfort) und dem verfchanzten
Lager auf dem rechten Murgufer unterhalb der
Stadt. R. war früher nur ein Amtsfleden, den die
Sranzofen 1689 niederbrannten. Bald darauf
ward e3 als Stadt in feiner jehigen regelmäßigen
Geftalt von dem berühmten kaiſerl. Feldherrn Lud⸗
wig von Baden angelegt, deſſen Gemahlin, die
Markgräfin Sibylle Augufte, den von ihm be;
gonnenen Bau des Schloſſes vollendete und 1725
auch das 3 km entfernt liegende, jebt großherzogl.
Luſiſchloß Favorite erbaute. Geit jener Zeit bis
1771 war ber Ort Nefidenz der Markgrafen von
Baden-Baden. Infolge der franz. ——
1840 wurde vom Deutſchen Bunde die Befeſtiguüng
GonverjationdsLerifon. 13. Aufl. XIIL
497
ber Stadt al3 Bundesfeftung befchloffen und bis
1848 unter Leitung öfterr. Ingenieure bei vo
endet, In R. begann 11, Mai 1849 mit Militär:
meutereien der Aufitand in Baden (f. d.), und
ebenda fand le Erhebung mit der Übergabe der
Feftung an die Preußen 28. Juli ihr Ende, —
war R. wieder von bad. und öſterr., feit 1860 au
von preuß. Militär befeht, bis mit Errichtung des
Norddeutihen Bundes 1866 bie Yltung Baden
allein überlaffen blieb. Durch die Militärfonven:
tion Baden mit Breußen vom 25.Nov. 1870 über:
nahm Preußen die Fürforge, für die Feftung N.
unter Vorbehalt der bad. Territorialoheit. Außer:
dem ift R. noch durch zwei Kongreſſe und einen
Friedensſchluß befannt.
Aufdem erſten Kongreß im Nov. 1713 wurden
durch den Prinzen Eugen von Savoyen und den
Marſchall Villars die Unterhandlungen angefangen
. den Spanifchen Erbfolgelrieg (f. d.) dur
den Raftatter Frieden 6. März 1714 endigten.
Da das Deutſche Reich nicht mit darin begriffen
war, fo fand ein zweiter Kongreß zu Baden in der
Schweiz jtatt, wo Eugen und Billars den Frieden
Sy zwiichen dem —— zo. und Frankreich
7. Sept, 1714 unterzeichneten. Demgemäß wurde
Landau an Frankreich abgetreten, die Kurfürſten
von Köln und Bayern wiederhergeitellt, der Utrechter
Friede, ausgenommen in den, was Spanien betraf,
anerlannt, Nantua, Mirandola und Comacchio an
Sfterreich überlaffen. Der zweite Kongreß zu
R. wurde 9. Dez. 1797 zum —* der Friedens:
unterhandlung zwiſchen Frankreich und dem
Deutichen Reiche eröffnet. Von franz. Seite waren
anweſend Treilhard und Bonnier, und nachdem
erfterer in das Direktorium getreten, Noberjot und
—* Debry; von öſterr. Seite ie Metternid)
raf Cobenzl und Lehrbach; von preuß. Seite ra
Görz, Yalobi und Dohm, Nachdem infolge des
—* ens von Campo⸗-Formio (ſ. d.) und der ges
Een TER Ratter Honnention nem] De. LTE
die legten deutſchen Waffenpläge am Rhein von
den Ojterreihern geräumt und von den Franzofen
occupiert worden, forderte die franz. Sefandtiäaft
19. Jan. 1798 als Friedensbaſis die Abtretung des
linten Rheinufers, welche Forderung nad längerm
Sträuben von der Reihsdeputation (11.März) bes
willigt wurde, Dann einigte man fi (4. April),
daß die dadurch beeinträchtigten gen Reiche:
tände durch Sälularifation der geiſtlichen Stifter
ür ihre Gebietsverlufte FRE werden follten,
m auf diefem Wege möglichft viel zu befommen,
unterhandelten bie einzelnen Fürſten, ſelbſt Öfter:
rei und Preußen, —— mit ber franz. Re:
publik, wodurd) die Thätigkeit der Neihsdeputation
gelähmt wurde. Um fo eher tonnten die Sraugolen
tropi die Annahme ihres Ultimatum vont 6. Des.
verlangen, welche 9. Dez. 1798 erfolgte. Aber in:
zwiſchen hatte ſich eine zweite Koalition gebildet,
und der Krieg brad) wieder aus. Nunmehr zogen
id die kaiſerlichen Gefandten 8, April 1799 von
em Raftatter Friedenstongreb zurüd und verließen
13. April die Stadt. Auch die Reihsdeputation
erllärte endlich 23. April * Thãtigleit für ſus⸗
endiert. Als darauf die franz. Geſandten, mit
äſſen des kurmainziſchen Direltorialgeſandten
verſehen, 28. April, abends Uhr, abreiften, wurden
fie ungefähr 500 Schritte weit von der Rorftadt,
auf dem Wege nad) Plittersborf, von einem Trupp
öfterr, Szeller »Hufaren (nach andern von Neitern
32
498
in der Uniform bderjelben) überfallen. Noberjot
und Bonnier wurden ermordet; Jean Debry, ob: | ruf].
gleich verwundet, und der Gefretär Rofenftiel ent: | jerin pn ein
R. und wurden dann von Hu: | rußland, wurde 1709 im Kirchdorfe Lemeſchi des
famen wieder nad
Naftelbinder — Nat
NRafumosffij (Alerei Grigorjewitih, Graf),
fi — * und DOberjägermeijter der Hai:
ifabeth, der Sohn eines Bauern aus Klein:
faren nad) der Grenze geleitet. Man wollte der | Gouvernements Tjhernigow geboren und für dem
öjterr. Regierung die That infofern beimefien, als
fie durch einen Überfall jener Gejanbtichaft in den
Defi wichtiger Papiere a. gelangen wollen,
weihe über die etwaigen Unterhandlungen Preu:
bens und Bayerns mit ——— Republik Aufklä⸗
rung geben konnten. Die militäriſche Unterſuchung,
die —A Karl ſofort einleitete, ward durch
einen Befehl von Wien aus ſiſtiert. Von der ſpäter
auf dem Reichstage zu Regensburg angeordneten
Unterſuchung hat niemals etwas verlautet. Nach
einer andern Annahme (Mendelsſohn-Bartholdy
und Helfert) ift der Mord von franz. Emigranten
ausgegangen. Nad) einer dritten, von Böhtlingt
wieder aufgenonımenen Hypotbeje wäre bie That
auf die franz. Kriegspartei und deren Führer, Ra:
oleon felbit, zurüdjuführen, deſſen Werkzeug'wieder
Jean Debry geweien fei; während andere wieber
die Blutthat als einen Racheakt der Königin Karo—
line von Neapel, Marie Antoinettes Schweſter,
haben baritellen wollen. Bol. Eggers, «Briefe über
die Auflöfung de3 Raſtatter Kongrefies» (2 Bde,,
Braunſchw. 1809); Mendelsſohn Bartholdy, «Der
Raitatter Gefandtenmorb» ( Heidelb. 1869); Neid:
lin: Meldegg, «Der Naftatter Gejanbtenmord »
Heidelb. 1869); Vivenot, «Zur Geſchichte des
aftatter Kongrejjes» (Wien 1871); Helfert, «Der
Raſtatter Gefandtenmord» (Wien 1874); ©. Müller,
«Der Raftatter Gefandtennorb» —— 1873); der:
felbe, «Die neueften Beiprechungen des Raſiatter
Geſandtenmordes⸗ (Dresd. 1876); Böhtlingk, «Na:
poleon Bonaparte, feine Jugend und fein Empor:
tommen» (Jena 1877); derjelbe, «Napoleon Bona:
parte und der NRaftatter Gejanbtenmord» (Lpy.
1883); Hüffer, «Der Raftatter Kongreß und die
zweite Koalition» (2 Bde. Bonn 1878—79).
uder, |. Drabtbinder.
Raftenberg, Stadt und Babeort in Sachſen—
Meimar:Eifenad), Kreide —— an
der obern Loſſa und am fübmweltl. Abhang der Finne
bat (1885) 1240 E., drei Stablquellen und nördlich
über dem Orte die Ruine der Raspenburg.
Naftenburg, Sreisftabt im oftpreuß. Regie:
tungsbezirt Königsberg, rechts an ber uber, 105m
über dem Meere, Station der Oftpreußiichen Süd:
bahn (Billau: Proftten), Sik eines Amtsgerichts,
bat (1885) 7300 E. eine Reichsbanknebenſielle, ein
tönigl. Gymnaftum, einLandgejtüt, Eifengießereien,
Gelbgießerei, Bierbrauereien, Ziegelbrennereien,
zwei Dampf: und Waffermüblen, eine Zuderfabrif.
In unmittelbarer Nähe liegt Carlshof, Heil: und
ilegeanftlt für Gpileptifche und Arbeiterkolonie.
— Der Kreis Raftenburg zählt auf 874 qkm
(1880) 44060 E., bavon 1600 Mafuren.
Ra exin, niel, f. unter Spezzia.
Raftral (Rojtral, vom lat. rastrum, d. )
Harte), fünffahe, aus Mefiingblech gefertigte Reiß—
feder, mit welcher man die fünf Linien zur Noten:
ſchrift auf einmal zieht.
Raftrick, Stadt in der engl. Grafihaft Port,
Weftriding, 4 km nördlich von Hubbersfield, Sta:
tion der — (Mandpefter-Goole) der Lancaſhire⸗
und Norlj —— bat (1881) 8541 E., Maſchinen⸗
bau und Wollinbuſtrie.
aſtriermaſchine, ſoviel wie Liniiermaſchine.
Dienſt in der Hoflapelle beſtimmt, wo ſein ſchöner
Oejang und jeine Geſtalt ſich den Beifall der Hai-
ferin Eliſabeth, die damals noch Grokfürftin war,
in fo hohem Grade erwarben, daß fie ſich heimlich
mit ihm in der liche des Dorfes Beromwo bei Mos⸗
fau trauen ließ. Sie vermodte Kaijer Karl VII.,
ihn 1744 zum beutichen Reichsgrafen zu ernennen,
worauf fie ihn in den rujj. Grafenſtand erhob. R.
war ein durchaus uneigennüßiger Charafter, ber
ch nie in öffentliche pr en mijchte. Er
arb, nachdem Beter ILL. ihn zum Oberjägermeijter
ernannt hatte, 18. Juni 1771 zu en %
Graf Kyrill Grigoriewitſch R., Bruder
des pe geb. 29. März 1728, wurde ebenfalls
von ber Raijerin Elifabeth 1744 in den Grafenſtand
erhoben und 1750 zum Hetman von Slleinrußland
befördert. Doc wurde er biefer Würde durch bie
Kaiferin Katharing II. 1764 entſeßt, bie ihn mit
dem Feldmarſchalltitel entihäbigte. Er an
ber Verichwörung gegen Peter III. teil, f ſich
unter Katharina II. ala Ge ber der
Bartei Banind an und farb 21. Jan. 1803; er
binterlick mehrere Söhne, unter denen Alerei R.
geb. 1748, gejt. 1822, Minifter bes öl ichen
Unterrichts unter Wierander I, und Andrei R.,
geb, 2, Nov. 1752, bie bervorr: waren.
Mit dem Kater Baul gemeinfam war
Andrei Gefandter in St — und n,
wurde 1815 in den Fürſtenſtand erhoben und ftarb
23. Sept. 1836, nachdem er zur fath. Kirche fiber:
getreten war. Beethoven bat ibm mehrere feiner
ausgezeichnetiten Quartette gewibmet. Mit dem
finderlofen Tode des Grafen Beier Alereje:
witſch R. erloſch 1837 die ruf, Linie der R. Cin
anderer Sohn des Grafen Kyrill, Graf Gregor
R., wanderte 1805 nad) Öfterreid) aus, wo er das
Gut Naboleg in Mähren erwarb und 1811 den
öfterr. Grafentitel erhielt. Gr ftarb 1838. Gein
Entel, Graf Camillo R., geb. 31. Aug. 18652,
iſt jest Vertreter ber öfterr. Linie des Geſchlechts.
at (consilium) nennt man die einem andern
mitgeteilte Meinung über einen zu fallenden Ent:
ſchluß, in der Abficht, denjelben zu einem gewijien
Handeln zu beſtimmen. In —— Rechts⸗
verhältnifjen iſt für einen bloßen R. niemand ver:
antwortlih, ausgenommen wenn ber Ratgebenbe
in der Abficht zu Schaden bie Wahrheit entitellt,
ober im Widerſpruch nıit einer vertragamäßig übers
nommenen oder amtlichen Pflicht zu gewiſſenhafte⸗
fter Natserteilung ſich eines Werfchens ſchuldig ge:
madıt ober für die Nichtigkeit und den Erfolg feines
R. einzuftehen —— hat. Der R. zu einem
Verbrechen iſt eine Teilnahme an demſelben, welche
bis zur Miturheberſchaft gehen kann.
Der Titel Nat (Consiliarius) bezeichnet einen
Beamten höhern Ranges, befonders ein mit vollem
Stimmredt angeftelltes Mitglied eines Kollegiums.
Namentlich it in Deutfchland dieſer Titel jehr üb-
id. Man —— ihm unzählige ſpeziellere Bezeich⸗
nungen gegeben, z. B. Fi und Kammerräte, Juſtiz⸗
und Striegsräte, EaAMEn. Dura: Ardivräte
u. ſ. w., durd den Zuſaß «Geheimer» eine höhere
Nangitufe ausgebrüdt, diefe durch das Prädilat
«Ober», 3. B. Geheimer Oberfinanzrat u. f. w.
Natafia
efteigert und endlich die letzte noch durd) die Hinzu:
ügung «Wirkliche, 5. B. Wirklicher Geheimer Ober:
juitizrat u. ſ. w. erböbt. Mit dem höchſten der:
artigen Titel «Wirkliher Geheimer Nat» iſt das
Prädilat « Ercellenz» verbunden. Ehedem führten
nur die Mitglieder eines höhern Pandeskollegiums
den Titel R. und hatten damit von Rechts wegen
für ihre Perſon * Rechte. (In Frankreich
ehemals noblesse de la roben, ſ. Abel.) Gegen:
wärtig wird der Natätitel aud) an onen erteilt,
die feine Amtöftellung baben, 3. 3. königl. oder
taiſerl. Rat, Sanität3:, Kommerzien:, Hofrat.
Der Ausdrud Rat wird ferner angewendet zur
Bezeihnung einer kollegialiſchen Behörde. Im
Mittelalter wurde er vorzugsweile für die ftädti:
chen Kollegien gebraucht, deren Mitgliever Nat:
mannen genannt wurden. Öfters wird die Zahl
ber Mitglieder zur nähern Bezeichnung beigefügt
oder e3 wird ein zujammengejektes Wort gebildet,
3. B. der Hofrat (in Wien), der Staatsrat, Ge:
meinberat u. f. w.
Bon den biftoriich wichtigen Berfammlungen,
bie jpeziell die Bezeichnung N. führten, find zu er:
wähnen: der Rat von Gaftilien, ber den Rang
über allen Behörben hatte; der Rat der Kelle
welchem in der Republik —— die hohe Polizei
und Strafgerichtsbarleit juße ; ber Rat ber
Sünfhundert und der Rat ber Alten, zwei
repräfentative Körper in Frankreich, bie durch die
dritte Konjtitution der Republit 1794 ins Leben
gerufen, durch bie vierte 1799 wurden.
Ratafia iſt ein weingeiftiges, zuderbaltiges und
durch u Öle aromatifiertes Getränk, mit
röberm Wajjergehalt als ein Liqueur und ſtets
blau, grün, N. An i — eg: —
enzen werden au e direlt ala Zuſa
verwendet. Es gibt viele * R. die früber be⸗
liebter waren als jetzt; in ſüdl. Ländern ſind fie
noch am meiſten im Gebrauch.
Natakinſeln, ſ. unter Marſhallinſeln.
Ratanh el (Radix Ratanhiae) heißt eine
oeichäste, in ben Handel kommende Drogue, welche
aus ben getrodneten Murzeln mehrerer Arten der
Familie Volygaleen (Krameria Loeff.),
uptgattung einer Heinen, nad ihr benannten
ilie, bejteht. Die Kramerien jind ——
des tropiſchen Amerila, mit zerſtreuten, einfa
Blättern und achſelſtändi üten, melde aus
vier bis fünf gefärbten abfallenden KRelchblättern,
und ebenjo vielen verfchieden geformten Blumen:
blättern beiteben und kugelige, mit Hakenborſten
bevedte, einfamige Steinfrächte mit holzig leder:
artiger Außenhülle tragen. Man unterfcheidet drei
Sorten: bie gemeine oder peruvianiide Ra—
tanhbiawurzel, von Krameria triandra Ruiz et
Pav, in abitammend, die Savanilla: ober
Granada:Ratanbiawurzel, von einer unbe:
kannten Art herrührend, und die Tehas:-Ratan-
biawurzel, welche die in Texas und Merito hei:
miſche K. secundiflora fiefert. Die R. wirb als
adjtringierendes und toniſches Mittel innerlich (in
Pulver: und Tinkturform) und — (zu Um:
ſchlãägen) angewendet. Sie enthält Gerbfäure (Ra:
—— erbfäure), Stärle, einen eigentümlichen kry⸗
ftallini hen Körper, das Hatanbin, einen Farbftoff
(Ratanhiarot) und eine eigentümlihe Säure,
bie Kramerfäure, welce in jharflantigen Pris:
men Iryftalliiiert und einen zufammenziehenden
Geihmad hat.
— Nat} 499
Ratdolt oder Rathold (Erhard), berühmter
Buchdrucker des 15. und 16. Jahrh., war aus
Augsburg gebürtig und kam 1475 nad Venedig,
wo er bis 1480 in Gemeinjchaft mit Beter Loslein
und Bernd. Pictor oder Maler von Augäburg
drudte; nachher führte er das Geichäft allein. Die
Ausgabe des Appian von 1477 let Zeugnis von
der Saönrit feiner Preßerzeugnijje ab. Seiner
Ausgabe de3 Euklid von 1482, dem erjten mit
mathem. Figuren verſehenen Drudwerke, lieh er
bei einigen Greniplaren die Zueignungsſchrift an
ben Degen Mocenigo nad) einer neuen Erfindung
mit goldenen Lettern vorandruden. Im J. 1486
fehrte er in feine Vaterſtadt zurüd, wo er bereits
1487 das ſchöne rot und jan: gedruckte Rituale
Ir die augsburger Diöcefe drudte, welchem bald
erte aus allen Wiſſenſchaften folgten. Er foll
auch der Erfinder der mit Blumen verzierten oder
aus Blumen guiemmen ejchten Buchllaben, ber
fog. Litterae florentes, En Geine Kunſt betrieb
er gegen — ver bi3 1516, in welchem Jahre
fein leßtes Wert, das lonſta Brevier, erſchien.
Rate iſt ein feitgefehter Teil, beſonders bei
— Abzahlungen einer Schuld, eine Ra:
tenzablung demnad eine Zahlung in beftimmten
periodiſch zu leiftenden Teilen. Ein Ratenwechſel
üt ein ratenweiſe zahlbarer Wechſel; ein folder iſt
wie in Deutſchland und HSfterreih-Ungarn, fa
überall ohne Wechfeltraft, beſiht diefe aber in Groß:
britannien, felbft wenn er, wie das bisweilen der
Fall, die caffatoriihe Klaufel enthält, vermöge
en die fpäter fälligen R. ſogleich geforbert wer:
den dürfen. Unter Ratenbriefgeihäften verfteht
man den Berlauf einer gewiſſen Anzahl Lotterie:
anleihe:-Obligationen (oft zu verſchiedenen Anleihen
gehörig) beftimmter Nummern dur einen Unter:
nehmer (gewöhnlich ein Bankhaus) gegen raten:
weije Abzahlung des feitgeftellten Breijes an ein:
zelne Käufer oder an desfalls gebildete Gruppen
von Kaufintereffenten. Dabei erhalten von Gr:
legung der erftenR. an diefe Häufer die bis zur gän;z-
fiden Abzahlung des Preifes auf die bezüglichen
Nummern etwa fallenden Gewinfte, während nadı
diefer Abzahlung die betreffenden Obligationen felbft
an bie Ginzeltäufer geliefert, beziehungsweife unter
die Mitglieder der Käufergruppe in natura verteilt
werben, welde lehtere bis dahin gemeinſchaftlich
auf die Gejamtheit der in Betradht lommenden
Anleihelofe fpetulieren. Bis zu diejer ihrer Aus:
lieferung bleiben die Obligationen in Verwahrun
und Verwaltung deö Unternehmers, weldyer Ser
die der Regel nad) hohe Preisſtellung feinen Nußen
findet, Die betreffende Urkunde, melde der Unter:
nehmer ben beteiligten einzelnen Käufern ausſtellt,
beißt Ratenbrief. Das * liche Geſchäft iſt na—
mentlich in Frankreich im > wur und war das
auch in Öfterreih, wo e3 aber jest verboten ift.
Pro rata (lat., d. i. pro rata parte) heißt wört⸗
lich foviel ala verhältnismäßig und wird fomohl
für gleichmäßige Teilzahlungen einzelner ala für
* mäßige Beyablun ——— Perſonen ge⸗
raucht; von dieſem Ausdruck ſtammt die deutſche
** Rate.
ntefan, ſ. Ratkau.
Ratel, |. Artal.
a A — vom), hervorragender Minera⸗
log, geb. 20. Aug. 1830 zu Duisburg, ſtudierte in
Bonn, Genf und Berlin und habilitierte ſich 1856
in Bonn, worauf 1863 feine Ernennung zum
32*
500
auferord,, 1872 die zum ord. Brofef or und Direltor
des Mineralogifchen —— olgte; die lehtere
Stellung legte er 1880 nieder. R.s wiflenf ftliche
Arbeiten ——* ſich über die geſamte Minera—
logie und Petrographie und über viele Gebiete der
Geologie; man verdankt ihm die genaue mineralog.
und dem. Unterfuhung vieler bemerfenäwerter
Gefteine des Rheinlandes, der Alpen und naments
lich Italiens. Jede der vielen und großen Reifen
die er faſt alljährlih nad der Schweiz und Tirol,
nad) den veridiebenften Teilen von Italien, bis
nad Calabrien und Sicilien, nad Skandinavien
nah Ungarn: Siebenbürgen, 1883 und 1884 aud
nad den Vereinigten Staaten von Nordamerila
und Merilo ausführte, ift immer von einem erheb:
lihen Gewinn für die — . Wiflen:
ſchaft begleitet geweſen. Nr ondere hat R. ſich
durch die Ermittelung der Irgftallographiichen Ber:
hältniffe einer jehr großen Neihe von Mineralien
verdient gemacht. ne hauptſãchlich in Poggen⸗
dorffs «Annalen», der Zeitfchrift der Deutichen
Geologiihen Gefellihaft und den Monatsberichten
der berliner Alademie veröffentlichten Unter:
ſuchungen über Kaltfpat, die verjhiedenen Feld:
fpate, 9 Tridymit, Leucit, Axinit, Eiſenglanz,
pidot, S lerotlas, Broolit, Sumit, ivianit,
Zenotim, Ampbibol und Pyroxen, Chabafit, Gold
u. {m befipen bleibenden Wert,
athenotw oder Rathenau, Stabt im Welt:
—— chen yayı des preuß. Regierun sbezirts
otsdam, rechts an der Havel, 75km im Weſtnord⸗
weiten von Berlin an der Linie BerlinsLehrte der
reuß. Staatsbahnen, Siß eines Landratsamts und
tsgerichts, hat eine Hauptlirche mit einem neuen
ot. Turme, eine hölzerne Havelbrüde, ein altes
bot, auf dem Paradeplag ein fteinernes Stand:
bild des Großen Kurfürften, ein Realprogymmna:
fium, vor welhem ein Denlmal an die in ben
Kriegen von 1864, 1866 und 1870—71 Gefallenen
fteht, zwei Ho pi ‚ein großes ſtãdtiſches Kranlen⸗
gu und zählt (1885) 13072 meift prot. E. Die
Austisbeitenel e find Se bear ——
len, eine ———— abril und Ho on
dereien, Müblmwerle, —— für optiſche an treu:
mente und Dampfmajdinen; aud bat NR. viele
ie eleien und vier Dfenfabrifen. — R. wird ur:
undlich zuerft 1217 erwähnt und erbielt 1295
deutiches Stadtredht. Hier wurde 1394 der Statt:
balterder Markt Brandenburg, Lippold von Brebomw,
von dem Erzbiſchof Albrecht IV. von Magdeburg
und 14, Aug. 1627 das dän. Heer von den Kaifer:
lihen unter dem Herzog Georg von Lüneburg ge:
ſchlagen. gm Febr. 1414 ward vom Burgarafen
riedrich IV. von Nürnberg im 2 gegen die
uihows und Genoflen die Burg R. gebrochen.
Am 24. Nuni 1427 fand zu R, ein Vergleich zwischen
dem Kurfürften Friedrich I. und dem Herzog fo:
hann von Stargard ftatt, in dem lehterer, der Haft
entlajfen, Land und Leute von Brandenburg zu
Lehn nahm. Am 6. Sept. 1636 übergab die ſchwed.
Beſatzung die Stabt ohne ernftlidhe Gegenwehr dem
al. General Klißing. Sie wurde 1637 von den
Schweden wieder bejekt und 15. Juni 1675 durch
fiberrumpelung feitend des brandenb, Generals
Derfflinger von den Schweden befreit. Vol. Wag:
ner, «Dentwürdigleiten der Stadt R.» (Berl.1803).
Rrathiin, Bafaltinfel an der Norboftküfte Krs
lands, im Norblanal, mit Leuchtturm an der nord:
öſtl. Spike, aehört zur Grafſchaft Antrim der Pro:
Rathenow — Natibor
vinz Ulfter, zählt etwa 750 gäliſch ſprechende E.,
teild Bauern, teild Fiicher, und hat Gartenbau,
Schaf: und Pferdezugt. R. hieß ehemals Read:
rain, Radlin o —
Rathmines, eine füdliche Vorſtadt von Dublin,
Nathold, f. Ratdolt.
Natibor, Kreisftabt im preuß. Regierungsbe:
irt Oppeln, früher Hauptftabt bes ——
ürftentums, liegt am Iinten Ufer der Oder, die
ier {hiffbar wird, Station der Linien Kofel-Oder:
erg und R.:Leobihüg der Preußiſchen Staats:
bahnen. Die Stadt iſt Siß eines Landratsamts,
Land», Schwur: und Amtsgerichts und einer Reichs
bantnebenitelle, und hat zwei tath, und eine evang.
Kirche, eine Synagoge, ein 1819 eröffnetes ©
ium, ein Realprogymnafium, drei höhere Töchter:
Aulen, eine Strafanftalt, eine Taubſtummen⸗
anftalt, ein —— ein Waiſenhaus und
mehrere Hofpitäler, eine eiſerne brüde und
eine Eifenbahnbrüde und zählt (1885) 19536 meift
tath. E. Unter den Fabriken find die für Tabat,
Zuder, — —— Maſchinen, Schu m und Eifen:
open! ervorzubeben. ee ie Eifenbahnver:
indungen und die Flußſchiffahrt . tigte Handel,
bejonders mit Holz und Getreide, tft bedeutend.
Der Kreis Ratibor, der auf 858 qkm (1880)
126460 €, zählt, bildet den Hauptbeftanbteil des
rer reichsunmittelbaren Fürftentums
atibor, das etwa 990 qkm umfaßte,
1532 unter eigenen Herzögen ftand, dann aber
Gigentum des öiterr Kaiferhaufes war, bis es durch
den Breslauer Frieden von 1742 an die Krone
ag ni lam. Die Herrichaft mit dem in der Näbe
der Stadt R, liegenden Schloſſe R. und mehrern
von der Krone Preußen binzugefügten Kloftergütern
wurde 1822 um Mebiatjgr tentum Ratibor
erhoben und dem Landgrafen Victor Amadeus von
——— als Entihädigung für feine 1815
an Preußen abgetretenen Befigungen in ber
Graffhaft Rapenellnbogen und in Kur
diefeg wieder an Naflau und Hannover überlich,
uteil, Als die Linie eg ae, mit dem
ode des Landgrafen Victor Amadeus 1834 im
Mannsſtamm erlofch, fiel das Fürftentum R. durch
Ieftament dem Prinzen Victor von —
Waldenburg⸗Schillingsfürſt zu ff 90 AR,
der indes erft nach einem Prozeß mit der Furbefl.
Regierung in den Befik desselben gelangte und 1840
für majorenn erllärt und vom König von Preußen
zum Seriog von Natibor erhoben wurde, Das
ebige mittelbare Dee tum Ratibor liegt jers
Fre in den Kreiſen R,, R vu und Leobjhüß und
ft faft nur von tath., teilweife polnifch redenden
Bewohnern bevöltert.
Natibor (Victor Morik Karl, Fürft von Corvey,
ie von Hohenlohe: Waldenburg: Schillin für,
erzog an) Präfident des preuß. H ufes,
eb. 10, Febr. 1818, ftudierte in Göttingen, Bonn,
Heidelberg und Caufanne Rechts: und Staatswiflen:
en, bie
ichaften und neuere Spraden, übernahm dann die
Leitung der Verwaltung feiner ausgedehnten Be:
itglieb der enlurie
[bungen, war 1847
es preuß. Vereinigten Landtags, gehörte von
1849 bi3 zur Bildung des Herrenhaufes der zen
Kammer an und trat dann als erblidhes ied
in das Herrenhaus, deſſen ——— er ſeit 1. Jan.
1877 iſt. Im J. 1850 gehörte er dem Deutſchen
Parlamente in Erfurt und feit 1867 dem Nord»
deutichen und Deutichen Reihstage an, wo er ſich
Natid — Nationalismus (philoſophiſch)
der Deutichen ge anfhloß. In den Feld:
be ee 1866 * 1870/71 nahm er als Vorſihender
Vereins der Schleſiſchen Malteferritter an
——— Krankenpflege teil. Im Juni 1884
urde er Mitglied bes a Staatsrats.
(Ratihius, Ratke, Wolfgang), Schul:
* rd 1571 zu Milfter in rl ftudierte in
Rofoi Iheologie, widmete fi aber dann dem
Schulamte und ging nad England und von dort
nad Holland, wo er acht jahre lebte. Später lebte
er * Weimar, in Augsburg und andern fühdeut-
fhen Orten, Im J. 1618 errichtete er in Köthen
nad feinem P ane eine Lehranſtalt, wurde aber
wegen ſeiner — acht Monate lang gefan:
gen ne ern Auch der Verſuch, in Magdebur
* —*— zu gründen, mißlang. Er ſtar
635. Er wollte von der Anf Ihauung zum Bes
2 vom Einzelnen zum Allgemeinen übergehen
und jtrebte eine Konzentration des Unterrichts an.
Bol. über R. fünf Programm: Abhandlungen Herm.
Agathon Niemeyers i in Halle aus den } 1840—43
und 1846, ferner die Schriften von Kraufe (Lpz.
1872 Sch (e * und Schumann ——
tien.
Ratifikation (at.) oder Ratihabition
heißt die Genehmigung einer Verhandlung oder
eines Geihäfts, welches von einem andern ent:
weber infolge eines erteilten Auftrags oder aud)
* ſolchen vorgenommen iſt; im erſtern Fall i r
Ausdrud atifizieren, im leptern Nat
babieren —— Von Ratihabieren ſpricht
man aber —* nn, wenn ein anderer gehandelt
ba dejien Handlung des Konſenſes des Nati:
abierenden bedarf, ja felbit dann, wenn jemand
—* oh nichtig de anfehtbar eingegan enes
nadträ * ür gültig erllärt (ſoweit
zen möglich ijt). Be diplomatiſchen
* lungen —3* chlüſſen und Verträgen
*5 m R. vorbehalten. Sie kann
ohne der Gründe verweigert werben, in
welchem Fall das ga “ nze Geichäft ala nicht geichloffen
u betrachten ift. Wird fie erteilt, fo pflegt fie von
en ten beider Teile in einem Mo:
ment ya gegeben und empfangen oder aud:
ewechjelt zu werden. Ein Bevollmächtigter, welcher
ie Sat fationdurfunde aus der Hand gäbe,
obne zugleid) die gesenfeitige zu empfangen, würde
ſich einer großen erantwortung ausſehen. Die R.
gene * die Verhandlung, wie ſie geſchloſſen iſt;
die hat alſo das Satum des Abſchluſſes,
nicht de — Natibabition kann jowohl
—— als ſtill hd durch Handlungen
erllärt werden; wer wi und Vorteile anninımt,
welche ihm ohne das Gejchäft nicht zulommen wür:
den, m ie 2 die Verbindlichleiten anerkennen.
Wer wiflentlih zur Begehung eines Verbrechens
— rt, wird dadurch Teilnehmer (Gehilfe) des
n3 jelbR, wenn auch in geringerm Grade
als ber, welder dasſelbe mit verüben half, ebenſo
wer dem Verb nad der That noch ga
leiftete, um den Zwed derſelben zu erreichen,
bürgerlihen S Sachen kann nur ber giftig —ã
Ey — das Geichäft 9— ey hätte ein:
ge * nnen. (Val. Bee nebmigung.) ,
Natin (vom fry. ratine), * tuchartiger Wollſtoff,
—* we av dad Br * weiche gelegte —*
zahlloſe einzeln oder reihenweiſe ſte
oder Zopfchen zuſammenge ch ee ET
1876). | im Kriege zumeilen nicht zu befchaffenden
501
Natingen, Stadt im *— * ngabeiirt
und im Landkreife Düffeldorf, 10 km im NND, von
Düfleldorf, am Angerbah, Station der Linien
Dr eldorf » Steele =. Speldorf - Niederlabnitein
reubiichen Staatsbahnen, Sik eines Amte;
ge ts, hat (1885) 5561 E., eine evang. und eine
I ‚Parziräe, alte Stabimauern mit Fr
abrifen von Papier, Watte, Maſchinen, Dad):
—— und feuerfeſten Steinen, ——
eine Kallbrennerei, eine Dampfma (müble und
Fer Nöhrenteffelfabrit. 3 In der Näbe liegen die
F Iten wohlerhaltenen Burgen am Gräfgenftein und
Da um Haus,
Ratiniermaf ni eine mechan. Vorrichtung
zum Natinieren, r pe Zufammenfnoten der
en
Ben bei — toffen.
ooinatio (lat.), rbetorifche Figur, bei wel:
su Br "ging! um feine Meinung Har zu maden,
ſich fe ha die Urfache einer Behauptung fragt.
— nie ne die tägliche Menge des
une für ein ae tier im allgemeinen.
ie beſteht gewöhnlich aus * Heu und Strob;
legteres teilweife zur Streu b bejtimmt, Statt *
er
werden andere, wenn auch weniger zuträgliche Ge—
treidearten efüttert, oder der Mangel wird wuns
Ößere Lieferung an Heu erfept, Es bejtehen von
chiedene Säpe für die R. " Tehte und *
ne dem Pferdeſchlag Friedend«, Marich:, Fe
rationen nad den erforderlichen Anitren unan.
In neuerer Zeit werden auch fomprimierte
dem Nährwert der friſchen entſprechen, —52
und im Bedarfsfa ——*
National (vom dat. ratio, Vernunft) ober ra»
tionell verfährt derjenige, welcher den von der
Erfahrung dargebotenen Grfenntnieo nicht un:
mittelbar für den Ausdrud oder Abſchluß des
wahren Wifiens bält, fondern benfelben einem
prüfenden, umbildenden, berichtigenden und erwei-
ternden Denten unterwirft. Der Gegenfab von
rational oder vernunftgemäß ift irrational.
In der Mathematik heißt das rational, was
fih durch ein beftimmtes ablenverhältnis aus:
drüden läßt; eine Zabl ift aljo rational, welde
durch die Einheit oder Teile derjelben ſich vollftän:
dig ausdrüden läßt, Irrational ift, was durch
fein beftimmtes — darſtellbar iſt.
ationalismus im philoſ. Sinne bezeich—
net denjenigen erfenntnistheoretijchen Standpunft,
welcher die Quelle der philoſ. Erkenntnis nicht in
der Erfahrung, fondern in der Vernunft, nicht in
Zhatjachen, Pondern in den Gefehen des Denlens
und den daraus allein entipringenden Begriffen
ſucht. —— können hauptſaͤchlich die Eleaten
und Platon als Rationaliſten bezeichnet werden; in
der Geſchichte der neuern Philoſophie bildet der R.
eine dem Empirismus entgegengefehte Entwide:
— welche * Descartes durch deſſen
chule und Spinoza bis zu Leibniz und MWolif
an bis der durch beide Richtungen repräfentierte
Begenfa ww. De böbere Aufafi jung, mit ber
rc bei F leich überwand, mehr ——
allgemeinerer vebeutun verſteht man
ann 3 R. au basjelbe wie Ruf Ehrung (f._d.).
Bol. W * 2 Ledy, «History of the rise and in-
fluence of the spirit of rationalism in Europe »
(3. Aufl., Lond. 1866; deutſch unter dem Titel
«Geicichte der Aufklärung i in Europa» von H. Jolo⸗
wicz, 2. Aufl., 2 Bde. 2py. 1870-71).
502
Rationalismus im theol. Sinne nennt man
* gene Ende des 18. und Anfang bes
ahrh. weit —— theol. Richtung, wel
—— eig rate rich reif —
nisv en» betra und en fo ig
die Entiheidung über die Frage —— *
Beſtandteile der lirchlichen Glaubenslehre als we:
ſentlicher Kern der chriſtl. —— welche dage
nur als lokale und temporelle Zuthaten —— *
ſeien. Den Gegenſaß zum R. bildet der Super:
naturaliömus, welder die Unterordnung der
Vernunft unter die Autorität der Heiligen Schrift
fordert und die Entſcheidung darüber, was ala
—— Wahrheit geglaubt werben müfle, lediglich
von der — en Ausmittelung des Schriftſinns
abhängi t. Das altorthodore Dogma war
get m Itte —* 18, Bad: durch den ——
die Wolfſche Philoſophie bereits vielfa
— als unter dem Einfluß des engl. =
mu3 und ber franz. Encyllopädijten aud) in Deutſch⸗
land das Zeitalter der jog. Aufllärung hereinbrach,
welche da3 ganze Fundament des kirchlichen Dogmas
> ge ftellte, die —— von een
übernatürlichen Dffe famt dem Wun
glauben verwarf und bie dir chriſtl. Religion durch eine
allgemeine —— welche rein moraliſche
——— lehre, erfeßen oder -: — ſo weit
elten laſſen Kr als fie mit leb ein:
imme. Im Unterf ie von im Raturalis.
mus ſchlug nun der nen Mittelweg ein, indem
er formell den Su — materiell den
Naturaliften beipflichtete. Indem er die VBorftellung
einer übernatürlichen Offenbarung, d. h. nad) da-
mal3 allgemein beitehenber Rang ir einer
übernatürlihen Belehrung Menſchen durch
Gott, kritiſch unterſuchte, lam er zu dem Ergebnis,
daß vie Möglichkeit derſelben nicht zu beitreiten ſei,
die Anerkennung ihrer Wirklichleit aber von einer
Prüfung ihres Inhalts abhänge. Ob etwas über:
natürlich offenbart fei oder nicht, fönne nur die
Vernunft enticheiden, mit welcher die Offenbarung
nicht im Widerfpruch ftehen könne. Die von den
Supernaturaliften feitgebaltene Annahme überver:
nünftiger Wahrheiten wurde verworfen, weil das
Übervernünftige ein Widervernünftiges fei, und
nur zugeftanden, dab Gott durch übernatürliche
Beranftaltung den Menihen Bernunftwahrbeiten
EuE mitgeteilt haben könne, als fie, ſich ſelbſt
überlaffen, auf diefelben aelommen fein würden
oder etwa verloren aegangene Wahrheiten auf
jenem außerordentlichen Wene für das menfchliche
Bewußtſein wieder aufgefriiht habe. Dennod
wollte aud) der R. an der Autorität der Bibel feit:
halten und behauptete, fid) im vollen Einveritänd:
nis mit ihrem wahren Sinn zu befinden. Da er
aber ebenjo wie der Naturaliämus die Wunder als
widernatürlidy verwarf, fo — er das Wun⸗
derbare aus den bibliſ ichen Erzählungen durch die
og. natürlihe Auslegung, und deutete die dem
Zeitalter fremd gewordenen religiöfen ge
gen der Bibel entweder um oder ſchaffte fie durch
die Annahme fort, daß die — Schriftſteller
ſich nur aus pädagogifchen Gründen an die jübd,
oder heidniſchen Zeitmeinungen — uemt hätten.
2 uf Weiſe behielt man als wejentlichen In:
der Schrift nur die fog. vernünftigen Wahr:
ten übrig, unter denen der ge ewöhnliche N. die
drei höchſten «Bernunftideen» Gott, Freiheit und
Unjterblichkeit al3 notwendige Bedingungen alles
Nationalismus (theologiſch) — Nationelle Formeln
moraliihen Handelns begriff. Hiermit —*
man zwiſchen Chriſtentum und Vernunft
geſtiftet, die Autorität der Bibel gerettet a uud m
glei den ze... Forderungen des
T jr“ vn * leicht, die Shwädhen
s iſt gegenwärtig leicht, die Schw >
N. zu erfennen. Seit feiermadher wiflen wir
dab weder die Bibellehre das Chriftentum, ned ie
religiöfe Boritellun 0 oder Lehre die Religion it.
(S. Religion.) RNicht minder war es eime
flühtigung des religiöfen Gehalts bes Ehriften:
tums, denjelben einfady auf Morallehre zu rebu:
jieren. Es ift au verwirrend, die Bernunft als
«religiöfes Grfenntnigvermögen» en,
d. h. den religiöjen Inhalt aus ik zu
wollen, da diejer nur aus der innern
der Frommen entnommen werben lann. Auch die
—*— es der engen Ey, ß
er Bibel liegt gegenwärtig offen zu ‚un
inäbejondere die natürliche Aust ber Biber
Aber jelbjt vor einem ſchärfern philof.
fonnte jener R. nicht beftehen. Sn was er er
—— * — eiten nen in
nunftwahrheit betrachtet hatte, war
der Forni, die dem R. über jeden * erhaben
ſchien, felbft nur ein Niederſchla
Zeitbildung. Andere gegen un ge on "
lagen, wie feine Nücternbeit und platte Ber
ftändigteit, jein philof. und äſthetiſches
mögen, feine äußerlihe Moral mit ihrer Bert:
gerechtigteit und Zugenbjeligleit u. a. m.,
nit ſowohl ihn jelbit, al3 das ganze
Dennod find die großen BVerdienfte, welche is der
R. erworben hat, nicht zu unterichäßen; denn indem
er auf die innere Einheit aller menfchlihen Er:
lenntnis drang , hat er die unklare Lehre von über:
vernünftigen Wahrheiten fiegreih befämpft, und
gegenüber der blinden ee ne unter äußere
Autoritäten das unveräußerliche „2 >
jelts, nichts für wahr an —*
eigenen Innern des Menſchen feine
findet, aufs nahdrüdlichite —* *
Forderung, alle Überlieferung,
der Bibel enthaltenen, auf i Ar.
balt hin zu prüfen, ift den — —
gen der * und der Kirche Te ebenfo be:
rechtigt als feine an die vermeintlichen übernatür-
lichen Thatſachen angelegte Kritik. Burn beſonders
bedeutſam aber iſt die durch den R. ge⸗
ſchichtliche Forſchung über die menfi Ent:
ftehung der Bibel und ihre Behandlung nad) den-
jelben kritiſchen Grundfäsen, die für alle andern
Litteraturprodufte gelten, geweien. ‚Gerade bier
at er durd) eine Neihe von ſcharfſinnigen umd ac-
ehrten Werten den Grund zu umierer nemern
Bibelkritit und Bibelertlärung gelegt. Auch auf
praltiihem Gebiet hat er in einer refigiöfen
terefien abgewendeten Zeit verjöhnend umb ver:
mittelnd gewirkt und neben. feiner
Hochachtung für die Perſon age Ebrifti,
niemals verleugnet hat, die fi iche Seite des
jtentums im Bemwußtjein der Zeitgenofien
zu ‚erhalten geſucht.
Val. Stäudlin, «Geſchichte des R.» (Gött. 1826);
Franf, « Saaate des N. und feiner Gegenjähe »
(Xp. 1875
Rationell, j. Rational.
Rationelle Formeln, j. unter Chemiſche
Formeln,
Natisbona — Nattazzi
Ratisböua, neulat. Name für Regensburg.
Ratisbonne (Louis Guftave Fortune), franz.
Shriftiteler, geb. 29. Juli 1827 zu Straßburg,
ftudierte in Paris. Sein erftes Wert war eine
preisgefrönte Überfekung von Dantes «Divine Co-
medie» (4 Bde., 1852—57) im Versmaß bes
Driginald. Ferner eridienen von ihm zwei Bände
Dichtungen: «Au printemps de la vie» (1857) und
«Les figures — (1865); ein einaltiges Drama
in Verſen: «Hero et L&andre» (1859) und viele
nit großem Beifall aufgenommene Jugendichriften:
«Comedie enfantine» (1860, von der ranzöfiichen
Atademie 1861 gekrönt), « Dernidres scenes de la
Comedie enfantine» (1862), «Les petits hommes»
(1868), «Les petites femmes» (1871). Als Tefta:
mentsvollftreder feines Freundes Alfred de Vigny
ab er deſſen Nachlaß heraus: «Les destinces»
1864) und «Le journal d’un potte» (1867). Bon
1873 bis 1876 gehörte er der Nebaction des «Jour-
nal des Debats» an,
an,
Ratfau, Dorf, 8 km nörblic) von Lübed, wurde
— * durch die 7. Nov. 1806 von Blücher (f. d.)
abgeichloffene Kapitulation, durch welche der Reit fei:
nes Korps (4050 Mann —— 3750 Mann Ha:
vallerie und 16 Geſchutzeſ in franz. Kriegsgefangen⸗
ſchaft — Die Truppen Bluchers hatten weder
* egung noch Munition, als ſie lapitulierten.
atounean, Inſel bei Marfeille (f. d.).
‚ Ratrammus, Theolog des Mittelalters, Mönch
in dem Klofter Corbie, geb. Anfang bes 9. Jahrh.,
geit. nad) 868. Sein Sauptmert ift feine berühmte,
im Auftrage Karls des Kahlen abgefaßte Schrift
über das Abendmahl: «De corpore et sanguine
Domini», in welder er feinen Zeitgenofjen Paſcha⸗
fin Radbertus (f. d.) und ber von ihm verfochtenen
Transſubſtantiationslehre ſcharf entgegentrat und
die Anſicht aufftellte, daß Leib und Blut Ehrifti nur
miyſtiſch und figürlih im — ——— vorhanden
ſeien. Die Schrift, im Mittelalter lange Zeit un:
befannt, rief nad) der Reformation, als ſich beſon—
ders die Reformierten für ihre Abendmahie an
ſchauung darauf beriefen, eine ganze Litteratur ber:
vor. Nicht minder berühmt find bes R. vier Bücher
«Contra Graecorum opposita», in welchen er gegen
Photius, den Ratriardien von Konftantinopel, die
Abweihungen der abendländiihen Kirche von der
morgenländifchen in Lehre und Kultus redhtfertigte.
Eine Gefamtausgabe feiner Werte ift in Mignes
«l’atrologie» (Bd, 121).
Ratfche, Ratihbohrer, Bohrratſche oder
Bohrinerre( . pergoir ä rochet; engl. rock-
drill, ratchet-dnill), f. unter Bohrer und Bohr:
na akfehty (Jof w der Did
of. Franz von), ſatiriſcher Dichter,
eb. er 21. Aug. 1757, begann zu Wien
cine Laufbahn im Staatödienit. Nachdem er zu
Lemberg, Linz und zulept in Wien Präfidialjetre:
tär geweien, wurde er bafelbit 1806 Hof: und
Staatsrat. Er ftarb zu Wien 31. Mai 1810.
Sein eriter ſchriftſtelleriſcher Verſuch war das
Eingipiel «Weib und Rofenfarb» (Wien 1773),
welchem verſchiedene dramatiihe Arbeiten und
zwei Sammlungen feiner «Gedichte» folgten. Bon
1777 bis 1796 gab er, und zwar feit 1780 in
Gemeinihaft mit Blumauer, den «Miener Mufen:
elmanadı» heraus. Am berühmteften aber wurde
er als Verfaſſer des «Melhior Striegel» (Wien
173 —94; neue Aufl. 1799; neue Ausg., Lips.
503
forrefter, Butler3 «Hudibras» nachgeahmter Form
Poeſie und Wis enthält.
‚NRätfel (altdeutſch rätsal, raetsel, eine Wort:
bildung wie Mübjal, liberbleibfel, eigentlid eine
zum Naten aufgegebene ſchwierige Frage) heißt die
umſchreibende Darftellung eines nicht genannten
Gegenitandes, um dad Nachdenken des Leſers oder
Hörers — Auffinden oder Erraten desſelben zu
reizen. Es gehört mithin zu den Spielen des Wites
oder Scharffinns und ift um jo volllomntener, je
mehr e3 ſolche Eigenſchaften des Gegenjtandes her:
vorhebt, die er mit andern gemein hat, aljo abficht:
lid) den Ratenden irreführt, und doc) bei aller ab:
ſichtlichen Dunkelheit zugleich ſcharf und bejtimmt
ift und, wenn aud) in — Form, alles an:
führt, was zur ausſchließlichen Bezeichnung des
Gegenitandes erforderlich ift. Nebenarten find die
Charade (f. d.) und der Logogriph (f. d.). Ein teil:
weije durch Bilder und Zeichen dargeftelltes R. iſt
der Rebus (f. d.). Das R. hat feinen Uriprung im
hohen Altertum. Bei den Griechen, die es Inigma
nannten (eier änigmatiſch foviel wie rätiel-
haft), Schloß es ſich in den * Zeiten an die
gnomiſche Dichtung und an die Drakelſprüche an;
e3 war daher meift in Herametern verfaßt. Zu den
ältejten diefer Art rechnet man das R. der Sphinr.
Die griech. Dichter miſchten gern rätjelartige Sinn:
iprüge in ihre Dichtungen ein. Vie Römer fanden
am N. weniger Geihmad, Dagegen war dasjelbe
bei allen german. Stämmen von ältefter Zeit an be:
liebt. In Deutihland hat man dem R., wie ander:
wärt?, durch die poetifdhe Form größern Nachdrud
und Reiz zu geben geſucht. Ausgezeichnet find die
Kätjel Edillers. ber in kunſtleriſch⸗ſchoͤner Einklei⸗
dung die einzelnen Merkmale zu einem anfchaulichen
Ganzen verband. Die erfte deutſche Rätſelſamm—
[ung erſchien 1505 in Straßburg (neue Aufl., Straßb.
1876); eine Sammlung alter Vollsrätſel enthält
Simrods «Deutihes Rätfelbudhe (3. Aufl., Franff.
1874); unter den vielen neuern Sammlungen
find hervorzuheben: Ohneſorgens Rätjelalmanad)
«Sphinz» (6 Bde., Berl. 1833—36) und W. R.
Hofmanns «Großer beuticher Rätielihak» (2 Bde.,
—— 1874). VBgl. Friedreich, «Geſchichte des N.»
(Dresd. 1860.
Ratspenſiouär, ſ. Penſionär.
Rattazzi (Urbano), ital, Staatsmann, geb.
29. Juni 1808 zu Aleſſandria, war Advotat am
Appellhof zu Cajale, als ihn jeine Vaterftabt im
Frühjahr 1848 zum Abgeordneten wählte, und ver:
trat diefe ſeitdem ohne Unterbrehung im jubalpis
niſchen wie fpäter im ital. Parlament. Als nad
dem Sturz des gemäßigten Minijteriums Balbo
Pinelli (28. Juli 1848) ein neues Kabinett aus
Lombarden und Piemontejen unter dem Grafen
Cafati zur Regierung fam, wurde N. zum Unter:
richteminiſter indemjelben ernannt. Doch trat ſchon
nad wenigen Tagen infolge des Waffenftillitandes
vont 9. Aug. dies Minifterium wieder zurüd. R. ges
fellte ſich wieder der damals durch Gioberti ge:
führten Oppofition zu, welde mit Ungeftüm auf
Grneuerung des ** gegen Oſterreich drang.
Im «demokratiichen» Miniſterium Gioberti (Dei.
1848 bis Febr. 1849) hatte R. das Vortefeuille der
Juſtiz und übernahm nad) dem Nüdtritt Giobertis
das Minijterium des Innern. Nach der Niederlage
der Piemonteſen bei Novara (23. März) mußte gr
mit feinen Slollegen am %. März abtreten. R. g0:
1875), eines heroiſch· epiſchen Gedichts, welches in | jellte fich abermals der Oppoſition zu, welde den
504
Frieden mit Öfterreih verwarf und bas Kabinett
d’Azeglio zur Auflöiung der Kammer und zur
Proffamation von Moncalieri zwang. In der
neuen Kammer trennte er fi) von ber rabifalen
Vartei und begründete eine das linke Centrum bil:
dende Mittelfraltion, die er fo geichidt leitete, dab, | Fü
ala Graf Cavour, Finanzminifter im Kabinett
d'Azeglio, eine energiichere geint für angemeflen
bielt, er ſich der Unterftüßung Sund hin Terre
verficherte, Diefe Verbindung des rechten Gentrums
mit der Partei R.s erhielt den ſeitdem hiſtoriſch ge:
wordenen Namen des «Gonnubio»,
Die hierauf erfolgende Wahl R.s zum Kammer:
präfidenten brachte zunächſt eine Minifterkrifis und
den Austritt Cavours aus dem Minilterium im
Mai 1852 zu Wege, allein ſchon im November
folgte auf das Minijterium zangle ein neues
unter dem Vorſiß Cavours, in das R. im Dft. 1853
als Minifter der Zuftiz eintrat. Später, 16. März
1854, übernahm er auch das Portefeuille des
Innern. An feine Verwaltung Inüpft ſich befon:
ders das von Nom und bem Klerus dertig bes
een ser welches bie Aufhebung eines Teils
der Klöjter und anderer geiſtlicher Körperfchaften,
fowie die Gründung einer zur Beltreitung der
Kultusloſten beftimmten en 2 verfügte. gm
Anfang 1858 trat R. aus dem Minijterum Ca:
vour und wurde im Juli nad Cavours Rüdtritt
Minifter des Innern, bis er Anfang 1860 wieder
Gavour weihen mußte. Als im Febr. 1861 das
neue ital, Parlament zufammentrat, wurde R. zum
Präfidenten besfelben gewählt. Im März 1862
bildete er nad) dem Sturz de3 Kabinetts Ricafoli
das erjte Minifterium der Linken. R. ſah ſich aber
genötigt, die Unternehmungen_der Aftionspartei
gegen Oſterreich (Vorfälle von Sarnico u. ſ. m. im
Mai 1862) und gegen Rom (Treffen bei Aspro—
monte im Augujt) gewaltiam zu unterbrüden.
Iroß dieſes energijchen Auftretens gegen bie Revo:
lution vermochte er von Frankreich Feine Kon:
zeſſionen in der röm. Frage zu erwirfen, und fo er:
lag feine Regierung der allgemeinen Ungunjt im
Dez. 1862. Als das zweite Habinett Nicafoli im
April 1867 zurüdtrat, wurde N. wieder Premier:
minijter, verwaltete das Minijterium des Innern
und fpäter auch das ber Finanzen. Gr erwirlte
die Zulaſſung Htaliens zu der über die Qurem:
burger Frage beratenden Konferenz in London und
ſchloß einen Vertrag mit Öfterreih ab. Dagegen
erwarb fich die von ihm und dem Finan dr
Ferrara vorgefchlagene Löjung des Problems der
ee er Kirchengüter nicht den Beifall des
Landes und de Parlaments. Am 20. Dit. nahm
er der drohenden Haltung Frankreichs wegen feine
Entlaffung. Er blieb jedoch Haupt und Führer der
Linlen bis zu feinem Tode, der 5. Juni 1873 zu
Froſinone erfolgte. Sein Denkmal in Aleſſandria
wurde 30. Sept. 1883 enthüllt. R. war ein Mann
von außerordentlich ſcharfem Verſtand und großer
Gewandtheit. Er beſaß ein bedeutendes Redner:
talent und alle die Künfte, “un welche fich eine
gg Verfammlung beberrichen läßt.
och ward ihm Mangel an wahrhaft ——
ſchem Blid, ſowie an Feſtigleit und Aufrichtigleit
vorgeworfen. Seine Reden wurden nad ſeinem
Tode von Giovanni Scovazzi herausgegeben («Dis-
eorsi parlamentari di Urbano R.», 8 Bbe,, Nom
1876—80). Vol, Morelli, «Uchauo R., saggio
politico» (Babua 1878).
Ratten
Seine Gemahlin, Marie R., geb. 25. April
1835 , ift die Tochter des SJrländers Thomas Wyſe
(geft. 1862 als brit. Gefandter am Hofe zu Athen)
aus deflen Che mit ber ig lee Lätitia Bona:
parte, ber Tochter Lucian Bonapartes (f. d.),
rſten von Canino. Wyſe trennte fih alsbald
von feiner Gattin wegen beren ärgerlihen Lebens:
wandels, und letere lebte in —2 wo ihre
Tochter auf Veranlaſſung König Ludwig Philipps
in dem Inſtitut für verwaiſte Offizierstöchter zu
St.:Denis erzogen wurde. Marie Wyſe erhielt
nad) abgelegter Prüfung das Diplom als Lehrerin
er die Primär: und Sekundärſchulen und ver:
eiratete fih 1850 mit_einem Eljäffer, Friedrid
Solms. Sie trennte fih aber bald von —*
Gatten und hielt ſich 186260 abwechſelnd in
Savoyen und Nizza im vertrauten Umgang mit
verfhiedenen litterariihen Größen (Eugen Sue,
Ponſard u. f. FR auf. Nachdem fie 1860 nad
Paris zurüdgelehrt, ging fie 1862 eine Che mit
dem ital, Staatämann ein, nad deſſen Tode fie
fih mit einem reihen Spanier, Ramen3 Rute,
verheiratete, Ihre zahlrei belletriftifchen, polit.
und andern Schriften erheben fi nicht über die
Mittelmäßigleit. Unter ihren Romanen find zu
nennen: «La röputation d’une femme», «Made-
moiselle Million», «Les mariages de ce sitcle»,
«Les mariages de la Cr&ole» (8, Aufl. 1883), «Le
piöge aux maris». Ferner ſchrieb fie: «R. et son
temps. Documents» (Bd, 1, 1881), «Le Portugal
à vol d’oiseau» (1883).
Ratten nennt man einige große Arten ber Gat—
tung Maus (f. d.), von denen e3 in Deutſch—
land nur zwei gibt: die ſchwarze Ratte oder
Haußratte (Mus Rattus) und die Wander:
ratte (M. decumanus), Die Haudratte ift dun-
tel-{hwarzbraun, etwa 18 cm lang, mit einem
19 cm langen Schwanz, und eriftierte, nad den
neuern Funden in Medlenburg und ber Schmweij,
(gem zur Zeit der Pfahlbauten. Sie ift dem Men—
chen überallhin gefolgt, aber jet an ben meijten
Drten durch die größere und ftärfere Wanderratte
vertrieben und ausgerottet worden. Überhaupt
lebt die ſchwarze R. ei in warmen als gemäßig:
ten Klimaten und fehlt ganz in falten Zändern.
Sie gräbt nicht fo eifrig wie die Wanderratte und
bat oft ihr Neſt unter Bimmerdielen, in Strob-
bädern oder lebt in verlafienen Gebäuden. Die
Wanderratie it rötlih:grau, zwiſchen den kur:
“ Haaren mit doppelt längern Borftenhaaren
efleivet, 20—26 cm lang, mit einem 18—
19 cm langen Schwanz. Crit im Anfang des
18, — tam dieſe R. aus Aſien nad Europa,
fie durchſchwamm nah Pallad 1727 in großen
Zügen die Wolga, wurde in England zuerjt um
1730, in Frankreich um 1750 und in den Ber:
einigten Staaten Norbamerilas um 1775 bemerft
und iſt jet ein über bie ganze Erbe verbreite:
ter, äußerjt läftiger und teilweife ſehr verderb:
licher Weltbürger. Sie läuft, klettert und ſchwimmt
gut, lebt gern ın der Nähe von Waſſer, weshalb fie
oͤfters mit ber Wafjerratte verwechjelt wird, und
räbt und wühlt mit großer Kraft und Ausdauer.
ie R. gehören p den am ſchwerſten ausrottbaren
unter ben auf Koiten des Menſchen ſich nährenden
zieren, find liftig, wild, biffig, mutig, gefräßig,
fehr fruchtbar, unreinlid) und lieben es, Zerjtörum:
en im größten Maßſtabe durchzuführen. Der
Rattenkönig ift nichts anderes als eine Geſell⸗
Rattenberg — Ratzeburg
[haft junger R., welche, in einem Neft mit zu
2. Ausgang geboren oder durch andere Zufäl-
ligteiten gefangen, fih mit den Schwänzen ver:
midelten und, weil die lektern von einer dem
Weichſelzopf ähnlichen Krankheit ergriffen wurden,
mit den Shwänzen zufammentlebten. ——
des Rattenlönigs, mit dem . der Aberglaube
viel beihäftigt hat, finden fih in manchen ältern
Sammlungen. Die Wafferratte (Hypudaeus
anphibis) gebört einer andern Gattung derjelben
Familie an, Sie ift graubraun, zuweilen ſchwarz,
15—18 cm lang, mit einem viel kürzern Schwanze,
lebt in und an den Ufern von Teichen und ruhigen
dlüfen, nährt fih von Wafjerpflanzen und lbommt
niemal® in die Häufer. Sie ſchadet durch Unter:
mühlen der Ufer DerRktung der Pilanzungen und
Beraubung der Siib: und firebswäjler.
Nattenberg, Stadt in der Bezirlöhauptmann:
ſchaft Kufftein in Tirol, am nn, unweit der Süd-
bahnſtation Brirlega, iſt Siß eines Bezirksgerichts
und zählt (1880) 727 E. Auf dem Schloßberge be:
505
von Medlenburg —— Aber 1596 bewog
der Herzog Auguft von gie ar Be
genanat uguft der ltere, zu Celle) durch große
pfer das Kapitel, ihn zum Koadjutor zu erwählen,
und nad) Karls Tode 1610 gelangte er zum Belik,
obwohl die Herzöge von Medlenburg mit gewaff:
neter Hand ſich dem mwiderfeßten. Nun kam es zu
einem Vertrag (29. Mai 1611 und 8. Aug. 1612),
demgemäß künftig die beiden Häufer Medlenburg
und Braunſchweig⸗Luneburg als Erbſchutzherren
des Stifs N. gelten und abwechſelnd immer einer
von ihren Prinzen zum Biichof gewählt werben
ſollte. Hiernad) folgte auf Biihof Auguft (1610
—36) der minn rlährige Derzog uftav Adolf von
Medienburg:Gnjtrom, der aber ſchon nach 12 Nah:
ren refignieren mußte. Dann ward im MWeftiäli:
ſchen Yrieben 1648 das Bistum N, fäkularifiert
und, zum Erſaß für die Abtretung von Wismar,
als erblides Yürftentum an den Deriog Adolf
I. von Medlenburg- Schwerin übertragen.
. blieb beim Haufe Schwerin, bis es durd den
finden fich die Nuinen einer alten Fejtung, in welcher — —— leich vom 8. März 1701 an
17. Juli 1651 Wilhelm Biener, «der Kanzler von | das Haus Strelig
Zirol», enthauptet wurde,
Nattenfänger von Hameln, |. u. Hameln,
Zeikngi
Natteninfeln, eine Gruppe der Aleuten (
Rattenfönig, ſ. unter Natten.
‚Rattenfchtwang (fr. queuederat, enzl.rat-tail),
eine Heine runde Feile. (S. unter Feilen.)
.d).
Nätter (Bergbau), eine Art Siebe zur Klaſſie⸗zä
rung von Kohlen oder erzhaltigen Maſſen nach ver:
ſchiedener Korngröße; fie fin
Stofrätter, je nad der Art der Bewegung.
Nah, ſ. Iltis.
t, ſ. unter Arſen (: KT nbunaen Lauenburg in
am, (S. J5 Val.
Maſch, «Geſchichte des Bistums R.» (Lübed 1835).
Nakeburg, Kreisftabt des Kreiſes Herzogtum
' ber preuß. Brovinz Schleswig : Hol:
ein, liegt mitten im Rakeburgerfee au einer
fel und ift im Diten und Weſten durch zwei
mme mit dem Feltlande verbunden. Auch die
Umgebung ift reih an Naturfchönheiten. R.
it (1885) 4281 E. ohne den Dombof mit 211 E.,
und ilt Station der Lübed:Bücener Eifenbahn,
Sclagrätter und | ſowie Siß eines Landratsamts und eine Amts—
erichts. Seit 1882 wieder Garniſon des Lauen—
urger Jägerbataillons Nr, 9. R. hat ein Gym:
Ratz,, bei naturwifjenichaftlihen Namen Ab: | nafium, ein Schullehrerfeminar und eine Gtabt:
breviatur für Julius Theodor Napeburg (f. d.).
Natzebuhr, Stadt im preuß. Regierungsbezirk
Köslin, Kreis Neuftettin, an der Zarne, einem
rechtsſeitigen Zuflup der Küddow,
Station (3 km | fiegt der Kirchort St. Georgs
tirche, während die Domlirche nebit dem fog. Dom:
bof zum Fürftentum Raßebur perl Unmittel:
ar vor der Stadt, am mei Ufer des Sees,
erg mit der älteſten
vom Orte) der Yinie Bofen:Neuftettin-Stolpmünde | Kirche im Kreiſe Herzogtum Lauenburg. Urjprüng-
der Breußiihen Staatsbahnen, Sik eines Amtäge:
xichts, hat (1885) 2327 E., Aderbau, Viehzucht, | Burg gleihen Namens,
Zudfabrifation und Wollipinnereien.
Rabeburg, ein zum Großherzogtum Medlen: | wurbe. raff
treliß gehöriges Fürſtentum, welches im | nahmen die Herzöge von Lauenburg bier ihre Reſi—
eur
SW. von dem Kreis Herzogtum Lauenburg der
preuß. Provinz Schleswig:
Holftein, im W. und N.
vom Gebiete der Stadt Lübed und der Trave, inı | währen
NO. und D. von dem Großherzogtum Medlenburg: | die neue Feluno ein Bombarbement
Schwerin begrenzt wird. Es gehören dazu mehrere | nen zu beite
Gnllaven in Lauenburg. Der Flächeninhalt des | fallenen Feſiungswerke * —
„»
Fürftentums beträgt 382 qkm mit (1880) 16600 E.
lich —— die Stadt R. unter dem S ” ber
welche ſchon 1062 urfund:
fi erwähnt und 1143 Gib der Grafen von N.
Nah dem Heimfall der Grafihaft R.
denz. Das feite * ward 1690 abgebrochen
und dagegen die Stadt R. befeltigt. Schon 1693
es Lauenburgiichen Erb — hatte
uch die Dä—
n. Grit 1819 wurden die längit ver:
Bol.
idmann, «Die Domlirche zu abeburg 1881);
Bon ber Stadt Nabeburg (f. d.) gehört nur die | Schmidt, «VBeichreibung und Chronik der Stadt R.»
tirche nebit dem fog. Domhof zum Fürftentum R, | und Umgehung»
u
Grit 6. Nov. 1869 erhielt dasfelbe eine land:
fhöne, um 1172 im roman, Stil erbaute Dom: | (Rapeburg 1888); Ecel — «N,
N
ftändifche Verfaflung.
dete dasſelbe eine Fa
Bistum, geſtiftet 1154 durch Heinri
In lirchlicher Hinſicht bil⸗wiſſenſ —52
poſitur (Propftei) mit acht | 1801 IR Berlin, ftudierte bafelbit Me
Pfarren. Das Fürftentum war uriprünglic ein | Naturwifienihaft, befonders Botanik. Cr
den Löwen, | litierte fih 1828 al3 PBrivatdocent in Berlin und
Mölln
. Aufl., Hamb, 1884).
I. Iheod.), Begründer ber
tftentomologie, geb. 16. Febr.
Medizin, Na
abi⸗
Ratze
und teilte anfangs die Schidſale des Herzogtums | wurde 1830 Profeſſor der Naturwiſſenſchaften an
Sadjen Lauenburg, bis e3 im Mär
Reichsunmittelbarleit erlangte. Biiho!
1236 bie | der %
Chriftopb | den Ru
tatademie zu Eberswalde; 1869 trat er in
ftand und ftarb 24. Dft, 1871 in Berlin,
von der Schulenburg refignierte im Oft. 1554 mit | Unter feinen Schriften find hervorzubeben: «Die
Buftimmung des ve ri zu Ounften des Herzogs | Waldverderber und ihre yeinder (
Chriftoph von Medienburg, Diejer regierte das
Bistum al3 Adminiſtrator 1554—92, und ihm | «Die
folgte in diefem Amte fein jüngerer Bruder Karl | «Die
Berl. 1841;
8, Aufl., von Judeich und Nitiche, Wien 1885 fg.),
oritinfelten» (3 Bde. Verl, 1839 —44),
Schneumonen der Forftinjelten » (3 Bde.,
506
Berl. 1844—52), «Die Waldverderbnis» (2 Bde,
Berl. 1866—68) u. ſ. w
Natzel (Friedr.), * h und Reiſender, geb.
30. Aug. 1844 zu Karlsruhe in Baden, war erſt
Apotheler, ftubierte dann Naturwiſſenſchaften in
Karlarube, Heidelberg, Jena, Berlin und Mont:
llier, und nahm als eimilliger am ee
Srampöfifchen Kriege von 1870 und 1871 teil,
weldhem er zweimal verwundet wurde. Später
—* er als Korreſpondent der «Slölnischen Zeitung»
talien, Südfrankreich, Siebenbürgen, Ungarn,
Ro merita, Merito und Cuba und wurde 1876
Bro * — der ẽrdiunde an der Techniſchen Hod):
hu Münden. In den J. 1882—84 war er
— —— de3 «Ausland». Er fchrieb: «Sein
und Werben der oraaniihen Welt» Epz. 1868),
«Wandertage eines Naturforichers» (2 Bde., Lpz
1873— 74), — und Kulturbilder aus Nord,
amıerila» (2 Bde . 1876 6) Die chineſ. Aus:
wanberung» ( (Bres il. Ey Hus 3 Merito» (Breäl,
1878), «Die Bereinigten — von Nordamerila⸗
2 Boe., Münd. 1878—80), Anthropogeographie⸗
Stutta. 1882). In der ala Fortjehung zu «Brebms
ierleben» eriheinenden N ligemeinen Naturkundes
en 1885 1 bearbeitet R. die «Böllerlunde»,
Nakes. on nd di lhaltiges Bab
we und vitriolbalti im
Bezirk Kaftelruth in Südtirol, zwiſchen den nördl.
Abhängen des fern und ber Seiferalpe, viel:
—— Sommerfriſchort —* m) der beite Bl
punlt für die Beiteigung des ** l.
iner, «Das Bad R. in Südtirol» ( iin 4
—5 Schriftſteller, geb. 11. Febr.
1813 zu nkfurt a. M., war zuerſt Kaufmann,
fchlob fi) dann feit 1842 der freireligiöjen Be:
wegung an und ftubierte 1844—46 Theologie zu
Heidelberg. Hierauf wurde er Prediger der Da
Gemeinde in Stuttgart, 1849 in Mannheim , aber
im Juni 1856 von der Regierung feiner Stelle ent:
oben. Er jtarb 26. Sept. 1876 zu Franlfurt. Er
eieb Werte populär:pbiloi. — en ve
eue Stunden ber Andadıt»,
En 1876; «Evangelium der —— Nu.
1880) und die, meijt | —— ie
Nomane (« Dogarts, 4. Au 1875; «
Baul», 4 Bbe., @py. 1861 u. ſ. w.).
Gen (Karl Heinr.), ausgezeichneter deuticher
Nationalölonom, geb. 23. Nov. 1792 zu Erlangen,
ftubierte dafelbft Nameralwifienf aften, habilitierte
id 1812 als Privatdocent und löfte 1814 bie
Sreisaufgabe der göttinger Gocietät: «Wie bie
Nachteile der Aufhebung des Zunftweſens zu ent:
ernen feien?» uch erhielt er 1820 von der Ge:
ellſchaft der Wiſſenſ haften zu Harlem einen Ehren:
—— für eine Abhandlung über die Urſachen der
mut. Nachdem er 1816 mit einer Differtation
«Primae lineae historiae politices» promoviert
—* wurde er 1818 außerord., dann ord. Bro:
eſſor und Univerſitäts bibliothefar zu Erlangen,
nahm aber 1822 den Huf als Profeflor der Staats:
und Kameralwifienfchaften nach Heidelberg an.
Von feinen frühern Schriften find zu nennen:
Anſichten der Bollswirtidaft» (Lpz. 1820), «Mal:
thus und Say. fiber die Urſachen der jetzigen
Handelaftodung» (Hamb. 1821), «Grundriß der
Kameralifen/daf Geidelb. 1823) «fiber bie
Kameralwifjenichaft» (Heidelb. 1825). Sein Haupt:
werk iſt aber fein «Lehrbuch der polit. Ötonomie»
(3 Bde., Heibelb. 1826—37; Bd. 1: «Grundfähe
can
Nagel — Raubbau
ber get töle A SER. 8. Aufl., 2p3.
869; Boltswirtichafts:
—e 2 Ubleil, 5. Lu Se 1862—63; Bd. 3:
«Grundfäge ber "Finanzwifienicaft», 2 "Abteil.,
6. Aufl., ern. 1871— 72), das durch Gründlichkeit,
richtiges. Urteil und namentlid großen Fleib und
Geſchick in Anſammlung und Benukung ftatift. An⸗
gaben ſich —— Die dem Tode er 8
von U. Wagner beabfihtigte arbeitung de3
Buchs ift nicht —— worden, indem Wagner
ein ganz neues ſelbſtändiges Wert geliefert
R. gab auch feit 1834 das «Archiv der polit. *
nomie» (Bd. 1—6, 1834—39; 2. Folge, in
{haft mit Hanfen, 10 Bbe., 1840.53) heraus.
Bon feinen zug ih dem Gebiet der Landwirtſchaft
angehörenden Schriften ſind ae ag bie «ße:
ſchichte des Pflugs» (Heibelb. 1845) und «Die
Landwirtſchaft der heibelberger Gegend» Fr
1830; in neuer —— in ber Feſtſchrift für
die 21. Verfammlung der beutihen and» und
—— 1860). A, 1837 bis war R.
Tr (ied ber bad. a — Er ſtarb
einer fremden bewe — Sache *8 eine an der
——— Inhabers verübte Gewalt, ſei dieſe
nun wirklich zwingende Gewalt (vis ablativa) ober
bloß Drohung (vis compulsiva), Der R. wird
‘ 249 des Deutichen Strafgele vn -_ ——
aus, beim Vorhandenſein mi
mit Gefängnis nicht unter ſechs —— a er
—* die — ewendete Gewalt auf Tötun 338 wird
aubmord, welcher als Mord nach
AH gr dem Tobe beitraft wird, Neuere Ce
hen ftellen es * R. — wenn der Dieb
ſitz der geſtohlenen Sache durch Gewalt
be uptet oder durch Gewalt gegen eine Berjon
eine Erprefiung begeht ($$. 252, 255). Die Römer
betrachteten den R., wenn nicht öffentliche Gewalt
und Störung ber öffentlichen Sicherheit —* ge⸗
tommen war, als bloßes Privatvergehen, welches
mit Geldſtrafen gebüßt wurde. Im german. Alter:
tum madte nur ein libermaß von Gewalt oder an
en verübte Gewalt den R. unehrlih. Da:
n gel für ehrenvoll, feinen im offenen Kanıpfe
= ind h berauben. Nach der fpätern ger:
En tsan —— jedoch liegt in dem R. ein
rss und daher hat ſich bie Strafe des
chwerts, vornehmlich bei dem auf einem öfjent:
lien Mege begangenen R., dem Straßenraube,
in ber air 3 ——— von 1632
erhalten. heutige Strafe für Straßenraub,
ſowie für R. j ri einer Eifenbahn, auf offener See
oder, Aid Waſſerſtraße, auch für R. — Nacht⸗
eit in einem bewohnten Gebäude if 8. 250
uchthaus nicht unter — Jahren, orhan⸗
* ein mildernder Umſtände Gefängnis nicht unter
Einem Jahre. Verſchieden vom * im eigentlichen
Sinne find der Menſchenraub (ſ. d.) und der. See:
raub (j.d.). Eine ſchwere Iyıg des Diebjtahls it
der fog. Kirdenraub (f
NRaubbau nennt man in * Landwirtſchaft
denjenigen Betrieb der Bodenkultur, bei welchem
dem Boden bie in demſelben in verhältnismäßig
geringen Mengen enthaltenen und durd die Ernten
entzogenen mineraliichen Bilanzennäbrftoffe in ber
Düngung nicht oder nicht genügend erjegt werden.
Der R. tt zuweilen für den Augenblid rentabel,
erihöpft jedoh den Boden für die Dauer und
KLEINERE
RETTEN
NN t X
6. Vielfrafs (Gulo borealis).
tn \ R 4. Europäischer Dachs
SAN
* ut de N N Autälr
TR 2 —2 ih *
1. Ginsterkatze (Viverra Genetta).
—
10. Gemeine Fisch:
4 x 2 d N N
Be a
Sa, Iltis (Putorius foetidus). 85. Wiesel (Mustela vulgaris) im
Sommerkleide,
11. Waldhund (]
Brockhaus’! Conversatious- Lexikon. 13. Aufl.
en
wer nn j
— ee y in » a « —
——
a — re —
„a b
d. Stinktier (Mephitis chilensis ).
IN 8* ff
l- oder Baummarder (Mustela martes).
REN
lcticyon venaticus),
Zu Artikel: Baubtiere,
vi e a
I, te
1 3 a Du 2
3%, Hühnerhabicht (Astur palumbarius),
25, Rauhfufsbussard ( Buteo lagopus).
. Königsınilan ( Milvus regalis ),
va ai
= (Falco peregrinus). ba, Schädel des Adlers,
Brockhaus’ Conversations- Lexikon, 13. Aufl.
ÖGEL. I.
65. Klane des Adler, Leæeut (Gypogeranus serpentarins). ______|
Zu Artikel: Kaubvogel.
RAUBV
15. Bartgeier (Gypaetus barbatus), la.
ernten
> h er A AT Be \ N
db. Uhu (Bubo maximus). 2. Schmutzgeier ( Neoph:
Brockhaus’ Conversations-Lexikon. 13. Aufl.
ÖGEL. IL
=> —
m» © —“* — *
(Strix Hammen ).
3. Condor (Sarcorbamphus gryphus).,
Artikel: Raubvögel,
Naubbeutler — Raubvögel
vermindert dadur
keit. Bol. %. von
auf Agrilultur
B
Bein Dieses
ei, Die Chemie — —
[4 «Di
und Hhpfologier (. Kult,
Seit Raubbau ein Betrieb,
—— —2**— die Regeln des rationellen Graben
triebes verftößt, durd Mifverhältnis zwif:
—— und — Herausreißen
Erzmittel ohne Berucſſichtigung der ärmern und
Meg von Bergfeiten, Stollenjoblen. Schacht⸗
und a m Sicherbeitspfeil ern.
Rau er, |. Dafyurnz.
Räuber, Räuber: oder Wafierjweige
nennt man die am Stamme an en Aſten
alter Dbftbäume entitehenden langgliederigen
, mit gering entwidelten Anofpen. Sie ent:
ftehen aus unter der Rinde —— fog. Ad⸗
ventivfnofpen und deuten auf das
Baums, fid) zu verjüngen, werden auch in der
gr oft dazu benugt, abgängig gewordenes Holz
u erfeßen. Wenn H. an jungen Bäumen vor:
ana fo ift diefe Erſcheinung meiftens eine
br
fernaba
—— — Br hangimgn e
nnere einer Höhle von über 30 m yo —
diefe ſchließen dann noch weitere O
die nur f zu betreten find. Die Hö
find f A aeg. der Aufenthalt nd
e.
als uud
Sr gen! ht, Megt
i ie
ER, eine da ne
—— min des darunter
Öffnung,
ee erg Refervoirs
äuberromane, eine eigentümliche Abart der
enden Romanlitteratur, wurden durch Schillers
er» rufen, wie die Nitterromane
er .. von nr ie und die
urch Schillers «Geifterjeher».
aan * — > große Bandit» ntf. *
th 1794), den der Berfafler n aud)
ch bearbeitete, eröffnete die Reihe der in den
zwei bi3 drei zunächſt folgenden Jahrzehnten jehr
lreich erjcheinenden R m b —— =
* — —— 891707) Bol
tmann» von Bu uerft Ip}.
Appell, «Die — gi uber: und Schauerroman:
tif» (2p,
Rarkmienn, f. Morbdfliegen.
. Kurzflügler.
Raubmord, J unter Raub.
ven, ſ. unter Möve.
Naubtiere (Ferae) _ man im engern
—— die Carnivoren ‘. d.), im weitern alle vom
che anderer Tiere den Säugetiere, alſo
aa . Infelten frejienden FI je, die ns
ſeltenfreſſer felbit und die Robben. Die
im engern Sinne arg iR a Katzen (fi. d
Felidae); 2) Dun A ( d. ) denen
as wa Bahriceintich auch
ern
der jonderbare und nr, jene brafil. Waldhu>
(Icticyon. venaticus el: Kleinere Raub:
tiere, Die. 11) zu rechnen find; 3) Hyänen (ji. d.,
Hyaenidae); a) Sch aidilaben (f. d., Viver-
der | di
507
rinae), zu benen die Ginſterlahe (h. unter Vi-
verrinae, Viverra Genetta, fig. ıı ber
Balmmarder (Fig. 2 Paradozurus typus), da3
Ichneumon (f. d. Herpestes Ichneu-
m. gertren; 4) bie we (ij. d. Ursinae); 0) die
Dadie (if. d., Melinae) mit dem nemeinen Dachs
(Meles — Fig. 4), dem Stinktier (f. d.,
Mephitis chilensis, Fig. 5); 6) die Marder:
artigen (Mustelidae), und zwar a, die Bären:
ähnlichen (Pladypoda), mit ſtumpf vorjtehenden,
nicht rüd —53* Krallen: hierher gehört der
Bielfrab (f.d., Gulo borealis, Fig. 6), b- die
Marder (f. d., Acanthopoda) mit hurzen, gekrümmt:
ten, rüdziehbaren Krallen; fie bilden zwei Unter:
—— echte Marder . d., der Edel⸗ oder
aummarder, Austela martes, Big. 7), zu
denen _ der & ltis (j. db, Putorius foetidus,
8a) und das Wiefel (Mustela vulgaris,
8b im Sommerfleide, ee im Winter:
leide) gehören, und Ditern oder ——
(Lutrina) mit der gemeinen Fifchotter (
Lutra vulgaris, Fig. 9 un F — —*
Seeotter (f. d. Enhydris marina)
Naubvögel (Raptatores s. Adtomorphae) bil:
ben eine pb eiche (etwa 630 Arten), über die ganze
Erde verbreitete, wohlcharalteriſierte Ordnung der
e | Vögel mit erümmten Schnabel, an dem der
Oberſchnabel halenartig über den Unterfchnabel
— und an ſeiner Baſis mit einer weichen Haut
—— aut) verſehen iſt, in der die Nafenlöcher
iegen. Alle Zehen haben Fräftige, ſcharfe, ge:
frümmte Krallen, die Innenzehe nach hinten ge:
richtet. Die Färbung i (dene büfter, ſchwarz, grau
und braun in verjchiedener —— ſehr ſel⸗
ten blau; einige haben bisweilen lebhaft ee
nadte Hautitellen und Lappen an Kopf und Hals
Sie nähren fi von tieriiher 36 u von
lebenden Säugetieren, Vögeln, N feltener
von Reptilien, einige gelegentlid, andere aus:
ſchließlich von Infeilen, viele auch von Aas. Die
Weibchen ſind größer als die Männchen; meiſt
haben fie in kunſiloſen Reſtern wenig Eier, nur die
Heinern haben eine zahlreichere Na tommenschaft.
Eie frefien viel, haben eine jtarle Verdauung, kön:
nen aber ger e bungern; ihre Ausleerungen riechen
wiberlih, ſcharf⸗ :ammoniataliich. Unverdbauliche
Zeile der —— Knochen, Haare, Federn,
Gräten u. ſ. w. geben fie als Gewölle von ſich.
Man teilt die R. in zwei große Gruppen:
I. Zagranbvögel, an ein Tagleben angepaßt, mit
Kropf an der —— 1) Gypogeraninae,
Seltetär (f. d., Tafe Raubvögell, Fig. 1,
Gypogeranus 8 entarius); 2) Falconinae,
rc (1. d., Tafe L; ð 9.28, Falco peregrinus,
anderjalte, Fin. 38, isus communis, Sperber,
—* 3) Äquilinae, Adler (f. d., * I,
4a, Aquila chrysaötus, Goldadler, Fa 4b,
A. alva, Steinabler, j. d., Fig. 5 a u. b, Schädel
und Stlaue des Adlers); —— Buj arde
(j. d., Tafel I, Fig. 3b, Buteo lagopus, Hau jub-
buffard); 5) Milvinae, Milane (j. unter
ben, Tafel I, Big. 6a, "Milvus regalis, Rönigs:
milan); 6) Accipetrinae, Habichte (. d.,
Tafel l, Fig. 3b, Astur palumbarius, Hühner:
bebic); 7) Circinae, Weihen (f. d., Tafel I,
ig. 6 b, Cireus cyaneus, Kornweibe); 8) Vultu-
rinae,Geier(f.d., Tafel: Raubvögelll, Fig.1a,
Vultur monachus, Ruttengeier); 9)JGypaätinae,
Bartgeier (f. d. Tafel I. Fig. 1b, Gypaötus
508
barbatus, gemeiner Dartgeier): 10)Cathartinae,
Aasgeier (ſ. d. Tafel Il, Fig. 2, Neophron per-
enopterus, gemeiner Nasgeier, 8: 3, Sarcorham-
phus gryphus, Kondor, }. d.). II. Nadıtraubvogel
(Strigidae) oder Eulen (ſ. d.): 1) Surninae,
Tageulen (Tafel II, Fig. 4, Nyctea nivea, Schnee:
eufe, ſ. unter Eule);2) Buboninae, Uhus (f. d.,
Tafel IL, Fig. 5, Bubo maximus, großer u):
3)Syrminae, fläuze (f. unter Eulen, Tafel II,
Fig. 6a, Syraium aluco, Waldlauz, Fig. 6b, Otus
vulgaris, Waldohreufe); 4) Striginae, Schleier:
eulen (f. d., Tafel IL, Fig. 7, Strix flammea, ge:
meine Schleiereule).
Rauch N fume&e, engl. smoke) nennt man
das Gemifh von Gaſen und Dämpfen mit unver:
brannten und balbverbrannten Zeilden, welches
von bis zur angehenden Zerſeßung erbikten oder
beilbrennenden Körpern, namentlid Brennftoffen,
in die Luft auffteigt. Nach der —— ee erun
der Theorie ſollte der Kohlen» und der kafferftof
eines Brennmaterials bei der Verbrennung fich mit
dem Sauerftoff der zutretenden Luft rein zu Kohlen:
fäure und Waſſerdampf verbinden. In der Praris,
bei den gewöhnlichen Feuerungen, ift es jedo
ausnehmend ſchwer, ja unmöglich, alle zur voll:
ftändigen Verbrennung nötigen Forderungen zu
erfüllen. Die Speifung mit Luft erweift ſich über:
haupt oder zeitweilig unvolllommen; viel öfter
aber ift die Abkühlung des Feuerraums zu groß.
Bei Cots, Holzloblen und Anthraciten, die alle nur
wenig flüchtige Beitandteile enthalten, lann in die:
jem alle nur Kohlenoxyd ftatt oder neben Kohlen:
jäure, aber es lönnen keinefichtbaren Berbrennmungs:
vrodufte auftreten, Bei waflerftoffreihen Brenn:
jtoffen, wie Steinfoble, Sol, Zorf u, ſ. w., ift dies
anders. Es miichen fi alsdann mit der Kohlen:
jäure, dem Stidjtoff und der atmoſphäriſchen Luft
nicht bloß Koblenoryd, fondern aud eine große
Anzahl von Produkten der trodenen Deltillation,
hauptſächlich Verbindungen aus Kohlen-, Waſſer—
und Sauerſtoff als Gaſe, mehr noch als Däntpfe
(des Teers oder Teerwaſſers), nebſt dem feinzer:
teilten ausgeſchiedenen Kohlenſtoff oder Ruß bei,
und bilden einen ſichtbaren, rt Hu graugelb bis
tief dunlelgrau, ja ſchwarz gefärbten Gasſtrom, der
im gewöhnlichen Leben als «Rauch» betannt iſt.
Der N. des Holzes ift zwar fehr beißend für die
Augen, aber leicht und zum Auffteigen geneigter;
der R. von foffilen, belonbers badenden Stein:
tohlen ift nicht beibend, aber infolge des geringen
Fee one ra Dielen Drei reichlicher, dider,
ſchwerer, gi geneigt als eine Wolle an der Um:
gebung zu haften, die, einen ftetigen Niederfchlag
von zarten Außiloden abfehend, einen fchwer zu
bemältigenden Nachteil auf die Reinheit der Sult,
auf die Reinlichkeitdes Körpers und der Wohnungen,
ſomit auf die öffentliche Wohlfahrt ausübt.
_ Die Erkenntnis, daß die Entitehung des R. keine
Folge der Natur der Steinkohle, ſondern der Un:
volllommenheit der üblichen Heizeinrichtungen, und
daß der R. nicht bloß eine Unbequemlichteit, fon:
dern an ein nicht zu unterfhäsender Verluft an
Brennſtoff if, fpornte den Erfindungsgeift an, ſich
mit Verbeſſerung der Feuerungen in Sinne einer
Bejeitigung des R. zu beichäftigen. In England
ariff in diefe Frage über die ſog. Rauchverzehrung
ein Barlamentsbeihluß vom 20. Aug. 1853 ein,
welder allen Fabriken der Hauptitadt, fowie allen
oberhalb London:Bridge fahrenden Dampficifien
Nauc (bei Fenerungen)
vom 1. Aug. 1854 ab die Entwidelung von qual:
mendem N. bei Strafe verbot. Auch auf dem ton:
tinent fand dies Nachahmung, indem ſchon in dem⸗
jelben Jahre die Volizeipräfeltur von Paris ein
ähnliches Berbot erlieh. Diefe Mafregeln waren
—* —— aher man irrte ſich darin, daß man
ie mädhtigite Quelle des R., die häusl
rungen nämlich, als unerheblic anfab.
Seit jenem Ginfhreiten der Gejehgebung trat
man mit zahlreichen Vorrichtungen für Naud-
verzehrende Feuerung hervor, deren Beſchrei⸗
bung zu einem umfangreichen ve e der gewerb⸗
lichen Litteratur angeihwollen it. (S.u. Dampf:
tejfel, Feuerungsanlagen und Öfen.) Doc
gehören dergleichen Beitrebungen nicht allein der
neueften Zeit an. Seit mehr als einem Jahrtauſend
hat man in den Glasöfen, feit einem Ja dert
in den Borzellanöfen Einrichtungen getroffen, welche
die größten Mengen Brennit a der og.
Pultfeuerung ohne R. verbrennen. wenigſten
praltiſch iſt von den Nauchverzehrungsmeth,
edenfalls diejenige, wonach man den R. vor ſeinem
Eintritt in den Schornftein mittels eines, durch *
ch Brauſe als Regen eintretenden Wa
ms 0
durch eine andere ähnliche Vorrichtung auswäſcht,
weil dadurch nur Au nicht die ae Da She
entfernt werden, der Brennftoffverluft nicht vermie-
den wird und der Schornftein durch Abkühlung
einen großen Teil feiner Zugkraft verliert. Bor:
züglicher find Schon die Verbeflerungen der Rojte,
wie die zus und Gtagenrofte (3.B. der von E.
Langen) und die Schüttel: und Kettenrofte, indem
durch dieſe eine regelmäßigere Luftzufübrung zum
uer ermöglicht wird, i ber der
Feuerungen ijt übrigens die Urfache der fees
des meijten und dichtejten R. die eb Art
des Nachſchurens, befonders das Öffnen
thür und das Auflegen von friihem Brennftoff,
wegen der Abkühlung des Brennraums — den
—2— Brennſtoff und den hereinſtürzenden falten
Luftitrom. Bei großen Feuerungen bedarf e8 einer
Biertel: bis halben Stunde Zeit, ehe das Feuer ſich
wieder gehörig anfadıt. Man fuchte daher das
Schüren und Aufihütten zu verbefiern, indem man
die Heizthür zum Nahfhüren durch eine eher.
erfebte, welche mit einem trichterförmigen ned
oder Numpf, wie die Mablgänge der Getreide:
müblen, verſehen er Auf diefen Numpf werben
die Kohlen aufgeichüttet, und um fie von feiner
untern Öffnung aus zu gehöriger Zeit und gleich:
mäßig über den ganzen Roſt zu verteilen, bat man
die verfchiedeniten Vorrichtungen erfonnen. Auch
die Füllöfen gehören > den Vorrichtungen für
befiere, gleihmäßigere Speifung des Feuers, die be
fonders darum wichtig find, weil fie auch zur Zim⸗
merbeizung benupt werden lönnen.
— ängft iſt übrigens die gewöhnliche Art
be3 Aufichüttens des Frifchen Brennftofis oben auf
die —— als durchaus unzw g erlannt
worden, weil dabei bie Luft erft durch die ee
Schicht ftreiht und die aufiteigenden Gaje in der
falten Schicht des friichen Brennſtoffs fo weit ab-
netühlt werden, daß fie unvolllommen verbrannt
fortgehen. Man bat daher auch ——
— Ar ee am über ei En
dierher gehören 3. B. die ſchon n Jahrhun⸗
dert belannten Sul euerungen, bei denen bie
[ ten jchlägt und bi ür
Beung bee Ola und Borelansfen mit ol
Rauch (Chriftian Daniel)
erfunden, dann auf die Heizung ber Pfannen in den
Salinen mit Torf und Steintohle übertragen wor:
den find, Minder zwedmäßig als die erwähnten
Methoden find diejenigen, welche darauf ausgehen,
ben R. durch jelundäre Luftitröme zu verbrennen,
weil man eigentlich nicht er den durch mangelhafte
Einrihtung entitandenen R. verbrennen, jondern
überhaupt feine Entjtehung verhindern muß. Übri:
ens gibt e8 zur Zeit feinen im vollen Sinne bes
ortes —— Apparat. Troßdem ba:
ben fih mande Borfchläge bei guter Kefieltonftrut:
tion und pafjender Qualität der Brennmaterialien
gut —— indem ſie wenigſtens eine teilweiſe
auchverhutung bewirken, beſonders dann, wenn
man einen tüchtigen und umſichtigen Heizer anftellt
und dbemfelbenbei Kohleneriparniseincentiprecpenbe
Prämie bewilligt. DieCinführung der Gasfeuerung
(nad) den Syftemen von Siemens, Bicherour, Boẽ—
tius, Ponſard, Gröbe-Lürmann) wird in vielen
Fallen die Raudjverzehrungs: ober * die Rauch⸗
verhütun sjrage in befriedigender Weife löfen.
Bon Wichtigkeit für die Kenntnis der Rauchgaſe
und der ütung des R. find die Analyfen des
N., die mit Hilfe eines von Orſat konjtruierten
Apparats (j. Drjatiher Apparat) mit Leichtig⸗
leit auszuführen find. Vol. Ferrini, «Technologie | 1840
der Wärme» (Nena 1878), j
M (hriſtian Daniel), einer der a
—*— ildhauer, geb. 2. San. 1777 zu Arolien
in Walded, begann bei dem Bildhauer Ruhl in
Kafiel zu lernen und fam 1797 nad) Berlin, wo er
ſich bereden ließ, als Kammerdiener in den Dienft
des Königs zu treten. Als diefer im Herbſt des:
elben Yabres ftarb, ging R. in den Dienft Friedrich
are II. und Fa Seile 0
€ — ab ihm Muße zur Ausbildung
feines Talents. Er begleitete 1804 den Grafen
Sandrecziy durch das ſudl. Frankreich über Genua
nad) Rom. Im engen Berlehr mit dem Wilhelm
Humboldtſchen * und der dort ihren Sammel⸗
punkt findenden Gelehrtenwelt eignete er ſich raſch
eine vielſeitige Bildung an. Nächſt der Antile
übten die Arbeiten Thorwaldſens den meiſten Ein:
fluß air obſchon er nie Thorwaldiens Schüler
war. Zu feinen frübeften Werten gehören: die
* Hippolyt und Phädra, Mars und Venus
von Diomedes verwundet, ſowie die Statue eines
elfiährigen Mädchens, einer Tochter W. von Hum—
boldts, die fpäter in Marmor ausgeführt wurde;
ferner die kolofjale Büfte des Königs von Preußen
und die lebensgroße Büfte der Königin Luiſe, fowie
verſchiedene Büften für die Walhalla, Im 3.1811
berief ihn der König nad Berlin, um unter feinen
eigenen Augen von R. das Modell zu den Grab:
denkmal der 1810 gereebagen Königin Quife aus:
führen zu ſehen. R. durfte dann zu dejien liber:
tragung in Marmor auf zwei age nad) Carrara
und Rom zurüdfehren. Im inter 1814 lam er
wieder nad) Berlin, bad Denkmal aufzuftellen. Es
befindet fi zu Charlottenburg in einem eigens
dazu gebauten Maufoleum in Form eines dor,
Tempels. Die Königin ift auf dem Nubebett
fhlummernd dargeitellt, ein Frauenbild voll Adel
und Liebreiz, welches ſchnell den Ruhm des Künft:
lers verbreitete. Cine fait noch fchönere Wieder:
bolung desielben lieh der König in dem Antiten:
Potsdam Brenn.
Im & 1815 erhielt R. den Auftrag, die Statuen
der Generale Scharnhorft und Bülow zu verfer:
509
tigen, die er 1822 vollendete, nachdem die erfte An:
lage in Carrara gemadjt worden war. Daneben
waren bis 1824 bereits über 70 Büften in Marmor
entjtanden, darunter an 10 kolofjale. Noch in Gar:
rara erhielt er von ber Provinz Schlefien den Auf:
trag, ein Kolofialbild zum Andenten des Fürften
Bücher und feines Heers in Bronze auszuarbeiten,
das 1827 in Breslau aufgelelt wurde. Cine an:
dere Statue Blüchers, gleichfalls in Bronze, wurde
ihm vom König aufgetragen und 1826 in Berlin
aufgeitellt. Auch an den zwölf Statuen, welde
das in Eiſen gegoffene Nationaldentmal auf den
Kreuzberge bei Berlin fhmüden, beteiligte ſich R.
m 1829 vollendete er in München die ſihende
tatue des Königs Marimilian I. von Bayern für
den Erzguß (aufgeftellt 1835); auch führte er mit
Hilfe feiner nad) dem Leben genommenen berühm:
ten Buſte Goethes Standbild im Heinen auf,
Dann lieferte er das Standbild König Friedrich
Wilhelms I. für Gumbinnen und das Denkmal
Srandes für Halle. Sein Monument für Albrecht
ürer im Auftrag des Nönigs Ludwig I. 1828 wurde
1838, von Burgichmiet gegoflen, in Nürnberg auf:
eſtellt. Die Erzftatuen der alten PBolenkönige
Kiecayflam und Boleflam Chrobry vollendete er
m wen bes Grafen ea für den
Dom zu Poſen. Sechs kolofjale Victorien aus
Marmor arbeitete er für die Walballa (feit 1833);
fie gehören zu feinen ſchönſten Werten aus dem
idealen Gebiet der Skulptur. Später lieferte er
aud) für Berlin, und zwar als Schmud der Säule
auf dem Belle: Alliance: Plab, eine fliegende Victoria
in Bronze. Die un am Sarlophag Scarn:
Bart geben in hiftor. Darftellungen die bedeutend;
ten Momente aus dem Leben des Helden. Cine
überaus zierlihe Najade erhielt der Kaiſer von
Rupland, Für das Maufoleum zu Herrenhaufen
bei Hannover, ganz nad dem zu Charlottenburg
—— meißelte R. (1842) in Marmor die Statue
er verftorbenen Königin von Hannover, in der
Auffafjung dem Grabmal der Königin Luife, ihrer
Schwelter, genau entipredend, und wie d eies, fo
vervollftändigte R. auch das andere Denkmal durch
Hinzufügung der Figur des königl. Gemahls; die:
jenige Friedrich Wilhelms III. wurde 1843, die des
Königs Ernft Auguft 1855 fertig. Na Schwerin
lieferte er das erjene Standbild bes Großherzogs
— Friedrich, welches 1849 aufgerichtet wurde.
it 1840 konzentrierte R. feine künftlerifche Kraft
auf die Ausführung de3 kolofialen Monuments für
Friedrich d. Or., in welchem zugleich eine Berherr:
fichung er Feldherren des großen Königs und der
geiftigen Heroen feines Zeitalter gegeben iſt. Es
wurde 31. Mai 1851 in Berlin enthüllt. Darauf
folgten die bronzenen Kolofjalitatuen Yorls und
Gneifenaus, zur Seite des Blucherdenlmals in
Berlin (aufgeitellt 21. Mai 1855), dann eine Sta:
tue Kants für Königsberg in Preußen und eine
Statue Thaerd. ins der lepten gröhern Werle
iſt altbibliihen Inhalts, das Modell zu einer
Sruppe: Mofes während der Schlacht mit den
Amalelitern auf der Höhe betend, von Hur und
Aaron geftüßt, eine großartige, wirlſam eorbnete
Kompoltio, Das Wert ward nad) R.s Tode von,
Albert Wolff in Marmor vollendet und fteht in der
zen e in Sansſouci. Im Herbit 1857 ging
‚zur Konfultation wegen eines körperlichen Ubels
nach Dresden, wo er 3. Dez. ftarb. Er hatte nicht
die Gabe überitrömender Erfindung, aber die ber
510
Durchdringung des Crfaßten, des ftrengften Stu:
diums und ausharrenditen Fleißes. Daher bei ihm
langfames Reifen, fihere Meiiterihaft und unge:
trübt andauernde Friſche. Wie er den berrlichiten
Grinnerungen feines Baterlandes begeijternden und
fpredienden Ausbrud gegeben, bat er aud bie
Schule der Joealplaftit in Berlin begründet, in
der über 200 Schüler nacheinander ihre Ausbildung
fanden. Vgl. Waagen, «Abbildungen der vorsüg:
lihiten Werte R.s mit erläuterndent Tert» (Berl.
1827); ferner F. und K. Eggers, «Chr. Dan. R.»
(Bd. 1—3, Berl. 187381); Dobbert, « Rauch»
(Berl. 1877). R.s tolofiale Bildnisftatue von Drales
Hand fteht in der Borhalle des berliner Muſeums.
Rau ‚ S. unter Bad.
» $. unter Darren.
2 Seeger ſJ. ee j
äucherefienz, sterzchen, :lad, papier,
:pulver, Sbhunaen ober Gemifche von mehr oder
weniger wohlriechenden ee ee eim Erwär:
men ihre riechenden Stoffe ſich verflüchtigen laſſen.
Rän fig, f. Eſſig, aromatijcher.
Räu äucerungen finden ftatt, um üble
Gerüche in der Luft zu bejeitigen oder zu mastieren,
Anjtedungsitoffe zu gerftören, und bei Fleiſchwaren,
um fie vor Fäulnis zu bewahren, dadurch zu ton:
fervieren. Zu Räucherungen der erftern Art dienen
alle Präparate aus Subftangen, welde in der
Märme flühtige, wohlriedende Stoffe lorganiſche
Säuren, ãtheriſche Öle) entwideln, die durch ihre
ftärtere Wirkung auch die Geruchsnerven hindern,
den übeln Gerud zu empfinden, wie Benzodharz,
Weihrauch, Sandelholz, Wacholder u. |. w. Auf
dieje Wi —— ſich der Nuben derſelben;
keineswegs aber können fie als irgendwie luftver⸗
beſſernd angejehen werben. Dasjelbe gilt von den
Räucherungen mit Kaffee, die zur Einhüllung übler
Gerüche in der Luft fo wirkjam find, daß man an:
fangs glaubte, fie vermöchten biefelben wirklich zu
zeritören. Die Näucherungen mit Eſſig, die früher
zur Befeitigung der übeln Gerüche in den Kranken⸗
zimmern angewendet zu werben pflegten, wirfen
dadurch, dab fie die zum Teil ——
Ausdunſtungs produlte neutraliſieren. Weſentlicher
Rußtzen iſt von denſelben nicht zu erwarten. Weit
beſſer it e3, alle Riechftoffe dur gute Bentilation
zu entfernen. Zu Räuderungen zur Zerftörung
von Anftedungsftoffen in der Luft dienen Subſtan⸗
zen, welde Daͤmpfe von ftarler em. Wirkung zu
entwideln fähig find, namentlich ſchweſlige Säure,
Salpeterjäure und Salzfäure. Noch wirkjamer iſt
das Chlor, welches als Gas oder auch in
von Chlorfalf angewendet wird. In neuerer Zeit
findet au Brom und Carboljäure zum R. An:
wendung. Alle dieſe Räucerungen können aber
nur dann einen Erfolg gewähren, wenn babei die
Desinfeltionsmittel in ſolcher Menge in der Luft
des betrefienden Raums verbreitet werden, daß
die Anftedungsftoffe wirkli vernichtet werben.
Dies ift jedoch ſchwieriger, ald man früher glaubte.
Wenn man neben ber Leiche eines an einer an:
ftedenden Krankheit Gejtorbenen ober nad) Ent:
fernung der Leiche in den Sterbezimmer eine Schale
voll Chlorlalk aufitellt, oder ein bischen Schwefel
verbrennt, fo wird dadurch gar nichts genußt, es
tann vielmehr Schaden dadurch herbeigeführt wer:
den, indem man, in ber Meinung, jedes Kontagium
zerftört zu haben, fich der Sorglofigfeit bingibt.
(Bol. Desinfeltion.)
Nauhbäder — Raude
Zum Räudern von Nahrungsmitteln,
namentlich Fleiſch, Fiſchen u. ſ. w. um fie zu dörren
und durch Jmprägnation vor Fäulnis zu jhüsen,
bedient man fid des gewöhnlichen She.
ERRLBERIESTERRENEE abrung3mittel,
d. X, ©. 486°.)
Räucerung, j. Räuchern.
Rauchfang Rauchmantel), bie untere trich⸗
terförmige Erweiterung ber Kamine zum Auffangen
bes in offenen Herben ſich bildenden Rauchs.
NRauchjaf oder Rauchpfanne, bei den Grie:
hen, Römern und Juden ein Gefäß zum Berbren-
nen Fady —— der fath. 5*
zum ottesdienſtli ucherungen.
älteften kath. Kirche galt das gottesdienſtliche Räu:
ern als beidnischer Opfergebraud und war bei
trafe der Grlommunitation ftreng verboten. Erſt
feit dem 4. Jahrh. drang Inc Gut in bie
Kirche ein. Man gebrauchte dabei au ein gol-
denes R., und Evagrius erwähnt in feiner Kirchen⸗
geihichte, dab es auf-dem Altar be.
Bon diejer Zeit hat ſich das 2 ienftlihe Rãu⸗
mittel3 des R. in der lath. erhalten,
SR, ift meift von Silber und mit drei an Hafen
befeftigten filbernen Stetten verſehen. Es wird zur
Beräuderung der Heiligenbilder, Reliquien und
der Monſtranz, zu Einweihungen und bei Begräb-
niſſen gebraudt.
froſt, |. een
Rauchfukbuffard, |. unter Buffard,
Raucdpfanne, |. Rauchfaß.
Nauchquarz, Rauchtopas, dunkler oder ”
ler braun —— Barietät des —— (
Rauchſchieber (frz. rögistre, engl. damper),
ein bei Dampftefielfeuerungen und Öfen im Schorn:
Ds —* Schieber zur Regulierung des
uftzug®.
auchſchwalbe, f. unter Schwalbe.
Rauchverbreunnug (frz. fumivorit6, engl.
smoke-burning), f, unter Dampfteffel, Feue⸗
nes I rl und zn —
rende Feuerung, ſ. u. Rauch.
Ran » f. unter Dolomit.
Rauchmwaren, |. Pelzwerl.
Ranconrt (Francoife Marié, gen. Antoinette),
3. Schaufpielerin, ‚nr 29. Sept. 1753 zu Dom:
3le, hieß eigentlich Glairien oder Saucerotte, de-
bütierte 1772 als Dibo im Theätre francais und
—* dann hauptſächlich in den Rollen der Rorane,
Hermione, Agrippina, Semiramis und Kleopatra
ihr dramatij Talent und ihre Kraft im Aus:
drud der Leidenſchaft. Sie eignete fid) vorzüglich
für tragifhe Heldinnen, wobei ein hoher Wuchs
und eine volle Stimme fie begünfti Zur Beit
der Schredendregierung bildete fie nad ⸗
ierres Sturz 1796 aus den liberreften des Theätre
ncai®, von dem fie nur 1776—79 fern geweſen
war, eine neue Geſellſchaft, bie bis zum Sept. 1797
fpielte, wo das Direktorium bie Schließung verord:
nete, Später leitete fie eine Geſellſchaft in Jtalien,
kehrte aber na einigen Jahren nad Paris zurüd
und jtarb dafelbft 15. Jan. 1815.
Naude, Räude, Kräbe ober Grind iſt eine
bei allen Hausfäugetieren vorflommende, de
Hautkrankpeit. Dan unterſcheidet allgemeine, d. i.
mehr oder weniger über ben ganzen Körper ver:
breitete N. und lofale Aräße, wie die Fußräube des
Pferdes und Schafes, die Steiräube des Rindes,
die Obrräube der Kaninchen, Hunde und Haken,
— u ——
Rauden — Rauhes Haus
511
Urſachen des Ausichlags find mikroſkopiſch Heine | die Fürſten Loblowik (jeit 1786, wo die Familie
Milben, und zwar bei der allgemeinen N. die Grab:
milben (Sarkoptes) und die Saugmilben (Derma-
tokoptes), bei der Zuß: und Steipräude die Haut:
ſchuppen frefienden Milben (Dermatophagus), bei
der Obrräude bald Dermatolopten, bald Derma-
tophagen. Auch bei Hühnern hat man eine Fuß:
träge, welde gewöhnlich Kalkbein genannt und
durd eine Milbe (Sarkoptes s. Dermatoryktes mu-
tans) hervorgerufen wird, jowie eine über den gan:
zen Körper verbreitete, durch Dermatophagus gal-
linarum erzeugte Räude beobachtet. Die von der
R. befallenen Tiere fangen an, fi) zu reiben, be:
tommen fahle Stellen mit weißlichen, ftaubartigen
Schuppen bebedt, welche nad) und nad) einen großen
Umfang erhalten, oder es bilden ſich Eleine Knötchen
mit Bläschen, welche berjten und eine fette, Elebrige
Feuchtigkeit ergießen, die zu Borken und Kruſten
verhärtet, unter welchen die Haut näßt oder auch
gefhwürig wird, endlich in Falten ſich legt und
pergamentartig ich verbidt. Unter allen Umftän:
den verurſacht das übel den Tieren ftarfes Yud:
— dadurch grobe Unrube. Die lofalen
äuden find leichtere Übel und unſchwer zu bejeis
tigen, Die von kranlen zu gefunden Tieren leicht
übergehenben Milben bilden den Anjtedungsjtoff;
alle Grabmilben der räubigen Tiere geben auf
en über und erzeugen bei dieſen Kräpe \y d.).
Das kranle Vieh ift zu feparieren, zunächſt mit
ierfeifen: oder Zaugenbädern zu | n,
dann mit Milben tötenden Mitteln e
N,
wie —— — Nikotinalöſung, Kreoſot
ober Benzin mit Ol gemiſcht oder mit Salben eines
von Teer, Schmierjeife und Spiritus,
denen ein wenig Sireofot zugelebt iſt, oder mit einer
Salbe aus Holjteer und Schwefelblumen, oder
mit Berubaljam, der mit Weingeift verbünnt üt.
re —— Krippen, Raufen, Wände,
Fußböden der Gtallungen, wo räudige Tiere ge:
jtanden, müfjen mit Lauge rein uert, mit
Garbollöjung besinfiziert, mit überzogen,
überhaupt fo gereinigt werben, daß von deren fer:
nerm Gebrau
feine Anjtedung zu * en ſteht.
Räudige Schafe müſſen durch Baͤder behandelt wer:
den. Auch Balgmilben (Demodex) erzeugen bei
Hunden und Schweinen eine meift unheilbare träge
(rote Räude). Zürn, «Die tierijchen
a MWeim. 1882).
uden, Bfarrborf im preuß. Regierungsbezirk
Dppeln, reis Rybnik, an der Kuba, hat ar
1160 fath. und polniic ſprechende E., ein Schlo
de3 Herzogs von Ratibor (1258— 1810 Ciſtercienſer⸗
abtei) mit Bart, ein herzogl. Eiſenwerk Glifabeth-
Amalienhütte, herzogl. Schneidemühlen und Drain:
röhrenfabrifation,
Raudiſche Felder, f. unter Bercelli.
—— öhmt. Roudnice), Stadt im nördl.
Bö ‚„ lin an der Elbe und an ber Biter:
reichiſch⸗ Ungariſchen Staatsbahn (Wien : Boden:
bad) , iſt Sit einer Bezirlshauptmannſchaft, eines
Bezirkögerichts, einer fürjtl, Loblowisihen Do:
mänens und Forftverwaltung, eine® Kapuziner⸗
Hojters, einer böhm. —— eines Ober⸗
realgymnafiums3, einer höhern Bürgerſchule und
einer gewerblichen er e, und zählt
(1880) 5942 E., die Fabrilen für Zuder, Spiritus,
Malz, Liqueur, Öl, Leder und * und zwei
Dampfbretfägewerle unterhalten und Handel mit
Holz, Getreide und Vieh treiben Bon N. führen
Lobtowi ihr Herzogtum Sagan in Schleſien ver:
faufte und der Herzogstitel auf R. überging) den
Herzogstitel. Das impojante Schloß zu N. wurde
in jebiger Geftalt 1655—77 an ber Stelle eines
ältern, bis 1194 zurüdreichenden Holzbaues erbaut
und enthält einen Waffenfaal, eine große und be:
rühmte Bibliothel (500 Manufjfripte, 1200 Inku⸗
nabeln und 50000 Bücher), welche im 15. Jahrh.
gegründet wurde, ein Archiv und einen großartigen
Seller. Im J. 1350 ſaß bier der röm. Tribun
Cola di Rienzi ald Gefangener Kaiſer Karls IV.
Raudten, Stadt im preuß. Regierungsbezirk
Breslau, Kreis Steinau, Station (2km vom Orte)
der Linien Breslau:Stettin und R.Franlenſtein der
Preußiihen Staatsbahnen, hat (1885) 1479 G,,
eine evang. und eine kath, farrkirdhe, Braumtohlen:
lager und ehemals bedeutende Tuchfabrikation.
anuenthal, ee! im preub. Regierungs:
bezirt Wiesbaden, reis Nheingau, auf einem Vor:
berge (261 m) de3 Taunus, 5 km nörblih von
Gitville, hat (1885) 1019 katb. E, und Weinbau.
Die nahe Bubenhäufer Höhe (268 m) gewährt einen
prädtigen Überblid über den Rheingau von Mainz
bis unterhalb Johannisberg. Das öltlid am Bache
Walluf belegene ehemalige Alofter TZiefent hal ift
jest ein Schloß; der ältere Teil der Gebäude iſt zu
einer Mablmühle eingerichtet.
Nauenthaler, einer der ebelften Meine des
Rheingaus, wächſt füböftlih vom Dorfe Rauenthal
auf einem Bergfattel an der Straße von Walluf
nah Schwalbad. Der R. — ſich insbeſondere
aus durch höchſt entwidelte Blume, neben fein
eiltiger 7 e und bebeutender Kraft. Dan unter:
Peidet« auenthaler Berg» (die befiern Lagen)
und gewöhnlihen R., unter welcher Etifette das
Prodult einer weiten lmgebung in den Handel tritt.
Ranfhandel hat, nebjt den dabei vorlommen:
ben Körperverlekungen und Tötungen, von jeher
der —— Schwierigleiten rüdfichtlich geeig:
neter, nit allzu ſehr von Filtionen ausgehender
Beitrafung bereitet. Dft ift e8 unmöglich, feitzu:
jtellen, wer von ben babei Beteiligten den Tod oder
die Hörperverlegung verurjadht hat, —— in
andern dällen der Erfolg nur aus dem Zuſammen⸗
wirken mehrerer Verlegungen fi ergibt. Das
Reichsſtrafgeſetbuch, $. 227, entſchied ſich dafür, in
em eriten Fall eine Strafe wegen Beteiligung an
ber er ki und in dem lebtern einen bejondern
Strafrahmen aufzuftellen. ,
Rangraf war im Mittelalter eine Bezeihnung
mehrerer gräfl. Geſchlechter. Es geb R. zu Dafjel
und auch in der Gegend zwiſchen Trier und Alzei,
wo bie Altenbaumburg ober rege Isa
Münfter ihr Stammfig war, nachdem die Wild
* von Kirberg und Daun und die Grafen von
Be en; fi von ihnen abgezweigt hatten. Biel:
leicht hängen aud die —*— mit ihnen 2
te —— Yale H ——*— dem Er⸗
ö r raugräfl. echter an die Pfalz ge:
lommen waren, erneuerte 5* —XE
von ber Pfalz 1667 dieſen Titel zu Gunſten feiner
ihm an die linke Hand getrauten Gemahlin, Zuije
von Degenfeld, die fortan ee bieß,
Rauhbank, ſ. unter Hobel, Bd. IX, 6.278*.
Rauhbirke, ſ. unter Birke,
Nauhe Alp, ſ. Alp (Gebirge), :
Rauhes Hand, die von Wichern zu Horn bet
Hamburg gegründete Anftalt, die ganz im Dienfte
512
der Innern Miffion fteht. Der Name «Rauhes
Haus» rührt her von dem «alten Haufe» mit dem
Strohdach, in welchem das Inſtitut 1833 eröffnet
worden, und das im Munde des Volls jenen Na:
men führte, wahricheinlich weil fein Erbauer «Rugen
hieß, daher plattdeutfh: Ruges Huus, d. b. Haus
des Nuge, woraus hochdeutſch «Naubes Haus» ge:
worden. Die Anftalt, zu welcher jeht 24 Heinere
und größere Häufer gehören, wurde 1833 - alle
Kapitalien — Sie beſteht aus folgenden
Zweiganſtalten: 1) Die Knabenanſtalt; ſie nimmt
nur aͤrmere oder für das Handwert oder den bie:
nenden Stand zu erziehende Kinder auf, die ihr
von den Eltern oder deren rechtlichen Xertretern
anvertraut werben; bie Knaben (etwa 80) erhalten
in vier Klaſſen Vollsſchulunterri t und werden in
Werkſtätten, ſowie im Feld und Garten beſchäftigt.
2) Die Lehrlingsanftalt, für 24 Lehrburſchen einge:
richtet, enthält Druder, Schriftfeger, Buchbinder,
Schuhmacher, Tiſchler u. f. w.,_welde in der Ans
ftalt ausgebildet werden. 3) Die feit dem Juli
1879 abgelöfte Nädchenanftalt, «Kaftanienhof» in
Hamm, ift für 24 Kinder eingerichtet. 4) Tas
Benfionat (feit 10 für 80 Knaben aus gebildeten
Ständen; die Schule entſpricht der eines Gymna:
ſiums und — 5) Die Brüderanftalt,
in weldyer das Rauhe Haus die erziehenden, mit
unterrichtenden und mit beauffichtigenden Kräfte ges
winnt, Die «Brüder» (40-50) muſſen bei ihrem
Eintritt in das Prüderhaus zwiſchen 20—30 Jahre
alt fein und fid vor ihrem Eintritt als durchaus
unbeiholten ausweiſen können. Die Mehrzahl
derjelben gehört urjprünglid dem Handwerker—
ftande an. Sie erhalten in der Anftalt, foweit fie
defien bedürfen, in einem dreis bis vierjährigen
Kurfus theoretiiche und praltiiche Vorbereitung und
werden dann in irgend welchen —— Miſ⸗
ſion entſandt als Vorſteher und Gehilfen von Ret:
tungshäujern, Herbergen zur Heimat, als Ge:
fangenenpfleger, Armen: und Krantenpfleger, Ge:
meindehelfer, Stadtmiffionare u. ſ. w. Die äußern
Grijtenzmittel erhält die Brüderanftalt lediglich
Kur milde Beiträge. 6) Die Agentur des Rauben
Hauſes befteht aus der Buchdruckerei, 1842 auf
AUltien begründet und unter einem Faktor ftehend,
der mit einigen Geber: und Done die
für diefe Beihäftigung paffenden Zoͤglinge der
Anftalt ausbildet; aus der Buchhandlung des
Rauben ge (begründet 1844), welde das Ver:
Ingegeichäft er Anſtalt beforgt und feit 1849 in
der Stadt Hamburg aud ein Sortimentägeichäft
bejikt, und aus der 1844 gegründeten Buchbinderei,
welche für die Agentur arbeitet. Gründer der An:
ftalt e Wichern (f. d.), feit DE. 1873 hat die Lei:
tung der Anitalt fein Sohn, Prediger Johannes
Wichern, übernommen. Borfibender des aus drei
Sektionen beftehenden Verwaltungsrats ift Sena:
tor Möndeberg. Vol. Wichern, «Feitbüclein des
Rauben Haufes» (3. Aufl., Hamb. 1856); «Fliegende
Blätterdes Rauhen Haufes» (feit 1813); J. Wichern,
Das Naube Haus und feine Arbeitsfelder 1833
—83 (Hamb. 1883); F. Oldenberg, «J. H. Wicherns
Leben» (Bd. 1, Hamb. 1884).
Rauhe Mark, das Gewicht von 16 Lot legier:
ten Silbers und 24 Karat feinen Goldes, im Ge:
genjak zur Feinen Mark,
NRauhen (fr. lainer, engl. raising), beim ge:
wallten Tud und bei einigen Baummolljtofien,
3. B. beim rauhen VBarchent, die lofen Enden der
Rauhe Marl — Raum und Näumliches
Wollhärchen aus der Zeugftä e herausziehen und
parallel legen. (S. unter Tudfabrilation.)
t, Raubreif, Haar:
Rauhfroſt Beat i
froft) entiteht Pr die Ausſcheidung flüffigen
oder gefrorenen Waſſers an feiten Gegenftänden
(Bäumen, Mauern u. f. m.) infolge eines Tempe:
raturüberfchufies der Luft, wenn nad längerer
Kälte ein rafcher Umſchlag der Witterung eintritt
und feuchtwarme Luft die falten Gegenftände um:
hullt. Die Bildung diefer zeilnrtigen in Form von
Heinen Spihen oder Baden fich anfehenden Liber:
züge wird im Gegenjak zu Neif oder Tau (f. d.)
durch eine gute Wärmeleitungsfähigfeit der Gegen:
ftände, an welchen der R. entitebt, begünftigt.
Rauhfuft (Beter), Humanift, ſ. Dafypodius,
Rauhkarde, ſ. unter Dipsacus.
Rauhmafchine (frz. machine à lainer, lai-
neuse; engl, raising-gig, gig-mill), f. unter Tud:
fabrifation.
Rauhnächte, ſ. Zmölfnädte,
Rauhputz, ſ. unter Abputz.
Rauhreif, ſ. Rauchfröſt.
Rauhwacke, dolomitiſcher Kallſtein mit un—
regelmäßigen ei und an wodurd er
rauhes, zerfreſſenes Ausfehen erhält; in der Zech
fteinformation 3. B. von Altenftein in Thüringen.
Nauhiwaren, N Pelzwerk. ten.
Rauhzeit, die Zeit der Mauſer bei Gänſen und
Rauke, ſoviel wie Eruca sativa.
Raum und Räumliches gehören zu ben zwar
der gewöhnlichen Auffaflung der Ericheinungswelt
ſehr geläufigen und Scheinbar jelbftverjtändlichen, für
eine tiefer dringende —IX aber äußerft ſchwie⸗
rigen Begriffen. Da die Phantafie nicht im Stande
ift, den allgemeinen Raum begrenzt zu denken, fon:
dern jenfeit jeder Grenze doc immer wieder Kaum
vorzuftellen genötigt iſt, 2 bildet ſich dadurch der
Begriff des unendlihen Raums aus, in ‚weldyem
das ganze Univerfum mit allen feinen Teilen ent:
—*— ei und . bewege. Den lehtern Punlt
abte das metapbylische Denken zuerft ala Problem
auf, indem der Gegenjah zwifchen dem begrenzten
Charalter aller anfhaulichen Raumvorftellung und
dem Bejtreben der Bhantafie, den Naum fih uns
endlich zu denken, die Dialeltit der —
Schule — d.) herausforderte. Nachdem jedoch die
Atomiſten den Begriff des leeren Raums als der
Bewegungsſphäre der unendlich Heinen Körperchen
feftgeftellt hatten, blieb die griech. Philoſophie im
wefentlichen dabei ftehen, indem auch Plato und
Ariftoteles den Naum für jene unbeftimmte und an
fih nicht wahrhaft feiende Möglichteit erklärten,
innerhalb deren erft die weltbildende Kraft die eins
—— Geſtalten hervorrufe. Während ſich jedoch
ie neuere Naturwiſſenſchaft die Annahme des
leeren Raums zu Nuhe machte, um darauf ihre
atomiſtiſche Bewegungslehre zu gründen, ging die
rg ge ‚ Spetulation darauf aus, das Räume:
liche al3 Attribut der Körperwelt zu betrachten
und die Eriftenz de3 leeren Naums zu leugnen,
Kant gab dann den Unterfuchungen über den
Raum nicht nur eine neue Wendung, fondern au
eine dauernde Grundlage, indem er zeigte, da
der Naum und die räumliche Beſcha t ber
Wabrnehmungsgegenftände eine notwendige Ans
Ihauungsform des menſchlichen Geijtes fei, nad
welcher derjelbe mit unbewußter Notwendigleit die
Thatjahen der Sinnesempfindung anorbnet und
zu gegenftändlihen Anfchauungen macht. Die
— — ——
Näumahle — Naumer (Rudolf von)
Kantſche Theorie fand eine glänzende Beftätigung
von feiten der eralten Biflentchaft, indem die I:
—— der Sinnesorgane die Abhängigleit der
aumanſchauungen von der Vorſtellungswelt des
Wahrnehmenden in ganzer Ausdehnung nachwies.
ährend die PVhilofophie mit ber erfenntnis:
theoretiichen und metaphyſiſchen Bedeutung ber
aumvorjtellungen ſich beſchäftigt, bat die Geo:
metrie den Raum als eine gegebene Anſchauung zu
betrachten und daraus alle diejenigen Lel ig ab:
—— welche ſich durch die Konſtrultion befon:
rer Raumgebilde mit innerer Notwendigkeit in ihm
ergeben, wie dies in typiſcher Weiſe durch Eullid
geile en iſt. Zu diefen Borausfeßungen gehören
in erſter Linie die drei Dimenfionen des Raums.
Erft in neuerer Zeit haben allgemeine mathem. Be:
tradhtungen, indem fie die verfchiedenen Sphären
mehrdimenfionaler Größen als verſchiedene Räume
bezeichneten, zu dem naturphilof. Mißverſtändnis
Anlaß gegeben, als ließe fi ein realiter eriftieren:
der Kaum von ur als drei Dimenfionen denten.
©. Dimenfion [vierte]). —— «Die
ehren von Raum, Zeit und Mathematik in der
neuern Philofophie» (2 Bde., Berl. 1868—69).
Näumahle, ſ. Reibable.
Raumer (Friedr. Ludw. Georg von), hervor:
ragender deutſcher Geſchichtſchreiber, geb. zu Wör⸗
liß 14. Mai 1781, ſtudierte in Halle und Göttingen
die Rechte, trat zunächit in den preuß. Staatädienft,
wurde aber 1811 zum Profeſſor an der Univerfität
Breslau und 1819 zum Profeljor der Staatswiljen:
fhaft und Geſchichte in Berlin ernannt. Er ver:
öffentlichte zunächſt: «Sechs Dialoge über Krieg
und Handel» (1806), «Das brit. Beiteuerungs:
fyftem» (Berl. 1810), «CCI emendationes ad tabu-
las genealogicas Arabum et Turcarum» (Heibelb.
1811), «Sandbucd merkwürdiger Stellen aus den
lat. Gefhichtihreibern des Dlittelalter3» (Brest.
1813), «Herbftreife nach Venedig» (2 Bde., Berl.
1816). Daran fchlofien ſich die «Vorlefungen über
die alte Gefhichte» (2 Bde., Lpz. 1821; 3. Aufl,
1861) und die «Geſchichte der Hobenftaufen und ihrer
Zeit» (6 Bde., Lpz. 1823—25; 5. Aufl. 1878). Vor
allem in diefem feinem bedeutenditen Werte erfennt
man den tiefen Blick des Denterd, die gereifte,
Hare Anficht des ftaatätundigen Mannes und die
Gründlichteit unbefangener Forſchung. Schule und
Welt haben nd in R. glü va vereinigt, um ben
vollen friſchen Kern feiner Wi enfchaft in der ſchö⸗
nen Form einer gediegenen Darjtellung und einer
reinen Sprade zu zeigen. Zu feinen wichtigſten
Arbeiten aus jener Zeit gehört ferner die Unter:
ſuchung «Über die geſchichtliche Entwidelung ber
ri von Net, Staat und Bolitil» (Lpz. 1826;
3. Aufl. 1861). Dann erſchienen «Briefe aus Pa:
1830» (2 DBbe., £pz. 1831)
und «Briefe aus Paris zur Erläuterung der Ge:
ſchichte des 16, und 17. Sahr ‚» (2 Bde., Lpʒz. 1831).
Hierauf begann er die «Geſchichte Europas feit dem
Ende des 15. ahrh.» (Bd. 1—8, Lpz. 1832-50),
die jeinem Werle über die Hohenitaufen würdig zur
Seite trat. Spätere Reifen nad) England, Italien
und Amerifa veranlaßten die Schriften: «England
1835» (2 Bde., Lpz. 1836; 2., um einen Band:
«England 1841», vermehrte Aufl. 1842), «Beiträge
jur neuern Geidjichte aus dem Britifchen Mufeum
und Reihsardiv» (5 Bbe., Lpz. 1836—39), «Ita⸗
lien. Beiträge zur Kenntnis dieſes Landes» (2 Bde,
Lpz. 1840) und «Die Vereinigten Staaten vonNorb:
Eonverjations-Lerilon. 13. Aufl. XIII
ris und Frankrei
513
amerifa» (2 Bbe., Qy3. 1845). Im J. 1847 Iegte er
feine Stelle ala Sekretär und Mitglied ber Alademie
der Willenfhaften in Berlin nieder. Zum Mit:
> der Deutſchen Nationalverfammlung in Frank⸗
urt gewählt, gehörte er dem rechten Centrum an.
Bon Frankfurt aus übernahm er auch eine Miffion
als deuticher Gefandter nad) Paris. In diefer Zeit
entitanden feine «Briefe aus Frankfurt und Paris»
(2 Zle., 2p3.1849). In der Folge war er Mitglied
der preuß. Erften Kammer in Berlin. Obfchon ihm
1853 die Emeritierung als Profeſſor an der Uni:
verfität bewilligt wurde, ftellte er doch feine Bor:
lefungen nicht ganz ein. Gr veröffentlichte noch:
«Vermiſchte Schriften» (3 Bde., Bi. 1852—54),
aLebenserinnerungen und Briefwechlel» (2 Bde.,
Lpz. 1861) und ein «Sandbud) zur Geſchichte der
Litteratur» (4 Bde,, Lpz. 1864—66). N. begrüns
dete auch 1830 mit der Berlagshandlung b% A.
Brodhaus in Leipzig das «Hiſtor. Taſchenbuch⸗
(Folge 1—4, 1830—67 ; Folge5, 1871—80, —
egeben von Riehl, Folge 6, 1882 fa. von Mauren:
recher). Er jtarb u Berlin 14. Juni 1873.
NRaumer * Georg von), verdient als Geo—
log, Geograph und Pädagog, Bruder des vorigen,
geb. 9. April 1783 zu Wörlis, ftudierte zu Göttingen
und Halle, dann auf der Bergalademie zu Freiberg
und unterfuchte hierauf als Geognoft einen Teil
Deutihlands und Frankreichs, befonders die Ge:
end von Paris. Nachdem er fich im Peſtalozziſchen
Daft zu Ifferten aufgehalten, warb er 1810
eim Oberbergdepartenient in Berlin, 1811 als
Bergrat beim Oberbergamt in Breslau und zu:
lei ale Profeſſor der Mineralogie an der borti:
gen Univerfität angeftellt. In den %. 1813 und
1814 beteiligte er fi) als Freiwilliger am Be:
freiungsfriege. Im J. 1819 wurde er an die Uni:
verfität Halle und das dortige Oberbergamt ver:
fest, nahm aber 1823 feinen Abſchied und Schloß ſich
an das Dittmarfche Erziehungsinftitut in Nürnberg
an. Später übernahm er (1827) zu Erlangen die
Profefiur der allgemeinen Paturgelichte und Mi:
neralogie. Gr ftarb dajelbft 2. Juni 1865. Unter
R.s mineralogiihen und geognoft. Schriften >
vorzugsweiſe zu nennen: «Der Granit des Rieſen⸗
ebirges» (Berl. 1813) und «Das Gebirge Nieder:
Fhlefiens» (Berl. 1819), Sleinere Abhandlungen
vereinigte er in den Vermiſchten Schriften» (2 Bde.,
Berl. 1819— 22) und «SKreuzzügen» (Bd. 1u. 2,
Stuttg. 18410— 64), Am belannteften wurde R.
durd * geogr. Arbeiten, das «Lehrbuch der all:
gemeinen Geographie» (3. Aufl, pa. 1848), «De:
hreibung der Erdoberflähe» (6. Aufl., Lpz. 1866)
und «Baläftinao (4. Aufl., Lpz. 1860), ſowie durd)
feine treffliche a der Bädagogil» (5. Aufl.,
4 Bbe., Gütersloh 1878— 80). Sonft veröffent:
lichte er nody «Erinnerungen aus den J. 1813 und
1814» (Stuttg. 1850). Seine Eelbitbiographie
erſchien nach feinem Tode (Stuttg. 1866).
Naumer (Nudolf von), ausgezeichneter Sprad:
forfcyer, Sohn Karl Georg von R.s, geb. 14. April
1815 zu Breslau, widmete ſich zu Erlangen, Göt—
tingen und Münden philol, Studien. Nachdem er
feit 1840 zu Erlangen als Brivatdocent gewirkt, er:
bielt er dafelbit 1846 eine außerord., 1852 die ord.
Brofeflur für deutiche Sprache und Litteratur. Er
ftarb 30. Aug. 1876 in Erlangen. Unter feinen
Schriften find hervorzuheben: «Die Aipiration und
die LZautverfchiebung» (Lpz. 1837), «Die Einwirkung
bes Ehrijtentums auf die althochdeutſche Sprache,
83
514
(Stuttg. 1845) und «Vom deutichen Geiſte⸗ (2. Aufl.,
Grlangen 1859). Seine treffliche Arbeit «Der Unter:
richt im Deutichen» (3. Aufl., Stuttg. 1857) ift ein be-
ionderer Abdrud aus feines Vaters aGeſchichte der
Bädagogit». Sein leptes Werk war bie «Geichichte
der german. Philologie, vorzugsweiſe in Deutſch⸗
land» (Münd. 1870). Außer zahlreichen Heinern
Schriften Reden u. ſ. w fühleben fih noch an:
«Deutiche Verſuche⸗ —— 1861) und «Geſam⸗
melte ſprachwiſſenſchaftliche Schriften» (Frantf.
a. M. 1863). Die legtern enthalten unter anderm
—* Neibe von Abhandlun no und Aufiäpen über
deutiche Orthographie, welche auf die Stlärung der
Anfichten über dieſen "Gegenftand nicht ohne Gin:
fluß geblieben find. Im J. 1875 wurde RN. vom
preuß. Kultusminiſter mit Ausarbeitung eines Ent:
— —— einer allgemeinen deutſchen
re m. bea —— welcher bei den Ber:
u lungen ber 1876 berufenen Konferenz zu
Grunde gelegt wurbe. Liber jeine Mitwirkung ver:
Öffentlichte er « Erläuterungen zu den Ergebniſſen
der —— — —* erenz» I oalle 1876).
rl a
ichtsforſcher, ge
lin, widmete ſich zu Berlin, Heibelber L, no
tingen ber urisprubenz wurde 1827 Aflefior bei
dem Sammıergericht zu »erlin und verö —28
die anonyme Schrift «fiber die älteſte
m Berfafjung der Hurmark» (Berl. 1830) irn
«Novus we Erler ron Brandenburgensis»
— Bde., Berl, 1831—33). Im J. 1829 trat er al3
iliSarbeiter ins Finanzminifterium, 1833 wurbe
er zum Nat bei dem preuß. Hausminifterium und
der Archivverwaltung ernannt, 1843 zum Direltor
ſämtlicher preuß. Archive und 1844 zum Mitglied
des Staatdratd, Die Direktion der Archive legte
er 1851 nieber. Er veröffentlichte. unter anderm
die «Regestae historiae Brandenburgensis» (Bd. 1,
Berl. 1836), w * a Hiſtor. Karten und Stamm:
tafeln» (He 1 rl. 1837) —E und eine «Be:
—— der Knfel BWollin» (Berl. 1853). Aus unbe:
fannten Gründen machte er 11. Mär feinem
Leben durd) einen Piſtolenſchuß ein
Karl Georg von R., des vorigen Toter, geb. | f
16. Nov. 1753 zu Deflau, ftarb 2. Juli 1833 als
Wirkt. Geheimrat, Direktor im Minifterium des
tönigl. Haufes und ber Archive, Präjident des
Obercenſurkollegiums und vortragender Rat im
preuß. Staat3minijterium. Seine Brüder waren
Georg siebrid von R., der Bater Friedrich
Ludwig Georg von jowie Karl Georg von Rs,
und Karl keycherg Heinrid von R., der
fih ald Major bei Auerſtädt 1806 auszeichnete
und 2. Yuli 1831 als Generalmajor ftarb. Diefe
drei Brüder waren die Söhne Leopold Gu:
ſtav Dietrid von R.s, der als Direltor der
fürſtl. Negieru rung zu Deflau 23. Aug. 1788 ftarb.
Der Bruder des lehtern, Karl Friedrich Albert
von R., focht mit Auszeichnung im zweiten Schle:
ſiſchen und im Siebenjährigen Kriege, avancierte
1790 zum Generallieutenant, befebligte 1794 die
Blodade von Danzig und wurde nad er ge Be:
ſihnahme erfter Gouverneur der Stadt.
. Dez. 1806 ohne Rachkommen.
Sohn de3 erwähnten Generalmajors Karl Fried:
rich Heinrich von R. war Karl Otto von R., ton:
jervativer preuß. Staatsmann, geb. 7. Sept. 1805
zu Stargard in Pommern. Derielbe erbielt feine
Gymnaſialbildung zu Stettin, ftudiertezu Göttingen
Naumer (Georg Wild. von) — Raupach
unb Berlin bie Rechte, wurbe 1834 Regierungsrat
in Bofen, fpäter nadı Frankfurt a. O. verf =
Frühjahr 1840 als Hilfsarbeiter in =
minifterium berufen, murbe er noch im ft dei.
jelben jahres zum Geh. nzrat, 1841 vor:
nn Nat im S—— des — b beför-
—* lam gr als \ — *
nigsberg, 1845 in
und 1848 nad) — Am 19. Dei, 1850
übernahm cr im —— En an Porte-
feuille = geiftlichen, Unterrichts: und i
welches er bis 1858 im —— —
366 und polit. Reaktion verwaltete.
anderm erließ er 1854 bie viel Wiber der haben
ben «Regulative» für die ——
narien 8 ben Bo et 6. —
1859
—25* ſJ. 2*25
Naummeter eg
in
eftmeter,
1441—1538 ein
rühmten —— “> (olgium Tamm,
a ee und —* nee
se —* — fe Ber:
n are
en zungen ve um: fo —— men
5 in einem Secha
ıblictich bebeutend —— —
— f. I in
öfterr —— eichnet
einen S der über afles brummt.
Naupach (Ernit et 2 Me Salome), dramati:
ſcher —— 1784 zu ——
einem Dorfe unmeit Fe in
F 1801 —— ae Er er *
Jahre in and a r geweſen un
anderthalb Jahre zu B batte,
wurde er 1816 bei ber —— als Or⸗
eich ber philoſ. Fakultät und ihm im
ahre neben bem Sch che der beutfchen
— 3 der Geſchichte —— lge
einer 1821 über ihn und einige feiner Kollegen ver:
hängten Unterſuchung verließ er 1822 Rußland.
Hierauf machte er eine 35* na — und wen⸗
dete ſich nad) feiner Ruckehr na Berlin, wo er bis
u feinem 18. März 1852 erfolgten Tode für die
5 me thätig war. Gine Frucht feiner Reife waren
« Hirfemenzel3 — aus Jialien ⸗ (Epz. 1823).
Bon feinen früher erſchienenen —— verfob-
ten) Stüden *. ‚nennen: «Die
wanſty⸗ (1818), Gefeſſelten⸗ (21). «der
Liebe Bauberkreis» (1829), «Die Freunde» (1825),
aIſidor und Olga⸗ (1826). Später erfdienen «Na:
faele» (1828) und «Die Tochter der Luft» nah Cal⸗
deron (1829), an die fih ein Cyllus dramatiſcher
—— anſchloß, welche die Geſchichte
Hohenſtaufen zum Gegenftande haben (8 Boe.,
mb, 1837— 38). Außerdem bereiherte R. feit
1829 (wo der erite Teil feiner * zu Ham:
burg erſchien) aud) die fomische Bühne mit neuen
Stüden, von denen befonders die —— aſtritit
und Antifritilo, «Die Schleihhändler», «Der Zeit:
Cal «Das Sonett» und die Rofien a an
ar» und «Schelle im Monde» anzuführen find.
am Dramen fammelte er in zwei Abteilungen :
Raupen — Rauſcher
« iſche nſter Gattung» (18 Boe.,
Hamb. 1830—44) und «Dramatifhe Werte fomi:
der 4 Hamb, 1829— 35). Aus
j » (4 Boe.,
—— —8 deut⸗
Bühnenipiele» Schauſpiel Jalobine von
Holland» (1852), das a. «Die rg
und das Drama «Saat und Frucht» (1
bejaß ſprachliche und metriſche Gewandtheit, —
—— der —— u. Sinn a das
3 ee Diefe Vorzüge ren, wie er lange
ih den Beifall des Publilums bewahren
ie Geringen —* ung feine ——
von denen er eine Sammlung 1821 e
1833 herausgab. Val. erg Raupad), aR., eine
Sfisger 1853).
bi che
auven werden die — der Schmetterlinge
; bocdh werben im gemeinen Leben mand)e
sven ff. d.) für R. angeſehen, aus welchen
ſich Käfer ober andere Inſelten, namentlich Blatt:
weipen entwideln. Die R. Triegt ſehr Er aus
dem Gi, wächſt aber ungemein ſchnell. Sie wirft
ihre Haut Fr des Wachſtums drei: bis
ſechsmal ab. Nach ng Aa ber —— ——
ng verwandelt fie ſich in die
(f. d.).. Die zu en — ug we via
gen nötige ——* bald kürzer,
aber eben)o be Kant bei jeder Ari, wie die Nah—
balt, der Ort und die Art der
lach dein Austriehen leben die R.
entweber immer ober nur auf * e Zeit gefellig
oder zerſtrenen ſich gleich anfangs. Sie nähren ſich
von Blättern, jelten von rückten, Holz,
‚ Belzwert, wollenen Stoffen u. j. w.
Ginige finden” ſich ausihliehlih in und auf be
ftimmten Pr — andere pen —* verſchiedenen
a Ca i ——— er
wie er nge je
unter — ehr —— enge fehr f Ön
tte (3. B. vom Gitronennogel, Tafel:
—— 7— warzige (3. B. vom Nacht⸗
—— IH, Fig. 8), haarige (3. B. vom
‚2. njeten 5; ia. 15), aber auch
von Melitaea Cinxia, Tafel: In—
ee ig. 12). Die Haare vieler erzeugen
durch ie Biberhe en in der Haut Brennen und
—*8 Ausſchlãge, beim Einatmen ſogar bösartige
Krankheiten der Refpirationswerkzeuge. Außerlich
See eh, man am ihnen den Kopf mit auf jeder
in einen Kreis geftellten Augen, bie
— —— und an der Unterlippe ein
Spinnorgan, mit welchem fi viele zur Verpup⸗
Tan .. (cocon, 5.8. vom Radtpfauenauge,
njelten I, a. 8, oder von einigen
pen, Zafel: Habt e Inſekten,
—* 19 u. 20°)
en Seiten der
u — e
rung, ber Au
Berpuppung.
chnete,
verferti
befinden KR 9 Bu Quftlöcher oder
ie vordern 6 Beine (Bruftbeine) find
— —* Strallen, — niemals
arg we des Schmetterlinge;
die übri — Bauchbeine und
die am = Beihes Ban ndlichen Nachſchieber;
diefe find R beſonders geftaltete gabelartige An-
hänge (3. ®. bei N. bes Buchenſpinners, Stau-
ropus fagi, Tafel: Inſekten III, Fig. 14).
Bauchbeine Tomopl als Nachſchieber chwinden
bei der Verpuppung. Die meilten Schmetterlings⸗
raupen haben außer den Nachſchiebern vier Paar
Bauchfüße; wenn weniger vorhanden find, nehmen
die R. einen eigentümlichen, fpannenden Gang an,
515
[6 fie au Spanner genannt werben (w
rg des ge Safe 6
Inſekten, 1. A °); mehr als vier Bau
paare baben Afterraupen —
ven der Blattweipen (vgl. die R. der Hiefernblat
weipe und oßanniablattıwefpe, Tafel: Sad.
lie yale ten, Fig. 19 u. 20°). Das Innere
der N. birgt, mit, usnahme der no —
—F uge, beinahe alle die Ei
0 Schmetterlinge einft unentb
lic) find; nur silgen fie andere Berhältniffe, a
Entwidelung ift bejonder von Herold ai
worden. Die meiften R. find f —* Bit
durch ihre Anhäufung in Wäldern, Gärten,
dern, in Borräten und Kleidungafto en Re
gen an, Nüplih find nur einige rt, wie
namentlich der Seidenipinner
NRaupenfadel und Raupen here, f. unter
Gartengeräte. unter Abnoba.
Ranracifches Gebirge (Montes Rauraci), f.
Raurafer oder richtiger «Raurifer», eim kelt.
Bolt im obern Elfaß und in Baiel: Sand, nördlich
von den Sequanern und nordweſtlich von dem Hel⸗
vetiern wobnend. Unter ihren vielen Städten find
in der röm, Raiferzeit beſonders — ——
(beit Colmar oder Reubreiſach) und rica, le:
tereö durch den Nömer Munatius Plancus 443
* —* det, ſpater unter Auguſtus
rieorum (Augſt, oͤſtlich von 2
erheblich erweitert.
"hub. fov.w. Empetrum ni (j.b.).
Raufchenberg, Stadt im — egierungs⸗
bezirk Kaſſel, Kreis ns 13 a im RD.
von Marburg, iſt a | vs Amtegerichts unb
bat (108 1201 €. wird als Luftkurort be:
nubt, fiber der Stabt liegt die Burgruine R.
Der Drt wurde 30. a 1639 von ben Schweden
erobert und fehr vermültet.
Raufcher (Joſer ‚Dtömar, Ritter von), Kardi⸗
nal und zbiſchof von Wien, geb. 6. Okt.
1797 zu Wien, — 5 — dafelbft merft — —
ſchaft, dann Theologie. Er begann feine ſeelſorge⸗
riſche Thätigfeit zu Hüttelborf bei Wien, von mo cr
als Profeſſor an die kath.:theof. Zakultät Ealzburg
verfeßt wurde. Gr tehrte 1833 als Direktor ber
orient. Alademie nach Wien zurüd. Zugleich wurde
ihm der Auftrag zuteil, die drei ältern Söhne de3
Erzherzogs Franz Karl, darumter den jetzigen Kaifer
Bra oſeph, zu — J. 1849 erfolgte
ine Ernennung zum Sarjtbiic of von Sedan, an
Stellung er 1853 mit der ald Fürft:Erzbi {hof von
Mien vertaufchte. Im J. 1855 er Kardinal.
Als theol. Schri eller hat fih R. durch en fir:
hen Kuh chte (2 Sulzbach 1829) bemerkbar ge:
macht. Auf bie Leitung des Stantöwefens gewann
NR. den mädtigften Einfluß, gm Dt. 1854 ging
“nu Rom, um die Verhandlungen der öfterr.
ierung mit der * tt, a zu feften, unb führte
Hehelhen durch den Abſchluß des 18. Aug. 1855
—— Konkordats (f. d.) zu Ende. Seit
1861 war er Mitglied des Herrenhaufes. Auf dem
Vatilaniſchen Konzil leitete er die —“ gegen
bie Proklamation der Unfehlbarteit des Baoftes.
In den lehten Jahren lieh er in feiner Diöcefe ftill:
Ichweigend einen modus vivendi gene ber
Staatögemalt eintreten, und als Centralift ver:
urteilte er da3 nationale Treiben des Klerus in
ben ſlaw. Provinzen. R. ftarb 24. Nov. 1875
in Wien,
83*
516
Naufchgelb, ſ. Auripigment und unter
Ar *2 II, d 10®,
aufchgold, ſ. unter Blech.
Rauſchrot, ſ. unter Arien, Bd. II, ©. 10°,
Rauſchſilber, f. unter Blech.
gauie, Thon e,f. Ruta.
Raute, Biered, befonders ein verfchobenes Vier:
ed; Feniterraute, foviel wie Fenitericheibe.
Rantenförmig beißt in ber Kupferitedhfunft
eine Schraffierung,, deren Strichlagen ſich kreuzen
und verichobene Vierede bilden,
NRautengla® nennt man ein auf einer Seite
eben, auf der andern vieledig geihliffenes Glas,
durch das fich dem Auge die dahinterftehenden Gegen:
ftände fo vielfach darftellen, ala Flächen auf der
einen Seite geſchliffen find.
Rautenfranz, ein an der obern Seite mit Blät:
tern befeter grüner Schrägbalten, welder ſich im
Mappen von Sadlen, Anhalt und verfdhiedener
———— findet und über deſſen Urſprung
und Bedeutung die Anſichten der Heraldiler ſehr
er waren, Nad) dem Urteil des Fürjten
* . von Hohenlohe: Waldenburg (vgl. deſſen
rift «Der ſächſ. Rautenlranzy, Stuttg. 1863)
ie er R. lediglich ein heraldiſch ftilifierter grüner
ublranz. Diefer Meinung hat ſich neuerdings
die Mehrzahl der Fachgenoſſen er
Rautenfrone (Orden der), Lönigl. ſächſ.
Hausorden, vom König Friedrih Auguft 20. Juli
1807 geftiftet. Der Orden hat nur eine Klaſſe. Die
Detoration ift ein achtipisiges hellgraues Kreuz mit
weißemaillierter Einfaſſung, defien Mittelſchild die
Buchſtaben F. A. mit der flönigäfrone inmitten eines
grünen Rautentranzes, auf derRüdjeite die Ordens:
devife «Providentiae memor» zeigt; dasfelbe wird
an einem graßgrünen gewäflerten Bande von ber
rechten Schulter zur linken Hüfte getragen; dazu
auf der Bruft ein adhtediger filberner Stern.
autendl, ein ätheriiches Ol, welches durd)
Detillation der Gartenraute, Ruta graveolens, ge:
wonnen wird und vornehmlih aus Eifigfäure:
a er beiteht.
autenfchlange, |. unter Riefenfhlangen.
Nantenftein, |. Al e.
Navaillae (Frangois), der Mörber HeinrihslV.
von Frankreich, geb. zu Augoulẽme um 1578, diente
als Schreiber mehrern Nechtögelehrten, trieb dann
felbft jurift. Braris und lie fich endlich ala Saul:
meilter in feinem Geburtsorte nieder. Wegen
—— ins I geraten, verfiel er in
Schwärmerei und hatte Viſionen. Huf einer Reife
nad Baris trat er auf kurze Zeit in den Orden ber
— Er ging dann nach Angouldme, geriet
ier in Not und wurde, wahrſcheinlich durch Ber:
mittelung der Jefuiten, für die Ermorbung Hein:
richs IV. (f. d.), den er für den Hauptfeind des Ka:
tholizismus bielt, gewonnen, Er reifte zu dem
Zwede mehrmals nad Paris, wurde aber ftet3 am
AZufamntentreffen mit bem Köni — End:
lich erhielt er 14, Mai 1610 Gelegenheit, den An:
NOS BMIENEEERR, Der König fuhr gegen 4 Uhr
nad) dem Zeughauſe. In der engen Etrafe Lafer:
ronnerie mußte der königl. Wagen halten, weil
Laftwagen den Meg verfperrten. R. ſchwang ſich
auf das rechte — und ſtieß dem Könige, der
im Fond des Wagens auf der linlen Seite neben
bem Herzog von Epernon faß, ein Mefjer in die
Bruft. Der Stoß ging fehl, aber ein zweiter traf
ben König durchs Herz, Der Mörder, bald feitge:
Rauſchgelb —
Ravenna
nommen, Teugnete nit. Rad einem Ausſpruch
des Parlaments wurde R. furdtbar gefoltert und
am 27. Mai auf dem Greveplaße mit Pferden zer:
riffen. Die Urheber des Mordes hatte er vers
ſchwiegen. Einige hoben die Schuld auf die Kö:
nigin Maria von Medici und deren Bertrauten
Concini, andere auf den Serien von Epernon und
die Marquife von Berneuil; die meiften aber fchrie:
ben das Attentat dem fpan. Hofe zu, der fich der
Jefuiten, die jedenfalls ihre Hand im Spiele hatten,
als Werkeug bedient haben foll. Bgl. Loifeleur,
«R. et ses complices» (Par. 1873). i
Ravanufa, Fleden in der ital. Provinz Girgenti
auf Sicilien, nahe reht3 am Salfo, hat (1881)
8523 €. und Handel mit Öl, Mandeln und Biftazien.
Ravelin (vom ital. rivellino, Uferwerf) diente
beim Auftommen der baftionierten Befeftigu 9%
weife humchft als Brüdentopf zur Sicherung der
durch die Courtine über den auptgraben führen
den ** eines befeſtigten Plaßes. Das R.
wurde mit der Zeit vergrößert und damit ftieg feine
Wichtigkeit ald Außenwerk einer baftionierten
ont, welche durch die Anlage eines Reduits im
nern noch erhöht wurde. (S. Feftungsbau,
d. VI, ©. 729* u. 731.
Ravenna, eine der älteften Stäbte Jaliens,
auptort der gleichnamigen, den nörbl, Zeil der
omagna bildenden Provinz (1922,3 qkm mit
tussr) 226667 6.) des Konigreichs Jtalien, einft
am Adriatiſchen Meere, jebt infolge unabläffiger
Alluvionen 7—8 km von demfelben entfernt und
in fumpfiger Ebene gelegen, wird durd) die Station
der Linien Caftel:Bolognefe:R. und R.Cervia der
Südbahn, den Eanale del Molino mit dem Po bi
rimaro verbunden und iſt Sik der Provinzialbe:
rden und eines Erzbiſchofs. Die altertümlich ge:
uteStabt zählt (1881) 12092, mit den Vorftädten
San:Biagio und San:Rocco 21 231, ald Gemeinde
60306 E., hat 15 Kirchen, viele Köfter, ein erz⸗
biſchöfl. Seminar, ein proßartiges Kollegium, eine
Accademia delle belle Arti mit re eine
öffentliche Bibliothek im ehemaligen Camaldulenfer:
ofter Claſſe, ein berühmtes Domardiv, ein Mus
feum für Altertümer und ein Theater. Die Be:
völterung treibt Weins und Geidenbau, Seiden:
fpinnerei und Seidenweberei, Fabrikation von Mu:
Minjtrumenten und unterhält eine große Meſſe (im
ai). Die umliegenden Sümpfe find in neuerer
eit ſowohl durch Ableitung in die Fiumi-Uniti
gie vereinigt mündenden gen e Montone und
onco) als durch Anbau vermindert, R. ift ver:
mutlich von den Etrugfern gegründet, lam fpäter
in bie-Hände ber lin an en Ballier und mit Un—
terwerfung des cisalpinifhen Gallien in den Beſit
der Römer. Seit Auguftus ftationierte in dem das
maligen Hafen Claſſis die röm, Flotte des Adriatis
[den Meers. Die eigentliche Blütezeit erreichte aber
. erft ſeitdem ber weſtröm. Kaiſer Honorius 404,
aus Furcht vor dem Eindringen on
Barbaren, die kaiſerl. Refidenz von Rom na
durch ihre Sümpfe, Kanäle und Dir ungen ges
erten Stabt verlegt hatte, wo er un are, Nach⸗
olger in byzant. Luxus die Not der Zeit vergaßen.
mals bildete R. mit der um den Hafen entjtan=
benen Hafenftabt eine mit Prachtbauten geihmüdte
Doppelftabt, die eine dritte Anlage, Cäjarea, ver:
band, und Kanäle führten —— e bis in die Mitte
der Stadt. Auch die german. Könige Odoaker (feit
476) und Theodorich d. Gr. (feit 493) refidierten
— ——— 5 irn a
—._ it u Ran HM
he a
wm
>
Run:
»E nir
ia =’,
Ka
Navennafhlaht — Ravensburg
bier, fowie nad dem Untergange bes Dftgotenreichs
die byzant. Erarchen, Lebtere wurden 751 von den
Longobarden vertrieben, und diefen nahm ber fränt.
König Pipin 755 die Stadt nebſt dem ganzen
Erarchat H Exarchus) wieder ab und fchenkte e3
bem röm. Stuble. Im Kampf der Welfen und
Ghibellinen trat in R. als Haupt ber erftern Pietro
Zraverjara an die Spibe der Negierung. Später
wechfelten kaiſerl. und päpſtl. Befehlshaber, bis
1318 Dftafio IV. die Alleinherrſchaft erlangte. Die
Herrihaft der Herzöge von R. oder der Romagna
beitand 123 jahre. Vom 21. Febr. 1441 bis 1508
war bie Stadt in den Händen der Benetianer, denen
e3 infolge der Ligue von Cambrai 1508 entriffen
wurde, Geit diejer Zeit bis 1859 verblieb es dem
Papſte. —— iſt R. befonders durch
das benadbarte Schlachtfeld denfwürdig, auf wel:
chem ber berühmte franz. Feldherr —* be Foix
11, April 1512 über die nr und päpitl, Truppen
fiegte und fiel, Eine Dentjäule von 1557 bezeichnet
basjelbe. R. war lange eine bedeutende Handel3:
ftadt für — Getreide, Wein, Hanf, Seide
und Futter, Die altröm. und die venet. flotten
entnahmen ihr Material dem Pinienwalde (la Pi-
neta), dem größten und berühmteiten Italiens, ber
ſich meilenweit längs der Küfte auf früherm Meeres:
boden hinzieht und faft ganz der Stadt gehört. Der
einſt berühmte Hafen (ital. Claſſe oder Chiaſſi ge:
nannt), 728 von dem Longobardenkönig Luitprand
zeritört, lag an den Fiumi⸗Uniti und ift infolge der
Landanſeßungen gänzlich verſchwunden, feine Stelle
von zuſammenhãngenden Gärten ———
‚Die einſt ſo große und blühende Stadt iſt ziem⸗
lich verödet. Doch deuten 9— mancherlei Bau⸗
denkmaler auf bie Zeiten alter Herrlichleit. Einzig
iſt N. durch feine Denkmäler aus der lebten Beit
de3 röm. Kaifertums, aus der Übergangszeit der
Goten und der Epoche der byzant. ‚Herrfhaft, Be:
fonderd merkwürdig iſt bie bie in manden Be:
Kenungen felbitändige Entwidelung des Baſililen—
tils. Der große Dom, uriprünglid eine fünfſchif—
fige Bafilifa aus dem Anfange des 5. Jahrh., aber
1734—49 vollftändig umgebaut, hat eine herrliche
Kuppel, koftbare Säulen, ein merfwürdiges byzant.
Baptijterium, die reihe Kapelle Aldobrandint mit
— ben elfenbeinernen Biſchofsſiß des heil.
Mariminianus aus dem 6. Jahrh., einen Oſter—
cyllus aus der erjten hriftl. Zeit und andere Sehens:
würbigleiten. Die ältejte Kirche S.: Francesco,
Ton ‚‚Bietro, aus dem Anfang de3 5. Jahrh,, iſt
reich geihmüdt; ihre 24 Marmorjäulen gelten als
die eriten in althriftl, Zeit entitandenen. Dabei
ftebt das 1483 errichtete und 1780 durch eine Ka:
pelle überbedte Grabmal Dantes, deſſen Gebeine
1865 daſelbſt wieder aufgefunden und feierlid in
ben bisher leeren Sartophag beigejeht wurden.
Die 425 erbaute Kirche S.Giovanni Evangeliſta
it mit mn 24 prädtigen Marmorjäulen troß
mander —— —— Die pracht⸗
volle Kirche S.:Apollinare Nuovo, ſonſt S.:Mar:
tino in Coelo Aureo, unter Theodorich (geit. 526)
erbaut, war die Hauptlicche der Arianer und gehört
mit ihren 24 Marmorfäulen, die das Innere in
brei Schiffe fheiden, und dem glänzenden mufivi-
(den mud ihrer Wände zu dem feierlichiten
eiten altchriſtl. Kunft. Gleichzeitig entitand die
Heinere dreiſchiffige Baſilila S.-Teodoro, kurz dar:
auf (534—549) die impofantefte ber noch vorhan⸗
denen ravennatiſchen Bafilifen, S.:Apollinare in
517
Glafie, der einzige fiberreft der Hafenftabt Claſſis.
—— gleichzeitig wurde unter Juſtinian im reins
ten byzant, Stil nach dem Mufter der Sophien⸗
tirche zu Konſtantinopel die adhtedige Kirde ©.s
Vitale gebaut, ein 55 mit Marmor, koſt⸗
baren Säulen und Moſailen geihmüdt, Nabe ber
Kirde Sta.:Maria Maggiore (aud dem 6. Jahrh.)
fteht die Kirche S.:Nazario e Celſo, die berühmte,
mit —— bededte Grablapelle der Kaiſerin
Galla Placidia, Schweſter des Honorius. Von dem
Palaſt des oſtgot. Königs Theodorich iſt ein ges
ringer Teil in der Vorderfacade des Franzislaner—⸗
Hojter3 erhalten. F Pinienwalde vor der Stadt
erhebt m die Kirche Sta.:Maria della Rotonda,
das Maujoleum Theodorichs, das durch feine Ein:
fachheit und Kühnbeit imponiert.
l. Rubeus, «Historiarum Ravennatium libri
X» (Vened. 1590); Birardini, «Degli antichi edi-
fizi profani di R,» (Faenza 1762); derfelbe, «Mo-
numenti Ravennati de’ secoli di mezzo» (Vened.
1801—4); Spreti, «Dell origine e della magni-
ficenza della cittä di R.» (2 Bde,, Nav. 1793 -
%); Quaft, «Die althriftl. Bauwerke zu R. vom
5. bi3 6. Jahrh.» (Berl. 1842); Hübih, «Die alt:
hriftl, Kirchen u. |. m.» (Harler. 1863); Hahn, «N.,
eine kunſtgeſchichtliche Studie» (Lpz. 1869); Grego-
rovius, «Bon R, bis Mentana» (Bd. 4 der «Wan:
berjahre in Jtalien», 4, Aufl., Lpz. 1883).
Navennafchlacht, Soviel wie Rabenſchlacht.
Ravensara oder Nuces caryophyllatae
nennt man die etwa walnußgroßen Samen eines
in Madagaskar einheimifhen Baumes, Agatho-
phyllum aromaticum W. (Ravensara aromatica
Sonner.), aus der Familie der Laurineen. Die:
jelben haben einen den Gewürznelten ähnlichen Ge:
— und Geſchmack und werden auch ähnlich wie
dieſe zum Würzen von Speiſen verwendet,
Navenöberg, eine ehemalige Grafihaft im
Weſtfäliſchen Kreife, jebt zum Regierungsbezirk
Minden der preuß, Provinz Weitfalen gehörig, war
früher Befig der gleihnamigen Grafen, die 1346
ausftarben, und fam dur Vermächtnis an das
Herzogtum Jůlich, worauf e3 nad endgültiger Ents
ſcheidung des Julich-Kleveſchen Erbfolgeftreit3 1666
an Kurbrandenburg fiel. Sie hatte zur Hauptitadt
Bielefeld und zählte 1801 auf 900 qkm 89900 E.
Die Grafihaft entſprach den jekigen Kreiſen Biele—
feld, Herford und Halle, welche 1880 auf 1015 qkm
174709 E. zählten. Val. Lamey, «Geſchichte der
alten geulen von R,» (Mannh. 1779); Bormbaum,
«Die Grafihaft NR.» (Lpz. 1864),
Navensberger Berge, Teil des Teutoburger:
waldes (f. d.). j j
Ravensburg, Stadt im württemb. Donaufreife
an der Schuſſen, Sit eines Land: und Amtsgerichts,
eine Oberamts, an der Linie en
afen der Württembergifhen Staatzeifenbahnen,
t zwei fath. und eine ee zwei
ehem. Klöfter, ein im mittelalterlichen Stil erbautes
—— Gymnaſium, Real: und höhere Töchter:
ſchule, ein fehr reiches Hofpital und zählt (1886)
11 475 meift fath. E. welche Ader:, Hopfen:, Wein:
und Objtbau, fowie leöha ten Handel und Gewerbe
treiben. Es befinden ſich bier Fabriken für Par:
fett:, Thon:, Möbel: und Wahswaren, Mafhinen,
re Bapier, Spieltarten und Malz; bedeutende
lachs⸗ und Hanfipinnereien, Baummoll: und Leine
webereien, Gerbereien, Färbereien, Bleiben und
zahlreiche Bierbrauereien, Öl:, Loh:, Säge: und
518
——— Se IE Beni, und hr ift
tung.
— * tabt erhebt Age bie mir = nis
tiger Ausfiht auf das Schuſſenthal, den Bodenfce
und en di ; in berjelben wurde Heinri der
oren. Die Stadt und bie Burg wurden
zo {f IL, — * —— (geit. 1030) er:
ie W in lesterer,
—* in * —— Nltdorf (jebt Wein:
Ela a Mira
üft ı Bi r aufge m am
Rand benjtaufen und I = unter Rubolf
von Habsburg Freie Neihäftadt; 1803 kam die
Stadt an a. und gehört feit 1810 zu Würt:
teniberg. Die größtenteils noch erhaltenen Be:
—— und Türme aus früherer Zeit
reizend gelegenen Stadt ein altertümliches Aus:
fehen. Die Behauptung, daß von ber Fa; | Neo
milie Holbein 1501 das * einenpapier ver⸗
a worben, ift wiberleg
Raveiteyn (Jan — —— geb. 1572
= u . 1657, nad andern 1660. = be:
iteſten ilder von a. find drei große Ta eb
und Schühen vorf im Bang m
—— doele —2 ———— =
—* a 2— ein großes Semäl de auf dem Nat:
fe dajelbft, in welchem er 1636 die vornehmiten
lagiftratsperfonen baritellte. Außerdem finden fich
in ne Galerien zahlreiche Bildnifje von ihm.
. Gemälde find vä g, voll Wahrheit und Le:
u modelliert und tüchtig 2* bt, die Fär⸗
Har und harmoniſch. — von
gemalt, befindet fü —— berühm:
ix eins «lcones» gejtodhen
Ravin (iv., —* —5 heißt in der
Topographie eine flache Vertiefung von nicht großer
Sr re So wor ed hun
genfab zu Spalt, Kluft u. |. w er Aus:
dehnung jagt man jtatt R, au Grund. In
Taltit hat das N. injofern Bedeutung, als es zur
verdedten Aufitellung oder Bewegung von Truppen
benupt werden kann.
Ratva (Rawa ruska), Stabt im nordöftl. Teile
von Galizien, am einem Nebenfluf bes Sta:
tion der Lolalbahn Yaroslau:Sotal im iebe
der Karl:Ludwigsbahn, —* Sik einer Bezirlshaupt⸗
mannfhaft und eines Be — und 3 t
(1880) 6468 meift ruthenijche Das
feite Schloß enthält jest ein Reformatenkloiter.
Im 3.1698 war hier die Zufammentunft des Zaren
‘Peter 1. mit dem König Auguft II. von Polen
zum Abſchluß eines Bündnifjes gegen den Hönig
Karl XIL von Schweden.
Bi... Fluß in der brit,-ind. Lieutenantgouve
ft Bendihab, entipringt unter ter 32° 2 26’
nör Br. und 77° —* — L. an dem Berge Bungall,
nimmt den ze ben Budhill auf und mündet
Ban nn nad ei 1 Sant von 720 km Maber 1
einem Lauf von
ſcheinlich it der N. der Hydraotes Arrians und
der —— ſanskritiſcher Schriftſteller.
Rawitſch, Stadt im preuß.
Poſen, Kreis Kröben, unweit der ſchleſ. Grenze,
Station der Linie Rofen: Breslau der Preußiſchen
Staatsbahnen, Sit des Landratsamis für den
Kreis und eines Amtsgerichts, zählt (1880) 12260€.
fach, Marrlicche Bolen) und bat eine er und 2
Pfarr eine Synagoge, ein ſchoͤnes Kat:
haus, ein u für die im Kriege von 1870 und
Raveſteyn —
Rawlinſon
at Gefallenen, hen nn —
ua, ine Saal —
igarren, KAmme,
Knodenm
und i
—— —* —
mit Ge Vieh, Häuten, — —
und Wein. R. wurde 1632’ von evang. Schlefern
gegränbet, 1707 gen — 1768 von den
nföberierten ei Peer.
NRawlinfon ( ——
geb. 1810
diente 1826 33
dann im
*
fi
—
feiner Ne:
bei der
——— 1
in ante — —— Lage des
Ekbatana und die Bewo —— ftan in dem
nie nt, man —* ey
wa er
der ei en
Darin f —— ——
————— und Nimrud ent⸗
dedten Monumenten die überrafchenben
I Gaben In inc bbentung sn de
in on in fein ndlung inserip-
tions of —— »vorlegte. Die
—
—— zu 1851 zum Rang eines
eraltoniufs. nn wieder
nad) eg ichte neuer
Werten «Outline of the
der | history of Assyria, as collected from the in-
scriptions discovered in the ruins of Nineveh»
(Lond. 1852) und «Memorandum on the publica-
tion of the cuneiform inscriptions» 1855).
m J. 1855 lebrte er England zurüd, wurde
ireftor der Oſtindiſchen und taım 1858
für Neigate ins Barlament. — 1858 bis
April 1859 erte er als Mitglied des
Buis, vum murhe cr vu Ds Ge
ge
in n ernannt, von welcher ern
ſchon nad J vesfrüft zurüdtrat. Son 1009 ie
1868 vertrat ———— ee
war er wieder als
es
thätig, — ee Fr I
m 5 en an von ihm
ptions nd Sam
lung von Artiteln über ler bie Rot und Se hie
Gentralafiens unter er ——
in the east» —252
der von eor
** R.
—— ——— =
Orforb und jeit 1874 — = der
Rawylpaß — R. Br,
of the ancient world» (4 Bde., Lond. 1862—67;
neue Reuyork 1871).
gm. Col des Ravins), Bab der Ber:
ner Alpen (f. —— 17), verbindet das Simmen⸗
tbal im fhmeig. Kanton Bern mit dem Wallis,
‚, bei naturbiftor. Namen Bezeichnung für
John Ray (geb. 1627, geit. 1707, * Kr
titer des Tierreichß). und Lold.
a em
» |. unter Berlinerblau.
Raynal (David Be Minifter, geb. 26. Febr.
1840 zu Baris, en Ablkunft, u hen in
Bordeaur und wurbe hier 1879 in die Deputierten:
lammer gs ft, mo er ich ber republilanifchen Lin⸗
ten anſchloß. Sept. 1880 wurbe er zum Unter:
ſtaats är der öffentlichen Arbeiten ernannt und
übernahm im Kabinett Gambetta 14.Rov. 1881 das
—— der öffentlichen Arbeiten. Er trat 26.
an.1882 mit den übrigen Mitgliedern des Gam⸗
bettaſchen Minifteriums zurüd und belleidete dann
denſelben Mini ften im Sabinett Ferry (21.
——
Raynal (Guillaume Thomas Franzois), franz.
iſtoriker i
* geb. 12. April 1713 zu St.⸗ Geniez im
s ton
zu outoufe Theolog
ftudierte im Jeſuitenlollegium
ie, trat ſehr jump in den Orden,
verlieh aber 1746 die geiftliche Laufbahn und ging
nad) Paris, um fi der Litteratur zu widmen.
Seinen Ruf
historiques, militaires et politiques de P’Europe»
(3 Bde., Bar. 1753; vermehrte Ausgabe, Bar. 1762),
welde unter anderm die «Histoire du divorce de
Henri VIII avec Catherine» (einzeln gedrudt,
Anıfterd. 1763) enthalten. Sein berühmteftes Wert
iſt die «Histoire philosophique et politique des
etablissements et du commerce des Europ6ens
dans les Deux-Indes» (zuerft anonym 7 Bde.,
Amfterd., eigentlih Bar. 1771, dann mit des Li:
fafiers Namen 5 Bde. 4. und 10 Bode. 8,, Genf
1780; 22 Bde., Par. 1798 u. öfter; beutich am voll:
fändigften, 11 Bbe., Kempt. 1783). rend der
Ruhm des Berfafierd durd) ganz Europa ging,
wurde das Werk wegen feines Liberalismus nod)
1781 von Parlament — — und gegen
R. ein Hafisbefehl erlaſſen. R. floh in die Schweiz,
von da nad) Deutſchland, wo er von Friedrid) d. Gr.
mit Auszeichnung empfangen wurde. Grit 1787 er:
ielt er bie ubnis zur Rüdlehr nad) Frankreich.
alouet, damals Marine: Intendant zu Toulon,
eröffnete ihm ein Ajyl. Die Nationalverfammlung
ftellte durch Dekret vom 30. Dez. 1790 die bürger:
liche Ehre wieder her. Tas Direktorium ehrte
ihn durch die Ernennung zum Mitglied des In—
ſtituts. R. ftarb zu illot bei Baris 6. März
1796. Unter feinen Schriften find noch zu erwäh:
nen: «Tableau et revolutions des colonies an-
ises dans l’Amerique septentrionale» (2 Bde.,
miſterd. 1781; Franff. u. Lpz. 1782) und »Essai
sur Vadministration de St.-Domingue» (Bar.
1785). Peuchet gab aus R.s Nachlaß heraus: «His-
toire philosophique et politique des &tablisse-
ments et du commerce des Europcens dans
PAfrique septentrionale» (2 Bde., Par. 1826;
deutſch von Hennia, 2 Bde, Ypz. 1829).
ward (François Juſte Marie), Dichter
und Gelehrter, bejonders verdient um provencal.
Sprache und Yitteratur, geb. 18. Sept. 1761 zu
—— in der Provence, urſprũnglich Advolat,
wurde 1791 in den Gefehgebenden Körper gewählt
dete er mit den «Anecdotes | la
519
und entging in der Schredenszeit nur burd bie
Reaktion vom 9. Thermidor dem Tode. Hierauf
war er wieder in feiner Heimat Abvolat und wen:
dete ſich 1800 nad) Paris, wo er ala ——
Dichter auftrat. Ini J. 1794 hatte er die Tragödie
«Caton d’Utique» erſcheinen lafjen; ihr folgten bag
Gedicht «Socrate dans le temple d’Aglaure» (1803)
und 1805 und 1814 die Tragödien «Les Templiers»
und «Les &tats de Blois», Er wurbe 1806 und 1811
vom Depart. Bar in den Geſehgebenden Körper ge:
wählt, 1807 Mitglied der Alademie. Im J. 1816
wurde er Mitglied der Alademie der Inſchriften und
&önen Künfte, 1817 — Selretär der Ala:
mie und ftarb Er Paſſy bei Paris 27. Dit. 1836.
R.s «Choix de poesies originales des Trou-
badours» (6 Bbe., Bar. 1816—21) machte erſt ein
näheres Studium der provencal. Dichter möglich)
und Meg ee Nachweis des lautlihen und nor:
pholog. Parallelisnius der roman. S 2 befei:
—* er die Anſicht, die roman. 5* eien das
ei der Willfür und ohne Geſeß und Regel. Gin
anderes Hauptwerk über das Provencaliſche iſt fein
eLexique roman, on dictionnaire de la e des
Troubadours» (6 Bbe., Par. 1836—45), dejien
erfter Baub einen «Nouveau choix de podsies des
Troubadours» enthält. Cbendahin gehören feine
«Recherchessur l’anciennet6dela langucromanc»
(Par. 1816), die «Elements de la grammaire de
langue romane avant l’an 1000» (Bar. 1816)
und bie aGrammaire romane» (Bar. 1816). Das
Nordfranzöfiiche betreffen feine «Obserrations sur
le roman de Rou» (Bar. 1829). Der Geſchichtſchrei⸗
bung gehören die Werte an: «Histoire du droit
municipal en France» (2 Bde., Par. 1829) und
«Monuments historiques relatifs ä la conlam-
nation des chevaliers du Temple» (Bar. 1813).
Rayon (frz), milit. Bezirk, beijpielweije der
den Truppen zur Sicperftellung ihrer Verpflegung
angewiejene Diſtrilt, weshalb man aud) von Nayon:
verpflegung ſpricht. Das nãchſte Borterrain einer
geftung wird bezüglidy der Zuläffigleit von bau:
ihen Anlagen in mehrere ft. geteilt. (S. Feſt ung s⸗
ra IS n.) Frankreich, ſ. unter Rep.
ayz oder Retz (Baron von), Maridall von
Razert (Rollpferd), Schiffslafette; in Oſter—
reich für alle Lafetten — Ben
zinfee, Raſimfee, großer Strandfee in der
rumän. Dobrudſcha, mitdem Schwarzen Meere durch
die Bortiga Boghaſi verbunden; in ihn mündet ein
Waſſerlauf des St. Georgsarms der Donau. i
Dass ‚ ein arab. Wort, das in der Berberei
zur Bezeihnung der Bentezüge gebraudt wird,
welde die Gewalthaber gegen ihre Feinde oder
gegen abtrünnige oder widerjpenftige Stämme
unternehmen, um dieſelben durdy Vernichtung ihrer
MWohnpläge oder die Fortnahme ihrer Herden zu
fhädigen. Maridall ud bediente ſich in Al⸗
ge iyftematijd) der R., um den Wohljtand der
Araber und Stabylen au vernichten (Verbrennen der
Ernte, Umbauen der Fruchtbaume, Wegiühren des
Viehes), und die Franzofen haben dies Syſtem bis
in die neuejte Zeit (in Zuneften) beibehalten.
Rb, den. Zeichen oder Symbol für Aubidium,
NRbät, Stadt in Marolto, j. Rabät. j
Rbch., bei naturhiſtor. Namen Abkürzung für
Hein. Bottl. Ludw. Reichenbach (j. d.). Fichbeh,
Fü, für Heinr. Gujt. Reichenbach (I. d.).
Br., bei naturwijlenichaftliben Bezeichnuns
. gen Abkürzung für Robert Brown (I. d.).
520
Ro., auf Recepten, für Recipe, enimm».
Re in der Mufif, j. unter Solmijation,
RE (genau RE, meift unrichtig NA), Name des
ägypt. Sonnengottes, der nad der Mythe fi in
feinem Alter von der Erbe auf den Nüden ber
Himmelskuh zurüdgezogen hatte, Nach anderer
Anfhauung fährt er in einem Schiffe am Tage
über den Simmeldocean, nachts aber durch bie
Unterwelt. Er ward frühzeitig mit andern urfprüng:
lich verſchiedenen Göttern vermengt, fo mit Horus,
Atum, Month, Amon u. a., die dann meift —
Namen zu dem ihrigen (Amon:Re ıc.) hinzufügen.
Ne ward wie Horus abgebildet, ſperberlöpfig, die
Sonnenfheibe auf dem Haupt; fein Haupttempel
ftand zu On rg in Unterägypten. .
„Rhé. Ile de NE (im Mittelalter lat. Ratis
ober Radis), langgeftredte und im N. vielfach aus:
— njel an der Weſtküſte Franlreichs, zum
epart. Nieder:Charente, Arrondifiement Laro:
helle, gehörig und der Stadt Larodelle gegenüber
gelegen, vom Feitland im D. durch einen etwa 4 km
reiten Meeresarm, im N, durch die Seepaſſage
Pertuis Breton (Fauces Pertusae), im S. durch
den Pertuis d’Antioche von der Inſel Oleron ge:
trennt, bat 55 km Stüjtenumfang, 30 km Länge,
ein Areal von 73,9 gkm, zerfällt in die zwei Han:
tone St.: Martin und Ars mit je vier Gemeinden
und zählt 17000 E. Die Inſel hat im S. und W.
fteile, von Niffen umgebene und unzugängliche, im
N. flache, durch ſtarle Deiche vor dem Einbruch des
Meers geſchühte Küften mit mehrern Needen und
Häfen und iſt c Ader, Holz, Quellen und Weiden,
bat aber viele Weinpflanzungen. Die Hüften find
mit ran Leuchttürmen ee: Die Bewohner
find größtenteils yiiger und Schiffer, doch find aud)
viele mit Weinbau, Salzſchlämmerei (jährlich
32Y, Mill, Kilogramm Seejalz), Branntweindeftil:
lation und Meineffigfabrifation beichäftigt. Auch
Handel und —— um bedeutend, NR. gehörte
im 12. Jahrh. zur Herrſchaft Talmont, im 17, und
18, zum Gouvernement Aunis. — Als Hauptitadt
der Inſel gilt Saint: Martin de RE, Kriegs:
plak zweiter Klafje, Handelshafen und Sik mehrerer
Konfulate, darunter eines deutſchen, mit Citadelle
von Bauban, ſchönem Arfenal, Kajernen, einer
Kirche aus dem 12, Jahrh. die 1696 von den Eng:
ländern und Holländern zerjtört, Später wieder auf:
gebaut worden, Der Ort zählt u 2472 G., die
Seefiſcherei treiben und Salz, Fiſche, Hanf, Holz,
Teer und Spirituofen zur Ausfuhr bringen.
Reade (Charles), engl. Novellift und drama:
tifcher — geb. 8. Juni 1814 zu Ipsden⸗
Houfe in Orfordfhire,, ftubierte in Orford und Lin:
coln und trat 1843 als Barrifter auf. Da jedoch
jeine Praris beſchränkt blieb, fo wendete er 19 der
Litteratur und namentlich der Bühne zu und Ichrieb,
meiſt in Gemeinfchaft mit feinem Freunde Tom
Zaylor, eine Reihe von Theaterjtüden, von welchen
beionder3 «Masks and faces» (1854) Crfolg hatte.
Allgemeiner befannt wurde er durch den Woman
«lt is never too late to mend» (3 ®be., Lond.
1856), in dent er fein Talent in der Behandlung
ſozialer esfragen bekundete. Es folgte aWhite
Lies» (3 Bde., Lond. 1858) und einige Heinere Gr:
zählungen, die im Publilum beifällige Aufnahme
fanden. Bon feinen fpätern Arbeiten ijt «Hard
cash» (3 Bbe., Lond. 1863) zu erwähnen, in ber er
mit fehr arellen Farben die Geheimnifje der engl.
Irrenhäuſer ſchildert; ferner «Griffith Gaunt, or
Re. — Reaktion
jealousy» (1866), «A terrible temptation» (1871),
«The wandering heir» (1872), «A hero and a
martyr» (1875) u.f.w. Mit dem auf Zolas «L’as-
sommoir» gegründeten Schaufpiel «Drink» (1879)
nahm er no einmal feine dramatiſche Thätigfeit
auf. N, ift ausgezeichnet durch einen kräftigen Rea⸗
lismus der Darftellung, läßt wos durch feinen
Tendenzeifer nicht felten zum Senfationellen ver:
leiten. Gr ftarb 11. April 1884 zu London.
Reading, Municipalitadt, Parlamentsborough
und Hauptort der engl. Grafichaft Berls, 56 km
im BSW. von London, am Kennet, nahe oberhalb
deſſen Mündung in die Themfe, Station der Linien
London:Ereter, R.:Bafingftole und R⸗Weymouth
der Great:Wefternbahn, der Linie Yondon: ne
ham⸗R. der London und South : Wefternbabn um
der Linien R.:Guildford: Tunbridge der th⸗
Gafternbahn, bat 16 Kirchen und Kapellen, ein
ut: und ein Arbeitshaus, eine Lateinfchule, ein
itterarifches und ein Handmwerferinititut in ber
Public: Hall, Fabriken in Segeltuch i
wand, Sant, feidenen Bändern und Stednadeln,
Gifengiehereien, Gerbereien, eine große Zwiebad
bäderei, Sowie lebhaften Handel. Vorhanden ift
noch) die Ruine der von König Heinrich I. 1121 ge
ftifteten und unter Heinrih VIIL aufgebobenen
Abtei, die eins der reichiten Klöfter Englands war,
und in weldhem die bier häufig bis ins 15. 3
abgehaltenen Barlamentsfisungen ftattfanden;
auf Jalob I. war diefes Klofter auch Lönigl. Nefidenz.
Bon einem 1233 gegründeten und ebenfalld unter
Heinrih VIII. aufgehobenen —
DR noch Mauerreite der Kirche, welche lange als
Rathaus, dann als Gefängnis diente, — N.,
angelſächſ. Raedinga, wurden 871 die Dänen von
den Brüdern Alfred und Fithelred, Königen der
Weſtſachſen, geichlagen. Laud, Erzbiſchof von
Canterbury, wurde bier geboren.
Nending (ipr. Ned’ding), Hauptitabt von Berks
County im nordamerif, Staate Benniylvania, liegt
am Schuyllillfluß, am Schuylkill: und am Union-
fanal, an der — und Reading: und der
Wilmington und Readingeifenbahn und zählt (1880)
43278 E. Bon den öffentlihen Gebäuden find er:
wähnenswert: das fchöne Gerihtshaus, das Rat-
haus, das Opernhaus, die Muſilalademie und das
County: Gefängnis, die deutſch⸗ luth. Kirche mit
einem 64 m hoben Turme, die Epiftopallirdhe ıc.
N. hat 31 Kirchen, mehrere ————
ten, ein Lehrerſeminar, eine Hochſchule und 144
en Schulen, ferner Hoböfen, Bubdelmerte,
Gifengiebereien, Walzwerte, eine Nagelfabrit, Mas
fhinenwerlitätten, Gifenmanufakturen, nee abri⸗
ten, Gerbereien, Möbel⸗, Cigarren⸗ x. Fabrilen.
eagenzien, ſ. u. Analyſe, Bd. I, ©. 600*,
Kay Prelude find mit organischen
ftoffen (blauem oder gerötetem Ladmus, Hu
u. ſ. w.) getränfte Bapiere, deren man fü bedient,
um die faure oder altaliiche Beichaffenheit einer
Flüfjigteit zu ermitteln, r
Reaktion, in der Mechanik foviel wie Nüd-
wirkung oder Gegentraft. Nach dem 8, Geſeß der
Mechanik Nemwtons ruft jeder Drud ober jebe
— einen —— endrud oder
eine gleichwertige Gegenfpannung, jede Bewegung
eine gleich große Gegenbewegung, jede Aktion eine
St. von gleicher Größe hervor. Muf ber
N. beruht das Rudern und aktive S
Waſſer, das Fliegen in der Luft, das Zurädprallen
—
Neaktionsmittel — Realismus
der Gefchüke beim Abfeuern ber Geſchoſſe, das Zu:
rüdjhlagen der Feuergewehre, das Steigen der
Raketen, bie rüdläufige Bewegung des Realtions:
rades (j. d.), fowie der Turbinen u. dal. m,
Neaktion ift aud die Bezeichnung desjenigen
—— das die vorwärts ſtrebende Richtung auf
polit. und religiöjem Gebiete zurüdzubämmen ſucht.
tiber die chemiſche Reaktion f. unter Ana:
[yie, ®b. I, ©. 600. Be ,
Reaktionsmittel, fovicl wie Reagenzien.
Neaktionsrad oder Segnerſches Waller:
rad, ein Motor, welder die beim Waſſerausfluß
an einem Gefäß jtattfindende Reaktion als Betriebs:
kraft verwendet. (5. unter Waſſermotoren.)
Neaktionsichiff, ſ. Hydrauliſcher Bro:
peller und Hydbromotor,
Neaftiondturbine, f. u. Wafjermotoren.
Reaftivieren, wieder in a feßen,
Neal oder reell (vom lat. res, d. i. die Sadıe)
bezeichnet entweder da3 Sachliche, den Stoff im
Gegenjake zur Form feiner Mitteilung, daher der
Ausdrud Realien und Realkenntniſſe, db. b.
Sachlenntniſſe im Gegenfake zu Sprachkenntniſſen,
und Realſchulen im Gegenſate zu der formalen
Geijtesbildung der Gymnafien, oder man unter:
fheidet dadurd das Mirklihe von dem blob
Scheinbaren und Gingebildeten. So fpriht man
von reellen, gründlichen Kenntniſſen im Unterſchiede
von fheinbaren und oberflählihen, von reellem
Vermögen u. f. w, und nennt Nealitäten ſolches
Eigentum, welches ald Gegenftand des Beſihes un:
mittelbar einen wirklichen Wert bat, z. B. Häufer
und Grundjtüde; einen reellen Charakter einen
jolhen, dem man fiher vertrauen lann. Pläne,
Wünjce, Ideale realijieren heißt daher dieſelben
verwirklichen. Gine dritte, von den vorigen weſent—
lich verfchtedene Bedeutung gewinnt das Wort real
durch feine Entgegenfeßung gegen das Ideale. Es
bezeichnet dann teils den Gegenfab von Sein und
Erlennen, wie bei der Unteriheidung von Neal:
gründen als den Urjachen gewiſſer Grideinungen,
und Idealgründen als den Gründen ihrer Erlennt:
nis; teils den Gegenfaß zwiichen Körper und Geift,
wie bei ber Unte FRE von reellen und ideellen
Thätigfeiten zunächit des Menichen, dann des los:
miſchen Lebens überhaupt. Die lektere Bezeihnung
bat zuerjt ihren Urfprung darin, daß dem urjprüng:
lichen Bewußtſein des Menſchen jtet3 das Körper:
liche als das Wirkliche, der Gedanke dagegen im
Bergleic damit als das Weſenloſere erſcheint. In—
dem nun die pbilof. Betradhtung diefes Verhältnis
zum größten Teil geradezu umlehrte, hat die Doppel:
anwendung bes Wortes real, einmal gleich körper:
lich, ein ander mal lid wirklich im metaphyſiſchen
Sinne, zu vielfahen Mißverſtändniſſen und Zwei
deutigfeiten Anlaß gegeben.
Neal hieß eine frühere jpan. Silberfcheidemünge,
an Geltung Ys, des Duro oder harten Piaſters, an
Mert = 21 deutfche Miele, Der ältern fpanijchen
NR. gab eö mehrere, und als Silberftüde erſchienen
fie zuerft 1497, Der Silberreal — de plata) war
1/, des Piaſters, der Billon- oder jog. Kupferreal
Inge de vellon) ",, des Piaſters und daher weient:
ich dent fpätern N, gleich, der Provinzial: Silber:
teal (Real de plata provincial) Yı. bes Piaſters.
Voch jest wird in mehrern ehemals fpan. Staaten
— im gewöhnlichen Verlehr der Piaſter in
geteilt.
Real:de:1o3:Alamo3, Stabi, ſ. Nlämos.
521
Nealejo, Hafenftabt an der MWeftküfte ber mittel:
amerit, Nepublif Nicaragua, Depart. Chinandega,
an der Mündung bes. gleichnamigen Flübchens in
die geräumige und fichere Bai von R., hat 1000 E.,
Schiffbau und lebhaften Handel,
ealgär, Arjenfulfür, ſ. Arſen, Bd. II, S.10*,
Nenlgemeinde it eine aus dem ältern Ger
noſſenſchaftsweſen berftammende Form der Ge:
meinde, die fich in einigen Gegenden Deutichlands
und der Schweiz bis in die neuere Zeit erhalten
bat, aber a: und mehr durch die rein polit. Ge:
meindeorganijation, wie fie der modernen Geſeßz—
gebung entipricht —— worden iſt. Die R.
beſteht aus den Befipern eftimmter Grundjtüde
oder Höfe, mit denen das Gemeinderecht von alters
her verbunden iſt. Häufiger hat ſich die den ur:
iprünglichen Kern der Gemeinde bildende Genoflen:
ſchaft als privatrechtliche Korporation erhalten, der
3. B allein die Nubung der Allmende zuſteht.
Realgymnafium, |. unter Nealichulen,
Nealien, ſ. unter Neal.
Nealinjurie, f. unter Beleidigung.
Nealifationdgeichäft iſt dasjenige Geichäft,
durch welches eine Spelulation beendigt wird, es
bildet gleihfam die Erfüllung der Spekulation,
Die Spekulation & la hausse wird durd) den Ver:
fauf der früher gelauften Waren, die Spekulation
à la baisse durch den — der früher auf Liefe—
rung verfauften Waren «realiliert»,
Nealifieren (fr3.), verwirklichen; zu (Lingen:
dem) Gelde machen; in baren Gelde (ofen.
Realiémus (neulat.) ift ein philof. Kunſtwort,
das im Laufe der Geſchichte mehrfache Bedeutung
angenommen hat. Am Mittelalter diente es im
Gegenfabe zum Nominalismus (f. d.) zur Bezeich—
nung der auf Plato und Nrijtoteles zurüdweijen:
den, erfenntnistheoretiihen und metaphyſiſchen
Anfıht, wonach den allgemeinen Begriffen der
Mert des wahren Seins zulommten follte: univer-
salia sunt realia. Diejer R. hatte innerhalb der
Scolaftitjahrhundertelang eine ganz unumſchränlte
Herrſchaft; die Häupter der mittelalterlihen Philo—
fophie, Albert d. Gr., Thomas von Aquino und
Duns Scotus, waren ic Realiiten; obwohl
in der befondern Durchführung dieſes Gedantens
namentlich zwiichen den beiden lektern und ihren
Anhängern mandye Neinungsverf ee beitand
4. Scholaftit). Die neuere Vhilofophie, zumal
die engliiche, bewegte fich vorzugsweife in den Bah—
nen des Nominalismus; dod) blieben für die ratio:
naliſtiſche Richtung 3. B. bei Spinoza nod) immer
die Anfıchten des R. herrſchend. Mit der allge:
meinen Verſchiebung ber pbilof. Probleme wurde
aber jener Gegenſaß allmählich bedeutungslos, und
jeit dem 17. und 18, Jahrh. gab man dem Worte
R. eine neue Bedeutung, wodurch berjelbe im
Gegeniage zum Idealismus (ſ. d.) vorzugsweiſe
ſolche Syſteme bezeichnet, welche mit einer nomina⸗
liſtiſchen Grlenntnistheorie zufammenhängen. In
diejem Sinne nennt man den «naiven N.» die uns
befangene Meinung des gewöhnlichen Bewußtſeins,
daß das, was ilt, außerhalb und unabhängig vom
vorjtellenden Subjelt eriftiert und in den Wahr:
nehmungen fich darftellt; «philoſophiſchen R.» die
Anficht, welche aus erfenntnistheoretiihen Grün:
den zu demfelben Refultate fommt. Ein folder
ift in neuerer Zeit von Julius von Kirhmann
aufgejtellt worden. Doc bezeihnet man als R.
auch ſolche Syiteme, welde die metaphyſiſche
522
—— Ba ü uch ae dur bie
— non Gerbart. u disem a
Sinne nennt man R. diejenige Denlart, wel
Auffaffung der Wirklichkeit zugewendet if,
fem Sinne ift der Gegenſaß von R. und
mus namentlich für die Kunft von Bedeutung, wo
N. diejenige Richtung bezeichnet, welche ſich im der
künftlerifhen Auffaflung und Darftellung an die
fin rheit anſchmiegt.
. imter Real.
: Realtonfurreng der Berbreden, ſ. Kon:
urren
Realfontrakte find diejenigen Verträge, welche
im Gegenfap zu den Konjenjualtontraften nicht
ſchon durch Willenseinigung der Kontrahenten, fon:
dern erft dadurch perfelt werden, daß von feiten
der einen Partei eine reelle Leiftung erfolgt. Der:
artig waren nach römiſchem Recht das Darlehn,
die unentgeltliche Leibe (Kommodat), das Depoji:
tum (j. d.), der Saujtpfandvertrag unb eine un:
begrenzte Reihe fog. Innominallontrakte. Heut:
zutage iſt man beitrebt, diejen Bertragäbegrifi auf:
zugeben und ſchon der vor der einfeitigen Krisen.
erfolgten Willenseinigung der eien bi
Kraft zu pugeheben, foda jedenfalls das nad) räm.
Recht hier begründete Reurecht der leiftenden
Partei, d. h. das Recht, felbit bei Bereitwilligleit
des Gegners jur Gegeileiftung die einfeitig ge:
a * zurüchzunehmen, in We tlommt.
* a den Zeitpunkt de3 Beginns eines
Hr de beitellten Viandredhts immer nod) jene
röm. Auffaffung von Bedentun
folde —8 ermöge de
ein r it, v
ein beſtimmtes decht an das ihm materiell oder in
—* einer Verſchreibung überwiefene Eigentum
des Schuldners in dem Moment erwirbt, wo Lupe
den vertraagmähigen Termin zur Zahlung
borgten Kapitals, beziehentlich der Bind u und —
gungsrate nicht innebält. Der R. ift entweder ym
mobiliar: (®rund:) oder Bu
Im erftern Falle wird dem Gläubiger unbeweg
liches Eigentum ſeitens des Schuldners als Unter:
pfand beitellt, was mittel3 Eintragung in ein Hypo:
vn —— ehhicht. Das ee
ie Hypothelengeiehgebung ger
Hypothel.) Der Mobiliestrebe hat als 3 Grund:
lage ein bewegliches Wertobjelt, das dem Gläubi:
—F als Fauſtpfand wirkli dd wird. Das:
be lann aus Ware beftehen, in der neuern Zeit
aber jpielen Fanbobiete Wertpapiere eine fehr wichtige
Rolle als Pfa Regel wird der
Gläubiger nur einen — Kr des Fauft:
pfandes als Da n, damit er au für
den Fall des Eintens Warenpreife n
dedt ſei. (S. LZombard.) Der Mobilia it
dient, — er einen probuftiven Charalter befißt,
bauptjächlich t Grleihterung der Bewegung bes
ar ug apital3 der faufmännifchen und in:
duftriellen Unternehmer. An fih könnte er =.
der Landwirtichaft zugute kommen, jedoch findet
dies biöher nur in geringem Umfange ftatt, weil
es noch an einer genügenben —5
——— its (f. d.) fehlt.
Seite des a
Die Land ber ganz überwiegend auf
den ——— angewieſen, und wendet ben:
felben nicht nur zur Ausführung von Meliorationen
Wahr:
vor allem
n bie:
alis:
miſation "diefer
In einem —— Zweden an.
r
g.
im —— — Berjonaltrebit | B
n der Gläubiger | Joh
Nealitäten — Nealfchulen
deren | und Betriebsanl ndern
an fi annehmen, se en | u nlagen, fo auch ur Belang
ihres umlaufenden Kapitals und ogar
von Ausfällen im rg umtiven
Gleichwohl ift der größte ‚Zeil der
landwirtichaftlichen Hypothefarfhulden nicht durch
erg entitanden, fendern er ft a rüd:
——— bteilungs⸗ und
b wird von manchen die ge genwärtige dern
* landwirtſchaftlichen R. als ei eine unbaltbare be:
trachtet und die Rüdtlehr zu dem zeitgemäß zu mobi:
reg eg vorgefchlagen. (S.Renten:
u ud die lm Nädtiiden Hand.
efis laftenden Hupotheten find ——
größten Sn Nefte von rn
toften, doch haben die Vertreter bes Nentenpringtps
ihre Reformvorſchläge nicht auch auf weig
des R. ausgedehnt, deflen Verhältniſſe fih von
denen des lanbmwirtichaitlichen Kredits -
dadu tt
—8 zwar ae he lan se boi m m Ans wie hen
oden, eine u nzte D
Reallaften, rk heine
Realrechte, |. Sa enrecht.
Renlfchulen, Realgymnajien und Ben
Bürgaerihulen n ihre —*
eg den höhern Verufdazten des pratige
Lebens, für welde Univerfitätzftubien nicht
derlich find, eine eeignete a eine Bildung z zu
geben. Nachdem Frande und feine Anhänger dem
praltifhen Nealiamus —— geleiſtet hatten,
—— Chriſtoph Semler 1738 in Halle eine nıa:
atifhe, mechaniſche und ölonomische R. Auf
die nur kurze Zeit bejtehende Anitalt folgten andere
erjuche, worunter am bebeutenditen y 1747 ——
Jul. zn Si “ ne
war, die 1822 4. A
Organijation erhielt. — no Berjud einer ein:
heitlichen Organijation der nad) und nad) entitan-
denen Realſchulen machte die preuß.
ch die «Vorläufige Anftrultion Ab über die an den
höhern Bürger: und N. Entlafjungs-
prüfungen vom 8. März 1832». An ihre Stelle
trat die am 6. Dit. 1859 er «Unterrichts⸗ und
nor bung vo der R. und der
fhulen», welde R. 1. und 2.
und von den lehtern —— im —
nicht forderte; als An ringen mit
rechtigungen wurbei ohne ..
angefeben. Das ————— einer R.
1. Ordnung follte unter anderm —— —5*
in die Forft — ran ch das
fowie zu den böhern S für den ——
dienſt und das Bergfach Serien Eine wichtige
geage für die Nenlich ulen dnung wurde die
Zulaſſung ihrer eh zu Univerjitäts:
ſtudien. Die Gutachten, welche das preuf. Miniite:
rium 1869 von den ya über ragen Puntt
erhielt, ſprachen ſich in —
—8 aus, * hat man — den 2 Sat ——
zu gewiſſen Fächern der pbilo ultät
Zutritt geftattet und ibmen bie |
tiquna ae:
währt, das Staatseramen für den erberuf in
diefen Fächern abzulegen. Die um
das R Uni-
t der Realichulabiturienten zu
verfitätsftubten, insbejondere € bem ber Medi:
jin, werden eifrig f est. (5. Maturitäts:
eramen.) Einen Erfolg haben x bis jest jedoch
noch nicht gehabt, auch nachdem die «Nevidterten
Nealunion — Rebello da Silva
u Schulen» durch die
xy 1882 eingeführt wor:
‚unteren Neal:
A I ehe mi mit Ei
errealſchulen n ur:
fus, jene mit, diefe ohne sumhigen dur
Healprog Seiten frü had Bir
2 — —— (die frühern
nung von fiebenjähriger Lehrbauer) und höhere
Bürgerfhulen mit 6 elek ohne Un:
—* t im wre Feen Ser Entfjunge An:
— am cn
later ende de N ben
De hie tfchen ches is
— —
” erden Realgymnaften ——
oder in R. verwandelt. In Oſterreich
ja bie —— in Unter: und in
e find Borberei
— die — - —— —S
Mer ai tar en — ildung zu ec een :
n ift ni err. Oberrealichulen.
Val. Ma : «Die deutfche ——— Stuttg.
1840); Nagel, «Tie Aue; t Realichule» (Ulm
5 Scheibert, « Das Weſen und die Stellung
Bürgerfchuler (Be (Berl. 1848). Unter den
* iften ſind das —— —* die ——
en des Realſchulweſens », «Die Realſchule⸗, die
eitſchrift für das —— — das Pa
Bari Uniontpolit Ju. Bundesfaat.
Realwert, der wirtlicye Wert einer Sache, 5.2.
einer Ze nad ihrem Gehalt, im Gegenſa ab zum
(mel), ‚fov.w. ——
NR nz (lat.), fov. w. Rüdverfichern
NR on, die Aufnahme des —ã—
durch den Erben, nachdem Er den Tob einer
Bartei unterbrochen war; f. Unterbrechung
des Berfahrens.
‚ wralte ital. Stadt, einer der Hauptorte
der Sabiner, welche fie den — abgenom⸗
men hatten, "unter röm. — — Praͤfektur,
Municipium an der Bia Salaria und Geburtsort
des Marcns Terentius Barro, der daher Neatimus
—— no — von R. ——
war mt wegen i Ar:
keit und Anmut, befonders nahdem Manlius Eu:
rius Dentatus um 280 v. Chr. dem Fluſſe Belinus
durch die eg er eines Felſens, der einige
—— nörd as u perrte, einen Abfluß
der nun di hmten Raataden von
Ternt (1. 6) bifdet, und d baburg, De | Sem ı und
Sümpfe, die er früher bi
Gel Ihägt waren aud) we ——— A
wegen ihrer Ausdauer. — Das jehige Rieti,
Hauptort eines Bezirks der ital. Provin Berugia,
70 km im NRD. von Nom, recht? am Velino, ein
freundlicher, gutgebauter Ort, Station der Bahn
Aquila:Terni, it Biichofafik, bat ein Raitell, neun
Kirchen, darunter die Kathedrale von 1456 mit dem
Dentmal der Iſabella Alfani von Thormaldien,
einen Sanerbrunnen und zählt (1881) 13365, als
Gemeinde 16551 E. Es beiteht dafelbit einige In—
buftrie in wollenen Bengen, Leber und Geiden:
weberei und eine Rübenzuderfabrit. Die Ebene um
die Stabt, 380 m über dem Meere, das alte See:
523
jept in hohem Grabe fruchtbar,
—— Den ——8
gehörte während des ganzen
beden, ift n
und | Mittelalters zum —— Spoleto und kam mit
em an den ftaat. Hier fand am 7. März
1821 ein Treffen ftat , in welchem die Öfterreicher
unter Walmoden den neapolit. General Bepe zum
Rüdzuge nötigten.
Reaum., bei —— — Namen
Abkürzung für Reaum
Reaumur (Rene Antoine —— 2 —
gezeichneter Phyſiker, geb. zu —
1683, ſtudierte anfangs die ——
aber * ben Raturwiſſenſchaften zu ng
1703 nach Paris, wo er 1708 Mitalieb der Alla:
demie wurbe. In den «Me&moires» berjeiben erſchien
1709 R.s Schrift «De la formation et de l’ac-
| eroissement des —F Sn —— ——
er ud u e en tiere
aus dem Grhärten eines Safts entſtänden, ber
aus —— dieſer Tiere dringe. Seine veiſuche
über die Verwandlung des Eiſens in Stahl leiteten
ihn auf die Methode, Gußeiſen in Schmiedeeiſen
en die er 1722 in einer eigenen Schrift
Bei feinen Bemühungen, das japan.
35 nachzuahmen, erfand er da3 na *
genannte matte Glas —
—— Den größten Ruhm aber erwarb er ich
70 d Anfertigung feines Weingeijtthermo:
meterd und eine neue Ginteilung ber Gtala, die
auch beibehalten wurde, ald man A in⸗
geiſt mit dem Queckſilber S. Ther—
mometer.) Sein bedeutendſtes er ind die
«Memoires pour servir à l’histoire naturelle des
insectes» (6 Bbe., Bar. 1734—42). Cr ftarb auf
feinem Sandgute ermonditre in der Landſchaft
Maine 18, Dft. 1757,
Mebät, Etabt in Marofto, ſ. Rabät.
RebbeB, ſ. unter ua ratin im.
Nebekka hieß nad dr. Stammſage die
Gattin bes Erzvaters Saat Ihr Bater wird
Bethuel genannt. Als Mutter des Cjau und Yalob,
d.h. ala Stammmutter ber Cdomiter und Israe⸗
liten, wandte fie nad der Sage durch Lift ihrem
jüngern Sobne Jalob den für den Eritgeborenen
beftimmten Segen be3 Bater3 zu. — R. und ihre
Söhne oder auch Rebellaiten hießen nad)
1 Moſ. 24, co in — und zwar in Wales,
— welche ſeit 1843 fid) namentlich der
bung der *8 widerſehten.
ebellion, ſ ———
Nebello da Silva (Luis Auguſto), portug.
Hiftorifer und —— geb. 2. April
zu Liſſabon, befuchte die Univerfität von Soimbra
und widmete fh dann zu Liſſabon mit Vorliebe
dem geſchichtlichen Romane. it 1858 wirkte er
als Profeſſor der vaterländiſchen unb Univerjal:
gefähichte an den Gurfo fuperior be Letras. Bereits
1854 mar er zum Mitglied ber tönigl. Alademie
der Wiſſenſchaften ernannt worden. Seit 1848
wiederholt zum Deputierten bei ben Cortes ge:
wählt, trat er bier durch fein glänzendes Nebner:
talent "hervor. Im J. 1862 ward er zum Pair er:
nannt, 1869 zum Staatörat und Marineminijter.
Gr ftarb 19. Sept. 1871. R.s bedeutendſte hiſtor.
Werte find «A historia de Portugal nos seculos
XVII e XVIII» (5 Bbe., Lifjab. 1860— 71), eine
Studie Aber den portug. Staat3mann Diego de
Mendonca GorteReal, dann die ihm von der königl.
524
Alademie übertragene Fortfegung des vom Biss
conde de Santarem begonnenen wichtigen Werts
«Quadro elementar dasrelagöes politicas et diplo-
maticas de Portugal» (vom 16. Bande an). Gro:
ben Ruf erlangte R. auch durch feine hiſtor Romane
«Odio velho näo canga» (2 Bde., Liſſab. 1848),
«Rausso por homizio» (Liffab. 1842) und «A moci-
dade de D, Joäo V» (4 Bbe., Liſſab. 1851 —53;
2. Ausg., 3 Bde. Porto 1862). Klaſſiſchen Ruf
bat das Sittenbild «Ultima corrida de touros
reaes em Salvaterras» (Liſſab. 1848).
Nebendolde, Vilanzengattung, f. Oenanthe.
Nebengewärhje, ſ. Am elidene.
Nebenichwarz, Frankfurter Schwarz,
eine ſchwarze Farbe, welde durch jorgfältig aus:
eführte Verfoblung von Weintreftern und Wein:
bee dargeftellt wird,
Nebenftecher werden mehrere Arten ber Rüflel:
ftehläfer (Rhynchites) genannt, bie ſich durch
bfauen, roten bis goldigen etallglany auszeichnen,
einen dünnen Nüffel und ungelnidte Füblhörner
haben. Die Weibchen rollen mehrere Blätter oder
einzelne, bisweilen aud nur Stüde von ihnen
tütenartig zufammen und legen ihre Gier hinein.
Hierdurch werben fie den WR mande, wie
der jtablblaue N. (R. alni, f. Tafel: Inſelten I,
Fig. 20) aud) den Neben, außerordentlich ſchädlich.
So vernichtete er 1756 in manchen Gegenden Ba:
dens fait die ganze Weinernte. Abjammeln und
Vernichten der Käfer und der Blattwidel ift das
beite Gegenmittel,
Reber (Bram von), Runft —— geb. 10. Nov.
1834 zu Cham in der bayr. Oberpfalz, habilitierte
ſich 1859 in Münden, wurde 1863 außerord. P
jejlor und Ajfiitent am königl, Münzlabinett, 1869
Ptofeſſor für Kunſtgeſchichte und Aithetit am Poly:
technilum zu Münden; 1875 übernahm er außer:
dem die Central⸗Galeriedireltion. Er jchrieb: «Die
Ruinen Roms und der Gampagna » 63 1863;
2. Aufl. 1879), «Geſchichte der Baukunſt des Alter:
tums» (2p3. 1866), «Des Bitruvius Jen Bücher
über Ardhiteltur» (Stuttg. 1865), «Kunſtgeſchichte
bes Altertums» (2 A 1871), «Geſchichte der neuern
deutſchen Kunft» [ tuttg. 1876; 2. Aufl. 1885),
»Kunſtgeſchichte des Mittelalters» (Lpz. 1886),
Ft von), der Verfaſſer des Sadhfen:
iegel3 (f. d.),
Biebpupn oder Repphuhn, f. Feldhuhn.
rs ühnermörjer, ſ. unter Geſchüß, Bd.
‚©. 885*,
Nebhun (Paul), deutſcher Dramatifer des 16.
Jahrbh. wahrſcheinlich in Berlin geboren, lebte in
Luthers Hauſe zu Wittenberg, war dann Lehrer zu
Kahla, Zwidau und Plauen, wurde 1542 auf
Luthers Empfehlung Pfarrer zu Olsniß und Su—
perintendent, Gr ftarb daſelbſt 1546. N, ſchrieb die
geiſtlichen Schaufpiele «Sufanna » (Zwidau 1535)
und Ras m zu Cana» (Plauen 1538) und die
Predigt aKlage des armen Mannes» (Zwidau
1540). Seine Dramen gab H. Palm in den «Stutt:
garter Publitationen» (Bd. 49, Stuttg. 1859), die
« Sufanna» Tittmann («Schaufpiele aus dem 16.
Sabrb.», Bd. 2) neu heraus,
Nebi ul ewwel (arab., « Frühling»), ber dritte
Monat des mohammedan. Mondjahres; Rebi ul
fani oder Nebiuladir, der vierte Monat.
Neblaus (Phylioxöra vastatrix, vom gr. ro
20 das Blatt, und inpöz, bürr, troden, ſ. Tafel:
Schädliche Injelten, Fig. 24 a, b, c) ift ber
ro⸗
Rebendolde — Reblaus
Name eines faſt mikroſlopiſch Heinen, zu den Blatt⸗
läufen gehörenden Inſelts, welches ih an dem
Wurzeln des Weinftods aufhält, ſie ausjaugt und
dadurch die Pflanze vernichtet. Entdedt wurde die
N. 1854 zuerit von Aſa Fitch in Nordamerila und
Pemphigus vitifoliae benannt; die jpätere wiſſen⸗
ſchafiliche Unterſuchung reihte ſie unter die von
Fonscolombe begründeten Phylloreren. Im J.
1868 wurde das Inſelt zum erſten mal in Curopa
aufgefunden, und zwar im franz. Depart, Gard.
Von jenem Zeitpunkt an hat es ganz unglaublide
Fortichritte gemacht, fowie Hunderttaujende von
eltaren Weinberge vernichtet oder in der Kultur
geihädigt. In Frantkreich jind bis Ende 1877 von
der N. total zeritört 288608 ha Weinberge, ange:
griffen 365353 ha mit einem Ertragsausfall von
164949568 Irs. In Portugal find bis jeht zer⸗
itört 3000 ha im Dourothale mit einem Jahres:
verluft von 1500000 Frs. In Oſterreich trat bie
N, zuerſt auf 1872 im Verſuchsweingarten ber
Weinbauſchule zu Klofterneuburg und hat ſich bie:
ber auf ein Areal von etwa 120 ha beſchräntt,
während in Ungarn über 1000 ha des Weingebirges
von Pancfova davon ergriffen find, Die Schweiz
bet bisjept bloß 12 ha von der N. befallene Wein:
erge mit einem Ertragäverlufte von 22000 Frs.
zu verzeihnen. Im Deutſchen er ift die R.
bisher nur ſporadiſch aufgetreten (bel, onn, Erfurt,
Bergedorf, Bollweiler im Elſaß, Plantitres in
Lothringen, bei Stuttgart und Yiegnip), ohne er
fern Schaden zu verurſachen. In neuejter Zeit ind
ziemlich bedeutende Neblausherde im Ahr und
am Rhein (Nreis Neuwied) aufgededt worden. Die
übrigen Weinprodultionsländer Europas find noch
von dem Inſelt verfhont. Es iſt fein Zweifel
darüber, daß diefes aus Amerila jtammtund überall
mit amerit. Neben eingejchleppt worden ift.
N. if eine — faum punftgroß, 0,5 bis 1,2 mm
Boch ten3 in der Länge, daher mit unbewafjnetem
Kuge ſchwer zu entdeden; unter dem Mitrojlop
jeigt fie ganz die Gejtalt einer gewöhnlichen Blatt:
aus: ovalen, Dale abgeitumpften, in ber Mitte
diditen Körper, defien Hinterleib aus fieben Ringen
befteht , fech3 dünne Beine mit burzen Fußen, einen
jtet3 eingezogenen Kleinen Kopf mit einer an ben
untern Bruitteil gedrüdten Nüfieliheide, aus wel«
cher drei fteife, hohle Stechborſten heraustreten,
Bei den ausgeivachfenen Gremplaren werden auf
den Rüdenihilden einige Reihen Heiner Höder
wahrgenommen. Die Farbe der R. ift meiſt ein
intenfive3 Gelb, öfters rötlidy oder grünlid).
Die Vermehrung, welche eine ungeheuere ift, ges
ſchieht wie bei allen Blattläufen gro 3 dur
Barthenogenefis (f. d.); demgemäß tritt das zufett
in folgenden verjchiedenen Formen auf: 1) als ge:
ichlehtslofe Anıme, ungeflügelt, mit ftarfem Saug:
rüſſel, auf den Rebwurzeln etbalten (Big. 24b);
diefe unbeweglichen Ammen gebären die länger ges
liederten, Sehr lebhaften Nymphen, aus welden
ich entwidelt 2) die geflügelte R. (Fig. 24 c), das
vollfommene Inſelt, aber gleichfalls geſchl t3los,
beitimmt zur Verbreitung der Art mittel bes
—7— in der Luft, daher mit ungewöhnlich
lügeln verſehen, mit kleinem — e
vom Juli bi8 September an bie Un
Weinblätter zwei bis vier gelbliche Gier; aus
entichlüpfen bald 3) die geichlechti n Inſelten
Megeneratoren, Männden und —* Heinfter
Körpergröße, ohne Saugrüfiel und Flügel; fie
Neboul — Rebus
find bloß zur Fortpflanzung beftinnmt. Won Ende
Auguft bis Anfang Dftober legt das Weibchen ein
großes Ei, das jog. Winterei, unter die alte Rinde
des Wurzelftodd. Aus diefem Winterei entiteht im
nädjiten Frübjabr 4) die gallenbildende R., eine
abermals geſchlechtsloſe, ungeflügelte Form, welche
ſich meiſtens in Baer Auftreibungen (Gallen)
der Weinblätter aufhält und jehr bald die Ammen
gebärt, die fi an den Wurzeln feftfiedeln. Dies
it der merkwürdige Wandlungsgang des Lebens
der R. Schon aus diefem geht hervor, wie ſchwer
ihre Belämpfung ift. Die bald zu Milliarden an-
wachſende Vermehrung der Barafiten, welche durch
Ausfaugung der Wurzeln dem Weinftod die Lebens:
fäfte entziehen, bedingt ihre Verderblichteit. Am
Meinftod felber wird die Anwefenheit der. gemöhn:
lic) erft im dritten Jahre wahrgenommen; der Stod
erbält bann ein kränkliches ap namentlich
werden die Blätter frühzeitig gelb, die Trauben
verihrumpfen. Beim Nachgraben zeigen fid) die
obern Saugwurzeln mit blafigen Anfchwellungen
(NRodofitäten, gi . 24 a) infolge der Anbohrungen
durd die R. ehaftet, das ſicherſte Zeichen vom
Vorbandenfein bes Schädlinge. Schon im vierten
oder fünften Jahre geht die Rebe völlig ein, wenn
ihr nicht Rettung wird. Diefe aber ih ungemein
ſchwierig. Wiflenfhaft und Srfahrung haben alle
Hebel in Bewegung gefest, um ein wirfjames Ber:
tilgungsmittel aufzufinden; die —** Regierung
hat einen Preis von 300000 Frs. dafür ausge:
ſchrieben, die Acad&mie des sciences eine befon-
dere Kommiffion ad hoc gebildet; es find eine
große Zahl von Mitteln empfohlen und verfucht
worden, bisjeht alles ohne genügenden Grfolg.
Einigermaßen bewährt haben fidh: 1) das Unter:
waſſerſehen der Weingärten, von Faucon angegeben,
aber nur in ſeltenen mir anwendbar; 2) injeften:
tötende Stoffe, wie Schwefeltohlenftoff und Schwe:
—— — (Sulfocarbonate de potassium,
og. Dumasſches Mittel); 3) Kräftigung der Wein:
oflanzungen durch fonzentrierte Dünger u. ! w,
a, wo vollftändige Regeneration der Weinberge
notwendig erfcheint, wird die Einführung amerit.
Rebforten: Vitis aestivalis, cordifolia, rotundi-
folia u. a., empfohlen, die erfahrungsgemäß von
der R. zwar angegriffen, aber nur wenig geichäs
digt werden; diejelben follen als Wildlinge dienen
für die Veredlung mit den europ. Nebforten,
‚Der außerordentliche nationalölonomiiche Nady:
teil, welchen die R. ſchon gebracht * und zu brin⸗
gen droht, hat die Aufmerlſamkeit der Regierungen
auf fi ge ogen. Oſterreich hat zuerft (1875) ein
so er allen um Schube gegen die Verbreitung
der R. Darauf erien im Deutichen Reiche das
—5— vom 6, März 1875, Maßregeln gegen die
Reblaustrankheit betreffend, nach welchem die vom
Rei yore pi mit der Unterfu über Mittel
ur Bertilgung der R. betrauten on befugt
In, aud ohne Einwilligung der Verfügungs:
erehtigten die Entwurzelung von Rebtöden zu
bewirken und die entwurzelten Rebftöde, fofern he
mit der R. behaftet find, an Ort und Stelle zu
vernichten. Die Koſten einſchließlich der etwaigen
—— — werden aus Reichsmitteln be⸗
tten. Auf Anregung des Naturforſchers V.
tio berief die Schweiz im Sommer 1877 einen
———— nach Lauſanne, der, von faſt allen
weinbautreibenden Staaten Europas beſchidt, die
Grundzüge einer internationalen Konvention zur
525
Ergreifung gemeinfamer Maßregeln gegen das fibel
feititellte, An neuefter Zeit haben die Schweiz,
Sranfreih und Spanien ae Sefebe zum
Schuß gegen dieR. erlafjen. Endlich wurde17. Sept.
1878 zwiſchen Deutichland, Öfterreich : Ungarn,
Spanien, Frankreich, Jtalien, Portugal und der
Schweiz eine Internationale Reblauston-
ventionabge Alofien, welcher aeg Qurem:
burg und Serbien beitraten. Da fich bei der Anz
wen ung, der darin vorgefchriebenen Mahregeln
manche Übelftände herausitellten, wurbe ber Ser:
\y, auf einer internationalen Konferenz in Bern
3. Olt. bis 3. Nov. 1881 revidiert; das Ergebnis
war eine neue Übereinkunft vom 3. Nov. 1881.
Auf Grund diefer lbereinktunft bafiert das Deutiche
Neichögefeh vom 3. Juli 1883, die Abwehr und
Unterbrüdung der Neblaustrantheit betreffend.
Die Litteratur über die N. ift ungemein zahl:
reich, befonders in franz. Sprache; in deuticher find
teihjalls Schriften darüber vorhanden von Roͤs
er, Nördlinger, Hamm, Vogt, Morik, Dillmann,
Grad, Göthe u. a. Snäbefontbere vgl. V. Fatio,
«Etat de la question phyllox&rique en Europe
en 1877» (mit 7 Karten der Verbreitung der R. in
den europ. Ländern, Genf 1878); von Babo und
NRümpler, «Die Kultur und Beichreibung der
amerit, Weintrauben» (Berl. 1885),
Reboul (Jean), fen. Dichter, geb. 23. Jan.
1796 zu Nimes, Sohn eines Soft, erlernte
das Bäckerhandwerk und trat bald als Dichter auf
mit Liedern analreontiiher Laune, die zu der
weichen, elegiichen Stimmung feiner nachherigen
Werte in merfwürdigem Gegenfag ftehen. Seine
erite Gedidhtfammlung, «Posies» betitelt, erfchien
1836, Diefelbe a mehrere ausgezeichnet fchöne
Stüde; «L’angeet l’enfant», «L’aumöneau Christ»,
«La lampe», «Un soir d’hiver» u. ſ. w., in dem jantt
elegiihen Tone, welchen Lamartine in feinen Medis
tationen angefln en hatte. Auch in feinen andern
Gedichten tritt iefelbe tatholifierenbe fentimentale
Richtung hervor. Im J. 1839 tam R. nach Paris
und veröffentlichte das biblifche Gedicht «Ledernier
jour» (1840). Dann verfaßte er drei Tragödien,
von weldhen eine: «Le martyre de Vivia», 1850
im Odeon zu Paris aufgeführt wurde. Sein lehtes
Werk war eine Sammlung Gedichte: « Les tradi-
tionelles» (1857), R. wurde 1848 vom Gard:Des
partement in die Konftituierende Verſammlung ges
wählt, wo er mit der legitimiftifchen Linten ftimmte,
R. ſtarb zu Nimes 1. Juni 1864. Nach feinem
Tode er * feine «Dernieres po6sies» (Par,
1865). Vgl. Montrond, «Jean R.» (Lille 1865).
Rebus heißt eine befondere Art von Bilder: oder
Zeichenrätſel, bie darin befteht, dab durd Zufammen:
jtellung von Bildern und häufig noch durch Hinzu:
fügung von Zahlen, einzelnen Buchftaben, Silben
oder volljtändigen Wörtern, die dann al3 Ergänzung
dienen, irgend ein Wort, meift aber ein allgemeiner
Gedanke, eine Sentenz, ein Spridwort u. f. w.
ausgedrüdt wird, Es wird hierbei von ber Richtig:
feit der Orthographie und dem fonftigen Gehalt
des durch das Bild angedeuteten Wortes völlig ab:
gejehen und lediglich darauf Rüdjiht genommen,
daß man aus den mittels des Bildes u. f. m. ge:
wonnenen Buchſtaben ein Ganzes zufammenzufeben
verftehe. So tet zur Bezeichnung des Beiwortes
«ganz» das Bild einer Gans, und die Abbildung
eines Bettes und Stabes mit dazwischen gejtelltem
Buchſtaben I drüdt das Wort «Vettelftab» aus
526 Necamier
Der Ausdrud R. ng von
itubierenden Jugend ber, welche, befonders in de
Faſtnachtſcherzen a. |
meide, be auf 1
— Recept
ne das ee ee Station der Eifen-
mit 4729 €. wurbe 1229
ref um 1600, ſolche Bilderrätfel i in von Kaiſer Re
lomiſche Vorfälle sulammenjtellte und diefe Receiver (engl., d. i. , bei Compound
—* de rebus * tur (ũber die Dinge, | maſchinen (f. unter Dampfmafdine) ein zwi⸗
geicheben», d. b. Tagesgeſchichten) ba ſchen beiden Cylindern lteter zur
Fr Ochmann, gZur Stenntnis der R.» (Oppeln | Aufnahme des zu diere Da ?
1861); Hoffmann, — — einer Geſchichte des — (lat.) heißt die neue
Bilverrätfel» (Berl. 1869); Delepierre, « Essai | ober die kritiſch Ausgabe eines Schrift:
histor. et bibliograph. sur lesrebus» (Zond. 1874). ler, t nennt man Necenfion ——
Recamier (Jeanne Frangoife Julie Adelaide | die öffen Gh asien —— Be:
Bernard, Madame), eine durch Schönheit und Geift | richt über ——— den Wert eines im Drud
berühmte Frau, geb. 3. zn 1777 zu San.
1793 einen reichen pariier Ban ues N.
Gie zählte zu den bewunderten fi
welde unter dem Direktorium in 5a ons der
eleganten Welt alle Blide auf ſich Ienkten, und ver:
fammeelte in ihrem Haufe zur Zeit des Konfulatz die
intereſſanteſte Gejellihaft von Paris, —*
Verbindungen mit zurüdgelehrten rer und
antibonapartiftiichen en wurde fi
politifch verdächtig, weshalb fie auf —*
ihre ellſchaften einſtellen mußte. Von *
Freundin, der F N - — nach Coppet ein⸗
Be: ui fe Prinzen Sy von
Preußen, deſſen Aue * gewann. . 1811
aus Paris verbannt, lebte fie eine Ing in
Chälons fur »Säone und in Lyon, ma Me fodann
Neifen in Stalien, von wo fie bei der Wiederein⸗
fegung ber Bourbons nad) & rüdtehrte.
Später zog fie fi + die Abbayesaur:Bois zurüd,
ein ehemaliges A Klofter, nachher eine Art
ftift, im Faubourg St.:Germain, wo ‚Sie einen
einen vertrauten Eirtel bildete, der eine große
mtheit erlangte. Sie ftarb an ber Eholera
ir ai 1849. Zu den Koryphäen ihres Salons
zählten Chäteaubriand, Ballande, Mattbieu de
Montmorency. Ihr H aus war die Aufluchtäftätte
ropaliftifiher € Stantämänner. katholifierender Ge:
lehrter und tomantifierender Schriftſteller. Es
herrſchte darin ein Geiſt feiner, geſitteter Unter:
baltung, aber mit einem ftarten Anflug von Fröm⸗
melei und Intoleranz. Demungeachtet bleibt der
Salon der Madame R. ein merfwürdiges Moment
in der fra . Kultur: und Eittengefhichte, aus
demfelben runde wie bie frübern Salons der
ring von Rambouillet und der Mabame bu
Deffand. Ihre Nichte und Adoptivtochter, Mabame
Lenormant, gab heraus: ———
dance tires des papiers de Madame R.» (2
Dar. 1859—60 u. öfter), Bol. Shitenubrian,
«M&moires d’outre-tombe» (Bd. runi *
«Ein edles Frauenbild. Julie R.» —
Recauati, mittellat. Racanatum Sad A
Bezirkahauptort in ber ital, Provin ing Macerata, in
der aligen Mark Ancona, im S. von Ancona
auf einer Höhe, welche eine herrliche Ausſicht über
bas Meer, den Apennin und Loreto bietet, zählt
(1881) 12517 E., welche ausgezeichneten Dein ge:
winnen, Gin Zeil der Straßen ift fteil; die lange
Hauptitraße hat fchöne Palälte, an welche 8 —
rühmte Namen der Befiser nüpfen. Im got. Do
San Flaviano fteht dad Grabmal Gregors XII. "ber
1417 als Rardinalbifchof von Borto bier —* "und
auf der Binzza ein Monument des Dichters Grafen
Leopardi, der bier geboren wurde. Bon 1240 bis
1320 war R. Biſchofsſitz.
Die 10km im OND. — Hafenſtadt Porto
be Recanati, nördlich von der Mündung der Po:
„beiratete erſchi
Damen: | bar jind, da
ber mia Yuffahrung in Jeitirften x:
0 un .
ber Berfafler einer folden 2 ist — *8
—* lat.« baben »
Gmplenafarin, € —— dee
n
hier Ta en Bade von Bl von Wichtigleit aus ans:
u
die an tliche Anweiſung, welche ber Arzt zur Be:
Se Srmeimitel (, befonderö ——
geſeßtern, für die Ausführung rad a
vejft Dies geſchieht in Deu
teinifcher , anderwärts, 3. ie in
ber — Für foldhe Bukammunisbungen,
welche fehr . a vorfommen oder welche jo balt:
man fie vorrätig halten fann, pfl en
in bie Pandes: und Hojfpita — ————
Formeln ein für allemal aufgenonimen
— Fe nennt dann joldhe Formeln m Ai meben,
ir den vom Arzte bejonders —*
bee saginrel ormeln. Der Inbegri
der Regeln e bei Abfaljung der R. zu —
en ſind, beit eceptierfunit. Dieſe *
(mb erlens formelle, bie äußere Form bes
. bet ei dab Die *8 (lateiniſch) nad)
der durch die oea Germanica einge:
führten Terminologie abzufafjen, undeutlihe Schrift
und nie Abkürzungen juvermeiben find;
daß ber Anfang mit dem} Beihen B, oder Rec. (Re-
cipe, d. i. nimm) zu maden, Datum, Name bed
Arztes und des Patienten zu benterfen * *
am Ende noch die Arznei vom
en Signatur (angedeutet
‚1, Medicinae danda si ) ange:
are sin "daß ungewöhnlid große Gaben durd
Interftreichung oder Ausrufungszeichen zu marlie:
ren, bie Mengen ber Ingredienzen nah Örammen:
ewicht anzu m u.ſ. w. Da das N. ——
lle mögli eiſe zu einem — —
ment werden lann, ſo hat der auf —
dieſer formellen Regeln ns zu adten. Die
andern Negeln materieller Art geben zuerft über:
un bie — Formen, nach welchen man
lrzneiſtoffe verordnen lann, je nach dem beabſich⸗
tiglen Zwede und ihren befondern Vorteilen, 3.2.
a ere Berbüllung des Geihmads und Geruchs
.w. Man unterfchied in früherer Zeit = no
Ih ufammengefepte R. gebräuchlich 7 vier
F von Beltandteilen eines ſolchen R.: 1) das
wirkende ober —— (die Baſis) 9) ——
Unterſtuühungsmittel (das Adjunans), 3) das dem
Ganzen bie nötige (feite oder finffige) Form gebende
Vehilel ober Konftituens, und 4) die wegen befon;
— ne u —
—— Ku —
m m Tu en
X" u
a u na
a &
sau gg“)
aA.
8 rn 3
Receptaculum — Rechenlunſt
—* — 3. B. bes messe; Geſchmads,
er Farbe wege uſaͤte (Korrigen⸗
Ben). Seht find — die R. rg einfacher; auch lehrt
die neuere Chemie dem früher oft außer Acht ge:
laſſenen ee daß das Zuſammenmiſchen von
ed en Subjtanzen zu vermei⸗
Fa ald und Lüdede , «Handbuch, der
—— und et A eiverordnungslehre⸗
(10. Aufl.,
—— lat.), das bei Rei
Abendmahls —— Tuch; in ehe
joviel wie Borlage einer Retorte u. |. w.; Behälter
gr in ber Botanik foviel
Mereptierfunft, |.
Beception (lat.), Unmahme, Aufnahme.
re
Neceptivität (lat.
unter Recept.
Steuern; Receptur, Amt eines R.; aud das
Zubereiten von Arzneien.
anne pe (lat.) bezeichnet die Vereinbarung,
—— arbitri); fi mungen kn ale
; ferner bie von
—— durch Gaſtwirte ober Schiffer
dieſ „für jeden, durch eine andere
— * en —* den —— — —
wiſſen m e
er —— —— aufpulommen
— nun etstabu rum). |
—— Fe —— da au ben
Güter, zu Te ale er und Koſtbarleiten jedoch
nur, wenn els Wertdeflaration übergeben
wurden, tn enbabnverwaltungen auferlegt.
— nambhafter freiſinniger öfterr.
Bolitifer, 6. Jan. 1815 in Graz, abjolvierte
die juriit. ne in feiner Baterftadt, arbeitete
bis 1845 bei der fteiriihen Finanzbehörde, daun
als — — und erwa als
ſelbſandiger Advolat eine bedeutende Anwalts-
pratis. & 1848 vertrat er bie Univerfität,
beit, 1861 abt Graz im Landbtage, welcher ihn
ſeildem ftet3 in den ötem. Reichsrat wählte. N. ge:
börte ber Fraktion der deutichen Autonomilten an
= wurde. 1873 N äfidenten des Abgeorb:
netenhaufes gemält. uli 1878 erhielt er
vom — die er
berg, ſ. unter Gmünd.
53 rg und Nothenlöwen, ein ſchwäb.
en Stammmvater Ulrich 1163 die
* — im Den Schwaben be:
— — Seine Enlel beſaßen ſchon 1227 die Bur
——— Im J. 1609 durch Kaiſer Rudolf Il.
—— erhoben, nahmen die R. feit 1613
Sik und Stimme auf der Shwäb. Grafenbant. Im
12. Sach teilte ſich das Geſchlecht in zwei Linien:
NR. au Bergen und R. unter den Bergen. Dieſe
erloſch 1418; jene teilte fi) wieder in Hohenred:
berg, er fofehen 1685; Staufened , 'erlojchen 1599;
Dongdorf, erlojhen 1732, und Weihenftein, die
allein no beftehene. Sept befikt das Haus unter
wöürttenb. Hoheit die Grafſchaft —— 2
(1375 qkm) und in Ba die Standesherrſchaft
Midhaufen (825 qkm). Standesherr mit dem Praͤ⸗
difat Erlaudt it Graf Albert von N., *
T. Dez. 1803, der 1842 ſeinem Vater durch Vertrag
527
in der — pi folgte, erbliches Mitglied
der Erſten Kammer (1860 Sr fibent) in Württem:
berg und —— re Reichsrat in Bayern ift.
Bater, Graf Aloys von R., ‚ geb. 18. Sept.
1766, war re Subdelegierter beim Kongreß
in Raftatt und bei der Reihödeputation von 1802,
unterzeichnete 1806 ala ug he ger ri die
Erklärung zu — welche 13 Reichs⸗
fürſten und ein Reichs zen ph vom ri ſich trennten,
und war 1815 al3 bayr. Minifter beim Wiener
ger eb bevollmädtigt. Er wirkte mit zu ben
fien des Karlsbader Kongreſſes, zur Gr:
EOtungber mager Kemmilkon uno en Jäpfen
Verfahrengegen bie politiſch Berbächtigen. Nach dem
Regierungsantritt de3 Königs Ludwig I. wurde er
in ben Ruheſtand —— * März 1849,
Des vorigen Bruder, jepb von RA,
geb. 3. Mai 1769, Segen bin e jügen 1818,
1814 und 1815 ein bayr. Armeelorps gegen Frank:
reih, war dann bi3 1826 außerorbentli Ge⸗
ſandier und bevollmächtigter * m am
Hofe zu zu 8 ug 27. März 1833
Er anderer Bruder, Graf Karl von N.
ebr. 1775, — Jan. u du of:
mei ter und Ge at, machte — —— durch
eine «Voyage pittoresque en Russie» (4 Bde.,
aris, mit Kupfern) und «Les peuples de la
ussie» Boe., .1812—15, mit % Ku n).
Graf | obann ernbard vonR, ein Bruder
a. mwürttemb. Stanbeäherrn Grafen Albert von
‚17. Zuli 1806 zu Regensburg geboren, wurde
1828 Attahe der Öfterr. Gejandtfhaft in Ber
lin, 1830 Legationsjelretär in London, 1833 Ge:
fchäftsträger in Darmftadt und 1836 in Brüffel.
Nachdem er hierauf einige Zeit in ber wiener
Staatslanzlei gearbeitet, erhielt er 1841 den Poften
eines öfterr. Gefanbten in Stod olm , den er 1843
mit dem Geſandiſchaftspoſten in iode Janeiro ver:
taufchte. R. tehrte 1847 nad) Europa zurüd, begab
fih 1849 als Bevollmädhtiger bei der Gentralgewalt
nad Frankfurt und kam Juni 1851 als öſterr. In—
ternuntius nad) Konftantinopel. Mitte 1853 wurde
er dem Feldmarſchall Radehly für die Civilange:
legenheiten des Lombardiſch-Venetianiſchen König:
reichs beigegeben und 1855 zum Präfidialgefandten
beim Bundestag —— ernannt. Bei Beginn
des ital, Kriegs wurde R. 17. Mai 1859 nad) Buol⸗
Schauenfteind Rädtritt zum Minifterpräfidenten
ernannt und übernahm das Portefeuille des ußern
und des kaiſerl. Hauſes, mußte zwar im Dez. 1860
das Präfidium an am Schmerling abtreten, blieb aber
noch Minifter des Außern, in welcer Gtellung
97. Dit. 1864 Graf Mensdorff: Bouilly fein Nach⸗
folger wurde. R. ift lebenslängliches Mitglied
es öſterr. Reichsrats.
Recheukunſt. Rechnen heißt, gegebene Größen
nach gewiſſen Regeln miteinander verbinden oder
voneinander trennen, um dadurch eine noch unbe:
fannte Größe zu finden. Das Berfahren beim
Nechnen lehrt de Arithmetik (f. d.). Das jpeziell
— ————— Rechnen erſtredt ſich vorzüglich
über Geld:, Maß: und Gewichtsberechnungen, die
Aligationz: oder Miſchungsrechnung, insrednung
und andere Prozentrechnungen, Geſellſchaftsrech⸗
nung, Haverei⸗ und eturanzre_hnung, Waren:
taltulationen , Wechſelkurs- und Arbitragerec:
nungen Staat3papierrehnung, Wechſelkommiſ⸗
fionsrehnung. Die Proportiond: und Stetten:
rechnung find dabei bie gemöhnlichften Vermittler
528
Bol. Feller und Ddermann, «Das Ganze der lauf:
maͤnniſchen Arithmetit» (14. Aufl., Lpz. 1882). ,
Rechenmaſchine (frj. arithmomötre, machine
à calculer; engl. arithmetical machine) nennt man
einen Apparat
mit benannten (
N. beiteht darin, daß eine Anzahl von Scheiben um
je einen ben Siffern der Re nung entipredhenden
Wintel gedreht werden, wobei der Mechanismus
derart eingerichtet ift, daß, wenn die Scheiben die
Lagen 0—9 oder I—O überjchreiten, ein Weiter:
drehen der dieſen lehtern Scheiben [engenben
(böhern) ftattfindet. Diefes Prinzip lag ſchon den
finnreiden, aber —— ältern Konſtrultionen
zu Grunde, an deren Vervolllommnung berühmte
Gelehrte, wie Pascal, Leibniz, Poleni, Leupold,
nearbeitet — Neuere Syſteme find die N. von
Hahn, Müller, Thomas, Noth, Scheutz, Dießſchold,
von denen diejenige von Thomas Kolmar in ihrer
heutigen verbefierten Geftalt, ihrer beguemen Hand:
habung und ausgedehnten Verwendbarkeit wegen,
gegenwärtig die am meiften verbreitete ift. Die
neueften erlegen der Thomasſchen Rechen:
maſchine geftatten felbft die Ausführung der Ope:
rationen des u und Potenzierens,
Bol. Diepfhold, «Die N.» (Lpz. APR), ö
Nechenfchicber (frz. rögle, engl. s ing rel?)
ift ein Schieberlineal aus Holz, feltener aus Metall,
mittels defien man multiplizieren, dividieren, po:
tenzieren, Wurzel ziehen, aljo alle Rechnungen, bie
fid) lo nal & behandeln laffen, in lurzer Zeit
ausführen kann. Der R. befteht aus einem Lineal,
in beflen Mitte fih der Länge nad) ein zweites
Lineal, der Schieber oder die Zunge, in einem
Falz verſchieben läßt. Die zufammenliegenden Kan:
ten beider find mit Teilungenverfehen. Als Reden:
ſcheibe bezeichnet man einen R. in Scheibenform,
in dem eine größere Scheibe, der Limbus, ſowie
eine auf diejem bemweglide Heinere Scheibe, die
Albidade (f. d.), logaritbmifche Teilungen ent:
halten. Die Rechenſcheibe ift wenig verbreitet. Vol.
anni Tetmajer, «Theorie und Gebrauch des loga⸗
rithmiſchen N.» (Zür. 1875); Karl von Dit, «Der
logarithmiſche R.» (Brag 1873).
Rechnen, ſ. Rechenkunſt.
Rechnung iſt Ps ft jedes Verfahren, bei
weldem die Rechenlunſt gg | findet (Kallu⸗
lation). Im befondern Sinne heißt R. eine Liqui—
dation oder ins einzelne ehende Aufitellung der
Forderungen, welche Behörden, Anwälte, Mätler,
Hgenten, rzte u. |. f. durch ihre Bemühungen und
durch Beſtreitung von Verlägen bei der Belor ung
fremder Angelegenheiten erworben haben. \jeder
der Abteilungen, in welche die Buchführung einen
Geſchãftsbetrieb zerlegt, und jedem Geſchäftsfreunde
wird in den Handlungsbüdern eine befondere R.
oder ein Conto gewidmet. Klagen aus Berläufen
und Lieferungen brauchen nur den Gejantbetrag
der Schuld anzuführen, wenn eine beigefügte R.
jeden einzelnen Poſten nad) dem nd
Gegenftande, Breife und den fonftigen Bedingungen
enau aufzählt, während Abweifung wegen fehler:
hiter —— erfolgt, wenn die Klagen ihre
rläuterung bloß aus einem beigegebenen Conto—
corrent (f. d.) erhalten foll, Man veriteht darunter
Auszüge aus dem befondern Conto des betreffenden
Kunden, welde wejentlih bloß die Poſten und
Gegenpoiten nad der Summe und dem Tage, wo
fie erwachſen, aber ohne Mitteilung der fonftigen
r Ausführung von Rechnungen
Bablen. Ei Shirtun sweiſe der | {cd
Rechenmaſchine — Recht
— 5— einander gegenüberſtellen. Beſondere
Ausführlichteit und die Beigabe aller Belege macht
ſich rüdfichtlich der Verwaltungsrehnungen
erforderlich, die von Bevollmächtigten, Miterben
und Miteigentümern, geichäftsführenden Geſell—
often, Rormündern, Konluräverwaltern und
andern Abminiftratoren fremder Vermögen abgelegt
werden. Streitigfeiten über die Nichtigkeit foldher
N. erledigt der Rechnungsprozeß (f. d.). Die Prü-
fung der R. von Kirchen und Gemeinden en,
Stadträten, fistalifhen Beamten erfolgt gewöhnlich
im Berwaltungswege, und die lehte Feititellung der
Staatshaushaltsrechnungen bleibt, wo eine
tutionelle Verfaſſung befteht, den Ständen vorbe:
halten. Mit Durdhmufterung der R. befhäftigen ſich
im Staatädienfte eigene Kallulatoren
fetretäre und Rechnungsräte, ſowie ala
vifionsbehörde die DOberrchnungstammer — d.).
«Sür fremde R.» handeln bedeutet joviel wie «im
fremden Intereiie» handeln. Go flieht 3. B. der
Kommiifionär im eigenen Namen, aber für fremde
R. Handelsgefhäfte ab. si
—— nennt man ſolche Werteinhei⸗
ten, die nicht durch beſondere wirlliche Münzen, ſon⸗
dern nur durch Teiljtüde oder Vielfache dargeftellt
werben. Sierber Gehört die Hauptrehnungseinheit
des Mittelalters, das Pfund oder Livre, das gleich
12 Scillingen oder Sols und 240 Pfennigen oder
Deniers gejept war, ‚In England wurde das Pfund
Sterling erft 1816 in einer befondern Golbmünze,
den Sovereign, ausgeprägt, während die früher
brauchliche Guinee 21 Schilling und die größte Sil-
bercourantmünze, die Krone, 5 Schilling galt. Auch
das franz. Livre ift bis zur Revolution und der Ein:
führung des Franteniyitems nur ausnahmsweiſe
5 if a Aa * — „or unt
aufenden Hauptmünzen in Frankreich im 18. Yabrh.
die Ecus von 3 und 6 Livred und die Louisdor.
— ia pe sfammer.
Rechnungsm nie, & unter Münze und
nn Br aka ———
echnungsprozeft. Im Anſchluß an
Rechte läßt die deutihe Civilprozeßordnung ein
ſchriftliches Verfahren zu in Rechnungsſachen Ber
mögensauseinanderfeßungen und ähnliden Bro:
eſſen; dasſelbe wird, wo die Zahl der ftreitigen An⸗
Ihrüdıe oder Erinnerungen gegen eine Rechnung
oder ein Inventar e8 als angemeflen ericheinen
läßt, vom Prozeßgericht angeordnet und findet vor
einem beauftragten Nichter jtatt; e8 dient zur Vor:
bereitung der mündlichen Verhandlung und hat den
efamten Prozebftoff zu umfajien, ſodaß, was zum
rotofoll des beauftragten Richters nicht erflärt ift,
in der mündlichen Verhandlung nur geltend ge
macht werden lann, wenn glaubhaft emadıt wird,
dab es erft fpäter entitanden oder rtei befannt
eworden üt. gl. Civilprozeordnung für das
eutjche Reich, 88. 313—319.
Recht ift in objeltivem Sinne ber Inbegriff
der Normen, Regeln und Geſehe für die äußern Hand»
lungen der Menſchen in ihrem Verhältnifje zuein
ander; Recht in jubjeltivem Sinne bezeichnet
dagegen die Befugnijje, auch gegen den Willen
eines andern etwas zu thun oder zu u en,
ohne fi) deshalb dem Tadel oder dem
zwange — ‚Die Sphäre * was
in der Mitte der übrigen thun darf, iſt die &
feiner ——— ie wird begrenzt die
R. anderer und ijt thatjächlich unter verjchiedenen
Br
TE EN a
Recht auf Arbeit — Rechtfertigung
Verhältnifien nah Inhalt und Umfang jehr ver:
chieden begrenzt. Die Beichränfung der natür:
ichen ara welche von jedem Rechtszuſtand un:
—— find, führen auf die Srage, worauf denn
ie Autorität beruhe, welche jeden auch noch ohne
Rüdficht auf den zu erwartenden Zwang verpflic-
tet, feine **— nicht willürlih zu über—
chreiten, und we gi auf der andern Seite geftattet.
ihn mit Gewalt in diefelbe zurüdzudrängen, ja jelbit
überdies für gewiſſe Nechtöverlekungen nod ein
Strafübel 558 en. Dieſe Frage iſt die nach
er Idee Des R., d. b. nach einer von jeder Willkür
unabhängigen Veftimmung über das äußere Ber:
—* willensfreier Weſen zueinander; in der Auf:
aſſung der Rechtsidee jedoch ſind die Meinungen
der Philoſophen über ven lehten Grund der unver:
brüdlichen Heiligteit des R. ve voneinander
abgewiden. (5. Rechtsphiloſophie.)
0 das R. eine Forderung an eine andere Per:
- in ſich fließt, entipriht feinem Begriffe der
er Verpflichtung oder Verbindlichkeit (obligatio)
derjenigen Perſon, welche eine Leitung ſchuldig iſt.
Hierbei treten den volllommenen R. oder Zwangs⸗
rechten, welche mit öffentlicher Autorität durchgeſeht
werden können, die unvolllommenen oder moras
liſchen zur Seite, bei denen diefes nicht der Fall iſt
3. B. das R. auf die Dankbarteit deſſen, dem ich
mich in einer Sache gefällig erwiejen habe, oder auf
die Verfchwiegenheit defien, der mir diefelbe ange:
lobt hat in Betreff eines ihm mitgeteilten Geheim:
niffes. Daher werden zwiſchen öffentlichem und
moraliſchem R. immer Unterſchiede beftehen müflen;
nur dürfen diefelben nie fo weit gehen, daß irgendwo
volllommene Wideriprüche — ihnen hervor⸗
treten. Zur Geſundheit alles Rechtsweſens gehört,
dab die öffentliche Rechtsverfaſſung einer jteten
öffentlihen Kontrolle * dem Maßſtabe eines
Schutzes der moraliſchen R. und ch aller
Mitbeteiligten unterworfen werde. Hierfür ift dann
am beiten geforgt, wenn alle —— en
auf repräfentativem Wege durch jelbjtgemwählte Ver:
trauenämänner ihre gr moraliich gerecht gehaltenen
orderungen und Anliegen zur öffentlihen Be:
rehung und Abjtimmung bringen fünnen, Dieſes
, einer möglichen aktiven Teilnahme aller Ber:
fonen an ber Re oerfeliung nimmt darum jelbft
unter allen moraliſchen R. der Staatsangehörigen
die höchſte Stelle ein, Es liegt im Geifte des R.
daß jeder Rechtszuſtand ee in der Form
allgemeiner Verträge und Öefege eine unzweifelhafte
Gültigkeit zu verſchaffen fucht; zum mindeiten müf:
en die Willen, für welche etwas als R. gelten joll,
abei fein, und Rechtsbeſtimmungen * ein zu:
re Bewußtfein derer, welche babei beteiligt
nd, mögen einen faltiihen Zuftand bezeichnen,
aber einen Rechtszuſtand bezeichnen fie nicht.
Ausdrüde, in denen das Wort Recht in ge:
wiffen Zufammenfeßungen vortommt, welde ein:
zelne Gebiete und Beziehungen des Nechtsorganis:
mus bezeichnen, wie Brivats, Staats⸗, Vollkerrecht,
Kirchen⸗, Kriminal-, Lehn-, Ari, Handels:,
Wechſel⸗ Saden:, Berfonenredt u. . w,, erllären
fid) urd) die Kenntnis der Gegenftände und Ver:
bältniffe, auf welche ſich die betreffenden Rechts—
normen beziehen, von jelbit; bisweilen bezeichnen
ſolche Zuſammenſebungen auch nur die Formen des
Gerichts, z. B. in dem Worte Standrecht.
Necht auf Urbeit iit als ſozialiſtiſches Schlag:
wort im wefentlichen gleichbedeutend mit Organi:
Eonveriationd» Lexiton. 13. Aufl, XIIL
529
fation der Arbeit (f. d.). mn der vorm in
welcher diefes Recht in den Konftitutionen ber erften
und zweiten franz. Republik, aud) im preuß. Land:
recht anerfannt worden, hat es nur die Bedeutung
einer Einrichtung der öffentlichen Armenpflege, in
dem bie — — arbeitsfäbiger Perſonen an
die —— gelnüpft, daß dieſelbe eine ihnen zu:
ewieſene Arbeit verrichten. Es wird dadurch mög:
id), den Arbeitsloſen auf eine weniger bemütigende
Art Hilfe zu gewähren, aber dieje Hil eleiftung
bleibt dod) immer a dee Alt der Wohlt *—
da die arbeitgebende öffentliche Körperſchaft, Staat
oder Gemeinde, fid) nur nad) dem Angebot von un:
—— Arbeitslräften, nicht aber nad) der
Na fraoe nad) den Produkten richtet. Der auf
m Markte zu erlangende Preis der Produlte wird
daher möglicher: oder wahrſcheinlicherweiſe die aus
öffentlihen Mitteln —* Koſten nicht
deden. Andererſeits würden, wenn man ſich ein
olches Syftem der öffentlichen Armenarbeit in gro:
em Umfange verwirklicht dentt, aus demjelben für
ie felbftändigen Handwerler und Gewerbtreibenden
eine Konkurrenz entftehen, die diefen noch weit ver:
derbliher wäre, als die der Oefängnisarbeit, über
die jeht fo viel Klagen geführt werden. Kone:
quenterweife müßte man alfo dann immer weiter
gehen und zwar theoretisch bis zu einer Neuorbnung
der ganzen Gefellichaft, in der die Verteilung der
Arbeitskräfte und die Heritellung des Gleichgewichts
von Produktion und Konjumtion nicht der Konlur:
ren; und dem Iren Verlehr überlafien, fondern
ſtaatlich oder gejellihaftlich organiftert wäre. So
verſtehen die Sozialiſten das Recht auf Arbeit.
Jeder Arbeitsfähige ſoll regelmäßig und dauernd
eine paſſende Stelle im geordneten Organismus
der Produktion innehaben ; eine Notlage, in der ihm
durch öffentliche Wohlthätigkeit Arbeitägelegenbeit
als Unterftügung gewährt wird, foll überhaupt nicht
mehr vortommen können, [noetis.
echt der eriten Nacht, ſ. Jus primae
Nechte (die), im parlamentar. Sinne, ſ. Lin!s
Rechte, |. ODblongum. [und rechts.
Rechte Gerichtöfrühe, ſ. Frühe Gerichts—
Nechter Winkel, f. unter Winkel. Leit.
Rechtfertigung, im lirchlichen Sinne he
ertigung dur) den Glauben, iſt nad) der
uth. Dogmatik der innertrinitarifche, aber in ber
Zeit und in Desiehung auf jeden —— beſon⸗
ders erfolgende At Gottes, durch welchen derſelbe
dem Sünder auf Grund feines Glaubens das Ber:
dienft Ebrijti —— ihn von den Strafen der
Sünden um des unchuldigen Leidens und Sierbens
Ehrifti willen losſpricht, ihn an Kindesſtatt ans
nimmt und ihm die ewige Seligkeit erteilt. Sie
erſcheint ſongch als ein richterlicher Alt Gottes, den
die Dogmatik aud) ald actus Dei forensis oder ju-
dicialis bezeichnete, dem griech. Ausdrude dıxalwsız
entipredhend. Bon dem objektiven — ln on
alt noch unterfdieden, obwohl häufig mit ihm zu:
fammengefaßt, ‘ die Infinuation des elben an den
Gläubigen durch den Heiligen Geilt, welde dur)
Wort und Sakrament fich vermittelt, und die ba:
durch in der Seele entzündete fubjeltive Gewißheit
des Gerechtfertigtſeins. Der religiöfe Grund dieſer
Lehre ift aber fein anderer als eben diefe jubjeltive
Gewißheit jelbft, oder der in der Innerlichleit des
frommen Gemütslebens empfundene Friede ber
Seele mit Gott. Sofern nun die chriſtl. Frömmig⸗
leit diefen Frieden oder diefe Berföhnungsgewißhett
34
650
auf die gefchichtlich durch Jeſus Chriftus vermittelte
öfung zurüdführt, liegt e$ der dogmatiſchen Vor:
ftellung nabe, diefes Hiftorifche nicht nur in der Ge⸗
wißheit der R. felbit als deren notwendige Grund:
lage mit aufzunehmen —5— auch die R. ſelbſt
nicht in dem Subjelte ſel ft, ſondern außer demſel⸗
ben als einen einzelnen göttlichen Gerichtsalt zu
Stande kommen zu laſſen. Bereits der Apoitel
Paulus Mmüpft feine Lehre von der R. aus dem
Glauben ftatt aus Werten des Geſetzes an die That:
ſachen des Kreuzestodes und der Auferjtehung Jeſu
Chriſti an, durch welche er bie Abſchaffung der Ge⸗
fehesreligion und die Verſohnung der Menſchheit
mit Gott vollzogen denlt. Der Glaube rechtfertigt
daher im Sinne bes Apoſtels infofern, als er fi
allein auf den am Kreuze Chrifti offenbarten Gna-
denwillen Gottes verläßt, und dadurch die Zurech—
nung des in Chriftus objeltiv und für alle Geſchehe⸗
nen an das —— ermöglicht. * ehre
trat der ältern judenchriſtl. Anſchauungsweiſe gegen:
über, nach welcher der Meſſias zwar für die Sünden
des Volls gelitten, leineswegs aber dadurd die
Aufhebung des mofaiichen Gefehes bewirkt habe,
das vielmehr nad wie vor feine Geltung behalte,
rg eg we auch nn ——
lich ſeien. enſahe gegen die ung
der fog. Guten Werte ‘ d.) in der mittelatertihen
Kirche, d. b. der für befonders verdienftlich ange:
fehenen,, firchlich auferlegten oder anempfoblenen
Leiſtungen, wie Faften, Wallfahrten, Almojengeben,
Noyentranzbeten, Monchsgelubde u. a. m., aber aud)
gegenüber der aSelbſtgerechtigleit⸗, welche das Heil
aus eigener Kraft verdienen zu können meinte, nahm
die Neformation des 16. Jabrh. die pauliniſche
Lehre von der N. aus dem Glauben allein wieder
auf und ftellte fie als die eigentliche Grundlehre des
Broteftantismus bin. Indem diejer alles Heil des
Menſchen allein von der göttlichen Gnade erwartete,
welche das Wollen wie das Vollbringen des Guten
in uns bewirkte, fuchte und fand er den einzigen
Troft befünmerter Gewifjen in der Gnade Gottes
in Chriftus, die nur im lebendigen Glauben (fides
salvifica), d. h. in der vertrauensvollen Hingabe
des Gemüts an fie ergriffen werde, dem Gläubig:
gewordenen aber durch das Geiſteszeugnis im Her:
zen (testimonium Spiritus Sancti internum), die
Vergebung feiner Sünden und feine Kindſchaft bei
Gott verfiegle. Indem er aber gegenüber dem kirch-
lihen Sahungsweſen, dem überſchüſſigen Verdienſt
der Heiligen und den vermeintlichen heilsverdienen—
den Bußwerken alles Heil allein auf das Berdienft
Chriſti gründete, bebielt er zugleich die mittelalter:
liche Lehre von der jtellvertretenden Genugtbuung
Chriſti durch feinen blutigen Opfertod bei, in welcher
er den einentlichen Mittelpunft des chriftl. Glaubens
fand. So wurde der rechtfertigende Glaube doch
wieder als hiſtor. und dogmatiſcher Glaube bes
jtimmt, defjen rechtfertigende Kraft allein auf dem,
wenn auch vertrauensvollen Fürwahrbalten eines
äußern Faltums berubte. Gegenüber diefer Uußer—
licpteit der luth. Rechtfertigungslehre erneuerte die
fath. Kirche auf dem Konzil zu Trient einen Ge:
danten Augufting, indem fie die N. mit der Heiligung
in Eins fatjend, jene nicht als zugerechnete, fondern
al3 eingegofiene Gerechtigkeit oder als fittliche Er:
neuerungerllärte, wodurch ber Menfch in den Stand
gejebt werde, gute, die Seligleit wirklich verdienende
Werle zu thun. Uber aud innerhalb der prot.
Kirche felbft hat es nicht an Verſuchen gefehlt, das
Nechtgläubigkeit — Rechtsanwalt
*
ſittliche Interefie zu ug So faßte Andreas
Oftander und die p yſtil die N. ähnlich; wie
die kath. Kirche einen doch
unter Feſthaltung des reformatoriſchen
—— von der göttlihen Gnade als —
rſache unſers Heils. Der em
N. hinter —— aus der jene
gehe, zurüd, während die Hationaliften dem
von N. den Sinn unterlegten, daß nicht die
— That, Q—ú er Geſinnung des
enſchen vor Gott wo —
und die Vermittelun nr a ie NR. als
die Einpflanzung in “ mit
——— Der religi ee
iſt die * Heils
—— mit Gott, die nur
reine gr des natürlichen und
Menfchen für das objektive Walten des
* en —* durch die auf alles
und Können nüber
Hingabe des Ich u ewige nt
und über uns, und an die geichichtliche Offenbarung
der göttlichen Gnade in Jeſus
werden kann. l. Ritſchl, «Die Sri. Bere von
der R. und Verföhnung» (3 Bde,, Bonn 1 74;
2. Aufl. 1882—83),
Nechtglänbi ‚I. Drtbodogie,
—— wen mit ve DD
gung ein ‚wenn m
zunimmt, fie aljo nad) der ——
vor ſich geht, rüdläufig oder retrograd, wenn
diefelbe in entgegengefehter Richtung
Ron der Erbe aus gefeben ift die Bewegung der
t l manchmal
ung rd die je Stillftände ein; au
Sonne
ogen, iſt Die Bew der
Eetäung. 2 i I Kometen, bern *
elten gegen die Elliptit um mehr geneigt
find, fommt, aud auf die Sonne bezogen, rädläu:
nee pt der Zuftand mangelnder
9 er n
Rechtsherrſchaft, ie es bei Bol Untultur oder
bei Anarchie oder Mißbrauch der Im
engern und techniſchen Sinn bezeichnet NR. einen
Zuftand verminderter Nechtsfä — deut:
ſchen Mittelalter waren rechtlos Kämpfer ((.Ehbam+
pion) und ihre Kinder, unehelich Geborene und
diejenigen, die einen Diebftahl, Raub oder ein nur
mit Leibesitrafe belegtes Verbrechen
der Buße gefühnt hatten. Sie erlitten eine
fehung vor Gericht und konnten nicht als
gürf precher, Urteiler auftreten, fie sun
erlegungen mit einer —— nügen
—— wenn * R. in Grund
atte, nicht zum Reinigungseide gelaſſen. Auch
waren —— Dagegen die
und Rechtloſigleit der Friedloſigleit glei
Folge ſchwerer Verbrechen oder
eintrat und den davon Betro
Geſetzes erflärte, Nicht ganz jo ſchwere
der noch im franz.
gerliche Tod (f. d.),
Berluft der bürgerlichen
der bürgerlichen Ehrenredte (f. d.) au bie
Beſtimmungen des deutſchen S (©.
Ghrenitrafen.) und rechts.
Rechts, im parlamentarischen Sinne, j. Lints
Nechtsanwalt ift die infolge der neuen
organijation für das ganze Deutliche
#2
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Rehtsanwalt
mäßig geltende Vezeichnung für Advolat, An:
walt, Sachwalter, Fürjprecer u. f. w., eine Ber:
fon, welde auf d ſtaatlicher Autoriſation
in der Wahrnehmung prozeſſualer Parteiintereſſen
ihren Beruf hat. Die Verhältniſſe der R. insbe—
ſondere die Zulaſſung zur Rechtsanwaltſchaft, bie
Rechte und Pflichten N,, die Anwaltlammern,
das ehrengerichtliche Verfahren, die Rechtsanwalt:
fchaft bei dem Reichsgerichte, find im Deutſchen
Neiche geregelt durdy die Nebtsanmwaltsord-
nung vom 1. Juli 1878, welche im gangen Um:
fange des Reichs girineitie mit bem chtsver⸗
faſſungsgeſeß (1. Olt. 1879) in Sraft getreten iſt.
Die wichtigiten Beitimmungen derfelben find: Zur
Nedhtsanwaltihait lann nur zugelafien werden,
wer bie Fahigleit zum Richteramte erlangt bat.
Wer die Fäbigkeit zum Richteramte in einem Bun:
desitante erlangt hat, kann in jedem Bundesjtaate
zur Rechtsanwaltſchaft zugelafien werden. über
den Antrag auf Zulajjung enticheidet die Landes:
juftizverwaltung;; vor der Entſcheidung ijt der Bor:
jtand der Anwaltslammer gutachtlich zu hören.
Wer zur eur befäbigt ift, muß zu
derjel den Gerichten des Bundesftaats, in
er bie zum —— befäbigende Fro-
fung beitanden ** auf feinen Antrag zugelaſſen
—* (Freiheit der R.); das Recht auf Aula ung
bei einem mehrern Bundesſtaaten gemeinschaft:
lihen Gerichte wird dadurch begründet, daß de
Antragfteller in einem diefer YBundesftaaten die
gm ichteramte befähigende Prüfung bejtanden
t; der Antrag eines nad) den bejtehenden Bor:
ſchriften berechtigten Antragftellers darf nur aus
den in dieſem Geſetze bezeichneten Gründen (Un:
—5* BE Betleidu entliher ümter, be:
hräntte tionsfähigtent, mit dem Beruf und
der Würde des R. unvereinbare Befhäftigung, un-
würdiges Berhalten, Schwäche lörperliher oder
eig Kräfte u. f. mw.) abgelehnt werden. Die
Zulaffung erfolgt bei einem beftimmten Gerichte
(Grundfah der Lolalifierung). Der N. muß an
dem Orte des Gerichts , bei welchem er zugelafjen
iſt, feinen — nehmen (Domizilierungs⸗ und
Reſidenzpflicht der R.). Auf Grund der Zulaſſung
bei einem Gerichte ift der R. befugt, in ben
Saden, auf welde die Strafprozehordnung,, die
Eivilprozehordnung und die Konkursordnung Ans
wen finden, vor jedem Gericht innerhalb des
Reichs Verteidigung zu führen, als —— auf⸗
zutreten und inſoweit eine Vertretung durch An:
mwälte nicht geboten ift, die Vertretung zu über:
nehmen. Inſoweit eine Vertretung durch An:
wälte geboten ift (Anwaltszwang), lan nur ein
bei dem Br ericht zugelafiener R. die Ver:
tretung als Brozehbevollmädtigter übernehmen.
In der mündlichen Verhandlung, einfchliehlich der
vor dem Prozjeßgericht erfolgenden isauf⸗
nahme, lann jedoch jeber R. die Ausführung der
arteirechte und für den Fall, daß der bei dem
ee zum Progekbevollmädhtigten beftellte
R. iym die Vertretung überträgt, aud) dieſe fiber:
nehmen. Die innerhalb des Bezirks eines Ober:
landesgerichts zugelafienen R. bilden eine An—
waltstammer; diejelbe hat ihren Sik am Orte
de3 Oberlandesgerichtd. Die Zulafiung zur Rechts:
anwaltihaft und die Zurüdnahme der Zulaſſung
bei dem t erfolgt durch das Bräfivium
des —— ts. Die Zulaſſung zur dan:
waltſchaft bei dem Neichögericht ift mit Zulaffung
551
bei einem andern Gericht unvereinbar; die bei dem
Neichögericht zugelafjenen R. dürfen bei einem an:
dern Gericht nicht auftreten, Die Anwaltstanırer
bei dein Neichögericht wirb durch die bei demſelben
zugelafjenen R. gebildet.
o alt wie das Richteramt ift auch die Anwalt:
Gleich jenem ift fie ein
Ihaft oder Advolatur.
öffentlicher Beruf, deſſen Aufgabe in der Be:
[dünne des —88 gegen Beeintrũchtigung
ſeiner Rechte beſteht. Dieſe Aufgabe vollzieht jic)
freilich anders als die des Richteramts. Während
der Nichter rechtlichen Schuß kraft jeiner ftantlichen
Gewalt wirklich verleiht, lann der R. nur dadurd)
bilfreich werben, dab er feine Rechtslenntniſſe im
Dienfte jeines Clienten verwendet und auf dieje
Weije eine dem lehtern günjtige Entſcheidung des
Rechtsſtreits herbeizuführen ib bemüht. Hieraus
erllart fi, dab überall, wo die Sienntnis des
Nechts aufhört, ein Gemeingut zu fein, und ein
bejonderer Juriſtenſtand ſich bildet, auch die Advo⸗
fatur ſich zu einem engern reife rechtsverftändiger
— — zuſammenſchließt. So bildete ſich in
Rom, wo pr det der Republif noch der perjön;
liche Einfluß eines nicht rechtsgelehrten Patronus
oder Drators ausgereicht hatte, um die Aniprüche
einer Partei vor Geridt in das rechte Licht zu
eben, zur Zeit des Kaiſerreichs, bei entwideltern,
eine wiſſenſchaftliche Erforſchumg verlangenden
uftänden ein geſchloſſenes Kollegium von
Anwälten (corpus togatorum), defien Mitglied:
ſchaft durch Gintragung in eine Matritel erworben
wurde und, neben einer gewiſſen Würdigleit der
Herkunft, die vorgängige Abfolvierung eines Rechts
tudiums, ja fogar das yon einer praltiichen
rüfung vorausjehte. Galt diefe Bildung erliufi-
ver Advolatentollegien mit befondern Privilegien
in der röm. Kaiferzeit auch nur für die höbern Ge:
richte, fo it jener Zuftand doch die Grundlage für
fpätern Geftaltungen des Advofatenweiens
geblieben. Nur machten ſich im Mittelalter Aus:
artungen vorzüglich nad) zwei Richtungen hin gel:
tend: einerfeit3 entſtand eine —“ tigung der
Advolaten und eine mißtrauiſche Kontrollierung
ihrer Thätigleit ſeitens der Gerichte, welche Kon—
trolle noch zu den Zeiten des röm. Kaiſerreichs auf
das ftrengfte verpönt war umd in der That mit der
im Weſen des Advolatenberufs liegenden Unab:
bängigfeit vom Richter im geraden Widerfpruche
ſteht; andererfeits griff dann auch noch die Auf:
faſſung plak, der Advofat fei ein niederer Yuftiz:
beamter, welcher zur Beförderung der Rechtspflege
von Staats wegen funktioniere.
Diefe Ausartungen, in Verbindung mit ber in
Deutichland ſich cinbürgernden Schrittlichleit des
gerichtlichen Verfahrens, führten allmählich zu gan
unbaltbaren Zuftänden ber Rechtspflege. Man ent-
fernte fich immer mehr von der Vorſtellung, daß bie
Advofatur zwar ein öffentlicher Beruf, aber ein
freies Gewerbe, eine freie Kunſt jei, und betrachtete
fie ala ein Staatöamt, das vom Staate verliehen
und deſſen Ausübung gerade wie die eines jeden
andern Staatsamts den Feſſeln oberbehörblidher
Aufſicht ga nicht entzichen fönne, Nicht zum ge:
ringiten Teile gründete ſich —2*4 Mißtrauen
auf die durch die Schriftlichkeit Prozeſſes be:
förderte Korruption des Advolatenftandes felber,
weldier gegen Ende bes 18. au nicht allein im
trafjeften Nabuliftentum fich gefiel, fondern die ſchutz⸗
bebürftigen Parteien oft auch auf das ſchmählichſte
31 *
532
ausfog. Dies führte Friebrih d. Gr. dazu, in
Preußen 1780 die Advolaten als freie Beiftände
der Parteien ame abzuschaffen und an deren
Stelle fog. Aſſiſtenzräte zu fehen, welche von Amts
wegen und als Staatäbeamte den Barteien mit
ihrem jurift, Rat zur Seite ftehen follten, Cine fo
unnatürlice Bildung konnte felbitverftändlidh nur
ganz furze Zeit ſich erhalten, on die Allgemeine
Serihtsordnung für die preuß. Staaten von 1793
mußte wieder die von den Parteien frei gewählten
jog. Juftiglommiffarien anertennen, die aber
aud unter dem veränderten Titel nichts anderes
waren, als wirkliche, und zwar den Richtern unter:
geordnete Staatöbeamte, deren Anftellung bei einem
beftimmten Gerichte und mit Anweifung eines be:
ſtimmten rg rn ledigli in der Hand des Yu:
jtigminifterö lag und die in ihrer Amtsführung
einem weitgehenden Auffichtärechte der Gerichte,
fogar der unterften, und einem ziemlich arbiträren
Entlaſſungsrechte unterworfen waren. Ein weient:
lich gleichartiger Zuftand der Advolatur bildete ſich
in eutich -Ofterteich und in Bayern heraus, wo
ebenfalls die Advolaten wirlliche Staatsbeamte
wurden. a diefe Weife wurden in dem größten
Teile Deutichlands von dem Advolatenſtande alle
dem Anfehen desselben früher gefährlich geweſenen
Elemente ferngebalten. rohdem hat fidh dies
fünftlihe Mittel der Hebung des Advolatenſtan—
des ald unhaltbar erwiefen. Seit der Mitte des
19. Pa ‚namentlich mit dem Berihwinden des
ſchriftlichen Prozeſſes, gehörte die Neform der Ad:
volatur in Deutihland zu den brennenden Fragen,
deren Löſung durd die am 1. Oft. 1879 in Kraft
etreteneReht3anmwaltsordnung imSinneder
reigebung der Advolatur herbeigeführt
wurde, —— trat auch eine vom 7. Juli
1879 datierte Gebührenordnung für Rechts—
anwälte in Kraft. In engem ———
mit der Form des gerichtlichen Verfahrens fteht der
fog. Anwaltsjwang. S. Anmwaltsprozeh.)
In denjenigen Ländern Deutſchlands, in welchen
die Advolatur noch als ein Staatsamt erfcheint,
ift fie vielfah mit dem Notariat (j. Notar) ver:
fnüpft. Diefe Bereinigung verfchiedener Funktionen
ift vielfach befämpft worden und wird bei einer
Reform des deutſchen Notariat3_ vorausſichtlich be:
feitigt werden. Dagegen ijt auf der andern Seite
die Teilung der Advolaturgeſchäfte in die der reinen
Vertretung der Partei (Brokuratur) und des Rechts:
beiftandes vor Gericht (Advolatur imengern Sinne)
nicht gerechtfertigt. Diefe Teilung hat ſich nament:
lid) in Frantreich und England vollzogen, hat aber
aud) dort viele Anfechtungen erfahren. Der avoue
ift in Franfreih vom avocat ftreng geichieden.
Jener betreibt die gefamte Inſtrultion des Pro:
zeſſes und ijt der eigentliche Vertreter der Partei
gegenüber dem Gericht; er gilt ald Beamter und
berält fein Amt von der Regierung verliehen, ift
übrigens berechtigt, feine Stelle in der Weile zu
verlaufen, dab er der Regierung einen Nachfolger
präjentiert. Der avocat dagegen iſt derjenige, wel:
her in den mündlichen Verhandlungen vor Gericht
die Sache feines Glienten verteidigt, plaidiert;
feine Berechtigung beruht auf der Zulaſſung der
Disciplinarlammer, welche erteilt wird, ſobald die
Erlangung des Licentiats, einer juriſt. Gelehrten:
würde, und die Abſolvierung einer dreijährigen
Übungszeit nachgewieſen find. Die avocats werden
in eine Matrifel eingetragen und bilden das bar-
Rechtsbehelf — Rechtſchreibung
reau des betreffenden Gerichtshofs. Eine beſondere
Stellung nehmen in Fran die avocats à la
cour de cassation ein, welche lediglich vor dem
parifer Gaffationshofe plaidieren, bie nltionen
des avoue und avocat in fid) vereinigen und ein
geſchloſſenes Kollegium von beichränfter Mitglieders
zahl (60) bilden.
Ahnlich wie in Frankreich find in England die
attorneys, den franz. avoues entipredhend, von
den barristers (at law), den eigentlichen plaidie:
renden Advolaten, geſchieden. Wie —
tonzentriert (ia aud in England die
ntelligenz des Advolatentandes in den lehtern,
obſchon die Borbedingungen für bie *— F
ber Praxis ber barristers noch viel larer find
in Frankreich. In beiden Ländern mwurzelt die
hohe foziale Stellung, deren die Advolaten (avo-
cats un barrister) erfreuen, in der genofjen-
ſchaftlichen, die Bildung einer befondern
ehre befördernden Organifation der Advolatenver:
eine und in der freien Konkurrenz, welche den Ein:
fluß unbedeutender Kräfte erftidt, den
aber die freiefte Bahn ihrer Thätigkeit eröffnet.
Litteratur. Über bie franz. Advolatur vgl.
Dupin, «Lettres sur la profession d’avocat »
(5. Aufl., 2 Bde. Par. 1832); Gaudry, «Histoire
du barreau de Paris» (2 Bde., Par. 1864); Mollot,
«Rögles sur la profession d’avocat» (2, nn
2 Bde., Par. 1866); Berryer, «Le ministere pub
et le barreau» (Par, 1860); Favre, «Discours du
bätonnat» (4, Aufl., Bar. 1880). Über die engl. Ad⸗
volatur vgl. Nüttimann, «Engl. Civilprozeß⸗ (2p3.
1851); Gneift, «Das engl. Berwaltun »
(2. Aufl,, 2 Bde. , Berl. 1867); Hopf, «Genoſſen⸗
ſchaften der Anwälte in England» (im «
[ob 1863). Für deutfche Zuftände find befonders
olgende Schriften einflußreich gew z
ner, «Reform des Advolatenitandes» (Epz. 1840);
Leonhardt, «Zur Neform des Civilprozefles in
Deutihland» (Hannov. 1865); Gneift, « Freie Ad:
vofatur» (Berl, 1867); Jaques, «Die freie Advo:
fatur und ihre Legislative Organifation» (Mien
1868). Die lehtere Schrift enthält in einem Anz
bang eine fiberficht über die damalige Lage der
Advolatur in den einzelnen deutjhen Staaten,
liber das geltende Recht vgl. Meyer, «Die Rechts:
anmwaltsordnung vom 1. Yuli 1878 erläutert»
Berl. 1879); Meyer, «Die Gebührenord für
Rechtsanwälte vom 7. Juli 1879 erläutert»
1879); Siegel, «Die gefamten Materialien zu der
Rechtsanwa —— CLpʒ. 1883).
echtsbehelf, ſ. Rechtswohlthaten.
ei ge ‚% Are quasi Dear.
€ reibung, Ortbograpbie Pr
ein Teil der Orammatif, welcher davon —*
die Sprache durch Schriftzeichen dargeſtellt werden
oll. Sie ſcheidet ſich in die Lehre von der Dar:
tellung der einzelnen Wörter durch Buchſtaben
— im engern Sinne) und in die Lehre
en
Darftellung der einzelnen Wörter durch
beruht auf der *— Die Lau im
—8
zerlegt das geſprochene Wort in
Laute und ſtellt jeden dieſer Laute durch ein befon:
(3. B. das Sanstrit) befiken eine in A
endete Lautſchrift. Die meiſten * ——
e —
von atzzeichen iſ. Interpunttion). Die
Unterſchied von der Begriffsſchrif (f
feine
deres Zeichen dar. Aber nur wenige Sprachen
rt volls
fang an einer Schrift bedient, d Lauten
Rechtſchreibung
nicht volllommen angemeſſen war. Das Ziel aber
das man ſich ſtedte, war nichtsdeſtoweniger, dur
die Schrift für das Auge ein treues Abbild der ge—
ſprochenen Sprache zu geben. Man gab die Laute,
die das Ohr vernahm, mit möglichfter Genauigkeit
durch Schriftzeichen wieber und folgte aljo dem ein:
fachen Grundfag: «Schreib wie du prichit.» Bald
aber zeigte ſich, dab die auf ſolche Weiſe durch die
Schrift wiedergegebene Sprache nur die einer be:
timmten Zeit und einer beftimmten Gegend war.
as zuerjt die Zeit betrifit, fo änderte fi) im Laufe
ber Jahre die — Sprache. Dieſen Unde—
rungen gegenũüber konnte die Schrift einen doppelten
Weg einihlagen. Entweder fie behielt die alte, der
üben Sprache angemefiene Schreibung bei, mochte
auch die inzwiichen geänderte Ausſprache ſich noch
fo weit von den duch jene ältere Schreibweife aus:
eg: Lauten entfernen (hiſtor. Schreibweife).
ber fie ſuchte den geänderten Lauten der geſproche⸗
nen Sprade gerecht zu werden und vide geänderte
Sprache ebenjo treu durch Schriftzeihen wieder:
zugeben, wie die —— Schreibweiſe die Sprache
rn Zeit auszudrüden bejtrebt war (phonetiſche
ee Der hiſtor. Schreibweife, wenn aud)
nicht in voller Strenge, folgt das Engliſche und das
5 e, der phonetiſchen das Stalienifche. Das
Deutſche hat ſich gleichfalls der phonetiihen Seite
ugewenbet, ohne doch die Konſequenz des Jtalieni:
chen zu befolgen. Zweitens aber war jene erite
Wiedergabe der Sprache durch die Schrift nur bie
Wiedergabe einer beftimmten Mundart, Die fo in
Scriftzeihen gefaßte Sprache gehörte mur einer
bejtimmmten Gegend, ja genau genommen, nur einem
beitimmten Menſchen an. Andere Gegenden hatten
andere Munbarten; ja felbft die Angehörigen einer
und derjelben Mundart unterfchieden fich im einzel:
nen mannigfach voneinander,
Je mehr nun aber der jchriftliche Gebrauch der
Sprade 1d ausbreitete, um ſo mehr * te ſich
auch über den einzelnen verſchiedenen Mundarten
eine gemeinſame, überall gültige Schriftſprache.
Nicht auf einmal, ſondern erſt ſehr allmählich ge:
langte dieſe Schriftſprache zu einer vollftändigen
übereinſtimmung. Bei der Feſtſtellung derfelben
waren mehr und mehr auch die Grammaliker thätig.
Auf Grundlage der vorhandenen Schriftwerte ſuch⸗
ten fie zu enticheiven, was ber richtigen Schrift:
Fein gemäß jei, was nicht. Die neuhochdeutichen
rammatiker des 16. Jahrh. legten bei ihren Feſt⸗
fehungen hauptſächlich den Gebrauch der kaiſerl.
Kanzlei und die Sprache Martin Luthers zu Grunde.
Aber in unzähligen Fällen, zumal was die R. be:
teifft, war die Tibereinftimmung erſt berzuftellen,
die Entjcheidung erft zu treffen. In biefer Weile
find die deutſchen Grammatiler des 16,, 17. und
18. \jahrh. t tie gewefen, einerfeit3 mit ber fich
weiter entwidelnden Sprache fortrüdend, anderer:
jeits auf ihre Feitjtellung eimvirkend. Für den
oberjten Grundſaß der R. erklären die bedeutendften
unter ihnen, dab die Schriftzeichen die Laute ber
geſprochenen Wörter wiedergeben follen. So im
17. Ja! — im 18, Gottſched und Ade—
fung. «Schreib wie du ſprichſt⸗ ; das höchſte und
vornehmite. — ür die Schrift, ſagt Ade—
lung in feiner 1787 erihienenen «Volljtändigen An:
weilung zur deutichen —— Daneben
haben die beiden andern Gejehe, nämlich: «1) Ab:
geleitete und zufammengejekte Wörter werben ihrer
nachſten Abftanmrung gemäß, 2) Wurzelwörter und
533
alles, was als folde betrachtet werben muß, nad
dem —— Gebrauche gefchrieben», nur fubs
ſidiäre Bedeutung. j
So war gegen Ende des 18. Jahrh. zur Zeit ber
Duden Litteraturblüte, die deutſche A, im wejent:
ichen feitgeftellt. Nur in einzelnen Bunkten haben
fie dann J. Chr. A. Heyfe und andere in ben eriten
Jahrzehnten des 19, yabıp. noch weiter gebildet,
und zwar auf dem von Adelung und feinen Vor:
ängern betretenen Wege. Da erſchien (1819—40)
atob Grimms «Deutihe Grammatil» mit ihren
babnbrechenden Entdedungen auf dem Gebiete ber
erman. Sprachgeſchichte. Auf Grimms Anregung
ty man num einen von der biöherigen Methode
gänzlich verfchiedenen We » Diefer hatte in
dem — Merle nachgewieſen, dab die Um—
wandlung der Laute in den german, Sprachen be
ftimmten Geſetzen gefolgt iſt. Auf Grundlage diefer
Gejepe glaubte man beitimmen zu Lönnen, welche
Laute einem neuhochdeutichen Worte von Rechts
wegen zufommen, und dieſe Laute wollte man auf
eine möglichit angemefjene Weife durch die Schrift
ausdrüden. Allein man vergaß, daß jene von
Grimm nachgewieſenen Lautwandelgejepe jchon in
den ältern german, Spracden eine feinesiwegs aus—
nahmsloſe Geltung haben, und daß fie vollends im
Neubochdeutihen von fo vielen Ginflüjien durch—
treuzt werben, daß ihre Durdführung eine gan
andere Sprade ergeben würde, als das wirkli
vorhandene Neuhochdeutſche, wie es Goethe und
Schiller gefchrieben haben und wie es jeder gebil:
dete Deutjche von der Schule her handhabt, So
mußte jener Verſuch einer ſprachgeſchichtlichen Ne:
fonjtrultion der deutſchen riftipradhe an feinem
Widerſpruche mit den biftorifch gegebenen That:
ſachen Velen. Die Frage nad) der deutichen R.
und m Bervolllommnung findet ihre Löſung viels
mebr jo: Die Entwidelung unferer neubochdeutichen
Schriftſprache läßt ſich von — —— über:
baupt nicht trennen. Unfere Schriftiprache iſt keine
Braninie le Mundart, fondern fie ijt unter dem Ein:
uffe der verſchiedenſten Mundarten erwach en, und
y
ein,
deswegen beantwortet fich die Frage, welche Form
der Wörter denn in unſerer Schriftipradhe zu Recht
beiteht, dahin: «Die Form, welche durd die über:
lieferte —— ausgedrüdt wird.» yo Ver:
änderung unferer R. hat ſich deshalb auf die Wort:
form zu gründen, welche unſere überlieferte Schrei:
bung ausdrüdt, Diefe Wortformen mag fie in
noch einfacherer und zwedmäßigerer Weife, ald es
bisher geſchehen ift, durch —— ———
ſuchen, die Wortform ſelbſt aber muß fie unan:
getaftet laffen. Nur in folden Fällen, in denen bie
gebildete Ausſprache in ganz Deutichland aue-
einjtimmend von den durch die überlieferte Schrei:
bung bezeichneten Lauten entfernt bat, könnte die
he e entjteben, ob nicht bie —** ber jeht
errichenben Ausſprache nachrüden folle. Doc
auch in folhen Fällen würde, entiprechend dem
überwiegend phonetifchen Charakter unferer Schreib:
weise, der Grundfaß zu befolgen fein, daß die Unde—
rung Ausſprache und Schreibung einander näber
zu bringen, nicht aber durch Zurüdführung hiſtor.
Schreibweiſen voneinander zu entfernen babe.
m J. 1876 trat auf Veranlaffung des preuß.
Kultusminifteriums in Derlin eine Konferenz von
Sprachforſchern und Schulmännern zur Feſtſehun
einer einheitlichen R. zufammen, für welde Rudol
von Naumer einen Entwurf ausgearbeitet hatte,
554
der den Verhandlungen zu’ Grunde gelegt wurbe. |
Unter Benukung der von dieſer Konferenz gemad):
ten Vorſchläge wurde zunächit in Öfterreich (2. Aug.
1879) und Bayern (21. Sept. 1879), dann auch
in Preußen (durch einen Erlaß des Dinifters von
Puitlamer vom 21. an. 1880) und in den übri en
deutſchen Staaten eine berichtigte R. in den Schu
len eingeführt. Diefelbe wird ſeitdem aufer in
allen Schulbüchern vielfach ſchon in andern Wer:
fen angewendet, fo 3. B. aud) in der ——
Auflage des «Gonverfations:Periton». Vol. d
«Berhandlungen der orthonrapbiichen Stonfere
Berlin» (Halle 1876); außerdem: Michaelis, «
Ergebniſſe der orthograppijchen Konferenz» (Be
1876); Duden, «Die Zukunftsorthograpbie » (2p3.
1876); Schmitz, «fiber R. und Drudichriit» (Köln
1876); Sanders, «ur Regelung der deutichen R.»
(in allnfere Seit, Ep}. 1875); derjelbe, «Hatedjis:
mus der Orthographie » En 1878); Wilmanns,
— — preuß. Schulorihographie · (Berl.
830); 9. Paul, «Zur orthographiihen Frage»
(Bert. 1880). Außerdem find zu nennen: Rudolf
von Raumer, « Gejammelte fpradwifienichaftliche
Schriften » (Frankf. a. M. 1863); Schröer, «Die
deutiche R.» (Yp3. 1870); dehmann, «fiber deutſche
Rt.» (Berl. 1871); Duben, «Die neue Schulortho:
rapbie» (Nördl. 1881); derfelbe, a Orthograpbi:
(de Wegmweifer nn das a rattifche Yeben» (2. Aufl.,
’p3. 1884); derſelbe ollftändiges orthograph.
Wörterbud für die Schulen ( (9. Abdrud, Lpz. 1886).
Nechtöfall nennt man ein vechtliches, im Beben
wirtlich vorgelommenes oder nur fingiertes Ber:
bältnis, das unter die gefeplichen Begriffe zu fub:
funieren it. Da ſolche Rechtsfälle oft mt le
Gigenheiten und Berwidelungen darbieten, jo geben
fie den Stoff, an welchem fid) die Nehtsmifl enihaft
und burd) fie die Gefeggebung in Berichtigung und
Ergänzung der allgemeinen Grundſäße fortbildet.
Zeils den praltiichen Zwed der Nechtzenticheidung,
teild den theoretiihen der willenihaftlihen Dar:
itellung findetmanin dem jus honorarium oder en
torium der Römer, in der jurisprudence des
Rechts, in dem common law der Engländer undi in
der Praris der deutichen Gerichtshöfe. Am wei:
tejten geben die Engländer in der Achtung gegen
die gerichtlichen Entiheidungen einzelner Fälle, in:
dem fie in jedem die Anerkennung einer Hegel
finden, welche für künftige Fälle bindend iſt. Daher
iſt ihre Rechtsgelehrſamkeit vornehmli auf Samm:
lungen der gerichtlichen Entfheidungen (reports of | des
adjudged cases) gegründet, weldhe vom Anfange
des 14. Sehr). bis ne die neuejten Zeiten vorhanden
ind, Für Deutſchland pr eö große Sammlungen
er Rechtsſprüche, welche von den angeſehenſten
Sprudtollegien und Obergerichten ausgegangen
find, die aber, weil jedes deutſche Land fein eigenes
— var 1 große Autoritäterlangen
fonnten. t e8 ſich jekt mit den Ent:
—— des he a melde, wenn aud)
nicht formell, jo doch thatiächlich eine allgemeine
Autorität in Deuti land ausüben. Das vieljeitigite
Intereſſe gewähren die reg ge Rechtsfaͤlle
owohl dem Juriſten von Fach als auch dem Pſycho⸗
logen und Menſchenbeobabier In dieſer Hinficht
hat England die a Sammtlungen in
den State trials, d. b. ſolchen Kriminalprozeſſen, in
welchen die Anklage von feiten der rose
geführt wurde, * Frankreich fanden die «Causes
celöbres» von Bitaval (f. d.) großen Beifall.
Rechtsfall — Rechtshilfe
——— j. Rechtswiſſen—
ſcha
Rechtsgeſchäft iſt eine Willenserllärung er:
laubten Sr rn. ſich hy: Erzielung eines
rechtlichen 2 . b. auf Begründung, er:
änderung oder ufhebung von Rechten richtet.
Der Begriff ift alfo ein engerer als der des «Ge:
ihäftan worunter jede Hanblung veritanden wer:
den fann und worunter inäbejondere — ein
Handelöetablifjement verftanden wird.
derne deutſche Rechtswiſſenſchaft ——— fi
hinſichtlich des R. mit der Weg was bei
ſelben in feiner rechtlichen Wirkung ——
mũſſe, ob der Wille oder die Etllärung. Denn der
Normalfall, daß beide ſich deden, tritt oft infolge
jertums nicht ein, insbeſondere bei Berträgen, und
ier erhebt ſich leicht ein Zweifel, ob jemand, der
äußerlich einen an ichen Alt vo
men, fi durd) ung auf den Mang jeines
Wiens (feiner Abſicht) von der daraus hervor
gehen den Verpflichtung folle frei machen dürfen.
e Yurispruden; it geneigt, dieſen Einwand,
vorausgefeht daß bie Gegenpartei in gutem Glau⸗
= war, —A— Man teilt ey er ein in
ein jeitige eh ige Befügung unb zwei:
feitige, d. 4 Berträge, je nachdem der Wille des
Hanbelnden allein genügt ober Wilentenigung
mit einem anbern —* iſt. ondere R.
dd de
— J Lu Bchtanitfenfäaft
ei 5 vg Gejeb:
gebun
R hängigkeit — Pe, ber Ki
—*8 a Ehretjade Ende 1
erhebung eintritt; eine 1 hr Aaer
es ift bezüglich ihrer. er ee der
das Urteil eines Gericht rt. Rad; der Det.
ſchen — —————— er die R. folgende Wir:
kungen: Wenn wäh r Dauer der R. von
einer Partei bie Shreitfade anderweit anhãngig
gemad;t wird, fo kann der Gegner die Einrede der
R. erbeben; die ee des 22*5*
. u Gefeg und
wird durd) eine Veränderung ber ”
Umftände nicht berührt; —— A nt be be:
rechtigt, ohne Einwilligung bes Betlag en bie lage
au ändern. Die N. auch —* avilredht:
ie Wirkungen: ‚se unterbricht bie jährung
macht die unvererblidhe Kla — feige
bei der Eigentumsklage ben ng ber
Bellagten u. f. w. Ben bis zur Be
endigung des Prozefies durch Rüdnahme der KL .
rechtäfräjtigeö Urteil u. f.w. Wirb bie Kla
rüdgenommen ober wegen eines prozefiualen
gels abgewiefen, jo fonımen die Wirkungen der R.
wieber in Wegfall. Iſt rechtöträftig in in Sade
jelbft entſchieden, fo tritt an Stelle —* ae
R. bie der rechtskräftig entſchirden —
Klage ke und ae.
Redtspitfe, fe. Da jedes Gericht der Regel nad)
Amtshandlungen nur inner feines Sprengels
vornehmen darf (außerhalb desfelben nur mit Zu⸗
ftimmung des Amtsgerichts des Orts, ohne dieſe
nur bei Gefahr im Berzua und unter "Anzeige an
das betrefjende Amtögericht), jo muß, wenn im
Laufe eines Prozelies eine tichterliche Handlung
notwendig wird, die in einem anbern Gerichts⸗
bezirt vorzunehmen ift (4. B. Augenſchein, Ber:
nebmung eines Zeugen), das Geridt diejes Be:
zirts um Vornahme der Handlung erjucht werben;
Eu”
„u“
- Au ui m a hl
— mw
nu
nn
Rechtskraft — Nechtsmittel 535
dies nennt man Erſuchen un R., Requiſition. Die
R. zwi den ordentlichen beutichen Gerichten ift
geregelt durch das Gerichtsverfaſſungsgeſetz, Tit.13;
die R. zwiſchen den ordentlichen und den befondern
Gerichten untereinander noch durch das Rechts-
a — von 21. Nov. 1869. Die N. zwiſchen
deutihen und außerdeutſchen Gerichten beſtimmt
fih nad internationalen Vertrag oder Braud)
(Prinzip der —— Nach dem Gerichts:
verfafjungägefeg gilt: Die deutſchen Gerichte find
einander zur R. verpflichtet, einerlei, ob fie dem:
elben oder verſchiedenen Bundesftaaten angehören;
orausjehung iſt nur, daß das erfuchte Gericht für
die Handlung örtlich zuftändig und diejelbe nad)
dem Recht des erfuchten Gerichts erlaubt fei. Un:
bedingt iſt aber jtattzu dem Erſuchen eines
im Inſtanzenzug vorgelegten Gerichts. Das Er:
—* iſt immer an das Amtsgericht zu richten, in
deſſen Bezirk die Amtshandlung vorzunehmen iſt.
Streitigleiten in Betreff der R. entſcheidet das dem
erſuchten Gericht vorgejehte Oberlandesgericht, auf
Antrag einer Partei oder des erfuchenden Gerichte.
Koften der R. find von dem erfuchenden Gericht
nicht zu erftatten, die baren Auslagen ausgenom:
men; doch hat es, wenn eine zahlungspflichtige
Bartei vorhanden, von dieſer die Koſten einzu:
En und dem erfudhten Gericht zu ü itteln.
Urteile und Beihlüfje eines deutſchen Gerichts
im ganzen Reich3gebiete wirlſam find, jo bedarf es
zum Zwed von Bollftredungen, Buftellungen, La⸗
dungen nicht erſt bed Erſuchens um R.; vielmehr
lann ein Gerichtövollzieher unmittelbar bamit be:
au t werben.
‚Re „ im formellen Sinne, hat eine ge:
richtliche Entſcheidung, welche für den erlennenden
Richter unwiderruflich ift, dann, wenn fie auch
nicht (begiehungsmweife nicht mehr) durch (ordent:
liche) tömittel (j. d.) anfechtbar üft, fei es, weil
gegen ſolche Entſcheidungen überhaupt fein Rechts:
x. Rechts:
mittel —243 oder das an ſich e äffi
meittel tzicht oder Ablauf der Nechtsmittel:
feift ausgeſchloſſen iſt. Materielle R. (tm weiteften
Sinne) bedeutet, dab der Inhalt der Entſcheidung
prozeſſualiſch unantaftbar ift: das im Urteil An:
erlannte dann nicht mehr mit Wirkjamleit in Ab:
rede geitellt, das Berneinte nicht mehr mit Wirt:
jamfeit behauptet werden. Was den Umfang der
N. betrifit, jo beftimmt die Deutſche Civilprozeß⸗
ordnung, $. 293, daß Urteile der R. nur injoweit
fähig vn, als fie über den durch Rlage o
Di e erhobenen Anſpruch enticheiden; dab
die Entſcheidung über eine durch Kompensations:
einrede geltend gemachte Forderung der R. fühig
8 bis zur Höhe des aufzunehmenden Betrags; in
ubjeltiver Hinficht wirkt die R. nur unter den Par:
teien, fofern nit ausnahmsweiſe das Civilrecht
den Urteil Wirlſamleit auch gegen dritte beilegt.
m Strafprozeß reicht die R. weiter, da hier Gegen:
and des Urteils nicht bloß das in der Anklage
angenommene Delikt, ſondern die in der Anllage
individualifierte That des Angellagten iſt, dieſe
alio auch nicht unter einem veränderten ftrafredt:
lichen Geſichtspunlt gegen denjelben Angellagten
zum Gegenitand einer neuen Unterfuhung und
Entideidung gemacht werben darf, — Soll eine
Sade, über die ſchon entſchieden ift, wiederholt
zum Gegenjtand eines Prozeſſes und Urteils ge
macht werben, jo verteidigt jich dagegen ber Be:
Hagte mit der Ginrede der rechtskräftig entſchie—
denen Sache. Die formelle R. ift bie Borausfehung
der Vollſtredbarleit des Urteils, doch erleidet diejer
Sas im Civilprozeh erhebliche Einfchräntung durch
die «vorläufige Bollitredbarfeit» (f. d.). — it aber
das Urteil a. formell rechtskräftig geworden, jo
gemäbrt doch noch die Rechtsordnung aus befon:
ern Gründen die Möglichkeit einer Wiederauf:
nahme des Verfahrens, jo wenn das Urteil auf
ftrafbarer Handlung, einem Meineid beijpielöweiie,
berubt, in befonder8 weitem Umfang im Etraf:
prozeß zu Gunſten des Verurteilten, namlich ſchon
dann, wenn neues Entlaſtungsmaterial zu Tage
etreten. (5. Wiederaufnahme des Ber:
A Ba ge tteil.)
echtömittel (remedium juris) im weiteften
Einne bedeutet jeden Rechtsbehelf zur a
oder Verteidigung von Necdhten (Angrifis: oder Ver:
teidigungsmittel, wie Klage, Einrede u. ſ. w.). In
einem — Sinne verfteht man aber darunter
olche Rechtsbehelfe, welche dazu beftimmt find,
ie Entſcheidung einer Prozeßſache anzufechten und
eine —— terl he Prüfung eizuführen,
Sie können die Nachprüfung der That: und der
Rechtsfrage bezweden (fo die Berufung) oder nur
der töfrage (fo die Revifion); fie önnen bloß
r Aufhebung angefochtenen Enticheibung
been unter Rüdverweifung in bie untere Jnftanz
(fo immer die franz. Cafjation) ober auch zur Ab:
änderung berjelben; fie fönnen fi gründen auf
einen —* in den prozeſſualen Borausfehungen
der Entſcheidung oder auf die materielle Unrichtig⸗
keit ihres Inhalts; fie können gedacht jein als die
Fortſetzung eines noch nicht definitiv abgeſchloſſenen
oder die —— ſchon beendigten Ber:
[einen bezwedend; bei der erften Auffafiung fallen
ie in_ben Lauf des ge hinein
und find darum im engere zeitlihe Grenzen ein:
en (decendium des frühern gemeinen
echts); ſolche N. nannte bie allgemeinrechtliche
Doltrin wg im Unterfchied zu den außer:
ordentlichen R. Die R. können ſich ferner danach
unterſcheiden, ob fie die wiederholte Prüfung des
eriennenden Gerichts felbit oder die Nachprüfung
eines höhern Richters verlangen (nicht devolutive
oder devolutive R.); ob ihre Einlegung den Vollzug
der angefochtenen Entſcheidung hemmt (Suspens
fiveffelt) oder nidt. .
Als ordentlihe R. gegen Urteile, ſowohl für
Civil: wie für Strafprozeß, kannte das frühere ne:
der | meine Recht hauptſächlich folgende: die Appellation
(devolutiv,, fuspenfiv, Nachprufung der That: und
der Nechtöfrage bezwedend; im Inquiſitionsprozeß
j. da war neben oder vieljad, ftatt derjelben das
og. «remedium ulterioris defensionis» , «weitere
Verteidigung», in Gebrauch, die nodmalige Prü:
fung des Verteidigungsmaterials bezwedend), bie
eihwerde wegen heilbarer Nichtigkeit (querela
nullitatis sanabilis), als außerorbentliche: die Be:
ſchwerde wegen unbeilbarer Nichtigteit (querela
nullitatis insanabilis) und die —— * in
den vorigen Stand (restitutio in integrum); das
R. gegen progehleitende Verfügungen war bie que-
rela simplex, die einfache Bejhwerde. Die deutiche
Reichs juſtizgeſehgebung kennt nur ſolche R., welche
ordentliche in dem bezeichneten Sinne ſind; die
Einteilung in ordentliche und außerordentliche N.
ift ihr unbefannt; Wiederaufnahme und Wieder:
einfegung fallen nicht unter den Begriff der R.:
R. find danach nur ſolche Rechtsbehelfe, welche die
536
Anfechtung einer nicht rechtäkräftigen (f. Rechts—
traft) Entſcheidung vor einem Wien Nichter be:
zweden. Die R. der Civil: wie der Strafprogeb:
ordnung find: die Beſchwerde (einfache und jo:
fortige), die Berufung und die Reviſion. Die R,
ſehen ein Anfechtungsinterefje der Partei voraus
und wirken nur zu Öunften der Partei, welche fie
eingelegt bat, fie können nicht zu einer ihr nad
teiligen Aufhebung oder Abänderung (reformatio
in pejus) führen (vgl. Anſ LE es iſt aber
im Strafprozeb das Staatliche Intereſſe, welches
bie Staatsanwaltidaft vertritt, durch jede um:
gerechte Entſcheidung verlegt — auch eine dem Be:
Ihuldigten ungünftige, und es kann daher bie
Staatdanwaltihaft R. auch zu Gunſten des Be:
ſchuldigten einlegen und kann jedes von der Staats:
anmaltichaft eingelegte R. zu einer Aufhebung oder
Abänderung der Entſcheidung auch zu Gunſten des
Beſchuldigten führen; darum bedarf die Rüdnahme
bes von der Staatsanwaltſchaft eingelegten R. der
Zuftimmung des ee Die prozefjualen
orausfekungen der Zuläfligkeit des R. bat das
Gericht von Amts wegen zu prüfen, im Fall ihres
Mangels das N. als sunzuläffig» zu verwerfen;
die Entſcheidung über das R. felbit kann demſelben
ftattgeben (Aufhebung, beziehungsweife Abänderung
der angefochtenen Entſcheidung) oder es als un:
begründet — (alſo die — Ent⸗
ſcheidung beſtätigen). Während zu der Schwer:
fälligleit und Langſamkeit des frübern gemein:
rechtlichen Givilprozefies viel der Umſtand beitrug,
daß alle aud in den Lauf des Prozeſſes fallende
Entſcheidungen appellabel waren, ik im heutigen
—— die Berufung nur gegen Endurteile
(und beſtimmte ihnen gleichgeſtellte ——
ſtatthaft. Der «Suspenſiveffelto der R. iſt im heu—
tigen Civilpro eß erheblich beſchränkt durch die
«vorläufige Bo —— (ſ. d.). Sofern die R.
ſich an einen höhern Richter wenden, iſt durch die—
ſelben bedingt ein Verhältnis der über- und Unter:
ordnung, «ein Anftanzenverhältnis» der Gerichte.
2 Geriht und Gerihtsverfaffung.) Die
R. find in der Deutichen Civilprozehordnung im
dritten Buche und in dem gleihen Buche ber
Strafprozehordnung bebanbdelt.
en aieine, j. Succeffion.
Fee . Gerihtöbarleit.
Rechtsphiloſophie oder philoſophiſche
Ne re ift derjenige Zweig der Pbilofophie,
welder ſich mit der Ableitung der Begriffe des
Rechts und des ftaatlihen Lebens aus den all:
gemeinften Prinzipien beſchäftigt. Diefe Aufgabe
wird von der fog. hiſtoriſchen Schule geleugnet,
welde das Recht lediglih für ein Produkt der
biftor. Verhältniſſe und für eine Summe von Feft:
jehungen erklärt, welche ſich bei jedem Volke je nad)
der Verſchiedenheit feiner natürlichen und geichicht:
lichen Bedingungen notwendig geftaltet haben. Aus
diefem Grunde fann die Wiltenihaft vom Recht
fih nur auf die thatfächliche Die ing desſelben
und auf den Nachweis ſeiner hiſtor. Entitehung be:
Schränken. Die R. feht dagegen einen Beariff von
Net voraus, welcher von ben biftor. Verwirk—
—— unabhängig iſt und infolge deſſen um:
gelehrt zu einer Kritik der jedesmal beitehenden
und ————— Rechtszuſtände ſich eignet.
Ein ſolcher Begriff kann ſelbſtverſtändlich nur aus
alfgemeinen philof. Überlegungen auf Grund einer
Betrachtung des menihlihen Weſens gewonnen
Rechtsnachfolge —
Rechtsphiloſophie
ben, Dabei I ber prinzipi i
Sefihtäpuntte BA Entweber us 2
überzeugt fein, dab das * ſeine Wurzel in dem
urſprunglichen un emeinen wirklichen Weſen
des Menſchen habe, d. h. daß es in der Natur des
Menſchen begründet fei; in dieſem —* wird man
darzuftellen haben, welches die natürlichen, mit bem
Meien des Menfchen felbft gegebenen te find,
und in diefem Falle geftaltet die. ur atur:
recht: oder aber man betrachtet das Hecht als eine
der Aufgaben, welche die Menfchbeit in ihrer Ent:
widelung IM erfüllen bat, als ein -
fie in den hiftor. Rechtsformen in mehr ober
unvolllommener Weife erreiht und deſſen Dar:
—* ſich deshalb auf einen Entwurf des idealen
enſchentums zu ſtühen hat. In dieſem Falle iſt
die R. ala ein Teil der Moralphilofophie von deren
allgemeinen —T8 abhängig zu machen.
ie Geſchichte der N. bietet einen ftetigen Wechfel
und von Zeit zu Zeit Verfuche der Verf
—— ieſen drei möglichen Auffaſſun
ar. Schon das Altertum zeigt in den
bei deren auögejprochener Anſicht, daß das
jebesmal aus der Macht bes Stärfern fliche,
biftor. Standpunft, in den Eynifern e von
der ben Oel der Kulturverhältniſſe zu eimer
N
natürlichen Geitaltung des gefellihaftlichen Lebens
zurüditrebten, denjenigen des Naturrechts, in feinen
großen Dentern Plato und Nriftoteles
den Begriff der idealen N. Plato dachte den
als den Menfhen im großen und glieberte in
feinem Spealitaate die er de wie er ſich bie
pſychiſchen Thätigkeiten des ſittlichen 286 ge:
ordnet dachte, derart nämlich, daß die Wiſſenden
die Herrfchaft über diejenigen führen follten, welche
nur teild zur Ausübung der gegebenen
teils zur Befriedigung per materiellen Bebü
der Geſellſchaft thätig find. Ariſtoleles war von
der Überzeugung durchdrungen, ba
feine fittlichen Aufgaben nur in der ſtaatlichen
meinfchaft löfen könne, daß aber dieſe deshalb von
Grund aus und in allen 7. einzelnen
von diefem Gefihtspuntte beherrſcht fein e.
In der Folgezeit us das fittlihe Bewußtjein
Renſch eit belanntlich ein immer intenfiver reli-
niöfes Gepräge an, und die Folge Davon war bie,
daß auch die philof. Nechtstheorien den Staat ala
eine Anjtalt u Beförderung ber fittli
Aufgabe des Menfchen A anfı
chriſtlichen Scholaftit ſprach fich dies in der
aus, daß als das oberjte Prinzip auch der ftaat:
lien Gejebgebung der göttlide Wille
wurde. Dadurd kamen theoretiich wie
die Rechtsinſtitutionen in ein Ab töver:
bältnis von den kirchlihen Sakungen, und e8 war
ein natürlicher Nüdichlag, daß mit der ——
überall das Beſtreben ſich geltend madte, die N,
von theol. Vorausfegungen unabhängig zu machen,
Zu diefem Zwede fuhte Machiavelli das
als einen Ausflug des nationalen Lebens zu be
greifen und Bodinus dasjelbe lediglih aus bem
iſtor. Verbältnijien er is andern
eite begannen mit Thomas Morus die bis in bie
neuefte Zeit binabreichenden — einen idealen
Zuſtand der Geſellſchaft von möglichſt natikclicher
Bethätigung ihrer Bedürfniſſe und ag
darzuſtellen. Wiſſenſchaftlicher gingen
vor, welche dem Recht eine eigene,
beruhende und in der Vernunft
Nectsritter — Nechtsfchule
zu verſchaffen fuchten. Anfangs vergrifi man ſich,
wie Gentilis, indem man die Nechtägefehe aus den
allgemeinen Raturgefepen abzuleiten dachte; fpäter
wurde Hugo Grotius der Begründer der modernen
R., indem er das hiſtor. Recht von dem natürlichen
Rechte beoriftfich unterfchied, das erjtere aus der
Willtür der Menſchen und dem Verlaufe der Ge:
ſchichte, das lehtere aus der unabänderlichen und
ewig gleihen Natur des Menfchen ableitete, beiden
aber das göttliche Recht als den in der Offenbarung
niedergelegten Ausdrud des göttlichen Willens
entgegenitellte. Grotius gab fodann der neuern R.
anfänglich ihre bejtimmende Richtung, indem er
das Naturrecht, das eigentliche Objekt der R., für
etwas mit dem Naturzuftande des Menfchen Ge:
gebenes erklärte und den Staat für eine von den
Menſchen zur befiern Wahrung dieſes ihres ur:
Bei rn Rechts geſchloſſene Gemeinſchaft an:
ſah. Infolge deſſen gewöhnte man ſich im 17. und
18. Jahrh., das Recht ala etwas dem Staatsleben
Rorberge ndes und den Staat als ein Mittel zur
Wahrung desjelben zu betrachten. Bon dieſem
Geſichtspunkte aus entwarf man in diefer Zeit die
Theorie des beften Staats als desjenigen , welchex
diefen Zweck am vollendetjten erfülle, und ford
allen Staatöformen , von denen man meinte, ba
fie biefem urfprünglichen Recht nicht entiprächen,
die Berechtigung zur Griftenz ab. So nahm die N.
den beſtehenden Staatseinrihtungen gegenüber
eine kritiſche, polemifche und ttitig revolutio:
näre Geſtalt an. Dabei machte fid) wiederum ber
Unterfchied geltend, daß bie einen meinten, der
natürliche zen der Gefellidhaft enthalte eine
jtete Gefährdung des natürlichen Nechts und müſſe
deshalb dur die Staatseinrichtungen korrigiert
werden. So dachten Hobbes und Spinoza, wenn
aud) eriterer mit abſolutiſtiſchen, lebterer mit
republifanishen Konfequenzen. Die andern ba:
geoen träumten von einem Urzuftande der Gejell:
haft, in welchem das Naturrecht realijiert ge:
weien, welcher durch den Verlauf der Geſchichte
nad) allen Seiten zeritört und verzerrt worden und
defien Wiederberftellung deshalb die Aufgabe der
Zukunft fei. Der —“* Vertreter dieſer Anſicht
war belanntlich Rouſſeau. Allen gemeinſam aber
war die —— daß der Staat auf Grund der
natürlichen Rechte durch eine freie Vereinigung
feiner Bürger entitanden fei und beshalb jeden
Augenblid neu entitehen könne, Diefer Anficht
buldigten auch diejenigen, welde, wie Lode und
Montesquieu, bei der Bildung des beiten Staats
eine Berüdfihtigung der gegebenen Berhältnifie
befürworteten.
n ber beutichen R. war der Gedanke des Natur:
t8 hauptfächlich durch Pufendorf vertreten wor:
den, und namentlich Thomaſius und feine An:
bänger fuchten dasfelbe durch eine Feititellung ber
rein äußerlichen Beziehungen der Gejellichafts:
mitglieder zu beſchränlen. Auf der andern Seite
aber hatte fchon Leibniz das Rechtsleben als eine
der Stufen zur Nealifierung der fittlihen Aufgabe
des Menſchen beitimmt, Aber ſchon bei Kant durd
drangen fid) beide Auffafjungen: er fuchte zwar die
Begriffe der Legalität und der Moralität ſcharf
voneinander zu ſondern und ber Nechtälehre nur
die Entwidelung ‚derjenigen Beltimmungen zu:
umeifen, welche in dem äußerlihen Zufammen:
—9 die Freiheit des Einzelnen neben derjenigen
aller übrigen zum Ausdrud fommen laſſen. Aber
537
indem er biefen fittlichen Begriff, ber Freiheit zum
Angelpuntt der R. machte, und indem er in feinen
geſchi * Betrachtungen die Realiſierung
der Freiheit als bie höchſte Aufgabe der menſch—
lihen Kulturentwidelung bezeichnete, ftellte er das
Nechtäleben im ganzen derartig unter den fittlichen
Gefihtspuntt, daß die folgende deutſche Philo—
fophie wiederum den Staat weſentlich als die not-
wendige Form der Betbätigung des fittlichen
Lebens der Menfchheit zu Fonjtruieren fuchte. In
diefer Hinficht ift namentlich die — R. her⸗
vorzuheben, welche, indem ſie den Staat geradezu
als die Realiſierung der ſittlichen Idee definiert,
in der aufſteigenden Reihe der Staatsformen des
geſchichtlichen Lebens die Entwickelung des ſittlichen
Menſchengeiſtes erblickte. Sie fand zwar an der
ſog. hiſtoriſchen Schule, welche wiederum das Recht
nur aus hiſtor. Sahungen und zum Teil aus gött⸗
liher Gefekgebung ableiten wollte, entſchiedene
Kenner: aber fie brach doch in weitelten Kreiſen ber
Anſicht Bahn, daf der Staat nicht ein ee
und dem Individuum äußerliches Gebilde, jondern
vielmehr fein fittliches Lebenselement fei. Dieſem
Beitreben, den Staat zum Mittelpunft des menid-
* Gefellſchaftslebens zu machen, famen auf der
andern Seite die fozialiftiichen 3 —* entgegen,
welche die Loſung aller Schwierigleiten des Gejell:
ichaftälebens von der ftaatlihen Geſetzgebung ver:
langen und durch diefelbe für möglich halten. Da-
durh wurde für die N. allmählich eine Unter-
ordnung unter die allgemeine Gefellichaftswijien-
[eft angebahnt und ihr der Gefihtspunft gegeben,
ab fie die allgemeinen Formen des äußern Zu:
fammenbang3 entwideln Toll, ohne weldye die Ge:
ſellſchaft ihre böhern Aufgaben nicht zu löfen im
Stande it, und welche deshalb von der Geſellſchaft
nötigenfalls erzwungen werden dürfen.
Aus der umfangreichen Litteratur über. find
hervorzuheben: F. von Naumer, «Die geidhichtliche
Gntwidelung der Begriffe von Staat, Recht und
Volitik» (2pz. 1826; 3. Aufl. 1861); I. J. Roßbach,
«Die Perioden der R.» (Regensb. 1842); H. Link,
«Entwurf einer Geſchichte der N.» (Dany. 1846);
Paul Janet, «Histoire de la philosophie morale
et politique dans l’antiquit& et les temps mo-
dernes» (Par. 1858); N. Blakey, «History of
moral science» (2, Aufl., Edinb, 1863); Stahl,
«Mhilofopbie des Rechts nad geſchichtlicher An:
ficht» (Bd, 1: «Die Genefis der gegenwärtigen R.»,
3. Aufl. , Heidelb. 1853); 9. F. W. Hinrichs, «Ge:
jchichte der Necht3: und Staatsprinzipien feit der
Reformation» (Lpz. 1848—52); J. H. Fichte, «Die
Bu Lehren von Recht, Staat und Sitte jeit der
Mitte des 18. Jahrd.» en. 1850); 3. Vorländer,
«Gejchichte der philoſ. Moral, Nedtd: und Staats:
lehre der Engländer und Franzojen mit Einſchluß
des Maciavelliv Marburg 1853); J. C. Bluntſchli,
«Geichichte des allgemeinen Staatsrechts und ber
Bolitit jeit dem 16. Jahrh. bis zur Gegenwart»
(Münd. 1864); Nöder, «Grundzüge des Natur:
rechts oder der N.» (2. Aufl., er 1860—63);
Ahrens, Naturrecht oder Philoſophie des Rechts
und des Staat» (2 Bde,, Wien 1870); Lafion,
«Nehtsphilojophie» (Berl. 1880). i
Nechtöritter, ſ. Geredhtigkeitsritter.
Nechtsfchule it eine Bezeichnung für die
rer er und Nachfolger eines hervorragenden
Rechtslehrers in Methode und Anfichten. So hat:
ten die Römer zu Anfang der Kaiſerzeit ihre zwei
538 Rechtsſpruch — Rechtswiſſenſchaft
berühmten, meift *8 N. der Sabinianer | führung derſelben zu; eine R. würbe aber in jedem
und Brokulianer ( er des Capito und Labeo), Dale eine diejer Geſetze fein.
machten noch die — Juriſten unter | We t, |. Reiervat.
ch Schule. r die deutſche Rechtsentwidelung chaft oder — am:
war es von beionderer Bedeutung, im Anfang | keit —— tie) —— aus ihren
des 19. Jahrh. von Savigny und Eichhorn die
fog. hiſtoriſche Schule begründet wurde, welche | nicht bloß me anna nen — eines Staats,
— Sales ve — nicht bloß über das, was in einem gegebenen
na i e der it zur An: ; in
erfennung verhält, ba das Recht einer beitimmten Staate jetzt als Net gilt, fondern darüber,
Heit ſich niit aprioriſtiſch lonſtruieren lafle, fondern | wie es Recht geworden tit, und über das, was
basjelbe etwas geſchichtlich Gewordenes ſei, fein jollte, muß die R RU
und dab das Recht daher auch nicht für alle Fern demnach eine empitife: rationale i in:
völlig Ich 5 eben Hanne. nr teil, —— Ir * — —
oviel wie Erlenn r⸗ iſſe, welche nur
Ne — R 7* Staat. (Gef —5 vorau muß, wenn Regeln für
2 derjenige Juan, wide jene Berbältniffe au werben |
echt —* 4 wird bem eitö aber bie Erfahrung
de, d Ausüb j i
u — a
in
rd und in t Berjäb:
zung) dies aber Ta mager Seh. 86 F- u
entlichen Recht vermag ber — daraus als
ie
i gun —— angt, welche ihr
durch Eroberu on ge —— | £ Berne (rei
Geborjanı re a eine thatfächliche
Degen En er m lien ehe em gone bes Rech
nd im Öfen t eine weit
größere ala —8 ee Wer in Fr ihrer Aufgabe als
einem Lande “für tsſicherheit und das Rolls:
wohl zu jergen b bat, —* —— messen
ie Age ug Unterthanen find genö:
R ’
der — nicht Hatten mer yon
ich, ihnen den 8 ———
welche cht ſchüßen kann. Mit
——— 1495 ein yet —* die für ſtraf⸗
erg einem rex de facto gebo
Das Böller t Ichreibt ebenfo ber thatjächlihen
Regierung die Befugnis ap 5 die Repräfentation des | unter
Staats andzuüben. maãhlich wächſt aus dem
Befigitand, wenn er fich tigt und daber ſchließ⸗
als notwendig ericheint, ein neuer R. hervor.
ſoviel wie Prozeß.
NRechtsvermutung, ſ. Präſumption.
Ne nennt man die Ver—
ſagung bes R —** infolge eines unberech· Gött
tigten Eingrifiö der Regierung, Jei es, daß diefelbe lichen Schenkung, in m in wel * Fe
die Beitellung der erf lichen Serie unterläßt, | ter, Schu ildebrand und
i he den zuftändigen Gerichten die ord: eh und ——
—— —** bes Prozeſſes unterjagt. | überaus reichen ——— ter gegangen
hemaligen Deutſchen Reich tonnte man wegen | die Rechtsgeſchi r ee — ——
N . Landesherren ſich an das Neichsgericht wen: | neuerdings vie von Deutf
den; zur * des Deutſchen Bundes war gemäß —— —— ſche ———
Art. 29 der Wiener Schlußalte von 1820 die Bun: | lnig, die I. Dir —
—— befugt, —— über Ber: — of
—— dogmatiſ Fun hu |
ai ke, Ye
oder Hemmung der Hechtäpilege ent: Bm
— — und fall fie für begründet befun: | Rechts,
en worden, follte der —* Abhilfe ſchaffen. Im | leitenden Grunbiäg bejondern poſitiven
jehigen Deutichen Reiche iſt diejelbe Befugnis und | Beitimmungen in der Anwendung —— —
Verpflichtung durch Art. 77 der Reichsverfaſſung menden tnifie zu entwideln,
dem Bundesrat zugewiejen. Seit Ein zierung der | des Rechts, vom Standpunlt Dan
Reichs juſtizgeſete jteht gemäß Art. 17 der Neiche: | aufgefaßt, "läßt dasjelbe in —
verfaſſung dem Kaiſer die lüberwachung der Aus: theoretifche und bie praltif ‚von
—— —— —— —
Rechtswohlthaten — Ned
denen bie lektere ber Inbegriff von Regeln iſt, wo:
nad * ticen ne mern welde die er:
ftere lennen ‚in Anwendung gebradht werben.
a and der praltiſchen R. ift das Prozeß⸗
owohl der Civil: als der riminalprogeß;
Sedenitenön nr gehört ihr unter anderm die
iel umfaſſender ift die theo:
* ek Sie e fen verschieden eingeteilt gu wer:
den. Eine ber gediegenften Einteilungen ijt folgende:
* — auch als Eivilreht aufgefaßt.
Dasſelbe zerfäll ta) » sw geihichtlihen Ent:
widelung in röm. (Civil t, deutſches vom
2* und das Partikularrecht der einzelnen
Staaten, wobei neben dem röm. Recht no das
fanonifche für die Rechtsentwi in Deutid):
land augen ie in Betracht —— * der
ſyſtematiſchen BE ne
tagende nicht erichöpfende
— tionen, Fa:
milien⸗ an und als bejondere Lehren
fommen n le 5 Mechiel:, Handels: u
hurds, 2) Das df re Heit,
welches das ‚Str t, das tliche
— gg ie ifen
en:
ſchaft ift die ver ergiei end een A u
* Kulturvöller
= u —— Bibi ve, * 1882).
cia juris) Bee
— vom Gefeh verſta ttete Rechtäbeh
Gebraud) jemand den — von 1
n
Es gehören dabin: 1) das beneficium inventarii
(j. d.); 2 Bun —— restitutionis in inte-
ung in den vorigen
ab —* Befitution); 3 = — ce-
actionum, wonad der Bürge die Be:
Klum des Gläubigers an die Bedingung nüpfen | n
ae ihm lebterer feine R * gegen den
——— das Hecht Der rauen, Ice
t der €
Berbimbiichleit Mean Da —A
engen und das ſchon Bezahlte zu
das beneficium separationis oder die Redis:
— —— die Gläubiger des Erblaſſers,
* —— rer 30 die Abfonderung
Des Roclafles er, ihrer Befriedigung vor
den Gläubigern ded Erben ———
6) das beneficium com er —*
Venefchum essionis Bonorum — ——
beneficium dationis in solutum
ſchränlte) Recht eines Schuldners, dem © —
ea anderes an —— anzubieten, wenn er
ehanbigtelt, en hänbigteit.
—S Rüäfall.
Meecife, clan: Beam ante
a —2 das zur Auf⸗
mmte Gefäß. Bei der
EEK N. et de in der Gegenftände
—— Luftleere ausgeſetzt werden ſollen.
ad.) aufnehmen, annehmen; re:
Penn Recht, das von einem Volle aufge
539
ee fremde Net, 3. B. das römische in
Deuti
— — (lat.), wechſelſeitig o egenfeitig
wird ya von erhäftniffen und ee
Verlehr des äußern Lebens, wie von =
Urteilen gebraudt. Reciproke Begriffe nennt
man folde, von weldhen einer für ben anbern ge:
——— lann; reciprote oder reciprotable
rteile ſolche welche a bleiben, wenn man
ihr Subjelt in die Stelle rädilats —* a.
in die Stelle des Subjelts feht. — In der Arith:
metit heißen zwei Zahlen reciprof oder die eine
das Neciprofe der andern, wenn beide multipliziert
bie Einheit zum Produft geben, 3. B. 5 und %.
In der Grammatik verjteht man unter Reci-
prolum ein Wort, u eine Gegenfeitigteit
oder Wechielfeitigkeit des Thuns zweier ge meb:
rerer Perſonen ausdrüdt und auf jede der Ber:
—— > der Mehrheit bezogen werben kann. Be:
3 gehören hierher die Pronomina reci vor
** Verba reciproea, die im Deutſchen d
unveränberliche «einander» — werden, z. >
wir lieben einander, fie | einander u. ſ. w.
bean, vr (ital, — vom
on v —* ne — e, we
—2 Dekllamation nähert und
——— n und Dratorien teils end,
teils dramatif die er Mu e zu
einem Gan N. war in unaus:
bildeter *8 ſchon bei en Hauptoöltern des
ltertums vorhanden, fpäter befonders in
F riftl. Kirche als Leſeton derjenigen biblifchen
* rn — u ie Palmen, volllommen
perftehe,Deseht fi eh 6 au Den a
teht, t ſi ich auf die neuere
—— und entitand g Ende des 6. Jahrh.
in Italien durch
erften und Dratorien verbanlt,
m mit der Beil ı eine f ——* chiedenartige Geſtalt
ngenommen; —* teilt es ſich in zwei
Arten, —— = > eitete. Das unbeglei-
ner, in man die
Diefes R.
tete x war das uriprünglidhe, e3 bat nur einen
einfahen Grundbaß zur harmonifc en Unterlage
welchem auf dem Klavier ober der Orgel di
beg itenden Accorbe ange Zeh werden, und it
3— Vortrag nicht an den ebunden. u.
. it aus der heutigen — oftion na
[dmunben, zum großen den der amp
alt — und des me Das beg
erhält verichiedene Ordheiterinftrumente, ge
—— de —— des Ausdruds und mu
durd genau im Talt geſu
wer 2 fe lehte Form wurde zuerjt von
Scarlatti um 1690 in bie Dper Angeführt und
dann von Händel, Glud und andern Mei:
—— 2* —8* Kunſt durchgebildet. Das mo:
Scenen ju umſpannen und
—— = 4 em Zwed recitativifche und ariofe
Phraſen ——— was aber im großen und
ganzen nur die Ze törung der wahren Geſang
— —— bt hat.
lat.) etwas aus dem Gedächtnis
kr gen, vortragen, dellamieren. Necitierendes
aufpiel nennt man, im Gegenjag zur Dper
und zum Ballett, das Schaufpieli in ber weitern Be:
deutung (Tragödie, Luſtſpiel xc.), infofern bier das
Darzuitellende durch Rede verfinnlicht wird.
eck nannte F. L. Jahn das aus zwei Säulen
und einer Querjtange beitehende Turngerät, weil
540 Nede — Neclam
e3 feiner Geſtalt nad) den im Nieberdeutichen alio
benannten, verjchiedenen Zweden dienenden Ge:
ftellen entiprad. Wegen feiner vielfeitigen und
ausgiebigen Berwendbarteit * Hang:, Stüb: und
Sprungübungen ift es das beliebtefte Turngerät ge:
worden und Feine Konftrultion bat ſich ungemein
vervolllommnet. Die Querſtange wird jept oft aus
Eifen jtatt aus Holz gefertigt. Eine an zwei Säulen
ängende Querftange heist Schaufelred oder
rapez. Auf Militärturnplägen foll_ber dide,
tantige, da3 fihungsmaterial beengende Querbaum
das R. erſehen.
‚Rede Eliſabeth Charlotte Conſtantia, gewöhn—
lich Eliſa, Frau von der), eine der edelſten Frauen
ihrer Zeit, wurde in Kurland auf dem großmütter
lichen Gute Schönburg 20. Mai 1754 geboren, als |
die Tochter des Neichägrafen Friedrich von Medem.
Im y 1771 vermäblte fie fich mit einem Freiberrn
von der Rede, deiien Charakter mit dem ihrigen
im grelliten Widerſpruch ftand. Nach jechs Jahren
erfolgte die Wen! und Glifa lebte nun in
Mitau. Harte Schidjalsichläge, ſowie die Belannt:
ſchaft mit Caglioſtro pa
Richtung. ährend eines Aufenthalts in Karls— |
bad 1784 über Caglioftro aufgellärt, fchrieb m ihr |
Buch «Nachricht von des berüchtigten Caglioftro
Aufenthalt in Mitau im J. 1779 u. f. m.» (Berl. |
u. Stettin 1787), mit einer Vorrede Nicolais, das |
auf Befehl der Kaiferin Katharina II. ins Ruſſiſche
überjept wurde. Bon diefer eingeladen, ging Glifa |
1795 nad) Beteräburg, wo fie mit dem Niebbrauch |
des Gutes Pfalzgrafen in Hurland befchenkt wurde.
In den J. 1796—1801 lebte fie meiſt in Dresden,
darauf in Berlin, verweilte 1804—6 in Stalien,
bielt ſich dann in Geipzig, hierauf wieder in Berlin
und jeit 1818 in Dresden auf, Tiedge, ihr Begleiter
auf der Neife nach Jtalien, war feitdem ihr Haus:
genofie, Sie ftarb zu Dresden 13. April 1833, |
lußer der «Neife nad) Italien⸗ (4 Bde., vr 1815)
erſchienen von ihr «Beijtliche Lieder» (mit Melodien
von Hiller, Lpz. 1780; 3. Aufl. 1815), «Gedichte»
(herausg. von Tiedge, Halle 1806) und «Gebete
und religiöfe Betrachtungen» (Berl. 1826). Tiedge
hat ihre «Geiftlihen Lieder, Gebete und religiöfen
Betrachtungen» gefammelt Lpz. 1833). Vgl. Eber:
hard, «Blide in Tiedges und es Leben» (Berl.
); Brunier, «Glila von der A.» (Brem, 1873;
3. Aufl, Norden 1885).
Nedenit, ſ. Nednis.
Nedheim, Gemeinde im Bezirk Tongern ber
belg. Provinz Limburg, am Kanal von Maftricht
nad) Denio enbuſch, unweit der Maas, mit 1292 E.
Die Überbleibfel des Schloſſes der einjtigen Reichs:
berren von N. dienen jekt zu einem öffentlichen
Bettlerarbeitshaus.
Recklinghauſen, frühere Grafſchaft im Ne:
——— Münſter der preuß. Provinz Weſt—
alen, von 830 qkm, gehörte bis zum Meichöbeputa,
tionshauptichluß 1803 zum Erzitift Köln und kam |
damals als Gntihädigung an den Herzog von
Arenberg.
Napoleon teild dem Großherzogtum Berg, teils
Frankreich einverleibt und erit 1815 dem Herzog
von Arenberg als Standesherrfhaft unter preuf. |
Hoheit zurüdgegeben. -Der gröhtenteild aus ihr
gebildete Kreis Nedlingbaujen zäblt auf |
180 qkm (1885) 73894 E. und hat zur Hauptitadt |
Nedlinghaufen, die zugleich Hauptort der Stan:
beöherrfch
Am 13. Dez. 1810 wurde fie durd) | lag «Philipp
(Anton Philipp)
teren ber Preußiſchen Staatöbabnen ift, 56 km im
MW, von Münfter liegt. Die Stadt üit Gik eines
Landratsamts und eines Amtsgerichts, hat ein
Schloß, ein kath. Gymnaſium, eine oben Töd:
teriule, eine Dochtfabrik, eine mechanische und
eine Damaftweberei, Tabatsfabriten, eine mechan.
Schloſſerei, an und mehrere Koblenberg:
werte und zählt ae meiſt fath. E.
Recklinghauſen (Friedr. von), nambafter
pathol. Anatom, geb. zu Gütersloh in Weſifalen
2. Des. 1833, widmete fih 1852—55 auf den Uni:
verjitäten zu Bonn, Würzburg und Berlin dem Stu:
bium der en und trieb, nachdem er auf Grund
der Arbeit «Über die Theorien der Pyämie» pro:
: moviert hatte, noch drei Semester unter Virchow
—— Studien. Nach einer nach Wien,
om und Paris unternommenen Reiſe fungierte
er vom Herbſt 1858 bis Oſtern 1864 als Aſſiſtent
des pathol.sanatom. nftituts zu Berlin und folgte
dann im Sehhiahe 1864 einem Nufe als ord. Pro:
fefior der pathol. Anatomie nad) Königsberg; aber
ihon im Herbſt 1865 wurde er in gleicher Gigen-
ben ihrem Beift eine myſtiſche ſchaft nah Würzburg und Oftern 1872 an die neu
begründete Univerität Straßburg berufen. R. bat
fic) durch eine Reihe von wichtigen pathol.-anatom.
Gntdedungen einen Namen gemadt. Hierher ge:
bört inäbejondere die Entdedung der fog. «Wander:
ellen», welde die Grundlage für die von Cohn:
ee (f. d.) unternommene Neubegründung der
Entzündungslehre geworden ift. Weitere wertvolle
eridungen R.s betreffen das eigentümliche patbol.
erhältnis der Lymphgefäße zu dem Bindegewebe,
Diefe Unterfuhungen bat er in der Schrift: « Di
hgefäße und ihre Beziehung zum Bindegewebe»
N tl. 1862) dargeſtellt; die übrigen Refultate jeiner
orihungen find meilt in mediz. Fachzeitſchriften
niedergelegt. Auch jchrieb er ein «Handbuch der
allgemeinen Pathologie des Kreislaufs und der
Ernährung» (Stuttg. 1883).
—— oder Kedenisk, ein Küſtenfluß in
Norddeutſchland, der auf ber fumpfigen Teufels:
wieje bei Sudow unweit Güftrow in Medlenburg⸗
Schwerin entipringt, dann auf eine Strede die
' Grenze zwifchen dieſem —— und Pom—
mern macht und nad) einem Laufe von 82 kn, wo:
von im ge 28 km (davon 15 km, von Marlow
ab, für Heine Seeſchiffe) ſchiffbar, 2 km unterhalb
Dammgarten in den Nibniker Bodden, den Hinter:
grund des Saaler Bodden, mündet. (6. Bodden.)
Reckniß oder Räckniß heißt au ein auf der
Höhe unweit ſudlich von Dresden a sag Dorf
von 303 E., mit einem Denkmal an der Stelle,
wo Moreau 27. Aug. 1813 durd eine Hanonen:
fugel tödlich verwundet wurde.
eclam (Anton Philipp) Verlagsbuchhändler,
eb. 29. Juni 1807 in Leipzig, als ältefter Sohn
s dortigen Buchhändlers Karl Heinrich R., beſaß
1828—37 das «Litterariihe Mufeum» (eine Leib:
bibliothet mit Journalijtifum) dafelbft, firmierte
aber dann für feinen inzwiichen entitandenen Ber:
— u dem er 1839 die
erwarb. Der Verlag be—
eclam
aadſche Buchdruckere
| Pk aus Bibelausgaben, — ——
griech. und röm.
laſſiler, einer Opernbibliothek
Klavierauszüge mit deutſchem Tert), iſt aber be
onders betannt durch die in demfelben feit 1867 ers
ſcheinende «llniverjal:Bibliothel», eine reichhaltige
tu Sammlung deuticher und ins — überfekter
aft und Station der Linie Wanne:Hal: | ausländifcher Werke, vorwiegend der
chönen Litte⸗
Reclam (Karl Heine.) — Nedacteur 541
ratur, in billiger Ausgabe (biß Ende 1885 erſchienen Recht des R. (jus archivi); die niedern Gerichte
2080 Nummern & 20 %f.), neben der billige Ge: | find davon anägefchloilen. Die Gerichtsarchive
famtausgaben der Werte Haffiiher Autoren veran: | Englands gehen bis in die Zeiten Heinrichs I. zu:
ftaltet werden, R.s einziger en HansHeinrid ! id; und man hat in England mehr Sorgfalt
R., geb. 18. Mai 1840, ift feit 1868 Teilhaber | darauf gewendet al3 in andern Ländern. Im J.
des Geichäfts. J 1809 ſehte das Parlament eine Kommiſſion (Re-
Reclam (Karl Heinr.), Mediziner und populär: | cord Commission) nieder, dieſe archivaliſchen Ur:
mediz. Schriftiteller, Bruder des vorigen, geb. 18. | Funden zu unterfuchen, und fpäter wurden durch fie
Aug. 1821 in Leipzig, ftudierte in Leipzig, Prag, | zahlreiche alte R., darunter die Parlamentsitatuten,
Wien und Paris und wurde 1860 Profejlor der ; die Staatöverträge ıc., auf Staatsloften gebrudt.
Medizin in Leipzig. R. hat ſich namentlic um die ; Diefe Behörde beitand bis 1837; dann wurde ein
Gefundheitspflege durd viele Schriften verdient | Generalftaatsardiv, Public Record Office, unter
gemacht, wie « — und Speifewahl» |; dem Master of the Rolls, eingefept. Dal. &ooper,
( Ep. 1855), «Geiſt und Nörper in ihren Wedhjel: | «Account of the most important public records
beziehungen» (en 1859), «Das Bud) der er of Great Britain» (2 Bde. Pond. 1832).
tigen Lebensweile» (Lpz. 1863; 4. Aufl. 1886), | Recorder (db. h. Regiftrator) heißt in England
«Des Weibes Gefundheit und Schönheit» (Lpz. | ein Beamter der größern Städte, welde mit Ge:
1864; 2, Aufl. 1883), «Der Leib des Menfhen» | richtsbarleit verſehen find, in der Regel ein von der
(Stuttg. 1870; 2. Aufl. 1879), «Lebensregeln. Staatsregierung aus der Zahl der Advolaten ers
Ernftes und Heitered aus der a a ‚ nannter Stadtridter, ber die Kriminalaffifen ab:
(Berl, 1878), «Gefundheitsichlüfiel, für Schule, | hält, Der Recorder von London ift eine der ans
Haus und Arbeit» (Lpz. 1879), «Für Genefende, pelchenfien Magiftratsperfonen; er ift oberfter Ju⸗
Nervenleidende, Blutarnıe und Hodiährige» (ps. ſtizbeamter der City, Mitglied des Centralhofs für
1886) u. ſ. w. Außerdem redigierte er mehrere Zeit: | Straffaden, nimmt an den Verhandlungen des
fhriften, wie1858—-61 den «Kosmos», 1869— 70 die | Court of Aldermen teil und publiziert alle Erfennt:
«Deutide — * für öffentliche Gefund: niſſe der londoner Gerichtshofe.
heitöpflege» und jeit 1875 die «Gefundbeit, Aud | Beotum (lat.), der Maſtdarm.
durch, feine Thätigkeit für Einführung der Leihen: | Becuperatores (lat.), bei den alten Römern
verbrennung in Deutſchland machte ſich R. befannt, | ein vom Prätor beftelltes Geſchworenengericht von
Reclame, f. Netlame, 3—5 Mitgliedern, weldes in Rom und den Pro:
Neelus (Sean Jacques Elifee), franz. Geograpb, | vinzen in vermögensredhtlihen Prozeſſen (nament:
geb. zu Sainte-Foy:-la-Crande (Depart, Gironde) | lich Klagen über Erja und Entſchädigung) —
15. März 1830, ſtudierte auf der prot. Falultät zu | nur zmilchen Römern und Peregrinen binnen zehn
Montauban und in Berlin, verließ infolge des | Tagen, fpäter aber überhaupt in jchnell zu erledi—
Staatäftreich® im Dez. 1851 Frankreich und durd: | genden Rechtsfällen entſchied.
reifte Großbritannien, Irland und Amerika. Nah| Recurrensfieber, ſ. Febrisrecurrens.
einem mehrjährigen Aufenthalt in Neugranada | Beoursus ab abusu (lat.), frj. appel comme
fehrte er nad Paris zurüd und lieferte für verichie: | d’abus, ift ein namentli in Sranlreih, Spanien
dene Zeitichriften Reiſeſtizzen und geogr. Artikel, | und Belgien ausgebildete, aber auch der deutſchen
Während der Belagerung von Paris 1870— 71 | Gefehgebung nicht fremdes Inſtitut, welches dem
trat er in die Nationalgarde und blieb aud) unter | durch Mißbrauch der geiftliden Amtsgewalt Ber:
der Herridaft der Commune bei derfelben. Bon | legten geftattet, die Hilfe des Staates anzurufen,
der verfailler Armee gefangen genommen, wurde | in Frankreich aber au 3* Beanten ges
er 16, Nov. 1871 zur Deportation verurteilt, | ftattet, gegen —— e ſtaatlicher Beamten an die
welches Urteil jedoch durch den Präfidenten Thiers Entſcheidung des Staats zu appellieren. Während
in Verbannung aus Frankreich gemildert wurde, | früher Gerichtsbehörden die Entſcheidung fällten,
Seitdem lebt R. in Lugano, Unter feinen Schriften iſt diefelbe jet in Frankreich dem Staatärat über;
find zu nennen: «Guide du voyageur & Londres» } tragen worden, in Deutichland den Minifterien,
1859), «Voyage à la Sierre Nevada de Sainte- | und nur in Preußen ward durch bie neueſte Geſeh—
arthe» (1861), «Les villes d’hiver de la Medi- | gebung ein lirchlicher Gerichtshof gefhaffen, der auf
terrande et les Alpes maritimes» (1864), «Histoire | derartige Rekurſe zu .entfheiden hat. Dal. Fried:
d’un ruisseau» (1866), «La terre» (2 Bde.,1867-68; | berg, «Die Grenzen zwifhen Staat und Kirche und
deutſch von Ule, 2 Bde., er 1874— 76), «Nouvelle | die Garantien gegen deren Verlegung» (Tüb. 1872).
geögraphie universelle» (Bd, 1—9, 1875—84). Neda, Fort in der arab. Landidaft Afir (f. d.).
eelufi und Recluſä, ſ. Inclufi. Redacteur (fr3.), — Ordner oder Ein⸗
Recoaro, Badeort in der ital, Provinz Vicenza, richter, wird vorzugsweiſe der Herausgeber perio⸗
Diftrift Valdagno, in einem Thale der Monti Leifini | diſcher und encyllopädifder, aus den Beiträgen
am Quelllauf des Agno, nahe der tiroler Grenze, | mehrerer zufammengefepter Werte genannt, und
— 9 1153, als Gemeinde 6163 E., Gips-, Redaction heißt leils das Geichäft desſelben,
Iftein: und Marmorbrüche. teils die Geſamtzahl der Borfteher und Leiter eines
ecord — beißt im engl. Net eine | litterarifchen Unternehmens. In letzterm Fall iſt
en Pergament geichriebene und in einem Gerichts: | gewöhnlich einer der R. der Hauptleiter, Ober⸗
bofe, welcher dazu berechtigt iſt (Court of record), | redacteur, Redacteur:en:Ehef. Der R. hat die Auf:
aufbewahrte Urkunde über eine vor dem Gericht | gabe, das Unternehmen nad einem beftimmten
gepflogene Verhandlung und das darauf gefällte | äußern und innern Plan zu leiten, die mitwirken:
Ertenntnis. Diefe Urkunden haben eine ſolche Be: | den Kräfte dafür um ſich zu verfammeln, die Beis
weisttaft, daß dagegen ſchlechterdings kein Einwand | träge berfelben zu prüfen und der dee des Ganzen
jBite ift, Aber nur die fönigl, Gerichtshöfe und | anzupaflen u. ſ. w. Hat der R. eines periodiſchen
ſonders privilegierte Staatsbehörden haben das | Werts oder einer Zeitung mit feiner redactionellen
542
Thätigleit Maßgabe der Prebgeiehgebung (f.
Veeile) he vos ride —— ea
Inhalt bes Werts ober der Zeitjchrift der Behörde
gegenüber zu vertreten, fo
liher Redacteur.
edau (frz), ſ. Fleſche.
Rebecliffe (Viscount Stratford de), ſ. Strat:
forb de Redeliffe.
Rede und R
—— Vortrag eines Redners. Wenn Deut:
lihleit und Beitimmtbeit, ſowie logiſche und gram-
matijche Richtigkeit die Haupterforbernifie jeder
ſprachlichen Daritellung find, jo vırlangt die „tebe,
die ſich zur Redekunſt erheben will, eine erhöhte
künjtleriiche Form. Schon im Außern muß fie fi
vor ber Sprache des gewöhnlichen Lebens oder der
KRonverfation durch einen mehr gerundeten Berios
denbau, durch forgfältigere Wahl des Ausdruds
und der Bilder, dur Neinbeit, Ebenmaß und
Wohlklang auszeihnen. Den Inbegriff der Regeln
unb Gelehe ber Redekunft gibt die Rhetorik (j. d.).
Nedefiguren, f. unter Figur.
Nedefreiheit der Mitglieber — Ber:
ſammlungen it, abgefehen von England, erft in
neuerer Seit gefordert und verfaflungsmäßig ge—
wäbhrleiftet worden. Indem die Mitglieder folder
Berfammlungen wegen ihrer Abjtimmungen und
in Ausübung bed Berufs gethanen Nuherungen in
der Kammer nicht außerhalb derfelben irgend zur
Verantwortung gesogen werden bürfen, foll bie un:
geſtörte Thätigleit der für das Berfafiungsleben
wichtigen Organe gefichert werden. Gegen etwaigen
Mißbrauch diejes Privilegs fichert lediglich einiger:
maßen die innerhalb bes * auf Grund der
Geſchäftsordnung geübte Disciplin. Die älteſten
Beſtimmungen über R. enthalten die engliſche Bill
of rights von 1689, die norbamerit, Rerfa ung
von 1787 und bie franzöfifche von 1791. Die deut:
ſchen Berfaffungen des 19. Jahrh. enthielten man:
herlei Beihränfungen. Diefelben fielen fort zu:
folge der Reichsgeſeggebung. Der Artitel 30 der
———— 1871 befreite von Berant:
wortlichkeit Die Mitglieder des Reichstags und $. 11
des Neichöitrafgeiehbuchs fodann die Mitglieder der
Sandtage oder Hammern ber zum Deutidyen Reiche
gehörigen Staaten. * von Bar, «Die R. der Mit⸗
glieder geſetzgebender Verſammlungen mit beſon—
derer Rüdjiht auf Preußen» (Lpz. 1868); Schleiden,
«Disciplinar: und Strafgewalt parlamentarifcher
Verfammlungen» (Berl. 1879); Heinze, «Die Straf:
a parlamentarischer Nechtöverlekungen und
die Aufgabe der Neichagefehnebung» (Stuttg. 1879).
. Rebemptoviften oder Orden vom heiligen
Erlöfer (santo redentore) heißen die Glieder des
von Liguori (f. d.) geftifteten Möjterlichen Vereins,
und daher führen fie auch den Namen Liguoria:
ner. Der Orden iſt den Jeſuiten eng verihwiltert
und macht feinen Gliedern eine eifrige Nachfolge
Jeſu, ſowie die Anleitung anderer zum röm.slath,
Slauben mitteld der Miſſion, befonders in prot.
Ländern, die Seelforge und den Jugendunterricht
zur Pflicht. Der neue Orden verbreitete fich ſchnell
über Neapel und Sicilien; die erſten Ordenshäufer
entitanden in Salerno, Conza, Nocera und Bovino,
Später festen fie fi) namentlih dur die Be:
mühungen bes Clemens Maria Hofibauer (geb.
1751 zu Taßwiß in Mähren, geit. 1820 in Wien)
in Oſterreich und in Polen feſt. Mährend ber franz.
Deeupation mußten fie mande Bebrüdmeen er:
|
heißt er verantwort: geſehliche Aufnahme, und in
edefunft. Nebe ift der funjtmäßig |
— — nn 0 — — — — —
Bayern
Redan — Reden
leiden und 1809 aus Warſchau ſich entfernen. Nach
der Reitauration in Deutichland fanden die R. aber
aud in Oſterreich wieder wo, ja 1820 jelbit
ien wurde ihnen der
obere Paſſauerhof mit der Kirche zu Maria:Stiegen
überwiejen. Im 5%. 1848 für furze Zeit zurüd:
edrängt, gründeten fie bei ihrer Rüdfehr zahlreiche
öfter in Öjterreih, Böhmen, Steiermarl und
Tirol, ſowie auch einige Häufer für einen weiblidden
Zweig ihres Ordens, die Nebemptoriftinnen.
Ebenfalls ſtark entwidelte ſich die Kongregation in
2 wo fie 1841 in Altötting bei Ballau Auf:
nahme fand, 1848 ihren Sit verlor, aber fpäter
wieder einzog und noch 4 männliche und 17 weib:
liche Nieberlaflungen gründete. Auch im übrigen
utſchland, in Baden, Naffau und in Preußen, in
welchem fie vor Ausbrud) des Aulturlampies fünf
Häufer beſaßen, waren die R. befonders jeit 1850
außerordentlich thatig durch ihre Bollsmiffionen. In
wurde ihnen 1814 im Kanton Freiburg
die aufgehobene Trappiftentartaufe zu St.-Baleinge:
räumt; au finden fi) Riederlaffungen der R,
in Frantreih und Belgien, namentlid aber inNorb-
amerila, wo fie jeit den dreißiger Jahren eine Reihe
von Kollegien und Miifionsjtationen ins Leben
tiefen. In den Klöitern führen die N. ein gemein:
Ichaftliches Leben. Sie legen die gewöhnlichen drei
Gelübde einfach ab, und ihre weltlichen Geſchäfte
werden von Inienbrüdern bejorgt. Die Kleidung
ift der ähnlich, welche die Sjejuiten tragen, wie fie
denn auch überall die Stelle der Jeſuiten vertraten
und ihnen die Wege zur Nüdlehr in die Länder
bahnten, aus welden fie verwiejfen waren, Sie
find darum in neuefter Zeit auf Grund bes Ge:
ſehes, betreffend den Orden der Gelellihaft Jeſu,
vom 4. Yuli 1872 und die die Ausführung diejes
Geſetes betreffende Belanntmachung des Bundes-
rat3 vom 20. Mai 1873 als eine ben Jeſuiten ver-
wandte Kon rung vom Gebiete des Deutichen
Rei ausgeldh oſſen und ihre Riederlafjungen auf:
gelölt worden.
Neden (Frieder. Wilh. Otto Ludw., Freiherr
von), Statijtifer, neb. 11. Febr. 1804 zu Wendling»
baujen in Lippe-Detmold, ftubierte die Rechte in
Göttingen und trat in hannov, Staatöbienft. Im
J. 1832 wurde er in die Grjte Hammer der hannov.
allgemeinen Ständeverfammlung gewählt, und
1834 Mititifter und Generalfelretär des Gewerbe:
vereins für das Königreich Hannover. Doch lehnte
er nad Aufhebung des Staatägrundgefches von
1837 in der Kammer die Wiederannahme des Gr
neralfefretariats ab und nahm aud) feine Ent:
—* aus dem Staatsdienſt. N. hatte bereits
duch die Schrift «Das Königreih Hannover, fia-
tijtifch beichrieben » (Hannov. 1839) feinen Auf ala
Statiftifer begründet. Im März 1841 wurde er
Spezialdireltor bei der Berlin-Stettiner Eifenbahn
und zwei Jahre darauf in das preuß. Minifterium
bed Auswärtigen berufen. Von einem bannov.
Diſtrikt wurde R. 1848 in die Deutiche National:
verfanmlung gewählt, wo er zur Linfen gehörte.
Nah Auflöfung des Barlaments als preuf. Mini:
fterialrat auf Wartegeld gejeht, lebte R. ſeitdem
erit in Frankfurt a M., dann in Wien, wo er
12. Dez. 1857 jtarb. Er veröffentlichte nod: das
umfafiende biltor..ftatift. Merk «Die Eiſenbahnen
Deutichlands» (ufanımen 11 Bbe., Berl. 1843—47),
an welches ſich «Die Gifenbabnen Frantreiche» (Berl.
1846), ſowie das «Eifenbabnjahrbuhh» (Jabra. 1
der zu.
Nedende Künfte — Redouté
u. 2, Berl, 1846—47) anſchloſſen; «Vergleichende
Kulturitatiftit der Großmächte Guropas» (2 Bde.,
543
nad) den Vorſchlaägen des damaligen preuß. Gene
ralitab3-Hauptmanns von Moltfe aebildet, genau
Berl. 1846—48), «Allgemeine vergleichende Finanz: | der frühern preuß. Landwehr des erften und zweis
jtatiftilo (4 Bde,, Darmit. 1851—53) u. ſ. w.
Nedende Fünfte nennt man diejenigen Künſte,
die ih der Spradhe ala Darftellungsmittel bedienen:
die Dichtlunſt und die Beredfamteit. (S. Kunit.)
Redern (Wilb., Graf von), geb. 9. Dez. 1802
in Berlin, ftubierte dajelbit die Nechte, wurde 1825
Stanımerberr der Kronprinzeffin von Preußen und
1828 interimiftijcher, 1832 definitiver Generalin:
tendant der lönigl. Theater, 1844 Generalintendant
der Hofmufil und 1861 Oberitlämmerer. Cr jtarb
5. Nov. 1883 zu Berlin, R. tomponierte aud) eine
Dper (sEhriftine»), Kirhenmufilwerle, Cantaten,
Dwuverturen, Sadeltänge u. ſ. w.
Redernber „J. unter Chorzow.
edeteile ae orationis) nennt man bie
von ben alten Örammatilern aufgeitellten und ges
wöhnlih aljo asäblten Wortllaiien: Subitanti-
vum, Adjeltivum, Bronomen, Verbum, Adver:
bium, PBräpofition, Konjunftion, Jnterjeltion. Die
Interjektionen, als nicht — eine beſtimmte
Vorftellung ausdrüdende Worte, fondern Em n⸗
dungslaute, läßt man häufig aus dieſer Einteilung
weg. Subſtantiv und Adjeltiv werden unter ber
Bezeihnung Nomen zufammengeiabt, die letzten
vier (oder mit Weglajiung der Interjeltionen drei)
Klaſſen auch unter dem Namen Bartileln. Dieſe
Einteilung paßt weder auf alle Sprachen, denn
mande fennen ſolche Unterichiede nicht, noch beruht
fie überhaupt auf weientlichen, in der Natur der
Sprade liegenden Unterichieden, da 3. B. die Ad:
— urfprunglich nur Caſusformen der Nomina
ind.
meinen, wie ein Wort im Sabe verwendet ift,
daß dasjelbe Wort, je nachdem es 5. B. als nähere
Beſtimmung eines Subftantivs auftritt, Adjektiv,
als die eines mö Aoverbium fein kann, die
Präpofitionen ebenjo oft auch als Abverbien be:
zeichnet werden mülien u. 1. w.
Nedgrave (Nicyard), engl. Genremaler, geb.
30. April 1804 zu Pimlico (London), beſuchte die
(ondoner Alademie. Bon feinen Bildern hatten
bejondern Erfolg die Tochter eines verarmten Ebel:
manns, der arme Schulmeijter, Olivias Rückehr
zu ihren Eltern, die Bettern aus der Provinz u. a.
Dit 9. Cole gründete er das Muſeum für orna:
mentale Kunſt in Marlborough-Houſe, das jpäter
zum Kenſington-Muſeum erweitert wurde. Mit
jeinem Bruder Samuel R. (geft. 1876), dem
Verfaſſer des «Dictionary of artists of the English |
school» (2, Aufl. 1878) ſchrieb er «A century of
painters of the English school» use).
Redhibition (lat., Zurüdgabe) bedeutet das
ebene u ar eines Slaufvertrags jeitens des
Käufers dadurch, dab er den Verläufer nötigt, das
Kaufobjelt wieder zurüdzunehmen und den Kauf:
preis, falls ſchon bezahlt, zu eritatten. Das Recht
bierzu hat der Käufer beim auf körperlicher Sachen
wegen Mangelbaftigteit derjelben und er macht
dasjelbe mit der jog. Wandlungsllage gel:
tend (actio redhibitoria). Dasielbe beiteht auch nur
wegen folder Mängel, die beim Kaufvertrag nicht
fichtbar waren, aber damals —2 — beſtanden;
beim Viehlauf iſt es nur in noch ränlterm Um:
rang zuläjfig.
NRedif (arab., «Nahjhub»), der Teil der tür.
Hrmeerejerve, welcher, 1838 nad preuß. Mujter
Jene Klaſſen bezeichnen daher nur im alle: |
0:
ten Aufgebots entſpricht. Demgemäß gibt es zwei
Nedifllajien, in welden der aus der Reſerve ent:
lafjene türt, Soldat je vier Jahre verbleibt, um
danach jun Landſturm überzugeben,
Nedif Paſcha, osman. General, geb. um 1827,
erhielt 1871 das Oberlommando des nad) Jemen
entjendeten türk, Erpeditionslorps. Nachdem er
dieſes Gebiet unterworfen, kehrte er nad) Konitan:
tinopel zurüd und belleidete die Stellung eines
Adlatus des Kriegsminiſters. Bei den Greignifien
des J. 1876 (Abjehung des Sultans Abd:ul-Ajis,
Erhebung Murads V. auf den Thron) war R. als
die rechte Hand Huflein Avni Paſchas ftark be-
Per Deſſenungeachtet gelang es ihm, bald nach
des legtern Ermordung (16. Juli 1876), fein Nach—
folger im höchſten militärifhen Amt zu werden.
Auch behauptete er ſich auf dem Poſten des Serias⸗
kers während des Hauptteils des jpätern Rufſiſchen
ſtriegs (1877). Zu feinen damaligen Leiſtungen
gehört die ſchuell zur Ausfü gelangende To⸗
talmobilifierung der osman. Armee jahr
1877) Id darauf aber wurde er in den Sturz
de3 Generalijfimus der türl. Hauptarmee, Abd-ul:
fe ha, mit bineingezogen, zunächſt nach
Lemnos und jpäter nad Nhodos verbannt,
Reduitz, Quellſſuß der Regnik (f. d.). _
Redon, Stadt und Hauptort eines Arrondiſſe⸗
ment3 im ren Depart. \\lleset-Bilaine, an der
Mündung des Duft in die Bilaine und am Kanal
von Breit nad) Nantes, Station der Linien Sa:
venay Landerneau der Orleansbahn und Rennes⸗
N. der Weitbahn, zählt (1881) 4690 (als Gemeinde
6537) G. und hat einen Hafen, Schiffbau, Gerberei
und Spebitionshandel. Bon der alten *
ne
rh.
tinerabtei Noto oder Roton ſteht noch die J
Kirche St.Sauveur aus dem 12. bis 14. Jc
Nedoudillas (jpan., von redondo, d. i. rund)
oder Nedondilien (Runbreime) nannte man
früher eine bei den Spaniern und Portugieſen üb:
liche Bersform, welche aus einer Strophe von vier,
jeltener ſechs⸗, zumeift aber achtfilbigen Berjen be:
ftand, unter denen der erite und vierte, ſowie ber
zweite und dritte, aud) wohl der erjte mit dem vier-
ten und der zweite mit dem dritten reimte. Später
erbielten bieen Namen überhaupt alle ſechs⸗ und
achtſilbigen Berje in der jpan. und portug. Poeſie,
fie mochten volllommene Reime oder nur Ajjonan-
zen haben. [Reiten.
Redopp, Reitgang der hoben Schule, f. unter
Nedouie (jr;., von ital, ridotto, gebildet aus
dem lat. reductus, d. i. zurüdgezogen) heißt in der
Befeſtigungslunſt ein Werk, das auf allen Seiten
von gleihitarker Bruftwehr umgeben jr und nuraus:
fpringende Wintel hat, Gewöhnlich hat die R. vier
bis jechs Seiten. Halbredouten habeneine sront:
linie und zwei Flanken und find in der Kehle ent:
weder offen oder mit einer |hwädern Bruftwehr
' (auch wohl einer Berteidigungspaliifadierung) ver:
| jehen. (S. Feldbefeitigung, Bd. VI, S. 649*.)
Redoute iſt der zunäcit aus Frankreich im
16. Jahrh. nah Deutichland gelommene, jebt in
Frantreich ungebräuhlihe Name für Mummen:
ſchanz, Yarventanz, insbejondere für Mastenball.
Redont: (Pierre Joſeph), Blumenmaler, geb.
' 10, Juli 1759 zu St. Hubert in Belgien, erhielt in
| Flansern, Holland und in Varis feine Ausbildung,
544
lieferte Zeichnungen zu LHeritiers «Stirpes novac»
(Rar. 1784) und reifte mit L'Heritier nad) England,
wo er einen Teil der Abbildungen zum «Sertum
Anglicum» zeichnete und mit Farbendrud fihbeichäf:
tigte. Ferner verfertigte er die Blumendarftellungen
der «Flora Atlantica» von Desfontaincs und gi s
nete die Bilanzen zu den Werlen von De Candolle
und Michaux. Die «Flora borealis Americana »
und die «Histoire des chönes de l'Amérique sep-
tentrionale» find reich an Zeichnungen R.8. Unter
dem Kaiferreih war er Blumenmaler der Kaiferin
Joſephine, auf deren Beranlaffung er fein berühm:
tes Wert «Les ciliacdes» herausgab, in acht großen
Folianten, jeder Band mit 60 Platten (Par. 1803
—16), Yuherdem ſchrieb er «Monographie des
roses» (3 Bde., Bar. 1817—24), «La flore de la
Malmaison», «La flore de Navarre» u. f.w. Man
bat von ihm auch zahlreiche Blumenftüde in Ol:
und Aquarellfarben. R. ftarb als Profeſſor am
naturbiitor. Mufeum zu Paris 20. Juni 1840,
Reb-River (d. h. Noter Fluß), rechtsfeitiger
Nebenfluß des Miſſiſſippi, bat eine Quelle auf dem
ſaharaähnlichen Blateau des Llano Eſtacado oder
Etaled Blains im weitl. Teile von Teras, nahe
der öftl. Grenze von Neumerilo, Nachdem er in
feinem gegen Oſten gerichteten Laufe die Grenze
wifhen dem Indian Territory im Norden und
em Staate Terad im Süden gebildet, geht er in
den Staat Arlanias über, biegt bei Fulton füd:
mwärts nad) dem Staate Louifiana um, durchſtrömt
diefen in vielen Windungen gegen Südoften und
mündet in den Miſſiſſippi. Er iſt 1920 km lang,
davon find 560 km für Dampfboote —*—
Oberhalb Shreveport in Louiſiana war er früher
durch das fog. Great Naft, einen Haufen von Bäu:
men und Treibholz, geiperrt, In neuerer Zeit find
dieſe durchſchnitten worden, ſodaß jekt Schiffe mel;
rere hundert Kilometer weiter fahren können. Die
Hauptnebenflüffe find: North: Fort und Wafhita im
ndian Territory, Little: Kiver in Arkanſas und
lad: River in Zouifiana auf dem linken und Bene
und Big: Widita in Teras auf dem rechten Ufer.
Red⸗Rivser of the North (Nördlicher Noter
Fluß), Fluß in Nordamerifa, entfpringt aus dem
Elbomiee im Staate Minnefota, fließt erft ſüdlich
durch eine lange Reihe von Seen in den Diter:Tail:
fee, dann weitlih, wendet fih dann nad Norden,
ſcheidet Talota von Minnefota, teilt Manitoba in
— ungleiche Teile und mündet in das Südende
es Winnipegiees. Seine Länge beträgt 1200 km,
Unter feinen jehr zahlreichen Rebenflüſſen find die
—— en der Neb:Late:River,, Buffalo,
Sand:Hill und Snake-Hill, lint3 der Cheyenne,
Elm, Gooſe, Pembina und befonders der Aſſini—
boin. Don diefem nördl. Strom hatte die Ader:
bautolonie Red-River den Namen. (S. Manis
toba.) Bol. Butler, «The great lone land, an
account ofthe Red-River expedition 1867— 71»
(7. Aufl., Neuyort 1875).
Redruth, Stadt in der engl. Grafſchaft Corn:
wall, Station der South:Devon und Weit:Corn-
walllinie (Ereter: Benzance) der Great: Weitern:
bahn, zählt (1881) 9335 E. und hat fehr reiche
Kupfer: und Zinnbergwerte.
Redruthit, |. Rupferglans.
Redfcheb ilt der Name des jiebenten Monats
im islamitifchen Mondjahre. In dem vorislamiti:
fchen Kalender der Araber nahm er die dritte Stelle
Ned: River — Rebuit
defien Reiſen und Jehden aufhören mußten. Auch
heute genießt er befonderes u fodaß in ihm
geborene Anaben oft nad) im enannt werben.
Redt., bei naturwiſſenſchaftlichen Namen Ab:
breviatur für Ludwig Redtenbacher, geb. 1814
zu Kirchdorf in Oberöfterreich, geft. 1876 als Direl⸗
| tor des t. f. zoolog. Kabinett in Wien.
Nedtenbacher (at. Ferd.), hervorragender
Mafcineningenieur, geb. 25. Juli 1809 zu Steyer
in Oberöfterreih als Sohn eines dortigen Gijen:
—— ſollte ſchon im 11. Jahre als Kaufmanns:
ehrling eine ihm nicht zuſagende Laufbahn be—
Bam. fepte aber zwei Jahre ſpäter feine Schul:
ildung in Linz fort, wo er 1825 als Zeichner:
gehilfe bei der kaiferl. Baudirektion verwendet
wurde. Hierauf ging er nad Wien, um dort bis
1829 an dem Rolytediniichen Inſtitut und der Uni:
verfität Borlejungen zu hören, In den J. 1829—
33 betleidete er an der eritgenannten Lehranftalt
die Stelle eines Affiftenten im Fache ber Maſchinen—
lehre. In den J. 1834—41 war er Brofefjor der
Mathematit und des geometr. Zeichnens an ber
| höhern Induſtrieſchule in Züri und fand hier in
| der Majchinenbauanftalt von Eſcher⸗Wyß reichen
Stoff für feine Studien über das Mafhinenweien,
| dem er fortan feine Hauptthätigleit widmete. |
7,1841 erhielt er den Ruf als Profefior des Ma:
| Ichinenbaues an der Polytehniihen Schule zu
Karlsruhe, welcher Anftalt er feit 1867 zugleid) als
Direktor vorftand, Er ftarb 16. April 1863,
R. ſchrieb: «Theorie und Bau der Turbinen
und Ventilatoren» (Mannh. 1841; 2. Aufl. 1848),
«Theorie und Bau der Wafjerräder» (Mannh.
1846; 2. Aufl. 1858), «Refultate für den Mafchinen:
bau» (Mannh. 1848; 6. Aufl., herausg. von Gras:
bof, Heidelb. 1875), «Die caloriihe Mafchine»
Mannh. 1852; 2. Aufl. 1853), «Prinzipien der
echanil und des Maichinenbaues» (Mannh. 1852;
2. Aufl. 1859), «Die Geſetze des Lolomotivbaucs »
(Mannh. 1855), «Die Bewegungsmehanisnen»
Wannh. 1857 —61), «Dad Dynamidenfyiten »
Mannh. 1858), «Die anfängliden und gegen:
wärtigen Crwärmungsjuftände der Weltlörper»
Mannh. 1861), «Ter Majchinenbau» (3 Bde.,
annh. 1862-65). _
Reduit (frz., d. i. «ein abgefonderter Ort»), an
fi foviel wie « Zufludptsort», bedeutet in der mi:
litärifchen Sprache eine jelbitändige innere Be:
[eiigungsanio e, mit der Aufgabe, nach Verluſt
er äußern Umfaffung einer Schanze, eines Feſtungs⸗
werl3 oder einer befejtigten Ortlichleit die weitere
Verteidigung zu übernehmen. Bei permanenten
Befeftigungen find die R. in der Regel fteinerne,
bombenficher eingededte, mit Schiepfcarten ver:
ebene und zum Wohnen eingerichtete Gebäude,
och können fie aud in Holz und mit Benupung
von Gifen ausgeführt fein. Da das R., welches,
um Schußfeld zu F im Innern oder in der
Kehle eines Werks frei liegt, dem indirelten Schuſſe
des Feindes ausgeſeßt iſt, nimmt man infolge der
Vervolllommmung dieſer Schußart durch die ges
zogenen Geſchütze in neuerer Zeit von ber Anlage
eigentliher R. in Feltungswerten Abftand und ers
ftrebt den Zweck gefidherter Unterbringung von
Mannfhaften und Borräten durch andere Bauten,
welche der Wirkung jener Schußart entzogen find,
2 eftungsbau.) An ähnlihem Sinn unters
äßt man aud) bei feldwerfen die Anlage von R.,
ein und war ein Felt: und Nubemonat, während welche hier meift die Form von Blodhäujern (f. d.)
Reduktion — Redwitz
tten. In befeftigten Dörfern richtet man wider:
—— ge Gebäude, wie Schlöffer, Kirchen u. ſ. w.,
ala R, ein,
Neduit oder aud Kafematte nennt man bei
dem von den engl. Marine-ingenieur Reed ange:
ebenen af er von Panzerſchiffen den ſich in der
itte der Breitfeiten —* enden, mit ftarten Ban:
zerplatten belegten, zur Gefhüsaufitellung beftimm:
ten Raum. Derartige Schiffe werden Kafematt:
ſchiffe genannt. ,
Reduktion (lat., Zurüdführung) nennt man in
ber Chemie und metallurgijhen Hütten:
tunde die Herftellung des Metalls aus irgend einer
feiner Verbindungen, oder die Überführung eines
Bu Oxyds in ein — So wird das
lei aus der Bleiglätte und Mennige, Verbindun—
gen von Blei mit Sauerftoff, dadurch reduziert,
aß man dieſe mit Kohle glüht, die ſich mit dem
Sauerftoff der Bleioryde zu —— verbindet
und das Blei metalliſch zurüdläßt. Kupfer kann
man aus einer Kupfervitriollöfung reduzieren, in:
dem man Eifen in lektere ftellt, wo fich das Kupfer
mit roter Farbe niederfchlägt, indem es durd) das
Eifen, welches ſich ftatt ag auflöft, aus der
Hlüfjigkeit verdrängt wird. Hauptagentien, welche
reduzierend wirlen, > 3. B. die Glühhike (Gold:
und Silberoryd werden ſchon dur Glühen rebu:
ziert), der galvaniihe Strom (in der Galvano-
technik) zur Meugung ber Rupfernieberfchläge oder
metallifcher Üiberzüge (Berfilbern, Bergolden), das
Lit, befonders das blaue, violette und ultra:
violette (die Photographie beruht zum Teil auf der
redugierenden Wirkung des Lichts), der Wajlerjtoff,
die Kohle (in der Dietallurgie), die Fette u. ſ. w.
Bei Münzen, Maßen, Gewichten und an:
bern mehbaren Größen bezeichnet man mit Re:
dbultion den Ausdrud einer nad einen Maße
gemefjenen Größe in einem andern Maße. So rebu:
siert man Münzen des einen Landes auf Münzen
eines andern, ein ‚gubmab, ein Gewidt en das
andere, Zur Erleichterung diejer im Verkehr fo
häufig vorfommenden Rechnungen bat man Re:
dultionstabellen für Münzen, Maße und Ge:
wichte, für Maße wohl auch Nedultionsmepftäbe,
Redultionszirlel u. f. w.
In der Mathematik ift Reduktion die Ver:
Meinerung in einem beftimmten Verhältniſſe, was
dann aud bildlich übertragen wird, ſodaß man
3. B. vom reduzierten Zinsfuße eines Staatspapiers,
reduzierten Bermögenäverhältniffen u. f. m. fpricht.
Reduktionsventil, foviel wie Dampfdrud:
rebuzier-Ventil,
Neduplifation (lat., —— heißt in
ber Grammatil die vollftändige oder teilweife Wie:
berholung von Silben zum Ausdrud beftimmter
Bedeutungsmobdifitationen und kommt in ben ver:
chiedenſten Sprachſtämmen vor. Die vollftändige
« findet fi häufig zur Bezeichnung der Wieder:
holung einer Handlung (verba iterativa), zum Aus:
drud der Berftärtung bei adiektiviihen Worten,
zum Ausdrud der Mehrzahl bei Subftantiven u. f.w.
in vielen Sprachen, 3. B. in der Kaffernſprache
hamba (gehen), hambahamba (berumlaufen), im
300 einer Regeriprade) ilu (bitter), ilu-ilu (fehr
itter). ji den indogerman. Spraden ift die voll:
frändige Rt. ERS felten, 3. B. im gried).
marmairö, d. i. mar-mar-jö (glänzen) und mar-
maros (Marmor), dagegen beim Berbum ſehr häufig
die teilweife R., fo iſt urfprünglid) dag Perfeltum
Gonverjationd = Lexilon. 19, Hull. XIII.
545
mit folher gebildet, 3. B. griech. le-loipa (id) habe
verlafien), Er pe-pali id ch — 9 —*
lai-Jöt (fpr. le-löt) ich ließ, zu l&tan (lafjen); aber
aud) in andern Berbalformen kommt diefe R. vor,
3. B. gried). di-dö-mi (ic) gebe). Vol. Bott, «Dop:
pelung als eins der wichtigften Vildungsmittel der
Spradye» (Lemgo 1862).
Redut⸗Kaleh, Stadt in — (.d.).
Reduvia (lat.), der Nietnagel. i
Ned Wing, Stadt in Goodhue County im
nordamerit, Staate Minnefota, liegt am See Pe:
pin, einer feeartigen Erweiterung des Miſſiſſippi,
und der Chicago:, Milwaulee⸗ und St-Raul-Cilen,
bahn, Dat (1880) 5876 €., welche Holz: und Getreide:
—5* treiben; bier iſt die 1857 von der biſchöfl.
ethodiftentirche gegründete Hamline-University.
Redwitz (Oskar, Freiherr von), namhafter
deuticher Dichter, aus einem vormals reihsunmit:
telbaren fränt, Gefhledt, geb. 28. Juni 1823 zu
Lichtenau bei Ansbah, kam in frühefter eine von
nach Kaiferslautern und befuchte die Gymnaſien
” peier und Zweibrüden, fowie das franz. Col:
ege zu Weißenburg im Elſaß. In feinem 18. Jahre
bezog R. die Univerfität Münden und widmete fidh
hier und ein Semefter in Erlangen philof, und
jurift. Studien, worauf er, 1846 al3 Rechislandidat
in die Pfalz zurüdgefehrt, ra zwei Jahre hindurch
inabminiftrativer und jurift. Braris auf den Staats:
dienft vorbereitete. Während diefer Zeit vollendete
R. fein erſtes Werk, das romantische Gedicht «Ama:
ranth» (Mainz 1849; 36. Aufl. 1883), welches be-
geifterte Aufnahme und rafche Verbreitung, allein
auch prinzipielle Gegner fand, Nachdem R. 1849
noch das letzte Staatseramen beftanden, gab er die
jurift. Laufbahn auf, widmete fi in Bonn mittel:
godhveutiden und Haffifchen Studien und wurde
im Herbit 1851 ala Profeſſor der allgemeinen Lit:
teraturgefhichte nad) Wien berufen, zog fi aber
Jana 1852 auf das But Schellenberg bei Kaiſers—
autern zurüd, wo er zwei Jahre verlebte, In
diefer Zeit erfhienen «Das Märchen vom Wald:
bädlein und Tannenbaum» a oe 5. Aufl,
1854), «Gedichte» (Mainz 1852; 3. Aufl. 1854) und
die Tragödie «Sieglinde» (Mainz 1854, in drei
Aufl, erichienen). Im Herbft 1854 übernahm N.
feine_bei Kronach gelegenen Rittergüter Schmölz
und Theifenort zu eigener Verwaltung. Hier did):
tete er außer dem Drama «Thomas Morus» (Main;
1856, in 8 Aufl.), die für die Bühne beftimmten
Schaufpiele «Bhilippine Welfer», «Der Zunft:
meifter von Nürnberg» und «Der Doge von Vene:
dig», von denen die beiden erften einen durch:
j —— Erfolg hatten, der ſich, namentlich bei
«Philippine Welferr, bis in die Gegenwart un:
geſchwaͤcht erhalten hat. Bon dem Wahlkreiſe
Kronach wurde N. zweimal in die bayr. Abgeord:
netenfammer ewählt, wo er ſich der liberalen
Partei anſchloß. Anfang der fechziger yahre vers
faufte R. feine Güter bei Kronach und fiedelte nach
Münden über. Den Winter verlebte er wegen
eines afthmatifchen Leidens fpäter meift in Meran.
m J. 1868 erſchien R. erfter Roman „Hermann
tarf, deutiches Leben» (3 Bde. — in 4Aufl.).
Nach vorübergehendem Au enthalt in Aſchaffenburg,
wo er 1870/71 «Das Lied vom neuen Deutſchen
Reich» (gegen 600 Sonette, Berl. 1871; 11, Aufl.
1876) dichtete, ein Werk, das edelſte ——
Begeiſterung in [höner Form ausſpricht, nahm R.
1872 feinen dauernden Wohnfis in feiner Villa
85
546
Scillerhof in Obermais bei Meran. Seine fernern
Werte find das auf einer freien naturpbilof. Welt
anſchauung berubende epiiche Gedicht «Ddilo»
(Stuttg. 1878; 4. Aufl. 1883), «Ein deutſches Haus:
buch» (1. bis 5. Aufl., Stuttg. 1883), ein epiſch⸗
lyriſches Gedicht, das die Freuden und den Segen
des deutſchen Hauſes befingt, und der Roman «Haus
Wartenberg» (Berl. 1884; 5. Aufl. 1885), eine Ber:
berrlihung der NMutterliebe und des eiftigen Adels.
Nee (Lougb-Ree), Binnenſee grins durch
den Shannon gebildet, zwiſchen der rafichaft Ros⸗
common der —— onnaught weſtlich und den
Grafſchaften Longford und Weitmeath der Provinz
Leinſter öftlih, 27 km lang und bis 12 km breit;
in ihn ergießt ſich öftlich der River⸗Inny. j
eed (Edward james), —— ——
geb. 20. Sept. 1830 in Sheerneß, erhielt feine Er:
ziehung in der School of Mathematics and Naval
Architecture in Portsmouth und wurde dann in
dem Dodyard von Sheerneh angeltellt. Später
übernahm er die Nebaction des « Mechanic’'s Ma-
gazine», Sn Anerkennung feiner ausgezeichneten
Kenntniſſe und lebhaften Seilnahme an ber Ent:
widelung des Schiffbauweſens ernannte das In-
stitute of Naval Architects ihn zu feinem Selre:
tür. Im J. 1859 legte er der Admiralität eine
Denlſchrift vor mit Vorſchlägen zur Verringerung
der Ausdehnung, der Koften und ber Bauzeit von
Panzerſchiffen, auf deren Grund er das Jahr dar:
auf zum Oberkonſtrulteur der Flotte ernannt wurde.
Der größte Teil der erjten engl. Tanierhobte wurde
nad jeinen Plänen und unter feiner Leitung ge:
baut. Zur Beit der abeſſin. Erpedition bej affte
er in kürzefter Zeit eine Flotille von Dampftrans:
portſchiffen für die oſtind. Regierung. Zerwürf—
niſſe mit der Admiralität und eine Reihe von Un—
glüdzfällen der engl, Flotte führte 1871 feine Ent:
lafjung herbei. r brei Banzerjciffe der deutſchen
Marine König Wilhelm, Deutichland und Kaiſer,
bat R, ebenfalls die Pläne geliefert, ſowie für eine
aroße Zahl Kriegsſchiffe für andere Nationen, Cr
it der hervorragendite Schiffbau: ingenieur der
Gegenwart. Seit 1874 hat er als liberales Mit:
lied für Bembrofefhire einen Sik im Unterhaufe,
Außer der obenerwähnten Dentichrift erfchienen
von R. bie —— «Shipbuildiug in iron and
steel, & practical treatise» (1868), «Our ironclad
ships, their qualities, performances and cost»
(1869) und «Our naval coast defenses» (1871).
Reede oder Rhede (vom niederſächſ. reden oder
rheden, d. h. bereiten, ausrüften) heißt ein von einer
Biegung des Landes umſchloſſener Ankerplak nahe
der offenen See, in der Nähe eines Hafens oder dem
Ufer. E3 geben —— vor Anler, um einen
günftigen Wind zum Einfegeln oder Beitimmungen
vom Lande aus zu erwarten. Ebenſo werben dajelbit
zu tief liegende Schiffe gelichtet oder nehmen, hier
ausgehend, den Reft ihrer Ladung ein. Cine ges
ſchloſſene R. ift durch das angrenzende Ufer vor den
berrihenden Winden und hohen Seegange_ge:
ihüpt, bei Kriegshäfen auch befeftigt; eine offene
nicht; eine reine hat im Gegenfaß einer faulen einen
jteinfreien Grund, während eine gute R. die Eigen:
ſchaften der geichlofienen und reinen verbindet.
eeder, Rheder (fr}. proprietaire oder arma-
teur, engl. owner, ital,proprietario.del ug newer
nennt man ben Cigentümer eine3 zum Erwer
mitteld Seefahrt beftimmten Schiffs, ingleichen den:
jenigen, ber ein fremdes Schiff zu dem nämlichen
Nee — Need
Zwedausrüftet und verwendet. Allevon ihm inner:
balb dieje3 Gewerbes mit einem Schiffer oder Kapi⸗
tän, der Schiffsmannſchaft, den Pailagieren und
Befrachtern abgejchlofienen Verträge pafien zwar
in die allgemeiniten Umrifje des Miet: und Bers
dingungsvertrags, werben aber al3 Handelsge—
1 te und mit Nüdfiht auf die Bebürfnijle und
ehielfälle des Seeverlehrs in vielen Punkten
nad eigentümlihen Grundfäßen beurteilt. Der
N. haftet fomohl für eigenes Verſchulden als für
das feiner Leute, lontraltlich und außerkontraltlich,
aber in zahlreichen ällen nur mit jeinem Schiffs⸗
vermögen (f. d.), beſonders aus Delilten der Dann:
haft und aus Verträgen, die der Kr
[b des Heimatshafens für ihn abſchließt.
ſich das Schiff im Miteigentum ‚jo be:
ſteht häufig eine Reederei oder Mitreederei
(f.d.). Vgl. Ehrenberg, « Beichräntte Haf de3
Schuldners nad See: und Hanbelörecht» Jena
1880) ; — «Handbuch des Seerechts» (Bd. 1,
a i
ecderei, |. Mitreeberei und Reeder.
wi] nennt man bei Segeln, die ein Schiff bei
abwechſelndem, bald leichterm, bald beftigerm Winde
zu führen genötigt üjt, eine Vorrichtung, ſie der
Stärfe des Windes gemäß zu verkleinern. Diefe
bejtebt darin, dab in gewiſſen Höhen quer durch
das Segel eine Menge dünner Leinen gezogen üt,
die das Segel gewiljermaßen in Etagen teilen. Bei
zunehmendem Winde nun rollt man das Segel bis
zur eriten, zweiten ober dritten Abteilung, d. h.
dem erjten, zweiten oder dritten R. und verkleinert
es durch Bufanmenfääree ber Leinen. Die Arbeit
jelbft ie reefen oder ein R. einjteden, während
man bei abnehmendem Wind in umgetehrter Ord⸗
nung das R. ausjtedt. Um das Reefen zu erleich—
tern, find in neuerer Zeit das u pr und
Dyerſche Syftem eingeführt worden, die ed ermög-
den, chnell und zu jeder Zeit vom Ded aus einen
beliebigen Teil des obern Segeld um die dazu eins
gerichtete Naa (f. d.) zu rollen und erfteres dadurch
zu verlleinern, ohne Mannſchaft hinaufzuſchicken.
Meell (frz.), in der Wirklichkeit eriftierend, wirt:
li vorhanden; redlich, vertrauenswert (j. Real).
Necpfchlägereien nennt man die groben, oft
mit Dampf getriebenen Mertitätten, wo die für die
Seeſchiſſahrt nötigen Taue verjertigt werden. Der
Name ftammt von dem nieberdeutichen Wort Reep
(engl. rope), d. i. Tau, während man das Zus
ammendreben der einzelnen Garne zu Strängen
und diefer zu einem Tau mit dem Ausorud eſchla⸗
en» bezeichnet. Gine Neepfchlägerei unterſcheidet
ae einer Seilerwertjtatt hauptjächlich dadurch,
dab in erfterer geteerter Hanf, in letzterer aber
weißer Hanf oder Flachs verarbeitet wird. ,
Need, Kreisſtadt im preuß. 5—
Düfjeldorf, rechts am Rhein, 22 km eo
Weſel gelegen, mit Mauern und Gräben verjehen,
iſt Sik eines Amtsgerichts, hat eine kath. und eine
evang. Kirche und zählt (1880) 3742 E., die naments
lid) Gerberei, Tabate:, Papiers, Dachziegel⸗, Cholo⸗
lade: und Cichorienfabrilation, jowie Feldbau und
Schiffahrt betreiben. Die Stadt entitand um eine
1040 gegründete Auguftinerabtei, wurde 1598 von
ben Spaniern umter Mendoza, 1614 von den Hols
ländern unter Morik von Oranien, 7. Juni 1672
und 1761 von den Franzoſen erobert und iſt auch
wegen des füböftlich von ihr, bei vem Dorfe Meer
oder Mehr 5. Aug. 1758 erfochtenen Siegs der
Need — Neff .
Alliierten unter Imhof über die Franzofen unter
Ghevert bemerlenswert. — Der Kreis Rees zäblt
(1880) auf 523,3 qkm 63 772 E. und hat zur Kreis⸗
ſtadt Weſel (f. d.). , ,
.. Stabt im preuß. Regierungsbezirk Franl-
furt a. O., Kreis Arnswalde, links an der Ihna
und an der pommerjdhen Grenze, Siß eines Amts⸗
erichts, bat rn 3215 G,, mechan. Weberei,
Färberei und Gerberei.
Refaktie bebeutet im Handel den Abzug, welcher
infolge Beihädigung einer bezogenen Ware bean-
fprucht und vom Gewicht zurüdgerechnet wird. (S.
Fusti.) Am Eiſenbahnfrachtweſen ift R. die Ver:
gütung, welche bei verhältnismäßig ftarfer Be:
nubung des Transportdienftes einer Bahn von ſeiten
eines und desjelben Befrachters diefem für jedes in
Betracht lommende Jahr von der Bahnverwaltung
gewährt wird, Für jeden einzelnen Frachtpoſten iſt
zunädit der volle Tarifpreis zu entridhten, or
dem Jahresſchluß wird aber der Gefamtbetrag na
den ermäßigten Sähen (nad) den Säßen für ganze
MWagenladungen) berechnet und dem Befrachter der
ezahlte — als N. zurũderſtattet. In der
egel ift die Gewährung einer R. nur bei ſolchen
Bahnen üblich, welchen durch andere Bahnen oder
durch eine Waſſerſtraße Konkurrenz gemacht wird,
und es ijt dabei gewoͤhnlich die Einlieferung eines
—— Minimalquantums von Gütern zum
tansport im Laufe des betreffenden Jahres Vor:
ausfegung. Sofern eine R. im Tarıf veröffent:
licht und en verbindlich ift, läßt ſich wenig
gegen bieje Begünftigung des Einlieferers größerer
ransportmengen jagen: fie ift eben der jo viel:
fach anderweit vorfommende Vorteil des ohnehin
durch gröhern Geihäftsumfang bevorzugten Groß:
laufmannd, In beiondern Fällen darf auch wohl
ber einzelne durch nicht öffentlich befannte und
nicht allgemein verbindlihe R. begünftigt werben;
abgeſehen von ſolchen Einzelheiten find N, diefer
Art demoralifierend und durchaus verwerflich; der:
artige heimlihe N, fommen in Deutjchland felten
oder gar nicht vor.
Refektorinm (lat.), der gemeinſchaftliche Speifes
ſaal in den Klöjtern,
Referendar (lat.) heißt derjenige, welcher einem
andern Vorträge zum Behuf der Entideidung zu
Iten (teferieren) hat, In der neuern Geridts:
prache bezeichnet man aber in mehrern Staaten
damit —— im Juftiz: oder auch Verwaltungs⸗
‚Fade, welde zwar nicht wirkliche Mitglieder eines
höhern Kollegiums find, aber verſchiedene Funltio:
nen folder, zugleich als Borbereitungsjtandpuntt
für den Eintritt in das Kollegium, auf ſich haben,
Die Stellung ift nad Maßgabe der verſchiedenen
Gerichtsverfaſſungen verfchieden. Im preuß. Civil:
dienſt war das Referendariat früher die zweite
Bildungsſtufe im Juſtizdienſt, welche von den Aus:
tultatoren nach einer zweiten, vorzüglich auf die
Landesgefehe gerichteten Prüfung erreicht wurde;
allein nad) dem Gejeke vom 6. Mai 1869 find über:
aupt nur noch zwei Prüfungen erforderlich und
chon die Abjolvierung der erſten befähigt zum
Referendariat. Auch in Sachſen und andern
deutjchen Staaten üt feit 1867 die Bezeichnung
N. an die Stelle der früher üblichen Titulaturen
aUftuar», «Mcceffüt» u. ſ. mw. getreten. Der R.
wird zu allen Arbeiten der Mitglieder des Rolle:
puz der Räte unter Aufjicht des Präfidenten ge:
aucht, doch in der Negel ohne Bejoldung und
. 547
ohne Votum, Bom Referendariat führt das per
Eramen zu den Stellen der Aſſeſſoren, Kollegial:
räte und walter an den böbern Gerichten.
Geheime Referendarien pflegen in manden
Staaten die Sefretäre der höchſten Staatsbehörde
———— iht in ber Schweiz das
.) beißt in weiz da3 vers
faffungsmäßige Necht des Volls, über die von den
vorberatenden, refp. gefehgebenden Behörden ent:
worfenen ober exlafienen ehe u. |. m. durch Ab»
hrend in Graubünden
jtimmung zu entſcheiden. Wä t
und den Is Landsgemeinde:Rantonen, in welchen
jedes Gejek an offener Landsgemeinde durd Stim:
—— angenommen verworfen wird,
dieſes Vollsrecht althergebracht iſt, hat es in den
— sense erſt ſeit a a —
e Dun affung von ngang ge R
Das ei * F iſt ein falultatives, d. h. Ge:
ſehe und allgemeinverbindliche Bundesbeſchlüſſe
werden nur dann dem Volle vorgelegt, wenn dies
von 30000 Stimmberechtigten oder von 8 San:
tonen verlangt wird. In den Stantonen heift das
N. obligatoriſch, wenn alle Geſehe und alle Aus:
gaben, welche eine bejtimmte, in ben einzelnen
Kantonen verjhiedene Summe überjteigen, der
Volksabſtimmung unterbreitet werden müflen: fo
in Zürich, Bern Samy. Solothurn, Bajel:Land,
Graubünden, Aargau, hurgau und in den Lands
gemeinde:fantonen Uri, Ob: und Nidwalden, Ola:
rus und Appenzell beider Rhoden. Falultativ heißt
e3, wenn, wie in eigenöffiichen Dingen, Gejebe und
Beihlüffe ohne weiteres in Kraft treten, fofern
nicht binnen einer gemwiflen Zeit von einer be:
ftimmten Zahl von Stimmberedtigten (Veto) oder
von Mitgliedern der gefebgebenden Behörden die
Volksabſtimmung verlangt wird: fo in Luzern, Zug,
Bafel:Stadt, Schaffhauſen, St. Gallen, Teſſin,
Waadt, Neuenburg und Genf, Wallis hat mur ein
partielle3, auf Finanzfragen beſchränktes R, Rein
tepräfentativ:demofratifch ift einzig noch der Kanton
eiburg. In Zürih, Zug, Solothurn, Bafel:
tabt und «Land, Schaffhaufen, Aargau, Thurgan,
Waadt und Neuenburg und ebenjo in den Lands:
gemeinde-Kantonen iſt mit dem R, die Initiative
verbunden, d. b. das Volk hat nicht nur das Necht,
über Gejehesvorlagen zu entiheiden, jondern es
darf auch eine geiehli — Zahl Stimm:
berechtigter von fih aus Geſetprojekte aufitellen,
den Behörden zur Vorberatung und der Gefamtzahl
der Stimmberechtigten zur Entiheidung zumeijen,
Referent (lat.), f. Berichterſtatter.
Neferieren (lat., fi auf etwas beziehen, be=
richten) wird in der Rechtsſprache zunächſt von den
Berichten (Relationen) gebraudt, welde das
dienende Berfonal der Gerichte über die Ausführung
erteilter Aufträge, 3. B. das Austragen von Las
dungen, erjtattet. Bevollmächtigte nehmen zuweilen
bei Bergleihsverhandlungen die —— Vor⸗
ſchläge blos ad referendum, zur Verichterſtattung,
an, wenn fie über die Meinung des abweſenden
Auftraggebers nit hinreihend unterrichtet zu fein
lauben. Unter R. im jurift.-tehniidhen Sinne ver:
eht man aber das Vortragen un tachten
des Inhalts von Alten. (S. Bericht, Bericht:
erftatter.) Die Referierkunit bildete im jchrift-
lihen Verfahren einen wichtigen Teil der pral:
tiſchen Jurisprudenz. Vgl. Martin, «Anleitung
zum R. in R indem (2. Aufl., Heibelb. 1829).
Neff, foviel wie Reef,
35*
548
Reffye, franz. Gefhüstonftrulteur, geb. 30. Juli
1821 zu Straßburg, geſt. im Dez. 1880 ald Gene:
ral, wurde 1864 als Kapitän und OEBORMONBRIINITE
des Kaifers Napoleon III. Direktor der Artillerie:
werlftatt zu Meudon. er entitand bier das
canon & balles, auch Mitrailleufe de Meudon ge:
nannt, und das Canon Neffye, Hinterlaber : Feld:
efhüh, das 1870 während der Belagerung von
Barız in den Dienft geftellt und nad) dem Kriege die
proviforifche Ausrüftun der ren Feldartillerie
bildete, \ .Geſchütz, Kartätf geihns)
Reflektor, eine an Lampen, insbeſondere auch
an eleltriſchen Lampen angebradte Borridhtung,
um die Lichtitrahlen zurüdzumerfen. j
Reflexbewegungen heißen in der Phyſiologie
foldye Bewegungen, welche durch die Erregung von
Empfindungsnerven ohne Zuthun des Willens,
unter Umftänden felbft ohne Bewußtfein von dem
Vorgange, hervorgebracht werben, Sie entitehen
0, daß auf die Reizung eines Empfindungsnerven
urch Vermittelung gewiffer Stellen des nervöjen
Gentralorgans (Gehirn, Rüdenmarl), die man
deshalb Reflercentren nennt, ein Vewegun 3:
nero in Thätigfeit geſeht und eine bejtimmte Bes
eh wird, Belannte Beiſpiele diefer
Art find das Niefen nad) dem Kitzeln der Nafe, das
uften nach Reizung der Kehltopfidleimhaut, das
ienenfpiel bei Gemütgeindrüden, das Zuden der
Beine beim Kiheln der Fußſohle u. ſ. w. Es gibt
eine große Anzahl von R., die weniger bekannt
ind. So verengt ſich die Pupille, wenn Licht in
as Auge fällt, und erweitert ſich bei Beſchattung
des Auges; fo übt weiterhin ein Hautreiz einen be:
fchleunigenden oder hemmenden Einfluß Pe die
——— aus. Dahin konnen auch noch ſolche
ewegungen gerechnet werden, die infolge von
ſychiſchen Eindrüden entſtehen, wie das Herz—
lopfen bei großer Aufregung, die lebhaftern Darm:
bewegungen (Stublentleerung) bei großer Angit
u. —* Auch Drüfenabfonderungen werden auf
refleltorifchem Wege auögelöft, wie dad Thränen
be3 Auges bei äußern Reizungen, die Speichel:
fetretion bei Reizungen der Mundichleimhaut bes
BR reflettorifhe Abjonderungen).
Ale R. sen dag Cigentümlihe, daß fie aud)
nad) der Aufhebung des Bervuhtieind zu Stande
tommen (im Schlafe, in der Chloroformnartofe).
Die Intenfität der R. hängt teils von der Inten—
ität des einwirkenden Neizes, teild3 von der Ne:
lererregbarteit ab, d. h. von dem Grade der
Rei — Sa einzelnen Reflercentren, welche
na Iter, Zemperament, individuellen Gigen:
kin und nad) dem Einfluß einer un —D8
wirkender Subſtanzen verſchieden iſt. Die R
thätigfeit iſt nicht bloß erregend, ſondern fie lann
auch lähmend fein, d. h. der durch Reflex erregte
Bewegungsnerv bringt durd feine Thätigkeit einen
unter gewöhnlichen Verhältniffen bejtehenden Zus
ftand mehr oder minder zum Verſchwinden (jog.
Neflerbemmung). Dahin gehört die Lähmung
des Herzens und der Atembewegung durd) äußere
oder phyfiihe Reize, das Erblafien des Angeſichts
bei IM tigem Schmerz u. dgl, Unter krankhaften
Einflüffen kann die ran geſchwächt oder
gefteigert fein. So entitehen bei gewiſſen Rüden:
markskranlheiten, bei der Vergiftung mit Strych—
nin auf die leichtefte Berührung die heitig ten
Krämpfe, während unter andern Zuftänden aud)
ein ftarker Reiz keine Bewegung hervorruft, Um
Nefiye — Reformation
bie Lehre von den Neflervorgängen machten fidh be:
fonders Marfhal Hall — Müller, *3*
Sa Setihenow und Golk verdient.
) eftez einungen, in der Srhufiologie alle
diejenigen Erſcheinungen, welde inner des
lebenden Körpers ohne Zuthun des Willens und
des Bewußtjeins durch einen fog. Refler, d. 6,
durch die Übertragung ber Erregung eines Ns
dungänerven auf einen Bewegungs: oder en:
nerven entftehen. Man unterjcheibet refleftoriiche
Abfonderungen und refleltoriſche Mustelerregun:
gen. (S. Neflerbewegungen.)
Reflexion (von reflectere, d. i. zurüdbeugen)
bezeichnet in der Phyſil die Zurü ng ber
Wellenbewegung des Waflers, des Schals, des
Lichts und der ſtrahlenden Wärme von einer oh
geeigneten Fläche. Dieſe Zurüdwerfung geſchi
nad) dem Geſehze, daß ein Li —* .B. von einer
f —“ Ebene unter demſelben Winlel zurüdge
worjen wird (Zurüdwerfungs; oder Reflerions:
wintel), unter dem er einfällt (Ginfallawintel),
und daß der einfallende und zurüdgemorfene Strahl
in einer Ebene liegen, die auf der pi Ebene
fentrecht fteht. Die Einfalld» un en
ebene fallen alfozufammen. UmbdieR.von n
Ka igen Körpern zu — betrachtet man die⸗
elben als Polyeder, welche von unendlich vielen
Heinen Ebenen begrenzt find,
In geiftigem Sinne ne R. bildlich die
urüdbeugung des Geiftes in fich felbft als eine
urüdziehung auf die nad) innen gewendeten 7
tigfeiten einer Berlnüpfung, Bergleihung und
arbeitung der Empfindungen und ei
“ Gedanken und Erfenntniffen, im Gegenfab zu
en nad) aufen gewendeten hätigfeiten des Em:
pfindens und Anfhauens, vermöge deren wir Ein
drüde von außen empfangen.
Reflexionsebene und Reflexionswinkel, |.
unter Reflerion,
Neflegionskreis oder Spiegellreis, ein wie
ber Sertant (f. d.) eingerichteter Vollkreis, der
Lande und zur See bei den Winkelmeſſungen
Höhen: und Diftanzbeitimmungen dient.
eflegivpronomen, rüdbezügliches Fürwort;
ein Fürwort, welches fid) auf das Subjelt des
Sapes zurüdbegie t, 3. B. er ärgert ſich.
Rejlexfrämpfe, krampfartige unwilllürliche
lee gar der Musteln (Zudungen oder
tarrfrämpfe), welde nad der eines
Empfindungsnerven durd die im irn oder
Nüdenmark ftattfindende Überſtrahlung diefer Rei:
zung auf beftimmte Bewegungsnerven veranlaft
werden, Am ausgefprodenften finden ſich R. bei
er: | manden ſchweren atuten Rüdenmarlstranthe
bei der Strychninvergiftung u.a. (S. Krampf.
Reflexlähmung, ſ. unter Lä Wine
Reform (lat.), — mgeſtaltung be
ſtehender Einrichtungen mit Abſtellung der
zeigenden Übelſtände. Reformer (engl,
mers), im allgemeinen Bezeihnung für alle die,
welche auf dem Wege der R. bejtimmte Gebiete der
Gefehgebung fortzubilden fuchen (wie in Deutid-
land die «Steuer: und Wirt — 18
Ugrarier], in England die Neformer auf
Gebiete der Üahtgefehgebung)! [laner,
Reformati, Ordensbrüder, ſ. unter Franzis
Reformatio in pejus, f. Redtsmittel.
Reformation (lat.) heißt die gegen das
tum und die mittelalterliche Kirche gerichtete
Reformation
Bewegung des 16. Jahrh., die von Deutfchland
ausgegangen ift und, nachdem ſie anfangs ben
röbten Teil von Europa ergriffen nt wenig:
ens im gerrian. Norden eine wefentlihe Neu:
eftaltung des Kirchenweſens herbeiführte, Der
Hhiderftand gegen die äußere Macht der päpſtl.
een reicht tief ins Mittelalter zurüd; er war
o alt wie die hierarchiſchen Anſprüche Noms. Die
unbefhräntte Gewalt, welche die Päpfte ala Gottes
Statthalter über alle hriftl. Fürften und Völker
beanſpruchten; die binterlifti ak mit der fie
alle polit. Händel im Intereſſe ihrer Machterweites
rung ausbeuteten; die ausſchließliche Jurisdiltion,
welche fie ſich über alle Perfonen und Güter der
Geiftlichkeit in allen Ländern beilegten; die endloſen
Abgaben, welde die Bäple in allen Ländern er:
boben und immerfort mebrten; der Stolz, Hochmut
und fibermut der Geijtlihen und Mönche, verbun:
den zum Teil mit großer Unmwifienbeit; die Aus:
ſchweifungen, zu denen fie ber Zwang des Cölibats
verleitete: bilde Gebrechen waren in verſchiedenen
Berioden ber frühern Geſchichte Gegenſtand des
Angriffs gewefen. Seit der Wegführung der Päpſte
nad Avignon und dem großen Schiäma der Kirche
* ſich der Verfall mit außerordentlicher Raſch—
it ausgebreitet und drohte alle lirchliche Ordnung
und Sitte aufzulöſen. Dieſe Mißſtände riefen die
Konzilien zu Anfang des 15. Jahrh. hervor, iu
Pija, Konftanz und Bafel, bie ſich außer der Ab:
jtellung des Schismas auch bie hai der Kirche
«an Haupt und Öliedern» zur Aufgabe gefept hatten.
Diefe Neformverfuche, aus dem © Gobe des Klexus
——— ſollten die Kirchenautorität
nicht beſchrãnlen, vielmehr nur fie vom Papſt auf
die Konzilien übertragen. Sie gingen über bie
äußere erfoffung und Disciplin nicht hinaus und
berübrten weder das lirchliche Dogma nod) das
Prinzip der ganzen Kirdenautorität. Es gelang
ben IH ften, auch die ſchon —— nuge:
fagten Reformen größtenteil3 wieder zu vereiteln.
gu Deutichland lieh das gefcheiterte Werk der lirch⸗
ichen Reform einen tiefen Stachel in den Gemütern
zurüd, und die Beichwerben der beutichen Kirche
gegenüber den röm, libergriffen und Mißbräuchen
waren ein Thema, da3 unvergeffen blieb und jeit
Ende bes 15. Jahrh. auch auf den Reichstagen mit
neuer Lebbaftigfeit angeregt ward. Indeſſen be:
reitete fich eine allgemeine Umgeftaltung des ganzen
mittelalterlihen Lebens vor, Es bildete fi eine
neue —— — an die Stelle des alten
Lehnsweſens trat die Erſtarkung des Landesfürjten:
tums, deſſen polit, Interefien oft mit den päpftl.
Anfprüchen in Widerjtreit lamen; der Verfall des
Nittertums, das Emporlommen der Zünfte in den
Städten und die dumpfe Gärung im Bauernftande
bedrohten die Grundlagen ber bisherigen fozialen
Ordnung. Bugleich erichütterte die MWiederherftel:
lung der Wiſſenſchaften, durch die eben erfundene
Buchdruderlunſt mächtig gefördert, das monchiſche
und lirchliche Monopol mittelalterlicher ——
In dieſe Gärung fiel der Streit über den Ablaß,
ben ber ? —— Martin Luther begann.
Zu den kirchlichen Buben, welche für den Empfan
der Abjolution aufgelegt wurden, gehörten au
Geldjtrafen ae fromme Zmwede, die man nad) der
Größe der Vergehungen bemaß. Dieſes eh das
Ablapmweien einträglih und wurbe für die Päpfte
Veranlaſſung, es als Finanzſpelulation zu ver:
werten. Der pradtliebende und verſchwenderiſche
549
EAN Leo X, batte, um feinen Gelbnöten *
elfen, 1514—16 in den nordiſchen een Ablaß
verlündigen laſſen, deſſen Ertrag angeblich zu einem
Kriege gegen die Türken und zur Erbauung ber
Peterslitche in Rom beftimmt war, Diefer Ablaß
wurde 1517 auch im Erzbistum Magdeburg durch den
in ſolchem Geſchäft erfahrenen Dominilanermönd
obann zul ausgeboten, der mit den Ablafzetteln
einen förmlichen Handel trieb, Da geſchah e3, daß
einige Bürger zu Wittenberg, als fie bei Luther zur
Beihte lamen, die von Luther ihnen auferlegte
Buße nicht leiften wollten, indem fie von Tegel er:
faufte Ablaßzettel vorzeigten. Dies war der nächſte
Anlaß zu den berühmten 95 Streitfägen (Theſen)
über Buße und Ablaß, welche Luther 31. Oft. 1517
an die Ihre der Schloßlirche zu Wittenberg an:
ſchlagen ließ mit dem Erbieten, biefelben gegen
jedermann in öffentlicher Disputation zu verteidi:
gen. Die Streitfäge waren gegen Tezel gerichtet,
und Luther behauptete darin, daß ber Papft nicht
bie Strafen ber Sünden in der Ewigkeit vergeben,
fondern nur die nach den Kirchengeleken für Sün:
den auferlegten Büßungen (die fanonifchen Strafen)
erlaſſen könne; daß aber die Bergebung der Sünde
bei Gott und ber Erlaß ber ewigen Fa von bem
Bußfertigen nicht durch Bußwerle, ſondern durch
den Glauben an die durch Chriſti Tod Gott geleiſtete
—— werde. Dabei — Luther
am Schluſſe die Frage auf, warum doch der Papſt,
wenn er die Macht Das, von der ewigen Pein zu
befreien, dieſe —* that nicht allen Glaͤubigen und
umſonſt zuteil werden laſſe, wie dieſes die Pflicht
der hrijtl, Liebe unſtreitig von ihm fordere, Mit
biefem Angriff warb nicht nur die geltende Praris
des röm. at —— ſondern auch von
Luther, der ſich an der Heiligen Schrift und an
Auguftins ftrenger Lehre gebildet, der ganze Gegen:
ſatz angebeutet, in dem ſich eine ernite und tiefe
Frömmigkeit zu dem ganzen veräußerlichten Kirchen:
weſen befinden mußte, Die Art, wie Nom den
fühnen Mönd zum Schweigen zu bringen fuchte,
fhürte nur das Feuer, Der Federkrieg, den Tezel,
Ed und Sylvefter de Prierias gegen Luther führten,
beftärfte diefen nur in feinem Gegenſatze gegen das
firhlihe Sahungsweſen, und ebenſo erfo P 08 war
die bochfahrende Art, niit welcher Kardinal Cajetan
(1518) Luther zur Rube — bringen verſuchte. Der
durch Miltiß vermittelie Waffenſtillſtand ward bald
durch die Kampfesungeduld der Gegner gebrochen,
und nun hielt ſich auch Luther nicht für gebunden.
Die Disputation von Leipzig (Juni 1519) brachte
den Gegenfaß auf feinen ſ * usdrud:
Luther ſah ſich gebrängt, die Konfequenzen feiner
Säpe zu ziehen, die Autorität des Papftes und der
Konzilien und damit das ganze Prinzip der Slirdhen-
autorität, auf dem ber röm. Katholizismus berubte,
u verwerfen, Als alleinige Autorität galt ihr
Faden nur bie Heilige Schrift. Hiermit hatte die
N. * —— erhalten. Schon hatten ſich in
der Schweiz die —* Ta einer verwandten
Bewegung kundgethan (f, Reformierte Kirde),
und bald wurden aud die benachbarten Länder
mächtig davon ergriffen.
Luther, feit er fih des Gegenſahes zur röm.
Kirchenautorität völlig bewußt geworden, begann
den Kampf gegen fie mit aller Nacht und Leiden:
ſchaft. Er ſchrieb 1520 die berühmten Schriften
«Un den hriftl. Adel deutfcher Nation» und «Bon
der babylon, Gefängnis der Kirche». In der erjtern
550
[eek er bie — und die Reichsſtaͤnde auf,
(bft Hand anzulegen an eine durchgreifende «Befle:
rung des geiftlihen Standes»; in der zweiten if
er bie wäp l. Gewalt felbft und die das Evangelium
verduntelnden Sahungen der Kirche mit den ſchärf⸗
— Waffen an. Er verwarf die Gewalt des Papſtes,
ie Verehrung der Engel, der Heiligen und ihrer
Reliquien, die Lehre von den fieben Salramenten,
die —— des Kelches an die Laien im
Abendmahle und die —— der Prieſter. Des⸗
—— betämpfte er die fündentilgende Kraft aller
ubwerle, wie des Faſtens, der Ehelofigleit, des
Mönchslebens und der Kloftergelühde, das priefter:
liche Mehopfer, die Seelenmeſſen, das Fegfeuer,
die Lehte Ölung u. ſ. w. Bergebens bot Rom nun
kin legten Waifen gegen ihn auf. Luther zur Seite
and dieneue humaniſtiſche Bildung, durch Melauch⸗
tbon, Hutten u. f. w. vertreten, und der wieder:
erwachte Unmille der deutihen Nation gegen die |
röm. Kirchenpolitit und Finanzlunft, Die röm. |
Bannbulle gab Luther mur Gelegenheit, die Dbn- '
macht diefer Waffe gen. Der neue Kaijer ;
= ge * otiven gung here
a ie eformator au i g
—9— Worms. Dort ſtand Luther 22. April 1521,
fid) vor Kaiſer und Reich zu verantworten. Er ver:
weigerte ſtandhaft den Wi und ließ die Reiche:
acht über fich ergehen. Die päpftl. Bulle verhalite
in Deutjhland ohne Wirkung. Gegen die erſten
Folgen der Reichsacht aber wurde Luther durd) ben
Ku en Friedrich den Weifen von Sachſen ge:
fhüpt, indem * dieſer nach der Wartburg bringen
ließ. Bald verließ Luther jedoch dieſe Freiſtatt, um
in Wittenberg das Wert der Reform fortzuſetzen.
Schon 1523 gab er eine neue Drdnung deö Gottes⸗
dienftes heraus, welche bald in vielen Orten einge:
[ee wurde. Er trat 1524 aus dem Klofter, legte
ie Monchskutte ab und lieh die für das Schulmejen
fo wichtig gewordene Schrift ergehen: «An bie
Natsherren aller Städte Deutſchlands, dab fie
chriſtl. Schulen aufrichten und halten follen.»
%. 1525 ordinierte er zum erftenmal einen Geift:
lihen, Rorarius, womit er die Unabhängigfeit der
Weihe der neuen Geiftlihen von der Ordination
durch die kath. Biſchöfe begründete. Ein zweiter
wichtiger Schritt Luthers war, dab er es wagte, in
demjelben Jahre zu heiraten, wodurch er die Feſſeln
des Prieftercölibats in der neuen Kirche für Immer
brach. In demjelben Jahre ſtarb Nurfürft Friedrich.
Ihm folgte fein Bruder Johann, der ſich offen für
die R. erllärte. Auf Luthers Aufforderung, ſich
de3 Kirchenregiments anzunehmen, lieh Kur:
fürft Johann 1527—29 eine allgemeine Kirchen:
vifitation halten und das Kirchenwejen nad) den
Grundfägen der R. einrichten. In ähnlicher Art
ſchritt die R. auch in Heſſen, Braunfchweig, Lüne:
burg, — Anhalt, ſowie in vielen Rei
ftädten vor. Noch aber fehlte ihr ein öffentli
Ausdrud ihrer Orundfähe, den alle Reichsſtände,
welde die N. —— atten, anerkannt
hätten. Sie belam ihn 1530 durch die von Melanch⸗
thon aufgefebte, von Luther gebilligte ——
Konfeſſion (f. d.), welche die prot. Stände als ihr
und ihrer Geiftlihen und Untertbanen Glaubens:
befenntnis unterfchrieben und dem Kaijer auf dem
Reichstage in Augsburg feierlich übergaben. Die
Konfeffion wurde fpäter von allen Reichsſtänden,
welche fich der deutſchen R. anfchlofien, angenommen
und feitgehalten, daher auch die der R, anhängen:
| walt bi nten brauchte; allein
neue Kerftrt mi Sad * —
en
u
m | langions, ber in de
Reformation
den Stände in den Reichsverhandlungen num als
ader Augsburgif —— » be
zeichnet wurden. Auch im Auslande, wo die R. Ein:
g fand, wie in Preußen, Kurland, Livland, Fin
d, Schweden, Norwegen und Dänemark,
rn ger Konfeilion angenommen.
Ein ferneres wichtige® Moment für die R. wurde
thers überſ der Bibel die
Sprache. Die deu Bibel erihien v
1534 zum erften mal gebrudt. Näcit
Bibelüberfegung hat namentlich das
Er aufs —— =
rechtliche Stellung der deutſchen R.
über den
eine unfichere.
. die tab. Stände traten
an
die
Lu
bängenben — © hmallatben im de
enden
Ser hobündnis, an — ———
Sachſen und der Kurfürſt von R F
fanmen, um ſich gegen jeden
griff der Religion wegen zu fi
hüken. Diefer Bund
unterlag war, als der Hailer 1546 und 1547 Ge:
88
u Sachſen,
er wieder, unb unter feinem
t 25. Sept. 1555 auf dem
ae rg der Rel ede (f. d.)
a Acc Hau Fr on
n
BERLIN 2
en m ”
die Surisbittion der tat. Biſchöfe Br re
ie Sonn mir ua.
w e unter den
R. ſelbſt heftiger Zwieſpalt erhoben.
—— waren ſchon früher über bie
une — — * —2
nd ein noch heftigerer Streit
uther& und be
m
und
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r Leh
vom freien Willen
wirtung bei der Beleh den echten
Lutheriſchen Theorie verlajjen zu
wurde. Diefe Streitigleiten zu
die Fürften die fog. —
— —
nderten Augsburgi on
Apologie, den beiden Katechismen Luthers
den von uber für den Hlonvent
aufgejegten Artileln ala Symbolifihe
und führten den Religiongeid ein,
Geiſtliche eidlich ichtete, den ©
Büchern gemäß —— Die innere Entwidelung
des reformatori rinzips wurde ge:
gun und bie Sn jene Selen eah,
Dreibigiährige drohte die
ganze
tung des religiöjen Lebens ber Gewalt
Waffen zu überantworten. Doch ftellten die
dingungen des Weſtfäliſchen en (1648)
rechtliche Exiſtenz des neuen Be & feft.
zwiichen erwuchs aber aus dem
Geiſte eine neue — nn Lebens in
Deutichland, aus welcher die nati Kultur des
18. Jahrh. und eine kräftige Berjüngung des prof.
Weſens hervorging,
Daß die alten
ten
igen Gegenfähe audh in dem
N — die
Buchitabengläubigen und die | ung fi
Y
*
FE:
a
Br
neuen Kirchen nicht ru
Neformation
nad) wie vor belämpften,, lag an der gefchichtlichen
Entmwidelung jelbft, welche die RN, von Anfang an
genommen, (S. Broteftanten und Broteftan:
tismus,) Bei dem Beitreben Luthers, ſich mög:
lichſt an das alte, gefchichtliche Kirchentum anzu:
fließen, war es unvermeiblih, nicht nur, daß
mandje tiberlieferung blieb, die den allgemeinen
teformatorifchen Prinzipien widerſprach, fondern
auch, dab das prot. Bemußtfein felbjt vielfach in
feinem innerften Wefen unangemefiene Formen ge:
Heidet wurde. Diefe Widerfprücde — löfen, war
bie ftarre, dogmatiſche Darm, welche die R. im
zweiten Theil des 16. Jahrh. angenommen, wenig
ge Die äußere Geſchichte der Anfänge ber
ferner brachte es mit ſich, daß fie bei der fürftl.
Gewalt Schuß und Unterftügung fand, wodurd
aber auch bie freie Ausbildung der firchlichen Ber:
failung gehemmt und dem Einfluß der weltlichen
Autorität eine Stellung errungen wurde, die viel:
ach ungünftig auf die Entwidelung ber beutfchen
‚gewirkt hat. Die Vorwürfe, welche man von
fath. Seite der NR. gemadt bat, find fehr ver:
ſchiedenartig. Einer der häufigften ift, daß bie R.
nur verneine und nichts Vofitives aufitelle, Schon
die Augsburgiiche Konfeffion fpricht indefien da:
gegen; nod) mehr die geiftige und fittliche Erwedung,
die im 16. Jahrh. von der R. ausgegangen ift, und
deren Wirkungen auf die Negeneration der kath.
Kirche felbft von großer Bebeutung geweſen find,
Ein anderer Vorwurf ift der, daß die Einheit ber
Kirche und Chriftenheit jeit dem 16. Jahrh. zerriſſen
worden, Man darf aber biergegen einwenden, daß
diefe Einheit ſchon vorher durch den Zwiefpalt der
röm. und griech. Kirche, ja daß fie aud) innerhalb
der röm. Kirche felbit im ftrengiten Sinne nie vor:
banden geweſen, wie bie reg die Kleber:
gerihte, die Inquifition u. f. w. beweiſen. Cine
alte und immer wieder von neuem gehörte Anklage
wirft ferner der R. vor, fie habe, als eine Erhebung
egen bie legitime Autorität des Papſtes, über:
haupt die Autorität erjchüttert und den Geiſt polit.
tevolution gewedt. Abgefehen davon, daß zu zeiten
vom Papfttum gegen bie weltliche Gewalt revolu:
tionäre Dinge behauptet und gethan, daß fehr revo-
Iutionäre Säbe zuerit von Ye uiten, wie Lainez und
Bellarmin, aufgeltellt wurden, fo zeugt auch jener
Vorwurf überhaupt von einer groben Verkennung
gerade der deutichen R. gegen weldye man vielfach
den entgegengejehten Borwurf erhob: die Entitehung
der beutichen R. im frühen Bunde mit den fürftl.
Gewalten, die Einführung des landesherrlichen
irchenregiments, ber aller weltlihen Einmiſchung
abbolde Geijt der Reformation jelbit, ihre in dem
gefährlichſten Momente (1525) ſchroff undgegebene
Abneigung gegen bie polit. Revolution feien viel:
mehr die Urfadhe geweſen, daß fich die fürftliche
Autorität ungemein befeitigt habe. An ſich ſchon
war durch die Abjchüttelung der päpftlichen Auto:
zität, die Wegräumung der hierarhiichen Macht,
bie Erwerbung der Güter und Rechte, die bisher der
Kirche —— ‚die monarchiſche Gewalt aufer:
ordentlich begünitigt.
Eine weitere Klage, in bie auch mande Pro:
teſtanten einftimmen, ift: die R. babe Deutichland
in zwei Teile zerrifien und die Einheit der Nation
fei damit auf immer unmöglich gemadt. Es iſt
aber dabei vor allem zu erinnern, wie diefe Einheit
beim Beginn der R. ſchon nicht mehr beitand. Die
Abnigsmacht war jeit Jahrhunderten in Auflöfung
551
und durch die päpftl. und Kirchliche Gewalt ebenfo
fehr befhräntt worden wie durch die fürftliche. Ein
großer Teil bes deutfchen Bodens war von Nom
abhängiges und beeinflußtes Kirchengut. Bier Erz⸗
bistümer, eine * Anzahl Bistümer, Stifter
und Abteien bildeten einen eitfißen Stant für
ich, deſſen Beftehen auf die Dauer die geiftige wie
ie polit. Entwi lung Nation hemmen mußte,
ZeM. Yurisdiktion durchkreuzte überall die des
aiſers. Kurz, Deutihland ftand unter ber Herr:
(daft und Ausbeutung Roms, wie die Reichsftände
jelbft auf den NReichötagen bes 15. und 16. Jahrh.
laut genug —* haben. Die R. Ku vielm
— eich die polit. Wiebergeburt und Gini:
ng tion bringen zu follen. Indem jedoch
om dur Konzeffionen Öfterreih und Baiern von
ber bi3 1524 ganz einmütig von der ganzen Nation
erfaßten Bewegung trennte, war bie Spaltung da,
und aud die religiöfe Angelegenheit, wie alles
andere in Deutichland, ward fo auf den parti:
tulärer Entwidelung gebrängt. Selbft naher nod)
ätte die R. friedlich die ganze Nation erobert, ohne
ie furdtbaren und gewaltſamen Gegenmittel, bie
feit dem Ende des 16. Sehr, namen in Öfter:
rei, Baiern und den geiftlichen —— im
Bunde mit dem Nuslande zuräußern Unterbrüädung
ber reformatorijchen Lehre angewandt worden find.
Anbererfeit3 aber wird bei jener Anklage häufig
ganz überfehen, wie durch die R. und zum Zeil
tlich durch ver und die Bibelüberjegung
e Einheit der Spradhe und Bildung des
geſamten Deutfchland vorbereitet worden ift, bie
vorher nie fo vorhanden war. Unfere ganze Ratio:
nalfultur, wie fie fi im 18, Jahb. ausgebildet
bat, ift daraus hervorgegangen. Aber nicht nur die
kü tige Kultur ging davon aus, fondern auch die
1
eine geifti
ttlid)e Erwedung, die bis ind Innerfte unjers
ollslebens eingedrungen ift und auf die alte Kirche
a er
‚ Die Selbftändigleit endlich der gefamten bürger:
lichen Gefellihaft in Europa ift wejentlih an die
R. — Vorher ſchrieb Rom vor, wer und
was im Staate geduldet werben ſollte, was nicht.
Das Glauben und Denlen, das Reden und Schrei:
ben nicht allein, fondern auch Arbeit, Lebensweiſe,
Nahrung war von der röm. Kirche bejtimmt. Die
Priefter und Mönche waren ber bürgerlihen Ge:
richtsbarleit entzogen; die © —**9 über die
Ehe lag in den Händen der Kirche. Die Scharen
der Möndje und Nonnen und ihre trägen, reichen
Klöfter u dem bürgerlichen Leben eine Fülle
nationalen Reichtums und Eoftbarer Arbeitölraft.
Die R. befreite da3 Leben von diefem Bann, gab
die gebundenen Kräfte der Geſellſchaft zurüd, führte
die Geiftlihen wieder auf die Grundfäße ihres
natürlichen Berufs zurüd, hob den ——— Unter⸗
richt und die Schule, erfe ütterte eine Menge von
überlieferungen, welche bloß durch Trägheit und
Aberglauben * waren, löſte die Wiſſenſchaft
von den zeit n priefterlicher Autorität und machte
es möglich, die Glaubensgerichte und Keberverfol:
ungen ae u überwinden. Daß die ſelb⸗
Rändige wiſſenſchaftliche Forſchung nun erft begann,
und eine Reihe von Disciplinen, wie die Geſchichts⸗
forſchung, die Naturwiſſenſchaften, die Philoſophie,
nun erft, nachdem fie von der prieſterlichen Kontrolle
befreit waren, zu freier BE elangen konn⸗
ten, lag in der Natur der Sache. Höher aber als
alles die war der innere fittlihe Lebensprozeß
552
anzujche agen, ben die Völker durchmachten, welche
von der N. ergriffen worden find,
Vol, außer den ältern Hauptwerlen von Steida:
nus Ark vum |: d.): Woltmann, «Ge:
fchichte der R, in Deutichland» (3 Bde., Altona
1817); Darheinete «ef —— er deutſchen R.»
hier ; 2. Aufl, 4 „Berl. 1831—34);
— idiae des a Proteftantismus»
(2 Bde,, 2p5.1844—46) ;Rante, «Deutfche Gefhichte
im Beitalter der R.» (5. Aufl,, 6 Bde. Lpz. 1873—
74); Hagen, «Deutichlands litterarifche und relis
niöfeNer ältniſſe U ————————
Erlangen 184144; Hagenbach, e Vorleſungen über
die Kirchengeſchichte von der älteſten Zeit bis zum
19. abrh.» (Bd. 3: «Gedichte der in Er
in Deutihland und der Schweiz»
1870); Kabnis, «Die deutfche R.» Are E * 1
Maurenbreder, «Studien zur Geſchichte der R.»
(Lp3. u: „dizfebe, «Geſchichte der katholischen
RN.» (Nördl, m ultramontanen Deite, an
—— ge batbeitandes: Yanfien,
599 des deutſchen Volls Ti dem Ausgang —8
ittelalterö» (8. Aufl, Freiburg i. B. 1883 fg.).
Neformationsfeit, Feſt in der prot. Es,
pr Gedächtnis des Anſchlagens der 95 Theſen an
ie Schloßfirde zu Wittenberg 31. Oft. 1517 ge:
feiert; —* in manchen Ländern als ſolches Feſt am
. 31. Oft., in andern am Sonntag darau begangen.
welde irgend eine Reform beabfi Hot; befonders
Neformbill, in England üb at, eine Bill,
aber die eine Neformierung des aments be:
treffenden von 1830 und 1867, (9. unter Groß: | Zu
britannien.)
Neformierte Kirche wird im Dee zur
luth. Kirche diejenige prot. Kirchengemeinſ alt de
nannt, welde von Zwingli und Calvin —*
det wurde, Dasjelbe Verlangen nad) einer 9 for:
mation der Kirche, das im 16. Jahrh. in Deutich:
land erwacht war und durch Luther befriedigt wurde,
zeigte fich auch in der Schweiz, in den Niederlanden,
in England und Frankreich. Kae den Schweizern
traten beionders Ulrich Bwingli und Johann Ölo:
lampabius als Führer der teformatoriichen Be:
wegung auf, Als 1518 ber Sranzisfanermönd
Bernh. Samſon in gleicher Art wie Tezel den Ab:
laß in der Schweiz predigte und 1519 en Zürich
tam, eiferte Zwingli jo —— eo gegen den Un:
fuo "dab Samfon von dem Nate in ag gar nicht
n die Stabt gelaſſen wurde. bit der Biichof
vor Konftanz, Hugo von re und befien
Vilar, Job: ‚aber, genehmigten feine Predigten
gegen den Ablaßkram, traten ihm aber heftig ent:
gegen, als er zu weitern Reformen vorfchritt, Ber:
ge eng bemühte ſich ein päpftl, Nuntius, diefe zu
unterdrüden, vergebens ſprachen warnend und
drohend aud bie Eidgenoſſen dagegen. Feſt ent:
ſchloſſen und durch den züricher Hat gefchükt, ver:
folgte Zwingli den eingeichlagenen Weg und stellte
rafcher als Luther die Mißbräuche im Gottesdienite
ab. ert erhoben fich jedoch die Anhänger der alten
Kirche um fo entichiedener gegen ibn, und die Tag:
fahung von Luzern unterjagte ihm die Predigt.
Zur Vefeitigung des Unfriedens ordnete der Nat
von Zürich ein! eligiondg efpräd auf den 29. an.
1523 an, in welchem jede Partei ihre Lehre vorlegen
und durch die Bibel bewähren folle. Für dieſes
Geſpräch ftellte Zwingli 67 Sähe auf, bie er gegen
ben Generalvilar aber fo erfolgreich verteidigte,
daß der Rat ihm auftrug, auf dem betretenen Wege
Reformationsfeſt — Reformierte Kirche
—X und den P a Kantons ein
ches zu thun gebot, th, aber a. durch
die von Zwingli im Juli 1528
—— feiner Artifel, durch feine e eines
reun eo Judã Pred wurden bie Gemüter
mmer mehr für * Lehre gewonnen und einer
durchgreifendern Reformation geneigter
Man verdrängte Altäre, Taufſteine, Bilder, fi
die Mufil aus den Kirchen. Der Rat geitattete den
Kloiterfrauen den Austrittaus den Klöftern, mehrere
wurde engefihe, Be ‚eine deutſ e Zaufagende
wurde eingeführt, die 'efle abaei ji
ſolche Neuerungen erklärten ſich die
von Luzern, Zug und Freiburg. Auf Aich des
Rats von Hürich jr arauf (26. DEt. —
neues Geſpräch über die Bilder und die Meſſe ftatt.
an Pfingsten 1524 Kr fie man die Bilder hide
ab, ebenjo «bie bäbftiiche Meß und as
fi lpen, ‘= ar? ER 9 —
Ehrdienſten, die baͤbſtiſche Pfaffen un
Meibe, der Klöfter Re ——
wurden teils af Schu In —* in pi
wandelt, Mit Ein Dmable
unter beiderlei Geftalt 1 tt 1525 war in —5
die neue Geſtaltung des re vollendet,
Jetzt erichien der on Teil der züricher Bibelüber:
ſehung von Leo Judä und Hafpar Großmann, die
1531 beendigt wurbe.
Zürich verteidigte ftandhaft und kühn die Neue
rungen in ber Sa und in den Gebräuden
die feinfeligen antone ——
‚Uri, en Freiburg
erflärten fh auch A
die neue Lehre, und andere Glieder ber Ei
ſchaft trafen ———— zur
reform, das Anerbieten Cds lam es nad
langen Berbanblungen 19. Mai 1526 zu Baben im
Aargau zu einem Reli ligiondgefpräßh, bei
Stolampadius für die he euerungen bas Wort
Noch in demjelben Dane wurde in
ng ige ginn eit eingeführt, und als 1527
ate zu Bern die reform, artei die Majorität
erhalten . atte, wurde auch hier zu enblicher Aus:
gleihung der tirclichen Streitigleitenein
geipräd — (6. Jan. 1628). Der
war, dab nun das mächtige Bern zur ——
völlig —— —* at a
idgenofien ihr zugethan, ala die fa ——
ur Werteibigung am alten Lehre ein et
em Könige —— Kaiſer Karls V.
eingegangen 2 zum offenen Kampf A
Diefer — eit ge — ſchloſſen Züri
Konſtanz einen Bund 1527) ——
Namen Burgrecht, dem denn St. Ga
Biel, Mülbaufen, Baſel und Scha
beitraten. Auch im Auslande ſuchte man
geno jen zu gewinnen; doch Stand einer
mit eutichen 9 rotetanten Bi er, melde namen
id $ er mit el bre ——
li uther mi eigen
Zwingli und die Schweizer erfü ——
zu Marburg (1. Dit. 1529) ne u allen andern
Stüden, aber nur in der Abendmahlslehre
eine Verftändigung unter den —
en (
und führte, da die übrigen eva Stände eine
Verbindung mit den « alramentierern» in ber
Schweiz verweigerten, nur eine
ber Ehen mit dem
herbei, der von Zürich und Bafel in das ——
Neformierte Kirche
aufgenommen wurde. Indeſſen mebrte ſich in der
weiz der Stoff der Zwietracht. Die Reformierten
boben die Tessa! mit ben fünf kath. Orten auf
und fagte —* ven freien Kauf der Lebensmittel
ab. ebt fielen die lath. Orte plöpli in Zürich
ein, und bie ihnen in aller Eile entgegengeführten
Truppen wurden 11. O8.1531 bei Kappel geſchlagen.
wingli felbft, der bewaffnet die Fahne jeiner An:
änger geleitet, fiel im Kampfe.
Durch den Ausgang der Schlacht bei Kappel war
zwar nicht dem Beſtehen, aber der Verbreitung der
reform. Kirche in der deutihen Schweiz ein Biel
eſeht worden; deſto mehr verbreitete fie hi in der
ranz. Schweiz. In Neuchätel war fie (1530) durch
Wilhelm Farel (j. d.) begründet worden; von Bern
aus gewann fie Cingang in Genf, wo der reform.
Kultus 1534 Öffentlich eingeführt wurde, —2
Calvin trat hier im Aug, 1536 auf, der auf bie
Entwidelung ber geſamten reform. Kirche den
tiefgreifenditen Einfluß übte, Durd eine Disputa:
tion zu Laufanne, an der neben Calvin aud) Faxel
und Viret teilnahmen (1. Oft. 1536), wurde die
reform, Kirche im Kanton Waadt eingeführt. Die
ftrenge Kirchenzucht, die Calvin bandhabte, die
eijerne Konjequenz, mit der er verfuhr, erwedten
ihm beftige Gegner, die e3 endlich dahin brachten,
baf er — eichluß des Rats (1538) verbannt
wurde. Doc) ehrenvoll wieder zurüdgerufen (1541),
erhob er Genf zum Mittelpunft der ſchweiz. Nefor:
mation. Er jtiftete 1558 die genfer Alademie, auf
welcher viele Prediger für das Ausland ihre theol.
Bildung empfingen. Die caloiniftiiche Lehre ver:
flanzte fi) auch nach Deutihland, wo die der
delanchthonſchen Richtung treu gebliebenen Landes:
firchen, befonders in Heſſen, der Pfalz, Anhalt und
Bremen, allmählich mit den Schweizern in völlige
Kirchengemeinſchaft traten. Außerdem fand die
Galvinihe Reformation in Franfreih, England,
Schottland, den Niederlanden, Polen und Ungarn
Eingang. Bon England aus hat fie ih in Nord:
amerila verbreitet,
Ungeachtet ihrer äußern Ausbreitung bildete ſich
aber die reform. Kirche in den verjchiedenen Ländern
jehr verſchieden aus. Doc) läßt fich ein gemeinfamer
Grundtypus wie in der Lehre fo in VBerfaflung und
Kultus nicht verlennen. Gemäß dem bei allen Re:
formierten ſcharf —— Begenfah egen alle
Sreaturvergötterung oder gegen alle ehren unb
Drbnungen, welche Göttlihes und Menſchliches
vermiſchend dem alleinigen Gott und Herrn feine
Ehre zu rauben drohten, entwidelte ſich das Kirchen:
weſen in apoftolifcher Einfachheit und im ftrengiten
Anſchluſſe an die Vorbilder der Heiligen Schrift,
als des offenbaren Willens Gottes an die Menſchen.
Daher die große Ginfachheit des reform. Gottes:
dienſtes, von welder nur die Anglitanifche Kirche
eine Ausnahme macht, die Abſchaffung von Bildern,
Altären, Orgeln, Kerzen, Mebgewändern, allen
nicht in der Schrift begründeten kirchlichen eier:
tagen u. j. w. Auch die zugleich durch die republi-
kaniſche Sitte und die praltiihe Energie der Re:
formierten geforderte Erfeßung der biſchöfl. Ber:
fafiun A Presbyterien und Synoden (wobei
man doc der weltlichen Dbrigfeit einen groben
Einfluß geitattete) wurde aus der Heiligen Schrift
als Gottes Ordnung begründet. Im Dogma zeigt
ſich die Entwidelung der reform. Kirchen am früheſten
in der Lehre vom Heilinen Abendmahl, in welder
man konjequenter al3 die Lutheraner mit der röm.
553
Lehre von ber Transſubſtantiation N .b.) brach und
tatt eines leiblichen Genufies von Ehrifti Leib und
[ut nur einen geiftlihen Genuß durch den Glauben
gelten ließ, während der Mund nur bie äußern
peilen, als Sinnbilder der überfinnlihen Güter,
empfange, Die Unterſchiede der Zwingliſchen und
Calvinſchen Auffafjung find in biefer Hinficht weit
eringer, als viele Neuere annehmen. Auf den
Reichstage zu Augsburg 1530 übergab Zwingli dem
Kaiſer feine —2 — aber neben ihm ließen auch
die Städte Straßburg, Konſtanz, Memmingen und
Lindau (Confessio — ein beſonderes
Belenntnis überreichen. Bon den ſpätern Belennt:
nisſchriften ſind zu erwähnen die «Baſeler Konfeſ—
fion» von 1534, die aerſte helvetiſche Konfeifion »
(1536), zum Zmwede der Verjtändigung mit Luther
von Bullinger, Myconius, Grynäus, Judä und
Megander verfaßt Tıs36). die von den Stäbten
yirıh, Bern, Bafel, Schaffhauſen, St. Gallen,
Mülhaufen und Biel angenommen wurde; danach
zur Abwehr erneueter Angriffe Luthers die« Züricher
Konfeffion» von Bullinger (1549), zur Berftändigung
der Büriher und Genfer in der Abendmahlslehre
der « Züricher Konfens» (1549), und ald Ausdrud
der Calvinſchen Prädejtinationslehre der « Genfer
Konfens» (1552). Die größte — nicht
Ds in der Schweiz, fondern aud in Deutichland,
Polen, Ungarn und Schottland hat die von Bul:
(inger im Namen der jchweiz. Kirchen dem Kur:
füriten Friedrich III. von der Pfalz überreichte
«zweite helvetiſche Konfeſſion⸗ —— erlangt. Da:
gegen wurde die im Geijte en Ya ter Orthodorie
von dem züricher Theologen Joh. Heinz. Heidegger
1671 verfaßte —— in ormel» zwar
feit 1675 allmählich von den reform. Schweizerkan—
tonen angenommen, aber um ihres den Beitgenofjen
ſchon unerträglich gewordenen Rigorismus willen
bald wieder abgeichafft. Bon Katechismen erlangte
namentlich der von Calvin verfaßte genfer (Fran:
zoͤſiſch 1541, lateinisch 1545) großes Anſehen und
weite Verbreitung, fam aber im 17. Jahrh. auch in
der Schweiz ſelbſt wieder 2 Gebraud.
Unter ſchweren Kämpfen batte ſich die Reforma—
tion inden Niederlanden, anfangs nad) Lutherſchem,
aber bald na Galoinjchem Typus verbreitet, den
auch das niederländ. Glaubensbelenntnis (Con-
fessio Belgica, 1561) trägt. Als ſich gegen die
räbejtinationslehre Calvins namentlih durch
Falob Arminius entichiedener Widerfprud erhob,
raffte fich die rg DOrthodorie zum energifchen
Kampfe gegen die Arminianer (f. d.) zuſammen.
Die von den leptern 1610 den Ständen von Holland
übergebene Belenntnisfchrift «Remonstrantia» (da:
ber der Name Remonftranten) veranlaßte die Cal:
viniften (auch Gontraremonitranten oder nad) ihrem
gps Franz Gomarus Gomarijten genannt) ee
Zu BRECHEN Pe: allgemeinen reform. Sy⸗
node zu Dordrecht, die im Mai 1619 die ehren der
Remonftranten verwarf und die Rrengere, nuretwas
emilderte Vorberbeitimmungslehre von neuem be:
tätigte. Dieſes Judicium — Dordracenae
konnte jedoch außerhalb der Niederlande nicht zur
unbedingten Anerfennung gebracht werden. Auch
in den Niederlanden ſelbſt erhielten fich die Remon—
itranten als befondere Partei und ftellten 1621 ein
durch Gpifcopius verfahtes befonderes Glaubens:
befenntnis auf. In Frankreich hatten die reform.
Gemeinden die ſchwerſten Kämpfe nad außen FE
beitehen. (5. unter Hugenotten.) Anton de
554
Chandien, Prediger zu Paris, ftellte für fie ein Be-
tenntnis ‚bas als «Gallicarum ecclesiarum
eonfessio fidei» auf einer Synode zu Paris 1559
acceptiert und von neuem auf einer Nationaliynode
zu Larochelle 1571 als Belenntmisfchrift der franz.: | ®
zeform. Gemeinden anertannt wurde. Stets den
Anfeindungen der Jefuiten ausgefept, erhielten fie
erſt durch das Edilt von Nantes 1598 Duldung im | zieh
Staate. Die beftiaften Berfolgungen erneuerten
— ——
und erſt die volution
Reformierten Freiheit des Glaubens.
— me al
und nad dem blutigen Regiment pan. Maria
durch X gen worden war, bildete (7
neben der vielfach fatholifierenden Staatslirche (I.
Anglitaniihe Kirche) eine ftreng calvinifche
Partei, die jog. Bresbyterianer (f. d.), welche le:
tere in Schottland von Anfang an die Oberhand
batten. Die engl. Presbpterianer legten ihren
Glauben in der auf Befehl des Langen Barlaments
verfaßten inifterfonfeffion von 1648, die
ſchottiſchen ſchon weit früher in der von Sohn
Knor verfahten Confessio Scotica (1560) nieder.
Die ungar. Gemeinden erhielten die Confessio Hun-
garica oder Czengerina 1557,
In Deutihland, wo zuerft nur die oberbeutjchen
Städte ſich der Zwingliſchen Lehre zugeneigt hatten,
—— der Calvinismus erſt Gingang durch jeine
Inion mit der Melanchthonſchen Richtung , weldhe
anfangs in der deutich:evang. Kirche mit der Schule
Luthers (j. Qutheraner) um die Herrſchaft rang.
Namentlic in der Abendmahlslehre hatten ſchon
Melandıthon und Calvin fih miteinander verftän:
digt, und gegenüber dem immer erflufiver auftreten:
den Luthertum waren ihre beiderfeitigen Anhänger
auf eine Berbindung untereinander angewieſen.
Schon Melanhthons Underungen im 10. Artikel
ber Augsburgiichen Konfeffion, weldhe anfangs all:
gemeine Fön Tin fanden, dienten wejentlid dem
Zwecle, bie einſchaft mit den Schweizern zu
ermöglichen , doch wurden feine Schüler von den
jtrengen Lutheranern feit 1560 mit immer fteigender
Leidenſchaft ald Kryptocalviniften (f. d.) vertekert.
Während in Kurſachſen und anderwärts die Me:
landıthonianer oder Philippiſten vertrieben und
feit 1580 durch die Kontordienformel (f. d.) von der
neuen «lutherischen Kirche» Norbdeutichlands förm⸗
lich ausgeſtoßen wurden, hatte in der Pfa Anbalt,
Helen und anderwärtd das Corpus doctrinae
P’hilippieum (1559), in welches die erweiterte Augs⸗
burgite e Konfefjion aufgenommen worden war,
Iymboliiche Autorität erlangt, daher die dortigen
, Gvangeliihen unbeſchadet Une Gemeinihaft mit
den Schweizern mit Recht ſich als er —
Konfeflionäverwandte betrachten durften. och
wurde die Einführung des von Urfinns und Dle:
vianus verfahten beidelberger Katechismus (1563)
durch den Kurfürjten von der Pfalz, dem nachmals
noch) eine Anzahl andere Neichsftände fich anfchlofien,
von ben ftarren Putheranern ala Abfall zum Gal:
vinismus verurteilt. Allmählih fand aud die
Calviniſche Prädeftinationslehre in diefen Ländern
Eingang, und fchon fehr frühzeitig wurde aud) die
Drdnung des Gottesdienstes nad) Namen. Muſtern
geregelt. So bildeten ſich neben den lutheriſchen
eine Reihe von «beutichreformierten» Qandestirchen,
die im Weftfälifchen Frieden (1648) als Auge:
burgiiche Konfeffionsverwandte Anerlennung und
Nefraihiffeur — Refrain
d den 8 ſtons el des Kurfü
See
e
wehr fanden. 3 —— — rn
Die Ein —— Le ke: Bewußtſeins
1 ’
wie Diefelbe mit ſcharfer Konfequenz allen Be:
iehungen bin ausgeprägt wurde, bef
mafionkeit ———
ma ’
ma ‚die 9 Perſon Chrifti die ä
f
indurch
verjchiedener, einander der
evang. Wahrheit, die nur in der Be:
trachtung, welde die einzelnen Momente für ſich
firiert, zu einander ausſchließenden
begann, — — i
evang. Ki i
boptiert; bi Einfachheit des reform, Kul⸗
tu abe ein Die Ba —* nur
in ven ’
der Religion in alligen ne ſuchen.
Die ſeit 1817 in Preußen und anbern
— era Kragen
der prot. Grundprinzipien wie durd) die
ige Entwidelung binlängfli
——
förmliche Union ebenſo wenig ein lirchliches Be
dürfnis wie in den anglogerman, Ländern
und Amerilas, wo vielmehr die zu
hreitender lirchlicher Zeriplitterung ——
doc traten überall diefelben Gegenfäke
orthodoren und einer freiern
— und lonnten
eiheit der Kirche ſich ungeſtörter
— — ſog. itiden, 8 b. vom Dei
u ngiger evang. ein
Tran. hey, Soratıeid, aus Dekab BEER
:
;
Stüße, iger, «Die
s —— be manga Kirche» (2 Boe.,
genbach, u. a., «Leben
und ausgewählte —— —
de K 10 Bde., if. 185
——
(f.d.),$. Drofophor und unter Öartengeräte,
N refrim
ürid; in Holland hat fie an der Äiniverktät Zeiden
ie bauptfädhli
; proveng. refranh, vom
mittellat. refrangere, wiederholt die
ftrophiihe Begrenzung eines Liebes die
Wiederholung von Worten, Verſen ober
Strophen. Gr entitandb i aus
—— — * * be Sängern —*
religiöfen Feiern o legenbeiten
vorgefungen wurden, — es Worte, Verſe
A
Refraktion — Regatta -
oder ganze Strophen im Chor wieberbolte. Daher
tommt er meift vor in Gefängen, die in Volt ent:
ftanden und für das Volt beftimmt find, wie in
Kirchen⸗, Kriegs⸗, Feftliedern x. Bol. Wolf, «fiber
die 8, Sequenzen und Leiche» (Heidelb. 1811).
R — Strahlenbrechung.
hthalmoſtop, ſ. * —
R * Fernrohr. [ipie
* — — parate( .d.).
8 (and. lüchtlinge), *
F in den — olgungen e3 17.
aus Frankreich entflohenen , der reform. Ki
teftanten oder Hugenotten (}. d)).
onderd als König Zubwig XIV. 1 Ber:
folgungen durch die Aufhebung * Edilts von
Nantes einen gefehlihen Anſtrich aab und jedem
MWiderfpenftigen der Tod in Ausſicht ſtand, eilten
Scharen von — en der Grenze zu. Frani
reich verlor durch dieſe Auswanderungen ſeine
tüchtigften — * Kunſtfleiß, Bildung und
in das eg Ausland (nad Holland, Eng:
555
(1878) u. a. Außerdem veröffentlichte er eine
Neifefchilderung «La Dora, Memorie» (2. Auil.,
Zum. 1867), eine Sammlung von Auffägen : «Stori ia
e letteratura» (Bologna 1879) uf. w.
Regnlieu (jura regalia, d. i. königliche Nechte)
nennt man die ber oberiten Gewalt als folder zu:
lommenben ober vorbehaltenen Rechte. Der Name
el, | entftand im Mittelalter innerhalb der unllaren Auf:
[aflung, dab bie fortbeftehende rg feit
dem Auflommen der königl. Macht mit feft be:
ftimmten Servituten belaftet fei, deren Ertrag *
Regenteneigentum des chers zuwachſe.
nis de 9 Rei
ward bie —— — re
haupts und feiner Vertreter, den all, mn echts⸗
zuftand (j. Friede) zu 1 bemahren end ai
Nechtötitel zur Erhebung von jebbru
Bannbuben, Gerichtsabgaben, Schutz⸗ und Geleits,
een, die Sorge für den Berlehr ala N:
eiftung für Zölle, Vrüden-, Markt: und Städte⸗
gelder angeſehen, "und felbft die wadlende Einficht
in das Weien des Staats und in die annigfaltig-
feit der öffentfi chen ——— — geraume Jet
der air (i. ir * 3 überall
Borit:, Jagd: 6: und nr des
land, Dänemark, Dentihland und bie Schweiz)
trugen und dort mit Ya Armen aufgenommen
— ſaͤmtliche zu er örten den | nah)
tändenan. Im deutichen Reich waren it berdlefpen
ud 22553 Sachſen und Heſſen,
—*— fanden, volle bürgerliche
Rechte mr eil eigene franz.
bifdeten. Ganz anderer Art find jene Emi
(F. d.), meilt a matihiice Prieſter —* und
te —— zur Zeit der ution
tten und in Deutfchland die Lafter,
Sitten = —— e des franz. Hofs ver⸗
——— u er 1852); Höbler, «Die R.» (Gotha
u Strider, «Zur Gef Genie te der franz. Kolo⸗
a Deutihlan » (im «Hilter. Taſchenbuch ⸗
tation (lat.), Widerlegung; Sehnseujlie
Nega, Küftenfluß in Hinterpommern, entipri e
imfRretie wen des preuß. Regierungsbe;i
Köslin, berührt Schievelbein und im ——
bezirt Stettin die Städte Labes, Regenmwalde,
Greifenberg und Treptow und mündet nad) einem
Laufe von 188 a in bie Oſtſee.
Negäl, ein Heines Orgelwert, enthielt eine Ala:
———— Blafebälge, Abſtraltur, Windladen
und —2* Bungenftimmen. Die R. gerieten
fpäter in Bergefienheit und nur = in demfelben
ſtehen u —— der Orgel unter dem Na⸗
men Regal. Je nach ber verſchiedenen Geſtalt die:
ſer Stimme hieß dietelbe Trichter-, ng
fern:, Eymbel-, Apfel, Anopf:, Ha "char,
Hlein>, * Srobregal. ‚Meift a tdoaN. trich⸗
Beige Auf üße, barauf eine Kugel mit Löchern.
u er in der ital. Provinz Ca:
= — Bezirk Nicoſia, unweit rechts
— ne jo, hat (1881) 10032 &,, Gewinnung von
Schwefel Steinjal; unb Givs und Weinbau.
nl vielleicht die anti ia Biden a, 1
chte der franz. Kolonie | doch i
—2* ), ital. Dichter, geb. 1809 zu
Rovan, un ch eierter Improviſator feit
2a gar St ien. gi 3. 1860 wurde er 2%
Kar © eſchichte in Parma, 1862 in Cagliari,
1866 in Bologna, wo er im Febr. 1883 ftarb. nter
feinen Dichtungen find zu nennen: «La guerra»
(Genua 1832), «Poesie scelte » (Genua 1840),
«Canti nazionalis (2 Bde., 1841), «Canti e Prose»
(2 Bde., 1861— 65), das Lehrgediht «L/acqua»
den | dem fog. Schlagſchaß
förmig entwidelter R. Si fuchen, namentli 2
u
VBerg:,
Rechts auf herren lofe Sahen. Sogar bad Münz:
recht wurbe Lange nur wegen des Einlommens und
gehandhabt, wenn aud)
bei ründung des neuern Poftregals die Nüd-
ficht auf das Gemeinwohl mitwirkie, jo brachte ſich
n den von manden Regierungen beanfprud):
ten onopolen (5. d.) das rein un Intereſſe
immer wieder zur Geltung. Seit der Harern Auf⸗
fafiung bes —— ſuchten die Juriſten ein
ng. richtigeres Verſtändnis über das Weſen aller dieſer
Gerechtſame durch die Unterſcheidung zwiſchen
böhern und niedern R. (regalia majora, minora)
zu erzielen. Jenes find die aus dem Weſen der
oberften Gewalt notwendig und unveräußerlich ber:
vorgehenden Rechte, nämlich die gefebgebenbde, oberit:
richterfiche, oberaufiehende und vollziehende Ge:
welt, — die übrigen N. als niedere nur eine
wirtfchaftl iche oder enge —* haben.
Als R. in dieſem leßtern, € Sinne ſind gegen⸗
wärtig eigentlich nur der Poſt⸗ J—— Telegraphen⸗
betrieb und die ünzprägung zu betrachten, da es
fi in diefem Falle um Etaatöbetriebe handelt, die
aus Zwedmähigkeitsgründen monopolifiert find.
Dagegen find die Steuermonopole, wie das Salz:
—— das Tabalsmonopol, das Branntwein:
monopol u. j. w. nur bejondere Formen ber Gr:
bebungvon —— Bal. Strauch, «Über
Uri 35* und Natur der R.» ( 1865).
atta (ital.) hieß ten die von —
zu 34 in Venedig von der Biayyetta aus ſtatt
N. | dende Wettfahrt auf den die —* durchlreuzenden
Kanälen. Gegenwärtig wird dieſer Rame tm all⸗
gemeine: den Wettfahrten auf dem Waſſer bei-
gelegt. Rubderregatten zerfallen in mehrere Rennen
ober Races, auch Matches genannt, deren jedes in
ſich nur Boote nit glei Monnfcaitszahl ent:
hält. Segelregatten beſtehen in der Regel aus einer
en: an * er Boote verſchiedener Größe
und Beiegelung, in Klaſſen eingeteilt und innerhalb
der Stlaffen je nad) ihrer Leiſtungsfähigleit mit einer
Beitvergütung berüdfichtigt, gleichzeitig teilnehmen.
556
Die meiften und bebeutenditen Negatten finden
in England ftatt, wo allein an Preifen für €
regatten jährlih über 200 000 Mark ausgejept
find. Deutſchland bat jährlich ‚probe Ruderregatten
in Frankfurt a. M., Ems (Kaiferpreis), Berlin
(Katjerpreis), Hamburg, Breslau u. ſ. w.; Segel:
regatten in Berlin, Hamburg, Kiel, Bremen, Nö:
nigäberg. Wichtige Negattenpläbe im Auslande
find für Rudern Putney (Orford und Cambridge)
und Henley in England, Nizza und Neuilly:St.:
James in Frankreich, Wien; für Segeln Cowes auf
der Inſel Wight und Glasgom in En land, Nipsa,
NArgenteuil, Havre — Oſtende in elgien.
egel heißt jeder Satz, der eine Gleichförmigleit
bes Geſchehens und Handelns ausdrüdt. Die N.
untericheidet fi von Geſeß dadurch, daß fie Aus:
nahmen geflattet, was das Gejeh nicht thut.
Negel, Soviel wie Menftruation,
Regel, bei naturhijtor. Namen Bezeichnung für
Eduard von Regel (f. d.).
Negel, güldene (der Mechanik), ift der Sak,
daß ebenfoviel, wie durch eine Mafchine an Kraft
gewonnen wird, an Weg oder Zeit verloren gebt,
daß alfo nad dem Prinzip der Erhaltung ber
Bewegungsenergie Kraft nicht aus Nichts erf
werden lann. Man kann demnach durch) eine
ſchine mit geringer Kraft große Lalten überwinden,
wobei aber die Kraft einen entiprechend großen
Weg zurüdlegen muß, während ungelehrt eine
* Kraft erforberlid ift, wenn e3 darauf an:
tommt, dieſelbe Laſt bei einem Heinen Weg der
Kraft zu überwinden,
egel (Eduard von), einer der einflußreichiten
Deförderer des Gartenbaues, geb. 13, Aug. 1815
zu Gotha, erhielt daſelbſt und in den botan. Sn:
ſtituten zu Göttingen, Bonn und Berlin feine Aus:
bildung und wurde 1842 Gärtner in dem botan,
Garten zu Zurich, wo er den Schweizeriichen Gar:
tenbauverein ins Leben rief und Vorlefungen an
der Univerfität hielt. Im 9. 1855 wurde R. ala
wiſſenſchaftlicher Direktor des faiferl, botan. Gar:
tens nach Petersbur —— fpäter zum Ober—
botanifer ernannt. N. machte ſich verdient um die
Hebung und Vervolllommmung des Obitbaues in
Rußland, begründete einen Alllimatiſationsgarten
und ftiftete die laiſerl ruſſ. Gartenbaugejellichaft
(1858). Was feine literarische Thätigkeit betrifft,
jo begründete er 1843 mit Heer die ce, «Zeit:
ſchrift für Land: und Gartenbau», 1846 die schweiz.
Zeitſchrift für Landwirtichaft», 1852 die «Garten:
floran, ud) gab R. mehrere torgfältig bearbeitete
Floren Ge f&hon 1841 die «Flora onnensis»,
ipäter Floren von —— Oſtſibirien, der
Djungarei u.a, Daneben bearbeitete er viele von
botan. Neifenden gefammelte Pflanzen, verfahte
nchrere Monographien und veröffentlichte eine ruf).
Dendrologie und mehrere pflanzenphyfiol, Arbei:
ten. Auch lieferte er ein «Allgemeines Garten:
buch» (mit Ender, 2 Bde. Zür. 1855—68), « Die
Kultur der Pflanzen im Zimmer», «Die Kultur
der Grifen», «Der Obſthau im Kanton Zürich»,
s Anleitung zum ruf. Obitbau», «Ruf. Bomolo-
nie», «Die Erdbeere» u. f. w. Mehrere feiner
Merle find in ruf. Sprache geichrieben,
Megel GJoh. Abert), Forihun Sreifender, geb.
12. Dez. 1845 in Zürich, erhielt feine Gymnaſial⸗
bildung — urg und ſtudierte dann in Pe—
tersburg, Wien, Göttingen und Dorpat Medizin.
Als Kreisarzt im rufj. Turleftan angeftellt, bereifte
l: | grenzenden Gebiete Gentralafiens ;
ah
|
|
Regel — Regen (meteorologifch)
er 1876— 84 ununterbroden Turkeftan und bie an-
& — er
1876 den Karatau, 1878—80 das Alige 1880
Ferghana, 1881—84 das Gebiet des Amu Daria;
1884 drang er bis Merw vor. Im J. 1885 kehrte
er na MWeteräbur zurüd, Seine gg: ra
finden ſich meift in Petermanns «Geogr, Mitteilun:
gen» und in E, Negels «Gartenflora», i
Regelation nennt man, nad) Tyndall, die Gr-
ſcheinung, welde in einer Vereinigung mehrerer
Cisjtüde zu einem Gisblode beruht und welche alle:
mal eintritt, wenn Gisftüde in Wafler ſchwimmend
unter mäßigem Drud einander genäbert werben.
Dabei erfolgt die N. nicht allein beim Gefrierpuntt,
fondern jelbft in Wafler, defien Temperatur weit
über dem der Eisbildung liegt.
Regel Cof, f. unter Algebra und Coß.
Regel de tri, f. Regula de Tri,
Negen. Die Waflerkügelchen, weiche die Wol-
fen bilden, werden durch ihre Kleinheit ihr Durd
mejjer iſt mit dem Mikrojlop zu O,006— 0,1 mm
emeflen) in der Quft ſchwebend erhalten. Mahr-
Nein entiteht der Regen dadurch, daß fich meb-
rere folder Kugelchen zu —* vereinigen, welche
id nun nicht mehr ſchwebend erhalten fönnen und
zu fallen beginnen, wobei fie durch Aufichlagen auf
die kleinern Tröpfchen fich ftetig vergrößern, wäh:
rend gleichzeitig ihr Abſtand waͤchſt und der Negen
bur Ahtiger wird. Die eigentlihen Urſachen,
welche den erften Anftoß zur Bereinigung ſchweben
der Kügelchen zu Tropfen wet find übrigens
noch ganz unbelannt; die — t, daß
ganze Tage bindurd ſchwere ollen immel
eziehen können, ohne daß es —* Regnen lommt.
Die jährliche Regenmenge brüden die Meteorologen
jo aus, daß fie die Höhe beftimmen, bis zu wel
das Waſſer auf einer horizontalen Ebene während
eines Jahres den gefallenen R. fteigen würde,
wenn es nicht verdunftete und nicht abflöfle. Um
diefe Höhe (jährliche — zu erhal⸗
ten, benußt man den Regenmeffer (f. d.).
den Tropen fallen größere Regentropfen und mehr
N. ala in der — —— auf den Ber:
nen auch mehr N. als in ber Cbene, an ben
Küſten mehr al3 im Innern der Kontinente, So
liegen die regenreichiten Orte der Erde in Sm:
dien; —— (im Khaſſiagebirge nörblic
vom Gangesdelta) 12,53 m, In den Tropen pfle:
gen die Negen in der Beit des höchſten Son:
nenftandes einzutreten (daher Kulminations: oder
Benithregen); am Sigquator werben aljo zwei «Re:
enzeiten», bei den Wendefreifen nur eine ver:
onmen. In ber Subtropenzone regnet es zur
Zeit niedrigiten Sonnenftandes (« Winterregen »,
babei trodene ——— in gemäpkgten Breiten
— die Regen keiner Jahreszeit. Barometrif
epreflionen find fat ausnahmslos in ihrem Um:
treife, beſonders an der Vorderfeite (bei uns bie
üböftliche, bei Süd: und Weftwind) von Regen:
ällen begleitet. Die Negentarten bringen bie
geoar: Verteilung der Negen nn zur Anfhauung.
n Europa find bie 06; eiten bin abfallenden
Öebirge am reiciten an Regen Seathwaite in
Cumberland hat jährlich 3,6 m), ebenfo die Hoch
gebirge (Tolmezzo in den Venetianijchen
24 m). Bon Gebirgen umrahmte Xieflän
(Ungarn, —— Rheinthal) fin — (Ne:
enſchattengebiete), am trodenften bie des
Füboftl Rußland und die Wültengebiete Erde.
REGENKARTE
Maßstab 1:21000000
= m m bb 06 wm _ oe ee D gmer M
4 ” + om Kieser
— — — —
— — — = ———
Brockhaus Conversations -Lexikun. 13 Aufl. # A. Brockkaua 6:
Y ot )ogle
— —
E VON EUROPA.
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SWARLES M,
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— * ——— — A |
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Zu Artikel: Kegen.
Yet ‚Anstalt, Leipzig
6
fr
Negen (Fluß) — Negenpfeifer
(Bier: Negenlarte von Europa.) Bol.
nn, «Hlimatologie» — 1883), und Sprung,
«Meteorologie» (Hamb. 1885), ,
Negen, linker Nebenfluß der Donau, in den
Pegierungsbezirten Niederbayern und Oberpfalz,
euch auf der Weitfeite des Böohmerwaldes als
Schwarzer Regen bei Zwiefel aus dem Großen
und Kleinen R., nimmt auf feinem weitern vor
berrfchend weftnordweitl. Laufe reits den Weißen
Negen und bei Cham die Cham auf, wendet ſich
Fr von Nittenau füdlich, trennt fortan das
Bayriihe Waldgebirge vom Jura und mündet
nah einem Laufe von 165 km öſtlich von Stadt
am Hof gegenüber von Regensburg.
Regenbogen nennt man ein farbiges bogen:
fürmiges Meteor, welches ſich zeigt, wenn bie in
einer gewiſſen 89 inter dem Beobacdhtenden
ftehende Sonne auf einen vor dem Beobadhtenden
fallenden —*— ſcheint. Wenn die Strahlen der
Sonne auf Regentiropfen fallen, fo erſcheinen in
diefen ein oder zwei mit den prismatiſchen Farben
glänzende konzentrifche Kreisbogen, deren Mittel:
punkt von einer Geraden getroffen wird, die von
der Sonne durch das beobachtende Auge geht. Der
innere, lebhafter gefärbte und häufig auch nur
allein vorhandene, etwa 42 Grad Radius haltende
Bogen zeigt in der Richtung von innen nad außen
die Farben Violett, Blau, Grün, Gelb, Orange,
Not und heißt der Hauptregenbogen, während dieje
Farben in dem etwa 51’, Grad Radius halten:
den äußern Bogen (ne benregenbogen genannt)
in gerade umgelehrter Richtung aut Der
Hauptregenbogen entiteht durch folde Strahlen,
welche im Innern der Negentropfen einmal, der
Nebenregenbogen dagegen durch joldhe, welche da—
felbft zweimal zurüdgeworfen worden find. R.
* reifache Reflexion werden nur ſehr ſelten
geſehen, da dann das Licht p ſehr geſchwächt wird.
Der Ort, an welchem der R. am Himmel erſcheint,
hängt von der Stellung der Sonne (bei mehr als
42 Grad Höhe der Sonne über dem Horizont ift
lein R. fihtbar) und der des Beobadıterd ab un
läßt fih aus den befannten Gefehen der Brehung
und —— des Lichts berechnen. Die pris⸗
matilchen — er Bogen entſtehen ähnlich wie
bei einem — durch die
ftrablen beim rechung der Licht:
Sins und Austritt aus den Regen:
tropfen. Der Himmel oberhalb des R. ift dunkler
als innerhalb, weshalb auch die äußere Seite des
Hauptregenbogens fhärfer begrenzt erſcheint. ne.
in den — Tropfen der Waſſerfälle un
Fontänen ſieht man R. und ebenſo J— Tau⸗
tropfen. Wenn nur einzelne Stüde des R. ſichtbar
find, beißen fie Regen: oder Wajfergallen.
. erzeugt vom Mondlicht (Mondregenbogen) fom:
men jehr felten vor. Die richtige Erllärung des R,
ftammt von Theodorich (1311) und Newton (1666).
Negenbogen, Meifterfänger, ein Schmied aus
Regensburg, der aber aus Liebe zur Poeſie fein
Handwerk aufgab und fi nad) Mainz begab, um
fi mit feinem berühmten Zeitgenofjen Srauenlob
zu meſſen. So in einem Streitgedicht, an welchem
al3 dritter Naumftand teilnahm und worin über
den Borzug der Namen Frau und Weib geitritten
wird; in einem andern, «Der a Le Würzburgn,
ftreitet N. mit Frauenlob allein über den Vorrang
von Mann und Frau, In einem britten gibt
uenlob R. ein Rätſel geiftlihen Inhalts auf,
überlebte feinen Gegner (gejt. 1318) und wid:
557
mete ihm und andern ältern Dichtern ein Klagelied.
Am befannteften unter feinen Tönen ift die Brief:
weile, in welder auch eine Menge fpäterer Nad):
ahmungen verfaßt find; demnächſt jein langer Ton,
dem auch jenes Klagegedicht angehört, fein bei den
Meijterfängern ebenfalls beliebter grauer Ton u. a.
Negenbogenhaut (de3 Augapfels), f. unter
Yu —— — A ; ſhuf
egenbogenpfennige, Regenbogenſchüſ—
ſelchen (guttae — Ai alte felt. Goldmünzen
von napf: oder ſchüſſelförmiger Geftalt, meift Hein,
aber ziemlich did, ſchriftlos und mit eigentümlidhen
Bildern, die wohl mit dem religiöfen Kultus der
Kelten nina ran verfehen, Sie verdanten
ihren Namen der Sage, daß ſie der Regenbogen
[een lafle, da die erjten Negenbogenfchüffelcyen ins
olge der durch Regen verurfachten Bodenabſchwem⸗
mungen ans Tageslicht gefonımen waren. Vol.
3. Streber, «Über die jog. Negenbogenfchüfjeldhen»
(2 Abteil., Münd. 1861—62).
Regeneration (pbyfiol.), j.u.Neprodultion.
Regenerativbrenner, ſ. unter Gasbeleuch—
tung, Bd. VII, ©. 570. u
Regenerativfenernng, f, unter Ciſenerzeu—
gung, Feuerungsanlagen und Glas,
Negenerator, bei Gasfeuerungen (ſ. unter
ae) eine Vorrichtung zum
orerhihen der Verbrennungsluft fowie der brenn⸗
baren Gaſe. —
Regenerator (von Dr. Liebaut), ſ. unter Ge—
heimmittel VII, ©. 659,
Regengalle, f. unter Galle (meteorolog.). _
Negenmefler (Hyetomiter, Ombromẽ—
ter, Bluviometer, Udometer), ein Inſtru—
ment, um die Regenhöhe an einem Orte zu mefien,
d. h. zu beitimmen, wie hod) das . den Regen
während eines beſtimmten an Yahr, Tag,
Stunde u. I w.) auf den Boden aelangte Waſſer
ftehen würde, wenn basfelbe weder verdunftete
noch in den Erdboden eindränge. Die R. beitehen,
fofern fie nicht felbft regifteierende Inſtrumente
find, aus einem Gefäße, welches eine ſcharf be:
prengke Offnung von genau befanntem Querſchnitt
yat. Der auf die Fläche dieſes Querſchnittes fallende
Negen fammelt ſich in dem Gefäße, an dem nod)
häufig mannigfade Einrichtungen angebracht find,
um die Berdunftung der Niederſchläge zu verhin—
dern oder bie angejammelte Waſſermenge leicht
und bequem ablaften zu können, und wird dann
vermittelit eines Meßglaſes, welches gewöhnlich
fo eingeteilt ift, daß ein Teil desjelben ',, mm
Negenhöhe angibt, gemeſſen. Bei felbitregi:
ftrierendem Negenmeffer (f. unter Negi:
BENEOBPOrGEN] tritt an die Stelle de3 Meß:
alajes gewöhnlich die Beftimmung der Regenmenge
dur das Gewicht berjelben oder bie er. l
der Füllungen eines beſtimmten Heinen Gemäßes,
welches er jeder ganzen Füllung durch Verlegung
des Schwerpunftes umlippt und fo ein Zählwert
in Bewegung ſeht. —
Negenpfeifer (Charadrius) heißt eine Gattung
der Steljvögel mit lurzem, | arfipibigene Schna⸗
bel, langgerihten Naſenlöchern, ſchlanlen, dunnen,
an der Ferſe etwas verdidten Beinen mit drei
82 chen, fpigen Flügeln, kurzem, runden
Schwanz und meit weichem und büfter-braungelb:
lichen Gefieder. Sie niſten im Norden in Süms
fen und Mooren, wandern meift mit den Schnepfen
im Winter nad) Süden, nähren fid) von Inſelten
558 Regensburg — Negen: und Sonnenjhirmfabrifation
und Würmern und lafjen viel, befonders häufig | Waflerleitung. Über die Donau führt nad) ber
aber bei —— ug wa ‚ einen lauten Pfeifton | am linten Ufer liegenden Stadt am Hof (3392 €.)
bören, der ihnen den Namen gegeben. Gier und | eine fteinerne, von Heinrich dem Stolgen 1135—46
Steifch der R. find vortrefilich. Bei ung find be: | erbaute Brüde, weldhe 15 große Bogen hat, 347 m
fonders betannt der fehr weit verbreitete Gold: | lang und 8 m breit i . Der Strom bildet hier zwei
regenpfeifer (Ch. pluvialis), oben ſchwärzlich, Heine, mit Spaziergängen verfehene Inſeln, obere
mit hellen Golofleden, von der Größe der un . und untere Wörth, die durch dieſe Brüde verbunden
jinen, und ber etwas Heinere Morinell (Ch. mo- | werben. Bei der Stabt iſt dad Denkmal des Aftro:
rinellus), von lihtgrauer Farbe, mit hellgefledtem, | nomen Kepler, das 1817 Dalberg errichten ließ;
dunklem Obertopfe. eben felfigen Thalrand der Donau 10 kın unter:
Regenöburg, die Hauptitabt des bayr. Re: | halb R. erhebt ſich die Walhalla (1. ge:
gierungsbezitls Oberpfalz, Sitz der Kreisregierung, N. iſt eine der älteſten Städte chlands.
eines irt3amt3 Landgerichts, er ı Bon ben Römern erbaut und Reginum genannt,
einer Reihsbanfnebenftelle und eines Biſchofs, war fie ſchon im 2. ahrh. n, Ehr. ein Handels:
liegt in einem weiten, fruchtbaren Thale am red: | plag. Unter den Agilolfingern wurde fie, die
ten Ufer der Donau, wo dieſe den Regenfluß auf: | Hauptitabt Bayerns. Nach »er Entjegung biejer
ninmt, Station der bayr. Staatsbahnlinien R.: | Dynaftie aber, unter dem unmittelbaren Schub
Augsburg, Münden:Oberlogau und Paſſau⸗Nürn⸗ | der deutichen Könige, der Verwaltung eines Grafen
berg und zählt (1880) 34516 E., darunter 5995 | untergeordnet, erhielt fie, gleich andern Städten,
Proteitanten und 675 Juden. Die Stadt hat an: ; in welchen ſich anfehnliche ———
ſehnliche — * meiſt frumme, enge, unregelmäßige | fanden, die Benennung einer lönigl. Stadt. Be—
Straßen, daneben auch viele Dentmäler der Pracht: | reits 739 wurde das Bistum R. durch Bonifacius
baufunft, befonders des frühern Mittelalters. Man peRiätet, befiem Sprengel nahmal3 mehrere Drt:
zählt 12 Tath. und 3 prot. Kirchen, außerdem 3 Hd: ſchaften in Bayern und in der Oberpfalz, zuſam⸗
iter, Der Dom, im got. Stil jeit 1275 aufgeführt, | men 330 qkm umfaßte. Kaiſer Friedrich I. be:
üt ein Meifterwerk deuticher Baukunſt und Stein: | freite die Stadt aufs neue von der Botmäßigkeit,
bildnerei —— bie Vorderſeite aus dem 15. | welcher die Herzöge von Bayern ſie unterworfen
Jahrh.), im Innern 93 m lang, 38 m breit und bis | hatten, und erhob fie zur Freien Stabt. Im Drei:
40 m body, teilweile mit gemalten Fenſtern aus | Big —— Kriege wurde die Stadt 1633 vom Slur:
dem 14. und 15. Jahrh. Die bei der Reitauration fürften arimiltan von Bayern eingenommen, in
(1834— 38) durch König Ludwig I. geftifteten Fenfter | demielben Jahre von Bernhard von Weimar wie:
find von großer Farbenpracht. Die beiden ger: der erobert, 1634 aber wieder an die Staijerlichen
lihen Türme wurden 1860—70 von Dombau: | verloren. Ron 1663 an war fie bis zur Auflöfung
mceifter Denzinger audgebaut, Ferner find zu nen: | des beutichen Neich&verbandes 1806, mit einer nur
nen St. Emmeran, St. Jalob (12. Jahrh., Schot: | zweimaligen Unterbrechung, 1713—14 und 1740—
ten), Niedermünfter, Dominilanerfirche, die prot. | 44, der fortwährende Sih des Neichstags. Außer
Dreieinigleitöliche, das alte große Rathaus, ein | der Stadt und dem Biſchof hatten aud der Abt
düfteres, unregelmäßiged Gebäube, mit den Sälen, | von St. Emmeran und bie Abtiſſinnen von Ober:
in welchen 1663—1806 der deutſche Reichstag ſich und Niebermünjter Cik und Stimme im Reichs:
verfammelte, die königl. Villa, die — en | tage. Im J. 1803 wurden die Freie Stadt und
Neihsabteien St. Emmeran (begründet 652), Nie: | das Bistum zu einem Fürftentum erhoben, durch
der: und Obermünjter. Die Kirche der erjtgenannten | den — — dem Kurfürſten von
Abtei enthaͤlt das Grab König Ludwigs des Kindes Mainz, Karl von Dalberg, als Kurerzlanzler zu:
und des Hiftoriler3 Aventinus, Die chemaligen | geteilt und der vormalige erzbiihöfl. Stuhl zu
Kloftergebäude dienen jeht dem Fürften von Thurn | Mainz auf die Domlirche ge N. übertragen. In—
und Taris zum Wohnſiß, der diefelben bedeutend folge eine3 Beitrittö zum Rheinbunde ward fodann
erweitern und *55 auch die fürſtl. Gruft- der Kurerzkanzler Dalberg 1806 ſouveräner Fürſt
tapelle (mit der Chriftusftatue von Danneder und | und Herr von R. und erhielt den Titel FürſtPri—
mas, Als ihn aber 1310 Napoleon zum Großber:
308 von Frankfurt erhob, lam das Fürjtentum nebit
er Stadt an Bayern. Ungemein litt die Stadt
bei ber fünftägigen Schlacht in ihrer Nähe vom
19. bis 24. April 1809. Bol. Gemeiner, «Chronit
der Stabt und des Hodjitifts R.» (4 Bde., Regensb.
1819); Walberborif, «R. in feiner Bergangenbeit
und Gegenwart» (3. Aufl,, Regensb. 1876); Wei-
ninger, «Führer durch R. und defjen nächfte Um:
gebung» (8. Aufl., Regensb. 1886).
Negensburger Interim, |. unter Ynterim.
Regen: und Sonnenfchirmfabrifation, ein
Induſtriezweig, der fi aus der rein handwerks—
mäßig, öfterd als Nebengeſchäft der Drechsler be:
triebenen Schirmmacherei entwidelt hat. Die mich:
tigften Materialien, mit welchen dieſe Induſtrie
hübſchen Glasmalereien) erbauen ließ; der fühl.
Flũgel wird (1886) neu gebaut. Die 1862 jälulari-
ferte Schottenlirche ift wegen ihres Portals und
eigentümlichen Steinbilbwerts bemertenswert, Bon
hohem Intereſſe ift die 1885 wieder ——
Porta praetoria, das nõrdl. Thor der alten Römer:
ſtadt. Unter den Bibliothelen find die königliche und
vie Thurn und — 9 erwähnen. Bon Un:
terrichtsanſtalten befipt R. ein Lyceum mit einer
theol. und einer philoſ. Sektion, ſowie einem reich:
haltigen phyſik. Kabinett und einer Sternwarte;
ferner zwei bumaniftiihe Gymnafien, eine Real:
ſchule mit einer —— onn: und Feiertagsſchule,
eine landwirtſchaftliche Minterfchule. Bon gewerb:
lichen Anjtalten —* nennen eine Rübenzuder:,
eine Tabal:, eine Mafhinen: und eine Bleiftift:
fabrif, wei der bedeutendſten Buchdrudereien
Bayerns, Lichter: und Seifefabriten, bedeutende
Bierbrauereien und Brennereien. _fiberdie treibt
die Bevöllerung Schiffbau und Spebitionshandel
mit Holz und Getreide. Seit 1875 hat R. eine
arbeitet, ſind außer den verſchiedenen Webſtoffen
(Seide, Wollatlas, Zanella, Baumwolltaft und
andere Baumwollſtoffe) Holz, Horn, 36
Stahl und Draht. In neueſter Zeit find im Mecha:
nismus der Regen: und Sonnenschirme zahlreiche
Negenftauf — Regenzeit
Verbeſſerungen eingeführt worden, worunter na:
mentlic die jog. Selbftöffner zu erwähnen find.
Negenftanf, Marktfleden im bayr. erungs⸗
bezirk Dberpfalz, Bezirlsamt Stadt am Hof, links
am Regen, 15km nörblid von Regensburg, Station
der Linie Munchen-Regensburg-Hof der riſchen
Staatsbahnen, Sitz eines Amtsgerichts, zählt
(1880) 2094 E, und hat eine Schloßruine und eine
Dampfiägemühle, (f. d.) am Harz.
Negenftein, alte Bergfeitung bei Blankenbur
Regent (lat.) heißt das Staatsoberhaupt, wel:
nicht ald Beamten, wie einem Direltor oder
PBräfidenten, fondern ald Monarchen die oberjte
Zeitung der Staatsangelegenheiten zuftebt. In
einem engern Sinne verfteht man unter R, einen
Neichd: oder Landeöverweier, welcher in Berbin:
derung des Staatsoberhauptes, wegen Minder:
jährigteit, Gefangenschaft oder Geiſteskranlheit des:
felben die Regierung führt. So war Bhilipp von
Orleans ftatt de3 unmündigen Ludwig XV. R. von
Frankreich. Georg IV. führte bis zum Tode jeines
in Wahnſinn verfallenen Vaters, de3 Königs
Georg III. von S. den Titel Brinzregent,
desgleichen König ilhelm I. von Preußen wäh:
rend der Krankheit feines Bruders Friedrich Wil:
beim IV. Meiſt ordnet die Verfaffung ſelbſt an
wer zur Regentſchaft berufen werden foll; der Re
na der nad der Primogeniturordnung
nädjftberufene, großjährige, regierungsfähige Agnat
die Regierung; ausnahmsweiſe auch die Mutter
oder Großmutter. yr England beitinmmt das Bar:
lament die Rechte der Negentichaft. In neueſter
Heit wurde der Prinz Albrecht von Preußen 21. Okt.
1885 zum R. von Braunſchweig erwählt, um bis
zur definitiven Erledigung der durch den am 18, Dt,
1884 erfolgten Tod des Herzogs Wilhelm von
—— entſtandenen Erbfolgefrage die Ne:
gierung erzogtums zu übernehmen,
Stegenwalde, Stadt im preuß. Regierungs—
bezirk Stettin, Kreis Regenwalde, rechts an der
Neza, Sit eines Amtsgerichts, zählt (1880) 3370 €.
und hat eine landwirtſchaftliche Berſuchsſtation der
Bonmerjhen Olonomiſchen Geſellſchaft, eine Fabrit
für landwirtſchaftliche Maſchinen, eine Dampfwoll:
Ipinnerei und Weberei und ein Rettungshaus. Das
gleichnamige Rittergut hat 110 E. — Der Kreis
Regenwalde zählt auf 1189 qkm 48763 E. ; das
Landrat3amt befindet fich zu Labes (f. d.).
Regenwolfe, ſ. Nimbus. ,
Regenwürmer (Lumbricida) bilden eine Fa:
milie_der Gliederwürmer oder Anneliven (f. d.)
und find Grbwürmer, deren Körper wurmförmig,
559
nad) beiden Enden zugefpist und deutlich viel-
liederig it. Der Kor ift nicht geſchieden, ohne
ugen, Kiefern, Fühler und Fadenbündel, und an
den Körperringen ftehen nur wenige paarige Bor:
en in Gruben, die auf zwei oder vier Zeilen jeder:
eitö gereibt find. Der gemeine Regenwurm
(Lumbricus terrestris), rot, 8—16 cm lang, mit
80-120 durch eine Duerfurde geteilten Ringen
und kurzen Warzen mit ſteifen Borſten in acht
Reihen am Bauche, wählt Gänge in feuchter Gar:
tenerbe , kommt bei nafjer Witterung morgens und
abends heraus und lebt vorzüglih von Bflanzen:
ftoffen. Durch Dfenruß und friſche Gerberlohe, auf
der Oberfläche gejtreut, hält man ihn ab. Enten,
die in den Garten getrieben werden, fen die N,
gern. Tas befte Bertilgungsmittel ift öfteres Auf:
leſen am Morgen und Abend, wodurch zugleich bie
Maulwürfe ih zurüdziehen, deren vorzüglichſte
Nahrung die R. find. Die Familie der R.ſchließt
zablreihe Gattungen ein, wovon einige nur im
Waſſer oder im Schlamme der Gewäſſer leben.
Negenzeit. Der jührlide Gang der Regen:
menge ijt ın dem verjchiebenen Zonen fehr verfchie:
den. In den Tropen fteigt die Regenmenge mit
den Stande der Sonne. Da bieje Regenfälle
durch den aufiteigenden Luftitrom bedingt werden,
werden jie beim höchſten Stande der Sonne fo
bäufig, dab fie täglich wiederfehren und faft fo
lange anhalten, als bie Sonne über dem Horizont
ſich befindet, Nur nachts iſt die fallende Regen:
menge meijt eine geringere. So dauert die R.
mehrere Monate fort und wird von einer faft völlig
regenlojen Zeit abgelöft. Sie umfaßt einen Breiten:
ttel auf der Erde von größerer oder geringerer
usbehnung in den Tropen, wo die Sonne am
fteht, aljo eine Negion, wo feitliche Luft:
trömungen während der Dauer der R. fehlen und
fomit völlige Windjtille herrichen muß. (S. Kal:
men.) Wo die Sonne zweimal im Jahre jentrecht
ſteht, pflegen zwei N. einzutreten, fo &; B. in Java
7° nördl. Br., Guaiana 5° nördl, : t., Panama
8° nördl. Br. u.f.w. Die R. find meift verfchieden
an Dauer und rüden mit der Entfernung vom
Üquator einander näher, bis fie wiederum an den
Wendefreijen in eine zufammenfallen (3. B. Sierra
Leone 8° nördl, Br., Mauritius 21° füdl. Br.).
Lokale Änderungen werden durch Berfchiedenheiten
in den Quftitrömungen bedingt, jo 3. B. in der Ne:
gion der Monfune, j
Der Berlauf der R. (Angabe der Negenhöhe in
Millimeter) an einigen Orten geht aus folgender
Tabelle hervor:
—— —
Ort Geonraphiſche Breite FH 3 H elals|: 1218 & E g| Jahr
sjöj2l&l2|s|3 löl2 Jöläle
Mangalore ..... 13° nörbt, 14 5| 24 60 225 1008 9541 5008 20621910 40] 3125 mm
OH aan 30° fübf. 14011101130|130| 80| 30 50) 40 50 91150) 1000 »
PortsLonis...... 20° jübl. 9411462991131] 80) 53] 38] 22] 38/ 11] 18] 42] 972 »
Colombo ........ 7’ nördl. 148 834 41148 244 353 213 146 108 133 341 285 2241 »
Mittlerer Barana. | circa 26° fübl. 157200 200 210 200 140 100 501 77117511601 1750 »
Mabeirz. ...... 33° nördl. 11811551 75| 67! 371 30 15| 0 8| 301 6711421 744 »
Gabar3: 2.404. 15° bis 25° nörbl.| 35 en 30| 46) 40 30 161 71 40) 20| 322 »
!
560
Regeſten (lat.) find chronologiſch geordnete Ur:
lundenverzeihniffe mit Turzer Angabe des Inhalts
und des Ortes, wo fie aufbewahrt werben, oder des
Schriftwerls, das fie abgedrudt mitteilt. Sie er:
fepen den Mangel umfaſſender Sanımlungen und
bewähren ſich dadurch als wichtiges Hilfsmittel der
Geſchichtsforſchung. R. über die ältern deutichen
Kaijerurfunden haben Böhmer und Chmel geliefert;
diefelben werden jekt unter Fider3 Leitung neu be:
arbeitet und fortgeſeßt. Herausgegeben wurden:
von Böhmer die R. der Karolinger (Franff. a. M.
1833; erfegt durch Th. Sichels «Acta regum et
imperatorum Karolinorum», Bd, 2, Wien 1868,
und E. Mühlbaderd «N. der Karolinger», uns:
brud 1880 I von Konrad I. bis Heinri VII.
(Kranff, a, D. 1831; bis 1198 erfeht durch K. F.
Stumpf» Brentano, «Die Neihslanzler», Bd. 2,
4 Abteil., Innshr. 1865— 83); von 1198 bis
1254 (Stutta. 1849; erfeht durd die Neubearbei:
tung von J. Sider für die J. 1198—1272, Innsbr.
1881 fa.); von 1246 bis 1313 (Stuttg. 1844, mit
zwei Ergänzungsheften 1849 und 1857) und von
1314 bis 1347 (Franlf. 1839, mit drei Ergänzungs:
beiten 1841, 1846 und 102) : — mit Benuhung
von Böhmers Nachlaß die N. Karls IV. von A. Hu:
ber (Innsbr. 1877); von Chmel die R. Ruprechts
(Srantf. 1834) und Friedrichs III. (2 Bde, Wien
1538—40). Die päpftlihen R. («Regesta ponti-
ficum romanorum») wurden von Yalfe (bis zum
%. 1198, Berl. 1851; in neuer Bearbeitung durch
Cwald, Kaltenbrunner und Lömwenfeld) und von
Potthaſt (1198—1304, 2 Bde., Verl. 1875) heraus:
gegeben. Außerdem find noch viele R. über eins
zelne deutſche Länder, Bistümer, Städte u. f. w.
erichienen, über weldhe Dahlmanns «Quellentunden,
herausgegeben von Waib, Austunft gewährt. Un:
ter auswärtigen R. ragt Delisle, «Catalogue des
actes de Philippe-Auguste» (Bar, 1856) hervor.
Negge, lintsfeitiger Nebentluß der Vecht in der
niederländ. Provinz Dveryfiel, _ j
Reggio, ein altes Herzogtum in Ytalien, wel:
che3 gegenwärtig einen Beltandteil der Provinz N.
(2271,74 qkm mit [1881] 253486 €.) des König:
reichs alien ausmacht, hatte unter den Longo:
barden befondere Herzöge, war im 12. Jahrh. Re—
publit, wurde im 13, Jahrh. von den Wiartgrafen
von Cite unterworfen, lam dann nacheinander in
die Gewalt der Correggio, Gonzaga, Visconti
u. ſ. w., warb aber nad) der Eroberung Noms 1527
dur Kaiſer Karl V. wieder an das Haus Eſte
(Modena) gegeben dem es bis zur Anneltierung
Modenas durd Sardinien (1860) verblieb, mit
Ausnahme der Zeit von 1796 bis 1814, wo es erft
zur Cisalpiniſchen Republit, dann al3 Depari.
Croftolo zum damaligen Königreich Italien ge:
hörte. Napoleon I. ernannte 1809 den General
Dudinot (f. d.) zum Herzog von R.
—24 die Hauptſtadt der Provinz R., zum
Unterſchiede von R. in Calabrien, Negei onell’
Emilia genannt, das Regium Lepidi oder Le-
pidum der Römer, mittellat. Regia, am Flüßchen
Eroftolo und am Kanal Taffone, Station der Eifen:
bahn von Barma nad) Bologna und der Schmal:
fpurbahn R.:Ventofo, mit breiten Straßen, vielen
ogengängen und ke Gebäuden, der Sitz
eines Biſchofs, einer Präfeltur, eines Tribunals
eriter tan; und einer Handels⸗ und Gewerbelam:
mer, j Mr (1881) 19019, als ®emeinde 50759 E.,
bat ein biſchofl. Seminar, ein Lyceum, ein Mufeum
Regeſten — Regie
mit Naturalienfammlung des bier — Spal⸗
—— ———— — ein
ymnafium, eine techni ule, eine öffentliche
Bibliothek mit 56000 Bänden und 1066 Manu:
flripten, ein fchönes Theater, eine Citabelle mit
dem alten Schlofje, einen fehenswerten Dom aus
dem 15. Jahrh., mit zahlreihen Statuen von Ele
menti aus R., Schüler des Michel Angelo, und
viele andere Kirchen, worunter die ſchöne nna
della Ghiara, 1597 nad) Balbis Entwurf in der
orm eines griech. Kreuzes mit Rue erbaut, mit
esten von Luca Ferrari aus R., Schüler des
uido Reni, von Tiarini aus Bologna, von Lios
nello Epada u. a. Am Eingange zum (Municipio
befindet fi eine Marmorbüjte des hier geborenen
Generals Cialdini. Die Stadt hat jährlich im April
eine Meſſe, treibt Handel mit Seide, Mein, Neis,
Flachs, Hanfleinwand und Holz, ——— —*
bauholz, und befist nicht he ia e Seiben-
Hanfweberei. In. wurde Lodovico Arioſto 8. Sept.
1474 geboren, auch ift R. die Vaterftadt bes Aftro:
nomen Sechi. Etwa 20 km ſüdweſtlich liegen die
Trümmer des Schloſſes Canojja (f. d.).
Reggio, die Hauptitadt der ital. Provinz Ca:
labria ulteriore I. (jebt Reggio di Calabria
genannt, 3923,99 qkm und [1881] 375528 E,), das
griech. Khedion, ſeit Auguſtus Rhegium Juli
(j. — Im J. 410 n. Chr. belagerte die⸗
ſelbe Alarich, 549 eroberte fie Totilas, 918 bie
Sarazenen, 1005 bie —— 1057 Roger Guis⸗
card, 1282 Peter von Aragonien; 1542, 1558 und
1594 verheerten die Türken die panie Küfte. N.
wurde durch das Erdbeben 1783 fajt ganz
feitdem aber wieder neu und gut aufgeführt und
zählt (1881) 23682 (ald Gemeinde 38740) E, Die
Stadt ift Station der Bahnen QTaranto:R. und
R.Villa San:Giovanni, Siß der Präfeltur, eines
Erzbiſchofs, eines Tribunals erfter Inſtanz, eines
Handelstribunals, einer Handels: und
fammer, eines Gymnaſiallyceums und eines deuts
ſchen Vizefonfulats, Der moderne ftattlihe Dom
enthält 8* Grabdentmäler von zwei Erzbiſchofen
der DiöcefeR. Auf der Piazza Vittorio Ennmanuele
* ſich eine Marmorftatue der Italia von La—
ruſſa. Eine Hauptthätigleit der Bewohner iſt die
abrilation von Eſſenzen und wohlri
ern, namentlich von Bergamotti und Geb von
MWeinftein, Seidenwaren und Töpfergefdirr,
eführt werden Dlivenöl, Flechtweiden, getrodnete
ruchte, Seide und Wein, einge rt namentlich
— *33 * en und yo
egie (frz., ſpr. i Fran
unmittelbare —— zum Zwed ——
nußung einer Einnahmequelle, wie er Ba beim
Tabalsmonopol ftattfindet, während Zünds
hölzermonopol an eine Geielicaft verpachtet iſt.
Im 18. Jahrh. nannte man R. die Verwaltung
derjenigen indirelten Steuern, die nicht von den
Generalpächtern (f. d.) übernommen waren
diefem Sinne fam das Wort aud) —* Deutſch⸗
land, als Friedrich II. in Preußen die Äcciſe nach
franz. Muſſer einrichtete.
Beim Theater * man unter R. den Jube⸗
griff der Funktionen, die dem Reaiijens übers
tragen werden. Diefe Funltionen find bei den vers
ſchiedenen Theatern bald größern,
Umfangs. Bald liegt dem Regiffeur die und
Befehung der zu gebenden de ob, u
derjelbe nur der Direktion die Stüde, ſowie
.-TiTn HH s;’.m 2 2
Regierung — Negiomontanus 561
Veſehung vorzufcjlagen; jedenfalls aber hat er fle
in Scene zu ſehen, wobei e3 befonders darauf anz
tommt, daß dies im Stil und Charakter des auf:
zuführenden Dramas geichiebt, und daß die einzel:
nen Kräfte zu einem gemwiljen Ganzen (j. En:
femble) vereint werben,
Hegierung bezeichnet teils den Inbegriff der
Staatögewalt, im Gegenſaß zu dem Volle, alio
das Staatsoberhaupt nebjt den feinen Willen aus:
führenden Organen, teild biefe Organe allein, ges
trennt vom Souverän. Die lehtere Aurfaflung
findet insbeiondere in der Republik ftatt, zumeilen
auch in der konftitutionellen Monardjie tnfofge der
fertig and des Monarchen und der Ber:
antwortlichleit feiner Minifter. In Frankreich ftellte
Thiers unter Ludwig Philipp den Sab auf: der
König herrſcht, aber regiert nicht, d. b. er hat die
formelle oberjte Entfcheidung, aber materiell follen
bie Minifter regieren, weil he allein für die Hand:
lungen der N. verantwortlich find. Indeſſen iſt
die Unterfcheidung in der Monarchie nicht durd):
zuführen, weil N. zum Weſen der monarchiſchen
Gewalt gehört. In den Beziehungen nach außen
eh die Unterfcheidung nicht ftatt; hier bedeutet
die Verkörperung und Bertretung des Staat,
als eines —— egen andere Staaten. an
manden Staaten beselönet man mit N. einzelne
Behörden, jo in Preußen die Verwaltungstollegien
der einzelnen Bezirke, Unter Re gi erungsgewalt
verjteht man bald bie gelamte taatsgewalt, bald
nur den Inbegriff der Verwaltungsbefugniſſe.
Regierwert eg die gefamte Konftruftion ber
Regiiterzüge an einer Orgel, dur) die die einzelnen
Stimmen zum Tönen oder Schweigen gebracht wer:
den, Zum R. gehören daher: die Schleifen oder
Parallelen der Windladen, die Regilteritangen,
Wippen, pneumatiſchen Regifterhebel und die Ne:
güterfndpfe Manubrien). Jedes Manual und Pe:
dal beanspruchen für ihre Regiſter ein eigenes N.
Negillo da Bordenone, |. Pordenone.
Regillus hieß ein Heiner See öftlich von Nom,
deſſen Name durch die nad) der Tradition in feiner
Nähe 496 v. Chr. gelieferte Schlacht berühmt wurde,
in welcher die Römer unter Aulus Poftumius die
Latiner, welche den vertriebenen König Tarquiniug
Superbus unterftügten, geichlagen und damit den
Veftrebungen des leptern, die Rudlehr nah Nom
zu erzwingen, ein Ziel oefeht haben follen. €3 ift
nicht befannt, weldyer von den vorhandenen Eeen
den Namen X. übrte.
Negiment (frz.) ift eine jelbftändige, aus einer
Zahl von Bataillonen, Estadrons oder Batterien
zujammengejebte mins: Danach gibt es In—
tanterie:, tavallerie: und Artillerieregimenter. Er:
ftere haben meiſt 3 Bataillone; bei der Kavallerie
abtt 38.4, 5,6 (früher ſogar 10) Estadrong;
der Artillerie gibt e3 Feld: und Feltungs:, von
den erftern Zub und reitende R.; doc find die ver:
ſchiedenen Batterien in einigen Armeen auch in
einem N. vereinigt, 3. B. in der preußiſchen, deren
———— entweder aus 1 reitenden
bteilung und 2 Fuß: oder nur aus 2 Fußabtei—
lungen beftehen. Name R. kommt Ichon im
16. Jahrh. vor, bezeichnete aber damals keinen Körs
ger von beftimmter Stärle, jondern nur eine be:
liebi bl von Fahnen, —8 oder Reiterei,
wel en Befehl oder «Negiment» (daher der
Name) eines Kriegsoberften unter Verleihung ge:
wiſſer Rechte, 4. B. Ernennung von Offizieren,
Eonverfationg«Legiton. 13. Aufl. XIIL
untergeben war. Allmählich verlor ſich aber diefer
Begriff und das N, erhielt feine beſtimmte Stärle
und Gliederung.
Regiment de la Calotte, ſ. Galottijten.
Negino, einer der beiten deutichen Ghroniften
des Mittelalters, foll zu Altrip am Rhein geboren
fein ind. wurde 892 Abt des Klofters Prüm in der
Eifel, Infolge der polit. Parteilämpfe 899 ver:
trieben, begab er ſich nad} Trier, wo er 915 ftarb,
Der Erzbiſchof Natbod bediente ſich feines Rates
bei der Leitung feines von den Normannen wieder:
holt heimgeſuchten, verwüfteten und verwilderten
Sprengels; auf feinen Wunſch verfaßte N. das
Wert «De synodalibus causis et disciplinis ec-
elesiasticis» (berausg. von Wafferfchleben, Lpz.
1840) und zur Neform des Kirchengeſangs fein
Bud) «De harmonica institutiöne » raus von
Goujfemaler, «Seriptores de Musica Medii Aevi»,
Bd. 2, Bar. 1867). Seine Chronik bis 906 war
lange Zeit die beſte Weltgeſchichte, welche man
*— Für die ältere Zeit eine robe Zufammen:
ellung befannter Quellen und an ————
jede verwirrt und chronologiſch fehlerhaft, gewinnt
ie an Wert, wo er jeine eigene eit erreicht und
von Lothringen fpricht. Die Chronik wurde heraus:
gegeben von Berk in ben «Monumenta Germaniae»
(Bd. 1, 2p3. 1826) mit der Fortfehung bis 967,
welche für die deutſche Geſchichte von fehr großem
Wert ift, und vermutlich von Adalbert, dem erften
Erzbiſchof von Magdeburg, berrührt. Cine gute
Uberſehung der Chronik iſt von Dümmler (Berl.
1857), der Fortfegung von Büdinger (Berl, 1858).
Reginum, der röm. Name von Regensburg.
Regiomontänns, eigentlich Daran Müls:
ler, verdienter Diathematiter, geb. zu Königsberg
in Franken 6. Yuni 1436, Bildete fd feit 1451 un:
ter dem berühmten Mathematiler ur Arm Peur⸗
bach und lehrte dann mehrere ze indurch die
Mathematik mit großem Beifall zu Wien. Sein
Wunſch, die griech. Sprache zu lernen, bewog ihn,
1461 mit dem Stardinal Befjarion nad) Jtalten zu
gehen. Nach feiner Rüdkehr aus Italien lebte er
am Hofe des ungar. Königs Matthias Corvinus,
bis er ſich 1471 zu Nürnberg niederlieh, wo er in
Verbindung mit Bernd. Walther ftand_und eine
Buchdruderei anlegte, die wegen der Korreltheit
der darin gedrudten Bücher berühmt iſt. Er wurde
1474 von Bapft Sirtus IV. zum Biſchof von Res
gensburg ernannt und zugleich wegen der Kalenders
reform nad Rom berufen. Hier ftarb er 6. Juli
1476, nad) a an der Peſt, nad) andern cr»
mordet von den Söhnen des Georg von Trapezunt,
die ben zyup ihres Vaters, in deſſen fiber:
fehungen R. grobe Fehler aufgededt hatte, rächen
wollten, N. war in Deutſchland der erfte, der jid)
mit Eifer dem Stubium und der Berbefjerung der
völlig vernachläſſigten Algebra widmete. Der Tri:
gonometrie gab er höhere wifjenfchaftliche Volllom⸗
menbeit und führte den Gebraud der Tangenten
ein. Auch die Mechanik verdankt ihm viel, Seine
Schriften über Waflerlettungen, Brennſpiegel, Ge:
wicht und andere ähnlidhe Gegenftände zeugen von
vielumfafiender Gelehrſamleit und feltenem Scharf:
fin, Seine aftron. Veobachtungen: «Ephemerides
ab anno 1475—1506» (Nürnb. 1474), fortgejeht
von Bernd, Walther, der nach N.’ Tode deſſen Pa:
piere kaufte, und herausgegeben von Schonerus
Nurnb. 1544), find fehr genau und erwarben ihm
großen Ruhm, Bon feinen übrigen Schriften find
36
562
die wichtigern: das «Calendarium», in lat. und
deutfcher Ausgabe (Nürnb. um 1473), «De doetrina
triangulorum» (Vened. 1463), «De quadratura
eircuii» (1463), « Dialogus contra Gerhardi Cre-
monensis in Planetarum theorias deliramenta »
(Nürnb. 1475), «De reformatione calendarii»
Vened. 1484), «De cometae magnitudine longi-
tudineque» (Nürnb, 1531), «De triangulis omni-
modis» (Nürnb. 1533), «Tabulae directionum pro-
fectionumque in nativitatibus multum utiles»
(Vened. 1585). Pol. Ziegler, «R., ein geijtiger
er des Columbus» — 1874).
Reg „Stadt in ber ſächſ. Kreishauptmann—
ſchaft Leipzig, Amtshauptmannſchaft Borna, linls
an der Bleibe, hat (1850) 814 E., Braunkohlenlager,
Gemmjebau und eine Gifenwarenfabrif. Der Drt
erhielt 1824 Stadtredt. ,
Regiſſeur, ſ. unter Regie.
Regiſter (entitanden aus dem mittellat. Worte
regesta) heißt im allgemeinen ein Verzeichnis, 5. B.
der Eingaben, welde bei einer Behörde gemacht
werden, ober ber mündlich angebrachten Sachen,
und daher regiitrieren foviel als eintragen.
Regiſtrator beit derjenige Kanzleibeamte, wel:
cher das Eintragen und die Aufzeichnung der eins
gelaufenen Sachen zu beforgen hat; Negiftrande
iſt das angefertigte Verzeichnis der gemachten Ein:
aben; Negiftratur die Aufzeichnung des mümb:
ich Angebradten. Jede Regierung, jeder Magiftrat
hat für die Regiſtratur eigens angeitellte Beamte.
Die Negiitraturmwiffenichaft ut der Inbegriff
—— Regeln, nach denen ein hauptſächlich aus
gerichtlichen oder, wiſſenſchaftlichen Akten beftehen:
de3 Archiv, fowie die Sanımlung der faufenden
Alten zu oronen und zu erhalten iſt. Dieſelbe iſt
eine Unterabteilung der Ardivmifjenichaft. fiber:
fichtlichkeit,, fowie eine dem Inhalt der Alten mög:
lichſt entfprechende Dispoſition find die hauptiäd;:
lichten Geſichtspunlte, die hierbei den Negiftrator
leiten müjjen. —— it Regiſter ein alphabetiſch
eordnetes Inhaltsverzeichnis bei Büchern; das—
Peibe kann entweder Sad: oder Wortregiiter fein.
In der Muſil bedeutet R. foviel wie Fach oder
Abteilung des Gleichartigen. Bei der menſchlichen
Stimme bezeichnet man durch R. die verſchiedenen
Lagen der Töne oder der Gattungen der Stimme.
Die ſog. Bruſtſtimme oder dad Bruſtregiſter
gibt die Töne (beſonders die tiefern) an, die einen
vollen Klang haben, dem Gefühl nach aus der Tiefe
der Bruſt hervorlommen und dem Sänger am
leichteften werden; die andere Art, die jog. Kopf:
ftimme oder Kopfregiſter, bringt die Höhern und
höchſten Töne hervor, die alle nur einen zartern,
feinern Klang haben und erſt burch viele Übungen
Stärle gewinnen und in der Kehle zu entftehen
ſcheinen. Die Töne der Kopfitimme entitehen durch
teilweife Verſchließung ber Stimmrike und heißen
namentlich bei männlichen Stimmen Faljett oder
Fiftel; die Gefamtzahl der fo hervorgebrachten
Töne nennt man das Yalfettregiiter. Bei der
Drgel oder dem Harmonium nennt man R. die zu '
beiden Geiten der Klaviatur oder die über dem No:
tenpuft angebrachten, mit weißen Porzellanplätt:
en verfehenen, gewöhnlich ſchwarz policrten
Knöpfe. Dieſelben heißen, da fie mit der Hand
heraus an er oder eventuell hineinzufchieben find,
auch Dianubrien. Auf dem weißen Plättchen fteht
mit ſchwarzer Schrift der Name des R., oder, was
dasjelbe ift, der einer Orgelftimme, Der Regiſter—
Negis — Negiftrierapparate
Inopf bewegt einen Mehanismus an ber Drael,
der dazu dient, die Schleifen in den Windladen an:
zuziehen oder en Wird der Negilterfnopf
abgejtoßben, fo find die Windlöcher zu den Pfeifen
durd die Schleife verdedt; der Wind lann mun
nicht in die Pfeifen ausitrömen und diejelben kön:
nen nicht erklingen. Wird der Reniiterfnopf ber:
ausgezogen, fallen bie in den Schleifen befindlichen
Löcher mit denen in der Windlade und Pfeifen:
jtöden zuſammen; die Orgelpfeifen fönmen nun, jo:
bald der Spieler durch Niederdrüden der Taften die
Ventile der Windlabe öffnet, erllingen. Die R.
bes Harmoniums find weit einfacher in der ganzen
Unlage. (S. Bungenwerle.)
Im ‚beißt Desike: bie Quartaföred;:
nung, welde in zwei ober brei Mbfchnitte me:
teilt iſt und die Lohn:, Materialien: und Natural:
rechnung, Aufitand und Grubenberidt und das
ntarium enthäft.
ifter, foviel wie Rauchſchieber; an ber Pa-
tronendrehbanl ein feſtliegendes Muttergewinde.
Regiſterhafen, ſ. Heimatshafen.
Regiſterton, ſ. unter Laſt.
Regiſtrierapparate nennt man verſchieden⸗
artige Vorrichtungen, mittel3 deren Beobachtungs⸗
refultate felbitthätig zugleich mit ven Bro ng&-
eiten verzeichnet werden und die in ſpeziellen Mu:
ahrımgbiormen in der Phyſitl, Phyſiologie, Me:
chanik, Balliſtik u. ſ. w Anwendung finden.
Die meteorologiſchen Regiſtrierappa—
rate zerfallen in zwei Klaſſen: in ſolche, nur
alle20, 10 0der5 Dimuten eine Aufzeichnung machen,
und in foldye, melde das betreifende meteorole,y.
Glement fontinuierfih zur Anſchauung bringen.
Die a ee Aufzeihnung geitaltet ih am
einfachſten bei ber Regütrierung bes Sonnenſcheins,
indem es bier zur Dlarkierung ber Zeit einer be—
fondern rapie Sram bedarf. Das durd eine
Kugellinſe erzeugte Sonnenbild wandert auf einem
balbkreisförmig gekrümmten Bapierftreiien dabin
und binterfäßt an den Stellen, auf denen es bei
unbededtem Himmel zu Stande fommt, eine einge:
brannte ze während diejenigen Zeile de3 Strei-
fens, welde dem Laufe der Somne bei bevedtem
Himmel entipredhen, intaft bleiben. In allen übri-
gen Fällen der Regiftrierung bedarf man eincz
Uhrwerls, durch welches entweder eine Bapier:
fläche oder dergleichen regelmäßig fortbewegt wird,
während fentrccht zu deren Bewegungsrichtung der
betreffende meteorolog. Apparat eine der Markie—
rung fähige Bewegung veranlaft; ober ber
meteorolog. Apparat bewirkt die Bewegung ter
Screibfläce, während dann das lihrwerl den
Markierſtift gleihförmig darüber hinführt.
Bei einigen meteorolog. Elementen, namentlich
dem Erdmagnetismus und ber eg it
die die Apparate in Bewegung fehende Cnergie
cine fo geringe, bab die Aufzeihnungen nyr mit
Hilfe des Lichtſtrahls geichehen können; in biejen
Fällen ift man daher gegwungen, die Regütrierung
auf photographiſchem Wege zu bemirlen. Obgleich
dieje Methode ſehr viele Unbequemlichleiten und
Undtände verurſacht, fo zeichnet fie fih dagegen
durch völlige Kontinuität der erlangten Photo—
gramme aus. Den legtern Elementen fteht der
Wind wegen feiner großen Siraftentwidelung gegen-
über, deshalb ift die Verzeichnnng desfelben, noch
Drud, Geihwindigkeit und Richtung mit nur ge
ringen Umftänden vertnüpft. Dasfelbe it, men“
Regiftrieren — Negnaud de Saint-Jean d'Angely
Auch in etwas geringem Maße, beim Regen ber
I, und iſt dejjen Regijtrierung daher auch ziem:-
ich einfach, zumal bei deiien mehr lofalem ie
ralter große Genauigkeit nicht erforderlich. . Ahn:
liches gilt von der allerdings feltener pur Ausfüb:
rung fommenden Negiftrierung der ——
Anders —— verhält es ſich mit den Aufzei
nungen der Zemperatur, des Luftdruds und der
atmoiphäriichen Feuchtigkeit; troß geringerer Be:
wegungsenergie wird bier eine große Genauigkeit
gefordert, weshalb häufig die photographifche Me:
thode (3. B. in England) zur Anwendung fommt.
Die in neuerer Zeit in Deutjchland benukten Appa:
rate beruhen meiſtens auf dem Prinzip der Wage
und gejtatten wie die legtern, mit Ausnahme eini:
ger älterer Konjtruftionen, eine fontinuierliche Auf:
Ben während bei andern Apparaten (jo 5.8.
Npitelber beichen und Schreiberſchen Meteoro:
graphen, ſ. Ryfielbergbe) vermöge elektriſcher
oder rein mean. Einrichtungen der Stand der
meteorolog. Inſtrumente nur von 10 zu 10 oder
20 zu 20 Minuten erfolgt.
enn ein meteorologiſcher R. den gegenwärtig zu
ftellenden Anforderungen entiprechen Di, muß er
etwa den folgenden Bedingungen gras: 1) Der
Apparat fol felbftändig fein und, einmal einge:
richtet, die Grinittelung des betreffenden Elements
ohne Au ilfenabme anderer Inſtrumente geftatten.
2) Der Apparat foll kontinuierliche Aufzeichnungen
be3 betreffenden meteorolog. Elements liefern, fo:
dab das für das Studium gemifler atmojphäri:
ſcher Phänomene wichtige Detail deutlih und in
reiner charalteriſtiſcher Form bervortrete, 3) Die
von dem Apparat gezeichnete Kurve foll jederzeit
volllommen getreu den Gang bes betrefjenden Ele—
ment zur Paritellung bringen, damit fie ohne
jede Rebuftion in die entiprechenden Zahlenwerte
umgefept werben könne. 4) Hoͤchſt wunſchenswert
ijt ferner, daß die an irgend einem Orte ftattfin:
dende Regijtrierung auf elettriihem Wege ih auch
an andere Orte direlt übertragen läßt. Die nähere
Beichreibung der einzelnen hierher gehörigen Appa—
rate findet ji unter den betreffenden Stichwor—
ten (Anemograpb, Negenmesfer, Thermo:
graph, Wagebarograpd zxc.).
n der Technik find derartige Apparate gleich—
fall3 vielfah in Gebraud), } B. als Chronogra:
phen, Dynamographen, Indikatoren, an Gasdruck—
Sontrollapparaten, Geſchwindigleitsmeſſern, Ma:
nontetern. (Bal. auch Zählwerte,)
Regiſtrieren, ſ. unter Regiiter.
Reglement (frz), im allgemeinen Dienitvor:
ſchrift oder —— wobei die nähere
Bezeihnung angibt, für welden Zweig. Militärifch
verjteht man darunter vorzugäweile das Crer:
ierreglement, welches die Vorſchriften für Auf:
tellung, Bewegung und —— der ein—
zelnen Truppengattungen ſowohl für die Detail:
ausbildung als für die formierten Abteilungen bis
zu den größern Heerförpern enthält. Die erjte Ber:
ordnung dieſer Art erließ 1597 Morik von Dra-
nien für die Handhabung der Pilen und Musleten.
Neglement3 wurden nötig, als die Heere ſich nicht
allein dur mafjen eübte Söldner, fondern auch
durch ungeübte Nekruten ergänzten. Neben dem
Grerzierreglement gibt es für andere militäriiche
und bürgerliche Dienft: und Berwaltungszweige,
3. D. den Machtdienft, die Verpflegung, das Hajjen:
wejen, den Poſtdienſt zc., befondere Heglements.
563
Negletten beißen in ber Buchbruderkunft die:
jenigen Durchſchußſtücke, welde länger al3 ein
Quadrat (Kontordanz) find und dazu dienen, um
die einzelnen Zeilen weiter voneinander zu trennen;
man benubt verfchiedenartig Starke Bleiteile, je nady:
dem man die Zeilen mehr oder weniger weit von:
einander abſtehen lafjen will.
Regliſe, ſ. Baite.
‚Regnard (‘can Frangois), franz, Luſiſpiel⸗
dichter, neb. im Febr. 1655 zu Paris, bildete fich
—— lich auf Reiſen und wurde bei feiner Rüd:
ehr aus Italien (1678) von Seeräubern gelonoen,
nad) Algier gebracht, aber losgelauft. Seine Gr:
lebnijje erzählt er in «La Provengale», welcher
Zitel fi auf_eine jhöne Provencalin bezieht, die
mit ihm die Sklaverei geteilt hatte. Später benab
i . nad Dänemark und Schweden, wo ihn
Karl XI. zu einer Forfchungsreife nach Lappland
ermunterte. R. unternahm die Neife in Geſell—
Ihaft zweier Landsleute, Fercourt und Gorberon,
und fam bis an die Hüfte des Eismeers. Hierauf
tehrte er nah Stodholm zurüd und reifte 1683 über
Bolen, Ungarn und Deutſchland wieder nach Baris.
Gr lebte einesteils bier, teils auf feinem Schloſſe
Grillon (Depart. Seine:Dife) und ftarb 4. Sept.
1709. Bon feinen 25 dramatiſchen Arbeiten beftebt
ein Zeil in für das Theätre Jtalien verfaßten und
fizzierten Harlefinaden, nur zehn feiner Luftipiele
find im höhern Stil verfaßt und haben zum Teil
Molitres Charaktertomödien zum Vorbild. Die
regelmäßigen «Les Mönechmes» (1705) nach Blau:
tus, «Le lögataire universel» (1708) und «Le
Joueur» (1696) haben ſich auf der franz. Bühne er:
halten. Sie find reich an drolligen Figuren, fomi:
hen Situationen und an Wis. Bon den zahl:
reihen Ausgaben feiner gefammelten Werte find
die vorzüglichiten die vom Ya (5 Bbe., Rouen),
von Germain Garnier (6 Bde., Par. 1790), Ma:
radan (4 Bde., Bar. 1790), Didot (4 Bde, Fre
1820), Grapelet (6 Bde., Bar. 1822), Michiels
(2 Bde., Bar. 1854), Moland (Bar. 1875).
Negnaud de Saint:Jean d’Angely (Augufte
Michel Marie Etienne, Graf), franz. Marſchall, geb.
29. Juli 1794 p Paris, trat in die Kavallerie und
wurde im Feldzuge von 1812 Offizier. Nh den
folgenden Feldzügen leiftete er Adjutantendienite,
namentlih beim General Gorbineau, der ſich mit
der Neiterei in der Schlacht bei Kulm durchſchlug.
Nach der Nüdlehr Napoleons von Elba wurde cr
1815 als Kapitän unter bie Ordonnanzoffiziere des
Kaiferd aufgenommen und im Gencralitabe ber
Kaijergarde auf dem Schladhtfelde von Waterloo
pen Major ernannt. Aus der Armeelifte nad) der
teitauration geitrihen, organifierte er 1825 als
Philhellene in Griechenland mit Fabvier eine Rei—
tertruppe, lehrte jedoch 1828 nad) Frankreich zurüd
und nahm im Generalitabe an der Erpedition bei
Marſchalls Maifon nad Morea teil. Unter der
Julidynaſtie ftieg N. 1831 zum Oberft und 1842
zum Generalmajor auf. Nach der ——————
tion von 1848 wurde er Mitglied des Kriegs—
fomitee, nad den Junitagen Divifionzgeneral und
nahm im April 1849 an der Belagerung von Ron:
unter Dudinot teil. Er war 19. bi8 24. an. 1851
Kriegsminiſter, und nad) dem Staatsſtreich wurde
er 27. jan. 1852 zum Senator, im Mai zum Ge:
neralinipeltor ber Stavallerie und 1854 zum Kom
mandanten der Kaifergarbe ernannt. Im Orient
kriege befehligte er das Nefervelorps in der Krim.
36*
564
im ital. Kriege 1859 die Kaifergarbe, an beren
Spike er auf dem Schladhtfelde von Magenta zum
Marſchall von Frankreich ernannt wurde, Er ftarb
2. Febr. 1870 zu Cannes, j
egnault (Henri Victor), ausgezeichneter franz.
Thyfiter, geb. 21. Juli 1810 zu Aachen, trat als
Kommis in das unter dem Namen «Le Grand
Gonde» beftehende pariier Modewarengefchäft, bes
ſchaftigte fich in feinen Mußeſtunden wi enichaftlic
und brachte es jet» daß er 1830 in die Polytech⸗
nifhe Schule aufgenommen wurde, Er verlieh
diefelbe 1832, um im Bergbau ein Amt anzuneb:
men, das ihn einige Sa von Paris entfernt
ielt, und wurde dann Profeſſor zu * Als
ſolcher zog er durch ſeine vortreffliche Abhandlung
aus dem Gebiete der organiſchen Chemie: «L’action
du chlore sur l’ether chlorhydrique», die vr
merlfamteit der wiſſenſchaftlichen Welt auf ſich,
was zur Folge hatte, daß er 1840 an Stelle Ro:
biquet3 zum Mitglied der Alademie der Willen:
ſchaften in der Abteilung der Chemie erwählt und
zum Profeffor an der Polytechniſchen Schule er:
nannt wurde, Im folgenden Jahre erhielt er einen
Lehrſtuhl der Phyfit im nr de France, wurde
1847 Ingenieur:en:Chef des Bergbaumwefens und
1854 zum Direltor der Porzellanmanufaltur zu
Store3 ernannt. In diefer Stellung’ ftarb er
19, Jan. 1878 zu Autenil, Mit Ausnahme eines
«Cours &lömentaire de chimie» (4 Bde,, mit Ab:
bildungen im Tert, Bar. 1849—50, 14. Aufl. 187 1)|9
und eines Auszuge aus diefem Werke: «Premiers
el&ments de chimie» (Par, 1850; 6. Aufl. 1874;
deutich von Streder: «R.-Streders kurzes Lehrbuch
der Chemie», bearb. von Wislicenus, Bd. 1,10, Aufl,
Braunſchw. 18815 Bd. 2, 6. Aufl,, 1876), hat R.
feine fämtlichen Arbeiten in Spezialfamınelmwerten,
namentlich in «Annales de chimie et de physique»
und «Comptes rendus de l’Acad&miedes sciences»
veröffentlicht. Die wichtigiten bilden den 21. Band
der «Mömoires de l’Acad6mie des sciences»,
Negnault (Henri), franz. Hiftorienmaler, geb.
zu Paris 31. Oft. 1843, trat bereit3 im Alter von
16 Jahren mit trefflihen Zeichnungen und Illuſtra⸗
tionen hervor. Unter den hervorragenden Metitern
jener Zeit hatten beſonders Lamotte und Cabanel
auf ihn Einfluß. Sein Konfurrenzbild des Corio:
lan, zu welchem die rön. Frauen ala Bittende ge
fommıen find, 1863, erregte zwar vieles Intereſſe,
doch gelang es ihm erft drei Jahre darauf, mit feis
nem Gemälde der Thetis, welche dem Achill die
Waffen bringt, den Rompreis zu erlangen. _ Er
lebte nun ig Zeit in Jtalien, dann in Spa:
nien, wo er Bildnijie und biftor. Kompofitionen
entwarf; darunter befand fich ein Porträt des Ge:
nerals Prim. fiber Algier nad Italien zurädge:
kehrt, vermeilte er feit 1869 in Rom. Sein bedeu:
tendites Werk, welches nun erftand, war eine Au:
dith, die bei der Ausitellung in Paris feine Be:
Bu begründete. Realiftiiche Kraft, vollendete
Lebenswahrheit und ein gefunder Sinn für die
Farben find feine Vorzüge. Nach Frankreich zus
rüdgelehrt, erregte er 1870 grobes Aufichen mit
feiner Hinrichtung zur Zeit der Maurentönige in
Granada. N. fiel als Nationalgarbdift bei Buzanval
19. Jan. 1871. Vgl. Gazelis, «Henri R., sa vie
et son @urre» (Par. 1871), Tuparc gab (Par.
1873) feine intereliante Horreipondenz heraus. :
Reguier (Claude neu): Herzog von
Maffa, Großrichter oder Juftizminifter des Kai:
Negnault — Regnier (Frangois Seraphin Desmarets)
—* Napoleon J., geb. 6. April 1736 zu Blamont
n Lothringen, war beim Ausbruch der Franzöſiſchen
Revolution Advolat in Nancy. Vom Bezirk dieſer
Stadt in die Nationalverfanımlung abgeordnet,
wirkte er, meift in den Kommiſſionen, in gemäßig:
term Sinne. Nah dem Fluchtverfuch des Königs
ſchidte man ihn in die Depart. des a und der
Dealer, um bie Ruhe aufrecht zu erhalten. Nach
der Auflöfung der Konftituierenden Berfammlung
og er ra aufs Pand zurüd. Im J. 1795 trat er
he das Depart. Meurtbe in den Nat der YAiten,
wo er feine Schautelpolitif fortfehte. Im J. 1799
wiedergewählt, unterftühte er Bonaparte in dem
Staatsſtreich vom 18. Brumaire und wurde Mit:
glied der Kommilfion, welche die Berfaflungss
änderung vorbereitete. Bonaparte verlieh ihm
25. Sept. 1802 da3 Minijterium der Juſtiz mit
dem der Polizei unter dem Titel eines Großrich⸗
ters (grand-juge), Indeſſen mußte er die Bolizei
nad Gadoudals Rei an Foude abtreten. Na:
—* erhob ihn 29. Sept. 1809 zum Herzog von
aſſa. Im %. 1813 übernahm R. die Graf
dentſchaft im Gefepgcbenden Körper. Mit der
erften Reftauration verlor R. feine Umter und ftarb
24. Juni 1814.
Sein Sohn, Silveftre R., früber Graf von
Gronau, dann Herzog von Mafia, geb. 31. Dez.
1783, war beim Tode des Baters SBräfett vom
Depart. Dife. Weil er fi weigerte, während der
unbert Tage in die Dienite des Haifers zu treten,
erteilten ihm die Bourbons 1816 die Pairswürde.
Er ftarb 20. Aug. 1851.
Regnier (Francois Seraphin Desmarets oder,
wie er ſchrieb, Deömarais), ald Orammatiter ge:
ſchäht, geb. zu Paris 13. Aug. 1632, befuchte von
1640 bis 1647 die Schule zu Nanterre und ftubierte
dann im College Montaigu Pbilofopbie und alt:
Haffiiche Litteratur. Schon in diejer Zeit überjegte
er den «Frofhmäufelrieg» in franz. Berfe. Der
Herzog von Erequi nahm ihn 1662 als Sefretär
mit nad Nom, wo er die ital. Sprache ſich jo zu
eigen machte, dab die Crusca eine feiner Oden für
ein Werk des Petrarca hielt und ihn zum Mitglied
aufnahm, Im 36. Jahre trat er, da ihm das
Priorat von Grand: Pont übertragen war, zum
eiftlihen Stande über, und 1670 wählte ihn die
ranzöfifche Aladentie zum Mitglied, deren beftän:
diger Selretär er 1684 nad) dem Tode Mezerais
wurde. Ihm vorzüglich wurde die Herausgabe
de3 «Dictionnaire de l’Acadömie» übertragen,
von dem 1694 die erſte Ausgabe eridien. Wichtige
Dienfte leiftete er der Akademie in dem Streite mit
Fuxetiere, der ſeines «Dietionnaire» wegen von
diefer gelehrten Korporation ausgefhloflen wurde.
Auch ift R, Verfafier der im Namen der Atabemie
erichienenen «Grammaire frangaise» (2 Bde., Par.
1676). Seine «Histoire des demöles de la cour
de France avec celle de Rome, au sujet de l’af-
faire des Corses» (Par, 1707) ift zwar aus Drigi:
nalalten eeihönlt, ermangelt aber des echt bijtor.
Geiftes. Zu feinen befiern Arbeiten gehören die
überſehungen von Cicero «De divinatione» und
«De finibus bonorum et malorum» (Par. 1720 u.
1721), aud die ital, Überſetzung des Anakreon
(Par. 1693 und dann 1694, mit den Nahbildungen
von Gorfini und Salvini), Seine Gedichte gab er
unter dem Titel «Po6sies frangaises, latines, ita-
liennes et espagnoles» (Bar. 1708; neue Aufl.
1716 und 1750) heraus. R. ftarb 6. Sept. 1713,
Negnier (Jacques Augufte Adolphe) — Negredient:Erbin
Regnier. (Sarquen Augufte Adolphe), franz.
Poilolog, geb. 7. Auli 1804 zu Mainz, war‘ feit
1823 Lehrer an verſchiedenen böbern Lehranitalten
in Frankreich, wurde dann Lehrer der beutichen
Sprade und Literatur an der Normaljdjule .in
Paris und 1843 —— des Grafen von Paris,
den er nach der Februarrevolution ins Ausland
begleitete. Seit 1853 wieder in Frankreich, wurde
er 1855 Mitglied der Alademie der Infchriften und
1873 Bibliothekar des Schlofjes von Fontainebleau.
Er ftarb 21. Dft. 1884 in Fontainebleau. R. hat
ſich um die Kenntnis der deutfhen Sprade und
Litteratur in Srontreid ſehr verdient gemacht durch
den «Cours complet de langue allemande» (mit
Lebas, 7 Bde., 1830—33) und durch die fiberfeßung
von Schillers Werken (8 Bbe., 1860—62). Andere
ſprachwiſſenſchaftliche Werle R.s find: «Traite de
a formation et de la composition des mots dans
la langue grecque» (1855), «Etude sur l'idiome
du Veda» (1855), «Etudes sur la grammaire ve-
dique» (3 Bbe., 1857— 59).
egnier (Mathurin), der Schöpfer der klaſſiſchen
Eatire in Frankreich, eb, zu Chartres 1. Dez. 1573,
entwidelte früh unter Anleitung feines Dbeims, des
Dichters —— poetiſches Talent. Im Genuß
eines Kanonikats von Chartres und vom Kardinal
Franz von Joyeuſe und dem Geſandten Philippe
de Bethune, mit denen er zweimal Rom —3
aufs freigebigſte beichentt, führte er ungeachtet ſei⸗
ne3 geijtlihen Standes ein Leben des Genuſſes.
Gr ftarb 22. Dft. 1613. Seine Satiren, 16 an der
Bahı, — obgleich in der Form und in den Stoffen
an Berfius und Juvenal erinnernd, doch von durch:
aus franz. Gepräge und bieten einen Schaß glüd:
lichſter Beobachtungen und trefiendften Wihes. Gr
verfabte noch «Epilteln», «Glegien» und einige Hei:
nere Gedichte. - Den erften Verſuch, ben Tert von
R.s Werten kritifch zu fichten und die ſchwierigen
Stellen zu erllären, machte Brojjette (Pond. 1729;
neue Aufl. 1735); die beiten Ausgaben beforgten
Biollet:le:Duc(Par. 1822; neue Auf, 1828 1.1852),
Barthelemy (Bar. 1862), Courbet (Par. 1875).
Negnitolardeputation nannte man in ber
aten Handigen Verfafjung Ungarns einen folchen
Ausschuß, welden der Landtag zur Ausarbeitung
von —— entſendete. Der Name ent:
ſprach der adeligen Verfafjung, denn nur die Abe:
ligen und bie fönigl. Städte waren regnifol und
als ſolche auf dem Landtag vertreten. Die N, be:
ftand demnah aus Mitgliedern des vollen Ge⸗
richtshofs (Curia regia) und aus ſolchen der
Magnaten: und. Ständetafel. Die lebtern wurden
den vier Kreifen Ungarns und ben königl. freien
Städten entnommen. Das Präfidium führte der
—— oder Judex Curiae, oder ein ſonſt dazu
rnannter. Berühmt waren die acht Deputationen
von 1791, welche die Reform des gefamten öffent:
lichen Lebens Ungarns —— ollten, und die
Deputation von 1840, welche einen Kriminalcoder
ausarbeitete, der aber nachher nicht zum Geſehß
erhoben wurde, Erft 1878 erhielt Ungarn einen
$triminalcoder , der fanktioniert iſt. Gegenwärtig
beſteht die Inftitution der R. zur Ausgleihung
auftauchender Differenzen zwiichen Ungarn, Kroa—
tien:Slamwonien und Fiume, Zu diefem Behuf wird
von ben Vertretungen ber betrefienden Länder
—— Reichstag, froat.:flawoniiher Landtag,
umaner Munizipal:Repräjentanz) eine betimmte
Anzahl von Mitgliedern erwählt, und diefe Depu—
565
tationen treten unter feitgeflellten Normen mit:
einander in schriftlichen und mündlichen Verlehr.
fiber das Nefultat ihrer ——————— ſie
dann an ihre eher Berichte, die eventuell zur
Baſis legislatoriſcher Verfügungen dienen.
Reguitz, ein linker Zufluß des Main, entiteht
im bayr. Negierungsbezirt Mittelfranken bei Fürth
aus der Bereinigung der Redniß und der Pegnitz,
Nießt gegen Norden über Erlangen und Baier&dorf,
dann im Regierung&bezirt Oberfranfen über Ford)
beim und Bamberg und mündet 3 km unterhalb
und nordweſtlich dieſer Stadt bei Bifchberge en m
über dem Meere), Die Rednizß bildet ſich bei
Georgensgmünd aus dem Bufammenfluß ber obern
oder Schwäbijchen Rezat und der untern oder Frän-
fiſchen Rezat. Die Schwäbiſche Rezat ent:
Ipringt unter dem Namen Riedbach aus dem Nied,
einer upon Wafierfläche bei Dettenheim, welche
zugleich die Altmühl fpeijt, und wendet ſich nord:
wärts über eng Gllingen und Pleinfeld.
Die ftärkere Fränkiſche Nezat entjteht bei Oberdach—
ftetten auf dem Hohen Steig, unmweit der Altmübl:
quelle, und flieht der Altmühl parallel 60 km weit
gegen Sübdojten über Ansbach, Lichtenau, Minds:
bach und Spalt. Der frühere bayr. Rezatkreis
umfabte bauptfählic das Fürftentum Ansbach,
den vormaligen Pegniker Kreis, das untere Für:
ftentum Bayreuth und wurde 1837 Hauptbeftand-
teil Mittelfrantens. Die Pegniß bildet fih bei
Gerlasreut (unweit Lindenhard) aus dem Foren—
und dem Heiligen Brunnen zwiſchen den Städten
Pegniß und Ereuben, in geringer Entfernung von
dem Noten Main, und nimmt unterhalb Pegniß
8 Minuten lang einen unterirdiihen Gang durch
den Hohlberg, flieht in ihrem obern Laufe ſüdwärts,
dann langjam über —— nach Weſten. Von
ihr bat der Pegnihßorden (ſ. d.) den Namen. Bei
Bamberg vereinigt fi) der Ludwigskanal (ſ. d.) mit
der R. wodurd) fie ſchiffbar wird,
Negredient:Erbin. Im Lehnrecht und Privat:
NEBEN FED: war es lange Zeit fehr ftreitig, ob bei
em Grlöfchen des Mannsitammes und dem Anfall
der Succeflion an die weibliche Linie den nächſten
Merwandten des lehten Beſihers der Vorzug ge:
bühre, oder ob nicht vielmehr die Grbfolge an die
früher ausgeſchloſſenen Töchter des erjten Griverbers
Pi (regredieren) müjje, weldie daher
Regredient-Erbinnen genannt wurden, Die wid):
tigiten Fälle der Art in deutfchen Territorien waren
—— 1) Als mit Heinrich Rafpe (f. d.) 1247
er landgräfl. Mannsſtamm in Thüringen erlojch,
nahm der Sohn feiner älteften Schweiter Jutta,
Martaraf Heinrich von Meiben, Thüringen in Be:
fiß; allein die Herzogin Sophie von Brabant, bie
Tochter Ludwigs IV., des ältern Bruders Heinrid)
Raſpes, behauptete, daß ihr Succeſſionsrecht, in
welchem fie erit ihrem Bruder Hermann, dann
ihrem Obeim Landgraf Heinrich Nafpe hatte nad):
** müſſen, wieder gelte. Es kam zum Kriege
und infolge davon zum Vergleich, in welchem der
Sohn der Herzogin Sophie, Heinrich das Kind,
den Teil Thüringens befam, aus welchem bie
Landgrafſchaft Heilen entitand, 2) Als 1739 der
lepte Graf von Hanau, Reinhard, ftarb, deſſen
Tochter mit dem damaligen Grbprinzen Ludwig
(VIIL) von Helen: Darmitadt verheiratet war,
machte das Haus Heſſen-Kaſſel feine Abjtammung
von der Gräfin Amalie Glifabetb von Hanau, ber
Gemahlin des Landgrafen Wilhelm V., geltend
566
und erlangte in der That die Succefiion. 3) Ob:
ſchon Kaiſer Karl VL., der lebte des habsburgiſchen
Haufes, lange vor feinem Tode feinen Töchtern
die Nachfolge in den gefamten öfterr. Erblanden
durch die Pragmatifche Santtion zu fihern geſucht
hatte, jo wurde in doch dieſelbe ſowohl von dem
Kurfürſten von ern wegen ſeiner Abſtammung
von Anna, der Tochter Kaiſer Ferdinands 1., der
Gemahlin Herzog Albrechts V. von Bayern, jowie
von der Kurfürjtin von Sadjien, Marie Joſephe,
ber ig ae Kaifer Joſephs L, als Regredient:
Erben, jtreitig gemacht. In den neuern deutjchen
Berfaflungen ift die Sache durchaus zu Gunſten der
nächſten Berwandtendes lepten Befigers entſchieden.
Regrek (lat., «Nüdariff») nennt man die Auf:
forderung zur Vertretung oder Schadloshaltung an
denjenigen, von dem man bie Gewährleiftung für
ein gewiſſes Necht zu verlangen hat, wenn biejes
anderweit nicht hat behauptet oder geltend gemadıt
werben lönnen, oder auf deſſen Veranlafiung nad):
teilige Handlungen unternonmen wurden. Der
R. unterſcheidet ſich alio von ber direkten Forderung
de3 Gläubigers an den Dürgen, des Gelltonars an
den Schuldner, de3 Indoſſatars an den Bezoge—
nen u. ſ. w. indem er rüdwärts vom Bürgen gegen
den Schuldner, vom Indoſſator gegen den Indoſ—
fanten und Ausfteller, vom Käufer gegen den Ber:
läufer und vom Mandatar gegen feinen Mandanten
eht. Dazu iſt aber nötig, dab der Negrebnehmenbe
Pet feine Schuld an dem erlittenen Nachteil habe,
In Wechſelgeſchäften beweiſt er dies durd) bie Pro:
tefturtunde, in andern Sachen muß er den Regreß—
pflichtigen vorber aufgefordert haben, ihn bei der
Verfolgung oder Verteidigung des fraglichen Rechts
zu unterjftügen. Inter fpringenden Regreß
(regressus per saltum) verfteht man im Wechlel:
recht die Befugnis des Negredienten, ohne an bie
Neibenfolge feiner Bormänner gebunden zu fein,
ſich nad) freier Wahl unter leßtern denjenigen ber:
auszuſuchen, an den er ſich halten will,
BRegressio (lat., «Rüdtehr»), rhetorische Figur,
foviel wie Epanodos (f. d.).
Regreifive Methode, foviel wie Analytifche
Methode, ſ. unter Analyſis.
‚Regula de Tri (lat.) heißt in ber Arithmetit
diejenige Rechnungsart, durch welche eine Größe
gefunden wird, die einer andern Größe direlt oder
indireft proportional ift. Wenn 7 m 3 Marf loften,
fo foftet 1 m den fiebenten Teil fo viel, und 5 m
fünfmat fo viel, d. i. 3 Mark x . — 2} Marl,
Und wenn man von 80 cm breitem Zeug 5 m
braucht, jo braucht man von 1 cm breiten Zeug
80 mal jo viel, und von 90 cm breitem Zeug den
neungiaften Teil fo viel, d.i. 5m x . = 44m.
Iſt die 8* Größe mehrern Größen propor:
tional, ſo wird ſie durch mehrfache Anwendung
des einfachen Verfahrens berechnet (Regula
Duinque, Regula Septemu. f.w.; Regula
Multipler, zufanmtengeiekte Regel de Tri, f.
Proportion). Regula Falji nennt man dieje:
nige Methode der Auflöjung einer arithmet. Aufgabe,
bei welcher man eine willtürlihe Größe ftatt der
—— annimnit, dann das bei dieſer Annahme
erauslommende Facit mit dem vergleicht, welches
lommen ſollte, und aus dem Fehler des Facit auf
ben Fehler der Annahme und auf deren Berichti:
Negreß — Regulatoren
gung ſchliebt. Diefe Methode wirb bei zufammen:
geſeßtern —— angewendet. Re gel Cob (vom
a
ital. cosa, Sache, Ding) bedeutet bei ben Altern
Arithmetifern die Algebra.
Regula fiddi, j. Slaubensregel
Regulares, j. Regulierte.
Neguläre Truppen heißen Truppen mit feit
—— Drganiiatien und fyitematiiher Aus:
iſdung, wie fie in Europa dauernd beftehen; den
Gegenjak zu ihnen bilden irreguläre Truppen.
egulativ, regelnde Anordnung, Berfünung.
Regulatören, vom lat. regulätor, d. i. Regler,
Drbner (fr. rögulateur, gouvernateur, modera-
teur ; engl. regulator, governor, moderator), Bor:
richtungen {ehr verigjlebener Art, welde dazu be:
Kimmmt find, die unvermeidlichen ——————
im Gang der Kraft: und Arbeitsmaſchinen auszu⸗
gleichen. Im weiteften Sinn gehören denmach zu
den R. ber Windfang, die Bremfe, bie Gegenge:
wichte, die Schwungräder, fowie das Pendel und
die Bun der Uhren, —
Regulatoren im engern Sinn ſind die bei
den Dampfmaſchinen gebrauchlichen Vorrichtungen,
durch welche die Umdrehungsgeſchwindigleit der:
ſelben troß eintretender Fa re bes Ar:
beitöwideritandes auf nahezu gleicher . erhalten
wird. Für diefen Zwed find faſt ausſchließlich die
in neuerer Zeit mannigfad ausgebildeten und mo:
bifizierten Gentrifugalregulatoren, aud
Gentrifugalpendel oder koniſches Pendel genannt,
in Gebrauch, welche bei verhältnigmäkiger Ein:
fachheit hinreichende Empfindlichkeit und Energie
befipen, um fidy leicht für verfchiebene Normalge:
ihwindigfeiten adjuftieren zu laſſen. j
Die bei Wafjerrädern und Waſſerſäulenmaſchinen
annewendeten Hydrauliſchen Regulatoren
beiteben aus einer Heinen Bumpe, welche durch den
betreffenden Motor bewegt wirb und ihr Hubwafler
in ein Nefervoir ausgießt. In leßzterm befindet
fih ein Schwimmer, der mittel Stange und Hebel
den Zufluß des Waſſers zur Maſchine reguliert.
Zuweilen benugt man aber bei Wafjerrädern auch
Pneumatiſche Regulatoren, die im wefent:
lien aus einem boppeltwirlenden Blafebalg be;
ftehen und in der Art funktionieren, daß durch die
in Heinerer oder größerer Menge —— Luft
eine Platte na geht ober ſenlt, mit welcher Borrid:
tungen zum Öffnen und Schließen der Zutritts:
Öffnungen des Motors verbunden find,
Bei Lolomotiven beift Regulator ber
Schieber , der dad Dampfzuleitungsrohr mehr ober
weniger öffnet und mittelö des außen angebradten
Regulatorhebels verſchoben wird. In der Papier:
fabrilation bezeichnet man damit den meift aus
einer Pumpe oder einem Schöpfrad beftehenden
Apparat, welcher den Zufluß des Stoffs zur Papier:
majchine derart reguliert, dab das fabrizierte Pa-
pier Keiamäbige tärle erhält, in der Weberei
eine Vorrichtung, mitteld deren das Zeug in dem
Maß, wie e3 fertig gewebt wird, auf den Zeugbaum
aufgewidelt wird, um jo die Füden des Einſchlags
in völlig gleichen Abftänden anzuorbnnen; bei ®e:
bläfen verjteht man unter R. einen Behälter, in
welchem die abſatzweiſe ausgejtoßene Luft in zu:
fammengepreßtem Zuftand verweilt, um madı und
nad mit gleihmäßiger Geſchwindigkeit durch bus
Windrohr auszuftrönen.
Regulatoren nennt man ferner eine Art ſehr
regelmäßig gehender Uhren (j. unter Uhren), und
4
Negulators — Reh
endlich auch eine Bogenlichtlampe (f. unter Elel:
triſche Lampe 9 weil hier auf irgend eine Weiſe
ber Abſtand ber Kohlenſpißen voneinander ſelbſt⸗
thätig reguliert wird. ÜUber Drudregulatoren
— F— unter Gasbeleuchtung,
d. VII, ©. 670*.
Regulators (Regulatoren), eine Art Volls—
> t in den Bereinigten Staaten von Amerita,
eft aus ben angefebenften Männern der Be:
völfernng, welche zugleich Geſetzgeber, Richter und
Gretutoren find, und welche bei der Beitrafung von
Berbr höchſt fummarifch verfahren. Nament:
lih in Arkanfas bildeten fid früher engere oder
weitere Privatgejelliaften, welche eine Art Feme
bildeten, um in ihren ber Hultur neu eröffneten
Gebieten der Gejfeplofigkeit der herzuſtrömenden
rohen und vermwilderten Bevölkerung zu fteuern.
Bei dem gnänzlihen Mangel an einer geordneten
Juſtij verfuhren die R. nach der Lynchjuſtiz (f. d.)
und hingen, prügelten ober erſchoſſen die Verbrecher
je nad) Umftänden, Auch in Teras, im Innern
Miffouris und überhaupt in den ehemaligen Sta:
venftaaten traten fie auf, da in den nördl. Gemein:
wefen von Anfang an verbältniämäßig gefittetere
uftände herrſchten. Nad dem Revolutionstriege
übrten die Kuklux-Geſellſchaften (j. d.) im Süden
a3 Geſchaft der R. fort.
NRegulierfülldfen, f.u.Öfen, Bd. XII, S. 389.
Regulierte (Reguläres) heißen in der kath.
Kirche alle, die ſich durch ein Gelübde verpflichten,
nad) einer gewiſſen ——— Regel zu leben, daher
alle, bie einem Orden, Kongregation ıc. angehören.
Regulierte Ktleriter des heiligen Herzend
Jeſu, ſ. unter — Herz Jeſu.
Neguliniſch (vom lat. regulus, d. i. der König),
Beeinung t das reine, von jeder metalliihen
Beimi ung geſchiedene Metall,
NRegülns (lat., d. i. Meiner König) oderMetall:
fönig nennt man reines Metall, im Gegenfak zu
vererztem, und zwar fowohl das von Natur ge:
biegene (3. ®. Regulus Antimonii oder Spießglan;:
tönig), als das durch nen erhaltene.
Regülus, das Goldhähnden.
Negülnd (Marcus Atilius), berühmter röm.
eldherr, aus einer Familie der plebeitichen Gens
tilia, unterwarf als Konful 267 v. Chr. die Sal:
fentiner in Unteritalien und bradte die Stadt
Brundifium in die Gewalt der Römer. Während
feines zweiten Konfulats 256 v. Chr. wurde er zu:
aleich mit feinem Kollegen C. Manlius Bulfo zum
Kommandanten der aus 330 Schiffen beſtehenden
röm. Flotte ernannt, —* nach einem ruhmvollen
Siege über die karthag. Flotte bei Elnomos an ber
Südtüfte Siciliend nad Afrika —* um den
Krieg in das Land der Karthager ſelbſt zu tragen.
Nachdem die Römer Clupea und zahlreiche Heinere
Plähe an der Nordküfte Afritas erobert hatten,
kehrte Manlius mit einem beträdtlihen Teil des
Heeres nach Jtalien zurüd, R. aber blieb in Afrita,
gewann einen glänzenden Sieg über die Harthager
in ber Nähe der Stadt Adys und eroberte außer
vielen Heinern Städten Tunes, wo er jein *
aufſchlug, um von da aus Karthago jelbit zu be:
drohen. Schon baten bie Karthager um Frieden;
da aber R. ihnen allzu harte Bedingungen ftellte,
begannen fie, geſtüht auf ein von dem Laledämonier
Kanthippos geführtes griech. Söldnerheer, ben
Kampf auf3 neue, der bald eine verhängnizolle
Wendung für die Römer nahm: fait das ganze
567
Heer der Römer blieb auf dem Schlachtfelde, faum
2000 retteten na nad) Clupea, 500, darunter R.
felbft, wurden gefangen. Fünf Jahre lang blieb R.
in fartbag. Gefangenichaft, erit im J. 250, als die
Karthager durch den Prokonſul Metellus eine Nies
derlage bei Panormos erlitten hatten, wurde er
mit einigen farthag. Abgeorbneten nah Rom ges
fandt, um Frieden oder wenigftens die Ausmwedhie:
lung der Gefangenen zu ermwirken; im Fall einer
Verweigerung des Geſuchs hatte er ſich verpflic:
tet, in die farthag. Gefangenſchaft zurüdzufehren.
Während nun der röm. Senat geneigt war, auf die
Bo a ber Starthager einzugehen, wirkte R.
felbft auf das eifrigfte gegen die Annahme deriel:
ben, ba er fie bei der damaligen Sachlage als für
Rom nachteilig betrachtete, und kehrte, nachdem er
ihre Verwerfung durchgefeht, feinem Berfprechen
gemäß nad) Karthago zurüd. Dort joll er nad)
röm. Berichten von den erbitterten Karthagern
unter furdtbaren Mißhandlungen getötet worden
fein; allein diefe Berichte find nicht glaubwürdig
und ſcheinen in Rom zur Entſchuldigung der Grau:
famleiten erdichtet worden zu fein, die von der
Gattin und den Söhnen des NR. an gefangenen
Karthagern verübt wurben, bis auf a e von
Stlaven die Tribunen einfhritten. Bol. D. Jäger,
a —* —— 1878). PM a
u nton), ungar, Gthnograph un
Spradtoriäer ‚ geb. 1819 zu Zircz im Behprimer
Komitat, ftudierte in Pet die Rechte, bereifte jeit
1839 zu ethnographiichen und linguiftifchen Studien
Deutihland, Dänemark, Schweden und Finland,
lebte 1842—46 unterden Finnen und ihren nächſten
Stammverwandten,, wurbe 1849 erfter Cuſtos der
Univerfitätsbibliothelin Peſt und ftarb hier 23. Aug.
1858. R. veröffentlichte eine ethnoar.:geogr. Harte
des nördl. Uralgebietes (Petersb. 1846), ſchrieb Ab:
ndlungen über die Diungaren und deren angeb⸗
iche Berwandtichaft mit den Magyaren (Belt 1850,
1851), Tſchuwaſchiſche und Tſcheremiſſiſche Stu:
bien, bearbeitet von Joſ. Budenz, «Land und Volt
der Wogulen», bearbeitet von B. Hunfaloy (1864).
Neh, eine Gattung der Familie Hirſch (f. d.)
mit ſchaufelartig erweiterten mittlern ae
nen, die viel breiter als die feitlihen find, und fe:
lenden Edzähnen; es find alfo nur 32 Zähne vor:
handen. Die Thränengruben find äußerlid ſehr
wenig bemerlbar. Das Männden hat ein rundes,
abelig veräjteltes, raubes Geweih ohne Augen:
proßen. Im normalen Zuftande hat jede Stange
des ausgewachſenen Tierd nur drei Enden. Diele
dem alten Wild angebörige Gattung hat nur eine
Art: das gemeine R. (Capreolus capreolus Blas.).
Das — und ſchlank gebaute Tier hat einen
kurzen, nad) vorn ziemlich zugeſpißten Kopf; von
den Naſenloͤchern bis zur Oberlippe reicht ein breis
tes, nadtes Nafenfeld bid an den Jnnenrand der
bogigen Nafenlöcher. Die Augen find verhältnis:
maͤßig groß, die länglichrunde Bupille ſchneidet die
Augenipalte ſchräg. Das Kinn, der vordere Teil
des Unterfiefer3 und jederieits ein Fled an der
Dberlippe unter den Nafenlödhern find weiß; über
die Schnauze verläuft eine ſchwarzbraune Binde,
Fr der Mitte der Unterlippe jeberjeit3 ein
rauner Fled; Stirn und Schnaugenrüden dunkler
al3 der übrige Körper. Die Sommerfärbung des
N. ift roftrot, die Farbe des dichtern und jprös
dern Winterpelzed braungrau. Der Gteiß und
die hintere Seite der Echentel find weiß (in der
568
Meibmanndfpracde aber Spiegel»). Der Schwanz
verlümmert unter. bem Pelz verftedt, ‚nur ein
Heined, dicht und weich behaartes Rudiment (der
Pinfel») ragt über dem.After hervor, ‚Die en
haben bis zum erſten Herbft.weiße, rundliche Flecen
auf der braunen Grundfarbe. Das N. iſt faft über
ganz Europa und einen Teil des nördl. Afien ver:
breitet. Es lebt rudelweiſe (in «Sprüngen» von
drei bis zehn Stüd) am liebiten in Nieder: und
Mittelmald mit offenen, lichten Graspläken, ber
von Feldern bearenzt wird, es äſt Gräjer und
Laub, nimmt gern junge Saaten an und im Winter
vorzüglih Blätter von Brombeerjtauden, Knoſpen
von Eichen, Pappeln, Eſpen u. f. w. und Mifteln,
macht auch an Aufforftungen durch Verbeißen ber
jungen Baͤumchen mannigfahen Schaden. Das
leiſch des N. gehört zum feiniten Wildbret. Die
elle werden raubgar zu. Deden verwendet oder
eben, ſaͤmiſchgar verarbeitet, ein gutes Handſchuh—
eder; das Haar dient zu Polſtern, das Geweih zu
Zimmerſchmud und Dredslerarbeiten. Die Brunft
des R. findet im Auguft ftatt; im Mai feht das
Muttertier gewöhnlich zwei Junge. Das männ:
lihe ausgewachiene R. heißt Bod, bas weibliche
Nide (au Hille oder Gaiß); die jungen R. wer:
ben Reblälber oder Rehkitze genannt; ber junge
Bod, der bas erfte Gehörn auflept, heißt Spieß—
bod, beim zweiten Gehörn Gabelbod; die junge
Ride heist vom erſten Winter an, bis fie beſchlagen
ih Schmalreb. (S. Tafel: Hirfche, dig. 4.)
gl. Dombrowäli, «Das RK.» (Wien 1876).
Nehabiam, König von Juda, ber Sohn und
Nachfolger Salomos, regierte 975 — 958 v. Chr.
Sein Negierungsantritt gab dem mit ber Herrihaft
des Haufes David und des Stanımes Juda längft
unzufriedenen Stamme Ephraim das Zeichen zum
Aufitand, dem fich unter Jerobeams (f.d.) anhrung
faft alle übrigen Stämme Israels anſchloſſen un
der mit der Trennung de3 israel. Reichs in ein
nörbliched und ein ſüdliches endigte. Nur der
Stamm Juda, die Wiege der Davidiihen Dynaftie,
blieb den R. treu. Das dur Groberungen im
Südoften jenfeit des Jordan und Toten Meer:
und ſudlich bis zum Edomitergebirge erweiterte
Gebiet des «Reiches Juda» umfaßte auch einen
großen Teil der Stammgebiete von Benjamin und
Simeon, im ganzen etwa ein Vierteil des alten
Reichs, mit der Hauptitadt Jeruſalem und bem
Nationalheiligtum J Moria. Von der nach—
maligen großartigen Entwidehung des nationalen
und len Geiſtes, die ihren Mittelpunkt in
Jeruſalem hatte, war aber zu R.s Zeit noch nichts
zu fpürem, unter bem vielmehr phöniz. Sitte und
heidniſcher Kultus erit recht überhand nahmen. Auch
die polit. Macht des Reichs war gebroden. Gin
Sirieg mit dem ägypt. König Siſak (Sefondis)
nahm ein unglüdlicyes Ende, N dab N. die Entfuh⸗
rung des Tempelfhahes ſich gefallen lajjen mußte.
— eg f. Neftitution,
Mehau, Stabt im bayr. Negierungsbezirk Ober:
franfen, am Perlenbade, am nördl. Fuße des
rl ee 519m über dem Meere, Station der
inie of Eger der Bayrifchen Staatsbahnen, Ei
eines Bezirksamts und eines Amtsgerichts, zählt
(1880) 3416 E. und hat Granitbrüde, Perlen:
fiicherei, Baummoll: und Leinweberei, bedeutenden
Vieh: und Holzbandel und mehrere Fabrilken.
ehberger Graben, ein Graben am 894 m
soben Rehberg im Oberharz, nördlich von An:
Nehabeam — Rehulin won Sehmsdorf
breasberg, welcher das Waſſer aus dem Oberteid
den Werfen von Andreasberg zuführt; an ibm bie
Nehberger Klippen, eine jteile Felswand, die
ſich A, in den Graben binabjfentt.
ehburg, Städtchen im Kreiſe —— des
preuß. Regierungsbezirls Hannover, am Meerbach,
zwiſchen dem Steinhudermeer und der Weſer, zählt
(1885) 1228 E. Süudlich davon liegt, 4 km ent:
fernt, 18 km von der Gijenbahnftation Wunstorf,
das ſchon ſeit dem 17. Jahrh. befannte Mineral—
bad R., welches ſich durch feine geſchüßte Lage und
fein mildes Klima, wie durch eine muiterhaft ein:
eridhtete Biegenmolfen:Anftalt auszeichnet und von
Bruft: und Nerventranfen viel beiucht wird. Bol,
Michaelis, «Bad R,» (Hannov, 1875).
Rehde, foviel wie Reede.
Nehden, Stadt im weitpreuß. Regierungsbezirk
Marienwerbder, Kreis Graudenz, 20 km im SD, vor
Graudenz, am —*— zäblt (1880) 1879 E. und
bat eine evang. und eine kath. Pfarrlirche, die Ruine
einer Ordensburg und bedeutende Thonlager. Die
gleihnamige Domäne a 150 E.
Rehzfues (Phil. Joſ. von), geiftooller deutſcher
Schriftſteller, geb. 2. Okt. 1779 zu Tübingen, be
fuchte das dortige prot. Seminar, war 1801 einige
Zeit Hauslehrer in Livorno, blieb dann noch bis
1805 in Jtalien und übernahm diplomatifche Auf:
träge der Königin Karoline von Neapel. Seit 1803
gab er mit Ticharner das Journal «talien» heraus,
dem fich die «\jtal, Miscellen» und mehrere Schrif:
ten über Stalien und Sicilien anſchloſſen. Im J.
1807 trat er als Bibliothelar in die Dienjte des
Kronprinzen Wilhelm (1.) von Württemberg. In
biefe Zeit fällt feine Neife durch Frankreich und
Spanien, als deren Frucht fein «Spanien» (4 Bde.,
Frantf. 1813) erfchien. Derjelben Zeit gehören die
«Säödeutichen Miscellen», dad aCurop. Magazin»
und feine Teilnahme ander Nebaction des «Morgen:
blatt» an. Seine Teilnahme an der Befreiung
Deutichlands bewies er durch die «even an das
deutjche Voll» (Nürnb. 1813 u. 1814). Infolge
davon wurde er 1814 Kreisdirektor in Bonn, 1815
erhielt er eine Berufung zur Armee nach Frankreich
und wirkte dann eine Zeit lang in Bonn und Köln
in verfchiedenen Verwaltungszweigen. Im J. 1818
wurde er bei der Liniverfität zu Bonn als Ne:
gierungstommifjar und 1819 als außerordentlicher
egierungsbevollmächtigter und Kurator angeitellt,
Am %.1826 ge er den preufß. Erbabel. Im Mai
1842 30g er fih auf fein Gut am Siebengebirge zu:
rüd, wo er 21. Dit. 1843 ftarb, NR. veröffentlichte
noch den Roman «Scipio Cicala» (4 Boe., 2p}.
1832; 2, Aufl. 1840), welcher reich ift an ergreis
——— Situationen und bedeutenden, poetiſch ge—
achten Charalteren. Bon geringerer Bedeutung
find feine Romane: «Die Belagerung des Caſtells
von Gozzo, oder der lehte Ajiajjine» (2 Bde., Lps.
1834) und «Die neue Medea» (3 Bde., Gtuttg.
18363 2. Aufl. 1841), Aus NR.’ Nahlab erſchien:
«Der Deutiche Orden im 15. Jahrh. Dramatijche
Daritellungen» (Bonn 1874).
Nehna, Stadt in Dedlenburg Schwerin, links
an der Nadegaft, 35 km im NM, von Schwerin,
Siß eines Amtsgerichts und einer Korftinipeltion,
zählt (1880) 2467 E. und hat Tuchmacherei und
eine Waltmühle, Der Ort, feit 1791 Stadt, bat
noch die ſchöne Kirche eines 1236 hier geitifteten
ehemaligen Nonnentlofter®. . [melsbaujen.
Rehulin von Schmödorf( Michael), j.Grim:
Neibahle — Reich Gottes
Neibahle, Näumahle oder Räumer (frz.
al&aoir, &quarrissoir, broche; engl, broach, ope-
ning-bit, rimer), ein Werlzeug zum Erweitern ge:
bobrter Locher und zum Glatten ber Innenflächen
derſelben, beſtehend in einem ſich ſchwach verjüngen:
den Stahlſtab von meiſt fünfedigem Querſchnitt,
ber mit feinem dünnern Gnde genau in das Loch
abt und unter Drehung und d tiefer einge:
Fibre wird, wobei feine Kanten fchabend wirlen.
Reibeifen (fr}. räpe, engl, grater), ein Rüden:
gerät (gebogenes Blech mit durchſchlagenen Löchern),
auf weldem Semmel, Brot, Zuder, Wurzeln u. ſ. w.
Pr gerieben werden, Zur Herjtellung desſelben
ienen Durchſchläge mit drei: oder vierfantiger
zufpibung, flog. Stemmablen, deren gehärtete
pipe kleine runde Löcher hervorbringt, on einen
Zeil des Metall3 wegzunehmen, und auf der Nüd:
eite des Blech rund um das Loch einen hoben,
charfen, ze die Kanten des Werkzeugs in drei
oder vier Teile zerreibenden Nand, Grat, auf:
wirft, der bei der Benupung des R. wirlt. 3
eiberödorf, Pfarrdorf in der ſächſ. Streis:
hauptmannſchaft Bausen, Amtshauptmannſchaft
Zittau, Station der ſchmalſpurigen Selundärbahn
Zittau Markersdorf, hat (1880) 972 E,, ein Nitters
gut mit Schloß und Garten und Bierbrauerei.
eiöbeigienetgeng, f. unter Feuerzeug.
Neibung oder Friktidn (frz. friction, frotte-
ment; engl, frietion) nennt man in der Mechanik
den Widerftand, welchen zwei Abereinander hin be:
wegte Körper der Bewegung entgegenießen. Da
ein Zeil der bewegenden Straft verwendet werben
muß, dieſen Wideritand zu Aberwinden, fo bewirkt
jede R. einen Arbeitöverluft, und es iſt Aufgabe
der Maſchinenlehre, durch zwedmäßige Einrichtun:
gen dieſen Berluft foviel als möglich zu verringern,
während freilid auch andererjeits die R. von
grobem praftiihen Nußen ift, Auf fpiegel latten
Hläden, ohne alle R., wäre 3. B. ein Gehen der
Nenſchen und Tiere nicht möglich. So dienen auch
einerjeit3 die Schienen auf Eiſenbahnen dazu, die
R. moͤglichſt zu vermindern, während doch anderer:
en bie Lolomotive nit im Stande fein würde,
en Zug zu bewegen, wenn fie nicht mit genügender
N. an den Schienen baftete. Wäre dieje N. nicht
vorhanden, fo würden ſich die Räder der Lolomo:
tive nur auf der Stelle umdrehen, Die Gröbe der
R. hängt ab zunädjit von der Größe des Druds,
mit welchen die fich reibenden Flächen aufeinander
laften dopeger innerhalb ſehr weiter Grenzen nicht
von der Größe ber fidy berührenden Flächen), dann
von ber Natur diejer Flächen * denn je un⸗
ebener, je weniger hart dieſelben ſind, um ſo größer
iſt die R. Sehr vermindert wird die R. durch
wiſchenbringung eines ſchlupferigen Schmiermit—
tels, wie Öl, Wagenſchmiere oder Seife u. ſ. w.
Bon diejer R., wo zwei Flächen aufeinander
gan (gleitende Reibung), iſt die rollende
eibung verſchieden: dieſe tritt auf, wenn zwei
Körper ſich aufeinander wälzen, z. B. die Mäder
auf der Straße und den Eiſenbahnſchienen, die
rt ineinander greifender Näder. Gin zweites
tittel, die R. zu vermindern, bejteht darin, daß
man bie gleitende N. in rollende verwandelt; die
Anwendung der Wagenräder, der Walzen zur
Fortbewegung großer Laſten, der Friktions—
rollen ıc, beruht darauf. Auf dem VBorhanden:
569
Verlnotung, des Verleilens, Vernagelns, Ber:
ſchraubens Ciniprengeng, iſiten u. ſ. w.
MReibungögebilde, j.u. Klaſtiſche Geſteine.
Reibungskegel, ß unter Friktionsrad.
NReibungskocfficient nennt man die Zahl,
welche angibt, der wievielſte Teil vom Drud einer
Last auf ihre Unterlage nötig iſt, um dieſe Laſt auf
legterer zu bewegen. Da bie —* Verſchieden⸗
heiten in der der Oberflächen unend⸗
lich aroß find, iſt es nicht gg allgemein gel:
tende genaue Werte für die R. der verjchiedenen
Subjtanzen aufzuſtellen.
Reibungd: oder Friftiondfuppelung, |.
unter Kuppelung.
Neibungsrad, |. Friktionsrad.
Reibzündhölzchen, ſ. unter Zundhölzer.
Reich (reguum), der Inbegriff einer großen Ans
zahl von Dingen, die vermittelit eines allgemeinen
Prinzips im Verhältnis der Zufammengehörigfeit
miteinander ſtehen. Daher fpriht man von einem
Natur:, Mineral:, Pflanzen: und Tierreich, und
ebenfo werden rohe taaten Reiche genannt, wenn
fie ein einge Oberhaupt an ihrer Spike
haben, Früher verftand man unter N. vorzugs:
weile dad Deutiche Neid). j
eich (Phil. Erasmus), verbienter Buchhändler,
eb. 1. De}. 1717 zu Laubach in der Wetterau, er:
ernte den Buchhandel bei Franz Varrentrapp in
Frankfurt a. M. und fam 1747 in die Buchhandlung
des 1743 veritorbenen Hofrats Mor. Georg Weid:
mann in Leipzig. Er wurde 1762 Ajlocie der im
Verfall befind —* Handlung, die er ſehr hob und
welche fortan die Firma «M. ©. Weidmanns Erben
u. Neich» führte, aud war er die Seele der unı
dieſe Zeit beginnenden reformatoriichen Zhätigkeit
im Buchhandel, Lektere begann er danıit, daß er
in der Ditermefie 1764 die franffurter Mejle zum
legten mal befucht zu haben erklärte. Unterdejjen
tte er bereit3 auf Grund eines zur leipziger u:
ilatemefje desjelben Jahres erlaljenen Cirkulars
einen neuen. Buchhändlerverein begründet, welcher
1765 feine Statuten aufitellte und R. Mu feinem
Selretär und jodann zum Borjtand wählte, Zwar
verſuchte N., durch deſſen ernite und entichievene
Schritte die Frankfurter Meſſe fait ganz geltürzt
worden war, um Einheit und Ordnung in den deut:
ſchen Buchhandel zu bringen, 1775 zur Ofterniefie
die Begründung eines norbdeutichen Kommiſſions⸗
lagers, jedoch unterließ er fortdauernder und neu
een fibeljtände halber wiederholte
—— Die Kämpfe gegen den beſonders
in Süddeutſchland und Oſterreich verbreiteten Nadı:
drud und um die Anerkennung des litterarifchen
Eigentumsrechts veranlaften ihn mehrfach, doch
anonym, als Schriftſteller aufzutreten. Nach fei:
nem 3. Dez. 1787 erfolgten Tode ward feine Zeil:
baberin, die Tochter des Hofrats Weidmann, dem
Vertrage gemäß bie alleinige Cigentümerin der
Firma, welche ſich jest in »Weidmannſche Bud:
bandlung» ummandelte, Vol. Buchner, «Aus dem
Verkehr einer deutihen Buchhandlung mit ihren
— (2. Aufl., Gieß. 1874),
Neich Gottes bezeichnet inderaltteitamentlichen
Prophetie die Vollendung des religiöfen und na:
tionalen Ideals der israel. Theofratie, oder bie
Verwirklichung der Königsherridaft Gottes auf
Erden. Die Propheten erwarteten diefelbe von dem
fein der gleitenden R. beruht die Wirkjamteit einer | Meſſias, dem gejalbten Könige aus Davids Ge:
großen Zahl von Befeitigungsmitteln, 3. B. der | fchlecht, defien Kommen fie verfündigen. Jeſus
570
Chriſtus trat, noch bevor er ſich ala der verheißene
Meſſias zu erfennen gab, mit der Botfchaft auf, daß
das Reid Gottes oder (mie bafür bag erfte Evan:
lium meiltens f&reibt) da® Himmelreid nahe ber:
beigelommen fei. In die vollstümliche Hülle eines
irdischen Reichs voll äußerer Macht und Herrlichkeit
Heidet fih ihm das religiöfe Ideal einer volltom:
men fittlihen Menfchengemeinichaft, in welcher die
Königsherrihaft auf Erden buch allgemeine Er:
ullung des göttlichen Willens von feiten der Men:
hen verwirklicht werden follte. In der Borberei:
tung dieſes Reichs mitteld der Sammlung einer
Gemeinde von wahren Gotteslindern erkannte
Jeſus immer ausſchließlicher feinen Lebensberuf,
wogegen er die äußere Vollendung ber Reichsherr—
lichteit vertrauensvoll von der göttlichen Allmacht
erwartete. Die Urgemeinde F dieſes Reich faſt nur
in der Zukunft geſucht, daher der Katholizismus
und der ältere Proteſtantismus allmahlich an feine
Stelle die Kirche fehte al3 das auf Erden gegenwär:
tige Reich Gottes im Unterſchied von feiner himm—
liſchen Vollendung. Neuerdings ift man oft wieder
auf den urfprünglichen rein religiöfen Begriff dieſes
Reiches, als der vollendeten Herrſchaft des Willens
Gottes unter den Menfchen, zurüdgelommen.
Neicha (Ant.), Komponiit und Muſiltheoretiker,
geb. zu Prag 27. Febr. 1770, war dort zuerft Chor:
Inabe an der Kreuzherrenlirche, erhielt feit dem
16. J. Mufilunterrit von feinem Obeim in Bonn
(kurfürftl, Mufitvireftor dafelbft), —— nach
Hamburg, 1799 nach Paris, darauf längere Zeit
nad Wien, bi3 er fi 1808 dauernd in Paris
niederließ. Bebdeutenden Grfolg batte er hier nur
als Theoretiter; als folder wurbe er 1817 an
Mehuls Stelle Profeſſor der Kompofitionslehre am
Konfervatorium. R. ftarb 28. Mai 1836. Von
feinen Werten find zu nennen: «Traite de me&lodie»
(Bar.1814; 2. Aufl, 1832), «Cours de composition
mausicale» (Bar. 1818), «Traite de haute compo-
sition musicale» (2 Bde. Par. 1824—26; deutſch
von Gzerny, Wien 1834), «L’art du compositeur
dramatique» (Par. 1833).
Reichard (Heinr. Aug. Dttolar), Theaterfchrift:
fteller, geb. 8. März 1751 zu Gotha, ftudierte die
Rechte und ward Intendant des Hoftheaters zu
Gotha, wo er 17. Dit. 1828 ftarb. Außer pocti:
ya Arbeiten veröffentlichte er mehrere Theater:
riften: «Theaterlalender» (Gotha 1775—1800)
und «Theaterjournal» a» 1777—84). Bol. «MR.
Eeine —— überarbeitet und heraus⸗
gegeben von H. Uhde» (Stuttg. 1877.)
Reichardt (Chriftian Gottlieb), Kartograph,
e 26. Juni 1758 zu Schleiz, erhielt feine erfte
ildung vorzüglih durd feinen ältern Bruder,
einrid Gottfried R., der ala Konreltor an der
ürſtenſchule zu Grimma 1801 ftarb und ſich durch
Ausgaben mehrerer griech. Schriftfteller, nament:
lid) des Lylophron (Lpz. 1788), befannt gemacht hat.
Nachdem R. 1777—81 & Leipzig die Rechte ftubiert
hatte, wurde er 1782 Stadtſchreiber in Lobenftein,
verzichtete aber, ala Zach 1798 mit Bertuch die «All:
gemeinen geographiichen Ephemeriden» anlegte, faſt
gänzlich auf die jurift. Praris und arbeitete einen
Atlas des ganzen Erdkreiſes in der Gentralprojel:
tion, d. h. in kubiſcher Form, aus. Bald darauf
wählte ihn Bertud zum Mitredacteur der «Epbe:
meriden», in welchem DVerhältnifie er bis 1805
blieb. Im J. 1812 verband er ſich mit Stieler in
Weimar zur Herausgabe des « Handatlas»; für
Reicha — Reichardt
Campe in Nürnberg bearbeitete er Smiths «Atlas
der Alten Welt» neu. Außerdem find feine vorzüg-
lichſten Arbeiten: die «Weltlarte nad Mercators
Projektion» in vier Blättern; der im größten Maß—
ftabe ausgeführte «Atlas der Alten Melt» in 19 Ta:
feln, mebit einen «Thesaurus topographicus» zu
den elf erjten Karten (Rürnb. 1824); die trefifiche
Starte von «Gallia» zur Erlfärung der iften
des Julius Cäfar (Lpz. 1832). R. jtarb zu n:
- a —— 9
eichardt (Eduard), Agrikulturchemiler,
19. Olt. 1827 in Camburg, wurde —
ade in — —— ———
pharmacentifhen und landwirt ichen Juſtitu
daſelbſt, habilitierte ſich dann an der
Jena und wurde 1862 außerord.
auch außerord. Mitglied de laiſerl.
amtes. Er ſchrieb: «Über die dem. ber
Chinarinden» (Braunfhw. 1855), «Die Theorie ber
nes ena 1857), «Die dem. Berbindungen der
anorganifhen Chemie» (Erlangen 1858), «Stein-
falzbergwert Staßfurt» (Jena 1860), «Aderbai:-
chemie⸗ (Erlangen 1861), «Desinfeltion und besinfi-
jierende Mittel» (Erlangen 1867; 2. Stuttg.
1881), «Grundlagen zur Beurteilung Xrint:
wafjers» (Yena 1869; 4. Aufl., Halle 1880). Auch
redigiert R. feit 1873 das «Ardiv der Pharmacier,
eichardt (Guftav), Gejangstompenift, geb.
13. Nov. 1797 zu Schmarjow in Bommern, war
Schüler Bernhard Kleens und lebte als Mufilichrer
in Berlin, wo er 19. Dit. 1884 ftarb. R. lompo:
nierte wenig, meilt Lieder, unter denen die Melo—
bie zu Arndt3 «Mas ift des Deutſchen Vaterland»
am populärften geworben ift.
Reichardt (Joh. Friedr.), Komponiſt und Mufit:
fchriftfteller, geb. zu Königsberg in Preußen 25. Nov,
1752, trat als Violinſpieler den mit zehn Jabren
öffentlich auf. In den J. 1769 und 1770 widmete
er fih in Königsberg jurift. und philoſ. Studien,
deagleichen 1771 und 1772 in Leipzig. Er ſandte
1774 feine Dper «Le Feste galantio an ben König
Friedrich IL, der ihm 1775 die Kapellmeifterftelle
in Berlin verlieh. Seine Wirlfamteit ald Kom:
ponift begann er mit dem Prolog «Il Genio della
Russia ed il Genio della ia», ber bei dem
Beſuche des Großfürften Paul von Rufland im
Sommer 1776 aufgeführt wurde. Nad dem Tode
eng d. Gr. (1786) fehte R. ſich bei Friedrich
Wilhelm II. namentlich durch die Opern «Brennos
und «Andromeda»s, ſowie durd eine Huldigungs-
cantate in Gunft, bie er aber jpäter durch Hund:
gebung revolutionärer Sympathien verſcherzte, jo:
daß er 1794 feine Stelle verlor; 1796 wurbe er
Salineninfpeltor in Halle. Bon bier aus bejuchte
er oft Berlin, um feine neueften fü
ten; fo 1797 bie zum Regierungdantritt Friedri
Wilhelms III. tomponierte Dper «Die Geifterinfels,
Nah Errichtung des Königreichs Weftfalen erhielt
er die Hoflapellmeilterftelle in Kafiel, — ſie aber
chon nach einem Jahre wieder auf. ing nun
nfang 1809 nad) Wien, wandte ſich aber wie:
der nad Halle und lebte, wie ‚in bem be
nachbarten Giebidhenftein, wo er aud) 27. Juni 1814
ftarb. R. erlangte durch feine Lieder, deren cr eine
große Zahl fomponierte und von denen mebrere noch
im Vollsmunde leben, eine bejondere Bedeutung;
feine Rompofitionen von Goethes Liedern haben
bleibenden Wert. Außerdem fomponierte er gegen
80 Opern, Gantaten, Wonodramen :c., Dratorıen
Reichelsheim — Reichenbach (bei Breslau)
unb andere Kirchenſtüche, Inſtrumentalſachen ıc,
Bon feinen durchweg wertvollen und zum Auf:
fehen den Söhriften find zu nennen: «Stu:
dien für F ontünftler und Mufilfreunde» (1793),
«Muftalifches Runftmagazins (1782—91), «Liber
bie deutiche komiſche Oper u. f. w.» (1774), «Ber:
traute Briefe aus Paris» (1804 u. 1805), «Bertraute
Briefe, ieben auf einer Reije nad Wien»
(1810). Bol. —— «Johann Friedrich R.»
(2 Bde., u 1865—68).
Seine erite Gattin, Juliane R., geb. 1752
u Berlin, die Tochter des Konzertmeiiters Franz
ende, eine jebr gute Sängerin, auch Klavier:
[pielerin und iftin, ftarb ſchon 9. Mai 1783,
Die Tochter aus diefer Ehe, Luiſe R., wahr:
ſcheinlich 1780 zu Berfin geboren, geſt. zu Hamburg
17. Nov. 1826, machte fih als Geianglehrerin,
fowie als Komponiftin von Liedern (darunter das
voltstũmlich gewordene «Nad; Eevillar) einen Ras
men. Außerdem ftiftete fie im Hamburg, wo fie feit
1814 lebte, eine Singalabemie,
‚ Reichelöheim (im Odenwald), Marttfleden
in der i nz Starlenburg, Kreis Erbach,
an ber Gerfprenz, zählt (1885) 1810 G. und hat
Viehmärkte. Norböftlic über der Stadt liegt die
Burgruine Reichenberg, der Geburtsort des Bota:
nilers Nees von Gjenbed. Gegen 3 km norbmweft:
lich von R, erheben ſich in wilder Berggegend bie
Trümmer der Burg Nodenftein, von welder
nad) der Bollöfage der wilde Jäger mit feinen
Genoſſen nad) der 6 km öſtlicher gelegenen Burg
* 3 ziehen ſoll, ſobald ein Krieg bevorſteht.
eicheldheim (in ber Wetterau), Stadt in
der beij. Brovinz Oberhefien, Kreis Friedberg, nahe
lint3 der Horlof, zählt (1885) 820 E. und hat Zie:
gel:, Kalt: und Ruflenfteinbrennerei. Der Drt ge:
hörte 1416—1866 zu Naſſau.
Reichenau (in Sachſen), Dorf in der ſächſ.
Kreishauptmannfhaft Bauken, Amtshauptmann:
ſchaft Zittau, Station der ſchmalſpurigen Sehundär:
bahn Zittau⸗R.Markersdorf, gabit (1885) 5917 €,
und hat eine evang. und eine kath. Pfarrkirche, be:
deutende Tertilgroßinduftrie, Drleansweberei, Fa:
brifation von Leim, fünftlihen Düngemitteln, Fär:
bereien, eine Gasanftalt, vier Ziegeleien, zwei
Mahl, eine Sägemühle und nahebei Bajaltbrüde
und Braunlohlenwerte.
Reichenau, Inſel im Zeller: oder Unterfee (f.
Bodenjee), 6 km ſüdöſtlich von Radolfzell im
bad, Kreiſe Konftanz gelegen, J 5 km lang, bis
1', km breit, 4 qkm groß und hängt im Öften
durch einen 1 km ngen Dammmweg mit dem Feft:
lande (Eifenbahnftation R., 6 km von Konftanz)
zufammen. Der höchſte Bunkt der fhönen , obft-,
wein: und lornreidhen Inſel, welche in ben Pfar:
reien Ober:, Nieder: und Mittelzell 1500 E. zählt,
it die Hochmwarte, 440 m über dem Deere, 43 m
über dem Sce. Ihren Namen hat R. von ber Bene:
diftinerabtei R. (lat. Augia Dives), melde 728
vom beil. Pirminius geftiftet und vom 9. bis in
die Mitte des 13. Jahrh. durch die wiſſenſchaftlichen
Leiftungen ihrer Moͤnche (Walafried Strabo, Her—
mann Contractus, Berno u. a.), ſowie durch ihren
Reichtum berühmt war. Lange ein freies Reichs—
ftift, wurde die Abtei 1538 dem Hochſtift Konftanz
einverleibt, 1799 aufgehoben und 1802 mit Baden
vereinigt. Die Klofterkirche oder der Münfter, eine
Pieilerbafilita aus dem 10. und 11. Yahrh., jeht
bie Pfarrlirche von Mitteljell, enthält das Grab
571
Karls des Tiden und verfchiebeme Reliquien. Ebenſo
bemerfenswert find als uralte Werte romaniicher
Baukunit die Säulenbafilifen von Ober: und Unter:
zell. Bol. Staiger, «Die Inſel R. mit ihrer ehe:
maligen Reicyeabtei» (Konſtanz 1874).
Reichenau, Weiler im Bezirk Im Boden des
ſchweiz. Kantons Graubünden, Tient 590 m über
dem Meere, 10 km weſtlich von Chur auf dem
linlen Rheinufer bei der Bereinigung des Vorder:
und Hinterrheins und an der Streuzung der Epfü:
gen: und der Oberalpftraße, befikt zwei Brüden,
ein altes Zollhaus, jept Wirtshaus, und ein ftatt:
liches, von einem Rart umgebenes Schloß ber Fa:
milie Blanta, in dem fi) am Ende des 18. Jahrh.
eine berühmte Erziehungsanftalt befand, an welcher
Ludwig Philipp von Orléeans, ber nadmalige König
der Franzofen, 1793 unter dem Namen Chabaud
franz. Sprache und Fitteratur lehrte.
Reichenau, Hauptitadt einer böhm. Bezirks:
hauptmannſchaft, am Fuße des Aolergebirges,
40 km öftlid) von Königgräß, hat ein fchönes Ko:
lowratiches Schloß mit Bibliothel und Gemälde:
fammlung, ein Oberggmnafium und zäblt (1881)
4702 E., welche Tuch, Baumwoll: und Leinen:
waren fabrizieren und eine Streihgarnfpinnerei
unterhalten,
Neichenau, Marltileden in ber böhm. Bes
zirlshauptmannſchaft Gablonz, an der Linie Bar:
dubiß:Seidenberg der Sübnordbeutidhen Verbin:
dungsbahn, hat eine Schule für Olmalerei und
Chromolithographie, Stein: und Glasfcleifereien,
Scnupftabalsdofenfabrifation und zählt (1880)
2621 deutide G. :
Reichenau, cin durch reizende Lage in den
nördl, Voralpen und durch feine Bedeutung als
Sommerfriſche befanntes Dorf in Niederöfterreich,
Bezirlshauptmannſchaft Neunlirchen, bei der Sta:
tion Bayerbad) der Semmeringbahn, ineinem ziem:
lid, weiten Thalleſſel, der von der Schwarza durd):
flofien und von ber — (2003 m), ſowie von
den füdl. Borhöhen des Schneebergs gefäumt wird.
Fruher eine Filiale ber vom Herzog Dtto bem Fröb;
lichen (1327) geftifteten Eijtercienierabtei Neuberg
in Steiermarf, wurde R. nad) Aufhebung der Abteı
landesfürftl. Gut und fpäter durd feine Gifen-
ſchmelz⸗ und Gußwerle ein wichtiger Ort der inner:
öfterr. Eifeninduftrie. R. hat aud) eine Kaltwafler:
beilanftalt und zählt (1880) 935 E.; das ganze
innere Reichenauer Thal mit Prein ? t 6854 E.
Reichenbach, Kreisitabt im preuß. Regierungs:
bezirt Breslau, 15 km füböftlid von Schweibnib,
am Fuße des Eulengebirges romantiſch gelegen,
Station der Linie Franfenftein:Raudten der Preu:
biichen Staatsbahnen, ift Siß eines Landratsamts,
eines Amtsgerichts und einer Reichsbanknebenſtelle,
7 vier Kirchen, ein Realgymnafiun, eine gr
öchterfchule, eine Synagoge und zählt (1880) 7255
meijt prot. E., hat — aumwollwaren⸗
und Wurſtfabrilation, eine Dampf:, drei Waſſer—
mühlen, Spinnerei, Wagenbauereien, Kunft: und
Gemüfegärtnereien und befuchte Getreide: und Vieh⸗
märkte. Gefchichtlih berühmt wurde die Stadt
dur den Sieg Friedrichs II. über die Bjterrei:
der unter Zaudon 16. Aug. 1762, den daſelbit
1790 gehaltenen Kongreß (Reihenbader Kon:
oreb) und die 27. Juli 1790 zwiſchen Oſterreich
und Preußen abgeſchloſſene Konvention (Reichen:
bader Konvention), jowie durd) die Verband:
lungen, welche bier im Hauptquartier des Kaiſers
572
von Nußland und des Königs von Preußen,
während bes Waffenftillftandes im Juni’ 1813,
zwijchen den Staat3minitern dieſer Monardıen
und den brit. Geſandten, Lord Catbcart und Charles
Stewart, ftattfanden. Infolge derjelben wurde da:
felbft 14. und 15. Juni 1813 ein doppelter Sub:
——— abgeſchloſſen, der mittelbar die Ab—
rechung der Friedensunterhandlungen in Prag
erbeiführte, Auch Oſterreich, die vermittelnde
lacht, Fhlof um dieſe Zeit eine eventuelle Allianz
mit Nußland und Preußen, die 27. juli 1813 vom
Kaifer von Oſterreich zu Prag ratıfiziert wurde.
Seit 1816 war R. der Hauptort eines eigenen Ne:
nierungsbezirt3, der 1821 teil3 zum liegniger, teils
zum bresfauer Regierungsbezirk geichlagen wurde.
ol. «Kurze Geſchichte der Stadt R.» Mleichenbach
1874). — Der Kreis Neihenbad, der auf
362 qkm (1880) 68474 E. zählt, iſt ein wichtiger
Fabrildiſtrilt befonders für Baummollwaren,
Reichenbach, Stadt im preuß. Regierung:
bezirt Liegniß, nahe der ſächſ. Grenze, im Kreiſe und
15 km weitlih von Görliß, an der Linie Dresden:
Görlik der Sächſiſchen Staatsbahn , iſt Sik eines
Amtsgerichts, hat ein evang. Schullehrerfeminar,
eine hemifche und eine Farbenfabrik und eine land:
wirtihaftlihe Maſchinenbaufabrik und zählt (1880)
1854 E. In der Nähe (bei Marlersdorf) lieferten
bie Srangoien 22, Mai 1813 den Ruſſen ein jieg:
reiches Gefecht. i
eichenbach, Stabt in der fädhf. Kreis:
auptmaännſchaft Zwidau, Pr ie
Mauen, in Bogtlande, in 401 m Meereshöhe in
bergiger, gefunder Gegend gelegen, Station der
Linien Yeipzig-Hof und Dresden Chemnitz-R. ber
Sächſiſchen Staatsbahnen, bat fich in neuerer Zeit
zu einem blühenden Fabrikort erhoben, ſodaß die
Ginwohnerzahl, die 1834 nur 5165 betrug, Ende
1885 bereitö auf 18406 geitiegen war. Die Stadt
iſt Siß eines Amtsgerichts und * = Kirchen
und eine Realſchule. pin tände ber Indu—
Ir find Fabrifate in Kammmolle und halbwollene
(titel, Es beftehen größere mechan. Webercien,
Blanellfabrifen, Tiihdedenjabriten, Wolllämme:
reien, Kammgarn- und Gtreichgarnfpinnereien,
Dafcdinenbauereien, Färbereien und Appreturen.
In der Nähe der Stadt überfchreitet die Sächſiſch—
Bayriiche Stantsbahn das Thal der Gölyich (f. d.)
auf einem großartigen Biadult, Unmittelbar daran
ftöht das Dorf Dber:Reihenbad mit 2371 GE.
Reichenbach, Linker Nebenfluß der Aare im
Oberlande des ſchweiz. Kantons Bern, entipringt
an der Großen aeg (1961 m), durchfließt in
norböftl. Richtung das Nofenlauithal und mündet
nad nur 12 km langem Lauf gegenüber Meiringen
in die Yare. Da, wo er aus dem Hochthale in das
Aarethal tritt, bildet er eine Neihe von fieben ſchö—
nen, zufammen etwa 300 m hoben Waflerfällen.
Reichenbach (Georg von), ausgezeichneter
Mechaniker, geb. zu Durlach im Badiſchen 24. Aug.
1772, beſuchte die Viilitärfchule in Mannheim, be:
reijte 1791 —93 England und trat dann al3 Ar:
tillerielieutenant in die bayr. Armee. Am J. 1796
nad München verfeßt, erhielt er 1800 das Patent
eines Hauptmanns. In München fehte R. feine
mathe. Studien fort und grande bier 1804 in
Verbindung nit Sof. von Upichneiver und dem
Mechaniker Liebherr eine mechan. Anſtalt, deren
Inſtrumente alle —— Leitungen in dieſem
Fache zunächſt deshalb weit übertrafen, weil fie in:
Neichenbach (bei Liegnig) — Reichenbach (Heinr. Gottlieb Ludw.)
olge der von R. erfundenen Kreisteilmaſchine bie
ftgeteilten "Hreile' bejaben. Im J. 1809 traten
Upicpneider und R. mit dem Öptiler Joſ. Fraun-
Km zu einer neuen Bereinigung zufammen, welche
ie Heritellung vorzüglider Fernrohre bezwedte.
Die groben altron. Fernrohre und Nefraktoren,
worunter Fraunhofers Niejenrefraftor für die
Sternwarte zu Torpat, brachten durd die Bor:
trefjlichleit des in der Anftalt bereiteten Flintglaſes
und ihrer ganzen Zufammenfehung die ausgezeich-
netite Wirkung bervor. Gbenjo berühmt find R.s
Ügquatoriale und Fraunhofers Heliometer. Nach—
dem R. feine berühmten Waflerfäulenmafchinen auf
der Linie Neihenhall, Traunftein, Roſenheim aus:
gerader hatte, ernannte ihn König Mar Joſeph von
yern 1811 zum Salinenrat, als welcher er jpäter
(1817) bie größte und wirkjamfte aller Mailer:
fäulenmajchinen, in Illſang bei Berchtesgaden,
baute. Im J. 1820 zum Direktor des Maffer: und
Straßenbauweiens ernannt, überließ er bald darauf
feine gemeinjan mit Traugott Ertel me. medan.
Werkitätte dem Genoſſen allein. Im bdemielben
Jahre legte R. in Wien die Stüdbobrerei nach fei-
nem Plane an. Außerdem verbeilerte er die Ge:
wehrfabrit in Amberg, jowie die bayr, Hoböfen und
Gifengiehereien. R. war Mitglied der Akademie
der Willenfcha ten in Münden und ftarb 21. Mai
1826, Eeine von Kirchmayr gefertigte Büſte iſt
in der Walballa aufgeitellt,
Neichenbach (Heinr. Gottlieb Ludw.), verdien:
ter Botaniter und Zoolog, geb. 8. Jan. 1793 zu
Leipzig als älteiter Sohn des Konreltors an der
Thomasſchule, Johann Friedrih Jalob R.
der 16. Oft. 1839 jtarb und insbeſondere durch da?
von ihm bejorgte «Griech. Leriton» und das erite
aDeutſch⸗griech. Mörterbuch» Lpz. 1818) fich einen
Namen erwerben hat. Der jüngere R. ftudierte in
Seipjig Medizin und Naturwiſſenſchaften und_er:
warb 1815 in der pbilof., 1817 in der mebiz. Fa:
tultät_bie Doltorwürde. Hierauf zum aufßerord.
ze ernannt, folgte er 1820 einem aufe nad
esden, wo er ben botan, Garten ſchuf, das
Boote. Mufeum umgejtaltete und ala Profeſſor der
aturgefhichte an der irurgiich:mediz. Akademie
(bis zu deren Aufhebung 1862) wirkte, Auf dem
Gebiete der Botanik begründete er ein eipenes,
zuerft in feinem «Conspectus regni vegetabilis»
(2p3. 1828) angedeutetes, in feiner «Flora Ger-
manica exoursoria» und dem «Handbuch des na:
türlihen Pflangeniyftems» (Dresd. u. 2p5. 1837)
entwideltes Syitem der Pflanzen und fam in dem:
felben, obgleih von andern Prinzipien ausgehend
als Fuffieu und De Candolle, auf eine Einteilung,
welde rein genetiihen Prinzipien folgte, Das
ganze Pflanzenreich zerfällt nad ihm in acht Kaſſen,
auf die Entwidelung der Organe deutlich begründet.
R.s umfangreicite3 botan. Werk iſt die erwähnte
beutfche Flora mit der dazugehörigen « Iconogra-
phia florae germanicae» (Bd. 1—22, Lyp3. 1823
—84, mit 2700 illuminierten Tafeln).
Gebiete der Zoologie veröffentlichte er: «Regnum
animale» (Bd. 1, Ypz. 1831—36, mit 79 Tafeln),
«Deutichlands Fauna⸗ (2 Bde,, Lpz. 1842) und «Die
vollitändigite Naturgefhichte des Kin: und Auslan—
des» (Ppy. 1845 fg.). Er ftarb 17. März 1879.
Der zweite Sohn R.s, Heinrih Guſtav A,
eb. 3. Yan. 1824, ftubierte in Leipzig und wurbe
Ian Vilar für die Brofeflur ber organifchen
taturfunde an der Forſtaka
emie zu Thartand.
Reichenbach (Karl, Freiherr von) — Neichenberg (in Böhmen)
Einige Zeit darauf habilitierte er fich in Leipzig,
wo er 1855 eine außerord. Profeſſur erbielt. s
ter folgte er einem Hufe als Proſeſſor der Botanik
und Direktor des botan. Gartens zu Hamburg. Er
lieferte feit 1850 die Fortiehungen zu den «Icones»
feines Vaters, fowie Monographien über Kompofi:
ten und Orchideen, wie vor allem die «Xenia Urchi-
dacea» (Lpj. 1854 fg.). Für mehrere große Reife:
werfe bearbeitete R. in den botan. Eeltionen die
Orchideen, ebenfo für das «Gardener’s Chronicler,
Unton Benedict R., ein Bruder Heinrich
Gottlieb Ludwig R.s, E: 7. Juli 1807 zu Yeipzig,
bis 1866 Lehrer der 9 aturgejchichte an der Neal:
ſchule daſelbſt, machte fich durch eine Anzahl popu:
lärer naturbiltor. Schriften befannt, Cr ftarb zu
Gohlis 12, Nov. 1880.
Reicheubach (Karl, Freiherr von), als Natur:
foricher wie als Induſtrieller viel genannt, geb.
. 12. Febr. 1788 zu Stuttgart, ftudierte in Tübingen.
Seinerzeit der Napoleoniſchen Polizei denunztert,
wurde er in der Feitung Hobenasperg einige Mo:
nate gefangen gehalten. - Nach feiner Befreiung bes
reifte er. die Eiſenwerle in Deutichland und Frank—
reich, gründete zu Villingen ein Eiſenwerk und er:
richtete zu Hauſach in Baden die erjten großen Hol:
verloblungsöfen. Im J. 1821 verband er fi mit
dem Altgrafen Hugo zu Salm in Wien (geit. 1836)
zur Gründung von Eifenwerlen zu Blansko in
Mähren, welche trefflich gediehen. Nah Ealms
Tode z09 fih N. zurüd. Gr entdedte das Kreoſot
und Baraffin. Die Gegend um Brünn und Blansto,
bie er geognoftifch unterjuchte, befchrieb er in dem
Berfe «Geolog. Mitteilungen aus Nähren» (Wien
1834), Außerdem bat ih N. auch um die Lehre
von den Meteoriteinen (von denen er eine ausge:
ars Sammlung beiaß) große Verdienfte erwors
en.. Später zog er befonders durch feine Unter:
ſuchungen über das fog. Od (ſ. d.) die Aufmerkfam:
feit des Publikums, zugleich aber auch die Gegner:
ſchaft der Phyſiler auf fih. Er behandelte und
verteidigte dieſen Gegenftand unter anderm in den
Schriften: «Unterfuhungen über die Dynamide
Magnetismus, Gleltricität, Wärme und Licht in
ihren „Beziehungen zur Lebenstraft» (2 Bde.,
Braunſchw. 1850), «Odiſch⸗ magnetische. Briefe »
(Stuttg. 1852), «Der fenfitive Menſch und fein
Rerhaiten zum Ober (2 Bde. Stuttg. 1854), «Die
Pflanzenwelt in ihren Beziehungen zur Senſitivi⸗
tät und zum Ober Wien 1858), «Aphorismen über
Senfitivität und Dd» (Wien 1866), «Die odijche
Lohe und einige Bewegungserfheinungen als neu
entdedte Formen des odiihen Prinzips» (Wien
1867). R. hatte feinen Wohnfih auf Schloß Reiien:
berg bei Wien. Er ftarb En vaio 19. Yan. 1869,
eichenbahh: Gofchüt (Graf Dslar von),
beuticher Demokrat, geb. 17. jan. 1815, war 1848
Mitglied des Vorparlaments, dann der National:
verſammlung und bes | der
Demokratie. Deutichlands; wegen feiner Teil:
nahme am Rumpfparlanıent wurde er in Anllage:
ftand verfeht und im Sept. 1851 vom breslauer
Schwurgerichtshof zu zehniähriger Zuchthausſtrafe
verurteilt. Er war indejien ſchon vorher nad
Bruſſel gereiftundging, nachdem er hier ausgewiejen
worden, im Oft. 1850 nad) London. j
NReicheuberg, die drittgrößte Stadt des König:
reichs Böhmen, die größte deutſche Stadt, zugleich
größte dabrilſtadt des Landes und der Mittelpuntt
einer der gewerbfteibigiten und bevöltertiten Gegen:
573
ben der Oßerzeiifäslingarüfdien Monardie, liegt
an der(Görliker) Neille und an der (ölterr.) Süd;
Norddeutichen ——— —— (Linie Pardubißz⸗
ned an welche ſich bier die Linie Zittau:
R. der Sächſiſchen Staatsbahn anſchließt, in einem
fruchtbaren Thal am Fuße des Jeſchlenbergs, 12km
von der ſächſiſchen und 20 km von der preuß.:
ſchleſ. Grenze. Die Stadt iſt Sitz eines Krels—
gerichts und eines ſtädtiſchen Delegierten Bezirls—
geriht®, eines die Funktionen einer kaiferl. Bezirks;
behdrde ausübenden Stadtmagiftrates, einer k. k.
Bezirtshauptmannfhaft für den Landbezirt und
eines k. E, Hauptzollamts zählt (1880) 28090 G,
und —— aus der Altstadt, er Neuſtadt und der
Chriftianftadt. Sie hat fieben Pläge und befipt an
fehen&werten Gebäuden: die fhon 1360 genannte,
1884 umgebaute Stabtlirhe, welche 1885 zur Erz
defanaftirhe erhoben wurde; die 1696 erbaute,
1753 erweiterte und 1864 renovierte Kreuzlirche;
die 1864—68 errichtete evang. Kirche; das Schloß
(1582 erbaut, 1850 — das Rathaus (1599),
das Stadttheater (1882 erbaut), dad Rubdolfver:
forgungshaus für 200 Siehe (1869 erbaut), das
Stephanshofpital mit 260 Betten. (1848 erbaut),
das k. k. Gerichtögebäude und das Genoſſenſchafts⸗
haus der Tuchmacher ıc. Von höhern Unterrichts:
anftalten beftehen eine Staatsgewerbeſchule (feit
1876) mit einem dem. Laboratorium, eine (1804
als Nealichule geitiftete, 1872 zur Staatsanftalt er:
hobene) Mittelſchule, beitehend aus einem vollitäns
digen Oberaymnafium und einer Unterrealichule,
eine Webeſchule (1885 errichtet), eine Handels:
ſchule und eine Bürgerfhule. Die Handeld: und
Gewerbelammer wurde 1849, eine Spartafie 1854,
eine Filiale der k. k. privilegierten Nationalbank in
Wien 1856, eine Pfanbleihanftalt 1868 und die
Reichenberger Bant 1872 begründet. Hauptgegen:
ftand.der Induſtrie in der Stadt und deren Um:
gebung (die Dörfer Nöchlis, Katharinenberg, Proſch⸗
wis, / Maffersdorf u. f. m.) find Tue, Schafwoll⸗
waren überhaupt, Teppihe und Gemiſchtwoll⸗
waren. Die Tugeriengung war ſchon du Anfan
des 15. weht . in eingebürgert. Die Schaf:
wollinduftrie hat in neuerer Zeit außerordentliche
Fortſchritte
emnacht, insbeſondere ſeit J. G. Berger
1798 die eis eigentliche Fabrik erbaute (in die er
1806 die erften Maſchinen brachte), hauptſächlich
aber feitvem 1828 J. 8 ein ausgedehntes
Etabliſſement errichtete, N. Liefert jährlich allein
Tuch im Wert von 12 Mill. Fl. Die reihenberger
Bierbrauerei und Malzfabril in Maffersdorf, ge:
ründet 1873, erzeugt jährlich 52150 hi Bier, —
In frübejter Zeit ehörte der Ort den Herren von
Biberitein und vonHädern; 1622—84 befand er fi)
mit Friedland in Befip Wallenfteins, worauf er an
die Grafen Gallas und 1757 an die Grafen Clan:
Gallas kam, aus welder Familie Graf Eduard
Glam:Gallas 1838 dad Dominiun antrat.
erftürmten 21. April 1757 die Preußen unter dem
Prinzen von Bevern das öfterr. Lager unter Kö:
nigsed. In dem Deutichen Kriege von 1866 war R.
der eigentliche Ausgangspunkt der Operationen bes
Bringen Friedrich Karl, der dafelbit 24. bis 26, Juni
[ein Hauptquartier hatte. Vgl. Hermann, «Ges
dichte der Stadt N.» (Bd. 1, — 1863);
—— «NR. und Umgebung» (2 Bde, Reihen:
rg 1872— 74); Yarifch, A urhR.unb Um:
ebung» (Rei enberg 1882); Hübler, «Führer durch
‚und Umgebung» Meichenberg 1383).
574
Reichenberg, Burg bei Badnang (f. d.). _
Neihenbrand, Pfarrdorf in der jädhi. reis:
bauptmannidaft Zwidan, Amtshauptmannjhaft
Ghemnis, 7 im BSD. von Chemnig, zählt
(1585) 2769 €. und hat Strumpfwarenfabrilation.
Reichenhall, Stadt im Bezirk Berchtesgaden
des bayr. Negierungsbezirt3 Oberbayern, 15 km
im Sübmeiten von burg, 13 km nordweitlid)
von Berd n und 24 km füböjtlih von
Traunftein, Station der Linie Freilaffing:R. der
Bayriihen Staatsbahnen, liegt in 479 m Meeres:
böbe maleriſch an der Saalach Zufluß der Salzach)
in wiloromantifcher Gegend und ift nach drei Sei:
ten von einem ſchoͤnen Verglrang, dem Unter&berg
(1950 m), Lattengebirge (Dreiſeſſellopf, 1778 m),
Müllnerhorn (1361 m), Zwieſel (1813 m) und Hoch—
ſtaufen (1760 m), umgeben. Die Stadt, jeit dem
großen Brand von 1834 neu aufgebaut, iſt Sik
eines Amtsgerihts, Forſtamts, Hauptialjamts
und Badelommiftariats und zählt (1880) 3271 E.
Bon Bedeutung üt R. als Bereinigungspuntt für
die vier ‚groben oberbayr. Salinen, die durch ge:
waltige Solenfeitungen (zufammen 75 km lang)
verbunden find. Die ältejten Urkunden von der
Saline zu R. reichen bis ins 8. Jahrh. Wegen
Holzmangel wurde ſchon 1618 eine lunſtreiche So:
lenfeitung von R. nad) Traunftein angelegt, welche
1809 nad) dem holzreichen Rojenbeim (79620 m)
am Inn weiter geführt wurde. Durch eine ähn:
liche Leitung iſt jeit 1816 N, mit den Saljbergwer:
fen von Berchtedgaden (28392 m) verbunden, Ge:
genwärtig wird der Überfluß der berchtesgadener
Sole nady N. geleitet, während von bier aus Die
Salinen zu Traunjtein und Roſenheim verforgt
werden. An legter Zeit produziert man zu R. jähr:
li etwa 230000 Gtr. Salz. R. ijt ſeit 1846 ein
bejonders von Norddeutichland und Rußland aus
viel beiuchter (45000 Gäſte jährlich) Kurort für
Gebirgsluft, Solbäder und Ziegenmolfe geworden.
Es zählt jieben Badectablifjements mit Solbädern,
Snhalationsfälen und den vorzüglich eingerichteten
neumatiichen Kammern. Zu den res
unten der Umgebung zählen Salzburg, Berchtes:
aden, der Königsſee und ra die Ramſau,
telled und das Mauthhäusl. In der unmittel:
baren Umgebung des Kurorts liegen die Schloß:
ruinen Plain und Starlitein, die Schlöſſer Grutten:
Den, Marzoll und Stauffened, fowie das ehemalige
uguftinerflofter Et. Zeno mit uraltem roman.
Portal und Sireuzgang. Dasjelbe ift jeht zu einem
Mãdcheninſtitut — Val. eher «Bad
N. und feine Umgebung» (10. Aufl., Neihenhall
1885); ©. von Liebig, «R., fein Klima und feine
Heilmittel» (5. Aufl., Neihenhall 1883).
Neichenfperger (Auguft), befannt durch lunſt—
wiſſenſchaftliche Beftrebungen und als parlamen:
tariicher Charakter, geb. 1808 zu Koblenz, ſtudierte
zu Bonn, Heidelberg und Berlin die Nechte. Seit
1835 fungierte er als Aſſeſſor in Koblenz, ſeit 1841
an dem Appellgeriht in Köln, dann wurde er
Landesgerichtsrat in Trier, 1849 Appellations:
gerichtsrat in Köln. Nebenher trieb N. eifrig kunſt—
wiſſenſchaftliche Studien und unterſtühte nament—
lid) die Sache des löͤlner Dombaues. Schon 1840
veranlaßte er durch aEinige Worte über den Don:
bau zu Köln» die Gründung des eriten Dombau:
vereins in Koblenz; als 1841 der Gentraldombau:
verein zufammentrat, wurde er deſſen Gefretär,
ftiftete 1842 das «ftölner Domblatt» und machte
Neihenberg (in Württemberg) — RNeichenſperger
= nda für die Gotik als den —— deutſchen
unititil, mas ihm eine lebhafte Polemik von der
Schintelichen ‚Schule zuzog. Seine zablreicyen
bierher gebörigen Arbeiten erſchienen gelammelt
al3 «Bermifchte Schriften über chriſtl. Kunfte (Lpz
1856). Schon vor R. in dem «Tie
chriftl.:german. Baulunſt und ihr Verhältnis zur
Gegenwart» (Trier 1852) feine Anfihten im Yu:
—— entwiclelt. Ahnliche Bedeutung hatten
ie «Fingerzeige auf dem Gebiete der chriſtl. Kunſt
(2ps. 1855). Auf feine Anregung im preuß. Ab-
geordnetenhaufe erfolate auch die Einfegung einer
KHommijfion zur Erhaltung und Reitauration der
alten Bauwerle in den preub. Landen. Seine par:
lamentarifche Laufbahn begann R. 1848 im franl:
furter Parlament. Gr gebörte dort anfangs zur
jog. Gafinopartei, ſchied jedod mit andern Geg
nern eines deutichen Hailertums fpäter aus biefer
aus, Im erfurter Barlament ſümmte er gegen
das Unionsprojelt. In der preuß. Boltsfammer
vertrat er vorzugsweiſe das kath. nterefie. Dem
Miniiter von Naumer gegenüber vereinigte er 1852
bie fath. Abgeordneten zu einer bejondern Fral-
tion, deren Führer er wurde. Dei dem Honflilt
über die Militär: und Budgetfrage trat R. zwar
für das verfaſſungsmäßige Recht der Landesver-
tretung ein, erllärte ſich jedoch 1868 die bis:
berige Tatil der Majorität im Berfaftungstampf
als eine erfolglofe und unterwarf dann die Hal
tung der Fortichrittäpartei in ber «Gin
Nüdblid auf die legten Sejfionen des preub. Ab-
georbnctenhaufes» (1864) einer herben Kritik, Für
die näcite Seffion nahm er fein Mandat mehr an,
Bei den Mahlen vom 31. Aug. 1867 wurde er ;u
Aachen in den Neidystag des Norddeutichen Bundes
gewählt, dann auch wieder in das preuß. Ab-
georbnetenhaus und 1871 in den Deutichen Reichs
‚wo er feitdem als einer der Führer der Meri:
falen Centrumspartei nanıentlid in dem Kampfe
gegen dad Schulaufjichtsgeieg und die Maigeiehe
eine bedeutende Nolle fpielte. Bei den Mablen
von 1884 zum Neichötag, in weldhem er den Wabhl-
freiö Krefeld vertreten hatte, nahm er, mit Yüd:
fiht auf fein hohes Alter, ein Mandat nit mehr
an. Mit Wiß und Schärfe ſpricht er fich gegen die
ihm unſympathiſchen Yeitrichtungen in der Streit:
fhrift aus: «Bhrafen und Schlagwörter» (4. Aufl.,
Baderb. 1872). Bon feinen kunſtritiſchen Arbeiten
find nod) zu nennen: «Die Kunſt, jedermanns
Sade» (1865), «Shaljpeare, insbejondere jein
Verhältnis zum Mittelalter und zur Gegenwart»
(Münfter 1871), «fiber das Kunitbandwert» (1875),
«fiber monumentale Malerei» (1876), «U. W. R.
Bugin, der Neubegründer der hrijtl. 2 in Eng-
nd» (1877), « Barlamentarijches über Kunft und
Kunfthandwert» (Köln 1880), «Zur neuern Ge:
fhichte des Dombaues in Köln» (1881).
Neichenfperger (Peter Franz), Bruder des
vorigen, ebenfall3 befannt durch feine parlamen-
tariiche Wirtjamteit, geb. 28. Mai 1810 zu Koblenz
widmete fich der Jurisprudenz und wurde 1836
Landesgeri teaſſeſſot in Koblenz, fpäter in Elber
feld, 1843 Landesgerichtsrat in Koblenz, 1850 Nat
bei dem Appellationsgericht in Köln, 1859 Dber-
tribunalgrat in Berlin. Seine publigitiide Thätig-
feit begann er mit einer Schrift «Dffentlic-
keit, Mündlichleit und Schwurgerichte» (Stöln 18424.
n dem Werle über «Die Agrarfrage aus dem
ejichtöpunfte der Nationalölonomie, der Bolitit
Reichenſtein — Reihlin-Meldegg
und des Recht!» (Trier 1817) behandelte er die
Prinzipien der freien Agrarverfaſſung mit befon:
derer Rüchſicht auf die Verhältniſſe der Rhein—
provinz. Sodann verfaßte er 1851 im Auftrag
des Jujtizminijters den «Entwurf eines re ge
geießes für die Nheinprovinz», den er aud als
Regierungskommiſſar mit Erfolg vor dem rhein.
Landtag verteidigte. Tie Bewegung von 1848
führte ihn erit in das beutfche Borparlament, wo
er auf konfervativer Seite ftand, fpäter ald Ab:
geordneten von Geldern in die preuß. National:
veriammilung, wo er zu den ern ber Rechten
gehörte. (Bal. feine Schrift: «Die preuß. National:
verſammlung und bie Berfafjung vom 5. Dez»,
Berl. 18419.) Nm Parlament zu Erfurt kämpfte
N. gegen bie Union. In dem preuß. Abgeordneten:
baute, zu dem R. ununterbrochen vom Wahlkreis
Geldern mit einem Mandat betraut war, ftand R.
feinem Bruder bei der Gründung der Tat. Fral:
tion zur Seite und nahm an ber Zeitung berfelben
orragenden Anteil. Dbmohl er dad Mini:
fterium Manteuffel anfangs im Intereſſe der Orb:
nung unterjtüßt hatte, leitete er den mehr und
mehr bervortretenden realtionären Tendenzen des⸗
feiben eutſchiedenen Widerjtand und ſchloß fi
ſchon hierin den Liberalen an. Doc neigte er fi)
ftet3 mehr der gemäßigten Richtung zu und blieb
auch ein Anhänger des Legitimitätäpringips. Der
Kamipf über die Militärreorganifation und der fid)
bieran brüpfende VBerfaffungstonflitt fand ihn zwar
auf der Seite der vereinten Liberalen, body war er
bemüht — berbeizuführen. Als Mit:
glied des Reichstags des Norddeutſchen Bundes
war er einer der Mitbegründer und Führer der
tath. Fraktion, wie er aud) in der Centrumspartei
des preuß. Abgeordnetenhauſes zu den nanıhaftern
Wortführern gehörte. Diefelde Stellung nahm er
in den folgenden Reichdtagen ein. R. ſchrieb: «Er:
lebniſſe eines alten PBarlamentarierd im Nevolu—
tionsjahre 1848» (Berl. 1882). Vgl. «Reden ber Ge:
brüder Auguft und Beter Franz R.»(Negensb. 1858).
Neichenftein, Stadt im preuß. Negierungs:
bezirt Breslau, 18 km füdlich von der Kreisſtadt
Frankenſtein, an der öjterr. Grenze und am Fuße
des Neichenfteiner Gebirges, it se eines Amts:
gerichts, zählt (1880) 2173 E. und bat eine evang.
und zwei kath. Kirchen. In dem bier gelegenen
Verge, ever goldene Eſel⸗, befindet ih ein Arjenit:
bergwerk mit Poch-⸗, Seih: und andern Werten,
das ältejte be3 preuß. Staals. Urjprünglid ward
bier auf Gold gebaut, und aus den Abbränden von
Arjeniffublimaturen kann noch Gold gewonnen
werden. Außerdem hat die Stadt Leimſiedereien,
VWebereien, Ziegel: und Kallöfen und eine Zundholz⸗
fadrif, Das Reichenſteiner Gebirge oder
Schleſiſche Grenzaebirge zieht auf der öſtl.
Seite ber Orient Glab, durch den Durchbruch
dor Neiffe_von dem nördl. Eulengebirge getrennt,
bis zum Eüdrand von Glag hin. In demfelben
it der 882 m hohe Jauersberg, 10 kın ſüdlich von
N,, zu nennen und neben ihm der 958 m hohe Sei:
— ** beide mit platten Gipfeln. Am rechten
Ufer der Biela treten Bafaltyöhlen mit ſchöner
Säulenbildung auf.
Reichenweier (frj. Riguewihr), Stadt im Kreife
Rappoltsweiler des eljaß-lothring. Bezirks Ober:
elſaß, liegt 13 km norbweitlih von Colmar und
zahlt (1885) 1703 meijt prot, E. Früher war R.
er Hauptort einer ben Herzögen von Württem:
575
berg: Mömpelgard gebörigen Herrfchaft. Die Stadt
nahm 1525 an dem Bauerntriege thätigen Anteil
und hatte unter den Folgen desſelben jchwer zu
leiden. In der Umgegend von R, wird vortreff:
liher Wein erzeugt,
Reicher: Kindermann (Hebmwig), namhafte
Dpernfängerin, geb. 15. \juli_1853 in Münden
als die Tochter des PBaritonijten Auguſt Kinder:
mann (f. d.), fam als Chorfängerin und Ballett:
tänzerin zur Bühne und wurde, nachdem fie feit
1868 da3 Stonjervatorium befucht batte, am Hof:
theater zu Karlsruhe engagiert. Bald nad Mun—
chen zurüdgelehrt, trat fie in ben Verband des
Gärtnerplaßtheaters und wirkte in Rollen wie
Mademoifelle LAnge in «Mademoijelle Angot».
Nah ihrer Berbeiratung mit dem Scaufpieler
Emanuel Reicher (von dem fie ſich aber bald
wieder trennte) fang fie 1876 in Bayrenth , wirkte
1877—78 am Stadttheater zu al und
ging dann nah Wien an die Hofoper, von wo fie
1880 nach Leipzig engagiert wurde. Hier erwarb
fie fi ihren Auf als Wagner: Sängerin, ber fi
durch ihre Mitwirkung bei den Vorjtellungen des
Neumannihen Wagner : Theaterd noch fleigerte.
Für Herbit 1883 ala Mitglied des berliner Hof:
theaters engagiert, ftarb fie 2. Juni 1883 zu Trieſi.
Neichert (Karl Bogislaus), hervorragender
Anatom, geb. 20. Dez. 1811 zu Naftenburg in Oft:
preuben, widmete ſich in Königsberg, fodann als
Gleve des Friedrich : Wilhelms : nftitut3 in Berlin
dem Stubium der Medizin, habilitierte fid) daſelbſt
1842 als Privatdocent und nahm 1843 einen Nuf
als Profeſſor der Anatomie und vergleihenden
Anatomie nad Torpat an. Im J. 1858 folgte er
einem Ruf als Profeſſor der Phyſiologie nad)
Breslau und wurde 1858 als PBrofejjor der Ana:
tomie und vergleichenden Anatomie, Direltor bes
anatom. Theaters und ded anatom. Mufeums nad
Berlin berufen. Gr ſtarb dafelbit 21. De;. 1883.
N. hat durch eine Reihe wichtiger Unterſuchungen
und Arbeiten auf die Entwidelung der Embryolo:
nie, Gewebelehre und Anatomie einen bedeutenden
Einfluß ausgeübt, _ Außer zahlreihen Abhandlun:
gen in Fachzeitſchriften ſchrieb er: «fiber die Vis—
ceralbogen der Wirbeltiere» (Berl. 1837), «Ber:
gleihende Entwidelungsgeihichte des Kopfes ber
nadten Amphibien nebit den Bildungsgefepen des
Wirbeltierkopfes im allgemeinen» (Königsb. 1838),
«Das Entwidelungsleben im Wirbeltierreich» (Berl.
1810), «tiber die Entwidelung de3 befruchteten
Säugetiereied» (Berl. 1843), «Vergleichende Be:
obachtung des Dindegewebes und der verwandten
Gebilde» (Dorp. 1845), «Die monogene Yortpflan-
zung» (Berl. 1852), «Der Bau des menſchlichen
Gehirns » (%py. 1859—60). j
Reichliu⸗Meldegg (Karl Alerander, Freiherr
von), deutfcher Theolog und Philoſoph, geb.
22. Jebr. 1801 zu Grafenau am Cham im Böhmer:
wald, ftudierte in Freiburg Theologie, ehe
und Philologie, erhielt 1822 eine Pro eſſur am
Gymnaſium zu Freiburg und 1823 durch den Biſchof
von Rottenburg die Prieſterweihe. Später habili—
tierte er ſich an der Univerfität — Im
J. 1825 ward er Supplent der Kirchenge hicte,
1828 auferord. und 1830 ord. Brofefior der Theo:
logie. Vom Erzbiihof von Freiburg zum Wider:
ruf der in feiner «Gejhichte des Chriitentuns »
(Heidelb. 1831) ausgeſprochenen Meinungen auf:
gefordert, erflärte er, daß er an bie bei ber
576
Priefterweihe beſchworenen Säbe nicht mehr zu
(auben im Stande fei. Bald darauf erfolgte fein
ibertritt zur prot. Kirche. DR, felbit veröffentlichte
in diefer RE das «„Sendichreiben an den
Erzbiihof DB. Boll» (Heidelb. 1832) und «Uft
meines Übertritts und mein Glaubensbelenntnis»
(Heidelb. 1832). Im Juni 1832. wurde er als
Tocent der Philoſophie nach Heidelberg verfekt,
1839 zum außerord, und 1840 zum ord. Profefior
ernannt. Gr ftarb in Heidelberg 15. Febr, 1877.
Von feinen theol. Arbeiten find nody «Die Theo:
logie des Magierd Manes» (Frantf. 1825) und
«Theol, Abhandlungen» (Lpz. 1829) zu nennen,
Sein philof. Hauptwerk iſt das «Vehrbud der
Biychologie» (2 Vde., Heidelb. 1837—38). Von
feinen fpätern pbilot. Schriften iſt zu nennen:
«Syftem der > (Bd, 1, Wien 1870), Von
feinen übrigen Arbeiten find nod zu erwähnen:
«Die deutichen Boltsbücher. von Fauſt und Wagner
mit Beziehung auf Goethes Fauft» (Stuttg..1848)
und die Lebensbejchreibungen feiner Freunde Pau:
[us (2 Bde., Heidelb. 1853) und Kortüm (Heidelb.
1858). Seine ——— publizierte er unter
den Titel »Das Leben eines ehemaligen röm.
lath. Briefters» (Heidelb, 1874).
Cein Sohn, Kuno, Freiherr von R., geb.
21. Nov. 1836 zu Heidelberg, erhielt feine Bor:
bildung auf dem Lyceum feiner Vaterftabt, bezog
1855 die Univerfität dafelbft, wo er juriſt., biftor.
und philof. Vorlefungen hörte, und habilitierte ſich
1565 ebendort als Privatdocent der Philoſophie.
Reichmann (Theod.), Baritoniit, geb. 18. März
1849 zu Roſtod, ſeßte die in Berlin begonne:
nen Gefangsftudien in Prag und Mailand fort
und erfdien in Magdeburg zum erften mal auf
der Bühne, Bon dort fam R. an das Nowadſche
Iheater in Berlin, dann nad) Notterdanı, Köln,
Straßburg, Hamburg, endlid 1875 an das Hof:
iheater in Münden, Seit 1883 gehört N. der wie:
ner Hofoper an. R. verfügt über eine ebenjo wohl:
— wie umfangreiche und biegſame Stimme.
eichsabſchied oder Reichsrezeß hieß im
ehemaligen Deutſchen Reich die Urkunde, in welcher
am Schluß des Reichstags die geſamten Beſchlüſſe
nebſt den darauf gegebenen laiſerl. Entſchließungen
PREMIERE wurden. Die älteften R. find ver:
oren gegangen, die Fragmente derjelben und die
fpätern Abſchiede feit Kaiſer Marimilian I. find
DB. in Sentenbergs und Ohlenſchlägers Samm—
ung (4 Bde., Frantf. 1747) abgedrudt. Für die
ältere Zeit gewährt die Samnılung der «Teutfchen
Neihstansatten» unter Kaiſer Wenzel dur
J. Weizjäder (3 Bde., Manch. 1868 ig) und unter
Haller Sigismund von D. Kerler (2Bde., Münch.
1878 fg.) Erfab,. Der fog. jüngite (lebte) R. da:
tiert von 1654. Da feit 1663 der Reichstag bis zu
Ende des Deutſchen Reichs bejtändig verjammelt
blieb, fo konnte kein weiterer N. mehr ftattfinden,
Neihsadht,i. Acht. _
Reichsadel, ſ. Neihsritteridait.
Reichsadler, ſ. Adler,
Reichsämter, ſ. Erzämter, Reichsbeamte
und Neihsbehörden.
Neid: und Staatsangehörigfeit. Aus
dem Grundprinzip, daß das Reich eine ftaatliche
ur Se der deutſchen Staaten iſt, —— ſich, daß
das Staatsbürgerrecht im Einzelſtaat das primäre
Verhältnis ift und ohne weiteres das Reichsbürger—
recht nad) fi) zieht. Wer Bürger eines zum Reich
Reichmann — Reichsardive
gehörenden Staats ift, bebarf.. feines beſondern
Erwerbsaltes, um die —— — zu er:
werben.- Man kann aber nit Reichs
fein, ohne einem deutichen Einzelſtaat anzugehören;
es gibt feine Naturalifation durch das un:
mittelbar. Da die wejentlichiten polit. J en
für alle deutſchen Staaten diefelben find, fo
jemand gleichzeitig mehrern deutichen Staaten an-
nehören und jeder Angehörige eines deutſchen
Staat? lann in jedem andern. beutichen. Staate,
in welchem. er feine Niederlaffung , die
Aufnahme als Staatsbürger verlangen.- Der Er:
werb und Berluft der Neichsangehörigkeit ıe
regelt durch das Neichsgefek vom 1. \Yuli 1870,
welches in den füddeutichen Staaten und in Elfab:
Lothringen ebenfalls eingeführt worden iſt. Dem:
nad) wird die Staatsangehörigleit erworben. durch
—— Gründe (Geburt, Legitimation
erheiratung) oder durd Verleihung, welche bei
hen Aufnahme, bei einem Aus
ißt. Der Verluft tritt
ein durch die entgegengefehten Veränderungen des
Familienftandes, ferner dur) —— durch un:
unterbrodenen zehnjährigen Aufenthalt im Aus:
beftimmten Fällen
einem Deut ;
länder Naturalifation
lande und in gewiljen, ge epli
durch Grpatriterung. Bol. Yaband, «Staa
des Deutſchen Neichd» (Bd. 1, Freiburg i.Br. 1876).
eichdanwalt, der Wertreter der Etaatd
anmwaltichaft bei dem Neichegeridht. Bei lehterm
wird nad) $. 143 ı des Gerichtäverfaffungsgeiches
vom 27. Jan. 1877 die Stantsanwaltichaft durch
einen Oberreihsanmwalt und durd einen oder
= Sri Neihsanwälte ausgeübt. Das Recht der
Aufſicht und Leitung fteht nad) 8.148 ı
lich des Oberreihdanwalts und der Nei N
dem Reichslanzler zu. Diefelben find nicht richter-
lihe Beamte; zu diefen Amtern können
Richteramt befähigte Beamte ernannt werde
($. 149). Der Oberreichſsanwalt und die Reich⸗
anwälte werden auf Vorfhlag des Bunbesrats
vom Kaifer ernannt, Diefelben können durch
taiferl. Berfünung jederzeit mit Gemwä des
dei ya Wartegeldes — in den
tand verſeht werden ($. 150),
—— heißt die mit einem ver⸗
ſehene Kugel, welche ſich auf Münzen, ©
u. ſ. w. in der Hand der Kaiſer findet und als ein
Zeichen der Herrfchaft angel wird, Ur
ſprung diefer Kugel [abet fi bei den Romern,
welche durch diefelbe ihre Herrfchaft fiber die
Melt andeuten wollten. Den Beweis dafür
eine Münze des Kaifers Auguftus, auf welcher drei
Kugeln vorgeftellt find, eine mit ASI., die andere
mit AFR, und die dritte mit EVR. bezeichnet, aljo
mit den damals befannten drei Welt Auf
den zahllofen Munzen fpäterer röm. Haifer lommt
dieje Kugel oft vor, teil3 mit einem Steuerruder
oder Füllhorn, unter den Füßen des Adlers, jpäter,
mit der Giegesgöttin (Nike) geziert, in der Hand
der Kaiſer. Die Siegesgöttin wurde durch das
chriſtl. Kreuz verdrängt; mit diefem ging die
auf die römifch:deut den Kaifer über, Der
wurde bei feierlichen Gelegenheiten dem
von einem eigenen Beamten, dem Truchſeß, vor:
getragen. (S. Reidhäsfleinodien.) *
Neichsarchive enthalten die von dem ehema-
ligen Deutihen Neiche ausgegangenen ober iR
auf —— Urkunden und Alten.
reichshofrätliche Negiltratur in Wien ift 1851,
Neichsarmee — Reichsdeputation
das früher in Mainz, dann in Frankfurt vers
wahrte erzlanzleriiche Ardiv 1854 mit dem Ge:
eimen Haus, Hof: und —— ERDE:
ad Arhiv des Reichslammergerichts in Weplar
ift unter die betreffenden Staaten verteilt. Dazu
lommt noch das Reichstags-Direltorialarchiv zu
Regensburg. Die Ordnung und Aufbewahrung
ber auf das neue Deutiche Reich bezüglichen archi—
valiihen Urkunden gefchieht unter Leitung von
Beamten des preuß. Staatsarchivs.
Neihdarmee. Cine R. geftaltete fih erſt in
ben lesten Jahrhunderten des alten Deutichen
Reichs. Als nämlich die deutſchen Reichsſtände un:
abhängige Landesherren wurden, blieb der Kriegs:
dienſt miht mehr eine unmittelbare Pflicht gegen das
Reich, fondern der einzelne Reichsſtand mußte mit
ben a bei einem Reichskriege erſcheinen.
(S. Deutiches Heermwefen.) Auf dem Reis:
tage zu Worms 1521 wurde die R. auf 4000 Reiter
und 20000 Dann zu Fuß feſtgeſeht und im J. 1681
auf 12000 Reiter und 28000 Dann zu Fuß er:
böht. Später ge man das Reichsheer für
einzelne Fälle auf das Doppelte, Dreifahe und
zuletzt auf das 535 (armatura ad simplum,
duplum, triplum u.ſ. w.). In die Deutſche Reichs⸗
verfaſſung vom 16. April 1871 iſt die Bezeichnung
R. nicht aufgenommen.
—— F an * un s S; 447 *
e aukthaler, frühere Bezeihnung für
den dänischen Rigädaler.
Neihsbanner (deutiches), f. unter Banner.
Reichsbaron, |. unter Baron.
Reichsbeamte heißen diejenigen Beamten, die
vom DeutihenKaiferangeftelltwerden und in einem
Dienftverhältnis zum Kaiſer ald dem Vertreter des
Reichs Stehen. Ihre Dienftverhältniffe find geregelt
durch das Reichsgeſeß vom 31. März 1873. Tas:
felbe ift aber anwendbar außerdem auf diejeni:
gen Landesbeamten, welche den Anoronungen des
Kaiſers Folge zu leiiten verpflichtet find, d. h. die
Poſt⸗ und Telegraphenbeamten (außer in Bayern
und Württemberg) und die Nilitärbeamten (außer
in Bayern). Diefe Landesbeamten werden als
«mittelbare Neihsbeamte» bezeihnet. Auf Ber:
fonen de3 Soldatenftandes findet das erwähnte
Geſeh keine Anwendung. Befugt, im Namen des
Reichs Beamte anzuftellen, iſt nach Art. 18 der
Reichsverfaſſung der Haijer; bei gewiflen Umtern
at aber der Bundesrat ein Vorſchlagsrecht. Die
litglieder der höhern Reichsbehörden, fowie dies
jenigen R., welche nad) ihrer dienftlihen Stellung
enjelben vorgehen oder gleihftehen, und die Non:
fuln —— eine kaiſerl. Beitallung: dagegen
werden die Anftellungsurtunden der übrigen R. im
Namen des Kaifers vom Neichslanzler oder von
den durch, denfelben ermächtigten Behörben erteilt,
Die Ableiftung eines Dienſteides iſt er zur Ans
ftellung im Reichsdienſt, wohl aber zur Übernahme
eines Reichsamts erforderlih. Zur Beftellung
einer laution find diejenigen R. verbunden, welchen
die Berwaltung einer dem Reiche gehörigen Kaſſe
oder eines Magazins oder die Aufbewahrung von
Geld und geldwerten Gegenitänden obliegt. Der
N. hat die Miicht zur Wahrnehmung des ihm über:
tragenen Amtes, zur Treue und zum dienſtlichen
Gehorjam und zu einem achtungswürdigen Ver:
halten in und außer dem Amte. Zur Annahme
von Geſchenken oder Belohnungen in Bezug auf
das Amt bedarf der NR. der Genehmigung der
Gouverjationd-Lerilon. 13. Hufl, XIIL
577
oberften Reichöbehörbe; zur Annahme von Titeln,
Ehrenzeichen und Gefchenten von andern Regies
rungen oder Negenten ber Genehmigung des
Kaiſers. Der Betrieb eines Gewerbes iſt den R.
im altiven ng Ser Ausnahme der Wabhltonfuln
unterjagt. Die Verlegung ber Dienftpflicht ift ein
Disciplinarvergehen; die mann ee
teit über R. wird in erfter Inſtanz von Disciplinar:
fammern, in zweiter und lehter Inſtanz von dem
Disciplinarhof in Leipzig gehandhabt. nen
Beitimmungen beftehen für die richterliden N.
Der N. F Anſpruch auf Gehalt, der aus einem
feſten Beſtandteil, der —— Beſoldung, und
einem nach dem dienſtlichen Wohnſitz veränder:
lichen, dem Wohnungsgeldzuſchuß beſteht. R., die
einſtweilig in den Ruheſtand verſetßt find, erhalten
als fog. Wartegeld drei Vierteile des Dienſt—
einlommens, jedoch nidht weniger als 450 Mark
und nicht mehr al3 9000 Mark jährlid. Die
Penſion beträgt nad vollendetem 10, Dienft:
jahre zwanzig Adhtzigftel, fteigt von da ab mit
jedem Dienjtiahre um ein Achtzigitel des Dienit:
einlommens bis zum Hödhitbetrage von drei Viertel
desjelben. Die Witwen und Waifen —— das
Gnadenquartal und außerdem aus der Reichslaſſe
Witwen: und Waiſengelder, wofür den R. jährlich
3 Bros. des Dienfteinlommens abgezogen werben.
Über die vermögensrehtlihen Aniprühe der R.
und ihrer Hinterbliebenen aus ihrem Dienftvers
hältnis findet der Nechtämweg ftatt. Bol. Kann:
gießer, «Das Recht der — Reichs beamten⸗
Berl. 1874); Laband, «Das Staatsrecht des Deut:
hen Reid)» (Bd. 1, Freiburg i. Br. 1876).
Reichsbehörden find diejenigen Behörden, die
Geichäftedes Deutſchen Reichs führen undihre Auto:
rität unmittelbar von ber Reichsgewalt ableiten.
Die R. zerfallen mit Rüdjicht auf ihre jtaatörecht:
liche —— in vier Klaſſen. Die erſte wird ge:
bildet durch den Reichskanzler; er iſt nad) Art, 17
der Reichsverfaſſung der einzige Beamte mit, jelb:
ftändiger polit. Verantwortlichteit, der einzige
«Ninijtere des Haifers im Sinne des Fonititutio:
nellen Staatsrechts. Durch das Reichsgeſetz vom
17. März 1878 it aber die Ernennung verantwort:
licher Stellvertreter de3 Reichslanzlers für zuläflig
ertlärt worden. Die zweite Klaſſe wird gebildet
von den Verwaltungsbehörden,, welde nad) Maß—
gabe der ihnen erteilten Jnftrultionen und dienit:
lihen Anmweiiungen ihre Gefhäfte führen, für
welche daher der Reichskanzler ſachlich verantwort:
lid iſt. Die dritte Klaſſe bilden die rihterlichen
N., für deren Entiheidungen ausſchließlich das
eltende Recht maßgebend iſt, hinfichtlich deren da:
“ die Berantwortlichleit des Reichslanzlers fi)
nur darauf erjtredt, daß diefe Behörden im Stande
find, ihre Funktionen in verfaffungsmäßiger Uns:
abhängigkeit auszuüben. Zwiſchen den verwalten:
den und Recht Ierehenben hörden gibt e3 endlich
nod) eine Mittelitufe, die von einer Anzahl von
Finanzbehörden gebildet wird, weldhe zwar unter
der obern Leitung des Reichslanzlers jtehen, für
einen gewiſſen Kreis von Geſchäften aber nad Art
der rihterlihen Behörden — ſind. Über
die einzelnen Neihsbehörben vgl. Deutſchland
und Deutjhes Neih, Bd. V, ©. 226,
Reichsdeputation hieß im alten Deutichen
Reihe jeder von Kaiſer und Reich zur Erledi:
gung gewiſſer Gefchäfte erwählte reichsſtändige
Ausſchuß. Es waren teils innere, teild äußere
87
578
gg er die man folden Kommifjionen
Unter ben erſtern find die Viſitationen
wei lammergerichts die bedeutendften geweien,
deren legte 1776 erfolglos endigte; unter ven lehtern
waren bie Neihsfriedensdeputationen von
befonderer Bedeutung. Die berühmteite und zu:
oleich letzte R. diefer Art war die infolge des Lund
viller Friedens vom 9. Febr. 1801 unterm 24. Aug.
1802 in Regensburg niedergejehte, welche die Ver:
teilung der rang ao geiitlichen Länder und
der Neihajtädte, überhaupt die ganze Entjchädi:
gungsfrage 108 Übert ma * in hr 25. Febr. 1803
vollende eihädeputationd:
ba up j.d
— nennt man
den Rezeß ber Reichsdeputation vom 25. Febr.
un womit diefe die im Lundviller Frieden feft:
geitell —— BR luß brachte. Nach einem
Neichstagäbe Sluh vom © .1801 war dieje außer:
—— * ieden&deputationaus Nurmainz,
So fen, Brandenburg, Pfalzbayern,
50 und Deu chmeifter, Württemberg und Hellen:
Kaſſel — = bradte unter ruf). und franz.
Bermittelung ihr Wert x Stande. Der R. wurde
24. März 1803 vom tage, und 27. April
= unter einigen Borbe Iten auch vom Kaiſer
igt. Die wichtigſten Umgeſtaltungen waren:
Die tretung des linlen Nheinufers an ——
die Entſchädigung der dort begüterten weltli
Furſten teils —2 Salulariſation aller geiſtli
Furſten und —— außer dem —*
Erzlanzler, dem on und dem Johanniler⸗
orden, teils durch iatiſierung aller Freien
Neichsftädte bis auf ſechs; die neue Territorial:
verteilung, wobur reufen und Sannover in
Norddeu land, Bayern, Württemberg, Baden
u. ſ. w. in Süddeutichland i in ihren neuen Länder⸗
beitand gebradht wurden. Die Verfaffun hey alten
Reichs erbielt dadurch ihren tödlichen Der
Kaiſer verlor die weſentlichſten Stügen as Ein:
fluſſes im Reiche; das geiftliche Fürftentum ver:
ſchwand fait völlig; im Sturfürften: und Yürften:
tollegium des Reichstags erbielt der Proteſtantis⸗
mus das fibergewicht; der Reichsadel büßte die
Unterſtuhung ein, die er von den geiſtlichen Stif:
tern bisher enofien.
Neichsdörfer hiehen im ehemaligen Deutſchen
Reiche Dörfer, die, mit VBorrechten aus alter Zeit | D
begabt, feiner Landeshoheit unterworfen waren,
fondern ummittelbar unter Kaiſer —* Reich ſtan⸗
den. Zwar gelangten fie nicht zur Vertretung auf
dem Neihstage, aber fie hatten die gei eiftliche Ge:
—— Die Oberaufſicht über Kirchen und
Sale habe und niedere Gerichte, ſelbſtgewählte
ultheiben und Richter, die in den kaiferl, Ur:
funden als Obrigteiten bezeichnet wurben, und er:
legten nur eine gewille Summe zu den Reichs⸗
ſteuern. Im 14. Jahrh. waren noch über 100 R. be:
ſonders in Schwaben, Elſaß, —— Wetterau,
MWeitfalen und Beulen * ve nachweisbar;
aber ihre Zahl nahm —38 ufige verpfandun⸗
en und die wachſende Macht = größern Reiche:
Mände ab. Zulest waren nur noch Alſchhauſen und
die freien Leute auf der Leutlircher Heide in Dber:
ſchwaben, wo es einit 39 R. gab, Holzhauſen, Alt:
haufen, Got heim und Gennfeld in Sranten,
Sulzbach
übri
ſchl = von 1303 gleidhfall3 mediatifiert wurden,
Soden im Oberrheiniſchen Kreife das Recht in
4 en durch den Reichödeputationshaupts | erteilen;
Neihsdeputationshauptiglug — Reichsfürſten
Reichsei
——
Mei
ſ. unter Marſchall.
See Kane eines ei 80
n und bereits
breiteten Bereins, w
freiwilliger Beiträge aller
Cigarrenabſchnitte
ten in ber Bulgä
Fonds zu
ze. von Henhäufe ern i
Ungeregt wurde die Gründung
—— Banden ur
n Boten»
. 1885 wei —
wi in 5 Schande Kr — Nei
oberfehtihule, * 5* —
äujer errichtet und
—
wabach, die andere zu
2. Mai (2. Pfin _ 180 Bas ee De
waijenhaus e dern) 108
1885 im * —* 400000 gen
Meichs Dieſelben ſtehen mit
namen De bet en ing ae aba in engem
Seit oma be durch 257
fund —* — —— —7—
e — ngen Abgel biervon i
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Gliedſtaaten — = f
Es einen —— Pe und
Rei —— * von den Ein⸗
aaten und ihrem ganz —
* ._ 0 ———
— erg eg Yan z
— ——— —
urch ein Nei
folgung von dem R des Reichs -
trolliert. (©. = Ag San und Deu
©. 24 u
Neid, Bd. V
«Staatörecht des Deutichen Neichs» 8, Fre
burg i. —— 2).
al, i. unter Fistlal.
feige, joviel wie Thro — alten
— *
riebenen Re
D — en Sole und Dem Sei
n
untertban; Heihsfreibeit, foviel wie Neicheur:
mittelbarteit.
Neichöfürften biefen im Deutfchen Reiche feit
dem 12. Zabrb. diejenigen —— ‚welde ein
Reichsl ttelba und
en a ———
oder einen König no |
biichöfe ge höf
die Inhaber der Herzo
Marlgra —5 —— Gre
dem 16. Jahrh. — X Tre
nf Ep und ‚Sim |
a und zwar
vor 1580 —* gelangt find, de
die anderndie neufü ERliden Zen
—— dr
Sabehurger m 17. Ja 17. a Bir ih dem $
Reichsgericht — Neihshofrat
wurbe aber bie Zulaſſung der Fürſten zum Reichs-
fürjtenrat von einem Beſchluß desjelben abhängig
macht. Die nicht zugelajjenen wurden dann als
itularreichsfürften bezeichnet.
NReichögericht iſt die Vezeihnung des höchſten
Gerichtshofs des Deutſchen Reichs, welcher na
dent Gejes vom 11. April 1877 ſeinen Sitz in Leipzig
— und am 1. Oft. 1879 an Stelle des Reichsober⸗
ndelögerichts (f. d.) ins Leben trat. Nach dem Ge:
richtöverfaflungsgeiek vom 27. Yan. 1877, welches
in $$. 125—141 vom R. handelt, wird das R. mit
einem Präfidenten und der erforderlichen Anzahl
von Senatepräfidenten und Räten bejeht.
Bräfident, die Senatöpräfibenten und Räte werden
auf Vorichlag des Bundesrats vom Kaiſer ernannt.
Zum Mitglied des R. kann nur ernannt werben,
wer die Fähigkeit zum Nichteramte in einem Bun:
desſtaate erlangt und das fünfundbreißigfte Lebens:
jahr vollendet hat. Bei dem R. werben Civil: und
enate gebildet. Die Zahl derfelben beftimmt
der Reichöfanzler. Die —— Narr Hilfgrichtern
iſt unzuläflig. In bürgerlihen Rechtsftreitigleiten
iit das R. zuftändig für Die Berhandlung und Ent:
ſcheidung über die Nechtämittel: 1) der Nevifion
gegen die Enburteile der Oberlandesgerichte; 2) der
E —— gegen Entſcheidungen der Dberlandes:
nerichte. Strafjahen ift das N. zuftändig:
1) für die Unterfuhung und Entideidung in erfter
und lekter Inſtanz in den Fällen des Hochverrats
und des Landesverrats, injofern diefe Verbrechen
gegen ben Slaifer oder das Reich gerichtet find; 2) für
die Verhandlung und Entſcheĩdung über bie Rechts:
mittel Nevifion gegen die Urteile der Straf:
tammern in nz, infoweit nicht die Zu:
ftändigfeit der Oberlandeagerichte begründet ift, und
gegen die Urteile der Schwurgerichte. Die Senate
des R. entiheiden in der Beſehung von fieben Mit:
gliedern mit Einfluß des Borfipenden. Bon Mit:
gliedern diefes Gerichtshofs werden herausgegeben :
« Entfheidungen des R.» (in Eivilfahen und in
Strafiahen, Lpz. 1880 fg.); von Mitgliedern der
Reichsanwaltſchaft wird herausgegeben: «Recht:
ſprechung de3 deutichen R. in Straffadhen » (Münd).
1880 fa). Vol. ferner Bolze, «Die Praris des
N. in Civilfachen» (Lpz. 1886 fg.).
Neichögefeblatt, ſ. unter Reichsgeſehe.
Rei etze. In dem alten Deutſchen Reiche
wurben die R. von den Reichstagen beſchloſſen.
Sowohl der Kaiſer (röm. Kaifer, deuticher König)
als das Hurfürftenlollegium hatten das Recht der
Bropofition. Yebe Bropofition wurde zuerft in dem
Kurfüritenrat beraten, und gelangte mit deſſen
Gutachten an den Reichsfürſtenrat, zulegt an das
Kollegium ber Reicatäbte (j. Reihätn e). Zum
R. aber wurde der Beſchluß der Reichsſtände erjt
durch die faiferl. Konfirmation.
Im jegigen Deutſchen Reiche werden die R. von
dem Bundesrat und bem Reichsſstage gemeinfam
beſchloſſen und von dem Kaiſer verlündet. Die
ge gehen vom Bundesrat aus; aber auch
der Reichſtag hat das Recht der Jnitiative. _Der
Haifer hat als folder weber ein Recht der Sant:
tion noch ein Veto, mit Ausnahme von Geſetzen
über da3 Militärwefen und über erbrauchäfteuern,
die nicht geändert werben bürfen, wenn der Slaifer
—— * le, — 7 N. —
enzeihnung eichslanzlers und forgt für
den Vollzug. Die igung geichieht du
das Reich sgeſehblatt. Die R. gehen den Landes
ch Reichsgericht anerlannt wo
579
geieben vor. (S. Deutihland und Deutſches
Neid.) Seit der Gründung de3 Norbdeutichen
Bundes 1867 find_eine große Anzahl wichtiger
Bundesgeſehe erlafjen worden, die bei der Grün:
dung des Deutihen Neihs zu R. erllärt wurden;
dh | ebenio war die Neichögejehsebung feit 1871 jehr
fruchtbar. Die wichtigſten R. find: das Geſetz über
die sreizügigleit vom 1.Nov. 1867, das Geſeß über
die Berpflidhtung zum Kriegadienfte vom 9. Nov,
1867, die Maß: und Gewidhtsordnung vom 17. Aug.
1868, die Gewerbeordnung vom 21. Juni 1869
(nebft Novellen), das Strafgefekbudy vom 31. Mai
1870 (neue Nedactionen von 15. Mai 1871 und vom
26. Fehr. 1876), das Gefek über den Unterftükungs:
wohnfik vom 6. juni 1870, das Gefeß über das
Poſtweſen vom 28. Dit. 1871, das Geſeß betreffend
bie Ausprägung von Neihsgoldmünzen vom 4. Dez.
1871, das Geſeß über den Ausſchluß des Ordens
ber Geſellſchaft Jeſu von Gebiete des Deutfchen
Reichs vom 4. Juli 1872, das Münzgefek vom 9.
Juli 1873, das Jmpfgejeh vom 8. April 1874, das
Neich3militärgefek vom 2. Mai 1874, das Ge eb
über die Brefie vom 7. Mai 1874, das Gefek über
die Beurkundung bed Berjonenitandes und die Che:
ſchließung vom 6. Febr. 1875, das Banlgeſeß vom
14. März 1875, die vier vorzugaweife fo genannten
Neihsjuftizgeleke von 1877 (Gerichtäver:
fafjungsgeieß vom 27. Jan., Civilprozekordnung
vom 30. Jan., Strafprozehorbnung vom 1. Febr.,
Konfurdordnung von 10. Febr.), das Gejeh be:
treffend den Wucher vom 24. Mai 1880, da3 Un:
fallverfiherungsgejeg vom 6. Juli 1884 und die
fog. Altiennovelle vom 18. Juli 1884.
5 Neichögefundheitdamt, |. unter Geſund—
eitsanıt,
NReichsaraf, ſ. unter Graf, Bd. VII, S.266®,
Neichöheiligtümer, zehn Reliquien, früher auf
der Burg Karlſiein bei Brad, feit 1437 als Pfand
nahNürnberg gebracht und bei den Reichskleinodien
eine il di bentlihen Beiträge d
ei „ die orbentlihen Beiträge der
deutſchen — an Mannſchaft und Geld für
das alte Deutſche Reich.
Neichshofen, Stadt im Kreiſe Hagenau des
elfaß-lotbring. Bezirls Unterelſaß, liegt an der
Gifenbahnlinie Hagenau:Saargemünd, 43km nörd⸗
lid von Straßburg, hat Papierfabritation, bedeu—
tende Eifenhütten, eine große Mafchinen: und Wag-
gonfabrik, jehr bedeutende Holzichneidemühlen und
zählt (1885) 3011 G. Die grangofen nennen die
6. Aug. 1870 ftattgehabte Schlacht bei Wörth (f. d.)
chen. Schlacht von R.
NReichehofmarfchall, ſ. unter Marſchall.
Reichshofrat, das direft dem Kaiſer unter:
ftehende oberfte Gericht im frühern Deutſchen Reiche,
welches mitdem Reichslammergericht lonturrierende
Gerichtöbarkeit hatte. re war er nur ein
Kollegium zur Beratung der Saden, die an ben
Kaifer perfönlich famen. Da auch Juſtizſachen bei
dem Hofe angenommen wurben, jo führten nament:
li die evang. Stände feit 1502 gegen die Ent:
—— derſelben durch den R. häufige Beſchwer⸗
n, erlangten aber nur, daß dieſes Kollegium eine
beitimmte Verfaſſung befam, vorzüglich durch die
Neichehofrat3: Ordnungen von 1559 und 1654,
nadhdem ed im Weſtfäliſchen Frieden als zweites,
dem Kammergericht ganz gleichitehendes oberſtes
n war. Dasfelbe be:
ftand aus einem Präfidenten, Bizepräfibenten und
37*
580 Reichs inſignien
18 Näten. Alle wurden vom Kaiſer ernannt und
bejoldet; wenigftens ein Teil davon follte aus dem
Reihe genommen werden; auch mußten darunter
ſechs evangeliihe fein. Tie Stimmen der evang.
Neichshofräte konnten, wenn fie ſämtlich auf eine
Meinung trafen, von den übrigen nicht überftimmt
werben, ſodaß alſo auch hier eine fingierte Reli:
—— eintrat. Die Räte teilten ſich in eine
trafen: und Herrenbant und in eine gelehrte Bant,
übrigens mit gleihen Reiten. Auch der von Kur:
mainz ernannte Reich&vizelanzler hatte im R. Sit
und Stimme nad dem Präfidenten. Der R. war
nicht nur oberftes Reichsgericht, fondern auch einziges
oberftes Regierungslollegium des Reichs, —*
Lehnsſachen, Kriminalſachen über Unmittelbare und
Reichsregierungsſachen allein an den R. —
Die Appellationsprivilegien der Stände galten in
Anfehung — auch bei dem R. Mit dem
Tode eines Kaiſers hörte der R. auf und wurde
vom neuenKaifer ganzneu beftellt. In der Zwiſchen⸗
Ps mußten die Rei j
eitellen, welche mit dem Anfange der neuen laiſerl.
Regierung aufhörten. Der R. hatte feinen Sih in
der jedesmaligen trage br Kaifers, in den lebten |
eiten alfo ji Wien. Dort befindet ſich aud das
rchiv desſelben, welches erft 1740 von den öſterr.
Hausfahen getrennt wurde. Ein Teil der Alten
des R. iſt an die betreffenden deutichen Etaaten,
auf deren Anſuchen, ausgeliefert worden,
eichöinfignien, |. unter Infignien,
Reichsjuſtizamt. Dasſelbe wurde zuerit 1875
als (IV.) Abteilung des Reichslanzleramtes, feit
1877 als felbftändige Centralverwaltungsbehörbe
des Deutichen Heide in Berlin errichtet. Ihm
liegt ob_die Vorbereitung der in das Gebiet der
Rechtspflege einfhlagenden Geſehentwürfe, die ju:
riſtiſche Prüfung und Begutachtung anderer Gefch:
entwürfe, die Bearbeitung der Ausfübrungsbeftim:
mungen Ir den Juſtizgeſehen und die überwachung
der Ausführung der Reichsjuſtizgeſetze ſeitens der
Ginzelftaaten. Von demjelben reflortieren das
Reichsgericht und die Reihsanmwaltihaft. Bis zur
Errichtung des Minifteriums für Elſaß Lothringen
in Straßburg (1879) war aud) die pe amte Yultiz:
verwaltung des Reichslandes dem N, unteritellt.
Neichölufiggefene, j. unter Codififation
und Reichsgeſeßtze.
Reichöfammergericht, im ehemaligen Deut:
ſchen Reihe neben dem Reichshofrat (}. d.) das
höchſte Gericht, fam unter Kaiſer Marimilian I.
1495 zu Stande. Seine Errihtung, durch welche
das laiſerliche — — wurde, kennzeich⸗
net den wachſenden Anteil der Reichsſtände an der
Ausübung der Reichsgewalt. Dasſelbe bejtand aus
einem vom Kaiſer ernannten Kammerrichter fürftl.
oder gräfl. Abkunft, zwei Präfidenten und einer
bald geringem, bald größern Anzahl Beifiper, Tiefe
waren nad) der Reformation teils fatholifch, teils
evangeliich und wurden von den Reichsſtänden ge:
wählt und befoldet. Sie waren ferner teil «der
Recht gelert und gemwirdigt», teils aus der Ritter:
haft. Tas NR. hatte feinen Siß in der erftern
Zeit in verſchiedenen Reihsftädten, namentlich in
Speier, jeit 1693 aber zu Wehlar. Dasfelbe follte
«nad des Reichs und gemeinen Rechten und nad
ehrbaren und redlihen Ordnungen und Statuten»
entiheiden; übrigens verfuhr es nad den Reich:
famnmtergerihtsordnungen, Es urteilte über alle
Rechtsſachen der Neihsunmittelbaren und war zus
vilarien Tilariatsbofgerichte | \
| Infolge eines Br vom 25. Yan, 1821 ward
— Reistanzler
leich höchſte Inftanz für die Reihsmittelbaren,
* nur in A Aber aud war
e3 durch die Privilegien de non a ando vers
ſchiedener Neihsftände beſchränlt. en lonnte
jeder Beſchwerden über verweigerte oder ——
Nr i5 und wegen Nichtigkeit jelbft in
ahen von den Landeägerichten an dieſes Reichs—
gericht bringen. Die Nammergerihtsorbnungen
von 1495, von 1548, promulgiert 1555, und von
1613 find wichtig und maßgebend für die Entwide:
* es —2 Civilproʒeſſes.
eichskammergeri tBardie; Das Ardiv
des Reichslammergerichts (. d.) ward zu
in einem Gebäude aufbewahrt, defien Bau noch
© MR * * eh ne f
ellung rchivs nahm jedoch e nen g
nah dem Aufhören des Deutſchen Sc, Sad
dem ber Fürſt-Primas in der kurzen Zeit feiner
Regierung einen Verſuch — zu ordnen,
* nach der —— tſchen Bundes
die Bundesverſammlung Werk in die Hand.
nd. Die
daß jedem deutichen Staate der ihm
Teil Alten zugewiefen werden follte,
Bundesbefchlnffe von 1845, 1846, 1847 ftellten die
Grundjäge feit, nad welchen die inzwif
gonnene Verteilung an die Archive der en
deutichen Negierungen vorgenommen werben jollte.
Die Berhältniffe von 1848 machten darin keine
Underung. Auf Andringen der preuß. Regierung,
welde das Gebäude geräumt wünſchte, warb 1850
die Zahl der Arbeiter vermehrt und die Verteilung
der Prozeßalten rüfti fortgefebt. — —
dieſes Geichäfts erfolgte jodann 1853 die Auflöjung
der Kommiffton. Die untrennbaren Teile bes Ars
chivs verblieben in Wehlar unter preuß. Obhut.
Eeit 1839 —— der Geſchichtsforſcher Paul Wigand
der Archivlommiſſion vor, der auch ⸗Denlwurdig
leiten, geſammelt aus dem Archiv des Reichslam⸗
mergerichts in Wehlar» (ent 1854) ——
eichskammergüter, der zum Unterhalt des
taiferl. de und andern Vebürfnifien des alten
Deutichen Reichs beftimmte Ne nsfo
Neichöfanzler war im ehemaligen
| —* Fi — ——
(Erzbiichof) von Mainz als Kur er
wurde, In ftändiger Vertreter am faiferl.
war der vom N. ernannte Reichsvizelanzler,
\; d.) war.
eine Archivlommiſſion beftellt, die Ordnung ber vor:
bandenen Alten feitgeieht, und zugleich beftimmt,
edene
aud Mitglied des Reichshofrats
Erzämter, Kanzler und Hurfürften.)
Stumpf, «Die N,, vornehmlich des 10., 11. und
12. Jabrh.» (3 Bde, Innsbr. 1865— 74). — Im
neuen Deutihen Reiche ift der R. der e, vom
Kaifer ernannte Repierungsbeamte,
Art. 15 der Neichsverfaffung der Borfik im Bundes:
rate und die Leitung der Geſchäfte zufteht; auch be:
dürfen nad) Art. 17 der Neichöverfaflung die im
Namen des Neihs vom Kaifer erlafienen
nungen und Verfügungen zu ihrer ne der
Gegenzeihnung des R, welcher dad Ver:
antwortlichleit übernimmt. Der R, ift Pohkuifier
einzige verfaflungsmäßig verantwortliche
des Reichs; diefe Verantwortlichkeit i ‚da
fein — ge er efeh ‚mir
eine moralijche und politifche, nicht eine
Der R. leitet die gefamte t, insbefondere
die auswärtige Politik des Reichs, aber auch bie
Neichskleinodien — Neichspoftmufeum
Beziehungen desfelben zu ben Lanbesregierungen.
Nach dem Gefeh, betreffend die Stellvertretung des
R. vom 17. März 1878 kann auf Antrag des R. in
rer der Behinderung desſelben vom Kaiſer ein
tellvertreter allgemein _für den gejamten Um:
fang der 4 und Dbliegenheiten des R. er:
nannt, aud) lönnen für diejenigen einzelnen Amts:
weige, die fich in der eigenen und unmittelbaren
jerwaltung des Reichs befinden, die Borftände der
dem R. untergeordneten oberjten Reichsbehörden
mit der Stellvertretung im ganzen Umfange oder
in einzelnen Teilen ihres Geidäftstreif es beauftragt
werden. Doch ilt dem R. vorbehalten, jede Amts:
handlung aud während der Dauer einer Stellver:
tretung telbit vorzunehmen. Die Beitimmung des
Art. 15 der Reihaverfafjung wird indes durch diefes | Bd. V
Geſeß nicht berührt. Unter der unmittelbaren
Leitung des R. jteht eine Behörde, welche für die
dem N. obliegende Verwaltung und Beaufihtigung
der durch die Reichsverfaſſung zu Gegenjtänden
der Reihöverwaltung gewordenen Reichsangelegen⸗
beiten dur Präfidialerlaß vom 12, Aug. 1867
als «Bundeslanzlerami» errichtet wurde, 1871—79
den Namen Reihslanzleramt führte und feit
1. an. 1880 Reihsamt des Innern heißt; der
Chef diefer Behörde heißt Staatsfelretär de3
nnern. (S. Deutihland und Deutſches
eich und Neihsbehörden.)
Im Rorddeutichen Bunde gelte derjelbe Beamte
ben Titel «Bundestanzler»; als folder wurde dur
Prälidialerlaß vom 14. Juli 1867 Graf Bismar
ernannt, welder dann aud bei Gründung des
Deutſchen Reichs die Würde als R. beibehielt.
In ber ——— ⸗Ungariſchen Monarchie
Park eine Zeit lang den Titel R. ber Borfigende
es erg ig (Neih3:) Minifteriums, zu
welchem 23, Juni 1867 Freiherr (fpäter Graf) von
Beuſt ernannt wurde, Als derfelbe jedod 8. Nov.
1871 von dieſer Stellung zurüdtrat, wurbe fein
Nachfolger als Reihsminifter des Aufern, Graf
Andrijiy, zwar gleichzeitig mit dem Präfidium im
Reichsminiſterium betraut, ohne indes den Titel N.
zu erhalten. Fürſt Metternich führte als öjterr.
Premierminiſter den Titel « Staatölanzler», wie
feinerzeit aud) in Preußen der Fürft Hardenbera.
In Rubland ift R. fait ausſchließlich der Titel
des Miniiters der auswärtigen Angelegenheiten,
Neichskleinodien, f. unter Inſignien.
Reichskollegien, |. Reidstage.
Neichötont an f. unter Reichstage.
Neichäfriegshäfen nennt man diejenigen deut:
ſchen Häfen, weldye nit nur ald Sammelpuntte
und Aufenthaltsort der nicht in auswärtigen Meeren
.. Kriegsschiffe dienen, fondern wo leh:
tere aud) gebaut, repariert und ausgerüftet wer:
den, um Vegan r auf friedlihe Miffionen, wie genen
den Feind auszulaufen. In den R. befinden ſich
deshalb alle für dieſe Zwede nötigen Einrichtungen,
wie Dod3, Hellinge, Werften u. f. w., und da eine
Zeritörung derjelben durch den Feind von den be:
denllichſten Folgen begleitet fein würde, find die N,
durch beſonders ſtarke Befeftigungen (Torpedos) ge:
ſichert, ſodaß wenigſtens von der Seeſeite ihre
Eroberung oder ein Bombardement ſeitens feind—
licher Flotten ausgeſchloſſen ſcheint. Deutſchland
beſiht drei R., Wilhelmshaven, Kiel und Danzig.
Don ihnen iſt eriterer der größte, Danzig der Heinjte,
in dem wegen der geringen Wafjertiefe auch nur
Heine Schiſſe gebaut werden können.
581
Reichskriegéſchatz, ſ. AN:
Reichskriegsberfaſſung, ſ. Deutſchland
und Deutſches Reich, Bd. V, ©. 223 fg.
Reichslaud hieß früher alles zum Deutſchen
Neid gebörige Gebiet; außer den eigentlichen deut:
ſchen Ländern gehörte dazu auch Böhmen, Mähren
und Schleſien. Seit neuejter Zeit werden dagegen
die durch den Art. 1 des verjailler Präliminar:
friedend vom 26. Febr. 1871 von Frankreich abge:
tretenen und durch Öefep vom 9, Juni 1871 mit dem
Deutſchen Neich vereinigten Gebiete Elſaß und Lo:
thringen, in denen der Kaijer die Stantögewalt aus
übt, als R. bezeichnet. (S. A ae
Reichdmarine (Deutice Kriegs lotte), f.
unter ae und Deutſches Reid,
(osmatrifet, f. unter Natrilel,
NReihömilitärgefe nennt man das für bad
Deutihe Reid am 2. Mai 1874 in Ausführung des
Artiteld 64 der Verfuflung des Deutſchen Reichs
erlafiene Geſeßz, or durd) die Reichsgeſehe vom
12. Febr. 1875 (Gejeg Über den Landſturm) und
vom 15. Febr. 1875 (Kontrolle, fibungen und Dis:
ciplinarbejtrafung der Perjonen des Beurlaubten:
ftandes) ergänzt worben ift. Nach $. 71 der Schluß:
beftimmungen bat der Kaiſer zu den Abjchnitten Il,
IV und V — — zu erlaſſen,
die am 28. Sept. 1875 ergangen find (Heerordnung
und Wehrordnung). (S. Deutſches Heerweſen
und Deutfhland und Deutſches Neid.)
— ern bis 1879 der
oberſte Gerichtshof für Handelsſachen im Deutfchen
Neihe. Am 1. Dit. 1879, dem Tage des Inkraft—
tretens des Gerichtsverfaſſungsgeſehes vom 27. Yan.
1877, gingen bie bei dem R. anhängigen Sachen
auf das Reichsgericht (ſ. d.) über.
eich8ott, ſ. unter Ort (Münze).
Neihöpanier, |. Banner. j
Reichspartei (Deutſche), ſ. Freikonſer—
vative Partei.
rn audſchaft, j. unter Reichsſtädte.
Neichöpfennigmeifter, im ehemaligen Deut:
[chen Reich ein Beamter, weldyer die Reichsſteuern
einzunehmen und zu verredjnen hatte. Seinen Na:
men erhielt er daher, daß anfangs die Reichsſteuern
unter ber Benennung des Gemeinen Pfennigs aus:
ejhrieben wurden. Früher befand fi in jedem
Rreite ein Neihspfennigeinnehmer; fpäter kamen
fie aber ab. Nur für die ſog Kammerzieler oder
die Suſtentationslaſſe des Reichslammergerichts
erhielt ſich ein Reichspfennigeinnehmer als Kaſſen—
beamter. S. 224”.
Reichspoſt (Deutſche), ſ. unter Poſtweſen,
Reichspoſtmuſeum iſt die Bezeichnung für
eine im Centralpoſtgebäude (Neichspoſtamt) zu
Berlin befindlide Sammlung von Abbildungen
und Modellen älterer und neuerer Verkehrsmittel
aller Zeiten und Völker, fowie von Zeichnungen
und Modellen von neuen deutſchen Polt: und Tele:
grapbengebäuden u. f. w. Der Grund dazu wurde
Anfang 1874 mit ng) einer * an: und
Modelllammer gelegt, in welche die ſeitens der
Neihspoftverwaltung im %. 1873 auf der Wiener
Meltausftellung ausgeftellt geweſenen Modelle von
Perfonen: und Güterpoftwagen, Bahnpoitwagen,
Brieffaften, Feldpoftgeräten und andern ted)-
niichen Hilfsmitteln, ferner die amtlichen Kurs:
tarten,, Bläne u. f. w., fowie die große Poſtwert—
zeichenſammlung des vormaligen Generalpoſtamts
582
Aufnahme fanden. Im Laufe des 3. 1874 wurbe
die —— nach Vollendung des neuen Central:
po bãudes dorthin gebradyt und dann allmählid)
hlreiche Erwerbungen und Schentungen zu
nem Bof: und Telegraphenmuſeum ermeis
tert, befien Zwed dahin geht, durch Zufammentra-
gung und ſyſtematiſche Anordnung eines möglichft
veihhaltigen kulturgeſchichtlichen Materials aus
allen Zeiten die Übernicht Über die gefamte Entwide:
lung des Verlehrsweſens mu erleichtern und ben Be:
nn ber Reichspoſt· und
eh ee ren Studien ein umfafiendes Hilfsmittel für
den und bie Fortbildung ber Verkehrsein—
Telegrapbenvermwaltung | der erften Hälfte des 14. Jahrh.
Reichsrat — Reichsſtände
unter dem Reiche Ranben und Sis und
auf dem Reichsſstage hatten. Die .
die Reihöunmittelbarleit ff. d.) teils a
taufung von ihren Ar durch faijerl.
Verleihung, teils durch
eiten des Interregnums, wo a F— he ber
ehenden Landeshoheit der Beten, me
eg ober EL losmadıten. Dei 3
ter ihnen fruhern Zeiten r te
befonders ich im
von ibn —
lichen _— völlig frei machten, obme in bie Bei
zum König oder feinen Beamten
schung * —— Das Muſeum umſaßt 26 ver: | und die Rechte der öfjentlichen — die Be⸗
edene Abtei
ilungen.
Reichẽrat ift in Oſterreich⸗ Ungarn die
ng für die parlamentarijche ——
thaniend: in Ba ern für die erite nl
Landtags; in Rußland für die be Behörde der
Staatöverwaltun En:
Reichörayontommifflon,f. unter Feſtungs⸗
Neichörezehi, |. Reichsabſchied.
rg ang bieß fo
ſchiedenen Kreiſen Deutſchlands
feinem Grundbeſitz feinem Fürften, fon
Kaifer und dem Reihe unmittelbar
— | 54
Adel, Die. hatte, zu
mal in ben Gebieten, wo
A der alten Nati
— elle eben |
ihre Unmittelbartfeit —— übte auf ihrem Ge:
biete über ihre Untertbanen die berfömmlichen Re:
gierungsrechte und erfreute ſich gegen Entrichtung
Yeiteue Oaritatin Eu
t unanfebnliden
Aubfidie n) ae
ritter nahmen nicht an den eiheta er — ge⸗
noſſen aber die übrigen R . —— er Reiche:
itände, E3 waren ilien, a
uleht
zu — — 5000 en und 200000 €, be:
taken. Ber dem S us deö Raifers war eB be:
fonderd i ie übgebildete Aſſociation, bie fie
[ame itter ftellten eine gefamte Körper—
bar, die ſich in * Schwabiſchen, Fräntifchen
und Röelnihen Areis ſchied jeder wieder
ſich in eine Anzahl gauartiger Unterabteilun —
(Nantone) teilte. Durch dieſe Berbi und
lidarität gelang es, die von allen
dringende (andesftirkl. Gewalt bie bergebradhten
Gerechtjame und faiferl. Brivilegien zu fchüßen.
Dod war jhon im 18. Jahrh. ihr Verfall unver:
tennbar, der durch die neuen Staatenbildungen ge:
fördert wurde. Die Sranzöfiihe —— er⸗
ſchutterte zunächſt auf dem linken —— den
bisherigen gegen der R., und durch den Lund:
g n Neidsdeputatio na
viller Frieden und de haupt:
ſchluß (1808) ward feine ganze Stellung gefährdet.
der Heiklich hen Staaten nahm
Die Sälularifierun
—X Pfrunden, welche fie bisher
der latholiſchen R.
genoſſen hatte. Dann eröffneten Ben arö Reichs:
jürften feit 1808 und 1804, troß daiſerl. Ab bmah⸗
a se e- förntlichen Heinen Krieg gegen bie
dent fie zum Teil ſchon erlegen war, als bie
u
N) —S ihre Selbſtändigleit vollends auf: |
und fie unter die landesfüritl. Hoheit ftellte.
gl. ung von Echredenftein, « Gejchichte ber ehe:
maligen
— Tub. 1859).
ſchluß, ſ. unter Reichstage.
ko biegen im alten Deutidyen Reiche
im allgemeinen die Städte, welde unmittelbar |
cien N. in Schwaben, Sranten und am |
| fteuerung für ug e und Heerfahrt, Grafi
' rechte, Heerbann ſatzungsrecht, meilt
richtsbarteit, „befaben. Die R.
waren dem Reiche mehr verpflichtet; als er
bomänen der Berpfändung unterworien,
fie häufig dieſem gefürchteten 2 Loje unterworfen und
gerieten damit dauernd in Xerrito
um
' Weltfälifchen Frieden wurbe den gg
der in den ver⸗
dem ——
unmittelbaren Städten 2 Sreiheit, jowie 5
und —— - und Streistagen be:
Berfaflung der R. war höchſt verichie:
n, mehr demolratiſch oder mehr ariitofratiich, ie
fie ihre Magütrate allein aus den
ober aus diejen ımb den Batri ober
tern wãhl
air
mut
des Preßburger Friedens verlor am 4.
Augsburg, und infolge der Errichtung des Abe
bundes, 12. Juli 1806, auch Frantfurt und
berg bie Reihsunmittelbarleit, m Am — "ai
wurden endlich ——
welche [re der Genfehähte fort:
unter
beitanden hatten, ihrer Eelbitändigfeit burd Rapo-
: | leon beraubt. Nach den deutſchen u
wurden Lübel, Frankfurt a. M.,
18 Sreie
mbung a Städte (f. b.)
und in ben Gen Bund 8. Sul 1815
nommen. e bed Kriegs von 1366
ward dem ib Preußen einver:
leibt (3, Dt, 1866) die drei Hanf
als fi e kleben Rorddeutichen
a kan 6) beitraten. —58 Hüllmann, "Städte
weien des Bonn 1826— 29);
Arno, ee tn der deutichen Frei:
ttädte» (2 Bde., Gotha 1854); derſelbe —
8 te des Eigentums in ben beutichen Städten»
aj. 1861); Schmoller, « Strafburgs Blüte und
By wirtfhaftlice Hevolution. im 13. Jahrh.⸗
'(Straßb. 1875); Brülde, ng der
Reichsſtaudſchaft der Stäbtes (Hamb. 1881);
9. Keuſſen, «Die polit. Stellung der R. mit befon:
derer Berüdfichtigung ihrer Reichsſtandſchaft unter
— — 6 ——— 1885).
ei äude hießen in vormaligen Deut:
ſchen Reiche die unmittelbaren Glieder des Reichs,
die auf den Reichstagen Sig und Stimme hatten.
Sie waren entweder geiftlihe, zu denen bie geiſt⸗
Reichsſtifte — Reichstage
lichen Rurfürften, bie iichöfe und Bifchöfe, eine
Anzahl Prälaten, Abte, Abtiffinnen, der Hoc: und
Deutichmeilter und ber Johannitermeifter gerechnet
wurden, ober weltlide: die weltlichen Kurfürkten,
Herzöge, Fürften, Landgrafen, Marlgrafen, Burg-
raren und eine Anzahl Grafen und jogar einige
Freiherren, weldje in dem mn ber Fürſten
und Herren ſaßen, endlich die Reichsſtädte. Die
vornehmiten R. waren die drei geiltlichen und bie
übrigen weltlihen Kurfürjten. Zur Erlangung
ber Reichsſtandſchaft war der Bejis eines reiche:
unmittelbaren Fürftentums, einer dergleichen Graf:
t, die Cimmwilligung bes Kaiſers, bie
Zujtimmung des betreffenden Kollegiums erforder:
lid. (S. Reichstage.) ,
Neichöftifte, ſJ. unter Stift.
Rei e, |. unter Banner.
Reihöfynode, . unter Konzil.
Neichftadt, Städtchen im nörbl. Zeile von
Böhmen in der Bezirlshauptmannſchaft Bohmiſch⸗
Leipa, am Zwittebach, der durch die —3 zur
Ebe fließt, Station der Lolalbahn Böhmiſch⸗Leipa⸗
Bere zählt 2** 8 ——
reichſtadt iſt eine dem kaiſerl. Familienfon i
Buderfabrit, Das Schloß wurde nad dem Brande
von 1573 im feiner jekigen Form bergeftellt, 1683
durch den Zulius Heinrid von Sachſen⸗
Lauenburg erweitert und prachtvoll u
R. mit den damit vereinigten Herrſchaften
ter an bie Aurfürften von Bayern und nad)
zwiſchen Öfterreich und Bayern geſchloſſenen Staats:
vertrag vom 2. Sept. 1805 an den Erzherzog er:
binand, Kurfürften von Salzburg und en
Großherzog von Toscana. Die Wiener Kongreb-
Alte vom 9. Juni 1815 ftellte den Befik von N. und
den übrigen toscan, Gütern in Böhmen mit Aırı
ee ber Herrſchaft Schladenwerth, für den Full,
das Herzogtum Lucca an Toscana fallen follte,
bem Kaiſer von Öfterreich in Ausſicht, und diefer,
dran; L, beftimmte 16, März 1819 den Güterlom:
pler Sohne feiner Tochter, Marie Luife, und
de3 Raifers Napoleon, dem Prinzen Franz Joſeph
Karl, dem der Titel eines Herzogs von R. verliehen
wurde. Jener Hall trat mit dem Tode der Her:
Be von Parma (Marie Luije) 18. Dez. 1847 ein.
aber ber Herzog von R. ſchon 2. Juli
ftorben war, fo hatte er den Befik der Herrihaften
nicht angetreten. Mit dem Tode Kaiſer Ferdi—
nands I. en fie in den Privatbeſiß des Kaiſers
Franz Joſeph I. über. Im Schloß zu R. fand
8. * 1876 eine Zuſammenlunft der Kaiſer von
Rußland und Hfterreich ſtatt.
Neichftadt (Napoleon Franz Joſeph Karl, Her:
zog von), der einzige Sohn des Kaiferd Napoleon I.
aus ber Che mit Marie Luife von Oſterreich,
20. März 1811 zu Paris im Schloß der Tuilerien
geboren und 9. Juni getauft, empfing bei feiner
Geburt den Titel cines Königs von Nom. Zur
Erzieherin erhielt er die Gräfin Montesquiow. Als
Marie Luife bei Annäherung der verbündeten
Heere 1. April 1814 —— verließ, wurde auch das
daiſerl. Kind nad) Blois geführt. Vergebens ver:
juchte Napoleon, ehe er die unbebingte Entſagungs⸗
alte zu Fontainebleau unterzeichnete, feinem Sohne
die Ihronfolge zu fihern. Während der geſtürzte
Kaifer nach Elba ging, führte man feinen Sohn
mit der Mutter nah dem Schloß Schönbrunn bei
Wien. Marie Luiſe erhielt durch den Bertrag von
Sontainebleau 1814 das Herzogtum Parma, mit
t
583
bem Rechte, basfelbe am ihren Sohn zu vererben.
Als Napoleon von Elba zurüdtehrte, forderte er
feine Familie vom Haifer Franz zurüd. Weil man
dieſer Forderung nicht nadılamı , entwarf der Sohn
der Gräfin Montesquiou einen Ban, nad welchem
der junge Napoleon 19. März 1815 aus dem
Schloſſe zu Schönbrunn nad Frankreich zur on
werden follte. Aurz vor der X rung entdedte
man das Unternehmen, und der Prinz; wurde nun
in bie Hofburg a und unter bie
Ki
Aufficht von Serien iedoch erhielt Marie
Luife 29. Mai 1815 nd — Nach der
Niederlage bei Waterloo danlte ** un⸗
ſeines Sohnes ab, den er zugleich als Kaiſer
apoleon II. proflamierte (22. Juni 1815), freilich
ohne jeden Erfolg. Als Marie Luife im Frühjahr
1816 nad Barma blieb ihr Sohn in Wien un:
ter der Obhut feines Örofvaters, des Kaifers Fra
der ihm die Erziehung eines öfterr. Prinzen gab,
Infolge eines zu Baris 1817 geichlofienen Vertrags
ber verbündeten Mächte verlor ber Prinz fein Erb:
Dagegen wurde ihm von bem
{ für den Todesfalldes Großherzogs Fer:
binand III. von Toscana für die Herrſchaft Neid:
ftadt in Böhmen zugeſichert. Zugleich verlieh ihm
der Kaiſer den Rang unmittelbar nad) den Brinzen
des öfterr. Haufes, das Präbdilat Zusmen und
ein eigened Wappen (22. Juli 1818 tiend«
wert it, daß er im öfterr. Staatäfalender a“ ben
Vornamen Napoleon aufgeführt warb. t bem
12. Geburtstage erhielt er ein ichöpatent,
1828 wurde er Hauptmann, 1830 Major; 1831 er⸗
bielt er als Oberitlientenant ein Bataillon im Re:
giment Gyulai. Der junge Rapoleon kannte dad
tragische Schidfal feines Pater, wibmete bem:
felben eine leidenſchaftliche Verehrung und brannte
vor Sehniuht, eine rubmvolle Bahn zu betreten;
wie er denn beſonders militäriiche Studien mit un:
ermüdlichem Gifer betrieb. Im April 1832 zeigten
ſich bei dem Prinzen die erften Spuren ber Zungen:
ſchwindſucht, die fo reibende Fortichritte machte,
daß feine Mutter laum Zeit behielt, herbeizuei
Er jtarb in ihren Armen 22. Juli 1832 zu Schön:
brunn, in demielben Zimmer, in welchem fein Ba:
ter 1809 jene bentwürdigen Dekrete erließ, die das
Schickſal Oſterreichs und des Kirchenſtaats betrafen.
a" der faijerl. Gruft zu Wien wurde er beigefebt.
ad) der Thronbefteigung Kaiſer Napoleons UI.
wurde der Herzog von R. ald Napoleon II. unter
den franz. Souveränen mitgezählt. Vgl. außer
den Schriften von Montbel (Bar. 1833), Lecomte
(1842), Guy ee und Saint: Felir (1856) noch
Graf von Proleih:Diten, « Mein Verhältnis zum
Herzog von N.» (aus feinem Nachlaß herausges
geben, Stuttg. 1878), i
Reichstag (Deutiher), in dem heutigen
Deutichen Reiche der Namıe der gemeinfamen Res
präjentation de3 deutfchen Volls in der Reichsver⸗
jammlung. (S. Deutfhland und Deutſches
Reich, Bd. V, S. 226.) —
In der Oſterreichiſch Ungariſchen Monarchie heißt
die Vertretung Transleithaniens ebenfalls Neid:
tag, die Gisleithaniend dagegen Neihsrat.
eichötage hießen im alten Deutj ride
die Berjammlungen der Reichsſtände (f. d.). Diefe
hatten, nad) den Reichegrundgeſeten und dem Her:
lommen, als Reihsförper mit dem Kaiſer die ne:
meinjchaftlihe Ausübung aller Hoheitsrechte, die
nicht an die Landesherren übergegangen waren und
584
mit Ausſchluß ber kaiſerl. Reſervate. Alle von der
Entſcheidung des Kaiſers und des Reichs abhängen: | jchl
ben Angelegenheiten lonnten nur auf dem R. ver:
bandelt werden, der ſeit 1663 beftändig zu Regends
burg verfammelt war. Früher erſchien der Kaiſer
perjönlich auf den R., in fpätern Zeiten ließ er ſich
durch jeinen Prinzipaltommiflarius, ber ein Reichs⸗
ürft war und einen ſtaatsrechtslundigen tommif:
arius zur Seite hatte, vertreten, Slurmainz, als
Neichserztanzler in Deutichland, war Direktor der
Reichsverſammlung. Die reiheftändiichen Ge:
—8 überreichten ihre Beglaubigungsſchreiben
owohl dem Prinzipalkommiſſarius als dem Kur—
fürſten von Mainz, bei welchem letztern ſich auch
die auswärtigen Geſandten legitimierten. In Abs
weſenheit des Reichserzlkanzlers vertrat ihn fein
Direktorialgefandter. Alles an ben R. Gerichtete
ging an den Kurfürſten von Mainz und wurde von
er mainziichen Kanzlei den übrigen Kanzlijten in
die Feder diftiert, jpäter gewöhnlich gedrudt ver:
teilt, was die Diktatur hieß. Die Verhandlungen
gefhaben in drei Stollegien, nämlich: 1) in dem
urfürftenfollegium, wo Slurmainz die Stimmen
fammelte und die lg, = an Sachſen abgab; 2) in
dem fürjtl. Kollegium (Reihsfürftenrat), wel:
ches fi in die weltlihe und die geiftlihe Bant
teilte, während der prot. Biſchof von Lübed und
der von Dänabrüd, wenn er alternierend proteftan:
tiih war, auf einer Querbant ſaßen. Die Reichs—
grafen hatten in diefem Kollegium keine Birilftim:
men, fondern waren in bie wetterauijche, ſchwäb.,
fränf, und weitfäl. Grafenbant, von welden jede
nur eine Stimme (votum curiatum) hatte, geteilt.
So aud die Reihsprälaten oder Übte Bröpfte und
übtilfinnen, die ſich in die [hwäb. und rhein. Bant
teilten und zufammen nur zwei Stimmen hatten.
Das Direktorium in dem Fürftentollegium führten
abwechſelnd der Erzbiſchof von Salzburg und ber
Erzherzog von Oſterreich; 3) in dem reichsſtädtiſchen
Kollegium, welches ſich in die rhein. und ſchwäb.
Bank teilte. Die Reichsſtadt, wo der R. gehalten
wurde, hatte das Direktorium und jede Reichsſtadt
eine Stimme auf dem R.
Regelmäßig entichied die Stimmenmehrheit, nicht
aber in Religions: und folden Sachen, welche Rechie
ber einzelnen Reichsſtände betrafen. (S. Corpus
catholicorum.) Jedes der brei reichsftändi:
ſchen Kollegien faßte feine Beſchlüſſe befonders,
Hierauf ſuchte man durd) Relation und Korrelation
die Beſchlüſſe der Hollegien in Übereinftimmung zu
bringen, und wenn dies nefchehen, wurde der fo zu
Stande gebrachte VBeihluß dem Kaiſer als Reiche:
gutachten (conclusum imperii) übergeben. Erhielt
er durch ein laiſerl. Natifilationd: oder Beftätigungs:
defret Gejepesfraft, jo hieß er Reichsſchluß oder
Reihstonklufum. Den Begriff ſämtlicher Be:
ſchluſſe eines N. nannte man Neihsabfchied (f. d.)
oder Reichsrezeß. Der Kaiſer konnte die Rati—
fation ganz oder teilweife verfagen, aber an dem
nhalt nichts ändern, auch die fehlende Zuftim:
mung eine3 ber drei Kollegien nicht ergänzen, Nach
erfolgter Unterſchrift der Reichsbeſchlüſſe wurden
diefelben befannt gemacht und den Reichsgerichten
ur Cinregiftrierung und Nachachtung mitgeteilt.
Manche ————— wurden auch durch or—
dentliche oder außerordentliche Reichsdeputationen
N d.) beforgt. Die Neihsverfammlung hatte das
echt, Geſehe zu geben, aufzuheben und auszulegen,
Krieg und Frieden zu beſchlieben, Gefandte anzu:
Neihsthaler — Reichsvikarien
nehmen und zu ſchicen, Bünbniffe und Verträge zu
ießen u. |. w. In Nücficht der zu unternehmen:
den Neichäfriege, worüber bie Berati ng durch
ein fkaiferl. Kommiſſionsdeltet vorgeichlagen wer:
den mußte, entſchied Mehrheit der Stimmen; aud
die Stände, welde in einen rg Reiche:
trieg nicht — mußten nach Maßgabe der
Reichsmatrileln ihre Kontingente ſtellen.
Reichsthaler, ſ. Rigsdaler, Riksdaler
und Thaler.
Reichsunmittelbarkeit. Mit dieſem Namen
bezeichnete man im alten Deutſchen Reiche die
Qualität, derjenigen Befigungen und Perſonen,
welche leiner landesherrliden Gewalt, fondern nur
dem Reiche felbft, wie man es nannte, ohne Mittel
unterworfen waren. Außer ben eigentlichen Reichs:
ftänden (f. d.), welche volle Landeshoheit beſaßen,
erfreuten Pi noch der R. eine Menge nröberer und
Heinerer Herrſchaften, Stifter und Kloͤſter; ferner
bie Güter der Reichsritterſchaft (f. d.), ſowie die
Neichadörfer (f. d.). Es gehörten weiter dahin ber
hohe Adel, die regierenden fürftl. und gräfl. Häufer
(aber nicht die landſäſſigen Familien, welche nur
ben Titel der Fürften und Grafen vom Reiche hat:
ten), die Beſiher reihdunmittelbarer Güter und die
Beamten bed Reichs, beſonders die Mitglieder der
—— erichte. Die R. gewährte einen privi⸗
egierten Gerichtsſtand. Die Auflöſung des alten
Deutſchen Reichs machte auch der N. ein Ende.
Neihöverfafiung (Deutiche), f. u. Deutſch—
land und Deutſches Reid Bo, Vv‚8.22*,
NReichöverfiherungdamt bei t die am 14. Juli
1884 in Thatigleit getretene deutſche Reichsbehörde,
welcher die Durchführung bes mit 1. Dit. 1885 in
Kraft getretenen Unfallverfiherungsgefebes vom
6. Juli 1884 und die Beauffichtigung der auf
Grund besfelben gebildeten Berufsgenoflenfchaften
übertragen iſt. Es Dt zum Refiort des Neid:
amts des Innern, deſſen gefhhäftlicher Aufficht es
unterjteht. Das R, bat feinen Siß in Berlin. Es
bejtebt aus mindeftens drei ftändigen Mitgliedern,
———— Vorſihenden, und aus acht nicht⸗
ftändigen Mitgliedern. Die ſtändigen Mitglieder
werben auf Vorfchlag des Bundesrats vom Kaiſer
auf Lebengzeit ernannt. Von den nichtitändigen
Mitgliedern werben vier vom Bundesrat aus I
ner Mitte und je zwei von ben Vorſtänden ber
Berufsgenofjenfchaften und ben Vertretern der Ar:
beiter — ihre Amtsdauer iſt vier Jahre.
Das R. gibt «Amtliche Nachrichten des Neichs—
verſicherungsamts » (Berl. 1885 fo.) heraus. (S.
— .)
eichöverivefer, f NReihsvilarien.
Neichövifarien oder Reihsvermwejer (Vi-
carii oder Provisores imperii) wurden im Deut:
ichen Reihe beftellt, wenn der Kaifer ſtarb und noch
tein Nachfolger desſelben als röm, König ermählt
war, ber bie * ſofort übernahm; ferner
wenn der Kaiſer auf längere Zeit ſich aus dem
Reiche entfernte, während der Minderjährigleit des
Kaiſers und im Falle, daß derſelbe durch Krankheit
zur, Negierung unfähig wurde. Die Vilariats—
regierung endigte mit bem Augenblide, wo der
neue Haifer die Wahltapitulation befhworen hatte.
Anfangs war die Ernennung der R. meilt dem
Kaiſer überlaflen; allein ſchon in der Goldenen
Bulle von 1356 wird es als altes Herkommen ans
erlannt, daß der Herzog von Sachſen in den Lan:
den fühl. Necht3 und der Pfalzgraf bei Rhein in
Neihtum — Neid
den ſchwãb., rhein. und fränk. Landen das Reich s—
verweſeramt von Rechts wegen zu führen habe,
Die rn ——— des Reichs,
die Reichstagsgeſchäfte und die Rechtspflege am
Kammergericht wurden von beiden gemeinſchaftlich
beforgt; im übrigen handelte jeder in feinem Pi:
tariatsjprengel ganz felbitändig. Gewiſſe Rechte
des Kaiſers konnten aber die N, nicht ausüben.
Als 1848 die Deutihe Nationalverfammlung zu
Franlfurt die Broviforiihe Gentralgemwalt errichtete,
welche bis zur Begründung einer Berfafiung Deutſch⸗
land3 die —— Gewalt ausüben ſollte, ſtellte
man an die Spike derſelben einen Reichsverweſer,
der 29. juni in der Perjon des Erzherzogs Johann
ewäblt wurde, aber 1. Jan, 1850 einer provijori:
hen Bundesfommiffion wieder Plaß machte, ,
Reichtum, im privatwirtidaftlihen Sinne,
nennt man ein großes Vermögen, defien Cintünfte
feinem Befiger geftatten, auch Luxusbedürfniſſe in
ausgedehntem Maße zu befrie igen oder aber jähr:
lih eine beträchtliche Summe überjufparen und
al3 neue produktive Kapitalanlage zu verwenden.
Im lestern Falle fommt der N. des einzelnen auch
der Boltswirtichaft im ganzen zu ftatten, während
dies ſehr zweifelhaft ift, wenn die Neichen die Ha:
italanfanımlung außer Acht lafien und ihr, Gin:
ommen in einem üppigen und verfchwenderifchen
Leben verzehren. Sehr großer N. in den Händen
weniger und daneben eine dürftige Maſſe ijt immer
ein bedenkliher voltswirtihaftliher Zuitand, und
wenn in einem —— auch durchſchnittlich auf
den Kopf der ganzen Bevölkerung die gleiche Gin:
near fommt, wie in einem andern Lande
mit gleihmäßigerer Bermögensverteilung, fo wäre
die Yage des lehtern doch als eine weit befriedigen:
dere zu betrachten. Daher kann aud) der Natio:
A ehe eines Volt3 nicht einfach nach der
Summe der in demfelben vorhandenen Cinzelver:
mögen beurteilt werden, fondern es ijt auch auf die
Art der Verteilung Rüdfiht zu nehmen, Die ob:
jeftiven Glemente des Nationalreihtums * der
vorhandene Beſtand an unmittelbaren Gebrauchs—
und Verbrauchsgütern und an natürlichen und
tünjtlihen Brodultionsmitteln in Verbindung mit
der mehr oder weniger leiltungsfäbigen und aus:
gebildeten Arbeitskraft der Bevöllerung.
Reid — engl. Romanſchriftſteller, geb.
1818 im nördl. Irland, ging 1838 nad) Neuorleans
und von dort zu ben ndianern, deren Jagd: und
Kriegszüge am Miffouri und bis zu den Felſen—
—— bin er fünf Jahre lang mitmachte. Beim
usbruch des merif, Kriegs trat er 1846 in bie
amerif, Armee und zeichnete ſich mehrfach aus, fo:
daß er zum Hauptmann befördert wurde. Nach
dem Frieden brachte er in Neuyorl ein he
— welches den Ungarn in ihrem Freiheils—
ampfe beiitehen jollte, erhielt jedoch bei feiner An:
funft in Paris die Kunde von der volljtändigen
Unterdrüdung der Nevolution. R. ging bierauf
nad London, wo er die Romane «’Ihe rifle
rangers» (1849) und «Scalp-hunters » (1850) ber:
ausgab, in welchen er das romantijche Leben in den
Wäldern und Prärien des Weſtens fchildert. Yon
dem Beifall ermutigt, welchen diefe Bücher fanden,
> er eine Reihe Grzählungen ähnlichen Inhalte
folgen, von denen «The Quadroon » (1856), «Vic-
cola» (1858) und die teranische Legende «The head-
less horseman » (1866), «The child wife» (1868),
«The Castaway» (1870), «The finger of fate»
585
(1872), «The death shot» (1873) u. ſ. m. zu ers
wähnen find. Sehr beliebt machte er ſich auch als
yugenbf riftjteller durch« The boy hunters» (1852),
«The young voyageurs» (1853), «The young ja-
gers» (1855), «Odd people» (1860), «Ran away to
sea» (1861). Gr ftarb 22. Dft. 1883.
Heid (Thomas), ſchott. P neo, geb. zu Stras
dan in Kincardinefhire 26, April 1710, Nhudierte
Theologie und wurde zuerit Piarrer zu New: Ma:
har in Aberdeenſhire. Er kam 1752 al3 Profejior
der Moralphilofophie an das King's-College zu
Aberdeen und 1763 nad) Glasgow. Er jtarb 7. Dtt.
1796. R. war einer der Hauptaegner von Humes
Sfeptizismus, In feinem Werte «Inquiry into
the human mind on the principle of common
sense» (Lond.1763), um dejjentwillen er von Prieſt—
ley heftige Angriffe erfuhr, ftellte er den common
sense, «den gejunden Menihenverjtand», als Ans
begriff einer Anzahl — von der Erfah—
rung unabhängiger Grundmwahrbeiten auf. Außer:
dent fchrieb er «Essays on the intellectual powers
of man» (Gdinb. 1785) und « Essays on the active
powers of man» (Gdinb. 1788), beide zuſammen
unter dem Titel «Essays on the powers of the
human mind » oft gebrudt. Seine Werte wurden
von Dugald Stewart (4 Bde., mit Lebensbeſchrei—
bung, Cdinb. 1804; neue Ausg. von Hamilton
1827 u. öfter) herausgegeben. Er ijt der Urheber
der jog. Schottiſchen Schule oder der Common-
sense:Yehre, welche durd eine ſyſtematiſche Aus:
bildung der empirischen Biychologie 1 große Ver:
dienjte erworben hat, während fie auf erfenntnis:
theoretiſchem Gebiete eine kritilloſe Aufftellung der
dent gemeinen Bewußtſein geläufigen Grundjähe
für die lebte Aufgabe der Beilofopbie bielt. Die:
felbe fand jedoch a bei feinen Yandsleuten als
auch im Ausland vielen Anklang. Unter feinen
unmittelbaren Schülern und Anhängern ift neben
james Beattie, James Oswald und Thomas Brown
hauptſächlich Dugald Stewart zu nennen; fpäter
— James Mackintoſh und namentlich Sir Wil:
iam Hamilton (f. d.) dieje Lehre mit andern Lehren
zu verichmelzen und zu vertiefen gefudht. (S.
Schottiſche Aal hr Der Ellektizismus
der deutſchen Aufklärung ſtützte fich auf dieje Lehre
vom gefunden Menfchenveritand ; am meiſten wirfte
in Deutihland und in Frankreich für ihre Ausbreis
tung Pierre Prevoft. In Frankreich ſchloß fich zu
Anfang des 19. Jahrh. die fog. Spiritualitifce
Schule, bauptfächlich durd Maine de Biron, Jouf—
froy und Royer-Collard vertreten, an die Schotten
an, Vgl. Ferrier, «R. and the philosophy of
common sense» (in deſſen «Lectures», herausg.
von Grant und Lufbington, Bd, 2, Lond. 1866).
Neid (Sir William), engl. Meteorolog, geb.
1791 ala Sohn eines ſchott. Geiftlihen zu Kinglaſſie
in Fifeſhire, wurde in der Militäralademie in
Woolwich erzogen, trat 1809 als Lieutenant in dad
Genielorps, diente bis 1814 mit Auszeichnung
unter dem Herzog von Wellington in Spanien,
machte 1815 den belg. Feldzug und bie Schlacht
von Waterloo mit und begleitete 1816 die Erpedi:
tion von Lord Ermouth gegen 45 Während
des nun folgenden Friedens diente R. als Adjutant
im Sappeurlorpe. Als 1831 die Negierungss
ebäude in Barbadoes durch einen Drlau kart be:
NKhädigt wurden, erhielt er den Befehl, die Mieder:
herjtellung derjelben zu leiten, und biefer Auftrag
war e3, der ihm Veranlaſſung zu den genialen
586
meteorolog. Stubien bot, deren Refultate er fieben
Jahre fpäter in Werte « An attempt to deve-
lop the law of storıms, by means of facts arranged
according to place and time» (1838) niederlegte,
welches jeinen als Naturforfcher begründete.
Seine Ernennung zum Gouverneur der en
—— * — en i —*
egenheit, ſeine em n er
diefen Gegenjtand durch neue zu ner
die er in die zweite umgearbeitete Ausgabe feines
Werts «Progress of the development of the law
of storıns» (1849) aufnahm. Außerdem erwarb R.
fih ala Gouverneur durch feine ———— Ver⸗
waltung 6 allgemein anerlannte
um den
Nach England zurüdgelehrt, wurde er 1848 Kom:
mandant von Wootwid, 1851 Borfihender des | de la biblioth
Eretutiofomitee der Weltausſte nachdem
er zur Anerlennung feiner in dieſem Poft
wieſenen Thätigleit zum Ritter gefchlagen worden
mar, Gouverneur von Malta, die glänzte er be:
fonders während des Krimtriegs von neuem durch
feine mufterhafte Verwaltung Mit dem Range
eines Generalmajors lehrte er 1856 nah England
zurüd und ftarb in London 31. Okt. 1858,
Meif nennt man dunne fchneeartige Deden,
welche ſich auf feiten Körpern gebildet haben. Die
Kondenjation der atmosphärischen Feuchtigkeit ent:
fteht vielfach an feiten Gegenftänden und zwar da:
ch: daß dieielben in heiterer Nacht ſich durch
Ausftrablung jchnell abkühlen; je nachdem die
TIemperatur über dem Gefrierpuntt oder darunter
iteht, erſcheint dann die Ausſcheidung als Tan
(j. d.) oder als R. Am reichlichſten bilden ſich dieje
Kondenjationsprobufte bei rubiger Luft und auf
rauhen Oberflächen von Körpern, welche geringe
Wärmeleitungsfäbigkeit befipen oder mit dem Erd:
boden mur in loderer Verbindung 3 Der R.
wird ſich ei reichlicher bilden auf frei liegenden
Brettern un —*—— als auf Kieswegen; rei⸗
cher auf loſem Kies, als auf feitem Stein; am wenig:
iten auf polierten Degenftänden und auf Metallen,
Reif (als Ehimud), J. Ring.
Reif oder Reifen (fry, cercean, collier; engl.
hoop, collar), ringförmiaea bölgernes oder eifernes
Band zur Veieitigung der Dauben an Fällern und
—*8 Gefahen; im Maſchinenbau der Ring um
eine Welle; auch joviel wie Radreifen.
Reif, der deutſche Name von Niva.
Rei beifung, | Maturitätseramen.
Reiff (Hat. Friede.), deutiher Philoſoph geb.
23. Der. 1810 zu Vaihingen an der Enz in Miürt:
tembera, ftudierte im evana. Stift zu Tübingen
Theologie, begann als Repetent an derjelben An:
Bet jeine philoſ. Vorleſungen und ſehte dieſelben
eit 1840 als Docont an der Univerfität Tübingen
fort, an welcher er 1844 zum auberord., 1855 zum
rd, Profefior ernannt wurde, Im J. 1877 gab
N. feine ar N auf und ftarb 5, Anti 1879 zu
Tübingen. M. fchrieb: «Der Anfang der While:
ſophie, mit einer Grundlegung der Gncyllopädie
der philoſ. Wiſſenſchaften (Stuttg. 1840), «Suftem
der Wiltensbeitimmungen oder die Grundwiiien:
ſchaft der Philoſophie · (Tb, 1842), «Über einige
wichtige Punkte in der Philoſophie⸗ (Tub. 1813),
tiber die acid Dialeftit» (Tüb, 1866).
Reiffenberg (Friedr., Baron von), Bibliograph
und Geſchichtsforſcher, geb. 14. Nov. 1795 zu Dans,
widmete fich zuerit der militärischen Laufbahn, ſpa
Neif — Reiher
ter aber litterariihen Stubien
Vrofeffor der Litteratur in Löwen. Bon feinen
tor. Arbeiten
e Pordre de la toison d’or»
cuments pour servir & Phistoire
Namur, de Hainaut et de
erbienite | R. Br
oblitand der ihm anvertrauten Kolonien. | Spike
h
Tranq
liquiae» (Ppz. 1860), «Bibliotheca patrum
rum Italica» (2 i
tiſche Ausgabe des Arnob-
endung der von bego
«Alexias» der Anna Komnena fur die
te ae
u er«Alexias»
Neifrod, |. eg
Ka else
Bor. isss
nnenen
#
ger
|
. m
Neigate, Stadt in ber
Reigen nennt die newere
bung einer Anzahl von
denen
aud Freitbungen bi rdıtet werben föunen,
zu einem ——— i —————
U. Spieß bat das Verdienit, den R. auf den Turm:
plap eingeführt und kam genifcrmaßen einer
alten Bolksfitte, dem mitte u
| und Sonmmertangeeigen, Dem i
en, nei
neuem Leben und BEE
haben. rt «Met Qurnunter:
richte (2. Aufl, Berl. 1881); —
« R. und Liederreigen» (2. “a
——
arı ‚I. Brogreiiion.
ge: erg un cn, beikt die
ftellung Tutnender in gerader oder gebogener:
wer oder nebeneinander, im a
m. AT Kr Stitnseißen, Ar
eiher
jo fang oder länger als der topf,
mengedrüdt, ſehr ſpitig, bis unter
zähnelten Micferrändern verjeben, die
unbefiedert üt, die Naienlächer |
Familie der Wabvögel, bei
die
ipalten nnd mit jchneidenden, nad
der Schnabelwurzel gelegen und in eine
yndası
Reihergras — Reim 587
fpige auslaufende Furche verlängert und | linten Elbufer. Er ftarb als Opfer feiner
di —— Die ei ichen teit am Hofpitaltyphus 22. Arte
R. haben eine hobe Statur, jehr langen ‚balten Abgejehen von jeinem Ruf als praktifcher *
ſich in waſſerreichen Gegenden auf, find gefräßig, | gewann er einen bleibenden Namen feine
teils Tag-, teils Nachtvögel, monogamif umd in | patbhol. und therapeutischen Schriften, worımter:
tältern egenden Zugv ögel. In der fteben | « fiber die Ertenntnis Kur —— (5 Bde,,
fie auf einem Beine m mit tief em Halfe, | Halle 1799—1815; neue Aufl. 1820—28), «
8 unbeweglich da. Sie nähren ſich von Tage jodien über die x, Humenbung der pfychiſchen Kur:
ofertieren aller Art, auch von Amphibien, be: | methode auf wert 1808;
fonders find fie efährliche Feinde der Fifchteiche 2. Aufl. 1818). t Hofibauer gab er heraus
und deshalb gehabt. Wenige find von bunter Fär: | «Beiträge zu ze einer de au
bung, einige jedoch vom au den Weiß. Die Männ: | Wege» an de., Ku —— 3 mit
chen beſihen öfters einen Schmud von ſehr ver: | über ben Bau u jemem Dlah oc zn
längerten, im Raden oder in der Stropfgegend wur: | Nach She han wurben abe a Jen Sn
—— ſchmalen an ick, ki ube geiucht | der «Entwurf einer
ind. Durch ihre Schnabelhi * — * 1816) und der « en ie
Kopf plöglidy vorjcynellen und bejonders — logie» (3 Vde. —— 1815-1 se zufanınzengeftell
Geſicht und Augen richten, en * aefäbrlich | auch ſeine «Kleinen a a (Halle 1817) 11a) ge
werden. Man teilt die R. in drei Gruppen: 1) in | jammelt. Steffens
die eigentlichen ober dünnbalfigen R., die einen jehr | eine Denklichrift» (Halle 1815
la und dünnen Hals haben, an defien unterm —— Charles Joſeph, —*
er weit berabhängen; 2) in bie | f chall, geb. zu Antibes im Depart.
di re eg Wi. d.): 8) in die | 1. t. 1775, wurbe in ber Revolution re
ber, ‚el u. 800 Mafienas Adjutant,
chen, aber einen N ch ti
—— ——— Sina un = 34 — — ee Be Ba.
hen find mit drei langen, vom —— herab⸗ 1808 ein Korps en —
oehört der große ©ilberreiher (Herodias alba) * teil. R. führte das 2. Armeelorps bei Quatre⸗
und hie er (H. Garzetta), | bras und Waterloo, diente dann den Bourbonen
zum Mari
f in Ungarn häufig find und deren erhoben, v i Hape en Sea
und edern zu loſtbaren Federbüfchen ver: vl ab Bub zu Paris 4. ,
wendet werden. Auch der graue Neiber oder — Charles Victor R., Sohndesvorigen,
große an erg (Ardöa einerea) , welcher der 23. Juli 1815, war jeit 1860 Generaladjutant
bäufigfte unter den and vortommenden lapoleons IIL., begleitete denjelben 1870 ins Feld
R. üt, ehärt zu bieler Gru Er it 1m und überbra te 1. Sept. dem Könige Wilhelm a
Far mine — ei von Sedan den Brie ——
et der Fiihteihe. Von feinen kunft: | in we dieſer feine Since
ioen, ftet3 auf Bäumen angelegten Neitern bilden | Reim it im —— zwei a meh⸗
100 Stud, welche ſich in furzen Entfernungen | rere Wörter verbindende gr: In der Poeſie
— befinden, die jog. Meiperkände, — lals — ſelten als Binnen⸗
forafi ch di auf. Er it verwandt mit der Allitteration
Jagd auf R. mit be htetn Gallen (bie eibere | I (i. % — der Aſſonanz (f. d.) und entiprang wie
bat en era war. wur dieje dem Beitreben, die einzelnen Glieder ber
der Sitten findet ſich in Deutſchland nur | r ij gebundenen Rede in eine äußerlich er:
eine Art, Bergemötnlige Nadtreiher Na * lennbate engere *3 Pe zu feben.
rabe oder Fode — europaeus), Als volllonmener o
fich durd feine lauten, an das frädız er: | laut im Konionantiömus und Rotaliems erfüllt
inmernben Töne, bie gedrungene It den der Reim dieien Zwed in höherm Maße als Allit:
furzen unb biden bel und die kurzen ftäm- teration und Aſſonanz. Doc) üt er leineswegs aus
=
8
ei
I
2
den bet. den nden, wie man ihn auch durd)-
* — f. me Str, * — aus —— joe 3 ee Kunit:
—— mittel betrachten fann; Try ug re
eine feinere umd größere Hör:
—* ehe eh vn Feet 0. ” —X eit für di it der Sprachtlange voraus als
Neil —— eg mn ger en —— * a * —*
geb, 28. 263 m Mine in Ditfries Es feinfit Ohren wirft we sth
ſuchte die Schule zu Pe und —— tem |e * en modernen. Sul
‚wo en iſt in ber daltyli Dee Su
Sattr erwarb, ber Seiltunbe. dem er polen. Da man an den Schluß ber —— Hälften
ce in feinem Baterlande ala — des Pentameters ttiſcheb Wör:
t it get, wurde er 1787 als auberord. Pro: — 2 ſo bot —* droit ungejudt eine Über:
—* Medi in der 3. B. Rara vere-
lle beru 1788
die ord. Bee der überape * ber Direktion | ca —— | furta ns u 68, 138),
des Klinikums und 1789 d fitat über: | Alfmählich erit, und zwar erft in ber dhriftlich.
—— Im Br a er eo Profeſſor an die iniichen) * —* ſpie⸗
ef nee Berlin; 1813 erhielt er —— der Schlüfje ———
die here re der iegshofpitäler auf dem | Glieder zum feiten Prinzip erhoben. (Das ältefte
533
Gedicht mit N. ift ein gereimtes Alroftihon, das
fih am Schluffe der «Instructiones» des Commo;
dianus, eine3 dem 3. yebrb. eg 7 Dichters
der norbafritanifchen Kirche, —— on da aus
ging der Neim in die Poeſie der romaniſchen, tel:
tiſchen und germanischen Völker über. Überall er:
ſcheint er zuerft ale jtumpfer oder männlier R. Erit
nachdem die Kunſtpoeſie fih mehr entwidelt hatte,
wurden neben dem — R. auch klingende oder
weibliche und gleitende oder re ——
und die verſchiedenen Gattungen der überſchlagenden
N. (rimes ecroisces) —
Die Kunſtlyril des Mittelalters, zum Teil auch
noch die der Neuzeit, gefiel ſich oft in den verwidelt:
ften und ſchwierigſten Reimarten. Unjer Wort N.
it das ahd. rim, das «Neihe, Reihenfolge, Zahl»
bedeutet. Doch hat das Wort die Bedeutung «Heim
erit unter romanifhem Einfluß angenommen, Auf
romaniſchem Boden befam das aus dem Germa:
nijchen entlehnte rim «Reihenfolge» (ital, rima,
franz. riıne) ala SRERER EIGE —— Lautlom:
plere im Berdausgang» die Bedeutung «Reim» und
wurde mit diefem Sinne behaftet nad Deutichland
zurüdgebradt; die Herleitung aus dem lat. rhythmus
iſt weder lautlich noch begrifflich zu rechtfertigen.
Das ältefte datierbare gereimte Werk der deutichen
Literatur ift Otfrieds «Cvangelienbud» aus dem
9. Jahrh., doch jteht nicht jeit, ob Otfried im Ge:
braud des Neims nicht bereits ig atte,
Bol. Poggel, «Grundzüge einer Theorie des N.»
(Hamm 1834); Wolf, «fiber die Lais, Sequenzen
und Leiche» (Heidelb, 1841); Wilhelm rimm,
« Dr Geſchichte des N.» (Berl. 1852); Mafing,
«liber Urjprung und Verbreitung des R.» (Dorp.
1866). Die Verlegenheit ſchlechter Dichter inı Reim:
fuchen erfand die Hilfsmittel der fog. EIMIEEIEN.
Für Deutſche gab Hübner das «Poetiſche Handbuch»
(Lpz. 1696 u. öfter) heraus, dem das «Allgemeine
beutjche Reineriton» (2 Bde., Lpz. 1826) von Pere:
grinus Syntar (Henpel) folgte.
Reimann, ſ. Reimmann. Rüdert.
Neimar (Freimund), Pſeudonym für Friedrich
Meimarud (Hermann Samuel), deutſcher Ge:
Ichrter, befonders belannt als Verfafier der «Mol:
fenbüttelien Fragmente», geb. 22. Dez. 1694 zu
Hamburg, ftudierte feit 1714 in Jena, Dabilitierte
fih dann in Wittenberg, machte 1720 eine Reife
dur Belgien und einen groben Teil Englands,
wurde 1723 Reltor in Wismar und erhielt 1727
die Profeſſur der hebr. Sprache an dem Gymnafium
Ri — welche er in der Solge mit der Pro:
ejlur der Mathematik vereinigte. Er ftarb daſelbſt
1. März 1768, Als gründlichen Philologen zeigte
er fih in der von Fabricius begonnenen und von
N, vollendeten Ausgabe des Dio Caſſius. Auf
yalofopt, nd naturwiſſenſchaftl. Gebiete veröffent:
ichte er «D e —— ahrheiten der natür:
lihen Religion» —— 1754; 6. Aufl. 1792
«Betrachtungen über die Aunfttriebe der Tiere»
— 1762; 4. Aufl. 1798) und eBernunftlehre»
(Hamb. 1756; 5. Aufl. 1) Eine Anwendung
der in letzterm Werke aufgeftellten Regeln gegen
das Vofitive des Chrijtentums machte er in den
von Leffing 1774, 1777 und 1778 herausgegebenen
fog. «Wolfenbüttelihen Fragmenten eines Unge:
nannten», die an Döderlein in feinen «Antifrag:
menten» (1778) den Idarfiünnigften Gegner fanden.
N. hatte diefe Forfchungen als Bruchftüde nur feinen
vertrautejten Freunden mitgetheilt; doch war es
Neimann — Neimer
Leſſing gelungen, davon eine Abſchrift zu erhalten,
der fie nun unter dem Borgeben, daß er fie in ber
wolfenbüttelichen Bibliothet gefunden, herausgab
Daß aber R. in der That Berfafler jener «Frag:
mente» ſei, ift durch die von Gurlitt in Hamburg
1827 gegebenen Aufihlüfle außer Zweifel geitellt.
Das ganze Wert führt den Titel « Zub chrift für
die vernünftigen Verehrer Gottes». Bol. Strauß,
«R. und feine Schukichrift für die vernünftigen
Verehrer Gottes» (2. Aufl., Bonn 1877).
Neimchroniken, eine Gattun —— Ge:
dichte, die weniger poetiichen als biltorifchen Wert
baben, da fie bejtrebt find, möglichſt wirkliche Ge:
Ichichte zu liefern. Sie beginnen mit dem —
des 13. Jahrh., jo die um 1290 verfaßte «Livlän-
diſche N.» (herausg. von Pfeiffer, Stuttg. 1844, und
2. Meyer, Paderb. 1876; vpl. 5. Wadtsmuth, «fiber
die Quellen und den Berfafier der ältern (toländ.
R.», Mitau 1878), die » Öjterreihiihe R.» von
Ottolar von Steier, gewöhnlich falih von Horned
genannt (berausg. von Bez im 3, Bd, der «Scrip-
tores rerum austriacarım»; eine kritiiche Ausgabe
wirb von Lichtenftein vorbereitet), und die «Deutjc:
orbenachronil» von Nikolaus von Jeroſchin, um
1340 nad) der lateinischen Chronik des Peter von
Duisburg bearbeitet (im Auszug berausg. in Pfeif:
fers «Beiträgen», Stuttg. 1854; vollitändig von €.
Streblte, Lpz. 1861, und im 1. Bd, ber «Scriptores
rerum prussicarum), die eg de
Ernit von Kirchberg, 1378 (gedrudt bei Wejtpbal,
«Monumenta inedita», Bd, 4), die «Nppenzeller#i.»,
um 1400 verfaßt (berausg. von Ildefons ab Urz,
St. Ballen 1825). Andere R. find die Holiteiniiche,
Sandersheimer, Kölner, Soslarer, Braunjcdhweiger,
Neußer, Cine der lepten ift die bis 1600 reichende
Ulmer (von Georg Brauner von Augsburg, gedrudt
in Adrians Mitteilungen»).
Neimer (Georg Andreas), verdienter beuticher
Buchhändler, geb. 27. Aug. 1776 zu Greifswald als
der Sohn eines Seemanns, erlernte den Buchhan—
del daſelbſt und übernahm im Juni 1800 mit ſehr
beihränften Mitteln die 1750 gegründete Neal:
ſchulbuchhandlung zu Berlin, zunächſt in Erbpacht.
Sein Geihäft errang fih bald Achtung und Ber
trauen, Er vermochte jelbit in den drüdenden Ver:
bältnifjen der J. 1805—13 dieſes Vertrauen auf:
recht zu erhalten, und gerade in jener Zeit war fein
Haus der Vereinigungspunft und Sammelplas
echt deutich gefinnter Männer, wie Fichte, Arndt,
Schleiermacher, Niebubr, Cornelius und vieler an:
dern, Obgleich verheiratet und Vater von jedhs
Kindern, madte er doch 1813 den Feldzug mit,
Nach dem Frieden lehrte er mit erneutem Wute in
fein Geſchäft zurüd, das er feitbem bur *
breitete Verbindungen mit den bedeutendſten
lehrten feiner Zeit, fowie dur raftlofes Streben
zu einer der erjten und geadhtetiten —
Deutſchlands emporzuheben wußte. Sein Ber
umfaßte bedeutende Werte aus allen Fächern bes
Wiſſens. Außer zablreihen periodiihen is
ſtreng wiſſenſchaftlichen Inhalts erſchienen bei R.
die geſammelten Werle von Hippel, E. T. A. Hoff:
mann, W, von Humboldt, 9. von Hleift, Lenz,
Novalis, Jean Paul, F. L. Schröder, 2. Tied u. &.,
die Schlegeliche Üiberfegung des Shalipeare, Von
den Männern der Willenfchaft, beren Werke feinem
Verlage angebören, find unter andern zu nennen:
die Geſchichtſchreiber Niebubr, Verb, Ranke, Var:
hagen von Enſe und Woltmann, ber Geograph
Neimleriton — Reims 589
Nitter, die ren Beller, Bödh, Brandis,
Lahmann, Meineke, die Ardäologen —— Hirt,
tanofla, Stadelberg, die Mathematiker Crelle,
telwein und Yacobi, die Phyſiler Dove und
Grman, die Naturforfcher Burmeilter und Ehren:
berg, der Ökonom Thaer, die Mediziner Gurlt,
Su eland, Rademacher u. ſ. w., die Chemiler C.
. Karften, ©. Karten und Roſe, die Theologen
Schleiermacher, De Wette, die Philofophen Fichte,
helling, Steffens, die Pädagogen Piſchon und
Milmfen. Zur Erweiterung feines ar äft3 trug
befonder der Anlauf der Weidmannſchen Bud):
handlung in Leipzig bei, die er jedoch unter ihrer
Firma getrennt fortbeiteben ließ, während er für
das berliner Geihäft 1. Jan. 1819 die Firma
«Weorg Reimer» annahm. Zu gleiher Zeit machte
er ſich durch Erwerbung eines bedeutenden Grund:
ftnds, des ehemaligen berühmten Bojeihen Gar:
tens, auch in Leipzig anſäſſig. Teils wegen feiner
freifinnigen Anfihten und des unverhohlenen In—
terefles an dem Wohl und Wehe des gefamten
deutichen Baterlandes, teil3 wegen feiner vielen
Verbindungen und Neifen hatte er viele Verbäd):
tigungen umd infolge deren 1819 ——
Beſchlagnahme von Papieren, Befragungen u. dgl.
zu erdulden. Er ftarb 26. - 1842,
N. hinterließ fein ausgedehntes Gefchäft drei
Söhnen. Ter ältefte Sol Karl Auguſt R,,
geb. 26, Dit. 1801, erhielt die unter eigener Firma
in —— e Weidmannſche Buchhand⸗
lung, in die er ſchon 1830 gemeinſchaftlich mit ſei—
nem Schwager, Salomon Hirzel (f. d.), als Teil:
nehmer eingetreten war. Dieſe Buchhandlung, eine
ber ältejten und bedeutendften Firmen Deutſchlands,
war um 1670 von Georg Morig Weidnann (geb.
zu Speier, geft. 16. Aug. 1698 zu Leipzig) begrün:
det und Behauptete ihren Ruf auch unter deflen
gleihnamigem Sohne (geb. 23. jan. 1686 zu Leip:
zig, geit. 3. Mai 1743 dafelbft al3 kurſächſ. Rat
und 4 Kämmerer), nadydem fie vorher bis 1714
von Joh. Ludw. Gleditich (geb. 24. März 1663 zu
Eſchendorf, geit. 20. Jan. 1741), als zweitem Gatten
ber Witwe des ältern Weidmann, und fpäter von
Philipp Erasmus Rei (f. d.) mit unermüdeter
Zhätigfeit und großer Einficht geleitet worden war,
Außer dem «Mebtatalogr, der 1759 an die Meid:
mannſche Buchhandlung fam und bis 1850 von
derfelben verlegt wurde, und umfaflendern Wer:
fen, wie Guthrie und Grays «Allgemeine Welt:
aeihichten, zählte fie, als fie an R. überging, ſchon
die Schriften vieler berühmten Schriftiteller und
Gelehrten des 18. und des Anfangs des 19. Jabıh.
unter ihre Verlansartitel, wie der ———— 0
Görenz, Harleß, G. Hermann, Heyne, Lobed, Drelli,
Schweighäufer, 5. A. Wolf, der ——
ohannes von Müller, Schrödh, der Theologen
Eichhorn und Schleusner, des Mathematilers Vega
(«2ogarithmen»), der Dichter und Proſaiſten Gel:
Iert, Gleim, Gödingf, Lavater, Leſſing, Niemeyer,
Ramler, Sulzer, von Thümmel, Wieland, Zimmer:
mann, Zollitofer u.a. Neu traten hinzu die Werte
von J. Belter, Benele, Dindorf, der Brüder Grimm,
Haupt, Arndt, Dablmann, ferner der Dichter Cha:
miſſo, Anaftaftus Grün und Nüdert, der Theologen
De Wette, Hagenbach, Schweizer, Hibig, der Phy—
fiter Gauf und M, Weber, des Technilers J. Weis:
bad) und zahlreicher anderer. Doch ging ein grober
Zeil der feit 1830 vu übhrten und begonnenen
Unternehmungen an Ealomon Hirzel über, als
dieſer ih von R. trennte und 1. Yan. 1853 unter
eigener Firma eine Verlagshandlung eröffnete, In
demfelben Jahre jiedelte Karl Auguft R. mit der
Firma Weidmannihe Buchhandlung nah Berlin
über. Von größern Unternehmungen verblieben die
«Sammlung der gried. und lat. Schriftiteller» und
J. | die «Handbücher zum Verftändnis des Haffifchen
Altertums » von Mommfen, Curtius u. a. im
Weidmannfchen Berlag. R. ftarb zu Berlin 29. Juli
1858. Jehiger Befiker der Weidmannſchen Bud):
handlung üt jein Sohn Hans N.
Gin re =. Georg Andreas R.s, Georg
Ernit R., geb.25.Nov. 1804, war Beſiher der Ver:
lagsbuchhandlung von Georg Reimer und der damit
verbundenen Druderei in Berlin bis Ende 1883; er
ftarb 5. Yan. 1885. Sein ältefter Sohn Ernit, der
jeit 1876 Teilhaber de3 Geſchäfts war, wurde her
Beſiher desſelben.
Der dritte Sohn, Dietrich R., geb. 13. Mai
1818, welcher 1845 eine Sortimentsbuchhandlung
unter eigener Firma in Berlin gegründet hatte,
übernahm Anfang 1848 ſämtliche von feinem Vater
verlegte, zum Teil jehr bedeutende Kunſtſachen und
Landkarten auf eigene Rechnung. Unter eritern be:
finden fi unter anderm die Werke von Zahn über
Pompeji, von Cornelius u. a. Der Kartenverlag
gewann durch, die Namen Berghaus, Liechtenftern,
Kiepert bald eine große Ausdehnung. Im J. 1868
trat 5. Hoefer ald Teilhaber ein. Die Verlags:
thätigfeit des Geſchaäfts iſt vorzugsweiſe kartogr.
Werlen («Neuer Handatlas» von Kiepert, «Hiftor.
Atlas» von Wolff), Reifewerlen («Ehina» von Freis
berrn von Richthofen) und der Herftellung von
Globen gewidmet. _
Reimlexikon, |. unter Reim.
‚Neimmann oder Reimann (Yalob Friedr.),
einer der erjten Begründer der Litteraturgefchichte
in Deutichland, geb. 22. Jan. 1668 zu Gröningen
im damaligen Gebiete von Halberitadt, betleidete,
nachdem erjeine Studien zu Jena vollendet, mehrere
geiftliche und Schulämter und wurde zuleßt 1717
Superintendent in Hildesheim, wo er 1. Febr. 1743
ftarb. Er machte zuerſt auf den Wert und Nuben
der Gelehrtengeſchichte und Litteraturfenntnis auf:
merljam und gab über Methode und Gehalt der
einzelnen Werte und über die Verdienfte ihrer Ver:
fafler ein freies Urteil ab. Unter feinen ir
gehörigen Schriften find zu erwähnen «Verſuch einer
Einleitung in die historiam literariam insgemein
und derer Teutſchen infonderheit» (6 Bde. Halle
1708—13) und die «Idea systematis antiquitatis
literariac» ——8 1718).
Reims oder Rheims, Arrondiſſementshaupt—
ſtadt im franz. Depart. Marne, in der Champagne,
142 km im ONO. von Paris, am Aisnezufluß
Vesle, am Aisne-Marnelanal und an der Linie
Epernay:Laon der Sranzöff en Oſtbahn, die hier
nad Givet, Soiſſons un rdun (Batilly) ab:
weigt, in weiter, einförmiger, von Weinhügeln un:
ränzter bene, iſt Gib eines Erzbifhof3, eines
Aſſiſenhofs, eines Handelägericht3, einer Handels:
fammer, eines Generalhandelsrat3 und einer
Filiale der Bank von Frankreich und zählt (1881)
30356 (ald Gemeinde 93823) E. Von König ai:
lipp II. Auguft (1173) bis auf Karl X. (29. Mai
1825) wurden bier die franz. Monardyen gekrönt,
mit Ausnahme Heinrichs IV., der fich in Chartres,
Napoleon I., der ſich zu Paris, und Ludwig XVILL,
der ſich gar nicht Frönen lich. N. hat merft breite,
\sÜO * c
590
regelmäßige Straßen, vierzehn zum Teil fehr
ihöne Bläke, im ältern Teile großartige Gebäude
aus dem Mittelalter, ſowie mande jchöne Häuſer
aus dem 14. bis 16. Jahrh. Unter den Kirchen
nimmt die got. Kathedrale Notre-Dame den eriten
Hang ein, einer ber ſchönſten Dome Frankreichs.
Ahr Chor wurde 1212—41 von Meifter Robert
de Coucy von R., bis gegen Ende des 13. Jahrh.
der übrige Bau, die beiden nod 81,5 m hoben
Türme an. der Fagabe, welde ibre Spiken 1481
durch Brand verloren, erjt 1430 ausgeführt. Die:
fer Bau zeichnet ſich durch Einheit dev Konzeption,
harmoniſches Ebenmaß aller Zeile, Neihtum und
Großartigleit feiner Skulpturen aus. An der Weit:
fasade mit ihren drei gewaltigen Portalen und der
oben Feniterroje (12 m im Durchmefjer) bat die
—* Kunſt des 13. Jahrh. ihre glanzvollſte Aus:
bildung erreiht. Tas Gebäude iſt 138,09 m lang,
im if 30,13 m breit, im Querſchiff 49,45 m
breit und 37,5 m hoch. Die Orgel bat 3516 Pfei:
en und 53 Negifter. Die meiiten Glasmalereien
tammen aus dem 13. yabrd. Bor dem mit Gold:
blech überzogenen Hodaltar wurden die franz.
Könige durch den Erzbiichof von R., Primas des
Reichs, aus der heil. Ampulla (f. d.) gefalbt und
etrönt. Betreffs des höchſt Toftbaren Kirchen—
chates * Marguet und Dauphinot, «Tresor de la
cath&drale de.R.» (Bar. 1867). Die 852 gegrün-
dete ehemalige Abteilirche St.:Nemi, am Cüdende
der Stabt, 1041 im roman. Stile begonnen, deren
ot. Chor und Weitiacade 1162—B1, deren fühl.
Querſchiff 1481 beendet wurde, enthält das Grab:
mal de3 heil. Remigius. Andere bedeutende Ge:
bäude find der erzbiichöfl. Palaſt, mit dem pradt:
vollen Sarkophag des röm. Präfelten Yovinus
(4. Jahrh.) aus weißem Marmor, mit Darftellung
einer Löwenjagd, das Stadthaus, der Juftispalaft,
das Theater und das Hötel:Dieu (früher Abtei
St.Remi). Das Hötel-de:Bille, ein ſchönes Ge:
bäude im Renaiffanceftil, mit Glodenturm, unter
Ludwig XII. begonnen, aber erit 1825 beendet,
enthält eine 60000 Bände und 1500 Manuſtripte
zählende Bibliothek, ſowie eine Heine Gemälde: und
Altertümerfammilung. Die kurzlich ausgebeſſerte
dreithorige Porte de Mars (Porta Martis), ur:
ſprünglich ein TZriumphbogen ſpätröm. Zeit, diente
bis 1544 al3 Stadtthor, wurde ſpäter verjchättet
und erit 1812 wieder freigeitellt. Bemerlenswert
find aud die eherne Statue de3 bier geborenen
Colbert, in den Anlagen am Bahnbole, die Bronze:
itatue Ludwigs XV. auf der Place Royale, nad)
dem Modell der in der Revolution zerftörten von
Bigalle 1818 von Eartellier neu ausgeführt, das
Standbild des ebenfalls hier geborenen Marſchalls
Drouet d'Erlon, die Maiion des Muficiend aus
dem 14. Jahrh., die in den Kreidefels gegrabenen
Meinfeller und die Fontäne Godinot. Die 1547
geitiftete Univerfität wurde 1793 aufgehoben.
R. hat eine Akademie der Wifjenihaften, ein
Lyceum, ein großes und ein Heines Priefterfeminar,
ein Lehrerinnenfeminar und eine mebiz.:pharma:
ceutiſche Vorſchule. RN. iit das Centrum einer jehr
bedeutenden Zertilinduftrie; die Wollfabrifen lie:
fern die verſchiedenartigſten Stoffe von den fein:
ſten Shawls, Kafimiren, Merinos, Nouveautss in
Kleider⸗, Mäntel:, Hoſen- und Weltenzeugen ſowie
andern Neimfer Artikeln bis herab zu Flanell,
Kamelot, Deden und Bonneteriewaren. Die im
Arrondifjiement von R. wachſenden Champagner:
Neimfer Evangelium — Nein
weine gelten al3 bie vorzüglichiten und bie Stabt
iſt eins der Hauptentrepöts für diefelben. - Außer:
dem jind vorhanden Yabriten für Webſtühle und
andere Manufatturutenfilien, für Baummollwaren,
für berühmte Bistuits und Gewürztuchen, für
Chotolade, Chemilalien, Seifen, Glas, Öl u. j. w.
Der Handel ift ſehr bedeutend.
N. hieß zur Zeit Gäjard Durocortum und war
die Hauptitadt der Nemi im belg. Gallien. Zu R,
in fpätröm. und fränf. Zeit Remi, ftarb 406 der
Bifcof Nicafius bei einem Vandalenjturme den
Märtyrertod. Hier taufte 496 der Biſchof Nemi-
gius (Saint:Remi) den Frantenlönig Chlodwie.
Nah dem Tode des lektern kam die Stadt an
Auitrafien, bis fie_bei der Teilung des Franken
reichs unter die Söhne Ludwigs des Frommen
843 an Karl den Kahlen und fo an — ge
langte. Im 9. Jahrh. bemädhtigten der Stadt
die Grafen von Vermandois. König Ludwig IV.
ſchenlte fie an den erzbiihöfl. Stuhl, und es führ-
ten nun die Grzbiichöfe den Titel Grafen von R,
bis fie durch Ludwig VII. den herzogl. Titel er:
hielten. Zu R. wurden 813, 1049, 1119 (Erfom-
munilation Sailer Heinrichs V. durch Bapft Ce—
lirt 2 und 1147 flo gehalten. Am 17. Juli
1429 ließ Jeanne d’Arc, melde damals im erz:
biſchöfl. Balajt wohnte, den Tauphin als Karl VII.
zu R. zum König frönen. Am 13. März 1814 ae
wann bier Napoleon ein Gefecht gegen die Ruſſen
unter Saint:‘Prieit, welder fiel. Während des
Deutſch⸗Franzöſiſchen Kriegs von 1870—71 murde
N. 4. Sept. 1870 von Truppen der Dritten deut:
hen Armee bejegt, worauf König Wilhelm 5. Sept.
einen Einzug in R. hielt und bis 14. Sept. bier
fein Hauptquartier hatte. Bgl. Juſtinus, «R., la
ville des sacres» (Bar. 1860).
‚ Neimfer Evangelium, eine in Reims befinb-
lihe Bergamenthandichrift mit Evangelien in jlam.
Überjegung, beftehend aus 16 Blättern in cyrilli-
ſcher und 31 in glagolitiiher Schrift, Teßtere mit
der Jahrzahl 1395. Sie wurde, koftbar gebunden,
in einem mit Edelſteinen bejegten Bande, von
Kardinal Karl von Lothringen in Konftantinopel
getauft, 1574 dem Dom zu Neims gejchenft, und
fand daſelbſt als vermeintliche orient. Handfchrift
bei der Krönung der franz. Nönige als «Text du
sacre» (jie leijleten den Eid auf diefelbe) Ber:
wendung. Grit Beter d. Gr., der 1717 die Hand
EN ſah, erlannte einen Teil derjelben als cyril
iſch und ſlawiſch. In der Revolution zu Ende des
18. Jahr). ward fie zeritört und ihrer Koftbarkeiten
beraubt. Die Bruchitüde befinden ſich auf der
Stabtbibliothet in Reims. Sie wurden von Eil:
veitre fakjimiliert und mit einer Einleitung (Prole-
gomena historica) von Kopitar herausgegeben
(Bar. 1843). Hiernad) ftammt die Handſchrift au
dem 1347 gegründeten jlaw. Gmmausflojter in
Prag, kam dann in die Hände der Huffiten und
wurde wahrſcheinlich von diefen mit nad Konitan
tinopel gejandt, als fie 1451 eine Gelandtichait
mit Gejchenfen dahin an den grieh. Patriarchen
aborbneten, Vgl. auch Hanla, «Sazavo-Emmauz-
skoje sv. blagopovöstrovanije» (Prag 1846).
Rein(‘ob. Juſtus), Naturforiherund Geograpb.
eb. 27. jan. 1835 zu Nauenheim a. M. im Gros:
5 Heſſen, wirlte als Lehrer in Frankfurt
a. M. Reval und auf den Bermu
begab fi 1873 im Auftrag der preuß.
In und
erung
nad) Japan, um Induſtrie und Handel biejes
Keinaud —
Landes, insbeſondere aber das Kunſtgewerbe zu fku:
dieren und darüber zu berichten. Rad) feiner Hüd:
tehr wurde er zum ord. Profeſſor der Geographie
in Marburg, 1883 in Bonn ernannt. Er veröffent:
lichte: «Japan nad Reifen und Studien» (Bd. 1,
Yp3. 1881; Bd. 2, 1886).
Neinaud (Joſeph Toufjaint), ausgezeichneter
franz. Dri it, geb. 4: Dez. 1795 zu Lambesc
(Depart. Rhönemündungen), wibmete ſich zu Paris
vorzugsweije dem Stubium des Arabiihen, Ber:
ſiſchen und Zürliihen und erhielt 1824 eine An:
te an der königl. Bibliothel. Am X. 18832
—— er Mitglied der Alademie ————
und Adjunkt⸗ Konſervator der orient. Handſchriften,
1838 Profeſſor des Arabiſchen an der Schule für
orient. Sprachen. Im J. 1854 rüdte er zum Kon:
fervator der orient. Handſchriften
übernahm er die Leitun
Spraden. Gr jtarb 13,
persans et turcs du cabinet de Mr. le duc
de Blacas et d’autres cabinets» (2 Bde., Par.
1828). Diejem folgten, aufer der Ausgabe des
alloman de Mahomet» und des «Livre de la loi
au Sarrazin» (mit Sr. Michel, Bar. 1831), die |
«Extraits des historiens arabes relatifs aux
guerres des croisades» (Bar. 1829) und die «In-
vasions des Sarrazins en France» (Par. 1836).
Zu der von ihm mit de Slane beforgten Tertaus:
aabe der Geographie des Abulfeda (2 Tle., Par
1837 —48) ſchrieb R. eine ——— welche die Ge⸗
ſchichte der geogr. Wiſſenſchaft im Orient reſumiert.
Ferner veröffentlichte er: «Fragments arabes et
persans, relatifs à l’Inde» (Par, 1834), «Relation
des voy faits par les Arabes et les Persans
Jans PInde et & la Chine» (2 Bde., Par. 1845),
«Du feu grögeois, des feux de la guerre et des
o:rigines de la poudre & canon» (Par, 1844).
Meinbek, Dorf im Kreile Stormarn der preuß.
Provinz Schleswig:Holitein, rechts an der Bille,
Station der Linie Wittenberge-Hamburg der Preu:
Bilden Staatöbahnen, Siß eined Amtsgerichts,
zäblt (1880) 1097 E, und bat ein im 16. Jahrh.
vom Herzog Adolf von Holitein: Gottorp erbautes,
jebt zu einem Hotel eingeri chloß, eine Kalt:
wajlerheilanitalt und eine Dampfmahlmühle. N. iſt
einbeliebterSommeraufenthaltsort der Hamburger.
Reinbot von Durn, j. Durn (Reinbot von).
Reineceind (Meiner), verdient um bie ser
fhung der Geſchichte des Altertums, geb. 15. Mai
Steinheim in Weſtf—
1541
Brofeflor ber Geſchichte an der Univerfität Frank:
furt a. D., von dort wurde er nad) Helmftebt be:
rufen, wo er 16. April 1595 ftarb. Berühmt ift
jein Werl «Syntagma de i
ehiis tribus prioribus rerum potitae sunt» (4 Bde.,
Bas. 1574—80); eine Umarbeitung und Erweite⸗
rung desſelben iſt «Historia Julia sive syntagma
heroicum» (Helmft. 1594— 97). Bgl. Häberlin,
«De R. meritis in historiam» (Helmit. 1746),
Neiuecke (Job. Friedr.), vorzüglicher deuticher
Schaufpieler, geb. 4. Nov. 1747 zu Helmitebt,
fpielte pe bei herumgiehenden Truppen in Süd:
deutſchland und der Schweiz, fam 1770 zur Seyler:
ichen, 1778 zur Bondiniichen Gejellichaft, die er
nad Dresden, Leipzig und Br eitete, und
ftarb 2. Nov. 1787 zu Dresden. beſaß das Ge⸗
fühl das ö * dem fals | E
Ian *52 en eg er bie Wahrheit =
auf, und 1861
ber Schule für orient.
at 1867. Seinen Ruf be:
gründete A. mit dem Merle: «Monuments arabes,
alen, wurde 1578 |
familiis quae in monar-
Neinefe Vos 591
Innigkeit feines Spiels. Nollen wie Eifer, Ddoardo
u. ſ. mw. waren fein Triumph. Auch R.3 Gattin
Senne; geborene Menzin, geb. 2. Dez. 1745 zu
Heidelberg, geit. 25. Yuli 1788 zu Petersburg, war
eine Zierde der deutichen Bühne, beſonders in Par:
tien wie Claudia, Orjina u. ſ. w.
Reinecke (Sarl), verdienter Komponiſt und Kla—
vieroirtuos, geb. zu Altona 23. Juni 1824, trat
bereit3 im elften Jahre öffentli als Klavieripieler
auf, unternahm 1843 eine Kunſtreiſe nach open:
bagen und erhielt vom König Chrijtian VIIL ein
Stipendium. Er dehnte nun feine Neife nod) bis
Stodholm aus, ging im Dft. 1843 nad) Peipjig
und ftubierte hier drei Yahre Muſik. Am J. 1816
unternahm er eine Aunjtreife nad Bremen und
Hannover, und dann, im Berein mit dem Violi—
niiten Waſielewſti, eine folde nah Danzig, Königs:
berg u. |. w. bis Niga. Er kehrte hierauf wieder
nad Kopenhagen zurüd, wo ihn der Hönig- zum
Hofpianijten ernannte. Im J. 1848 wendete er
ſich wieder nach Leipzig und 1849 nach Bremen,
wo er zwei jahre verweilte. Im Fi 1351 ging er
nad) Baris, dann ala Lehrer des Klavierſpiels au
die Meiniſche Mufitihule nach Köln, in welder
Stellung er bis 1854 wirkte. Sobann wurde er
Mufikdireltor in Barmen und 1859 in Breslau.
m J. 1860 übernahm er in Seipsig das Anıt eines
apellmeijter3 der Gewandhauslonzerte und eines
Lehrers der Kompofition und de3 höhern Klavier:
ipiel3 am dortigen Konjervatorium. Gelegentlich
‚ feines 25jährigen Dirigentenjubiläums am Gewand:
hauſe (1885) wurde er von der pbilof. Fakultät der
Univerjität Zeipzig zum Dr. phil. honoris causa
ernannt, bald darauf erhielt er vom König von
Sadien den Titel Brofefior. Als Alavierjpieler
ft N. befonders im Bortrag von klaſſiſchen Ham:
mermufitwerten ausgezeichnet. Als Komponiit ul:
bigt er der Mendelsſohn-⸗Schumannſchen Richtung,
und jeine Vrobuftionen zeichnen fi namentlich
durch Feinheit der innern Anordnung und des Aus:
baues vorteilhaft aus. Im Drud erſchienen von
ihm gegen 190 Kompofitionen: zwei Symphonien
und adt Ouverturen, das Dratorium « Beliazar»,
das für Männeror geſchriebene Chorwerk «Hafon
Jarl⸗, die Närdentompofitionen «Schneewittchen»,
a Dornröschen», « Nihenbrödel» und «Die wilden
Schwäne» nebft veridiedenen andern größern Chor:
werfen, die Dperetten «Der vierjährige Poſtenv und
—* a — und m. komifche
per «Au ehls, vier Klavierlonge:te, ein
Violin: und ein Bioloncellokonzert . habfreiche Hei:
ı nere Klavierſachen, ein Klavierquintett und ſechs
Trio, Sonaten für Klavier und Violoncello, viele
ein: und mehrſtimmige Lieder u. ſ. w. Seine ——
fuünfaltige Oper «önıg Manfred» wurde an mehrern
Drten mit Erfolg aufgeführt. [baum.
Neineelaude (Reneklode), ſ. u. Pflaumen:
Neinefe Vos heit das legte jelbitändige, in
niederdeuticher Sprache gegen Ende des 15. Jehrh.
verfaßte epiſche Gedicht aus dem Kreiſe ber Tier:
fage, nachdem derjelbe Stoff ſchon um 1170 durch
Heinrich den Glicheſare (f. d.) unter dem Titel
«Isengrines nöt» auf Grund einer franz. Dichtung
behandelt worden war. Aus Frantreich gelangte
der Stoff auch in die niederländ. Literatur, mo
ein Dichter, Namens Willem, im 13. Jahr). jeinen
‚ «Reinaert» dichtete, ein Wert, das den ep.icden
rafter am reinjten feithält und nad) —5
Ausführung alle übrigen bei weiten uber rifft
| wie
592
(gedrudt in Grimms Nuzgabe des «Neinhartr,
wiederholt in Willems Ausgabe des «Reinaert»),
Beide Werte wurden fpäter durch ungenannte Ber:
jalier überarbeitet; das deutſche um den Anfang
es 13. Jahrh. unter dem Titel« Reinhart» (heraus.
von Mailäth und Köffinger im «Koloczaer Coderd,
Peſt 1818; in reinerer Geſtalt, mit wichtigen Bei:
lagen und tiefen, die ganze Geſchichte der Gage
durdhgründenden Unterfuhungen von v. Grimm,
Berl. 1834), das nicderländifche gegen den —
des 13. Jahrh., wiederum mit einem ſtarlen Bei:
ſatze von Satire und einem binzugedichteten zweiten
Zeile («Reinaert de Vos», herausg. von Willens,
Gent 1836; neue ar 1850). In Deutichland
wollte die Tierfage neben ber höfichen Di tung
nicht recht gedeihen und wurde bald wieder auf:
gegeben. In den Niederlanden dagegen wurde das
alte Gedicht durch Hinric von Allmar aufs neue
ungearbeitet und mit einer profaijchen Gloſſe ver:
fehen. Außerdem verwandelte jich der überarbeitete
creimte «lteinaert» in eine dem veränderten Ge:
der entiprechende, aber dem Original ſich treu
anfchmiegende proſaiſche Erzählung («De hystorie
van Reinacrt de Voss, Gouda 1479; neue Ausg.
von Martin, Paderb. 1877), die auch bald durch
William Garton ins Engliihe überfest wurde
(Alyer begyuneth thystorye of reynard the foxe»,
Heftwninfter 1481), und erit in den aus dieſen bei:
den Werten geflotjenen holländ. und engl. Volls—
büchern Verderbnis und Verſtümmelung erfuhr.
Nun endlich He die Dichtung auc zum zweiten
mal nad Deutichland zurüd. Hermann Barkhufen,
Stadtſchreiber und Buchdruder zu Roſtoch, Scheint
es gewejen zu fein, dem man den «Neinele», die
treitlihe, auf der Bearbeitung des Hinric von Alt:
mar berubende ide in niederdeutjche Verfe,
N verdanken hat; nad) andern Unterfuchhungen war
ritolaus Baumann der deutiche Bearbeiter. Diefes
Bud) hat weite —— durch verſchiedene Litte:
raturen und wiederholte liberarbeitung erfahren;
aber fein Späterer mochte e3 wagen, ſich wejentlich
von ihm zu entfernen. Es ward zuerit gedrudt zu
Lübed («Keynke de Vos», Lũb. 1498; nur in einem
Grenmplar auf der wolfenbütteler Bibliothek er:
alten); dann mehrmals zu Roftod (jeit 1517),
55 — wieder herausgegeben durch Halemann,
ottihed, Bredow, Scheller, Scheltema, ea
durh SHeinr. Hoffmann von Fallersleben (Brest.
1834; 2. Aufl. 1852), Lübben (Oldenb. 1867) und
Schröder (Lpz. 1872). In ln fand
ber «Neinele» weite Verbreitung durch Mich. Beu—
thers mangelhafte, aber mehr al3 zwanzigmal
aufgelegte hochdeutiche überſehung (zuerſt Frantf.
1544, jtet3 unter dent ganz ungehörigen Titel eines
zweiten Teils zu Johann Paulis Buche «Schimpf
und Ernit»), die wiederum durch Hartmann Shop:
er in lat. Berfe gebracht (zuerft Frankf. 1567) und
ß au den Auslande J——— wurde. Neues
eben und erhöhte Anziehungskraft für das gegen:
wärtige Geſchlecht gewann der «Neinele» durd die
neubodpdeutihe Bearbeitung von Goethe (zuerit
Berl. 1794) in Heranietern, der neuerdings die
er Zeihnungen von Wilh. von Kaulbach
id anſchloſſen (Münch. 1847); ferner die fiber: | und von Haas (Lpz. 18383
fehungen von Soltau (Berl. 1803;
Verl. 1867) und von Simrod (2. Aufl., Irantf,
1847), letztere beiden in Versmaße des Originals,
in kurzen iambiſchen Neimpaaren, und von Hart:
mann (Xpz. 1864),
Reinertrag — Reinhard (Franz Volkmar)
NReinertrag, ſ. unter Ertrag und Ertragds
anfſchlag.
Reinerz, Stadt in der Grafſchaft Glatz bes
preuk-1äle, Regierungsbezirls — 24 km
weſtlich von der Kreisitadt Glatz, an der Weiſtrig
und 556 m über der Oſtſee el ve
eine3 Amtögerihts und einer >
drei kath. und eine prot, Kirche und J
3326 E., welche Webereien, Schubftift-, iſte
und Bapierfabrifen, Glasfchleifereien, $ Idneide
mühlen und Saltöfen unterhalten, d R. mit
der Stadt durch eine Allee verbunden, iſt
9 ggg —— Harn —
anftalt, acht fohlenfauren allaliſchen Eiienquellen,
großer Badeanftalt für tohlenfaure Mineral: umd
Moorbäder, fowie Doucen, einem Pa
einer 1885 neuerbauten Wandelbahn
Kurplak mit Waldpromenaden. Bad N, üt inbi-
ziert, wo man allgemein träftigend, tonifierend
verfahren will, wo Blut und Nervenleben belebt,
die Verdauung beiähleuniat, die —— der
en befördert, die Nejpiration er * die
Schleimhãute abgehärtet und latarrhali Aftet:
tionen gelöft werden follen. ——— wer:
= Be 16.000 a — * 1854
etrug die Frequenz erjonen. Zeller,
«Bad R. Geihihtlic, topographifd uf. m.
ichildert» ( rag 1869); Drefcher, «Der Kurort
Glatz 1878); olz, «Reinerz> (Glab 18 + Deng:
er, «Bad N.» (Zür. 1882), baum.
Reinetten ( enetten), f. u. Apfel, pfel:
Neinfeld, Fleden im Kreife St der
teuß. Provinz —— — u der
ündung der Heildau in die Trave, Station ber
Linie Lübed : Hamburg der Lübed : Büchener Eiſen
4 Eip eines Amtsgerichts, zählt (1880) 1081
un hat bedeutende Fiſch-⸗, namentlich Ha:
Ziegelbrennerei und Getreidehandel, i
wenige Mauerrefte find vorhanden von ber im
12. Jahrh. geitifteten reihen Giftercienferabtei N.
und von dem 1599 vom Herzog Johann dem
von Holjtein:Sonderburg erbauten Schleife. R, ift
Geburtsort des Dichters Matthias Claudius,
Neinhard (Franz Volkmar), prot.
Kanzelredner, geb. 12. März 1753 zu B 0
im ehemaligen Fürftentum Sulzbach, ftudierte i
Wittenberg, ward 1778 dafelbft —* der phil
Fakultät, 1780 außerord. Profeſſor der Philsſor
1782 ord. —— der Theologie, 1784 Bro:
an der Schloß- und Univerjitätslirdie und wur
1792 als Oberhofprediger, Kirchenrat und
tonfiitorialaffefior nad) Dresden berufen,
6. Sept. 1812 ftarb. R. war anfangs entichie
Vertreter des Rationalismus, wandte ih
jpäter der pofitiven Richtung mehr zu und verfün
digte einen srationalen Supranaturaligmuss, bi
fonders in feiner berühmten Ka mationspr
0 N 2
— 1000, ie * 9 m
anzelredner; ſeine Predigten ſind wegen T
gen Innehaltens der logiihen Form dheul
a: Die vollitändige Sammlung berfelben
umfabt 35 Bände (Sulzb. 1793—1813), dazu n
Supplementbände von Fe ann (Meib. 1825
\ ferner «Predigte 4
neue Ausqg., häuslichen Erbauung» (4 be., S 13).
., Su
jeinen Schriften find die wichtiaiten: ü
den Wlan, welden der Stifter der chriſtl. Nehi
zum Beiten der Menichheit entwarf» (1. Aufl, ano:
nym, Wittenb. u. Zerbit- 178155; BD
Reinhard (Karl Friedr., Graf) — Reinhart 693
«Syſtem der chriſtl. Moral» (5 Bde., Mittenb.
1788 fg.;5. Aufl. 1815),«Geftändnifler(Sulzb. 1810;
5. Au 1811), «Borlefungen über die Dogmatik»
(Sufzb, 1801; 4. Aufl. 1818), «Opuscula acale-
mican (2 Bde., Eu 1808—9). In feinem Geburts:
orte ward R. ein Denkmal errichtet und in Dresden
u feinem Andenten eine Stiftung Reinhards-
tiftung) gegründet, die jährlich homilet, Preis:
aufgaben ftellt. Val. Pölis, «NR, nad) feinem Yeben
und Wirken ————— Bde, 2p3. 1813—15).
Reinhard (Karl _riedr., Graf), Pair von
Srantreih, geb. 2. Olt. 1761 zu Schorndorf in
Württemberg, ftudierte zu Tübingen Theologie und
Lhilologie, ing 1786 nad Verey und 1787 als
——— nad) Bordeaur. am 3.1791 —— er ſich
nad) Paris, wo er eine Sekretariatsſtelle im Mi—
nijterium des Auswärtigen erhielt. Im %. 1792
lam er als erfter Gejandtichaftsietretär nad) Yon:
don; 1798 in gleiher Eigenſchaft - Neapel.
Nad) dem Sturze der Gironde wurde er Abteilungs:
chef im Minijterium des Auswärtigen, trat nad)
dem Sturze der Schredensherrfhaft in das biplo:
matiſche Komitee des Konvents, und wurde nad
dem Friedensſchluſſe mit Preußen Gefandter bei
den Hanfeftädten. Im %. 1798 ging er al3 Ge:
fandter nad Toscana, und als das Land 1799
von den Franzofen befegt wurde, übernahm er das
Amt eines en ard. Nah der
Schlacht an der Trebbia (17. bis 20. Yuni 1799
flüchtete er zur See und erhielt zu Toulon den Ru
nad Paris, um dafelbjt das Minifterium des Aus:
wärtigen zu übernehmen. Aber ſchon nad) der Re:
volution vom 18. Brumaire legte er jein Porte⸗
feuille nieder und ging als Gefandter in die
Schweiz, 1802 ala Geſandter beim Niederſächſiſchen
Kreife nad) — 1805 als franz. General:
tonful und Reſident nad Jaſſy. Hier wurde cr
1806 bei dem Einmarſche der ruf. Truppen ver:
— und hielt ſich dann auf feinem Yandaute
altenluft am Nhein auf, bis ihn Napoleon 1808
zum Gefandten am weftfäl. Hofe zu Kaſſel und zu:
gleih zum Grafen ernannte, Die Reftauration
brachte dem vielgewandten Mann auf Talleyrands
Vorſchlag die Würde eines Staatsrat3 und Hanj:
leidireftors im Miniiterium des Auswärtigen.
Später ſchidten ihn die Bourbons ala Gefandten
an den Deutfchen — bis er 1829 in Nube:
ftand treten mußte. Nach der Yulirevolution war
er Gefandter am fähl. Hofe. Im J. 1832 abberufen,
erhielt er die Bairgwürde,. Er jtarb in Paris 25. Dez.
1837, In feiner jugend überfepte R. — rom.
Dichter; auch gab er mit Conz « Epifteln» (Tüb.
1785) heraus, Sein «Briefwecdhiel» mit Goethe er:
ſchien fpäter (Stuttg. 1850) im Drud.
Neinhardböbrunn, einer der reizendften und
befuchteiten Punkte Thüringens, ift ein Luftichloß
de3 Herzogs von Coburg:Gotha, welches 1 km von
Friedrichroda (f. d.) am Nordfuße des Thüringer:
waldes liegt. Das ziemlich umfangreiche Gebäude
befindet nd, umgeben von großen Teihen, aus:
sn iefen und berrlidyen Anlagen, in einem
hönen Thale und enthält in feinem Innern eine
jehenswerte Sammlung meiſt monſtröſer Geweihe
von Wild aller Art. Als Graf Ludwig der Bärtige
1036 ober 1039 nach Thüringen lam, waren Alten:
berga (Aldinberc) und R. (Reginherisbrunno) die
eriten Orte, welche er anlaufte. Zu Altenberga er:
baute er fid eine Kemenate und eine Kapelle und
1044 die Schauenburg (bei Friedrichroda). Sein
Cenverfationg»2egiton. 13, Aufl. XIII.
Sohn Ludwig der Springer begründete 1085 zu R.
ein Benebiktinerllofter, das 1089 von Hirihau aus
mit Abt und Möndyen bejeht und 1092 von Bapit
Urban II. beftätigt ward. Das reichdotierte Klofter
wurde der Mittelpunkt der Bildung für jene Gegend
und zugleich die Begräbnisitätte der thüring. Land»
grafen. Dasſelbe ftand in höchſter Blüte, als e8 in
der Nacht zum 21. Sept. 1292 von dem Raubritter
Ludwig von Hobberg in Ajche geleat wurde. Der
Micderaufbau verurfachte zwar eine große Schul:
denlajt, doch gelangte das Kloſter bald wieder zu
MWohlitand. Nah dem Auäfterben der Landgrafen
von Thüringen (1440) nahmen fidh deren Erben,
die Hurfürften von Sadjen, desjelben an, doch
fonnten fie nicht verhindern, dab 1525 die ſchöne
Abtei durch eine Notte von Bürgern aus Walters—
haufen in Verbindung mit aufftändifchen Bauern
änzlich außgeplünbert und verwültet wurde. Die
Herzöne von Weimar erbauten fih nun an der
Stelle des Klofters ein Jagdhaus, welches nebit
Zubehör nah der Achtung ob. Friedrichs des
Mittlern 1567 bei Gelegenheit der Auseinander—
ſehung zwischen deffen Erben (1572) bei Weimar
verblieb. Herzog Friedrich Wilhelm I. erbaute
1601_anftatt des Jagdhauſes ein Heines Schloß
mit Turm, das zu gleicher Zeit auch al3 Sommer:
refidenz dienen follte, Bon der verwitweten Fürftin
Dorothea Marie, die mit ihrer Familie ihren
Mohnfig zu R. nahm, wurde 1605—13 das pobe
Haus und die Kirche hinzugefügt. Bei der Teilung
des weimar. Gebietes (1640) fiel R. an Herzog
Grnit den Frommen zu Gotha. Am Anfange des
19. Jahrh. that Herzog Auguſt viel zur Verſchöne—
rung de3 Schloſſes; auch wurde 1813 in der Nähe
des lehtern ein Gafthof erbaut. Seinen Ruf ver:
dankt R. jedoch erft Herzog Ernit I., welcher 1827
—35 das Schloß durd den Baumeiſter Guftav
Eberhardt gründlich reftaurieren und die Bart: und
Gartenanlagen durch den Hofgärtner Gulefeld um:
geftalten und erweitern lief. Zum Abſchluß ge:
langte die Umgeftaltung des im got. Stile gehal:
tenen Schloſſes unter Herzog Graf Il. Die jebige
Kirche, Brivatlapelle des Herzogs, wurde erit 1873
vollendet und im Aug. 1874 eingeweiht. Val.
Möller, «Geſchichte des Kloſters N.» (Gotha 1843);
Naude, «Die Fälſchung der älteften Reinhards—
brunner Urkunden» (Berl. 1883), j
Neinhardswald, Buntjandfteingebirge im
nördl. Teile des preuß. Negierungsbezirts Kaflel,
Kreis Hofgeismar, zwiſchen Weſer und unterer
Diemel, ift ein ſchön bewaldetes Plateau und fteigt
im Staufenberg bis zu 469 m an,
Neinhart (ob. Chriitian), deuticher Land:
fhaftämaler und Radierer, geb. zu Hof 24. Jan.
1761, bildete ſich unter Öfer in Leipzig, Tpäter in
der Alademie in Dresden nad niederländ, Vor:
bildern. Mit Unterftükung des Markgrafen von
Bayreuth ging er 1789 nach Nom, wo er jeitdem
blieb und hauptſächlich Haderts Werte fi zum
Mufter nahm. Mit J. W. Mechau aus Leipzig
und A. K. Dies aus Hannover gab er die 72 Pro:
fpelte aus Italien (Nürnb, 1799) heraus, Mit
derielben Gründlichleit wie die Landſchaft ſtudierte
er die Anatomie und den Charalter der Tiere. Unter
den großen Meiftern feines Fachs nähert er fih am
meiften Swanevelt; doc) bejtimmte jpäter das Auf:
treten Kochs und Carſtens' eine ganz neue Richtung
in feiner Produktion. Höchft vollendet iſt feine Zeich⸗
mung, und namentlich ausgezeichnet find feinefpätern
88
594
Zeichnungen in Sepia, Aquarell und Gonadhe. |
Mit F. Sidler gab er den «Almanad) aus Nom für
Künſtler und Freunde der bildenden Kunſt und Hafli-
ſchen Litteratur» (Lpz. 1810 und 1811) beraus,
worin ſich „mehrere geähte Landichaften von ihm
befinden. Die reichfte Sammlung feiner radierten
Blätter (Landſchaften und Tiere) befaß Graf Rigal,
wie der Statalog desfelben (Par. 1817) beweilt.
Gins der ſchönſten und geöhten feiner Blätter, eine
Landihaft in Sturm, dedizierte er Stiller. Zu
jeinen vorzüglidjten Arbeiten der jpätern Zeit ge:
bören die Malereien im Palaft Maffimi zu Nom.
Noch fpäter führte er vier Temperabilder, An:
fihten aus der Billa Malta, für den König von
Bayern aus, R. ſtarb 8. Juni 1847 in Rom. Bgl.
Baiſch, «N. und jeine reife» (Ups. 1882).
Neinheim, Stadt in der heil. Provinz; Starten:
burg, Kreis Dieburg, linls an der Geriprenz, da
wo biejelbe den Ddenwaid verläht, Station der
Linie Darmtadt:Wiebelsbad): Heubah der Heſſiſchen
Ludwigsbahn, it Sig eines Amtögerihts, zählt
(1880) 1663 €. und hat Viebjudt.
Reinhold (Karl Leonhard), ein zu feiner Zeit
ſehr einfl a er beuticher Bhilojopb, geb. 26. Olt.
— zu Wien, trat et als Novize in das Probe:
haus ber Sehuiten zu Gt. Anna in Wien und
1774 in das dortige Kollegium der Barnabiten,
in welchem er Novizenmeifter und Lehrer der Philo:
fopbie wurde. Im Herbit 1783 entjog er fi
—2 — Standes duch die Flucht und bes
cab ſich über Leip pye im Mai 1784 nach Weimar.
Schon 1785 ward R weimariſcher Nat, Wielands
Schwiegerſohn und Mitarbeiter bei der Nebaction
des «Deutihen Merkur, In Weimar fchrieb er,
außer mehrern Ab ublungen religiös:moraliichen
Inhalts, die «Briefe über die Kantſche er
welde zuerft im «Deutihen Merkur» (1786—87)
abgedrudt, jpäter beträ lich vermehrt (2 Bde.,
Yp3. 1790—92) erſchienen und ber Yehre Kants
namentlich von ihrer fittlihen Seite den Singang
in das größere litterariihe Publikum bahnten.
wurde 1787 Brofejior in Jena, 1794 Profeſſor —
tage zu Kiel, wo er 10. April 1823 ftarb.
n feinen philoſ. Forf ungen find mehrere Berio:
den zu untericheiden. In ber eriten bemühte er fidh,
das theoretiiche Zundament der Erkenntnis, welches
von Kant für die transſcendentalen Yeltimmungen
der Vernunftkritif nur vorausgefeht, nicht aus:
en ausgeſprochen war, durch eine ſynthetiſche
Deduktion der Formen und Geſetze der intellek—
- Thä — aus der oberſten Thatſache des
menſchlichen Bewußtſeins feſtzuſtellen. Zu dieſem
Behufe ſchrieb er den «Berjuc einer neuen Theorie
des Vorftellungdvermögens» (Jena 1789; 2. zn.
1795), zu deren Erläuterung er die «Beiträge
Berichtigung bisheriger Mißverſtändniſſe der |
lojophen» (2 Bbe., Jena 1790—94) und die Schrift |
«fiber das Fundament bes philof. Willens» (Jena
1791) folgen lieb. Den Übergang von diejer ge
Periode zu ber zweiten bildete ein Verſuch, de
Stanbpunkt der Fichteſchen Wiſſenſchaftslehre, in
welcher er nunmehr die von ihm jelb angeitrebten
5 Prinzipien der Kantſchen Zranäjcenden: |
talpbilofophie erblidte, aber deren Verhalten zu |
der Neligionslehre er mißbilligte, mit dem Stand:
punkte der Jacobiſchen Gla siebre zu vermit: |
teln. Dieje Bermittelung jprad) er aus in der Ab-
handlung «fiber die Paradorien der neueften Phi⸗
loſophie⸗ (Jena 1799) und in den beiden «Send: |
ben | verfität.
8
bie Deu
Reinheim — Neinid
—— an Lavater und an ee sfiber den
ben an Gott» (Dem) 1799). Weiterhin neigte
—*3 R. der in Barbilis «Logik» (1800) angebeuteten
en zu, daß die wahre Denklehre die Realformen
Grundes und Wejens aller Wirklichleit zu
— Begenitanbe baben und mithin mit ber echten
Dntologie eins fein müfle. Bon nun an bis zu
feinem Lebensende waren alle feine n
darauf gerichtet, in einer Analyſis der reinen Ver:
nunftiveen die Berhältnifie der realen Moglichteit
und der Wirklichkeit mit apodiktiicher Gewißheit u
entwideln. Hierher gehören mehrere nu..
in feinen «Beiträgen zur leichtern fiberjicht des
ſtandes der Bbiloto phie beim Anfang des 19.
(Kiel 1801—3), feine «Grundlegung einer Sans:
nymil für den allgemeinen Spradgebraud in den
philoſ. Wifienichaften» (Kiel 1812) umd «Das
a ichliche Ertenntnisvermögen aus dem Geſichts⸗
punkte des dur die Wörteriprache vermittelten
Zuſammenhangs zwiſchen der Sinnlichkeit und dem
fvermögen» (fiel 1816). Bol. »A. s Leben und
litterariiches Wirken» (Jena 1825) von feinem
rn y a ne einhold; Heil, «Wieland
»
Reinhold (Chriian Ernſt Gottlieb Jens),
loſoph, Sohn des vorigen, geb. zu 18 KB
1793, wurde in Stiel 1820 Lehrer an
Schule und habilitierte ſich ‚ gleiägeitig an der Uni:
Wenige Jahre darauf erhielt er einen
Nuf als Profefior der Logik und Metaphyſit an die
Univerfität zu Jena, wo er bis — — Tode
17. Sept. 1855 als Lehrer thätig war. Bon feinen
philoſ. Schriften find zu nennen: all-
nemeine Dentiormenlehre» (Nena 1827), aHand
buch der allgemeinen ** —* * A, — —
(3 Bde., Gotha 18283—29),
unter dem Titel —— = ji — mas
den Hauptmomenten ihrer u ung»
4. Aufl., 3 Bde. Jena 1854), «T
hen ermogem un tal
——
—* u. Erf. 1832—34), «Lehrbu
n Bindologie nebit den Grundzügen
> fo Sogil» (Yena 1835; 2. Aufl. 1839),
ber G te be bil »
—
drei Abteil echtslehre, Sit:
ee Nelisionsichret a 1837), “Spftem
der Metaphyſik⸗ (3. Aufl., 88 1854) ıc. In feinen
wiſſenſchaftlichen Beitrebun en ſchloß — der von
Kant vorgezeichneten kritiſchen Richtung
eg (Nob.), deutſcher — und
Febr. 1805 zu Danzig, war Schüler vo
in — ging dann nad) Düſſ —— —
ma a hierauf in Gemeinjchaft mit —
Malern eine Künſtlerreiſe 2. Italien. Rah
tſ zurück wãhlte — ——
feinem Aufenthalt, wo er 7.
Seit 1830 ging eine ziemliche — Bilder von
— und inniger Gemütlichfeit aus jeiner Hand
bervor, hiſtor. und romantiſche Daritellungen, in
Konzeption und Ausführung vortrefflich. Ju meb-
rern Arbeiten — er ale Maler und Dichter
ugleich, wie zuerit Umrijie nad Hol;:
| Fpnitten von A. Dürer, . erläuterndem Tert
und a (Berl. 18350). Später gab er mit
Kugler das «Liederbud * deutſche Stünftler«
Gerl. 1833 u. öfter) mit Kupfern heraus. Ein
an erk, die «Lieder eines Malers mit Rand
‚ zeichnungen feiner Freunde» (Düfjeld. 1838), entbält
es a
Reinigung — Reinkens
31 Driginalrabierungen von R. und 30 andern be:
rühmten düfjeldorfer Künitlern. Mit Ludw. Rich—
ter verband fih R.zur Herausgabe von Hebels
—— Gedi * von —F en bob
eu ertragung lieferte, und bichtete zu Re:
thels «Totentanz» bie Verſe. Seine «Lieder» (Berl.
1844; 7. Aufl. 1881, mit einer Biographie R.2
von Berth. Auerbad) befunden das reine und
ehrliche Gemüt des Dichters, wie ihre Friſche und
Innigleit, die Naturbilder, die fie enthalten, und
die gemütlihen Töne aus der heitern Welt der
Künitler ihnen zahlreiche Freunde erwarben. Auch
gab R. ein «lluftriertes A:b+c:Buch» (Lpz. 1845;
4. Aufl. 1876) und den «lluftrierten Jugendlalen:
der» (2pz. 1849—52) heraus, ferner das Märchen
«Die Wurzelprinzeifin» (2pz. 1848) und «Lieder und
dabeln für die Jugend» (pr. 1849). :
Reinigung (monatliche), ſ. Menitruation.
Reinigungen galten in der ganzen alten Welt
und noch heute bei Katholifen, Zuden und Moham⸗
medanern als religiöfe Pflicht. Der Urfprung der:
felben liegt in der aller Naturreligion eigenen Ber:
miſchung geiſtlicher und leibliher Reinheit. Als
Reinigungsmittel hat meiſtens das Wafler gedient,
in den heidniſchen Neligionen zugleich euer und
Opferblut, weldes auch im Judentum angewendet
wurde. Städte, Tempel, Pläge und andere Orte
gg war Pflicht, ſobald fie, den Gottheiten
Beilig, ur Handlungen der Menſchen oder durch
unreine Tiere entweibht waren. Bon den Menfchen
waren beionder3 diejenigen zur RN. verpflichtet,
welche durch den Genuß gewiſſer Speifen aus der
Tier: und Pflanzenwelt unrein geworden oder mit
unreinen Gegenjtänden, namentlich mit Toten, in
Berührung gelommen waren, oder ein Verbrechen
— hatten, vor allen der Mörder, der mit
Dpferblut und Waller entfündigt werden mußte.
Bei den Griechen fand jährlich ein Reinigungsfeit,
namentlich für das Heer, im bling ftatt; auch
wurden jährlich beftimmte Neinigungsopfer für den
Staat gebradt, indem an Berbrechern, die zum
Tode verurteilt waren, das Urteil vollzogen wurde.
Zu ben feierlichſten R. ver Römer gehörten bejon:
ders die des Heeres, der Flotten und des Volls
Suovetaurilia und Ambarvalia), Das Judentum
te beſonders Wichtigkeit auf die R., was mit
dem bebr. — der — oder Heiligkeit als
Merkmals von allem, das dem Bundesgott Jahve
zu eigen gehört, zufammenhängt. Der Genuß ge:
wiſſer Speijen von Tieren und Pflanzen, nament:
ich von gefallenen Tieren, von Blut, blutigen
Fleiſch⸗ und Fettitüden, von wiederläuenden Tieren
ohne völlig geipaltene Klauen, von Schweinen,
Schlangen, Fiſchen ohne Schuppen u. ſ. w., von
Speifen und Getränken, die unbebedt in einem
Leihenzimmer gejtanden, der Aufenthalt in Häu:
fern von Ausjägigen, der Gebraud von Kleidern
te Ausfägigen oder von Gefäßen, in die ein uns
reines Tier gefallen, u. ſ. w, tonnten die Unreins
* hervorbringen und verpflichteten zur levitiſchen
. Man teilt fie in die allgemeine und beſondere
R. Jene erforderte ein Waſchen und Baden des
Körpers. Für die befondere R., die ſich nad) der
Gattung der Unreinheit richtete, war entweder nur
ein Bad oder ein Bad und Beiprengen mit
Waſſer, das mit der Ajche von der roten Kub ne:
mifcht, oder ein Bab und Opfer (Reinigungs:
opfer) erforderlich. Diefe Arten der R. bezogen
ſich auf die durch die Berührung eines Toten, durch
59
ben Umgang mit einem Weibe zur Zeit ihrer monat:
lichen Reinigung und durch Samenfluß bei Nännern
entitandene Unreinheit. Als mit der größten Un:
reinigleit behaftet galten Wöchnerinnen, Weiber
während der Menitruation, Männer mit unnatür:
lihem Samenflufie, die Ausjägigen und deren Häu:
fer, für die daher ganz. bejondere weitläufige R.
vorgeichrieben waren, Bricfter und Leviten waren
vor ihren Amtsverrihtungen befondern R. durch
Waſſer und Blut unterworfen. Das Chriftentum,
welches die R. der Gefinnung und des Wandels
fordert, bat den äußerlichen Reinigungsceremonien
grundfäklich ein Ende gemadıt.
Reinigungsdeid, j. unter Eid,
Neinkens Joſeph Hubert), Biſchof der deut:
föen Alttatholiten, geb. 1. Märy 1821 zu Burt
ſcheid bei Aachen, konnte wegen Bermögensverluft
der Eltern erſt mit 19 Sen das Gymnafium be:
ziehen, ftudierte feit Herbſt 1844 zu Bonn, wo er
im erſten Jahre die philoſ. Preisaufgabe über den
Zugendbegrijf der Griechen löfte uchte vom
Herbit 1847 bis 1848 das Prie terfeminar zu Köln
Ih —— x 2 een zum — der
eologie. 14 ilitierte er ſich in
Breslau für irchengeſdichle. ward 1852 zum
zweiten, 1853 zum erſten Domprediger, 1853 zum
außerord., 1857 zum ord. Profefior der Theologie
ernannt und vertrat mit Profeſſor Balber die libe⸗
tale Richtung. Im J. 1858 legte R. fein Amt als
Domprediger nieder. Wegen der Schrift «Bapft
und Bapfttum nach der Zeichnung bes heil. Bern:
hard von Glairvaur» (Münft. 1870) verhängte der
Fürſtbiſchof Förſter über ihn die Disciplinarunter:
juhung; die Beröffentlidiung der Schrift «fiber
päpftl. Unfehlbarteit» fuchte derjelbe vergebens zu
verhindern, Nachdem N. 26. und 27. Aug. mit
Döllinger und andern bie nürnberger Erklärung
gegen das Vatikaniſche Konzil erlafjen hatte, ward
er 20, Nov, 1870 ab ordine fuspendiert und den
Studenten der Beſuch feiner Borlefungen verboten.
Seitdem hat fi R. ganz der förderung ber alt:
kath. Bewegung gewidmet. Dem Kampfe gegen
die Unfehlbarkeit dienen auch ſechs Broſchüren, die
unter dem gemeinfamen Titel «Die päpitl. Defrete
vom 18. Juli 1870» (Münft. 1871) erfchienen. Am
4. Juni 1873 wurde R. von den Delegierten der
Altkatholilen des Deutfchen u in der St. Pan⸗
taleonstirche zu Köln zum Biſchof gewählt, am
11. Aug. von Heylamp, Biſchof von Deventer zu
Rotterdam, konfelriert und in Preußen (19. Sept.),
Baben (7. Ag und Heflen (15. Dez. 1873) lan:
desherrlich als kath. Bifchof anerlannt, worauf er
in Bonn feinen Wohnfig nahm. Von R.’ theolo:
iſch⸗ polemiſchen Arbeiten find zu erwähnen: «Die
hre des heil. Cyprian von der Einheit der Kirche»
(Würzb. 1873), «Revolution und Kirche» (Bonn
1876), «fiber Einheit der kath. Kirche» (Würzb.
1877), «Kniefall und Fall des Biihofs Wilh. Em.
Bee von Ketteler» (Bonn 1877). Bon willen:
haftlihen Schriften find zu nennen: «De Üle-
mente presbytero Alexandrino» (Bresl, 1851),
«Anecdota sintne scripta a Procopio Caesa-
riensi inquiritus» (1859), «Hilarius von Boi:
tierd» (Schaffb. 1864), «Die Einfiebler des heil. Hie:
ronymus» (Schaffh. 1864), «Die Geſchichtsphilo⸗
fophie des heil. Auguitinus» (Schaffh. 1866),
«Martin von Tours» (Bresl, 1866), «Nriftoteles
über Aunit, befonders über Tragödie» (Wien 1870),
aduife Henjel und ihre Lieder (1. u. 2. Aufl,
38*
696
Bonn 1877), «Amalie von Laſaulx, eine Belenne—
rin» (Bonn 1878), «Melchior von Diepenbrod»
en 1881), «Lefling über Toleranz» (Lpz. 1883).
einmar beißen zwei der bedeutenditen Minne:
finger. Reinmar von Hagenau, aud Nein:
mar der Alte genannt, von Gottfried von Straß:
burg im «Trijtan» als die Nachtigall von Hagenau
und als Chorführer des ganzen ——
geprieſen, war ſeiner Herlunft nach ein Elſäſſer
und 1210 bereits geſtorben. Er lebte und fang am
öfterr. Hof, dichtete nur Minnelieder, und zwar in
der durch Heinxich von Veldele eingeführten Weife,
eichnete fich aber durch Fruchtbarkeit, Feinheit der
ıpfindung und Formvollendung fo ruhmlich aus,
dab jelbft der ihm perfönlich nicht freundlich ge:
ftimmte Walther von der Vogelweide feinen Tod
als einen großen Verlust bellagte. Von feinen Lie:
dern iſt eine verhältnismäßig bedeutende Anzahl
vorhanden. Vgl. E. Schmidt, «R. von Hagenau
und Heinrih von Nugge» (Straßb. 1874); Bur:
dah, «R. der Alte und Walther von der Vogel:
weiden (Lpz. 1880); R. Beder, «Der altheimihihe
Minnefang» (Halle 1882), — NReinmar von
Zweter war von Geburt ein Nheinländer, aber
in Siterreih aufgewachſen, verweilte fpäter gern
bei dem Böhmenkönige und liegt nad der Über:
lieferung der ihn fehr hoch ſchäßenden Meiiterfänger
N Eßfeld bei — in Franken begraben.
on ihm ſind einige hundert Sprüche vorhanden,
die ſämtlich in — Strophenform, dem ſog.
Frau:Ehren:Ton, in ernſter und würdiger, aber
nüchterner und einförmiger MWeife die fittlichen,
ftaatlihen und firdlichen Berhältniffe Deutichlands
vom 3, bis 6. Jahrzehnt des 13. Jahrh. behandeln,
Bol. K. Meyer, «Unterfuchungen über das Leben
N.S von Zweter» (Baf. 1866); Willmanns, «Chro:
nologie der Sprüdye R.s von YZweter» — ———
«Beitichrift», Bd. 13). Die Gedichte beider R. ſtehen
am vollitändigten in von der Hagens « Minnefin:
ern» (3 Bde. , Lpz. 1838), die des Ültern in kriti—
her Bearbeitung in «Des Minnefangs Frühling»
(3. Aufl., Lpz. 1882) von Lachmann und Haupt,
Neinofa, Stadt und Bezirtshauptort in der
fpan. Provinz Santander, lints am Quelllauf des
Ebro, 847 m über dem Meere, Station der Linie
Venta de Banos de Cerrato: Balencia-Santader der
Nordbahn, zählt (1877) 2958 E. und hat Wein:
und Getreidehandel.
Neinofo (Felir Jose), ſpan. Bublizift und Dich:
ter, geb. 20. Nov. 1772 zu Sevilla, ftudierte 12
un auf der Univerfität feiner Baterftadt die theol.
Wiſſenſchaften, gründete 1793 mit dem Dichter Joſé
Maria Roldan eine Akademie der humaniſtiſchen
Wiſſenſchaften, der die meiften bedeutenden Tichter
jener Zeit angehörten, und wurde für fein epifches
Gedicht «La inocencia perdida», den Sündenfall
der eriten Menſchen behandelnd (zuerft 1801; ver:
befierter Aborud in Dchoas «Tesoro de los poemas
espaholes»), wie auch für andere poetiſche Arbeiten
von diefer Akademie gekrönt. In den J. 1801—11
war R. Pfarrer von Sta.Cruz in Sevilla. Die
Sociedad:Fconömica in Sevilla übertrug R. 1815
ihren Yehritubl der Humaniora, den er fünf Jahre
belleidete, In diefer Zeit arbeitete er aud) jeinen
«Curso filosöfico de literatura» aus. Im J. 1816
veröffentlichte er ſein beruhmtes, öfter wieder ge:
drudtes und von der Inquiſition verbotenes Werk
«Exämen de los delitos de infidelidad à la patria,
imputados & los Esples bajo la dominacion fran-
Reinmar — Reis (Pflanze)
cesa», woriner mutig bie befiegte Partei, die Afran-
—————— Von 1820 —12* her +
ei der Provinzialdeputation von a
1827 übernahm er die Redaction der Staatszeitung.
R. ftarb 27. April 1842, Seine lyriſchen Gedichte
gab zum erften mal die Gefellichaft andaluf. Biblio:
Pe einöberä (Dito von), Scheitel Gemahl
einsber o von), eller
von Ida von —
Reinftallation (neulat.), Wiedereinfehung.
Neinthaler (Karl Martin), deutiher Mufiter,
geb. 13, Dit. 1822 zu Erfurt, wurde befonders
durd) den großen Orgelipieler Aug. Gottfr. Ritter,
fpätern Domorganijten in Magdeburg, und daun
in Berlin Bund) Adolf Bernhard Marr aliſch
ausgebildet. Das anfangs gewählte theol. Etu:
dium gab er 1846 auf. Ein königl. Stipendium
—— ihm einen längern Aufenthalt in Paris
und Nom. Darauf fam er 1853 ala Gefanglebrer
an das Lölner Konjervatorium und 1858 als ftäbdti:
ſcher Mufildirektor und Domorganift nach Bremen,
und leitet dort zugleich die Abonnementstonzerte,
die Singalademie und den Domchor. Bon feinen
Kompofitionen find zu nennen: das Oratorium
«jephtha», die Opern «Edda» und das Kaãthchen
von Heilbronn», eine Symphonie in D-dur, welt:
liche und geiftliche Gefänge mit oder ohne i
tung, darunter Gottichalls «Bismard:Hymne» für
Soli, Chor und Orcheſter.
Reinw., bei naturwifienichaftlihen Namen
Abbreviatur für Kafpar Georg Karl Neinwardt
(geb. 1773 in Lüttringhaufen, geft. 1854 als Dis
reltor des botan. Gartens in n).
Neinzucht, ſ. unter Sr ic
Neid (Oryza = ift der Name einer zur Familie
der Gramineen gehörigen Gattung. Man fennt
nur wenige Arten, die ſämtlich in Dftindien ein:
heimiſch —8 und die faſt alle wohl als Varietäten
einer einzigen Art gelten können, bobe
Gräfer jmit ziemlich breiten Blättern, fie befisen
einblütige Ahrchen mit zwei fehr Heinen äußern
Spelzen. Die Ührhen find zu —
Blütenftänden vereinigt. Die Blüte > aus
zwei zufammengedrüdten lederartigen, ft i
gen, begrannten oder grannenloſen & und
enthält ſechs Staubgefähe und einen
mit zwei federigen Narben, Die t wird von
den Speljen eng umjchlofien und mu
hülſt werden, Der gemeine Neis (0. L.
vgl. Tafel: Gramineen, Fig. 10) und ſeine
arten, 1—1,3 m Dod, bat duntelgrüne, am Nande
raube Blätter und eine zulept einfeitigüi
Nifpe, wird jeht in allen wärmern Teilen
in Europa jedod) faſt nur in Italien, Südfra
und Spanien angebaut; er ift eine
Getreidearten, da —* die Hälfte der
vorzugsweiſe von R. lebt. Am au
feine Kultur in Carolina, Georgien, A
indien (Bengal, Patna, Java, Aracan),
Japan, am älteiten in China, wo ber
u. So v. Kr * — —
en R. in Deutſchland anzubauen, ſin gen un⸗
zureichender Wärme obne günſtige Nefultate ge
blieben. Der R., welcher als einjährig angebaut
wird, erg einen feuchten und mehrmals über:
ihwemmten Boden (Sumpfreis). Die el
berbeigeführten überſchwenimungen der Neisfeld
machen indefien foldhe Gegenden ungefund und
haben in Europa jene bösartigen intermittierenden
u
Be
Reis (AR) — Neijen (das)
Fieber erzeugt, denen ber Fremde in mehrern Ge:
— Dbenitaliens faum entgehen fann. Es gibt
egrannten und grannenlofen R., —— r
arbe der Fruchtſpelzen gelben, weißen, roten und
chwarzen; endlich noch Bergreis, welcher weniger
au ei braudt und minder von der Kälte
leidet. Der Reis tommt meilt geihält und getrod:
net in den Handel, Gr iſt leicht verdbaulih, doc
nicht fehr nt weil er faft nur Stärfemebl
und fehr wenig Gimeißlörper enthält. Durch Gä—
rung des R. in Miihung mit Palmenfaft ftellt
man den Nrakdar. Als Heilmittel braucht nıan den
N. in der Abkochung als fchleimig, einhüllend, reiz:
mindernd bei entzündlichen Fiebern, Brufttrantheis
ten, Diarrhöen ꝛc. Das Neispulver (Poudre de
riz) wird zu fosmetifchen Zweden (ald Schminle)
angewandt. Der neuerdings oft genannte Wa f:
uns oder Tuscarororeis gehört einer an:
en Grasgattung an. (Vol. Zizania.)
Rei (hiliop). 6 ter, eb. 7 Jan. 1834
eis (Bhilipp), Phyfiter, geb. 7. Jan. zu
Gelnhauſen, erhielt feine Bildung im Haſſelſchen
nftitut zu Franifurt a. M. und trat 1850 in ein
arbengeſchaͤft daſelbſt ein, fie aber daneben
eine mathemat. und naturwiſſenſchaftlichen Stu:
dien fort. Er wurde 1858 Lehrer am Garnierfchen
—— in Friedrichsdorf bei Homburg; daſelbſt
onſtruierte er 1860 das erſte, nach ihm benannte
Telephon. R. ftarb 14. Jan. 1874.
Reis iſt die Pluralbezeihnung für die portug.
und brafil. Geldrechnungseinheit. Die Einzahl eikt
Neal (nicht zu verwechſeln mit dem fpan. l,
f.d.). Der R., urſprünglich in Kupfer ausgeprägt,
wird in neuerer Zeit nur in Mehrfachen gemünzt;
1000 R. heißen ein Milreis. Sept prägt Por:
tugel in Kupfer nur noch Stüde zu 3,5, 10 und
20 R. in Silber, ebenfalls als Scheidemünze, Stüde
zu 50, 100, 200 und 500R., in Gold fog. Kronen
(Eoröas) zu 10, Fünftel: und Zehnteltronen
beziehungsweiſe 5, 2 und 1 Milreis. (S. unter
rone und Milreis.) Die portug. Währung iſt
eine Goldwährung; das Milreis in Gold = 4
Mark und der Real ala "ooo des lektern (alfo eben:
fall in Gold) = 0,14 Sr. der deutſchen Gold:
währung. Auch die braſilianiſche Nünzwäb:
rung a eine —— und deren Milreis3 =
2,293 Mark. Demnach iſt der brafil, Goldreal faft
genau die Hälfte des portugiefi en. Seit gaben
aber ift die herrfchende brafil, Währung eine Papier:
eldvaluta, welche ber Golbvaluta gegenüber im
reife ſchwankt und gegen dieſe * (im Sommer
1885) etwa 60 Proz. verliert, d. h. etwa 160 Mil:
reis Papier find = 100 Milreis Gold. — In beiden
Ländern bedeutet ein Co nto oder ein Conto de Reis
1000 Milrdis oder eine Million R,
Reis (Caldas de), ſpan. Ort, f. unter Caldas.
Neid: i, türf,, d. i. präfidierender Gfenbi,
ift der vom Sultan Mahmud II. in feinen legten Re:
gierungsjahren Wen Zitel, welchen früher
im Osmanischen Reiche die Miniſter der ausmärti:
en Angelegenheiten führten. Das Reſſort diefer
amten it umfafjender ala das ihrer europ. Sol:
legen, indem außer den Verhaͤltniſſen zu ben frem:
den Mächten auch diejenigen der Najahnationen
ur Hoben Pforte und untereinander babin ehören.
eitdem auch gegen Ende bes 18. Jahrh. die aus:
wärtigen Verhaͤltniſſe in der Türkei eine überwie:
ende Bedeutung gewonnen, wurde ber R. der ein:
ußreichſte Pfortenbeamte und verbunfelteben Groß:
597
vezier (f. Vezier), ber aber unter Abd⸗ul⸗Medſchid
fein früberes hohes Anſehen wiedergewann,
Reifen werden zu verihiedenen Zweden unter:
nommen, hauptſächlich zu ſolchen bes Erwerbs,
der Entdedung und Grforfhung, der Belehrung,
des Vergnügens, der Heilung oder Beflerung
Kranker, ſowie aus religiöjem Eifer. Die Ent:
widelung des R. hängt mit den Kulturftufen der
Völker eng zufammen; das R, iſt erjt allmählich zu
großer Bedeutung gelangt, der Beginn anderer ala
nur faufmänniicher N, bezeichnet ſtets einen vor:
gerädten Civiliſationsgrad. Waren bis vor kurzem
R. für mande Zwecke * gut wie unbekannt, jo iſt
jebt die größte Entwidelung aller genannten Reiſe—
arten eingetreten, mit Ausnahme der religiöfen;
Haupturfahen diefer Blüte find bie großartige
Ausbildung der Verkehrsmittel, zunehmende per:
fönliche Sicherheit und beſonders wachſende Mert:
Ihäsung der R. Der Verkehr der Völter bahnt kos—
mopolitifchen Sdeen den Weg, ſtärlt das Band der
AZufammengebörigkeit aller Nationen; durch die heu:
tige ununterbrodene Berührung mit allen Zonen
der Erde wird unjer Ideenkreis erweitert, Anden
das N. die Nationen miteinander befannt madt
mindert e3 den Nationalbaß, ber die Völker fich
gegenfeitig Hindernifje bereiten läht; daher rühmt
Ad. Smith das N. als ein Förderungsmittel der
Bollswohlfahrt. Die kaufmännischen R. teilen als
wichtige3 Arbeitämittel des Welthandels deſſen
eminente Bedeutung für die Bervolllommnung des
wirtfchaftlichen Lebens; durch die allgemeine Zus
nahme auch Heinerer faufmännifcher R. iſt manche
taufmännijche Betriebsweife — affiziert, ſo
find ſeitdem die großen Meſſen im Niedergange.
Die Wertihäbung der R. für Herftellung der Ge:
jundbeit iſt in raſcheſtem Wachstum begriffen.
Entdedungsreifen, d. b. Reifen, welde in
der Abfiht unternommen werben, um noch uns
befannte Yänder aufjufinden und ungenügend be:
fannte genauer kennen zu lernen, find oft zu gleicher
Zeit kaufmänniſche und wiſſenſchaftliche NR. Im
frübeften Altertum konnten der Natur der Sache
nah willenichaftlihe N. nit wohl vorlommen,
während zu Entdedungsfahrten im Intereſſe des
Handels, 3. B. bei den Phöniziern, Harthagern
und Griechen, vielfadh Veranlaſſung vorlag. Be:
lannte Beiipiele find die (angezweifelte) Umſchiffung
Afrikas auf Befehl des Agypt. Königs Necho, die
R. des Hanno, des Skylax von Haryanda, des
Pytheas von Maffilia u. ſ. w. Lebtere beide haben
aud) ihre R. beſchrieben, Stylar unter dem Titel
«Periplus» (d. i. Umſchiffung), was jpäter ein ge:
wöhnlicher Titel für ähnliche griech. Neifeberichte
wurde, Miffenfchaftliche R.kann man die vieler
griech. Philojophen, Geſchichtſchreiber u. a, nennen,
welche diefelben zur Erweiterung ihres Gefichtö:
freije8 und ig Kenntniſſe unternahmen. Als
Frucht einer ſolchen R. iſt ein großer Teil der Ge:
ichtsbücher des Herobot zu betrachten. Ariftoteles
benußte die Feldzüge feines groben Schülers Aleran-
der, um im fernen Dften Erkundigungen einziehen
und Beobadhtungen jammeln zu laſſen. Ganz
ähnlich blieben die Verhältnifje unter den Römern.
Man reifte, um ſich zu bilden und zu ar nicht
mit dem Amede, ein Land wiſſenſchaftlich Bi er:
forſchen und die Nefultate diefer Forſchung feinen
Beitgenofien in einer Beſchreibung mitzuteilen.
Eine eigentliche Reifebefhreibung findet ſich auch
unter den noch erhaltenen Litteraturwerten ber
598
Römer nicht. Die noch vorhandenen tinerarien
(f. d.) können Kr dazu a net werben.
Die Abgeſchloſſenheit des Mittelalters ließ nur
wenig Reilewerle bervortreten. Dahin gehören die
auf Befehl des Königs Alfred unternommenen
Erpebitionen Othars und Wulfitans und die Be:
rihte über die Unternehmungen der Standbinavier
nad den Färöer, Island, Grönland und Vinland
(NRordamerita). Diefe Entbedungen ben die Erb:
funde nur um die Kenntnis Islands und Grön:
lands bereichert, während die Kunde jener Fahrten
nad) der Neuen Welt das altnord. Spracgebiet
nicht überſchritt. Dagegen hat die arab. und jüb.
Litteratur des Mittelalters eine nicht unbebeutende
Reifelitteratur aufzuweiſen. Die jährlichen Pilger:
fahrten führten Mohammedaner von allen Welt:
—— zuſammen. Mohammed. Fürſten rüſteten
R ft Erpebitionen ja Löſung naturhijtor. Fragen
aus, fo Harun Al-Raſchid nah ‘Jemen zur Gr:
[eriäung des Urſprungs und der Natur des grauen
mbra. Die Reiſewerke der Araber Ihn-Batuta,
Ibn⸗Foslan, Albiruni, Ybn:Djobair, des Juden
enjamin von Tudela u.a. m, find wichtige Quellen
für die Kunde der mittelalterlihen Verhältniſſe zum
Zeil felbft nod gegenwärtig ſchwer zugänglicher
Länder. Von Bedeutung für die Kenntnis Dit:
aſiens find bie R. buddhijtiicher Priefter, wie 3. B.
des Fabian und beionders des Hiuensthiang. Pie
erite Kenntnis Mittelajiend verſchafften und die
Sendungen kirchlicher Botſchafter an die Nachfolger
Dichingis-Chans; 1246 erreichte die erjte päpſtl.
Gefandtihaft unter Biano di Carpine die Reſiden;
des mongol. Herrſchers. Die Handelsbegünitigun:
gen jeitend der Mongolen riefen im 14. Jahrh.
einen geordneten liberlandvertehr bis nad) Peling
ins Leben, über defien Weg Balducci Pegoletti,
Hanbelsreifender eines florentiner Haufes, berichtet
(1376). Dem Handelsgeiſte der Venetianer ver:
danten wir vor allem die R. Marco Polos und der
Gebrüder Zeno. Das fpätere chriſtl. Mittelalter
bat eine Anzahl Berichte über das befonders feit
den Kreuzzũgen von Pilgern häufig befuchte Heilige
Land aufzuweiſen. So die Berichte Borchards,
John Mandevilles, Felir Fabris und vieler andern
welche zum Zeil in Feyerabends «Reyſſbuch beit
beyligen Lands» (zuerit 1584) gefammelt wurben.
Bol. Zobler, «Bibliotheca geographica Palaesti-
nensis» (293.1867). Am Ausgange des Mittelalters
treflen wir die Periode der größten Entdedungs—
reifen, das «Zeitalter der Entdedungen», eines
Columbus und Vasco da Gamma.
Mit rag m (1519-22) beginnen die R. um
die Welt. Ihnen fchließen fi die Fahrten zur
Auffindung einer_nordweitl. Durchfahrt an, be:
ginnend mit den Fahrten Cabots, der zuerft einen
lürzern Weg nad) Cathai (China) und den Gewürz:
infeln juchte (jeit 1493), dann die Nordoftfahrten,
veranlaßt duch Herberfteins Bud über Ruß—
land, begonnen 1553 von Engländern, fortgejeßt
von Holländern. Im J. 1578 eröffnete Drale, aus
der Magellansitrafe in die Südfee vordringend,
holländ, und engl. zn ben Weg, um fpan.,
an ber Südſee gelegene Städte zu plündern.
Den R. zur nordweitl. Durchfahrt ſchließen ſich die
Nordpolerpebitionen (j. d.) an, der Erſchließung
der Südſee die N. nad) den Südpolarländern.
Vach Umfahrung des Tſchultſchiſchen Kaps drang
Deſchnew durd die Beringsſtraße 1648 bis zum
Anadyr vor und bewies jo die Trennung der Alten
Neifen (das)
von ber Neuen Welt. Vis zur zweiten Hälfte des
17. Jahrh. waren merlantile Jwede für die Rich—
tung der großen Entdedungsreifen beftimmend;
das Vorkommen der Edelmetalle begrenzte das
Feld der ſpan. Entdedungen, die Gewürzinfeln
waren das faft ausſchließli eSiel der Bortugiejen,
das Vorbringen der Rufien folgte der Verbreitung
der Pelztiere, die Engländer ſuchten eine Abkürzung
ber Seewege. An den Thaten jenes Zeitalters ber
Entbdedungen haben ſich faft alle abenbländ. Kultur:
völler beteiligt. u | ortugiefen unb Spanier
folgten Engländer, Niederländer und Franzofen,
fpäter aud Rufen. Die Deutfchen traten noch
lange nur als Begleiter anderer Neifender auf; fo
begleitete Tyler die Normannen nad Amerika,
M. Behaim den Diego Cam nah Angola, wir
finden Steller bei Bering, die Foriter bei Coot,
Chamiſſo bei Kotzebue.
Die wiſſenſchaftlichen Forſchungsreiſen
nach größern Fernen und entlegenern Raͤumen der
de, teils zur Loſung beſtimmter wiſſenſchaft⸗
licher Aufgaben (Beſtimmungen des Sekunden:
pendels, Gradmeſſungen u. ſ. w.), teils zur zen
mäßigen Erkundung der geogr., naturgefchichtlichen
und ethnogr. Berhältniffe beitimmter Gebiete (wie
befonder8 des Innern Afrilas und Auſtraliens,
der Alpenmwelt), teild® zur Anknüpfung fommer:
Pan und polit. Beziehungen mit fremden Staaten,
ginnen allmählie un die Mitte des 17. Jahrh.
find aber erft in neuerer Zeit zu raſcher und grob:
artiner Entwidelung gelangt. Die meiften R.
diefer Urt verdankt man den Engländern, für die
vermöge ihrer Herrihaft über die Dceane, ihrer
ausgedehnten Kolonialgebiete und ihrer Handels:
verbindungen mit allen Staaten und Bölfern der
Erde ſich das Forihungsbedürfnis am dringendften
berausftellte. Bieles erfolgte bier auf Anregung
und Koften des Staats (aud der Kolonialregie:
rungen). Die großen Verdienſte, die fi die Fran:
zofen um die Erdkunde erwarben, gründen fich mit
wenigen Ausnahmen eg Unternehmungen, wel
durch öffentliche Mittel beftritten wurden. Im
1671 beginnt bier eine ge wiflenfchaftlicher Er:
peditionen, von denen mehrere bedeutende Reful:
tate geliefert haben, wie 3. B. 1735 die Conda—
mines und Bouguers nad) dem äquatorialen Ame:
rita, Bonapartes Erpedition nad) Ägypten, mehrere
R. nad) der Südfee, die Erpeditionen Orbignys und
Gaftelnaus na Südamerika, die von Botta und
Oppert nad Afiyrien und Babplonien, die Renanz
nad) Bhönizien, Terierd nad) Kleinafien, Wieners
nad Südamerila und viele andere,
ie erfte wiſſenſchaftliche R., welche ein deutſchet
gar ausführen ließ, war die bayr. Erpedition nad
rafilien, von Spir und Martius. Später en
teild ganz ober zumeilt von einer deutſchen ie:
rung ausgerüftet, teild aus Geſchenken mehrerer
Fürjten und öffentliden Sammlungen beftritten,
die Öfterr, Weltreije der Novara , die preuß.
bitionen nad Agypten (Brugich, — Dftafien
und Berfien, die —— nad) Vordafrika und
die Nordpolfahrten. Das deutiche Kriegsjhirf Ga-
gie machte eine Weltreife namentlih zur Ocean:
forſchung, und die Reichsregierung unterftüßte ver:
ſchiedene Grpeditionen nad Afrifa und zur Polar:
forihung. Konnten fich früher die deutfchen öffent:
lichen Unternehmungen nicht mit denen Englands,
Frankreichs, Rußlands, der Vereinigten Staaten
und der aujtraliihen Kolonien vergleihen, fo iſt
Reifen (das)
anbererjeits ſtets bie —— einzelner um
o —* en. An der Spike der wiſſen⸗
chaftlichen Reifenden ſteht Alerander von Hum:
boldt (f. d.). Unfhägbare Quellen für Geographen
und Naturforicher, jowie für Ethnographen bilden
3. B. die Berichte der Reiſenden in Afrifa, wie
Hornemann, Barth, Rüppell, Nufjegger, um:
zinger, Heuglin, Rohlfs, Nadtigal, Schweinfurth,
Mauch, Krapf, Mohr von ber Deden, Junter, Lenz,
Flegel, Hildebrandt, Denhardt, wibmann, Habn,
ogge u. ſ. w.; die Werke von Baftian, Forjter
und Chamiſſo fiber Polynefien, von Hodjitetter
und Haaft über Neufeeland, von Prinz Mar von
Neuwied, Martius, Pöppig, Schomburgt, Tſchudi,
Burmeilter, Philippi, Appun, Neih, Stübel,
Frankius, Löw, Töppen, Ihering über Amerita,
der Gebrüder Shlagintweit, Leitners und ©to:
liczlas über Indien und Hodafien, Baftians über
Hinterindien, Junghuhns, Bod3 und Jagors über
den Indiſ ‚rhhipel; dann die Werte von Lep:
fius und Klunzinger über Üigypten, von Tobler
über Baläftina u. |. w. Leihhardt war der größte
Pionier der auftral. Forihung, Payer und Wey:
prechtzãhlen zu den erſten Nordpolfahrern. Deutiche
Namen jtehen vielfach auch an der Spihe der gen
ruf). Reifeunternehmungen der Neuzeit, welche zu:
meift auf den Großen Drcean (Koßebue, Krufen:
ftern, Zütle), auf das nördl. und öftl. Afien (von
Baer, Schrent, Middendorf, Radde u. f. w.) oder
auf die Kaulafusländer (Abich und Radde) gerichtet
waren. Bon ganz auferordentlicher Bedeutung
find einzelne N. der Nordamerilaner; in wahrhaft
grobartiger Weile läßt die — — 8
innere ihres Kontinents erforſchen. Bahlreiche
transtontinentale Erpeditionen wurden durch die
canad, ke eg und durch die Vorarbeiten
zu den Bacifichahnen hervorgerufen. Ebenfo ar:
beiten mit großem Eifer und Erfolg die Ruſſen an
der eg Ei eure und Sibiriens, die
Engländer an der Indiens und Inneraſiens, die
Aultcalier an der ihres Gröteil®. Der größte
ſchwed. Reifende iſt Nordenjliöld, der zuerjt bie
Alte Welt umſchiffte. 3 neueſter Zeit widmen fi
Dänen eifrig der Erforihung Grönlands.
Die Hauptziele der wiſſenſchaftlichen R. waren
im 19. Jahrh. die Nordpolländer, Innerafrila (Ril-
quellen) und nnerauftralien. Die Rorbpolerpe:
ditionen (f. d.), die nach der Erfolglofigfeit der erſten
Fahrten zur age nadjließen, wur:
den in jüngfter Zeit durd die Bemühungen Auguft
Petermanns wieder zu regftem Leben erwedt. Be:
rühmt ift unter andern die öfterr. Erpedition unter
Bayer und Weyprecht imRorden Sibiriens. Neuer:
dings tritt neben den eigentlichen Polarreifen die
Errichtung dauernderer Beobachtungsſtationen im
Bolargebiet auf. (S. Bolarforihung.) Die
— er Nilquellſuche, trat in ein
neues Stadium, als die Erkfundigungen der deut:
ſchen Miſſionare Krapf und Nebmann über ein um:
geheueres afrik. Binnenmeer publiziert wurden und
eine Reihe dahin nerichteter Erpeditionen ins Leben
riefen. Durch bie Entdedungen von Burton, Spele,
Grant, Geſſi iſt die Nilquellfrage in der Hauptjache
entſchieden. ſyſtematiſchen Förderung der
Afrilareiſen bildeten ſich Afrilaniſche Geſellſchaften
in verſchiedenen europ. Ländern; diegrobartigite der:
felben ift die von König Leopold II. von Belgien
geitiftete internationale Afrilaniſche Afjociation,
aus der bie Association du Congo und jpäter der
599
Eongoftaat hervorgingen. Nachdem Cameron und
Stanley das Con iet enthüllt und auch Serpas
zus quer durch frila gezogen, durch Forreſt,
—— — u. —* — ne —* in
einen Hauptzügen entſchleiert, du uflen, Eng:
länder und Deutſche das Herz Inneraſiens im
weſentlichen erforſcht worden, bilden heute neben
den Bolarländern namentlih Neuguinea, Tibet
und UAquatorialafrita zwiihen Binne und Congo
die Ziele der wiſſenſchaftlichen R.; zugleich iſt die
genauere Erforſchung der Dreane (namentlid) jei:
tens Gnglands, der Vereinigten Staaten und
Deutſchlands durch wiſſenſchaftliche Seereijen ener:
giſch angegriffen worden. Die Beidichte der Ent:
dedungsreiien behandeln: Peichel, « ichte des
Zeitalter der Entdedungen» (2. Aufl., Stuttg.
1877); derjelbe, «Geſchichte der Erbfunde» (2. Aufl.,
Münd. 1877); Vivien de Saint:Martin, «Histoire
de la geographie» (Par. 1874).
Den Entdedungsreijen reihen ſich in jüngiter Zeit
N. an, die in fremden Erdteilen zu dem Zwecke
unternomnten werden, um Kolonialermwerb an:
zubahnen; jo die R. der Sendlinge der Deutid-Dit:
afritaniichen Gejellichaft (Füblde, Peters, Pfeil)
auf dem Feſtland gegenüber Sanjibar (jeit 1885).
R. aus religiöjem Eifer findet man bei den
meilten Bölfern, Sie werden meijt unternommen,
um eine heilige Stätte aufzuſuchen (Wallfahrten),
an der die Gläubigen Erbauung ober durch die dort
thätige Wunderkraft Vergebung ihrer Sünden und
Heilung von Krankheit fuchen (in neueſter Zeit
Lourdes und Marpingen); kriegeriſche u.
waren die zur Befreiung des Heiligen Grabes un;
ternommenen Kreuzzüge. Die größte Ausdehnung
folder R. findet bei den Mohammedanern ftatt
(Bilgerlarawanen nad) Melta und Medina), Au—
dere religiöfe R. find die der Miffionare. Dieie
werben gegenwärtig namentlich von England Br
plent, deutfche Miffionare beſonders aus Bajel,
tmen, Berlin und Hermannsburg (in Hannover)
ausgejendet. Oft find die Mijitonare zugleich)
wiſſenſchaftliche Reiſende. N. zum Zwede des Ver:
nügend, des Genufies fremder — —
er ſich erſt ſehr jpät verbreitet. Schlechte Wege
und Verkehrsmittel, ungenügende Berpflegungs:
vorrichtungen, hohe Beiterfordernis, ſowie häufig
Mangel perſönlicher Sicherheit vereinigten ſich, um
lange das R. als eine Arbeit, nicht aber als Ber:
nügen erjcheinen zu lafen. —3 18. Jahrh.
ah man oft das, was heute ſelbſt Ziel zahlloſer R.
iſt, z. B. die Hochgebirge, als ein Hindernis des
R. an. Der Fortfall jener hemmenden Berbält-
nifje hat die Bergnügungsreifen zu großartiger
Entwidelung gebracht, ſodaß ununterbroden neue
Br da He re game werben (Retour:
und Wundreijebillets, Schlafwaggons; Stangen
und andere Neijeunternehmer geben Hotelcoupons
aus, mit Anweijung auf Zimmer, Licht, Bedie—
nung, Mittagefien; einzelne Zeitungen eröffneten
Reife-Abonnements, wobei die Zeitung nad) jedem
bezeichneten Orte einer R. augefonbt wird). Es ver:
einigt ſich oft eine Anzahl von Reifenden, um unter
Führung eines mit den Verhältniffen eines Landes
vertrauten Leiters eine R. dahin in Gemeinſchaft zu
machen, Den erſten Verſuch einer ſolchen Gejell:
ſchaftsreiſe machte Galignani in Paris; das be:
tanntefte derartige deutihe Unternehmen iſt das
von Stangen in Berlin (feit 1862); andere große
Unternehmer Cook u. Son in London. Ahnlichen
600
Aufſchwung haben in nenefter Zeit bie R. zu by:
gienifhen Zwecken genommen (R. nad) Bädern
und Sommerfriichen, fowie auf der See). Gegen:
wärtig wird die Heilträftigkeit größerer Seereilen
fehr betont; man regte die 2. an, Schiffe befon:
ders für Kurzwede einzurichten. Ebenſo wird die
Heilwirkfamteit der N. in Hochgebirgen und fühl.
Klimaten bereits ſtark benukt. Gine Folge davon
iſt das raſche Aufblühen einer, ſelbſt das Ent:
ftehen neuer Ortihaften in günjtigen Lagen. Die
in der Schweiz eriltierenden gemeinichaftliden Fe—
rienreifen armer Schüler auf Koſten milbthätiger
Männer find jeht aud in Deutichland eingeführt.
Gine Einrihtung_ der neueiten Zeit find gemein:
ſchaftliche R. von Schülern unter —— Leitung
um Zwede der Belehrung. Die größte pariſer
rivatlehranftalt benut jolche zum Erlernen frem:
der Spraden, indem fie eine Gejellihaft Schüler
I a Monate nad einem fremden Yande
chidt. Neuerdings entitand auf Anregung des
Schiffslieutenants Biard die Societe frangaise des
voyazes autour du monde unter Zeitung 2evaf:
feurs, die periodische Unterrichtsreiſen um die Welt
bervorrufen will; die Neifezeit beträgt ein Naht, die
Zeilnahme koftet 14—23000 FIrs. es ggg er R.
wird auch theoretiſcher Unterricht erteilt. Der leh—
tere nimmt einen noch größern —* ein bei dem
Schulreiſeprojelt von Woodruff (aus Indianapolis).
Eine handelsgeograph. Geſellſchaftsreiſe um
(zur — ————— Kenntniſſe und An:
Inüpfung von Verbindungen) regte die Societä
d’ esplorazione commerc. in Africa (in Mailand)
an, eine andere derartige R. der Berliner Central:
verein für Bas En
Die R. haben eine bedeutende Neifelittera:
tur ind Leben gerufen. Den Hauptteil bildet
die Neifebeihhreibung, welche der Darjtellung des
von einem Einzelnen Erlebten, Geſehenen und Er:
forjchten gewidmet ift. ‘je nad) dem Zwede, wel:
hen der Reifende verfolgt, wird aud) die Beſchrei—
bung feiner. einen ver — Charalter tragen.
Selbſtzweck wird die Beſchreibung, wenn die R.
eigens unternommen wurde, um fremde Länder
nah Topik, Natur, Bewohnern, Kultur zu er:
forſchen, wenn fie alfo eine wiſſenſchaftliche war.
Deutiche, Engländer, Franzofen, Nordamerikaner,
Holländer und Rufen behaupten in der willen:
ſchaftlichen Neifelitteratur den eriten Plaß. Die
Menge der Neifewerte rief ſchon im 16. Jahrh.
Sammlungen berfelben, wie von Huttich und Gry:
näus (1532), Ramufio (1550fg.), Hatluyt (1598 fg.),
ervor, Bei der großen Michtigleit der Neife:
efhreibungen als Materialienfanmlungen für
Geographie, Ethnographie, Naturgeſchichte u. f. w.
war man von jeher bemüht, ausländische Werte
diefer Gattung zu überjehen oder in Auszügen zus
pänalic zu machen. Unter den neuern Samm—
ungen folder liberfeßungen und Bearbeitungen
find hervorzuheben: «Sammlungen der bejten und
auafübrliciten Neilebefchreibungen» (35 Bde. Berl.
1764—1803) ; aBibliothet der neuesten Neifebefchrei:
bungen» 1 Bhe,, Berl. 1780—90): ©. Foriter,
«Neue Geſchichte der Land: und Seereifen» (19Bde,,
Hamb. 1789—1808); «Neues Magazin von merk:
würdigen Reifebeihreibungen» (15 Bde, Berl,
1803—39); fowie vor allen: Sprengel und Chr:
mann, «Bibliothek der neueſten Reijebeichreibun:
gen» (50 Bbe., Weim. 1800—14), an welde fi)
Bertuchs «Neue Bibliothek der Reifebejchreibungen»
frita | A
Neifen (das)
65 Bde., Weim. 1814—35) anschließt; ferner bie
ibliothel der «Reife: und Länderbeihreibungen»,
herausgegeben von Widemann und Hauff (42 Bde.,
Stuttg. 1835— 54); «Bibliothek geograpbiicher N.
und Entdedungen» (Jena, ſeit 1868). In England
ibt die Hakluyt Society ältere Reiſewerle heraus,
mmlungen von Auszügen aus zahlreichen Reiſe⸗
bejchreibungen find: Thomas, «Bilder aus Länder:
und Böltertunde» (Lpz. 1870); Schöppner, «Haus:
ihab der Länder: und Böltertunde» (3. Aufl.,
2 Bde., Lpz. 1876). Faſt alle geogr, Zeitfchriften
enthalten mehr oder weniger vorwiegend Reiſe—
beſchreibungen. Als Anleitungen und Ratjchläge
für wiſſenſchaftliche R. find erſchienen: Sir John
Herſchel, «The Admiralty manual of scientific
enquiry» (1849; neu bearbeitet von R. Main);
G. Neumayer, «Anleitung zu wiſſenſchaftlichen
Beobadhtungen auf R.» (in Verbindung mit mehrern
Gelehrten bearbeitet); «Hints to travellerss, ber:
25 im Auftrage der lönigl. Geographiſchen
Gefellihaft zu London (5. Hui, Lond. 1885);
Kaltbrunner, «Manuel du voyageur» u. a. m.
Anleitung zum R. in untultivierten Ländern gibt
Galtond «Art of travel» (Lond. 1854; 3. Aufl.
1860), fowie namentlih: Semler, «Das R. nad)
und in Norbamerifa, den Tropenländern und der
Wildnis» (Mism. 1884). Die königl. Geographiſche
Geſellſchaft zu London veranftaltet Lehrkurſe zur
usbildung angehender Reiſender.
Neben der wiſſenſchaftlichen Reiſelitteratur bat
fih eine andere für weitere Leſerkreiſe entmwidelt,
die bejonders feit der großen Erleichterung des
Verlehrs in neuerer Zeit — angewach⸗
ſen iſt. Es ſind dies die Berichte von R., welche
Gebildete zu eigener Belehrung, weniger nach un:
erforfchten, fondern nad Ländern der civilifierten
Melt unternahmen, die durch ihre Natur, wie die
Alpenländer, Norwegen und Ysland, durch ihre
Vedeutung für Kumft und Altertum, wie Italien,
Sriehenland und Kleinaſien, durch ihre hiſtor.
Erinnerungen, wie Agypten und Paläjtina, durch
die hohe Stufe ihrer polit. und fozialen Entwide:
lung, wie Franfreih, England und Norbamerita,
das Augenmerk auf fi ziehen. Auch in diefer
Gattung bat die deutſche Pitteratur viel ur
liche3 aufjumweifen, wie die Neijewerte von Kobl,
Gerftäder, Ida Pfeiffer, Blafius, Nügge, M. Wag—
ner, Willtomm, Möllhaufen , ©. Ralh. u
vius, Rodenberg, A. Ziegler, Faucher u. |. w.
Allmählih bat neben andern Hilfsmitteln für
Neifezwede auch eine eigene Litteratur der Reife:
bücer entwidelt, die einesteil3 eine Vorbereitung
zur R. ermöglichen, andernteils I Ag der R.
gewünschte 9 ustunft barbieten. Diefe Bücher, be:
treffen teils ganze Länder oder anziehende Gebiete,
wie 3. B. Niejengebirge, Harz, Thüringen, Rhein:
land, Wasgenwald, Schwarzwald u. ſ. w., teils
nur einzelne Bezirke oder Städte, in welchem Falle
man fie al3 «Führer» zu bezeichnen pflegt. Da bie
Schweiz eins der eriten Länder war, weldes bie
Neifenden in Menge anzog, jo erihien bier eins
der eriten Neifehandbüder, nämlich Ebels «An:
leitung, die Schweiz zu bereijen» (4 Bde., Zür.
1804—5), welchem zahlreiche andere folgten. Nei:
chards «Guide des voyageurs en Europe» (fran}.
u. deutich, Wien 1793 u. öfter) hat über ein halbes
Jahrhundert fein Ansehen behauptet. Beſonders
injtruftiv find die zahlreichen engl, «Handbooks
for travellers» von Murray, und in Deutſchland
Neifen (Stadt) — Reiskornkäfer
die Neifehandbücher von Baedeler und Meyer.
Wertvoll find auch die Neifehandbücher von Jahn
(neu bearbeitet von Gräf), Grieben, Berlepſch, Hör:
jter (über talien) Tichubi ( Schweiz), Amthor
(Tirol), M. Bush (für den Orient), Wörl in
Würzburg publiziert eine Serie von «Reilefüb:
rern für Hatholitens; für Kranke find berechnet:
Reimer, « Winterfurorte» (Berl. 1869); Ilanor,
e Süblihe Himatifhe Kurorte» (3. Aufl., Wien
1874). Bol. Georg, «Die Neijelitteratur Deutic
lands» (2p3. 1872). Liber England hat Blad die
meiiten « Guidebooks» geliefert; die beiten Führer
durch franz. Gegenden Ghrieb Joanne. Genaue An:
gaben über Bolt: und Dampfſchiffahrtskurſe u. dgl.
bieten das «tursbuch» des Reichspoſtamts (Berlin),
Hendſchels «Telegraph» (Frankf.) u. a. Zur Reife:
literatur gehören auch die Schriften über die all-
gemeine Reijepraris, die Kunſt, nüglich und bequem
zu reifen, ober, wie man fie auch genannt bat, die
Apodemil. Die älteften gingen von Ürzten aus,
von denen wir bereit3 au& dem 16. Jahrh. eine an-
ſehnliche Zabl (deutfche und lateinische) ge
unter den belannteften find zu nennen: das «Neis:
büclein von Dr. ©. Pirtorius» (1565 ſchon in
3. Aufl.); «M. Beilleri getrewer Reisgefert» (Ulm
1666); «Instructions and directions for farren
travell by Howell» (Lond. 1650); «UInentbehrlicher
dreifacher Leititern der Reiſenden⸗ (em. 1724);
Schlözer, nn einem Neifecollegio» (Gött.
1777); Fröhlichs «Neifetafhenbuch» (Berl). Ein
vorzügliches Buch it A. Michelis «Neifefchulen
(3. Aufl., Lpz. 1876), Für Tourijten nad den
Pändern des Orients fchrieb Fraſer «Notes on in-
dividual equipment for the East» (Lond. 1878).
Neuerdings hat man in Deutichland, ebenfalls nach
engl. Vorbild, auch ſog. Neifebibliothelen,
db. i. Sammlungen von Schriften unterhaltenden
Inhalts zur Lektüre während der Fahrt, begonnen,
Seit 1870 eriftiert ein «Internationales Neije:
journal für Zouriften und Kurgäfte» (Münd).).
Mit den Neifebüchern vermehrten ſich aud die ſog.
oft: und Neifelarten, unter denen für Deutfe,
land befonders die von Gräf, Handtle, Liebenow
zu empfehlen find. Die Form der Neifebeichreibung
iſt öfterbenubt worden, ummoraliich:pädagogiichen,
naturwifjenichaftlichen oder fatirischen Erzählungen
al3 Gerüft zu dienen. Das belannteſte Beifpiel iſt
der Defoeſche «Nobinfon»; neuerdings erzielte Jules
Verne mit ſeinen fingierten naturwiſſenſchaftlichen
Reiſebeſchreibungen große Erfolge.
Neifen (poln. Rydzyna), Stadt im preuß.
—— — Poſen, Kreis Frauſtadt, am
Polniſchen Landgraben, Station (3 km vom Orte)
der Linie Polen : Breslau der Preußiſchen Staats:
bahnen, zählt (1880) 1270 G. und bat eine evang.
und eine lath. Pfarrlirche, ein ehemaliges Piariſten⸗
tloſter. Dabei liegt das dem —*— Sullowski
gehörige Schloß ⸗R. mit 85E., Gemäldegalerie, Bart
und Orangerie. Stadt und Schloß wurden 1707
von den Rufjen unter Agareff eingeäjchert.
Neifender (im laufmänniſchen Sinne), ſ. Han:
delßreijender. .
Neiferoute (Ziwangspaß), j. unter Paß.
Neifennfallverficherung, die Verſicherung
einer Perfon negen körperliche Unfälle auf Reifen,
befonders auf Neifen mit der Eiſenbahn. Die R.
ift Sache der Unfallverfiherungsanftalten. (S.
RA ESSHTIEDEENNE: vgl, Eiſenbahnun—
älle.
601
Neifeunterftügung, ſ. unter Arbeitsloſig—
keitsverſicherung.
Reisglas,/ gleichbedeutend mit Alabaſterglas.
Reiſig (Chriſt. Karl), namhafter klaſſiſcher Phi⸗
lolog, geb. 17. Nov. 1792 zu Weißenſee in This
ringen, ftubierte in Leipzig und Göttingen, warb
1818 Privatdocent in Jena, 1820 auferord., 1824
ord. Profeſſor in Halle und jtarb 17. jan. 1829 in
Venedig. Er veröffentlichte eine Ausgabe der
«Molten» des Ariftophanes (Lpz. 1820) und des
«Hdipus auf Kolonos» des Sophofles (Jena 1820,
wozu «Commentationes criticae » de., 1822
u.1823 lamen). Ritſchl gab aus A. Borlefungen
heraus: «Reisigii emendationes in Aeschyli Pro-
metheum» (in « Ritschelii opuscula philologica»
Bd. 1, Lpz. 1867); Haafe mit wertvollen eigenen
Anmerkungen R.s «Borlefungen über lat. Sprach—
wiſſenſchafi⸗ (Lpz. 1839).
Reiſige. Die Heere des Mittelalters waren
feit dem 11. Jahrh. fait ausnahmslos Ritterheere,
in denen die aus ſchwerbewaffneten Nittern und
deren Knappen, deren jeder Ritter zwei big drei mit
ſich führte, beitehende Kavallerie, die R., im Kampfe
den Ausſchlag gab.
Neidke ( ob. Jal.), ausgezeichneter Philolog
und Orientaliſt, geb. 25. Dez. 1716 zu Zörbig bei
Halle a. S., ftubierte in Leipzig und Veiden, erhielt
1748 in Leipzig den Titel als Profeſſor der arab,
Sprache und wurde 1758 Rektor der Nilolaiſchule.
Gr ftarb 14. Aug. 1774, Außer feinen «Animad-
versiones in Graecos auctores» (6 Bde. 1759 —66)
find zu erwähnen: die Ausgabe der Schrift des
Konitantinus Porphyrogenetos, «De caerimoniis»
de., Lpz. 1751—54), des Theofrit (2 Bde.,
Wien u. 2pj. 1765—66), der griech. Redner (12 Bbe.,
2p3. 1770—75), der fämtlichen Werte des Plutarch
12 Bde. 2pz. 1774—82), des Dionyfius von Hali:
arnaß — de., Lpz. 1774— 77), des Maximus
Tyrius (2 Bde. Loz. 1774 75), der «Neben» des
Dio Chryſoſtomus (2 Bde., Lpʒz. 1784 und 1798)
und des Libanius (4 Bde., Altenb. 1791 — 94).
Seine liberjegung der «Neden» des Demoſthenes
und Äſchines (5 Bde., Lemgo 1764-69) und der
Neden im Thucydides zeichnet ſich troß des Mangels
an Gleganz = dur große Treue und bejonders
durch eine kräftige Sprade aus. Im Gebiete der
arab, Litteratur, auf deren hiſtor. und äſthetiſchen
Wert er auerlt mit hinwies, machte er ſich nament:
lich durch die Bearbeitung der «Annales Moslemici»
des Abulfeda (herausg. von Vogel, 5 Bde., Kopenh.
1789—94) verdient.
Bol. Morus, «Vita Reiskii» (er 1777); «Se:
— Briefwechſel zwiſchen N., Moies Mendels⸗
ſohn und Leſſing⸗ (Berl. 1789). R.s «Selbſtbiogra⸗
phiev (Lpz. 1783) gab feine Gattin heraus.
Grneitine ie R., geb. 2. April 1735
u Kemberg, ge t. dafelbit 27. Juli 1798, war
eit 1764 mit R. vermählt und unterjtüßte denſel—
ben bei feinen gelehrten Arbeiten. Nad feinem
Tode vollendete fie mehrere von ihm begonnene
Ausgaben und bejorgte die des Dio Chryſoſtomus
und Libanius aus feinen binterlafienen Papieren.
Auch lieferte fie unter dem Titel «Hellas» (2 Bde.,
Mitau 1778) und in den Schriften «Zur Moral»
(Dell. u. En 1782), fowie »Fur deutſche Schönen»
(2p3. 1786) Überfeßungen aus griech. Scriftitellern
und jchrieb eine «Verteidigung» ihres Mannes gegen
die Angriffe Michaelis’ in Göttingen (Lpz. 1786).
Neistornkäfer, ſ. unter Rornwurm,
602
Reidlanfen nannte man das feit dem 15. Jahrh.
in ber Schwei —— werdende Zuſammen⸗
treten * Männer welche gemeinjam als Söld⸗
ner in den Sn Pe Staaten zu treten
beabfidhtigten. 3 R. wurde von ben Slantonen
öfter8, aber vergeblich verboten und hat erſt in neues
—* eit, ſeit der Auflöjung des päpſtlichen Heeres,
ok ich aufgehört.
eiömelde, |. unter Chenopodium,
Neismühle, — Vorrichtung zum Schã⸗
len des Reiſes, beſtehend in einem Pochwerk (Ham:
merwerft) oder in Schälgängen, welche den in ber
Graupenfabrilation (f. u. Grau enmüblen und
a fabrilation) gebräuchlichen ähnlich find.
®papier oder chineſiſches Markpapier
F Fear de riz, engl. rice-paper), ein aus
China ftammendes, zur Aquarellmalerei und —
Blumenfabrilation verwendetes a alles
Material, das in feinen, fpiralförmig abgejhälten
Blättern von ber ſchneewe hen Wurzel von Aeschy-
nomene paludosa oder aus dem Mark von Aralia
yrifera gewonnen wird. Der Name N. iſt
Tata von dem chineſ. Worte rice abgeleitet.
Rei (Wilh.), Entdedungsreijender, eb. 13. $uni
1838 zu Mannheim, bereitte 1858—60 die Azoren,
Madeira und die Canarijchen Inſeln, habilitierte
fi) 1864 De Geologie in Heidelberg, unternahm
1866 mit 8. von Fritih und A. Stübel eine Reije
nad) Griechenland, 1868—76 mit Stübel eine an
wiſſenſchaftlichen Nefultaten reiche Entdedungsreiſe
nah Südamerilfa. Seit 1877 lebt R. in Berlin,
wurde 1880 ftellvertretender, 1885 Vorfikender der
Geſellſchaft für Erdkunde in Berlin. R. veröffent:
lichte geol. Arbeiten über die Inſel Balma, Santa:
Maria, Tenerifa, Santorin, die Kaiment- Inſeln,
ein Pradıtwert über «Das Zotenfelb von Ancon in
Peru» (Berl. 1880 fg.) u. ſ. w. fiber feine ſüd—
ameril. Reife berichtete er nn Vorträgen, die er in
der Gefellihaft für Erdkunde (1877 und 1880) hielt.
Neifblei, ſ. Graphit.
Reifibrett oder Beihenbrett, i.u. Zeichen:
utenfilien. [utenfilien.
Rei er ober Ziehfeder, ſ. u. Beiden:
Neikhafen, ein Stahlftäbchen mit an dem
einen Ende angebogenem, jcharfem, gehärtetem Ha:
end zum Ziehen von Linien auf metallenen Arbeits:
tüden.
Reiffiger (Karl Gottlieb), deutfcher Komponiſt,
geb. 31. Jan. 1798 zu Belzig bei Wittenberg, erbielt
den erften Unterriht von feinem Vater, welcher
Kantor dajelbit war. Im J. 1811 fam er als
Alumnus auf die Thomasicule e zu Leipzig und 1818
be3og er die dortige Univerfität, trieb indes unter
Schicht Kompofitionslehre und "widmete fi bald
ganz der Kunft. Er verlieh 1821 Leipzig, um in
Wien jeine Studien fortzufegen, und ging 1822 zu
Winter nah Münden, wo er unter anderm die
die Oper «Dido» fhrieb. Im %. 1823 fam er nad)
Berlin, wo er vom Nönige von Preußen die Mittel
zu einer Reife nach Frankreich und Italien erhielt,
zugleich mit dem Nuftrage, genaue Einfidht in die
muſilaliſchen Lehranjtalten beider Länder zu neh:
men, R. kehrte 1826 nad) Berlin zurüd und wurde
Yehrer an der mufifalifhen Lehranftalt. Schon
im Nov. 1826 erhielt er einen Ruf als Muſildirek—
tor nad) Dresden (an Marſchners Stelle), welchem
bald die Ernennung zum Slapellmeifter folgte. Hier
entjaltete nun R. feine Hauptthätigeit. Cr om:
ponierte das wegen feiner Einfachheit und Innigleit
Neislaufen — Reitbahn
beliebt gewordene Melodram «Pelva», bann die
Dpern «Libella⸗, «Die —— fe» und «Zuran:
bot»; 83* bie Dper — de Foig» und 1846 bie
Dper «Der Schiffbruch ber Medular, die fich beide
lebhafter Anertennung zu erfreuen hatten. Ber:
dem ſchrieb er Mufil in allen Gattungen, von wel:
hen befonders die Trios und Lieder feinen Namen
Vorne —— es) das — —
mu at er mit Erfolg, wie groben
Mefien für die kath. Hoftirche — —
fand fein Dratorium «David» (1852) —
nung. R. ſtarb 7. Rov. 1859 in Dresden. Er
fomponierte mit Leichtigleit; doch feblte ihm Brigt
nalität, befonders in Fr Ü öhern Fächern. Als
Dirigent war er ſehr tücht
Reikimaß ( Neikmobdel), 1. Baraltetgeißer.
— oder Reibfpribe, ſ. Radier:
nabel [utenfilien.
Reikmäg el oder Reibzweden, ſ. u. Zeichen:
Reifen ene, ſ. unter Zeigenutenfilien.
NReiöftärke, ſ. unter ©
Reiffwolf, foviel wie Bo ſ. unter Boll:
fpinnerei.
Reiftzeug, f. unter Zeichenntenjilien,
—33 „unter Zirkel.
e, Kaufe wie Kante
Reidvogel, —* wie Raperling (. d.).
Neitbahn, auch Manege (frj. mantge, vom
ital, maneggiare), ift ein zur Erlernung oder Übung
des Reitens, — zum Abrichten ber Pferde ein:
erihteter P an untericheibet offene, ge
chloſſene J 8 R., lehtere auch Reithäuſer
gen Die offenen R. haben einen vorbereiteten
oden, doch fehlt ihnen eine Umzäunung, welde
die Pferde in ihrer Bewegung einihränft, lehtere
prbet ſich bei ber ge gelhlofienen meift in Form einer
Darritre. Die bevedten R. find mit Mauern um:
baber bei jeder
* und mit einem Dach verſehen,
itterung benußbar und wird bei ihrer Benusung
die Aufmerkfamleit des Pferdes Ay 4 durch Außen:
dinge vom Reiter abge sogen. aben in der
Regel die Form eines Nechted3, beflen lange Seiten
das Doppelte bis Dreifache der kurzen betragen, br
tere werden meiit nicht über 24 bis 30 Schritt lang
gemadt. Der Boden der R. muß horizontal fein
unb eine weiche elaftiihe Dede haben; am Do
beiteht lehtere aus nicht zu feinem, Sand, für be:
dedte R. eignet je auch Lohe mit Sägefpänen.
Bei bededten R. erhält der untere Zeil der Wan:
dung, die ſog. Bande, eine Neigung nad) außen,
um den Reiter vor dem Andrüden an die Bande
durd das Pferd zu 7 ſchützen. = Dad bedarf be:
fonderer Konftruftion, da im Innern der R. keine
Pfeiler zuläflig find. Häufig findet fih an einer
Wand ein Spiegel, in welchem der Reiter feine Hal:
tung beobadhten kann. Exwunſcht iſt ein Kübljtall
und eine Tribitne für Zuſchauer. R. bieten fomohl
für die Ausbildung der Reiter, wie für bie Drefiur
der Pferde ins Auge fallende Vorteile, die ſich bei
den bededten noch durch die Unabhän igleit vn
Witterung und Jahreszeit, ſowie die Zuläffigkeit
des Neitens bei fünftlicher Beleuchtung fteigern.
Doc) darf die Benukung der R. nicht zu weit and
ebehnt werden, da jonft die jungen Reiter —— die
—2 der Pferde, welche ihren Weg kennen
vernachlaſſigen, die jungen $ferbefich —* nügend
an äußere Eridjeinung en gewöhnen, überbaupt
friiche Gänge, ſowie die Starken Gangarten bejjer
auf langen Linien im Freien gelernt werden,
Reiten
‚Reiten —— ridan, mittelhochdeutſch
Fe) wird die Xhätigleit genannt, welche ber
Menid ausübt, indem er auf dem Rüden eines
Tieres ſihend dieſes nötigt, ihn nach feinem (des
Reiters) eigenen Willen fortzutragen, und vom
Küden ber diefem Bewegung und Verhalten vor:
ſchreibt. Wenn auch eine ganze Neihe vierfüßiger
Tiere (außer dem Pferde der Ejel, das Maultier,
das Kamel, der Elefant, das Nenntier, einige Arten
des Rindviehs) und felbjt eine Bogelart (der Strauß)
in dieſem Sinne Verwendung finden, fo hat dod
das R. auf dem Pferde die größte Bedeutung und
wird vorzugöweije als R. bezeichnet, weil fein Ge:
ichöpf zu dieſem Zwecle ſich fo eignet wie das Pferd
und diejes zugleid) das verbreitetite unter den reit:
baren Zieren it. Die lörperlihen Eigenſchaften,
wie nicht minder bie Gemütsart, das Temperament,
und der Mut dieſes Tieres befähigen den Neiter des
Pferdes zu ben höchſten und mannigfachiten Leis
ftungen. Wenn die Reitthätigkeit in den meiſten
Sällen * Erfüllung anderer Aufgaben (Reiſen,
Krieg, Jagd) Hilfämittel ift, fo hat fie doch auch
lo8gelöjt von jedem außerhalb ihrer liegenden Zıved
um ihrer felbft willen Berechtigung und lann als
ſolche zu einer der edelſten Künfte, der Neittunft,
erhoben werben, deren älthetiiche Seite wejentlich auf
der ſchönen Geſtalt des Pferdes, ihrer Harmonie
mit der Geftalt des Menſchen und auf der Eleganz
der Bewegungen bes erjtern beruht. Auf keinem
Gebiete des Vollerlebens hat das R. von alters
ber eine fo. wichtige Rolle gefpielt, ala auf dem bes
Kriegs, ber Reiter auf dem Pferde ift ein Kampf:
mittel, das ungeachtet aller Fortfchritte der Technil
auch heute nody eine hervorragende Bedeutung be:
bauptet und niemals wird verbrängt werben können.
Ein Reiter muß e3 verfteben, bei den Bewegungen
bes Pferdes auf demielben Si und Haltung zu
bewahren und diejenigen Einwirkungen (Hilfen)
auf das Pferd auszuüben, vermöge welcher dieſes
den Willen des Reiters zu erkennen vermag und
demjelben nachzulommen genötigt wird. Zum R.
ift eine derartige Abrichtung (Drefiur) des Pferdes
nötig, daß dieſes die zum Tragen bes Neiters gün-
ftigfte Haltung, das fog. Gleihgemwicht, annimmt,
jeine Körperkraft, namentlich diejenige feiner Glied:
maßen, in der vorteilhafteiten Weile gebraucht und
das Eingehen auf die Hilfen des Reiters ihm zur
huingenben Gewohnheit wird. Cine weſentliche
Borbedingung für den Erfolg der Drefiur liegt in der
gehörigen Auswahl der zum R. beſtimmten Pferde
nad) Körperbau und Temperament. Durch die Drefs
fur wird es möglich, die Unterwerfung des Tiers
unter den Menſchen herbeizuführen, ohne jenes
indes zur Maſchine herabwürdigen zu wollen, fon:
dern unter Belafjung des dem Pferde zulommenden
Anteils der Initiative, welche der Reiter bei ſchwie⸗
rigen Aufgaben nur zu feinem Nachteil entbehren
würde. 63 gibt Naturvöller von hoher Reitfertig-
teit, die, ohne methodifche Anleitung, inſtinktiv von
Generation zu Generation forterbt; nicht minder
gibt es Individuen, bie ohne irgend welche Unter:
mweifung, nur une natürlicher Begabung fich —*
nur auf dem Pferde behaupten, ſondern dasſel
auch zu führen und zu beherrſchen wiſſen. an
fpriht in beiden Fällen von Naturreitern und
Naturreiterei. Bei civilifierten Völkern wird
das R. indes in der Regel Fa erlernt. Das
methodiſche R. umfabt die Dreſſur des Pferdes (das
fog. Zureiten) und die Heranbildung des Reiters
603
Bi —— ehörigen Grades ber Reit:
ertigteit. Beides geichieht nur bis zu einem ge:
willen Grade —* einheitlichen Grundſätzen, es
treten weſentliche ne eiten nad) dem Zwed
des R. ein. Iſt das R. Selbitzwed, fo ſpricht man
von Schulreiterei, die nach dem Grade der
Leiſtungen in die niedere und die pobe Säule
zerfällt, von denen letztere fpeziell ala Reitkunſt
bezeichnet wird, während zur Kunftreiterei oder
Girtußreiterei außer der er Schule namıent:
lid) eine Reihe gymnaftiiher Leiftungen gehören,
die dem R. nur in gewiflem Grabe verwandt find,
wie die Produktionen ftehend auf dem Pferde (der
jog. Tanz auf dem Pferde), die Voltigierkunft und
die Borführung in Freiheit (zur Produktion ohne
Reiter) dreifierter Pferde. Gampagnes oder
Soldatenreiterei ni den Kriegszwect im Auge.
Andere Geſichtspunkte leiten wieder bei dem R. auf
der Nennbahn und ber Jagd, der jog: Sport:
reiterei. Weſentliche Unterfchiede, die nament:
lid) aus der Verſchiedenheit des Sitzes hervorgehen,
beitehen zwiſchen Herren: und Damenreiten.
Wichtig für jeden einzelnen Zwed ift die Wahl der
nebörigen Individualität des Reitpferdes, als
Schul:, Campagne:, Renn⸗, Jagd⸗, Damenpferb.
ie Dreſſur des Reitpferdes bezwedt, Dasfelbe
in diejenige Haltung au bringen, in weldyer es dem
Willen des Reiters widerſtandslos fid) untermirft
und die Laſt deöjelben mit der größten Sicherheit
und der mindeiten Beeinträdhtigung feiner ——
Gliedmaßen zu tragen vermag. In der natürlichen
Haltung des Pferdes find die Borberbeine ungleich
mehr belaftet als die ohnehin jtärtern Hinterbeine.
63 gilt nun durd) die Drefiur den Schwerpunft der
Borband abzunehmen und en weit
nad) hinten zu verlegen. Dies gefchieht Durch Auf:
richten des —* urüdnehmen des Kopfes mit:
tels der Genidbiegung, Vortreiben und Unterſchie⸗
ben der gebogenen hintern Gliedmaßen. Das ge:
wöhnlihe R. begnügt ſich mit der Verlegung des
Schwerpunktes unter den Si des Reiters, mit dem
jog. gewöhnlichen oder natürlichen Gleich—
gewicht. Die Schulreiterei verlegt den Schwer:
punkt bis zwijchen die Hüften des Pferdes und er:
zeugt jo das fünftliche Gleihgewiht. Aus den
Sangarten des rohen Pferdes entwidelt die Reit:
kunft die geregelten Reitgänge. Als Grund:
gangarten unterjcheidet man Schritt, Trab, Galopp,
Garriere oder Renngalopp und Sprung. Beim
Schritt, der langſamſten Gangart bes Pferdes, fol:
gen ſich die Vorder: und Hinterfühe eingeln und über
Kreuz und derart, dab man beim Niederjeßen der:
jelben vier Hufſchläge hört, während beim Trab
zwei über Kreuz ftebende Füße gleichzeitig vorwärts
geführt und niebergejeht werben, der Körper wäh:
rend kurzer Zeit frei über der Erde vorwärts ſchwebt
und man bei jeder Borwärtäbewegung zwei Huf:
ſchläge hört. Man unterfcheidet kurzen, Mittel: und
tarten oder geftedten Trab. Im Trab vermag
3 Neitpferd große Streden in kurzer Zeit zurüd:
ulegen. Der Galopp iſt eine Fortbewegung des
ferdes in fortgeiegten Sprüngen. (Bgl. Galopp
und Carriere.) Der Sprung ift ein Fortſchnellen
des Pferdelörpers, bei welchem fich zuerit die Border:
beine erheben, die Hinterbeine die eigentliche Wir:
fung ausüben und zulegt wieder Fuß fallen. Ge:
ſchieht der Sprung mit ftarler Erhebung und im
Bogen, fo heißt er ———— e. Von den unregel⸗
2 Gangarten iſt beſonders der Paß, eine
604
ofeichzeitige Bewegung der Füße berielben Ceite,
wobei das Pferd beitändig von einer Seite zur
andern jchaufelt, zunennen. Der Paß, bequemer als
Trab und gleihwohl ausgreifend, war in frübern
m eifen beliebt und waren Pferde, welche
Paß gingen, 19. «Bahgängern, fehr geihäkt.
Der hoben Schu ritt
oder da3 Baffagieren, aus dem Schultrab durch
Verringerung der Schrittweite und gejteigerten Ab:
ſchwung entitebend,, ſowie das auf der Stelle ähn—
lic) ausgeführte Biaffieren oder der ftolge Tritt. Ne:
dopp iſt der Biertempogalopp des Schulpferdes,
bei welhem kein freier Abſchwung, fein Montent
ftattfindet, bei welchem das Pferd fich mit allen vier
Deinen über der Erbe befindet. Die genannten
beiben Schulen aufder Erde. zu den Schu:
len über der Erde gehören die fünjtlidhen Gr:
bebungen der Vorhand und die Schuliprünge. Zu
eritern zäblt die Levade, bei weldyer das Schul:
pferd auf der Scharf untergezogenen Hinterband bis
zum Gleichgewichtspunlt ſich erhebt und dann jofort
wieder niederläht oder in einen Schuliprung über:
geht, und die Bejade, bei welcher dasſelbe ruhig
auf der Hinterhand jtehen bleibt. Die Schuljprünge
find Luftfprünge und haben nicht den Zwed,
Hindernifte zu nehmen. Dem Echulgalopp ver:
wandte Sprünge find: Terre:ä:Terre, Mezair und
Gourbette. Beide Borderfüße werden gleichzeitig
een und wieder aufgeſeht, ebenfo beide Hinter:
fühe, lehtere beim Terre:ä:Terre kurz nad) den
Vorderfühen, beim u etwas, bei der Cour:
bette merklich früher als die Vorderfühe, Aus der
Levade geben hervor die Croupade, Ballotade und
Gapriole; fie unterideiden ſich durch die Haltung
der Hinterbeine während des Abſchwungs. Bei
der Groupade find fie eingezogen, bei der Ballo:
tade derart erhoben, daß die Schienbeine fait
ſenkrecht jtehen und die Hufiohlen nach binten wei:
jen, bei der Gapriole oder dem Hirſchſprung
erbebt fi das Pferd fo hoch, dab ihm noc Zeit
bleibt, die Hinterbeine auszujtreden und fo gleich—
ſam nad) — auszufchlagen.
Cin weſentliches Drejiurmittel, um das Pierb
namentlich auf_kurze Wendungen vorzubereiten,
find die jog. Seitengänge, bei welden das
Pferd fich mit Vorder: und Hinterbeinen auf neben:
einander liegenden Linien, dem fog. doppelten Huf:
ſchlag, bewegt und die Fühe der einen Seite über
die der andern Seite hinwegichreiten. Hierber ne:
bören die Schulen: Schulterherein, Travers, Nen:
vers und Contra:Schulterherein. Sie werden nur
in der Bahn geritten und unterſcheiden fich je nad)
der Kopfitellung und Biegung des Pferdelörpers
und je nachdem die Vorhand oder die Hinterhand
auf dem innern Hufichlag geht. Die beiden erit:
genannten haben Kopfitellung und Biegung nad)
der jeweiligen innern Seite ber Bahn, die bei:
den leßtern nad) der äubern. Bei Schulterberein
und Renvers geht die Vorhand, bei Travers und
Contra: Sculterherein die Hinterhand auf dem
innern Hufſchlag. Der Bohn Schule ala Wen:
dung eigentümlich iſt die Pirouette oder ber
Drehſchwung, eine ganze oder teilweije Drehung
des Pferdes auf der Hinterhand mit gleichzeitig
erhobener Vorhand. Paſſadieren ilt das Zurüd:
legen einer kurzen Strede im kurzen Galopp mit
daran ſich ſchließender halber Birouette und Zurüd:
e gebören an: der fpan,
reiten derjelben Strede in entgegengeiektem Galopp, | gepflegte Cirfusreiterei wurbe in Byzanz a
Kompliziert find Quadrille (j. d.) und Karufjell(j.d.). | Stufe gebracht und verbreitete fich mi 334
Reiten
Die Dreſſur des Reitpferdes erfolgt in ber See
ſache unter dem Reiter, lann aber die
arbeitung an der Hand vorbereitet u
werden. Hierher gepbrt befonders die Bearbeitung
an der Longe oder Yeine, das — 2onelzremgree
Die Sprünge der hoben Schule tönnen burd
Bearbeitung zwiſchen den Bilaren, d. i. zwei Stanb-
jäulen, zwijchen welchen das Pferd mittels der
Zügel jo befeftigt iſt, daß ibm mur eine gemifie
Sprungfreiheit bleibt, vorbereitet werben. (al.
Dreifurund Trainieren.) Bezüglich des Eihes
des Neiters unterfcheidet man den Stublfip und
den Spaltfik. In beiden Siparten ift die Haltung
des Oberleibes eine aufrechte, der Unterfchied li
in der Haltung der Oberichentel, welche beim Stuhl
fig eine mebr oder —— fhräg nach vormärts
abwärt? gerichtete, beim vo eine faſt jenkrechte
ift, aljo mehr der Haltung beim Steben gleihlommt.
In beiden Fällen aber haben die Gejä ihre
Stüpe auf dem Sattel und die Unterfchentel —*
ſenkrecht am Pferdeleib herab. Die Hilfen
Reiters zerfallen in ſolche mittels der Zugel, Schen⸗
tel, des Korpergewichts des Reiters der Sporen,
Gerte, ſowie endlich der Stimme des Reiters, Die
Zügelbilfen find die vornehmlichiten und wirken als
‘Baraden oder Arrets verfammelnd, aufrichtend,
aufbaltend und zurüdnebmend, oder fie den
Pferde die Stellung und führen es in die 4
die Schentelbilfen wirlen vortreibend und
verjammelnd und finden ihre Berftärkfung durch ben
Sporn, defien Einwirkung bis zur Strafe
werden fann. Die Gewidtäbilfen erleichtern
Verde die Wendungen und find bei Paraden aus
ſcharfen Gangarten befonders wichtig. Die Gerte
wirft anregend oder jtrafend, bei wen
ijt fie nur Drefjurmittel. Die Stimme des
wirkt anregend, beruhigend und jtrafend. Die ver:
änderte Art des Sites beim Damenreiten
die Hilfen mittel Zügel und Gerte zu den vornehm:
lichſſten Mitteln, um auf das Pferd einzumirfen,
Die Ausbildung im R. wird durch gym
— Voltigierüibungen vorbereitet und er:
gänzt. Auf dem Pferde jelbit
Übungen zunädjit die Gewinnung des ©
(der Balance) und Erlangung eines guten und
Sitzes. Mit der Erlernung des Sikes in den
ichiedenen Gangarten wird der Neiter er
zur Grteilung der Hilfen angeleitet. das
auf der Dede ſchließt ſich dasjenige auf dem Sattel,
anfänglich vielfach ohne Benukung der
Das Shferb iſt anfänglich mit Trenfe, fpäter mit
Kandare gezäumt. (S. Zäumun } Hat
Schüler in der Neitbahn die gehörige
langt, fo folgt das N. im freien und im
eihihtlihes. Die —— des N. iſt jo
alt wie die Geſchichte des Menſchen. Die alteſten
Überlieferungen zeigen ung die Reitfertigleit bei den
afiat. VBöltern bereits zu lriegeriſchen Zweden aus:
gebeutet. Von da ging die Pflege des N, auf bie
Griechen über, die dasjelbe zu einer erhoben,
die in Athen Gegenitand befondern
war; e8 gab eigene Bereiter, welche die Pferde
drefjieren veritanden. Der Atbener Zenophon
in feiner Schrift über die Neithunft Anden
auf welcher hohen Stufe fich diefelbe damals A
befand. Nicht zu gleicher Höhe gelangte fie.
Nömern. Die von leptern in der Kaiferzeit
—
2
3%
t von
Neiterei — Reitlinger
Konftantinopel nad) dem übrigen Europa. Im Mit—
telalter gelangte das R. zu hoher Blüte durd) das
Nittertum und die Turniere; durch den Gebrauch der
Lanze als Lieblingsmwaife der Nitter wurde ein ver:
feinerte3 R. verlangt. Die Erziehung des jungen
Adels an den Fürjtenhöfen ſchloß eine kunitgemäße
Behandlung des R. allmählic) in fi und führte zu
einem abgejonderten Betrieb der Reitkunt.
Die fog. Wiedergeburt oder Renaiſſance
der Reitkunſt oder die Begründung des modernen
N. bat ihre Wiege in Stalien und Speziell in Neapel,
wo im Anfang des 16. Jahrh. ein Edelmann Fede⸗
rico Brifo die erjte Neitatademie errichtete, die vom
Adel fait ganz Europas bejudt wurde. Grifo
ſchrieb aud über N. (1552). Sein berühmtefter
Schüler iſt Pignatelli, der Erfinder ber nah ihm
benannten Kandare, der wieder drei feiner Schüler
zu Reitlünftlern eriten Ranges berangebildet, An:
toine de Bluvinel, Salomon de la Broue und den
Chevalier Saint:Antoine. Die beiden erften begrün:
deten das Aufblüben der Reitkunſt in — reich,
letzterer war als Reitlehrer am Hofe Jakobs I. der
erite wirtlihe Stallmeijter in England, Pluvinel
war Reitlehrer Ludwigs XIII., erfand die Bilaren
und war der erfte, der ein geordnete Dreſſurſyſtem
aufftellte. Erfchrieb: «Instruction du Roi en l’exer-
cise de monter à cheval» (Par. 1627). In Eng:
land war ein hoher Förderer der Reittunft Wilhelm
C — ſpäter Herzog von Newcaſtle und Pair
von England —— und Stallmeiſter Karls II.,
Erfinder der Bor and in den Girkel, auch fchrift:
ftellerijch thätig. Während feiner Verbannung
hielt er eine Reitſchule in Antwerpen. Er galt zu
feiner Zeit als erſte Autorität im Gebiete der Reit:
tunft. Zur höchſten Bolltommenbeit gelangte die
Schulreiterei um die Mitte des 18. Jahrh. in jrant
reich durch die Reitihule von Verfailles, welche ſich
eines europäifhen Aufs_ erfreute. Die Könige
hegten und pflegten die Neitkunft, als deren großer
Heformator de (a Gueriniere, Stallmeifter Pub:
wigs XV., zu nennen iſt. Gr aab dem R. in
feiner «Ecole de cavalerie» (1733) eine wifienfchaft:
lihe Grundlage, auf der noch heute weiter gebaut
wird, und lehrte zuerft die Lektion «Schulter herein»,
Auf den von de la Gueriniere gelegten Grundlagen
begann die Reitkunit aud) in Deutſchland fich willen:
ſchaftlich zu entwideln. Hier hatten im vorigen
— die Reitſchulen zu Coburg und Wien
vielen Ruf. An letzterm Orte gab es eine ſpan.
Hofreitfchule für Schulreiterei und eine Reitſchule
für Gampagnereiterei. Durxch den ältern Ayrer,
der feine Bildung zu Wien erhalten, wurde die Reit:
fchule zu Göttingen berühmt und behauptete Fr
Huf burd den jungen Ayrer bis in die neuere Zeit.
Das erfte Haifiiche Wert über R. rührt von Hünere:
borf, dem Stallmeijter des Kurfüriten von Heflen,
ber: «Anleitung zu der natürlichſten und leichtejten
Art, Pferde abzurihten» (1791). An Hünersdorfs
Merk lehnt fich vielfach die in Preußen 1825 publi:
zierte «Neitinftruftion für die Kavallerie» (neu be:
arbeitet herausg. 1882). Nach Hünersdorf waren
der obengenannte Ayrer in Göttingen und Mey:
rother in Wien lange Zeit die berühmteften Stall:
mteifter; des leßtern talentvolliter Schüler war
Louis Seeger (ſchrieb 1844); aus Seegers Schule ift
befonders Steinbrecht zu nennen.
In Frankreih fpalteten fi, gegen Ende bes
18, Jahrh. die Vertreter der Reitkunſt in die ala:
605
die Maison du Roi und bis in die neuefte Zeit durch
die Mantge de Versailles, letstere durch die Reit:
ſchulen zu Berfailles, Angers, St.:Germain, Sau:
mur und jeht durch die Mandge der Kavallerieſchule
zu Saumur vertreten. Um 1840 nu fich in Ba:
ris durch ein befonderes Dreflur: und Reitfyftem der
Stallmeifter Baucher (f. d.) einen Namen, fand
indes nur einen ſehr bedingten Beifall. In der
heutigen J iſt die Schulreiterei gegen die Cam—
pagne⸗ und Sportreiterei ſehr in den Hintergrund
etreten. Das Verdienſt, die Campagnereiterei zu
joher Stufe entwidelt zu haben, gebührt der preuß.
Kavallerie und haben — bie großen Neitergene:
rale mes d. Gr. den Grund gelegt. Auf
räumlichen ängen und Sicherheit im Terrain
rubt der >... Sie hat aus der in England
begründeten Renn: und Sagbreiterei die ihr zus
fagenden Elemente aufgenommen. Hauptrepräfens
tant diefer Richtung iſt dad Militärreitinjtitut in
Hannover, Gin weientliches Förderungsmittel des
R.indiefem Sinne bildet die zu hoher Blüte gelangte
Pferdezucht, ebenjo wirken günftig die Nennvereine.
Die Kunftreiterei hat fi, nachdem fie lange
Zeit in Händen wandernder Truppen ein wenig
angeſehenes u gebildet hatte, durch die
ftehenden Cirluſſe der neuern Ber die bejonders
von Paris ausgingen, zu einer hohen Stufe enıpor:
geihmwungen; doch werden in der Gegenwart, dem
Effelt zu Liebe und um dem verwöhnten Publitum
itet3 neue Neizmittel zu bieten, dem eigentlichen
Weſen derjelben ganz —— Elemente in biefelbe
bineingezogen und eg faft zur Vorherrſchaft.
Berühmtheiten auf dem Gebiete der neuern Kunits
reiterei find: Oyam, Bhen, Sranconi, de Bad),
Leijars, Euzent, TZourniaire, Baptijt Foifjet, Guerra,
Renz, erg Garre u. ſ. w.
Litteratur. Außer den ſchon genannten Wer:
fen find nod) hervorzuheben: von Nadoſy, « Equis
tationsftudium u. f. m.» (Wien 1855); Schilling
von Ganitatt, «Neitkunft und Drefiur» (Stuttg.
1866); von Deynbaujen, «Gang des Pferdes und
Sik des Neiterö» (Wien 1869); von Colomb, «Sam:
pagnereiterei und Nemontedrejlur» (Berl. 1870);
Jähns, «Roß und Neiter in Leben und Sprade,
Glauben und Gefchichte der Deutihen» (Lpz. 1872);
Käjtner, «Die Keittunft in_ihrer Anwendung auf
Campagne:, Militär: und Schulreiterei» (3. Aufl.,
Lpz. 1876); Monteton, «fiber die Reitlunft» (1. Abs
teil. : «Anglomanie und Reitkunft», 1877; 2. Abteil.:
«Neiterpredigtens, 1879); von Krane, «Anleitung
zur Ausbildung der Kavallerieremonten» (2. Aufl.,
Berl. 1879); Seidler, «Die Drefiur de3 Pferdes»
(1. Teil, 5. Aufl., Berl. 1882; 2. Teil, 2. Aufl.,
Berl. 1879); Heinze, «Pferd und Reiter oder die
Neitkunft in ihrem ganzen Umfanges (4. Aufl., Lpz.
1882); Blanka von Wobefer, « Neitinftruttion für
Damen» (Berl. 1884); von Öttingen, «Über die Ge:
ſchichte und die verfchiedenen yormen der Neitkunit»
Berl. 1885); Steinbredt, «Das Gymnafium de3
Pferdeso (bearbeitet von Plinzner, Potsdam 1885).
Neiterei, ſ. Kavallerie.
Reitgang, |. unter Reiten.
Neitfuochen, ſ. unter Ererziertnoden.
Neitfunft, f. unter Reiten,
Neitlinger (Comund), —— geb. 15. Jan.
1830 zu Peſt, ſtudierte in Wien und Heidelberg,
war längere Zeit unter A, von Ettinghauien Aſſi⸗
ftent am wiener phyfit, Inftitut und redigierte viele
bemijche und die militärifche Richtung, erftere durch | Jahre die «Natur: und Völtertunde» der wiener
606 Reitmaus — Reizbewegungen
auferordentl. und mehrere ‘jahre darauf ordentl.
eier der Bhof an ber techniſchen Hochſchule
in Wien, in welder Stellung er bis zu feinem
3. Sept. 1882 erfolgten Tode verblieb. Seine er-
perimentellen Arbeiten erjtreden ſich zumeiſt auf
die Gleftricität und find in den Schriften der wiener
Alademie der Wiſſenſchaften, ſowie in Poggendorffs
Annalen der Phyſik veröffentlicht 1860 81). Her:
vorzuheben find R.s vielſeitige Unterſuchung der
Lichtenbergſchen Staubfiguren, der eleltromagneti—
ſchen Schallerſcheinung nad Page, der flüſſigen ‚io:
latoren, der Lichterſcheinungen in verdünnten Gas:
räumen, wobei er als Erſter gewiſſe Abſtufungser—
ſcheinungen entdedte, ber eleltriſchen ———
u.a. Seine vorzägliditen naturwiſſenſchaftlichen
Eſſays find gefammelt in«Freie Blider (Berl. 1874).
Neitmand, Schermaus (Hypudaeus s. Ar-
vicola terrestris), eine Wühlmaus (f. d.) von etwa
14 cm Länge, gelbgrau bis braungrau. Lebt —
in Gärten und thut an den Wurzeln ber Gemüſe
und jungen Bäume oft jehr großen Schaden.
Neitichulen (Reitinititute), vgl. zunächſt
unter Reiten, Geſchichtliches. In der Gegenwart
dienen R. teild zu allgemeinen Zwecken und find
dann entweder Privatinititute, oder fie find mit
fürjtlihen Marftällen, beziehungsweife Univer:
fitäten und Nitteralabemien verbunden, teils find
fie Armeeinftitute (vgl. Militärreitfhulen).
In Breußen wurde zuerjt 1817 eine Militärreit:
anftalt in Berlin errichtet, weldye von 1820 ab den
Namen «Lehrestadron» führte. Im J. 1849 entjtand
aus diefer bie Militärreitanftalt zu Schwedt a. D.,
aus welder 1867 das jehige Militärreitinftitut
(Band XI, ©. 724) hervorgegangen iſt. In Ofter:
reich entitand 1809 die Equitationsſchule zu Neu:
ftadt, 1836 das Equitationsinftitut zu Salzburg,
1850 nad) Wien verlegt; 1860 ging aus beiden ber
Centraltavalleriefurs hervor, welder 1875 in das
jetzige Militärreitlehrerinftitut umgewandelt wurde.
Frankreich bat die aus der alten R. zu Berjailles
beroorgegangene R. zu Saumur, Beitandteil ber
Kavallerieihule ebenda (ſ. Militärfdhulen),
«Neuen Freien Prefler, Im * 1866 wurde er
Rußland die Gardebereiterſchule in Petersburg, | Ei
Italien bie Equitationsichule der Normaltavallerie:
ſchule. In ern find bei den Negimentern
Stallmeijter als Reitlehrer angeftellt.
Reitſtock (fr. poupée mobile, engl. ——
puppet), an einer Drehbank die bewegliche Dede
mit dem zum Einſpannen längerer Arbeitsftüde
dienenden Reitnagel. [grille.
Reitwurm oder Rietwurm, ſ. Maulwurfs—
Rei vindioatio (lat.), Eigentumstlage, ſ.
Vindikation.
Reiz (Friedx. Wolfg.), Begründer einer gram⸗
matiſch⸗philol. Schule in Deutſchland, geb. 2. Sept.
1733 zu Windsheim in Franken, bildete ſich zu
Leipzig, wurde dafelbit 1766 Privatdocent, 1772
auberord., 1782 ord. Profeſſor der griech. und lat.
Sprade und 1785 der Poeſie und Beredjamteit.
Cr jtarb 2. Febr. 1790. Ganz neue Anfichten über
das Weſen und die Behandlung der alten Spraden
erörnete er in den Abhandlungen «De temporibus
et modis verbi Graeci et Latini» (Lpʒ. 1766) und
«De prosodiae Graecae accentus inclinationc»
(berausg. von F. A. Wolf, Epz. 1791), fowie er
durch die Schrift «Burmannum de Bentleji doctrina
metrorum Terentianorum judicare non potuisse» |
(Lpz. 1787) und durch feine Bearbeitung des
«Rudens» von Plautus (2pz. 1789) auf dem Wert
und das Studium der antiten Metrit aufmerkiom
machte. Sein berühmtefter Schüler war Gottfried
Hermann. Seine «Borlefungen über röm. Alter:
tümer» (2p3. 1796) erichienen nach feinem Tode.
— eigentümlige Hahn —
nden Körpern eige i s
mechaniſche (Drud), dynamiſche (Clektricität, Tem:
— und ——— in
eht zu werden. e für Reize emp
Organe find die Nerven. kommt auch den
Muskeln und andern bloß aus Protoplaſsma (der
Musteljubitanz ähnlichem Giweißlörper) gebildeten
Drganen die Eigenſchaft zu, durch ſchwache Reize,
welche ihre chem. Beichaffenheit nicht durchaus um:
ändern, in Thätigleit (momentane Formverände
rung mit möglicher Nüdtehr_zu ihrer Ge:
ftalt) gebracht zu werben. Hierauf wahr:
ſcheinlich aud die R. gewiſſer &
öffnen ſich gewiſſe Blüten im Son ‚ falten
fi die Blätter der Mimojen, der fog.
(Dionaea), zufammen. Unter
niſſen kann die R. (vorzugsweiſe der )
oder vermindert fein. Einen hoben Grab von
franfhaft geiteigerter R. nennt man Grethiämus
(f.d.). (©. Heflerbewegungen)
Sn der Batbologie t man unter R. eine
gewiſſe Schwäche ober ndlichleit der Organe,
infolge deren die lektern ter
neigen; fo führt die R. der Leicht zu ent:
zündlichen Affeftionen derjelben, die R. des
zu Durchfall u. dgl. Solde Organe mit befonberer
Geneigtheit zu Erkrankung pflegt man als partes
minoris resistentiae zu nen.
Reizbew nennt man in ber Pflamen
get alle —— 23* die —
olge eines irgendwie au eintre:
ten. Sieht = von dem Gi e Lichts
und ber Schwerfraft auf das m der Plan:
en ab, fo en ſich zwei Formen von R. unter
cheiden, ſolche die durch mechaniſche Berührung
— durch — asien u eier
werben, und foldhe, die als eine Fo
—— zu —* = — 5* * ak
ufigern, man bezeichnet gewöhnlich die E
en Heise ala Stoß: und Kontaltreize im 2
Pb u den chemiſchen Reizen. Eine der bekannte
R. die u ber eriten Gruppe gehört, ift diejenige
der fog. Sinnpflanze Mimosa pudica (f. b.).
biefer Kane tritt nad erfolgter Berührung ober
Verlegung eines der Fiede en :
fammenklappen ber übri x
oben, fowie ein Senten der Blattftiele ein. Rad
einiger Zeit wird, wenn fein weiterer Re ale
bie frühere Stellung von Blättdhen Blatt:
ftielen wieder erreicht.
Diefe Bewegungen werben ermöglicht L
lenle an dem Grunbe der ſich bewegenden Zeile;
durch den Reiz wird auf eine bi ni
Härte Weiſe die Filtrationsfähigleit der er
were in der einen Seite j !
edeutend erhöht und der hydroſtatiſche Drud in
den Zellen vermindert. Das dabei austretende
Waſſer gelangt in die Intercellularräume um
pflanzt durch jeine Bewegung in biefen Räumen
den Reiz auf weiter entfernt liegende Bartien fort.
Da aud Waſſer —— in das über:
tritt, fo wird dieſe Sortpflangung
befchleunigt, ſodaß bei Fräftigem Stoße ober
*
ii
Neizker — Nelognoszieren
—52* ken A rag en3 nad * Zeit
die — flanze die aus⸗
führen. Fo meirem ber fog. fleiſchfreſſenden Pflan⸗
jen er ebenfalls R. ftatt an den Blattorga:
— we —2 dazu u: De m . — jener
nzen gelangten Körper feitzubalten und zu um:
5 (Näheres über dieſe R. f. unter Sleiic
reſſende Pflanzen.) übrigens hängt bei den
Bewegungen diefer Wlan en die Dauer berfelben
von der chem. —— der reizausubenden
—* ab, ſodaß zugleich auch chem. Reize thã⸗
tig ſind obwohl ie Bewegung jelbit durch Kontalt⸗
* eingeleitet wird. Die Bewegungen der Ranlen
nd rantenähnlichen Blattitiele, welche 4 Um:
fallen einer Stüße dienen, find ebenfalls als R. auf:
zufaflen und werden ähnlich wie die Bewegungen
von Mimosa durd) Anderungen in der Turgeszen
ber gereizten Gewebe eingeleitet. (S. u. Rante. }
er, Ritj KULT Herrenfdwamm
ober Siriäting ge n in ber Sprache des Bolfs
einige Arten der end Lactarius (f. d,), be:
rer * AR t hmedende Art L. deliciosus
dat are ülse, Fig. 2) und der gifti
zn renritſch L. torminosus (j.
Zar. —— Be Fig. 2).
Analeptila,
len, ſJ. ——
von —*— Pen. genannt der
Bater der poln. Dichtkunft, geb. um 1505 in 30:
ramno in ber Ukraine, befuchte bie Säulen in Lem⸗
erg und zn; bildete ich aber vornehmlich an
poln. "Magnaten, lebte dann als be:
ger Gute auf dem ande, und jtarb 1568,
verfaßte in derber, lraftvoller, oft rauber Sprache
ſcharfe und wißige fatiriiche Gedichte «Wizerunek
iywota czlowieka poczciwego» («Abbild des Lebens
eines ehrlichen Mannes», Krakau 1560), « Zwier-
zyniec» («Der Tiergarten, 1562) und Epigramme
und poetifche Scherze «Figliki » (Kralau 1568),
dann in m. ein anziehendes treues Spiegelbild
jeglihen Standes —* Jeit: «Zwiereiadto» (Stra:
lau 1568; neue Ausg., Warſch. 1829). Dem Cal:
vinismus en ndt, überjepte er die Pſalmen, ver:
fahte ein biblijches Drama, «Jojephs Lebens («Zy-
wot Jozefa», Kralau 1545) und gab eine «Pos-
* (2 Ze,, ee ‚ac; De Kal,
efadenz (neu Heimfa
Nefapitulation (lat.), bei den a Ana:
tepbalniofis, eine rhetoriſche Figur, beiteht
—* ‚dab, bei beionders bei ausführlichen Beweiien,
Scluffe j —— * des Ganzen alle
—— oder mals kurz, far und
En rer —— t werden, um den
rud der Zuhörer zu verſtärlen.
(lat.), Beſchwerde wegen Rechts⸗
veriebung; Nellamant derjenige, welder refla:
miert b. die Beichwerbe führt. Insbeſondere
veriet nn darunter bie Zurüdforderungen um:
tmäßig in Befip genonmener Saden.
„guiRiiitärmefen —
um Befreiung (frz. dispensation) oder
Zurüditellung (frj. sursis) vom aktiven Militär:
dienfte ober um vorzeitige Entlafjung aus demiel:
ben. Solche Geſuche et * allen Staaten, in
denen die allgemeine Wehrpflicht beſteht, auf Grund
der dieſerhalb erlaſſenen mmungen durch be:
ſondere perſönliche oder burgerliche Verhältniſſe
begründet werden, R. find zuläffig im Deutfchen
Neiche für einzige — Öilftofer Verwandten,
607
unerfeglie Verwalter großer Pachtungen, gewerbs
licher oder fa taufıännifcher Unternehmungen, —*
für im Auslande oder in —— ohne
er Nachteil nit zu unterbrech echender Baus:
bildung befindliche Militärpflichtige. Ahnliche Be
ftimmungen gelten in Rußland, — Ungarn,
ankreich und Italien. fiber R. entf iden im
eutichen Reihe die Erfah: und Obererfagtommif:
fon, beziehungsmeife für bereit im Tienite befind:
liche — das Generallommando, in Öiter:
reich: Ungarn die Stellungsfommifjion, die Über:
—— —* das Sandesverteibigungs:
Miniſterium, in —— der Reviſionsrat oder
Staatsrat für In
Reklame (fr3.) — lender Artilel in einer
Zeitung, ſ. unter Annonce.
Reto; n (lat.) heißt in der Rechtsſprache
die Anerkennung der Identität einer Perſon oder
Sache oder der Echtheit einer Schrift vor Gericht.
—* den Umftänden liegt darin bald ein Seugniß,
bald ein Geſtaͤndnis. Im erftern Falle muß daber
die Anerfennung, wenn fie von Brivatperfonen
ausgeht, der Negel nad) eidlich beitätigt werben,
kei . infofern — einen andern als denjenigen,
ihn beſtoh oder eine Sache als die ihm ent⸗
—— vefognogjiert; im letztern Falle jtellt da:
egen die R., — jemand ic) zu einer ihn ver:
Pllchtenbe n € befennt, ohne weiteres feine
heberſchaft (Bol. Urkunde.) Zur Ber:
bütung fpäterer Diffejfionen veranlaßt der Berech⸗
Sigte die Ausfteller von Urkunden, ſich im voraus
bei Gericht, * vor Notar und Zeugen dazu zu
belennem in welchem Falle dann die über den Bor:
ang darunter =. ebradte Relognitionsregis
Iratur en ein er Derleg iches Zeugnis für die Ur:
erſcha
iii piychol.) ift derjenige Alt des be:
pen abenben Bewußtſeins, durch welchen die Jdentität
e3 Inhalts — neuen mit demjenigen einer er:
innerten Borftellung erlannt wird, Die R. tritt
nicht nur an ſich — wichtige Bernie auf, fonbern
—— auch in der Erzeugung aller dompli ——
e e. die wichtige Rolle, da
Bewußtſein ſich dabei ber Identität aller Beiland:
_ een mit den vorher entwidelten Vorſtel⸗
u. Ma | —* *
oſchein, die vom Hypothelenamt
here —5 Abſchrift eines Eintrags in das
pothekenbu
* guoszieren (lat.) heißt für er
ber etwas ey wg oder ——
genſtand kann jein: ber Feind (taltiſches —F
Terrain er .) oder.bas Land nad)
feinen Mitteln (ftatiftiiches R.). "Sie Relognoszʒi —
rung wird nur von einzelnen ieren ausgeführt
wenn kein Feind zu erwarten iſt; ſie wird nn
von Truppen unterftügt, wenn ein Zufammenitof
mit dem Feind möglich. Letzterer ijt zu vermeiden,
wenn ber Zwed anders zu erreichen ift, und nur,
wenn er in geheimer Weife nicht gelingt, muß er
ewaltiam durdhgejekt werben. Danad) gi ibt e3 ein
Beimliches und gewaltfames R. Geiler wird von
— — Heinen Patrouillen (ſ. d.) aus:
brt. Die gröbern, ‚auf weitere Entfernung aus:
pe Aldien (felbftändigen) Patrouillen können ſich
ur * dung ihres Zweds auf ein Gefecht ein:
afien. waltſamen Relognoszierungen (vor:
wosneie Nefognosjerunge genannt) werden durch
ruppenabteilungen von entiprechender Stärke
608
unternommen, indem fie den Feind überrafchend
angreifen und ihn dadurch zur Entfaltung feiner
Sträfte zwingen. ,
Refollekten (lat., recollecti [«gejammelte, ein:
gezogenen] fratres), cine bei mehrern Moönchsorden
vortommende Benennung der Kongregationen
ftrengiter Obſervanz.
NRelommandiert, |. unter Einſchreiben.
Nekonvalescent (lat.), ein fih von feiner
Srankheit wieder Erholender, Genefender; Nelon:
——— die Geneſung.
Rekonziliation, |. u. Abſolution (lirdl.).
Nefreditiv, Abberufungsichreiben an einen
Gefandten feitens feiner Negierung.
Nekrudedcenz (lat.), dad Wiederaufbrechen
einer Wunde; das Wiederſchlimmerwerden einer
Sirankheit im Geneſungszuſtande.
Rekruten (vom franz. recrue, d. i. Nachwuchs),
die bei den Truppen neu eingeftellte Mannſchaft in
der Zeit ihrer eriten Ausbildung. Nefrutieren
heißt Erſaßmannſchaften aufbringen und einftellen.
Die Retrutierung iſt in jeder Wehrverfaſſung ge:
regelt und geſchieht durch Aushebung (f. d.), frei:
willigen Eintritt oder Werbung,
Neftapapiere, j. Namenpapiere,
Rektafcenfion, f. unter Aufiteigung.
Nektatwechfel, ſ. unter Depoͤtwechſel.
Rektifikation (lat.) nennt man im allgemeinen
jede Berichtigung oder Zurechtweiſung. In der
Chemie und Tehnologie heißt R. das wieder:
holte Deftillieren einer bereit® dejtillierten Flüffig:
feit, um fie von beigemijchten fremdartigen Teilen
e reinigen oder — zu machen. (S. Deſtil—
ation, Bd. V, ©. 95.)
In der Mathematik verfteht man unter R. die
Angabe der Länge des Bogens einer krummen Linie
(Terwandlung des Bogens in eine ebeuſo lange
gerade Linie). Die höhere Analyfis lehrt die Länge
des Bogens jeder Kurve durch die ihn begrenzenden
Koordinaten ausdrüden. Hierbei zeigt es fid) nun,
daß bei mancher Kurve jedes Bogenjtüd durch einen
algebraiichen Ausdrud angegeben werden kann, wie
3. B. bei der Barabel, während bei andern Kurven,
3. B. dem Kreiſe und der Ellipfe, die Länge des
Bogens nur burdh eine unendliche ug 5 (trans:
fcendent) au&gedrüdt werden kann. Paber der
Unterfchied zwijchen rektifitabeln und nicht rektifi:
tabeln Kurven,
Rektion (lat.), in ber Öranımatil das Abhängig:
feitsverhältnis der Wörter voneinander.
Rektitis (lat.), die Entzündung des Maftdarms
(intestinum rectum),
Rektocele, Maſtdarmbruch, Maftdarmvorfall.
Rektor (lat. b. b. eigentlichen Leiter, Ordner)
war im Römischen Reich feit der Zeit des Kaiſers
Konftantin der Titel der den Präfelten oder /Erar:
Sen untergeordneten Statthalter, die auch den Na:
men Praesides führten und die einzelnen Provinzen
u verwalten hatten. Im Kirchenrecht bezeichnet
er Name ben orſteher eines Konvents, geiftlichen
Kollegium oder einer Stiftung, und der Pfarrer
heißt zuweilen Rector ecclesiae, Gegenwärtig
werden diejenigen jo genannt, denen an den Ge:
lehrtenſchulen, Bürgerfchulen und andern ähnlichen
Erziehungsanjtalten die erjte Lehrerftelle und zu:
gleich die oberjte Leitung des Ganzen übertragen
it, In neuerer Zeit ift diefe alte Benennung viel:
fach durch den Titel Direktor verdrängt, die dem
R. zunächit ftehenden Lehrer führen oft das Prädikat
Tee nn
— — — — — — — — — — —
Rekollekten — Relativ
Prorektor, Konrektor, Subreltor. Auf
den deutſchen Univerſitäten beißt der oberſte Bors
fteher Rector magnificus, der aus ben ord.
Profefjoren, welche den alademiſchen Senat bilden,
halbjãhrlich oder jährlich erwählt wird und früher,
namentlid) auf einigen Univerjitäten, hohe Vor:
tete genoß und fürftl. Rang hatte. Der äußere
Glanz desfelben ift aber in neuerer Zeit mehr
und mehr gewichen, befonders feitdem in mebrern
Staaten der jedesmalige Landesfürft diefe höchſte
Würde mit in fid vereinigt und ein Broreltor
die Stelle desfelben vertritt. Bei einigen deut:
ſchen Univerfitäten (3. B. Leipzig, Königsberg
u. . w.) führt der König, refp. der Kronprinz den
Titel Rector magnificentissimus.
Reftovaginälfiftel, Maſtdarmſcheidenfiſtel.
Refuperator (vom lat. recuperare, d. i. wieder:
erlangen), ein bei Gasöfen angebradter Luft:
erhibungsapparat.
Refurs heißt zuweilen foviel als Regreß (1. d.);
erner die bei einer höhern gegen eine niedere
erwaltung&behörde eingelegte Beichwerbe. Im
frühern preuß. Prozeß hieß 10 aud eine Art Nic:
tigleitsbeſchwerde, welde gegen bie Entjcheidung
des Richters erfter Inſtanz bei dem zweiter Inſtanz
in Fallen gegeben war, in welchen Berufung nicht
möglid. Der Reichsjuſtizgeſetzgebung iſt er unbe:
fannt. Auch bedient man fid des Ausdruds bei
der Caſſation (ſ. d.): Gafjationsrefurs für pourvoi
en cassation,
Refufation, f. Ablehnung des Richters.
Relais (vom frz. relaisser), Umfpannungsort
oder Pferdewechſel, der die jchnellere Weiterbeförbe:
rung eined Reiſenden mit gewechſelten Pferden
fihert. Im deutichen Reichspoitgebiet tann man
— be Hal ige riesen reg dran
ei den Yolämtern ſich Verde bereit halten lafien.
Relais (mechaniſches), ein nit allgemein
—— Name für diejenigen Mechanismen,
eren Zwed iſt, Bewegungen, welche an einem ents
fernten Ort unter Uberwindung der auftretenden
Widerftände auszuführen find, mit Benußung einer
ausreichenden Arbeitäquelle in Bezug auf Nichtuna,
Maß und Zeit fo vor Fi gehen zu lafjen, wie dies
von einem beliebigen Standort aus vorgezeidhnet
wird. Hierher gebören die Regulatoren, die Mecha:
nismen zur Lenkung von Torpedos u, ſ. m.
Nelaps, ſ. Rüdfall.
Reläta reföro (lat.), Ich erzähle das Erzahlte
wieder (ohne die Wahrheit zu verbürgen).
Relation (lat.) nennt man in der Logik den
jenigen Gefichtspunft für, bie —— der Ur:
teile, wonach diejelben je durch die Beziehung
&aralterifiert werden, welche zwiſchen Subjekt und
Vrädilat behauptet werden foll. Dieſe Einteilung
iſt die erfenntnistheoretiich wichtigfte und mehrfach
als die allein berechtigte bingeftellt worden. In
der durch Kant üblidy gewordenen Scultradition
werben die Urteile nad der R. in lategoriſche,
hypothetiſche und disjunftive eingeteilt, denen als
Formen der Beziehung die Kategorien der Subftan:
tialität, Raufalität und Wechſelwirkung entſprechen.
Im allgemeinern Sinne beißt Relation jede
Beziehung zwiſchen Dingen oder Begriffen.
Relativ (lat.) ift dem Abfoluten (f. d.) entgegen;
efeht und bezeichnet das nur beziebungs: oder ver:
hältnismeife Beitimmte und Gültige, Die Erde
it z. B. relativ groß gegen den Mond und relativ
Hein gegen die Sonne. Relative Begriffe find
Nelativum — Neliefdrud
demnach Solche, die erft aus der Vergleihung eines
Gegenftandes mit einem andern oder aus der realen
Beziehung desfelben zu einem andern entipringen.
Daraus ergibt ſich, daß alte die Cigenſchaften, welche
wir den ei zuzujchreiben pilegen, namentlich
die ſinnliche Qualität, nur relative find, welche ihre
Relativität dann auch in ihrem Wechſel und ihrer
Beränderlichkeit pn objektiven Ausdrud bringen.
Nelativum (lat.) ift die Bezeihnung für Pro:
nomina oder von ihnen abgeleitete Adverbien, welche
Säge fo verbinden, daß der vom R. eingeleitete ala
Nebenjak (in diefem Falle Relativſah genannt)
empfunden wird. Die Beziehung, weldye das R
j dem Hauptiake ausdrüdt, fann ehr verſchiedener
rt fein: adjeltiviſche Beſtimmung eines Sapteils,
k B. se, welche ſchwarz find, heißen Rappen»,
ft foviel wie «Schwarze Pferde heißen Rappen»;
Drtsbeitimmung , z. B. der Ort, wo ſich die Wellen
brechen u. ſ. w., Zeitbeftimmung, Art und Weile
u. ſ. w. Ohne weitern Zuſaß verfteht man unter
N. gewöhnlich die Pronomina relativa. Dieſe find
elbit in nahe verwandten Sprachen oft verſchiedenen
rivrungs und verjdiedener Grundbedeutung; die
vergleichende Grammatik hat aber feitgeftellt, daß
alle Pronomina relativa urfprünglic entweder De:
monftrativ» oder Fragepronomina waren, m
Deuiſchen find beide Arten vertreten; «der» in
Eäpen wie «wohl dem, ber frei von Schuld und
Dehle» ꝛc. iſt dasfelbe Wort wie der Artifel oder
das hinzeigende «der» = «biefer»; «welder» lautet
abd, we-lih, got. hvi-leiks und bedeutet «wie be:
f Ben «was für einer»; «wer» wird bei uns
als Fragepronomen und ald R. gebraudt (3. B.
«wer nie jein-Brot mit Thränen ab» ıc.),
Nelagantia, |. Erſchlaffende Mittel.
Relegation (lat., d. i. Berweilung) war im
röm. Rechte jeit der Raiferzeit eine leichtere Frei:
iu bei weldher dem PVerurteilten ein ent:
ernter Aufenthaltsort auf Zeit oder auf die gange
Lebensdauer angewiefen ward. Bürgerlider Tod,
wie bei dem alten Eril (f. d.) war damit nicht ver:
bunden, vielmehr behielt der Relegierte feine Bürger:
und Ehrenrechte. Dadurch, dab die Strafe an einem
Drte bes Reichs zu verbüßen war, unterſcheidet fie
fih von der in neuern Zeiten üblich geweſenen
Landesverweiſung. (©. BEER Gegen:
wärtig bezeichnet man mit R. hauptſaächlich die
Megweiung eines Studierenden von der Univer:
fität wegen gröberer 2— (S. Consilium
abeundi.) Die geſchärfte N. mit Ehrloſigleit
(cum infamia) ijt aus den alademiſchen Geſehen
verſchwunden, > hat die Strafe dadurch an Härte
zugenommen, daß die —— eines Relegierten
au) andern Univerfitäten ſehr erichwert *
elevant, erheblich; Relevanz, Erheblichkeit.
Relief (d, i. Erhöhung) üft die erhaben oder ge:
böht auf einer Fläche aufliegende Aunftarbeit. Sie
ft Arbeit des Bildhauers wie des Modelleurs für
die verſchiedenen Zweige der Kunftinduftrie. Man
a er drei Arten des R., je nad) dem Grade
der Höhung: das Flachrelief, Basrelief
(ital. basso rilievo), wobei die Erhöhung weniger
als die Hälfte des runden Körpers beträgt, das
—384 Hautrelief (alto rilievo), mit mehr
als der Hälfte der Nundung, und zwiſchen beiden
in der Witte das Mezzorelief mit der Hälfte der
—— Eine Nebenart übten die Ügypter, in:
dem fie die Contouren in die Tiefe der Ylädhe ein:
ſchnitlen, ſodaß die höchſten Punkte des R. nicht
Eonverfationd» Lerilon, 13. Aufl, XIII.
609
über die der Fläche hinausragten. In eigener Art
behandelten die Ajiyrier das Flachrelief, indem fie
rings die Contouren fteil abfallen ließen und das
R. nur Ka bewegten, ſodaß gewiffermaßen
laͤche auf Fläche lag. Auch die Griechen waren
Meilter in der Behandlung des Flachreliefs, re
neten fü
aber auch ebenjo im Hochrelief aus, fo
auf den R. des Phidias am Parthenon. Die Nö.
mer liebten vor allem das mächtig wirlende Hoch—⸗
telief, wogegen bie feine Kunſt der Frührenaiſſance
wieder Vorliebe für das Flachrelief hatte, im Ge:
genlab egen die gleichzeitige Gotik, welche in ihre
ltäre die Figuren im Hochrelief oder Vollrand
hinſtellte. = die fpäte Nenalffance und die Ba:
rodzeit bedurften zu ihrer Träftigen Wirkung befons
ders des Hochreliefs.
Da das N. an ſich nur mit Licht und Schatten
wirlen und nur beichräntt ſich * itive be:
dienen fan, alſo nur beſcheidene Mittel beſiht, fo
mußten feine Figuren Har nebeneinander oder
hintereinander geftellt werben. Aus diefem Grunde
it dem R. in der Hegel die Figurenfülle und die
maleriſch freie Wirkung verfagt. selbe hat
ftrengern Geſehen zu folgen als die Malerei. Doc)
gibt e3 N., die beides haben, Figurenreihtum und
malerische Wirkung, und doch ſehr ſchön und reiz:
voll find, fo 3. ®. die Alabafterreliefs am Grabmal
des Kaiſers Mar in Innsbruck. Die Wirkung und
die Natürlichkeit zu erhöhen, haben denn aud) alle
——— bis auf die Renaſſance die R. (wie
die Skulpturen überhaupt) natürlicherweife be:
malt, Es war lange Streit barüber, der nun zu
Gunften der Polychromie entichieden. Die Renaif-
fance hörte auf, ihre Skulpturen und R. zu färben,
da fie die antilen Marmormwerte, welche in der Erde
ihre Farben verloren hatten, ohne Farben auffand.
Sie nahm die Farblofigfeit ala Eigentümlichleit der
riechiſchen Kunſt, die eg ge der legten Jahr:
Kunden find dem gefolgt, bis erft in allerjüngfter
eit ſich ——* e u e nad) der — ***
rung wieder erhebt. Iſt die Darſtellung des R. in
Berug auf die Wirlung in ag mit der Malerei
beichränft, fo dod nicht in Bezug auf die Gegen:
ftände; innerhalb feiner Grenzen ftellt das R. figür:
liche Scenerien, Ornamente, felbft Landſchaften dar,
und findet Anwendung als freies Stulpturmerf oder
in der Architeltur oder in der Kleinlunſt, ſowohl in
Stein, Metall, Holz, Elfenbein, Wachs u. i w.
Zu den N. gehören auch die Münzen, Medaillen,
geſchnittenen Steine, Stempel und Siegel,
Neliefprud (Brägedrud) heibt das Ber:
ahren, mittels deſſen man auf der ebenen Papier:
äche in der Preſſe erhabene Verzierungen anbringt.
ie erften Proben des R. gaben die Bapierborten,
wo man auf ftarfem Gold: und Silberpapier er:
abene Mufter erzeugte. Diefe waren Hy einer
[je vertieft eingegraben, und eine mit hartem
Leder oder Blei umlleidete Gegenwalze drüdte beim
Durchgehen des Papiers diefes in die Gravirun
der Walze. Sehr bald lam man von hier aus auch
auf die fibertragung foldher Berzierungen au
röbere ebene Flächen, z. B. bei den ein für die
artonnagen u. f. ıw., führte dieſelben aud) in Leber
für Bücherdedel aus und rief daburd eine Kunſt
wieder ins Leben, von welcher wir Ken auf den
ernamentbänden des 16, und 17, Ja in Proben
nden. Später bemädhtigte ſich der Buchdruck und
r Steindrud diefer neuen Kunft, und es iſt in der
neueften Zeit Ausgezeichnetes darin geleiftet worden,
39
610
Außerdem hat man auch danach geitrebt, dieſe Kun
nüglich iu — ie man Zandlarten un
Stäbtepläne en relief drudte. Bauerleller in Bas
ris = Kummer in Berlin haben darin das meifte
elei —— Anwendung findet der R.auch Gru
Bei pieren al3 Trodenftempel und beim Iop-
Blindendrud, da die Blinden ftatt der Augen a
Fingerfpiken beim Leſen benuben und deshalb greif:
bare Buchſtaben haben müfjen.
Nelieffopiermafchine, Reliefmanier, i. u.
Collas: Manier.
Religion (von dem lat. religio, das die F
—— S vor der Gottheit bedeutet)
jeich net im allgemeinen die lebendige NY
es
iehung
—2 Selbſtbewußtſeins auf das
ottes⸗
bewußtſein, welcher das thatſächliche, durch innere Sein
Grfahrung und ötigung inne gewordene Berbält:
nis zu Orunde liegt, in welchem der menſchliche
Seit; zum göttlichen jteht. Lange bevor der Menſch
ein ausdrüdliches Nachdenlen — Verhãltnis
zu richten vermag, äußert fi die R. in dem uns
willkürli gg [ feiner Ab 0
—— * pie ed un —* in ihrer
A Erg in fol) — ——
zu dieſer Macht ein ſolche einzug
das un ‚den Beiltand berjelben zu
Ab ie ihm bei — Ibeeen eßten Verhalten
zu ihr droben, von ihm abzuwenden vermag. Die
eriten religiöfen Regungen entfpringen — aus
dem Bewußlſein der Endlichleit und Beſchränltheit
alles menſchlichen Lebens, werben aber zu wirkllich
get Regungen immer erft unter ber Voraus:
jegung, daß der Menſch die Abhilfe für die inne
gewordenen Leben
eit von einer
shenimungen weder ım fich ſelbſt,
noch in der ihn umgebenden Welt, fondern in einer
höhern Macht fucht, bie er — perſonifi⸗
jiert, um ein verjönliches Verhältnis zu ihr ein:
geben zu können. Schon auf der niederiten Stufe
des religiöjen Bewußtſeins iſt es baber nicht ein
einzelnes Naturweſen felbit, welches der Menſch
verehrt, fondern eine darin nur erfcheinende höhere
Macht. F AL und Fetiſchismus.) Die
eiltige Macht, deren einung in ber Natur ber
Some verebrt ibm aber als folche immer
Bewutiein, als vn nes Leben
—* s mit geiſtigem Gehalt erfüllt ie Götter,
welche der Heide anbetet, find jelbft enbliche Weſen
perjonifizierte Naturmäcte oder (höher hinau
Kräfte des Geiſtes, menſchenähnlich vorgeſtellt und
leineswegs frei von allerlei ſtommenheiten
und Mängeln; aber der —— tt fie doch über
ſich felbft und alle i Dinge hinaus
und fteigert ihre — mmen Ti in jelben
Maße, als fen Selbjt: und Weltbewußtjein —*
weiter entwidelt. In tauſend Fällen, in wel
der Naturmenſch an ein —— Eingreifen
der Götter glaubt, erkennt eine fortgeſchrittene Gr:
fenntnis natitrliche Vorgänge; aber das Göttliche,
von dem man ſich abhängig fühlt, rüdt nur ——
binauf, das —— bt jelbjt aber wird
leineswegs ſchwächer aubt dann nicht
mehr, daß die Gott ei — im Naturleben,
als Einzelnes neben —— u erjcheint,
aber man fühlt fi gedrungen, über den ganzen
Bereid bes erichrinenben Daſeins, um die Gott:
r fo weit zum
* —— finden, hinauszu 2 und ben ganzen Ra:
ir — — ur! und Beitelauf —— ag
i bängig n:
Derangeseifte Men fann fi) mit einer Gott:
Nelieflopiermajhine — Religion
beit, die jelbft nur ein relativ e
wäre, nicht begnügen, |
nftes Endliche
onbern
nee er alles enbliche, in Raum und
ſich erit,
it exiei
n par feinen ichen und +
t, und diefer :
enden bi bin, ber arte ——
ein lommt, liegt unbewußt
religi In Hegungen zu Or
F Mean Or nen
— BIER DIE CE BE et gründet glauben in
öhern Sein, in, das wir als end»
Er in unferer Endlichleit ter a
ihen begabte Weſen nur als da
— Fi —— Weſen — ng Slechthingei
begreifen verm o geht er
allen ihren formen aus dem Streben ber Seibte
behauptung des Menſchengeiſtes
äußern Naturgewalt und au& dem —e— einer
Weltanfhauung hervor, we enſchlichen
——— mit der thatſã rn
des Menſchen verlöhnt. Je nachdem nun das
Welt: und Selbftbewuhtfein des Menſchen noch
unmittelbar am. ———— Daſein haftet
oder bereits geiſtigen und fittlichen
ober | nen bat, neitaltet ru — rn
Glaubens ——
—— entſpricht die —— —*
herangereiften Seh tesleben die geifti dam er et:
wachten von ey die —
der — an 2 a
ei nte J
auf —28 dritten pn la Site de3 Guten
In der Naturreligion feht der Menſch mur ein
finnliches Woblergeben, in der ich
die Güter der geiftigen Aultur, in der fi N.
vor allem die Ordnung ber fittlichen Welt und ben
Frieden des eigenen Gewiſſens —
Gottheit und ſeinem Verhalten zu ihr
auf der Stufe der ſittlichen R. unterj fh
die Gejehesreligi on und die R. ber und
Erlöjung als Borftufe und ala Vo ufe.
Steht auf jener der göttliche Wille dein menſchlichen
noch äuferlid gegenüber als von * her
offenbarende, gebietende, lohnende —
Macht, ſo iſt auf dieſer der Gegenſatz au gehoben
und der göttliche Geiſt im Menſchengeiſte
wärtig, als die —* beſeelende, durchwa
und mit ſich verjöhnende unendliche Liebe, &
ſchichtlich betrachtet „gebört die be an, wie Denn
den Kindheitsalter der Menfhheit an, wie
alle Mythologie —— * Naturjymbo
beruht und exit allmählich geiftige — in 6
aufnimmt; das llaſſiſche —— Griechen
und Kömer ſteht tufe der
peifigen R., doch jo, daß —— die urſprũng
liche Raturreligion den Hin bildet, ande⸗
rerjeitö das erwachende —355 ein its
Glemente der Geichesreligion in aufnimmt,
> —* 2 —— —*— Br ah
ekesreligion, in der Prophetie
binausweifend zu der Rah Leptere
—— prinzipiell im Chriſtentum (j. d.), der volllom⸗
öjungsreligion, erreicht.
"ae ae ũmliche Wert einer R. wird durch die
— * A berjelben eritrebten Güter
und durd) Maß beitinnmt, in welchem fie ibren
Belennern ud Belig jener Güter zu fihern weis.
Das allen Religionen zu Grunde de Streben
Neligionsedift —
nad Selbitbehauptung des Menſchengeiſtes gegen: |
über ber Naturgewalt kann aber nur "a dem *
erreicht werben, als der Menſch ſich als fittliche,
durd ein fittliches Geſeß verpflichtete Berjönlichkeit
erfennt, fittlihe Güter erjtrebt und den —
Weltzwed in einem Reiche ſittlicher Hari findet.
Wiederum der fittlihe Zwed des Menichen kann
nur erreicht werden im der Abhängigleit von einer
höhern Willensmacht, welche nicht bloß die fittliche
Melt und die Naturwelt ala Mittel zum Zwede
für jene georbnet bat, fondern aud) dem ſchwachen
und fündigen Willen des Menſchen die Kraft zur
Berwirllihung des fittlihen Weltzweds verleiht.
Beibes iſt erjt im Ehrijtentum ber Fall, welches als
bie volllommen fittliche Religion nicht bloß Ge:
ſetes⸗ jondern Gnadenreligion iſt.
Zwiſchen R. und religiöſer Vorſtellung muß
ſorgfältig geſchieden werden. Erſtere beſteht ebenſo
wenig aus einer beſtimmten Gattung von Hand:
lungen af3 in einer Summe fertiger Wahrheiten,
die man etwa (nad orthodorer Lehre) auf Autorität
bin anzunehmen hätte oder, wie ber Nationalismus
(1.d.) meinte, aus reiner Vernunft zu gewinnen ver:
möchte, Sie ift vielmehr, wie beſonders Schleier:
ma ausgeführt bat, ebenjo wenig. ein Wiflen
als ein Thun, fondern gehört dem Gebiet «des un:
mittelbaren Selbſtbewußtſeins⸗ oder der innern
—— an und kommt thatſächlich immer nur
als eine bleibende Beſtimmtheit unſers Gemüts:
lebens zur Erſcheinung. R. iſt Sichwiſſen bes
menſchlichen Geiſtes in ſeiner Beziehung auf den
göttlichen Geiſt, eine unmittelbare Gewißheit des
menſchlichen Subjelts von dem Verhältnis ſeiner
elbſt zu Gott und ein dieſer Gewißheit entſprechen⸗
er innerer Antrieb, das ganze Leben zu Gott in
Beziehung zu ſehen und mit Gott immer pölliger
eins zu werden. Als zuſtändliche Beſtimmtheit des
Gefühls iſt fie Frömmigleit oder Religioſität,
als innerer, auf unmittelbarer Gewißheit ruhender
Antrieb Glaube (ſ. d.). In erſterer Hinſicht iſt fie
ein Innewerden und Empfinden bes Göttlichen in
feiner —— auf und und unſers dadurch be:
bingten Heils; in lepterer Hinſicht ein auf dieſe
Erfahrungen des innern Lebens gegründeter Zug
zum Unenblichen und Emwigen hin. Vermöge des
ungertrennlihen Zufammenbangs aller geiftigen
Funktionen untereinander geht die R. aber ebenfo
notwendig, wie ihr thatfählier Erfahrungsgehalt
im Gefühlsleben ſich darftellt, teils in die Grfennt:
nis, teild ind äußere Handeln über. Die religiöfe
enntnis ift zunächft kein objeltives, ſondern ein
fubjektives Willen, nicht Wiffen um Gott und gött:
lihe Wahrheiten an jib, fondern ein Willen um
uns felbit in unferm Verhältnis zu Gott. Mit
dem Objekt der —— Grienntnis ift daher bie
—— des Gegenſtandes auf uns ſelbſt, auf
unſer perſönliches Selbſtbewußtſein unmittelbar
zugleich geſeßt, und erſt dieſe Beziehung verleiht
dem Gegenitande das Gepräge eines religiöjen Cr:
tenntnißobjelts. Sofern aber das religiöfe Be:
wußtſein des einzelnen feine beftimmte Geſtalt
immer erjt durch die gejchichtliche Gemeinschaft er:
hält, welder der einzelne angehört, können bie
geiligen Güter, welche die R. ben Belennern ver:
mittelt, obwohl fie an ſich nichts Gefchichtliches
find, doch immer nur infofern zu Gegenſtänden der
innern ————— als ſie auf geſchichtlichem
Wege ſich dem Bewußtſein erſchließen. Eine R.
ohne Geſchichte und geſchichtliche Grundthatſachen,
Religionsfreiheit 611
in denen die Gläubigen eine göttliche Offenbarung
anerfennen, ift eine leere Abſtraltion. Aber alle
Vorjtellungen, welche ein Ewiges in der Weiſe
eines räumliden und zeitlichen Geſchehens auf:
faflen, find dennod nur bildliche oder mytholog.
Hüllen. Daher bat noch jede R. notwendig eine
—— erzeugt (auch die orthobor:chriftl. Dog⸗
matil ijt durch und durch mythologiih), anderer:
feit3 bat fich wiederum feine irgend ausgebildete
R. dem Anfprud auf Scheidung ihres bleibenden
eiftigen Gehalt3 von feinen wandelbaren An-
—J—— und Vorſtellungsformen entziehen kön:
nen. Einem ähnlihen Läuterungsprozeiie wie das
religiöfe Vorjtellen hat ſich auch das religiöfe Han-
bein \yu unterwerfen, wenn e3 feiner zufälligen,
allein\auf das fubjettive Gewiſſen geftellten Be:
ftimmtheit entnommen und zu einem Thun von
objettivem, allgemeingültigem, fittlihem Werte
erhoben werben joll,
Dal. K. Schwarz, «Das Wefen der R.» (Halle
1847); O. Bfleiderer, «Die R. ihr Wefen und ihre
Gejcichte» (2 Bbe., Loz. 1869); derfelbe, «Die Re:
—— — auf geſchichtlicher Grundlage»
(Berl. 1878; 2. Aufl. in 2 Bon., 1883 u. 1884);
E. von Hartmann, «Das religiöfe Bewußtſein der
Menichheit» (Berl, 1882); Herrmann, «Die Reli
ren ‚im Berhältnis zum Weltertennen und zur
ittlihleit» (Halle 1879); Lipfius, «Bhilojophie
unb Religion» (Lpz. 1885).
NReligiondedift nennt man eine bie Religion
und ihre Ausübung im Staate betreffende —
leitliche Verordnung. Am belannteften find fol:
gende Neligionsebilte: 1) Das Religionsedikt
von Mailand, in welchem 313 die Kaiſer Kon:
ftantin und Liciniüs in Ergänzung eines frübern
Edilts von Rom 312 für das ganze Römifche Neid,
die Duldung aller Kulte ausfpraden. 2) Tas
Wormſer Edikt 1521, das in den fchärfiten
Ausdrüden gegen Luther und deſſen Anhänger die
Reichsacht Eee 3) Das Edilt von Nantes,
1598 von Heinrich IV. erlaffen, wodurch den Huge:
notten völlige Freiheit, der Heli ionsübung und
die unbebingte bürgerliche Gleichitellung mit den
Katholiten gewährt wurde (mieber aufgehoben
1685). 4) Das Wöllnerfche Religionsedikt,
9. Juli 1788 von König Friedrih Wilhelm IL von
Preußen erlaffen und von feinem Minifter Wöllner
verfaßt, in weldyem ala —— gegen den Na:
tionalismus ben Geiftlihen jede Abweichung von
ben Belenntnisfchriften in Lehre und Predigt. bei
Strafe der Amtsentſeßzung verboten wurbe (wieber
— 1797 durch Friedrich Wilhelm III.).
eligiondeid, j. Slaubendeid. _
Neligiondfreiheit herricht dort, wo nicht nur
jebe Religionsgejellihaft von Rechts wegen öffent:
ih Kultus üben barf, * daß der Religion wegen
ein Unterſchied in dem Genuß und der Ausuübung
ftaatsbürgerlicher Rechte ſtattfindet, ſondern mo
auch eg einzelne berechtigt ift, fich jeder ihm zu:
fagenden, oder auch gar keiner Religionsgeſellſchaft
anzujchließen und feine — über reli:
gioie Dinge durch Schrift und Wort zu beurkunden.
ie fteigende Einſicht in die weſentlich verjchiedene
Aufgabe der ftaatlichen und der religiöfen Gemein:
ſchaft hat in neuerer Zeit die völlige Durchführun
der R. immer unabweisbarer gemadt. Natürli
hat fie ihre Schranfe im Staatszmwed felbft, daber
die Obrigfeit fi) jederzeit das —5*8*— über
die beſtehenden religiöjen Gemeinſchaften und die
39 *
612
Machtvolllommenheit vorbehalten muß, die Gren:
zen zwifchen Kirche und Staat durch ftaatliche Ge:
jehgebung zu ordnen, die freie Bewegung ber ein:
zelnen en ger in diejenigen Schran:
fen zu fügen, welche die Gleichberechtigung der ver:
Ichiedenen Belenntniſſe und die Rüdfichten auf das
Staatswohl erfordern, und nötigenfalls ſolche Re:
linionsgeielliaften, welche die bürgerlihen und
fittlihen Grundlagen des modernen Staatslebend
bedrohen, zu verbieten oder zu unterbrüden. An:
dererjeitö hat allerdings der Staat auch ein N
terejie daran, daß die Neligion als Grundlage der
öjfentlihen Moral geihnpt und gepflegt werde,
daher er ebenfo wie den libergriffen einzelner Kir:
dien und ihrer Priefterfchaft auch der Berbreitung
religionsfeindlicher Tendenzen zu wehren verpflichtet
ift. Aber fo wenig der Staat felbit für eine reli-
giöſe Meinung Partei ergreifen darf, fo wenig ift
e3 feine Aufgabe, den religiöfen Wert dieſer oder
jener Glaubensweife zu beurteilen. In den meilten
Staaten Europas, welche überhaupt die Ausübung
verichiedener Religionen geitatten, iſt diefe Erlaub:
nis nur auf die öffentlich anerfannten ——
gionsparteien beſchränlt 6 Konfeſſionsfreiheit)
doch genießen in den meiſten europ. Staaten aud
die Juden volllommene Gleichheit vor dem Gefeh,
und in Nordamerifa gewährt der Staat allen Be:
fennern eines einigen Gottes diefelben bürgerlichen
und polit. Rechte, In einigen Ländern Europas,
wie in Spanien, war bis in bie neueften Zeiten
herab nur eine einzige Kirche zur freien Religions:
übung berechtigt, und in verichiedenen füdamerit.
Etaaten find nod heute alle andern Religionspar:
teien außer der berrichenden Kirche vom Staats:
gebiet —— Doch iſt in Spanien noch heute
nur der lath. Kirche die öffentliche Religionsubung
erlaubt. Weniger als R., aber in derjelben inbe:
griffen, ift die Gewifjensfreibeit (f. d.). Der Kampf
um Religions: und Gewiſſensfreiheit ift in der Ge:
ſchichte aller Weltreligionen mit Blut bezeichnet, und
* die chriſtl. Religionsgeſchichte hat (Juden:
verfolgung, Keherprozeſſe, Inquiſition, Auto de
At u. |. m.) Greuel dieier Art genug aufzuweiſen.
erft die fortſchreitende Aufllärung hat die gröbften
Auswũchſe religiöfer und kirchlicher Intoleranz be:
feitigt. Bol. Bluntichli, —* te des Rechts der
Mir wi Belenntnisfreiheit» (Elberf, 1867).
‚ Religionsfriede iſt der — Name für
eine Reihe von Berträgen ſeit der Reformations—
eit, welde die Rechte der evang. Stände im
eutfchen Reiche ſicher ftellten. Der erfte diefer
Verträge it der ein Jahr nah Gründung bes
Scmaltaldiichen Bundes dem Kaiſer Karl V. durch
Zürlennot, Franzoſenlrieg und Mifhelligleiten mit
dem Bapite abgenötigte Nürnberger Reli:
giondfriede (1532), der proteftantifcherfeits
23, juli unterzeichnet und von dem Kaifer 2. Aug.
in Regensburg beftätigt wurde. Durch diefen
grichen ir die Proteſtanten nichts, als was
ie ſchon thatſächlich bejahen, und dies nicht ge:
willer, als fie es ſchon hatten, der Kaiſer aber
alles, was er wünfchte, nämlich die VBerficherung,
daß er nicht angegriffen werden würde. Da Karl V.
die — — feines Plans, die Reformation in
Deutihland zu unterdrüden, immer wieder auf:
ſchieben mußte, wurde der Nürnberger Friede in
den J. 1534—45 fechömal von neuem bejtätigt, bis
der 1544 zu Crespy mit Frankreich geſchloſſene
Briede dem Kaiſer den Angriff auf die Broteftanten
Religionsfriede — Neligionsgefprädhe
unter dem Vorwand ihrer Nichtbeichidung des nad}
Trient ——— — —— re Aufle
nung gegen die laiſerl. Befehle ichte.
rend die prot. Stände in Unentafın
Vereinzelung verharrten, begann der Kaiſer ſieg⸗
* * Kampf —* era er
vielleicht ausgero N, m
Kurfü or von Sadjien Ahr entgegens
eftellt. Auf dem —— aſſau vers
angte Morig uneingeſchränlte Religionsfreiheit
für die evang. Reichsſtände, Loslaſſung des N.
— Landgrafen Abilipp von Helfen und Abs
tellung aller Befchwerden in der zeitherigen Res
ierung des Reichs, und der Kaiſer mußte diefe
dingungen im Paffauer Bertrage 31.
1552 im wefentliden annehmen. Die eigen
Unterbandlungen begannen auf dem ——
Augsburg, infolge deren nad) langem S tendiich
der Augsburger Religionsfriede 26. Sept.
1555 zu Stande fan, u desjelben follte von
beiden Seiten kein Helge and wegen feiner Reli⸗
gion und Kirhengebräude angefochten werden;
eligiongftreitigteiten follte man nur durch
liche, ——— und friedliche Mittel und
usgleichen; die biſchöſi. Gerichtsbarkeit wurde
Beziehung auf den Glauben und Gottesbienft ber
ug chen fuspendirt, die freie Auswanderung
der Unterthanen der Religion getatet;
endlich follte diefer Friedftand ftets eh ı unver:
brüdlid gehalten werden wenn fein
au
Mittel ein Religionsvergleich » Stande
Nur zwei Punkte waren es, welche noch einen
nädigen Streit veranlaften. Die Bro ten
verlangten nämlih, daß es auch den
Ständen freiitehen follte, zur Augsb Kon:
eſſion zu treten; die Katboliten erllärten,
Wi diefe infoweit —— mirden, al jeder
Geiftlihe, der zur prot. Lehre ‚, feines
Amts und Standes ipse jure et facto verluftig
wäre, Dielen Punlt nannte man, weil ihn bie
Katholilen ſich als Vorrecht bebielten, den geift-
lihen Borbehalt (reservatum ecclesiasticam). Der
zweite Punkt betraf die Frage, ob die evang.
thanen der geiftli —— die Religio
enießen jollten. Kaiſer Ferdinand
ie von ihrem Glauben und Gottesdi nicht
drungen, jondern bis Ai chriſtl. Verglei der
eitigen Religion in Ruhe gelafien werben f
Mit diefen Dehlumangen über die beiden
Siehe mit dem —— Die
ede mi e €
reform. Kirche erhielt erft im Werhäli
. d.) mit der lutheriſchen gleiche Bal.
ante, «Zur deutichen Gelhichte, von R. bis zum
——* rigen Siriege» (Lpz. we
Religiondgefprahe werden in der Kirchen
geſchichte vorzügsweiſe die von der Staatögewalt
veranjtalteten öffentlichen theol. Disputationen
— * zur ——— Rise
puntte zwifchen namhaften Vertretern der ftreitens
den Teile veranftaltet wurden. Sie waren na
mentlid von 16. Jahrh. an ein oft, aber
mit Erfolg verfuchtes Mittel. Unter die
Geſpräche der Art gehört das 1529 auf
tung des Landgrafen Philipp von Hefi
burg gehaltene, wo die wittenberger und
Theologen über die meiften Lehren, nur
das Abendmahl einig wurden, und das auf
laſſung König Ferdinands I. 1540 zu Negendburg
Religionsphilofophie — Neligionsverbreden
zwifchen evang. und fath. Theologen, aber ebenfalls
vergeblich, veranftaltete Geipräd,. Über die in der
Schweiz zwiſchen Katholilen und Reformierten
veranftalteten R. f. Reformierte Kirche. Im
17. Jahrh. iit befonders das von den Neformierten
— leipziger NR. von 1631 zu erwähnen, Fe
we
es jedoch, wie das laſſeler von 1631, am ber
Eng aigfeit r Theologen fcheiterte. Zu langen
—30 eiten gab auch das Geſpräch zu Thorn
1645 Anlaß, das König Wladiflam IV. von Polen
veranftaltete, um Katholilen, Proteftanten und
Reformierte in feinem Neiche zu einem friedlichen
Bertrag zu bringen, ,
Neligionsphilofophie nennt man bie willen:
chaftliche Erkenntnis des allgemeinen Weſens der
Religion, ihrer piychol, Geſehe und ihrer geichicht:
lichen Eriheinungsformen. Als ein Gegenitand
geiſtiger Erfahrung kann die Religion ebenjo wie
alle anderweite Erfahrung zum Objelt philoſ. Un:
terfuhung gemacht, und teils kr ihrer Berwirf:
lihung im menſchlichen Geiſte als frommes Selbit:
bewußtiein, religiöje® Boritellen und —*
Thun, teils nach dem geiſtigen Gehalt, der in ihr
niedergelegt iſt, betrachtet werden. Die Voraus—
feßung bierbei aber iſt die, daß bie Religion ſich
nad Form und Inhalt als ‚wirkliches geiftiges
Eigentum des Menichen, oder als pſychologiſch ab:
h eitende3 Erzeugnis einer wirklichen, innermenſch⸗
ichen Gntwidelung begreifen laſſe, nicht aber nur
von auben ber in den Menſchen ei hineingelegt,
auf ſchlechthin übernatürliche il emjelben mit:
geteilt und anvertraut ſei. Eine R, gibt es ftreng
genommen erft dann, wenn das Bewuhtiein über
den äußern Nutoritättglauben und die Voritellung
von einer wunderbaren an gg ber Menſchen
durch Gott binausgeichritten it, und man bie reli⸗
giöfen Glaubenzjäge nicht ald etwas Fertiges, Um
antaftbares, ſchlechthin von oben ber Gegebenes
verehrt, fondern im Zuſammenhange mit allen
übrigen Griheinungsformen des religiöfen Lebens
in im Keiprunge und Gntwidelungsgange ge:
ſchichtlich veriteben will, Hiermit ift die Anerlen—
nung eines Gmwigen, Allgemeinen und Göttliden,
das —* in dem Wechſel religioſer Anſchauungen
und Kultusformen geltend macht, fo weni nie
Karolin. daß man vielmehr die per lichen e⸗
lten des 2 Lebens nur durch Zurüdgehen
auf die in der Geſchichte waltenden (nicht aber von
au r sus under in fie bineingelegten) und
in ihr fi offenbarenden göttlihen Ordnungen
richtig zu würdigen vermag. Wie das religiöfe
Se elbit ein weientlihes Moment im geiltigen
Leben der Menſchheit —— ſo bildei die R.
einen weſentlichen Beſtandteil der Geiſtesphilo—
I ie. Von ber —2*6 Theologie unter:
* tfie I nicht oh urch ihren Gegenitand,
als dur ihr rein philoſ. Intereſſe, indem fie die
Griheinungen bes religiöfen Lebens nicht wie jene
als Objelt der religiöfen Selbitertenntnis in der
Gemeinihaft und im unmittelbaren Dienfte der
Frommigleit, fondern rein als ein Objelt theore:
—5 — iſſens behandelt, womit aber weder aus⸗
ei loſſen ift, dab das religionsphilof, Denten
bit vom religiöfen Geiſte —— ſein
müfje, noch dab umgelehrt die theol. Arbeit ſich der
Form nad immer mehr der philoſ. Behandlungs:
weile annähere. Zur allgemeinen Religionsge⸗
ſchichte endlich verhält fi die N, wie beren prin:
zipieller Teil zur empirischen Ausführung. Eine
1840)
s taphon
—— — — — — — — — — — —— — — — — — — — — — — — nn nn — — ——— — — —
613
gründliche religionsphiloſ. Bildung wird immer
das beite Schupmittel bleiben jowohl gegen fou-
veräne Geringihäpung der Religion im vermeint-
lichen yereile der Aufllärung oder wiſſenſchaft⸗
lihen Bildung, als aud gegen ein engberziges
itbindenwollen des religiöien Bewußtſeins an
irgend eine zeitliche Zuftändlichkeit, im mißverftan:
denen Intereſſe der Froͤmmigleit.
Bermöge des eigentümlichen Weſens dieſer
Wiſſenſchaft iſt fie felbit erft eine Frucht der neuern
Philoſophie. Wenn freilich aud die in ihr behan-
delten Öegenftände von alters ber die benfenden
Geiſter beichäftigt haben, fo geſchah dies doch noch
nicht in wirllich philoſ. Meile. Weder die pbilo:
ſophiſch * Spelulationen der Gnoſtiler,
noch der. jud. und chriſil. Alexandrinismus, troß
der —— desſelben von platoniſcher Thilo:
ſophie, N. im ſtrengen Sinne des Wortes ge:
weſen. Noch weniger war bie mittelalterliche
Scholaſtil, die nur die objeltive —2* des lirch⸗
lichen Dogmas durch ſcharfſinnige Reflexionen er:
weiſen wollte, noch die der Scholaſtil ſehr ver⸗
wandte altprot. Dogmatil im Stande, ſich auf den
— * Standpunlt zu erheben. Der erſte
wirlliche Verſuch einer R. bie Kantſche «Reli:
en ‚Innerhalb der Grenzen der bloßen Bernunft »
Königsb. 1793). Diefelbe hat: e3 freilich mehr mit
einer — — der chriſtl. Glaubenslehre auf
die derſelben zu Grunde liegenden allgemeinen
been, ald mit einer wirklichen Grörterung des
ſens der Neligion und. ihrer philoſ. Gricei- _
nungen zu thun. Gine fpelulative ——
der religioſen Idee hat in großartiger Weile Hege
in feinen epodemadenden — über die
Bhilofophie der Rel gion» (2. Aufl., 2 Bbe., Berl.
eben, doch konnte es ihm auf feinem me:
en rg rg ebenio wenig gelingen,
das eigentümliche Wejen der Religion, nod ihre
geſchichiliche Entwidelung richtig zu beftimmen,
und namentlich feine philoſ. Konſtrultion bes
—— leidet an dem Grundgebrechen einer
durchgängigen — Dez religiöfen Ideen in
metaphoftice Begrifie, rſelbe Mangel haftet
ben meiſten neuern religionspbilof. Arbeiten ber
Seaclihen Schule, aber auch den umfallenden
erlen von Weihe, Schelling und Biedermann an,
Den Grund zu einer echt piychol, und hiſtor. De:
bandlung der R. hat Schleiermacher (j. d.) gelegt,
welcher namentlich den Unterſchied des religiöjen
und des philoſ. Griennens zuerjt feitgeitellt hat.
Nah ihm und neben ihm bat aud) die Herbartſche
und Friesſche Schule ſich um die N, verdient ge
madıt. (Bol. Religion.)
Religiondverbrechen. Die Zahl der früber
noir aus lirchlichem Standpunkt angenom-
menen R. war eine ſehr große, Cs gehörten dahin
Gottesläjterung, Abfall vom riitl. Glauben, Ver:
breitung von —57— Zauberei, Hererei, Mein
eid, Kircenbiebftahl, Grab: und Leihenihändung
u. f. w. Als das Syſtem einer Staatäreligion
ver le wurbe und immer mehr Glaubens und
Gewiſſensfreiheit Anerkennung fand, veränderte
is auch der fteafrechtliche Gefichtspunft, indem
ortan nicht mehr die Neligion oder die Gottheit
als verleptes Objekt angejehen wurde, vielmehr die
neue yr des Schubes des religiöfen Friedens
maßgebend zu werben begann, Damit ſchieden die
meijten ber erwähnten Delikte aus ber Zahl der N.
aus und werben jeht hierher nur gerechnet: Gottes:
614
läfterun hell ihrer Ci von — —e—
ten rü id ihrer Einrichtungen ebräu
wohl auch i a. Glaubensfäge Verübung beihim:
pfenden Unfugs in flirchen ober an ——
Verſammlungen beſtimmten Orten Störum
Gotteädienftes wie auch des Gräberfriedens ($. *
des ante —— Val. Villnow im «Ge:
rihtsfaal» (Bd. 31, Stuttg. 1879).
ans bie‘ Mit Weber geiftlicher Orden.
Reli * unter Dies.
—— A de Hinterbliebenen; Hinter:
lafienfchaft.
Reliquiarium, Bela lter.
—— (lat., . fiberbleibiel) —* *
der lirchlichen us ie fiberrefte, welde d
Chriſten von Ehriftus und andern geheiligten Ber:
fonen, namentlid) den Märtyrern, beſaßen oder zu
befigen meinten. Man glaubte 3. D, die Leinwand,
in welche der Leichnam Jeſu gehüllt geweien fein
fol, Gewänder Sefu, 3. B. den Heiligen Nod,
Stüde vom Kreuze CHrifti von feiner Dornentrone,
die Marterwerlzeuge u. ſ. w., und viele ._—
(iberrefte von Maria, Bi evd und den bei ——
Männern ber frühern riſtl. Kirche sn ben
Schon feit Gregor d. Gr. ſchrieb man nn i
fame Wirkungen zu, und vie feit dem 3.
aufgelommenen gottesdienftlichen Berjam ums
an den Gräbern der Märtyrer und Heiligen arteten
immer mehr in abergläubijche —* 2. Ge:
beine aus. Mit dem fteigenden Aberglauben ver:
mehrte ſich aud) die Zahl der heiligen nochen, für
welche die röm. Katalomben eine unerſch öpfliche | 2.
ndgrube darboten, ind Ungeheuere. Alle Kir:
en und Klöfter wurden mit möglichft zahlreichen
Üiberbleibfeln der verfchiedenften Heiligen dotiert,
und je reicher fie an dergleichen Kleinodien waren,
deito begieriger ftrömten die andächtigen Volts:
majjen —3 um von den heiligen Gebeinen wun⸗
derbare Hi a allerlei Nöten zu erbitten. Als N.
wurde in Deutichland der Serie e Rod zu Trier
berühmt, defien öffentlihe Ausitellung 1844 die
deuti ‚lath. Bewegung berbeigeführt hat. Der
Protejtantismus bat diefen Neliquiendienft von
Anfang an ald Menfchenvergötterung verworfen,
in der röm. und griech. Kirche fteht er aber noch)
heute in Blüte. ( ne
Rellmans, j. Sieben chläfer.
Nellftab (Ludwig), an Yournaliit, Roman:
ſchriftſteller und Theaterdichter, geb. 18. April 1799
zu Berlin, trat 1816 als rtillerift in ben preuß.
Militärdienft und wurde — Offizier befordert,
verließ jedoch 1821 den Militärdienſt, um ſich aus:
Ichließlich der Litteratur und den fhönen Kunſten zu
widmen. Nachdem er in Frankfurt a, D., Dresden,
Heidelberg und Bonn gelebt, Lehrte er 1823 nad)
Berlin zurüd. Nicht wenig zum Belanntwerben fei-
nes Namens trug feine Schrift «Henriette [Sontag],
die fhöne Sängerin» (£pz. 1827) bei, eine ſati—
tif gesgeſchichte, dig ihm eine mehrmonatli
Ge —— ur J. 1826 trat R. in die
Hedaction der « ach eitung» ein, ber er bis
an —— Ende angehörte. aneben riänet er fi
als Romanfdriftiteller aus. Außer «Algier
— Paris» (3 Bde., Berl. 1830; 2. Aufl., 2 Bbde.,
Lpz. 1846) find als feine beiden $ Hauptwerfe die
Romane «1812» (4 Bde., Lpz. 1834; 5. Aufl. 1860)
und «Drei Jahre von Preiigen» (2. Aufl., 5 Bbe.,
1858) zu nennen. Weniger glüdlidh war 2, in fei
nen dramatifhen Verſuchen, obfhon fein Schau:
Neligiofen — Remagen
| den
—
ine ee dem Roman ge
i a epertoire **
le ide — wie z. BD. zu «Meyerbeers
ne elbianer in Sählefien», wurden von R. verfaßt.
Seine jämtlihen Arbeiten ftellte er in feinen «Ge:
fammelten Schriften» (12 Bde., Lpz. 1 ———
» (8 Bde.,
Novellen
ſammen, benen ſich eine «Neue
1846—48) und «Garten und
und Vermiſchte Schriften» (4 Bde., Lpz. 1854) an:
en Eine neue Ausgabe der a G wre
Säriften» ( 1860— 61) umfaßt 24 Bände;
unter dem Ti "«Fructflüdes (2 Bbe., Berl. 1861)
erſchien eine Sammlung von Heinern Ro und
och kurz vor feinem Tobe, der in der
e | Nadıt 2. 27. — —— te: be:
gann R. die Veröd ung feiner iogra⸗
phie: «Aus meinem Leben⸗(SBde. Berl. 1860).
Remagen (röm. Rigomagus), Stadt * preuß.
Regierungsbezirt Koblenz, dicht am linlen Rhein⸗
ufer, Station —— Linien Köln:Bingerbrüd und R.:
———— — Staatäbahnen, 20 km
halb Bonn und 13 km im . von ber
Kreißftabt er, zählt (1880) 3186 €. und ift
in neuerer Zeit einer ber beliebteften Stations:
und Ruhepunlte für Touriſten, namentlid für Be:
fucher des zZ. el gemerben R. gehörte rüber
* — Se bes nnd ug her e
ayr. Regierung Onnenen
wurden in und bei der Stabt viele röm. Alter:
tümer aufgefunden, darunter ein 162 n. Chr. ge:
feßter Meilenftein, der die Kaifer M. Aurelius und
2. Berus als führenden
ver nad Köln
Heeritraße bezeichnet. Auch fand man 1857 "bei
dem Bau der Eifenbahn einen dem Jupiter, Mars
und Merkur gemweihten Botivaltar, den man an
dem Aufgang zum Apollinari in den Felien
eingemauert bat. In meuefter Heit (1874 und
1885) wurden außerhalb der Stadt zwei röm.
Waflerleitungen aufpebedt. Auf dem Apolli:
narisberge, einem Thonſchieferfelſen, ber unter:
ki der Stabt fteil aufiteigt, ſtand früber eine bem
eil. Martinus geweihte apelle, die, 1117 vom
Erzbiſchof von * in eine Bropftei
* 1164 lirche genannt, ein viel⸗
ter Wall ort wurde. Sie ging 1807 in
rivatbefiß der — Boiler in Köln
ng —— —* 1836 ai —— —— u Gra:
nz Egon von :Stamm —
—* der die alten ——
A — Ielbefuchte Da Apo ellinaris.
irche, auch jeht eine vielbefu tte
erbauen ließ. Diefelbe it ein vom —
baumeiſter wirner größtenteild aus Tuffſtein im
—— got. und roman. Stil au zier⸗
er Bau mit einem herrlichen —— 2* vier⸗
und zwei achtedigen Turmen, ausgezeichneten Freslo⸗
gemälden und einer Kryypta im Rund
weldye das neue ander d be3 heil, Apollinaris
und feit 1857 in einem ber alten Kirche entnom⸗
menen, aber renovierten Sarkop —* —*
Heiligen enthält. Berühmt in
ift das alte Portal bei der Blorttiche defien —*
hafte Skulpturen zu vielen Deutungen Anlaß
geben haben. A R dem Mege zur Kirce fi d feit
1865; neue, hubſch aearbeitete Stationen ae,
binauf bis zum «Slberg». Kinkel, « Der Füb:
F durch das Ahrthal nebſt ana ber Stadt
N.» (Bonn 1842; 2. Aufl. 1854); Braun, «Das
Portal zu N.» (Bonn 1859).
u
Remak — Rembrandt
Remak (Robert), Mediziner, — 26. Juli
1815 in Poſen, ſtudierte in Berlin Medizin, wib:
mete fi) unter ob. Müller und Schönlen 5*
ftop., befonder3 entwickelungsgeſchichtlichen
fhungen, Basen ſich 1847 als eriter jüd.
vatdocent in Preußen an ber berliner alt
woju e3 erft einer —* ondern Kabinettsordre Fried:
338 fm IV. bedurfte, und wurde 1859 außer:
ord, er efior. Er ftarb 29. Aug. 1865 in Kiffingen.
ine Unterfuchungen über den feinern
Dau ber erven, fowie über die Entwidelungs:
geii ichte ber Wirbeltiere hat R. bie Hiftologie und
—X außerordentlich gefördert; um die
3 ebizin hat er namentlid) durch bie
—— des galvaniſchen Stroms in der Be:
ndlung der Nervenkrankheiten verdient gemacht.
©. Eleltrotberapie.) Unter feinen Schriften
ind hervorzuheben: «fiber ein jelbitändiges Darm:
nervenfyitem» (Berl. 184 —— über
die Entwidelung der Wirbeltiere» (2 Tle.,
1851 u. 1855), «liber methobifche —
gelähmter Musteln» (2. Aufl., Berl. 1856), «Ga
—— in gg und — Rustetunfiein»
* 1858; jan FU
a —— unter Glel:
tromagnelismus, VI, ©. 38*,
ruck (fr "epreuve de remarque),
Beihnung für die erften Ab»
bei
us mis *
—— — auf der Nordküſte der
—— el Java in Hinterindien, nördlich
von der —— —— von be
ſchaft weſtlich von ber Reſidentſchaft Sa-
märang, ſudlich von der Refidentfchaft Madiun und
öjtlich von ber daft Surabäja begrenzt, iſt
ne erob eich meift frudtbaren oden
De Benö
ng beträgt
(187 tr . worunter 656 Europäer,
15983 Chinejen, 258 Araber. Die Hauptitadt R.,
ein —** Handelsort und Siß ber ee
be —* t unweit der See und hat 12000 €.
eren (frz.), —— ver⸗
güten, —— Rembours oder Rembourſe—
ment, re iehun —— Barauslage (im Spedi⸗
ti tonsgeiään), De ng einer Forderung, Bezahlung
ein
— (N. — oder 22
Ryn, genannt), Dee olländ, er und
dierer, wurbe —* u Leiden 15. Juni 1006.
Gr war der Sohn ei Rüllers und f Gelehr:
ter werben, hatte ei mehr Luft zur Malerei und
trat zuerjt bei dem leibener Maler von Smwanen-
* als Lehrling ein. Sodann ging er zu Laſtman
mſterdam, welche Stadt er um 1631 zum blei⸗
—* Siß feiner künftlerifchen Thätigleit machte.
Im J. 1634 verheiratete er ſich daſelbſt mit Sastia
van Iylenburg, einer Ratsherrntochter von Leeu:
warden. Nad) ihrem Tode 1642 fiel ihm bei feinen
vielen Arbeiten noch die alleinige Bejorgung feines
Haushalts A und es trat deshalb in feinen öfo:
nomijchen Ver hältnifi en bald eine jolche Zerrüttung
ein, dab er Hypothelenſchuldner wurde. Im J.
1656 infolge elaer zweiten Ehe, kraft des Teita:
ment3 feiner erjten rau verpflichtet, feinem un:
mündigen Sohne ben mütterlihen "Nermögens:
anteil auszuzahlen, wurde R. auf Betrieb des Mit:
vormundes für injolvent erklärt, feine Habe von
Gerichts wegen inventiert und fein Haus, fein koſt⸗
bares Kunſttabinett, fein Ateliervorrat zu öffent:
615
licher Verſteigerung gebracht. Nach dieſer Kata:
ſtrophe arbeitete R. zwar weiter fort, lebte aber ſehr
zurüdgezogen und jtarb 8. Dit. 1669 zu Amfterdam,
wo man ihm 1852 ein Ehrendentmal errichtete.
N. if —— —— Amen und ge Maler
der holländ. an bat von ihm eine be:
deutende Anza at = Hiftorienbildern, Porträts,
Genreftüden, Landſchaften und Stillleben. Die
Nahahmung ber Grideinungen, wie er fie vor
Augen hatte, der Realismus, bildet die Grundlage
feiner Kunſt. Doc iſt er Realiit in einem höhern
Sinne, Mit einem Sonnenftrahl läßt er Seele und
Gefühl aus der — beruochl Häßlichkeit, aus dem
verlrüppeltften Elend hervorbligen und bringt
Wärme und Leben in die ärmite, jämmerlichfte
Wohnung hinein. Wenn ftrenger Stil, edle Auf:
% una, großartiger Formencharakter mangeln, fo
len doch nie bie — chende Geberde, der dewal
tige Herzensdrang, der innige und tiefe Ausdrud.
erl. | Bei feinen biblifchen Figuren nahm er die Tracht
der holländ. Juden feiner Zeit und feines Wo u
ortes zum Anhalt und Vorbild, weil er fo
hiſtor. Wahrheit näher zu lommen alaubte, &
———— bie Bibel nad) ſeiner Art für — ein⸗
fache Leute und ließ die hebr. Schriftjteller hollän⸗
diſch reden. Zu feinen vorzüglicdhiten und ie
—* Gemälden N Beben: die fog. Nachtwache (ein
—— die Tuchplombierer (in Am:
7 m), bie Verteilung im Fempel, die anatom,
Borlefung, Sufanne im Babe (un Haag), die dr
milie_de3 Tobias mit dem wegfli n Engel,
eine Heilige a (die jog. 3 —
das Gaſtmahl in Emmaus (zu, im Louvre),
ber rajende — (im berliner Muſeum, dort
irrtümlich) olf von Geldern Fe
eg 58 et (in ber dresbener ‚Galerie
Simſons Gefangennehmung und ber Degen 3a
tob3 (in ber Taljeler Galerie), die
vor Chrijto (in der londoner National
en erg en * * rem mug
nigin von England), R.3 *3*6
Beſiß der Herzogin von Morn
daft (in der Sammlung des —— von Lands⸗
omwne zu Bowood) u. ſ. w. N. hat aud) eine Menge
Zeichnungen binterlafjen. Meift mit der Feder ent:
worfen, mit Bifter angetuſcht und mit Wei hal
find dieſe (be Sicht % hit harakteriftif die
eigentümliche tung des Meijter3 und ppante
Belege für die erftaunliche Veweglichleit jeiner Er:
—88 Endlich iſt R. noch weltberühmt ala
adierer. Mit leichter, ſpielender or auöge:
führt, haben feine — ganz die Harmonie,
Märme, Poeſie und Wirkung feiner Bilder, Das
ei), *
der Ko⸗
ris, im
le, Sand:
fog. Hundertguldenblatt (E riſtus heilt Kranle),
bie — bnahme, das große Ecce homo,
der barmberzige Samariter, der —— Sir,
der Nr ber Schreibmeiter Coppenol
Landſchaft mit den drei Bäumen find $ Saurilüde
unter feinen radierten Blättern, deren Zahl fi)
etwa auf 350 beläuft, und von welchen die Kupfer⸗
ſtichtabinette zu Paris, Amſterdam, London, Dres⸗
den und Wien die volljtändigften Sammlungen be:
fisen. Die Lichhaberei daran hat die Marktpreije
beſonders jhöner und jeltener Abdrüde von %
wiſſen Platten ins Unfinnige gefteigert, ſodaß 3.
1867 auf einer Berfteigerung in ndon ein Ab:
drud des Hundertguldenblattes, vom eriten Plat:
tenzultande vor den Schraffierungen auf demNaden
des Eſels, mit 30000 Irs. bezahlt wurde. R.
616
hatte zahlreiche Schüler und Nachfolger, von wel:
hen freilich die meiſten ihm nur die äußere Manier
ablernten. Mehrere darunter, namentlich Gerrit
Dow, Gerbrandt van ben Gedhout Ferdinand
Bol, Govaert Flind, Nilolaus Maes, jan Victors,
Salomon Konind, haben jedoch einen anſehnlichen
Rang in der Kunſigeſchichte gewonnen. R.s Bilder
find vielfach in Kupfer geſtochen oder radiert wor:
den, am beiten von 3. P. de Frey, Claeſſens, 3. ©.
Schmidt, W. Unger u. a.
Authentiihe Nachrichten über feine Lebensum:
ftände findet man in Scheltemas « Redevoering
over het leven van R.» (Amiterd. 1853), Vos—
maers «R., sa vie et ses @uvres» (2, Aufl,, Haa
1877), W. Bodes «Stubien zur Geſchichte ber hol:
länd. Malerei» (Braunfchw. 1883). Cin Verzeicdh:
nis feiner Gemälde gibt J. Smith im fiebenten
Bande feines « Catalogae raisonnd» (Fond, 1836).
R.s Radierungen wurden guet beſchrieben durch
den franz. Kunjtmäller Gerfaint in dem «Catalogue
de toutes les piöces qui forment l’auvre de R.»
(Bar, 1751, nebft Supplement von Yver, Amiterd.
1756). Dieſer Katalog diente ald Grundlage bei
ben fpätern Verzeichnifien von Daulby (Liverp.
1796), Vartih (2 Bde, Wien 1797), Clauſſin
(2 Bde,, Par. 1822 und Fr und Wilfon (Lond,
1836), die ſämtlich verſchmolzen und verarbeitet
find in — Blancs «Oeuvre complet de R.»
2 Bbe,, Par. 186961; 4. Aufl. 1873). Von dem
ehtgenannten Verfaſſer erichien auch «L’auvre
complet de R. reproduit par la phötographie »
(Bar, 1864, 100 Blätter mit Beſchreibung und
tommentar); zulebt wurde das « Oeuvre complet
de R.» berausgegeben von QDutuit (1881). Bol.
noch Wurzbach, «Nembrandt:Galerie. Cine Aus:
wahl von 100 Gemälden R.8» (in Lichtdrud ausge:
führt von N-Nommel u. Komp., Stuttg. 1884 fg.).
emda, Stadt in Sachen: Weimar: Eifenad),
Berwaltungsbezirt Weimar, im Thale der Rinne,
äblt (1885) 1215 E. und bat ein ber Univer:
htät Jena geböriges Rittergut, Gewinnung von
Kalltuff zur —5— von Baditeinen, nd:
fteinbrühe, Wollmeberei, Mahl: und Schneide:
müblen, eine große Brauerei, eine PBappfabrit
und zwei Fabrilen für Waldwollpräparate. R,
beitand ſchon im 10. Jahrh.
Nemediod, Sträflingsfolonie auf der brafil.
Inſel Yernando:Noronbo (f. d.).
Nemedium (oder Toleranz) nennt man bie
Heine Abweichung der Münzen von dem geſehlichen
Gewicht und Feingehalt, die mit Nüdficht auf die
techniſche Schwierigkeit der Grreihung einer ab:
foluten Genauigleit vom Gejehe jeipt ugelafien
wird. Es iſt alſo für die einzelnen Gtüde ein
Spielraum jun *— oben wie nach unten ge—
währt, jedoch ſoll der Staat im ganzen feinen Ge:
winn aus dem R. ziehen, und wenn eine große An:
gebt von Münzen zufammen gewogen oder auf |
hren Feingebalt geprüft würden, jo müßten ſich
die gejeklicen Vorichriften faſt ganz genau erfüllt |
Faber: rüber indes wurde das R. thatfächlich int |
staliſchen nterefje ausgenußt, indem man immer |
joweit wie möglich die untere Grenze besfelben zu
erreichen fuchte, und Frankreich bat diefe Tendenz
aud) in der neueiten Zeit noch nicht ganz aufgegeben,
Bei der Prägung der beutichen Kronen und Dop: |
— findet eine ſolche Ausnußung des N. nicht
tatt.
wicht und 2 Taufendftel im Feingebalt.
Für das
Dasfelbe beträgt 2%, Tauſendſtel im Ge: |
Nemda — Nemonte
goldene Fünfmarkitüd ijt ber Spielraum des Ge:
wichts bis 4 Taufendftel erweitert,
Nemeffe, |. ander —*
Memich, Stadt im — a Greven:
mader, linls an der Mofel, über Mondorf mit
Suremburg durd eine Straßenbahn mit Dampf:
ipsbr un nbau, Ger
leien und Weberei. R. 5 ſchon im 10, Jahr).
Nemigind, Erzbiichof von Reims und
fanonifiert, unterrichtete ben Frantentönig Chlod⸗
wig im Ghriftentum, taufte ihn 496 und ftarb 533.
In der «Vita Remigii», die Hinkmar im 9. Jahrh.
{chrieb, wird zuerft die Sage von der heil, Ampulla
— — nt. keit 852 Grabif
in anderer R., fe i von Lyon,
trat in bem durd ben Mönch en erregten
Streit für diefen gegen Hinkmar von Reims auf
und bewirkte, daß die Synode zu Balence 855 die
zwiefache Prädeitination (ſ. d.) als orthobore Lehre
anerlannte, Gr ftarb 875,
Nemington:Gewehr, [- unter Handfeuer⸗
—— d. VIIl, ©, 7096.
eminifeöre (lat., «Grinnere dich⸗), ber zweite
Faftenfonntag, genannt nad) den
der lat. Mefje: Reminiscere, Domine, i
num tuarum (Pſalm 25, 6).
Remiremont, Hauptort bes Arron
R. im franz. Departement der Bogefen, an
ber Mofel und am Fuße bes b Barmont
(613 m), 408 m über dem Meere; ber Lir
nien Epinal:R,, R.-St.-Maurice-Buflang und N.
Gornimont ber Oſtbahn, befipt eine Nbterlirche aus
dem 13. mit Krypta aus dem 11, Juleh ein Col⸗
l£ge, eine Bibliothel und Bauli ber‘
maligen, im 7. Jahrh. gegründeten Abtei, zä
1881) 7121 (Gemeinde 8126) €; und hat ——
einwand, Vieh und fläfe (Gerardmer chelin)
und Fabrilen von Kattun, Muſſelin, Samt und
Eiſenwaren, ſowie eine große Baumwollſpinnerei.
Remis (fry., ezurüdgeitellt») , unentfchieden (im
Schadjipiel).
. unter Börfe.
Biemiffe Y ) hlaf), Zurüdjendung; Nach
emijfio * ung;
Stra —2 ——
onders in fieber⸗
Er
(afjung einer Strafe;
rung der Kranlkheitsſymptome,
haften Krankheiten.
Remittens (lat.,scil.febris),das Wedhielfieber.
Nemittent beißt im Wechſ t der erfte Neb-
mer der Tratte, d. i. derjenige den gezoge:
nen Wechſel aus der Hand des usſtellers em-
pfängt, — Im mans nennt man Remit⸗
tenden (jcherzbaft «Krebſe⸗) die nicht verfauften
Bücher, die wieder an den Verleger zurü
Nemlingen (im Mittelalter Nameningen,
fpäter Nemblin en); DIES bar, Bee
rungsbezirk Unterfranten, Bezirksamt
denfeld, zählt (1880) 1345 E. und bat ein Schloß,
Obſtbau und Notjandfteinbrüche.
Nemo (San:), Stadt, |. San:Remo,
Nemonftranten, ſ. Arminianer,
Nemonftrieren (lat.), Gegenvoritellungen er»
heben; Remonftration, Gegenvoritellun
Nemontanten, Nofen, ſ. unter Bote (hm
Remonte (frz.) ift die regelmäßige u
des ne er berittenen Tru bu
a A af
Ausbildungsiahres fta s
werben als Hemontep erde, fälſchlich aud als
Nemontieren — Nemſcheid
Remonten bezeichnet und behalten diefen Namen
bis zu vollendeter Abrichtung und Einjtellung in
die Truppe bei, Nach der durch bie Erfahrung ge:
ebenen Dauer der Brauchbarteit der Dienjtpferde
im * 10 Jahre) erhalten die Truppen:
teile alljährlih einen entiprechenden Prozentſaß
ihres Bferde-Sollitandes als R. geliefert im Deut:
fchen Neich für Artillerie 11,11 Proz., Kavallerie
10 Proz., Oſterreich- Ungarn Reitpferde 12 Broz.,
Zugpferde 10 Proz.), wofür fie (einichließlid des
Abganges burd Tod und aubergewöhnliches Un:
braudbarwerden) eine gleiche Anzahl älterer Pferde
ausrangieren. «Sich remontieren» heißt auch im
rer ichen Leben aſeinen Pferdeſtand ergänzen».
ie außergewöhnlichen Pferdelieferungen/ wie fie
bei plöplicher Vermehrung des Pierbeilenbet, na:
mentlid) im Falle von Mobilmadungen ftattfinden,
werben nicht als R., fondern als Augmentation be:
zeichnet, In neuerer Zeit hat man ſich in den mei:
ſten Staaten bejtrebt, durch Hebung der allgemeinen
— (f. d.) die Dementieung Im Inlande
icherzuitellen, In Preußen war dies bereits in ben
amangiger Jahren gelungen, auch Rußland, Öfter:
reich · Ungarn, England u. ſ. w. find in gleicher Lage;
—— iſt dagegen noch heute für einen chen
il feines Bedarfs namentlich an Reitpferben auf
das Ausland em Uhnlich ift es in dem
p rmen Stalien.
Der Anlauf der Remontepferbe geſchieht in ber
Negel durch beiondere Kommilfionen (in Preußen
ſechs Remonte-Antaufstommiffionen, in Oſterreich⸗
Ungarn ſechs Remonte :Afienttommiffionen), fel:
tener durch die Truppenteile felber. Die Auf:
bringung der R, kann auch durd Lieferanten ge:
fchehen. Die angelauften Nemontepferbe werben
entweber unmittelbar den Zruppenteilen überwie:
fen, ober. erſt in ſog. Remontebepdts unter:
gebracht (in Preußen epifieren deren 15), Da die
Einftellung der Pferbe in den Dienft nicht vor dem
Alter von 4%, bis 5 Jahren ftattfinden kann,
Pferde * lters aber oft ſchon in Gebrauch ge:
weien, andernfalls ſehr teuer find, fo iſt es zwed⸗
mäßig, bie Pferde ſchon im frühern Alter für einen
geringern Preis anzulaufen und bis zur Zuteilung
an bie Truppen den Remontedepöts zu überweifen,
wo fie bis zum 5. Jahre jroedmäßig, gepfleot wer:
den, — In Wreufen jteht das ganze Nemonteweien
unter einem Armee⸗ Remonte⸗ Inſpelteur.
Mit der Überweiſung an die Truppen beginnt
die Abrichtung der Remontepferde, welche den Hwed
bat, fie vollitändig zum Gehorfam zu bringen, zu
allen Dienftleiftungen braudbar und fo fromm
und dreiſt Du Denen, daß fie unter allen Umftän:
ben willig Borken leiſten. Die Ausbildung der
Remontepferde iſt ein wichtiger Dienftzweig, ba
ihre fpätere Brauchbarleit weſentlich von der erſten
Schule abhängt, und findet daher unter Leitung er:
fahrener Offiziere durch rubige, im Reiten gut aus:
gebildete Reiter ftatt. Der Gebrauch bei der Truppe
darf nicht zu früh erfolgen (bei der deutſchen Ka—
vallerie meift erft nad) dem erften Jahre).
Nemontieren (vom F r&monter, wieder auf:
fteigen) im blumijtiiden Sinne beißt, nad dem
Hauptilor an neu entitandenen Trieben noch ein:
mal blühen, Diefe Eigenſchaft befipt z. B. die
Damascener Nofe und die von ihr ausgegangenen
Formen, von denen vor allen andern die Nemon-
tantesRojen (Hybrides römontantes) beliebt find
und allgemein kultiviert werden. Sene war es
617
wahrſcheinlich, welche ſchon im röm, Altertum ala
Rosa Paesti bis florens befannt und bodgeihäkt
mar. Auch eine Form der Nelfe remontiert und
blüht bei angemeflener Behandlung im Gewäds:
bauje jelbft noch einmal im Winter, Andere Gar:
tenzierpflangen blühen im Herbſt, wenn man fie in
(es natürlichen Florzeit beim Ericheinen der erften
lüten über dem Wurzelbalfe abichneidet, 3. B.
Galega officinalis. And gibt e3 vemontierende
Grobeer: und Himbeerforten.
Nemoraquenr (f., d. i. Schleppſchiff, Bugfier:
boot), ein Schiff oder Boot, das auf Flüſſen, na:
mentlich gegen den Strom, oder aufSee ein anderes
ſchwer beladenes Fahrzeug zieht. (S.Bunfieren.)
‚NRemotion (lat.), Entiermung, Entlajiung aus
einem Amte.
Nemonlade (Nemolade), eine Art pilanter
Sauce aus fein zerteilten harten Giern, Broven-
ceröl, Sarbellen,, verſchiedenen gemwiegten grünen
Kräutern, Kapern, Senf und Eſſig.
Nemonulind, Fleden im franz. Depart, Gard,
Arrondiſſement Uzes, linls am Gard, über welchen
eine fchmale Hängebrüde von 120 m aim:
führt, Station der Linien Nimes:La Teil, R.⸗Uzes
und R.⸗Beaucaire, zählt (1881) 1477 G, Etwa
3 km weſtlich vom Orte befindet ſich das großartige
Nömerwerk Pont du Gard. (S. unter Gard.
Nemplagant (m), Stellvertreter, befonders
der Vertreter eines Webrpflihtigen in Ableiftung
der Dienitzeit in denjenigen Staaten, in welden
—— perſönliche Dienſtpflicht nicht ge—
ehßlich beſteht.
Rems, rechtsſeitiger Nebenſſuß des Nedar in
Württemberg, entipringt im Jagftkreife ſudweſtlich
von Eſſingen am Norbabhang des Alhuchs, berührt
die Städte Gmünd, Schorndorf und Waiblingen
und mündet nad einem durchweg oſtweſtl. Laufe
von 80 km im Nedarkreife. Norbweitlih von
Gmünd zieht ſich der Welzheimer Wald, ſudlich von
Schorndorf der Schurwald bin.
emfcheid, Stadt im Kreiſe Lennep bes preuß.
Regierungsbezirls Duſſeldorf, im ehemaligen Her:
zogtum Berg, liegt 5 km von Lennep und 7—8 km
von Solingen auf einer Anhöhe, Station ber Linie
Lennep:R. der Preußiſchen Staatsbahnen, it Sik
einer Reihsbanfnebenftelle und einer Banl, bat
eine Realſchule, eine höhere Töchterſchule, eine
gehiaule der Kleineifen: und —— eine
andwerlerfortbildungsſchule, ein Waiſenhaus, ein
Armenhaus, ein Kranlenhaus, und zählt ein ließ:
lich der zur Bürgermeifterei gehörigen Höfe und
Ginzelgrundftüde (isss) 84001 E. Die Stadt ijt
Mittelpunkt der deutſchen Klein⸗ Eifen: und Stahl⸗
wareninduftrie; fie beihäftigt (1885) 285 Fabril⸗
eihäfte, 1216 Meilter, 5500 Arbeiter, 1212
——— 379 Härtefeuer, 70 Stablhämmer
und 235 Söleiftein. Die hier angefertigten Hand:
werlszeuge aller Art, ferner Kaffeemüblen und
Schlittihuhe haben Weltruf, ey Fine find in R.
138 Feilen⸗, 43 Schlittſchuh⸗, 8 Scharnierfabrifen,
Malzwert und Gießerei der Bergiihen Stahl:
indie Oeef aft, 1 Seidenweberei, 1 Holz
jchneidefabrif, 1 Ziegelei, 4 Brennereien, 4 Braue:
reien und 2 Getreidemüblen, 1 Geifenfabrit,
3 Gmaillierwerke, eine Geldihrant: und Rolljalou:
wor abrik, auch bat N, einen bedeutenden Erport:
andel in andern beutichen und fremden Fabrik:
waren, beſonders nad) Nufland, dem Orient, Ita—
lien, Spanien, Amerila, Afrika und Auftralien,
618
‚ Memter heißen bie großen Säle in mittelalter:
lichen Burgen —— Ritterorden, beſonders
des Deutſchen Ordens in Preußen, Wegen ihrer
architeltoniſchen —— erühmt find drei R. im
Drdenshaupthaufe Marienburg in Weitpreußen.
Remuneration (lat.), Belohnung für geleitete
Dienfte, namentlich im Gegenfag zum feften Gehalt.
Nemus, f. unter Romulus.
Remufat (Francois Marie Charles, Graf von),
franz. Schriftiteller und Staatamann, geb. 14. März
ah in * heil * —— A - gr
eine ſchriftſtelleriſche Thätigtei gen
u verichiedenen Zeitihriften. Eine Sammlung
einer Artikel aus «Globe» (1827—30) waren
betitelt «Pass et Prösent» (neu aufgelegt unter
dem Titel «Critiques et Etndes littöraires»), und
feine Beiträge zur «Revue des deux mondes» (1830
— 70; in Auswahl unter dem Titel «Essais de
philosophie», 2 Bde., Par. 1834) verfchafften ihm
die Aufnahme in die Atademie der moralijchen und
polit, Wiſſenſchaften, zwei 1845 von ihm heraus:
gegebene neue Merle über «Abelard» und «La
hilosophie en Allemagne depuis Kant jusqu’ä
Hemter — Nenaifjance
1811 erichien fein «Kssai surlä langue et la littera-
ture chinoises», Für —— 1814 im Collẽge
Mandſchu⸗
feine Üiberjeßung des
penses et des peines»
tes chinois» (3 Bde.,
egel» die Aufnahme in die Franzöfiihe Alademie. erwa
Ym J. 1830 trat R. in die Deputiertentanmer, wo
er fi als Ratgeber der Minüter und Bericter:
ftatter über wichtige Gejehvoridhläge ſehr einflub-
reich beteiligte. Nach der Februarrevolution 1848
wurde er in Toulouſe epräfentanten ber
Konftituierenden und Gejepgebenden Nationalver:
fammlung gewählt, wo er ſich als nger der
Ideen von 1789 zeigte. Nach dem Staatsſtreich vom
2, Dez. aus Frankreich verbannt, verweilte er lange
i von jenem Augenblid an der
einer Stubien wurde. Er ver:
te nacheinander «Saint- Anselme de Can-
terbury» (1858), «L’Angleterre au XVIII® siöcle»
(1856, wozu 1868 eine Fortiehung erſchien), «Bacon,
sa vie, son temps, sa philosophie» (2, Aufl., Bar
1858), «Channing, sa vie et ses euvres» (2. Aufl.,
Var. 1862) und «Histoire de la philosophie en | fi
Angleterre depuis Bacon jusqu'à Locke» (2 Bbe., |
Bar. 1860; 2. Aufl., Bar. 1875). Das Amneſtie
detret von 1859 geftattete ihm die Rüdfehr nad) | an
Varis, wo er bis ans Ende des zweiten Kaiſer⸗
reichs und aud) während des Deutſch⸗Franzoſiſchen
Kriegs von 1870 und 1871 in Zurũu
lebte, bis er in Thiers' Minifterium 2. Aug. 1871
das PBortefeuille des Auswärtigen übernahm und
denjelben bei feiner Politik nad) innen und außen
kräftig unterftüßte. Er ftarb in Paris 6. Juni 1875.
Claire Elifabeth Jeanne, Gräfin von
N. , geborene Gravier de Vergennes, Mutter des
vorigen, wurbe 5. Yan. 1780 zu Paris geboren.
Sie vermäblte ſich 1796 mit dem Grafen R., wel:
ber fpäter Kammerherr Napoleons wurde und
unter der Reftauration verſchiedene Präfelturen be:
Heidete. Im J. 1803 wurde fie der Kaiferin Jo:
ſephine beigegeben und erhielt in der Folge bie
Stellung einer Palaſtdame. Nach ihrem Tode,
welcher 21. Dez. 1821 erfolgte, veröffentlichte der
Sohn ihr hinterlafienes Merk «Essai sur l’cduca-
tion des femmes» (Par, 1824). Ihre «M&moires»
(3 Bbe., 1879) und «Lettres» (1881) wurden von
ihrem Entel herausgegeben.
u. (Jean Pierre Abel), berühmter Orien⸗
talift, geb. zu Paris 5. Sept. 1788, ftubierte Me:
dizin und bejchäftigte fich Daneben eifrig mit dem
Etudium der ine). und tatar. Sprache. Schon
ezogenbeit | 5
der — Stil der Wo
gibt die Tafel: Renaiſſance.
rod (f. d.) und das Rololo (j. d.) ift
naifjancelunft, wenn auch e
oder ar ram gejagt, Stilarten , weldye aus der R.
fi) herleiten, aber vom wechſelnden Geihmad
abgeändert wurden,
In der Blütezeit der italienifchen R. en
nıan wejentlih Frührenaifjance, bie
Tun? Tonatello und Ghiberti am Anfang des
15. Jahrh. beginnt und mit dem Ende bes
pre — - (og: ———— =>
odrenaijjance, die die Hälfte
16. Jahrh. umfaßt, das jog. Ein Die
Fruhrenaiſſance entwidelt ſich beſ in
und verpflanzt ſich von bier aus durch ganz
nicht bloß als Baukunſt, ſondern auch
*
3%
Renaiffancefhrift — Renault
Dlüte der Plaftit und Malerei. Die Ho —*——
in Bramante, Leonardo —*
izian und deren großen ea
talien = wanderte mit ber Macht der neuen
ildung und Denkweife aud die Renaifiancelun
durch ‚ganz 3 Europa; jebod nicht En manche tiefe
Umbildung zu erleiden, a in den Ländern, in
welchen bie Gotit mehr "ala in Stalien das ga
Leben durchdrungen hatte, die nachllingende Gotil
gegen die neu eindrin enden Renai anceformen
noch immer ihre alten Rechte zu behaupten fuchte.
Diefe ei — —— 1— ſind * eil
von God reizvoller Wirk er jo
deutſchen R. ihren — — währen
andere Ausprägung ber fog. Glifabethftil in
land bilbete.
I. Rugler, «Geidhichte der Baulunſt » (Bd. 4:
«Die R. in talien» von Burdharbt und «Die R.
in Srantreih» von Lüble Stute, 1868; Bd. 5:
. « Gefchichte der deutſchen St.» von Burdharb t und
Lübte, Stuttg. u: ; Hirt, «Der —*—* der
N.» (Müunch. 1877 fe.); urdhardt, «Die Kultur
a ‚» (3. Aufl., bejorgt von L. Geiger, 23.1877);
‚ «Les sciences et les lettres au moyen hge
et 7 3 ue de la renaissance» (Bar. 1877).
Reuaiffancefchrift oder Mediäval, f. unter
— und Eustisiarife
vläm. Ronje, lat. ——
* im Kaiıt Dubenaarde der belg. Pro
em, ©) 40km au von * ——
—— * ——— — a
t3laın= Wen aa
147046. —*8 ren und
wollinduftrie
nen
„ Renan (6me Erneft), franz. Gelehrter
und —— neb. 27. re 1823 zu ——
im Depart. Nordlũſten, ward für den geiſtlichen
Stanb beftimmt und Er te die Seminare von
St.:Nicolad und it ber Litteratur und
Philoſophie des end, a den beutf
philof. Syftemen wohl vertraut ann R. 1844
im Seminar St.:Sulpice den öhern ... Ru —
vor allem aber das Studium der ſemit. S
en feiner rabilalen Anſchauungen gab R.
ol. Laufbahn auf, jhrieb 1847 eine Abpand,
fung: «Sur les langues semitiques», fpäter —
tert zur «Histoire générale et syst&me com ri
des languessemitiques»(Bd.1, Par.1854; 2, uf.
1858) und 1848: «Sur l’&tude "du grec dans l’oeci
dent au moyen äge», welche beibe von der parifer
Akademie gekrönt wurden. m Auftrage ber Alta:
demie der Infchriften reiſte R. 1850 nach Jtalien,
wo er ba3 Material fammelte zu feinem auöge:
zeichneten Wert: «Averroes et l’Averroisme» (Par,
1852; 2. Aufl. 1860). Nach feiner Nüdtehr wurde
er an der eye N * — pari =
Bibliothek angeftellt. R. ſchri
Reihe von Aufiägen, or 1 wichtige —
geſtellt ſind in den «Etudes d’histoire religieuse»
(Bar. 1856), «Nouvelles &tudes d’bistoire reli-
pieuse» (Bar. 1884) und den «Essais de morale et
de la critique» (Ber. 1859). Auch in der —*
«De Vori u language» (Bar. 1857) und
den — des Buches Hiob (Par.
des Hohen Liedes (Bar. 1860) und des 5*
(Par. 1882) zeigte R. eine ſcharf einſchneidende
Kritik und große Vertrautheit mit der deutſchen
rihung. Im Auftrag ber Regierung ——
. 1861 eine Reife 9— Syrien, deren Reiultate
chen | in Bern, Heibelber
619
er befonders zur Auftellung be3 phöniz. Altertums
in ber «Mission de Phönices Par: 1864— 74) dar:
legte. Im J. 1862 zum Profefior des en
am Eollöge de France beru mußte R ſus
pendiert werben, weil bie Klerikalen gegen ihn *
tierten. Hierauf veröffentlichte er die längft vor:
bereitete Schrift: «Vie de Jesus» (Par, 1863,
18. Aufl. 1888, Beuti 4. Aufl, 2yz. 1880 ition
populaire, 28, Aufl. 1885) welche auf Grundlage
eingehender Studien in leichter romanhafter Form,
vom Standpunkt des philof. Radilaliamus aus mit
Benu Ta der kritiſchen —— ber Tübinger
Schule, aus den Ber Landes und
Volls, aus ber igen Rultur und aus ber
eigdel, Entwidelung des Individuums das Leben
— konſtruieren verſucht. Infolge der Be:
—— wandte
des Epi — ll. ist Amtes
fih mit vollem Eifer dem Stubium
ber Urgefchichte des Chriftentums zu. Als Ergeb:
nis desſelben io das ‚grobe ar ie
des origines du ‚ Bar.
1869—82; einzelne "Teile er ins Beute: über:
ſeßt; Inder und Tabellen, Bar. — worin R.
in glänzender, aber durchaus einfeitiger D ar ae
nur das ————— Element des
tums in den Vordergrund ſtellt. In nen 9
Anfichten, die er in den «Dialogu
hilosophiques» (Bar, Per a ner e:
Ört er im w ““ 2 * — Er
von Eomte (f. lreichen hiſtor., polit
und —ãa8 Is gr N. au ein erh
taftijche3 Drama «Caliban. Suite de la tem
(Bar. 1878), eine Satire gegen den Woteriefiäes
ber Gegenwart, und «Souvenirs d’enfance et de
jeunesse» x. 1883, beutih von Born, Baf.
1883). Bol. Bons, «Einen! R.» (Par. 1882).
Renatus, FAR Nen
Renand oil), —— deutſcher Rechts⸗
lehrer, ni % 14. Aug. 1820 zu Lauſanne, ftubierte
9. Berlin und Baris, habilitierte
fi 1842 zu Bern, en 1845 außerord. Profeflor,
1848 ord. Br ofeffor ber Rechte in Gi eben, 1852 in
. | Heibelberg, wo er us Mittermaierd Tode: zum
—— des Spruch mn. ernannt wurde.
Er ftarb 5. Juni 1884 in Heidelberg. Seine Haupt:
werte ne ——8 des beutfchen Privatre
„Pforzh «Lehrbüuch des deut
echſelrechts » (Sieh. * 8. Aufl. 1868), « Das
Recht der tiengejelihften, (2p3. 1863; 2. Au
1875) ch bes gemeinen deu chen Civil:
: * J Heidelb. 1867; 2. Aufl. 1873)
unb «Das Recht der een
Lypz. feinem Tode erſ «Das
t ber fti
1)., m
en ee — *
Außerdem ſind noch
—— eben: «La
civile en France» u
e | ſchweiz. Staats: > Sectegeihictee (if
1848), «Kriti des Entwurfs einer ſchweiz
orbnu » (Ex en 1855), «De originibus juris
civilis Franco-gallici» Heidelb. 1857) u. ſ. w.
Renault —— Charles), franz. Politiker, geb.
24. Sept. 1839 zu Alfort ei Baris, ftudierte die
Rechte, wurde — nach dem 4. Sept. 1870
Generalſekretär der geriie Poli —— a
BVräfelt des Depart. Yoiret, im Novembe
Jahres Voligeipräfelt von Paris —
er bis Febr. 1876 bekleidete. Im %.1876 in bie
Deputiertentammer gerählt, hielt er fich zum lin:
ten Centrum und gchörte 1877 zum Ausschuß der
620 Rench
— Rent
Achtzehn, welcher gegen das Minifterium Nochebouet | 20. Febr. 1852 wurbe bie a ke ans Dänen Be
den ganzen
den republilaniſchen Widerftand leiten follte.
wurde 1878 Bräfibent des linken Gentrums, fiel bei
ben Wahlen 1881 durch, wurde aber Febr. 1882
von neuem gewählt,
Nendh, —— een des Rheins in
Baden, en Ka —— am Kniebis im —ã—ſ d,
fließt zuerft ‚wendet fi unterhalb Ve:
terätbal nad) 8 Air bei Oberkirch in ve Ober:
rheiniſche Tiefebene, * Renchen und mündet
nad) einem Laufe von 54 k
—— Stadt im reife Baden des Groß:
ben zogtums Baden, an der Rench und an ber Linie
annbeim: Bafelder Badiſchen Staatsbahnen, zäblt
en 2214 G. und hat Hanfbau und Hanfhandel,
brilen 2— va rn
nen und Seife, Brunnenmadherei , eine S alt.
mit Waller und Dampfbetrieb und zwei Mahl
müblen und Handel mit Kirſchwaſſer.
encontre (frj.), in ber Militärfpradhe ein
ß enſeitig unerwartetes Aufeinanderſtoßen feind—
Ms Parteien. In bie Alafje der Überrafhungs:
— gehörig iſt es von vielen Zufälligleiten ab:
a3 beutihe Wort Treffen E. d,) bat
Kin da. ar Bedeutung.
Nendant (fri.), 1 00 EN auszahlen:
ber Nechnungsführer, Einnehmer; Rendantur,
Behörde, welche Gelder einnimmt und auszahlt.
sub ron Un I bedeutet Sammelplak ber
Truppen, auf bem fie in gebrängter Stellung
(Henbeuous-Otellun ) zum Marich oder Ge
jet bereit ftehen. Uneigentli , werben oft auch die
Nafte während des Marſchierens N. en
endsburg, Kreisftabt in ber pre. tovinz
Scleswig-Holitein, an — ———— Eider, welche
die Stadt in vier Armen durchfließt, an dem dort
beginnenden Schleswig » Holiteini * Kanal, der
um Sieler Hafen führt, und am der Linie Neumün:
Ne. Mandrup ber reubijch en Staatöbahnen, be:
teht aus der enggebauten Altſtadt und bem zu An:
fang des 18. Jahrh. angelegten Neuwerk, Unter
den Bauwerlen find hervorzuheben die 1287 er:
baute Marienlirhe mit ſchoͤnem Altarblatt, die
1695 erbaute Ehrift: und — die Tath.
Kirche, das Arjenal, welches in ber Nacht vom 2.
yon 3. Nov. 1875 teilweife nieverbrannte, das
raindepöt, das Bontonwagenhaus, das Garni:
as Lesen Denl:
Baradeplag und "das Kriegerdenlmal
für die im Deutſch Fran npöfilchen Krieg von 1870
und 1871 Gefallenen. it Siß eines Landrats⸗
amts und eines Amtsgerichts, bat ein Gymnafium
nebit gg und zählt (1880) 12776 E.
welche Weberei, Gerberei, ranntiweinbrennerei,
Bierbrauerei, Gärtnerei, Handel und Schiffahrt
treiben. —R. wird zuerft unter bem Namen Reinol:
desburg in der zweiten Hälfte des 12, Jahrh, er:
wähnt. Nachdem die Grafen von Schaumburg
wiederholt um den Befik des Ortes mit den Dänen
gekämpft, ward er denſelben 1252 zugefprochen und
teilte ſeitdem die Gejchide der Herzogtümer. Bei
der —— 1548 wurde die Stadt 24. März von
den Schleswig:Holfteinern unter dem Prinzen Fried:
rich von Auguftenburg:Noer eingenommen und zu
einem ſtarlen Waffenplake gemacht. Bei dem Ein:
marſch der preuß.:öfterr. Truppen 8. Febr, 1851
bejegten biejelben nur die Altitadt und das Neu: |
wert, während die Dänen 9, Febr. das Kronwerk
in Befchlag nabnıen. Beim Abzug ber Deutſchen
fonslazarett, bie Strafanftalt,
mal auf dem
Er unternahm num felbft einen
Gr | geben, -
rial3, das den ——— Dar aus %
hen Kopenha Hagen ſchafften und 13, Sept. De Stu
ln keme olieren begannen. R. keiten an feine
ftung mehr, doch machen die noch vorhandenen
rle dasfelbe zu einem gegen Handitreiche gun
maßen gelicherten Depdipl ee Der Kreis
Nends ung äblt (1880) au 18 km 53900 E.
Nend oder Renatus J von Anjou, genannt
ber Gute, Titularfönig von Neavel, vafı von Pro:
Bu geb. zu Angers 16. Yan. 1409, ber zweite
Sohn des Herzogs Ludwig IL. aus dem ——
Haufe Anjou und Jolanthes, der Tochter des Nö-
ni 23 nn J. von Ara — hieß anfangs Graf
— und wurde nach dem Tode (einen Baters
29, pri 1417, von —— —
Seite, dem FR und gen
Sein älterer Bruder, Ludwi (. * „Be.
wie L.), binterließ bei feinem Zobe, 15, Be Se
ee und Provence nebft feinen Rechten Nechten
Sicilien und Jerufalem feinem Bruder $
nna II. (f.d.), die 1485 ftarb, ebenfalls:
Yoh —— 7 der bereits, 13, Bea um
—— 1430 von Bar war,
außer tch feine n Iſa⸗
bella, die ältefte % ter des Karl. von
Lothringen, infolge der von * nden des Lan⸗
a ar
ne w
tum Lothringen wurde a — Ya
von dem ausgef&lofienen — Karls L,
* — vn —— Karls ——
obn, belriegt und gefan
ng. Nitterftand die 3063 —
—* dem Kaiſer Sigismund
1. Mai 1432 wurde er auf.
Kies mußte er feine Söhne al
—— — —
ichen Ausſpru Herzog
der aber bloß eine —— He
ältejten Tochter des sale
— ten Sohne des Grafen ei mi von ——
tande brachte. .. wurden beide vom
Haifer — vor dag — Balel be- be-
chieden, um bier ihre Aniprüde
bren. Das Urtei für N, gu aus
bee vom Kaiſer mit dem Herzogtum gothringen
elehnt — Der Graf Anton aber wandte
ilipp von Bug, der R. vorlud und, als
= nicht edlen, in contumaciam verurteilte,
auch befeblen Lie, fi —— in ie. Oi Oclänznie
zu * zu ſtellen. nr —— —
nachher wurde er durch eine lan
laden, den Thron von un O6 und Sicilien ine
u nehmen; allein der Herzog a gab ih
Ir Die Gefandiſchaft ot nun
er Herzogin Iſabella, die Bee an nn der ge:
angene Herzog ernannte fie r_Regentin
njou, Provence, Neapel und icifien.
langte 18. Dit. 1435 in Neapel an, ſah aber
bier fofort mit der Partei, an deren Spibe Hönig
Alfons von Aragonien ftand, in Kampf verwidelt.
Inzwiſchen hatte R. gegen ein Löjegeld von 400000
Goldgulden 4, Febr. 1437 feine Freiheit
ug 1a Sile
und landete in Neapel 9, Mai 1438. A ——
und mehr gewann Alfons das rg
mußte R. das Königreich feinem Gegner
Nenegaten — Rente
und kehrte in bie Bauen zurüd. Lothringen
übergab er nach hergeltellter Drbnung feinem ältelten
Sohne Johann, Zitularherzog von Galabrien.
Seine Hauptbeihäftigungen waren Malerei, Poeſie,
beſonders Scäferipiele, und Gartentunit. Ein
Teil feiner poetifhen Werte wurde von Quatre:
barbes (4 Bde., Par. 1845—46) herausgegeben,
Er ſtarb zu Air in der Brovence 10. Juli 1480, wo
ihm im Mai 1823 eine Marmorftatue errichtet
wurde. l. Billeneuve de Bargemont, «Histoire
de R. d’Anjou» (3 Bbe., Par, 1825); Renouvier,
«Les peintres et les enlumineurs du roi R.» (Bar.
1857); Lecoy de la Marche, «Le roi R.» (2 Bde.,
Bar. 1875)
Renegaten (tat) db. i. Berleugner, nennt man
befonders die vom Chriftentum zum Islam Über:
getretenen, im weitern Sinne diejenigen, welde
aus unlautern Motiven ihre Bartei wechſeln.
Reuetten, f. unter Apfel, Hehe
Renettenäther, :E| —— irnäther (f. d.)
mit geringem Zuſaß von Balerianfäure:Sither.
Nenforee (vom Kr renforce, d. i. verftärlt),
die ftärkite Sorte Taftband. (5. unter Band:
fabritation, Bd. II, ©. 426*.
Renfrew, imMittelalterzu —*
ſpäter Rinfrew, Grafſchaft an der Weſtküſte
Schottlands, zählt auf 667,0 qkm (1881) 262981 E.
Im Süden erhebt ſich Hügel» und Bergland, das
im Mifty:Lam die Höhe von 378 m und im Eldrig:
Hill von 487 m erreiht. Der Clyde, bier ein Fluß
von bedeutender Breite, nimmt den Gryfam, den
Weißen Cart und den Schwarzen Cart auf. Das
Klima ift ſehr feucht und veränderlih, Aderbau
und Viehzucht find für die Bebürfnifje der Bewoh:
ner nicht ausreichend. Die Grafſchaft it reih an
Steintohlen und bildet einen Schiffbau: und Fabrilk⸗
diſtrilt, in welchem beſonders Baummwollmanu:
faltur, Seiden⸗ und Leinweberei betrieben werben,
Die ———A⏑ am
Weißen Cart und linls am Clyde, einem Dorfe
ähnlich, Endſtation der Linie Paisley-R. der Glas:
gow⸗ und Sübweltbahn, zählt 4825 E. und hat
eine Lateinſchule, Spinnereien, Muflelinwebereien,
Seifen: und Kerzenfabrifen und Handel. Weit bes
deutender und eine der vollreichſten Yabritjtädte
— iſt Paisley (f. d.).
eng, ſoviel wie Henna, |. Allannawurzel,
., bei naturwiflenihaftlihen Namen Ab:
Kürzung für Johann Audolffengger ‚geb.31.Yan.
1794 zu Yarau, ei als Arzt dafelbft 9, Dit. 1832;
er ges: «Die Säugetiere Paraguays.»
ent, Stabt in arabien am untern Lauf
der Donau, bei der Einmündung des Pruth, Sta:
tion der Cifenbahn Bender: Galap, hat 4116 E.,
einen ziemlich bedeutenden Hafen und entiprechen:
den Handelövertehr. Durch den Bariier Vertrag
von 1856 war R. mit einem Teil Bejlarabiens an
die Moldau gelommen, ward aber durch den Berliner
— (Juli 1878) an Rußland zurüdgegeben.
N (Buie), eigentlih Guido Danielli di
Renni, ital, Maler und Hupferäger, geb. 4. Nov.
1575 zu Calvenzano bei Bologna ald Sohn eines
Mufiters, trat zuerft bei Dionys Calvaert als
Lehrling ein und arbeitete dann unter ben Garracci,
von denen er fich jedoch 1596 trennte. Er machte
bierauf mehrere Reifen nah Nom, wo er nad) der
Antike ftubierte und durch Papft Baul V. und an:
dere Gönner reihe Beihäftigun ge gm J.
1622 nad) Neapel berufen, um daſelbſt die apelle
021
de3 heil, Januarius ausjumalen, wurbe er ebenfo
wie Annibale Garracci und Domenichino von den
neapolit. Malern, die feinen Fremden auflommen
lafien wollten, verfolgt, fodaß er deshalb bald feine
Arbeiten aufgab und 1624 nad Bologna zurüd:
kehrte. Zuleßt malte er fabrilmäßig, um zur
| Teiner Spielihulden Geld zu gewinnen,
Er ftarb zu Bologna 18. Aug. 1642, Ein Talent
von feltener Leichtigkeit, von vielem Gefühl für
Schönheit der Form und Anmut der Bewegung
(die Köpfe feiner Figuren find vielfach den berühm:
teften Antiten, namentlich den Niobiden nachgebil:
det), von außerordentliher Meifterfhaft in der
breiteften wie in der eleganteften und zarteiten
Vinfelführung, hat R. eine ſehr — Anzahl
Werte der verſchiedenſten Art hinterlaſſen. Die
Bilder aus feiner frühern Zeit, wie die Mabonna
della Pietä, der gelreuzigte Heiland und der betbles
—— Kindermord (in der Galerie von Bo:
ogna), verraten in ber kraftvollen Auffaffungs:
weile, in der dunkeln Scattengebung eine Ans
näherung an die Richtung der Naturalüten, befon:
ders des Garavaggio. Sodann verlieh R. das
Energiſche und Jmpofante und bildete fi an defien
Stelle, befonders nad) dem Mufter der Antite, ein
rubigeres deal der Schönheit aus, weldes im
einzelnen _die Grundlage trefflicher Daritellungen
wurde, Die Geburt Ehrifti, im Chor der Kirche
San:Martino zu Neapel, die berühmte Aurora,
großes Dedengemälde in einem Gartenhaufe des
Balaftes Roipigliofi zu Rom, und die 218*
bilder des bornengelrönten Chriftus, der Mater
bolorofa und ber reuigen Magdalena gehören diejer
mittlern beiten Zeit des Meiſters an, in mwelder
eine ſchöne, warme Färbung bei ihm vorherrſcht.
Etwas jpäter nahm er einen lältern, grauen, ja
öfters ſchwarzen Ton .an, wozu fi) zugleich eine
gewiſſe Kälte des Gefühle, etwas Gejuchtes in den
Stellungen und eine pruntende Bravour der Tech:
nit gejellten, wie in den vier für den Herjog von
Mantua gemalten (jebt zu Paris im Louvre befind;
lichen) Bildern aus der Mythe des Hercules. Noch
fpäter ging N. in einen feinen Silberton über, der
jest von Liebhabern vorzüglich geihägt wird. Die
lüdlichiten Beiſpiele dieſer Manier find die Ent:
—— der Helena (im Louvre zu Paris), die bes
rühmte Himmelfahrt (in der Pinalothel von Mün-
hen) und das noch berühmtere Gemälde in der
Galerie von Bologna: die Madonna mit dem
Schutzheiligen diejer Stadt, il Pallione (Kirchen:
fahne) genannt, weil es uriprünglid als ro:
zeifionsbanner diente. Rs radierte Blätter zeigen
eine freie und geiftreiche Nabel. Als Maler bildete
er eine Menge von Schülern, unter weldien Si:
mone Gantarini und Giovanni Andrea Sirani,
fowie deſſen Tochter Eliſabetha die befanntern
find. Noufielet, die beiden Boilly, 3. %. Frey,
Gunego, Bolpato, Dorigny Strange, Rafael Mor:
ben und andere haben nad) jeinen Bildern Ihöne
Stiche ausgeführt.
Reniform, nierenförmig.
Rente oder Höldyen (Coregonus) ift der Name
einer zu der Familie der Forellen oder Salmoniden
gehörigen Füchgattung, welche fi) durch den voll⸗
jtändig zabnlojen Mund von den Forellen und
durd den Beſih einer Fettflofie von den Weißfiſchen
unterfcheidet. Die N. find Bewohner der mittel:
europ. Seen, nähren ſich befonders von Leinen
Kruftentieren und Infeltenlarven und find allgemein
622
——* attung ac ——— wegen geſchãßtzt. F
ören die Maränen
re, e re en oder Balden ber
ayr.
gr ae) öde des Thunerſees, bie
—— ret u. ſ. w. des Neuenburger:,
ale * ——
Rennarbeit, die direlte Gewinnung von Gijen
und Stahl aus vn Sen, (S. unter Eifener:
jeugung, Bb. V, ©. 897*,)
$ s, ee aka re
Beſonders
Hippobröm zu An von ben Erden
Ar-Meidan (Pferdeplag) benannt, ben Kaiſer
—* erus a erg d. errlich
ausſchmudte n bier au ——
robe Pilgerlarawane nach Meta ihre Reiſe. An
Denfmälern bes Altertums find bier noch vor
den: eine aus brei brongenen Schlangen gewun e
Säule, 30 cm im Durchmeffer und 3 m hoch, die
ehebem i —— el zu Delphi den goldenen Dreifuß
*
latãã dem Apollo weibten; ein Pfeiler aus
en 3m bo und 25 m ſtarl; ein
19m bober, auf allen vier Seiten mit Hieroglyphen
bebedter Obelisk von Granit, der auf einem 3,5 m
hoben, mit Relief3 und lat. und gried. Snichriften | to
ge dhmüdten Marmorjodel rubt. Au dem Turme
über den Schranten (cancelli), worin die Pferde
ftanden, waren die berühmten vier bronzenen Roſſe
aufgeftellt, die nad) ber Eroberung Konſtantinopels
durch die Pateiner 1204 nad Venedig gefü * ——
den, um das —— ber St. Marlkuslir
fhmüden. Während im Abenblande die de
ſiſchen Spiele (f. d.) ſchon im 6. Jahrh. aufbörten,
dauerten biejelben im Bpjantini den Reiche fort
und nahmen in Stonitantinopel neben. - dogma⸗
had teeitigleiten das allgemeine | e in
em Grade in Anſpruch. Schon in * waren
liefen Spielen Barteien (factiones) aufgetreten,
Reg plich wahrſcheinlich ariftotratifche Renn:
die ſich durch die Narbe ihrer Gewänder und
ber lei rer Wagententer unterſchieden. Zuerft
follen e8 vier geweien fein, blau, weiß, grün und
rot; aber die Noten vereinigten fich "allmählich
mit ben Grünen und bie Weißen mit ven Blauen,
gr n Ronftantinopel gewannen diefe Parteien der
ennbahn nod größere Widtigteit. Die beiden
ftionen der Blauen und der Örünen wurben
örmli —— Korporationen anerlannt, hatten ihre
eig m aflung, Vorſteher und Beamte, wirtten
bet feierlihen Aufzügen und Hoffeften mit, Kailer
und Hof und faft alle Bürger ſchloſſen ſich der einen
oder andern Farbe an. Unter Kaiſer Anaftafius,501,
tame3 zum erſten male * ſchen den beiden Zaktionen
im Hippodrom zum ampje. Es fam wiederholt
zu Subekorunge, bi3 endlih Kaifer Yuftinian I.
und mehrere tibelthäter von beiden Far:
ben —* ließ. Das war das Signal zu einem
furchtbaren Aufſtande, ber 13. Yan. 582 ausbrach
Ds * dem eldgefchrei der rer: «Nila!»
h. efiege!») benannt zu werben pflegt. Beide
Bartein vereinigten ſich gegen Juftinian, ftellten
in einem Neffen — verfiorbenen Raifers Ana:
fa us, Hypatius mit Namen, einen Gegenfaifer
auf, und es entbrannte ein furdtbarer traßen⸗
tampf, der eine Woche lang dauerte und wobei ein
großer Teil der Stadt in Flammen aufging. Beli:
jar jedoch ſchlug an der Spike der heruliſchen und
Seen, die Gangfiſche und der Kilch des durch
riechen nad) der in Seiler aus ti
Nennarbeit — Rennes
got. Solbtruppen ben Aufftand nieder. Hypatius
und 19 vornehme Mitihuldige wurden 20. Jan.
—— Seit der Eroberung Konſtantinopels
ha feine 8 fcheint der odrom
änz eine frühere Belimmung verloren zu
en. Bol. Bilten, «Die Die Barıl en ber R R.» (Berl.
1890); Adolf Schmitt, Se Ka Safland in Kon-
ftantinopel unter Kaifer Juftinian» (Zür. 1854).
eye n), ausgezeichneter —
1742 zu Chudleigh in Devon 2)
— bei der Landarmee in
und erhielt fpäter * Stelle eines
ers von Bengalen. J. 1781 ließ er feinen
Atlas von Bengalen und eine bydrogr. Abhand-
lung über ven Ganges und Brab ———
elben Sabre kehrte er — ern
8 Ru
wo er fein «"Iemoir of a map of
1782) herausgab, Später —— er eine ——
von Hindoſtan (1788) und das
geography of Africa» (Lond. 1790), dem 1 6
und 1800 —9 Fortiegungen folgten. wid:
Wert ift «The geographical system of
erodotus» (Tond. 1800; deutſch von uns,
Altona 1802), worin er die Genauigkeit
Angaben Herobots vertei —— en ——
feiner Forſchungen waren bservations on
phy of the plain of Troy» (2onb. 1814)
un un fie * geographifchen «lllustrations ofthe
the expedition of u (2ond, 1816).
Er —— London 28. März
Rennes, vormals Saat ber Bretagne,
ch bes —— — Sud inigung er Nie in
tbarer end g
und der Bilaine, an — ——
Ranal der Jüe und Rance und an der —
—— Breſt), von welcher bier Seitenlinien _
edon, Chateaubriant und St.»Malo abge
fowie am re ee von 12 2a
in 54m Höhe. Die Stadt zählt (1881) 47774 (als
Gemeinde 60974) E. y- zerfällt in bie obere und
die untere Stabt. Jene, an einer Anhöhe auf bem
rechten Ufer ber — iſt, nach dem großen
Brande vom 22. bis 29 —* neu aufgebaut,
der vorzüglichfte Teil, „mit (dönen breiten und ae
raben Strafen, großen P ei (bie Place du Ka:
lais ve Juſtice, einer ber ſchönſten in Frankreich)
umd herrlichen Promenaben. Die untere Stadt, auf
bem linten Ufer ber a. iſt öftern Überfhwem:
de find durch vier Brüden
mungen ausgefekt. Be
verbunden. An ber Ile liegen bie Borftäbte St.:
Martin und L’Evdque. Die Kathedrale St. Peter
aus dem 18. Jahrh. iſt wegen ihres eigentüämlichen
ortal3 und wegen ber reichen ereien (von
Henaff und Zobe:Duval) im ern, und die
Kirche Notre:Dame (11. und 13. Jahrh. ;; auf dem
Hoc en Punkte der Stabt, wegen einer folotjalen
arienftatue auf ber Turmku pel bemerlenäwert.
Bedeutende Gebäude find der ispalaft, ——
54 von J. Debroſſe, dem Arthitelten des pari
Palais du —* ourg, erbaut, —— ——
aus dem 18. ein Architelten
Gabriel, mit ha albtrefäförmigem, Hurmafeönte
Mittelbau, das Theater, 1835 erbaut, die Univerfis
tät (1849—55 erbaut, mit dem Ylufeum), das
Lyceum, ein inpofanter Bau im Stile bes 17,
y —* der — Palaſt, —— große
afernen ge rienal, eins der größten
an —— dem auf einem Schloſſe bei R. ge:
itter Duguesclin ift auf der Promenade
— — —
Nennesiher Motor — Reno
Le Thabor ein Denkmal errichtet. Bor dem Juftiz:
pala en ſich die Statuen von vier bedeuten:
den in R. geborenen \uriften: — La —*
lotais, Toullier und Gerbier. Die
—* it ein Stadtthor aus dem 15. eh, R. K
ip bes Bilde, ces Ay dos des 10. Armeelorps,
—— und eines
erſter Inſtanz, eines
*
Afifenbo
. Lyceum, ein
er: und ein Lehrerinnenjeminar, eine Maler:,
Bi Mauer: und Zeichenſchule, jowie eine Aderbau-
ſchule, eine ö Bibliothel von 45000 Bän:
den und 220 ipten, cine elömungen I
Stulpturen und wertvolle Handzei _
—5* einen botan.
— für nun und Bun. |
— i und der ei Handel
namentlich mit Öse ML, Sind uf.w.
N. im Altertum Condate (mittellat. Redones
tort der Redones in Armorica.
und war
Rennesj, Motor, f, unter Caloriſche
Maſchinen.
Neun unter ea
er brit. —
uni eg
Nirk in Scho
— ae
ee ee
die ng ihm
päter > Sur über alle Hafen: und Marine:
er Fe Ve ng
* ng zu bri n. Unter den
Kanãlen, a er ausführte, it der * ſtennet⸗ und
Avonlanal m rdig, der eine halbe Stunde
Bernout Guben Pla fabek er
ortöm u pu er be:
deutende Arbeiten aus. *
Sein wichtigſtes
BE un nme. Bir: —
Plymouth, Pre des Hafens. Die herrlich⸗
Dentm eines Hunftfinns find die von ihm
erbaute Waterloo: und Southwarlbrüde in Lon⸗
don. Er batte in London eine große Anjtalt zur
Berfertigung aller pi u der und
mehrere derjelben verbanten ibm wei Ver:
erungen. R. ſtarb zu London 16. Ott. 1821.
eorgeR., Sohn bes vorigen, geb. 3. Jan.
1791, unterjtüßte den Vater beim Bau der South:
er‘ ynblrcide, Telb und ige ih dann
auch durch zahlr elbftändig a ——
Werle befannt. Bon ihm rte Entwurf
zu den berühmten Dods in ——— er, welche
1855nad sei gr Sa Stabtoon a
ten ee wurden.
30. März 1866.
=
— — z28 1796,
wurbe 1831. x“ i Gröffnung der
) defien Fleiſch un
623
ihm erbauten neuen Londoner Brücke zum Nitter
geſchlagen. Er leitete die Arbeiten zur Austrod:
— der Sumpfe in Lincoluſhire, vollendete den
om Bater begonnenen Hafen zu Namsgate und
richtete bie Werfte in Whitehaven ein, Gr ſtarb
„gen t. 1874 zu London.
2— * dem Nollenbohrer ähnliches
ie unter a und Bohrmaſchi—
—— oo. II, 6
* eig Ber Heimen, ein uralter Grenz-
eg —F —— is I” über
ben Ram ringermaldes
nten ſcheidet. 3
«Der a es zi des — A Sid
„Remtier, ae —— Ser fTandinan.
Satung Hi 48), db.) „melde bi Ge Oele
2 555 * * ebrüdtes, Ngenfprofe,
ogenes mit fhaufelförmi
—— eine behaarte, _ — —* en
a a a
un en Kopf, kurzen um
Hals, plumpe, dide Füße mit breiten, et
en Hufen — feine hohe Statur Beim
Saufen im aden bie Füße in ei der Deile
Bon ihnen ift das eur —** sad (Cer-
vus Tarandus, 'f, Taf HALT Fig. 2) an
—F 5— ein Gegenſia ——— eis, wei en
i en; ganzer ten an das Da:
Ic diefed Tiers nüpft. Die arltifchen Bölter:
Europas und Afiens begen da3
[8 ala un teild als Lajitier —36 ae he
Mil als unentbehr
rungsmittel, das Fell zur Kleidung u zu 2
deden, und taum iſt irgend ein Teil dieſes Tiers,
ber unbenubt weggeworfen wird. Um eine Fa:
milie zu erhalten, braucht ein Lappländer minde:
ftens 200 Stüd R. Diefe geben Logan y
Sommer auf bie Berge, um —A
ſuchen, und im Winter fuchen fi e Buflu t in =
Mäldern und nä ven ſich Kan, von den Baunt:
flehten, der am Boden wachſenden Nenntierflecte
(Cladonia rangiferina) und von den Ömeigen ber
Birken und Weiden. Die raſcheſten R. jollen 15 kın
in der Stunde durchlaufen. Die ſchönſten und
kräftigften R. findet man in —* Lappland
und beſonders in har. Märmere — er
find den R. nicht angemeflen, und fchon die rm
um Petersburg iſt für fie zu warm. Daher fon
Merk im | man auch die nad) — — N. u
lange am Leben —— mb er Urzeit war da:
gegen das R. über nz, 9 itteleuropa bis zum
Fuße der Alpen und mengen verbreitet. In Nord⸗
amerila iſt die Eriſtenz der arltiſchen Indianer⸗
ſtamme an die Herden des größern norbameri—
taniſchen Renntiers ober Caribous gelnüpft.
Das ſehr wohlſchmedende Fleiſch wird mit Talg
vermengt und zu Pemmikan, einer Art von trode⸗
nem Wintervorrate, zubereitet.
Nenntiermood oder - Nenntierfledte,
Bil auesont: f. unter Cladonia,
utiesgeit, | unter Urgeſchichte.
u (Rhenus), Fluß im italienischen Com:
etimento Gmilia, entfpringt im N, der Provinz
Bla * zmilhen dem Garno * Scala und Piſtoja
Varco delle Piaſtre, und erreicht die Ebene
me wejtlih von Bologna, wo er unter einer
A de von 16 Bogen bindurchgeht, aber im Herbit
taum Waſſer bat. ‚Er nimmt linfs die Samoggia
624
auf und war urfprünglic der Iehte rechte Neben:
fluß des Bo, wurde aber 1767 bei Banfilio genötigt,
ſich füdöftlich in den Cavo Benedetti zu ergieben,
ſodaß er jebt füdlih von den Valli di Comacdio
als Po di Primaro felbftändig ins Adriatiiche
Meer mündet, Cine Folge diejer Ableitung find
erftörende UÜberſchwemmungen feiner Uferland:
Idafen. Im Winter iſt er auf 30 km ſchiffbar.
enouard (Anton Augultin), franz. Biblio:
graph, geb. zu Paris 21. Sept. 1765, war zuerft
Kaufmann, widmete fih von 1797 an dem Bud:
handel und war in demſelben bis 1824 thätig durd)
Herausgabe von verfchiedenen lat. und franz. Wer:
ten, die fi durch Korrektheit u nen, ſowie
nachher durch verfchiedene eigene Arbeiten über
bibliogr. und typogr. Gegenftände. Er jtarb 15. Dez.
1853 zu 6t.:Balery:fur-Somme. Die wichtigſten
feiner Schriften find: «Annales de l’imprimerie des
Aldes» (3, Aufl., 3 Bde., Par. 1826), «Annales de
l’imprimerie des Estienne » (2. Aufl., Bar. 1843).
enfe oder Rhens, f. Köni ofubt. :
Nente (frz.) bezeichnet zuvörderſt jedes Ein—
lommen, das aus eigenem Vermögen flieht, aber
feine perjönliche Arbeit des Empfängers erfordert,
aljo namentlih das Einkommen aus Grundftüden
(Zandrente), aus vermieteten Häufern (Haußrente)
und aus verlichenen Kapitalien (Zinsrente). In
einem befondern wiſſenſchaftlichen Sinne nennt
man R. den über den normalen Kapitalgewinn
binausgehenden Grtraertrag, den ein Produzent
vermöge einer relativen oder vollftändigen Mono:
any ung zu erzielen im Stande iſt. So bringt
von Natur ungewöhnlich fruchtbare oder bes
fonders günitig ‚gelegene oden eine ſolche Vorzugs⸗
rente ein, die Örundrente (f. d.) im Einne Kicar:
608. Aber aud) die Bergwerle, die Fabrilen, kurz
alle Unternehmungen zeigen mannigfaltige Abs
ftufungen in ihren natürlidyen Degünftigungen, und
e3 gibt aud rein perfönlihe Vorzugsrenten, bie
aus einer ungewöhnlichen Begabung entipringen.
Künftlihe R. diefer Art lönnen durch Patente, ge:
werbliche Privilegien u. dgl. erieugt werben.
R. nennt man Terner f jiell den für immer zahl:
baren Zins von einem Kapital, das der Renten:
ſchuldner niemals Lan mg 0a hat. Der Släubis
ger. erſcheint alio in dieſem Falle als Käufer einer
ewigen R. und das Slapital bildet den Preis ber:
—— Im ſpätern Mittelalter, als das kanoniſche
ucherverbot dem eigentlichen ren im
Wege ftand, erfolgten die Kapitaldarlehne an
Grundbefiper gewöhnlih auf diefem Wege des
Rentenlauf3, und zwar wurde die R. zur Sicher:
ftellung des Geldgebers auf ein Grundftüd, radi-
ziert. Eine ſolche R., die übrigens häufig nicht in
Geld, fondern in Getreide oder andern Natural:
lieferungen zu entridhten war, fonnte vom Schuld:
ner dur) Rüdzahlung des Kapitals abgelöft, vom
Gläubiger aber nicht gelündigt werden. Gegen:
mwärtig find diefe zu Neallajten gewordenen R. faft
völlig verihwunden ', dagegen ült für bie Staats⸗
ſchulden (ſ. d.) die Form der Rentenſchuld immer
mehr zur Anwendung gebracht worden. Sehr ver:
breitet ift aud die Ermwerbung von Renten auf
Lebenzzeit des Empfängers (f. Leibrenten), jei es
von fofort fälligen oder von aufgeihobenen, und
zwar kann die Erwerbung im lehtern * ſowohl
durch einmalige Zahlung einer gewiſſen Surıme
als durch jährliche Beiträge bis zu einem beftimm:
ten Zeitpunkt erfolgen, mie e3 namtentli zum
Nenouard — Nepertorium
Zwede der Alteröverforgung üblich zu fein pflegt.
Geſchäfte diefer Art werden von privaten Lebens:
verfiherungsgefellichaften und Nentenanftalten
oder auch von jtaatlihen Anftalten (wie z. B. bie
franz. Altersverforgungäfafle) übernommen.
Kauf einer R. auf eine feit beftimmte Anzahl von
bar tommt jeltener vor, (S. —
dentenbauken, ſ. Grundrentenbanken.
Nentenprinzip nennt man die von Rodbertus
aufgeftellte und in neuerer Zeit namentlid von
agrariicher Seite verteidigte Anficht, dab der land:
wirtſcha ——— Boden ſeiner Natur nach nicht ge—
eignet ſei, als Grundlage einer rückzahlbaren Hapi-
talſchuld zu dienen, ſondern nur eine Rentenſchuld
(f. Rente) ertragen könne.
Rentenfchuld, f. unter Staatsjhuld,
Rentenverficherung, ſ. Lebensverjide:
rung und Yeibrenten,
Rentier (Tier), ſ. Nenntier.
Nentier (m: ein von Zinſen und andern
Renten lebender privatmarn.
Renunciation (lat), Verzichtleiftung, Ent:
fagung auf Anſprüche oder Rechte; NRenuncias
tionsfhreiben, die Eingabe an das Gericht,
einem fernern Verfahren entjagen zu wollen; Ne:
nunciationgalte, joviel wie Entjagungsurkunde,
befonders die Philipps V. von Spanien, in der er
als Bourbon auf die rg in Frankreich für
fi) und feine Erben verzichtete, da nad) den im⸗
mungen des Utrechter Friedens die Kronen von
Frantreich und Spanien nie vereinigt werden follten,
Renvers, ſ. unter Reiten. \
NReole (La), Stadt und Hauptort eines Arron:
diffement3 im franz. Depart. Gironde, rechts an der
Garonne, Station der Yinie Bordeaur:Gette ver
Südbahn, zählt (1880) 3360 (als Gemeinde 4156)
G., hat dichte eines von den Engländern erbauten
Schloſſes und einer im Babe): gegründeten Bene
diktinerabtei (Regina), eine Kirche aus dem 13,
bis 15. Jahrh. ein Stadthaus aus dem 12. bis
14. Jahrh. ein College und Fabrilation von Hüten,
Eifen: und Stahlwaren, Ein, Hanfleinwand, R.
gehörte ehemals zu Bazadois,
Neolen, f. Rigolen, I! nung.
Repartitionsrechnung, jov. w. Gejellichafts:
Repartitiondftenern Feb im Gegenjah zu
den Quotitätöfteuern diejenigen direlten Steuern,
die eine im voraus feitgeftellte Geſamtſumme auf:
zubringen haben, welde nad) gegebenen Normen
auf die Steuerpflichtigen verteilt wird, Hierher
hören 3. B. in Preußen die Grundjteuer und die
Klafjeniteuer und in Frankreich die Grundfteuer,
die Thür: und Feniterfteuer und die Mobiliarjteuer,
NRepcalaffociation (engl., d. i. Berein für
Widerruf) hieß die von D’Connell (f. d.) 1830 zu
Dublin geftiftete Berbindung, welde bie Auflöfung
der legislativen Union Irlands mit Großbritannien
zum Zwed hatte. Die R. verlor ſchon vor OCon⸗
nella Tode durch das Einfchreiten der Regierung ihre
Bedeutung und verihwand allmählich ganz.
Repertoire, das Berzeihnis der dramatiichen
Stüde, die auf einer Bühne zur Vorſtellung kom:
men und fich bleibend — erhalten; auch das
Verzeichnis der von einem Schauſpieler oder Eänger
vorzugsweiſe geipielten oder gefungenen Rollen.
Repertorium (lat.) beiht. jedes zum Nadhs
ſchlagen und leichten Auffinden geeignete Regiſter
oder Berzeihnis, daher das Wort auch häufig als
Titel für Zeitfchriften, welche Überſichten, Kurze
Repetiergeſchütze — Nepräfentationsrecht
Kritiken und Berichte über wiſſenſchaftliche Bere |
enthalten, gebraucht wird,
Repetiergefchge, ſ. Kartätſchgeſchütze,
. X, S. 165fg.
Repetiergewehre ſind ſolche Gewehre oder
Handfeuerwaffen überhaupt, welche durch ihre Ein—
richtung den Schutzen in den Stand ſehen, eine
Anzahlvon Schüuſſen hintereinander abzugeben, ohne
eines erneuten Ginlegen3 von eo. zu be:
dürfen, Hierher gehören die Revolver: Biftolen und
«Gewehre und die Magazingewehre. (S. Hand:
feuerwaffen und Revolver.)
Nepetieruhr (frz. montre A r&petition; engl,
repeating-watch, repeater),, eine Uhr, welche die
Stunde wiederholt, jo oft man fie dazu in Be:
wegung fest. (S. unter Uhren.)
epetitionszeihen, |. Wiederholung:
zeichen. fpiegel (f. d.).
Nepgowe (Cife von), Berfafler des Sachſen—
Nephaim, eigentlic die Furdtbaren, Name der
riefenbaften Urbewohner Raläftinas und der oft:
jordaniiden Länder. Sie werden in ben Erzäh—
lungen aus der Zeit Abrahams, da fie in Aichtrot
Karnajim wohnten, ſowie des Mojes und des Joſua
erwähnt, Bon ihnen ftammten Dg, König von
Bajan, und auch Goliath, und feine riefenhaften
Brüder heißen «Söhne des Nafa». Andere Namen
für (oder Abteilungen der) R. find: Emim, Sam:
ſumim, Sufim u. ß w.
Repitz, Geſtütsvorwerk von Gradit (f. d.).
Repli frz.) heißt in ber Militärſprache ein
Etüppunft, auf welchen ſich vorgeſchobene oder
ſeitwaͤrts ſtehende Truppen zu weiterm Widerſtande
zurüchziehen können. Zu dieſen Stellungen wählt
man Zerrainpunfte, welche jenen Küdzug erleich:
tern und Hilfsmittel zur örtlichen Verteidigung
darbieten. Für die ausgeſtellten Poſten find die
Feldwachen das nächſte R., für die legtern dienen
Unterjtüßungstrupps, in einigen Armeen Pilets
genannt, als R. Die Aufftellung größerer Mailen,
die zur Aufnahme zurüdgehender Truppen beftimmt
find , werden Nepliitellungen genannt,
Replik (lat. replica ober replicatio) heißt im
Prozeßverfahren die Hägerifche Gegenrede auf die
Klagbeantwortung des Vellagten, namentlich das
Vorbringen einer neuen Thatlade feitens des Klä—
ger3, welche die Einrede (f. d.) in ihrer Wirkung
aufbebt. So läßt ſich einer —— die Einrede
der — dieſer aber die R.entgegenſetzen, daß
die Zahlung an jemand geleiſtet worden, welcher
gen Empfang nicht berechtigt peace fei, Auf die
. fann eine Duplik, * ieſe allenfalls noch
eine Triplik und ſogar Quadruplik folgen.
Ubrigens können nad 8. 251 der Deutſchen Civil:
prozeßordnung vom 30. Jan, 1877 alle —5—
und Verteidigungsmittel (Ginreden, Widerklagen,
Replilen u. ſ. w.) bis zum Schluſſe derjenigen münd:
lichen Verhandlung, auf welche das Urteil ergeht,
geltend gemacht werden.
Nepnin (Nikolai Waſſiljewitſch, Fürft), ruf.
Feldmarſchall und Diplomat, geb. 2, März 1734
u Betersburg, jtammte aus dem Geſchlechte der
üriten von Obolenst und war der Enkel des
pen als ruſſ. Heerführer unter Reter d. Gr.
erühmten Feldmarſchalls Fürſten Unikita Jwa—
nowitſch R. (geb. 1668, gel 14. Juni 1726) und
Sohn des Füriten Waſſilii R., der als Ober:
befehlöhaber des der Kaiferin Maria Therefia zu
Hilfe geihidten ruf. Korps 31, Juli 1748 im
Gonverfations » Lexilon. 13. Aufl. XIII.
625
Lager zu Kulmbach ſtarb. Nachdem er im Sieben:
jährigen Kriege mit Auszeichnung gefochten, er:
nannte * Katharina II. 1764 zum Geſandten in
Berlin, demnächſt in Warfhau. Während des
Kriegs mit der Türkei 1770 nahm er teil an den
Schlachten bei Larga und Kagul, eroberte 7. Aug.
amail und 2. Sept. Kilia Am 21. Yuli 1774
chloß er den — von Kutſchuk-Kainardſchi.
Im folgenden Jahre ging er als Geſandter nach
Konſtantinopel. Auf dem Kongreß zu Teſchen be:
wog er 1779 Sfterreich zum Frieden mit ——
Am 18. Sept. 1789 ſchlug er die Türken am Fluſſe
Saltiha, bradte 9. Juli 1791 vor Matſchin dem
Großvezier eine Niederlage bei und ſchloß 9. Jan.
1792 den Frieden von Jaſſy. Hierauf wurde er
Seneralgouverneur der Ojftfeeprovinzen und er:
bielt 1796 den Marfdallitab. Er ftarb zu Niga
24. Mai 1801.
Da fein Geichlecht mit ihm erlofch, fo lieh Kaiſer
Alerander den Namen 1801 auf deſſen Entel, den
ürten Nikolai Woltonftij, übergehen, der fi nun
tifolai Nepnin:Wolkonfkij nannte, Der:
felbe war 1778 geboren und frühzeitig in den Mitt:
tärdienft getreten. In der Schladht bei Aufterlik
führte er ein Garderegiment, wurde gefangen ge:
nommen und erjt nad) dem Tilfiter Frieden wieder
in Freiheit gefest. Im J. 1809 wurde N. General:
major und fam als Gejandter an den weſtfäl. Hof.
Im Feldjuge von 1812 führte er die Kavallerie
unter Mittgenftein an der Düna und ftieg 1813
in Generallieutenant auf. Nach der Schlacht bei
eipzig verwaltete er als Generalgouverneur das
Köntgreih Sachſen. Dann wohnte er dem Kongreß
zu Wien, 1815 dem Einzuge der Verbündeten in Pa:
ri bei, wurde 1816 Generalgouverneur von Klein:
rußland, 1828 General der Kavallerie und trat 1835
in den Reichsrat ein, Er ftarb im Febr. 1845,
Neport (Börfenausdrud), f. unter Zeitlauf.
Reporter, f. unter Berichterftatter.
Reportgefchäft, ein Kauf, bei dem die Ware
(meift Wertpapiere) fofort wieder an den andern
Kontrahenten verlauft wird, aber für einen fpätern
Zeitpunkt und deshalb zu einem andern Preiſe.
Dasfelbe dient dazu, um Kapitalien für kurze Zeit
zinsbar anzulegen oder um ſich umgelehrt für kurze
eit notwendiges Kapital zu verichaffen.
Repofition (lat.), die Wiedereinrichtung eines
verrenften oder gebrochenen Gliedes; auch das
Zurüdbringen eines Eingeweidebruchs.
Reppen, Stadt im preuß. Regierungsbezirk
Frankfurt a. O., Kreis Weſtſternberg, an der
Eilang, Station (2km vom Orte) der Linien Frank—
furt a. D.:Pofen und Breslau: Stettin der Breu:
Biihen Staatsbahnen, Sit eines Amtsgerichts,
zäblt (1885) 4316 E. und hat ein Nettungshaus,
Wollipinnereien, Tuchmacherei, eine Kartoffeljtärke:
fabrif und Mahl: und Schneidemühlen.
Repphuhn (Nebbubn), f. Feldhuhn.
Repräſentationsrecht heißt im Erbrechte das
Gintreten in die Reihe eines bereitö verjtorbenen
Afcendenten, alfo das gleiche Erbrecht der Entel
u.f. w., deren Vater oder Mutter verjtorben ilt,
mit den Geihwiltern des Berjtorbenen, und der
Kinder verjtorbener Geſchwiſter mit den noch leben:
den, wenn von Beerbung der Großeltern ober eines
Bruders oder einer Schweiter die Rede iſt. Das
deutſche Recht hielt in den frühern Zeiten fo ftreng
an dem Gage: a\je näher der Sippe, je näher dem
Erbe», daß es bie finder verjtorbener Kinder nicht
40
626
mit den noch lebenden Kindern und ebenjo wenig
die Kinder verjtorbener Gefchwijter mit den noch
lebenden Gefhwiltern erben lief. Nah und nad
aber gewann das röm. Recht in diefem Punkte das
übergewicht. Dagegen geht im deutichen, wie im
engl. Lehnrechte und wo ſonſt noch die Yinearerb:
folge ſich behauptet, das N. ins Unendliche fort,
d. 5. die entferntejten Nachlommen des nähern
Stammes gehen den nähern Berwandten eines ent:
jerntern Stammes vor; jo würde 3.9. der Urenlel
eines Oheims den jüngern Oheim oder den Grob:
oheim und deren Nachkommen ausjchliegen. Eine
falihe Anwendung de3 R. war ed, wenn man den
entferntern Grad nicht aus eigenem Erbredt, fon:
dern nur im Falle der Erbfähigtfeit u. ſ. w. des durd)
ihn Repräjentierten erben lafien wollte, wie dies
die ältere Theorie mehrfach annahm.
Nepräfentativfyiten bezeichnet diejenigen, den
modernen Berfafiungen eigentümlidhen Ginridhtun:
gen, welde in ihrem fyitematiihen Zufammen:
bange die Berwirklichung der freien oder —*—
Staatsideen bezwecden. Der Schwerpuntt derſelben
liegt in einer Reihe von geſehlichen Beſchränkungen
des Trägers der Staatsgewalt und ſeiner Organe
bei Ausübung der wichtigſten Negierungsrechte.
Man pflegt dieſes Syſtem allgemeiner als a konſti⸗
tutionelles⸗ und, je nach beſonderer Auffaſſung,
als «Landftändiiches» oder «parlamentariſches Sy:
ſtem⸗ zu bezeichnen. (5. Konititutionelles
Syftem.) „je nachdem der weientlic einheitliche
Körper ber Bollsrepräfentation felbit wieder in
zwei Körper unterabgeteilt ift oder nicht, fpricht
man, von einer Repräjentation nad) dem Ein oder
HZweilammerfyftem. Beim Zweilammerfyitem fin
den gewöhnlid) in der einen Kammer der große und
geſchloſſene (adelige) Grundbefis und mehr oder
minder font jog. arijtofratijche Elemente durch Ge:
blütsreht, Amt ober — des Souveräng,
in der andern Kammer mehr die ſog. demokra—
tiſchen Elemente kraft der Vollswahlen ihre Ver—
tretung. [tivfyftem.
Repräfentativverfaffung, f. Repräjenta:
NRepreffalien find Maßregeln zum Zmwed ber
Miedervergeltung. Der Ausdrud bezieht ſich daher
nicht auf den Inhalt, fondern auf das Motiv der
Anordnungen. In einem engern Sinne verſteht
man aber darunter ſolche Maßregeln eines Staats,
welde an und für ſich gegen die völlerrechtlichen
Gebräuche verſtoßen, von demjenigen Staate, gegen
ben fie gerichtet find, aber dadurch — *
worden find, daß er ſelbſt die Saͤhe des Völlerrechts
verlegt hat, z. B. durch Ausſtellung von Kaper—
briefen, Plünderung,, Geſandtenmißhandlung,
Nechtöverweigerung u. dal.
wife nennt man die Nehmung eines Schiffs
oder einer Ladung im Seefriege, wenn das genom:
mene Objekt bereitö während desfelben Kriegs ala
aute Prije genommen war. Die Prije fällt aljo
durd) die R. wieder dem befreundeten Staate an:
beim; fie wird aber dem urfprünglichen Eigen:
tüner nur dann zurüdgegeben, wenn fie nad der
erſten Rehmung nid;t bereit3 Fondemniert und da:
mit rechtlich fremdes Gigentum geworden war.
Doc gehört diefer Bunft ‚zu den ftreitigiten des
Völferredhts, obwohl er eigentlich nicht in diejes
gehört, fondern in das Privatrecht der einzelnen
Etaaten zu verweifen ift.
Reprife it auch die Bezeihnung für die Wieder:
aufnahme oder Wiederholung eines Bühnenftüds xc,
Nepräjentativfpften — Reptilien
Reproduktion (lat., Wiedererzeugung) nennt
man die fortwährende —— der durch
fortwährenden Verbrauch verloren gegan 1}
Körperſubſtanz, welche auf Kojten der genofjenen
Nahrung und der gentmeten Luft geihieht. Die N.
findet indes im allgenteinen nur jo ftatt, dab ſich
neue Subitanz zu den bereits beitehenden Geweben
binzufügt, ſich anbildet, nicht aber jo, dab ein gãnz⸗
li zu Grunde gegangener törperteil neu gebildet
wird. So reproduziert ſich, wenigſtens beim Men-
ſchen und den höhern Tieren, ein zeritörter Ano-
hen, ein au2geichnittener Musfel oder Nero nur
dann, wenn der Berlujt ein geringer iſt; iſt er be:
deutend, fo tritt an die Stelle des verloren genan-
genen Körperteild da3 vorzugsweile aus Binde:
—* gebildete Narbengewebe. (S. Narbe.)
Die gänzlihe Neubildung, der Wiedererfak ver:
lorener Körperteile, welche man zum Unteridiede
von der R. bejier Regeneration nennt, iſt indes
bei niedern Tieren möglid. So wächſt Salaman:
dern, Eidechſen der abgeichnittene Schwanz wieder,
erſchnittene —— ergänzen ſich wi voll:
Händig. n Krankheiten fann die Anbildung von
Körperfubjtanz entweder den Verbrauch überichrei:
ten oder hinter ihm zurüdbleiben. Das Fettwerden
ift 3.2. ein über den Verbrauch gefteigerter Fett:
anſaß. In allen fieberhaften Krankheiten, bei der
Zuderharnrubr u. f. w., verbraucht der Körper
mehr Subftanz, als er anjegt. Sind dieſe Bor:
gänge auf einzelne Organe beſchränlt, jo nennt
man fie Hypertrophie (}. d.) oder Atrophie (f. d.).
An die Regeneration fließt fi die Wiederanbei:
lung ganz losgetrennter Körperteile an; dieje findet
beim Menſchen nur dann ftatt, wenn der losgelöſte
Zeil (Zähne, Knochen, losgetrennte Nafen, Ohren
nur jo furze Zeit vom Körper getrennt war, daß
er no Wärme und Lebensfähigleit befikt.
Reps, |. Raps und Rips.
Reps, Marktfleden im ungar. Komitat Groß:
Kofelaburg (Siebenbürgen), ehemals Vorort des
oleichnamigen Sacienfuhls, am Homorödfluffe,
mit (1880) 2778 E. (Sadien, Rumänen und Ma:
gyaren), hat vier Pfarrlirchen (lutheriſch, römijch-
latholiſch, griechiſch-katholiſch und griechiich - oriens
taliſch), ein Franzisfanerklofter, ein Bezirksgericht,
Dbit: und Weinbau, Flahstultur und bejuchte
abrmärfte. In der Nähe find Salzquellen mit
einem Heilbad. Die alte Repsburg wird jeßt von
den Bewohnern als Borratslammer benukt. _
Reptitien (lat.) nennt man die niedrigite Klaſſe
derjenigen Wirbeltiere, bei welchen eine ut
(Amnios) und eine Hornhaut (Allantois) fi im
Embryonalzujtande bilden, in ähnlicher Weije wie
bei den Vögeln und Säugetieren. Diejelben atmen
niemals durch Kiemen, aud) im unentwidelten Zu:
ftande nidht, fondern ftet3 nur durch Lungen und
gioen in der ganzen anatom. Strultur auffallende
eziehungen zu den Vögeln, welche fid an dem
Skelett namentlih dur die Eriſtenz eines ein:
fahenGelenttopfsam Hinter ——
tiere und Amphibien einen doppelten Gelenthöder
befigen) und durch die Anmejenheit von Rippen
am Halje und oft auch am Bauche unterjcheiden.
N Berüdjichtigung der nahen Verwandtſchaft zwi
hen R. und Amphibien hat man beide in eine
Klajie ald Sauropjiden zufammengefaßt. Bei
den R. find die beiden Herzbälften niemals voll:
ftändig geſchieden; fie find kaltblütig, wie die Am:
phibien, legen meijt Gier, einige gebären indes
3, Waran (Monitor nilotiens ) 4. Zauneidechse (Lu
— .. — — ”
— es *
pusik ( Psewlopm
13. Ibijara (Amphisbaena alba). 7. Erzschlei
Brockhaus’ Conversations- Lexikon. 13. . Aufl.
LIEN. 1
— ke
12, Chamäleon (Chamaeleo vulgaris).
en —— * is),
NRNRT
„ze (Seps chaleidira ). j 8. Fliegender Drache (Draco volans .
Zu Artikel: Reptilien,
u ii
4. Lippenschildkröte (Trionyx ferox).
*
11, Krenzotter ( Pelias berns).
Brockliaus’ Conversations»- Lexikon. 13, Aufl,
TLTEN. IT
a Zt
u
u
—
—
yunnn —
b. Ledéerschildkröte (Sphargis eoriacen
— ANY f
\ { — I
Ne Er —
AS:
N
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2 — ⸗ a
7 „enge (Boa constrictor ),
7 Be (Crotalus durisaus), 9, Ringelnatter Tropidonotus natrix).
Zu Artikel: Iteptillen.
Republik — Repubiation
lebendige Junge, aber ohne daß eine Verbindung
von Mutter und Frucht jemals vorläme,
Man teilt die heutigen R. folgendermaßen ein:
I. Gruppe: Gepanzerte (Loricata), 1) Krofo:
dile (ji. d., Crodilia), hierher das Nilkrokodil
(Crocodilus vulgaris, Tafel: Reptilien], Fig. 1)
und der Gavial (Gavialis gangeticus, Tafel I
Fig. 2); 2) Schildkröten (f. d., Chelonia) mit
der europ. Sumpfidildlröte (Cistado lutaria,
Tafel II, Fig. 1), der nordamerif, Schnappidild-
fröte (Chelidra serpentina, Tafel II, Fig. 2), der
fonderbaren Franfenfchilbfröte ober Datamata aus
Südamerila (Chelys üimbriata, Tafel II, Fig. 3),
ber wohlihmedenden, aber bifigen Lippenicild:
fröte (Trionyx ferox, Tafel I ‚ig. 4), vom ſüdl.
Nordamerika, der Leberichilptröte (f. d., Sphargis
coriacea, Tafel IL, Fig. 5), der Garetjailblröt
(. » ielone imbricata, Tafel U,5 Sig, 6)
tuppe: Shuppentragende( holidota):
1) ale (}. d., Sauri), a. fpaltzüngige, bier:
ber der Afrika bewohnende ®aran (Monitor nilo-
tieus, 3* Neptilien I, Fig. 3), unſere ein:
beimifche auneidechje (Lacerta stirpium, Tafel I,
fig. 4); b. die Kurzzüngler, bier x ber tublofe
S eltupofid (f. d., Pseudopus Palasii, Tafel I,
Fig. 5), der Stinf (1.d., Seincus offieinalis, Tafel I,
Sig. 6), bie kurzbeinige, um das Mittelmeer ver:
breitete as (Seps chalcidica, Tafel I,
Fig. 7); ec. die Didzüängler, mit dem fliegenden
Drachen (f. Drade, Draco volans, Zafel I,
Fia. 8), dem Leguan (f. d., Iguana tuberculata,
Zafel T, Fig. 9), dem abenteuerlichen Tapayarin
(Phrynosoma obiculare, Tafel I, ig. 10) aus
Merilo und dem javaniſchen Faltengedo 6 Gecko—
nen, Ptychozoon homalocephalum, Tafel I,
Fig. m; d. die Wurmyüngler, hierher das
Chamäleon f. d., Chamaeleo vulgaris, Zafel I,
dig. 12); e. die Ningelehien (j. d. ‚Annulata)
mit der Hhijara (Amphisbaena alba, Tafel I,
—* 13). 2) Schlangen (f. d., Ophidia), mit der
ınten Korallenſchlange (Tortrix scytale, Tafel I,
Fig. D, „der Abgottichlange (Boa constrictor,
Tafel (U 1 8, ſ. unter Niefenihlange), ), der
— ingeinatier (j. d., Tropidonotus natrix,
Zafel II, ig. 9), der giftigen Brillenſchlange (f. d.,
Naja tripudians, Tafel II, 39. 10), unjerer gelücch
teten Streuzotter (f. d., Pelias berus, Tafel II
Sie: 11) = * 1 Mapperichlange (v. ., Crotalus
urissus, Tafel II, Fig. 12).
Republik (res publica, im antifen Sinne des
Wortes) bedeutet einen Staat mit anerkannten
Vollsrechten (res populi). In diefem Sinne it
auch die konititutionelle oder repräfentative Mon:
archie eine. In der modernen Rechtsſprache aber
wird der Name R. im Gegenjaß zu der Monardie
nur den Vollsſtaaten zugeitanden, welde keinen
Monardien als berechtigtes Staat3oberhaupt an
der Spiße haben, jondern von bloßen Beauftrag»
ten, jei es de3 ganzen Volls, jei es ber ariftolra-
tiſchen Klaſſen rn werden (demofratifche und
ari tofratiiche MR Na Mittelalter gab es zahl:
reiche ari toktatife wie insbeſondere Venedig,
Genua, die Niederlande, das poln. Reich in den
legten Jahrhunderten, in gewifjen Sinne jelbft
das Deutiche Reich als Ariftofratie der Fürften mit
bem gewählten König ala Haupt. Die neuern R,
find durchweg repräfentative Demofratien, fo ſchon
England zur Zeit von Cromwell, fodann bie Ver:
einigten Staaten von Amerifa, bie Schweiz, Sranl:
627
reich, aber aud die deutichen gegen Der
Hauptunterfcieb ber modernen R. und der >
Sen liegt nit mehr darin, baß die
te der Staatsangehörigen in jener voll ——
—8* utzt würden als in dieſer, ſondern —5*
in der verſchiedenen Organiſation der
rung. Dieſe iſt in der Monarchie einheitlicher,
Det —— geordnet und immer mit höhern
jeſtätsrechten —— jedoch nicht er
mit — Macht ausgerü amerif, Praſi⸗
wur der Union und F der franzöſiſchen
R. z. B. haben größere ————— ſelb⸗
mg auszuüben, ald der König von England,
Aber die republifanijche Regierung wird nur auf
furze Amtsdauer von wenig Naben gewählt,
— ak — 22* iſt entweder erblich zum wo
berufen, oder wird auf ek 9 gewählt. Die
republifaniiche Regierung ift allezeit verantwort:
lid, der Monarch nad den meiſten Staatäverfajs
fungen unverantwortli Az rg Jene
unterjcheidet fih von rigen Bürgern nur
durch das Amt, fie gebt aus * * der Bürger
—— und iehrt in dieſelbe zurüd, während der
onarch über das Volt als Träger der Staatö:
gewalt erhaben ift. Pie Mitglieder der —
niſchen —— haben nur eine abgeleitete Ge:
walt, die ihnen vom Bolt gen wird,
Monard übt ein jelbitändiges Recht aus, wenn:
leih guch er im Dienfte des Staats ift und ur:
— —— das Recht, den Staat zu regieren, vom
—— abgeleitet wird, Der republifanische
Präfident wird von der herrſchenden Partei er:
pe der Monarch fteht über den Parteien. Jener
—— Wechſel ausgeſeßt, dieſer hat Anſpruch
uer.
epublikaner, Dürger in einer Republik, An:
bänger der republifaniihen Staatsform. „ya ben ben
—— Staaten von Amerila ie
Gegenjag zu den Demokraten die Anhänger Pa
bundestreuen, centraliftiihen, ſtlavereifeindlichen
Partei, .. namentlid während des Bürger:
kriegs und furz nachher von bedeutendem Einfluß
war; ſeitdem ir jedoch die Neformpartei unter
Sunner und Schurz von den R. getrennt hat,
haben diefe an Bedeutung verloren.
Repudiation (vomlat.repudiare, zurüdweiien,
von ſich weifen, verwerfen, verſchmähen), in Vir:
—— juftment (eng. readjust, wieder in
rdnung bringen, wieder zurechtmad) tmadjen) genannt,
in den Vereinigten Staaten von Nnerita bie
ichtzahlung einer gültig kontrahierten Schuld
famt Zinfen feitens eines Staat3 oder auch einer
jurift. Perſon. Nah Be 11 der Zufäße und
Amendement3 zu der Verfaflung ber zur dere
Staaten von Amerita foll die Tehterliche ——
der Vereinigten Staaten nicht ſo ausgelegt
als erſtrede ſie ſich auf irgend einen Hechtäftreit,
welcher gegen einen der Bereinigten Staaten von
Bürgern ehe andern Staat3 oder von Bü —
oder Unterthanen eines fremden Staats an
gen oder fortgeführt wird. Nach einer Enticeibung
des Vereinigten: Staaten -Dbergerichtö (Supreme
court) vom März 1883 fann ein Staat, als ein
fouveräner belangt we ohne feine Erlaubnis nicht
—— t werden. en ut gibt es alſo
eine q Er Mad t, einen Staat zu zwingen,
ein — ichſt —— Verſprechen zu
iſt ſomit geſehlich legaliſiert.
Staaten ( (Indiana 1840, Maſſachuſetts 1840-42,
40* :
=
——
628
Miffiffippi 1842, Minnefota 1860, Georgia 1874,
Virginia 1879 und Tenneſſee 1882) haben 16 der R.
bedient, um ihre Schulden ganz oder teilweije los
u werden. Wenn auch gefeplich nicht gejhüst,
ind ihnen mehrfach Counties und ſtädtiſche Korpo—
rationen gefolgt. In einigen Etaaten find Richter
deshalb nicht wiedergewählt worden, weil fie gegen
R. waren; in andern, 3. B. Miffouri, wurde Ge:
walt angewendet „um die R. zu ermögliden. In
Virginia ift die Frage der R. feit 1878 zu einer
Staatäfrage geworden. Bei der Vollsabftimmung
im 3. 1879 ftimmten 77070 für und 69 736 gegen
R. Die Readjuftord (Remablatoren) erwäblten
1880 fogar den Leiter ihrer Partei, den Demolras
ten General William Mahone, und 18883 den Ber:
346 der Repudiationsalie, den Demokraten H. 9.
iddleburger, zu Bundesſenatoren. Beide ſtimmten
jedoch im Senate mit den Republikanern.
Repulſe-Bai, Bai an der Südlüfte der Mel:
ville: Halbinfel im arktifhen Amerila, unter dem
Nordpolarkreife, wurde 1712 entdedt; am ihrer
Küſte übermwinterte 1846 Nae (im Fort Hope) und
1864—68 Hall.
Repulfion, |. Abſtoßung. ,
Neguena, Stadt und ——— in der
—— rovinz Valencia, links oberhalb des Fluſſes
agro, in fruchtbarer Gegend, an der Etrabe von
. Madrid nad Valencia, zählt (1877) 13527 E. und
= eine Citadelle, Seidentultur und Handel mit
etreide, Wein, Obft und Saffian. R. hieß in mau:
riiher Zeit Relina und kam dann an Caftilien.
Nequdtenmeifter,f.Maitresdesrequätes.
Nequicm (vom lat. requies, Rube) beißt in der
röm.:fath. Kirche die Seelenmeffe zu Ehren eines
Verftorbenen (Missa pro defunctis, Totenmeſſe)
wegen der Anfangsworte der Liturgie « Requiem
aeternam dona eis» («Sieb ihnen ewige Ruhe»).
Abweichend von dem gewöhnlichen Hochamte fehlen
darin, außer dem Credo, das Gloria und Halle:
luja; dafür ift das berühmte Gedicht des Thomas
von Celano über den seltuntergang und ba3
Süngjte Geridt, «Dies irae, dies illa» (um 1250),
eingefchaltet. Zu mufifalifcher Bedeutung gelangte
ber gefangliche Zeil diejer Liturgie erſt in neuerer
Zeit, als ſiatt der frühern liturgiichen Kirchenmufif
das breitere Kirchenlonzert ausgebildet war, —
Jomelli, Mozart, Cherubini, neuerdings dur
Nerbi, Derliog Kiel u. a. welche mit den reichen
Mitteln der modernen Muſil jenen Tert nad) feinen
wechſelnden Stimmungen aufs lebhaftefte ausge:
drüdt haben, In dem eigentliden Zeitalter der
Kirhenmufit, im 16. und 17. Jahrh., gingen die
Tonmeiſter achtlos an dem Requiemtert vorüber,
weil ihre Mufit eine ftreng liturgiiche war und das
R. darum ald Ganzes für fie feine mufitaliiche Be:
deutung haben konnte, Dem Tert fih anſchließend,
bejteht ein mufilaliihes N. aus fünf Säthen: Re-
quiem mit Kyrie, Dies irae, Domine, Sanctus mit
Benedictus, Agnus Dei mit Lux aeterna.
Die von Brahms (f.d.)«Deutjhes Requiem»
betitelte Kompoſition ift über frei gewählte deutſche
hy we geſchrieben, hat daher mit dem alten R.
nur Namen und Stimmung gemein.
Requiescat in paoe (lat., «Er (fie) rube in
Frieden»), häufige Inſchrift auf Grabfteinen; auch
die Formel, mit welder in der lath. Kirche die
Seelenmeſſe beendet wird.
Requiſition (lat.), dad Erfucen einer ne
en eine andere um Leiftung der Rechtshilfe (f. d.).
Repulſe-Bai — Reſchid Paſcha
Requiſitionsſyſtem iſt diejenige Verpflegungs⸗
art der Truppen, bei welcher dieſe ſich bie nötigen
Bedurfniſſe aus der Gegend, in der fie lagern oder
marfcieren, felbft auf gütlihen oder gewaltiamemn
Wege verfhaffen. Es wurde ftatt der frübern aus—
Ihließlihen Magazinverpflegung zuerit in den Res
volutionsfriegen durch die — bei ihren Feld⸗
zugen im Auslande eingeführt und von Napoleon I.
im großen organifiert, am beiten in dem Feldzuge
von 1805. Allerdings hat dad R. für die Kriegs
rabrung roße Vorteile, weil die Operationen,
welche jonit an den Bereich der Magazine gebunden
und dadurch oft gelähmt waren, freier und fchneller
außgeführt werden können. ber den Vorteilen
eben auch erheblihe Nachteile gegenüber. Die
erpflegung wird babei immer ungleid fein, das
Land leidet oft aufs ärgfte und erihöpft ſich in
feinen Hilfsquellen. Auch demoralifiert das N. die
Truppen und verführt fie zu Plünderung und
andern —**8* Es iſt nur da geboten, wo die
Schnelligkeit der Operationen und die ſonſtigen
Verbältnifieleine andere regelmäßige Verpflegung®s
art geftatten; die Requifitionen pa dann am
beiten durch die Verwaltung, in weldem Falle eine
pleigmäßlene Verteilung möglich ift; noch befier
urd Ausschreibung von Landlieferungen, bei denen
die einheimifhen Behörden mitzuwirken haben,
Wenn große Truppenmaflen längere Zeit in einer
Gegend verweilen, reihtdasR.nidtaus, Nachſchübe
aus der Ferne müflen ihm dann zu Hilfe fommen,
Reſchen-Scheideck, ſ. unter Scheided.
Neſchid Paſcha (Muftafa Mehemed), berühmter
türkt. Staatsmann, geb. 1802 zu Konſtantinopel,
war Sefretär der zum Abſchluß des Friedens von
Adrianopel 1829 entfendeten Pfortentommiffion
und wurde bald nachher zum Amebji (Großreferens
Bar) befördert. Er Schloß 1833 mit Ybrabim
Paſcha den Frieden von Kutabia ab, der Syrien
und Gilicien in den Händen Mehemed-Alis lieh,
aber dody auch den Abzug der rufl. Hilftruppen
von Hunlkiar-Iskeleſſi am Bosporus zur Folge
ei Im J. 1837 wurde R. zum Minifter des
lußern ernannt. Als folder erwarb er ſich großes
Verdienſt durch den Abſchluß eines neuen Handels—
vertrag3 mit England. Im Herbft 1838 gelang e3
jedoch rufl. Einfluffe, ihn aus der Regierung zu ent:
fernen, worauf er als Botichafter des Sultans nad)
Paris und London gine. Nah dem Regierungss
antritt des Sultans Abd⸗ul-Medſchid wurde N. zur
Wiederübernahme feines Bortefeuille zurüdberufen,
Er fuchte durch liberale Reform die Mächte für die
Pforte zu gewinnen und verſchaffte diefer durch die
Verdffentlihung des Hatti-Scherif von Gulbane
(Nov. 1839) zahlreihe Anhänger in&uropa. Wenige
Monate jpäter fand in London die Abſchließung
der Duadruplenlliang ftatt, die noch im Laufe des
%. 1840 den Vizelönig zur Nüdgabe feiner außer:
ägypt. Befigungen nötigte. Co glänzend dieſer
Griolg war, jah ſich doch R,, wenn aud) in der mils
den Form einer abermaligen Miffton an das Tuis
lerientabinet, wieber von den Geichäften entfernt.
Allein gegen Ende 1845 mußte man das Portefeuille
des Außern wieder in feine Hände legen, und feits
dem verjah er ——— die wichtigſten Pforten⸗
ämter, die Leitung des Hußern, den Vorſitß im
Staatsrat und das Großvezierat. Zwar gelang es
1852 einer feindſeligen Koalition, R. beim Sultan
derart zu verdädhtigen, daß er feiner Würden ents
kleidet wurde, aber ſchon im Fruhjahr 1853 trat
Neſchitza — Reſektion
R. wieder als Miniſter des Außern in die Re—
gierung zurüd, und es erfolgte nun eine nochmalige
länzende Periode feiner Wirkiamteit, die ſich durch
ie Kriegserllärung gegen Nubland durd) den Ab:
ſchluß der Schuß » und Trugbündnifle mit England
und Franfrei und die gemeinſchaftliche Unter:
nehmung gegen die Krim auszeichnete. Dennoch
ſchwand Ris Anfehen im Verlauf ber Kriegsereig:
nifje in gleihem Maße hin, wie Englands Sinfup
hinter der überwiegenden Kraftanitrengung Frank⸗
reichs ind Dunkle trat. Er wurde von feinen eigenen
frübern Barteigenofien Aali und Fuad verdrängt.
nad dem Abzug der franz. Truppen gelang
e3 ben Bemühungen de3 engl. Botſchafters Ned:
cliffe, ihn ein ein fünftes und, nad) wiedererfolgter
Entjegung, ein ſechstes mal an die Site der Negie:
rung zu ſiellen. R. ftarb zu Candia 7, Jan. 1858,
— (ungar. Resiczabänya, d. i. Bergwert
N.), Marktileden in waldiger Gebirgägegend des
Krafis:Szörenyer Komitats in Ungarn, hat (1880)
7915 E. Deutſche und Rumänen). Die Bergmwerte
liefern Eifen und Kupfer; die öfterr.-ungar. Staats:
eiſenbahngeſellſchaft befikt hier großartige Hütten:
und Schmelzöfen, Puddelwerle, Befiemer:Stabl:
fabrifation, Runitgießereien u, |, w. In der Nähe
liegt das Torf Walachiſch- oder Rumäniſch—
N AK! ae mit 1200 deutichen und rumän. €,
eihiza (Rjeſchitza), Kreisſtadt im ruf.
Gouvernement Witebst, am gleihnamigen Fluſſe,
welcher fi) in den See Luban ergießt, Station der
ae Petersburg :Warfhau, mit 10180 E.
R. weldyes in den livländiihen Chroniten Rofiten
genannt wird, wurde 1285 von den Deuticdhen Or:
densrittern unter Herzog Wilhelm von Harburg zur
Degreingung ber Letten und Litauer gegründet
und fam 1567 an Rußland,
Reicht, die Hauptitabt der um die Sübmeftede
bes Kaſpiſchen Meers gelegenen perf. Provinz Gi:
län, weitlih vom Delta und Hauptarm des Sefib:
rud oder Kyſyl⸗Uſen und unmeit füdlich von dem
etwa 33 km langen und 15—22 km breiten, durch
Bo von Weiten und von Dften ber ——
tehrungen faſt geſchloſſenen Golf von Enſeli ge:
Iegen, it einer der blühenditen Induftrie: und Han
delsorte Perſiens und zählt 42000 E. Der Hafen:
lag ift der am meftl. Gingang zum Golf gelegene
feine Ort Enfeli (Enzeli) mit 1000 — 1500 E.,
welche ———— und Schiffahrt treiben.
Die Stadt R. hat gepflafterte Straßen, eine Wafler:
leitung, Karawanſerais, große Bazare mit 1200
Kaufläden , bie viele fremde Handelsleute auch aus
— herbeiziehen. Die ind. Waren werden über
daſenderan von Balfruſch eingeführt, die euro:
a en mei — uf). rmenier aus Aſtrachan.
. dt der Hauptftapelplak Perſiens für Eeibe.
Dieſe wird hier aud in - enge erzeugt, fo:
wie auf ungefähr ebftüblen verarbeitet.
Außerdem ift der Safang auf Störe bedeutend,
Ausgeführt werden Seide, Seidenftiderei auf Tuch,
Stör, Kaviar, Neis, JZumelierarbeiten, Buchsbaum—
und Walnufholz u. ſ. w., eingeführt Zuder, Glas:
und Thonmwaren, Stattune, perf. Butter, Mehl, Ge:
mürze und Wollwaren, Shanis, engl. und franz.
Zude, —* Seidenſticherei, perf. Seidenwurm:
Gieru.f.w. Seit den Zeiten Petersd.Gr., ber 1722
und 1723 Gilan und Maſenderan den Perfern ent:
riß und — lang behauptete, iſt es die Haupt:
ſtadt von Gilän. Früher war dies Lahidſchan,
eine Stabt von etwa 3000 E., im Süden der Mün-
629
dung des Sefidrub und weftlich vom Hafen Lenge⸗
rud. Bu R. wurden zwifchen zu und Ruß:
land 1729 und 1732 Friedenstraftate geſchloſſen.
Nefean (vom frz. röseau, d. i. Ne), nepartige3
Gejtrid oder Gewebe, auch Berüdennep.
Nefeda (Reseda L.), eine Pflanzengattung,
welche den Typus in der Familie der Resedaceae
bildet und durch einen vier: bis fechsteiligen Kelch,
eine vier: bis fechsblätterige Blumenfrone mit ganz:
randigen oder unregelmäßig zerfchligten Blüten:
blättern und eine drei: bis vierfantige, einfächerige,
auf dem Scheitel mit einem Loche ſich öfinende
Kapfel haralterifiert ift. Die zwölf oder mehr Staub:
66 ſtehen in zwei bis drei Kreiſen auf einer
chiefen, fleiſchigen Scheibe. Die belannteſte der ziem⸗
lich zahlreichen Arten, welche meiſtens dem Mlittel:
meergebiete angehören, ift die Wohlriehende R.
(R. odorata L.). Sie ftammt aus Nordafrifa, ift
eine einjährige Pflanze mit niederliegenden, dann
aufgeridhteten, 25 cm hohen Üſten, abwechſelnden
länglichen, gelegentlich dreilappigen Blättern und
rünlichen oder grüngelben Blüten in ei: oder kegel⸗
Frmigen Endtrauben, die fi) während der Blüte
verlängern, Sie wird wegen ihres köftlichen Duftes
bei uns überall im freien Lande und in Töpfen
erzogen und wetteifert in der Popularität mit Nofe
und Pilie, Unter den Gartenformen der R. find
befonders folgende zur Kultur zu empfehlen: Var.
ameliorata, in allen Zeilen kräftiger entwidelt und
befonders durch die rote Farbe der Staubbeutel
ausgezeichnet; Var. pyramidalis, mit volllomme:
nen pyramidenförmigen Blütentrauben; Var. mul-
tiflora compacta, von niedrigem, rundbufdigent
Wuchſe und mit langen, diden, oben abgerundeten
Trauben; Var. eximia, mit zwar wenig anfehn:
lihen, weißlichen Blüten, aber ausgezeichnet dur
feinern, wiewohl kräftigen Wohlgeruch. Obſchon
einjährig, To läht ſich doc) die N. in Töpfen meh—
rere Jahre ne erhalten; der Stamm wird dann
bolzig und bie Aſte lafien fich zu einer baumartigen
Krone formen (Baunt:R.). Die zerftreut in Mittel:
beutichland wachſende Gelbe N. (R. lutea) unter:
ſcheidet fich durch breifpaltige Blätter, eine eiför:
migscylindriiche, aufrechte Kapſel und glatte Sa:
men. Die Färber-R. oder der Wau (R. luteola)
bat fchmal:lanzettlihe Blätter und wurde früher
ihres gelben Farbeitojjs wegen angebaut.
——— Resedacéae), Pflanzenfamilie
aus der Gruppe ber Dikotylebonen. Man kennt
egen 40 Arten, bie zum größten Zeile in ben
ittelmeerländern vorlommen, Es find meiſt
frautartige Gewächſe mit verfchieden ——
Blättern und zwitterigen Blüten, die gewöhnlich in
traubenförmigen Inflorescenzen ftehen, Der Bau
der Blüten ijt bei den einzelnen Gattungen abwei
end, meift find vier bis ſechs Kelchblätter, ebenſo
viel Blumenblätter, zahlreiche bypogyniich inferierte
Staubgefäße und ein aus drei gruchtblättern be:
ftehender Fruchtlnoten vorhanden, Die Frucht ift
eine einfächerige, vielſamige Kapſel, die am Scheitel
meilt eine Öffnung befikt, da bie Fruchtblätter nicht
vollitändig miteinander verwachſen find.
Nefektion (lat.) nennt man das Ausſchneiden
oder Nusfägen eines erkrankten Knochenſtuds, meift
eines Gelents, unter möglichft geringer Verwundung
ber *8*8* Weichteile. Ende des 18. Jahrh.
dur Wbite, Bark und Moreau begründet, hat bie
Lehre von der R. neuerdings eine außerordentlich:
Wichtigkeit erlangt und hauptſächlich die fonfervative
630
Richtung der neuern Chirurgie (f. d.) gefördert,
indem es häufig vermittelft der R. gelingt, Erante
Gliedmaßen brauchbar zu erhalten, die früher fidyer
ber veritümmelnden Amputation verfallen waren.
Namentlich bei Knochenfraß der Gelentenden, bei
ſchweren eiterigen Gelententzündungen, nad Ber:
mwundungen und Schußverlegungen der Gelente, bei
trebfigen Entartungenber Knochen, bei tomplizierten
und veralteten Berrentungen und gewiſſen Formen
der Oelentiteifigfeit findet jet die N. ausgedehnteite
Anwendung. Sinfichtlic ihrer Ausführung zerfällt
jede R. in einen auögiebigen Haut: und Diuätel:
ſchnitt, welder die Knochen unter Schonung der
roßen Nerven und Gefäße bloßlegt, in das Ab:
ägen oder Abmeiheln des erfrantten Knochenſtuds
unter möglichiter Erbaltung der Knochenhaut, und
in die jorgfältige Bereinigung der Wunde und
Dedung derjelben durch einen antifeptiichen immo:
bilifierenden Verband. Als Reſultat der R. wird
entweder, wie bei der untern Grtremität, eine feite
fnöcherne Bereinigung der beiden rejezierten Kino:
chenenden oder, wie bei der obern Ertremität, die
Bildung eines neuen beweglichen Gelents erjtrebt.
Ferner bezeichnet man als Reſektion aud) das
Herausfchneiden von Stüden eines Organs, z. B.
eines Nerven , ded Magens, des Darms,
Reſervage (fr;.) oder Shubpapp, f. unter
Enlevage. ,
vatio mentalis bezeichnet bei Ber:
transichlüfien und einjeitigen rechtlichen Erllärungen
die Willensrichtung, wonad) die Erllärung nicht dem
Millen des Erflärenden entjpricht, und diejer alfo
in den von ihm gebrauchten Worten jeinen wahren
Willen nit fundgibt, den kundgegebenen aber
nicht hat. Niemand kann auf Grund einer Men:
talrefervation einen ausgeiprochenen Redtsmillen
anfechten, weil fi niemand auf jeine Lage berufen
darf, und aud) ein unter Mentalrefervation abge:
leiiteter Eid iſt Meineid, wie ſehr auch die jejwis
tiihe Moraltheologie einen folden Eid zu ver:
teidigen unternommen bat.
Refervation (lat.) wirb im Kirchenrechte ge:
braudt für die Rechte, welche nicht von den zu:
ftändigen Subjelten ausgeübt werden bürfen, fon:
dern welche der Inhaber einer höhern Regierungs
gemalt feiner perjönlihen Ausübung vorbehalten
hat. So hat der Bapit ſich die Bejekung gewiſſer
geiftliher Stellen rejerviert, die Losiprehung von
Kirchencenſuren, die wegen beftimmter Thatbejtände
verhängt worden find, die Dispenjation von be:
ftimmten Rechtönormen oder deren ſchon eingetre:
tenen rechtlichen Konfequenzen u. j. w., und analog
erütieren au biichöfliche N.
Neferbation (engl.) beibt in den Bereinigten
Staaten von Amerifa ein den Indianern von der
u gewäbrleijteter (refervierter) Bezirk.
eferbatrechte, der übliche Ausdrud zur Be:
zeichnung derjenigen Sonderredhte, von deren Be:
willigung die ſüddeutſchen Staaten im Jahre 1870
ihren Eintritt in das Deutiche Reich abhängig ge:
macht haben, welde fie ſich «rejerviert» haben.
Dieje Rechte find in der Neihsverfafiung, in welcher
übrigens der Name R. nicht vortommt, aufgeführt
worden und fie find durch den, aus ihrer Natur ſich
von jelbit ergebenden Rechtäjak, der aber im Art.
78, Abj. 2 der Reichsverfaſſung ausdrüdlich aner:
fannt worden üt, geihüst, dab fie nur mit Bu:
ftimmung des berechtigten Staates abgeändert
werden lönnen, Wie weit der Streis diefer Hechte
Refervage
— Reſerve
gezogen werben ſoll, iſt in ber Litteratur beſtritten;
insbeſondere ob man aud) das Recht Preußens auf
die Staijertrone, die Stimmrechte der Bundesitaaten
im Bundesrat u. dgl. mit darunter begreifen ſolle
oder nit. Da das Wort «St,» fein techniſcher Aus:
drud it, jo ift diefer Streit ein Wortitreit. Der
Grundfag des Art. 78, Abi. 2 aber, auf den es
prattiſch anlommt, findet Anwendung auf alle Vor:
ſchriften der Reichsverfaſſung, «durd melde be:
ſtimmte echte einzelner Bundesitaaten in deren
Verhältnis zur Geſamtheit fejtgeftellt find». Zur
Aufhebung oder Abänderung dieſer Rechte iſt die
bejondere Zujtimmung des betrefienden Staates
erforderlich", welche er durd eine Erklärung im
Bundesrat in rechtswirlſamer Weife abgeben kann.
Die witigften diejer R. find die Rechte Hamburgs
und Bremens auf Freihäfen, die Gremtion Baden
von der Bier: und Branntweinſteuer⸗ Gemeinſchaft
die bejondern Rechte MWürttembergs Gin
der Bier: und Branntweinfteuer, des Boft- und
Telegraphenweſens, des Reichskriegsweſens und
des Eiſenbahnweſens und die Eremtion ö
von der Bier: und Branntweinfteuer inſchaft,
von der Reichspoſt- und Telegrap ltung,
pain are vonder Reichs⸗
gejekgebung über das Heimats: und Riederlafju
wejen und über das Jmmobiliarverfiherungs
und insbejondere feine Sonderſtellung hinſichtlich
der Militärgejepgebung und Verwaltung und ber
Feſtſeßzung des Militäretats.
‚Reservatum eoolesiastioum heißt bie Be-
ftimmung des Augsburgifchen Religionsfriedens
von 1555, wonach tatholiiche geiftliche Neichsftände
durch Übertritt zum Proteſtantismus ihre Benefizi
verwirten follten. Erſt _. den MWeftfälifchen Arie:
den wurde diejelbe Norm auf proteſtantiſche geiftliche
— 25 h der M hrverfaſſung d
erve in der We aſſung bie
nach einer beſtimmten Dienſtzeit unter Vorbehalt
der Wiedereinſtell entlaſſene Mannſchaft,
durch welche bei ver Mobiliſierung(ſ. d.) die Truppen
auf ——— gebracht werden; ferner eine im
Kriegsfall neuorganiſierte Streitiraft, welche zur
Unterftügung und Berftärlung der ind Feld ge
rüdten Armee dient; endlid in ber Taktik der bei
Gefehten und Schladten für deren Wedjeliälle,
Entiheidung und Ausnutzung anfangs aus dem
Kampf zurüdgehaltene Zeil der Streitfräfte. Das
Reie —— iſt in den Heeren verſchieden und
in mehrern ſeit 1867 reorganiſiert worden; alle
ſtreben dahin, ſich zahlreiche ausgebildete R. zu
ſchaffen, die im Kriegsfalle die Friedensrahmen aus⸗
zufüllen vermögen und möglichſt noch die Stämme
u Reuformationen liefern. Refervearmeen
And befonders von Napoleon I. für feine Kriege
errichtet worden. In der franz. Armee heißt die
ſchwere Kavallerie «Refervelavallerie», obgleich
diejer Begriff mehr umfaßt. Für Gefechte und
Schlachten iſt die allgemeine taktifde R. von
größter Wichtigleit. Sie hat bie —— die
lãmpfenden Truppen überall da, wo es nötig, durch
—— zu unterſtützen, der Verteidigung an
ſchwachen, bedrohten Stellen mehr Widerſtand, dem
Angriff mehr Nachdrud zu geben, im Moment der
Entſcheidung mit friſchen Kräften den Hauptſchlag
zu führen oder ſchwankende Gefechte durch ihr Gins
greifen herzuſtellen, die weichenden Truppen durch
Befekung einer Stellung aufzunehmen, ihren Rüd:
zug zu beden oder im Siege die weitere Verfolgung
Nefervefondg — Refonanz 631
ilden g: nach Verhältnis eine fpezielle R. In | weite ericheinen.
frühern Zeiten gab es nur dem Namen nad) eine! Außerdemeleltriſchen R.gibtesnod ein eleltros
R. (Nüdhalt); erft die Verhältniſſe feit den franz. | magnetifhes Reſiduum, das jedoch in der Re:
Revolutionstriegen haben fie nötig gemadt. Na: | gel ald eremanenter Magnetismus» benannt ift und
polcon I. war Meifter im Gebraud der R. Bei | nad) der Unterbrehung der eleftriichen Ströme in
Feſtungen fpricht man von der fpeziellen R. eines | den Eiſenkernen der Gleltromagnete zurüdbleibt.
derfö und ber Generalreferve eines gröbern Ab: | Das elektromagnetiſche R. läßt ih am beiten durch
ſchnitts, beziehungsweiſe der ganzen Feſtung; ähn: | angepaßte entgegengejchte eleltriſche Ströme oder
lich bei Feldverihanzungen von fpezieller oder | Neverfionäftröme wegſchaffen.
innerer und General: oder äußerer R. , Resina, lat. Bezeichnung für Harz (f. Harze).
Reſervefonds nennt man die von dem Gewinn | Refina, Stadt in der ital. Provinz Neapel, anı
eined gewerblichen Unternehmens jäbrlid vorweg | Golf von Neapel und am weitl. Fuß des Veſuv,
zu nehmende und zu fapitalifierende Summe. Ber | 10 km ſüdöſtlich von Neapel, mit Bortici durd) eine
induftriellen Unternehmungen und Gijenbahnen | ununterbrohene Neibe von Häufern verbunden,
fpriht man von einem Grneuerungsfond3, | zählt (1881) 13626, ald Gemeinde 15593 E., welche
welcher zur Mieberberitellung verbrauchter Werk: | vorzüglichen Wein (Lacrimae Christi) bauen und
zeuge oder abgenusten Betriebsmaterials beftimmt | Seidenipinnerei treiben. Das ſchöne Luſtſchloß Ya
tt; bei andern Unternehmungen dient der R. be: | Favorita wird bewohnt von dem, Erchedive von
fonder3 dazu, um ganz unerwartete Berfufte aus: | Agypten und feinem Harem; aud) viele andere herr:
zugleichen. Nach dem neuen deutſchen Aktienrechte | liche Villen liegen am Meere. Bon bier führt der
— jede Altiengeſellſchaft von dem jährlichen Fahrweg zum Befuv hinauf bis zur Station ber
teingewinn mindeftens ein Zwanzigſtel als R.auf: | Seilbahn. Der Ort fteht auf einer 30 m diden
heben, bis der legtere den zehnten Zeil ded Grund» | Aichen: und Lavaſchicht, unter weldyer Herculanum
fapital3 erreicht hat (Handelögefepbuh, Art. | (f. d.) feit 79 n. Chr. verfchüttet liegt.
239b, 1850, Abjah 2), und diefer gefeplihe R. darf Refinate nennt man die Berbindungen der Harz—
nur zur Dedung der Verluite am Grundlapital, | jäuren mit Altalien. j
nicht zur Dividendenverteilung verwendet werben. Refkript (lat.) nannte man im Römifhen Reich
ih übernehmen. Die im Gefecht ftehenden Truppen | Ichtere bei jeder Entladung innerhalb der Schlag:
ervoir (vom frz. reservoir, d. i. Behälter), | die Entſcheidung eines Einzelfall3 durd) den Kaiſer;
im Maſchinenbau ein Behälter zur Aufnabme von | diefelbe hatte die Bedeutung ber authentiſchen In—
Mailer, Zuft u. |. w. [Gejandte. | terpretation eines Gefeges. In neuerer Zeit wird
efidenten (Minifterrefidenten), ſ. unter | mit dem Ausdrud im Gegenſah zu landesherrlichen
Reſidenz heit Wohnort und wird fpeziell von | Verordnungen einerjeit3 und zu gerichtlichen Ent:
demjenigen der Fürften und hoben geiftlihen Wür: | jheidungen andererjeits die Entſcheidung von Ver:
denträger gebraudt. Im kirchlichen Hecht veriteht | waltungsfragen 0 ben Chef des Reſſorts be:
manunter Refidenzpflicht die durch das Triden- | zeichnet; namentlich jpriht man in diefem Sinn
tinum zulegt normierte Verpflichtung für Biichöfe, ini
Brarrer und Kanoniter, das ihnen übertragene Amt
perjönli zu verwalten und ſich demgemäß am
Amtsorte oder doc jo aufzuhalten, dab fie ihre
Amtöverwaltung regelmäßig vornehmen können.
Um bie Kanoniter ftärter zur Beobadhtung der R.
zu veranlaflen, dient das ®nftitut der Dijtributio-
nen. Danad) wird ein Fonds gebildet aus Abzügen,
welde den einzelnen Kapitelsmitgliedern von ihren
Bezügen gemacht werden, und die Ergebniſſe der:
felben an diejenigen Kanoniker verteilt (distribu-
tiones, praesentiae), welche die Pflichten des Chor:
dienftes regelmäßig erfüllt haben.
Refidunm (elektrifches) heißt der Neft ober Rüd:
> von Eleltricität, welcher fich kurze Zeit nad)
neriten vollen Entladungen eines elektriſchen Kon:
denſationsapparats (3. B. einer Leidener Flaſche,
einer Leidener Batterie oder einer Srantlinfcen
Zafel) mittels einzelner nachfolgender Gntladungen
in abnehmender Stärke zeigt. Das R. fommt nur
bei fondenfierenden Antammlungsapparaten mit
ftarren Yiolatoren vor und rührt davon ber, daß
die entgegengeiekten Gleftricitäten bei der Entla—
dung den Iſolator nicht augenblidlih volljtändig
verlaften tönnen, jondern dazu einiger Zeit be:
bürfen, nad deren Terfluß wieder ein Zeil diejer
Elettricitäten an die Belegungen gelangt iſt, worauf
fie als elektriſches R. fich neuerdings entladen lajien.
Tas N. darf man mit den nur teilweiien Ent: | Der Refonanzboden an Saiteninftrumenten,
ladungen oder Partialentladungen nicht verwec: | wie an Alavieren, Geigen u. ſ. w., iſt duch fein
jeln, indem das eritere nad) möglichfter Berührung | Mitihwingen von großem Einfluß auf den Klang
des Ausladers mit den beiden Belegungen ber elek: | derjelben, und von jeiner Fra und rich:
triichen Verſtärkungsapparate auftritt, während | tinen Bauart hängt die Güte diejer Inſtrumente
von MinifterialsReilrip.
Refolution (lat) wird eine politiiche, in eine
abfchließende Formel gefahte Meinungsäußerung
genannt, die zwar keine bindende Rechtskraft befikt,
aber eine moralifche Autorität anipridt. Solde
RN. werden zuweilen von einzelnen Kammern, zu:
weilen von Partei: und Bollsverfammlungen ge:
faßt. Auch die Beſchlüſſe von, wiſſenſchaftlichen,
gewerblichen, politiihen, klirchlichen u. dgl. Kon:
grefien pflegen fo genannt zu werben.
Nefolntion (TZudjan, Todjon), unbewohnte
Infeldesarltiihen Amerika, 2530 gkm, am djtl. Ein:
gang der Hubjonftraße und am füdöftlichen der Fro⸗
bifher-Bai, vor der Süboftfpige der Meta incognita
(Baffinsland), zwiſchen 61 und 62° nördl. Breite.
Refolventia (lat.), ſ. Auflöfende Mittel.
Refönanz (lat.) oder Mittönung heißt die durch
Mitihwingung —— und nahe leid ober völliy,
gleich geltimmter Körper erzeugte onverftärkung,
welche oft auch mit einer Ünderung des urfprüng:
lichen Klanges verbunden ilt. Die R. wird entweder
durch Puftmwellen oder durd) die Schwingungen eines
feiten elaftiichen Mittels erregt. Hobllörper aus
Glas, Blech, Pappe u. dol., deren Luftmaſſe fo ab:
emeſſen iſt, daß fie bei einem bejtimmten Tone ins
Mitihrwingen gerät, nennt man nad ———
Nejonatoren (ſ. unter Obertöne). Dieſelben
dienen zur Analyſe des Klanges.
632
beſonders ab, ba er es ift, ber durch R. den auf den
Saiten angel chlagenen Ton verjtärkt und dur Zus
miſchung feiner Töne zum urfprünglichen Ton auch
deſſen Klangfarbe verändert. Man bedient ſich dazu
gewöhnlich ganz ausgetrodneten Tannenholzes,
das aber völlig fehlerfrei jein muß, weil die geringite
Schabbaftigleit dem Tone des Inſtruments nad):
teilig wird, Der Nefonanzboden wird auch Dede
Klang⸗, 5 Schallboden, bei Geigen das Dad
ne d’harmonie) genannt.
efonatoren, ſ. unter Dbertöne,
Resorbentia (sc, remedia, lat.), die Auf:
faugung beförbernde Mittel, welche die Entfernung
krankhafter Flüffigleiten aus den Geweben und
jeröfen Höhlen be3 Körpers begünftigen, Zu ihnen
zäblen die abführenden und harntreibenben Pflan—
ientofie, die Altalien und Mlittelfalze, das Qued:
ilber, das Jod und Kodkalium, die Kompreffion
und Maſſage (f. d.) der erkrankten Körperteile,
ferner die Wärme in der Form der warmen Brei:
umfchläge, Bäder und Pflafter u. dal.
Reischierenbe Mittel, ſ. u. Neforption,
Neforein, C,H,(OH),, organifche Verbindung,
die für die Heritellung künftliher Farben große
Wichtigkeit erlangt bat. Es wurde von Hlaſiweß
und Barth entdedt. Man erhielt es als Zerſehungs⸗
prodult einiger Gummibarze 4. B. Ammonial:
gummi, Galbanım, Asa foetida) durch ſchmelzen—
des Äßlali. Später fand man, daß durch trodene
Deftillation des Rotholzertralts oder beſſer des dar:
aus dargeftellten Brafilins N. in reichlicher Menge
entitehe. Endlich wurde —— daß das R. als
ein pre des Benzols mit Leichtigleit bar:
geftellt werben könne, indem man Benzol mit rau:
chender Schwefelfäure zufammenbringt und dadurch
Benzoldijulfonfäure bildet, deren Natronfalz beim
Scmelzen mit Üpnatron große Mengen von R.
bildet. Es bildet weiße Aryftalle, die fih in Waſſer,
Alkohol und Uther löfen, fühlich fchmeden, mit
Eiſenchlorid ſich violett färben und mit dem Hybro-
chinon und Brenzcatechin ifomer find, Mit fals
petriger Säure und Salpeterfäure erhält man aus
dem R. eine Anzahl purpurroter, blauer und gelber
Barbftoffe, die jedenfalls eine arofe Zukunft haben.
Der interefjanteite Ablömmling des R. ift aber das
mit Hilfe von Phtalfäure (f. d.) fich bildende Fluo—
reszein (f. d.), welches durch Behandeln mit Brom
das prächtige Eofin oder Morgenrot bildet, das
fabrilmäßig in großer Menge dargeftellt und in der
Seidenfärberei als Erſaß der Gocenille und zur
Vereitung fchöner roter Tinte angewandt wird,
Gin ähnlicher roter, aus dem yluoreszein darge:
ftellter Farbitoff iit das Erythrin. Somit iſt
neben dem Anilin das R. eine Quelle verjchiedener
pradtvoller Farben,
Neforption (lat.) und Abforption bezeichnen
in ber Phyfiologie die Aufnahme von tlüffigen
oder gasförminen Subftanzen in die Säftemaſſe
des Koͤrpers. Dan untericheidet beide voneinander
jo, dab man unter Abforption, Ginfaugung, die
Aufnahme der von außen jtammenden Stoffe ver:
ſteht (alfo befonders die Aufnahme des Luftiauer:
jtoffs in den Lungen, der Speifebeftandteile im
Magen und Darmlanal, der Gifte u. f. w.), bin:
gegen unter R. Wiederaufſaugung oder Wegſau—
gung, die Wiederaufnahme folcher Stoffe ins Blut,
welde ſchon einmal in demfelben enthalten, aber
aus ihm in die Gewebe oder Höhlen des Körpers
getreten waren. Dahin gehören: die Zellgewebs—
Nejonatoren — Reipirationsapparat
finffoteiten, bie abgenußten Beftandteile aller Ge:
webe, die in feröjen und andern Behältern für
vorübergehende Zwede —
z. B. Gelenlſchmiere), endlich aber auch alle Kranl—
eitsprodulte, z. B. ausgetretenes Blut oder Blut:
ſerum, angeſammelter Eiter u. ſ. w. Neuerdings
pflegt man es übrigens mit der Unterſcheidung
beider Vorgänge nicht mehr fo genau zu nehmen
und bringt vielfach aud) Die Aufnahme von Stoffen,
bie dem Organismus von außen zugeführt werden,
mit unter den Begriff der R. In die geſchloſſenen
Blutgefäße treten — dem Blutdrucke
entgegen, nur unter dem Ginfluffe osmotiſcher
Strömungen. (S. Diffufion und Endos—
mofe.) In die an ihren Enden offenen Saugadern
(Lympbaefähe) werden bie ———— da⸗
gegen durch den Druck der aus den Blutgefäßen
nachſtromenden Fluſſigleit gepreßt, oder fie werden
eingefaugt vermöge der auf den ganzen Körper
wirlenden Atembewegungen oder mittels befonderer
— wie z. B. der Zotten in der
armſchleimhaut. Die R. durch die Lympbaefähe
fann daber nicht ftattfinden, wenn ihre Öffnungen
verichloflen find, wie 5. B. bei den Entzündungen
der feröfen Höhlen.
Am ſchnellſten und volllonmenften erfolgt die R.
im Magendarmlanal, in welchem nicht bloß eine
gewiſſe Menge der eingeführten Nahrungsitofte,
ondern auch ein guter Zeil der Verdauungsiefrete
(& leim, Speichel, Magenfaft, Galle, Darmſaft),
nachdem fe te; e
biert wird. F erdauung.) Viel weniger voll:
fommen it das Nejorptiongvermögen der —
aut, welche nur nach Entfernung der Oberhaut
üffigfeiten in erheblicherer Menge aufzunehmen
vermag; eine ſehr intenſive Reſorptionsfähigleit
befigt dagegen das unter der Haut gelegene Unter:
bautzells und Fettgewebe, ein Umjtand, ber bei
der * fublutanen Injeftion (j. d.) vielfach mit
großem Vorteil benugt wird. Die Auffaugung und
Entfernung krankhafter ———— aus den Ge⸗
weben und feröjen a en bes Körpers, melde
eine der wichtigſten Aufgaben der Therapie dar:
ſtellt, wird dur) die fog. reforbierenden Mit—
tel begünftigt; u ihnen zählen die abführenden
und barntreibenden Pflanzenjtoffe, die Alfalien
und Mittelfalze, das Jod und feine Präparate, die
Kompreifion und A (f. d.) der erkranlten
Körperteile, fowie die Wärme in ber Form ber
warmen Breiumfchläge, Bilajter und Bäper.
Reforptionsiceterns, f. unter Gelbſucht.
Resp., auf Difiertationen Abkürzung für Re-
spondens,
Respeotus parentelae, ſ. u. Barentel.
— ſ. Ehrentage und Wechſel.
unltionen verrichtet haben, rejor:
Neipiration, [. Atmung
Refipirationdapparat heißt ein zu phyſiol.
— konſtruierter Apparat, durch welchen die
Menge der Zufuhr des Sauerftofjs und der Abfuhr
der Kohlenfäure und des Wafjerdampfes aus dem
tierischen, refp. menſchlichen Körper beftimmt wer:
den fann. an Tennt zwei, einen von Regnault
und Neifet und einen von Pettenlofer erfundenen,
von welchen ber lehtere ber vorzüglichere iſt. Cr
beſteht aus einem großen Kaften aus Eiſenblech,
in welchem der Menic oder das Tier während der
Verſuchsdauer verweilt. Der Kajten ift mit Fen:
ftern und Thüren verfehen und hat außerdem Öff:
nungen für den Gin: und Austritt der Luft, Die
Nefpirationswege — Neftauration
Luft aus demfelben wird durch ein Buntpwerl aus:
peiogen, das durch eine Dampfmaſchine in Thätig: | an ber
eit gejeht it. Man mißt die aus dem Kaften ; Schüler in die kaijerl, Forſtalademie
633
dierte 1812—14
trat Ä var als
ariabrunn
weſens zu Budweis in Böhmen,
niverfität in Wien un
ftrömende Luft, ermittelt die Beitanbteile der ein: | bei Wien. Im %. 1817 erhielt er eine Anitellun
tretenden
jowie der augjtrömenden Luft und fann als Nevierföriter in Krain; 1821 kam er als kaiferl.
bann leicht finden, wie viel Sauerftoff von der | Waldmeijter der küſtenländiſchen Domäneninipet:
Verſuchsperſon verbraucht und wie viel Kohlen: | tion nad) Trieft.
—— und Waſſer von ihr geliefert worden ſind.
dur mit Hilfe des Pettenkoferſchen R. konnten jene
zahlreichen exalten Ernährungsverſuche am Men:
ſchen angeſtellt werden, auf denen die modernen
Lehren von der Ernährung des Tier- und Men—
ſchenkörpers beruhen. (S. Ernährung.)
Reſpirationswege, in der Anatomie diejeni—
gen Organe, durd welche die atmofphäriiche Yuft
hindurch in die Luftbehälter (Lungen) gezogen wird,
(S. Zurtwege.)
Reipirätor (vom fat. respirare, Atem holen)
beißt ein zuerjt von dem engl. Arzt Zul, Sefiray
1812 angegebenes Injtrument, das vor bem ge:
öfineten Munde zur gleihmäßigen Erwärmung der
einzuatmenden Luft getragen wird, Das Prinzip,
nad) dem der R. fonjtruiert ift, iſt das, welches der
caloriſchen Mafchine Ericsfons zu Grunde liegt.
Wenn warme Luft durch ein Gitterwerk von vielen
feinen Metallitäben ftrönt, fo gibt die Luft einen
Zeil ihrer Wärme an da3 Metall ab, weldye beim
Durchſtreichen von kalter Luft wieder aufgenommen
wird. Die gut fonftruierten N. bejtehen daher aus
mehrern Schichten feiner Netze aus Silberdraht,
welche durch ein Geſtell zuſammengehalten und mit
einem Stüd wollenen oder andern Gewebes über:
zogen find. Durch Bänder wird der N. vor dem
Munde befeftigt. Der R, foll in der kalten Jahres:
zeit im Freien von ſolchen getragen werden, welche
an Katarrhen leiden oder dieſe leicht befommen
(Zuberfulöje, Emphyfematifer). Neuerdings wird
der Nupen des R. von ſachkundiger Seite beitritten,
weil in dem Drahtnep bejtändig ein Teil der aus:
geatmeten Kohlenjäure zurüdgehalten und durch
bie einzuatmende Puft der franlen Lunge wieder
zugeführt wird. Überdies macht anhaltender Ge:
brauch de3 N. die Schleimhaut der Luftwege nur
nod) empfindlicher und Nadjläfjigleiten und Unacht—
famfeiten im Gebrauch desjelben pflegen fid) dann
doppelt zu rächen.
efpirieren (lat), atmen, Atem holen; ſich
wieder erholen, ausruhen; refpirabel, einatem:
bar, zum Cinatmen dienlid) oder tauglich; refpi:
ratorijch, auf die Atmung bezüglich; Nefpira:
tion, das Atmen, die Atmung. , .
Dielnten (Neipittage), ſoviel wie Reipel:
tage, ſ. Ehrentage.
Reſpondentia, ſ. Orokaventurfontralt.
Reſponſorie (lat. responsorium), der Wechſel—
geſang in der kath. und prot. Kirche zwiſchen dem
Geiltlichen und der antwortenden Gemeinde,
Reſponſum (lat., Antwort) nennt man die Ent:
ſcheidung, welche von einem dazu bejtellten Nechts:
tollegium oder irgend einer Falultät auf gejchehene
Anfrage in ftreitigen oder doch zweifelhaften Fällen
erteilt wird. Gegen das Ende ber röm. Nepublit
und bis in das 3. Jahrh. n. Chr. bildeten die Re-
sponsa prudentum ein wichtiges Mittel zur Fort:
bildung des röm. Rechts. BR
Meſſel (Joſeph), der Erfinder der Schifjsihraube
(f. Bropellerihraube), geb. 29. Juni 1793 zu
Chrubim in Böhmen, vollendete 1809-11 einen
a nn — —
Nah mannigfaltigen weitern
Berfegungen wurde er zur Depontion geitellt, trat
jebod) 1818, wo er wefentlich zur Rettung des nicht
in Venedig ala ge Teils der öfterr. Flotte bei:
trug, als DarinesSubintendant und nachher al3
Marine Forftintendant wieder in Dienft. Er ftarb
auf einer Dienitreife zu Laibah 10. Olt. 1857.
Sein Hauptgedanfe war und blieb das Treiben der
Seejchiffe mitteld einer der Archimedifchen Schraube
verwandten Vorrichtung, zu welder er bereits
1812 eine vollitändige Zeichnung entworfen hatte.
Cein Aufenthalt in Zrieft gab die Gelegenheit, zur
a ar ———— zu en ie desfall:
figen Verſuche und Arbeiten füllten den Zeitraum
von 1826 biS zum Sommer 1829, wo bie Probe—
fabrt mit einem durch eine fechspferdige Dampf:
majdine getriebenen, etwa 40 Perfonen enthalten:
den Schraubenihiif mit gutem Grfolg begann,
aber durd) einen uräigen, auf eh feit eines
Arbeiterd beruhenden Umſtand (Losgehen eines
Dampfrohrs) jhnell gehemmt wurde, Schon vor
1829 hatte er daran gedacht, feine Grfindung in
Franlkreich zu verlaufen, und es ift jo gut wie er:
wiejen, daß ſowohl hier als in England die jpätern
Konftrultionen von Schiffsſchrauben direlt oder
mittelbar auf R.3 Erfindung fußten. In Wien ift
1863 vor dem Gebäude des k. k. Polytehnitums
ein Denkmal R.s errichtet worden, Reit:
linger, «\jofeph R.» ey 1863); “Sofep N. und
feine Anjprüde auf die Grfindung der Dampf:
Ihirisichraube» in allnfere Zeit» (Bd. 7, Lpz. 1863).
Res sevöra est verum gaudium (lat.),
db. b. «eine ernfte Sache iſt eine wahre freude»,
fprihwörtlich gewordenes Citat aus dem 23. Briefe
des jüngern Seneca,
Neffort (frz.), Springfeder; Fach, das ſich durch
den Drud einer Feder öffnet; Fach, Geſchäftskreis
einer Behörde; refjortieren (zu einer Behörde),
in deren Gefchäftstreis oder Zuftändigfeit gehören,
Reſtauration (jpätlat.), die Wiederberitellung
einer Sache in den frübern Stand, bezeichnet in der
Politil zunädjit die Wieberherfteilung einer durch
Revolution vertriebenen Dynaſtie. Eine folde R.
fand ftatt in England nad) dem Tode Eromwells
1660 durd die Zurüdjührung bes vertriebenen
Karl II. Stuart auf den engl. Thron und in Franl:
reich durch die Wiedereinfehung der Bourbons nadı
dem Eturze Napoleons I., zuerft 1814, dann nad)
der kurzen abermaligen Swiicenherrichaft Napo—
leons, 1815. Dieſe dynaſtiſche N. war dort wie
ve von einer REDE nn überlebter polit.
uftände begleitet, und dad Wort erhielt jo die
gleihe Bedeutung von Realtion (j. d.). Im all:
emeinen pflegt man wohl bie Zeit nad) den Be—
reiungslriegen als Rejtaurationsepode zu
bezeichnen, weil 56 bei den europ. Kabinetten die
Neigung fundgab, ſoweit al& möglich das Alte,
welches durch die Sranzöfiihe Revolution und ihre
Küdwirkungen auf die andern Länder verdrängt
war, wieberherzuftellen und die neuen Zeitideen zu
unterdrüden, Ihren ftaatörechtlichen Ausdrud fan)
diefe Richtung unter anderm in Hallers (f. d.) «I.
theoretiſch⸗ praltiſchen Kurs des Landartillerie- der Staatzwilienfchaft»,
634
In der Kunſtſprache nennt man R. die Wieder:
penttellung von Kunitwerten, Gebäuden, Stulp:
turen, Gemälben u. j. w., welche durch Alter, Gin:
fluß der Witterung oder Menſchenhände gelitten
haben oder befchädigt find. Die Ausführung einer
folhen R. it meiſt überaus ſchwierig, erfordert
nicht mur große techniſche Geichidlichteit, —
auch gründliche Kenntnis der Kunſt- und allgemei—
nen Rulturgeididhte. Bol. Giefers, «Praktiſche Er:
fahrungen und Ratſchläge in Betreff der Erhaltung
und Wiederherftellung der Kirchen» (Babderb. 1869) ;
Lucanus, «Anleitung zur Erhaltung, Reinigung
und Wieberberitellung der Gemälde» (Halber:
ftabt 1856). — Man dehnt die Bezeihnung RN.
auch auf die ERWIN, fei es aud nur in
Seigmung, untergegangener Kunſtwerke, nament:
lid von Baumwerlen aus, welche man nur aus Be:
fhreibungen tennt.
Reftaurator nennt man einen flünftler, weldher
ſich ausſchließlich mit der Wiederheritellung von
Gemälden und andern Kunſtwerlen beſchäftigt.
Reſtif de la Bretonne, |. Retif.
Reititution (lat., vollitändiger Restitutio in | B
integrum) heißt überhaupt Wiedereinfegung in ben
vorigen Stand. Wenn durd ein nad) ftrengem
Recht gültiges Geihäft oder nach den gewöhnlichen
Formen des geridtlihen Verfahrens jemand einen
unverjchuldeten Berluft zu erleiden gehabt haben
würbe, fo fingierte bei den Hömern der Prätor
aus Rüdfihten der Billigkeit (f. d.), baß die nad:
teilige Handlung nicht ftattgefunden oder daß bie
Sade noch nicht den gegenwärtigen Stand erreicht
babe. R. erlangten zunädjt Minderjährige, wel
nad beendigter eigentliher Tutel, aber vor dem
25. Jahre fih in ein nadteiliges Geſchäft einge:
lafien hatten; ferner Abweſende, diejenigen, welche
durch Betrug oder Drohungen zu dem Geſchäft be:
wogen worden waren, und dann überhaupt alle,
x deren Gunſten ſonſt eine gerechte Urſache ſprach.
ies iſt dann in das gemeine Recht übergegangen.
Die Bedingungen der R. find ein nicht ganz unbe:
beutender Schaden (Läſion), melden man ohne
eigene grobe Schuld erleiden würde, und daß fie in
der Regel binnen vier Jahren geſucht wird. R.
tommen befonders in Prozeſſen vor, wenn Friften
und Formen verabjäumt worden find. (Deutiche
Givilprozehordnung, $S. 208—216, Strafprozeß:
ordnung, 83. 44—47, 356, 382.) Die Reititu:
tionsllage der Deutichen Givilprozekordnung
88. 543—545) entipridt der ftrafprogefiualiichen
Wiederaufnahme (j. d.) des Verfahrens. fiber die
Reftitutionsgejuhe (requötes civiles) im Prozeß
haben in Frankreich die Maitres des requetes zu
enticheiden. Wo peinliche Beitrafungen die bürger:
lihe Ehre auf immer entziehen, fönnen Berurteilte
nur im Wege landesherrlicher Beanadigung durd)
Restitutio famae ober Nehabilitation wieder in
ben Genuß ber Ehrenrechte gelangen.
Neftitutiondedift heißt vorzugsweiſe das
6. März 1629 vom Kaiſer Ferdinand II. erlaflene
Edit, wonach alle feit dem Paſſauer Bertrag
(1552) von den Proteitanten eingezogenen mittel:
baren Stifter und Kirhengüter den Katholiken
zurüdgegeben, alle reihsunmittelbaren,, tro des
Jog. geittlihen Vorbehalts ſeit dem Augsburger
Religionsfrieden (1555) reformierten Stifter wie:
ber mit Katholifen bejekt werden follten, während
zugleich den tath. Reichsſtänden geitattet ward, ihre
Interthanen zu ihrer Religion anzuhalten.
Reftaurator — Rethel (Stadt)
Nefume (fr;.), Zuſammenfaſſung, heit insbe—
fonbere ber am Shluf einer ausführlihern Dar:
ftellung gegebene lurze Überblid ihrer Hauptergeb:
niffe und wird namentlich von der am Schluß der
Schmwurgerihtöverhandlungen von dem Präfiben:
ten derjelben gegebenen Zuſammenſtellung der Be:
mweisergebnifie einer Verhandlung gebraudt. Nach
$. 300 der Deutſchen Strafprogeporbnung vom
1. Febr. 1877 bat ſich indes der Worfikende auf
eine Belehrung ber Geſchworenen über die recht:
lichen Geſichtspunkte, welde fie bei Löfung ihrer
Aufgabe in Betracht zu ziehen haben, zu beichränten,
ohne in eine Würdigung der Beweiſe einzugeben.
Refurreftiondmänner, j. Auferftehungs:
männer.
Netabliffement einer Armee, einer Feſtung
wird die Wicderberitellung des gefamten Materials
in Eriegäbraudbaren Zuſtand nad beendigtem
Feldzuge, nach überftandener en genannt,
Retal, marottan. Pfundgewicht, ſ. Artal.
Retardat (lat.), der Rüditand, bie Ögerte
Geldzahlung, das verzögerte Gefcäft. Nach frübern
ergredhten wurden Bergwerlsanteile (Sure, ſ. d.),
auf welche von ben Beſihern (Bewerfen) die Geld:
beiträge (Zubufßen) nicht geleiftet wurden, von der
Bergbehörde in das R. neieht und dann fabuziert,
d. h. für den vorigen Beſiher verloren erflärt. Rad)
neueften Gejehen wird ein ſolcher Anteil im Wege
ber Exelution durch Abpfändung bes Kurſcheins
und Bertauf besjelben mittels Mobiliarveriteige:
rung durch den ordentlichen Richter vollitredt. (S.
Bergredt, Gewertidaft.)
Retentionsrecht, Zurüchaltungsrecht,
Beh die Befugnis des Befiperd von Saden, rüd:
ichtlich welcher ein anderer eigentums: oder for:
derungsberechtigt ift, diefelben nicht eher herauszu⸗
geben, bis er er eines fälligen Gegenanſpruchs,
der ih auf die Sache felbit bezieht, befriedigt iſt.
Die wichtigſten Fälle find das dem Bermieter wegen
rüditändigen Mietzinſes am Mobiliar des Abmie:
ters zuitehende R.; ferner das für ben Geſchäfts—
führer wegen ber auf eine Sache gemaditen Ber:
mwendungen begründete R.; ferner dad mad dem
Deutihen Handelögefekbuh (Art. 318 fg.) dem
Kaufmann wegen Forderungen, die ihm gegen einen
andern Kaufmann handelsgefchäftlich zufteben, ein-
eräumte R. an allen bemweglihen Sachen und
rtpapieren des Schuldners, Die mit defjen Willen
handelsgeſchäftlich in den Beſitz bes erjtern gelom:
men find, u.f.w. Der Zurüdhaltende darf, anderä
als der Piandgläubiger, ben Gegenitand jeines R.
bei Berzug des Schuldners nicht eigenmädtig ver:
taufen; aud muß er, wenn fein Schulbner »
(ungsunfähig wird, gefehlich die Sache an die Kon-
turäverwaltung abliefern, ohne aus deren Erlös
vorzugsweife die Befriedigung verlangen zu dürfen.
Kommiflionären, Spediteuren und Frachtführern
fteht jedoch in diefer Hinfiht nad) deutſchem Han:
delsrecht ein Pfandredt zu. Unerlaubter Erwerb
des Beſihes der fremden Sachen begründet jelbjt
für ben Gläubiger fein N.
Netford, j. Gaft:Retforb. = ,
Rethel, Hauptitadt eines Arrondiſſements im
franz. Tepart. der Arbennen, in 90 m Höbe rechts
an der ſchiffbaren Aisne, Station der Linie Rheins:
Givet der Franzöſiſchen Ditbahn , hat breite, fteile
Straßen und Holjbäufer und zählt (1881) 7403 E,,
die Kammwolle und daraus Shawls, Merinotucdye,
Strumpfwaren, ferner Spinn: und Webmaſchinen,
Nethel (Alfred) — Retorfion
Nägel u. f. w. fabrizieren und bedeutenden Handel
treiben. Bis 1789 war R., in der Gapetingerzeit
Reteſt oder Reitejte, Hauptort einer Grafſchaft.
Rethel (Alfred), einer der bedeutenditen Hifto:
rienmaler neuerer Zeit, geb. in Haus Diepenbend
bei Aachen 15. Mai 1816, begann feine künftleriiche
Ausbildung bereit3 mit feinem 13. Lebensjahre
unter W. Shadows Leitung auf der Alademie zu
Düjjeldorf, wo er in kurzer Zeit zu den Meiftern
ählte. Seine von der Schule — Auf:
—— die weniger auf ſtreng maleriſche An—
ordnung hielt, als ſich durch Prägnanz, ja Kühn—
beit der Zeichnung hervorthat, führte ihn 1836 nad)
Kesilert a.M. zu Philipp Veit. Scenen aus der
eihichte des heil. Bonifacius hatten ihn ſchon
vorteilhaft befannt gemadt. Bald rief ihn nadı
feiner Baterftadt der Auftrag, den Rathausſaal
mit Fresten aus der Gefchichte Karla d. Gr. aus:
ufhmüden. Nachdem er ſich durch eine Reife nad)
kr ien (1844—45) vorbereitet, begann er bie Aus:
führung, die ihn bi3 1852 beichäftigte. Fünf große
Gemälde, deren Kartons Gigentum ber National:
galerie in Berlin find, fchildern die Öffnung des
Grabes von Karl durch Kaiſer Otto ILI. im %. 1000,
die —— ber Irmenſäule bei Paderborn 772,
die fiegung der Saragenen durch Karl bei Cor:
dova 778, die Eroberung von Pavia 774 und bie
Taufe Wittelinds 785 (Jämtlih in Holz gefhnitten
von Brendamour). E3 find Bilder von echtem
biitor, Gepräge, großartig im Gedanken, voll
Schwung und idealer Wahrheit in der Kompofition.
Hierauf erfhien von ihm eine done von ſechs far:
bigen Beihnungen, welde den Zug Hannibals über
ie Alpen darftellen. Originell in der Erfindung,
roß in der Auffafiung und voll Kraft in der Aus:
[üörung, maden fie einen gewaltigen Eindrud.
ndere Entwürfe ren meiſt der deutichen Ge:
ſchichte an, erftreden fi) aber aud auf bibliſche
Gegenftände, denen er ganz neue ergreifende Wir:
fung abgewann. Ginige derfelben, ſowie verſchie—
dene Kompofitionen zum Nibelungenlieve find in
Holzſchnitt — iert. Dieſem künftleriihen Aus:
drudsmittel hat R. dank feiner lernigen, an Dürer
ebildeten Darftellungsweile, einen neuen Auf:
chwung gegeben. Berühmt find unter andern feine
Zotentang: Zeihnungen des Nevolutionsjahres
1848 (mit poetiſchem Tert von Reinid, 11. Aufl.,
£pz. 1879) geworden. Urſprünglichleit der Auf:
faſſung und energiiher Sinn für dad Monumen:
tale geben ihm als dem genialen Realiften der
Düſſeldorfer Schule eine Bedeutung, welde feine
er weit überbauert. Auf einer zweiten Reife nad)
Italien begriffen, ward R. 1852 von unheilbarer
Geiſteskranlheit befallen. Gr verlebte die lebten
zahre in Düffeldorf, wo er 1. Dez. 1859 ftarb,
Ba . Müller von Königswinter, «Alfred N.» (Lpz.
1861). R.s künſtleriſcher Nachlaß iſt in photogra:
phiſchen Nachbildungen durch die Photographiſche
Geſellſchaft in Berlin veröffentlicht (1877).
ethra, auch Riedegoſt genannt, eine flaw.
Stadt im Lande der Redarier (im heutigen Medien:
burg⸗Strelitz) wo die Gottheit Hadegatt (f. d.) ver:
ehrt wurde. Sie foll vier Zagereifen von Hamburg
in einem See, ringsum von einem Hain umgeben,
gelegen haben; ferner vom Kaiſer Dtto I. 955 ver:
rannt und nad der Wieberberitellung 1150 von
Heinrid dem Löwen, vollitändig zeritört worden
Rn Die bei Prillwiß, einem Dorfe bei Neubran:
enburg am Zollenierfee, angeblih von dem
635
Pfarrer Sponbol; aufgefundenen Götterbilder und
der nahe bei diefem Orte gelegene Hügel Rethra:
berg haben Beranlafiung geaeben, R. an bieier
Stelle ji ſuchen; allein die Götterbilder, welche
Maſch beihrieb (Berl. 1771), find neuern Unter:
fuhungen von Liſch und andern zufolge offenbar
unecht, und der Hügel hat erft jeit dem angeblichen
Bunde den Namen Kethraberg erhalten.
Retioentia (lat., «das Berjweigen»), rhe:
— Figur, FApoſiopeſis.
N tif ober Neftif de la Bretonne (Nicolas
Come), franz. Romanjcriftiteller, geb. 22. Nov.
1734 zu Sacy bei Aurerre, war urſprünglich Bud):
druder und lebte feit 1755 in Paris. Seine Pro:
duktivität war eine außerordentlich große. Durch
derben Naturwis, Talent für Beobachtung, leb:
bafte Schilderung fuchte er zu erſehen, was jeinen
meiſt fehr Shlüpirigen Romanen an feinerer Aus:
bildung und_an kunftgemäßer Form abging. Cin
Teil jeiner Sittenſchilderungen tft zufammengeftellt
in «Les contemporaines» (42 Bde., Par. 1780).
Für fein Hauptwerk gilt ber «Paysan perverti»
(4 Bbe., Bar. 1776), ein Gegenftüd zu Marivaur’
«Paysan parvenun, N. ftarb 3. Febr. 1806. Cine
rle gaben Mon:
vollitändige an feiner
felet (1853) und Jacob (Par. 1875). _
Retimo, Stadt auf der Inſel Candia (f. d.).
Retina (lat.), die Nephaut des Auges, j. unter
Yuge, Bd. UL, ©. 197%,
etinit, ein Erdharz, kommt vorzüglid in
Brauntoblenlagern Be ic aber aud) in ber
Steinkohle und im Torf gefunden. In Braunkohle
trifft man ihn in der Gegend von Halle, zu Laubach
am Vogelögebirge, zu Boney in Devonfhire, am
Gape Sable in Maryland. Zu Rebnik in Böhmen
lommt der R., obwohl felten, aud in Schieferkohle
vor. In der Gegend von Dänabrüd bildet er eine
Lage im Torf. Cr bildet gelbe, braune oder graue
nicht troitalliniihe Maſſen, die bei geringem Gr:
bigen ſchmelzen, mit Flamme brennen und dabei
einen an Dolerit erinnernden Geruch entwideln.
Hoͤchſt wahrſcheinlich ift der R. ein Gemenge ver:
fchiedener Subftanzen, die zum Teil dem Baraffin
und Dzolerit verwandt find.
Retirade, |. Abort.
Retirade (militäriih), |. Rüdzug.
Retonfay, Dorf mit 370 lath. E. im deutfch:
lothring. Landlreiſe Weh (bis 1871 zum Arrondiſſe⸗
ment Metz des franz. Depart. Mofelle gehörig), liegt
10 km öftlih von Meß und war 31. Aug. und
1. Sept. 1870 ein wichtiger Punkt in der Schlacht
von Noifjeville (f. d.), die von den — meiſt
Schlacht bei meidnjey genannt wird.
etorfion (lat.) heißt die Etwiderung ber nad):
teiligen Anordnungen des einen Staats gegen Un:
terthanen eines andern Staats oder gegen Aus:
länder überhaupt. Die R. iſt etwas ben Repreſſa⸗
lien (f. d.) Ühnfiches, nur daß bei diefen das Mert:
mal des Bölterredhtäwidrigen — während
die N. nur gegen erlaubte, aber ſchädliche Anord—
nungen gebraudht wird. Wenn z. B. ein Staat
überhaupt auswärtigen Erlenntniſſen die Voll—
ftredung verfagt oder Ausländer in bürgerlichen
Shuldiaden dem Arreft bloß darum, weil fie
Ausländer find, unterwirft, oder von ins Ausland
ehenden Hinterlafienf&haften Abſchoß (ſ. d.) erhebt,
5 kann in andern Staaten ein gleiches Berfahren,
wenn es aud) fonft gegen Ausländer im allgemei:
nen nicht vorgefchrieben ift, genen die Untertyanen
636
diefed Staat? zur Wiebervergeltung beobachtet
werben. Diergu bebürfen aber die Behörden be:
fonderer Ermädtigung von feiten der höchſten
Staatdautorität. N. find befonders zur Anwendung
efommen, wenn ein Staat den Handel des andern
urd Ein: und Ausfuhrverbote, hohe Zölle u. |. w.
binderte, wo man dem Prohibitivſyſtem ein Ne:
torſionsſyſtem entgegenjegte. Unter Privat:
perionen iſt Die. verboten. (5. Rompenfation.)
Netorfionszölle find Zölle, welche auf die Er—
zeugnifle eines andern Landes gelegt werden, um
gegen gewilje Zölle und fonftige handelspolit. Mai:
regeln bes ge anzulämpfen und womöglid) die
Bejeitigung derielben zu erreihen. Solde Zölle
haben nicht immer die Bedeutung von Schubzöllen
für das Inland, jondern es wird fidh bei der Aus-
wahl derjelben nur darum handeln, den Gegner
möglichit empfindlich zu treifen und demnad bie
Hauptprodukte desielben, die im Inlande vielleicht
ar nicht erzeugt werden, zu belaſten. Jedoch dür—
en dieje auch wieder nicht joldye Waren fein, in
denen das betreffende Land eine Art von Monopol
befipt, weil fonit die Koften der Maßregel gänzlich
von ben inländifchen Konjumenten getragen wer:
den müßten. Ginigermaßen werben die ——
freilich immer durch * Kampfmittel mit belaſtet
werden und R. find daher im allgemeinen nur dann
zu empfehlen, wenn man erwarten darf, dab fie,
wenn auch nicht fofort, die beabfichtigte Wirkung
hervorrufen und dadurd ihre Aufhebung möglich
macden werden. Unter folden Vorausjegungen
will auch Adam Smith fie ge lafjen. Oft ericei-
nen die N. in Form von Differentialzufchlägen zu
bereits bejtehenden Zöllen. So lönnen nad) dem
deutſchen Zollgeieh von 1879 die Erzeugnifle folcher
Staaten, die Deutjchland nicht als meijtbegünftigtite
Nation behandeln, mit einem Zufchlag von 50 Proz.
des tarifmäßigen Zolls belegt werben,
‚Netorte da lat, retortus, umgebogen) heißt
ein zum Gebrauch beim Deftillieren_beitimmtes,
meiſt eiförmiges ®efäß mit engem, zur Seite geboge:
nem Halfe, während der der X. ganz ähnliche Kolben
einen geraden Hals hat. Dan fertigt die R., je nach
den chem. Eigenſchaften der zu deitillierenden Fluſſig—
leiten und Körper, aus den verſchiedenſten Mate—
rialien, doch ſind die aus Glas die gebräuchlichſten,
da fie zur Deſtillation aller Subftanzen gebraucht
werden können, welde das Glas nicht angreifen,
und die thun nur wenige, ober bei deren Deftilla:
tion nicht eine Temperatur erforderlich ift, in der
das Glas ſchmilzt. Haben die N. oben eine Öff:
nung Pe Einfüllen (den Tubulus), welche fpäter
verſchloſſen wird, jo nennt man fie tubulierte R.
Zur fihern Stellung der R. beim Gebrauche bedient
man fi der Retortenhalter. Die in den Schwefel:
fäurefabrifen zur Konzentration der Säure dienen:
ven R. find aus Platin. DieR. in den Gasfabrifen
bejtehen aus langen, didwandigen, gufeifernen oder
thönernen Gefäßen von ungefähr elliptifchem Quer:
Ichnitt. Diefelben haben oben ein Rohr, durch wel:
ches das entwidelte Gas abgeführt wird, und vorn
eine mit einem Dedel zu verſchließende Öffnung zur
Beſchickung.
detorteneots, ſ. Gascoks.
Netortengraphit it der in ben Retorten ber
Gasfabrifen durch Jerfehung der kohlenftoffreichiten
Dämpfe und Gafe ſich abſcheidende Koblenitoif,
der wegen feiner fompalten ai bei An:
fertigung galvanischer Elemente Verwendung findet,
Netorfionzzölie — Netrograd
Retonchieren (frz.) nennt man ſowohl das Auf:
[siichen alter verblichener Gemälde und die erneuerte
rauchbarmachung abgenuster Kupfer, Holz: oder
Steinplatten, als auch das liberarbeiten eines
neuen Bildes und bie Ichließliche libergehung der
Platten nah dem Probedrud und vor dem Ge:
braud. — In der Bhotographie bezeihnet man
mit Retoudhieren das Überarbeiten der Abzüge
in ſchwarzer Zufche, wobei Unebenheiten des Tons
ausgeglihen, zu belle Stellen gedämpft, unklar
erausgelonmene dagegen verichärft werden. Eine
ejondere Art der photographiigen Netouche iſt die
Negativretoudge. (5. KARIN,
etouriwaren beißen in der Sprache der deut:
ſchen Bollgefepgebung zollinländifche eugnifie
oder Fabrilate, welche außer dem Meß: und Viartt-
verfehr auf Beitellung, zum Kommiſſionsverlauf,
zur Anficht, zu öffentlichen Ausjtellungen oder zun:
vorübergehenden Gebraudh nad dem Ausland ge:
fendet worden find und von dort zurüdtommen.
Derartige R. können vom Cingangszoll, dem fie
unterworfen jein würden, freigelaſſen werden, jo:
fern fein Zweifel dawider beficht. dab biejelben
Waren wieder eingehen, welche ausgegangen jind.
Bol. Bereinszollgejeß vom 1. juli 1869, 5. 113.
R. et P., bei naturhiitor. Namen Ablürzung
für Hipolito Nuiz Lopez (geb. 1754 zu Belo:
rada, geit. 1815 als Adjunkt am botan, Garten in
Madrid) und Joſ ——— ——
Retraite (frz.) heißt in der Militärſprache ber
Nüdzug, dann aud) das Signal dazu. Auberdent
nennt man R. das Kavallertefignal, das in Garni:
ſonen gewöhnlid abends 9 Uhr gegeben wird, nadı
dem kein Mann ohne Urlaub jein Quartier verlaſſen
darf, In Heerlagern tritt nach der R., zu der meiit
ein Kanonenſchuß, der Retraiteſchuß, das Zei:
den gibt, volljtändige Nube ein.
Retrakt oder Näherreht, aud Einftand,
Abtrieb, Lofung ıc. genannt, ift im allgemei:
nen die Befugnis jemandes, eine fremde, von ihrem
Eigentümer an einen Dritten verlaufte Sade (in
der Negel ein Grundjtüd) von diefem wie von
jedem weitern Befiker gegen Erſaß de3 uriprüng:
lien Kaufpreijes an ſich zu ziehen. Das Ketraft:
redjt war ein eigentünlich deutſches Inſtitut, wel:
ches die Intereſſen der Familie und anderer Kreiie,
3. B. der Gemeindegenofjen, an der Erhaltung ihres
Grundeigentums ſchützte. Es konnte entweder aus
Privatwillkur (übeneinbuuft, Tejtament) oder aus
gejeplicher Vorſchrift entipringen. Die Hauptarten
de3 gefeplichen R. waren: 1) die Erblofung (retrac-
tus gentilitius), welche den allernädjiten Inteſtat-
erben des Verlaͤufers; 2) die Markloſung, melde
den Mitbemohnern einer Gemeinde gegen auswär:
tige Käufer zufteht; ferner 3) das — der
N. eines Grundeigentümers hinſichtlich früher mit
feinem Grundjtüd vereinigt geweſener Trennitüde;
4) die ae en we ber Miteigentümer
auch Ganerbenredht) oder der Zehn: oder Grund:
jerren; 5) das Nächbarnrecht auf jeiten der An-
—* eines Grundftüds. Das Retraltrecht erloſch
in der Regel binnen Jahr und Tag. Neuere Geſetze
haben in Ha allen deutichen Staaten den R. bis
auf Be Reite mi Bol. Stobbe, «Hand:
buch des deutichen Privatrecht3» (Bd. 2, 2. Aufl,
Berl. 1883). Linien.
Retrauchement (fr.), Verſchanzung, verſchanzte
Retrocefſion, ſ. unter Seeverſicherung.
Netrograd, ſ. Nüdläufig.
R. et S. — NRettungshäufer
R. et S., bei naturhiftor. Namen Abkürzung für
Johann Yalob Römer (geb. 1763 in Züri, Arzt
und Profefjor der Botanik dafelbit, geft. 1819) und
Joſeph Auguſt Schultes (geb. 1773 in Wien, geit,
als Profeſſor der Botanik in Landshut 1831).
Retſchiza, Kirchdorf im Gouvernement Mos:
fau, im Kreiſe Bronnizy, 29 km von ber Kreis—
ftadt, mit 1695 E. und ſechs Porzellanfabriten.
Die Umgegend ift reih an Thonerde. j
Rettich (Raphanus), eine zur Familie der Cruci⸗
feren (Streuzblütler) ebörige und von verwandten
Gattungen hauptſächlich durch die Schotenfrudht
&arakterifierte Gattung. Lestere endet in einen
fegele oder pfriemenförmigen Schnabel, Por
nicht auf, it von einem weißen, marligen Gewebe
erfüllt, welches pP en je zwei Samen eine Art
von Scheidewand bildet, und zerfällt bei einigen
Arten in einfamige Stüde. Die Blüten find weiß,
gelb, rot oder violett und die Samenlappen rinni
gefaltet. Die wichtigfte Art ift der Gartenretti
(Raphanus sativus Z.), in Aſien einheimiſch, aber
ſchon früh in unfere Gärten übergegangen.
Schon Plinius rühmt die Größe der in Deutich:
land erzogenen Nettihe. Der N. hat cine grobe
fpindelförmige, rundliche oder lange, hartfleiſchige,
ſcharf ſchmedende Wurzel mit dider, rauber Schale.
Unter den zahlreihen Gartenformen untericheidet
man je nad) der Kultur Herbft: und Winterrettiche,
Die eritgenannten bilden den Übergang vom R.
zum Radies; am beliebteiten ift der Wiener Mai:
rettich. Der rotſchalige Herbitrettich zeichnet ſich
durch einen fehr feinen, pikanten Geihmad aus,
Unter den Winterrettichen wird der rofenrote, di:
neſiſche mit cylindrifcher, langneihmwänzter Wurzel
ſehr geſchätzt; namentlich die erfurter Sorten haben
guten Auf. Cinige Sorten eignen fi vorzüglich
gut zum Treiben, 3. B. der ftuttgarter mit runder
und der ulmer mit ovaler, weißer Wurzel,
Eine fhon im alten Rom beliebt geiwefene, in
Italien entitandene Kulturform ift der Radies
oder Monatärettich (Var. radicula) mit viel
Hleinerer, bei den gleichfalls fehr zahlreichen Sorten
fugeliger, platter, ovaler oder fpindelförmiger
Wurzel von ſchwarzer, weißer, rofenroter, ſcharlach—
roter oder auch halbweißer, halbroter Farbe. Zur
Treiblultur werden vorzugsweije die Sorten mit
Heinern Blättern benukt. Andere Sorten eignen
fih mehr für den frühen, andere für den fpäten
Anbau im freien Lande. Km übrigen unterfcheidet
fi der Radied vom R. durch zarteres Fleiſch und
mildern Gefhmad, Beide aber find mäßig ——
eine geſunde, die Verdauung fördernde, Schleim
löfende(Kettihbonbon), die Magennerven anregende
Speije, vorzug&weife für den Frühſtückstiſch. Gine
andere Art K. caudatus) mit jehr langen, genieh:
baren, pifanten Schoten wird in Japan kultiviert
und hat auch in europ. Gärten Gingang gefunden.
Ein Sehr gefürdhtetes Aderunfraut it der Ader:
rettich oder Hederich. Er wird 30—50 cm hoch
und bat jteifbaarige Stengel und Blätter, einen
aufrechten Kelch, gelbe, felten weiße Blütenblätter
und eine harte, lederartige, aufrecht :abjtehende
Schote, welche reif geworden in einſamige Stüde
erfällt, Seine Ausrottung iſt, wo er einmal über:
band genommen, jehr ſchwierig. Zu diefem Zwecke
empfiehlt fi die von Ingermann in Koldemoos
(Schleswig) erfundene Hederich-Fätemafchine.
—** Julie), geborene Gley, ausgezeichnete
deutſche Schaufpielerin, geb. 17. April 1809 zu
637
Hamburg, ward Tied3 Schülerin und betrat am
22. Sept. 1825 als Margarete (« Hageftolzen ») un:
ter allgemeinem Beifall die dresdener Hofbühne,
für welche fie fofort engagiert wurde. Nachdem fie
1326 in "rag, 1827 ın Hamburg gaftiert hatte,
fpielte fie 1828 und 1829 mitgroßem Erfolgam Burg:
theater in Wien und wurde, nachdem fie vorher
in Dresden als Gretchen ihren Ruf als eine der
eriten, tragiichen Liebhaberinnen begründet, aud)
nod) in Berlin gaftiert hatte, 1830 für Wien en:
gagiert, Hier vermäblte fie ih 1833 mit Karl R.,
Wi: mit diejem wieder nad) Dresden, kehrte aber
nad zwei Jahren nad) Wien zurüd, um ein lebens:
länglihes Engagement anzutreten. Nach Abgang
Sopyie Schröders eu fie 1840 das Fach der
Heldenmütter. Cie ftarb, feit Sept. 1865 der
Bühne fern, 11. April 1866. Julie R. war eine
der legten Vertreterinnen ber ibealütifchen Richtung
in ber Schaufpieltunft. Als Darftellerin für den
hohen Stil der Tragödie wußte fie vor allem dem
idealen Schwunge der Schillerfchen Dramatik den
entiprechenden Ausdrud zu geben. Neben dem Ge:
mefjenen, Gehaltenen und Bathetifchen gelang ihr
and das Scharfe und Bebeutfame. Außer den
Schillerſchen und Leilingihen Dramen wandte fie
fi auch der modernen Schaufpieldichtung zu.
Kari R. Scauipieler, Gatte der vorigen, geb.
3. Febr. 1805 zu Wien, betrat 1821 die Bühne des
Hofbur theaters, das er 1824 verließ, um erft in
Graz al3 eriter Held und Liebhaber, feit 1828 zu
Kaſſel als arg Ludw. Löwes zu wirken; 1832
lehrte er ana Hofburgtheater nach Wien zurüd, bes
gleitete 1833 feine Gattin nad) Tresden und folgte
ihr 1835 wieder nad Wien, wo er 1872 von der
Bühne zurüdtrat und 17, Nov. 1878 ftarb.
Nettungsapparate, die Geräte zur Menſchen—
rettung bei Öruerägefabt n f. unter Feuerlöſch—
wefen, Bd. VI, ©. 754°; die R. bei Seegefahr,
f. unter Rettung3mwefen zur See,
Nettungsboot nennt man ein Boot, welches
dazu konitruiert ift, geftrandeten Schiffen vom Lande
aus zu Hilfe zu kommen und deren Beſahungen zu
retten, (S. unter Boot, Bd. IIL, ©. 324°.)
Nettungshäufer it in Deutichland der ge:
bräuchliche Name für diejenigen Anjtalten, welche
e3 ſich zur Aufgabe maden, fittli ie
Kinder zu beſſern und zu bilden. Ältere Anjtalten
diefer Art finden fi in Nom in dem 1686 durd)
Thom, Odescalchi geitifteten St. Michaelſpital, in
London in der — Rob. Youngs von 1788.
Für Deutſchland gaben den erften Anitoß zu ſolchen
UAnftalten Fellenberg, Peſtalozzi und Joh. Falk.
Unter Peſtalozzis Inſtituten zu Hofwyl in der deut:
ihen Schweiz befand fih auch eine Erziehungs:
anſtalt für arme und verwahrlofte Kinder, welche,
—* deſſen Schüler Wehrli weiter en
(Wehrli-:Schule), das Mufter für eine Neihe ähn:
licher Anftalten geworden ift. In Deutichland war
e3 zunächſt Wichern, der durd) feine 1833 bei Ham:
burg gegründete Anjtalt, das Rauhe Haug (}. d.),
die Idee des Nettungshaufes am umfaflendjten
ausbildete. Durch Demeß und Bloret 1840 ge:
ftiftet, entftand in Franfreih die Colonie agri-
cole de jeunes dötenus zu Mettray, welche ſich
in mehrere Töchteranftalten verzweigte, ſpäter in
Delgien die Ecole de reforme zu Nunffeleede
(1849), in Holland_Suringars Anftalt Neder-
landsch Mettray, in Deutichland eine ganze Menge
größerer und Heinerer Anjtalten, fait ſämtlich auf
638
dem Wege der je Vereinsthätigfeit, namentlic)
durch die Beitalozzi-Bereine, durch die Anhänger der
itrenggläubigen Richtung, weniger durch die freien
lirchlichen Genofienihaften. Auch in Nordamerika
iſt man in der Ausbildung diefer und ähnlicher
Inftitute weit vorgeſchritten. In England jtand
Sidney Turner mit der von ihm in Reading ge:
gründeten Anjtalt an der Spike der gleichen Bes
Itrebungen. Vielfach ſteht die Einrichtung der R. im
Zufammenhang mit Beilerungs oder Erziehungs:
vereinen, deren 1877 in Deutſchland 41 beitanden
(17 davon in ir age Das Syitem, welches man
in diefen Anjtalten verfolgt, beſteht hauptſächlich
darin, daß man die finder, neben der Unterwei:
jung in den notwendigiten Kenntniſſen und der An:
leitung zum religiöfen Denken und Empfinden,
auch in praltifchen Fertigkeiten, bejonders im Land:
und Gartenbau, fowie in gewiſſen handwerlsmäßi:
gen und andern Arbeiten fürs Haus übt, teild um
ihnen ihr künftige Fortlommen im Leben zu er:
leichtern, teil® weil man ſolche Beihäftigungen,
nad) feiter Regel und unter ſtrenger Aufficht betrie:
ben, für ein vorzüglihes Mittel zur Ausbildung
des fittlihen Willens, der Drbnungsliebe und des
Fleibes hält. Dabei fucht man das Verhältnis ber
Zöglinge zu dem Vorjtehenden der Anitalt mög:
lichſt dem Familienleben nachzubilden, teilt deshalb
auch die Zöglinge gewöhnlid in einzelne Gruppen
oder Familien (zu 12—20 Perionen), deren jede,
mit einem «Hausvater» an der Spibe, eine von den
Zöglingen felbit zu —— irtihaftsführung
bat, —2 in Scan reich und Belgien eine mehr
militäriſche Disciplin erjtrebt wird. Dies alles
aber geſchieht auf unmittelbar praltiſche Art, durch
Übung der entiprechenden Organe, Anlagen und
Neigungen de3 jugendliden Geiſtes. Aus diefem
Grunde —— auch die vorgeſchrittenern und
erprobten Zöglinge zu Mitaufjehern der einzelnen
Gruppen und zu Leitern der gemeinſchaftlichen Ar:
beiten. Ohne Zweifel find diefe und ähnlide An:
ftalten ein Zeitbedürfnis, zumal ſeitdem ſich überall
die Zahl der jugendlichen Verbrecher auffällig mehrt.
Das Deutfche Reichsſtrafgeſetzbuch geitattet (S. 56),
Angeſchuldigte im Alter zwifchen 12 und 18 Jahren
auch nad) erfolgter Freiſprechung einer Beilerungs:
oder Rettungsanftalt zu überweifen und dort nad
Ermeſſen der Verwaltungsbehörde bi3 zum voll
endeten 20. Lebensjahre Ir Iten. Kinder unter
12 jahren können dur ihluß der Vormund⸗
ſchafts m. einer Erziehungs: ober Beilerungs:
anitalt überwiejen werden. Die volljtändigite Über:
ſicht über die in allen Kulturſtaaten beftehenden R.
gab der Amerikaner Wines («The state of prisons
and child-saring institutions in the civilized
world», Cambridge 1880).
Nettungdmedaillen, Ehrenzeichen für die Net:
tung eines Menſchen mit eigener Lebensgefahr,
welche in den meilten deutfchen Staaten von dem
Landesherrn verliehen werben.
‚ Rettungdtvefen zur See verbantt feine Ein:
rihtung einer Anzahl von Privatgeſellſchaften,
weldye an den gefährlichften Küftenpunften des noͤrdl.
und weitl. Guropa Rettungsftationen mit den
dazugehörigen Apparaten unterhalten und bie
Nettungsmannfhaften, aus beherzten, kräftigen
Männern der nädjften Umgebung beitehend, aus:
bilden und entihädigen. Die Veranlaſſung zur
Gründung einer Gejelliaft zur Rettung Schiff:
brüdiger war 1789 der lintergang des Schiffes
Rettungsmedaillen — Rep (Albert de Gondy)
Adventure nebit Bejakung an der Tynemünbung
in England. Doch blieb bis 1823 das R. ohne
Belang. Grit 1824 (24. März) wurde auf An:
regung Sir William Hillarys die National Insti-
tution for the Preservation of Life from Ship-
wreck gegründet, aus welcher ſich 1854 die Royal
National Life-Boat Institution for the Preser-
vation of Life from Shipwreck bildete. Die engl.
Gejellihaft zur Rettung Schiffbrüchiger zählte 1851
bereitö 284 Nettungsboote mit im ganzen 31355
geretteten Menfchenleben.
In Frankreich wurde 1865 die Societs centrale
de Sauvetage des naufrages gegründet, nachdem
[gen feit 1825 Boote von Brivatgejellipaften und
Mörſer feit 1846 im Gebraud waren. Im J. 1885
befaß Frankreich 67 Nettungsitationen, 399 Sta:
tionen mit Kanonen, rejp. Pfeilapparaten, mit
denen 3400 Menjcenleben gerettet find,
Die Deutiche Gejellihart zur Rettung Ch:
brüdiger wurde 29. Mai 1865 in Kiel gegründet.
Unter dem ‘Proteftorat des Deutſchen Kaiſers
itehend, zählte die Geiellichaft 1885 44305 Mit:
glieder mit 137843 Mark Einnahme. Es beitanden
IHRettungsftationen, darunter 35 Doppelftationen,
d. h. ſolche, welche mit Nettungsbooten und Ha:
fetenapparaten ausgerüjtet find, 45 Rettungsboot:
rg und 19 Rafetenjtationen. Gerettet wur:
en bis 1. April 1885 bereits 1546 Berjonen. Bel:
ien, Holland, Dänemark, Schweden und Rußland
Folgten dem Beiipiel Deutichlands und befigen gleich:
fall3 eine entfprechende Anzahl Rettungsitationen.
u den Rettungsapparaten gehören haupt:
fädhlich Rettungsboote (}. unter Boot), Rettungs:
geihofle (f. Raketenapparate) nebjt Signal:
und Beleudhtungsapparaten und Rettungsbojen,
Korkjaden, Gürtel u. ſ. w.
* Lewis, «The life-boat and its work»
(2ond. 1874); Schumader, «Das Rettungsweien »
(Berl, 1868); A. Wagner, «Nautiihe Blätter»
(Dans. 1866); « Annual report of the Royal Na-
tional Life-Boat Institution for 1885»; «Report
of the operations of the United States Life-Saving
Service 1880— 84»; «Bon den lüften und aus
See» (Drgan der Deutſchen Gejellihaft zur Ret:
bung Schiffbrũchiger, Brem. 1884— 85).
ei lirrig Rös), Stadt in der Bezirlshaupt:
mannſchaft Oberhollabrunn in Niederöfterreich,
an ber Ditfeite des Manhartsbergs, Station der
Linie Wien-Tetſchen der Öfterreihifchen Rorbweit:
bahn, ift Sik eines Bezirksgerichts und zählt (1880)
1285 E., die bedeutenden Weinbau treiben. Die
Meine in der Umgebung gelten für die beiten an
der nördl. donaufeie und find im Handel die bei
weiten verbreitetiten. Die ausgedehnten Keller:
geil unter der Stabt, zumeift ohne Stügen in
5 gehauen, find eine Sehenswürdigkeit.
Net (Albert de Gondy, Herzog von R.), Mar:
ſchall und Pair von Franfreih, geb. 4. Nov. 1522
N Florenz, entftammte einer alten Batricierfamilie.
er Vater, den Handelsgejhäfte nad Lyon führ:
ten, fam durch Katharina Medici, die jeine Ge:
mablin zur Erzieherin ne Kinder machte, mit jei:
ner Familie an den Hof (1547). Sein älteiter
Sohn, Albert, brachte 1565 durch Heirat die von
Ludwig XIV. zum Pairieherzogtum erhobene Ba:
ronie R. im heutigen Depart. Unterloire an fich.
Gr kämpfte gegen die Hugenotten bei St.:Denis,
Jarnac, Moncontour, belagerte 1572 Rodelle von
der See her und erbielt 1573 mit dem Marſchalls—
Nep (Jean Frangois Paul de Gondy) — Retzſch
itabe das Gouvernement Meb. Damals dominierte
er neben der tönigin-Mutter in Frankreich. Spä—
ter fchloß er fi Heinridh von Anjou auf der Kö—
nigsfahrt nad Polen an, und fam abermals in
Franlreich zur Macht, als Heinrich ſelbſt hier den
Thron beitieg. Als Heinrid, III. ermordet war,
jäumte R. nicht, mit Heinrid von Bourbon Frieden
zu machen, unter dem er hochgeehrt bis an jeinen
Tod (ju Paris 12. April 1602) lebte, s
Re (Jean Franzois Paul de Gondy, Kardinal
von), Teilnehmer an den Unruhen der Fronde,
ftanımte aus derjelben Samilie, wie der vorher:
gehende, und wurde 1614 zu Montmirail geboren.
Sein Bater, Emmanuel de Gondy, war Ge:
neral der eren. R. war für den geiltlichen
Stand bejtimmt, empfand aber troß ausgezeichneter
Begabung eine unüberwindliche Abneigung gegen
den geijtlihen Beruf. Nachdem er fid) 1643 den
Grad eines Doltor3 der Theologie an der Gor-
bonne erworben, wurde er zum Koadjutor des Erz⸗
biichof3 von Paris, feines Dheims, ernannt. In
diejer Stellung blieb er, was er war, ausſchweifend,
ehrgeizig, rebelliih. Schon gegen Richelieu hatte
er mit Soiſſons fonipiriert. Als ihn dann Ma:
zarin aus der Gunft der Königin verdrängte, dedte
er jeine Gefinnung mit den tırdlichen Intereſſen,
deren Bertretung er fi mit Eifer a m. Se
wurden Thomas Bedet und Ambrofius jeine Bor:
bilder. Ein feuriger Redner, juchte er von der Karıs
zel und in klerilalen Verfammlungen zu wirten,
ohne jedoch in feinem Leben feinen heiligen Bor:
bildern irgendwie nachzule So warb 1648 die
Fronde (f. d.) ber rechte Turmmelplap für ihn. Gin
geiftlicher Demagpae, beste er die Bevölferung von
Varis gegen die Regierung, mijchte fi unter das
Bolt und galt neben dem Prinzen von Condé (f. d.)
al3 da3 Haupt der Bewegung. Nach der Rücklehr
des Hofs (1650) verlieh ihm der Papſt die Kar:
dinalswürde, die eigentlich Mazarin zu erlangen
gehofft hatte. Weil X. der Mittelpunkt aller gegen
ihn gerichteten Intriguen blieb, ließ Mazarin ihn
endlich 1652 verhaften und in die Baitille bringen,
aus welcher R. nad) 15 Monaten auf das Schloß
zu Nantes verjeht wurde. Hier entwich er jedoch
und lebte nun lange Jahre im Auslande, anfangs
in Rom, fpäter in Bejancon und den Niederlanden.
Erſt nah Mazarind Tode verjtattete ihm Lub-
wig XIV. die Nüdfehr nah Frankreich (1662).
Freiwillig gab er jest feine Anfprüce auf das Erz⸗
bistum von Paris auf und erhielt dafür die Abtei
St.:Tenid. Im J. 1665 erhielt er Zutritt bei
Hof, lebte aber meiſt auf feinen Befisungen, bejon:
ders in Commercy, jtet3 umgeben von ergebenen
Anhängern, lebendig und geiftvoll, Freund des
Wibes und der Galanterien, liebenswürdig, ſelbſt⸗
gefällig und pietätlos. Sein Hauptwerk, die Me:
a 2 diejer Jahre (am vollftändigften
4 Dde., Bar. 1859). Mit Meilterihaft hat er die
Greigniffe und Berfönlichleiten des Zeitalters darin
geſchildert. Bgl. Gazier, «Les dernieres annees
du cardinal de R., 1655— 7% (Bar. 1876) ; Chan:
telauze, «Le cardinal RB, et Vaffaire du chapean,
etude historique suivie des correspondances in-
édites deR., de Mazarin etc,» (2 Bde., Bar. 1878);
Ghiruel, «Histoire de France sous le ministöre de
Mazarin» (3 Bbe., Par. 1882).
Che die Baronie Reh an die Familie Gondy
fam, gehörte biefelbe der Familie Laval, einem
Zweige des Geſchlechts Montmorency (f. d.). Be:
639
rüchtigt durch feine finftern Verbrechen ift Gilles
de Laval, Baron von Retz oder Rayz, Mar:
ſchall von Franlreich. Derjelbe wurde um 1396
neboren, zeichnete fich unter Karl VII. gegen die
Engländer, namentlich bei Orleans aus, mo er an
der Seite der Jungfrau foht, und erbielt fpäter
den Marſchallsſtab. Durch aroben Aufwand zu
Grunde gerichtet, zog er fich auf fein Schloß in ber
Gegend von Nantes zurüd. Hier erhoben ſich all:
mählich dunlle Gerüchte von unerhörten Schanb:
thaten, die er verüben jollte, ſodaß ihn endlid) der
Biihof von Nantes vor einer gemiſchten Kommif:
fion zur Rechenſchaft zog. Es ergab jih, daß R.
jeit 14 jahren mehrere hundert Kinder in fein
Schloß gelodt und dort einer unnatürlichen Wollujt
geopfent hatte, R. wurde endlich dem weltlichen
rme übergeben und durch ein Urteil vom 25. Olt.
1440 zum Feuertod verdammt. Man erwürgte ihn
jedoch vorher und ſehte den Leichnam nur kurze Zeit
auf dem Sceiterhaufen aus, um die Familie nicht
zu entehren. Das lat. Manuftript über diejen
merkvürdigen Prozeß befindet fi ‚in dem Archiv
der Präfeltur zu Nantes.
Retz., bei naturwiſſenſchaftlichen Ramen Ab:
fürzung für Anders Johan Reßius.
etzbach, ;sleden im bayr. Regierungsbezirk
st | Uinterfranten, Bezirlsamt Karlftabt, rechts am
Main, Station der Linie Würzburg⸗Aſchaffenburg
der Bayrifchen Staatsbahnen, iſt ein Wallfahrts:
ort, zählt (1880) 1073 G. und hat Weinbau.
Nezind (Anders Adolf), berühmter ſchwed.
Anatom und Naturforfcher, Sohn des ebenfalls
al3 Naturforscher befannten Profeſſors Anders
Johan R. zu Lund (geb. 1742, geit. 1821), wurde
13. Dt. 1796 in Lund geboren und jludierte da:
ſelbſt, fomie in Kopenhagen. 3. 1820 wurde
er Lehrer bei der Beterinäranitalt in Stodholm,
wo er ein anatom. Mufeum einrichtete, 1824 Pro:
fellor der Anatomie und Phyſiologie am Haroli:
nischen Inſtitut, fowie auch 1839 an der Afademie
der [hönen Künfte, Er ftarb 18. April 1860. Die
meijten feiner die Anatomie betreffenden Schriften
erichienen in Johannes Vüller3 «Archiv». In der
[pätern Zeit befhäftigte er fi hauptſächlich mit
er Ethnographie. Seine Einteilung des Menſchen—
geſchlechts nach der Form des Schädel3 in Dolidhe:
cephalen und Brachycephalen machte ihn beſonders
berühmt und wurde fajt überall anerkannt. R.'
etbnograph. Schriften find gefammelt in «Svenska
Fe nt erg elagen wer
Sein Sohn Magnus Guftav gab davon eine Pracht⸗
ausgabe in deutſcher Sprache («Ethnolog. Schriften
von Anders R.», redigiert und teilweife überfeht
von Friſch, Stodh. und Lpz. 1864) heraus. *
Park vor dem Karoliniſchen Inſtitut zu Stodholm
wurde R. 1863 eine bronzene Büfte errichtet.
Sein Sohn Magnus Guftav R., geb. 27. Dit.
1842, feit 1877 Profeſſor der Hiftologte am Karo:
linifchen Inſtitut, hat ſich durch feine im Verein mit
Profefior Arelftey 1875 herausgegebenen «Studien
in der Anatomie des Nervenjyftems und des Binde:
ewebes⸗ einen Namen erworben. Ferner veröffent:
ihte er «Anatomijche Unterfuchungen» (I. «Das
Gehörorgen der Knochenfiſche⸗, Stodh. 1872) und
«Finska Kranier» (Stodh. 1878).
Retzſch (Moris), Zeichner, Maler und Radierer,
geb. zu Dresden 9. Dez. 1779, ftudierte an der dor:
tigen Kunſtalademie hauptſächlich unter Leitung de
Profeſſors Graſſi. Vorzüglich waren e3 Gegenftände
640
aus dem Gebiet der romantiſchen Richtung, die er
zur Daritellung wählte, Andere Arbeiten betreffen
mytholog. Stoffe, 3. B. Bachus als Kind auf dem
Panther ichlafend, Diana, ein lebensgroßes Anies
ftüd, Amor und ode, die fih auf Wollen um—
armen, ſämtlich Bilder, die ſich eg edle Formen
und anmutiges Kolorit auszeichnen. Bor allem aber
machte er ih berühmt durd feine Illuſtrationen zu
großen Dichterwerten, fämtlich in Umriſſen, zunächſt
zu Goethes «Fauit», beitehend in 26 radierten Blät:
tern (1812; 2. verm. Aufl. 1834), die durch Nach—
ſtiche auch in England und Frankreich R.s Ruf be:
gründeten. R. wurde 1816 Mitglied der Dresdener
Kunitatademie, 1824 Profeſſor an derjelben und
übernahm 1822 von Cotta in Stuttgart den Auf:
trag, Schillers Werke mit Umriſſen zu begleiten.
Eeitdem ließ er eine Neihe radierter Blätter zu dem
«Gang nad) dem Gijenhammer» und zu dem «flampf
mit dem Draden», zum «Pegafus im Jode» und
zum «Lied von der Glode» erfcheinen. Auch be:
ann er eine «Galerie zu Shalipeares dramatiichen
terten» (%p3.182779.). Außerdem hat er auch Bür:
ers Balladen illujtriert und zwei Hefte «Phanta:
ten», «Ter Kampf des Lichts und der Finjternis»
(2p3. 1846) und mehrere einzelne Blätter heraus:
gegeben, worunter die berühmten «Schadhipieler»
(Lp3. 1836) das wertvollfte. Sein Cyllus von Dar:
ftellungen des menſchlichen Lebens (ſechs radierte
Blätter) wurde von Jameſon (Lond. 1834) heraus:
gegeben. Gr ftarb 11. Juni 1857 zu Dresden.
Sein Bruder Karl Heinrih R. (geb. 1777,
geit. 1835) ijt als Landſchaſtsmaler belannt.
Neuchlin (Herm.), Geſchichtſchreiber, geb.
9. jan. 1810 zu Kann zer bei Stuttgart,
—— zu Tübingen Theologie, war 1842—57
farrer zu Birandorf bei Tübingen und lebte dann
bis zu feinem 14. Mai 1873 erfolgten Tode als Bri:
vatmann in Stuttgart. Unter feinen Werten find
unennen: «Das —— in Franlreich inner:
bat und außerhalb der Kirche» (Hamb. 1837),
«Geihichte von Port:Royal» (2 Bde., Hamb,
1839—44), «Pascals Leben und der Geijt feiner
Eriften» (Stuttg. 1840), »Geſchichte taliens von
der Gründung der regierenden Dynajtien bis zur
Gegenwart» (4 Bde., Lpz. 1859— 74), «Lebensbilder
jur Zeitgeihichte» (3 Bde, Nördl. 1861—62).
Reuchlin Bo), gräciliert auh Ca n; nio ge
nannt, einer der eriten und thätigften Beförderer
ber alten Litteratur in Deutichland und Vorarbeiter
der Reformation, geb. 28. Dez. 1455 zu Pforzheim,
bejuchte die Schule zu Schlettitadt, ftudierte in
sreiburg und Paris und wurde fpäter feines Ge:
fangs wegen in die Kapelle de3 Markgrafen Karl
von Baden aufgenommten, Diefer wählte ihn nad):
ber zum Reifegefährten feines Sohnes, mit dem er
fi 1473 zunächſt nach Paris begab. Später ging
er 1478 nochmals nad) Frankreich, ftudierte zu Or:
ltans die Rechte und trat 1481 zu Tübingen als
—— der Juxisprudenz und ſchönen — —
auf. Dann bereiſte er im Gefolge Eberhards des
en von Württemberg mehrmals |talien, mo
er vielfach mit den ital, Humaniiten in Berührung
lam. Nad Eberhards Tode lebte er am Sofe des
—— Philipp von der Pfalz, Als dieſer durch
Berleumdungen am röm. Hofe in den Bann fiel,
reilte R. ſelbſt nochmals nad Rom und bemwirfte
ier durch r und beredte Verteidigung die Los—
prechung desielben. Hierauf befleidete er 11 Jahre
ang die Stelle eines VBorfigenden beim fhwäb,
Neuchlin (Herm.) — Neudlin (Joh.)
Bundesgericht. Beſonders wendete er fi eifrig
dem Studium der bebr. Sprade zu und gab da:
durch Anlaß zu dem berühmten Humaniftenftreit,
welcher der deutichen Sicformation den Weg berei:
tete, Als er den Vorſchlag des getauften Juden
Johann Pfefferkorn, alle jüd. Bücher außer der
bebr. Bibel zu verbrennen, entgegentrat, verfiel er
den bitterjten Anfeindungen von feiten der Domi:
nifaner in Köln, vor allen des Keherrichters Jalob
van Hoogſtraten (ſ. d.), die einen langjährigen
Streit berbeifübeten, Auf die Seite der Domini:
faner traten die Univerfitäten Paris, Löwen, Gr:
furt und Mainz; für N, ergriffen die aufgetlärteiten
Männer aller Länder Vartei. Als der Kampf feine
Spite erreicht und felbit die vermittelnden Schritte,
welche Kaifer Marimilian beim Papſte that, obne
Grfolg blieben, erhoben ſich Franz von Eidingen
und Ulrih von Hutten fräftig gegen die blinden
Giferer, dieinden »Epistolae obscurorum virorum»
(Erotus Rubeanus) gegeielt wurden. In neue Un:
ruhen geriet R., ald Herzog Ulrich die zum Schwä—
biichen Bunde gehörige Stadt Neutlingen befriegte.
Obgleich N. feine Stelle al3 Bundesrichter nieder:
gelegt hatte, wurde er dennoch gelangen genommen.
llein der Herzog Wilhelm von Bayern fchentte
ihm die Freiheit wieder und ernannte ihn 1520
au Profejlor an der Univerfität Ingolftadt, Bei
em 1522 in Ingolftadt erfolgten Ausbruch der
Peſt ging er nach Tübingen, erfranfte aber bald an
der Gelbſucht, von der er vergeblich im Bade Lie-
benzell bei Hirſchau Heilung ſuchte; er ftarb dafelbit
30. Juni 1522. Seine ausgezeichnete Bibliothek
hatte er feiner Vateritadt Pforzheim vermadıt.
R. hat auf die beſſere Beftaltung des Schulweſens
in Deutfchland namentlid) durch Anfertigung zwed⸗
mäßiger Clementarbüdyer jür die Erlernung der
alten Spraden einen entſchiedenen Einfluß aus—
geübt. In der — Grammatik begründete er
eine eigene Ausfprade der Diphthongen, die der
Ausſprache der Neugriehen am nächſſen jteht und
nad ihn die Reudliniihe Ausfprade oder
auch wegen des darin vorberrichenden Lautes des J
der Itazismus (f.d.) genannt wird. Unter feinen
Den Schriften find zu nennen: eine Ausgabe von
enophons «Apologie de3 Sokrates, Agelilaus und
Hiero» (Hagenau 1520), mehrere lat. Überfehungen
griech. Schriftiteller, die «Micropaedia, sive gram-
matica Graeca» (Orleans 1478); ferner «Brevi-
loquus sive dietionarium, singulas voces Latinas
breviter explicans» (Baſ. 1478), die «Rudimenta
Hebraica» (Pforzh. 1506) und die Edhrift «De
accentibus et orthographia Hebraeorum libri III»
(Hagenau 1518). Seine Ausgabe der fieben Buß:
vfalmen (Tüb. 1512) hält man für den eriten bebr.
Drud in Deutihland, Die jüd. Geheimlehre be—
handelte er in den Merfen «De arte cabbalistica
libri Ill» (Hagenau 1517) und «De verbo mirifico»
(Baf, 1494). Einer weiten Verbreitung erfreute ſich
fein ſatiriſches Luftipiel «Sergius, sive capitis ca-
put» (Pforzh. 1507), worin die Praffenberricaft in
ihrer Blöfe gezeigt wird. Sein Leben und Wirken
haben Gehres (Karlsr. 1815), —— (Berl.
1830), welcher lettere auch «R.3 Augenipiegel»
(Berl. 1836) heraus — hat, und Lamey (Bon
1855) dargeftellt. % . 2. Geiger, «Johann R., fein
Leben und feine Werte» (£pz. 1871); derjelbe gab
aud «Johann R.s Briefwechiel» (Stuttg. 1875)
heraus; Horawitz, «Zur Biographie und Korreipons
benz Johannes R.3» (Wien 1877),
Reudnig — Reunion
Neudnitz, ftabtähnliches ng in ber ſächſ.
Kreids und Amtshauptmannidaft Leipzig, ſtößt
unmittelbar an die Djtvoritadt Leipzigs, Bat eine
—— neue Kirche in got. Stil, eine Realſchule,
edeutende Fabriletabliſſements, wie Maidinen:
bauerei, Eiſengießerei, Zintgießerei, Bierbrauerei,
Fournierſchneidewerle, Fabrilen für Nhmaſqhinen,
ußſtahlfeilen, Lampen, Reiſeloffer, Parfumerien,
Bruͤckenwagen, Wachstuch und Cigarren, zählt
(1885) 19019 E. und iſt mit Leipzig durch Pferdes
bahn verbunden. Unmittelbar mit R. pangen zu:
fammen die Dörfer Neureubnig, Thonberg, Volt:
marsdorf, Neufhönefeld, Anger:Crottendorf und
Neuftadt, weldhe früher mit R. weientlich die 109.
— (f. d.) bildeten, [von Reuentbal.
euenthal (Neidhart von), j. Neidhart
Neugeld, f Abftandageld und Arrha.
Neukauf, |. unter Neuvertrag.
Neuleaug (Franz), ausgezeichneter Techniler,
geb. 30. Sept. 1829 zu Ejchweiler bei Aachen, ftu:
dierte an der Bolytehniihen Schule zu Karlsruhe
Maſchinenbaulunde, widmete fih dann 1852 — 54
in Berlin und Bonn philof. Studien, war hierauf
als praltiſcher ‘= enieur thätig und wurde 1856
Brofeflor der V lsnhentunse in Zürid. Im
%. 1864 wurde er für dasjelbe Jah und für die
von ihm auf neue Grundlagen geitellte und zur
bejondern Disciplin erhobene Maſchinengetriebe⸗
lehre oder Rinematit zum Lehrer am lönigl. Ge:
werbe⸗Inſtitut (feit 1865 Gewerbe: Altademie) zu
Berlin ernannt. In demfelben Jahre wurde er
Mitglied der lönigl. tehnifhen Deputation für
Gewerbe, in welder er für die Umgeftaltung des
Patentweſens eifrig eintrat. Im J. 1867 fungierte
NR. als Mitglieb der Dur der Weltausftellung zu
Paris; 1868 erfolgte feine Ernennung zum Direktor
der lonigl. Gewerbe:Alademie unter Erhebung zum
Geh. Regierungsrat. Auch auf den internationalen
Ausftellungen zu Wien (1873) und zu Philadelphia
(1876) fungierte er als —— lied. R. belleidet
und belleidete außer feiner Lehrthatigleit noch eine
Reihe wichtiger Staatsämter; fo war er 3. B. bis
1884 Mitglied des daiſerl. Patentamts wie ber
tönigl. tin Oberprüfungstommiifion, und
leitete als Reichslommiſſar die deutiche Beteiligung
an den Weltausitellungen in Sydney und Mel—
bourne 1879—81, wo beidemal die deutihe In⸗
duftrie ausgezeichnete vlg erntete. Won feinen
techniſch⸗wiſſenſchaftlichen Werten find zu nennen:
«Konjtrultionslehre für den Mafchinenbau» (im
Berein mit Moll, Braunſchw. 1854— 62), «Kon:
ftrultion und Berechnung der für den Maſchinen⸗
bau wichtigiten Federarten» (Winterthur 1857),
«Ronftrulteur» (3. Aufl, Braunſchw. 1871) und
fein wiſſenſchaftliches Hauptwert: «Theoretiſche
Kinematit» (Braunſchw, 1875). Seine 1876 von
Philadelphia aus für die «National - Zeitung»
———— Ausſtellungsberichte, welche wegen
er Strenge und Offenheit, mit denen er die da—
maligen Schäden der deutſchen Induſtrie («billig
und jchlecht — Aufſehen erregten, ſind
unter dem Titel: «Briefe aus Philadelphia »
Braunſchw. 1877) gefammelt erihienen; als «Er:
innerungsblätter» von einem Teil feiner Welt:
reifen veröffentlichte er feine lebendig gefchriebene
Reiſe «Quer durch Indien» (Berl. 1884).
eumont (Alfred von), geiftvoller Schrift:
fteller,, bejonder3 verdient um die ital. Geſchichte
und Aunft, geb. 15. Aug. 1808 zu Aachen, wo fein
Gonverjationd-Legilon. 13. Auf. XIIL
64
Vater Medizinalrat und Brunnenarzt war, ftubierte
zu Bonn und Heidelberg und ging Anfang 1820
al3 Selretär des preuß. Gefandten von Martens
nad) Florenz, 1832 nad Ronftantinopel, bereite
Griechenland und die Joniſchen Infeln, und wurde
1835 in das auswärtige Dinifterium gezogen. Sm
3. 1836 ber Geſandtſchaft in Nom attadjiert, blieb
er in diefem Verhältnis, teild in Nom, teils in
ölorenz, bis 1843, wo er zum Legationsrat im Mis
nifterium und im Kabinett Friedrich Wilhelms IV,
ernannt ward, den er im Herbſt 1847 nad) Cber:
italien begleitete. Bon 1849 bis 1851 war R. Ge:
fhäftsträger bei Bapft Pius IX., erft in Gaẽta und
Neapel, dann in Rom, worauf er den Bolten eines
Minifterrefidenten an den Höfen von Florenz, Mo:
dena und Barma erhielt. Während der langwie:
rigen lekten Krankheit des Königs war er 1858—59
deſſen Begleiter in Deutichland und Italien. Seit
1860 lebt er, von diplomatiſchen Geſchaften zurüd:
ezogen, teil3 in feiner neh Heimat, wo er Vor:
(ie er des Aachener Geſchichtsvereins iſt, teils in
talien, wiſſenſchaftlichen, meift der ital. Geſchichte
gewidmeten Arbeiten. Unter feinen zablreiden
Schriften find zu nennen: «Röm. Briefe von einem
Slorentiner» (4 Bde., Lpz. 1840—44), «Die Carafa
von Maddaloni» (2 Bde,, Berl, 1851), «Beiträge
zur ital. Gefhichte» (6 Bde. Berl. 1853 — 57),
«Die Jugend Hatharinas de’ Medicis (Berl. N
«Die Gräfin von Albany» (2 Bde., Berl. 1860),
„Beitgenofien» (Berl. 1862), «Geſchichte der Stabt
Rom» (3 Bde. Berl. 1867—70), «Lorenzo be’ Me:
dici il Magnifico» (2 Bde., Lpz. 1874; 2. Aufl.
1883), «Geſchichte Zoscanad» (2 Bde., Gotha.
1876— 77),«Biograpbiiche Dentblätter» (epa.1878),
«Vittoria Colonna» (freiburg 1881; ital., Turin
1883), «Aus Konig Friedrich Wilhelms IV. ge
funden und franten Tagen» (Lpz. 1885). Unter jeis
nem alademifhen Namen Jtatius Lemniacus
gab er (Berl. 1872) eine libertragung von Rutilius
«De reditu» mit Kommentar heraus. 8 ital.
Sprache erſchienen von ihm, außer zahlreichen Beis
trägen zum «Archivio storico italiano», «Tavole
cronologiche e sincrone della storia fiorentina»
(Flox. 1841), «Della Diplomazia italiana » (Flor.
1856), «Bibliografia dei lavori pubblicati in
Germania sulla storia d’Italia» (Berl. 1863) und
«Saggi di storia e letteratura» (Flor. 1881).
Neunion, vor der Franzöfifhen Revolution
und 1814—48 Isle Bourbon, 1809-14 Iſsle
Bonaparte genannt, füdlichfte der bei Afrika im
Indiſchen Ocean gelegenen Mascareneninieln, eine
der wichtigſten a. ———— unter 73°
öſtl. 2. und 21° füdl. Br., 140 km im SW. von
Mauritius, 560 km öftlid von Mabagaslar, bat
ein Areal von 2512 qkm und von SD. gegen NW.
eine elliptiiche gem mit 71 km Durchmeſſer. Die
yald ift vullaniſchen Urſprungs, wird in genannter
Richtung von einer Gebirgstette durchzogen und jo
in zwei an Formation, Klıma und Produltion ver:
schiedene Teile, das Arrondifiement im Winde im
NO. und das unter dem Winde im SW., geteilt.
Im MN. erheben fih auf dem 1500 m hoben Bla;
teau, — Blaine des Caffres, die Maſſe
des erloſchenen Vulkans Gros-Morne oder der
Piton des Salazies, 2400 m hoch, der Morne de
Bee, 2267 m, der drand:Benard, 2895 m od).
n ber Mitte fteigt ald Kulminationspuntt des
ganzen Gebirges der 3070 m hohe Piton des Neige£
aus terraffierten Abfällen empor und bietet dem
41
642 Neunionskanımern — Rẽus
Seefahrer we cheres Signal, da bie Hüften arg Arad zweite Entwidelung3:
von inc De Siege Ken umgehen und en zwei —2** ls der ——— Poivre 1770
ragt ia ürze hierher verpilanjte.
u ea tätige — J— 5 Die königl. —— 1774 bie Juſel in
Fournaiſe 2625 m empor, einer der mädhti igten
Bullane der Erbe, welder etwa den fünften
der Inſel einnimmt. Gr wmecielt öiters keinen.
Krater und bat durch Lavaſtröme jeit Jahrhun—
derten bie Umgebungen, 44 km weit bis zur Stifte,
in eine traurige Ode (Pays brülc) verwandelt.
Dieſen Strich nebjt einigen Sand: und ——
wüjten an der Hüfte — nommen, iſt der
überaus fruchtbar. t 16 Hläfie, aber teinen
idiffbaren, zwei — Quellen und vier Teiche.
Gegenwärtig nimmt der Stolonialaderban 908,8
qkın, aljo 46 Drop: der Bodenflache ein, und zwar
den äußern Naub der Ynjel, während die reihen
Gegenden des Innern nody ohne NHultur liegen.
Savannen find 189,3, Gehöl; 403, ungemupt
473,1 qkm, Das Klima iſt im allgemeinen mild
und ge Alle Produlte, die Arabien, der Afia-
= Archipel und das jüdl. Guropa erzeugen, ge:
deiben aud) bier. Die Zahl der Bewohner beläuft
jih 1882 auf 170518. Durh Orbonnany vom
21. * * Tor - er er zu:
ge epublif 1848 jämt
ven freigegeben. Zur Berteidigung der Smjel
ee bie Dr Regierung eine Garnijon und
de Miligen. Der Handel bewegt "| ——
En eine von 26900000 Irs. und
Ausfuhr von 22 Mill. Frs. Es kamen 1882 —J
229 Schiffe, es gingen ab: 234 Schiffe. Gewonnen
wird vor alleın Zuder (1878— 79: 660000 Etr.),
deilen Kultur feit 1818 außerorbentlih zunahm
{Zuderpfantagen 1877: 39613 ha); Daun *
der ſeit 1718 aus Molta hierher verpflangt wurde;
ferner jeit 1776 eingeführt Gewürznelfen, Tabat,
Gummi, Dliven: und Hotosöl, Zarbe: und Tijchler:
bölzer, Mais, Maniok, Bataten u.f.w. An Eiſen⸗
bahnen en Tab im Betriebe 125 km, von Telegrapben
126 km Linien mit 9 Bureaus. Das Stolonial:
budget bezifferte End 1884 auf 4041000 Frs., die
Kommmunalausgaben betrugen 2511000 t3., die
Ausgaben des Mutterlandes 2370000 Fr.
‚ Hauptort der Sue; Siß des Gouvernements
und eines Biihois, der unter dem Erzbiſchof von
Bordeaur jteht, iſt Saint: Denis auf der Nord:
weitküfte, mit (1879) 32 120 E., einem Gerichtshofe,
einem Lyceum, einem theol. Seminar, einer Biblio:
thef, einem botan. Garten und einer allen Winden
ausgefehten Neede. Einen bejiern Anterplas bat
das 15 km füdlichere Saint: Paul, die erite Nie:
derlafjung der Franzoſen auf der Yufel, mit (1879)
26 761 E., geiltlihem College und Gijengießereien
für die Diarine, Saint:Bierre bat 30475
Salazie, ein neu angelegter und raich aufblühen:
der Ort im Junern, hat 5802 E., warme Dlineral:
quellen und bei feiner —* dage ein geſundes
Klima für die an tropiſchen Krankheiten Leidenden.
N. wurde nebit Mauritius 1505 von dem Bortu:
gielen Vascarenhas entdedt und nad) ihm benannt.
Nachdem die Franzofen jeit 1642 Koloniſations-
on in Madagaskar gemacht, ergriff von dort
aus Flaccourt 1649 Bejis von der Inſel im Namen
Yudıpi 3 XIV. und naunte fie Bourbon. Cine
Regierung
Beſitz. Am 8. Juli 1810 nötigte
Abercromby den Gouverneur von ———
zanne, zur Kapitulation, —— ſel
erſt 1814 wieder zurüd. erde tes
zur Pie dee R3 (en. DU: Houffie, “ie de
la R.» (4 Bde., Bar. 1
Aufnins bmg bie von =
wig XIV. 1630 zu Meb, unb Bejango
errichteten beiondern Gerichte, die nicht nur *
ſuchten, welche Territorien vormals irgendwie ım
ſeinen durch den eg = ——
Frieden neu erworbenen Ländern im Berbindung
aeitanden hatten, ſondern ihm auch bieje en
torien förmlich zufprachen. Dies Berfahren, fü
weldes man die Bezeichnung röumien, d. h. Bier.
vereinigung, gebraudhte, hatte ein
zu Mek, Roland de Ravaulr, ausgedacht. Lu
wig XIV. ftübte jeine Anjprüce auf alle
und Dependenzitüde, vie jemals zu dem in beiben
Friedensvertrãgen abgetretenen gehört
batten, auf den Wortlaut diefer Verträge. Auf
Herridaften, Städte, Dörfer u. j.w., ma:
——— tbrüden, Beldenz. Spon⸗
beim, em, M d u. ſ. w. im Laufe
dwig XIV.
1. Aug. 1681 durch Reunions an 5 iſſen hatte,
ſowie auch Straßburg und Kehl lten durfte.
Spanien verlor jogar in den ſpan. Niederlanden
alles, wa3 bis 21. Aug. 1683 reuniert worden war.
Reunio nöflage nennt man die Eigentums—
Hape, welche nad) gejekwibriger Beräußerung eines
Teils eines unteilbaren Bauerguts gegen den Er:
werber ober einen britten a Herausgabe
—— Teils ne wird tigt zu biejer
Klage find der Beſiher de3 Bauergut3 und jeine
Grben oder nad) älterm Recht aud die Gutöberr:
ihaft. (S. Diamembration.)
Reurecht, j. unter Reallontralte.
Nens, Stadt (Ciudad) und Bezirlshauptort
in ber ſpan. Brovinz Tarragona, 13 km im WRW.
von Tarragona in Gatalonien, an der Eiſenbahn
von Tarragona nad) Yerida, die bier nad Roda
abzweigt, in fruchtbarer Ebene am Fuße einer Ge-
birgäfette, 106 m über dem Meere, zerfällt in die
franz. Nieberlajjung, 1654 entitanden, überlieh der | Sie und die Neuftabt und iſt regelmäßig angelegt,
König 1664 an die damals gegründete Dftindifche mit breiten, ſchönen Straßen. R. bat el If Bläe,
Kompagnie.
Sehr bedeutend blühte R. auf unter | mebrere $ü
n, darunter bie ihöne gotüche
Labourdonnaye, der 1735— 146 Gouverneur der | St. TR, ein Ronnenklojter, drei Spitäler
Neufh — Neuß (Fluß)
und ein großes Theater. Noch 1800 ein unbe:
deutender Fleden, ift N. jeßt die zweite ril:
jtadt Gataloniens, zählt (1877) 27595
643
fchen Hüften gebräuchlichen Krabben:, Garnees
len:, oder Öranatlörbe, weldhe man im Wat-
. und | tenmeer mit der weiten Öffnung nad dem Lande
bat 80 Baummollipinnereien, 5000 Webitühle, | zu, aljo dem Ebbeſtrom entgegen, befeitigt. Als
Seibenjpinnerei und :Meberei, Leinen:, Band:,
Leder:, Seifen:, Huts, Fäller: und bedeutende Ma:
ſchinenfabrilen. Der Handel ijt lebhaft; die Aus:
fuhr geichieht durch den 6,7 kın entfernten Hafenort
Salou, Den Titel «Graf von R.» führte der
General Brim (j. d.), der bier geboren „
Reuſch (franz Heinr.), namhafter fath. Theos
log, geb. 4. Dez. 1825 zu Brilon in Weitfalen, jtu:
dierte zu Bonn, Tübingen und Münden, wurde
1849 zum Prieſter geweibt und war darauf einige
yohe lang Kaplan zu St. Alban in Köln.
J. 1854 habilitierte er ſich in der kath.:theol. ‚ya:
kultät zu Bonn und wurde 1858 zum außerord,,
1861 zum ord. Vrojefjor ernannt, Er übernahm
das Fach der alttejtamentlihen Eregeie und Theo:
logie, in welches auch jeine ältern wiſſenſchaftlichen
Arbeiten einſchlagen. Diejelben befunden bei vielem
Scarfjinn und großer Gelehriamleit einen ent:
ſchieden ojienbarungsgläubigen Standpunft. Bes
jonders zu nennen find feine Kommentare zu den
Büchern Barud (Freiburg 1853) und Tobias
(Freiburg 1857), das «Lehrbuch der Ginleitung in
da3 Alte Teitament» eiburg 1859; 4. Aufl.
1870) und «Bibel und Natur. Borlefungen über
die mojaijche —— und ihr Verhältnis zu
den Grgebniffen der Naturforihung» (Freiburg
1862; 4. Aufl. 1876); im Auszuge: «Die biblifche
Schöpfungsgeihichte» (Bonn 1877). Auch gab R.
1866— 77 da3 bonner «Theol. Litteraturblatt» mit
liberalstath. Tendenz heraus. Wegen jeiner Wei:
gerung, die Beichlüfle über die päpftl. Unfehlbarleit
anzuerfennen, wurde R. mit feinen Kollegen Hil:
gers, Anoodt und Langen von dem Erzbiſchof Mel:
chers in Köln 1. April 1871 mit der Suäpenfion
ab ordine, 12, März 1872 mit der Erlommunila:
tion belegt, nachdem ſchon Nov. 1870 den Theologie
Studierenden der Beſuch feiner Borlejungen ver:
boten worden war. Seit dem Beginn der altlath.
Bewegung it R. mit Döllinger, Reinkens u. a.
Hand in Hand gegangen. Neuerdings publizierte
er: «Der Bro R; Galileis und die Yefuiten» (Bonn
1379) und «Der Inder der verbotenen Bücher»
(2 Bde., Bonn 1883 — 85). ,
Reuſe beißt im allgemeinen jede Fangvorrich—
tung für Fiſche, welche, am Boden des Gewäſſers
befejtigt, die Fiſche zu einer weitern Öffnung hinein:
laßt, ſie alsdann durch bejondere Einrichtungen,
meijtens durch trihterförmige Gänge, ſog. Ein:
fehlungen, in weitere Kammern geleitet und ſchließ—
Lid) in eine lekte, die Fangkammer, aus welder fie
ſich nicht wieder hinausfinden können. Man ge:
braucht R. ſowohl im fühen wie im fafsigen Waſſer.
Je nach ihrer Größe und dem Material, aus dem
ſie gefertigt ſind (Weidenruten, Neßwerk, Rohr
u. a.) unterſcheidet man im einzelnen ſehr verſchie—
dene, meijtens beſonders benannte Fornien von N.
Die einfadhiten find die fat nur in — ———————
gebräuchlichen Korb reuſen, ſchlechthin Körbe.
Sie beſtehen aus einem trichterförmigen Weiden:
gie t mit vorderer weiterer Öffnung und in ber
Regel nur einer Einlehlung. Man fängt in ihnen
hauptſächlich Aale, Lachſe, Neunaugen (j. Tafel:
Fiſcherei, Fig. 6) und Krebſe. Ühnlich find die
zum ange der Hummer in der Nordjee verwen:
deten Hummerreufen, jowie die an den deut:
|
einfahe Reuſe (auch Bunge, Tirommelreufe,
Garnlorb) bezeichnet man ein zwiſchen drei kreis—
förmigen Bügeln ausgeſpanntes Netz mit einer Off:
nung und Ginfehlung an jedem Ende, (S. Tafel:
gi herei, Fig. 4) Mit Heinern Geräten diefer
Art fit man Barſche und Plöge, mit größern
Rotaugen, Scleie, Bradien, Karauſchen und
Hedhte. Flüge lreuſen (Garnfad, Fiihiad) find
R. von deren Eingangsöfinung aus lange ſenkrecht
ſtehende Negwände ausgeben, welche die Fiſche in
ihrem Zuge aufhalten und in die Fangvorrichtung
leiten. (©. Tafel: Fifcherei, Fig. 3.) Oft bilden
mehrere R. mit ihren ylügelgarnen zujammen ein
umfangreiches Syjtem, jo namentlih zum ange
der Yale in Meeresbuchten, der Reunaugen und
Maififche in Flußmündungen und ber Zander und
Maränen in großen Landſeen.
Die bedeutendjten Fänge liefern die Bundgarne
und Fiſchzäune. Gritere bejtehen aus einem
Syitem von Leitgarnen und Netlammern, welde,
am Boden befejtigt, mit ihrem obern offenen Ende
die Waflerflähe etwas überragen und die Fi
ſchließlich in eine legte Fanglanımer geleiten, we
einen unten flach aufliegenden Negboden hat. Letz⸗
terer kann ſchließlich mit den in der Fanglammer
befindlichen Fiſchen in die Höhe gehoben werben.
Bundgarne finden eine ausgedehnte Anwendung an
den flahen Meerestüften ohne Ebbe und Flut; man
fängt in ihnen namentlich Seringe. Die jog. Ton:
naren, in denen im Mittelmeer die Thune in
großen Maßſtabe gefangen werden, find Bundgarne
von riefigen Dimenfionen. Fiſchzäune find im
Waſſer aufrecht jtehende, aus Rohr oder Reiſig ge:
flochtene Wände, welche ein oft labyrinthiſches
Spitem von Kanälen begrenzen nnd die ji) darin
verirrenden Fiſche ſchließlich in eine oder mehrere
Fanglammern geleiten. Ihre grobartigite Anwen:
dung finden diejelben bei dem berühmten Nalfang
in den Lagunen von Comacchio (f. d.).
Menſe, Fluß im fchweizer Kanton Neuenburg,
fließt Durch das Val de Travers und mündet unter:
halb Boudry in den Neuenburger See. P
Neu, rechter Zufluß der Aare (j. d.), entitebt
aus zwei Hauptquellen am Norbabfall des St.
Gotthardgebirges in der en Die Realperreuß
entipringt 2400 m über dem Meere an der Furca
und durchfließt in nordöſil. Richtung das Urjeren:
tbal. Bei Hospenthal vereinigt jie ſich mit der
Gotthardreuß, welche etwa 2500 m über dem Meere
am Lucendrogleticher entipringt und in wilden
Sprüngen der Gotthardftraße entlang nad Kor:
den fließt. Unweit Andermatt nimmt der Fluß
rechts den Thalbach auf, welcher ihm die Gewäſſer
der Ober: und Unteralp zuführt, und 1,5 km
unterhalb Andermatt verläßt er durd die wilde
Felsſchlucht Schöllenen fein Quellthal, um die
untere Thaljiufe von Uri zu erreichen, Bei |
ihenen am Ausgang der Schlucht ninımt er links
die Gefchenenreuß auf, bei Wafen (935 m) die
Maienreuß, bei Amiteg rechts den Kerſtelenbach
aus dem Maderanerthal. Bon Die an wird der
Lauf ruhiger und bei der Eritfelder Klus ver:
läßt die R. ihr bis dahin ſchmales, jpaltenarti-
nes Thal, um in die breite Thalebene von Alt:
dorf hinauszutreten. Bei Attingbaufen empfängt
41*,
644
fie rechts die Schädenreuß aus dem Schäden:
thal, und mündet, im unterften Laufe lorrigiert,
1 km weftlih von Fluelen in den Vierwaldftät:
terjee, in welchem ihr rechts die Muota, lints
die Engelbergeraa und die Sarneraa zugeben.
Bei Luzern verläßt die R. als ein durchſichtig
grüner, breiter und fciffbarer Fluß den See,
wendet ji, nachdem fie die Heine oder Holzemme
aus dem uns aufgenommen hat, nad) Nord:
ojiten, dann neg orden, empfängt an der Grenze
von Yargau, un und Zürich rechts die Lorze,
den Abfluß des Ülgeri: und de3 Zugerſees, tritt
dann ganz auf aargauer Gebiet über durd:
fließt die Städthen Bremgarten und Mellingen
und mündet endlich bei Windiſch, 2 km unterhalb
Brugg, 1 km ſudlich der Limmatbmündung in die
Aare. Das Gebiet der R. umfaßt 3111 qkm,
wovon 145, alio 4Y, Proz., auf en. ——
Ihre Länge beträgt von der Gabel der beiden Quell:
bäde (1463 m) bis zur Mündung (333 m) 146 km,
das Gefälle demnach 1130 m,
Neuf, zwei fouveräne Fürftentümer Deutich:
lands, ein Teil de3 von den alten Vögten und
Grafen des Deutfchen Reichs beſeſſenen und da:
von den Namen führenden Vogtlandes, lie:
gen ziemlich in der Mitte Deutſchlands, zwiſchen
dem Königreih Sachſen und den fädhl. Herzog:
tümern. Die Fürftentümer werben durch den groß:
berzogl. weimarifchen Neuftädter Kreis in zwei un:
gleiche Zeile getrennt, haben einen Flächeninhalt
von 1142,06 qkm und find zwischen der ältern und
jüngern Linie des jebt fürftl. Haufes N. geteilt.
Die Bevölkerung derjelben je fi) 1. Dez. 1880
auf 152112 Seelen, die ſich, mit jehr geringer Aus:
nahme, gleihwie das Füritenhaus zur evana.-luth.
Kirche befennen. Die Befikungen des reußifchen
Haufe3 waren früher weit umfangreicher ala jekt.
So gehörte mehrere Jahrhunderte Finburd beinahe
der ganze Fönigl. ſaͤchſ. vogtländiiche Kreis der
reußiſchen Fürftenfamilie ald Stammland; durch
Verpfändung und fpäter, 1569, durch Kauf lam
er an Sachſen. Ferner beſaß das Haus das groß:
berzogl. weimariiche Amt Weida, welches durch
Kauf 1560 an Kurſachſen fiel; das preuß, Amt
Biegenrüd, welches gegen eine Geldentihädigun
an Thüringen gelangte; die Stadt Hof nebit
ſechs Amtäbezirten in Bayern, bie ſchon 1375
von den Vögten zu Weida an den Burgara:
fen zu Nürnberg verlauft wurde; endlich auch
das berzogi. altenb. Amt Ronneburg und die
Herrſchaften Wildenfels und Rochsburg. Im 18.
14. und 15. Jahrh. beſaßen die reußiſchen Wögte
den Amtsbezirt Werdau, Aſch, Selb, die Stadt
Nündberg, viele Schlöffer in Bayern und Sachfen,
einen Teil von Nordhalben und die Herrichaft
Kranichfeld. Die ehemalige Burgarafichaft Meißen
wurde 1426 vom Kaiſer Sigiemund dem reufiichen
Vogt von Plauen zu Lehn erteilt, ift von deiien
Erben aber ſchon 1534 an Sachſen wieder verkauft
worden. Die gegenwärtig beitehende Teilung des
Landes N. in die ältere und jüngere Linie beruht
auf dem Bertrage von 27. Aug. 1616, Die Ver:
hältnifje des Geſamthauſes find durch Familien:
perträge von 1668, 1681 und 1690 geordnet.
Beide unter fih unabhängige Linien haben fich bei
den Teilung&verträgen fowohl die Succeffion beim
Ausjterben der einen diefer Linien, als auch das
Miteigentum an dem zum Haus: und Ramilien:
fideifommiß gehörigen Tomanial: und Sammer:
Reuß (Fürftentümer)
vermögen vorbehalten. Für die den beiden Linien
gemeinjamen Angelegenheiten Ki ein Seniorat,
das der ältefte regierende Fürft führt. Das Erit:
geburtärecht in der Thronfolge ift durch den Haus:
und Geſchlechtsvertrag vom 3., 4. und 5. Sept,
1690 eingeführt und zugleich die an die Nadı
geborenen u entriieuhe Make e feitgeftellt wor:
den. Der Nebenrezek vom 13. Nov. 1668 feht für
alle arg vo Familienglieder beider Häujer N.
den Namen Heinrich mit den —— feit,
wonad) die ältere Linie biß hundert (C) gt und
dann wieder mit I anfängt, die jüngere Linie aber
den Gritgeborenen in jedem neuen Jahrhundert
mit I bezeichnet und dann bis zum Ende des Jahr:
age fortzählt. Die Souveräne — den
itel Heinrich I. u. ſ. w., ſouveräner Reuß
(älterer oder jüngerer Linie), Graf und Herr von
Plauen, Herr zu Greiz, Kranichfeld, Gera, Schleiz
und Cobenjtein. Das Militär beider Fürftentümer
bildet mit den Kontingenten von Schwarzburg:
Rudolftadt und Sachſen⸗Altenburg das 7. thüring.
Infanterieregiment, weldes der 8. Diviſion des
4. preuß. Armeelorps zugewielen ift. Beide Für:
—— haben je eine Stimme im Deutſchen
undesrate und je einen Vertreter im Reichstage.
Im Wappen führen beide Linien des Hauſes einen
wen und einen goldenen Kranich. Die Landes:
farben find Schwarz, Not, Gelb. Bol. Bode,
«Baterlandstunde der fürftl. reußifchen Länder»
Mordh. 1852).
Das Land der ältern Linie des Haufes N,
ober das Fürftentum Reuß:Greiz bejteht in dem
Fürftentum Greiz mit der gleichnamigen Haupt:
und Reſidenzſtadt. Es bildet fein geichloflenes
Ganzes und ift aus den Herrfchaften Ober: und
Untergreiz, fünf Dörfern der Pilege Reichenfels
und der Herrichaft Burgk zufammengejeht. Das
erlegen umfaßt 316,39 qkm und bat nad) der
äblung vom 1. Dez. 1880 eine Bevölkerung von
50782 Pa ausſchließlich prot. Seelen, Die Ein:
wohner verteilen fih auf 2 Etädte, 2 Marft:
fleden und 71 Dörfer, Die Etaatöihulden be:
trugen (1885) 462005 Mark. Der Etat für 1885
betrug in Einnahme und Ausgabe 725088 Mark.
Die Bevölferung betreibt blübenden Aderbau und
Viebzudt. Dod wird der Bedarf an Getreide
nicht völlig gededt. Auch ift noch ein bedeutender
Waldbeitand vorhanden, von dem bie te Dos
manialforft ift. Sehr lebhaft ift der Induſtrie⸗
betrieb, namentlih in Wolle, Baumwolle und
Leinen. Obenan ſteht die Wollmarenprobultion
in der Stadt Greiz, wo 3500 medan. Webjtüble
im Gange find, ſowie die Strumpfwarenmanufaftur
in Beulenroda, Der Erport diefer Erzeugnilje er:
ftredt ſich bis nach Amerita, Auftralien und dem
Drient. Gine Eiſenbahn verbindet feit 1865 bie
Stadt Greiz mit der Weſtlich- Sächſiſchen Bahn.
Dazu kommt die 1875 eröffnete Eijen Gera
Greiz: Plauen und die 1884 eröffnete Linie Weida-
—— Neben der Tara eg
rung beftanden bis 1867 Feudalftände, Dur
Gintritt des Fürftentums in den Norbdeutichen
Bund 1866 trat jedoch die Nötigung ein, ber libe:
ralen Entwidelung der Gefehgebung freien Lauf
zu lafien, Am 28. März 1867 promulgierte Hein:
rih XXII. eine Verfaſſung, vo weldyer zwölf Ab:
geordnete, und zwar drei vom Landeöberrun, zwei
von den größern Grundbefißern, drei von bem
Städten und vier von den Sandgemeinden auf
Neuß (Fürftentümer)
je ſechs Jahre gewählt werden. Die Juftiz wird
von den Amtögerihten Greiz und Burgl, dem
Landgericht in Greiz und dem gemeinfchaftlichen
thüring. Oberlandesgericht in Jena geübt. Für
die Verwaltung bejteht das Landratsamt in Greiz
als Unterinftanz, während die Landesregierung
daſelbſt die höchſte Verwaltungsſtelle bildet.
Das Furſtentum Reuß jüngerer Linie oder
Reub:-Gera:Schleiz:LobeniteinsEbersborf
umfaßt 825,67 qkm mit (1880) 101330 meiit
prot. E. Die Bevölkerung verteilt fich auf 6 Städte,
4 Marttfleden und 163 Dörfer. Die Staatsſchuld
betrug Mai 1885: 1353750 Mark; dazu kommt
noch die unverzinglihe Schuld an die Reichs—
kaſſe zur Ginlöfung des Landespapiergeldes mit
195080 Marl. Die Ausgaben betrugen im Gtat
der Finanzperiode 1884—86 jährlih 1321221
Mark, die Ginnahmen die gleihe Summe. Die
Haupt: und Refidenzftadt iſt Gera. Die Verwal:
tung iſt zwei Landratsämtern übertragen, in Gera
und Ebersdorf. Sie iſt feit 1863 von der Nedht3:
flege getrennt, Es beftehen ein mit dem Groß:
erzogtum Sadjen: Weimar gemeinſchaftliches
Landgericht in Gera, fünf Amtsgerichte in Gera,
Hohenleuben, Schleiz, Lobenftein und Hirfchberg.
Als zweite Inſtan über dem Landgericht it das
emeinfchaftliche tührin iihe DOberlandesgericht in
ena thätig. Das öffentliche Unterrichtäwefen
de3 Landes ift in guter Verfaſſung. Es be:
ftehen zwei Gymnafien, in Gera und in Schleiz,
ein Schullehrerſeminar in Schleiz mit Taub:
ftummenanftalt, ein Nealgymnafium, eine Handels:
ſchule, eine höhere Töchterfhule und drei Bürger:
len in Gera. Das Vollsſchulweſen — durch
Geſeh vom 4. Nov. 1870 geregelt. Der Bergbau
leidet im Oberlande durch den Mangel an Eiſen—
bahnen und Steinfohlen. Von weit größerer Be:
deutung iſt die Salzgewinnung in der Saline Hein:
rihshall, Der Induftrie: und Erwerbabetrieb de3
Landes ift verhältnismäßig fehr bedeutend, Haupt:
orte für die Induſtrie in Wolle und Baummolle
find Gera, Schleiz, Fobenftein und Hirſchberg, für
Eifengieherei, Maſchinenbau und SHarmonila:
fabritation Gera, für Gerberei Tanna und Hirſch—
berg, für Bierbrauerei Köftrig, Schleiz, Gera,
Ebersdorf und —— ‚für Taba sfabrifation
ebenfalld Gera, das überhaupt von Überwiegender
Bedeutung als Handels: und Fabrikort it. Das
Fürſtentum wird von drei Eifenbahnlinien durch—
zogen: von ber Linie Gößnih-Gera der Sächſiſchen
Staat&bahn, der Linie Leipzig: Eichicht der Preu:
ßiſchen Staatsbahn und der Weimar : Geraer
Gifenbahn. Die Lande der —* Linie ger:
fielen bis 1848 in drei beſondere Fürſtentümer:
1) das Fürftentum Schleiz mit der Hauptſtadt
Schleiz, der Stadt Tanna und dem Fleden 5 ⸗
leuben; 2) das Fürſtentum Lobenſtein-Ebersdorf
mit dem Hauptorte Lobenſtein und dem Markt—
fleden Ebersdorf; 3) das Fürſtentum Gera mit den
Städten Gera und Saalburg und dem Fleden
Langenberg. Die Linie Gera war 1802 ausge:
ftorben, Infolge der ſtürmiſchen Bewegungen
feinem Lande dankte 1. Dt. 1848 ber Furt von
Xobenftein:Eberäborf, Heinrih UXXXII. zu Gunften
des Fürften Heinrich LXII. von Schleiz ab, fodak
nun eine —— der drei Laͤndchen
ſtattfand. Die Verfaſſung des Fürftentums be:
ruht auf dem revidierten Staatsgrundgeſeß vom
14. April 1852, auf dem Gefes vom 20. Juni
n | und
645
1856 und dem neuen Wahlgeſeß vom 17. Yan. 1871;
danach bejteht die Landesvertretung aus 16 Ab-
—— nämlich dem Beſiher des Paragiums
teuß:Köftrig, 3 Abgeordneten der Höchſibeſteuerten
und 12 aus allgemeinen direlten
gehenden Abgeordneten.
Als Ahne des Haufes N. gilt Heinrich der
Fromme von Weida, der gegen Ende des 11. Jahrh.
den Grund dazu legte, sa in feinem Gebiete die
heidniſchen Sorben mit den chriſtl. Germanen in
Glauben, Sprade und Sitte fi einten. Sein
Enkel, Heinrich der Neiche, erwarb fi um das
Deutiche Reich große Berdienite als Marſchall der
bohenftaufiihen Kaiſer Friedrih I. und Hein:
rih VI. Wahrſcheinlich zu Ehren des Iehtern hat
er jeinen drei Söhnen, die übrigens zuerit den
Titel advocati oder Vögte erhielten, den einzigen,
von dem reußiichen Haufe zum ebrenden Gedächt:
nis feiner Ahnen bis heute feitgehaltenen Namen
egeben. Der mittlere von diefen wurbe 1237
rdensritter und teilte feine Lande unter feine drei
Söhne, von denen der erſte Vogt und Herr zu
Weida, der zweite zu Plauen, der dritte zu Gera
wurde. Die Linie von Weida erloſch 1535, nad:
dem Weida felbjt bereits 1427 an Friedrich den
Streitbaren, Kurfürjten von Sadien, veräußert
worden war. Die geraer Linie, welche ſich im Be:
fi der Herrichaften Gera, Zobenftein, Langenberg,
Schleiz, Saalburg und Burgf befand, erloich, nad:
dem fie 310 Jahre beftanden hatte, 1550 mit dem
Tode Heinrihs des Yan ern, über welchen 1547
nad der Schlacht bei ! übfberg die Reichsacht ver:
hängt worden war. Die Linie Plauen dagegen
wurde die Wiege, aus der das heutige Fürſten—
geihleht N. emporgeblüht iſt. hr Gründer,
Heinrich der erjte Nutbene, erwarb 36 durch ſeine
Waffenthaten gegen die Polen oder weſtl. Ruſſen
um 1247 den ehrenden Beinamen Ruzze, Reuße
oder Ruthene. (Val. Reſch, «Über den Urſprung
des I: Namens R.», Gera 1874.) Die
ablen hervor:
Linie Blauen teilte fich 1306 in eine ältere, burg:
räfliche, welder 1426 als Erblehn die Durggral:
haft Meißen und die mit derjelben verbundene
ar Würde verliehen wurde, und in eine jüngere,
ie ſchlechthin den Namen Neuß beibehielt. Die
burgaräfl. Linie erlofjh mit dem Tode Hein:
richs VIL., der 1572 zu Schleiz ftarb. So blieb
von dem alten Herrengeidleht der Vögte nur
no das Haus Plauen jüngerer Linie oder das
Haus N, übrig. Nah dem Tode Heinrichs des
Friedſamen hatte fich diejes 1564 in drei Linien
geteilt, von denen aber die mittlere ausftarb. Geit
jener Teilung haben nun die ältere und die jüngere
Linie des; Lan yet N. beitanden. Der Abn:
F der ältern Linie war Heinrichs des Fried:
amen älteſter Sohn, mit bem Beinamen Bot:
ihafter, weil ihn Johann — ber Groß:
mütige mit wichtigen Geſandtſchaften betraut batte,
Diefe Linie teilte fich wiederholt, am ftärkiten im
eriten Jahrhundert ihres Beſtehens, in Neben:
. ab, nämlich in Ober: und Untergreiz, Burgt
ölau. Ein geihichtlich berühmter gi
der ältern Linie if Heinrid VI. Er war ſächſ. und
laiſerl. Feldmarſchall, Tämpfte als folder unter
rinz Eugen gegen die Türken und ftarb in ber
Schlaͤcht von Zenta 1697 den Heldentod. Die
fämtlichen Lande der ältern Linie vereinigt beſaß
zuerft Heinrich XI. aus dem Hauje Ubergreis,
Enkel des Feldmarſchalls. Er erhielt 1778 erblich
646
vom Kaiſer Joſeph ll. die reichsfürſtl. Würde. Ihm
folgte 1800 jein Sohn Heinrid) XIIL., der 1807
dem Nheinbund und 1815 dem Deutichen Bunde
beitrat. Nah feinem Tode 1817 folgten nad):
einander feine beiden Söhne Heinrich XIX. (1817
—36) und Heinrih XX. (1836—59). Bei dem
Tode des leßtern (8. Nov. 1859) war fein Sohn
und Nachfolger Heinrihd XXI. (geb. 28. März
1846) noch unmündig, weshalb die verwitwete
Fürftin Karoline (geb. 18. März 1819, geſt. 19. Yan.
1872), Tochter des —— Guſtav von Heſſen⸗
Homburg, die Regierung führte. Das preußen—
feindliche Verhauen der Fuͤrſtin im Deutſchen Kriege
von 1866 führte eine Oecupation des Landes durch
Preußen berbei. t nad) dem Frieden mit leb:
term (26. Sept. 1866) fand der Eintritt des Landes
in den Norddeutſchen Bund ftatt. Am 28. Mär
1867 übernahm Heinrich XXL. die Regierung felbit
und promulgierte zugleich eine Verfaſſung. Hein:
rich XXII. vermäbhlte ſich 8. Dit. 1872 mit ‘da,
Tochter des Fürjten Adolf von Schaumburg-Lippe.
‚Der Stifter des Fürftenhaufes Reuß jüngere
Linie, Heinrich bes Friedfamen jüngiter Sohn,
ftarb 1572. zwei Monate feinem Tode
wurde ihm ein Sohn geboren, der den Namen Poſthu⸗
mus, Nachgeborener, erhielt. Dieſer gründete das
Gymnasium illustre (Rutheneum) zu Gera, führte
dur Aufnahme des Niederländers Ric. de Smit
den Aufihwung der Wollgeugfabrilation berbei
und wirkte fegensreich nad allen Seiten. Dur
bie von feinen Söhnen 1647 und 1666 vollzogene
Zeilung wurben die Spezialhäufer Gera, Schleiz,
Gbersdorf und Lobenitein gebildet, die längere
Zeit felbftändig nebeneinander beftanden, bis
Schleiz 1848 der Erbe des Ganzen wurde. Die
Grafen von Schleiz, Lobenftein und Ebersdorf be:
erbten bie 1802 ausgeftorbene Linie Gera und er:
hielten 1806 die reichsfürſtl. Würde. Der Zweig
Ebersdorf ift berühmt —— durch bie Grün:
dung der berrnhuter Kolonie 1733. Die Gemahlin
Bingenborie, Erdmuthe Dorothea, war eine Schwe:
ter Heinrichs XXIX. von Ebersdorf. Auch diefe
Linie erlofh mit dem Tode Heinrichs LXXI.,| ©
17. Febr. 1853. Nachdem dieſer 1848 ber Herr:
ſchaft entjagt hatte, fiel Lobenftein.Eber&borf Hein:
rich LXII. von Schleiz zu, weldjer ſonach da3 ge:
famte Gebiet R. jüngerer Linie nach 223jähriger
tüdelung wieder vereinigte unb 19. juni 1854
tarb. Ihm folgte fein Bruder Heinrich LXVIL.,
unter welchem eine Reorganifation der Bermaltung
und des Juſtizweſens durchgeführt wurde und das
Land 18. Aug. 1866 dem Norbdeutichen Bunde
beitrat. Nach feinem Tode (11. Juli 1867) folgte
fein — Heinrich XIV., geb. 28. Mai 1832 und
vermählt 6. Febr. 1858 mit Agnes, Herzogin von
Württemberg. Unter ihm wurben burd ein dem
preußiſchen nachgebildetes Geſeß die Klaſſen- und
Einfommenfteuer eingeführt, die Intereſſen der
Schule durch das Vollsſchulgefeß von 1870 ges |
fördert und 1871 ein neues Wahlgeſeß erlafien.
Bon ber Linie Schleiz trennte ſich 1689 die
Nebenlinie Köftris, die, weil indefien dus Pri—
mogeniturredht eingeführt war, keinen Landesteil
erhielt, wohl aber mehrere Nittergüter, außer
BT Der nee Dopenteuben mit Reichenfels, be:
fikt. Das —5* — Haupt der Familie führt das
Prädilat adüurſty, die übrigen Mitglieder das Prä-
difat «Bringe. Die Baragtatslinie R.-Köſtriß teilt
fi zur Zeit in zwei Zweige, Nachkommen Hein:
Neuß (Heinrih VII, Prinz) — Reuß (Eduard Wilh. Eugen)
richs IX. und Heinrichs XXI. Ihr Haupt ift
(1878) Heinrich IV. (geb. 26. April 1821), Befiger
der Fideitommifje Ernitbrunn und Hagenberg in
Niederöfterreih. Pol. Maier, «Chronik des fürftl.
Haufes der Reußen von Plauen» (Weim. 1811);
Limmer, «Entwurf einer urkundlichen Geſchichte
des gejamten Bontlandes» (Gera 1825); derielbe,
Kurze Gefchichte des Hauſes R.» (Ronneb. 1829);
Brüdner, «Landes: und Volkskunde des Füriten:
tums R. jüngere Linie» (2 Bde., Gera 1870).
Reuff (Heinrih VIL., Prinz), deutſcher Staatt:
mann und preuß. General der Kavallerie, geb.
14. Juli 1825 als dritter Sohn des 27. Sept. 1841
veritorbenen Prinzen Heinrih LXIIl. aus ber
en iatslinie Reuß⸗Sch ſtriß ſtudierte in
1548 in DaB 8. perup. lllanenregiment und 1858
in das 8. preuß. nenregiment un
in den diplomatiſchen Dienft Preußens. Zunädit
im Minijterium des Auswärtigen beihäftigt, wurde
Prinz R. ſchon 1854 als Legationsrat zur Geſandt⸗
ſchaft in Baris verjegt, wo er bis 1863 verblieb.
Dana al Gefandter in Kaſſel, 1864 im gleicher
Stellung in Münden und feit 1867 in Petersburg
beglaubigt, wurde Prinz R. 26. April 1871 zum
Nange eines Botſchafters des Deutiben R er:
oben und 1873 zum Generalabjutanten des Deut:
hen Kaiferd ernannt, nahm jebod 1876 feine
Entlafjung aus dem Staatsdienfte, vermählte ſich
6. Febr. 1876 mit Prinzeſſin Marie, der 20. Yan.
ch 1849 geborenen zweiten Tochter bes Großherzog:
Karl Alerander von Sahfen: Weimar, und wurde ın
demjelben Jahre Mitgliede des preuß. Herren:
baujes ernannt. Im J. 1877 während des Ruſſiſch⸗
Tartiſchen Kriegs war er deutſcher Botjchafter in
Konftantinopel und verblieb bis zu den entjcheiden:
den Sißungen des Berliner Kongrefies in biejer
Stellung. Im Juli 1878 wurde Prinz R. Bot:
ſchafter des Deutichen Reichs am Hofe zu Wien.
enf (Eduard Wilb. Eugen), prot. ren
geb. 18. Yuli 1804 zu Straßburg, widmete ſich ſeit
1819 auf der dortigen Alademie erſt der klaſſiſchen
Philologie, fpäter jedoch theol. Studien, die er zu
Öttingen und Halle fortſehte und hierauf zu
Paris mit_orientaliihen verband. Nachdem er
1828 nad) Straßburg aurüdgelehrt war, habilitierte
er fich 1829 ala Brivatdocent für das Fach bibliſcher
und orient. Wifjenfchaften, wurde 1834 außerord,,
1836 ord. Prof. dajelbit und rüdte 1838 in die
theol. Fakultät ein. R. gehört zu den nambafteften
prot. Theologen der Gegenwart und iſt zugleid
einer der vorzüglichiten Vertreter deuticher Wiflen:
ſchaft im Cab, Seine Hauptwerte find: «Be:
ſchichte der heiligen Schriften des Neuen Zeita:
ments» (Halle 1842; 5. Aufl. 1874), «Histoire de
la theologie chretienne au siecle apostolique»
(2 Bde., Straßb. 1852; 3, Aufl. 1864) und
«Histoire du canon des Saintes-Ecritures dans
l’eglise chretienne» (Straßb. 1863; 2. Aufl. 1864),
in denen er die jog. Ginleitung in das Neue Teitas
ment und bie bibliihe Theologie in einer, neuen,
von dem hiſtor. Prinzip beberrichten Form im treff⸗
liher Weiſe daritellte. Als Probe eines projel:
tierten volljtändigen franz. Bibelmerlö in einer
neuen fiberjegung nebjt Einleitungen und Kom:
mentar veröffentlichte er neben einigen andern
Stüden «L’epitre aux Hebreux» (Straßb. 1861);
das Bibelwerk felbit erſchien zu Paris 1874— 79 in
17 Bänden. Zahlreiche Beiträge lieferte er im die
von ihm felbft begründeten «Beiträge zu den theol.
Reuſſen — Reuter
Wiflenichaften» (6 Boe., Jena 1847 fg.). In Fort:
jebung des von Breticu begründeten «Corpus
Reformatorum » begann R. mit Guniß und Baum
eine Herausgabe der jämtlichen Werte Galvins.
Auberdem find von R. zu nennen: «Bibliotheca
Novi Testamenti —— Braunſchw. 1872);
«Reden an logie Stubierenbe» (Braunichw.
1972; 2. —— en der heiligen
en Teftamentö» (Braunihw.1881).
en, foviel wie Rufen; aud vie Mit:
glieder des fürftl. Haufes Reu
„ſJ. Rotrußland.
‚ Oxt in Tirol, ——— —
einer der namha
——— b. 7. Rov. 1810 Stavenhagen
djwerin, mo jein Bater 9 Vürger:
* befucht a um dland
in — * er ——
er
—— zu 21 mem jurift. E Orubin wi wid-
Feſtungsſtrafe begnabigt | in
und zum Sommer 1838 troß aller
Reklamationen Im medlenb. Negierumg anf ver:
ſchiedenen Feſtungen zurüdnebalten. Nah
feiner Auslieferung — —
Domit bis er endlich infolge der preuß.
ie vom 1840 feine it erhieht. Gr über:
— hierauf das väterlihe Gut, deſſen Bewirt:
ſchaftung er 1850 aufgeben mußte. R.
fih bierauf als ehrer in der pommerfchen
Stadt Treptow nieder, wojelbit er ya platt:
deutſchen «Läufchen un Rimels» (zuerft Wis.
1853; neue e aus) veröfjentlichte, mit denen
er jeinen R er begründete. Rachdem er
in Treptow od) * olterabendgedichte» (Schwer.
1855) und die «Heis en», eine poetiſche
en (Wism. 1855 ‚ herausgegeben, fiedelte
ern 1856 nad) Neubrandenburg über, wo er
feinen litterar. Arbeiten lebte. Seit 1863 hatteer fei:
nen Wohnfik zu Eiſenach, wo er 12. Juli 1874 ftarb.
Von R.s in wiederholten Auflagen erſchienenen
Werten find befonders hervorzuheben: »Kein Hü-
{un 4» » (Greifsw. 1858), eine Art Dorfgeichichte in
en; ferner « Hanne Nüte un de Inode Pudel»
(MWism. 1859), ebenfalls eine gelungene ilde:
zung aus dem Leben des Landvolis; »Schurr:
Nurr» (Wism. 1861), eine Sammlung launiger
Erzählungen, teils in plattdeuticer , teils in hoch⸗
deuticher Sprade; vor allem endlich «Dile Sa:
—— — * - ähttatent bemi — am;
. ein vorzägli E talent bewä m
eriten Bande («Twei * Geſchichtens, Wism.
1860) lann die Erzählung »Ut de Franzojentids
für eine Berle der neuern novelliftiichen Litieratur
gelten. Den zweiten Band bilden die Schilde:
rungen «llt mine Feftungstid» (2. Aufl., Wisn,
1862), denen fid) als dritter bis fünfter Band der
Roman «llt mine Stromtide (3 Bde., Wiam, 1864),
endlich ala jechiter Band «Dördläuchting- (Wis,
1866) anſchließen. Die neueiten Auflagen diejer
Merle find aub in Rs —— Werten»
(Bd. 1—13, Wism. 1863—68; dazu Bd. 14 u. 15,
RNachgelaffene Schriften», mit einer Biographie
R.s, Wism. 1875; herausg. von Ad. Wilbrandt;
bieß | in Göttingen und Berlin T
647
Vollsausgabe in 7 Bon. Wism. 1877 fg.; 2. Aufl.
2* —— RN — ie mit derb fati-
has: «Die Lanabänfer, iſt (Wism.
— = $ Nachlah veröffentlicht worden;
ferner «Luftipiele und Bolterabendgedichte» (2 Bbe.,
2p3. 1883) und «Reuter:Religuien» (herausg. von
Gäders, Wism. 1884).
Unter den neuern deutihen Dichtern , welche Nie
der plattdeutſchen Spradye bedienen, muß R. de
beiten zur Seite geftellt werden. Während —
Groth in der Mehrzahl feiner Gedichte weſentlich
unter bem Ginfluffe ber modernen bochdentichen
Bildung ſteht und Momente hochdeutſchen Kultur:
und Geiſteslebens verarbeitet, it R. dur und
ri — — er ſchreibt nicht bloß platt⸗
ſondern er denlt und fühlt auch in der
Weile niederdeutſchen Stammes. Es gelingt
—— ru aud) das lomiſche Genre am beiten.
delt bier einen gewiſſen derben, trodenen
Sumar, aber zugleich auch eine Blaftit und Srijche
der Gej ie he unjern erſten Hu
deren ſich R
moriſten
breiten, vollen Klang fü
n dem janf:
tern, —— olſtein. Platt ? untericheibet,
R. und rag an
dot Dlsan, 1875); gm
Güftrom m ler); did, —* rn in «
eit», «Zur ———
ug wen oriler, geb.
80. — 1817 zu 55 dierte 1837—41
heologie, habilitierte
ſich 1843 an der Univerfität Berlin und wurde
1853 außerorbentlicher Profeſſor in Breslau, 1855
ordentlidyer Profeſſor in Greiftwald, 1866 wieder
in Breslau und 1876 in Götti ‚mo er 1881
den Titel und bie Biründe eines te8 von Burs:
felde —— Er ſchrieb: «Gejchichte Alexanders LIL.
und der Kirche ſeiner Zeit» (3 —* Lpꝛ. 1860
—64), «Geidichte der religiöfen Aufflärung im
Mittelalter» (2 Bde., Berl. 1875—77).
Reuter (Paul; ul. Freiherr von), der Begrfinder
des Reuterichen Telegraphenbureau zu London, geb.
21. Juli 1821 * amı nad dem Tode feines
Vaters in ein
j häjt nad) Göttingen und trat
einge 1847 als ——— in eine Buchhand⸗
zu Berlin. Im Frühjahr 1849 gründete er
Mitteln eine —5
zu Paris mit ſehr geringen
phiſche Korreſpondenz, für die er ſich tajtlos 9 —*
— zu eröjinen ſuchte. 1. DE. 1
die preuß. Regierung den Teleg - von Berlin
nad) Aachen freigegeben, wandten kg har
und fuchte - bier aus die na
itungen und Banlgeſchäfte —— ſeiner
ienſte für die Vermit g von Depeſchen zu ge
winnen. Um die Nachrichten aus London und
ſchneller zu_erhalten, als auf dem eg Moll
wege, richtete er eine Taubenpojt zwiihen Brüfjel
und Machen ein. Mit ber Ausdehnung der Tele:
araphenlinien verlegte er fein Bureau erſt na
Bervier3, dann nad Duidvrain und 1851 na
Yondon, von wo aus er, bis zur Legung der Nabel
von der engl. Hüfte nad) Galais und nad) Ditende,
die internationale Korreſpondenz durch daſelbſt er
richtete Zweigbureaus vermittelte. Im diejelbe Zeit
begann R. aud) Journaliſten und Geſchãftsleute mit
tommerziellen und finanziellen Nachrichten, Marlt:
648
preifen u. dal. die er fih von allen Hauptpunften
des Kontinents jenden lieh, regelmäßig und raſch
zu verforgen. Geit Dft. 1858 gelang e3 ihm, die
engl, Preſſe zur Annahme feines Depefchendienites
beranzuzieben, und als jeit Dezember Denn
Jahres jelbjt die «Times» feine Nachrichten, befon:
ders 1859 während des Kriegs von Italien, auf:
nahm, war das Anjehen des Reuterſchen Bureau
auch in England begründet. R. richtete num Zweig:
Dureaus in Amjterdam, Brüfiel, Hang, Antwerpen
und andern wicdtigen Pläpen des Kontinents ein,
bald aber aud Agenturen in Bombay, Kallutta,
Karatſchi, Punto: Galle, Alerandria, Kairo, Chans
abai, Singapore, Hongkong, Peling, desgleichen in
verschiedenen Seepläken Afrikas, in Ganada, Nord:
und Südamerila, Wejtindien u. |. w., — gegen⸗
wärtig das Nek feiner Korreſpondenz über die ganze
Melt verzweigt üt. Der König von Hannover ver:
lieb 1865 N. eine fpäter von Preußen anerkannte
Konzefiion zur Legung eines Kabels von der engl.
Küjte nad) Norderney und zur Anlage von Land:
linien nad Bremen, Hamburg und bis an die preuß.
Grenze. Diefe leptern bilden gegenwärtig einen Teil
der direlten telegr. Verbindungen zwiichen England
und Ditindien. Auch legte R. 1869 das erite jub:
marine Kabel zwiſchen Frankreich und Nordamerita.
N. wurde 1871 vom Herzog von Sadjen:Coburg:
Gotha in den Freiberrenftand erhoben. ;
Reutlingen, Hauptitadt des Schwarzwaldfrei:
fes im Königreih Württemberg, liegt 22 km füd:
lid von Stuttgart und 14 km oitfüdöftlich von Tü:
bingen, am Fuße der Schwäbiſchen Alp und dem
Flußchen Chaz in einer überaus ſchönen, frucht:
baren, an Objt und Wein reichen Gegend, it Station
der Linie Plochingen-Immendingen der Württem:
bergiſchen Staatsbahnen, Sit der Kreisregierung,
eines Oberamts, eines Anıtsgerichts, einer Reichs:
bantnebenftellg und einer Handel3: und Gewerbe:
tammer und zählt (1885) 17228 E,, die fich durch
Gewerbthätigkeit auszeichnen. Der Ort befikt drei
prot. und eine kath. Kirche, Die 1273—1343 gebaute
got. Hauptlirche, eine der ſchönſten Württembergs,
bat einen 74 m hoben Turm und im Haupticiif
eine Höhe von 20 m; die drei großen Chorfeniter
find in neuerer Zeit mit Glasmalereien gefhmüdt
worden. Von höhern Unterrichtsanitalten bejtehen
zu N. ein Gymnafiun, eine Oberreal: und Real:
ſchule, eine höhere Töchterichule; dazu kommen eine
Webichule, ein pomologisches Inſtituͤt, eine Frauen:
arbeitfchule u. ſ. w. Hauptgegenſtand der jtäbtis
ſchen Induſtrie it Lederfabrifation; es beſtehen
jedoch auch Fabrilen für Leim, Tuch, Metalltuch
und Borten, ferner Wollſpinnereien, Baumwoll—
ipinnereien, mechan. Baummollwebereien, mebrere
Webereien für wollenen Schubitoff, Plüſch u. dal.,
verſchiedene mechan. Werljtätten, Kunſtmühlen,
Farbereien u, ſ. w. Die weibliche Bevoöllerung
liefert jehr viele Stridwaren und gehälelte Arbei—
ten. Unweit der Stadt erhebt fich der freiltehende
Bergkegel Achalm, 705 m hoc, mit einem Aus:
ſichtsturm und Nuinen eines Bergichlofles, das
den Grafen von Achalm gehörte; am Abhange des
Berges befindet jich ein königl. Hofgut mit Merino:
ſchäferei. N. iſt Geburtsort des Nationalölonomen
Lift (ſ. d.) dem 1863 vor dem Bahnhofe ein ehernes
Standbild errichtet worden ijt, und des Dichters
Herm. Kurz. Die Stadt wurde 1240 unter den
Hohenſtaufen Reichsſtadt und verteidigte ſich erfolg:
rei
Reutlingen — Nevai
Gegentönig Heinrich Naspe (1245). Ebenſo tapfer
igte fih R. gegen Une — Sohn Cber⸗
ards des Greiners, in der Schlacht bei R. 14. Mai
1377. (al. Sacobfen, «Die Schlacht bei R.»,
1882.) Kaiſer Marimilian I. befreite 1498
Stadt von dem drüdenden Verhältnis zur Reiche:
vogtei Ahalm und verlieh ihr als Reichsſtadt große
Vorrechte. Herzog Ulrich von Württem —
1519 die Stadt; aber der Shwäbiiche Bund an em
fich ihrer an und vertrieb den Herzog. N. r die
erite Stadt Schwabens, welde die Reformation
einführte, und befand ſich unter denjenigen Neichs:
ftänden, welde auf dem Neichätag zu Augsburg
1530 die Konfeffion überreichten. rt größte Teil
der Stadt wurde 1726 durch eine Feuersbrunſt zer:
ftört. Durch den Reichsdeputationshauptſchluß
fam fie 1803 an Württemberg. Vgl. «
us R. und feine Umgebung» (MReutl. 1878); Wörl,
aFahrer durch R. und Umgebung» (Würzb. 1885);
«Beicpreibung des Oberamt3 RN.» (Stuttg. 1885).
Neutmaus, foviel wie Wühlmaus,
Reutte, Marltjleden in Tirol, 852 m über dem
Meere unweit der bayr. Grenze, am Lech, iſt Siß
einer Bezirlshauptmannſchaft und eines Bezirls-
gerichts, hat eine Baummwollipinnerei und «Weberei
und zählt (1830) 1470 E, Die jhöne Lage in einer
tefielartigen Erweiterung des Lechthals, überra
von hohen Gebirgen, im NR. vom Säuling (2052 ın),
im DO. von den waldigen Blanfeebergen mit dem
Zaurentopf, im ©. vom Thaneller (2340 m), an
deſſen Eu ſich der Schloßberg (1000 m) mit den
Nuinen der Weite Chrenberg anlehnt, im ®.
vom Ajchauergebirge mit der Gernfpike (2209 m),
macht R. zu einem beliebten Aufenthaltsort für
Touriſten. Mit Kempten (63 km) an der Bahn
Lindau: Münden ift R. durch eine Poltitrabe ver-
bunden, die fi nad) Südoften über den Fernpaß
1203 T bis ins Innthal und nah Innsbrud
89 km) fortſetzt und früher durch die 1800 von ben
ranzoſen zeritörte Feſte Gras und die Be:
eftigungen hg ee aufe beberricht wurde,
Cine Fabritraße führt nach Südweſten das
binauf, eine andere öftlich zum berühmten Stuiben:
fall, dem waldumjclojienen Blanjee und weiter
nad) Partenlirchen (38 km), Nah Norden führt
der Kniepaß nad Hohenſchwangau. \
Neuttwurm, joviel wie Maulwurfsgrille,
Neuvertrag (pactum displicentiae) heißt ein
Nebenvertrag, vermöge deſſen ſich einer
trahenten ausbedingt, von dem Hauptvertrage wie:
ber abgeben zu dürfen. Bei dem Haufe wirb er
Reulauf genannt. Durch den Reufauf bebalten
ſich bald der Käufer, bald der Verkäufer, bald aber
aud beide das Hecht vor, nach Gefallen von dem
gel lofienen Kauf abzugeben. Gewöhnlih wird
abei eine gemifle Summe feitgefebt, welche der
Abtretende dem andern bezahlen muß, ſowie es
auch gut iſt, über die gegenfeitige nung wegen
der gezogenen upungen, fowie über die Srift aur
Neue etwas feitzufehen. Doch begründet die
zu Anfang ftattgebabte Gewährung eines i
* no ni * —— Dun re Gewä
rende negen Innelaſſung, ber nger
doppelte Furüd abe jener Arrha (f.d.) zum belie:
bigen Nüdtritt berechtigt fi.
Revaccination (lat,), die Wieberimpfung, J.
unter Impfung. j
Nevai (ſpr. Neewoi, Nilolaus), der willen
gegen deren Gegner, namentlich gegen den | jchaftliche Begründer der ungar. Schriftipradhe, geb,
Reval — Reventlow (Familie)
24. Febr. 1752 zu Nagy: Szent: MiHös im Toron:
taler Komitat, trat in den Biariftenorden und wirkte
als Lehrer in verfchiedenen Städten. Im J. 1778
ab er einen Band eigener Gedichte, fpäter die
tie älterer ungar. Dichter heraus. Seine Haupt:
werfe, «Antiquitates Literaturae Hungaricae »
(1803) und «Elaboratior — Hungarica»
— Bde. 1803—4), bilden die Grundlage der ungar.
prachforſchung und —— —— (mit dem
orn en). Er wurde 1802 Profeſſor der ungar.
prache und Litteratur an der Univerſität Peſt und
ſtarb 1. April 1807. Bol. Joſ. Bänoͤczi, «R. élete
és munkäi» (Budapeſt 1879).
Meyval (eitn. Tallin, lett. Danupils, ruſſ. Re-
we, Hauptitabt des rufl. Gouvernements Gjtland,
maleriih gelegene Hafen: und Handelsſtadt an
einer tiefen Bucht des Finniſchen Meerbujens und
an ber balt. Eiſenbahn, hat enge, unregelmäßige
Straßen, alte Giebelhäujer, die nur allmählich
einer modernen Bauart weichen, oder im got. Stil
wieder aufgeführt werden, alte Stabtmauern und
Mauertürme und zählt (1881) 50486 E. von über:
—— deutſcher Bildung. Die Stadt beſteht aus
der Unterſtadt und dem Dom, erſtere hügelig, lehz⸗
terer auf einer felſigen Anhöhe, welche bis 1878 in
Bezug auf Verwaltung und Gerichtöwejen völlig
getrennt waren. Die weit ausgedehnten, zum
größern Zeil aus Holz gebauten Vorjtädte haben
mebr eſtniſche und ruſſ. als deutſche Bevölterung.
Die Unterjtabt ijt Siß ber polit., gerichtlichen un
firdlichen — ſowie des Handels und der
Gewerbthätigkeit. Auf dem ſtillern Domberge be:
iger ih die Kronbehörden des Gouvernements,
ie ritterichaftlihen und Landesbehörden, bie lirch—
lihe Adminiftration für den Dom und das Land,
Grit feit 1857 * R. —— Feſtung zu ſein;
drei der höchſtgelegenen Baſtionen mit weiter Fern⸗
ficht find in reizende Anlagen verwandelt. An
luth. Kirchen beſiht die Stadt drei deutſche, brei
eſtniſche und eine ſchwediſche. Außerdem find eine
—— und fünf griechiſche vorhanden,
Die Dlailirche ji feit dem Brande von 1820 wieder:
bergeitellt und hat einen 139 m hoben Turm, In
der Nilolaitirche befindet ſich ein großer mittelalter:
licher Altarichrein, ein Totentanz, viele Epitaphien
und die natürliche, gegenwärtig in die Gruft ge:
fentte Mumie des Herzogs von Croy. Die Dom:
lirche birgt die Gräber einiger biltorifch berühmten
Männer, Andere bemertenzwerte Bauwerke find
das Schloß auf dem Dom, das Rathaus (mit alten
Holzihnigwerlen), das Haus der Schwarzen Häup:
ter (mit alten Gemälden und Koftbarleiten), das
Haus der Großen Gilde, das neue ſchöne Haus der
Ganutigilde, die Realſchule, das ‚Spripenhaus.
Das Gouvernementsgymnafium, die Nitter: und
Domſchule, die Realſchule und das ruſſ. Alerander:
Gymnaſium find bie Diraniahen Unterrichtsanftal:
ten R.s. Die feit 1842 beitehende Litterariihe Ge:
jellichaft befist eine anſehnliche Bibliothel und ein
Muſeum, das Nitertümer Eſtlands, Eng gen ne
und ethnogr. Sammlungen und eine fehr reiche
Petrefaltenfammlung von Tieren des filurifchen
Syſtems enthält. Die Yabrikthätigfeit liefert Haupt:
fählih Spiritus, Branntweın, Sirehhefe und Ta:
eten. R.s Handel hat jeit Eröffnung der Balti:
hen Bahn (1869) einen großen Aufihwung ge:
nommen, ‘m. 1884 gingen 781 Schiffe, meift
Dampfer, mit 376224 t . ein; ein Drittel
berjelben fam unter deutſcher Flagge. Die Einfuhr
649
beftand vornehmlich in Baummolle, Mafchinen und
Apparaten, Eiſen⸗ und Stablfabrifaten, Mein,
Dlivenöl, Früdten, Salz, ern gi Kreide, Stein:
fohlen und Gifen. SHauptartifel der Ausfuhr find
Getreide, Spiritus, Flachs, Hede, Olluchen, Bretter,
Knochen, Leinfaat, Häute und Boriten u. f. w.
Nahe bei der Stadt an einem Abhange des mit zwei
Leuchttürmen befekten Laatsberges liegt der von
Peter d. Gr. für feine Gemahlin erbaute Balaft
und Bart Katharinenthal mit reizenden Scat:
tengängen und einem Seebabe, Begründer R.3 ijt
der Tänenlönig Waldemar II., der 1219 auf einer
ae die nad der Voltziage das Grab bes
Giten elden Kalew bildet, an Stelle der Gpesteaune
Lyndaniſſe eine neue Burg erbaute. Unter dem
Schutze derfelben entitand bald auch bie Stabt,
deren Bevöllerung von Anfang an deutſch war.
Sie erhielt 1248 von König Erid er gennig das
Lũbiſche Recht, trat früh Schon dem ——— bei
gehörte ſeit 1346 zum Ordensſtaate, befannte fi
1524 zum Luthertum, wurde nad Suflöfun de3
Ordensſtaates 1561 ſchwediſch und 1710 ruſſiſch.
Bgl. Bunge, «Die revaler Ratslinie und Gefhichte
der Ratsverfafiung» (Reval 1874); Haufen, «Die
Kirden und ehemaligen Klöjter R.E» (3. Aufl.,
Reval 1885) un ‚führer durch RN.» (Reval 1878);
Nottbed, «Der alte Immobilienbeſiß R.3» (Reval
_ und «Die ältern Ratsfamilien⸗ (Reval 1875);
Amelung, «Revaler Altertümer» (Reval 1884).
Revalentasarabica over La-Revalesciere
von Dr. Barry, ein Geheimmittel, welches aus dem
Mehl von Bohnen, Linfen und Erben beiteht.
(S. unter Geheimmittel, Bd. VII, ©. 659*,)
Neveille (mr) heißt das Signal, welches früh
morgens zum Meden der Truppen ertönt. Mit ihm
beginnt der Tagesdienft. In bedrohten Feſtungen
on mit der R. Patrouillen vor die Thore, um
R von der Sicherheit der Umgegend zu überzeugen,
und erjt nad ihrer Nüdkehr werben die Thore für
den gewöhnlidyen Verkehr 8*
Mevel, Stadt im franz. Depart. Haute-Garonne,
Arrondiſſement Villefranche de Lauragais, Station
der Linie Caſtelnaudary-Caſtres-St.⸗ Amans ber
Südbahn, zählt (1881) 3670(als Gemeinde 5477) E.
und bat Fabrilation von Wollzeug und Strumpfs
waren. Etwa 3km füdöftlich liegt das 67 ha gro
Baflın de St.:Ferreol, der bedeutendite Wajlerbes
bälter des Ganal du Midi, J
Reventlow, eine von den Urfamilien ber
ſchlesw. holſtein. Ritterſchaft, die jet in Preußen
und Dänemark weit verbreitet iſt. — Zuerſt fommt
Gottihalt von Revitlo in einer Urkunde von
1223 vor. — Dariei® von R., im Dienfte des
Grafen Gerhard d. Gr. von ag überfiel und
erſchlug deflen Vetter, —* Adolf, in feinem Schloß
Segeberg (Aug. 1315), welcher Vorfall von der jpä-
tern Sageromantifhausgefchniüdt ift. Die Familie
war fpäter fortwährend unter den höhern Beamten
der An Bene. Landesherren ftark vertreten.
— Detlev von. (geb. 1600, gejt. 1664) war
beuticher Kanzler (fer chleswig Holſtein) des bän.
Königs Chriftian IV., aud Amtmann & Haberd:
leben und Romsdal in Norwegen. Bon feinen
beiden Söhnen ftiftete Henning (geb. 1640, geſt.
1705) die ältere und Konrad die jüngere Linie,
welde beide noch fortblühen. — Die ältere Linie
ward unter Hennings Enlel, Detlev von R. (geb.
1712, geit. 1783), in den dän, Grafenitand 24. De}.
1767 erhoben,
650
Bon ber ältern Linie durch Aboption abgezweigt
ift die yamilie R.-Eriminil, indem ein jüngerer
Sohn des eriten Grafen. Detlev, a. Friedrich
von R. auf Emtendorf in Holitein (geit.1829), den
emigrierten franz. Grafen Le Merchier de Griminil
mit feiner Toter vermählte und deſſen beide
Söhne fpäter aboptierte, die darauf, unter Bereini-
gung ber Namen und Wappen, 20. Sept. 1815 in
n. Grafenitand aufgenonmen wurden,
Die jüngere Linie ftiftete Konrad von *
je. 1644, geft. 1708), der 3. Juli 1673
fen ernannt — und die Gra * =
* ow-Sandberg im Sundewitt (He
ge errichtete. Später ward er G
des Königs Friedrih IV. von Dänemark.
felbe König begünftigte nachmals bie — Ren
rads, Gräfn Anna Sophia von A. (geb. 1
geit. 1743), —— er ſchon 1. Juli 1712 —
n von Schl — b, ipäter aber förmlich
ben tete und ala Königin (4. April und 30, Mai
a trönen lie
Konrabs — und Erbe, Graf Chriſtian
Detlev zu N. (geb. 1671, geft. 1738), iomman⸗
dierte während bes Spaniſchen Grbtolgetriege An:
fang 1702 ein bän. — Lt Ban n als Feld⸗
marſchalllieutenant in öfterr. Dienfte a nahm | den
1709 - ger ger feinen Abſchied.
Nah der Rüdtehr nah Dänemark fungierte er
pe = ala —— —2** *5*
verlieh ihm ſein ig Friedrich IV
die — 1 ene Baronie Brabe: — 5 auf
nen (28. Dez. 1722) und die Grafſchaft Chriitiand:
übe auf ey (25. juli 1729). ber Thron:
efteigung des Königs Chriftian VL wurde jebod)
Graf Ehrijtian Detlev aller feiner Amter enthoben
und feine Schweiter, die —— Anna er,
auf dad Gut kausholm in Yütland verwiefen.
eveutlote (Graf riedr.) oder Neventlou,
wie er fich felbft ſchrieb, belannt durch feine Teil
nahme an der ſchlesw. holſtein. Bewegung 1848
—5l, geb. 16. Yuli 1797, jtudierte in Göttingen
die Rechte, trat erft ala Auskultant und fpäter als
Rat in das holitein, Obergericht zu Glüdjtadt, dann
1834 in das en zu Kiel und
wurde einige {jahre jpäter zum Propſt des adeligen
Klofters Preeß gewählt. 34 wurde er Mit⸗
glied der holſtein. a 2
r König — VIII Offenen Brief vom
Juli 1846 erließ, trat R. als Führer der fchlesw.:
bolkein. Ritterſchaft gegen biefen Übergriff auf und
ftand ſeitdem an der Spiße der —— welche
die Selbitändigfeit der Herzogtumer Schleswig⸗ Hol⸗
ſtein, jedoch in Perſonalunion mit Dänemarfl,
ſicherſtellen wollten. Als die Bewegung 1848 aus:
brad), trat er 23. März mit Befeler u. |. w. in die
Proviforiiche Regierung ein. R. war der Haupt:
träger derjenigen Politik, weldye die ——
an — Vermittelung bingab. Nachdem R.
22, Dit. 1848 mit den übrigen Mitgliedern der
Bemtiseigen! Regierung abgetreten, ward er nebit
feler 20. Wär; 1849 von der deutichen Reichs⸗
gewalt zum Mitglied ber Statthaltericaft beitellt.
Nach Bejelers Abdankung führte N. noch kurze Zeit
bie Regierung allein, bis er Yand, Bolt und Heer
an bie Kommuüflarien ber deutfchen Srofmächte und
Dünemarls 1. Febr. 1851 übergeben mußte. Gr
308 ſich hierauf ins Privatleben zurüd, wurde 1852
von der dän. Negierung des Landes 3 verwiejen und
erwarb die Güter Yiaubart und Starzebdel mit
Neventlow (Graf Friedr.) — Revers
Vetterzfelde (im Areiſe wo er 24. April
1874 ftarb. Als —— Mitglied des
preuß. Herrenhauſes nahm R. im —* libera⸗
len Sinne an den Verhandlungen desſelben teil.
Sein älteiter Sohn, Graf Kurt, geb. 6. Nov.
1834, bekleidet feit 1877 das f mt des Ba:
tera ala Bropft des Breet.
Reventiotw (Karl Dtto, genannt), Mnemoted;-
niler, geb. 1817 zu Stornhebinge auf Seeland,
nibierte in Kopenhagen Philologie, widmete ſich
aber fpäter ganz ber mit. Auf Reifen durch
Deutichland“ lehrte er das von ihm erfundene mne:
motehn. Syitem. (S.u.Mnemonil.) Er fdrieb:
sPehrbud; der Mnemotechnik⸗ (Stuttg. 1843), «Wör:
terbucd der Mnemotechnil» (Stuttg. 1844) *
«Leitfaden der Mnemot » (Stuttg. 1846). R
ftarb mai April 1873 in Kempten.
(fr3.) oder Reflektor nennt man
is —— der dazu dient, die hi
—— len zu ſammeln und in
ichtungen jurüdzuwer en Eiche Doblfpiegel
= er Metall — ſich fruher an den
meiſten der zur —— den gro⸗
Stãdten eingeführten Ollaternen, bi ——
— ————— bieben. Ziefelben
allen Seiten verglaften Gaslaternen >
einen
pie
— An den Laternen der Leuchtturme findet
RL ya ner 2 neuern Sonenlinjen von
nd en (vom frz. röverberer, db. iĩ zu⸗
— (di Br foviel wie Flammofen.
32* ital. —— 1812 zu
Teich, Mu —— in nd und a nad)
Turin, wo er an ber liberalen Beitjchrift «La Con-
cordia» mitarbeitete. Im J. 1848 lam er wieder
nad Mailand, wo er fi) an den polit. Creignifien
beteiligte, 308 ſich aber nad) Unterdrüdung der Re⸗
volution wieder nad) Piemont zurüd und lebte in
Sufa, Turin, dann längere Zeit in Genua, bis er
nad) den Greigniffen von 1870—71 eine Stelle im
Minijterium des Auswärtigen = Kom erhielt.
Seine Schriften, namentlid die Dramen («Loren-
zino de’ Medici», Mail. 1829; «I piagnoni e gli
arrabiati al tempo di fra Girolamo Savonarolas,
2 Bde., Mail. 1843; «Sampiero di Bartelicas,
Mail. 1846; «Il marchese di Bedmar», Mail.
1847; «Drammi storici » Slor. 1860), welche
Wedung des patriotifchen Sinnes | bejweden, zeich⸗
nen ſich aus durch edle Sprache und geiſtvolle
Charalter- und Situatiousſchilderungen. Seine
Begabung für ze: — belundet R. in
«La cacciata d a Siena» (Mail.
1847). Als teeii iden En nettendidhter erweiit er
fi) in «Sdegno e affetto» (Mail. 1845), «Nuori
sonetti» — 1846); «Persone ombren
Genua 1862). Cine Reihe von Reiſeſtiggen ent:
Iten die «Bozzetti alpini» (Genua 1857) und
«Marine e paesi» (Genua 1858).
Mevers (frz., vom lat. reversus, d. i. Nüd:
oder Kehrſeite; engl. reverse, pile), die Nüd: oder
Kehrjeite einer — im Gegenjag zur Vorder:
feite oder Avers (ſ. d
Neverd lat.) ba eine ſchriftliche Gegenver:
p flihtung, ein Angelöbnis, dieſes oder jenes zu
eilten oder zu unterlafien, aud) ein Berwahrungs:
fein, eine jchriftliche Berfiderung,, dab eine jr
wiſſe vandi ung einem andern nicht nachteilig ſei
oder in vorlommenden Fällen nicht gegen ihn wie:
derholt oder fonit gemißbraucht werben folle.
Reversbriefe — Revifion
Reveröbriefe, Reverje oder Reverjalien
waren vordem joldye Landtagsabichiede, in denen
die Fürjten, wenn fie außerordentliche Steuerbe:
willigungen erlangt hatten, feierlidy anerlannten,
——— ‚nun —— —— fordern,
ich der n
it wurde, Fretig Kanes ———
fl zu feren, jo hießen ſeitdem Neverfalien auch die
Berfiherungen, in denen ein Fürſt beim Antritt
jeiner Regierung und bei der Huldigung der Stände
ſich anheiſchig madıte, die Rechte, Freiheiten und
— —* Unterthanen nicht anzutaſten.
rüber purden au —— —— Obrig⸗
monta tsherrſchaften,
wegen behaupteter Übergriffe —— welche die
nrevete:
ment oder —— nt. J
Feſtungsbau, Bd. VI, Eu 10
Revier —— nennt man einen eine Wirt⸗
Wald, welcher nur einem
eng, = einem —— Kae
5 ur
Redier (militärti) heißt ein Degirt, Umfrei
irt, Umtfreis,
Strede, Quartier. So bezeichnet
man — ————— ben von einer Kompagnie
in einer Kajerne oder einem Lager eingenommenen
Raum, als R. eines vifitierenden U die
Strede, bie er abzupatrouillieren hat, als Revier:
tranten einen Kranlen, der im Gegenfat zu einem
— Quartier ärztlich behandelt wird.
evierausſchuft (im Bergbau) ift ein von der
Sejamtheit der Dergwertäbefiper eines Bergreviers
gewähltes Kollegium, welches die gemeinfamen Sn:
terefien der Bergwerköbeliger zu wahren und zu
vertreten und die Nevieranitalten zu verwalten
bat; lestere find gemeinnüßige Einri eg und
nlagen, wie Revierlaflen, Revierjtölln, Revier
waflerverjorgungen; Nevierbeamte werben
vom Revierausihuß angeitellt, in Preuben heißen
o die vom Oberbergamt in einem Bergrevier be:
tellten Bertreter, die auch die Bergpolizei ausüben.
Revilla-@igedo, zum merilan, Staat Colima
gehörige Inſelgruppe im nördl, Großen Dcean,
zwiſchen 18 und 20° nördl. Br. und 110 und 115
weitl.2. von Greenwich, zählt auf 800 gkın 1500 €.
und iſt an Schildkröten und Robben reih. Die
größte Juſel Socorro fteigt bis zu 1131 m auf.
_Revillon (Antoine, genannt Tony), franz.
Scriftiteller und Bolititer, geb. 29. Dez. 1832 zu
St »Laurent:lez: n, rt. Yin, war in
Paris Mitarbeiter an verjdiedenen Blättern und
ſchrieb eine Anzahl Romane, wie «Le monde des
eaux» (1860), «Les bacheliers» (1861), «I,a belle
jeunesse de Frangois Lapalud» (1866), «Le Fan-
bourg Saint-Germain»(1867),«Le Faubourg Saint-
Antoine» (1870), «Les aventures d’un suicidd»
(1872), «La separee» (1874), «Les convoitises»
(1875), «L’exile» (1876), «La ise per-
vertie» (1877), «Noemi» (1878), «Ises deux com-
paguons» und «l,e besoin d’argent» (1879). Mit:
61
Revirement (fr3.) heißt das Ab: und Zuſchrei⸗
ben von Poſten zwiichen zwei fidh gegenjeitig ſchul⸗
denden Kaufleuten; als nautisher Ausdrud be:
deutet R. das Umwenden eines Schiffs,
Revifion (lat.), eigentlih nodymalige Prüfung
oder Durchſicht, bieb im frübern Prozeßrecht ein
Surrogat der Appellation, welches die wiederholte
Vrüfung der Sade in derfelben Inſtanz bejwedte.
Im heutigen deutſchen zu (Civil: und Straf:
prozeß) iſt die N. ein Rechtsmittel, welches die
Nahprüfung des angefochtenen Urteild nur in der
Nedtsfrage, innerhalb der Grenzen der Revilions:
anträge, bezwedt; es jtüßt ih darauf, daß die an:
gegriffene Enticheibung auf einer Gefehesverlepung
berube, d. h. eine Rechtsnorm (eine prozefiuale oder
materiellsrechtliche) nicht oder nicht-richtig ange:
wandt fei; die Thatfrage iſt ber Kognition des
Revifionsgerichts entzogen; es iſt gebunden an den
im angefochtenen Urteil feitgejtellten Thatbeitand;
es prüft nur, ob auf denjelben das Recht in der
richtigen Weiſe angewandt fei. Ihre Borausjehung
der R. iſt, dab die Enticheidung auf ber Gejekes:
verlegung berube, d. b. ohme diefelbe anders aus:
gefallen wäre; bei gewilien prozefiualen Mängeln
muß aber die Entſcheidung jtet3 als ——
Geſetzesverlezung beruhend angeſehen werden, jo
B. wenn das Gericht nicht vorſchriftsmäßig be:
et war, oder ein auögefchlofjener oder rechtswirk⸗
jam abgelebnter Richter mitgewirtt bat, oder gen
die Zultändigleitönormen gefehlt üt, im Straf—
prozeß namentlich auch dann, wenn durch Gerichts:
beiehluß die Verteidigung in unzuläffiger Weife be:
—— war. Im Civilprozeß iſt aber die R. inſo—
ern eingeſchränkt, als fie nur geſtüßt werden Tann
auf die Verlegung eines Reichsgeſetzes oder eines
über den Bezirt des Berufungsgerichts binaus gel:
tenden Yandesgejehes, und daß der Bejchwerde:
egenitand einen 1500 Mark überfteigenden Wert
—* muß. Sm Strafprozeß fan die Staats:
anwalticaft die R. zum Nachteil des Angellagten
nicht gründen auf Verlegung einer zu feinen Gunjten
gegebenen Rechtsnorm (jogen. Revifionsiumme).
Die R. findet ftatt im Eivilprozeh gegen die
in der Berufungsinitang erlaffenen Endurteile ber
Dberlandesgerihte, im Strafprozeb gegen die Ur:
teile der Landgerichte (in erjter und in der Beru:
fungsinftanz) und der Schwurgerichte. Zuftändig
für die Verhandlung und Entſcheidung über die R.
it im Givilprojeh das Reichsgericht (begiebungs-
weife bayr. oberite Landesgericht), im Strafprozeß
find die Oberlandesgerichte zuitändig für bie X.
gegen Urteile der Straflammern in ber Berufungs:
inſtanz und gegen Urteile der Straflammern in
eriter Inſtanz, J die R. ausſchließlich auf die
Verlehung einer landesrechtlichen Norm geſtüht
wird; das Reichsgericht für die R. gegen ſchwur⸗
gerichtliche Urteile und gegen die Urteile der Straf:
fammern, joweit nicht die Oberlandesgerichte zu:
ftändig find. Da nur mit der Rechtsfrage das Ne:
viionsgericht befaht jein ſoll, jo fann es im Falle
der Aufbebung des angefochtenen Urteils felbit das
Endurteil nur alddann geben, wenn dasjelbe ohne
weitere Beweisaufnahme, ohne weitere thatſächliche
| Erörterung und Unterfuchung möglich it. Andern:
go des parifer Gemeinderats feit 1881, trat er | falls iſt die Sache zur weitern Verhandlung in die
uft desielben Jahres im zweiten
Belleville ald Kandidat der äußerſten Zinten gegen
Gambetta auf und wurbe bei der Stichwahl in die
Deputiertenlammer gewählt.
Wahlbezirk von
untere Inſtanz zurüdzuverweifen, welche ihrer Ent:
icheidung Dieielbe rechtliche Beurteilung zu Grunde
zu legen bat, die das Reviſionsgericht der Auf⸗
bebung zu Grunde gelegt batte,
652
fiber bie ara der R. namentlich die Friſt der:
—* gelten der —— Grundſaäße. Bol.
ivilprozeßordnung für 3 Deutfche Reich, 88.507
—529; dazu aud Ein
—— 85.68; aiferl,
Verordnung, betreffend die Begründung der R. in
bürgerlichen Rechtsſtreitigleiten vom 28. Sept. 1879
(10. April 1880); Reichsgeſeß vom 15. März 1881;
— —2 374 388.
Der urevision» des franz. Strafrechts entſprechen
in der Deutſchen Strafprozeßordnung (vgl. 5 399
—413) die übrigens weiter gehenden Beitimmungen
über Wiederaufnahme (f. d.) eines durch rechts:
kräftiges Urteil gefhlofienen Verfahrens. Im franz.
Strafverfahren heißt nämlich ur&vision» Das Rechts⸗
mittel, wodurch bei Berurteilung zufchwerern Stra:
fen eine Abänderung des Erkenntnifies nachgeſucht
wird, weil ein anderer des nämlichen Verbrechens
ſchuldig befunden iſt und beide Urteile fi nicht
vereinigen lajien, oder ber angeblich Getötete noch
lebt, oder Belajtungszeugen nachträglich falſcher
Ausſagen übermiefen find, ,
In der Politik bezeichnet Revifion die Ab:
änderung von Verträgen, sn Wr — oder
Gefepen, die fih in manden Beitimmungen nicht
als reg erwiefen, auf legalem Wege, burd)
die peieblic efugten Gemwalten felbit. Hierfür
ſchreibt die franz. Berfafjung vom 25. Febr. 1875
are Verena er urAssemblöenatio-
nale vereinigten Kammern (Chambre des d&putes
und Senat) vor, nachdem vorher jede derfelben ge:
fondert mit —— ehrheit eine Abänderung ge:
hlofien. Während der Präfidentihait Mae-Mahons
ollte fie nur auf feinen Vorſchlag erfolgen können.
Deutiche Reichsverfaſſung kann im Wege der
Geſehgebung abgeändert werden. Beränderung®:
anträge I ran als abgelehnt, wenn fie im Bundes:
tat 14 Stimmen gegen ſich —* Die belg. Ber:
—2— erfordert ** ſtimmenmehrheit, die
reußiſche zwei Abſtimmungen beider Häuſer mit
wiſchenraum von 21 Tagen, wobei Stimmen:
mehrheit enticheidet, die amerilaniſche verlangt da:
gegen zwei Dritteile Stimmen in jedem der beiden
Häufer oder der Staaten und tritt der revibierte
Artikel nur in Kraft, wenn drei Bierteile der Staa:
ten ſich für denfelben ausſprechen. Die neue ſchweiz;.
Bundesverfafjung — jederzeit R., beruft bei
Differenz zwiſchen beiden Räten oder auf Antrag
von 50000 ftimmberedtigten ging: das
Volt zur Abftimmung. Sofern ſich die Mehrheit
besjelben bejahend ausipricht, find beide Räte neu
u wählen. Die revidierte Bundesverfafjung tritt
in Kraft, wenn fie von der Mehrheit der an der
Abſtimmung teilnehmenden Bürger und von ber
ne angenommen ift. Die Stimme
der Halblantone wird als halbe gezählt, und das Gr-
gebnis der Vollsabftimmung gilt in jedem Kanton
als Standesftimme desfelben. Der Bund gewäbhr:
leiftet die einzelnen Stantonalverfafiungen, wenn fie,
neben andern Erfordernifien, R. auf Verlangen der
abfoluten Mehrheit der Bürger zulafien, In ein:
zelnen Berfafjungen iſt beftimmt, daß nach Ablauf
eines beftimmten Zeitraums eine R. erfolgen foll.
Im Zollwefen beißt Revision die amtliche
Prüfung zoll: und tontrollpflichtiger Warenfendun:
nen zum Anede ihrer Ablafjung in den freien Ber-
tehr oder ihrer fonftigen Abfertigung. Diefe R. iſt
entweder eine allgemeine oder eine fpezielle. Die
allgemeine R. geſchieht nur nad Zahl, Zeichen, Ber:
Nevokatorienklage — Revolution
Öffnung. Bei ber fpeziellen Revifion, welde
zu geihehen hat, fobald die Waren in den freien
Verlehr treten follen, findet außerbem die Gröff:
nu t Colli ftatt, um bie Gattung und Menge
ber in benfelben enthaltenen Waren zu ermitteln.
S. auch Deflaration.) — Bei der Kontrolle der
zerbrauchsſteuern bezeichnet man mit Revifion
bie durch amtliche Organe erfolgende örtliche Beauf:
a Be Betriebsräume, Betriebsgerätichar:
ten und Betriebsnorräte der in Betraht fommen:
ben verbrauchäfteuerpflichtigen Unternehmungen.
Im Staatsrehnungsmefen ift Revifion
bie Prüfung der Nechnungen in Bezug auf ihre
formelle kaltulatorifche und materielle Richtigkeit.
In größern Staaten erfolgt diefelbe in der Regel
durch bejondere oberfte Rechnungsreviſionsbehoͤr⸗
ben. (5. Oberrehnungstammer.)
NRevofatorienflage, das Rechtsmittel, durch
das eine verbotene Lehnsveräußerung angefochten
wird. Gie fteht dem Lehnsherrn, fowie ben Lehns⸗
— zu. (S. Lehn und Lehnsweſen.)
evolution (vom fpätlat. revolutio, Umwãl⸗
jung) nennt man in der phyfifchen und auch in der
moraliihen Welt jene gs ihen, anfdeinend ben
—— Lauf der Dinge unterbrechenden Er:
dütterungen, in welchen das Alte zerftört und auf:
gegeben, zugleich aber auch eine neue Lebensgeſtalt
vorbereitet wird. Man fpricht demnach von R. in
ber Natur überhaupt, im tieriihen Organismus,
im Gebiete des fittlihen und des denlenden Geijtes,
bejonders von R, im polit. und fozialen Leben der
Völter. Unter den Ummälzungen, welche in ber
Geſchichte der german.:roman. Völter den Namen
von R. in jenem Sinne verdienen, find es zwei
große Hataftrophen, die einen wahrhaften Wende:
punlt im europ, Kulturleben bezeihnen, und an
welche ſich mehr oder weniger die übrigen gemalt:
famen Beränderungen des Zeitalter knüpfen.
Diefe Ummwälzungen find die engliſchen R. (: Groß:
britannien) im 17. und die franzöſiſchen (f.
Frankreich) feit dem Ende des 18. Jahrh. Troß
mander äußern Ühnlichleiten, welde dieſe beiden
R. darbieten, waren * ihre Entſtehungsgründe,
ihr innerer Berlauf, endlich ihre Folgen für bie
pi Weiterentwidelung der beiden Staaten we:
entlih verſchieden. Diele Gegenfäbe find ſehr
ſchlagend angedeutet in Guizot3 und Dahlmanns
Geſchichtswerlen über diefelben. Aus den ſtaats—
rechtlichen Grundbfägen, welche durch die englische
R. für das brit. Rei erg er wurden, ent:
{prang bie norbamerifaniihe N. (S. Vereinigte
taaten.) Dagegen haben alle fpätern polit.
Ummälzungen ihr Vorbild von ber großen fran:
zöfiihen N. von 1789 entlehnt, deren Prinzipien
durch die Revolutionskriege über ganz Europa ver-
breitet wurden. Dasſelbe gilt von der R. auf der
franz. Inſel Haiti und von den Unabhängigkeits
fämpfen der jpan. Kolonien in Merito, Gentral-
und Sübdamerila. Als nah der Neugeftaltung
Guropas durch die Wiener Verträge die Politik der
Reitauration (j. d.) überall vorherrſchend wurde,
gab die NR. in Spanien 1820 den Anjtoß zu einer
weitverbreiteten revolutionären Bewegung, bei der
die ſpan. Cortesverfafjung von 1812 als das zu
erftrebende polit. Ideal galt. Ginen weſentlich
nationalen Charalter hatte die 1821 entitandene
riech. Erhebung, welche in einen die pr liche Be:
iung Griechenlands von der türf, Gerrichaft
padungsart und Gewicht der Eolli ohne deren Gr: | herbeiführenden Unabhängigleitskrieg (1821 — 28)
Nevolutionskriege — Rex
überging. Einen abermaligen Anftoßerbielt Europa
durd) die franz. Yulirevolution von 1830, und ſeit⸗
dem wurde die revidierte franz. Charte das Muſter⸗
bild für die konftitutionelle Entwidelung. Während
bisher immer die Forderungen des Lıberaliämus
in erfter Neibe ftanden, machte bei der großen
europ. —— von 1848, wozu die franz.
ebruarrevolution das Signal gegeben hatte, vor:
zugsweife das Nationalitätspringip ſich kräftig gel:
tend. Obwohl dasjelbe für den Augenblid unter:
lag, dauerte * ſeitdem die ‚geiitige Bewegung
fort, welde im Berlauf eines Menſchenalters die
nationale Wiedergeburt von Italien, Deutfchland,
Ungarn und der Donauländer berbeiführte.
evolutiondfriege, ſ. Franzoſiſche Revo⸗
lutionstriege.
Mevolutivnstribunal wurde der Gerichtshof
genannt, —F ſich die — eg der Revolution
in Franlkreich als Werkzeug ihrer blutigen Bolitit
bedienten, Das Gericht wurde im März 1793 ein:
gerichtet und Sollte alle auf Revolution und Gegen:
revolution bezüglihen Verbrechen, und zwar ohne
Zuläffigteit einer Appellation rihten. Den Namen
Tribunal revolutionnaire erhielt dad Gericht erjt
im Olt. 1793 mit dem Prozeß der Gironde. Die
Zerrorijten ftellten den fanatifchen Fouquier:Tin:
ville als öffentlihen Ankläger an, der, bald alle
Gerichtsformen verlaflend, blindlings die von
Kobespierre durd) den Wohlfahrtsausichuß diltier:
ten Blutbefehle ausführte. Vom 11. März 1793
bis zum 27. juli 1794, an welchem Tage Robes—
pierre felbft jtürzte, wurden 2774 Perjonen, dar:
unter ein Greis von 97 und ein Anabe von 14 Jah⸗
ren, durch dad R. unter die Guillotine befördert.
Definitiv aufgehoben wurde das R. durch ein Delret
des Konvents vom 23.Mai1795. Bol. Campardon,
«Histoire du tribunal r&volutionnairen (2 Bde.,
Bar. 1866); Berriat Eaint:Rair,‘«La justice revo-
lutionnaire» (2, Aufl., Par. 1870).
Nevolver (vom engl. to rerolve, umdrehen,
baber revolver-pistol, Drebpijtole, deutich
Drebling ._ bezeichnet eine mit einem Dreh⸗
medanismus verfehene und in der Regel kurze
Handfeuerwafle (Bijtole), mittel deren fi eine
geringe Anzahl Schüffe jehr raſch hintereinander
abgeben laſſen. Bei ältern Konſtrultionen von R.
it ein Syſtem mehrerer Läufe um eine gemeinfame
Achſe drehbar, bei neuern ift die Drehbarleit auf die
mehrere (meijt ſechs) Patronenlager enthaltende
Zrommel befhräntt, vorwärts welcher ſich ein ein:
ziger feititehender Yauf befindet. Das Schloß
iſt gleichfall3 gemeinfam. (Das Nähere bezüglich
der Konjtruftion ſ. unter Handfeuerwaifen,
Bd. VIIL, ©. 795°, 799° , 806°, 807* und Taf. I,
Sig. 18,19.) Die Anwendung des Revolverfyftems
auf Gewehre ift aus mehrfachen Gründen eine be:
ſchränlte geblieben. Für die deutfche Marine wurde
1885 ein Nevolvergewehr angenommen, deren jedes
mit einer bis vier Nevolverlanonen ausgerüjtete
Schiff eins, jedes mit mehr als vier Revolverlano—
nen zwei belommt, Während die R. anfänglich
mehr zum Cinzelgebraud in der Hand von Offizie:
ren und PBrivatperfonen dienten, findet man fie jekt
in allen Heeren als Ordonnanzwafien, befonders
bei derjenigen Gattung der Htavallerie, welche leine
Karabiner führen, re minder auch auf der Flotte.
Die Vorzüge der R. beftehen in ihrer Handlichleit
und für furze Zeit großen Feuergeſchwindigleit.
Nach Abgabe der in der Trommel enthaltenen Ba:
653
tronen ift aber das erneute Laden zeitraubenb,
Bermöge ihrer —— Konſtrultion laſſen
die R. nur eine Meine Ladung zu, ergeben geringe
Schußweiten und gelten im allgemeinen als un:
—— in ihren Funltionen. Bedeutung haben
fie nur als Waffen zur Verteidigung der eigenen
Berfon und als ——
tz
Revolvergeſchütz (Nevolverlanone), ſ. u.
— 3 ũ he, Bd. X, S. 166, Abbildung
auf Tafel: Ge
übe II, Fig. 6; Bd. VII, 6. 801.
evue (frj.) oder Hierfäau wird von dem
Landesherrn oder von höhern Befehlshabern ab:
gehalten, um fid) von dem Zuftande der Truppen
und ihres Material®, zuweilen aud von dem Geiſt
berjelben zu überzeugen. (S. aud Parade.) Im
Kriege werben R. bei der erften Zuſammenziehung
und — bei paſſenden Gelegenheiten, oft vor und
nad Hauptſchlachten oder nad) beendigtem Kriege
veranftaltet und dabei auch zuweilen Belohnungen,
ahnen u. f. w. verteilt.— Revue ift befonders in
— auch der Titel von Zeitſchriften polit.,
itterariſchen und wiſſenſchaftlichen — 3. B.
der (von Buloz 1831 in Paris gegründeten) «Reyue
des deux mondes», der «Revue critique», ber
«Revue philosophique» u. f, w.
Rewbell (jean Sraniois), Mitglied ber franz.
Direltorialre Nerung, geb. zu Golmar 8. Dit. 1747,
tudierte die Rechte, lieb ſich dann in feiner Vaters
tadt als Advolat nieder und war beim Ausbrud)
der Revolution Vorſteher — ſeiner Kor⸗
poration. Für den Amtsbezirk Colmar zu den
Generalſtänden abgeordnet, —— er alle Maß⸗
regeln, welche zur Gründung der Republil beitrugen.
In den Konvent trat er für Neubreifad ein. Bei
der Berurteilung Ludwigs XVI. befand er ſich ala
Konventsdeputierter bei der Rheinarmee. In
yore — ging er hierauf in die Vendee.
ad) dem Eturz Robespierres ſchloß er ſich jedoch
den Thermiborianern an, welche ihn in den Sicher:
beit3:, den Wohlfahrtsausſchuß und zum Bräfidium
de3 Sonvents beförderten.. Nah der Auflöfung
desjelben in den Rat der Alten gewählt, deflen Se:
fretär er war, wurde er 1. Nov. 1795 Mitglied des
Direltoriums, wo er durch feine Arbeitskraft und
Grfahrung, aber . durd) feine Nüdfichtslofigkeit
bervorragte. Durch den Staatsſtreich deö 18. Dru:
maire bejeitigt, zog er ſich in feine Heimat zurüd,
wo er 23. Nov. 1807 ftarb.
Rewdiuſky Sawod, großer Bergwerld: und
Nabritsort im ruſſ. Gouvernement Perm, Kreis
Jelaterinburg, 48 km von ber Kreisftadt, mit
9914 6, Diefe dem Fürften Demidow gehörigen
Werte wurden 1741 angelegt; anfangs befanden
fih bier nur Gifenhütten, jpäter wurden aud in
großer Menge Kupfer und andere Metalle gefunden;
auch ift R. der einzige Ort in Rußland, wo man
Nidel antrifit, und in geringen Duantitäten wird
aud Gold gewonnen,
ex (lat., d. i. König) hieß der Regent des röm.
Staats in der erften Periode, nad) der Tradition in
den erſten britthalbhundert Jahren nad) der Bes
ründung Roms. Das Königtum war, wie es
cheint, nicht erblich, doch war es auch ſchwerlich ein
jahlreich in dem Sinne, wie Niebuhr annahm.
Nach Rubino, dem Mommien in der Hauptſache
folgt, ward das Hönigtum nad dem Tode eines
Königs durch die aus Senatoren gebildete Kette der
Interregen fortgeleitet. in Interrex, nur nicht
ber erite, bejtellte, doch fo, daß er die Juftimmung
654 Rex regnat, sed non
des patrieifchen Senats einholte, dem neuen ze
Hierauf folgte, nad) Livius und Plutarch, d
ligende Jnauguration, namentlich aud) für die *
—— opferpriejterlihe Würde. (Cine ſolche
ation, wie fie hernach für den Opferlönig
—* lonnte jedoch in Wahrheit für den König, der
— ſelbſt die Auſpizien für ſich befragte, nicht
wohl itattfinden.) Dann wurde durd ein Geſeh, -
der König jelbft an die Kuriatcomitien brachte (]
curiata), ihm von der Gefamtbeit der PBatricier
Imperium übertragen, beziehungsweiſe der —*
ſchuldige Gehorſam anerfannt. Die königl. Ma
volltommenbeit begriff in ſich die re
Seldherrngewalt, die oberſtrichterliche, jo jed
daß er von jeinen Gntiheidungen Besseleilen an
das Volk der Batricier gen fonnte und die Be:
fugnis zur Berufung und Leitung der Berjamm:
lungen des Senats und Volls, bei welchem legtern
as * ng u über Krieg und Frieden
und über Gejehe war, die der König in Borichlag
brachte. Inſi * der tönigl. Würde waren zwöll
Yiftoren mit den Fasces, elfenbeinerne Si ib
(sella curulis) ch wohl vielmebr der Thronſtuhl,
und die purpurfarbene Toga. Nachdem, wie die
Sage berichtet, der fiebente röm. König, Tarqui⸗
nius Superbus, durch Mord und Gewalt den Thron
entehrt hatte, vertrieben ihn die Römer 509 v. Chr.,
und nun traten jtatt des R. Konſuln (f. d.) an die
Spitze des republitaniihen Staatd. Der Name
des R. blieb mit gewifien opferprieiterlihen Funk—
tionen, welche man ſich —— ſcheute, in dem
Opferkönig (Rex sacrificulus oder Rex sacrorum)
erhalten, deiten lebenslängliches Amt ſtets patriciſch
blieb; er * ſeine eigene Wohnung an der Via
ſacra und war vom Kriegsdienſte befreit, durfte
aber feine Magiftratur bekleiden.
Rex regnat, sed non gubernat, j. Le
roi we etne gouverne pas.
Neybaud (Marie Rod) Louis), franz. Schrift:
fteller, geb. zu Marjeille 15. Aug. 1799, bereiſte als
Naufmann die Levante und Indien und lieb ſich
1829 in Paris nieder. Gr übernahm die Leitung
ber «Histoire scientifique et militaire de l’exp£-
dition frangaise en Egypte» (10 Bde., 1830—36)
und die Bearbeitung der «Voyage autour du monde»
von Dumont d’Urville (1833) und der « Voyage
dans les deux Ameriques» von d’Orbiguy (1836).
Sozialwiſſenſchaftliche Studien erjchienen gejam:
melt als «Etudes sur les reformateurs ou socia- | J
listes modernes» (2 Bde. 1340—43; 7. Aufl.
1364); fie trugen ibm den "NMonthyonicen Preis
(1841) und eine Stelle in der Alademie der mora:
liſchen und polit. Wiſſenſchaften (1850) ein. Große
‘bopularität erwarb ihm der Roman «Jeröme Pa-
turot à la recherche d’une position sociale»,
(3 Bde., 1843), eine fatiriihe Schilderung der
franz. Sefellichaft unter der ‚juliregierung. Die:
jem Noman lich er nod eine Neibe übnlider
folgen. Im J. 1846 wurde er in die Deputierten:
ammer gewählt, wo er jih anfangs zur Linken
bielt. In der Konftituierenden und Gejepgebenden
Verfammlung ſtimmte er jedoch mit der Rechten.
Später trat er vom polit. Leben zurüd und ver:
öffentlichte noch mehrere nationalöfonomijche Schrif:
ten. Ne J. 1872 wurde er zum Steuereinnehner
des zehnten pariier Arrondiſſements ernannt. Gr
itarb 28, Oft. 1879 Fe ‘Paris,
Seine Gattin, Madame Charles R., eigent:
li) Henriette Gtiennette Fanny Arnaud, geb. 1802
\
gubernat — Neynaud
' zu Airx, verfahte viele Romane; hervorzu
heben ſind
«Deux & deux» (1837) und «L’oncle Cesar» (1850).
Bin sit (d. —* hu, von cm der
1. Hau von in
me ve titadt —* — 2
u 1)
and aufd der übiefttüfte, ann f ae
Tu ar —* Nee een Jaraflöi) —
dem
—— Arne soon * i
————
ie Bro rwa
(1880) 2567 E., außer nalen, Die tat al
—5 — — en Teil aus
ſchern bejtehen i i ſãmtlichet
Behörden der Inſel: des des
einen Amtinanns, des S des 3
des Landphyſilus und des Von
höbern — ——— bier jeit 1816
ein Seminar fü J 1875 eine Unter:
—*— — ——
rtenſchule ——
eine öffentiche Bi hu —— aus
etwa 25000 Bä
—— —
1863 gegründete —* von
Altertümern. Cine andere
—— An der Spitze der
— ein Bürgermeiſter und ein aus neun Mit:
liedern bejtehender Stadtrat. Die
Nast 1816 gegründete litterari
in R. ihren Hauptfiß; auch
geſellſchaft, jowie eine ölonomij
die Südprovinz ——
Handelsplaß der ——
lichen Hafen; die ar mung
plab nur mehrere un a Schritte
fernt. Kar 6 km 15 der Stadt
einer Yandzunge Bei ode ir,
De der Sip der ———
—46 der Siß der e, ein
mit einer Kirche. Auf der etwa 75 km von
ernten, den Eingang des im Süden be:
grengenben Yandjunge Rey hama —— 1875
ein Feuerturm, der erjte auf der Juſel,
Siterih berühmte Orte der weitern
TIhingvellir, ein interefjanter und in pr uch
Beziehungen merlwürdiger Ort, etwa 45 km i
W., am nörbl, Ufer des Th
wurde der Althing (Landtag) von der S
jelben (320—1800) unter freiem Hi
Stalholt, etwa 75 km im D., früher
Sig einer Gelehrten — und bis 1796
Biſchofs der | — el; —— etwa 60
in einem T des
ten isländ, —* —ã— ——
neben dem Hofe iſt eine warme Quelle,
Neynaud | ee
goilafonh, geb. 14. Febr. 1806 1824
als Sl, in die YolieQnide
und erhielt 1830 eine An
ingenieur, Nach der{ „Huleliug a6 Bapia
ließ er den Staatsdienit, trat zu den
nijten über und arbeitete an den
Selte, erllärte ſich jedoch gegen
über die Gmancipation der
(ih mit P. Lerour —— er Te
pedique» (1835), und als dieje Beitichrift ein
ging, unternahmen beide 1836 die «Enceyelopedie
nn
"inte dr
N. doch feinen
:
Me
B
a je E
Ahr
Reynier — Neyſcher
—— ein weitläufig angelegtes, ſehr gelehrtes
das jebodh nur teilmeije zur Ausführung lam
= Pan einung&ausbrud derjenigen Gruppe
unter den neuern franz. Denkern bildet, welche den
Sozialismus mit der Kirchenlehre zu vereinigen
— — Nah der Februarrevolution von 1848
zus —8 des höhern ——
— itterariſchen Studienausſchuſſes ernannt,
legte aber dieſes Amt bald nieder. Nachdem er ins
Brivatleben zurüdgetreten veröffentlichte er «Con-
siderations sur l’esprit gi la Gaule» (4. Aufl,
Bar. 1864) und fein Hauptwerk: «Terre et ciel»
(5. Au ul, Bar. 1867). Die — des menſch⸗
lichen Lebens durch eine Stuf von ne
gen bindurh und die f he %
der Natur und Menfen an ott en die >
gedanten diefes Buchs. R. jtarb zu Paris 28. Juni
1863. Später erjdhienen feine «Deuvres choisies»
(7 Bde., Bar. 1867).
Neynier Oje Louis Ant.), nationalölonomi:
ſcher Schriftfteller, geb. ae anne 25. Juli et
widmete fich den Naturwi! —5 ften und aufie fich
während der Revolution im Depart. Nievre an, wo
er jein — rg zu einer Muftermwirtic
machte. übertrug ihm die Oberaufficht
über die Satin, und — Ügyp: | mal
tens. Mebrere wid
te di
diefer Stellung, —* * ————— ey Due
nation des Romains» —— 1807) und «De l’öco-
nomie publique et morale des Egyptiens et des
Carthaginois» (Par. 1833). Nach ranfreich
zurüdgelebrt, diente er unter Joſeph Bonaparte als
Kommiſſarius in Galabrien. Hierauf ward er
Gtaatrat und Pireltor der neapolit. Bojten. Eine
Zeit lang führte er auch die Oberaufjicht über die
neapolit. ungen, über Straßen: und Brüdens
sen. fowie über andere Zweige der Adminiitration.
Nach der Neitauration kehrte N. nah Lauſanne
zurück. Er ftarb bafelbft 17. Dez. 1824. Bon
jeinen Schriften find noch zu — «Du feu et
de quelques-uns de ses principaux cffets» (Par.
1787), «De l’&conomie politique et morale des
Celtes, des Germains, etc.» (Genf 1817), «Preecis
d’une collection demödailles antiques», «De l’eco-
nomie publique et morale des Arabes et des
Juifs» (Bar. 1830). Bol. Laharpe, «Notice necro-
— sur R.» (Lauſanne 1825).
Repnier (Jean Louis Ebenezer, Graf), franz.
Generallieutenant, jüngerer Bruder de3 vorigen,
geb. 14. Jan, 1771 zu Lauſanne, trat 1792 in ben
Seneralfab ber Arınee unter Dumouricz und ftieg
fchon 1795 zum Brigadegeneral auf. Hierauf fam
er als Chef des Generalftabes zur Rheinarmee unter
Moreau und leiitete befonders auf dem Rüdzuge von
1796 wejentlihe Dienfte. Als Divifionsgeneral
nahm er 1798 am Zuge nach Agypten teil, Lämpfte
in der Schlacht an den Pyramiden und brängte nad)
dem Einzuge in Kairo Ibrahim Bei nach Syrien.
Im Feldzuge in Syrien 1799 führte R. die Vorhut
und entichied 20. Nov. 1800 unter Kleber den Sieg
bei Heliopolis. Nach Bonapartes Abreiſe und Kle—
bers Ermordung zerfiel er mit dem Obergeneral
Menou, ie ihn 1801 verhaften und nad) Frank⸗
reich {cha en ließ. R. wurde auf fein Landgut im
Depart, Nidvre verwieien, wo er zu jeiner Vertei:
digung die Schrift «De l’Egypte aprös la bataille
de Heliopolis» Char, 1802) verfaßte. Napoleon I.
gab ihm 1805 = Befehl über eine Divifion, mit
der er unter Joſeph Bonaparte das Reapolitanij che
655
eroberte. Dann verlor er aber 4. Juli 1806 bie
Schlacht bei Maida und mußte Calabrien räumen.
—* Jourdans Abgange erhielt er den Dberbefehl
über die Armee in eapel. Im Feldzug von 1809
zeichnete ſich R. an der Spike eines Korps bei
Wagram aus. Später befebligte er das zweite
Korps in Spanien, im ruf). zuge von 1812 das
bente, meiſt aus Sachſen beitehende Armeelorps in
Bolbynien, AL3 1813 das neugebilbete ſächſ. ii
wieder zu ben Franzofen jtich, a. er Bun ug
durch eine franz. Divifion verjtärtt.
gegen Berlin beftinımten Armee ———— ——
und 23. Au —* Großbeeren geſchlagen; ebenſo
teilte er die e Neys bei Dennewiß 6. Sept.
der — bei Leipzig verteidigte er, dem
bergange der Sachſen 18. Olt., mit den Reiten
feines Korps am 19. das Thor der ballef -
ftabt und geriet dabei in Gefangenſchaft.
jedod bald ausgewechielt, kehrte nad Ari
zurüd und ftarb 27. a. 1814 onen ris. Aus
R.s nachgelaſſen —— Erben
— * —— 827) heraus,
—— Maler,
—— in hun 16. Juli 1723,
— eines Geiſtlichen, lernte bei dem Porträt:
udſon in London, lebte dann wieder zu
Haufe, nn 1749 nad Rom, wo er fi drei Jahre
lang a ‚und ließ fi 1752 - onbon nieber.
Seine ur zeichnen fi 26 petzen
Daritellung der Natur ala dur iheru
elben aus. Sein Kolorit hat oft. eine —
Ziefe und Wärme, die er von Correggio ſich
geeignet hatte und in manden Bildern übertrieb.
Auf R.' Vorſchlag wurden bie Kunftausitellungen
in London eingerichtet, und einftimmig wurde er
für die 1765 gejtiftete Maleratademie zum PBräji:
denten erwählt. Mit Percy, Goldſmith und an:
dern berühmten Männern gründete er 1763 einen
litterariihen Verein, und jein Haus war ſeitdem
der Sammelplag aller Männer, die in ber Haupt:
jtadt durch Geift und Talent glängten. Sein ſchön⸗
ſtes Wert ift der Tod des Kardinals Beaufort, und
unter feinen ibealifierten ‘Borträts zeichnet ſich ein
Schäferfnabe aus. Gin lieblihes Gemälde iſt aud)
jein Liebesgott, wie er der Schönheit den Gürtel
löſt. Dod feblte es R. im Hiſtoriſchen an Yeichtig:
feit der Kompofition und an Wahrheit in der Dar:
jtellung. Nachdem er ein Jahr zuvor erblindet,
ſtarb er 23. Febr. 1792. Seine « Discourses »
(Yond. 1778; deutih, Dresd. 1781), die er als
PBräfident der Maleralademie bielt, empfehlen Rh
durch Gleganz de3 Stils und Reichhaltigfeit philoſ.
und äſthetiſcher Gedanten. Seine Schriften wur:
den von Malone (2 Bde., Lond. 1797) und Beechey
(2 Bde., Yond. 1835) gefammelt. Bol. Farring:
ton, «Memoirs of the life of Sir Joshua R.» (2ond,
1809); Leslie und Taylor, «Life and times of R.»
(2 Boe,, Zond. 1864—65); Collins, «Sir Joshua
R. as portrait- painter; an essay» (2ond. 1873);
ne Biographie ſchrieb auch Pulling (Zond. 1881).
Neyfcher (Aug. Ludw.), württemb. Rechts:
gelehrter und Abgeordneter, geb. 10. Juli 1802 zu
Unterrieringen in Württemberg, ftubierte 1821—
24 in Tübingen die Rechtswiſſ enſchaft, war dann
ein Jahr Sekretär des Juſtizminiſteriums und ent
warf bier den Plan einer volljtändiaen Sammlung
der württemb. Gejehe. Nachdem er die Sammlung
der württemb. Staatögrumdgeieke (3 Bde., ——
1828—30) nebſt einer Geſchichte der württemb.
»5
656
Verfaffung vollendet hatte, mwurbe er 1829 mit
Borlefungen über deutihe und württemb. Rechts⸗
geſchichte an der Univerfität Tübingen beauftragt
und 1831 zum außerord., 1837 zum ord, Brofeflor
des beutichen und württemb, Rechts ernannt. Ge:
meinfhaftlih mit Wilda in Halle leitete R. die
Herausgabe ber «Zeitichrift für deutiches Recht»,
weiche 1839—61 beitand. Ferner veröffentlichte er
unter anderm: «Das gemeine und württemb, Pri:
vatrecht» (2. Aufl., 3 Bde., Tüb. 1846—48).
Großes Auffehen erregte das von R. 1838 verfahte
«Tübinger Gutachten», worin die Rechtmäßigleit
der Bin sehe Aufhebung des hannov, Staats:
grundgejehed von 1833 beitritten wurbe. Die Er:
eignifie des J. 1848 braten R. in das Borparla:
ment zu Frankfurt und ala Abgeorbneten des Be:
irls Mergentheim in die württemb. Ständelammer.,
egen feiner Oppofition gegen dad Minijterium
Linden: Wächter wurde er 29. * 1861 ſeiner
Profeſſur in Tübingen enthoben und zum Regie:
rungerat an ber Kreißregierung in Ulm ernannt.
R. nahm darauf feinen Äbſchied aus dem Staats:
dienft und lich ſich zuerft in Stuttgart, 1853 in
Canitatt ald Rechtslonſulent nieder. Später war
R. einer der Gründer des Nationalvereind. Bei
ben Reihstagswahlen vom _. 1871 faſt ein
ftimmig gewählt, ſchloß er fich im Deutichen Reichs⸗
tage an die nationalliberale Fraktion an, legte
aber aus Rüdfiht auf feine Gefundheit 1872 fein
Mandat nieder. Er ftarb in Ganftatt 1. April
1880. Nad feinem Tode d® Riede nah Auf:
zeichnungen R.3 heraus: «R., Erinnerungen aus
alter und neuer Zeit» (Freiburg 1884).
Rez...., Artilel, die man hier vermißt, find
unter Rec... zu fischen,
Rezat, l; egnipß.
Nez-Baͤnya, ungar, Marltfleden im Pibar:
gebirge (f. d.). [terre.
Rez-de-ohaussde (fr;.), Erdgeſchoß, Bar:
Nezept, f. Recept.
Nezeptivität, ſ. Empfänglichkeit.
Mezch (recessus, von recedöre, d. i. zurüd:
geben oder abgeben) nennt man im allgemeinen
das Endrefultat gepflogener Berhandlungen. ns:
befondere bezeichnet man damit die Vereinbarung
über ftreitige Verhältniffe zwiſchen einzelnen Fa:
milien (Familienrezeſſe), zwiſchen einer grö-
ern Zahl und Klafje von Einwohnern, zwiſchen
en einzelnen Klafien einer Gemeinde, zmijchen
Gutsherren und Eingefefienen(Dienft: und Fron—
segeil €), zwiſchen Landesherren und Ständen ıc.,
und nennt die verglichenen Yeiltungen und Berhält:
nifle Rezebgelder, worunter man vorzugsweiſe
beim Bergbau das Guthaben der Gewerten an ein:
—— Zubußen abzüglich der verteilten Aus:
eute oder des wiedereritatteten Verlags verfteht.
Auch gebraudt man R. häufig für Abfchied (Reiche:
abſchiede, Recessus imperii), Endlich nennt man
R. ein Protofoll oder einen ſchriftlichen Vertrag
von größerm Umfang.
Rezinatwwein, ſ. unter Griechiſche Weine.
Rezonville, Dorf mit 478 E.im —
Landkreiſe Meß, am Gorzebach, 16 km weſtlich
von Met an der großen Straße nach Verdun, halb:
wegs zwiſchen Gravelotte und Vionville gelegen,
R. war ſowohl 16. Aug. 1870 in der Schlacht von
Vionville-Wars:la:-Tour (ſ. d.), wie 18. Aug. in
der Schlacht von Gravelotte-Et.:Privat (f.d.) ein
wichtiger Punkt. In der Nacht nad) der Echlacht
Res... — Rhabarber
bei Gravelotte befand ſich in N. das Hauptquartier
des Königs Wilhelm, welcher dafelbft mit dem Ge:
neral Moltle in einem Heinen Bauerhauſe über:
nadhtete. Von bier aus datiert das berühmte
Siegeätelegramm Nr. 23 (Biwal bei R.) des Kö—
nigd vom Abend des 18, Aug. und ber hiftor. Brief
desjelben vom 19. Aug. Die Kamen bezeihnen
die Schlacht vom 16. Aug. 6 ionville-Mars: la:
Zour) ald «Schladht bei Rezonville», wäh:
rend von ben Deutichen anfangs die Schladt vom
18. Aug. (Gravelotte-Et.:Privat) als ſolche be:
jeihnet wurde.
. — * oder Symbol für Rhodium.
Nha, der alte Name der Wolga. rus.
Rhabanus Maurns, |. Hrabanus Mau:
Rhabarber (Rhöum), eine zur Familie der
—— — (Polygoneen) gehoͤrige, dem
Ampfer (Rumex) naheſtehende Gattung, welche ſich
von dem letztern durch ein aus ſechs gleichgroßen
Abſchnitten beſtehendes Perigon, neun Staub:
— e, drei Lopfig-[ildförmige Narben und eine
reiflügelige —— unte —— Ihre Arten
un ſehr jtattlihe Kräuter Mittelafiens, mit einem
arlen, äftigen, faſt fleiihigen Wurzelftod; der
Stengel ift aufrecht, hoch, did, oft von mehr als
Armesitärle, und glei den Aſten in ber Knoſpe
von großen häutigen Scheiden umbüllt. Die Blätter
nd Fehr groß, ganı oder gelaspt und die mächtigen
ifpen aus vielblütigen Trauben Heiner wei licer
oder roter Trauben zjufammengefept. Die Wurzel:
ftöde mehrerer Arten liefern ein wichtiges, toniſch
abitringierendes Heilmittel, das in einem harzigen,
bittern, gelbfärbenden und Rurgieren bewirtenden,
fauer reagierenden Stoffe (Ebryfophanfäure),
verbunden mit Gerbftoff, oralfaurem Kalt u. f. w.,
befteht und in Heinen ** in ber Wurzel ab:
5 iſt (eigentlich Rhabarberwurzel,
abarbärum), während bei andern Arten die ad:
ie gig ftandteile fo jehr überwiegen, dab
e als rein ftärtendes Mittel zu betrachten find
(Rbapontilmwurzel, Rhaponticum).
Als Stammpflanze derjenigen Arzneidrogue,
welche von den Bharmalopden Turkiſcher Rha—
barber genannt wird, gilt Rheum officinale
Baillon, da& im öftl. und füdöftl. Tibet wächft und
dort auch kultiviert wird. Diefe Art befist mäd:
tige berzförmige, etwas feicht gelappte Blätter von
über 1 m Durchmeſſer und treibt Blütenftengel von
faft 3m Höhe. Cine andere Art, welche den echten
ruffiichen oder moslowitifhen R. gibt, ift Rheum
—— L., in ber Tatarei einheimiſch und ge—
ennzeihnet durch fat 3 m hohe Stengel und ſehr
roße, auf runden Blattftielen ftehende, fünf: bis
Kebenfenpig: Bauhteifige Blätter. Wahrſcheinlich
liefern zu den eingeführten Rhabarberwurzeln auch
andere Arten einen Beitrag, wie R. Emodi im
Himalaja, R.undulatum L.,R.compactum L.u.a.
Wegen der in den oberirdifchen eilen enthalte:
nen angenehmen Miſchung von Citronen- und
Apfelfäure hat der R. auch für die Gemüfegärten
eine gewifle Bedeutung erhalten, indem die diden,
faftigen Blattitiele geihält und in Stüde zerjhnits
ten zur Bereitung eines fehr angenehmen Kom:
potts dienen. Zu diefem Zwede aber benukt man
vorzugsweiſe mit Nüdjiht auf die Dimenfionen
der Blattitiele gegüchtete Varietäten, wie Queen
Victoria, Prince Albert, Magnum bonum, Lin-
naeus u.a. Bindet man die Pflanzen in Stroh
ein oder fept man Käſten darüber, jo werden die
- Nhabdbomantie.— Rhapis
Schälens. überhoben. - Größere Bedeutung haben
barberarten für Bier:
verjchiedene ornamentale R
—— erlangt, befon:
a
gärten und landſchaftliche An
ders die in der ine). Provinz Kanſu im Lande ber
Tanguten einheimijhe Var. tangutica. Man er:
zieht den R. aus Samen, den man im Frühjahr in
leichten, frischen Boden jäet; man ifiert die jungen
Pflaͤnzchen und ſetzt fie im ges en Frühjahr an
den ihnen zugedachten Plap. Er läßt ich aber mit
Leichtigkeit, hat man bereits jtarle Pflanzen, aud)
durch Teilung des Wurzelftods vermehren. Libri:
gens erfordert der N. zum Gedeihen einen tief:
lodern, ſehr nahrhaften Boden.
Rhabdomantie (arh.), das angeblihe Ver:
mögen mander Menſchen, unter der Erde ver:
boraene Dinge, wie befonderd Erze und Quellen,
durch ein Derngefübl wahrzunehmen. ,
Rhachialgie Schmerz im Rüdgrat,
Blattftiele noch um vieles e: und ift man des
Wirbelſchmerz; Rhachiokyphöſis, Krümmung
des Rückgrats nach hinten; Rhachiolordoſis,
Krümmung des Rüdgrat3 nach vorn; Rhachio—
myelophthiſe, Rüdenmartsihwindfuht: Rha—
chioparalyſe oder Rhadhioplegie, Yähmung
der Nüdenmarlönerven, j j
A is (grch.), das Nüdgrat, die Wirbelſäule.
Rhachitis, Rhachitismus (grch.), Englifche
Krankheit (j. d.). j
Rhadamantdys war nah arich. Mythen ein
Eohn de3 Zeus und. der Europa, Bruder von
Minos. Wegen eines Streites mit lepterm N
er aus Kreta nach Dfalea in Böotien, wo er fi
mit Altmene vermählte. Uriprünglich fcheint er
als König auf der Inſel der N gedacht, wo
auch nach der ältern Sage die Vermählung mit
Altmene ſtattfand. Dann erſcheint er neben Minos
und Halos als ftrenger, aber gerechter Richter in
der Unterwelt, wo er nad) Ylaton die Thaten der
aus Aſien fommenden Schatten richtet.
Rhaga, Raga, Rai, alte Stadt in Medien,
fpäter bedeutende Stadt des Kalifenreihs, bis es
im 13. Jahrh. von den Mongolen zerjtört wurde.
Ruinen davon find bei Teheran vorhanden,
NRhagäde (grch.), Hautſchrunde, ein oberfläch—
liches ſpaltartiges Geihwür an Haut und Schleint:
häuten, bejonders an den Lippen und am Aiter.
Rhammeen (Rhamneae), Pflanzenfamilie aus
der Gruppe der Dilotylevonen, Man kennt gegen
450 Arten, die vorzugsweife in den tropiichen oder
fubtropiichen Gegenden wachſen. Es find Bäunte
oder Sträuder, zum Teil mit Hetterndem Etengel.
Tie Blätter find ungeteilt und bei vielen Arten
lederartig; die jwitterigen Blüten Jen eine grüne
oder gelbliche Färbung und find Hein, fie beitehen
aus einem vier: bi3 fünflappigen Kelch, vier bis
fünf Blumenblättern, ebenjo viel Staubgefähen
und einem meilt dreifächerigen Fruchtknoten, der
auf jeinem Scheitel einen Griffel mit drei Narben
trägt. Tie Frucht it fapfelartig oder als Stein:
frucht entwidelt, fie ijt dreis bis vierfächerig und
enthält in jedem Jade einen Samen.
Rhammus, Ort an der Oſtlüſte Attilas, Euböa
negenüber, berühmt durd die Verehrung der Ne:
meſis, von welder die Hefte zweier dor. Tempel
fih erhalten haben, und zwar eines Heinern ältern,
wohl ſchon im Perjerkriege zerjtörten und eines
größern etwas jüngern.
Rhamnus /., Yilanzengattung aus der Fa:
milie der Rhamneen. Dan kennt gegen 60 Arten,
Eonverfationd»Lerilon. 13. Aufl. XIIL
657
teild fommer:, teils immergrüne Sträucher und
Heine Bäume, der Mehrzahl nad} in dem wärmern
Teile der nördlichen gemäßigten Zone heimiſch. Sie
haben abwechielnde oder genenftändige ganze Blätter
und meiſt gelblichgrüne, Kleine, einzeln oder ge:
büfchelt in den Blattachſen jtehende Blüten, welche
aewöhnlid) beiderlei Geſchlechtsorgane enthalten.
Sie beitehen aus einem kreifel: ober glodenförmigen
Kelche mit vier: bis fünffpaltigem Saunt, vier bis
fünf jehr Heinen Blumenblättern (fehlen nicht
jelten), ebenjo vielen Staubgefäßen und einem
Staubgefäße, deflen Griffel zwei bis fünf Narben
trägt. Aus dem Fruchtknoten entwidelt fich eine
faftige (beerenartige) oder trodene, zwei bis fünf
Kerne enthaltende Steinfrucht. Mande Arten haben
bornipikige Zweige, andere find unbewehrt.
Zur eritern gehört der gemeine Kreuz: ober
MWegedorn (R. cathartica L.), ein Großſtrauch
oder Heiner Baum, welder in einem großen Teil
Europas an fonnigen, felligen Hügeln, an Wald:
rändern, in Heden u. f. w. wächſt, gegenftänbige
und abwechielnde, eiförmige, feingejägte, abfallende
Blätter, dornſpißige Seitenzweige und zuleht
ſchwarze, erbjengroße Beeren befist. Aus den uns
reifen Beeren wird unter Zufak von Alaun ein
ſchönes Saftgrün bereitet, mit Thonerde Schütt:
elb. Das braunrote Hernholz und namentlich die
äufig vorlommenden Maſern erhalten durch Boli:
tur eine prächtige Farbe, weshalb das Holz ftärte:
rer Kreuzdornftämme von den Tiſchlern gelucht ift.
Wegen der jparrigen Veräftelung eignet ſich das
Kreuzdornreijig vorzüglich zu Gradierhäufern. Zu
den unbewehrten Arten gehört der in Deutichland
allenthalben auf feuchtem und moorigem Boden,
in Gebüfchen und Wäldern vorlommende Faul—
baum (R. frangula L.), auch Schießbeere und
Bulverholz genannt, ein Mittel: und Groß:
ſtrauch mit rutenförmigen Zweigen, abwechfelnden,
abfallenden, längliden, ganzrandigen Blättern und
weißlichgrunen Ammitterbiüten. aus denen ſich Bee:
ren entwideln, welche erit grün, dann rot, zuleht
Oman find. Die Ninde diefes Baumes iſt unter
dem Namen Cortex Frangulae als Abführungss
mittel offizinell, Sein Holz wurde früher jeR aus:
ſchließlich zu Kohle für die Schiehpulverfabrilation
verwendet und deshalb dieſer Straud) jogar im
großen Maßſtabe angebaut. In Südeuropa gibt
e3 Ihöne immergrüne Arten, unter denen nament:
lid) R. Alaternus Z., ein Heiner Baum mit lorbeer:
artigen Blättern, genannt zu werden verdient.
Man findet ihn nicht jelten als Zieritraud) in Halt:
bäujern kultiviert. Die reifen, getrodneten, meift
Ihmusig:grünlichgelben Beeren von der ebenfalls
in Südeuropa wadjenden R. infectoria L. und
einigen andern Arten fonımen als Gelbbeeren
oder Nvignonlörner in den Handel und werden
in der Färberei zur Herftellung pomeranzengelber
und grünlichgelber Farben gebraudt. Die beiten
find die perfiichen, denen dem Werte nach die levan⸗
tüiden, die avignoner und ungariichen folgen.
ammusdgrün, joviel wie Chineſiſches Grün.
Rhampfinit, ſ. Rampſinit.
Rhangabe (Alexander Rizos), j. Rangabe.
Rhaphanie (grch.), die Kriebeltrantheit (ſ. d.).
Rhapis L., ————— aus der Familie
der Palmen. Man kennt vier Arten derſelben, welche
im öſtl. Aſien wachſen. Es ſind niedrige Palmen
mit fächerartig geteilten Blättern und diöciſchen Blu⸗
ten. Am betanntejten ift die in China einheimische
42
658 Rhapontikwurzel — Rhayader
R. flabelliformis Ait., die häufig als Bierpflanze | Raetia secunda, das ſüdl. Gebirgsland Raetia
in Gewächshäuſern kultiviert wird und ſich auch prima genannt. Durch R. führten die Römer zwei
gut für Zimmerkultur eignet. Aus den fejten Blatt: | Hauptitraßen zur Verbindung Jtaliens mit ine
jtielen werden Spazierftöde gemacht. (Vgl. Tafel: bedeutendſten Anfiedelung in diefem Lande, dem
Palmen I, Fig. 2.) vindeliciihen Augufta (Augsburg). Die röm.
NR apontifwurzel, j. unter Rhabarber. —— war frühzeitig verbreitet, daher bie ro:
Mhapfoden nannten die alten Griechen die: | man. Töchterſprachen im heutigen Graubünden
jenigen Sänger, welche eigene oder fremde Did): | (Engadin) und in den tiroler Thälern von Gröden
tungen, namentlid die Gedichte Homer und ber | und Enneberg. Gegen Ende bes 5. Jahrh. famı
älteiten Gpiter überhaupt , von Ort zu Ort zieheud, | das eigentliche R. unter Theodorichs oftgot. Herr:
gejangartig vortrugen. Sie bildeten eine beſon- | haft; dann nahmen Bojoaren die öftlihe (bis zum
dere, zahlreiche und geachtete Klaſſe, die erft jpäter | Lech), Alamannen die weitl. Seite des nörbl. Teils,
in ihrem Anjehen jant, als die Homerijdhen Ge: | Longobarden den füblihen in Befik. Seit der
fänge durch die ſchriftliche Aufzeihnung eine all: | Mitte des 6. Jahr. verftand man unter R. wenig
gemeinere Verbreitung erlangt hatten. Den Namen | mehr als den Sprengel des Bistums Chur, der zu
erhielten fie nicht, wie einige annahmen, von dem | Alamannien gehörte. Die nambafteften Orte des
Stabe, den fie beim Vortrage in der Hand hatten, | eigentlihen R. waren: Glavenna (jegt Chiavenna),
iondern von dem Charakter ihres Vortrags größerer | Curia (Chur), Magia (Maienjeld norböftlid von
epifcher — wo fie Vers an Vers, Glied | Ragatz), Arbor Felix Arbon) und Brigantium
an Glied ohne Unterbredungen, namentlid ohne | (Bregenz), beive am Bovenjee, Parthanum (Bar:
ſtrophiſche oder gar dramatijche Gliederung, an: | tenfirdhen), Beldivena (Wilden bei Innsbrudh,
einander zu reihen pflegten. Matrejum (Matrey * von Innsbruch, Bau:
Rhapfodie beißt das von einem Rhapſoden vor: | zanum (Bozen), Maja (bei Meran),
getragene Gedicht, befonders die einzelnen Abichnitte | (Briren) und Tridentum (Trient). Vgl. ta,
der Homeriichen Geiänge oder bie einzelnen Bücher | «Das alte N.» (Berl. 1872),
der Ilias und Doyfiee. * Rhätikon, der nördlichſte Aſt der Rhätiſchen
Rhapjodiich, ſoviel wie abgeriſſen oder bruch- Alpen (. Alpen 10), erhebt ſich, vom Silvretta:
—— fo ſpricht man z. B. von einem rhapjos | gebirge durch das Schlappinathal, das Sclappiner:
diichen Willen u. ſ. w. j joch (2200 m) und das Gargellenthal en:
Mhät, die oberite Stufe des Keupers mit dem | zwiſchen den TIhälern der Landquart (Prättigan)
Bonebed (j. d.); in den Alpen wejentlih als Dad: | und der Ill (Montafon und Igau) an der
jteintalt entwidelt. ä Grenze des ſchweiz. Kantons Graubünden, des
Rhätieit, ſ. unter Diſthen. , el errang und bes Fürjtentums Liechtenftein und
Rhätien, richtiger Rätien (Raetia), hieß bei | trägt in feinem 40 km langen, durchſchnittlich
den Alten urſprünglich im engern Einne das Land | 2500 ın hohen Hauptlamm, der fih vom Schlap⸗
der Räter (Kaeti), das im W. durch das Adula= | pinerjod nordweitlich bis zum Ahein erjtredt, die
gebirge (den Gotthard) von den Bewohnern de3 .- Madrisborn (2830 m), Sulzflub (2829 m),
obern Rhoͤnethals, durch die Alpenkette weſtlich Scelaplana (2969 m) und Faltnis. Während die
des Rheins von den Helvetiern, im D. durch Alpen: | von tiefen Tobeln durchſchnittenen Abhänge gegen
fetten von Noricum, gejchieden war, im. bis an | das Brättigau aus grauem Schiefer, die nördlich
den Bodenjee und die Hochebene der Bindeliter, im | zum Montafon und Mallgau auslaufenden Aſte
S. an das Cisalpiniihe Gallien und das Gebiet | bauptfählid aus Dolomit und Schiefer der Trias
der Beneter reichte, aljo das heutige Graubünden, | bejtehen, gehört der Hauptlanın dem Jura und
das nördl. Tirol jamt Vorarlberg und dem bayr. | der Kreide an und feine Berge find meift breite, fteil-
Hochgebirge und die Alpenabhänge an den lombard. | wandige, durch wenig tiefe Scharten voneinander
Geen in üb begriff. Die mit illgrifchen und kelt. geſchiedene Halfitöde, aus deren teilweile über:
* Splittern durchſetzten Näter, deren Namen zuerit | firnten Scheitelflädhen die höchſten Spißen als fühn-
Polybios nennt, werden von den Alten zumeift für | geformte Felshörner auffteigen. Der einzige größere
unmittelbare Stammverwandte der Gtrusfer ober | Gletj er der Kette ijt der Branderferner,, der das
Rafener in Italien gehalten. Näubereien und | Hodyplateau der Scejaplana bededt und jeinen Ab
Blutthaten der rätiihen Völkerſchaften und Gin: | fluß dem Lünerjee (1925 m über dem Meere, 1,.qkm
fälle in Oberitalien veranlaften die Unterwerfung | groß) zuiendet. Bon den zahlreichen Päſſen des N.
Nätiens 15 v. Chr. unter Auguftus, der zwei Heere | find, außer dem Schlappinerjody am Oftende und
dahin abjendete. Das eine unter Tiberius drang | der befeitigten Bergſtraße über die Luzienfteig
durd das obere Aheinthal und über den Boden: | (684 m) am Weſtende, das Et. Antönierjiod
fee, das andere unter Trufus an der Etſch auf: | (2375 m), das Drufentbor (2350 m) und das
wärt3 durd das ſüdl. Tirol und über den Brenner | Schweizertbor (2151 m) die befannteiten. gl.
fiegreic vor; von beiden Feldherren wurden dann | Waltenberger , «Die R.: Kette, die Lechthaler und
auch die felt. Bindeliter in der bayı. Hochebene bis | Vorarlberger Alpen» (Gotha 1875).
zur Donau unterworfen; ihr Land jhlug man mit | Rhätiſche Alpen, j. u. Alpen, Bd. I, ©. 460,
zu ber Provinz, die nun unter dem Namen R. ein: | Rhätoromanifch, ſ. Romaniic.
erichtet wurde. N. wurde anfangs burd einen | Rhayader, Stadt in engl. Kürftentum Wales,
Prokurator pro legato regiert; jeit Marc Aurel | Grafihaft Radnor, am obern Woe, welcher bier
aber wurde der Offizier, welcher die nad) R. verlegte | jhöne Waflerfälle bildet (rhayadr heißt walifiich die
neue «dritte italiſche Legion» (Concordia) führte, | Stronichnelle), von hoben Bergen umgeben, Eta:
als laiſerl. Legat pro praetore zugleich Statthalter, | tion der Mid-Walesbahn (2lanidloes-Brednod), bat
Seit Tiocletian, der N. der Didceje des Vilars
von Italien zuteilte, ftand R. unter einem Bräies,
Bindelicien aber wurde nun als eigene Provinz
(1881) 3439 E. und Tudymanufaltur. Etwa 10 kn
ſüdweſtlich beginnt das Hocthal des Glan (Com
Glan), ein Slanzpuntt der Kambrian: Mountains.
Rhazes — Nhein (Fluß)
Rhazes, eigentid Mohammed Abubelr
ibn Zalarja er-Razi, einer ber berühmtejten
arab, Sirzte, geb. um 850 in Rai in der perf. ‘Bro:
vinz Chorajan, wirkte ald Arzt an den Hojpitälern
zu Naj und Bagdad, Später au als Lehrer und
Yeibarzt des Kalifen Moltadev:Billah und itarb,
lange Zeit vor feinem Tode infolge einer ihm von
dem Fürften el:Manjur von Terahan zugefügten
Mißhandlung des Augenlicht3 beraubt, um 923
oder 92 n. Chr. Bon jeinen zablreihen Schriften
über Medizin, Chemie, Ajtronomie und Bhilofo:
pbie find noch 36 vorhanden. Sein Hauptwerf,
welches in 30 Büchern die ganze Medizin und Chi:
rurgie umfaßt, beißt «El-Hawi fi’l Tib», d. i.
a Berhältnis der Medizin» (Brescia 1486, Bened.
1500 u. öfter). Seine Abhandlung über die Boden
und Maſern (arabiſch⸗lateiniſch herausg. von Chan:
ning, Lond. 1766) zählt zu den widtigiten Denk—
mälern der arab. Medizin,
RHE,Tmiel,i. RE
Rhen, eine hauptſächlich auf der Inſel Kreta
verehrte griech. Göttin, nad) der dortigen Cage die
Mutter des Zeus. Ihrem Weien nad entipricht
fie der Heinafiat, Göttermutter Cybele und iſt da:
ber frühzeitig in den meiiten Gegenden Grieden:
lands mit diefer identifiziert worden. In der He:
ſiodiſchen Theogonie erjcheint fie ala Tochter des
Uranos und der Gäa, Schweiter des Dfeanos,
Themis, — Phöbe, Tethys u. ſ. w.,
ſowie ihres Gemahls Kronos, aljo alä dem Götter:
aeichlecht der Titanen angehörig. Die ipätere jog.
Orphiſche Myſtik hat fie zur Tochter des Protogo:
nos (bes Bean) gemadht.
Rhea,j.Nandu.
aan, foviel wie Chinagras. .
Rhen —* Nea) Silvia oder Ilia heißt nad)
ber gewöhnlichen Sage von Roms Gründung die
Iochter des Numitor, die von ihrem Dheim Amu:
lius, nachdem diejer jeinen Bruder des Throns
von Albalonga beraubt hatte, dem Dienſte der
Veſta und damit der Jungfraufchaft geweiht wurde,
aber aus der Umarmung des Mars die Zwillinge
Komulus und Nemus gebar.
Rheda, Küftenflub im weitpreuß. Negierungs:
bezirt Danzig, entipringt auf der Grenze Pom:
merns und mündet in das Puhiger Wiel.
NRheda (in Weitjalen), Stadt im preuf. Re:
gierungabezirt Minden, Kreis Wiedenbrüd, links
an der obern Ems, 25 km ſüdweſtlich von Diele:
feld, Station der Linie Berlin-Hannover-:Köln der
Preußiſchen Staatsbahnen, Sit eines Amtsge—
richts, zählt (1885) 2848 E. und hat eine evang.
und eine kath. Pfarrlirhe, das alte Stamm: und
Reſidenzſchloß des Fürften von Bentheim-Tedien:
burg:R., Viehzucht , namentlih Schweinezudt, Eis
garrenfabriken, zwei Seilereien, eine Gerberei mit
Tampfbetrieb, eine bedeutende Brennerei und
große Wurjtfabriken.
Rhede, ſ. Reede; Rheder, ſ. Reeder.
Rhegium (grch. Rhegion) hieß eine Stadt auf
der Sudſpitze Jtaliens im Lande der Bruttier, an
der ſicil. Meerenge gelegen, von Griechen, Chalci:
diern aus Euböa und Mefleniern angeblid 743
v. Chr. gegründet. Durch Handel blühte fie empor
und war zur See mädtig, bis Dionys der Üiltere
387 v. Chr. fie nach elfmonatlider Belagerung er:
oberte. =. gewann fie unter Dionys dem Jun—
gern die Freiheit wieder. Die campaniſchen Sol:
daten unter Decius, welde die Römer als Be:
65)
fakung gegen Pyrrhus nad R. legten, bemädhtig:
ten ſich der Stadt 279 auf diefelbe frevelhafte Weile
wie die Mamertiner Mefjanas, wurden aber von
den Römern 270 unterworfen und beitraft. Seit:
dem ftand R. unter röm. Herrſchaft, bedeutend als
Handelsplak und in friegen, wie im_erjten
Buniiden und dem des Augujtus gegen Sertus
Bompejus, ein wichtiger Punkt. Jeht heißt die
Stadt Reggio (f. d.).
Rheiderland, Marichlane links von der untern
Ems und am Südojtufer des Dollart, das jebine
Amt Weener im Kreiſe Leer des preuß. Negierungs:
bezirls Aurih; Hauptort der Landſchaft ijt der
Heden Meener. Düfieldorf, ſ. Rheydt.
Rheidt, Stadt im rheinpreuß. Negierungäbezirt
mö,j. Reims,
N (lat. Rhenus, ladiniſch Rin, frz. Rhin,
olländ. Rhyn oder Rijn), der prädtigite Fluß
utſchlauds, einer der anſehnlichſten Flüfje Euro:
pas, der (einſchließlich der Heinern Krümmumgen
und ber beiden Hauptmündungsarme) eine Strom⸗
bahn von 1295 km und mit Hinzurechmung der
12200 Nebenjlüfie und Nebenbädhe, die er dem
Ocean zuführt,, ein Stromgebiet von 224400 qkm
umfabt, wovon auf das DeutfcheReih 113750 qkm
entfallen, Abſtand der Quelle von der Mün:
dung beläuft fi auf etwa 750 km. Der R. ent:
Ipringt in dem ſchweiz. Kanton Graubünden aus
wol 150 Gletidern, deren Abflüfie fih zu zwei
Quellflüffen vereinigen. Vorderrhein
ſchöpft ſein Waſſer aus drei Quellen. Die erſte
lommt aus dem 2344 m hoch gelegenen Eee von
Toma am Fube des 2931 m hoben Sir Mabuner:
oder Badusftods und wird jpäter noch durch den
Badusgletjcher verftärkt; die zweite ijt am Piz Ulv
oder Gorneragipfel, 2771 m body; die dritte fonımt
vom 3080 m hoben Griöpalt. Die Bereinigung
diejer drei Quellen, von denen die zweite das Bal
Cornera, die dritte das Gämerthal vorher dur:
jtrömt, findet bei Tihamutt ftatt. Das vereinigte
Waſſer nimmt fämtlihe Bäche und Niefel des Ta:
vetiher Thals auf. Bei Medels flieht rechts zu
ihm der aus den 2453 m body im Weiten bes Zul:
manier im Gablinothale gelegenen Sturafee tom:
mende Medeljerrbein; derielbe durchſtrömt das
Mevelierthal und vereinigt fich bei Diffentis mi
dem Vorderrhein. Bon Difienti3 an werden die
vereinigten Arme Rhein des Oberlandes (Rin
Surselva) genannt. Sie nehmen redht3 das Waſſer
des Somvirer Thala und bei Ilanz den Glenner
auf, zu welchem recht3 aus dem Petersthale der
Valſerrhein ftößt. Sie fließen dann in öjtl. Ric:
tung fort und verbinden ſich bei Neichenau mit dem
von rechts kommenden Hinterrbein, der in
2216 m Seehöhe an dem 2902 m hohen Marſchol⸗
born aus einem Gletſcher (Bapportgletider)
jih ſammelt und durch das Rheinwald:, Scham:
jer: und Domleſchathal bis Reichenau 70,3 km
weit fließt. Dafelbft erbalten diefe vereinigten drei
Rheinquellen den gemeinjchaftlihen Namen R., der
nun eine Breite von 51 m bat und bereits Flöhe
trägt. Eigentlich jhiffbar, doch auch nur für Heine
Kähne, wird aber der R. erſt bei Chur, nachdem
er von rechts die Pleſſur aufgenommen. Zugleich
wendet er fich von jeht an nördlich und verläßt bald
darauf, von der Lanquart verftärtt, Graubünden,
macht alsdann die Grenze zwiſchen dem ſchweiz.
Kanton St. Gallen einerſeits und Liechtenſtein und
Vorarlberg andererſeits, welches leßtere ihm die Ill
42*
660 Rhein
zufendet, und bildet mit mehrern Heinen Flüſſen
von unterhalb ing bis Konftanz den Bodenjee
(j. d.). Aus diefem tritt der R. zwiichen Stiegen
und Eſchenz wieder heraus, bildet gleich darauf den
Zeller: oder Unterfee und feht nach feinem Aus:
tritt aus diefem mit weſtl. Hauptridtung, das
Großherzogtum Baden von der Schweiz ſcheidend
feinen eat nad Schaffhaufen und Baſel fort, auf
welchen Wege er lints die Thur, Töß, Glatt und
Mare, recht$ die Gebirgswaſſer des Shwarzwaldes,
die Wutach, die Alb und die Wehra aufnimmt.
Von Bafel an wendet er ſich wieder nördlich bis
Mainz, die breite Oberrheinebene durchfließend,
trennte bis 1871 bier zunächſt Frankreich (und zwar
die Depart, Ober: und Niederrhein) von Deutich
(and, trennt jeßt die Bezirke Ober: und Niederelfaß
des deutihen Reichslandes Eljaß-Lothringen von
Yaden, macht dann die Grenze zwiichen Baden und
d.r bayr. Pfalz und fließt hierauf durch das Groß:
berzogtum Heflen, deilen Brovinzen Rheinheſſen und
Startenburg ſcheidend. Auf diefer Strede empfängt
er lints aus dem Elfaß die Ill und zahlreihe Was:
gaubäche, aus Rheinbayern die Lauter und Queich,
rechts aus Baden die Wiefe oder Wieſen, die Elz,
Kinzig, Rench, Murg, Alb, Pfinz (ſämtlich aus dem
Schwarzwald) und den Nedar, endlich bei Mainz
den Main, und berührt die Städte Breiſach, Kehl,
Germersheim, Ludwigshafen, Speier, Mannheim,
Worms und Oppenheim. ,
Dei Mainz wendet fi ber Strom 30 km weit
weitwärts über Biebrich nah Bingen, auf der
Grenze von Rheinheſſen und dem Rheingau in
Raſſau (preuß. — irt Wiesbaden), und
tritt hierauf, plöglich gegen Norden und weiterhin
im allgemeinen gegen Nordnorbweiten gewandt,
ganz in den preuß. Staat ein, indem er ent Hefien:
Naftau von der Aheinprovinz Icpeibet, dann aber
bei Horchheim, zwiſchen Oberlahnitein und Koblenz,
in die legtere übergeht und dieſe bis an die nieder:
länd. Grenze durchſchneidet. Auf dieſer Strede
nimmt er links die Nahe, Mofel, Ahr und Erft,
rechts die Wifper, Yahn, Sayn, Wied, Sieg, Wup:
per, Ruhr, Emfcher und Lippe auf und berührt die
Städte Baharah, Koblenz, Andernah, Bonn,
Köln, Düfleldorf, Wefel und Emmerid. Vei Bim:
men unterhalb Emmerich tritt der Strom in die
niederländ, Provinz Geldern über. Hier teilt er
fich fehr bald, bei Schenkenſchanz, in_zwei Arme,
einen füblichen und einen nördlichen. Der füdliche,
die Waal genannt, nimmt zwei Dritteile feines
Gewäſſers auf, vereinigt ſich hernach zweimal mit der
Maas (ſ. d.), flieht von Woudrichem bis Dordrecht
al3 Mervede und dann als Alte Maas in die Nord:
fee. Der nördl. Arm, der früher auf feinem Laufe
nach Arnheim zu mehrere Windungen machte, fließt,
den Namen R, behaltend, feit 1720 in einem Ka:
nal (dem Pannerdenſchen) eine Zeit lang vorwärts
teilt fi) aber, ehe er nad Arnheim kommt, bei
Weitervoort, wieder in zwei Arme. Bon diefen
geht der rechte al3 Neue Yſſel in dem Bette
deö Kanals, den Drufus behufs der Vereinigung
des R. mit der Alten Yſſel graben ließ, weiter
bis Doesburg, mo er mit der lektern zufammen:
fällt, um ſich mit diefer vereinten Waflermajle in
die Zuiderfee zu ergießen. Der linte Arm
ftrömt unter dem Namen R., der Waal ziemlid)
parallel, bei Wageningen und Rhenen vorbei, nad)
Wijt bij Durſtede, von wo an er Le beißt, und
entjendet bier einen ſehr ſchwachen Arm, der aber
(Fluß)
als Hauptitrom gilt, unter dem Namen Arummer
R. nad) Utrecht, von wo aus ein Kanal, Baart:
ſche Rhijn, ihn mit dem Lek in Verbindung feht.
Während num der Let von Vianen nah Schoon:
boven fließt und oberhalb Arimpen op de Lel ſich
mit der Maas vermiſcht, fondert ſich von den Ge:
waͤſſern des R.s bei Utrecht abermals ein Arm ab,
welcher die Vecht genannt wird und ſich bei Mui—
den in die Zuiderfee ergiebt. Der übrige R., bei:
nahe nur einem Graben nod) ähnlich, flieht von
Utrecht über Leiden bei Rhijnsburg vorbei nad
Katwijl:op:Rhijn, wo derfelbe noch zu Anfang des
19. yabeb. fi) in den Sand verlor. Früher hatte
er bei Katwijtop⸗Zee einen Ausfluß in die See. De
neneiter Zeit hat man mit Überwindung vieler
Schwierigkeiten die in den Sand ſich verlierenden
Gewäſſer des N. in einem Kanal gefanımelt und
mit Hilfe dreier Schleuſen den Ausfluß dei R.s
wiederhergeftellt. Die höchſte Duelle des R.s liegt
2344 m über dem Meere, Reihenau nur noch 586,
Bafel 248, Kehl 141, Mainz 81, Bingen 76, Ho:
blenz58, nöln 36, Weſel 15, Emmerid 10 und Bim:
men an ber niederländ. Grenze 8,5 m, Die Breite
des Stromd und die Beichaffenheit feines Bettes
iſt auf dem kungen Wege, den er macht, verichieden.
Die normale Breite it von Baiel bis zur Elzmün—
dung auf 200 m, von da bis Meiſenheim auf 226m,
von Yauterburg bis zur Nedarmündung auf 240 m,
von bier bis zur heſſ. Grenze auf 300 m angenom:
men worden. Bei Mainz ift er 576, bei Geijen:
beim oberhalb Bingen 628, bei Aßmannshauſen
unterhalb Bingen nur 250, bei Hoblen; 313, bei
Untel nur 259, bei Bonn 377, bei Köln 369, bei
— — 612, bei Düſſeldorf 478, bei Wefel 49%
und an der niederländ. Grenze 407 m breit, Seine
Tiefe beträgt in normalem Zuftande in der Ober:
rheinifchen Ziefebene 1,5 —6, zwiihen Mainz und
Köln 4—5, bei Düfjeldorf_fogar 15,7 m. Vom
Bodenfee bis Bafel auf der Strede der Juradurch⸗
brüche ift fein Bett felienreih; weiter abwärts iſt
es von vielen, zum Teil aus Sand: und Kiesbänfen
beftchenen Anfeln durdjchnitten. An Fifchen ift
der R. jehr reich. ,
Gine vor Be Wichtigkeit, befonders für das
weitl. Deutid) and, hat der X. durch die Schiffahrt.
Gr wird von Chur in Graubünden an befahren.
Bei Bafel beginnt die bequemere Schiffbarkeit des
Stroms, doch ift der Verlehr bis nad Kehl ganz
unbedeutend, und es gehen dort nur Schiffe von
320—400 Etr. Tragfähigkeit. Die größere Rhein:
ſchiffahrt mit beladenen Schiffen hebt erit bei Speier
an. Bon Kehl bis Maxau gehen Schiffe von 2000
—3000 Gtr. Ladung, zwiihen Marau und Mann:
beim Schiffe von 3000— 12000 Etr. Für die
Schiffahrt find geräbrlie beionders die Waſſerfälle,
vorzugsweile Rheinfälle genannt, deren er vier
bildet. Unter ihnen tft der Nheinfall 3 km unter
Scafihaufen, bei dem ſchweiz. Dorf und Schloß
Laufen, der bebeutendite und durchaus nicht zu pai:
fieren, weshalb die Ladung der Schiffe zur Adie
durch Schaffhauſen gebracht werben muß und erit
unterhalb der Stadt wieder eingeihifft werben
kann. Nachdem der Strom ungefähr 375 m ober:
alb Laufen zwiſchen ungebeuern Felſen, die zum
eil mitten aus feinem Bette hervorragen, ein
geengt worden ift, fchießt er dann bei immer zu:
nehmendem Abbange in unzähligen Buchten von
Fels zu Fels hin und ftürzt ſich endlich 27 m hoch,
108 m breit, mit einem in der Nähe betäubenden
Rhein
und bei ſtiller Nacht auf 15 km.weit hörbaren Ge:
töje in drei nebeneinander liegenden Fällen ſteil
berab, wovon der auf der. Süidjeite , zwifchen zwei
Feljenpfeilern, der gewaltiamite ift. Der Rheinfall
unter Zurzadj, bei der Mündung der Wutach, wird
verurſacht durd einen ebenfalls quer durch den
Strom gehenden Felſendamm, in deſſen Mitte eine
Lürde fi h befindet, durch welche bei niedrigem Waſſer
die Schiffe ungefährdet paſſieren. Bei hohem Waſſer—
ſtande ſteigt der Strom über die Felſen rechts und
lint3 und wird zum wirklichen —— der dann
alle Schiffahrt unmöglich macht. Der Rheinfall
bei Laufenburg beſteht nur in einer Stromſchnelle,
auf welcher leere Schiffe an Seilen durch Menſchen,
jedoch zumeilen mit Lebensgefabr, binuntergelaflen
werden. Gbenfalld nur eine Stromfchnelle ift der
Nbeinfall bei Rheinfelden, der Höllenhaten genannt,
wo der Strom durch Felien eingeengt ijt, jodaß die
Schiffe nur mit der größten Vorfict ——
werden können, Außerdem galt ſonſt als gefähr:
lich für die Schiffahrt das —— bei Bingen,
wo ſich die Berge, welche den N. einſchließen, von
beiden Seiten jo nähern, daß man bis in den Fluß
binein den ebemaligen Zufammenbang der gegen:
jeitigen Felfen wahrnehmen kann. Karl d. Gr. lieh
diejes Feljenbett zuerft für ganz Heine Schiffe fahr:
bar maden. Kurfürſt Sigismund von Mainz er:
weiterte es für größere, und die preuß. Negierung
ließ feit 1834 die Durchfabrt, bei welcher man eine
tiefe Stelle des Flußgrundes das Bingerloch nennt,
durd Sprengen fo vergrößern, daß diefelbe, außer
bei ſehr niedrigem Wajleritande, nunmehr gefahrlos
it. Ebenſo galten für gefährliche Punkte das Wilde
Gefähr bei Bacharach, wo der Strom im Thalwege
mit fürchterlihem Gefälle des Waſſers peilden
Felfen und Bänten eine Art Trichter bildet; die
Bank von St. Goar, wo eine Gruppe teils ficht:
barer,, teils verborgener Klippen einen Strudel
bildet; der Kleine und Große Unteljtein, bei dem
Städtchen Untel, eine Neibe Bajaltfelien, die teils
über, teild unter dem Waſſer liegen. Die größere
Gruppe, der Große Unteljtein genannt, ijt unter der
franz. Herrichaft binweggeräumt; die Heinere wird
von leeren Schiffen überfahren.
Die Nheinübergänge bieten den Heeren wegen
ber Größe und Schnelligkeit des Stroms, die erjt
in neuejter Zeit durch die großartigen Gifenbahn:
brüden von Straßburg (Kehl), Mannheim, Mainz,
Koblenz, Köln, Hamm (bei Düfieldorf) und Wefel
überwunden worden find, nicht unbedeutende
Schwierigkeiten. Julius Cäfar hatte bei feinem
Ariegöguge egen bie Gallier eine Pfahlbrüde über
den R. errichten lafien. Im Dreibigiäbrigen Kriege
wurde diejer Fluß wiederholt auf Schiff: oder Flop:
brüden überfohritten; den Ort, wo es von Guftav
Adolf oberhalb Oppenheim geſchah, bezeichnet eine
fteinerne Säule. Mehrere Übergänge fanden in den
Feldzügen gegen Ende des 17. und im 18. Jahrh.
ftatt, Berühmt find befonders der des Prinzen
von Lothringen bei Schröd 1744, noch mehr bie
während des Revolutionsfriegs und nachher die
Napoleons I. Beim libergange Jourdans, bei
Urdingen und Neuwied 1795, hatten die Oſterreicher
das rechte Rheinufer mit 411 Geichügen in 98 Bat:
terien bejeht und die Franzofen ihnen 476 Kanonen
und Haubihen entgegengeftllt Ein zweiter liber:
gang Jourdans bei Neuwied 1796 war mit weniger
Schwierigleiten verknüpft, obſchon auch diesmal
bie Franzoſen unter dem Feuer des öfterr. Geichühes
(Fluß) 661
hinüberſchiffen mußten. In demſelben Jahre ging
Moreau bei Kehl über den R., was ihm ohne große
Verlufte dadurch gelang, daß er vier Tage zuvor bie
Brüdenihanze bei Mannheim mit Heftigleit an:
greifen ließ und dadurd die Aufmerkjamteit des
Feindes von jenem Punkte ablentte. Mehr Schwie:
rigfeiten fand Moreau 20. April 1797 beim fiber:
gang bei Sinsheim, unterhalb Straßburg. Ober:
wärts Sinsheim ging Moreau 1800 über den N.
Der libergang der Verbündeten 1814 fand nur ge:
ringen Widerjtand, obgleich die ruſſ. Brücke bei der
Pfalz einmal vom Waſſer fort gr wurde,
Der N, zeichnet ſich ebenfo Fehr durd) die Herr:
lichkeit feiner Uferlandfchaften wie durch den Mein:
und Fruchtreichtum der Pänder aus, die er durd):
ſtrömt. Daher wird kein Strom Deutſchlands, be:
ſonders feit der Cinführung der Dampfſchiffahrt,
die bier mit der größten Regelmäßigfeit und Leben:
digkeit betrieben wird, häufiger bereijt als der R.
Sein 371,77 km langer Oberlauf oder der God:
rhein gehört ber Sämei an, in welcher er auf der
Strede der Juradurchbruche die erwähnten Rhein:
fälle und Stromſchnellen bildet. _ Won Bafel bis
Bonn reicht fein 460 km langer Mittellauf, und
zwar heißt deſſen oberer Teil bis Bingen der Über:
rhein. Gr durdfließt auf dieſer 333 km langen
Strede, mitten durch die Dberrheinebene, ein
weites Thal, auf der linten Seite von den Vogeſen
und der Hardt, auf der rechten vom Schwarzwalde
und dem Odenwalde mit der Bergſtraße begrenzt.
rüber hatte er auf diefer Strede ein ftet3 verän—
derliches Bett, von welchem Zuftande lüberſchwem—
mungen, Berfumpfungen und Störung der Schiff—
fahrt die Folgen waren. Die ftarten Krümmungen
verurfadhten mangelhaften Abfluß. Diefen Üibeln
fing man 1817 und dann 1840 an nad) dem Plan
des bad, Ingenieurs Tulla entgegenzuarbeiten,
geht it ibm ein geſchloſſenes Rinnſal gegeben.
ur die Geradelegung iſt der Lauf des Stroms
längs des Thalwegs von Baſel bis zur Pauter von
217,6 auf 135,76 und von da zur heil. Grenze von
138,15 auf 134,17 km, zufammen alſo um 85,47 km
verkürzt und dadurch das durchſchnittliche Gefälle
erheblich verftärkt worden. Die Geihmwinbdigfeit
des Stroms ilt in 1 Sekunde bei mittlerm Wajler:
ftande unterhalb Bafel auf 4, bei Kehl auf 3,1, bei
Lauterburg auf 2,2, bei Mannheim auf 1,3 m be:
rechnet. Von Mainz bis Bingen rüden die Gebirge
nabe an den Strom, anfangs nur auf dem rechten
Ufer, wo fie den Rheingau (f. d.) bilden. Bon
Bingen bis Bonn reicht der untere Teil des Mittel:
laufs oder der Mittelrhein, die 126 km lange
herrliche Durchbruchsgegend der niederrhein. Schie:
jernebirge, Fin ‚en —5— en — —
s eigentlichen Schiefergebirgsdurchbruchs, re
des Taunus, links des Sundardds, dann des Ba-
ſaltdurchbruchs, rechts des Wefterwaldes und Sie:
bengebirges, links der Eifel. Bei Bonn hört das
Gebirge auf der linten Uferfeite gänzlich auf, an
der rechten tritt e3 immer mehr zurüd. Von bier
bis zur Nordfee fließt der 466 km lange Unterlauf
oder der Niederrhein innerhalb einer volltom:
menen Tiefebene. So verbindet der R., Alpenjtrom
und Durchbruchsſtrom zugleih, das höchſte Ge:
birg&land mit dem tiejiten Niederland Curopas,
die Schweiz und Holland; aber feine Strede feines
Laufs iſt befuchter als die des Mittelrheine, Von
Bingen an verengen fi die Berge auch von ber
linten Seite ber, und die Ufer bieten auf der Strede
662
bi3 Königswinter mannigfaltige Felſen⸗ und Berg:
partien und wildromantiſche Anſichten dar.
In merlantiler Hinſicht iſt der R. der wichtigſte
Strom Europad, wenngleih die Donau und die
Molga ihn an Länge und Größe weit übertreffen. | ftaaten ratifiziert hatten,
Indem er bie vollsdichteiten und induſtriöſeſten
Yänber des Kontinents durchfließt, in eins der be:
fahrenften Meere der Erde, Großbritannien gegen:
über , ausmündet, durch feine Nebenflüfle ihm das
innere Deutichlands, Belgiens, der Niederlande
und eines Teils von Frankreich eröffnet ift, fein
Stromgebiet durd den Lubwigsfanal mit der Do:
nau, durch den 350 km langen Elſaß- oder Rhönc:
Rheinkanal (133,3 km in Deutichland) und feit 1851
durch den 320km langen Marne-Rheinlanal (107,26
km in Deutſchland), die beide nah Straßburg
führen, mit Süd: und Eentralfrantreid verbunden
wird und zahlreiche Eifenbahnen feine Ufer begleiten
oder an ihnen auslaufen, begründet er einen Ber:
lehr, wie fein anderer Strom des Erbteils ihn auf:
zuweilen hat und dem derjenige der Donau und
Wolga zujammengenommen naditehbt. Seiten:
tanäle bes R.s in Deutichland find: der 28,2 km
lange Häningerlanal, die auf 21,2 km fanalifierte
AU, der 2,3 km lange Ill-Rheinlanal, der 13,3 km
lange Golmarer Zweigkanal, der 19,6 km lange
Breuſchkanal, der 4,5 km lange Frantenthaler Schiff:
fahrtätanal, der 0,8 km lange Rubhrorttanal, der
4,4 km lange Duisburgerfanal, der 4 km (ange
Grittanal, der 3,3 km re Nheinbergerlanal, der
4,km lange Spoylanal. Schon dieRömer juchten,
nahdem fie ih am N. tengeieht, die Schiffahrt
diejes Fluſſes zu regeln. Die Franten bebielten
mit den übrigen Steuereinrihtungen der Römer
aud die Rheinzölle, deren Erhebungsweiſe jedod)
Lange einfad und ſchouend blieb. Vielfach gehenimt
und erſchwert aber wurde der Verlehr, als jeit dem
13. Jahrh. neben der Brandidakung raubluftiger
Ritter die beutjchen Kaiſer und die geiftlichen und
weltlihen Fürften die Nheinzölle zu einer ergiebigen
Quelle ihrer Einnahme machten. Den Plan einer
freien Schiffahrt auf dem X. brachte zuerſt das
franz. Direktorium auf dem Raftatter Kongreß zur
Sprade. Rapoleor 1. fahte die Idee wieder auf,
und es wurbe infolge der Verhandlungen zwiichen
ihm und bem Aurerzlanzler , als Bevollmächtigtem
des Deutſchen Reis, 15. Aug. 1804 eine Dltroi:
fonvention geihlojien, deren Beitimmungen mit
dem 1. Nov. 1805 in Kraft traten. Obgleich nun
die Schiffahrt durch dieje Konvention, wenn auch
feinen freien, wenigſtens einen geregelten Gang er:
bielt, blieben doch nächſt der Sperrung der Gee:
tabrt in Holland ſehr hemmende Mibitände zurüd.
Zwar gab Napoleon I. 31. Dit. 1810 die Rhein:
ſchiffahrt auch in Holland frei und nad) dem Sturze
Napoleons I. wurde im Barijer Frieden von den
verbündeten Mächten, aljo mit Ausſchluß von
Frankreich und Holland, bejtimmt, daß die Schiff:
fahrt des R. von dem Punkte an, wo er ſchiffbar
wird, bis in die See frei für alle Bölfer fein jollte.
erg air diejer dee wurde jedoch von der
holländ. Regierung zunädjit dadurch ein Hindernis
in den Weg gelegt, daß diefelbe dur einen Be:
ſchluß vom 23. Dez. 1813 die von Napoleon früher
zugeltandene freiheit der Rheinſchiffahrt aufhob und
unterm 24. März 1815 diejen Beſchluß wiederholte.
Am 15. Aug. 1816 begannen zu Main; die Ber:
banblungen der Gentraltonmijfion wegen der
Rheinſchiffahrt. Erjt im Herbſt 1830, infolge der
|
|
Rhein (Fluß)
Trennung Belgiens, wurde bie niederländ. Ne:
gierung geneigter zu Konzeſſionen. So kam das
Rheinihiffahrtsreglement vom 31. März 1831 zu
Stande, das bis zum 17. Juni 1831 alle er⸗
Die wichtigſten Beitim:
mungen desjelben waren folgende: Aufhebung der
Umſchlagsrechte in Köln und Mainz und Errich
tung von Freihäfen längs bes Rheinufers; freie
Schiffahrt auf dem di. bi in die See für alle Schiffe
der Uferjtaaten des R.s, jowie des Mains,
und anderer in den R. fallenden Flüſſe; gleich
mäßige Berteilung des Rheinzolis; Einjekung einer
Gentraltommiifion, die ſich alle Sabre 1. Juli zu
Mainz verfammelt; Ernennung von vier Inſpel⸗
toren, jowie von Zollgerichten zur Entſcheidung
ftreitiger Schiffahrtsangelegenbeiten in zwei rn:
ftanzen. Die neue Ordnung trat mit dem 17. Juli
1831 ins Leben. Schr günftig wirkten auf den
Aufihwung der Rheinſchiffahrt aud der Deutiche
Zollverein und der von Preußen mit den Nieder:
landen 1837 —— chiffahrtsvertrag.
Als der Vertrag vom 1. Sept. 1844, welcher
Köln mit Antwerpen und dem Meere durch Gifen-
bahnen verband, die holländ. Regierung den Ber:
Luft jämtlicher Tranfits bejorgen ließ, geitand diejelbe
endli auch ihrerſeits Grleichterungen zu, und es
ward nun ein definitiver Tarif nadı den Ber:
mefjungen vom J. 1839 feftgeftellt. Die Ermäßigung
der Durchgangsabgaben im Zollverein (jeit 1851)
war durd gleichzeitige — — Herabjekung
der Nheinzölle bedingt. Die hierauf bezügliche
fibereintunft vom 17. Mai 1851 ward bis 1864
verlängert. Schon durch den preuß.:niederländ.
Sciffahrtävertrag vom 3. Juni 1837 und ben zoll:
vereinsländijch:niederländ. Vertrag vom 21. jan.
1839 waren die beiderfeitigen Schiffe zwiſchen Po:
bith, Krimpen und Gorlum von der Schiffsgebühr
gänzlih und deren Ladungen unter gewifjen Be:
dingungen und Beihränfungen vom Nheinzoll be:
freit. Gemäß dem zollvereinsländiich -nieberländ.
Handelsvertrag vom 31. Dez. 1851 bat Niederland
für die Schiffe der Zollvereinsitaaten jämtliche biß:
ber beftandene Abgaben an Rheinzoll und Schiffs:
gebübr, fowie aud) das droit fixe für die Schiffs wege
unterhalb Krimpen und Gorkum aufgehoben. Frant:
reich und Baden hatten die Hollerhebung oberhalb
ber Lauter ſchon früher ganz eingejtelit. Am 12. Dez.
1860 wurde zu Karlsruhe eine fibereintunft der
Rheinuferjtaaten geſchloſſen, die mit dem 1. März
1861 ins Leben trat und weitere Zollermäßigungen
bradıte. Trokdem waren die en auf
der Rheinſchiffahrt lafteten, noch hoch genug. Eine
neue Rheinſchiffahrtsalte wurbe 17. Dt. 1868 zu
Mannheim unterzeihnet. Sie gibt die Schiffahrt
auf dem N. unter Beobachtung gewiſſer Beftim:
mungen und allgemeiner —— Vorſchriften
frei. Nah Art. 4 der Verfaſſung des Deutſchen
Reichs (1871) unterliegen auch der Flöberei: und
Schiffahrtsbetrieb auf den mehrern Staaten ge:
meinjamen Waflerftraßen und der Zuftand der
legtern, fowie bie Fluß- und fonjtigen Waflerzölle
der Beauffihtigung feitens des Neid und der Ge:
f ung desjelben.
inbäfen find im Deutihen Reiche: Kehl,
Marau, —— rmersheim, Speier,
Mannheim, Ludwigshafen, Worms, Nofengarten,
Gernaheim, Guftavsburg, Mainz, Biebrich, Schier:
ftein, Bingen, Oberlahnjtein, Koblenz, Köln, Neuß,
Düfjeldorf, Hochfeld, Duisburg, Rubrort, Weiel;
* waren im
Nhein (Stadt) — Nheinbund
in den Niederlanden: Arnheim, Dordrecht, Utrecht,
Rotterdam, Nimmwegen, Tiel Bommel, Amfterdam.
Die Mehrzahl derielben find zugleich fünftliche
MWinterhäfen. Einen ungemeinen Aufſchwu *
der Verkehr auf dem R. durch die Dampfſchiffahrt
enommen. Das erjte Dampfboot fam 1817 von
ondon aus bei un Waſſerſtande in en an.
Darauf richtete die Nederlandiche Steamboot:Mlaat:
fhappij regelmäßige — — wiſchen
Rotierdam und Köln ein. Die kölniſche Dampf:
ſchiffahrtsgeſellſchaft, welche 1. Mai 1827 ihre
Fahrten Bi en Köln und Mainz begann, jpäter
aber bis Straßburg und Arnheim ausdehnte, be:
—— ſchon im erſten Jahre 18000, zehn Jahre
päter 150000 Reiſende. Solche Erfolge riefen
1837 die düfjeldorfer Dampfjchtfiahrtageieühoft
bervor, welde anfangs die Stromjtrede zwiſchen
Rotterdam und Mainz befuhr, fpäter die Fahrt bis
Mannheim ausdehnte. Diefe Konkurrenz veran:
laßte eine engen Bi Fahrpreife und hatte
die Folge, daß die Zahl der von beiden Geſellſchaften
beförderten Reiſenden fhon 1839 auf mehr denn
800000 ftieg. Beide hir ing find feit 1853
vereinigt und fahren nunmehr für gemeinſchaftliche
Rechnung, ftromaufwärts aber nur bis Mannheim.
Die — 5 chiffahrt wird teils von der
Dampfſchiffahrtsgeſellſchaft, teils von den Gejell:
—— zu rort, Duſſeldorf, Köln, Mainz,
Nannheim, Ludwigehafen und Frankfurt betrieben.
Neben diejen Unternehmungen befteht aud eine
Seeſchiffahrt vom R. aus. Auch auf den Neben:
flüflen des R.3 iſt die Dampfſchiffahrt im Gange,
auf der Mofel und Maas, dem Nedar und Main,
fomwie auf den Seen, die der A. und feine Neben:
flüffe in der Schweiz bilden. Am 1. Yan. 1883
N ganzen Stromgebiet bed R.s heimatäbe-
rechtigt: 2713 iffe, darunter von Eiſen 585;
und zwar waren Segelſchiffe 2514 (davon eijerne
386), eilerne Da hie 199.
Vol. außer den Reiſehandbüchern von Baedeler,
Berlepih u. a. befonders: Kohl, «Der N.» (2 Bde.,
Lpz. 1851); Simrod, «Das malerifche und roman:
tiihe Rheinland» (4. Aufl., Bonn 1865); Horn,
«Der R. 85* und Sagen feiner Burgen
u. j. w.» (2. Aufl., Wiesb. 107); Mehlis, «Der N.
und der Strom der Kultur in Kelten: und Römer:
zeito (Berl. 1876); derielbe, «Der R. und der Strom
der Kultur im Mittelalter» (Berl. 1878); «Rhein:
fahrt. Bon den Quellen des R. bis zum Meere»
Schilderungen von Stieler, Wachenhuſen u. a.
ujtriert von Büttner u. ſ. w., Stuttg. 1876);
Gfell: Feld, «Der R. von den Quellen bis zum
Meere» (Lahr 1882 fg.).
} (in Dftpreußen), Stadt im oftpreuß.
Regierungsbezirt Gumbinnen, Kreis me; am
Rheinerſee, dem Nordende des Talter Wailers,
120 m über der Ditiee, Siß eines Amtsgerichts,
pr (1880) 2226 meift evang. E., davon 600 Ma⸗
uren, und bat eine Strafanftalt für Weiber,
Dampfſchneidemuhlen, eine Kolosbaftdedenfabrit,
eine Wagenfabrit, zwei Färbereien und Pferdezucht
in der Umgegend. — R. verdantt feinen Urfprung
der um 1377 gegründeten Ordensburg Eryno und
erhielt 1726 Stabtredt. Hier fiegte 1456 der
Deutſche Orden über das Heer des preuß. Bundes;
1657 wurde die Stadt durch Tataren eingeäſchert.
Rheina:Wolbed, j. unter Rheine.
Rheinbach, Kreisitadt im preuß. Negierungs-
bezirt Köln, Etation der Linie Bonn:Eusfirchen der
663
Preußiſchen Staatsbahnen, ift Sit eines Amt:
gerichts, zählt (1885) 2126 meift kath. E. und hat
ein Brogymnafium, Gerbereien, Steingutwaren:
fabrifen, eine Anftalt für Nelieflarten und in der
— *— Eiſenerzlager. — R., im frühern Mittel:
alter Reginbach, fam 762 an die Benediktinerabtei
Prüm, dann an die Grafen von Hochſtaden, ſchließ—
lih an das Erzſtift Köln und erhielt um 1340
Stabtredt. Etwa 3 km ſüdöſtlich liegen auf einem
Bafaltberge (Tomberg) die Ruinen der 1470 zer:
ftörten Tomburg (uriprünglic Tonaburg), 950—
1156 Sit der Pfalzgrafen bei Rhein. — Der Kreis
Rheinbach zählt auf 396,79 qkm (1880) 3262)
meiſt fath. E.
Rheinbayern, ſ. N beiprta
Rheinberg, Stadt im Kreiſe Mörs des preuß.
Regierungsbezirls Düfjeldorf, 1Y, km vom Rhein
gelegen, mit dem e3 durch einen ſchiffbaren Kanal
verbunden ift, hat eine kath. und eine evang. Kirche
(leptere mit 1885 erbautem Turm), ein jchönes
Rathaus (erbaut 1449) und (1885) 2800 E. welde
hauptſächlich Aderbau, Seidenweberei und Liqueur—
abrilation betreiben. — R., urjprünglich Berle,
erſt jeit Anfang des 17. Jahrh. Rheinberd, dann
Rheinberg genannt, kommt urkundlich zuerjt 1003
vor und war eine jehr jtarfe Feſtung, welche 1705
von den Preußen genommen und geichleift wurbe.
Nheinberger (%of.), deutiher Muſiler, geb.
17. März 1839 in Hadız im Fürſtentum Liechten—
ſtein, war ſchon mit ſieben Jahren als Organiſt in
der Pfarrklirche feines Geburtsortes thätig. Vom
12. Jahre an war er Schüler des münchener Kon:
jervatoriums, an welchen er feit 1855 Klavier,
dann aud Hontrapunlt und fpäter die Kompofition
lehrte, daneben jeit 1864 einen Dratorienverein
leitete. Er wurde 1877 dort Hoffapellmeifter und
als folder Dirigent der königl. Vokallapelle. N.
iſt ein gefuchter, der klaſſiſchen Schule anhängender
Kompofitionslehrer. Seine zahlreihen Kompoſi—
tionen umfafien: Stüde für Hlavier, Orgel, Streidj:
inftrumente, Lieder, Chöre, Chorballaden und an:
dere Sähe mit Begleitung, das Urdeiterwert
«Mallenjtein», die florentiniihe Symphonie, ein Re—
quiem, doppeldhörige dem Papſt Yeo XIII. gewib:
mete Mefie, Opern («Türmers Töchterlein», «Die
fieben Naben») und fonftige Bühnenmufl. Sein
lehtes Hauptwerk ift bie Legende «Ehriftophoruse,
welche raſch große Verbreitung gewann.
Rheinbiichofsheim, Marktfleden im bad.
Kreiſe Dfienburg, Amt Kehl, 3 km öſtlich vom
Nhein, im nördl. Teile des Hanauer Landes, zählt
(1885) 1508 meift evang. E. und hat eine höhere
Bürgerfhule, eine Flaſchenhulſenfabril und Anbau
von Hanf, Tabak, Eihorien und Raps.
Rheinbund, ein Bund deutſcher Fürften unter
dem Proteltorat Napoleons I. Der Friede zu
Preßburg, 26. Dez. 1805, gab den nächſten Anlaß
zur völligen Aufldſung des Deutſchen Reichs, indem
ufolge desjelben die mit Napoleon I. verbündeten
jübbeutfchen Fürften von Bayern, Württemberg und
Baden die volle CConveckneiät erhleiten, die beiden
eritern überdies den Königstitel. Am 28. Mai
1806 zeigte fodann der erfte deutſche Kurfürft und
Reichkanzler dem Reichstage an, dab er den Kardi⸗
ı nal Sei, einen Oheim Napoleons, zu jeinem
Koadjutor und Nachfolger ernannt habe. Endlich
erklärten 16 beutj keiten förmlich ihre Tren:
nung von Kaiſer und Neich: die Könige von Bayern
\ und Württemberg, der Aurfürft-Neichtlanzler, der
664
“ Rheinbuind
Kurfürft von Baden, der neue Herzog von Berg der Kurfürft:Erzlanzler den Titel als Fürft-Primas;
rad Murat), der Landaraf von Hejlen:Darm:
u:Ufingen, Nafjau:
tadt, die Fürjten von Na
Weilburg, Hohenzollern: Hedingen ,
Sigmaringen, Salm:Salm und Salm: Kyrburg,
der Herjog von Arenberg, die Fürſten von Iſen—
burg:Virftein und von Liechtenftein und der Graf
von und zu der Leyen; die von Paris 12. Juli 1806
— =
—
—
datierte, aber angeblich erſt 17. Juli unterzeichnete
Alte wurde 1. Aug. 1806 dem Reichstage mitgeteilt.
Sie begründeten dieſe Losſagung auf die Mängel
der deutichen Neichsverfafiung und luden auch die
übrigen Reichsſtände ein, ihrem neuen Bunde der
«verbündeten rbeinijchen Staaten» beizutreten. An
demjelben Tage gab der franz. Geſandte Vader die
Crllärung ab, daß jein Kaiſer fein Deutiches Reich
mehr anertennen werde, worauf Naijer Franz II.
6. Aug. feine Würde als Oberhaupt des Deutſchen
Reichs niederlegte. Zufolge obiger Akte erhielten
ohenzollern:
der Kurfürft von Baden, der Landgraf von Heflen-
Darmjtadt und ber ——— den
en’ und Vo
ge ogl.- Titel mit fönigl.”
daſſau⸗Uſingen die herzogl. und der Graf von md
zu der Leyen, Dalbergs Neffe, die fürjtl.-Würbe;
Der franz. Staifer aber nannte ſich Proteltor des
Bundes, Durch die Errichtung desjelben verloren
ihre polit. Selbftän:
— adt
Nürnberg, die an
Bayern, die Reichs:
ftabt Frankfurt, die
an ben Fürften:PBri-
ma3, das dem Joha
niterorden rige
——
wa —— * ——
und die Burggraf:
ſchaft Friedberg, die
an ——
fam. Die
nid,
jtenberg, Solms, der
Homburg, bie
jöge von %00;5-Gor3-
mwarem und von
lichen Familien wur:
den als Mediatiierte
der Landeshobeit der
rhein. Bundes
unterworfen.
Zwed des Bündnijjes
wurde d
des äußern und in:
nern Friedens von
Süddeutihland bin-
geitellt. Dazu follte
zwiſchen
und den Mitgliedern
des N. eine Allianz
ftattfinden, fraft de:
ren jeder Sontinen:
taltrieg, ben einer
der Verbündeten zu befteben habe, unmittelbar
alle übrigen gemeinſchaftliche Sache werden
Zur Beratihlagung über die gemeinf
Angelegenbeiten der Verbündeten follte zu
furt a. M. eine Bundesverjammlung in zwei Hol:
legien jtattfinden, dem lönigliden, in dem a
Großherzöge ihren Sitz haben follten, und
fürjtlichen. Präfident der Verfammlung und ins:
bejondere des lönigl. Kollegiums follte ber
Primas fein; in dem fürftl. Kollegium aber
der Herzog von Nafjau:llfingen den Vorfis
eh San
Landgraf von ®
1
—
Nheinda hlen
Nah dem jedesmaligen Tode des Fürſten Primas
follten deſſen Nachfo F von dem Proteltor des
Bundes-ernannt werden.“ Kein Mitglied ſollte
anderswo als in den Staaten der-Bundesgenofien
oder ber mit denfelben Berbündeten Dienfte nehmen,
und jo jollte auch fein Mitglied ‚feine Souveräne:
tät anders als zu Gunften eines Bundesgenofien
veräußern dürfen. Die Streitigfeiten der Bundes:
fürjten -follten auf dem Bundestage entichieden
werben. Die Bundesverfammfung ıft jedoch nie:
mals zufammenberufen worden. Als Souveräne:
tätsrechte der Bundesglieder wurden aufgeführt:
Deieboebung, oberjte Gerichtsbarkeit, hohe ‘Polizei,
Militärkonftription und Beſteuerungsrechte.
infolge der Stiftung des N. a Preußen
einen ähnlichen Bund unter feinem Proteltorat aus
den norddeutichen Fürjten zu bilden. Diefer Ent-
wurf wurde aber durd den firieg von 1806 ver:
nichtet, und nun breitete fih der R. weiter nad)
Norden aus. Schon 25. Sept. 1806 trat der Kur:
fürjt von Würzburg als Großherzog dem R. bei.
Das Gleiche that der Kurfürft von Sachſen, nad):
dem er fi von — etrennt und in dem
Frieden mit Frankreich in Poſen, 11. Dez. 1806,
den Königstitel angenommen hatte. Ihm folgten
15. Dez. 1806 die ſaͤchſ. Herzöge und durch die 13.
April 1807 zu Warſchau ——— Verträge
aud die beiden Fürjten von Schwarzburg, die
Herzöge von Anhalt, die Füriten von Lippe:Detmold
und Schaumburg:Lippe, die Fürften von Reuß und
der Fürſt von Walded. Tas neuerrichtete König:
reich Weitfalen wurde durch die von dem Kaifer der
Franzoſen 15. Nov. 1807 bejtätigte Verfaſſung
gleichfalls zum Rheinbunditaate erllärt. Auch die
Derzöge von Medlenburg-Strelig (18. Febr. 1808),
von Medlenburg:Schwerin(22.März 1808) und von
Oldenburg (14, Oft. 1808) traten bei. Der Bund
zählte nunmehr auf 325 750 qkm über 14Y, Mill,
E., und das Bundesheer ftieg durch diefen Zuwachs
von den anfangs feitgeiekten 63 000 Mann auf fait
120000 Dann, nr felbft hatte fich von den
preuß. Groberungen bie Feſtung Erfurt vorbehalten,
die gewiljermaßen als Bundesfejtung behandelt und
teils mit franz., teils mit Nheinbundstruppen be-
feht ward. Am 16. Febr. 1810 erhielt der Fürit
Primas den Titel eines Großherzogs von Frant:
furt. Der Proteltor des Bundes " ft vergriff ſich
zuerſt an der Sicherheit und Unabhängigkeit ſeiner
Bundesgenoſſen, indem er durch Dekret vom 13.
Dez. 1810 folgende Rheinbundsfüriten der ihnen
durd die Bundesalte zugeficherten Selbftändigteit
beraubte: 1) ben Herzog von Oldenburg, weldem
er fein Herzogtum a und bloß das Fürſtentum
Lübed ließ; 2) den Herzog von Arenberg, von deſſen
Landen ein Teil mit Frantreic, das übrige aber
mit dem Großherzogtum Berg vereinigt wurde; 3)
die Fürſten von Salm:Salm und Salm-Syrburg,
deren Beſißungen gleichfall3 mit Frankreich ver:
bunden wurden. Auch vom Großherzogtum Berg
und dem Königreich Weſtfalen wurden bedeutende |
Zeile zu Frankreich gezogen. Das Ganze biejer ge: |
waltjamen Abtrennung betrug 29300 qkm mit
über 1130000 E., ſodaß alſo dem Bunde noch
296450 qkm und gegen 13’, Mill. E. verblieben.
Das J. 1813 machte dent R. ein Ende. Die Herzöge
von Wedlenburg: Schwerin und von Medlenburg:
—— welche die legten geweſen waren, die ſich
angeſchloſſen hatten, waren, gleich als Preußen ſich
mit Rußland gegen Napoleon vereinigte, bie erſten,
= Rheine 665
welche ſich wieder losſagten. Yhnen- folgten bie
Könige von Bayern und Württemberg. Andere
zögerten länger, wofur z. B. der König von Sadjen
mit dem Verluſte feines halben Königreichs büßen
mußte. - Das Königreich Weftfalen und die Groß:
berzogtümer Berg und Frankfurt wurden ganz auf:
gehoben.. Die Fürften von Iſenburg und von und
zu der Leyen unterlagen der Mediatiſation. Auch
der Herzog von Arenberg und die Fürjten von Salm
blieben medintifiert.
Bol. Luchefini, «Hiſtor. Entwidelung der Ur:
ſachen und Wirkungen des NR.» (2 Bde., Lpz. 1821
25); Häufier, «Deutſche Geſchichte vom Tode
Friedrichs d. Gr. bis zur Gründung des Deutſchen
Bundes» (4. Aufl., Bd. 2. u. 3, Berl, 1869),
‚RhHeindahlen (Dablen), Stabt im preuß. Me:
gierungsbezirt Düffeldorf, Kreis Münden :Glad:
bad, Station der Linie Müncen:Gladbad: Dahl:
beim der Preußiſchen Staatsbahnen , zählt (1880)
1710, als Bürgermeijterei_ 6072 meijt lath. E. und
hat Flachsbau, Samt:, Seiden: und Leinweberei
und Gerbereien, NR. wurde 1352 Stadt; hier ſchlug
1568 Alba den Prinzen von Dranien. :
Nheindepartementd hieben bis 1871 die bei:
den weitlichiten Departements von Syranlreicd),
welche durd den Frankfurter Frieden bis auf das
Territorium von Belfort an Deutfchland kamen,
Das Depart, Oberrhein (Haut-Rhin) entiprad)
etwa bem- jekigen Bezirt Ober-Elſaß, das Depart.
Niederrhein (Bas-Rhin) dem Bezirk Unter-Elſaß.
(S. Elia.)
heine, Stadt im preuß. Negierungsbezirt
Müniter, Kreis Steinfurt, lints an der Ems, Sta:
tion der Linien Soejt:Emden, Yöhne:R. und Duis—
burg : Quatenbrüd der Preußiſchen Staatsbahnen,
it Hauptort der Standesherrichaft Aheina:Wolbed,
Eik eines Amtsgerichts und eines Hauptiteuer:
amtes, zählt (1885) 5652 meilt kath. E. und hat
ein kath. Gymnafium, eine höhere Töchterfchule,
ein Krankenhaus, ein Waiſenhaus, drei Baumwoll:
und eine Juteipinnerei, drei Baummollwebereien,
eine Tabalsfabrit, eine Gifengiekerei mit Maſchi—
nenfabrif, eine Dampfmühle, mehrere Kaltbrenne:
reien, eine Leinweberei, eine Wolltuchmweberei, Groß:
handel mit Kolonialwaren und Schiffahrt; 2 km
nördlich der Stadt in der Bauerſchaft Bentlage
mit [1885] 399 €.) befinden ſich das Schloß des
ürften von Rheina:Wolbed und die Saline Got:
tesgabe, welde ee 10—11000 Etr. Salz
liefert. — R. urtundlich zuerft 838 genannt (Reine,
Reni), lag damals im Gau Burfibant, gehörte zum
Bistum Münfter und erhielt 1327 Stadtredt.
Die Standesherrfihaft, das Fürjtentum
Rheina:Wolbed, mit 556 qkm und etwa
25000 E., größernteils zur Provinz Weitfalen,
Heinernteil® zur Provinz Hannover anorg, war
bis 1803 ein Teil de3 Bistums Münſter, kam
dur den Neihsdeputationshaupticluß an das
Haus Looz-Corswarem, wurde 1806 mediatiliert
und dem Großherzogtum Berg, 1810 dem franz.
Kaiferreich einverleibt, 1815 aber dem Haufe Yoo;-
Gorswarem zurüdgegeben; als lepteres im Manns:
ſtamme erloſch, kam es an den Grafen Lannoy—
Glervaur; lehterer wurde 15. DE. 1840 zum Fürjten
von Rheina:MWolbed, fpäter zum erblichen Mitglied
des preuß. Herrenbaufes erhoben und erhielt durch
fönigl, Kabinettsordre vom 22. Dit, 1861 das Prä:
dilat Durchlaucht. Jehiges Haupt des Haufes iſt
Fürſt Arthur, geb. 19. Febr. 1833.
666
Rheine, beribmtes Schloß im Kreife Ahr:
weiler de3 preuß. Negierungsbezirts Koblenz, am
linten Rheinufer, 10 km unterhalb Andernad, über
dem Dörfchen Thal:Rheined, am Eingange zu
dent auf die Eifel führenden Brohlthal, war ehe:
mals Sitz des Burggrafen von R. Nach ber Zer—
ftörung durd König Konrad III. wurde das Schloß
von dem Erzbifchof von Köln wieder neu aufgebaut,
1689 von den Franzofen, 1692 von Kurtöln zerftört
und 1785 durch Feuersbrunſt verwüſtet, fodaß nur
nod) der hohe vieredige Wartturm übrigblieb. Der
Herr M. A. von Berhmann:Hollmeg kaufte die
Ruine und ließ 1832 durd den Baumeifter 3. C.
von Laſaulx ein neues Schloß im Rundbogenftil
aufführen. Es enthält wertvolle Gemälde und an:
dere Runftgegenftände und bietet eine prachtvolle,
überrafhende Ausfiht auf den Nheinftrom von
Andernach bis zum Apollinarisberg bei Remagen
und in das Siebengebirae,
Rheine, Städtchen im Yezirt Negro en
bes ſchweiz. Kantons St. Gallen, liegt, 410 m über
dem Meere, 7 km öftlih von Rorichäch auf dem
linten Ufer des Rheins, der 4, km unterhalb des
Drtes in den Bodenfee mündet, an der Linie Chur:
Rorſchach-St. Gallen der Vereinigten Schweizer:
bahnen, beſiht ein Rathaus, eine ſtattliche Simul:
tankirche, eine Realichule , ein Waijenhaus und ein
Epital und zählt (1880) 1707 meift reform. E.,
deren Haupterwerböquellen der Weinbau und die
Baummwollinduftrie (Stiderei, Zwirnerei) find. Bis
1798 war die Stadt der Sitz der eidgenöjliichen
Landvögte des Unterrbeinthals, 1
Rheinfälle (bei Schafihaufen, Bund, Saufen:
burg und Rheinfelden), j. unter Rhein.
heinfelden, Hauptſtadt des gleihnamigen
Bezirks (113 qkm, 11227 E.) im ſchweiz. Hanton
Aargau, liegt 264 m über dem Meere, 15 km öjts
lih von Bafel auf dem linten Ufer des Rheins,
der bier zwei Stromjchnellen, das Gewild und den
Höllenhaden, bildet, an _der Bözbergbahn (Bajel:
sruag). ‚gegenüber der Station R. der badiſchen
Linie Baſel-Waldshut, und zählt (1880) 2243 meiſt
lath. E., deren Haupterwerbsquellen neben Feld:
und Weinbau die Salmenfiiherei, die Ausbeutung
der 1", km oberhalb N. am Rhein gelegenen Sa:
linen und die Gigarrenfabrifation find. Das alter:
tümliche, teilweije noch von Mauern und Türmen
umiclojjene Städtchen befigt eine große Pfarrkirche,
ein altes Rathaus, ein Spital, ein Brogymnafium,
mehrere vielbejuchte Kurhäuſer mit Solbädern
und einen hübſchen öffentlihen Part auf der mit:
ten im Rhein gelegenen, mit beiden Ufern burd)
Brüden verbundenen Felsinſel, die früher die
ftarte Burg Stein trug. R. ftand einjt unter den
Grafen gleihen Namens, deren Geſchlecht 1090
mit Berchtold, dem Sohne des Gegenkönigs Rudolf
von Schwaben, ausjtarb, fam dann an die Zährin:
ger, 1218 an das Reich, 1331 an Bfterreid und
1801 durd den Frieden von Yundville an Frank—
rei, welches R. ſamt dem übrigen Fridthal 1802 | walluf und am naſſauiſchen
Nheined — Rheingait ,
‚ Rheinfeld, Schlob und ehemalige Feſtung am
linten Ufer des Rheins, 115 m über deſſen Spiegel
auf einem Felsabſatze, nahe unterhalb des Etädt:
chens St. Goar im preuf. —— sbezirl Ko:
blenz gelegen, wurde 1245 vom Grafen Diether III.
von Katzenellnbogen erbaut und erlangte jehr bald
als rhein. Zollftätte eine hohe Wichtigleit. Als
1479 der lekte Graf von Katzenellnbogen ftarb
erbte das Schloß defien Schwi
graf Heinri
Yandgrafen
’
ohn, der Land⸗
IV. von Heſſen-Kaſſel. Durch den
ilhelm III. wurde die Feſte bedeu-
tend verftärlt. Doch im Erbfolgekriege zwiſchen
eſſen Kafſel und HeſſenDarmſtadt mußte fie an
ehteres 1626 übergeben werben und erft 1647
wurde jie wieder von Heſſen-Kaſſel genommen.
Sie fam 1658 an den Landgrafen Erhit, den Stif:
ter der neuen rheinfelfiichen Linie, was mit Aur-
heilen zu vielen Differenzen führte. Nachdem der
Landgraf Ernit 1667 und 1688 dem Könige Lud⸗
wig XIV. bie Feſte im geheimen zur Übergabe an:
geboten, ließ fie lehterer im Dez. 1692 den
Generallieutenant Grafen Tallard mit24000MRann
(angeblich) einfließen. Doc die Bejagung unter
ben befi. General von Görz verteibigte ſich 1A mut:
voll, daß Tallard 1. Yan. 1693 wieder a
mußte. Am 1. Dez. 1758 überrumpelte da3
Regiment St.:Germain unter dem Marquis de
Caſtries die Feitung und hielt fie bis 1763 _befekt.
Im Revolutionsfriege von 1794 wurde fie aus
Unentihlofienheit de3 Generals Reſius den n:
zojen 1. Nov. übergeben. Im Frieden zu Baiel
von 1795 fam R. an Frankreich, und 1797 wurde
bie Feſtung geichleift. Nachdem R. 1815 den preuf.
einlanden einverleibt worden, kaufte es 1813
ber damalige Prinz von Preußen (Kaiſer Wil:
elm I.). gl Grebel, «Da3 Schloß und bie
tung R.» (St. Goar 1844).
Rheingau, ein 22 km langer und 10 km brei⸗
ter Zandftri längs des rechten Rheinufers, ebe-
mal3 zum Gate Mainz gehörig, jebt ein Teil
bes preuß. Regierungsbezirls Wiesbaden, wird
durch das Rheingaugebirge, welhes nur durch
ein kleines Thal von dem Taunusgebirge geichie:
ben iſt, gebildet und von bem Rheinjtrom beipült.
Der R. fängt bei dem Dorfe Niederwalluf unter:
alb Mainz an und endigt bei Rüdesheim; Haupt:
ort iſt Eltville (j. d.). Der R., eine der berrlichiten
Gegenden Deutihlands, ift durd das Gebirge
gegen bie Nord: und Oſtwinde geihügt, dagegen
der Mittagsjonne audgefekt, jodaß die Rheins
auer Weine die beiten ber Rheinweine find. In
NRüdficht feines Weinbaues wird der R. in die obere
und untere Gemarkung eingeteilt, d. b. in bie Dör-
fer der Höhe und die Dörfer längs des Ufer. Die
beiten Weinbergslagen find ber Gräfenberg, ver
Rauenthaler Berg, der Marlobrunnen, ber Stein:
berg, der Johannis: und Rübdesheimer Berg und
Aßmannshauſen. m weitern Sinne verjtebt man
unter Rheingauer Weinen auch die oberhalb Nieder:
ainufer, bejonders
der Helvetiichen Nepublit abtrat. Als Grenzfeſtung bei Hochheim (f. d.), erzeugten Weine. Außer Wein
und Rheinübergang erlitt R., wie die andern vor:
beröjterr. Maldjtädte, öfters harte Kriegsichidiale,
namentlid im Dreibigjährigen Kriege, in dem es
1632 und 1634 von den Schweden und 1638 nad)
der Schladht bei R. (3. März) von Bernhard von
Weimar eingenommen wurde, und im Oſterreichi⸗
ſchen Erbfolgetriege, in weldem die Franzofen
1744 bie Feſtung ſchleiften.
wird auch viel Obſt gebaut. Seit dem 11.
war der R. auf der Landjeite mit einem Verhau
oder — mit einer von durcheinander ge—
ſchlungenen Bäumen gebildeten undurchdringlichen
Hede, das Gebüd genannt, umgeben und außerdem
durch einen breiten Graben und mehrere B
gelsünt. Nachdem aber der Herzog Bernhard von
Reimar 1631 es zuerjt durchbrochen und den R.
brb.
Nheingrafen — Rheiniſcher Städtebund
erobert, wurde es nad und nad) abgetragen. —
Der Kreis Rheingau des preuß. — —
bezirls Wiesbaden eritredt ſich bis zur Mündung
der Lahn und bat auf 552 qkm (1880) 61077 E.
davon 16284 Evangeliſche, 44236 Katholiken und
558 Juden; das Yandratsamt befindet jich in Ru:
desheim. 5, 3 Bro;. des Areals find Meingärten,
Bal. Fauſt, «Der Weinbau i im R.» (Rudesh. En
a nn Rheingauer en (Frankf. a.
Maßstab 1.300000
667
ſchnittlichen Jahresertrag von 500000 bl Wein.
Die nambafteften Orte für weiße Weine find der
Scharlachberg bei Büdesheim an der Nahe unweit
Bingen, Yaubenheim, Bodenheim, Nierftein, Oppen:
beim und Worms (Piebfrauenmild); für Rotwein
Ober: und Nieberingelheim, Gundersheim und
Heideöheim. Der Hauptort des fehr bedeutenden
Weinhandel it Mainz. R. gehörte 1801 —14,
wie Rheinbagern, zum franz. Depart, Mont: Ton:
—— ———
Die Hauptftadt it Mainz.
Karte bed Rheingaues.
Rheingrafen nannte ſich ein Geſ Hr t, wel:
ches zuerit im 12. Jahrh. unter den ijterialen
biſchofs von Mainz vorlommt; ob fie mit
den Bil und Raugrafen (
* oder a a mit ihnen ſich vereinigten, ift frag:
eihögraien von Daun und Kyrburg
in — Linien geteilt, erhielten ſie * * zum
—ã des Reichs 8 — der Grafſchaften
Rhei er Kirn, Oberſtein und Daun, neb
Heirat erworbenen gefürfteten Graf:
Salm am nörbl. Ende der Bogefen.
rafenftein, Ruine bei Kreuznach (ſ. d.).
8 ve = die ale, —— bevöltertite
rovi toßberzogtum fien
Shein {m O D. ge Gem —— und
im N. von Heſſen⸗Raſſau geſchieden, im W. durch
die Nabe von ber preuß. Rheinprovinz getrennt
und im ©. von Rheinbayern begrenzt, zählt 1880
auf 1374 qkın in 8 Städten, 12 Fleden und 169
Dörfern 277152 €. Gtwas über bie Hälfte der
aber üt latholiſch. Das Land iſt meift
— r und gehört zu den am reichſten bebauten
und am en — ſowie geſchichtlich
intereſſanteſten Gebieten Deutſchlands. &in Haupt:
erzeugnis der Bodenkultur i an Bein; die Provinz
bat etwa 10000 ha Weinberge mit einem durch—
d.) gleicher Abkunft | de
ft | drei griftlißen Kurfüriten, der Bilde
Die Provinz zerfällt in fünf Kreife. Gymnafien be:
ftehen in Mainz und Worms, Reali ee zu Mainz,
Alzei, Bingen, Oppenheim und in Verbind mit
m Gymnafium zu Worms; — beſteht in
Mainz ein Realgymnaſium. (Bo Karte: Rheins
land x. U. Süplihe Hälfte, zu Artikel: Rheins
ALL ©. 668.
inifche Allianz, yo Bund, melden bie
Len Mün:
er, ber König von Schweden, die Fürjten von
falj.Reubur ‚Lüneburg und Heſſen⸗Kaſſel 14. Aug.
1658 zu Fran turt fhlofjen und 15. Yug. Lud⸗
wigXIV.beitrat; er war gegen ben Kaifer Leopold I.
jr baber und —* dem | im Reiche
t. Nach ur ünfterfchen Kriege
le 1 ug —* 1667 auf.
heiniſcher Städtebund beißt eine Bereinis
gun deuticher Städte zum Zwede des Landfriedens
zu Anfang 1254 — von — Dppen:
— und Worms geſchloſſen,
rung bes fog. Interregnums ich ic nell am nn
bis nad Weſtfalen ausbreitete, durch ae
Herren ſich verftärkte und yeitweife * —2
ihrem Bereich dem Fehdeweſen ſteuerte.
obwohl der Bund ſich nad dem Tode König Wil⸗
helms von Holland 1256 verpflichtete, nur einen
668
einmütig erwählten König anzuerkennen, blieb er
diefem Grundſaßtze nicht treu, als faft gleichzeitig
hard von Cornwallis und Alfons X. von Gafti:
lien 1257 erwählt wurben, und fo verlor er durch
feine .. Spaltung alle Bedeutun . Bol. Buffon,
«Zur Geſchichte des großen Land iedensbundes
—— Städte 1254» en: 1874); Weizfäder,
«Der Rheinische Bund» (Tüb. 1879). In der Zeit
König Wenzels traten die rhein. Städte von neuem
zufanımen, ohne jedoch eine ſolche Rolle zu fpielen,
wie =: itig die Hanfa und der Schwäbiſche
Bund, br iederlage bei Worms 1388 durd
Bialaraf uprecht II. jprengte den Bund.
Rheinfiefel, waſſerhelle Gerölle von Quarz
aus dem Flußbett des Rheins,
Nheinfreife. Der Rhein gab früher dem Ober:
rbeinifhenunddemKurr einifchen oder Nie—
derrheiniſchen ie des Deutihen Reichs,
ſowie 1815—24 der preuß. Provinz Niederrhein,
die ſeitdem mit Kleve:Berg En der Rheinprovinz
(f.d.) vereinigt ift, ferner dem bayrifchen R. den Na:
men, ber jet Rheinpfalz (j. d.), Pfalz oder auch
wohl Rheinbayern genannt wird, fowie dem Ober:,
Mittel: und HH bes Großher⸗
ogtums Baden, die feit 1864 auf neun befondere
erwaltungs: und Gerichtskreiſe verteilt find. Auch
wird die Provin Rheinheſſen des Großherzog:
tums Hefien na m benannt.
Rheinland, j. ——
Rhelulandiſcher Gulden, |. Gulden. |
in:Marnefanal oder Marne-Rhein—
fanal, f. unter Marne,
tal (amtlich
Nheinp ober Bayriſche
arte Fraßer Abeintreie te einbayern),
bayr. — am linken Rheinufer, voni
bayr. Hauptlande getrennt, nördlich vom Groß—
herzogtum Heſſen und dem preuß. Regierungsbezirt
Koblenz, weſtlich von den Bezirlen Koblenz und
Trier, ſadüch von Cljaß-Lothringen, öftlih von
Baden begrenzt, beiteht aus Teilen der alten
Speier:, Wormd:, Nabe:, Was: und Bliesgaue,
beziehungsweife den nad) dem zweiten Barifer Yrie‘
ben von 1815 erworbenen kurpfälz. Fürftentümern
weibrüden, Lautern und neben, dem Bistum
peier, dem fürftl. naſſauiſchen Kirchheimbolan—
den und zablreichen Befigungen verjchiedener (mehr
als 40) reihsunmittelbarer Ritter und Herren, wie
Sidingen, Yeiningen Hanau Lichtenberg, Falten:
ftein u. f. w., umfaßt in 12 Bezirfsämtern, 30
Amtsgerichten, 711 Gemeinden mit 1909 Ort:
ihaften auf 5928 qkm in 144563 Hausbaltun-
en (1880) 677281 E., wovon 369024 Prote:
tanten, 293399 Sutholiten, 11998 Söraeliten,
I Karton auf Karte: Bayern, Bd. II, ©. 618,
und Karte: Eljaß:Lothringenund Bayrijche
Pfalz, Bd, VI, ©. 77.
Bon der Bevölterung find faft 54 Proz. in Land:
und Forſtwirtſchaft, vorzugsweiie in Mein:, Ader:
und Gartenbau, 34 Proz. in Induftrie, Handel
und Verkehr beihäftigt. Die Gewerbthätigfeit
üt in Stadt und Land ungemein rege und viel:
— Von der Bodenrläche find 45'% Bros.
(der und Garten, 38 Proz. Waldung, 9 Proz.
Wiefen, 2 Proz. Weiden und 1%, Proz. Weinberge,
welde die vortrefflichſten Trauben (j. Pfälzer
Weine) liefern. Der Hauptiluß des Negierungs:
bezirks iſt der an, der die on Örenzlinie bildet
und Base Heine Nebenflüle aufnimmt. Faſt
parallel dem Rhein in einer Entfernung von 30km
Rheinkiefel — Rheinprovinz
zieht von Süden nah. Norben durch bie ganze Rial;
ein Ausläufer der — die — mit Höben
bis zu 700 m, Daran jchließt ih der raube, aber
an Mineralien, insbefondere Koblen und Sal;
reihe Weſtrich. Die Aheinebene bietet bei jebr
mildem Klima Getreide, Obit, Tabak, Flachs in
jeltener Fülle und Güte. Die bedeutendften Stäbte
der Pfalz find Kaiferslautern, Speier (Negierungs:
und Bischofsfis) und Ludwigshafen. Val. Kolb,
«Statijt.:topogr. Schilderung von R.» (2 Bbe,,
Speier 1831—35); Niehl, «Die Piäßer» (Stuttg.
1857); Beder, «Die Pfalz und die Viälzer» (2py.
1858); «Bavaria, Landes: und Völterfunde der
bayr. Rheinpfalz · (Münd. 1867); Mehlis, «Fahr:
ten durch die Pralz» (Augsb, 1877); Voigtländer,
«Pfalzführer» (4. Aufl., Kreuznach 1882).
Rheinprovinz, auh Rheinland, feltener
Nheinpreußen genannt, die weitlichite und volts:
dichtejte Provinz des preuß. Staats, hatte nach der
Zählung von 1880 auf einer Fläche von 26 987,7 qkm
4074000 E,, während fih die Bevölferungszahl
1843 auf 2679508, 1819 noch auf 1870908 belief.
Die Bewohner find der Abjtammung na jet nur
a nur in den Kreiſen Eupen, Malmedy
und Montjoie gibt es einige Taufend franzöfiie
iprechende Wallonen. Dem Religionsbefenntnis
nach zäblte die N. 1880: 1076355 evangeliiche,
„| 2944150 romiſch⸗ latholiſche, 7869 fonftige Ehriften
und 43694 Juden. Im N, grenzt die R. an bie
Niederlande, im D. an Weitfalen, Helfen: Nafjau,
Rheinheſſen und Nheinbayern, im S. und SW, an
Deutich:Lothringen, im W. an Luremburg, Belgien
und die Niederlande. Die Hauptmafle der —**
liegt im Weſten, der bei weitem kleinere Teil im
Oſten des Rheins. Auf der linlsrhein. Seite um:
johließt die Provinz das oldenburg. Fürftentum
Birkenfeld, auf der rechtsrheiniſchen bildet der reis
Werlar eine Ertlave; im übrigen ift fie ein ge:
ichlojienes Gebiet. Noch zur Zeit des Luneviller
Friedens (1801), der alle weitrhein. Gebiete Deutic-
lands an Frankreich brachte, lagen im Umfang der
jebigen R. gegen 100 reichsunmittelbare Territo:
rien, Diejelben famen 1815 durch Beichlu des
Wiener Hongrefies an Preußen, deſſen Beliktum
bier durch den zweiten Pariſer Frieden noch etwas
vergrößert wurde. Die Provinz umfaßt die jeit
1609 mit Preußen vereinigten Herzogtümter Kleve
und Geldern, das Fürſtentum Mörs (feit 1702),
ferner die Herzogtümer Jülih und Berg nebit
andern ehemals kurpfälz. Bejikungen, das vor:
malige Erzbistum Trier, das Ober: und das Nie:
deritift des Erzbistums Köln, Teile des Erzitifts
Mainz, der Herzogtümer Lothringen, Luremburg
und Limburg, 4 Fürſtentümer, 13 Grafihaften,
3 Burgarafibaften, 38 Herrichaften, 7 reichäun-
mittelbare Abteien, die 3 ebemaligen freien Reichs:
ftädte Köln, Naben und Meslar, mehrere freie
Reichsdörfer und ritterfchaftliche Gebiete. - Nach
übernahme der Nheinlande teilte die preuß. Negie-
rung dieſelben in die zwei Provinzen: Jülich:
Kleve:Berg mit den Negierungsbezirten Kleve,
Düfjeldorf und Köln, und Niederrhein mit den
Regierungsbezirken Koblenz, Trier und Aachen
Doch ſchon 1821 wurden die Negierungsbesirte
Kleve und Düſſeldorf in einen zujammengezogen,
und 1824 verjchmolzen die beiden Provinzen in die
eine R. Nur im preuß, Titel erfcheint noch ein
«Großherzogtum Niederrhein», ein unbiftor. Gebilde
mit verfebltem Namen. Dem damaligen Beitande
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trdtalt. briprig Zu den Artikeln: Nhoinprovinz Wertfalen u.s.w.
Rheinprovinz
der R. wurde dann 1834 noch das coburgifche Fürs
ftentum Lichtenberg (f. d.), das den jegigen Kreis
St. Wendel bildet, und 1866 das ehemals hefien:
bomburgiihe Oberamt Meifenheim, jetzt Kreis
Meifenbeim, binnugefüet. Hierzu zwei Karten:
Rheinland, Weitfalen, Heffen:Naffau
(preuß. Brovinzen) und Großherzogtum Heſ—
fen (I. Nörblide Hälfte. II. Süpli Satite).
Der phyſiſchen — * nach gehört der
Teil der Provinz, welcher nördlich einer Linie von
Bonn über Düren nach Aachen liegt, dem flachen
oder nur Schwach gewellten Tieflande, der ſüdlich
davon gelegene Zeil dem niederrhein. Schiefer:
ebirge an. Rechts des Rheins wird fie von Aus:
äufern des Mefterwaldes, wozu das Siebengebirge
gehört, und von Abzweigungen der weitfäl. Ge:
birge, linls des Rheins von dem Saarbrüder
Steintohlengebirge, dem waldigen Hundsrüd mit
dem Soons, Binger:, dar: und Hochwald, von
der rauhen und öden vullanischen Eifel, dem Hohen
Benn und einem Seitenzweig der Ardennen erfüllt.
Alle diefe linksrhein. Gebirge bilden teils wald:
reiche, teild lahle und moorige, now von
450— 600 m Meereshöhe, die vielfach von tiefen,
landſchaftlich en lußthälern zerrifien find und
in diefen meiſt fteile Abfälle eigen. Die einzelnen
Bergkuppen, obſchon von bemerfenöwerter See:
gabe, treten deshalb nicht überall auffällig hervor.
u erwähnen find der Simmerer Kopf 1. m),
der Dppeler Kopf (642 m) und der Lühelioon im
Soonwald, der Idarkopf (737 m), die Zweifteine
(781 m) und das Steingerüttel (784 m) im dar:
wald, der Walderbestopf (818 m) im Hochwald,
die ar Acht (760 m), der Schauerberg (663 m),
der telberg (674 m) und der Grrensberg (691 m)
auf der Eifel und die Botrande (695 m) auf dem
Hohen Venn. Der Rhein, Hauptiluß der Provinz
und Lebensaber bes Handels und Verlehrs, durch:
fließt diefelbe auf einer Strede von 332 km und
nimmt im ihrem Gebiet auf, rechts; die Sayn,
Wied, ER den Strunderbad) (bei Mülheim), die
Wupper, Itter, Düfiel, Anger, Ruhr, Emſcher
und Lippe; lints: die Nahe, Moſel mit der Saar,
Sauer, Kyll, Liefer und Alf, den Brohlbach, die
Nette, Ahr und Erft. Dazu fommen die dem
Maasgebiet angehörigen Flüſſe Warge, Geule,
Noer, Schwalm und Niers. An Landieen ift die
RN. arm, Im Kreife Kempen bei Kaldenlirchen und
im Kreiſe Geldern gibt es einige größere Teiche und
| Wefel
669
ungünjtigeres Klima als Dftpreußen. Die Regen:
menge jhwanlt von 589 mm in Köln bis 781 mm
in Kleve; das enllavierte Birkenfeld hat 878 mm
mittlere Regenmenge.
Die Hauptbef af ung ber fleißigen und intellis
genten Rheinländer iſt Induſtrie, Handel und Ber:
ehr. Aderbau und Viehzucht treten hier im ganzen
mehr zurüd. Bei der Berufszählung von 1882
wurden unter der Bevölferung 1723367 Erwerbs:
thätige und 2385136 Angehörige ohne Hauptberuf
ermittelt, und von jenen eritern waren nurdo se Proz.
in ber Bodennuhung und Tierzucht, dagegen 42,89
in Induſtrie und Gewerbe, und 8,54 in Handel und
Vertehr beihäftigt, während 7,98 in aber
Dienftleiftungen und 4,65 Proz. im Heer: und Ver:
waltungsbdiente und in den freien Berufen erwerbs:
thätig waren. Die Landwirtſchaft jtühte ſich ganz
überwiegend auf den Klein: und mittlern Betrieb,
wie denn aud der Grundbeſih pe mehr als in
andern Provinzen Preußens geteilt ift. Die Boden:
bei&affenheit der Provinz ift ſehr verſchieden.
Weizenboden findet fid) in allen ebenern Gegenden,
mit Ausnahme der fandigen und kiefigen Kreife
Kleve und Kempen. Den beften Boden hat bie
Nheinebene des Kreiſes Bonn und der füdl. Teil
des Kreiſes erg Im allgemeinen iſt als der
fruchtbarſte Teil des Iachlandee das fog. Jülicher
Land («des Heiligen Rom. Reichs Kornlammer »)
zu ie nen, —* ſich über die Kreiſe ülich,
Glad 33 Grevenbroich, Bergheim, den Norden
des Kreiſes Düren und einige angrenzende Kreiſe
erſtredt. Reich iſt die N. au an Hol, ieſenwachs
und vorzüglich an Wein, der am Rhein, an der
Mofel und Saar, an der Ahr und Nahe gebaut
wird und nebſt Obſt aller Art einen Hauptgegens
ftand der Ausfuhr bildet. Der Weinbau (ſ. Rhein:
weine) wird übrigens in weit größerm Umfange
an ber u als am Rheine betrieben. Von der
Geſamtfläche der Provinz waren 1883: 46,3 Proz.
Ader: und Gartenland, 7,7 MWiefen, 9,7 Weiden,
Hutungen, Ed: und Unland, 0,19 (13 171,ı ha)
Weinberge, 30,7 Foriten und Holzungen, 1,3 Haus
und Hofräume und 3,8 Proz. Wegeland, Gewäfler
u. ſ. w. Die Waldungen, vielfah Niederwald und
Eichenſchälwald, bejtehen zu 79,1 Proz. aus Laub:
holz und liefern u. a. anjehnlide Mengen Gerb:
rinde, für welche in Trier, St. Goar, Boppard,
und andern Blägen größere Märkte abge:
balten werden. Die Viehzucht ift nur jür Rindvieh
auf der vulkaniſchen Eifel neben mehrern Heinern | bedeutend; die nicht umfängliche Pferdezucht beför:
Kraterieen (f. Maare) den berühmten Laacheriee.
(S. Yaadı.)
Saar : Koblentanal (63,5 km), der Duisburger
Rbeintanal (4,5km), der Nubrorter Kanal (0,skın),
der Spoytanal famt dem jog. Alten Rhein zwiſchen
Scentenihanz und Griethaufen, zur Verbindung
Kleves mit dem Rhein bejtimmt (9,4 km), der
Rheinberger Kanal (3,5 km), der Erftlanal, der die
Erft von ihrer Mündung bei GT nepeuien auf:
wärts big Neuß ſchiffbar macht (4 km), und der
fehr kurze Nordlanal. Das Klima ift auf den Hod):
ebenen raub, in den Flußthälern und der Tiefebene
aber aufierordentlich mild, ſodaß bier mancherorten
die Flora Oberitaliens pebeibt: Kleve, Boppard,
Krefeld, Trier, Köln baben Yahrestemperatur:
mittel von 9 bis 10,2° C. und das Monatsmittel
fintt bier niemals unter Null. Das nebel: und
fchneereihe Hohe Venn, die Eifel und Teile des ; Alaun, vornehmlich aber Glauberfalz und
dert das Yandgeitüt zu Widerath im reife Greven:
Von Kanälen find zu nennen der broich mit 65 Landbeſchälern, aber nur 29 Ded:
jtationen. Die nduftrie und der Gewerbefleiß, in
welchen die R. allen andern Provinzen ‘Preußens
Ä —— und welche zu den entwideltiten im Deuts
ſchen Reiche gehören, jtügen fi auf unermeßliche
Steinloblenlager und andere mineraliiche Schätze.
Die Mittelpuntte des Steinlohlenbergbaues liegen
an der Ruhr und an der Saar (hier überwiegend
fistalifcher Betrieb), ſchwächere Betriebsftätten bei
| Aachen und Eſchweiler (Inde- und Wurmrevier).
| Brauntohlen werden bei Brühl im Kreiſe Köln ab:
‚ gebaut. Der Erzbergbau fördert die verſchiedenſten
| Mineralien: Eiſenerz, Blei:, Galmei:, Zink: und
Aupfererze, Kupferlies, Quedjilbererz, Mangan:
‚ erz, Schwetelties, Alaunerz u. ſ. w. Der Salinen:
‚ betrieb liefert Kochſalz, Ichwefeliaure —25 —
chwefel⸗
Hundsrüd haben dagegen im ganzen faſt ein noch ſaures Kali. Zum Teil großartigen Umfangs find
670
bie Steinbrühe von Dachſchiefer, Gips, Traß und
Tuffitein, Yavamühlitein, Sanditein und all.
Pfeifen⸗ und Zöpferthongruben liefern vorzüg:
liches Material für eine bochentwidelte leramiſche
Induſtrie (Mettlah). Die Glasindujtrie (Saar:
— Stolberg) zählt zu den leiltungsfäbig:
jten. Einen Ss wie Umfang bat die Hütten:
induftrie und Kia — Eifenwerle find
zu Duisburg, Düffeldorf, Eſſen, Dberhauſen, Köln,
Deus, Gichweiler, Neunkirchen, bei Trier, zu Dil:
lingen, Stolberg u. |. w.; hervorragend find ferner:
Kleineiſen- und Stablwareninduitrie (Solingen,
Remiceid, Lennep), Nähnadelfabrilation (Aachen,
Burtjgeid), Mejfingwareninduftrie (Aachen, Stol:
berg), Drabt: und Drabtfeilinduftrie, Maichinen:
bau, Heritellung von Lolomotiven, Dampftefieln,
Eiſenbahnſchienen, Panzerplatten, Kanonen, Schub:
waffen und der Schifibau. Demnächſt find die
Erzeugnifje der Tertilinduftrie berübmt, jo die
aadener und burticheider Tuche und Budjkinz, die
MWollzeuge von Düren, Elberfeld, Gupen, Yennep,
Kettwig, Werden u, f. w,, die Seidenwaren von
Krefeld und Elberfeld, die halbjeidenen, Eamt:
und gemifchten Waren von Giberfeld, Barmen,
Mülheim a. Nh., Rheydt, Vierfen, D.:Gladbadı
u.f. w., die Bandwaren, Lißen, Kordeln und Stoff:
Inöpfe von Elberfeld und Barmen, die Baummoll:
waren aus dem Wupperthale, wo aud die Tür:
tifchrotfärberei ihren Hauptſiß hat, die Leinenwaren
der Kreiſe Münden: Glabbah, Grevenbroid und
Neuß u.f.w. Auch die Gerberei und Pederinduftrie
(Malmedy, St. Vith), die Bapierinduitrie (reis
Jülich, Düren), die dem. Großinduſtrie, die Spreng:
itoff: und Farbenfabrifation (Köln, Duisburg, bei
Aachen, im Rubrtbale, im Saargebiete),dieSchaum:
weinfabrifation (Koblenz), die Zuder: und Tabat:
fabritation, die Bierbrauerei und andere Gewerbe:
zweige weilen eine hohe Entwidelung auf. Abae:
ehen von dem Kleinbetriebe in den bürgerlichen
Gewerben und einer fehr umfänglichen Hausindu:
ftrie in der Tertil: und Rleineifeninduftrie beherricht
der Großbetrieb den gefamten Gewerbfleiß. Bei
einer jo großartigen und vieljeitigen Induſtrie mit
ihrem mächtigen Erport haben auch Handel und Ver:
fehr eine entfprechende Entwidelung erlangt. Die
Städte Köln, Koblenz, Duisburg, Düſſeldorf,
Aachen, Ruhrort, Weſel und andere find hervor:
ragende Handelspläßze. Die bereitö erwähnten
Waſſerſtraßen (zufammen über 1200 km), ein wohl:
ausgebildetes Ne von Kunſtſtraßen (1880: 6535 km
Provinzialhauffeen und mehrere taufend Silo:
meter Kreis: und Gemeindechauſſeen), ſowie (1885)
2933 km Gifenbabnen (108,7 m auf 1 qkm, d. i.
die höchſte Cifenbabnausjtattungsziffer unter allen
Provinzen Preußens) bilden einen Neichtum an
Verlehrswegen, wie er in folder Fülle in keiner
andern preuß. Provinz angetroffen wird, Abge:
jehen von dem Güterverkehr führt die Lage der
Provinz an mehrern europ. Verkehrsjtraßen und
namentlih aud der Neichtum an landicaftlichen
Schönheiten in den maleriſchen Flußthälern mit
ihren Burgen auf den Nebenhügeln und den zadi:
nen Feljen, fowie die beilfräftigen Mineralquellen
und Bäder, deren Wäfler in alle Welt verfandt
werden, einen großen Fremdenverkehr in die R.
In abminiftrativer Hinficht ift die R. in die fünf
Negierungsbezirfe Koblenz mit 13, Düfjeldorf mit
21, Köln mit 11, Trier mit 13 und Aachen mit 11
landrätlihen reifen eingeteilt und befikt 140
Rheinprovinz
Städte und 3150 Landgemeinden. Sitz des Ober⸗
präfidenten, des Brovinzialihultollegiums und
des Medizinallollegiums ift Koblenz. Für die
Neihstagswahlen beitehen 35 Wabltreife. m
Herrenhauſe it die Provinz dur 33 Mitglieder
(davon 8 erblidye und 17 auf Bräfentation berufene)
vertreten; in das Abgeordnetenhaus wählt fie 62
Abgeordnete. Die evang. Kirchenangelegenbeiten
verwaltet dad Konfiftorium zu Koblenz (zugleich
für Hohenzollern). Für die röm.-tath. Kirche beitebt
das Erzbistum Köln mit den S
Trier und Münſter, von 7 Dela:
nate bes Negierungäbe;irtö elborf refiortieren.
In Bonn ift der Sik des altfath. Bilhofs. Mili
tärifh gehört der Hauptteil der Provinz zum
8. Armeelorp (Generallommando in Stoblenz,
Kommando der 15. Divifion in Köln, der 16. Di:
vifion in Trier), der Oſten und Nordoſten des
Regierungsbezirtd Düfjeldorf (Hauptteil, ohne die
Kreife Kempen, Neuß, Grevenbroih und lad:
bad) dagegen zum 7, Armeelorps (Kommando
der 14. Divifion in Düſſeldorf) und der Kreis
Weplar zum 11. Armeelorps. er Heine bil:
det den Bezirk des Oberla Köln, mit
Ausfhluß des Stadt: und eiſes Eſſen, der
Kreiſe Rees, Duisburg und im a. Ab.,
weldie zum Oberlandeögericht ſowie bes
Kreites Wetzlar, des Kreifes Neuwied, des größten
Teils des Kreiſes Altentirchen und eines Teils des
Kreifes Koblenz, melde zu Frankfurt a. M. ge
BR von nidhtpreuß. Gebieten gehört das olden⸗
urg. Fürjtentum Birkenfeld zu Köln. 1
beitehen zu Aachen, Bonn, Duisburg, el-
dorf, Elberfeld, Eſſen, Kleve, Koblenz, Köln, Reu:
wied, Saarbrüden und Trier. Das Preußiice
Sanbredt gilt nur in den Kreiſen Rees, Duis—
burg, Mülheim a. d. R. und Ejien (Stadt und
Land); das gemeine deutihe Recht gilt i
rheinischen, lints der Sieg ge
Negierungsbezirts Koblenz (ehemali des
Juſlizſenats Ghrenbreititein); die übrige i
it franz. Nechtögebiet. Gewerbegerichte en in
11, Handelstammern in 20 Gtäbten. _
des Berg: und Hüttenweiens unterjteht die R., aus:
ſchließlich der Areife Rees, Eſſen, Duisburg, Elber⸗
feld und eines Teils des Kreiſes Düſſeldorf, welche
zu Dortmund gehören, dem Oberbergamte zu Bonn,
deſſen Bezirk zugleich einen Teil von Weſtfalen, den
Regierungsbezirk Wiesbaden, Hohenzollern, ſowie
Waldech und Pyrmont umfaßt; die Verwaltung der
fisfaliihen Gruben und Hütten führen die königl.
Bergwerlsdirektion zu Saarbrüden, neun Berg:
inipeftionen und eine Bergfaktorei. Die Provinz
als Hommunalverband bejikt noch die ftändifce
Verfaſſung; die Brovinzialftände beitehen aus 80
Mitgliedern (Ritterihaft, Städte und Bauern je
25 Stimmen, außerdem 5 Biriljtimmen); der Bros
vinzialrat und der Yandesdireltor haben ihren Eik
u Düfjeldorf. Das geiftige Leben jteht auf einer
er Stufe; die — für Kunſt, Wiſſen⸗
ſchaft, allgemeine und jpezielle Bildungsjwede zäh—
len zu den beiten Deutſchlands. An Hochſchulen
bejtehen die 1818 geitiftete königl. Friedrich-Wil—
belms:Univerfität zu Bonn und mit ibr in Ver:
bindung, aber unter dem landwirtſchaftlichen Mi—
nifter ſſehend, die Landwirtſchaftliche Akademie zu
Roppelsdorf bei Bonn, ferner die lönigl. Rhei—
nich: Weftfälifche techniſche Hochſchule zu Aachen
und die königl. Kunſtalademie zu Düffeldorf. Reiche
Rhein-Rhönekanal — Rheinweine 671
Schähze bergen bie Provinzialmuſeen zu Bonn und | beitrug. Derſelbe ſtarb bier 3, Aug. 1802 und
Trier, ſowie die Landesbibliothek zu Düfleldorf. | wurde in den nach jeinem Blan im Bart ausge:
Die Provinz hat 28 Gymmafien, 15 Proaymma: | führten Grabgewölbe beigefeht. Nun ging der Be:
fien, 12 Realgymnafien, 12 Realprogymmafien, | fis an den Bringen Ferdinand, den dritten Bruder
3 Oberrealſchulen, 5 Realidulen, 6 höhere Bürger: | Friedrichs II., nad deſſen Tode 1813 an defien
ichulen, 15 Lehrer: und 2 Vehrerinnen:Seminare, | Sohn, den Prinzen Auguft, über. Seit deſſen Ab:
1 königl. Präparandenanftalt, 70 Mittelihulen, | leben 1843 gehört die Stabt —— und Part
4316 öffentlihe Bollsihulen, 1 Blinden: und | der fönigl. Verwaltung an. ol. Hoppe, «Chronil
8 Taubjtummens?ebranitalten, 2 Zandwirtichafts:, | von R.» (Neuruppin 1847); Schulz, «R., eine
3 Aderbau:, 1 Wiejenbau:, 8 Obftbaufdhulen, | Wanderung durch Schloß und Umgebung» (Neu:
1 Pomologiſches Inſtitut, 2 Mollereiſchulen, 200 ruppin 1879).
ländliche Fortbildungs⸗ und Winterſchulen, 3 Ge: nenne: 1. Qubwigshafen.
— 2 Handelsſchulen, 3 höhere Webe: Rheinftein, Schloß der Prinzen Alexander und
ihulen, 2 Berg: und 3 Bergvorihulen,, 1 Hütten: | Georg von Preußen, im Kreiſe St. Goar des Re:
idule, 1 308 chule für Metallinduftrie, 1 Fach- | gierumgsbezirt3 Koblenz, am linken Ufer und 80 m
ſchule für Kleineiſen-⸗ und Stahlinduftrie, 1 Eiſen- über dem Spiegel des Rheins, unweit unterhalb
bahnſchule, 6 Hunjtbandwert: und Zeichenſchulen,
3 Korbflechtſchulen, 13 Induſtrieſchulen u. ſ. w. und
zahlreiche gewerbliche Fortbildungsichulen, 1 Heb:
ammenlebranftalt, 1 Unteroffizierjchule, 1 Krieges
fchule und 1 Kadettenanftalt. Das Wappen der
Provinz iſt der preuß. Adler, auf deſſen Bruft ſich
ein gekrontes grünes Schild mit einen ſchrägrech—
ten filbernen Flüßchen befindet. Die Provinzials
farben find Grün: Weiß.
Litteratur. Veröffentlihungen des Tönigl.
GStatift. Bureaus; Hoder, «Die Großinduſtrie Rhein:
lands und Weitfalens » (2p3. 1867), A. Haßlacher,
«a Pitteratur über das nduftriegebiet an der Saar»
(Saarbr. 1879), «Dffizieller Aatalog der Gewerbe:
ausjtellung in Düffeldorf» (Duſſeld. 1880); Foriche:
piepe, «Adreßbuch der Berg: und Hüttenwerfe,
Majchinenfabrifen u. ſ. w. im niederrbein.:weitfäl.
Anduftriegebiet» (Mülh. a. d. R. 1880); MWegeler,
«Beiträge zur Spezialgeihidhte der Nheinlande»
(Kobl. 1880); Bid, «Materialien zur rhein. Pro:
vinzialgeſchichte » (Bonn 1883). 30. Olt. jedes Jahres findet hier nah alter
ein-Rhönekanal oder Nhöne: Rhein: | Stiftung ein großes Kinderfeſt ftatt. In Bezug
tanal, f. unter Ahöne. ‚auf Durchführung der Renovation und des Neu:
Rheinfänre, ſ. unter Rhabarber. | baues (nad) Plänen des Baumeijters von Yafaulr)
Rheinsberg, Heine, freundliche Stadt des Rup- iſt N. eine der ſchönſten Burgen des Rheins, Dies
piner Kreijes im preuß. Regierungsbezirt Pots- | jelbe_ enthält nicht unbedeutende Sammlungen.
danı, 74 km im RRW. von Berlin, 22 km im N. | (©. Tafel: Burgen, ig. 10.)
von der Hreisitabt — rg und 9 km von der | Rheinwaldgebirge, ſ. Adula.
medlenb. Grenze, am ſüdl. Ende des dem Havel: | Rheintweine beiken im allgemeinen die ſämt—
zufluß Rhin tributären Grinerit: oder Rheins: | lien im Flufgebiete des Nheins erbauten Weine;
bergerjees gelegen, ijt Siß eines Amtsgerichts, im fpeziellen unterfcheidet man diejelben wieder
bat ein Schloß mit Park, eine Steingutfabrif und nad) Charakter und Sulturregionen in: Rheins
(1885) 2250 E., die fi meiit von Aderbau und gauer (welche gern das Vorrecht in Anſpruch neb:
Viehzucht nähren. — Der Ort ging 1685 als erledig- men, die eigentlichen R. zu ſein), Mofel: (Saar:
tes Lehn der Familie Lohow an den Kurfürſten und Nahe:), Ahr: (Unterrhein:), Bergiträßer,
Friedrich Wilhelm über. Diejer ſchenlte R. dem Rheinheſſiſche und Pfälzer Weine. Das ges
General Du Hamel, der es noch in bemielben yabre ſamte Gebiet des N. (die Bergftraße ausgeſchloſſen)
1685 an den Hofrat von Beville für 12400 Thlr. umfabt ein Areal von 30000 ha mit einem durd)
verlaufte, Am 16. März 1734 kaufte Nönig Fried: | Ichnittlichen Jahresertrag von 1400000 hl. Darin
rid Wilhelm I. das Gut R., gab es zum Reſidenz- | find inbegriffen die edeliten und kojtbarften Sorten
ort dem Kronprinzen, dem nachmaligen König | der Welt, wie nit minder die allergewöhnlichſten
Friedrich II., und fuchte dem Städtchen (das 1739 Verbrauchsweine. Die beiten R. erzeugt der Rhein:
nur 709 E. zäblte) durch mandyerlei Begünitigungen | gau, mit Hochheim, dann folgen im Nange die Hoc:
aufzubelfen. Der Kronprinz ließ das alte Schloß | gewächſe ver Pfalz und Rheinheſſens. Die Mehrzahl
durd) den Baron von Knobelsdorf volljtändig um: | der N. ift weiß; nur wenige Lagen produzieren Rot:
bauen, Bart, Gärten und Gewähshäujer anlegen, | weine. Ihr Charakter ijt ein eigentümlicher, ſcharf
durd) den Baron von Reiſewiß eine lange berühmt | begrenzter. Vor allen zeichnen ſich die R. aus durd)
geweiene Borzellanfabrif errichten und verhalf dem ihr Bouquet, welches ſich bei andern nirgends findet,
Städthen durd feinen Hofhalt zu Moblitand. | jodann dur eine eigentümlich hervorftechende
Friedrich IL. ſchenlte N. 1744 feinem Bruder Hein: Säure, welde ihren diätetiichen Wert, ihren nadı:
rich, der e3 1753, dauernd aber erit nad) dem | baltigen Gefhmad und ihre Haltbarkeit bedingt. Sie
Friedensſchluß von 1763, zu feiner Nefidenz er: |; gehören ſämtlich zu den, nach franz. Kunſtausdruch,
wählte und gleichfalls viel zur Aufnahme des Ortes | trodenen Weinen, ohne dabei förperlos zu fein; im
Bingen, Aßmannshauſen gegenüber, iſt urfprüng:
ih die Burg Voigtsberg (aud Faitsberg
oder Vautsberg), die zuerjt 1279 genannt, vom
Rheiniſchen Städtebund als —* zerjtört
und von Philipp von Hohenfels neu aufgebaut und
den Nittern von Walded zur Verwaltung übergeben
wurde. König Rudolf I. erlieh 1282 von hier aus
fein Strafgericht über die Naubritter von Reichen:
ftein, Sooned, Heimberg, Rheinberg im Wisperthal
u.j.w. Später wurde die Burg eine Bollftätte
ber erzbiichöfl. Kämmerei in Mainz. Prinz Fried:
rich von Preußen taufte die Ruine Voigtsberg oder
Alt:Rheinjtein, von dem Freiherrn von Eyß
und ließ 1825—29 unter möglidfter Benutzung
de3 alten Gemäuers das jegige Schloß Neu:
Nheinjtein im mittelalterlihen Stil aufführen
und einrihten und nahm bier feinen gemöhn:
lihen Wohnfis. Nach dem Tode de3 Prinzen
(1863), der in der Burglapelle beigejett wurde,
erhielten das Schloß dejien beide Söhne. Am
672
Gegenteil find eingelne Lagen, h
der Nörperhaftigteit ihres Yrodu t3 halber berufen.
Die R. bieten ein unerreihtes Mujter deiien, was
Wein fein foll, Begabt mit nur geringer alloho—
lifher Stärke, dennoch dauernd haltbar durch ihre
Reinheit, find die R. zur Belebung der abgefpannten
Nerven, zur Kräftigung der Lebensthätigkeit vor:
aus geeignet. Wenige Weine gewinnen wie die
. bis über hundert Jahre hinaus an Güte und
Kraft. Sie werden nicht fett, bleiben aud) ftets Har,
vertragen, ohne umzuſchlagen, den Transport in
alle tlimate und find ſehr ſchwer zu verfälichen.
Nheinzabern, Marktileden im bayr, Regie:
rungebezirt Pfalz, Bezirtsanıt Germersheim, am
Erlenbach, Station der Linie Germersheim: Wörth
————
1860 fath. E. und hat Tabatsbau, VBierbrauerei
und Malzjabrilation,
Rheneia, Inſel bei Delos (j. d.).
Nheus oder Nenfe, ſ. unter Königsſtuhl.
Rheochord oder au Rheokord, j. unter
Nheoftate.
heometer (Strommeffer), ſ. unter Gal:
vanometer und Gefhwindigleitsmeijung.
NHcomotor (Stromerzeuger oderStromerreger)
nennt man jede Quelle eines eleltriſchen Stroms,
. B. die Volta: Elemente und Volta : Batterie, die
Dynamo- und magnetocleltriihen Maſchinen, die
Ihermoelemente und Thermoletten u. dgl. m.
Rheoftop, i. Salvanoftlop. ,
Rheoitate oder Stromregulatoren dienen
dazu, eleltriſche Ströme auf lonſtanter Stärle zu
erhalten, eleltriſche Stromjtärlen miteinander zu
vergleichen oder elektr. Leitungswibderftände zu mei:
fen. Im weſentlichen fommt es te darauf an,
gemeſſene Leitungswiberftände (bejtimmte Draht:
längen) schnell und bequem in den eleftrijdhen
Etrom ein: oder ausſchalten zu lönnen. Dies ge:
ſchieht beim R. nach ‚jalobi (1841) und Wheatjtone
(1843) mittels ifolierender Echraubencylinder, an
welchen ſich der Widerftand der aufgewundenen
Drähte leicht verändern läßt. Dasjelbe erfolgt an
der «Widerftandsfäule» Kifenlohrs (1852)
mittels kurzer und dider Metallbrüden, welde ver:
ſchiedene, gemejlene Widerftandsrollen raſch ein:
und ausicalten. Am Stöpfelrheoitat von Sie:
mens bewirlt man die Einſchaltung der gemefjenen
Trahtwiderftände durch Herausziehen von Metall—
ftöpfeln, dagegen die Ausichaltung der Widerjtands:
rollen dur Einſteden der Metalljtöpfel zwischen
SSEINOGRBNER welche mit den Drabtrollen leitend
verbunden find, Yu den R. gehört aud) das zu
feinern Widerftandsmeflungen dienende Rhed—
choxd oder die Widerftandsbant von Poggen—
dorjf (1841), wobei zwei parallel nebeneinander
ejpannte Metalljaiten mittels eines veridiebbaren
Metallftegs (Schlitten) miteinander leidend ver:
bunden werden. Durch Verſchiebung des Schlittens
laſſen fi —— Längen jener beiden Drähte
nad) Belieben begrenzen, mithin beliebige Wider:
ftände in den eleftriichen Strom einjdalten oder
aus demfelben wegſchaffen.
Nhetoren (erh), d, } Nedner, dann auch Lehrer
ber Beredfamteit, Am früheften entwidelte ſich die
Redekunit in Sicilien durch Korar, Tifias und den
Sophiften Gorgias von Leontini, der 427 nad
Athen kam und dort, wo die Beredſamleit jchon
vorher praltiſch zu hoher Ausbildung gelangt war
und eben damals in Perikles einen gewaltigen Ber:
Nyeinzabern — Nhetoren
D. in der- Pfalz, | treter-bejefien hatte, den Anſtoß zur Pflege der Rede⸗
funft durch die Sopbiften gab.
Der erſte ſchulmäßige attiſche Redner, der- feine
Kunſt auch lehrte, war Antiphon, während die
Reden des Andotides nicht viel Kunſt verraten. Das
gegen zeigt fich Lyſias als durchgebildeter Nebner,
als Meifter des [lichten Stils. Lyſias trat nur ein
mal felbit auf und ſchrieb nur Reden für andere,
Ebenfo verfaßte Iſolrates, der vollendete Meiiter
und Lehrer der ſchulmaßigen attiichen Beredſamleit,
außer Neden, die bloß zur ſchriftlichen Verbreitung
beftimmt waren, nur Reden für andere, und auch
fein Schüler Iſaos war hauptſächlich als Verfafier
von Neden für andere thätig. Des Iſäos Schü:
ler Demoſthenes dagegen vereinigte in ſich nicht
nur alle Vorzüge der kunftmäbigen Beredfamteit,
iondern verwandte diejelbe aud vor Bolläver:
fammlung und Geridt als der unübertroffene
' größte Redner des Altertums. Neben und un:
mittelbar nah ihm wirkten Hichines, Hypereides,
Lykurg und Dinarchus, welcher als lehter in den
jog. Kanon der zehn attiſchen Redner aufgenommen
worden iſt. Bon den aus der Praxis hervorgegan:
' genen kurzen Yehrbüchern der Rhetorik ift noch das
wahricheinlich von Anarimenes von Lampſalos ver:
faßte erhalten. Gleichzeitig mit Demofthenes ſchuf
dann Arijtoteles eine wiffenichaftliche Rhetorik, auf
welde nachher zahllofe andere Lehrbücher folgter,
In der Zeit der Nahblüte der griech. Kultur ent:
widelte fich dann die aſianiſche Beredſamleit, als
deren Gründer oder Hauptvertreter Hegefiad von
Magnefia in der zweiten Hälfte des 3. Jahrh.
v. Chr. gilt. Er wollte zu dem ſchlichtern Stil
des Lyſias zurüdtchren,, aber dieſe Einfachheit war
nur eine gefuchte, gelünftelte; zudem mit ſchwũu⸗
ftigen Wendungen geipidt, jchlug fie ins Ge
jenteil um und artete vollends jpäter in R. wie
Aſchylos aus Knidos und Hihines aus Milet in
leeren Redeſchwulſt aus. Dagegen brad) ji Aus:
gang des 2. Jahrh. durch Apollonios und Molon
aus Alabanda eine beilere Richtung Bahn, welche,
weil jene auf der Inſel Rhodos Ichrten, von dieſer
Inſel ihren Namen erhielt. Um diefelbe Zeit er⸗
hielt auch die Nhetorit ihre ſchulmähige Gejtalt,
namentlid durch Hermagoras, worauf eine lange
Reihe von R. wie Apollodoros von Pergamon,
Theodoros von Gadara, Dionylios von Yalilarnaf,
Cäcilius von Kale Alte in Sicilien, Demetrios,
Theon, Hermogenes von Tarſos, Apfines, Apbtbo:
nios, Menander u. a, in Lehrbücern, einzelnen
Abhandlungen, Beifpieljammlungen u. f. mw. die
Nhetorit ausbildeten und fortpflanzten. Den R.,
welche mehr nur ſchulmäßig ihre Kunit (ehrten und
ausübten, traten die fog. neuen Sophiſten zur Seite,
welche von der —— Redefunjt vor dem
größern Publitum in öffentlichen Vorträgen ſowie
auch litterariih Gebraud madten. Ihre Blüte
fällt ins 2, Jahrh. n. Chr., aber der Ichte bedeu⸗
tende Sophiſt Synefios gehörte erft dem Ausgange
des 4. und dem Beginn des 5. Jahrh. an und auch
er hatte bis tief in die byzantiniiche Zeit hinab
Nachfolger. Die attiichen Redner haben nament:
(ih Better (4 Bde., Oxford 1822 fg. und 5 Bde,
Berl. 1828 fg.), Dobfon (16 Bde., Lond. 1828),
Baiter und Sauppe (9 Tle,, Zür. 1838—50) u
Müller (2 Bde., Bar. 1846—58) herausgegeben.
Vol. Blaß, « Die attiihe Beredfamleit» (4 Te,
1868— 80); derjelbe «Die griech. Beredfamleit von
AUlerander bis Auguftuse (Berl, 1865). Die
Rhetorit — Nheumatismus
Schriften der griech Rhetoren hat am vollftändig:
ften Walz (9 Bde., Stuttg. 1832—36) und nad) ihm
Spengel (Lpz. 1853—56) gefammelt, .
Die römische Berebfamleit war weitaus bie
längite Zeit der Republik über keine tunitmäßige.
Zwar veröffentlichte ſchon Appius Claudius eine
280 v. Chr. gehaltene Rebe, und dasfelbe that dann
Cato (geit. 149 v, Ehr.), ber auch ſchon eine An:
eig Ui ben Redner niederſchrieb, mit den meiſten
einer Reden, aber nur um der weitern praltiſchen
irtung halber. Andere veröffentlichten in ber erſten
Jule de3 2, Yahrh. Neden, wie Rt B. ber ältere
cipio Africanus; fpäter thaten dies die meiften,
er — zu praltiſchen Zwecken, bald aber
auch als Proben ihrer Kunſt. Der erſte tunftmäßige
Redner war Servius Sulpicius Galba (Konſul
144 v. Chr.); ein hervorragendes Mufter der Bered:
famteit war ber jüngere ®rachus. Nach ihm waren
die ee Redner um ben an des 1. Jahrh.
v. Chr. Marcus Antonius > ul 99) und Yucius
Craſſus (Konful 95 v. Chr.). Hortenfius ließ fich
uch R. zum afianishen Stil verleiten, Cicero
dagegen folgte in feinen Reden und rhetorijchen
Schrijten der vermittelnden rhodiihen Schule, an:
bere Zeitgenofien, wie Brutus und Cornificius,
Pollio, Caſar, verfolgten eine noch ftrengere Rich—
tung auf bie erften alten Attifer zu: die meiften
wählten den ſchlichten Stil des Lyſias. Aſinius
Vollio, der mit Meſſala noch in die Kaijerzeit
bineinreidhte, ftellte den ſchweren und ftrengen
Stil des Thucydides am höchſten. ,
Nah dem Beginn der Kaijerzeit trat die ſchul—⸗
mäßige Rhetorik in den Vordergrund. Erhalten find
Proben der Rhetorik der erften Kaiſerzeit aus dem
Gebiete ber gerichtlichen und beratenden Schulreden
in einem teilweije erhaltenen Werte des ältern Se:
neca, bazu namentlid) in dem geijtvollen Dialog
bed Tacitus einfidhtige Grörterungen über bie
Gründe des Verfalls der Beredſamleit und in der
«Institutio oratoria» des Quintilian ein bedeuten;
be3 rhetoriiches Hauptwerk über Ahetorit,. Duin:
tilian wie Tacitus weiſen noch auf die guten klaſ—
ſiſchen Mufter Hin, nad) ihnen verfällt die röm.
Rhetorik in eine efpreiste ardhaifierende Richtung,
wie fie —2 in Briefen von Fronto hervor—
tritt, Aus ſpäterer Zeit find, abgeſehen von den
zum Teil bedeutendes Talent und feurige Begeilte:
rung verratenden Leitungen hriftl. Autoren und
außer der «Apologia» und der «Florida» des Apu:
lejus fait nur noch Panegyrifer zu nennen, welche,
leid dem einzigen nod aus dem 2. Jahrh. er:
baten Panegyricus von dem jüngern Plinius,
auptſächlich die Kaifer preifen. Der Hauptfiß dies
fer gelünftelten Rhetorik war jekt Gallien. Die
Fragmente der röm. Redner hat Dieyer (Zür. 1832)
game, die jpätern Rhetoren Galen (Lpz. 1863).
gl. Weitermann, «Seigichte der Beredfamtleit in
Griechenland und Rom» (Lpz. 1833—35); Ber:
ger und Eucheval, «Histoire de l’&loquence la-
tine jusqu’& Ciceron» (2 Bde., Par. 1872).
NhHetorif — heißt die Theorie der Rede—
funft im weiteſten Sinne, indem fie die allgemeinen
Kegeln des proſaiſchen Stils nad) den verſchiedenen
Zweden der Darftellung vorträgt. Diefe Negeln
eritreden nd daher nicht bloß auf die Abfafjung
eigentlicher Reden, fondern auch auf die der hiftor.
Werte, der Abhandlungen und Lehrbücher, der Ge:
Ipräde und ber Briefe, fodaß die R. in biefem
Einne von ben Bedingungen jebes zwedmäßigen
Couverfationd «Lerilon. 13, Aufl. XIII.
673
profaifchen Vortrags, fol ie vom Periodenbau,
von den Rebefiguren und überhaupt von allem hans
belt, was zur Schönheit und Kraft des Ausdruds
— An engerer Bedeutung umfaßt die R. die
rundfäge, nad) denen eigentliche Reden zu ver:
fertigen find, und begreift al3 die drei weſentlichen
Bemelt die Lehre von der Erfindung ber darzus
tellenden Gebanten (inventio), von " Aus Anord⸗
nung (dispositio) und von dem Ausdrude derſelben
oder dem Stil (elocutio), Die Alten fügten noch
zwei Teile hinzu, nämlich das Gedächtnis und die
Beftitulation (memoria und actio), die jedoch nur
die mündliche Beredſamkeit betreffen, Ariftoteles
di die Wifienfhaft der R. im engern Sinne ge:
haffen und die jpätern griech. und röm. Nhetoren
(f. d.) haben diejelbe mit Scharffinn nad allen
Seiten hin zu erörtern geſucht. Eine Zufammen:
ftellung aus den Alten enthalten Wiebeburgs «Prae-
cepta rhetorica e libris Aristotelis» (Braunjhw.
1786) und Gierigs «Praeceptanonnulla et exempla
bene dicendi e probatissimis Latinis auctoribus»
(2p3. 1792). Außer den mit großem Nutzen bei den
Unterridyte lange Zeit gebrauchten «Initia rheto-
rica» von %. A, Ernefti, welche deilen «Initia doc-
trinae solidioris» (neue Ausg., Lpz. 1796) beiges
geben und häufig auch bejonders gedrudt wurs
den, find zu erwähnen: bie Lehrbücher von a
Scott, Hide Schmeiſſer, Fallmann («Praktiſche
R.», 3. Aufl., Hannov. 1835); Volkmann, »Herma⸗
goras» (Stett. 1865) und «N. der G
mer» (2, vermehrte Aufl., Lpz. 1885); Wadernagel,
«Boetit, R. und Stilijtil» (Halle 1873), und Ger:
lady, «Theorie der R. und Stiliftitr (Deliau 1877).
etren biefen in Sparta die (mie es ſcheint
vier) Grundgeſehe des ———— die dieſer bei feiner
Neformarbeit als unmittelbare Eingebungen des
Apolliniichen Orakels aus —“ 38* hatte.
Rhöum, Pflanzengattung,ſ. Rhabarber.
Rheumatiſches Fieber Febris rheumatica),
——* Fieber, welches die jog. Erlältungskrank—
heiten, in&befondere die Katarrhe der Schleimhäute
fowie die rheumat. Gelenk: und Mustelafjeltionen
begleitet. Berlauf und Intenfität des rheumat. Fie⸗
bers hängen weſentlich von der Art und Ausbrei-
tung der betreffenden Krankheit ab. (S. Grtäl:
tung, Gelentrheumatismus, Katarrh.)
umatismus (gr. von Rheuma, Fluß),
Gliederreißen, nennt man eine Reihe von
Krankheiten, deren auffallendftes Symptom von
einer Stelle zur andern wandernde Schmerzen find,
die fidh fteigern, wenn ber befallene Körperteil ges
braudt wird, alfo die Gebrauchsfähigleit desjelben
beeinträchtigen. Die Schmerzen treten meijt ohne
auffallende anatom, Veränderungen auf in ben
Selenten, den Musteln, den Sehnenſcheiden, der
em und man untericheidet banadı einen Gelent.,
Mustelrheumatiömus u. f. w. Es kommen die
verſchiedenſten Grade des R. vor, leihte Schmerzen
in dem einen oder dem andern Gelenk, an einer
Heinen Hautjtelle, ohne daß der Organismus felbit
weſentlig beeinträchtigt iſt, bis zu ſolchen Graden,
daß der Patient ſchwer krank erſheint. Man unter:
— erner einen aluten und einen chroniſchen
Der lehttere iſt ausgezeichnet durch ſeine ſehr
lange Dauer und die Fieberloſigleit, während der
akute AR. entweder raid) ablaufende oder mit Fieber
verbundene Fälle umfaßt. Als Urſachen des R.
bezeichnet man in be namentlid)
en und Nö:
einjeitige Abkühlungen (dur Zug) und häufige
43
674
Durdnäfjungen (Arbeiten im Waſſer, feuchte Wo):
nungen). über die aluten und chronischen rheuma:
Rheumatiimusfetietn — Rhipsalis
Mhigolen iſt ein bei der Raffination des Petra:
leums erhaltener flüfjiger Kohlenwaſſerſtoff, der
tiihen Afjeltionen der Gelenke und deren De: | einen Hauptbeitandteil des Petroleumäthers aus:
handlung j. Gelentrheumatismus.
Der Mustelrheumatismus gibt ih durch
reibende oder ziebende Schmerzen im Verlaufe der
Musteln und Mustelbinden, ſowie durch eine ge:
wijje Steifigfeit und Schwerbeweglichleit des be:
trojienen Bliedes zu erfennen; dabei pjlegt fich die
Haut über den ſchmerzenden Stellen normal zu ver:
halten. Kälte und Feuchtigkeit jowie Bewegungen
vermehren gewöhnlih die Schmerzen, während
trodene Wärme und Nube mohlthuend wirlen.
Die rheumatiichen Musteljchmerzen find entweder
vage, von einer Stelle zur andern ziehende oder
auf beitimmte Musteln und Musfelgruppen be:
ſchränlt. Lieblingsſtellen des eg
jind die Muskeln und Aponeurofen des Schäbels
(jog. rheumatiſcher Kopffchmerz), die Schul:
termusteln, fowie die Hals: und Nadenmusteln
(fog. fteifer Hals), die Bruft: und Zwiſchen—
rippenmustfeln (cbeumatijher Bruftfhmerz),
die tiefern Nüden: und Lendenmusfeln (jog.Heren:
ſchuß) u. a. Meift iſt der Mustelrheumatismus
ein alutes Leiden, welches nad kurzem Beſtehen
wieder verſchwindet, es fommen aber auch chro—
niſche Fälle vor, welche infolge anhaltender Un—
thätigleit zum Schwund der Viusteln (zur rbeu:
matiſchen Lähmung) führen. Die Behandlung
de3 Mustelrheumatismus beſteht in aluten Fällen
in kräftigen Hautreizen (Senfteigen, Ginreibungen,
Anwendung des induzierten eleftriihen Stroms),
in Danıpfbädern und methodiſchem Maſſieren (Sne:
ten und Streihen der ſchmerzhaften Muskeln);
gegen hroniihen. werden warme Bäder (ruffiiche,
röm.-iriihe Bäder, Teplißg, Wiesbaden, Aachen
u. ſ. w.) empfohlen. Recidive werben am ficheriten
dur eine allmäbliche Abhärtung der Haut ver:
mitteljt falter Wafchungen, Abreibungen und Bäder
verbütet. (S. Abhärtung.)
an j.u.Geheimmittel.
Rheydt (Nheidt), Fabrilſtadt im rheinpreuß,
Negierungäbezirk Duſſeldorf, im Kreife und 4 km
füdlih von Gladbach, mit dem es durch Pferdebahn
verbunden it, an der Niers, Station der Yinien
Aachen-Neuß, Gladbad: Stolberg und Krefeld: R.
ber Preußiihen Staatsbahnen, zählte 1816 nur
3668, 1885 dagegen 22591 meijt prot. E, und hat
* evang. und eine lath. Pfarrkirche, eine Neal:
Aule und ein evang. Lehrerfeminar, Baumwoll:
jpinnerei, Seiden-, Baumwoll: und Halbjeiden:
fabrilation , Färberei , Eiſengießerei, Fabrikation
von Maſchinen und Asphaltdachpappe und litho:
graphijche Anjtalten. Zur Stadt gehören die Orte
Beneiden, Bonnenbroich, Heyden und Morr.
RHianos, griech. Dichter, um 240 v. Chr., aus
Bene auf Kreta gebürtig, war anfangs Shave, cr:
hielt aber fpäter feine Freilaſſung und eine Auf:
ſeherſtelle an einer Paläjtra, Seinen Dichterruhm
verdanfterbejonders einer Reihe von Epen, weniger
einer «Serallea» in 14 Büchern, ala namentlich den
eMtejieniata» in 6 Büchern, «Thejlalifar, «Adaila» |
und «Gliakao. Außer Fragmenten aus feinen Epen
ı madıt, ein jpezifiiches Gewicht von O,s2 bis O,ss be:
ſiht, bei 40—50° fiedet und mitunter zur lofalen
Anajthefie bei hirurgiichen Operationen, ſowie zu
Gis: und Stälteerzeugungszweden Anwendung fins
det. Außerdem benußt man es als Ertraftiondmittel
für Öl, Harze, Kautſchuk u. ſ. w. In den Bereinig:
ten Staaten führt das R. auch den Namen Sher-
wood-Vil.
Rhin, rehtsjeitiger Nebenfluß der untern Havel,
entfließt dem See von Rheinsberg bei der Statt
dieje3 Namens, wird bei der Einmundung des Lin:
dower Fliehes auf 80 km ſchiffbar, durchfließt den
Nuppinerjee und, größtenteil3 Tanaliftert, das
80 km lange und bis 17 km breite Rhinluch,
welches dur Friedrih Wilhelm I. und Friedrich
d. Gr. urbar gemacht worben ift, und mündet, nad)
einem Laufe von 105 km, —— er den See
von Gülpe verlaſſen hat. re! eur Kanal
—— — m. ber — nr ei —5
urg und fördert den Torf der faſt unerſchöpflichen
Lager des Prag pa nad FA,
— e (grch.), Naſenſchmerz; Rhineu—
rynter, Naſenerweiterer, ein Inſtrument zur
Tamponade der Naſenhöhle; Rhinitis, die Ent—
zündung der Naſe.
Rhinautacden —— eine Unter:
familie der Scrophularineen (ſ. d.).
Rhingulph (Barde), ſ. Kretſchmann (Karl
Friedr).
Rhinus of Galloway, ſchott. Halbinſel, ge:
hört DE Grafihaft Wigton (f. d. und Gallowad.
Rhinobleunsrrhöe (grch.), Naſenſchleimfluß,
chroniſcher Schnupfen; Rhinocarcinom, Naſen⸗
Rhinoceros, — Nashorn. [trebs,
Rhinolalie oder Rhinophonie, das Spre:
hen durch die Nafe, näfelnder Stimmellang.
Rhinoplaftif, die operative Bildung einer
neuen Naſe (ſ. unter Plaſtiſche Chirurgie);
Rhinorrhagie, Najenbluten; Nhinorrha:
pbie, Naſennaht; Rhinorr höe, Najenichleim:
lub, Schnupfen; Rhinoſtlerom, harte tuollige
Geſchwulſt der Naje; Rhinojköp, Naſenſpie—
gel; Nhinojkopie, die Unterfuhung de3 Ras
jenradhenraums,
Rhinow, Stadt im preuß. Negierungsbezirt
Potsdam, Kreis Weithavelland, linf3 am kanalı:
ſierten untern Rhin, zählt (1885) 1309 E. und bat
Aderbau, Viehzucht, Zorfgewinnung und eine
Dampfjägemüble. Das Rittergut R. hat 90 E.
Mhinthonika hießen nach dem Dichter Rhinthon
aus Tarent dramat. Dichtungen, in denen tragiſche
Stoffe in karilierter, poſſenhafter Weiſe dargeftelit
wurden (daher auch Hilarotragödien genannt).
Rhion, j. Phaſis. ‚
Rhiouw-oder Nioum: undLingga:Ardis
pel, eine offiziell den Namen R. und Zubehör (R.
en Onderhoorigheden) führende Nejidentichait ber
niederländ. Belipungen in Hinterindien, 6514 qkin
groß, mit (1379) 79000 E. (SS. Lingga:‘ynieln.)
Ehipaei montes, in der Vorjtellung der
gibt es nod) einige —— von ihm, die in der Alten Gebirge im Norden der bewohnten Erde.
griech. Anthologie enthalten ſind. Auch veran—
ſtaltete er eine im Altertum geſchähte Recenſion
der Homerijchen Gedichte,
Saal (Bonn 1831) heraus,
— Eine Sammlung und |
Erflärung der noch vorhandenen Bruchitüde gab |
ter entbehren, dafür Dedblätthen befiben, deren
Rhipsälis Gaertn., zu den Kakteen gehörige
Gattung vielgeitaltiger, halbparafitiiher Sträucher
mit bald cylindriichen, bald blattartig flachen, ort
gegliederten Hiten, welche der eigentlichen Blät:
Nhizocarpeen — Rhodan 675
Achſeln ſehr Heine, meift rofenartig ausgebreitete | eerggre! ser; nannte man früher eine Pilz⸗
Blüten, fpäter beerenartige Früchte von der Größe | gattung, die Diycelien verichiedener Pilze aus der
einer Stadelbeere tragen. Diefe Gattung, bei | Gruppe der Hymenomyceten umfabte. Die eigen:
welcher nur der Habitus interejlant it, wird in den | tümliche Form diefer Mycelien, die teild wie Wur:
Gärten durch eine —— Anzahl von Arten re: | zeln ausſahen, teils die Geſtalt weißer häutiger
präjentiert, durch R. squamulosa, funalis u. a, | Überzüge hatten, gab Anlak zur Aufitellung einer
mit cylindriicen, R. salicornioides, saglionis u. a. | befondern Gattung. Für mande Formen ift allers
mit cylindrifhegegliederten, R. crispata, ramu- | dings auch heute noch nicht der zugehörige Milz bes
losa u. a. mit blattartig verbreiterten Uſten, und | kannt, doch find auch diefe natürlich nicht als jelb:
endlih durch R. paradoxa (f. Tafel: Kaktus- | jtändige Pilzarten zu betrachten. Am befannteiten
ewächſe, Fig.12), bei der jedes Ajtglied mit drei | jind die wurzelartigen Nhizomorpbenitränge de3
Flügeln beſeßt it, die mit denen des vorbergeben: | Hallimajch (Agaricus melleus, ſ. Tafel: Eßbare
den Gliedes abwechieln. [®d. VI, 6.583°). | Pilze, Fig. 5), der an Nadelhölzern eine al3 Erd»
Rhizocarpeen, Abteilung der Farn (f. d., krebs (j. d.) befannte Krankheit verurſacht.
- Rhizootonia DC. (Wurzeltöter), Pilsgattung Trap. rn L., — — aus der Fa⸗
aus der Familie der Pyrenomyceten. Es ſind milie der Rhizophoreen. an kennt nur wenige
ſchmarotzende Pilze, die auf verſchiedenen Kultur:
gewãchſen vorlommen. Bon den meijten find zwar
die Perithecien zur Zeit noch nicht befannt, doc)
fann man fie trokdem mit Recht zur Familie der
Pyrenomyceten jtellen. Shre Moycelien haben in
der Negel eine violette oder braunrote Färbung und
bilden jaierige oder häutige Üiberzüge von
ihnen befallenen Wurzeln. Meift wird die ganze
Oberfläche der lehtern davon bededt und die Wur—
zeln fterben allmäblih ab. Durch die Einwirkung
dieſer Schmarogerpilze fönnen ganz beträchtliche
Diengen von Pflanzen getötet werden, da die Ver:
breitung derfelben im Boden von Murzel zu Wur:
zel eine ſehr fchnelle und ausgiebige ilt.
Die widkgiten Arten find der Wurzeltöter
der Quzerne (R. medicaginis DC.) und der jog.
Safrantod (R.crocorum DC). Das Mycelium
des eritern bildet anfangs ein fpinngewebeartiges
Sajergefledht von weiber Farbe, weldhes aud) unter
dem Namen Schneejhimm el beſchrieben wurde,
und zeigt ih in diefem Zuftande an der untern
Partie des Stengels; jpäter werden die ganzen
Wurzeln der Luzerne von einer violett gefärbten
Pilzhaut überzogen. An einzelnen Stellen diejes
—— entſtehen dichtere Hyphengeflechte von
dunllerer Farbe, die als Sklerotien zu betrachten
find, Auf dieſen Sklerotien entwideln ſich dann
beim Verfaulen der Wurzeln die Perithecien und
Conidienfruktifikationen. Derſelbe Pilz kommt
außer auf Luzerne au) noch auf den Wurzeln von
Rotklee, Möhren, Zuder: und Runfelrüben, auf den
Stnollen der Kartoffel und verjhiedenen andern
Bilanzen vor und ftimmt im wejentlichen auch mit
i. crocorum überein; die letztere Art it ſchon lange
Zeit als verderbliher Schmaroger auf den Zwiebel:
tnollen des Safran befannt und hat bejonders in
Sudfrankreich bedeutenden Schaden in den Safran:
pilanzungen angerichtet. |
Auf den Knollen der Kartoffeln kommt außer der
obengenannten Art noch eine andere vor, R. Solani
Kühn, welde die jog. Bodentrantheit der Kar:
toffeln erzeugt. Der Entwidelungsgang dieſes leh:
tern Pilzes ijt nod) wenig befannt. Die Sirantheit
ijt nicht gerade ſchaͤdlich für die Kartoffeln, fondern
bedingt nur ein mißfarbiges Ausjehen der Knollen, \ erjt 1 2
da auf ber Dberflähe braunrote Puſteln von ge: waſſerſtoffſäure entſpricht. Mit Metallen vereint
ringem Durchmefjer auftreten, Dieſe Pufteln find | es ſich zu Salzen, mit Alkoholradikalen zu Athern.
nicht3 anderes als die Stlerotien des Pilzes, die | Nhodanfalze finden ſich — im normalen
Arten, die ſämtlich in den Tropengegenden vorlom⸗
men. Es find Bäume von eigentümlihem Wuchs,
deren Stämme und Üſte zahlreiche Quftwurzeln ent:
wideln, welde abwärts bis in den Boden hinein
wachſen, weshalb ein jolder Baum mit feiner meiit
breitäftigen Krone auf einem förmlichen Gerüjte
von palıfjadenäbnlichen Trägern ruht. Die im
tropiichen Amerifa am häufig ten vorlommende Art
it dee Mangle: oder Mangrovebaum (R.
Mangle L.), auch Liter oder Leuchterbaum ge:
nannt, Derjelbe wird bis 15 m od, bat immer:
grüne, verfehrt:eiförmige, bis 15 cm lange Blätter,
paarweiſe geitellte agieihünbige Blüten mit vier:
teiligem, gelbem Kelche, vier weißen Blumenbfät:
tern, 8—12 Staubgefäßen und trägt längliche, ein:
jamige, nicht auffpringende Früchte mit lederartiger
Schale. Die 5—8 cm dide braungelbe Rinde wird
zum erben verwendet und kommt unter dem Na:
men Mangroverinde (Cortex Mangles) in den
Handel. Die Manglebäume bilden an den Küſten
des Meers und an den Ufern der großen Ströme,
in tieffchlammigen und fortwährenden überſchwem⸗
mungen ausgejekten Niederungen dichte, fait un-
durchdringliche Wälder (Mangrovewälder), welche
nur dadurch einigermaßen — ſind, daß die
netzförmig ausgebreiteten Wurzeln der Bäume über
den Wafjerjpiegel hervorragen und auf dieje Weije
einen Stükpunft zum überklettern bieten.
Nhizophoreen (Rhizophoreae), Pflanzenfa:
milie aus der Gruppe der Tifotyledonen. Man
tennt gegen 50 Arten, welde ausſchließlich den
Tropengegenden angehören. Es find Bäume oder
Sträuder mit lederartigen, meilt ganzrandigen
Blättern und zwitterigen, gewöhnlich ziemlich gro:
ben Blüten. Mehrere R. befonders die Arten der
Gattung Rhizophora (j. d.), leben an Meereslüſten
und an den Ufern großer Slüfe im Wajler oder tie:
fen Schlamm, Sie entwideln zahlreiche Quftwurs
zeln, auf denen ſich vielverzweigte Stämme erheben,
Rhizopöda (lat.), Wurzelfüßer.
NHodAn, CNS, Thiocyan oder Schwefel:
cyan it ein chem. Radikal, weldes dem Cyan,
dem Chlor, dem Brom ähnlich iſt. Im freien Zus
ftande ijt es nicht belfannt, Mit Waſſerſtoff bildet
e3 Rhodanmaiferftofffäure, die der Cyan:
— — — — — — nn — — — — nn nn nn —
aus dicht verſlochtenen Hyphen beſtehen. Conidien- | Speichel, Die löslichen Rhodanverbindungen haben
formen und Perithecien find bisjetzt nicht belannt. die Eigenſchaft, Eiſenoxydſalzen ſelbſt in der größten
Rhizoiden, ſ. unter Musci, Bd. XII, S. 5°. Verdünnung eine blutrote Färbung zu erteilen, jos
Rhizom, f. Wurzel, daß namentlich Rhodanwaſſerſtoff als das empfind⸗
Rhizoma Chinas, ſ. Chinawurzel. | (ichite Neagens auf Eifenoryd gilt.
43*
676
Rhodänus, lat. Name des Rhöne,
Rhodanwafleritofffäure, ſ. u. Cyan(Ver—
bindungen 3) und Rhodan.
Rhode: FTeland (ipr. -Ciländ), einer der 13 ur:
iprünglichen und von den jegigen 38 der Heinfte der
Vereinigten Staaten von Amerila, zwiichen 41° 18’
und 42° 1’nördl, Br. und 71° 8’ und 71°53' weſtl. L.
im N. und O. von Maſſachuſetts, im S. vom At:
lantifhen Drean, im W. von Connecticut begrenzt,
zäblt auf 3237 qkm Areal (1880) 276531 E.,
worunter 6597 Farbige, 27 Ehinefen und 67 In—
dianer, gegen 217353 im %. 1870, 174620 im J.
1860, 69122 im . 1800 und 68825 im J. 1790,
Die Narraganfettbai teilt den Staat in zwei un:
gleide Zeile; der weitl. Teil iſt der größere, Der
taat hat eine zerriffene und hügelige Bodenober:
—— und feine Erhebungen von Bedeutung. Die
ochſten Buntte find Mount:Hope, nabe Briftol, die
Moonfodethügel im N. und Hoplinshügel in der
Mitte. Die Hauptilüffe find: der Pamtuder und
Pawturet, welche fich in die Narraganfettbai er:
iehen, und der Bawcatud, welcher in den Long:
sland:Sound fließt. Die Narraganfettbai enthält
verfhiedene Inſeln, von denen Aquidned oder
Rhode Island, Canonicut und Prudence die wid:
tigiten find, Bloch⸗Island, 16 kın ſüdlich und am
wejtl, Eingang der ai, gehört zu. Das Klima
ift mild und aleihförmig. Der Staat hat (1881)
336 km Eiſenbahnſchienen. Newport, Brovidence,
Briftol und Warren find Einfubhrhäfen. Der Boden,
außer an den Hüften und auf den Inſeln, wo er
fruchtbar iſt, ift durchweg fandig und wenig ergie:
big und eignet ſich im allgemeinen mehr für Vieh:
ucht als zum Aderbau. Das Yand it wegen feiner
indviehs und Schafzucht, feiner Milhwirtichaft
und Lieferung ausgezeichneter Butter und Käſe be:
rühmt, Mais, Roggen, Hafer, Gerfte, Kartoffeln
werden zum innern Bedarf, außerdem Hanf, Flache,
in großer Menge Heu, Obſt und Hücengewädie
gewonnen. Manufaltur: und Fabritweien ftehen
auf einer —* Stufe; hauptſächlich werden Baum:
woll: und Wollwaren fabriziert. Die Staats—
einnahmen (1881) beliefen ſich auf 837328, die
Ausgaben auf 751460, die Staatsichuld (1884)
auf 1372000 Doll. Es gibt 61 Nationalbanfen
mit einem Kapital von über 20 Mill. Doll,,
39 Spar: und 21 Staatäbanten. Im ſchulpflich—
tigen Alter (65—15 2.) waren 52273. Bon diefen
befuchten die öffentlihen Schulen 33504, kath.
Schulen 4817; 12279 befuchten gar leine Schulen.
Die 1764 gegründete Brown: Univerfity zu Provi:
bence ift die Haupt:Erziehungsanitalt des Staats.
Sie hat einen Fonds von über 600000 Doll., fünf
Gollegegebäude und eine Bibliothet von 40000
Bänden. Sieben tägliche und 26 wöchentliche Zei:
tungen erſcheinen im Staate. Bon den religiöjen
Genoſſenſchaften find die Katholiken, die Baptiſten,
Epiitopalen und Kongregationalijten die ftärkiten,
Die General: Affembiy beſteht aus einem Senate
von 37 und einem Repräfentantenhaufe von 72 Mit:
gliedern. Gingeborene männliche Bürger der Ber:
einigten Staaten, weldye zwei Jahre im Staate
und ſechs Monate in den Town oder der Stadt ge:
— und eine Steuer von mindeſtens einem
Dollar bezahlt haben, ſind ſtimmberechtigt. Natu—
ralifierte Bürger dagegen müſſen liegendes Eigen:
tum im Werte von 134 Doll. befiken, um ftimm:
berechtigt zu fein. Der Gouverneur, VBizegouver:
ner, Staatäfetretär, Staatöfhagmeijter und Ge:
Rhodanus — Rhodochroſit
neralanwalt werben jährlid) erwählt. Der Staat
bat zwei Hauptitädte: Newport (j. d.) und Provi:
dence (f. d.). Außer diefen find von Bedeutung:
Pamwtudet 19030, Woonfodet 16050, Lincoln
13765 und Warwid 12164 E. Noger Williams
gründete 1636 Providence; 1638 ließen ſich Mit
lieder der puritaniihen Sutcinjon: Party auf der
njel X Er welde fie Isle of Rhodes (ipäter
—— | nannten, nieder. Im J. 1663 be:
willigte Karl II. einen Freibrief. Im J. 1776
rüdten bie Engländer unter Clinton in R. ein und
bielten mebrere Jahre lang Newport beſeßt. Am
29. Mai 1790 wurde R. als leßter der 13 urfprüng-
lihen Staaten in die organifierte Union aufges
nommen, Bol. Munro, «Picturesque Rho
Island» (Providence 1882),
Nhoden, Stadt im Füritentum Waldeck, Kreis
der Twifte, 12km nördlich von Aroljen, zählt (1885)
1447 6. und bat ein Schloß mit fürjtl, Erbbegräbs
nis und zwei Ziegeleien und Baditeinbrennereien,
von denen die eine auch Thonöfen liefert.
NHodeoretin, ſ. Convolvulin,
Rhodez, Stadt in Südfrankreich, f. Rode.
Rhodiiche Kunft nennt man eine zur Zeit der
Nachblüte der griech. Kunft vom 3. bis 1. Jahrh.
v. Chr. auf der Inſel Rhodos hervortretende Kunſt⸗
ſchule. Diefelbe hatte mit der nefamten damaligen
—— Kunſt die im Laufe der Jahrhunderte erwor⸗
ene techniſche Meiſterſchaft und die Richtung auf
den Ausdruchleidenſchaftlicher Gemutsbewegungen,
auf das Pathetiſche, gemein. Sie verband dieſe
Richtung mit einer gewiſſen Vorliebe für das Ro:
lofjale und hielt fi zwar einerfeits dem Realismus
der Bergamenifhen Kunft ferner, eignete ſich aber
anbererjeit3 doch auch nicht den auf die höchſten
Ideale gerichteten Geift der Kunſt Athens an,
Die Rhodiſche Kunſtſchule ging von Schülern des
Lyſippos aus, der felbit aud für die Inſel den
Sonnengott auf feinem Viergeſpann gearbeitet
2. zunächit von Ghares, der den berühmten
oloß (1. d. ſchuf, außer welchem noch hundert
andere auf der \jnfel waren. Gin etwas fpäter
lebender rhodifcher Künftler, Ariitonidas, bildete
einen reuigen Atbamas. Tas widtigfte Wert der
Rhodiſchen Kunft ift der Paofoon (f. d.).
odifer Holz, f. Roſenholz.
Rhodiſeröl (Rofenholzöl),f.u.Rofenbol
Rhodiferritter, foviel wie Johanniterritter, j.
unter Johanniterorden und Rhodus.
NRhodium (dem. Zeihen Rh; Atomgewicht
=104), ein Metall, weldyes 1803 Wollajton in den
latinerzen entdedte, wurde bit jegt nur als 5**
ulver dargeſtellt, welches im Sauerſtoſſgebläſe in
ge ya ge Geſtalt erhalten werden kann.
Es ift graumeiß, metallglänzend, fpröde und von
12,2 ſpezifiſ Gewicht, dabei in allen Säuren,
auch in Königswaſſer unlöslich, nur in Legierung
mit Platin und einigen andern Metallen wird es
von Abigmage: mit rer Tas N. foll in
fehr geringer Menge, dem Stable zugefeht, dieien
härter machen als das beite Wooh, auch zu ſchwar⸗
n Vorzellanfarben angewendet werden können.
oc) ift e8 feiner Seltenheit wegen bis jeht nicht
techniſch benußt worden, , i
hodius, Flußchen der Troas im alten Gebiete
der Dardaner, der auf dem zum Ida gehörigen
Kotylos entipringt und zwiichen Abydos und Dars
danos in den Hellespont eeht.
Rhodochroſit, joviel wie Manganſpat.
Rhododendron — Rhodus
Rhododendron L., eine zur Familie der
Gricaceen gehörige Pilanzengattung, welche lauter
immergrüne, durch jchön gebildete, oft prächtig ge—
färbte, an der Spibe vorjähriger Aſte in Buſcheln
ftehende Blumen ausgezeichnete Sträucher ——
Alle gehören den höhern Regionen der Hochgebirge
Europas, Aſiens und Nordamerilas an. Sie haben
lederartige, ganzrandige, am Rande oft umgeſchla—
ene Blätter, ibre Blumen aber einen fehr Heinen,
— Kelch, eine ſchwach trichterförmige oder
lodige Krone mit Hnfipaltigem, oft ſchwach zwei:
ippigem Saum, fünf bis zehn auf dem Vlüten:
boden —— oder der Röhre der Krone anhän—
aende, abwärts geneigte Staubgefähe und einen
Stempel mit fadenförmigem, aufiteigendem Griffel
und jheibenförmiger Narbe, Frucht eine meilt fünf:
fächerige, fünfllappige Kapfel mit feinen, pfriem:
lien Samen. In den europ. ne fommen zwei
Arten vor (vorzugäweije auf Kallboden), R. hir-
sutum L. (j. Tafel: Alpenpflanzen, Fig. 11)
und ferrugineum Z., beide Alpenrojen und Al:
menraufd(b. i. —— genannt, Erſtere be:
fipt borjtig:gewimperte, beiderſeits grüne, die zweite
aber kahle und glänzend-grüne, unten bid mit roſt⸗
farbigen Schülferihuppen bededte Blätter. Beide
Arten find aud für die Gärten verwendbar, lafien
ſich jedoch nur in fühlen Lagen erhalten. Auch darf
man fie nicht von ihren natürlihen Standorten in
die Gärten einführen wollen, da fie meiftens nicht
fortwadien, jondern fie müflen aus Samen und
Fade aus Ablegern erzogen werden. Die be:
deutendite der für die Kultur im freien Lande ge:
— Arten iſt R, maximum Z., in Rordame—
rita von Canada bis Carolina einheimiih und bier
in feuchten Wäldern häufig, ein Heiner Baum von
6—7 m Höhe, mit jehr diden, lederartig=derben,
großen, länglicd) » elliptiihen, unten blafien, oft
etwas roftiarbigen Blättern und dichten Dolden:
trauben, großer glodiger, blaßrofenroter, im Grunde
oft weiber Blume im Mai und Juni, Der obere
Abſchnitt der Korolle iit innen gel ‚ purpurn oder
grün punltiert. Durch Kreuzung dieſer Art mit
andern, 3. B. R. ponticum, arboreum, Cataw-
biense, And zahlreiche, prächtige Blendlinge ent:
ftanden, welche in den Gärten die jept wenig mehr
tultivierte Art vertreten, Für die Gewächshäuſer
bat der Siftim:Himalaja eine große Menge der
prädtigiten Arten geliefert, welche auch ihrerjeits
ein ganzes von Heer Spielarten und Blenblingen
erzeugt eben. —
Rbodonit, ein triflines Mineral, welches in fei:
nen feltenen Arpfallgefalten eine Annäherung an
diejenigen des Augits zeigt, aber gewöhnlich mur in
derben Mailen, in lörnigen bis dichten Agaregaten
auftritt, von dunlelroienroter bis rötlichgrauer
arbe, Bla Tanz, der Härte 5—5,5 und bem ſpezi⸗
ſchen Gewicht 3,5— 3,6. Chemiſch ift es vormwie:
gend das den eigentlichen Gliedern der Augitgruppe
ganz analog Fkonftituierte Manganorydulfilicat
nSi0,, bejtebend aus 45,85 Kiefeljäure und 54,15
Proz. Manganorpbul, von welchem aber oft Heine
Anteile durd Kalt oder Magnefin oder Eifenorydul
vertreten werben. Salziäure greift das Mineral
nicht an. Es findet fi in großen Maſſen, welche
zu ſchönen Vaſen und andern amenten ver:
arbeitet werden, in ber Dean von Katharinen⸗
burg im Ural (bei Mälaja Sebelnilöwaia), aud
bei San:Marcel in Piemont, lin bei Kpilip-
ſtad in Schweden, Kapnil. Künftlih fann man
677
dasſelbe durch — — — von Mangan:
fuperoryd und Kiefeljäure darftellen.
— hodöpe, jebt Despoto Planina, bis
2300 m hohes, waldreihes Gebirge in Thrazien,
welches zwijchen den Flüſſen Hebros und Neitos fo
fih lagert, daß der Hauptzug den lektern in fü
füdöftl. Richtung begleitet, ohne indejjen den Saum
des Meeres zu erreichen,
era der 166. Aiteroid, f. u. Planeten.
NRhodophyceen und Nhodofpermeen, f.
a air dorf im bayr. Regierungsbezirk
odt, Pfarrdorf im bayr. Negierungsbezir
Pfalz, AR Aue Landau, am Ditfub der Hardt,
-r (1880) 1424 evang. E. und hat Sandftein
rühe und Weinbau.
Mhodus, Inſel im füböftl, Teil des Ugäiſchen
Meers, 22 km von der ſudweſtl. Küfte Kleinaſiens,
jeßt zum türl. Bilajet Dichefairi:Bahri: Sefid ge:
börig, ift 60 km lang, 22 km breit und 1360 qkm
* und wird von Gebirgen durchzogen, deren
ſter, von den Alten Atabyrion genannter Gipfel
134) m erreiht. Die free hiſtor. Bevölkerung
war phöniziſch; von den Vhöniziern find auch die
drei Städte Lindos, Jalyfos und Kameiros begrün:
det, die gegen 900 dv. Chr. durch doriſche Einwande⸗
rer aus Argolis helleniiiert wurden und mit Hali:
farnafjo®, Knidos und Kos einen Bundesverein, die
fogen. doriſche Herapolis, bildeten, fpäter auch
einige Kolonien, wie Gela in Sicilien, gründeten.
Die Macht der Inſel wurde mefentlih gehoben
durd) die 408 v. Chr. von ben drei Städten gemein:
fam au&geführte Gründung einer neuen der Inſel
ſelbſt glei namigen Hauptitabt auf der Norbdojt:
ipige der Inſel. Während Aleranders Regierung
Band die Inſel unter macedon. Herridaft, machte
ih aber (323 v. Chr.) nad feinem Tode unab:
* ig und ſchwang ſich bald zu einer See⸗ und
m eriten Ranges auf; ihre Geegeich:
Dung alt in allen Gewäſſern des Nittelländi:
—* eeres und wurde ſpäter von den Römern
— auch Wiſſenſchaft und bildende Kunſt
Koloß) Baer in hober Blüte. Den Römern be
währte ſich R. während ibrer eriten Kämpfe im
griech. Drient feit 200 v. Chr. als treue Bundes:
enoſſin und erhielt sum Lohn dafür 189 v. Chr.
cien und den ſüdl. Teil Kariens; dieſen groben
Befig mußten die Nhobier zwar ſchon 167 v. Chr.
wieder aufgeben, aber fie behielten bie füdlichite
Halbinfel Kariens, welche nun den Namen des
rhodiſchen Peräa führte. Die Inſel Fan nomi:
nell ihre Selbitändigfeit bis auf Kaiſer Diocletian,
wo fie zum Mittelpuntt einer eigenen ‘Provinz, der
fog. Injelprovinz — insularum) gemacht
wurde. Später teilte R. das Schidfal des Byzan:
tiniſchen Reichs, wurde 1309 endlich durch
Stobanniterorden (ſ. d.) befeht, deſſen Mitglieder
daher au den Namen Rh odiferritter befamen.
Der Orden verlieh aber die Inſel 1522 und ver:
taufchte fie mit Malta, weil er fich gegen die furcht⸗
baren Angriffe des osmaniſchen Sultans Soliman
des Großen nicht länger zu halten vermochte. R
ift jeht Siß eines Paſchas und eines griech. Erz⸗
biihofs, hat 28000 E. wovon 21000 Griedhen,
6000 Zürlen und 1000 Juden, und befindet ſich in
einem fehr vernadjläffigten Zuftande. Der Ertrag
an Dliven, Feigen und Sübfrüchten it Bi An
durch den
bie Rebe behauptet den alten Ruhm. Die Inſel
mwurbe oft von Erdbeben, befonders fehr ftarl am
23. April 1863, heimgeſucht. -
678
meiltend Griechen, liegt noch N
Stelle. Sie ift amphitheatral erbaut, bat zwei
Häfen und bietet den Anblid des traurigiten Ber:
falls, Die Feſtungswerle liegen in Ruinen, bes:
gleichen feit bem Erbbeben von 1863 die Johannis:
iathedrale der Rhodiſer, welche in eine Moſchee
umgewandelt war. An bie Zeit der Orbengritter
erinnern noch die pittoresfe Nitterjtraße, jowie die
verſchiedenen Grofprioreien. Sonſt ijt nur noch
Lindos an ber Oſtküſte de erwähnen, jekt von
Sichern bewohnt. Val. Rob, «Reifen nad Kos,
Halitarnafjos, R. und der Anfel Cypern» (Halle
1852); Guerin, «Voyage dans l’ile de Rhodes»
(Bar. 1856); Berg, «Die Inſel R.» (2 Bde., Braun:
ſchweig 1861); Biliotti und Gottret, «L’ile de
Rhodes» (Gompiegne 1882). j
Nhombus (grch.), ein Parallelogramm mit
ſchiefen Winkeln und gleihen Seiten, Ahomboid
eins mit ſchiefen Winkeln und ungleihen Seiten:
vaaren, oder ein Viered, bejtehend aus zwei ver:
ſchiedenen gleichſchenleligen Dreieden, welde die
Yafıs gemein haben. ,
NRHonchus (grch.), Rafieln, Schleimrafieln, das:
jenige Geräuſch, weldhes man vermittelit der Aus:
tultation bei Schleimanfanmlungen in den Zungen
und Luftwegen vernimmt._ —
Rhöne (der, in der Schweiz gewöhnlich bie,
frz. Le Rhöne, lat. Rhodänus), nädjit der Loire
ver größte Strom Frankreichs, entipringt im
ſchweiz. Kanton Wallis mit einer warmen Uuelle,
dem Rotten, 2040 m über dem Meere an der Waien:
wand, und einer falten, dem Abfluß des Rhöne—
gletſchers, 1777 m über dem Meere am Fuße der
Furka und durdjfließt, nad) der Vereinigung beider
Quellbäche bei dem Berghotel Gletſch (1761 m), in
mweitfübweftl. Richtung das 120 km lange, an ber
Sohle bis 3 km breite, zwifchen den Benninifchen
und den Berner Alpen eingefentte Längenthal des
Wallis, defien Seitenthäler ihm eine Menge aus
engen Felspforten hervorftürzender Gletſcherbäche
aujenden: rechts die Mafla, Yonza, Dala, Litne,
Sionne, Morge ıc., links die Binna, Saltine, Bifp,
den Turtmannbach, die Ravifance, die Borgne und
die Dranfe. Bei der Mündung der lektern unweit
Martigny (460 m) tritt der R. nah NW. umbie:
gend in das Duerthal des untern Wallis und flieht,
nachdem er bei St.-Maurice ben * orte
du R. zwiſchen der Dent du Midi und der Dent de
Morcles durchbrochen, als Grenzfluß zwiſchen
Wallis und Waadt durch eine ſumpfige Thalebene,
in welcher er links die Vieze aus dem Val d'Illiez,
rechts die Grande Eau aus den Ormonts aufnimmt,
dem Genferſee zu, in den er nad) 162 km langem
Lauf 375 m über dem Meere bei Bouveret durd)
ein Delta einmündet. Bei Genf verläßt er als
Harer blauer Strom den See und fchlängelt ſich
ſuüdweſtlich Durch das Molaffehügelland des Kantons
Genf, bis ihn der breit vorgelagerte Bergwall des
Jura une feinen Weg quer durd) das Gebirge
zu ſuchen. Zunädjt durabricht der Strom, 5
dem er 16 km fübmwejtlid; von Genf, 336 m über
bem Meere auf franz. Gebiet übergetreten, bie
Felsſchlucht des Fort de Lecluſe zwiichen dem Mont:
Credoz und dem Mont:Buadhe und 4 km weſtlich
von derjelben, bei der Mündung ber Balferine, die
Perte du Rhöne, in deren Schlund der N. vor
ber Erweiterung feines Vettes durch neuere Spren:
ie an ber alten
— — — — — — — — — — — — — — — — — — —
Rhombus — Nhöne
Die Hauptſtadt Rhodus, mit 10000 E., ſchwand; dann fließt er
in breitem fieigen Bett,
zahlreihe Werder umf&ließend, längs der alten
Grenze von Franlreih und —— an Seyſſel
und a vorbei nad) ©. und SW., wendet ſich
bei St.:&enir d’Aofte (235 m) ſcharf nah NW.
und tritt, nachdem er die weitl. Vorſtufen des Jura
durchſchnitten, bei Bort:-Lagnieu in die Tertiärebene
der Brefle, die er zuerſt in ſüdweſtl., dann in weitl.
Richtung durdjitrömt.
‚ Bei Lyon (161 m) wird der N. durch die rechts
einmünbende Sadne nad ©. abgelenkt und behält
diefe Hauptrihtung in feinem Laufe über Bienne
(150 m), Balence, Montelimar (97 m), Beaucaire
und Tarascon, Avignon (12 m) und Arles bis zur
Mündung in den Golf du Lion bei. Rechts von
den Bergen bed Lyonnais und der Gevennen, [ints
von den * Vorſtufen der Weſtal den Ge⸗
birgen der Droͤme und Aigues ein eihloffen, öffnet
fich das untere Rhönethal erft bei Pont St.-Eaprit,
35 km ſüdlich von Montelimar, und bei Avignon
erweitert es fid) zu einer breiten Tiefebene , in wel:
der der bis dahin reibende und tiefe Strom zwi:
ſchen niedrigen Ufern in einem durch Gefhiebe und
Sand verfladhten Bett langſam dahinſchleicht. Bei
Arles (3 m) beginnt das Delta: nah SEW. fließt
der Grand R., der ſechs Siebentel des Waſſers
abführt und feine Hauptmündungen , bie Dit: und
die Rouftanmündung zwiſchen dem Golf du Fos
und den Yagunen des Vieur⸗Rhoͤne durch Schlamm:
ablagerung immer weiter in dad Meer hinaus:
ſchiebt, nah SW, der Petit: Nhöne, von dem ſich
(ints der fanalifierte Rhöne:vit abzweigt. Zahl:
reihe verfumpfte oder verjandete Lagunen und
Teiche und tote Flußläufe fowohl in der zwifchen
beiden Hauptarmen gelegenen Inſel Camargue
(f. d.), wie in ber Crau (f. d.) öltlih und in ber
Ebene von Aigues:Mortes mweitlic von derfelben,
beweifen, daß der Strom häufig fein Bett wechjelt.
Das Gtromgebiet bes R. umfaßt 97800 qkm,
wovon 7700 auf die Schweiz fallen. Seine wichtig:
ften Nebenflüffe unterhalb des Genferfees fi
rechts die Valjerine, der Ain, die Saöne mit dem
Doubs, die Ardeche und der Gard, links die Arve,
ber Fier, ber Guier3, die Iſere mit dem Arc und
dem Drac, die Dröme und die Durance. Außer
zahlreihen Sumpfieen und Zeihen in der Breſſe
und einzelnen kleinen Seen in den Gebieten des
Guiers und des Doubs befist das Rhönebeden drei
größere Seen, den Genferfee (578 qkm), den Lac
d’Annecy (28 qkm) und den Lac de Bourget
(75 qkm). Die Stromlänge beträgt 810 km, wo:
von 260 auf die Schweiz (72 auf den Genferice)
fallen. Somohl die Breite, wie das Gefälle find
jehr verſchieden. In der Berte du R. ift der Strom
nur 25 m, bei Balence 670 m, bei Arles 1600 m
breit. Das Gefälle, durchſchnittlich 222 m per
Kilometer, beträgt von Gletſch bis zum Genferiee
8,6 Promille, von Zyon bis Arles 0,55 Bromille, von
Arles bis zur NündunglaumO,0 Promille. Obm
die Sayflahrt im untern Teile dur Sandbänte,
im obern durch die ſtarle Strömung erſchwert wird,
ift doch der R. bis Seyſſel hinauf fiffbar und
wird | — von Dampfern, wie von Segelbooten,
in der Tiefebene bis Beaucaire hinauf ſogar von
Seeſchiffen befahren. Die wichtigſten Schiffahrtss
Tanäle find im untern Laufe der Kanal von Beau:
caire nad Aigues:Mortes, der Kanal von Arles
nad Bouc und der Kanal St.Louis vom Turme
gungen bei tiefem Waſſerſtand vollitändig ver: | St.Louis öftlidh zum Golf du Fos. Mit dem
Rhonen — Ahöngebirge
Rhein ift das Nhönegebiet durd den Rhöne—
Rheinkanal verbunden, der von ber Saöne jur
führt, mit der Loire dur den Canal du
entre (Chalon:fur:Saöne:Digoing), mit der
Seine durch den Canal deBourgogne, der von
der Sadne zur Yonne gebt. Die andern Kanäle die:
nen teild wie der Derivationsfanal der Perte du
R. der Induſtrie, teild wie die Kanäle im Wallis
ber Entijumpfung bes Uferlandes und der Korrek—
tion des Stroms, der durch feine Hochwaſſer nicht
felten große Verwüſtungen verurfadt.
Nah dem R. find zwei Departements im füböfll.
Frankreich benannt:
Das Rhöne: Departement, welches aus dem
öftlihen oder eigentlichen Lyonnais und aus Beau:
jolais gebildet wurde, zählt auf 2790,39 qkm (1881)
741470 E. alſo 265 auf 1 qkm. Es iſt das volfs:
dichteſte Departement von ganz Südfrantreih und
eins der vollädichteiten im ganzen Staate. Das:
felbe zerfällt in die Arrondifjements Lyon und Ville:
frande, zufammen mit 29 Kantonen und 264 Ges
meinden und bat zur Hauptjtadt —* (f.b.). Das
Bergland von Lyonnais, weldes aud) in das
Depart. Loire gg erfüllt den größten Teil
bed Departements. Die Höhen, die bier im Mont:
Zarare 1004 m —— en einen ſteinigen, un⸗
ruchtbaren Boden; die Vertiefungen und engen
Flußthäler Fieg die üppigſte Vegetation mit Gar:
tenlultur. Die Hauptflüfie And der R. unddieSaöne
mit zahlreihen Zuflüflen, nur wege Gemwäfler
gehören dem Gebiet der Loire an. In den R. führt
an der Südgrenze ber Kanal von Givors in dem
Thale des Gier. Das Klima ift mild und gefund,
Faft alle Pflanzenprodulte —— edeihen
bier trefilic, namentlih Maulbeerbäunte, die zum
Behuf der Seidenkultur in umabfehbaren Pflan:
jungen gezogen werden, ferner die feinften Obft:
arten —— Weine. Die dichten Waldungen
des Gebirges iefern vortreffliches Tannenholz,
und ganze Wälder von Kaſtanien die beliebten
Maronen von Lyon. Stark wird der Anbau von
Futterkräutern betrieben. Rindvieh und Pferde
werben nur wenige, deſto mehr Eſel, Schafe und
gie en gezogen. Die Flüſſe liefern viel Fiſche.
* bedeutend find die Schäße des Mineralreichs,
befonders in Steintohle, Kupfer, Eifen, Blei, Zint,
Marmor, Porphyr, Granit. Die Induſtrie, deren
Mittelpunlt Lyon, umfaßt . alle Artitel des
franz. Gewerbfleihes. Dbenan ftehen die Seiden:
fabriten, die wichtigſten Frankreichs; ausgezeichnet
find aud) die Baummwoll:, Farbe: und Eifenwaren.
Zarare (f. d.) ift der Mittelpunkt einer ausgebrei:
teten Muffelinmanufaltur und das Dorf Cours
(mit 3879 [Gemeinde | €.) gilt al3 Centrum
ür die Fabrilation der Beaujolaisleinwand. Ebenſo
edeutend ift der Handel mit eigenen Natur: und
Kunfterzeugnifien,
Das Depart. Nhönemündungen (Bouches
du Rhöne), aus dem ſüdweſtl., auch das Mhöne:
delta umfaſſenden Teile der Provence gebildet, im
N. durch die Durance vom Depart. Bauclufe ge:
trennt, im D. von Depart. Bar, im S. vom Mittel:
meer (mit einer Küftenentwidelung von 160 km),
im W. vom Depart. Gard begrenzt, zählte 1881
auf 5104,87 qkm 589028 E., — in die drei
NMrrondiiiements Marjeille, Air und Arles mit
27 Kantonen und 109 Gemeinden und bat zur
Sauptjtabt Dtarjeille (f. d.). Ein Dritteil bes De:
partement3 iſt Bergland, gebildet von niedrigen
679
Alpenausläufern. Der Doden beiteht überwiegend
aus Steppen und Heiden, Sand: und Steinfläden;
nur in den von Flußſchlamm gebüngten oder durch
tünftlihe Bewäflerung in Kulturland verwandelten
Landjtrihen ift er fruchtbar. Das Klima iſt im all:
gemeinen heiter und mild und, außer in den Sumpf:
gegenden, troden und gejund; der Scewind mildert
die Hitze. Selbit lalter Nordwind, Mijtral genannt,
und Reif find nicht felten und den Pflanzunaen
jüdeurop. Feldfrüchte Shädlih. Die Hauptprobufte
find Mein und Ol, außerdem Gemüſe, Objt, beſon—
ders Pilaumen, Granatäpfel, Mandeln, Feigen,
enllogien, Kapern und Färberröte. Die Berge und
Hügel find mit Kräutern bededt, und an den Ufern
der Strandjeen jammelt man altaliiche Bilanzen
zur Bereitung von Soda. Berühmt find die Weine
von Caſſis und Giotat, das Ol von Air. Die
Seidenkultur iſt fehr bedeutend. Die Seefiſcherei
iſt ſehr einträ —* und liefert Thunfiſche, Sardellen,
Anchovis u. J. w.; in den Etangs fängt man mit:
tel3 großer Fiſchzaune (bourdigues) auch Meeräiche
rel Cop alus), aus deren Rogen die beliebte
otargo (boutargue), eine Art Kaviar, bereitet
wird. Das Mineralreich liefert nur Steinkoblen,
Kalt, Gips, Marmor und Schleifſteine; aus den
Gtangs gewinnt man Seeſalz. Obſt- Öl: und
Weinbau find Hauptzweige der phyfiihen Kultur;
die Induſtrie liefert Zuch, Wollgeuge und Baum:
wollwaren, Weineffig, Seife, Pottajche, dem.
Produkte, Leder, Korallenarbeiten, Papier, Eifer:
waren und Schiffe Anſehnlich ift der Handel,
defien Mittelpunft Marfeille bildet.
et (Hohe), ſ. ger Rhonen.
Rhoͤneweine heißen bie franz. Weine, melde
an beiden Ufern des Rhöne, in Yyonnais und Lan:
gueboc auf dem rechten, in Dauphind und Provence
auf dem linten, gebaut werden. Sie —53 ſich
durch Feuer, zum Teil durch große Feinheit und
angenehme Fülle aus. Die vorzüglidften roten
R. find: Hermitage, Cöte rotie, Verinay, Mercu:
rol, Erojes, Gervant, Zavel, Chusclan, Cante:
Derarize, Clo8 de&t.:Batrice, Gornas. Von weihen
. find & nennen: Hermitage, Condrieu, St.
Veray, St.:Jean; von Liqueurweinen: Beaume,
Roquevaire, Barbantanne u. f. w.
NRhöngebirge oder die Rhön, ein Gebirge, das
ben norbweitl. Zeil bes bayr. Regierungsbezirts
Unterfranten und den füdl. Teil des — —
titentums Eiſenach erfüllt und ſich bis in das
ldaiſche (namentlich in den preuß. Kreis Gers:
eld) und Meiningenſche eritredt. Bon der Werra
und obern Fulda, der Sinn und Fränliſchen Saale
begrenzt, im Norden durch die Werra vom Thü—
ringerwalbe getrennt, im Suden buch bie Jul:
daiihen Höhen mit dem Spefiart in Verbindun
oefept, beiteht das Gebirge meift aus wunderli
geitalteten Trachyt-⸗, Bhonolith: und Bajaltkuppen
und Kegeln. Die bis 630 m Höhe reihende Grund:
mafie der Triadformation (Buntjandftein und
Mufceltalt) enthält eine Menge erloichener Bul:
fane und Moore und zerfällt in drei Abſchnitte:
die füblihe, die Hohe Rhön und bie Vorderröhn.
Die füdlihe Nhön licgt zwiſchen der obern Sinn
und der Fraͤnliſchen Saale, zwiſchen den Badeorten
Brüdenau und Kiſſingen und befteht aus flachkegel:
förmigen Bergmafien, unter benen der 930 m hohe
Kreuzberg, füdlih von Biihofsheim, die be:
deutendite und dadurch merkwürdig ilt, dab von
ihr aus das Chriftentum über das Frantenland
680 Rbhopaliſch
verbreitet wurde, nachdem der heil. Kilian 668 das
Kreuz auf ihrem kahlen Gipfel sg rg
Geit 1582 Ind ein fteinernes Dentmal daſelbſt
Dura Jahre ſpäter wurde ftatt der Slapelle und
des Mohnbaufes der S 20 m unter
dem Gipfel, die gegenwärtige Kirche und das Kloſter
erbaut, ein heruhmter, vielbeſuchter Wallfahrtsort.
Im NE, erbebt fih die Oſterburg, ein Berg mit
gewaltigen Yavamaljen und den Nuinen ber gleich:
namigen Burg. Gegen SW. erheben ſich die bis
819 m hoben Schwarzen Berge mit jehr breitem
Nüden und einzelnen Bajalten. Die Hohe Rhön
beginnt im N, der Sinn, im W. vom Kreugberge,
und g gegen NND. zur Quelle der Fulda und
Uliter bis nah Tann und Kaltennordheim. Gie
bildet einen fehr zerllüfteten, lahlen, öden und
feliigen Rüden mit einzelnen Kegelbergen und gro:
— Mooren. Auf preuß. Gebiet erhebt ſich bei der
uldaquelle die 931 m bobe Abtsroder Höbe,
die 876 m hohe Pferdekuppe und die 950 m
bobe Waſſerkuppe und im ſüdl. Teile das 930 m
re Dammersfeld, mit herrlichen Wiejen und
edeutenden Ninderberden. Die VBorderrhön
umaibt die Hohe Nhön mit 250—400 m hohen
Flächen, über welche ſich viele ijolierte Berglegel
noch 300 m erheben. Sie ijt reicher bebaut, haͤu—
figer bewaldet, überbaupt mannigfaltiger geitaltet
als die Hobe Abön; 15 km öjtlid) von Fulda erhebt
* er ein 826 m hober Rhonolit rüden, die
Dilfeburg oder Milzeburg, aud Heufuder
oder Totenlade genannt, ein langgeitredter
Nüden mit fteilem Abſturz und der Wallfahrts⸗
tapelle des heil. Gangolph. Südweſtlich davon, an
der Quelle der Haun, liegt die merfwürdige Stein:
wand oder TIeufelswand (646 m abiofuter
Höhe), eine gewaltig jertrümmerte Phonolithen:
maſſe, und im NM,, auf 451 m hohem Felſen, das
Sdioß Bieberſtein, "ehemals Sommerrefidenz des
Fürjten von Fulda. In der nördl. Vorderrhön,
zwiſchen den Thälern “der Felda und Ulſter, die
lint3 in die Werra fließen, erheben ſich die Zahl:
reihen Bajaltkegel, der ganz mit Laubwald bededte
Bayerberg bei Lengsfeld 706 m, der Dietrichsberg
669 m u.a. Nacı ND. gegen das Werratbal am
weitejten ir bildet die Vorderrbön das
Henneberger Bergland mit dem Geba 750 m
und dem Bleßberg 645 m body, beide im Herzogtum
Meiningen. Bol. Barth, «Tas N.» (Fulda 1871);
Schneider, «ührer durch die Nhön» (2 luft MWürzb.
1880); a? „Die Rhön (2. Aufl. ‚Würzb. 1882).
Nova ich (acc). ), ——— thopaliide
Verſe, ſolche, in denen jedes folgende Wort eine
. a. at als das unmittelbar vorhergehende.
.. — (grch.), Malerei für Kleintram,
f. en le
— Roswitha.
NRHotazismus (arch.) nennt man in der Sprach—
wiſſenſchaft den in den verſchiedenſten Sprachge—
bieten, z. B. in griech. Dialekten, im Lateiniſchen
und im Deutſchen vorliegenden libergang vom
tönenden s (z)inr, 3. B. unſer wären (neben ge-
wesen) aus urgernran, wezum.
Rhuddlan, Stadt im engl. Fürftentbum Wales,
Grafſchaft Flint, rehts am untern Clwyd, Sta:
tion der Linte Rbyl: Denbigh⸗Corwen der London
and Northweſternbahn, bat 1233 E., einen klei—
nen Hafen und Bleigruben. Hier unterwarfen ſich
1284 die — Geſchlechtshäupter dem engl.
König Eduard L
— Rhyndacus
Rhus L. ——— eine Dee Familie der
Terebinthaceen gehörige I an an.
ten und Fubtropifchen En ** Erd
heimiſche Gehölzgattung mit abwechſelnden
weder — oder —— Blättern
Heinen, unjdeinbaren Blüten in rtigen
Nifpen und mit Heinen trodenen, m
einfamigen Gteinfrüdten. Von bdiejer ng
finden ih in unjern Gärten und Barkanlagen
mehrere jhöne Sträucher oder Heine
baufigften folgende: R. typhina Z.,
Eſſigbaum, aud Hirfchlolben genannt, Teil die
ftarten, jungen Zweige dicht mit wei, ——
Haaren 108 * in u ine das fl
junger, noch nicht gefeg ge
Ihm ahni ich, aber in allen Teil en Hg
Goriaria L., der Gerber: Sumad. Seine zu
Pulver zerffeinerten Zweige und 344 ſind unter
dem Namen Schmad i im Handel und werden zum
Gerben der Häute, wie aud zum Schwarzfärben
benußt. R. glabra L. bat eine um vieles
elegantere u Auch als ber —— ——
ee — —— iei —25 —— >
Frankreich und von bier in eing
ihre Blätter find länger und * und
chen fiederſpaltig oder ſelbſt BE ae
dunkelgrün, unten graulichweiß
ſchönſten Zierſträucher ift die in —— und im
Drient einheimiihe R. Cotinus ZI,
rüden:Sumad, mit einfadhen, ——
elliptiſchen, ſteifen, glänzend: bellgrünen Blättern,
Seinen Hauptichmud erhält diefer Baum, wenn
in den lodern Nifpen der uniheinbaren Blüten
viele derjelben, weil unfruchtbar, abfallen und ibre
Stiele zu langen, röhrigen oder platten Haaren ſich
verlängern und jufammen große Perüden ähnliche
Ballen bilden. rüber in Gärten und Parka
häufig, doch wegen der Giftigkeit aller feiner Teile
meilten® unterdrüdt * 9* da ——
der Giftſuma xicodendron L., ein
In pen Nordamerifa Sinbeimifcher, — ie
dem Boden liegender Straud. iftig iR
auch dergegenden Hinter Deutfehlande ernprubnhe
Sirnisbaum, R. vernix Z., aus ——
RHHafolith, ältere Bezeichnung fürden Sanidin
oder glafigen Feldſpat. [öfint (j. d.
Rh I, Seebad in der walifif
Rhynchoo a, Brüdehjen oder auch
Tuatara, iſt ber ae. einer nur aus einer Gat⸗
tung und Art beftehenden Ordnung der ——
Die Brüdechſe (Hatteria punctata) hat bilontave
Wirbel, ein mit dem Schädel unbeweglid verbun:
denes Auadratbein und über jede ——
eine knocherne Brüde, Die Lungen haben ein groß⸗
mafchiges Gewebe, wie bei Amphibien; Vega
organe fehlen und in jedem Zwiſchenli
1 ein einzelner Ant a breiter dee ähnlich wie
ei den Nagetieren, Die Brüdec ft grünlich
(mars mit großen, gelben Fleden,
Fuß lang und bewohnt Neufee
Heine Inſelchen in der Näbe der Neöntü,
rend fie auf dem Hauptlande te
ſcheint; rg verſchiedene Punlte a. Sram
fation ftebt fie unter ben Reptilien
(nf Inüpft aber an foffile dormen en
pedon, "Rhy nchosaurus) u. —* —
2
yudäcnd,
Ei 3 ai,
ND. Kfeinafiens, ei“ st eig = ar
—— am
namentlid
Nhynns of Gallowah — Rhythmus
—— Myfien und Bithynien unterhalb bes
(ympus vorüber, durch den See Artynia (iebt
von Abullonia) und dann mit dem Maceitus (jebt
Sufurlutichai) vereint in bie —— flieht.
Rhynus of Galloway, |. unter Wigton.
Mhyolith (auch Liparit oderQuarztrahyt),
ein in einigen Gegenden weit verbreitetes, zur
Trachytgruppe geböriges Gruptivgejtein der Ter:
tiärformation, welches nad) feiner petrographiichen
Beihaffenheit ein fpäteres Hquivalent der den
frübern Perioden angebörigen Quarz: oder Felfit-
porphyre darſtellt. In der Regel zeigt es in einer
weißlichen, — oder hellroͤtlichen Grund⸗
maſſe Kriſtalle von Quarz und Sanidin (glaſigem
Drthollasfeldipat) ausgeſchieden, wozu ei auch
noch Plagioklasleiſten, dunkle Gtimmerblättchen,
Hornblendefäulen und Augitkörner gejellen fönnen.
Bisweilen iſt der Quarz nur milroftopiich fichtbar,
bisweilen fehlt er ganz, wobei aber das Gejtein
dennoch feinen charakteriftiich oben Kieieljäure:
Re bewahrt. In manden R. finden ſich reich:
iche mitroffopiiche Aggregate von Tridymit. Die
vielfach nicht fompalt, jondern porös ausgebildete
oder Trümmer und Neiter von Hornftein und
Jaſpis enthaltende Grundmaſſe iſt unter dem Mikro:
top ſehr verichiedenartig zufammengefept und
truiert, nur ſehr jelten ganz kryſtalliniſch-körnig,
meijt jpielt mitrofelfitiiche, —I oder glaſige
Subſtanz darin eine weſentliche Rolle, und jphäro:
lithiſche Bildungen befihen eine außerordentliche
Verbreitung; ausgezeichnete Fluktuationsftruktur
iſt ſehr häufig, die ſich vielfach auch dem bloßen
Auge in einer lamellaren Beſchaffenheit ausſpricht.
Die —— pflegen reichlich Glaseinſchlüſſe,
keine Fluſſig *8* uſſe zu enthalten. Wie in
der Gruppe der gi yre fommen aud) hier Varie:
täten vor, welche gar feine ausgejchiedenen Ge:
mengteile in der Grundmaſſe aufweilen, In chem.
Hinſicht find die R. noch kiejeljäurereichere Öejteine,
als die Altern Granite und Quarzporpbhyre, indem
ber Kiefelfäuregehalt 75— 77 Proz. beträgt, aud)
waltet, im Gegenjaß zu lebtern, bier das Natron
über das Kali vor. Reich an R. find die Inſel Is—
land, das ungar.fiebenbürg. Gebirge, die Hügel:
gruppe der Guganeen, bie Lipariſchen und Ponti⸗
niſchen Inſeln, das Rhodopegebir e der Balkan—
balbinfel, das armen. Hochland, Neufeeland, Merito,
insbejondere der Weiten von Nordamerita, mo
rbhyolithiiche Ergüfie fih in großer Mächtigteit ver:
breiten, In engiter Vesiehung zum Rt. jtehen die
meiiten Opiidiane und Berlite, gewiſſe Bimsſteine
und Pechſteine, welche nur bejondere Eritarrungs:
mobifilationen desfelben Gejteinsmagmas find.
Rhypia (grch.) oder Rupia, Schmutz- ober
Bortenflechte, chroniſche Hautfrantheit, bei welcher
die Haut mit diden, feiten, rot: oder dunfelbraunen
Borken und Kruften bededt it. Behandlung: Auf:
weichen der Borlen mit Öl, wieberholtes Betupfen
mit Höllenftein. Mitunter ift die N. ein Symptom
der Syphilis, und dann muß diefe zunächſt ener:
giih behandelt werden,
gpegrapbie (grch), «Schmuhmalerei», ſ.
ebe
(ar) beyeißnet jede abgemef
th. eichnet jede abgemeſſene
oder taltmäßige Beie Borzüiglih wirb ber
gung.
Ausdrud R. von dem * beſtimmten Ton: und
Mafverhältnifien geregelten Gang in der Muſil
und Boefie gebraudt, wo die R. einer Erregung
ber le entivrechen, indem fie, bald ſchwebend,
681
bald * dahineilend oder hüpfend, bald ge—
halten und feierlich würdevoll, bald kühn und ftür:
miſch, bald wieder weich dahinſchmelzend, ebenjo
verjchiedene innere Bewegungen ausdrüden. R. in
der Muſik als der figurierte Zeitwechſel aufein:
ander folgender Töne iſt mit dem N. in der Poeſie
als dem figurierten Zeitwechiel aufeinander folgen:
der Worte nur verwandt. Der R, in der Muſit
beiteht in dem Wechfel von Beitteilen vielfältiner
Länge und Hürze innerhalb eines gleihmänig
wiederlehrenden Beitmaßes, welches der Talt (j. d.)
genannt wird. Zum R. in der Poeſie gehört eritlich
die Gruppierung der langen und kurzen Silben in
Betracht ine Heitlänge oder Quantität und zwei
tens der Accent oder die verichiedene Betonung der
Silben. Man bemerkt nämlich außer der längern
oder fürzern Zeitdauer der Silben, nach welder fie
in lange, kurze und mittelzeitige eingeteilt werden,
noch eine andere Gigentümlichleit der Sprachen,
vermöge deren gewiſſe Wörter oder Silben durch
ftärfern Drud der Stimme vor andern hervor:
gehoben werden, So find die beiden Silben in
«Heirat» an Zeitgehalt einander gleich, aber ver:
ſchieden in Hinfiht auf die Tonftärte. Die Silbe,
welcher die Hebung zukommt, nennt man gewöhn:
lich Arfis (bezeichnet durch“), die, auf welche die
Sentung fällt, Theis, die Hebung der Stimme
felbft aber Ittus. (S. Arſis und Theſis.) Auch
wo kein Wechſel von ai und kurzen Silben
ftattfindet, wie 3. B. in dem ſpondeiſchen Herameter,
fann durch die bloße Arhıs und Theis Mannig:
faltigeit des Ganges und der Bewegung bervor:
gebracht werden. So find Hebung und Senkung
die eigentliche Seele des R. Iſt die Thefis der
Arfis an Zeitgehalt glei, fo entiteht das gleiche:
Ungleichheit der Theſis oder Arſis aber gibt die
ungleihen Rh — Silben, die als
Arhs und Then in Verbindung fteben, geben die
rhythm. Reihe, die, je nachdem Arfis oder Theſis
vorangeht, eine auf: oder abſteigende iſt, und deren
mehrere einen Vers bilden. Die Glieder eines Ber:
ſes oder einer —— — heißen Füße (pedes).
Diefe find folgende (1. auch die einzelnen Artitel):
1) zweifilbige Füße: Pyrrhichius (vu), Jambus
u_), Trobäus (—), Spondeus (— ——); 2) drei-
ilbige: Tribrahys („w), Molojius (— — —),
Bachius (— — vw), Balim: oder Antibachius
(u — —), Ereticuß ober Amphimacer (—v—), Ana:
äft (vu), Amphibrachys (vv), Daltylus
C vu); 8) vierfilbige: Difpondeus (— — — —),
ipprrbichius oder Proceleusmaticud („oo v),
Choriambus (— u), Antijpaft ( M
Ditrochaus (— u — u), Diiambus (+ —v—),
—— Joniler (lonicus a majori) (— — vu),
teigender — onieus a minori) («v — —),
die vier Arten der Epitrite, in denen zu drei
Pängen eine Kürze fih gefellt, und die vier Päo-
nen, die aus drei Kurzen und einer Länge be-
fteben, Leicht läßt ſich die Anzahl diejer Fuͤße im
ortſchreiten zu fünf: und ſechsſil RD durch Kom⸗
— — *8
ination noch weiter vermehren.
als Taltſchritte zu einem rhythmiſchen Ganzen ver:
bunden werben grient der Vers NR d.). Bu be:
merten ift bierbei, man benjelben entweder
Fuß für Zub oder fo abteilen kann, daß je zwei
oder auch wohl drei Süße zufammengenonmen
werben. Das erfte gibt die Monopodie, das
zweite die Dipodie, das letzte die Tripodie.
So wird 3. B. der anapältiiche Vers von den Alten
ndem bie Füße
682
dipodiſch, von ben Neuern gewöhnlich ———
gemeſſen. Im Versganzen vereinigt ſich der
ralter der einzelnen Füße zu einem Geiamtauedrud,
welcher den darin vorberrichenden Fühen entiprict.
So 5. B. tragen daltyliſche Versmaße den hüpfen:
den und forteilenden, ſpondeiſche ben jchweren und
ichleppenden, anapäfti he den aufgeregten und *
ſpannten Gharatter an ſich. Im Anſchluß an das
erhaltene « Endeiridion» des Griechen Hephäſtion
und die Schriften der lat. Grammatiter Terentia:
nus, Marius Victorinus, Priscan u. a. *
in neuerer Zeit Gottfr. Hermann, 5 m Bo,
J. A. Apel L ödh, Weitphal, Rokba u. a. bie
Gefehe der WAbnthmenbitbung der Alten eftsuftellen
verfudt. (©. Areteit)
(lat.), das Borkentier.
Ni tft der Name des japan. Wegmaßes. Das
Ni wird in 36 Tſchu (zu 60 Keng zu 60 Schalu)
eteilt und a 12911 engl. —8985,17 m.
Anden f febt der Vertrag zwiſchen Japan und Preu:
San. 1861 das Ri auf 3910 m oder
ards feſt.
ben vom 24,
4275 erol.
offizielle Ablürzung für den nordameril.
Staat —53* land.
Riala-Bei, die dritte Rangſtufe in der türk.
Marine, entfpricht dem Kontreadmiral in der
deutfchen, engl. und franz. Marine.
Rianzares, Herzog von, f. unter Maria
C
— mittellat. Castrum Minci, Stabt
in der fpan. Prov — rechts am Mino, an
der Mündung des Nvia in denfelben, Station der
Eiſenbahn Orenſe Vigo, zäblt (1877) 4247 E, und
baut .. A er Weikwein.
(ob. Karl Dtto), engen
[og und ya er, geb. 23. Zuli 1827 zu Erfurt, wo
jein Bater, Ernſt Sriedrich R. (geb. 9. März 1783
zu Wilsleben im —— 1832—43 Ge:
neralfuperintendent von Schlefien, 1843 —48 Wirll.
Oberlonſiſtorialrat im Minifterium des Kultus und
öffentlichen Unterrichts, — 6. Juni 1860 in Ber:
lin), damals Konfiitorial: und Ehulrat war —
bielt feine Gymnafialbildung zu Breslau und
lin und widmete —* Berlin und Bonn befon:
ders unter Leitung Ritſchls philol. Studien. Er
unternahm im Herbit 1852 eine wiſſenſchaftliche
Reife nach Ftalien ns war bierauf als Mitglied
des von Bödh geleiteten Seminars für Gelehrten:
ſchulen in Berlin thätie, bis er im Herbft 1854 zum
zweiten ordentlichen Lehrer am Gymnafium zu El:
berfeld gewählt wurde. Im J. 1856 wurde er
auberord. Profeſſor an % Univerfität und dem
obern Gymnafium in Bern, wo er 1859 eine orb.
Profeſſur und die Direktion des von ihm gegrün:
deten pbilol. Seminars erhielt. Dftern 1862 ging
er als Profeſſor an die Univerfität nad) Baſel, an
weldyer er ebenfalls ein philol. Seminar ei nzurich:
= batte. Im Herbit 1862 folgte er einem Huf an
bie Univerfität Kiel, 1872 nad) Heidelberg; Ditern
1877 trat er an Ritichle Stelle in Leipzig. R.s
wifjenfhaftlihe Hauptwerle find die Sammlung
der «Scenicae Romanorum poesis fragmenta»
(2 Bbe., Lpz. 1852 —55; 2. Aufl. 1871—73); dazu
«Die röm. Tragödie im Zeitalter der Republik»
(2p3. 1875); ferner die große kritiſche Ausgabe des
Tirgil mit «Prolegomena critica» und «Appendix
Vergiliana» (5 Bde., Lpz. 1859—68). Hieran
ſchließen ſich eine Heinere Ausgabe des Ichtgenann:
ten Dichters (Lpz. 1867), Bearbeitungen des Au:
Rhytina — Ribeiro
venal (Lpz. 1859) und ber Horaziihen Epifteln
(Berl. 1869), «Der echte und ber der unehte Juvenal»
Berl. 1865), «Friedrich Wilhelm Ritihl» Bde.
!p3. gl. 26h. 108 8 Beitrag zur antiten
w.»
4 or Zul), Lehrer des röm.
Ned, geb. 2. Mai 1798 zu Bremerlehe (Han:
nover) ſudierie in Göttingen und Berlin ——
wiflenfchaft, —— —— wert in Gö
röm. Recht, wurde 1822 außero —— A
des Sprucdtollegiums dajelbit, 1893 orb. und
1832 ord. Profeſſor. Er jtarb Öttingen 13. April
G
1874. Seine einzige größere Säit ift: ‚nur Lehre
von ben Soreoiigionene Ött. 1831
Nibble, Fluß in den en . Graficafte ort
und Lancaſter, in auf —— tte
(Pennine Chain) und mündet nach einem e von
100 km unterhalb Breiton in die Iriſche See, ein
breite Aſtuarium zwiſchen ber tecambe: Bai
und der Qiverpool-Bai bildend. Bis Preſton auf:
wãrts lönnen Leine Seeſchiffe gelangen.
Rib en (cnal.), ſ. Bandmänner.
Nibe oder Ripen, Hau titabt eines Amts und
Stifte in — Yatland, an gi eg ve
aue, 6km von ber Nordfee Bone
der nad Verfandung der — 1856 bei
VYdre Bjerum angelegte, 2m tiefe und 950 m ——
Kanal den ehr vermittelt, m. Zweig
—* — — mit der tüjchen Eifenbahn F
— des Stiftamtmanns und Bi⸗
järe. De t eine im Anfang des 12. Jahr).
m —— exbaute Kathedrale ‚die en⸗
rche) mit hohem Turm, eine Latei
dit 2 und DA —— — E.,
ben, viele ——
re Sea as Bruns ibertöi) liefern
und mit diejen Fabrilaten, ſowie mit Rindvieh und
Pferden Hande unterhalten. N. ift eine der äl-
te en Stähle Dänemarts und war einif —
Es * einen guten Den, ef K rd
ld = ee er — — —— — ——
im von weden
und von dem nur noch der von Gräben nn
Grund übrig — * der — a König
Erih Edmund, ber auf ber riber Geridhtäftätte
Hwidding, nahe im Süben der Stadt, 1137 er:
morbet ward; König Chriſtoph der Bayer der bier
1252 getrönt wurde und 1259 ftarb; der = Borna.
tor Tauſen u.a. In ihr wurden mehr
—— gehalten (1441 und 1542). In R. 1 file
Große Kurfürſt von Brandenburg 21. ger
166 ein Berteidigungsbündbnis mit dem dbän. K
Friedrich II. — Das Amt Nibe Ki. (1880) a
3153,3 qkm 73257 &. — Stift Ribe zählt auf
Bee un 176 ee und zerfällt in die timter
e und Ringkj
beira, Stadt auf 9* ortug. Inſel Sao⸗
* ber Kapverdiſchen Inſeln, iſt Siß eines
Biſchofs, hat einen durch ein Fort verteidigten
Hafen und zahlreihe Auinen. R. war bis 1750
Siß des Generalgouverneurs diefer Inſeln und
ehemals ein bedeutender Handels gr b.
Nibeira-Grande, Stadt auf der Norblüfte der
portug. Azoreninfel San: Miguel, zählt Babe
9339 E. un bat einen Hafen und warme Bü
NRibeiro (Thomaz Antonio R. ——
Dichter, geb. 1. ul 1831 in de a in
ber Beira alta, ftubierte in che: die Rechte,
widmete fi) dann der abvolatoriichen Praxis, war
Nibemont — Ricardo
als Deputierter parlamentariich thätig und be
Heidete nad) und nach die verfchiedenartigiten hoben
und höchſten abminiftrativen Bolten. Epäter lieh
er fih in Portugiefifch: Indien nieder und ward,
nad) Portugal zurüdgelehrt, zum Minijter der Ko:
lonialangelegenheiten ernannt (1878). Bon feinen
Werten find hervorzuheben zwei Sammlungen Iy:
riiher Gedichte: «Sons que passam» (Porto 1854)
und «Vesperas» (Porto 1858), das — Ge:
dicht «Jaime» (Lifjab. 1861; 6. Aufl. 1880) und
das erzählende Gedicht «A delfina do mal» (Liſſab.
1868 u. 1881), und unter feinen Proſawerken einige
lebendige Schilderungen feiner Reifen «Do Tejo
a0 Mandovi» und «Entre palmeiras» (Lifjab. 1864).
Nibemont, mittellat. Ribodimons, Stadt im
franz. Depart. Aiöne, Arrondifjement St.-Ouentin,
lints an ber obern Dife, Station ber Lolalbahn
St.: DuentinGuife, zählt (1831) 3195 €. und hat
MWollipinnerei und Weberei.
Nibera, Stadt in ber ital. Provinz Girgenti
anf Sicilien, Bezirk Bivona, lint3 vom Fluſſe Cal:
tabellota, zählt (1881) 8081 E. und hat Wein: und
Dlivenbau, R. erhielt feinen jpan. Namen 1633
durch die . des Herzogs von Alcala.
Nibera (Car. Juſepe de), genannt Spagno:
letto, Waler, geb. 12. an. 1588 in Jativa (jebt
San:selipe) bei Valencia, machte feine Studien
uerft in Oberitalien nad Gorreggio und ben gro:
en venet. Meijtern, ſodann in Rom unter Cara:
vaggio. Nach dem Tode des lektern begab er ſich
nad) Neapel, gewann bier die Gunft des Vizeldnigs
Bedro, Herzogs von Offuña, und ftarb als Mitglied
der Alademie von San:Luca 1656 daſelbſt. R. ge:
bört zu den tüchtigſten Meiitern der ital, Natura:
liſten. Ginige Werte feiner erften Zeit verraten
glüdliches Anſchließen an Correggio; In feinen fpä-
tern Arbeiten folgte er vorzugsweiſe der Richtung
des Caravaggio, indem er, ohne Rüdfidht auf Bes
deutung und Inhalt des Gegenftandes, bie Natur
mit bewundernswürbiger Geſchiclichleit nachahmt
und durch kräftige Licht: und Schattenwirtung ber:
vorhebt. In feinen geihichtlihen Bildern behan:
delt er mit Vorliebe Hinri — ——
Martern und dergleichen gräßliche enſtände.
Außerdem finden ſich von i fe g Bruftbilder
von Anachoreten, Propheten, Philoſophen. Aud)
hat man von feiner Hand etliche 20 radierte Blät:
ter, welche mit leichter, geift: und geihmadvoller
Nadel behandelt find,
Riberac, Hauptitabt eines Arrondifjements im
franz. Depart. Dordogne, lints unweit der Dronne,
Station der Linie Perigueur:R. der Orleansbahn,
zählt (1881) 2010 (Gemeinde 3856) E. und hat eine
reformierte Kirche, Weinbau, Gerberei, —
inwand
Branntweinbrennerei, Fabrifation von
und Wollmaren, jowie Bieb: und Getreidehandel.
Ribes, eine Gattung ſtrauchartiger Gewaͤchſe,
nad) der die Familie der Ribefiaceen benannt ift.
Ihre über die ganze Erde zeritreuten Arten haben
abwechſelnde, geitielte, ae Blätter mit
gelerbten Lappen und adielitändige, einzeln oder
zu dreien auf gemeinichaftlihem Stiele jtehende
oder zu bdreien aneinander gereihte Blüten mit
einem unterftändigen Fruchtinoten, einem fünf:
teiligen Kelche, fünf meilt grünliden Blumen:
blättern und zwei bis vier Griffeln; fie entwideln
fich mit oder nad} den Blättern. Die Frucht iſt eine
vom vertrodneten Kelche gefrönte, mehrſamige,
von Fruchtbrei erfüllte Beere. Die Ribesarten zer:
683
fallen in jtachelige und unbewehrte. Zu den erftern
gehört der Stadhelbeerftraud, von dem meh:
rere Arten ald bie Grundformen unzähliger in den
Gärten angepflanzter Sorten Srmähnung verbie:
nen, nämlich R. Uva crispa, urjprünglid in Stan:
dinavien einheimiſch und in Deuticland verwilbert;
von ihm ftammten die glattfrüchtigen Stachelbeer⸗
forten. Die raubfrüdhtigen Sorten gegen gehören
dem auf den Alpen wild wachſenden R. Grossularia
an, während bie rotfrüdtigen ihren Urfprun
wahrjcdeinlich dem R. reclinatum verbanten, wel:
ches am Südabhange des Thfringerwalbes in
wilden Zuftande gefunden worben fein joll. Aus
dieſen Grundformen find weit über 1000 Sorten
hervorgegangen, welche in Form, Größe und Farbe
mehr oder weniger voneinander abweichen, Man
vermehrt die Stacdhelbeeren durch Ausſaat, meiſt
nad) gegenfeitiger Befruchtung, wenn man ſich der
undanlbaren Mühe unterziehen will, neue Sorten
zu erlangen; doch aud durch Ableger und Sted—
linge. Die wichtigſte der unbewehrten Nibesarten
ift der Johannisbeerjtraud (i. d.).
Ribefiaczen, Unterfamilieder Sarifrageenlf.d.).
Nibiers, Stabt im franz. Depart. Hautes:Alpes,
Arrondifjement Gap, rechts am Buech, hat (1881)
1091 €., Seidenipinnerei und Tuchfabrilen.
nich Stadt in Medienburg- Schwerin, am
Nibniger Binnenfee (Saaler Bobden), der bier die
Rednig aufnimmt, 26 km nordöftlih von Roftod,
Sig eined Amtägerichts, ge (1885) 4356 EC.
und hat ein Realpro mnaftum, Schiffahrt, Schiff:
bau, Fifcherei, Söhne, eine Gadanitalt und
eine fſägemühle. Das 1324 get Et.
Glaren:Ronnentlofter R. ift feit der Reformation
eine Berforgungsanitalt für en aus der
Ritter: und Landſchaft und hat 64 E. R. kam
1317 an Medlenburg.
Ribniger Bodden, f. unter Bodden.
Nibot (Alerandre Felir Joſeph), franz. Nedts-
elehrter und Politiker, geb. 7. Febr. 1842 zu St.⸗
Dmer (Depart. Pas⸗de⸗Calais), ftubierte Juris⸗
prudenz in Baris und wurde Abvolat, unter Du:
faure 1875 Direktor der Kriminalſachen im Juftiz:
minifterium, dann Generalfelretär und Staatsrat
im außerorbentlihen Dienft. Im J. 1877 trat er
in den Advolatenitand zurüd. Er gehörte zum
Komitee für den legalen Widerſtand gegen die Ur:
beber des Staatsſtreichs vom 16. Mai 1877 und
wurde 1878 in bie Deputiertenlammer gewählt.
Er nahm feinen Sig im linten Centrum und zeich⸗
nete ſich durch feinen gemäßigten Liberalismus und
eine fcharfe Beredſamleit aus. Im J. 1881 wurde
fein Mandat erneuert. ,
Ricardo (David), hervorragender engl. Natio:
nalölonom, geb. 19. April 1772, ftammte von einer
aus Holland nah England übergefiebelten, ur:
ſprunglich portug. israel. Familie. ‚Sein Bater
war ein neddee: londoner Bantier, mit bem
ſich aber der Sohn durch feinen fibertritt zum Chri⸗
jtentun entzweite. Es un m jedoch, faſt obne
eigenes Vermögen, ſich dur eihid und Recht⸗
ſchaffenheit zu einem der eriten Banliers empor;
zuarbeiten. Im J. 1819 wurde er zum Mitglied
des Unterhaufes gewählt, in welder Stellung er
feiner beitimmten Partei angehörte, aber um jo
wirkiamer auf die Einführung weiſer Sparjamtleit
im Sinanzwejen und freier Konkurrenz in der gan:
zen Vollswirtſchaft hinſteuerte. Er jtarb 11. Sept.
1823 au Gatcomb-Gaftle in Gloucefterjhire. Seine
684 Nicafoli
wichtigſten Schriften find: «The high price of
bullion a proof of the depreciation of banknotes»
Lond. 1810), worin er bie Sopbiftit über die Ver:
ältnijie der enal. Bank vollitändig widerlegte; «On
the influence of a low price of corn on the pro-
fits of stock» (Pond. 1815), worin er bie von Mal:
thus und Met vorgetragenen Naturgefehe ber
Grundrente weiter entwidelte und zur Verteidigung
ber freien Korneinfuhr bemukte; «Proposals for an |
economical and secure currency » (1816), in wel: |
cher Schrift er die befte Methode nefchildert, um die
fuspendierte Barzablung der Bank wiederherzu—
jtellen , und die fpäter Peel in der Praxis benußte;
«Principles of political economy and taxation »
(2ond. 1812; deutich von Baumitark, Lpz. 1837; |
2. Aufl., Lpz. 1877); R.s foftematisches Haupt: |
wert: «On the funding system» (1820), worin ftatt
bes leichtfertinen Schuldenmachens direfte Belaftung
der Steuerpflichtigen empfohlen wird. Gine Ge:
ſamtausgabe feiner Werte veranftaltete McEulloc)
(Lond. 1816). N. erforichte die wirtichaftlihen Gr:
ſcheinungen mit Hilfe eines gewiſſermaßen matbem.
Scharffinnes und einer großen Abitraftionätraft
und es gelang ibm dadurch, in vielen Buntten bie
tiefern Zuſammenhänge des vollswirtichaftlichen
Prozeſſes Har zu legen. Jedoch find feine Theorien |
teineswegs ohne weiteres auf die Wirklichkeit anzu: |
wenden, da fie nur unter gewifien einfachen ab: |
ftraften Qorausjegungen gelten, die in ber rei:
hen Mannigfaltigkeit des wirklichen wirtichaftlichen
Lebens nie genau zutreffen. fiber feine Theorie |
bes Arbeitslohnes ſ. Lohn ejeb (ebernes). Bu;
Ehren R.s führt der Lehrſtuhl der polit. Ökonomie |
an der londoner Univerfität ben Namen «Ricardo»,
Nicaföli (Bettino, Baron), bedeutender ital.
Staatsmann, geb. zu Florenz 9. März 1809, trat
zuerft 1847 politiich hervor. Er richtete im Verein
mit mebrern Gefinnungdgenofien im März 1847
pe Denlſchriften an die toscan. Regierung, in
nen er fonititutionelle Einxichtungen und ein libe-
rales Preßgeſeß empfahl. Die Ereigniffe zwangen
den Großherzog Leopold al&bald zu biefen guge:
ftändnilien; das von R. gemeinfam mit Salvag:
noli und Lambruschini gegründete Blatt «La Pa-
tria» vertrat nad aufen die nationale Unabhängig:
feit, nach innen den Konftitutionaliämus, Im $'
1847 erfolgte feine Ernennung zum Gonfaloniere
(Bürgermeiiter) von Florenz, welches Amt er im
folgenden Sabre nieberlegte. Im J. 1848 wurbe
R. in das toscan. Parlament gewählt, unterlag
aber bei der zweiten Wahl, Als nad der Schlacht
von Novara die Zurüdberufung des Grofherzogs
beichlojien wurde, trat er in die Regierungslom:
miſſion ein, in der Hoffnung, die Invaſion ber
Dfterreicher zu vermeiden und ben Fortbeſtand der
Verfaſſung von 1848 zu fihern. Da der Großber:
309 in beiden Beziehungen fein Wort nicht bielt,
j00 fh R. vom Hofe zurüd und widmete fich wie:
er landwirtſchaftlichen Beſtrebungen, indem er
namentlid auf feinen neu angelauften Gütern in
ben Maremmen Berbefierungen einführte. Nach
einigen Jahren trat er an die Spike der nationalen
Partei in Toscana und war 1857 einer der Haupt:
eründer der Gefellihaft, welche die «Biblioteca
civile dell’ Italiano» herauägab, Bald nachdem der
Großherzog, um den von R. und deſſen Gefinnungs:
genoſſen gewünſchten Anſchluß an Piemont nicht ge:
nehmigen zu mäljn, am 27. April 1859 das Land
verlaften hatte, übernahm. in ber durch den ſardin.
| wä
— Nicci
Kommiſſar Buoncompagni gebildeten provijoriichen
Verwaltung das Minijterium des Innern, und in
diefer Stellung trug er wejentlich zur Bereinigung
de3 Landes mit Piemont, fowie zu dem ital.
Einigungswerke überhaupt bei.
Als infolge des Friedens von Nillafranca ber
fardin. Kommiſſar feine Gewalt niederlegte, trat
R. an die Spike der Regierung. Nachdem das von
ihm berufene Barlament die Abjehung der lotbring.
Dynajftie und die Wereinigung Toscanas mit Car:
dinien beſchloſſen hatte, fibte er vom 29. Sept.
1859 an die Regierungsgewalt im Namen des Kö—
nig&undproflamierte einitweilendasfardin. Statut.
Endlich erfolgte 22. März 1860 die förmliche An-
nerion, und ein königl, Dekret ernannte ihn zum
Generalgouverneur Toscana, weldyes Amt er bis
um März 1861 in ausgezeichneter Weiſe verfah.
In das vergrößerte fardin. Parlament, das 2. April
1860 zufammentrat, ward er von drei Wablbezirten
gemäßlt. Auch in das erfte ital. Barlament, wel:
ches ſich im Febr. 1861 verfanmelte, wählte ibn
feine Baterftadt. Nach dem Tode des Grafen Ga:
vour wurde N. 12. Juni 1861 die Leitung des
neuen Kabinett3 übertragen, in welchem er jelbit das
Portefeuille des Auswärtigen, dann interimiſtiſch
dasjenige des Kriegs, ſowie jpäter noch das Te:
partement de3 Innern verwalten mußte. Er be
zeichnete als fein Programm die Borslabeun der
Gavourichen Politik, aber es wollte ihm nicht ge:
lingen, die ſich ibm von allen Seiten entgegen:
—— Schwierigfeiten zu überwinden. Er trat
eshalb 3. März 1862 zurüd. In den folgenden
Jahren nahm R. ale Vertreter von Florenz fort:
rend einen bedeutenden Anteil an den Kammer:
verbandlungen. Bei Berinn des Kriegs gegen
Ofterreih im Frühjahr 1866 übernahm er an La
Marmoras Stelle die Leitung der Geſchäfte mit
dem Portefeuille des Innern, bis zum Cintritt
Visconti:Venoftat auch das des Außern, erfüllte
die von Italien in dem Bündnis mit Preußen ein:
gegangenen Verpflihtungen und bemühte ſich, den
‚srieden jo ebrenvoll als möglid für Italien zu
maden. Nah Abſchluß desielben ſuchte er bie
innere Verwaltung de3 Königreichs durch decen—
tralifterende .. eln zu verbeiiern, den bedräng:
ten Finanzen aufzubelfen und die Beziehungen zur
Rirde dur volljtändige Trennung derjelben vom
Staate pi regeln. Doch wußte jih N. keine kom—
palte Mehrheit im Parlament zu ſchaffen. Ms
vollends der von fernen Kollegen Erialoja und
Borgatti vorgelegte Gejehentwurf bezüglich ber
Liquidation des Kirchenvermögens Widerftand ber:
vorrief, löfte er zwar im Febr. 1867 das Barla-
ment auf, ſah fi aber aus eich genötigt, jene Mi-
nifter zu entlaflen. Bald nah Zufanımentritt des
neuen Parlaments fah er ſich veranlaßt, abermals
einem Nabinett Rattazzi zu weichen (April 1867).
R. genof in den fpätern Lebensjahren einer immer
fteinenden Achtung in der Abgeorbnetenlammer.
IR. jtarb 23. Dft. 1880 auf feinem Schloſſe Brolio
bei Siena. Bol. Paſſerini, « Genealogia e storia
della Famiglia R.» (Flor. 1861).
Nicei (Scipione de’), ein durch feine Beteiligung
an ben tirhfichen Reformverſuchen in Toscana be:
lannter Prälat, geb. 7. Jan. 1741 zu Florenz,
wurde Aubitor bei der päpftl. Nuntiatur in los
renz, dann Generalvifar des Erzbiſchofs Incontri
1780 Biſchof von Piltoja und Brote. &r {chloß
fih an den Großherzog Leopold I. an, als dieſer
Riccia — Richard I. (König von England) 685
daran ging, die Kirche in feinem Lande von vielen | Aich., bei naturwilienihaftlihen Namen Ab:
und großen Mängeln, welche namentli in Dis: | fürzung für Louis Claude Marie Kihard
ciplin und Unterrichtsweſen ſich gay gi bat: | x . 1794 zu Verjailles, Profeſſor der Botanik in
a ari
R
ten, zu reinigen. Der Eifer, mit dem R. vorging, 8, geſt. 1821 daselbft).
wedte ihm eine Menge Feinde; der Bruch mit ichard J., ——— rz, König von England,
Non war entſchieden, als er 1786 eine beruhmt 1189—99, der Sohn König Heinrichs II. (f. d.)
gewordene Didcejaniynode hielt, welche die janje: | aus dem Haufe Plantagenet (f. d.), wurde 1157
niſtiſchen und gallitaniihen Streitigkeiten wieder — Gleich feinen Brüdern bekämpfte er auf
ins Leben rief, eine völlige Unigejtaltung des Klo: | Anjtiften feiner Mutter, Gleonore von Poitou,
fterwefens anitrebte, die Autorität des Heiligen | wiederholt feinen Vater und beftieg nad) deſſen
Stuhls auf das geringfte Maß zu beihränten jr te. | Tode den Thron, 6. Yuli 1189. Aus Drang nad
Gine 1787 nad) Florenz berufene Generalſynode Abenteuern und Heldenthaten rüftete ih R. fo:
wies jede Kirdenreform zurüd, und in Piltoja | aleich zu einem Kreuzzug nach Paläſtina. Weil der
Lrahen wiederholt Aufitände gegen die Neuerungen | Schatz, den fein Bater zu gleichem Zwede nejam:
R.s aus, worauf R. 1791 er jeinen Biſchofsſih melt und hinterlafien, nicht genügte, ſuchte er feine
werzichtete. Die Bulle Auctorem fidei von 1794 | Mittel durch die unerhörteften Grprefjungen zu ver:
verwarf die —— der Synode von Piſtoja. ſtärklen. Nach Übereinkunft mit König Philipp IL
M. lebte in Florenz, Ipäter auf dem Lande und ftarb | Huguft von Frankreich ftellten beide Fürſten ein
27. Jan. 1810. Seine Dentwürdigleiten («Me-
miorie de Scipione de’ R,», herausg. von Gelli,
2 Bde., Flor. 1865) waren lange vor ihrer Belannt:
machung benukt worden von Potter, «Vie de Sci-
yione de R.» (Brüfj. 1825; deutſch, Stuttg. 1827).
Riccia, Stadt in der ital. Provinz und im Be:
zirk Campobaſſo, zählt (1881) 8296 G. und hat ein
ra. Kollegium und eine Schwefelquelle,
Ricciarelli (Dan.), ſ. Bolterra (Dan, da).
Riccio, f. Rizzio.
Niccoboni (Lodovico), der Reformator des ital.
Theaters, geb. 1677 zu Modena, übernahm 1699
die Leitung einer Schauſpielergeſellſchaft und erhob
in Venedig und in den Städten der Lombardei das
Theater auf eine höhere Stufe, indem er dasſelbe
nach franz. Muſter umbildete, den Arlecchino von
der Bühne entfernte und hervorragende Dramen,
zum Teil Bearbeitungen franz. Stüde, aufführen
ließ. Da feine Beitrebungen den Beifall des Pu—
blitums nicht fanden, ging er 1716 nad) Paris, wo
er ein ital, Theater im SHötel de Bourgogne er:
richtete und allgemeinen Beifall erntete. Im J.
1729 ging er nad) Parma zurüd und ftarb dafelbit
5. Dez. 1753. Außer jahlreihen dramatischen Ent:
würfen jchrieb er: «Histoire du theätre italien»
(2 Bde., Bar. 1727), «L’art du theätre» (Par,
1750; deutih von Schröder, Hamb, 1828).
Anton Francesco, genannt Lelio, Cohn
des vorigen, geb. 1707 zu Mantua, ging mit feinen
Eltern nad) Paris, wo er auf dem ital, Theater
auitrat, mehrere Yuftipiele für dasſelbe jchrieb und u
1772 ftarb. Seine Gattin, Marie Jeanne La: | andere von den Arabern verlaſſene Plähe. Hier:
boras de Mezitres, geb. 1714 in Paris, zeich: | auf wurde Konrad von Montferrat allgemein als
nete fi) auf der Bühne durch feelenvolles Spielaus, : König von Jerufalem anertannt, aber kurz darauf
verfaßte fpäter mehrere Romane in engl. Gefhmad | 28. April 1192 von Aſſaſſinen zu Tyrus ermordet.
und ftarb zu Paris 6. Dez. 1792. ihre «Deuvres» | N. verlieh jept dem Grafen Heinrich von der Chanı:
find mein edrudt worden ß Bde. Neuchätel pagne die Krone und gab dagegen dem Guido von
1781; 6 Bde., Bar. 1818 u.|.w.); einzelnes daraus | Luſignan die Iniel Cypern. Der franz. König Phi:
bat C. ©. Heyne (Lpz. 1781) überfept. lipp verbreitete nunmehr das Gerücht, R. habe
Riceroäre (b. h. aufjuchen) ift in der Mufit der | Montferrat ermorden laſſen, und rüjtete fi, die
ältere ital. Name für künjtliche Fugen; er wurde | Staaten des Nebenbublers anzugreifen.
bejonders im 17. Jahrh. für nftrumentalfugen | Diele Nachrichten beſtimmten R. zur eiligiten
der Drganiften gebraucht, weil dieje am meilten | Rüdtehr; er jchiffte fich 8. Oft. 1192 zu Ptolemais
darauf ausgingen, das ‚jugenthema im Verlauf | nad Korſu ein. Weil er nicht wagen konnte, den
des Stüds in allen Winteln zu «Juden». Weg durd Frankreich zu nehmen, gedachte er durd)
Niceys (Les), mittellat. Rictiacus, Stadt im | Jtalien und Deutihland, ais Pilger verkleidet, zu
franz. Depart. Aube,Arrondifjement Barzfur:Seine, | reifen. Indes wurde er zufällig an die Küjte bei
zerfällt in die drei Mohnpläge Haut:Niceys, Riceys: | Aquileja geworfen und mußte nun durch das Ger
Haute:Riveund Bas:Niceys, liegt am Laignes, einen | biet des Herzogs Leopold VI. von Oſterreich gehen,
Se en Zufluß der Seine, zählt (1881) 2725 €. | den er zu Btolemais gröblich beihimpft hatte, Der
und hat Weinbau, Gerberei und Zuchfabrilation. | Herzog ließ R. 20. Dez. 1192 in der Nähe von Wien
ftattlich gerüftetes Kreuzbeer auf. N. ſchiffte fich
7. Aug. 1190 zu Marfeille ein und landete 23. Sept,
bei Neffina, wo einige Tage vorher fein Bundes:
genoſſe ſchon eingetroffen. Der vorgerüdten ab:
reszeit wegen gedachten beide auf Sicilien au über:
wintern; auch wurden fie von dem König Tancred
gut aufgenommen. Doc bald entitand durch R.s
UÜbermut Hader unter den drei Hönigen. Während
— 30. März 1191 nach Ptolemais überiepte,
blieb R. zu Meffina bis zur Ankunft feiner Braut,
der Prinzeffin Berengaria von Navarra, die er mit
nad Paläftina nehmen wollte. Endlich verließ er
Sicifien 10. April mit 150 großen Schiffen und
53 Galeeren, mußte aber eines heftigen Sturm
wegen erſt zu Candia, dann zu Rhodus anlegen.
Einige feiner Schiffe wurden nad Eypern verſchla⸗
gen, die der dortige Fürft, Jſaak Komnenus plün:
dern und anzünden ließ. R. erſchien 6. Diai mit
feiner ganzen Nacht vor Cypern, eroberte die Infel
und bemächtigte fi der Schäße und der Perfon
des age achdem er ſich mit feiner Braut ver:
mäblt, ging er wieder zur See und lief 8. Juni im
Hafen von Ptolemais ein. R. wollte nun Guido
von *6 Philipp aber den Markgrafen Kon:
rad von Montferrat auf den Thron von Jeruſalem
fepen, und darüber fpaltete ſich das ganze Kreuzheer
in zwei feindlihe Parteien. Nachdem Ptolemais
12. Juli 1191 gela en, Bedre Philipp nah Frant:
rei zurüd, Nun fehte R. den Kreuzzug fort, er:
foht über Saladdin bei Aſſur einen glänzenden
Sieg 7. —* und beſeßte Joppe, Aslalon und
— —— ——— — ——— ——— ———— —— — — —
686
aufheben und nach der Felſenburg Dürrenſtein
bringen. Kaiſer Heinrich Vl. erzwang jedoch von
Leopold gegen das Verſprechen von 60000 Mart
die Auslieferung des Gefangenen, den er erſt in
Mainz, nachher in Worms und auf dem Schloß
Trifels länger als ein Jahr in engem Gewahrſam
hielt, Vergebens verwendeten ſich für R. die engl.
Neichsftände und der Papſt Cölejtin III. Im April
1193 ließ der Kaiſer den Gefangenen nad Speier
bringen und Hagte ihn vor ben dort verjammelten
Neihsfüriten der Grmorbung Montferrat3, der
Verbindung mit Tancred und ber Deihimpfung
ber deutfchen Nation an. Es lam endlich zu einem
Vertrag, nah welchem R. nenen ein Löſegeld von
150.000 gen jei
Freiheit erhalten follte. Auch nahm er jein Reich
vom Kaifer zu Lehn. Nah manden Zwiſchenfällen,
welche beſonders durch die Verbindung R.s mit
feinem Schwager Heinrihd dem Lowen veranlaht
waren, erhielt er 4. Febr. 1194 zu Mainz die Frei—
beit wieder. Daß ihn fein treuer Blondel (}. d.)
— babe, er der Sage an. Nach vierjähriger
Abweſenheit landete R. 13. März 1194 im Hafen
zu Sandwid. In England war unterbes der Hanz-
er und Statthalter R.s, Biihof Wilhelm Long:
Kamp von Gly, durch die Großen vertrieben wor:
den. R.s Bruder, Johann ohne Land, hatte jich
der Reichsverweſerſchaft bemächtigt und ſuchte fie
u behalten. Aber das engl. Bolt erklärte ſich für
hr und Johann unterwarf ſich und erhielt Ber:
veibung un ließ R. ſich 17. April 1194 zu Win:
heiter zum zweiten mal krönen und ſetzte dann nad)
Franlkreich über, wo er einen mehrjährigen blutigen
Krieg gegen Philipp IL. Auguit führte, bis endlich
der !bapit die beiden Könige 13. jan. 1199 zu einem
fünfjährigen Waffenitillitand vermochte. Doc) jollte
N. feine Laufbahn in Frankreich beichlieen. Der
Vicomte Vidomar von Limoges, ein Bajall R.s,
—— einen Schatz gefunden, von dem er ſeinem
husherrn den dritten Teil auslieferte. R. aber
verlangte dad > und befagerte den Vicomte in
feinem Schloß Chalus bei Yimoges. Bei einer Ne:
fognoszierung der Mauern wurde er von dem Pfeil
eines _feindlihen Schüsen, Bertrand Gordon,
28. März 1199 an der Schulter tödlich verwundet.
N. jtarb 6. April 1199. Die Nitterpoefte umgab
R. mit einem Zauber, den die geſchichtliche Geſtalt
mit ihrer Zügelloſigleit und Gewaltſamleit feines:
wegs befist. Den Beinamen Löwenherz hat N. einer
Nomanze zu danken, nad welder er dem Sohne
de3 Kaiſers im Wettlampfe den Sinnbaden mit
einem Fauſtſchlag zertrünmert und dann einen
negen ihn losgelajienen hungerigen Yöwen zerriſſen
haben ſoll. Auf dem engl. Thron folgte ihm jein
Yruder, Johann ohne Fand (f. d.). Vgl. James,
«llistory of R. I,» (2. Aufl., 2 Bde., Lond. 1855);
«Chronicles and memorials of R. I.» (berauäg.
von Stubbs, 2 Bde., Pond. 1864—65); Apton,
«Life and times of R. I.» (Pond. 1874),
Richard IL., König von England, 1377-99,
der Enlel Edwards Ill. und der Sohn Gduards,
des Schwarzen Prinzen, wurde 7. Yan. 1367 zu
Bordeaux geboren und folgte im Alter von 11 3.
dem Großvater auf dem Throne. Während feiner
Minderjährigkeit führten feine fönigl. Oheime, die
Herzöge von Lancaſter, York und Gloceſter, die
Staatögewalt, In den erften Negierungsiahren
festen die Prinzen den Krieg gegen Frankreich leb:
baft, aber nuhlos fort. Ties und die Verjchwen:
Mart neben andern Bedingungen feine |
Richard II. (König von England)
dung des Hof3 veranlaften 1380 bie Einführuna
einer Kopfiteuer, welche das Volk äußerſt brüdte.
Unter den wilden — eines ehema
ligen Prieſters, John Bell, rottete ſich ein Heer von
100000 Bauern zufammen und 530g, von dem
Schmied Wat Tyler und einem ug ‘ad
Strom angeführt, ſengend und den und bie
tönigl. Beamten mordend, im Lande herum. Der
junge König ging den Aufrührern in Perjon ent:
gegen, bejänftigte fie erft durch Freibriefe und lieh
nn die Häupter verbaften. Als die Ruhe ber:
geitellt war, wuhte jedoch der Adel Maßregeln
durchzuſeßen, welche das Joch des niebern Volls
nur noch drüdender machten. R.genoß eine ſchlechte
Erziehung, bejab wenig Fähigfeit und verfiel in die
gröbjten Ausjhweifungen. Um fi) der Bevor:
mundung jeiner Obeime, namentlich des 3
von Gloceſter, zuentziehen, warf er fih einem Günit:
ling, Robert Bere, Grafen von Orford, in die Arme,
den er aud) zum Herzog von Irland ernannte. Die
Lords verbanden ſich mit Glocefter zum Sturz der
Sünftlingsberrjchaft, entjegten ——— ben flan;
ler de la Bole und ernannten mit Hilfe bes Barla-
ments 1358 einen Ausſchuß von 14 Perjonen, der
unter Leitung Gloceſters ein Jahr hindurch bie
hoͤchſte Gewalt ausüben follte, R. verſuchte zwer
mit Robert Bere, fi zu wiberjegen; aber Glo—
cefter und die Grafen von Arundel und Warmwid
en mit an: er ‚in ber wi von Lon⸗
von und zwangen den König zur Nachgiebigkeit.
Schon im folgenden Jahre aber benukte y. bie Un-
einigfeit ber Großen, ftieß deren Einrihtungen um
und erflärte, daß er die Regierung in Berjon über-
nommen. Gr ftürzte fi in Schulden und übte be
—— an der Stadt London ſchamloſe Erprei:
ungen, Des Kriegs mübe, ſchloß er 1396 einen
Bjährigen Waffenjtillitand mit Franfreiid. Da
feine Gemahlin, Anna von Böhmen, Tochter Kaifer
Karls IV., geitorben, verlobte er fich zur Befeftigung
des Friedens mit Iſabelle, der elfjährigen Tochter
Karla VL von } anfreih. Der Seryn von Glo:
On. benugte diejen Schritt des Königs, um ben:
felben beim Bolte verächtlich, fich felbit aber popu:
lär zu machen. R. wagte endlich, den Herzog nebit
den Grafen Arundel, Warwid u. a. zu verhaften.
Jener wurde hingerichtet, diefer zur Verbannung
verurteilt, Glocejter aber nad) Calais geſchafft, wo
man ibn 1397 im Gefängnis mit Betten eritidte.
Zugleid) ließ der König durch ein ergebenes Barla:
ment den nme der Vierzehner für immer auf:
heben, verbannte den Derzog von Norfolf und jeı:
nen Better Hereford, den Sohn John Gaunts von
Zancafter, nad) Frankreich und entzog lekterm das
Erbe des Vaters. Dieje Gewaltthat empörte Boit
und Große aufs äußerite. In folder Lage beging R.
die Unvorjichtigleit, mit einem Heere nad) | rend
zu zieben, um dajelbjt die Ermordung eines andern
Vetter, des Grafen Roger Mortimer von Marc,
zu rächen, Unterdeſſen landete Hereford 4. Yulı
1399 mit geringem Gefolge in der Grafihaft Yort,
zog die Grafen Northumberland und Weitmoreland
an ih und ftand bald an der Spike eines 60009
Mann jtarten Heeres. Zu ſpät kehrte R. nach Ena-
land zurüd, wo er fid) von allen jeinen Anhängern
verlajjen ſah. In der Natlofigleit überlieferte er
ſich ſelbſt im Auguft feinem Feinde, der ihn erſt nach
Slint:Gajtle, dann aber, 1. Eept., in den Tow:r
zu London brachte. Das Parlament zwang ibn,
29. Sept. eine Entjagungsalte zu unterzeichnen,
Nihard III. (König von England) — Richard (deutſcher König)
Während Hereford als Heinrich IV. (f. d,) ohne
MWiderjtand den Thron ujurpierte, wurde R. nach
den Schloß Bomfret in der Grafihaft Dort ge:
bradt. Ohne Nachkommen zu —— ſtarb
er bier 14. Febr. 1400 durch Nahrungsentziebung.
Vol. inyghton, «Historia vitae etregni Ricardi 11.»
(herausg. von Hearne, Orf. 1729),
Richard ILL. oder der Budelige, König von
England, 1483—85, geb. 2. Of. 1452 zu
Fotheringay-Eajtle, war der jüngite Sohn des Her:
ogs Richard von Vork, der 1460 bei Watefield
lieb. Nachdem jein älteiter Bruber ala Eduard IV.
(f. d.) den Thron an ſich geriffen, wurde er zum
Herzog von Gloceiter erhoben. Wiewohl mip:
geitaltet, bejaß er doch grobe Fähigkeiten und einen
entſchloſſenen, liſtigen, ebrgeizigen Charalter. In
den Kämpfen feines Haufes mit den Lancaſtriern
bewies er wi Mut und gegen Eduard IV. Treue
und Grgebenbeit. Dagegen beichulbigte man ihn
ber Teilnahme an der Ermordung des abgeſetzten
Heinrih VI., wie er auch dur ein Gewebe von
Intriguen zur Hinrichtung ſeines Bruders, bes
Herzogs von Elarence, beigetragen haben ſoll. Nach
dem Tode Eduards IV,, 9. April 1483, übernahm
N. für deffen zwölfjährigen Sohn, Eduard V., die
Negentichaft. Er ließ denjelben zwar zum König
ausrufen, jtrebte aber jelbjt nach der Krone. Mit
Hilfe des Herzogs von Budingham entriß er der
Königin: Witwe Ta und deren Bruder, dem
Grafen Rivers, ihre Söhne, den jungen König und
den neuniäbrigen Herzog Nihard von York. Wäh—
rend ihm der Staatsrat den Titel Proteftor bei:
legen mußte, fperrte er die beiden Prinzen in den
Zower, Niverd aber wurbe ohne Prozeß enthauptet,
Hierauf lieb R. das Gerücht verbreiten, dab die
Söhne Eduards IV. unehelih wären, weil derjelbe
ſchon heimlich vermählt geweien, als er die Königin
Glifabeth gebeiratet. Da aber in dieſem alle die
Kinder des bingerichteten Clarence ibm auf dem
Thron vorangingen, jo behauptete er ferner 7 feine
Mutter, die noch lebte, babe ihre ältern Söhne,
Eduard IV. und Glarence, im Ehebruch empfangen,
und nur er allein fei der (egitime Nachkonme feines
Vaters. Budingbam wußte das londoner Volt zu
bearbeiten, R. die Krone anzubieten; 6. Juli 1483
erfolgte zu Yondon die Krönung R.s und bald dar:
auf die Ermordung der Söhne Eduards IV., bie,
wie erzählt wird, im Schlafe mit Betten erjtidt und
unter einer Treppe des Tower begraben wurden,
wo man ihre Gebeine 1674 zufällig entdedte. Der
habgierige Herzog von Budingham fühlte fich jedoch
durch Verweigerung des ihm veriprochenen Erbes
des Grafen Hereford fo beleidigt, dab er insgeheim
mit den Anbängern des Haufes Lancaſter, nanıent:
lich mit dein in Frankreich verweilenden Grafen von
Richmond zum Sturze R.s in Verbindung trat.
Indeſſen erfuhr der Ujurpator den Anichlag, den
Budingbam mit dem Kopf bezahlen mußte, Ric:
mond rüjtete nun ein Heer und landete 6. Hug. 1485
zu Milford:Haven in Sübmwaled. Bei Bosworth
fam e8 22. Aug. zum Zufantmenitoß mit R. Ehe
aber das Treffen begann, ging Lord Stanley mit
7000 Mann zu Richmond über. R. drang todes—
mutig in ben feindlichen Haufen ein, fand jedoch im
Gewühl feinen Tod. Der Leichnam R.s wurde in
der Hlofterfirche zu Leicejter begraben, Mit diefem
Kampfe ſchloſſen die Ariege der beiden Rofen, und
das Haus der Blantagenet verlor den Thron, dem
nun der Tubor Richmond als Heinrich VII. beitien.
687
Shalipeare hat R. zum Helden einer berühmten
Tragödie gemacht. Vgl. Horace Walpole, «Historic
doubts on the life and reign of king R. ILL.» (Lond.
1768); Jeſſe, «Memoirs of R. III.» (Lond. 1861).
Richard IV., ſ. Warbed (Berlin).
Richard, SrafvonCornmwallisundvon
Poitou, deuticher König während des fog. Inter—
regnums, 1257— 72, aus dem Haufe Plantagenst
und jüngerer Cohn des Königs von England, So:
nn ohne Land, wurde 1209 geboren. _ In feiner
jugend befebligte er mit Grfolg das Heer feines
ruders, König Heinrichs III. von England, in
— Im J. 1236 nahm er das Kreuz, ſchiffte
ih, gegen den Willen des Papſtes Gregor IX.,
der darin nur eine Unterjtühung berg II. fah,
1240 nad Ptolemais ein, vermodte aber nichts
von Bedeutung auszurichten. Über Sicilien, wo
er in einer Zuſammenlunft mit Kaiſer Friedrich I1.
dieſen vergeblich mit dem ft zu verföhnen fuchte,
tehrte er 1242 nad) London zurüd und kämpfte nun
wieder fü feinen Bruder Heinrich gegen bie Fran:
zofen, ſah ſich jebod von diefem feiner franz. Do:
mänen beraubt, ja an der freiheit bedroht.
%. 1243 beiratete R. Sanda von Provence. Ala
nad) dem Tode Konrads IV. kein deutſcher Fürft die
deutſche Kaiſerkrone übernehmen wollte, der Papit
Alerander IV, aber die Wahl de3 jungen Konradin
verbot, wählten 13. Yan. 1257 der vo von
Köln, aud) im Namen des mainzers, und die rheini:
ſchen Pialzgrafen den reihen R. zum deutjchen
König, 7 rt Trier, Böhmen, Sachſen u. |. m.
1. April Alfons X. (ſ. d.) von Eaitilien als Gegen:
fönig aufitellten, der jedoch nie nad Deutſchland
fam. R. war vom Papite begünftigt und wurde
17. Mai 1257 mit feiner Gemahlin zu Aachen feier:
lich gefrönt. Nachdem er das Rheinland bis
Weißenburg hinauf durchzogen, ging er 1258 nadı
London zurüd, um feinen Bruder aus den Händen
der engl. Barone zu befreien. Sodann erſchien er
1260 mit reihen Schäben abermals in ——
wo er jedoch wieder nur im Rheinland Anerkennung
and, Im J. 1262 belehnte er während feiner
ritten Anweſenheit in Deutichland Ottolar von
Böhmen mit Oſterreich und Steiermark, zugleich
bejtätigte er die Privilegien mehrerer Neicattäbte
und vermehrte den Reichsſchaß zu Aachen mit
Krone, Scepter, Reichsapfel und fojtbaren Gewän:
dern. Die Unruhen in England riefen ihn 12614
wieder in fein Geburtsland, wo er bei der Nieder:
[age der königl. Truppen zu Lewes 14. Mai durch
Simon von Montfort gefangen wurde. Erſt nad)
14 Monaten erhielt er die Freiheit zurüd. R. er:
ſchien 1268 noch einmal in Deutichland, hielt 1269
einen Neichätag zu Worms, den Trier, Mainz und
noch andere Fürſten befuchten, und erlich zwed:
mãßige Gejehe rüdjichtlih des Landfriebens und
der Rheinſchiffahrt. Da er Witwer geworden, ver:
mäblte er ſich 16. uni 1269 mit ee Sr
fenburg und nahm diefe mit nr England. Die
Ermordung feines Sohnes Heinri — die Söhne
Montforts 1271 trübte feine lehten Tage. Er ſtarb
2, April 1272 und wurde in der von ihm geftifteten
Abtei Hayles beigefegt. R. war ein durch hohe
Eigenihaften ausgezeichneter Charakter und zu fei-
ner Zeit der reichte Fuͤrſt der Chriftenheit. Dot.
Gundling, «Geihichte und Thaten Kaifer R.s«
Yan 1719); Gebauer, «Leben und denkwürdige
baten gm N.3, erwählten röm. Hailerö» (Lpz.
1744); Lorenz, «Deutiche Gefdichte im 18, und
688
14. Sabrh.» (Bd. 1, Wien 1863); Buflon, «Die
Toppelwahl von 1257» (Münfter 1866).
Richard L. Ohnefurcht, Graf der Norman:
die, geb. 932, war beim Tode feines Vaters Wil:
beim I. Langſchwert 342 im Gemwahrfam König
Ludwigs IV. von Frankreich, dem er durd einen
Getreuen entführt ward. Gr fpielte in den Käm—
pien, welche zu jeiner Zeit den fibergang der franz.
Krone von den Karolingern auf die Capetinger be:
gleiteten, eine hervorragende Rolle und ſtarb 20.Nov.
996. Ihm folgte fein Sohn N. IL. der Gute (bid
1026) und diefem feine Söhne R. III. (bis 1028)
und Robert Il. der Teufel (f. d.).
Nichard von St.⸗Vietor, Scholaftifer des
12. Jahrh. aus Schottlaud gebürtig, erft Subprior,
dann Abt der Auguftinerabtei von &t.-BVictor in
Paris, get. 1173, juchte die Scholaftit des Ariſto—
teles wieder zurüdzuführen zur rationellen, vernunft:
gemäßen Erhärtung des firdlich gegebenen Glau:
bens und zugleich mit der Myſtik zu verbinden, über
die er zuerjt eine wiſſenſchaftliche Theorie gegeben
bat. Ceine Werte, deren wichtigſte «De trinitate»
und «De statu interioris hominis» find, wurden
zuerjt herausgegeben zu Paris 1528, am beiten zu
Nouen 1650, Bol. Engelhard, «R. und Kuys:
broed» (Erlangen 1838); Helfferih, «Die riftl.
Moftit» (Gotha 1842); Haulih, «Die Lehren des
Hugo und R, von &t.:Bictorn (Yrag 1864).
Riohardia Knth., eine Gattung von Sumpf:
fräutern, welche fih von Calla fait nur dadurd
unterſcheidet, daß bei ihr der Blütenfolben in feiner
ganzen Yänge mit Blüten (deren obere männlid)
bebedt ijt, während er bei Calla oben bloß Staub:
gefäße, viel weiter unten folde mit weiblichen
Blüten untermiſcht trägt. R. aethiopica Anth.,
Linnés Calla aethiopica, ift eine vorzugsweife für
die Kultur in Mohnituben beliebte Bilane, welche
nicht felten eine Höhe von 1 m erreicht und mit
ihren großen, glänzend grünen, pfeilförmigen Blät:
tern und ihren blendendweihen Blütenſcheiden eine
höchſt angenehme Erfcheinung ift. In fandige
Schlammerde und in hohe Töpfe gepflanzt und
fortwährend, folange fie fräftig vegetiert, durch
Unterfeßer getränft und auf dem ihr einmal ein:
geräumten Make unverändert belaffen, blüht fie
im Stubenfeniter fortwährend. Man vermehrt fie
durch Wurzeliprofien, Cine fehr hübſche Art iſt
auch R. hastata mit hellgelber, innen ſchwarz—
gefledter Blütenicheide,
Nichardfon (James), 2 — geb.
zu Bolton in Lincolnſhire 3. Nov. 1809, unternahm
1345 über Tunis und Tripolis eine Reiſe mitten
durd) die Sahara nad) Ghadanıd3 und Ghat, wo er
intereflante Nachrichten über die Tuaregs fammelte,
und traf nach neunmonatlicher höchſt beichwerlicher
Wanderung über Fezzan wieder ın Tripolis ein.
Nachdem er in «Travels in the Great Desert of
Sahara» (2 Bde., Lond. 1849) eine Beſchreibung
dieſer Erpebition veröffentlicht, gelang es ihm, die
Unterftügung der brit. Regierung zu einer umfaffen:
bern Erpedition nad) dem Sudan und dem Tjadfee
zu —— auf der ihn Barth (f. d.) und Overweg
(1. d.) begleiteten. Im März 1850 brach er von
Zripolis auf, fam zum zweiten mal nad Ghat und
war der erite Europäer, der die fteinige Hochebene
Hammada durdyjog. Von bier aus fehte er jeinen
eg nad Air (Asben) und Bornu fort und war
ſchon nicht weit vom Tjad, ala er 4. März 1851 zu
Ungurutua, einem Dorfe ſechs Tagereijen von Kula,
Nihard I. (Graf der Normandie) — Richelieu (Fluß)
den Beichwerben der Reife erlag. Seine Reife:
notizen und Tagebüdjer wurden von Bayle Et.
John herausgegeben: «Narrative of a mission to
Central-Africa» (2 Bde., Lond. 1853) und «Travels
in Marocco» (2 Bde,, Lond. 1859).
Nichardfon (Samuel), einer der berübmteften
engl. Romandichter, geb. 1689, der Sohn eines
Tifdilers in der Örafichaft Derby, erlernte die Bud
druderei. on einem Buchhändler aufgefordert,
Mufterbriefe für das gewöhnliche Leben abzufafien,
fam er auf den Gebanten, diefe Briefe durch eine
Erzählung und eingewebte moraliihe Lehren zu
verbinden. So entitand 1740 jein moraliicher Ro—
man «Pamela», welcher ungemeinen Beifall fand.
Bald hatte R. fo viel erworben, daß er DE eine
— Druderei errichten klonnte. Bon ſeinen
nachfolgenden beiden Romanen «Clarissa Harlowe»
(8 Bbde., Lond. 1749) und «Sir Charles Grandison»
(6 Bde., Lond. 1753-—54; deutſch, 7 Tie., 2p3.1780)
ift der erfte der ausgezeichnetfte. R. beſaß das Tas
(ent der Charalter: und Sittenjchilderung in hohem
Grade; am beiten gelangen ihm Frauencharaftere.
Die ermüdende Länge feiner Nomane hat fie jept in
Vergeſſenheit gebradt. R. ftarb 4. Juli 1761.
Seine Werke erſchienen in 20 Bänden (Lond. 1783),
in 19 Bänden (£ond. 1811) und öfter. Cbhriftian
F. Weiße ftellte eine «Tugendlehre» aus benfelben
jufammen. Bol. Mrs. Barbauld, «Correspondence
of Samuel R.» (6 Bde., Lond. 1804); Schmidt, «R.,
Roufjeau und Goether (Jena 1875).
Nihardfon (Sir John), berühmter arktifcher
Neifender, geb. 5.Nov. 1787 5 Dumfries in Schott:
—— erte in Glasgow Medizin und trat 1807
ald Wundarzt in die brit. Marine. In den J.
1819—22 und 1825—27 begleitete er Jranflin auf
deſſen Erpebitionen zur Auffuchung einer nordweſtl.
Durdfahrt, von welchen er reihe naturbiitor.
Sammlungen und Beobadhtungen zurüdbradte, die
er in ber «Fauna Boreali-Americana» (4 Bde.,
Lond. 1829—37) niederlegte. Er warb 1838 zum
Oberarzt bei der Flotte, 1840 zum, Inſpeltor des
Marinehofjpitald ernannt und erhielt 1846 bie
Nitterwürde. Zur Aufſuchung Franklins unters
nahm er 1848— 49 eine zwar vergeblidye, aber in Be:
ya wifjenfchaftlihe Ausbeute erfolgreiche Reife
in Booten nad) dem Madenziefluß und zu Lande nad
Kap Krufenftern und Wollaftonland, Er berichtete
über diefelbe in «Boat voyage through Rupert’s
Land along the central arctic coasts in search of
Sir J. Franklin» (2 Bde., Fond, 1851). Außerdem
chrieb er: «The Tolar region» (Lond. 1861). Im
. 1857 wurde R. in den Ruheſtand verfekt und
arb zu Grasmere 5. Juni 1865. Vogl. M'Ilraith,
«Life of Sir John R.» (Lond. 1868).
NRichelien, Stadt im franz. Depart. Indreet⸗
Loire, Arrondiffement Ehinon, lint3 an der Amable,
Station ber Linie Ligre:Niviere-R, der Staatsbah⸗
nen, zählt (1881) 2423 G., hat eine Zuderfabrif und
Handel mit Getreide, Wein, Branntwein und NRuf-
öl. In einem der Familie Du Pleſſis gehörigen
Schlofje zu N. wurde Kardinal Richelieu geboren,
welder das Dorf verichönerte, zur Stadt erhob und
ein prädtiges Schloß baute, welches während der
ige evolution faft vollitändig jeritört wurde,
. war unter ben Bourbonen Sık eines Herzogs
tums ER ei nn 5 (uh
elieu, Chambly oder St.:John, F
in ber Provinz Quebec der Dominion of Canada,
entfpringt im Champlainfee(f.d.) und fließt nördlich
Richelieu (Armand Jean du Plejjis, Herzog von)
in den Lorenzſtrom. Er iſt für die, Schiffahrt
zwiſchen dem Lorenzitrom und dem Hudion von
grober Wichtigkeit. Bei feiner Mündung liegt die
tadt Sorel, die Hauptjtadt von Richelieu County
in der Provinz Quebec, .
eig para (Armand Jean du Pleſſis Herzog
von), Kardinal, der größte Staatsmann de3 alten
Frankreich, geb. 5. Sept. 1585 auf Schloß Richelieu
in Boitou, ward bei jeinem ſchwachen Körper und
reisbaren Naturell zur Kirche beitimmt, erbielt noch
vor dem kanoniſchen Alter die biichöfl. Weihe, er:
warb na von der Sorbonne den Doltorhut und ge:
langte Dez. 1608 in das Bistum Lucon, auf das
er von der Familie ber die Erpeftanz überlommten
hatte. Schon Diet zeigte er das —— dem er
fpäter treu blieb: katholifch:eifrige, aber nicht fana⸗
tische Geſinnung, den Geift der Politik, der feit
Heinrich IV. in Frankreich heimisch geworden war.
Die Königin: Witwe, Maria Medici, berief ihn in
das von ihrem Günftling Eoncini gebildete Minis
terium. In deffen Sturz 1617 verwidelt, begab
ih R. erſt nach Lucon, dann nad) Avignon. Hier:
auf zog ihn die Königin, die vor der übermütigen
u. in die Provinz hatte flüchten ri
an fich heran, jö EN #0 durch feine Bemühungen
mit ihrem Sobn, önig Ludwig XIIL, aus und lam
fo mit R. zugleich wieder zu Einfluß. _ Zum Kardi—
nal erhoben, trat R. in das Kabinett La Vieuvilles,
Deſſen Sturz, Aug. 1624, brachte ihn an die Spike
der Regierung. Katholizismus und nationale
Wohlfahrt zu vereinigen, darin ging nun fein Stre:
ben auf: Staat und Kirche wollte er danach refor:
mieren. Gr wäre ber Reorganijator Frankreichs
——— hätten ihn nicht die drängenden Gefahren
es Reichs dahin getrieben, zunädjit die äußern und
innern Feinde der Romandie zu belämpfen,
Alles kam darauf an, Frankreich aus der Um:
Hammerung Spaniens zu befreien. R. zögerte
nicht, die prot. Gegner biefer Macht bafür auf:
urufen: Karl I. von England gab er die Schwefter
feines Königs, Henriette, zur Gemahlin; er unter:
ftüßte die Holländer und Graubündener. Dagegen
erhoben fich 1625 die innern Gegner, die Streng:
latholiſchen und die Hugenotten. Aber gegen dieſe
leiſteten ihm jet England und Holland felbit Bei:
ftand; geichlagen, mußten fie um Frieden bitten,
den er ihnen gewährte. Hierauf, von ber lath.
Strömung überwältigt, verjtand er fich zu dem Frie⸗
den mit Spanien in Barcelona, 10. Mai 1626,
Die Folge war eine neue Gärung in Frankreich.
Mieder ftanden hugenottifche und kath. Ariftofraten
egen den Minifter zufammen: Gafton von Drldang,
de Königs Bruder, Conde, der nr Ornano,
Henri de Talleyrand, Graf von Chalais, Ludwigs
naher Vertrauter, die beiden Vendömes, natürliche
Söhne Heinrichs IV., waren die Häupter. R. ließ
fi nicht fchreden: Chalais büßte mit dem Kopfe,
Drnano fam im Gefängnis um, die Vendömes
wurden feftgenommen, Cine Notabelnverfanm-
lung gab R. neue Autorität. Und als nun der
Krieg mit Rochelle wieder ausbrach, führte die Be:
lagerung und ——— von den Engländern
unterjtügten Stadt, von R. ſelbſt geleitet, zum erſten
toben Triumph des Kardinals. Am 1. Nov. 1628
bie t er mit dem König feinen feierlihen Einzug.
tun wandte er fid) gegen die Spanier, 3m V er
1629 überfchritt er die Alpen, befreite Cajale, rie
die ital. Oppofition gegen bie fpan. Herrſchaft ins
Leben und ſchlug dann die Refte der Hugenotten im
Eonverjations- Lexiton. 13. Aufl. XIII.
689
————— zu Boden, Die religiöfe Frei:
heit ließ er ihnen, aber um ihre poll Nutonomie
war e3 geihehen. Im J. 1630 überfchritt R. aufs
neue die Alpen, nahm Pinerolo, die Pforte der
Algen. und bald ganz Savoyen in Belib.
‚Schon damals war R. mit Guftav Adolf in Ber:
bindung. Während jener in den Alpen kämpfte,
landete diefer in Pommern und fein Bordringen in
Deutichland war die beite Hilfe für die franz. Waf⸗
fen. Aber der Bund mit dem Keher ward den
Kardinal von den ftreng katholiſch Gefinnten übel
edeutet, und fo fand N von neuem eine große
ppofition gegen ihn zufammen An der Spibe
ftand diesmal die Königin-Dutter jelbft, ihr zur
Seite die Herzogin Cheoreufe, die Brüder Narillac,
die lothring. aktion; die Spanier hatten wieder
die Hand im Spiel. Schon glaubte man allgemein
an den Sturz des Kardinals, als Maria Medici ihm
am 11. Nov. 1630 vor ihrem Sohn ihre Ungnade
bezeugte. Aber Ludwig ließ fih von dem Miniſter
nicht losreißen. Gr desavouierte die eigene Mut:
ter, für deren Leben nun diejer «Tag der Betroge:
nen» (journee des dupes) zur Kataftrophe wurde,
und gab die Verhaftung der Marillacs zu. Als
dann Maria Medici den Herzog von Orleans zu ſich
inüberzog, mußten beide weichen; Maria floh zu
ihren Freunden, den Spaniern in den Niederlanden.
Eben diefe unterftügten im nächſten Jahre den Gou:
verneur von Languedoc, Heinrich ‘I. von Wont:
morency, als er im Einverftändnis mit dem Herzog
von Lothringen und Orleans na egen den Minilter
erhob. R. lieh jebt den Ma de Marillac hin:
rihten; Montmorency wurde bejiegt und enthaup:
tet * Olt. 1632), Orleans nur durch ſeine Her:
funft geidhüßt. ar Guſtav Adolf3 Auftreten R.
willtommen gewefen, fo war ber Tod des bereits
lbermädtigen für R.3 Politik kein geringeres
Glück; denn erft jet war feine Hilfe den deutichen
— unentbehrlich. Indem er 1633 das
eilbronner Bündnis warm unterjtügte, ließ er Lo:
thringen erobern, Montbeliard und eine Reihe von
Burgen und Neicheftädten im Elſaß beſetzen.
‚Die Niederlage der Proteftanten bei Nördlingen
trieb ihn in diefer Richtung weiter, Seit Ende
1634 lämpften die Franzofen auf beiden Seiten des
Oberrheins. Vergebens beten die Spanier R.s
innere Feinde auf. Der Kardinal trennte ben Her:
zog von Orleans von feiner Mutter, die nicht wieder
urüdfehren durfte, während er dem Herzog eine
— aber ſeinen Vertrauten Puy—
aurens im Gefängnis umbringen ließ. Im Mai
1635 brach ber offene Krieg mit Spanien aus: an
den nieberländifhen Grenzen, in Trier, am Ober:
thein, wo Bernhard von Weimar in franz. Dienfte
trat, in Graubünden und Oberitalien, dann aud)
mit — Erfolg je See. Zu Lande aller:
dings erlitten die franz. Waffen zuerſt Berlufte. Die
Siege Bernhards aber um Breiſach, mehr fait nod)
defien Tod, der feine Truppen unter franz. Führung
brachte, gaben R. die herrſchende Stellung am Ober:
rhein. Im J. 1640 gewann er Cafale und un
urüd.
eht trug er den Zwiſt in die en der Öegner
elbjt: den Aufitand Gataloniens und Portugals
chürte er gegen die ſpan. Regierung, mit der ſchot—
tiſch⸗engl. Oppofition fnüpfte er gegen Karls I. Re:
gierung Verbindungen an. Freilich wurden bis
zulegt R.S äußere Triumphe durd) Smperwogen
von innen her durdhlreuzt, So der Aufjtand des
4
an; Savoyen, das verloren gegangen,
glei
6x
Grafen von Soijjons, ber mit Hilfe der Spanier von
n aus den Kardinal jtürzen wollte, aber jelbit
im fampfe umlam. Noch leichter wurde es ihm,
den Verſuch des Marquis von Cing: Mars und des
jüngern de Thou zu erjtiden, die ihn aus bem Ber:
trauen des Königs verdrängen wollten: fie mußten
auf dem Schaffott fterben. Aller Feinde Meilter, | S
gehoben durch neue Siege , die feine Generale vom
Niederrhein durch Thüringen bis nah Franlen
hinein führten, erlag R. einem gichtiſchen Leiden,
da3 den immer ſchwächlichen Körper bereits längit
gelähmt hatte, 4. Dez. 1642,
Außer jeinen religiöfen Schriften wird er für den
Verfafler der «Histoire de la mèêre et du fils»
(2 Bbe., Amfterd, 1730) gehalten, deren Urheber:
ſchaft ihm von andern bejtritten wird. Petitot gab
unter R.3 Augen geſchriebene und von ihm revi:
dierte «M&moires» heraus, die von 1692 bis 1635
reichen und in den «M&moires relatifs à P’histoire
de France» (Bd. 7u.8, Bar. 1823) abgebrudt find.
Auch das «Testament politique du cardinal de R.»
(2Bde., 1764) iftautbentiich; desgleichen das «Jour-
nal du cardinal de R., qu’ila fait durant le grand
orage de la cour» (2 Bde., Amiterd. 1664). Seine
«Lettres, instructions diplomatiques etc.», von
Avenel gefammelt (8 Bde., Bar. 1853—77) find
in den «Documents in&dits de ’histoire de France»
enthalten. Bgl, die Biographien R.s von Leclerc
(9. Aufl., 5 ., Amiterd. 1753), Martinean
(3 Bde., Par. 1866) und Zopin (8. Aufl., Par.
1877); ferner Hauſſay, «Le cardinal de Berulle etle
carılinal de R.» (Bar. 1875); d'Avenal, «Richelieu
ct la monarchie absolu» (Bd, 1—2, Par. 1884).
Nichelien (Louis Francois Armand du Pleſſis,
Herzog von), Marſchall von Frankreich, ein Urneffe
des Hardinals und der Sohn von Armand Jean de
Vignerot, wurde 13. März 1696 geboren, 1710 an
den Hof gebracht und bereit 1711, um eine gegen⸗
jeitige Neigung zwifchen ihm und der Herzogin von
Bourbon zu durchlreuzen, mit Anna Katharina de
Noailles verheiratet. Da dies nicht verfing, ſchicte
Ludwig ihn unter Obhut eines geiftlihen Inſtruk—
teurs in die Baftille. Nach einer Gefangenſchaft
von 14 Monaten trat er in die Armee und wohnte
dem Feldzug von 1712 als Adjutant des Marihalle
Yillars bei. Mit Ludwigs XIV. Tode kehrte N.
an den Hof zurüd. Durd) eines feiner vielen ga:
Ianten Abenteuer in ein Duell mit dem Grafen
Gace verwidelt, ward er von diefem verwundet und
mußte mit demjelben 1716 abermals einige Mo:
nate in die Baftille wandern, Seine Teilnahme
an der Verſchwörung des Prinzen Gellamare führte
ihn 28, März 1719 zum dritten mal ins Gefängnis;
nad ſechs Monaten befreiten ihn die FYürbitten ſei—
ner Freunde und Freundinnen, befonders der Tod:
tr des Herzogs von Orleéans jelbft, der Herzogin
von Valois, die R. in der Haft Geſellſchaft leiitete.
Im J. 1725 wurde R. als Gejandter nad Wien
aeididt, wo er 13. Mai 1727 die Friedenaprälimi:
narien unterzeichnete. Im poln. Grbfolgelriege
Timpfte er unter dem Marſchall Berwid am Rhein.
Geit 1716 Witwer, — er 1734 die Prinzeſſin
von Guiſe; in demſelben Jahre tötete er den Grafen
von Liren im Duell. Nachdem er 1738 Marcchal:
de:Camp geworden, erfolgte bald darauf feine Gr:
nennung zum Generallieutenant des Königs in
Languedoc, in welcher Eigenſchaft er den Hof zur
BRAUN ber Verfolgung gegen die Proteſtanten
bewoa. Der König erhob ihn 1744 zum erjten
Nihelien (Marſchall) — Richelieu (neuerer Staatsmann)
' Rammerberrn, kurz daranf zum Generallieutenant,
!
1
|
j
a ao
Als folcher fämpfte er mit Auszeichnung 1745 bei
Fontenoi. Im Dez. 1746 mußte er an ben Hof
nad Dresden geben, wo er für den Dauphin um
die Hand der Prinzeſſin Marie yoiepke warb.
Nach feiner Rüdtehr erhielt er den Befehl, an der
S des gejtorbenen Marſchalls Boufflerd Genua
gegen die Angriffe der Öfterreicher zu idigen.
Die Heldenmütigkeit, womit er dieſe Nepublit vom
Feinde befreite, trug ihm 1748 den Marfdalläftab
ein. Im J. 1755 verlieh ihm der König das Gou⸗
vernement Guyenne und Gascogne. Im J. 1756
eroberte er Bort:Mahon. Hierauf wurde R. ala
Günftling der Pompadour mit dem Dberbefehl in
Deutſchland betraut, wo er den von Eumber:
(and 8. Sept. 1757 zur Konvention von Klojter
Seven zwang, geriet aber dadurch in —— bei
de; = wurde —— ey r,
in der Folge au Dubarry, jelbit
unabläffig in bem ©trubel ber höfiicpen Striguen,
Abenteuer und Lajter umbergeworfen, ein ber
parlamentarifhen und jeder po itation,
dem König bis and Ende eng verbunden. Dieje
Gunſt verlor er, al3 mit Ludwig XVI. der Geift der
Neform und beiiern Sitte einfehrte. diefer Zeit
verheiratete ſich R. zum dritten mal. Er flarb
8. Aug. 1788._ Bon jeiner zweiten Gemahlin hin⸗
terließ er den von Fronfac und eine Tochter,
bie fich mit dem Grafen Egmont vermäblte. Sou⸗
lavie gab heraus «Memoires du mar&chal de R.»
(10 Die. Par. 1794; deutſch von Heb, 9 Bde.
ena 1790 — 1800), die nur teilweile echt find,
Bol. Faur, « Vie privee du maröchal de R.»
(3 Dde., Bar. 1790; deutſch, 3 Bde., Hamb. 1791).
NRichelien (Armand du Pleſſis, von),
Staatsmann der Reſtaurationsepoche, des
Marſchalls und Sohn des Herzogs von Fronfac,
geb. zu Paris 25. Sept. 1766, wanderte 1789 nad
Rußland aus, wo ihn die Kaijerin Katharina IL. wohl
aufnahm. Hier trat er in Kriegsdienfte, wohnte
unter Sumworow dem Feldzuge von 1790 gegen die
Zürten bei und ftieg zum Generalmajor, fpäter zum
Generallieutenant, 3 3. 1792 ging er als Agent
der Bourbons an bie Höfe von Wien und Berlin und
balf 1798 im Cmigrantenbeere Balenciennes be⸗
lagern. Der Kaiſer Alerander I. ernannte ihn 1803
zum Generalgouverneur von Odeſſa. Nach der
eriten Reftauration begab ſich R. —— ch.
Dan ernannte ihn zum Pair und eriten Ram:
merberrn des Königs, und im Sept. 1815 über:
trug ihm Ludwig XVIII. die Bildung eines neuen
Kabinett3, in welchem er mit dem Grafen Deca⸗
u das Staatöruder führte. Im }, 1818 ging
. al& franz. Gefandter auf den Kongreß nad
Aachen, wo er eine weitere Herabfeßung ber Kriegs⸗
fteuer, Verlängerung des Zabhlungstermins und
den Abmarſch der fremden Truppen aus Frant:
reich zu Stande brachte. Am 15. Nov. unterzeich
nete er die Alte, Durch welche Frankreich in die Hei
lige Allianz der europ. Mächte aufgenommen wurde.
Nach feiner Rückehr ſchlug fih R. gänzlich auf die
Eeite der Ultras, Der König ſah ih daher genö-
tigt, ihn fallen zu laffen und Decazes die Bildung
eines neuen Kabinetts a übertragen. Als im Febr.
1820 Decazes von den Ultras gejtürzt wurde, nabm
vudwig XVIIL feine Zufludt zu R., der als Pra—
ſident an die Spihe eines aus gemäßigten Royali-
iten bejtehenden Kabinetts trat. R. zog aber die
Führer der äußerjten Rechten, Villele und Corbiere,
Richerus — Nihmond
zur Unterftäßung berbei_ und brachte bie Beichrän:
en ber ——
es geiehes, die ng reßfreiheit
und andere ——— zu Ce ide ben We
zur Abichaffung der Charte bahnten. Denn
vermochte er ben Ultras nicht zu genügen und
mußte im Dez. 1821 das Staatsruder Billdle fiber:
laſſen. R. ftarb kinderlos zu Paris 17. Mai 1822,
Sein Name und Titel gingen auf feinen Neffen,
rg rancois Ha — —
milhac, Herzog von R. (geb, 19, ’
geit. % Ssebr. 1879), über. re ,
Niherus, ein Gefchichtichreiber des Mittel:
alter3, geb. um die Mitte des 10. Jahrh., war der
Sohn Rodulfs, eines vertrauten Rats des franz.
Königs Ludwig IV. Nach dem J. 966 trat N. in
das Benediftinerklofter von St. Nemigius bei
Reims, wo er ben Unterricht bes berühmten Ger:
bert genoß, ber fpäter ald Sylveſter II. den päpftl.
Stubl beftieg. Bon Iekterm, als derjelbe Erzbiihof
von Reims war, erhielt R. den Auftrag zur Ab:
faffung der Geſchichte Frankreichs, welde er von
der —— III. (888) bis 995 führte, und
wegen ber jebung Gerberts (998) unvollendet
ließ, obgleich kurze Notizen bis 998 reihen. Er er:
jtrebte eine Darftellung nah dem Vorbilbe ber
alten Römer, was ihm freilich nur ſehr mangel:
haft gelang. R. ift für die wichtige Zeit bes fiber:
gangs der Herrfhaft auf die Gapetinger unjere
Hauptquelle. Im Mittelalter wenig befannt, hat
fich fein Merk nur in feinem Autogr in Banı:
berg erhalten, wo es erſt 1839 von Berk entbedt
und in den «Monumenta Germaniae historica»
(Bd. 3), fowie aud in einer Heinern Ausgabe
(Hannov, 1839; 2. Aufl. von Waiß, 1877) heraus:
gegeben wurde; Ausgaben mit fn Uberſehung
beſorgten Guadet (Bar, 1845) und Poinſignon
(Bar. 1856), eine deutſche bertragung Diten:
Saden (Berl. 1854).
Richmond Nur Nitihmönnd), Marltitadt in
der engl. Grafihaft Surrey, 2,5 km weitlid von
London, am rechten Ufer der von einer Stein:
brüde überfpannten Themje und an der Eifenbahn
** gelegen, das Tivoli Londons und im Som:
mer ftart von ber —— Welt der Haupt:
ſtadt befucht, hat eine theol. Schule der Methodiften,
ein Theater, ein gut ausgeftattetes Obfervatorium,
ein litterarifch = wiſſenſchaftliches Sr er eine
Hauptlirde mit Grabdentmälern berühmter Nän:
ner und einen von Karl I. angelegten, 912 ha großen
tönigl. Bart, der dem Publikum geöffnet ift. Be:
rühmt it bejonders bie ſog. Terraſſe neben ber in
den Park führenden Straße, mit überraichender
—— einer der ſchönſten in England. Der Ort
war bis in die neuere Zeit nur ein Dorf, das ur:
—— Sheen Dieb unter Eduard I. an bie
Krone kam und wo Heinrich V. den alten Lönigl.
Palaſt neu ausbauen ließ. Den Namen R. erhielt
es erit von Heinrich VU. Der Balajt war jeit
dem 14. Jahrh. feite Nefidenz und, nachdem er
1500 wieder neu errichtet worden, lange Zeit der
Vieblingsaufenthalt der engl. Könige. In ihm
aa einjt Kaiſer Karl V. und ftarb die Königin
Glijabeth 1603, König Heinridy VIL 1509; jekt iſt
nur noch wenig davon zu fehen. Dagegen befinden
jih im Park zwei Gartenpaläfte, die Große Loge
und die Steinloge. DieStadt zählt (1881) 19066 €,,
die ihren Unterhalt vom Gartenbau und von den
zahlreidhen Gäften aus London ziehen,
691
Richmond, Municipalitabt und Parlaments:
borough im North: Niding der engl. Grafſchaft
ort, 65 km norbweftli von der Stadt ort, am
Swale und der Eiſenbahn, inromantifcherlim ebung
gelegen, hat (1881) 4502 E., Eiſen- und Meffing-
ieberei, teberei Gerberei und Papierfabri-
ation und wählt ein Mitglied in Parlament. Der
Ort gibt der Familie Lennox den Herzogätitel und iſt
merkwürdig wegen der großartigen rümmer einer
von Alan dem Roten, Örafen von R. Neffen Wil:
helms de3 Groberers, erbauten Feſte und ber —
digen Ruine eines 1158 geſtifteten Mönchskloſters.
Richmond, Stadt und Hauptſtadt von Wayne
County im nordamerif. Staate Indiana, am Eaſt⸗
ze des MWbitewaterflufies , bat (1880) 12742 E.,
it gut gebaut, hat ausgezeichnete Waſſerlraft und
infolge defien viele Fabrifen, insbefondere für
landwirtihaftlidye Geräte, Heinere Dampfmaſchi—
nen und Möbel. In den großen Schlachthäuſern
werben jährlich über 30000 Schweine geihladhtet.
R. hat 20 Kirchen, 1 öffentliche Bibliothek, 1 Col:
lege, Academy, das Carlham:Gollege mit 20 Leh⸗
tern und 300 Studenten, 2 Theater.
Richmond, Cinfuhrhafen und Hauptitadt det
norbanıerif, Staats Virginia, links am St, james:
fluß und an und um deſſen Sällen, 208 km von ber
Mündung des Flufies in die Chejapeafebai, iſt
durch vier Brüden mit Mancheſter und durch eine
mit Belle: sle verbunden, in ſchöner, geſunder
Lage, rege ig Sue gut gebaut. Im J. 1737
vom Dberjten Wm. Byrd angelegt, wurde fie
1742 inlorporiert, 1779 Hauptitabt des Staats
und war von 1861 bis 1865 Eauptftabt der fon:
föberierten Staaten; fie zäblte 1800 erit 5737,
1860 ſchon 37958 und 1880 bereit3 63600 E.,
worunter 1274 Deutſche und 27832 Farbige. In⸗
folge der günjtigen zuge (Fahrzeuge von 4 m Tief:
gang können fi der Stadt nähern) iſt die Schiff⸗
—— beträchtlich, ebenfo der Handel mit Kohlen,
Gijen: und Kupfererzen, weldye oberhalb der Stabt
ausgebeutet werben, ferner mit Getreide, Mehl,
Hanf, Tabak u. f.w. Die Waflertraft des St.
—— unterjtügt viele Fabrilanlagen. R. bat
Mühlen, Eifenwerte, Tabalsfabriten zc., 55 Kir:
hen (1 deutich:evangelifche und 2 Tutheriiche). Fer:
ner find zu R. das Nıchmond:College, das Virginia:
Mebdical:Eollege u. ſ. w. In der =. der Stadt
befindet fih das Virginia-Military-Inſtitut, bie
Baibington: und Lee-Univerfity und die Univerfity
of Virginia. Die bebeutenditen öffentlichen Ge:
bäude jind: das Kapitol mit einem Standbbilde
Waſhingtons von Houbon, einer Büfte Lafayettes
und (im Stapitolparf) dem Waſhington-Monument
von Th. Crawforb, weldes von den Statuen ber:
vorragenber Virginianer (Lewis, Henry, Maſon,
% — Marſhall und Nelſon) umgeben wird, das
Zollhaus, die Tabalsbörſe, das Arſenal, das theol.
Baptiſtenſeminar x. Vgl. «The Advantages of R.»
(Richmond 1882); Brod, «R. as a manufacturing
and trading centre» (Richmond 1880). J
Nichmoud, eine der älteſten engl. Adelsfami—
lien. König Jakob I. verlieh 1623 die Würde
eines Herzogs von N. feinem Better, Lodowid
Stuart, Herjog von Lennox und Grafen von
Darnley, der aber ſchon im Febr. 1624 ftarb.
Deſſen Neffe, james, ward zwar 1641 von Karl 1.
zu derjelben Würde erhoben, aber biejer Seiten:
jweig des or Stuart in männlicher Linie erloſch
1672, worauf Karl IL. die Titel eines Herzogs
44*
692
von R. und Pennor, Grafen von March und Darn:
ley auf feinen natürlichen * Charles über:
trug, den ihm 1670 Louiſe Rende de Quérouaille,
jet ‚1673 Herzogin von Portsmouth, geboren Hall. |
Beil fie am engl. Hofe der Politik Ludwigs XIV.
von Frankreich großen Vorſchub leiltete, erhielt fie |
von demielben 1684 das Pairieherzogtum Aubigny
mit dem Nechte, basjelbe zu vererben. Ihr Sohn
ftarb 27, Mai 1723. ,
Defien Entel, Charles, dritter Herzog von
N. und Lennor, geb. 22. Febr. 1785, focht im
Siebenjährigen Kriege, ging 1765 als Botidafter
nah Frankreih und ward 1766 Staatsſekretär.
Er jpielte in den polit. Kämpfen feiner Zeit eine
bedeutende Rolle, wurde zuleßt Feldmarſchall und
ftarb 29. Dez. 1806. ,
Im folgte als vierter 82 fein Neffe Char:
leö Zennor, geb. 1764, der ald Gouverneur von
Canada 28. Aug. 1819 an den Folgen eines von
einem tollen Fuchle erhaltenen Viſſes zu Montreal
—— Durch feine Ehe mit der Erbtochter der Gor:
on ging ein großer Teil der Befikungen biefer
amilie 1836 an feinen Sohn über, der fid) daher
orbon:Lennor nannte, ,
Charles Gordon:Lennor, in Schottland
Herzog von Lennor, in Frankreich Herzog
von Aubigny, in England Herzog von R.,
brit. Staatämann, geb. 3. Aug. 1791, führte i
feiner Jugend den Zitel Graf von Vlard).
wohnte als Offizier im brit. pen den Yeldzügen
auf der Pyrenaiſchen * bei und wurde Ab:
jutant bes Herzogs von Wellington. Nach der
Schlacht bei Waterloo jhidte ihn —— mit
Depeſchen an den Prinz:Regenten, bei welcher Ge:
legenheit er zum Major —— Bald darauf
wurde er Oberſtlieutenant. Nach dem Tode feines
Vaters nahm er 1819 al3 Herzog von R. im Ober:
baufe Sih und ſchloß fi den gemäßigten Tories
an. Von Nov. 1830 bis Mai 1834 war er Gene:
ralpoftmeifter. Als Peel 1846 die Beendet.
maßregeln beantragte, belämpfte er diejelben als
einer der leidenichaftlichiten Vertreter der Grund:
ariftofratie, Er ftarb zu London 21. Dt. 1860.
barles Henry Borbon:Lennor, ſechſter
Herzog von R., der ältefte Sohn des vorigen,
geb. 27. Febr. 1818, ftubierte in Oxford, trat dann
in die Armee und war 1842—54 Adjutant bei
Wellington und bei deſſen Nachfolger, dem Gene:
raliffimus Lord Hardinge. Im Juli 1841 wurde
er von ben Slonfervativen zum Barlamentsmitglied
für ER DRG erwählt, welchen Diſtrikt er bis
um Tode feines Vaters vertrat. Unter vem Mini:
terium Derby erhielt er im März 1859 das Amt
des Präfidenten der Armenkommiſſion, weldes er
jedoch ſchon im Juni beim one des Dlinifteriums
aufgeben mußte. Im Tory:Habinett vom 8. März
1867 übernahm er den Borfik im Handeldamt. In
dem zweiten, Febr. 1874 gebildeten Minifterium
Disraeli wurde er Präfident des Staatärat3, ein
Poſten, den er bis zum Sturz des Minifteriums im
April 1880 behauptete und aud) bei der Bildung des
Minifteriums Salisbury im Juni 1885 von neuem
übernahm. Obgleich kein hervorragender Staat:
mann und Redner, zeichnet R. ſich durch die Feitig:
keit feines gefunden Menfhenverftandes aus, durch
dejien Geltendmachung er öfters die Ausführung
ertremer Mafregeln verhinderte, Am 13. Jan. 1876
wurde feinen übrigen Titeln der eines Herzogs von
Gordon und Grafen von Kinrara hinzugefügt.
Nichmont — Richter (juriſtiſch)
Nichmont (Herzog von), Abenteurer, der ſich
für Ludwig XVII. (f. ausgab.
Nichter heißen nah einem den Hebräern mit
den Phöniziern gemeinfamen Spradgebraud die
israel. Vollsführer oder Negenten, welde in ber
Zeit vor König Saul durd) ihre perfönlihe Tüch—
tigkeit an bie Spike eined oder mehrerer Stämme
geltellt wurden und teils auf Zeit, teils lebenslänglich
ihre Macht behaupteten. Meilt waren es Kriegs:
belden, die entweder freiwillig auftraten oder ers
wählt wurden, um bie Philiftäer, Rananiter, Mi:
bianiter und andere feindlihe Stämme abzuwehren
oder zu züchtigen. Die Tauer der fog. Rider:
periode läßt Na — (1500—1100v. Chr.)
berechnen. — Bud der Richter heißt die alt:
teſtamentliche Schrift, in welder die Thaten der
R. freilih nur fragmentarifh und meilt in dem
dichterifchen Gewande der Volläfage erzählt wer:
den. Das Bud) ift ebenfo wie die vier eriten Büs
her Moſes und das Buch Yofua durch jehr ver:
Eisen fiberarbeitungen bindurdgegangen; der
bſchnitt Kap. 1 und 2 fcheint ebenjo wie manches
auch in der folgenden — demſelben größern
Werke angehört zu haben, welches die Grundlage
des Tentateuch gebildet hat, während einzelnes
von einem naderilifhen judäiſchen Tiberarbeiter
berrührt. Kap. 3—16, der Hauptteil de3 Buchs,
welder die Gedichten der R. von Dthniel bis
Simſon jdildert, bildet ein ——
Ganzes, welches nach wenigſtens drei alten Quellen
entitanden ift und neben vielem, was lediglich der
Vollsſage angehört, manche echt geſchichtliche Er:
innerungen, wie 3. B. die Geihidhten von Gideon
und feinem Sohne Abimelech bewahrt. Cin Spä—
terer fügte dem Hauptbuche noch zwei Anhänge,
Kap. 17—21, — aus ber erſten Hälfte
bes 8, Jahrh., ſowie ala dritten Anhang das
gegenwärtige Buch Ruth (f. d.) hinzu. Zu den äl:
tejten Beitandteilen gehört das Lied der Deborab.
Das Buch der N. ıft in neuerer Zeit von Seil
(2. Aufl., Lpz. 1874) und von Bertbeau (2. Aufl.,
en 1884) fommentiert worden. {
ichter ist der Träger eines Amts, weldhes in der
Ausübung der Staatlichen Gerichtsbarkeit (j. d.) bes
ie Der R. ift nur an die Geſetze gebunden, jeine
— ————— ungsgeſeß für das
Deutſche Reich (8. 6—11) durch bejondere Gara.ı:
tien —— er wird auf Lebenszeit ernannt,
bezieht in ſeiner een Eigenschaft feites Gebalt
mit Ausihluß von Gebühren, fann wider feinen
Willen nur kraft richterlicher Entſcheidung und nur
aus den geſetzlichen Gründen und unter ben geich:
lihen Formen dauernd oder zeitweife feines Amts
entjet oder an eine andere Stelle oder in Nube:
ftand verfeht werden (nicht —— iſt dadurch die
fraft Geſehes eintretende vorläufige Amtsent⸗
—* wegen feiner vermögensrechtlihen An:
prüche aus dem Dienftverhältnis darf der Rechts⸗
weg nicht ausgeſchloſſen werben. (Dieje Beitim:
mungen gelten nur für Beamtenrichter, nicht für
Handeläridhter, Schöffen und —— die
Befähigung iſt reichsgeſetlich nur zum Teil (hin:
ſichtlich der juriſt. Vorbildung: Ablegung von zwei
Prüfungen, Vorbereitungszeit, 8. 2; oder ordents
liche öffentliche Brofeflur an einer deutſchen Uni:
verfität, $. 4; vgl. 88. 3 und 5: wer in einem Bun:
desitaat die Be äbigung zum Richteramt erlangt
bat, lann zu jedem Richteramt im Deutichen Reich
beftellt werben; Mitglied des Reichsgerichts lann
EEE
Nichter (Adrian Ludw.) — Richter (Eugen)
nur fein, wer das 35. Lebensjahr vollendet, $. 127)
geregelt und bemißt 49 im übrigen nad) Landes⸗
recht. (Bol. Gericht und Bean ie:
fung, Gerichtsbarkeit; f.aud Hilfsrichter.)
Richter (Adrian Ludw.), vorzüglicer deuticher
Maler, geb. zu Dresden 28. Sept. 1803, erhielt
den — fünftleriihen Unterricht durch feinen
Pater Karl Auguft R., einen geihidten Kupfer:
fteher im landihaftlihen Fade. Der Sohn follte
ebenfalls Beer werben, erhob fih aber
bald Pe künftleriihen Selbftändigfeit, beftärkt und
angelodt durch Vorbilder Chodowieckis und geför:
dert durch die Landſchaftsmaler Dahl und Fried:
rich. Bon einer 1820 mit dem Fürften Nariſchlin
unternommenen Neife durch Frantreih im Som:
mer 1821 nad) Dreöben zurüdgelehrt, erhielt er
durch den dortigen — rnold die Mittel
zu mehrjährigem Aufenthalt in Italien, wo er fi
1823—26 unter bem Einfluß Jo. Ant. Kochs und
R Schnorrs ausbildete und bereits 1824 mit einem
ilde des Waßmann Erfolg hatte, Sein nächſtes
Ziel wurde die bedeutendere Belebung der Land:
Imaft durch die menschliche Geftalt. Aus dieſer
a ing eine innige Berfchmelzung von Genre
und Lan (ha —— Großenteils ſind die Gegen⸗
ſtände dem ital. Naturleben entnommen; manche
gehören aber auch dem deutſchen Leben an. R. war
1828 nad) Meißen übergefiedelt, um als Lehrer
an der mit der Borzellanmanufaltur verbundenen
Zeichenſchule zu wirken; feit 1836 lebte er dauernd
in Dresden und widmete fid) neben der Thätigfeit
als Lehrer der Landſchaftsmalerei an ber Kunft:
alabemie mit zunehmender Vorliebe der bildlichen
Bearbeitung der poetiihen Nationallitteratur der
tſchen. Einigen frübern Nadierungen, wie
Nübezahl und Genoveva, — zunächit viele fehr
anſprechende Blätter zum «Dlalertichen und roman:
ti utichland», denen ſich Holzſ
tionen für eine Reihe voltstümlicher Dichtungen,
Märden, Legenden u. ſ. w. anſchloſſen. Mit dieſer
Thätigkeit erreichte R. erſt feine eigentliche hohe
Beitimmung als gemütvoller Scilverer idylliicher
Scenen aus dem Bolteleben. Dabei hat er das
grobe Verdienft, den Holzfchnitt nach dem Vorbilde
rers auf feine urjprüngliche Einfachheit zurüd:
geführt zu haben. Es entitanden: 1833 Bilder zu
den «Deutjchen Voltsbüchern» von Marbach, 1840
zu Dullers «Geſchichte des deutfchen Volle», 1841
zum aLandprediger von Watlefield», 1842 zu
Muſäus' «Volksmärcheny und zu Nierig' «Kalen—
ber», 1844 und 18416 zu ben «Studenten: und
Boltäliedern»; ferner zahlreiche Kompofitionen zu
Reinids Schriften, den Jugendblättern des G.
Wigandſchen Verlags, Scherers Kinderliedern, den
Märchen von Keil, dem Robinjon, zur «Schwar:
e Tante», zu Horn «Spinnitube» u. a,; 1852
a3 «ftindberleben» (6. Aufl. 1868), 1853 das illu:
ftrierte 25 aMärhenbuh», 1851 —55
eBeichauliches und Erbauliches» und das «Goethe:
Album», 1855 «Chriftenfreude», 1856 dad Vater:
Unſer, 1857 die Bilder zu Schillers «Glode», 1858
—61 bie vier Hefte a Furs Haus», 1860 «Der
gute Hirt», 1861 der «Sonntag», 1862 « C3 war
einmal», 1864 der «Neue Strauß», 1866 « Unſer
täglich Brote ‚1869 «Gefammelteö», 1874 ein leb:
tes Heft «Bilder und Vignetten». Im %. 1877
legte R. feine Profeſſur nieder. R. ftarb in Lofd)-
ws bei Dresden 19. Juni 1884. Vgl, Hoff, «Adrian
Ludwig R.» (Dresd. 1877) und N. Selbftbiograr
nittilluftra:
693
bie: oQebenserinnerungen eines deutſchen Malers»,
eraudg. von ann alu Gr Wise 2p3.1885).
Nichter 4 milius Ludw.), ausgezeichneter Leb-
rer des Kirchenrechts, geb. 15, Febr. 18U8 zu Stol⸗
pen in Sadjen, ſtudierte in Leipzig und ließ fich
1831 daſelbſt als Advolat nieder, wo er gleichzeitig
mit Vorlefungen über das Kirchenrecht ie alade:
miſche Laufbahn betrat. Seinen wiſſenſchaftlichen
Auf begründete R. mit dem «Corpus juris cano-
nici» (2 Bde., Lpz. 1833—39) und mit «Beiträge
zur Kenntnis der Quellen des kanoniſchen Rechts»
(2p3. 1834). Im J. 1835 zum außerord. —2—
ernannt, wurde er 1838 in Marburg ord. Vrofeſſor
bes Kirchenrechts und Civilprozeſſes, 1846 Pro:
fellor des Kirchenrecht? an der Univerfität und
gg im Kultusninifterium in Berlin.
lus dem ftreife feiner Schüler gingen die meiften
neuern ag (die jog. berliner Kano⸗
niftenichule)bhervor. Als Mitglied des Evangeliſchen
Dberfirchenrats (feit 1850) und Oberlonfijtorialrat
(feit 1852), dann al3 Geh. Oberregierungsrat und
vortragender Rat im Minifterium nahm er an der
lirchlichen 5*9 Preußens maßgebenden
Anteil. Er ſtarb 8, Mai 1864 zu Berlin. Von
R.s wiſſenſchaftlichen Leiftungen find ag bervor:
zubeben: das «Lehrbuch des evang. und fath. Kir:
chenrechts» (Ppz. 1841; 8. Aufl., neu bearbeitet von
Dove und Kahl, 1878 fg.), durch weldes das
evang. Kirchenrecht zuerft eine fihere Grundlage
gewonnen hat, ferner «Die evang. Kirchenordnun—
gen des 16. Jabrb.» (Bd. 1 u. 2, Weim. 1846),
«Gefchichte der evang. Kirchenverfafiung» (Berl.
1851), eine in Gemeinschaft mit Schulte bearbei:
tete Ausgabe der «Canones et decreta concilii
Tridentini» (Lpz. 1853), mit einem aus den Be:
ſchlüſſen der fog. Congregatio coneilii gezogenen
Apparat. Die von. 1836 begründeten «ritiſchen
Jahrbücher für deutiche Rehtswiffenichaft» wurden
von Schneider bis 1848 fortaefeht. Vol. Hinſchius,
«dur Erinnerung an N.» (Weim. 1865).
Richter Friedr. Eduard), Komponiſt und
Mußilſchriftſteller, geb. zu Großſchönau bei Zittau
24, Olt. 1808, bezog 1831 die Univerfität zu Leipzig,
um Theologie zu ftudieren, und widmete fich jpäter
dafelbjt unter Leitung Weinligs, Ipäter Mendels:
johns und Hauptmanns mufifaliichen Studien.
ei Begründung des Konfervatoriums 1843 wurde
er Lehrer der Kompofition, 1852 zugleih Organijt
an ber ste fpäter an der Nilolailirche
und 1868 bis zu feinem am 9. April 1879 erfolg:
ten Tode Kantor an der Thomasſchule und Mufit:
direftor an den Hauptlicchen Leipzigs. R.s Nom:
poſitionen gehören faft alle dem Gebiet ber geift:
lihen Mufit an (Pialmen, Motetten und Kirchen:
lieder teils mit Orchefter, teils für Chöre, ferner
eine große Mefie und ein Oratorium, «Chriftus
der Grlöjer»), baben fi aber wenig verbreitet.
Mehr Beifall fanden feine theoretiihen Arbeiten
aLe * der Harmonie» (15. Aufl., Lpz. 1882),
Lehrbuch des einfachen und doppelten Kontra:
punft3» (5. Aufl., Lpz. 1884; Supplement bearbei:
tet von Alfred Nichter, Lpz. 1884), «Lehrbuch der
Fuge» (4. Aufl., 2pz. 1880). j
ter (Gugen), wer wien Politiker, geb.
30, Juli 1838 zu Düffeldorf, ftudierte Jurispruden;
und Staatswiljenichaften zu Bonn, Heidelberg und
Berlin, trat dann ind Verwaltungsfach ein, war
1859 — 64 an der Vezirköregierung zu Düfeldorf
als Regierumgäreferendar und 1864 ebenda als
694
—— ſeſſor hung er und gu im Juli
desjelben x fter ber
der Bei *
— von 28 nicht
— —* R oh dem —— — u
—* dauernden Wohnfis in Berlin, um ſich
vo a gegen rg und parlanıen ——
—— zu wi re begann er als
Vertreter des Kreiſes Bora en 1867 im Koniti:
tuierenden No — he wurde
er von dem Fürftentum ass Rudolſtadt
und 1874 vom Kreiſe Hagen in —* Deutf
Reichstag gewählt, dem er jeitdem ununterbro
angehörte. Auch im preuf. Abgeorbnetenhaufe, in
das er zuerft 1869 — reife Königäberg in der
Neumart gewählt wurde, vertrat er jeit 1874 ben
Wahlkreis Hagen. Als Mitglied der Fortichritts:
partei wußte er ſich bald * den Eifer, den er der
polit. Agitation widmete, ſowie durch ſeine publi
ziſtiſchen Beziehungen zur Tagesprefi fie einen größern
— chern und, na die ältern angefebe:
nern den oder freiwilligen Rüd:
tritt aus der Fraktion ausgeſchieden, die tei:
leitung endlid ganz in feine Hände zu nehmen.
Als Bertreter eines ertremen divibualisnms be:
lämpfte er auf das entichiedenfte alle Beftrebungen,
—* auf eine Stärkung der Sfientlichen Gewalt
egenüber der freien tonturreng der Brivatinterejien
a polit. und wirtf&haftlihem Gebiete gerichtet
waren. So trat er namentlich lebhaft genen bie
Berftaatlicyung der preuß. Privatbahnen, gegen alle
Belhränlungen der Gewerbe: und Handels:
freipeit und gegen die ganze fozinle Rejormgejeh:
gebun des Sriten Bıamard ein. Nur in dem
Kampfe die lath. Hierarchie hatte er anfangs
die von dem Miniſterium F ge alt durch die Maigefep:
gebung geltend gemachten Rechte der Staats —
unterjtüst, ſchloß ſich jedoch fpäter auch auf di
Gebiete den Gegnern der Regierung an. Dice
rein ——*— grundfärliche Oppoſition und die da⸗
durd) bedingte Wafjenbrüderfchaft mit allen parti:
Iulariftiichen und antinationalen Elementen , fowie
die Irofie Form des polit. Kampfes, der füch aud)
gegen alle abweichenden Anfichten Innerhalb der
liberalen Partei richtete, rief allmählich unter den
eigenen Fraltionsgenofien N.8 Widerſpruch bervor,
der bei parlamentarifchen Abjtimmungen wieder olt
um offenen Ausdrud fam. Verſchärft wurde die:
ber el enfak noch dadurd), dab N. 1885 ein eigenes
Blatt, die «Freiſinnige Zeitung», gründete und durch
die darin vertretenen Anjchauun en, namentlid) be:
züglid) der Sozialreform, vielfady in offenen Wider:
joruch gegen die übrigen Blätter feiner Partei trat,
Als parlamentarischer Redner zeichnet fi N. durd)
Gewandtheit und Schlagfertigleit aus. Bon feinen
publiziſtiſchen Schriften find zu nennen: «Das
preuß. Staatsihuldenwefen und die preuf. Staats:
papiere» (Bresl. 1869), «Tas neue Gejeh, betref:
fend die Konfolidation der: preuß. Staatsanleihen»
(Brest. 1870), «Praltiſche Anleitung zur Gründung
und Einrichtung von ionfumvereinen» (Berl. 1867).
Richter (Guitav), Hiltorien: und Borträtmaler,
geb. zu Berlin 31. Aug. 1823, befuchte die berliner
Alademie und das Atelier von Holbein, jpäter in
Laris 1844—46 das von Yon Cogniet, und ließ
fih dann in Berlin nieder, Er befudhte Kom, dann
wiederholt Frantreih und alien,
ten, 1873 die Krim. Zu feinen berühmteften ws
len gebö rt; Crwedung der Tochter des Jairus,
1861 Sayp: | Hof entfernten Dorie, gewirkt, u
Nichter (Guftav) — Richter (Job. Paul Friedr.)
malt 1856 * in Berlin) und
gemalt für das Mar in
gu ptgebiet
Münden. Hau
ſchiedener das Porträt, und er
fuchteiten Malern dieſes von ihm mit Meifterichaft
vertretenen Fa Anfı in dem Geijte der
Düfieldorfer ie fh N „gino er le
a ee ae
eine feltene Cleganz des Vortrags im und
eine glängende it, N, war wen der
Alademien zu Berlin, und M Gr
ftarb 3. Ap * in Berlin. i
chter ie. Arzt
> ne er 14. Mai
1838 al
Bet “ bergen ie
nahme ” — ander in se
———— ——
ſtelleriſche tigleit belannt cht.
hören —— — ——
der wiſſenſchaftlichen und ihrer
Anwendung im Staats;
ed Grundriß der innern
Künt» & Ba, 2 2 ‚ion uk = das «Or:
ganon ber » (2p5. 1850), in wel:
dyem er die —— ng auf ——
naturgemãße Grundlagen — *
den Naturwiſſenſchaften ein — uchte.
ſeinen zahlreichen andern ten fi —
heben: eine «Flora von —
tritiſche Geſamtausgabe von ve-
——— CEpʒ. 1839), ·Uber jugen
—— 1844 —*— ſchwed. nationale und
mediz. OGymnajtit» (D Lpz. 1845), «Blut:
Ai
sun und en ah (Bist u u. 2pj.
Aufl, 1854) u. br De —
AR N. wieder ie ed En
gab feine darauf
1865) heraus. Hufen o Basen er: ne
neitaf A -.-
(Dresd, «Da ee
(2 Boe., F ae, «Die in Ihre Gierjährie Kreie-
vereine des Königreichs
gen Wirkfamteit» (Lp3. a eier
Moltenturen» (Lpz. 1872). ud) führte e 1800
in Verbindung mit Winter die
Schmidts «Mediz. Jahrbücdern».
Nichter (Joh. Paul Friede.) au Sue»
Ba — der großte heut
u MWunfiedel im VBayreu iſchen 21. Mä
ac der Sohn des — ertius und iten,
welcher 1765 Pfarrer zu Kodik, ————
Schwarzenbach wurde und bier 1779 ftarb. ad
dem der junge R. dad Gymmaftum zu Hof
Jahre lang befucht, bezog er 1780 bie
Yeipzig, um Theologie zu ftudieren,
jedody vorzugsweiſe und —9 ——
ſchönen Litteratur. ofigleit nötigte ihn,
1784 Leipzig zu Mn = Im zu
"are in den dürftigften Berhältnifien
utter zu begeben, Nadidem er 1787—89 als
Hauslehrer in Töpen, einem — von
er
1790— 94 die Kinder te
zenbach. Inzwiſchen war er ſchon * Schrift⸗
Richter (Joh. Paul Friedr.)
fteller aufgetreten. Seine eriten, anonym erichie:
nenen, mehr fatirif als bumbeiti ——
ten, die « rönländ, je (2 Bde.
89) und die «Auswahl aus bes Zeu ji ge
ze (Sera 1789) fanden nur weni ach |
ur K. Ph. Morig, dem er 1792 die Sander:
feines erften Romans «Die unſichtbare
(2 Bbe., Berl. 1793; 2. Aufl. 1821) mit der B te
um Unterbringung bei einem Buchbändler nor
ſchidt hatte, wurde ihm zuerjt die Ausficht au
—— Anerlennung und ein ſorgeufreieres
eröffnet. Nachdem er fein Lehrerverhältnis in
Schwarzenbad aufgegeben, lebte er wieder in Hof,
von a. de Zeit auch in Ba reuth bei einem
ze 8 erſchienen jet na der folgende
von ihn: «Hesperus» (4 ‚ Berl. 1794;
2. Aufl. 1798; 3. Aufl. 1819), Biographifee Be
en unter ber Gehirnfchale einer Riefin»
1796), «Leben deö Quintus Firlein» (Bayr.
1796; 2, Aufl. 1801), nn. ruht: und
Dornenftüde ober Eheitand, Tod und Hochzeit des
Armenadvolaten Siebenläs> (4 Bde., Berl. —
97; 2. Aufl. 1818), «Der Jubelſenior⸗
und «Das SKampaner Thal» (Grf. 1798). “ Sein
ee ben gefeiertiten in Deutich:
land. ald er, n dem Tode feiner Mutter, im
—— 1797 ne pzig überfiebelte. Schon im
—* die Liebe zu Herder
ee ee im Frühjahr 1800 *
Berlin vertaufchte, wo * Karoline
anmutige, geilt: und gemtituolle Dodueitbeie
Tochter des Geh. Tribunalsrats Mayer, lennen
lernte, 2, wen wel
einingen 8
* (Berl. 1800— = rn Bear:
ge herausg. von * "Sievers Wolfenb. 1878).
In dieſem Noman und in den « legeljahren »
Set Tub. 18045) erreichte R, jeinen fchrift:
felleriihen = — N u er 1803 von
Meini nahm er 1804
feinen b —ã— ——— Der Her:
n eleben Wehr in Uns batte ibm ben
itel al3 Legationsrat gegeben. Bon dem Füriten:
Primas erhielt er 1808 einen Jahr, ngehelt von 1000
—— ausgelegt. Seit dem Tode ſeines ein-
offnungsvollen u. 1821, begann er
al 3 zu ggg und ftarb 14. Nov. 1825.
König Lubwig I. von Bayern ließ ihm 1841 auf ——
Gymnaſiumsplatz zu rg ein von Schwa
thaler entworfenes Standbild errichten.
Bon R.s humoriftifhen Dichtungen find nod) zu
en: «Das heimliche Klagelied der jehigen
rem. 1801), «Dr. Habenbergers Babe:
‚ Heibelb. 1809; 2. Aufl., 8 Bbe,,
Brest, 1823, er von D. Sievers, 2pz. 1879),
«Des predigers Schmelze Reife nah Fläb»
(Züb, 1809), Sehen Fibeld» (Nürnb. Du, «Der
Komet, oder Nikolaus Marggrafv (3 Bde., Verl.
180-2). Sein erftes —— Bet pbilof.
rg war die Vorſchule der Uſthetil⸗ (3 Vde.
ıb. 1804; 3. Aufl., QTüb, 1814). Dem f&hlof
hi an Debana oder Grsichungslchee Braunſchw.
1807; —— — Nachlaß verm. Aufl.,
Etutta. 1 vol. D. Hayier, «Ebeliteine and
Jean Gauls — ER 1879). u Rüdficht
auf Seitereignifie (rich er ba vn Deu digt»
(Heibelb. 1808), « land.
(Tüb. 1809), «Mars und 300 öbus’ ——
im J. 1814» (Tüb, 1814) und «Bolit. Faſtenvre⸗
er fi) im Mai 1801 vermäblte dar,
ier vollendete er feinen | f
ſel 3
695
digten» (Stuttg. und Tũb. 1817), in denen er in
einer Weife ftrafte, tröftete und erhob. © Die Samm
Werle», welde er —
ereitete, umfaßt 65 Bände
wer) Dan ie fommen nod)
i E.
—— —e — en:
anlf.
1845), «R.8 Briefwechfel mit Ak Freu Ghr.
Ditto» (4 Bbe., er 29-33), « Briefwediel
zwiſchen Ku. Voß = Jean Raul cherausg.
von Ab oß, Heibelb. — Jean Pauls
Briefe 4 eine Augendfre unbdin» (herausg. von
. dr. Täglihöbed, Brandenb. 1858), «Briefe von
arlotte * Kalb . can Pauls (berauag. von
Nerrlich «Dentkwüurdigkleiten aus
dem Leben *3 Kane von E, Förfter, 4 Bbe.,
wovon 3 nur Briefe enthalten, Munch. 1863). Eine
vollitändige Ausgabe feiner "Werte mit einer Bio:
ey von Gottichall erſchien in 60 Teilen (Berl.
1879), eine Auswahl in 7 Bänden (Berl, 1879).
R.s ſchriftſtelleriſche —* in fo reich und viel:
feitig, daß es fehr hung ein Gejamturteil
über dieſelbe abzugeben. Sacden er in feinen
—* Schriften eine nur auf Einzelnes und Nahes
ende, doch nirgends verlehende Satire geübt,
* er ſich ſchnell auf die höhere Stufe bes Hu
mors, welder alle Einzelheiten und Zufälligteiten
von dem Standpuntte einer umfafie rund:
idee aus betrachtet. Jedoch jpricht er diefe Grund:
idee nicht felbft aus, ſondern ftellt die berjelben
nicht entſprechenden gleiten und Zuftände fo
daß daraus ihre Unzulänglichleit der dee
elbit 9 egenüber hervorgeht. Wenige Dichter haben
Liebe 2 undichaft in jo * Weiſe ve
Do *
ung ſeiner Sanitlichen
8* —— Tode vo
1826—38 u.
* Nachklãn
b. 1832),
Pe ——
licht. beſaß er wen an für fünftl
em, und in biefer Hinficht kann leins feiner
e als ya gelten. Gin eriftif
Beweis dafür ift au, dab er nie im Stande war,
jeine Roefie in feſte metriiche Form Dun Hier:
mit hängt zufammen ber übertri Gebraud *
den er von —* erg re . in rg
Gelebhriamteit macht, —— in
wendung von Bilbern, wo der 30 ſich nicht felten
auf Untojten des Ge fühls ge gl macht und die
—A— des Dichters der Haren und feſten
—— —— — im zus teht.
Es find aber dieſe -y dem ganzen Neid):
tum von Trefflichleiten N. fo eng verbunden,
daß, wer an einzelnen Schönheiten feiner Shöpfun:
en ſich wahrhaft erfreuen will, aud den nanzen
„Jean Baul hinnehmen muß, mit dem Abel feiner
efinnung, mit feiner nn Liebe und Milde
und feinem erhabenen Born, mit feiner tragischen
Wehmut und feinem fcherzenden Spotte, mit jeinem
Wis und feiner —— ichen Komit, mit dem
uber feiner Sprade und mit deren Cigenttim-
—— em mit feinen Jrrtümern und Schwä-
% erfuh, dur Tiberfehungen dem
—ã— das Verſtandnis feiner Werte zu eröff:
nen, mußte bei einer jo ei mar nn terischen
—— ſcheitern. zur tie:
ern Einfiht in das Weſen 38* riftſtellers
ewährt das von ihm ſelbſt begonnene, dann aus
Bei inen Papieren, Briefen und mündliche chen fiber:
eg von Chr. Otto und E, Förfter fort:
te Wert «Wahrheit aus Jean Pauls Leben»
n., Bresl. 1826-33). Außerdem vol. Spa:
zier, «R, in feinen legten Tagen» (Brest. 1826);
696
Döring, «Leben und Charakteriftit N.3» (2 Bde,,
Weim. 1826); Spazier, «jean Paul Friedrich R.
ein biographiſcher Kommentar zu deſſen Merten»
(5 Bde. ; Lp3. 1833); Kunz (Funk), »Jean Baul
Nriedrih N.» (Schleufingen 1839); Pland, «Jean
Bauls Dichtung im Lichte unferer nationalen Ent:
widelung» (Berl. 1867); «Jean Bauls Leben, Geiſt
aus feinen Werten» («Bibliothet beuticher Klaſſi⸗
fer», Freiburg i. Br. 1868); Nerrlich, «Jean Paul
und feine Zeitgenofien» (Berl. 1876),
Nichter (Joſ.), öfterr. Satirifer und Drama:
tifer des 18. Sabrh., geb. 16. März 1748 zu Wien,
geſt. dafelbit als Privatgelebrter 16. Juni 1813.
Gr gab unter dem Pieudonym Obermayer die
«Gipeldauer Briefe» heraus und —* ſich der
orthodoxen Partei durch feine Schriftſtellerei un-
bequem. Zu ſeinen zahlreichen, der Vergeſſenheit
anheimgefallenen Dramen gehoͤren: «Der Fall»
(Wien 1776), «Die Feldmühle» (Wien 1777) und
«Die lächerlichen Projeltanten» (Wien 1811).
Richterswyl, jtattliher Marltfleden im Bezirk
Horgen des Schweiz. Kantons Hürich, liegt 410 m
über dem Meere, 22 kın füdöjtlih von Zürich auf
dem linfen Ufer des Züricherfees, an der Norboft:
babnlinie Zürih-Glarus und der Dampferlinie des
Züricherfees und zählt (1880) 3826 meijt reform, E.
deren Haupterwerböquellen neben Ader-, Objt: und
Meinbau die Seidenzwirnerei, die Baummollipin-
nerei und die PBarketterie find. Obwohl feit der
Eröffnung, ber Bergbahn Wädenswyl⸗-Einſiedeln
der einjt ſehr lebhafte Pilgerverlehr von R. ab:
genommen bat, iſt es dod dank feiner fchönen
geihüsten Lage an einer breiten, von anmutigen
Höhenzügen umſchloſſenen Bucht und feinem regen
Gewerbfleiß immer mod) einer der belebtejten Ver:
fehrsplähe des obern Züricherfces,
Nichthofen, eine im gräjl., freiberrl. und
abeligen Stande blühende ſchleſ. Adelsfamilie,
weldye urfprünglih Schulke hieß, aus Bernau un:
weit Berlin ftammt und fi im 16. Jahrh. lati-
nifiert PBrätorius nannte. Paulus Brätorius
(geb. 1521, acit. 1565), kailerl, und brandenb. Rat,
adoptierte 1562 den Samuel Schmidt (Fabriciuß),
welder den Namen Prätorius annahnı und 1605
ald Bürgermeilter von Frankfurt a, D. ſtarb.
Defien Entel Jobann Prätorius (geb, 1611,
geſt. 1664) erhielt 1661 den böhm, Nitterftand mit
dem Beinamen von Richthofen. Der Freiberren:
ftand kam 1735, 1741 und 1846 an die noch blühen:
den Linien, der preuß. Grafenftand nad) dem Nechte
der Erjtgeburt an den Kohlhöher Zweig 1846,
Den freiberrl. Linien diefer Familie gehören an:
Karl Freiberr von R., geb. 30. Mai 1811
zu Damsdorf bei Etriegau, wandte fich germa—
niftiichen Studien zu, bereijte zu diefem Zwed 1834
Friesland, war 1842—60 Profeſſor an der Uni:
verfität Berlin, wo er über deutichrechtliche Ma:
terien, Handels: und Wechjelrecht las, 1849 Mit:
olied des Erfurter Parlaments, jpäter Mitglied
des preuß. Abgeorbnetenbaufes und lebt feit 1860
teils in Berlin, teils auf feinen Gütern in Ecken
zumeift in Damsdorf. Er fchrieb «Altfrieſ. Nechts:
quellen» (Berl, 1840), «Altfrief. Wörterbuch» (Gött.
1840), allnterfuchungen über frief, Rechtsgeſchichte;
(2 Bde., Berl, 1880—82), und war Mitarbeiter an
den Leges der «Monumenta Germaniae historica»
(«Lex Frisionum» im 3. Th., Sannov, 1863);
außerdem veröffentlichte er: «Zur lex Saxonum»
(Berl. 1868), «fiber die fingulären Erbrechte an
Nichter (Joſ.) — Richthofen
ſchleſ. Rittergütern» (Berl. 1844), und mit Fries:
Die engl. Armenpflege» (Berl. 1863). Währ:nd
—— Augenleidens unterſtützte ihn vielfach in
einen Arbeiten fein Sohn Karl Freiherr von
R., geb. 8. Dft. 1842, Regierungsrat zu Erfurt,
der mit feinem Vater gemeinfchaftlich die «lseges
Saxonum»(«MonumentaGermaniae legum»,Bd.5,
Hannov. 1875) und allein die «Lex Thuringorum»
Hannov.), fowie den «Kölner Schiedsſpruch von
angeblih 1169» («Forihungen zur deutſchen Ge:
Ihichter, Bd. 8) herausgab. j
Emil Freiherr von R., geb. 11. Juni 1840
u Trebnis, erhielt * Erziehung in Militſch, wo
fein Vater Ludwig R. (geb. 1770, geft. 1850),
Verfafier des «Handbuhs für Landräte» (Breäl.
1833), Landrat war, und auf dem Gymnaftum zu
Ols, von dem er 16jährig zur Univerfität abging,
wurde 1833 Aſſeſſor, 1838 ntendanturrat, in
welcher Stellung er ein Werl, «Die Medizinal-
einrichtungen. des m Heerd» (2 Bde., Bresl.
1836 —37), ſowie eine «Geſchichte des Haushalts der
Kriegäheere» (2 Bde., Berl. 1840) verfaßte. Im
J. 1840 an die Oberre_hnungslanımer, 1843 als
Geh. Kriegsrat in das Kriegsminifterium verjest,
trat R. 1846 in die diplomatiſche Carriere über,
erbielt zuerft das neugegründete Berufs-General⸗
fonfulat in Jaſſy, wurde 1847 daneben polit.
Agent für die Donaufürftentümer, 1848 nad Berlin
berufen und mit der Organifierung und Leitung
des Preßbureau im Staatsminifterium beauftragt,
1849 Generalfonful für Portugal und Spanien,
1851 Minijterrefident in Merito, mit welchem
Lande er am 10. Juli 1855 den Handels: und
Schiffahrtsvertrag des Zollvereins abſchloß und
über dejien damalige Lage fein Bud «Die äußern
und innern polit. Sufände ber ee Merito»
Der. 1000) ufſchluß gibt. N. wurde 1856 preuß.
Mitglied der europ. Kommiſſion für die Reorgani—
fation der Donaufürftentümer und 1859—67 Ge:
fandter bei den Großberzögen Medlenburgs und
den Hanfeftädten. Im 3 1867 wurde R. von
Hamburg als preuß. Gelandter nah Stodholm
verfeht, wurde dort 1868 Gefandter des Nord:
deutihen Bundes, 1871 des Deutihen Reichs,
nahm 1874 feinen Abſchied und lebt jeitdem in
Baden:Baden. Gr it der Berfafier der 1884 cr:
ſchienenen Familiengefchichte (f. weiter unten),
Ferdinand Freiherr von R., geb. 5. Mai
1833 zu Karlsruhe in Schlefien, ftudierte von 1850
an in Breslau und Berlin, promovierte 1856 mit
einer Arbeit «De metaphyro», führte in demfelben
Jahre eine geolog. Aufnahme des füdöftl, Tirol aus,
deren Refultate er in feinem Wert: «Geognoft. Be:
fhreibung der Umgegend von Predazzo u. ſ. m.»
(Gotha 1860) nieverlegte, und beteiligte fih von
Ende 1856 bis Anfang 1860 an den Arbeiten der
t, k. neolog. Reichsanſialt in Wien, wobei er mit
von Hauer bie erg von Nordtirol, Rorarl:
berg, Siebenbürgen fowie des nordöjtl. Ungarn
ausführte. Mit dem Hang eines Legationgfelretärs
begleitete R. als Geolog die preuß. Erpedition nad)
Japan, China und Siam, trennte fi in S
von berjelben und befuchte Java, bie Philippinen,
Hinterindien, Hierauf ging er nad Californien
und Nevada, begab fi) 1868 von bort birelt nad
Shanghai und widmete fi, durch vier Jahre der
Erforſchung von China und eines Teils von japan.
Ende 1872 nad mehr als zwölfiähriger Abwefen:
beit nad Guropa zurüdgelehrt, begann R. in
NRichtmaß — Nicimer
Berlin die Ausarbeitung der Reſultate feiner ums |
fafienden Reifen. Geit 1873 befleidete R. die
Stellung eines Präfidenten der Geſellſchaft für
Gröfunde in Berlin und nahm mefentlichen Anteil
an der vom König Leopold II. von Belgien ein:
eleiteten Drganifierung der Afrikaforſchungen.
Em %. 1875 zum _orb, rofefior für Geographie
in Bonn ernannt, fiebelte er. 1879 von Berlin dort:
bin über, folgte aber 1883 einem Rufe an die Uni:
verfität Leipzig. Von feinen Arbeiten find neben
ablreihen Aufſähen in geoton: und geogr. Beit:
\örüten zu nennen: «Die Kalllager von Vorarl:
erg und Norbtivol» (Jahrbuch der k. k. geolog.
Reihsanftalt», 1859, 1861), «Studien aus den
ungar,fiebenbürg. Trachytgebirgen» (ebend. 1860),
«The Comstock lode» (San: Francisco 1865),
ePrinciples of the natural system of volcanic
rocks» (San-srancisco 1867), «Die Metallprodut:
tion Galiforniens» (Gotha 1865), «Letters to the
Shanghai chamber of commerce» Eheretg
1869— 72), «China, Ergebniſſe eigener Reiſen und
darauf gegründeter Studien» (Bd. 1, Berl. 1877;
Bd. 2,1882; Bd. 4, 1883), «Nufgaben und Me:
thoden der heutigen Geographie» (Ypz. 1853).
Sein Bruder Karl Freiherr von R., geb.
31. Jan. 1832, widmete ſich dem Forſtfach, wandte
fi aber 1856 der kath. Theologie zu, wurde
Bfarrer in Hobenfriedeberg, 1872 gegen feinen
Wunſch Kanonitus am Dom zu Breslau. Die
tategorifche Aufforderung, fih den vatifanijchen
Delreten vom 18. Juli 1870 zu unterwerfen, ver:
anlaßte ihn im Mai 1873 zu einer öffentlichen Gr:
Härung gegen diejelben , welche feine fofortige Ab:
fepung und Grlommunilation zur Folge hatte.
Am dr 1875 trat R. in Leipzig zur luth. Kirche
fiber. Bald darauf am 7. März 1876 ftarb er in:
folge ſchwerer Brandwunden. Geine religiöfen
Kämpfe find gefchildert in der von feiner Mutter
herausgegebenen Biographie: «Karl reiberr von
R.» (Lpz. 1877), Bol. aGeſchichte der Familie
Prätorius von R.» (Magdeb. 1884).
Nichtmaf, foviel wie Eichmaß.
Richtmünzen nennt man ſolche Münzen, bie
ein art ausprägen und genau jultieren läßt, da:
mit die münzberedtigten Landſtände ihre Münze
danad) einrichten Tönnen. So findet ſich 3. B. auf
einer _berartigen Münze, die König Heinrich III.
von Frankreich 1578 prägen ließ, als Randichrift |
aufdem Revers bemerkt: «Constitutae rei numariae
exemplum», und aufeiner andern: «Probati nu-
—— bu
tichacht (Bergbau), ein faigerer, d. h. lot:
rechter Schacht im Gegenjab zu flachen oder tonn:
lägigen Schächten.
tichtfcheit (frz. rögle, röglet; engl. rule, |
straight-edge), ein gerades Lineal, deſſen fich die
Maurer, Tifchler u. |. w. zur Herftellung volltom: |
men horizontaler Flächen bedienen, indem fie die
Kante an verſchiedenen Stellen und in verichiedener
Richtung aufjegen. Das doppelte Richtſcheit
bejteht aus zwei genau gleichen Linealen oder
aud aus zwei quadratiihen Bretten, jedes mit
einem quadratiichen Loch in der Mitte, bie, auf
eine gerade, vierlantige Stange geſchoben, ſich
auf berfelben in größerer ober geringerer Entfer:
nung voneinander verſchieben lafjen, wobei bie |
untern ſchmalen der € ,
man * längs der Stange gibt, in der gleichen
Ebene liegen müflen.
ächen in jeder Stellung, en |
697
Nichtftäbchen find dünne, eiferne Stäbchen
zum Ausiteden der Richtung auf der Brujtwehr
eines gebedt jtehenden Gefchüges.
Nicdhtfteig, d. h. Steig oder Weg des Gerichts,
der Name für mittelalterliche Rechtsbücher, welche
das Prozehverfahren barftellen. Val. Homeyer,
«Der Richtiteig des Yandredhts» (Berl. 1857),
ichtung (militärifch) heißt bei der Aufftellung
und Bewegung eined Truppenlörpers bie Linie,
welde für diefe maßgebend it. Ein Zruppenlörper
iſt in fich gerichtet, wenn feine Front eine gerade
Yinie bildet und die hintern Ölieder, bezw, in der
Kolonne die bintern Abteilungen fid auf die vor:
dern deden. Die R. kann auf einen der Flügel oder
auf die Mitte eines Truppenkörpers genommen
werden. Das Ginnehmen einer gerichteten Auf:
itellung wird erleihtert, wenn man zunächſt die
Führer der Abteilungen (als Points) in die beab:
fichtigte J nimmt. Dieſe ſind es
auch, welche für die Erhaltung der N. während ber
Bewegung forgen. Bei größern ———
(Regimentern, Brigaden) muß eine beſtimmte Ab—
teilung als R. angebend —— werben (Nid):
tungsbataillon, :E3tadron, Batterie). Bei Gefechts—
bewegungen kann die R. nur im allgemeinen inne:
gehalten werben.
‚Richtung bei einem Gefhüß ober Gemebr it
die der Entfernung und Lage des Ziels entfprechende
Stellung der Seelenadhfe des Rohre. Man unter:
ſcheidet ar Höhen: und Seitenrichtung; durch
eritere erſtrebt man die gehörige Schußweite, bezw.
Geitaltung der Flugbahn, durch letztere wird bie
feitliche Lage der Geſchoßbahn zum Ziel geregelt.
Zum Nehmen der Höhen: und Seitenrihtung findet
ih an den meijten ach po der Aufſaß (i. d.)
und das Horn, an den Gewehren Bifier und Korn,
Als Mittel zum Nehmen der an dient
bei Geſchühen außerdem der Quadrant (f. d.), bei
den neuern Ginrichtungen auch der Gradbogen, für
die Seitenrichtung das Richtlot. Die Lafetten (. d.)
baben zum Nehmen der Höhenrihtung bie Nicht:
maschinen; die Seitenrichtung feitzuhalten und zu
verändern dient bei der Rahmlafette der Rahmen,
bei der Belagerungslafette die Rihtvorrichtung.
Nichtungswinkel, der Winkel der Seelenachſe
eines gerichteten Gefchügrobr& zum Horizont, gleich:
bedeutend mit Glevationswintel. j
Nicimer, ein von Seite des Vaters aus ſuevi—
ſchem Königsgefchlechte in Spanien und von Seite
der Mutter von dem weitgot. . Wallia abjtam:
mender, unter Aötius geſchulter weltröm.Heerführer,
vermochte längere Zeit das Weftrömijche Neid an
der Spike der deutſchen Söldner durd vorge:
ihobene Schattenkaifer zu beherrſchen. Fuür den
rn Arverner Flavius Avitus, welder (455)
dad Kaifertum dur den Beiftand bes weitgot.
Könige Theodorich IL. erlangt hatte, führte er zwar
auf Sicilien und namentli auf Corſica ſiegreich
den Krieg gegen die Vandalen, beraubte ihn aber
bald darauf der Herrſchaft (456). Zum Nachfolger
desſelben ließ er den ihm befreundeten Majorianus
457) zu; diefen ihm allzu jelbitändigen Herrider
türzte er aber fhon 461. Er jehte num den Lybius
Severus auf den Thron, in dejien Namen er nad)
Willlür ſchaltete, aber aud 464 ein alaniiches
Heer bei Bergamo vernichtete. Nach dem Tode
(465) desſelben führte er als Patricius (ein Nang,
ben er ie 457 hatte) die Regierung einige Zeit
allein. Die Angriffe der Bandalen führten darauf
698
u einem Bünbniffe beider röm. Reiche, infolge
befen im April 467 PBrocopius Anthemins, ein
Schmwiegerfohn des verftorbenen ojtröm. Kaifers
rcianus, Einverftändnis des oftröm.
Kaiſers Leo T. und R.8 zum weitröm. Kaiſer einge:
* wurde. ** neue Kaiſer vermäblte zugleich
eine Tochter an R. Ein gemeinihaftliher Zug
en die Bandalen mi ide rel — —
ie Weſtgoten ganz Südfrankreich eroberten, brach d
—— die —S ermadhfene Jeindf ft R.s
Er feinen —— in offenen Krieg aus,
r mit eg br nd Blünderung Roms und
ses, nthemius endigte (11. Juli
m worauf Olybrius, pm Schwiegerfohn Balen:
tinians IIL, dur R. zum Kaifer eingefeht wurde.
Beide aber, ſowohl der neue Kaiſer ala R. ſtarben
an der Veit noch im Herbft desſelben Sabre
Ricinus L., zur Familie der Wolfsmilch—
gewãchſe gehörig, wahrſcheinlich nur in einer ein-
jigen Species (R. communis Z.) mit mehrern For:
men beitehend, in feiner Urheimat (Indien) aus:
dauernd und felbft baumartig, bei uns nur ein:
jährig und wegen feines ungemein raſchen Wachs⸗
tums und feiner baumartigen Form Wunder:
baum genannt. Er hat einen grauduftigen Stamm
und große ſchildförmige Blätter mit zwei roten
Prüfen oben am Bat iele, und ift getrennten Ge:
ſchlechts. Ungewöhnlich find die zahlreichen, ver:
äjtelten Staubgefähe der männlichen Blüte. Die
dreifnopfige, weichſtachelige Frucht enthält drei
Holen braunmarmorierte Samen, welde
Holzbod (Ixodes ricinus) ahnlich jehen. Sie ent:
halten ein heftig purgierendes Ol. In den Gärten
tft der R. eine der gg en Decorationspflanzen
für den Gartenrajen, muß aber im Warmbeete
erjogen und darf erjt dann ausgepflanzt —
wenn leine Froöſte mehr zu fürchten find. Sprach—
forſchende Botaniter haben dargethan, ba er
«Kürbis» vor Konad’ Hütte (Jonas 4,6), den =
Wurm ftadh, daß er verdorrte, dieſer wunderbaum
kikajon) geweſen, der in der That genen Ver:
ekungen je — iſt. (©. Tafel: Öl: und
———
Sa ricini, engl. Castor-Oil,
ein didflüffiges, fettes ÖL, welches durch Ausprefien
der Samen von Ricinus communis in Dftindien
und andern Ländern gewonnen wird. Es findet
medizinisch Verwendung als Purgiermittel, jowie
techniſch ala Erfakmittel des Dlivenöls in der Tür:
fiichrotfärberei, zur Seifenfabritation. Es beiteht
aus verschiedenen Glyzeriden, unter denen das ber
Ricinölfäure vorwiegt.
Nice, das weibliche ausgewachſene Reh.
Ridert (Heinr.), deuticher Volitiler, geb. 1833
u Danzig, befuhte 1852—56 die Univerfitäten
Vreslau und Berlin und übernahm 1858 die Ne:
daction der «Danziger HYeitung», deren Miteigen:
tünter er wurde. an: J. 1870 wurde er von dem
banziger Wabltreiie in das Abgeordnetenhaus,
1874 in den Neichdtag gewählt und gehört feitdem
beiden Körperfchaften ununterbrochen an. Seit
1884 vertritt er im Reichstag den Wahllreis Meit:
ee Als Mitglied der nationalliberalen
Sartei trat er im Parlament zuerjt (namentlich in
— der Militär: und Marineverwaltung) viel:
ach für die Forderungen der Negierung ein, fchlof
fih aber jpäter, nachdem er als eifriger Vertreter
unbedingter Boll: und Handelsfreibeit durch die
MWirtfhaftspolitit des Fürften Bismarch in die | (8 Blatt), «
Rieinus — Ridinger
Dppofition gebrä u den und
demnãchſt der Deu Deut freiñ —— in
rein polit. * ee der
neuen Pro in bie
wurde R. 1876 in König i.
zum erſten in San
* —
— geb. 10.2 Bye) 0 1 Betr, 2
ris, welche Feen
fh burc | durch |
fis (f. Ex —— Bon Rs
2
&
g
h
iu
i
Bi
nennen: «Traitö pratique des —
585 Eee. de Phöpiai
des veneriens» (Par. 1841 —66, mit 66 Tai.),
«Lettres sur la syphilis» (3. Aufl., Bar. 1863),
«Legons sur le — von Four:
nier, Bar. 1858; 2. Au
N: S ie —* tterat uns Run
e Spradye, Litteraturun
und Dichter, geb. 18.00. jr m
gg — — ——
— —— —— ce
dem | gierte und als Berle Be
er aud) auf den Reichs Sagen un ji 181 =
Si der Zweiten Kammer
eorbneter war eine entſchieden frei
b verfhiedene Sammlu
— Geſammelt, 3 Bde —*—
—
—— —— es Bi. ae
ch verfuchte er
—— idee Bon .n. — 4
*
Deutſche überjegten Romanen
«Das Gewiſſen, oder Ge
«Der Trabant», KR
«Bater und Sohn, «
- ſ. w. Eine — von —
omanen ——
Ridende (cu (es — —
verum “
——— Dan. Citat aus Eee
Es [rifhe Maſchinen
gibeiteer (Job, Otte) Deruhmier —
15. Sehr. 1695 in Ulm, war hu .
eb. Kunſt
Pändler. und wurde 1747 Direltor ber
u Augsburg, — er 10. m. 1767 =
heilte mit großer Wahrheit die
Lebensweiſe wilder Tiere dar. Seine Bilder, —*
2
in Zeichnungen und Radieru ent:
Ind [eine gonbfenften fnb wild und letz
und feine Yan
den dargeitellten Tierarten Minder
lüdlih war er im ber
—— und zahmer —
mälde von ihm find ſehr ſelten; deſto
ſeine Zeichnungen, die er großer
und mit Gejdmad — Ziemlich
find auch R.s radierte Blätter
unter denen die —
nach ihrer Natur, Gef —
«Betrachtungen ber —— Fer
Niehbein — NRiebmüller
(40 Ban), «Fabeln aus dem Reiche der Tiere»
us Blatt), die von Hunden gehepten l
iere (28 Blatt) und das «Paradies» (12 Blatt)
als die vorzäglichiten gelten. Alte Abdrüde find
felten und zum Teil hoch im Preife; eine neue Aus:
gabe erſchien 1817 — andigh. Bal. ne⸗
mann, «Leben und Wirten R.3» (%p3. 1856).
Riechbein (Siebbein, Os ethmoideum s.
eribrosum), ein —— eigentumlich geſtalte⸗
ter, zwiſchen —* lhöhle, Naſenhöhle und den
beiben ugenhöhlen gelegener en, wel
er in naher Beziehung zu dem Geruchsorgan ſteht.
unterſcheidet an ihm die nach der del⸗
höhle zu ſehende ſiebartig durchlöcherte Sieb—
platte (Lamina eribrosa), durch deren feine Off⸗
nungen die Geruchanerven aus der Schädelhöhle
zue Nafenihleimhaut treten, die fentredhte
Blatte, welde den obern Teil der knöchernen
Naſenſcheidewand bildet, und die beiden aus dünn:
wandigen Knochenzellen beitehenden Seitenteile
oder Labyrin iM die in ihren Hohlräumen von
der Naſenſchleimhaut 38 eidet werden und die
Endaus breitungen der Riechnerven enthalten. Nach
den Augenhohlen zu werben die Labyrinthe durch die
beiden dünnen Bapierplatten (Laminae pa-
pyraceae), nad) der Najenböhle au durch bie obere
und untere Raienmufcdel (Concha ethmoida-
lis superior et inferior) begrenzt. (S. Nafe.)
Ri „ſJ. unter Gerud.
Riechfalze (salia odorata) nennt man Salze,
welche entweder mit Riechſtoffen geträntt find oder
durch ihre Vermiſchung ftarkriechende und flüchtige
Stoffe entwideln, deren Dämpfe man bei Gr:
g, Obnmadt und Schwächezuſtänden in
die Naſe einziehen läßt. Am belanntejten find das
engliiche Riechfalz, beftebend aus 1 Zeil loh⸗
lenjaurem Kali und 3 Zeilen tohlenfaurem Ammo:
niaf, mit fpirituöfem Salmialgeift Übergofien, und
das als Parfum dienende weiße oder Flüdhtige
Suse), ehe! ‚ fein gepulvertes, mit
LZavendelöl beträufeltes tohlenfaures Ammonial.
Nied oder Moor, ſ. unter Bruch (geogr.).
‚Ried, früher Hauptitadt des Sinnkreifes, jebt
einer Bezirtshauptmannjcaft in Dfterreih ob ber
Enns, Station der Linien Neumarkt :Simbad) und
Steinah: Schärding der Öfterreihiihen Staats:
bahnen, ift Sit eines Kreisgerichts, hat ein Ober:
gymnaſium und eine Burgerſchule und zählt (1880)
4544 E. Der Drt, der früber befeftigt war und erſt
20. Nov. 1857 vom Marktfleden zur Stadt erhoben
murde, treibt einen lebhaften Handel mit Landes:
robuften und hat eine Fabrik für landwirtſchaft—
ice Majchinen, eine Geſpinſtfabril und Aunftmüh:
len. In R. wurde zwiſchen Ofterreidh und Bayern
8. DE. 1813 ein Vertrag abgefchloiien, zufolge
u legtereö den Verbündeten beitrat.
iedblatt, gewöhnlich Nietblatt, auh Ried—
tamm genannt, in der Weberei joviel wie Kamm
(f. d., vol. aud) Blattbinder).
Nicdel (Aug.), deutiher Maler in Rom, geb.
27. Dez. 1799 in Bayreuth, begann feine künſtleriſche
Laufbahn 1818 J der münchener Alademie und
ging 1828 nach Rom, wo er ſeitdem dauernd blieb.
Er machte die menſchliche Figur, von dem Zauber
des Sonnenlichts umſpielt, zum faſt ausſchließ—
lichen Gegenſtand feiner Darſtellungen, welche ge:
fällig, aber nicht ohne Süßlichkeit ſind. Zu ſeinen
berübmtejten Bildern gehören: die neapolit. Mutter
am Meeresſtrande, geltodhen von Sagert; Sakun—
agbbaren | kö
699
tala, geſtochen von Wagner, wiederholt für bie
nigl. Galerie in Stuttgart; die neapolit. Slider.
familie (Pinalothel in Münden), geitoden von
Lüderig. In der Neuen Pinatothel zu Münden be:
nden fidh ferner feine Judith, eine dämoniſche
rauen lt, dann das Porträt der ſchönen
ittoria aus Albano und andere Albanerinnen.
Badende Mädchen am jonnendurdfchienenen Ufer
find öfter von ihm gemalt worden; befannt ift der
Stich einer ſolchen Scene von Allais. Eine Medea
: | famı ebenfalls in die Galerie zu Stuttgart. Am
zauberhafteften in der Lichtwirlung zeigt ſich das
Knieftüd einer Albanerin, von S eis in Tuſch⸗
manier geitochen. Verſchiedene Bilder lieferte er
für den Haifer von Rußland und für die Königin
von England, viele lamen nach Amerila. R. ftarb
8. Aug. 1883 als Profefjor an der Alademie von
San⸗Luca in Rom.
Riedel (Karl), Mufiter, geb. 6. Dit. 1827 zu
Gronenberg bei Elberfeld, beſuchte bie Gewerbe:
fchule zu Hagen und wibmete fid 1843—48 der
Seibenfärberei in Krefeld und Züri. Hierauf
wanbte er ſich Studium der Diufil zu, zunächſt
unter Leitung Karl Wilhelms in Krefeld, dann
1849—52 auf dem leipziger Konſervatorium. In
Leipzig wurde R. bald ein geſuchter Muſiklehrer
und gründete bier den Riedel:Berein, deſſen
Thätigkeit fih namentlih auf die Pflege großer
Merle der Hirchenmufit t unb welcher unter
R.s Leitung ut uf erlangte. Die Zahl
der aktiven Mitglieder diefes Vereins beträgt gegen
400. Außerdem ift R. Vorfipender des Allgemei:
nen Deutichen Mufitvereind und als ſolcher Ver:
anftalter der TZonkünftlerverfammlungen. R. hat
eine Anzahl Männerhöre publiziert und fid) durch
Chorbearbeitungen älterer Werte der Kirchenmuſik
verdient gemacht. Im J. 1868 wurde er vom
Herzog von Altenburg zum Brofefior der Mufit,
10. Nov. 1883 bei —* eit des Putherjubi:
läums von ber —— niverſitaͤt zum Ehren⸗
doltor der bilofon ie ernannt. ,
Riedenburg, Marttfleden im bayr. Regierungs:
bezirt Oberpfalz, Bezirlsamt Beilngries, rechts an
der Altmühl, Si eines Amtsgerichts It (1880)
1430 fath. E. und hat ein Bergſchlo m Thal
der Altmübl liegen die Burgruinen Tachenſtein,
Nabenftein, Randegg und Prunn, fowie bie fehr
aroße Stalaltitenhöhle Schuler Lo ch mit vielen
ir und Gängen. 5 — F— der Hohen⸗
aufenzeit Hauptort einer Gra
Biebgräfer oder Rietgräjer Wihen die Arten
der zur Familie der Cyperaceen gehörenden Gattung
Carex (f:d.). Im weitern Sinne werden auch alle
Cyperaceen (j. b) unter diefem Namıen verjtanden.
Riedfamm, ‚Riebblatt. _
Richlingen, Oberamtsſtadt im württemb.
Donaufreis, lint3 an der Donau, 536 m über dem
Meere, Station der Linie Ulm: Sigmaringen der
Württembergifhen Staatsbahnen, Si eines Amts:
erichts, zählt (1885) 2262 meiſt kath. E. und hat
Sabritation von Wollwaren und Gifengarnartitel.
$t., um 900 Hruodiniga, gehörte bis 1805 zu
Bfterreih. Etwa 6 km öſtlich von der Stadt er:
hebt ſich der Buſſen (f. d.).
Nicdmäller (Franz Xaver von), Landſchafts-
maler, geb. 22. Jan. 1529 in Konjtanz, begann
feine Künitlerlaufbahn 1856 in Karlsruhe unter
Schirmer und lieh fich jpäter in Stuttgart nieder.
Die Motive feiner Bilder entnahm er meiſt den
700
Bayriihen Alpen und bem
dem madte er fü
tannt, von denen die meijten nad) England gingen.
Zwölf Koblenzeihnungen von der Inſel Mainau
befinden ſich im Belig der Großberzogin von Baden.
Niefftahl (Ludw. Friedr, Wilh.), Genre: und |
—— geb. 15. Aug. 1827 zu Neuftrelig
in Medlenburg, nahe 1842—46 die, berliner
Nlademie. Seit 1850 erjchienen von ihm eine Reihe
Landſchaften, welde meiſt Motive aus Rügen und
Meitfalen behandelten. Sein Begräbnis am Säntis
eigt ihn auf dem ——— — Land⸗
haft und Genremalerei. Vorzüglich iſt es das
aſſeyer Thal, dem er ſeitdem gern ſeine Motive
ur Landſchaft wie zum Genre entlehnte. So ent—
Hand: Prozeſſion im Bafleyer Thal, Begräbnis in
einer tiroler Dorfgaſſe, Feldandacht paſſeyer Hirten
(für die Nationalgalerie in Berlin, defien Alademie
ihn ei Mitglied ernannte), Hochzeitäzug in Tirol,
vor der Taufe (aus dem Appenzell), Brozeffion von
tiroler Sapuzinern im Chor ibrer Kirche. Gleich:
falls in die berliner Nationalgalerie fam fein 1869
gemaltes Bild: Allerfeelentag im Bregenzerwald.
Tas J. 1870 brachte er in Nom zu, wo das be:
deutendfte Gemälde R.s entitand: das Pantheon
des Agrippa, belebt von reiher Staffage, die das
röm, Vollsleben in Naturwahrbeit dharakterifiert
(dresdener Galerie). Von bier aus nahm R. einen
Ruf nad Karlsruhe ala Profefior an der dortigen
Kunſtſchule an, deren Direktion er feit 1876 leitete.
In neuerer Zeit entitanden die Gemälde: Trauer:
verfammlung in der Gebirgskapelle (Galerie in
Karlärube), das Begräbnis im Hochgebirge (Mies:
badener Galerie), dad Anatomijche Theater in Bo:
logna (Dresden), die Glaubensboten in den Rhä—
tiichen Alpen, der brirener Kreuzgang (1885). Im
J. 1878 legte R. feine Stellung nieder und iſt feit:
dem in München thätig.
Riege —— ſ. unter Darren.
Riege heißt eine unter einem Vorturner ſtehende
Abteilung Turnender.
Riegel (frz. barre, verrou, bene; engl, bolt,
bar), in verſchiedener Bedeutung ein längeres oder
fürzereö Querftüd, befonder& ein Holz oder Gijen
zwilden zwei Kloben zum Verſchluß einer Thür
oder einer Ähnlichen Öffnung; auch derjenige Be:
ftandteil eines ——— durch deſſen Verfchie:
bung bis zum teilweiſen Eintritt in ein Schließblech
bas yebalten der Thür bewirkt wird,
Riegelwand, fov. w. Fachwand, ſ. Fachwerk.
aa (Franz Ladislaus, geeidene von), Führer
der czech. Nationalpartei, geb. 10. Dez. 1818 zu
Semil im böhm. Kreije Gitihin als Sohn eines
wohlhabenden Muhlenbeſihers, befuchte Die Gymna—
fien zu Gitihin und Prag und widmete fih dann
in Prag dem Studium der Rechte. Durd) die Gr:
eignifle des J. 1848 eröffnete fih für R. ein Feld
polit. Tpätigteit. Er gehörte in Prag zu den thätig:
ſten Mitgliedern des Nationalausichufies und be:
teiligte jih an ben Ginleitungen zum Slawen:
tongreß. Nach der Katajtrophe vom —— 1848
wurde er in ſieben Bezirlen als Abgeordneter zum
öſterr. Reichstag gewählt, in welchem er als Haupt:
redner der flaw. Partei großen Einfluß ausübte.
AS die Reitaurationspolitit des Minifteriums
Schwarzenberg aud die Hoffnungen der Slawen
vernichtete, trat N. in der legten Sikungsperiode
de3 Reichstags (zu Aremfier) auf die Seite der
Linken. Später veröffentlichte er in czech. Epradhe
Riefſtahl — Niego y Nuiüez
warzwald. Außer: | die Schriften « fiber innmaterielle Güter und deren
dur Kobhlenzeihnungen be: | Bedeutung für die Rationalölonomier (Prag 1850)
und «Die Induftrie und der Fortfchritt ihrer Bro:
duftion in ihrer Einwirkung auf die Wohlfab
und Freiheit des Volls⸗ (Prag 1860). Im J. 1859
begründete er mit Stober den «Slovnik nauöny»,
eine böhm. Nationalencyllopäbie, von deren un:
mittelbarer Leitung er jedoch nad einigen Jahren
zurüdtrat, Im —— lebte er in Nizza, von wo
aus er zahlreiche Aufſätße für den «Nord» in Brüſſel
fchrieb, die unter dem Titel«Les Slaves d’Autriche»
(Par. 1860) gefammelt eridhienen. Ferner ift
auch ein Werk «Böhmen, Land und Boll» (Prag
1863) in czech. Sprache bemerlenswert. Nach den:
Grideinen des Ditoberdiploms trat er mit jeinem
Schwiegervater Palacky ofien an die Spige der
rationalen Partei. Unter feinem Einfluſſe kamen
bie Wahlen für ben böhm. Landtag vom 26. Febr.
1861 zu Stande, auf weldhem er eine ungewöhn:
lihe Thätigkeit entfaltete. Am 16. April erfolgt:
feine Wahl zum Beifiker des Landesausſchuſſes, in
welcher Stellung er audh bei den jpätern Neumablen
verblieb. Als Deputierter zum öjterr. Reichsrate
ftellte er ein_föberaliftiihes (von ihm felbit als
«anticentraliftiich» bezeichnete) Brogramnı auf.
ALS bei der zweiten Sejfion die Gzechen ausblieben.
notifizierte dies N, in einer motivierten Zufchrir:
(25. Juni 1863) an das Präfidium, Im J. 1865
unterzeichnete er mit die Deflaration des böbm.
Staat3redht3 und der czech. nationalen Forderung.
Bon 1863 bis 1879 blieben die czeh. Abgeordneten,
in «Baifivitätspolitit» verharrend, dem Reichs
rat, fowie dem böhm. Yandtag fern, bis R., von
den Jungezechen gebrängt und in der Erkenntnie
der Fruchtlofigfeit der Abftinenz, zuerft mit feinen
Senofjen in den böhm. Sandtag und nad) der liber
nahme der Geihäfte durch Taaffe aub im den
Reichsrat eintrat, um dort als einer der Führer der
Majorität und als Stübe ber Regierung zu wirken.
Bemerkenswert iſt noch jein 1877 an Iwan Akia-
kow gerichtete Sendſchreiben über die Kultur:
mijfion der Slawen. Im uni 1881, bei Ginweibung
des czech. Theaters in Prag, erbielt N. den Orden
der Eifernen Krone zweiter Klaſſe, womit die Er:
hebung in den Freiherrenſtand verbunden ift.
Niegerdburg, Burg bei Feldbach) (ſ. d.).
Nicgo y Nunez (Rafael del), jpan. General,
geb, 24. Dit, 1785 zu Dviedo, lämpfte feit 1808
gegen Napoleon und befand fich eine Zeit lang ala
Sefangener in Frankreich. Als infolge der Miß—
regierung Ferbinands VLI. im Heere revolutionäre
Bewegungen entitanden, ſchloß ſich R. ala O:berft:
lieutenant in dem in Cadiz fteberden Regiment
Afturien diefer Richtung an und rief 1. Yan. 1820
die Cortesverfaflung von 1812 aus. Mehrere
Truppentorps folgten dem Beijpiel. Nachdem der
König die Konftitution von 1812 anerlannt hatte,
wurde N. zum Generallapitän von Aragonien er:
nannt, aber diefer Stelle nad kurzer Zeit wieder
entboben. Bald nachber zum Deputierten bei ben
Gortes erwählt, erihien er im Febr. 1822 in
Madrid, wo ihn die Cortesverfammlung zum Prä:
ſidenten wählte, Beim Cinrüden der Franzoſen in
Spanien 1823 wurde er von Ferdinand VII. zum
zweiten Befehlshaber de3 Heeres unter Ballefteros
ernannt. Als Balleiteros die Kapitulation mit den
Franzosen abgeſchloſſen, trat A. nicht bei. Bon den
Franzoſen gedrängt, mußte er Malaga räumen unb
begab fih nach Jaen. Dann beſchloß er, fidh nad
Niehl — Riemenſchneider
Catalonien zu Mina zu begeben. Kaum hatte er
aber die Sierra Morena erreicht, als Bauern ihn
ertannten und den Franzojen überlieferten, bie
ihn 21. Sept. an die Span. Behörden abgaben.
Cr wurde 7, Nov. 1823 in Madrid hingerichtet.
Vol. Miguel del Niego, «Memoirs of the life of
R. and his family» (Yond, 1824); Nard und Piral,
«Vida militar e politica de R.» (Madr. 1844).
Nicht (Wilh. Heinr.), geiltvoller kulturbijtor.
Scriftiteller, geb. 6. Mai 1823 zu Biebrich, ftudierte
auf den Univerfitäten zu Marburg, Tübingen,
Bhilofophie und Ge:
Bonn und Gießen Theologie
ihichte, dann wandte er Nie wieder nad Gießen,
um fich hier vorzugsweiſe dem Stubium der Kultur:
und Kunſtgeſchichte zu widmen. Er ging 1845 ala
Mitredacteur der «Dberpoftamtzzeitung» nad)
Frankfurt, von wo er 1847 nad) Karldruhe über:
tedelte, Hier beteiligte er fi an der «Karläruber
Zeitung» und gab mit Chrijt den «Bad. Landtags:
boten» heraus. Im %. 1848 begründete er zu
Miesbaden die «Naffauifhe Zeitung», die er fait
drei Jahre redigierte. a 1851 folgte er einem
Nufe an die «Allgemeine Zeitung» nad) Augsburg,
wo er die von ihm ſchon feit Jahren verfolgten
Einzelftudien über VBollazuftände verarbeitete, Er
veröffentlichte hierauf zunächſt «Die bürgerliche
Gejellichaft» (Stuttg. 1851; 8. Aufl. 1885), dann
«Land und Leute» (Stutta. 1853; 8. Aufl. 1883),
die « Familie» (Stuttg. 1855; 9. Aufl, 1882) und
«Manderbuch» (2. Aufl. 1869), welche vier Werte
uſammen die «Naturgeihichte des Volt» bilden.
Inzwiſchen war R. im Spätherbft 1853 vom König
Marimilian II. von Bayern zum Profeſſor an der
Univerfität München berufen worden. Derjelben
Richtung feiner Studien gehören von feinen fpätern
Arbeiten an die «Kulturhiſtor. Novellen» (Stuttg.
1856; 3. Aufl. 1866), «Gedichten aus alter Zeit»
(2 Bde., 1862—64), «Neues Novellenbuch» (1867;
3. Aufl. 1873), welche vier Bände in mehrern Gin:
zelausgaben und in zwei Gejamtausgaben (Stuttg.
1370 und 1879) erfchienen find, die «stulturjtudien
aus drei Jahrhunderten» (2 Bde., Stuttg. 1859;
4. Aufl. 1873), endli «Die Pfälzer» (2, Aufl.,
Stuttg. 1852), eine im Auftrage des Königs Mari:
milian verfaßte ethnogr. Skizze. Seit 1859 ftand
N. aud an der Spike der von König Marimilian
angeregten «Bavaria», einer eingehenden geogr.:
ethnogr. Schilderung des bayr. Etaat3, die 1867
in vier Bänden zur Vollendung gelangte. Als
Früchte feiner muſilaliſchen Studien veröffentlichte
er: «»Hausmufil» (Stuttg. 1855; 2. Aufl. 1859) und
zweite Folge «Neue Lieder für das Haus» (Lpz.
1877), eine Sammlung für fein eigenes Haus lfom:
ponierter Lieder, inäbejondere aber die vortreff:
lichen «Mufilaliihen Eharalterlöpfer (Bd. 1, Stuttg.
1852; 6. Aufl, 1879; Bd. 2, 1860; 5. Aufl. 1878;
Bd.3, 1878; 2. Aufl. 1882), eine Reihe lunſthiſtor.
Stizzen, welde durch die Tendenz zufanımengehalten
iſt, die Gefchichte der Mufit in ihrer Verbindung
mit der allgemeinen Kulturgeſchichte zu zeigen, Bon
R.3 übrigen Schriften find zu nennen: «Die deutſche
Arbeit» (3. Aufl, Stuttg. 1884), «Freie Vorträge»
(1. —— 1873; 2. Sammlung 1885), «Aus
der Ede» (7 Novellen, 2. Aufl., Cpz. 1874) und
«An Feierabend» (6 Novellen, Stuitg.; 2. Aufl.
1881). Seit 1862 ijt er Mitglied der münchener
Alademie. Von 1870 bid 1880 redigierte N. das
von F. von Raumer begründete «Siker. Taſchen⸗
701
Deutſchlands gehaltenen Vorträge haben ſich bejon:
derer Teilnahme zu erfreuen. Im J. 1885 wurde
R. unter Beibehaltung feiner Rrofei ur, zum Di:
reltor de3 bayr. Nationalmujeums und zum Gene:
ralfonfervator der Kunftdenlmäler und Altertümer
Ba ich — ——
ehm uard Karl Aug.), Theolog, geb.
20. Dez. 1830 zu Diersburg be Öffenbur in Ba
den, ftudierte in Heidelberg und Halle und wurde
1854 Garnifonsprediger in Mannheim. Er habilis
tierte 2 1858 zu Dee wurde 1861 aufer:
ordentliher Profeſſor dafelbft und folgte 1862
einem Ruf nad Halle, wo er 1866 ordentlicher
Profeſſor wurde. Er fhrieb: «Die Geſehgebung
Moſis im Lande Moab» (Gotha 1854), «Der Lehr—
begriff des Hebräerbriefär (2 Bde., Yudwigsburg
1858—59; neue Ausgabe in einem Band, Bafel
1867), «Die meſſianiſche Weisfagung» (Gotha 1875;
2, Aufl. 1885); aud) beforgte er die zweite Auflage
von Dr. «Palmen» (4 Bde., Gotha 1867—
71), gab das «Handwörterbud) des biblifchen Alter:
tum» (2 Bde., Lpz. 1884) heraus und ift feit 1865
Mitherausgeber der «Theol. Studien und Kritiken.
Niem, in der Seemannsſprache foviel wie
Nuder, während unter Ruder, vom Seemann nur
das Steuerruder verftanden wird,
Niemann (Georg Friedr. Bernhard), ang
matifer, geb. 17. Sept. 1826 zu Brejelenz bei
Dannenberg in Hannover, jtudierte in Göttingen
und Berlin und wurde 1854 Privatdocent, 1857
außerord. und 1859 _ord. Profeffor der Mathe:
matik an der Univerfität zu Göttingen. Er ftarb
20. Juli 1866 zu Selasca am Lago: Maggiore,
wohin er zur Herftellung feiner Gefundheit N be:
geben hatte, In feinem kurzen Leben hat R. auf
den Gebiete der Funltionentheorie durch Abhand—
lungen und Borlejungen —— erdienſte
ſich erworben. Seine un ten mathem. Werte
und willenichaftlihen Nahlaß» gab H. Weber
un 1876) heraus,
iemen (frz courroie, laniöre; engl. thong,
strap), ein * verſchiedenen Zweden dienender
langer, ſchmaler Lederſtreifen. fiber gewebte
Maſchinenriemen f. unter Gurte. Bei Kraft:
übertragungen für die Jwede der Stleinmedaniter,
an Holzprehbänten, Nähmaschinen u. ſ. m, finden
öfterö gedrebte Riemen Anwendung.
Riemenfuß, ſ. unter Fuß (Längenmaß).
Riemeunſcheibe (irz. poulie, engl. pulley), eine
auf der Peripherie glatt abgedrehte Scheibe, um
welche zur Übertragung ihrer Bewegung auf eine
andere R. ein Riemen gefhlungen wird. (S. unter
Transmiffionen und Triebwerke.)
Niemenfchneider (Tilman), Bildhauer, geb.
um 1460 in Oſterode im Harz, lebte meijtens im
ea wo er 1520 Bürgermeifter wurde, aber
diefe Stellung vier Fahre fpäter wegen feiner Neis
gung zur Reformation aufgeben mußte. Cr jtarb
1531 in Würzburg. Seine zahlreichen Werte haben
ein eigentümlich Fifa realijtiihes Gepräge, echt
nationalen Charakter und manche Berwandtidaft
mit dem Geifte der Türeriden Kunſt. Cr arbeitete
ſowohl in Stein als in Holz, meiltens für Franken.
Sein grobartigftes Wert iſt das Epitaphium a
Heinrich IL. und deſſen Gemahlin Kunigunde im
bamberger Dom (1513), ſehr bedeutend ferner
mehrere Grabilulpturen im Dom zu Würzburg.
An der Marienlirche dajelbit rühren die beiden aus:
buch» (Lp3.). Die alljährlich von ihm in vielen Orten | gezeichneten Figuren der erjten Eltern (1493) von
702 Niementriebwerfe
ihm ber, in Rimpar dag Monument E rb3
von , bie Beweinung des toten Heilands
u Heidin > (1508) u. ſ. w. Die Holzjtulpturen
Ind ebenfalls intereflant; ” —————— iſt da⸗
von Verſchiedenes verſtreut. Das Vorzug —* dar⸗
under, eine allegorifche Gruppe ber Jugend und des
Alters * die Ar gen Kunitiammlung in Wien.
al [. 8. Bed und Werfe des hauers
»(2p3. * Eine mit Reprodultionen der beſten
—— R.s ae —— von
in Kiſſingen iſt in Vorberei
Niementr Adern unter —
nen unb Triebwerke.
Niemer (Frievr. Wilh.), verbienter deuti
Enge und Pitterarhijtorifer, geb. zu Gla ab
19. April 1774, Schüler von Wolf, wurde 1801
Grzieher in der Familie W. von Humbolbt3 und
begleitete a om 1802 nad) Italien. In Gefellichaft
Fernows nad) Deutſchland zurüdgelehrt, wurde er
1803 in Weimar mit Goethe befannt und von die:
jem zum Lehrer feines Sohnes erwählt. Nadı
neunläbrigem Aufenthalt in Goethes Haufe erhielt
er eine Profeſſur am Gymnafium und die Stelle
al3 Bibliothelar zu Weimar, legte aber 1820 erftere
Stelle nieder. %. 1838 wurbe er zum Ober:
bibliothetar ernannt, ug Stelle er dann bis an
feinen ie, 19,/20. "De. 1845 befleivete. Sein
aGriech.deutſches Hanbworierbuch· (2 Bbe., Jena
1802—4; 2. Aufl. 1824) war für feine Zeit nicht
ohne Berdienft. Unter dem Namen Silvio Ro:
mano ließ er «Blumen und Blätter» (2 Bde., Lyj.
1816—19), unter feinem eigenen Namen «Gedichte»
(2 Bbe., Jena 1826) * meiſt ————
jtüde, für die Rein glüdliches Talen
hat ſich durch ſeine Teilnahme an der ——
Werke Goet —— in der Ausgabe letzter Hand und in
der 1836 und 1837 eridienenen Prachtausgabe in
zwei Bänden, durch die Herausgabe des «Brief:
wechſel zwifchen Goethe und re (6 Bde. Berl.
1 g), der «Briefe von und an Goethe» (2 3
1846) und endlich durch feine « Mitteilungen üi
Goelhe⸗ (2 Bde., Berl. 1841) verdient gem emadht.
Rienek (Rin ed), Stadt im bayr, Kegierungs:
bezirt Unterfranfen, — Lohr
der Sinn, am Ditfuße des peflart, Station der
Linie Eim:Gemünden der —— Staatsbah⸗
nen, * (1880) 1333 kath. €. und hat ein Schloß
un — R. war ehemals Siß eines Grafen⸗
geſchle
ienzi oder Cola di Rienzo — h. —
des Laurentius 8 ein Römer, ber —
die Mitte des 14. Jahrh. du den FÜ
rechts an
Wiederherftellung einer röm. Nepublit auf
tratiier Grundlage einen Namen gemadt bat.
Gr war der Sohn eines Schentwirt3 und einer
MWaflerträgerin, um die ————
Heiuris VII. (1312) geboren, und wu ıhte fi, mit
Geiſt, Phantafie und Beredfamteit begabt, von
früher Jugend an Kenntniſſe zu erwerben, welche
über jeinen Stand wie über die damalige Bildung
in Rom gu inausgingen. Gr gehörte zu den
wenigen von Haflii N tteratur einen
Bart Bram und antike Inſchriften entzifferten.
anne * begann er Pläne zu entwerfen,
* dem Berfalle Noms, den er namentlich i dem
Ginfluffe bes übermütigen und ftet3 uneinigen
oben Adels auf die gen Dinge in ber papft:
ofen Stadt zufchrieb, ein Ziel zu ſehen. —*
1343 von dem volie ala Abgeordneter der Honfu
ugs Kaiſer
— Niepenhaujen
der Zünfte zu Papft Clemens VI. nad Avignon
ejandt, um diejen zur Rüdtehr nad) Rom aufzu:
5 ebern, gewann er die Gunit des Bapftes, der ibn
er totar der apoftoliihen Kammer ernannte.
zus feiner zen veritärkte N. —— ſeinen
Anhang, aber erſt 20. Mai 1347 begann die merk:
würdige —— die in wenigen Tagen die
zu —— der Herrſchaft der Barone ein
Ende madıte, R. ald Bolt n an die Spibe der
Verwaltung jtellte, ben Gejeken wieder Geltung
verſchaffte, Drdmung und Sicherheit in Stabt und
Umgebung zurüdführte. Clemens VL —
R.s Thätigleit, indem er ihn neben feinem geiſt
lihen Bifar zum Reltor der Stabt An ihres Ge
biets beitellte. Doc die Erfolge verwirrten feinen
Geiſt, ſodaß er fih in ausichweifende Projekte ein-
ließ, welche die Wiederberjtellung von Roms alter
Weltherricaft zum Zwed hatten. So begann ber
Konflilt mit dem Heiligen Stuhl und dem Adel.
Aud das Volk entfrem te ih R, durch Don
Gewaltthätigfeiten und Bedrudungen. Zu
Jan, 1348 entjtand ein Tumult, infolge deſſen der
Zribun aus Nom entflob. Sängere Beit vernabm:
man nichts von ihm, während er in den wilbeiten
Berggegenden der Abruzzen bei den jog. Fraticellen,
den mit dem PBapittum verfeindeten Gm era des
Franzislanerordens, Aufnahme fand,
langte er nad) Prag, wo er auf Befehl Ber
verhaftet, dann nad) Avignon ausgeli m wurde.
Hier machte man ibm wegen Ketzerei
und bielt ibn im päpſtl. Palaſt in Sascha.
Anardie Homs brachte endlich den neuen Bari
Junocenz VI. pr ——— Be Beer
mannes jur igung s zu L
R. wurbe dem Stardinal d'Albornoj
ben,
als biejer die Erpedition zur —— ung der
— ———— im Ki at u Am
1. Aug. 1354 zog R. als Senator in Rom ein.
Aber eine Reihe von Mihgriffen wie von fiber:
griffen in der Berwaltung veranlabte ſchon 8. Dit.
einen Bollsaufitand, dem —— als Köhler verkleidet,
zu —— uchte, aber zum Kapi⸗
am YAufga
tol zum Opfer fiel.
Seine Leiche wurde auf dem
Blake vor dem Augujtus: Maujoleum verbrannt.
Val. Papencordt, «Cola di NR. und feine *
Hamb. 1841); Glegorobius ——
Rom im Mit »(Bd.6); Reumont, —
der Stadt Rom» (Bd. 2); jeller, «Les tribuns et
' les rövolutions en Italie» Bar. 1874); Du Ger:
«Histoire de R.» (Yımoges 1875). Ni
Scicjale find mehrfach) dichterifhh behandelt
* 2 —36* * —— von *
irner eſſig) und Pirazzi als Tragödie;
—— hat ſie % Dper bearbeitet.
epenhanfen (any und “jobannes),
drüber, die Söhne des Univerfitätstug ferit
Ernſt Ludwig (pe 1765, er 28., 1840
zu Göttingen, der * — durch feine Stihe von
Hogarths Sittenjhilderungen —— ft. Fran
wurde zu Göttingen 1786, — 1789 ebende
ſelbſt geboren. Als Wild iſchbein 17% nad
Göttingen kam, um ſich mit Heyne wegen ber de:
—— des Homer nad antiken ——
beſprechen, führte die Bearbeitung der hierzu
—— Kupferplatten zu he — **
ter, und ein, an welche
fih Air das engfte = (ofien. Sndeijen Akte balı
Garftens eine ftärfere Anziehungskraft auf ihr Ta-
[ent aus, Beide gaben 1805 die Groberung ven
mor
Nies — Rieſa
Troja nad) Goethes Abhandlung über bie Gemälde
des Bolygnot in der Lesche zu Delphi in Umriffen
beraus, nn befuchten fie 1804 die Alademie zu
Kafiel und 1805 die zu Dresden, Begleitung
Tieds traten fie 1807 eine Reife nad Italien an
und wählten nun Rom zu ihrem Aufenthalte, wo
jie feitdem lebten, bis Franz R. 3. Jan. 1831 ftarb,
nachdem er noch — Katholizismus übergetreten
war. Schon in Dresden hatten ſich beide Brüder
von antiken Darftellungen zu romantifchen und reli-
giöfen gewendet; in Rom gehörten fie von Anfang
an zu ben bebeutendern Malern der neuromans
tiſchen Schule, wendeten ſich aber ſchließlich dem
hiſtor. Fache zu. Vornehmlich ſuchten fie ſich aber
nach R u Muftern zu bilden, wie dies ihr
to Igemälbe, die Berllärung Rafael3, beweilt.
vi den Guelfenordenzfaal in Hannover malten
ie das Ölgemälde: wie Heinrich der Löwe Friebrich
beim —— aus ber Peterslirche gegen ben
—— nfall der Römer ſchüht. Ebenſo
emeinfchaftlid) arbeiteten fie «Leben und Tod der
il. Genoveva» in 14 radierten Blättern (Frantf.
1806), aGeſchichte der Malerei in Stalien» (3 Hefte,
Etuttg. u. Tüb. 1824), mit 24 Umriffen nad) den
ital. Meiftern von Berugino, und die « Peintures
de Polygnote dans la Lesch& de Delphe, etc.» in
16 Blättern (Rom 1826). ug | bes Bruders Tobe
ließ Johannes eine Folge Kompofitionen aus
Nafaels Leben in 14 Blättern («Vita di Rafaello»,
Nom 1834; deutſche Ausg., Gött. 1835) erſcheinen.
Außerdem lieferte er mehrere große G e: Ra:
faels Tod (1836), Marimilian I. bittet in Kufitein
den Herzog Erid von Braunfhweig für die Ge:
fangenen (UBET); ber Untergang der Cenci, Amor
lehrt zwei hen lejen u. a. m. Er ftarb 17. Sept.
1860 zu Rom. _
Nies (dad) heißt das Beden eines uralten See:
grundes zwiſchen dem Fränkischen und Schwäbiſchen
Jura, ber ——** er Wörnig im bayr. Regie:
rungsbezirt Sch nördlich der Donau, zwiſchen
der württemb. Landes: und der mittel . Kreis:
grenze, eine äußerſt fruchtbare Ebene, in der die
gewerbreichen Städte Nördlingen und Öttingen und
eine grobe Zahl betriebjamer Dörfer liegen. Die
weiten Flaͤchen, auf denen große Rindvieh: und
Sänfezudt — wird, find waldlos, die um:
Jäumenden Hügel haben Buchen: und Radelwälber,
Die Einwohner haben ſich in Sitte und Tracht viel:
fach ihre Eigenart bewahrt, die Männer zum langen
ſchwarzen Bardhentrod ben breijpisigen Schaufel:
but, die — die Atlasfappe mit dem goldge—
jtidten Bödele und dem weißen Spikenrade, in
bellern oder dunflern Farben der Kleider den Ka—
tholiten oder Broteftanten fennzeichnend , die hier
in mandem Dorfe eine Kirche gemeinfam zum
wechſelnden Gottesdienjte benuken und eine vor:
wiegend ſchwäbiſche, aber vielfach mit fränkiichen
Tönen durchwebte Mundart ſprechen. Melchior
Meyr dl d.) bat in feinen «Erzäblungen aus dem
Ries» feine Heimat und ihre Bewohner voll Wahr:
beit und Leben geſchildert.
‚Nies (frz. rame de papier, engl. ream of paper),
bis 1877 in Europa ein allgemeines PBapiermaß,
enthaltend 20 Bud, der zehnte Teil eines Ballens
von 5000 Bogen Drudpapier und 4800 Bogen
Schreibpapier. eht wird in Deutfchland nad) dem
Neuried zu 10 Buch zu 10 Heften zu 10 Bogen ge:
padt und verlauft; das Neuried hat demnady 1000
Bogen. (5. unter Papier, Bd. XII, ©. 673");
703
vgl. Ballen und Bud.) Neuerbings pflegt man
im Grofjohandel nur die Bogenzahl zu bezeichnen.
Nies oder Rieſe (dam). bekannt durch fein
Rechenbuch, geb. um 1489 zu Staffelſtein bei Bam⸗
berg, lebte als Bergbeamter und —*—
Annaberg im fächl. Erzgebirge und ftarb dafelbit
30. März 1569. Er verfahte bie eriten metho:
difchen Anweiſungen zur praktiichen Rechenlunſt in
Deutſchland: ein Heinered Werk, unter dem Titel
aRechenung auff der linihen» (zuerft Erf. 1522,
vielleicht ſchon 1518), und ein größeres: aRechenung
nad der lenge) auff der Linihen und Feders in vier
—— (zuerft Erf. 1525); ferner «Ein gerech⸗
net Büchlein, auff den ur Eimer vnd Prundt:
gms (2p3. 1536). Seine Bücher wurden bis
itte de3 17. Jahrh. oft wieder aufgelegt und ftan:
ben in foldem Anſehen, daß der Ausdrud ana
Adam un als —— —— —
die Richtigleit von Rechenexempeln diente. — Auch
no = Te et und
atobR. aßten arithmet. Schriften.
Nies d.), Rlaviervirtuos und Komponift,
geb. 29. Nov. 1784 zu Bonn ala der Sohn des
dortigen Stonzertmeilters Franz R. (geb. 1755, geil
1846), wibmete ſich zuerjt dem Violin- und Biolon:
cellipiel, ——— dem Klavierſpiel. Er
hatte 1801 in Münden bei Winter Kompoſitions⸗
unterridht, ging hierauf nah Wien, wo er unter
Beethovens Augen vier Jahre hindurch dem Kla—
vierfpiel und der Kompojition oblag. F . 1805
war er in Paris, machte bis 1812 Kunitreijen und
wandte fi 1813 nad) London, wo er eine vorteil:
bafte Stellung erlangte. Im J. 1824 fehrte er
nah Deutſchland zurüd und ließ ſich zu Godesberg
bei Bonn auf feiner Beſihung nieder, 30g aber als
Komponift und Dirigent vielgeichäftig hin und ber:
1829 nad Frankfurt a, M., 1831 nad London,
1832 nad) talien, 1834 nad) Aachen als ſtädtiſcher
Mufitdirettor, endlich 1837 wieder nad) Yrankfurt,
wo er 14. Yan. 1838 ftarb. Zu Aachen und an:
derswo dirigierte er mehrmals Muſikfeſte, wobei er
neue Dratorien («Der Sieg des Glaubens» 1834,
aDie Anbetung der Könige» 1837) aufführte; auch
mehrere Opern («Die Näuberbraut» 1829, «Lila»
1831) erfhienenvon ihm. Seine Stompofitionen find
meiftinftrumentafer Ratur; den größten Erfolg hatte
er mit den für Klavier geichriebenen Stüden.
Niefa, Stabt in der königl. fächf. Kreishaupt:
mannſchaft Dresden, Amtshauptmannſchaft Oro:
ßenhain, liegt am linfen Ufer der Elbe, 18 km
nordweitlich von Meiben und 7 km von ber preuß.
Grenze, Station der Linien Leipzig-R.:Dresden,
R.⸗ ———— und Elſterwerda⸗Noſſen der Sächſiſchen
Staatsbahnen, iſt Siß eines Amtsgerichts, hat eine
Schifferſchule, eine gewerbliche Fortbildungsſchule,
ein Johanniter- und ein ftäbtiiches Krankenhaus
und Ki It (1885) 7400 G. Die Schiffahrt ift na:
mentlich für den Handel mit Guano, Holz, Scie:
fer, Roheiſen, Kohlen und Getreide ſehr bedeutend ;
auch it R. Stapelplag von Petroleum, Heringen
und andern Mafjenartifeln. Unter den Fabrik—
etablifjements find hervorzuheben eine Dampf:
jchneidemühle, eine Ölfabrit, das früher gräfl. Ein:
fiedeliche Eiſenwerk (ſeit 1872 Aktiengeiellidaft),
eine Dampf: Darmorjchleiferei, zwei Wagenfabriten,
mehrere Grabjteinfabriten und zwei Stublfabriten
mit Dampfbetrieb, Erwähnenswert ift die Eijen:
bahnbrüde über die Elbe, 1876—78 erbaut, nad:
dem die frühere 22. Febr. 1876 durch Hochflut zerftört
704
worden war. R., früher Rifau und —* er⸗
hielt 1623 Stadtrechte. lſatz der Fiale.
Nieſe, in der Architeltur der pyramidale Auf—
Rieſe (Adam), ſ. Ries Adam).
Rieſelfelder, ſ. unter Städtereinigung.
Niefelung Erritation proprement dite), ein
Dewäjlerungsfyftem. (S. Bewäſſerung.)
Niefen nennt man \ndividuen, welde das ge:
wöhnliche Körpermaß überfchreiten. Nach den ſorg—
fältigen Unterfuchungen von Yanger («Denliriften
der wiener Alademie⸗, Bd, 31, 1869) iſt der Rieſen—
wuchs nur eine Fortſehung des normalen Aufbaues
des Leibes, die vorzugsweiſe vom 10, bis 20. Jahre
eintritt und —— Mißverhältniſſe erzeugt, daß
u dieſer Zeit einzelne Körperteile ihr Wachstum
bon großenteils eingeftellt haben, während andere
weiter wadjen, Man kann nad) Yanger unter den
N. eine ſchlanke und eine unteriehte Form unter:
ſcheiden. Das Verhältnis zwifchen Ober: und
Untertörper iſt nicht geitört; dagegen haben alle R.
einen relativ Heinen Schädel und Hirn, fehr grobe
Kiefer, Heine Stirn und Augengegend, aufgewulitete
Lippen und Nafenflügel, fehr breite Schultern, Bruft
und Hüften und —* tnismäßig ſchwache Mustu:
latur. Bis jehtt iſt fein N, befannt geworden, der
über 2,5 m Länge gchabt hätte.
Neben diefen außergewöhnlich großen Menſchen
teben die NR, in den Mythen und Sagen aller
zöller. In der ind. Mythologie erſcheinen fie im
Kampf mit den Göttern und werden durch den
Blitz befiegt. Die Juden erzählten von Nepbilim,
ra Titanen, die aus einer Vermiſchung
er Söhne der Glohim mit den Töchtern der Men:
ſchen hervorgegangen ſeien. Die griech. Mytbo:
logie perfonifisierte gewaltige Naturkräfte in den
riefigen Oiganten, Titanen, Cyllopen, in Agäon,
Antäus u.a., welde dann im Kampfe mit den
weltordnenden und welterhaltenden Göttern dar:
geitellt wurden. Auch die Finnen, Slawen und
Kelten willen viel von R. zu erzählen; bedeutjam
ericheinen fie ferner in der german, —
und vorzugsweiſe in der nordiſchen. Dieſe laͤßt
aus dem ſchmelzenden Eiſe des Chaos einen R.
Ymir (den Rauſchenden, Toſenden) hervorgehen,
welchem die übrigen R. entſtammen. Ihn ſelbſt
erſchlagen ſpäter die Götter Odin, Vili, Ve und
ſchaſſen aus feinem Leibe die Welt: aus feinem
Blut das Meer und die Gewäfler, aus feinem
Sleiich die Erde, aus jeinen Knochen die Berge,
aus jeinem Schädel den Himmel, aus jeinem Hirn
die Wollen und aus feinen Haaren die Bäume,
Die große Flut überlebt ein einziger N. (Bergelmir);
feine Nachkommen beiten Yöten (altnord, iötunn,
—— eoten oder eten, von itan, althochd.
ezzan, ejjen), d. i. die Gefräßigen; Zurfen (altnord,
thurs, angelſächſ. thyrs, althochd. turs, von thaurs-
Jan, duriten), d. i. die Durftigen; in angelſächſ.
Eprade auch ent (Pl. eutas), wovon uns noch der
Ausdrud «enteriich» für ungeheuerlich, wunderlic,
geblieben ift, und in niederdeuticher Sprache Hüne
(1. d.). As Wohnung war den NR. Zötunheim
oder Utgard, der Hüjtenrand der vom MWeltnicer
umgebenen Erde angewieſen. Sie bedeuten im
allgemeinen die elementaren Gewalten in der Na:
tur, leben deshalb bald im Kampfe mit den Göt:
tern, bald aud) in friedlichem Verkehr und erfheinen
nad) der körperlichen Seite ihres Mefens nicht bloß
durch Größe, fondern auch zuweilen durch Glieder:
zahl, durch mehrere Köpfe, Arme und Hände aus:
Niefe — Riefengebirge
ezeichnet, nad) der geiftigen-Seite aber gewöhnlich
—ee übermütig, gierig, zornig und dumm.
Den u enfaß zu ihnen bilden die
Zwerge. Nah dem Untergang des Heibentums
vetteten fidh die Trümmer der auf fie bezüglichen
Mythen in das Märchen und die Sage.
Riefengeftalten erhielten fidy in den Dichtungen des
Mittelalters, wie j. B. in ——— der
noch ſpat Nabelais (f. d.)- den Bohnen für feinen
ſatiriſchen ———— in Deutſchland Si
Ede und Fafolt. l. außer den deutichen
logien von Grimm, W. Müller und Simrod:
hold, «Die N. des german. Mythus» (Wien 1858).
Rtiefenbetten, |. Dolmen,
Rieſenburg, Stadt im weitpreuß. Negierungs-
bezirt Marienwerber, Kreis Nofenberg, linls an
der Liebe, Station derMarienbur Niawiaer Gijen;
Be Sit eines Anitsgerichts, zählt (1885) 4285 €.
un bat zwei evang. und eine kath. Kirche, ob:
ruinen, ein Realprogymnafium, ein Rettu
und eine von Friedrich Wilhelm I. a
Waſſerleitung. R. ift feit 1276 Stadt u
bis 1523 Sih der Biſchöfe von Bomefanien.
Niefendamm, f. Giant’s Causeway.
Nie er. foviel wie Megatherium.
Niefenfifcher, ſ. unter Eisv ogel, >
NRiefengebirge we Krkonoäsk& hory, d.
Halsträgergebirge) heißt der mittlere und
Zeil der Subeten (f. * 8 iſt das
birge des nördl. Deutichland, das jedoch die
linie nicht exreicht. Es eritredt ih, 37 km
und 22 km breit, in einer lettenartigen Linie zwi:
ſchen Böhmen und ode von den Quellen des
Queis durch die fchlej. Kreife Löwenberg, Hirſch⸗
berg und Landshut gegen Ditfübolten bis zum Ur:
fprung des Bober in der Gegend der böhm. Stadt
Schaplar. Der Hauptlamm des Gebirges t
durd einen Einfhnitt, welcher von der 1ak . zur
böhm. Seite geht und auf —— die — ieben⸗
gründe bildet, in zwei Flügel, einen nordweſtlichen
und einen füdöjtlichen. Jeder diefer Flügel befteht
— aus pn — glei * Käm:
men, die zwiichen fich große mulden ——
einſchließen. Der Deren diefer Flächen ein
— —— a — —
elbſt ganze Waſſerbehältniſſe die mehrern
giaien, . B. der Elbe ' upe, bem
ober und Queis, den {trjprung geben, ober
waſſer bilden, wie der über den Brüden:
dorf und Seidorf 1176 und 1123 m gelegene
Große und Kleine ger von denen jener 7
und 5—23 m tief, dieſer 220 m lang, 150m
und 2—7m ti — Die Ber —* und
ränder dagegen beſtehen aus n und
tahlen Granitblöden. Der sun i
£
Laubholz aller Gattungen. er an den
Abhängen findet ſich Nadelholz, in ben Re
mei, a * u nur we
wergliefer An ‚fort.
al wird bi8 1036 m Höhe erbaut. —
Waldſtrecden wechſeln mit ag
Wieien ab, welche lehtere die au
ftreut wohnenden iebzüchter zur
nuben, Die Wohnungen berjelben, ne
u
#85
:
ftällen, Mildhtammern, Heuböden u. f. w.
Bauden, und find teils Winterbauben, die tas
nze Jahr bewohnt werben und zur X
erbergung und Bewirtung der n dienen,
teil3 Sonmerbauden, bon den in
Rieſenklee — Niefentöpfe
den Alpen —— nur während der Weidezeit
im Sommer bewohnt find, Unter jenen ift die
maifive ‚Große Wiejenbaude, 1423 m über dem
Meere, auf der Weißen Wieſe, am Urſprung des
Weißwaſſers oder der jungen Elbe, die höchſte
menſchliche Wohnung in Norddeutſchland.
Die intereſſanteſten Höhenpunkte ſind auf dem
nordweitl. Flügel: der Keifträger, bis 1350 m
hoch, mit einer_weiten Ausfiht über das Iſer—
gebirge, die Paufib und große Teile von Schlefien
und Böhmen, und öſtlich davon die beiden Schnee:
gruben, zwei durch eine Felswand geichiedene,
250—315 m tiefe Felsabgrunde; da3 Große oder
Hohe Rad, 1515 m hoch, mit einer Ausficht, welche
der der Schneeloppe nichts nachgibt; die Gro
Sturmhaube, 1482 m hoch, und der Mädelftein,
1375 m hoch; auf dem fühöltl. Teile des Gebirges
die Hleine Sturmbaube, 1416 m hoch, mit ſchöner
Ausficht über die Siebengründe in die .- Se:
filde hinaus; das Kleine Nad und der Teufels:
oder Mittagsftein; weiter oftwärts der Seifenberg,
bei weldem die 1611 m hohe Nicjen: oder
Schneekoppe (ſ. d.), ber bööfte Buntt des R,,
liegt. In geolog. Hinficht treten bei dem. die Fels:
arten des Urgebirges in jehr anjehnlihen Mafien
auf. Granit, Gneis und Glimmerſchiefer bilden die
Kämme, Übergangs: und Flökgebirgsarten lagern
id) jenen Urfeldarten an den Abhängen in den
u. en und Senkungen in großer Mannig:
faltigfeit auf, und Bafalt, jowie die Kohlenforma:
tion haben überall eine jebr große —
Val. Willkomm, «Handbuch für Reiſende durch
das KR.» (4. Aufl. von Herloßi *5* 1853); Moſch,
«Wanderungen durch das Rieſen- und Iſergebirge⸗
(umgearbeitet von Kubner, Warmbr. 1864) ; Letzner,
«Wegweiſer durch das NR.» (Lpz. 1876); Müller,
«Führer durch das N.» (9. Aufl., Berl. 1883);
Ebert, «Das R.» (9. Aufl., Berl. 1834).
Rieſenklee, f. unter Melilotus.
Riefentrager, ſ. unter Kratzer.
Rieſenkuckuck, f. unter Kudud.
Rieſen-Landſchildkröten (Testudo elephan-
topus, elephantina etc.) find Tiere von riefiger
Größe und über 100 kg Gewicht und haben eine
merkwürdige geogr. Verbreitung. Sie finden fid
nur auf Meinen Inſeln, wo Ihe Geſchlecht ſich
— durch Raubtiere und Menſchen waͤhrend
Jahrtauſende hatte entwideln können. Solde In—
ſeln find die Galapagos, die Heine Aldabra-⸗Inſel,
nordnordweftlid von Madagaskar, und einige der
Mascarenen. Seit diefe Inſeln von Menschen be:
ſucht werden, find die N. ftark im Nüdgang be:
Eier, ja jtellenweife, abgeiehen von einigen ge:
egten Grenplaren, Icon ausgeſtorben.
iefenmufchel (Tridacna gigas) wird eine um
bie Molutten vorlonimende Muſchel genannt, deren
blätterige, mit welligen Rippen und Edjuppen be:
febte Schalen bis zu 1,5 m lang und mehrere Gent:
ner ſchwer werden. Tas Tier hat zwei fehr_ge:
—* Schließmusleln, einen nur kleinen Fuß
und ein kurzes, dides, aus der Muſchel iger
‚ragendes Fajerbündel (Byssus), mittels deilen es
fih im Grunde an Steine und Felſen andeftet.
Dlan findet die Schalen häufig in Kirchen als
Weihleſſel, daher auch der franz. Name b£nitier.
Aus den diden Schalen machten die Bewohner der
fteinlofen Südfee-Jnfeln früher ihre Urte und Beile.
Riefenfalamander, Rieſ —— (Crypto-
branchus japonicus, Tafel: Qurde I, Fig. 5),
Konverjations«Leriton. 13, Aufl. XIII.
705
> man einen von Siebold in Binnenwäffern von
apan entdedten plumpen, bäßlihen Molch be:
—— der bis 1,5 m Länge erreicht und jeßt in
mebhrern Eremplaren in europ. Tiergärten gehalten
wird, Der Kopf ift ſehr breit, der große Rachen
mit einer Doppelreihe feiner Zähne bewaffnet, die
Augen fehr Hein, die Fühe plump, vorn mit vier,
—— mit fünf breiten Beben, der Schwanz lang,
räftig, jeitlic) abgeplattet und mit didem Haut:
faum zur Floſſe geitaltet. Die ſchmußig grau:
braune, lare Haut ift mit Warzen beiekt. Das
Tier iſt äußerft träge, ſchnappt aber lebhaft nad)
ſich bewegender Beute. Bon bejonderm Intereſſe
ft dab das Skelett demjenigen des foffilen, in
ningen aufgefundenen, ebenfalls riefigen Sala:
manbers (Andrias Scheuchzeri, f, Homo dilu-
vii testis), weldes von Scheuchzer für ein
menſchliches gehalten wurde, jehr ähnlich iſt.
Niefenfchlangen heißen die groben, jelten über
6 m Yänge erreichenden Arten aus der grielofen
Ramilie der Stummelfüher, die hauptfächlich zwei
Gattungen angehören, den ſüdamerik. Boas und
den Shlingern (Python) der Alten Welt. Bei
beiden iſt der Kopf verlängert:eiförmig, das Maul
weit, mit ftarlen Hafenzähnen auf den Kiefern und
Saumenbeinen bewalinet, der Zwijchentiefer zahn⸗
[08, der Körper zujammengebrüdt, mit kurzen
Greifſchwanz daſehen und unterſeits mit unpaari⸗
gen Schildern beſeßzt. Zu den Seiten des Afters
treten aus einem Baar Keiner Gruben zwei hornige
Spitzen hervor, welde nidht3 weiter als unvoll:
endet gebliebene ftummelförmige Hinterfühe find,
deren Knochen im Fleiſche verftedt bleiben. Die
N. find weit pe: als andere Schlangen, befiben
roße Muskelkraft und töten ihre Beute durch Um:
chlingung. Übrigens jind fie phlegmatisch, gefallen
ſich in träger Ruhe, und nur Hunger fcheint fie zu
größerer Energie zu bringen, E
Die gemeine Niejenihlanae, Königs:
oder Abgottsſchlange (Boa Constrictor, Tafel:
Reptilien I, Fia. 7), welche im tropiichen Ame:
rifa ſehr häufig iſt und oft in Menagerien gezeigt
wird, ijt gewöhnlich) 3 m (ang und erreicht höchſtens
die Länge von 4m. Niemals gebt fie in das Waſſer
und kann in der Gefangenicdhaft minbeitens ſechs
bis acht Monate ohne Nahrung beftehen. Größer
it die Anaconda: Riefenfhlange (Python
murina), inBrafilien Cucuriuba genannt, welche
in den wailerreihen Gegenden Südameritas fehr
häufig lebt und ebenfall3 bei uns in Menagerien
gezeigt wird. Sie fann eine Größe bis zu 7 m ers
reihen, und würde ſonach ziemlich die größte aller
jeht lebenden Schlangen * Denn nur noch
einige zur verwandten Gattung Pythonſchlange
(Python) gehörende Schlangenarten auf den ind,
Inſeln und im ſüdl. Afrita erlangen zuweilen die
Größe von 6 m. Bon den Pythonſchlangen wird
die Tiger: Python (Python Tigris) und die
zweijtreifige Python (Python bivittatus)
aufig in Europa jur Schau geftellt. In Auftra:
ien jind die R. vertreten durch die pradtvolle,
gelb und ſchwarz gezeichnete, bis m lange Rau:
tenſchlange (Morelia argus),
Dielen: eufelrochen, ſ. Meerdrache.
Rieſentöpfe nennt man bis zu 10 oder mehr
Meter tiefe, brunnen- oder keſſelartige kreisrunde
Löcher, die durch kreiſelnde Bewegung von Wafler:
fällen, Stromfchnellen und Gletſcherbächen vermits
telit harter Gerölle in den feften Gejteinsgrund
45
706 Nieshänge — Rich
eingebohrt werben. Auf ihrer Innenwandung find | milie. Im J. 1839 begann er die Arbeiten zu zwei
nicht jelten fpiralige, der allmäblichen Einbobrung | Gicbelfeldern und mebrern Statuen für das dres:
entiprechende Furchen wahrzunehmen. (Gletider: | dener Theater in Sandftein und nad Beendigung
garten von Luzern, in zahlreichen Thälern der Hoch- derfelben die Modelle für das Giebelfeld des neuen
gebirge, in Norwegen u. f. w.) Opernhaufes zu Berlin. Auch eine Heine, 90 cm
Nieshänge, Krüde oder Aufbängelreu; | hohe Statue der Geres in Marmor gehört in jene
(ft. ferlet, engl. peel), in der Papierfabritation | Zeit. Im J. 1845 fhuf R. in Marmor die lebens:
ein Werkzeug in Form eines langftieligen T: för: | große Öruppe der Bietä, eine Maria am Leichnam
migen Holzes, deſſen man jich beim Aufhängen der er Iniend, für die Friedenslirche in Potsdam.
Papierbogen zum Trodnen bedient. Ä Thaers 2 m hohe Statue in Bronze wurde 1850
Niefi, Stadt in der ital. Provinz Caltanifietta, | in Leipzig und 1853 Leſſings VBronzeftatue in
Bezirk Terranova di Sicilia, zählt (1881) 12008 E. | Braunjchweig enthüllt, ein Werk, weldyes vermöge
un 2 Schwefelgruben, Wein: und Ofivenbau. | feiner glüdlihen Behandlung des Zeitloftüms zu
Nieffer (Gabriel), Bolitifer und Schriftiteller, | den gelungenften Broduften des Healismus in der
geb. 2. April 1806 in Hanıburg, von iörael. Ab: Plaſtit zählt. Cine Reihe deforativer Arbeiten in
funft, ftudierte in Heidelberg und Stiel die Nechte djtein am neuen Mujeum in Dresden, Künit:
und wurde 1836 vom Senat in Hamburg zum | lerftatuen und Reliefs folgten und wurden in Ge:
Notariat zugelaflen. Als Schriftiteller wirkte er | meinjchaft mit Hähnel ausgeführt. Aud bei der
eifrig für die Gleichberechtigung feiner Glaubens: | Kolofalgruppe Goethe und Schiller für Weimar
genoſſen durd die geitiheit «Der Jude, perio: | (1857 vollendet) iſt das Zeitloſtüm beibehalten und
diiche Blätter für Heligions: und Gewifiensfreibeit» | die Aufgabe mit ſchlagender Sicherheit gelöft. Eine
(Altona 1832—35), die «Jüd. Briefer (2.Hfte., Berl. | Bildfäule für Karl Maria von Weber, neben
1810 u. 1842) und viele Heinere Schriften. Im J. dem Theater in Dresden, wurde 1860 enthüllt.
1848 wurde er von dem Herzogtum ——— Dann erhielt R. den Auftrag, das Luther-Denlmal
das Deutſche Parlament gewäblt, wo er zum Mit: | für Worms zu arbeiten. Die Anordnung des Gan:
alied des Berfaflungsansfdhufies und zweimal zum | zen, welches den Reformator von den Standbildern
Vizepräfidenten gewählt wurde. . Schloß fid) | jeiner geiitigen Vorgänger umgeben zeigt, iſt durch
zuerft dem rechten Centrum, nad) dem franffurter | ein Holzſchnittblatt befannt. N. war nur vergönnt,
Septemberaufftande dem linken Gentrun an, war | die Statuen Luthers und Wicliffes noch mit eigener
dann Mitglied der Erblaiferpartei nnd gehörte aud | Hand im Entwurf au vollenden; in jener bat er
u der Deputation, welche dem König von Preußen | ohne Frage die charaltervollſte plaſtiſche Darſtellung
ie deutiche Kaiferlrone anbot. m J. 1860 wurde Luthers gegeben. Er ſtarb 21. Febr. 1861 zu Dresden.
er als Hat in das hamburger Dbergericht gewählt | Nach jeinem Tode wurde die Vollendung des
und ftarb 22, April_1863. Isler veröffentlichte | Werks in die Hände feiner Schüler Dondorf und
R.s «Gefammelte Echriften» (4 Bde., Frantf. Kieh gelegt. Für die Walballa hat R. die Büften
a.M. 1867—68) und eine Biographie R.3 (2. Aufl., | Luthers und des Kurfürſten Auguft U. von Sad):
dranff. a. M. 1871). ı fen ausgeführt, fowie viele andere Bülten und
Nietberg (in Weftfalen), Stadt im preuf. | Neliefvorträts. VBelannt durch Abgüfje find die
gg Minden, Kreis Wiedenbrüd, | Heliefs des Chriftengeld, der vier_Tageszeiten,
26 im SSW. von Bielefeld, an der Obern | Amoretten auf Banthern u. |. w. Sein Dentmal
Ems, Sig eines Amtsgerichts, zählt (1885) 1866 E. | auf der Brühlſchen Terraffe in Dresden wurde
und hat eine kath. und eine evang. ae ein | 21. Febr. 1876 enthüllt. Bol. Oppermann, «Ernf:
kath. ——— Aderbau und Viehzucht. R. R.» (Lpz. 1863; 2. Aufl. 1873; Separatabdrud
war ehemals Sa einer Grafſchaft. der «jugenderinnerungen R.&», Lpz. 1881).
Rietblatt, ſ. Riedblatt. Nietwurm, ſ. Maulwurfsgrille.
en ſ. Riedgräfer. Rien (Zohan Ernft), ſchwed. Sprachforſcher, geb.
Nieth, das gemeine Schilfrohr, f. unter Rohr. | zu arlahamn 6. Sept. 1815, ftudierte in Qund und
Nieti, f. Reate, wirkte dafelbft feit 1840 eine Zeitlang als alabe:
Rietfchel (Ernft Friedt. Aug.), bervorragender | miicher Lehrer. Im J. 1848 nahm er die Priefter:
Bildhauer, geb. 15. Dez. 1804 in Pulenik in der | weibe und erhielt 1851 die Pfarrei Tugelsjö in
ſächſ. Lauſitz, befuchte feit 1820 die Kunftalademie | Schonen. Er jtarb in Kopenhagen 16. Juli 1868.
zu Dresden. Schon nad) einigen Jahren führte er | Seine Ausgaben mittelalterliher Handſchriften, ge:
einen Auftrag des oräfl. Einfiedelihen Gifenwerts | fammelt in den «Scriptores Suecici medii acvi
Lauchhammer aus: eine etwa 2 m hohe Statue | cultum culturamque respicientes» (3 Bbe., Lund
de3 Neptun für den Marktbrunnen zu Nordhauſen, 1842—51), genügen nicht den Anforderungen der
die in Eiſen gegoffen wurde. R. ging 1826 nad) | neuern Philologie. Sein ſchwed. Dialeltierilon
Berlin zu Raud. Nachdem er diefen bei der Boll: | aber: «Ordbok öfver Svenska allmogespräket »
endung mehrerer Arbeiten geholfen, wanderte er | (Lund 1862—67) ift von dauerndem Wert.
1830 über die Alpen, mußte aber fhon 1831 zu: | Wiek (Aul.), deutfcher Muſiker, geb. zu Berlin
rüdfehren, um’ein großes Monument für den Hönig | 28. Tez. 1812 als Sohn eines Mitglieds der bor-
Friedrich Auguft I. von Sachſen zu beginnen. Das | tigen königl. Kapelle, des Bratſchiſten J. Fr. Ries,
Hilfsmodell zu diefer Statue führte er in Berlin | widmete fich frühzeitig dem Violoncellipiel unter
aus, die übrigen Arbeiten in Dresden, wohin er | Romberg und Ganz und erhielt {bon mit 16 J.
1832 als Brofejior berufen wurde. Diejer Arbeit cine Anhtellung im Orchefter des Königftädtiichen
folgte das Giebelfeld am Augufteum (Univerfitäts: Theaters. Auf feine Mufilbildung hatte Mendels-
ebiiude) in Yeipzig, fowie 1835 für die Aula des: ſohn-Bartholdy großen Einfluß. Im J. 1834 berief
jelben ein —— von zwölf großen Reliefs, die ihn Mendelsſohn nah Düſſeldorf, um neben dieſem
Kulturgeſchichte des Menfchen darftellend, ferner , als Muſildirettor am Stadttheater zu wirlen. Als
die Marmorbüften von Gliedern der königl. Fa- Mendelsſohn bald darauf feine Stelle niederlegtz,
Nieu:Fien — Niga
führte R. die Mufikdireltion des Theaters allein,
bis er 1835 ftädtiicher Mufifdireltor in Düfjeldorf
wurde, Diefed Amt bekleidete er 12 Jahre hin:
dur, morauf er 1847 einem Nufe nad Leipzig
folgte. Hier war er teild gleichzeitig, teild nad:
einander ald tapellmeifter am Stadttheater, Diri:
gent der Singalademie und als Lehrer am Son:
jervatorium und Kapellmeiſter am Gewandhaus
thätig und leiftete in der leßtern Stellung durch
fein Dirigentengeichid Bedeutendes. An Neiffigers
Stelle ging er dann 1860 als Hoflapellmeijter nad)
Dresden, wo er 1874 den Titel Generalmufitdirel:
tor erhielt und 12. Sept. 1877 ftarb,. Seine Kom—
pofitionen umfaflen Opern («Der Korjar», «Jery
und Bätely», «Georg Neumark»), Symphonien,
Duverturen, Sadyen für Männerdor, einitimmige
Lieder, Klavier: und Violoncellſachen u. |. w. Auch
it N. vielverdient um die Herausgabe der Werte
von Bad, Mozart, Beethoven, Mendelsſohn u. a.
Niensfien, ſ. Liu-kiu.
Nieug, Stadt im franz. Depart. Haute-Garonne,
Arrondiſſement Muret, an der Arize, nahe deren
Mündung in die Garonne, gehörte ehemals zum
Zouloufain, war 1317— 1790 Biihofsfik, zählt
(1881) 1999 E. und hat eine got. Kathedrale.
Niez (mittellat. Regii), Stadt im franz. Depart.
Bafles: Alpes, Arrondiffement Digne, am Coloftre,
feit dem 5. Jahrh. Bil af, at (1881) 2140
(al Gemeinde 2381) E., Weinbau, Gerberei,
Töpferei, Hut: und Ölfabriten.
Nif oder er' Rif, ein Gebirge, weldes von
der Gibraltarftraße nad) Südoften in Maroklo
hinein der Hüfte folgt, gegen melde ein ſchmaler
ebener Streifen frei bleibt. Der Name bebeutet
reg wre Der gegen 350 km [ange und 52 km
breite Gebirgszug, welcher ſich im Mittel zu 600 m,
in einzelnen Gipfeln zu 1000 bis 1300 m erhebt, iſt
die weftl. Fortiegung der Gebirge Algeriens und
bildet ein wildes, jchluchtenreiches, ſchwer zugäng-
liches Bergland, defien nörblichiten Teil in der fog.
Sierra Bullones der 911 m hohe Dſchebl-Zatut und
im Süden von Tetuan der 2345 m hohe Anna, fo:
wie andere 1950 m Höhe überfteigende Gipfel bil:
den. Die Rifprovinz zerfällt in das Amalat:Rif
und in das Amalat:Tetauan, gemöhnlic Tetuan
genannt, und iſt von raft una — kriege⸗
riſchen Berberſtämmen bewohnt, welche in ben
Thälern und Heinen Ebenen viel Getreide gewin—
nen und Bieh züchten, ſich aber von jeher nament:
lih durch Seeräuberei auszeichneten und ——
den Namen der Rifpiraten erhielten. Prinz Adal
bert (f. d.) von Preußen hatte 1856, als er mit
ber Dampfforvette Danzig eine (ibungsfahrt im
Mittelmeer machte, beim ftap Tres Forcas einen
Kampf mit dieſer Küftenbevölferung zu beſtehen.
Riff heißt eine lange und fchmale Bank in der
Gee, die man, je nad) der Beichaffenheit ihres Bo—
den®, ein Sand:, Stein- oder Felfenriff
nennt. Korallenriffe find von einer dicht zu:
jammenbängenden Maſſe von Korallenftöden ge:
bildete Bänke. (S. Korallen.) Meift laufen die
Bänke der Küſte parallel und heißen da, wo ſie ſich quer
vor die Mündung eines Hafens lagern, Barren.
Riffelkamm oder Niffel (frz. gröge, dröge;
engl. rippling-comb, ripple), ein ade ftehender
eijerner Kamm, zwijchen delien ftumpfen Zähnen
der Flachs durchgezogen wird, um ihn von den
Samenlapieln zu befreien. 8 unter Flachs-
*
ſpinnerei, Vd. V1,6©.
707
Niffelwalzen (fr. cylindre canneld, engl. fu-
ted roller), mit Zängsfurden verjehene Stahl:,
reip. Hartgußwalzen, welche an Spinnmafdinen,
an den Krempelmajchinen für Baumwolle, nament:
lid) aber in der Meblfabrilation Anwendung finden.
Nifffteine, lolale koralline Gebilde von jehr ge:
ringer Husbehnung, (S. Korallenbauten.)
ifle (engl. rifle, fpr. Reif'l), foviel wie gezo—
ened Gewehr oder Büchſe. To rifle heißt eine
Waffe mit Zügen verjehen (im ältern Deutid und
Skandinaviſchen erijfeln»). Rifled-gun ijt ge
jogened Gewehr oder Geſchüß. Rifle-man iſt
gleichbedeutend mit Scharfihüß.
iga (lettiih Rihge, ejtnifch — Haupt⸗
ſtadt des ruſſ. Gouvernements Livland, nächſt
Petersburg die wichtigſte ruſſ. Seehandelsſtadt an
der Oſtſee, liegt 15 km von dem Rigaſchen Meer:
bufen entjernt am rechten Ufer der Düna, über
welche eine loßbrüde und eine 1871—72 erbaute
Gifenbahnbrüde führt, Die Mündung des Stroms
wird von der Feſtung Dünamünde (ſ. d.) verteidigt,
in deren Nähe der 1872 erbaute Hafendamm iſt,
welder den Bolderaahafen gegen den Wellenfchlag
fhüst. Diefer ift dur die Bolderaa:Gifenbabn
mit R. verbunden. Ihm ſchließt ſich ein abichlieh:
barer Hafen für fiberwinterung von Schiffen an
und neben biefem ift ein Sleepdock mit einer
Maſchinenfabrik. Etwa 10 km unterhalb der Stadt
am rechten Ufer der Düna beim Ausfluß des Stint:
fees in diefelbe befindet fich ein zweiter wohlaus—
gebauter Hafen, Mühlgraben genannt. Gine Zweig:
bahn der R.:Dünaburger Eifenbahn verbindet ihn
mit R. und dem Innern Rußlands. Indeſſen
eben auch eine große Anzahl Schiffe bis zur Stadt
——— Außer den genannten Zweigbahnen gehen
von N. noch Eifenbahnen nach Dünaburg, Mitau
und Tuckum. Früher war NR. mit Waͤllen und
Baftionen verjehen, welche 1857—63 abgetragen
wurden. Auch die an der Nordjeite der Gtabt be:
legen geweſene Citabelle ift aufgehoben und ihre
Feſtungswerle find planiert. Die eigentliche Stadt
wird von drei Vorſtädten umgeben, der Mitauer,
jenfeit der Düna, ber Petersburger und der
Moskauer. Die beiden lebten find von der Stabt
getrennt burch den mit Gartenanlagen umpflanzten
und mehrfach überbrüdten anal, in weldhen man
den ehemaligen ftädtiichen Feſtungsgraben um:
gewandelt hat. Die bemerfenswerteiten Gebäude
iind in der Stadt: der Dom, welcher neuerdings
die größte Orgel mit 124 klingenden Stimmen und
174 Regiſtern, erbaut von der Firma €. F. Waller
u, Comp. in Ludwigsburg bei Stuttgart erhalten
hat, die Beterstirche mit einem 140 m hoben Turm,
das Rathaus, das demielben am Marftplak gegen:
über liegende Shwarzhäupterhaus, das vom Heer:
meijter Wolter von Wlettenberg 1515 erbaute,
fpäter mehrmals rejtaurierte Schloß, in weldem
der Gouverneur von Livland und mehrere Gou:
vernementsbehörden ihren Sik haben; auf, dem
Plaßtze vor demfelben ftebt eine Granitfäule mit der
bronzenen Statue der Siegesgöttin, welde von
der Kaufmannſchaft zum Andenken an die glüdlich
beendigten Kriege von 1812 big 1814 errichtet wor:
den ift, ferner das Nitterhaus des livländ. Adels,
die beiden Gildenhäufer, das St. Georgenhofpital,
die Börie, das am Düna:Ufer belegene Zollbaus,
das große ber Krone gehörende Pachaus zur Auf:
bewahrung unverzollter Waren, die Gasanitait
und das 1861 nad dem Plane von 2. Bohnſtedt
45*
708
erbaute, feit dem Brande vom 14. Juni 1882 nur
noch in feinen äußern Mauern daftehende Stadt;
theater, bis zu deſſen Wiederherftellung ein aus
Holz erbautes Interimstheater errichtet iſt; in
der —— Vorſtadt: das Polytechnilum,
das Stadtgymnaſium, das ruſſ. Alerander:- Gym:
naſium, das ruſſ. Lomonoſſow-Gyninaſium (eine
hohere Tochterſchule), die Blindenheilanſtalt, die
evang. Gerirudlirche, die gried.sorthodore Kathe⸗
drale, bie Mineralwafleranitalt, das Nilolai⸗
Armenhaus, das ſtädtiſche Kranlenhaus, die
Irrenanſtalt Rothenburg, das große Kriegshoſpital
in der Nähe der Noten Düna u. f. w.; in der Mos⸗
tauer Boritadt: der —** der RDunaburger
Eiſenbahn, die Ambaren, die Synagoge, die Jeſus—
tirhe, die Sadownilowſche Armenanitalt, das
Waſſerwerk u. ſ. w. In der Mitauer Vorſtadt üt
das neuerbaute Seemannshaus, unmittelbar am
Ufer der Düna belegen, hervorragend. Seit der
1878 ftattgehabten Einführung der allgemeinen ruſſ.
Städteordnung fit die Kommunalverwaltung auf
die von und aus allen jteuerzahlenden Einwohnern
ewählten 72 Stabtverordneten und deren Aus:
hub, das Stadtamt, unter dem Präfidium eines
Stadthaupts — und dem ſeit 1226
beſtehenden Rat, welcher bis dahin unter Beteili—
gung der Bürgerſchaft durch die beiden ſtädtiſchen
Gilden auch die ganze ſtädtiſche Verwaltung führte,
En bis zur Keorganifation auch der Juſtizver⸗
aſſung in den Dffesuraningen nur bie Juſtiz⸗
pflene und einige untergeorbnete Verwaltungs:
zweige geblieben, j
Die Stadt hat (Ende 1881) 169329 €, (ein:
ſchließlich der Garniſon von 6700 Mann), von
welchen 104633 evangelifch:proteftantiich, 24000
griechiſch orthodox, 10095 romiſch⸗katholiſch und
20113 Juden find. Nach der Nationalität find
66 775 Deutiche, 49974 Letten, 31976 Rufjen und
3197 Polen. Kirchen gibt es acht lutheriiche, dar:
unter eine von Holz, eine reformierte, eine angli:
laniſche, eine latholiſche, zehn griehiich:orthodore,
ein Bethaus der Naskolniten, eine Hapelle der
Baptiften und drei Synagogen, An böbern Lehr:
Nigaer Meerbufen — Nigas
— 1884: 62114796 Rubel und die Einfuhr 32615446
' Rubel. Schiffe gehen jährlich gegen 3000 ein und
aus. Die Intereflen des Handeld werben von
einem von und aus ber Börienfaufmannf er:
| ———— vertreten. An
anlagen find hervorzuheben: een,
12 erden, en inenfabrifen und Eiſen⸗
giebereien, 7 Sprit: und Liqueurfabrilen, 6 Dach⸗
1 Norklabriten” 4 Somieröt
orktabrifen, en,
und MWagenfchmierfabriten, 4 Drabt: und Drabt:
nägelfabriten, 4 Lederfabrilen, 4 Wollwarenfabri:
— Baumwollwarenfabrilen, 3 Sei
; —— 2 —— 1 i
yence: und Porzellan: und 1 Waggonf
Gegründet wurde NR. am Zufammenflufe des
+ Fr . mit der 2 1201 von = livländ.
iſcho ert von Appeldern, er Domberr
| Bremen, nahdem das Land Ar zuerſt
deutſchen Kau —— aus Bremen belannt gewor⸗
ben war. Derſelbe ſtiftete hier 1202 den lwländ.
Orden der Schwertbrüber (f. d.), ber 1237 mit dem
\ Orden der Deutſchen Nitter vereinigt wurbe, wel:
chem Stadt und Land längere Zeit gps mit
dem rigafhen Erzbiſchof bis 1 angehörten.
Vach dem * vom 28. Nov. 1561
er und dem lebten Heermeifter von
Gotthard Kettler, leiltete diejer 5. März 1562
enen Reiche den Lehnseid als —— Kur⸗
* —* — — u Bo —* aber erſt
na eitsjahren unter poln, haft.
Im %. 1621 eroberte Guftav — — 8
1700 wurde fie unter Auguſt I. von ben Sachſen
belagert, aber 18. yuli 1701 durd) Karl XII. ent»
ſeßt. Nah Karla XII. Niederlage bei Bultama er:
ab fie fi) on bar Belagerung 4. Juli 1710
en Ruffen. . Helms, « r >
(2. Aufl., Riga 1881); Geuter, «Neuer
me R.» (Riga 2 Bufen der ONf J
gaer Meerbuſen, Buſen ee, an
Kuſten der rufj. Gouvernements Livland, Sturland
' und Gitland, nimmt die Düna auf, iſt fa
Klippen, nicht fo falzig wie die Oftfee, und
und Unterrichtsanftalten beiteben: die baltiidhe | herleichter zu. —
Hochſchule mit 800 Studierenden,
ein griechiſch orthodores geiſtliches Seminar, fünf
Gymnaſien, eine Navigationsſchule und eine höhere
Toͤchterſchule. Auch bat R. eine Stabtbibliotbhet
von 60000 Bänden mit zahlreihen Inkunabeln,
eine feit 1803 beſtehende Bürgergeiellihaft zur
Berbreitung nüplicher Kenntniſſe und Einrihtungen,
eine Bibelgejellihaft,, eine lettiich:litterariiche Ge:
ſellſchaft, die Geſellſchaft für Gefchichte und Alter:
tumstunde der Ditjeeprovinzen, den Techniſchen
Verein, den Naturforihenden Rerein mit einem
Naturalienlabinett, den Gewerbeverein. Aus:
edehnte Promenaden und Gartenanlagen um die
tadt, der Wöhrmannjche Part und der jog. kaiſer—
lihe Garten jind beſuchte Spaziergänge. Etwa
7 km entfernt befinden fich die umfaljenden Krons—
anftalten von Alerandershöhe (Errenhaus,
Krantenhaus, Verpilegungsanitalt u. f. w.).
N. betreibt einen lebhaften —
hauptſächlich mit Flachs, Hanf, Leinſaat, Hanfſaat,
Getreide und Holz. Die haupftſächlichſten Einfuhr:
artitel find Salz, Heringe, Steintohlen, Soda,
Wein, rohe Baumwolle, Gijen, Kajjee, Harz und
Korlholz, außerdem nod Manufaltur: und Yabrit:
waren verfchiedenjter Art. Die Ausfuhr betrug
ige
Rigas — 3— grie triot und
heitsdichter, geb. in Veleſtino (dem alten )in
Theſſalien um 1753, fabte, durch den der
——— Revolution angeregt, ben Plan, Grie⸗
enland von dem Joch der Türken zu befreien, Er
rechnete bierbei auf die Mitwirkung Bonapartes,
welche ihm auch durch Bernadotte, den franz. Ges
' fandten in Wien, zugefichert worden war. =
1796 verlieh N. die Dienſte des Hoſpodars der
Waladei, Michael Sutjos, wandte ſich nah Wien
und begab fih, um in Venedig mit Bonaparte
perjönlich zu verhandeln, 1797 nad Trieft. Hier
wurde er aber verhaftet und nad Wien
' 1798 mit mehrern Gefährten an ben türf,
ag von Belgrad ausgeliefert und tet.
R. lann nicht nur als Begründer der jpätern He⸗
‚ tärie (f. d.) angejeben werden, fondern bat |
durch jeine patriotiichen Gejänge das griech. Bol
wach gerufen. Namentlicd find zu erwähnen feine
Nahahmung der Marfeillaife (wdzürz, naidıs rar
"Eiirvwv»), ferner der K efang «Ds nöri,
rahınzapan, der Eid: «ID Baarked toD xöonoun,
und der Päan «?’ —— xal Aucın,
jeiner Lieber ehifh und deutich in
nden fid) fi
Schotts und Mebolds »«Tajhenbud für Freunde
Nigaud
ber Geſchichte des griech. Volls⸗ (Heibelb, 1824),
aud) — Ks einer Polyglotte ber
europ. Poefie» (2p3. 1846). Vgl. tt, «fiber R.’
Leben und Schriften» (Heibelb, 1825).
Nigaud (Hyacinthe), franz. Porträtmaler, geb.
20, Zuli 1659 zu Perpignan, ging 1681 nad) Paris,
— Nigi 709
Mährend diefer Beit Tieferte er viele einzelne Volal⸗
fompofitionen, fowie die Dpern «L’incontro inas-
pettato» und «ll Demogorgone, ossia il filosofo
confuso»; 1788—92 war er lapellmeifter des Kur:
fürften von Mainz, und in diefer Stellung kompo—
nierte er die Opern «Antigono», «Armida», «Al-
wo er im Fache der Porträtmalerei zuerft 1710 als | cide al bivio» und eine Mefje zur Krönung Kaiſer
Lehrer, dann 1733 als Direltor ber Alabemie bis
an feinen 27. Dez. 1743 erfolgten Tod viel beichäf:
tigt und body berühmt war. Dan befikt von ihm
über 200 hiſtor. Porträts, die von Gdelind, Dre:
vet, Audran u. a. geftochen wurden. Die Porträts
R.s find —* das bewußt Repräfentierende ber
Haltung und das pomphaft Frappierende des Ko:
ftüms befonder3 charakteriſtiſch für feine Zeit.
bielt viel auf Wärme und Glanz bes Kolorits und
bie jaubere, Neißige Behandlung erftredt ſich auf
alle Zeile feiner Bilder. Ei
Niganlt (Raoul Georges Adolphe), Mitglied
ber franz. Commune, geb. 16. Sept. 1846 zu Ya-
ris, wurde nach ber Hevolution vom 4. Sept. 1870
bei der parifer Polizeipräfeltur angeftellt, trat aber
ſchon 31. Dft. wegen Streitigfeiten mit ber Regie:
rung wieder aus. Nad dem Aufitand ber parıier
Commune (18. März 1871) wurde er von biejer
zum Civildelegierten ber — — dann
zum alleinigen Polizeipräfelten, endlich 27. April
zum Profurator der Commune ernannt. Als fol:
2. ordnete er die Erſchießung der Geiſeln und die
erbrennung der Tuilerien.und anderer Gebäube
an, wurde aber bei den Kämpfen im Innern von
Bari 24. Mai von der verjailler Armee ge:
er ro genommen und fofort erichoflen.
igault de Genouilly (Charles), Marine:
minijter unter bem zweiten Slaiferreich, eb. 12. April
Leopolds II. nr Friedrih Wilhelm IL. berief
ihn 1792 nad Berlin. Hier fchrieb er die Oper
«Enea nel Lazio», die dem Könige fo gefiel, dab
ibn derfelbe 1793 zu feinem Kapellmeijter (an
Alefiandris Stelle) ernannte. Zu den in Berlin
entitandenen Opern gehören feine bebeutenbften:
«ll trionfo d’Arianna», «Atalanta e Meleagro»,
«Armida» (in einer neuen Bearbeitung), «Tigrane»,
aLa Gerusalemme liberata» und «La selva incan-
tata», die fih auch überfeht auf deutichen Theatern
verbreiteten. Gr ftarb infolge einer Steinopera-
tion 19. Aug. 1812. R.s Etil bejteht aus einer
Miihung von ital, und deutſchen Glementen; er iſt
Mozart verwandt, von weldem er auch viel an:
genommen hat, Gewandtheit und Gefälligleit ver:
einigen fih in feinen Werten mit Gründlicteit
und Solibität der Ausführung; die Enfembleftüde
feiner Opern (Terzetten, Quartetten u. f. m.) find
proben meiſterhaft. Sehr vorzüglih find aud
eine Singübungen,
Nigi (der, bei den Ummohnern bie), Bergſtod
ber Schwyzer Alpen ga [pen, 22) an der Grenze
ber fchweiz. Kantone Schwyz und Luzern, erftredt
fi zwifchen dem Viermaldttätterfer. dem Buger:
und Lomerzerfee in Geitalt eines unregelmäßigen
14 km langen, 6—7 km breiten Vieredd vom
lüßnachter Arm des Vierwaldftätterfees ſudöſtlich
bis zur Muota und befteht in feinem weſtl. Teile,
1807 zu Rochefort, wurde 1848 zum Linienſchiffs- dem der Kulm (1800 m), der Doſſen (1681 m), der
fapitän, 1854 zum Sontreadmiral ernannt und | Rotitod (1664 m), die Scheided (1648 m) u. |. w.
nad) der Krim gejchidt, wo er fich mit Auszeihnung | angehören, aus Nagelfluh und Molaſſeſandſtein,
an der Belagerung von Sewaſtopol beteiligte. Im im öftlichen, in welchen die Hochfluh (1702 m) und
. 1856 trat er an die Spie der Flottenſtation im ; der Vipnauerjtod (1448 m) auffteigen, aus Kallſtein
ndochineſiſchen Meere und kooperierte im nächſten der Kreideformation. Am —— Rande der
ahre mit ben Engländern bei der Einnahme von Alpen inſelartig zwiſchen ben Niederungen dreier
Kanton. Im J. 1858 zum Vizeadmiral ernannt, ' Seebeden aufragend, bietet der R. eine der ſchön—
erhielt er 1862 das Kommando des Übungsge: | ten Rundfichten der Schweiz. Von feinem höchſten
ſchwaders im Mittelmeere, 1864 den Rang eine? | Gipfel, dem Kulm, überblidt man elf Seen, das
Admirals. Im an. 1866 wurde R. das Marine: | Schweiz. Hügelland bis zum Jura, die Vogeſen, den
minifterium übertragen, welches er auch im Kabi— ‚ Schwarzwald, bie * des Höhgaues und die
nett Ollivier vom Jan. 1870 behielt. N. war es Alpen von Sentis im NO. bis zum Wildhorn und
u li, der beim Ausbruch des TDeutich: | er im SW. Der größte Durchmeſſer der
ranzöfiichen Kriegs von 1870 und 1871 die Erpe: | age von der Döle # d.) im Jura bi® zum
dition der franz. Flotte gegen die Nordlüjten Bußen bei Biberach beträgt 320 km. Bon Goldau
Deutihlands befuͤrworlete. Sein Portefeuille ver: und Lowerz im N., Gerſau und Wäggis im ©.,
lor R. erit mit dem Eturze des Kaiſerreichs (4. Sept. | Greppen und Küßnacht im W. wird der R. leicht
1870). Cr jtarb zu Paris 4. Mai 1873, Er ver: | auf guten Reit: und Fußwegen in brei bis vier
öffentlichte die vierte Ausgabe des « Routier des Stunden beitiegen; der größte Teil des ſehr leb—
Antilles» von Chaudeprat (2 Bde., Par. 1852).
Nighini (Vincenzo), ital, Operntomponijt und
Geſangsmeiſter, geb. zu Bologna 22. Jan. 1756,
ftudierte beim Pater Martini Nontrapunft , jowie
in der Schule des Bernachi die Geſangskunſt. Im
Alter von 19%. trat er als Tenorijt beim Theater
j Parma auf. Bon 1776 an war er drei jahre
ang bei der ital. Oper in Prag engagiert, wo er
an auerit als Komponift auftrat, unter andern
mit «
(den Grundzügen nad dasfelbe Sujet wie Mozarts
«Don Sjuanr), Von Prag ging R. nad Wien, wo
er bei Hofe Gejangunterricht erteilte und die Wufil:
direktion von Joſephs II. ital. Overntheater führte,
on Giovanni, ossia il convitato di pietra» |
| haften Zourijtenverlehr& wird jedoch durch die
1868— 75 erbauten Rigibahnen vermittelt, Die
ı Bipnau:Rigibabn 1868—72 von Riggenbach,
Näff und Zichofte erftellt, eine Zahnradbahn mit
‚6,8 bis 25, Keane 20,4 Proz. Steigung,
'T km lang, jchlängelt fih am Südabfall des R.
‘ über Rigi-altbad (1441 m) und Staffel (1594 m)
un Kulm hinauf. Als hervorragender Kunſtbau
iefer Linie ift die elegante Blechbaltenbrüde über
‚ das Schnurtobel zu erwähnen, welche 85 m lang
ı mit 25 Proz. Steigung einen Bogen von 200 in
| Nadiusbeicreibt. DivArth-Rigibahn, 11,rkm
lang, 1875 eröffnet, zerfällt in die Thalbahn Neth:
| Dberarth und in die Zahnradbahn Oberarth Kulm,
710
die am Norbabfall des N. über Golbau und Rigi—
Ktöfterli (1317 m) zum Staffel herauffteigt, wo ie
ſich mit ber prägen vereinigt. Ihre
Steigung beträat auf der Thalftrede 2,36 Pros.,
auf der an durchſchnittlich 13, im Maximum
20 Proz. Die Scheidecklinie, die höchſte Bahn
Europas, 6°, km lang, mit durchſchniitlicher Stei⸗
ung von 2,5 Proz., zweigt beim Haltbad von der
zißnaulinie ab und zieht fıch öftlih in Windungen
um die Spiken des Nigitammes zur Rigi:Scheided.
Seit der Heritellung diefer Bahnen hat der Tou:
riitenverlchr auf dem N. außerordentlich zugenom:
sen. Während vor hundert fahren der X. fait nur
in jeiner unmittelbaren Umgebung befaunt war und
noch 1815 eine Schirmhütte auf dem Kulm Raum
genug für die fpärlichen Befucher bot, wird jeht
der R. jährlich von 6O— 70000 Touriften und Hlur:
aditen beiucht. An der Stelle des erjten 1816 er:
bauten Wirtshäuschens trägt nun der Kulm zwei
große palajtartige Gafthöfe; 2 km unterhalb jteht
am weitl. Bergrand das große ra Rigi⸗
Stafjel, wo alle Rigiwege ———— en, ſüdlich
davon der berühmte Luft: und Mollenkurort Rigi—
Kaltbad mit einer Felienquelle von 5° C. unweit
des Hänzeli (1454 m), da3 die ſchönſte Ausficht auf
den Vierwalditätterfee gewährt; auf dem nad D.
ſich eritredenden Grat ftehen an der Linie Kaltbad—
Scheided die Kurhäuſer Kigi-Firit und Rigi-Schei—
ded (erdine Eifenquelle). An der Arth-Kulmbahn
liegt in einem bergumſchloſſenen grünen Thälchen
das Dörfchen Rigi:Klöfterli mit der Wallfahrts:
tapelle Dlaria zum Schnee, einem Lleinen Kapuziner:
Hofter und mehrern Gafthäufern. Val. Nütimeyer,
»Der R. Berg, Thal und Eee» (Bat. 1877); Bor:
mann, «Aus den Fremdenbüchern von Nigisftulm»
(Bern 1883); Banoramen von H. Keller, neu be:
arbeitet von X. Imfeld (Zür. 1878), G. Meyer
(Zür. 1879), R. Stierlin (Luzern 1883),
Nigibahnen, j. unter Rigi.
Nigolen (vom franz. rigole, Rinne), fälſchlich
auch Kajolen genannt, eine Loderung des Bo:
dena bis zu einer Tiefe von 60 cm für neu anzu:
legende Gärten, inabefondere Gemüje: und Obit:
närten, wie für Weinberge. In diefen wird fie mit
dem Spaten, auf dem Felde dagegen mittels des
Unterarund: oder Rigolpflug® ausgeführt. Durch
eine ſolche Tiefloderung joll —— der Abzug
des überflüffigen und ftauenden Waſſers geſichert,
ſondern auch die Erſchließung ungleich reicherer,
den Kulturgewächſen zugänglicher Nährſtoffmengen
herbeigeführt werden. Da dieſe Manipulation
teinen geringen Aufwand erfordert, jo begnügt
man hd oft Damit, den Boden nur 30 cm tief aus:
—5** und die Sohle der Gräben bis zu obiger
iefe bloß aufzulodern,
Rigorismns (lat.) heit überhaupt eine ftrenge,
unbeugjame, in der Anwendung einer Borjchrift
oder eines Geſetzes auf die Individualität des ein:
zelnen Falls keine Rüdjicht nehmende Denkart und
Handlungsweiſe. Daher nennt man .namentlid)
rigoriftiihde Moral eine ſolche, welche das
Thun und Handeln in die Grenzen jtrenger Vor:
ſchriften einichließt und fittlihe Gebote auch bei ges
ringfügigen Fällen geltend madıt. Den Gegenjaß
bildet die lare Moral der Patitudinarier (j. d.).
Nigsdaler (Reichsſthaler, bis 1854 Rigs—
bankdaler, Neihsbantthaler) hieß in Dänemark
die Geldeinheit der bis zur Ginführung des gegen—
mwärtigen, den ſtandinav. Staaten gemeinjamen
Nigibahnen — Riley
Goldmünzfußes (der Kronenwährung 1875) gel:
tenden ke Der R. wurde in 6 Mart
zu 16 Scdilling eingeteilt und im Gewicht von
14,467 g, bei einer Geindeit von 875 Taujenditel
geprägt Der Umtaufch der Geldftüde diejer frübern
dän. Währung gegen diejenigen der jegigen erfolgte
zum Sabe von 1R. = 2 flandbinav. Kronen, zu
welchem aud auf R. lautende Berbindlichteiten im
neuen Gelde zu erfüllen find. (Bal. Krone.)
Nigveda, ſ. unter Beda.
Nijder (Neiter), niederländ. Silbermünze, 1.
unter Dufaten.
‚ Rijefa (jerb. für Sub), fpeziell Name de3 wid;
tigiten Fluſſes von Montenegro, der Ernojeviita:
R. — ungemein fiſchreich iſt und bis zum Marlt⸗
fleden Rijela befahren werden fann, (5. Mon—
tenegro.) — Der Marttfleden Rijeka ift da-
durch merfwürdig, dab dort 1492 die erfte jerb.
Druderei errichtet wurde. Das bei. in Ruinen
liegende Schloß Dbod war im 15. und 16. Jahrh.
Reſidenz montenegrinifcher Herrſcher und jpäter der
montenegriniſchen Nenegaten, bis dieje in der mon:
tenegriniſchen Bartholomäusnaht (Ghriftabend
1702) vernichtet wurden. — Rijefa ift auch der
jerbofroat. Name für Fiume (f. d.).
Nijfsdaalder (Reihsthaler), frühere nieder:
länd. Eilbermünze zu 2, Fl. = 4,55 deutiche
Reichsmarl.
Rikoſchettſchuft (vom franz. ricochet, Sprung,
bprall), eigentli eine Schußart, bei der das
Geſchoß, bevor es das Ziel erreicht, mehrere
Sprünge madıt, alſo foviel wie Rollſchuß (f. d.).
Der Kitojhettihuß im engern Sinne ge
hört dem — — an und geht von einer
Aufſtellung aus, welde in der Verlängerung einer
einzelnen Yinie eines Feſtungswerls genommen
wird und den Zwed bat, diejelbe der Länge nad)
zu beftreihen. Der R., welder auf den Vorſchlag
des franz. Marſchalls Bauban zuerit 1697 bei der
Belagerung von Ath angewandt wurde, iſt eine
bejonders erfolgreihe Schußart, da er das Biel in
jeiner länaiten Ausdehnung faßt und die Ausficht,
mehrere Odjelte hintereinander zu treffen, gemwäbrt,
weshalb es eine beiondere Aufgabe der Fortifis
fation bildet, dem Angreifer durch die Lage und
Einrihtung der Feſtungslinien einen wirffamen R.
unmöglich zu machen. Das beliebteſte Geſchoß zum
N. iſt die Granate. Bei den Granaten der gezoge:
nen Geihüse mit Berlufftonzzündern iſt ein eigent:
liher R. nicht mehr möglid, da bieje Geſchoſſe
beim eriten Aufichlage Erepieren, doch wendet man
den Ausdrud wohl noch an, wenn überhaupt eine
Seitungslinie der Yänge nach beftrihen wird. Ge—
bräuchlicher ift hierfür der Name Enfilierſchuß. (S.
Feſtungslbrieg.)
Nifsdaler (Reichſthaler) oder Riksdaler
Rilsmynt Geichsthaler Reichsgeld) hieß
in Schweden die Geldeinheit der bis zur Einfüh—
rung des gegenwärtigen, den ſtandinav. Staaten
gemeinfamen Goldmünzfuhes (der Kronenwährung
1875) geltenden Silberwährung. Der R. wurde
in 100 Dre eingeteilt und im Gewicht von 8,502 g,
bei einer Feinheit von 750 Taufenditel geprägt. Der
Umtauſch der Geldftüde dieſer frübern ſchwed.
Mährung gegen diejenigen der jekigen erfolgte zum
Sate von IX. = 1 jlandinav. Krone, zu welchem
aud auf R. lautende Verbindlidhleiten im neuer
Gelde zu erfüllen find. (S. Krone.)
Nilcy (ort), ſ. Hort Riley.
Nile — Rindart
Nille (mittellat. Risela), linlsſeitiger Neben:
Nluß der Seine in der Normandie, entipringt im
franz. Depart. Orne in den Monts d'Amain, tritt
unterhalb Laigle in das Depart. Cure, nimmt
unterhalb Beaumont:le:Royer links die Charen-
tonne (Carentona) auf, berührt noch die Städte
Brionne und Pont d'Audemer und fällt nad) einem
Laufe von 148 km in die Seinemündung.
eg ‚ Ril, au Ryl, im Altertum
Skomios, Bergfnoten im ſudweſtl. Bulgarien,
an ber Grenze von Dftrumelien und Macedonien,
ſeht das Rho —— (Despoto Dagh) mit dem
Balkan in Verbindung, iſt reich mit Nadelholz be—
waldet, ſteigt bis zu 2750 m auf und entſendet nad)
N. den Isker, nad D. die Marika, nad ©. die
Meſta (türf. Karafu), Am Südweltfuße des R.
liegt das Dorf Rilo Selo, 16 km davon öſtlicher
das Rilokloſter, 1180 m über den Meere, ge:
gründet von Joan Rilstij (get. 946), welches einen
wichtigen Stüßpunft der litterariſchen und natio—
nalen Wiebergeburt der Bulgaren bildete.
Rima:Szombath, Hauptort des ungar. Ho:
mitats Gömör (f. d.). =
Rimeffe (Nemejje, auch Anſchaffung) beikt
in der Handelsſprache die liberjendung von Geld
oder Wechſeln, namentlich aber die Sendung von
Wechſeln an Dayunospalı, u auf Rechnung,
oder zum Verlauf. Daher heißt remittieren ſo—
viel al3 Wechſel überfenden. ;
Nimini (als Ariminum von den Umbriern ge:
gründet), Hauptitadt eines Bezirls der ital. Bro:
vinz Forli, zwiſchen Marecchia (Ariminus) und
Mula Aprusa), einit ander Wündung der Marecchia
in das Moriatifche Meer, jeht 700 m vom Meere,
u dem ein Kanal führt, an der Eiſenbahn von Bo:
a nad) Otranto, Sik eines Biſchofs (jeit 260),
zäblt re 11044, als Gemeinde 37673 E. und
iſt bejonders feiner röm. Altertümer wegen be:
rühmt. Am Ihore San:Ginliano führt die ſchön
verzierte Brüde über die Marechia, 72 m lang,
4,5 m breit, mit fünf Bogen, welde unter Auguſtus
und Tiberius an dem Orte, wo fic) die beiden ton:
fularftraßen, Via Flaminia und Aemilia, vereinig:
ten, aus dem jchönften weißen Marmor der Apenni:
nen erbaut wurde. Sie ijt unftreitig das am beiten
erhaltene Dentmal diefer Art aus dem ganzen Al:
tertum. Vor dem Römtihen Thore ftebt ein zu
Ehren de3 Augujtuserrichteter, 14m hoher Triumph⸗
bogen. Die Domlirde San:Krancesco (Tempio
dei Malateita), auf den Ruinen eines Tempels des
Eaitor und Pollux, im 14. Jahrh. im ital.:got.
Etil erbaut, wurde 1447—5u durch Sigismondo
Bandolfo Malateita nad) Leo Pattijta Aldertis
Entwürfen im Stil der Frührenaiſſance prachtvoll
erneut; im Innern die Grabmäler Sigismondos
und feiner Gemahlin Iſotta. Auf der Piazza
Cavour befindet ſich die eberne Statue des Papites
Raul V. und auf dem Julius: GCäfarplake, dem
alten Forum, ein 2m hohes Piedeital, von welchem
berab Eäjar jein Heer nad) dem libergange über
den Rubicon angeredet haben foll. Außerdem ver:
dienen Erwähnung die reiche (öffentliche) 1617 ge
gründete Bibliothef Gambalumga von 23000 Bän-
den, der Palazzo Nufjo, in welchem die von Dante
bejungene Francesca da Nimini (f.d.) von ihrem
Gatten getötet wurde, der Palazzo del Comune mit
Heiner Gemäldejanmlung, die von Bianchi gegrün:
dete Sammlung von Inschriften und andern Alter:
tümern und das 1857 erbaute Theater, Gute See:
711
bäder mit Logierhaãuſern find 1 km’von der Stadt
entfernt und mit diefer durch Tramway verbun:
den. R. bat ein Gymnaſium, einen Hafen mit
Leuchtturm, Fijcherei, Schwefelgewinnung, Seiben:
weberei und Handel. — R., den Umbriern durch die
nalliihen Senonen entrifjen, feit 269 v. Chr. röm.
Kolonie und ſtarle Feſtung gegen die cisalpinifchen
Gallier, war unter dem Erarchat eine der fünf See:
bafen: und Freiftäbte (Pentapolis maritima); 359
wurde bier ein Konzil gehalten, welches den Aria:
nismus verurteilte; 1503 wurde es von den Ma—
latejta, die feit 1200 R. regierten, an die Benetia:
ner verlauft, welde die Stadt 1528 an den Kirchen⸗
ftaat verloren, der jeit der Pipinſchen Schenkung
von 756 Anrechte auf N. beſaß. In der Zeit von
1797 bis 1814 gehörte die Stadt zur Cisalpiniſchen
Republik, beziehungsweije zum Depart. Rubicone
des Königreichs Italien. Im J. 1860 lam fie mit
der ganzen Romagna an das geeinte Italien. Val.
Tonini, «Storia Riminese» (2 Bde., Rimini 1860).
Rimini (Francesca da), Tochter de3 Guido da
Lolenta, Herrn von Ravenna, wurbe zur Bei:
legung der Streitigleiten zwiichen den Geichlechtern
‚ Polenta und Malateita mit dem häßlichen und
graufamen Lanciotto Malatejta, Herrn von Rimini,
vermählt, welcher fie wegen ihrer Neigung zu ſei⸗
nem Stiefbruber Paolo 1289 nebit dieſem ermor:
dete. Dante bat in feiner «Divina commedia»
(«Inferno», 5. Geiang) das Ende der Francesca
bejungen, Silvio Bellico und Paul Heyie haben
den Stoff dramatiſch behandelt.
Rimnif-Sarat, Stadt in Rumänien, am Fluſſe
ı Rimnit, Station der Pinie Roman:Strajova der Nu:
mänijchen —— Siß der gleichnamigen
Prafeltur und eines Landesgerichts, zählt 7000 E.
Rimuik-Valcea, Stadt in Numänien, an der
Aluta, Sit der gleihnamigen Präfektur und eines
Landesgerichts, jowie eines art Biſchofs, hat
ein großes theol. Sentinar und zählt 6500 E. Un:
weit R. ilt ein Salzbergwerk (Ofna) und das
Schwefelbad Galimanefti. meszely,
impel, ungar. Flüſſigkeitsmaß, j. Fel
Ninaldi (Rinaldo), Bildhauer, geb. zu Padua
13, April 1793, ftudierte zuerſt bei Matteini im
Benedig und ging dann nah Kom, wo er unter
Ganovas Führung deſſen bedeutenditer Nachfolger
wurde. Indeſſen hielt er fi in Nebendingen, wie
Draperie u. f. w., an freiere, mehr maleriſche Ge:
fihtSpunkte. Geine Stoffe find meiſt der Antike
entnommen, wie Anbrolles mit, feinem Löwen,
Melpomene, Kephalos und Prokris, Heimkehr des
Ddyfieus. N. ftarb 28. Juli 1873 in ont.
inaldo Rinaldini, berähmter Räuberroman,
ſ. unter Bulpius (Chrütian Auguft).
‚ —— ſ. Kink.—
Rindart (Martin), geiſtlicher Liederdichter, geb.
23. April 1586 zu Eilenburg in Sadjen, ftudierte
' 1601 zu Leipzig Theologie, wurde 1611 Diafonus
in Giöleben, 1613 Poöta laureatus, 1617 Ardji:
diakonus zu Eilenburg, wo er während ber ſchweren
| Heimſuchungen feines Ortes durch die Peſt (1637),
Hungersnot (1638) und ſchwed. Cinquartierung
eine ſegensreiche Ihätigleit entfaltete und 8. Dez.
1649 ftarb, Er fchrieb die «Geiſtliche Comödia»,
«Der Eißlebiſche Ritter» (Eisleben 1613) und den
«Müngerihen Bauerntrieg» (Lpz. 1625). Seine
geiſtlichen Lieder finden ſich in feinen Erbauungs:
| Ichriften: «Meißniſche Thränenjant» (Lpz. 1637),
«Lieblihe, geiſtliche und himmliſche Brautmefler
712
Lpz. 1642), Jeſu Herh: Büchlein in geiftlihen
den» (2p3. 1636 u. 1663), darin ber Choral
«Nun danket alle Gott»,
Nind, ſ. Rindviehzudt. e
Rinde nennt man im gewöhnlichen Leben die
peripberifch liegenden Gewebeſchichten der Holzge:
wächle, In der Botanik bezeichnet man ala R. alle
diejenigen Gewebe, welche bei mittel3 Cambiums
in die Dide wachſenden Stämmen und Wurzeln
außerhalb des Cambiumringes liegen. (S. Cam:
bium,) Die R. läßt fi in vielen Fällen leicht ab:
ſchälen, ba die Gabiumzellen, welde fie vom Holz:
förper abgrenzen, zarte Wandungen haben und des:
balb leicht zerreißen. Ihrem anatom. Bau nad)
kann die R. aus den verjchiebenartigiten Gewebe:
eleinenten beſtehen; nad außen iſt fie jtet3 von dem
Hautgewebe, Epidermis oder Periderm, umgeben,
auf diejes folgen daun mehrere Lagen parenchyma⸗
tiiher Zellen, das fog. Rindenparenchym oder die
primäre Ninde, die häufig Stränge von Baltzellen
oder andere zur Feſtigung dienende Glemente ent:
balten. Weiter nad innen liegt das Bhlocm (f. d.),
welches bi3 zum Cambium reicht und gleichfall3 aus
—A Zellformen zuſammengeſeßt iſt. Ebenſo
wie Phloẽm nur eine topographiſche Bezeichnung,
fo iſt auch die R., zu welcher es gehört, nur ein Be:
girl der ſich auf die Lagerung der Gewebe bezieht.
urch die Thätigkeit de Cambiums nimmt die R.
an Durchmefier fortwährend zu, boch werben bafür
in den meijten Fällen die äußern Partien durch
wiederholte Beridermbildungen (j. Periderm) als
Borke abgemworfen.
Nindenbrand, Baumfrankbeit, f. u. Baum.
Nindenfpannung nennt man in der Botani
bieienigen Spannungserfheinungen, die in der
Ninde auftreten und meift durch Didenwahstumder
Stämme hervorgerufen werden, (Val. Gewebe:
fpannung.) Da die Ninde aus Geweben zufam:
mengefept ift, welche diefen Spannungen ungleidhen
Widerſtand entgegenjchen, fo werden infolge deſſen
in den äußern Partien häufig Riſſe, Zertlüftun:
gen u, dgl. oder auch bloß ſtarke Dehnungen er:
zeugt, wodurch es fommt, dab die Ninde bald eine
platte, bald eine riſſige Oberfläche zeigt. Früher
nahm man an, daß die R. von großer Bedeutung
für die Bildung dir Jahresringe fei, indem im Früh:
jahr _die tangentialen Spannungen am geringiten,
im Sommer und Herbit dagegen am größten fein
müßten und fomit dem Didenwahstum im Frühjahr
ein one Widerſtand als fpäter entgegengejeht
würde. Gin folder Einfluß auf die Ausbildun
der Gemwebeelemente des Aylemlörpers ijt jeboc
nad neuern Unterfuchungen nicht vorhanden. Die
Schwankungen inder N. während einer Begetationg:
periode find zu —* um derartige Verände—
rungen hervorrufen zu lönnen; auch findet ſich die
größte Spannung durchaus nicht immer im Som:
mer oder Herbit, jondern oft auch im Frühjahr.
NRindenfubftanz (9 raue Sub
birns, |. unter Gehirn, Bd, VII, ©. 661°.
Rinderhäute. Die im Handel vorlommenben
Ochſen⸗ und Kuhhãute find meiſt überfeeiicher Her:
kunft (fog. Wildhäute), werden einfad) getrodnet
nd zumeit ou Sohlenlebee qeagrbt währen De | dere Solo adfe $.» (Halle 1871: 2, Muf, 1677)
ie „8 “ Is HUN.
und zumeiit zu Sohlenleder gegerbt, währen
Häute von europäiihem, im Stalle aufgewadyfenem | Gerla
._
aa — ———
|
jtanz) des Ge: |
Rind — Rindfleiſch
arbeitet werben. Die meiften Wildhäute tommen
aus Sübamerila, befonders den La: Plata:Staaten
(La: Plata:Häute), wo man fie unterſcheidet
in Saladero3 (Häute von halbwildem Pam-
svieh, das an beitimmten Orten [Saladeros] zu:
ammengetrieben und geihladhtet wird), Matado—
res nm „leifchervieh in den Städten) und Cam:
pos (von joldem aus Cinzelhöfen). Hauptausfubr:
bafen ift Buenos:Ayres; dann folgen Montevideo
und Rio⸗Grande. Leichtere Ware liefern Brafilien,
Weſtindien, Merito. R. erportieren auch Auftralien
und das Kapland; in Europa Ungarn, Rußland,
die Türkei u.a. Cine befondere Art R. find die
oſtind. — (ſ. d.). Hauptmärkte für La-Plata—
Häute find Antwerpen, Haͤvre, Liverpool, Ham⸗
burg für Kipfe London. ;
inderpeft, auch Löferbürre oder ud
feuche genannt, iſt die gefährlichſte, verheerendſte
tontagiöje Krankheit, welde dem Rindvieh eigen:
tumlich, aber auf alle Wiederläuer übertragbar ift.
Heftiges, —* und dadurch Borges jchweres
Allgemeinleiden und eigentümlihe Entzundungs⸗
zuftände der Schleimhäute der Verbauungs: und
der Atmungswerkzeuge (unterdrüdtes Wiederkäuen;
erit Verftopfung, dann Durdfall; Speicheln und
Geifern aus dem Maule, weil Bläschen und Ero—
fionen oder Geihmwüre auf der Lippenſchleimhaut
und am Zahnfleisch jich befinden, wunde vom Epithel
entblößte rote Stellen Fr in der Scheide der Kübe;
Ihränen der Augen, Najenausfluß, Huften, At:
mungsbeſchleunigung) charalteriſieren die R., deren
Verlauf ein ſehr rajcher, meiſtens töblicher iſt. Als
Brutherde diejer furchtbaren Seuche gelten die
Steppenländer des öftl. Europa bis nad Aſien
binein, und die dort heimiſche podolifche Rindvieb:
raſſe Scheint beſonders dafür disponiert zu jein;
wie denn auch erwieſenermaßen bie Einfuhr von
Steppenvieh das Kontagium nah Weiten trägt.
Heilmittel der R. gibt es nit. Als Vorbeugungs:
mittel baben fi bier und da Näucerungen ber
Ställe mit Chlor, Anwendung von Garboljäure
und anderer Desinfektionsitoffe bewährt. Der
Verbreitung der Seuche fan nur begegnet werden
durch ftrenge Abjperrung mittels Kordons, Desin:
fijierung der Transportmittel, ſowie aller Produlte
von Wiederläuern und Anwendung der Keule oder
Zötung. Das jofortige Töten der angejtedten und
verbädhtigen Tiere ijt das ficherjte, jogar das ein:
ige Mittel, um ungeheuern Gejamtverluiten vor:
zubeugen. Das Reichsviehſeuchengeſeß vom 7. April
1869 und die über die Anwendung der Maßregeln
Anleitung gebende, revidierte Jnftrultion vom
9. Juni 1873 treten in Kraft, wenn in Deutſch—
land die R. ausbricht. Lebende und tote Zwiichen:
träger aller Art verbreiten das durch Milrototten
repräjentierte — ——— ſehr leicht. Am ſtärl—⸗
ſten trat in —— bie R. 1866 auf, wo ſie auch
am weiteſten weſtlich vordrang. Im J. 1877 trat
die R. abermals in Deutſchland auf, wurde jedoch
durch energiſche Maßregeln auf Grund des Geſehes
vom 7. April 1869 raſch unterdrüdt. Über bie R.
Ir zahlreihe Monographien vorbandenvon Jeſſen,
Urichs, Unterberger, Hedmejer, Yorinjer, Mulder,
üntber u. ſ. w. Bol. insbefon:
«Mapregeln zur Verhütung der R.»
Vieh, die gewöhnlich nicht in den Handel kommen, (2, Huf, Ser 1875).
fondern unmittelbar vom Schlädhter an den Gerber
gelangen, auch zu Riemen: und Cattlerleder ver:
|
Nindfleifch (Georg Eduard), nambafter pathol,
Anatom, geb. zu ftöthen 15. Dez. 1836, ftudierte
RINDVIE
9. Kopf de
Bo
U, g «c bu
———
—
3. Kuh der Shorthorn - Rasse, 10. Kopf dı
Brockhaus’ Conversations- Lexikon. 13, Aufl.
\ETRASSEN.
‚„igäuer Stiers.
6. Stier der schottischen hornlosen Rasse.
Zu Artikel: Rindvieh.
Nindviebzucht 713
Medizin zu Heidelberg, Halle und Berlin, wo er
fih nach vollendetem Studium unter Virchow pa:
thol.:anatom. Arbeiten widmete. Am %. 1861
wurde er Affiitent Heidenhbaims zu Breslau und
babilitierte fich augleidy für das sach der pathol.
Anatomie. Noch 1861 als pathol. Brofeltor nad)
Zürich berufen, wurde er bald daſelbſt zum außer:
ord. Profeſſor diejer Disciplin ernannt. Im Herbit
1865 folgte er einem Rufe als ord. Profeſſor nad)
Bonn, wo unter feiner Yeitung das Pathologiſche
Inſtitut reorganifiert wurde, und im Winter 1873
nahm er eine Berufung nah Würzburg an, N.
bat jich durd) eine Reihe monographiicher Arbeiten
über Skrofulofe, Tuberkulofe, Eiterbildung u. f. w.
befannt gemacht. Schon vor der —— des
Zuberfelpilzes lehrte er die Tuherkuloſe als eine dur
ein fpezifiiches Gift in ihren Eriheinungen modifi—
zierte Entzündung betrachten und fie nebit der Sy:
nf dem Typbus u. ſ. w. aus der Geicdhmulit:
ehre ausſcheiden. In der Hiltologie des Blutes
lehrte er die Entitehung der kernlofen und der fern:
baltigen Blutkörperchen kennen, Gr ſchrieb ferner:
«Lehrbuch der pathol. Gewebelehre⸗ (5. Aufl., Lpz.
1878), «Glemente der Pathologie» (Lpz. 1883).
Rindviehzucht it in Guropa der wichtigſte
Zeil der Iandwirtihaftlihen Viehzucht, denn das
Nindvieh liefert kräftige Zugtiere, gibt unter allen
Vieharten den vermendbarften Dünger und gewährt
durch Fleiſch, Häute (f. Rinderhäute), Milch ıc.
mannigfaltigen und großen Nuben. Wenn auch un:
ter befondern Berhältnifjen andere Zweige der Tier:
rodultion, z. B. die Schafzucht, einen höhern
einertrag abwerfen, jo können fie doch nie die
allgemeine Wichtigkeit erlangen wie die N. über
den Urjprung und das Vaterland des zahmen Nin:
des find nur Hypotheien vorhanden, Es gehört in
die Klafje der Zweibufer, Ordnung der Wieder:
fäuer. In höchſter Ausbildung findet man es in
grasreichen, mehr feuchten als trodenen Gegenden,
beionders in feuchtivarmen Bergthälern und Fluß:
niederungen,. Es ijt ausgewachſen im dritten bis
fünften Sabre und kann ein Alter von 20 und
mehr Yahren erreihen. Im eriten Sabre beißt
das Tier Kalb, dann, che es das erfte Junge ge:
bradt, das weiblihe Rind, Starke, Kalbin
ober Ferfe, das männliche zuerjt Jung, Stier,
wenn mannbar Bulle, Farr oder Fajel. Ein
weibliches Tier, welches gefalbt hat, beißt Kuh,
ein männliches verfchnittenes Ochſe. Die neuern
orihungen führen auf Grundlage der Schäbdel:
ildungen die Nafien des Nindes auf drei Stamm:
raſſen zurüd. Diefe find: 1) das Urrind (Bos
rimigenius); 2) das breitjtirnige Nind (Bos
ontosus); 8) das Spare Rind (Bos
brachyceros). Auf Grund von Schädelmejjungen
bat Mildens NY d.) noch eine vierte Raſſe, das
turztöpfige Rind (Bosbrachycephalus), fröiert.
Die vorhandenen Ninderrafien verteilen ſich unter
die Urrafien folgendermaßen: zur eriten gehören
biegrauen Kinder Diteuropas (f. Tafel: Rind—
viehraſſen, ig. 1, Kuh der podoliſchen Nafie),
bie niederländ. Raſſen (Fig.5, holländ. Hub; Fig. 8,
ger des Stieres; Fig. 9, Kopf der Kuh), die nie:
derdeutſchen Landidläge und wahrſcheinlich auch
bie meiiten franz. und engl.Raflen(Fig. 3, Shorthorn:
tub; Sig. 6, Stier der ſchott. hornloſen Nafie); zur
—— das Fledvieh der Alpenländer (Fig. 2,
ener Kuh) und die daraus gebildeten mitteleurop.
Schläge; zurdrittendas®raunvieh der Alpen mit
urd |
feinen Derivaten (Fig. 4, ſchwyzer Stier ; Fig. 7, Nopf
einer — Kub; Fig. 10, eines algäuer Stiers).
Aus den Hauptraſſen entwidelten ſich zahlreiche
Schläge und Spielarten, deren Abjtammung und
Herkunft öfters ſchwer zu fonftatieren ift. Den ört:
lihen Berhältnifien entiprehend find einerfeits
allenthalben bejondere Landſchläge entitanden;
während anbererfeits dur die Züchtungskunſt
Kulturrafien gebildet find, welche meiſtens nad)
einer Richtung der Nukung Hervorragendes leijten
4.0. die Shorthorng in England als Fleiichtiere).
Die meilten beftehenden Rindviehſchläge find aus
einer Raſſenvermiſchung entitanden; daher ihre jo
auffallend verfchiedene Färbung und Bildung.
Kann manimallgemeinen annehmen, daß ſich überall
aus dem vorhandenen Landvieh durch zwedmäßige
ee der Zuchttiere und gute Pilege der für
die Verhältnifie pafiendfte und nubbarjte Rindvieh:
ſchlag mittels Inzucht oder Wahlzucht erziehen
lafie, To iſt es doch bisher nicht gelungen, die drei
Eigenihaften, durch melde, neben der Dünger:
erzeugung, die Nuhbarleit des Rindviehes haupt:
fählich bedingt wird, nämlich Milchergiebigleit,
Maitfähigleit und Tauglichkeit zum Zuge, in hödı:
ſtem Grabe in einer Raſſe zu vereinigen. Eine be:
friedigende Vereinigung it indeilen denkbar, jedod)
nur bei Schlägen mittlerer Größe, bie ſich ſchon
ziemlich weit von der Urra LEHREN haben. Rafien
jener Art, die eine ſolche Bereinigung bieten, haben
für den Landwirt in gewöhnlichen Verbältnijien
einen befonders hohen Wert.
Der Bulle wird mit dreiviertel bis anderthalb
ai feines Alters, die junge a mit zwei
Jahren reif zur Fortpflanzung. Die Aufzucht der
jungen Tiere erforbert Aufmerkiamteit, weil man
bäufig wegen des Mildgewinns das Kalb entweder
gleich nad) feiner Geburt von der Mutter hinweg:
nimmt und mit einem genau beitinnmten Quantum
abgemoltener Mil nährt, oder es nur vier bis
ſechs Mochen faugen läßt. —
Die Ernährung des Rindviehs geſchieht im Win:
ter in dem Gtalle, entweder mit Trodenfutter
allein oder mit Zufak von zerſchnittenen Wurzeln
und Knollen, fowie Abfällen von tedhniichen Ge:
werben, Als Aus werben Getreidejchrot,
Kleie, Olkuchen u. f. w. verabreiht. Man füttert
falt oder warm, lehteres, indem ein Teil ber
Auttermaterialien gebrübt, gekocht oder durch
Selbfterhikung par gemadt wird, Kaltes reines
Wafler genügt als Getränt; durch Erwärmung und
Zuſatz von Mehl, Öltuchen u. f. w. wirkt die Tränle
vorteilhafter auf die Milherzeugung. Im Som:
mer nährt fih das Nindvich mit Gräfern und
Kräutern entweder auf der Weide oder erhält fie
abgemäht im Stalle vorgelegt. Das Iehtere Der:
fahren, die fog. Stallfütterung, 2 den Bor:
zug, daß von dem beſtimmten Grünfutter nichts
umlommt, fondern alles zur Verfütterung ver:
wendet und es dadurch möglidh wird, mit einer ge:
ringen Fläche eine ziemliche enge Vieh zu er:
halten; daß ferner nur bei ihr fämtlicher Miſt ohne
Verluſt geiammelt, zwedmäßig zufanmengebalten
und u Willkür verwendet werden fanı, Ta:
gegen hat, wo e3 nahrhafte, nicht —— be⸗
nuhende Weiden, wie in den Alpen: und Marſch—
ländern, gibt, oder wo Boden und Klima den An—
bau des) äbefutters nicht begünftigen, wo das Land
feinen hoben Preis bat, der Weidegang den Bor:
zug. Bei lehterm bleibt das Vieh entweder, wo das
714 Rinforzando — Ring
Klima es erlaubt, Tag und Naht auf der Weide, ! Aörperteile als Hennzeihen von Gelübden oder
oder ed wird früh aus: und abends eingetrieben, Verpflichtungen eelsst, welden Gebrauch auch bie
Der Geldertrag der R. iſt bei genauer Bercd): Kirche aufnahm, n die Bauge in frübeiter
nung ber Fütterungs- und Abwartungstojten nur | Zeit in Bertretung des Geldes ald Kaufpreis der
dann bedeutend genug, dieſe zu tragen, jobald fie Braut dienten, jo erichienen doch auch on da:
tationell geleitet wird und in richtigen Berbält: | mald daneben bie Fingerringe al3 Symbol der
niffen fich befindet. Wenn man den Dünger in An: | Bermäblung, und die Kirche beiligte auch dieſe
ichlag bringt, jo u ge ſich jederzeit Vorteil bei der | ebenfowohl röm. als german. Sitte, indem fie,
—3* umal wenn der Landwirt nicht mehr | während zuvor der Verlobungsring bindend und
Bieh hält, als zu feiner Gutsflädhe in paflender | Hauptſache geweien war, jest die Trauringe,
Proportion fteht. Vol. Babit, «Anleitung zur R.» | mit Nüdjiht auf 1 Mof. 38, ı8 und 2 Moſ. 35, &,
(berausg. von A. Thaer, 4. Aufl., Stuttg. 1880); | durd den Briefter weihen und an den vierten Fin
Wildens, «Die Ninderraffen Mitteleuropas» (Wien | ger ber linfen Hand fteden ließ, weil nad alter,
1876); derjelbe, « Naturgefchichte der Haustiere» | jhon aus röm. Zeit ftammender Überlieferung von
(Dresd. 1880); Kühn, «Ernährung des Rindviehs⸗ diefem Finger eine Ader gerade nad) dem Herzen
(8. Aufl., Dresd. 1882); Fürftenberg und Rohde, | geben follte. Dem Boten, der jemand vor den
«Die R. nah ihrem jehigen rationellen Stand: | ürften lud, diente deſſen mitgegebener Ring , dem
puntte» (3. Aufl., 2 Bde., Berl. 1885). niemand die Folge verweigern durfte, zur Beglan-
Rinforzando (ital., jtärter werdend), abge: | bigung, und fdeidende Freunde teilten einen R.
kürzt rf., in der Muſit foviel wie forzando, oder eine Münze, um einjt die aneinanderpafienden
Rinfranoo (ital.), Erftattung der Auslagen. | Hälften ala Wahrzeichen zu gebraudgen. Die Kirche
Ning. Der R. oder Reif findet ſich faft * zählt den R. zu den Inſignien der Biſchöfe, als
alle Zeiten und Länder, in kreisrunder oder jpiral: | Symbol ihrer der Che zu vergleichenden Verbin:
förmiger Geftalt, je nad) der herridenden Sitte | bung mit der Kirche. it A. und Stab wird bie
als Schmuditüd verſchiedener Glieder, der Arme, | nveftitur (f. d.) vollzogen. Der Fiſcherring (i. d.)
Beine, Sußjeben, des Haljes, des Kopf, ber Nafe, | iit ein jeit dem 13. Jahrh. gebräuchliches pärftl.
am gewoͤhnlichſten ber Ohren und der Finger, dann Siegel. Eine der Symbolif des Trau: und Biichofs-
aber aud) zu anderm und häufig zu ſymboliſchem rings verwandte Handlung übte der Doge von Be-
Gebraudy wie auch als Amulete verwendet. Bei — er jährlich einen R. ins Meer warf.
den Morgenländern (Agyptern, Hebräern, Baby: | Wing nennt man in der Botanik ſehr vericie:
loniern, Aſſyrern und Bere) waren R. jeit äl- dene Gebilde. Am häufigſten wird diefe Bezeich-
nung für die ftark verdidten Bellen der Farnfporans
gien gebraucht. Diefelben liegen gewöhnlih in |
einer Reihe an ber Oberfläche der Sporangien und
|
tejter Zeit allgemein üblich, aud für die Männer
felbjt Ohrringe. In den Homeriſchen Gedichten
findet fi) von Fingerringen noch feine Spur, jedod)
bat Schliemann unter den reihen Schmudja
in den uralten Gräbern von Myfenä aud R. aus
Gold und Bronze, fowie mit Intaglioarbeit ge-
Denen Ohrringe waren bei den Griechen nur für
ie Frauen im Gebraud. R. mit nefchnittenen
Steinen aus jehr früher Zeit hat 2. Palma di
Gesnola auf Cypern gefunden. Den Römern,
welche den Gebraud der R. von den Gabinern
ober Etruslern berleiteten, dienten fie Jahrhun—
derte hindurch vorzugsweiſe nur zum Siegeln und
zu einem Unterſcheidungszeichen ber Stände. Bis
Habrian, ber e3 jedem freigeborenen Bürger ein:
räumte, war nämlich das Recht, goldene R. zu
teagen, auf die Senatämitgliever, höhern Magi—
itratöperfonen und Ritter beihräntt. Juftinian
ährte es aud) den Freigelafjenen. Es entwidelte
Rh bei den Römern in den R. ein großer Lupus,
bewirken durch die Hygroflopicität ihrer Wandungen
ein Aufreißen der reifen Sporangien. Se nad der
Lage des R. unterfcheidet man vertitalen R. (annu-
lus verticalis), querverlaufenden R. (annulus trans-
versalis) u.ſ. w. (Bol. ge rn und die dazugebö-
rige Tafel, Fig.8,D Er.) Außerdem bezeichnet
man als R. die manjdettenartigen häutigen Ge:
bilde an den Stielen vieler Pilze aus der Gruppe
der Hymenonigceten, wie z. B. beim Champignon,
Fliegenſchwamm n. a. (Bol. Tafel: Eßbare
Pilze, din 4, 8; Giftige Pilze, Fig. 3.)
Ring (Bar), beliebter Romanſchriftſteller, geb.
4. Aug. 1817 in ug rin Sbezirt Oppein),
itubierte in Breslau und Berlin Medizin und lieb
ih 1841 als praktiiher Arzt in Gleiwik wieder,
widmete ſich aber bald der ſchriftſtelleriſchen Thätig-
keit, nachdem er bereits 1840 einen Band Gedichte
beſonders durch die geſchnittenen Steine, Gemmen | mit Noris Fränkel herausgegeben hatte. R. wandte
und Ganteen an denſ . Bräute erhielten zur | ih nah Breslau, und fchrieb feinen erften, bei-
Berlobung von dem Bräutigam einen R. gefhentt ; | fällig aufgenommenen Roman «Breslau und Ber:
Trauernde legten die R. ab. lin» (2 Bde., Brest. 1849), ein Zeitbild aus der
Bei den Germanen waren R. aus Bronze ober | Märzrevolution, ferner die hiſtor. Romane «Tie
Gold, Eeinere aud aus Bernftein und Knochen, | Kinder Gottes» (Bresl. 1851) und "Der Große
als Schmudftäde für Finger (vingerlin), Ohren | Kurfürft und der Schöppenmeifter> (Berl, 1851).
(örgolt, Örrine) und Bruft (über welde fie an | Im J. 1850 fiedelte er nach Berlin über. Beion:
Schnüre gereiht herabhingen), namentlich aber für | deres Aufjehen erregten feine Romane «Werirrt
Kopf (und fpäter für den Helm), Hals, Beine und | und erlöft» (Gotha 1855) und «john Milton und
befonber3 für Arme (lektere vier Gattungen unter | jeine Zeit» (Frankf. 1857). Später erſchienen die
dem Namen bouc, Bauge, zufammengefaßt) feit | Romane «Das verlorene Geſchlechto (1867), «Fürkt
den Ürzeiten im Gebraug. (S. unter Armbän: | und Mufiferr (1869), «Götter und Göhen» (1870),
der.) Einen eilernen R. (annulus, Singereing) «Die Seelenfreunde» (1871), ·Unfehlbar⸗ (1873),
trugen zu des Tacitus Zeit kattiſche Krieger als | «Der große Krady» (1874), «Die Lügner» (1878),
Mertmal ungelöften Gelübdes, bis fie dur Tö: | «Goldene Ketten» (1881), «Berliner Kinders (1883)
tung eines Feindes ſich Davon ledigten. Auch bis |u.f.w. R.S eigentliches Gebiet iſt ber Zeitromcr,
ins Mittelalter hinein wurden R. um verſchiedene feine Stärke die Sittenſchilderung.
.
ee
— —80 —
Ningamfel — Ninghend
Ringamfel, f. unter Droffel.
Ringbinme,f. Anacyclus,
NRingdeich, j. unter Deich.
Ringdroffel, ſ. unter Droſſel.
— (Gold- und Silberringel), ſ. unter
Flitter.
Ringelblume, Pflanze, ſ. Calendula.
Mingelechſen (Annulata s. Amphisbacnoidea)
beißt eine Unterordnung der Echſen (ſ. d.), die
durch unterirdische Lebensweiſe, den Aufentbalt in
Ameifenbauen eine Neihe von NRüdbildumgen er:
fahren bat; jo haben die wenigen (etwa 20),
Spanien, Airifa und Südamerifa, intl. Weitindien
bewohnenden Arten die Ertremitäten bis auf rudi⸗
mentäre Borderfühe oder häufiger ganz verloren,
ihre Augen find von Haut überdedt und der Körper
iſt ſchlangenförmig geworden; dic A. fönnen vor:
und rüdwärts glei gut kriechen und fi) im die |
Erde einwühlen. Die Haut bat feine Schuppen,
gewinnt aber durch Ningfurden, die durch Over:
furchen verbunden find, ein getäfeltes Anfeben.
Eine häufige Art it Jbijara (Amphisbaena alba,
Zajel: Reptilien 1, Fig. 13), 50 em lang, braun
und unregelmäßig gelb gerinaelt, aus Brajilien.
Ringelgedicht, |. Rondeau.
Ringelnatter, j. unter Nattern.
erg enge eine Operation am Weinftod,
beitcht darin, dab man dicht unter den unteriten
Trauben mittels eines ſcharfen Meflers oder eines
eigens bierfür fonitruierten Wertzeugs (Ringel:
zange) unter Schomung des jumgen Holzes aus
der Rinde einen nur 2 mm breiten Ring aushebt.
Dieſe Bunde bewirkt , daß den über ihr —
Trauben ein geringeres Maß von Saft zugeführt
und dieſer vollkommener und ſchneller verarbeitet,
in Zucer, Weinſäure, Eitronenjäure, ſaͤure,
Onanthäther u. ſ. w. umgewandelt wird. Hier:
durch wird zunächſt das Fehlſchlagen der Beeren
(dad Härigwerben) verhütet und eine vollfonıme-
nere Entwidelung der Frucht und eine um 14 Tage
frühere Neife herbeigeführt. Tiefer Schnitt muß
ausgeführt werden, wenn die Blüten im Begriff
find , die Heine Hülle in Form eines Mutzchens ab:
ftoßen. Die fchmale, ringförmige Wunde ift in
Fat bis ſechs Wochen wieder vernarbt. Auch bei
Obſtbãumen iſt der R. von Grfolg, wird aber mei:
ſtens durch Einſchnürung mittels eines Draht:
ringes ericht. Auch bei frautartigen Gewächſen
bewirkt der R. eine raſchere und volltommenere
Ausbildung der Samen. [Inoten.
Ringelipiche (an Obitbäumen), f.n. Frudt:
Ningelipinner (Bombyx neustria, Tafel:
Schädliche Inſekten, Fig.4, Schmetterling)
heißt ein gelb: bis rotbrauner Spinner von 35 bis
45 mm Flügelbreite, mit einer duntlern, bellge:
Jänmten Querbinde auf den Vorberflügeln. Das
Weibchen befeftigt im Juli feine zahlreichen (gegen
400) Gier (Fig. 4*) ringweije nebeneinander nelegt
um bie jährigen Triebe der Obit: und anderer Yaub-
bäume, Anfang Mai trieben die dünnbehnarten,
blänlihen Raupen (Fig. 4") aus, die einen weißen
Rüdenjtreifen und neben diefem braune, gelb und
ſchwarz eingefaßte Längälinien haben; fie find jchr
fräßig umd daher jehr ſchädlich, bfeiben bis zur
him Häutung geiellicaftäweiie beieinander und
überjpinnen gemeiniam ihre Frefſtelle. Ta die
meilten Gier während des Winters von den Meiien
aufgefrefien werben, vertilgt man den Neft am
beiten im März; was überfehen wurde, verrät ſich
wiſſen,
715
als Raupe bald nach dem Auskriechen und müfjen
die Geſpinſte ausgeichnitten und verbrannt werden.
Ningeltaube (Columba palumbus) heißt die
größte, 43 cm lange, europ. Taube; fie ift blau:
grau, mit weißen — weißem Fleck an
jeder Halsſeite und auf dem Schwanz. Die R.
niſtet bis nach Standinavien auf Bäumen, beſon—
ders gern in Radelholzwäldern, und wird bisweilen
durch Vertilgung von Fichtenſamen namentlich den
Ausſaaten ſchaͤdlich.
Ringelwüchſe, ſ. unter Fruchtknoten.
Ningelwühler (Coeciliae) iſt ber Name einer
jehr merfwürdigen Lurdgruppe mit wurmförmi:
gem, geftredtem Körper, enditändigem Mund und
After, ohne Ertremitäten und Schwanz, mit ring:
weile in Faltenwũlſte gelegter Haut mit eingelager:
ten Knochenſchüppchen und nur gering entwidelten
Augen. Die merkwürdigen Tiere, über deren Ent:
a und Lebensweife wir nur noch wenig
eben in ben Tropen der Alten und Neuen
Welt unterirdisch nad Art der Negenwürmer und
ernäbren ſich von Inſelten, Aſſeln n. dgl. Einer
der häufigſten R. (Siphonops annulatus, Tafel:
Lurche l, Fig. 1) ift blaugrau mit weißen Ringeln
und bewohnt das tropiiche Amerifa.
Ringelwürmer, |. Anneliden.
NRingelzange, f. unter Gartengeräte,
Ningen, eine bei den alten Griechen jorgfältig
gepflegte und in ihren großen Feitipielen eingeführte
ymnaſtiſche Hauptübung, wurde in Deutichland
bon im Mittelalter —— getrieben. Bal.
Waſſmannsdorff, «Die Ringkunſt des deutſchen
Mittelalters, mit 119 Ningerpaaren von Albrecht
Dürer» (Lpz. 1870); «Die Ringerkunit des Fabian
von Auerswald 1539, erneuert von G. A. Schmidt»
(2pz3. 1869). Die neuere Turntunft hat das N, als
wertvolle Übungsart aufgenommen, und auf Turn:
feften begegnet man baber dem R. ala einer belicb:
ten Wettübung. Bal. Birmann, »Anleitung zum
Ringen» (Aarau 1870). Eine bejondere Art des
R. iſt das in ber Schweiz übliche und neuerdings
auch auf deutfi ME ———
ge ur wel F inger —— u vr
gerichtete Schwingboien tragen, an denen ſie ſich
beim Beginn de3 Kampfes zu faſſen haben, daher
derjelbe auch Hoſenlupf genannt wird. Bol.
N. Schärer, «Anleitung zum Schwingen und Rin—
gen» (2. Aufl., Bern 1883). ,
Ringerife, norweg. Landſchaft, eine fruchtbare
Ebene nordweſtlich und öftlih von dem Vinnenſee
Zyrifiord. — Die Rogtei Ringerike in Bus:
terubs: Amt zählt (1875) anf 1678 qkm 13218 E.
NRingerpferde (ringe Pferde) nannte man bie
ſchlechtet berittenen leichten Neiter, welche bie
Nitter außer den ſchwer gemappneten Knappen (I.
Reijige) ins Feld begleiteten und welche im Ge:
fecht jelbitandig verwendet wurden. Kaiſer Karl V.
bildete aus dieſen R. bejondere Kompagnien für
den leichten Dienit, melde ſpäter wegen ibrer
ſchwarzen Bruftbarniihe ſchwarze Heiter nnd
vom Anjange des 17, Jahrb. an, wo der Rame
N. außer Gebraud fam, Karabiniere oder Arke—
bufiere genannt wurden. [(der Haustiere).
Ringflechte, ſ. unter Hautlranfheiten
Ringgoldgruppe, ſ. unter Fidſchi-Inſeln.
Stinabemb bieb ein bemdartiger, aus ver:
nieteten Drabtringen zufammengeiekter Panzer
mit kurzen Armeln, der vom 11. bis zu Ende des
15. Jahrh. über einem ledernen oder geiteppten
716
Wams in Deutſchland und fpäter auch in Frank—
reich (Gamboison genannt) getragen wurde. Schon
vorber hatte man Schuppen: und Hlettenpanger ge:
tragen, und nad; der 1306 zu Nürnberg erfolgten
Erfindung des Drabtziehens wurden R. allgemeiner
gebräuhlih. In Jtalien wurden die R, als Bri:
gantinen bezeichnet.
Ringkette, ſ. unter Kette. —
Ningkjöbing, Hauptſtadt bes Nin ——
amtes am Ringkjöbingfijord im weſtl. Jütland,
Station ber Linie Lundersfov:Barde-Langaa der
Dünifhen Staatsbahnen, zäblt (1880) 2035 €.
Handel, Induſtrie und Schiffahrt find unbebeu:
tend. Das Amt Ringkiöbing zählt auf 4555,83
qkın (1880) 87406 €.
Ringfnorpel, j. unter Kehlkopf.
Ningfugel, ſ. Armillaripbäre
Ringmafchine, Soviel wie Wringmafdine,
Ningofen (frj. four annulaire, engl, aunular
furnace), im allgemeinen jeder Dfen, bei weldem
die Kontinuität des Betriebes durch —**
Anordnung der Brennräume erreicht wird. Na:
mentlich findet das Syitem der R. Anwendung bei
Hall: und Gementöfen, jowie bei Brennöfen für
Thonwaren aller Art, insbeſondere bei Ziegelöfen.
(©. unter Thbonwarenfabrilation.)
Ningpilz, ſ. Butterpilz.
Ningrennen, ſ. unter Karuſſell.
Ringrohr, f. unter Armitrongfanone,
Ningipindel oder Niagarafpindel (fr.
eontinue, * ring-spindle), an den Waterma⸗
ſchinen für Baummolle und für Streihgarn ( |:
unter Baummollinbuftrie und unter Woll:
—————— eine verbeſſerte Spindel, aus einem
Metallring mit didem Rand beſtehend, auf dem eine
im Kreis herumlaufende Oje als Fadenführer dient.
Ningfted, altes Städtchen im Sord:Amt auf
ber dän. Inſel Seeland, Station der Linie open:
hagen:Koriör der Seeländiſchen Eifenbahnen, zählt
(1580) 2127 E, In der aus dem 11. Jahrh. ſtam⸗
menden Benediltinerlirche find die —— der
drei Könige Waldemar und anderer Fürſten.
Ningtwaldt (Bartholomäus), deutſcher Dichter
bes 16. Jahrh., neb. 1530 zu Frankfurt a. O.,
wurde 1567 Prediger zu Langfeld bei Sonnen:
burg in ber Neumark und ftarb zwiſchen 1598 und
1600. Seine größern didaltiſchen Gedichte fanden
bei feinen Beitgenofjen großen Beifall. Die wid)
tigften find «Die lautere Wahrheit, barinnen an:
gezeiget, wie, fih ein Weltliher und Geijtlicher
Kriegsmann in jeinem Beruf verhalten fol» (Erf.
1585 u. ſeht oft), «Chriftl. Warnung des trewen
Edart3» (Frantf. a. D. 1588 u. öfter) und das
Speculum mundi» (Franlf. 1580 u. öfter), lehteres
-in dramatiihes Sittengemälde. Die Erfindung
in dieſen Poeſien iſt unbedeutend, das Ginzelne
aber lebendig ausgeführt. Dabei beruht alles auf
gejunder Anſchauung und wird von einer tüchtigen
Geſinnung —— R.s geiſtliche Lieder find meiſt
in bie evang. Geſangbücher übergegangen. Sie find
1581—86 in drei Sammlungen erſchienen. Bol.
Hoffmann von Fallersieben, « Bartholomäus N.
und Benjamin Schmolfe» (Bresl. 1833); wieder
abgedrudt in deſſen «Spenden zur deutichen Litte:
raturgejchichte» (Bd, 2, Lpz. 1844).
Ringworm (engl.), ſcherende ilechte (Herpes
tonsurans), eine durch Pilzwucherung bebingte | und fonjtituierte fih unter der Präfidenti )
r (Haustiere). | Generals Juan Joſe de Flores al3 unabhängige
Ringwurm, ſ. unter Hautfrantheiten (der | Nepublit GC
Hautlrankheit. (S. u. Herpes.)
Ringkelte — Niobamba
Nink (Joh. Chriftian Heinr.), beutfdher Orgel:
fpieler Sn — — geb. 18. Febr. 1770 zu
gersburg im Herzogtum Gotha, zeigte frühzeitig
mufilaliihes Talent und machte feine Stubien
unter bem Organiften Kittel in Erfurt. Im J. 1790
wurde er Organift in Gießen, 1805 Stabtorganiit,
Kantor und Mufidireltor in Darmftabt, wo er
1813 Hoforganift und 1817 wirklicher Kammer:
mufifus wurde. Gr ftarb dafelbit 7. Aug. 1846.
R. hat eine grobe Anzahl Fugen, Präludien, va:
riierte Choräle, fibungsftüde u. ſ. w. geſchrieben,
auch einige wertvolle kirchliche Gantaten. Die vor:
züglichiten feiner Werte find feine «Drgelvoripiele»
ag 1806), fein «Choralfreund, oder Studien
r das Choralipiel» (2 De 1832), endlich
feine Choralbücder. Als ieler zeichnete er
fich durch Klarheit, treffliche Regiſtrierung und edle,
dabei doch fehr populäre — des änfern:
ment3 aus, was auch von feinen Kompofitionen
gilt, die in den betreffenden reifen noch immer
als Mufter angeichen werben.
Rinmannd Grün, Kobaltzinloryb, f. unter
Kobalt(:Berbindungen d).
Rinnleiften, ſ. Karnies,
Rinteln, Kreisftabt im preuß. Regierung&bezirf
Kaſſel, pw Hauptitabt der kurheſſ. Grafichaft
Schaumburg, an der Weier, melde bier bie Erter
aufnimmt, und an der Linie Elze-Lohne ber Breu-
hiden Staatöbahnen, in bergiger Gegend gelegen,
ft Sik eines Landratsamt und eines Amtsgerichts
und zählt zen 4334 meijt prot. E. Die früber
befeftigte Stadt iſt ziemlich gut gebaut, hat gerade
Straßen, befipt zwei Kirchen, darunter die aus dem
13. Jahrh. ftanımende, in neuefter Zeit vollitändia
reitaurierte Nitolaikirche, und ein Schloß, welches
jebt ala rg ee bient. Die von dem
riten und Grafen Ernft III. zu Holitein und
— 1619 zu Stadthagen geſtiftete und
1621 nach R. verlegte Univerſität wurde 10. 2
1809 vom Könige von Weftfalen aufgehoben. An
Stelle derfelben wurde unter der kurheſſ. Regierung
1815 ein Gymnaſium begründet. Die Bevölterung
treibt a ah SEE
ndel, Steinhauerei, Getreidehandel und Schiff:
abrt. In der Rähe der Stadt, auf einem boben
lien, am rechten Ufer der Mefer, iegen das ver:
allene er Schaumburg und die Aren&burg.
Lehtere befindet nah im Befis des Fü von
Büdeburg. — Der Kreis Rinteln zählt (1880)
auf 452 qkm 39554 meijt prot. E.
io (Ipon. und port.), Bf
Rio, Stadt auf Elba (j. d.).
Mio (Julian Sanz del), ſpan. Gelehrter, f.
Sanz del Rio (Julian),
Nis, japan. Goldmünze, f. Kobang.
Rio:Atrato, Fluß in Columbia, ſ. Atrato,
Niobamba, Gajabamba, Hauptitadt ber
rovinz GChimborazo der ſudamerik. Republil
uador, 35 km ſüdöſtlich vom Chimborazo,
2650 m über dem Meere, hat 16000 E., viele
Kirchen und Klöfter, fowie ftarte Induſtrie in wol:
lenen Deden und Sadleinwand. Bis 1797, wo
fie durch ein Erdbeben zerftört wurbe, lag bie
Stadt 5 km von ihrer Jebioen Stelle entfernt.
Auf dem Kongrek zu R. (Mai 1830) fagte ich die
Landidaft Quito von der Republit Co — =
cuador.
Rio Branco — Nio de Janeiro 717
Rio Branco, Fluß in der brafil. Provinz
— f. Barima (Kio).
R
Von den öffentlichen Gebäuden find erwähnens:
wert: die Kathedrale Igreja do Garmo, die Yareja
chico, Alanje, Hafen bed zum Staat Pa: | da Gloria, bas Kloſter Säo: Antonio, das Vene:
nama gehörigen Departements Chiriqui (f. d.).
Rio Euarto, ſ. Concepcion bel Rio
Guarto.
Rio da Badräo, alter Name des .. (j.d).
Rio de Janeiro, die Haupt: und Nefiden;-
ftabt des Kaiſerreichs Brafilien, liegt unweit des
Eingangs in die große, inſelreiche Bai gleichen
Namens, an deren weitl. Ufer, und bildet mit ihrer
nädjten Umgebung einen unabhängigen Verwal:
tungsbezirt (municipio neutro) von 1394 qkm
mit (1883) 435568 E., wovon 32103 Sklaven.
Der Eingang der Bai, die von den eriten fie be:
fuchenden europ. Sciffahrern für die Mündung
eines großen Stroms gehalten und Januarfluß be:
nannt wurde, wird durd) das Fort Sta.: Cruz
am Djtufer verteidigt. Am Weſtufer liegt das
ort São-João und zwiichen beiden das Fort
age auf einer Feljeninfel, Tiefer im Innern
ber Bai befinden ſich nod auf Heinen —*
das Fort Villegaignon und die Kapelle Noſſa
Senhora da boa Viagem, wo ſich die Seefahrer
[rates Glüd auf die Neife erbaten. Auch bie
iht am Feſtlande neben der Stadt liegende
Schlangeninfel (Ilha das cobras) enthält einige
Befeitigungen. Diefelbe ift aber befonders wid:
tig durch ihr feit 1861 vollendetes Trodendod,
in dem Schiffe von beträdtlihem Tonnengebalt
ber Reparatur unterzogen werden können. Die
Stadt iſt von zahlreichen, mit üppiger Vegetation
bededten Hügeln, an deren Lehnen ſehr viele reis
ki zen er liegen, umgeben. Die eigents
iche oder alte Stadt, auf einer Halbinfel gebaut,
* ſchmale, mit Granitwürfeln gepflafterte Stra:
en, viele jolide, zwei Stodwert hohe Häufer mit
— ſteilen Treppen. Die Wohnungen der Vor⸗
ftädte find durchſchnittlich freundlicher, und befons
ders zeichnet fich die vr Süden längs des gleich:
namigen Meerbufens ſich erftredende Borftadt Bo:
tafogo aus. N. zählt (1883) 350000 E., darunter
viele Fremde, teild Europäer, befonders Portus
giefen und Staliener, teild Amerilaner aus ans
dern Ländern des weitl. Feitlandes. Unter den 13
öffentlihen Plägen der Stadt ift der bedeutendſte
der Campo de Sta.:Anna, fpäter Praga de accla-
macäo (weil bier Pedro 1. zum Kaiſer ausgerufen
murde) oder Ehrenfeld (Campo de honra) genannt,
jeßt zu einem prachtvollen Part umgewandelt.
Andere Pläge find der Konftitutionsplap (Plaza
de constituigäo, früher Largo do rocio), mit ber
1862 aufgeftellten Reiterjtatue des Haiferd Dom
Bedro 1., und ber Largo be —— de
Paula mit der Dronjehaine de3 Joſe Bonifacio de
Andrada Silva. N, ift Sik des Oberjuftiztribu:
nal3, eines Appellationstribunals, eines Handels:
erichts, eines Biſchoſs, hat 72 Kirchen und Bet:
äujer, worunter je ein Bethaus der engl., ber
deutſch evang. und der presbyterianiſchen Gemein:
ben, 7 Klöjter, eine mediz. Fakultät, eine Fakultät
ber Philoſophie (Kolleg Pedro LI.), eine polytech⸗
niſche Schule, eine Kriegsihule, eine Marineichule,
eine Bergihule, zwei Gymnajien, eine Handels:
ſchule, eine Zaubitummen: und eine Blindenanitalt,
eine Alademie der jhönen Künfte, ein Muſilkonſer—
vatorium und eine Gewerbeidhule, viele Biblio:
thefen, eine Sternwarte, ein Rationalınufeum und
einen botan. Garten,
diftinerklojter, das Zollhaus (Alfandega), die neue
Börfe, das Marinearjenal, das Zeughaus, die Na:
tionalbibliothef, das Iheater Säo: Pedro d'Alcan⸗
tara, das große Spital Mifericordbia, das Irren—
Ipital Dom Pedro II., das Spital der portug.
Hilfsgeſellſchaft, die nationale Buchdruderei, das
Miniſterium des Innern, das des Ackerbaues, ver:
ſchiedene neue Schulgebäude u. ſ. w. Der laiſerl.
Palaſt in der Stadt, ehemals Reſidenz der porlug.
Vizelönige, iſt ein altes, ſchlechtes Gebäude; hin:
gegen iſt die gewöhnliche Winterrefidenz der kaiſerl.
Familie Boa⸗Viſta, in dem Kirchſpiel Säo-Chriito:
vio nahe bei R., ein zwar einfacher, aber hübjcher
Bau in herrlicher Umgebung. Gin interejlantes
— =
—— —
—— —
HI EEE
7
ATLARTZOCHAN
— —
Topographiſche Lage von Mio be Janeiro,
Baubentmal bildet die zum Teil auf zwei über:
einander gebauten Säulenartaden von 9 km Länge
verlaufende Waſſerleitung, die um die Mitte des
17. Jahrh. vom Gouverneur Alvarenga begonnen
und 1723 vollendet, fpäter aber nody mehrere mal
wefentli verändert und erit 1829 ganz fertig
wurde. Cine großartige, über 80 km lange Wajler:
leitung wurde in neuejter Zeit vollendet. Die ganze
Stadt ift mit Pferdebahnen bis in die entlegenften
Vorftädte durchzogen. Cine Zahnradbahn führt
nad) den 712 m hohen Corcovado, wo man frijdhe
Luft und eine pradptvolle Fernſicht genießt. Die
Stadt ift ferner mit einem Syitem von Abzugs—
räben verſehen und dadurch iſt dem Gelben Fieber
ehr bedeutend Einhalt gethan. Der — —
Großhandel der braſil. Hauptſtadt iſt vorzüglidy in
Händen von engl., franz., deutſchen und portug.
Kaufleuten. Von R. führt die Dom:Pedro:Bahn
ind Innere, eine Zmweigbahn verbindet R. mit
Säo: Paulo, ein anderer Zweig iſt die Yeopoldina:
bahn. Die er Ausfuhr beiteht hHauptiädh:
li) aus Kaffee, Zuder, etwas Baumwolle, Tabal
118
und Diamanten. Die Einfuhr umfaßt un und | Deean.
0
nordamerif. Manufalturen, Eiſen, Steinlohlen,
Salz, trodenes Fleiſch, Weizenmehl ‚ Butter, Spi:
rituojen u. ſ. w. Der lebhajte Küftenhan —
der Hauptſtadt vorzüglich Lebensmittel (Bohnen,
Mais, Reis u. |. w.), ferner Kaffee und Zuder für
den Grport zu und verfieht mehrere Provinzen mit
ausländiihen Marktwaren. Die nad) der Südjce
und Ditindien beftimmten Schiffe nehmen oft im
Hafen von. Waſſer, Lebensmittel und am ein.
Die Provinz Nio de Janeiro zählt, ohne
das Municipio Neutro der Hauptitabt, (1883) auf
68982 qkın 988831 E., wovon 258238 Sklaven.
Ihre Hauptftabt ift Nictheroy am öjtl. Ufer der
Bai, gerade ber Stadt R. gegenüber gelegen , ein
bedeutender Ort mit 16000 E., welde meiſt in R.
befhäftigt find. Bon Nictheroy führt eine Eijen:
babn nad Nova⸗Friburgo. Gemüfe werben in der
nächſten Umgebung maſſenhaft erzeugt. Die Pro:
vinz ift gebirgig und a Die Haupt:
gebirgägige find die der Küfte parallel laufende
Serra do Mar und die Serra da Mantiqueira,
Hauptitrom ift der Rio Parahyba do Sul (f. d.),
an deſſen unterm Berlaufe am Südufer die auf:
blühende Stabt Campos (f. d.) liegt. Das Klima
der Provin zeigt ſich an der Küfte heiß, wenn
auch durch die Seewinde gemildert, in ber Serra
angenehm, gefund und auferorbentlich fruchtbar.
Die wichtigsten Erzeugnifie des Landes find Kaffee,
Auder, von denen befonders erjterer in großartigen
Plantagen kultiviert wird. Aus den Wäldern wer:
ben kojtbare Nußhölzer gezogen.
Rio Doce, Fluß in Brafilien, entipringt am
Dftabhang der Serra bo Espinhago in ber Provinz
Minas-Geraes, durchfließt ben ganzen SD. diefer
Provinz, in welchem er links die nl re
Säo:Antonio und Urupuca, rechts den Manhusufiu
aufnimmt, durchbricht die Serra dos
wobei er in die Provinz Espirito⸗Santo tritt, bildet
bei Porto de Souza bedeutende Waflerfälle und
mündet nad) 593 km Lauflänge in den Atlantifchen
Drean. Bor ber Mündung liegt eine aroße Barre.
Rio Dulce, Flub in der Argentiniihen Ne:
publik, entfpringt al3 Rio Tali in mehrern Quell:
armen am Dftabhang ber Serra de la Frontera
und am Weftabhang der Serra Tucuman im ©.
ber Being Salte, durchſtrömt in vorherrſchend
ſudſudöſtl. Richtung die Provinzen Tucuman und
Santiago del Eſtero, wobei er die gleichnamigen
Hauptitäbte derſelben berührt, und mündet nad)
einem Laufe von 590 km in die Laguna de [08 Po—
rongos (d. h. Sumpf der wilden Eitronenbäume)
als Saladillo; lektern Namen nimmt er Ib
an, weil er = feinem untern Laufe durch die Salz:
wüjte das uriprünglich fühe Waſſer (daher Rio
Dulce) reichlich mit Sa gefättigt bat.
Rio Grande (Grand Niver), Fluß in den
Vereinigten Staaten, j. Colorado.
Rio Grande, brafil. Fluß, f. Araguap.
Rio Grande, in feinem untern Laufe Mota—
era, Fluß in der mittelamerit. Republit Guate-
mala, mündet nad) einem Laufe von 370 km in den
Golf von Honduras des Karaibiſchen Meeres.
Rio Grande, Fluß in Senegambien, entipringt
nordiweitlich der Stadt Labe in Futa Djallon, zwi⸗
ſchen Mont:Bellat und Mont-Bolima, bat einen
vorherrſchend weſtl. Lauf von 500 km, von denen
100 km j&iffbar, und mündet in mehrern Armen
gegenüber den Biſſagos-Inſeln in den Atlantiichen | gedeihen.
Aimores,
Nio Doce — Rio Grande do Sul
Lints am füblichjiten Mundungsarm liegt
die franı- Befisung Biſſasma, auf einer Inſel vor
dem Delta des Stroms ba3 portug. Fort *
Rio Grande de Belmoute, auch Jequitin-
bonba, Fluß in Brafilien, entipringt in der Pro—
vinz Minas-Geraes, auf dem nordweitl. Abhang
der Serra do Eapinhago, ummweit des Drtes Serro,
etwa 35 km füdlih von der Stadt Diamantina,
nimmt rechts den Rio Araſſuahy auf, tritt unter
balb Säo:Sebaitiäo do Salto Grande in die Pro—
vinz Bahia und mündet nah einem Laufe von
740 km bei Belmonte in den Atlantiihen Ocean.
Stromfchnellen und Waflerfälle erſchweren bie
Schiffahrt auf dem R.
io Grande dei Norte, Fluß in deu Bereinig-
ten Staaten, j. Norte.
Rio Grande de Santiago, Fluh im merif.
Staate Jalisco, in feinem obern Laufe bi3 zur Ein:
münbung in ben Zago de Ch RiodeLerma
(f. Lerma, Rio de), verläßt den See Chapala mit
einem Waflerfall, nimmt recht3 den Nio Verde und
eher andere Rebenjlüffe auf, durchbricht die
Küftenlette des merit. Hochplateaus in einer Reihe
Schöner flaäfaden und mündetnah816 km Lauflänae
30 km nordweitlih von San:Blas in den Großen
Dean. Die ftarfe Strömung des Fluſſes erſchwert
die Schiffahrt ſelbſt auf defien tu Unterlauf.
Niv Grande bo Norte, braſil. Küftenprovins
an ber Nordoſtede des ganzen Reichs , nördlich und
öftlich vom Atlantiiden Ocean weitlich von der
—— ſudlich von den Provinzen Bernam:
buco und Parahyba begrenzt, zählt auf 57485 qkm
269 051 E., darunter (1884) 7209 Sklaven. Im
D. des Landes erhebt fi die Serra Borborema,
weldhe nad D. nur unbedeutende Küftenflüffe ent-
ſendet, darunter den Nio Grande do Norte. Der
Weiten ber Provinz wirb von den kurzen fetten der
nah Gearä hinüberreihenden Serra do Apody und
auf der Grenze von Parahyba von der Serra Ba:
jehu durchzogen, und in füdnörbl. Richtung von dem
nur für Boote fahrbaren Rio Apody und dem aus
Parahyba kommenden Rio das Piranhas (Rio
Aſſu) durchſtrösmt. Bis auf die fandige und wenig
rer ag Ay Küftenebene ift die Provi
ügelig. 3 filima iſt fehr heiß, aber gefund.
Die Küfte it durch Niffe und Sandbänle faft un:
zugänglid. Hauptprodufte find Baummolle und
Zuder; aud wird viel Rindvieh ausg
den überfeeifhen Handel it außer dem Hafen der
auptitadt Natal (f. d.) nur noch der Heine von
o ſſoro (Barra do Moflord) an der Mündung
des Rio Apody geöffnet.
Rio Grande do Sul, füdlihfte Provinz Bra-
filiens, offiziell Sã o Pedro do Rio Grande do
Sul, bat auf 236553 qkm eine Bevöllerung von
568703 Seelen, wovon (1884) 60136 Sklaven und
69000 Städtebewohner ind, neben über 30 000 ader:
banenden deutichen Roloniften. Die Provinz grenzt
im ©. an die Republit Uruguay, im D. an den At:
lantiſchen Ocean, im N. an die braiil. Brovin;
Santa:Catharina und it im W. durch den Uruguay
von der Provinz Corrientes der Argentinifhen Ke-
publif getrennt; nad) ihren Bodenverhältniften und
ihrem Klima fann fie in drei Zonen eingeteilt wer-
den. Die nördliche von der Grenze der Brovin;
Sta.:Gatharina bis zum Nio Vardo ift gebirgin,
größtenteils mit Urwald bededt, mit beiten, oit
weiten TIbälern, in Denen noch intertropifche Fruchte
Die zweite Zone vom Rio Bardo bis
Nivja (Landihaft) — Rioja (Francisco de)
zum Parallel von der Hafenjtadt Rio Grande do
Surf ijt offen, die Hügeljüge find niedriger, die Wäl:
der von Weideland unterbrodgen; das Klima zeigt
ſich bier geſund und angenehm und geltattet der jub:
tropischen Begetation volljte Entwidelung. Die
dritte Zone endlich nimmt den fühl. Teil der Pro:
vinz ein und befteht faft nur aus wellenförmigem
Weideland, da3 den Charakter der Pampa trägt,
und auf dem eine ſchwunghafte Pferde: und Rind:
viehzucht getrieben wird. Die Küfte der Vrovinz
iſt meift flach und fandig und bat faſt nur jchlechte
und gefährliche Anterpläße. Eigentümlich find die
großen Strandieen, befonders die 10837 qkm große
Yagoa dos Patos (Entenfee), an deren Nordende
die Hauptſtadt ber Provinz liegt, und die mit der
3634 qkm großen Lagoa Mirim (Stleiner See), die
fich bis zur Nepublit Uruguay ausbehnt, in Berbin:
dung Steht. Ihre Zuflüfie find bejonders der vom
nördl. Ende des Lagoa dos Patos einmündende
Hauptfluß Jacuhh, mit jeinem nördlichen bis San:
Leopoldo jchifjbaren Zufluffe Rio Sinos und der
Gamaquä oder Camacuam; ihr Abjluß der Rio
Grande do Sul, der bei der gleichnamigen Hafen:
ftadt die Paguna verläßt und ſich nad einem Laufe
von 12,4 km in das Meer ergieht. Die Tempera:
tur ijt etwa die der Norbtüfte Afrikas. Die bg ⸗
niſſe der —— in erſter Reihe die der ieh.
zucht, Pferde und Maultiere werben alljährlich zu
vielen Zaufenden zum Verkaufe nad dem groben
Martte von Sorocaba in der nörbl. Provinz; Sans
Paulo getrieben. Außerdem werben Hundert:
taufende von Rindern für den Erport geichlachtet.
Man falzt das Fleiſch ein und trodnet es an der
Luft (Xarque und Carne secca) und treibt damit
nad) den nördl. Häfen des Reichs Handel, Die
Waldprodulte find koſtbare Holzarten und Para:
guaythee. Die Aderbauerzeugniſſe find Mais, Reis,
Bohnen, etwas Lein, Weizen, Roggen, Gerſte, aud)
Zuderrohr und Kaffee in freilich unfihern Ernten.
Eiſen, Kupfer, Zint und Gold (Wäſchereien bei
Gasapana) finden fich in nicht unbebeutender Menge;
ferner Amethyſte und Bergfryftalle, Halbedeliteine,
beſonders Achate und Jaſpis, tommen ma jiem:
licher Menge zum Grport. Im fübl, Zeile der
Provinz find bedeutende Kohlenlager.
„ Die Hauptitadt ber Provinz und eine Hafenftabt
it Porto-Alegre (j. d.). Wichtiger ala dieſes ift
die am Ausfluſſe der Lagoa dos Patos gelegene
Hafenjtadt Rio Grande oder Säo-Pedro mit
gegen 19000 E., worunter viele Deutſche. rg Yan
iſt der Siß eines Appellationstribunals, eines Han:
delsgericht®, eines deutichen Konſulats (Amtsbezirk
der ſüdöſtl. Zeil der Provinz), eines bedeutenden
überjeeiihen Handelsverlehrs und bietet zer
von 4,5 m Tiefgang nod) einen fihern Hafen. Die
Ginfuhr befteht in Mehl, Salz, Steinlohlen, Bein,
Epirituofen, Baumwollwaren und Schuhwerk, die
Ausfuhr in Häuten, Haar, Wolle, Tabak, Maniot:
mebl, Fett, Yerba mate und gebörrtem Fleiih. R.
it Station des Norddeutſchen Lloyd und der Ham:
burg: Sübamerilanifhen Dampficiffahrt. Die Im:
gegend der Stadt bietet eine troftlofe Sandfläche.
In feinem Teile Brafiliend hat die deutiche Kto:
lontjation mehr Fortichritte gemacht wie in diejer
Provinz, Hauptniederlafiung iſt die etwa 43kmvon
Porto:Alegre entfernte Kolonie San:Leopoldo,
nit einer wohlhabenden, Aderbau und Induſtrie
treibenden Bevöllerung von 1500 E, Bol. Mulball,
«ltio Grande do Sul and its German colonies »
719
(2ond. 1873); Lange, «Sübbrafilien» (Berl. 1882);
«Die deutichen Kolonien der Provinz R.» (2p3.1881).
Risja, getreide: und weinreihe altcaitil. Land:
Schaft in der jpan. Provinz Fogrono, rechts längs
de3 Ebro, benannt nad dem Flüßchen Rio Dia,
welches auf dem Norbabhange der Sierra be la
Demanda entipringt und ſich unterhalb Gaja la
Reina mit dem Tiron vereinigt.
‚ Rioja (Va), eine der weitl, Provinzen der Argen:
tiniſchen Republik in Südamerika, zwiihen 27%
und 32° jüdl. Br. und 65 und 70° weſtl. 2. (von
Greenwid), 89685 qkm groß mit (1882) 87.000 E.,
ift im W. zum Teil gut bewäflert, wo ſich die Sierra
ven zu 6024 m erhebt, im O. und ©. unfrudht:
re — und Sandebene, faſt ganz ohne Waſſer
und Wald. Der Hauptfluß iſt der Bermejo (im
Oberlaufe Rio Jague); er durchfließt das lange und
ſchmale Thal zwiichen Sierra de Guandacol und
Sierra de Vinchina, das ftellenweife jehr fruchtbar
und ergiebig an Weizen ift. Das trodene Klima
zeigt große Differenzen zwijchen Sommer und Win:
ter. Regen fällt fait nur vom Dezember bis März;
die ſchönſte Jahreszeit ift ber Winter (Juli bis Ende
September), in welchem fich aber der Schnee auf
den Bergen nit hält. Furchtbar find im Sommer
die erjtidend heißen Nordwinde mit ihren falzigen
Staubmwolten. Indes gilt da3 Klima für geſund.
Bewãſſerung macht den Boden fehr fruchtbar. Das
Gebirge ift rei an Erzen, auch an Gold und Sil:
ber, die Yagerftätten find aber ſchwer zugänglich.
Die Bewohner, meiſt Mifchlinge, find teils Ader:
bauer in den Thälern, teil unter einheimifchen
Häuptlingen lebende Viebzücdhter; den beiten Teil
bilden die Indianer der Anden. Bortrefflich jind
ber gewonnene Weizen, der Wein und die Orangen.
Das Land zerfällt in fieben Departements. Die
Hauptitadt Pa Rioja, in 507 m Höhe, liegt am
Weitrande der großen Ebene, an der Sierra Velasco
und zählt (1869) 4489 E. Sie wurde 1591 gegrün:
det und iſt gänzlich verfallen.
Ridja (Francisco de), fpan. Lyrifer, um 1600
zu Sevilla geboren, ftudierte anfangs die Rechte:
wiſſenſchaft, dann Theologie, erhielt durd) den Mi:
nifter Dlivarez eine Präbende am Domtapitel von
Sevilla, wurde Neihshiftoriograph, Inquiſitor zu
Sevilla und endlich Inquiſitor des oberſten Tribu:
nal3 de3 heiligen Officiums. Infolge des Sturzes
feines Gönners geriet er in Kerlerhaft, wurde je:
doch, nachdem feine Unschuld erwiejen, befreit und
zum Direltor der königl. Bibliothel und Nepräfen:
tanten ber Geiftlichfeit von Sevilla zu Madrid er:
nannt, wo er 1659 ſtarb. R. bildete ſich, gleich dem
ihm geiltesverwandten Herrera, nad) den klaſſiſchen
und ital. Muſtern, vorzüglid nach Horaz und Ge:
neca und bielt ir in Stil und Sprade rein von
den Verirrungen feiner Zeitgenofien. Seine «Sil-
vas», Bilder des Landlebens, find befonders voll
Anmut und Naturwahrheit. Das _berühmtefte der
ihm zugefchriebenen Gedichte, Die «Dde an die Ani:
nen \jtalicas» (Stadt bei Sevilla), vereinigt tiefes
elegiiches Gefühl mit kräftigem Gedantenflug.
Neuerdings iſt jedoch von dem Pitterarhiltoriter
Aureliano Fernandez Guerra y Orbe nachgewieſen
worden, daß nicht R., fondern der Licentiat Rodri—
que Garo der Berfaffer dieſer Ode («Memorias
e la Academia» 1870) ift. Lope de Bega bat R.
in einer feiner ſchönſten Epijteln gefeiert. Seine
Gedichte erſchienen erſt ſpät gefammelt mit denen
anderer andalufifcher Dichter in der «Coleccion» des
120
Don Ramon Fernandez (Bd. 18, Madr. 1797) und
felbitändig von E, Alberto de la Barrera y Leirado
(«Poesiasde Francisco deR.», Madr. 1867) heraus:
egeben. Einige Inedita enthalten die von dem;
Pelben Gelehrten veröffentlichten «Adiciones ä las
Poesias de Francisco de R.» (Sevilla 1872). Auf:
genommen wurden R.s Dichtungen aud) in die «Bi-
blioteca de autores espaüoles» (Bd. 32, Madr.
1854). Das poetische Sendſchreiben «La epistola
moral a Fabio» ijt nad) A de Caſtro («La epistola
morala FabionoesdeR.», Cadir 1875) nit von H,
Niolen, ſ. Rigolen.
Riom (mittellat. Rigomagus), Hauptſtadt eines
Arrondijiements im franz. Depart. Puy:de:-Döme,
ehemals des Herzogtums Auvergne, Station ber
Yinie Et.:Germain des Foſſes-Nimes der Paris:
Lyon:Mittelmeerbahn, 13 km nörblid von Gler:
mont, auf einem Heinen, von der Ambene umfloj:
fenen Berge reizend gelegen, it Sig eines Appella-
tlonsbofs für vier Departentents, eines Aſſiſenhofs
ſowie einer Aderbaulammer. Der hübſchgebaute
Ort hat breite, mit Fontanen gezierte Straßen,
aber durch feine aus Lavageſtein von Volvic auf:
geführten Häufer ein duſteres Anjehen. Bemerlens:
werte Gebäude find: die —— 1382 vom
erſten Herzog von Auvergne erbaut und zu Ende
des 15. Sabı . reitauriert, ein fchöner got. Bau mit
Glasmalereien; die Kirde St.:Aimable, eine Wi:
fung aller Bauftile des 12. bis 18, Jahrh. mit ele:
ganter Kuppel; die Kirche Notre: Dame du Mar:
thuret, erneuert im 15. Jahrh. N. erhält fein
Waſſer durch einen Aquäduct von VBolvic her und
bat ihöne Promenaden — darunter eine mit der
Denlſaͤule bes Generals Deſaix. Der alte herzogl.
Palaſt it jebt, ganz erneuert, YJuitizpalaft. Ein
achtediger Uhrturm ftammt aus dem 15. Jahrh.,
gewährt eine reizende Ausficht über die Yımagne
und in das Auvergner Gebirge, Die Stadt hat
ein College, eine öffentliche Bibliothek, ein Muſeum
mit 200 Gemälden, ein Theater, ein Gentralgefäng:
nis, ein Gentralzudthaus für Männer, ein Irren—
haus und ein Hoipital. Sie zählt (1881) 8552 E.
(Gemeinde 10304), die Prof, Strobhüte, Yein:
wand, Niemzeug, Meſſer, Branntwein, Ol und Kar:
tojfelmehl fabrizieren und viele Gerbereien, auch
roße Schneidemühlen, Hanfwebereien und Woll:
pinnereien eh ae Bebeutend iſt der Handel
mit Getreide, Mehl, Wein, Nuböl, Apritoien, Dlar:
melade, Macs, Hanf, Flach, Yeder, Leinwand und
Vieh. NR. war zur Zeit Gregors von Tours im
6. Jahrh. noch ein Dorf und wurde durch König
Johann 1360 Hauptitadt des für feinen Sohn Jo—
hann von Berri errichteten Herzogtums Auvergne.
Etwa 5 km norbmeitlid von WR. liegt das Dorf
Chätelguyon, ein Badeort mit 1600 E.
Nion oder Rhion, Fluß in Koldis, ſ. Phaſis.
‚Rio Negro, auch Parana-pirung, größter
lint3feitiger Nebenfluß des Amazonenſtroms, ent:
pringt al3 Rio Guainia etwa unter 2°’nörbl, Br.
m Territorium San: Martin der Nepublit Colum—
bia, tritt nach Venezuela über, verändert * ſeine
bisher öſtliche in ſudl. Richtung, nimmt links den
ſüdlichen Bifurlationsarm des Orinoco (ſ. d.), den
Caſiquiare auf, erreicht unterhalb der Ortſchaft
Sta.:Nofa de Amanadona die brafil. Provinz Ama:
zonas, bildet vom brafil. Sort Marabitanas bis zur
Cinmündung des auf der Cordillera Oriental Co:
lumbiens entfpringenden Rio Uaupes die Grenze
gegen Columbien nimmt hierauf öjtliche, weiterhin
it
Niolen — Rio Bolta
füdöftl, Richtung an, empfängt linls oberhalb Roca
do Comercio den Parima (f. d.) oder Rio Branco
und mündet 2 kın breit unterhalb der Stadt Ma:
naͤos (Barra do Rio Negro) nad einem Laufe von
2150 km in den Amazonenftrom, mit welchem er
lange vor feiner Einmündung in diefen durch rechts
abgehende Waflerläufe (Urarira, Hinini, Jauamaby
u. |. m.) mittelbar in Verbindung ftebt.
ionero in Volture, Stabt in ber ital. Pro:
ding Votenza, Bezirt Melt, füdöftlih vom Monte:
Qulture, hat (1881) 11689 E. und ift der beftaebaute
Drt der Bafılicata, litt aber 1851 durch Erdbeben.
Rios (Don oje Amador de lo), ſpan. Geſchicht⸗
jchreiber, geb. 1. Mai 1818 in Baena als Sobn
eines ausgezeichneten Bildhauers, empfing feine
willenfhaftlihe Ausbildung in Sevilla, aründete
mit feinem freunde, dem Dichter Juan Joſe Bueno,
ein litterariiches Journal «El Cisne» und veröffent:
lichte mit diefen: zuſammen aud einen Band Ge:
dichte (Sevilla 1841). Um diejelbe Zeit gab er eine
nit Anmerkungen und Zuſähen bereicherte fiber:
feßung des Spanien betreffenden Teils der Littera:
turgeihidhte Sismondis (2 Bde., Sevilla 1841—
42) und eine topogr.:artiltiihe Beichreibung Se:
villas («Sevilla pintoresca», Sevilla 1844) heraus.
Im Anfange der vierziger Jahre begab fich R. nad
Madrid, wo er Profellor der allgemeinen und jpan.
Litteratur an der Univerfität und jpäter Mitglied
der ſpan. Akademie wurde, Gr veröfientlichte ſeit⸗
dem «Toledo pintoresca» (Madr. 1845), «Estudios
sobre los Judios de Espana» (Madr, 1848) und
eine Ausgabe der Werte des Marquis von San:
tillana (Madr. 1852). Sein Hauptwert ift aber die
«Historia critica de la literatura espahola» (Bd,
1—7, bis zum Ende des 15. Jahrh. Madr. 1861—
67T). N. bekundet in demfelben eine gründliche
Kenntnis der Litteratur feines Vaterlandes, jowie
der Yeiltungen des Auslandes, namentlich der deut:
[hen Forſcher. Bon N.’ übrigen Arbeiten ift die
ausführlie «Historia de la villa y corte de Ma-
drid» (4 Bde., Madr. 1861 — 64) bervorzubeben.
N, ftarb 17. Febr, 1878 in Sevilla.
Nio Säao: Francisco, Fluß in Brafilien, f.
Säo: Francisco,
net, j. unter Lingga:Ynieln.
Nio Tinto (Minas de), Bergwerksort in der
fpan. Provinz Huelva, im ©. der Sierra de Ara:
cena, des weitl. Teils der Sierra Morena, 543 m
über dem Meere, Endpuntt der Gifenbahn Huelvas
R., unmeit recht3 vom obern Rio Tinto, der fi)
kurz vor der Mündung des Odiel mit diefem ver:
ie bat (1877) 4963 E. und Kupferminen.
io Vermejo, rechtsſeitiger Nebenfluß des
Paraguay in der fübamerif. Republik —
entipringt im W. des Depart. Tarija der Republit
Bolivia in mehrern Quellarmen, nimmt in der
argentin. Provinz Salta redht3 den Rio de Can:
anno (Rio Grande de Jujuy), feinen größten
ebenfluß (445 km lang) auf, bildet von Paſo del
— an die Grenze zwiſchen den Territorien del
ermejo (nördlich) und del Gran Chaco (ſudlich)
und mündet nad einem vorwiegend füdöftl. Laufe
von 1224 km etwa 50 km norbnordöftlid von der
Vereinigung des Paraguay mit dem Parand.
Rio Volta oder Umu, im obern Laufe Adire,
Fluß in Nord- oder Oberguinea, entſpringt im
Lande Sarem am Südabhang des Saragagebirges,
fließt zuerſt füdöftlih bis in der Nähe der großen
Handelsjtadt Selgha oder Saraca im Weiche
Ripatranfone — Rippen
Aſchanti, wendet ſich hierauf in dieſem Lande füb-
li, durdjftrömt zulegt brit. Gebiet und mündet au
der Grenze der Gold: und ber Stlaventüjte dur
die Lagune von Adda in die Bai von Benin des
Golfs von Guinea. Zur Degengelt fahren Dampf:
boote den Strom aufwärts bis Selgha.
ipatranfone, mittellat. Ripa Transonis
Stadt in der ital. Provinz Ascoli-Piceno, ——
Fermo, 8 km von ber Küſte des Adriatiſchen Dice:
res, it Biſchofsſiß und hat (1881) 6185 E., eine
übidhe Kathedrale Santo:Gregorio und einen Pa:
aft des Podeltä aus dem 12. Jahrh.
Ripen, f. Ribe. —
Ripiöno (ital.), voll, ausgefüllt; Ripieno—
ftimmen, die Inſtrument- und Gingftimmen,
nen entweber nur im Tutti mitwirlen oder zur
—— und Berftärtung der Soloftimme dienen.
ipley, Stabt in der engl. ee Derby
mit Derby durch Eiſenbahn verbunden, ” It (1881)
6081 E. und hat Koblengruben und Gifenhütten.
Nipley (George), nordamerif, Schriftteller, geb.
3. Eept. 1802 zu Greenfield im Staate alle:
uſetts bein das Harvard: College und die
ambribge Divinity School, wurde dann Paſtor
einer Unitariergemeinbe zu Bolton und ging 1831
nad Europa, um beſonders Philofophie zu ſtudie⸗
ren. Im J. 1835 lam er wieder nad Bofton,
machte Propaganda für deutiche und franz. 5 ilo⸗
ſophie und überfegte in Verbindung mit Dr. Hedge
mehrere Werte, welche unter dem Titel «Specimens
of foreign standard literature» (14 Bbe., 1838—
42) erjhienen. Im %. 1839 veröffentlichte er:
«Discourses on the philosophy of religion», welche
von Profeſſor Andrews Norton in Cambridge in
dem Pamphlete «The latest form of Infidelity»
deftig angegriffen und von ihm in «Letters to An-
rews Norton on the latest form of infidelity» in
berjelben Weiſe beantwortet wurde. Im J. 1849
wurde er litterarifcher Rebacteur der «New-York
Tribune», ſchrieb au I «Harper’s Monthly»,
veröffentlichte 1852 in Verbindung mit Bayard
Zaylor «Handbook of literature and fine arts»,
gab 1859—76 in Verbindung mit Charles Dana
«The American Cyclopaedia» (Neuyorf) heraus
und ftarb 4. Juli 1880 in Neuyork.
‚Ripoll, Stadt in der Key Provinz Gerona, in
einem Pyrendenthal, an der Einmündung des Ri:
gart in den Ter, 676 m über bem Meere, Station
der Eijenbahn Granoller3:San: Juan de las Aba⸗
deſas, hat (1877) 2680 G., eine Gewehrfabrit,
Nagelichmieden, Baummollfpinnerei —— und
Baumwollweberei und Steintohlenla er. R. ent:
ftand um die mittelalterlihe Abtei Rivipullo -und
wurbe 1873 von Karliſten unter Saballs vermültet.
NRipon, mittellat, —— (Ripum), Stadt und
(em litan.) —— in ber engl. Graſſchaft York,
eftribing, an der Mündung des Stell in ben Ure,
Station der Linie Leeds-North Allerton-Stodton
der North:Eafternbahn, zählt (1881) 7390 E. und
t eine ſchöne, 1331—1494 erbaute Domlirche,
ollmeberei und einen Wollmarlt, Etwa 5 km
von der Stabt liegt die dem Marquis of Ripon ge:
börige Befigung Studley:Royal mit der Ruine
er im 12, Sehrb. gegründeten Fountaind:
Abbey, ber größten —— Englands.
Nipon (Frederid John Robinſon, Viscount Go;
derich, Graf von), brit. Staatsmann, ber jüngere
Sohn Lord Granihams, wurde 1. Nov. 1782 ge:
boren. Nachdem er feine Studien zu Harrow und
.‚Gonverjationd-Legifon. 13. Aufl, XIIL
721
Cambridge vollendet, trat er feit 1804 als Sefretär
Lord Hardwides, des damaligen Statthalters von
Irland, in die polit. Laufbahn ein. Im J. 1806
erhielt er einen Sig im Unterhaufe und begleitete
1807 den Grafen Bembrote als — ur
fetretär nah Wien, Im J. 1809 erregte er Auf:
merlſamkeit im Barlamente, indem er die kräftige
Fortſetzung des Kriegs in Spanien empfahl. Caſtle⸗
reagb, damals Kriegs: und Kolonialmmilter, ftellte
ihn nun als Unterftaatäfetretär an und verjchaffte
ihm im folgenden Jahre das Amt des Marinefchab:
meiſters, das er 1812 mit der Vizepräſidentſchaft
de3 Handelsamts vertauſchte. In diefer Eigenſchaft
feste er 1815 im Parlamente eine Getreidebill Durch,
die im Intereſſe der großen Grunbbefiker die Ein-
fuhr des ausländischen Weizens befhränfte. Dieſes
Geſeh rief große Erbitterung und unter anderm zu
London mehrere Aufftände hervor, wobei R.s
Haus angegriffen und feine Gemäldefammlung zer:
ftört wurde, Indeſſen gehörte er ſchon damals zu
den gemäßigten Tories, war von den liberalen
Ideen der Zeit berührt und ſchloß fich nad) Caftle:
reaghs Tode vollftändig den Grundſaßen Cannings
an. Als lepterer 1822 Minifter des Auswärtigen
wurde, ftieg R. zum Kanzler der Schaplammter.
Bei Cannings Erhebung zum Premierminifter im
April 1827 wurde er Staatsſekretär für die Ko:
lonien; zugleich gab ihm der König ben von feinen
Urältervater, dem Herzog von Kent (ſ. Grey), ge
führten Titel eines Viscount Goderih von Nocton.
Nach Cannings Tode beauftragte ihn Georg IV. im
Aug. 1827 mit der Bildung eines neuen Kabinetts.
Allein von den Torles — bat er den König
14. Dez. 1827 um Entlaſſung, die er auch einige
Wochen fpäter erhielt. In Lord Greys Miniſterium
von 1830 übernahm Goderih nochmals das Kolo:
nialamt und wurde 1833 zum Grafen von R. und
Seheimfiegelbewahrer erhoben. Aber ſchon 29. Mai
1834 ſchied N. zugleich mit Stanley, Graham und
Rihmond aus dem Minifterium, weil er mit feinen
Kollegen rüdfichtlich der jog. Appropriationsklaufel
zerfallen war. Bon diefer Zeit an näherte er ſich
wieder den Toried, und trat, als diefe 1841 von
neuem ans Ruder lamen, als Präfident des Hans
delsamts in das Minifterium Peel. Von 1843 bis
1846 hatte er den Vorfik des ind. Amts und zog
fih dann von ber öffentlichen Laufbahn zurüd, auf
der er fich weniger durch polit. Begabung als durd)
Verföhnlichleit des Charakters und guten Willen
bervorgethban hatte, Er ftarb auf feiner Villa zu
Butney:Heath 28, Yan. 1859, c
Nipon (George Fred. Sam. Nob., Marquis
von), Sohn des vorigen, ſ. u. Grey (Gefchledt).
Rippen (Costae) nennt man bie ſchmalen platt:
gedrüdten Anochen, welche zufammen mit der Wir:
belfäule und dem Bruftbein dag Inöcerne Gerüſt
de3 Bruftlorbes (thorax) bilden, Es find deren
beim Menſchen auf jeder Seite zwölf, welche fi
binten mit ihren Gelentenden an die zwölf Bruft:
wirbel anfeken und dann bogenförmig nad) vorn
verlaufen, wo bie fieben oberften, die fog. wahren
Rippen (von oben nad unten zu an * zu⸗
nehmend), durch Knorpelſtüde (die Rippentnor—
‚a und Bänder mit dem Bruftbein in Verbin:
ung treten, während von ben fünf untern (dem
ſog. —— Rippen), die wieder nach und
nad) Urzer werben, die drei erften durch ihre Knor—
pel ſich untereinander und mit der fiebenten wahren
N. verbinden, die zwei unterften aber, bie kürzeften,
46
122
rıit ihrem vorbern Ende volllommen freiltehen
und deshalb die beweglichiten find. Auf diefe Art | dem
und indem ber zwifchen ihnen befindliche fchmale
Naum mit den —— ausgefüllt
iſt, bilden die N. eine allfeitig chloſſene Stapfel
als Schuß für die Brufteing und ald Ver:
mittler der Atmungsbewegungen, indem bie R.
u. Hal3:, Arm: und Nüdennmöteln beraufs,
durch Bauchmuskeln und Zwerchfell wieder hera
gezogen werben und auf diefe Art durch Grhebung
und Senkung ihrer Mitteljtüde abwechſelnd die
en le erweitern und v
Alter findet man die Nippentnorpel, bejonders die
obern, häufig verlnochert und dann die Bewegumgen
bes Brujttaftens erſchwert. Nach innen find die N.
von einer alatten jeröjen Haut, ———
überzogen, das die äußere Lamelle bes Br
(j. Bruft) bildet und ber leichtern Ausdehmung und
Bewegung der Lungen dient. Nur die Wirbeltiere
befisen N. , und bier findet man große Verſchieden—
beit im Tierreihe. Schon bei den Fischen find N.
in beträchtlicher Menge vorhanden; noch weit höher
fteigert ſich diejelbe bei den Amphibien, von denen
mande Schlangen gegen 300 R. auf jeder Seite
befigen. Auch bei den Vögeln und Säugetieren
indet man ſowohl die Zahl derjelben überhaupt,
al3 die der wahren und falihen R. voneinander
und vom menſchlichen Organismus abweichend,
Von Krankheiten And die W., wie andere
Knochen, dem Bruch, der Verrenkung, der Ber:
jtörung durch Knochenftaß n. 2 ausgeſegt; *
fönuen fie durch andere Umſtände, na
durh Wirbeljäulentrümmungen ober Bruftfellver:
wachſungen und durch unpaſſende Belleidung, be:
ſonders zu feſtes Schnüren, eine abnorme Geſtalt
erhalten. 9 —— verurſachen heftigen
Schmerz beim Atmen, heilen aber bei ruhigem
Berhalten (Bettlage, zwedmäßigem Verband bes
Bruſittorbs) meiſt ziemlich ſchnell; gefährlich werden
fie nur dann, wenn bie ſpihen das
— — un h — ae
verlehen. Eine äufig ie
Brujt: oder Rippen —— —— (Pleu-
ritis), weldye bei ungeeignctem Verhalten leicht zu
chroniſchen Yıngentrantheiten führt. (S. Brut:
fellentzündung.)
NR fell, foviel wie Bruſtfell. — Rippen:
fellentzündung, ſ. Bruftfellentzünduna.
Nippenquallen, f. unter Afalephen.
Ripperda (Joh. Wilb., Baron), ein polit. Aben-
teurer, geb. in der holländ, Provinz Groningen
1680, wurde 1715 von den Generalitaaten zur Ab-
iliekung eines Handelävertrags nad) Spanien
seihidt und zum Oberften ernannt. Gr erlangte
die Gunit Philipps V. und wurde von dem fpan.
Hofe 1725 nad) Wien gefandbt. Hier brachte er den
Vertrag von Larenburg zu Stande und wurde ba:
Tür zum Herzog von N. und Granden dritter Klaſſe
ernannt, fowie zum Gtaatsfelretär der auswär:
tigen Angelegenheiten befördert. Auch übertrug
ibm bald nachher der König das Kriegs, Marine:
und Finanzweſen. Dod) ſchon in Ylaı 1726 wurde
er feiner Würden entjept und als Gefangener in
das Schloß Segovia gebracht. Na zwei Jahren
fand er indes i
England, wo er bis 1730 blieb. Hierauf lam er
wieder nad dem Haag und begab jich Ende 1731 |
nad) Maroffo. Er gewann dajelbft bald Einfluß,
dewoa den dortigen Herricher zur Belagerung der |
Im höhern | bat ein muiterhaftes Hurgebäube ımb
bren und dad Qungengemwebe | ft
tittel zu entlommen und ging nad) |
Rippenfell — Riquet de Caraman
rn Are
um niebispaſes
engen, einfamen Wolftlyale, 623 m fiber
gelegen, ift eins der belanntellen Kniebi
ger
licjleiten, mit Wafler:, Ga3- mb Fi
bädern und Siegenmolfenanftalt.
H
re 8 or Th; betannt. am
17. Jahrh. i Gengenbad) das jeßige
Badehaus erbauen, und R. ift jebt dns erfie und
befuchtejte aller Aniebisbäder. “Die drei Onuellen find
eifenhaltige Kallſãue und fommen im üben
firen Beitandteilen den len von St.
Schwalbad und Pyrmont geid. Die
PVerjendung erreicht jeht etwa 800000
Auch wird das Salz fünfilich als
Digeftinpaftillen unter dem Ramen Wi Ib3-
auer Baitillen verkauft.
Nips oder Reps (Dom engl. rib, db. i. Migpe),
dichter, keinwandartig gemebter Stofj
Ausſehen, gan; oder teilweiſe ——
ober Seide, öfters mit weilener fette
|
: | und baumwollenem Einſchlag, auch mit Kette aus
Baummolle
der Strei und aus
— —
weiſe aus einfachen Häben unb aus zwei⸗ ober brei-
ſãdigem Zwirn ober auch aus me *
Inn Oben de —
aus viel feinerm einfachen Garn, u Tuch dac
Rettenfäben im Gewebe als j
rippen marfieren; ſeltener ſind es die
welche in dieſer Weiſe
und Schußrips
auch u
ſchnittener Samt, in wel:
(j. unter Samt) bide
HJüben eingefchoffen werden. Pie
Verwendung finden die verſchiedenen Arten von R.
zu Damenkleivern, wollener R. aud zu Möbelbe-
zügen, Bortidren und Garbinen.
ipuarien, ſoviel wie Niebderlotheingen, i.
| unter Lothringen.
—2** Fraufen, J unter Franken.
Gefepbud) dar —
eſeßbuch der Rpuariſchen en, 1
und 534 abgefaht und fpäter, zufept unter Daao-
bert, mehrfach umgeändert und ergänzt.
Nignet de Earaman, eine a fran;.
Adelsfamilie, deren Stifter, Pierre Paul
geit. 1680 zu Tonloufe, auf jeine often den Kana
von Languedoc oder Canal du Midi erbaute. Lud
wig XIV. verfich ihm 1666 den Titel eines Baron
von Bonrepos und gab ihm ben Kanal in Lehn
pos
Erſt feit 1724 begann der Kanal für die Familie
einträglih zu werben. — Sein zweiter Sohn,
Bierre Paul de R. geb. 1646, zeichnete fi als
General im Spaniichen Erbfolgelriege aus, erwark
durch Kauf die Grafihaft Caraman (in der Gegend
von Toulouſe) and jtarb 1730. Ihn beerbte jein
"Meffe, Victor Pierre Fraucois N., Marquis de
Caraman, ber 1760 als Generallieutenant farb
und den Sohn Victor Maurice N., Graf von
Rifalit — Riftie
Garaman, Generallieutenant, geb. 1727 „get. 1 ——
zum — —* Derſelbe heiratete
PBrinzefion Ghimay aus dem *
Littard B’lface und interfief aus diefer Che drei
Söhme: 1) Victor Louis Charles, Maraniß,
feit 1827 Herzog — —582*
Derſelbe ſchloß ſich wã ee
ration: an, kehrte * Bourbons A
—— zurüd, ward 1815 Pair, —— in
Fe feit ar in Bien und ————
r Sohn ſchon vorher ins
Enlel und Succeſſor, Victor m
—— „Herzog von Caraman,
geb. 181 mit einer Tochter des
von Gin — als philoſ.
beſondere durd) die « Histoire. des röv
la philosophie en France» (3 Bde. Bar. 1 1845—
48), 1868, 2) Maurice Gabriel: Joieos | Um
NR.,. Graf von Caraman, geb. 7. 1765,
u
man a 3 mütter:
feinem Tode (1837) nur drei Töchter.
cois Sofens Bbilippe R., Grafvon Cara:
1824 als Erbe En
lißerfeis den Titel eines imay(.d.).
(vom ital. risalto, — oder
g Gebäudes mehr Man zu geben.
A der ober an den Seiten des
Gebäubes angebracht werden. Die zwiſchen den R.
befin e beißen agen und
follen: fte jene fein. Wird der Vor:
Iprung fe ſo heit er Flügel; geht er
ur ‚fo beißt er Borbau.
ifäno, das röm. "Rhizinium , fpäter R
nium, Stadt in Dalmatien shauptmann:
ſcha —— an der ——— der Bochhe
di „die vor dem men von Gattaro
"Stadt benannt Beten (Sinus Rhizoni-
ift Siß eines t8 und zählt
(san) 1217, als Gemeinde 3942 G,, welche
fcberet und er mit "Monteneg
123
Kr —— Arbeits:
ammens
in natürlicher Größe, und
geleaten Gegenlänben, nie Gebäuben
ua, — eine Anſi —— aus; man m
e, Aufriſſe (Border: umd "Seitenanfihten)
Purcfännitte obe oder Brofile anfertigen.
s-, t tdie Gegen
Saiten enriß beißt Bee due —
rin
her
Dr der 90
), der eg — Teil bes Me
— en Beute — u © ter,
—
ig. ehtgenann
ganz der Theologie =
iert hatte. ‚1635
bat my. er
N ren
en
— er
nachdem er vor
Botanik und — 1—
wurde er ger zu
eri mn zum Teil mit weltlichen
zuſammen in verjchi Sammlungen, wies. B.
«Musa Teutonica» (Hamb. 1634) br Site (inc Sur
— (Hamb. 1638), «Himmlifche ——
641—42) ’ « Baifion ten »
Sandadı
— —* « Sabbathiiche S „— 1651);
«Neuer ** —5* (Züneb, 1652) u. |. m.
eben und eine mi Sahne Sie Tracht —— —* * Daneben [8 dramatiicher ter *
en. | große Linker
nem. Tuch mit
Die —3* iſt ſehr alt.
— ek
nei 220 v, — ten - von an den
——
ehe, Dar ei R scher — d
———
te (il) it hi gleichbedeutend mit
i3 und En in vollswirtſchaft⸗
hen —— auf die re des Mißlingens einer
mit der Abfiht auf Gewinn ins Wer eu
leit einer bezogen. —*
ſicherungsweſen verſteht man unter N.
fi Ar 52* deſſen aſſelurierten Wert,
’ er:R
Sie ſ.Bl — und die Tafel, Fig. 31.
* Hirſe.
Ni A nn zeichnen) nennt man die geo:
einem Out einem Gebäude, einer Na:
ſchine, einem Gerät ie Mei Pe
—— der ne iden Gröfe, oft ——
doch iſt nur einiges da⸗
von n ben Beitereign en nahm er in
—— mn Shit - tAchtiger Gefinmung
bernd ae gkeit wie z. B. in «Das friede
wünſchende (Rürnb. 1647; neue Aufl.
0. O. 1806) und «Das Friebe Deutſch⸗
—* — 1653), ande sd von Schletterer
u *
y ge N. und feine Zeit» (Sale
1872); — N.s —— ngen», herausg von
Tittmann und Göhe (Cpz. 1885).
Riftie(ipr „-itich, Joman),ferb. ——
1831 * ujewaß, ſtudierte —*
— bie ——
n
adminiftrativen Dienft ein.
— —
daß die li ER mi ber
e
der De
Selretär der
— >
—
an 860
Muratrang. in ——
46*
724
ernannt, übernagm er fhon 1861 die Gefandt:
haft felbft. Nach der wg des Fürften
ihael Obrenowitih (29. Mai 1868) wurde .
von der Oejehgebenden Berfammlung neben Blas:
nawap und Gawrilowitſch, 20. Juli 1868 in bie
Regentichaft gewählt, welches Amt er bis zur Groß:
jährigfeit des Fürften (1872) belleidete. In diefem
Zeitraume arbeitete R. die Borlage einer neuen,
auf den Prinzipien olit, Freiheit beruhenden Kon:
ftitution aus, wide von der Slkupſchtina ange:
nommen wurde. rübjahr 1873, nad dem
Tode des —— asnawaßz, ward N. zum
— ren ernannt und entwidelte eine
große T arigt feit in den Vorbereitungen, welche die
nationale * Serbiens erfüllen ſollten. R.
war offener Anhänger Rußlands und überzeugt,
dab Serbien nur mit Hilfe diefer Großmacht zum
vorgeftedten Ziele gelangen könne, Die Ge .
— Marxinowitſchs ſuchte Dagegen das Heile
— in Wien un — Als In Sommer 1873
Fürft Milan einen Beſuch in Wien und Konftanti:
nopel abftattete und dort einen glänzenden Empfan
fand, wurde es Marinowitſch leicht, R.3 Macht un
Einfluß zu brechen. Die Folge davon war, daß
R.s Kabinett 22. Olt. 1873 ſeine Demiſſion eins
reichte. Im J. 1876 wurde R. mit der Bildung
eines neuen Minifteriums betraut und leitete er:
pie die ferb. Bolitit in dem Unabhängigleits-
friege pegen die Türkei. Am 19. Dt. 1880 trat er
von feinem Amte zurüd, (S. Serbien.)
Riftori ——— ital. Schauſ ielerin,
29. Jan. 1822 zu Cividale im Geil betrat |
früh. die Bühne und fpielte mit ifalli in gr ibn |
Mädcenrollen im Luftipiel, ging aber zur
Tragödie über. re et mit dem jungen Mar:
quis Capranica del Grillo ra unterbrad) eine
Weile ihre dramatiihe Laufbahn, doch bald fepte
je diefelbe wieder fort und fpielte nicht mur au
en bedeutenditen ital. Bühnen, fondern a
Paris (wohin fie öfter zurüdtehr rte und au
ber Sprache fpielte), London, Berlin, trat 1857
n Spanien, 1860 in Holland, 1861 in Rußland
—F zeigte fh 1864 in Konftantinopel, drei Jahre
fpäter i in Nord: und Südamerila, 1873 in London
und Manchefter. Darauf wandte fie ſich nad} Auſtra⸗
lien, ſpäter nad) Deutſchland und Schweden. Ihre
beften Rollen waren die Hauptrollen in Be
·Francesca da Niminin, «Pia dei Tolomei», «Mac:
beth», «Maria Stuarto. Das Talent der R. war
ftark und umfangreich. An beften gelang ihr die
Darftellung von Leidenfchaften, die heftiges Auf:
und Ausbraufen zulafen. Sie "wußte u imponie:
ren und zu blenden, aber noch mehr rührte und er:
griff fie. Ihre Herzensergießungen, ihre feelen:
vollen, innigen Töne, feurigen Ge erden, ächzenden
Klänge, irren Blide ohnmächtig erfterbenden Seuf:
zer waren von höchſter Naturwahrbeit,
Riſtoruo (ital.) heißt befonders bei der Trans:
port:(See:)Berfiderung der Nüdtritt des Verficher:
ten vom Verfierungsvertrage. Derjelbe erfolgt
tegelmäßi gegen Einbuße gewifler Prozente an der
Prämie (fon. Niftornogebühr) und it im Zweifel
nur dann zuläffig, wenn der verficherte Gegenftand
gar nicht der Gefahr ausgeſetzt wurde, inäbefondere
wenn das ganze Unternehmen aufgegeben wird,
Risum teneätis, amici? (lat.), « Würbet
Ihr Euch des Ladens erwehren, Freunde ?», Citat
aus Doray, «Ars poetica» (3. 5).
Rite (lat.), in feierlicher, förmlicher Weife,
Riſtori — Ritſchl (Friedr.
wilh.)
Nitgen (Hugo Joſ. Maria von) jter
Arhitet ei in Stabtberge bei ah in Mi
alen 3, 1811, ftubierte in Gießen drei
edizin taturwifienicaften, wandte fü
——— der Architeltur zu, welche er unter 2
55* in Darmſtadt, dann unter Hittorff
Duban in —* aris und zulept unter oem er
Klenze in Münden ftudierte. Im J 1834 babili-
tierte er fih in Gießen als Docent des Baufadhz,
wurde 1837 zum Nepetenten, gr um außerord.
und 1843 zum ord. Mrofeffor de rchiteltur ers
nannt, Im J. 1854 wurde ihm ve —— als
Baurat und großherzogl. ſächſ. Hofbaurat
— let —— — 1874 bi —
e für Architeltur un enieurwi an dl
von der Univerfität Gießen getrennt
öhere te Ki e Schule in Darmftabt verl
en, wurde R, die ana für Beuys *
übertragen, Als praftifcher — fer bat fi
insbefondere au * — bes P
kannt — Sieben — u eh we
äufer —* fillen nd Weimar, Ei
ig. An firelichen A ee Me
teil3 neu ausführte, teils reftaurierte find he ——
nen: die Reſtauration der Friedhof stirche in Gie⸗
n, der Bau der Stadtlirche in + der Kapelle
a Auauhobotplät in Berlin, der Etad in
fig u. f.w. R.s bervorragendfte Arbeit ift je⸗
= die Wiederheritellung der Wartburg (feit 1847).
Außerdem wurden von R. nod) eine — An⸗
len ea S lö 5 ne
o Ludwigsed und Eifen f)
——
eihlingen, Burg G
ih war R. jr tu
und Burg a ejenfe
Be Gere
Kulmba
Schloß
Auch ſchriftſielleri
biete thätig und hat ſich als Mitbe
maniſchen Mufeums in Nürnb
l Mitglied des — — e
verdient gema
Ritornell der. ritornello, Wi olungs
* in einem muſilaliſchen Stüde e
cher während des Paufierens der Solo
* dem begleitenden ng efpielt = -
—— * —* —— ker Oder ober Dr
onzertierende Inſtrumentali age ge⸗
endet hat, ‚ meiftens Note um Biel
weshalb er au den Namen N. "erhalten bat,
diefer beftimmten —* wurde das R. zuerſt in
Arie des 17. Jahr ee Es
jenigen Gedanken des Stüds, welche dazu
ind, durch ftarten Vortrag und öftere ——
dem ganzen Saß Geſtalt und Abrundung
In der ital, Poeſie verfteht man ar IA tors
nel en Heine, meiſt lolale dreizeilige Vollslieder
der Gebirgabewohn * die —
benußt werden.
willlurlich, der J iſt a
fürzefte, 9 erg die —
unter fünf Füßen haben.
höchſt einfach, wie es der Vortra
ten deutſche a gelangt Di
— in ee una *
R W 1, 00.6 ar
— der Ser Bi), di be geb. 6.
1806 zu Großvargula in nt,
u en *—— ——
A af 1829 m Särift
F em er ebendaſe
— ine San
«Schedae criticae» ——
NUT (Albrecht) — Nitter (Heinr.)
auch habilitiert hatte, erfolgte 1832 feine Ernennung
zum außerord. Profeſſor und im Jahre darauf Ion
— nach Breslau, wo ihm zugleich die Mit-
direltion des philol, Seminars übertragen und er
1834 zum ord, een befördert wurde. Im J.
1839 wurde er al3 Profeſſor der llaſſiſchen Littera:
tur und der Beredſamleit, ſowie als Mitdireltor des
pbilol, Seminard nad Bonn berufen. Außerdem
erhielt bier feine amtliche Thätigleit 1854 duxch
feine Ernennung zum D —— durch die
ihm übertragene Direltion des alademiſchen Kunft:
mufeums und des Nheiniihen Mufeums vater:
ländischer Altertümer, endlich durch die Erwählung
zum PBräfidenten des Vereins von Altertumzsfreun:
den im Rheinlande eine bedeutende Ermeiterung.
Im J. 1865 folgte er einem Nufe an die Univer:
fıtät Yeipzig, wo er mit demfelben glänzenden Er:
folge wie in Bonn durch Vorlefungen, Leitung ber
Übungen bes philol. Seminars und einer pbilol,
Privatgeiellichaft bis zu feinem 9. Nov. 1876 er:
folgten Tode wirlte, Heugniß dafür legen unter
anderm bie von ihm unter dem Titel «Acta socie-
tatis philologiae Lipsiensis» (6 Bde., Lpʒ. 1872—
76) veröffentlichten Arbeiten feiner Schüler ab,
eine Sammlung, welder eine frühere von feinen
Schülern zur Feier feiner Zdjährigen Lehrthätigleit
in Bonn veranitaltete («Symbola philologorum
Bonnensium in honorem Frideriei Ritschelii
eollecta», 2pz. 1864—67) würdig zur Geite fteht.
R.s Hauptwerk iſt die mit den reichften Mitteln
ausgeführte kritiiche Bearbeitung des Plautus, mit
oe Prolegomenen über Kritik, Gramma-
tif, Proſodie und Metrit des Plautus, die jedoch
unvollendet geblieben ift (Bd. 1—3, Bonn u. Lp
1848—54; 9 Komödien enthaltend; vom 1. Seh
de3 2, Bandes ift 1871 eine 2. wefentlich umge:
ftaltete Auflage erfchienen), durch welche dem kriti—
ſchen Stubium ber altröm. Poeſie eine fefte Grund:
lage gegeben worden iſt. Unter den verfchiedenen
Vorarbeiten dazu nehmen die «Parerga Plautina et
Terentiana » gen. 1845) den eriten Rang ein.
Seine zahlreihen auf Plautus bezügliden Pro:
vamme und Heinern Auffähe find im 2. Bande
einer « Stleinen pbilol. Schriften» (2p5. 1868) ge:
ſammelt. Gin weiteres Hauptverdienſt R.s befteht
in der durch ihn zuerft angebahnten methodifchen
Benutzung und Verwertung der Infchriften für bie
lat. Sprachgeſchichte. Einen fichern Grund für der:
artige Forihungen legte er in den «Priscae latini-
tatis monumenta epigraphicar (Berl, 1862), einem
Prachtwerle, in welchem auf mehr als 100 litho-
grapbierten Tafeln in größtem Folio die getreueften
Facſimiles der Inſchriften aus der voraugufteiichen
Zeit enthalten und deren Benußung durch eine
Cinleitung ſowie reichhaltige mdices_ erleichtert
find. Die an diefes Wert eh anſchließenden Hei:
nern Arbeiten enthält der 4. Band der «ftleinen
ilol. en (Lp3. 1878). Andere Arbeiten
‚3 Üiber das griech. und röm. Altertum find im
1. und 3, Bande der « flleinen e- Schriften »
(ps. 1867 u. 1877) vereinigt; Bd. 5 (2py. 1879)
enthält «VBermifchtes». Auch war er Herausgeber
bes «Mbeinifhen Mufeums für Philologie» (von
1841 an bi zu feinem Ende, anfangs im Verein
mit 3.6. Welder, dann mit A. Klette). Vgl. Lucian
Müller, «Friedrich R.» (Berl, 1877), und namentlich
Nibbed, «Fr. W. Ritſchlo (2Bde., p3.1879u. 1881),
Nitſchl (Albrecht), einflußreiher evang. Theo:
log, Vetter des vorigen, geb, 25. März 1822 zu
725
Berlin als So des nachherigen evang. Bifchofs
Georg Karl Benjamin R. Goch, 1. Nov, 1783,
peft. 18. Juni 1858), der 182854 —— *
intendent von Pommern war und nad) feiner
Emeritierung als Ehrenmitglied des Evangeliſchen
Oberlirchenrats wieder zu Berlin lebte, R. Hhubierte
zu Bonn, Halle, Heidelberg und Tübingen, babili:
tierte fich 1846 in Bonn, wo er 1852 auferord,,
1859 ord, Profefjor wurde, und folgte 1864 einem
Rufe an bie Univerfität Göttingen, R. wurde 1874
—* Konſiſtorialrat, 1878 zum außerordentlichen
itgliede des hannov.Landeslonſiſtoriums ernannt.
Im Sinne der Baurſchen Schule iſt die ae
«Das Evangelium Marcions und das kanonif
Gvangelium des Lulas» (Tüb, 1846) gehalten. In
feiner «Entftehung ber altlath. Kirche» (Bonn 1850)
verſuchte N. herft eine von Baur mehrfach abwei:
ende un ung der Gedichte der alten Kirche
zu begründen und gelangte in der zweiten völlig
umgearbeiteten Ausgabe desjelben Werts (Bonn
1857) zu einem Burögrefenen Oegenfabe u ber
Methode und den Refultaten der Tübinger Schule.
Seine fpätern Arbeiten führten ihn auf das dogma-
tiiche Gebiet, Na dem Programm «De ira Dei»
Bonn 1859) und einer Neihe von Abhandlungen
n den e\jahrbüchern für deutiche Theologie» (1857
—68) über die Lehre von Gott und bie Verjöh:
nungslehre veröffentlichte er fein umfangreiches
Merk über «Die hriftl., Lehre von ber Nechtferti:
gung und der gg (3 Bde. Bonn 1870—
74; 2. Aufl, 1852—83). Außerdem erfchienen von
ihm der «allnterricht in der chriftl, Religion» (Bonn
1875; 2. Aufl, 1881), «Schleiermachers Neben über
die Religion und ihre Nachwirkungen in der evang.
Kirche Deutichlands» (Bonn 1874), «Theologie und
Metaphufil» (Bonn 1881) und «Gefhichte des Pie-
tiämus» (bisher 2 Bde., Bonn 1880 u. 1884). N. it
der Begründer einer eigenen, an mehrern deutfchen
Univerlitäten verbreiteten Theologenfchule, welche
beansprucht, die echte Erbin Luthers m fein und
ugleih den alten Streit zwijchen Glauben und
—5— durch vollſtändige Trennung der bei-
derjeitigen Gebiete get zu haben,
Nitichling, |. ! —98*
Nitter, Sid foviel wie Saibling.
Nitter und Rittertum, |. Nitterw .r
Nitter (Heinr.), deuticher Philoſoph, geb.
21, Nov. 1791 in exbſt, jtubierte zu Da: öt:
tingen und Berlin Xheologte und Philofopbie. Im
%. 1815 führte ihn das Aufgebot der Freiwilligen
nad Paris, Im J. 1817 habilitierte er ſich zu
Berlin, wo er 1824 eine auferord. Profeſſur er-
hielt. Im J. 1833 folgte er einem Ruf nad Kiel,
1837 einem jolden nad Göttingen, wo er bis zu
einem Tode 3. Febr. 1869 wirkte. Die bedeutend:
ten wien fänl 17 Arbeiten R.s betreffen. die
Geſchichte der Philoſophie. Seine Unterfuhungen
über bie Lehre des Empedolles (in Wolfs «Litteras
riichen Analeften», 1820), feine «Gefchichte der ion.
Bhilofopbier (Berl; 1821) umd die «Geſchichte der
— bilojopbie» (Hamb. 1826) wurden
ebenjo wie die «Bemerkungen über die Philoſophie
der megarifchen Schule» in dem «Rheiniichen Du:
ku (2. Jahrg.) als Zeugnis einer durch das Bei:
piel Schleiermachers gebildeten gründlichen Art
der Unterjuchung anerlannt. Sein Hauptwerl auf
—*8 Gebiet it die allgemeine «Geſchichte ber
Philofophie» (12 Bde, Hamb. 1829-53; 2. Aufl.,
Bd. 1—4, 1836—38), welche die Geſchichte diejer
726 Nitter (Henry) —
Wiſſenſchaft bis auf Kant herabführt. Derfelben
reihen ſich an der «Berfud zur Berftändigung über
die neuejte deutſche Philojophie feit Rant» (2. * ſch
en
Braunſchw. 1853) und «Die qriſtl. Philoſo
nad ihrem Begriſff, ihren äußern Be
und ihrer Ge Gedichte 5 bis auf die neueften Zeiten»
ß 2 Bde., Gött. 1858—59). Die Reihe von R.s
yftematiichen Darftellungen einzelner Gebiete und
Lehren ber Philoſophie beginnt mit den «Bor:
enge um Be in bie Logil» (Berl. ——
Ritter (Karl)
ut
* Aufl 1 3) je 2 16 Mieten Srbeiten folgte das nee
ausführliche ber die Erfenntnis Gottes in
der Welt» (Hamb. 1836), die Abhanblung ——
das Böfe» (Bet 1839), «Kleine philoſ.
( [ 1839—40), « Syjtem
. Bara:
dora» (Pp3. u. oe r ber das an ey 8
olgen» D. Peipers, Go
allen ——
von den herrſchenden
dung und ns aus er site. ——
tn rwachien.
a * Genremaler,
26. ER 1516 —* Tin rg —
eine Studien in rg unter Gr
—e wo ihm drei⸗
Studium x bereits ein Ontelier der Meilter:
egeben wurde. Die
einer Daritellun —— —— ——
— ft eg 2 Roche
d tol her Si —* 8 * Bun
—* me gebiren zu. Daten von engl.
TER en (1839); der Aufichneider
(1841); tatsantrag in ber Normandie
(1842), ae 1844 fein in * Galerie Ravene S
— Bali tg © tbilb: ber ertrumlene | Teilen
Da größte ana Bil:
= 3 Er Wilddieb (1847). Ferner malte er: In:
ne auf der —* vor dem Prairienbrand; die
de bes Sohnes, und der Seelabett
di trunfenen Matrojen —* im Wallrajj:
Mufeum zu Köln, vielleicht feine gedieg Bei:
ftung. Au bat er eine Menge Heinerer Werte,
—— Zeichnungen für JUuſtrationen —*
Zu — gehören die zu den ausgewählten
Camp —* —— —— a.
ampbaufen zu mu un
;. 1856). be cr 21. Dez. 1858.
(Karl), der ee Ben der neuern | wiflenf
Zeit, >. 7. Aug. a 7 zu inburg, were
nad dem früben es Waters jeine erjte Er:
ziehung zu —— —E ſich — auf
der Univerfität zu Halle zum Pädagogen aus und
trat 1798 zu a a.M. als Erzieher in das
Vethmann : Hollmegidhe Haus. Hier lernte er 1807
Humbolbt —— Gr gar feine Zöglinge auf
Br ige —— Genf, beſuchte mit Yon die
yen, yen, Frankreich und Stalien und
bel ee — 1814—19 zu Göttingen auf, um
die Schäbe der Bibliothek zu benugen. Im J. 1819
= an * S—
Koloſſe von **
in den «Mona
Igemm - *
legt. Aus fi
—— — —
edungen» (Berl. 1861), aAber · Algemeine Erdlunde⸗
——
[7 WR ww CO WE WE 1
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Ritter (Mori) — Nitterorden 127
(Berl. 1862) und —* «Guropa» (Berl, 1863) von
Daniel berau 3. 1865 wurde ihm
ud g ein Denkmal errichtet. Seinem Un;
nlen find ee die Karl: — un |
zu Berlin (feit 1860) und die zu ze 0
—— ide mit dem Buck. bie nde Ye
von Reiſen ober wiſſenſchaftlichen
Aebeiken zu Fordern.
Bol. die Biographien R.s von er
Halle 1864; 2. auf 1875) und x (Lond
fowie Macthes Bee —
Ritter (Morib), — —— 16. an, 1840
ung Karl R 1» Kreisordnu
ee au von 41 men un 6% b
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Staaten ſehr verſchieden entwidelte —— in 2*
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lung, wo bie ihren nahmen; in e u - und Statuten
ber niebere Adel, zum außer dem wandel
der Grafen: und bant, f gegen bie — zur 7*
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— itter und die Tempelherren. Sie
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waren en, Die Deut,
728
ugleich bie älteften. Unter ben gelftlichen Orden
{päteen Urf rungs find Die 1204 geitifteten Schwert:
brüder in Livland und die von Alcantara und Ca—
latraua in Spanien hervorzuheben. In letzterm
Lande waren namentlid die Kämpfe gegen bie
Mauren ber Entitehung geiftlier R. günitig.
er ——— ——— * er
möndi auf fih nahmen, gelten ber
en Drben ber heil. Maria von ber Lilie in
panien und der 1080 geftiftete Orden vom Löwen
in Frankreich. Eine grobe Anzahl jept erloſchener
weltlicher Drden verfolgte fittlihe Awede, wie ber
Drden Sanlt Ghriftopbs, ber auf eapgteit ge:
richtet war, ber rein adcetifche Totenlopforben des
Herzogs Silvius Nimrod von Württemberg u. ſ. w.
Andere Orden biefer Art hatten, befonders gegen
Ende des Mittelalters, mehr das Anſehen von Ge:
fellichaften und Bereinen. Länger en ſich,
wenn auch in toten Formen erſtarrt, bie von Für:
ften beſonders feit der Mitte des 13. Yahrb. ge:
ftifteten Orden, ald zum großen Teil mit den In—
terefien_ ber Dynaltie verbunden. Viele weltliche
Drden führten fonderbare Namen. So 3.2. bie
Damen von ber Art, einer der älteften Damen:
orden, 1150 in Sm eftiftet; ber Drden vom
zunehmenden Mond in Neapel; der Orden von ber
alten Hade in Liegnik, 1290 begründet; bie Orden
vom Stiefel, in Venedig 1332, und von der Schuppe,
1417 in Spanien entitanden; die Damen vom Strid,
1498 in Frankreich, ber Drden bes Zopfs (ber Lode),
1385 in Ofterreich geltiftet, die Ritter mit ben Hör:
nern, von dem Luchs, 1410 in Sübdeutichland
u. ſ. w. Aus den geiltlichen und weltlihen R. ent:
widelten fi, zum Zeil dur) Ummandlung biefer
Nitterverbindungen, die modernen Orben (f. d.) zur
Auszeihnung und Belohnung bürgerliher oder
militärischer Berdienfte. Bol. Berrot, «Collection
historique des ordres de chevalerie» (Par. *
Biedenfeld, « by und Berfafjung aller geijt:
lien und weltlichen R.» (2 Bde., Weim. 1841).
Nitterorden des Heiligen Geiftes, |. Hei:
liger-Geiſt-Orden.
itterpferde (Lehnspferde) nannte man im
Mittelalter, als die Ritterſchaft des Deutſchen
Reichs und bie Vaſallen vermöge der Lehnsver—
faſſung gehalten waren, dem JH: regen ober,
als Lehnsleute eines Hei Svafallen, diefem Heer:
folge zu leiften, die von ihnen zu ftellende Kriegs:
mannf aft, welche damals nur in Berittenen be:
ftand. Als in der Folge die Einrichtung des Kriegs⸗
weſens ſich änderte, wurde dieſe Obliegenheit der
Lehnsleute pepen die Lehnsherren beibehalten, aber
in eine Gel — verwandelt, welche ben ein-
geführten Namen behielt. In Sachſen wurden
auch die Donativgelder der Nitterichaft nach dem
Verhältnis der R. ausgeſchrieben. Mit der Er:
—* ſtehender Heere fielen die R. fort, doch
wurde die Verpflichtung abgelöft. In Brandenbur
waren von alters ber 4000 R. zu ſtellen, bo
fonnte diefe Zahl feit dem Ende des 15. Sabrh.
niemals zufammengebradht werben; Joachim I. ver:
fügte 1523 nur über 523, und die Mufterungen von
1568 und 1588 ergaben nur 1141, refp, 1732 R.
Witterpocfie nennt man im allgemeinen bie
poet. Schöpfungen des Mittelalters, infofern darin
der Geiſt des Rittertums zum Ausdrud gelangt.
Nitterfchaft bildete ſich beim Untergang als
polit, Stand aus, indem diejenigen, welche fi) dem
ritterlihen Kriegsdienſte gewidmet hatten, aud)
Ritterorden bes Heiligen Geiftes — Nitterwefen
ohne bie Nitterwürbe *x haben, inſofern
ihnen der gleichzeitig entſtandene niedere Adel zu⸗
tam, bie R. eines Landes vorſtellten. Die R. wurde
nun ein befonderer Geburtöftand, wie der Bürger:
und Bauernftand, ſodaß IK ber hohe Abel, die
eigentlien Fürften, von ihr ausſchieden. Im all:
— iſt ſonach niederer Adel und R. glei
edeutend. Wenn man von lekterer ſpricht, ſo
aßt man aber den Abel eines Landes in feinen be:
ondern forporativen Beziehungen als Befiker der
Nittergüter u. f. w. auf. Vorzüglich von dieſer
** Seite betrachtet, hat ſich die R. in dem beut:
fen Staaten felbit bi3 auf die neuefte Zeit noch
erhalten; nur kommt bann ber Begriff berielben
bald in einer engern, bald in einer weitern Bedeu:
tung vor, indem man in jener nur die adeligen
Nittergutöbefiger, in biefer auch bie bürgerli
unter der R. begreift. Zur Beit des ehemaligen
Deutſchen Reichs wurde biefelbe (Reichsritterſchaft)
in die reichsunmittelbare und die mittelbare oder
landfäffige eingeteilt. Die R. eines Landes oder
einer Brovinz iſt häufig in einer Korporation ver:
eint und genießt dann deren Rechte, wodurch be:
[onbers früher ihre Stellung auf ben Landtagen
ehr einflußreich wurde, Dft hatten auch und haben
um Teil noch jebt die R. ihre eigenen Nechte, bie
* Ritterrechte, —* 3. B. das bremer, das
livländer Ritterrecht u. ſ. w. früher hielten auch
die einzelnen R., gleich der Reichsritterſchaft, be—
ſondere Rittertage oder Verſammlungen, auf
denen man über Standes: und Korporationsange
legenheiten beratſchlagte. Außerdem finden ſich bei
biefen N. aud) eigene Stiftungen und Anftalten
fonftiger Art. In den Staaten, wo an bie Stelle
der alten Lanbftände die wirkliche Repräfentativ:
verfaflung getreten ift, hat natürlich die R. ihre
olit. Bedeutung verloren, Vgl. Roth von Schreden:
ein, «Geichichte ber ehemaligen freien Reichäritter:
ideln (2 Bbe., Tüb. 1871).
itterfi lag, f. unter Rittermefen,
Nitteröhausd (Friedr. Emil), beliebter lyriſ
Dichter, geb. 3. April 1834 zu Barmen, befuchte
die Realſchule dafelbft, widmete fih dann dem
Kaufmannsftand und machte längere Reiſen in
—— England, Holland, Frantreid, Belgien
und der Schweiz. Im J. 1849 trat er mit ver:
ſchiedenen Beitgebihten im bie Öffentlichkeit, die
Beifall fanden. Geit 1852 war R, Mitarbeiter an
ie «Deutfhem Mufeum», dem «Bremer Sonn:
tagsblatt» und andern Blättern. Er vertritt eine
ride, leben3freubige Weltanfhauung und frei
finnige Grundfäge auf religiöfem und polit. Ge:
biet. Seine «Gedichte» (Elberf. 1854; 7. Aufl,
Bresl. 1883) fanden allgemein günftige Aufna me,
ebenfo bie «Freimaureriſchen Dichtungen» (2. Aufl,
1883), die «Neuen Gedichte» (5. Aufl,, Lp
1885), «Dem ger] (29. Aufl., Barm. 1878),
Ai Oberſchleſien· (Barm. 1880), « Für die Not:
leivenden am Rhein» (Barm, 1882), «Am Rhein
und beim Wein» 6 Aufl., Lpz. 1885). R. Wohn:
fig iſt ſeine Vaterſtadt Barmen, wo er als General;
agent verſchiedener Aſſeluranzgeſellſchaften lebt.
Nitterfporn Plane, ' Delphinium.
Nittertage, f. unter Ritterſchaft.
Ritterivefen bezeichnet den Inbegriff der da-
rakteriſtiſchen Eigenſchaften und Erſcheinungen bes
mittelalterlichen Kriegerſtandes. Obgleich in Deutſch⸗
land jeder freie Mann ebenſo berechtigt als ver⸗
pflichtet zur Fuhrung der Waffen war, fo bildeten
. Nitterwefen
dennoch ſchon in ben älteften Beiten, von benen
man Kunde hat, bie Gefo Gate einen beſonders
hervorragenden Kern im Vollsheer, und ihre Mit:
glieder: erhielten von den Gefolgäheeren eine Aus:
rüftung, zu welcher ſchon damals das Pferd als
weſentliches Stü gehörte, Später, in den ger:
manifchen, auf ben Trümmern de3 Römerreich3 er:
richteten Monardien, gelangte das Gefolgewefen,
in Verbindung mit dem Benefizialmefen oder ber
Verleihung von Grundbefis gegen bie Verpflichtung
perjönliher und einem frein Mann zuftändiger
Dienftleiftung, zu fo bedeutender — — daß
es allmählid) Fomohi das Untertbanenverhältnis
als den Heerbann tal oil verzehrte. Denn bie
noch fortbeitehende Verpflichtung u. perfönliden
Kriegsdienſt, welche zugleich die Ausrü ng und
Berproviantierung auf eigene Koften in ſich ſchloß,
ward für die Mehrzahl der minder begüterten
Freien fo drüdend, daß fie ed vorzogen, ald Da:
allen in ein abhängiges Verhältnis zu einem rei:
bern Freien zu treten, der dann als Senior für
diejenigen, welche mit in den Strieg zogen, die Aus⸗
rüjtung übernahm und von ben aheimbleibenden
zum Entgelt eine Abgabe erhob. Nur wo fie durch
ſtädtiſche oder, wie in Friesland, durch ftärtere
ländlihe Gemeindeverbände geſchüht wurden, er:
bielten Pa Tee Leute in größerer Anzahl. So zer:
fiel die Bevöllerung allmählich in zwei Klaſſen:
eine, bie mit ber ellen um und dem Glanz der
Kriegszüge aud) die Freiheiten und Ehrenrechle be:
bauptete und fteigerte, welche von alters her mit
dem Waffenrecht verbunden waren, und eine an-
dere, die, in frieblicher Beſchäftigung daheimblei:
bend, ſowohl an Ehren und Freiheiten einbüßte,
als auch mit Abgaben und Dienften belaftet wurde.
Die Glieder jener Klafie —— im allgemeinen,
ohne Unterſchied der Abkunft und des Standes, fo:
bald fie ins Feld zogen, milites oder armigeri
(Kriegsleute, Waflenführende), im engern Sinn
aber nannte man milites diejenigen, welde zu
* dienten, und beſonders die freigeborenen
nsmannen unter ihnen. Je mehr ſich nun ber
Kriegsdienft (militia) in einen Ritterbienit *
ftaltete, deſto höher ſtieg auch das Anſehen und die
wirlfiche Bedeutung derjenigen, bie, durch größern
eigenen oder lehnmäßigen Grunbbefip dazu be:
fähigt, das ——— als milites im engern
Sinn, als riter (Reiter) ober ritter berufsmäßig
übten, und dem allgemeinen Zug des Mittelalters
nadhgebend, geftaltete fi die Gefamtheit biefer
Ritter immer mehr zu einem ordo, einer ben —*
nungen ähnlichen und als Stand ſich abſondernden
Genoſſenſchaft. Doch war dieſer Stand zunäch
noch kein abgeſchloſſener, ſondern jeder frei un
ehelich geborene Mann konnte, wenn er bie kriege⸗
riſche Lebensart ala Beruf ergriff, zum Ritter wer:
ben; ja felbft den Minifterialen des Reichs und den
weltlichen wie geiftlihen Herren, obſchon fie ihrer
Herkunft nad ehr äufig nicht freie Leute waren,
ftand ber Eintritt offen, weil je zu dem Anſehen,
welches die Minifterialität verlieh, auch das Recht
der Waffenfähigleit beſaßen. Entichiedener aber
bildete die Sonderftellung der Ritter fih aus, je
mehr e8 Gewohnheitsrecht wurbe, ſolche Leben, von
denen ber Reichsdienſt zu Pferde geleiftet werben
mußte, aud nur an Nachlommen von Männern zu
ben, bie diefe Bedingung ſchon erfüllt hatten,
ur Senna nbigen Ausbildung gediehen dieſe Ber:
Itwiffe befonderd durch die Kreugzüge, wo alle
129
—— und roman. Volker zuſammentrafen, bie
liter aber, Die ben Stern der Heere bildeten, ſich als
ein durch befondere Eigentumlichleiten unb Rechte
zuſammenhängendes und gleichgeſtelltes, über alle
abenbländifchen Reiche aus ehehmte Adelsvolt im
Gegenios zu ben übrigen Ständen fühlen lernten.
ie Formen des N. erhielten ihre jeltere, in den
—**— für das ganze Abendland geltende
usprägung unter vorwiegendem Einfluß der franz.
Nitterihaft. So geftaltete fih namentlich das hoͤ—
Ihe, den Gipfelpuntt bes Rittertums charalteri⸗
terende Leben mit feiner eigentümlichen Litteratur,
einer Auffaflung der Liebe und feinem Frauen:
ienft, feinen bejondern Anfichten über die Ehre
und einen dadurch bedingten Kreis — er
Pflichten, ſeinen Familieneinrichtungen und ſeinen
Feſten. Hauptgrundlage dieſes ausgebildeten Rit—
tertums waren bie funitmäßige Führung der Waf—
fen und ein chriſtlicher, Io durch die beſondern
Standesbegriffe eigentümlich bedingter Lebenswan⸗
del. Zu den wichtigſten Waffen — die Brünne,
die vom 11. bis 13. Jahrh. in einem Panzerhemd
beitand, und der oder daz harnasch oder der hals-
berc, auch diu halsberge (eigentlid) albere, alles
bergend) genannt, beftehend aus einem Neß von
Heinen, ineinander genieteten eifernen Ringen, wel:
ches, in eine Kappe, Urmel und Hofen auslaufend,
den ganzen Körper, mit Ausnahme des Geſichts
und der Fuße, bededte. Unter ber Kappe ward ein
fhühendes Politer (daz härsenier), über berfelben
ein Helm oder Eiſenhut getragen, Brünnen oder
Panzer aus eilernen Platten und eben ſolche Rü:
ftungen für Pferde, wie fie gewöhnlich in gene:
bäufern zu ſehen find, famen erft nad) den Sing:
panzern in allgemeinen Gebraud. fiber den Pan:
kr og man einen — bunten und koſtbaren
affenrod, Gegen Schläge und Stiche fchügte der
Schild. Zum Angriff aber diente der Speer und
ein großes, mit beiden Händen zu ſchwingendes
Schwert, deſſen Griff mit der Duerftange das ge:
peiligte, aud zur Ablegung von Eiden benußte
reuzesſymbol bildete. elegenbeit, bie erworbene
Meifterfhaft im Gebraud aller Waffen und über:
baupt alle höfiſchen Tugenden öffentlich zu zeigen
und bewundern zu laflen, boten bie zahlreich be:
ſuchten und mit allem Glanz des berrigenben
Standes ——— Turniere, welche zwar in
gerader, niemals unterbrochener Linie von den ur:
alten Kampfipielen perRammen aber erft im 12.
Jahrh. ihre eigentum de ritterliche Geftalterbielten.
m ſolchen Anfprüden genügen = können, b:
durfte e3 einer ftandes: und berufsmäßigen Gr:
jidung und Bildung. Das Kindesalter fiel ledig:
ich unter die Pflege der Frauen, ber Knabe (daz
junkherrelin, der garzün) dagegen warb bis an
as 14. oder 18. Jahr entweder außer bem elter:
lichen Haufe bei einem andern Ritter oder doc) zu:
leih mit andern Alterögenofjen unter einem be:
Ionern Zuchtmeijter und nicht unter unmittelbarer
eitung des Vaters erzogen , zu Lörperlichen Übun: .
gen angehalten, auch wohl in Dicht: und Sanges:
unft, !e tener in den Glementen der Willenichaft
unterrichtet. Dann trat der ** in den Stand
der Edellnechte, Knappen oder Junker (armigeri,
famuli) und verharrte darin entweder als Dienft:
mann irgend eines andern Ritter oder erhielt nach
eg rag Probezeit wirklich die Ritter:
würde. Lebtere konnte zwar jeder Ritter erteilen,
gewöhnlich aber wurde de von einem angejehenen
innerten, je —
Berlichingen, an ſeine jrübere tiefe Bedeutung. | lid)
730
Herrn unter genau beſtimmten feierlichen Formen
verliehen. Zum feierlihen Ritterſchlage (der
swertleite, wertnahme), weldhe ver uralten
Wehrhaftmachung entſprach und gleich dieſer aud)
Unmündigen bie Rechte der Mundigleit gab, ges
tte eine PBorbereitung durch otteädienftliche
bungen, Beihhte und Anbörung Meile, ein
Gelübde der Treue gegen Kirche und Kaiſer, der
Adıtung gegen Frauen, des Schubes von Witwen,
Baifen und Bedrängten und geziemenden chriſt⸗
lien und ritterlihen Lebenswandels, ferner bie
Umgürtung mit bem wertriemen (cingulum
militare), als dem untericheidenden Keunzeichen
des Nitterd, und ein Schlag, der zugleich an bie
Leiden Chrifti und die daraus hergeleiteten Pflich⸗
ten mahnen und ber lebte jein jollte, den ber Ritter
dulden dürfe. Wer ritterlihen Namens fih un:
würdig gemacht hatte, konnte unter entſprechenden
feierlichen Formen diejer Würde wieder entlleidet
werben. Auch die Töchter der Ritter wurden gern
Nittmeifter — Riva
* jeht * Sriola als Abel
wurde und fo bem :
Bauernitandb n ———
—— ittergüter) bie
eines rechten Yehns oder
die Freiheit von Steuern
jog. Ritterpferbes
einige andere
entitand die Nitterf
tertum iR nichts
Bürger:
ft ll.
außer dem elterlihen Haufe, bei dem Lehnäheren | bene
oder in einem Kloſter erzogen und im Leſen und
Schreiben unterridtet; wie denn bei Erbſchaften
die Gebet: und Bialmbücder ihnen zufielen und
Dichtlunſt und Muft von ihnen gepflegt wurde.
Im allgemeinen jedoch richtete ſich ihre Erziehung
auf bie — ns DR für den Nupen bes
ujes. Zur Zeit des höfichen Lebens wurden
n und Jungfrauen in Deutjchland nicht mehr
d ftreng auf vn ee in der Burg ein:
deſchränit, ſondern bewegten ſich häufiger in Näns
nergefelljcha vor, Den den eye ftrengen,
rüfen zumeilen abweichenden
Gtifette. Bol. Weinhold, « Die beutjchen Frauen
in dem Mittelalter» (Wien 1851).
In folder aus weltlichen und geiftlihen Elemen:
ten gemifchten innungsmäßigen Ausbildung, die
in ben Nitterorden fogar eine vorwiegend g
der vor der
wert ein von 83,15 q
‚Der Fleden Nigebüttel:
und Graben
Richtung ‚traten bieRitter mit dem 13. gründetes Karrenſeebad
als — Ban auch rechtlich über die *
bar freien Leute, bildeten ritterliche Geſ
deren Gliedern ihr Nang dann (ten
wenn —— - er. een en 4
beruf trieben, verlan r
nahme in ihren Kreis rittermäßi Geburt, a
Abſta von ritterlichen und Grob: | OR
eltern, und begannen demgemäß auch, ftatt der bis- | i
willtürlicen,, feite forterbende Abzeichen auf
ilden und Helmen, db. i. Wappen, zu führen,
die auch in das Giegel gejeht wurden.
Stürmen deö 14. und 15. Jahrh. erlojch in be:
ſchleunigtem Gange mit der feinen höfiſchen Bil:
unter den | be
dung aud) der über das Rittertum gebreitete poe: | Thonwaren, fo
—* Glanz. Nur in wenigen Landſtrichen, wie
>».
ebene Bedingungen beitimmt, nod eine Nach—
lüte. Im allgemeinen verfiel es rohern Genüflen,
wũſter Fehde und Wegelagerung (Nanbritter),
in Preußen, trieb es, durch örtliche, hiftorisch | Wallfahrts
und nur einzelne hervorragende Berfönlidhleiten er: | am See
in fpäterer Zeit, wie Göß von
Der Ritteritand jedoch, mit dem bie Mimiülteria-
fen nun gänzlich verſchmolzen, bewahrte nicht allein
ſeine ſchon erlangten Vorrechte, ſondern wußte ſie
auch noch zu erweitern, obſchon ſeine eigentlichen
—— und Leiſtungen mit der veränderten Krieg⸗
führung aufbörten. Er ſchloß ſich genen die andern
Stände vollitändig ab, erreichte für jeine Mitglie-
ber die volltommene Unveräußerlichleit des Range, |
en A rn
ji der Sweheen vom
im Norboften nn Monte-Brione, 36ım
Rivarol — Nivoli (Dorf) 731
über ——— mit zwei dei anf der Rorb: und
ur einen jhönen —* über das
Thal und aft den. den ga See. Nur 4 km ſudweſt⸗
lid) bildet der Ponale Turz vor feinem Austritt aus
dem Ledrothal in den See einen berühmten Waſſer⸗
er Die neue Kunſtſtraße, eine der Fühnften und | jeitigen
obartigften, welche, anden lawänden des weit.
a ee ©
ewien (über ngende en) anit
Durch das Ledrothal mit Brescia in Berbindung
fegt , bietet bie re —* — Nach Kor
den führt von. —— ————
tiſche —— o und an die Poſtſtraße
von —— nach — nad) Often eine Etraße
zur Station Mori der Bahn Inns brud· Verona
Nivarol (Antoine, Graf), franz. Eugen,
geb. 26. Juni 1758 zu Bagnoßs in
ging er nad) ‚wo er a. den vor:
neömfen Eirteln —— Ge ...
Grafentitel tn —*— un u rt ft:
fteller trat er zuerjt mit
Gedichts «Les jardins» ara) er; — das auch
feine Parodie «Le chou et le navet»
Sein «Discours sur l’universalit& de la rd
frangaise» (1784) wurde von —— zu an | Die
er die «Vie politigue de Lafayette» (1792) fdhrieb,
i in Ber:
Gern na Benbug, Enden n@
feinen S ———
tragung der « Hölle»
der. TERS) Zt khe Ga
1862). Bo —— "Notes sur ru (a. 189
Lescure, «R. et la sociöte
revolution et T’&migration» Fr
Ein jüngerer Bruber R.E, laude François,
Bicomtebe3 be R., geb. 6. Juni 1762, geit. 6. 'Yumi
1848, war Infanteri ‚ alö bie Revolution
ausbrach, und hat ſich in der militärifchen La
bahn jowie ud —— als Schriftſteller durch esse |
de ’homme» (1782), das Gedicht
ee a abe in ben «Veu-
vres littsraires» (4 Bde., Bar. 1799) gefammelte
Arbeiten hervorge
Nivarolo Eanadefe, Stadt in ber ital. —
vinz und im Bezirk Turin, rechts am Drco,
tion ber Lokalbahn Settimo a Be
It (1881) 3866 (Gemeinde 7268) E. und hat
ummollinbu
Nivarolo igute, Dekan: We" — — *
vinz und im Bezirt Genua,
bevölterten Thal des igurifcen %p Bann, *
an ber meiſt waſſerloſen, 2, Du iten aber treibenden
Polcevera, Station iſenbahn Mailand:
Gaftwirt war. Gr wurbe olbat und und
2 und
Genua, zählt (1881) 6625 (Gemeinde .8882) E.
und bat prächtige Billen genuefer Batricier.
ad (Herzog von), j. —* (Angel be).
Rive:de-Bier, Stadt im Depart. Loire,
Arrondifiement St. tienne, am Gier, einem rechts:
uß des Rhöne, und am Beginn des
Giertanals, weldyer bier jein Reſervoir hat und von
R. nad) Givors am Rhöne führt, Station der Linie
St.»Gtienne:?yon der Paris⸗ yon: Mittelmeerbahn,
(1881) 16816. ‚Steintoblengrnben, Maſchinen⸗
/ —— Glashütten und Seidenindujtrie,
n im franz. Depart. Size, Arron:
biflemen t-Marcellin, an der Sure a
gu: ein 42 m hoher Piabult von 16 Bogen
tation der Linien Zyom: Grenoble und R.: >
Rambert ber Paris:Lyon:Mittelmeerbabn, zählt
(1881) 1669 (Gemeinde 2975) E. und hat Seiden⸗
Seinweberei, Stahl: und ——
Rivefaltes, ee: im franz. P
Qrientales, Arrondiſſement Perpignan, am Aply,
Station der Linie Narbonne⸗ Berpignan : Rortbou
der Gübba It (1881) 6980 E. produziert
einen Be an and ——
brennereien, Ölmüblen und
Riviera heißt der mal, ER
—5 beit, a Seren
ia bin Ai und ws Kultur, Begetation
ng erufict auszeichnet. Genua macht
wiichen der Riviera bi Bonente
—— we ler —— diLevante
oder dem voſtl. Ufer. Ru Be, welde
an ber eine ber ji und in:
terefianteften der man mit Namen
R., während die fühn an Em Dee
längs der Hüfte von Marieille über ig DA
nua führt, bie n Genua
Cornichebahn heißt.
an folgt biefe Linie der Riviera bi Levante
fchliefst ſich bei Spezia ans toscan. Sahpigfen on. em.
Ni
ton TE, — wech Br he neun Val
Leventina), vom Teſſin bewäfjert, von der
bahn durchzogen, von Biasca bis Bellinzona (}. *
moi Wioiere (Serie Sauren) fan b
x un
hg ee * — —
n,
—— an der Spitze einer ng von De:
portierten 1878 ben Aufitand ber Wilben in Neu-
calevonien, überrumpelte 2. April 1882 bie Sy
Hanoi in Tongting, fiel aber 19. Mai 1888 bei
einem Ausfall aus Ar Plag, welden bie Anna:
miten eingeſchloſſen hielten. '& ſchrieb viele No:
vellen und Romane, in denen fi) ein träftiges Ta:
—— bet. fowie Theaterjtüde und hiltor. Ab:
all. Dorfi 3 ei ital. Sube bs Verona, Be:
irl ee de3 Monte-Baldo
A Ctich ge — iuſi, durch
ae = "jenfeitigen Ufer der bie große
Straße von Trient nad) Rerona führt, wurbe dent:
wurdig durch bie ug acht am = und 15. Yan.
1797 wiſchen den iterreihern und Franzojen.
MWurmfer war in Mantua "eingejchlofien, und die
Bfterreicher hatten bereits fruchtloſe Entfahver:
cht. Alvinczy jammelte im an. 1797
beträchtliche Streitfrätte in Tirol, Tieb ein Korps
unter Provera durch das Vicentinifche gegen
Mantua vorrüden und Berona angreiien. Bei X.
ftand ein franz. Beobadıtungstorps unter Noubert,
132
Bonapartes Hauptmacht bei Berona und Legnago.
Am — ſehten ſich Die Oſterreicher in Bewegung
und griffen am 12. Joubert an, ber ſich in ber
Stellung bei La⸗Corona den Tag über behauptete
und erjt nach Umgehung feines linken Flügels .
N. zurüdging. Bonaparte ließ Augereau zurü
und brad) 13. Jan, abends mit Maſſena (22000
Mann) nah R. auf, wo er, den Truppen voraus:
eilend, in der Nacht anlam und den Befehl zum
Angriff auf die getrennten Streitlräfte bed Feindes
gab. Diefer ging am 14. von allen Seiten gegen
die Stellung von R. vor, und die Schlacht begann.
Joubert nahm die Höhen, auch das wichtige San:
Marco und drang gegen bie öfterr. Hauptmacht im
Thal von Gaprino vor, wo es zu beftigem Kampf
fam. Sein linter Flügel wurde geihlagen; doch
ftellte Mafjena das Sefecht ber und warf den Feind
bis zum Monte-Baldo zurüd. Unterdefien war
eine öfter. Kolonne durch das Etſchthal gedrungen,
fing an, fi auf der Hochebene vor R. zu entwideln,
und gefährdete ben — rechten Flügel, während
ber linfe mit Umgehung bedroht war. Aber Bo:
naparte ließ diefe durch fünf Bataillone aufhalten
und warf mit andern Truppen Jouberts nebit ber
Nefervelavallerie jene Kolonne zurüd. Hierau
ſchlug Joubert die von neuem vorrüdenden Dfter:
reicher im Centrum völlig in die Flucht. Die Um:
aehungstolonne (Divifion Lufignan), gegen welde
"Bonaparte perfönlich Artillerie vorführte. wurde
an den Gardaſee gedrängt und mußte ſich dort er:
geben. Alvinczy felbjt wurde bis in die Stellung
von Corona zurüdgebrängt, und am 15. von ‘ou:
bert nach Tirol zurüdgefchlagen, während Bona:
parte mit der Divifion Maflena nad Mantua zu:
rüdfehrte. Die Franzofen machten über 20000
Gefangene und eroberten 46 Kanonen. Maflenas
(j. d.) Verbienfte in diefer Schlacht lohnte Napoleon
1807 durch den Titel eines Herzogs von R. Schon
vorher hatten bei R, zwei größere Gefechte ſtatige—
funden; 6. Aug. 1796 ftürmte Maflena die öfterr.
Etellung, welde 17. Aug: vom oͤſterr. General
Davidowich wieder genommen, aber 20. Aug. be:
reits wieder aufgegeben wurde.
Rivdli (mittellat, Rivollum), Stadt in der ital.
Provinz und im Bezirk Turin, Station der ſchmal—⸗
add ir Lolalbahn Zurin:R., zählt (1881) 6339 €.
und bat Woll:, Leins und Seidenzeugmweberei,
Maccaronifabritation und ein königl. Schloß, eins
der beiten Werte Juvaras.
Rivdli, Herzog von, ſ. Maffena,
Nivnlariaccen, f. unter Algen.
Nizdorf, Dorf im SSD. in unmittelbarer Nähe
von Berlin gelegen, zum Kreiſe Teltow des Negie:
rungsbezirls Potsdam gehörig, beftand bis 1874
aus Böhmisch: R, und Deutfch:N. Das erftere, von
riedri ilhelm I. gegründet, iſt eine Kolonie
öhm. 9 — welche mit ihrem Prediger
Auguſtin Schuß 1737 auf den ihr angewieſenen
Koloniftenftellen fich niederliehen. Deutſch⸗R., wel:
des 1360 Richardsdorf, 1435 Riegenstorp hieß,
gehörte früher dem Johanniterorden. Patron iſi
jeht der Magiftrat von Berlin. R. ift durch zwei
Pferdebahnen und durch die Berliner Stadt: und
Ringbahn mit Berlin verbunden, it Siß eines
Amtsgerichts, zählt (1885) 23173 meift prot. E.
und bat drei Brauereien, eine Mälzerei, mehrere
Mollwaren: und Gummimwaren:, ſowie Pinoleum:
—7— mehrere Großtiſchlereien und ſtarle Klein:
uſtrie.
Rivoli (Stadt) — Rizzio
Nixheim, Dorf in Kreiſe Nülhaufen des elſaß⸗
lothring. Bezirks Oberelſaß, liegt 6 km öſtlich von
Mulhauſen an der Eiſenbahnlinie Straßburg:Bafel
und zählt (1885) 3139 meift fath. E. und hat große
Papier: und Tapetenfabrilen. j
ug = Paſcha (Haflan) oder Riſa nes a,
türt, Rriegäminifter, geb. um 1810 zu Konftantino:
pel, wurde auf Befehl bes Sultans Mahmud II.
im Serail erzogen und Nie durch die Gunſt bes
Sultans raſch zum Mitglied des Staatsrats empor.
Seit 1839 Paſcha, wurde er 1843 zum Sriegs-
minifter ernannt und erwarb ſich ala Volker durd
energifhe Durhführung der Neorganifation bes
osman. Heers große Berdienfte. Nachdem er 1880
abgejept worden war, übernahm er 10. Jan, 1851
das Kriegsminiſterium wieder, ohne jedoch den ge:
begten Erwartungen zu entiprehen. Später war
er noch mehrmals auf kurze Zeit Kriegsminiſter, feit
1868 Miniſter ohne Bortefeuille, 1873— 74 Marine:
minifter, 1875 wieder auf kurze F Kriegsminiſter.
Gr ſtarb 24. Nov. 1877 in Konſtantinopel.
Nizch, Jrizeh, im Altertum Rhizüs, F
— J. Rhizaeon, Hafenſtadt im türf. Bi—
ajet und Sandſchak Trapezunt, an der Sudoſtküſte
fl des Kay Meers, 65 km öſtlich von Trape:
zunt, hat 4000 G., Leinweberei, Fabrifation von
Rupfermaren und Handel. Die Vegetation ber
Umgebung des prachtvoll gelegenen Orts _ift eine
üppige. N busnt Zeit war R. Biihofsfis.
1308: erulos (Yalowatis), ge. Staat>:
mann und Dichter, geb. 1778 zu Honftantinopel,
aus einer Yanariotenfamilie, gelangte zu hoben
Stellungen im Dienfte der Hofpodare der Moldau,
— auch der Walachei. Der Ausbruch der griech.
Revolution in den Donaufürſtentümern im Febr.
1821 endigte indeſſen hier feine polit. Laufbahn, Im
J. 1823 reifte er nad) Genf, wo er 1826 über die neu:
griech. Litteratur Vorträge in TR Sta bielt,
die daſelbſt 1827 unter dem Titel «Cours de littöra-
ture grecque moderne» (deutijch von Müller, Mainz
1827; neugricdh., Athen 1872) erfchienen. Im J.
1828 wandte er ih mit Kapodiftrias nad Griechen:
land, wurde zum außerordentlien Kommiflar der
Gylladen und 1829 zum erften Sefretär der Natio-
nalverfammlung von Argos ernannt. Mai
1832 wurde er Minifter des Kultus, 1833 Nomardı
der Cylladen, 1834 Minifter des königl. Haufes
und der auswärtigen Angelegenheiten, und balb
nachher un er auch das Minifterium des Aultus
und öffentlichen Unterrichts wieder. R. wurbe 1837
biefer Amter enthoben, bis er 1841 abermals auf
einige Beit ald Staatsfelretär de3 Auswärtigen
und des Kultus ind Minifterium trat. Gr ftarb
als Gejandter in Konftantinopel im Dez. 1850.
N. veröffentlichte, außer zwei Trauerfpielen «’Ao-
raola» (Wien 1813; Lpz. 1823) und «lloruScm»
(Wien 1814), einige Gefänge eines fatirifchen Ge⸗
dicht3 auf die *anarioten unter dem Zitel aKovsxa;
Spray» (Wien 1816, Athen 1842). In einem
Luftpiel aKopaxısıma» (Stonftantinopel 1813)
* er dad Syſtem des Korais (ſ. d.), die neu:
griech. Sprache zu fchreiben, lächerlih. Auch fchrieb
er «Fragmentshistor.sur les &venements militaires
relatifs & l’invasion d’Ypsilantis en Moldarvie»
—85 1822) und «Ilistoiremoderne de la Gröce
Genf 1828; beutich von Eiſenbach, Lpz. 1830).
Nizzio (David), Vertrauter der — Konigin
Maria Stuart, geb. zu Boncalieri in Piemont, hatte
dem Erzbiſchof von Zurin als Setretär gedient, bis
Rjäſan — Nobbenfelle
er in derſelben Stellung dem Grafen von Morella
der als Gefandter des Herjogd von Savoyen nad)
Schottland ging, folgte. Ein guter Mufiter, des
Sranzöfiien wie des inlienifeen mächtig, ig;
er von Maria Stuart 1564 eine Stelle in ihrer
Haustapelle, fpäter erhob fie ihn zu ihrem Sefretär
für franz. Ausfertigungen, Ein Liebesverhältnis
getan ihm und feiner. Herrin hat nicht beitanden.
er Günftling war, obwohl nod jung, unſchön,
orämlich und abjtoßend, aber immer braudbar und
dienftfertig. Als vertrautefter Kabinettsſelretär ſah
er die Königin fo oft er wollte, und fpeilte an ihrer
Tafel. Er felbit Er wejentlich die Heirat Darn⸗
leys mit Maria befördert ; aber aus dem Vertrauen
der Königin hatte ihn diefer nicht entfernt, ja Darn⸗
ley ſchob ihm die Schuld daran zu, da fi Maria
feinem Streben nad) Teilung der Krongewalt be:
barrlid widerfehte. So beihloß Darnley, den
Abenteurer zu bejeitigen, und ſeßte fich mit den
prot, Lords, welche die kath. Politit Rs verab:-
ſcheuten, in Verbindung. Am 9. März 1566, als
die Königin mit der Gräfin Argyle, En Hof:
leuten und R. in Holyroodhoufe zu Abend fpeiite,
drangen die Verſchworenen bewaffnet in dasgimmer
ein, Über die Schultern der Königin hinweg ver:
wundeten fie R., der fich zu ihr geflüchtet hatte, und
fchleppten ihn zur Treppe hinaus, wo er mehr als
50 Wunden erlag.
Niäfan oder Räfan, ein 42 098,3 qkm großes,
von (1882) 1713581 €. bevölfertes Gouvernement
beö europ. Rußland, weldes das alte Fürftentum
gleichen Namens begreift, wird von den Gouverne:
ments. Mostau, Wladimir, Tambow und Tula be:
grenit und Fr eine von den fruchtbarſten und in
limatifcher Hinficht mildeften Brovinzen des Reichs,
Der ** ift die Ola, an der die wichtigften
Städte: R., Spast und Kaſſimow, liegen. Rind:
vich: und Pferdezucht, auch Schaf: und —**
werden ſtart betrieben, und die Stutereien find im
ganzen Reiche berühmt. Von Mineralien hat man
beſonders Sumpfeifen, Bitriol und Schwefel. An
der Spipe der Induſtrie fteht die Baummoll:
fabrifation (81 Proz.), außerdem gibt es viele Tuch⸗,
Leder:, Stahl: und Eifenwarenfabriten und Glas:
bhütten. Der Landmann ift bier ebenfalls gewerb:
thätiger als in vielen andern ruſſ. Gouvernements.
Der Handel, durd die ſchiffbare Dfa, die in die
Wolga mündet, und durch nhauficen begünftigt,
hat feinen Sih befonders in R. und Kaffimorm, mo
außer den Nuffen auch viele Tataren daran teil:
nehmen. . Seit 1866 jteht das Gouvernement durch
die Noslau:Koslower Bahn mit dem ruff. Eifen:
bahnnehe in Verbindung.
ie Hauptſtadt Rjaſan, am Einfluß des Ly⸗
bed in den Trubeich, unfern der Ola, an ben Eifen:
bahnen Moslau:R. und R.Koslow, ift eine regel:
mäßig angelegte, Shöne Stadt mit gutgepflafterten
Straßen, gefälligen Häufern und Gärten. Sie ift
©it eines Erzbiſchofs, hat ein geiitliches Seminar,
ein Gymnafium, eine Adelsſchule, acht andere
Schulen, ein Mäbhengumnafium, eine Filiale der
Reihebant und 30420 Be E. Am rechten Ufer
ber Dla rest km * der Stadt das große
Dorf Alt:Rjäfan (xuſſ. Staraja-Rjäsan), im
Kreife Spast, früher eine bedeutende Stadt, von
ber — eine große Citadelle vorhanden iſt.
Riafhſk, Kreisſtadt im ruf. Gouvernement
Nidfan, an dem fteilen und hohen Ufer der Chupta
und an dem Vereinigungsvunlt der Rijälan: Kos:
733
lower Gifenbahnlinie mit der R.:Morfchanfter und
der R.:-Wjasmaer Bahn, mit (1882) 4344 E,, weldye
Handel mit Rohprodulten treiben,
Riufanfos \ > ber rauchende Fall), berühmter
norweg. Waflerfall, von 245 m ſenkrechter Höhe,
gebildet vom Maan:Elf, liegt in Telemarlen, Amt
Bratöberg, weftlid vom Gauſta-Fjeld.
Noanue, franz. Arrondifiementshauptitabt im
Depart. Loire, lint3 an der Loire, über welche eine
jteinerne, 191 m lange Brüde führt, am Anfang
des Kanals Lateral, der zunächſt abwärts nad) Dis
goin führt, Station der Linien Paris-Revers⸗Lyon
(Ligne du Bourbonnaig), R.:Baraysle:Monial und
R.St. Etienne-Lyon der Barid:Lyon:-Mittelmeer:
bahn, 80 km nordweſtlich von Lyon, ift gut gebaut,
Sih eines Handelstribunals, hat ein College, zahl:
reihe gallosröm, Altertümer, wie —
Sarlophage u. ſ. w., und zählt (1881) 25425 6.
Die Stadt liegt in einem Steinlohlenbeden, bat
anſehnliche Baummwollipinnereien, welche 1200 Ar:
beiter — Fürbersien, Gerkeselen, Danense,
und Hutfabrifen, Webereien von Baummollitoifen
und treibt Tranfithandel mit Steinlohlen, Getreide,
Wein, Mehl, Bretternu. f.w. R.,da8Rodumna
oder Roidomna ber Römer, zu Cäfars Zeit
Stadt der Segufianer, mittellat, Rohenna im
Pagus Rodonensis, war unter den Balois Seig—
neurie, unter ben Bourbonen Herzogtum. _
Roanoke, Fluß in den nordbamerif. Staaten
Virginia und Nordcarolina, wird durch den Dan
und den Stauntonfluß, welde auf den Alleghanies
in Birgina —— und ſich bei Clarlesville ver⸗
einigen, gebildet und fließt ſudöſtlich in den Albe-
marle Sound, nahe bei Plymouth in Nordcarolina.
Der eigentliche R. ift 400 km, mit dem Staunton
720 km lang und bis Weldon (200 km) —38
Roatan, die größte der Bay-Inſeln (f. d.).
Nobben, |. Sceehunde. ,
Robbenfelfe. n den Handel kommen die Felle
von mindeftens 20 Robbenarten, gi unterfcheidet
man in der er nr nur zwei Arten: Haar:
Seehunde (engl. Hear Seals), mit ftraff anliegen:
dem fürzern Oberhaar, und Wels: oder Biber:
Seehunde (Fur Seals), welche unter dem Ober:
aar sg eine fehr feine, ge gr Grundwolle
aben. Yu leßtern gehören der Seebär zwiſchen
Kamtjchatla und Alasta, die Ohrenrobbe in der
Südfee und noch einige Robbenarten in den ſudl.
Gewäflern. Die Felle werden auf der Zleifchfeite
mit Kalt gebeizt, bis die tiejfihenden Oberhaare ge:
lodert find und abgeihabt werden lönnen, während
die Unterhaare haften bleiben, Dieſe werden nun
meift dunfel:taftanienbraun gefärbt, und die fo dem
ſchönſten braunen Samt gleihenden Felle finden
Verwendung zu allerhand feiner Belleidung (dem
fog. Bibermügen u. * Die Alasla⸗Company
bringt an rohen Fellen ſolcher Art — 150000
Stüd nad) London im Werte von 9 Mill, Mark.
Der Sauptfeng der Haarfeehunde findet auf Neu:
fundland, Neuſchottland und Labrador ftatt, wo fie,
auf den Eisbergen lagernd, aus dem Bolarmeer
herbeigetrieben werden. Die Felle lommen nad)
der Brauchbarkeit fortiert in den Handel, werden
u größerm Teil zu Leder verarbeitet und geben ein
Veh gutes Schubhleder (aus et Fellen
werden die feinſten Damenſchuhe gemacht), oder,
wie der gemeine Seehund, mit dem Haar zpenerbt
und zum Teil gefärbt und dienen fofern Militär⸗
und Sattlergweden, zu Koffern, Torniftern u. dgl,
734
Nobbia (della), Name einer florentin. Hünjtier:
familie, bie ſich vorzüglih berfihmt machte durch
Vildwerfe aus gebranntem
farbiger. Glaſur und von jo vortreffliher Arbeit,
daß jte neben. Marmor: und Erzitulpturen Geltun x Iiker
erlangten. Der Erfinder diejer eigenen ne ne
war Yuca della N. (1399 —1482).
er auch ald Marmorbilbner —5*— en
tanzende Kunſtler im jlorentiner Rationalnınfeum)
und Gr gieher * ür im Dom zu —— in
hohem Anſehen. Zum Thon als Material zu greifen,
mochte ihn der milde X onheitszug, der ihm ——
und welcher ſich in den weichem Stoff gut
neben läßt, veranfafit haben. Doc, war Si Sitte,
Bauwerle durch gebrannte und farbige Thonreliefs
zu — ſo in Italien eingebürgert, daß
die —* Biel a re Auffalliges "Neu
it nur die weiße lafur, welde R. feinen Ne:
lieſs gab. ——— zeigt er ſich in der ung
der Jarben im Verhältnis zu jeimen Zeitgenoſſen
jebr mafvoll, begnügt ſich bei den Fr änzen,
welche die 9 Nelierbilder einrahbmen mit wenigen
(blauen, gelben) Tönen. Bon Luca jelbft Per: nur
einige Terracotten (Gappella. de Bazzi bei Santa-
Groce, Kapellen in San: Miniato, im Dom u. a.)
befannt. —— zinnglaſierter "Terracotten, ge:
wöhnlich Robbien benannt, kam eigentli
durd feinen Neffen Andrea (1437— 1528) in
größern Aufſchwung. Gleichzeitig wurde nody die
Hompofition, anfanglich auch nur
einfahe Gruppen, Wappen umfaflend,
erweitert, ganze Altarwerte und aufbrunnen —
Terracotta errichtet. Bon Andrea ftamnten die Me:
daillons am Findelhaufe 555 mehrere Al⸗
täre in Areygo u. ſ. w. Auch Andreas Söhne Gio⸗
vanni, Luca ımd Girolamo trieben die gleiche
Kunſt, dur Girolamo wurde fie nach Franlreich
gebradtt; Girolamo ftarb 1566 in
und feinen Brüdern lebte ſich undertjähriger
Blüte die Robbia⸗Technik aus nter ben jpätern
Nobbia: Arbeiten genießt der farbige Fries am
Hoipital in Prato, die fieben Werle der Barm-
herzigleit daritellend, den größten Ruhm. Bol.
Gavalucci und Molinier, : es della R., leur vie
et leur @uvre» (Par. 1884
Nöbel, Stabtin DiedlenlurgS chwerin, aneiner
weitlichen Bucht der Mürik, Si eines Amtsgerichts,
zäblt (1880) 3532 E., bat zwei anſehnliche Kirchen
und Handel mit Getreide und Fettvieh und ift mit
Waren durch Dampfidiifahrt verbunden.
Röber (Friedr,), befannt als Verfaſſer von
Iramen, geb. in Elberfeld 19, a 1819, trat da⸗
ſelbſt 1834 in das Bantaei von ber Hepdt:
Kerſten und Söhne als Lehrli ing; feit 1872 ijt er
zZeilhaber der Firma. er veröfientlichte die mit
Beifall aufgenommenen Dramen: «Kaiſer Hein:
rich IV.», aTriftan und Yiolde», «Appius Claudius»
(« Dramatiiche Werte», ‚db. 1, Elberf. 1851), von
denen er «Trijtan und Iſolde » 1845 umgearbeitet
herausgab, ferner « Raller Friedrich IL.» und «So:
vhonisbe» (1862); 1878 gab er «Pyriiche und epiſche
Hedichten, 1881 «Das Märchen von König Droffel:
bart, ein Dranın» und den Noman «Darionetten»
mit eingefügten Märchen in dramatifher Form
Aufl. 1884), 1386 «Pitteratur und Kunft im
——— heran, Auch fchrieb er den Tert
zu Reinedes Oper «König Manfred», Seine bei:
den Eöhne ‚Ernit und Fri
Hiſtoriemnaler befannt gemacht.
Thon, mit weißer oder |.
donnen, —— —*
R. haben ſich als
Robbia — Robert II. (Graf der Normandie)
der Sohn
—— heran > behauptete ——
Masern auf ben
* — ee
SB), einge vereinigte, ala ein Dein Sm Heinrich
itarb,, mit der
ch erit | gewinnen, ı
uk, mit ihın | David I
die räube älle der
en
förmlicher Kriege beionders dann annahmen, wenn
Fan ge anfreich beichäftigt war,
ja Ir Heinrich IV. von England Roberts III.
alob 1. (f. d.), melden der Vater aus vor
den Naditellun es Herzogs von 1405
nad) Frankreich —* und ein Sturm om
Küfte trieb, — * ne der Prinz erlangte
feine Freibeit erit wieder,
Robert Guiöcard j. Guiscarb,
red wor Graf Normandie
Robert IL, der Normandie, genannt ber
Teufel, war Safety Yidurbe I.(. d,) =
5* Grafen IL aus e mit
udith, einer Tochter von
der a Fan Gr folgte 1028
der IIE. in der den er
—* er ‚Die erſten er mit
werfung feiner rebelli . _XZapfer
- — er mit den
und verwegen,
eroberte ihre feſten
ftigen zu unte
und zeritörte diefelben.. a
Untber Bifdof von Bapeug mupie Ha ibn an
Robert (Herzog von Parma) — Robert (Louis Leopold)
Gnade ergeben. Nachdem ſich R. fein eigenes Ge:
biet unterworfen , trieb ihn der ritterliche —
drang zu auswärtigen Unterne ungen. Gr fü
feinen Obeim, den Grafen Balduin IV. von 5 n
dern, welchen "der eigene Sohn vertrieben hatte, in
ieine Staaten zurüd. Auch leiftete er dem Könige
Heinrich J. von Frankreich gegen defjen Mutter
Konſtantia, welde ihren zweiten Sohn auf ben
Thron erheben wollte, wirffamen Beiltand. Der
König gab ihm zur Belohnun bie Landſchaft Berin,
welches Geſchent fpäter zu heftigen Kämpfen zwi:
Iden den —— — und der je Dad Fe
Gegen den Herzog Alain vom der Bretagne
tämpfte R. in mehrern ER fügen. Im J. 1034
rüftete er *8 zur Unterjtühung feiner beiden Neffen,
Alfred unb Ebuarb, e ber König Kanut von
Dänemark von der engl. bronfolge ausgeſchloſſen
— wo er mit der einen
* oll, dem zufolge die beis
ben Prinzen das Ah auf die Hälfte von England
—— * der derbe Sande ine3 er empfand er
nd u
——
Su Er wurbe jedoch mit feiner Flotte nad) der
gegen — ne ver⸗
ae heile * — beſchloß er d b
— — Er reiſte mit m
2 —— me
Pracht durch lien
im —— Jahre na
weh * = wo aus er na
Auf der — farb er
plö — Juli 1035 zu Nicka, wie man ver:
— tet vom feinen Dienern. Sein ein
atürlicher, mit Herlotte oder — einer
—— aus Falaiſe ber Grabe cn
Wilhelm, belannt als eher
folgte „ıbm unter ber Vormundſchaft u.
r n der Normandie. Die ae idah * Kraft
Härte R.3 at ar Anlaß zu feinem
Seine Heldenthaten and bie
n ben Stoff zu romantiſchen
Deinamen
Werte ber
Erzählungen. 1496 erſchien zu Baris ein
zen: «La vie du terrible R. le Diable —
fut aprẽes Phomme de Dieus, der zahlreit
abmungenfand, aberburdans unhiſtoriſch i dr
———— Sgibes Tert zu ber Dper Weyer: ſc
bert der Teufel» (1831) zu Grunde,
Nobert (Karl Yubwig Maria), Herzog von
Varma, Sohn Herzogftaris IV. ‚geb. 9, %uli 1848,
folgte feinem Bater 27. März 1854 unter Vor:
mundſchaft feiner Mutter, der Herzogin Luife,
Tochter des Herzogs von Perri, wurde aber durd)
bie Revolution 7. Juni 1859 vertrieben. N. wohnte
dann in Nom, fpäter auf Schloß Wartegg im
ſchweizer Kanton St Gallen, - vermäbite ſich
1869 mit Maria Bin, Tohter bes Königs Ferdi:
nand IL. von Sicilien, geb. 2. Aug. 1849, geft.
29. Sept. 1882, und 15. Dft. 1834 mit Maria
Antonia, Tochter des Prinzen Miguel von Bor:
u se unter Parma.) *
Bert (Emmerich), Schauipieler, geb. 21. Mai
1817. au Veit, nahm dramatiihen Unterricht bei
Lewins Bu debütierte im Sept. 1865 in Bürid).
Am 1. Mai 1866 wurde er am Hoftheater in Stutt-
gart, zwei Jahre jpäter am Hoftheater in Berlin
engagiert, da3 er aber teot; eines lebenslänglichen
Kontralts verlieh, um 1872 Laubes an das
wiener Stabttbenter dolge | zu leilten. Geit 1873
iſt N. Iebenslänglich mit Dekret angeftelltes Mit:
alied des wiener Burgtheaters. 9.3 Leiltungen
das er untern
135
verraten ibeale Begeifterung, ‚eigen einen feurigen
Schwung und innige Hingabe an das Darzuitel:
lende, Sein reiches Repertoire weiß auf: Hanılet,
Nomen, Egmont, Mortimer de erdinand, Earlos,
Feb, Siier, Narc Anton, Tailo u. a.
rt (Eruft Friedr. Ludw.), geb. in Berlin
ae * 1778, ftammte aus einer jüd, Familie,
über den Namen Pevin führte, und war
er be ber berühmten —* — 5—
Varnhagen von Enſe. R. war kurze Zeit Kauf
nt und 2 — gen feinen Studien und
machte weite —
er ee 2 a ollanb und Frankrei
lebte abwechſelnd in Berlin, Dresden, Kar >
und Stuttgart, wo er 1814 furze Zeit der ruf.
Gefandtichaft attachiert war. Im 5.1831 flüchtete
er vor der Cholera von Berlin na Baden:Baden,
wo er 5. ‘Juli 1832 am Nervenfieber ftarb.
R.8 Talent war nie zur vollen Entwidelung ge:
langt. Am bebeutenbften zeigt es fich in feinen
jetiräig igrammatiichen Arbeiten. Von Wärme
und formellem K
unfigeichid zeu
nd feine ei ämpfe ber Zeit» (Stutta. 1816). Anker
feinen Dramen fteht das bürgerliche ——
«Die Macht der Verhältniſſe⸗ er; 1819) obenan
Außerdem find zu erwähnen: «Die Sul:
ben» (2p3. 1806), bas — « Die nie
ephthas » —— — «Gaffius und Pha
* ei e Komödie» Fre 1835).
de Gniblnge, Luſtſpiele und Gebichte
= rn finb ften und Zajchenbücern
jerftreut, die Gedichte et in zwei Bänden (Mannh.
1838) erfdienen.
Robert (Louis Leopold), ausgezeichneter ‚Franz.
Maler, geb 13. Mai 1794 zu La⸗Chaur⸗de⸗Fonds
im Stanton Neuenburg in der Schweiz, bildete ſich
in Baris unter David zum Maler aus und gi
1818 nad Rom. En erjte bervorragendere
war eine Corinna auf dem
Vorgebirge von Mifemm. Doch unzufrieden mit
Min 16) ee r für. bie Art feines Talents
te, kraßte er die Figur aus und jehte an
— Stelle einen neapol. —— — Das Bild
fand 1822 in Paris günftige Aufnahme. Räuber:
enen, ellungen von Zandleuten der röm.
Gampagna ober der Umgegend von Neapel be
ſchaftigten ibn, bis er ben Gedanken faßte, die vier
abhreszeiten und die vier Hauptvoltsitämme Sta:
iens in Bildern zu dharalterifieren. Die Rücklehr
von der Wallfahrt zur Madonna dei Arco follte
Neapel und den Frühling, Die Ernte in den Ponti:
niſchen Sümpfen Nom und den Sommer vorftellen,
Als Sinnbild für Florenz und den Herbit wählte er
die Meinleje in Toscana, ald dasjenige für Bene:
dig und für ben Winter den Karneval, Bon diefer
Bilderfolge vollendete N, * das Feſt der Ma—
donna dell' Arco (1827), jeht im Louvre zu Baris,
die Schnitter (1830), jekt ebenfall® im Louvre, be—
fannt dur Mercurjs Stih, und die Fiſcher der
Lagunen (1839, welche an die Stelle der venet.
Karnevalſcene traten. In einem Anfall von
Schwermut endete er auf gewaltiame Weife fein
Leben zu Benedig 20. März 1835. Mit tiefem Ge—
fühl für Naivetät und Wahrheit, für den Reiz in-
dividueller Schönheit und angeborener Anmut be:
gabt, bat R. das ital. Landvolt, wo ſich dieſe
Eisenfhaften noch am reiniten vorfinden, meilters
baft geſchildert. 3. Prevoſt bat feine wichtiaften
Bilder in Mezzotintomanier geſtochen. Bol. Feuillet
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de Condes, «R., 5a vie, ges euvres, 5a corres-
pondance» (Par.1848; deutihvonZoller, Hannov.
1863), Clement, «R. d’aprös sa correspondance
inedite» (Par. 1874).
Robert⸗Fleury Joſeph Nicolas), franz. Hilto:
rienmaler, geb. in Köln 8. Aug. 1797, war in
Paris Schüler von Le Gros, Girodet und 9. Vernet
und ging dann nach Italien, wo er einen reichen
Borrat bedeutender Stoffe und Studien ——
welche er ſeit 1826 in Paris zu großen Geſchichts⸗
bildern verarbeitete. In ihnen ſpricht ſich eine eb:
ae dramatiſche Auffaflung, kräftiger Farben:
inn und ſcharfe Charatteriftif aus. Fu ‚8 ber:
vorragenditen Werten gehört Taſſo im Kloiter
San: (1827), Benvenuto Gellini, Karl V.
in Ean: * die Subenperfolgung (1855), das
Religionsgeſpräch von Poiſſy, Einzug der Kreuz:
fahrer in Edefla, die Bermählung Kaiſer Napo:
leons III. Bielleicht fein bedeutendites Bild ift die
Verurteilung von Jane Shore und deren Be:
fhimpfung dur den londoner Straßenpöbel (ge:
malt 1850); großartig, obwohl etwas ceremoniög,
er die Darftellungen im großen Saale des Han:
elsgerichts in Paris. R. hat ſich auch als Bildnis:
maler Beifall erworben.
Sein Sohn, Antoine R., geb. 1. Sept. 1837
in Paris, bei Delaroche gebildet, hat ebenfalls als
Hiftorienmaler einen Namen. Im J. 1861 erregte
er zuerft rl eine Scene auß der polnischen Revo;
lution Aufiehen, es folgten die Eroberung von
barlotte Corday, die Danaiden u. a.
Roberthin (Nob.), Dichter des 17. Jahrh.,
wurde 3. März 1600 zu Saalfeld in Preußen ges
boren und ftarb 7. April 1648 als kurbrandenb.
Rat und Oberſelretär bei der Regierung zu Königs:
berg. Unter dem anagrammatifch zen Dichter:
namen Berintbo war er mit Simon Dad und
Heinrich Albert einer der bebeutendern Dichter,
peide bie von Opiß angegebene neue Kichtung der
deutichen Poefie in Preußen einheimiſch madten.
Seine wenigen geiftlihen und weltlihen Lieder,
welche faft —— eine ernſte, je büftere Färbung
an fi tragen, find enthalten in Alberts «Arien
Korinth,
etliher, teil3 geiftliher, teils meltlicher Lieder» | «
(8 Zle., Königsb. 1638—50) und von 9. Ofterley
in bem 12. Bande der » Altpreuß. Monatsſchrift⸗
und in Kürfchners « Deutfcher Nationallitteratur »,
Band 19, gefammelt worden.
Roberté (Davib), — Landſchafts⸗
und Architelturmaler, geb, 24. Oft. 1796 zu Stod⸗
bridge bei Edinburgh, befuchte die ſchoti. Kunft-
fhule in Edinburgh und ward 1822 al3 Delora:
tionsmaler im Trury:Pane: Theater in London
angeftellt. Ein Ausflug nah Frankreich gab zu
einer Anficht der Kathedrale von Rouen Veran:
aflung, mit der er in der Nusftellung der londoner
Alademie 1826 bervortrat, und der 1827 die Kirche
St.:Germain in Amiens folgte. Hierauf unter:
nahm er eine mehrjährige Keife nah Epanien
Afrila und dem Orient, auf der er das aterial
zu feinen folgenden Arbeiten fammelte, Die 1835
—39 gelieferten Darftellungen fpan. und ägypt.
Bauwerle in den Landſchaflsalmanachen erregten
bereits in hohem Grade das Intereſſe des Publi-
lums. Hierauf erfdyienen die «Sketches in the
Holy Land, Syria, Idumea, Arabia, Egypt, and
Nubia» (4 Bde., Lond. 1842—48), ein Pradhtwert
von 246 Blättern, Im Auftrage der Königin
Victoria malte R. die Eröffnung der Weltinduftrie:
Robert-Fleury — Nobertfon (Thomas William)
—— 1851 und für feinen Gönner Lord
Vorthwid den Auszug der Israeliten aus Agypten.
Bon feinen andern Arbeiten find die Ruinen von
Karnal, der Sonnentempel in Baalbel, die Scenen
aus Spanien und Marolfo, ein großes panorami:
ſches Gemälde von Rom und die reizenden Illuſtra⸗
tionen zu Bulwers «Pilgrims of the Rhine» -
nennen. Seit 1841 war er lönigl. Alademiler.
ftarb in London 25. Nov. 1864. Bol. Ballantine,
«The Life of David R.» (Edinb. 1866).
Roberts (Frederid Sleigb), brit. General, geb.
80, Sept. 1832 in Irland, diente —— in Sn
dien, zeichnete fi) 1857 bei der Belagerung von
Delhi aus, nahm als Quartiermeifter der bengali:
hen Brigade unter Napier am Feldzuge in Abeffi:
nien 1867—68 teil und in derfelben Stellung 1871
— 72 an dem Feldzuge gegen die Lufchai. Im J.
1878 führte er im afghaniſchen Kriege als Oberſt
die durch das Nurumthal über den Peiwarpaß vor:
rüdende Kolonne, wurde zum Generalmajor be:
förbert und erhielt den Oberbefehl, befekte im Dt.
1879 Kabul und führte unter * ſchwierigen Ber:
hältniſſen mit einer Heinen Schar altgedienter Kern:
truppen den kühnen Marſch von Kabul nad) Ran:
—* vom 11. bis zum 31. Aug. 1880 aus. N.
Klug 1. Sept. Ejub Chan vor — und ent⸗
eßte dieſe Stadt, worauf der Krieg bald fein Ende
erreichte. Im März 1881 wurde R. Gouverneur
der Kolonie Natal und brit. Kommifjar in Tranz:
vaal, wurde zum Baronet ernannt, kehrte jedoch,
da der Friebe mit ber Boers bereit3 21. März ge:
ſchloſſen worden, bald nad Indien zurüd und
übernahm den Befehl über die Truppen in ber
ee ft Madras. Im Juli 1885 wurde
. zum Dberbefehlähaber der Truppen bes ind.
Reihe ernannt.
Robertfon (James Burton), ultramontaner
engl. Schriftiteller, geb. 15. Nov. 1800 in London,
fing feine Erziehung in dem tath.St.:Cbmund’s;
College und trat 1825 in den Aboolatenftand. Als
Schriftiteller trat er zuerft mit Üiberfegungen von
Be Schlegel « Borlefungen über die Philos
ze der Geichichte» (1835) und von Möblers
ymbolif» (1843) auf. Im J. 1855 wurde er
um Profeſſor der neuern Geſchichte und einige
ahre Pe zum a der engl. Zitteratur an
der fath, Univerfität in Dublin ernannt. Hier ver:
öffentlichte er: «Lectures on various subjects of
ancient and modern — (1858), das epiſche
Gedicht «The prophet Enoch» (1860), «Lectures
on Spain in the 18'%® century» (1864), «Life,
writings and times of Chateaubriand» (1866),
«Life, writings and times of Edmund Burke»
(1868), und eine Überfegung von Hergenrötbers
« Anti- Janus» (1870), ftarb 14, Febr. 1877,
{ Robertfon (Thomas William), engl. Drama:
tifer, geb. 9. Jan. 1829 zu Spalding in Lincoln
bire, zog ald Mitglied einer von feinem Vater ges
eiteten Schaufpielertruppe bis 1860 in den engl.
Provinzen umber, ohne E* befondere Talente
für die Bühne zu entwideln. 3. 1860 lam er
nad London und errang fi 1865 einen durch⸗
[Blagenden —* mit dem ne «Society»,
in
a3 dann Yadıe ang ein Lieb es Publilums
blieb. Rai nacheinander erfhienen nun mit
wachſendem Beifall die Luft: und Scaufpicle
«Ours» (1866), «Caste» (1867), «Play» (1868),
«School » (1869), und «M. P. » (1870), Eharalter:
finde, die, ohne fich dur erhebliche Originalität
Nobertfon (William) — Robespierre
auszuzeichnen, doch ber großen Maſſe ähnlicher
Produktionen in kunſt- und bühnengeredhter Be:
—— ‚wie in Dialog und Haltung, weit über:
en waren und Hunderte von Aufführungen er:
lebten. R. ftarb 3. Febr. 1871.
Robertfon (William), engl. Tee,
eb. 19. Sept. 1721 zu Borthwid in Schottland,
ubierte zu Edinburgh Theologie. Nachdem er,
22 %. alt, eine Bredigerftelle erhalten hatte, ge:
warn er großen Beifall ald Kanzlerredner, wurde
nad) Edinburgh verſetzt und erlangte bald ala Mit:
lied der oberiten presbyterianiſ den Kirchenbehörbe
Schottland bedeutenden Einfluß; er wurbe ber
—— ber gemäßigten Partei. Mebr noch aber
eichnete er ſich auf dem Felde der Geſchichte aus.
nparteilichleit und Umficht, feine und treffende
Sharalteriftit de3 moralifchen und polit. Zuftandes
der Nationen, gediegene und kräftige Sprade
weiſen ihm einen ehrenvollen Plaß unter den Hi:
orifern ber neuern Zeit an.
otland during the reigns of Queen Mary and
King James VI.» (2 Bde., Lond. 1759; deutſch,
6 Bde.Lpz. 1829) ift fein vorzüglichites Werk und
veranlaßte feine Anftellung ala Rrimipal der Uni:
verfität zu Edinburgh und feine Ernennung zum
Hiftoriographen von Schottland. Es folgte 1796
die «History of the 7 of the Emperor
Charles V.» (3 Bde.; neue Ausgabe mit Auläpen
von Prescott 1856; deutſch von Remer, 3 Bde.,
Braunfhw. 1792—94), welde ebenfalls mit Bei:
fall aufgenommen wurde. Seine 1777 eridienene
«History of America » (dbeutic von J. F. Schiller,
8 Bde., 1798—1801) erhöhte nody feinen Ruf;
weniger bebeutenb ift feine «Historical disquisition
concerning the knowledge which the ancients
had of India» (Lond. 1791), Er ftarb 11. Juni
1793. Bol. Dugald Stewart, «Account of the life
of William R.» (Edinb. 1801).
Nobertfonfche Saugpumpe, f. u. Bagger.
Robefon-Kanal, Meeresarm, welder ben nord:
weltlibhiten Teil von Grönland, Hall:Land, von
dem weitlic davon gelegenen Grant: Land trennt
und das arltiiche — füdlih durch den
Kennedy: Kanal, das Hanebeden und den Smith:
Sund mit der Baffınsbai in Verbindung feht. Der
N. wurde 1861 von Hayes entdedt und zuerft 1871
von Hall und Beileld durchfahren; lehtere über;
winterten im Thant:Gobd-:Harbour auf der Dftfeite
des R. und Hall ftarb bier 8. Nov. 1871,
‚Robespierre (Marimilien Marie Yfidore),
eine ber hervorragenditen Beriönlichkeiten der Frans
zöffchen Revolution, wurde 6. Mai 1758 zu Arras
eboren. Seine Familie befaß den Adelstitel und
& nach dem Falle der Stuart3 aus Yrland nad)
rankreich gelommen fein. Großvater und Vater
waren Abvolaten. Lehterer verließ feine Familie
und ftarb in den Vereinigten Staaten. R. erhielt
eine Freiftelle im College Louis-le-Grand zu Paris,
wo er durch Fortichritte im Studium ber Alten jo:
wie durch Verfchlofjenheit des Charalters auffiel.
Nach vollendetem ar — tehrte er nad) Arras
zurüd und trat dafelbft nit ohne Erfolg als Ad:
volat auf, Sm diefer Zeit löſte er mehrere Preis:
aufgaben und wurde Präfident der Alademie zu
Arras. Leidenihaftlih den been der Zeit huls
digend, bot er 1789 alles auf, um feine Wahl als
Abgeordneter ber Reichsſtände durchzuſetzen. Gleich
in den erften Verhandlungen der Nationalverfanmt:
lung trat er radilal auf, erfuhr aber nur wenig
Eonverjationd«Legiton. 13, Kufl, XIII,
Seine «History of
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Berüdfihtigung. Um fo mehr wußte er in Klubs
und Zeitungen zu wirlen. Seit der Flucht Luds
wigs XVI. (20. Juni 1791) fonnte R. als das
Haupt der fanatiſchen Partei gelten. Am 23. Juni
1791 forderte er in ber Berfammlung, daß bie
fönigl. Familie den Formen des ——
Rechts, und zwar der König als öffentlicher Bes
amter, bie anlegen als einfache Bürgerin, unter:
mworfen würde. Die Verfammlung wies diefe Ans
träge zurüd, aber die Radilalen überjchütteten ihn
mit Beifall, Um den Einfluß ber bisherigen
Stimmführer zu breden, hatte er die Maßregel
unterftügt, nach welder die Mitglieder der Honfti
tuierenden nicht Teilnehmer der Gefehgebenden
Verfammlung fein durften. Nah dem Schluſſe
der Seffion (30. Sept. 1791) trat er das Amt eines
öffentlihen Antlägerd am Kriminalhofe zu Paris
an, legte es aber (don im April 1792 wieder nie:
der. Die größte Thätigfeit entwidelte er dagegen
bei den Jalobinern, wo er den Einfluß der Giron:
diften untergrub. Er erllärte fih damals gegen
ben Krieg und beobachtete bei den Ereigniſſen vom
20. Juni und 12. Aug. Zurüdhaltung. Kaum
war jedod bie Kataftrophe zu Gunften der Com:
mune entfchieben, fo bemädhigte er fich auf dem
—— e ber Leitung; bei den Wahlen zum Nas
tionallonvent ging R. unter dem Drud der Sep:
tembermorde al3 erfter aus der Wahlurne hervor.
Im Konvent ftellte R. den Antrag auf fofortige
Hinrihtung bed Königs. Der Prozeb und Tod
Ludwigs war für ihn ein wachſender Triumph und
die Vorjtufe zum Sturz der Gironde ſelbſt. Da:
mals jhon war R. im —* mit Danton, der
vom Ausſchuß ausgeſchloſſen wurde. Am Ende
des J. 1793 ſuchte Danion einzulenken, im Gegen:
ieh zu ber um Hebert geicharten Faltion, die an
ajerei und Vermworfenheit alle hinter fi) lieh.
Desmoulins unterftüste mit ie: auch R.,
der im Auguft mit den Hebertiften ihn majorifiert
hatte, fchien fi damals ihm zu fügen. Aber in:
dem die Hebertiften in Stadt, Armee, dann aud)
im Konvent und Wohlfahrtsausfhuß dominierten,
wandte ſich R. in Berleugnung Dantons diefen zu
25. Dez. 1793). In dem Kampf um Leben und
errichaft, ber ſich prae den Parteien nun er:
bob, erhielt R. im Febr. 1794 in Saint:{uft, der aus
Flandern zurüdtehrte, einen hingebenden Bundes:
genoſſen, defien Energie ihn mit ſich fortriß. Bu:
nächſt wurben it die Hebertiften auf das Blut:
erüft gefchidt (März 1794), dann Desmoulins,
— — nach vergeblichen Beſprechungen
der zuleßt in Be Hinbrüten verfuntene Dan:
ton h. April), die Witwen Hebert3 und Desmou—
lins u. a. et erft ward der Wohlfahrtsausſchuß
das undefchräntte Werkzeug R.s, der Minifterrat
durch 12 Fang Kommijjarien erfeßt. So —**
denn R. freie Bahn, um ſeinen Rouſſeauſchen
Dpea heat u verwirflicen, den Staat ber Men-
henliebe, der Freiheit und Gleichheit, der das
Paradies der Naturreligion wiederberftellen follte.
Den eriten Schritt that er im Mai 1794, indem
er auf einen parlamentariihen Bericht das Dafein
Gottes für das franz. Volt zum Gefep erheben
ließ. Zugleich wurde auf den 20. Prairial (8. Juni
1794) eine Feltfeier geboten, die den neuen Ault
de3 «hödjften Weſens⸗ *—* und R. Gelegen⸗
Pi geben follte, fi) dem Volke in der Majeftät
einer Stellung zu zeigen. An biefem Tage erfchten
er auf einer vor den Zuilerien errichteten Eftrade,
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in blauem rad und Ranlinghoſe, einen Blumen: |
jtrauß in der Hand, hinter ji die Mitglieder des |
Konvents, bielt zu Ghren i des höchſten Weſens eine
Rede und verbrannte eine Figurenaruppe, welche den
Ggoismus, die Zwietracht, den Atheismus und den
Ehrgeiz darftellte, und über der ſich die Statne ber |
Weisheit erhob. An der Spitze des flonvents 208 |
er hierauf nad) dem Marsfelde, wo Volksſpiele an:
geordnet waren, und bielt bier abermals eine An:
rebe, bie mit einer furchtbaren Drobung gegen die |
ütberrefte der Partei Dantons ſchloß, denn hinter
einem Meere von Dlut lag ihm das ; Barabies, das
er herbeiführen wolite. Echon 10. uni trug Cou—
tbon im Slonvent auf eine Heorganijation des Re:
volutionstribunals an, woburd die geſetzlichen For:
men vollends bejeitigt "werden jollten, und ber ein:
geichlichterte Konvent nahm aud diefes Gefep ohne
Distuffton an. Eeit dem März 1793 waren durd) |
das Nevolutionstribunal 577 Köpfe gefallen; jeht
wurden in ſechs Moden 1366 Menſchen hingerichtet. |
Endlich aber rafiten ih gerade die Genofjen feiner |
Thaten, die ſich ſchon jelbit bedroht fahen, im Son:
vent gegen R, auf, in der Hoffmumg, die Menge mit
fidy fortzugichen. In dieſer Lage "bemädjtigte ſich
R.s Niedergeichlagenbeit und Unfcherheit , die mit
Wutausbrühen abwechſelte. Er beſuchte nicht mehr
den Wohlfahrtsausihuß und ſchwieg im Konvent.
Sechs Wochen waren bereits in_diefem Zuftande
veritrichen, als er ſich zu einem Schlage au
Er rief Saint: $uft vog einer Sendun
Nordarmee zurüd
(26. Juli 1794) in der Berfammlung ein Komplott,
das auf die Spaltung bes Romvents binarbeite,
Als Urheber diejes Komplotts bezeichnete er einige
Mitglieder der Ausſchüſſe, deren Ausſtoßung er
forderte. Ein bedeutungsvolles Schweigen folgte
diefer Rede. Als aber Lecointre den Drud der:
jelben beantragte, verlangte man zuvor die Prü:
fing des Antrags durch die Ausſchüſſe, was R. in
den beftigften Zorn verſeßte. Er begab ich abends
zu den Jalobinern, wo man ihn mit Enthufins:
mus empfing und eine Erhebung für den nädjjten
Tag beſchloß und vorbereitete. Bon beiden Seiten
wurden nun in der Nacht die Anitalten für den
Kampf getroffen. Saint-Juſt beitien am Morgen
des 9. Thermidor (27. Juli) die Nednerbühne,
wurde aber jogleid) von Tallien umd Billaud unter:
broden. —— erzählte die Vorgänge bei den
Jalobinern, forderte den Konvent zum Widerſtand
zuf und beantragte die Verhaftung —— des
Oberbefehlshabers der Nationalgar ., vor
Wut ſchãumend, wollte hierauf die Nebnerbühne
behaupten; allein man empfing ihn mit bem Rufe:
«Nieder mit bem | Tyrannen!» Zallien zudte einen
Dolch gegen den Diktator und fehrie, dab er den
neuen Crommell niederjtoßen würde, wenn ber
Konvent nicht den Mut haben ſollte, denſelben an:
sutiagen, In dem Getümmel trugen zwei unbe:
fannte Di talieder aus der Bergpartei auf die An:
lage 9.8 an, was von allen Seiten unterftüht
wurde. N. wendete fich bald an den «Perg», bald
nn die «Ebenen, um gehört zu werben; aber alle In:
jtrengungen blieben vergebens, Mährend er vor
Wut und Erihöpfung zufammenianl, defrctierte |
der Konvent feine, Couthons und Saint: Juſts Ber: |
beitung, Auf Verlangen erlitt auch R. der „Jüngere,
t Bruder des Diltators, dasſelbe Schidſal. In—
deffen wagten Die Huiifiers nicht, das Dekret zu
vollziehen, bis die Geächteten durch die Deputier: |
gebe
der
und denunzierte 8. 7 ————
Robespierre
| ten ſelbſt von den Bänlen herab an die Barre ge—
trieben wurden. R. verließ unter den Worten:
«Die ift verloren, die Mörder fiegen», den
Saal ährend fi der Konvent trennte , führte
| man ®. erft in den Sicherheitsausſchuß, dann nach
dem Luxembourg. Hier entzog ibn ein M —
| garbift feinen Wäctern und geleitete ihn im
nad dem Stadthauſe, wo jeine ebenfalls *
Zufall befreiten Schichalsgenoſſen Je By m
troffen waren, Unterdeſſen —582*
meinderat die Einwohner von is zu Den Ballen
gerufen, und große Scharen jammelten ſich in der
Gegend des Stadfhaufes, um gegen ben Konvent
zu ziehen. Bei dieſer — der Konvent
eine Reihe kühner Maßregeln, die den ent:
| Ihieden. Man erklärte ie "verhaftet enen
Deputierten und die Häupter der aufrübreriichen
Gemeinde außer dem Gejeh, entienbete Deputierte
| an die Seltionen und tee Barras den Ober:
befehl über bie bewaffnete Macht. Noch ſaß R.,
baue, ala Barrus bei Tngesnsbrud) ge Sabt
use rra gegen ihn
vorrũdte und die Haufen der Aufrührer ausein⸗
anbertrieb ober gar an ſich zog. N. verlor gänz:
lich die Fafjung und verſuchte ih durch einen Pı:
ſtolenſchuß zu töten, der jebod mur feine Kinnlade
serri Der Stonvent&deputierte erte Bourdon, ber
ge Zeit fpäter in den Saal drang und fämt:
tie $ Anweiende verhaftete, fand den Oiltakor i im
Blute jhwimmend. R. wurde in den x
ausſchuß geſchafft, wo —F ein Tiſch zum Lager
diente, Am Morgen des dur Thermibor (28. u.
ſchaffte man ihn nad ber Eonciergerie, von
aus er ald Geädhteter gegen 6 Uhr an Br
vom Hohn und Nacejubel der Menge begleitet, zum
Scafott gefahren wurde. Bon feinen 21 rten
legte er zulegt dad Haupt unter das Fa
Gh abeit und Gra 3
und ame am jeine Foeale, maßlofe eit
und ajfe Simplizität waren in * einen:
grotesken n Die
authentiques Maximilien BR.» (2 Bhe., Bar.
1830) enthalten nichts mehr, als was der Mani-
tour» jener } zeit mitteilt, und find fompiliert von
Charles Reybaud. Saponnera gub die «Deuvres
choisies» N.3 heraus (3 Bde, Far. r. 1840), die aber
ſehr umollftän Dr fpäter Bermorel die «Deurres»
(%ar. 1866). * Tiſſot, «Histoire de R.» (2 Bde.
War. 1844); Lewes, Life of R.» (Pond. 1852);
Samel, «Histoire de R.» (3 Bde., Par. 1866 1;
Gottichall, «Marimilian R.» (im efteuen Bluta
Bd. 2, Lpy. 1875); Hericaut, gr ——— 8
thermidor»: aR. et le comit& de salut public»
(2. Kt Kar. 1877)
Auguftin Bon DoſepheR der Jungere, bes
vorigen Bruder, geb. zu Arras 21. San. 1763, war
ebenfalls Adosfat zu Arras und wurde zu Karis
in den Konvent gewählt, wo er mit Gifer das h
was jein Bruber wünjchte, Als letzterer 9. T
| enge —— erklärte F ſich ebenſo ſchuldig als
fein Bruder und mußte, feinem Wunſche gemäß,
in das Haftdefret eingeichloffen werben. Als bie
Konventötruppen gegen Morgen des 10. Thermi⸗
dor in den Saal bes Stabthanjes drangen, jprang
er durch ein Fenſter auf die Straße und brach ein
! Bein. Noch denfelben Tag ftarb er mit den übrigen
unter ber Guillotine.
Marxie Marguerite Charlotte R., die
Schweſter der vorigen, geb. 21. San. 1760, erhielt
Robilant — Robinjon (Edward)
von Napoleon I. eine Heine Benfion, die ihr auch
die Bourbonen ließen. Laponneraye veröffentlichte
unter ihrem Namen Memoiren über ihre Brüder
(sM&moires de Charlotte R. sur ses deux fröres»),
die in «Mö&moires de tous» (Bd. 4) enthalten find.
Sie jtarb zu Paris 1. Aug. 1834. ,
Nobillant (Carlo Felice Nicolis, Graf), ital.
Diplomat und Staatdmann, geb. 1826 zu Turin,
trat früh zur Armee und verlor in ver Schlacht von
Novara feine linte Hand; den Feldzug von 1866
machte er als Dberftlieutenant im Generalftab mit.
Später wurde er Direltor ber Kriegsalademie,
dann Präfelt von Ravenna, 1871 Gejandter, 1876
Botſchafter am wiener Hofe. Bei der Bildung des
ital. Minifteriums Depretis 29. Juni 1885 wurde
er zum Minifter des Außern ernannt,
obin Hood, ein engl. Vollsheld, war ber
Sage nad) ein gewiller Robert, Graf von Hunting:
don, wie dies auch jeine angebliche Grabichrift be:
fagt, die ſich im Kloſterhofe zu Kirllees in Yorkibire
befunden haben foll, und nad) der jein Tod 24. Dez.
1247 erfolgt wäre. Andere Quellen, wie fie in
den älteiten Sagen fi finden, wiſſen nidt3 von
der abeligen. Herkunft Robin Hoods, fondern be:
zeichnen ihn ſtets als Yeoman und ald Geädhteten,
Outlaw, Neuere Schriftiteller find geneigt, ihn
überhaupt als eine mptbilche Perfönlichleit zu be:
trachten, in der fi der Hab der Angelſachſen gegen
bie normann, Eroberer verkörperte. Dieſe Auf:
fafiung liegt auch dem Charalter Robin Hood3 in
Walter Scottö «Ivanhoe» zu Grunde. Der ge:
wöhnlihen Annahme zufolge lebte er zur Zeit
Richards I. (gegen 1200), während andere Angaben
ihn in bie ug | Ehuards II. (1327 fg.) ver:
ſehen. Bon Hifter. utoritäten thut feiner zuerſt
Forduns ſchott. * Erwähnung, die zwiſchen
1377 und 1382 geichrieben wurde. Der Lieblings:
aufenthalt Robin Hoods war der Wald von Sher:
wood in Nottinghamihire, wo er mit feinen Ge:
noſſen, Klein: Johann, Friar Tud u. a., baute
und ſich ebenfo jehr durch Milde und Großmut
gegen das unterbrüdte Volt ala durch unerbittliche
Feindſchaft gegen die tyrannifhen Feubalherren
auszeichnete. Die älteiten Balladen über ihn da:
tieren aus ber Zeit Cduards III.; gefanmelt wur:
ben fie zuerjt von Wynlin de Morde in der jest
äußerft jeltenen «Lytel Geste of Robin Hood»
(Zond. 1495). Bollitändige Ausgaben der Robin:
Hood⸗Balladen wurden von Ritſon (Lond. 1795)
und Gutd (2 Bde., Lond. 1847) bejorgt. Cine
deutſche Bearbeitung berjelben in Auswahl hat
Anajtafius Grün Ep 1864) geliefert.
Robinie (Robinia) oder Alazie, Namen einer
Canbholigattungaus der Snmilie ber Bapilionaeen,
aus Nordamerika ftammende Bäume und Sträu:
der mit —— —— Blättern, ſtacheligen
ober borſtigen Nebenblättern, weißen ober roten,
oft wohlriehenden Zwitterblüten (Schmetterling3:
blüten) in überhängenden Trauben. Die glatten,
ſchwärzlichen Hülfenfrüchte mit ſ bis acht nie:
renförmigen, braunen Samen reifen zu Ende Df:
tober. Die am bäufigften in Deutichland ange:
pflanzte und volllommen heimisch gewordene Art
it Die weiße oder gemeine Robinie, auch ge:
meine ober falfde Akazie genannt, Robinia
Pseud-Acacia L., weldye unter Heinrih IV. um
1600 von Jean Robin zuerjt in Paris aus Samen
gezogen worden fein foll. Jetzt ift fie durch ganz
Mittelenropa bis in das jüdl, Spanien verbreitet.
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Sm 18. Jahrh. verfuchte man vielfach den fehr
raſch wachſenden Baum in Deutichland als Wald:
baum zu erziehen, um dem drohenden Holzmangel
abzubelfen; 1796—1803 erichien deshalb jogar eine
befondere Zeitſchrift: aUnechter Alazienbaums, von
5: C. Medicus. Der Anbau im großen bewährte
ſich indeſſen nicht, weil die Alazie zu —
iſt, der Dornenreichtum des jungen Holzes die uf
arbeitung erjchwert, überdies —— in
Deutſchland wenigſtens oft erfrieren, auch leidet
der Baum von Schnee: und Windbruch. Wegen
ihrer weithin verlaufenden Wurzeln, welche nad
dem Abhieb des Stammes reichlih Wurzelloden
treiben, und weil fie mit magerm Sandboden für:
lieb nimmt, eignet fih die R. zur Befejtigung des
Flugfandes an Fluß⸗ und Baduern in Sandgegen:
den, von Bahndämmen u. dgl. Häufig wird fie des:
halb namentlich in Ungarn angebaut. Ihrer Dor:
nen wegen, und weil fie Schnitt verträgt, ift fie
ein gutes Hedenholz. Das gelblidhe Holz ıft Schwer
und hart, fefter als Ei aa, ſehr zähe und ela⸗
ſtiſch, dauerhaft, brennträftig, aber ſchwerſpaltig,
nimmt eine ſchöne Politur an; ſehr geeignet für
Erd: und Waſſerbauten, Schiffbau (Schiffsnägel),
Mafhinenbau, Tifchlerarbeiten u. f. w. Zahlreiche
Varietäten werben außer der Stammform in Bär:
ten angebaut, fo die R. aurea mit goldgelben Blät:
tern, erispa mit gefräufelten ieberblättern, iner-
mis (Rugelalazie), eine bornenloje Abart ohne Blü-
tenbildung, namentlid ala Schmud für öffentliche
Pläge und in Allen beliebt. Die rote Alazie,
R. hisplda L. der Gärten ift nur ftraucdhartig, er:
ſcheint aber bei und auch als Baum mit jhöner
Krone, da man fie auf die gemeine R. verebelt.
Eine dritte Art, R. glutinosa Sims, ein fchöner
Baum mit Hebrigen, ſtachelloſen Zweigen und
bouquetarti ppierten Blütentrauben, wird
ebenfalls nicht Alten ze Bierde kultiviert. yn den
Dtferprovingen Rußlands wird der Erbjenbaunt,
Caragana (Robinia) arborescens L., allgemein
| unter «Alazie» verjtanden.
NRNobinſon (Edward), verdient um bie Geographie
von Raläftina, geb. 10. April 1794 zu Seutbingten
in Eonnecticut, beſuchte das Hamilton:Eollege im
Staate Neuyork, an welchem er nad einiger Zeit
Lehrer der Mathematik und des Griechiſchen wurde,
und ftubierte dann feit 1821 zu Andover in Mafja-
Ahufett3 Theologie, Zwei gehre fpäter wurde er
Lehrer am dortigen theol. Seminar, R. ging 1826
er Europa, um fih zunächſt in Paris, dann in
Halle und Berlin bibliſch-orient. Studien zu widmen.
In Halle vermäblte er fi mit der unter dem Na:
men Talvj befannten Schriftitellerin. Im J. 1830
tehrte er nad) Andover zurüd, wo er Profeſſor und
Bibliothelar wurde und die Zeitſchrift «The Biblical
Repository» begründete. Seit 1833 lebte N. in
Bolton, bi3 er 1837 als Profefior der Theologie
an das Seminar nad; Neuyork überfiedelte. Im
. 1838 durdwanderte er Slgypten, die Sinai:
albinfel und Paläftina und fchrte 1840 nad)
Neuyork zurüd, Die Ergebniſſe dieſer Neife legte
er in den »Biblical researches in Palestine and the
adjacent countries» (3 Bde., Lond. u. Bojton 1841;
3. Aufl, 1867; deutſch, 3 Bde., Halle 1841—42)
nieder. Im Sommer 1852 unternahm N, eine neuc
Reiſe durch Paläſtina, deren Frucht die «Later
biblical researches» (Yond. 1856; deutſch, Bert.
1857) waren. R. jtarb 27. Jan. 1863 zu Neuyorl.
Nach feinem Tode erjchien die «Bhyfifche Geographie
47*
749
des Heiligen Landes» (Lpz. 1865). Viele andere
Beiträge zur Geographie von ——— darunter
die «Neuen Unterſuchungen über bie Topographie
Serufalemd» (deutich, Salle 1847), finden fi
der von ihm begründeten «Bibliotheca sacra» ( *
york 1843 fg.).
Robinfon (Therefe Albertine Luife), geborene
von Yalob, unter dem — Talv j ie
Anfangebuchftaben ihres Auhennanena) Sei annt,
die Gattin des vorigen, geb. 26. an. 1797 zu Halle,
wo ihr Vater, Ludwig Heinrih von Jalob (j. d.),
damals Profeſſor war. Im J. 1806 kam fie mit
demjelben nah Charlow, 1810 nad Petersburg,
1816 wieder nad) Halle. Belannt wurde fie na:
mentlich —** ihre er der «Boltslieder
der Serben» de., Halle 1825—2%6; 3. Aufl.,
Pp}. — a fie 1828 den Rrofeflor No:
—* on (. d.) gebe RN folgte fie demfelben 1830
Amerila. 1840 Erg ihr »Verſuch
en geſchichtli harakterifti der Vollslieder
germanischer Nationen mit einer Überficht der Lieder
aufereurop. VBölterichaften» (Ip a Schrift
«Die Unechtheit der Lieder Offiange (Lpz.), 1847
«Die Koloniſation von Neuengland» er .), auch
veröffentlichte fie «Historical view of the slavic
languages» (Neuyorf 1850; deutich von Brühl, Lpz.
1852), und mehrere rgählungen. ie ftarb in Ham:
burg 13. April 1870, Nad ihrem Tode erſchienen
«Sejammelte Novellen» (2 Bde. Lpz. 1874).
Robinfon(rederid John), ſ. 'Ripon (Biscount
Goderich, Graf von).
Robinfon(Sir Thomas), Cord Granthan, engl.
— ter, ſ. unter Grey (Geſchlecht).
Nobinfon rufoe, ber Held eines Romans
be3 Engländers Defoe (f. d.). Dieſer Roman er:
Kae unter dem Titel «The life and ——*
ventures of R.» (Fond. 1719) und wurde übera
mit dem lebhafteften Beifall aufgenommen. Der
Stoff war der Geihichte eines ſchott. Matrofen,
Alerander Sellirk, entnommen, der fein Schiff ver;
lafjen und länger als vier Jahre auf der Inſel
Juan Fernandez allein —— hatte und dort
1709 von einem landenden engl. Schiff aufgefunden
wurde; die runs feiner Schidjale brachte zuerſt
Eteeles Zeitichrift «The Englishman» (1712).
Noch 1719 wurde Defoes Roman in das Franzo—
ſiſche überſetzt; die erfte deutſche Überfehung erfälen
1720 und erlebte fogleich im eriten Bm drei Auf:
lagen. Bald folgten zahllofe Nahahmungen. Bon
1722 bi3 1750 erfchienen in Deutjhland nicht we—
niger ald 40 verſchiedene Robinjone und Robin:
—— bald nad verſchiedenen Ländern und
rovinzen — ruſſiſche, pfalziſche, ſchleſiſche,
leipziger u. RK bald nad) verjchiedenen Gewerbs—
* (der medizin, R. der Buchhändler-Robinſon
nl f.) benannt, fiberfichten und Auszüge gibt
Halens «PBibliothel der Nobinjone» (5 Bde., Berl.
1805). Unter den deutihen Robinfonaden J—
die —— und poeſiereichſte die »«Inſel Fels
fenburg», welde Johann Gottlieb Schnabel unter
dem P eudonym Sifander(4 Bde., Nordh.1731—43)
veröffentlichte und welche von Tied (‘ resi. 1827)
wieder herausgegeben wurde, Cine ganz neue Wens
dung kam bejonders durch Rouffeau in die Geſchichte
der Robinfonaden. Indem Nouffeau in feinem
«Emile» auf die Urgeihihte der menichlichen Erfin:
dungen, welche im Robinſon liege, mit begeifterten
Worten hinwies, hob er die pädagogiihe Wichtig:
leit hervor, die dem Roman innewohne, Aus diefer
Robinfon (Therefe Albertine Luiſe) — Rocca di Papa
Anregung — f.d.) ·Robinſon ber
iii mi dan 2 Te., Hamb. e — Bar
eichzeitig mit Campe umt Mepe
—— eine Bearbeitung in demſelben
line p ger —— aber auch
nicht 4— fa 44 —E ch und "darum von
minderer itfamteit Neuerdings ift man run
wieder auf die einfache —— me
des Originals zurüdge — tmüller (Oil
burgb. 1869). [. Bettner Yiobinfen und bie
— Ar 1 —
—*2 8* u) ji ——
—W (
amerit, Brüden 1 = is — ——
— in Thüringen, befuchte die : Volstehmide
chule zu Berlin, fam 1831 nad) den
Staaten und ließ id als —— bei Bi
in Bennfylvania nie Zen — er
hauptſächlich mit ee enbau und
von Drabtjeilen. . 1844 baute ent
feil-: Hänge: Aquäduft tn Ar: au
Pittöburg, 1852 —55 Bingen ab
Niagara K db.) und ie eo —
über den Mapa in — RS
am le —— Bee “ ey x
iver:Brüde zwi euyo *
(S. Brüde.) Er ſiarb 20 20. Juli 1869
der Gaft:River: Brüde wurde Sa —
Waſhington A. R. — —— geſchicter Weile ——
gelepe ı und glüdlich beendet.
—— Dorf, ſ. unter Mans eldi
Roborantia (sc, remedia, lat.), ftä
Arzneimittel,
oboten (von dem flaw. robota, b. i. Arbeit)
53 in jlaw. (hei, namentlich aud in den
w * en Öjterreid: Ungarn 3*
nannt. D ſind in neuerer Zeit in et
Un .. egen Entiehä — aufgehoben worden.
a al er ‚Tintoretto,
„Neen 6 —* N irge an der
te von Bortuga m ‚von —
die weſtlichſte von — unter —*
nördl. Br. und rn 31’ weitl. 2. von Greenwid, —*
einen Leuchttu
Noca | ut), Präfident der Argentinif
publik, geb. im Juli 1843 zu —— wu —*
General und 1879 Kriegsminiſter. Am 13. uli
1880 ward er zum Brälibenten ber ga
vo Jahre gewählt und trat am 12, Dit. -
(S. Ar —— e Konföderation.)
ocaille ), Seen, — der
Mände mit Mu in Steinen * w.
Nocailfefluß nennt man in der ——
malerei ein Smelmitel at die einzubrennenden
Ben. Es iſt ein Gemiſch von feingepulvertem
var; und Bleioryd.
Rocamadour, Dorf im franz. Depanl; de
Arrondiffement Gourbon, in einer 120
vom Alzou (Fenolle) ——
tion (4 km vom Orte) der
Touloufe der — ale (1 —— €.
und dat eine vielbefuchte, 2 ——
wc „ gr Br ar —35 *
teilen Felſen, deſſen Gipfel eine Bur
er von Mifjionären bewohnt —
Roccabrung, Gemeinde, ſJ. yon ———
Nocca di a, Stadt in ber
und im Bezirk
Krater von Camps an weh fang as
Roccella — Rochechouart
MWaldungen, 807 m über bem Meere, ift ein be:
liebter Sommeraufenthalt der Römer und zählt
18831) 8063 E. Südlich erhebt fi) der Monte:
avo. (S. unter Albano,)
Rooocella DC., Flechtengattung aus ber
Gruppe ber Straudfledten. Man tennt gegen
un rten, die fi) in wärmern Gegenden bejon:
ers an gelfen in ber Nähe der Meerestüften finden.
Der Thallus derfelben ift cylindrifch und wenig ver:
Ber Die Apothecien —* dunlelbraun oder
chwarz. Einige Arten dieſer — — beſonders
R. tinctoria DC., die [o9- Drfeille oder Ladmus—
flechte (vgl. Tafel: Farbepflanzen, Fig. 5), wer:
den zur Derfelung von Farbitoffen benugt. (Bol.
Drfeille und Lakmus.)
oecella:onica, Stadt in ber ital, Provinz
Reggio di Calabria, Bezirt Gerace, auf einem in
das Joniſche Meer vorfpringenden Felſen, Station
ber Eiſenbahn Tarent:Reggio, zählt (1881) 6777 G.
und bat eine Reebe, Seideninduftrie, Korallenfiiche:
zei, Weinbau, R. ift ein Fürftentum ber Caraffa.
Nochambeau (Jean Baptiite Donatien de Vi:
meur, Graf), Marichall von rare geb. 1. Juli
1725, begann 1742 feine militärifche Laufbahn im
Sfterreihiichen Erbfolgetriege, war ala gar 1756
bei der Erpedition gegen Minorca und nahm als
Marechal de-Camp am Siebenjährigen Kriege teil.
Im J. 1769 erhielt er als Majorgeneral den Befehl
über die Infanterie im Elſaß. Sm %. 1780 zum
Generallieutenant erhoben, führteer ein 6000 Mann
ftartes Hilfslorp3 den für ihre Unabhängigfeit fäm:
pfenden Nordamerifanern zu. R. landete 10. Aug.
zu Rhode⸗Island und hielt fich dort gegen den engl.
General Glinton; nad Ankunft einer franz. Flotte
unter Grafje vereinigte er fih im Aug. 1781 mit
Mafbington. Beide drangen raſch —9 Virginien
vor und ſchloſſen die 7000 Mann ſtarke brit. Armee
unter Gornwalli3 in Yorltown zu Yande ein, wäh:
rend bie franz. Flotte ein Gleiches zu Wafler that.
Schon 24. Dit. jah fi die brit. Armee zur Kapi:
tulation genötigt. Nach dem Frieden übertrug
ihm der König die Gouvernementd von Artois
und Picardie und fhidte ihn 1788 zur Herftellung
ber Ordnung nad) dem Elia. Als nad) dem Aus:
bruch der Revolution der Krieg beginnen follte,
erbielt er den Befehl über die Nordarmee und
mit Ludner 28. De. 1791 den Marſchallsſtab,
verlor aber noch vor Eröffnung der Feindſeligkeiten
das Vertrauen ber revolutionären Partei und legte
15. Juni 1792 jein Kommando nieder. Er zog ſich
auf fein Landgut R. bei Vendöme zurüd, wurde
dort verhaftet, vor das Nevolutionstribunal ge:
ftellt, aber durch den Sturz ber Schredenäherrfdhaft
erettet. Bonaparte bejtätigte ihm nad) der Thron:
eiteigung ben Titel eined Marſchalls. R. ftarb
10. Mai 1807 im Schlob R. De Lancival gab R.s
«M&moires» (2 Bde., Par. 1809) heraus.
Donatien Marie ofen e be Bimeur,
BicomtebdeNR., franz. General, des vorigen Sohn,
geb. 7. April 1750 zu Schloß N. bei Bendöme,
wohnte als Oberft ber Erpedition nad) Norbamerita
unter feinem Bater bei. Er wurde 1791 General:
Lieutenant und erhielt im Juli 1792 das Kommando
in ben weftind. Kolonien, Er landete auf Santo:
Domingo, untermarf die empörten Neger und er:
fbien Anfang 1793 auf Martinique, wo er bie
Gngländer vertrieb. Außerdem befreite er Guabe:
loupe und Ste.-Lucie. Im J. 1794 wurde er jedoch
im Fort Royal von ben Engländern eingejchlofien
741
und 22. März zur Kapitulation gegen freien Abzug
genötigt. R, kehrte 1796 nah Santo:Domingo
zurüd, konnte aber ben dortigen Aufitand nicht
überwältigen. Im J. 1800 wohnte er dem Feldzuge
in Italien bei und wurbe zum Divifiondgeneral
ernannt. Hierauf übernahm er ein Kommando in
ber Erpebition, welche Ende 1801 zur Unterwerfung
von Santo:Tomingo unter dem Oberbefehl Leclercs
abging, und trat im Nov. 1803 an befien Stelle,
Das Gelbe Fieber hatte jedoch feine Streitkräfte fo
geſchwächt, dab er ſchon 30.Nov. mit den Schwarzen
eine Kapitulation ſchloß und fi dann dem brit.
Admiral ergab. Er wurde nad Jamaica, 1804 nad)
England gebradt, aber erft 1811 We grnighun
m 3.1813 gab ihm Napoleon den Befehl über eine
viſion in Yauriftons Korps, an beren Spihe er
18. Dit. in ber Schladt bei Leipzig fiel.
Nochau (Auguſt Ludw. von), Hiſtoriler und Pu«
bliziſt, geb. 20. Aug. 1810 zu Wolfenbüttel, ſtudierte
in Göttingen die Rechte und wurde wegen feiner
Zeilnahme am fog. Frankfurter Attentat 1833 zu
20 Jahren Zuchthaus verurteilt, entfloh aber nad
Paris. Im J. 1848 lehrte er nad Deutichland
urüd und wirkte al3 Journalift ununterbrochen I
ie nationale Einigung Deutſchlands. Er lebte jeit
1851 in Heidelberg, wo er 15. Dit. 1873 ftarb. R.
ſchrieb; «Jtalien. Wanderbucd» (2 Bde. Lpz. 1852),
«Die Moriscos in Spanien» (en 1853), «Grund:
läe der Realpolitil» (2 Bde., Stuttg. 1853—69),
«Geihichte Frankreichs vom Sturze Napoleons
bi3 zur eg des Kaiſertums⸗ * Bde.,
Lpz. 1858), —— es deutſchen Landes und
Volles» (2 Bde., Berl. 1870—72).
Nochdale, Marktitadt und Barlamentsborougb
in der engl, Grafichaft Yancafter, 17 km im NND.
von Mancheſter, am Irwellzufluß Roh und am
Kanalvon Rochdale, der den Galder mit Halifar
verbindet und ſich an den Bridgewaterlanal an:
ſchließt, Station ber Ditlinie (Manchefter:Goole)
der Lancaſhire- und Yorkſhire-Eiſenbahn, die bier
nah Oldham abzmweigt, bat allmählidy die Orte
Spotland, Gaitleton und Warbleworth in fi auf:
genonmen, ſodaß ſich die Cinwohnerzahl 1881 auf
68865 belief. Die Stadt ift ein Sauptfi ber engl.
Baunmwollweberei, hat aber aud; Spinnereien, Fa:
brifen für Hüte, Mafcinen, Gifen: und Meffing:
waren, in der Nähe Eteinbrüche, fowie zehn Kohlen⸗
— Drei Banken befördern den lebhaften Ver—
ehr der Stadt. Zu R. befinden ſich mehrere Koo—
——— die ein hervorragendes Bei—
piel von dem Grfolge friedliher Selbſthilfe der
arbeitenden Klaſſen durch Bildung von Ajlociationen
ewähren. Die Genoſſenſchaft der Bionier3 von N.
Society of Equitable — begann 1844 mit
28 Mitgliedern und einem muhſam beſchafften Ka:
gel von 28 Pd. St. und zählte bald mehrere
aufend Mitglieder. _
Nochebaron (Louis Marie Victor de), Herzog
von Aumont (j. d.).
Noche:Bernard (La), Stadt im Tram Depart.
Morbihan, Arrondifjement Vannes, lints an ber
Vilaine, über welde bier eine Hängebrüde führt,
12 km von der Mündung des Fluſſes in den Atlan:
tiihen Dcean, zählt (1881) 1307 €. und hat ein
Ihönes Schloß, einen Hafen, Schiffbau, Hohofen
und Eiſenhammerwerle.
Nochechonart, Stabt und Hauptort eines Ar:
rondifjemients im franz. Depart. Haute-Vienne,
rechts an der Örenne, einem linksſeitigen Zufluß
742
der Vienne, Station der Linie Saillat-Buſſiere—
Galant der Orltansbahn, zählt (18831) 1878 (Ge:
meinbe 4284) E. unb hat Kaolingruben, Eiſenwerle,
Porzellan⸗, Glas: und Garnfabritation, Leinweberei
und ein Schloß aus dem 15. Jahrh.
Mochefort, zum Unterſchiede von andern Ort:
[haften dieſes Namens Rocdefort:fur: Mer
enannt, Hauptitabt eines Arrondiffements im
anz. Depart. Charente-nferieure, rechts an ber
Gharente, 15 km von deren Mündung in ben
Atlantiihen Dcean, 35 km im SSD. von La:
Rochelle gelegen und durch vier Baftionen ſowie
mehrere —* an ber Flußmüundung gededt, iſt
Kriegshafen zweiter Klaſſe, zugleich Handelshafen,
Sißtz einer ey Zeig einer Handels⸗ und Ader:
baufammer, Station ber Yinien Nantes-Goutras
und Nigrefeuille:R. der Staatsbahnen, und zählt
(18831) 21608 (Gemeinde 27854) E. Die regel:
mäßig gebaute tabt, mit breiten, ſich rechtwinlelig
fhneidenden Straßen, bat in der Mitte die große
und ſchöne Place dD’Armes oder Place Colbert mit
Ulmenalleen und monumentaler \ontäne. Bor
dem Stadthauſe liegt der Jardin public, weiterhin
der bebeutende botan. Garten. R. hat eine Navi—
—— fürdie Ktiegsmarine undeine hydrogr.
chule zweiter Klaſſe für die Hanbeläflotte, ein
Seminar für Marinelehrer, da3 Marinemwaijen:
us, eine Unterrichtsanftalt für Schiffsärzte, ein
ommunal:Gollöge, eine Zeichen: und Arditeften:
ſchule, eine Stadt: und eine Vlarinebibliothet von
12000 Bänden, ein naturhiftor. Kabinett und ein
Dlarinemufeum, das alles umfaßt, was auf See:
dienſt Bezug hat. Ferner beſlehen ein Aderbau:
verein, ein Theater, ein Civil:, ein Militär: und
ein außerhalb der Stadt gelegenes großartiges
Marinehoipital, das 1783—88 für 5 Mill, Livres
erbaut wurbe. Es umfaßt einen Kompler von
neun Gebäuden mit einer Bibliothet von 6000
Bänden, einem anatom. Theater, einer Sammlung
chirurgiſcher Inſtrumente, einem phyſil. Kabinett
und einem chem. Laboratorium, und einen 13 000qm
umfaflenden , mit Bäumen bepflanzten Borplab.
Grofartig ift das Marinearienal, das auch bedeu:
tende Sciffswerfte, eine 380 m lange Seilerbahn,
das ältejte Gebäude der Stadt, fünf Hoböfen,
Schmieden mit einem 17000 kg ſchweren Hammer,
eine Waflenfammlung, die Bäderei und Troden:
dods enthält. Die Stadt hat zwei Häfen. Der
—— iſt 2 km lang und Fr Ebbezeit 7 m
tief, aljo tief genug, um Krienäichiffe flott zu er:
balten. Der Handelähafen (la Cabane-Carree), in
welchen beladene Fahrzeuge von 600 t bis an die
Kais fahren können, iſt 1868 durch zwei Bafjins
erweitert worben. Der Eingang zum Hafen wird
durd ein Thorboot (bateau-porte) gejperrt. R. iſt
Siß eines deutſchen Konfulats. Die Hauptgegen:
ftände des Handels find Wein, Branntwein, Salz,
Getreide, Mebl, Steintohlen, ar an Pferde,
Schlachtvieh, Salzfiſche und Kolonialwaren. Die
Induſtrie beſchäftigt ſich hauptſächlich mit Schiff:
bau, Fabrilation von Seilerwaren, Segeltuch und
anderer Leinwand, mit Deſtillation, Seefiſch—
falzerei, Fabrilation von Gilig, Juder, Hand:
ſchuhen, Chronometern und Häfen in Form bes
hollaͤndiſchen. R., vor 1666 ein bloße Fort
(mittellat. Rupes fortis), wurde unter Ludwig XIV.
auf Colberts Nat zu einer regelmäßig befeitigten
Seeftabt gemadjt. Am 11. April 1809 fand bier
ein für die Franzofen verluftreihes Geetreffen
|
|
|
!
| N
Nocdefort — Nochefoucauld (Stadt)
gegen die ben Hafen blodierenden Engländer ftatt.
Geihichtlihe Bedeutung erhielt es beſonders, in-
dem Napoleon I. ſich hier nad) der Niederlage bei
Waterloo einſchiffte, aber auf der Reede 15. Juli
1815 von den Engländern gefangen genommen
wurde. Die Inſaſſen bes Bagno von R. wurden
1852 nad Cayenne geſchafft.
Rochefort (Victor Henri), Graf von R.Lucay,
franz. Journalift, Zhenterbichter und Bolititer,
geboren 29. Juli 1832 in Paris, begann bier
mebiz. Stubien, mußte aber diefelben bei dem
Zobe feines Vaters aufgeben und eine Anftellung
als Hilfsſchreiber in der parijer Stadtverwaltung
annehmen (1851). Die Vernahläffigung feiner
Amtspflihten hatte 1859 feinen Abicdhied zur
Folge. Er wurde nun Mitarbeiter am «Charivari»,
ihrieb auch Baubevilles und Dramen und trat
beim «Figaro» ein, für welchen er Stadtgeſchichten
verfaßte. Auf minifteriellen Befehl aus der Redac⸗
tion des «Figaro» entlafien, gründete er 1868 ein
Wochenblatt «La Lanterne», das reikenden Abjas
zu N. perfiflierte darin die Regierung, dic
inifter, ben Senat, den Gejebgebenden Körper
u. j. w. und verfolgte das zweite Kaijerreich mit
unbarmberzigen Nabelftichen. Dieſe Thätigteit ver:
urſachte ihm Berurteilungen zu Geld: und Ge:
fängnisftrafen, die ihn veranlapten, fich nach Bel:
gien zu flüchten. Bei den allgemeinen Wahlen 1869
wurde R. vom eriten pariter Wahlbezirk in den
Gejehgebenden Körper gewählt, durfte jodann nad
Baris — und nahm in der Kammer
feinen Sit neben Raspail. Er gründete ein neues
ournal «Marseillaise», worin er die kaiferliche
milie aufs beftigfte angriff, und forderte bei der
Tötung bes Redacteurd Noir durch den Prinzen
Peter Bonaparte in feinem Blatt und in der
Hammer geradezu zum Aufjtand auf, daher er im
Yan. 1870 mit Zuftimmung der Kammern in An-
tagezuftand verjept und zu ſechsmonatlicher Ge
fängnisitrafe verurteilt wurde. tur; bes
zweiten Kaiſerreichs am 4. Sept. befreite ihm aus
jeiner Haft und madte ihn als Minifter ohne
Bortefeuille zum Mitgliede der Regierung der natio-
nalen ®erteidigung und zum Berauffeher des
Barritadenbaues im Innern der Hauptitadt. Na
dem 18. März 1871 war er Hanptmitarbeiter des
ournal® «Le mot d’ordre» und Mitglied des
oblfahrtsausfhufles der zweiten parijer Com⸗
mune. Mitte Mai, ald er das Ende ber Commune,
welche er aus allen Kräften befördert hatte, heran:
nahen ſah, floh er aus Paris, wurde in Meaut von
den Preußen angehalten, nah Berjailles aus:
geliefert und vom u y wlan zur Deportation
verurteilt. Im J. 173 nach Rumen in Neucalebonien
deportiert, flüchtete er ſich auf ein engl. Schiff und
lam nad) London Infolge der Amneſtie von 1880
lehrte er 12. Juli nad Paris zurüd und eröffnete
fofort in jeinem Journal «Intransigeant» einen
unverjöhnlihen Kampf gegen Gambetta und deſſen
Opportunismus, ſowie gegen die jpätern Regierun:
gen, befonders gegen bie neue Kolonialpolitit. Vom
Seinebepartemient in die Deputiertentammer ge:
wählt, ſchloß er ſich bier der äußeriten Linken an,
erllärte aber, als ber von dieſer eingebrachte Am:
neftieantrag am 6, Febr. 1886 von der Verſammlung
— wurde, ſeinen Austritt aus der Kammer.
ochefoncauld (2a), Stadt im franz. Depart.
Charente, Arrondiffement Angouleme, rechts an
der Tardouere oder Tardoire, einem linksſeitigen
Rochefoucauld (Geſchlecht) — Rocheſter (in England)
743
Zuſluß der Charente, Station der Linie Angou: | zumal wo er einen ober zwei dolchförmige Stacheln
löme:2imoge3 der OQrleansbahn, zählt (1881) 2332 | trägt und in allen Nichtungen umherpeitſchend
(Gemeinde 2802) €. und bat ein College, Vieh: | empfindlide und ſchwer heilende
bandel, Gerberei, Leinwand: und
Das im 9. Jah
unden bei:
Garnbleiden. | zubringen vermag, wie es bei dem Stechrochen,
ch. gegründete prädtige Schloß | (Trygon) und dem Adlerrochen (Myliobatis) der
(Rupes Foucaudi) des Geſchlechts Larodyefoucauld | Fall iſt; die mit breitem Schwanze und faft runder
(j.d.), wel
nad dem Ort feinen Namen führt, | Körperſcheibe verjehenen, ſchon feit alten Zeiten
wurde zur Zeit König Franz’ I. von Fontant teils | befannten Zitterrodhen (Torpedo), weldhe zu
weije im Nenaifi U ausgebaut.
Ro —— ſ. Larochefoucauld.
Nochejacquelein, ſ. Laroche jacquelein.
Rochelle (La), ſ. La⸗Rochelle.
elleſalz, Synonym für Kalium:Natrium:
tartrat, f. unter Weinfäure.
Röcheln (Stertor), eigentinnlihes, oft weithin
vernehmliches raſſelndes Geräuih, welches bei
Bruſt en dann entſteht, wenn der in den Puns
gen und Luftröhrenäften angelammelte Schleim
nicht durch Huften entfernt wirb und fo der ein-
und auätretenben Luft hindernd entgegentritt. Bei
Sterbenden, bei benen das R. zu den gewöhnlichen
Grideinungen gehört, wird es durch die eintretende
Lungenlähmung bedingt. (S. Qungenödem.)
emaure, Stabt im franz. Depart. Ar:
deche, Arrondifiement Privas, rechts am Nhöne,
Station der Linie Livron-Alais der Paris-Lyon—
Nittelmeerbahn, zählt (1881) 580 (Gemeinde 1144)
E. und bat eine Schlofiruine und Seidenhanbel.
Etwa 2 km weſtlich erhebt ſich ber 508 m hohe aus:
ebrannte Bultan Chenavari mit dem aus
—— en Band —* nenn ’
chen idae), eine Familie von Knorpel:
fiihen von eigentünulicher Fe aus ber Ib»
teilung der Duermäuler oder Plagioftomen, find
—— durch platte, rhombiſche oder ovale
Geſtalt, oben befindliche Augen und Stirnlöcher,
großes, nebſt den Raſenlöchern unten befindliches,
quer zn Maul mit verfdiedenartigen gun
nen, jhuppenlofe, den Körper meift in weiten Her:
—— umgebende, ſelten ganz glatte, fon:
dern mit fleinen rauhen Hödern oder mit Dornen
bejegte Hant und die breiten Bruſtfloſſen, welde
ben Kopf einfaflen. Leßterer Charakter dient vor:
zugsweije zum Unterjdiede von den Haien, mit
welhen die R. durch mande libergangsformen
vertettet find. Die R. find nur Bewohner bes
Meer und größerer Ströne, wo fie fi an dem
jandigen oder jchlammigen Boden aufhalten, in
tropischen Breiten jehr artenreich, leben von Fiſchen,
Kruftern und Weichtieren, ſchwimmen in jchiefer,
gegen ben Horizont geneigter Stellung burd un:
dulierende Bewegungen ber Bruſtfloſſen, belauern
ihre Beute, rubig auf dem Boden von Untiefen
liegend, und bieten nur ein grobes, bloß von den
ärmern —— — genoſſenes Fleiſch.
Mit Ausnahme der Gattung Rohen (Raja)
im ftrengen Sinne, zu welder ber Keulen:
rohen (Kaja clavata, Tafel: Fiſche J, Fig. 5)
gehört, deren pergamentartige, jladhe, vieredige
und an ben Eden in Spipen verlängerte Eier unter
dem Ramen Seemäufe belannt find und nad
dem Ausjhlüpfen der Jungen häufig an das Land
geipült werben, gebären alle andern hierher gehöris
gen Fiſche Iebendige Junge. Manche R. erreichen
eine erjtaunliche Größe und fpielen die Nolle ge:
fährliher und jehr gefräßiger Raubfiihe, denn ſie
erreichen öfters eine Größe von 1,5 bis 3m. Man
unterjheidet bie eigentlihen N. mit bünnem
Schwanze, der al3 nicht verächtliche Waffe dient,
\ beiden Seiten der Kopficheibe ein elektriiches Organ
| beſihen, das galvaniihe Entlabungen bemirten
lkann, weldje aber in Beziehung auf Deftigteit nicht
| entfernt mit den Schlägen de3 Zitteraals zu ver:
leihen find; die gewaltig großen, nur in ſüdl.
eeren vorlommenden Hor nrochen oder Meer:
teufel (Cephaloptera) mit in lange Lappen aus:
gezogenen Kopffloſſen, und die durch ihre ſchlanke
Geſtalt den Üibergang zu den Haififchen bildenden
SHairoden (Hhinobates) und Sägefiſche
—— bei welchen der Stirnlnorpel zu einer
angen, beiderſeits mit queren Zähnen beſehten
Platte ausgezogen iſt.
Roches (Kol oder Cul des) heißt urſprunglich
ein 920 m über dem Meere, 2 km fübweitlich von
£ocle (j. d.) im ſchweiz. Kanton Reuenbur ge:
legener,, etwa 30 m tiefer Felstrichter, in weldyem
der Bied, ein rechter Zufluß bed Doubs (f. d.),
vier unterirbiiche, ſtufenweiſe übereinander gebaute
Mühlwerte treibt. Seit dem Bau der Straßen von
Locle nad) Les Brenet3 und Morteau ijt jedoch der
Name auf den Jurapaß der Roche fendue über:
tragen worden, der mit mehrern Zunneln ben
elöriegel zwiſchen Locke und dem Thale de3
oubs durchbricht. Die jetzige Poſtſtraße durch
den Col, 1858—71 erbaut, tritt unweit des Fels:
trichters in einen 90 m langen Tunnel und ver:
proeigt ſich * hinter demſelben, an der Grenze
es Kantons Neuenburg und des franz. —*
Doubs, um rechts durch zwei weitere Tunnel das
neuenburgiſche Uhrmacherdorf Les Brenet3, ober:
(b des malerijhen Doubsſees (Lac des Brenet?),
int den franz. Marftjleden Morteau zu erreichen.
Etwas ſüdlich von dem Straßendurdbrucd liegt
der große Tunnel der 1884 eröffneten, 13 km lan:
gen Eijenbahn Locle:Morteau(:Bejancon), deren
tation Eol des R. neben dem Trichter der unter:
irdiſchen Mühlen liegt.
Nochäfter, Sechafen, Barlament3borougb und
als Biihofafik Eity in der engl. Grafſchaft Kent,
45 km im DSD. von London, rechts am Medway,
über welchen eine eiferne und eine aus dem
13. Jahrh. ftanımende Steinbrüde von 11 Bogen
und 137 m Länge zur Voritadt Strood (Station
der Rordkentlinie der South:Eafternbahn) [abet
it durch eine Häuferreihe mit Chatham (f. d.) ver:
bunden, Station ber London:Chatham:Dover:
Eifenbahn, und hat, obidon gut — viel
Altertumliches und in der Nahbarihaft noch Reſte
aus der röm. und bän. Zeit. Die von Biſchof
Gundulph 1077 gegründete, nach einer Feuers:
brunft 1130 von Heinrich II. wiederhergeitellte,
1789 faft ganz umgeftaltete und bis 1840 renovierte
Kathedrale St.:Andrem iſt nur ee. ihres Alters
merhvürdig. Von der ehemals jtattlichen Burg
auf einer Anhöhe am Flub bat ſich nur der große
Zurm von 21 m im Geviert und 52 m Höhe er:
halten. Das Fort Pitt iſt jeht ein Militärhofpital,
das Fort Clarence ein Militärirrenhaus. R. hat
eine Sateinfchule, eine mathematiiche Freiſchule, ein
1687 erbaute: Stadthaus, it Siß eines deutichen
744
Vizelonfulats für R. Sheerneß und Faverſham, und
sähe (1881) 21590 E. Der lebhafte Handel üft, wie
aud andere Erwerbszweige, von ben lotten: und
Militäretabliffements zu Cbathamı abhängig. 5 kın
abwärts liegen bei Upnor:Gaftle die großartigen
Dodyards oder Schiffswerfte; die 190 ha ein:
nehmenden Baſſins find das bedeutendfte See
Arfenal Englands. Zur Ordnung bes ftarfen
Auiternfangs findet jährlih ein aus dem Orts⸗
magiltrat gewähltes Admiralitätsgericht ſtatt.
N. ıft das röm. Durobrivae ber Cantii, das angel:
ſächſ. Hrofesceaster. Durch König Ethelred von
ent wurde es nad deſſen Taufe 597 zum Biichofs:
ſih (Rofla, Rovacestria) beftimmt und 604 bazu
geweiht. Im J. 1215 warb es von den Baronen
und dann von König Johann erobert, 1254 durch
Simon von Montfort. Grit unter Heinrid II,
erhielt es Stadtrecht und ſeitdem von verſchiedenen
Konigen bedeutende Privilegien,
Nochifter, Stadt in Olmſted County im norb:
amerif. Staate Dlinnejota, liegt auf beiden Seiten
des Zumbro:River, an der Winona: und St.:Baul:
eifenbahn, 80 km vom Miſſiſſippi, bat (1880)
5103 E., ein ſchönes Gerichtägebäube, mehrere
Mühlen, Eifengiebereien und Maſchinenwerlſtätte
und eine —— Halle, ſowie bedeutenden Ge—
treidehandel.
Roch eſter, Stadt und —— in Monroe
County im norbamerif. Staate Reuyorl, liegt an
beiden Ufern des Genefeeflufies am Griefanal und
an mehreren Gifenbahnen, 11 km von ber Mun—
dung des Genefee in den Yale Ontario. R. wurde
1812 gegründet, 1817 als Dorf, 1834 als Stadt
inforporiert und zählte 1880 fchon 89366 E. Das
Stadthaus, das Gerihtägebäude, die Free Aca-
demy, Power’s Commercial Fireproof Building
> zu ben fchönften Gebäuden ber Stadt.
er Genejee bildet auf feinem Wege durch bie
Stadt drei Waflerfälle von 29,8 und 25 m; unter:
balb des lebten iſt der Fluß für Seeſchiffe ſchiffbar.
Die Fälle geben eine bedeutende Wajjerkraft, welche
für die Induftrie von giobem Werte iſt; 1880 gab
es 18 Mühlen, 51 Schuhe und Stiefelfabriten,
32 Gijengiepereien und Mafchinenwerljtätten und
35 Tabalsfabriten. Die University of Rochester
got eine Bibliothel von 13000 Bänden; außerdem
at R. ein theol. (Baptüten:) Seminar mit deut:
ſchem Departement, ein Athenäum mit einer Biblio:
thel von 18000 Bänden, die Law Library mit
10000 Bänden und eine andere öffentliche Biblio:
thet, 2 Hofpitäler für 500 Patienten, 4 Waifen:
häuſer, verſchiedene andere Wohlthätigkeitsinftitute,
eine ftäbtiihe Taubftummenanitalt, eine Beſſe—
rungsanftalt, ein Countyzuhthaus, Armenhaus
und Irrenanſtalt. Der Kirchhof Mount: Hope iſt
einer der älteften und ſchönſten ber Vereinigten
Staaten. Bemerlenswert iſt die Kunſtgärtnerei,
bie ‚größte ber Welt, weldhe 1400 ha Land hat und
jährlich für mehr als 1 Mill. Doll. Blumen, Ge:
müfe u. ſ. w. liefert,
Mocheſter (John Wilmot, .u von), engl.
Satiriler und zugleich einer der zügellojeften Wüſt⸗
linge am Hofe Karls II., wurde 10. April 1647
geboren und erhielt feine Bildung am Wabham-
College. Nachdem er Magister artium geworben,
burchreifte er Italien und Frankreich und zeichnete
fih zur See durch Tapferkeit aus, Gr jtarb
26. Juli 1680. Kurz vor feinem Tode ließ er ſich
nod vom Biſchof Burnet von Salisbury belehren;
Nohefter (in Minnefota) — Rodlig (in Sadjen)
ber Biſchof gab felbft eine Schrift über diefe Be
tehrung heraus, Seine Gedichte (Lond. 1681; am
vollitändigiten 1756) find leicht hingeworfen und,
außer jeinen Satiren, meiſt wertlos. Einen merl:
würdigen Gegenſatz gegen fein Leben und feine Ge:
dichte bilden jeine Briefe, in denen er ſich als *
licher Gatte und Vater zeigt. Bol. Burnet, «Life
and death of John Earl of R.» (Pond. 1681).
Roche-fur:Yon, ſ. La-Roche-ſur-Yon.
Nochette, ſ. Raoul-Rochette.
Mochẽtum (neulat., ital. rocchetto, frz.
rochet, vom beutichen od) heißt das von feiner
weiber Leinwand gefertigte, mit Spitzen bejeste
Chorhemd, weldes Pier und Chorberren
ber kath. Kirche als Amtslleidung tragen. j
Nochholz * Ludw.), namhafter Germaniſt
und Sagenforſcher, geb. 3. März 1809 zu Ansbach,
widmete fid in Münden dem Studium der Juris:
prudenz,, wurde jpäter in eine polit. Unterfuhung
verwidelt, ſodaß er in die Schweiz flüdtete, wo er
zuerft zu Hofwyl, dann am Gymnaſium zu Biel
ala Die fungierte, und feit 1836 an der Kantons—
ſchule zu Aarau die Profeſſur für deutihe Sprache
und Litteratur bekleidete. Im %. 1866 quiesziert,
lebt R. feitdem als Koniervator der röm. Niter:
tumsfammlung zu Aarau. Von feinen Arbeiten
find zu nennen: «Gidgenöfliihe Lieberhronik» (Bern
1835), «Der neue reidant» (Aarau 1838), «Trage
munt» (Ehling. 1852), de gg aus dem
Yargau» (2 Bde., Aarau 1856), «Alamanniiches
Kinderlied und Kinderſpiel⸗ (Lpz. 1857), «Natur:
mythen; neue Schweizerjagen» (Tpz. 1862), «Deut:
ſcher Glaube und Braud im Spiegel_der .-
nischen Vorzeit» (2 Bde, , Berl. 1867), «Drei Gau:
göttinnen» (%p5. 1870), aLiederfibel; Bildungsitufen
der Kindheit» (3, Aufl., Stuttg. 1872), «Deutjche
Volls: und Heldenbücers (ELpz. 1875), «Die
Schweizerlegende vom Bruder Klaus von Flüe⸗
(Aarau 1875), «Nargauer Weistümer» (Aarau
1876), «Tell und Geßler in Sage und Geſchichte⸗
(Heilbr. 1877), «Die aargauer Gepler in Urkunden»
Heilbr. 1877). Seit 1860 gibt R. die Jahres:
hrift der Hiſtoriſchen Gejelliaft de3 Kantons
Aargau, «Argovias, heraus, ,
ochlitz, Stadt in der ſächſ. Kreishauptmann:
[haft Leipzig, liegt in fehr anmutiger Gegend an
der Zwidauer Mulde, über die bier eine jteinerne
Brüde und eine eijerne Eijenbahnbrüde führt, Sta:
tion der_Linien R.:PBenig und Glaudau : Wur:
zen ber Sächſiſchen Staatzbahnen, ilt Sip einer
Amtshauptmannihaft und eines Amtsgerichts, hat
eine Realſchule, eine Handelsſchule und eine (and:
wirtſchaftliche Winterjchule und zählt (1885) 5954
meijt prot. E. Der Ort ift feit dem großen Brande
von 1802 gut und regelmäßig aufgebaut. Unter
ben beiden Kirchen tt die 1864 und 1884 re
ftaurierte Aunigundenlirche (1016 begründet, aber
1416 in got. Stil neu aufgeführt) von architeltoni⸗
ſchem Intereſſe. Bol. die Schriften von Stieplis
(2p3. 1829) und Zind (Rochliß 1864), Außerdem
iſt bemerlenswert das Schloß mit zwei hoben,
vieredigen Türmen (bereit3 1109 erbaut und bie
Rodliger Jupen benannt), die früher ald Staats:
efängnis dienten. R. hat Kammgarnwebereien,
andelamüblen, —5*——— von Leder, Leber:
waren, Wagen und Cigarren. In früherer Zeit
bfühte in R, die Zeineninduftrie, Im « Silberthal »
wurde Bergbau auf Silber getrieben, Die Stadt R.
ijt ſorbenwend. Urſprungs. Im 5%. 1143 verlieh
u
Nohlig (in Böhmen) — Rod (der heilige)
Kinig Konrad II. die Grafihaft R. dem Marl:
graien Konrad von Meiben, und bei der Teilung
er Sande unter befien Söhne (1156) — ſie
an den dritten Sohn, den Grafen Dedo von der
Lauſiß. Nah dem Ausſterben dieſes Geſchlechts
9* Grafſchaft R. dem Reiche anheim, worauf
te im Anfange des 13. Jahr. an Dietrich den Be:
drängten von Meißen verliehen ward. Seit dem
14. Jabrh. war die Stadt R. wiederholt eibgedinge
und Si verwitweter Marlgräfinnen und Kur:
füritinnen. Vol. Bode, «Chronik der Stadt N.»
(Rochlig 1867), Im Süden der Stadt, am linken
Ufer der Mulde, erhebt ſich iſoliert der Rochlitzer
Berg oder Rochliher, Wald bis zu 350,6 m
a a deſſen Gipfel jeit 1860 das turmartige
Friedrich « Auguit: Denkmal (mit ſchoner Fernficht)
ziert. Am öjtl. Abfalle find Schon feit Jahrhunder—
ten großartige Borphyrtuff:Brüche (wegen der Für:
bung aud roter Sanditein genannt) im Betrieb,
ochlitz, Marktort in der böbm. Bezirlshaupt⸗
mannſchaſt Startenbadı, beiteht aus den Kataitral:
gemeinden Nieder:Nodhlik (2610 E.), Dber:Rodlig
(2960 E.), Franzenthal, Grenzdorf Kaltenberg,
Sahlenbach und Siehdihfür, liegt am Saum des
Nieiengebirgs, ift Sig eines Bezirlsgerichts und
zählt (150) 7611 E. deuticher Nationalität, die
etwas Aderbau betreiben und fieben mechan. Baum:
wollwebefabriten unterhalten.
Mochlitz [Orb belannt als Erzähler und
mufiftheoretiicher Schriftiteller, geb. zu Leipzig
12. Febr, 1769, bejuchte die dortige Thomasſchule
und jtudierte dann Theologie und Kantſche Philo—
—*— Ohne ein beſtimmtes Amt zu ſuchen, blieb er
in ſeiner Vaterſtadt, wo er ſich ganz der littera:
riſchen und muſilaliſch-⸗kritiſchen Thätigfeit widmete.
Bom Großherzog von Sachſen-Weimar wurde er
zum Hofrat ernannt. Er ftarb zu Leipzig 16. Dez.
1842. Seine «Zeichnungen von Menſchen nac
Geſchichte und —— Gamb. 1794), die
«Charaltere intereſſanter Menſchen in moraliſchen
Erzählungen dargeitellt» (4 Bde., Züllichau 1799
—1809) und die «Dentmale gludlicher Stunden»
(2 Bde., Züllihau 1810-11) wurden mit Beifall
aufgenommen. Noch gelungenere Arbeiten waren
Ki aftleinen Romane und ge 3 Bde,
üllihau 1807) und die «Neuen Erzählungen»
2 Bde., Züllihau 1816). Cine «Auswahl des
eiten aus R. jämtlihen Schriften» lieferte der
Berfafier felbit (6 Bde., Züllidau 1821-22), und
eine ** Sammlung iſt die «Für ruhige Stun:
den» (6 Bbe., 2pj. 1828). Um, die mufifalifche
Kritik bat N. fih große Verdienſte erworben,
namentlih in der ‚von ihm gegründeten «All:
gemeinen muſilaliſchen Zeitung», welde er 1798
— 1818 redigierte. Die vorzüglihiten feiner auf
Tontunft und Tonkunſtler bezüglihen Abhand:
lungen und Mitteilungen ftellte er in der Samm:
lung «Für freunde ber Tonkunft» (2, Auft., 4 Bde,,
en 1830—32) zuſammen.
ochow (Gujtav Adolf Rochus von), preuß.
Staatsmann, geb. 1. Dit. 1792 zu Nennbauien bei
Rathenow, ftudierte zu Heidelberg und Göttingen
die Rechte, machte bie eldzüge gegen Napoleon
mit und ward zum Dinner befördert. Nah dem
Frieden ging er auf feine Güter und nahm feit
1822 in Berlin an den provinzialftändiichen Ber:
faliungsarbeiten teil. Jin J. 1823 ward er Mit:
lied der Staatsjhuldenverwaltung, fam bald
rauf als vortragender Rat in das Minifterium
7415
des Innern und wurde 1826 zum Geh. Regierungs⸗
rat, 1831 zum Präfidenten der Regierung zu Merie:
burg ernannt, Im J. 1834 erhielt er dad Minis
terium des Innern und ber Polizei, weldiem
efjort 1837 aud) bie gewerblichen Yngelegenbeiten
untergeorbnet wurden. Aus diefer Stellung ſchied
er 1842, jedoch dauerte feine Thätigkeit noch als
Mitglied des Staatsrats fort, deflen Präfident er
1843 wurde. Er ftarb 11. Sept. 1847 zu Dar
Während feiner ahtjährigen Berwaltung verfolgte
N. entihieden konfervative Grundfäge und hat ſich
um bie verjchiedenen ihm anvertrauten Teile der
Staatöverwaltung anerkannte Berdienfte erworben.
Theodor Heinrih Rohus von R., preuß.
General und Diplomat, Bruder des vorigen, geb.
21. April 1794 zu Nennbaufen, trat in das preuß.
Heer und machte den Feldzug von 1815 mit. Im
3. 1835 ging er zur diplomatischen Laufbahn über,
war erit Gejandter in der Schweiz und Württem:
berg, feit 1845 in Petersburg, wo er, nachdem
er 1849 bis zum Generallieutenant avanciert,
19. April 1854 ſtarb. Kelchner und K. Mendels:
fohn:Bartholdy veröffentlichten mg: des lonigl.
preuß. Generals und Geſandten Theodor Hein:
rich Rochus von R. an einen Staatöbeanten»
(Franff, a. M. 1874),
Friedrich Eberhard von R. gus der Redahn⸗
ſchen Linie des Hauſes, geb. 11. Dit. 1734, geſt.
16. Mai 1805, bat ſich in der Geſchichte der Pä—
dagogil einen geachteten Namen erworben. Geine
«Pitterariiche — mit feinen Freunden»
gab. F. Jonas (Berl. 1885) heraus, j
Nochsburg, Biarrdorf in der jächf. Kreishaupt:
mannfcaft Leipzig, Amtshauptmannſchaft Rochlig,
lintö an der Zwidauer Mulde, Station der Yinte
Glauchau-Wurzen der Sächſiſchen Staatsbahnen,
Hauptort der gleichnamigen Lehnsherrſchaft des
Grafen von Schonburg⸗Hinterglauchau, mit altem
Schloß des lehtern auf Nor bervortretendem
Bergvoriprung ‚lint3 der Mulde, zählt_(1880)
560 E. und hat ein Rittergut, Obitbau, eine Stamm:
ihäferei und Handſchuh- und Pappenfabrilation.
Rochus, Heiliger der kath. Kirche, ein Franzofe,
aus Montpellier gebürtig,, zeichnete ſich namentlich
durd die aufopfernde Shlege von Beitkranten in
Italien aus. Bon einer feiner Reifen zurüd:
fehrend, wurde er an einem Orte, ber früber feiner
Familie eigen gehört, aus Irrtum ins ***
eworfen, in dem er 1327 ftarb. Die Wunder, die
Ni bei jeinem Tode ereignet haben follen, begrün:
deten feine Berfehung unter die Heiligen.
BeanBneng: „unter Bingen. ,
Nod (der heilige), eine von den angeblichen
Reliquien Ehrifti, findet ich in mehrern Eremplaren,
3. B. Argenteuil, San-Jago di Gompoftella, Trier
und anderwärt3, entweder aus leinenem oder aus
wollenem Stoff und zwar ohne ie (mit Rüd:
nat auf Evangelium Ih. 19,25) gefertigt. Am
befanntejten iſt in neuerer Zeit der im Dom zu
Trier aufbewahrte R. Chrifti geworden, en
Herkunft es eine Reihe von Sagen gibt: Die o
ielle Kirchenlegende Triers läßt die Kaiferin Helena,
die Mutter Konſtantins, mit dem Kreuze Jeſu in
Baläftina aud) feinen ungenähten R. auffinden und
aus alter Anhänglickeit an Trier dem Biſchof
Agrotius dajelbit em andern Reliquien ſchenlen.
Dagegen fpricht ſich eine, wie es fcheint, Ältere aus
der Zeit der Kreuzzüge ftammende Legende in fol:
gender Weije aus, Den grauen R. (fo wird er bier
746
genannt), den Maria aus der Wolle eines Lammes
geiponnen und bie heil. Helena auf bem Ölberge
gewirft, bat Chriſtus bei der Kreuzigung getragen.
Dann fam er in die Hände eines Juden, wurde
jedod von dieſem, weil die Blutflede ſich nicht aus⸗
waſchen ließen, ins Meer geworfen und von einem
Walfiſch verfhlungen. ——— war ODrendel
oder Arendel, der Sohn chriſtl. Königs Eygel
in Trier, na — gezogen, um die Königin
von Serufalem, d ie fhöne Frau Breyde, zu ge
winnen, erlitt unterwegs Schiffbruch und rettete
ſich an eine Hüfte, wo er als Knecht Dienfte bei
einem Fiſcher nahm. Beide — fingen jenen
ad und fanden in dem Bauche desſelben den
grauen R. Drendel erfaufte diefen von dem Fiſcher
um 30 Fl. und a in ihm zum Heiligen Grabe,
wo er ſich durch Waffenthaten gegen bie Heiben
bald fo hervorthat, daß ihn u Breybe zum
König von Jeru alem erhob. Als Toldher empfing
er von einem Engel die Aufforderung, feinem von
Heiden belagerten Bater in Trier Hi je zu bringen,
Er und Breyde führten dies glüdlid aus. Allein
da indejien die Ungläubigen das Heilige Grab
erobert hatten, jo beichleunigte Drendel feine Rüd:
lehr und lie auf Befehl eines Engels den grauen
N. in Trier zurüd, der nun in einen fteinernen
Sara verſchloſſen wurde. — im 12. Jahrh.
erwähnt, wurde ber heilige ge u Trier ſchon 1512
pr Verchr ung ausaeitellt io ab Luther in den
härfiten Borten gegen das «fchändliche, ———
Narrenipiel» eiferte. Am belannteſten und folgen:
reihiten wurbe die durch Biſchof Arnoldi nad
langer Unterbrechung 1844 verfügte Ausitellung
des R. indem fie nicht nur eine lebhafte litterariſche
Kontroverfe, fondern auch die Entitehung des
Deutihlatholizismus (j. d.) hervorrief. ——
den Rettungsverſuchen kath. Säriftiteller, Ar
Marz, «Geichichte des heiligen N. in der Dom irde
u Trier» (Trier 1844), bewieſen Gildemeiſter und
ybel in ihren Shriften «Der heilige N. zu Trier
und die zwanzig andern heiligen ungenäbten Röde»
(Düfield. 1844) und «Die Advolaten des trierer R.»
(Düjjeld. 1815) die Unechtheit der Neliquie.
Nod (Rud), in den arab. Märchen ein fabel:
bafter Vogel von ungeheuerer Größe und Stärle,
odfall, Heine unbewohnte Felſeninſel im
Atlantiſchen Ocean, gegen 400 km weſtlich von ben
Hebriden, bie Prutitätte zahllojer Seevögel.
Nöckel (Louiſabeth), Schaujpielerin, geb.30. Dit.
1842 zu Weimar, Tochter des an dem dresdener |
Aufitand von 1849 beteiligten Kapellmeiſters Karl
Auguſt R., betrat ſchon als Kind die Bühne und
begann ihre theatraliiche Laufbahn uni 1858 auf |
der Hofbü Di ihrer Baterjtadt, der fie dann bis |
1863 ala Mi
Burgtheater in Wien; nn 13 ipielte fie zu Beters: |
burg und unternahm darau verichiedene Bajtfpiele, | | gg
zum J. 1876 trat fie in den Verband des ham:
burger Thaliatheaters, wandte ſich 1877 nad) San:
Francisco und kehrte 1879 nad Wien zurüd, wo
fie wieder Mitalied des Buratbeaters wurde,
Naturwahrheit und Gefühlstiefe zeichnen ihr Spiel
aus. Während fie früher jentimentale und tragische
Viebhaberinnen gab, wandte fie fi fpäter ben
Heldinnen und Ealondamen zu. Cine der vor:
züglichiten ibrer frühern Leiltungen war Nend in
Halms «Wildfeuern. Im J. 1869 verheiratete fie
fi mit Heinridy Matthes.
talied angehörte, Hierauf war fie am | Lincolneifenbahn und
Hoftheater in Schwerin „engagiert, feit 1866 am ) Hafen ift breit und fief, und
| Jährlich werben —* —2 —
Rock (Vogel) — Rock-Niver
Nocken oder Woden, ver
—S uf melden Ds orrätige Spinns
erne Stab, a das v
material gebunden wird,
Rockford, Stadt und Hauptort von Winne-
bago County im norbamerif, Stante liegt
auf beiden Seiten des Nod:Rwer, an
Gijenbahnlinien und 147 km von
Chicago. J. 1835 zäblte
1870 11 ‚1880 13129 und dr
Korn * darunter — —* Deutſche N.
ehr breite Straßen,
ele ſchöne ö ie da3 Conuty Uourt
* und Vrivatgebãude, eine ———
rioatfchufen
— e ‚eins der beiten bes
ER —— Bellen
—— —— Emerſt
nach Inbien fenbet, bie up die a
Landes, en
ße Der — und — a
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werben ale — a heiten —
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Tan bie andere * ae — ge Betr
auftban — El ehe
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ud, und
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Sabriten, Sie ee von G
Blemmipeilfabert Vrei große —
mwollfabrit, drei
neu u. — Sta 14 Kirchen
nee, 1 Sociäule m —
riv atfchulen, das von
trollierte St. Au
- u ———
liegt die 4 km lange
—— ine al —
esarſenal, eine en eudıs
ten, Ya — wen, >
—— ge
* im nordamerit. Staate at en
der Weſtſeite ber Tr
ae
bejonders
| mit Kaltitein und Kalt, welche ——
e R der 1900 Arbeiter beii treis
— ie Einwohner „Salben: Stiefel:
und Wagenfabrifati 1850 die Stadt
Gait:Thomaston.
Lake, ein jhöner See in Nodland
Nocklaud⸗
acer
County im Er
es PR Nebenfl
o *
entſpringt in Fond du auf be NÜRIRBBL GA
vom Hubionfluß
Nods — Nody: Mountains
747
Staate Wisconfin, fließt durch den Horiconfee und, | 36. Breitengrabe an ben Namen R. führt, trägt
nachdem er ben Weft: dork aufgenommen bat, du
den See Kofhlonong, tritt dann mit fü L Lauf⸗
in den Staat Slinots, wendet fich ſudweſtlich und
fließt 3 km unterhalb Rock-Jsland (f. d.) in den
Milfiffippi. Seine Länge beträgt 528 km. Er ift
er - iaifiter., liefert aber bedeutende Waflerfraft.
4 (Srudtbonbons), f. unter Ganditen. | ben
Body. ntaind oder Felſengebirge iſt
der gemeinjame Rame der auf ihrer weiten Er:
ftredung ſehr ee es aa 66 Gebirgs:
züge Nordamerilas, welche Wyoming,
IMeitcolorado und Dftutah Großenteis erfüllen, im
Diten aud den Ebenen jteil aufjteigen und im
Weiten nad) dem Zafellande des großen Bedens
etwas fanfter —— Auf dieſem Raume, zwi:
ſchen dem 37. bis 41. Breiten: und dem 104. bis
108. Längengrabe erhebt fich dieje kompalteſte Hoch:
gebirgsmaſſe der Bereinigten Staaten. Als Duell:
nebiet der drei großen Stromfyfteme, des Rio
Grande, Colorado und Arkanjas, bildet fie die
Grenze wiſchen der großen Gentralebene im Dften
und ben durch die norbamerif. Seealpen vom
Stillen Meere getrennten Plateau und Stufen:
reg im Weiten (Arizona, Obercalifornien,
tab, Revaba, Oregon Waihington und ritifch:
238 und fo zugleich eine mertwürbige Land⸗,
fier:, Klima:, Vegetationd: und Böllericheide
auf = , meilt noch völlig öden Räumen.
Die R. beiteben aus Barallelfetten, die größere oder
Heinere Rlateaufläen und Hochthäler einichließen,
ichiden nad) veridiedenen Richtungen Geitentetten
aus, haben Gipfelerhebungen bis über 4000 m und
zahlreiche, aber meiſt ſchwieri ne ober doch nur erſt
nad) Durchwanderung von Wülteneienzu erreicdende
Bärle, ſodaß fie eine mächtige Bertehräfchrante
wifchen den reihen Kul turgegenden — iſſiſſippi⸗
dens und der Südjeelüfte bilden. Sie bergen
unerihöpflihe Schäge an Gold und Silber, ——
iſen, Blei, Quecſſilber, Kohlen und Salj. D
gleich nicht mit = Namen R. bezeichnet —
zu —— nee als been füblichter Zeil
die Gorbilleren von Neumerito und üdl. Colo⸗
rado, die, durch die Gebirgälüde - use von
dem Gebirgsiy em Merilos entſchieden getrennt,
bis zu dem Quellgebiete des Rio Grande del Norte
und dem Durhbruchäthal des obern Arkanjas, oder
etwa bis 38°, ° nördl. Br. ziehen. In Neumerito
umſchließen fie auf einer Bafis von 600—2000 m
—— das fteppenartige Langenthal des Großen
es (Rio Grande bei Norte), das größte
ber un Welt, in zwei gegen Norden gerichteten
Haupteetten. Die öltlihe oder Sierra de Co:
mandes erhebt fi im Cerro⸗Oscaro 3195 m, fällt
oftwärts zum Hodthal bes —— und zu un⸗
geheuern, von —S u —— a
durdf ittenen n en ⸗
n08) Non deren äu ee een Ser
de Teras 3 und das gegen Nordoften bis zur Ber:
u bes ne und Mifjouri reihende,
300—400 m hohe Diartgebirge bilden. Die
vielnamige Weitlette, die jog. Eordilleravon
Neumerilo, bie in der Höhe zwiſchen 2400 und
3700 m varitert, jen entt ne weitwärts zu bem
Würjtenplateau von ra o und Arizona. Im
Etaate Colorado jehen fidh beide Ketten norbwärts
ort. Die weitliche jendet die bis 4432 m hohen
ncompabgre: Mountains gegen Norbweiten zum
Grand : River, die öftlihe, welche bereits vom
eine Anzahl ——— e (Spaniſh Beats ge:
nannt) und fendet oltwärts das 2185 m hohe
er mei aus. Jenſeit des ——
des Arkanjas beginnt mit 39° nördl. Br. die mert
würdige Region der Parks. Die öftliche, gie
Kette zieht nordwärts bi3 41° nördl, Br. und trägt
* oder Pikes Peal (4333 m), den Mount:
Lincoln (4305 m) und ben Bighorn oder Longs
Peak (4313 m). Ihr parallel zieht die Weittette,
welche niedriger und weniger betannt ift. Beide
jtehen —* Querketten mit einander in Ber:
bindung. Zwiſchen diefen Haupt: und Nebentetten
dehnen ſich ſchöne Hodhthäler hin, melde den Na:
men Parts führen, mertwürdi —— die ſog.
Monument: Region, eine Ü aufredt:
ftehender maleriſcher und phantafıi ſcher Felien.
m Norden biefer —— im Wyoming⸗
erritorium, — ebirge eine mehr un
mehr diagonaie Richtung og Nordmweiten an.
Die Hauptlette (Green:Kiver: Mountain?)
ieht fich bis zu dem 2500m hoch gelegenen South:
Beh ß (42° 24’ nörbl. Br., 91° 46’ well. 2.).
Bon biefem Paſſe an "fe b dann das Haupt:
gebirge unter dem Namen Windriver-Mouns
— — —— Nord⸗
weiten, ein 127 km langer und 48 km breiter Ge:
birgaftod mit dem 4136 m hoben
Beat. Diefer merkwürdige Gebirgsjtod ift zugleich
eine Hauptwafjerfcheide. An ihm entipringen auf
ber einen Seite der Windriver des Mifjouri, auf
der andern der Green River des Colorado und der
Snate:River oder Lewis⸗South⸗Forl des Columbia⸗
ſtromes. Gegen Nordnordweſten zweigt ſich, im
daho⸗-Territorium, vom Windflußgebirge das
—— :Rivergebirge ab, und gegen Süden läuft
Utah: ‚Territorium das impanogos⸗ oder
Wobfatichgebirge aus —— zwei Hoch⸗
flächen, das ausgedehnte Beden obern Colo⸗
rabo (Green: River) im Diten und das Great-Baffın,
das Grohe Bafjin des Salzſees, jcheibet. ci
Nordweiten aber zieht vom Windflußgebirge
Hauptmafie der R. durd das Territorium Mon:
tana, deſſen MWeitgrenze die parallel ftreichenden
Bitter: Root:Mountains bilden. Unter dem
49. Breitengrade treten die R. auf dad Gebiet von
Britiſch-Amerila über. Das Gebirge ift bier an:
fangs nur 2000 — 2500 m body, mut zahlreichen
Sie. zerllüfteten Bergma en un jadigen
Kämmen, erreicht aber —* 51° 50’ und 52° 30
nördl. Br. feine bedeutenditen Döben, indem bier
auf der weitl. Kette zunädhft in ber Quellgegend des
Saslatſchewan der Mount: Forbes 3830 m, ihm
öftlich gegenüber der Mount: Murdiion 4126 m
und 70—100 km weiter im Rordweſten ber Mount:
Hooler 5105 m und der Mount: Brown 5000 m
oder nod höher auffteigen follen. Zwiſchen ben
beiden lehtern Schneegipfeln liegt in 2200 m See:
höhe die höchſt mertwürdige u —— ihre gran⸗
dioſe Bergſcenerie berühmte ——
Athapasca-Portage, ein ——
wilden Gebirges wiſchen ee
und Firmen, mit einem Heinen runden Eee Tr
mitteed: Bund: Bowle), ber fein Wafler u
Weiten zum Columbia, gegen Oſten in das Gebiet
des Madenzie ſendet. G3 iſt die Athapasca Bor:
tage die gewöhnliche u age der Traders der Hud:
fonsbai : Kompagnie den Berfchr mit Bei
Columbia. Meiter norbwärts, beſonders jenfeit
réemonts
748
bes 55. Breitengrabes, fenkt ſich das Gebirge zu
einem vielfach durchbrochenen Mittelgebirge, über:
ſchreitet —— in den Chippewayan⸗Mountains in
der mittlern Kammhöhe nicht 1220 m und gegen
das Eismeer bin faum 650 m. Der eigentliche
Entdeder und der erfte wifienichaftliche Erforſcher
ber R. ber amerif, General Fremont (1842 und
1844). Mit dem Erwerbe Galiforniens (1848) trat
die Notwenbdigleit der Überichreitung des Gebirges
durch eine Gijenbahn zur Verbindung bes Atlan-:
tiſchen mit dem Stillen Dcean immer mehr hervor.
(S. Bacific:Eifenbahn.)
Nococo, ſ. Rotloto,
Rocou oder Roucou, ſoviel wie Orlean.
Rocourt (Rocour, Raucourt)h, fram.
Fleden bei Sedan im Depart. Ardennes, mit be:
deutenden Fabrilen von Schnallen, Sporen, Pferde⸗
gebiſſen, wurde denkwürdig durch den 11. Olt. 1746
vom Marſchall von Sachſen erfochtenen Sieg ber
Franzoſen über die Öjterreicher.
Nocroy, Arrondiliementshauptftabt im franz.
Depart. Ardennes, —— Ta militärische
Bedeutung, auf einer rings vom Arbennenwald um:
gebenen Hochfläche, unweit der belg. Grenze und der
Maas, 23km nordweſtlich von Mezieres gelegen, bat
eine — und (1881) 2977 E. M wurde
im 16. Jahrh. von Franz I. angelegt und befeftigt,
1643 von den Spaniern belagert, aber durch den
von den Franzofen unter dem Prinzen Ludwig von
Conde, damals nod) Herzog von Engbien, 19. Mai
unweit R. über die Spanier unter Don Francisco
de Melos erfochtenen Sieg entſeßt. Im J. 1815
wurde R. vom Prinzen Auguft von Breußen durch
Kapitulation, im Deutſch⸗ Franzöſiſchen Ariege von
1870 und 1871 am 5. jan. 1871 von deutichen Trup:
pen nad fünftündiger Beſchießung durd Hand:
jtreich genommen und 6. an. beſeßt. Vgl. Lepine,
ellistoire de R.» (Nancy 1860).
Nod, die engl. Rute, foviel wie Perch.
Rod (xuſſ.), Geihleht, wozu nad ruſſ. Recht
ſowohl die maͤnnliche Linie als auch die weibliche
ehört. Rodowoje imenije, ein Erbgut, bei deſſen
zeräußerung dem R. ein Nüdtaufsrecht zuſteht.
Noda, Stadt in —— Weſtkreis,
in waldiger Gegend an der Roda, einem rechts—
feitigen Nebenflub der Saale, Station der Weimar:
Geraer Eiſenbahn, Sik des Landratsamts für den
Weitlreis und eines Amtsgerichts, zählt (1885) mit
der Vorjtadt Alofterroda 3454 E. und hat ein 1663
neu erbautes Schloß (jebt Sik der Behörden), eine
arg Sr Sadjien:Altenburg und Reuß
beider inien, eine \diotenanftalt, eine Klofter:
ruine, Sandftein: und Kallſteinbrüche, eine Streid)
—— Wollhäkelei und Handſchuhnäherei,
eine Orgelbauanftalt, Fabrilation von Maſchinen,
Wurft und Konditorwaren, Biegeleien und Han:
del mit Nutz. und Brennholz fowie mit Gegen:
jtänden ber autiſchlerei.
Rodach, rechtsſeitiger Nebenfluß ber Ih, ent:
ſpringt im SW. von Hildburghaufen, berührt Ro:
dad) in Sadjjen: Coburg, Ummerjtadt in Sachen:
Meiningen, Sehlah im bayr. Negierung&bezirt
Oberfranken und mündet bei Kaltenbrunn ebenda.
Rodach, rechtzeitiger Nebenfluß des Mains im
bayr. Negierungsbezirt Oberfranten, entfpringt im
SW. von Rodacherbrunn am Rennſteig in Reuß
jüngere Linie, nimmt rechts die Haßlach und
Steinach, linls die Wilde Rodach auf und mündet | Adler, «R., der
dem Titel «Das Kapital- (Berl. ER
| jat, «R.8 jozialötonomifche Anfichten» (Jena 1882);
Rococo — Nodbertus
Die R. bildet die Grenze zwifhen dem Thüringer:
= Ak, ze zwiſch Tharing
Nodach, Stadt im Herzogtum Coburg (f. d.).
odbertuß (.Yob. ———8
ölonom und Polititer, geb. 12. . 1805 zu
Greifswald, erhielt feine Gymmnafialbildung in
Medlenburgiih: sriedland und ftudierte in Göttin:
gen und Berlin die Rechte. Sodann arbeitete er
als Auskultator am Land: und Stadtgericht zu
Alt:Brandenburg, ging 1829 ald Neferendar zum
Dberlandesgeriht nad Breslau und 1830 zur Res
ierung nad Oppeln. Im J. 1832 trat R. aus dem
taat&dienjte, lebte einige Jahre in Dresden und
Heidelberg, tehrte 1834 zunädjit gel das mütterlicye
Gut Bejerik zurüd, kaufte 1835 aber das im pom-
merſchen Kreiſe Demmin gelegene Gut Jagetzow
und fiedelte 1836 dorthin über. Im Mai 1848
wurde R. vom Kreiſe Uſedom-Wollin in die —
Nationalverſammlung gewählt, wo er der Stiftet
und Führer des linken Centrums wurde. Bei der
Bildung des Minijteriums Auerswald: Hanfemann
(25. Juni 1848) übernahm R. das Portefeuille des
Kultus, legte dasjelbe aber fhon nad) 14 Tagen
nieder und bemühte jih num, innerhalb der preuf.
Nationalverfammlung die deutiche in Frankfurt zu
unterjtügen, bis erjtere im November aufgelöit
wurde. Bei den Kammerwahlen im Jan. 1849
wurde X. von Berlin in die Zweite Kammer gewählt
und brachte 13. April den Antrag auf Anerlennung
der von der frankjurter Berfammlung beichlofienen
Neichöverfaflung ein, welder von der Kammer
21. April angenommen wurde, worauf 27. April
die Auflöfung derfelben erfolgte. Nah Oftrogie:
rung des Kla ——— vertrat R. das Prinzip
der Wahlenthaltung ſeitens der Demokratie. Als
Laſſalle 1862 ſeine Arheiteragitation begann, for—
derte er R. zur Mitwirkung auf; dieſer lehnte jedoch
ab, weil er die joziale Frage nicht als eine politiiche,
fondern al? eine rein wirtfchaftlice behandelt willen
wollte, und veröffentlichte einen darauf bezüglicen
«Diienen Brief an das Komitee des deutichen Ar:
beitervereins» (Lpz. 1863). Während der Konflikt:
eit betannte ſich R. zur Politik des Minijteriums
ismard und verteidigte in der Preſſe namentlich
die Armecreorganijation. Er jtarb 6. Dez. 1875
auf feinem Gute Jagebow.
iſt der bedeutendite Bertreter des lonſervativen
Sozialismus, der durch fozialpolit. Reformen einem
gewaltjamen Umfturz vorbeugen will. Als Theo:
retiler zeichnete er fich durch Tiefe der Auffafjung und
eine an Ricardo (j. d.) erinnernde Abitraktionstraft
aus. Bon R.s Schriften find zu nennen: «Zur Er:
lenntnis unferer ftantemirticaftlichen Zuftänder
Neubrandenb. 1842), «Die preub. Geldkrifis» (An:
am 1845), «Soziale Briefe an von Kirdymann»
(3 Hefte, Berl. 1850 —51; das 2.u.3, neu herausg.
unter dem Titel «Zur Yeleuhtung ber fozialen
ge», Berl. 1875), «Die Handelstrifen und die
ppotbefennot der Grundbefiher» (Berl. 1858),
«sur Grllärung und Abhilfe der heutigen Kredit:
not des Grumdbefipes» (2 Bde., Jena 1869), «Der
Normalarbeitätag» (Berl. 1871). Die Herausgabe
jeines Nadjlafjes haben A. Wagner und Th. —*
unternommen, und es iſt daraus bisher namentlich
der vierte Brief an von Kirchmann ig
8 2
Begründer des wiſſenſchaftlichen
nad einem Laufe von 53 km unterhalb Zeuln. | Sozialismus» (Cpj. 1881).
r.
Rödby — Röder (Fluß)
Rödby, Stadt auf Laaland (f, d.).
Node (Chriftian Bernh.), Hiftortenmaler und
Kupferſtecher, geb. zu Berlin 1725, ging 1750 ala
Schüler Vanloos md Paris, fpäter nad) talien,
wo er ſich teil3 in Nom, teild in Venedig zwei
Jahre aufbielt. In Italien malte er Alerander,
welcher weinend ben Yeichnam des Darius mit feis
nem Vurpurmantel bededt. Nach der Nüdlehr aus
Stalien veranlahte ihn der Tod feines Vaters 1756
zu zwei groben allegoriichen Gemälden, welde er
nebjt einem Altarblatte der Marienkirche zu Berlin
fchentte. ÜÄhnliche Geſchenle erbielten von ihm
andere Kirchen, namentlid die Garniſonlirche. Die
Zahl feiner Arbeiten beläuft fi) auf circa 300; die
meilten derfelben find von ihm felbft in Kupfer
radiert worden, fo aud die —— Maslen
nach Schlüter. Mit beſonderer Liebe malte er die
merlwürdigſten Epochen aus ber brandenb. Ge:
ag Auch aus Gehners «oyllen» hat er einige
5 öne Stüde gemalt und zu allen Fabeln Gellerts
lätter radiert. Er gehört der ältern Schule feiner
Zeit an, ohne —— Bedeutung in Anſpruch
u nehmen. Er ſtarb als Direktor der. berliner
kademie der bildenden Künſte 24. Juni 1797,
Sein Bruder, Johann Heinrih R., geb.
1727, geft. 1759, hat mehrere Blätter, unter andern
zu Rabeners Satiren, radiert.
Node (Pierre), bedeutender Virtuos auf ber
Violine, geb. zu Borbeaur 26. Febr. 1774, von
deutſcher Abkunft, begab fi 1787 nad) Paris, wo
Biotti ihn unterrichtete und er 1790 ala Führer ber
weiten Violine bei dem Orcheſter des Theaters
eybeau angeftellt wurde. Hierauf unternahm er
1796 feine erjte Kunftreife, wurde dann Profefior
der Violine am Konfervatorium und Soloviolinift
in ber Hauslapelle des Erſten Konſuls Bonaparte,
Vorteilhafte Anträge des ruff. Hofs beftimmten ihn
1803, mit Boieldieu fih in Peteröburg niederzus
lafien. In diefe Zeit fällt der Höhepunkt feiner
künftlerifchen Leiftungen. Fünf Jahre blieb er ba:
jetoß worauf-er nad) Frankreich zurüdkehrte und
n. Borbeaur 27. Nov. 1830 ftarb. Unter feinen
Biolinlompofitionen find befonders berühmt die
12 Konzerte, welde von allen Biolinmeiftern ge:
pieltwerden. Die mit Baillot und Kreuber gemein:
am verfaßte große Violinſchule des parijer Kon-
ervatoriums ijt ebenfalls ein mujterhaftes Werk,
Nödelheim, Stadt im preuß. Negierungsbegiet
und im Landlreis Wiesbaden, an der Nidda, 5 km
nordweſtlich von Frankfurt a. M., Station der Linie
Sranffurt:Homburg der Preußiſchen Staatsbahnen
und der R.»Gronberger Eifenbahn, zäblt (1885)
4264 E. und hat eine * und eine fatb. Pfarr⸗
lirche, eine Realſchule ein Schloß mit Part, Villen
tanlfurter Bürger, Ziegeleien und Fabrifen von
\ inen rauben und Chemitalien,
deifee, farrdorf im bayr. Regierungsbesirt
Unterfranten, Bezirksamt Kipingen, in (1885)
800 E, und bat Weinbau neben Dbitbau und
Viehzucht. Nahebei auf einer weitlih vorfprin:
got Höhe des Steigerwaldes erhebt ih Schloß
hwamberg over Shwanberg.
Rodenberg, Stadt im preuf. Regierun —*
Kaſſel, Kreis Nuteln, an der Kaſpaue sollen n
nördl. Ausläufern des Büdeberg und des Deilter,
I eines Amtsgerichts, zählt (1880) 1720. Die
i
749
N. war einſt Siß der Grafen von Schaumburg, von
deren Schloß noch Ruinen vorhanden find.
NRodenberg (Julius, ae ulius
Levy), deuticher Dichter und Schriftiteller,, geb.
26. Juni 1831 zu Nodenberg in der damals kurbefl,
—* Schaumburg, befuchte die höhere Bürger:
Ichule zu Hannover, dann das Gymnafium zu Nins
teln und widmete fidh feit 1851 zu Heidelberg, Göt:
tingen, Marburg und Berlin rechtswiſſenſchaft⸗
lihen Studien, Nachdem er fich 1856 zu Marburg
mit der Differtation «Bon der Regredienterbſchaft
abeliger Töchter» die jurift. Doltorwäürde erworben,
entjagte er der jurift. Laufbahn, um fich der Litte:
ratur zuzuwenden. Inzwiſchen hatte ſich N. bereits
mehrfach als Dichter verfucht und mit —* ſei⸗
ner poetiſchen Arbeiten Beifall gefunden. Zu dieſen
ehören «liegender Sommer» (Lp3. 1854), die epi⸗
hen Dichtungen «Dornröschen» (Brem. 1852),
«König Haralds Totenfeier» (Marb. 1853; 3. Aufl,
1856), dad Gedicht «Der Majeftäten Rheinwein und
Felſenbier —— (Hannov. 1853; 3, Aufl,
1854); ferner «Lieder» (Hannov, 1853 u. öfter), die
fpäter vermehrt als «Gedichten (Berl.1863; 5. Aufl.
1880) erſchienen. Hierzu famen noch «Dramatiiche
dylien» (Hafj. 1858), einige Opernterte und der
iedercpllus «Fürs Mutterherz» (Berl. 1866). Mit
feiner erjten Proſaſchrift, dem «Pariſer Bilder:
bud» (Braunſchw. 1856), weldem bie «Slleine Wans
derchronite (Hannov. 1858; 2. Aufl, 1866) folgte,
betrat R. ein Litteratu eld, für welches er ein
eigentümliches Talent belundet. In der Zeit von
1856 bis 1862 führte er ein Wanderleben, durch⸗
ftreifte England led, Irland und Schottland,
lebte auf den Kormannif en Infeln, auf den Eis
landen Nordfrieslands, an den jchweiz. oder den
ital Seen. Seine Erlebniffe und Eindrüde teilte
er in einer Reihe anmutiger und gewandter Schil-
derungen mit. Zu diefen — «Ein Herbſt in
Wales» (Hannov. 1857), «Alltagsleben in London»
Der. 1859), «Die Snfel der Dein (2. Aufl.,
erl. 1863), «Berihollene Jnfeln» (Berl, 1861),
«Stillfeben auf Sylt» (Berl. 1861; 3. Aufl. 1876),
«Tie Harfe von Grin» Lpz. 1861), «Tag und Nacht
in London» (Berl. 1862; 4. Aufl. 1865), «Dieffeit
und jenfeit der Alpen» (Berl. 1865), «Die Mpyrte
von Killarney» (Berl. 1867), «Paris bei Sonnen:
fchein und Zampenlicht» (1.und2.Aufl., Lpz. 1867).
63 folgten: «Studienreifen in England» (Epz. 1872),
«In deutichen Landen» (Lpz. 1873), «Wiener Som:
mertage» (2pz. 1874), «Ferien in England» (Berl,
1876), «Belgien und die Belgier» (Berl. 1884), «Bil:
der aus dem Berliner Leben» (Berl. 1885). Bon
Romanen veröffentlichte er: «Die Straßenjängerin
von London» (zuerſt in dem von ihm begründeten
«Deutſchen Magazin» von 1861, dann Berl. 1868),
«Die neue Sündflut» (Berl, 1865), «Bon Gottes
Gnaden» (Berl. 1870) und «Die Grandidiers»
a: u. Lpz. 1878; 2, Aufl. 1881). Seit 1863
at fi R. dauernd in Berlin niedergelafjen, wo er
1867— 74 in Gemeinschaft mit Dohm die er
ſche Zeitfchrift «Der Salon» redigierte und 1874 bie
Deutſche Rundſchaus begründete,
Rodeneck, Burg bei Muhlbach (ſ. d.) in Tirol,
Rodeuſtein, j. unter Reichelsheim.
Röder (Größe Röder), linksſeitiget Nebens
fluß der Schwarzen Elſter, eniſpringt zwiſchen Puls⸗
ge Saline, in der gutes Kochſalz gewonnen | nik und dem Sibyllenſtein in der Amtshauptmann⸗
wird, liefert gleichzeitig die Sole für die im bena
barten —— — (f.d.) verabreichten Are
ihaft Kamenz der ſächſ. Kreishaupimannſchaft
* tritt oberhalb Radeberg in die Kreis:
750
bauptmannfhaft Dresden, nimmt rechts die Kleine
Roder, linls bei Nadeburg die Prommiß auf, ent:
fendet Unis den Landgraben weiter abwärts —
Elſter, tritt unterhalb Grödig in den preuß.
gierungsbezirt Merjeburg und münbet nad) 82 km
— zwiſchen Elſterwerda und Liebenwerda.
Röder (Karl David Aug.), Rechtsphiloſoph,
geb. 23. Juni 1806 zu Darmitadt, jtubierte in Göt:
tingen und Heidelberg die Rechte, trat 1827 zu
Dermftadt i in den Staatödienft und habilitierte ſich
1830 in Gießen. Infolge feiner S —* ran
züge der Politik des Nechts» (Bd. 1, t. 1837)
wurden ihm bie weitern rehtäpbilof. Bor ungen
unterfagt, worauf fi R. 1839 zu Heidelberg habili-
tierte; 1842 wurde er bier zum außerord. Brofeflor
ernannt. In ben «Grundzügen des Naturredts
no. nn gran ber (Heidelb. 1846; 2.Aufl.,
—* 860—63) verfuchte er, ſämtliche wefentů de
Menſchenrechte als die eigentliche Grundlage der
ganzen Rechtswiſſenſchaft jo vollitändig als möglich
darzuitellen und zu begründen. Gegen die bejtehende
Strafrechtäpflege fämpfte er in den Schriften «Zur
Rechtsbegrundung der en e» (Heidelb.
1846), «Die —* erung de — weſens
mitiels der nei to ie 1856 u.
8* im — des td» (
863) und
aBejlerungsftrafe und ee als
Nectsforderung» (Lpz. 1864). R.nahm 1848 am ganz!
frantfurter Borparlament ei er —* Schrif⸗
ten ſind noch orzuheben: «Kritiſche Beiträge
zur Geſehgebung über die außereheliche Geſ lets:
nemeinjchaft» (Darmſt. 1837), «Grundgebanfen und
Bedeutung des röm. und german. Hedhtö» (Lpz.
1855), «Berfude der Berichtigung von Ulpiani
fragmenta» (Bött. 1856) und «Die Kriegsknecht—⸗
Kr unſerer Zeit und bie Wehrverfaflung der Zu:
tunft» in Gotta «Deutſcher Vierteljahrsſchrifto
(1868). R. ftarb 20. Dez. 1879 zu Heidelberg.
Roederer (Pierre Louis, gt 3. franz. Pu:
blizift und Staatämann, 1B. Der
1754, ftudierte zu Meß un ne die echte
und faufte 1780 eine Stelle ala a ge in
feiner Vaterſtadt. Nachdem er in mehrern Schrif:
ten für die Ideen der polit. Reformen gewirkt hatte,
wählte ihn die Stadt Meß in die Nationalver:
ammlung, wo er Mitglied des Jalobinerllubs war.
serner befleidete er jeit November 1791 die Stelle
eines Generalanwalts im Seinedepartement. Der
Nat, den er 10. Aug. 1792 der königl. Familie gab,
fih in die Nationa verfammlung zu begeben, ent:
zweite ihn mit den Jalobinern. Erſt nad dem
9, Thermidor trat er wieder mehr hervor. Im J.
1796 in das Inſtitut gewählt und zum Profefior
der polit. Öfonomie ernannt, wirkte er in der Preſſe
für die Einführung des Koniulats, Napoleon be:
tief ihn in den Staatsrat, übertrug ihm die Orga:
nijation der Bräfefturen und —— die Leitung des
Unterrichtsweſens. Im J. 1806 ſchidte ihn Na:
poleon I. an den König Joſeph nach Neapel, deſſen
Sinanzminifter und Zwiicenhändlererwurbe; 1809
erhob ihn Rapoleon zum Grafen des Kaiferreiche. | |
Sn Dez. 1810 übernahn: R. das Amt eines Staat3: |
— beim Großherzog von Berg, gegen Ende
. 1813 aing er als außerordent der Kom:
MR des Nailers nach Straßburg. Während der
Hundert Tage arbeitete er an der joltsbewaffnung
in Burgund und Bretagne und erhielt einen Sit |
in ber Pairskammer, wo er fih nad) der Schlacht |
von Waterloo zu Gunften Napoleons II. aus:
| aufgeführt, eine der fchönften
Nöder (Karl David Aug.) — Rodez
ſprach. Mit der zweiten Reftauration verſchwand
er vom öffentliden Schauplag. R. ſchrieb in der
Reftaurationgzeit « M&moires pour servir & V’'his-
toire de Louis XII et de Frangois I» (2 Bde., Bar.
1825); nad) der Julirevolution erregte feine Edrif!
«Esprit de la rövolution de 1789, et sur les
&vönements du 20 Juin et du 10 Aoüt» Aufieben.
Ludwig Philipp, deflen Politik er publ ee pur un:
— gab ihm 1832 die Bairswü
R. ftarb 17. Dez. 1835. Eine Gefamtausg
R.s gan (8 Bde., Bar. 1853—59) ————
ſein Sohn reg Marie, Baron R
Moderich, ſpan. Rodrigo, legter König der
Weſtgoten in Spanien, Entel des 672 geft. Königs
Neceswinth, wurde 710 von der Reichsverſa ——
egen ben König Witiza (feit 701) erwählt,
er im Gegeniaß zu dem biöherigen —— der
Weitgoten bie Krone erblid maden wollte.
ber — ger fo ift auch der R.s —
—— t, daß gleich nad der Erhebung,
Angriff Mauren Nordafritas unter ber Jaßrung
Muſas ftatthatte und daß diefer vom ee des
geitürzten Königs, Oppas, Erzbiihof von Sevilla,
und den Söhnen beafelben begünitigt warb. A
- fi den Mauren 711 am Gundalete oder bei
res be la u. en —
—— —— x.
och ſoll er nach al
an for eieht — Sue
= feit dem 12,
un daraus, er —— oder —— der
Grafen Julian von Cẽuta, Gewalt am:
ach * "Deshalb dann dieſer die Mauren gerufen;
fiebentägi en Kämpfen fei R. verſchwunden,
Eu als Einfiedler in ildniſſen feine Schuld
büßen. (. Guerra , «Caida y ruina del imp
isigotico » (Mabdr, 1883) ; Zailhan, «Chroniqgue
rimee des derniers rois de Tolöde» (Bar. 1885).
Nöderlandbetrieb, |. unter Wal feldbau.
—— Marktfledden in der fä naar
bauptmannidaft Zwidau, ver Gola, 8
Auerbach, an beiden Ufern ber — 425 m nk
dem Meere, Station der Pinie
ve. der Sädfüichen Staats ——
4323 E. und hat drei Ritterguter ein‘
—* —— — En Sabeit von ne
ap en, zwei bebeut —
waren, bedeutende Haus induſtrie für Be
fation, ‚Nafchinenitiderei, drei Ge
Dampfich Nußbrennereien, em.
Bleibe und ———— mit Da
Kartonfabrikation und bedeutenden Vertrieb vor
Norbhäufer Branntwein.
Modez, ehemals auch Rhodez, Hauptftabt des
franz. Depart. Aveyron und ber frühern Graffcheit
Rouergue im Öftlihiten Zeil von Guyenne, aui
einem vom Aveyron AA freisförmig umflofienen
Hügel, in 550 m höhe, Station ber Yinie
Gapdenac:R. der Orleansbahn und ber Lime
Latour: Millau:R. der Sübbahn vielfah oe
wunbene und fer wer en üftere Etrafen
und eine große Anzahl hölzerner Häufer, deren
eriter Stod in die Straße hervo pringt. Dod;
find auch regelmäßige und große Bläge und jchöne
Boulevard3 vorhanden. Das bedeutendite Ge
bäude iſt die Kathedrale Notre-Dame, 1277—1 San
t. Kirhen Ein:
frantreiche, mit 80 m hoben Glodenturm, deiien
Kuppel eine koloſſale Marienftatue krönt. "Andere
Nödiger — Rodoſto
bemerkenswerte Gebäude find der — Bolak
aus dem 17. Jahrh., das Lyceum — 3 Je:
juitentollegium) mit au&gezeichneter elle im
Nenaiffanceftil und das Hötel D’Armagnac. Auf
der Place de la Cite erhebt ſich die Bronzeftatue
von Monjeigneur Affre, Erzbiſchof von Paris, ein
Werk von Barre. R. zählt (1881) 10911 (ala Ges
meinde 15333) E. und iſt Siß eines Suffragan⸗
biichof8 der Erzdiöceje Albi, eines Handelägericht3,
einer Manufakturen: und Aderbaulammer und hat
ein Lyceum, ein großes und ein Heines Prieiters
jeminar, ein 2ebrerjeminar, eine Taubſtummen⸗
lehranſtalt, einen Lehrſtuhl für Aderbau, eine öffent:
lie Bibliothef von 16000 Bänden und ein natur:
biltor. Mufeum. Ferner befteht ein Theater, eine
Korrektionsanftalt und eine Yrrenanftalt. Die
Stabt unterhält Fabrilen in Spiellarten, Wachs⸗
terzen, Tuch, Wolldeden, Serges und Tricots für
das Militär, Hüten, Lederhandſchuhen, Mefier:
ſchmied⸗ und Duincailleriewaren ſowie auch Loh⸗,
Weiß⸗ und Sämifchgerbereien, ereien, Bapier:
möühblen und Brauereien, 2ebbaft ift Handel
mit diejen Fabriten, mit Maultieren, en und
anderm Vieh, mit grauer Leinwand, Wolle, Käfen
(fromages du Cantal) und andern Landesprodulten.
R., ber Hauptort Segodunum ber galliſchen Ruteni,
in ber jpätröm. Kaiſerzeit head u unb Civitas
Rutenorum, hataus dem Altertum nod ein Druiden;
dentmal und Reſte eines röm. Amphitheater und
Aquãädukts. Im Mittelalter hieß es Rutena (aud)
ltuthenis, Rutenica, Rutina) ala Hauptort des
Pagus Rutenicus und der jpätern Grafihaft Ro:
vergue oder Rouergue (Comitatus Rodensis), bie
1271 mit der Krone, 1313 mit ber Grafichaft
Armagnac vereinigt, 1526 von Heinrich III. von
Navarra erheiratet unb 1589 von Heinrid IV. ben
Kronländern einverleibt wurde.
Röbiger( ), verbienter deutſcher Drientalift,
geb. 13. Oft. 1801 — ufen in Thüringen ;
gebildet auf dem Waiſen fium unb ber
Univerfität Halle, wurbe R. 1828 Privatdocent an
der theol. Facultät, 1830 außerorb., 1835 ord. Pro:
feſſor der orient. Sprachen in Halle, 1860 in Berlin,
1864 Mitglied der dortigen Akademie ber Wijlen:
haften. Er ftarb 15. Juni 1874 in Berlin. Außer
einer Reihe von Aufjähen in ber aHalleſchen Allge:
meinen Litteraturzeitung» (feit 1827), in der «Zeit:
fchrift für die Aunde bes Morgenlanbs» (jeit 1837;
namentlih über neuſyr. Sprade und kurdiſche
Studien) und in der agJeitſchrift ber Deutſchen
Morgenläãndiſchen Gejellihaft» (jeit 1847) find von
feinen Arbeiten zu nennen «De origine et indole
Arabicae librorum V. T. historicorum interpre-
tatione» (Halle 1829); die Ausgabe der Fabeln Lot:
mans (Halle 1830; 2. Aufl. 1839); for. Chreito:
mathie (Halle 1838; 2. Aufl. 1868); «VBerfud über
bie himjaritiihen Schriftmonumente» (Halle 1841),
eine Überfegung von Mellfteds «Reiſe in Arabien»
(2 Bde., Halle 1842). Außerdem führte er nach Ge:
fenius’ Tode den « Thesaurus linguae hebraicae»
zu Ende und beforgte die jpätern Auflagen von
deiien «Hebr. Grammatik»,
Rodman, nordamerif, Artillerieoffij;ier der Ge:
genwart, befannt durch verjchiebene Grfindun en
auf dem Gebiet ber Artillerietechnil. Dahin gebö:
ren ein verbefiertes Berfahren des Guſſes von
eilernen Gejhügrohren, die Konſtrultion eines nach
NR. benannten Apparats zum Mefjen bes Gasdruds
in Geihügrobren, ſowie die Anwendung grob:
751
törnigen Pulvers für gefteigerte Geſchüßladungen.
(S. Geihüs und Schießpulver.)
Rodna, ein wichtiger Gebirgspaß aus bem
Thale der großen Szamos in Siebenbürgen nad
der Moldau, Am anne desſelben liegen bie
Ortſchaften Neu: und Alt:Robna, beide von
Rumänen bewohnt. In der Nähe find ergiebige
Blei: und Eijenbergwerfe ſowie warme Quellen.
Alt:Rodna war in der erften Hälfte des 13. Jahrh.
eine blühende deutſche Stadt, die 1241 von ben
Mongolen erobert und — wurde.
Noduch (George Brydges), berühinter brit.
Seeheld, geb. 19. Febr. 1718, wurde 1742 zum
Kapitän und 1759 zum Kontreabmiral befördert
und befebligte im legtern Jahre die Unternehmung
egen Havre de Gräce, welches er im Angefiht der
5 Flotte bombardierte. Im J. 1762 eroberte
er Martinique, 1763 wurde er Gouverneur des
Invalidenhoſpitals zu Greenwich und ſtieg 1771
um Vizeadmiral auf. Im J. 1779 erhielt er den
berbefehl der weſtind. ylotte, eroberte Yan. 1780
eine bedeutende Anzahl ſpan. Transportichiffe und
ſchlug die ſpan. Flotte unter Langara, Hierdurch
verfaffte er dem bedrängten Gibraltar Lebens:
mittel und Kriegsbedürfniſſe. Im Mai 1780 lie:
ferte er der franz. Slotte unter dem Befehl des
Grafen Guiche auf der Höhe von Martinique drei
unentſchieden gebliebene Gefechte. Sein Unterneh:
men im Dez. 1780 gegen die * St. : Bincent
mißlang; bafür eroberte er im Febr. 1781 bie In⸗
feln St.:Euftade, St.-Martin und Saba. Auf die:
jen Si Tolgte die fibergabe der holländ. Kolonien
Efiequibo, Demerara und Berbice ſowie ber Infel
St.» Barthelemy. Sein glänzenditer Sieg war
jedoch der vom 12. April 1782 über die franz. flotte
unter bem Grafen Grafle auf der Höhe zwiſchen
Dominica und ben Iles des Saintes mitteld Durd;
bredden3 der feinblihen Schlachtlinie. Die Fran:
zofen verloren fünf Linienſchiffe, darunter das Ab:
miralſchiff Bille:de: Paris, und Graſſe felbit wurde
gefangen. Für diefen Sieg, welder Jamaica ret:
tete, ernannte ihn der König zum Peer; das Bar-
lament aber gewährte ihm eine Tebenslängliche
Benfion von 2000 Pd. St. R. ftarb 21. Mai 1792.
Bol. Mundy, «Life and correspondence of R.»
(2 Bde., Lond. 1830). j
Nodomontade, Aufihneiberei, Großprablerei,
abgeleitet von Nodomonte, dem Namen eines
beidnifchen Helden in Artoftos «Rafender Roland».
Rodoſto (türk. Telir Dagh), Stadt in dem bier
nad Numelien übergreifenden türt. Bilajet Balyt
—* Sitz eines Muleſſarif, auf der europ. Seite
und im Hintergrunde der nordweſtl. Einbiegung
des Marmarameers, gleich weit vom fübl, Aus:
gang des Bosporus und dem nordöſtlichen der
ardanellenmeerenge gelegen, hat einen guten,
gegen MWeft:, Nord: und Nordoitwinde gededten
Anlerplab und, um feiner Lage willen, namentlich
auch als Adrianopel nächſt fituierter Küjtenpuntt
des Marmarameers, eine große dommerzielle wir
ftrategiihe Bedeutung. Infolge des Ruffiich-Tür-
liſchen Kriegs von 1877 und 1878 fehr herabge:
lommen, und unmittelbar nad) demfelben nur we
nig mehr als 4000 G. zählend, hat fi der Ort
danach raſch erholt. Derfelbe ijt durch einen rege!:
mäßigen Dampfichiffahrtsdienit (Fahrzeit ſechs
Stunden) mit Konjtantinopel verbunden, N. war
im Altertum die ion, Kolonie Bijanthe und hich
jpäter Rhädeſtos und Rhädeſton.
152
Rodri uch: bie öftlichfte der Mascarenhas:
infeln. (©. Diego Rodriguez.)
Nochud (niohn Arthur), hervorragendes engl.
PVarlamentsmitglied, Enlel des ausgezeichneten
Arztes John R. in Birmingham, geb. 1802 zu
Madras in Oftindien, verlebte feine Jugend in
Canada und bildete jih dann in England zum
Rechtsgelehrten aus. Zugleich beteiligte er ſich
lebhaft an den polit. und fozialen Bewegungen der
Zeit und erwarb ſich bei der Vollspartei ein ſolches
Anfehen, dab er 1832 von der Stadt Bath in das
erite reformierte Barlament gewählt wurde. Er
ſchloß ſich hier namentlich Hume, Leader und Mo:
lesworth an und gründete mit lekterm die «West-
minster Review» als litterariſches Organ ber Ra:
dikalen. Den W und Tories gleich verhaßt,
verlor R. bei den Wahlen von 1837 feinen Parla—
mentsſih, wurde aber im ‘an. 1838 als Agent der
Ganadier vor beiden Häufern des Parlaments ge:
Bart: und erlangte 1841 zum zweiten mal den Siß
ür Bath, den er 1847 abermals verlor. _Erft im
Mai 1849 erhielt er das Mandat für Sheffield.
In feiner «History of the Whig ministry of 1830»
(2 Bde, Lond. 1852) kritifierte er die feit 20 Jahren
mit kurzen Unterbrehungen am Ruder ftehende
Partei mit nachſichtsloſer Strenge. Eine hervor:
tagende Rolle fpielte er während des Krimlriegs,
indem er im ‘jan. 1855 die Niederfehung eines
Komitee zur Unterfuchung der Lage des brit. Heers
vor ——— beantragte, was die Sprengung
des Miniſteriums Aberdeen und die Berufung
Palmerſtons an die er. der Regierung zur Folge
hatte. Vald wandte er ſich jedoch wieder von Pal:
merjton ab, näherte fih fogar den Tories und ge:
örte zu den wenigen Liberalen, die für die toryis
tiihe Reformbill von 1859 jtimmten. Gegen das
tinifterium Ruſſell-Gladſtone nahm er fofort eine
unfreundlide Haltung an. Im J. 1868 verlor er
Pen Sig für Sheffield, erlangte benjelben aber
ei den Neuwahlen von 1874 nod) einmal wieder.
Er machte ſich in der Folge bemerklich durch feine
leidenſchaftliche arteinahme für die Türkei und
für die von dem Minifterium Veaconsfield befolgte
imperialijtiiche Politit. Im J. 1878 wurde er
zum Mitglied des Staatärat3 ernannt und ftarb
50. Nov. 1879,
Roer oder Ruhr Ua eng Nebenfluß der
Maas im preuß. Neglerungs ezirt Aachen, entſteht
686 m hoch bei Sourbrod auf dem Hohen Ben,
Ikm im NND. von Malmedy, fließt mit vielen
Krümmungen über Montjoie, Nideggen (170 m
bod), Düren (128 m) und Julich (74 m), erreicht
in 25 m Seehöhe da3 niederländ, Gebiet und mün:
det 30 m breit nad) einem Laufe von 112 km mit
den Serpentinen von 207 km, von denen 96 (mit
ben Windungen 185 km) zu Hreufen gehören, bei
ber Stabt Roermond (f. b, on ihrem Urfprung
bis Nideggen durchſtroͤmt fie ein enges Thal mit
ftartem Gefäll; bei Kreuzau, etwas oberhalb Düren,
tritt fie in die Ebene und fließt in einem breiten,
wieſenreichen, unterhalb Jülich funpfigen Thal, in
welchem fie ſich mehrfach verzweigt. Sie iit nicht
ſchiffbar, tritt häufig über ihre flachen Ufer und
ſpeiſt viele abgeleitete Kanäle, welde, wie fie ſelbſt
und ihre Suflüffe (rechts die Urft mit der Oleff, die
Elle oder Ellenbach, lints die Inde und die Worm
oder Wurm), zahlreihe Mühl: und Hammermwerte
treiben. Auch eignet fih ihr Waſſer vortrefflich
zum Färben und Bleichen. Nach der R. wurde
Nodriguez — Roeskilde
unter Napoleon I. das Roer⸗Departement bes
nannt, deilen Hauptitadbt Nahen war,
NRoermond, frz. Nuremonde, Bezirkäftadt
der niederländ. Provinz Limburg, früher zu Öfter:
reihiih: Geldern gehörig, an der Maas und an
der Mündung der Noer (If. d.), 45 km im NND.
von Maitriht an der niederländ. Staatsbahn:
linie Maftriht: Venlo, fowie an ber belg. Pinie
Antwerpen⸗ Vlodrop gel en und durch eine ſchöne
Steinbrüde mit der orttabt ‚St. Jalob verbun:
den, irlsgerichts und feit 1561
eines Biſchofs. Die Stadt ift geräumig gebaut
und hat an Stelle ihrer ehemaligen fekun &mwerfe
übjche Promenaden erhalten, Von ihren
eiten und Anjtalten find zu erwähnen die tath,
Münfterirhe, ein ausgezeichnetes Gebäube aus
dem 13. Jahrh., die St. Chriftoffel: oder Barodhies
x e — — —— Br Trug —— Su
unjtvoll geichnisten Bei en,
gebäude (früher biihöfl. Palaft), das Urfulinerin:
nenklofter der «Schweftern zur Liebe» mit einem
Penfionat, das biihöfl. Kollegium, ein gehe Se
minar und eine höhere Burgerſchule. Die Stadt
zählt 10900 E., bat bedeutende inbujtrielle
—— —— Woll⸗ —
abriten und Färbereien, eine gro
ten für feine Bildhauerei in —— Holz
und eine gro abrik feuerfeiter ——
R. entitand aus einem 1290 vom Grafen Otto III.
von Geldern ummanerten Dorf und wurbe als
ftung mehrmals erobert, jo 1572 durch den
ringen run I. von Dranien, 1632 vom
ringen Friedrich Heinrih, 1637 von ben Spa-
niern, 1702 von den Alliierten, 27. Juni 1758 von
dem Erbprinzen Karl Wilhelm von Braunf 8
gegen die Sranzofen, 1792 durch fehtere und 6. März
1793 vom Herzog Friedrih von Braunschweig:
nad) dem fiegreichen Gefecht (4. März) bei dem 6 km
im Norden, an der Mündung ber Schwalm gelege⸗
nen — ——— —— rn
errihaft war N. die Haup
a aas (Meuse inferieure) und das Bistum
mit dem von Lüttich vereinigt.
Roeskilde (d. i. Roes Quelle), deutſch Roſchild
und (wie bei Klopſtoch Rothſchild genannt, Stadt
auf der bän. Sinjel Seeland, an dem Roestilde:
fiord, dem öjtl, Arm des ilefiords, im Amt und
31 km von Kovenhagen, an ber &i
KopenhagenKorför, die hier nah Masnedfund und
Kallundborg abzweigt, beiteht aus einer ei
Seuptikraße, * einen Hafen, fhöne Quellen,
Gelehrtenſchule und ein 19, März 1699
Fräuleinftift und zählt (1880) 5893 E. Die Stadt
wurde 970 oder 980 vom König
aus Holz, erit 1084 aus Stein erbaut und war
Mittelalter die erfte Stabt in ganz
27 Kirchen und Klöftern und angeblid) 100000 €.
Bis 1443 war e3 ©ib der Könige und vom 11, bis
ins 16. Jahrh. Siß des Erybitcofs, une
und
iſt Siß eines
Bi
blühen Kopenhagens fant die Stadt, Veit
Beuer (1282, 1443 und 1529) verwüfteten fie,
eit der Reformation hörte fie 7 der
Mittelpunkt des Landes zu fein. Als ein
DE BEST edel
Dreifaltigteitsti 0, e,
—— te Dom in Dänemark, erbaut von Knud
dem Heiligen (1047—84), eine N des
braunfchweiger und rapeburger ers, ben
Gräbern von mehr ala 30 Königen und Königinnen,
fowie vieler Adeligen und Gelehrten (3. B. des
Roeule — Noger I. (König von Sicilien) 753
von dem R. ber Barbe. Das Legen der Eier nennt
man bei den Fiſchen Laichen (f. d.)
Saro Grammaticus, der hier Bropft war und 1204
6b), mit vielen prachtvollen Monumenten. In
em am 26. Febr. (8. März) 1658 auf Grundlage
des Toftruper Vertrags vom 18, (28.) Febr. ge:
ſchloſſenen Roeskilder Frieden zwildhen Däne:
mark und Schweden trat erftered Schönen, Hal:
land, Blelinge, Vohus, Drontheim, Bornholm
ab, Schweden verfprad) pingegen alle Groberungen
zurüdzugeben und erhielt Berreiung vom Sund—
zoll. zu. Geſeh vom 28. Mai 1831 wurde N.
um Eh er Provinzialftändeverfammlung ber
än. Inſeln beftimmt.
Noenlg, Stadt im Bezirk Soignies der belg.
Provinz Hennegau, an ber Linie Houdeng:Soignies
ber —* Staalsbahnen, mit einem ſchoͤnen alten
Schloß der Herzöge von Croy, bedeutendem Kohlen:
bau und 2744 6. , ——* . d.).
Rofla (Rofna), in Graubünden ſoviel wie
Mogaſen (poln. Rogosno), Stadt im preuß.
Regierungsbezirk Poſen, Kreis Obornik, links an
Welna oder Kleinen Warthe, da wo ſich in die:
felbe die Kleine Welna durch einen ſchmalen See er:
ießt, Station der Linie Poſen-Stolpmünde ber
Sreubifchen Staatöbahnen, Siß eines Amtsgerichts
und eined Warendepöts der Reihöbant, zählt (1885)
4977 €., darunter 1500 Bolen, und hat eine evang,,
eine altluth. und eine kath. Kirche, zwei Synagogen,
ein Gymnafium, eine höhere Töhterfchule, eine
ar arandenanftalt, Fiſcherei, Ziegelei und eine
upferwarenfabrit. Im J. 1295 überfiel und er:
fhlug bier Markgraf Otto IV. von Brandenburg
den Bolenherzog Przemiſlaw II.
Rogäte (lat. «betet»), der fünfte Sonntag nad)
Dftern, genannt nad) dem Anfangsworte des Evan:
geliums von der rechten Betkunjt (Joh. 16, 25).
Rogatio (lat. «rage»), Geſehesvorſchlag;
Strafantrag des Anklägers.
Nogationen, foviel wie Bittgänge,
NRogatſchew, Kireisftadt im ruf. Gouverne:
ment Mohilew, am redjten Ufer des Dnjepr und
an ber mosfau:warfhauer Straße, mit 4437 E,,
ift Stapelplap für den Verlehr auf dem Dnijepr,
doch treibt die Stadt auch Handel mit Bauholz und
MWaldproduften, als Teer, Beh und Terpentin.
Rogen oder Roogen nennt man die Gier der
Knochenfiſche und Störe, Rogner die Meibchen,
melde von den Heinen, runden und weichen Giern
oft eritaunlicye Mengen in ihren Gierjtöden tragen.
So hat ein Hering 30—40000, ein Karpfen an
300.000, ein Stör, Habeljau und andere Millionen
von Giern. Sie haben eine große Lebens: und
Widerſtandskraft. Nach in Echottland angeitellten
Verſuchen waren Gier gewifler Lachſe, im Spät:
herbſt aufbewahrt, * 20 Wochen noch unver:
dorben und entwidelungsfähig. N den Feſtungs⸗
gräben Dftindiens erfheinen bald nad) dem Ein:
tritt des Regenwaſſers, was die vorher ganz aus:
etrodneten Gräben wieder füllt, zahllofe Brut:
ide, bie in Eier eingefchloffen an fünf Monate
unter dem _völlig erhärteten Schlamme zugebradht
haben müſſen. N ed gehen Fiſcheier von Enten
und andern Waljervögeln unverdaut und ber
Lebenskraft nicht beraubt wieder ab, wodurch die
Verbreitung gewiſſer Fiſche fehr unterftügt wird.
N. des Störs und des Haufen wird eingefalgen
und unter bem Namen Kaviar (f. d.) in den Handel
ebradt. Der Genuß des R. mander Fiihe foll
— ſein, und bei uns gilt dies hauptſächlich
Conberſatiensa⸗ Lexilon. 13. Aufl, XIIL
NRogenftein, ſ. unter Kaltftein.
Roger J., Großgraf von Sicilien und Calabrien,
eb. 1031, war der füngfte unter den zwölf tapfern
öhnen de3 Normannen Tancred von Hauteville,
bie aus der Normandie um die Mitte des 11. Jahrh.
als Soldkrieger nad Unteritalien zogen, wo fie
durch ihre Eroberungen den Grund zu dem nad):
maligen u beider Sicilien legten, R. er:
oberte 1061 Meifina, 1072 fiel Palermo in feine
Hand, und durch die Einnahme von Agrigent 1087
ward die Eroberung ber Inſel vollendet. Auch
entriß N. den Sarajenen Malta 1090. Wegen Ca:
labriens, da3 er feinem Bruder Hobert Guiscard
atte unterwerfen —* geriet er mit dieſem in
treit, indem derſelbe die Hälfte davon, die er
1062 RR. verſprochen, ihm vorenthielt; doch ver-
jöhnten ſich die Brüder bald wieder, und nad) Ros
rts Tode 1085 unterjtühte R. deſſen Söhne in
ber Behauptung Apuliens. In Sicilien reorgani:
ierte N, die hriftl. Kirche, ſodaß die röm, Kultus:
orm an bie Stelle der —X — trat; doch be⸗
ielten einige Städte, z. B. Palermo und Meſſina,
griech. Biſchöfe und griech. Gottesdienſt. Den Sa:
razenen ließ er volllonimene ——
Von dem Papſt Urban II. erhielt er durch die Bulle
vom 5. Juli 1098 die Zuſage, daß kein Legat ohne
[eine Zuſtimmung entjandt werben folle und ihm
elbft die Rechte eines ſolchen zuſtehen follten. R.
—* 22. Juni 1101 zu Mileto, feinem gewöhnlichen
obnfig in Calabrien, s
oger II., König von Sicilien 1101—54, bes
vorigen Sohn, war erft fünf Jahre alt, als fein
Bater ftarb. Anfangs führte feine Deuter Adel:
heid (Adelasia), eine Tochter des Markgrafen Bo:
nifacius I. von Wontferrat, die Regentſchaft, machte
R iebod fo verhaht, daß fie ſih genötigt Jah, den
ringen Robert von Burgund zu ihrem Eidam zu
maden und ihn zum Bormund und Statthalter zu
ernennen. Nachdem R. als Graf von Sicilien und
Herzog von Galabrien die Negierung felbit über:
nommen, bewies er fich ftaatstkug, ühn und tapfer.
Er unterwarf die aufjäfigen Barone, ordnete die
Finanzen und beförberte den Wohlftand Sicilieng,
deſſen Handel mit Genua, Pifa u. f. w. bamals
aufblühte. Nach dem unbeerbten Ableben feines
Vetter! Wilhelm, Nobert Guiscards Entel, wurde
er 1127 in Apulien und Calabrien als Herzog an:
erlannt. Zum Dank für die Unterftügung, welche
er dem Gegenpapft Anaflet II. gewährte, ließ biefer
durch feinen Legaten in Palermo 25. Tez. 1130 R.
zum König von Sicilien falben und krönen. Tro
wiederholter Aufftände der Barone und objchon fi
ber röm.sdeutfche Kaiſer Lothar und der ——
Kaiſer Emanuel gem ihn verbanden und Bapit
Innocenz II. den Bann über ihn ausſprach, wußte
er fich doch zu behaupten, Nahdem er den Papſt
nnocenz, der felbjt ein Heer gegen ihn führte, bei
alluz30 befiegt und gefangen hatte, wurde er
25. Juli 1189 aud) von diefem al3 König anerlannt
und für ſich und feine Erben mit Apulien, Galabrien
und Capua belehnt. Neapel wurde 1189, die Graf:
ſchaften in den Abruzzen biß 1142 unterworfen.
Da er in Sicilien fein Recht als geborener Legat
des apoftolifchen Stuhls (f. Roger I.) mit Nad;:
drud behauptete, den Klöftern einen Teil ihrer
Schätze entjog, fo verwidelte ihn dies mit dem
Papit in neue Streitigkeiten, melde erſt 1144
48
754 Noger IH. (König von Sicilien) — Roggen
beigelegt wurden. Während feiner legten Jahre | Bon feinen ſehr jeltenen Gemälden befigt bie laiſerl
führte A. mehrere ruhmvolle Kriege gegen den by: | Galerie zu Wien zwei; in Berlin befindet fich eine
zant. Railer Gmanuel und gegen die arab. Dynaftien | Kreugesabnahme vom J. 1488. Das Bedeutendite
an der Kite Afrilas, wo er an verſchiedenen Bunt: | von feiner Hand befigt indes Spanien.
ten feiten Fuß faßte. Gr ftarb in Palermo 26. Febr. | Rogers (Samuel), engl. Dichter, geb. 30. Yuli
1154, und ihm fuccebierten fein a. MWilhelm.I. | 1763 zu Newington:Öreen in Middlejer, der Sohn
der Böfe (1154—66) und fein Entel Wilhelm IL. | eines reichen Bantiers in London, defien Geichäit
der Gute (1166—89), mit dem der legitime Manns: | er nad) Vollendung feiner Univerfitätzftudien ſelbſ
itamm der normann. Dynaitie erloſch. Bon feiner | übernahm, trat zuerit 1786 mit der «Ode to super-
dritten Gemahlin, Beatrir, einer geborenen Gräfin | stition and other poems» als Dichter auf. Im J.
von Nethel, hinterließ R. eine Tochter, Conftantia | 1792 gab er die «Pleasures of memory» beraus,
(i. d.), die durd) ihre Bermählung mit Kaifer Hein: | die feinen Auf als Dichter begründeten, 1812 bie
rich VI. den Thron Siciliens an das Haus der «Voyage of Columbus, a fragment», 1814 die did:
Hobenftaufen brachte, nicht ohne Kampf mit Tan: texiſche Grzäblung «Jacqueline», 1819 « Human
cred von Lecce, dem unebelihen Sohne ihres ſchon life» umd endlich 1822 «Italy», ein befcpreibendes
1049 geftorbenen älteften Bruders Roger. Gedicht. R. zeichnet u durch Fräftige Gr:
Roger IIL., König von Sicilien, Sohn und | findungsgabe oder lebhafte Einbilbungstraft, afs
1191 Mitkönig Tancreds von Lecce, 1193 gekrönt, | durd) feinen Gefhmad und Aumut aus. Sein be-
ſtarb ſchon 1194. Seine Witwe Itene (f. d.), eine | liebtejtes Gedicht it «Pleasures of memory», fein
byzant. Kaifertochter, wurde nach der Groberung | beftes «ltaly», das trefiliche Schilderungen ital
Siciliens durch Heinrich VI. feinem Bruder Philipp Landſchaft und Sitten enthält. R. pe in London
von Schwaben zur Ehe beſtimmt. . 118 1855. Nadı jeinem Tode gab Sharpe
Roger (Guftave Hippolyte), franz. Tenorift, | «Recollections of Samuel R.» (Lond. 1859) heraus.
geb. zu St.;Denis bei Paris 17. Dep. 1815, war | Seine Were find mehrmals gefammelt erfchienen.
erit im Bureau eines Notars thätig, trat aber) Rogerwiek, f. Baltijhport.
1836 ins parifer Konfervatorium ein und machte, Woggen (Secäle), in vielen Gegenden vorzugs
Gejangsftudien bei Martin und Morin. Im 3. | weile Korn genannt, eine zur lie ber Gräjcr
1838 machte er in ber Overa:Comique ald Georges | gehörende Betreidegattung mitzu
dichten Ahren, melde aus
in Halevys «Dlip» feinen eriten theatraliſchen Ber: zweiblütiger
5* fort. i felten breiblütigen Ährchen beſtehen, deren Kelch
ſuch, wurde fofort engagiert und fang nun auf b
ſpelzen pfriemlih und deren Blüten mit embilän-
diger Granne verjehen, und zwar die zwei untern
fisend find. Im nördl. Europa ift der gemeine
Roggen (S. cereale L., f. Tafel: Getreide:
arten, ig. 13), deſſen Vaterland unbelannt it,
mit zur grudtgeit rundlich⸗ vierſeitiger ihre umd
zäbher Spindel, die geichägtefte ——— weil
er in ben fältern Gegenden, wo jeded anbere Ge:
treide mebr gefährdet ift (bis 70° nördl. Br. und
1500 m Weereshöhe in den Alpen), ſicherer reift,
35 ben air Sb 7 u macht —*
elbſt in ſolchem no wo n nicht
mehr gebaut werben lann. Auch, fiefert er mehr
und vorzügligeres Stroh ald Weizen, Hafer und
Gerfte. Im einem Klima, wo der Wintermeisen
nod) zeitigt, gnebeibt der R. jedod immerhin am
ſchen Oper — beſonders als George | beiten und gibt daſelbſt den höchſten Ertrag. Der
Brown. Bol. die nad feinem Zode erfhienenen | Winterroggen wird im Herbſt gefüet, der
jelbitbiographiichen Aufzeichnungen «Lecomet d’un | Sommerroggen im Frühjahr; der Anbau des
tenor» (Par. 1880). j eritern ift ausgedehnter und lohnender. Der N. it
Roger van der Wenden, auch Rogier de höchſt wahrjcheinlich Durch die Slawen nad Europa
la Bafture, Maler der altmiederländ. Schule, | gebracht worden, Griechen und Römer kannten ibn
geb. zu Zournay um 1400, geft. in Brüjjel 16. junt | nicht. Bon dem R. werden nur wenige Barietäten
1464, wurde 1426 in feiner Baterftadt Schüler bes | gezogen, welche ſich ſämtlich auch als wenig be
Robert Campin und erlangte 1482 als Meijter Mändig unter veränderten Anbauverhältniffen er:
Aufnahme in der bortigen Malerzeche. Wie fo | weifen: ald Winterfrudt der Staudenroggen,
viele feiner Landsleute dürfte er aus ber Thätigkeit | der ſich ungewöhnlich ftark beftodt, das rbeir.
des Miniaturiften zu jener des Tafelmaler3 über: | Klebkörn mit dunklem Samen und der Johan—
gegangen fein, was fein Stil deutlich verrät. R. | nisroggen, der im Sommer gejäet, mehrere
war fein Schüler jan van Eyds, die Eigentüm: | Schnitte Grünfutter vor ber Hörnerernte gibt. Wi:
lichleiten und Fortichritte dieſes aeformatore bat Sommerfrucht find befonders geihäßt das Mär;:
feine mehr altertünliche Weife nicht. Um 1430 korn, und der rönrifche Roggen. Der R. ver
kanı R. nach Brüffel, wo er für die Stadt die Alle: | trägt leichten, fandigen Boden, gedeiht jedoch am
orien der Juftitia malte. Im J. 1449 entitand beiten auf milden, kalfhaltigem Lehm, lehmigem
ein bedeutendes Wert für das Spital in Beaune, | Sand und fandigem Lehm, wogegen ſehr bindiger,
das \jüngfte Gericht. Damals hielt er fi) einige | naſſer und mooriger Boden demielben nicht zuſagt.
eit in Jtalien auf, wie die Madonna in Frank: | Die Ernte des Winterroggens fällt für Mitteleuropa
urt (Städeliches Inſtitut) mit dem Wappen der | in die Mitte des Juli, diejenige des Sommerrog:
Medici bejtätigt, 1455 lebte er wieder zu Brüſſel. gens um mehrere Wochen jpäter. Der Ertrag
diejer Bühne zehn Jahre hindurch mit großem Gr:
folg. Dann ging er, nachdem er mit Jenny Lind
auch in England gejungen, zur Großen Oper über.
Seit 1850 befuchte er mehrmals Deutſchland umd
erregte auch bier, ebenjo wie in Brüffel und Wien,
roßes Aufiehen. Zulegt mußte man freilich eine
bnahme feiner Stimmmittel wahrnehmen, und
jeine Leiſtungen berubten hauptſächlich nur auf
einer meifterhaften und binreißenden Darftellung.
Obgleich ihm 1859 der rechte Arm amputiert wer:
den mußte, verjuchte er doch nad) dem Berluft fei:
ner Stimme, 1868 auf der Bühne ber Borte Saint:
Martin ald Schaufpieler zu wirken, Der Verſuch
mißlang. Geitdem fungierte N. als Profeſſor der
Gejangsfunft am_Konfervatorium in Parts und
ftarb dafelbjt 12. Sept. 1879. R. war in der lomi:
— — — — —— — — — — — — — —
=
Noggendbah — Rogniat
beläuft fih pro Heltar auf 6—40 hl à 68— 78 kg
Körner und auf 4—8000 kg Stroh, Der Wert
der Noggenlörner beruht zunächſt auf ihrer befon:
dern Qualifitation zu dem allgemeinen Nahrungs:
mittel, dem Brote. Iſt auch das Roggenmehl we:
niger weiß und fein, als dasjenige vom Weizen,
fo iſt es doc gefund und vermöge feines etwas
gröbern Gehalts an Proteinftoffen fräftiger als
lehteres. Nächiidem dient der R. zur Branntwein:
brennerei und zur Fütterung. Sein Stroh ijt das
geſchãtteſte aller Halmfrüchte, weil das längite und
itärlite; e3 dient weniger als Futter, benn zur
Einjtreu, fodann zum Dad: und Feimendeden, zur
Anfertigung von Strobjeilen, Matten, Flaſchen⸗
muffen u. $. m. und ift in diefer Hinſicht Ichwer zu
erjegen. Bon ben den R. heimſuchenden Pflanzen:
frantheiten find namentlich zu nennen: dad Mutter:
forn (f. d.) und der Roſt (I. d.).
Roggenbadh (Franz, Freiherr von), deutſcher
Deere. 8 . 23. März 1825 zu Mannheim,
itubierte in Heidelberg und Berlin die Rechte und
wandte fi 1848 dem polit. Leben zu. Als Selre:
tär im Reihsminifterium des Außern gewann er die
Anficht, dab nur umter Preußens rung das
deutiche Verfaflungswert erfolgreich begründet wer:
den lönne und dat mit Öfterreich, nad) defjen Aus:
ſcheiden aus dem engern Bunbe der deutſchen Stan:
ten, fünftignur ein Allianzverhältnis beftehen dürfte.
Nach Ausbruch der bad. Revolution übernahm R.
Ende Mai 1849 nebit bem —— Miniſter von
Meyſenbug eine Miſſion nach Berlin in Sachen der
preuß. Intervention. Nach der Reſtauration in Ba:
den verlieh R. den bad. Staatsdienſt und brachte bie
nädjten Jahre auf Reifen in Frankreich und Eng:
land zu. Als Ende 1859 in Baden bie Konlordats⸗
angelegenbeit zur —— lam, bezeichnete er
die Abſchließung des Konkordals von ſeilen ber Re—
gierung als eine Verleßzung ber Verfaſſung und
trug nicht weni * bei, daß ſich die Kammern
und die öffentli einung gegen die Konvention
ertlärten. Am 1. Mai 1861 übernahm er das bad.
Minifterium des Auswärtigen nebit dem des groß:
berzogl. Haufe. An diejer Stellung verſuchte
er, entgegen den Beſtrebungen Öfterreich3 und der
deutſchen Königreiche, die nationale Entwidelung
Deutichlands unter der Hegemonie Preußens zur
Geltung zu bringen und nahm als Ausgangspunlt
für dieſe Politik ein entſchiedenes Eintreten für
die in Kurheſſen und Schleswig: Holftein verlehten
Rechte. Als die in Preußen zur Förderung der
nationalen Sade eingeihlagene Richtung N. vor
die Alternative jtellte, entweder im Einklang mit
den bisher von ihm ausgeſprochenen Grundſätzen
Preußen zu befämpfen, oder im Widerſpruch
mit diefen Preußens Borgeben zu billigen, nahm
er im Dft. 1865 feine Entlafjung. Im Bollparla:
ment 1869—70 und im Deutihen Reichstage von
1871 bis 1873 vertrat er den bad. Wahltreis Lör⸗
rach : Müllheim als Mitglied der Deutſchen Neichs:
partei, und unternahm im J. 1871 im Auftrage
des Reichslanzlers die Organijation der Reichs—
univerfität Straßburg.
Noggenbolle,
‚I. unter Anoblaud. |
|
er
Noggenbrand, j.u. Brand des Getreides, |
Roggendurg, Pfarrdorf im bayr. Regierungs:
bezirt Schwaben, Bezirksamt Neu-Ulm, wwiſchen
und Günz, zwei rechtsieitigen Nebenflülien
er
onau, 534 m über dem Meere, zählt (1830) | Geniegeneral und
755
ziehungs- und Beſſerungsanſtalt. N. war bi3 1803
eine reih3unmittelbare Brämonftratenferabtei.
Roggentrefpe, j. unter Treipe,
Herrn el, nennt man bisweilen
die Manihili⸗Inſeln (j. d.) im fühl. Großen Ocean,
NRoggeveldberge, Gebirge im füdl. Afrika,
der ſubweſtl. Teil der dritten, höchſten Terraſſe des
brit. Kaplandes, zieht von NW. nah SO., erhebt
fi im Komsberg bis zu 1615 m und geht öftlich
von diejem Gipfel in die Nieumeveldberge über.
Norböftlid von den R. erftredt fi die Divi—
fion —— mit Onder-Roggeveld und
Achter-Roggeveld, ſüdweſtlich un —— die
Diviſionen —** und Worceſter mit der Bolle⸗
veld: farroo und dem Kleinen Roggeveld,
Nogier, Maler, |. Roger van der Weyden.
Nogier (Karl), bein. Staatsmann, geb. in St.:
Quentin (Frankreich) 12. Aug. 1800, fam im 12,
Jahre nad Lüttich und widmete fich nad) vollende:
ten Rechtöftubien der oppofitionellen Journaliftif,
Gleich nad Ausbruch der belg. Revolution von
1830 ging er an der Spitze eines Haufens bewaff⸗
nee Seimiiger nad Brüfjel und beteiligte fi
am Aufftand und den Septemberlämpfen. Als
eins der drei Mitglieder der 24. Sept. im Rathaus
zu Brüffel eingefepten Berwaltungstommiffion, die
ſich tags darauf als Proviſoriſche Regierung prolla⸗
mierte und bis zum Febr. 1831 bie belg, Ange:
— leitete, hat N. durch Beſonnenheit,
Mäbigung und —— ſich den Ruf eines
ber Hauptbegründer ber | %: Monarchie erworben.
Nachdem er kurze Zeit die Stelle eines Adjutanten
des Negenten und eines Bolizeindminiftrators be:
Heidet, wurde er im Juni 1831 Gouverneur von
Antwerpen und 20. Oft. 1832 Minifter des Junern,
was er bi3 zum 4. Aug. 1834 blieb. Im Sept.
1834 übernahm er zum zweiten mal das Gouverne:
ment von Antwerpen und verfah dasjelbe bis zum
18. April 1840, wo er als Minijter der öffentlichen
Arbeiten und des Unterrichts in das liberale Ka—
binett trat. Nach der Auflöfung diefer Verwaltung
1841 beſchränlte ſich R.s Thätigkeit auf die Zweite
Kammer, Gr bewies ſich bier als talentvoller
Chef der Dppofition, welche der liberalen Regierung
die Bahn brach, die endlich 12. Aug. 1847 and Au:
der trat und bei der R. das Miniſterium des Sn:
nern übernahm. An dem Ruhm diefer Verwaltung,
die den Sturm des J. 1848 von Belgien abgelentt
und bie innere Entwidelung des Landes nad) allen
Seiten gefördert bat, fann R. nebft Frere:DOrban
den bedeutenditen Anteil anfprechen. Sein Nüd:
tritt erfolgte im Herbit 1852. m Nov. 1857 trat
er mit Freͤre abermald an die Spike der liberalen
Regierung, welche Stellung er zuerjt als Minifter
des Innern und vom Dft. 1861 ab ala Minijter
des Außern behauptete, Am 3. Jan. 1868 trat er
zurüd und beſchränkte ſich ſeitdem auf feine parla:
mentarische Thätigleit. Cr ftarb 27. Juni 1885.
Rogliauo, Stadt in der ital. Provinz und im
Bezirk Eofenza, reht3 am Savuto (Sabatus der
Alten), an Stelle der altröm. Station Ad flurium
Sabatum, zählt (1881) 3098 (als Gemeinde 5235)
G., hat Weinbau, Ehuhmacherei und Handel mit
Vieh, Würften, Schinfen und Häuten, und iſt Ge:
burt3crt des Juriſten Gianvincenzo Gravina,
Nogner, ſ. unter Nogen.
Rognint (Sofept Bicomte de), berühmter franz.
ilitärfhriftiteller, geb. 1767 zu
1380 fath. G. und bat ein Schloß und eine Er: | Vienne (Depart, Iſere) trat nach Ausbruch der
48*
156
lorps, zeichnete ſich 1800 unter Moreau und 1807
bei der Belagerung von Danzig, fowie fpäterhin
bei verfhiedenen Belagerungen in Epanien aus,
die er zum Zeit leitete, ging 1813 als Komman:
deur de3 Genied nad) Deutjchland, wo er unter
andern die Befeftigungen von Dresden ausführen
lieh. Bon Napolcon nad) der Schlacht von Leipzig
wegen zu früher Sprengung der Gliterbrüde ge:
tadelt, trat er aus dem Dienit, übernahm aber nad)
Napoleons Rüdtehr 1815 dad Kommando des Ge:
nie in Belgien, Unter Ludwig XVILL wurde er
Inſpelteur des Genies, unter Ludwig Philipp
air und ftarb zu Paris 1840, Außer zahlreichen
Fachſchrijten ift von R. beſonders zu erwähnen:
«Considerations sur l’art de guerre » (Par. 1816;
2. Aufl. 1817; deutih: «Betrachtungen über die
Kriegslunſto, Berl. 1822 u. Stuttg. 1823). Diefes
Werk wurde von Napoleon wegen darin enthaltener
Beurteilung feiner Operationen in feinem «Ma-
nuscrit venu de St.-Helöne» fritifiert und vom
Oberſt Marbot in feinen « Remarques critiques
etc.» (Par. 1820) in einzelnen Punkten getadelt.
an, Stadt im franz. Depart. Morbihan,
Arrondiſſement Ploẽrmel, rechts am lanalijierten
Duft (anal von Breit nad) Nantes), hat (1881)
517 E. und eine Schloßruine. Nach diefem Ort
führt das Geſchlecht Roban (f. d.) feinen Namen.
ohan, franz. Geſchlecht, das von den alten
Herzögen von Bretagne abitammt und feinen Na:
nen von dem Städtchen Rohan im Depart. Mor:
bihan empfangen hat. Als Stammvater gilt Gue—
tbenoc, ein jüngerer Sohn des Haujes Bretagne,
ber um 1021 bie — Porrhoẽt und die Vize:
rafſchaft Rennes als Apanage erhielt. Sein Nach—
omme, Jean, wurde 1100 zum Bicomte von R.
erhoben, Derfelbe heiratete in erjter Ehe die Erbin
von Leon, in — Jeanne von Evreur, durch
welche er der Schwager Philipps von Valois und
der Könige von Aragon und Navarra wurde. Aus
ber eriten Che Jeans ging die ältere Linie hervor,
die 1540 mit zwei Zadiern erloſch, von denen bie
eine das Erbe an die Linie R-Gie, die andere an
die Linie R⸗Guemenẽe brachte.
Die Linie R.:Guemene ift der Nachlommen—
ſchaft Jeans aus zweiter Ehe entſproſſen. Diejelbe
trägt ihren Namen von einem Städtchen im Des
part, Morbihan, das 1570 zum Fürftentun erhoben
wurde, Eämtlihe R. fpätern Urfprungs ftammen
von der Linie Gutmend ab, die in neuerer Zeit auch
nad Oſterreich überfiedelte und daſelbſt feit 1808
fürftl. Rang erhalten hat. — Louis von R.⸗Gue⸗
mend wurde feiner Verdienfte wegen 1588 zum
Herzog von Montbazon, 1595 zum Bair erhoben,
— Deſſen Sohn, Hercule, Herzog von Mont:
—X führte, gleich feinem Bater, unter Hein:
rich IV. die Waffen gegen bie kath. Ligue, war bei
Hofe jehr angejehen und ftarb 1654. Seine Tod):
ter war bie durch Geiſt, Schönheit und polit. Ein:
fluß berühmte Herzogin von Chevreuſe. — Ein
Entel von Hercule, der Chevalier Louis von R.,
geb. 1635, fahte mit einem Abenteurer, Latreau:
nıont, den Plan, den Holländern für Geld Quille:
bocuf auszuliefern. Ludwig XIV. erfuhr durch
Karl II. von England das Vorhaben und ließ den
Schuldigen 1674 zu Baris öffentlich enthaupten. —
Der legte männliche Sprößling der Hauptlinie R.:
Gucmene war der öjterr. Feldmarſchalllieutenant
Victor, Prinz von R.:Öuemene, Herzog von
Nohan (Stadt) — Rohan (Geſchlecht)
Nevolution in die Armee und dann in das Genie: | Montbazon und Bouillon,
eb. 20. Juli 1766,
welder 10. Dez. 1846 kinderlos ftarb. Gr adop⸗
tierte die Söhne eines jüngern Zweigs der Linie
R.:Gucmend, die R.:Rodefort, ſodaß ihm nad) ſei⸗
nem Ableben al3 Haupt des vereinigten Haufes R.;
Guemene der ältefte Rochefort folgte: Camill,
Herzog von Bouillon und von Montbazon, Fürft
von Guemené, Rochefort und Montauban, geb.
19. Dez. 1800, feit 1861 erblicher Reichsrat; er hat
feinen Wohnfig zu Prag, Wien und Sichrow.
Tie aus den Gudmend hervor —*— Linie
R.Gie ſtiftete der berühmte — R. von Gie.
Derſelbe war u ne tanz’ I. und fpielte unter
König Ludwig XII. eine bedeutende Rolle. Sein
Sohn gleihen Namens blieb 1525 in der Schlacht
bei Bavia. — Rene l., der Entel de3 Marſchalls,
fiel 28. Dit. 1552 bei Mep. Gr war mit \iabella
von Albret, der Großtante König Heinrichs IV.,
vermählt, modurd die R. dem Thron von Navarra
nabe lamen. — Sein Sohn, Rene II. heiratete
1557 die durch ihre Kenntniſſe und Koelien bes
rühmte Catherine von Parthenay, Erbin des Hau:
ſes Soubife. Dieſelbe hielt die Belagerung von
La⸗Rochelle mit großer Standhaftigteit aus und starb
1631 im Gefängnis zu Niort. Aus ihrer Ehe mit
René entiprangen der Herzog Henri von Rohan
(f. er zu deſſen Guniten Heinrich IV. 1603 die
Grafſchaft R. in ein Bairie-Herzogtum verwandelte,
und Benjamin, Prinz von Eoubife (f. d.). Beide
Brüder, befonbers der eritere, galten unter Lud:
wigs XIII. Regierung als die Häupter der Huge:
notten und waren bie Helden ihres Geſchlechts.
Eriterer war feit 1605 mit Narguerite de BE:
thune, der Tochter Gullys, verheiratet. Diefelbe
begleitete ihren Gemahl auf den Seldzügen der Hu:
enotten, verteidigte 1625 fogar Cajtres mit hohen
ut und ftarb zu Paris 1660. Aus ihrer Che mit
Henri — ter, die Brinzefiin Mar:
guerite von. R., die fi) nad dem Tode des Ba:
ters mit dem Sprößling eines alten ap Haufes,
Henri von — —— Dieſelbe brachte als
Erbtochter ihrem Gemahl die großen Beſihungen
ihres Hauſes zu, legte ihm aber auch die Pflicht
auf, ihr Haus unter dem Ramen ra ot fort:
zuführen, Gegen diefe Vererbung proteltierte jedoch
ihre Mutter, die Herzogin: Witwe. Marguerite von
ethune hatte nämlich, es Vorgeben nad, 1630
u Paris, während fi ihr Gemahl zu Venedig be:
and, einen rchtmäbigen Sohn, Namens Tancrede,
geboren, deſſen Dafein fie verheimlihte, aus Furcht,
er Kardinal Richelien möchte ben Knaben auf:
greifen und im KHatholizitmus erziehen. Der Her:
zog fam 1634 nad Paris, jah feinen Sohn und
willigte ein, daß ihn die Mutter auf einem Schloß
in der Normandie verftedte, Hier wurde Tancrede
auf Veranftaltung feiner Schweſter Marguerite,
melde die einzige Erbin bleiben wollte, geraubt
und endlich nad) Leiden zu einem Krämer gebracht.
Die Herzogin: Witwe ers fpäter das Schidfal
ihres Sohns, forderte denjelben auf gerichtlichen
ege zurüd und brachte ihn 1645 nad) Paris, wo
er alle Ehre feiner vermeintlihen Ablunft genoß.
Zwiſchen Mutter und Tochter begann ne vor
dem Varlament ein langer Prozeß, der jedod un:
entidieden blieb, weil Tancrede, in die Unruhen
ber Fronde geftoßen, 1. Febr. 1649 bei Vincennes
fiel. Er modıte ein natürlicher Sohn jeiner Mut:
ter fein. gl. Griffer, «Histoire de Tancrede
de R.» (Leid. 1767).
Nohan (Henri, Herzog von) — Rohan-Guémené
Zu Sunften der Linie R.:Soubi Se, bie 1787
mit dem Marfchall Charles von Soubife (f. d.) er:
loſch, wurde 1714 von Aubwig XIV. die Herrſchaft
Frontenay in ein Bairie-Herzogtum Rohan:Rohan
verwandelt. — Das gegenwärtige Haupt ber da⸗
milte R.:Chabot it Charles de R.:Chabot,
Herzog von R., Prinz von Leon, geb. zu zu.
1. Des. 1844, ift feit Febr. 1876 Mitglied der franz.
Deputiertenfammer fürMorbiban, wo er der äußer:
ften legitimiftiih-tlerifalen Rechten angehört,
Roban (Henri, Herzog von), berühmter Huge:
nottenfübrer in den zen — XIII.
von Frankreich, geb. 25. Aug. 1579 auf dem Schloſſe
Blain, kam im Alter von 16 9. an den Hof Hein:
richs IV. Später befuchte R. die Höfe Italiens,
Deutſchlands, der Niederlande und Grofbritan:
niens. Im J. 1603 erhob ihn der König zum Her:
30g von R., 1605 vermählte fih N. mit Margue:
rite, der Tochter Sullys. (S. Rohan, Geſchlecht.)
Als Generaloberit der Schweizer war er im Be:
griff, in den deutichen Krieg zu ziehen, als Hein:
rich IV. ermordet und R. fortan gezwungen wurde,
die Waffen für —— Glauben gegen die eigene
Regierung zu führen. Doch mußte er ſich unter—
werfen, als der Prinz Condé (ſ. d.) feinen Frie—
ben madte. Im %. 1617 kämpfte er gegen bie
Spanier in, Memont; heimgelehrt, trat er zu
Maria Medici in Beziehung und riet felbjt noch
al3 der Hof die prot. Landichaft Bearn refatboli:
fierte, auf der großen Verſammlung Rn La⸗Rochelle
1620 tlicher Ausgleichung. Als jedoch der
Krieg beſchloſſen, griff er mit feinem Bruder Sou:
bife (f. d.) zu den Waffen, befeitigte die Plätze in
Guyenne und verteidigte Montauban mit großer
Gnergie. Wiewohl fein Bruder in Poitou unter:
lag und viele Große abfielen, ſehte er doch ben
Kampf fort, und zwang endlich den König zur Be:
hätigung des Edilts von Nantes im Frieden von
1623. Über die Treulofigfeit des Hofs empört,
entjchieb er ſich 1625 abermals für den Arieg, den
der Vertrag von 1626 beendigte. Indeſſen mußte
er bald ſehen, daß Richelieu zu einem Hauptichlag
‚rüftete, Nachdem er fich u einer Berfanmlung
u Nimes den Oberbefehl hatte übertragen lafien,
alle er ein Korps von 6000 Mann, an befien
Spite er fih den beiden Armeen unter Mont:
morency und Conde entgegenitellte, während x
lieu felbit das prot. Vollwert La:Rochelle (ſ. d.)
belagerte. Es war R. unmöglich, aus Languedoc
zum ir von La⸗Rochelle vorzudringen; er ver:
chanzte ſich endlich in den Cevennen und der Land:
Schaft Bivarais. Nach der libergabe von La⸗Rochelle
trat er in Unterhandlungen mit Spanien, England
und den prot. Fürften Deutſchlands. Gegen ſechs
Korps, die mehr als 50000 Dann zählten, wußte
er ſich —— zu verteidigen. Seine Aus:
dauer führte endlich zu dem Frieden von Alais
vom 27. uni 1629, in welchem er fi zwar unters
warf, aber dod feinen Glaubensbrüdern freie Res
ligionsübung fidherte. f
Hierauf zog er fih nad Venedig zurüd, wo er
feine «M&moires sur les choses advenues en France
depuis la mort de Henri IV jusqu’& la paix au
mois de juin 1629» jchrieb. Die Benetianer —*
ten ihm 1631 zu ihrem General; doch hinderte ihn
der Friede an neuen Thaten. Gr begab ſich hier:
auf nad) Babua und verfahte den « Parfait capi-
taine» (Par. 1636 u. öfter), in weldem er die
Kriegslunſt Gäjard auf die neuere Zeit anmwendete,
757
Ein anderes militärtheoretifhes Wert von ihm
war ber «Trait& de la corruption de la milice
ancienne et des moyens de la remettre dans son
splendeur», Damals unterhandelte er durch den
Patriarchen Cyrillus mit der Piorte um die Ab:
tretung der Inſel Cypern, wo er in einem rien
Etaat alle verfolgten Proteftanten zuſammenfaſſen
wollte, Ludwig XIII. fuchte das Talent R.s aus:
ubeuten, indem er ihn 1632 zur Vertreibung der
panier und Oſterreicher als Geſandten, wie als
General aller ſchweiz. Truppen im Dienfte Frank⸗
reichs nach Graubünden ſchickte. Aber erſt nachdem
er noch einmal nach Venedig hatte entweichen
müfjen, vertraute ihm Richelien 1635 ein größeres
Korps an. Er marſchierte nach dem Elſaß, vertrich
dort den Herzog von Lothringen, näherte ſich Baſel
und erſchien plögli in Graubünden. MWiederbolt
ſchlug er im Beltlin die Kailerlihen und Spanier
und drang 1636 fogar ind Mailändifche ein. Weil
jedoch der Hof die Truppen nicht zurüdrief, began:
nen die Graubündener jelbit Feindfeligleiten, ſodaß
R. im März 1637 eigenmädtig einen Vertrag
ſchloß. Der Hof rief ibn nunmehr mit veritellter
Freundlichkeit zurüd, zumal da ihm bie Spanier
eheime Anträge, ſeboch vergebens machten. R.
Fand zunächſt in Genf Zuflucht, ging Jan. 1638
aber an ben Rhein, in bas Lager feines Freundes,
des Herzog Bernhard von Weimar. Hier empfing
er an ber Spike des Regiments in ber Schlacht bei
Rheinfelden 28. Febr. 1638 eine Schwere Wunde,
die 13. April feinen Tob nad) fi zog. Man be:
orub ihn in der Kirche St..Pierre zu Genf, wo ihm
ein Denkmal errichtet wurde. Bon feinen Schriften
find noch zu nennen: «Les intérèts des priuces »
(Köln 1660), « Trait du gouvernement des treize
cantons» (Par. 1644), «Discours politiques» (Par.
1693), «M&moires et lettres sur la guerre de la
Valteline» (3 Bde., Genf 1785). Vgl. Fauvelet du
Toc, «Histoire du duc Henri de R.» (War. 1667).
Nohan:-Bucmene (Louis Rene Edouard, Prinz
von), Kardinal und Erzbiſchof von Straßburg, geb.
25. Sept. 1734, wurde ſchon zeitig Koadjutor jeines
Oheims, des Biſchofs von Straßburg, und 1761 bei
geringfügigiten litterariichen Verdienſten Mitglied
der Alademie, Im J. 1772 ging er als Gejandter
nad Wien, erregte aber dur) feine Ausſchweifun—
gen und Nüdjihtslofigleiten das Miiallen der
Kaiferin; 1774 zurüdberufen, ward er 1777 Groß:
almofenier, 1778 Kardinal, 1779 Biihor von
Straßburg und 1782 trat er in Babern mit der
Gräfin Lamothe (f. d.) in Verbindung. Als feine
Maitrefie wußte diefe R. für, nd aus zunußen und
verwidelte ihn fo 1785 in die Halsbandgeſchichte,
welche auch für ihn verhängnisvoll wurde. Gr
wurde 15. Aug., als er in vollem Ornat die Meſſe
zur Himmelfahrt Mariä beginnen wollte, im Schloß
u Berjailles verhaftet und in die Baſtille geſeßt.
Das Parlament, das die Unterſuchung der Hals:
bandgeſchichte führte, betrachtete ihn nicht ald Ver:
bredyer, fondern als Betrogenen und ſprach ihn
31. Mai 1786 zum Verdruß des Hofs von jeder
Strafe frei. R. verlor indeſſen feine Mürde als
Almofenier und wurde erſt in eine Abtei in ber
Auvergne, nachher in fein Bistum verwieſen. Der
Klerus des Amts Hayenau fhidte ihn 1789 in die
Generalftände. Nur, ungern entſchloß er ſich zur
Leiftung des ——— Eides und kehrte noch
vor Schluß der * in den Elſaß zurüd. Hier:
auf erllärte er, dab es gegen fein Gemifien fei, die
758
Robarbeit — Rohlfs (Friedr. Gerhard)
Eivilfonftitution des Klerus in feinem Sprengel | u. ſ. w., dienen meift nur zu Bädern. Das Wafier
ven, J. 1791 erhob man gegen ibn
bie Anllage, dab er F tontrerevolutionãten An:
So e unterftüße. on fd fid) det
chland gelegenen u e ſeines Bistums zurhd
und legte 1801 feine Würde als Erzbiſchof gänzlid)
nieder, Er ftarb zu Ettenheim 16. Febr. 1803.
Noharbeit heißt die Arbeit des Önitenmanns,
wenn es gilt, den Silbergehalt armer Silbererze,
die wenig ober gar fein Kupfer oder Blei enthalten,
zu —— Bu dieſem Zwed werden bietelben,
wenn rc an und für fih nicht fchon Schwefelfies
‚unter Bufhlag v von folhem über Schacht:
Be en, wobei als Produlte arme ab:
en und ein filberreicherer Rohſtein
—5 — wel rn mit Bleiergen oder Blei:
en ver —— und entſilbert wird.
— Stadt im djtl. Galizien, in hügeliger
am Lipabache, der zum jeftr ‚ge t, iſt
einer Bezirkshauptmannidaft und eines Be:
: Ban und zählt 5101 E. (darunter die Hälfte
— die meiſt Aderbau und Handel treiben.
einzu
äbe find Gipäwerle. Schloß und Gut ge:
ört dem ae Lubomirfti.
NRohban heiht diejenige vauweiſe, bei welcher
namentlich ußern der Gebäude das verwendete,
meift eble Material unverpubt He en wird ur
daher in feiner natürlichen Beſcha er und F
pr Geltung lonımt. Der —* —— —*
u (reine Arbeit) verlangt Die forgfal tigſte Kon:
ne und ardhiteltonij Durhbilbung i in aud:
gewählten, daber tojtipieligerm Material und wird
vorzuggweiie für Monumentalbauten in Anwen:
dung gebradıt; doc) guch für Privatbauten verläßt
man den vuhbau mehr und mehr, der zwar billiger
iſt, Kan —— Unterhaltungstolten erfordert.
eg fen (frz. fer era, engl. erude kon, pig-
An oviel wie Gußeijen, (©. unter Eijen und
Eifengieherei.)
‚unter Ertragsanſchlag.
lb in die in | löfend und
| wirft dur
feine Koblenfäure belebend, durch feinen
Gifenge
t tonifierend, durch —— Salze ir
eröffnend. "Der jährliche Verſand be:
trägt 1100000 1. Bel. Schüler, «Der Kurort
Bet Sanerbrun in ——— ya 1
bei naturwifienf ——————
Jo hann — —
fürzung
untershaufen,, geft.
1767 zu
”" Stopife (Beiebr, Gerbarb)
vo ”
De 86v ——
‚ trat in
len. {m 3 1800 gi
I
Bi
*
ẽ
855—60 als
1
—— in * mit,
durchreifte, als M
Br 1862
je Tafılet. Auf
er jchwer verwundet, aber
er Geryville in Algerien erreichen
1863 reifte er von Zange
nad) Tuat, welche Da
orden ber bis
bis in
Nhadames und
—— trat aber na
865 feine dritte Rei
er Er du -
erreichte den
abwärts bis *
Rabba und ging
Guinealũſte. Im
Erpedition der 5
Tripolis aus die —
fen an den Sultan von B
mit Überbringung derjelben Guftav
a alle Video ı ae Dafe des
er u
Anımon nad Haypten auf Wege er die
Depreffion des Bodens Wi vom rg
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RR
&
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ertrag,
66 ohjett, f. unter Futter. plateau en Begleitet von 3
NRohitfhand, eine Divijion der Lieutenantgon: | und Aſcherſon, leitete er 1873 umb 1 1874 im
verneurichaft der Nordweitprovingen des brit.:ind. | trag bes Chedive eine die
Reichs und umfaßt 30574 qkm mit einer Bevölte: | Wuſte; —— rei .d er —
rung von (1872) 5436314 E, (darunter 4183595 | Im $. 187 jun — —
us und 1251670 Mohammedaner). nischen Seielihaft‘ in Deutfchland und mit Unter:
Rohitſch (law. Rogatec), Marktfleden und Be: | jtüpung des Reichs eine neue no — in
zirlsort mit (1880) 765 E. in der Bezirkäbaupt: | Begleitung Steders zog er von nad) der
mannfhaft Pettau des öfterr. Herzogtums Steier: | Daje Sokna, dann über Dſchalo nad der zunor
mark, 15 km im Süboiten von der Gijenbahn: | von feinem Europäer beſuchten ———
ftation Poltſchach der Linie Wien-Trieſt, unweit | verhinderte die feindliche ——
der kroai. Grenze am Fuße des 882 m hoben, durd) | tigte weitere an und R. mußte
feine berrliche Ausſicht —— Kegelberges daher nach der Küſte 5 1880
Donati, in einem engen Thale gelegen, bat ein rachte er dem Kö
Schloß, Burgruinen und Siileifjteinbrüche. Nur | ein Schreiben bes zur Rail, in Samen 1884
4 km weitli davon liegt Nobitid » Sauer: | wurde er zum deutfchen
brunn, ein berühmter, vielbeſuchter Kurort mit
einem fchönen Brunnentempel, einem Hurfaal
1000 Berfonen, zwei groben Babe: und ftattlichen
——— einer hydropathiſchen Anftalt, Wan:
delbahn, herrlichen ‘Fromenaben und einem
Grafen Atems, dem Förderer des Babes, errich⸗
teten Dentmal. Die vorhandenen Quellen find
Glauberjalz:Säuerlinge, dergleichen ich aud) noch
andere in weiterer Umgebung finden. Die Tempel:
und Styriaquelle haben 8,2° R. und werben aus:
ſchließlich zum Trinken und zum Berjenden benußt;
die übrigen Quellen: der Wald:, Gottharbe:, Fer:
dinande:, Joſephs-, Pat: und Johannisbruͤnnen
=
* — 2q er ir ee, —
and zu
Reifen lebte a 1870 in ®eimar.
eine von Ben
—
unter anderm: «Reiſe dur
dem | Brem. 1869), «m
ie
fen in Abef inien» (Brem. 1869),
in Afrika» —— — Be
Alerandria » — Brem. —*
Aufenthalt in arollo» 1, One bung
Airita» (2 Bde., Lpz. 1874— 75), «Drei
der Eibofehen Wire» (af. 187), «Beiträge
Entdedung und Griorichung ”
«Neue Beiträge zur Entvedung und
Hi
Nohlfs (Heinr.) — Rohrbach
Afritas» (Rafl. user, aKufra. Neife von Tripolis
- der Dafe Kufra» (Lpz. 1881), «Meine Miſſion
Ubeffinien» (2p3. 1883).
bifs Ber 2 ee ‚bed vorigen, medi
Schriftſteller ni 1827 zu Begeiad,
ftubierte in Göttingen lin, Prag, Mürzburg | R
und Paris Dedlin nahm ala ‘ iitärarzt an den
—— holſtein. Ariegen 1848 —50 teil, praftizierte
als Arzt zuerſt in Begefad, fpäter in Bremen,
5: aber 1874 auf und 3 ala Deines
— ———— Öttingen, 1881 nad) Wies⸗
ER u won:
«über — ——
rer 19, Dar
—— — ——
8 Aufl., iR 186),.6 = it
4 — Gene at ut Ad
Bruder * ruder grundet — das « D Archiv für
Geſchichte der Meduin und mediz. Geographie»,
* er feit 1881 allein herausgibt.
—* f. unter Futter.
ich Br ng Schilfrohr oder
“ss wie —— ches der Weberei verſteht
— a Ag
Stäbe zum Niedblatt vereinigt werden. Aupeidem
—— R. in der Technit im allgemeinen einen
en — —— * den Lauf
— die cylindriſche
ur u
—ã 47 * —
—— Er mob ei *.
——
* etwa angenommen wird von
Öberer Weite und von 21* Materie ber:
geteilt iſt F bie Nö
Spanij e3) ift die ——— für
bie ih Triebe oder Stämme einiger
von Arundo (f, d.) und von ech db.) und *
von denſelben —— Material. Man unter:
Dr ierbei dad eigentlihe Stuhlrohr, band:
ie Streifen von 2 bis 6 mm Breite (aus ber
—* ichen Oberhaut und den unter dieſer ey he
lichen ah Stammteilen beſtehend und meijt zu
Geflehten für Stühle dienend), und das haupti ta:
lih zu Korbmadperarbeiten verwendete Peddig⸗
rohr, dem Innern des Stamms (Mark oder SBebbig)
entnonmene Stäbchen oder Drähte von 1 bis 10 mm
Durdmefjer. Das meijte R. tommt über Holland
von den Südfee:Injeln und den Molukten, das
feinite er von ber Inſel Borneo, von wo es
ugerichtet, d. h. fauber geſchält, in der Mitte zu:
—— und meiſt zu 100 Stüd in Bün el
gebunden, in drei Sorten, ald rohes, gerei:
nigtehunb geiänit nittenesRobr, inden ndel
der erften Sorte find die ring:
Be örmigen, in größerer re geringerer Entfernung
voneinander abftehenden Knoten noch ſichtbar; bei
der zweiten find fie durch Abſchaben oder Aſchleifen
mittels beſonderer — bejeitigt. Die dritte
Eorte kommt entweder in Streifen (öfter durch
Schwefeln gebleiht) als Seſſelrohr, oder ge:
zen als Korjettrobr, oder in den bünnften,
nurartigen Stäbchen ala
rohr (für die Bwede ber Putmacherei) in den
Handel. Außerdem unterfcheidet man männliches
Rohr (bolländ. Handrotting), die didern Schöß-
linge mit nahe beieinander jtehenden Knoten und
uß: oder Schnur: |
759
bräunlicher Oberhaut, die meift zu Spazierſtöden
verwendet werden, und weiblides Rohr (Bind-
rotting), die dünnern Stäbe mit weit auseinander:
ftehenden Knoten und gelblider Oberhaut, welche
— zu Flechtwerk verarbeitet werben. Gutes
muß eine möglihit geſchloſſene glajige Ober:
(ir aben, bie beim Biegen nicht ſpringen darf.
x bie bereits genannten Zwede findet das
durch Hobeln und Ziehen bearbeitete R. ausgedehnte
Berwendung an Stelle des Fiſchbeins in der Schirm:
—— auch m Meberlämmen und als Erſat
von Hanfjeilen, Ipeziell zur Herftellung bes Tau:
werls au ine]. Schiffen.
Rohr iſt der Fe für einige hohe, an feuchten
oder fumpfigen Stellen wachſende Grasarten, beren
de Be — I doch jehr hart und Fiefel:
Mitteleuropa wächſt an Ufern
Teiche, auf nafien Wief *
und in gi 35* überall ſehr 8
das gemeine S urn Zeidrodr, i
Antentlee ober hragmites communis
Trin.), da3 auf ber Al des Halms eine große,
viekäftige, rotbraune oder gelblihe, durch lange, fei:
denartige Haare filber * de trägt, und bei
dem bie mei Kelchſpe er mehrblütigen ührchen
ir ungleid und kürzer "als die ſtets unbegrannten
ie — — N nad ber. —— —
aren befebt, we nad der B i i⸗
tend verlängern und dann zwiſchen den Blüten
—— a gb bis 5,10 m = en Halme
werben —— Wände und — zu
Weberladchen i in? Höhen, zu Schattendeden,
zur Feuerung und aud zur Streu für das Vieh ver:
wendet. Die Blätter eignen 8 nur ganz jung
zum Futter. Die füß-feifenartig ſchmedenden Wur:
zelausläufer wurden fonft in_der Heillunde an:
gewendet, (Betreff anderer Sorten von R. ſ. un:
abe (ob Srichr ee Theol
r (Jo edr.), aufgellärter Theolog un
Kanzelredner, geb. Sau 1777 zu Roßbad) bei
Naumburg, bejudte Schulpforta, jtudierte in Leip⸗
jig, wurbe 1802 Hilfslehrer in Piorta, 1804 Pfarrer
— Oſtrau bei Zeig und folgte 1820 einem Rufe
imar, wo er 15. \juni 1848 als Bizepräfi:
dent de& Obertonfiftoriums, Oberhofprediger und
Generalfuperintendent ftarb. Seine lirchliche An:
fiht hat R. befonders in den «Briefen über den
aus (Zeig 1813) und in den « Grund:
und Glaubensfägen der evang.sprot,. Sirche »
(3. Aufl., Neuft. a. d. D. 1843) ausgeführt, ſowie
u der von ihn heraus —** einchrift, die
inander unter den Titeln gi edigerlitterature
8 de., Zeit 1810— 14), «Neue Predigerlitteratur»
ß Zeiß 1816—17) und «Reueſte Prediger⸗
itteratur » (2 Bde., er 1818—19) erſchien und
nn als eftrith ——— — » (Neuft.
d. D.) fortgefeht wurde. Auch er mit
Ehleiermacper und ——— das « wi von
Feſt⸗, Gelegenheitd: und ande * u und
Heinen Amtöreden » (6 *6 —— R23286)
und das «Magazin für Hriitl . Prediger» (Hannov.
1828 fg.) heraus. R.s «Hiftor.: ges; Beichrei:
bung des jüd. Panbes zur a. Sen u» (Zeig 1816)
bat wiederholte Auflagen e
Rohranu, Marttfleden bei Brud an ber Leithe,
—— als Geburtsort of. Haydns
—— ach, deutſche Kolonie im zuff. Gouverne:
ment Cherfon, Kreis Odeſſa, am Wege von Nilo:
lajew A MWosneienst, 81 km von Deſſa und
760
50 km von Rilolajem, mit 1700 ——
luth. E. Die Kolonie wurde 1809 von ſchwä
Auswanderern gegründet und enthält hebt 81 Die
Nohr en, |. unter Brunnen.
No — unter Dede.
Nohrdommeln (Botaurus) bilden eine Gat—
tung aus ber Familie ber Reiber (f. d.) und find
nächtliche Vögel mit eritaunlid ftarfer Stimme.
Sie haben einen etwas, fürzern und didern Hals
als die eigentlichen Reiher, weldyer feitlich mit
proben —— und breiten, vorn übereinander zu
egenden federn, hinten aber nur mit Flaum be:
tleidet ift, etwas fürzern Schnabel, niedrigere Beine
und fait bis zum Ferſengelenl befiederte Unter:
ſchenlel. Zu ihnen gehört die gemeine Rohr:
bommel(B. stellaris), die daS gemäßigte Curopa
und Ajien bewohnt, Sie bält —9* in großen Moo—
ren, an ben I eg der Pandfeen und in den mit
bobem Schilfrohre bededten Sumpfen auf, iſt egen
90 cm lang , obenber rojtgelb mit ſchwarzen
fleden, unterjeits bläfier und ſchwarz —
von den Mundwinleln verläuft ein ——
Streifen nach den Seiten des Halſes. Durch ihr
lautes, fernem Ochſengebrull ähnliches Geſchrei
jagt fie dem Furchtiamen bes Nachts ſelbſt Grauſen
ein, Die ebenfalls in Deutihland vorlommende
Heine Nobrdommtel (B. minutus) iſt nur 45 cm
lang. Beide Arten zeichnen ſich durch die ſeltſamen
Stellungen aus, in_welden fie ftundenlang be:
barren. Sie nähren fi von Fiſchen, Fröfchen und
andern Waflertieren.
Röhre —— & unter Euſtachio und
unter Gehör, Bd. V 674°
Nöhren (fra. en — conduit; engl. tube,
pipe, spout). In der Technif verftebt man unter
Röhre (wofür öfters auch Rohr gebraudt wird)
einen Hohlcylinder von meift kreisförmigem Quer:
jchnitt, der zur Leitung von Flüffigleiten oder Gafen
unter Dru dient; auch redjnet man bierzu bie ab:
weichenden Formen der Nobrleitungen mit frums
men oder gebrochenen Mittellinien (Anieröbren,
T:Nöbhren), ſowie diejenigen mit ungleichem
Querſchnitt Kenelitupen). As Material für R.
dienen meift Metalle, nämlich Gußeiſen, Schmiede:
eiien, Stahl, Neffing, Kupfer, Blei, Zinn; ferner
die natürlichen und fünftlichen Steine, wie Granit,
Sandftein, Thon, Porzellan, Glas ıc.; außerdem
Holz und Asphalt. fider N. aus Kautichuf, Gutta⸗
percha, Leder und Hanfgewebe ſ. ent
Die "größte Wichtigfeit haben die gußeiſernen
N., welche leicht herzuftellen, wohlteil und gegen
Temperatur: und Blüigeitseinmirtungen wider:
ſtandsfähi Dur ber Heritellung und Verwen—
dung dert en f. unter Gifengieherei und
Gifengußmwaren, Für Gas: und Waflerleitun:
gen (Strabenleitungen) verfieht man dieje R. der
orößern Haltbarkeit wegen innen und außen mit
einem Teeranitrich; in Fällen, wo ihre Innenflächen,
wie bei der Verwendung. in dem, Fabrilen, durch
Säuren u. ſ. w. angegriffen werden, erhalten die:
jelben einen Cmailüberzug. Biel aröhere Feſtigleit
als die gußeiſernen beſihen die ſchmiedeeiſernen
Röhren (j. Schmiedeeiſenröhren), welche
deshalb in verhältnismäßig geringerer Wanbditärke
und von geringerm Gewicht Pergeltellt werden kön:
nen und zugleidy den Vorteil haben, ſich biegen zu
lafien. D Diele R. welche namentlich zur Yeitung von
Wafler, Gas oder Dampf unter hohem Drud dienen,
beiteben entweder aus gebogenen Blechtafeln, deren
Robrbrunnen — Röhren (techniſch)
Verbindung dur
oder en t, ober ee ana en einem
Stüd gewalzt oder gezogen.
deu tigteit zu — a nen » ihnen ——
ch. Die a —— ie die ſchmiede⸗
eifernen N, * ten * lommen
bei beſonders bo
reſſen und — r
el en und X en Dur ſſen ——
(1.8) len spe ) —
aſſen uch oe alla eine —— zu u
—— und be höhere —— nicht
werden (verbrennen) =
teiten größere Wide
(samen euere
eignen fie 19 —** Au — ren
abgebogene Seiten noen.
wendung a nur Bier Wreißent nn
röbren ) und Binnröhren \ * werden
ebenfalls gepreßt oder — * ——
x
Diegfamleit wegen vorzugswei
an nr Ben Brut — tungen et. "Binnröhren
egen für n eeign
arte —— Be ur Sin ——
Fe 0 3 hun die —— unempfindlich fein Pe
er ren *5 natarli em Stein (Höblun:
Hanf 6: vieredigem äu ir s —
e er u
“en He fen dw nur
andwirtichaftli
—* Stein 36 u Shameiie:
röhren,
male geformt und un —— ( — on⸗
öhren.) Zur Vermeidung der eit
werden dieſelben erfrdetihenjall emailliert ober
fafiert und —— uter ——
* Druck aus, Sie * en
ei Kanalifationd: und ee
a hd Hd > owie für Saunele, Die
aus feuerfeitem Bunte au
Glasröhren werden durch Dia 2. —*
halten und lommen *8 ——
gegen Säuren u. ſ. w., ſowie i
wegen in Laboratorien und u
zur Anwendung. pür ähnliche It Sin ichag man
\ih der Porzellanröhren, denen zwar bie
——— abgeht, die aber dafür den Vorzug
größerer Feuerbeftändigkeit ——
werden aus harzreichen Nadelhölzern durch
bohren der Stämme, durch faßähnli ——
oder durch Falzen und Nageln von Brettern (als
dann mit vieredigem Querſchnitt) erhalten und
fommen bei Wailerleitungen, Pumpen zc. vor; fie
find leicht berzuftellen, vertragen aber feinen
Drud und find ber Fäulnis unterworfen.
pbaltröhren werben durch Aufwideln nit #6,
pbalt geträntten Papiers auf ein bünnes
rohr und Zwiſchenlagen von Asphalt
Sie eignen fich befonders zu Leitungen,
— ——— —— ——
ochſtens funf Atmo ren ausge
Herſtellung einer Roprieitung find ge
wöhnlich mehrere R. miteinander zu verbinden.
Gine derartige Verbindung muß einfad) in ber Kon:
ftruftion, möglichit dicht und feit und dabei einiger:
Hi
maßen beweglich fein, um Längen: und
Nidtungsan erungen na zu lönnen, erfor:
derlidenfalls aud) ein lei —— ber R
Nöhren (Geißlerſche) — Rohrpoſt 761
** orm und Art der Verbindung werden
urch das Material ber R., durch ben 3 ber
Leitung und duch die Natur der zu leitenden Fluſ⸗
—— u. ſ. w. bedingt, (Über die Dichtung fejter
ohrleitungen und insbefondere der Dampfröhren
f. unter Dampfleitung.) Sn einfachfter Weiſe
verbindet man zwei R. durch Ineinanderſchieben
berfelben, wobei das eine Nohrende koniſch erwei:
tert, das andere verjüngt ift; die Befeſtigung ne:
ſchieht durch Löten oder Nieten. Bei längern Lei:
tungen wendet man diefe Verbindungsart nur für
ſchwache ſchmiedeeiſerne Dahröhren und für Blei:
röhren an, bei kurzen Leitungen dagegen für genietete
ſchmiedeeiſerne N. von gröberm Durchmeſſer und
betrãchtlicher Wandſtärke. Die am häufigsten ange:
wendeten Verbindungen find die mittels Muffe
und die mittels Flanſch (f. d.), welche mit man:
cherlei Abweichungen in Honftrultion und Anorb:
nung ausgeführt werden und von denen die erjtere
meift für gegofiene, aber auch für die fchmiebe:
eifernen gezogenen, für Thon: und Borzellanröhren,
die leptern meift für genietete, gezogene und geptehte
N. in Betracht fommt. Die Muffenverbindung
ur den Vorzug gröberer Beweglichkeit in der
hienrichtung, ſowie ſenkrecht zu dieſer; doch iſt bei
gubeifernen R. die Lölung fehr ſchwierig, wie auch
das Auswechſeln einzelner N, mit Umitändlichkeit
verfnüpft it, Für unterirbiihe Leitungen von lan:
ger Dauer, für Gasröhren (Zimmerleltungen) ıc.
üt diefe Verbindung ausſchließlich in Gebraud).
hren (Geiler be), ſ. Geißlerſche
öhren. runnen.
Nöhrenabtenfung (hydrauliſche), ſ. unter
Röhrenaſter, ſ. unter Chrysanthemum,
Röhrenbewäſſerung, ſ. u. Bewäſſerung.
Röhrenbrücke. Bei Anwendung von Blech—
trägern für ganz große Spannweiten, wie jolche in
der eriten Zeit des Baues eiferner Brüden vorkam,
bat man die zu beiden Seiten der Durdfahrt auf:
geitellten hohen Blehwänbe oben und unten durch
gemeinfame, auf die ganze Breite der Brüde durch—
gehende Gürtungen verbunden und fo die Form
einer rechtedigen Röhre erzielt, durch deren Hohl:
raum die Gijenbabnzüge verkehren. Die gröhten
Brüden diefer Art find: die Britaniabrüde über die
Venaiftrabe bei Bangor, vier Öffnungen, größte
Spannweite 140,21 m; die Conwaybrüde über die
Bucht bei Conway, eine Öfinung 121,92 m (j. Ta:
fel: Brüden I, ig. 4 u. 5); die Victoriabrüde
über den Lorenzitrom bei Dlontreal in Canada,
24 Öffnungen, größte Spannweite 100,6 m, Diefe
großartigften Bauwerle * Art und ihrer Zeit
wurden auf Grund von Verſuchen und Arbeiten
von R. Stephenſon, Clark, Fairbairn und Hodg—
linſon errichtet und bilden einen wichtigen Hart:
ftein in der Entwidelungsgefhichte der Technil.
Seht find die N. durd die zwedmäßigern Fach—
wertöbrüden überholt. (S. unter Brüden.)
Nöhrendephlegmator, ſ. unter Dephleg—
mieren,
‚Nöhrenherzen (Leptocardia) nennt man bie
niederjte Wirbeltiergruppe , zu denen bloß der Am:
pbiorus (f. d. und Zafel: Fiſche l, Fig. 1, Am-
phioxus lanceolatus, das Lanzeitfiſchchen) gehört.
Nöhrenfeffel (frz. chaudiere tubulaire, engl.
tubular boiler), j. unter Dampftefiel.
Nöhrenlibelle, f. unter Theodolit.
Möhrenpilz, |. Boletus. [röhren,
NRöhprenpreife, j.u. Bleiröhren und Drain:
enberbindung, ſ. unter Röhren,
„ Röhrenwürmer, ſ. unter Anneliden. Zu
ihnen gehören bie Kultröbrennürmer (Serpula),
die in einer Kaltichale haufen, und in zahlreichen
Arten, von denen viele, wie 8. contortuplicata (ſ.
Zafel: Aquarium, Fig. 12) fehr häufig find, in
allen Meeren vorkommen.
Nohrkolben, ſ. Teichkolben.
Nohrlättcheudecke, ſ. unter Dede,
Rohrleitung, ſ. unter Röhren.
Rohrpalme, ſ. Calamus.
Rohrpoft Hneumati ſche Poſt, poste pneu-
matique, Bern despatch) ijt die Bezeichnung
für die in den Großitädten Europas getroffene Gin:
richtung, Briefe und Telegramme in unterirbijchen
Röhren (pueumatic tubes) unter Benuhung de3
Luftdrucks und des annähernd Tuftleeren Raums
von einer Sation (Nohrpoftamt) zur andern zu
befördern. (©. PBneumatifd.) Papin, Meds
hurit, Gazalet und 2, Clarke find die erften geweſen,
welche, allerdings ohne Erfolg, verfucht haben, den
Gedanken praktisch zu verwerten, Nammel in Lon:
bon (1862) verbefjerte die Patetbeförberung durch
—— weſentlich, und es bildete ſich in dem:
ſelben Jahre in England die Pneumatic despatch
Company unter dem Borfig bed Herzogs von
Budingham. Zuerſt wurde die 600 m lange Linie
zwiſchen der Nortdwelterneilenbahn und dem Bolt:
amt in Eanıden Toron in London —— ver⸗
bunden. Die Stelle der —* und Kompreſſions⸗
pumpe vertrat ein hohles Rad (pneumatic ejector),
das 3 m Durchmeſſer hatte und 2—300 Umdrehuns
gen in der Minute machte. Die Luft im Tunnel
1 sub weit) wurde geleert, der Ei mit kleinen
aggons auf den Schienen in Bewegung gefeht
und dann —— Luft vor biefen ug
bracht, ſodaß die Heinen Waggons durch den Luft:
brud nad der andern Station getrieben wurden,
Doch bewährte fih das Syftem nit vollftändig,
weil sadireihe Vetriebsitörungen vorlamen, Die
Pneumatic despatch Rammels ging daher 1874
wieder ein; man erjehte die Einxichtung durd) an:
dere Maſchinen, die im wejentlihen dem in Paris,
Wien und Berlin — Syſtem des *
enieurs von Felbinger in Wien entſprechen. Außer
London beſihen Mancheſter, Liverpool, Birmingham
und andere größere Städte Englands pneumat. Des
förderung. Paris erhielt 1867 feine Poste pneu-
matique; diejelbe beſaß 1884 140 km Ausdehnung
mit 92 Stadttelegraphenftationen; 1834 wurden
10 Dill. Sendungen damit befördert, Wien hat
jeit 1875 die von gelbingeriche „im Betrieb,
In Berlin wurde die auf Stephans \jnitiative
erbaute R. am 1. Dez. 1876 dem Betrieb über:
a Diefelbe beſaß anfangs 26 km Röhren:
eitungen mit 15 Stationen; gegenwärtig (1885)
find 52,12 km Röhren mit 31 KRohrpoftämtern und
8 Mafchinenftationen vorhanden. Der Rohrpoit:
verkehr hat fih von 94495 Sendungen im De;.
1876 auf 2552814 Geudungen 1884 gefteigert.
Die 1834 veränderte Anlage befteht aus vier ſich
veräjtelnden Hauptzweigen von Röhren, die nad) den
vier Himmelsrichtungen ausgehen, ſodaß alle Sen:
dungen, bie von einem Hauptzweige zum andern
geleitet werden follen, die Centraljtation berühren
müjen. Die Nöhren (1 m tief unter dem Straßen⸗
pflaiter) haben 65 mm Weite: die Büchien für Aufs
Nöhrenquallen, f. unter Alalepben.
— ſ. Boletus. vs
r
162
nahme ber Senbungen find 15 cm lang und raffen
etwa 20 Briefe, Karten oder Telegramme. Di
—— der Züge (10—12 Büdhfen) beträgt
1000 m in der Minute. Zur Erzeugung ber Luft:
verbihtung und Luftverbüinnung dienen acht Ma—
—— deren jebe mit zwei Dampfleſſeln
zwei Dam: pfmai chinen von je 30, 20 und 12
ierteträften — iſt. Die hnelſte Aushän:
igung einer Sendung an ben Adreſſaten lann in
inuten erfolgen, bie längjte dauert eine Stunde.
— * hr Er Boprpoftc e innerhalb Berlins
obrpoftfarten 25 Bf. Die
Erin ieh m. jur —5—8 ——
me von außer nach den ——
ämtern benußt, von wo fie beſchleunigt
tdi merken lönnen.
Ken befe — de
nde3, au a tes Ge:
je N. haben eine
nge, zu einem Nüfiel ——3 nauze und
*8 ſich infolge der verlängerten Hinterbeine
be der | &
erg De * arg Gemeine —X
(M. m las "Safel: Inieltenfreifer, Fig. 2)
it 25 cm fang, w — 11 cm auf den Schwanz
und 2 auf den Nüfjel
arbe und Ruder fine a
r un
lommen, von rotgrauer
aus Kerbtieren beftehende
beißen, lahlen Bergen
fri Ir herum.
hei (Calamoherpinae) heißt eine
Gruppe der echten Sänger, deren 78 Arten auf die
Alte Welt beihräntt und bier in den nörbl,
Gegenden häufiger find, Sie haben einen teil:
Ps Shman,, —* Nägel und ein graulich⸗
raunes bi grünlihes Gefieder. Es find geidhidte
Hletterer, die einfam im Schilfe wohnen, ſich von
Dhe ei nähren lunſtreiche Nefter bauen und oft
ehr eigentüml (ide, die Stimmen anderer Tiere,
öſche, Grillen u. f. w. nachahmende Gefänge
han ben. In ben kältern Gegenden find es Zugvögel.
chwingel, Grasart, f. unter Festuca,
Bose erling, mehrere Arten der Rohrfänger.
odfe de, Grege oder Grezſeide, bie vom
u abgehafvelten Seidenfäden. (S. u. Geibe.)
Mohſtähl (frz. acier brut, engl. rough steel),
biejenigen Stahlſorten, welche direkt, burch Gemen:
tieren, Bubdeln oder Beflemern erhalten Ben
im Gegenfag zum raffinierten Stahl, ber
durch Zuſammenſchweißen oder Zuſammenſchmeljen
von fortierten Robjtahljtüden gewonnen wird. (S.
unter Gifenerzeugung.) ſchaften.
ftoffgenofjenfchaften, ſ. u Genof —
Nohtaf, diſtrilt der Dinifion Hiſſar der
tenantgouverneurfchaft Pendſchab Briti fh
Indi ifchen Reichs, 4721 qkm arof, mit (1872)
536959 €. Die Sauptftabt &. zählt 14153 €.
Nohwand, ein Teen der Name für bie
lörnig:derben Mafien des Minerals Anterit.
Rojas (Aguftin de R.: gegen fpan.
Scäriftiteller und Scaufpieler, geb. um 1577 zu
Madrid, trat 16jährig in Kriegädienfte, verblieb
echs Jahre unter den Truppen hilipps U. in
antreich, war eine Zeit lang in Ya:Rochelle ge:
* en und lehrte von da unter vielen Drangſalen
Spanien zurüd. Hier ward er Schauſpieler
fchrieb 1602 eine «lInterhaltende Neifer (« Viage
entretenido», Madr. 1603 u. * zuleßt 1793)
und 1611 ein anderes vuch «El Buen Republico»
(Salamanca 1611). In der «Unterhaltenden Reife»
Röhrrüfler — Rojas: Horrilla
erzählt N. feine gr und Erfahrungen, teilt
viele Einzelheiten über das damalige Theatermweien
mit und ſlicht 36 poetiſche und 4 ar we aLoas»
aus feiner —* ein. Scarron hat R zu
feinem —— comique» entlehnt = 2 Leſage
hat man e Begebenheit aus dem «Viage
en rt der Sch des
o de), einer der ö
yan. — —— —
ledo, dichtete
als — — bee t3miflenf
1492 und 1499, 15 des Earl ide
stina» (2—14u. 20—21 der
gab diejelben mit ſamt dem erften
und Mebina del Gampo anonym ——
«Calisto y Melibes, Comedia⸗
—— webe ——
niale en *
—
x neue —— Alte
id uns
ermedie
1595 durd) bie antıwerpener Au
Die —— gab in i
—— von — u
it —
iche Baſis. bei enthält i in iö bie — zur
«Comedia novelesca» und den daraus Dev
Ken re «Mantel: und
profaifchen «Entremeses»,
dem niedern Boltsleben mit dra her Derbbeit
ſchildern. Bis zum Erſcheinen des «Don Duipote»
war fie das gelefenfte und einflußreichite Ipan.
Bud), das wie der Roman des Cervantes und ber
Amadis eine ganze Pitteratur von etichungen,
Üiberarbeitungen, Nahahmungen und fiberfegun:
en erzeugt hat. Eine der neueften Ausgaben findet
6 in der «Biblioteca de autores ——
ae 3,1846). Eine gute beutfche Überfek
orgte E von Bülow Lpz. 10. eine ——
Germond de Lavigne (Bar. 1
Rojad:Fore nciöco de), einer ber be:
rühmteften dramatiſchen Dichter der Spanier, geb
4. Dit. 1607 zu Toledo. Bon feinen Lebensum:
ftänden weiß man nur, daß er Ritter des Ordens
von Santiago war und meift in Mabrid lebte. Er
Kr Bein au — im Komiſchen wie im *
rühmtelten find ſeine Stüde: «Del
74 — ninguno 6 Garcia del
«Donde hay agravios no hay zelos», «Entre bobes
anda el juego» (alle brei in Dchoas «Tesoro del
teatro l», Bar. 1838), «Los bamdos de Ve”
rona» und bas Buftfpiel «Don Diego de nocher,
Bon feinen Dramen erichienen 24 geſammelte in
zwei Quartbänden (Madr. 1640, 1645 u. 1680);
30 gab Mefonero Romano heraus, im 54. Band
der «Biblioteca de autores espaholes» (18611.
R.s Arbeiten find in Kompofition und Stil jo un:
glei, dab man glauben follte, fie rühren von zwei
verjdiedenen Dichtern ber. In ben gelungenften
ift er voll Feuer, Kraft und Präsifion und bezaubert
durd) allen Reiz der Sprache, während er in —
nicht nur dem verdorbenen Geſchmad ſeiner
Rojolen — Noland 165
huldigt, fondern auch bombaftiiich, hohl und fogar
Ichleppend wird. In rantreih wurden Etüde
des R. von Rotron, Ecarron und Th. Corneille
benupt und nadgebildet. Gute deutſche Überjehun:
g ber beiten von R.s Dramen finden ſich in
ım3 »Span. Dramen» (Bd. 3 u. 4, Berl. 1814).
olen, |. Rigolen.
Noketnitz, Dorf in der mähr. Bezirläbaupt:
mannjchaft Brerau mit (1880) 851 E., nady wel:
dem ri das Gefecht vom 15. Juli 1866 benannt
————
o (Karl, 9 von), ber n:
ber ber beutichen pathol..anatom.-ärztlihen Schule,
geb. 19. Febr. 1804 zu Stöniggräs in Böhmen, be:
Juchte erit das Gymnafium zu Leitmeris, dann das
feiner Geburtäjtadt und widmete fid) hierauf zu
Prag und Wien den mebiz. Wiſſenſchaften. Rad):
dem er 1828 zu Wien promoviert, wurde er erit
zweiter, dann erfter Aififtent an der bortigen pathol.:
anatom. Anftalt (de fog. Wiener ig > &),
hierauf 1884 auferorb. und 1844 orb. eſſor
der pathol. Anatomie. Seit 1834 verwaltete N.
auch die mit jener Brofefiur verbundenen Gtellun:
gen des Proſeltors des großen wiener Kranten:
baufes und des —— Anatomen für ſaͤmt⸗
liche in Wien amtlichen Leichenoͤffnung zu
unterwerfenden Fälle von — ften Todes:
arten. Das unermeßliche Material, alt
auf diefe Weile zu Gebote ftand (man ſchlaͤgt die
Zahl der von ihm felbit oder unter jeiner Hufficht
bewerlitelligten Seltionen auf 60000 an), verwer:
tete er, einzelne ‘ourmalaufjäge abgerechnet, jedoch
nicht eher, als bis er, in dem Bewußtiein, das Ge:
iet der pathol, Anatomie zu beherridyen,
ein berühmtes rg bon pathol. Anatomie»
(3 Bde., Wien 1842—46) herauägeben konnte, wel:
ches auf Beranitaltung der Sydenham Geſellſchaft
ind Engliſche (Lond. 1845-50) itbertragen und
185561 in dritter Auflage gamy neu bearbeitet
worden ift. Wie feine Heinern Arbeiten und feine
mp beſuchten Borträge und praltiſchen Kurfe,
ichnet ſich aud) jenes Hauptwerk durd eine
nũchterne, fireng aegenitändliche —— und
exalte, Har und ſcharf nach einer zum Teil felbft ge:
fchaffenen Terminologie beihreibende PDarftellung
aus. Zugleich bietet es einen —— Reich
tum von Faällen, aus deren Zuſammenſtellung und
Aneinanderreihung ſich die einzelnen Krantheite:
prozefie in ihrem normalen oder anomalen Berlaufe
auf das deutlichite und anichaulichfte erliären, Auf
dem von ihm gelegten Grunde wurde teild burd)
feine Freunde Stova, Schub u. a., teils a
und ber lehtern Schüler Engel, Jakſch, ta,
Dppolzer, Hanıernit, Dittrich u. j. w. das Gebäude
der neuern beutichen Diagnoftil, der phyſtol. Pa:
thologie und Therapie aufgerichtet und der Ruf
ber Wiener ober Wien: Prager Schule gegründet.
N. trat 16. Juli 1875 in den Ruheſtand, veröffent:
lichte noch «Die Defekte der Sceidewände bes
Herzens (Wien 1875) und jtarb 23. Juli 1878 in
Wien. Bol. « Rolitanjty» (Wien 1874).
NRokihan en), Stadt in der Bezirks:
a
inie Furth: Brag der mifchen , von
der bier die Gommerzialbahn nad Alle u ab:
8
zweigt, Sig eined Bezirlsgerichts, zäblt (1880)
4927 6. flaw. unge, die ſich meijt mit Feldarbeit
befajien, eine — eine Lederfabrit und
zwei Branereien. Drt beftand ſchon am An-
fang des 11. Jahrh. und gehörte damals den Bi:
ſchof von Brag. Später an die lönigl. Kammer
gelangt, wurde er 1509 vom König Wilabiflam 11.
wieder dem prager Tompropft und Kapitel als
Eigentum zuertannt und 1575 lönigl. Etabt.
köfo iſt die Bezeihnung des vom zweiten
Jahrzehnt des 18. 338 bis zum Ende des Sieben
jährigen Kriegs herrſchenden Kunſtſtils. Die ety:
molog. Ableitung des wunderlichen Wortes, das
war in Frankreich entitanden, jeht aber nur noch
in Deutichland gebräuchlich iſt, ſußt auf Roc, Ro-
eaille, Fels, Grottenwert; die Franzoſen ſprechen
von genre und * rocailleux, haben aber neuer⸗
dings mehr den Ausdruck «Style de Louis XV.
an die Stelle geieht. Da das N. aus dem Barod:
ftil entfprungen und mit biefem nod) aufs engite
verwandt ift, werden bie Bezeichnungen des Barod
(f. d.) und X. noch oft Durdeinander geworfen; ber
Swinger in Dresden 5. B. wird ebenjo oft ein Ro:
tolo: wie ein Barodwerk genannt. m allgemeinen
it daran feilzuhalten, dab fi das R. aus dem
Barod herausbildete, als der fteife Bomp des Zeit:
alter Ludwigs XIV. in die ee auf das Be:
—— Trauliche, Zierliche, niedlich Clegante der
innesweiſe des Beitalters der Regentichaft Lud⸗
wigs XV. überging; der Rolokoftil it daher wejen:
lich ein Stil der architeltoniſchen Innendeloration
R. | und des Kunſtgewerbes in Geräten, Gefäßen, M
bein, Geihmeiden. DBerain, Dppenord, Meifion:
nier, Lerour find die erften Träger biejer Wand:
lung; von Frankreich verbreitete ſich der neue Stil
raſch über ganz Europa. Weil die Zeit eine krank—
bafte, raffiniert üppige, innerlich frivole war,
geben die Formen in das Ausſchweifende, Weich
liche, Berichnörtelte; und diefe Neigung zum Meid):
lihen wurde begünftigt durch die weichlichen Dar:
ftellungsmateriale, welde man jet gern verwen:
dete, namentlicp durdy bie Vorliebe für ben Stud
und die neu erfundene Porzellanmaſſe, yo die
Möbeltiichlerei und die Goldſchmiedelunſt traten
unter deren Gejehe. Die wahre dee des N. ült,
nach Semper , daß das Rahmenwert zum Orgamis:
mus wird und alle andern Formen der Baufunft zu
erſehen beginnt; der Rahmen umſchließt die Füllung
pilanzenhaft, umrantt fie gleihjam wie ein orga:
mich Belebtes, Löit ſich in lauter flüffige, vegetabi⸗
liſche, der feiten Ryythmit wiberftreitende Elemente
auf, die Luft und Üippigfeit der ſich vollitändig frei
und felbftändig aufipielenden Berzierung über:
wuchert alle jtrultiven Forderungen. Erft die itei:
gende Aufllärungsbildung und die durch die Ent
ng von Pompeji und Herculanum neu er:
wachte Altertumsbegeülterung macht dieſen zier
lichen, aber natur: und kunjtwidrigen Tändeleien
ein Ende und jept am die Stelle des R. den ſog.
Zopfitil, d. h. die zwar reinere, aber noch einicitig
enge und formentahle Nachahmung der Antite,
die dann in den wiebergeborenen Hellenismus eines
Garitens, Thorwaldjen und Schintel übergeht. Der
vollendetite Maler der Rotokozeit, Watteau (f. d.),
fteht am Beginn derielben; Boucher üt deren Schluß.
(5. Tafel: Bauftile XI.)
Roland, der gnefeiertite unter den Helden der
Karolingiihen Eage, den Paladinen Karls d. Or.,
defien biftor. Erüitenz jedody nur auf der Erwäh—
nung bei Eginhard beruht, dab unter den Edeln,
welhe in den Pyrenäcn bei einem Angriff der
Vaskoner auf die Nahbut des 778 aus Spanien
zurüdtebrenden Kaijers Karl den Tod fanden, aud)
764 Noland be
ein Hruodlandus, Britanniei limitis praefectus,
pgwelen fei. Bielleicht iſt biefe Erwähnung felbft,
end nicht in allen Hanbidriften der «Vita Ca-
roli Magni» findet, gar erft aus ber Sage in bie
Geſchichte bineingelommen. Nah der Sage war
der ſtarle, tapfere, fromme R. ein Neiie Karls,
der Sohn feiner Schweiter Bertha und Milons von
Anglant, Unter ben einzelnen Sagen von feinen
Abenteuern ift die berühmteite die, bie den Inhalt
be3 vorzugsweile fog. Rolandsliedes bildet.
Sie handelt von feinem Tode, wie er, auf feines
Gtiefvaters, des verräteriihen Ganelon von Dlainz
falſchen Rat von Slarl als Hüter Spaniens zurüd:
gelaſſen, durch die ungeheuere Übermacht des heib:
Ken ir Ar oder Mobrenfönigs Marfilie
bei Roncesvals (Noncevaur) angegriffen ward und
nad langem, furdtbarem Kampfe mit Dlivier und
den andern Franken untergeht, nachdem er fein
berrlihes Schwert Durendal_ oder Durendart, ba:
mit e3 nicht in der Heiden Hände lomme, zu zer:
brechen vergeblich geitrebt und den Hilferuf wi
feinem Horn Dlifant hat ertönen lafjen, ber, jedoe
zu fpät, bis zu Karls Ohren dringt. Frühzeitig
wurde dieſe Sage bei den Franzoſen der Gegen:
ſtand a er Lieder, vor dem Beginn ber
Schlacht bei Haltingd (1066) fang Zaillefer vor
Wilhelms normann, Heer ein Lied von R. Golde
Lieder find die Grundlage der Erzählung in ber im
11. und 12. Jahrh. von ars ebenen verfaßten
fog. Chronit Zurpind (1. d.), und nach ihnen, nicht,
wie man früher meinte, nad) der legtern, bichtete
im 11. Jahrh. ein Sänger das zufammenbhängende
franz. Vollsepos, die «Chauson de R.» ober «ade
Roncevaux», das zuerjt von Francois Michel (Par.
1837) und Benin Bar. 1850), am beften aber von
Gautier (Par. 1871 u. öfter) und Th. Müller
(Gött. 1863; 2. Aufl. 1878) herausgegeben worden
it. Das alte Gedicht wurde im 12. und 13. Jahr.
mehrfach umgearbeitet und erweitert; einen ſchon
jüngern Text hat Bourdillon (Par. 1841), die ver:
jchiedenen Redactionen derjelben Förjter (Heilbr.
1883) herausgegeben. ; ,
Nah dem alten franz. Gedicht fahte bereits um
1131 der Pfaffe Konrad, im Dienjte Heinrichs des
Stolzen, fein deutiches Gedicht, das «Ruolandes
liet», ab (mit einer belebrenden Ginleitung über
die Sage herausg. von Wilh. Grimm, Gött. 1838;
neuerdings von Bartjch, Lpz. 1874), welches zwei:
mal, zunädjit von einem niederrhein. Dichter Ende
des 12. Jahrh. (Bartich, «fiber Karlmeinet», Nürnb.
1861), und dann in der eriten Hälfte des 13. Jahrh.
von einem öjterr, Dichter, dem Strider (berausg.
von Bartſch, Quedlinb. 1857), umgearbeitet wurde.
Aus franz. Quelle entiprangen aud) das lat. Ge:
dicht und das uns in Bruchitüden enthaltene alt:
engl. Gedicht, die beide bei Michel abgedrudt find;
ferner die isländ. «Karlamagnus-Saga+ (herausg.
von Unger), aus welder die im 15. Jahrh. ver:
faßte, ſonſt Chriſtern Peterfen beigelegte dän.
Arönike om Keyſer Karl Magnus» hervorging;
endlich die altniederländ. Gedichte, von denen nur
DBrudjtüde (derausg. von Borman?) auf uns ge:
tommen find. Die ital. Bearbeitung des Softegno
di Zanobi, eines Florentiners im 14. Jahrh., «La
Spagna», beruht nicht unmittelbar auf lauter franz.
Quellen, fondern auf in Italien verfaßten ältern
Gedichten in einer eigenen Miſchſprache. Die fpan.
Nomanzen von R. gründen fi nit, wie man
früher annahm, auf jelbitändiges Fortleben der
la Platiere
Sage in Spanien, fonbern find auch auf franz.
Traditionen zurüdzufü ren, bie allerbing3 älter
find als die erhaltenen franz. Gebi Shrer Abs
fafjung nad) reichen fie nit über das 13. Jahrh.
hinauf; fie find gedrudt bei Wolf und don,
. u :
«Primavera de Komances» (Berl. 1856)
gedrängt aber wurden alle mittelalterlichen Be—
arbeitungen durch den Rubm, welchen ſich die zum
Zeil aud älterer fiberlieferung folgenden, noch
mehr aber wirllich erfundenen und ausgefchmüdten
ital, Heldengedichte des 15. und 16. Jahrh. er:
warben, die von R.s Kampfes- und Liebesaben:
teuern in ihrer eigenen, dem echten Charalter der
Sage leineswegs entipredhenden Weiſe erzäblten,
wie «Morgante mazgiore» von 2. Bulci, «Orlando
inamorato» von Bojardo und das berühmteite
unter allen, «Orlando furioso» von Ariofto. Bal.
Schmidt, sliber bie ital. Heldengedidhte aus dem
Sagentreije Karls d. Gr.» (Verl. 1820). ,
oland de la Platiere (Jean Marie), franz.
— und Staatsmann, geb. 18. Febr. 1734
zu Thizy bei Billefrande, war beim Ausbruche der
Revolution Generalinfpeltor der Manufalturen
und Fabrifen in Lyon. Diefe Stadt ſchickte ihn
im Febr. 1791 zur Vertretung ber gewerblichen
— in bie Konſtituierende Verſammlung.
ier trat er in Verbindung mit den republilaniſch
gefinnten Abgeordneten, fiedelte im Dezember
nah Paris über und erhielt in dem Girondiſten
minifterium vom März 1792 das Portefeuille bes
nnern. Als der König die Unterzeihnung bes
efretö verweigerte, nach welchem die Föberierten
in der Nähe von Paris ein Lager bilden follten,
fchrieb er dem König 10. Juni einen Ich: radifalen
Brief, weldyer feine Entlajjung nad) ſich zog. Nach
dem Umſturze Throns Aug.) wurde er fo:
gleich wieder in fein Minijterium eingefegt. Als
en der Gironde ftellte er ſich jedoch dem
Naditalismus der Jakobiner entgegen und wurde
von der Bergpartei im Konvent aufs beftigfte an:
gefeindet. Bei dem Sturze ber Girondiften wurde
31, Mai 1793 auch feine Verhaftung defretiert.
R. fand Gelegenheit zu entlommen ftürzte fich aber
auf die Nahricht von der Hinrichtung feiner Frau
15. Nov. 1793 unmeit Rouen in fein eigenes
Schwert. Unter feinen Schriften, induftriellen
und polit. Smbaltz , iſt das «Dictionnaire des ma-
nufactures et desarts qui en d&pendent» (3 Bde.) zu
erwähnen, das er ir Pandoudes «Encyclopedie
möthodique» ſchrieb.
Seine Gattin, Manon Jeanne R., geb. zu
Paris 17. März 1754, Tochter des Kupferitechers
Phlipon, eine Frau von Geiſt und Energie, ver:
heiratete fi 1779 mit R. Durd das Studium
de3 röm. und griech. Altertums für republilaniiche
Ideen gewonnen, fühlte fie jih von der Revolution
mädhtig ergriffen. Als R, die Stelle des Minijters
erhalten, ftand fie ihm mit unermüdlichem Eifer in
den Geihäften ei. Nach der Flucht ihres Gemahls
führte fie im Intereſſe der Kontrerevolution mit
den geflüchteten Girondilten einen Briefwechſel,
weshalb man fie einlerlerte. Sie verſchmãhte die
ihr gebotenen Mittel zur Flucht, ſchrieb im Ge:
fängnifje ihre Memoiren und benahm fi vor ihren
brutalen Richtern mit Unerſchrodenheit. Mutig
legte fie 8. Nov. 1793 ihr Haupt unter die Guillo-
tine, In ihren «M&moires» (2 Bde,, War. 1820;
neue Ausg., Par. 1864) find aud ihre übrigen
Schriften enthalten. Ihre aLettres, en partie
Rolandsbrefhe — Rollenhagen
insditess gab neuerdings Dauban (2 Bde., Par.
2 heraus, der auch die «Etude sur Madame
R.» (Bar, 1864) veröffentlichte. j
Rolandöbreiche, Gebirgsſcharte in den Pyre:
nden, f. unter Bareges.
Nolandded, zu Oberwinter gehöriger Weiler
im Kreis Ahrweiler des preuß. Kegierungsbezirts
Koblenz, am linken Ufer des Rheins, Station der
Linie Köln: Bingerbrüd ber Vreubifchen Staats:
bahnen, befteht fait nur aus Villen und hat (1880)
60 E. Dabei befinden fich auf einem 153 m hoben
Bajaltberg ein 1848 gebauter got. Ausfihtsturm
und, als einziger liberreft der ehemaligen Burg
Nolandse ‚ ein Fenfterbogen mit prachtvoller
Ausfiht auf das Siebengebirge. Etwas unterhalb
liegt im 4 die Inſel Nonnenwerth (j. d.), und
lin am in das Dorf Rolandawerth mit
Weinbau und 460 E.
Rolandslied, f. unter Roland.
Nolandepforte, ſ. unter Noncesvalles.
Nolandsfäulen oder Rulands-, aud Nut:
landsfäulen nennt man koloſſale, aus Holz
oder Stein meilt roh geformte Bildfäulen, welche
auf den Marlt: oder Bauptpläpen vieler Orticaf:
ten Norddeutichlands, vorzugsweiſe aber Nieder:
ſachſens und der Marl Brandenburg jtanden und
Br Teil noch Stehen (wie 3. B. in Brandenburg,
temen, Halle, aa pen en, Perleberg). Die:
felben ftellen in der Regel einen gerüſteten oder man:
teltragenden, baarhäuptigen, ein blofes Schwert
in der Hand haltenden Dann dar, den die Trabi:
tion al3 den Noland der Harld:Sage zu deuten
pflegt. Uriprung, Name, Geſchichte und Bedeu:
tung diefer Bilder ift noch nicht hinreichend auf:
eflärt; nur fo viel fteht feit, daß fie ala Zeichen
er Gerichtsjtätten dienten. Nachrichten über die-
felben finden ſich nur fpärlich erft feit dem 14. Jahrh.
und faft immer in —— mit den Kampfen
x ſtädtiſche Rechte und Privilegien, unter denen
elbitändige Verwaltung und eigene Gerichtäbarteit
als die höchſten galten. Nicht felten erſcheinen in
dieſen Zeiten die N. ald Symbole ſtädtiſcher Frei:
> und Selbitändigfeit, werden als ſolche in die
echjelfälle des Kampfes gezogen und, je nachdem
1a dieſe — die Stadt geſtalten, bald umgeworfen,
ald wieder aufgerichtet. Vol. Stappenbed (in
eMärkiiche Forihungen», Bd. 4, Berl. 1847) und
Söpl, «Die Nulands:Säule» (Lpz. 1861),
olandöwerth, ſ. Rolandsed.
Rollaffe, Soviel wie Rollihwanzaffe.
Nollanfas, Schlantaffe, f. Hulman,
Rollaſſel, j. unter Aſſeln—
Rollatlas, ein schwerer Atlas (Seibenftoff), fo
genannt, weil er ſich an ben Enden von jelbftaufrollt.
Rolbiei, das in Form von aufgerollten Ri atten
in den Handel lommende Blei. (©. unter Bled.)
Rollbrücken lommen in Feftungen ftatt Zug:
brüden vor. Bei denfelben ift ein Teil der Brüden:
bahn auf Nollen beweglich und kann vor und zurüds
8— werden. Gegengewichte am hintern Ende
3 beweglichen Teils der Brückenbahn halten letz—
tern während ver Bewegung im Gleichgewicht,
Rolle, im allgemeinen eine runde Scheibe, welche
um ihren Mittelpuntt beweglich iſt; auch ſoviel wie
Mange. tiber Rolle in der Diedanik f. Frit:
nr unter Friltionsrad und Fla—
enzug.
Rolle in der Scaufpielfunft heißt überhaupt
ber Anteil an einer darzuftellenden Handlung, ins»
765
befonbere das zufammengerollte Heft, auf welchem
als fchriftlicher Auszug aus dem ganzen Stüde
da3 enthalten ift, was der Künftler vorzutragen
hat. In diefem Auszug find auch die lepten Worte
des Vorheriprechenden (die ſog. Stihworte) mit
angeführt, damit der Dariteller zur rechten Zeit
mit jeinen Worten einfällt, ‚
Rolle, Hauptitadt des gleichnamigen Bezirks
43 qkm, 6056 €.) des fehweiz. Kantons Waadt,
iegt 380 m über dem Meere, 11 km norböftlid
von Nyon auf dem rechten Ufer des Genferfees
an der Bahnlinie Laufanne:Genf, befikt ein altes
Schloß, welches jeht als Schul: und Stadthaus
dient, und zählt — 1688 meiſt reform. E.
deren Haupterwerbsquelle der Weinbau (Lacöte)
und der Broduftenhandel find. R. ift der Geburts:
ort des befannten Staatsmannes Frederic Ceſar
Laharpe, deflen Dentmal auf einer Heinen tünft:
lichen Juſel dicht am Ufer des Sees fteht. Der
ſchönſte Punkt der Umgebung ift das 3 km nord:
öftlih von dem Städtchen gelegene Signal be
ougy (712 m), das eine prächtige Ausficht über
das wein: und lornreiche, mit Schlöffern und Villen
überfäete Gelände von Lacöte, den Genferfee und
die Gebirge Savoyens bietet. : j
Nolte (oh. Heinr.), deuticher Kirchenlomponift,
eb. zu Quedlinburg 23. Dez. 1718, trat (don in
einem 13, Jahre als Komponift auf und wurde
im 14. Drganijt an der Peterslirche zu Magdeburg.
Im 3.1736 bezog er die Univerlität Leipzig, wo
er die Rechte ftudierte, Erit in Berlin, on er
fih na —— Studienzeit — wandte fö
N. ausfchließend der Mufit zu. Er wurde lönigl.
Kammermuſilus, erhielt 1752 die Stelle feines
Vaters in Magdeburg und ftarb daſelbſt 29, Dez.
1785. R. fehte eine ganze Neihe geiltliher Orato—
rien, unter denen «Der Tod Abeld» und «Abraham
auf Moriar großen Ruf erlangten, die aud), wie
feine vielen vierftimmigen Motetten, durch einen
leihtverftändlihen Ausdrud und melodiöje Hal:
tung fich auszeichnen, aber an tiefer Kunft und er:
ebener Darftellung mit den beften Oratorien und
irhenftüden fi nit meſſen können.
Rollen (der Füchfe), f. unter Brunft.
Rollenbohrer, f. unter Bohrer und Bohr:
maschinen, Bd. II,S.261®. j
Rollenhagen (Georg), ausgezeichneter didak—
tifcher Dichter de3 16. Jahrh., geb. 22. April 1642
zu Bernau in der Mark Brandenburg, beſuchte die
Schulen zu Prenzlau, Mansfeld und Magdeburg,
itudierte feit 1560 Theologie in Wittenberg und
übernahm 1563 das Rektorat der Johannisſchule
zu Halberftadt nebjt der Verpflichtung zu predigen.
Doch) ſchon 1565 gab er dies Amt wieder auf und
tehrte als Hofmeijter eines jungen Halberjtädters
nad Wittenberg zurüd, wo er 1566 die Vorlefun:
gen des Mediziners Veit Drtel von Winsheim über
die «Batrahomyomadyia» (j. d.) hörte, durch welche
die Zuhörer angeregt wurden, das Gedicht wett:
eifernd in lat., jan und deuticher Sprache zu bes
arbeiten. Aus folhem Beginnen, welches der Pro:
fellor freudig förderte und durch Anleitung zur
Einflechtung politiiher, auf, die Gegenwart bezüg:
liher Nuhanwendungen in eine beitimmte Richtung
leitete, entfprang N.S viel fpäter gebrudtes Haupt:
wert. Nachdem er dann 1567 die Magifterwürde
erworben, ward er noch in demjelben \jabre Pro:
teitor ber Domfchule zu Magdeburg, 1573 Bredi-
ger zu St. Nitolai und 1575 Reltor der Domfchule,
166
Er ftarb nach 42jähriger Amtsführung, gefeiert
ala Päbagoa wie ald Vrediger, 13. Vlai_ 1609.
Seine Teilnahme an den Zeitereignifjen befunden
fein «Hinfender Bote» und eos welde bie
neichichtlichen Begebenheiten der J. 1588 und 1589
in Neimen berichten. Vielleicht it au von ihm
verfaßt eine durch xraltiſchen Sinn ausgezeichnete
Sammlung von 54 proſaiſchen Fabeln, unter dem
Titel «Alte neue Jeitung von der Welt Laufs
(0.D. 1592). Endlich gab er aud) 1595 jein Haupt:
wert, den ſchon in Wittenberg —— «Froſch⸗
melden. oder der Fröjc und Mäufe wunderbare
Hoffhaltunge⸗ ans Licht, doc) wieder feinen Namen | (
unter der Bezeichnung «Marcus Hüpifinghols von
Meuſebach, der en Fröſch Borfinger und Cal:
meuſer im alten al nwigf» mit ſolchem Grfolge
verbergend, daß troß der großen Berühmtheit, die
das Buch fofort erlangte, fee gi den
Verfaſſer nicht fannte und a y cheinlich erft Mor:
bof ihn nachwies. Der «Froihmeusler», welcher
der ——— nur den Rahmen der
Handlung, dem ⸗Reinele⸗ die fatirisch:didaktifche
Anwendung der Tierfabel und feinen wage Stoff
in bunter Mannigfaltigkeit teils den klaſſiſchen,
teils neuern Schriftitellern, teil$ auch ber deutjchen
Voltsüberlieferung entnimmt, ift ein nicht bloß auf
die allgemeinen moralifhen, fondern aud) auf die
polit. Berhältnifje der Zeit Bezug nehmendes Vehr:
gedicht. Das Werk blieb ein Lieblingsbud durch
das ganze 17. Jahrh. und wurde jo in neuerer
Zeit wiederholt überarbeitet (erfte Ausgabe Magdeb.
1595; Bearbeitungen: durch R. Benedir, Weſel
1841; das erſte Buch durch Stengel, Köln 1796;
auszüglih durch Lappe, Stralf. 1816; re
Schwab, Tüb. 1819, und Gödele in «Deutfche Dich:
ter des 16, abrh.» (Bd. 8—9, Lpʒ. 1876),
Auh Gabriel R. ein Sr org R.s, ber
22. März 1583 —— wurde, ſeit 1602 in Leipzig
und Leiden die Nechte ftudierte und vermutlich vor
1623 ftarb, bat ſich als Schriftiteller een
und iſt häufig mit dem Bater verwechielt worden.
Gr gab heraus: «Bier ng Indianiſcher Reyſen
durch die Lufft, Waller, Land, Helle, ...
vnd den Himmel» (Magdeb. 1603 u. öfter); ferner
einen Band lat. Gedichte: «Jurenilias (Magbdeb.
1606), und endlih, durch Buchſtabenderſehung
feinen Namen veritedend in Angelius Lohrbere
Liga, eine ihrerzeit ſehr beliebte Stomöbie: «Aman-
te3 amentes; Gin ſehr anmuthigs Spiel von der
Blinden Liebe oder von der Ocielege (Magdeb. |
1614), wie auch der Vater fhon durd mehr als |
20 Jahre die Schullomödie eifrig gepflegt und |
mehrere Stüde w diefen Zwed bearbeitet hatte.
Vol. Lütde, «Leben des heard, R.» (2 Hite., Berl, |
1851647); Gadert, «Gabriel N.» (er. 1885). |
Nollett (Herm.), deutih:öfterr. Dichter und
Kunftichriftiteller, geb. 20, Aug. 1819 zu Baden bei
Wien, ftudierte von 1833 bis 1844 au der wiener
Univerfität Philoſophie und Raturwiſſenſchaften. |
Im J. 1842 eridien feine erfte Gedichtiammlung
sYicderlränge» (Wien), 1845 ging er nad) Deutich:
land und gab feine inzwijchen entjtandenen freiheit:
lichen Gedichte unter dem Titel «Frühlingsboten
aus Dfterreich» (Jena 1845) heraus, die N.s Na:
nen in Deutſchland weit verbreiteten, ihm aber
die Nüdlehr nad) Oſterreich verichlofien. Im näd:
Nr Jahre erſchien fein ⸗ Wanderbuch eines wiener
Toeten» (Franff. 1846), hierauf «Friſche Lieder»
(Ilm 1817), das bürgerliche Traueripiel «Cine
Rollett — Nollo
Schweiterr und „Ein Waldmärden aus
Zeit» (Lpz. 1847). Die ng von 1848
er in feinen «Slampfliedern» (%pz. 1848) und —*
dann ein Wanderleben in Deutſchland und
—— führen, während deſſen ſeine dramau
j * er a Die —— a
Vünzer» und «jlamingo« (2pz. erichienen.
In der Schwei bichtete er bie blung
(ep 1858) und lieh jeine«Heldenbilder
Gallen 1854) erſcheinen. Bald ward
om die Nüdt “ die Heimat ee Km N.
erſchienen noch der Ghaſelenchyllus
Wien 1869), «Dellamationẽsgedichte⸗ (Bad,
und « Erzäblende Dichtungen» (2pz. 1
dem Gebiete der Kunftgeiii
«Die drei Meifter —— tif, Antonio, Gio-
vanni und Luigi Biclere ien 1874), die Abtei:
lung «Gfyptil» in der « — der
Künfte» (Stuttg. 1875) und Wert «
——
ollin ‚franz.
ris 30, Jan. 1661, erhielt 1683 eine Sofeflur
Goflöge du Vleſſis, wurbe —
löge de nce, belleivete während
und 1695 die Stelle eines Reltors ber
und entfaltete als Voriteher des de Beau:
vais feit 1699 eine erfolgreiche In
Unterfuhungen gegen die Janſeniſten
trat er von jeinem Amte zurüd, bis er 1720 m
die Stelle eines Neltord der Univerfität
Gr jtarb 14. Sept. 1741. Bei der
Ko I —* ui man nit
alien ie alle e Sugenb
de batte feine «Hlistoire ancienne
5)
Ki
ne —— Carthaginois, etc.» (13 Bde.
es Egyptiens, des Cart no
Par. 1730 38; Gas. *— we —
toire romaine» t. -
Actium
1740), welche mur bis nd die Sdiacht
geht und in i — rung weniger
cheint, wurde von jeinem
«Histoire des empereurs romaius
Jusqu’& Constantin» (12 Bbe,, Bar. 1750
efept, und diefer fand wieder in bem
Yebeau einen —E— Seine gen
wurden von Guizot (30 Bde., Bar. 1820
(a8) und von Letronne (30 Vde,, Par.
ausgegeben. Bon R.s übrigen Werfen ijt noch zu
nen: «Traite des ötudes» (4 Bde,, Bar. 1726
Nolljalonfien, Ik unter Jalouften,
Nollfalander, foviel wie Mange.
Rollkorb, ſ. unter Sappe.
Nollfran, ſ. unter Hebeapparate.
Nolliaden, f. unter Jaloufien,
Nollmeifing, biinnere Sorten
zufanmengerollt verfauft werben. ( .u.B
& — —— j.u. Gebirn, Bd. Vl,
D.
Mollo (Hrolf, frz. Raouh, ein
ae —
Ginfältigen von Fra e r
Landſtriches in der weſtl. Normandie ab, e
von den neuen Anjieblern ihren Namen
R., der dem Könige dafür den Lehnseid
ließ ſich ‚pigteich taufen und nahm als
Namen Robert an, Gijela, eine Tochter
er Nine —— E Ss —
ann wieder unter ſeine Genoſſen
andererſeits auch noch weiter nad Ojten über
Seine und nad Weiten in die Bretagne um
i
ii
8
et
Braasf:
Rollſchacht — Nom (Stadt)
griff. Für Frankreich hatte die Feſtſezung der Nors
mannen das Gute, daß fie mun ihrerſeits dabei
interefftert waren, weitere Blünderungszüge und
Anfiedelungsverjucdhe ifrer Landsleute fernzubal:
ten. R. ftarb 931 und ibm folgte ein Sohn aus
früherer Che, Wilhelm I. noidier j
Nollſchacht, ein vertitaler Kanal in Gruben:
banen zum Herabjtürzen der Crje. ,
Roliſchuß ift eine früher bei Gefhügen beliebt
gemwefene Schubart, bei welcher das Geſchoß mit
flacher Glevation abgeſchoſſen, unter —— nie⸗
driger werdenden Sprungen, auf dem Erdboden
oder einer Waſſerflãche fi —— Ein Tref⸗
fen fonnte nur erwartet werben, ſobald bie Höhe
der Sprünge die des Ziels nicht übertraf und ber
den eben und feft war. Bei den glatten Kanonen
wandte man ben R. meift auf — Entfernungen
an, doch blieb fein Effelt bei der Abhängigleit vom
Zerrain jehr zweifelhaft. Bei dem länglidhen Ge:
ſchoſſe der gezogenen Gefchüge ift der R. ge un:
swedmäßig und bei Granaten mit Perluſſions—
zündern ganz unanwendbar, daher jept überall aufs
gegeben. 4 se chuß.) Dem R. ähnlich ift
ver Riloſ
Nolihwanzaffen oder Sapajus (Cebus) ift
der Name eines aus etwa 18 Arten beitehende
Affengeſchlechts ne Südamerifa von Cofta:Rica
=
bis uay bewohnt; die R. find von mittlerer
Größe, n einen vollitändig, aud an ber
Schwanzſpihe behaarten Widelihwanz Da fie
fehr in der Farbe variieren, find die Arten, die man
aus ihnen gemadt hat, fehr unſicher. Die ge:
meinfte Art ijt der Kapuzinerafie (f. d., Tafel:
Affen der Neuen Belt, Fig. 3).
Loff (Friedr.), Tierarzt, geb. 19. Mai 1830
u Badersl bei Halberſtadt, ftubierte auf der
Tierarzneiſchule zu Berlin und wurde dann Kreis:
tierarzt in Weitfalen, fpäter in ber Provinz Sad)
jen. Im J. 1862 wurde er Repetitor an ber Tier:
arzneiſchule zu Berlin, 1866 außerorb. Brofejlor
in Halle, 1876 Regierungsrat und Mitglied des
Reichsgeſundheitsamts zu Berlin; 1878 wurde er
PDireltor der Tierarzneiſchule. Er ftarb 22. Dez.
1885 in Berlin. Gr veröffentlichte: «Die Lungen:
ſeuche-Impfung⸗ (Berl. 1868), «Die Beurteilungs:
Lehre des Pferdes und der Zugodyien» (Halle 1870),
«Die Ninderpeit» (2. Aufl,, Halle 1877), «Der Milz:
brand, feine Entjtehung und Belämpfung» (Berl,
1883); «Tierärztliche Gutachten, Berichte und Pro:
tofolle» (Berl. 1884).
Rom, Compartimento in Italien, zwiſchen ben
Provinzen Örofjeto, Perugia, Aquila und Caferta,
jowie dem Tyrrheniichen Vicere gelegen, 11917 qkm
groß, mit (1884) 926732 G., unfoß den feit 1860
noch verbliebenen Neft des Kirchenſtaates, der erft
1870 an Stalien fam. vn tadt it Nom (f. d.).
Rom (Roma), von den Alten die Stadt (Urbs)
oder die ewige Stadt (Urbs aeterna) genannt, einit
Si der weltlihen, dann der geijtlihen Weltberr:
ihaft und Hauptitabt des Kirchenſtaats, feit 1871
de3 Königreichs Italien, liegt in ber Ebene von
Latium, an dem bier etwa 60—100 m breiten Ziber,
26 km von dejjen Mündung bei Ditia (ſ. d.). Das
latiniſche Gebiet ift, infolge feiner vullaniſchen
Gntjtehung und der Einwirkung der Wailerläufe,
rei an mäßig erhobenen, durch tief eingeſchnittene
Ihäler voneinander getrennten Hügeln: fieben
ſolche, am linfen Flußufer gelegen, pflegen ſchon
im Altertum als eigentlihe Stätte der « Sieben:
767
bügeljtadt» (Urbs septicollis) zufanımen genannt
zu werden, Es find: Capitolinus (49 m), Pala:
tinus (52 m), Aventinus (46 m), Cälius (60 m),
G3quilinug (60 m), Viminalis (56 m), Duirinalis
(60 m). Die vier erjten erheben ſich ifoliert von:
einander, geſchieden durch tiefe, in der Urzeit fum:
pfge Ibäler: zwiſchen apitol und Balatin das
elabrum, zwiihen Palatin und Aventin das
Thal des zn irtus (Vallis Murciae), a
Palatin, Kapitol und Esquilin das Thal Fo-
rum Romanum, Nach dem Fluffe zu, dem Zube
de3 Palatin und bes Kapitols vorgelagert, üt das
Forum Boarium; nördlih vom Slapitol die aus:
gedehntere Fläche des Marsfeldes (Campus Mar-
tius) zwiſchen Ziber und Duirinal (und Pincius).
Die drei leßtgenannten ber fieben Hügel (Quirinal,
Biminal, Göquilin) laufen zungenförmig von einer
Bobenerhebung aus, welche nad) Diten allmählich
verläuft. Die Höhen am rechten Ufer (Vaticanus
60 m, Janiculum 85 m) gehörten —— nicht
zur Stadt, wurden aber ſchon in repub —*
eit befiedelt und in der Kaiſerzeit förmlich der
tabt einverleibt.
Das antike Rom
A. Gründung. Königdzeit. fiber die An:
fänge der Stadt R. herrſchie ſchon im Altertum,
als die biltor. Behandlung der röm, Urgefchichte
begann, völliges Dunkel. Die zahlreichen, zum Teil
durch —— Entſtellung getrübten Sagen wi:
derſprechen ſich jo hãu ß daß aus ihnen mit Sicher⸗
heit nur weniges geſchloſſen werden kann. Dazu
Er einerfeit3 die Anknupfung ber Uranfänge
‚3 an ben Balatinijchen Hügel. Auf ihn foll Ro:
mulus (f. d.) am 21. April 753 v. Chr., dem Tage
de3 Feſtes der Palilien, die ältefte Stadt (Roma
quadrata) gegründet, fie mit einer Mauer umzogen
und mehrere { empel, unter andern ben des Jupiter
Stator, erbaut haben. Zweitens ift in ber röm.
Überlieferung das Dewu ir» lebendig geblieben,
daß diefer älteften latini Jen Anfiedelung_eine
zweite ſabiniſche auf dem Uuirinal an die Seite
2. iſt, —— mit ihr rivaliſierend, dann
ich ihr vereinigend. Dieſe Vereinigung wi bie
Sage jhon unter dem erjten König erfolgen (Raub
der Sabinerinnen): der Kapitoliniſche Hügel bildet
dann bie gemeinfame Burg (arx) der latinisch-fabi-
nifhen Stadt und trägt außerdem da3 Heiligtum
bes Jupiter Feretrius, fowie das Aſyl. Die Tiefe
ſüdöſtlich vom Sapitol dient als gemeinſamer
Marit (Forum Romanum), Mas ſonſt über Tem:
pelgründungen und Stabterweiterungen aus ber
Hönigszeit berichtet wird, beruht meift nicht einntal
auf uralter Tradition, fondern auf fpäter gelehrter
Zurehtmahung. Tullus Hoftilius foll den Cälius,
der angeblih nad) einem etrustiihen Heerführer
Gäles Vibenna benannt ift, zur Stadt gezogen
und die Bewohner de3 von ihm zeritörten Alba
longa dort angefiedelt haben. Dem Ancus Mar:
cius wird die Vebauung des Aventin zugefchrieben;
den drei lehten Königen großartige Bauten, zugleich
die einzigen aus vorrepublilaniſcher Zeit, von denen
noch Reſte erhalten find. Tarquinius Vriscus ſoi
das bis dahin teilweiſe ſumpfige Thal des Forum
| Romanum, Velabrum und Forum Boarium troden
gelegt haben dur) den Vau der Cloaca maxima,
eines 2,15 bis 4 m breiten, über 3 m heben brei:
ah gewölbten Abzugslanald aus Tuffquadern,
ſſen Hauptjtrang, etwa 800 m lang, noch heute
funftioniert, Targuinius begann auch den Bau
768
be3 Jupitertempels auf der Nordweſtſpihe des Ka:
pitols, deſſen Eubftrultionen zum Teil noch jebt im
Garten des Palaftes Caffarelli vorhanden find.
Sein Nachfolger, Servius Tullius, baute am Fuße
des Kapitols das Quellhaus (Tullianum) und Ge:
fängni$ (Carcer Mamertinus); dasfelbe befteht aus
zwei unterirdiichen Räumen übereinander, deren
oberer eine gewölbte Tede bat, während die des
untern in hoöchſt altertümlicher Weile durch über:
tragende Steinidichten gebildet wird. Der Carcer
wird häufig erwähnt, in ihm endete Yugurtha,
wurden die Häupter der Catilinariſchen Verſchwö—
rung hingerichtet, bie * Legende nennt ihn als
Gefaͤngnis der Apofte Petrus und Paulus (jeht
Kirche San⸗Pietro in Carcere). Eder ar
‚ Vor allem aber wird dem Servius die einheit:
liche Seleligung ber Eiebenhügelitadt zugeſchrie⸗
ben. Die lunſtlich abgefchrofiten Hügelabhänge tra:
> eine Mauer aus Tuffquadern. Der Lauf der
Mauer * großenteils ſeſt; fie begann ſüdweſt⸗
lich vom Kapitol am Fluß, Kapitol
und den Quirinal (Reſte bei Piazza Magnanapoli,
wohlerhaltenes lleines Thor mit Bogenwölbung;
ferner unter dem königl. Palazzo del Quirinale)
und bog ſodann (etwa beim jegigen Finanzmini:
fterium) nad Süden um. Hier, wo bie drei oben
erwähnten Hügel rn n die Ebene verlaufen,
genügte eine einfache Mauer nicht; an ihre Stelle
tritt ein etwa 20 (oben 13) m ftarter, an einzelnen
Etellen —* bis zur Höhe von 10 m erhaltener
Wall nebit Graben (Rejte namentlich beim Bahn:
of, in ber ehemaligen Billa Negroni), in einer
änge von 1300 m bis gegen Sta.Maria maggiore
fich eritredend. Der Lauf der Befeftigung über den
Cälius it unſicher; weiter am Südrande des
Aventin findet ſich der Iapolantehe Reit der Mauer
(eine 15 m od, in Vigna Maccarani). Dem
eitrande bes Aventin folgend, erreichte fie ſodann
unterhalb der Kirdye Sta.- Sabina wieder den Fluß.
Die Mauer —* 37 Thore, welche nur zum Teil
mit Namen befannt find; die wichtigiten Darunter
find: Porta Carmentalis an der Südede des Ha:
pitol3, Porta Collina am Nordende, Porta Vi-
minalis in ber Mitte, Porta Esquilina am Süd:
ende des Walles, Porta Capena zwifchen Cälius
und Aventin, Porta Trigemina zwiſchen Aventin
und Fluß. Die Mauer hat eine Länge von 7—8 km
und unichlichteinen Flaͤchenraum von gegen 300 ha,
Das Stadtgebiet war geteilt in vier Regionen:
Palatina, Suburana, Esquilina, Collina, Auf das
rechte Tiberufer erftredte fi die Stadt noch nicht,
obwohl ein Teil des Gebiet3 ſchon den Etrustern
abgenommen war; die einzige Verbindung bildete
die Pfahlbrüde Ir sublicius), vom Forum Boa-
rium aus den N uß überipannenb, welche in Fällen
ber Gefahr ſchleunig unterbroden werden fonnte.
Unter Servius foll aud der Tempel der Diana
auf dem Aventin (bei Sta. Prisca), das gemein
fame Heiligtum der verbündeten latinifchen Städte,
unter denen R. nunmehr die Euprematie gewon⸗
nen hatte, erbaut worden fein. Dem Tarquinius
Euperbus ſchreibt die Tradition die Vollendung
der von feinen Vorgängern begonnenen Bauten,
namentlich des Jupitertempels und der Mauer, zu,
B. Die Stadt in der republilaniiden
eit. Aus (der eriten Zeit nach Vertreibung der
nige (510 v. Chr.) verzeichnet die Stadtchronik
bie Grundung einer 75 von Tempeln; die
wichtigſten unter ihnen fin bie am Forum ges
Nom (Stadt)
| Tegenen des Saturn (497) und des Caftor (484).
‘ Der Cinnahme der Stadt durch die Gallier (390)
folgte eine gründliche Zerftörung und ein haftiger
Wiederaufbau. Unter den in nädjiter Zeit geweib:
ten Tempeln find zu nennen der der Juno Mloneta
auf der Arx (an Stelle des zerftörten Haufes des
M. Manlius Gapitolinus, gegründet 384 v. Chr.)
und der Concordia, gegründet zum Andenken an
die Beilegung de3 Etreites zwifhen Batriciern
und Blebejern (366 v. Chr.), Gegen Ende des
4. Ya — ſodann die großartigen Nuß—
bauten; der Cenſor Appius Claudius (312 v. Chr.)
baute die erfte fefte Landſtraße (Via Appia; aus
ber Porta Capena heraus, durd die Pontiniſchen
Sümpfe - Ganpanien, zunächſt bi3 Capua) und
führte die erite Waflerleitung (Aqua Appia, j. u.,
©. 771) in die Stadt. Die zweite Balierleitung
(Anio vetus) ließen die Cenforen M. Curius Den:
tatu3 und 2, Bapirius Curjor aus der Kriegsbeute
des Pyrrhus (272) erbauen. Der Cenſor Flaminius
legte 220 die nad) Norden führende Via Flaminia
an, und erbaute im Maräfelde den nad ihm be:
nannten Cirlus. Die Stadt beginnt ſich merklich
über den Mauerring de3 Servius auszudehnen;
Vorftädte entitehen am Fluß vor der Porta Trige-
mina, wo unterhalb des Aventin dad Emporium
angelegt wurde (etwa 250 v. Chr.) und im Mars:
felde beim Circus Flaminjus.
Seit dem 2. Jahrh. beginnen ſodann infolge der
Berührungen mit Griehenland und dem Ürient
—— Bauten. Um das alte Forum, deſſen
aum unzureichend geworden war, zu erweitern,
errichtete Cato der Ültere 185 v. Chr. die erfte öffent:
lie Halle (Basilica rel; e3 folgt ſchon 180
eine zweite (Basilica Aemilia), ge 170 die Ba-
silica Sempronia, 122 die Basilica Opimja, lm
150 wird bie erfte fteinerne Brüde (Pons Aemilius
ebt Vonte rotto) über den Fluß erbaut und dur
iefe feite Verbindung eine raſche Entwidelung der
Vorftadt am rechten Tiberufer bepüinjtigt. Cine
weite Kommunilation wurde geidhaffen durch die
eiden, die Inſel überfchreitenden Brüden: Pons
Fabricius, 62 v. Chr., Pons Cestius (von der Infel
vo Zraftevewe) wenig ſpãter. Sulla, der an der
volljtändigen Durchführung feiner Baupläne durch
den Tod verhindert wurde, erneuerte prachtvoll den
in ben Marianiſchen —— zerſtörten Tem⸗
el des Jupiter Capitolinus, plante auch vielleicht
ie Anlage eines großen Gebäudes in der Einſatte—
lung des Kapitolinifchen Hügel3 zwiſchen Tempel:
höhe und Arx, welches al3 Archiv und Gefchäits:
ofal für die verſchiedenen Zweige der Etaatäver:
waltung dienen follte. Dasſelbe (Tabularium)
wurde one ausgeführt von dem Konful des J.
78 v. Chr., Q. Lutatius Catulus, und ift dad bes
deutendite erhaltene Dlonument des Brofanbaues
der republilanifhen Epoche. Das Tabularium ift
ein Hallenbau, im Grundriß ein Trapez von etwa
‘0 x 44 m aus Tuff: und a rg ern; nad
dem Forum zu öffnete ſich eine Halle, deren dor.
—— aſen und Kapitäle von Travertin
atten; ein zweites Stodwerk mit ion. Halle bar:
über ift voraugzufegen, aber nicht erhalten. ‘m
Mittelalter diente das Tabularium als ftäbtif
Salzmagazin; Michel Angelo gente darauf den \
lazzo del Senatore (1538). Pompejus erbaute 57
v. Chr. ein prachtvolles Theater, das erite fteinerne
in R., nebit daranſtoßendem Borticus von 100 Säu⸗
len (Hecatostylum) im Margfelde (unbedeutende
—— — —
b. Kolosseum vom Esquilin aus.
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9. Grab der Cäc ilia Metella.
4. Rundtempel am Tiber (Sta.-Maria del Sole).
Brockhaus’ Conversations- Lexikon. 13. Aufl,
. Forum Romannı
arcel!us- Theater.
J —
* RE en
1
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nm wen ge ger —
—
nanann nen
al: — —
7. Porta — und Grab des Eurysaces.
J — Zu Artikel: Rom (Stadt).
Insmauer.
Nom (Stadt)
Reſte unter — Pio). Außerdem ſind an
Reiten aus ber republilaniſchen Zeit noch zu nennen:
ber Heine Tempel am Ponte rotto (jegt Sta.-Maria
Egiziaca), ein zierlicher ion. Pieuboperipteros; fer:
ner zwei Gräber, das ber Ecipionen, an ber Via
Appia (innerhalb der Aureliangmauern), 1780 ent:
bedt, ein einfacher halb unterirdifher Bau, deſſen
Hauptzierbe, der bor. Sartophag des 2. Cornelius
Scipio Barbatus (Konſul 298 v. ae jeht im Batis
tan it; und das Grab des C. Publicius Bibulus (aus
dem 7. yahrb. ber Stadt), am Fuße des Kapitols
im Marsfelde, aber außerhalb der Serviusmauer.
C. Baugeihihte der Stadt in der frühern
KRaiferzeit. Gäfard große Pläne für Erweite—
rung und Berfhönerung der Stadt wurben —
ſeinen Tod unterbrochen. et er nahm fie au
und führte fie in großartigem Maßſtabe durch. Die
Hineinziehung des Maräfeldes, welches durd ihn
und Agrippa mit Prachtgebäuden gefüllt wurde,
vergrößerte bie Stadt um nahezu ein Drittel ihres
Areald. Von der durchgreifenden Umwandlung
der Bauphyfiognomie R.s gibt das befannte Wort
des Kaiſers Zeugnis: «eine Ziegelftabt habe er vor:
gefunden, eine Marmorſtadt laſſe er zurüd», Zur
Crläuterung diefes oft mißverftandenen Ausdrucks
ift zu bemerken, daß in der republitaniihen Zeit
das Material für Monumentalbauten —— die
ben röm. Hügeln ſelbſt entnommenen vultanischen
Steinſorten waren: ber rötliche oder gelbliche bröde:
lige Tuff (tofus), der —— lonſiſtentere Pe:
erin (Lapis Gabinus oder Albanus); in den leßien
abrhunderten vor Chrifti beginnt man fid des
hönen, namentlid) bei Tivoli (daher Lapis Tibur-
tinus, Travertin) vortommenden febimentären Hal:
fe3 zu bedienen, Für den Privatbau fanden nad)
Angabe der Alten meift ungebrannte (Luft) Ziegel
Verwendung; Reſte in dieſem Material find nicht
erhalten. Die Ausbildung des Baues mit gebrann:
ten Biegeln, in welcher Technik eö die Nömer zu
höchſter Bolllommenheit gebracht hatten, fällt ——
ſächlich in die erſten Jahrhunderte der. Kaiſerzeit.
Eeit dem 2. Jahrh. v. Chr. beginnt aud) die Ein:
fuhr fremder Marmorforten, namentlich aus Grie:
enfand, dem Drient und Afrita. Die häufigiten
orten find: der gelbe numidijche en antıco),
der rote latonifche (Rosso antico), der weiße, grün
gewellte euböijche (Cipollino), der grüne, ſchwarz
und weißgefledte (Verde antico) aus Thefialien
u. ſ. w. Unter Auguftus wurden auch die Brüche
be3 carrariihen Marmors (bei Luna) eröffnet. Die
Marmorforten fanden, abgeſehen von den ardjitel:
toniſchen Stüden, Eäulen, Geſimſen u. f. w., ihre
Hauptverwendung als MWandbelag; Bauten ganz
aus Marmorquadern find auch in ber Kaiferzeit
eine gun bie man 8 nur bei Entfaltung
höchſter baulicher Pracht geitattet.
Seit nahezu zwei Jahrhunderten batte NR. feinen
auswärtigen Feind vor feinen Mauern gefehen;
bie Servianische Befeftigung, deren Nayon die Vor—
ftädte auf allen Seiten überfchritten hatten, begann
in Verfall zu geraten, Auguftus ftellte fie nicht wies
der ber, fondern machte die Hauptitadt des Neiches
zu einer offenen. Die Mauer wurde an vielen
Stellen überbaut, auf dem —— Wall ein
öffentlider Spaziergang angelegt, das große Be:
ge eld außerhalb desfelben eingezogen und in
xt3 und Villen verwandelt. Für die nad) allen
Seiten gewachſene Stadt genügte auch bie alte Ein:
teilung in vier Bezirke nicht mehr; Auguftus teilte
Converfationd=Leriton. 13, Aufl. XIIL
769
fie in vierzehn Regionen, die wieber in Gaffen
(vie) zerfielen. ie Magistri vieorum hatten
alrale und arg — Auch eine
er
— ſchuf aiſer in ben cohortes vigi-
um (für je zwei Regionen eine), Die Haifer der
hufifch:claubit
tung und Verfhönerung der Stadt durch Monu—
mentalbauten fort. Für die — — der Pri⸗
vatbauten war epochemachend der große Neroniſche
Brand (17. bis 25. Juli 64 n. Chr.), welcher ans
geblid) drei Negionen ganz, fieben großenteils vers
zehrte. Der Hauptherb waren die alten Stadtteile
vom Forum Boarium bi3 zur Subura, doch wurde
auch das Marsfeld ftark in Mitleidenichaft gezogen.
Der Kaiſer betrieb ſodenn den Wiederaufbau nad
einem regelmäßigen Plane mit Eifer, doc) hatten
feine Na 5 — noch lange mit dem Ausbau zu
thun. Veſpaſian ließ die Etadt vermeſſen, vielleicht
aud) einen Plan derjelben anfertigen, Ihr Um—
fang wird von Plinius auf 13200 Schritt, d. i.
etwa 18 km angegeben. fiber die Einwohnerzahl
fehlen beftimmte Angaben, die neuern zwifchen
800000 und 2 Mill. ſchwankenden Berechnungen
beruhen durchweg auf unfichern Prämiſſen.
. Die Ruinen Noms aus ber frühern
Kaiſerzeit. Das Folgende it eine topographiſch
geordnete Überſicht der hauptſächlichſſen Monus
mente der Periode von Auguftus bis zum Außs
gang ber Antonine, weldyer bei weitem die bedeu—
an bt der erhaltenen Bauwerke angehören. Zu
Grunde gelegt ift dabei de3 Auguftus Ginteilung
in 14 Regionen (Bezirke); die Nanıen ber Bezirke
ftanımen übrigens aus fpäterer Zeit. (Vol. den
Karton mit Plan: Roma Urbs auf der Karte:
Das Römifhe Reich in feiner größten
Ausdehnung unter Traian, ©. 794.)
a Das Centrum der Stabt. Regio VII,
Forum Romanum, (S. Abbildungen auf Tafel:
Daß alte Rom, 35 1u.2; vol. Karton: Fo-
rumRomanum auf der Harte: Da 8 BEE
Reich ꝛc.) NegioIV.TemplumPacis, Nufden
Kapitol (j. d.) nimmt das alte Nationalbeiligtum,
der Tempel des Jupiter (Tempel bes Jupiter
Gapitolinus, Abbildungauf Tafel: Bauftile III,
Fig. 4), die füdweftliche, der Tempel der Juno Mo:
neta die norböftliche Spike ein. An dem nad) Süd:
often herabführenden Burgwege (Clivus Capito-
linus) liegt, zu Häupten des Marktes, der Saturn:
tempel von Munatius Plancus (44 v. Chr.) um—
ebaut, fpäter, ungewiß wann, durch Brand zer:
hör, dann eilfertig und unfchön rejtauriert. Won
ieſem Bau find noch acht unfannelierte Granit:
jäulen nebjt Gebält übrig. Die Front des Tabu:
lariums, das in republikaniſcher Zeit mit feiner
Doppelballe den imponierenden Profpelt des Fo—
rums bildete, wurde teilweife verdedt durch den
en Neubau de3 Honlordientempels unter
iherius, von dem jeht nur noch die Fundamente
und Brudjftüde namentlich de3 vollendet Schönen
Kranzgefimfes übrig find. Zwiſchen Saturn» und
Kontordientempel, die Front gleich —— nach
Südoften, wurde ſpäter noch der Tempel bes Divus
Beipafianus hineingefeht; ein Lorinthiiher Bau
mit Borballe von feh3 Eäulen, von denen noch
drei famt Gebält ftehen. Der Clivus ——
geht, im Thal des Forums angelangt. über in die
Sacra via, die große an der Sudweſtſeite des Fo⸗
rums entlan hrende Prozeſſionsſtraße. ie
paffierte zuerft den Triumphbogen des Tiberius,
49
ya Dynaftie fuhren in der Erweites
770
Rom (Stadt)
16 n, Chr. errichtet wegen der Siege des Kaiſers 100 röm. Fuß (29,5 m) hoch, deren ſpiral umlau—
über die Germanen, jeht bis auf die Fundamente
zerftört. Rechts hatte fie ſodann die Basilica Julia
(gegenüber jenfeit de3 Yorums die Curia, das
Gebäude für die Senatöverfammlungen, jet Kirche
St.:Adrians und die Pafılifa Amilia), fodann
den Gaitortempel, 6 n. Chr. von Tiberius pracht⸗
voll erneuert, von deſſen Bau nod drei Säulen
nebft Gebälf von trefflicher Arbeit ftehen. Gegen:
über lag der Tempel des vergötterten Gäjar (Divus
Julius), zerftört bi auf die Fundamente, Bon
dem berühmten Nundtempel der Bejta find nur un:
ſcheinbare Nefte übrig, der an ihn anſtoßende pradıt:
volle Palaſt der Beitalinnen mit großem Säulenhoj
(Atrium Vestae) ift 1883—84 — Die
Sacra via paſſiert ſodann den 120 v. Sr. errichte⸗
ten Ehrenbogen der Fabier (Fornix Fabianus),
welcher als Südoftgrenze des Forums galt, und ſteigt
den in älteſter Zeit ſteilen, durch die Kaiſerbauten
immer mehr eingeebneten Hügelrücken hinan, wel:
cher vom Palatin nad) dem Esquilin herübergeht
(Velia). Linker Hand liegt hier der Tempel des
vergötterten Kaiſerpaares Antoninus Pius und
Fauſtina, deſſen Vorhalle aus 10 Eipollinjäulen
nebſt einem bedeutenden Teil der Cella wohl erhal⸗
ten iſt (jegt Kirche San-Lorenzo in Miranda), Den
höchſten Punkt der Sacra via und ber Belia be:
zeichnet der Triumphbogen des Titus, errichtet zum
Undenten an die Niederwerfung de3 jüd. Aufitan:
des, mit ichönen, den Triumph über Jeruſalem bar:
jtellenden Marmorreliefs. Oſtlich davon lag der
tolojjale, von Hadrian erbaute Doppeltempel ber
Venus und Roma; die Scheidewand beider Gellen
mit den Niſchen für die groben Götterbilder iſt im
Garten de3 Klofters Sta. zrancesca Romana erhal:
ten, die ſonſtige höchſt prachtvolle Architeltur bis
auf geringe Reſte zerſiört, von der den Tempelhof
umgebenden Halle von 200 Granitjäulen nur bie
Subftruftionen und einzelne Schäfte geblieben.
Die pradtvollen Fora der Kaiſer füllten den
ganzen Raum zwiſchen dem alten yorum und dem
Unirinal; die allen gemeinfame Form war bie
eines von Säulenhallen umaebenen Hofes, in defien
Mitte ein Tempel der Schubgottbeit des Forums
jtand, Es find in der Folge von Siiden nad) Ror:
den: der Pla um den von Beipalian gegründeten
Friedenstempel (Templum Pacis); das Forum bes
Nerva (Forum transitorium), lang und ſchmal,
mit einem erft 1611 durch Baul V. zerjtörten Mi:
nervatempel_am Oſtende (Reite der Umfafiungs:
mauer mit Säulen und plaftiihdem Schmud, bie
fog. Eolonnacce in Bia della Groce bianca); das
Forum des Auguftus mit dem Tempel des
rächenden Mars (Mars Ultor), 2 v, Chr. geweiht
(erhalten ein Teil der Gella des Tempels, drei Säu:
len der Seitenhalle, Stüd der Umfafjungsmauer
mit einem Cingangsthor, dem fog. Arco dei Pan-
tani; Abbildung auf Tafel: Das alte Rom,
819.3); das Forum des Trajan, das prädtigite
von allen, zu defien Anlage ein Zeil des Quirinali:
ihen Hügeld 100 Fuß tief abgetragen werden
mußte. Dasjelbe war von quabratifcher Sem mit
zwei balbkreisförmigen Apfiden an ber Dft: und
Weſtſeite, von denen bie erite (nach den Quirinal
zu) nod wohl erhalten iſt. Nördlich) an das Forum
ſtieß die Bafılifa Ulpia, jenfeit derjelben lag ein
von Hadrian dem Trajan gemweihter Tempel und
cine große Bibliothet; zwiichen Tempel und Baſi—
lifa endlich dienoch heute ftehende Trajansfäule,
——— — —
fende Reliefs bie Thaten de3 Kaiſers im Dacier—
friege verherrlichen. (S. die Abbildung auf Tafel:
Bauftile IV, Fig. 4) Oftlih von ben Kaifer:
fora, in der Niederung zwifchen den Spiben be3
Diminal und Esquilin, lag ein dicht bewohnter
Stadtteil, die Subura, genannt als Stelle mehrerer
—— Häufer (3. B. (og das Vaterhaus Cä-
fars bier), noch häufiger aber des Kleinverkehrs
und [hmusiger Gewerbe.
Negio X. Palatium, Der Palatin (f. d.), in re
publifaniicher Zeit mit Brivathäufern bedvedt, wurde
von —*— us zu feinem Wohnſiß erwählt. Reſte
des er altes en ih auf der Sübhälfte des
Hũgels, unter Billa Mills. Ferner erbaute Auau-
tus auf dem Palatin einen yehatigen Tempel des
Apollo nebſt einer griech. und lat. Bibliothel. Ti-
berius war auf dem Balatin geboren; für das
Haus feiner Mutter Pivia hält man wohl mit Recht
ein mitten zwiſchen den laiferpaläften erhaltenes llei⸗
nes, jedoch mit vorzüglid hönen Ü ——
Ihmüdtes Privathaus; des Tiberius eigener Balaft
nimmt die Nordſeite des Balatin, nach dem Kapito!
u, ein. Caligula erweiterte diejen und beabfichtigte
ogar, Palatin und Kapitol Ye einen Prachtbau
u vereinigen. Die Flaviſchen Kaiſer jtellten die Ber:
indung zwiichen ben Raläften des Auguftus einer:
feitö, des Tiberius und Caligula andererjeits ber,
indent fie einen prächtigen, in feinen Ruinen noch
großartigen Palaſt (Domus Flavia) errichteten,
Negio XI. Circus Maximus, Das Thal zwi:
ſchen Balatin und Aventin diente ſchon in ältefter
Zeit zu Scauftellungen und 4
verlegt die Sage den Raub der inerinnen. Der
Eirtus wurde allmählih größer und prächtiger
ausgebaut, Gäjar verjah ihn mit fteinernen Sihen.
Zu Blinius’ = fonnte er 260000, fpäter jogar
385000 Zuſchauer fallen. Seine Mauern find
bi3 auf wenige Nefte am Süboftende verfhmwunden.
Das Thal zwiſchen Palatin und Kapitol wurde
von zwei fehr elebten Straßen, dem Vicus Tus-
eus und Vicus Jugarius, durchzogen; beide münde:
ten nad) dem Fluß zu auf bad Velabrum und
Forum Boarium, Auf legterm fteht der fälſchlich
al3 Veſtatempel benannte Heine Rundtempel
(Abbildung auf ie Das alte Rom, Fig. 4),
jeht Sta. Maria del Sole; ein zweiter Rundtenipri
in der Nähe, dem Hercules invictus geweiht, wurde
Ende bes 15. Jahrh. zerftört; Reſte eines dritten
Tempels find in die Kirche Sta.Maria in Cosme:
din verbaut, Nörblid vom Forum Boarium [ax
der Gemüfemarlt (Forum holitorium), auf wel:
em mehrere Tempel, unter andern der Spes und
der Yuno Sofpita, lagen (Hefte unter der Kirch:
SanMicola in Carcere).
b, Der Süden der Stadt. Negio XIII.
Aventinus, Der Aventin (j. d.), ſchon jeit alten
a Eis einer zahlreichen Bevölkerung, in der
aiferzeit reich an vornehmen Brivathäuiern, iſt in
moderner Zeit ganz verödet, aud von Ausgrabuns
gen am wenigſten berührt, ſodaß keine bedeutenden
Bauten aus der zu beiprechenden Epoche auf jeiner
Höhe zu nennen find. Am Fluß unterhalb des Hu⸗
—— bei Sta.Sabina und Sta.Maria
el Priorato lag der Marmorhafen (noch jetzt la
Marmorata), woſelbſt noch in neueſter Zeit große
Maſſen rohen und bearbeiteten Marmors, zum Teil
ſeltene und wertvolle Sorten, gefunden werden.
Menig meiter flußabwärts lag das Emporium
Nom (Stadt)
11
und die Horrea, große Hafen: und Magazinanlagen. } lid für arme Leute (fog. Brunnengräber, Pu-
Die dort audgeladenen Waren (Wein, Körner:
ticuli). Auguſtus, der innerhalb der Dauer eine
früchte, Fiichlonferven u. ſ. w.) kamen großenteil® | große Markthalle (Macellum Liviae) anlegte, be:
in großen Thongefähen (Amphoren) an; aus Scher:
ben folder ala wertlos bejeitigter Gmballagen iſt
am Tiber ein 35 m hoher Scherbenberg (Monte⸗
Zeitaccio) aufgebäuft.
Regio XII. Piscina publica (benannt nadı
dem öfjentlihen Badeteih, der unweit des Cirfus
elegen haben muß) enthält aus der frühern Kai—
—* keine neunenswerten Monumente; über die
Garacalla : Thermen f. weiter unten, ©. 773”,
Regio I. PortaCapena wird durchzogen von
der mit Grabmonumenten rei _geihmüdten Via
Appia, an deren Anfang linfer Hand der Doppel:
tempel des Honos und der Birtus, gebaut von M.
Claudius Marcellus nad) der Eroberung von Ey:
ratus (208 v. Chr.), rejtauriert von Veſpaſian (feine
Neite). Wo die Straße ſüdlich aus der Stadt tritt,
jteht der Bogen des Drujus, 8 v. Chr. errichtet.
MWeiter hinaus, am Bache Almo (jet Acquataccio),
lag ein berühmter Tempel des Mars.
Negio II. Caelimontium enthält an ihrem
Weſtende die große Kaſerne eines Teiles der röm.
Garniſon (Castra peregrina, unweit der ——
für einen antilen Tempel, des Faunus, gehaltenen
Kirche Sto.Stefano rotondo); nördlich Davon, bei
San:Giovannie Paolo, bedeutende Subitruftionen,
öhnlich für die des Templum divi Claudii ge:
alten. Die Negion wurde ihrer ganzen Länge nad)
durchzogen von der älteften, unterirdiſchen Waſſer—
en Krug Appia); ferner von der neroniſchen
ac —* ber Aqua Claudia (f. unten), die das
3 * ber legtern bis zum Palatin weiter führte
(Reſte in vorzüglichjtem Ziegelbau, namentlich zwi:
jchen Lateran und Sto.-Stefano rotondo, jowie im
Thale ey Eälius und Balatin).
c. Die Hügel. Regio III. Isis et Serapis
(benannt nach einem Heiligtum dieſer ägypt. Gott:
beiten, da3 unweit Sti.:Quattro Coronati lag).
An der Grenze biefer und der Regio IV liegt
eins der audgezeichnetften Baumwerle R.3, das
Amphitheatrum Flavium, gewöhnlich KRolofieum
genannt nach der nordwe ih davon aufgeftellten,
über 36 m hohen Ktoloflalitatue des Nero, von der
die Baſis nod erhalten ift. (S. den Artitel Koloſ⸗
ſeum und Abbildung auf Tafel: Das alte Nom,
Fiq. 6 u. 6.) Weitlidh von Kolojjeum finden ſich
Reſte eines monumentalen Springbrunnens (Meta
sudans), Das Koloſſeum war erbaut auf einem
Teile des Areals, welches das «Goldene Haus»
Nero? eingenommen hatte; einen andern Teil des
felben, auf dem Abhange des Esquilin, überbaute
Titus mit feinen Thermen, Die Reſte der leptern
jind_namentlich merfwürdig durch ihre Dekoration
in Stud und Farben, welde, im Anfang des
16. Jahrh. entdedt, von den Künftlern der Nenaij:
fance vielfach ftudiert und nachgeahmt wurden.
Auch mehrere ausgezeihnete Kunſtwerle, wie die
Gruppe des Laoloon, find bier oder in der Nähe ge:
funden, Nördlich von den Titusthermen liegen die
Zrajandthermen, faft ganz zerſtört; öſtlich ein wohl:
erhaltenes großes Wafferrefervoir mit neun Ab:
teilungen (Le sette sale); nordweſtlich der von
Auguſtus errichtete Porticus Liviae,
Regio V. Esquiliae. (Vgl. den Art. Esqui—
fin.) Innerhalb der Serviusgmauer erjtredte ſich
in republitaniicher Zeit ein ſtark bewohntes Duar:
tier auferbalb große Begräbnispläge, nament:
|
jeitigte dies Gräberfeld, an deſſen Gtelle nun
Billen und Gärten traten. Hier lagen die Horti
Lamiani, Pallantiani, Tauriani u. a., nament:
lich aber diejenigen de3 Mäcenas, zu welden,
wie man anninımt, ein merkwürdiges Kleines thea—
terähnliches Gebäude mit Wandgemälden, 1877
unweit Sta.:Daria Maggiore entdedt, gehörte (ſog.
Auditorium Maecenatis). Begunſtigt wurde bie
Anlage von Gärten dur den Waflerreihtum; bie
beiden ältern auf dem Esquilin münbenden Lei:
tungen, Aqua Marcia (144 v, Chr. vom Prätor
Marcius Ner aus dem Sabinergebirge 61 Minlien
weit herbeigeführt) und Tepula —— 125 v. Chr.
etwa 12 Miglien weit aus dem Albanergebirge) wur:
den von Agrippa 33 v. Chr. —— und durch
eine dritte rar Julia, ähnlichen Laufes wie die
Tepula) verjtärtt. Bedeutende Nefte ihrer Leitung
find erhalten, ein monumentaler Straßenübergang
(über die Via Tiburtina) von Aurelian ala Porta
Tiburtina * Porta San⸗Lorenzo) in ——
—— unten). Als monumentale Fontäne am
Ende dieſer Leitung wird mit Wahrſcheinlichleit die
Trofei di Mario benannte Ruine (bei St.:Eufebio)
angejehen, deren plajtiihe Berzierungen (Waffen:
trophäen) jetzt die Baluftrade des Kapitolsplahes
fhmüden, Claudius führte eine Doppelleitung
(Aqua Claudia und Anio nova), beide im Sabiner:
gebirge unweit Subiaco gefaßt, in die Stabt; bie
eiden übereinander liegenden Kanäle endigten ba,
wo bie Via Labicana und Praenestina ſich von:
einander fheiden; der monumentale Straßenüber:
gang, aus zwei koloflalen Bogendurchläſſen be:
jtehend, ift Später gleihfall3 von Aurelian in feine
Mauer eingebaut; jeßt Porta Maggiore (j. Ab:
bildung auf Tafel: Das alte Nom, Fig. 7). Als
Thermenanlage (Nymphäunm) wird aud an
die zwiſchen Porta vn. und Porta San⸗Lo⸗
renzo ziemlich in ber Mitte liegende Nuine (früher
Tempel der Minerva Medica genannt), ein Zehned
von 50 m Umfang, wegen feiner Gewölbetonitruf:
tion techniſch intereffant. Süblih von Porta
Maggiore liegt bad Amphitheatrum Castrense,
abgejehen vom Stolofjeum das einzige Amphitheater
Roms, ein Ziegelbau aus dem 1.und2. Jahrh., ſpä⸗
ter in die Dauer Aurelians eingebaut.
Regio VI. Alta Semita, benannt nach einer
—— über den Nüden des Quirinal bin:
laufenden Straße, die ſich auferhalb der Stadt als
Via Nomentana nad dem Sabinergebirge zu fort:
fegt. An der rechten Sübdjeite der Alta Semita [ag ber
bochberühmte von Auguftus prachtvoll wiederherge:
jtellte Tempel des Quirinus (wahrſcheinlich bei der
Kirche St,-Andrea a Monte Cavallo), links ihm ge:
genüber ein häufig ermähnter Tempel ber Flora ; let:
term benachbart die Gärten des Geſchichtſchreibers
Salluft, in welden ein gewöhnlih ala Circus
Sallustii bezeichnetes Thal noch bi3 vor kurzem be:
deutende Ruinen aufwies. ALS in der Nähe an der
Straße liegend werden noch drei Tempel der For:
tuna und einer der Venus Ergcina genannt, Mei:
ter außerhalb, ſuüdlich von der Via Nomentana, lient
das große von Tiberius für die faijerl. Leibwache
(etwa 10000 Mann jtark) angelegte Kaſernement
(Castra praetoria), Die Umfaflungsmauern, glei):
fall3 von Nurelian in feine Befeſtigung hineinge—
zogen, ftehen noch zum großen Teil,
49*
772
e. Die Neuftadt im Marsfelbe (vol. den
Art. Marsfeld), Die Abhänge des Quirinal und
des Pincius (auf lehterm namentlich viele berühmte
Gärten, fo de3 Lucullus, des Rompeius, der Meſſa—
lina; daher ber alte Name collis hortorum) be:
grenzen das nad) dem Fluſſe zu ſich ausdehnende
Marsfeld. Mitten durdichnitten wird dasfelbe von
der Via Flaminia (in der Stadt Via lata genannt;
der jekige Corſo); rechts (öftlich) von diefer liegt die
Regio VII. Via Jata, arm an ficher zu benen:
nenden öffentlihen Gebäuden, Bon Norden nad)
Süden durchzieht fie die Aqua Virgo, von Agrippa
19 v. Chr. 14 Miglien weit aus der Camıpagna vor
Foıta San:Lorenzo behufs Verſorgung jeiner Ther:
men herbeigeführt. Die Aqua Virgo it bie einzige
Leitung, welde niemals ganz außer Thãtigleit ge:
wefen tft; feit dem 16. Jahrh. mehrmals forgfältig
bergeftellt, fpeift fie den berübmnteften Vlonumental:
&runnen R.s, die Fontana Trevi, Wo die Leitung
die Via lata überichritt (bei Piazza Sciarra), ſtand
ein Bogen des Claudius; weiter nördlich, bei Pa:
lazzo Fiano, ein Triumphbogen des Marc Aurel
(Arco di Vortogallo genannt), 1662 demoliert, die
ſchönen Reliefs jest im Nonfervatorenpalait.
Regio IX, Circus Flaminius, umfaßt bie
bauptiädlichiten Anlagen des Auguſtus; imNorden
jein Maufoleum, ein tolofjaler Hundbau, am Portal
mit zwei Obelisken, deren einer jebt — Piazza bi
Sta.:Maria Mapaiore, der andere au — di
Monte-Cavallo ſteht. Einen dritten errichtete Au:
guitus als Sonnenzeiger (gnomon) unweit der Ara
acis (bei San:Lorenzo in Lucina); derfelbe ift jeht
auf Piazza di Monte:Citorio wieder aufgerichtet.
Marcus Aurelius erridtete zum Andenten an
den Marlomannentrieg die Säule (f. Tafel: Bau:
ſtihe IV, Fig. 2), welche der u iazza Co:
onna den Namen gegeben Se Weſtlich davon
liegt der von Hadrian gegründete Tempel des Nep:
tun (jept Börfe auf Piazza di Pietra), weiter die
Agrippatbermen mit dem Bantheon (j.d. und Ab:
bildung auf Tafel: Bauftile ILL, Fig. 5, und IV,
ie. 3 u. 6); die weitlich davon liegenden Thermen
des Nero find im 17. Jahrh. beim Bau de3 Palazzo
Giuftiniani großenteils zerftört. Weiter weſtlich
lag das Stadium des Domitian, heute Piazza Na:
vona, noch durch feine Form an die alte Beitimmung
erinnernd; benachbart ein Gebäude für muſilaliſche
Aufführungen (Odeum), Am Südende des mo:
dernen Corſo lagen die Septa, ein gewaltiger ur:
ſprünglich für die Bollsabftimmungen, inder Kaiſer—
seit aud) für Spiele benuhter Hallenbau; nahe dabei
a3 Diribitorium, ein ungeheuerer Saal, pt Eon;
derung der Stimmtäfeldien und Sehe ung des
MWahlreiultat3 dienend, Im ſüdweſtl. Teile der
Region lagen befonders viele Schaugebäude: der
Cireus Flaminius felbit (Reite in Palazzo Mattei
und deffen Nähe), das Theatrum Pompei (f. oben),
das Theatrum Balbi, erbaut von Cornelius Balbus
23 v. Chr. (Nefte bei Palazzo Cenci), nebjt großem
anftofenden Säulengang (Crypta Balbi), endlid
da3 von Augujtus unter dem Namen feines Neffen
Marcellus im J. 13 v. Chr. dedizierten Theaters
(Abbildung auf Tafel: Das alte Rom, Fig. 8),
von dem nod) ein großer Teil der Außenfront (zwei
Etodwerte mit dor. und ion. Halbjäulen) an
— Montanara ſteht (im Innern der Palazzo
rſini, jeht Savelli). Zwiſchen Marcellustheater
und Circus Flaminius liegt der Porticus Octaviae,
von Auguſtus im Namen feiner Schweiter an Stelle
Rom (Stadt)
eines ältern Porticus Metelli erbaut, mit zwei
prächtigen QTempeln des Jupiter und ber
(die Eingangshalle mit acht forinth, Säulen
großenteils erhalten, bei St.:Angelo in Pescheria)
FE
an * anſtoßend der Porticus Philippi, erbaut von
2. Marcius Philippus, dem Sti des Au:
auftus, mit einem durch feine aus Griechenland
raubten Statuen berühmten Tempel des
Muſarum. Andere Tempel, häufig als
dem Circus Flaminius erwähnt , wie der des Apollo,
der Bellona (in leterm fanden oft Senatsfigungen
ftatt), find fpurlos verſchwunden.
d. Die Tiberinjel und der Stadtteil
rechts vom Fluſſe bilden die Negio XIV
(Trans Tiberim). Die Inſel wurde nad einer
Peſt im J. 292 v. Chr. dem Uslulgp geweib
Gott ein Tempel erbaut und zur erung an
das Schiff, welches die heilige —— aus Epi-
dauros gebradht hatte, den Su tionen der
nördl. und füdl. Snfelipibe die Form eines Schiffs:
vorder: reip. Hinterteild gegeben —— Garten
J. Daß Rom ſich
von San⸗Bartolommeo all’ Iſola to
fteinernen
3 d
Nero
H
e
in ber republifaniichen Zeit mit drei
Brüden bebolfen, ift oben bemerkt; dieſer
blieb auch in der erften Kaiferzeit, obwohl der
—— ſtromaufwärts Fi nte
(Pons Milvius) war. Ob von Caligula oder
eine neue _fteinerne Brüde erbaut fei, deren Refte
man bei Sto.-Spirito in Saffia ſieht it ungemib.
Menig ftromaufwärts aber erbaute Ha rian, als
Übergang zu feinem Maufoleum, den Pons Aelius
(jegt Ponte St.» Angelo). Das Maufoleum
war erbaut in den Gärten der Domitier;
davon find Nefte eines Cirlus entdedt. Auch weiter
hinauf nad dem Vatikaniſchen Hügel debnten
große Gärten aus, unter denen am
ie des Caligula find, Diefer Kaiſer erbaute
einen Circus, welcher unter Nero eine Stätte
Martyriums der eriten verfolgten Chriſten war.
Das Grab des Apoſtels Petrus gibt die Tradition
als an diefem Cirlus gelegen: über —* ſich
eit dem 4. Jahrh. die vornehmſte Kirche
n der Mitte des Cirkus (auf der Spina) ftand der
1586 auf den Petersplaß verjepte Obelist (25 m
hoch), der einzige, welcher im ganzen Mittelalter
nicht —— —5— um und ——
atte, wie ſchon erwähnt, bereits in itanifcher
eit der Anbau begonnen, in ber Kaif it ein
tar, namentlid) von den niedern Vol be:
wohntes Quartier, in dem weder hans
noch hervorragende Brofanbauten fi) fanden. Ge
nannt wird unter anderm die von Auguflus gebaute
Naumachie (elliptifches Baſſin für von
—— 1800 Fuß lang 1200 Fuß breit (9
bei San:Cofimato und San⸗Frauceseo a
Zur Verforgung der Region mit —* baute Au⸗
* die Aqua Alsietina, 22 Migl ‚aus
em Sce von Martignano; ——— das
Waſſer derſelben nicht befon gelunb war,
Trajan die nach ihm genannte Aqua aus
dem See von Bracciano auf die Höhe des Janicu-
lum (55 Miglien lang); diejelbe iſt nad) Re
Kit, Stubahwärts, 1, Bat Yard
eit. Flu rts vor Po
Gärten des Cäfar, welche er in Be
dem rönt. Volk ſchenlte.
Gräberftraßen. Die Landfiraben se
ber Stadt —— mellenweit —* en
Eeiten von Grabmonumenten umgeben, da bei ben
Nom (Stadt)
Nömern bie Anlage großer geſchloſſener Kirchhöfe
in moderner Weile nicht Mb war... Die berühm:
tefte und_glängendfte Gräberftraße war bie Via
Appia. Das Grab ber Scipionen ift ſchon er:
wähnt; am befannteften unter allen ift das folofjale
Nundgrab der Cäcilia Metella, Schwieger:
tochter de3 Triumvirn Crafius, weldyes jet von
feinen mit Bulranien geſchmüdten Fries Capo di
Bove heißt. _(S. Abbildung auf Tafel: Das
alte Rom, Fig. 9.) Viele andere, zum Teil vor:
nehmern Geſchlechtern angehörige Denkmäler haben
die 1851—53 unter Leitung des Architelten Canina
me Ausgrabungen zu Tage gefördert. Un
er Via Labicana und Praenestina, innerhalb
Porta Maggiore, finden fi unter anderm die Mo:
numente der Arruntier (1782 autgegraben) und
Gtatilier (1875 gefunden); unmittelbar am Thore
das wunderliche Denkmal eincs reichen Bäders,
M. Bergilius Guryfaces, in Form eines Beulen,
übereinander geſchichteter Getreidemaße; außerhalb
des Thores das Grab der heiligen Helena, Mutter
Konftantins d, Gr. (jebt Torre Paaltare). Diele
Gräber liegen aud) vor der Porta Nomentana und
Salaria, mo. unter anderm die Begräbnispläße für
einen großen Teil der röm. Garniton (Brätorianer
u. f. w.) ſich befanden. An der Via Nomentana,
eine Miglie von der Stadt, liegt das Grabmal der
Konitantia, Tochter des Honftantin, deren Borpbyr:
farfopbag jcht die Sala a croce greca des Va:
tilan [hmüdt. Auf dem rechten Tiberufer an der
Via Aurelia find namentlich zahlreiche Kolumbarien
(f. d.) gefunden worden, darunter einige mit inter:
ejianter Deloration erhalten, An der Porta Ostien-
sis liegt die 37 m bobe Pyramide des C. Ceſtius,
etwa 12 v. Chr. errichtet.
E. Die Bauten der jpätern Kaiſer. Der
Schnelle Niedergang, dem das röm, Neid nach dem
Ausgang der Antoninen, unter den Gewaltberr:
fchern des 3, Jahrh. anheimfällt, bleibt auch nicht
ohne Einfluß auf die Baugeihichte der Hauptjtadt.
Zwar Septimius Severus mit jeinen Söhnen Cara;
cala und Geta rejtaurierte mit Eifer, wenn auch
baftig und ohne Geihmad, ältere Baumerle: fo
dad Pantheon, den Portilus_ der Octavia, ben
Tempel des Beipafian u.a. ferner erbaute Ee:
verus auf dem PBalatin einen prachtvollen Palaſt,
deſſen füblichen der Via Appia zugewandten Bro:
pelt das Septizonium bildete, ein aus (mindeftene)
rei Säufenhallen übereinander beftehender Prunk
bau. Dasjelbe wurde unter Sirtus V. (1585—90)
eingerifien ; erhalten find dagegen nod) der —**8
bogen, welcher zum Andenlen an die Siege des Se:
verus über die Werther, Araber und Adiabener 203
n. Chr. auf dem Forum erbaut ijt, und eine auf dem
Forum Boarium von den Kaufleuten und Mallern
dieſes Marktes ihm errichtete Chrenpforte (Arcus
Argentariorum). Auch ftammt aus diefer Zeit der
in Marmor gegrabene lan der ganzen Stadt, von
dem hinter der Kirche San:Cosma e Damiano über
500 Fragmente (jept meift im Museo Capitolino)
aufgefunden find, ohne jeboch eine fihere Zufam:
menſetzung des Ganzen zu ermöglichen. Unter den
Bauten de3 Caracalla nehmen die kolofialen
Thermen, welde er zwiidhen dem Abhange des
Aventin und der Via Appia errichten ließ, die erfte
Stelle ein. Die gefamte von Porticus umgebene
Anlage mißt 330 m im Quadrat, der Mittelbau
das eigentlihe Bad, für 1600 Benuker zugleich
ausreichend, it 220 m lang, 114 m breit, Eine
713
Menge trefflicher Kunftwerke ſchmudte das Gebäude
43 der Farneßſche Stier, Hercules, Sera), befien
rchiteltur im Detail ſchon die überladenen und
verwilderten are ber Berfallzeit aufweift, (Ab:
bildungen auf Tafel: Bauftile IV, Fig. 1, und
Zafel: Dasalte Rom, Sig: 10.)
Von den Bauten der folgenden Kaiſer bes
8. Sabre, den wahnfinninen Prachtanlagen des
Glagabal, den Thermen, Waflerleitungen und Ba:
filifen des Nlerander Severus, den Bäbern be
Decius find feine oder nur Eee Nefte vorhan«
den, Der Ehrenbogen des Gallienus (262 n. Chr.)
auf dem Esquilin (bei der wir San:Bito unmweit
Sta.-Maria Maggiore) ift unbedeutend, Bezeich—
nend aber für den Wandel der Beiten ift, daß ber
kraftvolle Aurelian (270—275) e8 für nötig erad:
tete, Rom, nachdem es drei Jahrhunderte eine offene
Stadt geweien war, aufs neue zu befeſtigen. Die
von ihm erbaute Mauer (Aureliansmauer, Ab:
bildung auf Tafel: Das alte Nom, Fig. 11),
aus Ziegeln, im Durchſchnitt circa 15 m hoch, ift in
Abftänden von 25—80 m durch Türme verftärkt,
bat nad) der Innenſeite einen gewölbten Wehrgang
und wird von 14 —* durchbrochen. Sie be:
ginnt am Fluß nörblih vom Dlaufoleum des Au:
guftus, läuft am nörbl. Nande des Pincius und
uirinal entlang bis —— er, wel:
ches als großes Fort der Aa inforporiert
wird, folgt dann füdlicher dem 3 der Waſſer⸗
leitungen, mehrmals Straßenübergänge derſelben
als Thote benuhend (Porta San:Lorenzo, Borta
Magpiore, f. Abbildung, Fig. 7), umſchließt
den Cälius und die Eübfpise des Aventin, um
dann weiter nad Süben abbiegend unterhalb bes
Enporium umd des Monte-Tejtaccio den Tiber
wieder zu erreichen. Auch der Fluß ſelbſt erhielt
eine Mauer, aber minder ftark und mit wen per
Türmen; endlih wurde auch der trantstiberinifche
Stadtteil in die Befeftigung mit einbegriffen. Die
Mauer, vollendet von Aurelians Nachfolger Pro:
bu3, fpäter von Honorius ausgebeſſert, it zum
größten Teil nod wohl erhalten, da fie ein un:
entbebrliches Bollwerk der Stadt felbit in ae
ben bildete, in denen ber bewohnte Rayon fie bei
weitem nicht ausfüllte,
Eine lehte Epoche des Aufihwungs für Nom be-
zeichnen bie Regierungen des Diocletianund Konſtan⸗
tin. Außer einer großen Zahl von Reftaurations:-
bauten verbanten Telambe tonumente ihre Ent:
ftehung ber Epoche von 300618330: Die Thermen
des Diocletian, auf dem Duirinal und Viminal,
305 bediziert, bie größten Roms, für 3000 Befucher
u gleicher deit ausreichend. Ihr Hauptfaal iſt
eht zur Kirche Sta.:Maria degli Angeli umgebaut,
in den Nebenräumen des über 1700 m im Umfang
mefienden Gebäudes befindet fidh ein Kartäufer:
lloſter 63 Kaſerne), eine Menge von Wohlthälig—
feitsanjtalten, Schulen, die Rundlirche San:Ber:
narbo alle Terme u. ſ. w. Bon den Thermen ber
Helena, zwiſchen Porta Maggiore und Sta.Croce
in Geruſalemme, find nur unbedeutende Nefte übrig.
Konftantind Thermen auf dem Quirinal, rei
an vorzüglichen Kumftwerken, find großenteils im
17. Sabırb, beim Bau des Palaftes Nofpigliofi zer:
—* vom Giebel der Eingangshalle ſtammen viel:
eicht die großen Gebälfftüde, die man heute im
arten Eolonna ſieht. Das bedeutendfte noch er:
altene Denkmal Konftanting i der Zriumpb:
ogen, welden Eenat und Bolt ihm im J. 812,
774
nad der‘ Defiegung des Marentius, unmweit bes
Rolofieums errichteten. (Abbildung auf Tafel: Baus
ftile IV, Fig. 5.) Derfelbe ift geihmüdt mit Re
lief3, die großenteild von einem ältern Bogen (ded
Irajan) entnommen find. An den Gegner des Kon:
ftantin, Marentius, erinnert noch ber Cirkus, den
er im Namen feines frühverjtorbenen Sohnes Ro—
mulus bedizierte, an der Via Appia unmeit des
Grabes der Cäcilia Metella: die beiterhaltene
Cirtusanlage aus dem Altertum. Demfelben Divus
Romulus geweiht ift der Heine Nundtempel an ber
Sacra via (gewöhnlich fälſchlich Penatentempel ge:
nannt), der jekt einen Zeil der Kirche San⸗Cosma
e Damiano bildet. Weiter an der heiligen Straße,
nad) der Belia zu, begann Marentius eine Bafilila,
deren Dimenfionen alle bisher eriftierenden über:
trafen. Nad feinem Sturje wurde der Bau von
Konftantin, mit einigen Anderungen im Grund:
plane, zu Ende geführt, Roch ftehen die drei Bogen
de3 rechten Seitenichifies, in ihren Maßen und ihrer
Konftrultion ein Gegenitand eifrigen Studiums für
die Arditelten der Kenaijjance, und unter anderm
Vorbild für den Bau von St.: Peter. Bon ben
15 m hohen Säulen, welche die Mittelpfeiler defo:
rierten, üjt bie einzige erhaltene jekt bei Sta.Maria
Maggiore aufgeitelit. Aus ftilitiichen Gründen
ſeht man in die Honjtantinifche Beit den og. Janus
quadrifrons auf den Forum Boarium, einen qua:
dratiihen Bau mit vier Durchgangätboren.
Gin wichtiges Dokument aus der Konſtantiniſchen
Zeit ijt die in zwei Bearbeitungen auf uns gelom:
mene ſtatiſtiſche Beſchreibung der 14 Regionen («Cu-
riosum urbis Romae»), Diejed gibt unter anderm
an, dab Rom damals hatte: 28 Bibliotheten,
8 Brhden, 10 Bafıliten, 11 Thermen, 19 Waflerlei:
tungen, 423 Straßen (vici), 1790 Raläfte (domus),
46602 Mietwohnungen (insulac), 856 Badeftuben
(balinea), 1352 Etraßenbrunnen (lacus) u. f. w.
Doch troß bes Glanzes und der Größe, den aud)
diefe Zahlen noch ertennen lafjen, beginnt nach Kon:
ftantin der Niedergang der Stadt immer ſchneller
und unaufhaltfamer; von einſchneidender Wichtig:
leit Ever namentlich die Berlegung der Nefidenz
nad Byzanz (Konftantinopel) im J. 330. Zwar
haben auch jpätere Kaiſer noch mandes für die Ber:
ſchönerung der Stadt gethan; Gonitantius ftellte
im J. 857 ben größten aller Obelisten im Circus
Maximus auf (jeit 1588 auf Piazza di San:Gio:
vanni in Zaterano); Balentinian erbaute eine ftei:
nerne Tiberbrüde ——— an der Stelle des
jchigen Ponte Siſto; er zuſammen mit Valens
und Gratian reſtaurierte die alte Infelbrüde des
Geitius. Von Theodofius wird die Erbauung einer
großen Säulenhalle (Porticus maximae) an ber
antiten Via triumphalis, und eines Triumphbogens
am Enbe berfelben (bei San:Geljo ai Bandi, zer:
ftört erft Mitte des 15. Jahrh.) erwähnt; derfelbe
baute aud) eine neue Brüde am Aventin, weiter
ftromabwärt3 als alle biöherigen. Doch mußte er
ſchon ein gefepliches Verbot gegen die Zeritörung
öffentliher Gebäude erlaflen (391). Daß Honorius
die Aureliansmauer reitaurierte (405), ift bereits
erwähnt; kurz darauf wurde Rom zum eriten mal
feit 800 Jahren von Feinden eingenommen (Alarich
410). Aus dem 5. und 6. Jahrh. hören wir fait
nur von Berftörungen burd) Barbaren, denen au
Iheoderidy& Verordnungen feinen Einhalt zu thun
im Stande waren, und von Wegführung der nod) ac:
biiebenen Kojtbarfeiten zum Schmuck der oftröm,
Rom (Stadt)
Hauptitadt; die wenigen hen Neubauten
harakterifieren fihals trauri idwerl oder Raub
von ältern Monumenten. Als das lebte diefer Art
nennt man gemöhnlid; die auf dem Forum Roma-
num von dem Grarden Smaragdus zu Ehren des
Kaifers Pholas errichtete Säule (608 n.Chr.). Auf
und über den Trümmern der Dentmäler antiter
Größe erhebt ſich eine neue Stabt, das chriſtl. Rom.
Die Litteratur über dad antite Rom beginnt
mit dem Wieberaufleben der Haffifhen Studien
(FlaviusBlondus, «Roma instaurata», etwa 1470;
omponius Latus, «Deromanae urbis vetastaten,
auerit 1510; Andreas Fulvius, «Antiquitates urbis
tomae», 1527), nimmt in der Mitte des 16. Jahrh
einen erheblichen Aufihwung (Barth. Marlianı,
«Antiquae urbis Romae topo; hia», 1534,
1544; 2. Faunus, «Antichitä della cittadi Roma»,
1548; ©. Fabrictus, «Roma», 1550), welcher im
folgenden, troß einzelner beadhtungswerter Yei-
tungen, im allgemeinen leine Yortiegung fand
(Y. Boilfarb, «Urbis Romae topographia», 1597;
U. Donatus, «Roma vetus ac recens», 1638; Fa:
miano Nardini, «Roma antica», 1666). Aus dem
18. Jahrh. find zu nennen: Yicoroni, « Vestigie e
raritädi Roma» (1744); Benuti,«Descrizionetopo-
grafica» (1763); vor allem aber die Bilberwerle
Piraneſis («AntichitäRomanes, Rom 1756;
29 Bde., Fol., Par. 1836); «Campo M
1762). Epochemachend find ſodann die jeit Anfang
diejed Jahrhunderts (zuerft unter Feat
angeftellten methodifhen Ausgrabungen; die
ein ganz neued Fundament für bie
topogr. Forſchung geſchaffen iſt. Bon ae
hörigen Werten feien t: Pla
nt: F-
Gerhard und Röftell, «Beſchreibung der Stabt Rom»
(6 Bde,, Stuttg. 1830— 42); Beder, «Hanbbud
der röm, Altertümer» (Bd. 1, Lpʒ. 1843); Ganina,
alndicazionetop ca di Roma antica»(4. Aufl,
Rom 1850); derjelbe, +Edifizij di Roma antica»
(6 Bde., Fol., Rom 1818—56): Jordan, «Zope:
graphie der Stadt Rom im Altertum » (B». 1,
teil. 1 u. 2, Berl. 1871—85)._Aln weitere Kreiſe
wenden fich befonder8 Reber, «Die Ruinen Roms
und der Gampagna» (3, Aufl., Lpz. 1879); Ziegler,
·Illuſtrationen zur Topographie des alten Rom»
(Stutt . 1875); Baedeler, «Mittelitalien und 9.»
(7. Aufl., 2p3. 1883).
ll. Das päpftlide Rom.
Nach dem Untergange des Weſtrömiſchen Reid:
lam R. unter bie Herrſchaft der Dftgoten. hr
großer König Theoderich ſorgte für die Erhaltung
und MWiederherftellung der zufammenjhwindenden
Stadt, wie der röm. Einridtungen und Gefebe.
Sechsmal wurde fie fodann im Kriege der Boten
und Byzantiner eingenommen, doch ‚von Beliiar
fowohl, als aud) von Totila und von Narſes ac:
ſchont. Der Haijer * erließ hierauf Geies:
zu Gunften R.s, doch ſank die Stadt immer tiefer
u einer Vrovinzialitadt herab. Kaiſerl. Duces,
uterbefehlöhaber des Exarchen in Ravenna, re
gierten fie, noch im verödeten Cäfarenpalaft mob:
nend. Im Lateran wohnten die Biichöfe R.s, bald
Herren und einzige Wohlthäter der Stadt, bald
aud deren Gebieter. äbhrend diefer byzantin.
Zeit, als die Yongobarben im größten Teil Atos
ch liens berrichten (570 bis um 750), trugen ber:
ſchwenimungen, Hungersnot und Peſt zum Berfall
R.s bei; aud die Räubereien einiger Kaiſer, wie
663 Konſtans' II., und der dhriftl. Eifer, der die
Nom (Stadt)
Merte des Altertums vernichtete ober für Nirchen
verbrauchte, wirkten zerftörend. Durch die Schenkung
ipins (754) entitand der Kirdhenjtaat, welchen
{ld. Gr., der Grneuerer des Römiſchen Reichs
(vom Papſt Leo III. 800 im St. Peter ieh),
betätigte, Der Papit ward Landeöherr in Rom.
Leo IV. befeftigte um 850 den Batitan, fo entftand
bie Civitas Leonina. (S. Leoniniſche Stadt.)
Aber gleich mit der Papſtherrſchaft begannen bie end»
lofen * der Römer wider dad Dominium tem-
porale und gegen das beutjche Kailertum, ſodann
die Parteilämpfe bes Adels und Volls, wodurch
die alten Monumente hier zu —— und Türmen
benugt, dort zerftört wurden. e Orabe der
ftörung war die, welche 1084 im Kampfe zwiſ
Gregor VIL. und Heinrid IV. ftattfand, indem
Robert Buiscard (f. d.) einen Teil des Marsfeldes
und der alten fübl, Stabt vermüftete. Im J. 1143
ftellte das röm. Bolt den Senat wieder her: fo
entftand die röm. Republil, deren Parlamente auf
ben Trümmern des Kapitols bei Maria in
Araceli tagten. Die Parteitämpfe dauerten fort:
N. füllte fi mit Türmen des Adels, r viele
ließ der große Senator Brancaleone degli Anbald
1257 niederreißen. Noch heute dauern folche mittel:
alterlihe Türme in Rom fort: die Torre belle
Milizie auf dem Quirinal (Turm des Nero ge:
nannt), die Torre de’ Conti, der Turm der Cres⸗
centier (irrig Caſa di Rienzo, auch Haus des Pila⸗
tu3 genannt), Türme ber Golonna, Anguillara,
Anibaldi, Gapocci, die Burg der Saveller auf dem
Aventin u. ſ. w. Dod find diefe mittelalterlichen
Monumente leider durd den gewaltiamen Umbau
der Stadt mit dem Untergange bedroht; manche
Zürme und Paläfte in Trajtevere find bereits ab:
getragen, Guelfen und Ghibellinen zerrifien R. in
der Hohenftaufenzeit. Als dann das PBapfttun nad)
Avignon flüchtete, blieb die Stadt ein veröbeter
Zrümmerhaufen. Bergebens ſuchte der geniale Cola
di Nienzo (. d., 1347—54) fie wieder zum Haupt
ber Belt zu erheben. Zwar kehrte das Bapfttum
unter Öregor XL (1377) * zurüd, bald
braden die Berwirrungen bed — Schisma
herein, und auch die roͤm. Republik auf dem fa:
pitol wurde von Bonifacius IX. (1398) abgeſchafft.
Der Papſt beherrichte nun die in Schutt und
Sumpf pur Stadt, wo neben den Monu—
menten des Altertums auch die Kirchen meiſt in
Nuinen lagen. Es erllärt fih, wie durch die un:
geheuere Maſſe von Schutt die Scheidung der alten
Hügel ſich mehr ausglih, und neue Erhöhungen,
wie Monte:Citorio, Monte-Giordano, ſich bildeten
und ber alte me oft 10 m tief zu liegen fan,
Als Martin V. nad) ag chisma 1420
nah R. zurüdlehrte, fand er die Stadt menjchen:
leer und öde; das Forum Romanum war zum
— r Rinder ze. (Gampo vaccino).
Eugen IV. (1431—47) begann fodann die Wieder:
berjtellung R.3, das ſich als eine neue Stadt der
Renaiflance langjam zu erheben anfing. Ihm folgte
darin Nifolaus V. (1447—55), der den Bau des
Vatilan begann, Pius IL, der die Zerftörung alter
Dentmäler ftreng verpönte, Paul II., ber [eins
um Bau des venetian. Balaftes, wie im 16. Jahrh.
aul III. zum Farnefeiben, Steine aus dem Co:
loſſeum brechen ließ. Wichtig war das Ende des
15. und ber —** des 16. Jabrb. unter Sir:
tu3 IV., Alerander VI., Julius II. und Leo X., wo
duch Bramante, die beiden Sangallo, Balthafar
775
ng fi eine neue große röm. Baulunft nad
dem Mufter der Alten bildete, wo bie ital. Kunſt
durd) —— der mit Caſtiglione den Entwurf zu
planmäßiger Ausgrabung der alten Stadt machte,
und Michel Angelo auf ihren Gipfel gelangte, wo
die ganıc Chriftenheit zu ben ungebeuern Summen
für den Neubau der Peterslirche beifteuerte. Diefe
Bam Kunft: und Fitteraturepodhe des päpit:
ihen R. ſchloß ſchon 1527 durch den fchredlidhen
Sacco di Roma , die Erftürmung und Plünderung
der wieder heidniſch, üppio und reich gewordenen
Stadt durd die Armee Karla V. Sie erlitt große
Einbuße an Vermögen, doch ihre Bauwerle wur:
den geſchont; fie a te damals 85000 €.
Nach Clemens VII., welcher Karl V. nicht in R.,
fondern in Bologna gekrönt hatte (24. Febr. 1530,
die legte Kaiſerkrönung), forgten für die Verſchö—
nerung und Erweiterung R.s Paul III. Bius IV.,
Gregor XIII. und Sirtus V. Diefer Bapft (1585
—90) war ber Erneuerer R.3. Er geritörte zwar
antile Monumente, wie dad Septijonium, richtete
aber den Dbelisten des St.:'Beter wieder auf
und bebedte Rom mit Bauten. In dieſen trat ſchon
unter ihm (in den Merten des Fontana) die Ber:
ſchlechterung des Geſchmads hervor, die fi noch
mehr in jenen des Maderno, 1557—1629 (Facade
von St. Peter), endlich im 3 hrh. in denen des
Borromini zeigte. Urban VII. war e3, ber die
Porticus des Pantheon, an der Bernini die Gloden;
türme anbaute, ber vergoldeten 450000 Bid.
ſchweren Erzbedachung beraubte, um daraus den
Baldadjin in der Peterslirche fertigen und Kanonen
gießen * laſſen. Wie viel jedoch an den Werlen
diefer Barodepodhe auszufeken iſt, fo läßt ſich den:
felben Großartigleit und Neichtum der Erfindung
nicht abfprechen, am wenigften dem Bernini, von
bem aud) die Scala regia und bie Kolonnaden des
Petersplatzes errichtet wurden. Unter den Päpſten
de3 18. Jahrh. waren Benebilt XIV., der das Ho:
lofjeum vor weiterer Beſchädi ng fiberte, indem
er feine Arena der Paſſion Chr widmete, Cle⸗
mens XIV., durch die von ihm angelegten Runft:
fammlungen (Mufeum Bio:Elementinum), und
Pius VI. thätig. Die Herrihaft der Franzojen
entführte aus R. eine Menge Gemälde und Statuen,
aber unter Napoleon wurde aud für die Aus:
grabungen des Forum Trajani, einzelner Teile des
Forum Romanum, ber Arena des Koloffeum und
für die Erhaltung der Reſte viel gethan. Aud)
ie VII. nad) feiner Rüdtehr und fein Freund
njalvi erwarben fi in diejer Hinſicht großes
Verdienſt. Unter Gregor XVI. war die Heritellung
der Porta maggiore, wobei das Grab des M. Vir—
ilius Guryfaces entdedt ward, danlenswert. Unter
Bius IX., dem legten weltlihen Herrn Roms (1846
— 70), wurde der Fußboden der Bafilita Julia aut:
gearaben; am Elivus Capitolinu, am tin,
ventin, auf dem Esquilin, am Pantheon, in
Traftevere u. |. w. folgten ergiebige Ausgrabungen
raſch aufeinander. Ebenfo ward die Bia Appia bis
Bovillä und ein anjehnlicher Teil des alten Ditia
wie de3 benachbarten Borto und das Marmorlager
de3 Emporium am Aventin aufgededt. Faſt jäntt:
liche Kirchen wurden unter Bius IX. erneuert, aber
auch durd) Malereien entitellt (Sant':Agnefe, Sta.:
Maria in Traitevere, Sta.:Maria fopra Minerva),
manche Katakomben aufgegraben und durch den
roben chriſtl. Antiquar De Roſſi illuftriert; Stra:
E; wurden verbeflert, Thore erneuert, neue Pläbe
716
ange iana Maftai, Piazza
Kane I zur ftaferne eingeri
fe er ai geforgt, — —* von r —
nen erhielt. empfing die ital. Regierung
20. Sept. 1870 die Stadt R. immer ſchon im fiber:
a ae ar et 1 Sinti
asp . erbielt durch bie u
des Batifanifchen Gebiets und bie unter Uran vr
und Innocenj X. erfolgte Einſchließung des Ja:
niculum (probe Baftionen von Porta Portefe bis
Cavalleggieri) einen weitern Umfang als das alte
und zwar gegen 23 km. Der ganze Raum ift feit
a V. in 14 ungleiche Bezirke (rioni) eingeteilt:
1) Rione de’ Monti im Sübojten; 2) Trevi in Nord⸗
often; 3) Colonna und 4) Campo Dlarzo im Nor:
ben; 5) Bonte, 6) Parione, 7) Regola, weitlid
gegen bie iegung des Tiber; hinter diefen 8) Sant’:
Euſtachio, 9) Pigna; gegen bie eg 10)Sant':
Angelo; am Gapitolin und um den Palatin
11) Gampitelli; der Sudweſten um den Aventin
12) Nipa; auf dem rechten Ufer 13) Traftevere (Jani⸗
culum) und 14) Borgo (Borken ‚Aber nur etwa
ein Drittel des Raums ift von jtäbtiichen Gebäuden
beſehßt, die auf bem linken Ufer befonders die Fläche
des alten Marsfelves und Circus Flaminius, den
Gapitolin, den Raum zwiſchen Palatin und Dub,
den fübweltl. Teil des Mons Pincius, den weitl, und
fübl, des Quirinal und bie a0 zwifchen diefem
und dem Biminal und Esquilin bi zum Forum bin
einnehmen; in bem fübl. und öftl. Zeile lagen bis
1871 die Gebäude zerjtreut zwiſchen weiten Wein:
gärten, durch melde Straßen führten. Auf dem
teten Ufer verbindet eine lange Straße, die un:
gara, von der Porta Settimiana aus, das, wie in
der röm. Kaiſerzeit, fo noch jekt von niederm Bolt
bewohnte Traftevere mit dem Borgo, bem Vatila⸗
nifchen Gebiet. Der Brüden, des Ponte rotto von
1598 mit der neuen Settenbrüde, feit 1885 ‚ab:
getragen, ber zwei aprtelbehden, des Ponte Sifto,
1475 von GSirtus IV. erbaut, und Ponte Sant’:
Angelo ift ſchon oben gedacht. Dazu kam 1866
die Kettenbrüde wifhen San:Giovanni be’ Fio-
rentini und bem aft Salviati. Das nörbl,
Thor R.s ift die Porta del Popolo (neben ber
alten Porta Flaminia) mit ben durch einen Obe—
list gezierten Plag, von welchem drei Haupt:
ftraßen: die Ripetta am Tiber, der 1500 m lange
Corſo und die Via del Babuino auslaufen; im
Diten ftebt die von Pius IX. vollendete Porta
Pia, zwiichen der alten Salaria und Nomentana,
die Pori⸗ San-Lorenzo (Tiburtina) und Porta
maggiore (Porta Praenestina); im Süben befinden
fi) die Borta San:Biovanni beim Lateran (neben
der alten Asinaria), Borta San:Sebaftiano (Porta
Appia), Porta San: Paolo (Porta Ostiensis); im
ten bie Porta Porteſe (Portuensis), die von
—— IX. neugebaute Porta San-Pancrazio (Porta
urelia) und am Vatilan bie nad Civitavecchia
führende Porta Cavalleggieri. Hauptitraßen find
außer den genannten die Bia belle quattro Fontane,
die fiber den Quirinal auf Sta.: Maria maggiore
zugeht, bie Giulia von Ponte Siſto gegen bie
Engelöbrüde zu, die Via Condotti mit ihrer langen
Portickung zur Engeläbrüde hin. Von Plähen find |
ervorzubeben, außer der Piazza del Popolo, die
Navona, nädft dem Pla vor St. Peter der größte,
mit einem Obelisk geziert und nod) unter Pius IX.
neu und ſchön epflaitert da ber Krautmarkt von
dort auf den Campo bi
in), das prätos
‚ für Beleud:
e
Siori verlegt wurde; bie
Ro Stabt)
Piazza del Monte-Cavallo mit einem Obelisl und
ben berühmten Koloſſen ber Diosfuren, bie Piazza
Colonna mit der Antoninudfäule, bie des Bantheo
mit einem Obelist; "ber Spaniihe Blas; von wel:
chem bie große Treppe nad Zrinitä de’ Monti
ß rt; bie Flaya bi Termini bei ——
en und ber Platz des Kapitols. Waſſer-
tungen hat R. vier: die Aqua Vergine, erneuert
1450, welche den ſchönſten aller Springbrunnen,
die Fontana bi Trevi, bildet; die Aqua Felice.
von Sirtus V. errichtet, mit dem mißlungenen
Waflerkaftell auf bem Zermini; bie Aqua
Baola Pauls V. mit der Fontana Faolina aut
ber Höhe des Janiculum und ben beiven Fontänen
auf dem Peteröplap; die berrlie Agua Marcia
endlih warb noch unter Pius IX. bergeftellt. In
der Menge von den Brunnen R.3 zeihnen ſich aus
die mit Bildhauerarbeit reichgezierten auf der Ra:
vona, dem — und Spaniſchen Platze.
fowie die Heine anmutige Fontana delle Tartarugh⸗
u) Pie Mattei.
ce n zählt man 364. Das Wunderwerl ber
Welt ift San: Pietro in Vaticano. Auf ber Mär-
terftätte des Apoftels, über feinem Grabe, hatten
onftantin und Helena bie fünfſchiffige Bafılıla er:
baut. Sie dauerte nah mandyen Ausbeſſerungen
und Aufägen fort, bis im 15. Jahrh. Nitolaus V.
nad Rojellinis Plan ihren Neubau durch Anlegung
ber Tribüne begann. Seine kühnes Projekt grin
dann erjt Julius II. prattiih auf und Bramante
entwarf den neuen Plan. Am 18. April 1506 wurbe
der Grundftein gelegt. Nach Bramantes Tode 1514
festen den Bau fort: Rafael bis 1520, Peruzzi bis
1536, Michel Angelo 1546—64, deilen lan
(Grundform bes 8 ech. a u von Paul IL. für
unabänderlich erflärt wurde; in den Formen Michel
Angelo warb wenigitens bie Kuppel unter Sir:
tus V. aufgeführt. Doh Paul V. beſchloß bie
Kirche in der lat. Kreuzform zu vollenden, und Carlo
Maderno baute bie ſchwerfällige, 117 m breite,
50 m hohe Fagade mit ber * en Vorhalle
und ber Loggia, wo der neugewählte jt vor den
Augen des Bolts gekrönt und der Ofte egen Urbi
et Örbi erteilt wird. Unter Alexander VIL. wur:
den die großen Säulengänge, unter Bius VL (1776
—84) die Satrijtei errichtet. Die Einweihung ber
Kirche geſchah 18. Nov. 1626. Ihr Bau kojtete
46 Mill. Scudi, ihre Erhaltung erfordert eine jähr:
liche Ausgabe von 30000 Scudi. Die ganze
des Innern beträgt 187 m, das Querſchiff 137 m,
die Höhe des Mittelſchiffs 45 m, die der Kuppel von
innen 117 m; mit der Spike des Kreuzes erbebt
fich diefe von außen 150 m ho. Den Hauptaltar,
an dem nur der Papſt Hochamt balten darf, dedt
das 28,5 m hohe, 186000 Pfd. ſchwere eberne Ta:
bernakel Berninis. Unter den Bildwerlen ermäh-
nen wir bie alte Bronzeftatue des Apoftels Petrus,
das Relief Algarbis, darftellend die Vertreibung
Attilas, die Pietd von Michel Angelo, die Gras
mäler Bauls LII., Urbans VILL., Clemens’ XIII.
Pius’ VI. (von Ganova), Pius' VIL (von Tibor:
waldſen), Da VIII. und Gregors XVI. (von Ze:
nerani). Die Refte vieler päpitl. Grabmäler und
andere Monumente aus dem alten St. Peter be:
wahren die unterirdiihen —— Grotten.
Den 273 m langen, 226 m breiten Blaß vor ber
Veterstirhe mit dem von Sirtus V. errichteten
Dbelist und zwei Springbrunnen fafjen dreifache
Säulengänge von Bernini ein,
Nom (Stabt)
Die erite ber ficben Hauptlirhen ber Stadt, die
Biſchofs- oder Pfarrlirche des Bapftes, omnium
urbis et orbis ecclesiarum mater et caput, iſt Die
—358** ‚fo genannt von dem altröm. Ge:
ſchlecht der lautii terani, deren Balait feit Nero
faijerlih geworben war. Konftantin ſchenlte einen
Zeil bavon, die Domus Fauftae, bem Biſchof Sil-
veiter, und feitbem war der Vatilan päpftlihe Re:
fidenz. Die Kirche hieß Bafılifa Conftantiniana,
auch Aurea, und war dem Salvator geweiht. Sie
ftürzte 896 ein. Sergius LIT. baute fie neu zwiſchen
904— 910 und weihte fie auch dem Täufer Johannes,
baber fie San Giovanni in Yaterano heißt; 1308
und wieder 1361 brannte fie ab; feit dem 15. Jahrh.
ward fie erneuert und reich geichmüdt, aber feit
1650 im Innern durch Borromini barod unge:
ftaltet. Unter Clemens XII. erbaute Aleſſandro
Galilei die ee 1734 und bie ſchöne Kapelle
Corfini. Unter Leo XII. begann man den hintern
Zeil ber Bafılifa durch prächtige Neubauten zu er:
weitern. Die berühmten Mojaiten der Tribüne
von Jalobus Torriti find foviel als möglich getreu
auf die neue, weit vorgejhobene Tribüne über:
tragen worden. Der Neubau bedingte freilich den
Berluft mander altertümlihen Erinnerungen, Der
Hauptaltar mit ben Tabernatel Urbans V. gehört
wie einige Monumente nod der ältern Ride an
aus ber viele Reſte jept im Klojterhofe —* Ne:
ben ber Kirche befindet fih das angeblich von
Konftantin herrührende, von Leo III. neuerbaute
achtedige Battifterio, wo fonft am Dfterfonnabend
der Papſt taufte und noch jept übergetretene Un:
läubige getauft werden, Jeder Bapjt nahm na
feiner Krönung feierlich Defik vom Lateran (i
>ossesso); nur Leo XIII. hat das nicht gethan,
ba er bie freiwillige Gefangenſchaft feines ent
thronten Vorgängers im Vatilan fortjegte. Bor
ber Kirche fteht der pöchjte Dbelist N.2. Vor der
orta San:Baolo liegt die dritte Hauptbafilila
.s: San: Paolo fuori le Mura, fo alt wie bie
St. Peterstirhe und einft größer und prächtiger
als je, ber Legende nad) über dem Grabe des
ulus von Konjtantin erbaut, dann von ben
aijern Valentinian II. Theodofius und Arcadius
[gt 8336 neu gebaut, Dieje berühmte Theodofiani:
he Baſilila brannte 1823 ab. Seither ward fie
neu aufgebaut, außen unfhön, im Innern der herr:
lichſte Raum, von pradtvollem Marmor ftrablend;
80 Säulen aus Simplongranit tragen das Mittel:
ſchiff. Pius IX. weihte den Neubau 10. Dez. 1854:
vollendet wurden 1877 bie Mofaiten ber dagabe
und die Borballe vor dieſer ift im Entitehen, Aus
ber alten Kirche erhielten fih bie Moſailen ber
Tribünevom 5. Jahrh. und einige Denkmäler. Dem
13. Jahrh. gehört der ſchöne Klofterhof an.
‚Bon andern, meilt mit Runitwerlen erfüllten
Kirchen find hervorzuheben: Sta.:Maria del Bopolo
mit Freslen von Pinturichio und der Kapelle
Chigi mit Mofaiten nach Rafaels Zeihnung; Sta.:
Trinitä dei Monti mit der Kreugabnahme von Da:
niele da Bolterra; Sant':Agoftino mit dem Prophe⸗
ten 8W* von Rafael; Sta.:Maria bella Race mit
ben Sibylien Rafacls; San:Luigi de’ Francefi mit
nam hg aus der Legende ber _beil.
Eäcilia ;Sant':Andrea della Ballemitdenvier Evan:
gelitten Domenidinos; Sta.: Maria ad Martyres
ober bella Notonda (dad Pantheon), wo ur
und andere Künftler begraben find, wo Confalvis
Monument (von Thorwaldjen) fteht und der erite
‚| fano rotondo, aus dem 5. Jahrh.;
717
König Italiens, Victor Emanuel, . 17. Jan. 1878
feierlich beigefeßt ward; Sta.-Maria fopra Mi:
nerva, bie einzige bebeutende röm. "Kirche im Spiß⸗
bogenftil mit der Statue Ehrijti von Michel Angelo,
dem Hodaltar, unter bem bie Reſte ber heil. Statha:
rina von Siena ruhen, dem Grabmal bes Singelico
da Fiefole und denen Leos X., Glemens’ VIL.,
Bau IV., Benebifts XIII. Auf bem Stapitol
teht Sta.Maria in Araceli, mit Freslen von Pin:
turichio und dem Grabe Papſt Honorius' IV.; am
Forum die mit alten Mofaiten geihmüdten Kirchen
San:Coama e Tamiano, Sta.:israncesca Romana,
San:Zeoboro; —— gegen den Tiber bin San:
Giorgio in Belabro, eine der ältejten Diatonien
R.s, und Sta.Maria in Cosmedin, auf Reiten des
Templum urbis von Hadrian I. erbaut. Bon bohem
Alter find auf dem Aventin die Schöne Baſilika Sta.
Sabina aus dem 5. Jahrh., jüdöjtlih San: Saba
mit 14 antilen Säulen, und Sta.:Balbina ; füdlic)
vom Gälius, von Leo III. 800 gegründet, Ean:
Nereo e Achilleo, vor der Porta Appia die Kata:
tombenlirde San-Sebaſtiano; auf dem Gälius:
San:Gregorio, wo Öregor I. fein Haus in ein
Venediltinerkloſter ger umgeſchaffen
hatte, von Gregor II. neu erbaut; San: Giovanni
e Paolo mit einem Paffionijtentlofter, Eanto:Ste:
Eanti quattro
Goronati, in 7. Jahrh. erbaut, erneuert im 12. und
17. Jahrh.; in ihrer Nähe bie berühmte {yon von
Hieronymus 392 erwähnte Bafilita San⸗Clemente,
am An — bed 12. Jahrh. über der alten Kirche
erbaut, welche bei der Verwuſtung der Stadt durd)
Nob. Öuiscard verfhüttet ward. Diefe Unterlirche
mit ihren merlwürdigen Wandmalereien wurde jeit
1858 wieder ausgegraben. Im 16, Jahrh. gan;
mobdernifiert ift die im 8. und 12, Jahrh. erneuerte
Kirche Sta.-Croce in Gerufalemme, deren Grün:
dung ber Kaiſerin Helena zugej&rieben wird.
Auf dem Esquilin liegen: San: Pietro in Bincoli,
fo genannt von den dort aufbewahrten Stetten Petri,
im 5. Jahr. von bes Kaiſers Balentinian III. Ge:
mahlin Eudoria gegründet, erneuert von Sirtus IV.
und Julius LI., deſſen Dentmal (von Michel An:
elo) mit ber berühmten Figur des Mojes dort
he t; San:Martino ai Monti, aud San:Silveftro
e Martino, aus dem 6. Jahrh. modernijiert im 17.,
mit Landidaften von asp. Bouffin; Sta.⸗Praſſede
mit alten Mofailen und der Kapelle Colonna oder
San:Zeno aus der Zeit Paidhalis’ I. (817—824).
Noch altertümlicher iſt Sta.-Bubenziana am —*
lin, welche als die älteſte Bird R.s gilt, mit Mo:
jaifen aus dem 4. Jahrh. Cine der, berrlicjiten
Bafıliken ift die weltberühmte Sta.:Maria maggiore,
im 4. Jahrh. gegründet, im 5. erneuert, in der Mitte
des 12. umgeändert und vor Ende des 16. ſehr mo:
dernifiert, mit 42 ion. Marmorjäulen, mit Mo:
faiten de3 5. und 13. Jahrh., den Kapellen Sir:
tus’ V. und Pauls V., der von Pius IX. erbauten
Krypta, worin er jelbit betend in Marmor dargeſtellt
ift, und mit vielen Denlmälern. Auf dem Viminal
fteht Sta.:Maria degli Angeli, von Michel Angelo
aus dem Prachtſaal der Diocletiand:Thermen 1561
zur Kirche umgewandelt, 170 m lang, 100 m breit,
29 m hoch, mit 16 mächtigen antiten Säulen aus
Granit. Vor Porta Pia liegt die angeblid von
Konftantin über dem Grabe der Heiligen erbaute,
im 7. Jahrh. von Honorius I. neugebaute und mit
Mofailen r Kirche Sant’: Agneſe, deren
Schiff 16 antike korinth. Säulen tragen; neben ihr
718
Rom (Stadt)
Eta. er u Rundbau, Maufoleum einer | wähnen wir nur Rafaels Transfiguration und Ma-
n
Tochter ins; vor Porta San:Lorengo die
Kirdhe San:2orengo fuori le Dura, von Konftantin
über dem Grabe des Heiligen erbaut, erneuert und
seihmüdt im 6. und 8. Jahrh., im 13. von Hono:
rius LIL, mit alten Mojaiten, 22 antiten ion. Säu:
ien im Hauptichifi und 12 korintbiihen im ältern
Hinterteil der Kirche; Pius IX. fdimüidte fie neu
mit Malereien, lieh die alte Natalombentirhe aus:
graben und legte bancben ben Campo santo R.s
an. Jenſeit der Paulslirche liegt die Abtei _alle
tre Fontane mit drei Kirchen, deren größte,
Vincenzo ed Anaftafio, aus dem 7. Jahrh. ftanımt.
Auf der Inſel liegt San:Bartolommeo, von Kaiſer
Otto III. erbaut und dem heil. Adalbert gewidmet;
in Traftevere die berühmte Bafılila Sta. : Maria,
der Sage nad) ſchon 340 gebaut, im 12. Jahrh. von
Innocenʒ IL. neu aufgeführt, mit vielen Altertümern
und 22 antilen Säulen; Sta,-Cecilia, auf der Stelle
des Haufes der Heiligen erbaut, erneuert und mit
Mofailen verjehen von Paſchalis I. im 9. Yahrh.;
auf dem Janiculum: San-Wietro in Montorio, aus
dem 15. Jahrh. mit Gemälden von Sebaftiano del
Piombo und andern, ehemals mit Nafaels Trans:
fiquration; Sant:Onofrio mit Tafjod Grab und
einem ihm neuerbing® errichteten geſchmadloſen
Monument. Bon den Bläsen vor ben beiden lekt:
genannten Kirchen hat man die ſchönſten Ausfichten
über R. Einer der einentümlichiten Beſtandteile
des chriſtlichen R. find die unterirdiichen Gömeterien
oder Katalomben (f. d.), die fich im Umkreis von
3—5 km nad) vielen Richtungen binziehen.
Unter den Baläften R.s wie der ganzen Welt
nimmt der Batilan die erjte Stelle ein. Den
alten Balajt, der t abwechſelnd mit bem Late:
raniſchen, feit Beendigung bes Schisma 14120 pe:
wohnlich die Reſidenz der bed war, beſchloß
Nitolaus V. zu erneuern; fein Plan wurde von
Alerander VI. und deſſen Radjfolgern weiter geführt
und nod unter Bius VII. ein neuer Teil (Braccio
ruovo) hinzugefügt. : bie Girtinijche
Kapelle, unter Sirtus IV. 1473 von Baccio Bon:
telli als Hoftapelle gebaut, wo zumal in der heiligen
Woche die Mufiten von Balejtrina, Alleori u. a.
aufgeführt werden; bie Malereien an den Wänden
von Signorelli, Botticelli und Berugino aus Eir-
tus’ Zeit werden überftrahlt durch Michel Angelos
Freslen an der Dede (Genefi2, Propheten, Sibyllen)
und an ber Hinterwand (das Nüngite Gericht).
Auch in der Rauliniihen Kapelle (erbaut unter
Baul II. von Ean:Gallo) find Fresken Michel
Angelos und in der von Nikolaus V. erbauten
Haustapelle San:2orenzo ſolche von Fiefole. Die
Loggien, die um den innern Hof (Corte di Damafo)
führenden, unter Pius IX. mit Fenſtern geſchloſſenen
Artaden, begonnen unter Julius Il. von Bramante,
mwurben unter Leo X. von Rafael beendet, nad) bei:
ſen Zeichnungen die Arabesten und Bilder in den | ter Urban
bonna di Foligno. Die meilten Antiten find auf:
geheilt im Belvedere, einer Billa nnocenz’ VII,
ie dann Julius II. mit dem Batilan verband.
ier finden ſich bie weltbelannten Sammlungen:
leria lapidaria mit mehr als 3000 Inſch ’
Mufeo Chiaramonti (von Pius VII. angelegt),
Mufeo Pio⸗Clementino, die er —— *
der Welt, nach Clemens XI ius VI. ge:
nannt; ferner find zu nennen: die Galerie de’ Can:
belabri, dad Mujeo oriano, eine Sammlung
etrust. Altertümer ſdurch Gregor XVI. 1837 au:
gelegt), Tor de’ Benti mit ägypt. Altertümern und
iardino della Bigna mit dem 3 m antiten
Pinienapfel. Vatilan befindet ſich auch das
von Sirtus V. gebaute prachtvolle Lolal der Biblio:
thet mit nr 23000 Handſchriften. N
eigentlichen der waren Nilolaus V. und Sir:
tus IV.; fpätere Bäpfte vermehrten fie; in fie fam
auch bie heidelberger Bibliothet (Palatina), der
Raub des Dreikigjährigen Ar 2 Daneben die
elf Zimmer des von Sirtus V.
Archivs, deſſen Benukung erft Leo XIU. erlaubt
F Eine Sammlung gebrudter Bucher, unter
eo XII. durch bie tunftbiitor. Bibliothet des Grafen
L. Eicognara und durch die Bibliothel des Carbi:
nals Angelo Mai vermehrt, befindet ih in dem
von Alerander VI. gebauten Teil h
Appartamento Borgia. Am fübl. Ende der von
Yulius II. auf der weitl. Seite angelegten, 306 m
langen Galerie it da8 von Benebilt XIV. 1756 be:
gründete Chriſtliche Muſeum. In einem. Neben:
zimmer fieht man die Aldobrandiniſche Hochzeit
(i. d.); in a ngen die 1, bie
Nafaels —E Leo X. in den Niederlanden
ür die Sirtinifche Kapelle wirlen lich. Endlich
nd die Audiengzimmer Sala regia und ducale und
ie Gärten des Batilan zu erwähnen. Ein langer
ee verbindet ſchon jeitbem 14. Yahrh.
en Batitan mit der Engeläburg. Dies Maufoleum
Hadrians war fhon im 10, Jahrh. und
Staatsgefängnis Ns, Erſt 1379 zerftörten es die
Römer jo ganz, dab nur der Kern deö 60 m im
Durchmeſſer —— Rundbaues übrigblieb.
Dann wurde es als Feſtung unter Bonifaz IX. und
Alerander VI erneuert; die groben Außenwerte lich
Urban VIIL anlegen, Benedilt XIV. die Bronze:
ftatue de3 Engels von B. Verichafielt auf der Spike
aufitellen. er zweite große Reſidenzpalaſt des
hy pr war bis 1870 der Balaz;o Quirinale (oder
bi Dionte Cavallo); Gregor XIII. begann ihn 1574
—— Flaminio Bonzio); die folgeuden Bäpite
auten baran weiter bis zu Clemens XU. & bat
* Gemälde und Bildwerle, darunter Thor:
waldſens Alerandberzug, eine Loggia, worauf der
neugewählte Papft verfündet wurde, wenn bas
Conclave bier ſtattgehabt hatte, und einen un:
III. angelegten jhönen Garten. Am
13 eriten Kuppeln bes zweiten Stodwerls von Gio: | 31. Dez. 1870 309 der König Victor Emanuel bei
vannt da Udine, Giulio Romano, Penni u. a. al
fresco gemalt find. Aus ihnen tritt man in bie
Feſtſale Leos X, die nach dem Meifter, deſſen gött-
liche Kunft fie feit 1511 fhmüdte, die Stanzen
(Zimmer) Rafael3 genannt werden; das erite (wo
die Disputa, der zu. die Schule von Athen)
beißt Stanza della
den Hauptgemälden: Stanza bi
cendio, Sala di Gonitantino.
I
feinem eriten Beſuche Roms in diefen Balaft ein,
welcher die lonigl. Neben it. Der dritte
noch nad) 1870 dem ft gebliebene kg br der
Sateran, die ältefte Wohnung der röm. Biſchöfe
(izle), neugebaut durch Girtus V. von
omenico Fontana 1586. Er enthält eine Gemälde:
egnatura, die drei andern nad) | galerie, da3 unter Gregor XVI. begründete Antiten:
Eliodoro, dell’ Yn: | mufeum und ein unter Pius IX. angelegtes Chrift
Bon den Meifter: | liches Mufeum mit ——A Inſchriften⸗
werken der vatikaniſchen Gemäldeſammlung er- ſammlung. Vom alten a
‚ welcher bis zum
'..mwrn m m „arr 27.
Nom (Stadt) 779
avignoniſchen Eril Refidenz der Häpfte * iſt nur
die im 18. Jahrh. gebaute Hauslapelle f
(Capella sancta sanctorum) erhalten; ierher ver:
legte Sirtus V. die Scala fanta, die Treppe, auf
der einft Chriftus zu Pilatus gegangen fein foll.
Auf dem Kapitol (Gampidoglio) befand ich i im
Mittelalter der Sik des Genatord der röm. Re:
publit und ihrer Behörden, und es befindet ſich noch
im Palazzo Senatorio der Sik des röm, Muni-
cipiums. Michel Angelo legte die Aufgänge zum
Sapitol an und ftellte 1538 die Neiterftatue des
Marc Aurel auf, welche bisher am Lateran ge
ftanden hatte. Gr baute die Doppeltreppe vor
dem —* nach feinen Zeichnungen ent:
ftanden der Palaft Konfervatoren und ber des
Mufeum mit der berühmten kapitoliniihen Antilen⸗
Sammlung, begründet ſchon unter Girtus IV., von
—* — —* —* —
* i alazzo Caffarelli, we ie
da egierung durch die Bemühungen ihres Ge:
Fandten Bunfenals
—8 zum Sitz der den ie inNom, Die
ihönften Palälte R.s find der Palago della Can:
cellarin von —— > der 30 Farneje
Serngallo mb Micel Angelo, mit nr
* Der älteite ———— iſt der von
Paul II. erbaute
Regierung. l lã x H
— von Päpiten der e ben ide Ya ie wie
man aus ka, —— erraten fann. Aus⸗
Kenet une der große . —
‚mit berü
pe die aus der * Br
—* ala Di Dligiati) ausgefägten Fresten;
Braschi mit herrlichem Treppenbau. An der Ede
desſ befindet ſich das unter dem Namen -
quino befannte — der Gruppe des Menela
und Patroklos. u obe Gemäldefammlu
entbalten die onna, am.
jpigliofi, worin bie Aurora von Guido; Barbe:
rin mit Ra‘ Fornarina, dem von Kietro da
Gortona gemalten Saal und einer Bibliothet;
fodann Palazzo Sciarra; Torlonia mit neuern
Shulpturen: an der gel Settimiana befindet
fi) eine andere, wa robartige Sammlung
antiter Skulpturen mb in desjelben dürften;
Spada, darin die Statue des Pompejus, an ber
Cäjar ermordet worden fein fol; Palazzo Mattei,
Maſſimi, einsehen (fonft Imperiali), der von Na:
fael gebau kin od idoni wo bie Fragmente der
—e— Faſten); de
hriſtine von Schweden ftarb, mit reicher
—* lde⸗ und Stulpturenfammlung,
Si iothel und Gärten, feit —*2** ——
* Lincei; der Vvalago ibliothet,
n weicher 3 Bindelmann angeftelt I, verkauft
worben tft; der Ba dalconieri, der ehemals die
reihe —— ung des Kardinals Feld, ent:
x t; der Balaft Chigi mit einer an Manujkripten
Bibliothel; Palazzo Caetani⸗Sermoneta;
e beiden Palãſte Orſini (auf Monte Giordano und
in gm Reiten des Marcellustheatere).
Unter den reizenden Villen, die in den verlaj:
fenen —* der Stadt und ihrer nachſten Umgebung
erbaut ſind, iſt die gegenwärtig dem Fürjten Tor:
lonia gehörende Villa Albani, von Aleſſandro Al:
bani, den Gönner Windelmanns, angelegt, nörd⸗
lich von Porta Salara, wegen ihrer Lage, ihres
—5
te | deutendfte,
ntum erworben hat; erdient | Dv
alaft Corfini, wo die:
Gartens und ber reihen Antilenjamntlung bie bes
Nicht weit von derfelben, vor Porta
Via, fieht man die glänzende neue Billa Torlonia,
Vor Poria del Popolo liegt die unter Paul V. vom
Cardinal Boxgheſe angelegte Villa Borgheſe, mit
großem, vielheſuchtem Garten; auf den Gärten
Salluftö die * Ludoviſi, früher Eigentum bes
Fürften Piombino, 1885 an eine Baugefellichaft
un odaß die Stadt R. um biejes weltbe-
u Ar einod für immer gebradht wird; auf
Pincio die Villa Medici mit (hönem Ra:
in J welchem die en, Maleralademie ihren
Sis hat; auf dem Palatin in den Trümmern ®
Kaiferpaläfte die le Smith, früher Mills,
genwärtig Nonnentlofter, —* die von Saul
— en Bärten, erjt entum
Napoleons dann nad) deilen * von der
ital. Regierung —* * auf dem Cãlius die
ſchöne Billa Mattei, die Billa er (onft Giu:
ftiniani) mit Freslen von Koh, Beit, Schnorr und
erbed; am Monte-Mario die Lilln Madama
von a von —— der Gattin Ottavio
rneſes, j0 —— nn im bes Kö:
— von Neapel und fe —— illa Do⸗
Fran i ee a he mit
—*— die An an — Neapel
— Villa Farneſina am T ſtino
en i gebaut, von — mit Freslen
üdt, und jeht durch bie Überreguli ibres
Sartens beraubt; weſtlich von ihr die von v
Romano gebaute und — illa Lante, von
er ren * N. zählte 1870 (f ber
ur; vor
Anneltierung) über 221000 E., darunter etwa
Balaft u. uben, deren eigentliche Suarier feit 2
chunderten * nr am T
Kr mit gängli ng man 1885
begonnen bat. Seit > IV. und bejonbers
feit Leo X. fand eine progrefiive Einwanderung
von Stalienern in R. jtatt, von Toscanern, Qom:
barden, Romagnolen, Marbigianern, au
olitanern. e Kolonien der den nicht ital,
ration find nicht Kt, iſtliche Perſonen
zählte man (1870) 7490, darunter 83 Karbinäle,
35 Biihöfe, mehr ala 3000 Monche, etwa 2300
Nonnen, die übrigen Weltgeiftliche; "Klöfter geb
es 160; die Generafate der meiiten geiftlichen
den find in R. In 19 Hofpitälern (unter ihnen
find ii anjehnlichiten San:Salvatore am Lateran,
Se Giacomo in Augufta, Sta.-Marin della Gon-
ione, Sta.:Galla, San:Ball icano, Eta.-Trinitä
— und das berühmte Sto.-Spirito für
3000 Kranke mit Irren- und Findelhaus) werben
jährlid) etwa 20000 Arante verpflegt, in 25 Armen:
bäufern 4400 = onen, darunter find Ean: Michele,
Maria degli Angeli, Tata Giovanni und viele
Kinderaſyle. Unter den Unterrichtsanſtalten ftand
obenan das Archiginnaſio della ‚die Unis
verfität, gegründet von Bonifacius VIII. 1308, or:
ganiftert- von Leo X, gen 1830 in Spe iatichulen
teilt, mit etwa 900 & tubenten ; daB ‚ollegi
omanum, die Schule der —— mit der —
Sant’ ‚onagio und dem Museum erianum ;
das Collegium de propaganda fide (j. Bropa:
ganda); das — ungariſche Kollegium Gre⸗
gors Xii. eine —— alt für Geiſtliche;
das englifche, ſchottiſche, 3— ame rie⸗
chiſche und zahlreiche andere N tionaltollegien: im
ganzen 20 geiltliche und 12 meltfiche Kollegien.
780
Unter ben Akademien find bie vorzüglichiten
bie röm. Maleralademie San:?uca mit großer Ge:
a Se bie an). Maleralademie in der
Villa Medici; die dichteriſche Accademia degli Ar:
cabi; bie naturhiſtoriſche be’ Lincei, geftiftet 1608,
nad) 1870 dei nuovi Lincei genannt und als päpfil.
Alademie von ber Llönigl. der Lincei getrennt;
die Accademia di Archeologia und das von Teil:
nehmern aller Nationen unterftügte Archäologiſche
Inſtitut, von deutſchen Gelehrten 1829 geitiftet,
jept deutſche Reichsanſtalt. Die größten öffentlichen
Bibliothelen find die Caſanatenſe der Dominitaner
in Sta. Maria fopra Minerva (120000 Bände), die
Angelica der Augujtiner in Sant:Agojtino (87.000
Bände), bie Alerandrina in der Sapienza, die Dal:
licelliana in der Chiefa nuova. Yabriten gibt es
in Leder, Seide und Wolle; ferner werben verfertigt
chöne Gold: und Silberarbeiten (der berühmteite
uwelier war ee Berlen, Moſaiken,
Namen. Der Handel iſt unbeträchtlich. Der
Hafenplatz, Ripa grande, iſt nur für Meine Gee:
fahrzeuge geeignet; zum Anlegen der Schiffe, die
von den obern Tibergegenden kommen, dient die
Nipetta. Das _geichärtliche Leben konzentriert- fic
an der Piazza Colonna. Die Theater find Apollo
oder Tordinona, Argentina, bella Balle, Pace,
Metaſtaſio und andere. Vlarionettentheater und
Vollstheater an mehrern Orten, dad Sommertheater
im Maufoleum de3 Auguſtus (Correa genannt).
Für das öffentliche Leben waren im päpftlihen R.
weltberühmt die Kirchenfeite, namentlid) zu Weib:
nachten und Ditern ——— Elan des St.
eter, Girandola u. ſ. w.), das Pfingſifeſt mit der |
geniprechung von der Loge des Lateran, die große |
Prozeſſion des Corpus Domini ꝛc. Der Karneval |
dauert fort, verfiel jedoch feit 1859; das Lotto auf
Piazza Navona dauert fort, Täglich vor Sonnen:
—— hält die elegante röm. Welt ihre Corſo—
fahrt. Unter den Spaziergängen ift der bejuchteite
der mit Büjten berühmter Italiener geihmüdte
Pincio, ber mit der unter ge liegenden Billa
Borgheſe verbunden werden foll, Unter Napoleon 1.
ward der Garten bei San:®orio auf dem Cölius
angelegt, unter Pius IX. die neue Anlage bei San:
zn in Diontorio. Liber das päpftlihe R. vgl.
» Papencordt, «Gejchichte der Stadt R.» (1857);
Gregorovius, «Bejdichte der Stadt R. im Mittel:
alter» (3. Aufl., 8 Bde., Stuttg. 1875—81); der:
jelbe, «Die Grabdenlmäler der Päpite» (2. Aufl,,
Lpz. 1881); von Reumont, «Gefchichte der Stadt
N.» (4 Bde. Berl. 1867—70), j
ll. Das italieniſche Rom feit 1870, Gier—
zu eine Karte: Rom und Umgegend.) _
Die Stadt R. gelangte durch die Ereigniſſe von
1870 an einen fo beitimmten Abſchnitt ihrer Ge:
ſchichte, dab von ihm für fie eine neue Ara datiert,
Auf das unermeßliche Ereignis des Untergangs des
Dominium Temporale und Verwandlung R.s in
die Hauptitadt des einigen Stalien hatten Heit 1859
mit logischer Konſequen; bingeführt: die Macht
der Nationalibee, die Fehler Napoleons ILL. und
Pius’ IX., das Vandnis Staliens mit Preußen im
Kriege von 1866, endlid) der Sturz des Tea Kaiſer⸗
tums durch die Siege Deutſchlande. Seit dem
Tage von Mentana (3. Nov. 1867), mo bie Bean
en die päpitl. Gewalt über N. wicder befeitigt
atten, benuhten bie Jeſuiten diefe Pauſe der Ne:
jtauration zur ——— ihres lange vorbereiteten
Handſtreichs. Unter dem Schuß der erneuten franz.
Rom”(Stabt)
Decupation wurde bad Konjil (f. b.) inR. gehalten,
weldes 18. Juli 1870 das Dogma der Unfeblbarteit
des Papſtes dekretierte. Einen Tag jpäter erfolgte
bie Kriegserflärung Napoleons III. an Deutichland.
Aber die Schläge, welde Frankreich niederwarfen,
machten aud dad Papittum zerfallen. Da bie
franz. Truppen aus dem Kirchenſtaat abgerufen
worden waren, zog eine ital. Armee unter Cadorna
in denſelben Septemberta en gegen R., in denen
die deutjchen Armeen vor Baris rüdten. Die ital.
Nation verlangte R.; die ital, Regierung erklärte,
daß die Vefehung der Stadt notwendig fei, um
Stalien und das Papfttum vor der Revolution zu
ihüpen, Nur um die Thatjadhe der Gewalt zu
beweiien, ließ der Papſt die Stabt verteidigen,
worin der General Kanzler 6000 Dann gg
Die Stapitulation erfolgte in wenig Stunden. Durd
die Breiche an der Porta Pia zogen die Jtalicner
20. Sept. in das mit Tricoloren beflaggte R. und
beſehten die Stadt mit Ausnahme des Batikanijchen
Viertels. So erloih nad taufendjährigem Be
ſtehen die weltliche Herrichaft des Bapittums. Ca—
dorna ward Kommandant von R., La Marmora
Eivilgouverneur, - Am 2; Dft.-1870 votierten bie
Römer auf dem Kapitol die Bereinigung der Statt
mit Ytalien. Don 167548 eingejhriebenen Wät-
lern ftimmten 135 2%, von dieſen 133681 mit Ya.
Am 8. Nov. bemädhtigte fih die ital. Regierung
des Quirinal3, als künftiger Nejidenz des Königs;
9. Dez. wurde dem ital, Parlament der Gejegent
wurf über die Verlegung des Regierungsſihes von
Florenz nach R. vorgelegt, und 23. Dez. von dieſem
mit der Beitimmung, daß fie binnen 6 Monaten
jtattfinden folle, mit 192 gegen 18 Stimmen an:
genommen, , j
Infolge der verheerenden Tiberüberihwenmung
(29. Dez.) lam Victor Emanuel 31. Dez. nah R.,
nahm im Quirinal Wohnung, unterzeichnete bier
die Annahme des Plebiszits der Nömer und verlieh
1. Jan. 1871 R. wieder. Am 23. 309 der Stronprinz
Humbert mit feiner Gemahlin feitlich in A, und den
Quirinal ein. Die dringendite Aufgabe der Regie
rung Staliens war e3, der kath. Welt barzutbun,
daß durd die Verwandlung R.3 in die Hauptitadt
Italiens die geiftlihe Unabhängigkeit des Bapites
nicht beihjädigt werde. Cie erlieb 13. Mai 1871
das Geſeß der Garantien, weldes Pius IX. ver
warf. Unterdes rüjtete man bie liberfiedelung der
Regierung von Florenz. Nloftergebäude wurden
in Haft zu Lolalen für Minijterien eingerichtet.
Uralte Klöjter, wie San:Silveltro in Capite, das
der ig im Marsfelde, die Minerva, Santi—
Apoftoli u. a., bauteman, one dab man die Mönde
vertrieb, teilweile aus. Die Curia Innocenziana
wurde zur Parlamentshalle, der Palaſt Madama
bisher bie Bolt) zum Senatshaus verwandelt.
Im 1. Juli fiedelten die Miniſterien über; 2. Juli
hielt Victor Emanuel feinen feierlihen Cinzug,
bezog den Quirinal, verlieh aber N. bereits in der
Nacht vom 3. zum 4. Juli. Nach und nad ſchickten
alle Mächte, die — anerlennend, ihre Ge
ſandten nach R. Am 27. Nov. 1871 eröffnete der
König bier das ital. Parlament.
Während fi) die ital. Regierung in R. bleibend
einrichtete, der Staatsrat, die Mintjterien, die Ver
waltungs: und Gericht&höfe hier ihren Sig nahmen,
erllärte fich der Bapit als ein Gefangener im Ba:
titan, den er feityer nicht mehr verließ. Gr ftellte
feine öffentlichen Funktionen im St. Peter und
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Rom (Stadt) 731
andern Bafılilen ein; er wieberbolte den Dann | und rellamierte in feiner Ofter-Encyclica bie Rechte
gegen die Räuber R.s und des Kirchenſtaats, er auf das verlorene Dominium Temporale, aber
proteftierte der ie a gegen die Aufhebung der | nicht mehr in der heftigen Sprache Pius’ IX.
Köiter, die Einziehung der geiftlihen Güter, die | Die Jahre 1870—81 enthalten die ewig benl:
Enführung der Givilche u. ſ. w. Alle Mächte | würdige Geſchichte der begonnenen Verwandlung
Europas anerlannten R. als Hauptftadt Italiens, R.8 aus der geiltlichen zur weltliden Hauptſtadt.
und dielath. Welt überzeugte fich, daß die geiftliche | Tiefe Aufgabe der Transformation, ohne das vor:
Unabhängigkeit de3 Papſtes dem Garantiegejeh ge: | bandene Große und Gute zu a ift mehr
mäß in nichts beichränft jei. Das große ‘Problem | als ſchwierig. Nachdem durch die Breſche bei
freilich der Ausföhnung diefer feindlichen Gegenfäge, | Porta Pia die politiſche und bürgerliche Freiheit
die fortan in R. nebeneinander beftchen follen , des | eingezogen war, begann fie auch auf den Trümmern
unnationalen, feiner polit. Macht enttleideten Bapft: | des ! — — ein neues Leben zu er—
tums und des nationalen a zu löfen, | zeugen. Eine ſtarke Ginwanderung von Italienern
bleibt der Zukunft überlaſſen. ie Nömer I aus allen Provinzen fand ftatt, wie zur Zeit
traten mit Enthuſiasmus in ben neuen gu tand | Leos X. Der jährlihe Zuwachs ift 5600, ſodaß
ein; die Oemeindewahlen im Aug. 1872 fielen troß | im J. 1881 R. 300467 und 1884 324649 E. ——
der Anſtrengung ber klerilalen Partei ſämtlich na— a. Spekulationen lichen aläbald eine
tionalaus. Als nun Bictor Emanuel (.d.)9. Jan. | Neihe von Banken entftehen, die fchnell unter:
1878 im Quirinal ftarb, legte die Stadt R. durd) gingen (unter ihnen aud die Atalo:Germanica).
eine wahrhaft erhebende Trauer das Zeugnis ab, | Viele Fallimente erfolgten. Die Regierung ordnete
daß fie nicht mehr dem Yapfte, fondern der ital. | mit Einſicht die PVerhältniffe der alten päpitl.
Nationangehöre. Die Repräjentanten aller Städte | Banten Monte di Pietä, Santo:Spirito und Banca
und Trovinzen, mehr al& 170000 herbeigelonmene | Romana. An die Spike der Stadtverwaltung trat
Italiener gaben am Sarge Victor Emanuels noch: | ſtatt de3 Senators und der drei Konfervatoren
mals das Votum ihrer Einigkeit ab, während die | (lehter Senator R.s war der Marchefe Cavaletti)
Vertreter fremder Mächte bie wärmfte Eympatbie | der Eindaco di Noma; dazu fam ber Präfelt von
Europas betundeten. Unter ihnen befiegelte die | R. und der röm. Provinz. (Als folcher machte ſich
Anweſenheit de3 deutichen Kronprinzen den Bund | Gabda verdient; als erite Sindaci wirkten Doria,
zwiigen dem neuen Deutichland und dem neuen | Benturi, Pianciani, Ruspoli und der junge Herzog
Italien. Durch eine Adreſſe verlangte N. von der | Zorlonia). An die Armenpflege, das Schulweien,
ehentaligen Hauptſtadt Piemonts als 38 Opfer | die ediliziſchen Verhältniſſe wurde mit Eifer eine
des Patriotismus den Verzicht auf die Beftattung | ordnende, neubelebende Hand gelegt. Im erften
de3 Königs in der Superga bei Zurin, und der | Enthufiaamus dehnte man manche Projekle zu weit
tote Victor Emanuel wurde im Pantheon de3 | aus. Dur Planierung, welde die an den öſtl.
Agrippa beftattet. Sein Cohn Umberto beſchwor Stadtmauern liegende, bisher von Ruinen undWein:
die Verfafjung und empfing den Eid der Vertreter | bergen bededte ——— R.s nn: bat,
der Nation in der feierlihen Yarlamentsfigung | ftedte man neue Quartiere ab. Solche follten ent:
19. Yan. Nur der greife Pius IX., obwol iu tehen auf dem Esquilin, Biminal und Cölius, am
den Zod feines großen, ihm perfönlich jtet3 fymı: | Monte:-Teftaccio und in den Prati di Nerone. Es
patbil en Feindes erfhüttert, proteftierte gegen die | wurben biöher — ——— Esquiliniſche Vier:
Thron eſteigung feines Nachfolgers; dann raffte tel bei Sta.: Maria Maggiore und San-Giovanni
ein feltianes Verhängnis auch ihn plöglich dahın. | Laterano, ein Teil des Biminals * den —5
Der letzte Papſt, welcher R. als König beherricht | und Caſtro Pretorio mit Villenbauten. Die Via
und alle feine Vorgänger an Regierungsjahren über: | Nazionale, deren Anlage noch aus der Zeit Pius' IX.
troffen hatte, ftarb 29 Tage nad) dem Tode des | ftanımt, von den Thermen Diocletians bis aut
eriten Königs des neuen Italien im Batican 7. Febr. * za bi Venezia gerichtet und von da, durch die
Im St. Veter, wo Pius IX. in den lekten jieben | } ——— von alten Gebäuden, bis zu dem Pa:
Jahren ſich nicht mehr gezeigt hatte, ward er num | la330 della Gancelleria fortgeführt, foll jenes Neu:
auf der Zotenbabre zum Fuͤßluß drei Tage lang | rom mit dem Centrum des alten verbinden. Cie
ausgeftellt und von allen Klaſſen des röm. Bolts | ijt im Vorfchreiten begriffen. Der größte, doch
— würdige Teilnahme geehrt. a uien | arditeltoniih unſchöne Neubau iſt der Palaſt des
in der Sirtina im St. VBeter, wo ein jeder tote Papft | Finanzminifteriums an der Dia di Porta Pia (jeht
provijoriich verfenkt wird, fanden bei verfchlofjenen | Venti Ecttembre genannt); wie bei allen neuen
Thüren ftatt. Mit Pius IX. endete die lange | Gebäuden R.s hat nur das Nüßlichkeitsprinzip
Epoche des polit. Papfitums. Das Conclave von | feinen Charalter beftimmt. Beleuchtung, Kana:
62 Karbdinälen, das volljtändigfte aller bisherigen, | lifierung und Pflafterung der Stadt werden eifrig
wurde troß der Bemühungen ber Jefuiten und Ins | gefördert. Für Neubauten in Rom gewährte die
tranfigenten in R. gehalten und 18, Schr. im Va: | ital. Regierung 1883 cine Unterftühung von
tifan_durdh den Conclavemarſchall Fürft Chigi ge: | 50 Mill, Ir3.; ein anderes Gejeh von 1833 be:
——— bei volllommener Ruhe und Freiheit unter | zwect die Melioration des Bodens der Umgegend
en Schuß der ital. Negierung. Schon 20. Febr. | R.s. Zwei Pferdebahnen führen vom Bahnhof
ging daraus der neue Papft Leo XII. hervor, ehe: | zum Lateranplag und zur Piazza Venezia, eine
mals Kardinal Gioachino Pecci. Der erfte Kapit, andere führt von R. zur Kirche San:PBaolo fuori
der unter den neuen Berhältnifien den heil. Stuhl | le Mura. Befeitigte Schanzen auf den ——
beſtieg, ohne die Krone des weltlichen Fürjtentums | von R. find in der Anlage. Die erſte Sorge der
zu tragen, ohne Gebieter Roms zu fein, zeigte als: | ital. Regierung war die Regulierung de3 Laufs
ald, daß er der gemähigten Tartei ſich zuneigte. | des Tiber (f. dd, infolge der Üüberſchwemmung im
Ganz Italien begrüßte —— mit Beiftimmung. | Dez. 1870. Die lühnen Pläne Garibaldis, den
Gr blieb zwar im Batilan verfchloffen, wie Pius 1X., | Fluß von R. abzuleiten, find gefallen; zunächtt foll
fein Bett gereinigt und erweitert werben, ‘Jim |
April 1878 wurden die Reſte der Subliciichen
Brüde mit Dynamit geiprengt; der Garten ber
Farneſing fällt diefer Flußregulierung leider zum |
Dpfer. Der Ponte Eijto ward erweitert (1878),
aber feines -monumentalen Charakters beraubt.
An der Nipetta entftand eine neue eilerne Brüde. |
Zu den Eiſenbahnen von It. nad Florenz, Neapel,
Frascati und Arezzo lam 1878 noch die nad)
Fiumicino.
Rühmlich it der, Fortſchritt des Unterridt3.
Bis 1870 gab es in R. nur geiſtliche Schulen.
Am 16. Dez. 1870 wurde die erſte ſtädtiſche Knaben⸗
ſchule und die erſte Mädchenſchule eröffnet. Im
J. 1883 gab es 350 Kommunalſchulen (Klaſſen) mit
350 Lehrern und 14153 Schülern, ferner533 Privat:
ſchulen mit 551 Lehrern und 13775 Schülern. Die
erite höhere Töchterfchule gründete die Dichterin
Erminia Zus Fufinato, Gymnaſien, techniſche
Inſtitute, wie das Leonardo da Vinci genannte,
Ingenieurſchulen ſind neu entſtanden. Das be—
rühmte Hoſpiz San-Michele ward mit neuen
Schulen der Handwerke und Kunftgewerbe aus:
geitattet, Die röm. Univerfität ward umgeformt,
ihre theof. Fakultät aufgehoben, die andern Fa:
kultäten find erweitert; bie medizinische zählt ſechs
Llinilen. dem — Palaſt der vertriebenen
Jeſuiten (Collegio Romano) ward das Liceo Ennio
Quirino Visconti, dad Muſeo d’ Iſtruzione e
d’ Ebucazione eingerichtet; ebendafelbit das Mufeo
Breiltorico und Mufeo Kircheriano neu georbnet
und erweitert, und feit 1875 durch den Unterrichts:
minilter Bongbi auch die große Bibliothek Vittorio
Gmmanuele gebildet (fürerjt aus 360000 Bänden
der ng 48 Klojterbibliotheten R.s); in dem:
felben Lolal haben die Ftalieniihe geographiiche
Gejellichaft und das Meteorologiiche Gentralamt
ihren Sitz. Dur eine Galerie iſt ſie mit ber
Vibliothet der Minerva verbunden. Die 1602 ge:
gründete, von Pius IX. 1847 erneuerte natur:
biltor. Accademia de’ Lincei, deren Mitglied
Galilei geweſen ift, befindet ſich jebt im Palaſt
Gorfini und ward durch ihren frühern Präfidenten
Sella (jeiger Präfident Francesco Brioschi) um
die zweite Klaffe (biltor. und moraliihe MWifjen:
haften) vermehrt. Im ehemaligen Srauenkloiter
Sta.:Maria in Canıpo Marzio nahm das röm,
Staatdardiv feinen Siß: gebildet aus den Alten
der päpitl. Verwaltung, foweit fie in den Bereich
der ital, en hau famen, und aus den Archiven
der aufpebo enen Klöſter. Seit 1877 entftand eine
Kommiſſion der vaterländishen Gefchichte, welde
ein periodiſches Journal, das «Archivio storico
romano», berausgibt und andere Bublifationen
von Chroniten und Urkunden zur Geſchichte R.s
veripridt. Das hier am meijten gepflegte Gebiet
der Studien war ſtets die Ardäologie: jeit 1875
wurde die Direzione generale archeologica für
Italien in R. eingejcht, unter der Leitung des
durch feine Ausgrabungen in Pompeji berühmten
Senators Giufeppe Fiorelli. (Vorher hatte ber
verdiente Pietro Roſa allein die Aufficht der röm. |
Altertümer.) Somohl die Erdarbeiten in den neuen |
Uuartieren, al3 fyitematiiche Ausgrabungen (Ba: |
latin, Forum Romanum, Thermen Garacallas, |
Nom (Stadt)
im onjervatorenpalait (ehentaliger Hof) vereinigt.
Gin anderes Mujeum in der Nähe des Botanijdyen
Gartens ift beſtimmt, die bei der Regulierung des
Tiber gefundenen Altertümer aufzunehmen, ein
drittes, bei den Thermen des Diocletian, ijt (1886)
im Eniſtehen begriffen. Seit 1870 find die wid:
tigiten Ausgrabungen in R. bie unter Noja be:
gonnenen der Ruinen der Kaijerpaläfte und des
Forums, wo die Bafılifa Julia, der Vicus Tuscus,
der Arcus Fabianus, der Locus Vestae und andere
Ortlichkeiten ganz freigelegt worden find. Die von
demjelben begonnene Wiederaufdbedung der Arena
des Kolojjeums bat fein ur Rejultat gehabt.
Deren das Deutiche arhäologische Inſtitut fein
aBollettino archeologico» —— gibt auch
ſeit 1872 die Commiſſione Archeologica des röm.
Municipiums ein folches heraus. Die Sorge für
die ge Altertümer, deren Präfident Giam-
battijta de Roffi unter dem Papſt war und noch ijt
Katalomben u. ſ. w., Fortführung des großen
rfö «Itoma sotterranea»), bat einen Stillftand
erlitten. Doc ſeßt diejer berühmte Gelehrte das
«Bollettino di archeologia cristiana» fort. Auch
in andern Wifjenichaften wird die geiteigerte Thätig-
feit der Univerfität und der Alademie de’ Lincei,
wie der Zufammenfluß von Talenten aus ben Bro-
vinzen nad) R. ohne Frage von Wirkung fein. Die
Tagesprefie nahm ſeit 1870 einen bemerllihen
Auf ung. Außer dem amtlichen Organ der Regie:
rung («Gazzetta ufficiale del Regno d’Italia») ent:
fand eine Menge von Zeitungen, wie «Popolo Ro-
mano»,« gna», aOpinione⸗, « Riforma»,«Bersa-
gliere» —— «Libertä», «Stampa», die de:
molratilche «Capitale», «Diritto», die engl. «Italian
Times» , die franz. «Italie», die Wipblätter «Fan-
fulla» und «Capitan Fracassa» x. Bon den ebe:
maligen Zeitungen des päpitlihen R. hat ſich nur
erhalten der «Osservatore Romano», bie jeſuitiſche
«Voce della Veritä» und das eingegangene franz.
«Journal de Rome», während das große
ber Sen die «Civilta Cattolica», nad Floren;
übergeliedelt it. Nach turiner Muſter ift jet 1871
auch ein Circolo filologico eingerichtet werben;
ferner ein internationaler —— und ein
röm. Iſtituto di belle arti, mit Kunſtausſtellungen,
feit 1832 in dem neuen Palazzo delle belle arti.
Geiſtliche Schulen und Lehranftalten, wie Prieiter:
feminare beitehen übrigens in R. ungehindert fort,
und nad) der Aufhebung der Sapienza als päpitl.
Univerfität bat im Vatikan felbit eine höhere Lehr:
—— den ** ae de * ar —*
ogiſchen auch andere en —— en
find viele andere, zum Teil ee Alademien
und Gefellichaften päpftl. Uriprungs beitehen ge:
blieben, fo für bildende Künfte die Accademia Ro:
mana di San Quca, die ver zn ione Artiftica
dei Virtuofi al Pantheon, für hu bie Accademia
flarmonica, für Archäologie bie Tepe Acca:
demia romana bi Arceologia, die Societä bei
cultori bella —— — für Litteratur
die Accademia Tiberina, degli Arcadi, die Acca—
demia pontificia dell’ immacolata Goncezione, die
Accademia eccleſiaſtica, die Accademia teologica
und die Accademia liturgica. Andere litterariiche
und wiſſenſchaftliche Inſtitute, die zum Teil von
Tantheon, das noch von DVisconti als päpftl. | der Negierung unterftügt werden, die Accademia
Direkltor der Altertümer ausgegrabene Emporium, | dei Lincei, die Societä univerjale dei Quiriti, die
Ditia u. ſ. w.) haben viele Antiten an das Licht | Accademia medica, die Accademia romana
ali
gebracht. Diefe find meift zu einem neuen Mufeum | ingegneri ed ardhitetti di Roma, die Societä
Rom und Nömijches Neich 783
romana di Storia patria, die Societä geografica
italiana zc.; unter den Kunſtinſtituten find hervor:
zuheben die Accademia Reale di Sta, Cecilia und
die Societä degli amatori e cultori delle belle arti,
welche jährliche Ausstellungen veranftaltet. End—
lich verdienen unter den fremden Akademien Gr:
wähnung die Accademia nazionale di Francia,
die —F Arhäologiihe Schule, das laiſerl.
deutjhe Archäologiſche Inſtitut, die jpan. Ale:
demie der ſchönen Künſte und die Ajjociazione arti:
jtica internagionale. Zu_ den alten Theatern ge:
fellten fih Quirino, Roſſini, Manzoni, Coftanzi
und Alhambra. Außerdem wird jeht noch in der
Dia Nazionale das Teatro dramatico nazionale ge:
baut für ital. Stüde, Im Unterbau des antiken
Maufjoleum — iſt das Anfiteatro Umberto I.
bergen tet. Da das Garantien ga nk
ihen Macht entkleideten Papſt die Stellung eines
Souveräns gefichert hat, jo übt er dieſe in dem
vatikaniſchen Bezirk ungeltört aus, Es ift ihm auch
ein eigenes PBoft: und Telegraphenweſen geblieben.
Beim Heiligen * ſind —33 vor die kath.
Mächte Spanien, Oſterreich, Franfreih und Por:
tugal durch Botſchafter vertreten, während zu:
gleich dieſelben Mächte ihre beim * Italiens
im Quirinal ng Botſchafter halten. Diefe
doppelte Vertretung bei zwei einander an
fouveränen Gewalten in R. eine jonberbare
Spaltung in der dortigen diplomatiichen Welt er:
eugt, und dieſe febt ich auch in der röm. Gefell:
(halt fort, weldye in er ſich meift ausſchließende
—— die kllerilale und die italieniſche, ge:
rennt i
A —* ſind die —— Den II sn
er Umgeitaltung R.s. Der ausichließlich geilt
Charakter der Stabt ift, die Monumente ber de
’
abgerechnet, ſchon jet verſchwunden. Meder pomp:
bafte Kirchenfejte, noch Brozeffionen üben me
ihre alte Anziehungskraft aus; der Papſft bleibt
n
unſichtbar, gleich den Kardinãlen. Die zahlloſen
Mönde find bis auf Die wenigen, dem Ausjterben
eweihten Reſte verſchwunden, denn alle Klöſter
1.3 erliegen dem Gefeb des Staats, der dieſe In—
ftitute des Mittelalters aufgehoben hat. Es iſt zu
rühmen, dab die Regierung dabei mit Schonung
verfahren iſt. Die Kultusfreibeit hat ſchon jeit
1870 alatholifche Selten und Gemeinden nah R. ge:
zogen, wo fie Kapellen und Kirchen einrichteten und
bauten (amerif. Hirde und die Waldenſerlirche in
in der Dia Nazionale und mehrere andere). So
mächtig zeigte jich der Drud der neuern Beit, dab
der Papſt im Febr. 1872 eine öffentliche Diskuſſion
röm. Prieſter mit waldenſiſchen Getitlichen über
die berühmte Frage: «Db Betrus jemals in R.
wars, gejtattete. Wohlthätig wirkte bereits bie
Freiheit nicht allein auf den Bürgerftand, in wel:
chem ſich der Geilt der Afjociation und des Vereins:
lebens zu regen beginnt, fondern aud) auf die röm.
Ariſtokratie. Bisher in ruhmlojem Mußiggang
dahinfebend, nimmt fie jest an den Pflichten des
Staatsbürgers, in den Kammern, dem Stadt: und
Provinzialrat, thätigen Anteil, wenige Nepoten-
familien abgerednet, welche jih noch entjernt
baften (Rofpiglioi, Barberini, Naftımo, Altieri,
Salviati, Aldobrandini, Mattei). Das Vermögen
und bie geiitige Kraft R.s durch Erſchaffung eines
arbeitſamen Burgerſtandes zu mehren, kann frei:
lich nur die Aufgabe langer Zeit fein, jo gut wie
die Bebauung der von der Malaria erfüllten öden
Campagna. Die Induſtrie hat in R. ſeit ber
Annerion große Veränderung erlitten; einige
Zweige, wie die Gijeninduftrie, find gefunten,
andere haben große Fortichritte gemadt, wie
namentlich alle, welche durch die vielen Neubauten
unterjtügt werden. R. ift feine reihe Stadt. Ein:
nahmen und Ausgaben derjelben beliefen fi 1883
auf 37807 920 Lire; unter den Einnahmen bezifferte
ſich der Ertrag der Berbrauchsiteuer auf 8 Mill. Pire.
Litteratur: Gairoli, « Disegno di legge per
concorso dello stato nelle spese edilizie e di am-
pliamento della capitale del Regno»; Simonelli,
«Relazione parlamentare (15. Giugno 1883) sulla
— governativa per il prestito di 150 milioni
i Lire da contrarsi dal Municipio di Roma per
l’esecuzione del piano regolatore» ; Tommafi-Eru:
deli, aMemorie diverse sulle cause della malaria
e sui mezzi preservativi, publicate negli atti dell’
accademia dei Lincei»; Giordano, «Cennisullecon-
dizioni economiche di Roma e del suo territorio»
(Flor. 1871); Manzi, «Igiene rurale degli antichi
Romani in relazione al bonificamento dell’ agro
romano» (Rom 1885); berfelbe, »La viticoltura e
l’enologia presso i Romani» (Nom 1883); Cllena,
«Delle industrie della provincia di Roma» (Annali
di Statistica, Serie 3*, vol. II, 1882); Demard)i,
«] prodotti minerali della provincia di Roma»
(ebenda); «Monografia della cittä di Roma e della
Campagna romana» (2 Bde., Rom 1881); Sella
«Relazione parlamentare 24 Gennaio 1881 sul
progetto di legge relativo al Concorso dello stato
nelle opere edilizie e di ampliamento della Ca-
pitale del Regno»; Bompiani, «Relazione al Con-
siglio Comunale sul piano regolatore e di am-
pliamento della cittä di Roma» (Rom 1882); Bac:
carini, Berti, Genala ıc., «Progetti di legge e rela-
zioni diverse per la sistemazione del Tevere e il
bonificamento dell’ agro romano. Atti parlamen-
tari 1876— 85.» Unter ben neueften Reife: und
Handbuchern über R. find hervorzuheben: Baebeler,
«Mittelitalien und NR.» (7. Aufl., Lpz. 1883), Gfell:
Fels, «N. und die Campagna» (3. Aufl., 2p3. 1833).
Rom und Römiſches Reich (eſchichtlich;
über Verfaſſungsverhältniſſe, Kriegsweſen, Ge:
richtsweſen zc. |. unter Römiſche Altertümer).
. Rom unter den Hönigen. Die aus dem
Altertum überlieferte Geſchichte Roms weiß die
Entjtehung de3 röm. Staats mit Jahr und Tag
u bejtimmen, wobei freilich das erftere verſchieden
erechnet wird, und feht die Gründung der Stadt
jelbjt in Verbindung mit einer weit ausbolenden
Vorgeſchichte. Sie läßt Rom 21. April, nad)
Varros Berechnung im 3. Jahre der 6. Olympiade
= 753 v. Chr., von den Zwillingsbrüdern Ro:
mulus und Remus gegründet werden, jebt dabei
Kom in Verbindung mit Alba Longa, eine Stadt
im Albanergebirge, dieſe wieder mit Yavinium und
lehteres jelbit mit Troja, indem fie Lavinium her:
vorgehen läht aus einer Verſchmelzung trojaniicher
Einwanderer unter Äneas mit den Ureimmohnern
Latiums, den fog. Aborigines. (S. Lateiner.)
Diefer ganze Kreis von Erzählungen ift aber nicht
nur in nd rein ſagenhaften Clementen, jondern
auch da, wo er die Form geſchichtlicher Thatſachen
annimmt, zu verwerien. Gr ijt in der uns vorlies
genden Yallung das Werk ſchriftſtelleriſcher Erfin-
dung und Kompoſition. Auch die neuere Derfanng
über röm. Gefchichte fucht jedoch über Rom jelbit
binauszugehen und feine Entitehung aus den
784
Berhältnifien Latiums zu begreifen, aber in ganz
anderer Weile. Sie juht vor allem die röm. Natio:
nalität feftzuftellen. Die Bevölterung Noms er:
iheint aus drei Stämmen iufammengeie t, den
(latiniichen) Ramnes, den Tities und Luceres.
Wenn man daraus, daß der Name der Tities von
dem Sabiner Titus Tatius abgeleitet wird, viel:
leicht nicht mit Unrecht gefolgert hat, dab der Sage,
wonach Nom aus einer Vereinigung latiniicher und
ſabiniſcher Elemente hervorgegangen ift, nicht aller
Grund abzufprechen fei, fo hat die neuere Sprad):
forihung erwielen, dab Latiner und Sabiner eng
verwandte Zweige derielben italiihen Bölkerfamilie
waren. (S. Italiſche Böllter und Spraden.)
Es wäre alfo aud unter dieſer Boraustekung die
römiſche Nationalität nicht als eine gemiſchte an:
zuſehen. In Wahrbeit aber hat jedenfalls die latei:
niiche Bevölkerung in Nom bei weitem das Über:
gewicht gehabt, wie ſich ichon daraus ergibt, daß
vie Sprache Roms die lateinijche war. m den
dritten Stamme, den Luceres, wollten früber
manche Gtruster erlennen. Derjelbe it aber höchſt
wahrſcheinlich ebenfall3 für lateinisch zu halten,
wenn auch unzweiielhaft ſchon früh Clemente etrus:
liſcher Kultur in Nom eingedrungen find,
Die ftaatlihen Borausiekungen Noms find dem:
nad) diejenigen, weldye überhaupt in Latium um
die Zeit des 8. Jahrh. v. Chr. vorhanden waren,
d. der Gau als beſtehend aus einem Verein von
Ge chlechtern (geutes), die ſelbſt wieder aus einer
— Familien beitehen, geleitet von einem polit.
Dberhaupte, wohnend in einem offenen Toorfe im
Schuße einer Sure (arx, capitolium), neben an:
dern Gauen, mit denen zufammen er einen Gau:
bund mit einem gemeinichaftlihen Vorort bildet.
Indem nun mit dem Gau der Namnes, 22 km
oberhalb der Tibermündung, fi der der Tities
und fpäter der der Luceres verband, vergrößerte
fich die ummauerte Stadt, bie Roma quadrata, auf
dein Palatium, demjenigen der dort befindlichen
Hügel, welder der Burg, dem Kapitolium, ſüdöſtlich
gegenüber lag, durch weitere Niederlajlungen auf
den umliegenden Hügeln und den dazwischen lie:
genden Thälern, Der Grund diefer Zunahme der
Bevölkerung an einem weder gefunden, noch befon:
ders fruchtbaren Orte wird wohl mit Recht in der
Lage am Tiber gefucht, indem der Mangel eines
natürlichen Hafens an der Mündung die Schiſſer
veranlakte, bis zum nächſten ſichern Orte ftrom:
aufwärts zu fahren, und biejer einerfeit3 zum
Etapelplag für bie Srensaine Latiums, für
Ellaven: und BViehbandel, andererfeit3 zum Ein:
taufsplag für fremde Waren wurde,
„Die fo entjtehende und_entitandene Stadt läßt
bie Tradition zuerſt von Königen regiert werben,
deren fie, Nomulus eingefchloffen, fieben aufzählt,
mit einer Regierungszeit von — 240—244
Jahren. Allein weder die Eiebenzahl diefer Kö:
nige, noch die 240 Jahre ihres Regiments, noch die
Regierungszeit der einzelnen, n0d endlich die Ver:
teilung beftinmter einzelner Greigniffe und Ein:
rihtungen unter die verſchiedenen Herrfchernamen
tönnen al3 biftorifh gelten, nur mag der fort:
Ihritt, der in der Entwidclung Noms allmählich
unter den Königen gemacht wurde, im ganzen
ziemlich richtig gezeichnet fein. Es heben fih, wenn
man die einzelnen Königsgeſchichten miteinander
vergleicht, ſofort die drei erften und die drei lehten
ols zufanmengehörige Gruppen heraus, während
Nom und Römiſches Reich
ber vierte König den libergang bildet. Jene erfte
Gruppe repräfentiert den im Innern noch durch
nichts gejtörten Staat der Patricier, d. h. ders
enigen Geſchlechter, aus denen die ſich vereinigen⸗
den Gaue beftanden, und die Feſtſtellung der ein:
fachſten Elemente der polit. Verfaſſung, wie fie
über und neben dem Geſchlechterſtaat aus dem Zu:
fammentreten mehrerer unter ſich nicht verwandter
Gaue hervorgingen. Tie polit. Cinrichtungen
dieſes Gejchlechteritaat3 repräientiert Romulus,
die falralen Anjtitutionen Numa, die erften An:
fänge der Bergrökerung und Abrundung des Ge
biets und damit aud den immer größern ort:
ſchritt von der Gauverfaſſung zu dem ftädtiichen
und ftaatlihen Weſen ftellen in der Hauptiade
wohl rihtig, wenn au im einzelnen unbiftoriich,
die Berichte von den Siriegen des Romulus und
Tullus Hoitilius mit den nächſten jabiniihen, lati—
niichen und etruriichen Nachbar dar. Daß unter
diefen Kämpfen einzelne einen ernitern Charalter
hatten und mit völliger Einverleibung unterwor:
fener Gebiete endigten, zeigt die wohl als hiſtoriſch
anzuerfennende Zerftörung Albas und die Ber:
pilanzung albaniſcher Geſchlechter nad Rom; da:
gegen fönnen die Kämpfe mit Beil und andern
Nachbarſtädten für diefe Zeit nur als nadhbarliche
Neibereien betrachtet werden. Die Gedichte vom
Haub der Sabinerinnen ift vollends nur ein My:
thus. Der vierte König, Ancus Marcius, vereinigt
in fih die Eigenihaften des Numa, als defien
Tochterſohn er bezeichnet wird, mit denen des Ro:
mulus, Ihm wird die Gewinnung des ganzen Ge
biet3 von Rom bi? an den Ausfluß des Tiber und
infolge davon die Anlage der Kolonie Dftia zuge:
ichrieben, vor allem aber foll Ancus Marcius die
in glüdlihen Kriegen mit den übrigen Gauen und
Städten Latiums gefangenen Ginwobner nad
Rom verpflanzt haben. Dadurch ward die aufer
den patriciihen Bollbürgern in Rom befindliche,
teils aus Clienten (f. Elientel), teild aus zuges
wanderten und nad Nom verpflanzten Satinern
beitehende Bevöllerung ſtark vermehrt.
Die zweite Periode der Königszeit beginnt
da, wo die Plebs (f. d.) zu einem Faltor der Ent:
widelung wird, Man lann diefe zweite Periode
al3 die der Tarquiniſchen Könige bezeihnen. Auch
je ift in ber Überlieferung no fagenbaft auge:
hmüdt, läßt aber doch noch weientlide Züge ers
tennen. Die Sage läßt die Targuinier von Etrurien
nah Nom kommen; dies ift erfunden unter der Vor:
ausfesung, Nom hätte die Elemente höherer Bildung
in den erſten Jahrhunderten vorzugsweije von ben
Gtrusfern entlehnt. Die kritiſche Forſchung zeigt
aber, daß dies nicht der Fall ift, und daß die meiſten
eben Kulturelemente, namentlich die Buchſtaben—
chrift und einige Anfänge der bildenden Kunſt, viels
nr von den Griechen Unteritaliens und Siciliens
nad) Latium und Non kamen. Es war dies eine Folge
davon, daß die Tarquinier, bie am wahrſcheinlich—
ften als ein latiniſches Geſchlecht anzuſehen find,
nicht bloß Rom in Latium eine hervorragende, ja
zuletzt bie erfte Stelle verſchafften, ſondern e3 auch
in ben bamal3 von Griechen, Kartbagern und
Gtrusfern betriebenen Verlehr des Mittelmeer:
bineinzogen und insbeſondere eine lebhafte Berbins
dung mit Cumä und andern Griedenftädten Unters
italiens und Siciliens, ja fogar mit Maifilia, dem
Fen Marſeille, herſtellten. Die Sage untere
cheidet zwei Tarquinier ald Bater und Sohn, ſchiebt
Rom und Römifches Rei
aber zwiichen beiden den Servius Tullius ein mit
einer Regierungszeit von 44 Jahren, was eine —
nol. Unmöglichkeit iſt. Dagegen wird wohl zu glau:
ben jein, daß das Haus ber Tarquinier in mehr als
einer Oeneration herrſchte, während fi nicht mehr
erfennen läßt, wie fi) dazu die Figur des Servius
Zullius verhält. An den Namen bes Servius
Inüpfen fich die wichtigſten Thatſachen diefer zweis
ten Periode. Schon Tarquinius Priscus, wird
erzählt, hatte im Sinne, die Plebejer, die bis jeht
auberhalb des Geſchlechterſtaats geitanden und nur
Laſten, nicht auch polit, Rechte gehabt, in den Ver:
band des Staats —** iehen. Er konnte aber,
gehemmt durch priefterlihen Einſpruch, nur eine
Anzahl von plebejiihen Familien gerade fo viele,
als e3 patricifche gab, in die bisherige Einteilung
ber Bürgerfhaft aufnehmen und zu Nitterfchaft,
Senat und Priefterwürden gelangen laſſen. Grit
bad Verbienjt des Servius Tullius war ed, bie
Plebs zwar nicht gleichberechtigt mit den Patriciern
zu maden, aber doch den ganzen Stand in den
Verband des Staats hineinzuziehen und ihm da:
durch, daß man wichtige bürgerliche Rechte auf die
Anfäjfigleit und den Kriegsdienit bafierte, ſolche zu
verſchaffen, fie aus Nichtbürgern zu Halbbürgern
zu machen. Auch wurde dem Servius da3 groß:
artige Werf der Ummallung fämtlicher Teile der
Stadt mit einem Umfang von etwa 8 km zuge:
Ihrieben, ein Werk, von dem fich bis heute bedeu—
tende Reite erhalten haben. Endlich erſcheint unter
Servius Tullius Nom in einer bedeutenden Stel:
lung innerhalb de3 Latinifchen Bundes. Unter ihm
ward in Nom auf den Aventin ein Bundesheilig:
tum errichtet. In diefen Verhältniſſen tritt in der
Tradition der zweite Tarquinius, der den Beinamen
Euperbus erhielt, als derjenige König auf, der die
bisherige Entwidelung auf die Spipe treibt. Er
beendigt die ftädtiichen Anlagen, die feine Vor:
gänger — vor allem den lapitoliniſchen
empel. Unter ihm erſcheint das Gebiet und die
Macht Roms auf einem Höhepunlte und Nom iſt
das Haupt Patiums, Er Infipft weitgreifende Ber:
bindungen mit den Nachbarſtaaten an, aber durd)
ibn ftürzt auch das Königtum — dem
äußern Anlaß nad wegen des Übermuts ſeiner
Söhne und des Attentat3 auf Lucretia, in Wahr:
beit durch feine Stellung zu den Geſchlechtern.
Sein Sturz war nicht einiad, wie es in der Tra⸗
dition gejchildert wird, ein Sieg der Volfsfreibeit,
fondern erfolgte wohl mehr im Intereſſe der se
tricier, die ji von der Königsgewalt in Kg De:
deutung a wer faben und nun, da dieſe
Gewalt durd) Kriegsdienfte und Fronen auch die
Plebejer bedrüdte, die Unzufriedenheit diejer be:
nusten, den unpopulären König zu ſtürzen. Das
Jahr der Vertreibung des Tarquinius und damit
ber Abſchaffung des Königtums ift nad) der tradi⸗
tionellen Chronologie das J. 510 v. Chr.
II Rom als Republik. Nach Vertreibung
ber Könige trat an die Stelle der lebenslänglichen
Gewalt eine jährlich wechjelnde und unter zwei
Männer geteilte, ein imperium annuum et duplex.
Dei diefer Beichräntung der oberjten Gewalt ward
das Prinzip der Kollegialität dem der Zeitbefchrän:
fung in der Weife an die Seite gefeht, daß jeder
ber beiden Beamten die gleiche volle Macht hatte,
zugleich aber jeder beichränft war durch das Veto
3 andern. Im übrigen handelte e8 ſich darum,
bem Kompromiß zwijchen Batriciern und Plebejern,
Gonverfationd» Lerilon, 13. Aufl, XIII,
185
durch welches die Revolution zu Stande gelommen
war, bei der Verteilung der öffentlichen Rechte unter
die beiden Stände Ausdrud zu geben. Den Löwen:
anteil erhielten die Patricier. Allerdings ging die
olit, Bedeutung ber patriciichen Vollsverſamm⸗
ung ber Curiatcomitien in ber Hauptſache auf die
—— — Centuriatcomitien über. Cs
wurde ferner allen —— den Plebejern wie den
Batriciern, die Provolation, d. h. das Recht der
Appellation an das Bolt in Kapitalſachen erteilt
durch ein Gejeh des Balerius Boplicola, die röm.
Habead: Corpus: Alte, Endli wurde der unter
Zarquinius Superbus jehr zuſammengeſchmolzene
Senat, al3 man ihn wieder auf die Höhe von
300 Mitgliedern brachte, wohl mit aus Plebejern
sraängt. Allein die Batricier nahmen für fi den
A * der Magiſtratur und der Prieftertümer
und behielten ſich, wie es fcheint, beſondere korpo⸗
rative Rechte innerhalb des Senats vor. Das
Stimmrecht in den Centuriatcomitien war zu ihren
Gunften organifiert, und felbft das Provolations:
geieh konnten fie vorübergehend fufpenbieren durch
die Ginfeßung der Diktatur al3 zn Heritel:
lung der einheitlihen Obergewalt.
Diefe ungleihe Verteilung, in Verbindung mit
den fozialen Verhältnifien, führte bald zu einem
Kampfe zwiſchen den beiden Ständen, der über ein
yehrhun ert dauerte, Die treibenden Motive in
diefem Kampfe waren auf feiten der Patricier ein:
beitliher Natur: Behauptung ber regierenden Ge:
walt im Staate; auf feiten der Plebejer waren fie
—— hrer Maſſe nach waren die
Plebejer anfällige Bürger mittlern Vermögens; es
hob ſich aber eine nicht ganz unbedeutende Anzahl
reicher Familien aus ihnen ab. Nun beſtanden die
allgemeinen —— am Anfang der Republit,
mit und ohne Schuld der Patricier, in der Meife,
daß zwar jene reihen Plebejer ſich oben erhielten,
aber die mittlern, von Kriegsdienſt und Steuern
unverhältnigmäßig in Anfprud genommen, vom
Kapital der reihern Batricier und Plebeſer ab:
bängig wurden, ja ſehr an, in Schuldknechtſchaft
erieten, olonomiſch aljo — wurden.
gleicher Zeit > die Kolonijation, weil der
Gebiet3umfang eher zurüdging al3 zunahm, und
wenn ja neues Land gewonnen wurde, jo machten
e3 die Patricier zum ager publicus, jur Staats:
bomäne, deren Pacht fie als ihr Vorrecht betrach⸗
teten, das vo noch mit den plebejiichen Sena⸗
toren zu teilen wäre. Der art aber, ber einen
bedeutenden Bolten in den öffentlichen Einnahmen
bilden follte, wurde nicht regelmäßig eingezogen,
fodaß die hauptſächlich auf den Plebejern laftende
Grunbditeuer, welche im Bedürfnisfall ausgejchrie:
ben wurde, öfter erhoben werden mußte, als jonit
nötig geweien wäre. In diefen ölonomiſchen Din:
gen nun waren bie Inlereſſen ber reichen Plebejer
von denen der —— nicht verſchieden. Dagegen
ſuchten erſtere den Patriciern den Alleinbeſihß der
Aniter zu entreißen, was wiederum für Die ärmern
Plebejer gleichgültiger war. Offenbar hätten die
Patricier dieſe Teilung der Intereſſen benuten
fönnen, um die Plebs ſelbſt zu ſpalten, aber ihr
ftarres Beſtreben, bie privilegierte Stellung nad)
allen Seiten hin —— vereinigte immer
wieder die ganze Plebs gegen fie.
Tas am weiteiten treibende, geradezu revolur
tionäre Glement in diefem Kampfe war das der ſo⸗
jialen Intereſſen, und die traditionelle Chronologie
60
786
läßt denn auch den erften Ausbruch desfelben, den
Auszug der Plebs auf den Heiligen Der, ſchon im
J. 494, alfo ſchon 15 Jahre nad der Vertreibung
der Könige, aus Anlak diefer ftattfinden. Das
Ergebnis diefer Revolution war neben momentaner
ötonomijcher Grleihterung das Bollstribunat (f.
Tribun und Tribunat), als eine den Blebejern
eigentümlihe Magiltratur, und die Organijation
der Plebs als eines eigenen polit. Standes, wäh
rend wohl um biefelbe Zeit eine neue Ginteilung
des ganzen Gebiets jtatt wie bisher in 4 ſtädtiſche
Tribus, an die das angrenzende Land angeſchloſſen
war, in 4 ftäbtijche und 16 ländliche Tribus vorge:
nommen wurbe, wozu gleich oder bald nachher ein
91. und mit ber Beit noch weitere Tribus kamen.
Indeſſen wurde dadurch, daß die Plebs nunmehr
ein Organ und eine Organiſation batte, die Heftig:
feit des weitern Kampfes zunächſt nur wenig ge:
mildert: die freilich fanenhaft ausgefhmüdte Ge:
ſchichte von Goriolan (491) und von Sp. Gaffius
(486), die Ermordung des Tribunen Genucius
(473), der fiberfall des Kapitols durd eine Schar
Berbannter (460) zeigen dies zur Genüge. Der
erite pofitive Erfolg des Tribunats war dad Zwölf:
tafelgefeb. Ein Jahrzehnt lang fämpfte nach der
Tradition der Tribun Terentilius Arſa darum,
indem er zuerit 462 den Vorichlag einbradte, es
folle ein für beibe Teile, Patricier und Plebejer,
gleihmäßig geltendes Landrecht ſchriftlich abaefaht
werden. J. 451 durch eine befondere Magi:
ftratur von zehn Männern, bie an bie Stelle der
Konfuln traten, und denen gegenüber man aud)
das Tribunat aufhob, in Angriff genommen, wurde
dieſes röm. Staatögrundgejek 450 fertig und in
12 Zofeln publiziert. Im folgenden Jahre aber
wurben bie Decemvirn, die den Verſuch machten,
fi) widerrechtlih im Amte zu behaupten, nach ber
Tradition durch eine zweite Gecefjion der Plebs
befeitigt, das Konſulat mit feinem Gegenftäd, bem
Tribunat, wiederbergeftellt und mittel® der va:
leriſch horaziſchen Gelee die Nechte der Tribunen
und ber Plebs gefeſtigt und erweitert. Bon da an
war der Kampf rubiger und geordneter; an die
Stelle ſtürmiſcher Schlachten trat jept eine regel:
rechte Belagerung der Feſtung, welche die Borrechte
der Batricier bildeten, bis endlich im Laufe von
150 Jahren diejelbe erobert wurde. Nacheinander
werden gewonnen : 445 die Ehegemeinſchaft zwiſchen
Batriciern und Blebejern durch das canulejtiche Ge:
ſeß, in bemjelben Jahre die Konzeſſion, daß jtatt
der Konſuln auferordentlicherweife auch Militär:
tribumen mit lonfulariicher Gewalt newählt werden
tönnten aus beiden Ständen, 421 der Zutritt der
‘lebejer zur Duäftur, 368 oder 367 durch ein
liciniſch⸗ fertifches öeſeß zu einem der hoͤhern
Prieſterklollegien. Endlich gehen 367, wie es heißt
nad elfjährigem harten Kampfe, die andern ent:
ſcheidungsvollen liciniſch-ſextiſchen Geſetze durch
mit folgenden Artileln: Es ſoll wenigſtens der eine
Konſul ein Plebejer ſein; lein Gutsbeſiher ſoll mehr
als 500 Morgen Staatsdomänen pachten können;
die Gutsbeſiher ſollen nicht bloß mit Sklaven, fon:
dern auch mit einer verhältnismäßigen Anzabl
freier Arbeiter ihre Güter beitellen; es follen mit
Beziehung auf die Vergangenheit den Schuldnern
die bereits gezahlten Zinjen vom Kapital abgezogen
und für die Bezahlung des Reites billige Früten
aewährt werden. Damit waren die wejentliden
polit, und ölonomiichen Forderungen der Plebs
Nom und Römiſches Neich
miteinander durchgebracht; ver Reſt folgte vollends
ohne große Mühe, In den %. 339 unb 337 er:
halten die Plebejer Zutritt zu Cenfur und Prätur,
und im 5%. 300 dur da3 ogulniiche Geſeß, wie
ſchon früher 28 der Oralelbewahrer (Decem-
viri sacris faciundis), zu ben zwei andern zu:
glei politifch wichtigen — dem Au⸗
purat und Bontifilat. Endlich wurde, nahdem
lange jchon frühere Gefehe den Beſchlüſſen der Plebs
in ihren Beriammlungen nad Tribus eine be-
dingte Gültigkeit für das Geſamtvoll beigelegt
batten, um das J. 287 v. —* durch ein Geſch
feſtgeſtellt, daß dieſelben unbedingte Geſetzeskraft
haben ſollten. So lonnte von einem ſtändiſchen
Zwieſpalt nicht mehr die Rede fein. _
, Unterdefien war ber Gang ber äußern Ereigniiie
in diefer erften Beriode der Nepublil ein nicht
minder bewegter geweien, indem nach drei Seiten,
gegen Patiner, Etruöter, Nguer und Boläfer, Ronı
mit aller Macht ih zu wehren hatte. In Latium
batte die Nepublif eine oberberrlidye Stellung von
den Hönigen ber überlommen, konnte dieje aber
t nicht im ihrem vollen Umfange behaupten,
ondern mußte fih bequemen, auf den Stanbpuntt
eines gleichen Bünbnifjes fich zu ftellen, freilich im-
mer nod) jo, daß Rom allein alien übrigen Latinern
gleih war. Sonach enthielt denn der neue Bundes⸗
vertrag, den 493 der Konſul Spurius Caffius
ſchloß. die Beftimmung, daß in gemeinfamen Krie
en aller Gewinn an Land und Beute zu gleichen
ilen unter Rom und die übrigen Latiner geteilt
werben folle. Bei diefem Verhältnis bfieb es auch
338 bildete der ca:
für lange Beit; denn bis fiſche
Vertrag, bem 486 bie Herniter, bie Bewohner
der VBorberge des Sabinerlandes, beigetreten wa:
ten, bie Grundlage ber Stellung Roms zu Latium.
Die Berfuche der Patiner, ſich günjtiger zu ftellen,
enbi Giegen der Nömer, und für
inzelne Zatinerftäbte, wie Tusculum, mit ber Ein:
verleibung in ben röm. Staat (381).
In Etrurien ftand Rom cin Städtebund gegen:
über, deſſen nädhjtgelegener Zeil, mit dem es am
bäufigiten zu thun hatte, die Stadt Teji war. Gr:
öffnet wurde ber Kampf mit Etrurien durch den
Krieg gegen den König Worfena von Clufium, ber,
nach der Tradition, um die Zarquinier wieder ein:
zuſehen, wabrideinlid die Shwädhe Roms nad)
dem Sturze der Tarquinier benugend, Nom angrifi,
die Stadt zur Übergabe zwang und, was in der
Tradition vielfadh verbedt wird, fogar zu einem de:
möütigenden Vertrag mit Gebiet3abtretung brachte.
Nur kann dieſer Bertrag nicht lange in Gültigkeit
geweien jein; denn bald findet man die Römer
wieder im Befik ihres frühern Gebiet? und von
da an bauptiählic im Kampfe mit Beil. Nah
beinahe bundertjährigem Etreite, in deſſen crite
Zeit (479—477) die Aufopferung der Fabier beim
Zanden Eremera fällt, wird Beji erobert (396).
ie Nömer faßten damit feiten Sub in Etrurien
ſelbſt und um die Mitte des 4. Jahrh. v. Chr. find
fie im Beſih von ganz Südetrurien bi3 zum Gimi-
niſchen Waldgebirge. Damit ift der Kampf aui
biejer Seite zu einem vorläufigen Abſchluß gebradt.
milden die etruriichen Kämpfe binein fällt ber
berfall Roms durch die Gallier (390). Dies war
jedoch nur ein vorübergehender, wenn auch gewal:
tiger Sturn, der um jo weniger bleibenden Gin:
flüß auf die Machtſtellung der Kömer übte, als cr
die Gtruäfer ebenſo kart traf,
Nom und Römifches Reich
Unbedeutender an Macht, aber bartnädiger und
ausdauernder al3 die Gtrusfer war die britte
Gruppe von feindlichen Nachbarn, die Aquer und
Boläter, von denen bie erjtern die Rorboftgrenze
Latiums, die leßtern die Berge üblich vom Albaner:
gebirge inne hatten. Immer und immer lehren
dieſe Striegsgefchichten bei Livius wieder, und wenn
auch nicht die Hälfte davon biftorifch ift, fo erfennt
man doch baraus, welche Mühe es den vereinigten
Römern und Latinern koſtete, diefer Heinen Völker:
ſchaften Herr zu werben. Ums J. 380 waren bie
Nömer mit Hilfe der Herniler, deren Bünbnis
wegen ihrer Sage zwiſchen Hquern und Volskern
boppelt wertvoll war, definitiv Sieger und konnten
durch Anlegung von Kolonien feiten Fuß faflen.
Als fie dann auch noch im Land der Sabiner, wie
es ſcheint, ohne befondere Mühe Eingang gefunden,
befand fih von Eäre in Gtrurien bis hinab zum
Liris an Grenze von Gampanien und vom
Meere bis ins Herz von Mittelitalien binein alles
unter röm, Botmäßigfeit, und der röm. Name war
in ganz Stalien, ja bereit3 über das Meer hinüber
aus bei den Griechen befannt. Die Eroberungen
bi3 387 wurben in vier, die bis 358 in zwei weitere
neue Bezirke oder Tribus gefaßt.
Die zweite Periode der Republik, die Zeit
von ber Beendigung des Kampfes der Stände bis zu
den grachiichen Unruhen, charakterifiert ſich durch
die Herrihaft der Nobilität. Gefehlich berrichte
ion allerdings kein nennenswerter polit. Unter:
ſchied mehr zwifchen ben Bürgern; allein die Vors
züge, welche Vermögen, Geburt und die von Ge:
netation zu Generation fortgepflanzte polit. Braris
den patriciichen und vornehmen plebejiihen Fami⸗
lien gaben, zeigten fi nad wie vor wirkiam.
Nur erweiterte ſich jekt ber Geburtäabel zu einem
Beamtenabel, das Batricint ur patriciſch⸗ plebeji⸗
ſchen Nobilität. Bald genug No ; fich hinter einer
verhältnismäßig Heinen Zahl reicher plebejifcher
Familien, mit welchen bie Batricier ihr bisheriges
Monopol auf die Amter teilen mußten, der Kreis,
und nur felten gelang e3 einem, ber diefem ſtreis
nicht angehörte, ihn zu durchbrechen und als neuer
Menich» (homo novus) ſich in die hertſchende Klaſſe
einzuführen. Wie jebe Ariftofratie, jo hatte auch
Diele römische ihren Schwerpunft nicht in ber Ma:
giftratur, fondern im einer Ratsverſammlung,
ım Senat, und indem nun in dieſer zweiten Periode
diefe centrale Stellung de3 Senats al3 ber eigent:
lihen Regieruugsbehörbe ſich vollendete, änderte
ſich notwendig die Bedeutung der Magiftratur, des
Tribunat3 und der Vollsverfammlung. Die Mas
iftratur wurde dadurch in soanifhen Zuſammen⸗
ang mit dem Senat gebracht, daß man im Anfang
dieſes Zeitraums feſtſetzte, es ſollten die Lüden des
Senats ordentlicherweiſe aus den geweſenen höhern
Beamten ergänzt werden. Dadurch hatten auch die
fungierenden Beamten weniger Intereſſe, ſich von
der Autorität einer Behörde zu emancipieren, in
die fie nad) Beendigung ihres Amtsjahrs eins oder
znrüdtraten, und wenn jie ja eine Gmancipation
verfuchten, fo erhielt diefe bei der einjährigen
Dauer des Amts wenig Bedeutung gegenüber einer
bleibenden Behörde, die alle polit. Kapazitäten in
ſich Schloß, Nicht minder wichtig aber war e3, daß
e3 dem Senat gelang, das Vollstribunat aus der
revolutionären Stellung, die in feinem Urfprung
und feinen Weſen lag, in ben organiihen Zus
fammenbang des Staats, im den regelmäßigen
187
Gang der Amterſtaffel bineinzuziehen und es nicht
nur dem Senat gegenüber zum Schweigen zu brin:
gen, fondern fogar zu einem Organ der Regierung
zu maden, das fi wegen feiner eigentümlichen
Stellung ald Widerpart des Konſulats erforder:
lichenfalls gegen a Magiftrate verwen:
ben ließ. Als Konfequenz diejer Stellung des Tri-
bumatö aber ergab ſich, daB aud die Volläver:
fammlung, befonders die unter der Leitung der
Tribunen ftehenden Tributcomitien für die herr:
ſchende Ariftolratie ganz ungefährlich wurden. So
4 es unter der Leitung des Senats in der innern
NW itik diefer Zeit — zu. Die einzige um⸗
faſſende Verfaſſungsänderung, die dieſer Periode,
und zwar wahrſcheinlich dem J. 241, zugewieſen
werben ann, bie jog. Neform der Genturiatcomi:
tien, hatte jo wenig Bebeutung, dab nicht einmal
feftiteht, ob jie eine fonjerwative oder bemofratifche
Mapregel war. Die Tüchtigleit dieſer Ariftofratie,
die noch über die Hälfte diejer Beriode hinaus ihre
Stellung nicht ala Sinefure faßte, erklärt eö aber
auch, weshalb das röm. Bolt ſich babei berubigte,
jeine Geſchicke in deren Händen zu willen.
So ruhig die innere Geihichte Noms in biefer
Beit verlief, fo bewegt war die äußere: es voll
ich in ihrem Berlauf bie —— Noms zur allei⸗
nigen Großmacht im Syſtem der Mittelmeerſtaaten.
Das erfte Stabium dieſer Entwidelung bilden die
Kämpfe mit den Latinern, Samniten, Gtrusfern
und Galliern. Die Latiner empörten ſich 343 gegen
Rom, wurden aber nad) dre Jäbrigem rieg in der
Schladt bei Trifanum von dem Konful T. Man:
lius Imperioſus gänzlich befiegt. Es erfolgte die
Auflöfung des latiniſchen Bundes. Man belieh
dem größten Teil der unterworfenen Städte in
ihren Angelegenheiten zwar noch bie Autonomie,
aber alle wurden untereinander itoliert, bie meijten
wurden in die röm. Bürgeraemeinichaft teild mit,
teils ohne Stimmrecht aufgenommen und nur ein:
zelne durften als bejondere, aber doch abhängige
Staaten fortbeftehen.. Antium und Terracina
wurden röm. Bürgerlolonien. Diefes ftraffere An:
ziehen der Zügel gegenüber Latium war um fo wid):
tiger, als zu gleiher Zeit Rom dazu fam, über La:
tium hinaus in Campanien feſten Fuß zu fallen.
Dort hatte das Bergvolt der Samniten, deren Siße
in ben heutigen Abruzzen lagen, das gene Kuſten⸗
land, die griech. wie die campaniſchen Städte, unter
feine Botmäßigkeit gebracht. Streitigleiten, welche
die in Campanien befindlichen Samniten mit denen
in den Bergen unterhielten, veranlaßten die Römer
einzufchreiten und zu helfen. Sie halfen aber jo
gründlich, daß fie bereitö um 330 eine Reihe bedeu:
tender campaniſcher Städte, darunter Capua und
Gumä, ihrem Machtgebiet einverleibt hatten. Die:
fer — einem ſo te Stamm
wie die Samniten führte zu weitern Zufammen:
jtößen, und es entwidelte ſich nun jene Folge von
Kämpfen, die man als den zweiten und dritten
Samnitenfrieg bezeichnet, und deren Gegenitand
unädjt Gampanien war, dann das famnitijche
toland, in dritter Ziniedas hinter Diefem liegende
Apulien mit feinen griech. Städten. Gleich beim
fog. zweiten Samnitenfriege (326 — 304), deſſen
bervorragendfte Begebenheit die Gefangennahme
eines rönt. Heers bei den Caudinijchen Päſſen war
(321), kamen jämtlide drei Gebiete nacheinander
in Frage, zudem Umbrer, Gtruster, quer. Sogar
die Herniter verbanden fi mit den Sammniten,
50*
788
aber bie Römer blieben Sieger unb behaupteten
Canıpanien und Apulien. Schon hier beginnt jenes
meifterhafte Syftem der Römer, die eroberten Land⸗
ftriche durch Militärftraßen zu fihern und an diefen
entlang Kolonien als Feitu anzulegen, fei es
als Latinifhe Kolonien mit Römern un Catinern
oder als reine röm. Bürgerfolonien. Die erite
diefer Straßen war bie 312 von dem Cenſor Appius
Claudius von Rom nad) Capua angelegte fog. Bia
Appia. Darauf [eigen die Straßen von Rom den
Tiber entlang dem Adriatiichen Meer zu, fpäter die
Dieminiide enannt, und die von Rom durch das
arferland —— fpäter fog. Valexiſche. Aber
nod) während der Anlage dieſer Straßen und Ho:
lonien F— 298 nochmals die ganze mittelitaliſche
Koalition los und 309 fogar die Gallier von be
Vo:Ebene ald Bundesgenofien herbei. Allein bie
Schlacht bei Sentinum in Umbrien 295 brach bie
Macht der Koalition. Ein Glied derjelben um das
andere fiel ab, und 290 war ber Krieg zum Bors
teile Roms entichieben. Das Refultat war die teils
unmittelbare, teils mittelbare Herrſchaft über ganz
Ytittelitalien,
Mit der Feftießung in Apulien, wo die Kolonie
Benufia 291) allein 20000 Koloniften erhielt, war
Rom bis dit vor Tarent gerüdt, Der Übermut
der Tarentiner rief je J ben Ausbruch des
Kampfes hervor, zu deſſen Führung die Tarentiner,
unfähig mit eigenen Kräften ſich zu halten, den
Söldnerführer Pyrrhus von Epirus berbeiriefen,
Der Erfolg des Kriegs mit Pyrrhus, mit dem wies
derum die Samniter, Lucaner, Bruttier fich ver:
banden, war nad anfänglihen Niederlagen der
Römer bei Herallea in Lucanien (280) und A3-
culum in Apulien (279) fchließlih ein für Rom
— Nach dem Siege des Manius Curius
eniatus bei Benevent (275) verläßt Pyrrhus Ita⸗
lien, und 272 wird Tarent erobert. Im Verlauf
der nächſten ſechs Jahre wird Rom Herrin von ganz
Unteritalien, und damit ift ganz Italien im bama:
ligen Sinne, d. h. von den nördl. Abhängen des
Apennin bis zur Meerenge von Meſſina, unter der
röm. Republit vereinigt. Die einzelnen italiſchen
Städte und Landfhaften find teils förmliche Teile
ber Republit, wie die Bürgerftäbte und Kolonien,
teild abhängige Bundesgenofien, unter denen wie:
der Rechtsunterſchiede gleihen und ungleichen
Bundniſſes beitanden. ,
So ftand Rom 266 an der Sübipie ber Halb:
infel unmittelbar —— gegenüber, der Beherr⸗
ſcherin Siciliend und ber erften damaligen See:
macht im Mittelländifchen Meer, mit welcher bie
röm. Republit feither immer Frieden und Freund:
fchaft gehabt hatte und eben noch gegen *
und Tarent verbindet geweſen war. Von den
Mamertinern, einer campaniihen Sölbnerbande,
die fi in Meffina feſtgeſetzt, zu Hilfe gerufen, tha:
ten bie Römer 264 den entiheidenden Schritt über
bie Meerenge. Nach 23jährigen Kriege (264-241),
der auf Sicilien, auf dem Meere und in Afrika
fvielte, und in wel die Römer fi zu einer
Seemadt erhoben (j. Puniſche BregN);
Ihließlih der Sieg des Lutatius Catulus bei den
Agatiſchen Inſeln den karthag. Anteil der Inſel
Sieilien in die Hände der Römer. Damit fam ein
ganz neues Clement in die röm. Reichöverfaflung,
nämlich das der Brovinzialverwaltung. Sodann
benußten die Römer 238 die ze Karthagos
durch feine Söldner, um ihm auch Sardinien und
Rom und Römifches Reich
Corfica zu entreißen. Ya Jogat an ber Dftküfte bes
Adriatiihen Meerd wußte Rom in den Kämpfen
egen die illyrifche Königin Teuta, 228, und ben
ormund ihres Sohnes, Demetrius von Pharus,
219, feine neuerrungene Seeftellung zu erproben.
Um biefelbe Zeit fing die Republit an, aud in der
Po:Cbene die dortigen Gallier diesfeit und jenfeit
bes Bo, die Bojer und Inſubrer heimzufuhen, und
bereit fonnte fie, nah harten und gefährlichen
Kämpfen, hoffen, bis zu ben Alpen fi
und jedenfalld die Po⸗Grenze dur die Kolonien
Eremona und Biacenza zu halten, als fie gerade an
biejer Stelle durch Hannibal überrafht wurde.
Der Krieg mit Hannibal oder der Zweite Bunifche
Krieg, eingeleitet durch die Groberung Sagunts
von ſeiten Hannibald 219, und von 218 an nach⸗
einander in Italien, Spanien, Sicilien, Afrila ge-
führt, wo der Kampf 202 mit dem zen
bei Jama endigte, iſt der Höhepuntt der Bedraͤng⸗
niffe ber röm. Republit, aber auch ihrer Größe.
Der Erhebung aus ber Lage, in die Rom durch die
Schlacht bei Gannä (216) gebradht war, fteht an
olit. und moraliſcher Bedeutung keine andere Zeit
er röm. Geſchichte gleich.
Der materielle Gewinn beitand in ber Erwerbung
Spaniens und bes cisalpinifhen Galliens (Ober:
italiens), der politifche in der bleibenden Inferioris
tät Karthagos und der Erhebung Roms zur erften
Großmacht im Bereiche des Mittelmeers. Es war
est, da die Hüfte des transalpiniihen Galliens,
die den libergang von Italien nach Spanien fidherte,
in ben Händen von Bundesgenofjen Roms, der
Maſſalioten, ſich befand, der ganze Weften des
Mittelländifchen Meers ein, wenn auch nicht durch⸗
aus unterthäniges, fo doch die lichteit
Roms anertennendes geichloffenes Länderſyſtem.
Der Dften da egen fand fi) noch geteilt unter die
Diadocenreice acebonien, vondem Griechenla
abhängig war, Syrien, da3 über ganz Vorderaſien
berrichte, und Aghpten. Die Unterwerfung dieſer
durchweg unter dem Einfluß bellenijtiicher Bildung
ftehenden Welt war die Aufgabe, die Rom im
2. Jahr). v. Chr. Löfte oder wenigitens vorbereitete.
Macedonien wurde nad) ben Kriegen mit König
Philipp V. 200—197 (Scladt bei Rynoste
phalä) und Perſeus, Philipps Sohn, 171— 168
N chlacht bei Pybna) noch in dieſer Beriode bem
ömijchen Reiche als Provinz einverleibt, ebenjo
Griehenlandb unter dem Namen Adaja nad) der
Eroberung Korinth durh Mummius (146), nach⸗
dem e3 196 von Duinctius Flaminius für frei er:
Härt worden war, aber dieſe Freiheit nur in innerer
Berrijienheit verbracht hatte. Syrien mußte infolge
des Kriegs mit Antiohus III. (192—1%0), der ın
Griechenland begonnen, nad) Ajien hinü
wurde und mit ber Schlacht, bei Magnefin 10
endigte, Kleinafien an röm. Bafallen abtreten, blieb
jedoch in feinem eigentlien Gebiet noch unabs
bängig. Agypten endlich wußte fi zwar neutral
n halten, verzichtete aber damit auf eine jelbitän-
ige Politik gegenüber Rom. Wenn in demſelben
Jahre mit der Zerftörung Korinths (146) aud Kar:
ago von P. Scipio Umilianus nah vierjährigem
Kampfe erobert und zeritört und fein Gebiet zur
röm. Provinz gemacht wurde, jo war die nur eine
Vervollitändigung des weitl, Machtſyſtems und
vollendete nur einen vorher faltiſch vorhandenen
Zuſtand. So tritt Rom in den nachſten Zeitraum,
der mit ben grachiichen Unruhen beginnt, als
Nom und Römiſches Neich 789
Herrin der civilifierten Welt ein, mit einem bunten, | veröbet, während bie Bevöllerung ber Hauptftabt
fonderbar gemifchten Gefolge von Unterthanen, | an unzufriedenen Glementen zunahm. Bumchft
Bundesgenofien und Bajallen, auf Italien fid) gelang e3 der Ariftolratie no, durch peluniären
ftügend, aber aud) dies noch nicht als einiges Land | nfluß, durch Stimmenfauf den moralifhen zu
beherrſchend, und an der Spike von diefem Stonglo: | erfegen, was um fo leichter war, als die Provinzen,
merat von Völtern und Ländern, immer noch mit | die der Magiftrat nad Ablauf feines hauptftädti:
der alten republitanifchen Verfaſſung, regiert von | ſchen Amt3jahres erhielt, die Koſten herbeiſchaffen
einer ſtädtiſchen, aus einigen hundert Samilien bes | mußten. Einmal gewöhnt, die Teilnahme an der
ftehenden Ariftofratie, Die Aufgabe war nunmehr | Tollsverfammlung ald Erwerbszwei —
die, aus dem allem ein einheitliches Reich zu bilden. | konnte gb die Maſſe erinnern, daß fie, «die fou:
Aber dazu beſaß die Nobilität politifch überhaupt | veräne Bürgerichaft», auch auf andere Meile zu
nicht die Fähigkeit und moraliih jekt aud nicht | ihrem Anteil am Staatsvermögen kommen könne,
mebr die Kraft. Ein eigentümliher Kontraſt zu | und da in der Berfafiung felbit mit dem Tribunat
den Grfolgen Roms gegenüber den öftl. Reichen und | ein Drgan gegeben war, das zur Geltendmachung
Karthago und ein bedenkliche Zeichen für die fer: | folder Aniprüche dienen konnte, fo kam ed nur auf
nere Regierungsfäbigfeit der Ariftofratie war der | Männer an, die ben Mut beſaßen, jenes Drgan in
Krieg in Spanien am Schluß dieſer Periode. Im | feiner alten oppofitionellen oder gar revolutionären
Weiten, bei den Lufitaniern, deren Haupt Viriathus | Bedeutung aufzurichten.
war, im Norden bei den Galläciern, vor allem im | Dieje Männer fanden ſich innerhalb der Arifto:
Gentrum der Halbinfel, bei den Geltiberiern, be: | kratie felbjt in zwei Brüdern, Sprößlingen einer
gegnete Rom jahrzehntelang einem Wibderftande, | der eriten Familien der plebejiſchen Nobilität, den
den es nad) den FAR en Opfern und nad) Kämpfen, | beiden Gracchen, Tiberius und Gajus. Unter den
in welden es jelbit Wortbruch nicht verſchmäht Leges Semproniae, wie bie von den Gracchen bean:
atte, — nur durch ſeinen beſten Feldherrn, tragten und zum größten Teil auch durchgebrachten
cipio Amilianus, brechen konnte. er letzte Geſetze heißen, find in erſter Linie die Acdergeſetze
Waffenplatz, das celtiberiſche Numantia, wurde 133 | zu nennen, ber eigentliche Stern der Pläne beider
nad) langmwieriger Belagerung erobert. Brüder. Dazu famen dann andere, wie das Gejeh
Die dritte Periode der Republil, von ben | über die Gerichte, welches bieje in Die Hände ber
Grachen bis auf Cäfar, kann in den innern und | Mittelllaffe, der von da an als bejonderer fozialer
äußern Verhältnifien ala bie Zeit des fibergangs | Stand Eonftituierten Nitter gab, und das Geſeh
zur Monarchie bezeichnet werden. Ten Ausgangs: | über Ablafiung von Getreide zu wohlfeilern Pa
unkt derdahinzielenden Bewegung bilden wieder die | an die ärmern Bürger. Namentlich letzteres Geſet
Torialen Verhältnijfe. Von der Beilegung des war von dem jüngern Bruder hauptſächlich einge:
Kampfes der Stände an bis zum Anfang de3 bracht, um die Vollsverſammlung auf feiner Seite
2. Jahrh. o. Chr. hatte unter der röm. Bürgerſchaft m haben. Die Adergeiepe bezwedten die Auftei:
und in den Städten Italiens überhaupt eine ges | lung der Staatsbomänen in Stalien und in ben
wifie — Harmonie beſtanden. Neben einer Provinzen an die ärmere Plebs. Wo, wie in Ita—
reihen Ariftofratie beſtand ein zahlreicher bäuer- lien faſt durchweg, die bisherigen Pächter außer
liher Mittelitand, und die daneben etwa vorhan- Befig geleht werden mußten, llte, obgleich der
dene ärmere Bevöllerung fonnte bei der ſyſtematiſch Staat rechtlich feine Verpflichtung hatte, billige
betriebenen Kolonijation in den verſchiedenſten ——— geleiſtet werden. Dennoch waren,
Gegenden Italiens ausreichend verſorgt werben. | wie die Beſihverhältniſſe an den Staatsdomänen
Nach der Unterwerfung von ganz Jtalien aber hörte | fich feit Jahrhunderten geftaltet hatten, von ber
bie Kolonijation auf. Es gab zwar ausgedehnte | Arijtofratie nicht unerhebliche Opfer zu bringen, die
Staatsdomänen, die rechtlich jeden Augenblid zur | freilich nicht in Betracht fommen konnten bei der
Kolonifation verwandt werden konnten, aber diefe | Größe des Zwed3: Herftellung einer gefunden itas
waren im Befit der Ariftotratie, die den Artikel der | liſchen Bauernfchaft an der Stelle eines hauptſtädti⸗
fertifc-licinifchen Gefepe, der ein Maß von 500 | fhen Proletariat® und befiere Fürforge für die
Morgen für die Occupation der Staatäländereien | Provinzen. Die Nobilität wollte indes diefe Opfer
vorſchrieb, längit vergefien hatte und ihren Befik | nicht bringen. Es kam zu Gemwaltmaßregeln und
außer diefen, wenigſtens —— als Pachtgüter | beide Brüder fielen als Opfer ihrer Neformpläne
eltenden Domänen noch dur Ha (133 und 121). Der von ihnen gegebene Anſtoß
N wirkte aber unaufhaltfam fort, und von da an bis
auf Cäfar treibt das polit. Leben Roms in den
Kämpfen der Optimaten oder Nobiles und der Po:
pularen, d. h. Demokraten.
Zu diefen Elementen, die den Staat aufregten,
fam noch ein anderes fehr wichtiges hinzu: das
Berlangen der italifhen Bundesgenoffen nad dem
vollen Bürgerredht. Die Dligardie vermeigerte
dies und fonnte ſich dabei auf die Gngberzigfeit ber
niedern Bürgerichaft von Rom ftügen, und fo fchei:
terten nicht bloß die auf Ausdehnung des Bürger:
recht3 gehenden Beitrebungen von C. Gracchus,
jondern aud der Antrag des der Arijtofratie nach
Geburt und Gefinnung angehörenden, aber ungleich
feinen oligardijchen Standesgenofien das Bedürf:
nis tief: und weitgehender Neformen erfennenden
Vollstribuns M. Livius Drufus, man ſolle allen
h Kauf arrondierte.
nsbeſondere wog in der näditen Umgebung von
Rom dieſer Großgrundbeſiß frühzeitig vor. Mit
bem rüdjihtslos durch Sklaven bewirtfchafteten
Großgrund 4 Br! der auswärtigen Getreide:
zufubr konnte der mittlere und Heine, noch durch
Kriegädienit in ame genommene Bauer nicht
fonturrieren, und als freier Feldarbeiter im Tage:
lohn konnte er nicht, als Handwerker wollte er
nit anfommen. So wurde er befig: und arbeits:
[08 in die Hauptitadt zurüdgeworfen, Die Arifto:
fratie andererjeit3, die nunmehr über eine halbe
Welt zu gebieten hatte, lernte mit griech. Kultur
en griech orient. Lurus und die Lafter der ba:
maligen belleniichen Welt kennen. Stalien wurde
fo, vollends als an Stelle des Getreidebaues die
im Großbetrieb mit Stlaven einträglichere Weide:
wirtichaft um fich griff, immer mehr entvölfert und
790
italifchen Bundbesgenofien das Bürgerrecht geben:
er wurbe ermordet. Die Folge war ber Abfall ber
Bunbesgenofien: und ber nun ausbrechende fog.
Marfifhe oder Bundesgenofientrieg (91—88), ber
Rom an den Hand des Berderbens bradıte enbigte
troß ber Siege Sullas doch damit, daß allen Jta-
lifern, mit jehr wenigen Ausnahmen, das volle
— — bewilligt wurde, wobei jehoqh im Be⸗
«jtalien» das Po⸗Land immer noch nicht ent:
ten war. Die Gefege, durch welche dies ei.
waren das zunädhjit die arg Frraigenin berüdfi
tigende des Lucius Julius Cäfar vom a...
und das auf die übrigen bezüglide der Tribunen
som und Bapirius von 89, Anfolge diefer
fee und ber bamit verbundenen völligen In—
forporation ber Städte in das Romiſche Neid bil:
dete fi, wenn aud noch nicht vollitändig durchge⸗
fahrt der Begriff eines Gemeindemweiens innerhalb
Reiche allmählich mehr aus, der des einzelnen
Municiptums als einer ber allgemeinen respublica
untergeorbnieten Gemeinde,
Dieſem Schritt zur Einheit bes Reichs zur Seite
ging eine entſchieden monarchiſche Tendenz in ben
innern Barteilämpfen, die damals Rom zerrifien
und durch die Namen der Führer Sulla und Marius
bezeichnet find. a ben Kriegen, mwelde bie Ne:
publit am Schlufje des 2. yahrh. in Afrifa und
Gallien zu führen hatte, war der Staat durch die
Unfähigleit ber aus ben herrichenden Familien
ftammenden Heerführer in die gefährlichite und be:
mütigendfte Lage gelommen, und beidemal war e3
ein Dann aus dem Bolte, Gajus Marius, der, von
der Vollsverſammlung an die Spihe der Heere be:
rufen, die Sicherheit und Ehre des Staats wieder:
—28 Es geſchah dies aber, indem in zwei
unlten das bisherige Syſtem durchbrochen wurde:
einmal war Marius, entgegen den geieblichen Be:
ftimmungen, im Kriege mit den Gimbern und Teu:
tonen fünf Fahre bintereinander (104 — 100) zum
Konful ernannt worden und brachte e8 86 fogar
um fiebenten Konfulat, und ſodann hatte er ange:
—— bie Heere, ftatt wie bisher aus ben ver:
möglihern Bürgern, aus allen röm. Bürgern ohne
Unterfchied und zufolge deſſen größtenteild aus
den ärmern Bürgern, mit alleiniger Berüdfichtigung
der körperlichen Tüchtigleit zu refrutieren und ba:
durch Zegionen zu ſchaffen, die nur an ihren Fahnen⸗
eid und die Berfon des Heerführers fich nebunden
glaubten. Allein Marius konnte die hierdurch ge—
wonnene polit. Stellung nicht behaupten, und zu
gleicher Zeit fand die Oligarchie an Sulla einen —
rer, der militärilch dem Marius mindeſtens gleich:
lam und politiſch ihm weit überlegen war. Die
Eiferſucht und Feindſchaft, die zwijdhen beiden
Männern beitand, feit Sulla dur; die Gefangen:
nahme des Jugurtha einen Teil von den Erfolgen
des Marius weggenommen hatte, gelangte zum
offenen Ausbruch, als die Nobilität 88 dem Sulla
das Konfulat und den Oberbefehl für den bevor:
ftehenden Krieg mit bem pontiihen König Mithri:
bates übertrug. Marius wollte ihm den Oberbefehl
durch den Tribun Publius Sulpicius Nufus mit:
tels Vollsbeſchluſſes entreißen; allein Sulla fehrte
mit feinem Heere nad) Rom zurüd, warf die Demo:
raten nieder, ädhtete ihre Führer, vor allen den
Marius, und zog dann erft gegen Mithridates nad
Griehenland und Afien, wo er 84 Frieden ſchloß.
In Rom batte ſich indefjen die marianifche Bar:
tei wieder fiegreicdh erhoben. 2, Cornelius Cinna
Rom und Römiſches Reich
rief 87 den Marius zurüd, und in bem eroberten
Rom wurde tbar tet. Doch ftarb Marius
86 während feines fiebenten Konſulats, und Cinna
wurde 84 nod) vor Sulla& Nüdtehr getötet. Sulla
landete 83 bei Brundifium, befiegte ben jungen
Marius bei Sacriportus, andere marianiſche ⸗
teile in Etrurien und vor Rom und zog 9 Ende
82 al3 Sieger in Rom ein. Hier ließ A pen
dem Titel eines Diltators auf unbeftimmte Zeit
monardifhe Gewalt übertragen, ging mit ben
ausgebehnteften Broftriptionen ge bee demofra:
tiſche Bartei vor, verteilte feine Soldaten als Ko:
loniften in Italien, beihräntte das Bollötribunat
und führte mittels einer Reihe von Geſehen eine
oligarchiſche Realtion durch. Nachdem er bies
alles ind Wert geiekt, legte er 79 die Diktatur nie:
der und ftarb 78 ala PBrivatmann in Buteoli,
63 war dies der lehte Sieg der Ariltofratie, und
fie tonnte besjelben in ben ao von ba bis
auf Gälar nicht froh werben. et Berfud des
Lepibus im %. 78, die fullaniihe Verfaſſung ge:
waltfam zu jtürgen, jcheiterte zwar, aber ſchon ım
— beſeitigten Pompeſus und Lucius Aurelius
tta auf geiehlihem Wege zwei Hauptpunlte der
fullaniichen Berfaſſung, indem fie dem von Sulla
mundtot gemachten Tribumat jeine alte Macht
wiedergaben und die von Sulla wieder ausſchließ⸗
lih Senatoren vorbehaltenen Stellen in den Ge:
fhmworenentollegien unter Senat, Ritter und Ärar:
tribunen verteilten, In Spanien fehte der Maria:
ner Sertoriud 82—72 den Bürgerlrieg fort, und
ehe noch dort bie Ruhe bergeftellt war, brach 73 in
Unteritalien die Empörung einer ungeheuern Menge
von Sklaven unter Spartacus aus und enthüllte
das ganze Elend, das die Stlavenwirtihaft für
gan) Italien wie für die Sklaven felbjt mit ſich
rate. Crafius und Pompejus [ölugen 71 den
Stlavenaufftand nieder, aber bie Mängel ber
oligarchiſchen Verwaltung, die ſich in der Möglich:
feit und der langen Dauer diefes Aufitandes gezeigt,
traten bald darauf ebenfo grell wieder bervor.
Nur mit den größten Anftrengungen und nach Aus:
ftattung des Pompejus mit fibermäßiger Gewalt
durch das gabinifche Beleg 67 konnte die Republit
ber Seeränber Herr werben, nachdem man fie jahre:
lana ihr Unweſen batte treiben und zu einer förm:
lihen Macht anwachſen laffen. Nicht minder zeigte
ſich 63 in der Berfchwörung des Gatilina , in m
Vereitelung der Höhepunlt der polit. Laufbahn
Gicero® lag, diefelbe Unfähigkeit der bamaligen
Einrichtungen und leitenden Berfonen, den Staat
im geordneten Gang zu erhalten und mit den ver:
faflungsmäßigen Witten zu regieren.
Ganz diejelbe Richtung auf völlige Diskrebitic:
rung, der bejtehenden Regierung nahmen die aus:
wärtigen Verhältniffe. Zwar beitanden bier bie
eriten bedveutendern Greignifie in der Ermwerbung
von zwei neuen Brovinzen, Aſien, d. h. Kleinafien,
im $. 129, und dem füdlichen fog. Rarbonenfiichen
Gallien, 125—1%0. Die erfte Erwerbung gelangte
an Rom dur das Teftament des lehten Königs
von Bergamum, Attalus (geft. 133), mußte aber
noch 131—129 dem Prätendenten Ariftonicus ent:
riffen werben. Galliens Groberung wurde zuerit
durd einen Freund des jüngern Grachus, M.
Fulvius, in Angriff genommen und mehr egen
als mit dem Willen der Nobilität gewonnen. Die
118 angelegte Bürgerkolonie Narbo Martius (Nar:
bonne) follte die neue Provinz fihern und cab
Mom und Nömiſches Reid 791
biefer zugleich den Namen. So war nunmehr von
den Säulen Hercules bis nad) Kleinafien hin
bie ganze Nordlüfte des Mittelmeers ohne Unter:
—— feſtes röm. Eigentum. In derſelben *
aber, wo der Bau des Reichs einen gewiſſen Ab:
ichluß erreicht hatte, zeigte derjelbe bereits allent:
alben Riffe. Der Krieg mit dem numidiſchen
önige Jugurtha, 112— 106, und ber Cimbern:
und Zeutonenfturm, 113—101, erichütterten Regie:
rung und Staat aufs tiefite, weil in ihnen alle
Schäben bes herrſchenden Regiments, die Korrup⸗
tion der Beamten, die Unfähigleit der gewöhnlichen
Magiftrate als Felbherren, die Mängel bes jähr:
lichen —* im Kommando ſich bloßlegten.
Na und Sulla den Jugurtha, Marius
in Gallien bei Aquã Sertiä die Teutonen (102),
er und Lutatius Catulus auf den Raudiſchen Fel⸗
dern im cisalpinischen Gallien (101) die Cim—
bern befiegt hatte, brady unmittelbar nad) dem
Bundesgenoflenkriege und neben dem Bürgerfriege
zwifchen Marius und Sulla der Krieg mit dem
pontifhen Könige Mithridates aus. Allerdings
mußte die Republik in brei Stabien (87—84; 83—
81; 74—63) auch diejen Feind zu übermwältigen,
allein nur dadurch, daß man den Dberbefehl für
mehrere Jahre in Eine Hand legte. Dies geichah
bei Marius, bei Sulla und Pompejus. Lebterer
mwurbe mit einer Macht audgeitattet, wie fie lein
Heerführer vor ihm gehabt hatte, indem ihm Lee
Gefehe, nad) dem — von 67 das maniliſche
von 66, den Ober
ganzen Oſten übertrugen, mit biäfretionärer Ge:
walt über die Länder, in denen er Krieg führte,
Die Stellung der Barteien in Rom aber war,
ala Bompejus Bope und nod) im Befige diejer
Gewalt aus dem Driente zurüdtehrte, eine ſolche,
daß die Lodung, die außerorbentlihe Gewalt zu
einer bleibenden ordentlichen werben zu lafjen, nahe
genug lag. Den wenigen, die man als aufrich—
tige Vertreter der Senatöregierung anfehen kann,
fehlte, wie Cicero und dem jüngern Cato, entwe
Konſequenz und Haltung oder politiiches Geſchid
und Geift. Die bemotratijche Bartei aber ftand
von Anfang an viel mehr im Dienjte hervorragen:
der Berfjönlichleiten als in dem republitanifcher
Ideen und bewies ji in den Händen des Tribu:
nat3 als ein williges Werkzeug für jeben, der die
herrichende Partei ftürzen wollte. Bompejus, ohne
tiefer gehende Pläne gegen die Verfafjung, beab:
ſichtigte zunächſt nur die Fortführung der biäher
behaupteten glänzenden Rolle, Allein die Optima:
ten wollten ihn nit in der Ausnahmeſiellung
laſſen, und die demolratiiche Partei huldigte be:
reit3 einem andern, Ilügern und gewaltigern
Haupte, dem Gajus Julius Cäfar. Diefer ftand
als Pompejus aus dem Driente zurüdfehrte, nad)
der tung Spaniens, die er von der Prätur
aus geführt, an ber Schwelle des Konſulats. Bu
den Augenblid indefien entſpann ſich zwiſchen ihm
und Pompejus noch kein Streit, ſondern vielmehr
ein Bündnis. Als nämlich die oligarchiſche Mehr:
beit de3 Senat3 Miene madıte, den Pompejus da:
durd) zu bemütigen,, da fie feine Anordnungen im
Orient nachträglich für ungültig erllärte, nahm
Pompejus zu Cäjars Hilfe feine Zuflucht und lieh
ſich mit diejem und dem reichſten Manne Roms,
mit Erafjus, in einen Bund ein, der nicht im Alter:
tum, aber von neuern Autoren früher mehrfach,
als wäre er eine förmliche Behörde geweſen, Trium:
efehl zu Wafjer und zu Land im | d
virat genannt worden ift, während er in Wirklich⸗
keit eher gewiljermaßen eine Verfhwörung war.
Die Vereinigung ging dahin, daß durd) das Volt,
defien Stinme äjar beherrſchte, die Gewalt und
Vorteile der Regierung unter jene drei Männer
verteilt würden, jedoch mit möglicher Beibehal:
tung der Form der bisherigen Verfaſſung. Pom:
pejus erlangte die Betätigung feiner Anordnungen
im Orient; —— Konſulat füt 59 und dann
da3 diesfeitige und das transalpiniiche Gallien
auf fünf Jahre; Craſſus vorerft einfach die Stellung
eines dritten im Bunde der Mächtigen. Zum Lohne
für die bei diefer Transaktion geleifteten Dienjie
bewilligte man unter anderm bem Tribunen Clo—
dius feinen Feind Cicero als Opfer, ber dann unter
der Beihuldigung, aus Anlaß der Catilinariichen
Verſchwörung röm. Bürger ohne Urteil und Recht
getötet zu haben, in die Verbannung (58) gehen
mußte. Rad Ablauf feines Konfulats ging Säjar
in feine Provinz, um von ihr aus dem Römifchen
Reiche und der Eivilifation das nörbl. Gallien, ſich
aber eine Stellung und Macht zu ——— die es
= erlaubte, das entiheidende Wort zu ſprechen.
ompejus und Craſſus blieben in Rom, der erite
in unfiderm Schwanten, ob er mit den Optimaten
gegen Cäjar Front machen oder mit Cäſar den
ptimaten gegenüber Stand halten jollte.
Der Bund wurde 56 zu Lucca erneuert und für
Bompejus und Erafjus ein zweites Konfulat (55),
außerdem für erjtern Spanien auf-fünf Jahre mit
em Recht, es von Rom aus zu verwalten, für
Crafjus Syrien als Goldquelle ausgemacht. Cäfar
bagegen erhielt bie Berfängerung feiner galliſchen
Statthalterfhaft um weitere fünf Jahre und die
ufiherung eines zweiten Ronfulats nad) deren
aufe. Während biefer zweiten Friſt löfte ſich
jedoch ber Bund auf. Craſſus fiel 53 im Kampfe
egen bie Parther. Pompejus machte Frieden mit
er Senatspartei und brad) 50 ojjen mit Cäfar,
indem er den Senat an biefen die Anforderung
der | ftellen ließ, feine Statthalterjhaft vor dem garan:
tierten Beitpunkte nieberzulegen. Cäfar, ftatt auf
bie —— be3 Senats fein Kommando
niederjulegen, überichritt 49 den Rubico, der bie
Grenze jeiner cisalpinifchen Provinz gegen Ftalien
bildete, und bejekte raſch Mittelitalien, während
Bompejus mit allem, wa3 zur Republit hielt, nadı
Griechenland ſich flüchtete. Dagegen ging Eäjar
nad Rom, verließ aber die Stadt bald wieder, um
Spanien und das wichtige Maffilia ben Pompe—
janern zu entreißen. In feiner Abweſenheit zum
Diktator ernannt, kehrte er auf kurze Zeit nadı
Nom zurüd und fehte dann, nachdem er ſich für das
olgende Jahr zum Konful hatte wählen laffen, An:
ang 48 nad Griechenland über. Hier ward bei
* 48 de —— Ma sefölogen.
er egte Bompejus Uchtete ma oypten,
warb aber bei feiner Ankunft daſelbſt ermordet.
Cäfar nahm von Alerandria Beſi, ‚ordnete die
Verhältniffe de Drient3, beſiegte den König
Pharnaces von Vontus und fehrte 47 nad Nom
zurüd, wo ihm inzwijchen aufs neue die Dittatur
auf ein Jahr und auberbem die tribuniziichen
Rechte auf Lebenszeit übertragen worben waren.
Ende des jahres 47 ging er nad) Afrika hinüber
und ſchlug in ber Schlacht von Thapfus 46 die dort
fi) fanımelnden Bompejaner nieder, worauf ihm
in Rom die Diltatur auf 10 Jahre ernzuert wurde.
Dann wendete er ih nad) Spanien und vernichtete
792
dort in der Schlacht von Munda bie Refte der
Pompejaner. Nach feiner Nüdlehr nad Rom er:
ielt er den Titel und die Gewalt, weldye die wahre
zeichnung der neuen von ihm errichteten Don;
archie bildete, indem er zum Imperator in ber
Weiſe ernannt warb, baß biefer Titel, allen übris
gen Titeln vorgejeht, als Anhalt den Vollbegriff
der Befehlsgewalt haben follte. fibrigend murde
die Diktatur wiederum mit außerordentlicher Voll:
macht dem Gälar nod im J. 44 auf Lebenzzeit
übertragen. Dieſe offene Aufrihtung der Mon:
archie neben dem Verdachte, auch noch den Königs»
namen zu erftreben, veranlahte jedoch eine Ver:
fhwörung, an deren Spike Brutus und Caſſius
ftanden, unter deren Dolchen Cäfar mitten in den
umfafiendften Plänen zu einer Neorganifation des
u März 44 fiel. j
Allein _die Republit wurde bierburd nicht ges
rettet. Die Verſchworenen und ihre Freunde, zu
welchen auch Cicero gehörte, waren unfähig bie
Lage zu beherrſchen. Indem fie Cäfars vertrautejte
Anhänger, Antonius und Lepidus, am Leben
ließen, vollbradhten fie ihr Mordwerk nur halb,
Sie ließen fid) fofort von Antonius überliften und
begingen den weitern Fehler, daß fie meinten, in
dem von Cäfar als Erben eingefeßten Großneffen
des Ermorbeten, dem damals 18jährigen Dctavian,
ein Werkzeug gegen Antonius zu haben, Aller:
dings lieb fi Octavian, um eine polit. Stellung
zu erhalten und gegen Antonius aufzulommen
vom Eenat gegen diejen verwenden, lämpfte au
egen ihn bei Mutina; aber bald änderte er die
Richtung, verband fi mit dem nad Gallien ge:
flüchteten Antonius und Lepidus gegen die Repu:
blitaner, um dann ſchließlich auch dieje zu bejeis
tigen. Auf einer Flußinſel bei Bologna wurde im
Nov. 43 der Bund zwiſchen den dreien u fünf
Jahre een diesmal unter dem förmlichen,
nachträglich von der röm. ———— be⸗
jtätigten Titel eines Triumvirats zur Neugeftaltun
des Staats. Unter den VBerabredungen befand fi
auch die umfajlender Proflriptionen, denen 300
Senatoren und 2000 Nitter zum Opfer gefallen
fein follen, darunter als bervorragenditer Cicero,
Im Herbit 42 wurden bei Philippi in Macedonien
Brutus und Caffius befiegt und damit die Nepu:
blit für immer vernichtet. _ Es war zwar noch ein
Sohn des Pompejus, Sertus Pompejus, als
Prätendent vorhanden, aber nicht ala Verteidiger
der Nepublit, fondern al3 Räder feines Baters
und notgebrungen in Waffen ftehend zur eigenen
Erhaltung. Die Triumvirn teilten nun das Reich
von neuem. Antonius ging in den Dften, Dctas
vian, der Herr des größten Teild des Meftens,
blieb in italien. Octavian hatte zwar bier in dem
Peruſiniſchen Kriege (41) mit Fulvia, der Gemahlin
de3 Antonius, und deſſen Bruder Lucius zu
fümpfen, entlebigte fi, aber derjelben und wußte
aud in dem Brundifiniichen Vertrage Mißhellig—
feiten, die mit Antonius entjtanden waren, auds
zugleihen, jowie ben zur See mächtigen Sertus
Bompejus mitteld des Vergleihs von Milenum
89 zur Einftellung der Yeindjeligleiten zu bringen.
Das Triumvirat wurde von 37 ab auf weitere
Ian. Jahre erneuert, Pompejus, der 38 die Waffen
wieder ergriffen, wurde 36 bei Mylä und Nau:
lohus von Oetavians Feldherrn Agrippa beficgt
und Lepidus bejeitigt, während Antonius mit den
Varthern zu fämpfen hatte und in ben Armen der
Rom und Römiſches Neich
ägypt. Königin Kleopatra von orient. Deſpoten-
berridaft träumte, Allein nun wurde das Band
zwijchen Octavian und Antonius, das durch bie
Che des Antonius mit Octavia hatte befiegelt mer:
den follen, jugleic mit dieſer Che zerrifien (32)
und abermals in Griechenland der Entſcheidungs⸗
fampf geliefert. Am 2. Sept. 31 fiegte Octavian
in ber Seeſchlacht bei Actium durch Agrippas Feld:
berrntalent über Antonius und Kleopatra, und
war, nachdem biefe beiden ſich bei Octavians An-
kunft in ihrem Zufluchtsorte Agypten getötet (30),
unbeftrittener Herr des Römiihen Reichs.
‚Il. Rom unter ven Kailern. Hatte Cäjar
bie neue Monarchie, das Imperium Eines Mannes,
der Side nad) geihaffen, jo war Octavian ber
eigentlihe Organijator ber neuen Schöpfung.
Er war fein genialer Staatgmann mie Cäjar,
aber ein Vermaltungstalent und Menicentenner
eriten Ranges und vorzugsweiſe geihidt, das
Mögliche und Erreihbare —— Den noch
immer verhaßten Namen der Alleinherrſchaft ver:
mied er und wählte ftatt defien ben ſchon in repu-
blilaniſcher Zeit ald Bezeihnung der hervorragenb:
ften Bürger vorlommenden eine princeps, wo—
durh er fich einfach ald ben Eriten im Staat
bezeichnete. Er legte fogar 27 v, Chr. die von ihm
bisher geführte außerorbentlihe Gewalt nieder.
Dod übernahm er jofort wieder mit einer bie ges
wöhnlichen Grenzen weit überichreitenden prolon:
fulariihen Gewalt die Regierung über alle Bro:
vinzen, in welden Heere ftanden, und den Dber:
befehl über bie * Militärmacht des Reichs,
während ihm durch den Senat 27 der Ehrenname
Auguftus verliehen wurde. Außerdem beſaß er
ihon feit 36 die Rechte der Tribunen und über:
nahm ebenfall3 in umfafiendfter Bedeutung 23 bie
lebenslänglidje tribuniziihe Gewalt und im J. 12
nad) Lepidus' Tode das DOberpontifitat. Beſonders
bedeutungsvoll war neben dem Imperium die tri-
buniziihe Gewalt, die ihm perjönlide Unverlet:
lichkeit und den Schein einer konititutionellen Stel:
lung zu Senat und Boll gab. Während aber
einerjeit3 Auguftus, wie nun fein gei&ichtlich ges
wordener Name lautet, bie kaijerl. Vollgewalt feit:
ftellen wollte, war andererfeits fein ängitlidhes Be
treben, das äußere Gerüjte ber republifaniichen
nftitutionen zu erhalten. Als wichtig erichien
ibm vor allem der Senat. Während Gälar biejen
berabgedrüdt hatte, bob ihn Auguftus wieder, in:
dem er die Verwaltung der Provinzen mit ihm
teilte (27 v. Chr.), ibm eine eigene Staats laſſe ge:
ftattete, ihm eine ſcheinbar felbjtändige Stellung
bei der Befepung der Magiftrate zuteilte und ihn
äußerlich in aller Würbe beließ. Die Vollsver—
fammlung dagegen ließ er zwar beſtehen, allein fie
fpielt fhon bei ihm eine durchaus untergeorbnete
Nolle, Daneben war die Heritellung einer georb:
neten Verwaltung, die Durhführung einer allge:
meinen —— und einer geordneten
Bevoͤllerungsaufnahme, die Regelung bes inanz-
und Steuerweſens u. dgl. für die Konfolidierung
der Monarchie wie für die Wohlfahrt des Reichs
von höchſter Bedeutung, und es erhielten fich bis
Diocletian die Grundzüge der Augufteiichen Ber:
faſſung und Verwaltung. Gegenüber den vericie:
denen nationalen Beitandteilen des unermeßlich
gewordenen Reichs hielt Auguſtus die Politik feit,
dab die röm.:italiiche Nationalität, gehoben durch
hellen. Bildungselemente, die Grundlage in dem
Nom und Römisches Reich 193
Völtergemifch des Reichs bilden folle, die dem
Ganzen Halt und Feftigteit gäbe. Die günftigen
Berhältnifje nad außen, die mur gegen das Ende
feines Lebens durd den furdtbaren dalmatinifch:
pannonijchen Aufitand 6—9 n. Chr. und die Ver:
nichtung der Rheinarmee des Varus 9 n. Chr.
einen böjen Stoß erfuhren, und die lange Dauer
feiner Regierung dienten, verbunden mit feiner
perfönlihen Mäßigung, dazu, die von ihm ge:
ſchaffene Ordnung der Dinge zu einer dauernden
u maden. Die neue Regierung trug ſchon ent:
* den Charalter einer Militärmonarchie.
enn zu ihren wichtigſten Einrichtungen gehörte die
Errichtung eines jtehenden Heerd, während nad)
republifaniicher Berfaiung die Heere nad jedem
Feldzug aufgelöft wurden. Indeſſen bie Verteilung
dieſes Heers an ben Grenzen des Reichs und die
Dienfte, welche die in Rom liegenden Truppen,
vor allem die von Auguftus geſchaffene Polizei:
und Feuerwahmannfcaften, der Sicherheit der
Stadt leiſteten, ließen unter ihm jenen_militäri:
ſchen Charalter nicht, jesleih allzu jchroff hervor:
treten, Im Gegenteil war die Augufteifhe Regie:
rung für die Ausbildung einer röm. Kunſt und
Poeſie die fruchtbarſte, wozu neben den in dem
innern Entwidelungsgange des röm. Kulturlebens
liegenden Momenten nicht wenig beitrug, daß dem
Auguftus diefelben Männer, die ihm im Felde und
im Hate fo große Dienſte gethan, Agrippa und
Mäcenas, aud bei feinen Verihönerungsplänen
und feiner Förderung bes litterariidhen Lebens
eifrigft zur Seite ftanden.
Diefem glänzenden Cingange der Monardie, die
aber an einer ftaatsrechtlihen Unfiherheit und dem
Mangel einer Thronfolgeordnung krankte, vde
14—37 n. Chr. der Stiefſohn des Auguſtus, Tibe—
rius, von Livia ihm in die Che mitgebracht, von
Auguſtus aber nur notgedrungen zum Nachfolger
befigniert, weil fein anderes Glied der Familie
RT da war, das ihm vorgezogen werden konnte.
Auf dem Namen des Tiberius laftet der Nuf eines |
Herrſchers, der alle Later eines Dejpoten bejefien |
babe, wiewohl für die Verwaltung des Reichs im
großen die Regierung des Tiberius ſich ſehr günftig
darſtellt. Die im Anfange ſeiner Regierung aus—
gebrochenen Militäraufitände in Pannonien und
am Rhein wurden unterdrüdt, die Niederlage des
Barus durch Germanicus gerät. Die Provinzen |
erfreuten fih der Fürſorge des Kaiſers, die Ver:
waltung rim einen vortrefflihen Gang. Aber
auf Rom jelbjt und auf allem, was zur bejjern
Geſellſchaft in Rom gehörte, laftete ſchwer der
Drud des Deipotismus. Seit dem J. 23 309 der
Kaifer, auf den Rat des Ritters Sejan, des Be:
fehlshabers der Garde, diefe 10000 Mann Starte
Zruppe, bie bisher bei den Bürgern in und um
Non in Quartier gelegen, in einem_ befeftigten
Zager in Rom felbit zutammen und ſchuf dadurch
zunädjt ein Werkzeug für den Deſpotismus, aber
aud) eine Gefahr für den Herricher felbft. Mehr
als einmal haben dieje Brätorianer, deren Befehls—
ber aus einem militäriichen Kommandeur mitt:
ern Ranges thatſächlich bald zur zweiten Perjon
nad dem Kaijer wurde, über den Thron verfügt.
Eine weit jhlimmere Neuerung Tiberius wurde
es, daß nicht nur der zegrin de3 Majeſtätsver⸗
brechens, der früber auf die Majeftät des röm.
Volls bezogen worden mar, nunmehr auf die Per:
fon des Imperators überging, jondern aud) ber |
Begriff besjelben sel Neden und unbedeutende
Handlungen ausgedehnt ward, und hiermit das
Denungieren von Majeftätsverbreden ein förm:
liches und ſehr einträglidies Gewerbe wurde. Da:
gegen mar diejenige Ünderung der Verfaſſung,
urch welche ſchon im J. 14 die Magiftratswahlen
der Vollsverſammlung entzogen und dem Senat
übergeben wurden, kein Nachteil, Die Regierungen
ber Nachfolger Tiberius’ Galigula oder, wie fein
eigentliher Name war, Gajus, 37—41, Claudius,
41—54, und Nero, 54—68, mweilen weder im
Innern noch im Außern durdhgreiiende Verände⸗
rungen oder hervorragende Ereigniſſe auf, nur daß
unter Claudius Mauretanien einverleibt wurde
und bie Unterwerfung Britanniens begann, Da:
gegen find ihre Negierungen durch den Vernich—
tungafrieg bezeichnet, den dieſe Fürſten, jeder eine
bejondere Spezies von Defpot, gegen die rönt,
Ariftofratie führten. Seiner dieſer drei ftarb eines
natürlihen Todes, Nero, mit dem zugleid das
— anblihe Haus ausitarb, entleibte ſich
elbſt, al3 nicht nur die —* Provinzen, ſondern
auch Rom ſich gegen ihn erhoben.
on ben vier Prätendenten, die nun nadein:
ander in Rom und den Provinzen auftraten, fielen
Galba durch Otho, Otho durch Bitellius, Vitellius
durch Veſpaſians Feldherrn noch im Laufe des J.
69. Dagegen gelang es dem Flavius Veſpaſianus,
der weber mit der Familie der Cäſaren zuſammen—
bing, noch aud) nur einer ariſtokratiſchen, fondern
einer Nitterfamilie angehörte, nicht nur ſich felbit
auf dem Throne zu erhalten, ſondern auch durch
eine ſparſame und tuchtige Verwaltung das Reich
aus der finanziellen Unordnung zu erheben, in die
e3 die vorhergehenden Kaifer geftürzt; nicht minder
wichtig war, da er bie beiten Glemente aus den
Landjtädten Italiens und aus den Provinzen in
den Senat zog und damit friiches Blut in den
oberften Stand bes Reichs bradte. In dem auf:
ftändifhen Judäa, mit defien Bänbigung er eben
beauftragt war, als ihn die Lage de3 Reichs zum
Kaijer erhob, erreichte im J. 70 durd die von
einem Sohne Titus erzielte Eroberung Jeruſalems
er Krieg fein Ende, und aud am Niederrhein
wurde ber Verſuch einiger Häuptlinge der nördl.
Provinzen, insbefondere des Batavers Civilis, ſich
von Nom loszureißen, nad) harten Kämpfen gan
lid) niedergeichlagen. Dies alles macht feine Regie:
rung viel wichtiger, als die ſchon wegen ihrer Kuͤrze
weniger fruchtbare feines Sohnes Titus, 79—S1,
deſſen milde und liebenswürdige Berfönlichkeit ihm
einen glänzendern Namen in der Geſchichte ver:
ſchafft hat. Der dritte und lekte flav. Kaiſer, Do:
mitian, ift wieder eine der finfterften Deipoten:
geitalten unter den Cäfaren, um fo mehr, als er
neben dem Drude, den er auf Rom legte, in den
Kämpfen mit den Daciern (36—I1) die Würde des
Reicht auch nach außen preisgab. In Britannien
allerdings wurbe durch Agricola die Ehre der röm.
Waffen aufrecht erhalten, Domitian fiel durch
eine Verſchwörung feiner Gemahlin Tomitia und
einiger feiner Horbeamten (96), und da mit ihm
das Geſchlecht der Flavier erloſch, ernannte nun
der Senat nad) freier Wahl einen Nachfolger, und
zwar den hochbejahrten Coccejus Nerva, einen an:
rg Senator, a , j
Mit Nerva beginnt diejenige Periode der Kai:
—5* welche Gibbon die —W— Zeit des
enſchengeſchlechto » nennt, Eine Reihe von fünf
794
tüdhtigen — * jet ein Ya wege —— die
Alte t beherrſ eine
Friedens, nur fen unterbroden —
geführte Ariege an ben
welde die Kaiſer zugleich dem neben F rn
den wefentlichiten Faltor —* Verfaſſung, dem Se⸗
— Tagen alles dies find Umftände, wie fie faum
her gedach t werden können. Auf Nerva folgte
eg 98 Trajan, unter dem (98—117) da3 Reich jei:
nen größten Umfang erreichte. (Hierzu eine Karte:
Das Nömifhe Reich in feiner A ba Aid Fe
Ausdehnun avian hatte
unter Aã
Ugypten zum eiche gefänt, Glaubius Mauretanien,
und damit war dad Mittelmeerjyitem v1, ge
ſchloſſen worden; aber das eigentümliche Wer
Kaiſerzeit war die Groberung von Be *
* von Cãſar —— Gallien hatte
in ai die Provinzialverfafiung gegeben und
die Alpenländer zuoefi t, gegen Deu Fa Tibe⸗
rius ſchließlich die —— feſtgeſtellt 2
von Claudius gewonnene Britannien gas Arm
nörbl, Syftem. Mit den unter ya ed uftus erober
Provinzen Rhätien, Vindelicien ee
nonien und fien war das Heid) nad ‚nach h Norden
und Nordoften bedeutend erweitert, im orboften
bi3 zur Donau. Trajan war es nun, der die Donau
und nad) dem Vorgang ber Flavier den Rhein über:
ſchritt und mit ber Provinz Dacien einen Teil des
heutigen Oftungarn, Siebenbürgen, die Moldau
und Walahei gemann, Im Dften madhte er Ar:
menien er Provinz, überjchritt den Euphrat, de:
mütigte Parther und gewann Mefopotamien.
Allein ſchon fein Nachfolger Hadrian, 117—138,
machte den Euphrat wieder zur Örenze, forgte aber
bagege en mit fcharfem Blid und nachhaltiger Kraft
für die innere Wohlfahrt der Provinzen. Wie
nd unter Trajan mit Tacitu3 und dem jüngern
Ninius bie Litteratur ihre lepten glänzenden Blu—
ten trieb, fo unter Habrian die Kunſt. Außerdem
bildete fich unter ihm und feinem Nachfolger, — d
milden Antoninus Pius, 138—161, der Verw
tungsmechanismus und bie Technik des rom Fri
vatrechts vollends bis ins Detail aus. Unter
ausgezeihneten, auf Antoninus folgenden Marc
un 161—180, ber bis 172 den Lucius Verus
itauguftus "hatte, enbigte die glüdliche und
riebliche Beit. Seuden, die das R Reich rten,
die Kriege gegen die Barther im Often, die Marko:
mannen und Quaden im Norboften waren die Bor:
boten der innern und Außern Nöte, die nun in im:
mer gehäuftem Maße das Neich heimſuchten.
Marc Aureld Sohn und een Gommobus,
180-192, Ientte wieder in die Tomitiang
ein, fiel aber auch wie diefer, vun ei eine Verſchwö⸗
rung. Nachdem ber ihm folgende trefflihe Bertinar
ſchon im März 193 durch die Brätorianer ermordet
war, erlaufte Didius Julianus von dieſen Truppen
bie Herridjaft durch — Geld. Allein nach
laum drei Monaten wurde dieſer beim Anrüden
de3 von den Legionen in Pannonien zum Kaifer
ernannten Septimius Severus, ber naher auch
die Gegenlaifer Peſcennius Niger 194 und Glau:
dius Albinus 197 überwand, getötet. Mit Sep:
timius Severus fam wieder (bi8 211) ein fräftiger
Kaifer auf den Thron, der freilid) die Prätorianer
nur auflöfte, um eine neue, bedeutend vermehrte,
aus ben tüdhtigjten Glementen der Legionen aus:
—*5 aber bald ebenſo gefährliche Garde zu
chaffen. Indeſſen iſt ſeine Herrſchaft und die
Rom und Römiſches Reich
ſeiner ge Nachfolger, unter denen 212 Ca:
racalla alle freien —— bes Reichs zu röm.
Bürgern machte, zugleich audy die Zeit der klaſſi—
ſchen Juriſten, eines Ulpian, Paulus, Papinian
und Modeftinus. Bon feinen —— wurde Gh
212 durch feinen Bruder, ben begabten, aber
m 66 Garacalla, getötet, biefer felbft 217
diefer wieder 218 durch ben in alle
Lafter de3 Orients — Elagabal geſtũrʒt.
Elagabal ſelbſt aber u feinem Better ©e:
verus Alerander weichen. Die Regierung bes lep-
—— t und iſt
* bemerlenswert en von ihm
te Toleranz gegen die Chri den rn
nn —— unter ge —* Greignis
ein an ber je Parther
226 n. Chr ale der Saſſa⸗
niden g t — die ſoglei feindfelige
Haltung —
Nach net Ermordung 235 auf ei
Feldzug bei Mainz brach eine ee hole en für
den röm. Staat an, in der balb vom Senat, bald
von den Legionen ‚aufgeitellte Kaifer raſch aufein-
anberfolgten, und in ber bie innern Provinzen burd)
die Kämpfe der Gegenlaiſer untereinander und mit
der Reichsgewalt, die an ben Grenzen ——
durch die rchlbaren Einfälle der Barbaren Ber:
wüftıng und Elend erfuhren, bie röm. Macht aber
-- äußerite geihwächt wurbe. Das Elend ſtei⸗
En burd) bie *— ung der in
Bieler otzeit durch die R gierung in ihrem
—— verſchlechterlen Silbermünze.
lexanders Nachfolger, Nariminus, 235—238, tra:
ten in Afrila 238 Gorbianus I. und II. auf, die dem
numidiſchen Statthalter anterlagen. ienus und
Balbinus, die der Senat nunmehr ‚wurden,
nachdem Mariminus im Mai 238 vor "Aguileja
durch fein Heer gefallen war rung — von den
Brätorianern erſchlagen. IL,
en jie er ‚tötete 244 —* genannt der
Araber, nbeur der de. Unter u
pus wurde 248 das 1000jäh * Jubilã
gefeiert. Er regierte nur bis 249, wo die Legio
nen in Möfien gegen ibn ben Macrinus — Kaijer
audriefen und, ala benielben der tapfere Decius,
der von Philippus geiendet war, befiegt hatte,
biejen jelbft zur Annahme der Kaiſerwürde zwangen.
Decius —* te den Philipp bei Verona, fiel aber
nachher im November 251 gegen die Goten, die in
Möften —— waren, a —— verraten von
Gallus cher als m. mit oten ſchimpf⸗
lichen Srieden ſchloß. Unter i = drang vom
ber eine furchtbare Peſt in das a bie 15
wütete. Gallus ward 253 durd) Amilianus, di
254 durch Balerianus verbrängt, ber feinen S
Ballienus zum Mitlaifer ernannte, fe bit ab aber 260
von ben Perfern, die unter Sapor I. in Syrien
vordrangen, gefangen wurde. Die Goten vermülte:
ten von Südrubland ber Kleinafien, die Inſeln des
Ardipelagus und die Hüften Gri nds. Ala⸗
mannen drangen durch Helvetien bis über Mailand
in Italien vor. Yranten durchz Gallien und
erreichten Tarraco in Spanien u allen
Provinzen erhoben ſich Kaiſer (die * —— 0
rannen) 258—274, unter denen namentlid) in
lien it, b und nad ihm Tetricus, in Syrien
Odenathus, der den Berjern wehrte, und dem in
der Herrfchaft über
almyra feine Gemahlin Je:
nobia rn zu erwä nen fi
nd, Endlich, nahen
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DAS RÖMISCHE REICH IN SEINER GRÖSSTEN |
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7", JEET) ROMANUM.
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Brocklimus' Comversations - Lexikon 193. Auf! PA. Brockhaus son
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-\USDEHNUNG UNTER TRAJAN. (98-117 N. CHR.)
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Anpes Powninae, A.6.- Alp Graiae, |
„- Alp. Cottiae, A.M.- Alp.Maritimae, | vasıs Thebar
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Nom und Römisches Neid)
Gallienus 268 ermordet worben war, begann ber
tüchtige Claudius II., 268—270, der die Boten 269
bei Naifjus total ſchlug, die innere Ordnung wie:
derherzuftellen. Sein vollendete mit Kraft
und Strenge Aurelianus, 270— 275, der die Mar:
fomannen und Alamannen aus Stalien, bie Goten,
denen er Dagegen bie Provinz Dacien einräumte,
dauernd aus Möften herausſchlug, in Gallien der
Herrſchaft des Tetricus, in Palmyra, das er 273
zeritörte, der Herrihaft der Benobia ein Gnde
madte unb mit der Beflerung der aeg er en
Münzzuftände energifch begann. Rom, das bei der
drohenden Zeitlage nit mehr — genug war,
erhielt von ihm jeßt eine vollſtändige neue Um:
mauerung. Auch fein erjt nad) halbjähriger Zöge⸗
rung im Sept. 275 vom Senat ernannter Rad:
folger,, der greife Tacitus, der ſchon im April 276
ermordet wurbe, war ein tüchtiger Kaiſer, und
Probus, ber de3 Tacitus Bruder Florianus nad)
——— Regierung ftürzte, 276—282, einer
der ausgezeichnetiten. Siegreid fiber die Germanen
und andere Feinde, die das Reich bedrohten, und | dem
für defien innere Wohlfahrt bedacht; mehrfach mit
Erfolg bemüht, Barbaren in demfelben anzufiedeln
und zu romanifieren, wurbe er endlich bei einer
jähen Meuterei von den Soldaten erichlagen. gm
folgte Carus, der im Kriege gegen die Perſer Ende
283, und diefem fein Sohn umerianus, der im
Sept. 284 auf dem Rückmarſche aus dem Wege
geräumt wurde. Sein anderer Sohn, Carinus,
ber die Regierung des Weitens führte, wurde im
Sommer 285 nad) einer Schladht bei Margus durch
einen feiner eigenen Offiziere getötet, ala der 284
von des Carus Heer er Kaiſer audgerufene
Diocletianus gegen ihn fämpfte. Diocletianus er:
nannte 286 den Marimianus zum Mitauguftus,
und 293 teilten beide mit Galerius und Gonitan:
tius en „die fie unter dem Titel von Cäfaren
zu Gebilfen in der Verwaltung bed Reichs an:
nahmen, dieje3 in vier Hauptmaflen. Die Ger:
manen wurden aus ben Grenzprovinzen vertrieben,
Britannien, wo erſt Garaufius, dann Allectus den
Purpur angenommen, durch Gonftantius wieder
unterworfen, und durch Galerius 297 die Grenzen
gegen die Perſer bis über den obern Tigris hinaus:
geſchoben. Nom hörte jekt auf, Mittelpuntt der Ne:
gierung Pr. In der Staatäverfafiung ſchwand
— immer nod erhaltene Schein der Re:
publif, und auch ben Formen nad) wurde alle Ge:
walt in dem Oberkaiſer konzentriert. Nachdem
beide Augufti die Herrichaft 305 niedergelegt hat:
ten, nahmen Eonftantius im Welten und Galerius
im Dften die faiferl, Würde an. Der erftere ftarb
ſchon 306 und fein Sohn Ronftantin, nachher der
Große genannt, folgte ihm als Gäfar. PValerius
Severus wurde jest von Galerius zum Auguftus
des Weitens erhoben ; inRom aber warf ſich Maren⸗
er auch wieder fein Bater Marimianus,
im Oft. 306 zum Auguftus auf. Gegen biefe fedh:
tend fand Severus 307 den Untergang; an feiner
Stelle erhob Galerius zum Auguftus den Licinius;
308 aber nahmen (im Diten) fein Neffe Nariminus
Daza und Konitantin diefelbe Würde an, Na
Marimiand (310) und des Galerius Tode (311
fiel 312 Marentius im Kampfe gegen Konitantin,
und 313 Mariminus im Kriege gegen Licinius.
Mit dem lektern lämpfte Konftantin 314; in einem
weiten Kriege 323 wurde Licinius befiegt, ge:
angen, dann 324 getötet.
| 195
Konftantin war nun Aleinhernf er, 324—337.
Als folder verlegte er 330 die Nefidenz nach By:
zanz, das nach ihm Konftantinopel genannt wurde,
und führte die von Diocletian —— neue
Reichsordnung noch mehr im Detail durch. Die
Monardie jollte jekt eine völlig abjolute fein. Die
—— des Monarchen wurde durch ein orient.
ofceremoniell dem unmittelbaren Verkehr mit den
Unterthanen möglihft entrüdt. Die Eivil: und
Militärverwaltung wurden volllommen getrennt.
Das Reichsgebiet war jekt in 120 Provinzen ge:
teilt, diefe wieder zu 14 Diöcejen, die Didcefen zu
4 Bräfelturen gruppiert und das Ganze burd) eine
bureaukratiſche Hierarchie regiert. Bon der höch⸗
ften Spige herab ging ein — nach Rangklaſſen
eordneter, beſoldeter und betitelter Beamtenſtaat.
em entſprechend wurde die Verwaltung ſelbſt,
deren treibendes Motiv jeht weſentlich die Finanz—
wirtſchaft war, in eine Stufenleiter von Geſchäfts⸗
ebieten mit georbnetem Inſtanzenzug gebradit.
Sinti der religiöfen Berhältniffe war fchon in
ift von Mailand 818 vollitändige Toleranz
gewährt, dann aber, nachdem Konftantin den Pi:
cinius Aberwunden, das Ehrijtentum auf der Grund:
lage der Religionsfreiheit thatfächlich mehrfach be:
vorzugt, doch noch nicht zur Staatäreligion gemadht,
wie denn Konftantin felbft ſich erit ganz kurz vor
feinem Tode taufen ließ. Nach Konftantins Tode
teilten feine drei Söhne Konftantin, Conftantius
und Conſtans das Rei als Augufti unter ſich,
nachdem die Neffen ihres Vaters, die dieſer eben:
Ku bedacht hatte, bejeitigt waren. Der erftere
el bei Aquileja in einem Kriege gegen Conftans
340, biejer aber wurde von ben Leuten bes Mag—
nentius, der 350 in Gallien als Kaijer auftrat, ge:
tötet. Conftantius II. nötigte nach Abſchluß eines
Verjerkrieg3 den in Illyrien zum Kaifer ausgerus
enen Betranio zur Niederlegung de3 Purpurs und
chlug 351 bei Murfa den Magnentius, der ſich
853 zu Lyon ſelbſt tötete. Conitantius, num allei:
nigerAuguftus, machte da3 Chriftentum zur Staat3:
religion und ftarb 361 auf dem Zuge gegen feinen
Vetter, Julianus, der, als Cäfar, in Gallien feit
355 ſehr glüdlich gegen die Alamannen und Fran:
ten gefochten hatte und bort 360 von ben Legionen
— Kaiſer des Weſtens erhoben worden war.
urch Julianus, der 363 auf dem Zuge gegen die
Perſer fiel, wurde das Chriftentum wieder zurüd:
edrängt, aber nur vorübergehend, indem fein von
* Truppen ernannter Nachfolger Jovianus das⸗
felbe wieder in feine herrſchende Stellung einführte.
Da diefer jhon im Febr. 364 ftarb, folgte Balen:
tinianus I., der feinem Bruder Valens ald Mit:
taifer den Oſten anvertraute, Er felbft regierte bis
8375 ftreng und hart, aber in der Kirchenpolitit ſehr
tolerant, und mehrfad zum Nupen des Reiche,
egen deſſen Feinde in Britannien, am Rhein, an
ber Donau und in Afrika er teild perſönlich, teils
dur feinen Feldheren Theodofius fiegreih mar.
Nach ſeinem auf dem Zuge gegen die Duaden 375
erfolgten Tode folgten ım Weſten feine beiven
Söhne, der von ihm ſchon 367 zum Auguftus er:
hobene Gratianus und der vierjäbrige Valentinia⸗
nus II. Im Oſten hatte Balens einen Gegenlaiſer,
den Procopius, 366 beſiegt und mit den Perſern
und den Weſtgoten Krieg geführt. Die letztern
flohen 376 vor dem Andrange der Hunnen auf
tönt, Gebiet; bald aber entitand mit den Auf:
genommenen Krieg, in weldem Valens in der
796
Unglüdeihlaht bei Abrianopel 9. Aug. 378 fiel.
Gratianus, ein tüchtiger Negent, der 378 die Ala:
mannen geichlagen hatte, erhob 379 den Spanier
Theodoſius, des vorher erwähnten Feldherrn Sobn, |
zum Kaiſer des Oſtens, unterlag aber 383 dem |
Nöm — Nomagna
verus die Herrfchait verlieh, nad) deſſen Ableben
— erſt 467 der Thron wieder mit dem oftröm.
ntbemius befept wurde. Auch diefen ftürzte er
472; er ſelbſt ftarb in demſelben Jahre an der Reit,
und fur; nad) ihm der neue von ihm erhobene Hai:
jer Olybrius. Der Nachfolger des lektern, Gin:
cerius, mußte —* 474 dem Julius Nepos und
goten (382) zum Frieden genötigt hatte, anerlennen diefer 475 dem Nomulus Auguftulus weichen, den
wubte, dann aber, als er aud dem Valentinian jein Vater, der röm. Feldherr Dreites, einfchte.
Jalien raubte, 383 überwand und binrichten ließ. | Gegen fie führte der Rugier Ddoaler fein aus ger:
Dasielbe Los traf dur ihn 394 den Eugenius, | man. Söldnern beitehendes Heer; Oreſtes wurde
welchen der Frante Arbogaft nach Balentinians 11. | gefangen und_bingerichtet, Romulus Auguftulus
Grmordung 392 zum Kaiſer des Weltens gemacht | entiagte im Sept. 476 Ravenna der Kaifer-
hatte. Aber ſchon 17, Yan. 395 ftarb Theodofius, | würde, So endete das weitröm. Kaiſertum. Odoa
nachdem er vorher unter jeine beiden Söhne Ar: | fer aber regierte Italien als deuticher König und als
cadius und Honorius das Reich geteilt hatte. | Batricius der Römer, bis auch er 493 dem Ditgoten-
Theodoſius erhob das lath. Chrijtentum ausdrüd: könig Theoderich unterlag. Im mittlern Gallien be
lid zur Gtaatsrcligion, indem er die noch fort: | jtand ein Reſt der röm. Herridaft unter Syagrius
von den brit. Legionen als Kaiſer audgerufenen
Marimus, den Theodoſius, der indefien die Weit:
neiehte Ausübung des heidniſchen Kultus als Maje—
ſtätsverbrechen erklärte,
bis 486, wo ihn der Srante Chlodwig zertrümmerte.
Litteratur. Bol. zur Königszeit und Nepublit
Arcadius erbielt das Dftrömiiche oder Byzan- außer den Werten — (. d.): Schwenler,
(f. d.), das fich unter mannigfadhen
tiniiche Dei
a zur Mitte des 15. Nabrb. erbielt.
Schidſalen
«Nöm. Geihhichte» (2. Aufl., 3 Bde. Tüb. 1867—
72; fortgeführt von Glafon, Bd. 4 u.5, Berl. u.
Honorius, 395—423, wurde in dem Weitrömiichen | Halle 1873— 76); Mommien, «Röm. Geicichte»
Reiche Kaiſer. Er beberrichte aljo bier \jtalien mit | (Bd. 1—3,
den weitl. Allyricum und Afrila, Gallien, Britan:
nien und Spanien und hatte als Reſidenz erit
Mailand, dann 403 Navenna. Unter Honorius
führte der Vandale Stiliho, der den Meitgoten
Alarich 396 in Griechenland, 403 in Italien ſchlug,
Berl. 1854—56; 6. Aufl. 1874— 75);
Peter, « Geſchichte Noms» (4. Aufl., 3 Bde., Halle
1581); Ihne, «Nöm. Gedichte» (5 Bde., Lpz. 1868
— 79); Montesquieu, «Considerations sur les
causes de la grandeur et de la döcadence des
Romains» (Par 1734); Drumann, ⸗Geſchichte
405 den Nadagais mit feinen großenteild got. | Roms in feinem libergang von ber republilaniſchen
Scharen bei Florenz vernichtete, die Regierung mit
großer Krajt, bis er 408 ermordet wurde, Italien
wurde nun von Alarich, der 24. Aug. 410
Kon |
zur monarchiſchen ———— (6 Bde., Konigsb.
1834—14). Zur Staijerzeit: Höd, «Nöm. Geſchichte
vom Berfall der Nepublit bis zur Bollendung der
eroberte, verheert, Epanien ging 409 teilweife an | Monarchie unter Konjtantin» (Bd. 1—3, Braunſchw.
bie VBandalen und Sueven, die mit den Alanen jeit
406 Gallien durdzogen hatten, verloren. Im Nor:
den von Gallien wurde die röm. Herrſchaft durch
die Franken, im Oſten durd die Alamannen und
Yurgundionen beihränft; im Süden entitand 418
das Neid) der Weitgoten, das fi) ſpäter auch über
Epanien ausdehnte. Britannien wurde von Ho:
norius aufgegeben, der 423 kinderlos ftarb. Der
Dberhofnotar Johannes, der ſich jekt der Herrichaft
bemädhtigte, verlor fie 425 an Balentinian Ul.,
Sohn von Honorius’ Schweiter Placidia und des
Generald und (421) verftorbenen Mitlaijers Con:
— den der oſtröm. Kaiſer Theodoſius II. ein:
ehte und dem feine Mutter bis zu ihrem Tode
450 zur Seite ſtand. Afrila ging jeit 429 an die
Bandalen verloren. Gegen die Hunnen unter At:
tila beitanden die Nömer unter dem genialen feld:
herrn Aetius in Verbindung mit den SBeftgoten 451
die Schlacht auf den Catalauniſchen Feldern fieg:
reich; auch ein gewaltiger hunniſcher Ginfall in
Italien (452) wurde am Padus und den Apenninen
durch Adtiusglüdlich abgewehrt. Balentinian wurde
nachdem er 454 ben Aötius, durch den noch einmal
das Anjehen der röm. Macht fidh erbob, getötet
u, Gött. 1841—50); Gibbon, «History of the de-
cline and fall of the Roman empire» (4 Bde.,
Lond. 1782 fg.; deutich von Sporidil, 4. Aufl.,
12 Bde., Lpy. 1862—63); Merivale, « History uf
the Komans under the empires (4. Aufl., 7 Bde.,
Lond. 1862 fg.; deutih, 4 Bde., Lpz. 1866— 72).
von Wietersbeim, «Geſchichte ver Völterwanderung*
(4 Bde,, Lpz. 1859—64; 2. Aufl., bearb. von Dahn,
2 Bde., Lpz. 1880—81); Herkberg, « Geſchichte
des Romiſchen Kaiſerreichs » (Berl, 1881); Duruy,
«Histoire des Romains depuis les temps les plus
recules jusqu’A l’invasion des Barbaress (2. Auil.,
7 Bbe,, Bar. 1875 — 84); H. Schiller, « Geihichte
ber röm. Kaiſerzeit⸗ (2 Bde. Gotha 1883); Momme:
fen, «Rom. Geſchichte⸗ (Bd, 5, Berl. 1885).
dm (Nomö), nörblichite deutiche Nordſee-Inſel,
m nordfriej. Injelgruppe und zum Kreife Tondern
er preuß. Provinz Schleswig: Holftein gehörig.
5 km weitlih vom Feſtlande, durch das Liſter Tier
von der Nordſpiße Sylts getrennt, 13 km lang,
bis 4 km breit, zum größten Zeil vom Flugſand
ber an der Meitieite fich erbebenden Dünen bededt,
gr (1880) 1130 dänijch fpredhende E., hat Schiff:
* rt und Seebäder und iſt mit Ballum an der
galt, 455 durch Petronius Marimus ermordet. ſchleswiger Weftküfte dur Segelſchiffahrt verbun
alentinians Witwe, Eudoria, von diefem zur Ver:
mählung geswungen, rief noch in demjelben Jahre
aus Rache die Bandalen nad Italien, die nun |
unter Geijerih Nom im Sommer plünderten. |
| den
. Hauptort iſt Kirteby mit Nebenzollamt.
Roem., bei naturmwifienihaftlihen Namen Ab-
fürzung für Friedrid Adolf Römer (if. d.).
omagna (mittellat. Romania, Romandiola),
Maximus war im Vollsaufruhr ermordet worden, einſt der Hauptbeitandteil des buzant. Grardats
Den Avitus, der im Aug. 455 in Gallien den Pur: | von Ravenna (f. Exarch), ipäter der norböftlichite
pur nahm, ftürzte der german. Patricius Ricimer | Zeil des Kirchenftants, vom Adriatiichen Meere im
456, ebenſo 461 den Majorianus, den er jelbit 457 | D., vom Po im N., von Modena im NW., vom
zum Kaiſer gemacht, worauf er dem Lybius Se: | Apennin im SW. und im ©. von einer Linie
Nomagnofi — Roman
begrenzt, bie von biefem Gebirge dem ftrategifch wich:
tigen Küjtenpafie Cattolica (7 km im NW. von Be:
faro) entlang läuft, umfaßt die zur Emilia gehöri:
gen ital. Provinzen Ferrara, Bologna, Ravenna
und Forli und zählte 31. Dez. 1876 auf 1000,23
qkm 1172717 E bie man Romagno len nennt.
NRomagnofi (Giandomenico), ital. Philoſoph,
eb. 13. Dez. 1761 zu Salfo Maggiore bei Biacenza,
ubierte die Nechte zu Parma, ward 1793 Prätor
von Trient, dann unter der franz. Herrfchaft Gene:
raljetretär im Yuftizminifterium, ſpäter Profeſſor
der Redte in Parma, Mailand und Pavia, 1824
in Korfu, wo er 8. uni 1835 ftarb. In feinem
Werte «Genesi del diritto penale» (3 Bde., Mail.
1791; 4. Aufl., Slor. 1832; deutſch von Luden,
2 Bde., Jena 1833—34) gründete er das Öffentliche
Strafrecht auf das Syſtem der indirekten Berteidi:
ung, das er mit großer Schärfe entwidelte., Die:
er Theorie dient auch die «lntroduzione allo stu-
dio del diritto pubblico» (2 Bde., Parma 1805).
Später bearbeitete er im Geiſte des Condillacſchen
Eenfualismus die Erlenntnislehre, Moralpbilofo:
phie und Geſchichte der ‚Bbilof ovhie in den Schrif⸗
ten: «Elementi di filosofia» (Mail. 1821), «Che
cosa & la mente sana?» (1827), «Della suprema
economja dell’ umano sapere in relazione alla
mente sana» (1828), «L’antica morale filosofia»
(1832) u. a. m. Cine Gefamtausgabe feiner Werte
iſt — Mailand erſchienen («Opere», 19 Bde., 1832
; «Opere postume», 5 Bde., 1835—36),
Roma locuta (est), oausa finita 58
«Rom (d. h. die röm. Kurie ober der Papſt) hat
—— die Sache iſt zu Ende», ſprichwoͤrtliche
edensart, welche auf Auguftinus’ «Sermo», 131,
Nr. 10, zurüdzuführen iſt; meijt wird jedoch citiert:
«Roma locuta, res judicata», «Rom hat gefpro:
chen, die Sache iſt entichieben».
Roman, im Mittelalter in Frankreich Bezeich:
nung derjenigen epiſchen, metriihen Gedichte (mit
Ausnahme der älteften Chansons de geste), weiche
nicht in der lateiniſchen, fondern in der Vollsſprache
(der lingua romana) gejchrieben waren. Als Be:
zeichnung für ein Epos in Bro wurde das Mort
R. gebräudlih, nachdem der überſetzer der franz.
— —— Amadis von Gallien, das Buch
einen R. genannt hatte. Wenn das Koltsepos in
poetiſcher Form auf der Sage berubt und die ein:
fachern —— des heroiſchen Zeitalters
in einem großen Ereignis und in typiſchen Helden⸗
geſtalten gen an fo verlangt die —
verſtãndiger, aber auch proſaiſcher entwidelte Gi:
viliſation, ſowie die Innerlichleit der Empfindung
und der Gedanlenreichtum des Geiſtes eine realere
Weiſe der Darſtellung; intereſſante Situationen,
abenteuerliche Ereigniſſe, eigentümliche Charaltere,
wie das Leben dem Dichter bietet oder wie er ſie
ndet, und die 53* ſeiner Betrachtung treten
an die Stelle bes Vihihus. Wie wir unfere Erlebs
nifje und dad, was um uns geſchieht, von unfern
Handlungen unterjcheiden, von dem, was wir abficht:
lich erjtreben und verrichten, fo iſt das Epos bie
Voeſie des Erlebniſſes oder der Begebenheit, das
Drama bie Boefie ber That. Und fo liebt auch der
R. nicht jo ſehr aktive als vielmehr bildſame Cha:
raltere, die ſich durch mandjerlei Umftände hindurch—
bewegen und vieles erfahren, was ihnen ungefucht
zufällt. Der R. erftrebt wie das iihe Epos
797
pſychol. Problem, eine einzelne anziehende Begebens
heit entwidelt. Im Unterſchied von ben großen
geſchichtlichen Ereigniſſen des Heldengelangs wählt
lid) der R. das Privatleben, die Boefie des Gemüts,
den Kampf ded Herzens mit der Welt. So ent:
ſtand er nad) dem Untergang der gried). Freiheit in
der beginnenden chriſtl. Ura als eine Blüte ber
alerandrinishen Kultur: das Sichfinden, die Tren:
nungen , bie abenteuerlichen Schidjale und die end»
lihe Miedervereinigung eines liebenden Paares
war das Thema, das unter andern von Achilles
Tatios und Heliodorfinnig und reigend variiert wird,
Auf das BVolls: und Kunſtepos des Mittelalters
folgte dann in der anhebenden bürgerlichen Kultur
zur Neformationgzeit wiederum der R. zunädjit als
proſaiſcher Nachläufer der verfifizierten Nitterbichs
tung: rauen werben von Rieſen geraubt, von Jaus
berern entführt, von den Rittern wieder befreit; der
Leichtſinn wie die Treue in der Liebe, die feine Sitte
wird gefchildert, einer fucht den andern an ſeltſamen
Erfindungen, an wunderbaren Dingen zu überbieten,
Tagegen entwidelt fich ſeit Menoza im 16. Jahrh.
in Spanien der picaresfe R. der in der Geſchichte
eines Schelms, Wildfangs, Landſtreichers, welcher
ſich durch verſchiedenſte Lebensverhältniſſe bin:
bewegt, ein reales Lebensbild desſelben zeichnet:
der deutſche Simplicius Simpliciſſimus, der Gil
Blas von Lefage haben fid daran angeſchloſſen,
ebenfo die abenteuerlichen Reifen, dieRobinjonaden,
Ein fatirifch-grotestes Gemälde des Übergangs aus
dem Mittelalter in die neuere Zeit gab Rabelais in
«Gargantua und Bantagruel»; eine Satire auf die
PVhantaftereien der Nitterbücher wollte Cervantes
ſchreiben, und fein Genie brachte ein herrliches Kunſt⸗
wert in feinem humoriftiihen NR. «Don Quirote»
bervor, welder der eingebildeten Welt des Idea⸗
liften die reale Wirklichleit gegenüberftellt, das Edle
und Rührende mit dem Lächerlichen in den Charal:
teren und Greigniffen felbft ineinander verſchmilzt.
Madame de Scudery in Frankreich, Lohenftein in
Deutichland u. a. wandten fi der Haupt: und
Staatsaltion zu, um innerhalb berjelben ihre Lie:
besgefhichten abzufpinnen, während bie Engländer
im 18. Jahrb, wieder das eigene Leben abipiegeln
und auf die Charalterzeihnung den Nachdrud legen,
wie Richardſon im Familienroman, während Fiel⸗
u. unfterbliher «Tom Jones» uns aus der Stu:
benluft ins freie führt, und Sterne wie Goldjmith
in ihren Ich Romanen die Lyrik des Herzens, neben
den fomiihen Figuren und Greignifjen in fubjet:
tivem Humor in Scene ſehen. In neuerer Zeit hat
auf diefem Gebiet neben den Senfationsromanen
der Frauen befonders Didens Meifterhaftes gelei-
jtet, während in Deutihland nad Hippels Bor:
gang der humoriftiiche R. in jean Paul, Immer—⸗
mann, Friß Reuter feine beiten Dichter fand,
An Nichardſon Inüpfte J. J. Roufjeau an, als
er die jchöne Seele wie das pantheiitiiche Natur:
gefühl und die Alpenherrlihkeit in die Litteratur
einführte und in feiner «Nouvelle Heloise» zugleid)
den R. zum Träger ber widhtigiten Fragen des
menſchlichen Lebens und ihrer Beantwortung machte,
Was er zu doltrinär begonnen, das vollendete
Goethe mit dichterischer Meifterichaft im «Werther»
und «Wilhelm Vleiftern. . Wenn jolhe Werte dem
Geſchichtforſcher und Geſchichtsfreunde für die Ers
fenntnis des Geijtes und der Sitte eines Zeitalters
ein Weltbild und er lölt eine Gewiſſensfrage der | von ähnlicher Wichtigkeit find wie das Vollsepos, jo
Menſchheit, während die Novelle cin beſonderes eröffnete Walter
cott in England den hiſtoriſchen
798
N., welcher dann von Runftwert iſt, wenn er eine
frei erfundene ANNE finniger und ſpannender
Urt in eine Periode der Bergangenbeit verlegt, und
die Atmojphäre derielben in den Charakteren und
ihrer Umgebung, auch in den treu geſchilderten Ge:
bräuden und Außendingen wiedergibt. Große
geihichtliche Perjonen und Greignijje mögen be:
dingend in das Geſchid der Nomandelben eingreifen,
dürfen aber nicht die Hauptſache fein und mit aller:
band abenteuerlihem Flitterſtaat behangen werben,
fonit entjtehen unfünftlerische und unhiſtor. Zwitter⸗
dinge. Cooper und Wajhington Irving in Ame-
rila, Manzoni in Stulien, Bictor Hugo und Dumas
in Frankreich, Bilivald Alerid und Freytag in
Deutſchland find auf Scott3 Bahn vorangeidritten,
während der jociale R., derdie Probleme des eigenen
Lebens und die Spiegelung der eigenen Zeit fich
zur Aufgabe ftellt, durch George Sand, Eugen Sue,
Balzac, Zola u. a, in Frankreich, durch Gußlow,
Freytag, Spielbagen, Heyfe u. a. in Deutſchland
auf mannichfache Weile in den Borbergrund des
litterariichen Intereſſes gejtellt ward.
Vol. Dunlop, «History of fiction» (Lond. 1843;
deutich von Liebrecht, Berl. 1851); Wolff, «Allge:
meine Geſchichte des N.» (Jena 1841); Kreyßig,
« Vorleſungen über den deutſchen R. der Gegen:
wart» (Berl. 1869); Vobertag, « Geſchichte des R.
und der ihm verwandten Dichtungsgattungen in
Deutſchlando (Bd. 1—2, Brest. 1877—84); Spiel:
bagen, « Beiträge zur Theorie und Technik des R. »
(2p3. 1883) ; Carriere, «Die Poeſie. Iht Weien und
ihre Formen mit Örundzügen der vergleichenden
gitteraturgejchichte» (3. Auft., Lpz. 1884).
Roman:Gement (Nömijher Cement), ſ.
unter Gement,
Nomancero nennt man eine —— von
Romanzen (f. d.), ein Romanzenbuch, wie ſolche in
Spanien feit Dlitte des 16. Set, an das Licht
traten. Die erite und urfprüngliche Art der Be:
fanntmadjung ber —— war die in fliegenden
Blättern. Datierte Einzeldrucke aus den J. 1525,
1537 u, ſ. w. haben ſich erhalten. Eine Heine An:
zahl von Romanzen wurde jchon in die «Cancione-
ros» des Conſtantina und Gaitillo (1511 u. öfter)
zuſammengefaßt. Das erjte eigentliche Nomanzen:
buch aber war der «Cancionero de romances»
(Antwerp., ohne Jahr, 2. Aufl. 1550 u. öfter), dem
die «Silva de romances» (2 Bde., Saragoſſa 1550
u. öfter) folgte. Andere Nomanzenfammlungen
veranitaltete Fuentes (1550), Sepulveda (1551),
Zimoneda (1573), Linares (1573), Padilla (1583
und in neuer Aufl., Mabdr. 1880), Lucas Rodriguez
(Alcala 1585 u. Madr. — u. a., welche jedoch
hauptſächlich aus Romanzen beſtehen, die von ihren
Herausgebern verfaßt wurden. Den Verſuch, ein
Romanzenbuch aus allen Quellen zuſammenzuſtellen,
bildet der «l'lor de varios romances», deſſen neun
Teile 1589—97 einzeln an verſchiedenen Orten er:
ſchienen. Aus demjelben wurde, mit wenigen Ab:
änderungen, bie erjte Ausgabe des « Romancero
general» (MNadr. 1600), die umfajjendfte Samm:
lung diejer Art, zufammengeftellt, welcher die von
1602, 1604 und 1614 folgten. Schon vorher hatte
Miguel de Madrigal eine «Segunda parte» (VBalla:
dolid 1605) berauägegeben. Kleinere Sammlungen
find der «Jardin de amadores» von Juan de la
Puente (1611), die «Primavera y tor» des Pebro
Arias Perez (1626 u. Öfter) und viele andere.
Spezialſammlungen wurden aud, um dem Kriegs—
Noman:Gement — Romaniſch
ichmad der Zeit zu genügen, aus den allgemeinen
omanzenbüdern zujammengeitellt, wie 3. B. die
«Floresta de romances de los doce pares de Fran-
cia» von Tortajada (Alcala 1608 u. öfter) und ber
«Romancero del Cid» von Yuan de Escobar (zuerit
Lijlab. 1605 u. 1612, dann Alcala 1612 u. öfter).
Die «Romanceros espirituales» von Lope de Beya
(Madr. 1635) und oje de Valdiviello (Madt. 1643
und neu Madr. 1880) haben, ald von einem einzigen
Kunftdichter herrührend, mit den eigentlichen Ko-
manzenbüchern nichts al3 den Namen gemein. Tas
Intereſſe für die altipan. vollstümlidhen Romanzen-
dichtungen erwachte erit wieder gegen Ende des
18. Jahrh. Bieles in dieſer Rihtung geſchah be:
fonder3 in Deutihland. Hier folgte auf Grimm:
«Silva de romances» (Wien 1815) ping mit fei:
nem «Romancero castellano» (Lpʒ. 1817; 2. Aufl.,
2 Bde., 1844; mit einem dritten Teile: Rosa de
romances», von Ferd. Bol, 1846), ob. Müller
mit einem «Romancero del Cid» (Fran . 1828),
Keller mit ebenfolhem (Stuttg. 1840). fiber:
Irpungen ins Deutiche erihienen von Herder, Die;,
Musi, Geibel, Heyſe, Duttenhofer, Eitner u. f. w.
Die vortrefflichjte Sammlung je ob wurde in Spa:
nien felbft von Duran im «Romancero general»
(5Bde., Mabr. 1828—32) veranitaltet, deſſen zweite
Ausgabe (2 Bde., Madr. 1849—51; Bb. 10 u. 16
der «Biblioteca de autores espaüoles») als ein
gas neues Werk zu betrachten ift. Cine kritiice
usgabe ber ältejten und echteften Roma ift die
«Primavera y flor de romances», welche fund
Hofmann (2 Bde,, Berl. 1856) veröffentlichten.
Bol. F. Wolf, «fiber die Nomanzenpoefie der Spa-
nier» (Wien 1847), ein Auffab, welcher, ermeitert
und berichtigt, aufgenommen warb in die «Studien
zur Geſchichte der ſpan. und portug. Nati ,
ratur» (Berl. 1859).
‚ Romanche, rechtsſeitiger Nebenfluß bes Dra:
im franz. Depart. Jitre, entipringt im Depart.
Haute3: Alpes, Arrondijiement Briancon, in den
Gletſchern nördlich vom Mont Belvour, durchfließt
das Yändchen Diſans und mündet nach einem Laufe
omansche-Thorins, Ort im franz. Depa
omanecche:Thorind, Ort im. franz. tt.
Saöne:et:Loire, Arrondijjement Mäcon, 3 km recht⸗
von der Sadne, Station der Baris-Lyon:Mittel-
meerbahn, zählt (1881) 2526 E., hat eine Mangan:
rube und liefert gute Burgunderweine, darunter
ejonders Moulin:d:Bent und Thorins,
NRomänen, |. Rumänen.
Romania hieß während der venet. He in
Morea der öjtl. Teil dieſer Halbinfel mit der Haupt:
ftabt Napoli di Romania.
Romänien, |. Rumänien.
Nomanifch heißt vorzugsweiſe basjenige Idiom
der Romaniſchen Spraden (f. d.), welches in pe
ringer Ausdehnun nt . in Zeilen
riau
Graubündens, in Tirol und in geſprochen
wird. Da ſchon in altdeutſcher Zeit der bünd-
niſche Teil unter dem Namen Ch befannt
war, jo nennt man jene Sprade vielfach auch
Churwelſch. Die Bezeihnung Rhätoroma:
niſch, weldher man öfters bei deutichen Forſchern
begegnet, iſt nicht vollstümlich. Im Lande jelbit
eißt die Spradhe Romontjd (lat. romanice) oder
adin, Man unteriheibet in Graubünden zwei
Hauptdialekte: das wirkliche Rumonſch (Romantic)
ober Churwelſch, und das Yabin. Das eritere wird
in den Thälern des obern Rheins im Gebiete dei
Nomanifhe Spraden — Romaniſcher Stil
Grauen und Gotteshausbundes gelprodjen und
jpaltet fih in die Unterdialelte: R. ob dem Wald,
A. unter dem Wald und Be ** Das Ladin
gehört dem obern Junthal dem Engadin an
und zerfällt in das * — *. Unter⸗
engadiniſche, wozu noch die Mundart des Münſter⸗
thals kommt. DE} Dialelt - een teht
zwifchen dem Churwelſchen Ladinifhen. Die
rhätischen Dialekt ee — derpondbergafche, ber
—— und der Enneberger haben manches Eigen⸗
» den von Friaul erkannte zuerſt J. Aroli
als rhätifche Mundart. Zur Zeit ber Hoßenitaufen
—— ndten noch romaniſch; ſeitdem iſt das
ee in = ——— riffen, in
Sales wir weife ch —— —
Sm Engadin, n Tr und Friaul ken
lienifde ein; angsmundarten be
gegen n das iſche und Beetle 5
raubünden zählt man noch 40000 R nn
Zirol (Öröbener, Enneberger,
gegen 11.000, in iau[ 464.000 ih pre
Eine ei milde itteratur — FR. nicht, —
eu te Dialelten —— undert
Bücher gebrudt
8 erſte —825* edrudte di (in
Pabin) war eine fiberfehung des mus d
Bifrun von 1552. Neuerbings wurde er aus
Hand tb eben. Aus
= 16 Aabıh. eigen r. ae fowie *
matiſche Kompofitionen e — Das meiſte *
—8* und didaltiſchen Grammatilen
Gonrabi (Zür. rg Sur en a,
ak
da ns (Drthogra — Sur 100),
Cariſch Chur 1852) und Pre =
ältern Arbeiten über rhätoroman. Spr: —*
von Andeer: «fiber Urſprung und Geſchichte ber
roman. Sprache» (Ehur 1862); Mitterrußner, «Die
reg te in Zirolo (Briren —
I; ebt durch J. Ascolis Darftellu
er rhätoromen. Dialekte im «A
—— italiano» (I, 1873) und b
gr «Rhätoroman. Grammatif» Heilbr.
Deiträge zur Kunde des tirolerifhen Ro:
mantfeh lieferten neller, «Die roman. Volls⸗
mundarten in Tirol» ug N Alton, «Die
ladin. Idiome ( );_ Gartner, «Die
arödener Mundart» (Ein 180) oe rhätoroman.
Yitteratur beſchrieb F. Rauſch, ae ——
— * —— Pr —* sich
ine aphie derjelben, foweit fie in
feinen Befip fid ben m, Relte 6. Lötuer («Ros
maniſche Studien», Bd
RomanifcheSprad — —
den, welche ſich in dem der röm. Herrſchaft unter:
worfenen & lien, Gallien, Hifpanien, einem Teile
Nhätiens und dem durch Trajan auf etwa 150
Jahre römiſch gewordenen Dacien nicht ſowohl aus
der Sprache der gebildeten Römer, den Latein der
Schrift und ber höhern Umgangsiphären, fondern
aus dem nebenhergehenben Voltelatein, der fog.
Lingua Romana rustica, — latten, in ber Aus:
iprade, im Wortgebra in der ügung von
jenent gebildeten Latein mc un prachmeiie
entwidelten. Diefer Sprachweiſe bediente ſich zus
nächſt in Latium, fodann in immer wachſenden
Kreiſen allınählic) in ganz Italien Bauer wie ge:
meiner Städter und be = — auch die 9—
ihnen ausgehobene gro e von Kriegern, i
deren Gefolge fie Stalien Fer hen und 7 fiber
—
799
die eroberten Provinzen verbreitete. (Pol. Jung,
«Dieroman, Sondiceit ten des röm. Reichs», Innsbr.
1881; Budinſzky, «Die Ausbreitung der latein.
Sprache», Berl, 1881.) an den Provinzen ent:
widelten fich aus dem Kot slatein unter dem Zu:
ammenftoß mit den nieder: ben nen Böllern, wie
en us —* hen Völkerſchaften, Stel:
Iberern, Daten und Geten, in einem im Detail
ab nicht völlig —— Brozefie die roman.
Idiome, die feit dem 9. Jahrh. naheinander in
—e— — hervortreten. Im weſentlichen
—— jener roh ein innerer, nicht von ber Berüb:
Bun rönufchen mit den ‚Siomen der roman,
ler und ihrer Beherrſcher bedingter, beruhend
- träger Artilulation der röm. Laute und dem
Bequemlichkeit und rg ausgehenden
pradjfinn * —— che Kultur hinlebender
a das Keltiſche, Germanifche, ie
Arabifhe u. f. w. hat hauptfähli nur den Wort:
fhaß der roman. Sprachen, weniger ihre Laute und
| SemBitbung beeinhußt. Ihre Spaltung ift bis
—— —— der Romaniſierung ber Voͤller des lat.
Spraditammes zurüdzudatieren (vgl. Gröber in
Woͤlfflins * 5 für lat. —8 1884;
uch Schuchardt, olalismus des ulgärlateins »,
1865— 68), Im Kerne zu der Lingua Latina,
welche ala eine bö ‚als die Sprache
ber Kirche, Schule, Kar und der Wiſſenſchaft
daneben fortlebte, erhielten die neugebildeten Spra⸗
chen des Volls und * tãglichen Verlehrs den Na⸗
men Lingua eine Bezeichnungsweiſe, der
auch me m. Bolfe entjtandene und daher auch
in der bes Volls — ———
wie — und Romanze, ihren Namen verbanten,
Als felbftändige a in denen ss wieber
ungemein zahlreiche, zum Teil fehr marlierte Dia:
fette finden, betrachtet man fech3, bie ital., fpan.,
ar 2 ‚ provencal,, franz. und dacoromanifche
rumän. oder waladı.) Sprache, Das fog. Roma:
nische (f. d,) in Graubünden wird von Diez in feinen
beiden klaſſiſchen Hauptwerten über die roman.
ee «Örammatit der roman. Spraden«
(3 Bde., Bonn 1836—43 ; dritte Bearbeitung, 3Bde.,
1870-72; leßte Ausg. 1882) und « olog.
Mörterbud) der roman. Spracden» (Bonn 1853;
legte Ausg. von U. Scheler, 1878), wegen feiner
geringen litterarifchen Kultur und Verbreitung nicht
als befondere roman. Sprache betrachtet, wohl aber
von J. Azcoli und den Neuern. Yhrer Erforichung
widmet fi) die von Diez begründete roman. Bhilo:
logie, * gegenwärtig hervorragende Vertreter und
ala e Lehrer au in meiſten roman,
Sändern befon ers auch in Franfreich und Italien
zählt. {ber die Entwidelung der einzelnen roman.
Spraden aus bem Lateinischen ift nad Die an
mweitverzweigte, auf Laut, Form, Wortihaß, S
tar, Dialekte u. ſ. w. bezüg liche Titteratur ne:
n, bie am u. in den Bıbliographien des «jahr:
ee für roman. Sprade und Litteratur» (1859 —
75) und ber « Zeitihrift für roman. —
rausg. von Gröber (1877 fg.) überblidt wird
ine ä ‚nliche Beitfchrift befikt ee in der
«Romania» (1872 fg.), und beſaß Italien in dem
«Giornale di filologia romanza» (1878 fg.). Außer:
dem beſtehen ſolche Feitichriften für ein gene roman,
Spraden in Deutihland und im Au
Romanifcher Stil heißt inder sunft, —
der Architeltur, eine im 11. und 12, Jahrh. ent:
widelte Darftellungsmeiie, welche altröm: und neue
800
Glemente verbindet. Wenn der byzant. Stil von
den Nundbauten — und durch die Kuppel
über der Mitte des gleichſchenkeligen, griech. Kreu—
zes fich kennzeichnet, jo ward das Schema des Grund:
riſſes das nad dem Eingang bin verlängerte lat.
Kreuz, und das Mittelichiff bewahrte die Längen:
richtung der altchriftl. Baſilifa, die Symmetrie
zweier redıt3 und lints geleitenden Seitenſchiffe von
alber Höhe und Breite. Die Façade ward durch
einen oder durch zwei Türme gebildet, ein Turm
oder eine Kuppel erbob fi über ber Mitte des
Kreuzes, der Chor ward häufig erhöht und unter
ihm eine Krypta angelegt; an die Stelle der flachen
Dede trat allmäblid das Tonnen: oder Kreuzge—
wölbe, als deſſen Träger Pfeiler für ſich allein oder
im Wechjel mit Säulen im Innern dajtehen. Noch
wiegt die Maſſe vor, fie iſt gegliedert, aber noch
nicht wie in der Gotik in lauter vertifal aufitrebende
Teile aufgelöft, und ftatt des Spißbogens bildet der
Stundbogen die Gewölbe, wie die Bekrönung der
Vortale und Feniter. Am reichiten und mannid):
faltiaften ward der roman. Bauftil in Deutichland
und Frankreich ausgebildet. In Italien ermangelt
er der Türme und hält fi eng an die Bafıliten:
form, wie in Piſa, Prato, Zara, In England
trägt er ein Pages Gepräge. (Bol.
Bauftile, Bd. II, ©. 606 und Tafel: Bau:
ftile, VIL) In der Blaftit und Malerei mifchen
ſich die antifen Elemente mit der neuern Empfin:
dung, dem frifchen Naturdrang; jene find fteif und
jtarr geworden, dieje äußern fich heftig und derb;
erit nad und nad) durddringt das neue Gefühl
die überlieferten Formen, oder mäßigt ſich der Aus:
drud zur Schönheit.
NRomanismus (lat.) und Romaniften nennt
man die Pflege und Pfleger des röm. Rechts im
Gegenſahze zu denjenigen Nechtelebrern, die fid) dem
Studium des deutſchen Rechts bingeben (Germa:
nilten); Romaniſten beißen ferner die Kenner der
roman. Spraden und Literaturen.
Romans, ital. Dialer, f. Giulio Romano,
Romano (Gnotrio), Pſeudonym des Dichters
Gioſue Garducci (f. d.)
‚Romano bi Yombarbia, Drt in der ital, Bro:
vinz Bergamo, Bezirk Treviglio, lints vom Fluſſe
Eerio, Station der Eijenbahn Mailand : Berona,
zählt (1881) 4963 E., ift mit Mauern und Gräben
umgeben und hat ein altes Schloß, Seidenfpinnerei
und Getreidehandel.
Nomanod, Name mehrerer byzant. Kaiſer:
Romanos J. Lelagenos, feit dem 27. April
919 Schwiegervater des jungen Kaiſers Konftan:
tin VII. Borpbyrogennetos, wurde 17. Dez. 920
Mitregent des lektern und verdrängte für lange
Jahre feinen Schwiegerſohn von der Regierung,
bis er ſelbſt 16. 2 944 durch feine eigenen Söhne
geftürzt wurde. R. ftarb 948 in einem Klofter auf
der Bropontisinfel Brote,
RomanoslI., Sohn des Kaiſers onftantin VII.
Forpbprogennetoß, dem er 9. Nov. 959 auf bem
—* folgte; unter ie eroberte Nilepbhoros
Pholas die von Arabern * Inſel Kreta (961)
wieder für das byzant. Reich. R. ſtarb ſchon
15. März 963, angeblich durch das Gift feiner durch
ihre Er. berühmten Gattin Theophano
(Mutter des Baſilios IL),
Nomanos Il. Argbyros, zuerft Patricius,
dann mit 60, J. 19. Nov. 1028 mit des Kaiſers
Konftantin VIII. älterer Tochter ZoE vermählt,
Romanismus — Romanow
wurde, als ſein Schwiegervater zwei Tage ſpäter
itarb, felbit Kaifer; er ftarb 11. April 1034.
Romanos IV. Diogenes, Eohn des buzant.
Generals Konftantin Diogenes, wurde von ber
RKaiferin. Mutter Eudolia Makrembolitiſſa nad) Ent:
per Dosen Zeige lotts gegen ihre Herrſchaft nicht
allein begnadigt, fondern fogar zu ihrem Gemabl
erhoben. In Konftantinopel durch die Eiferiucht
des Schwager der Naiferin, Johannes Dulas,
ſchwer bedroht, führte R. anfangs den Krieg gegen
die Seldſchulen auf der Dftgrenze, verlor aber 1071
die Schladt bei Mantzitert und fiel in Gefangen:
haft. Bon dem Sultan Alp-Arslan unter billigen
—— wieder freigelaſſen, erfuhr R., daß
Dulas in Konſtantinopel die Kaiſerin entthront und
ihren Sohn erfter Che, Michael VII. Dutas, auf
den Thron erhoben hatte. In dem wider die neuen
Machthaber eröffneten Ariege wurde R. geichlagen
und zur Abdanlung genötigt, dann gebl und
ftarb wenige Tage nachher Olt. 1071)
Romänow, das Haus, weldes in Rußland
1613— 1730 in männlicher und jebt in ber weib⸗
lihen Nachkommenſchaft herrſcht, ein altes berühm:
te8 Bojarengeſchlecht, deilen Abnberr Andrei, mit
dem Beinamen Hobyla (die Etute), 1341 angeblich
aus Preußen nad) Moslau fam, mo er in bie
Dienite de3 Großfürften Simeon des Stolzen trat.
Der Sohn Andreis, Febor, genannt Rofe fa (die
Kape), ftand unter Demetrius Donftoi und Wafs
filji 1L. in hohem —— und hatte fünf Söhne,
von denen, außer den R. die familien Suchowo—
Kobylin, ws w und Scheremetew abjtammen.
Sein Entel, Sadarii wanowitih Koſchlin, Bojar
des Groffürften Wafjili LIE. (1425—62), hinterließ
zwei * Jakow —— einen berühms
ten Feldherrn, defien Nahlommen ſich ——
Jalowlew, und Jurij, deſſen Nachtommen *
arjin⸗Jurjew nannten, und deſſen Sohn, der
Bojar Roman Jurjewitſch, 1543 ſtarb. Durch bie
Heirat der jüngern Tochter des legtern, Anaftafia
Romanomna, mit dem Zaren Jwan Waſſil—
jewitſch II. 1547 und ihres Bruders Nikita Ros
manowitſch mit Eudokia Alerandrowna, einer
geborenen Fürftin von Susdal, bie ihren Urſprung
von dem Grobfürften Andrei Jaroſlawitſch, des
Alerander Newſtij Bruder, ableitete, nelangte die
Familie in unmittelbare Berbindung mit bem Herts
icherhaufe Aurik (f. d.). Da nad Jwans IL. Tote
unter feinen Nachfolgern, jeinem Sohne Feodor L.,
dem Ufurpator Boris Godunow und den vier fal«
fen Dimitri, die Angelegenheiten Rublands (f. d.)
in die größte Verwirrung gerieten, die durch Polen
und Schweden, welde um den Veſiß des Landes
ftritten, vermehrt wurde, fo erhoben die geütlichen
und weltlichen Herren und die Boten ber Städte
den 17jährigen Füngling rd u rein itſch
R., den Sohn des Metropoliten Philaret von Ros
tow, 21. Febr. 1613 einmütig auf den Thron.
ilaret, der von Godunow gezwungen in den geijts
lihen Stand getreten war, erhielt die Würde eines
Vatriarden von Mostau und unterftügte feinen
Sohn in der Regierung bis zu feinem Tode 1. Dit.
1634. Midail, ein wohlwollender Fürft, defien
Hauptftreben darauf gerichtet war, die bem Lande
durch den Bürgerkrieg geihlagenen Wunden zu
heilen, ftarb 12. Juli 1645, ; —
Ihm folgte ſein Sohn aus zweiter Ehe, Alerei
Michailowitſch, der die Polen und Schweden
mit abwechſelndem Glüde betämpfte, aber noch
Nomanow:Borifoglebst — Romanze
größern Ruhm als Negent und Gefehgeber ſich er:
warb. Er ftarb 29. Jan. (8. Febr.) 1676. Bon feis
ner —— aria JIhiniſchna Miloſlawſtij
hinterließ er zwei Söhne: Feodor III, (f. d.) Alereje:
witſch, der 27. April 1682 ohne Erben ftarb, und
Swan (f. d.) Alerejewitich. N are hatte mit fiber:
ehung feines vollbürtigen Bruders, Iwan, feinem
Salbbruder Peter I. die Thronfolge bejtimmt,
Allein die herrſchſüchtige Schweiter Iwans, die
Barewna Sophia, erhob Iwan zugleich mit dem
nod) unmündigen Peter auf den Thron der Zaren.
Eie felbit war Negentin und wollte ſich auf, den
Thron fhwingen, aber ihre Pläne wurden vereitelt.
Swan z0g fi —— und Peter J. wurde
1689 Alleinherrſcher. Auf Beter d. Gr. folgte 1725
Die Gemahlin Katharina 1. (f. d.); auf diefe 1727 | der
eters Entel, Beter II. (f. d.), der lehte vom Manns:
—— R. weldyer 29. Yan. (9. Febr.) 1730 ſtarb.
un folgte zuerft Iwans weiblihe Nachkommen:
ſchaft von feiner Gemahlin Prastowia Feodoro wna
Eoltitow, und zwar wand zweite Tochter Anna
(f. d.) Jwanowna (1730—40), hierauf deren un:
mündiger Schweiterentel Jwan IV. (f. d.). Als
legterer 1741 gejtürzt worden war, beitieg Peters
d. Gr. und Katharinas I, Tochter, Elifabeth (ſ. d.)
Petrowna, den Thron, welchen fie bei ihrem Tode
nn Beter UI. (f. d.), dem Sohne ihrer 1728 ge:
orbenen Schweſter Anna Petrowna, hinterließ.
Seitdem regiert in Rußland das Haus Holftein:
Gottorp oder Dldenburg:R., zu welchem außer
Peter III., der fhon im Jahre feiner Thronbefteis
gung ermordet wurde, die Kaiſer Paul I., 1796—
1801, Alerander J., 1801— 25, Nilolaus I., 1825
—55, Alerander II. 1855—81 und Alerander III.
—— gl. —— «Genealog.:hronol.
eichichte des Haufes N.» (2p3. 1805); Dolgorufij,
«Notice sur les principales familles de la Russie»
(Brüff. 1848); Friedeburg, «Rossijskij Zarstwenny
Dom Romanowych» (Beteräb. 18583 fa.).
Romano —— —8 im ruſſ.
Gouvernement Jaroſlawl, an beiden hohen Ufern
der Wolga, mit (1883) 5302 E., age Fabri⸗
ten, namentlich für Leinwand und Seide, und be:
deutendem Handel mit Getreide und Fiahs
Nomaus, Stadt im franz. Depart. Dröme,
Arrondifiement Balence, rechts an der Yitre, Sta:
tion der Linie Valence:Grenoble:Chambery der
Paris : yon: Mittelmeerbahn, zählt (1881) 11381
(Gemeinde 13806) E. und hat die höne roman.
Kirche St.»Barnard (nur der Chor gotiih), den
Reſt der rer Abtei Romanis, um welde
gegen 900 die Ortichaft entitand, ein Handelstribu:
nal, ein College, Seidenlultur Melonenzuct, Seis
deninduftrie, Fabrilation von Nußol und Gerberei.
Etwa 12 km nordweitlic bei Tain wächſt an einem
hohen Hügel der echte Wein L'Ermitage. R. war
im 16. Jahrh. ein Blak der Hugenotten.
Nomandhorn, Fleden im Bezirk Arbon des
fchweiz. Kantons Thurgau, liegt 410 m über dem
eere, 13 km nordweitlid von a ne (f. d.)
auf einer Halbinjel am linten Ufer des Bodenjees,
befist einen geräumigen Hafen mit Horn: und
Lagerhäufern, einige Karin, mehrere Gafthöfe
"und ein Seebad und zählt (1880) 367
E., deren Haupterwerbsquellen Feld: und Objtbau,
Fifcherei und Handel, Eiſengießerei, Baummoll:
und Leinwandinduftrie und die Fabrilation von
Londenfierter Mil find. Als Knotenpunkt der
Linien Winterthur: Konftanz:R. und Winterthur
Eonverfationd-Lerikon. 13. Aufl, XIIL
meift reform.
801
R.⸗NRorſchach der Norboftbahn, und der Dampfer:
linien jo ebrihshafen und R.:Lindau hat R.
nächſt Rorihad den lebhafteften Touriſten- und
Handelöverlehr (Getreide: und Spebitionshandel)
auf dem ſchweiz. Ufer des Bodenſees.
omantif. Mit dieſem Begriff pflegt man im
allgemeinen das Weſen des Mittelalters im Gegen:
fag zum Weſen des Altertums und der neuern Zeit
zu bezeichnen. Der Name tommt daher, daß in den
eriten Jahrhunderten des Mittelalters bie ildung
vorwiegend von den roman. Böllern getragen
wurde. Die treibende Kraft des Mittelalter3 war
die neue Religion des Chriſtentums mit ihrer tie:
I Gemütsinnerlichteit. Im Gegenfas zu dem
eiten Gleichgewicht von Seele und Körper, weldyes
Grundzug des Altertum ift und die Kunft
Alten fo zwingend anfhaulid und plaftifch macht,
wirb die geſamte Stimmung num geiftiger, inner:
licher, rg lyriſcher, aber aud wunder:
füchtiger und phantaftiicher. G3 ift die Befreiun
und Entfeflelung des Gemutslebens, aber zuglei
befien einjeitige Überhebung und verderbliche Sos
biftil, und erft die neuere Zeit, welche mit dem
Beitalter ber Renaiffance (f. d. b. h. der Rücklehr
pa Altertum, und mit der lirchlichen Reformation,
x h. mit der Qäuterung des mittelalterlihen Ras
tholizismus, beginnt, befeitigte dieſe Auswüchſe,
ohne deren weſenhaften und unvergänglichen Kern
—— Aus —* —5*x— Bedeutung
des Wortes R. find mehrfache Nebenbebeutungen
entſprungen. an nennt z. B. da bene,
Ahnungsvolle, Abenteuerliche, Wunderbare, Phan—
taſtiſche romantiſch, Ipeicht von romantiſchen Ge:
enden, von romantiihen Empfindungen und Er:
ebniffen. Eine neue Bedeutung erhielt dad Wort,
ala fih am Anfang bes 19. Jahrh. einige jüngere
Dieter und Kritiler, A. W. und Fr. Schlegel,
Novalis, Ludw. Tied, Wadenroder, unter den
Namen ber romantifhen Schule zujammen:
fchloffen und mit diefem Ausdrud bezeichnen woll:
ten, daß fie dad Weſen der Kunft und Poeſie im
Wunderbaren und Phantaftifhen und bemgemä
in der Bevorzugung und Nahahmung bes Mittel:
alterlihen und auch des Drientalifeen ſuchten.
Vol. Hettner, «Die romantiſche Schule in ihrem
innern Zuſammenhang mit Goethe und Schiller»
(Braunfhw. 1850); Haym, «Die romantifche
Schule» (Berl. 1870). Ebenfo nannte fid) in Frank⸗
reich) eine neue Geſchmadsrichtung, die fi nicht
länger in die ftarren Feſſeln des alten Alaffiziamus
von Eorneille und Racine bannen lafjen wollte,
fondern freiere Formen erjtrebte, R. oder roman:
tische Schule. F Huber, «Die romantiſche Poeſie
in Frankreich⸗ 1832); Gautier, «Histoire du
romantisme» (Bar. 1874).
Nomauus, Hapit, folgte im Herbft 897 dem
ermordeten Stephan VI., ftarb aber ſchon nad)
"n —— — F
omanze, Bezeichnung für lyriſche oder epiſche
Gedichte, be entweder eigentliche Vollslieder oder
im Boltstone gehalten find. Schon der Name
deutet died an, denn romance, romanzo, Roman
Ier ſowohl die roman. Vollsſprachen zum Unter:
chied von der lat. Schriftſprache, als aud) alles in
diefen Vulgärſprachen Werfahte, und da die Volks⸗
lieder und vollämäßigen Gedichte den Probulten
der Kunitpoefie vorausgingen, jo hießen jene vor:
ugsweiſe romances, zum Unierſchied von den lat.
dihten. Noch hat im Spanifhen, woraus
51
802
zunächſt der Name und Begriff diefer Dichtungs:
gattung hervorgegangen, romance dieſe dreifache
Bedeutung, die urfprüngliche von Bulgäripradhe,
die von lyriſch-epiſchen Gedichten im Vollston und
die von der in ſolchen Gedichten üblichſten Versart,
den acht: und ſechsſilbigen Werfen mit trochäiſchem
Nhythnius (versos de redondilla mayor y menor)
und mit durchgehender Ajjonanz in den gleichen
Zeilen. Die zweite Bedeutung iſt die allgemeinjte
geworden und in andere Spraden, namentlich
auch in die deutiche übergegangen. Demnad) ver:
jteht man unter N. entweder jene lyriſch-epiſchen
Vollslieder oder vollsmaßigen Gedichte der Spa
nier oder ihnen nachgebildete, wenn nicht in der
Form, doc in Geiſt und Ton ähnliche Gedichte
in andern Spraden, beſonders in ber deutſchen.
Der Grunddaralter ber jpaniichen R. ilt der des
epiichen Boltsliedes, mit nationaler Färbung, aljo
möglidite Objektivität bei allem Ergriffenfein von
dem zu —— oder zu Schildernden, drama⸗
tiſch⸗ lebendige, gedrängte, ja fprungbafte Dar:
itellung und naive Einfachheit, jedoch mit der natio:
nalen Nuancierung der ſudl. Leidenfchaftlichkeit
und Sinnlichleit. ben älteften ſpaniſchen R.
war das Epijche vorherrſchend. Sie befangen zu:
erſt die Großthaten und merkwürdigen Ereigniile
im wirklichen und nationalen Leben, wie bie R.
von Eid, wenn fie auch durd bie Tradition mit
jegenbeften Zügen und mythiihen Perſonen ver:
chmolzen wurden, und dieje nennt man mit
Recht die REEL von denen man jebod) jene
Gattung biftorijcher N., die nad den Chroniken
von Sepulveda, Alonjo de Fuentes und andern
Gelehrten gemacht wurden, wohl untericheiden muß.
Dann drangen aber auch, wohl durch wanbernde
Sänger, bie Heldenjagen ihrer rn jenfeit der
Pyrenäen zu den Spaniern und famen als R. in
den Bollsmund mit nationaler Färbung, wie die
von Karl d. Gr. und jeinen Paladinen, die man
gewöhnlich die Nitterromangen nennt. Als
endlich nad) der Eroberung Granabas die chriſtl.
Spanier mit den Mauren in dauernde friedliche
Verbindung traten, wurde es üblid), verliebte Aben-
teuer und galante Feſte im maurifchen Koftüm aud
in R. zu befingen, und dieje, von den hiftoriichen
aus den Striegen mit den Mauren wohl zu unter:
fcheidenden nennt man — die mauriſchen
oder moresten R. Schon die letztern waren Pro:
dukte der ſpan. Aunftdichter, die ſich gefielen, Selbit:
erlebtes oder auch Neinerbichtetes unter biejer
Masle und in diefen Vollsweiſen zu befingen.
Gbenfo gehören die Shäferromanzen ber unit:
poefie an, und gegen Ende des 16. und zu Anfang
des 17. Jahrh. wurde die Romanzenform zu allem
Nöglien gebraudt und die R. von ihrem objeftiv:
epiſchen Grunde auf das Feld bes ganz Subjeltiv:
Lyriſchen verpflanzt. Über. die ſpan. Romanzen:
poefie vgl. 5. Wolf, «Studien zur Geſchichte der
ſpan. und portug. Nationallitteratur» (Berl. 1859).
Seit ber Mitte des 16. yeah, begann man aud
eigene Sammlungen von R. (f. Romancero) an:
zulegen, bie früher nur bu rung fiberliefe-
tung ober durd fliegende Blätter fortgepflanzt
wurden. Ins Deutiche wurden nicht nur viele diefer
ſpaniſchen R. überjeht, wie von Diez, Regis, Gei:
bel, Schad u. a., fondern auch, bejonders feit Her:
der, Nachbildungen diejer Di ttung *2
liebt. So ſind als Roma ichter beruhmt: Stol⸗
berg, Schiller, Goethe, Tiech, die beiden Schlegel,
Romanzow — Romberg
Schwab, Ubland, Rüdert, Chamiffo, Zeblik, Per
nau u.a. Bon der Nomanze untericheidet ſich die
Ballade (ſ. d.). Bei den Franzoſen heißt romance
eine rein [yriiche Gattung von Liebesliedern, nur
in ber altfranz. Literatur finden ji voltämäßig-
epiihe Lieder, die dem Charakter und Tone nad
wahre R. find. Bei den Engländern heißen roman-
ces größere Rittergedichte und Nomane,
Romanzomw, ruſſ. General, ſ. Rumjanzom,
NRomberg (Andr.), deutiher Komponiſt und
Violinipieler, wurde 27, April 1767 zu VBechte im
Niederitift Münfter geboren. Sein Bater, Geb:
barb Heinrid R. Mufibirettor zu Münfter und
irtuos auf der Klarinette, und deſſen Bruder,
Anton R., Birtuos auf dem Fagott, bildeten nebit
ihren flindern eine berühmte flün tlerfamilie, welche
noch 1792 in Bonn gemeinjam wirkte. Andreas
und fein Better Bernhard, der berühmte Biolon:
cellijt, Antons Sohn, wurden nad) mehrern Kunit:
reifen 1790 Mitglieder der kurlölnifchen Hoflapelle
u Bonn und gingen, ald nad der Flucht des Kur;
ürften die Kapelle fi auflölte, 1793 nah Ham:
burg. Nachdem fie 1795—97 Italien bereift hatten,
ing Bernhard 1799 nach England, Spanien und
Bortugal. m J. 1800 waren fie in Baris, wo fie
emeinjchaftlich die Oper «Don Mendoze» für ;
u fehten. Seit 1801_batte Andreas feinen blei⸗
benden Aufenthalt in Hamburg, bis er 1815 an
Spohrs Stelle al Muſildireltor nad Gotha ging,
wo er 10. Nov. 1821 ftarb. In feinen en:
talftüäden, befonders in ben Symphonien, Duar-
tetten und Duintetten, voll der reinften Melodie
und gründlichiten Harmonie, näherte er ih Haydn.
Noch aröhern Beifall fanden feine Kompofitionen
Schillerſcher Gedichte, 3.®. dber«@lode», der «Madıt
des ne x, mit Begleitung des Orcheſters.
Weniger glüdlid) war er in der Oper.
Bernhard R. Better des vorigen, ein berühm-
ter Virtuos auf dem Bioloncell, war zu 2
im Niederſtift Münfter 11. Nov. 1770 geboren,
wurbe 1801 Profefior des Bio am fon:
jervatorium zu Paris, ging aber 1803 nad Hams
burg und fam 1805 in die königf. Kapelle zu Berlin,
wo er mit Unterbrehungen bis 1819 wirkte, zulegt
als Hoffapellmeifter. Nah Spontinis Anftellung
in Berlin nahm er feine ſſung und privati⸗
—— in er . * er —
un ernahm. tar . . u Hamburg.
Allgemein ——— man fe vollenbetes Biolon:
ceilfpiel und feine Kompofitionen für diefes Inſtru⸗
ment find von bleibender Bedeutung.
Romberg (Mor. Heinr.), ausgezeichneter Arzt
und Patholog, geb. von israel, Gitern 17% in
Meiningen, erbielt feine wiſſenſchaftliche Vorbil⸗
dung auf dem Gymnaſium zum Grauen Kloſter in
Berlin, ftudierte daſelbſt bis 1817 Medizin und
ging dann zur weitern Ausbildung. auf Reifen,
namentli nad) Wien. Nachdem A, ih 1828 zu
Berlin als Privatdocent babilitiert hatte, —F er
neben ſeinen theoretiſchen Vorleſungen über Patho⸗
logie und Therapie Vorträge über propädeutiſche
Klinit, wurde 1838 außerord. Profeſſor und leitete
von 1840 ab die Univerfitätspoliflinif; bald darauf
erfolgte feine Ernennung zum ord. Profefior der
fpeziellen Pathologie un apie. R. jtarb zu
ls Slöritieer Hot te R. zunädjit feiner V
E teller folgte A. zun einer Vor⸗
liebe, bie Borgänge des kranken Organismus auf
Phyfiolog. Bat zu erflären, ſowie durdh fiber:
Nome — Noemer (Herm.)
tragungen engl. Werle die Phyſiologie und Patho—
logie des Nervenſyſtems darzujtellen. Er war au
diefem Gebiete als Arzt und Lehrer jchon eine
Autorität, ehe noch fein «Lehrbuch der Nerven:
frankheiten» (Bd. 1, Berl. 1840; 3. Aufl, 1857)
erſchien, welches, jowohl für die Phyfiologie ala
für die allgemeine und fpezielle Pathologie babn:
brediend, außerordentlihe Epoche madte. Mit
demjelben eröfinete N. in vollendeter Yyorm und
Darftellung eigentlich die Wiſſenſchaft der Patho:
logie der Nervenkrankheiten in Deutichland, er:
mweiterte die Grundlagen einer ſcharfen Diagnofe
und vereinfachte und präzilierte die Therapie.
Bon R.s felbjtändigen Werten find noch zu nennen:
«Bemerkungen über bie aſiat. Cholera» (Berl. 1832),
«Bericht über die Cholera: Epidemie im J. 1837»
(Berl. 1837), «Neuralgiae nervi quinti specimen»
(Berl. 1840), «De paralysi respiratoria Commen-
tatio» (Berl, 1845); ferner feine Ausgabe von
« Albertini opuscula», jeine Überjeßung von Bell,
Phyſiol. und pathol. Unterfjuhungen de3 Nerven:
iyitemös» (2. Aufl., Berl. 1836), und von Marihall,
« Unterfuchungen des Gehirns im Wahnſinn und
in der Wafleriheur (Berl. 1819). ,
Rome, Hauptitadt von Floyd County im nord»
amerit. &
Re und des Doftenaula, melde bier den
Cooſafluß bilden, an mehrern Eiſenbahnen, hat
(1880) 3877 E., ein Walzwerk, eine Nagelfabrit,
Gifengiebereien, Mafchinenmwerkitätte ‚drei Banfen,
zwei Colleges und zwei Hochſchulen.
Rome, Hauptitadt von Dneida County im nord:
amerit. Staate Neuyort, liegt am Mohaml:River,
an ber Bereinigung ded Erie: und des Blad:River:
Kanals, an verjchiedenen Eifenbahnen, hat (1880)
12194 E., breite Straßen, mehrere öffentlide und
Privatparf3, 15 Kirden, 10 öffentlihe Schulen,
eine Free Academy, eine Öffentliche Bibliothek, brei
National:, eine Staat: ET Sparbanfen, eine
Zaubitummenanftalt, zwei Walz: und Puddelwerle,
eine Strumpffabrif, Maſchinenwerlſtätte u. ſ. w.
Nomen, j. Romny.
Nömer (riedr. von), württemb, Staatömann,
eb. 4. Juni 1794 zu Erlenbrechtsweiler auf der
(b, trat in das theol. Stift & Tübingen ein, das
er im Jan. 1814 verließ, um die militärifhe Lauf:
bahn einzufhlagen. Nach dem Frieden nahm er
feinen Abſchied und ftudierte zu Tübingen die Rechte.
Im J. 1819 erhielt er eine Auditeurſielle in Stutt:
tt und 1830 wurde er zum Kriegsrat befördert.
eit 1830 wandte er ſich der polit. Laufbahn zu.
Ba Wahlbezirk Geihlingen in die Kammer gemäßlt,
chloß er ſich 1833 der liberalen Oppofition an.
Nah Auflöfung der Kammer wurbe er in feinem
Bezirk wieder erwählt und vertaufchte, da ihm die
Regierung für feine parlamentarische Thätigkeit
ben Urlaub verweigerte, den Staat&dienit mit der
Advolatur. Als 1838 die liberale Dppofition auf
die Wiedererwählung verzichtete, trat au R. zu:
rüd. Der Umſchwung bei den Neuwahlen von 1845
führte ihm wieber in bie Kammer, wo er als Führer
ber — die —— der Regierung ge
ſchict befämpfte. Rach dem Ausbruche der Februar:
revolution 1848 übernahm R. das Vortefeuille der
Juſtiz in dem Minifterium vom 9, Mai, deſſen
Haupt er ua tbatfächli wurde. Als Mitglied
des Ausidu es wohnte er dem Vorparlament in
Frankfurt bei, trat aud als Abgeoroneter in die
utſche Nationalverfammlung, wo er fich gegen
taate Georgia, am Zufammenfluß des | 28
803
da3 preuß. Grblaifertum und für ein Direltorium
f| erflärte. Nach liberfiedelung des Rumpfparlaments
nad) Stuttgart trat R. aus der Verfammlung und
ließ dieje, da gütliche Aufforderung vergeblich war,
18, Juni durd Militär iprengen. Die Auflöfung
des Miniſteriums, das fi über den Beitritt zum
Dreilönigsbündnis nicht einigen konnte, führte im
DE. 1819 auch R.s Entlafiung herbei. Seitdem be:
ſchränkte erjeinepolit, Wirlſamleit auf die Kammer,
in die er jtet3 gewählt wurde und als deren Präfis
bent er jeit 1851 fungierte, R. ſtarb 11. März 1864.
Römer (Robert), namhafter Rechtslehrer, Sohn
des vorigen, geb. 1. Mai 1823 zu Stuttgart, ftus
dierte zu Tübingen und Heidelberg die Rechte,
wurde 1846 Advokat in Stuttgart und habilitierte
fi) 1852 zu Tübingen, wo er 1856 eine auferord,,
1857 eine orb. tofeffur erhielt. Seine Vor:
lefungen eritredten fich ſeitdem vorzugämeife auf
röm. Redt und württemb. Privatrecht. Im Jan,
1864 wurde R. in die Zweite Sammer gewählt, wo
er der nationalliberalen Partei angehörte. Er
wurde 1871 Rat am Reichsoberhandelsgericht zu
—52 und war 1871—76 Mitglied des Deutſchen
Reichstags. Bei Errihtung des Deutſchen Reichs:
gericht jog ih R. nad Stuttgart zurüd, wo er
. Oft. 1879 ftarb. Seinen wiſſenſchaftlichen Ruf
begründete R. mit den Schriften: «Die Beweislaft
binfichtlich bes Irrtums nach gemeinem Civilrecht
und Vrozeh» (Stuttg. 1852) und «Das ———
des klägeriſchen Rechts nad der Einleitung des
Prozeſſes in jeinem Verhältnis zum Gndurteil»
(Stuttg. 1852). Außerbem find hervorzuheben:
«Die bedingte Novation nad) dem röm. und heuti⸗
gen gemeinen Redt» ee 1863), «Die Leiltung
an — nach dem röm. und gemeinen
Recht» (Tüb, 1866), «Die Verfafjung des Nord»
beutichen Bundes und die jüddeutiche, insbeſondere
bie württemb, freiheit» (1. bis 3. Aufl, Tüb, 1867),
«Grundzüge des württenb, Erbrecht» (Tüb. 1872),
«Das württemb. rg aa (£p3. 1876). ,
NRoemer (Friedr. Adolf), Geolog, geb. in
Hildesheim 14. April 1809, ftudierte in Göttingen
und Berlin Rechtswiſſenſchaft, war dann Amts:
aſſeſſor, hierauf Bergrat und 1862— 67 Vorftand
der a iger in Clausthal, wo er 25. Nov. 1869
itarb. Bon feinen wiſſenſchaftlichen Arbeiten find
rvor Men : Die Verfteinerungen des norbbeut:
hen Dolithengebirges» (Hannov. 1836), «Die Ber:
fteinerungen de3 norddeutſchen Streidegebirges»,
(Hannov. 1840), «Die Berfteinerungen des Harzges
birgeö» (Hannov. 1843), «Beiträge zur geol. Kennt:
nis des nordweſtl. Saragebir e3» (5 Abteil., Kaſſel
1850—66). Diefe Werte find ſämtlich noch heute
Hauptquellen für die Kenntnis der Gebirgabil:
dungen bes norbweitl, Deutſchlands. R. ilt ber
Begründer der wertvollen Mineralienfammlung der
Bergakademie in Clausthal; feine Schüler errich—
teten ihm 1882 ein Denlmal in Clausthal,
Noemer (Herm.), Bruder des vorigen, Politiler
und un geb. in Hildezheim 4. Jan. 1816,
ftubierte in Göttingen und Heibelberg Rechtswiſſen⸗
Schaft und Naturwiſſenſchaften und war injeiner Bas
terftabt bis 1852 al3 Stadtgerichtäaflefior, 1852—83
als Mitglied des Magijtrats (Senator) thätig. Cr
war 1852 m. der hannov. Kammer, feit 1867
de3 Deutjchen Reichstags, in welchem er der natio⸗
nalliberalen Fraktion angehört. Um Hildesheim
bat er fi namentlih durd Gründung des dorti⸗
gen Muſeums fehr verdient gemadt. Als Geolog
61*
804
—* er im Auftrage der Regierung die geol.
nterfuchungen der ſuͤdl. Hälfte Hannovers (1845
a0) aus, deren Ergebnis die in fieben —* *
cher «Beol. Karte von Hannover » ilt.
— ieb er * Verhältniffe der Stadt
——
Bruder ber vorigen, Geolog,
8* in Hildesheim 4. Yan. 1818, dierte in Göt:
ngen * Heidelberg echtswi enſchaft, dann
erlin Naturwi Ele, unternahm 1845
In eine wiſſenſchaftliche Neife nah den Ber:
einigten Staaten, habilitierte fich in Bonn und
wurde 1855 ord, Vrofeflori in Breslau. Bon feinen
zahlreichen wiſſenſchaftlichen Arbeiten find hervor:
- ben: «Das rhein. ni enger e» (Hannov.
1844), «Texas mit befonderer Nüdjiht auf die
bentiche Kubanberun » (Bonn 1849), «Die Kreide:
bildung von Zerade ( onn 1852), « oLothase geo-
ostica» (mit Bronn, 3. Aufl., 8 Bde, u. Arlos,
tuttg. 1852 —54), «Die filuriide Fauna des weitl.
Tenefjee» (Brest. 1860), «Die foliile Fauna der
ſiluriſchen Diluvialgeſ iebe von Sademip » (Breäl.
1081) —— von Oberſchleſien⸗ (Breäl. 1870),
alaeozoica » Sr. 1880),
Stämerbeb, unter Tüffer
Epiftel St. auli an die Römer)
* zu den wichtigſten riften des Neuen
—— Der Brief enthält die vollitändigfte
und gereiftefte Darlegung des eigentümlich pauli⸗
nifchen — * man bis auf die
neueſten Zeiten herab vie 126 der Meinung ge:
* iſt, die Briefform ſei lediglich Einlleidung
der eigentliche Zwed des Schreibens die Ent:
widelung der pauliniihen Theologie ——
Dennoch iſt irn ein ** rief, der ſeine
Veranlaſſung der beabſichtigten Reiſe des Apoſtels
nach Rom verdanlt und dem Zwede dient, einer
zum großen Teile aus geborenen Heiden, aber un:
abhängig von Paulus entitandenen, unter dem
eijtigen Einſluß des —— ſtehenden
— ſein —— nahe u bringen yo
ſich —* er Ges Aufnahme in Rom zu bes
reiten. Obwohl Baulns das Voll der Römer zu
den Heidenvöllern zählt, dem er ebenfo wie re:
den und Barbaren das Evangelium zu predigen
verpflichtet fei, wendet er ſich doch bei allen feinen
Argumentationen an jüdiich gebildete Leer und
ſucht feine —— ogie vor dem jũdiſchen Bewußtſein
u rechtfertigen. Der Brief —6 zunächſt für
das religiöfe Bewußtfein des Judentums das pau:
linif — Ssangdhum von dem in bem Tode Chrifti
offen arten neuen Heilsweg, die «Rechtfertigung »
aus Glauben allein durch die Gnade, im Gegenjaß
zu der jüdifchen Rechtfertigung aus den Merten des
Gefehes, indem er zeigt, dab bie — ebenſo
weni wie die Heiden durch eigene Ge Teheserfüllung
das Wohlgefallen Gottes zu verdienen vermögen,
vielmehr durch ſelbſtverſchuldete «Ungerechtig eit»
dem göttlihen Zorne verfallen find trog aller Bor:
un die fie vor den Juden voraushaben, Danadı
—— er das en der Gerechtigkeit aus Glauben,
de durd C F Sühntod gleicherweiſe für
Heiden wie für Juden ermöglicht iſt, weiſt deren
altteftamentlihe Begründung im Glauben Abra-
hams nad), begründet die —— Hoffnung,
daß die im Giauben Gerechtfertigten auch von dem
tie Gottes werden errettet werden, und erläutert
odann die rein objektive Übertragung von Gerech⸗
tigleit und Leben von dem Einen Chriftus auf die
ildes: ſei
Roemer (Ferd.) — Römerzlige
Vielen durch die Parallele mit der objeltiven fiber:
tragung von Sünde und Tod von bem Einen Adam
auf alle feine Nachkommen. 26 Rttlide Benukte
Paulus jein Evangelium für das ſittl mußt-
ein des Judentums, indem er zeigt, daß bie
Ki von dem Gefeh, feine ie eit zum Sündigen
ei, wie — 3 die Gläubigen in der er mit
Chriſtus au eimnisvolle Beife in Todes⸗ und
Lebensgemein [ae getreten, ber eg den fleiſch⸗
nie — ſolange er unter dem Geſetze ftebt,
errihenden Sünde gejtorben und zu einem neuen
eben im Geifte Chrijti erwedt find, in welchem *
die —— Forderungen des ehe3 erfüllen und
vonje dem Berbantmungsfpruche bed Gefepeß befreit
find. Ein dritter Teil richtet ſich —— 2
enge Eiger ni R————— 8
jeig n wie die äu eibli
in Bundesvolfe noch fein — auf bie ihre
Bande enthaltenen ——— heißungen *
Gott vielmehr binfichtlich efonen, welche er
begnabigen oder verwerf Gem ei e, unbedingte Frei⸗
eithabe. Gleihwohl habe Gott dur biejeitieilige
—— —5* nur das Geſeß feiner Heils⸗
ordnung offenbar machen wollen, daß das aus
reier Gnade komme und nicht aus der Igen
erdienft; die Verheibungen Gottes aber
dereinſt auch an dem gefa zunien —* noch in Er⸗
—— gehen, da die der Heiden nur
wede diene, zrael —* olge zu
FR ann —— 1 Seh zu Weide —F
uß ma ttli ahnungen, we
die b — — tniſſe der röm.
anlaft find, perfönliche Mitteilungen und b Grabe,
Der Brief ift zweifellos echt, nur. über bie
gehörigleit der zwei Schlußla jitel oder d
ner Teile derfelben zum urfprünglichen
gran. Die Abfafiungszeit fält ins F 50.
der überreihen Litieratur über den Brief
mögen nur einige der neueften Arbeiten derjelben
hervorgehoben ein: die Kommentare von
Godet und Lip a. (in ber « Broteftantenbibel),
ferner die Schrift von Mangold, «Der R. und feine
—— — — 1884).
erife, norweg. ‚in zwei ne
teien geteilt, die den öftl. Teil nd bus: Amt
bilden und (1875) 60292 E. auf 3859 qkm
Nömermonate nannte man im frühern ts
den Reiche die von den Ständen an den Kaifer zu
eichslriegen und andern —— Nu Auss
gaben bewilligte Steuer. Sie hat zu
zügen bes Mittelalters nur infofern po "gr
als die Summe, die jeder Reichsſtand ber
Matritel von 1521 monatlich als Sold für die
Kriegäleute zahlen follte, die er zum Nömerzuge zu
ftellen gehabt * a zu Grunde ——
wurde. fam in die
Romeröhan fens Aug enz, — unter
samt .
ömerftadt, Stadt im w ie
der Linie Kriegsdorf:R. ber slchlöen
Gentralbahn, Sig einer
und * a irlsgerichts, mit ha 5105
ſchen E. edeutender Leinweberei. R.
als each 1350 erftmals u
Römerzinszahl, f.u. IJndiltionency *
Nömerzüge nannte man bie üge ber
deutſchen Könige nach Italien — —* nn
Papſte die Kaiterlrönung zu
ital. Bafallen ſich huldigen zu en * Wi
Rometta — Römifche Altertümer
war zur Heeresfolge verpflichtet, und nachdem noch
Parimilian und Karl V. auf rund diefer allge:
mein anerfannten pflihtung Bewilligungen
von den Ständen erlangt hatten, biente ber 1521
angenommene Maßſtab fpäter für andere Steuern
(j.Römermonate). Zulept wurde Friedrich IV.
1452 in Rom gekrönt; Marimilian I. nahm zuerft,
ohne vom Papft gekrönt zu fein, ben Zitel als
röm, Raijer an; Karl V. iſt ber lepte Kaiſer, ber
von Bapfte gelrönt warb (1530), aber nicht in
Nom, jondern in Bologna.
Nometta, ehemals Rametta, Stadt in ber
ital. Provinz und im Bezirt Meffina, in Sicilien,
auf fteil abfallendem Berge, 1783 durch Erbbeben
faft ganz zeritört, zählt (1881) 1240 (ald Gemeinde
4116) E. und hat Handel mit Wein, Öl und Seide.
Nomford, Stadt in der engl. Grafſchaft Gfier,
Station der Linie London »Colcefter :Norwid:
Gromer der Great:Gafternbahn, zählt (1881)
6861 E. und hat eine berühmte Brauerei und Fabri:
fation von landwirtichaftlichen Geräten,
Nöomhild, Stadt in der fruchtbaren Herrichaft
gleihen Namens, jet zum Herzogtum Sadjen:
Meiningen gehörig, gab einer fädıt Linie, die von
ft3 des Frommen Sohn, Heinrich, 1681 ge:
gründet wurde und mit ihm 1710 ausftarb, ben
Namen Sahfen:Römbhild. Der Drt liegt an
der Spring (Zufluß der Fränlifchen Saale), 25 km
füdfüdöftlih von Meiningen, iſt Siß eines Amts:
erichts und zählt (1885) 1650 E., welche eine
ampfbrauerei und eine Schubfabril unterhalten
und bedeutende Biehmärkte abhalten. Außer einem
Schloß (aus dem 15. Jahrb.,feit 1881 Kriegerwaiſen⸗
baus) befipt R. eine ſchöne got, Kirche mit einem
prachtvollen Sarlophage von P. Viſcher. Bei R.
u > bie ——————— Gleichberge.
omilly (Sir Samuel), ausgezeichneter brit.
Rechtsgelehrter und Parlamentsredner, ſtammte
aus einer franz. Emigrantenfamilie und wurde
1. März 1757 zu London geboren. Er widmete 16
dem Rechtsſtudium, trat jeit 1783 ala Sachwalter
auf und erwarb fi) große Prarid, Mirabeau ver:
anlaßte ihn 1789, eine Dentichrift über die Formen
und Geihäftsordnung des brit. Parlaments auf:
zufegen, die gedrudt wurde und großes Aufieben
madte. Im %. 1806 erbielt R. von dem Minifte:
rium Fox⸗Grenville das Amt des Generalfistals
(Solieitor general) nebft dem Nittertitel. Zugleich
verichaffte man ihn einen Sig im Unterhaufe, wo
er im Intereſſe der Whigs eine Hare Beredjamteit
entfaltete. Die — des Miniſteriums Gren⸗
ville 1807 brachte auch R. um fein Amt, worauf
er fi im Unterhaufe der Oppofition beigefellte.
Bei den erg wi von 1818 wurde N.
Zr Vertreter von Weſtminſter gewählt. Aus
Melancholie machte er feinem Leben 2. Nov. 1818
ein Ende. Seine Schrift «Observations on the
criminal law of England» (London 1810) bat
auf die fpätern Reformen des engl. Kriminalrechts
roßen Einfluß gehabt. Gine Auswahl jeiner Hafji:
(den Reden wurde von Peters (2 Bde., Yond, 1820),
ie eMemoirs» von feinen Söhnen herausgegeben
(3 Bbe., Lond. 1810). j
ohn R., älteiter Sohn des vorigen, geb. 1802,
* ierte auf der Univerſität Cambridge und betrat
nn die jurift. Laufbahn. Im J. 1832 wurde er
ür Bridport ins Parlament gewählt und erbielt
päter den Rang eined Queen’s Counsel. Das
Miniſterium Ruſſell ernannte ihn 1848 zum General:
805
—* 1850 zum Generalanwalt und 1851 zum
mte eine3 Master oftherolls. Als folder machte
er fih namentlich um die Veröffentlichung ber alten
engl. Staatäurfunden verdient. Am 19. Des. 1865
ward er ald Lorb R. von Barry in die Beerage
erhoben. R. —— London 24. % 1874.
Romillyefur-Andelle, Ort im franz. Depart.
Eure, Arrondijiement Les Andelys, Station ber
Linie Pont:de:l'Arde:Giford der Eurebahn, hat
1380 E., ein Hupfer:, Mefjings und Zintwert und
Drahtzieherei.
Romilly⸗ſur⸗Seine, Stadt im franz. Depart.
Aube, Arrondiſſement Nogent⸗-ſur⸗Seine, unweit
lints ber Seine, ba mo lehtere aus ber nordweſtl.
in ſüdweſtl. Richtung übergeht, Station der Linien
Paris: Troyes:Belfort, Chäteau : Thierry: N. und
Epernay:R. der Ditbahn, zählt (1881) 5070 (Ges
meinde 5283) E. und bat ſtarke —— —
kation von Mußen und Nadeln und Eiſengießerei.
Nömifche Altertümer. Bon ben eriten An:
fängen des röm. Staats an findet man das öffent:
ice Leben nd bewegen mitteld des Zuſammen⸗
wirfen® ber drei Faltoren einer Befehlägemalt,
einer beratenden Behörde und der Vollsgemeinde
als ber Gefamtheit fämtliher Bürger. An ber
Drganifation und dem Verhältnis dieſer drei Fal:
toren zueinander es ſich ſowohl die in jeder
eriode bleibenden YZuftände als die geſchichtliche
twidelung daritellen. In der erften Periode des
röm. Staats findet ſich die Ausübung der Befehls—
ewalt in der Hand eines mit * timmung des
olles beſtellten Königs (ſ. Rer), der, wie der
ausvater in der —— den Staat ſchirmi und
eherrſcht, oberſter Richter, oberſter Kriegshert und
oberſter Prieſter iſt. Nur unterſcheidel ſich ſeine
Stellung von der des Hausvaters dadurch, daß ſie
nicht einem Naturgrund ruht, während fie da:
für durch das funftvolle Syftem der Fortleitung der
Aufpizien, durch die Interreges und die Jnaugu:
ration die religiöfe Weihe erhält. Die Bollgewalt
oder das imperium des Königs bringt es mit fich,
daß neben im fein jelbftändiger Beamter fteht:
wer außer ihm politifche oder friegerifche Funltio—
nen übt, ijt von ibm damit beauftragt und ihm
untergeorbnet. Neben ihm fteht als beratende, von
ihm ausgewählte und zu berufende Behörde ein
enat von 300 Mitgliedern —— ber das Volt
bildenden Geſchlechter, welchen er König, durch
die Sitte, aber nicht durch das Recht gebunden, bei
allen wichtigen Mabregeln zu Rate ieh und deſſen
Mitglieder bei der richterlihen Thätigleit des
Königs von diefem beigeaogen werben können. Der
dritte Faktor, das Boll, Be aus den erwadhfe:
nen männlihen Angehörigen derjenigen Geſchlech—
ter, bie zur Bildung des Staates — ——
find, den Batriciern (f. d.). Diele ind in drei Tri:
bu3 (f. d.) oder Gauftänme gegliedert, Ramnes,
Tities und Luceres, jede Tribus in 10 Rurien (ſ. d.)
jede Kurie in 100 Gentes (ſ. d.) oder Geſchlechter,
—* Geſchlecht in 10 Familien, eine Einteilung,
ie möglichſt die verwandtſchaftliche Grundlage be:
rüdjichtigt, bei der aber die Zahl der Geſchlechter
und vollends die der Familien und Häufer faft nur
von ſchematiſcher Bedeutung, nicht von wirklichem
Beltand fein lonnte. So gegliedert tritt das Volt
zuſammen zu einer VBerfammlung, die den König
waͤhlt oder vielmehr ihre Zuftimmung zu der Wahl
durch den nterrer gibt, die vom König gegebenen
neuen Geſehe genehmigt und über Krieg und Frieden
806
beſchließt, aber in dem allen nicht mit eigener
—25 — ſondern von dem ſie berufenden König
0 befragt, dab fie nur mit Ja oder Nein zu ant:
worten hat. Neben dieſer Bürgerfchaft jteben noch,
abgeſehen von den als Sache betrachteten Stlaven,
die Clienten (j. Clientel) oder Hörigen, perfön:
lid) freie Hinterjaflen ihrer patriciihen Batrone,
oder mit Gewerbebetrieb beichäftigt, ihrem Ur—
fprung nach vielleicht zum Teil die unterworfenen
—— Bewohner. Politiſche Rechte hatten die—
elben wohl nicht; ihr Verhältnis zu ihren Patro—
nen (j. d.) war ein erbliches und galt als heili
Als aber dann viele zugewanderte oder beftegte
Latiner in den Staat hereinfamen, bildete fi ein
78 bald ſehr jtarter Bevölterungsteil, die een
Y .d.), ber gegenüber die Patricier ih als a
hlofienes Ganze hetrachteten, als allein — 4
hlendes Volt, als populus im erflufiven Sinne.
dachdem —* ber Sage ſchon der erſte Tarquinier
einen Verſuch gemacht hatte, dieſe zwei Teile
nu verſchmelzen, eö aber nur zu einer Vermehrung
er Geſchlechter durch eine Anzahl plebejiiher Fa:
milien (minores gentes gegenüber den majores)
gebracht hatte, ſchuf Servius Tullius eine Gefamts
voltägemeinde, welde Batricier und Plebejer um:
43 Er teilte als Grundlage der Verwaltung,
b. der Aushebung und Beiteuerung, Stadt: und
Landgebiet in vier lolale Tribus oder Teile, die
mit den patriciichen Tribus nur den Namen "Tri:
bus gemein hatten, ließ in diefen alle darin an:
fäffigen Patricier und Plebejer mit ihrem Ber:
mögen einfchreiben und teilte dann weiter auf
Grund der jo gewonnenen Bevöllerungsliſte die
gejamte Bevölterung auf Grund des Cenjus (f. d.)
nad) dem Bermögen in jünf Alafien, nad) denen
Ka die militärisch: polit. Pflichten und Rechte ab:
Römiſche Altertümer
ſchon unter den lehten Königen ri angewandt
war, jondern zunädit nur in —
und adminiſtrativen Bedeutu kenn wird
wohl mit Grund is bildet fie
aber die Grundlage der republitanif nBefafung.
In der zweiten Periode der röm. Hei
—— die eg der o =
erung, da 83 imperium id wechſelt
und je zwei Prätoren oder Konfuln, welch legterer
Name nad) Einfehung einer bejondern Prätur der
ftebende wird, diefel en, von benen jeder
gleiche Macht und Nr — Lars; dem
Kollegen bat. Außerdem *
lichen Fu on abgelöft und le
dern Oberprieſter (pontiſex maximus), teils einem
fog. rex sacrorum oder sacrificulus
Auch befteht anfängli
anderer jelbftändiger Magiitrat, —
die einzigen ſtehenden Beamten, die als
—— e Gehilfen des Königs und
erg ee den Konjuln untergeordnet.
— wierigen Verhältniiien die i⸗
tät der höchſten Gewalt au m
Einſehung eines vom Honf
tors, in dem dann, aber —* auf Monate,
die Gewalt wieder ver igt war. a
als Gebilfen und Stellvertreter *—
von ihm ernannten magister dem
zweiten Puniſchen Kriege wurde wer die Diltatur
nicht mehr in Anwendung gebradıt, ſondern es trat
im legten Jahrhundert der Republif an ihre Stelle
n in feiner Nechtägülti ——
Karte Treiig) Hea e Mi
ultimum, durd welches Fan ——
Vollmacht gegeben wird mit ber at
consules, ne quid respublica detrimenti capiat,
tufen follten. Die Klaffen wurden zugleich Heeres: | Außer durch die Diktatur wurde das Kontur ai
abteilungen, die ihre je nah dem Vermögen pe ſtes Amt der Republil nur in
fchwerere oder leihtere Ruſtung ſelbſt ir beſchaffen ſchichtlich gegebenen Fällen —* en
batten. Die Vermögensanſätze der Hlaffen find in | viri legibus scribundis (451—449) die tribuni
Geldſummen überliefert zu 100.000, 75000, 50000, | militum consulari Dotestae (445), Deren @infepung
25.000, 11.000 (nad) Dionys 12 500) Afen, waren | durd) den Kampf der Stände motiviert war,
aber urfprünglich i in Landbeſih geihäht den Mor: | Eine Ünderung in der —— der Der Magi-
gen zu 5000 Afien gerechnet, das einheitliche Bauer: — trat zunächit ein durch ‚befonderer
gut zu 20 Morgen. Alle, welche weniger b * —— Beamten mit —
als den geringſten Satz, bildeten die M So wurden infolge der Einfü 3
Proletarier, der capite censi (f, d.), d. b. der nach als des Magijtratd der g ——
* Kopf pfjäht Geſchaͤßten. Jede Klafie war in eine —— we dilen zuerft als Gebilfen
gewiſſe Anzahl Centurien (}. d.) abgeteilt: die erjte dann jeit 471 und * mehr
in 80, die zweite, dritte und vierte in je 20, die elbfändigere ne, — auge,
fünftei in 80 während aus den Proletariern wohl 7 trat an die Stelle
erft fpäter eine Genturie gebildet wurde. Zu dieien Wahl ——
170 oder 171 Centurien famen 18 Rittercenturien
und zwei Genturien Zimmerleute (fabri) und ebenjo
viele Spielleute (cornicines und liticines oder
tubieines) hinzu, ſodaß die Geſamtzahl fih auf
192 oder 193 belief. Mit Rüdfiht auf den mili:
—— Zwed der Einteilung wurden in den ein⸗
zelnen Klaſſen die ältern und Jüngern Bürger, über
und unter 45 Jahren, von einander ge dieden,
und nur bie Ichtern hatten die pa it, ins Feld
u ziehen. In den nach dieſer rganifation zu⸗
— — Vollsverſammlungen, Comitia
centuriata (j. Comitien), wurde nad Gentu:
rien und Klaſſen abaeftimmt, ſodaß die Befikenden
weit das Übergewicht hatten. Die nichtanſaſſigen
Gewerbetreibenden famen dabei zu kurz, injofern
mur der Grundbefik dem Cenſus zu Grunde gelegt
wurde. Daß die fernianifche Organijarion nicht
Deren —— ie Konſuln —7
Volt, was dieſelben zu sg machte. vo
Üinderung i in der ©
443 (oder nach Mommſen nl ein, wo ce
führung des auch den
julartribunats die Gef teber (census)
und der Wahl in den * vom
Konjulat abgelöft und zwei
G een en —5*— Eher — an:
eblich 5Sjährig, dann 1%, war.
Beife wurde nad) ben Licinifeben Nogationen
die Rehtöpflege vom Konfulat getrennt und einem
bejondern, zunädjt patricif * ——
als niedriger ſtehendem Ko
Stellvertreter der Konſuln. De be ash:
nung der Gejchäfte trat um 242 ein zweiter Prätor
von
nzu, bald darauf (227),
—X und Sardinien A Bun
Römiſche Altertümer
Provinzen 2 weitere, 197 wurden es 6, durch Sulla
8, durch Cäfar erft 10, dann 14, endlich 16,
Mit der wachſenden Zahl der Provinzen und ber
Bermehrung der Geſchäfte waren gleihmwohl die
Stellen nicht entiprehend vermehrt worden, fon:
bern man ar dadurch, dab die Prätoren erſt
nad ihrem Amtsjahre zuerit in bie überfeeiichen
Bezirke als Statthalter und Heerführer geſchidt
wurden. Die Zahl der Quäftoren war ſchon 421
verboppelt worden, indem zwei in ber Stadt und
zwei al3 Begleiter der Konfuln im Felde notwenbi
waren; 267 wurden e3 8, durch Sulla 20, dureh
Gäfar 40, Die Üdilen, unter deren Geſchäften die
Ausrichtung der Öffentlihen Spiele eine immer
rößere und für die Beamten fehr koftipielige Rolle
pielte, wurden 366 um zwei vermehrt, indem zu
den zwei plebejijchen zwei patricifche (aediles caru-
les) binzulamen, deren Stellen übrigens fofort ab:
wechſelungsweiſe aud den Blebejern ugänglid
murden, wie von nun auch die plebejiichen
Adilen immer mehr ala Markt: und —
Magiſtrate des Geſamtvolls werden. Auch alle
übrigen Üimter wurden im Laufe des —— der
Stände den Plebejern eröffnet, 421 die Quäftur,
367 das Konfulat und wohl auch die Diktatur, 339
die Cenſur, 337 die Brätur. Gemeinjam war allen
dieſen Magijtraten die Wahl durchs Voll, der Cha:
ralter ala Ehrenamt (honor), aljo ohne Beloldung,
beſchränlte Dauer, Kollegialität, Unabfekbarkeit
vor Ablauf des Amtsjahres, Berantwortlichleit
gegenüber dem Volt er Ablauf, gemeinfan ferner
das Recht, Aufpizien zu halten, Verordnungen zu
erlaflen für einzelne Fälle und für die ga uer
ihres Amtsjahres (jus edicendi), das Bolt zu be:
rufen, um ihm Mitteilungen zu machen (jus con-
eionem habendi), endlidy allen Duäftoren das
Net, Bürger zu verhaften und Geldftrafen anzu:
fegen. Außere Würde (amplitudo, majestas) tommt
ihrer m im hoben Grabe zu. Zur vollen
Drganifation der Magiftratur lam dann aud) eine
beitimmte Stufenfolge in der Belleivung derfelben
und eine —— Bon der Duäftor ging die
mterftaffel durch Adilität und Prätur zum Kon:
fulat. Der nievere Beamte mußte bei Konkurrenz:
fällen dem höhern weichen, war aber im übrigen
in pn Sphäre unabhängig. Einen Inſtanzenzug
gab es nit. Die Zeit des miswech els war zu⸗
erſt vielfach ſchwanlend. Vom J. 223 bis 154 war
der 15. März, von 153 ab der 1. Jan.
ahl nad fo beichränfte und jährlich
gijtratur war mit einem geordneten
—— Verwaltung nur dadurch moͤglich, daß
teils die Offentlichleit des polit. Lebens eine Schule
für die Kandidaten abgab, teils neben den wechſeln⸗
den Beamten bleibende, untergeorbnete und beiol:
dete Beamten (scribae) ſtanden, welche den mecha⸗
niſchen Zeil der Geſchäfte beforgten. Wo aber für
weitere, mäßig wiederlehrende oder außer:
orbentli ichäfte, zu denen Berantwortung und
höherer Stand gehörte, die gewöhnlichen Magiſtrate
nicht ausreichten, hatte man jüngere Yeute aus ben
öhern Ständen für die nicdern und regelmäßigen
zten berjelben, außerordentliche Nonımiffionen für
bie wichtigern und vorübergehenden.
In einen eigentümlihen Verhältnis zur Magi:
ftratur ftanden die Boltötribunen. Diefe Zribunen
(1. d.), urjprünglich eingejegt zum Schuß der Ple—
bejer gegen die Magiitrate, hielten ihre Stellung
bis zum Ausgang des Kampfes der Stände feit,
807
aber nad) ber Beilegung besielben wurden fie
faktifch in den Organiämus der Magiftratur hinein:
gezogen und befamen analoge Befugniſſe. Seit den
Grachen nahmen fie jedoch wieder mehr ihre alte
Stellung ein und benußten nun bie erweiterten Be:
fugnifje, die fie mittlerweile gewonnen, neben den
Brivilegien, die ihnen ihre uriprüngliche Bedeutung
ab, um ihre Oppofition gegen die Nobilität um
o erfolgreicher zu machen.
Derjenige Faktor der Berfaflung, ber unter den
Königen nur eine beratende Stellung hatte, der
Senat, wurde unter der Nepublik der Mittelpunft
des Staatölebens und der Träger des oligarchiſchen
Syſtems. Der Grund, weshalb diefe Behörde,
deren normale Mitgliederzahl Sulla von 300 viel:
leicht auf 600 erhöbte, eine foldhe Stellung gewin:
nen konnte, lag in ihrer Eigenſchaft als einer
ftehenden gegenüber den wechielnden Beamten und
in ihrer 6 es indem fie zuerſt vor:
berricdhend, dann etwa bald nad der Mitte des
4. Jahrh. v. Chr. gefehlich aus gewefenen Beamten
zufammengejeht war, unter denen dann die Patti:
cier noch eine befondere Gruppe mit gewiſſen Son:
derredhten gebildet zu haben jcheinen. Der Prozeß,
ber den Schwerpunftt der Negierung von der Ma—
giſtratur in den Senat verlegte, vollzog fich jchon
während ber Beriode des Ständelampfes, und es
erſcheint um die Mitte der Nepublit die Kompetenz
des Senats ala des höchſten Negierungs: und Ver:
——— dahin feſtgeſtellt, daß er bie Lei:
tung aller auswärtigen Angelegenheiten bat, die
Brovinzialverwaltung und die Berteilungder Amts⸗
jprengel unter die Beantten gleichen Ranges über:
wacht; daß er ferner als höchſte Finanzbehörde die
Verfügung über die Staat3domänen wie die Kon—
trolle über die laufenden Ausgaben und Einnahmen
führt und für die meiften Zweige der Verwalten
die Summten beftinnmt, daß er weiter binfidtli
der Staatäreligion eine Art Dberauffiht darüber
in Aniprud nimmt, daß die für die Wohlfahrt des
Staats nötigen Geremonien vorgenommen werben;
namentlid) ftehen au) die von Fremden ober Ein:
—— ausgeübten fremden Kulte unter ſeiner
beraufſicht. Hinſichtlich feiner Stellung zur Ge:
jehgebung übt der Senat den vor das Volk fom:
menden Geſetzen gegenüber eine vorgängige und
nachträgliche Kontrolle, dispenfiert von Geſehtzen,
und bis 287 entbehren die Beſchlüſſe der Plebs der
Gefehestraft, wenn fie nicht vorher die Zuftimmung
de3 Senats gefunden hatten. Endlich richterlich
thätig iſt er in politiſch hohwichtigen Ariminalfällen.
Der dritte Faltor, das Bolt, übte feine Rechte
während der _Republit_ in ziemlich Tomplizierter
Weile aus. Der Begriff der vollberedtigten Bür:
gerichaft ging von den patriciſchen Kurien auf die
die ganze Bürgerichaft in ſich fließende Centurien:
verfammlung über, welde nunmehr die Wahl der
Denn Beamten, die gefebgebenden Alte und, in:
ofern ber Provokation nunmehr immer ftattgegeben
werben mußte, aud) die höchſte Kapitalgerichtäbar:
feit ausübte. Daneben blieben aber die Euriat:
comitien beftehen als beſchließende Altbürgeridhaft
in Saden der patriciihen Geſchlechter und mit
dem Hecht, die von den Genturien gewählten Be:
amten mittels eines Schlubalts, der jog. lex cu-
riata de imperio, zu bejtätigen, beziehungsweiſe
fie in ihr Amt einzuweiien, was übrigens bald zur
leeren Förmlichkeit wurbe. Zu bdiefen zwei Arten
von Comitien fam aber nod) eine dritte, die der
808
Tribus. Zuerſt nämlich fanden nad) Tribus ge:
liederte Sonberver lungen ber Blebejer, ledig:
ich für deren Angelegenheiten ftatt. nad aber
feit dem Decemvirat gab es . olche Verſamm⸗
des Geſamtvolls, das ſich in dieſen, den
Lungen
Tributcomitien, ohne Abftufung des Nermögens | Ge
nach den lolalen Diſtrilten (Tribus) gliederte. Au
dieſem Zwed war Stadt und Land nun gleihmähig
in ſolche Tribus eingeteilt, indem das Landgebiet
feit 495, ſtatt ben vier ftädtifchen Tribus ange:
ſchloſſen zu fein, neben diefen zuerjt in 16, un:
mittelbar darauf aber bald nachher in 17, und mit
bem Anwachſen des Gebietes in noch mehr eigene
Tribus zerfällt, In den nur uneigentlid comitia
tributa genannten Berjammlungen der Pleb3 prä:
fidierten die Tribunen, in den Tribusverfamm:
lungen de3 Gefamtvoll3, den comitia tributa im
vollen Sinne, patriciihe Magiftrate, an erſtern
wurden die plebejiihen Tribunen und Adilen, in
legtern die curuliichen Üldilen, die Duäftoren und
niebern Magiitrate gewählt. Im übrigen hatten
die Beſchluſſe dieſer lehtern natürlich ſtets redht3:
verbindlihe Kraft für das Gefamtvoll, die der
Zribusverfammlungen ber Plebs, die plebiscita,
erlangten eine unbedinate Gültigkeit für den ganzen
Staat erft am Ende des Ständbelampfes 287v.Chr.,
wenngleich fie ſchon längit von größter Bedeutung
waren. Geitdem überwogen in der Gefebgebung
vollend3 die beiderlei Tribusverfammlungen immer
mebr über die Genturiatcomitien, Um bie zwei
tonkurrierenden Berfammlungen ber Gefamtbür:
gerſchaft, die Genturiat: und Zributcomitien, beren
Nebeneinanderbeftehen eben nur in den geſchichtlich
gewordenen Berhältniffen feine Rechtfertigung fin
den konnte, in eine gewiſſe äußere und innere Har:
monie zu bringen, wurde wohl 241 bie Genturien:
ordnung fo umgeftaltet, daß man fie in die lotale
Zribuseinteilung hineinarbeitete, die Tribus aljo,
deren unterdeſſen durch die Gebietvermehrungen
35 geworden, num bei beiben Arten der Boden ji
bie polit. Gliederung, die Genturie ein Teil der
Zribus wurde. Von den Comitien als abjtimmen:
ben Berfammlungen, in denen nad) wie vor ber
Vorfigende allein die Jnitiative, das Bolt nur Ja
oder Nein zu = hatte, find die Concionen zu
unterfcheiden, Berfammlungen ohne Beichlup:
faflung, zu welchen der Magiltrat oder Tribun das
Volt zum Zwed von Mitteilungen oder zur Debatte
über die in den Gomitien zur Abſtimmung lommen⸗
den Gegenftände beruft.
Zum Organismus der republilaniſchen Staats:
verfafiung fanı im Lauf der Zeit «die Verwaltung
taliens und der —— ». Die erſtere beruhte
is Kom Bundesgenofienfrieg auf der Grundlage,
daß die Bürgerlolonien und die einverleibten Ges
meinden ober Municipien (f. d.) als Teile Roms
galten, ihre Angehörigen alfo röm. Bürger oder
Halbbürger waren, in ber Heimatgemeinde aber
nur eine größere oder geringere abminijtrative
Selbjtändigfeit hatten, während bie_latinijchen
Kolonien und die meilten übrigen Städte und
Bölterfhaften eine Stellung erhielten, die ihnen
auf Grund eines mehr oder weniger günftigen
Bundesverhältnifjes die Souveränetät nad) außen
abnahm, nad innen aber in möglichit großem
Maße ließ. Zugleich follte bie — der
Rechtsverhältniſſe unter dieſen Bundesgenoſſen ihre
Zer —— ihre Anbänglichleit an Rom
ebendig erhalten. Nach dem Bundesgenofientrieg
Römiſche Altertünter
wurde vom J. 89 v.Chr. ab in ganz Italien eine ein-
beitfihe Municipalverfafiung Gurknefühtt. we
die Berbältnifle_ber einzelnen Städte auf Grun
lage des Begriffs einer Gemeinde innerhalb des
Staat3 mit möglichft weitgehender Autonomie der
meinden in innern Angelegenheiten regelte.
Die Provinzialverwaltung regelte fich vn Fa
Fuße der Unterthanenſchaft. In der Behandlung
der Provinzen waren bie leitenden Prinzipien bie,
baß bie Provinzen Landgüter des röm. Volks, d. b.
ein Beiteuerungsobjekt jeien, und daß bie Verwal:
tung diefer Steuerquelle fo einfach als mö lich jein
müjle, um mit den beſtehenden republifantichen
Magiftraten geführt werden zu können. Zu biefem
Zwecke wurbe aud) bier ben einzelnen Gemein
in ben Provinzen, bie ebenfalld ganz verſchiedene
Rehtsverhältnifie hatten, in ihrer innern Verwal:
tung jo viel Autonomie gelafien, als fich mit ihrer
Einträglicleit und der Sicherheit des röm. Staats
vertrug. Die Dberaufficht darüber ſowie das Kom:
mando über die in der Provinz ftehenden Truppen
und die oberrichterlide Gewalt ftand einem von
Rom geſchickten Statthalter, in früherer Zeit einem
fungierenden Prätor, fpäter einem gewejenen Kon:
ful oder Prätor zu — Ablauf ſeines eigent⸗
lichen Amtsjahrs Brofonfu und Broprätor bi
neben fi) einen von ihm ausgewählten Legaten
Gebilfen und Stellvertreter und einen Quäjtor ala
Kafienbeamten, eventuell auch als Stellvertreter,
daneben noch einen militärischen und bürgerlichen
Stab (cohors praetoria) und eine Anzahl Sub:
alternen hatte, Der vorherrſchend finanzielle Cha:
ralter diejer Verwaltung und die polit. und mora=
lifche Korruption ber Ariftofratie führte dahin, daß
die Provinzen eher Landgüter der Beamten als bes
röm, Volls waren, und die kurze Zeit des Genuſſes
veranlaßte die Statthalter zur ſchonungsloſeſten
Ausbeutung ibrer Stellung.
‚Die cäfarifch-augufteiide Monardie befeitigte
die bisherigen Faltoren der Berfaflung nit, fons
dern baute fich nur neben und über ihnen auf. Auch
iebt noch iſt es theoretiich das Volt, weldes das
Imperium vergibt, aber nur, wie in ber Rönigs-
zeit, einem einzigen auf Lebenszeit als Vollgewalt
neben den Teilgewalten, die den bisher beftebenben
Magitraten, Konfuln, Prätoren u. f. w. bleiben.
In der Braris gibt freilich das Volt zum Teil unter
Auguftus, zum größern Teil erſt unter den in cm
ben Kaifern feine wäblenbe und gefehgebertiche
Gewalt an Jmperator und Senat ab. Der Senat,
ber zur Beit der Bürgerfriege auf über 1000 Mits
lieder geftiegen, von Auguſtus auf 600 zurüdge:
ührt worden war und jpäter eher unter diefe Zahl
herabſank, als fie überfchritt, bleibt zum Teil regie:
rende Behörde, bebält einen Teil der Provinzen,
bat feine eigenen Kaſſen und feine eigenen Beamten
und wenigitens das Recht, Nupfermünzen prägen
zu lafien, erhält dazu einen Hauptteil der Kriminals
gerichtsbarleit und durch Tiberius an Stelle der
Comitien die Wahl der Magijtrate, infoweit diefe
nicht an den Kaiſer überging, ja mit gewijien Ein:
ſchränkungen aud das Recht zur Ernennung bes
Kaiſers. Zum Teil tritt er in feine uriprüngli
beratende Stellung zurüd und wird faltiih ab:
hängig vom Willen der Kaiſer, doch behält er in
jedem Fall eine bedeutende Stellung als technifche
Vermaltungsbehörbe,, indem er nad wie vor bie
polit, Kapazitäten in ſich vereinigt. Zugleich wird
er als höchſter Reichsadel konftituiert. Neben diejen
Römiſche Altertümer
Giberbleibjeln der Repubfit ift aber alle reale Macht
auch über den Senat in der Hand des Imperators.
Diefer hat den Teil des Reichs in unmittelbarer
Verwaltung, in welhem Militär fteht unter Lega⸗
ten, die nur ihm —— it alleiniger Kriegs
berr, bat in Rom ein * laiſerl. Präfekten,
—5 in militäriſcher und bürgerlicher Beziehung
die Hauptſtadt in feiner Gewalt halten (praefecti
praetorio, urbi, vigilum , rung, Seine Ber:
ordnungen erſehen allmählid die ſonſtigen geich:
ebenden Faltoren, und es bildet ſich in jun und
erwaltung ein nftanzenzug auf feine Perſon zu.
Im Laufe des 3. Jahrh. abjorbiert die kaiſerl. Ge:
walt die republilaniſchen Faltoren, deren Lebens:
fraft ohnedies nur jo lange währen konnte, ale
national:röm. Elemente den Wittelpunft des Staats
bildeten, und die deshalb für die röm, Welt des 4.
und der folgenden Jahrhunderte mit ihrem Völfer:
emiſch mur noch eine Antiquität waren. In der
iocletianiich : fonjtantiniihen Verfaſſung iſt ber
Kaiſer dad von Bott gejandte —— eb, das
Bolt eine Maſſe von Unterthanen. Der Senat in
Nom und Konftantinopel wird zu, einem haupt:
idtiichen Gemeinderat, und nur die Selbitändig:
eit des Privatrechts der Unterthanen unterjcheidet
diefe Monardie von der eines orient, Sultans.
Der Kreislauf aber, den die röm. Staatsverfafiung
vom Königtum, bis pr konſtantiniſchen Monardie
gemacht, jteht in polit. und moralijcher Beziehung
einzig in der Weltgefhichte da und entrollt in
feinem Fortſchritt von der Gauverfafjung bis aur
Konitituierung eines MWeltreihs ein Bild polit.
Entwidelungsphafen, das glei großartig iſt in-
feinem Inhalt wie in feinem Umfang.
Mit der polit. Verfaſſung ftehen im engiten a
fammenbang das Kriegsweſen, das ———
die Einrichtungen der Staatsreligion und die Ge—
richtsverfaſſung oder die Gegenftände der Kriegs-,
Finanz:, ———— und Gerichtäaltertümer.
Das römische Kriegsweſen rubte von Haus
aus auf der Mehrpfl
Laſt. r einfachite ſelbſtändige Heerlörper war
bie Legion (ſ. d.), im patriciihen Staat beftehend
aus 1000 Dann Fußvolt und 100 Reitern von
jedem der drei Gaujtämme; nach Bedürfnis konnte
der einen Legion von 3000 Mann eine zweite bei:
gerügt werben. Die fervianische Verfaſſung regelte
as Heerweien auf der Baſis des Grundbefikes.
Die Vermögenden waren die am vollitändigiten ge:
rüjteten. Die drei erften Klaſſen ftanden, jo jedoch,
daß jede niedere Klaſſe etwas weniger volljtändig
gerüjtet war, in der Bhalanr, die erite als prin-
cipes, die zweite nach den Angaben der Alten als
hastati, obwohl dieſer Rame «Speerträger» nament:
lich alle in der Phalanr Stehenden bezeichnet, die
dritte als triarii. Nach den Reformen, die nament:
lich von Camillus begonnen worden fein follen,
beitand die Legion zur Zeit des Polybius aus vier
MWaffengattungen , 1200 hastati, ebenfo viel prin-
eipes, 600 triarii und 1200 velites, von denen bie
tern drei aus ben obern Klaſſen genommen, aber
unter ſich ſelbſt seh mehr nad) dem Genus, fon:
bern dem Alter nad) verihieden waren. Alle drei
waren geiämähig en ER nur hatten zu
icht als gemeiner bürgerlicher
des Volybius Zeit nur noch die triarii die Stoß:
lanze (hasta), die beiden vordern Glieder führten
das pilum, eine Wurflanze. Die velites waren
leicht bewaffnet. Das ſchwer bewaffnete Fußvolk
einer Legion zerfiel in 30 manipuli, von denen
809
jeder aus zwei centuriae unter bem Kommando
zweier Genturionen gebildet war. Die 300 equites
zerhielen in 10 turmae. Die Legion ftand regel:
mäßig in brei Treffen, von denen das erjte die
hastati, das zweite die prineipes, das britte die
triarii formierten. Der Befehl wechſelte unter
ſechs tribuni militum, von denen jeder zwei Mo—
nate bindurd die ganze Segion fonımanbdierte ; ihre
Ernennung ftand urfprünglich den Konfuln, fpäter
dem Bolt zu. Nur die Bürger der fünf Klaſſen
dienten in der Legion; die geiebliche Dienitzeit
reichte vom 17. bis zum vollendeten 45. Lebens:
jahre und verpflichtete zu 16, höchſtens 20 Feld»
zügen. Außerdem lieferten die socii ein ungefähr
feich großes oder vielmehr etwas größeres Truppen:
ontingent, Gie bildeten einen Teil des fombinier:
ten röm. Heers, in welchem fie in der Schlacht die
Stellung auf den Flügeln einnahmen. Feſt ge:
regelt war auf ſolchen Grundlagen die Ordnung
für das Lager, den Marfch und die Schladht. Bis
zum J. 406 dienten die Bürger auf un Koſten;
von da an zahlte der Staat Sold. Seit Marius
hörte der Cenſus auf, Orundlage der Militärver:
faſſung zu fein; die beſſern Klaſſen zogen ſich von
Dienft zurüd, der für die Armern eine Erwerbs:
quelle wurde, Das Bürgerbeer, deſſen Legionen
auch in Organifation und Bewaffnung wejentlich
ungeftaltet wurden (f. Kohorte und Legion),
ward zum Söldnerheer, das dem zahlenden Feld:
errn zu Gebote ftand und, unbelümmert um bie
nterefien des Vaterlandes, nur Beute und —*—
im Auge hatte. Mit der Monarchie verwandelte
ſich die Armee in ein ſtehendes Heer, das im Frie⸗
den zufammenblieb und dem Kaiſer als Ympera:
tor den Eid ) wur, Bu den Legionen traten bier
feiter geregelt die Hilfstruppen, befonders die Garde
— cohortes) und die übrige Garniſon der
Hauptitadt, ſowie die Seemadht mit ihren Haupt:
jtationen zu Ravenna und Miſenum. j
fiber den röm. Staatshaushalt hat man kein
fo reiches Material wie für das atheniſche Finanz:
weſen. Gottesdienft, Staatöbauten und feit dem
Bejentiichen Krieg (406 v. Chr.) der Sold für die
Fubtruppen bildeten neben den Berwaltungstojten
die Hauptpoften des Etats der Ausgaben der Ne:
publit. Die früheſten Einnahmen ergaben ſich aus
den Staatsdomänen (ager publicus) und einer
auberordentlicherweije erhobenen VBermögensfteuer
tributum), die nad glüdlichen Kriegen oder bei
tonjt — Stand der Kaſſe zurüdgezablt
wurde, Später boten die eroberten Provinzen
reihe Hilfgquellen, weshalb 167 das tributum
zwar nicht geſehlich aufgehoben, aber thatſächlich
nicht mehr eingetrieben wurde. Faſt der ganze
Bedarf wurde nun den Provinzen aufgebürdet, in
denen die Domänen, zur Viehweide bejtimmtes
Land (pascua) und Bergwerle zur Verpachtung
famen (Staatspächter, publicani), und aud von
der Benukung des im Beſiß gelajienen Eigentums
direlte Steuern erhoben wurden. Danchen bejtan:
den als indirefte Steuern die Zölle für Ein; und
Ausfuhr (portoria), feit 357 v. Chr. eine Steuer
auf Freilafungen und manderlei außerordentliche
Einnahmen. Unter Auguſtus lam eine Erbſchafts—
ftener, eine Steuer auf jeden Hauffontralt und
eine höhere auf gelaufte Sklaven dazu.
Die firhlihe Verfaiiung (jus divioum),
durch Numa georbnet, bat jich am längiten — 55—
Die Staatsreligion mit ihrer Prieſterſchaft und
810
ihrem Kult war durch Grundbeſitz und Domänen,
wennſchon biefe im Eigentum ber Gemeinde blieben,
finanziell fichergeftellt. Der geſamte Kultus ftand
unter der Dberaufficht des collegium pontificum,
unter denen zunädit die Prieſter der ein Inen
Gottheiten (Aamines) und die veitalifhen Jung—
frauen ftanden. Die religiöfe Seite ber völler:
rechtlichen ig * war Sache des Kollegiums
der 20 Fetia Vährend die Bedeutung biefer
allmählich zurüdtritt, blieb das Kollegium der
Augurn, welche den Willen ber Gottheit aus ge:
willen Beichen zu erfennen hatten, um jo bedeut:
famer und angejebener. Endlich war ein wichtiges
und einflußreiches Kollegium das der Bewahrer
der Sibylliniſchen Bücher, während die gering ans
geiehenen etruät. Cingemeide| wer, haruspices,
nicht unter die priefterlihen Behörden gehörten.
m Gerihtsmwejen unterihieb man judicia
privata (Civilprozefie) * judieia publica (Sri«
minalprozefie). In den lehtern entſchied das in
den Gomitien verfammmelte Volt bis zur en
ftebender Gerichtähöfe (quaestiones ——
pe durch einzelne Geſehe für bejtimmt sn
jeht wurden. Die Civilprozefje wurden zuerjt
den fog. legis actiones be Indelt, Proze
formen, welche in he —— eierlichen Wort⸗
ormeln und ſymboliſchen Handlungen ——*
ter nad) dem Formularprozeß, db. h. fo, da
agiftrat dem von ihm zu beftellenden Richter
feine Aufgabe formulierte. Die Richter, melde
nad dem von dem Magijtrat mitgeteilten Rechts⸗
—— zu entſcheiden hatten, waren teils Ge—
worene (judices), welche erſt aus den Sena—
—— ſeit Gracchus aus den Rittern, dann aus
Senaloren und Rittern, endlich aus Senatoren,
Nittern und Srartribunen edle mwurben, teilg
arbitri, welche die Parteien felbjt wählten, teil
recu ratores, wohl hauptiädjlic) in Streitigkeiten
mit Fremden (äbnlich wie die arbitri unter ge
mung der Parteien, = ftet3 in der Mehrzahl be
ftellt wurden) teild Decemvirn, ein Gerichtäbof,
insbefondere für Freibeitsprogefie, teil der Gen:
tumviralgerichtöhof (f. Centumviri), na:
mentlich —— ſſe zugewi en waren.
R uellen waren Geſehe, unter welchen in der
Republit die Zwölftafelgefehe die Haupturfunde
bildeten, die Edilte der Magiftrate, Senatäbe:
chluſſe und die Autorität * echts verſtändigen.
n ber Kaiſerzeit löſte ſich die Ausbildung des
echts von der polit. Verfaſſung ab und wurde
eine Technil, die ihren Standpunft in fich felbit
batte und im Privatrecht noch jebt die Grundlage
der Jurisprudenz bildet. (S. Romiſches Nedt.)
Da Altertimern des öffentlichen Lebens fteben
die Brivataltertümer zur Seite. Der Stoff
derfelben ift die unendliche Mannicfaltigleit der
Eitten und Einrichtungen des häuslichen und ge:
felligen Lebens, ihre wiſſenſchaftliche —5* aber,
das ſcheinbar ufa lige dieſe⸗ Stoffs au beftimmte
tulturgeihichtlihe Gefihtspunfte zurüdzuführen,
die gemeinfame nationale und fittlidy:geiftige Grund:
lage, die teild mit der Sitte ber übrigen indoseurop.
Bölter im Ginklang fteht, teils dem einzelnen Volle
— und ſodann die Entwidelung und
Aus: und mbildung der älteften Zuftände und
Gewohnheiten darzulegen. Cine volljtändige innere
GEnheit befteht unter den einzelnen Einrichtungen
nicht, wohl aber gliedern fie ſich in gewiſſe Grup:
pen: 1) Familie und Haus, Die Familie, beruhend
Römisches Bad — Römische Litteratur
a
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*
der Monogamie, bildet
fides und redilidee —
— Ra nd
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ee) (gens) * melden 6 16 mitbem t
(8 der ® tte
— ——
örtern. 2) Das dee Leben mit feinen
ng 38* —— nach Gef fe und 6x.
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bolung, — Bäder
altung. 3) Das wirt
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gefellige Leben, a oeleligen Bergnügungen
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und Theatern. 9%
—— * An Beicenden
rung des in allen A a —
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sr die Annahme dem erlitt.
—— hen Beder und ——
« Handbuch der röm. iltertümer» (8.1 2p;.
184367); Lange, «Rom. Alte » 0 Bir.
Berl. 186371; . Aufl. 1 );
der | Koner, «Das Leben vr 4. Aufl., Ben,
a
«Handbuch der röm. —
recht» von Mommſen, 2. Aufl.,: —— Es
1876—77; «Röm. Sta » von
BB 1er
von
Domaszewäli, 1884; Bd. 3, bei on Siem
1885); Mabvig, —— und des
——
m. » >
Karlowa, «Nöm.Recht Bach te» (Bd.1: «Staats.
re t und Recht
—* et ——
er rn
Swefen, j. unter Römische
—
Rö er Fiimmel, f. unter Cuminum.
zu. a; Kurie
de 5 ift Sn —* Rom kam,
un
vergingen doch y ‚, bis bei den
Nömern eine ie —— entſtand.
Ne —
i
b d 0
Sr un dc ———
geiehes laxı. Es gab ferner Elemente
—— —— in * — EEE
n en bei Hochzeiten und
lich Bein b ‚den Selen, Satiren (f. Kb),
en gemi
= —— — —
Es gab auch eine eigen
für, den Saturniſchen Vers —
aden, in einer beſtimmten
“
Römiſche Litteratur
und Sentungen beftehenden Rhythmus hatte. Doch
ift davon nichts ſchriftlich firiert worden, und dieſe
Elemente treten für die Litteraturgeſchichte erſt ind
Sicht, als fie nach dem Eintritt einer höhern, von
anderer Seite herfommenden — ſelbſt
auch veredelt wurden. Als ſchriftlich firierte Sprach⸗
dentmäler vor dem Auftreten einer Litteratur fennt
man nur und größtenteils nur aus geringen Rejten
religiöfe Formeln und Lieder, wie die der Arva—
lifchen Brüder (ſ. d.) und der Salier (ſ. d.), Geſetze,
vor allen das Grundgefek der Zwölf Tafeln, die
von dem oberſten Prieitertollegium, ven Bontifices,
aeführte Lifte der jährlihen Beamten nebit der
Stadtchronit (annales maximi), Privatdhroniten
der vornehmen Häufer, deren Inhalt zu einem
guten Teil in die jpätere Geſchichtſchreibung über:
ging, endlich zum Zeil kunſtmäßig abgefaßte Grab:
ſchriften, von denen einige, die zu den wichtigſten
und berühmteſten Reiten des Altertums gehören und
deren ältefte bis an den Anfang des 3. Jahrh. v.
Chr. —* eht, im Grabe der Scipionen bei der
Appiihen Straße wieder aufgefunden worden find.
Um diefelbe Zeit findet fi auch die erſte Regung
einer litterariſchen Thätigteit, beitehend in der Ver:
öffentlicjung einer polit. Rede und, wie e8 fcheint,
einer Sprudfammlung in Berfen, ausgehend von
dem in Die innere und äußere Bolitit Roms tief ein:
greifenden Appius Claudius Cäcus, Cenjor 8312 v.
Chr. Doch gaben derartige PVeröffentlihungen
wenig Anbaltäpuntte je eine weitere Ausbildung;
eine ſolche fam vielmehr, wie alle Elemente höherer
Bildung, den Römern unter grieh. Einfluß zu.
Im J. 240 v. Chr. brachte ein tarentinischer Kriegs:
gefangener, fpäter Freigelafiener, Livius Androni-
cus, ein aus dem Griechiſchen übertragenes Schau:
fpiel in Rom zur Aufführung und eröffnete fo die
Aufführung von sieh Aieıläben Dramen in Rom,
während er mit — Überſeßung der Odyſſee ein
be er lieferte, das dem geiftigen Horizont
wejentlich erweitern mußte. Man beginnt deshalb
mit Livius Andbronicus die Geichichte der röm. Lit:
teratur, die nun in drei Hauptperioden verläuft,
der vorllaifiihen oder altertümlichen, bis Cicero,
der Haffiichen von Cicero bis zum Tode Auguftus’,
der nachklaffiichen der Haiferzeit nad Auguſtus.
In der erften Beriode war bes Livius Andro:
nicus nächſter Nachfolger Nävius, der jeit 285
Stüde auf die Bühne brachte. Er fultivierte Tra:
gödie und Luftipiel teils mit griechiſchen, teils mit
röm. Stoffen, und im hohen Alter auch noch das
Epos im nationalen Saturnifhen Vers und mit
nationaler polit. Tendenz. Nad ihm aber wandelte
die Dichtung zunãächſt ausschließlich grich. Bahnen.
Plautus (254— 184) ift der fruchtbarfte Vertreter
der fabula palliata, d. h. des der neuern attifchen
Komödie entnommenen, von ihm aber allerdin
dem röm. Gejhmad mit viel Geift und ger er
Herrſchaft über die Sprache angepaßten Luſtſpiels.
Ennius (239—169) führte im Epos mit beſtem Er:
folge den griech. daktyliichen Herameter durch, und
bürgerte, joweit dies bei dem röm. Geſchmad mög:
lid war, das griech. Traueripiel ein, in welchem
leptern er dann in jeinem Neffen Pacuvius (ge
boren um 220, geitorben um 130) und nad
diefem in Accius (170 bis um 90) Nachfolger
fand, während mit größerm Erfolge beim Rublitum
das griech. Luftipiel von Cäcilius Statius (geit.
um 166) und vor allem von Terentius (185159)
mit dem Beitreben weiter gebildet wurde, auch feinere
811
Ohren zu befriedigen, ala bie Komödie des Plautus
vorausjehte, jedoch ohne defien geniale Kraft. Der
Herridaft der ariech. Richtung treten aber gegen
das Ende diefer Periode wieder nationale Elemente
egenüber in Afranius (geb. um 150 v. Cbhr.), dem
Vertreter der fabula togata oder des Luftipiels mit
röm. Stoff, und in Lucilius (geft. um 103), der die
Satire als eine Gattung handhabte, bie ſich an die
altnationale Satire oder Miſchlingspoeſie anlehnte,
in der er aber, wie nad ihm bejonder8 Horaz, eine
poetijche Kritik der Zeiterfheinungen ausübte. Im
diejelbe Zeit wurbe auch die volftümliche Atellane
in verfeinerter Form auf die Bühne gebracht. In
der Profa ift die einzige bedeutendere Erſcheinung
diefer Periode bie Gelhichtichreibung, deren Be:
gine Fabius Victor um die Zeit des zweiten
unifchen Kriegs wurde. Aber die trodene kunft:
loje Art der hronitartig fchreibenden Annaliften iſt
nur aus den Grwähnungen der fpätern befannt,
deren künftlerifche Darstellung die ältern Vorgänger
bald vergefien ließ. Nur der ältere Cato nimmt
mit feinen «llrfprungsgeihichten» (origines) Noms
und anderer italiicher Städte eine bedeutendere
Stellung ein. Außerdem find in der Proſa dieſer
Zeit noch zu erwähnen Anfänge der Grammatif,
der Jurisprudenz, und Darttellung praftifcher
Fächer, wie 3. B. der Landwirtſchaft in einer Art
Gnc Hopädie des für den praktiſchen Gebraud
Wiſſenswerten dur Cato. Cine wichtige Rolle in
einer allmählihen Hebung der Brofa iſt auch der
polit. Beredſamleit zuzuteilen; doch lann darüber,
abgefehen von vereinzelten Notizen, nur nad ber
Macht und dem Glanz geurteilt werden, den bie:
felbe fofort in der nächkten Periode entwidelt.
In der zweiten Periode, der Haffiichen Zeit
oder dem Goldenen Zeitalter ber röm. Litte:
ratur, gebt der Höhepuntt der Proſa durd; Cicero
dem der Poeſie durch PVirgil und Horaz voran.
Was die Brofa diefer Zeit, befonders die Ciceros,
zur Haffiichen, muftergültigenmacht, iſt gleichmäßige
Korrektheit, die Vermeidung des Ungewöhnlichen,
wobei der Maßſtab die gebildete Umgangsfprade
war; ferner die Nüdficht auf den rhetoriihen
Wohllaut, die Klarheit der Darftellung, die bei
Gicero freilich öfters zu —— —
feit wird, dann namentlich der abgerundete, wohl⸗
gemefiene Veriodenbau. Die alle andern Gattungen
überragende Fünftlerifche Beredſamleit, theoretiich
nad den Griechen bearbeitet in ben ——
Schriften Ciceros, neben u hauptſãchlich vertreten
dnnrch Hortenfius, weiterhin und in eigentümlicher
Art dur Eäfar, nab der lat. Proja überhaupt
einen rhetorifchen Charakter. Die Zahl der in den
Kreis der Darftellung gezogenen Fächer ehr eine
— Bereiberungbar die Philo opbie,
deren Sprade den Römern gef * zu haben
wiederum ein Verdienſt Ciceros iſt. Die Geſchicht⸗
ſchreibung, im republilaniſchen Teile dieſes Zeit:
raums vertreten —— Salluſt, Cornelius
Nepos, Pomponius Atticus, nebenbei auch durch
Cicero, wurde nun erſt eine Kunſt, die zum Zeil im
polit. Snterefie der Gegenwart ar in * orm
aber ganz beſonders von ber Beredſamleit heein—
flußtwurde. Diebiftor. und grammatiſche Forſchung,
ſowie das praktiſche Fach des Landbaues fanden
einen fleißigen und um die Altertumer Noms
verdienten Vertreter in M. Terentius Barro. End»
lich erfuhr durch den geiſtigen Verkehr in der gebildeten
Gefellihaft Roms der Briefitileinehohe Ausbildung,
812 Römiſche
wie ſie durch Ciceros Briefwechſel dolumentiert
wird. Gegenüber dieſem Reichtum von Erſchei⸗
nungen tritt die gleichzeitige Poeſie verhältnis:
mäßıg zurüd, Das Drama hat nur in einer unter:
geordneten Gattung Neues aufzuweiien, nämlich im
Mimus, der moraliierenden Charakterpofje mit
Tanz, vertreten durch Yaberius und Syrus. Lyrit
und Epos aber haben je einen bedeutenden Ber:
treter, jene den Gatullus, anmutig als Dichter der
Liebe und des frohen Genufies und dabei voll traft
in ber polit. Eyrik, diefes den Lucretius, der in
feinem Lehrgedicht « Uher das * der Dinge»
der Dolmetiher epilureiſchen Philoſophie ift. 2
Der Ruhm der Klaſſizitat aber in Epos und Lyrif,
begründet auf unbedingter ya der Gejehe
—— tkunſt, gebührt der auguſteiſchen Periode.
ie neue Richtung, theoretiſch vertreten von Horaz
in feiner «Ars poetica», bildete ein höchſt wichtiges
Element in dem geiſtigen Yeben diefer Zeit. Rein
litterariih bat fie in der Uneis Virgils und den
Dpen des Horaz ber lat. Sprache neben der rheto:
riichen Kraft a = Blüte beigegeben. Sodann
hat fie die griech. Mythologie vollends ganz im
röm, Bemuktiein eingebürgert. Zugleich war fie
von hoher Bedeutung für die neue Monarchie, der
fie ohne Servilismus buldigte und mit ‚ibrer Hul:
—* einen Glanz für alle Zeiten verlieh, ja für
deren befte, röm.:nationale Zwede fie in den patrio-
tiihen Stellen der Aneis und Horaziiher Dden
eine jhänbare Bundesgenoffin war. Hinſichtlich
des poetiſchen Gehalts bleiben Xirgil und Horaz
freilich hinter den hochſten Anforderungen der unit:
gattung zurüd, die ſie vertreten; allein es ijt ein
unrichtiger Gefichtspuntt, fie bloß an Homer und
Pindar au meſſen, ftatt an der Welt, in der, und an
dem Volk, unter dem fie ſchrieben. Zugeben muß
man jedoch, daß in der \jndividualität beider Dichter
das rejleftierende Clement eine größere Rolle fpielt
als das naturwüchlige. Im reinen Epos ſiehen
neben Virgil nur Namen, keine uns erhaltenen
Dichtungen. In der Lyrit finden fih neben Horaz
die Glegiter Tıbullus und Propertius, jener mit
tieferm Gefühl, diefer mit alerandrinifcher Kunſt⸗
maßigleit und größerer Friſche und Leidenſchaftlich⸗
keit dichtend. Virgil und Horaz waren aber auch
Mufter in andern Gattungen, Birgil in der dem
Theotrit nachgebildeten Jdylle, Horaz in der nun:
mebr im modernen Sinn gefaßten Satire durch die
—58* dem Archilochus nachgebildeten Epoden
und die ruhiger gehaltenen, nicht aus tiefer, fitt:
licyer Entrüftung, fondern aus der ironifchen Laune
des Weltmanns hervorgegangenen Sermonen.
Beide bilden ferner das Lehrgedicht aus, Virgil | Da
durch die « Georgica», Horaz durd) die « Ars pot
tica», Aud wird man die a Epifteln» des Horaz
mit ihrer moralifchen Neflerion dem bidaktifchen
Genre zurechnen können. Mit befonderer Vorliebe
wählt Dvid die Form des belehrenden Gedichts, der
feine aus dent leichten gejelligen Leben, der Mytho: |
logie und dem röm, Kultus wie aus den eigenen
Ehidjalen genomenen Stoffe mit anmutiger Leich
tigleit der Verfifitation und Diltion bearbeitete,
Im Drama dagegen iſt die augufteiiche Zeit unpro:
dultiv. In der Profa bildet den Slanzpunkt die |
Geichichtichreibung, vertreten durch Pivius, Die
Beredſamteit dagegen fühlt Schon jeht den nachtei:
ligen Einfluß, den die Vefchräntung des öffentlichen
Lebens notwendighaben mußte; fie verlordas wahre
Pathos, wurde Cache der Schule und fand ihre Be:
Litteratur
thätigung Lund noch vor ben —— Andererſeits
chaft * pe = fteifche Zeit tft in
en g, und die a |
biefer Dirt nb vertreten in ber Brammatil
und A — durch Hyginus und Ber:
rius Flaecus, in der Jurisprudenz dur An
Labeo und Atejus Gapito, Häupter zweier entgegen:
gefepter Schulen, in der Geographie durd) Agrippa,
Die dritte Beriode zerfällt — Se:
balt nad} ungleiche Teile: das joy. Silberne Zeit:
alter von Tiberius bis Trajan, und das von
da an abwärtd. Die Literatur des Silbernen
Beitalters iſt noch reich an materiellem Gehalt
ar —— Schoͤnheit, * ſie —* au =
er einer überfeinerten und durch grelle
—* eit. Die Beredſamleit wird Dellama
tion, die Kunſt wird Manier, unter der ſelbſt die
Korrektheit leidet, die Energie der Gefin wird
zum leeren Pathos, der litterariiche Ejjet Selb
zwed, Bei erniten Geiftern, denen es um die Sa
zu thun ift, wie bei Tacitus, fucht fi die Indigna:
tion Formen der Daritellung, die vom natürlichen
Ausdrud fi entfernen. Ein Gewinn ift es troß
der dadurch etwas gefährdeten Reinheit der urbanen
Sprade, daß nunmehr mg bloß aus den italifchen
Landjtädten, fondern auch aus den romanifterten
rovinzen litterariihe Kräfte nach Nom ftrömen,
Gattungen nad verteilt ſich die litterariiche
Ihätigfeit ungefähr gleich auf Profa und Poeſie.
In der Geſchichtſchreibung vertritt, wenn man nur
das Erhaltene berüdjichtigt, Vellejus Baterculus
unter Tiberius die allgemeine Gefhichte, die er in
kurzer —5* ibt, Tacitus unter dierva und
Trajan die Zeitgeichichte, beziehungsweiſe die Ge⸗
ſchichte der jungſten B enheit vom bödjten
———— aus, derſelbe Tacitus in feinem »Agri-
cola» die Biographie, VBalerius unter
Tiberius) die hiſtor. Anekootenjanmlung. der
Beredſamkeit bat man in dem PBaneguricus bes
jüngern arm auf Trajan ein für diefe Periode
ültiges Beispiel. Die Rhetorik vertreten der
multer
ältere Seneca, Duintilian und Tacitus (im « Dia-
logus»), die Philofophie und den Bri „ber
Sohn des Rhetors, —* der jungere Plinius. Die
Fachwiſſenſ —— werden eifrig gepflegt, verlieren
aber, je ſpezieller fie in das Fach ei ‚um jo
mebr an Intereſſe für die allgemeine
hichte. Die Poefie wird, mit Ausnahme der
ie feine bedeutenden Namen mehr aufweiit, aufs
mannichfachſte bearbeitet. Ri Srame das
Nennenswertefte die Tragödien bes j
Seneca, mit Stoffen aus der griech.
s Epos wird vertreten von Silius alie
Lucan, Valcrius Flaccus, Statins teils mit
römifchen,, teils mit roischen Stoffen, die Satire
von Perſius unter Nero, von Invenalis unter Tra-
jan, in eigentümlicer Weife aber in einem wohl
dem 1. Jahrh. angehörigen Noman, den «Satirae»
des Petronius, das Epigramm burd)
die poetifche Fabel dur Phadrus (unter Tiberius
Der zweite Teil diefer Periode, das jog, Eherne
Heitalter, bildet wiederum zwei Heinere Gru
die des 2, und 3. und die des 4, Jabrh. Die
eriten zeichnen fih aus durch eine ungemeine
tigfeit der litterariichen Namen,
‘der 2
Hadrians an zeigte na Een
ausgeſprochene Vorlie Son *—
neuern
man im ——
9
die eben damals in der 4
Nachblute erlebte, währen
Romiſche Mythologie — Römiſches Recht
Schreiben das Latein vernachläſſigte. Soweit aber
das Latein noch lunſtmäßig geſchrieben wurde, ge
Shah dies abermals mit unter dem Ginfluß Ha—
drians, in einer Weife, die jede Produltivität ab:
ſchnitt. Es bildete fich nämlich eine gefuchte,
manierierte Borliebe für das altertümliche, vor:
eiceronianiiche Latein, das nun aber, in die gewöhn⸗
liche Sprade der Zeit unvermittelt hineingezogen,
der ganzen Schreibart ein mofaitartiges Ausſehen
gab. Das Haupt diefer Schule von Schriftitellern
war der aus Afrifa gebürtige Rhetor Fronto, *
des Kaiſers Marc Aurel. Ein geiſtvollerer Ber:
treter der Litteratur dieſer Zeit iſt Apulejus, eben:
falls Afrikaner, deſſen —————— in denen
das Maͤrchen von Eros und Pigche den Lichtpunlt
bildet, ein für die allgemeine geiftige wie litterariſche
Richtung jener Zeit ſehr hezeichnender Roman iſt.
—— ——— trägt völlig geiſt⸗
[03 in feinen «Noctes Atticae» der Srontonianer
Aulus Gellius zufammen und kann nur in einer
folchen Periode unter den Bertretern der Literatur
mitgezählt werden. Am grelliten jtidht gegen den
alänzenden Abſchluß, den die vorige Periode in der
Geſchichtſchreibung mit Tacitus gefunden, die Dürf-
tigteit ab, welde in diefem Fade nun eintritt.
Außer den trodenen, rein ftofflihen, ganz kunitlos
angeordneten Kaiferbiographien des Suetonius,
der übrigens auch als untverfeller Gelehrter immer
noch einer der wertvolliter Autoren dieſer dürftigen
I ift, lann nur ein Abriß der röm, Gefhichte von
lorus, ber in den Anfang diejer Zeit fällt, genannt
werben. Die Kaijerbiograpbien des Marius
Marimus, die einen seien ert gehabt haben
müjjen, find verloren. Nah Schreibart und Gehalt
find am Ende des 2. und am Anfang des 3. Jahrh.
die bedeutendften Griheinungen bie Jurijten und
die chriſtl. Schriftiteller; jene vertreten durch die
fog. Haffiichen Juriſten Gajus, Papinian, Ulpian,
Paulus, diefe durch den Apologeten Minucius Felif
und die Afrilaner Zertullian und Eyprian.
Im 4. und 5. Jahrh. zeigt ih nod zum Schluß
in Vroſa wie in Poeſie ein gewiſſer Aufjhwung,
nicht hervorgebracht durch erneuerte wirkliche Pro:
dultivität, fonderndurd a we au
i
der beſſern ältern Litteratur. Dieſe findet ſich unter
den Vertretern der Geſchichtſchreibung zwar nicht
bei den ſtil⸗ und geiſtloſen Verfaſſern der Kaiſer⸗
biographien von Hadrian bis Carinus («Scriptores
historiae Augustae»), dagegen einigermaßen bei
Eutropius, in den unter dem Namen des Aurelius
Victor überlieferten Schriften und dem ftofflichen
Wert nah bei Ammianus Marcellinus, endlich
weniger beim Redner Symmadus als beim an
lichen Schriftiteller Lactantius, und bei den Did:
tern des 4. Jahrh. Aufonius und Claubianus, Im
5. Jahrh. find die bervorragendften Erſcheinungen
einerjeits die Rhetoren der galliihen Schule, ein
Gumenius und Sidonius Apollinaris, andererfeitd
die Kirhenväter Hieronymus und Auguftinus,
Männer, deren — er gerry iſchen
Ubertreibungen und Auswüchſen nicht unterſchaͤht
werden darf, da fie ſich mitten unter dem gänzlichen
Verfall der Volle ſprache erhielt. j
Den glänzenden Abſchluß der alten lat. Litteratur
und zugleich den Übergang zum Mittelalter bildet
Boctius mit feiner fpradhli und moraliſch er
ftehenden «Consolatio philosophiae», Der gleich:
A Gaffiodor ift immer noch mehr durch feine
iftor. und polit., als durch feine fpätern encyllopäd,
813
Schriften von Bedeutung. Ebenfo hat der letzte
Name der röm. Litteraturgefchichte, der Spanier
Iſidorus (7. Jahrh.), mit feinem etymolog. Sams
melwert «Origines» nur ftoffliches Intereſſe.
Bon Bearbeitungen der röm. Litteraturgefchichte
find zu nennen: Bähr, «Geſchichte der röm, Yitte:
ratur» (4. Aufl,,2 Bde., Karlör, 1868—60); Bern:
hardy, «Grundriß der röm. Litteratur» (5. Aufl,,
Braunſchw. 1872); Munt, «Gedichte der röm.
Fitteratur» (2, Aufl, von Sey ert, 2 Bde., Berl.
1875— 77) ; Teuffel, «Gefchichteder röm. Litteratur»
(4. Aufl, bearb. von Schwabe, 1882), (ion.
Bömiide —— ſ. Römiſche Reli:
Römiſches Recht. Wenn die im Roͤmerreich
entſtandenen Gefepe und Ordnungen noch gegen⸗
wärtig entweder unmittelbare Verwendung finden
oder wenigftens die Grundlage für die neuere
nn abaeben, fo ift dies teild aus dem
Gin ul, den bie \ eltherrfchaft jenes außerordent⸗
lichen Volls auf die gefammte europ. Kulturent:
widelung übte, teild aus der Kraft und Bedeutung
de3 röm. Rechts felbit zu erflären. Mit ihrer Be:
gabung, das Zulömmliche —* großen Geſichts⸗
unlten zu beſtimmen und ———— durchzuführen,
haben die Römer unter allen Nationen des Alter:
tums nicht allein die Rechtsidee in ihrem Geſehe am
—— verwirklicht, fondern auch in der
wiſſenſchaftlichen Feititellung der Begriffe und in der
Kunft der Rechtsanwendung wahrhaft Muftergül:
tiges — ſodaß ihre Arbeit die Rechtsbildung
bis auf die neueſte Zeit zu befruchten vermochte.
ag min ber röm. Geſamtſtaat allmählich um
den Kern des bis zur —— feſten Gemein⸗
weſens am Tiber ji) anlegte, jo entwidelte ſich auch
fein Recht um den Mittelpunkt des ftrengen Jus
eivile oder des Gefehes der röm. Stadtbürgerfchaft,
welches in den Zwölf Tafeln (f. Zwölftafel:
eſe % deögleihen in einer Reihenfolge von Ges
Fehen rVollsverfammlungen(f. Gomitien) und
in verfchiedenen Senatustonfulten feinen bes
timmten Ausdrud, durch eine feitftehende Gewohn:
eit feine Erflärung und Er änzung —— hatte.
ür die öffentlichen Zuſtände blieb das Jus civile
no in fpäterer Zeit ausfchließende Duelle,
während die bejondern privatrechtlichen Sabungen
der verbündeten und unterworfenen Nationen als
Jus gentium zur Anerlennung rg und bie
entiprehenden Beſtimmungen des Bürgerrecht3
nad) den Anforderungen des erweiterten Berlehrs
vielfach umbildeten und vervollftändigten. Anftatt
der — hierzu befugten ge pe ebung
unterzog ſich aber hauptſächlich die Magiltratur
dem Gefchäft diefer Umgeftaltung. Seitdem in
den Bollsverfammlungen die polit. Bewegung den
Sinn für untergeordnete Reformen zurüdgedrängt
ae tonnte nur die jtellvertretende Thätigleit der
rätoren, Adilen und PBrovinzialftatthalter mit
Umgebungen des Jus civile, zu we den ihre Bot:
{haften (Kdicta) Atem pa n, bem veränderten
Rechtsbewußtſein (f. Billigleit) Befriedigung
verſchaffen, und das anfangs nur nebenher und
veritoblen geübte Verordnungsrecht der oberrichters
lien Behörden wurde bald als Verjüngungss
mittel und Urfprung eines eigentümlichen Jus ho-
norarium förmlich anerlannt, Das Emporkommen
der taiferl. Gewalt enttleidete die Vollsverſamm⸗
lung nicht fofort ihrer Machtvolllommenheit in
Hinſicht y ebgebung, wie denn gleich unter
den eriten Kaifern befonders mehrere Leges Juliae
814
das Straf: und Prozeßrecht vermehrten. Indeſſen
ward nicht allein jeit diejer Zeit die Befugnis des
Senats zu gemeingültigen Erlaſſen erweitert, fon:
dern aud) der Grund zu jener alles überwuchernden
DOberberrlichleit gelegt, die das Verordnungsredt,
von vornherein unter Mitwirkung des Senats, ſpä—
ter ohne dieſe, für den Regenten in Anſpruch nahm
und nah allmäblihem Grliegen der Gomitien die
Geſeßgebung thatſächlich an den Kaiſer brachte.
Den republilaniſchen Erinnerungen trugen jedoch
die Kaifer noch längere Zeit injofern Nechnung, als
fie ihre Rechte (Constitutiones, Placita prineipum)
nicht als leges, fondern nur in der Form von Bot:
ſchaften oberjter Magiſtrate ( Edicta), Generalver:
ordnungen an Behörden (Mandata), oberrichter:
lidien Entſcheidungen (Decreta) oder Rechtsbe—
lehrungen an Einzelne (Rescripta) veröffentlichten.
Gerade innerhalb diejes Üübergangsſtadiums war
aber die wiſſenſchaftliche Fortbildung des Rechts,
namentlich des Privatrechts, Gegenitand der er:
giebigiten Bemühungen von hochgeachteten Recht:
nelehrten geworden, und die Vedeutung, welche
ihren Outachten (Responsa) bei Gericht beigelegt
werben jollte, findet ſich durch eigene kaiſerl. Erlaſſe
beitimmt und feitgeitellt. Won diefen ——
macht diejenige Codiſilation Gebraud, durch welche
Juſtinian (j. d.) die unzulängliden Konjtitutionen:
ſammlungen feiner ag erjehte, und die man
als Corpus juris eivilis (f, d.) bezeichnet. Mit ihr
erlangt das noch in Betracht lommende röm. Rechts⸗
material feinen Abſchluß, denn die weitere Geſetz-
gebung hat ebenio, wie die vorher von weitgot. und
burgund,. Königen verfaßte Zuſammenſtellung
(das Breviarium Alaricianum und die Lex Ro-
mana Burgundionum), nur geſchichtliches Gewicht.
Einen wie bedeutenden lern von wertvollen und
nadhhaltenden Beitimmungen, und weldes Vor:
bild einer ſcharfſinnigen, unbeugiam folgerichtigen
a ur das röm, Recht aud) zu bieten vermag,
jo fonnte doch nur die gelehrte Boreingenommen:
beit allen feinen Teilen die Eigenſchaft eines voll:
fommenen, jeber Zeit und Nation gerecht werdenden
Gejepes beilegen. Der wiſſenſchaftlich und praltiſch
eihärfte Blid erkennt darin immer nur ein Ge:
— das bei aller Vortrefflichleit die Be:
giebung auf fo mande binfällige, zum Ausleben
ejtimmte Zuftände nicht verleugnet. Was nament:
lid) den Wert des im Corpus juris uns begegnenden
Rechts anlangt, fo iſt derfelbe im Staatsrecht, das
die altertümliche Herabjekung der geringern (affen
auf das ganze Voll überträgt, ſehr gering, im
Privatrecht dagegen foweit nicht die Stlaverei und
die unwürdige Auffallung bes kindlichen und ehe:
weiblichen Verhältnifjes Einfluß üben, ein hoher;
das gerichtliche Verfahren ift bei aller ‘Feinheit eng
und gebunden, dad Strafrecht kalt barbariſch. Jener
verſchiedenartige Inhalt wird uns der Hauptfadhe
nad) in einem ‚pareant von Bruchjitüden aus rechts:
gelehrten Schriften mitgeteilt, die in eine höchſt
mangelbafte Überfidht gebracht find. Was neben
diejer, die Pandelten (ſ. d.) bildenden Sammlung
zu dem Codifilationswerle gehört, will entweder
nur bie erſte Uberſicht über das Rechtsſyſtem ver:
mitteln, wie die Inſtitutionen (f. d.), oder das Hlaj:
ſiſche Recht durch legislative Nachträge in oft un:
fertiger Weife ergänzen und wie der
Coder und die Novellen (f. d.). Vol. Schweppe,
«Röm. Rechtsgeſchichte (3. Aufl, Gött. 1832);
Puchta, «Eurfus der Inftitutionen» (9. Aufl., be:
Nomiſches Necht
forgt von Krüger, 2 Bde. Lpz, 1881); Iherirg,
«Geiit des röm, Hecht» (4. Aufl, 3 Ile, Yp3.
1885); Walter, «Geſchichte des röm,. Rechts⸗
(3. Aufl., 2 Bde., Bonn 1860); Nivier, «Intro-
duction historique au droit romain» (Brüfj. 1872).
Nach dem Untergange des Weitrömiichen Reichs
waren die Anzeichen für den Fortbejtand des darin
gültig gewejenen Geſehes ungünftig. Wenn aud)
die unterworfenen Römer in den von Germanen
eroberten Ländern ihr Vollsrecht beibehielten und
manche ihrer öffentlichen Einrichtungen den Ver:
fafjungen der neuen Staaten übereigneten, jo trat
doch die german. Redtsbildung jabrhundertelang
in den Vordergrund. Grit ibr jprödes Verhalten
n eine wifienichaftliche Weiterentwidelung, ver:
lieb den während des 12. Jahrh. in Italien wieder
in den Vordergrund tretenden Juſtinianiſchen
Nehtsbüchern ein unbeftreitbares fibergewicht, das
der Ginfluß der neuentitandenen Univerjitäten auch
in Deutſchland, wiewohl nicht ohne Kampf, zur An:
erlennung bradte. Dem prattiihen Sinne ſchien
der Cintritt in die Erbichaft eines fein ausgebildeten
Rechtsſyſtems weit zuträgli als die mühjame
Fortführung der vollstümlichen Anläufe zu einem
den rajchen Kulturfortſchritten angemeſſenen Rede,
und der Traum einer Fortjegung des röm. Kailer:
reichs durd die beutichen Könige lieb das röm,
Geſeh — — —— riſtenheit nn
wabrenden en trachten.
deilen fand man body bald, dab es mande
neuere Berbältniffe nicht anwendbar ſei. Nicht
minder ſtand die Geridhtäverfafjung feiner vollitän-
digen Anertenmung geraume Zeit im Wege. Die
Aufnahme des röm. Rechts iſt daher in den ver:
f&hiedenen ändern weder nleichzeitig noch in dem:
felben Umfange erfolgt. In Stalien und im ſüdl.
Frankreich faßte es zuerit feite Wurzel, weniger und
Ipäter im nördl, Frankreich (den pays du droit cou-
tumier), wo man e3, wie gegenwärtig nad dem
Code civil, nicht als eigentliches Gefeg, ſondern
nur al3 eine Autorität für allgemeine natu t:
lie Grundjäge (raison 6erite) anerfannte. In
England wurde es in den bürgerlichen und welt:
liden Gerihtshöfen nie, in Schottland nur. be
Ihränft angenommen; aber die geiſtlichen Gerichte
baben es ſtets als wahre geiehliche Regel befolgt.
Es gilt daher für alle an diefe Gerichte gewiejenen
Sadıen, jowie in den Admiralitätsgerichten, weil
biefe großenteils Fremdengerichte find, jedoch in
beiden mit jehr bedeutenden Mobififationen.
n Deutichland legte man dem röm. Rechte ge-
ſebliche Kraft bei, was aud) in ehemaligen Reichs:
gelegen, 3. B. der ge und
ndesgeſetzen beitätigt ift. Vgl. Stobbe,«Gejchichte
; Hrantlin, « Beiträge zur ichte
ception des röm, Rechts in —— (Hannov.
1863); Schmidt, «Die Neception röm. Rechts
in Deutihland» (Roftod 1868); Stölgel, «Die Ent:
widelung des gelehrten Richtertums in ——
Territorien» (Stuttg. 1872); Moddermann, «Die
Reception des röm. Redht3» (Jena 1875). Doc
ftehen überall nicht nur die einheimischen Gejehe
voran, indem das röm. Recht bloß in Ermange:
lung derjelben als ſubſidiariſches Necht zur Anwen:
bung fommt, fondern jeine Gültigkeit fällt auch
bei allen eigentümlid romiſchen, in Deuti
land nit vorhandenen Inſtituten, und ebenjo
umgelebrt bei allen erft im neuern Guropa auss
Nömifhes Neid — Römiſche Religion
gebildeten Nechtöverhältnifien, 3. B. Lehen, Brimo:
enituren, Berg:, ehielrecht u. j. w., jowie bei
Fragen des Staats: und Völferrehts. Immerhin
enthält aber jelbjt die neuere Gejehgebung der
einzelnen deutſchen und auch der andern europ.
Staaten, namentlid) in ihrem auf das Privatrecht
fich beziehenden Beitandteilen, viel altrömiices,
wennſchon den veränderten Kulturverhältniſſen
angepabtes Net. Die Prinzipien beöfelben lie:
gen It manden neugeidafenen Inſtitutionen
u Grunde, und ſein Geiſt lebt nicht bloß in dem
Fort. was ihm nad: und aus ihm weiter ges
bildet ift, fondern er bringt ſich auch in ber willen:
ſchaftlichen und legislativen —— Ko gegen:
wärtigen —* pe Geltung. Dieje Stel:
lung des röm. Rechts in Deutſchland wurde zu Ans
fang des 19. Jahrh. von entgegengefehten Seiten
angefodhten. Der einen erfhien die ſchwanlende
Herrichaft eines fremden, nur dem gelehrten Stu:
dium erſchloſſenen Rechts als ein Anachronismus,
welcher das Berlangen nach allgemein zugänglichen,
durchweg aus ben neuern ——— rvorge⸗
angenen Geſetzen hinreichend begrü nberer:
—* hatte der hiſtor. Forſchungseifer, welcher den
wahren Inhalt der rom. Rechtsbeſtimmungen ent⸗
widelte und in leicht begreiflicher Vorliebe für die
erlangten Ergebniſſe ben nicht immer abfidhtslofen
ee - Praltiler entge nt, eine
gleiche Klarftellung der deutfchrechtlichen Elemente
bes Gemeinen Rechts (f. d.) und dem beftigften
Kampf um deren legislativ:polit. Berechtigung ent:
— Ihren Ausgang nahm die Bewegung von
hibauts —* —— an eines >
gemeinen bürgerli , wogegen
vigng (1814) unferer Zeit en Beruf ur Gejeb:
gebung abfprad. Nach mancher fcharfen Erörte⸗
rung zwiſchen Romaniften und Germaniften jcheint
fich gegenwärtig die Überzeugung Bahn zu brechen,
dab nicht in dem enfab, fondern in dem Zu:
fammengeben der beiberieitigen Beitrebungen das
Gedeihen der fernern Rechtsentwidelung begründet
iſt. Durch die Wieberauffindung des urfprünglichen
Sinnes vieler röm, Beitimmungen wird deren ge:
treten dadurch mit den einheimischen Sapungen in
die gleiche Neihe, ohne daß ſich dieje dem befruchten:
den Einfluß entziehen follen, der durch die Kraft
des Gedankens bem röm. te bewahrt bleibt.
Bol. Ihering, «Bedeutung des röm. Rechts für die
moderne Welt» (Lpz. ee Noltemeier, « Deutſche
Rechtszuſtände und Grun linien für Rechts⸗ und
Gerihtseinbeit in Deutichland» (Lpz. 1869); Stein,
«Gegenwart und Zukunft der Rechts- und Staats
wilenihelt Deutſchlands⸗ (Stuttg. 1876).
iſches Reich, |. Rom und Hs le
210, — —— Römiſches Reich hieß
Deutſchland unter den römiſch⸗deutſchen Kaiſern.
u. Kaifer und Reeig.) F
RNõmi — Die Religion der Römer,
wie ſie in der Litteratur der klaſſiſchen und nach—
tlaſſiſchen Zeit überliefert iſt, erſcheint als eine
Kopie der griechiſchen. Allein hinter und unter
dieſer am meiſten in die Augen —— Form
liegt eine anders geartete nationale Religion, die
teils aus den —— des Kultus, teils aus den
ſchriftlichen Zeugniſſen der ältern Seit, teils aus
den Mitteilungen der röm, Antiquare, wie Barro
und ben ihr antiquarifhes Willen größtenteils
direlt oder inbirelt aus ihm f&höpfender Schriften
ſchichtliches Bedingtjein —— und ſie ſ.
Bf
815
röm. Grammatifer und criftl, Kirchenlehrer, wie
des Auguftin, zu erfennen it. Dieſes Neligions:
fyftem zeigt ſich als analog den Religionsvorftel:
lungen der verwandten Italiſchen Völler (ſ. d.),
weiterhin aber zwar als der gemeinfamen inbos
europ. Wurzel entiproffen, jedoch infolge der
größern Nüchternheit und geringern geiftigen Pros
dultivität der Italiker ziemlich weit abjtehend fo:
wohl von der ind. als der griech. Neligton. Auch
die Nömer verehrten die auf fie einwirkenden
Naturmäcte, Jupiter als den Himmelsvater und
fein weibliches Gegenbild uno, die himmliſche
Mutter und Mondgöttin, den Janus, einen Gott
des himmlischen Lichts, der die Thore des Himmels
morgens öfinet und abends ſchließt, den Gott
jeden Anfangs, und fein —— Gegenbild
Diana, die als himmliſche Macht Mondgöttin iſt,
wie Juno, den Mars als Sonnengott, in der mo—
raliſchen Welt als Kriegsgott, die Göttin der
—— Mater Matuta; ferner die Götter
der Saaten und ihres Ertrags, Saturnus und
Conſus, bie der Blumen und Früchte, Flora und
Venus, Bertumnus und Pomona , die Götter von
2> ‚und Wald, Faunus und Silvanus, wie die
Öttinnen der Mutter Erde und ihres Segens,
Ops, Zellus, Terra, Fauna, Bona Dea, Maja,
die Göttin der Viehweiden und Herden, Pales, den
Gott des Waſſers und der See, Neptunus, und
bie Gottheiten der Duellen und Flüfie, den Gott
des Feuers, Vulcanus, und Veſta, die Göttin bes
heiligen Opfers und Herbfeuers das, wie es in
jedem Haufe für jede Sausgenoflenichaft entzündet
wird, jo inmitten der Stadt für den Staat ewig
Nammend erhalten wird. Neben ihr werben bann
ebenfall3 im Haufe, wie in ber Stadt, die Benaten,
die Götter der Vorräte, die Zaren, die Schußgötter
der Familien, Häufer, Stadtteile, der Stadt und
des Staatö, wie ber Felder, ja auch auf der See,
und die Genien der einzelnen Menſchen namentlich
des Hauäherrn, wie des Haufes und Staats, ver:
ehrt, während die Geftorbenen ald Manen eine
Stelle im Kultus haben. Neben diefen Göttern,
in denen bie allgemeinften Beziehungen des Men:
hen zur Natur und zu fich jelbit ihren Ausbrud
—— gibt ed num aber ein weit ausgedehntes und
einem Prinzip nah ins Unendliche ausdehns
bares Syſtem von Göttern, beftehend nicht aus
erjönliden menſchenähnlich —— eſen,
ondern aus Begriffen, Abſtrakltionen von allen
möglihen pbyfiihen und moraliiden Mächten,
Einflüſſen, Thätigfeiten, Gefühlen, Eigenſchaften,
fur; von allem, was das Leben eines nüchternen
Aderbauvolt3 bewegt. So gibt e3 Götter ber
Natureriheinungen, der Saaten, re in
allen Stadien der Entwidelung, bes Glüds und
Unglüd3, der Geſundheit und Krankheit, der Angit
und der Freude, Geburts: und Todesgötter für
jeden einzelnen Moment von der Empfängnis an,
Götter und Göttinnen ber Ehre, des Verſtandes,
der Keuſchheit u. ſ. w., darunter, wohl infolge
rübzeitiger Jdentififation mit Athena am leben:
igften, ja neben Jupiter und Juno zu einer der
größten Göttinnen erhoben: Minerva, die Göttin
des Verſtandes. Bon den Stalifern jelbft nämlich
find ihre Götter lange nicht zu fo lebendigen, in:
bividuellen PBerjönlichleiten ausgebildet wie bie
—— ſodaß es eben deshalb leicht war, in
—* vagen Umrißzeihnungen die lonkreten Ge:
ftalten des griech. Götterhimmels einzupafien. Zu
816
plaftiicher Geftaltung ihrer Götter find die Italiler
nur durd griech. Einfluß über Eicilien und Unter:
italien oder durch die Etruster gelangt, während fie
felbft urfprünglich diefelben nur unter Symbolen,
in Steinen, Lanzen, gewillen Tieren ꝛc. verehrten.
Das Gefühl, das der Menſch dieien Göttern
—— bat, iſt das des Gebundenſeins (religio)
urch fie in jedem Moment des Lebens. Mit ängft:
licher Gewiſſenhaftigleit wird daher dafür geforgt,
daß ihnen das Gebübrende genau geleiftet wird.
Cine fahverfiändige Priefterihaft, deren Mittel:
punlt bie Sin bilden, forgt dafür, daß die
Götter nach Begriffen und Namen in ber richtigen
Drdnung angerufen werben, daß man weiß, wel:
dien Begriff man_in jeder Lage des Lebens zu
Hilfe rufen muß. Diefe Prieſterſchaft beftimmt die
Eühnmittel in Unglüdsfällen, fie ordnet die Tage
des Jahres nach ihrer religiöfen Beziehung, indem
fie den Kalender ſchafft, der nicht bloß den Wechſel
der Mondphafen anzeigt, fondern auch die Feittage
und Werktage ſcheidet und angibt, an welchem
Tage weldem Gotte dieſes und jenes Opfer ge:
bradyt werden foll, an weldem Recht geſprochen
werden darf, an welchem auch Vollsverſammlungen
ftattfinden dürfen, welder Tag günftig und welcher
ungünftig fei., Aus dem Fluge der Vögel, den
Himmelserjheinungen und anderm beftimmt die
Auguraldisciplin den Willen der Götter hinficht:
lic) defien, was der Menſch unternehmen will, und
dieie Disciplin wäre geeignet geweien, das ganze
dfjentlihe und Privatleben in hemmender Weile
zu beherrſchen, wenn nicht die Subtilität der Kenn:
—* und die rationaliſtiſche, ja juriſt. Auslegung
es Verbältnifies des Menſchen zu den Göttern
erlaubt hätte, dab man fie ſah oder überſah. In
der Familie und im Staate ift ein feinen Grund:
formen nad einfadher, aber mit ängitliher Sorg:
falt zu beobachtender und in Außerlichleiten auf:
gehender Kult (sacra privata und publica) ein:
gerichtet, deſſen — und richtige Beſorgun
unter der Aufſicht der Pontifices ſteht, und ber ib
auch neben allen Beränderungen, die mit den relis
niöjen Vorftellungen der Nömer vorgingen, in
Übung erbielt, wenn auch die, die ihn übten, feinen
Einn nit mebr verftanden. Diefe Veränderungen
begannen freilich jehr früh. Nicht erft im 2. Jahrh.
v. Ehr., jondern ſchon unter den Tarquiniern be:
gannen griech. Boritellungen, griech. Götter und
griech. Ault mit Bilderdienit Eingang zu finden.
In vollftem Maße aber und mit weitgehender Auf:
opferung des Eigenen wurde die einheimische Reli:
gion nad der griechiichen umgeformt im 2. und
1. Jahrh. v. Chr., im Zuſammenhang mit dem all:
gemeinen Hellenifierungsprogeß, dem die Römer
in jener Periode fi unterwarfen. Jupiter und
eus, Juno und Hera, Minerva und Athena,
iana und Artemis, Neptunus und Poſeidon,
Vercurius und Hermes, Vulcanus und Hepbäftos,
Geres und Demeter (wie Proferpina und Perſe—
phone), Mars und Ares, Venus und Aphrodite,
Sol und Helios, Luna und Selene, Aurora und
Eos, Camenen und Mufen, Amor und Eros, Bic:
toria und Nile, Tyche und Fortuna u. f. ı., werden
nun identifiziert; andere werden unter ihrem
eigenen mehr oder weniger latinifierten Namen,
jedoch vielfad unter Einfügung einheimiſcher my:
thiſcher Boritellungen übernommen, wie Apollon
(Apollo), Astlepios (Üsculapius), Balchos (Bac⸗
chus, biefer neben jeiner Jdentifizierung mit Liber
Römifher Salat — Römiſche Sprache
in dem Göttervereine Ceres, Liber und Libera),
Heralles (Hercules). (S. Griechiſche Mytho—
logie.) Selbſt der offizielle Ault nahm von früh
an neben feinem den alten Gere:
monien viele geiedifhen, ja felbft von Haus aus
— ent. Kulte auf, fürdie inden Decem-
viri (früher Duoviri, hufept Quindecimviri) sacris
faciundis ein eigenes Kollegium beſtand, wenn fie
nit, wie die Bac ien, fitten: und ſtaats⸗
gefährlich dienen, foda die Kilo der Römer in
der Haiferzeit ein wirres Gemisch aller polytheift,
Götter und Kulte bildete. Die über die ganze röm.
Welt zerftreuten Infchriften diefer Zeit bieten ein
anſchauliches Bild diefer Zuftän
mübte fih zwar, aud) auf religiöfem die
nationalen Elemente zu erhalten und in den Vor:
dergrund zu ftellen, aber dem unaufhaltfamen Gang
der Vollermiſchung ‚gegenüber ohne Erfolg. i
Vol. Hartung, «Die Religion der Nömer» (Er:
langen 1836); Preller, «Röm. Wythologier (2. Aufl.,
Berl. 1865; 3. Aufl., von Jordan, 2 Bde., 1881
* Marquardt in Beder-Marquardts «Hand:
bud) der röm. Altertümer» (Bd. 4, 1856
nal
umgearbeitet in Monmfen: Marquardts «Hand:
such der röm. Altertümers, Bd. 6, 1878;
2. Aufl., beforgt von Wiffowa, Lpz. 1835); Freuner,
«Heftia:Beita. Ein Cyllus ie
Forfhungen» (Tüb, 1868); N AL} zur
vergleichenden Mythologie» (Bd. 1: »Apollon und
Mars», 2p3.1873; Bd.2: «Jumo und ‚18%);
Boiffier, «La religion romaine d' aux
Antonins» (2 Bde., Par. 1874).
Römifcher Salat, ſ. unter Gartenfalat.
Nömifche Säule, ſ. u Säulenordbnung.
Nömifche Sprache. Die Sprace der Römer
war das Lateinische, d. h.
welcher zur Zeit, wo die hütor, liberlie be:
ginnt, — han dem Tiber, den a
gen um eere begrenzten iſchen Ebene
geiveschen wurde. Dieſe Sprade bildet mit dem
mbrifchen, dem Osliſchen (d. b. der 6 der
ſamnitiſchen Stämme) und den fabe Dia:
letten ben —— Hmeig der
Spradfamilie. (S. Italiihe Bölter und
Spraden.) Durd Gründung von Kolonien und
Einverleibung italiiher Städte und
in den röm. Staat verbreitete fidh die röm.
allmäblid über ganz Stalien. Das ü
derjelben über die andern und
der Halbinfel wurde durd) die in ber fullanifchen
t nde Bü tserteilung an alle
Er ‚mo Ortung ——
unicipa ganz
definiti tigt. Doch dauerte es min⸗
Behr gt, oc nad min
1
—— — nung m völlig
ſchen S zum
— —
€ * * 77 ’
—— den Zuſammenbruch AA
, Geldihte > röm. Sprache hat man vor
n ber
allem zwifchen der vollstünl und der litteras
rifchen Entwidelung zu —— Für die gi
tere pflegt man vier Perioden 29
35333
— ——
Römiſche Sprade-.
bis auf Gicero;-8) die Haffische, bad-«golbene Zeit:
alter» der Sprache, bis zur Zeit bes. Kaiſers Zibe:
rius; 4) die nachklaſſiſche. Für die Kenntnis der
eriten Periode it man auf einige in fpätern
Quellen aufbewabhrte Bruchftüde alter liturgifcher
Geſänge der Salier und der Arvalifchen Brüder
(i. d.), Geiehesformeln (Reſte der Zwölf Tafeln)
und eine größere Zabl wertvoller Inſchriften an:
gewielen; die ältefte der lehtern, in neuejter Zeit
auf dem Quirinal-gefunden, ftammt aus dem Ende
de3 4. vorchriſtl. Jahrhunderts. Die Sprade
wurde jchon in diefer Periode funftmäßig behan—
delt, doc fann der Unterfchied gegenüber der Ver:
lehrsſprache des gemeinen Mannes nur ein gering:
fügiger gewefen fein. Dieſer Unterfchied waͤchſt in
tr zweiten Periode, Es beginnt das gelehrte
Studium der Sprade. Das Beltreben der Dichter,
anitatt de3 aus uralten Zeiten überlommenen Sa:
turniichen Verſes (f. db.) die Gefege der griech.
Metrit auf die lat. Sprache anzuwenden, veran:
laßte fie, beftimmte Normen für die Spradhformen,
namentlich binfichtlih der Enbfilben, die in der
Vollsſprache manderlei —— und Kür⸗
zungen erlitten hatten, aufzuſtellen. Beſonders
wichtig und in der Hauptſache für alle Folgezeit
mahgebend waren hierbei die Vorfchriften des En:
nius, durch welche der Gegenfak zwiſchen der laut:
lichen Geſtaltung der Vollsſprache und der Littera;
turſprache zu einer nicht mehr zu befeitigenden
und immer größer werbenden Kluft vertieft. wurde,
In der dritten Periode wurde bie Unbeſtimmt—
beit und das Schwanten der frühern Schriftiteller,
da3 feinen Grund vornehmlidy in dem no *
ganz vollzogenen Losreißen von der naiven Sprach—
entwidelung hatte, bis auf wenige Reſte befeitigt;
viele Wörter und Wendungen der Vollsſprache
wurden verpönt.. In diefer Richtung wirkten be:
fonder3 Cicero und Gäfar. Der Hauptrepräientant
der jo entitandenen klaſſiſchen Sprachform ijt unter
den Brofaifern Cicero, unter den Dichtern Horaz;
die Römer jelbft betrachteten freilich nicht Horaz
fondern Virgil als ihren Haffifchiten Dichter, doch
mar dieſes Urteil mehr durch die nationale Gitel:
leit, welcher ber Inhalt der »Nneiss fchmeichelte,
als durch eine unbefangene Vergleichung des did):
teriichen und ſprachlichen Könnens beſtimmt. Die
vierte Periode läßt fich wieder mehrfach gliedern.
Zunädjt die Zeit von Tiberius bis zum Aus ange
Hadrians (138 n. Chr.), die fog. filberne Lati—
nität. In der Haffifchen Zeit waren es nur wenige,
welche die muftergültige Form repräjentierten, die
Klaffizität war Monopol einzelner ae ren
Geilter. Jeht wurde fie Gemeingut der Gebildeten
und ed gehörte zur höhern Bildung, daß man ſich
die muftergültige Sprachform aneignete. Hervor—
ragende Geiſter konnten nun aber ihre Befriedigung
nicht darin finden, das Überlieferte ſtlaviſch nad:
zuabmen. Die Negel wurde von ihnen als Feſſel
empfunden und durchbrochen. So fam eine neue
Spradform auf, als deren Hauptrepräfentant Ta:
citus daſteht. Die Zeit von Antoninus Pius bis
zum Tode bes Commodus (192 n. Chr.) heißt die
ardhaifierende Periode. In ihr lam das Be:
itreben auf, in die vorklaſſiſche Zeit zurüdgugreifen
und in ziemlich gefhmadlofer Weiſe allerlei alter:
tümlihe Wörter und MWendungen zu gebrauchen;
Cicero wurde iept: für einen Berderber des guten
Alten erklärt, iefer Tendenz buldigte ſchon Ha:
drian, ihre Hauptvertreter find Gellius und Fronto.
Gonverjationd» Lerifon. 13. Aufl. XIIL
817
Nah Commobus wurde dann auf den fpradlichen
Ausdrud Überhaupt keine Sorgfalt mehr verwandt,
man legte auf (höne Form und guten Stil keinerlei
Wert mehr, Schriftſprache und Volksſprache flofien
in eine rohe Maffe zufammen. — Als die Spradie
der Kirche und ber Ser überhaupt der
Gelehrten, zum Teil aud als die Sprache ber
Diplomatie, behauptete ſich das Latein war aud
im Mittelalter mit vielen german., felt. und ro:
man. Glementen verjebt, das fog. Mittellatein)
bi3 in die Neuzeit. i j
Hat man in der Geſchichte der litterarifchen
Sprade ein Auffteigen und ein Abfteigen, Bervoll:
fommnung und Berfall zu unterfdeiden, jo muß
dieſer Geſichtspunkt für die Geſchichte der Voltzs
ſprache (sermo-vulgaris, plebejus, rusticus) ganz
beifeite gelafjen werden. Die Sprache des gemei:
nen Mannes ging, nachdem fi die Schriitipradhe
von ihr getrennt hatte, ihren eigenen Entwide:
lungsweg. Eie ijt in ihrer altertümlichen Form
wenigſtens einigermaßen befannt aus den erhal:
tenen Inſchriften, die viele vollstümliche Spräch—
ormen bieten, und aus den Werten des Vitruvius
unter Auauftus) und Petronius (unter Nero),
Schriftſteller, die an ber Erclufivität des höhern
Stils keinen Gefhmad fanden und in Bezug Fr
Slerion der Worte, Syntar und Wortſchaß fi
dem Gebraud) der Alltagsſprache enger anſchloſſen.
Mit der Ausbreitung der röm. 81430 über
die Mittelmeerländer war die —— zur Aus:
dehnung des lat. Sprachgebiet3 über Italien hinaus
gegeben. Am wenigiten konnte das Latein in den
öftl. Provinzen Fuß fallen; nur in Dacien drang
e3 dauernd in das Volk ein und wurbe die gemöhn:
liche Verlehrsſprache. Im Weiten gewann die
Sprache feſten Boden in Hijpanien und Lufitanien,
in Gallien, in der füböftl. Schweiz und einigen
Zeilen von Tirol. Es find das die Länder, in
denen auch noch jeht Latein geiprodhen wird; man
nennt diefe neuere Entwidelung der Sprade «ro:
manifd». (S. Romaniſche en) Auch
in Britannien, in einigen Teilen des heutigen
Deutſchland und Sſterreich und in Nordafrika
ſehte ſich die lat. Sprache feſt, und es hätten ſich
auch hier roman. Dialelte entwidelt, wenn nicht
neue Eroberer das röm. Element verdrängt hätten.
Den Hauptanſtoß zur grammatiſchen Behand—
[ung der lat. Sprache gab ein arieh. Grammatiker
und Philoſoph, Krates, der 159 v. Chr. nadı Rom
lam und philof, Vorträge hielt. Der erite Römer,
der auf dem Gebiet der lat. Sprachwiſſenſchaft Be:
deutendes leijtete, ift Barro (116—27 v. “rn und
es iſt eine eigentümliche — daß ſich die
bervorragenditen Staatsmänner (Caͤſar, Cicero)
und ſelbſt mehrere Kaiſer eifrig den grammatiſchen
Studien und Tagesfragen zuwandten. Die röm.
Sprachforſchung ſchloß ſich ziemlich ſtlaviſch an die
griech. Vorbilder an; fie hat ſich, fo achtungswert
auch einzelne Leiftungen ericheinen, um die willen:
ſchaftliche Aufhellung der Geſchichte der lat. Spradye
dod) nur injofern verdient gemacht, al3 fie in ihren
Werlen ein umfangreiches Material aufipeicherte.
Wefentliche Fortihritte machte die lat. Grammatit
erit im 19. Jahrh., und es wetteiferten in dieſem
in der Bearbeitung derfelben zwei Gelehrtengrup:
pen, die Haffiihen Philologen und die Lin m
(vergleihenden Spradforfder). jene (Ritichl,
Sahmann, Th. Mommien, Bücheler u. a.) erwar:
ben ſich bejonders um die kritiiche Bearbeitung der
62
818
Spraddentmäler und Yeititellung ber fprachge:
ſchichtlichen Eingelerfcheinungen des ——
Verdienſte, dieſe Bopp, Pott, Schleicher, Curtius,
Corſſen, Ascoli u. a.) vorzugsweiſe um bas ent:
widelungsgeidichtliche — um die ftel:
lung des urfädlihen Ba , buch welches bie
eine Erſcheinung mit ber — und alle unterein⸗
ander verfnüpft find. Umfafiendere —— *
— Be lieferten im 19. Job
Neue, Neifig, Eorfien («A
—— —— und onung ber fat.
Spradie», 2 Bbe., 2. Aufl., Epg. 1868 u. 1870 unb
Raf. Kühner («Ausführliche Grammatil der lat.
Sprache 2 Bbe., Hannon, 1877 u. 1879). Dem
beutigen Stande ber Forſchung entfpricht a 7:
ma in Mtders «4 — ——
in n «ha fi:
ſchen u Be re (Bd. 2 1885).
— iſches Bad, |. —— —
es
en Tat 8 day on), f.
Gefäiiteforiher, 751 m 1m Safe
bejudhte das —— Biel, =. ſich
feit 179 erſt zu Marburg theol., dann zu Göt⸗
tingen orient, Studien,
Vreisſchriften «Abulfedae Arabiae descriptio
(Bött. 1803) und «Caucasiarum en gm.
tium Straboniana descriptio» (2pj. 1
öffentfiht, warb er 1804 als auferorb. Beofchor
nad) Marburg berufen, wo er 1805 bie orb. Pro:
feſſur der Berebfamteit "und ber griech. Sprache er:
hielt. Die polit. Umwandlungen in Heſſen veran:
laßten ihn 1810 me eines Rufs nad
Charkow, doch er bier ſchon 1814 feine Ent:
lafjung. Nadı feiner Rüdlehr nad Deutichland er:
—* er 1815 die Profeſſur der Geſchichte in Mar:
urg, von wo er 1820 als Hütoriograph und Stants-
archivdireltor nach Kaſſel überjiebeite. m J. 1828
erfolgte feine Erhebung in den Adelſtand und 1829
bie Ernennung zum Direltor ber Bibliothek und
des Mufeums, welches Amt für lektere Anftalt er |
jedoch 1881 wieder aufgab.
zu Kaſſel. R.s Hauptwerk ift die « Gefhichte von
Heflen» (10 Bde. Hamb. u. Gotha 1820—58). Die
von ihm herausgegebene «Correspondance inedite
de Henri IV, roi de France, avec Maurice-le-
Savant, Landgrave de Hesse, accompagnöe de
notes et cclaircissements historiques» (Bar. 1840)
Er farb 21. Jan. 1859
iſt eine Bereierung der Duellen für die Geſchichte
jener Beit; ebenfo fein « Briefwe ** u Leib:
niz und dem — nft von Rheinfels»
(2 Bde, Franff. 1
Rommey ( Oremdionnen) bei den Angel:
ſachſen Rumensea, Stadt in der engl. Grafſchaft
Kent, früher einer der Cinque Ports (f. d.), jeht
2 km vom Pas:de:Calais, zählt (1881) 2772 E.
und bat eine anjehnliche Kirche aus dem 12. Jahrh.
Die Romney Marſh iſt durch Drainage in
ergiebiges Wieſenland — und zählt auf
250 qkm 5960 E.
Nommy oder Romen, Kreisftabt im —*
Gouvernement Poltawa, an der Einmundung de
Romna in die Sula, Station der Gifenba Wilnn-
N., mit (1881) 12312 E., welde Fabriten für
Nafchinen landwirtichaftliher & ättäpaften und
Lederwaren unterhalten und Gemüje und Tabat
Se find die Jahrmärkte von R.
’‚ıh
achdem er bie beiben |
| ber Rähe liegt Brondlands, einſt Landſitz
Römiſch-iriſches Dad — Romulus
— (deutih Nemund), altes maleriſches
Lauſanne
ß, einſt Reſidenz ber —— er von
R., feit 1586 Eig der freiburgiihen Amtmänner,
eine got. Kirche und zwei Nlöjter und zählt 1880)
1876 —— meiſt kath. Koneſſion und franz.
deren Haupterwerbäquele neben Aderbau Dies
dulteuhandel —— eVieh⸗ und Pierbemärtte) iſt.
Romo — er ge
ee. rg
—— —* Station der Linie dr
ve 6
—F — viois der Dicancbab bn, zäblt (1881)
6633 (als Gemeinde €. und bat ein Handels:
tribunal, ein College,
fat. Romorantiuum , ern im
Srafibaft Bois (Blaisois, Pagus
Hier warb im Mai 1560 das Evilt von R. gegen
——— —7 im W.
und R. an den Atlantijdpen Orca, im RO, mb
D. an im, in ©. an
und in SB. a a es umfaft
14709 qkm mit (1875) 117220 €. Das ei
R. iſt ein jhöne: Bebirgsthal, von dem 60 km lan:
gen RaumaEff durchſtrömt und von fleilen
ge 1556 m, Zrofbtin:-
berne 1832 m), vu BD open T oben teen:
dal:Fiord, einen Teil des Molbe-Fiorb ,
Romfeh, Mumicipalborougb in ber engl.
ſchaft Hampjbire, lints am Anton ober
Teſte, Station (4 km vom Drf) ber Linie Biſhop⸗
ftote-Saliäbury der london bu San er ar
zählt (1881) 4201 GE. und hat Sadleinwend: und
Sergefabrifation, eine Bapiermähle und en
baudel. Bon der ſchon in angeliähf. Zeit be
jtehenden Abtei Numefige (Rumesia) R noch Die
Klofterliche in normann, Stile vorbanden. In
von
Lord Balmeriton. flenfer.
NRommald, der Heilige, f. unter Camalbu:
Romulus war nad ber röm. e Roms
Gründer und eriter König, der Sohn der Gil:
via, einer Tochter ded Königs Numitor von Alba:
longa, die von ihrem Obeim Amulius, der —2
Valer der Herrſchaft beraubt hatte, —
emacht worden war, damit fie feine Nachlommen:
" aft erhalte, hen ge aber die Zwillinge R.
und Remus. Das Gefäß weldem bieje auf
des Amulius Befehl den Üellen de 3 Tiber über:
ben wurden, trieb der Fluß an >. Ufer am
—— Berne. Hier ſaugte eine Wolfin die
aben; ein Spedt, dem Mars wie jene beilia
und ein der Veſta beiliger Vogel, trug ihnen
andere Rahrung binzu,. Der Hirt Fauſtulus
fie auf und jein Weib Acca Larentia wurde i
Pflegemutter. — — lamen fie in Streit
— d — Nä ge Pa itor geſchl F
ngen und a äu mitor
—ãA eilte mit R. — Da offenbarte Ach
* Zwillinge Abkunft. Sie erſchlugen nun mit
hren Gefährten den Amulius, und Rumitor er:
hielt die Herrſchaft wieder. Die ünglinge aber
ehrten an ben Tiber zurüd, um an ihm eine Stabt
m m ww — —— — — — — — — — — —
Romulus Auguſtulus — Roncesvalles 819
zu gründen. fiber den Ort, wo fie gegründet, nad)
wem jie benannt werben und wer über fie bereichen
follte, entitand Streit. Remus ſah vom —
aus bei den Aufpicien ſechs Geier, N. zwölf Geier
vom Balatin aus. Dies entſchied für legtern. Als
darauf Remus die armjelige Wehr, mit der R.
feine Stadt umgeben, verjpottend überiprang,, er
ſchlug * n dieſer im Born, Ein Aſyl am Satır:
nijchen Berge, der nachher ber Gapitolinifche hieß,
führte der Stadt in heimatlofen Flüchtlingen neue
Bürger zu; aber e3 fehlte an Weibern. Dieje
raubten auf des N. Geheiß en un: ben lat, und
fabin. Gäjten, die zu den zur Fei Eonjualien
veranjtalteten Spie en —— — Darüber
erhoben erjt die Latiner von Antemnä, Cänina
und Gruftumerium Krieg, wurben aber von R. ges
Ichlagen. Gefährlider war der Krieg mit den
binern, die Be. Titus Tatius dur der Tarpeja
Berrat rR ag u. Bm on bemädh
—— —* * in a Menke *
wurde durch der Sa — wi n
lich beendet. Die palatiniſche Stadt des bes A und und
—* quirinaliſche Tatius mit gemeinſamer
Burg ſollten fortan einen Staat unter beiden
Konigen bilden. Aber
von Yaurentern erfi N. als alleiniger
Herricher die polit. und militärif Verfaſſung
Staats feſtſtellte und denſelben benachbarten
Etruslern wie u Latinern gegenüber zu Anfehen
brachte, Nad) la ——— wurde R., als er
auf Marafelbe (a (an den Nonen de3 Ouinetili)
das Voll mufterte, von der Erbe entrüdt und fuhr
wie —* Roſſen feines * Mars zum Hinmel.
ch einer Erzählung, die das Wunderbare be:
tigen will, hätten i n die Senatoren getötet und
2* Gr „Er jchR ien bald dem Julius Bro: | b
n verfünben, er werbe ala
duxch i
Sort rim — fein Volt walten.
im ganzen 37 Jahre lang — der heutigen
hen 753—716
ber kri —— — iſt dieſe
* ung von R. das Werk griech. oder griechiſch
gebildeter röm. San Ban: welche nur zum Teil
alle liche Mythen benubten. R., von Roma
eine etymol * Perſonifilation des Ur⸗
—— = —* Nom, feine —*8 abgeſehen von
der aus einheimiſchen My then lompilierten Erzãh⸗
Iveg von feiner en! und einzelnen andern Bes
ftandteilen ähnlichen Urfp ‚nur eine ze
machung der fpätern viel verfeblten ie
—* von ber eriten Bildung und älteften
fafjung bes röm, Staats, die auf feiner voßtioen
tiberlieferung berubt. (S. Rom und Römifhes
Neid.) Über b bie mythiſchen Glemente in der
Sage von R.’ Geburt vgl. Breuner, «Heitia-Veita»
(Zub. 1864) und Schwarz, «Der Urfprung ber
Stamm: und Gründungsfage Roms» (Jena 1878).
Romulus ſtulus, der lebte Kaiſer des
MWeitrömifchen ng (475—476 n. Chr.), führte
(um 460 n. Chr. geboren) den Namen Romulus
20. feinem Großvater mütterlicerjeit3, dem röm.
Comes Romulus aus Bötovio (jegt Pettau) in
Dberpannonien. Sein Bater Dreftes, des Tatullus
Sohn, ftammte aus dem Savegebiet in Pannonien
und war —e—— Attilas. Nachmals in
weitröm. Dienſten thãtig, war er durch den Kaiſer
Nepos (feit dem 23. Juni 474) zum
hoben worden. Mit Sitte und
reichen deutichen Krieger im röm, sprabe er un
— wurde bald darauf | Des
vertraut, ergriff er bie Gelegenheit, als Kaiſer
Nepos die ihm läftigen und gefährlichen erman,
Zen aus Jtalien nach dem ſüdl. Gallien ver:
Ion wollte, als Führer dieſer Aalen: auf *
arſche von Rom nach dem Norden, ſich
pören und unter Erllarung der Abfepung des *
gegen deſſen Reſidenz Radenna zu ziehen. —
verließ (28. Aug. 475) Ravenna und jog ſich nach
Dalmatien zurüd, Dreſtes aber erhob 31. Dft. 475
einen jugendlihen Sohn Romulus — Auguſtus.
un forderten aber die deutſchen —— von
dem Kaiſer ein Drittel des italiſchen Bodens als
Grundbeſihß für ſich. Als Dreſtes die ann
nicht bemilligte, erhob ſich aus der Mitte der Söld⸗
nerein beuticher Gemeinfreier, der rugiſche —*
—* —— Führer, none en
ren nn er m uzug
aus Pannonien und E sun den Krie a
mer 476, jeht von feinen Striegern ala König pro»
Hamiert (23. Aug. 476). Odoater trieb den Oreftes
in der Ebene nörblid vom —* — ſich her, ſchloß
ihn in Pavia * * ur —* e Stadt, on
dann den fliehenden Drejtes gefangen und li
n Jahres bi
bei Trans 2 28, Bin, desſel
es Oreſtes Bruder, Paulus, pri dann in >
Schlacht bei — vor —83* — 4, Sept. 476
lagen und getötet. —— Romulus
eſidenz Navenna, — fen te ihm ein
gehalt von 6000 Gold jtüden (etwa 72000
und verwies ihn nach einer alten Billa des Lucullus
in Campanien am Golf von Mifenum bei Neapel.
Als dann in der zweiten Hälfte des J. 477 Odoaler
mit dem byzant. Kaiſer Jeno um Anerkennung ber
neuen Ordnung der Dinge in ien verhandelte,
* Romulus noch einmal ſeinen Namen dazu
rgeben und den Senat in feinem angeblichen
Auftrage mit der Inſtrultion diefer ———
betrauen. Spottname Auguſtulus für Augu:
ſtus kam eg nad) dem Sturze feiner Herr:
ſcha * ir in Gebrauch.
öngebir
—— 8 wi der Vou. Orladiſchen Inſeln:
South-Ronaldfha, die ſüdöſtlichſte der Orla—
—* —2* zählt auf 47 qkm etwa 1600 E, iſt
bar und dat mehrere aute teens: a or tb ,
—— ba, die norböftlichite Inſel de
bat auf 10 qkm etwa 400 E.
einen Leuchtturm.
NRönafzek, Dorf im ungar. Komitat Marmaros
mit 1507 E., Deutiche, Ungarn und Rumänen, ift
Sig eines tönigl. Saljamtes und — wegen
ſeiner ergiebigen Steinſalzber
Noucaglig, ein Dorf öſtlich 8 Piacenza
Nure; hier pflegten die deutſchen Kaiſer des des Sit:
telalter3, wenn fie ihren —— machten, nach
über hreitung rr sn eine grobe ——
abzuhalten, um ſich zu Be ne ob alle Pflich⸗
tigen dem Aufgebot Dolge geleiftet hätten. Auch
Kaijer 5 Sn I. hielt hier 1158 einen Reichdtag,
deſſen e gegen bie eigenmãchtige Ausübung
der Re te von feiten ber lomı:
tädte Ei) richteten.
gr =
ncesballed (frz. Roncevaur, lat. Roseida
vallis), Heiner Ort im ipan. Navarra, 37 km nord⸗
öftlich von Pamplona, auf der Straße nach St.-ean
Pied de Bort, mit kaum . —* —— mit dem *
einer Villa einem be Kloſter, fü
ſeinen Namen nach der von A Bergen ——
ſenen Thalebene, in welcher die Nachhut des Heeres
62*
t Öruppe,
und am Dennis Head
lien oder Hoheitsr
820
Rarls d. Gr. von ben Basten 778 geichlagen wurbe,
wobei Roland feinen Tod gefunden haben foll. Die
erit im Beitalter der Kreuzzüge ausgebildete Sage
läßt die Franken von den Arabern beſiegt werben.
Die Schladht von R. fpielt in dem Sagentreiie
Karla d. Gr. und feiner Paladine eine glänzende
Rolle und iſt der Gegenſtand verjchiedener Dich:
tungen geworden. (6. Roland.) In bemfelben
Thale ward 812 Karla * König Ludwig, durch
Adalrich von Vaconin überfallen, der hierbei erſchla⸗
pen wurde. Aus dem Thale führt die Rolands—
pforte(verjchieden von der weit öftlichern Rolands⸗
breiche, die nad) dem Mont: Perdu an der Grenze
ron Aragonien führt) durch den 1100 m hoben
Yuerto (Paß) Val Carlos und Puerto von Ibañeta,
15 km nordwärt3 zu dem fpan. Grenzborfe Bal
Carlos oder Luzalde, 12 km von St.:,jean Pied
de Port. Im April und Mai 1793 fanden in diefer
Gegend zwifchen den Franzofen und Spaniern Ge:
fechte ftatt und 25. Juli 1813 drängte Marſchall
Soult bier die Engländer und Spanter aus ihrer
feften Stellung. , ,
NRoneiglione, Stabt in ber ital, Provinz Rom,
Bezirk Titerbo, im SD. des Lago bi Vico, lint3 am
Ricano und an der Grenze der Campagna di Roma,
417 m über dem Meere, zählt (1881) 5769 E. und
bat einen röm. Triumphbogen, auf der Piazza eine
Fontäne von Vignola, Fabrikation von Eifen:
waren, Bapiermühlen und eine Burgruine, Nabe
bei R. liegt der Palazzo Gaprarola, das Meifterwert
Vignolas, der ihn für den Kardinal Alerander Far:
* den Neffen des Papftes Paul III. aufführte.
X. war einft Hauptort einer Here —
NRonco, im Altertum Bedesis, Fluß im ital,
Eompartimento Emilia, in derRomagna, entipringt
auf dem norböftl. Abhang des Etrusfiichen Apennin
in der Provinz Florenz, durchfließt die Provinz
Forli, vereinigt ſich füdlih von Ravenna mit dem
Wontone und mündet ald Fiumi Uniti in das
Adriatiſche Meer.
Rouda, Stadt (Ciudad) und Bezirlsbauptort
von (1877) 19181 E. in der ſpan. Provinz ——
liegt auf einem fteilen, von mehr als 200 m tiefen
S — dem . de Ronda, ungebenen Fels—
rüden der Sierrade Ronda, unweit links vom
Buße Gudiäro. fiber die 90 m breite Schlucht,
durch welche ſich der Guadalvin in einem Falle
ftürzt, führt eine antife und eine neuere Brüde nad)
der jenjeit gelegenen Borftadt. Das Bild der Stadt,
von unten gejehen, ift einzig in der Welt. R. hat
mehrere Kirchen, einen großen Stierlampfplaß, eine
elegante Alameda, die eins der herrlichſten Gebirgs:
panoramen der Melt bietet. Die Luft iſt äußert
ge und im Sommer kühl, weshalb es als
ommeraufenthalt gefucht ift. Die gewerbtbätige
Bevölterung unterhält befonders Tuch: und Woll:
fabrifen, Waffenfhmieden, Mefierfabritation, Ger:
bereien und Ölpreffereien. Berühmt it die Stadt
durd ihre üpfel und Birnen und die großartigen
Stiergefechte, welche alljährlih im Mai während
des adhttägigen Marktes von R., der bedeutenditen
Meſſe Spaniens, ftattfinden. R.iituralt(dbas Arunda
der Römer). Zu Beiten der Mauren gehörte e3
pr let Schedüna, war fpäter Hauptfeltung
es Reihes Granada und wurde von den Spa:
niern 1485 erobert und riftianifiert. Die Sierra
de Ronda und Sierra Bermeja wurden durch die
legten Kämpfe zwiſchen Spaniern und Moriscos
(1501) eröffnet.
Nonciglione — Rönne
Röndane, Gebirgsgruppe im norw. Chriftians:
Amt, füdöftlih von Dovrefjeld, norböftlid von
Jotunfjeld, bis 2110 m hoch.
‚Ronde (frz.) heißt im Wachdienft die zur Nacht:
zeit von einem Offizier mit einiger Mannſchaft aus:
eführte Vifitierung der Wachen und Poſten in einer
arniſon oder im Lager. ns der Vifitierteupp
an fi wird R. genannt. Die Boften rufen die R.
bei ihrer Annäherung an, die Wade tritt ins Ge:
wehr, der Rondeoffizier gibt dem Wachhabenden als
ennungszeihen die Parole und fest, wenn er
alles in Ordnung befunden, die N. fort.
NRondenn (frj.)oder Ringelgedicht nennt man
eine Art Iyriiher Gedichte, die dem Sonett oder
Triolett verwandt find, aber gewöhnlich aus 13 zehn:
filbigen Verfen beftehen, deren neunter und drei:
das erite Wort oder die Hälfte des erften
erjes ala Refrain wiederholen. E3 fommen darin
acht männliche und fünf weibliche Heime vor, oder
fieben männliche und ſechs weibliche. Das N. iſt
eine franz. Erfindung.
In der Mufik verfteht man unter Rondeau
oder Rondo den Satz eines Konzerts, Duartetts,
einer Symphonie oder Sonate, in welchem ein
Hauptthema nach mehrern Abwechi elungen der Mo:
dulation ala Refrain wiedertehrt,
Rondeboffe, ſ. Boife,
Rondo, ſ. Rondeau.
Ronge (Johs.) einer der Begründer des Deutic;
ldatholizismus, geb. 16. Dit. 1813 zu Bifchofswalde
in Schlefien, bezog 1836 die Univerfität Breslau,
trat 1839 in das dortige Priefterfeminar ein und
übernahm 1841 eine Stelle als Kaplan zu Grottlau.
Wegen eines Auffakes«Ron und das bres lauer Dom:
tapitel» in den «Sächſ. Baterlandsblättern» von
1842 ward R. des Amtes entſeßt und begab ſich als
Lehrer nad) dem Hüttenwerl Laurahütte, In Anlaf
ber trierer Nodfabrt ſchrieb er 1. Dit. 1844 den
Brief an den Biſchof Arnoldi, wodurd er mit dem
Auftreten Ezerftis (f. d.) in Schneidemühl den An:
oß zur Entitehung des Deutſchlkatholizismus gab.
(8 erfter Pfarrer der 1845 gegründeten deutſch—
age Gemeinde in Breslau unternahm er
mehrfache Reifen, befonders nah Süddeutihland,
und erzielte durch feine vollstümliche Beredfamteit
vorübergehend große Erfolge. In den J. 1847 und
1848 nahm er wie die ie ührer der Deutſch⸗
tatholiten lebhaften Anteil an den polit. Kämpfen,
war Mitglied des Borparlament3, mußte dann,
1849 infolge eines offenen Briefe an Friedrich
Wilhelm IV. ftedbrieflih verfolgt, nad London
flüchten, wo er für die Fröbelſchen Ideen Propa:
ganda machte. Nach feiner Amneſtie lehrte er 1861
unächſt nad Breslau zurüd, fievelte dann —
rankfurt a. M. über und ſuchte von hier aus dur
— Brofhüren und Vortragsreiſen für die
ildung vonfog. «Reformvereinen» zu wirken, durch
bie er den innerlich und äußerlich zurüdgegangenen
Deutſchkatholizismus neu zu beleben hoffte. Seit
1873 wohnt R. in Darmıftadt mit der Herausgabe
der «Neuen religiöfen Neform» beſchäftigt.
Nönne, Hauptitadtder Infel Bornholm(i.d.).
Rönne (Ludwig von), ausgezeichneter Nurift und
Nublizift, geb. 18, Oft. 1804, Aubierte in Bonn und
Berlin die Rechte, wurde im April 1825 Auslul⸗
tator bei dem Kammergericht in Berlin, 1827 Re:
—— am Oberlandesgericht in Breslau, 1828
fiefior beim Kammergericht. Noch in demfelben
Jahre erfolgte feine Ernennung zum Lands und
Nonneburg — Ronſard
Stadtrichter in Münfterberg, und im April 1832
die Berufung zum Direktor des damaligen Land:
und Stadtgerihts in Hirfchberg, unter gleichzeitiger
Ernennung zum Kreisjuſtizrat des hirſchberger
—— Nach vierjähriger Wirkjamteit daſelbſt trat
er als Rat beim Oberlandesgericht zu Breslau ein,
wurde 1841 als Hilfsarbeiter an das Kammergericht
berufen, 1843 Nat an diefem Gerichtöhofe, bald
darauf auch Rat am kurmärk. ham,
Im J. 1849 wählte ihn der Wahlkreis Hirſchberg⸗
Schönau (Schlefien) in die Erjte Kammer, Gr ge
börte in dieſer der konjtitutionellen Partei (linkes
Gentrum) an und nahm bis 1852 regen Anteil an
der Berfaflungsrevifion fowie an ber Beratung der
neuen organiſchen —8 Schon früher hatte R.
feine ſchriftſtelleriſche Thätigleit mit der Neubenr:
beitung des Kleinſchen «Syjtem des preuß. Land:
recht3» (2. Aufl., Halle 1835—36) begonnen. Zu
derjelben Zeit faßte er mit andern preuß. Suriften
(Wenpel, Ko, Gräff, Simon) die Idee zu den «Er:
gänzungen und Grläuterungen der preuß. Rechts:
bücher» (Bresl. 1847 fg.; 6. Aufl, 4 Bde. 1874—
78) und war aud) bei der Ausführung dieſes großen
Werks, dejien Bearbeitung nah dem Tode ber
übrigen Mitarbeiter auf ihn allein über ind, aufs
eifrigfte thätig. Diefem Unternehmen Ye oß fih
das Merk «Die aetafung und Verwaltung des
preuß. Staats» * . 1843—66) an, eine ſyſte⸗
matijche Quellendarftellung der ——ãA über
das Öffentliche Recht, zu der R. den Plan in Ber:
bindung mit 9. Simon entwarf, Nachdem er ferner
eine «Bearbeitung der preuß. Verfaſſungsurkunde
vom 31. \jan. 1850» (2. Aufl., Berl, 1852) ver:
öffentlicht, erfchienen von ihm fommentierende Aus:
gaben ber Gemeinde-, Kreis:, Bezirls⸗ und Provin:
—— (Brandenb. 1851), bes Muhlenablö—
ungsgefekes vom 11. März 1850 (Brandenb, 1850)
und des hrebneiches (Bresl. 1851), wie auch (im
Verein mit Lette) der «ftommentar über die preuß.
Landestulturgejeßgebung» (3 Bde. Berl. 1853—54).
Hierauf folgte fein Hauptwerk in diefer Richtung,
«Das Staatsreht der preuß. Monarchie» (2-Bde.,
Lpz. 1856—63; 4. Aufl., Bd. 1—4, 1881—84),
welches zum erften mal das gefamte Öffentliche Necht
Preußens umfaßt und ih durch vollitändige Vor:
führung der Materialien, ſcharfſinnige Erörterung
der zweifelhaften Fragen und vollendete Daritellung
auszeichnet. Im Herbſt 1858 trat R. für den Wahl:
treis Weithavelland ins Abgeordnetenhaus, legte
jedoch dieſes Mandat wegen gebäufter Veruße:
geichäfte nicder, nachdem er im Juni 1859 zum
Vizepräfidenten des Appellationägericht3 in Glogau
ernannt worden war. Seit 1861 vertrat er den
Wahlkreis Glogau:Lüben im Abgeordnetenhaufe,
wo er fi) wieder ber großen liberalen Bartei unter
Grabow anſchloß. Bun (1868—69) vertrat er
den Wahlfreis Sieg: Mülheim: Wipperfürth, und
feit 1870 die Stadt Köln im Abgeorbnetenhaufe,
von welcher lektern er feitdem ftet3 bis zum J. 1881
wiedergewählt wurde. Hieraufzog er fih von der par:
lamentarijhen Fähigkeit zurüd. Wiederholt auch
zum Mitgliede des Deutſchen Neihstags gewählt,
bat er in or die Wahlbezirle Samter, Birn-
baum:Dbornil, besiehungameile Sagan:Sprottau
vertreten, und bier, wie im preuß. Abgeordneten:
baufe, der nationalliberalen Partei angehört. Be:
reits 1. Nov, 1868 hatte er aus Veranlafjung von
Differenzen mit dem damaligen Chef der preuß.
Zuftizverwaltung (bem Grafen zur Lippe) feinen
821
Abſchied aus dem preuß. Staalsdienſte genommen.
N ber Folge veröffentlichte er fein Wert über «Das
erfaffungärecht des Deutfchen Reich» (Lpz. 1872;
2. Aufl. unter dem Titel: «Das Staatäredht dei
Deutſchen Reichs», 3 Bde., Lpz. 1876—77), das
bie erſte ſyſtematiſche wiſſenſchaftliche Darſtellung
des geſamten öffentlichen Rechts des Deutſchen
Reichs enthält.
Sein ältefter Bruber, Wilhelm Albrecht von
R. trat in ruff. Militärdienfte, kämpfte in den Be:
freiungsfriegen und 30g ſich 1857 als ruf]. General:
lieutenant nad) Bonn zurüd, wo er 1863 jtarb. Ein
anderer Bruder, Friedrih Ludwig von R.,
ge 1797 zu Glüdjtabt, wohnte in der Engliſch—
eutichen Legion dem Feldzuge von 1815 bei, war
fpäter Bräfident des königl. Handeläamts in Berlin,
dann preuß. Geſandter zu Wafhington, endlich Mit:
glied des preuß. Abgeordnetenhaufes. Er ftarb
zu Berlin 6. April 1865, Sein Sohn, Julius
von R. veröffentlichte die interefjante Biographie
(Berl. 1867) des Vaters,
—— die zweite Stadt des Herzog-
tums Sadjen Altenburg, liegt 22 km ſüdweſtlich
von Altenburg in fhöner und fruchtbarer Gegend,
Station der Linie Gößnik:Gera der Sä flchen
er ift Sig eines Amtsgerichts, hat ein
altes © oß (dem Amtsgericht eingeräumt), eine
Ihöne Pfarrlirche und zählt (1885) 5658 (mit dem
unmittelbar anſtoßenden Dorf Friedrichsheide 6273)
E., welde Streihgarnfpinnerei, Wolltämmerei,
tberei, namentlich aber Woll: und Halbwollftofi:,
omwie Cigarrenfabrifation treiben. Nabe bei der
Stadt Tiegt das Bab R., eine iodhaltige Eifenquelle,
die neuerdings viel befucht wird, Das Bad iſt von
jehr freundlichen Anlagen umgeben. Die Herrichaft
N. gehörte vormals den Vögten von Weida, fiel
aber 1400 als erlebigtes Sehn an die Landgrafen
von Thtringen und Markgrafen von Meißen. Die
Stadt fam 1517 (1527 auch die Herrfchaft) an die
Herren von Wildenfeld, von denen fie durd Kauf
1584 an die Herzöge Friedrich Milhelm I. und
Johann von Sadien gelangte.
j —— vielbeſuchter Kurort in Schweben,
in Bletinge:Län, feit 1883 Stadt, on gelegen an
der Ronneby⸗A, zählt (1884) 1912 E. Das Wafler
der Kuranftalt, welche feit 1873 Eigentum einer
Privatgefellihaft iſt, ift eins der ftärtiten bis jeht
befannten Eiſenwäſſer. j j
Ronfard (Pierre be), der Fürft der Dichter in
feiner Beit genannt, wurde auf dem Schlofie La:
poifionniere in Bendömois 10. oder 11. Sept. 1524
geboren, war anfangs Page im Dienfte des Her:
j008 von Orleans und Jatobs V. von Schottland,
egleitete jpäter Lazarus de Baif zum Reichs:
tage nad) Speier und ben Kapitän Lany auf einer
biplomatiihen Sendung nad Piemont und ſtu—
dierte, 1541 des Gehörs beraubt, bis 1548 in_ Ge:
meinſchaft mit J. U. de Baif, Remy Belleau, Mu:
ret u. a. im College Coqueret unter Jean Daurat
und Adrien Turnebe. Mit ihnen, Jodelle und J.
du Bellay bewirkte er die große litterarifche Revo—
Iution, welde nad) dem Vorgange Italiens die ab:
ftrafte Nahahmung der Alten zum Kunftprinzip
in Frankreich machte. Die antite Rhetorik, der
Schwung der griedh. und röm. Dichterſprache, die
poetijchen Formen, Stoffe und Motive des Alter:
tums, felbit griech. und röm. Wortbildung wurden
von R. und feiner Schule nachgeahmt, und daneben
die ital. Dichter der Renaiſſance nachgebildet.
822
machte das Gonett, bie Hymne, die Dbe in Frank:
id populär und glaubte in feinem unvollendeten | 1835
«La Franciade» feinem Baterlande das fe .
lende nationale Epo3 zu ſchenlen. Bei feinen
zeiten wurde er wenige Dichter geehrt. Die
vier letzten Balois, Elifa et von England und
Stuart zeichneten ihn aus, reiche Beicente,
übertriebene Auszeihnungen von allen Seiten und
noch im Tode (er ftarb 27. Dez. 1585) wurden ihm
far auf deutſ und engl. Univerſitäten er:
ärte man feine Werke. Er bereitete Malberbes
orm vor, bie feine eigenen —— in
tigere *8 lentte. Die erſten Ausgaben
feiner Werte ‚ Bar. 1560 u. 1567) wurben
von ihm 6 12, Bon den fpätern Aus:
gaben find zu erwähnen; die von Glaube Binet
10 0.8 ‚ Par. 1587), von Galland (11 Bde.,
604—17), die mit einem Kommentar ver-
Ki von Richelet (2 Bde., Par. 1623) und bie
lee, von Blandemain (8 de., Bar. 1857 —
). R.s «Oeuvres inddites» bat Golletet (Bar.
1584), «Oeuvres choisies» Sainte-Beuve (Bar,
1828) und Nodl (2 Bde., Bar. 1862) herausgegeben.
Bl. Scheffler, «Essai 'sur R. et sa reforme litte-
er ( esd. 1874); Chalandon, «Essai sur la
vie et les euvres de R.» (Bar. 1875).
Ronsdorf, Stadt im Kreiſe Lennep des preuß.
Regierungsbezirld Düffeldorf, im niederrhein.
Schiefergebirge, an ber Linie Barmen: Wipperfürth
ber Ber en —— hat drei Kirchen,
eine Reltoratſchule, ein Armen: und Krantenhaus
und eine Voltsbant und zählt (1885) 10500 meift
prot. G., — ſich hauptſächlich mit der Anferti—
von Hut:, Einfaß: und Beſatzbändern be:
(08 tigen, außerdem ein Kupfermalzwert, eine
iftfabrit, jeh3 Hammerwerle, eine Dampf:
* chneiderei, Ma —— Gifengieherei und
rbereien unterhalten. R , wurde 1737 von Glias
er gegründet, — r hier die Zionsgemeinde
ſtiftete, und 1745 tabt erhoben.
Nonsdorfer ekte,i. EllerianifheSelte.
Noufe, belg. Stadt, |. Renair.
Noob (arab,., Succus inspissatus), Didjaft, ein
bis zur ustonfiteng eingebidter Seuhtfait.
ood, ſchott. — ſ. Fall.
Ropgen, |.
NRoon (Al ER Gmil, Graf von), preuß.
—— narſcha und —— geb.
80. April 1803 zu —— bei Kolberg in
Pommern, wurde in Alt-Damm bei Stettin und
ſeit 1816 im Kadettenhauſe I Kulm, von 1818 ab
im Rabettenhaufe zu Berlin erzogen und =
9. Jan. 1821 als Selondelieutenant in das 14.
anterieregiment ein. R. beſuchte 1825—27 ie
(gemeine Kriegsichule, wurde 1826 in das 15. ie
fanterieregiment verſetzt und Dt. 1828 ala
zum berliner Kadettenhaufe fommanbdiert. Au Ber
anlafjung feines Lehrers K. Ritter, der damals
Studiendireltor des Kadettenlorps war, verfaßte
N. ein Lehrbud der Erdfunde, das ald «Grundzüge
der Erd⸗, Bölter: und Staatenkunde» erichien (Berl.
1833; 3. Aufl., 3 Bde. 1817-55). Ein Leitfaben
für Schüler: ;eßinfangsgrtiube der Erd, Völler: und
ERBE: (Berl, 1834; 12. Aufl. 1868), ſchloß
ſich an. R. kehrte 1832 zum Regiment nach Wins
den zurüd, von wo ihn im November General
Müftling, welcher das während der franz. Belage:
rung von Antwerpen aufgeftellte ——
lorps befehligte, in fein Hauptquartier berief.
Nonsdorf — Roon
wurde ſodann zum Topographiſchen Bureau und
Generafitab lommandiert, im welchen er
30. März 1836 ala — verfept mwurbe. Be:
reits 1835 waren an der Allgemeinen Kriege:
ſchule Vorlefungen über Geographie und Zattitüber-
tragen worben; 1836 trat er auch ald Eramimator
bei der Ober: Rilitäreraminations-Nommühon in
Thãtigleit. Damals fchrieb er: ge Län:
derbeichreibung von Europa» (Berl. 1837), ——
den 11. Band der «Handbibliothel⸗ bildet,
— er eine Mon ie: « iſche *
inſel. Vom Standpunkt des Mutar⸗ l.
1839), von der aber nur die erſte Abteilung er
ſchienen iſt. Im 1 1842 lam = ol6 Rajer zum
Generalftabe des eelorps, wurde jedoch ſchon
1843 nad) Berlin zurüdverfekt, um ——
gen wieder aufzunehmen. Seit 1844
dem Prinzen Friedrich Karl Unterricht in ber Geo.
graphie und Taltit, begleitete denjelben 1846 auch
nad Bonn zur Univerfität Towie fpäter auf Reifen.
m März 1848 kehrte N. in den Großen General:
ab zurüd und wurde im Mai zum Generalitabe
des 8, Armeeforps verjeht und im Auguf zum Chef
von Si re —— nahm ——
von Hirſchfeld an zuge in Baden tei
und wurde, nachdem er im Sept. 1850 zum Oberſt⸗
fieutenant befördert worden, 26. >. Komman:
beur des 83. 33. QnfanterieregimentS, zu aan 2,
— in Kö 6 185 ‚mo e
. 1851 F ——
ommanbeur ber 2. —— See
ftieg Dft kucaf Run mein und wurbe Rov.
1858 — der 14. Diviſion in Düffeldorf.
Die Erfahrungen, weldje er in dieſen verfchie:
Mir Stellungen —*5 — den Mobil⸗
machungen von I 1 u geiammelt,
Fa re Segen ateien für ee den
aflung für eine Ber:
e ee eher derieiben
von 1859 beitätigte R.s Bahrnejm
neue, weshalb er 2. Sept. 1859 nad
rufen wurde, um im Siriegäminijterium Borih
zur Reorganifation der Armiee zu bearbeiten;
nächft begleitete er den Vrinz-Negenten mach "Bred:
fau und wurde dann Mitglied zweier Hommiffio-
nen, welche unter Borfis des Grafen Wrangel und
bes — Regenten in Berlin über die Organiſa⸗
tion rmee berieten. Noch in bemielben |
5. Der, wurde R. zum Kriegäminifter und 16, April
1861 auch zum Marineminiiter ernannt. Die grobe
Aufgabe, dem — in Waffen» - den nn
itverhältni entiprechen e Behrverfafiung
zu verleihen, Da R. den pn ten bes *
mäß mit Beharrlichteit und Gnergie
Schwierigkeiten und mehrjährigen —
der Majorität des Abgeordnetenhauſes durchge⸗
hrt. Die Würdigung feines ſpäter jelbft von
en polit. Gegnern anerlannten, charalterfeſten
und wahrhaft jtaatämännifchen Rerhaltens i in jener
Beit gehört der Geihichte an. Als Anerkennung
feiner hohen Berdienfte legte der König fchon Mär
1864 bem —— zu Poſen den Namen Fort
Noon bei, Er Ba ei ibm September desſelben
Jahres eine Miffion nad) dem Lager von Chalons
und dem Krieashafen Cherbourg Obertrogen, Nok:
Noos — Nopceyke
dem R. 8. Juni 1866 zum General der Infanterie
ernannt worben war, nahm er im Großen Haupt:
quartierdes Königs amböhm. Feldzuge teil. Der Kö:
nig verlieh ihm den Schwarzen Ablerorben, und ald
| — irre ————— ne
g gelangte, ergriff das eordnnetenhau
ür den um der Neo * * ſo vielfach
befämpften ſtriegsminiſter ſelbſt die Initiative. Im
Mai 1869 wurde R. zum Vorſitzenden des Bundes:
rats für ben Deutichen —— und im Auguſt
desſelben Jahres zum ter des Bundeslanz⸗
lers ernannt. Roc glãnzender als 1866 bewährte
fih N.3 gewaltige Organifationstalent bei der
oserllärung ntreih8 im Juli 1870, Er
hatte dem Rorbdeutihen Bunde die Mittel ge:
ſchaffen, um dem füberfall völlig gewappnet ent:
gegentreten zu können; die fchnelle Mobilmahung
und die außerordentliche Schlagfertigfeit des nord:
Deutihen Bundesheeres waren v sweiſe fein
Merl. Der Kaiſer Wi erhob ibn am Tage
des feierlichen Truppeneinzugs in Berlin (16. Juni
1871) in den erbliden ®rafenitand und verlieh } der T
ihm ſpäter einen Teil ber 15. Juni vom Reid:
tage genehmigten Nationaldotation. Nachdem das
Marinemifterrum, als zum Geichäftäfreife ber
Reichsverwaltung gehörig, dem Reichslanzler un:
tergeorbnet war, wurde R. 31. Dez. 1871 diefes
Portefeuilled enthoben. Zu Neujahr 1873 wurde
N. zum Generalfeldmarſchall und preuß. Minifter:
präfidenten ernannt, bald darauf in Herrenhaus
berufen; Sept. 1873 erhielt Fort Nr. 3 (Mundols⸗
beim) zu Straßburg den Namen Fort Roon und
9, Nov. 1873 genehmigte der König auf R.3 wie:
berholtes Geſuch deſſen Entbindung von den Stel:
lungen als Minifterpräfibent und Kriegdminifter.
Seitdem lebte R. auf feinen Gütern, zuerit in Neu:
bof bei Coburg, dann in Erobnig bei Reichenbach
in Schlefien. Das Tojährige Dienftiubiläum des
Kaifers führte R. 1877 nochmals nad) Berlin, wo⸗
= er auch im Anfang Febr. 1879 zurüdtehrte,
ort jeßte ein Lungenſchlag 23. Febr. feinem Leben
einer 26. Febr. in ber berliner
Garniſonkirche abgehaltenen Trauerfeierlichkeit
wurde die Leiche nad dem Familiengute Crobnitz
übergeführt und bort 27. Febr. im Erbbegräbnis
beigeiebt. Schon als Knabe von entichiedenem
Charakter, hat ſich in R. bei hoher geiltiger Be:
— ein feſter männlicher Sinn zu jtarfer Wil:
endfraft und feltener Energie entwidelt, bie fein
Auftreten zuweilen ſchroff ericheinen ließen, wäh:
rend ihm in hohem wahre Menſchenfreund⸗
lichkeit und reiches Wohlwollen zu eigen waren.
n den Berhandlungen des Landtags und bes
Neichdtagd wurde er bald mit dem parlamentari:
ſchen Weſen in hohem Grade vertraut und ein treff⸗
licher Redner.
Roos (job. Heinr.), berühmter Landſchafts—
und Tiermaler, geb. zu Dtterndorf in ber Pfalz
27. Dt. 1631, der Sohn eines armen Malers,
fam im neunten Jahre nad) Amiterdam, wo er
bei dem Hiltorienmaler Julien du Jardin und nad):
ber bei Barent Graat und Adrian de Bye lernte.
Obſchon er in ber Folge auch Porträts malte, ſo
arbeitete er doch am liebſten Landſchaften, ſtaffiert
mit Tieren, beſonders Ziegen, Schafen und Kühen.
Treffliche, naturwahre Zeichnung und intereſſante
Gruppierung dieſer Tiere, verbunden mit kräftigem
Kolorit, ſowie gejdjidte Aufanmenftellung machen
ihn zu einem ber vorzüglidjiten Tiermaler. Auch
*
ein Ziel. Nach
823
hat er einiges in Kupfer geäßt. Gr ließ fi 1657
in Frankfurt nieder, wo er namentlih durdy Bor:
trät3 großed Vermögen erwarb, verlor aber beim
Brande von 1685 (3. Okt.) fein Leben. Seine Bilder
finden fich im den meiften Galerien,
Sein Bruder, Theodor R., geb. zu Weiel
1638, lernte ebenfalls bei Adrian de Bye und er:
bielt, nachdem er an den Hof zu Kaſſel berufen
worden war, faft von allen Döfen Deutſchlands
Aufträge. Geine 1667 in Kupfer geäpte Folge
von ſechs Meinen Biehftüden iſt befonders ihrer
Seltenheit yo berühn. Gr ftarb 1698.
Don pob. einrichs vier Söhnen zeichnete ſich
als Maler aus Bhilipp Peter R., geb. 1657 zu
Frankfurt, der, weil er in Tivoli lebte, auch R of a
di Tivoli genannt wurde, Gr ftarb zu Rom
1705 in großem Glend. Seine Werte find mei:
ftens —— e Landſchaften mit Tier⸗
herden, die ndblung iſt jedoch etwas fluchtig.
Auch fein Bruder Johann Melchior R., geb.
1659, hat viel gezeichnet und ahmte den Vater in
iermalerei nady. Er ſtarb 1731 in Frankfurt.
300. Heinrichs Entel, Joſe ph R., nachmals
Galeriedireftor zu Wien, geb. 1728, geit. 1805,
malte, zeichnete und radierte in ber Manier feines
Großvaters,
Noofenbaal, Stadt in der niederländ. Brovinz
Nordbrabant, Station ber Linien N.:Bliffingen,
R.:Moerdyf, R.Esſchen und R.-Breba der Nieder:
lãndiſchen Staatsbahnen, zählt 9300 E., hat eine
ihöne kath. und eine prot. Kirche und bebeutende
Kübenzuderfabriten.
Roothaan (auh Rotbaan,Rootban, Rot:
tenbaan, Johann Philipp van), Sefuitengeneral,
geb. 23. Nov. 1785 zu Amijterdam, 195.
alt nad Rußland, trat 18. Juni 1804 ald Novize
in den Jeſuitenorden, lehrte dann im Kollegium
zu Dünaburg Grammatif und Rhetorik, ftubierte
in Bolock Theologie, erhielt 1812 die Prieſterweihe
und ward Yfarrer in Orſzan. Als die Jeluiten
aus Rußland vertrieben wurden ging NR. zunädit
nad) Brieg im ſchweiz. Kanton Wallis, ward dann
1823 Lehrer an dem Sollegium bes Franz von
Paula in Turin, 1829 Bilarprovinzial von Jta:
(ten und 9. Juli 1829 General des Jeſnitenordens.
Unter feiner gewandten Leitung wurben adjt neue
Provinzen errichtet: zwei in Italien (Turin und
Venedig), zwei in Frankreich (Lyon und Toulouie),
eine in Öjterreich (ohne Galizien), eine in Belgien,
eine in Holland, eine in Maryland in den Ber:
einigten Staaten. Als fih der Rücſchlag gegen
bie Thätigleit bed Ordens geltend machte und
1846—47 in ber Schweiz u. ſ. w., ja in Nom —
eine Reaktion gegen den Einfluß der Jeſuiten Fund:
ab, ſuchte R. durch Geſchmeidigleit und Zurüid:
bltung diefe kritiſche Zeit Rn überwinden. Der
ieg der Neftaurationspolitit auf dem Feſtlande
brachte befiere Zeiten für den Orden; R. ſah den:
felben faft überall neuen Einfluß gewinnen. Gr
ftarb 8. Mai 1853 zu Ron.
Noots' Blower, ein von dem Namen des Er:
finder8 und dem engl. Wort blower, d. i. Gebläje,
benanntes Hapfelgebläfe (f. unter Gebläje), wel:
ches beſonders beim Cupolofenbetrieb (j. unter
Eifengieferei) Verwendung findet,
Roviſcher Keffel, f. unter Dampfkeſſel.
Nopcyẽe (Ropezyce), Stadt im weitl. —
Station der Linie Kralau-Lemberg der Karl-Lud—
wigsbahn, Sitz einer Bezirkshauptmannſchaft und
824
eined Bezirlsgerichts, zählt (1881) 3676 E. poln,
Zunge, darunter mehr als die Hälfte Israeliten,
und bat ſehr bedeutende Pferdemärlte.
Noepell (Richard), Hiftorifer, geb. 4. Nov,
1308 zu Danzig, ftudierte in Halle und Berlin,
babilitierte fidh 1834 in Halle für Geidichte, wurde
1841 zum außberord. Profeflor in Breslau, 1854
zum ord. Profeſſor ernannt, Gr war 1850 Mit:
alied des Erfurter Parlaments, 1861 —63 und
1868—77 des preuf. Abgeordnetenhaufes 1867
bes fonitituierenden Reichſtags, wo er ſich ber
nationalliberalen Bartei anſchloß. N. ſchrieb «Be:
chichte Volens» (Bd. 1, Hamb. 1840), «Die orient.
Frage in ihrer nef&bichtlihen Gntwidelung 1774—
1830» (Bresl. 1854), «Polen um die Mitte des
18, wen (Gotha 1876).
Noquefort, Dorf von 771 E. im franz. Depart.
des Aveyron, Arrondijiement St.:Affrique, mit
enger Straße, über welcher fich zwei mächtige Fels:
malen IeR berühren, und hinter welder ſich die
riefige Wand bes Pic Gombalou erhebt. An zwei
in da& innere des Felſens führenden Gängen be:
finden Vich 23 natürlibe und 11 audgeiprengte
Grotten, in denen eine lonitante Temperatur von
10°’ R. berrf t, und worin die berühmten Roques
fort:Käje agern, deren Produktion einen Um:
jak von 8 Mill, Ars. veranlaßt. Diefelben werden
aus der Mil der Schafe von ber Larzacrafie bes
reitet, welche auf den öden Kallhochflächen der ſog.
Gauffes meiden.
Noquemanre, Stabt im — Gard,
Arrondiſſement Uzes, rechts am Rhoͤne, Station
der Linie Nimes-te Teil der Paris⸗ hon nitei
meerbahn, zäblt (1881) 2151, als Gemeinde 28606.
und hat einen geräumigen Flußhafen, Maulbeer:
baum: und Dlivenzucht und Weinbau, Hier ftarb
Papſt Clemens V. 20. April 1314.
Noqueplan Koſeph Etienne Camille), franz.
Maler, geb. 18. Febr. 1802 zu Mallemort (Depart.
der ‚Nhönemündungen) bildete fih in Paris vor:
‚tel ih nad dem engl. Maler Bonington und er:
angte daſelbſt unter Gros ſchnell bedeutendes An:
ſehen. Unftreitia Manierift, war er es jedod in
eigentümlicher Weiſe und lieferte Proben eines
vieljeitigen Talents: Konverjationsftüde, biftor.
Genrefcenen, Landſchaften, Marinen, Stillleben
von brillanter, meilterbafter Husführun. Don
— Bildern find beſonders berühmt: Rouſſeau
auf dem Kirſchbaum mit den Mädchen Graffenried
und Galley (in halb lebensgrofen Figuren), der
Altertumler, der verliebte Yöwe, der Seeitranb an
der Hüfte der Normandie (im Louvre). N. ſtarb
15. Dit. 1855 in Paris.
Moqueplan (Youis Nictor Neftor), franz.
Shriftiteller, geb. 1804 zu Mallemort (Depart. der
Rhönemündungen), war nad der Neftauration
Mitarbeiter an verfehiedenen Zeitungen , befonders
am «Figaro», und wurde dann Chefredacteur des
—— (attes. Später leitete er mebrere parifer
Theater, die Varidtes (jeit 1840), die Oper (feit
1847), die Komiſche Oper (feit 1857), das Chätelet
(jeit 1859). Don ihm find zu erwähnen «Nourelles
à la main» (anonym erjchienen) und zwei Schriften
voll Laune und Pbantafie: aRegain de la vie pari-
sienne» (1853) und «Les coulisses de l’Op6ra»
(1855). Er jtarb 24. April 1870 zu Paris,
Noguetas, Salinendorf bei Almeria (f. b.).
Moquette (Otto), deutiher Dichter, geb. 19. April
1824 zu Krotoſchin, widmete ſich zu Heidelberg,
Noepell—— Rogquevaire
Berlin und a iloſ. geſchichtlichen und fit-
terarif En em er von 1858 bis
1856 als —5 der
anſtalt m Dresden gewirkt; ‘wurde er 1862 Lehrer
ber Geſchichte der allgemeinen Litteratur an ber
Kriegsalademie zu Berlitt trat aber-1867 als Do:
cent an der Gewerbealademie zu Berlin ein.
3. 1869 wurde er als ord. Profefjor der Sitteratur
und Gedichte an das Polgtehnilum nad Darm:
—* berufen, in welcher Wirkjamfeit er ge
lieben, Im Zufammenhang mit (einer
und alademiſchen Stellung erichienen feine litterar:
iſtor. Arbeiten: «Leben und Dichten J.
ünthere» (Stuttg. 1860), «Gefchichte der gen
Litteratur» (2 Bde,, Stutt 0% 1862—63; 8.
1878 unter dem Titel «Geicichte ber beutfchen
Dichtung») und reiche er; Ein Leben
(Franff. a. M. 1883), Seinen Ruf als Di be:
gründeteR. mit «Waldmeilters Brautfah tuttg.
1851; 56. Aufl. 1885), * en
in welchem er ben beitern —
feiert. Dieſem folgte: —*— Stutt, |
ns — ——
owie die epiſchen Poeſien «Der Tag von Jalobe
her 1852; ie I en ——
Stuttg, 1854; 2. Aufl. une genügen
war nicht allen ih ‚reihe bie Kritif an
iefe Dichtgattung macht, enthalten aber verſchie
——* eBatusgehilde und Löhliche Gene
In «Hans Heide —— 1855; 3, Aufl.
IB findet fich diefelbe liebenswürdige Naivetät,
welde «Waldmeifterd Brautfahrt» —
Einem andern Gebiet der Dich gehört
man «Heinrich Fall» (3 Bde, r TBB: 2. Aufl.
— 1879) an. Dieſem fo gten «Erzäblungen«
antf. a. M. 1859), «Neue öhlungene (Sratie.
N 52), «Sufanne» (Stuttg. 1864), «Yuginslande»
Stutta. 1867), —— und 5 Bbe.,
raun dw. 1871, 1875), «Der ——
Berl, 1879) und «Die onen ——
2, Aufl. Berl, 1882).
dem Erfcheinen feines be — en ==
[olub an dasſelbe «Nebentrang zu
\ berner Hochzeit» (5. Aufl., en 1880. Se
ramat, Arbeiten ftellte er ala «D
tungen» zufammen (Bd. 1, Stuttg. 1 —
ang * * rg», aSebaſtian⸗
uchör; Bd, Stuttg. 1876: «Der im
aufe», «der y mann —
Schlanger). In dramatifcher Form
Dihtung «Gevatter Tod» (Stu 1873
ee veröffentlichte 5 isch. ae
ſtabierbuch der Lei — (Berl. 1878), die ee
rafteriftiich und pſych
mell bedeutendite —* nr
aIm Haufe der —
1878
ebildeten Kunſtſtil des Verla en
n. Glegien und Monologe» tung 18 De
Erzählung «Inga Ge
«Neues Novellenbucdh» (Brest,
Noquedaire, ——
part. Rhoͤnemundungen elle
22 km im DND. von Marfeille pr
Station der Linie Yubagne-Baldonne der
Pyon:Mittelmeerbahn, In einer mit
bededten Landſchaft, hat eine Gips
mübhlen und ——
1700, als Gemeinde E., welche
Weinbau (jährlich) 150011 Wein) unb ftarten
te im,
*
Nöraas — Rofa
mit Roſinen (jährlih 85000 kg), Feigen, Oli—
ven, Kapern, Mandeln, Nüflen, aud mit Seife, |
Dlivenöl , Wolle und-Seide treiben.
Nörand, gewöhnlih aber Röros geichrieben,
* Bergitadt im norweg.- Amt Süddrontheim , Bogtei
Guldalen, 161 km füdjüdöjtlid von Drontheim,
zu beiden Seiten der Hitter-Clv, die bier in die
gegen W. dem Glommen zufließende Haa:Elv fällt,
liegt 627 m über dem Meere, in einem engen Thal,
und ijt umgeben von hohen, ftet3 mit Schnee be:
dedten Gebirgen, ſodaß die Sonne nur an den
längiten Sommertagen auf einige Stunden den
Grund des Thals zu erreichen vermag. Die fehr
raube Gegend läßt kein Getreide mehr reifen, und
felbjt ein kräftiger Baummwuchs fehlt. Einſchließ—
lich des zu R.- gehörigen großen (fait 2750 qkm)
Kirchſpiels (das höchſte in Norwegen) beläuft ſich
die Bevölkerung auf (1875) 3538 Seelen. Dieſelbe
bejteht teild aus Lappen, die hier mit ihren Nenn:
tieren — teils aus Bergwerksbeamten
und Arbeitern. R. iſt berühmt wegen feiner Kupfer:
aruben, welche 1644 entdedt wurden und 1646 die
Anlage des Ortes veranlaßten. Es find dies Die
Storvartögrube auf dem Berge Stor-Vola, jebt
ziemlich erihöpft, und die Kongensgrube, die we:
gen des feiten Geiteins (Chloritichiefer) feiner Ber:
zimmerung bebürfen. Das fehr reichhaltige Erz
wird in drei Schmelzhütten verfhmolzen, und die
jährliche Ausbeute beläuft ſich etwa auf 1800 Schiffs:
pfund Garkupfer. Neben Kupfer findet ſich aud ein
reihes Chromerz, das in dem Werke Yeeren bei
Drontheim veredelt wird, Der Ort R,, aus zwei
Hauptitraßen mit hölzernen Häufern beftehend, mit
(1875) 1635 G., hat eine ſchoͤne, 1780—89 erbaute
Kirche, zwei Schulen und mehrere Wohlthätigkeits—
anftalten. An einem der Hauptwege zwiichen Kri—
jtiania und Drontheim belegen und in neuelter Zeit
durch eine gute Landſtraße mit der ſchwed. Land:
ſchaft Herjeädalen in Verbindung gelebt, treibt R.
ſtarlen Binnenbandel, der durch die Staatsbahn von
Eidövold über R. nad Drontheim befördert wird.
Rorarli, in der altröm, Legion die nur mit
MWurfipeer und Schleuder bewafineten Bürger der
unterjten VBermögenstlaflen, welche als Plänkler
den Kampf eröffneten und fih beim Handgemenge |
binter die Linie zurüdzogen. An ihre Stelle traten
fpäter die Velites,
Rorate (lat.), in der fath. Kirche der während
der Adventszeit gegen Tagesanbrud gehaltene
Gottesdienit, nad dem dabei üblichen Belang aus
ef. 45, 8; auch Bezeichnung des vierten Adventd:
onntags und des ihm vorangehenden Mittwochs.
Röros, |. Nörans,
NRorſchach, jtädtiich gebauter jtattliher Markt:
fleden, Hauptort de3 gleichnamigen Bezirts
(48 qkm, 12611 GE.) im ſchweiz. Kanton St. Gallen,
liegt 410 m über dem Deere am linten Ufer des
Bodenjees, 13 km füdöftlih von Romanshorn
y b.), 17km weſtſüdweſtlich von Lindau (j. d.),
fit eine ſchöne alte an und eine neue prot,
Kirche, ein palajtartiges Kornhaus, ein großes
auf, Holle und Lagerhaus, mehrere Gaithöfe,
Seebäder und röm.:iriiche Bäder und zählt (1880)
4368 meijt fath. E. Ausgangspunft der Dampfer:
linien R.:Lindau:Bregenz und R.Friedrichshafen,
Knotenpunkt der Gifenbahnlinien R.:Chur, R.:
St. Ballen:Zürih, R.⸗Romanshorn⸗ a ra
—* ber Bergbahn R.:Heiden, hat R. den größten
ertehr von allen Hafenorten bes Bodenjeed, Be:
825
ſonders wichtig iſt fein Getreide: und ——————
del. In neuerer Zeit wird es auch als Bade⸗, Mollen⸗
und Lufliutoti diei defucht. Am Abhang des füd-
li) von dem Orte aufſteigenden Rorſchacherberges,
der eine prächtige Ausſicht über die reizende mit
Villen, Schlöſſern und Ruinen überſäete Um:
ebung, den ganzen Bodenſee und die Gebirge des
Vorarlbergs und Graubündens gewährt, liegen
das alte Kloſter Mariaberg (jekt Seminar) mit
ſchöner Kirche und Kreuzgang und das Rorſchacher
oder St. Annaſchloß, einjt Sik der Edeln von R.
Ros, ſ. Waräger.
Roſa, ital. Kupferſtecher und Maler, ſ. Ba—
dalocchio (Siſto).
Roſa (Pietro), ital. Archäolog, geb. um 1815
in Rom, begann feine Laufbahn als Architelt im
Dienſte des Fürſten Borgheſe, und war unter Ga:
ninas Leitung thätig bei den von der päpitl. Regie:
rung in den vierziger jahren veranitalteten Aus:
grabungen. Durch die Greignifie des J. 1848
dieſer tellung verluſtig gegangen, beſchäftigte er
ſich mit der Erforſchung der antifen Reite in der
töm. Campagna, welde er auf einer Karte größten
Maßſtabes aufnahm. %. 1861 übertrug ibm
Napoleon III. bie Leitung der Ausgrabungen der
Kaiferpaläfte des Palatins. Nach Errichtung des
Königreichs Jtalien wurde er zum Leiter der Aus:
grabungen in Nom, namentlid de3 Forums, er:
nannt, für welche er bis 1874 thätig war. R. ift
Senator des Königreichs Italien und Genera
infpeftor der Mujeen. PBubliziert hat er außer
einigen Auflägen in den «Aunali» und dem «Bulle-
tino dell’ Instituto archeologico» nur einen Be:
richt «Sulle scoperte archeologiche della eittà e
provincia di Roma» (Rom 1873); fein Hauptwerk,
die «Carta topografica dei dintorni di Roma», ijt
noch nicht erihienen. Die «Guida del Palatino»
(von Bisconti und Lanciani, Rom 1873) fußt meiſt
auf R.s Forihungen und Aufnahmen, ,
ofa (Salvator), genannt Salvatoriello
berühmter ital. Maler und Hupferäper, zugleich
ein ausgezeichneter fatirischer Dichter und Ton
tünftler, geb. 20. Juni 1615 zu Renella im König-
reich Neapel, wurde in einem Kloiter für den geilt:
lihen Stand erzogen, wibmete ſich aber bald der
Malerei, und zwar ohne Anleitung, als einer der
reinften Autodibalten, melde die Kunſtgeſchichte
fennt. Achtzehn Fahre alt, durchſtreifte er 3*
Apulien und Calabrien und ſoll ſogar eine Zeit
lang unter den Räubern gelebt haben. Seit 1534
lebte er in Rom, und von da an war ſein Ruf ge:
fihert. Am liebften ftellte er grauenvolle Wildniſſe
dar, die er durch Schäfer:, Räuber:, Soldaten: und
Banditengruppen charalteriſtiſch und ae end bes
lebte. Da er in Rom befonders in ben beiden Ge:
mälden: die Vergänglichkeit des menſchlichen Lebens
und die Göttin des Glüds, wie fie ihre Gaben an
Unwürdige verteilt, feinem Wis und feiner fatiri:
[902 Laune zu freien Lauf gelaſſen hatte, mußte er
ie Stadt verlajien. Er wendete ſich bierauf nad
Florenz, wo er fich die Gunſt des Herzogs erwarb;
doch kehrte er nachmals nach Nom zurüd. Er ftarb
dafelbit 15. März 1673 und erhielt ein Denkmal in
der Kartauje (Sta.:Maria degli Angeli in den
Diocletiand:Thermen..
N.3 Stil ift im allgemeinen nad den neapolis
taniſchen Naturaliften gebildet, befonders nad) Ris
bera nd Salcone; aber es (ebt in feinen Bildern
das eigenjte, kühnte Feuer der Erfindung und bei
allem Realiamus doch ein gewiſſes ebles Maß.
Das Dedeutendite, was er geihhaffen, it wohl die
roße Schlacht im Louvre und die Verſchwörung
3 Gatilina im Palaſt Pitti zu ve ein mãch⸗
tiges, büfteres ralterbild, Doch beruht fein
Ruhm hauptſächlich auf feinen phantaftifchen, du
tung und e ergreifenden Landſchaf⸗
taff
ten. Faſt jeltener als, feine Gemälße find feine | Pe
gen In feinen fpätern Jahren äpte er in
er, und bie 86 Blätter, welche von ihm ber:
rühren, gehören zu den vorzüiglichiten Arbeiten der
ital. Maler und find in guten Abdrüden ziemlich
elten. Auch hat man von ihm ſechs Satiren (neue
usg., Slor. 1770), beren eine, «Die Dichtkunft»,
von Fiorillo mit einer Biographie des Künſtlers
* 1785) re eben wurde. Sein n
rieb fein Zeitgenoſſe Baldinucci (neue Ausg.,
Bened. 1830), dann Gantü (Mail. 1844). Das
Bud) der Lady Morgan («Life and times of Sal-
vator R.», deutih, 3 Bde., Dresd. 1824—26) iſt
eine dichteriiche Erfindung.
Nofa Bonhenr, franz. Malerin, ſ. Bonbeur.
Nofaccen (Rosaccae), Pflangengattung aus der
Gruppe der Dilotyledonen. Sie umfaßt über 1000
Arten, die über die ganze Erde verbreitet find. Die
Familien der Chrofobalaneen, Ampgdaleen, Bo:
maceen, Sanguisorbeen, welche Früher gewöhnlich
als eigene Familien aufgeführt wurden, werben
neuerdings mit den R. vereinigt und ala Unter:
amilien derielben betrachtet. * ihrem Habitus
die einzelnen Abteilungen ſehr verſchieden, ihre
ten find regelmäßig und zwitterig; fie haben in
der Regel einen fünflappigen, freien oder mit dem | D
Fruchtlnoten verwachſenen Kelch, mwelder einen | R
teller: oder krugförmigen Blütenboden bildet, an
defien Rande die gewöhnlich in der Fünfzahl vor: | pelplak diefer
en Blumenblätter firen. Die Staubgefäße
nd fehr zahlreich und find ebenfalls auf dem Rande
des Blütenbodens inferiert. Die \
ftehen im Grunde des Kelches und fin eg
—— —— jedes beſiht einen Griffe
ie Frucht ift fehr verſchieden ausgebildet. Zu den
R. gehören zahlreiche ala Kulturgewächſe und Bier:
Manzen wichtige Arten, wie die Objtbäume und
‚Sträucher aus den Abteilungen der Amygdaleen
und Pomaceen, die Erdbeeren, Himbeeren, Brom:
beeren u. ſ. w., die zahlreichen Rofenarten (f.Rofe),
fowie die Gattung Spiraea u, a.
Rofa di Tivoli, Maler, f. unter Roos.
Rofah, Dorf bei Aurengabad (ſ. d.).
Nofalie, die Heilige, die Schukpatronin von
Palermo, foll_eine normann. Prinzeifin gewefen
und = dem Monte: Bellegrino bei Palermo im
befhaulichen Feben im 12. Jahrh. geitorben fein.
Als man dafelbit 1664 zur Zeit einer furdhtbaren
Beftnot ihre Gebeine —— zu haben meinte
und die Seuche ſofort nachließ, wurde ſie =
gta von Palermo erllärt, wo jährlich
im Juli ihr Seit, bei dem man ehemals ihr Bild
auf einem großen Gerüft in Prozeſſion herumtrug,
nlänzend begangen wird. Auf dem Monte: Belle:
grino iſt ihr eine Kapelle geweiht.
Nofalie heißt in der Muſik die mehrmalige
Miederbolung eines Motivs auf verichiedenen Tor:
kufen: geſchieht jolches in übertriebener Weije, fo
zeichnet man die A. ald «Schufterfled»,
Nofamunde (Nofimund), Tochter des Gepiden:
fönigs Kunimund, wurde nach dem Untergang ihres
Volles und dem Tode ihres Vaters, durch deſſen
Ötblätter | 4946
Rofa Bonheur — Roſas
fiberwinder, ben jungen i oin,
genötigt, ihm die ihen, 566 oder 567
n. Chr. 3a Mlbom he ——
—* oe aus bem —*
ng, bei einem Gaſtmahl ihres
ters zu teinten, ließ fie durch
nen Waffen Soldaten
faures
Rofario, * und i in der
a —
m ‚am
300 km oberhalb ber Mündung den
La⸗Plata, auf einem 17 —— ſteil
abfallenden Plateau, w 1730
wuchs durch den Handel raſch empor,
In 42200 €. zählte, darunter
1
|
:
ee
&
ir
onders Franzofen und
eutſchen Vizetonfulats für die ganze
beutfihen —
eutfchen
Du rg —— 2 — die
an n, die von Cordova führt,
und bie 60 km e R. Candelaria.
Noſario de Cuͤcuta, |. Cücuta,
Noſas, Stadt von onen) 3219 €. in
3
€
8
F
IH
Provinz Gerona (
am nördl. Ufer des Golfs von einem guten
Hafen und Jr van einer und bem
auf fteilem Fels —— de la Trinidad.
a De
Argentintihen
u Buenos: res, erſchien 1 erſten mal auf
is polit. en der Shihe eined Milizens
regimentö zur nn aus
eg — —
rat er a e
Haupt der Föderaliſten ĩim ampf
Rosc. — Roscius
auf und wurbe Dez. 1829 zum Gouverneur von
Buenos-Ayres und hiermit zum Haupt der Ne:
publik erwählt. Im März 1835 abermals auf
fünf abe um Gouverneur und Generallapitän
erwäbhlt
er fi geitweilig eine außerordentliche
Gewalt übertragen und erhielt nn. die Ma t
eined Diltatord der Republit. Unter denfelben
Bedingungen immer wieder in feinem Poſten be:
ftätigt, führte er die Regierung bis 1852, wobei er
= nnern für das materielle e Gedeiben des Pandes
ich forgte. Nach außen bin war es befonders
Don Zr Arana , der Miniſter des Außern, wel:
die zähe und fchlaue Politik R.’ vortrefflid in
gr Depeſchen geltend zu machen verftand.
Nachdem fi R. 12. Sept. 1849 von neuem mit
unumjdhränfter Gewalt hatte befleiden —
miſchte er ſich neben England, Frankreich und Bra:
fifien in die Wirren der übrigen La-Plata-Staaten.
Unter mehrjährigen Kriegen wuchs ibm, troß man:
her Siege, bie durch feine deſpoti de —— Kunft, Li
erftarkte Oppoſitionspartei immer me
ns An und 3. —— 1852 wurbe er in der Schlacht
eros durch die Truppen Brafiliens,
527
Rof * ie ausgezeichneter Rationalölo:
nom, — ft. t. 1817 zu Hannover, erhielt feine
Borbi dung Fe dem Gymnafium feiner Bateritadt
ner ftubierte 1885— 89 zu Göttingen und Berlin.
—n er fih 1840 zu Göttingen habilitiert,
wurde er 1843 zum außerorb., 1844 zum orb. Bro
felfor ernannt. Im J. 1848° folgte er einem Kufe
nad) Seipsig, wo er feitdem mit vielem Grfolg
wirkte. Seine Borlefungen eritreden ſich auf To:
fitit, Nationalölonomie, Wi ee Haan
wefen, Statiftif und Geidi en
idjaften. In eg: mean om NR. als
der nambaftefte Bertreter der bifter. Mettobe der
Nationalötonomie zu —— ben
geht dahin, den Staat und un die Volls⸗
wirtfchaft als eime Seite des Voltzlebens aufzu:
fafien, unb e3 war be ftet3 —— Aufmerl⸗
feit auf bie zwiichen der
oltemirticaft ei eits und Im — der
itteratur, Sitte u. |. w. andererfeits ge:
richtet. Den Kein biefer Richtung *— —2*
ktorbifiertation «De historieae d
in sophistas maiores vestigiis» (Gatt 18 1838),
* — —* Don Joſe Urquiza, des Leiters rn ſchãzbare Buch über das «Leben, Wert
be pofition in —— g 6 gen. N. floh | und Zeitalter des Thucydides» (Gött. 1842) folgte.
uenos » Ayres und * ſich hier auf den ei auageführt hat er diefe dem «Grund:
= Ari⸗egsdampfer Locuft. Da: ögenR.,in riß zu Vorlefungen über fer Gtaatäwirtihaft»
Ländereien und Vieh beſtehend, nr durch die von
Urguija zu ——— * provif ie
Hegierung lonfisziert arb auf feinem Landſi
bei Swatblingunmeit‘ — * —S
Kosc., bei naturwiſſenſchaftlichen Ramen Ab⸗
fürzung Billiam Roscoe, geb. 1753 in
Liverpo . 1831 dafelbit (Botaniter).
NRoscel (auch Roscelin, Rozelin, Pr
celin), hans und Theolog, geboren wah
ti —— die Mitte des 11. Jahrh. im nördl. Srant-
rei
Zours und Locmenad) (bei Banne in der 83 )
und wurde dann Kanonikus in Compiegne.
Ichrt, —5—*— und — —* Kerr
aud nicht der S ‚fo doch der einflußreicjite
Bertreter er Joa „Rominaliem, —— die All⸗
gemeinb — des Verſtandes
ſind und in db haben. Unerichroden
wanbte er feine lot Er ſchauung auf die lirchliche
Lehre von der Dreieinigleit an und verfiel jo dem
fog. Tritheismus. Heftig belämpft ganz befonders
von Anfelm von Ganterbury, aber auch von feinem
ehemaligen Schüler Abalard, der eine vermittelnde
Richtung einfhlug, wurde er 1092 auf dem Konzil
zu Soiffons zum Widerruf feines Tritheiamus
zwungen, mußte fein Kanonilat niederlegen fiedelte
uunddit nad England über, —— aber wieder nach
Frankreich zurüd, wo er jiem lich verichollen ſtarb.
Seine Lehren ſcheint er nur mundlich vorgetragen
zu haben, wenigitens gibt e3 von ihm außer einem
zuerft von Schneller (1849) herausgegebenen Briefe
— Abãlard leine Schriften.
(Bergbau), Bezeihnung für ftärferes
Gefällt iegenden Waffers auch Benennung für
gröberes Korn ber 3 e F Gegenſatz zu zäh,
jJ. 2 —— Zãhhã
Röfche oder Rüti —* iſt ein Stollen
mit umgelehrtem Gefälle, —* Einleiten von Auf:
ſchlagswaſſern in bie Grube dienend, oder ein tum:
nelartiger Gebirgsdurchſtich für Dafi erleitungen,
endlich au ala Abzugsröſche zur Abführung
ber benußten Aufihlagswafler.
ierte in Soiſſons und Reims, lehrte in | han
(Gött. 1843), jodann in einer Reihe gründlider
und —— Unterſuchungen über einzelne Ge:
er welche feit 1843 teil3 in verichiedenen
chzeitſchtiften, ſowie den «Denkihriften» der
CH Gefellihaft ber Wiſſenſchafien, *
auch als ſelbſtändige Schriften erſchienen ſind.
Unter beujelben find befonders ——
ellmrifje zur Naturlehre der Staatöformen» (
—48), «Seihicht te der engl. Vollswir Gaftslehre
im 16. > 17. Jahrh.» (Lpz. 1851) ber Korn:
bel und Teuerun Ben (3. Hufl. —
1852), «Kolonien, —— und Auswan
derung» (3. Aufl., mit Beitrag von Jannaſch, Lpz
* — a a * ven ge
ichtli Stanbpunlte» u z.
ee er an ber Gren;:
(heibe De u % und 17. en . 1862). Boll.
ftändig und in wiflenf dem ufanmenhange
legte — Anſichten nieder im feinem Haupt:
werte, dem auf vier Bände berechneten «Syftem
der Boll swirtſchaft⸗ (Bd. 1, Stuttg. 1654; 17. Aufl.
1884; Bd. 2, 1869; 11. Aufl, 1885; Bd. 3, 1881;
4. Aufl. 1 gr Hierzu kommt die Im Auftrag der
münchener Akademie verfaßte «Geſchichte der Na:
tionalöfonomit in Daten zig = 1870).
n Better R.3, Albre ug.
1836. u Dttenfen bei Ham —* 1858 eine
wiflenfähe chaftliche Reife ins füdl. tafrita an, wurde
aber 19. März 1860 zu Hiſonguny, einem Dorfe
unweit des Nyaſſa, von den Cingeborenen er:
mordet. Er hatte eine wertvolle Unterfuhung über
Claudius Ptolemäus und die Handelsſtraßen in
Gentralafrita» (Gotha 1857) veröffentlicht.
Noscius (Quintus R. Gallus), einer der größ:
ten Schaufpieler des alten Rom, der nad) feinem
Beinamen «Comddbus» zu fchlieben , vorzugsweife
in Komödien aufgetreten zu jein ſcheint, war ein
Beitgenofie des Cicero, der mit ihm efreundet war
und in einem Prozeſſe in einer noch erhaltenen Nede
für ihn plaidierte. Er ftarb u ngeläbr 61 v. Chr.
Seine von Cicero hochgeprieſene Meifterichaft wurde
fprihmwörtli und noch heute wird ausgezeichneten
828
Schaufpielern fein Name beigelegt. Bol. Nibbed,
«Die röm, Tragödie» (Ups. 1875).
Roscoe (Henry Enfield), engl. Chemiter, geb.
7. Jan. 1833 in London, Nach Bollendung jeiner
Studien in England beteiligte er ſich 1854 in Heidel:
berg an den Unterfuchungen von Bunſen über die
chem. Wirkungen des Lichts, welche er auch jpäter in
England fortiegte. Als Profeſſor an Dwen’s:Col:
lege in Mancheſter feit 1857 führte er eine Neibe
wertvoller Unterfuchungen, unter andern über das
Vanadium und Wolfram, aus. Um den * |
Schaftlihen und technischen Unterricht in England
* ſich R. große Verdienſte erworben, wofür er den
Hang eines Nitters (1884) erbielt. Sein fait in
alle Sprachen fiberjehtes «Kurzes Lehrbuch der Che:
mie» (deutich von Schorlemmer, 7. Aufl.,Braunfchw.
1882) bat aud) in Deutichland allgemeine Verbrei—
tung gefunden; fein in Gemeinfchaft mit Brofefior
Schorlemmer gleichzeitig deutich und engliſch heraus:
genebenes «Ausführlies Lehrbuch der Chemien
(3 Bde., VBraunjchw. 1877—84) AR ſich durch
Klarheit der Darſtellung und Vielſeitigleit aus.
Roscoe (William), ausgezeichneter engl. Schrift: |
fteller, geb. zu Liverpool 8, März 1753, fam als
Schreiber zu einem Nechtsgelehrten in Yiverpool,
welcher ihn ſpäter al$ Teilhaber annahm, Als die
Abſchaffung des Stlavenhandels durd Clarljon in
Anregung gebracht wurde, fuchte R. 1788 durch jein
Gedicht «The wrongs of Africa» und andere Schrif:
ten die Teilnahme des größern Publikums anzu:
regen. Später gab NR. fein Anwaltsgeſchäft auf
und wurde Bankier in Liverpool, machte aber 1816
Bankrott und ftarb 27. Juni 1831. Die erjte und
zugleich reifite Frucht feiner hiſtor. Studien iſt:
«he life of Lorenzo de’ Medici» (2 Bde,, Liverp.
1796; deutſch von Spielbagen, 3. Aufl., Lpz. 1874).
Sein zweites hiſtor. Werk it «The life and ponti-
ticate of Leo X.» (4 Bde,, Liverp. 1805; deutſch
von Ölafer, mit Anmerkungen von Henle, 3 Bde,,
Lpz. 1806; ital. von Boſſi, 12 Bde., Mail. 1816),
ebenfalls durch forgfältige Forſchung ausgezeichnet.
Gine Sammlung feiner «llistorical works» erſchien
in Heidelberg (8 Bde,, 1828). Wal. jeines Sohnes
Henry «Life of William R.» (2 Bde., Lond. 1833).
Roscoff, Hafenftadt im franz. Depart. Finistere,
Arrondiſſement Morlair, am Kanal La ande,
Station der Linie Morlair: N, der Wejtbahn, zählt
(1881) 1284 (Gemeinde 4564) E. und hat lebhaften
Handel, namentlich mit den in der Umgebung ge:
zogenen Gemüfen. R. gehörte im Mittelalter zur
Vizegrafſchaft Yeon (Pagus Leonensis).
Rodcommon, Grafichaft der irischen Provinz
Connaugbt, zählte 1881 auf 2369 qkm nur no
131755 E. gegen 253591 im J. 1841. Die Ober:
fläche ijt im allgemeinen eine wellenförmige Ebene.
Nur an der Nordarenze gegen Sligo erreichen die
BraulieveMountains eine Höhe von 418 m, Die
Bewäſſerung it jehr reihlih, das Klima feucht.
Der Hauptfluß Shannon, der ſich zu den Seen Allen,
Garrid, Boderg und Nee erweitert und mit Ichterm |
die Ditgrenze der Grafſchaft bildet, iſt (wie auch eine
Strede weit der Sud, welcher die Süd: und Weit:
grenze Rs bildet) ſchiffbar und durch feinen Neid):
tum an Fiſchen und als Abjakweg wichtig, bringt
aber aud) oft durch ausgedehnte überſchwemmungen
großen Schaden. Wo JEURAGE Moden, it der:
jelbe ziemlich gut angebaut. Die fetten Weiden
unteritüpen die Zucht von langbörnigen Nindern
und beſonders von langwolligen Schafen. An der
a | —
gel an Holz brennt man allgemein Torf.»
Eteinto
ftein, ſowie Pfeifenthon gewonnen. Bei dem
*
in großer Ausdehnung betriebene
hat ſehr abgenommen. Durch die dei
Shannon begünftigt und von den ihn kreuzen:
den Linien der Midland ee burd-
zogen, führt N. Dei rohe Wolle, Hormvich,
Scmeine und Pötelileif aus, — —
ſtadt Roscommon, urſprünglich Ros Cho-
main, ein alter, elend — Bor mitten
im Lande, Station der Linie Athlo der
Midland Great:Wefternbabn,, iſt fehr
gelommen und zählt (1881) 2800 E. Der Ort
ein 1268 erbautes feites Schloß, ebemals
der Grafen von R., die Ruine eines
tloſters mit dem Marmorbentmal des
D’Connor von Gonnaugbt, eine
ein Krankenhaus, ein Gelöngnis und eine bemer-
kenswerte anglifan. Kirche. Das
Boyle, Station der Linie Mullingar»
Sligo der Midland Great:Beiternbabn,
ihönen See Key und am Flühchen Boyle
Kom:
zählt 2777 E., die Leimweberei, Butter: un
handel treiben, und it bemerlenswert der be-
nachbarten got. Abteiruine Boyle:Abbey, einer
der jchönften Jrlands, im Park des
Kingſton, am Ufer des Lou auf deſſen
gen Inſeln noch andere Ruinen liegen. IR
Nosdcren, Stadt in der irichen Provinz Mun-
ſter, Grafichaft Tipponm: Station ber Yimien
Ballybropby :Limerid und R.:Barionstown-Por-
tumna der Great:Southern an MR
Biſchofsſiz, zählt (1881) 3165 E. und hat
weinbrennerei, Kloſter und Schloßruinen.
Noje a die typiiche Gattung ber
der Rojaceen F d.) mit mehrern in
einbeimifchen Arten. ze
Die Hundsrofe, auch Hedenrofe ober: ae
dorn (R. canina Z.), wächſt in Europa um
nördlichen Ajien gemein in ‚Gebüjchen, a
Wegen und auf Engeln und fommt in x
änderungen vor, zu denen von vielen Botanifer
auch die in Gärten gezogene weibe Nofe gerec
wird. Ihren Namen Fehielt fie de il fr
die Wurzelrinde als beſonders
pa —— galt. ee os
efonders die Rojengallweipe
jtechen in die Zweige + — um ihr
hineinzulegen; dadurch entſtehen große, ru
gleichſam bemooſte Auswüchſe,
apfel, Roſenſchwamm ie a el
Bedeguar nannte und au inte
killen gelegt für ſchlafmachend D
oje (R. rubiginosa Z.), in Gebüfchen am #
wegen nicht jelten, zeichnet ſich de
oſſenen Wein oder an Rei erinn
En Geruch aus, den die geriebenen Blätter aus:
hauchen. Leptere haben nach außengerichtete Zähn
und die Frucht iſt gelbrot und Fugelr
Simtrofe (R. cinnamomen L.), utj
Art, welche verwildert iſt und in Heden und
nen mit balb oder ganz gefüllten Blumen
fonımt. Sie bat zimtbraune Stämme u
und infolge der filjigen U ‚der Blä
Bibernellro
grauliches Anſehen. Die
pimpinellifolia DC.), bie typ
Nojengruppe, bei der die jungen &
Roſe (botaniſch)
ſteifen Borſten beſetzt ſind, zwiſchen denen einzelne
Stacheln ſtehen. Die aus fünf bis neun rundlichen,
einfady oder doppelt gejägten Fiederblättchen be:
ftehenden Blätter gleihen denen des Bibernell
(Sanguisorba officinalis), Diefe Art ift an ſonni⸗
gen Hügeln und in Heden gemein, ift aber in den
Gärten durch einige hübſche Spielarten vertreten.
Die Stammältern der Gartenrofen find über die
ganze nördl. Halbtugel, vorzugsweiſe in der wär:
mern gemäßigten Zone derfelben , verbreitet, Bon
den von ihnen autgegangenen Formen waren meb:
rere ſchon im Altertum hochgeſchäht, vor allen
andern die Gentifolie (f. d.).
liberrafchende Mannigfaltigkeit, Frische der Far:
ben, veizende Fülle, zarte und reine Umriſſe der
Blumen und faft geometriihe Regelmäßigkeit in
der Anordnung der Betalen zeichnen die Franzö—
iſche Rofe (R. gallica L.) mit ihren — 2* —
arietäten aus. Sie iſt gan hart und gedeiht bei
ganz geringer Pflege. Weil die Blütenblätter früher
jur Bereitung des Roſeneſſigs verwendet, aud)
wohl in Zucker eingelegt wurden, nennt man fie
Eſſig- oder Zuderroje. Die Damadcener
Roſe (R. damascena Mill.) kam ſchon im grauen
Altertum aus Syrien nad Unteritalien, von wo fie
fih jpäter nordwärts ausbreitete. Sie ift ohne
Zweifel die berühmte R. von Päftum, weldhe von
den lat. Didhtern viel befungen wurde. Sie blühte
ſchon in altröm. Zeit mehrmals im Jahre (Rosa
Paesti bis florens), Im Mittelalter wurde fie aufs
neue aus Damascus in- Europa eingeführt und
fpäter wiederholt. Ihre Barietäten find durch
hübiche Laubfärbung, fowie durch gefällige Mo:
dellierung der Blumen und reines, bald feuriges,
bald zartes Kolorit ausgezeihnet. Die weiße
oje (R. alba Z.), in ihrer Urform wahrſcheinlich
in Transkaukaſien zu Haufe, und die R. canıpana
des Plinius, wurde fpäter infolge der Kreuzung der
Gentifolie und der Damascener R. der Ausgangs:
puntt einer größern Anzahl von Blendlingsformen.
Ihr Hauptverdienft. beiteht in der wunderbaren
Schönheit der Blume, welche im fchneeigften Weiß
erglänzen oder von den zartejten Nuancen des Not
angehaudht find. Die Kapuzinerrofe (R. lutea
Mill.) foll aus der afiatiihen Türkei jtamımen und
ift etwas Hetternden Wuchjes, weshalb fie früher
Häufig zur Bekleidung von Mauern, Lauben u, ſ. w.
enubt wurde, Sie befist weinduftiges Yaub und
meiſt dee oder ſtrahlend ponceaurote (Var. puni-
cea) Blumen, Die Shwefelroie (R. sulphurea
Ait.) mit gelben Blumen ijt an ihrem bellen, etwas
blaugrünen Laube leicht zu erkennen. Die fchönfte
ihrer Varietäten ift Persian yellow mit kugeligen,
tiefgelben Blunten, die aber bei regneriicher Witte:
rung oder bei fehr trodener Luft nicht immer zur
vollftommenen Entwidelung gelangen.
Die Kriechroſe (R. arvensis Scop.), in Süd:
europa zu Haufe, mit auf dem Boden hintriechen:
den oder Eletternden ftart bewebhrten Stengeln,
hre ſchönere Form, die Ayrfbireroje, mit
alb oder ganz gefüllten weißen oder hellroten
arietäten, wird in den Gärten benukt, um Stein:
partien damit zu überziehen oder durch Dfulieren
auf hohe Stämme ber Hundsrofe jog. Trauerrojen
zu bilden. Ihr ähnlih und zu dem lehtgedachten
Zwede fehr häufig benußt j die Brairierofe
R. rubifolia R. Br.), welde aus Nordamerila
tammıt, viele Barietäten erzeugt hat und ſich mit
reihen Doldentrauben dichtgefüllter, meijt zart:
829
rojiger Blumen fhmüdt. Ihre Blätter gleichen den
Brombeerblättern. ai
Die Ehinarofe(R. chinensis Jacq.) ftanınıt aus
rg und wurde von dort aud in Dftindien einge:
führt, wo fie ſich einbürgerte (woher die gewöhnlid e
Bezeihnung R. indica). Sie beſiht meift ſchwache
Gifte und Zweige und aus fünf oder drei völlig un:
behaarten Blättchen zuſammengeſette Blaͤtter.
Aus ihr entftanden zum Teil FE in ihrer ur:
Iprünglichen Heimat während einer langen Kultur:
periode mehrere Abarten, welche fpäter in Curopa
eingeführt wurden. Die blumiftifch wichtigften find
folgende: Die Bengalrofe (Monatsrofe, R.sem-
perflorens Curt.), mit dem ziemlich zahlreichen Be:
itande von Barietäten den ganzen Sommer und
Herbit hindurch in ununterbrodhener Folge und fehr
reihlih blühend, hinter einem fonnigen Fenſter
jelbft im Winter, Die Theerofe (R. fragrans
Red.), in den blumiftiih entwideltften Spielarten
die Krone der Rofen, ausgezeichnet Durch reine und
Umrifje der Blumen, große, ftoffreihe Beta:
eu, eigentümlichen, milden Wohlgerud) und zartes,
doc) ftet3 friiches Kolorit, in welchem die —
Tinten, abgeſehen von der Kapuziner- und ber
Schwefelrofe, häufiger als in den übrigen Gruppen
der R. auftreten, und endlich durd die Grazie, mit
welder die Blumen von den ſchlanken Zweigen
getragen werden. Man kennt gegen 200 Varie—
täten. Die Bourbonrofe (R. borbonica Hort.),
wahrſcheinlich ein Blendling aus der China: und
der Damascener R., gegenwärtig mit mehr als
300 Barietäten, ift reich an eigentümlihen Echön:
heiten und von der Mitte de3 Sommers bis in den
fpäten Herbft hinein geringe Pflege durch den reich:
jten Flor lohnend. Die Zweige, gewöhnlich furz
und dider als die der Thee: und der Bengalrofe,
tragen nur je eine Blume, Die Blütenfarben find
von wunderbarer Reinheit und durchlaufen die
ganze Stala vom zarteiten Weiß bis zur dunfeljten
roten Nuance. Die Blütenblätter find groß und
glatt und die Paubblätter glänzend. DieNoijette:
tofe (R. Noisetteana Red.), eine Blendlingsform
aus R. chinensis und der zwar ſchönen, aber gegen
unfern Winter empfindliben Moſchusroſe (R.
moschata Mill.), in Nordamerila erzogen und
1817 nad) Paris gekommen, getennzeichnet durch
einen eirunden Fruͤchtbecher und durdy die zu mäch—
tigen, dichten Büfcheln gefammelten, etwas Heinen
Blumen. Aus * ſind gegen 100 Varietäten ber:
vorgenangen, welche erft nad) dem großen Sommer:
Nojenflor zu blühen beginnen. Die Remontante:,
d. b. aus den Sonmertrieben blühende R., ijt eine
mehr ala 500 Barietäten umfaflende Gruppe von
Blendlingen au3 der Damascener und ber China:
roſe, welche vorzugsweife in Frantreid) aus Samen
erzogen werben. Die erjten R. diefer Gruppe be:
zeichnete man als Herbtrofen, da fie im Herbit zum
zweiten male blühten. Der Ausgangspunft aller
Varietäten war die 1812 erjogene Rose du Roi.
Ihre Nachkommenſchaft ijt im botanischen Charakter
die Shwantendfte, im blumiſtiſchen Sinne die wid):
tigfte und zeichnet ſich durch reichen ger, gefällige
Blütenformen, prächtige Farben und durch lange
Florzeit (Juni bis in den Spätherbft) aus.
Man pflegt die R., fomweit fie im Freien auss
dauern, ehr Ai die Herbitrofen, aljo die Ne:
montante:, Bourbon: und Noifetterofen, durd)
Olulieren a die Hundsrofe ald Stammerojen
(nieder, mittel: und hochſtämmig), alle aber aud)
330
in Bujchform dur Stedlinge oder Ableger oder
Veredelung auf den Wurzelbals zu erziehen. Leb:
tere ilt in mander Beziehung die vorteilhaftejte
und läßt ſich beſſer im Schnitt behandeln. Auch
find ſolche N. leichter gegen Froſt zu ſchühen, indem
man nur nötig bat, den Wurzelhals mit einer
Schaufel voll Erbe zu beveden, während man die
Stammrojen zur dede niederbiegen, fie bier be:
fejtigen und bie ganze Krone mit Erde, Laub oder
Fichtenreiſig bededen, im Fruhjahre wieder auf:
richten und anbinden muß. Mande in Buſchform
gehaltene N., 3.3. die Eentifolie, werden durch Ab
leger vermehrt. Die empfindlihern R., zumal die
Theeroſe, eignen fi) wejentlid nur zur Kultur in
Zösfen, erfordern eine luftige, jonnige Lage und
müflen im Orangeriehaufe oder in einem fonjtigen
froitjichern, hellen Naume überwintert werden.
Bal. Nietner, «Die R., ihre Geſchichte, Arten,
Aultur 2.» (Berl. 1882); Weſſelhöft, «Der Roſen⸗
freund» (Weim. 1866); aus der periodijchen Gar:
tenbaulitteratur ift die «Deutiche Nofenzeitung»,
redigiert von G. Mep in Zwidau, hervorzuheben.
ofe, Rotlauf ober a (Erysipelas,
St-Anthony’s fire der Engländer) heißt eine inten:
five infeltiöfe Entzündung der äu Haut, bei
welder die Haut in weiter — ——————
und gerötet iſt. Häufig bilden ſich dabei große
Blaſen auf der Haut, jelten —— in dieſelbe,
die dann leicht zu Brand der Haut führen. Immer
find bei der R. die benachbarten Lymphdrülen pe
ſchwollen und jchmerzbaft. Die R, lann an allen
Nörperftellen auftreten nach Verlegungen der Haut
mit gleicheitiger Ginimpfung des jpezinichen Kranl⸗
beitsjtoffs, durch Eintritt von jauchigem
in die Lympbgefäße, bei Byämie, Typhus; na
neuern Unterfudungen wird auch die AR, dur
Heinfte milroftopiihe Organismen aus der Klaſſe
der Vacterien hervorgerufen, welche durch Heine
Verlegungen, Hautichrunden u. dgl. in die Lympb:
gefäße der Haut eindringen und ſich von hier aus
weiter in der Säftemajje des Körpers verbreiten.
Die häupgiie dorm der R., die Gefichtärofe,
welche nur das Geficht ergreift, befällt meift jün:
gere Leute, und zwar mebr rauen als Männer
und wird häufiger im Srühiaht und Herbft als in
den übrigen Jahreszeiten beobachtet. Nah einem
allgemeinen Unwobhljein von mehrern Stunden
oder Tagen, oder auch ohne ſolche Vorläufer der
Krankheit, wird die Haut des Geſichts unter mehr
oder minder beftigem Fieber warn, —5* und
ſchmerzhaft, dann gerötet, und endlich heben ſich
Blaſen (Blafenrofe) ab. Das Geficht iſt dabei
meijt jehr entitellt, die Augenlider fo geſchwollen,
daß die Augen nicht geöffnet werden lönnen. Am
dritten oder vierten Tage gewöhnlid nimmt die
Nöte und Spannung der Haut des Geſichts ab,
wobei die Oberhaut ibren Glanz verliert und fic)
abſchuppt, während die Entzündung auf den be:
haarten Kopf, die Geiten des Haljes, die Obren
weiter ſchreitet. Weiter breitet ſich die Entzündung
in der Wegel nicht aus. In jeltenen Fällen wan:
dert fie jedoch jtetig fort von Stelle zu Stelle
(Wanderrofe), ſodaß die Krantheit Wochen,
jelbft Monate anhält. Nach der Geſichtsroſe fallen
die Haare aus, doch erneuern fie ſich in der Negel
ſehr ſchnell. Bisweilen geſellen ſich zum Notlauf
Entzündungen innerer Organe (Hirnbäute, Pungen,
Brujtfell), doch ift im allgemeinen die N. als eine
gutartige Krankheit zu bezeichnen. Bei der Behand:
undjelret | N
Noje (mediziniih) — Roſe (Gelehrtenfamilie)
N t tlich bie und
Garbolöl, Tb Bepinieln mit Kollodium u. f. m.
icht; daneben j peinlichſte Reini:
=. Desinfeltion — — Wunden
d Geſchwure und belã das
ie * paar antipyreti — Bine (6. Ye
ber.) Das fog. Beiprehen der Rofe bat
balb oft ſcheindaren Erfolg, weil die R. in der
nur wenige Tage anhält. Die Wundroje
b- | sipelas traumaticum), melde in und
ſchlecht ventilierten Krontenbhufeen ſich Teicht zu
rear Dperationgwunden ‚wird am
"oe (Mailindifd ), Rrantbeit, . 9 fa»
© ’ +" =
Ro 4 Shliffform der C „ bet:
fteinidleiferei, Bd. V, 6. 1.
Nofe, die goldene, |. Goldene Rofe,
———— * —— und der roten)
wir ‚30 Jabre dauernde Nampf
der Häufer York und Lancaiter um ben Thron
von —— —— die —
vote DL. 016 ——— Kampf
—— Ghuarb IV — Hauie
FE
———
e
Als der Held der werben. i nn
er —* bee . —* >
njou, emablin Heinrichs ro
britannien, Geidichte.) —— ne
le von ho, ſ. unter Anastatica umb
Moſe (Adolf), ein jonjt unbelannter Dichter des
16. Jahrh., ſchrieb den lomiſchen und
Roman «&teltönig. Eine wu ——
lung, wie nämlich die Monarchie
über bie vierfüßige Thier geändert; das Nönigreid
vmbgejallen und die Krone auff einen Ejel geraten
u. f. w. durch Adolf R. von das
ß — * in Drud Das
iſt eine erweiterte Bearbeitung
(«Gtliche —— aus dem Cſopo
e
wie der Verfaſſer in der Vorrede jagt, einem
Gntwurfe von Wolib. S ® ‚ein
Wert ähnlicher Tendenz en: «Der Ganß⸗
tönig» (Strafb. 1607), geſchrieben
Moſe iſt der Name einer
familie, welche ſich ſchon Generationen
durch befonders um bie ie und
Gebiete große Berdienjte erworben bat. Valentin
R. der Ültere, geb. 16. Aug. 1736 zu
gel, 28. April 1771 ala ie und
Medizinaltollegiums in war ein
Zum und —— der
Freund Marggraffs, un
ih ter iR
tungen belannt. Un
un
zuerſt die
Nojeau — Roſen (Geſchlecht)
leichtflüſſige Metalllegierung bar, die nad) ihm
Roſeſches ———— heißt.
Balentin R., ber Jüngere, der Sohn des
vorigen, geb. 30. Dit. 1762 in Berlin, übernahm
1792 die väterlihe Apothefe und jtarb eben:
falls als Aflejlor des Obermedisinallollegiums zu
Berlin 9. Aug. 1807. Auch von ihm hat man viele
einzelne Arbeiten in ben dem. feiner
von ihm die Methode ber
Zeit. Namentlich .
—* allalihalti durch falpeterhaltige
zu zerlegen, welche gewöhnlich Maproth
zu ieben wird. ondere Verdienſte erwarb
er ſich um bie Auffindung bed Arſenils bei Arjenit:
v ; feine Methode ift erft in neuerer Zeit
Khaftlide Bufbung ber Yipothefer und bat Abfafluma
8 pothefer ei Abfafjung
der preuß. 2% * de verdient.
Heinri bes [etern, geb. 6. Aug.
1795 in Berlin, erlernte in Danzig ucs Hitau bie
Seit 1832 Mit:
enſchaften, ftarb er
tüdtigften S
find
und zu genauerer Kenntnis einer Menge von
rn ann de ——
;” Chemie» (Berl. 1829;
— rg Eirade, 3 ie, Bar 33
- &. Bruder des x 28. Mä
R, i
kn Bann te Sal We Dapnae
Be a sel 5
ll3 das 3. 1821 bei Bergelius in Stodholm
jammlung der Univerfität in Berlin, 1826 außerorb.
und 1839 ord. Profefior ver Mineralogie, Schon
1834 erfolgte feine Aufnahme in bie Akademie.
Seit 1856 führte er auch die Direktion des mineralog.
Mujeums der Liniverfität. Gr ftarb in Berlin
15. Juli 1873. Außer vielen einzelnen mineralog.,
trgitallograpbiichen und petrographiſchen Abhand;
lungen in Budgeitjöprüften unter benen beſonders
die bereits in Gilberts «Annalen der Bhyfit» 1823
erichienene «fiber den Feldipat, Albit, Labrador
und Ano bervorzubeben, veröffentlichte er die
als erites Lehrbuch —— «@lemente ber
Aryftallographie» (3. Aufl., herausg. von Sabebed,
Berl. 1873), den Bericht über mineralog.s
geognoft. Teil der von ihm 1829 mit A. von
Humboldt und Ehrenberg gemachten «Deife nad
dem Ural, dem Altai und dem Slaipiihen Meer»
(2.Bbe., Berl. 1837—42), die Abhandlung «fiber das
Kryſtalliſationsſyſtem des Duarzes» (Berl. 1846)
«Das tryſtallo⸗chem. Mineralj » (2p3. 1852)
und die «Beihreibung und Einteilung der Meteo:
riten» (Berl. 1863), Bon den beiden Söhnen Guſtav
R.3 hat ſich der ältere, Balentin R., geb. 8. Jan.
1829 zu Berlin, eriter Bibliothelar an der königl,
Bibliothek, durch Arbeiten über Arijtoteles, Vitruv
831
und die alten Ärzte, der jüngere, Edmund R., geb.
10. Olt. 1836, feit 1867 ord. Profeſſor der Chirurs
gie zu Zürich, jeit 1881 Direltor der ** Station
im Kranlenhaus Bethanien zu Berlin, durch zahl:
reihe hirurg. Schriften, auch ophthalmolog. (Far:
benblinbheit), einen geachteten Namen erworben.
Rofeau, Hauptitadt von Dominica (f. d.).
Rojebery (Arhibald Philipp Primrofe, Graf
von), engl. Staatsmann, Sohn Lord Dalmenys
und einer Tochter de vierten Grafen Stanbope,
geb. 1847 in London, folgte, nachdem er in Eton
und Orforb feine Erziehung erhalten und feinen
Bater jhon früh verloren hatte, im J. 1868 feinem
Großvater in der Peerswürde. Sein erjtes öffent:
liches Auftreten fand bei der Eröffnung des Barla-
ments von 1871 ftatt, bei welcher Gelegenheit er
von Gladſtone auserjehen wurde, die Adrefle an
die Krone im Oberhauſe zu befürworten. 3
1878 wurde er zum Reltor der Univerfität Aberdeen,
1880 zum Reltor der Univerfität Gbinburgb ge
wählt. Nachdem er jeit der Bildung des Mini:
ſteriums Gladſtone im April 1880 an den Debatten
im Oberhauſe immer hervorragendern Anteil ge:
nommen, erhielt R, im Aug. 1881 das Unterftaats:
fefretariat des Innern, das er bis zum Sommer
1883 verwaltete, Während ber Seſſion von 1884
brachte er Vorjchläge zu einer Reform des Ober:
baufes vor die Lords, Im Febr. 1886 trat er als
Staatzjefretär des Auswärtigen in das von Glad⸗
ftone neugebildete Kabinett. Seit 1878 ijt er mit
Hannah, der einzigen Tochter des Barons Meyer
von Rothſchild, verheiratet. ü
Rofegger (Betri Hettenfeier), beliebter öfterr,
| Shriftiteller, geb. 31. Zuli 1843 zu Alpel bei Strieg:
lad) in Steiermarf, erlernte zu Kathrein am Hauen:
ftein das Schneiderbanbwert, beſuchte dann die
. |] Alademie für Handel und Induſtrie in Gray und
veröffentlichte bier ein Bändchen Gedichte in fteiri-
cher Mundart, «Zither und Hadbrett» (Graz 1870;
ns | 2. Aufl. 1874). Dann folgten ebenfalld in dieſer
Mundart «Tannenbarz und Fichtennadeln⸗ (Graz
1870) und «Sittenbilder aus dem fteirischen Ober:
lande» (Graz 1870), «Geſchichten aus Steiermarl»
(Beit 1871) und zahlreiche andere Erzählungen aus
dem Vollsleben feiner Heimat. Im J. 1876 be:
gründete er die Monatsſchrift «Heimgarten». Seine
«Ausgewählten Schriften» erihienen in 80 Liefe:
rungen (Wien 1881—83), Seit 1877 wohnt R. im
Sommer zu Krieglach, im Winter zu Oraz.
Nofelith, ein jeltenes Mineral, das ſich nur fpär:
[ih auf einigen Gruben bei Schneeberg findet; die
ſehr Heinen, wahrſcheinlich tritlinen Kryſtällchen
find zu dunlelroſenroten Fugeligen Aggregaten grup⸗
piert. Chemiſch iſt es waſerhaltiger, arſenſaurer
Kalk und Kobaltoxydul mit etwas ent:
jprechend der Formel R,[AsO,], + 2 H,O.
Rofellini (Sppolito), ital, Orientalift, geb, 1800
in Bifa, wurde 1824 Brofefjor der orient. Sprachen
dafelbit, bereifte 1828—30 Agypten, wurde 1839
Profeſſor der Arhäologie und Horb 4. Juni 1843
in Piſa. Sein Hauptwerk ift: «I monumenti dell’
Egitto e della Nubia» p Bde., Piſa 1832 fg.).
Nofen. Das Gejchlecht der Herren, Freiherren
und Grafen von R., welches in Deutſchland, Schwe:
den, Frankreich und namentlich Rußland weit ver:
breitet iſt ſtammt urfprüngli aus Böhmen, iſt
aber deutſcher Ablunft.
Konrad, Graf R. Marihal de France, geb.
1628 auf dem Edelſihe Hlein:Roop in Yivland, trat
832
1644 in ein fhmed: Reiterregiment und erſchoß
1650 im Duell feinen Kapitän, wofür er zum Tode
verurteilt wurde,
dienjte, avancierte jchnell und wurde bei der Be:
lagerung von Gambray 1677 zum Marechal:de:
Gamp ernannt, Als foldher entichied er den Sieg
bei St.: Denis 1678. Im J. 1681 trat R. zur kath,
Neligion Über, wurde in den franz. Grafenſtand
erhoben und erhielt 1688 das Kommando über alle
franz. Truppen, die nad) Irland beitimmt waren,
um dem König Jakob IL. wieder zum engl. Thron
zu verhelfen. N. drang in Irland fiegreidh vor,
ward aber 1690 durch Lauzun erjebt. Im J. 1703
zum Marichall von Frankreich ernannt, nahın er
1705 feinen Abſchied und ftarb auf jeinem Schloſſe
Vollweiler im Elſaß 3. Aug. 1715.
Guſtav Friedr., Graf R., aus dem Haufe
Sonorm in Gjtland, geb. 6. Juni 1688 in Keval,
ging 1709 nah der Schladt bei Pultawa mit
Marl XII. über den Dnjepr und fam mit ihm 1713
nad Bender. Gr verteidigte mit 300 Mann den
König im Dorfe Warnika bei Bender gegen 3000
Zürfen, mußte fih aber mit dem König endlich ge:
fangen geben und begleitete Karl XII. auf der Flucht
nad) Straliund. Im J. 1715 nahm R. an der Ver:
teidigung von Gtraliund und Uſedom teil, wo er
20, Si 1715 dem König das Leben rettete, indem
er ihm fein Pferd gab. NR. begab ſich darauf nad
Schweden und wurde 1717 Gouverneur von Karls:
frona und 1731 in den fchwed, Freiherrenjtand er:
gr Im %. 1739 zum Reichsrat —*— ‚var
. bi3 1742 Präfident der Ruſtungskommiſſion,
trieb 1743 die unruhigen Dalelarlier aus Stod:
bolm, ward darauf fommandierender Feldherrn in
Schonen, 1747 Generalgouverneur von Finland
und 21. Nov, 1751 in den ſchwed. Grafenitand ex:
hoben. Gr ftarb 17, uni 1769 in Stodholm,
Gregor Wladimirowitfh, Baron N,
rufl. General, geb. 1781 in Gjtland, machte 1805
den öjterr.:rulf. Feldzug gegen Napoleon mit und
erhielt nad) der Schlacht bei Aufterlik den goldenen
Degen für Tapferteit. In dem preußiſch-ruͤſſ. Feld—
auge geaen Napoleon 1806 und 1807 zeichnete fich
. bejonders in den Schlachten bei Altenkirchen,
Allenftein und Bergfrieden aus und avancierte zum
Dberft. Im finländ, Kriege gegen Schweden kom:
manbierte R. die Avantgarde bei Helfing und befehte
am 13. März 1809 die Alandsinfeln, wofür er zum
Generalmajor ernannt wurde, m Befreiungs:
triege zeichnete R. ſich befonders in der Schlacht bei
Vorodino aus und nahm 1813 an den Schlachten
bei Füßen, ar ae Dresden und bei Kulm hervor:
ragenden Anteil, wofür er zum Generallieutenant
avancierte. Im. J. 1826 wurde er General der
Infantexie und Befehlshaber des litauiſchen In—
fanterielorps, machte 1831 den Krieg gegen Polen
unter Diebitih:Sabaltanftij und Paskewitſch mit
und nötigte den poln. General Nomarino mit jei:
nem — Korps nach Oſterreich zu flüchten und
dort die Waffen niederzulegen. a 3. 1832 wurde
N. zum Kommandeur aller ruſſ. Regimenter im
Kaufafus ernannt. Hier führte er den Krieg in
Dagheſtan peoen Kaſi-Mulla mit großer Energie,
Ichlug denſelben im Okt. 1832 auf3 Haupt und nahm
feine Hau tfeſte Gimry mit Sturn. Im J. 1837
nahm R. ſeinen Abſchied und wurde zum Senator
und Mitglied des Reichsrats in Petersburg ernannt.
Er jtarb 24, Aug. 1841 in Moslau,
N. rettete ſich durch die Flucht,
trat 1651 als gemeiner Soldat in franz. Militär: |
Rofen (Friedr. Aug.) — Hofen (Georg)
Karl Georg Bilb., Baron R;, ruf. Dichter,
ı geb. 16. Dez. 1800 in Reval. Nachdem er e3 bi zum
Rittmeifter bei den Hufaren gebracht hatte, nahm er
jeinen Abſchied. Im J. 1830 verfaßte er das lyriſch⸗
| epiihe Gedicht: «Die Geburt Jwans des Schrea—
lihen». Bon feinen Dramen ijt «Nußland und
Bathory» (1834) das bedeutendite; außerdem fchrieb
er «Basnıanow» (1836), «Die Belagerung von
Pilow» (1837) und die Trauerfpiele: «Welimer, der
legte Nönig der Bandalen» (1833) und «Die Tochter
Johanns ILL.» (1839), weldes lehtere Stüd er jelbit
ins Deutfche überjeste (Petersb. 1841). Berühmt
wurde R. indeſſen nur dur den Tert zu Glinkas
nationaler Oper: «Schisn sa zara» („Leben für den
Zaren»), welde Oper 1836 zum erjten male in
Betersburg gegeben wurde. Im J. 1842 veröffent:
lichte R. im «Syn Otetschestwa» («Sohn des Bater:
lands») interefjante Reiſebriefe aus Nom, ferner
feine «Bilder aus Algier und der Fremdenlegion»,
die er ebenfalls felbft ins Deutiche überfegte, R.
ſtarb zu Petersburg 6. März 1860,
AndreaſsHerm. Heinr., Baron R., Schrift:
fteller, geb. 3. Nov. 1800 auf dem Grbgute Mehn—
tad in Eſtland, wurde wegen Beteiligung am Milis
täraufitand vom 14, De}. 1825 zu zehnjäbriger
Zwangsarbeit und darauffolgender lebenslänglicyer
Anfiedelung in Sibirien verurteilt. (Vgl. feine
interefjanten «Beiträge zur Geſchichte des peter:
burger Mititäraufitandes vom 14. (25.) Dez. 1825.
Aus den Memoiren eines ruſſ. Delabriften». Lpz.
1869; 2. Aufl. 1874; rufi., Yp3. 1870.) Infolge
eines Beinbruchs wurde W. 1836 p% fur in den
Kaulaſus geidhidt und 1856 aus Anlaß der Krönung
Kaiſer Aleranders II. begnadigt und in jeine Adels:
und Vermögenärechte wieder eingefept. R. fiebelte
nad Wilnina im Gouvernement Charkow fiber, mo
er 1861 Sciedärichter wurde, Er veröffentlichte
nod «Die ſechs Decennien meines Lebens» (Riga
1877) und «Skizzen zu einer Familiengeſchichte der
——— und Grafen von St.» (Beteräb, 1876).
. ftarb 19. April 1884 zu Wilnina.
Rofen (Friedr. Aug.), verdienter Orientalift, geb.
2. Sept. 1805 in Hannover, ſtudierte in Seipgig und
Berlin, wo er die«Radices Sanseritae» (Ber
„1827)
ericheinen ließ. Er war nad Paris gegangen, um
unterSacyfeine Studien der orient. Sprachen fortzu:
ſehen, als er den Ruf als Brofefior der orient. Litte⸗
ratur an der londoner Univerfität erhielt. In on:
bon bearbeitete er das ältejte der no) vorhandenen
arab. Lehrbücher der Algebra von Mohammed:ben:
Muſa (Lond. 1831). Im J. 1831 gab er feine
Stellung als Profeſſor auf, unterjog jich der He:
vifion des fanätrit: bengaliihen Wörterbuch von
Haughton (Pond. 1835). das man faſt als feine
eigene Arbeit anfehen lann, und arbeitete für das
Britiſche Mufeum den Katalog der jyr. Nanuffripte,
ber erit nady_jeinem Tode (Lond. 1839) erichien.
R. jtarb 12. Sept. 1837. Der von ihm vollendete
Zeil der Bearbeitung des Rigveda wurde von ber
Aſiatiſchen Gefellihaft veröffentlicht unter dem
Titel: «Rigveda Sanhita, liber primus, sanscrite
et latine» (Lond. 1838), welches Wert für das Stu:
dium der altind. Litteratur epochemachend wirtte.
Rofen (Georg), DOrientalift und Geſchichtſchrei—
ber, Bruber des vorigen, geb. 24. Sept. 1820 zu
Detmold, widmete ſich zu Berlin und Leipzig orient.
Studien, als deren erjte Frucht bie «Rudimenta
Persica» (Berl. 1843) erſchienen. Noch in dem⸗
jelben Jahre wurde er von ber berliner Alademie
Rofen (Julius) — Roſenbuſch
behufs linguiſtiſch- ethnogr. Unterfuhungen nad
dem Rautafuz gejandt, von wo er unter anderm
die Abhandlung «über die Sprade der Lazen»
(Lenigo 1844) und eine «Dffetiihe Grammatik»
(Lemgo 1846) einſchidte. Er kehrte 1844 nad) Kon:
ftantinopel zurüd, wo er als Dragoman bei der
preuß. Geſandtſchaft wirkte, bis er 1852 als preuß.
Konful nad Jeruſalem ging. Nah 15jährigen
Aufenthalt in Yalältina wurde R. 1867 als Gene:
rallonjul nach Belgrad berufen; 1875 wurde er in
Disponibilität geftellt und lebt ſeitdem in Detmold.
Es erſchienen von ihm die Üiberfepungen de3 «Buchs
des Sudan», einer Reifebefhreibung in Nigritien
Epz. 1847), des «Mesnewi des Dichelal ed⸗din
Humi» (Lpz. 1849) und des « Tuti:nameh», einer
orient. Märhenfanmlung (2 Bode., Lpz. 1857), je
ner «Das Haram Scherif zu Jeruſalem und fein
Verhältnis zu dem jüd. Tempel» (Gotha 1865),
« Geihichte der Türken vom Siege der Reform bis
er parijer Traftat» (2 Bde, Lpz. 1867), «Die
allanhaidulen» (zum Zeil aus dem Bulgarifchen
überjeht, Lpz. 1877), «Bulgar. Vollsdichtungen, ge:
fammelt und ins Deutiche übertragen» Gr 1879).
Nofen (Yulius), Pſeudonym für Nilolaus
Duffel, Luftipieldidhter, geb. 8. Dit. 1833 zu
Prag, ftudierte dajelbit, wandte ſich aber bald ganz
der Bühnenfchriftftellerei zu. Sein erftes Sim men
«Honvenienz und Liebe», wurde 1859 in Ödenburg
aufgeführt, Er war 1860—67 in Prag Beamter
bei der Polizei, nahm dann feinen Abſchied und
wurde am Garltbeater in Wien erft Selretär, dann
Regiſſeur und Dramaturg; feit 1874 lebt er in
Wien. Bon feinen Luftfpielen find die belannte:
ften: «Ein Schubgeijt», «D diefe Männer», «Das
Schwert des Damolles», «Des Nähten Haus:
reund», «Schwere Zeiten» u. ſ. w. Seine «Ge:
ammelten bramatiihen Werte» erfchienen in Ber:
fin (Bd. 1—18, 1870—80).
Nofenäpfel, j. unter Apfel, Apfelbaum.
Nojenau (ungar. Rozsuyö, jpr. Roſchnjö),
Bergitabt im ungar. Komitat Gömör, am Sajo:
fluß, Station der LinieBanreve-Dobfina der Ungar.
Staatöbahnen, mit 4738 E. (Ungarn, Elowalen
und Deutiche), ift Siß eines kath. Biſchofs und
eines evang.=luth, Superintendenten, bat eine fa:
tholiſche theol. Lehranſtalt, zwei Gymnafien , meh:
rere Klöjter und lebhafte Hleininduftrie. Die ur:
Hirn, von Deutichen angelegte und bewohnte
tadt erhielt ihre ſtädtiſchen Privilegien bereits
1291. Der Ort war bis Mitte des 18. ya): noch
vorwiegend deutſch; jeht iſt das Deutfchtum hier in
Minorität und der ehedem ergiebige Bergbau ver:
fallen. Bol. Schwider, «Die Bauten in Ungarn
und Siebenbürgen» (Wien und Teſchen 1881).
Nofenberg, Bajalttegel in der jo0- Bohmiſchen
Schweiz, bei Tetſchen, 616 m über dem Meere, mit
Ausfihtäturm.
Nofenberg (in Oberihlefien), —*
Kreisſtadt im preuß. Regierungsbezirk Oppeln, an
den Quellen der Stober, Station der Linie Kreuz
burg: Tarnowitz der Preußifchen Staatsbahnen,
Sitz des Landratsamt und eines Amtsgericht,
mit großer Gefangenanftalt, zählt (1886) 8567
meijt fath. E., und bat zwei fath. und eine evang.
Kirche, Sowie zwei Feldlirhen, welche ala Wall:
fabrtätivchen ftark bejucht werden, ein lath. Zeh:
rerieminar nebit Präparandenanftalt, Ziegeleien,
Bau: und Nupholzverlauf, zwei Brauereien, bedeu:
tende Viehmärlte und in der Umgegend ergiebige
Eonverfationd» Lexilon. 13, Aufl, XIIT.
Eifenerzlager, Knochenmehl- und Stärkefabrilen,
fowie Brennereien. — Der Kreis Rofenberg
zählt auf 899 qkm 46843 E.
ofenberg (in Weitpreußen), Kreisitadt im
reuß. Regierungsbezirt Marienwerder, Station
er Marienburg: Mlamtaer Cifenbahn, Sib des
Landratsamt? und eines Amtägerichts, zählt
(1880) 3044 E. und hat eine Dampfichneidemüßle,
Gerbereien und mittelalterlihe Stadtmauern, —
Der Kreis Nofenberg zählt auf 1039 qkm
650343 E., darunter 6000 ae
Rofenberg (Roimberk), Stadt in der Bezirls—
erg —— im ſudl. Böhmen, mit
1880) 1468 deutſchen E., die meift Feldwiriſchaft
und Holzhandel treiben. R. ift ient ein Familien:
— der Grafen von Buquoy⸗-Longue⸗
val. Der Jalobinerturm bes alten Schloffes ſtammt
von Vol von Rofenberg, der die Burg 1246 erbaute,
Er iſt ber Stammvater des einft mächtigen und in
die late von Böhmen bedeutjam eingreifenden
Geſchlechtes der Herren von Rofenberg.
‚Rofenberg, Marltfleden im ungar, Komitat
Liptau, an der Wang, Station der Kaſchau-Oder⸗
berger Eifenbahn, mit 8247 E., meift Slowalen.
In der Nähe ein Sauerbrunnen und Narmorbrüde,
Rules (Bertha von), ſ. Weiße Frau.
NRofenbiut (Hans), auh Roſener und ber
Schnepperer genannt, Rotihmied zu Nürnberg,
blühte ald Dichter etwa 1430—60. Bon feinem
Leben weiß man mit u. nur, baß er 1427
im Huffitenkrieg an ber — Schlacht bei
Mies und fpäter 1459 an Treffen von Hem⸗
pad) teilnahm. R. ift glüdlich in Erzählungen und
Schwänten, friih und fröhlich in den Weingrüßen
und Weinfegen (aLobreden des lommenden und
ſcheidenden Zechers auf den Wein», in Haupt3 und
Hoffmanns «Altdeutſchen Blättern», Bd. 1, Lpz.
1836); gewandt in Briameln, in deitgevichten,
volls⸗
nnig und tüchtig, und feine Preislieder auf bie
terftadt ſtehen über jenen auf die Fürften.
Außerdem Inüpfen fih an feinen Namen die Ans
fänge des weltlihen Dramas in Deutihland, bie
älteiten mit einem Berfafjernamen erpallenen Sal
nachtsſpiele. Alles, was über die einzelnen Did
tungen R.3 bis jept ermittelt wurde, iſt zuſammen⸗
eitellt und nebjt den —S—— der geöbte
eil feiner übrigen Gedichte vollftändig abgedrudt
in Kellers «Faftnachtäfpielen aus dem 15. Yahrh.»
(3 Bde., Stuttg. 1853). .
— en, ſ. unter Bunzen.
Noſenbuſch (Karl Ho nambafter
r
Ki nüdtern, aber doch wahrbeitälieben
i
— 5— geb. zu Einbed in Hannover 24. Juni
1836, habilitierte fi) 1869 zu Freiburg in Baden,
wurde darauf ala außerord. Eoleihor für Betro:
graphie und gejhäftsführendes Mitglied der Kom:
miflion für die geolog. Landesunterfuhung von
Elfaß: Lothringen 1873 a Ba eg berufen,
1878 zum ord. Brofeflor für Mineralogie und Geo:
logie in Heidelberg ernannt, Seine erfte Schrift
bezieht fich auf den Nephelinit vom Kabenbudel im
Odenwald. Außer Heinern A fügen —**
er:«Mitrojtopiihe Phyſiograp * — ⸗
g. 2. Aufl.
1885), Mikroſtopiſche Abofiograp ie der maffigen
Gefteine» (Stuttg. m «Die Steiger Schiefer
und ihre Kontaltzone an den Granititen von Barr:
Andlau und Hohmwald» (Bd. 1, Heft 2 der «Abs
bandlungen zur geolog. Speziallarte von Elfaß:
53
wichtigen Mineralien» ¶
834
Lothringen», ein für dad Berftändnis des Metamor:
phismus wichtiges umfangreiches Werk). JmBerein
mit E. Klein und Benede führte er von 1879 bis
1884 die Nedaction des «Neuen Jahrbuchs für Mi:
neralogie, Geologie und Paläontologie». R. hat
fi vor allem der er Geſteinslunde zu:
gewandt und hier ſowohl durch Einführung erafter
diagnoftifcher, insbeſondere optiſcher Methoden für
die Grfennung der mineraliſchen Gemengteile, als
aud dur die Deutung der Strufturverhältniile
der Gefteine, fowie bezüglich der Hlaffifitation der
Felsarten große Verdienſie erworben.
—— ſ. Roſenblut.
Moſenfeſt, ein ländliches Feſt, hauptſächlich in
Frankteich und bier bis auf die Zeiten von Lud—
wig XIU. zurüdgeführt, Es wird gemeiniglih am
8. Juni (St. Medardus, Zeit der Nofenblüte) be:
gangen und zwar in Berbindung mit dem Feſt der
Roſenkönigin (des Nojenmäddens Iſ. d.]).
—— Cynips 8. Rhodites rosae,
Tafel: Infelten IV, Fig. 3), eine Heine, Schwarze
rotbeinige Gallweipe, die im Mai und Juni bu
ie Stich an den Rojenfträudern die baarigen
edeguare, Roſen⸗ oder Schlafäpfelerzeugt, Gallen,
in denen fih Nachkommenſchaft entwidelt.
Rofengarten, zum Unterſchied von Laurin ober
dem Kleinen Rojengarten auch ber Große
Nofengarten genannt, mäbert fi) durd bie
Fabel ſowohl als äußere Daritellung mehr als
irgend ein anderes dem burgundiidy:got. Sagentreije
zugehöriges Gedicht dem Nibelungenliede. Bon
feinem derjelben find Ih viele, wenn aud) im Inhalt
fich ziemlich nahe ftehende, doch in der Zorm viel:
fady untereinander abweichende Necenfionen erhal:
ten. Alter als aus dem 14., höchſtens dem Ende
des 13. Jahrh. ijt feine derfelben. Gleichwohl reicht
der epiſche Inhalt in feinen Anfängen ins hohe Al:
tertum zurüd und ruht auf mythiſchem Hinter:
grunde, indem der eigentlihe Kern ber Sage ein
zum Zeil verbunfelter Donarmythus fit. Die
Grundlage ber Lieder iſt eine einfache. Kriemhild
befikt zu Worms am Rhein, wo ihr Vater, König
Gibich, herrſcht, einen prächtigen, Vorgfältig gebeg:
ten u. (fo nannte man im Mittelalter be:
flanzte Sammlungspläpe, die zu volkstümlicher
Seftestuft, zu Mais und Sommerfpielen bejtimmt
waren). | Helden, unter dieſen Gibich ſelbſt,
ſeine beiden Söhne und Siegfried von Niederlanden,
der um Kriemhild wirbt, jind Wächter des Gar:
tens; übermütig wirb jedem, ber ihn zu betreten
und damit zum Kampfe ſich zu ftellen wagt, Trop
geboten. Gibich iſt bereit, von bem Könige, ber
mit einer gleihen Anzahl von Helden im R. er:
ſcheint unb die Oberhand behält, fein Reich als
Zehn zu nehmen; jedem der Sieger aber foll zum
Lohn ein Roſenkranz und ein Kuß von Siriembild
erteilt werden. Dietrih_von Bern, durch Meijter
Hildebrand ermutigt, entſchließt fich, die zugefendete
„iufforberumg anzunehmen. Da der zwölfte Held
feblt, fo jchlägt Hildebrand feinen fern in einem
lofter lebenden Bruber Ilſan vor. Gin zu dahin
wird unternommen, und ber greife Moönch, in wel:
dem die alte Streitluft head erzwingt von ſei⸗
nem Abt bie Erlaubnis, an der Fahrt nach Worms
teilzunehmen, wohin jept Dietrich aufbrict. Der
Kampf im R. beginnt, und in vorausbellimmter
Ordnung treten die Helden nacheinander im Zwei⸗
tampf auf. Der Gieg fällt den Helden Dietrichs
zu. Die Sieger empfangen den verheißenen Lohn.
Nojener — Rofenholz
Kriemehild ift gebemütigt, und Gibich muß fein
Neich zu Lehn nehmen: Seit dem Abdrud in von
der Hagens und Primiſſers «Helbenbudh» (f. d.)
und W. Grimms kritiſcher Ausgabe «Der Rofen:
garten» (Gött. 1836) find mehrere weitere Terte
befannt gemacht durch Grimm felbit in den «Ab-
bandlungen» der berliner Alademie 1859, von
Bartſch in Pieifferd «Germania» (Bd. 4), von
Müllenboff in ber — 28— für —— Alter⸗
tum» (Bd. 12). Bol. Philipp, « Zum Rt.» (Halle
1879), worin Abbrud zweier Texte, über die Sage
Uhlands Aufiag in Pfeifierd «Germania» (Bd. 6).
Rof ef (Carpodacus) beißt ein au3 nur
wenigen (18) Arten beitehende3 Genus der Finten,
da3 im männlichen rg ein teilmeife pracht⸗
voll rot gefärbtes Gefieder bat. N. bewohnen den
Diten Europas, den Norden Aſiens bis nad) Central:
indien und Norbamerifa bis Merilo. Die häufigite
Art ift der Karmingimpel (C. erythrinus), 16 cın
lang, mit farminrotem und bräunlicem , teilweije
rot überflogenem Gefieder: findet ſich in Sibirien
und —— Galizien und Livland.
Noſenheim, hübſche Stadt im bayr. Regie:
ru rt Oberbayern, am linlen Ufer des Inn
nabe unterhalb der Eimmün’ der Mangfall
us des gr en F
——
R.-Holztirchen der Bayriſchen Staatsbahnen, am
Fuße der Alpen in 447 m Seehöhe gelegen, ült der
Sik eines —— und eines Amtsgerichts,
und zählt (1880) 8397 meiſt lath. E. Der Ort bat
eine bedeutende Saline, Die Sole wird aus der
Reichenhall» Traunfteiner Leitung bei Siegsdorf
bergeleitet. Als Kurort it R. weniger bedeutend,
Mit der Sole benugt man eine geringhaltige, Hy:
drotbion entwidelnde Stahlquefle. Auch g
man bier Ziegenmolten. R. foll im 10. Jahrh.
durd Handelsleute entjitanden fein, war 1234 im
Befip der Grafen von Wafjerburg und famı 1247
an die Herzöge von Bayern. . Ditterih, «N,
in Oberbayern» (Münd. ir
Nofenheim, deutihe Kolonie im Gouverne-
ment Samara, Kreis Nowyi-Uſen, 211 km nord«
weſtlich von der Kreisftabt, an der Bereſowla, mit
1540 Die in 138 Höfen wohnenden Kolonijten
find fämtlich luth. Konfeſſion. Die Kolonie befist
eine luth. Stirche und eine deutiche Schule.
Nofenholz (Liguum Rhodii) heißt ein im Hans
bel vorlommendes, angenehm rojenartig riechende3
Holz, weldyes aus dünnen, walzig: Inotigen, auch
geigaltenen, ziemlich ſchweren, feiten und dichten
tüden beiteht, die außen von ber rijjigen grauen
Ninde bededt, nad) innen gelblid, in der Mitte oft
fogar rötlich find, gewürzhaſt-bitterlich fchmeden
und gerieben einen angenehmen rojenäbnlichen Ge
ruch verbreiten. Dieſes Holz flommt von den Ca:
nariſchen Inſeln und jtammt von zwei dafelbit
wachſenden aufrechten, ftrau ——— —
rigen Windenarten, nämlich der ſtrauch- oder beſen⸗
artigen Winde (Convolvulus scoparius L.) und der
blütenreihen Winde (C. floridus Z,), von denen
ar die Wurzel und zum Teil audy das Stamm:
holz genommen wird, doch iſt lehteres etwas ſchlech⸗
ter. Aus ihm foll aud) ein ftarfriechendes äthert:
ſches ST, das Nofenhbolzöl, deftilliert werden,
da3 zu Salben, Einreibungen, Barfumerien, Räus
cherungen u. ß w. und ſehr häufig zur Verfaälſchung
be3 echten Rojenöls benupt wird; in der Regel aber
iſt dieſes Nofenholzöl oder Rhodiſeröl ein Kunſt⸗
Rofenkäfer — Nojenkreuzer
prodult. Außer diefem canarifhem N. lommt auch
noch das amerikaniſche Roſenholz häufig im
Handel vor, welches von der auf Jamaica wachen:
den baljamreihen Amyris — balsami-
fera 2.) herſtammt und ebenfalls ein ätherifches,
bem ur. ganz Ähnliches Öl liefert. Das
cypriihe R. liefert der orient. Sebeftenenbaum,
Cordia Myxa 2. (f. Cordia), Außerdem werben
noch mehrere andere Pflanzen angegeben, deren
olz alö R. in den Handel kommt; doch find bie
tammpflanzen meift nicht mit Sicherheit befannt.
Moſenkäfer (Cetoniidae) heißt eine aus 120 Cat:
tungen und über 1000 Arten beſtehende Familie
ber Blatthornläfer (j. d.), die über die ganze Erde,
mit Ausnahme der kälteften Gegenden, verbreitet,
aber in den Tropen der Alten Welt am ftärkjten
entwidelt üt. Die Jlügeldeden, welche das hintere
Körperende nicht bededen, bleiben meift beim Flug,
ber oft fehr fenell it, geichlofen. Die Nady
—— meiſt lebhaft metalliſch glänzenden
äfer, von denen in Afrila einige eine anſehnliche
Größe erreihen, leben von Biumenblättern, Saft
ber Zaubbäume, manche in Afrila von Mit: die
22— Larven leben von faulem Holz
und verweſenden Pflangenftoffen, manche finden
fi ungejchädigt in —— der roten Ameiſen.
ofen ohl, Pilanzenart, ſ. Brassica.
NMoſeunkranz heißt ın der kath. Kirche die Schnur
mit einer Anzahl Kügeldhen von verfdiedener
Gröbe, welde zur Abzählung von Gebeten dienen,
Wenn auch, wie angegeben wird, die Benebiltiner:
mönde ſchon im 6. Jahrh. ee Gebete nad) einer
Neibe Kügelhen, die an eine —* gefaßt waren,
verrichtet haben ſollen, ſo iſt doch der — N.
exit von Dominicus de Ouzman, dem Stifter des
Dominilanerordens, in der erften Hälfte bes
13. Jahrh. eingeführt worden, Derfelbe befteht
aus 15mal zehn Heinen Kugeln, denen jedesmal
eine größere folgt; bei den leinern wird ein Ave-
Maria, bei den größern ein Vaterunfer gebetet. Es
bildeten ſich zahlreiche Roſen kranzbruͤderſchaf—
ten, und zum Gedaͤchtnis des 7, Dit. 1571 bei Le:
anto über die Türlen erfochtenen Siegs ſtiftete
apı Öregor XIII. 1573 das Roſenkranzfeſt,
weldye3 am erjten Sonntage des Oltober überall,
wo eine Kirche und ein Altar der Mariä ſich fände,
efeiert werben jollte,
üirken, 5. Aug. 1716 bei Peterwardein, * Cle⸗
mens XL. das Feſt zu einem allgemeinen Feſt der
panaen Kirche. — Auch die afiat, Völker von der
amaifchen Religion und die Mohammedaner be:
bienen fi) einer mit Kugeln verfehenen Schmir zur
Abzählung ihrer Gebete. Die Schnur der Moham:
mebaner hat 99 Kügelchen, die fie beim Gebete nadı
und nad) berablafien,, ne fie bie im Sloran
————— aften Gottes ausſprechen.
Bei ihnen find die Kugelchen gewöhnlich aus hei:
liger Erde von Mella oder Medina geformt.
- Mofenfranz (ob. Karl mes ‚nambafter
Philoſoph der Hegelihen Schule und Pitterarbifto:
rifer, geb. 23. April 1805 Au Magdeburg, ——
u Berlin, Halle und Heidelberg und * ilitierte
“ 1828 m Halle, wo er 1831 eine auferord, Bro:
fejlur erhielt. Im %.1833 folgte er einem Ruf als
ord. . an die Univerfität Königsberg, wo:
bin er auch, nachdem er feit Juli 1848 als vor:
tragender Hat im Minifterium zu Berlin thäti
gewejen war, im Jan. 1849 zurüdlchrte. Er jtar
14. Juni 1879 in Königäberg.
Nah dem Siege über die | T
835
N. entwidelte litterariſch eine große Bielfeitig-
feit und Gewandtbeit, indem er die Öedanten des
—— Syſtems in alle Gebiete der Geſchichte
und des Lebens einzuführen ſuchte. Hervorzuheben
De von feinen Schriften: «Geſchichte der deutſchen
Boejie im Mittelalter» (Halle 1830), « Handbud)
einer allgemeinen Geſchichte der Poelie» (3 Bde.,
Halle 1852—33), « Encytlopäbie ber theol. Willen:
fhaften» (Halle 1831; 2. Aufl. 1846), «Kritiſche
Erläuterungen des Hegelihen Syſtems » (Königsb.
1840), «Studien» (5 Bde. Berl. 1839—44). Ferner
erſchien die « Piychologie, oder Wiflenihaft vom
fubjettiven Geijt » — 1837; 3. Aufl. 1863),
«Goethe und feine Werte» (Königsb. 1847; 2. Aufl.
1856), «Die Pädagogik ald Syftem» (Sönigeb.
1848), « Aſthetil des Hählichen» (Königsb. 1853),
aDie Voefie und ihre —3 Konigsb. 1855),
aWiſſenſchaft der logiſchen dee» (2 Bde., Königsb.
1858—59) , welches Werl er in ber Schrift « Gpile:
omena» (Königsb. 1862) gegen die Angriffe von
ichelet und Laſſalle verteidigte; «Diderot3 Leben
und Merle» (2 Bde., Op. 1866), «Neue Studien »
ß Doe., 2pz. 13576-77). Mit F. W. Schubert be:
orgte N, eine Ausgabe von Kants Werlen (12 Bbe.,
2p3. 1838—40), deren lepter Band eine von ihm
Be « Gefchichte der Kantſchen Philoſophie⸗
enthält. Als Supplement zu 3 «Werten» gab
er «Hegels Lebens (Berl. 1844) heraus. Auch ver:
öffentlichte er: «Aus einem Tagebuch. —
Herbſt 1833 bis Frühjahr 1846» (Lpz. 1854) un
«Bon Magdeburg nady Königsberg» (Berl. 1873).
Nofenfreuzer bieken die Mitglieder einer an:
—— geheimen Geſellſchaft, deren Daſein zu
n ang bes 17. Jahrh. unerwartet durch eine Menge
fonderbarer —— befannt wurde. Als Zwed
des ** undes wurde angegeben eine all:
gemeine Berbejlerung der Kirche und die Gründung
einer dauernden ——— der Staaten und der
Einzelnen, Stifter der Brüderſchaft — ein ge:
wiſſer Chriftian Roſenlreuz geweſen fein, ber im
14. Jahrh. gelebt, einen großen Teil feines Lebens
unter den Brahmanen, in den Pyramiden Ugyp—
tens und im Orient zugebradht und dort feine Weis:
Der ganze
ie und Kunſt erlernt haben follte, Der,
und war aber nichts als eine lange Zeit mit gro:
ßem Geſchick durchgeführte Filtion bes württemb.
beologen Johann Balentin Andreä (f. d.), ber
damit wohl ebenfo fehr die Geheimnisträmerei und
Aldimifterei feiner Zeit verfpotten, als auch unter
diefer abenteuerliben Hülle die gen ber Zeit:
enofien auf die Mißſtaͤnde des herrſchenden Kir:
enweſens binlenten und die Abhilfe derfelben an:
bahnen wollte, Cine Orbenzftiftung bat Andreä
nie beabfihtigt; aber Mißverftändnis und Luft an
Beheimbündelei rief infolge feiner Echriften, unter
denen die « Fama fraternitatis R. C,» (1614) die
erporragenbfte war, mirllihe Verſuche zu Dr:
engjtiftungen Val und gab den Anftoß zu ben
nachmaligen rofenfreuzeriihen Schwärmereien und
Drdensverbindungen, bie fi über Europa aus
breiteten und ir] als höherer Grad mit der Frei:
maurerei in Verbindung gebracht wurden. Ihre
Devije war ein Andreastreuz über einer mit Vor:
nen umgebenen Roſe, mit ber Umfchrift: Crux
Christi Corona Christianorum, Bol. Buhle, «fiber
Urfprung und Schidjale de3 Ordens ber N.»
Gött. 1803); Guhrauer, «Bemerlungen über Ver:
afler, Sinn und Zwed ber Fama fraternitatis»
(in Niedners «Beitjchrift für hiſtoriſche Theologie»,
63* 2
836 '
1852); Sierle, «Schwärmer und Schwinbler bes
18. Jahrh.» ( 1874)
—* enlau igletfcher, einer ber belfannteften
wer — im Oberlande des Kantons
udlich vom Hasli am Fuße der Wetterhörner
2 ſenlt fih von feinem Firnbeden,
etterfeflel, als llarer ftart rundeter Eisſtrom
iihen den Felswãnden bes — und des
Site ihorns ee bis zum R.: Hubel (1792 m)
inab, wo er fid) in zwei Zungen teilt, deren Ab:
üffe Dem Rei ea f. —W Die Länge des
eit 1860 gewichenen Gletſchers beträgt
von der * immi (3182 m), welche ben Wetter:
—* vom ——— ſcheidet, bis zum Roien:
laui⸗Hubel 4, km, die Breite 1-2 km, Das Ro:
fenlauibab, welches 1330 m über dem Meere, 6 km
—2 von ago * Nadelwald und
lpweiden umgeben cher gegenüber auf
a linten Ufer des ai 8 Ibae wird als
vie
erg ne t. Mit Meirin:
gen und Grinde den Saumweg
über die Gro en Ein be:
licher Glet ührt Babe fiber d
er — * Urbachthat und Fon
nnertlirdhen an ber Grimfel er (S. Tafel:
ist cher und — 5.)
Rofenmädchen ( ) heißt in Franlreich
das ju ——6 ches in gewiſſen Dörfern
die als Er de3 urn ren aus:
— — Sage nach hatte
e
Bere edarbus loch. "um 645) den Gedanlen,
{ume der MWollufts als a für die Tugend
ber Keuſ Weit, zu — indem er in ſeiner
imat au Salency bei 2. on (Depart.
Ei), ine jä age reid von 25 Livres feftete
nad dem Urteil ——
* olten Banner bes nes fi als das R
endhaftefte bewieſen —*X u⸗
la emp Dhna Diefes Yu * einen Roſenlranj.
der 8 Braud wurde 5 Frankreich aud an andern
Orten —— und gegenwärtig noch im
m. —— bei Ba
A Borg), prot. Theolog und
Ran, e —— —* 18, Dez. 1736 zu Ummerſtädt
Kann haufenfchen, ftubierte in Altdorf, wurde
1767 in Hi haufen, 1768 in Heßberg, 1772 zu
Königsberg in nten Prediger, 1773 Profeſſor
der Theologie in Erlangen, 1783 in Gießen, 1785
ftor an der Thomas irche, Euperintendent und
eig der Theologie in Leipzig, wo er 14. März
1815 jtarb. In —— wurde er Begründer einer
— Liturgie; auch machte er ſich vielfach
das Schulweſen verdient. Als Prediger war
Du : Mufter einer edeln Popularität. Bon feinen
zahlreihen Schriften find zu > erwähnen: So ehe
a Abendandadhten» (7. Aufl., den Minen)
trahtungen über die vorne breiten be
3
Religion auf alle Tage des | ee (4
1801) und « — Beicht: und Kommunion:
buch» (12, Aufl., — on), «Scholia in Novum
‚von feinem Sohn
Testamentum» (6. Aufl
E. $. 8. Rojenmüller, ehe 1815—31), « Historia
interpretationis librorum sacrorum in ecclesia
christiana» 6 Boe., Lpz. 1795—1814).
Ernft Fr edrich Karl R. ai, ber äl:
tete a be3 vorigen, geb. su Seh berg bei Hild⸗
burghauſen 10, Dez. 1768, ftudierte zu Yeipzig und
wurde, nachdem er ſich 1792 an der Univerjität
Habilitiert, 1795 außerord. und 1813 ord. Profeſſor
Roſenlauigletſcher — Rofenöl
der morgenländ, Litteratur. Er ftarb 17. Sept.
1835. Sein Hauptwerk find die »Scholia in Vetus
Testamentum» (11 Bde,, Lpz. 1788— 1835; Auszug
daraus in 5 Bon. , 23. 1828—35). Außerdem
find zu erwähnen: «Handbuch für die Pitteratur der
bibliſchen Kritit und Gregefe» (4 Bde, Gött. 1797
— 1800), «Das alte und neue Morgenland, oder
—— ber Heiligen Schrift» (6 Bde., Lyʒz.
1818—20), « Handbuch der bibliichen Altertums:
kunden (4 Bde, Lpz. 1823— 31), die nad) Sacy ge:
arbeiteten «Institutiones ad fundamenta linguae
Arabicae» (Lpʒ. 1818) und die «Analecta Arabica»
(2 Bbe., 2pz. 1825— 26).
Johann Chriftian R., Anatom, der Bruber
des vorigen, geb. zu Hefberg 1771, "tudierte in
Leipzig und Erlangen und wurde 1794 Brofeltor
am anatom. Theater in Leipzig; 1800 erhielt er
eine auferord., 1804 die ord, tofeflur der Ana»
tomie und Chirurgie, Er ftarb 29. Febr. 1820,
Seinen Ruf begründete er burch die mit Yenflanım
berausgegebenen « Beiträge zur Sergliederun >
funjt» (2 Bde. 2p3. 1800), «Chirurgifch:anatom.
bildungen fürfirzte und Flundärzte» (3 Bde., Ban:
1804—12) und « Handbudy ber Anatomie» (£pı.
1808; 6. Aufl., von €, H. Weber, ?p3. 1840).
Ro enmüllerpöple, |. unter Muggen orf.
Rofenoble (Noble à la rose, Rosatus nobilis)
beißt eine engl.Goldmünge, welche König Eduard ILL.
1343 —77 prägen lich. n Namen führt die
Münze von der Nofe, die = beiden Seiten ber:
jelben ericeint, und von ihrem Feingebalt. Der
Avers zeigt ein Schiff an deſſen Seite die Rofe ans
gehracht üt; im Schiffe fiht der König mit Schwert
und appenidild. er Revers “2 ” bie acht⸗
blätterige Roſe und die Legende: ut Tran-
siens Per Medium Illorum Ibat, die —35 jedenfalls
auf Eduards Zwiftigleiten mit dem röm. le
bezieht. Der Gehalt der Münze ift dur
23 Karat 10 Gr. fein und e3 gehen reihlih 30 Stüd
auf die Mark Gold. Der Wert ift 19—20 deutſche
Reichsmark. Die dunkle Ilmfchrift des ——
verbunden mit der Seltenheit dieſer R., bat fie bei
dem Bolläglauben zu Anuletten gemacht, welche
gegen alle Zauberei ſichern, vorzüglich aber alles
nglüd zur See abwenden follen. Unter >
Königen wurden den R. ähnliche Goldmünzen
ſchlagen, unter denen fid) die S iffänoble 5 Sein.
rihs VII. auszeichnen. Sie führen im Avers das
Schiff, aber ohne Roſe, im Nevers ein Lilientreu
mit derjelben dunfeln Legende und find um ein
Karat geringer, auch leichter, jobaß der Wert wenig
über 15 deutiche Reichsmark beträgt. Bon dem:
felben Gepräge gibt es aud) halbe und Viertelnobles,
Nofendl, ätherifches DI, weldes in den Blüten
der Rofen, namentlid in den Gentifolien aan
ift und durch Deftillation derfelben mit Wa
wonnen wird. Die Fabrifation wird
am Südabhange des Ballans, in der U
von Keſanlyk, betrieben.
Rofenernte werden daſelb jab ih 800—83000 *
Ol gewonnen, bei einer Aus von durch
lid 1 kg Öl von 3000 kg Rofenblättern.
Ba bis vor kurzem, dab nur das Klima dei
rients geeignet fei, der Rofe genügenden —*
erteilen, um techmſch verwertbar zu ——
jedoch nicht fo. Die in nörblihern
wachſenen Roſen find nicht allein ebenjo eh
reich wie die des Orients, ſondern übertr ri >
felben nicht allein in der Menge, fondern a
äh:
Nofenorden — Rofer
Beinbeit bes Prodults. Seit 1884 wird. von der
ipziger Fabrit von Schimmel u. Ko., die dadur
Schöpfer eines neuen Induſtriezweiges geworben
iſt, Rojenöl in großem Maßitabe pargeltell, welches
burd die Feinheit feines Geruchs türkiichen
weit überlegen iſt. Dies ift en Zeil darauf zurüd:
uführen, ar ker türfif ſelten in ine Ser
ondern meilt mit indiſchem Geraniumöl verfälſcht
in den Handel lommt.
Nofenorden, vom Kaifer Pedro I. von Bra:
lien am 17. Oft. 1829 geftiftet, zerfällt in Grob:
reuze, Kommandeure, Offiziere und Ritter. Die
Detoration beſteht in einem weihemaillierten ſechs⸗
fpigigen Stern, defien Mintel mit goldenen ——
len und Roſen ausgefüllt ſind. Das Band iſt roſa
mit weißen Streifen.
Noſenorden, Ritterorden von Santa:
Roſa, vom Präfidenten der Republil Honduras
am 18. Sept. 1868 geftiftet, zerfällt in Großlreuze,
Grofoffiziere, Kommandeure, Offiziere und Ritter,
deren Deloration in einem weiß emaillierten Kreuz
beiteht, auf welchem ein runder Schild mit dem
Wahliprud: Dios, Honor, Patria, umgeben von
Lorbeer» und Cichenzweigen, ruht. Das Band ift
rot, mit einem blau:weiß:blauen Streifen belegt.
Rofenpapa ei (Psittacula rosicollis, Tafel:
Papageien, Fig. 7) it der Name eines 17 cm
langen ig nen (f. d.) des füdweftlichen
Afrikas, defien Gefieder hauptſächlich lebhaft gras:
grün it, am Schwanz und an den Flügeln blau
und an ber Kehle und den Baden zart rofenrot wird.
* m. 5— — —* —
nnes, Nizza in vorzüglicher Feinheit hergeſtellt,
indem Frifche Rofenblätter zwiichen mit feinem Fett
beftrihene Glastafeln gefchichtet werden, wobei der
njtende Duft vom Fett aufgenommen wird.
Fett wird entweder direft zu Pomaden ver:
arbeitet oder mit feinem Weingeift maceriert, um
die fog. Ertraits zu erhalten.
fenpint (Hans), deutfher Dichter des 15.
abrb.,f. Rojenblut. a
— nennt man einige Gallen, die
an Roſenſtöden durch den Stich gewiſſer ar
welpen (f. d.) hervorgerufen werden. (©. Rofe.)
ofenfonntag, der Sonntag Yätare, weil ba
bie Goldene Rofe (f. d.) vom Papſt geweiht wird.
No rz. acierä larose, engl. rosesteel),
eine Sorte Puddel⸗ oder Cementſtahl mit eigentüm:
Das konzentrijche farbige Ringe zeigendem Bruch.
ofen ar (Pastor roseus bei t ein jchöner
Bogel Aſiens und Oſteuropas, der in manden
3 en, wohl befonder& den Schwärmen der Heu:
reden, bie fein Lieblingsfutter ausmachen, fol:
gend, aud in Deutſchland ſich und oft zahlreich
zeigt Der R. iſt von Staargröße, mit einer Haube
auf dem Kopfe, der wie Hals, Flügel und Schwanz
chwarz mit metalliihent Schimmer ift; das übrige
eder ift wie der Schnabel rojenrot. Die bei
uns gelegentlih auftauchenden N. geiellen gs gern
zu Ze nahen Verwandten, den gemeinen Staaren.
enftein, ſ. Nojfette,
No ein, tl Landhaus bei Cannftatt (f. d.).
Nofenitield Grün oder Bargummanga:
nat, f. unter Daryum (:Berbindungen).
Rofenthal, Stadt im preuß. Negierungsbezirt
Kaſſel, Kreis gen in einem rauben Thale
des Burgwaldes, an der Bentreff, 272 m über dem
Meere, Sit eines Amtögerichts, zählt (1880) 1103 E.
und hat Nagelichmiederei.
837
Mofenthal, Fabrildorf in ber böhm. Bezirks:
&b | hauptmannſchaft Reichenberg, ander Lauſiher Neifle,
mit Streihgarn: und Baummollfpinnerei, Woll:
und Baummollweberei, Tuchwalle, Biegelbrennerei
""rofenthal (Mor), Bhofiolog, geb. 16, Juli
ofenthal (Iſidor), Phyfiolog, geb. 16. Juli
1836 zu FAN im preuß. Rn Ne
Bromberg, von israel. Abkunft, befuchte das Gym:
nafium zu Bromberg und bie Univerfität zu Berlin,
wo er Medizin und Naturwifienichaften ftubierte,
wurde Dftern 1859 Ajfiftent am Phyſiologiſchen
Inftitut daſelbſt, habilitierte fich 1862 ala Privat:
docent ebendort, wurbe 1867 außerord. —
p Berlin und wirkt feit 1872 als ord. Profeſſor
. yſiologie und Befundheitspflege zu Erlangen.
Er ſchrieb außer verihiedenen Abbanbfungen in
wiſſenſchaftlichen Beitihriften: «Glektricitätslehre
für Mediziner» (Berl. 1862; 2. Aufl. 1869), «Die
Atembewegungen und ihre Beziehungen zum Ner-
vus vagus» (Berl. 1852), «jur Senntnis ber
MWärmeregulierung bei den warmblütigen Tieren»
—— en 1872), «Ziele und Ausſichten der Geſund⸗
eitpfleger (Erlangen 1875), «Bemerktungen über
die Thätigleit der automatifhen Nervencentra,
befonder8 über die Atembewegungen» (Erlangen
1875), «Allgemeine Phyfiologie ber Nusteln und
Nerven» (Lpj. 1877). N, ift Nedacteur des «Central:
blattesfür ——— —— 1863fg.)
und der deutſchen Ausgabe der «Internationalen
wiſſenſchaftlichen Bibliothek» (em. 1873 fg.
ofentuch oder Shmintläppdhen,
Bezetten. 5
NRofenwaſſer iſt eine Löfung von Roſendl in
Waſſer, die bei der Deftillation des Nofenöls als
Nebenprodult gewonnen wird, Das offizinelle N.
—— Rosae), welches nach der Deutſchen Phar—⸗
malopde von 1872 noch durch Deſtillation von
2 Teilen frijhen oder 3 Teilen eingefalzenen Roſen⸗
blättern auf 10 Teile Deitillat bereitet wurbe, wird
jept (nach der Pharmatopde von 1882) einfach durch
Scütteln von 4 Tropfen Nofenöl in 1000 g lau:
warmen Waflers bergeitellt,
Nofenwidler, f. unter Blattwidler,
Rofentwurz, . unter Sedum.
Nofedl, f. unter Rofenöl,
Nofeöla (lat.), Hautausihlag, bei welchem
linfengroße umfchriebene rote Fleden in der Haut
entitehen, bie unter dem —— erblaſſen und
nach wenigen Stunden oder Tagen und meiſt a.
Abſchuppung wieder verfchwinden. Solde Roſeo—
len entiteben häufig mus mechan. oder diem.
Schaädlichleiten (dur die Sonnenhike, übermäßi:
ges Schwiben, durch Einreibung mit Örauer Salbe,
durd die äbenden Borftenhaare mander Raupen
und Pflanzen, nach dem innern Genuß von Kopaiva⸗
baljam, Kubeben u. dgl.), begleiten aber auch nicht
felten als ſymptomatiſche Affeltion fieberhaite
Magendarmlatarrhe, den Typhus, die Syphilis
und andere nfeltionstrankheiten, Cine bejondere
Behandlung erheifcht die R. nicht, da fie meift mit
der Befeitigung der Grundurfade oder der vorhans
denen innern Krankheit von jelbjt verſchwindet.
Nofer (Wilh.), Chirurg, geb. zu Stuttgart
26. März 1817, wurde 1841 Yrioatborent der Chi:
rurgie in Tübingen und verband fih mit Wunder:
lih zur Herausgabe des «Archivs für poolioion-
Heilkunde, Nahdem R. wenige Jahre die Stelle
eines Hofpitalmundarztes zu Reutlingen innege:
habt hatte, wurde er als Profeſſor der Chirurgie
. unter
838
nach Marburg berufen. Er übte als Forfcher und
Lehrer großen Einfluß auf die Entwidelung der Chi:
rurgie. Außer zahlreichern tleinern Abhandlungen
ſchrieb er «Handbuch der anatom, Chirurgie» (Tüb,
1845; 8. Aufl. 1883) und « Chirurgifch:anatom.
Vademecrum» (Stuttg. 1847; 6. Aufl. 1880).
Rose reooup6e, f. u. Nojette (Ebelitein).
Nojeihed Mietall, eine —— beſtehend
aus 1 Teil Zinn, 1 Teil Blei und 2 Teilen Wis:
mut, welche ſchon bei 94° C. fchmiljt.
Rofette, auh Roje, Roſen- oder Rauten—
ftein, nennt man einen Edelſtein, namentlich einen
Tiamant (f. d.), wenn er jo geſchliffen ift, daß ſich
über der ebenen Grundfläche zwei Reihen triangus
lärer Facetten erheben, von denen die ſechs ober:
ften, die Sternfacetten genannt, in eine Spibe zus
fammenlaufen und fomit eine Pyramide bilden,
Gekrönte R. haben 6 Stern: und 18 Querfacetten,
die bei der Brabanter Rose fladyer liegen. Die
Roserecoup6e dat 12 Stern: und 24 Quer:
facetten. Stüdrojetten heißen Heine R., wovon
100—160 auf ein Karat gehen. Brioletäö gleichen
zwei mit ber Grundfläche aneinander geſeßten R.
Nofette (fe), ein oft vorlommendes Ornament
in Relief oder Malerei, welches, die Form einer
alleinftehenden , eg Bern Blume
(Nofe) mit radial — lättern hat, ,
ofette, arab. Rajchid, das alte Bolbitine,
Stadt in —— int$ an der Mündung bes
weitl, Hauptarms des Nils, hat eine fchöne Yage,
zahlreiche Mofcheen und durch die fie umgebenden
Gärten ein fehr beiteres Anfehen. Die Stabt, mit
Damanhür und Alerandria durch Eifenbahn ver:
bunden, zählte früher, bevor ihr Handel durch den
Mahmudiehlanal nad Nlerandria gezogen war,
40 000 E., 1832 nur nod) 16666, worunter viele
Griehen und Kopten, welde einige Induſtrie in
Weberei und Ölfabrilen Schiffbauerei und Handel
mit Reis betreiben. Bei dem Fort St.:Qulien,
7,5 km im NNRW. von R., wurde 1799 die berühmte
dreifpradhige Inſchrift gefunden, die für die Entziffe:
rung der Hieroglyphen fo —— % ie
ift eine Stele von ſchwarzem Bafalt und jept im
Britiihen Mufeum zu London,
Nofettenfupfer, gebaases Kupfer, Gar:
fupfer, gen enprobuft der Rupfergewinnung
ift ein durch andere Metalle und namentlid) dur
Kupferorybul noch verunreinigtes Kupfer, welches
durch reduzierendes Echmelzen in hanımergares
Kupfer zu verwandeln ijt,
Rofetti (Ronftantin), das langjährige Haupt der
ultraliberalen Partei in Rumänien, geb. 1816,
mußte 1848 als Hauptbeteiligter an der damaligen
Revolution flüchten und lebte mit feinem Freund
Bratianu mehrere Jahre in Paris. In fein Vater⸗
land zurüdgelehrt, gründete R. das demofratifche
Organ «Romanul», weldyes er bis zu feinem Tode
redigierte. R. war mehrmals Minifter und Nam:
merpräfident, wirkte aber hauptſächlich als journa:
liſtiſcher Agitator. Er ftarb 19. April 1885.
Rosheim, Stadt im Kreiſe Molsheim im elfaß:
lothring. Bezirke Untereljaß, 25 km fübweftli von
Straßburg, an der Linie Jabern: Schlettitadt der
Elia Sothringifcen GEifenbahnen, Sit eines Amts:
gerichts, zählt (1880) 3602 meiit kath. Einwohner
und hat eine der ſchoͤnſten und beiterhaltenen ir:
hen der roman. Zeit, die St. Peter und Pauls:
firhe, aus der Mitte des 12. Jahrh. ftammend,
1860 ftilgemäß reftauriert. R, war beutjche Reichs:
Rose recoupee — Rofinen
ftadt und gehörte dem Bunde der zehn Laiferf.
Städte an. Im J. 1132 wurde e3 durch Herzog
Friedrich von Schwaben verheert, 1214 von den
Lothringern eingenommen und geplündert. Durd
die Armagnalen hatte R. viel zu leiden (1444);
im Dreibigjäbrigen Kriege (1622) nahmen bie
Iruppen des Grafen von Mansfeld die Stadt ein.
Rosiöre, j. Roſenmädchen.
Rofieren, roſa färben,
Nofiered:aug-Salined, Stadt im franz. De:
part, Meurtheset:Mofelle, Arrondifiement Nancy,
lint3 an der Meurthe, Station der Linie Paris:
Deutſch⸗Avricourt der Dftbahn, zählt (1881) 23% E.
und hat Gipsbrüdhe, Woll: und Baummollipin:
nerei, Tuchfabrikation und verlafiene Salinen.
NRofierfalz, in der Türkiihrotfärberei Bezeich:
nung N das Binnfalz oder Zinndlorär.
ofifloren nannte man früher die Gruppe von
Planzenfamilien, die jegt zur Familie ber Rofaceen
(j. d.) vereinigt werben.
Rofinen (Passulae majores) find die getrod:
neten Weinbeeren wärmerer Gegenden. Entweder
find fie an der Sonne getrodnet oder auch im Ofen
edörrt; jene fchmeden fehr ſüß, diefe aber etwas
NAuerlic, Man unterjdeidet zunächſt große R. oder
GCibeben und Heine R. oder Korinthen. Die großen
Nofinen ftammen von großbeerigen Weinjorten
mit runden oder länglidhen Beeren und werben wie:
der je nad dem Lande benannt, in welchem fie
wachſen: framönfde, calabrefiiche, ſpaniſche, levan⸗
tiſche große R., welche zuſammen als die vorzäg:
lichſten Roſinenſorten gelten. Unter den ſpaniſchen
werden wieder beſonders bie Muslatroſinen, bie
Sonnenroſinen (am Stode in der Sonnenhitze ge:
trodnet), bie Blumenrofinen, Malagarofinen und
Leriasrofinen geihäst. Die beiten fiſchen R.
fommen aus Languedoc und der Provence, 3. B.
die Jubis, Piccardrofinen u.f. w. Unter den ita-
lieniſchen R. find die calabrefifhen wegen ihres
ihönen Fleiſches und lieblihen Geſchmads
und fommen an Füben gereiht in großen Ma
in den Handel. Die Rofinenforten von längli
Beeren werden hauptiählid Cibeben genannt
und wieder in viele Sorten unterſchieden, mie
ſmyrnaiſche, bamascener und Pideibeben. Am be
rühmteiten find die honigfüßen fpan. Bidcibeben
oder Bidrofinen, welde, nachdem die Trauben
abgef&hnitten worden, in eine aus Weinrebenajche
bereitete LZauge getaucht und dann in ber Sonne an
freier Luft getrodnet werden follen. Bei dieſem
Berfabren fpringen die Beeren häufig auf, der Saft
gerinnt an der Luft und die Trauben gleichen dann
einer mitteld Zuder, zufanımenbängenden Mafle.
DiedamascenerCibeben oder. oder Raiſins
de Damas, welhe aus der Levante und einigen
Gegenden de3 jüdlichften Europa kommen
fänglihrund, plattgedrüdt, runzelig, von braun
gelber Farbe, oft ohne Samenkerne und werden
aewöhnlid in Schadteln zu 15—60 Pfd. in den
Handel gebracht. Unter allen R. werben diefe am
häufigften al3 Zufat zu Bruftthee in den Apothelen
verwendet. Eine etiwa3 kleinere Eorte große R.
ohne Kern findunterdem Namen Sultanarofinen
befannt und kommen hauptfählid von Smyrna zu
uns, Die in ganzen plattgedrädten Trauben in den
— fommenden, meiſt in S teln gelegten
eſten Roſinenſorten, welche als ert allgemein
beliebt find, heißen Traubenroſinen. Die
Heinen (fernlofen) Rofinen oder Korinthen
NRofini — Rosmini Serbati
Passulae minores), welde von einer Abart
g. Weinrebe bauptjächic auf den —— Inſeln
und in Griechenland gewonnen we ben ihren
Namen von der Stadt Korinth. Der ojinen:
wein, der aus R. und Wein durch Gärung be:
reitet wird, war ſchon den Alten unter dem Namen
Vinum passum t und ein Lieblingägetränt
ber Nömerinnen. Jetzt braudt man die großen
— ur Fabrilation ——
uslat: und Canarienweins (Canarienſects), ins
bein man —— Wein mit dag en:
gen von der, verſchiedenen Gewürzen und
ätherijchen dien verjeht und — Hefe in ——
bringt. rilation dieſer ſog. Fagonweine
wird in * und i —* Deutſchland an mehrern
Rofini (onann), ia ital. Dichter und Roman:
u —— uni 1776 zu Luci ri *
— die Se m» —* 2 — 1804
. Litteratur wurde Vermãhlun
Raiiers Napoleon I. mit Dr Luiſe (1810) ung da
er die Dichtung « Nozze di Giove et di Latona»,
Hiſtor. —— von ihm find: «La signora di
— Ar Piſa 1829; deutich von Lehmann,
E ie trozzi, storia del secolo
x » a (a Ehe. „Piſa 1833; deutfch von Reumont,
2p5. 1835) und «Il conte Ugolino della Gherar-
desca ed i Ghibellini» (Mail, 1848), Seine
bramatij Arbeiten find unbedeutend. Seine
«Storia della pittura italiana» (Pifa 1838 fg.;
2. Aufl., 7 Bde., Piſa 1848—52) hat nur wegen
ihres reihen Kupferſtichatlas . R. ftarb
iſa. Bol. Boxolini, «Vita ed
opere di Giorann; R.» * 1855).
—* Georg Guſt.), m ie pr ‚hai . Theo:
geb. 30. ang. 1814 zu Preß bierte in
Wa⸗ und Wien Theologie, ii 1 Docent an
der evang. Lehranftalt zu Wien und übernahm hier
1847 die Bertretung altteftamentlichen Lehr⸗
lanzel; 1850 wurbe er zum ord. Profeſſor ernannt,
1864 in den öfterr. Unterrichtörat beru
. Sei
ol, Sta ft ört N. der ieden
— Er ſchrieb: een
Itertümer in (Wien 1857), Sim:
un gm au d Bedeu:
des Teu
— —— — —* —J2— Ar
— er⸗
880).
‚ ia tiiche Selte d
—————— it, | asto sr ten. —
— her Beben * —— ——
im Fichtelgebirge, mündet auf der bahr
öhm.
im. One, Kreisftadt im ruf. Gouvernement
Smolensk, auf dem li ber Diter, Station
der Gifenbahn Drel-Witebst, mit (1882) 9053 G.
die lebhaften Sanbel mit Getreide, Flachs Hanf
und Tabal treiben.
Nösler (Hiobert), d. Julius mebifeib,
Se titeller, ya 6. ver ud, u Köthen, wid:
—* zunãchſt Handel, 1, gin 1861 na
und trat 4 in die Reda «Mitt
nd Vollszeitung», bie er von 1864 bis 1866
—5 ‚Bon 1867 bis 1870 lebte er teils
teils in Höfen, wurde 1870 Redacteur
— in Bielefeld und 1872
—————— Zeitung» in Königẽ
edacteur
Er
839
farb 18. Mai 1881 in Königsberg. R. ſchrieb zahl:
reiche Nomane, wie 3. B. «Ehre» (4 Boe,, dien
1862), «Ein Weg zum Throne» —E 1862),
«Mittel und Zwede⸗ (Anklam 1863; 3, Aufl. unter
dem Titel « Pater Bernhard, Eine Hof- und Se:
ntenge eihichter, 2 Bde., Zerbit 1871), «Fürs
Vaterland» (2 Boe., Jena 1866). Bu feinen
geſchichtlichen Arbeiten gehören «Theodor Körner.
Gin deutſches Lebenzbild» (Anklam 1862), Zwanzig
et —5 — 1848 68 (2Bde. ep. 1869;
Aufl. 1870), «Deutihlands Verteidi un alampf
—* ankreich» (3. Aufl., Bielef. 1872), «Gugenie,
die Erkaiferin der Franzofen» (Bielef. 1870). 2y:
riihe Gedichte veröffentlichte er in den Samm:
ungen «Wilde Beilhen» (Lpz. 1859), «Eyanen»
ufl., Anllam 1862), eh 8 deutiche Lieder »
—— 1869), «Totentrãnze⸗ (Anklam 1661).
Rosmarin (Rosmarinus officinalis L.), zur
Genie der Lippenblütler gehriger, immergrüner
albftraubh von 1',—2 m Höhe und die einzige
Art jeiner Gattung, in den Mittelmeerländern ein:
heimiſch, wo er im dürrften, der heißen Sonne aus:
ejekten, faft alles andere 9 Hanzenleben aus:
— Boden vorkommt = oft ſchon an
dhönen zutage feine blafblauen Blüten ber:
vorbringt. Er ift durch ganz Europa befannt und
oft empfindlich in Töpfen unter:
erbit aus dem Lande in Töpfe
ep ge und in einem froftfihern, trodenen und
ellen Kaum überwintert. Die lederartigen, linien:
—— am Rande umgerollten, oben *
unkelgrünen, unten graufilzigen Blätter rie
ſtart gewürzhaft und —— — viel ätheriſche
Hl und in dieſem vielen frei darſtellbaren Pier no
Im Mittelalter galt diefe Pflanze für peitwidrig,
weshalb noch jept bei Begräbnifjen auf dem Lande
die Leidtragenden Rosmarinftengel in den Händen
tragen. Man hat von diefem Straude zwei Spiel:
arten, eine mit gold» und eine mit filberbunten
Blättern. Das Kraut wird in der Küche beim Ein:
pöfeln, beim Marinieren der Fide u. f. w. als
Gewürz benugt. Man erzieht den N. leichter aus
Stedlingen alö aus Samen.
Nodmarin (wilder), f. unter Ledum.
Nodmini (Carlo de’), ital. Schriftiteller, Re
29, DE. 1758 in Roveredo, veröffentlichte eine Reihe
von —— u berä * —— aus alter
und neuer Zeit: des Ovid rrara 1789;
2. Aufl., Mail. 1821), — retti (1799),
des Seneca (Roveredo 1798) und die «Memorie
sulla vita e sugli studj di Clemente Baroni Ca-
valcabo » (Roveredo 1798), Später jun : «Vita
e disciplina di Guarino Veronese, e de’ suoi dis-
cepoli» (3 Bde. Breäcia 1805). Im J. 1808 lieb
er ſich in Mailand nieber, wo er das Leben bes
Francesco Filelfo (8 Bde,, Mail, 1808) und das
des berühmten Generals ian | Jacopo Ag
2 Bde., Mail. 1815) ericheinen RYy ein grö
ert ilt die « Storia di Milano» (4 Be,
1820), weldye aber nur bis 1535 reicht. (Die
fehung berjelben bis 1740 ift Ir gebli
Er ftarb zu Mailand 9. Juni 182
Nosmini Serbati ( —— ital. Philoſoph,
geb. 25.März 1797 zu Roveredo, ſtudierte zu Trient
und Padua, trat 1821 in den” geiftlichen Stand,
wuchs Weltgeiftlißer 4 u Roveredo, zog ſich fpäter
Strefa am Lago: Maggiore zurüid, wo er einen
bilof. Freunde um fich ſammelte und 1. Juli
1808 Hart. An den Platonismus anknüpfend,
wird al3 gegen
ae ober im
it
en)
den Senfualismus fowie das Steptiiche im Hriti-
ismus befämpfend, bildete er einen reli a pi —*
— aus, durch welchen er ſi
um Teil hervorragende Anhänger ech "late
Er zahlreichen und fehr in die Breite gehenden
Shriften find die bebeutendften: «Nuovo sag >
sull origine delle idee» (Rom 1830; 5. Aufl.,
rin 1855), «Il rinnovamento della filosofia in Ita.
lias (2Bbe., Turin 1836; 2. Aufl. 1840), «Filosofia
del diritto » (2 Bbde., Turin ee Nah
feinem Tode erfchienen noch «Opere postume»
(5 Bde, Turin 1859—74). Val. Tommajeo, «An-
tonio R.» (Turin 1855): Pilla, «Kant e Rosmini»
(Zurin 1869); Cafara, «ll sistema filosofico Ros-
miniano » (en. 1874): — ae und
feine Schule» (Wien 1884)
Nosny (Leon de), nambafter franz. Drientalift
und Ethnograph, geb. 5. Aug. 1837 zu 2008 (im
Nordbepartement), wurde jchon in feinem 15, Jahre
Schüler des Sinologen Stanijlas — und er:
ielt 1868 an der Spezialichule für lebende orient,
prachen in Paris bie Srofeihur der japan. Sprache
und Litteratur. R. ftiftete 1859 die Societ& orien-
tale et americaine, die jpäter in eine Socidts
d’Ethnographie umgewandelt wurde, begründete
mebrere Gefell aften und Zeitichri ften und rief
die internationalen Kongreſſe ber ——— ins
Leben. In der neuern Zeit wandte er ſich auch den
noch rät Pag Terten Mittelamerilas zu. Unter
feinen —— ſind hervor — «aVocabulaire
chinois-cor&en-aino» 1861). udes asiatiques»
(1864), «Apersu de la langue cordenne» (1864),
«Dictionnaire des signes id6ographiques de la
Chine» (1867), «De l’origine du langage» (1869),
«Trait& de l’Cducation des vers & soie au Japon»
(aus dem Japaneſiſchen, 1871), «Anthologie ja-
—— (1871), «Archives —— hiques de
'Orient et de I’ Ämeriques (187 * löments de
la grammaire japonaise» (1873), ammar of
the chinese language» (Yond. lee ai-kau-ki»
(aus dem Yapanefiihen, 1875), «Interpretation
des anciens textes Mayas» (1875), «Essai sur le
döchiffrement de l’&criture hieratique de VAmé-
rique centrale» (1876), «Les documents &crits
de l’antiquits americaine» (1880), die Herausgabe
des — — «Codex Cortesianus» (1883).
Rosny⸗ſous Bois, Dorf im franz. Depart.
Seine, 6 km öftlid von Paris, Station der Linie
Raris: Petit: Croir der Öftbahn und ber Pariſer
Gürtelbahn, mit 1300 E. und einem zur nordöſtl.
Linie ber Vefeftigung von Paris gehörigen, 1842
erbauten gms — liegt der Mont-⸗Avron . d.).
Rofoglio (vom ital. rosolare, d. i. lochen,
röften), — ofjöli genannt, ber Name verſchie⸗
dener aus Italien kommender Liqueure, die aus
Drangenblüten, Drangenfrüchten und Gewürzen be:
reitet und in Schilfumflochtenen Slafchen befonders
von Trieft, Udine, Venedig, Turin, Bologna und
Neapel aus zur Verfendung kommen. Bisweilen
wird aud) der Marasquino als N. bezeichnet.
Ruin fäure, GCorallin, Aurin, Tropäo:
lin, Bäonin, Phenol rot, Serichorot, ein
fchöner roter Farbftoff, der auf ee Meife
aus der Garboljäure oder dent Phenol ſich dar:
ftellen läßt. Nach der von Kolbe und R. Schmidt
angegebenen Methode werden 3 Teile Carboljäure
mit 2 Teilen — Dralfäure und 4 Teilen
fonzentrierter Cchwejeljäure fünf Stunden lang
nuf einer Temperatur von 140 bis 150° C. erhalten
Rosny — Roß (Stadt)
5 * Bott in ——
— en, wobei ae
—* rün
— nn =
fowfly, indem man äure mit
len — u ——— ae
den im Wa
mwäflerte lie *
—* em — ſich ie
man die Temperatur auf es —J * un
die Maſſe 24 Stunden la Märme oder
fo lange, bis die Gasentw ran ſchwa
worden iſt und eine Probe ze. — * Bun
dunfel gefärbten, bidli
wird dann in eine reichliche —— von ut Di ge:
sofer und — mit Waſſer ausgelocht, wor:
ber Farbſtoff als grüne, ſpröde metal
——— —
erreiben ein ulver, m
m in Altobol, wird aber von Alta:
ien ſchön rot. Aus der alloholiſ ung läßt
ich die N. in nabelförmigen len ——
ie ſich aber in Allohol mit
man bezeichnet eig diefes Bräparat als ge *
niet äure von in roten
Rotloljäureo er Bäonin wel
indem das Gelbe mit wä erigem ——
140 100 erbipt wird, iht man N. mit
Anilin und etwas Eijigfäure — it on
reinem Anilin auf 180° C.,
——— —* aa
en Farbito e nee dee
bindung, fondern ein Gemenge Kör:
er. I ac den Unterfuchun —— be:
ee be oe maſſe na sm 0
Pſeudo-Roſo —** O,, metalli
* Kryſtalle, die im durchge —
unlelroſenrote, im —— Licht eine
voll metallgrüne Farbe zeigen; diefe N. ir von
aus Auchfin t dargeftellten, mit ber fie iſomer
verſchieden. Ferner lommt darin eine andere
#
Hin
rote R. vor, bie in en ——— en mit
blauem F}lä enihimmeru artem lanz auftritt.
Beide R. löfen fich in A mean
den aberin Altalien an ade
wurde noch ein dritter ——— in vi
förmigen era hs — — a
Jar Mi gu ——— * le
rbentöne zwi nrot um
kin zu erzeugen — benupt fie ferner zur Dar:
ellung von
.
dfarben und in ber
brilation. Leider befiken bie Farben
Die früher behauptete
wendung der N. wegen angebli
fih als unbegründet —— ne
wendung bat die. in der analytifchen
ee bei acidimetriihen und alfa
perationen gefunden, Verſeht man eine
oder faure Fluſſigleit mit einer fo
einer —— — - es —* dadurch
nicht gefärbt e ——
überſchuß von Alkali eine — —
auf, und umgekehrt tritt momentane Entfärbung
ein, er eine dur N. rofa te che
Flüffigleit durch Eine gerabe überfättigt if.
— ea 14 —— ge bug in
geogr. Namen, namentlich
Stadt in der en hh Gra
fing * Wye, ———— Bi —3 —
Roß (Stadt) — No (Lubm.)
Glouceſter und ge | ber Great:
—— zählt (1881) 3724 E. und hat lebhaften
Handel mit Getreide, Obſt und Malz.
Rofß (Rew Roß), urſprünglich Rosmictrein,
Stadt in der iriſchen Ri Leinfter, Grafſchaft
Berford, lints am Barrow, der bis hierher zur
ey für Seeſchiffe von 800 t ſchiffbar ift, zählt
1881) 6630 E. und bat einen Hafen, unter:
hält Gerbereien, Brauereien und bedeutende Korn:
und Fiſchmärlte. j ,
Rof (Sir John), brit. Seefahrer, geb. 24. Juni
1777 in Schottland, trat ſchon 1786 in den Marine:
dient. In dem Kriege gegen Frankreich zeichnete
er fg durch Mut und feemänniiche Tüchtigkeit aus
und ſchwang fich bis zum Kommandeur auf. Als
Poſtlapitän erhielt er 1818 den Befehl über die zur
GEntdedung einer nordweſtl. Durdfahrt ausge:
rhiteten Schiffe Jfabella und Alerander, mußte je:
doch noch in demfelben Jahre unverrihteter Sache
—— Durch die Erfolge Parrys angeregt,
ewog er 1829 feine Freunde zur Abfertigung einer
neuen Erpedition, verbrachte vier Winter unter
außerordentlihen Mübicligleiten im Eiſe des Art:
tiſchen Meers und traf, nad) Entdedung des mag«
netiſchen Pols und der Halbinfel Boothia = elir,
im Oft, 1833 wieder in England ein. Er beidrieb
dieje Reife in dem Werle « Narrative of a second
voyage in search ofa North-West passage» (Lond.
1834 ; deutſch von Beder und em il, 2Bde.,2p3.,
1845). (S.Nordpol:Erpeditionen.) Später
wurde er zum engl. Konſul in Stoddolm ernannt
von wo er im Sonmer 1846 die fühne Reife na
England in einem Heinen Boote in Begleitung nur
eines einzigen Matrojen unternahm. Alsdann bot
er jeine Dienſte — Aufiuhung Franklins an und
machte fich 23. Mai 1850 mit dem Schiffe Peliz und
dem Lichter Mary auf den Weg. Cr gelangte im
September nad dem Wellingtontanal, überwinterte
in der Aififtancebai, bie er erft im Aug. 1851 wieber
verlaſſen konnte, und fehrte, da er feine Möglid:
leit ſah, den Wellingtonfanal hinaufzulommen,
25. Sept. 1851 nad) der Weſtkuſte von Schottland
jurüd, Während feiner Abweienheit war er zum
Kontreadmiral aufgerüdt. Gr jtarb 30. Aug. 1856.
Bon feinen Schriften find noch zu erwähnen: «A
treatise on navigation by steam» (2. Aufl., Lond.
1837) und « Rear admiral Sir John Franklin, a
narrative» (Pond. 1855).
Rok (Sir James Clark), Neffe des vorigen und
ala Reijender nicht minder berühmt, geb. 15. April
1800 zu Balſorrah in der iriſchen Grafſchaft Gal:
way, widmete ſich aleihfall® von Jugend auf dem
Geeleben und begleitete feinen Obeim auf deſſen
— Nordpolfahrt 1829, zu deren wiſſenſchaft—
ichen Ergebniſſen er das meilte beitrug. Nach der
Rüdtehr 1834 zum Boftlapitän ernannt, unternahm
er 29. Sept. 1839 mit den Schiffen Grebus und
Terror eine Erpedition nah dem Südpol, welde
vorzüglich der Beobachtung des Erdmagnetismus
gewidmet war. Auf derſelben entdedte er 11. Jan,
1841 unter 70° 47’ ſudl. Br. und 172° 36’ öſtl. 2.
das füdlichite befannte Land, das er im Namen der
Königin Victoria in Befig nahm. Am 2. Febr.
brang er nach mannigfahen Gntdedungen bis zu
78° 10’ fübl, Br., dem ſudlichſten Punlte, der je:
mals erreicht wurbe, vor, mußte aber des Eiſes
wegen zurüdtehren und fam 4, April wieder in Tas:
manien an. {m lekten Viertel des J. 1841 fegelte
bie Erpebition über Neufeeland von neuem nach den
841
Sübdpolarländern ab, um bie bort begonnenen
magnetijhen und geogr. Unterfuchungen wieder
aufzunehmen, traf aber auf eine große Eisſchranke,
fodaß fie nicht jo weit vorbringen konnte, als im
vergangenen Sommer. Obſchon R. 9700 km weiter
oftwärts fuhr als das Jahr vorher, waren doch alle
Bemühungen, zum magnetischen Kole I gelangen,
vergebens. Eo fegelte er nad den Falllandsinſeln
— von wo er 17. Dez. 1842 zu einer dritten
——— nad) dem Sudpol auslief, welche
nur zu der Überzeugung führte, daß hinter der
mädtigen Eisſchranke, die N, 1841 entdedt hatte,
ſich ein großes Feſtland befinde, welches vom 3770 m
hoben Erebusvulfan unter 167° öjtl. 2. fi) 3300
km ojtwärts erftrede, * daß es im Süben nur
einen magnetischen Bol gebe. Hierauf trat N. die
Hüdreife nad England an, wo er 4, Sept. 1813
— * und 1814 die Ritterwürde erhielt. Cr
legte die Nefultate feiner Forfhungen in den Ge:
bieten des Erdmagnetismus und der Geographie
in dem Werte «Voyage of discovery and research
in the Southern and Antarctic Seas» (2 Bde.,
Lond. 1846; deuti von Seybt, Lpz. 1847) nieder.
R. erhielt 1848 das Kommando ber zur Aufſuchung
dranklins beitimmten Schiffe Enterprife_ und In:
veitigator. Er überwinterte im Leopoldshafen und
organifierte im Frühling 1849 mehrere Schlitten:
partien, deren wwichtigfte unter feiner perfönlichen
Zeitung die nördl. und weſtl. Geftabe von North:
Somerjet bis 72° 38’ nörbl. Br. burchforfchte. Na
bem er mit je erihöpften Leuten zu den Schif⸗
fen zurüdgelebhrt, wollte er nun no Welling⸗
tontanal unterſuchen, lonnte aber erſt Ende Augu
aus dem Eiſe herauslommen und mußte dann
feinen Weg heimwärts ſuchen. Am 27. Sept. 1849
erreichten die Schiffe unbeſchädigt die Orkneyinſeln.
R. ftieg 1. Dez. 1856 zum Hontreabmiral auf und
ftarb zu Aylesbury 3. April 1862.
dw.), verbienter Philolog und Alter:
tumsforſcher, geb. 22. Juli 1806 auf dein Gute Alte:
foppel im Kirchſpiel Bornhöved in Holitein rn
in —— und —— begab ſich 1832
Pi
s
nad Griechenland, wo er 1833 das Amt eines Kon:
ervators der Antiquitäten im Peloponnes, 1834
3 eines Eüertonnpatare mit dem MWohnfik in
Athen, und nachdem er dieſe Stellung 1836 aufge:
geben hatte, 1837 die orb. ee ber Ardäologie
an der Univerfität zu Athen erhielt. Im J. 1813
nahm er feine Entlaffung, machte nod mehrere
Reifen nad) den griech. Inſeln und Aleinafien und
folgte 1845 einem Nufe als Profeſſor der Ardäo:
logie an die Univerfität Halle. Wegen anhalten:
ber körperlicher Leiden machte er 6. Aug. 1859
feinem Leben freiwillig ein Ende, R. bat durch
feine Schriften höchſt ſchäßbare Beiträge zur Kennt—
nis fowol des alten Hellas, ald auch der modernen
Zuftände Griehenlands geliefert. Dahin gehören:
«Die Atropolis von Athen nad ben neuelten
Ausgrabungen. Erſte Abteilung: Der Tempel der
Nite Apteros» (mit Schaubert und Hanfen, Berl.
1839), «Reifen auf den griech. Inſeln des Agäiſchen
Meers» (4 Bde., —— Halle 1840-52), a Rei⸗
fen und Reiſerouten in Griechenland» (Bb. 1, Berl.
1841) und «Griech. Königsreifen» (2 Bde., Halle
1848). Bon feinen archäol. und erigen hiſchen
Arbeiten find hervorzuheben: aHandbuch der Archäo:
logie ber Aunjt» (in neugriech. Sprache, Vd. 1,
Athen 1841), «Inscriptiones graecae ineditae »
(Heft 1, Nauplia 1834; Heft 2, Atben 1812; Heft 3,
842.
Berl. 1845), «Die Demen von Attifa nad W
ſchriften » (Halle 1846), «Das Theſeion und
Tempel des Ares zu Athen» (Halle 1852), «Arcänl.
Aufjäpe» (2 Bde., Lpz. 1855—61), Dal. Keil im
Vorwort zum jweiten Bande von R.' «Archäol.
Auffägen» (Lpz. 1861), Jahn im Vorwort zu R.’
«Grinnerungen und Mitteilungen aus Griechen:
— Berl, 1863).
und Gromarty, urfprünglid zwei ges
— Grafſchaften im nördl. Schottland, die jeht
vereinigt find. Diejelbe zählt auf 8159,7 qkm (1881)
78539 E. Roß, wozu aud) die nördl. Inſelgruppe
der Hebriden (1. g gehört, nimmt ben bei weiten
ößern Teil des ebietes ein, 853 nur die
albinſel Bladc⸗⸗Isle im Oſten, "die Sand fhaft Coy⸗
S ber äußeriten Nordmweftküfte und mehrere
—— liegende Entlaven. Die Oſtkuſte,
befichen aus dem Diſtrilt Blad:Fsle oder der
Halbiniel, die zwiſchen bem Beauley: und Inver:
neß⸗ Firth Tiegt, und aus Eaſter⸗Roß ober der Halb:
intel, die ſich any dem Cromarty: und Dornod):
buien von A tmeh: Hirt bis Tarbet:Neb und Tain
eritredt, ift verhältnismäßig flad) und fruchtbar.
äh äuferjt zerfpaltene Weftlüfte mit ihren tief eins
ſchneidenden Buchten und Fiorden, fowie das Bin-
nenland ijt ein wildes Gebirgsland, weniger ro:
mantiſch al3 raub und düifter, voll f&hro er Berg:
rüden, enger Thäler und reich an Seen. Am eu,
Bıoom fteigt der Ben:Derag zu 1115 m hoch au
der 1043 m hohe Ben: Wywis ift der näch höchite,
den größten Teil des Jahres mit Schnee bededte
* der nördl. Hochlande. Die Bewäſſerun as des
Landes iſt reichlich. Während der ſchmale Saum
an der Dftlüfte trefflih angebaut iſt und reiche
Ernten an Getreide und andern Feldfrüchten liefert,
finden fich im Gebirgälande nur in manden Fluß:
thälern artoffel:, Hafer: und — —
beitändi ig Weiden in gr Ausdehnung, ſodaß
wie im Often der Aderbau, jo bier bie ie zucht,
bejonders die Schaf:, Rinder: und Zie enzucht, die
—* Aftigung der meijt noch keltiſch vedenden
andbevölferung bildet. In den Städten herr —
dagegen einige 5 und das angeljä
ment. In Roß ilt die Hauptftadt Tain, im —*
alter Tane — am Dornochbuſen, Station der
Linie Keith: Wid er Hochlandbahn mit 1742 E.,
Cijengieherei, Oarnfpinnerei und 2ederfabritation:
in —— Cromarty, im Mittelalter Crum-
bachty, ſudlich am Gingange des nad) ihr benannten
Bufens, mit 1352 E., einem Hafen,
Schiff stau⸗ und Se eltuchfabritation, Si 5 und
Ma again ur Ai Fiſche, Salz und Rau
Donovan:Nio ſſa genannt), irifcher
Anitator, \ „ODonoan een)
Rofamei fe (Formica herculeana, Tafel: In:
fetten IV, Fig. 14), die größte europ. Ameife
(Männchen 10-12, Weibchen 16—18, Arbeiter
7—l4mım ro ſchwarz, mit Ausnahme bräunlicher
Teile an Bruft und Beinen; —* nicht ſehr voll:
reichen Baue finden ſich in tran! en Waldbäunten.
Roffano, ig in der ital. Provinz
Eofenza, 5 km von der Küjte des Golf3 von Ta:
ranto, am Nordabhange des Silagebirges, Station
ber Cifenba n rn er Siß eines Erz:
biſchofs, zählt (1881) 18141 C und bat 14 Kirchen,
ein Kaſtell, ein Seminar, einen Hafen, Dliventultur
und in ber Nähe Aabaiter: und Marmorbrüce. N,
mittellat. Rhusianum, aud) Rossanum ge
börte von 6. bis 11. Jahrh. zum Byzantinifhen
ifewerften,
No und Eromarty — Roßbach (preuß. Dorf)
Reich und iſt =. —* 1684 ne men —
Hier wurde der
Noſtba im
der preuß. zoving Sachſen, zwilcdhen,
und Merfeburg geleo en, iſt
Schlacht, we — 5. Nov. Proben
vereinigten Truppe en unter
I
in
ſowie der fen fensarme une em
von A — Prag ——
Friedrich hatte ſeine —
Derzog — ee in ber
tung
und konnte der unter ——— urn dem pie
von Sadjien : Hildburghaufen vereinigten
von 43000 Mann und 109 Gef
22000 Mann und 72 Geihüpen
Ai
Zuglei rüdte der Herzog * — nad) der
twaffnung bes Gumberland mit
ie 30000 Mann en an Kama
er vor, während der Hab:
dit Berlin brandihapte, — der von
Leipzig aus zur um:
fehrte. Soubife und —— von
BERN Be
eldung fe
Leipzig — ar Ki ———
2 war. > En
2*— t 5* über
die Saa ae fich auf den herchbare Silung dm
ri, einjtweilen —— ——
Mes en.
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Dem Lager ber
— a ben BER m in ber Sronte zu be
auf, um en
ſchaftigen oder von — — Das
—— —** die linte —— es
mi rechts ab, um bie Flante
zu nt an und ihn im Rüden anzugreifen, Der
* ab erſt um 2 Uhr ben
bruch bes 5 und.
* Ungeſehen von den
die
feinen See
li mit der ganzen
ben. Schortauer Hügeln weg und rechtet
* geln weg ze zu ur
ul
terie und Artillerie folgten,
der rechte
— — mi
1 Set v Kpei =: —*
avallerie, faßte ſie in *
einander und zur
— — ax
nterjlüßung en
und vermehrte nur_ bie Ber
batte ber König auf dem
Uhr na ide
welche die —— — die in
Treffen marſchierte, —
preußiſche einſ wenkte und
Staffeln, fieben Bataillone unter
ber Spi ‚zum Angriff et
aufmarſchieren,
floh, nachdem has feier faum ‚eine Bier
gedauert hatte. Da brach Seiblig, der
vallerie bei Neihartswerben geiannmelt
die ungeordnete Mafie ein, —— alles
——
ne en Die ehe Dat
Roßbach (böhm. Stadt) — Roßdorf
Ausnahme weniger Regimenter, welche Widerftand
leiſteten, ſchon vorher die Flucht ergriffen. Der
preuß. Verluſt betrug 3 Offiziere, 162 Mann tot,
376 verwundet; die Verbündeten verloren 1700
Zote. Der Gewinn des Tages beftand in 72 Has
nonen, 22 Fahnen und Standarten und 7000 Ge:
fangenen (einfhließlih von 2000 Berwundeten),
worunter 8 Generale und 300 Offiziere; was aber
diefen Sieg für Friedrich —— machte als dieſe
Beute, war die Behauptung Sachſens. Die Bauern
von Reichartswerben errichteten auf der Stelle, wo
der Sieg ſtattfand, eine Säule; ein anderes Denkmal
lich 1792 Bring Louis von Preußen und die Eben:
ſchen, fpäter Göcingſchen Hufarenoffiziere auf:
richten, Als Napoleon I. nad der Schlacht bei
843
1582 m über dem Meere. Nach S. fteil abfallend
dacht fi der Bergitod nah N. allmählid zur
Ebene des Baazerboden ab. Weſtlich ſchiebt er den
Nufiberg gegen den Zugerfee vor, öjtlich den Kaiſer—
ftod (1417 m) gegen. den Sigerifee. Aus ſüdſüdöſt—
lich fallenden Nagelfluhbänten, Thon: und Mergel—⸗
ſchichten bejtehend, ijt der R. wegen feiner häufigen
Bergrutſche berüchtigt, von denen derjenige von
Goldau (f. d.) am 6. Sept. 1806 der größte it.
Nokbrunn, bayr. Dorf im Regierungsbezirk
Unterfranten, 12km weftlich von Würzburg, wurde
nambaft durch das Gefecht am 26. Juli 1866, in
welchem die preuß. Divifion geb in ben Dlorgen:
ftunden die bayr. Brigade Bijot vom us erg
ner
und Heßner und die Brigade Haufer vom
a ren me — 4 Kilometer.
Tas Scqhlachtſeld von Roßbach.
Schlachtfeld bei R. befuchte, umarmte er | veririeb, wobei das \nfanterieregiment Nr. 36
—2 und he nad) — en, ine ſehr ſtarle Verluſte erlitt. Dann fam es noch zu
neue Dentfäule ließ nad der Schlacht Fi zeiriig leichten Gefechten um R. und den öjtlid davon ge:
das Bülowfhe Korps aufrihten, Friedrih Wil: | legenen Himmelreihwald, wobei Teile der preuß.
beim IV. aber ein würdiges Dentmal, zu welchem
am 100jährigen Gedädhtnistage (5. Nov. 1857) der
Grundftein gelegt worden ift. Sturm, «Die
Schlacht bei R.» reset 1857); von der Golp,
«R. und Yena» (Berl. 1883). . “
—— Narktfleden in der bohm. Bezirks:
bauptmannidaft Aſch, unweit der fächl. Grenze,
tt Si eines deuticöfterreich. Orenzzollamts, nit
Woll⸗, Baunmwoll: und Seidenwarenfabriten,
Dampffärbereien und (1880) 4633 E.
Nofberg, Bergftod der Schwyzer Alpen (f.
Alpen, 22) an der Seeng der ſchweiz. Kantone
Schwyz und Zug, erhebt fich dem Rigi gegenüber
nöröli vom Goldauerthal und dem Lomerzerjee
mit dem Gnippen und bem Wildfpik zu 1567 und
Diviſion Beyer ——— Der Verluſt betrug bei⸗
rbery, urſprungli osalithri,
Hafenſiadt in der iriſchen Prov. Munfter, Grafſchaft
Cork, am Atlantijchen Ocean, ift (tath.) Biicojäht
Nokdorf, Fleden im fahlen:meining. Kreile
Meiningen, im Amte Wafungen am Roſabach ge:
legen, mit Pfarrkirche, zwei en und Barf,
wird fhon im 8. Jahrh. urkundli gem und
gehörte zur Graficaft —— . wurde ge:
Ichichtlich nambaft im Deutichen Kriege, in welchem
4. Juli 1866 zwiſchen Preußen und Bayern ein
beftiges Gefecht um den füdlih davon gelegenen
Nebelberg jtattfand, an welches ein Dentma auf
dem Kirchhoſe von R. erinnert.
844
Moſſe (William Barfonz, 2. von), Aſtronom,
eb. 17. Juni 1800 zu Port, gs anfangs Lord
rmantomn, bis er nad) dem Tode feines Vaters,
1841, den iriſchen Grafentitel erbte. Er — 1818
bie Univerſität Dublin, 1819 das Magdalenen:
College in Oxford, trat 1821 ins Unter
wurde 1831 Lordlieutenant von King's County,
1834 Oberſt der Miliz. Im Febr. 1845 wurde er
zum Nepräjentativpeer für Irland erwählt. Gr
richtete 1826 auf jeinem Landſiß Birr:Gaftle bei
Parjonstown ein Obfervatorium ein, für weldes
er die Inſtrumente unter feiner perfönlichen Leitung
verfertigen ließ. Die Konftruftion der Nefleltoren
gelang ihm dergeftalt, daß, nachdem er einen Ob:
jeltivjpiegel von 90 cın im Durchmeſſer bergeftellt,
er mit einem Koſtenaufwand von 12000 Bid, Et.
ein Riefenteleflop begann und (1845) vollendete,
deſſen Objeltivſpiegel die außerordentliche Dimen:
fion eines Durchmeſſers von 1,3m und 16 m Brenn:
weite erreichte und jich durch eine ungemein *
Lichtſtärle —— Dieſes Inſtrument wurde
von R. nament 14 re gar hen Nebelfleden
bejtimmt, die in der That die wichtigften Refultate
lieferte, und über bie er von Zeit zu Zeit in den
«Philosophical transactions» berichtete. Auch
machte ſich R. —— Bemühungen zur Linde:
rung des in feinem Vaterlande herrſchenden Elends
verdient, über welchen Gegenjtand er jeine «Letters
on the state of Ireland» (Lond. 1847) veröfient:
lichte. Doch nimmt er hierbei einen ftreng arifto:
Noſſe —
us und
tratiihen Standpunkt ein und trat in «A few words
on the relation of landlord and tenant in Ireland»
(Lond. 1866) mit großem Eifer gegen die Theorien
Brights auf. Geit 1362 war er Kanzler der Uni:
verjität Dublin. R. ftarb infolge der Operation
einer Kniegeſchwulſt 31. Dit. 1867 zu Birr: Gaftle
Parfonstown) in der irifchen a, Leinſter.
eine Würden ſowie der Beſiß feines Obſervato—
riums gingen an feinen ältejten Sohn, Lawrence
Barjons, Graf von R. (geb. 17. Nov. 1840),
über, der durch junge Ajtronomen das Gebiet der
—— u. ſ. w. weiter erforſchen läßt.
Räöſffel, Kreisſtadt im oſtpreuß. Regierungsbe—
zirk Konigsberg, an der obern Zaine oder Eifer,
Sitz eines Amtẽgerichts, zählt (1885) 3572 E und
bat eine ſchon deforierte (gotiiche) lath. und eine
evang. Kirche, lehtere in ber 1240 erbauten Ordens:
burg, ein königl. Gymmafium, eine Provinzial:
Zaubjtummenanftalt , bedeutende Rindviehzuͤcht,
Habrikation von Nobrlämmen zur Leinweberei,
eine landwirtichaftlihe Mafchinenfabril und Ziege:
leien. Gtwa 5 km füdöjtlich liegt der ————
ort Heiligelinde mit prächtig delorierter lath.
Kirche. — Der Kreis Nöffel zählt auf 852 qkm
650458 meiſt kath, E. —“
Nöffelfprung, der Sprung des Nöſſels
(Springere) auf dem Schachbrett, welcher darin
eſteht, daß die Figur zwei Felder geradeaus geht
und dann auf das nächte Feid zur rechten oder
linken Seite gejtellt wird. Röffelfprungauf:
gabe heißt die Aufgabe, von * einem Felde
des Schachhrettes beginnend im Röſſelſprung
ſämtliche Felder einmal zu berühren. Es ih dies |
eine Aufgabe der Analyſis der Lage. Die älteften |
(in alten Schachhandſchriften) erhaltenen Beifpiefe |
diejer Aufgabe, die Schon den Arabern nicht fremd |
geblieben war, ftammen aus dem Anfange des
16. Jahrh. Eine allgemeine Beachtung und wiflen:
Ihaftliche Behandlung wurde dem N. feit Mitte des |
den ganzen Umfreis erotifcher
Roffetti
18, Sabrh. zuteil, na der Mathematiker Euler
eine analytiſche Arbeit über das fog. «Probleme
du cavalier» der berliner Alademie vorgelegt hatte,
Seitdem find in a und Mo en
viele Ausführungen Problems
worden, darunter die Anweifung von (1773)
und Warnsdorf (1823) zur «e en und allge:
meinjten Löfung» des R., fowie bie Unterſuchungen
von Wenzelides über geſchloſſene, fymmetriſche und
leihjummige Nöffeliprungsbahnen in der « Deut:
Kahl Yenidaflie Behanbtung auf Guns
und ftreng wiſſen i ung au
der mat em. Analyjis bat der R. in dem Werke
bes rufj. Mathematiters Major von Jãniſch («Traite
des —— 7 N — ue au
jeu des öchecs», Petersb. 1 abren, deiien
zweiter Band fidh ausichliehlich mit dem R. beichäf.
tigt. Der R. wird zu einer Art Nätjel verwandt,
wobei es gilt, ein Gebicht —— nach ſeinen
Wörtern, Silben oder Buchitaben in der Weije des
R. über die Felder des Schachbretts verteilt ill,
wieder zufammenzuftellen.
Roſſetti (Gabriele), ital, Dichter, geb. 1. März
1783 zu Baſto im Neapolitaniichen, erhielt eine
Anjtellung im Mufeum zu Neapel war jeit
1820 der eigentliche Dichter der ital. Revofution.
Gr entfloh 1821 nad Malta und ging von da 1893
nad) London, wo er Profeſſor der ital. Sprache und
Litteratur wurde und 26. April 1854 jtarb, Seine
Gedichte, vielfa — hat Carducci geſammelt
—— a ie di ‚ dlor. 1861).
ußerdem veröffentlichte er: «La Commedis
di Dante Alighieri con comento analitico» (29be,,
Lond. 1826 fa.), «Dello spirito au e che
rodusse la riforma » 1832), «Il mistero
Lond.
ell’ amor platonico N "medio evo» (5 Bde.
Lond. 1840), «La Beatrice di Dante» % —
Noffett Sony Gabriele), engl. Künftler
Dichter, Sohn des vorigen, se 12. Mai ze.
London, erhielt eine fünftleriiche Ausbildung, als
deren Frucht er viele Jahre hindurch bejonders
—— zu —— — =
ierber gehören feine Jlluftrationen zu
Gediihten (1857), zu den Märchen feiner als
ftellerin befannten Schweiter Ehriftine R. (geb.
zu London im De. 1830), «Goblin market» (1
«The prince's progress» (1866), «Sing-Song, a
nursery rhyme » (1872) u.a.
Geſchniad ſchloß N. ſich
fog. prärafgelitiſchen Schule an. Die Gen
welche er ſelbſt in diefem Sinne ausführte, wurben
in weitern Kreiſen erſt durd) eine nach feinem Tode
— a as
ultat ſeiner littera
Werl «Early Italian — Alcama
to Dante» (1861; 2. Aufl. unter dem Titel «Dante
and his circle», 1874) und fpäter die «Translation
of Dante’s Vita Nuova» (1866). Au batte
er Anteil an A. Gilhrifts «Life of W Blake»
1863). Dem größern Publilum wurbe R. durd
eine mit vielem Beifall aufgenommenen « Poems»
(Lond, 1870) bekannt, bie rafı
erlebten. Was fie befonders —— a
plaftiihe Schönheit der Form, die Kraft und Me:
lodie der Sprade, ie dichterifche ber
Empfindung und ein mit —
verbundener Drang zu my —
ebenſo großer Vorliebe als Kuhnheit
Rofhaargewebe — Roffi (PBellegrino, Graf)
vor feinem Tode eridien ein fernerer Band « Bal-
lads and Sonnets» (1881). Er ftarb 9. April 1882
in Birdington unweit Margate. Vgl. Caine, «Re-
collections of D. G. R.» (1882), und W. Sharp,
«D.G.R. A record and a study» (1882).
Noßthaargewebe. Die Haare aus den Schweis
fen und Mähnen der Pferde werden zu brei Arten
von Geweben benubt, nämlich zu Haarfiebböden,
zu Stuhlzeug und zu dem unter dem Namen Erino:
line (f. d.) befannten Stoff. Die zu verarbeitenden
Haare werden zunächſt mit warmem Seifenwafler
gewaschen, öfters auch gefärbt. Haarfiebböden
w:rden nur aus Haaren, und zwar entweder lein:
wandartig_(einfadhe Stebböden), oder „gelöpert
(doppelte Siebböden) gewebt; der zur Berfertigun
derjelben dienende — — ()
ift dem Leinenwebſtuhl (f. unter Weberei) ähn:
ih. Das Stuhlzjeug, aud Möbelzeug oder
Haartud genannt, welches zum Überziehen von
Möbeln gebraudt wird, muß eine gröhere Länge
als die der Roßhaare erhalten, weshalb bei dem:
felben die Kette aus Leinen: oder Baumwollzwirn
bergeftellt wird, während der Einichlag aus Rob:
haaren befteht, welche einzeln nebeneinander in die
Kette gelegt werden.
‚Rohbirt (Nonrad Sean), ausgezeichneter Ju⸗
riſt, geb. 26. Aug. 1793 zu Bamberg dierte zu
Landshut und Erlangen die Rechte, beluste bierauf
Göttingen und ftand feit 1812 eine Zeit lang im
bayr. Gerichts⸗ und ——————— m Y
1817 wurde er Profefior in Erlangen, 1818 ord.
Profefjor in Heidelberg, wo er ſeitdem, bis er 1870
in den Rubeitand trat, wirkte und 5. yunt 1873
ſtarb. R. war der erfte (1821), welcher der philof.
Richtung des Strafrechts die pofitive und hiftorifche
gegenüberftellte. Hierher gehören die «Beiträge
um röm, Recht und zum röm.:deutichen Strafredht»
2 Bde., Heidelb. 1820—24), das «Lehrbuch bes
Kriminalrechts⸗ —— rg! «Entwidelung der
Grundfäge des Strafredht3» Heidelb. 1828) und
Geſchichte und Syſtem des deutſchen Strafredt3»
(3 Bde., Stuttg. 1838-39). Auf_dem Gebiet des
rön. Rechts veröffentlichte er: «Tas teftamenta:
riiche Erbrecht bei den Römern» (2 Bbde., Heidelb,
1840), »Cinleitung in das Erbrecht und Darſtellung
des ganzen nteftaterbrehts» (Landsh. 1831), «Tie
Lehre von den Bermäcdtnifien» (2 Bde, Heibelb.
1835). Auf dem Gebiet des lanoniihen Rechts
erfchienen von ihm ·Geſchichte des Rechts im Mittel:
alter» (Bd. 1, Mainz 1846), «Kirchenrecht der Ka—
tholilen und Vrote anten» (3. Aufl., Heidelb. 1858),
“«Kanonifches Reht» (Schafib. 1857), «Manuale
latinitatis juris canonici» (Heidelb. 1862), «Ency:
Hopädie des Kirhenrecht3» (Heidelb. 1862), «Kir:
chenrechts (Heidelb. 1862; neue Aufl. 1869), «En:
cytlopädie des Kirchenxechts⸗ (Heidelb. 1865). Das
Givilrecht betreiien: «Das gemeine deutiche Civil:
recht» (3 Bde. Heibelb. 1840—41), «Daritellung
des franz. und bad. Civilredht3» (Bd. 1 u. 5, Hei:
belb. 1842), Grundriß des franz. und bad, Civil:
rechts» (Heidelb. 1851), «Dogmengeidichte des Gi:
vilrecht3» (Heidelb. 1853).
R.S jüngerer Bruder, Eugen R., geb. 10. Nov.
1795, feit 1833 Brofeflor und Direktor der Entbin:
dun er ng u Erlangen, bat ſich durch mehrere
Merle über Geburtäbilfe einen Namen erworben.
Er ftarb 13. Juli 1872. j
Roffi (Erneito), ital. Schaufpieler und Schau:
fpieldichter, geb. 1829 zu Livorno, ſchloß in
815
feinem 15. Lebensjahre zu Piſa einer Schaufpielers
—*6 an und trat 1846 in Genua in Liebs
haberrollen auf. Später wurde er ein Schüler bes
Schaufpielers Modena, fpielte 1847 in Mailand,
1852 in Turin und unternahm vielfach erfolgreiche
Aunftreifen ins Ausland, R.s Hauptrollen find
Othello, Hamlet, Eid, Fauft, Ludwig XI. (in De:
lavignes —— Trauerſpiel). Unter feinen
dramatifden ichtungen find —— das
S ei «Ad£le», für die Riſtori gefchrieben,
und bie Luftfpiele «Les hydnes» und «La pritre
d’un soldat».
‚ Roffi (Giovanni Battifta de), hervorragender
ital. Archãolog, geb. 23. * 1822 zu Rom, erhielt
jeine Bildung auf dem Collegio Romano. Der ges
lehrte Jeſuit Mari leitete ihm auf das archäol.
Studium, namentlih auf das Gebiet der hriftl.
Altertümer. Bon epochemachender Bedeutung find
R.s Entdedungen in den röm. Statalonıben gewor:
den. Die —— Feiner Arbeiten hat er in zwei
großen Werten niederzulegen begonnen, den «In-
scriptiones christianse urbis Romae septimo
saeculo antiquiores» (Bd. 1, Rom 1857 — 61) und
«Roma sotteranea cristiana» (Bd, 1—3, Nom
1861-77). Das ausfalieblid Arbeiten von ihm
enthaltende «Bullettino di archeologia cristiana»
berichtet über neue Entdedungen; end pad N, ein
Bra rt über die Mofaiten und Marmorfuß:
böden in den röm. Kirchen («Musaici cristiani e
saggi di pavimenti delle chiese di Roma anteriori
al secolo XV», hromo:lithographifcdh) heraus. Auf
dem Gebiet der Haffiihen Altertumswifienfhaft
find feine Arbeiten, namentlid für röm. Cpigras
phil und Topographie bebeutend. Er publizierte:
«Piante icon che e prospettiche di Roma an-
teriori al secolo XVI» eh. 1 nebit Atlas, 1879);
für das von der berliner Alabemie herausgegebene
«Corpus Inscriptionum Latinarum» bearbeitete er
in Gemeinfhaft mit Henzen und Bormann den
6. Teil („Inscriptiones urbis Romae», Bd. 1—3,
1876—85), R. ift Präfident der Pontificia Acca-
demia d’Archeologia zu Rom, auswärtiges Mits
alied der berliner Alademie der Wiſſenſchaften,
———— des Deutſchen Ardäol.
Inſtituts in Rom und Mitglied des Franzöfiichen
Inſtituts. Ein ag ar Verzeichnis, feiner
zahlreichen Heinern Schriften findet fih in dem
»Albo dei sottoscrittori» (1882).
Roffi (Bellegrino, Graf), ital, Staatsmann,
geb. 13. Juli 1787 zu Carrara im Modenefifchen,
widmete ſich zu Bologna dem Rechtsſtudium und
übernahm dafelbft, nachdem er einige Zeit Advolat
gemwefen, 1812 die Profefjur des Strafrechts. Nach
dem Sturze der Napoleonifhen Herrſchaft verlieh
er Ve wandte fi erit nad England, 1816
nah Genf, wo er 1819 die Brofefjur des römischen
und des Strafrechts an ber Akademie erhielt. Sm
%. 1820 wurde er in den Großen Rath ber Republit
gewählt und 1830 von Genf fogar zur Tagfakung
abgeſchidt. Im —5 — ſiedelte er nach Frankreich
über, wo ihm die Regierung 1834 den Lehrſtuhl ber
polit. Ölonomie am College de France, bald darauf
die Brofefjur des Tonftitutionellen Rechts an ber
parifer Rechtsſchule verlieh. Er veröffentlichte einen
«Trait& de droit penal» (3 Bbe., Par. 1829;
3. Aufl., 2 Bde., Par. 1863), «Cours de droit con-
stitutionnel» (Par. 1836) und «Cours d’&conomie
litique» (Bar, 1840—54; 4. Aufl. 1865). Im
& 1839 zum Bairernannt, legte R. feine Brofefiuren
846
nieber, trat 1840 in den Staatörat und wurde 1845
von Ludwig Philipp als franz. Gejandter nad)
Nom geihidt, wo er die Gunft Pius’ IX. erlangte.
Nach der Februarrevolution von 1848 wandte ſich
R. nad) Carrara, kehrte aber infolge des Cinrüdens
der Öfterreiher nad) Rom zurüd. Pius IX. über:
trug ibn hierauf die Bildung eines Miniſteriums,
das 17. Sept. 1848 zufammentrat und in dem R.
das Innere, zugleich proviſoriſch die Polizei und
die Finanzen übernahm. Cr fuchte die Finanzen
u ordnen, die Anardie zu unterdrüden und zog
hä dadurch die Feindſchaft ber radilalen Fanatiler
u. Am 15.Nov. 1848 wollte R. die Deputierten:
Kammer im Balaft der Cancellaria eröffnen, wurde
aber auf der Freitreppe des Palaſtes durd einen
Dolchſtoß ermordet; fein Tod war das Signal zum
Ausbruch der Revolution. Wal. Garnier, «Notice
sur la vie et les travaux de R.» (Par. 1849).
Moſſi (Gräfin), ausgezeichnete deutſche Sängerin,
ſ. Sontag (Henriette). ,
Noffieny (lit. Rosejnej, in deutſchen Chronilen
Roffigen, Ruſchigen, häufig auch Raſſeyne), Kreis:
ftadt im ruſſ. Gouvernement Kowno, an dem Fluß—
chen Roffienta, mit (1883) 11109 E., hauptſächlich
Juden, und nicht unbebeutendem Tranſithandel
über Jurburg, Tauroggen nad Preußen. R. ift
eine der älteiten Stäbte des Landes und war einjt
die Refidenz des Fürftentums Samogitien,
Noffini — 5— Antonio), der bedeutendſte
ital, Opernlomponiſt des 19. Jahrh., wurde
29. Febr. 1792.3u Peſaro in den Marlen geboren,
daher «ber Schwan von Pefaro» genannt). Sein
Bater war Stadttrompeter bafelbft, feine Mutter,
Tochter eines dortigen Bäders, beſaß ein hübiches
Gefangstalent. Als 1798 der Vater revolutionärer
Gelinnungen wegen. ind Gefängnis kam, 308 die
Mutter mit dem Knaben nad) Sn wo fie am
Zeatro:Civico ald Brimabonna buſſa Engagement
fand, In Bologna, wo na der Vater nach feiner
Freilaſſung eintraf, erhielt der junge R. frühzeitig
Klavierunterricht, fpäter brei Jahre hindurch Un:
terricht im Gefang und Generalbaß bei dem Geit:
lihen Angelo Teſei. Bon 1804—1807 arbeitete er
für fi, begleitete aud feine Eltern auf deren
Nunjtausflügen in die Romagna, wobei er, wäh:
rend die Mutter fang und der Vater Horn blies,
als Gorrepetitor und Accompagnateur, fowie als
komiſcher Sänger (Buffo) fungierte, und trat dann
1807 zu Bologna in die Mufitihule Liceo-Commu:
nale. Hier ftubierte er unter Pater Stanislao
Mattei Kontrapunlt_und machte Kompofitions:
verſuche. Seiner eriten 1810 lomponierten und
in Benedig mit Erfolg gegebenen Oper «La cam-
biale di matrimonio » ließ er in den nächſten Jah:
ten eine ganze Neihe folgen, von denen 1813 die
Dpern «Tancredi» und «L’Italiana in Algeri», die
er für Venedig komponiert hatte, ihn ſchnell be:
rühmt machten. R. nahm 1815 ein Engagement
für Neapel als Muſildireltor und Kompofitcur
beim Impreſario Barbajo an. Im Febr. 1816
ging zu Nom das Meijteritäd feiner Jugend, der
heitere «Barbiere di Seviglia», mit großem Applaus
über die Bühne. Hieran reihten ſich 1816 noch die
hubſche Buffooper «La Gazzetta» und der präd):
tige «Otello», beide für Neapel geihhrieben. Sn:
zwiſchen war aud) die Oper «La Cenerentola» (für
Rom) fertig geworden, bie Anfang 1817 gegeben
wurde und der in —— Jahre «La gazza
ladra» (in Mailand) und «Armida» (in Neapel)
Noffi (Gräfin) — Roſſini
folgten. Alle dieſe Werke machten viel Glück. Im
J. 1818 erfdhienen «Adelaida di Borgogna» (Jiom),
«Mos? in Egitto» (Neapel), «Adina, o il califfo di
Bagdad» (für Liſſabon) und »Ricciardo e Zoraile»
(Neapel); Hierauf 1819 «La donna del lago»
(Neapel) und «Ermione»; dann 1820 «Bianca e
Faliero» (Mailand) und «Maometto secondo»
mung endli 1821 «Matilda di Shabran»
om) und «Zelmira» (Neapel).
Anfolge der Revolution von 1821 verlieh der
Impreſario Barbajo auf einige Zeit Neapel umd
wandte fih mit feinen beiten Sträften nah Wien,
wo auch R. Ende 1821 anlangte. Auf dem Wege
dahin hatte er fi mit Barbajad Primadonna ia:
bella Golbrand (geit. 1845) verheiratet. * Wien
wurden R. und feine Werle vom Publikum mit
roßen Enthuſiasmus aufgenommen, und feine
Dyern machten einen um fo allgemeinern Eindrud,
weil fie durch Barbajas Truppe in der vollendetiten
Weiſe ausgeführt wurden. In Benedig brachte er
1823 «Semiramide» zur Aufführung, die nur eine
laue Aufnahme fand, was ıhn beitimmte, fortan
nichts mehr für Italien zu fomponieren. Nov.
1823 ging er über Paris nach London, wo er mit
Konzerten und Opern viel Geld gewann, führte
darauf die Direktion ber ital. Oper in Paris an:
berthalb Jahre ohne Erfolg, brachte auch während
diefer Zeit nur die Gelegenheit3oper «Il viaggio a
Reims» (1825 zur rg par X.) als neues
Merk zur Aufführung. erhielt fodann dei
Titel als erfter Kompofiteur bed Königs und In-
specteur du chant en France und widmete feine
Thätigteit fortan der Großen (franz.) Oper. Dies
bewirkte bei ihm eine ähnliche Umwandlung, mie
früher bei feinem Landsmann Piccinni, dem Ri:
valen Glucks, indem er mehr ala bisher auf das
Dramatiſch⸗Charalteriſtiſche fehen, feine Melodien
ſchlichter und weniger üppig in den Fiorituren bal-
ten, die Orcheſter- und Chorkräfte zu größerer Be:
beutfamleit verwenden mußte u. |. m. BZunädjit
eftaltete er in dieſer Weiſe zwei feiner ältern
pern, «Maometto secondo» und «Mos& in
Egitto», die 1826 und 1827 mit Erfolg über bie
Bühne gingen. Dann erft unternahm er die Nom:
pofition eines original-franz. Librettos, des «Comte
Ory», melde reizende Dper mit großem Beifall
1828 gegeben wurde. Hierauf folgte «Guillaume
Tells, neben dem «Varbier von Sevilla» fein beftes
Werk, aber auch der Schlußftein feiner Thätigleit
als Opernkomponiſt. R. bejaß die Überwindung,
im Alter von noch nicht 40 %. fih mit den bis da:
bin errungenen Lorbeeren zu begnügen, und mit
dem Werte zu enden, das er wohl ſchwerlich über:
boten hätte. Später trat er nur noch mit einem
«Stabat mater» und verichiedenen lleinern Kompo
fitionen vor das Publikum. Na der Aufführung
de3 «Tell» lebte er meijt in Bologna, ging 1843
nad Florenz, 1855 aber nieder nady Paris, wo er
14. Nov. 1868 auf feinem Landfige zu Paſſy ftarb.
N. verlich der ital. Oper friihes Leben. Gr
pn neue Formen, gab das frühere einfache (Secco-)
ecitativ auf und ſeßte dafür durchkomponierte re
citativifche Scenen, was dann von Spätern bis jur
mobernen Gejtalt ber Oper weiter gebildet murde.
Seinen unmittelbaren Borgängern gegenüber zeigte
er fi blühender und geiftreiher in ber Melovit
und Harmonif, glänzender und üppiger in ber Dr:
cheſtrierung, jowie kräftiger und pointenreicher in
der Rhythnit, erreichte aber nicht immer die ftilvolle
Roffig — Roßleben
Cinheit der beften ältern Werke diefes Fachs und
verdarb fi die dauernde Wirkung. feiner Mufit
nicht felten durch Trivialitäten, Seine Stärle und
der Hauptreiz feiner Mufik liegt in den Melodien;
mit diefen bezauberte er feine Heitgenofien und übt
im «Tell» und «Barbier von Sevilla» noch I auf
unfern Bühnen diefelbe Wirkung aus. Bal, Zano—
lini, «Biografia di R.» (Bologna 1875).
NRoffig, Markt in der Bezirlshauptmannſchaft
Brünn in Mähren, an einem Seitenflügel (Strelip-
Zbeſchau) der Oſterreichiſch-Ungariſchen Staats:
eijenbahn, mit (1880) 2203 jlaw. E., bebeutendem
Steintohlenbergbau, einer Zuders und Spiritus:
fabrit und einem Schloß auf einem vorſpringenden
Hügel, ein Bau aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrh.,
jebt im Befis des nduftriellen Baron Hirſch
Rofkäfer (Geotrupes stercorarius) oder Miſt⸗
täfer beißen die groben, oben ſchwarzen, auf der
untern behaarten Seite ftablblauen und meijt mit
ihmaropenden Milben bejepten Käfer aus ber
Hamikie der Vlatthorntäfer (j. d.), die befonders
im Pferde: und Kuhmiſt, aber auch in Pilzen leben
und abends laut jchnurrend_umberfliegen. Die
Weibchen graben unter dem Mijte tiefe Löcher in
die Erde, bis 1,5 m, legen ein Ei hinein und füllen
dann das Loc) zur Nahrung der Zarve mit Mit aus,
Nofkaftanie (Aesculus) ift der Name einer
ee aus der 7. Klafie, 2. Ordnung,
des Linneihen Syitems, welche die Familie ber
SHippofaftaneen bildet. Sie —— Blu⸗
ten in aufrechten, ſtraußähnlichen Riſpen
oder —— fünflappigen Kelch, fünf oder
vier langgeftielte, ungleiche Kronenblätter, ſechs
bis acht, meiſt fieben freie Staubgefähe, dreifäche—
rigen Fruttnoten mit fabenförmigem Grifiel.
Die Frucht üt eine große breiflappig auffpringende,
grün ober grünlichbraun, weile ober glatte
Kapfel, welche ein bis drei große, durch gegen:
jeitigen Drud meift fantig abgeplattete Samen mit
brauner Schale und weiblichen Nabelfled enthält,
bie ben ehbaren Früchten der Goellaftanie (Castanea
vesca Gärtn.) ähneln. Die Blätter find groß,
gegenftändig, langgeſtielt, gefingert: zufammenge:
jebt. Man unterſcheidet hauptſächlich zwei Unter:
geitungen: die ehten Noßlaftanien (Aesculus
. oder Hippocastanum Zourn.), mit Hebrigen
Knofjpen und fünf ungleihen Aronenblättern und
ſtacheliger Frucht; die Pavien (Pavia Boerh.),
mit nichtflebrigen Anofpen, vier Kronenblättern
und meift ftachellofen eye Die befanntefte
Art ift die gemeine Roßkaſtanie (A. Hippo-
castanum L.), ein bis 20 m hoch werbender Baum.
Rach Deutichland, und zwar nah Wien, brachte
bie erſten ————— oder Früchte der
Sefandte des Kaiſers Marimilien Il. in Tibet,
Afghaniſtan und Berfien, von Ungnad, 1576. Der
Kaiſer fchentte fie dem Naturforscher Elufius, wel:
her fie anpflanzte und fpäter Früchte zur Meiter:
verbreitung verichenkte, In er tauchte die R.
1569 zuerjt auf, in Frankreich (über Konftantinopel)
1615, in England 1629. Geitdem hat fich diefer
beliebte Baum faft über ganı Europa verbreitet,
agepfant namentlid) in ‚Gärten und Allen,
doch aud bier und da im Walde, befonders in
—*5 da die ſtärlereichen Samen eine gute
Aſung für Rot:, Dammwild und Wildſchweine ab:
geben. Die Türken füttern die Pferde damit, wo:
ber wohl der Name R. ftanımt. Die R. verlangt
einen lodern, humusreichen Boden und gebeiht
bedher: | b
847
no gut in ber Gegend von — *—— ſowie
in den ſüdl. Alpen in Höhen bis 1200 m. Sie
blüht im Mai oder Juni, Fruchtreife im September
oder Dftober, Die Ninde ber R. entbält einen
eigentümlichen Stoff, As culin, defien Löfung bei
durdfallendem Licht farblos oder gelblich, bei re:
Hleftiertem blau ausfieht, Die an Stärfemehl
reichen Samen würden eine der Kartoffel ähuli
Speije geben, wenn fie nicht einen auf billige Weife
nicht zu entfernenden Bitterftoff enthielten. e
nahe verwandte rotblübende Roßlaſtanie (A.
carnea Willd., rubicunda Lodd.) wird häufig ala
Bierbaum angepflangt unterfcheidet fich befonders
durd rote Blüten und etwas geringern Wuchs;
ihre Herkunft ift unbelannt,; wahrſcheinlich ift fie
ein Blendling von A. Hippocastanum und Pavia
rubra.. Bon den Bavien, welche aus Nordamerika
ftammen, finden ſich als ———— in Europa
—3 die gelbblübende (P. lutea
angenh., flava Mocench.) und die rotblübende
(P. rubra Poir.). Beibe erreichen nicht die Größe
der gemeinen R. Ein — Blütenftraud; mit
wei 2 Blumen in langen, ſchmalen, bichten
Sträußen ift die langtraubige oder ſtrauchige
ch: (P. macrostachya Mehr., parviflora Walt.),
er A Ei — stem ar — m
ohen Straud, in unjern Oärten w ie höher;
die Blüten er einen: erft im Juli,
Roßla, Piarrdorf und Hauptort der Grafihaft
Stolberg-Rofkla im preuß. Regierungsbezirt Merſe⸗
urg, Kreis ——— rechts an der Helme, in
der Goldenen Aue, zwiſchen den füdl. Ausläufern
des Harzes und dem Kyffhäuſer, Station der Linie
alle:Rorbhaufen:Rafiel der Preufifchen Staats:
ahnen, Sih eines Amtsgerichts, mit 1873 erbauter
fchöner got. Kirche und Reſi —A des re
von Stolberg:Rohla, zählt (1885) 2643 G, und hat
Enanarienvögelzudht und eine Zuderfabrif,
Noflan, Stadt im anhalt. Kreife Zerbit, rechts
an ber Elbe, über welche bier eine alte und eine
Gifenbahnbrüde führt, und au der Mündung der
Noplau (Rofiel), Station der Linien Magdeburg:
Berbft Leipzig und Wittenberg :Afchersleben der
Preußiſchen Staatsbahnen, Siß eines Amtöge:
richts, zählt (1885) 6561 E. und hat eine Eiſen—
ießerei mit Mafchinenbauanftalt, eine Werft für
Dampfidiffe und eine folde für Clblähne, Fa—
brifen für Strobpapier, Drabtgewebe, Strontian,
Steinen Siegellad und Citronenfäure, eine chem.
Fabrik, Biege eien, eine Dampfſchneidemühle und
Danıpfiägemüblen.
Nofleben, großes Pfarrborf im Kreiſe Quer—
furt des preuß. Regierungsbezirls Merfeburg, am
linfen Ufer der Unjtrut, 17 km im SW. der Stabt
Querfurt gelegen, zählt (1880) 2259 E, und ift vor:
5* elannt durch ſeine Gelehrtenſchule (auch
Kloſter Roßleben genannt), welche in Bezug
auf Stiftung und Einrichtung den Fürftenfchulen
ähnlich ift. Das als Auguitinerhorberrenkloiter
vom Örafen Ludwig von Wippra und deſſen Ge-
mablin Mathilde begründete und 27, April 1142
vom Papit Snnocenz I. rigen und vor 1263
in ein Cijtercienfernonnenllojter verwandelte Stift
war früher eine der reichiten geiſtlichen Stiftungen
Thüringens, wurde aber 1540 fälularifiert und
vom Scirmvogt Heine. von Wißleben auf Wendel:
ftein (geb. 1509, geit. 1561) zu einer Unterrihts-
und Grziehungsanjtalt für ſtudierende Jünglinge be:
ſtimmt. Der Einrichtung diente die Fürftenfchule zu
848
einen als Borbild. Die Eröffnung der Schule
erfo gie 1554 mit 18 Knaben unter dem Reltor
Yiaak Fauft aus Wittenberg. ya Dreikigjährigen | A
Kriege wurde das Klofter wiederholt geplündert,
fodab 1639 die Schule geigiefien werden mußie.
Grit 1675 erfolgte die Wiedereröffnung derſelben
durch den Rektor Andreas Stier aus der Ma
Brandenburg. Allein fhon 2. April 1686 legte
eine jeuer&brunft das Klofter mit der [hönen Kirche
und der Bibliothek in Aſche. Nach langen Streitige
teiten mit der furfädhl. en g und der Familie
Wipleben, welde das Admintjtrationsrecht bes
hauptete, wurde die Schule feit 1730 in ihrer jebi-
pen Sejtalt neu aufgebaut und 1742 eröfinet. Es
ftehen 30 Freiftellen, von denen 6 der Erbabmi-
hola 6 die Wolmirftädt - Blauen:
—* Rothenhofiſche, 10 die
des Haufe Wipleben vergibt.
nültrator als
öfifhe, 6 die
erbeniche Linie
Das Necht * erblichen Ndminijtration unter Übers
aufſicht des Staats fteht den männlihen Defcen:
denten be3 Stifters der wo. u. Die Zahl der
Schuler (mit Einfluß dat Item) bewegt
fi) zeigen 100 und 125. —— «Geſchichte
* Kloſterſchule R.» (Halle 1
Bf (Roslin), —* I in ber ne
Grafſchaft Edinburgh, am nörbl. Est, zählt 520 E
und hat eine 1446 erbaute, mit "verfepwenderifcher
Pracht auspeitattete he Kirhe (R.:Chapel)
— Schloß —
bei naturwi —J — Namen
Abttrzung für Emil Abolf Ropmähler (f.b.).
Ropmalve, | f. unter Malva,
Nokmann (eitelm), Kunft Huioriler geb.
29. Mai 1832 zu Seejen in Braun — ſtudierte
1851—54 zu Jena, Tübingen und Göttin ——
logie und Geſchichte. Er habilitierte *
Göttingen und war 1860—69 Erzieher des Prinzen
Bernhard von Sadjjen: Meiningen, mit welchem er
1868—69 Italien bereijte. ge lebte er in
Wolfenbüttel, wurde 1872 Brofefior der Kunſt—
—— und Setretär an ber großherzogl. Kunit: | Befe
ule zu Weimar und begleitete 1872—73 den 8*
Nie von — auf einer Drientreiſe.
1873 wurde N. —— Rat in m
Oeneraldirection der —* —— für
Kunſt und Wiſſenſchaft zu Dresden. Er entwarf
die Pläne für die Lünftlerifhe Ausihmüdung des
Hoftheaters in Dresden und der Albrehtabur zu
Meißen. N. ftarb 6. Febr. 1885 zu Dresden.
feinen Schriften find zu nennen: «Bon Geftabe *
Kyllopen und Eirenen» (Lpz. 1869), «Cine proteſt.
Diterandadt in St. Peter zu Rom» (2. Aufl.
Oldenb. 1872), «Die lünftleriiche —
der Albrechts urg u Meibens» (Dresd. 1878).
Nokm pie (Emil Adolf), deutſcher Natur:
forſcher und Vollsſchriftſteller, geb. 3. Mär =
in Keipiiß, gie zwar 1825—27 in
Theologie, beichäftigte ſich aber hauptjächlid *
—— tlichen Privatſtudien. Nach
1827—80 als Lehrer in dem Städtchen Weida in
Sachſen Weimar zugebradht, übernahm er die Bro:
feflur der Raturgeidichte an ber königl. ſächſ. Ata:
mie für “en und Landwirte in Tharandb bei
Treiben, . 1848 mwurbe er für den Wahl:
bezirt Birna in die Deutfche Nationalverfammlung
ewählt, wo er ber linten Seite angehörte. Wegen
r Teilnahme an den — lüſſen des Rumpf:
parlament3 zu Stut er ih des H
verrat3 angellagt, wurbe aber freigeſprochen. Im
re | im Arbeiteritande
ig | bezitt
Roſſlyn — Roßtrappe
März 1850 warb er jedoch durch Quieszierung
2. Tin Amte entfernt, nachdem er jchon jeit
1849 fuspendiert aeıwefen. Seitdem lebte R.
eine, wo er 1850 an die Spike der Deutid-
it en trat und unabläffig durch Wort und
rift für —— der Vollsbildung, namentlich
thätig war. Im m. 1853 unter:
nahm er eine naturwiffenfdpaftliche eife durd das
füdöftl. Spanien, über die er in a
aus Spanien» (2 Bde. Lpz. 1854) berichtete.
jtarb 8. April 1867 zu Peipzi zig.
Als Naturforſcher bat ih R. vorzugsweiſe um
das Fach der Land»: und Süßmwaflerwei
wiflenidhaftliches Verdienſt erworben. Sein Haupt:
wert iit die «lonograpbie der europ. Land: und
Süßwaliermallustens (Bd. 1-3, 2p3. u. Drei,
835—59, mit größtenteild von "ihm felbft litho⸗
—— Tafeln). In weiteſten Kreiſen i *
ein Name als Volksſchriftſteller belannt. Wie
laum irgendein anderer hat er durch za jun
—— Werle und namentlich durch
gabe ber ; jrift « Heimat » zur —— na⸗
Kenntniſſe bei
turwiflen getragen.
N „eine durch Pferdelraft betriebene
Mühle, ähn ih "dem Göpel (f. d.).
Rosso ‚ antiler blut: oder braunroter
Marmor mit ſchwarzen Sehen und Adern, ver:
wandt dem Giallo antico (j. d.). Große Brüde
von Rosso antico und Verde antico entdedte 1%1
ein Bildhauer — Tenedos und im Peloponnes
nachdem Fundgruben dieſer beiden —æ— Ser Mar
morarten ‚feit dem Altertum völlig nni waren,
Er lommt auch in Hansen vor (vgl. Marmor).
* li, ſ. Roſoglio.
el, — —— für einen
vn ber elgewinnung&methode,
* * in der — — —— fand.
ein aus der —
Entwi — Beton — **
Gene 3 Mbzeid ——
2 — von einem vergoldeten
mond oberhalb einer —— vergoldeten
herabwallend, an einer Stange dem Inhaber voraus
getragen ober vor feinem gelte aufgepflanzt wurde
und zu — Ehren berechtigte. Den —
een echs, Perg Be Bi —— —
oder ein R. zu. Sulian Ma
Fe te ne
Per
eigentümli ihen ab,
—— (ide nur in gewiſſen * turen en
von einem R. unferm Brigabdier
— der Paſcha von —* unſerm General⸗
tenant (Ferik) und der Paſcha von drei R
u General a — enäprickt,
niten Felfenpartien
des Harzes, unmeit 88* ————
agbeburg, Kreis
Brooin dien, 7 km — von Scale
burg gelegen, befteht in einer Granitllippe des
5 —* als Vorſprung, 200 m über dem
MWajierfpiegel der Bode und 401 m über dem
Meer, auß der Felſenwand heraustritt, auf der
bögjten Spipe eine Breite von faſt 2 m hat und
eine herrliche Ausſicht in das tiefe Bodethal
währt. Der Rame foll von der oben auf der
platte deutlich erfennbaren Hufipur eines Rieſen
erde berrühren, die vom Roſſe der jhönen Bruns
(diß ftammen foll, welde, vom König Bodo ver
olgt, hier in den obefluß Sinabiprang. Gegenüber,
Roßwein — Roft (im Baumejen)
auf dem rechten Ufer, ragt ber fog. Heren:
tanzplaß, eine fteile Felswand, 264 m über die
Bode (465 m über dem Meer) empor und gewährt
eine noch ſchönere Ausficht ala die R. in die wilden
Felfenllüfte, auf das Brodengebirge und die reich—
bebaute Ebene Magdeburgs. Bon diefem Plape
führen Stufen an der Bergwand herab zu bem
Gafthofe Waldkater und von biefem ein Weg zu
dem am Ausgange des Bodethals gelegenen Babe:
orte Hubertäbrunnen, wo bereits jeit 1549 eine |
reiche Solquelle bekannt ijt. Am Fuße der R. liegt
das Dorf Thale (f. d.), bis wohin von Wegeleben
ab eine — der Linie Halle⸗Vienenburg der
Preußiſchen Staatsbahnen führt.
Roftwein, Stadt in ber ſächſ. Kreishauptmann⸗
ſchaft Leipzig, Amtshauptmannſchaft Döbeln, rechts
an ber Freiberger Mulde, Station der Linien Leip⸗
zig: Döbeln: Dresden und Chemnig:R. der Säd:
jüchen Staatöbahnen, Sitz eines Amtsgerichts,
Eu (1885) 6443 E. und bat eine Müller: und
üblenbaufhule, Wollfpinnereien, Tudfabriten,
Strumpfwirkereien, Särbereien, Gerbereien, a:
brifen für Cigarren, Metallwaren, Wolfram, Pa:
tentachien, Filzwaren, Fußboden: und Pferbededen,
eine Präg: und Graveuranftalt, eine Glasſchleife—
rei, ſowie im ſüdlich nahebei gele enen Dorfe Böh:
rigen eine bedeutende Wolwarenfabrit
Roßwerk, joviel wie Göpel.
Mo ſt nennt man die aus der Verbindung ber
unedeln Metalle mit dem Sauerftoff, der Kohlen:
äure und ber Keuchtigfeit der - Sir tesa
erbindungen. Bejonders wirb die Bezeichnung
Roft auf das — —— angewandt, welches
ſich als Überzug auf der —— feuchter Luft
ausge ſehter eiſerner Gegenſtände bildet. Schub
* en das Verroſten —* ein Überzug von Teer,
Farbe ıc., oder da, wo folder nicht anzubringen
ift, er Kerne Ihm möglichit trodener Yuft.
Roft heißt eine durch die Roſtpilze hervorgerufene
Krankheit des Getreide und anderer Kultur:
pflanzen, welche fi durch Erſcheinung pulveriger
Häufchen, Fleden oder Streifen von gelbroter bis
ihmwarjbrauner Farbe an ber Oberflähe grüner
Pflanzenteile (Blätter, Stengel, Spelzen u. ſ. w.)
zu erlennen gibt und ein Siechen der Pflanze, ein
Abjterben der befallenen Teile, zuweilen auch das
Gingehen der ganzen Pflanze herbeifübrt. Die
Rojtpilze (Uredineen) haben einen eigentümlichen
Entmwidelungsgang, indem die meijten einem Gene:
rationsmedhtel unterliegen. Diejenigen, welche den
R. des Getreided verurfadhen, zeigen nad) den
Unterjuhungen und Grperimenten von Tulasne,
de Bary, Kühn u. a. [orgenbe Entwidelungsweife.
Die im Spätfommer oder Herbit gebildeten Winter:
(Teleuto:)Sporen keimen im nädjten Frübiahr
und entwideln ein fog. Promycelium, welches
Sporidien (Sporen zweiter Ordnung) erzeugt.
Gleich nad) ihrer Reife feimen dieſe, und In *
—— Keimſchläuche dringen in eine beſtimmte
—— ein, deren Oberhaut ſie gewaltſam
durchbohren, und erzeugen bier ein Mycelium, wel:
ches ein becher: oder jhüfjelförmiges, die Oberhaut
der Pflanze durchbrechendes Fruchtlager hervor:
bringt, das in perlſchnurförmige Reihen geordnete
Sporen bildet. Dieſe ſchon längſt bei verſchiedenen
Bilanzen beobadhteten roftgelben Fruchtlager waren
bisher für eine eigene Pilzgattung gehalten und
Aecidium (Bederroft) genannt worden. Die
Hteidienfporen feimen jofort wieder; ihre Keim:
Convberſations· Lexilon. 13, Aufl. XIII.
849
ſchläuche bringen durch bie Spaltoöffnungen ber
Oberhaut in eine beſtimmte Rährpflanze ein, die
aber ſtets einer ganz andern Art angehört, als die
von den Acidien bemohnte. In der neuen Nähr—
pflange erzeugen fie eine andere Fruktifiklationsform,
die Uredo: sorm, welche Sporen hervorbringt
und, bie Oberhaut durchbrechend, jene pulverigen
Häufchen, Sieden und Streifen bildet, welche ala
der eigentliche R. betrachtet wurben und noch be:
trachtet werden. Ihre raſch reifenden Sporen
feimen wieder und erzeugen, indem ihre Heim:
ſchläuche durch die Spaltöffnungen in Pflanzen
derſelben Art eindringen, neue Urebohaufen, Die
Urebojporen vermehren daher den R. während des
Sommers bei najjer Witterung in rapider Weife.
Im Spätiommer ober Herbit bringen biefelben
Brutlager, welche bisher — ebildet
aben, die braungefärbten und geſtielten Winter:
oder Zeleutojporen hervor, die unter bem Namen
Puccinia al3 eigene Pilzgattung bejchrieben
worden find und den Entwidelungsgang für das
laufende Jahr abſchließen.
Bei den Getreidearten lommen drei verſchiedene
orr re ————
minis), deſſen Hlcidien ſich auf den Blättern des
auerborns (Berberis
je ie entwideln (Aeci-
dium berberidis) und deſſen — (Uredo
linearis) roftgelbe Streifen an ben Blättern ber
Getreide: (namentlih Weizen:) Arten und verfchie:
bener Gräfer veranlaßt, welche ſich ſchließlich (nach
Bildung der Winter: oder Buccinieniporen) ſchwarz⸗
braun färben; 2) der Fledenroſt (Puccinia stra-
minis), deſſen Slcidien fi auf den Aiperifoliaceen
(Anchusa officinalis, Lycopsis arvensis) finden,
und deſſen Uredoform (Uredo Rubigo vera) Häuf:
hen bildet; 3) der Kronenroft (Puccinia coro-
nata), deſſen Ücidienform die Blätter zweier ver:
breiteter Straudharten, des Kreuzzdorns (Rhamnus
cathartica) und des Faulbaums (Rhamnus Fran-
gula) bewohnt, und defien Ureboform an Blättern
und Speljen des Hafer und verfchiedener Gräſer
roftrote Fledde und Striche hervorbringt. Auch bei
FE Hülfenfrüdten, namentlih auf ber
Puffbohne (Vieia Faba) und ben eigentlichen Bob:
nen, kommt R. vor, welder von verjchiebenen
Arten der Uredineengattung Uromyces veranlaft
wird. Gine Hlcidienform ift big jekt bloß auf den
Bohnen beobadhtet worden (Aecidium phaseolo-
rum), bie Uredoform (Uredo leguminosorum) da:
gegen bei den verſchiedenartigſten Hülfenfrüchten
und Schmetterlingsblütlern (Buffbohnen, Widen,
Klee u.a.). Auch auf Dbitbäumen und felbit Nadel:
bölgern jhmarogen gewiſſe Roftpilze. rl ‚Kühn,
«Die Krankheiten der Aulturgewädfen( erl. 1858);
Frank, «frantheiten der —— Bresl. 1880).
Roft im Bauweſen (Grundbau) iſt ein aus Holz
konſtruiertes fünftliches Fundament, das entweder
zur Vergrößerung der Grundfläche eines Gebäudes
und gleihmäßigen Laftverteilung auf den Bau:
ge. (Schwellroſt) oder dazu dient, die Laft eines
auwerks durch weiche Gröfchichten oder Wafjer
bindurd auf den tiefer liegenden feiten Grund zu
übertragen (Pfablroft). Der Schmwellroft beiteht
demzufolge aus einem Syftem ſich freuzender Duer:
und Zangichwellen, deren Zwiichenräume bisweilen
ausgemauert und bie mit Bohlung überbedt wer:
ben; der Pfahlroſt dagegen aus einer Anzahl
von reihenweiſe mitteld Rammen (f. d.) in ben
Boden eingetriebenen Pfählen, die auf ihren Köpfen
54
Roftformen vor:
850
a Fu ftes Schwellwert tragen, welches aut
Aufnahm ag ein —— dient. Die untern Pfahl:
enden ee zuge * bei ſteinigem Grun
aber mit eiſernen 2 n verſehen. Grundbebin:
gime bei allen Roſien, die —— durch die
illigere und dauerhaftere Betonfundierung faſt
aanz verdrangt worden find, iſt die Verlegung aller
ölzer nur unter den tiefiten fierjpiegel, damit
e der Fäulnis nicht unterliegen.
Der Moft bei Feuerungsanlagen ift bie
Br Br Unterlage, A welde das Brenn:
material behufs vollitändiger Verbrennung auf:
—— wird, —— die Luft von unten zum
rennmaterial elangen und ber unverbrenn iche
€
——— derſe die Aiche, bindurdfallen ur
muß ber Durchbr ehungen Den die ſich nad
unten —— und deren Größe ſich nach der Be
ſchaffenheit des Brennmaterials —* äbrend
Holz eigentlich feines R. bedarf , müflen bei tein:
lohlen die Zwiſchenraͤume äulammen etwa ein
Drittel bis ein Viertel der Gejamtoberflädhe be:
tragen und einzeln etwa 5—10 mm breit fein. Der
Form nad unterjheidet man Planroſte, bie ent:
weder aus dem Ganzen beitehen, wie bei Heinen
uerungen, ober aus einzelnen Noftitäben ge:
ildet find, wie die N. der ————
und TIreppenrofte nder: Zangen), welde
eine treppenförmige ſchiefe Ebene bi "und der
Quft bejiern Zutritt — affen. Ferner hat man
feſte = bewegliche R., zu wel legtern bie
Schüttelrofte und die rotierenden Nofte gehören
und die eine befjere Aufloderung des mit badender
Schlade verbrennenden Materials —— (©.
Tafel: De an Fig. 1—5; vgl.
aud Tafel: Dampfte ei ® er
2 (weißer), Pilz, ſ. ae —
Noit (Alerander), deutjcher Dramatiker, geb.
22. März 1816 zu Weimar, ftudierte zu Jena die
Rechte * ſchrieb hier fein erſtes Drama «Kaiſer
Rudolf in Worms», welches auf dem weimariſchen
Theater einen glänzenden olg erzielte. Als auch
fein zweites Stüd «Landgra J— mit der ge⸗
biſſenen Wange» mit Beifall aufgenommen ward,
verlieh R. 1848 den Staatsdienit, um fich der Did:
tung zu widmen. Gr jtarb 15. Mai 1875. Seine
von vaterländiihem Sinn und Scillerfchem Pathos
getragenen «Dramatiihen Dichtungen» (6 Lfgn.,
Weimar 1867—68) enthalten außer den ſchon er:
wähnten: «Qubwi be Giferne oder das ——
mädchen aus der Ruhl. Romantiſches Vollsſcha
ſpiels, «Das Regiment Madlo» (an den «Wa —F
jtein» ſich anlehnend), «Berthold Schwarz oder die
deutſchen Erfinder» (eine Parallele milden, den
Erfindungen de3 Schießpulvers und der Bud:
druderkunit), «Der Held des Nordens. Große ro:
— per mit Ballett».
Roſt (oh. Chriftoph), deutſcher Dichter, geb.
7. April 1717 zu Leipzig, ftudierte in Leip Pig | die
Rechte und die fchönen Riff ſſenſchaften und ging
1742 nad) Berlin, wo er feine üppigen «Schäfer:
erzäblungen» (vermehrte Aufl,, Dresd, 1744 u.
öfter) herausgab. Bald wieder nad Leipzig zurüd:
—— ließ er ſein Schäferſpiel «Der verſtedte
ammel oder die gelernte Liebe», welches Schöne:
mann auf die Bühne bradıte, und ein fatirijch:
erließ Gedicht in fünf Büchern: «Das Vorfpiel»
en: worin er feinen ehemaligen Lehrer Gott:
lächerlich machte. Hierauf arbeitete er eine
han lang in Berlin an der Haude: und Spener:
Roft (Pilz) — Röften
ſchen polit. Zeitung und wurbe 1744 Seftetär „>
Bibliothefar des Grafen Brühl in Dresden. Al
ſolcher gab er 1754 eine ebene ſatiriſche Epiftel:
«Der Teufel an Herrn Glottiheb)», heraus, die
viel dazu beitru „Gnträns streichen An:
sine zu verni tem, Im 3. 1760 wurde er Ober:
euerfetretär zu Dresden und ftarb dajelbit 1765.
Seine «Bermithten Gedichte» (herause. ——
und Dyk, Lpz. 1) enthalten auch jeine berüdh
tigte Dichtung «Die jhöne Naht», ein H
gedicht, die u 1754 yo fein Voͤrwiſſen
eribienen war,
Noft (Reinhold), namhafter Drientalift, geb.
2, Febr. 1822 zu Eijenberg, —* 1842—46 zu
Jena, begab fi 1847 - Stubium der füd-
ind, Sprache nad England, wo er 1851 Lector der
orient. Spradhen am Miftionsjeminar zu Ganter,
bury wurde, in welcher Stellung er noch — 2
Daneben wurde er nad einer ey mn
teit als Sefretär an der Roy lan
London, 1869 Dberbibliothelar un
licher Berichterftatter über *
gelegenheiten am Indiſchen Amt
wichtigſten Arbeiten ſind: die ala. © se
Wilſons «Select works» (5 Bbde., Lond. 1859—65)
und Hobgions «Miscellaneous essays» (Lond.
1880), außerdem: «Miscellaneous papers rela-
u Indo-China» (2 Bde., Lond. 1886).
oft (Valentin — — verbienter
Schulmann und Pbilo 6. Ott. 1790 zu
—— im Gothai iz "inbierte in Sena
beologie und Philologie, wurde 1814 Kollabora-
a —
er Zeit in die höhern Lehrerſte
er 1842 das Direltorat mit dem Titel eines ——
ſchulrats erhielt. Er * 6. Olt. 1862 als Geh.
Oberſchulrat zu Go N. bat fi —— ——
feine grammatifalif en und lexilal. Arb
die griech. Sprade ein bleibendes ——
worben. Seine Hauptwerle find bi e «Orieh.
Grammatif» (Gött. 1816; 7. Aufl. 1856), der fi
eine «Anleitung zum Üiberjeken aus dem Deut:
ſchen ins Griehiichen mit Wüftemann, ZI 1,
11. Aufl., Gött. 1876; TI. 2, 4. Aufl. 1861) fowie
fpäter eine «Griech. Schulgrammatit» (2. Aufl.,
Gott. 1859) an ih: ferner das «Örieh.Deutjcht
Wörterbuch» (4. — Bde. Braun:
ſchweig 1871) und “= «Deutf Be rter:
buch» (10. Aufl., 2 Bde., Gött. 1874). Außerdem
veranftaltete R. "eine neue Ausgabe von Duncans
«Novum lexicon Graecums ({pz. 1831—33) und
leitete die von ihm mit Jacobs 1825 begründete
gotbaiice «Bibliotheca Von =: neuen
earbeitung von Baflows «Bried,« beutf
Wörterbuch» lieferte er ben enge Band (
1841); für das von 1 Behanbling
fortgeführte We beiten er fü Sun
der Partikeln vor, — er ſeit 1842 bie
re für land, an deren
Gründung er einen weſentlichen Fat —
Rostaf., bei —— —
Abkürzung für yejeph 8 *8 von ———
finski, geb. *
oftbeize, | a ph —— gr u
induftrie, Bd. V
Roitbirne, f. unter Bas Birnbaum.
a itter, |. Aſſamar.
Nöften. Darunter verfteht man das
eines Körpers bei Luftzutritt, entweber um
in kW , Ze un man"
.._
wre
U Ne a a 5%
X Fer — 1 + ih —
a ee I
Severin
NE aa en
= Ra
ua
Röftflammofen — Roftod
a orydieren oder um aus bemjelben Subjtanzen in
ampf: oder Gasform durd) —— der Luft
und der Wärme zu verflüchtigen, welche durch
lestere allein nicht ausgetrieben werden würden.
—* Subftanzen find Schwefel, Arſenik, Wr
und bisweilen Chlor. Cine Röftung, bei welder
Schmelzung ftattfindet, wird Verihladung,
Abtreibung oder Kupellation genannt, Bei
der metallurgifhen Gewinnung, bed Kupfers, des
Silbers und anderer Metalle fpielt das N. eine
roße Rolle, ebenfo auch in der dem. Großinduftrie.
a3 Verfahren, Subftanzen zu röften, bejteht darin,
fie in zerfleinertem Zuftande in Galcinieröfen oder
unter der Muffel eines Probierofens zu erhiken.
R. ift auch eine Bereitungsweife des Flachſes und
Hanfes (ſ. unter Flachs BIENEN):
Nö ammofen [U —— ‚X,5.677°,
Roſtflecke, ſoviel wie Phyllerium, ſ. unter
Filzkrankheit der Blätter.
Roftgaard (Frederik), dän. Staatsmann und
Säriftiteller, geb. 30. Aug. 1671 zu Krogerup,
wurde 1700 Geb. Archivar, 1719 Juftitiarius, 1721
ae der dän. Kanzlei, aber 1725 wegen Be:
techlichleit abgefeht, fpäter wieder Amtmann.
Gr jtarb 25. April 1745. Sein Hauptverdienit ift
fein «Dän. Lerifon», das zwar Manujffript ge:
blieben, aber die Grundlage vieler jpätern dän,
Ieritographijchen Werte geworden ilt.
N — ſ. unter Dertrin.
Roftiilaw (Raftislam), auch Roſtitz (Raftis)
enannt, jlaw. Fürft von Mähren, das fon unter
feinem Vorgänger in einem Bafallenverhältnis zu
König —2* dem Deutſchen ſtand. R. wurde
von dieſem ſelbſt 846 auf den Thron erhoben, ſuchte
fi dann aber frei zu madhen und namentlich auch
den Einfluß der deutſchen Geiftlichfeit auf jein Land
zu bejeitigen. Zu diefem Zwede wendete er ſich 863
nad Konitantinopel, und Kaiſer Michael jandte
ihm die gelehrten Brüder Konjtantin (Eyrillus)
und Methodius, welche das Evangelium in ſlaw.
Sprache predigten und aud über Mähren hinaus
einen großen Anhang fanden. Neue Kämpfe mit
Ludwig wurden fiegreich beftanden; doch ward R.
870 in einem Zwiſt mit feinem Neffen Swatopluk,
von Nitra, von diefem gefangen genommen und an
eine Feinde ausgeliefert. Gefeſſelt nach Regens:
urg geichafft, warb er bier zum Tode verurteilt,
chließlich aber auf Anordnung des Königs nur des
ns beraubt und in ein Klofter gebracht.
oſtock, die größte Stadt Medlenburgs, liegt
an der Warnom, welche ſich hier haffartig erweitert,
für Seeſchiffe von 4 m Tiefgang fahrbar wird und
13 km nördlicher bei dem der Stadt gehörigen
Fleden Warnemünde in die Dftfce gebt, if tation
der Linie R.:Bükow der Medlenburger Friedrid)-
Srangbabn, der Bahnen Wismar: R. und Neuftrelik:
arnemünbe, beiteht aus einer innern Stabt und
ausgedehnten Vorjtädten, welde feit 1860 im ©.
und W, jenfeit der in Bromenaden umgemwandelten
Feltungswälle erwadien find, zählt (1885) 39374
meijt prot. E. Die Binnenjtadt, auf der Dft: und
Nordfeite von der Warnow umfloflen, zerfällt
in Alt: und Neuftadt; jene birgt feit dem großen
Brande von 1677 außer den Kirchen nur noch lärg:
liche Refte der Vorzeit, diefe Dagegen zeigt mit an
ſehnlichen Gebäuden und vielen zum Teil ardi-
teftoniich —— len ganz den
Charakter der norddeutihen Hanfeltadt. R. bat
vier Kirchen, Die Petrilirche dient durch ihren
81
127 m hohen Turm den Oſtſeeſchiffern als Land:
marle; bei berjelben befindet ſich das Denkmal
oachim Slüter®, des eriten evang. Predigers der
Stadt. Die Nitolaikirche ift bemerlenswert wegen
ihres gotiſchen Schnitzaltars aus dem 15. und eines
Crucifixes aus dem 13. Jahrh.; die Marienkirche,
eine ſchöne Kreuzlirhe, in ihrer jegigen Gejtalt
hau tiächlich dem 14. yahıh. entjtammend, zeichnet
ich durch außergewöhnliche Höhe ihres Mittel: und
Querſchiffes und eine aftron. Uhr aus, Unter den
Plähtzen find der Neue Markt mit dem fiebentürmi:
gen Rathaufe und der Blücherplas mit Blüchers
tandbild von Schabow die, bedeutendften. „An
legterm liegt das ſchlichte Palais, das 1270 geitiftete
— Ciſtercienſerinnen⸗, jeßt evang. Jungfrauen⸗
loſter zum heiligen Kreuz, und das 1867—69 in
norddeutſchem Badſtein-Renaiſſanceſtil erbaute
Univerſitätsgebäude. Hervorzuheben find noch das
ide arte 1879—81 errichtet, daa Dentmal des
Ari en Dr. Paul Pogge an der Wall:
promenade, 19. Sept. 1885 enthüllt, und das
anatom.:phyfiol. Inſtitut vor dem ftattlihen Krö—
peliner Thor. R.s Hafen, den dän. Inſeln gegen:
über liegend, gewährt den Schiffen fait jtet3 —
Einfahrt; in ihn laufen jährlich 700-800 Schiffe.
Direkte Dampferverbindung bejteht mit Nyköping
auf Faliter, Lübed und Stralfund. Die Hauptein:
fuhrartitel find Kohlen, Bauholz, Betroleum, Eifen,
Kolonialwaren und Heringe, die Ausfuhr dagegen,
ge befonders Getreide, bat ſehr an Bedeutung
verloren, Die Handeläflotte der Stadt zählt (1885)
311 Schiffe. Der Betrieb der bedeutenden Werfte
für den Bau hölzerner und eiferner Schiffe iſt ſehr
hurldgegongen. Die Induſtrie ift ziemlich beträcht:
ich; es beftehen Brauereien, Brennereien, Gerbe:
reien, Mafchinenbauereien und Tabaksfabriken.
N. it Sik des medlenb.: [hmwerin. Konfiftoriums,
des Engern Ausſchuſſes der Ritter: und Landſchaft,
eines Amts, Land: und Oberlandesgeriht3 und
beist ein Gymnaſium, ein Nealgymnafium, eine
höhere Bürgerihule, Navigationsichule und Ge:
werbeichule, eine ftädtiiche Kunftiammlung und ein
Muſeum für roftoder Altertümer,
Die Univerjität Nojtod wurde 1419 von
den Herzögen Johann II. und Albrecht V. in Ge:
meinjchaft mit_ber Stadt geftiftet und ift nad
Heidelberg und Leipzig die ältefte der deutſchen Hoch⸗
—— on 1437 bis 1443 ſiedelte fie wegen des
über R. vom Bafeler Konzil verhängten Interdilts
nad Greifswald über und gab fo Veranlaſſung zur
Stiftung der dortigen Univerfität. yore Blütezeit
fällt in das Ende des 16. und Anfang des 17. Jahrh.
Mißhelligleiten zwiichen Herzog Friedrich und der
Stadt R. bewirkten 1760 die Verlegung des herzogl.
Anteild nah Butzow, während der jtädtiiche in R.
verblieb. Die Wiedervereinigung beider erfolgte
1789, doch gab die Stadt ihr Kompatronat erſt
1827 auf. Kanzler der Univerfität iſt ala Rechts—
nachfolger der ſchweriner Biſchöfe der Großherzog
von Medlenburg: Schwerin. Die Zahl der Studies
renden belief fich im Winterfemeiter 1885/86 auf
319. Die an feltenen Schäßen reiche Univerfitätä«
bibliothet 3* etwa 140000 Bände.
Gin wendifches, heidniſches R. am Dftufer der
Warnow wurde 1161 von den Dänen zerftört,
Um 1170 wurde e3 von dem chrijtl. Obotriten:
fürſten Pribiflav — — und gleichzeitig
auf den Hügeln am linlen Warnowufer ein deutſcher
Drt, die jegige Altjtadt, gegründet, dem Heinrich
54*
852
Burwy I. 1218 Stabtgerechtigleit verlieh. Seit
der Landesteilung von 1237 war die raſch ange:
wachſene Stadt Hauptitadbt und Mefidenz der
«Herren von R.», deren lehter 1301 dän. Über:
obeit anerfennen mußte. R. lam 1323 am Medlen:
urg und blieb ſeit 1695 bei der Linie —
Schwerin. Die Stadt war Mitglied der Hanſa faſt
von deren Erbluühen bis 1630 und ſtand unter den
Dftfeeftädten an Macht nur hinter Lübed zurüd.
Seit dem Ende des 15. yabrb. war die Stadt mit
den Landesherren in ftändigem Streite, der definitiv
erit 1788 durch einen Erbvergleid mit dem Herzog
Friedrich Franz beigelegt wurde. Auch danad) be:
faß die Stadt noch eine Menge polit. Vorrechte.
Sie hatte eigene Nieder: und Obergericdhtäbarteit,
eine ig! ausgedehnte —— und un⸗
— 5 olizeigewalt, freie innere Verwaltu
mit der Befugnis, Auflagen für ſtädtiſche Bebürf:
niffe zu veranftalten, Munzrecht und eigene Handels:
flagge (blau:weiß-rot), aud das Stapelrecht für
Ausfuhr zur See. Die Neugeftaltung Deutihlands
griff und greift hier befhräntend ein. In der ftän-
diihen Verfaſſung Medlenburgs bildet N. einen
—— Stand; einer der drei Bürgermeiſter iſt
Mitglied des Direltoriums auf den Landtagen, fo:
wie des Engern (permanenten) Ausſchuſſes ber
Stände, Der Grundbefik der Stadt iſt ſehr aus:
gedehnt und bildet mit einigen benachbarten Ritter:
—— Roſtocker Diſtrilt (270 qkm mit 40000E.).
azu gehört auch der Flecen Warnemünde mit
2000 E., der Vorhafen R.s für Schiffe bis 4,5 m
Tiefgang, mit einem beſuchten Seebade. Vgl. Nein:
hold, «Chronik der Stadt N.» (Roit. 1836); Krabbe,
«Die Univerfität MR.» (2 Bde., Noft. 1854); Herrlich,
«Geſchichte der Stadt N, bis 1300» (Noft. 1873);
«Neuer Führer durch N.» (Roſt. 1882).
Nöftofen, ſ. unter Cifenerzeugung.
Noftoptfchin, im Ruſſiſchen auch Naftop:
tihin (Fedor Waſſiljewitſch, Graf), General:
gouverneur von Moslau in dem Ariegsjahre von
1812, geb. 23. März 1765 im Gouvernement Drel
aus einer alten ruf). gemilie, war Page bei der
Kaiferin Katharina II. und trat frühzeitig ala
Lieutenant in die faiferl. Garde, machte dann
Reifen in das Ausland und befuchte 1786—87 die
Univerfität Göttingen. Beim Kaiſer Paul wußte
er fich fo beliebt zu machen, daß er kurz nacheinander
1796 zum General, Oberhofmarſchall, General:
poſtdireltor und Minifter des Hubern und 1799
zum ruf. Reichsgrafen ernannt wurde. Als er fich
edoch gegen das Bündnis mit Frankreich erklärte,
het er im Yan. 1801 in Ungnade und mußte den
Hof verlaflen, Unter Alerander I. trat er 1810
wieder in Dienft und erbielt im Mai 1812 den
Poſten eines Generalgouverneur3 von Moskau
(1. d.). Ob er die Verbrennung der Stadt plan—
mäßig angeordnet habe, it lange Zeit eine Streit:
frage geweſen: er jelbit leugnete dies beſtimmt in
feiner «Verit@ sur l'incendie de Moscou» (Bar.
1823), während die bald darauf erichienene Gegen:
fchrift von Surrugues «Lettres sur l’incendie de
Moscou» (Par. 1823) R.s Beteiligung nachzu—
weiſen fuchte. Indes bleibt gewiß, daß er die Fort:
——— der Feuerſpritzen, die han er der
militäriic) organiſierten Feuerwehr und das Öffnen
der Gefängniffe befohlen, auch Anftalten zur Ver:
nichtung der in Moskau befindlichen Magazine ge:
troffen hatte, dab er ferner fein Landhaus bei
Mostau im Walde von Sololnili anjteden ließ
— — ⸗ ⸗⸗ —ñ e GBß———G — — ú —ñ— — — — —— —— — — — —— — — — — — — —— ——————————
n
Röſtofen — Roftow
und daß er, da fein Beiipiel ſchnelle —525—
fand, immerhin als derjenige — iſt, der
den * —** — o ——
Feuersbrunſt gelegt hat. er jpäter ſelbſt
zugeftanden, daß er ben Plan des B
fen und durch Franz e au
Im Y 1814 legte er jein nieder,
den Kaiſer Alerander —— Kongreß nah Wien,
fiel aber bald darauf in de und lebte feitbem
viel auf Reifen. Er befuchte 1817 Karlsbad und
ging dann . Paris, wo er
zn und — 5 wi - =
erfaflerin von ungen für P
10. Febr. wit an —— Entel des Grafen von
Stgur vermählte. Im 5.1825 kehrte er in fein
Vaterland zurüd, ftarb aber bereits 12, .1826
zu Mostau. Seine (unvollftändig)
Schriften in ruf. und franz. Sprade, worunter
zmwei Puftipiele, Bemerkungen auf einer Reife durs
Deutſchland und die wisinen «M&moires, &crits
en dix minutes», gab 1853 Smirbin in Beteräburg
— Val. Varnhagen von Gnje, « gi
eiten des eigenen Lebens» (Bb. 9, Et. 1859);
Schnitzler, «Rostoptchine et K »
1863); A. de Sögur, «Vie du comte
Gouverneur de Mouscou en 181%» (Bar. 1872).
Seine Schwiegertodhter, die Gräfin Ewbolia
Petromna R., geborene Suihlow, bat
als Dichterin einen ebrenvollen in
ruf. Litteratur erworben. Sie wurde 4. Jan. 1812
zu Moslau geboren und ftarb dajelbft 15. Dez.
1858. Cine Gefamtau ihrer Gedichte, von
Befthl uns ee Sprache kubjrlänen, eriöien
und edle Sprade au nen,
etersburg 1855—59 in vier Bänden (2.
pi. 1857—60), Weniger bebeutenb t
Romane: «Am Ufer» (feteräb, 1857) und «Die
glüdlihe Frau» (Petersb. 1858).
Roftorf, Pieudonym für Karl Gottlob Andreas
von Hardenberg (f. d., Bd. VII, ©. 841°).
—* “ —— im —— ie
ment Saroflaw, an dem niedrigen
des Roſtowſchen Sees (Nero) und an der Eifen-
bahn Moslau⸗Jaroſlaw gelegen —* Stadt
13
Er
de3 nordöftl. Rußland, die, von ge⸗
gründet, in der Chronik Neſtors unter dem Namen
Rostow weliki, d. b. das R., ſchon im J. 862
erwähnt wirb und am re A 10. . ein
eigenes Fürftentum bildete, das in
von dem fiemwichen Groffürften ftand, Im. 1474
fam das Fürſtentum R. dur Kauf an IL,
wurde 1692 zur Jaroſlawſchen
ihlagen, 1708 dem Gouvernement
verleibt und 1777 zur Kreisſtadt bes Gouverne-
ment3 Jaroſlaw gemadht. R.zäblt (1883) 12454 €,
eine Mädchenſchule, einen öffen
fädtiföe Ban Lich Ieberiten, Bier und Met:
brauerei, Branntweinbrennerei u. ſ. m.
iſt R. durch die Fabrikation feiner
die einen großen Abſaß in Kiew, und
auf der Niſhnij⸗Rowgorodſchen Meile haben.
feinen großen Jahrmarkt ift R, einer ber wichtig:
ften Handelapunfte Rußlands.
Roftow, —* im ruſſ.
Jelaterinoſlaw, auf dem
der Mündung bes in benfe
Temernit, 9 km vom Ai ae 16 ——
den Bahnlinien Roslow:R., Aurst:Ajow und R.:
Roftpapier — Rotblindheit
Wladikawkas, mit (1881) 70669 E., fünf Kirchen,
einer Synagoge, —— neuen Prachtbauten
und verſchiedenen großen Bazaren. Die Stadt be—
ſtand zu Anfang des 19. Jahrh. noch aus wenigen
Bretterbuden, bat ſich aber jetzt zu einem der erſten
Getreidehäfen Rußlands emporgefhmwungen, jeit
fleißige Aderbauer in den innern Gouvernements
und an der faufaj. Linie angejiedelt wurden, die
ihre Produkte in R. zu Markt bringen. R. iſt jebt
der Ausfubrbafen für die Produkte des Landes der
Doniſchen Kofalen, der Gouvernements \Jelaterino:
ſlaw, Woroneih und Saratow. R. ſteht mit
Odeſſa und Konſtantinopel in Dampferverbindung.
Noſtpapier oder Nadelpapier, ein mit
nie re gefärbtes Papier aus Zeug, dem
man feineö Granitpulver beigemengt hat und das
mit Leim ohne Alaun geleimt ift, zum Einwideln
feiner Stahlwaren (Nähnadeln zc.) dienend, die e8
egen Roſt ſchüßt. Auch nennt man R. feineres
andpapier und Schmirgelpapier. Ferner führt
diefen Namen das zum Verpaden gröberer Stahl:
waren verwendete, aus alten Schifistauen ber:
geitellte Papier, weil e3 durch feinen Teergehalt
den Zutritt der Feuchtigteit erſchwert.
oftpilze, j. Uredineen.
Noftra hie im alten Rom die Nebnerbühne auf
dem Forum, von welcher herab die öffentl. Neden
an das Bolt gehalten wurden. Den Namen erbielt
fie nad) den an ihr angebrachten Schnäbeln (rostra)
derjenigen Kriegsſchiffe, welche die Römer bei der
Eroberung von Latium den Antiaten 338 v. Chr.
abgenommen hatten.
oftral, ſ. Raitral.
öftftadel, ſ. unter Kupfer, Bd. X, S. 676%,
Röſtſtärke, foviel wie Dertein (i.d.).,
Nodwitha (genauer Hröthsuith, entiprechend
dem althochdeutſchen Hruodsuind), oder in latini:
fierter Jorm Hrotsvitha, berühmte niederſächſ.
Dichterin des 10. Jahrh., war geboren um 935,
trat mit etwa 23 Jahren in das Benebiltinerklojter
Gandersheim (im Braunichmweigiihen, nörblid
von Göttingen) und ftarb dajelbit nad 968 (viel:
leicht erſt nad 1002). In dieſer bevorzugten
————————— des ſächſ. Herzogs- und Königs:
uſes, welche durch lange Zeit nur von Äbtiſſinnen
fürftl. Herkunft regiert wurde, bewegte fie ſich in
der feiniten und fenntnisreichiten Geſellſchaft ihrer
Zeit und vollendete ihre theol. und litterariiche
dung unter Zeitung der Nonnen Nillarde und
der ga Abtiffin Gerberge IL., einer Tochter
Herzog Heinrichs von Bayern und Entelin Köni
Heinrichs 1. Ihre lat. Dichtungen, die fait fämtli
in einer innern Beziehung zur Geſchichte des Kloſters
ftehen, gehören zu den ſchäßbarſten Dentmälern des
10, Jahrh. Es find acht teils in leoniniichen Hera:
metern, teild aud in Dijtihen um 960 nieder:
eichriebene Legenden; ſechs Dramen, in einer nad)
Sitte der Zeit mit Neimllängen durchſetzten Brofa;
eine auf Bitten Ottos II. polen 965 und 968 in
Herametern abgefabte Geſchichte Ottos J.; endlich
ein Gedidt in Herametern, weldes die Gründung
von Gandersheim und die ältere Geſchichte des
Ottoniſchen Haufes behandelt. Bon den Legenden
den Dramen und der Hälfte des Gedichts au
Dtto I. hat u. alte Handſchrift erhalten (jet
in Münden ndlih), aus welcher die Merle
durch Konrad Geltes herausgegeben wurden(Nürnb,
1501, mit wohl fälihlid dem A. Dürer zugeichrie: |
benen Holzſchnitten). Schurzfleiſch bejorgte einen ı
853
zweiten Abdrud der Werke der R. (Wittenb. 1707)
und fpäter 8. A. Barad eine kritiihe Gefamt:
ausgabe derſelben (Rürnb. 1858). Die Dramen
allein wurden herausgegeben von Magnin mit
franz. Überfeßung und trefflicher Einleitung (Par.
1845) und von Bendiren (Lübed 1858). Das Ge-
dicht auf Dtto I. und das nur in einer Abichrift
des 15. Jahrh. erhaltene Gedicht von der Grün:
dung Gandersheims find am bejten herausgegeben
durch Perk in den «Monumenta Germaniae histo-
rica» = 6). Eine deutiche Üiberfeßung des Dra:
mas «Abraham» verfuchte ſchon 1503 Adam Wer:
ner von Themar, und Bendiren lieferte eine deutſche
Überfegung der drei Dramen «Gallicanus, Dul:
citius und Rallimakhus» (Altona 1850). Vgl. noch
die Abhandlungen von Hoffmann und ®. He tag
(Brest. 1839), Dorer (Aarau 1857) und bejonders
von Köpfe, «Hrotiuit von Ganderöheim» (Berl.
1869), worin auch Aſchbachs («R. und Eeltis», Wien
1867) Anfıht,, daß die Werte R.3 eine dälſchung
von Celtes jeien, widerlegt iſt.
Not it diejenige Farbe in dem durch ein Glas:
prisma gebildeten Sonnenfpeltrum, deren Strab:
len unter allen Lichtitrahlen am {hä ften ge:
brochen werben. Die Länge feiner Wellen ift rößer
als die der übrigen farbigen —— die Anzahl
der von ihm in einer Selunde voübrachten Schwin:
gungen ift dagegen die Heinfte, ungefähr 500 Bil:
ionen in einer Sekunde. (Vol. Farbe und Far:
benlehre.)
In den polit. Bewegungen von 1848 bezeichnete
man mit dem Bräditat rot, der Farbe des Blutes,
ben äußerſten Radikalismus. Man fprad feitdem
zuerſt in Frankreich, dann auch anderwärts von Ro:
ten, Roten Republifanern und der Roten Republif.
Rota, ein roter Kapwein (j. d.).
Rotafrottenr, Würgelwerloder Würgel:
maſchine, eine VBorfpinnmafcine, in welder dem
Faden durh rollende Bewegung eine vorüber:
gehende Drehung erteilt wird. (©. unter Baunt:
wollindujtrie und Wolljpinnerei.)
Rotal, marollan. Bfundgewidt, ſ. Artal.
Rotangpaime, Palmengattung, |. Calamus,
Rota Romana, j. Kurie(Römiidhe). _
Notation (fr. rotation, engl. rotation), die
drehende Bewegung eines Körpers um eine Achſe,
welche derart vor ſich get daß jeder Punkt des
Körpers eine Kreisbahn eichreibt, deren Mittels
punkt in ber Achjenrichtung liegt.
Rotation (landwirticaftl.), ſ. Fruchtfolge.
Rotation oder Achſendrehung der Ge:
ſchofſe, j. unter Flugbahn, Bd. VI, ©. 926°.
Rotationdmaichine, j. u. Schnellpreſſe.
Rotationspumpe (frj. Pesspe rotative, engl.
rotary pump), Bumpen, welche mittelö rotierender
tolbenartiger Körper oder mittels zweier in einem
Gehäufe (Kapſel) ee Ram Slüf:
figleiten heben. (S. unter Bumpen.
Notationsſtück, kurzes, gezogenes Stüd am
hintern Zeile der im übrigen glatten Seele eines
age ai neuerdings bei ——— durch
von Dreyſe (ſ. d.) mit Erfolg angewandt.
Notationszünder, ſoviel wie a. Drehung
eined beweglichen Teils tempierbarer Zeitzünder,
(S. unter Zünder. :
eg Deere
ssenge, iſche, ſ. be.
Rotbleierz, j. Bereiit. ,
Rotblindheit, f. unter yarbenblindbeit.
854
Notbruch, diejenige Cigenihaft des in —
ringem Grade ſchwefelhaltigen Eiſens, der zufolge
dasfelbe, obwohl in der Weißglühhite ſchmiedbar,
bei der Bearbeitung in der Rotglühhike ſpröde
(radio), im falten Zuftand Dagegen biegfam ift.
Notbrüftchen, ſ. Rotkehlchen.
Rotbuche, ſ. unter Buche. —
Notdoru nennt man die rotblühenden Varie—
tãten des gemeinen Dorns (Crataegus Oxyacantha
L., |. unter Crataegus), welche mit dem Gold:
regen (Cytisus Laburnum) und einigen Fliederfor:
men (Syringa Rothomagensis Ren. und persica L.)
————— im —* die ſchönſte Zierde der
Garten bilden. Beſonders geihäßt find die Varie:
täten mit rofenartig dicht gefüllten Blumen, zumal
Var. coccines plena mit dunfellarmoifinroten,
ſcharlachrot nuancierten Blüten. Cine jtraud): oder
baumartig gezogene, gutentwidelte Pflanze diejer
Varietät ift, wenn die Zweige unter der Pait der
Blumen graziös niederhängen, von befonderer
Wirkung. Man vermehrt den R. durch Bfropfen
auf den gemeinen Dorn.
Rotdroffel, j. unter Drofie.. .
Note Erde, Fabritweiler bei Forſt (j. d.) in der
preuß. Rheinprovinz; auch Bezeihnung für Weit:
Note Grüse, ſ. unter Örüpe. [falen.
Rotes Kreuz, Bereine vom roten Kreuz, ſ. u.
Srauenvereine, a
Rotes Meer over Arabiſcher Meerbujen,
Bahr-el-Ahmar oder Bahr: el:Hidihas
der Araber, Sinus arabicus ber Alten, der
nordmweitlidite Arm des Indiſchen Dceans, etwa
495000 qkm groß, beginnt unter 12'/,° nördl. Br,
mit der Straße von Bab:el:Mandeb und zieht fich
2300 km lang zwiſchen Arabien und Afrita bis 30°
nördl. Br. gegen NW. Die 110 km breite Landenge
von Suez (f. d.) trennt e8 von dem Mittellän:
diſchen Meere. Bon dem 29 km breiten, aber durch
die Inſel Perim und die Siebenbrüder-Inſeln be:
engten Gingana nimmt feine Breite bis 16° nördl.
Br., wo fie 355 km mißt, raſch zu, während fie von
da gegen Norden fehr allmählich abnimmt, bis es
von der Sinaihalbinfel in zwei ſchmale Arme, den
öftlihern Golf von Alaba (Sinus Aelanites) und
den weitlihern Golf von Sue; (Sinus Heroopolites,
das Schilfmeer der Bibel, arab. Bahr⸗ei⸗-⸗Kul—
jum) getrennt wird. Sein Boden bildet ein ge:
—— Längenthal, deſſen beide Seiten bis zu
einer bedeutenden Entfernung von den Ufern derart
von Korallen ausgefüllt find, daß fie zwei Ketten
von Bänten und Klippen bilden, die ſich
parallel längs der Küſten des und jo das
Meer in drei parallele Längsabſchnitte teilen, von
denen ber mittlere ber breitejte und tiefite ijt, die
beiden jeitlihen zwei feichtere, für die Küftenichiff:
fahrt benußte Kanäle bilden. Am beträchtlichſten
wird ber ſudl. Zeil de3 Roten Meers, von 17°
nördl. Br. an, durd die Korallenbauten verengt.
Die a beträgt 444, die größte
1800 m. Inſeln hat das Rote Meer faft nur in
jeinen feichtern feitlihen Partien. Die bemerkens:
werteften find von Norden nad Süden Dichobäl
mit Leuchtturm und Telegraphenitation, der vul:
ic Sebergib — dem Golf von
Berenice gegenüber, der Dahlal-Archipel bei Mai:
fäua, die Sarfäninjeln, Kamaran ie) ber
thätige Vulkan Dichebl:Zair, die Harniſchin el und
dad von den Engländern beſeßte Perim. SFlüfie
nimmt es nicht auf, nur periodiſche Negenbädhe;
Rotbruch — Roter Schnee
jeine Hüften find öde Felfen oder fandiger Strand,
hinter dem 1300— 2300 m hohe zn. auffteigen,
doc hat es einzelne gute Häfen, wie Sue, —2
Sualin, Maſſaua auf afrilan, Yambosel-Babr,
Dihidda, Lohaͤja und Molla auf arab. Seite. Zwi⸗
ſchen 16 und 12° nörbl, Br. find die Inieln ſowie
die Berge an beiden Küjten vullaniſchet Natur.
Das jehr reine, durdfichtige Waller des Meeres
2 eine intenfiv blaue Farbe, die über den Korallen:
änten ins Grünliche übergeht, und ift jalziger als
dad Waſſer anderer Meere, da der Salzgehalt
4 Proz. vom Gewiht ausmacht. Es repräjentiert
ein natürlides großartiges Salzwerf, und die Ufer
find mit Salzintruftationen bededt. Se
Küjtenwafler erjheinen bei tiefem Stand ber Sonne
gelbrot, wonad dies Meer vielleicht feinen Namen
bat. Überdies tritt die aus geraben rötlihen Fü-
den beitehende Alge Trichodermum erythraeum
Ehrenb. jo maſſenhaft auf, dab fie oft die obern
Schichten des Waſſers erfüllt und als jchleimige,
blutrote Maſſe zur Ebbezeit am Ufer einen breiten
roten Saum bildet. Die Temperatur des Meers
it eine jehr hohe, in dem mittlern Teile zwijchen
14 und 24° nörbl. Br. beträgt die Wärme des
Wajiers jelbitin den Wintermonaten jelten weniger
als 26° C., im März und April jteigt fie auf 29°,
im Mai bisweilen auf 32°, die größte Wärme aber
beobachtet man im September, wo die Temperatur
des Meeres und der Luft bisweilen die Blutwärme
überfteigt (bis 41° C. wurden beobachtet) und die
Boitdampfer zur Umkehr zwingt. Die 2,8 m jähr-
lich betragende Verdunſtung bei fait fehlendem Er-
ja durch Regen (nur in der Neujahrswoche regnet
es viel) oder Flüſſe bedingt lebhafte Strömungen
in der Straße von Bab:el:Mandeb, wo das Waſſer
an der Oberfläche ein:, in ber Tiefe ausjtrömt.
Die Schwierigleiten, welde die Korallenrifie der
Segelichiffabrt bieten, werden noch dadurch erhöht
daß, während im füdl. Teile des Noten Meers vom
Oltober bis Mai Südoft:, vom Juni bis Septem:
ber Nordweitwind berridt, im nördl, Teile von
Suez bi8 Dſchidda meiſt das ganze Jahr hindurch
Nordwind weht, ſodaß ſich das Note Meer haupt:
ſächlich nur für Dampfſchiffe eignet. Diejer vom
Mai bis Dftober berrichende Nordwind drüdt das
Waſſer ftarl nah Süden, ſodaß es am Norbende
des Meers etwas tiefer ftehen fann als am Süd:
ende; und zu joldher Differenz trägt auch die Ber:
dunjtung bei. Der Handeläverlehr auf dem Meere
war im Altertum und Mittelalter von Bedeutung;
e3 bildete einen der älteſten Handelswege von
Indien nad Ägypten und den Küftenländern bes
Wittelmeers überhaupt. Seit der Entbedung des
Seewegs um Afrifa nad Indien, Infolge deren
der ganze Welthandel eine veränderte Richtung
nahm, geriet diejer Handelaweg nad und nad in
Vergelienbeit. Erſt ald durch Mehemed⸗Alis Be
Itrebungen &gypten ben Europäern wieber er:
ſchloſſen ward und der indobrit. Tranfit: und Bolt
verfehr zwischen Sue; und Indien auflam, traten
das Note Meer und feine Küftenländer aus jahr:
bundertelanger Vergelienbeit aufs neue hervor,
und jeit Eröffnung des Suezlanald wirb es von
vielen nad Indien bejtimmten Dampfern durd-
fahren, Bol. Klunzinger, «Bilder aus Oberägypten,
der Wüjte und dem Noten Meere» (Stuttg. 1877).
Rote Raffe, ſ. Ameritaniſche Rajje,.
Note Rübe, j. unter Beta.
Roter Schnee, j. unter Blutregem.
Notes Totliegendeg — Roth (Juftus Ludw. Adolf)
Notes Totliegendes, joviel wie Rotliegenbes.
Roteifenerz nennt man die faferigen, dichten
oder ocherigen Varietäten des Eifenoryds, von
blutroter, bräunlidhroter, oft in das tahlgraue
verlaufender Farbe. Das R., das ſich namentlich)
auf Gängen und Lagern in ältern Sormationen
findet, gehört zu den wichtigſten Eifenerzen, und
ein bedeutender Teil der Eijenproduftion beruht
auf jeinem Bortommen.
ötel ober Rotjtein (crayon rouge, rubrica
fabrilis) ift ein aus Thon und rotem Gifenodher in:
nig gemengter Mineraltörper, derb, jchieferig, von
erdigem Bruch, bräunlichrot, blutrot und ftarl ab:
färbend. Man findet den R. im Thonſchiefer, 3.2.
bei —— in Thüringen, bei Thalitter in Hefien,
bei Nürnberg, Tirol, Schlejien, Salzburg, Böhmen
u. ſ. w. Aus R. werden die feinern, in Wapier ober
Holz gefaßten Rotftifte zum Zeichnen und Schrei:
ben, wie die gröbern der Tiſchler, Steinmehen und
Zimmerleute gefertigt. Die erjtern werben indeſſen
jet weit befjer fünftlich aus geſchlemmtem R., ber
mit Gummi, Seife zu einem Zeige angemacht und
dann in Formen gepreßt und getrodnet wurde, her:
geitellt. Die seen Sorten davon enthalten ge:
wöhnlich etwas Zinnober als Färbemittel,
Nöteln (Rubeöla epidemica) nennt man eine
akute, meift epidemifch auftretende Infeltionskranlk⸗
eit, welche vorahgen Kinder befällt, mit Maſern
6 d.) gewiſſe Ahnlichleiten hat, ohne mit ihnen
identiich zu fein, ſich durch oberflädhlide, linſen⸗
bis —— flache oder wenig erhabene rote
leden charalteriſiert, die beim Fingerdrud ver:
hwinden, aber bald wieder erſchheinen, und mit
leichtem Fieber, Rahen: und Bindehautlatarrh
verbunden iſt. Die R. ftellen eine gutartige Affel:
tion dar, welche ftet3 in wenigen Tagen abläuft und
mit volltonmener Genefung endigt. Ein den R.
ähnlicher Hautausfhlag entiteht nad) äußern Rei:
jungen ber — —— Inſeltenſtiche, Ver⸗
tennung), ſowie im Verlauf des Typhus, des Cho:
leratyphoids und der Pyämie, (S.Rojeola.) ,
Noten... in Zufammenjesungen, bejonders in
Eigennamen, die man —* vermißt, Rothen.
Rotenburg, Kreisſtadt im preuß. Negierungs:
bezirf Kafjel, an der Fulda, 40 km im SSD. von
zu! gelegen, Station der Linie Kafjel: Dieten:
borf der Preußifchen Staatsbahnen, Sitz eines
Amtsgerichts und eines Landratsamts, hat das
Refidenzihloß der 1834 im Mannsitamm erloſche⸗
nen Linie Heſſen⸗Rheinfels-Rotenburg und zählt
1880) 8186 €., die Gerberei und Landwirtichaft
etreiben. Der Ort befikt zwei evang. und eine
kath. u eine Sumagoge und eine höhere
Bürgerihule. — Der Kreis Rotenburg zählt
(1880) auf 555 qkm 30848 meiſt prot. €,
Rotenburg (an der Wümme), Fleden und
Kreishauptort im preuß. Negierungsbezirt Stade,
am Einfluß der Rodau und Wiebau in die Wümme,
Station der Linie Hamburg⸗Köln der Preußiſchen
Staatöbahnen, Sis eines Amtsgerichts, zählt
1) 2228 E. und bat eine Pfarrliche, Holz
chneiderei und Zündholzfabrilation, Cigarrenfabri⸗
lation. — Der Kreis Rotenburg zählt auf
1445 qkm (1885) 19277 €,
Notenburger Quart, S. unter Helfen:
Rheinfels:Rotenbura.
otfärberei. Zur Erzeugung von roten Far:
bentönen auf Garnen und Geweben dient eine
Reihe von verichiebenen Farbſtoſſen: Cochenille,
855
Rum, Alizarin, Orlean, Braſilienholz und nas
mentlich verjchiedene Teerfarbitofie, n, Eofin
u. a. von denen bie letztern wegen ihrer Farben:
intenfität die erjtern mehr und mehr verbrängen.
Wolle und Seide find vorzugsweife geeignet, mit
Zeerfarbitoffen gefärbt zu werden, weil fie dieſelben
ohne Dazwiſchenkunft eines andern Hilfsmittels
direlt annehmen, während Baumwolle einer Zu:
bereitung —* Beizen bedarf. Einer der mic:
tigiten Zweige der R. ift die Türkifhrotfärberei.
Rotfäule nennt man in der Botanik eine Fäul⸗
niserſcheinung, die meijt an Nadelhölzern auftritt
und durch Einwirkung eines Pilzes aus der Grupve
ber Hymenompceten, Trametes radici ‚be:
— wird. (Näheres f. unter Trametes.)
otfeder (Leuciscus erythrophthalmus), einer
der gemeinften Weißfiſche in allen fühen Gewäflern
Deutihlands, wird bis 30 cm lang und hat alle
Floſſen rot; das Fleifch ift wenig ſchmadhaft.
ch, joviel wie Huchen.
Notgerberei, foviel wie Soßgerberei.
Rotgiekerei (frz. fonderie de cuivre rouge,
us. brass foundry), foviel wie Tombatgießerei.
(©. unter Netallguß.)
Notgrünblindheit, ſ.u Farbenblindheit.
Rotgültigerz, ſ. unter Silber.
NRotguf, ſoviel wie Tombat (ſ. d., vol. auch
Metall u.)
Rot t be) u. j.w., ſ. Rot u. ſ. w.
Roth, Stadt im bayr. Regierungsbezirt Mittel:
festen, Be — an der Mündung
er Roth in die Rednitz, Station der Linie Münden:
pn olftadt:Bamberg:Hof der Bayriſchen Staat3:
eu Sitz eines Amtögerihts, zählt (1880)
2872 G und hat ein Säloh aus dem 14. Jahrh.,
Derfenben. Yabrifation von Bronze, leoniſchem
raht, Bleitiften und echten und unechten Gold:
und Silbertrefien. Im gebe vor R. fand 24. Juni
1460 ein Friedensſchluß ftatt zwiſchen Markgraf
Albrecht Adilles und Herzog Ludwig dem Reichen
von Bayern-Landöhut.
‚Roth, bei naturwiflen ze en Namen Be:
zeichnung für Albrecht Wilhelm Roth, geb.
1757 zu Dötlingen in Oldenburg, get. 1834 als
Arzt zu Begefad (Botaniter).
oth (Juſtus Ludw. Adolf), bedeutender Geo:
gnoſt und —— ‚geb. zu Hamburg 15. Sept.
1818, bejuchte die Univerfitäten von Berlin und
Tübingen, wo er bem Studium der Naturmillen:
ſchaften oblag, und ließ fich fpäter in Berlin nieder,
wo er 1867 zum Mitglied der Akademie der Wien:
haften und zum Profeſſor an der Univerfität er:
nannt wurde. Längere wiflenihaftlihe Reifen
führte er früher nad) — „Italien und Nor:
wegen aus. Seine erite größere Schrift betrifit
«Die Kun im Mineralrei) und deren Einfluß
auf die Abfonderungsgeftalten der Gefteine» (Lpz.
1844). Später veröfemihte er die wertvolle Mo:
nographie «Der Veſuv und die Umgegend von
Neapel» (Berl. 1857), ferner wichtige Unter:
[udungen die zumeift in den Abhandlungen der
erliner Alademie dienen und die ſich auf die
vullaniſche Eifel, auf die Lehre vom Metamorphis—
mus, die Bildung des Serpentins, die Geognofie
des niederſchleſ. Gebirges ni w. beziehen. Daneben
aber hat fih R. namentlih um die Petrograpbie
die größten Verdienjte erworben, Inden er von Jet
zu Zeit die in immer reihliherm Maße angebe ten
chem. Analyſen der Gefteine jammelte, tabellariich
856
bearbeitete und mit fritiichen Bemerkungen und Er:
läuterungen verjah («Die Gejteinsanalyien», Berl,
1861; «Beiträge zur Betrograpbie der plutonischen
Geiteiner, Berl. 1869, 1873, 1879, 1884). Zabl:
ter Weife Kritit ausüben, hat er in der «Zeitichrift
ber Deutſchen * Gejellichaft» publiziert. Bon
feiner «Chem. und Allgemeinen Geologie» beban-
delt Bd. 1 (Berl. 1879) die geognoftiich wichtigſten
Mineralien und ihre Veränderungen, von Bd. 2,
welder ſich auf die Gruptivgejteine bezieht, find bie
1. und 2. Abteil, (1883 und 1885) erſchienen. j
Roth (Paul Aud. von), Juriſt, geb. 11. Juli
1820 in Nürnberg, ftudierte in München die Rechte,
habilitierte fich 1848 in München als Brivatdocent,
wurde 1850 als außerord. Profeſſor nah Marbura
1853 als ord. Profeſſor des deutichen Rechts na
Roftod, 1857 nach Kiel und 1863 nah Münden
berufen, wo er 1866 auch zum Oberbibliothefar der
Univerfitätsbibliothet bejtellt wurbe. Im J. 1874
wurde er vom Bundesrat des Deutſchen Reichs zum
Mitglied der Kommiſſion zur Entwerfung eines
deutichen Civilgeſeßbuchs ernannt, und nimmt jeit
1881 ftändig an ben in Berlin ftattfindenden
Sikungen berjelben teil. Bon feinen Schriften
ind zu nennen: «fiber bie ger ver Lex
ajuvariorum» (Munch. 1848), xGeſchichte bes
DBenefizialmejend» (Erlangen 1850), « Feubalität
und Untertbanenverband» (Wein. 1863), «Bayr.
Civilreht» (3 Bde., Tüb. 1870— 75), «Deutiches
Privatredht» (Bd. 1 und 2, Tüb. 1880 fg.).,
Roth (Rud. von), deuticher Drientalift, geb.
3. April 1821 zu Stuttgart, madte feine Studien
u Tübingen, Paris und London und habilitierte
hi 1845 zu Tübingen, Im J. 1848 erhielt er eine
außerord. Profefjur dafelbft und 1856 die ord Pro:
feſſur der orient. Spraden. Daneben wirkte er
feit 1856 auch als Oberbibliotbelar der Univerfität.
Im J. 1873 wurde er geabelt. R. iſt der Haupt:
begründer der vediihen Studien in Deutichland. Er | lo
veröffentlichte: «Zur Litteratur und Geſchichte des
Beda» (Stuttg. 1846), die Ausgaben von Jaslas
«Nirukta» (Gött. 1852) und des «Atharva:Vedan
(mit Wbitney, Berl. 1856 fg.). In diefen Arbeiten
befundet R. das Streben, das Verftändnis der
älteften Terte von der ausſchließlichen Autorität
der ind. Kommentatoren unabhängig zu maden
und nad_allgemeinen philol. Grundfäken feftzu:
ftellen. Sein eigentliches Hauptwerk iſt jedoch das
große «Sanztrit:Wörterbucdh» (Bd. 1—7, Petersb,
1553— 75), welches er gemeinschaftlich mit Böhtlingt
bearbeitete. Ferner find zu nennen: «Abhandlung
über den Atharva:Beda» (Tüb. 1856), «liber den
Mythus von den fünf Menfchengeichlehtern» (Tüb.
1860), «liber die VBorftellung vom Scidial in der
ind. Spruchweisheit» (Tüb. 1866), «Der Atharva-
veda in Kajchmir» (Tüb. 1875), «Über Magna 31»
(Tüb. 1876), jowie mehrere wichtige Abhandlungen
in der «Beitichrift der Deutichen morgenländiichen
Geſellſchafty. Auch iſt R. der Verfaſſet des Haupt:
datalogs der Fönigl. Univerfitätsbibliothek zu Tü—
bingen (Bd. 1: «Ind. Handidriften», Tüb. 1865),
ſowie der Herausgeber der «llrkunden zur Geſchichte
der Univerfität Tübingen» (Tüb. 1877).
Roth (Wilh. Aug.), Be geb. 19. Juni
1833 zu Lübben in der Niederlaufik, ftubierte 1851
—55 Medizin auf dem Friedrich-⸗Wilhelms⸗Inſtitut
in Berlin, wurde 1857 Aſſiſtenzarzt, 1861 Stabs:
arzt im Friedrich: Wilhelms : Inftitut, 1867 Ober:
—* Arbeiten, welche vielfach in erwünid: | f
Berfafjung» (Wittenb. 1837) hervor,
Roth (Paul Rud. von) — Rothe
ftab3arzt und Lehrer an der Kriegsakademie und
1870 eneralarıt und Korpsarzt des 12. (königl.-
ſächſ.) Armeelorps zu Dresden. Seit 1873 bekleidet
er aud den Lehrituhl für_Gefundheitspflege am
igl. Polytehnitum zu Dresden und leitet zu:
lei die miltärärticen gertstbungsturie- ‚NR.
lt & namentlih um die Geſundheitspflege, ins:
ejondere um den Militärjanitätsdienft weientliche
Berdienite erworben. Unter feinen Schriften find
orzubeben: «Militärärztlihe Studien» (2 Bbe.,
erl. 1867—68), « Grundriß phyſiol. Anato⸗
mie für ag werten ge (2. Aufl,
Berl. 1872), « Handbuch ilitär ——
pflege» ß de. Berl. 1872—77, mit Lex). Auch
ibt er jeit 1872 den «Jahresbericht über die Lei-
ngen und Fortichritte auf dem Gebiet bes Mili-
tärjanitätsmweiens» heraus,
Mötha, Stadt in der ſächſ. Kreishauptmann—
ſchaft Leipzig, Amtshbauptmannihaft Borna, rechte
an der P * unweit ber Station Böhlen der Linie
Leipzig: Hof der Sähfiihen Staatsbahnen, zählt
1885) 2228 €. und hat Kürfchnerei, Gerberei und
iege eien. Belannt ijt die von Frieſenſche Gärt:
nerlehranftalt mit umfangreihen Gärten. Das
Bieige Schloß war während der Völferjchlacht bei
pzig im Oft. 1813 Hauptquartier der verbünde:
ten Monarchen und des Fürjten Schwarzenberg.
Nothaan, ſ. Roothaan,
Rothanrgebirge oder Rotlagergebirge,
na . und N, jteil abfallender grüden im
ſüdl. Teil des preuß. Regierungsbezirt3 Arns
eritredt 8 von den Quellen der Sieg, Lahn u
Eder zuerjt nordwärts bis zum Härdler (680 m),
dann ojtwärts zwiſchen der Lenne und Eder bis zum
ir Ajtenberg (830 m).
othäute, joviel wie Indianer (j. unter Ame⸗
tilaniihe Rajie).
Rothe (Rother, Rothes) u.i.w., ſ. Rote u. ſ. w.
Rothe (Richard), ausgezeichneter deutſcher Theo
g, geb. 28. Yan. 1799 zu Pofen, ftudierte zu
Heidelberg und Berlin, gehörte 1820—22 dem
wittenberger Predigerfeminar an und wurde 1833
Prediger bei ber preuß. Geſandtſchaft zu Rom, 1828
Profejjor am Predigerieminar zu Wittenberg, 1832
zweiter Direktor desfelben und bald nachher aud
Ephorus; 1837 ging er als ord. Profeſſor und
Direktor eines neu zu begründenden Pred I:
nars nad) Heidelberg, wurde Djtern 1849 Profeſſor
und evang. Univerjitätsprediger zu Bonn, kehrte
jedoch 1854 nad} Heidelberg zurüd, wo er zum Geh.
Kirchenrat, 1861 zum außerorbentlihen Mitglied
de3 Oberlirchenrat3 ernannt wurde. Er ftarb da:
jelbft 20. Aug. 1867. Seine theol. Richtung pflegte
er jelbit ala ————— zu bezeichnen, doch
unterſcheidet er ſich von dem gewoͤhnlichen Supra:
na ismus weſentlich durch die wiſſenſchaftli
—— enheit und Energie feines Dentens, Durd
feine Itnisbeftimmung des Hiftorijchen und deẽ
Idealen im Chriftentum und deren Konfequenzen
war er ber fog. Vermittelungstheologie zugewandt.
edod wies er energiſch auf den Unterichied von
eligion und Dogmatil hin, und forderte eine Re
form der evang. Kirche und Theologie im Cinklana
mit der Kulturentwidelung unjers eitalters. Als
Schriftiteller trat R. zuerſt mit dem «Neuen Beriub
einer Auslegung der Bauliniihen Stelle Röm.
5,12—21» (Wittenb. 1836) und dem lirchenhiſio
t
und ihr
Wert «Die Anfänge der qriſil. Ki ‘
ein Haupt:
Nothenburg — Rotbenfels
werk iſt feine «Theol. Ethil» (3 Bde. Wittend.
1845—48). Die zweite, völlig neue Bearbeitung
ift unvollendet & lieben; doch hat Holkmann die
fehlenden drei Bände aus der eriten Auflage und
aus R.3 nahgelafienen Papieren ergänzt (5 Bde.,
Wittenb. 1869— 71). Naͤchſt diefem find noch die
trefflihe Schrift «Zur Dogmatit» (Gotha1863) und
viele Abhandlungen, alademiſche Schriften, öffent:
liche Vorträge, Reden und —— zu erwähnen.
Aus feinem Nachlaß find feine VBorlefungen über
«Dogmatik» (herausg. von Schenkel, 2 Bde., Heidelb.
1870—71) und « Kirdengeihichte» (herausg. von
Weingarten, 2 Bde., Heidelb, 1875), «Theol. Ency:
Hopädie» (herausg. von Ruppelius, Pittenb. 1880);
ferner «Geſchichte der Predigt» (herausg. von Trüm:
pelmann, Brem. 1881), Predigten (herausg. von
Schenkel und Bleet, 3 Bde., Elberf. 1868—69;
eine Nachleſe, Hamb. 1872), Erbauliches («Stille
Stunden», Wittenb. 1872), «Entwürfe zu den Abend:
andadıten über die Bajtoralbriefe und andere Baito:
ralterte» (herausg. von Palmie, 2 Bde., Wittenb,
1876—77, «Der erjte Brief Johannis praltiſch er:
Hlärt» (herausg. von Müblhäufier, Wittenb. 1878),
«Gejammelte Vorträge und Abhandlungen aus fei:
nen letzten Lebensjahren» (herausg. von Nippold,
Elberf. 1886) veröffentliht. Eine ne R.s
ſchrieb fein Schüler Nippold: «Richard R. Ein
Khrijtl. Lebensbild» (2 Bde. Witten. 1873— 74).
Rothenburg (an der Oder), Stadt im preuf.
Regierungsbezirk Liegnik, Kreis Grünberg, 4 km
linf3 von der Ober, Station der Linien Guben:
Bentichen und Breslau: Stettin der Preußifchen
Staatsbahnen, zählt (1885) 624 E. und hat an
ber Ober jhöne Eichenwaldungen, ferner Tuch—
fabrilation und eine Wollwäfcheret.
Nothenburg (an der Saale), Pfarrdorf im
Saaltreife des preuß. Regierungsbezirls Merfe:
burg, rechts an der Saale, in tief eingejchnittenem
Selena berielben, 7 km im SS®W. von Gönnern,
zäblt (1880) 1200 E. und hat eine königl. Domäne
mit Spirituwäfabrif, ein Kupfer- und Walzwerk,
Schiffahrt und in der ey eine Maſchinenfabrik
«Prinz Karlshütte», Rotſandſteinbrüche und ein
Koblenbergwert.
Rothenburg (in der Oberlaufik), Kreisftabt
im preuß. Regierungsbezirk Liegniß, links unweit
der Lauſitzer Neilie, Sit des Yandratsamts und
eines Amtsgerichts, zählt (1880) 1255 E, und bat
een undein Nittergutmit Schloß,
Baumichule und Ananaszuht. — Der Kreis Ro:
tbenburg zäblt auf 1126 qkm 51237 €.
Rothenburg ob der Tauber, unmittelbare
Stadt ım bayr. Regierungsbezirk Mittelfranten,
30 km im WNW. von Ansbach, unweit der
württemb. * in romantiſcher Lage auf einem
Berge, 377 m über dem Meere, zählt (1880) 6504
meiſt evang. E., ijt der Hauptort ded Verwaltungs:
bezirts R., jowie Sik de3 Bezirlsamts und eines
Amtsgeriht3 und hat ein Progymmafium, eine
Nealihule, ein Waiſenhaus und ein Hoſpital.
Der Ort ift eine der älteften Städte in Franten
und gem namentlich durch feine vielen Kirch:
und Mauertürme einen interefianten Anblid. Er
bat fieben Kirchen, eine vollftändige Lateinſchule,
eine Bibliothel und ein jchönes Rathaus. Unter
den Kirchen zeichnet fich befonders aus die Haupt:
firhe zu St. Jakob, 1373—76 im Spibbogenitil
erbaut, im 15. Jahrh. vergrößert und neuerdings
von Heideloff rejtauriert, mit guten Gemälden von
857
| Hercen (1466), A. Dürer und Wohlgemuth, jehr
—— Glasmalereien, alten treflihen Bild:
fhnikereien am Hodaltar und vielen Grabbent:
mälern. Ferner it bemerlenswert die 1475 be;
— 1709 reſtaurierte St. Wolfgangs—
the mit Altargemälde und die Kirche zu St.
Johann. Eine im 15. Jahrh. von einem Mond
angelegte Waflerkunft führt dur ein Drudwert
das Waller aus der Tauber auf den Berg nad)
einem 30 m hohen Turm in einen großen fupfernen
Keſſel, von wo e3 ſich in verſchiedene Brunnen ver:
teilt. Die Bevölkerung treibt Ader: und Weinbau.
Außerdem beſtehen —* für Kinderwagen und
Spielwaren, ſowie für landwirtſchaftliche Maſchi—
nen, Gips⸗ Walt: und Bulvermüblen.
. ericheint ſchon 942 ala Stadt und früher noch
als Sit der Grafen von R. Nach dem Ausiterben
derjelben, 1108, ſchenlte Kailer Heinrih V. bie
Stadt feinem Neffen Konrad III. von Schwaben
Gohenſtaufen, deiien Sohn Friedrich ſich Herzog
von R. nannte). Nach deſſen Tode 1168 —F
Kaiſer Friedrich J. Franken an den Biſchof von
Bamberg, erhob aber R. 1172 — freien Reichs⸗
pott, die 1274 und noch 1662 bedeutende Privi:
egien erhielt. Als folhe fam fie mit ihrem feit
1430 etwa 330 qkm großen Gebiet 1803 an Bayern,
welches 1810 einen Teil desjelben an Württemberg
abtrat. Durch ihre Lage und ihre Werke war bie
Stadt vielen Belagerungen ausgeſetzt. Sie wurde
erobert 1406 vom ‚Duzgoteien edrich VI. von
Nürnberg, 1552 vom Markgrafen Albreht, dann
wieberholentlih im Dreihigjährigen Kriege bald
von den Schweden, bald von den Kaiferliden, zu:
lest 1645 von den ‚ramgofen, 1703 von ben Reicb-
truppen. Im Siebenjährigen Kriege forcierte der
reuß. Huſarenkornett Stürzebedher mit einem
rompeter und 25 Mann durd einige Piſtolen—
jgafie ein Thor und prefte ber Stabt, die einft
illy widerjtanden, 40.000 FI. ab, führte auch zwei
Ratsherren als Geijeln mit. Dagegen trieben 1800
die Rothenburger ein franz. Sietr 3, das die
Stadt brandſchatzen wollte, mit Mijtgabeln hinaus.
Bol. Benfen, «Beichreibung und en te der
Stadt R.» (Erlangen 1856); Merz, «R. in alter
und neuer Zeit» (2, Aufl., Ansb. 1881); Klein, «R.
ob der Zauber» (Rothenb. 1881).
id Ruine bei Htelbra (j. d.).
Rothenfelde, Dorf im preuß. — ——
Ddnabrüd, Kreis Melle, mit 420 E., Solbad,
zwei Gradierhäufern, einem evang. und einem kath.
Kinderhofpital. Vol. Kanzler, «Solbad N. bei
Deanabrüd» (Dänabr. 1881).
Rothenfeld (in Bayern), Stadt im bayr. Re:
gierungsbezirfUlnterfranten, Bezirlsamt Lohr, rechts
am Main, am Ditfuße des Speflart, Station
Linie Lohr: Wertheim der Bayrifhen Staatsbahnen,
—— (1880) 954 E. und hat ein Schloß des Fürſten
öwenftein:Wertheim:Rojenberg, Sandſteinbrüche
und Faßbinderei. ’
NRothenfel® (in Baden), Pfarrdorf im bad.
Kreife Baden, Amt Raftatt, rechts an der M
am Cingang zum Murgthal des Schwarzwaldes,
Station der Linie Raftatt: Gernsbad (Murgtbal:
bahn) der Badiihen Staatsbahnen, zählt (1880)
1564 E. und hat eine Mineralquelle ( iſabethen⸗
quelle), einen Chlornatrium-Säuerling von 20° C.
mit Babeanitalt, eine Steinhauerei, Herftellung von
Glaswaren und Holzhandel. Nahebei, em Sufe
de3 Schanzenberges, liegt ein früher marlgräfl.
858
Edlö mit Muſterlandwirtſchaft, jeht im Beſih
des Fürften von Lippe. j
Nother (König) iſt der Held einer deutſchen
Dichtung des 12. Jahrh., die den Namen, aber
aud nicht mehr, von dem longobard. König Hothari
entlehnt hat und dem Kreiſe ber Spielmanns:
dichtungen angehört und die Brautfahrt des Helden
nad dem Orient —— R., in Bare (Bari in
Apulien) berrihend, jenbet Fra feiner Nannen
nad Konftantinopel, um die Königstochter Herlind
zu werben. Die Boten werden gefangen genom:
men, und R. machte 19 jelbit mit einem Heer auf,
um fie zu befreien. Unter dem Namen Dietrid) gibt
er fich als einen von R. Vertriebenen aus und weiß
die Huld und Liebe der Königstochter zu gewinnen,
die er auch glüdlich in die Heimat entführt. Ein
Spielmann des Königs aber bringt fie durch Liſt
wieder nad) Konftantinopel, wohin jih nun R. aufs
neue aufmacht und anlommt, als fie mit einem
Heiden vermäblt werden ſoll. Erlannt und zum
Tobe verurteilt, wird er von feinen im Hinterhalt
verborgenen Mannen befreit, und der König willigt
endlich in Herlinds —— mit ibm. Der
ae: am Niederrhein zu Haufe, lebte um 1150
in Bayern und hat mancherlei bayr. Beziehungen
eingeflodhten. Denfelben Sto el die auf deut:
ſcher Quelle rubende altnord. Thidrelsfaga von
einem König ——— Das Gedicht iſt nach von
der Hagen (1811) und Maßmann (1837) am beiten
von 9. Rüdert (Lpz. 1872 und von K. von Bahder
(Halle 1884) herausgegeben. Wal. Edzarbi in der
«Germania» (Bd. 18 u. 20): *
Rother (Chriftian von), preuß. ——
geb. 14. Nov. 1778 zu Ruppersdorf bei Strehlen
in Schlefien, Pan 1797 eine Anftellung im Staats:
dient beim Polizeifah und fam 1806 als Kaltula-
tor zur Kriegs- und Domänenlammer. Nad dem
Tilfter Frieden (1807) war er in Warſchau im
Bureau des Yuftizminifters Grafen Lubieniti thä:
tip. Von bier begab er 19 1810 nad) Königsberg.
ne treffliche Schrift über Kafienverwaltung bahnte
ihm den Wiedereintritt in den preuß. Staatsbdienft.
wurbe 1810 ala —— unter dem Mi:
nifter Hardenberg angeitellt, 1815 Spezialbevoll:
mädhtigter bei der Verteilung der Kriegsentſchä⸗
digung, welde Frankreich zu —* hatte, 1820 Chef
der Seehandlung, 1831 Direktor der lönigl. Bank,
bald darauf Bräfident der Staatsſchuldenverwal⸗
tung und 1836 Geb. Staatöminijter, welche Stellen
er bis 1848 beleibete, Zu feinem 50jährigen Dienit:
jubiläum erhielt er den Schwarzen Adlerorden und
damit für ſich den Adel, nachdem jeine Rinder be:
reitö 1837 nobilitiert worden waren. R. leitete
das ganze Finanzweſen des Staats und ſchuf meb:
tere der woblthätigften Einrichtungen, wie die
Staatsfhuldentilgungstommiifion, die Kreditan:
talt für Grundbefiger , viele Fabrilen und Kunft:
tragen u. ſ. m. Auch ftiftete er den Verein für fitt:
lid verwahrlofte Kinder und errichtete die ſog.
Rother:Stiftung, durch welche aus den Be:
trägen verfallener Seehandlungs : Prämienjdeine
unverforgte Töchter verftorbener. Staatädiener
alu und Geldunterjtüpung erhalten. Im
Srühjahr 1848 ſchied er aus dem Staatsdienft und
x fih auf jein Gut Nogau bei Parchwiß in
aus wa wo — F Frage 1849 nr hichaſt
otherham, Stadt in der engl. Gra
York, Weſtriding, rechts am Don, an der Ginmün:
dung des Rother in denſelben, Station der Linie
Rother — Rothorn
Smwindon: Junction: Doncafter der Midlandbahn,
zählt (1881) 34782 E, und hat eine ——
ein Seminar der Independenten, Eiſen⸗ und tahl:
fabriten, gern Mafdinenbaumwerfftätten
und in der Nähe Koblen: und Eiſ
Notherhithe, Stadtteil von London, in ber
Grafſchaft —— rechts an der e und an
der Einmündung des Grand: Surreylanala in bie:
ſelbe, oberhalb Dan: zählt (1881) 36010 E.
meift Matrojen un —— und hat
die großartigen Surrey⸗ mmercial:Dod3, welde
140 ha bededen, Schiffäwerfte und den 25 ha gro⸗
ben Southwart: Bart, Mit Wapping, dem füdlih
von den London⸗Dods linls an ber fe
nen Stadtteil, iſt R. 83km unterhalb London
durh den 1825 —43 erbauten Themjetunnel
verbunden, weldher aus zwei nebeneinander laufen:
den gemauerten Bogengängen von je 4,2 m Breite,
4,3 m Höhe und 396 m Länge beitebt, keit 1865 ber
— re eu. ehört und
wärtig etwa 40 Züge derjelben t al paffieren
Rotherth af (Vörös Torony), ein Felſen⸗
paß im hermannftädter Komitat Siebenbü
—* aus dieſem Lande durch deſſen ſudl.
gebirge, welches hier von der Aluta durchbrochen
wird, nach der Walachei auf der befahrenſten Straße
zwiichen beiden Ländern, ift nad) einem rot bemal-
ten Feljentaftell benannt und bat eine *— Kon:
tumazanitalt und ein eur mt. Am
gang lag im Altertum Cajtra Trajana, weshalb
der Paß ım Mittelalter auch ee genannt
wurde. Hiſtoriſch merfwürbig iſt derielbe durch bie
Niederlage der Türken gegen bie u unter
Hunyad 1442, ſowie des Kafchas von endria
gegen diefelben unter Stephan von Thalegd 1493,
ur bie —— — 20. Juni 1821,
durd den Ginmarich der erften ruf. Truppen aus
der Waladei nah Siebenbürgen im Jan. 1849,
ſowie durch die Bejekung von jeiten der
unter Bem von Ende März bis Mitte April 1
Der Bau einer Eifenbahnlinie durch diefen Paß it
ſchon längft projeltiert, aber noch nicht a
Nothefay, Hauptitabt der ſchott. ©
Bute, an der Norboftlülte der Inſel Bute, t
etwa 8300 E. und hat einen vorzüglichen Hafen,
Heringsfiiherei, Schiffbau und Baummollweberei.
Megen feines milden Klimas ift R. ein beliebter
Badeort der Glasgower,
Nothiere (La), ſ. La:Rothitre,
Notholz, Babiaholz, f. A
ſteins zablrei be nie — In —5*
eins zahlreiche Gipfel der n.
nischen oder Bee Alpen kroͤnt das Zinalrotborn
oder Moming (4223 m), eine fühn geformte Gneit:
— den vergletſcherten Namm,
id von Zermatt das Nilolaithal vom Val de Zinal
(f. Annivierg) ſcheidet öftlich von Zermatt
erbeben fi das Oberrothorn E 3418, das
rothorn zu 3106m, Den Berner —3
R. (3300 m) der Blümlisalp (j. d.), das
Rothorn (2351 m) oberhalb Brienz und das
wyler Rothorn (2053 m) über dem erjee. In
den Rhätiſchen oder Graubändner Der
wiihen dem Arofathal und Lenzerheide
roſarothorn (2985 m) und das Parpaner Rot:
born (2901 m) auf; im Br erhebt
ein R. ober als Schröden = 7m unb in e
Leoganger Steinbergen ber ler Alpen ein
anderes zu 2600 m,
|
Rothſchild — Rothftein
Nothſchild, Stadt, foviel wie Roeslilde.
Nothſchild, das hervorragendite und ange:
fehenfte Bankhaus der neuern Zeit, wurde von
ayer Anſelm R. gegründet. Derielbe war
1743 zu Frankfurt a. M. geboren. Schon im elften
ahre verwaiſt, befuchte er die Religionsſchule zu
ürth, übte fih dann einige Jahre in feiner Vater:
tabt im Handlungsfadhe und trat als Gehilfe in
ein Bantiergefchäft zu Hannover ein. Nach einigen
Jahren kehrte er nad Frankfurt zurüd und fing mit
einem Heinen Vermögen ein eigenes Geihäft an.
In kurzer Zeit erwarb er dur Fachkenntnis, uners
müdlide Thätigkeit und die vielfach erprobte Ge:
diegenbeit feines Charakters das Vertrauen anfehn:
liher Häufer. Von Jahr zu Jahr nahmen fein
Kredit und Vermögen zu. Von weientlidem Ein:
fluß für den Aufſchwung jeiner Handlung war da3
Geihäftsverhältnis, in welches er zu dem dama—
Ligen en von Heſſen-Kaſſel, heit 1803 Kur:
fürjten Wilhelm I., trat. Dieſer hatte in R. einen
ebenfo zuverläffigen als brauchbaren Mann erlannt
und ihm 1801 den Titel eines Hofagenten, ſpäter
Dberhofagenten, beigelegt. Als Kurheſſen 1806
von den franz. Truppen occupiert worden, der Kur:
gr au3 dem Lande flüchten mußte und fih nad
öhmen begab, vertraute derjelbe fein ganzes Ver:
mögen ber Obhut und Verwahrung R.s an. Nur
mit großer perjönliher Gefahr für ſich und feine
herangewachſenen Söhne vermodte R. dieſe Schäbe
vor dem Angriff der franz. Bolizei, weldye bis zur
Hausjuhung fchritt, zu retten. Im nämliden J.
1806 wurde Karl von Dalberg, Fürft Primas des
Rheinifhen Bundes, Beſiher von Frankfurt, der
nun gleichfalls jeine Geneigtheit und Anerkennung
N. zumendete. Als Großherzog verlieh er den
Sraeliten von Frankfurt die volle bürgerliche und
polit. Rechtögleich eit und ernannte Ju 1812)
RN. zum Mitglied des Br ra es dama:
ligen Departements Frankfurt. R. ftarb 19. Sept.
1812 und hinterließ gi n Rinder, darunter fünf
Söhne, welche dejien Bankgeſchäfte übernahmen,
Diefe Söhne waren: 1) Anfelm Mayer, Frei:
err von R. geb. 12. uni 1773, Chef des Stamm:
aufes (M.A. von Rothſchild u. Söhne) zu Franl:
urt, geit. 6. Dez. 1855 kinderlos. 2) Salomon
Mayer, Freiherr von R., geb. 9. Sept. 1774,
Chef de3 Banlkhauſes ©. M. von Rothſchild in
Wien, hatte feinen Wohnſiß abwechſelnd in Wien,
Paris und Frankfurt und — in u 27. Juli
1855. Sein einziger Sohn, Freiherr Anjelm
Salomon von R. geb. 29. Yan. 1803, übernahm
nad) des Vaters Tode die Leitung des wiener Banl:
hauſes. Derfelbe war Mitglied des ölterr. Herren:
hauſes und ftarb zu Oberböbling bei Wien 27. Juli
1874. Nach jeinem Tode übernahm fein Sohn,
Bun Albert von R. (geb. 29. Oft. 1344), die
eitung de3 wiener Bankhauſes. Ein älterer Bru:
der des lehtern, Baron Ferdinand von R.
(geb. 17. Dez. 1839), lebt in London al3 Privat:
mann und bejchäftigt ſich Ichriftitelleriih. Er hat
auch eine Novelle: «Broni» (Lpz. 1878), ericheinen
laſſen, und ließ fi in England naturalilieren,
worauf er Mitglied des engl. Barlament3 für
Aylesbury wurde, 3) Nathan Mayer von R.,
geb. 16. Sept. 1777, errichtete 1798 eine Handlung
in Mancheſter, welche er fünf Jahre fpäter unter
der Firma N. M. Rothſchild nad) London verlegte.
Er ftarb 28. Juli 1836 in Franlfurt, worauf feine
Söhne, deren ältejter, Lionel Nathan von R.,
859
geb. 22. Nov. 1808, geit. 3. Juni 1879, Mitglied
des engl. ger lade war, das londoner Bant:
u3 unter der Firma N. M. Rothidild u. Söhne
ortführten. Der Sohn Lionel Nathans, Lord Na:
thaniel von R., geb. 8. Nov. 1840, wurde im
N 1885 zum Beer erhoben. 4) Freiherr Karl
MayervonR., geb. 24. April 1788, wurde Chef
de3 nehaufes in Neapel und ftarb daſelbſt
10. März 1855. 5) Bene Jakob (Damen) von
R., geb. 15. Mai 1792, jeit 1812 Chef des Haufes
Gebrüder von R. in Paris. Derfelbe ſtarb zu
er 15. Nov. 1868, indem er die Leitung des
eihäfts feinem Sohne, dem Baron Alfons von
R. (geb. 1. Febr. 1827) hinterließ. Seine Gemah—
lin, —** Dann“ on R., eine Tochter Salo:
mon R.s, hat fi urch hohe Geiſtesgaben und
ungewöhnlichen Wohlthätigkeitsſinn ausgezeichnet.
Das frankfurter Bankhaus (M. A. von ——
u. Söhne) wird ſeit dem Ableben des Freiherrn
Anſelm Mayer von R. von den beiden Söhnen
Karl Mayer von R.s, den Freiherren Mayer
Karlvon. (geb. 5. Aug. 1820) und Wilhelm
Karlvon R. (von eriterm ala Chef), geleitet. Der
eritgenannte wurde von Frankfurt a. M. in den
Konitituierenden und in den ordentlichen Reiche:
tag de3 Norddeutſchen Bundes gewählt und dann
als lebenslängliches Mitglied des preuß. Herren:
hauſes berufen.
Mit lie er bielten die Brüder R.
das Gebot unverbrüdliher Eintradht und Gemein:
ichaftlichleit in allen Geſchäften, das ihnen der
jterbende Vater ans Herz gelegt hatte. Die Treue
und Uneigennüsigleit, welde fie gegen den Kur:
fürften von Heſſen bewieſen, fiherte dem Haufe
R. deſſen Empfehlungen, beſonders auf dem Wie:
ner Kongreß. Raſch mehrten fich feit 1813 bie
Verbindungen des Haufes mit den europ. Finanz:
verwaltungen, ſodaß es feitdem durd zahlreiche
große Geld: und Kreditoperationen auf die Stufe
eführt wurde, die e3 jekt in den Kommerz: und
inanzangelegenbeiten einnimmt. Aud für Be:
gründung —— — vollswirtſchaftlicher Un:
ternehmungen haben die Banlhäuſer R. viel ge:
than. Bol. «Das Haus R. Seine Geihidhte und
feine Gefhäfte» (2 Bde. Prag 1857).
Rothichönberger Stollen, großer fislaliſcher
Stollen im freiberger Bergrevier im Königreich
Sadjen, der längfte unterirdiihe Bau der Welt,
mit den Seitenflügeln bereits über 50 km lang, bis
250 m Teufe einbringend. Der Bau de3 Haupt:
traft3 dauerte von 1844 bis 1877, die Gefamttoften
beliefen fi auf 7186697 Marl; einige Ken
betriebe find nod) im Gange. (©. unter Freiberg
und Halöbrüde.)
Rothftein (Hugo), geb. 28. Aug. 1810 zu Er:
furt, geit. 23. März 1865 ebendajelbft, war der erite
Dirigent der 1851 neu organifierten Eentralturn:
anftalt in Berlin. Sein Beitreben ging dahin, das
deutihe Turnen durch die von ihm eigentümlic)
erweiterte und begründete Gymnaftit des Schweden
Ling (f. d.), zu deren Stubium er 1845 vom preuß.
Kriegsminiſter eigens nah Schweden entiendet
worden war, zu verdrängen und eine preuß. Staatö:
turnmethobe herauszubilden. NR. geriet deshalb
mit ben Bertretern der deutichen Turnmethode in
heftigen Kampf, welder ſchließlich mit der Ent:
laffung R.3 1863 endigte. R.s Hauptwerk it:
«Die Gymnaftit nah dem Syitem des ſchwed.
Gymnaſiaſten P. H. Ling» (5 Bde., Berl. 1847—59).
860
Rothuhn — Rotrou
Mothuhn (Perdix rufa, Tafel: Hühner: | leute jeit lange die Unterlage bes von ihnen bebau-
vögel,
nendes, ſeht Ichmadhaftes Rebhuhn, das fait um
die Hälfte größer ald das gemeine iſt, mit rotem
Schnabel und Beinen, oben rotgrau bis roftrot, an
der Seite mit etwas verlängerten, hellgrauen federn
mit bell: und dunfelbraunroten Querbinden, bie
Kehle ift weiß mit ſchwarzer Einfaſſung.
othwälſch, ſ. Rotwelſch.
Notierbutterfah und Rotierender Butter:
Ineter (von Lefeldt), |. unter Butter und Butter:
bereitung. ..,. [Peeben.
Notieren (lat.), fih um feine eigene Achſe
Rotierende Mafchine (von Cor), j. unter
Dampfmafdine, Bd. IV, ©. 823.
Notkarpfen, joviel wie Rotfeder.
Notkehichen oder Rotbrüfthen (Sylvia
rubecula), ein Zur Gattung Sänger — ge⸗
hörender, überall belannter und beliebter Vogel,
der oberſeits olivenbraun und an Kehle und Bruſt
gelbrot Zip it. Er bewohnt gan) Guropa und
einen Teil des weſtl. Afien und ift bei und Zug:
vogel, der offene Zaubholzwälder oder dichte, die
Wieſen und Anpflanzungen umgebende Gebüiche
zu feinem Aufenthaltsort wählt. Bon Tempera:
ment ift er beiter und lebhaft und erlangt, wo er
{dont wird, große Zutraulichkeit; gegen andere
leine Vögel aber ift er unverträglih. Zur Nahrung
dienen ihm Inſelten (beionders liegen) und Beeren.
Der Geſang des Männdens iſt angenehm und dauert
vom März bis in den Sommer; außerdem laſſen
beide Geſchlechter zu anderer Zeit ein Zwitſchern
bören, das von jenem Gejang jehr verſchieden iſt.
Das Weibchen legt in das völlig gededte, fait am
Boden jtehende Neit fünf bis fieben jtrobgelbe, bell:
braun punttierte Gier. Im Spätjommer werden
die R. häufig in — efangen, an welche
man Fliederbeeren als Codipeite hängt. (Abbildung
auf Tafel: Singvögell.)
ottohle ift eine bei mäßiger Temperatur ber:
eitellte, von zu verflüchtigenden Beitandteilen nicht
reie Holztohle, fie befigt einenhoben Grab von Ent:
flammbarteit und wurde deshalb von Biolette zur
Fabrikation des Schießpulvers empfohlen.
Rotkupfererz oder Cuprit, eins der vorzüg:
lichſten Aupfererze, Ergitallifiert ausgezeichnet in
den Formen de3 regulären Syſtems, namentlich
dem Oltaöder, Heraöder und Rhombendodelaẽder,
findet ſich auch in derben undeingejprengten Maſſen,
ſowie als Pieudomorphoje nah gediegen Au fer:
das Mineral ijt cochenillrot, biäweilen ins Blei:
gem gehend, von metallartigem Diamantglanz,
er Härte 3,5—4, dem ſpezifiſchen Gewicht von etwa 6.
m reinſten Zuftande iſt es Rupferorydul Cu,O,
ö8lich in Ammoniak, in Salzläure und Galpeter:
jäure, gr auf der Kohle vor dem Yötrohr nach
ruhigem Schmelzen ein Aupferlorn. Schöne Vor:
fommnifje finden fi 3. B. zu Rheinbreitbach am
Siebengebirge, in Cornwall, im Banat, zu Chefiy
bei Lyon, im Ural. Dur Aufnahme von Koblen:
fäure, Sauerftoff und Wafjer wandelt fi das R.
in raferigen grünen Maladit um. Nur eine Barie:
tät de3 R. iſt Die Kupferblüte (Challotrichit), welche
zarte farminrote haarförmige Nädelchen darftellt,
die zu Büjcheln und Neben verwoben find.
otlagergebirge, ſ. Rotbaargebirge.
Rotlauf, ſ. Rote Krankheit).
Rotliegended, aud wohl Rot:Tot:Liegen:
tes, nannten urjprünglich die mansfelder Berg:
ig. 4) beißt ein Sübwefteuropa bewoh: | ten Kupferſchief
erflöpes, welche fein Erz mehr ent:
ält, für fie aljo tot iſt, das Liegende bildet und
olglih auch älter ift und zugleich eine rote Fär—
bung befist. Diefe bergmännijche Benennung ift
dann benupt worben, um jene gejamte Schichten:
ruppe zu bezeichnen, welche die Kupferichiefer: und
echſteinformation unterteuft und als untere Dyas
aufgefaßt werden muß. Das R., welches charal⸗
teriſtiſch nur in Deutichland vorlommt und an
vielen Stellen die Steintohlenformation unmittel-
bar bededt, beiteht vorberrihend aus mächtigen
Schichten von grobem Konglomerat, dejien eijen
reiches, tbonig:jandiges Bindemittel ihm ftet3 eine
rötliche oder braunrote ren verleiht. In ihm
treten Thonjteine, Borpbyre und Melapbyre, ſowie
Sandſtein, Kalkitein und geringe Hoblenlager auf.
Es fommen in diejer Formation außer Reſten aus:
geitorbener jalamanderähnlicher Tiere faft nur ſolche
von Pandpflanzen vor; die meijten rühren von Co:
niferen, baumförmigen Farn und Gquifetaceen
ber. Die verkiejelten Farnſtämme des R. pfleate
man Starfteine und Madenfteine zu nennen. Schr
Ihön kommen dieſe bei Chemnik in Sachſen und
bei Neupala in Böhmen vor, jehr groß, aber nicht
fo ſchön, am Kyffhäuſer. Sie wurden früber häufig
zu Shmud verwendet.
Nötling, ſ.Rotſchwänzchen.
Rotmäntel, joviel wie Sereflaner.
Notnidelfied, eins der mwidtigiten Erze zur
Darftellung des Nidels, kryſtalliſiert höchſt jelten
in flachen beragonalen Pyramiden, bildet meift
ipröbe derbe Maſſen von leicht kupferroter Farbe
(daber der Trivialname Kupfernidel), die aber bald
arau und ſchwarz anlaufen; Härte=5,5; ſpezifi⸗
ihes Gewicht = 74— 7,7. Chemiſch ift das Cr;
Einfach Arjennidel, NiAs, beitehend aus 43,9 Nidel
und 56,1 u: . Arjen, von welchen oft gewifie Men:
” eng — Be — R.
ndet fi ufig (3. B. zu Freiberg, Schneebera,
Annaberg, ag er Nichelsdorf , Bieber,
Sangerhaujen, Saalfeld, Andreasberg u. f. w.),
doc nirgends in befonders großer Menge.
Nötolo oder Rottel, ein Handelsgewicht in
Nordafrika, der Türkei, Süditalien und Sicilien
(in den brei leptern Gebieten obne geießliche Gel:
tung), von verſchiedener Schwere und meift ber
hundertſte Teil des Cantäre, (9. Kantär.)
Notonda, j. Rotunde.
Motrou (can de), einer der geadhtetiten Dra:
matiter rantreich3 vor und neben Pierre Corneille,
geb. 21. Aug. 1609 zu Dreur (Depart. Eure-et:Loir),
mar bajelbjt Richter und Prüfungstommifjar und
ftarb 28. Juni 1650 zu Dreur. Schon mit 19 Jab:
ten erzielte R, mit zwei Dramen auf der Bübne
Erfolg, was den Kardinal Ridelieu veranlaßte, ibn
in feinen Lujtipielrat aufzunehmen; Gorneille, der
ihn mit dem Namen «Vater» ehrte und mit dem R.
in neiblojem Freundesverkehr ftand, verduntelte ihn
bald auf der Bühne, und gewährte R. mit feinen
eigenen Stüden Mujter, deren Befolgung R.s ſpä—
tern Dramen zum Borteil gereichte. ſchrieb
16 Tragilomödien, 13 Komödien und 6 Tragödien
nee 301. unter legtern dem Euripides nachge
ildete Stüde, ſowie «Venceslas» (1647), über:
arbeitet 1759 von Marmontel und dem Spaniichen
bes Francisco de Rojas (f. d.) nadhgebildet, und
«Cosrods» (1649), die beiten unter jeinen Dramen.
In den übrigen Stüden folgte R. den Spanier,
Rotruffiiher Dialett — Rott (Karl Matthias)
fomwie Plautus und Seneca. Sprade und Situa:
tionen find decenter al3 bei feinen Vorgängern.
Erft 1820 erjchien eine Sammlung der «Deuvres
de R.» (5 Bbe., Bar.), beforgt von Biollet le Duc;
neuerbingd wurben «Venceslas» und «Saint-Ge-
nest» wieder gebrudt in «Chefsd’euvrestragiques»
(Bd. 1, Bar. 1873), in «Rotrou, Theätre choisi»,
von Hemon(1883) , in «Theätre choisi de Rotrou»,
von 2. de Ronchaud (Bd. 2, 1882). Val. Guizot,
«Corneille et son temps» (Par. 1852); Jay,
«Essai sur les euvres dramatiques de Jean de R.»
(Bar. 1869); Berfon, «Histoire du veritable Saint-
Genest»; «Histoire du Venceslas» (Par. 1882).
Roteuffifcher Dialekt, f. u. Kleineuffen,
Rotrukland, Rot:-Reufen, ruſſ. Cerwönnaja
Rus, poln. Czerwona Rus (woraus ber beutiche
Name überjeht ift), bezeichnete in älterer Zeit den
öftl. Teil des heutigen Galizien (um San, Dnieftr
und Bug) mit einem Teil des Königreichs Polen
(um Chelm). Unter eg Herrſchaft zerfiel es in
die Wojwodſchaften Bel; und Rus; die einzelnen
Landſchaften der legternwaren: Lemberg, Przemysl,
Sanok, Halicz, Chelm. Der Name rührt von ber
ehemaligen Stabt Gerven (jüdlih von Chelm, an
der Huczwa) ber; das Adjeltivum Tervonnyj rufl.
bedeutet «purpurrot» (vol. poln. czerwien, rote
Farbe), daber die fiberjekung.
Rotfalz ist aus Holzeſſig dargeftelltes eſſigſaures
Natron, das durch anhängende Reſte von tecrigen
Beitandteilen eine m. Farbe befigt; e3 iſt ein
Zwiſchenprodult bei ber Darjtellung der Gifigfäure.
Rotfämifchleder, rotgefärbtes ſämiſchgares
Schaf: ober Ziegenleder, zum liberzug von Futte—
ralen dienend.
Nötfcher (Heine. Iheod.), Dramaturg, geb.
20. Sept. 1803 zu Mittenwalde, widmete ſich zu Ber:
lin und Leipzig philol. und philof, Studien, habi—
litierte fh dann in Berlin und folgte nah Ber:
öffentlichung feiner erſten Er wiſſenſchaftlichen
rbeit, «Ariſtophanes und ſein Zeitalter» (Berl.
1827), einem Rufe als Gymnaſialprofeſſor nach
Bromberg. In dem Beſtreben, der dramatiſchen
Kunſt als etifer | zu werben, jchrieb er
Ne «Abhandlungen zur Philoſophie der Kunft»
5 Bbde., Berl. 1837—47) und —** faſt gleichzeitig
in der «funjt der dramatifchen Darftellung» (3 Bde.,
Berl. 1841—46; 2. Aufl. 1864) den erften Verſuch,
die Schaufpieltunit der wiſſenſchaftlichen Darftellung
ji unterwerfen und in ihrer Zotalität zu begreifen,
m der Bühne durch thätiges Eingreifen nußlich zu
werben, fiedelte R. nad} Berlin über, wo ihm durch
den Miniſter Eichhorn und Tied die Ausarbeitung
des Plans zur Errihtung eines Staatsinftituts für
die Ausbildung dramatischer Künftler übertragen
wurde, deſſen Durchführung jedoch infolge der Er:
eignifje von 1848 ſcheiterte. Einen Teil feiner kri⸗
tiſchen Berichte, die er für die «Spenerfhe Zeitung»
ſchrieb, ftellte er in den «Dramaturgiihen Skizzen
und Krititen» (Berl. —39 zuſammen, denen
ſpãter «Dramaturgishe Abhandlungen und Kritilen⸗
(2p3. 1859) anſchloſſen. Seit dem Wechſel der In:
tendanz (1851) 308 ſich R. von jeder direkten Einwir:
tung auf die fönigl. Bühne zurüd und ftarb 9. April
1871 zu Berlin, Bon feinen Schriften find noch
zu nennen: «Das Schaufpielwefen» (Berl. 1843),
«fiber Byrons Manfred» (Berl. 1844), «Seydel:
manns Leben und Wirken» (Berl. 1845), die von
ihm herausgegebenen * rbücher für dramatiſche
unſt und Literatur» (Berl, 1848), «Shalſpeare in
861
feinen höchſten Charaktergebilden» (Dresb. 1864),
«Dramaturgiihe und äfthetiihe Abhandlungen »
(2 Sammlungen, eng 1864 u. 1867), «Drama:
turgiſche Probleme» (Dresd. 1865), «Entwidelung
dramatifcher Charaltere aus Leſſings, Schillers
und Goethes Werken» (Hannov. 1869). i
Rotſchwauz, Nachtſchmetterling, ſ. unter
Budenipinner.
2 wanz, ſ. Steinbrojiel.
Notſchwänzchen oder Rötling (Ruticilla)
ift der Name einer — von Vögeln aus ber
amilie der Sänger (Sylvia), melde ajchgraue
—— roſtroten Schwanz und dünne, mit
einer einfachen ungetrennten Schiene bebedte Läufe
haben. Bon ihnen ift bei und das Garten:
ZILADERIGER (R. — Abbildung
auf Zafel: Singvöge - und dad Hausrot:
ſchwänzchen (R. Tithys) ſehr Häufn. welde
zwar beide Zugvögel find und den Winter im
Süden verbringen, aber dennod das Zutrauen zu
ben Menſchen der nörbl, Gegenden nicht verlieren
und fi daher in Baumgärten und Heden in ber
Nähe der Dörfer und Städte anfiedeln. Sie find
ſehr lebhaft, finden Vergnügen an unabläffigen
Bewegungen, wobei fie mit dem Schwanze ſchla⸗
gen, und fliegen leiht und ſchnell. Ihre Nahrun
eitebt aus Inſekten, befonders liegen. Balt
nad) ihrer Ankunft um die Mitte bes April laſſen
fie ihre angenehm pfeifende oder mehr zwitſchernde
Loditimme ertönen und fingen dann viel. Das
Weibchen des Hausrotſchwänzchens leat fünf bis
fieben blaugrüne, das des Gartenrotſchwänzchens
ebenfo viel weiße Eier, und in günftigen Sommern
werben zwei Bruten erzogen. Bon dem Gartenrot:
ſchwänzchen ift das Männden obenher braun, an
Zügel und Kehle ſchwarz, an ber Stirn rein weiß,
an ber Oberbruft roftgelb und an dem Bürzel und
den Schwanzfedern (mit Ausnahme der beiden mit:
teljten) rojtrot, dad Weibchen mehr rötlich: aid:
grau, an der Bruft weihlich mit Roftgelb. Das
Männden des Hausrotſchwänzchens ift unterfeits
san ſchwarz, das Weibchen aſchgrau.
otfpichglan erz, oder Antimonblende,
ein in dünnen nadel: und —— wahr⸗
ſcheinlich monoklinen Geſtalten kryſtalliſierendes
Erz, welches meiſt kirſchrote diamantglänzende
elförmige Aggregate bildet; es iſt ſchwach
durchſcheinend, hat nur die Härte 1 bis 1,5, das
ſpezifiſche Gewicht 4,5 und liefert bei der Analyfe
75 Bra Antimon, 20 Schwefel, 5 Sauerftoff, wes⸗
jet es al3 eine Verbindung von 2 Molekülen
mwefelantimon und 1 Moletül Antimonoryd
28b,8. 48b.0.) betradtet wird. n Sal
äure löft es fich unter Entwidelung von Schwefel:
waflerftoff. Fundorte im Braͤunsdorf in Sachſen,
Przibram in Böhmen, Pernel bei Böfing in Ungarn,
Allemont im Dauphine.
Notftein, ſ. Rötel. ,
Rott (Karl Matthias), eigentlih Koh, Schau:
fpieler, geb. 23. Febr. 1807 zu Wien, wurde 1819
Sängerfnabe beim Hofoperntheater, 1824 Cellift
am preßburger Theater. Er ging dann nad
Trieft und Graz, kehrte hierauf nad Wien zurüd
und gehörte nun dem jofephitäbter Theater bis
1836 an. Nachdem er im Burgtheater gaftiert
batte, fpielte er meift auf ungar. Bühnen und wurde
1847 für das Theater an der Wien engogiert, dem
er mit Bee Unterbredung bis zu feinem 10. Febr.
1876 erfolgten Tode angehörte. R. veritand es
862
wie ern Künftler zu inbivibualifieren, und jein
Viehbändler, fein Meineibbauer, —— EKreu⸗
zelireiber») u. ſ. w. waren lebensvolle Figuren
von unübertroffener Wirkjanafeit.
Nott (Moris), eigentlihb Rofenberg, Schau:
fpieler, geb. 14. De. 1793 zu Prag, muhte Kauf:
mann werden, wandte ſich aber dann der Bühne zu.
Er betrat zum erften mal im uni 1817 auf dem
—A— Theater in Wien als Karl Moor
ie Bühne, nahm darauf ein Engagement als erſter
ze r in Kaſchau an und wandte ſich 1818 nad)
Lemberg, von da nad Brünn und Linz. In den J.
1821—29 gehörte er dem Palffyſchen Theater in
Wien, und 1829—32 dem Theater in Leipzig an
und wurde im lehtgenannten Jahre Mitglied der
berliner Hofbühne, der er bis zu feinem Abſchied
vom Theater (Dez. 1855) angehörte. R. ftarb
11. März 1857 zu Berlin. Gr war impojant in
feinen Mitteln, voll Kraft, reich an Phantafie,
von mimijcher Vollendung und rhetoriicher Genia:
lität. Bon feinen Rollen find befonders hervor:
zen: En nel Macbeth, Göß, Tell, Kreon,
tgon, Graf Steinhaufen (4Geheimer Agent») ıc.
Bol. —** zwifchen dem Künſtler und Schau:
fpieler Morig R. und einer Dame» (1882).
Rottange, ſ. unter Algen, .
Rotte heiben die in der Funbamentafaufefung
der Infanterie und Kavallerie gintereinanbes ſte⸗
henden Leute, beziehungsweiſe Pferde. Früher in
den tieſen Maſſen war die R. oft ſeht ſtark: in der
riech. Phalanx 4—16, in der röm. Legion gewöhn⸗
ih 8S—10 Mann, in den Gevierthaufen des Mittel⸗
alters bis 20 und mehr. Mit der Berbreitung- der
Feuerwaffen wurde die Gliederzahl geringer und
dadurch auch die R.ſchwächer, bis fie AR 3—2 Mann
für Infanterie und 2 Mann für Kavallerie lam—
an einigen Armeen bildet man beim Reihenmarſch
in Rechts: oder Linlsum) Doppelrotten, indem
die geraden oder ungeraden Nummern durch die
ganze Kolonne neben ihre Vorderleute treten. Die
ewonnenen Abftände erleichtern dann das Aus:
reiten. Blinde Rotte it eine ſolche, bei der im
bintern Gliede der Mann fehlt.
Notte bezeichnet im Turnen die Zufammengebö:
rigleit der gleichjahligen Glieder der in ein Orb:
nungsverbältnis zueinander getretenen Reiben;
daher kann erſt dann von R. die Nede fein, wenn
mindeſtens zwei Reihen aufeinander Bezug nehmen,
Rotteck (Karl von), deutſcher Geſchichtſchreiber
und liberaler Politiler, geb. 18. Juli 1775 zu
Freiburg i. Br., beſuchte das Gymnaſium und ſtu—
dierte auf der Univerſität daſelbſt. Hierauf wurde
er Aſſeſſor beim Stadtmagiſtrat und 1798 ord.
Profefior der Gefchichte an der Univerfität; 1818
vertauichte er den Lehrſtuhl der Geichichte mit dem
des Naturrechts und der Staatswiſſenſchaft. Sei:
ner kräftigen Vorftellung «Für die Erhaltung der
Univerfität Freiburg» (Freiburg 1818) verdantte
* großen Teil dieſe Anſtalt ihre Fortdauer. Die
niverſität wählte ihn daher, als die Verfaſſung
Badens 1819 ins Leben trat, zu ihrem Abgeordneten
in die Erſte Kammer. Er wurde 1831 zum Abge:
orbneten in die Zweite Hammer ae R, erwarb
fi in diefer Stellung raſch den Ruf eines freifin:
nigen und gemandten Nebners für polit. Reformen.
Die damalige Reaktion veranlaßte Dit. 1832 die
Verſehung R.s und Welders in den Ruheſtand mit
Penſidn, unterdrüdte die von ibm gegründete Zeit—
ſchrift «Der Freifinnige», verbot ihm die Leitung
Rott (Morig) — Rottenburg
ber «Allgemeinen polit. Annalen» und verfagte bie
Beitätigung feiner Wahl als B iiter von
Freiburg. Er ftarb 26. Nov. 1840. In mi
wurde ihm 1848 ein Monument errichtet, na
der Revolution befeitigt, 1862 aber wieder auf:
geftellt worden ift. Eine weite menu unter
en Ständen des beutii Volls erhielt feine
27: {päter fortafeht von Gteger und Dermeß, 25
: ortgejekt von er i
iUufteierte Wollsausgabe, 11 Bbe., Braunjcw.
1866—67) und der Auszug daraus, die «A eine
Weltgeſchichte⸗ —— Stuttg.1830—34 ; 7. Aufl,
beforgt von Zimmermann, 6 ‚ 1860—61).
Außerdem find von feinen Schriften zu ——
Bilderſaal für alle Stände» (3 3
Stuttg. 1828), «Lehrbuch des Vernunftrechts und
ber Stnatömitienichaften? (2 Bbe., Stuttg. 1829—
30), «Sammlung Heiner Schriften, meiſt hiſtor. und
olit. Inhalts» (3 Bde., Stuttg. 1829—30), «Lehr:
ud der ölonomiſchen Politi» (Stuttg. 1835),
«Geogr.:ftatift. und hiſtor. Schi der Pyre⸗
näifchen Halbinfel» (Rarlar. 1839; 2. Aufl. 1842).
Gemeinihaftlic mit Welder begann er das «Staat:
Leriton» (15 Bde., Altona 1834—44; 3. Aufl, von
Welder bearbeitet, 14 Bde., Lpz. 1856 — 66).
Unter den Söhnen R.3 iſt Karl von R., geb.
1812, durch feine Teilnahme an der bad. Revolution
an — — ee —— —— —*
in Freiburg, ſchloß ſi elbe der republikaniſchen
Partei an, —— ſich an der offenburger Ver—
fammlung und überbrachte als Abgeordneter der:
ala dem Minifterium die dort beichlofienen or:
erungen (13. Mai 1849). Als Erjaßmann in den
Landesausfhuß —— übernahm er nach Ein:
ehung der revolutionären Regierung die Stadt:
ireftion in Freiburg, faß fpäter in der Konſtituie
renden Verſammlung und Hüchtete nad Ende des
Aufitandes mit feinen Meinungsgenofien ind Aus:
land. Seit 1856 amneftiert, lebt er wieder in Baden.
Gin anderer Sohn, Hermann von R., aeb.
25. Aug. 1815, geft. 12. Juli 1845 zu Freiburg als
Privatdocent der ** ophie, gab außer einer ;sort-
ebung von der «Allgemeinen Gejchichte» feine!
aters (2 Bde., Pforzh. 1841—43) noch eine Bil:
dergalerie» zu legterer (1841 fg.), «Poetiiche Ber:
fuhe» (Freiburg 1838) und die völlerrechtlich
Unterſuchung über «Das Recht der Einmiſchung ın
bie innern Angelegenheiten eines fremden Staats⸗
(Freiburg 1845) heraus.
Rottel, j. Rotolo.
Nötteln, Ruine bei Lörrach (j. d.).
Notten, Fin, f. unter Plotze.
Rotten, joviel wie Nölten (des Flachſes).
Ro erg ar f.Borougb.
Rottenburg, Marktjleden und Hauptort des
gleihnamigen Verwaltungsbezirks im bayr. Regie:
rungabezirt Niederbayern, 22 km im NW. von
Landshut, an der Großen Laber, ift Sit eines Be—
irlsamts und eines Amtsgerichts, hat eine kath.
farrlirche, ein Rathaus und ein Krankenhaus und
zäblt (1880) 1025 E. Das 1632 von den Schweden
ra Bergſchloß war der Sitz der Grafen von
ohning und R., deren Befik 1185 an den Dtto
von Bayern fiel. Am 21. April 1809 beitand bier
bie Nachhut der Öfterreicher unter Felbmarj
Hiller ein Gefecht mit den Franzoſen.
Rottenburg, Stadt und Hauptort des gleich
namigen Oberamts im württemb, Schwarzwald:
freife, am linlen Ufer des Nedar und an ber Linie
Rottenfener — Rotterdam
Plohingen Rottweil: Billingen ber Württembergi:
ſchen Staateifenbahnen, 11 km oberhalb Tübingen,
Sitz des kath. Landesbiſchofs, zählt (1880) mit der
am rechten Flußufer gelegenen ehemals jelbftän:
zn Stadt Ehingen (die nicht zu verwechſeln
mit der gleichnamigen Oberamtsſtadt an der Do:
nau) 7136 meijt kath. E. R. bat ein 1216 von ben
Grafen von Hobenberg erbaute Schloß, jeht Lan:
beögefängnis, Domlapitel, Priefterjeminar in dem
ehemaligen Rarmeliterflofter, mtögeriht, eine
Latein: und eine Realjhule, ein großes Mädchen:
erziehungsinftitut und ein reiches Hofpital. Unter
ben Kirchen er bemerlenswert der Dom zu St.
Martin im jpätgot. Stil — ——— die
Ehinger Kirche zu St. Moriß, früher zugleich
Stiftslirche eines im 12. Jahrh. errichteten, 1806
aufgehobenen Chorberrenitifts, die Sülden: und die
Wesgenthallirche, lektere eine bedeutende Wall:
—— e. Das 1623 errichtete und 1773 auf:
ehobene Jeſuitenkollegium ift jent biſchöfl. Reſi⸗
enz. Die Einwohner treiben Ader:, Hopfen-,
Obſt⸗ und Weinbau, außerdem Bierbrauerei, Ger:
berei, Zeinwandmweberei, Striderei und Färberei.
Auch hat R. Maſchinenfabriken, bedeutende Kunit:
mühlen und nad Nürnberg den größten Hopfen:
markt Suddeutſchlands. R. fteht auf der Stelle
ber jehr bedeutenden röm. Niederlaffung Sumelo-
cenna, von welcher eine Menge interefjanter Über:
refte ans Licht gebracht worden find, namentlich
eine großartige Waflerleitung, Steindentmäler,
Münzen u. ſ. w. Nah der Tradition ſoll R. ehe:
mal3 Landskron gebeißen und 1122 durch Erdbeben
gehört, von den Grafen von Hohenberg und den
erren von Ehingen wieder aufgebaut worden fein.
Die meijten Orte des Oberamis gehörten zu der
Grafihait Hohenberg, die 1381 von —
tauft wurde und 1805 durch den Preßburger Frie⸗
den an Württemberg fiel. Auf dem 3 km ent:
ernten Berge Alt:Nottenburg wurde 1872 ein
usfichtäturm erbaut, der eine bedeutende Fernficht
— Unter dem Bistum R. verſteht man die
ath. Kirhe Württemberg; dasſelbe gehört zur
Dberrheinijchen Kirchenprovinz und fteht unter dem
Grzsüichor von Freiburg i. B.
ottenfeuer, |. Hedenfeuer.
Nottenhaan, j. Roothaan.
Rottenhammer (Joh.), einer ber beiten deut:
hen Maler, welche im 16, Jahrh. unter ital. Ein:
ufje gebildet wurden und wirkten. Im J. 1564 zu
üncen geboren, fam R. 1582 zu Donauer auf
ſechs Jahre in die Lehre, ging dann nad) Venedig
und ward ein Schüler Tintorettos, R. malte viele
Bilder in Venedig, meift in Meinem Format; jpäter
wandte er fih auf einige Zeit nah Rom und lie:
erte dann aud) seen, Daupjaglih Kirchenbilder.
i feiner Nüdtehr nad Deutichland wohnte er zu:
erit in Münden, dann in Augsburg. R. hab fin
Augsburg 1623. Obgleich er ftet3 den Einfluß der
venet. Schule in feinen Werten erkennen lieb, zeigte
er doch viel eigentümlichen Sinn für Schönheit und
Anmut und wußte mit Geift zu fomponieren. Der
Wert feiner Bilder iſt jedoch jehr verfchieden. Zu
feinen beiten gehören die für Kaifer Rudolf II. gemal:
ten, worunter ſich auch ſehr reiche mytholog. Dar:
ellungen befinden; fie find jest im Belvedere zu
Bien. In der müncener Pinakothek befindet ſich
eine Erſcheinung der Madonna vor dem heil. Au:
guftinus und eine Enthauptung der heil. Katharina,
863
fowie in den Kirchen von Augsburg. Tas Louvre
fipt in R.s Tod des Adonis ein an Tintorettos
Richtung erinnerndes Gemälde.
ottenmansn, Stabt in ber Bezirlshauptmann⸗
haft Liezen in Oberfteiermarf, an der alten Salz—
raße, nahe dem Ennäthal, in einer durch Natur:
hönheiten ausgezeichneten Gegend, iſt Station der
Linie St. Valentin» Tarvi8 der Öfterreihischen
Staat3bahnen und Sik eines Bezirkögerichts und
zählt (1881) 1707 E., die ſich teild mit ſtädtiſchen
Gewerben befafien, teils bei den großen, Eifen:
werfen in der Umgebung und in der Bleiweißfabrit
—— find. R. iſt wahrſcheinlich die röm.
Ei gang rigen Montana, Die Stadtpfarr:
irche, ein Bau aus dem 15. Jabrh., war bie Stifts:
lirche des 1785 aufgehobenen regulierten Ehorberren:
ſtifts; das Schloß war das alte Stiftögebäude,
Rotterdam, die zweite Stadt und der bebeu:
tendite Hafen: und Seeplak im Königreich der Nie:
derlande, zur Provinz Südholland gehörig, hat
bie Geitalt eines Dreieds, deſſen Grundlinie ſich
füdöftlih an die Maas lehnt, und zählt (1884)
169477 €. (1815 nur 52000). Die innere Stadt
(Binnenstad) wird —* die Hohe Straße (Hoog-
straat) von der äußern (Buitenstad), an der Maas
gelegenen, geſchieden. Die innere Stadt bat viele
enge Safjen und bejteht fat ganz aus Bürger:
bäufern. Die äußere Stadt hingegen enthält pradt:
volle ——— denen ſich die ng
in geräumigen Anlandeplägen unmittelbar nahen,
ſodaß fie mit Leichtigkeit ein: und ausladen Fönnen.
Die ſieben, die Stadt durchkreuzenden Hauptlanäle,
an welden bieje —— ich befinden, bilden
eine Zierde derſelben, beſonders der ſchön mit
Bäumen bepflanzte Kai an der Maas (de Boom-
pjes). Bedeutende Dods und Warenhäufer find
a dem linken Maadufer, in unmittelbarem An:
chluß an die Eifenbahn und mittels einer feiten
rüde mit der Stadt verbunden. Auf dem er
Marttplag erhebt ſich das eherne Stanbbi
Erasmus. Die vorzügliditen Gebäude find bie
Börfe (deren Halle 1867 mit einer enormen Glas:
fuppel überdadht wurde), das Gebäude des Yacht:
Hubs, das Mufeum Boymans ſdeſſen Galerie durch
einen Brand im Febr. 1864 fehr wertvolle Bilder
verlor), dad Rathaus, die St.:Laurenzlirche mit den
Gräbern mehrerer niederländ, Seehelden, da3 neue
Theater und das Gymnafium Gradmianum. Außer
diefen gibt es bier bolländ.», franz.» und fchott.:
reform., engl.»biihöfl., prot., lath., alttath.,
deutjch:evang. und israel. Kirchen und Gottes:
Dauer. Das Nieuwe-Werk mit dem Park und dem
armordentmal des Dichters Tollens, we die
Alte und Neue Plantage (Anpflanzung) an ber
Maas bilden ſchöne paper änge. Hervorzuheben
nd noch: das ſtädtiſche in und die Bibliothek,
as Ethnographiſche Mujeum, die Taubftummen:
anftalt nah Ammonſcher ehe verſchiedene
Wiſſionsgeſellſchaften, drei Realſchulen, ein Sn
ii für Matrofen der Kriegsmarine, die Gefell:
aft für Naturtunde (Bataafsch Genootschap),
mit reihen Sammlungen, das Lejelabinett, Die
Mufitihule und das Departement der Naatihappii
tot nut van 'tAlgemeen. Seit 1858 hat die Stadt
auch einen soolog. Garten, der jedoch mehr in bot.
Dumm und ald Gartenanlage bemerkenswert ift.
iſt der natürliche Seehafen und Seeftapelpla
des ganzen Rhein: und Maasgebietes. Schon frü
andere Gemälde in der dortigen Metropolitankirche | war die Stadt der Hauptfis des hollaändiſchen
864
pn mit ee ge und Schottland. Seitetwa
1850 haben Handel und Berlehr einen ungewöhn:
lichen Aufihwung genommen, ſowohl jeewärts als
auch befonder3 mit Deutichland, — infolge
der erleichterten Rheinſchiffahrt, der ſtets a Hin
renden Dampfihitfverbindungen und ber Eiſen—
babnen. Bon R. führt die Niederländiiche Staats:
bahn über Breda nad Deutſchland und Belgien,
die Niederländiihe Rheinbahn nad Utrecht, die
Bahn der Holländiichen Eiſenbahngeſellſchaft "nad
Amfterdam. Cine Eijenbahnbrüde über die Maas,
eine andere über den neugegrabenen Koningshaven
und ein Viadult durd die Stadt ftellt die Berbin:
dung diefer verſchiedenen Bahnen ber —— ein
neuer Kanal ohne Schleuſen durch oet van
Holland der S ee einen neuen Weg eröffnet.
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Maßstab 1: 200.000. md ——
Rotti — Nottmann
Städten erhielt fie —* Sik und Stimme in ben
Staaten von Holland. Seitdem war ihr Wohl⸗
itand faft beitändig im Steigen. Selbit in bem
Zeitraume 1795—1812 litt R. ——
weit weniger als * S Vereinigten
Provinzen, und nad) iſſen von 1830 er:
weiterte fih ihr —5* der omit ihr Wohl
insbefondere auf Koften Antwerpend. Die Bor:
ftädte wurden nad Anlage eines neuen Kanals
(de nieuwe Singel), der fih vom öftl. bis zum
weitl. Ende ber Stadt eritredt, zur eigentlichen
Stadt (de Polderstad) gezogen und durch neue
Straßen und Pläpe mit derjelben zu einem großen
Ganzen verſchmolzen. Bal. —— van Rijie:
wit, «De oude "Toiterdamsche Schouwbourg »
(Rotterb. 1882).
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Topographiiche Lage bon Rotterdam.
Zu R. beftehen anſehnliche Schiffswerite mit den
verſchiedenen dazugehörigen gewerblichen Etabliſſe⸗
ments, bedeutende Zuderraffinerien und Brannt:
Inſeln, zur
"Binterindien
gebörig, von ** Inſel durch die Straße von
Notti, eine der Heinen Sunda—
nieberländ, Nefidentihaft Timor in
weinbrennereien, Zabatsfabriten, zahlreiche Wind: | Rotti getrennt, iſt 985 qkm groß. Auf R. befindet
müblen und die großartige Mai inenfabrit und | fi ein Civilbeamter der niederländ. Regierung;
Eiſengießerei Fijenoord. Nah Deutſchland fendet R. im übri er; za die Inſel 16 Heinen Häuptlingen,
Eiſenerze, Getreide, Kolonialwaren aller Art und | welde errlichleit ber niederländ, Regie
empfängt dafür Mein, Gifen, Kohlen, Tücher u.j.w. | rung Sie Die ben.
Au) der überfeeiiche Vertehr mit Oft: und Welt: | Rottlera tinotoria Rorb., ein in Oftindien
inbien —— England, Rußland und den nn
beutichen Seehäfen iſt in eligem Zunehmen be:
riffen. Den Namen führt die Stadt nad dem
Heinen Fluß Rotte, der hier mitteld einer Schleuie | g
in die y aas fällt. ger erhielt R. 1340. Bis
gegen Ende des 16. Jahrh. hatte die Stadt jo bedeu:
tend an Umfang gewonnen, daß fie wiederholt er:
weitert werden mußte. Franz von Brederode nahm
fie 1480 ein und verteidigte fie eine Zeit lang mann:
haft gegen den Erzherzog Marimilian, Node fie
1563 großenteild abgebrannt war, wurde jie 1572
von den Spaniern durch Verrat eingenommen und
geplündert. Als die erjte unter den ſog. Heinen
und im trop. Afrika einheimi — Baum aus der
milie * Euphorbigceen. wird gegen 6m
u A t übelriechende, dreifamige —
te, die mit rötlichen Drüſen aren über:
ee * Dieſe letztern lommen unter dem Namen
Kamala (j. d.) als Bandwurmmittel in den Handel.
Nottmannu Aa einer der —
vs den Landichaftsmalern der Neuzeit, geb.
Yan. 1798 zu Handſchuchsheim unweit
—* wurde zuerſt zur Aquarellmalerei ——
und entwickelte ſich, ohne alademiſchen Unterricht,
meiſt durch Studien nach bedeutenden Werten und
der Natur. Seit 1822 in Münden wohnhaft, machte
Nottmeifter
er bald Aufiehen durch feine Anfichten aus dem
bayr. Gebirge. Es zeigte ſich ſchon in diefen Bil:
dern das Beitreben nad) ideeller großartig:ftiliftifcher
Auffaffung der Landfhaft. In Form und Farbe
ber ten die Maſſen vor, während das Einzelne
3 Naturlebens mehr nur angedeutet war, Im
J. 1826 beine N. Italien. Dem König Ludwi
durch eine Anfıht von Palermo empfohlen, erhielt
er nad) feiner Rüdtehr den Auftrag, die Arkaden
des Hofgartena mit 28 ital. Sandfcaften in Fresko
u fhmüden, Die Ausführun erfolgte 1830— 33.
a3 Vorzüglicjfte an diefen Bildern, deren Kartons
das Mufeum zu Darmftadt beſißt, iſt die einfache,
abgeſchloſſene Kompoſition, die Schlichtheit der
Darſtellung und die Schönfeit der Linie, R. hat
diefelben Gemälde felbit in SA wiederholt. Im J.
1834 und 1835 bereifte er Griechenland, um bort
die Studien für eine zweite Reihe von Freslen zu
ammeln. Doch Fahre er diefelben nicht in Freslo,
ondern teils enkauſtiſch, teild nad) der Knierimfchen
tethode (Balſamwachsmalerei) auf Cementtafeln
aus, zum Ginlafien ın die Wände, Dieſe Land:
ſchaften bilden in der Neuen Pinatothet in Münden
den Schmud eines eigenen Saals. Auch diefe
griech. Anfihten find voll malerifcher Efielte und
eben durch frappante Licht: und Lufterfcheinungen,
urch eine genaue Schilderung der Tageszeit und
der Witterung eine ganze Skala von ergreifenden
und entzüdenden Stimmungen wieder, R. ftarb
turz nad Vollendung diefer Bilder, 7. Juli 1850.
Die Künitler ſehten ihm ein einfaches Denkmal auf
der ſog. Nottmannshöhe am Starnbergerfee.
Sein jüngerer Bruder, Leopold R, geb. 2. Dit.
1812 in Heidelberg, geft.26. März 1881 in München,
war ebenfall3 ein geihäster Landſchaftsmaler, ob:
wohl in ganz verjdiedener Richtung, indem er mehr
der lolalen Wirklichkeit folgt. Von ihm find die
«Drnamente aus den vorzüglichften Bauwerken
Vündend» (Heft 1-3, Münd). 1845—46). Ferner
gab er mit ©. Pekoldt und C. Herwegen heraus:
«Das Herzogtum SalzburgundfeineAngrenzungen»,
und machte ſich durch die Neftauration der Bilder
feines Bruders — verdient.
Rottmeiſter hieß im 16. Jahrh. der erfahrenſte
und zuverlaſſigſte Krieger einer aus zehn und mehr
Mann bejtehenden Rotte; er wurde von der Manns
ſchaft gewählt, führte über fie die Aufjicht, übte fie
in den Waffen und verjah ſomit den Dienft der
heutigen Unteroffiziere, ;
Rottweil, Stadt im Schwarzwaldlreife des
Königreih3 Württemberg, liegt auf einer ziemlich
fteilen Anhöhe am linfen Ufer des obern Nedar
und an der Linie Blodingen : Villingen der Würt:
tembergiiiien Staatsbahn, die hier nad) Immen⸗
dingen abzweigt, zählt (1885) 6052 meilt fath. E.
und bat ein ſchoͤnes Kaufhaus, ein pradtvoll im
Renaiſſanceſtil renoviertes Rathaus, ein anfehn:
lies Hofpital mit Kranlenhaus, ein fath. Gym⸗
naſium, eine Realanitalt, ein niederes kath. Konvilt,
eine gewerbliche Zortbildungsfhule und eine höhere
Töchlerſchule. Unter den Kirchen find ——
die herrliche Stadtpfarrlirche zum heiligen Kreuz,
die Gynnaſiumskirche mit einem ſehenswerten got.
Zurme (Kapellenturm) und die Heine, aber ſchön
gelegene Lorenzlirde auf dem alten Gottesader,
wo fih die vom Kirchenrat Durſch zuſammen—
hr Sammlung älterer deuticher Holzitulp:
turen befindet. N. ift Eit eines Dberamt3, Yand-,
Schwur⸗ und Amtägerichts, ſowie einer Handels:
Eonverjationd » Leritom. 13. Aufl. XIIL
865
lammer. Sein Getreidemarlt gehört zu ben be
deutendften Württembergs, Außerdem befteht eine
namhafte Baummollmanufaltur , eine Mafchinen:
wertftätte für Lolomotiven, hydrauliſche Maſchi—
nen, fowie eine bedeutende Bulverfabrik und eine
Orcheſtrionfabrik. In der Nähe liegt, gleichfalls am
Nedar, die Saline Wilhelmshall und das
Pfarrdorf Altſtadt, deifen 840 Bewohner zur Bür⸗
gerfchaft zählen. Die Höhe zwifchen lehterm Orte
und dem Thale der Prim heißt Hochmauern. Hier
wy einft eine röm. Niederlaffung, wahrſcheinlich
as alte Brigobanne. In ihren Trümmern wurde
von dem Archäologiſchen Vereine R.s außer einer
Menge wertvoller Altertünter, die in der neuerbaus:
ten Gewerbehalle aufbewahrt werden, auch jene
in weitern reifen belannte Mofait aufgefunden,
welche in ihrem mittlern Hauptbilde ben *
Sänger Orpheus, in den nur bruchſtückweiſe erha
tenen Seitenbildern Darftellungen von Tierhehen
(venationes), Wagenrennen und Gladiatoren:
lämpfen zeigt. Das ganze Schöne Werk hat man in
die erwähnte Lorenzlirhe verfeht, N. war einit
eine freie Reichsſtadt und Siß eines kaiſerl. Hof:
gerichts, welchem ein Erbhofrichter mit (zuleht) acht
Schöffen (Affefioren) vorstand. Der Sprengel diefes
Gerichts umfaßte urfprünglid ohne Zweifel das
ganze Neich, wurde aber durd Immunitäten und
Privilegia de non evocando allmählich Iehe be:
ſchränkt. Noch mehr verminderte fich feine Bebeu:
tung durch die Errichtung des Reichskammergerichts
und Reichshofrats (an welche beide von der rott:
weiler Hurie appelliert werben fonnte), durch das
faltiſche Austreten der Schweiz aus dem deutichen
Reichsverbande (1499), duͤrch die veränderte Auf:
faffung de3 Begriffs der Landeshoheit feit dem
Weitfälifchen Frieden und endlich durd) den Mangel
an tüchtigen rechtögelehrten Beiſihern. Als das
Deutfche Steich felbft in Trümmter ging, war biefes
Gericht nur nod ein Schatten. Noch jebt erinnert
ein fteinerner Stuhl des Hofrichters, umgeben von
uralten Linden, im Garten der Realſchule an den
Drt, wo das kaiſerl. Hofgericht einft jeine öffent:
lihen Sigungen hielt. Vol. Rudgaber, «Geſchichte
der Stadt N.» (3 Bde., Rottw. 1835).
Rotulus (lat), Bündel von Alten und gericht:
lichen Verhandlungen; Zeugen:Rotul, die unter
gerichtlicher Autorität aus den Alten gefertigte Zus
fammenftellung der Jeugenausfagen; rotulieren
beißt eine ſolche Jufammenftellung anfertigen, dann
überhaupt das Aufzeichnen der einzelnen Altenftüde
eines Altenbündels oder Fascilels. ;
Rotumah, brit. Anfel im Großen Ocean, im
SD. Melaneſiens, zwiſchen den Ellice Inſeln (nörd:
lich) und den Fidſchi⸗Inſeln (ſüdlich), rings von
Korallenriffen ungeben und hafenlos, zeigt vulfa:
nischen Urſprung, ift mit bewaldeten Hügeln be:
dedt und fruchtbar an Kolospalmen. Die Inſel
zählt auf 36 qkm (1871) 2680 E. malaiifcher Ab:
ftammung und zum Chriftentum belehrt, Der
Hauptort Fangwot und die andern hzahlreichen
Dörfer weifen hübſche und reinliche Häufer auf.
RN. wurde 1791 von dem Engländer Edwards ent:
dedt und Grenville genannt, laut Erlaß der
Königin vom 30, Dez. 1880 der brit. Kolonie Fidichi
einverleibt und am 13. Mai 1881 durch den Gou:
verneur der Fidichi:sinfeln übernommen,
Notunde oder Rotonda (ital.), eigentlich; jedes
nah außen oder innen kreisförmige, mit einer
Kuppel oder einem Zeltdach überdedte Gebäude
65
— Rotunde
=
866
oder. ein dergleichen —— beſondern
heißen N. einige beftimmte berübmte Bauwerle, wie
—— er Rom, die Villa Capra zu Bicenza
ber Sale, wie die N. im berliner Muſeum,
oh Hans Reltaus: ellungsgebäude u. |. w
Notwelich oder Rotwälid a: ſoviel
ala Bettler, und wälsch, rtige Sprade)
beißt das Gauner: —* — Deutſchlands.
In Spanien heißt die Diebsſprache Germania, in
Srantreich Argot, in Stolien Gergo, in in England
Cant, in Böhmen Hantyrka. In den flandinav. |
Vändern tommt als F antesprog außer der Jigeumer:
—— ⏑20——— (Sköier-
sproget) vor. den fi) beſonders aus bem |
Hebraiſchen Nusdräde,
verftümmelter Form, vor. Das N. heißt auch Je—
niide Sprade ober (bei den Gaunern jelbit)
stodemer Loſchen, d. Huger Leute Sprade.
&3 wurde in Deutichland fon zu ben Zeiten |
Karls V. befonders von den Gorbenbrübern (ald
Bettler herumſtreichende Soldaten) geintochen, und
man bat bereits von 1528 und vom nãchſten Jahre
darauf ein beibemal zu Wittenberg erichienenes |
Bud: «Bon der falichen Betler bueberey, mit
Vorrebe von M. Luther. Vnd hinden an ein Roth:
welſch Vorabularius». Zur Zeit des Preibigiährt:
gen Kriegs fiand es in voller Blüte, wovon die
u Gefihten Bhilanders von is
legen. Noch heute verdient das in feinem altüber:
lieferten Urftode ih ziemlich gleichgebliebene N. -
Aufmertiamteit von Bolizei: und Striminalbehö
den, und diefem praltiichen Interefie bat man u
bie beiten Aufſchluſſe zu danten. Val. außer Botts
Gharatterijtit der Gauneripradden in deſſen «3%
geunern» (Bd. 2, Ginleitung) und den Schriften
von Orolman ( 199), Biſchofj (1922), Train (1833),
beſonders: Thiele, « Die jüd. Gauner in Deutſch⸗
land, ihre Eigentämlichfeiten und ihre Sprache⸗
(2. Aufl., 2 Bbe., Berl. 1848); Rochliß, «Das
Weien und Treiben der Gauner, Diebe und Be:
trüger —— (2p3. 1846); Ave Lallemant,
«Das deutſche Gaunertum⸗ (4 vbe. Lpz. 1858 —
62), Wagner, «Die Litteratur der Gauner: und
Geheinfpraden» (Tresd, 1861); Bionbelli, «Studii
sulle lingue furbesche » (Mail. 1876); Michel,
«Etudes de philologie comparee sur largot et
sur les idiomes analogues parles en Europe et
en Asie» ( * einen! Sundt, «Beretning om
Fante-eller ftrugerfolfet i Norge» (2. uf,
Kriſtiania — äh «Tatere 09 Natmands:
foll i Danmark» (Ropenb. 1872).
—— Jagdbe zeichnung fir HirfcheunbRehe.
Rötz, Stadt im bayrı. Ne —— Ober⸗
vjolz, Bezirksamt MWaldmünden, rechts am ber
—— en —— Abhang des pfãlzer
Waldes, dem Dicere, zählt (1880)
1254 6, nr hat Satan und Leinwandbanbel,
Notzinferz, Name für das ald Mineral in der
Ratur vorlommmende Zinforyd ZnO; es bilbet meijt |
derbe Maſſen und groblörnige Aggregate, bie bemt |
beragonalen Syftem angehören; die Härte it 4—4,5, |
das jpezifüche Gewicht etwa 5,5; die blutrote und |
byacıntprote Farbe des dx$ biamantg nden Mine: |
rals wirb —— Beimengung en ———
ee An den Hauptfun
—— das ñ.
Sparta in —
in —— von Hranflinit, un oft mit einem
Auftug einer weißen erbigen Subitany vor, Bi unb
i
elundar aus ihm gebildetes Lohlenfaures Zimt
wenm auch oft in aan)
Rotwelid — Roubair
Ropirantpeit ik eine mur dem Pferde, Ciel
und Maultier eigentümliche, — —
ilbare —— — auf i ur
nde, Schafe und Ziegen übertragen werben
' und nur durch Anitedung erzeugt und aa —
—— wird. Das —— it ein Spaltpilz
ilus mallei), welcher unmittelbar ober durch
—— von — — bie Weiterver
breitung der N. ermöglicht. Ban u
Inngenzog
nterjcheibet
Najen: und ber einen, ben Haut:
Be Seite; beide frank:
batten Prozeſſe gehören zmeimander. Der Rajen-
und Lungenroß tt gelennzeichnet durch meift ein-
jeitigen , nıikfarbigen , oft Bintigen Stu,
—* — den — — * Borken eintrodnet;
3 ache und Tiefe frefiende, mit
roten, jp 2 —— Rändern unb gelbem
Sefhmwirägrund veriehene Geſchwure, bie ——
förmige Narben zurüdiafien; durch einfeiti
| ichwollene, barte, wie mit dem Unte y—
ı wadjieme Heblgangsprüfe; durch it
und Huften; beides bevingt Durch Die in den Zungen
der franten Gimbufer ſich vorſndenden Ro, Iuber:
tein, Knoten, Schwielen. Sicher it bie Diaanoie
auf R. nicht in allen Fällen ‚su jtellen; am ficherfien
geihieht eö, wenn man einen jungen Hunb mit
tafcnausfluß u de3 verbädtigen Ginhujers
ab: j impft, worauf der —** in ee
ertrankt und verendet. ſich noch feme der viel-
rd verſuchten Seilmetheben als zureichend
t bewährt bat, fo i# ed motmenbin, bie
breitung ber Krankheit burd Anitedung
u verhüten, weshalb ber W.
Fort zu töten, gejunbe aber vor der Berührung
joldhen und den bei ihnen benukten
und Gtällen zu büten find; ——— müflen
beäinfiziert werben. Qi. u...
viehſeuchengeſehes vom 1868 unb bie
ver zu dieſem gehörenden Juſtrultion
Der überträgt fi auch auf den Menſchen und
iR dann —— ahrlich, weshalb bei der >
ung roßiger Pierbe be ondere Sorafalt nötie
Die. Br allen Staaten ben Gemährsmängeln
zugezäblt. Vgl. Erbt, «Pie Aokoyälzafie u. J. m.»
(2p;. 1868); : Siedamgrogfn, « Lanbmwirt:
Schaftliche Tierheiltunde» (9. ul Berl. 1838).
Roubaizg, ſchne, —
franz. Nord » Departement , Arrondiſſement Zill
8 km im NO, von Lille, Station der Linie
- Lin eine Rordbahn und am La⸗
ana ehr bedeutenber Fabritort
Benöfterung in neuerer Zeit nufersrveniikd ym
nommen bat, indem fi beren Zahl im J. 1806
auf 8724, 1834 bereits auf 18187, 1851 auf 34.638,
1881 auf 79100 (Gemeinde 91 757) beiief. Die
Stadt hat eine , ——
mer, einen Generalgewerberat, eine Filiale der
Bank von Frankreich, Zeichenfchulen, eine Mut:
und eine —— ein — ein Indu
ſtriemuſeum, ein n Theater un d ſchöne Promenaden
(jardin public). Man zãhlt TOBol: ı und 12 Baum
‚ wollipinnereien, eritere mit 370 ——— und
| von 300 Fabrilen liefern 250 Woll⸗
und Leinenfloffe, 50 fub accefjoriiher Art. eg
| Hauptgegenftände der Fabrikation iind faconnierte
Delkan — un anbere Miebshofie, Ntoneetie
$
| ab ung erden ertes
— —
| — ——— Außerdem gibt e3
I
am mn — — — — — — —— nd ——— —
Roucou — Nouen
Fabrifen für Kammwolle, Hüte, Zwirn, Webjtühle
und Weberinitrumente ſowie Seidenjpinnereien,
Färbereien, Gerbereien, Deijtillationen, Zuder:
fiedereien und Brauereien. Der große Umſaß der
—— Roubaixartikel (insbejondere
Woll⸗, Baumwoll⸗ und Seidenſtoſffe), jaährlich über
200 Mill. Fr3., macht die Stadt zugleich zu einem
lebhaften Handel3ort. Der Roubairlanal be:
ginnt am Kanal La:Bafle:Deule bei Marquette
(3 km unterhalb Lille), folgt dem Thal der Marcq,
gebt über Wasquehal und R. ins Thal des Ibe:
zufluffes Göpierre und tritt dann auf das Gebiet
von Belgien, wo er in die Schelde ausläuft. Der:
felbe hat eine Länge von 27 km und gebt 2816 m
weit unterirdiſch fort.
Roneon, ſ. Rocou.
Nouen, Hauptſtadt der vormaligen Normandie,
jetzt des franz. Depart. Niederſeine, am rechten Ufer
der Seine, an ber Franzoöſiſchen Nordbahn (Linie
Amien3:R.) und an der bahn (Linie Paris;
Havre), außerdem Ausgangspunkt einer Lolalbahn
nad Petit-Duevilly, 140 km nordweſtlich von Pa:
ris, in_einer_von Anhöhen begrenzten Gbene ge:
legen, ift der Siß eines Erzbiſchofs, eines prot. und
eines israel. Konfiftoriums, des Generallomman:
dos de3 3. Armeelorps, eines Appellationshofs für
— Departements, eines Aſſiſenhofs, eines Hans
elögeriht3, einer Inſtanz von a Friedens:
gerichten, einer Handeld: und einer Aderbaulanı:
mer, eines Gewerberats, einer Filiale der Bant
von Frankreich, fowie auch Münzitätte, und zählt
(1881) 98541 (Gemeinde 105906) GE. Bon den
Vorftädten liegt die bedeutemöfte, der induſtriöſe
Faubourg St..Sever, von wo die Gijenbahn über
Gaen au | Cherbourg ausgeht, auf dem linten Ufer
der Seine, über welche ſeit 1836 eine Hängebrüde
und eine 1810—19 erbaute Steinbrüde (Pont de
pierre) führen. R. bietet in reizender landſchaft⸗
liher Umgebung einen impofanten Anblid dar
und überragt fait alle franz. Brovinzialitäbte an
chrwürdiger Altertümlichleit, prächtigen Baudenl⸗
mälern und bijtor. Grinnerungen. Seit 1860 iſt
die Stadt fehr verjchönert; fie bat jebt breite,
gerade, luftige Straßen, jowie 25 Kirchen, von
denen nur 14 zum Gottesdienft benußt werben,
Die Kathedrale Notre-Tame, eins der mäch—
tigiten gotiihen Gebäude ber Normandie, im we:
fentlihen 1212— 80 audgeführt, hat eine len
de3 16, Jahrh. von George d’Amboije, Erzbi ho
von Rouen und Minijter Ludwigs XIL aufge:
führte I reiche Be, zu deren Seiten ſich die
75 m hohe Tour St.:Romain und die 77 m hohe
Zour de Beurre (1485— 1507 erbaut) erheben.
Der eiferne Turm (von 1822) über der Vierung
iſt 148 m hoch ; das Innere der Kathedrale iſt 136 m
lang, 32,3 m (im Querſchiff 51,6 m) breit und 28 m
hoch; hier find die engl. Stönige Richard I. Löwen:
berz und Bann IL, ferner die beiden erften Her:
zöge der Normandie Rollo und Wilhelm Sanglchnert
beitattet; ——— find die Grabmäler des Kar⸗
dinals George d’Amborje und feines Neffen, 1518
—25 von Roland Lerour im Renaiflancejtil ausge:
führt, fowie das dem Jean Eoufin und Jean Goujon
zugeichriebene des Herzogs Ludwig von Br&ze, Ge:
mahls der Diana von Poitiers, der Geliebten bes
franz. Königs Heinrichs IL An Reinheit des Stils
und Korreitheit der Konſtrultion wird die Kathe—
drale noch überboten durch die 18318—39 im Chor | Aderbauf
und Areuzſchiff, Ausgang des 15. Jahrh. auch im
867
Langſchiff und Turm vollendete Kirche der ehemals
berühmten, ſchon im 6. Jahrh. gegründeten Benes
biltinerabtei St. Quen. Der 87 m hohe Zurm über
der Vierung, mit der «Strone ber Normandie» auf
der Spipe, tft ein Meifterftüd von Grazie und Ma;
jeität; die Weitfagabe mit den beiben 86 m oben
Zürmen ijt modern. Sehenswert find ferner bie
ade St.:Maclou mit ſchoͤnen Skulpturen und bie
Kirche St,:Gervais des ehemaligen Klojters gleichen
Namens, in weldem Wilhelm der Eroberer 1087
ftarb, Die Kirche St.:Maclou aus dem 15. Jahrh.
befigt ein reiches en mit prächtig geſchnih⸗
ten Holztüren, deren Reliefs Jean Goujon zuge:
ichrieben werben; St.:Godard aus dem 16, Jahrh.
bat ſehenswerte © [de und im Chor Wand:
gemälde von Le Henaff; St.: Patrice ijt berühmt
ladgemälde aus dem 16.
wegen feiner fchönen
und 17, ch. Ferner find hervorzuheben ber
—— ultizpalaft de bad Parlament dir
ormanbie [Gour_de T' vier] 1493 — 99 im
reichiten fpätgot. Stil von Roger Ango und Ro:
land Lerour begonnen und im Laufe des 16, Jahrh.
vollendet), mit ber 49 m langen und 16 m
Salle des reur3 oder Salle des Bas Perbus,
das Stadthaus, das Zollgebäude (von 1838), bie
Börfe (au dem 18. Jahrh.), das Neue Mujeum,
am Jardin Golferino, mit der jtäbtiichen Gemälde:
—— das Hötel de Bourgtheroulde vom Ende
es 15. Jahrh., das Altertums mufeum in bem ebe:
maligen Dlarienllofter und die Zour de la Groſſe
ne e, 1389 erbaut und mit bem ehemaligen
tabthaufe (aus dem 16. Jahrh.) verbun
Turm ber Jeanne d'Arc iſt der Neit eines 1204
von Philipp II. Auguft erbauten feiten es
i
ber Turm, in welchen die Jeanne d'Arc wi
gefangen (ob, wurde 1809 ab — u den
ulendſten Plãhen gehört Itmarft, auf
welchem bie Jungfrau von Orleans 30, Mai 1431
verbrannt wurde. Bon Statuen find zu nennen:
die des hier geborenen PB. Corneille (von David
d’Angers) am Pont de Pierre der Inſel Lacroir;
in den Anlagen beim Duai de la Bourſe, dem
Cours Boieldieu, ein Bronzeitandbild des Stompo:
nijten Boieldieu, vom jüngern Dantan; auf der
Bus St.:Sever ein Dentmal für den Abbe de la
alle, den Stifter der Schulbruderſchaft, von dal
guitre (1875); das Reiterbild Napoleons I. auf
Stabthausplage ift 1865 aus bei Aufterlip erbeu:
tetem Ranonenmetall gegofien, neben Neuen
Muſeum erhebt ſich das Denlmal für den Dichter
Bouilhet, ein Werk Guillaumes. Außerben zieren
die Stadt 38 Fontänen, darunter die Fontäne
Ste.:Marie, mit Statue der Stadt, von Falguiere
(1879); auch die Boulevards und fhöne Prome—
naden (der 1300 m lange Grand Cours mit vier
prächtigen Alleen) gereihen zur Zierde. R. hat
vier Bahnhöfe, fünf große Kajernen, drei Theater
und einen Tirkus. Gegen 4 km öſtlich von. liegt
150 m über dem Meere die im Stil bes 13. Jahrh.
erbaute und im Innern prächtig ausgeſchmüdte
Wallfahrtslirche Notre:Dame-de:Bon:Secours.
An wiſſenſchaftlichen Jnftituten befipt die Stadt
eine theol. Fakultät, ein großes und ein Heines
geiftliches inar, eine mediz. und pharmaceu:
tiihe Vorſchule, ein Lyceum, eine Selundärichule
für Wiffenfhaften und Litteratur, ein Lehrerfemi:
nar, EM rographiſche, eine Gewerbes und eine
erbauſchule; ferner einen botan. Garten, eine
Zaubftummenlehranftalt, eine Bibliothel (111000
55*
8068 Nouennerie — Nouget de PJsle
Dände und 2960 Handidriften), eine Gemälde: ! 1449 fam fie wieder an Frankreich. Als ein Haupt:
galerie, ein Mufeum für Altertümer, ein teramifches | ji der Hugenotten fpielte N. auch in ——
Muſeum (jeit 1864), ein naturhiſtor. Muſeum, ein kriegen des 16. Jahrh. eine wichtige Rolle,
induftrielles Mufeum, eine Alademie der Wijien: |; die Aufhebung des Edikts von Nantes (1685),
Ichaften, Yitteratur und lünite, eine Akademie der ; infolge bie gemwerbthätigen Proteſtanten
Maler: und Zeichenkunſt. Auch befinden ſich hier | maſſenhaft auswanderten, fant die Ginwohnerzahl
ein großeh Hellengefängnis und Zuchthaus, ein | von 80000 auf 20000 herab. Im Deutf n⸗
Blindenhoſpital, zwei Irrenanſtalten u. ſ. w. R. zöſiſchen Kriege von 1870 und 1871 wurde M.
it das beventendfte Centrum der Baummwollipin: | 5. Dez. 1870 von den Preußen unter von Göben
nerei und Weberei, und für die Nouennerie ge: | befekt, die es erſt 22. Juli 1871 wieder räumten,
nannten Zeuge, wie Halitos, Indiennes, Bonne— ouennerie, f. unter Rouen.
teries, Deden und Wäſche. Mit dem Ylads ind | Rouergue, Srafichaft, f. unter Rodez.
hauptſachlich die Yandarbeiter ringsum beſchaftigt. Rouergue (Caufies de), f. unter Cauſſes.
Der Wert fämtliher Nouenneriewaren, deren | Rouee (frz., d. i. Geräderte) nannte der Herzog
Fabrikation ſich an die Stadt nüpft, wird jährlich | Philipp von Orleans, der während der Minder:
auf BO Mill, Frs. geihäht. Auch hat R. Fabriten | jährigteit Ludwigs XV. von Franlreih die Ne:
für Danıpf: und andere Mafchinen, für Handwerk: gentſchaft — die Genoſſen feiner Ausſchwei⸗
zeuge, eine ſehr große, 1860 als Forges et lami- | fungen. rielbe wollte damit bezeihnen, daß
noirs rouennais eröffnete Anftalt, mit Hoböfen, | dieje feine Freunde zu nicht? taugten, ala gerädert
Hammer: und Walzwerten, zwei Schmelzwerte, | zu werden, Die berüchtigtten R. waren der Graf
mehrere Fabrilen für Chemilalien, Färbereiartitel, | von Noce, der Marquis de Lafare, der Chevalier
Glas, für Apfelzuder und Apfelgelees, für Seifen, | von Simiane, der Herzog von Brancas und der
Stearin, Öl, Zuder u, ſ. w. Dazu fommen Bär: | Marquis von Broglio. Auch die Frauen von
bereien, Bleihen, Gerbereien, Mehl: und Schneide: Mouchy und von Eabran, die Herzogin von Gevres,
mühlen, Salzraifinerien, Schiffswerfte u. |. w, R. | oft fogar des Negenten Tochter, die Herzogin von
wird als Seejtadt betrachtet, da feit Vollendung | Berri, wohnten den — Orgien im Palais⸗
der den Fluß einfaſſenden Deiche die Schiffahrt Royal bei, Im gewöhnlichen Leben nennt man
vom Deere her für Schiffe von 5, m Tiefgang mit | Roué denienigen, welhem ein ausichweifendes
1700 t Laſt eine leichte geworben it. Gemwaltige | Leben, befonders Verführung der Frauen, zur Ge:
Dod-Entrepöts find aufgeführtan dem 16 ha großen | wohnheit und gungen geworden ift.
Seehafen, deſſen Kais 2125 m Länge haben, fowie | Rouge (Emanuel, Bicomte de), Ugyptolog, geb.
dem 11,5 ha mefjenden Flußhafen mit 1403 m Hais; | 11. April 1811 zu Paris, widmete fid) der Juris:
9 Schwimmende Dampflrane und etwa 50 felt: benz, lebte aber nad} 1830 auf feinen Gütern in
ftehende Arane find in Thätigfeit. Der Hafen ift | Anjou, bis er 1849 Konfervator am Agyptiihen
#8 km vom Deere entfernt, die Seine hier 230 m | Mufeum in Paris wurde. Gr erhielt 1854 eine
breit und 6,2 m tief, Es gehen pu⸗ etwa 3000 Anſtellung im Departement des Innern und des
Schiffe ſtromauf und ebenio viele ſtromab, zufam: öffentlichen Unterrichts im Staatsrat, wurde zuleht
men mit einem Transport von 600000 t. R. be: | Profeflor der Archäologie beim College de France
fint Schiffe von 9000 t Gehalt, Die Einfuhr um: | und ftarb 31. Dez. 1872 auf feinem Schlofje Bois:
faßt hauptſächlich Steintohlen und Eiſen aus Eng: | Dauphin, Seine auf das ägypt. Altertum bezüg:
land; Darmor, OL und trodene Früchte aus Sta | lichen Arbeiten finden fi in der «Revue archeo-
lien; Blei und Wolle aus Spanien; Zink und Käfe | logique» und in den Memoiren des Ynitituts,
aus den Niederlanden; Holz und Zint aus Ham: | Bouge et noir (frz., Not und dwarz), auch
nover u.f. mw. Die Ausfuhr umfabt Häute und | Trente et quarante genannt, ein Glüdsipiel, das
Selle, Wolle, Talg, gulatbren, Weizen, Früchte, | mit ſechs vollitändigen Mbiftipielen, aljo 312 Kar:
Oliämereien, Harz, Yuder, Dlivenöl, Yeins und | ten, neipielt wird und in welchem eine unbefchräntte
Balmöl, Bau: und Tiichlerhols, Hanf, Lein, Wolle, Anzahl Bointeure gegen einen Banlier febt. Der
Krapp, Baufteine, Gips, Erdarten, Schwefel, | Spieltifc it in zwei Felder geteilt, ein rotes und
Kohle, Gſen, Stahl, Kupfer, Blei, Zinn, Zink, | ein ſchwärzes, auf welhe die Pointeure ſeten.
Seeſalz, chem. Produlte, Färbemittel, Wein, —— die Karten gehörig emiſcht find, nimmt
Branntwein, Cider und Boird, Töpfer: und Glas: | der Bantier fo viele, als er bequem in der Hand
waren, Seife, Gewebe von Wolle, Baumwolle, | halten kann, und legt dann einzeln fo viel arten
Flachs, Hanf u. ſ. w. Die Stadt ift Siß eines | offen auf den Tiſch, bis die Summe der Augen der
deutichen Vizekonſuls. Karten 30 überfehritten und 40 nod) nicht erreicht
R., das röm, Rotomagus oder Ratumagus, | hat. Dabei gelten die Figuren 10, die andern fo:
war in der fpätern Kaiferzeit Hauptitadbt von | viel als fie Augen haben, das As nad) Bedürfnis
Gallia Lugdunensis secunda im Lande ber Bello: | 1oder11. Die 10 gelegtefteibe gilt für das ſchwat
calles. Die Stadt wurde 260 Biſchofsſiß und | Feld; hierauf legt der Bantier in derjelben Weite
bieß im Mittelalter Rothomagus, auch Rodomnm. | eine Reihe für die andere — Die Reihe, in
Im J. 8341 ſamt der Abtei StiOuen von den Nor: welcher die wenigſten Augen find gewinnt; find beide
mannen erobert und zeritört, um 896 von deren | Reihen gleichwertig, fo iſt das Spiel unentichieden.
Sührer Rolf (feit 912 ni Beiden 1.) befeftigt, ouget de l'Jole (Claude Joſeph), ter
— —
war R. feitdem gewöhnlich Reſidenz der Herzöge | und Komponiſt der Marſeillaiſe (f. d.), geb. 10. tai
und als Feſtung oft Kriegs hauplap. m}. 1204 | 1760 zu Lons-le:Saunier, war Jngenieuroffizier
bemädhtigte ſich aylipe I. Auguft der Stadt; die | in Straßburg, als er 1792 die Marfeillaife ſchrieb,
im Jan. 1419 nad) mehr als fehsmonatlicer Be: lampfte fpäter in der Vendee und wurde bei Qui⸗
lagerung durch Heinrich V. von England erobert | beron verwundet. ‘Später 30g er fi) ins Privat:
wurde, Seitdem war fie im Beſitz der Engländer, | leben zurüd, erhielt 1830 von Yudwig —2* eine
welche hier 1431 die Jeanne d’Arc verurteilten; | Penſion und ftarb 27. Juni 1836 in Choify-le:Roi
Rouher — Noulette
bei Barid, Gr komponierte noch «Hymne dithy-
rambique sur la conjuration de Robespierre et
la revolution du 9 thermidor» (1794), «Chant des
vengeances» (1798), «Chant du combat» (1800) | berabgelafienem
869
icheidet man hauptſächlich: 1) bas gewöhnliche
Schnur:Rouleau, een an en Ge
des Nouleauftabes zwifchen zwei Blechſcheiben, bei
N., eine Schnur in ——
a
und einige Romanzen und Lieder. Auch verfaßte — Fans zu regen in welcher
y z
er mehrere DOpernterte («L'école des meres»,
«Macbeth»), Sein
wurde 23, Juli 1882 enthüllt.
Nouher (Gugiöne), hervorragender franz. Staats⸗
mann, geb. 30, Nov. 1814 in Riom (Depart. Buy:
de: Döme), wurde nad Vollendung feiner jurilt.
Studien zu Paris Advolat in feiner Vaterftadt
(1836) und machte fich bier durch einige polit. Bro:
zelle einen Namen, Im J. 1848 zum Repräſen—
tanten jeines Departements in die Nonftituterende
Nationalverfammlung gewählt und 1849 aud in
die Legislative abgeordnet, folgte er 30. Olt. 1849
Ddilon Barrot als Yuftizminijter, wobei er zugleic)
Präfident des Kabinett wurde, und wirfte eifrigit
für die in der Botſchaft des Prinz-Präſidenten an
getündigte fonfervative Bolitit, Doch erfolgte ſchon
26. Dit. 1851 jein Nüdtritt, Nach dem Staats:
ftreih vom 2. Dez. 1851 übernahm er wiederum
das Juſtizminiſterium, trat aber, weil er dem Kon:
fisfationödelret gegen bie Güter der Familie Or:
leans vergeblich Rd widerſeht hatte, ſchon 22, Jan.
1852 von feinem Bolten zurüd und wurde zum
Bizepräfidenten des Staatsratd und Vorſihenden
bes Departements für Gefehgebung ernannt, Am
3. Febr. 1855 ernannte ihn der Kaiſer zum Han:
beläminifter, wobei ihm zugleich das Portefeuille
des Aderbaus und der öffentlichen Arbeiten unter:
ftellt wurde; als folder ſchloß er im Sinne des
Napoleoniichen Freibandelsiyitens den berühmten
Handelsvertrag mit England (23. Jan. 1860),
welchem jolche auf gleicher Grundlage mit Belgien,
alien und Deutichland nachfolgten. Nach Billaults
ode als Staatöminifter berufen (18. Oft. 1863),
ftand N. fait fünf Sabre lang an der Epike der
franz. Regierung und hatte * Napoleon III. den
bedeutendſten Einſluß, weshalb man ihn den «Vize:
taifer» zu nennen pflegte. Nach den allgemeinen
Wahlen im Mai 1869 und nad) der Interpellation
der 116, welche minijterielle Verantwortlichleit ver:
langten, nahm er feine Entlaſſung und überließ
feinem Gegner Emile Ollivier das Minifteriun,
Ter Kaiſer ernannte hierauf R. zum Präfidenten
be3 Senats, bei dejjen lekter Sibung (4. en N.
räfidierte. Nach der Erklärung der Republil ver:
ich er year und begab je nah England,
wurde dann im die Nationalverfammlung und
fpäter in die Deputiertenlammer gewählt, in wel:
er er ſich al3 den unermüdlichen Verteidiger des
VBonapartismus zeigte. KürdieSaheNapoleonslV.
war er jehr thätig und leijtete der Erlaiſerin Eugenie
feinen Beiftand. Gr ftarb 3. Febr. 1834 in Paris,
Rouille (Koftbeize), j. unter Eiſen und Eijen:
indujtrie, Bd. V, S. 850,
Ronlade, in der Selangsfunft ein rollenber
Läufer, mit welchem die Melodie ausgeihmüdt wird,
Moulade, pitante kalte Speije aus Fleiſch (Ge:
flügel oder Fiſch, von Knochen, refp. Gräten befreit),
das mit Gewürzen und Kräutern beitreut, feit zu:
fammengerollt und in einer ſtark gewürzten, etwas
jäuerlihen Brühe weich gedämpft wird, worauf
man die R. preßt und die Brühe zu Gelee einkocht.
Nouleau, vom fr. rouleau, d. i. Rolle, Walze,
Nollvorhang (frz. store, engl. rolling window-
curtain), Nach der Aufzugsvorrichtung unter:
ufwideln des rfolgt, aufgerollt wird und da3
Denkmal in Choijysle:Roi | Aufziehen des lehtern durch Zug an der Schnur er:
folgt, während das Feithalten in jeder beliebigen
Lage durch Anhängen der Schnur an einem Knopf
oder durch Schnurhalter (Klemmen) bewirkt wird;
2) das Rouleau mit Gegengewichten, wobei
am untern Ende der Schnur ein dem Gewicht des
R. entipredhendes Gegengewicht aus Blei, Eiſen
oder Meſſing angebracht iſt und zum Herabziehen
des R. eine am Ende desjelben befindlide Quaite
dient; 3) das Nouleau mit Schnur obne
Ende, welde oben und unten über Rollen ftraif
geipannt ijt, eine Anordnung, bei welder, da bie
Bewegung nur durd Neibung beim Sug entitcht,
die Schnüre bald verbraudit werden und aud) die
Ausdehnung berjelben leiht Etörungen bervor:
bringt, weshalb öfters ftatt ihrer eine dünne Slette
zur Anwendung kommt; 4) dad Federroulean
zum ——— Hinaufziehen durch die Ktaft
einer an einer Seite der Welle befindlichen Spiral:
feder, welch legtere durch eine am Feniterjtod an:
geihraubte Blechbuchſe gededt iſt. Damit das R.
in jeder Lage feſt Steht, it ein Sperrrad mit Halen
angebracht, der dur Zug an der Schnur aus:
ehoben wird, Zur Führung dienen beiderjeitig
dnüre, längs deren das R. fi mit Hilfe von
Dien bewegt. Man hat aud) eine komplizierte Non:
itrultion angewendet, welde at Syiteme von
ſtraff geipannten Schnüren erfordert. Das cine
Schnurſyſtem dient zum Drehen der Welle, reip.
Aufrollen des R., das zweite zum Heben und Sen:
fen der Welle ſamt R., um nad Belieben oben
und unten Licht eintreten zu lafien, oder das en:
fter ganz durch das N. zu verbeden.
Noulers, belg. Stadt, f. Rouffelaere.
Ronlette (frz.) üt ein Hazardipiel (f. Glüds—
fpiele), welches nicht, wie Die Ben derartigen
Spiele, mit Karten, ſondern lediglich vermittelit
eines eigenen Apparats (auch R. genannt) zur Ent:
ſcheidung gebracht wird. Dieſer beitcht_in einer
langen, mit grünem Tuch überzogenen Tafel, in
deren Mitte ſich eine kreisförmige Vertiefung be:
findet, in welcher eine um ihren Mittelpuntt dreh:
bare Echeibe in Bewegung gelebt werden kann.
Um dieje Scheibe läuft ein nad) außen anfteigender
Kand, welder einer roulierenden Kugel zur Bahn
dient, Die drehbare Scheibe hat an ihrem Un:
fange 37 oder 38 gleichgroße numerierte und durch
Wände fternförmig untereinander geſchiedene dä⸗
cher, die groß genug find, um, die ausroliende
Kugel, wenn fie von dem geneigten Nande ber:
unterfällt, aufzunehmen. Die Fächer * ahwech⸗
ſelnd von roter und ſchwarzet Farbe und mit
Zahlen von 1—36 (edoch gewöhnlich nicht nach
der Reihe, ſondern nach einem gewiſſen, bei den
verſchiedenen R. verſchiedenen Syſtem ſpringend)
bezeichnet. Hat das N. 37 Fächer, fo iſt das letzte
Fach durd) O (Zero) eg t e3 jedoch 38 Für
er, fo ijt noch ein anderes Fach durch 00 (Double
z6ro) bezeichnet. Alle diefe Bezeichnungen nad
Farben und Ziffern find zu beiden Seiten de3 eigent:
lichen N. auf der grünen Tafel wieder aufgetragen,
bier aber durd Linien in gewiſſe Abteilungen
cebracht, welche gewijle Farben und Nummern—
870
Roulez — Nouſſeau (Jean Jacques)
tombinationen (Chancen) zuſammenfaſſen. Davon | nung lautende Verurteilung (7. April 1712) zuzog.
unterfcheibet man ſechs: einerfeit3 Rouge (rote Fel:
der), Impair (ungerade) und Impasse oder Manque
—— unter 18); andererſeits Noir (ſchwarz),
air (gerade) und Passe (darüber, über 18), Das
Epiel hält, wie bei den übrigen Hazardipielen, ein
Bankier, der vor dem R. feinen Siß hat; für die
Bointeurs find die Be auf der Tafel zum Be:
fegen eingerichtet. Sind die Einfähe erfolgt, fo
wird die Scheibe vom Bankier oder Croupier raid)
in Bewegung gelebt, die Kugel aber in entgegen:
gelehter Richtung auf ihrem Rande herumaerollt,
enn die Be
die Augel das Beitreben
rollen, und Nummer und Chance des Fachs, in
welches fie ſchließlich fällt, enticheidet das Spiel.
Sobald die Kugel aefallen ift, fagt der Bantier die
Nummer fowie die Chance an und hat dann die
auf den gewinnenden Feldern ftehenden Säße aus:
zuzablen,, während er alle übrigen einzieht. Rouge
und Noir, Pair und Impair, Manque und Passe
werben einfach bezahlt, Zero, Double zero und
eine einzelne Nummer dagegen 36fah. Wer meh:
rere Nummern (2, 8, 4, 6 ala Gruppe) zugleich be:
fest hatte, er t den Betrag des Quotienten, wel:
Ken die Divifion durch die Zahl der befegten Num:
mern in 36 gibt (5. B. 3 Nummern mit 10 Fr.
befegt = 120 Fr3.). Liegt die Kugel in dem mit
0 oder 00 bezeichneten Rache, fo zieht der Bantier
alte Einfäge ein, mit Ausnahme der von entipre:
chender Farbe und Ehance (Rouge, Impair und
Impasse bei Zero; Noir, Pair und Passe bei
Double zero), mwelde von den Spielern zurüd:
esogen werden können, und der auf O, reip. 00
60 gemachten, welche gewinnen. Wird mit ein—
achem Zero geſpielt, jo iſt der Vorteil für die
Yan geringer als bei dopveltem Zero, übrigens
beiteht die —— des Spiels in einer genauen
Kenntnis der Befegungsarten. R. war früber in
den großen rhein. Bädern Baden :Baden, Wies:
baden, Homburg u. a. das hauptſächlichſte Spiel
bei den dortigen Spielbanten , bis dieje auf Grund
de3 Gefehed vom 1. Yuli 1868 geiälofen wurden.
Roule (yofenh Immanuel hislain), hervor:
ragender belg. Altertumsforicher, geb. zu Nivelles
(Brovinz Brabant) 6. Febr. 1806, madhte feine
Studien in Löwen, Heidelberg, Berlin und Göt:
fingen und war 1831— 73 Proeſſor der Philologie
in Gent, nebenbei (1863—73) Kurator der Uni:
verfität dafelbit. Er ftarb in Gent 16. März 1878.
Die Zahl feiner meiit mythologiihen Arbeiten
(vorzüglich atademifche Abhandlungen) it jehr
groß. Sein berühmteftes Wert ift «Choix de
vases peints du Musée d’antiquites de Leide
publies et comments» (Gent 1854).
Round Heaäs, ſ. Rundlöpfe.
Ronffean (Jean Baptiite), franz. Dichter, geb.
16. April 1670 zu Paris, war der Sohn eines
Schuhmaders, erhielt eine gelehrte Erziehung,
machte fidh frühzeitig ala Dichter befannt und be:
leitete den franz. Gefandten Bonrepeau 1688 ala
ge nad) Dänemarl, fpäter den Marſchall Tallard
als Sekretär nad) London. Nach Paris zurüdges
fehrt, erhielt R. eine Anitellung im Finanzfache,
tam aber n eg Zeit in Verdacht, der Ber:
faſſer einer Anzahl Couplet3 gegen angejehene
Perſonen zu fein, deren Verfaſſerſchaft er durch be:
jtohene Zeugen vergeblid dem Geometer Saurin
zuſchreiben ließ, was ihm eine auf ewige Verban—
ung langjamer geworben, erhält |
in eins ber ücher zu | !
| Sram. Runftrichter
Genötigt, zuerit nad) der Schweiz ausjumandern,
wo er an dem ven Gefandten, Grafen du Luc,
einen Gönner fand, begleitete er dann den Prinzen
Eugen nah Wien, das er aber fhon nad drei
Sahren wieder verlafien mußte, und ging hierauf
nad Brüfiel, wo er mit Voltaire in einen Streit
— Später lebte er eine Zeit lang in England,
ehrte 1740 nad) Brüfiel zurüd und ftarb 17. März
1741 zu Genette bei Brüfel Er ſchrieb vier Bücdyer
‚zwei Bücher « Epitres en vers» und « Alle-
gories», drei Bucher Gpigramme, 19 Gantaten
und Gelegenheitsgedichte, ſowie vier Luftipiele und
wei Opern, bie a —— eintrugen.
ben R. lange als den erſten
Lyriler der Nation gepriejen, bis i
tiſche Schule von ſeiner Höhe
war er unftreitig der feiner
Zeit, zwar oft ohne iſche Wärme, doch von
— 8* und von —*
rhythmiſ en obllaut. um -
ramm bat er Hervorſtechendes gr Die voll:
Rändigfte Ausgabe (mit einem
Ipondenz) beforgte Amar (5 Bde. , Bar. 1820
Rouffean (Sean ques), neben Boltaire der
einflußreichite Edhri ber Franzoſen im 18.
Jahrh., geb. 28. Juni 1712 zu Genf, Sohn eines
— aus alter angeſehener Familie, die ſich
infolge der Aufhebung des Silts von Nantes aus
Frankreich nad) der Schweiz geflüchtet, wuchs ohne
gründlichen Unterriht auf und wurde bei einem
Graveur in die Lehre gethan. Cr hatte aber von
vielem Romanlefen den Kopf voll abenteuerlicher
een, ſodaß er, 15 J. alt, feinem Lehrherrn entlief
und eine Zeit lang in Savoyen umberirrte, bis ihn
ein fath. Yandpfarrer nad Annecy an Frau von
Warens empfahl, die Mutterftelle bei ihm vertrat
und ihn nah Zurin in die Katechumenenanſtalt
ſchidte. Nach jeinem fibertritt zum Kat us
aus dieſem ihm unleidlichen Aufenthalt t,
wurde er erſt Latai, hierauf Seminarift, dann Mu:
ſillehrer, nachher Steuerſchreiber und verlebte bier:
auf einige Jahre (1737—39) in der Nähe gay
bery auf dem Landgute Les Charmettes bei Frau
von Warens, die mun feine Geliebte wurde.
der Folge war er zunächſt Hauslchrer in Lyon,
nachher Privatjefretär des franz. Gefanbten in
Venedig, hierauf Theaterdichter und Komponiſt in
Bari, dann wieder Brivatjetretär bei Herrn von
ncueil und dejien Schwiegermutter, Madame
pin, die ihn gemeinſchaftlich al3 eine Art Mit:
arbeiter bei ihren litterarijchen Dilettantenbeidäf:
tigungen annahmen. Als die Akademie in Dijon
bie Breisfrage jtellte: ob die Ausbildung der Künfte
unb Wifenicaften mehr zur Berjhlimmer oder
ur Berbeflerung der Sitten beitrage, jchrieb R. die
handlung «Discours sur les arts et les sciences»
(1750). Obſchon er fich für die erfte Meinung aus:
—* batte ielt er body den Preis und er:
angte Berühmtheit. Sein Umgang erjtredte ſich
hauptſächlich auf ben Cirlel der Frau von Epinay
(f. d.), zu welchem Grimm, Diderot, d’Ulembert
gehörten; auch ftand er im Briefwechſel mit Boltaire,
Abbe Raynal, langer, Abbe Prevoft u.a. In
diefe Zeit fällt feine Oper «Le devin du villager,
die großen Beifall fand. Bei diejer Gelegenheit
erho I zwijchen den ital. und franz. Mufilfreunden
ein heftiger Streit, in welden ſich R. heineinmiſchte,
und feine «T,ettre sur la musique frangaise» (1759),
die roman:
Nouſſeau fTheodore) .
worin er ben Franzofen alle Ay Ar eines muſi⸗
laliſchen rs und, wegen enſchaften ihrer
Eprade, i Mögliäleit e einer Tonkunſt >
bradte = mädtige Wirkung bervor,
1754 unternahm er eine Reife nad) Genf, *
reform. Kirche zurüd und widmete dem Großen
Hat von Genf Leine anel weite — Preieſchrift:
«Discours sur l’inegalites (1754
Nach feiner Rüdtehr lieh ihm — von Epinay
in dem Garten ihres Landhauſes La Chevrette un:
weit St.Denis, dicht am Walde von Montmorency,
—— dem Namen ge fo —— ze ik
Häuschen einrichten, welches er im ing
- mit feiner Wi erin, Thereſe Levaſſeur,
Denn. — 1758 verlieh R. plöplid) die Ein⸗
ei mit feiner Gönnerin, mit Grimm, Di»
ht Boten —— Montmorency. Hier be:
d ein mitten in einem aroßen,
Da ge Häuschen
und das en in bem ——
von Luxemburg zı chloßpark v 334
morency. — Zeit en R. feine «Lettre
ä — sur les spectacles» (1758), die, weil
— darin die Schauſpiele für ſchadlich erflärte, ihn
vollends verfeindete. Dann folgte
— be Beate angefangene Roman «La nou-
—* Hẽloise⸗ der en: Aufichen
‚ ebenfo wie der «Contrat social» (1762),
iin er die Lehre — der —— Gleich⸗
beit aller Menſchen und der Souveränetät des
Boltes verlündiate. Ein anderes H — R.s,
der 43 pädagogische Noman «Emile» (1762),
batte m zahlreiche Drangiale zur Folge. Das
Bud wurde von dem parijer Gorfament | für gottloß
erlärt (9. Juni 1762) und im Hofe des iz⸗
palaſtes zerriſſen und verbrannt; der Verfaſſer jelbit
eutging dem Öefängniffe nur dur) die Flucht. In
feiner ebenfalls als go ottlofer Neuerer
verurteilt, flüchtete ſich R. ins
chaͤtel, nach Motiers⸗Travers, und lampfte von hier
aus gegen ſeine Verfolger («Lettre & 1 archevöque
de Paris», « ee
Später gen er fogar einen nee in en
land ſuchen, fam aber ———
wo er 1770 in Schwermut verfiel, Er er Fi Zuli
1778, wie einige behaupten, eines freiwilligen | (2
Zobeh, an der Nubeftätte, welche ihm — u
— anne hen muy ey rn rügen
n a o
—e— tt, Am 11. Dit. 1794 wurden *
Gebeine von da weggeholt und im Ba
Varis beigeicht, jedoch, gleich denen Toltaireß.
Mai 1814 von den tönigl. Münzdireltor Buymorin
und deſſen gleichnamigem Better bei Nacht heimlich
eutiernt und in eine Kallgrube — einem wäften
Selbe vor der Barritre de worfen.
Die Schriften R.s find nid ı nad)
äfthe moraliſchen oder philof. Werte zu wär:
digen, in indung mit dee gefamten
Aultur bed 18. Jahrh. zu beurteilen. Sie find der
YAusdrud einer
im Guten ———
—— m ee
politiſch i in der chen
evolution, mora an Dibogoaiid im lan:
— zur
— Pſy⸗
erflärt ſich die — s als eine ——
gegen u Verberbtbeit einer Aultur
zeligiöfe, ſittliche = *8* Baſis. Es war r
unendliche Liebe Menfchheit, die ihn die Kul-
tur verfluchen I he ek fein Irrtum war, nicht in dem
GG | ef Brei
Hürftentum Neu:
etwas flä
871
durd Kultur wieder zur Natur zurüdgelehrten
Menſchen, fondern in 100, Re Nat ultand des
Wilden fein Ideal zu feben. smile» , den
Goethe das Naturevangelium &, = Grziehung nannte,
wirkte vorzugämeije mit, die Idee einer allgemeinen
Menschheit und Dumaner Bildung zur Anerkennung
— bringen, verführte indeſſen gar viele zu dem
iR lädherlichen Beginnen, nicht bejtimmte, pofitive
Menichen, ſondern ein Abitractum, einen allgemei:
nen Menſchen, der nur Menſch jein follte, durch
Erziehung rvorzubringen. Ns zahlreiche Briefe
8 mit bewußter Kunſt geſchrieben und für die
ichte nicht nur ſeines eigenen Lebens, ſondern
* eitalters wichtig. Seine«Confessions» (deutich
von gg 4 Boe., Berl. 1786—90, und von L.
8*8 Hdburah. 1870), die erit, nad) feinem
chienen, haben viele Anklagen gegen R.
begründet und wüflen i in ben Stunden bes bitteriten
efchrieben fein, ſodaß man fie nicht ohne
r den Verfaſſer lejen kann.
Rs —* find in zahlreichen Ausgaben ver:
She. ee en en A Du —*
Genf mit Rupferftichen
nad) Morenu) und von Sebaftian Mercier, Abbe
Brizard und de LAulnay (39 Bde., Par. 1788—
93) find als die beiten zu nennen die Ausgaben von
Betitnin (22 Bde., Par. 1819—20, mit Nupfern
nad) Deienne u. a. ) und Nuffet-Rathay (26 Vde.,
—— EL, mit der «Histoire de la vie et des
— Jean-JacquesR. »,3. Aufl., Bar. 1827).
N eutiche wurden überfegt die «Sämtlicen
erfe» von K. 5. Cramer (11 Bde. Berl, 1786— 99)
und —— Merle» von "Bleid, Theodor
Hell u. a. (20 Bochn., 2p3. —— Reuerdings
erſchien die von * herausgegebene «Corres-
—— inedite de Jean-Jacques R. avec Mars-
ichel Ray» (Par. 1858), die von Stredeifen:
Moulton veröffentlichten «Deurres et correspon-
dance inedite de — R.» (Bar. 1861)
und die von Janſen herausgegebenen «Fragmeuts
inedits» Bela
882).
Bal. erg «R.3 Leben und Werte» (3 be.
2pz. 1863— 74); Moreau, «Jean-Jacques R. et le
siecle philosophe» (Bar. 1870); Saint:Marc Gi:
aa «Jean-Jacques R., sa vie et ses ouvrages»
** „gehn Morley, «Jean-Jacques
1873); Desnoiresterres, «Voltaire et
- —*& » (Bd. 2: « Voltaire et Jean-
Jacques R.», Bar. 1874); — a Jean⸗
Jacques R.» (im « «Neuen Blutarde, 5, Eu.
1877); Ritter, «La famille de Jean-Jacques
Documents insditss (Genf 1878); Gehrig, io «Jean.
Jacques R.» (Neuwied 1879); Bee «R.3 Re:
— Epz. 1883); fen, «R. als
obore), La 8
—
— der
n ung
eines Gefühl! und Stimmu ments
en: Gehalt und Bebeutung zu .. —
Sierin ift er einer der Hauptvertreter —
sage intime, Dabeigenügen ihm die unſcheinbarſten
Motive der morbiranz. Ebene. Seine fpätern
Werle ftehen den frübern indes nad), il er ben
großen * einer lunſtleriſchen, wem auch zuweilen
—538 Totalauffaffung mit kleinlicherer
Detailiſtik vertauſchte. Im J
1867 erwarb er auf
der Weltausftellung u -
goldene Medaille;
872
fein berübmteftes Bild ift ber Wald von Fontaine:
bleau im Lurembourg, das er 1855 vollendete. Cr
ftarb 22. De). 1867 in Barbizon bei Fontainebleau.
Nounffelaere (frz. Noulers), Stabt in ber
belg. Provinz Weftflandern, am Mandelbach (Neben:
fluß der Lys) und an ber Ran beiden Gifenbahn
Brügge:Courtray, die hier nad Ypern abzweigt,
32 km füblid) von Brügge, mit 17814 C., Baum:
woll: und Wollzeugfabriten und großem Leinwand:
markt, R. wird Icon in einem Diplom Ludwigs
des Frommen 822 genannt. Hier fiegten 13. Juli
1794 die Franzoſen unter Pichegru und Macdonald
über die Öfterreicher unter Glerfagt.
Nonffed (Les), Gemeinde im franz. Depart.
ura, Arrondiffement St.:Glaude, im Yurage:
irge, an ber Straße — zählt (1881)
2545 E. und bat Sperrforts, Uhrmacherei und
Handel mit Vieh und Häfe (Gruydres). Nordöſtlich
fließt die Orbe aus dem Lac des Rouſſes. i
ouſſet (Camille Felix Michel), franz. Geſchicht⸗
fchreiber, geb. 15. Febr. 1821 zu Baris, wurde 1841
Lehrer am Lyceum Saint:Fouts, 1843 Profeſſor der
Geſchichte in Grenoble, war 1845—63 am College
Bourbon, 1864—76 Hiltoriograph des Kriegsmini⸗
fteriums, Gr fehrieb: «Precis d’histoire de la re-
volution frangaise» (1849), allistoire de Louvois»
(4 Bbe., 1861—63; 6. Aufl., 1879), fein Hauptwerf,
von der Franzöfifchen Akademie mit dem Gobert—
ſchen Preis gelrönt; «Les volontaires de 1791— 94»
(1870; 4. Aufl. 1882), ala grande armce de 1813»
(1871), «Histoire de la guerre de Crimee» (2 Bde.,
1877), «La conquöäte d’Alger» (1879). Im J. 1871
wurde er indie Aranzöfiiche Alademie aufgenommen.
Rouffillon, eine ebentalige Grafſchaft und Pro:
vinz Franfreihs, im N. von Yanguedoc, im D. vont
Mittelmeer, im S. von den Pyrenäen, im W. von
der Grafichaft Foir begrenzt, entipridht im ganzen
dem jebigen Depart, Djtpyrenäen (ſ. Pyrenäen)
mit der Hauptjtadt Berpignan (j. d.). In den älte:
ften Zeiten war das Land von den Sarbones be:
wohnt und hatte zur Hauptitadt Nuscino am Fluffe
Tetis, die 859 von den Normannen zerjtört wurde
und deren Stelle jeht La-Tour de R, oder Caitel:
Nofello am Tet, 5 km öjtlidy von Perpignan, ein:
nimmt. Bon den Nömern, unter denen das Land
zu Gallia Narbonensis gehörte, tanı e3 im 5. Jahrh.
an die Wetgoten, 720 an die Sarazenen Spaniens,
759 dur Pipin den Kurzen an die Franken. Geit
Karl d. Gr. wurde bas Land unter dem Namen de?
Nofilionenfischen oder Glenenfiichen Gaues (nach der
Stadt Glena, dem jehigen Gine) durch Grafen ver:
waltet, die fi unter Harl dem — unab⸗
hängig machten. Der erſte dieſer erblichen Grafen
war Suntax II. (904— 915); der letzte derſelben,
der finderloje Gerard IL, vermachte fein Yand 1172
(nicht 1178) an den König Alfons II. von Aragonien.
Nun blieb die Srafica N. bei Aragonien, aber
unter franz. Oberlehnsherrſchaft, auf welche erſt
Ludwig IX. 1258 verzichtete, Yobann II. von Ara:
onien verjehte N. nebit der anſtoßenden Grafſchaft
Serbagne 1462 an Ludwig XI., und erſt Karl VIII.
gab es 1493 an Ferdinand II. von Aragonien zu:
rüd. Seitdem blieb die Grafſchaft R. bei Spanien,
bis fie 1642 von Ludwig XIII. erobert wurde; aber
erit durch den Pyrenäiſchen Frieden 1659 wurde fie
nebjt der Grafichaft Conflans (mit der Hauptitadt
erg © und der Stadt Prades) und dem noͤrdl.
Zeile der Srafihaft Cerdagne (mit der Hauptitadt
Mont:Louis am obern Tet) definitiv an Frankreich
Nouffelaere — Roveredo
abgetreten. — Rou HERE Gemeinde mit (1881)
1478 €. und altem Schloß im franz. Depart. Iſere,
Arrondifjement Bienne, linls vom Supöne. in alter
Beit Hauptort einer Grafſchaft, ift bemerfentwert
wegen de3 bier vom König Harl IX. 4. Aug. 1561
gegen die Hugenotten erlafjenen Edilts, welches 1568
wieder aufgehoben wurde.
Mouſtan, franz. Diplomat, geb. 1836 in La
Ciotat (Rhönemändungen), trat früh in die diplo:
matiſche Carriere und vertrat im Drient die Inter:
eſſen Frankreichs mit Energie und Erfolg. Ende
1874 wurde R. Generaltonful in Zunis, mo er den
frany. — DIBEMBRE! Bun UA FERNEN Dur Beben
Geltung bradıte; x Minifterrefidenten ernannt,
war er am Abſchluß des Vertrags vom 12. Mai
1881 hervorragend beteiligt. (S. Tunis.) Ende
debr. 1882 wurde R. Gefandter in Wafbington.
Nout (engl. fpr. Raut), d. 5. eigentlich Rotte,
zufammengelaufene Pöbelichar, feit dem Anfang
de3 18. Jahrh. Bezeichnung für eine zahlreiche
Abendgeſellſchaft, Aſſemblee der vornehmen Weit.
f —— urz.), durch libung erlangte Kunſt⸗
ertigleit. u
Rouvier (Maurice), franz. Politiker, geb. zu
Air (Depart. der Ahönemündungen) 17. April 1842,
war unter dem zweiten Kaiſerreich, welches er in
ben Dppofitionsblättern lebhaft befämpfte, Adv:
fat in Marjeille. Im %. 1871 in die Deputierten-
lammer gewählt, hielt er fich zur äußeriten Linken.
In den F 1876, 1877 und 1881 —
beteiligte er fih mit viel Sadlenntni3 an den De:
batten über den Handel und die Finanzen. Als
Gambetta 14. Nov. 1881 das Bräfidium des Mini:
fteriums übernahm, erhielt R. das Portefeuille des
Handel3. Gr trat mit Gambetta von dieſem Poſten
zurüd (26. Jan, 1882), um denſelben unter Ferry
an Stelle Heriffons von neuem zu übernehmen
Ya Dit. 1834 bis 30. März 1885). Seine Gattin
at unter dem Pieudonym Claude Bignon eine An:
zahl Romane geichrieben,
Novegno, ſ. Rovigno.
Noveredo (Rovereto, beutih auh Rofreith,
Stadt in Südtirol, an der Linie Rufitein:Avio der
Oſterreichiſchen Südbahn und zu beiden Seiten des
Leno, der in der Näbe links in die Etſch mündet, in
bem fruchtbaren und reigenden Lägerthale (Val
Lagarina), it Siß einer Bezirlshauptmannfcaft,
eine3 Bezirlögerichts und einer Handels: und Ge-
werbelammer. Die Stadt zählt zwar nur 8864 E.
1880), bat aber viele zer Gebäude, beionders
höne Kirchen, ein Theater, eine 1845 eröffnete,
4500 m lange fteinerne Wafjerleitung und ein Berg:
fajtell; ferner ein Obergymnafium, eine Oberreal:
ſchule, eine Lehrerbildungsanftalt, ein Engliſches
dräuleinjtift mit Mädchenſchule und Erziehungs:
anftalt, ein Franzislaner- und ein Kapuzinerklojter,
eine Accademia degli Agiati (der Bedächtigen), die
1750 von Laura Saibanti gegründet wurde, und
eine Wohlthätigleitsanftak mit Stadtlrantenhaus.
Die Bewohner zeichnen fih durch Bildung und
Gewerbthätigleit aus. NR. it ein Hauptiik der
Geideninduftrie und des Seidenhandels, bat zahl:
Be Ds n ober Seidenhaſpeleien, Filatorien
oder Seidenzwirnereien, ferner Leder: und Bapier:
fabriten. Außerdem treibt R. lebhaften Handel mit
Sidfrüdhten, Sumad), Getreide, Schinten, Würiten
u.f.w. Von 1413 bis 1510 ftand die Stadt unter
venet. Herrihaft, von da an kam fie zu Oſterreich
und Tirol. Geſchichtlich denlwuürdig wurde N. im
Novergue — Norburgh
ital, ug Bonapartes durch das Gefecht zwi:
hen rc und einem ae des Wurmſerſchen
orps, 3. und 4. Sept. 1796, in welchem die Oſter⸗
reicher unterlagen und 5000 Mann und 25flanonen
verloren. In der Nähe iſt die große Tabatsfabrif | hab
in Sacco (2166 E.), und jenleit der Etich liegt
e ſchen Maulbeerbäumen und Weingärten Iſera
672 G.), belannt durch den beiten Tirolerwein, den
dunlelroten fühen Iſerawein. Bei dem nahen Dorfe
Marco (752 E.) befindet ſich ein großes Steinmeer
(Slavini von Marco), das durch Feljenblöde eines
883 ftattgefundenen gewaltigen Bergfturzes eines
benachbarten Mergelfelſens entitanden ift,
Rovergue, Grafſchaft, |. unter Rodez.
NRovigno (einjt Arupenum, auch Rubinum, im
Volte Rovegno), Etadt mit eigenem Etatut an
der Südweſtfüſte von Sftrien, an der Pinie R.-
Ganfanaro der Öfterreidhiichen Staatebahnen, zählt
(1881) 9522 E., iſt Siß eines Hafen: und See:
fanitätgamt3 und der Handels- und Gewerbe:
fammer für ditrien, bat eine ſehenswerte Dom:
kirche, eine der Schußbeiligen Eufemia von Calce:
donien gemweibte Stirdhe, deren Turm, der Campanile
von Venedig nadgebilbet, das Erzbild der Schub:
beiligen als Windfahne auf feiner Spihe trägt,
eine Haupt: und Unterrealſchule, ein Kollegiat:
fapitel und ein Franzislanerkloſter — Häfen mit
Werften und ftarlem —— edeutende Sar⸗
dellenfiſcherei, Taumanufaltur, Holzhandel, Mein:
und Olivenhau. Die Rovigneſer find als ausge:
eichnete Piloten befannt. Sie werden für ur:
Ävrüngliche Kelten gehalten, bie ſich mit ben röm.
Kolontiten nicht vermengt haben, und fprechen einen
eigentümlichen welichen Diafelt,
Movigo (mittellat. Rodigium), Hauptitabt der
gleichnamigen ital, Provinz (1686,2qkm und [1881]
218574 GE.) und eines Diſtrilts, Anotenpunft der
Bahnen — — und Doſſobuono⸗Legnago⸗
Adria, am Kanal Adigetto, einem 1124 durch
Dammbruch entſtandenen Arm der Etſch, in freund:
liher Ebene, mit alten Mauern, Türmen und Ba:
—— umgeben und einem verfallenen Kaſtell aus
m 10. Jahrh. verſehen, iſt der Siß der Präfeltur,
eines Handelsgerichts, eines Collegiatlapitels und
einer Handels: und Gewerbefammer und zählt
1881) 7125 E. (Gemeinde 11311). Sie hat einen
chönen Dom, die Kirche Madonna del Soccorfo von
1594, ein Bau de3 Francesco Bamberlano, mit
—— hei Glodenturn von 1655—
1784, ein ftattliches Aſſiſengebäude von 1873, ein
Dentmal Bictor Emanuels, von Monteverbe 1881
errichtet, ein Gymmafium, ein biſchöfl. Seminar,
eine Alademie der Willenichaften und Künfte, im
Palazzo Comunale, eine Bibliothek von 80000 Bän:
ben und eine Gemäldejammlung, re Theater, Fa:
brifen, befonbers in Leder, und lebhaften Handel.
Nach ihr erhielt der franz. General Savary (f. d.)
den Titel eines Herzogs von? NR. gehörte im
12. yahrh zu Adria, ım 14. und 15. Sabr. zu
Ferrara, kam 1484 an Benedig und bildete ſeitdem
den Hauptort der Bolefine di Rovigo. Am
10. Juli 1866 jprengten die Oſterreicher kurz vor
ihrem Abzug die Mauern und Wälle in die Luft.
Rowdies (engl.:amerit., jpr. Raudihs, im Sin:
gular Rowdy, von to row, d. h. lärmen) nennt
man in den Vereinigten Staaten von Amerila die
zahlreihen Gauner, Händelſucher, Spieler und
-
873
um fo gefährlicher ift, als fie keineswegs ausſchließ⸗
lich aus dem niedern Bolte, fon auch aus ber
groben Mafje derer hervorgeht, bie irgendeinen
moraliſchen oder ölonomishen Schiffbruch erlitten
aben. Ggl. aud Loafexs.)
Note (Nicolas), engl. Dramatifer, geb. 1673
- Berford in Bedfordibire, entjagte im 25. Jahre
er — Laufbahn, um ſich ausſchließlich der Dicht⸗
funit zu widmen, In demſelben Jahre trat er mit
feinem erjten Trauerfpiele auf: «The ambitious
stepmother», das großen Erfolg hatte. Im J.
1702 folgte «Tamerlane», deſſen polit. Beziehungen
auf Wilhelm III. (Tamerlan) und ug XIV.
(Bajazet) viel Anklang fanden, Am folgenden
Sabre fam «The fair penitent», eins feiner beften
Trauerjpiele, auf die Bühne, umd in den nächſten
Jahren folgten noch «Jane Shore», «Lady Jane
Gray», «The royal convert» und einige andere,
Sein Dichterruhm verschaffte ihm unter Anna und
Georg I. mehrere einträgliche ümter, unter andern
aud) das eines Poet laureate, Gr jtarb 6. Dez.
1718 und wurde in der Weitminfterabtei begraben,
N. war ein Nahabmer des franz. Trauerjpiels,
obwol er auch Shalipeare eifrig ftudierte, von deſſen
Werten er die erite brauchbare Ausgabe (7 Bde.,
Lond. 1709) lieferte, Außerdem ſchrieb er Gedichte
(2 Bde,), die wenig Wert haben, und eine geſchähte
Üiberjeßung von Lucans «Pharsalia» (Pond, Ktch
Rowleh Regis, Stadt in der engl. Grafſchaft
Stafford, zählt (1831) 27385 E. und hat Cijen:
bütten, Giebereien, Anlerſchmieden, Heritellung von
Gewehrläufen und lanbwirtichaftlihen Geräten,
Notono, Kreisftabt in ruf. Gouvernement Vol:
—* 193 km von Schitomir, Station der Eiſen—
ahn Brejt:Litowst-Stafjatin, mit 9034 E., welche
Handel mit Getreide, Bauholz und Vieh treiben.
Rowſa, eine der fchott. Orladiſchen Inſeln, nörd:
lich von Bomona oder Mainland, ijt gebirgig und
zählt auf 20 qkm 1249 G., welche lebhafte Fiſcherei
und flelpgewinnung betreiben.
Rogane, jeit 327 v. Chr. Gemahlin Aleranders
d. Gr,, die durch große Schönheit ausgezeichnete
Tochter des baltriihen Füriten Oryartes, gebar
nad) Aleranders Tode im Sommer 323 v. Chr. zu
Babylon einen Sohn, der von den Diadochen zu:
ſammen mit Aridäos, Aleranders Halbbruder, als
Thronerbe anerlannt wurde, Als Antipater
Reichsverweſer geworden war, nahm er 320 N.
nebjt ihrem Kinde und Aridäos mit ſich nad Ma—
cedonien. Hier ward N. fpäter (311 v, Chr.) auf
Befehl von Antipaters Sohne, Kafjander, der bie
Herrihaft über Macedonien an ſich gerifien hatte,
zu Ampbipolis mit ihrem Rinde ermordet. Gin be:
rühmtes Gemälde von Asdtion ftellte die Hochzeit
Aleranders mit R. dar, und zu den ſchönſten Gr:
zeugniffen der modernen Kunſt * ein Freslo⸗
emälde von Sodoma in der Billa Farneſina zu
Nom, welches dieje ebenfalls darſtellt.
Roxb.,beinaturwifienschaftlichen Bezeichnungen
Abkürzung für Roxburgh (William), geb. 1759 zu
Underwood in Schottland, Tireltor des botan.
Gartens in Kalkutta, geit 1815 zu Edinburgh.
Noxburgh, en eviotdale genannt, eine
Grafſchaft im jndl. Schottland, hat ein Areal von
1734 qkın und zählt (1881) 53445 E. „Das Land
iſt vorherrſchend bergig, beionders im Süden, wo
die Cheviotberge die Waflericheide des Tivced und
Derumitreifer in den größern Städten (befonders | deſſen rechten Nebenflufies Teviot gegen das Gebiet
in Hafenjtädten), eine Klaſſe der Gejelliaft, die | des Tyne in Northumberland und des Liddel (eines
* Roxen — Royer-Collard
Aebendluſſet bes in den Solwaybuſen gehenden Eat)
en, im Eheviot 490 m aufiteigen und in weiten
weigungen fi in das Innere des Landes er
nn Das Klima iſt raub, aber geſund. Das
ren enthält teils Heiden, großenteils aber aud)
— Weiden. Die niedrigern Gegenden im N., am
d und Teviot, haben fruchtbaren Boden. Ges
treide, jetzt ſelbſt Meizen, Kartoffeln, Rüben und | M
Dbft werden hinreichend gewonnen, und mehrere
roße Baumjchulen verfehen ganz Schottland und
ordengland mit Pfropfreiſern. Dod geht die
Viehzucht, die Zucht von Rindern und ——
weit dem Aderbau vor. Daneben beſchaͤftigt die
Snduftrie, namentlich die Voll: und Strumpfwaren:
manufaltur, viele Einwohner. Der Boden wird
durchſucht nad barten une Eh Haren Kie⸗
eln zur Berfertigung von allerlei Schmudſachen.
a aus der Ölanztohle gefertigten T&ön facettierten
Edmuditeine fommen unter dem Namen
Schwarzen Diamanten in den Handel. Die roman:
tiichen Thäler des Tweed und Teviot und ihrer m
m find der Hafitf
e und Sagen.
an Reiten tlö erli
Boden Be die ſchott.
iſt das Land —
rt Pradt und war als
= — Border) in ge hrhunderten oft
verheerender Kriege. ——
Fe es En Iter Scott bichterif licht
worden. Die Hauptftabt ber Grafi fi ed:
burgb (f. d.). Unweit ber Vereinigung des Te:
viot mit dem Tweed liegt der Fleden merburg),
babe: Hauptitabt, Station der Linien Be
oswells und N.» Jedburgh der Nordbritifchen
u mit 1053 E. und den Trümmern ber in den
ſchott. en berühmten Burg
— — aftle.
** ſchwed. Binnenſee in der Provinz Oſter⸗
götland, öftlih vom —— 32,4 m über dem
8* 97 yo oroß. Im R ‚ münden bie Stängän
und Spartän, lehtere aus dem Sommen fonımend,
eritere bur den Kindalanal bis ins nörbl. Smäd:
land fanalifiert. R. gehört zum Waſſerſyſtem des | nad)
Motalasftröm und wirb vom Götafanal berührt.
Nogslanen oder Roralanen, ein mä tiges
farmatısches Volt (in dem heutigen fübl. Nukland
— vom Aſowſchen Meere ge 2 -
—— ein Zweig der
Du 1% kriegerilde, d er deläi — ———
Reitervoll ericheint i in der Geſchichte ſchon Pr Beit
bes Mi tes d. —* und — 69n. Fo
einen Wanderungen die möſiſche Donaugrenze ber
ömer; die R. erde — im 11. Jahrh. von den
erw
(altfranz. Form für Roi, König), die von | feiner
den . Legitimi en dem Grafen von Chamborb
(j. d.) beigelegte Bezeichnung als * -(f. d.).
Roy
ya ir. «töniglign), 2 — ———
rz., alöniglich »), Name eines gro
ften (vom franz. roi, d. i. König), lönig⸗
lid Gefinnte, Anhänger des — * nennen
In in Frankreich feit der —— von 1789
dic A a und Bertreter des Haufes Bourbon,
im & re den Republitanern und Bona⸗
— Die unterſcheiden fich jeit der a
ution von 1830 wieber in — —
der ältern, und in Orlsanijten, Anhä der F
en vouibous uch in andern na
ch bie polit. Parteien diefer Bezeichnung (3. B.
in Spanien) bedient und zwar in dem bejchränl:
un), Stifter des Brahmafanadic | ä —
tern Sinne, daß man die Bertreter des Bönial.
Abiolutismus R. nannte.
Royal-Zcamington-Spa, j. Zeamington.
Society, eine — Geſellſchaft in
— ſ. —— * ey
Royan, Stadt im franz. Depart. te⸗In
ferieure, Arrondiſſement 8 rechts an
ümdung ber Gironde in ben Utlantifchen —
Station der Lolalbahn Bons:R. (Chemin de fer de
la Seudre), zäblt (1881) 4490 (Gemeinde 5445) €,
bat einen Heinen Hafen, fehr bejuchte Seebäber.
Schiffbau und Sardeilenfiicherei und it mit Bor-
beaur durch Dampficiifahrt verbunden. R., im
Altertum das Novioregum ber ‚im 15.
Jahrh. eine Baronie, war unter ben
ein Bopat, Babe la gg —
Noyat, vt im franz. Depart.
Elerment, an der Tirtaine,
der —— der Linie Brives:Glermont der Orltans
bahn , bat warme Quellen und PBapiermühlen und
zählt 1220 €.
Noye, Stabt im franz. Depatrt. Eomme, Ur
rondifjement Montbdibier, rechts am Aure Station
der Linien Compiegne R. und St. Juſt en Chauſſee
un der Nordbabn, zählt 11881) 3485 Gemeinde
4028) E. und bat Wollipinnerei, Fabritation von
Boll: und Baumwollzeugen, Müten und Rüben-
zuder, ſowie bebeutenden Getreidehandel. R., mit-
tellat. Roia, gehörte uriprünglicdy zur ft
nbois, fpäter zur Bicarbıe.
Nioyen, foniel wie Eichen (f. d.).
Royer:-Eollard
oyer: berühmter fran;.
Philoſoph und Staatsmann, geb. 21. Juni 1763
zu Sompuiß in der Champagne, mar vor Ausbruch
ber Revolution Advolat am Barlament zu Bariz.
Er ſchloß fi mit Vegeiiterung der Bewegung an
und gelangte als tüchtiger Vollsredner nach Er-
—— der Baſtille in den Gemeinderat. ch
der Flucht des Königs ſchied N. wegen ſeiner ge-
mäßigten Richtung aus dem Gemeinderat, und
Sturze des Throns (10. Aug. 1792) ver:
ließ er Paris = blieb die Schredengzeit hindurch
‚den —— ‚verborgen. Im Mai 1797 trat R. in
Fünfhundert, aus bem er aber zufolge
—533 vom 18. Fructidor ausgeſtoßen
J. 1811 wurde er zum Profeflor der
Boilof, .. der Faculte des Lettres ernannt,
welches Amt er nad) zwei ren — =
Seine Borträge übten großen Gi een
altung ber franz. Bhifofopbi us —— =
ualismus vertrat er bie
— 1. nad = — Aus
WIE. Seine Grunben:
ber Borlefung « fiber die
und bie Grün
auch wir ein
nie fi Wahmehmun
Heinern philoſ. man im
Überjeßung von Ss Werten (6 Bbe., Bar. 18%).
— der zweiten Reſtauration wurde er Bräfident
mmiſſion für ben —— Unterricht
—— egierungsmitglied. Zugleich trat
Abgeorbneter in die Kammer, —* er
—— Syſtem vertei
== —— aa — an die
ammer gebradt, nahm er als NRegieru
feine Entlafjung und ſich affen der —e—
an. m J. 1820 bildete er die parlamentarijck
Noy:Mutla — Ruben
Hraktion der Doctrinaires. Seit 1828 Kammer—
präfident, überreichte er 2. März 1830 Karl X. bie
221 Deputierten. Später trat er nur felten öffent:
Lid) hervor und jtarb 4. Sept. 1845 auf feiner Be-
fikung teauvieur bei Et.:Nignan. Val. die
Biographien R.3 von Barante (neue Ausgabe,
2 Bde., Bar. 1878) und Philippe (Bar. 1857);
Vingtain, «Vie publique de R.» (Lyon 1858).
09 Mutla, Hafen in Oftindien, j. Canning.
vg ren Maritfieden in der Bezirtähauptmann:
ſchaft Ay w in Ditgalizien, mit (1880) 4542 E.,
meiſt Ruthenen, bat ein Schloß, ein altes arme:
Titerlofter und ein Kloſter für Barmberzige Schwe:
ftern, die eine Schule für Mädchen halten. .
Rozier (Pilätre de), ſ. Bilätre de Rozier.
Rozloch, Kuranitalt, f. unter Alpnach.
Ro (Rojnov), Markt in der Bezirtöhaupt:
mannidaft Walachiſch Meſeritſch im öftl. Mähren,
Siß eined Bezirlögerichts, mit (1880) 3007 flaw. E.,
hat eine vielbefuchte Dioltenturanftalt. Die ſchöne
Lage an ber Beiva und am Fube des Rabhoät, fo:
wie der lanbichaftliche Reiz . eiguen
den Drt inäbefondere zum Kurort. Der Berg Ra:
dot (Radhoſcht, Rod ol) trug auf feinem mit
Moos und Alpenfräutern bededten Scheitel in vor:
chriſtl. Zeit die Bildfäule des gleichnamigen flaw.
Gottes, von weldem Stiebowaly in der «Sacra
Moravise historia» eine Abbildung lieferte.
Rozfa (Sändor), ungar, Räuberhauptmann,
geb. 16. Juli 1813 zu Sjegedin, als Sohn eines
Näubers, war ſchon in jüngern Jahren gefürchteter
Hauptmann einer Bande; doch a er fi durch
Großmut gegen Arme aus. ährend der ungar.
Kevolution diente er als um eines Freilorps
gegen bie Serben. Cr wurde 1856 verhaftet, zum
Tode verurteilt, aber zu lebenslänglihem Kerler
Dei und acht Jahren amneftiert. Hier:
auf fammelte er jofort wieder eine Bande in der
Alfölder Puſzta, mit welder er 1868 fogar einen
Eiſenbahnzug überfiel. Endlich gelang es dem
königl. Kommifjar Grafen Gedeon Raday, ihn in
Pi * nu — Bo > -
einen zablreihen Genoſſen zu lebensläng
Kerler verurteilt wurde. Er büßte feine Strafe in
ber Landesſtrafanſtalt zu Sjamos:lljvar ab, wo er
22. Rov. 1878 ſtarb.
R ‚ Kreisitadt im Gouvernement Twer, an
beiden Ufern der Wolga, 148 km oberhalb Twer,
mit dem es durd Da ahrt verbunden iüft,
Station der Eifenbahn chlowo⸗R. mit 26482
E., 12 Kirchen und Sciffäwerften, tt ein Sta⸗
Iplag für die Wolgafdi re, haupiſächlich für
lachs, Hanf, Getreide und hat mehrere Anjtalten
zur Berarbeitung des zlacies. }
Deu, dem. 5 oder Symbol für Ruthenium,
Nuaha, Fluß ſ. —28*
re Snfel am öftl. Eingang ber Foveaur:
raße (j. d.).
NRuärowa, Name des Congo (f. d.).
Nubbio, ital. Gewicht = 8—9 kg; ferner
Gruätmeh = 294 16 1, und Flächenmaß = 184,46 a,
„ſJ. Rüben,
Rubeoula (lat.), Rotlehlchen.
Rubefacientia (sc. remedia, lat.), hatt:
rötende Mittel. x
Rubel. Als in Rußland das bis ins 14. Jahrh.
abliche B mehr und mehr zurüdtrat und man
für größere Zahlungen ſich einer Art Silberbarren
€
gt angeblid von ihm verfaßte Adrefie der }f
875
bediente, hieb man von denfelben fo viel ab, ala
zur Zeiltung oder Ausgleihung einer Zahlung er:
orderlid war. Diefes Abhauen, rufi. rubit, gab
der Benennung rub oder rubl das Gutitehen, wor:
aus das heutige Wort R. hervorgegangen iſt, wel:
ches die Ginheit des ruf). Geldwejens bezeichnet.
In den Chronifen tommt dasſelbe — erſten mal
1321 vor; das Gewicht des R. betrug damals
22 Solotnit (= 937g). Der jetige Silberrnbel,
eingeteilt in 100 Kopelen (oder 10 Griwen), iſt eine
Piünze von faft genau 18 g feinem Silber = 3 Matt
24 Bf. jebige deutſche Währung. Es werben gegen:
wärtig als Silbercourant oder fog. Bantmünze
Etüde zu 1, ’4 und 74, R. geprägt, ferner als Eil:
berjheidemünze, nur die Hälfte bes Nennwertes
vom Gourantgelbe wert, Stüde zu 15, 10 und
5 Kopelen, dann in Gold Halbimperialen zu 5 R. in
Gold und fog. mperialdulaten zu 3N. in Gold,
endlih in Bronze Gtüde zu 5, 3, 2, 1, %, und
Y, Kopele. Die Golbmünze wird von der Krone
und den Krebitanftalten um 3 * böber als die
——— (db. i. * —— nr
au und angenommen, der imperial zu
5R. 15 Kopelen Eilber. Das faft einzige Eirtu:
lationamittel Rußlands iſt aber feit ‘jahren cin
Etaatöpapiergeld, die ſog. Reichslreditbillette welche
Zwangsumlauf haben und in Stüden zu 100, 50,
25, 10,5, 3und 1R. bejtehen. Sie Jollten dem
Silbercourantgelde gleich cirkulieren, ftehen aber
egen dieſes bedeutend in Berluft; am 3. Mai 1878
En diejer Berluft 707% Proz. (100 R. Silber =
17074 R. Bapiergeld), inden gleichzeitig das Pa—
piergeld gegen Goldrubelwährung 76 Proz. verlor,
da der Halbimperial 8 N. 80 Kopelen Papiergeld
foftete. Der geprägte Eilberrubel ift im Verkehr
ir = mehr fichtbar. j
ubellit, j. unter Turmalin.
Ruben iſt der Name eines israel. Stammes,
deſſen Gebiet im Gebirge Gilead lag. In den
rübeften Zeiten ſcheint er fehr mächtig geweſen zu
ein, bis er durch blutige Kämpfe geſchwaͤcht wurde.
Die hebr. Stammfage leitet feinen Namen von
dem ältejten Sohne Nr und ber Lea ab.
Nuben (Chrütian), Hiftorienmaler, geb.30.Nov.
1805 in Trier, er ielt feine erſte lunſileriſche Bil-
dung feit 1823 in Düfjelborf unter Cornelius. Die:
fem Meifter folgte er nad; Dünen, wo er zunädjit
mehrere Kartons für bie Glasfenſter des Doms
von Regensburg fertigte. t lieferte er die
—* für die Glasbilder der Kirche in der
abt Au und einen Bilderkreis für das Schloß
Hohenſchwangau. Erft nad) Vollendung biefer Ar:
beit konnte er fih mit Muße der Ölmalerei hin:
geben, und es entitand nun eine Reihe ſehr gemüt:
voller und anf 17 ‚von benen
—— ae wer aus dem 358
orzuheben find. Später ging er zur e
über und malte den Columbns Im ftoment mo
er Amerita entdedte (im Beiip des Grafen Noftit
in Brag; F Stahr, «Chriſtian R.s Columbus im
Augenblid der Entdedung der Neuen Welt», DI:
denb. 1844). Um bie Reorganijation der prager
Aladentie, an bie er 1841 berufen ward, hat R. be
deutende Verbienite. Seine produltive Thätigfeit
nahmen bier hauptjählid Entwürfe für die Wand:
älde ım Belvedere aus der Geſchichte Böhmens
in Anfprud. Außerdem malte er dem Fürſten
Salm mit einigen Schülern einen Prachtſaal aus
und lieferte der Kirche in Turnau drei Altargemälbe.
|
Nüben — Rubens
*
it 1852 wirlte R. als Direltor der Alademie zu
Bien. Er ftarb 8. Juli 1875 daſelbſt.
Sein Sohn, Franz R., geb. 1843 in Prag, war
zuerſt in Wien als Siktoriermaler thätig. Bau
gemälde von ihm find: die fhöne Meluſine (1867),
die beiden Leonoren und Torquato Taſſo im Gar:
ten zu Belriguardo, Hofleben des Papſtes Leo X.,
Tillys Rüdzug nach t Schlacht am Lechfeld und
Turnier. Später ließ ſich R. in Venedig nieder.
Am bäufigiten fchildert er Genrefcenen aus ben
glänzenden Tagen ber in "er be Typen aus
dem modernen Vollsleben Benedigs.
Nüben nennt man die fleifchigen Wurzeln ver:
fchiedener Arten von Pflanzen aus der Gattung
Beta, Brassica, Daucus, welche als Futter für das
Vieh, fowie zum Zwed der Zudergewinnung große
Bedeutung im Landiwirtichaftäbetriebe befipen. An:
gebaut werden namentlih die Runlelrüben, Beta
vulgaris L, fowie deren Barietät, die Zuderrüben,
die Koblrüben, Brassica Napus rapifera DC., die
MWaflerrüben, Brassica rapa rapifera Mizg. und
die Mohrrübe, Daucus carota L. Die Runtel: und
Buderrüben lieben einen frifchen, tiefgründigen,
kräftigen Boden, während bie Mobrrüben gegen
Trodenbeit weniger empfindlich find und die Hohl:
und bie Waflerrüben überhaupt geringere Boden:
** machen, lehtere —R im Herbſt noch
in die Stoppel geſäet werben. Nunfel: und Mohr:
rüben ver — eine beſonders ſorgſame Pflege
während bes Wachstums, namentlich Reinbaltung
von Unkraut, Die Erträge belaufen ſich bei den
Nunlelrüben auf 30—60000 KB, bei den Zuder:
rüben auf 20—30000 kg, bei den Hohlrüben auf
25—35000 kg, bei den Waſſerrüben auf 20—
50000 kg und bei den Mobrrüben auf 30— 70000
kg pro Seltar. * Fühling, «Der prakliſche
Nübenbauer» (3. Aufl., Bonn 1877); Knauer,
«Der Nübenbau» (5. Aufl., Berl. 1882).
Nübendarre, f. unter Darren.
Nübenmelaffe, NRübenzuder, f.u. Juder.
NRübenrapß, ſ. unter Raps und Nübjen und
Brassica,
Nubens (Peter Paul), der berühmtefte nieder:
länd, Maler, geb. 28. Juni 1577 zu Siegen (im
Naflauiihen), Sohn eines antwerpener Schöffen,
der fi) infolge des Kampfs zwiſchen den Nieder:
ländern und Spaniern mit feiner Familie nad
Deutichland geflüchtet, wurde bis zu feinem 10. Jahre
in Köln erzogen und beendigte feine gelehrten Schul:
Studien in Antwerpen, Cr lam zuerjt als Page zu
der Gräfin Lalain. Da ihm aber dieje Stellung
nicht behagte, fo willigte feine Mutter in fein Ver:
langen, fi der Malerei zu widmen, worin er A.
van Noort und D. van Veen iu Lehrern hatte. N.
wurde 1598 von der Lulasgilde zu Antwerpen als
Meijter aufgenommen und begab ſich 1600 zur
Bollendung feiner künftleriihen Studien nach ta:
lien, Er trat alabald als Hofmaler in die Dienite
des Herzog3 von Mantua, Vincenzo Gonzaga, der
ihm jedoch geftattete, 1601 eine Reije nad) Mom zu
maden, wo er die beiten Bilder feiner erften Zeit
ausführte: die_heil. Helena am Fuße des Kreuzes,
für die Kirche Sta.:Croce in Gerujalemme; die Mit:
teltafel eines Triptychons, welches die Mönche
jenes Kloſters für 5000 Scudi nach Petersburg
verlauften, Im Auftrag Kaiſer Rudolfs IL. fer:
jurüd, wo er jebod die Mutter bereits verfiorben
vorfand. Gr wurde nun Hofmaler bes Erzherzog:
Albert, Generalgouverncurs der Niederlande, und
deſſen Nachfolgerin der Infantin Iſabella, deren
Förderung er ſich bereit3 in Italien erfreut hatte,
und nahm zu Antwerpen feinen Wohnſih. Zugleich
verheiratete er ſich mit ber Tochter des Ratsſekre
tärd, Iſabella Brant, deren Schwefter mit jeinem
älteiten Bruder Philipp verlobt war, und baute ſich
ein ftattlihes Haus im ital. Stil. Mehrere Werte,
die er in Antwerpen für dortige Kirchen anfertigte,
wie bie Aufrichtung des Areuzes und bie noch be:
rübmtere Kreuzabnahme, verbreiteten feinen Ruf
in jolhem Maße, da —* Maria von Medici, Kö:
nigin: Witwe von Frankreih, die Ausmalung der
großen Galerie des von ihr errichteten Luremboura⸗
palaftes zu Paris, welche die merlwürdigſten Be—
gebenheiten ihres eigenen Lebens enthalten follte,
übertrug. Der Hünftler kam 1621 .. Paris,
malte ſogleich die Skizzen dazu und brachte ſchon
vier Yan nachher die fertigen Malereien an den
Drt ihrer Beftimmung. Im J. 1628 von der In:
fantin al3 Vermittler zum Einleiten der Friedens:
unterhandlungen mit England nah Epanien ge:
fandt, gewann R. das Vertrauen des Königs und
des Depp: von Dlivarez, am 1629 mit dem Titel
eines Gelretärd bes königl, Geheimen Rats von
Madrid nad Brüffel zurüd und ging noch in dem:
felben Jahre nad) London, wo er den Frieden zwi:
ichen Philipp IV. und Karl I. glüdfih zum Ab:
luß brachte. An beiden Königahöfen reich be:
ſchenlt und von beiden Fürften zum Ritter erboben,
tehrte er nach Bruſſel zurüd und verliebte fich bier
nah dem Tode feiner
Frau (1626) in ein laum
16jähriges Mädchen, Helena Forman, die er 1650
heiratete, Da die bedeutenditen Fürften Europas
on mit Aufträgen verfahen und Werke von feiner
and haben wollten, fo umgab er ſich mit einer
roßen Zahl von Schülern. In den meiſten Fällen
ertigte er felbjt nur noch die Slizzen und überlich
die Ausführung im großen feinen Gebilfen. Seit
1635 mußte er überdies wegen häufiger Gichtan—
fälle der eigenen Ausführung größerer Arbeiten
gan entjagen, und malte daher nur noch Stajielci:
ilder, meiſtens Landſchaften. Ebenjo zog er ſich
von allen oͤffentlichen Geſchäften zurüd und lebte
bald in der Stadt, bald auf feinem jchönen Land:
fig Steen. Er jtarb 30. Mai 1640 und wurde in
der St. Jalobslirche zu Antwerpen mit füritl. Ge:
pränge beftattet. Den Bertauf feines Kunitlabi-
nett hatte er felbft im Zeitament angeordnet;
ausgenommen war nur ein Bild, das jog. Belzchen,
das er feiner Frau ſchenlte, weil es wahrſcheinlid
fie ſelbſt vorjtellt, wie fie nadt, einen Pelz um die
Schultern, aus dem Babe Heigl. Im Aug. 1840
wurde fein nad) dem Modell W. Geefs in Er ge
oſſenes Standbild in Antwerpen feierlich enthüllt.
Im 29, Juni 1877 wurde zu Düſſeldorf und zu
Siegen feine 300jährige Geburtstagsfeier feitlih
begangen; im Aug. 1877 fanden gleichfalls als
3oDjähriges Nubens: Jubiläum große Feierlichkeiten
zu Antwerpen ſtatt.
Gegenüber bem u feiner Zeit in der nieberlär).
Malerei berrihenden manteritiichen Gejchmade
und vertraut mit den Rejultaten der ital. Funk:
leijtungen, vornehmlich der venet. Schule, fuchte er
tigte er in Dlantua Kopien nad) Gorreggio. Die | fich der Natur und Wahrheit zu nähern. Aber in
Nachricht von der Erkrankung feiner Mutter führte | einem Jahrhundert lebend, wo_geiuchter Wi und
ibn im Herbjt 1608 von Nom aus nad Antwerpen | raffinierte Sinnlichkeit an die Stelle de3 einfachen
Nubens
Sinnes und feinen ** getreten waren, bildete
er ſich einen Stil, in welchem Hoheit und Gemein:
beit, Natur und Konvention, Schein und Wahrheit,
ital, und vläm. Weſen originell, aber höchſt zwed⸗
mähig, wirkungsvoll und eigentümlid) ſich mitein:
ander verbanden. Viele feiner Ideen find wirllich
erhaben; die maleriihe Anordnung iſt vortrefflich.
Seine Kopfe haben Charalter und feine Geſtalten
den Ausdrud einer lebendig bewegten Seele, Do
kann man ihm vorwerfen, daß er bei feinent Drang
zu dramatiicher Auffaffung den Ausdrud heftiger
Aifelte oft übertrieben und die feinerm Affelte der
Seele, die fanftern Gemütsftimmungen felten mit
Glüd wiedergegeben hat. Seine Körperbildungen
find nicht Schön , feine Männer zu jehr mit Knochen
und Musteln überladen, feine Weiber zu fleiichig.
Trop der unleugbaren Mängel feines Kolorits f
doc) der Glanz desfelben mit Stärke und Harmonie
verbunden. Dabei haben jeine Tinten etwas außer:
ordentlich Saftiges, Durchfichtiges und Friſches an
fi. Dies ift der Probierjtein feiner Technit, und
man begreift, wie Guido Reni, als er das erfte
Vild von R. jah, verwundert ausrief; «Diefer Ma:
fer miicht Blut unter feine Farben.» Dur‘ lange
Erfahrung und (ibung hatte R. in feiner Hand ß
viel iechniſche Sicherheit gewonnen daß er die Far:
ben wenig oder gar nicht vertrieb, fondern fie, aufs
Tuch gefebt, rein ftehen ließ. Die außerordentliche
Leichtigteit und Geſchwindigleit, mit derer arbeitete,
gibt darum auch den größten feiner von ihm allein
ausgeführten Kompofitionen das Anſehen, als
wenn fie mit einem mal auf die Fläche hingegofien
wären. R. hat unter allen Malern am * her⸗
vorgebracht, an 2—3000 Bilder (darunter Hunderte
von Stüden von 3 m und mehr Timenfion), die in
alle Länder und faft alle Städte Belgiens verteilt
find. Antwerpen befist in feinem Dom die Kreuz:
abnahme, die für das Meifterwert von N. gilt, die
Aufrihtung des Kreuzes, als Seitenjtüd, und auf
dem Hochaltar die prächtige Himmelfahrt der Hei:
ligen Jungfrau; in St. Jalob, über dem Grabe
von R., eins feiner berühmteften Bilder, eine Ma-
donna mit Heiligen, und viele andere in den ver:
fchiedenen Kirchen. Im Mufeum zu Antwerpen
befinden fi) 23 feiner Werte, darunter der vom
Kreuz abgenommene Grlöfer (le Christ à la paille)
und Ehriltus am Kreuze zwifchen den Schädhern.
Die mündpener Pinatothet allein befikt 95 Stüde,
dabei Hauptwerke, wie der Sturz der Verdammten
und das Jüngfte Gericht; die Ermitage in Peterd:
burg 54, die wiener Galerie 43, die parifer 41, die
madrider 30, die Dresdener 27, Iſt es aud) That:
ſache, dab N. eigenhändig die größten Altarbilder
in 14—16 Tagen vollendete, jo —* doch von den
auf feinen Namen gehenden Gemälden verhältnis:
mäßig nur ein Heiner Teil von ihm allein ber.
Unter der großen Yngabl feiner Schüler find
Anton van Dyd, J. Jordaens, Th. van —5*—
die ausgezeichnetſten. Während diefe und noch viele
andere Meifter, von denen noch C. de Grayer, U.
van Diepenbeel, E. Shut, M. Pepyn, E. Quelli:
nus zu nennen find, die Art und Weiſe, wie R. Ges
genftände aus der Bibel und Legende, der alten
und neuen Geſchichte, allegoriihe Darftellungen
und Borträts behandelte, mit mehr oder weniger
Erfolg geltend machten, fo erlitten auch die übrigen
ächer der Malerei unmittelbar oder mittelbar von
m beftimmenden Einfluß. Bilder, wie der Liebes:
garten (in Dresden) und ähnliche vornehme Ge:
€77
eigener Geift von fpan.
fellichaftsfcenen, die ein
* mischt mit niederländ.
Urbanitöt =-*
Ungenien, A, wirtten anregend auf
die BD = ‚mverfationsftüden, welche
Vorgän “en der höhern Stände in
größter & Fierlichteit fchildern, auf
Gonzales \ Aetſcher u. |. w. Durch feine
wie uerntanz (im Louvre), wurde fei:
ch nem —5X Teniers und einer * An⸗
firmen Künftler, namentlih den Bam:
occiadenmalern, der Weg Eng net, In ber
Landſchaft folgten feinem Schüler Wildens der
robartigen Auffafjung und pilanten Effeltgebung
Dupdmans und . van Artois. Ein anderer Schü:
er, Lulas van Uden, war ein treuer und trefflicher
Darfteller der heimiſchen Natur, der Vorläufer von
Everdingen, Ruisdael und Waterloo. Als Tier:
und SJagdenmaler endlich traten feine üler
DE Snyders, J. Fyt, P. und ©. de Bos in feine
Fußſtapfen, welden ſich wieder die beiden Weenir
in ihren großen Bildern anſchloſſen. So geftaltete
N. die Malerlunſt feines Baterlandes in allen Gat:
tungen um und wurde der Stifter der_ blühenden
Schule von Brabant, die ihren Hauptfih in Ant:
werpen hatte. (S. Nieberländifhe RKunft.)
Diefe Schule war nicht bloß fruchtbar an trefflichen
Malern, fondern aud) an ey Kupferſtechern,
*5 R. gebrauchte, um feine Werte zu allgemei-
ner Kenntnis zu bringen. Die bei jeinen Lebzeiten
eſtochenen (dönen (ätter find gr na **
Bildern Fir — ſondern nad ſorgfältig be—
endigten Zeichnungen oder in DI gemachten Gri⸗
ſaillen mit der Angabe der Wirkung und Haltung,
welche der Kupferftidy erreichen follte. sm Gegen:
faß zu_feinen Vorgängern lehrte R. die Kupfer:
ftecher fich ihres Grabftichelö zu einer neuen Arbeit
zu bedienen, welche die Mannigfaltigleit der Far:
bentöne, den unmerllihen Übergang vom Schat⸗
ten zum ** ‚die Farbenſtimmung, die Beſchaffen⸗
beit der verjchiedenen Gegenftände, kurz alle, was
ahrheit und Harmonie in ein Gemälde hinein:
bringen hilft, wiedergab, Die volllommenften Stiche
lieferten der berühmte L. Vorſtermann, die Gebrü:
der B. und S. van Bolawert, P. Pontius, P. de
ode. NR. felbft hat ſechs Blätter radiert, und die
Zahl der nah feinen Kompofitionen geſtochenen
lätter Shägt man auf 12—1500. Gleich andern
großen Malern war R. auch Architelt. Außer ſei—
nem Wohnhauſe zu Antwerpen, in der jebt nad)
ihm benannten Straße, wurden aud die Hirche
St.:Charles und das ae sr der ‚jefuiten da:
ſelbſt nad) feinen Riſſen gebaut. Auch veröffent:
lite er ein architeltoniſches Muſterbuch, das die
wichtigften Baläftevon Genuaim Grund: und Aufriß
enthält, mit dem Titel: «Palazzi antichidiGenova»
(2 Bde,, Antwerp. 1622, mit 139 Kupfertafeln).
Wichtige Nachrichten über die Familien: und
Lebensverhältnifje des Künftlers gaben: su fen
van den Brink, Ardivar im Haag; E. Gachet,
aLettres inedites de R.» (Brüff. 1840); Gachard,
«Particularitös et documents inedits sur R.»
(VBrüff. 1842); W. Noel Sainsbury, «Original un-
published papers illustrative of the life of R.»
(Fond, 1859). Unter den zahlreichen Mono sonen
find zu erwähnen: Waagen, «fiber Peter au t.»,
in Raumers «Hiftor. Taſchenbuch » (1833); A. von
Haflelt, «Histoire de R.» (Brüfl. 1840); A. Mi:
diel3, «R. et l’&cole d’Anvers» (Rar. 1854; 4. Aufl,
1877); Kintel, «Peter Raul R.» (Baf. 1874);
878 Nubeolen
Gachard, « Histoire politique et diplomatique de
Pierre Paul R.» (Brüfl. 1877); Göler von Ra:
venaburg, «NR. unb die Antile» (Jena 1882),
Verzeichniſſe von R. Werlen und der danach ge⸗
ſtochenen Blätter lieferten: F. Baſan, « Catalogue
des estampes gravees — R.» (Bar. 1767);
3. Smith, im zweiten Zeile jeined «Catalogue
raisonne of the works of tlıe most eminent
Dutch, Flemish and French painters» (Pond.
1830); A. van Haflelt, in der angeführten Bio:
srapbie, — Micjiels, «Catalogue des tableaux
et dessins de R.» (Bar. 1854). Bal. außerbem
«Nubenöbriefe, — und erläutert von Ad,
Rojenberge ( 881).
Rub en oil ie —— —E den
ery ‚ein zu den iben zu
rechnender Störper, welcher in der Krappmwurzel (i.
Krapp) vorlommt und durch eim Ferment in
Ali rd und Zu
ut,
al hebt ber
Riejengebir:
ge3, u [d nedendes, 2 fe ran
to boldartiges Weſen, über wel Sagen um:
een) bie zuerit von Joh. Prätorius (« —
benzalii Silesii», 3 Tle. —65,
und 328 etymologicus ober üben Bahr
1672) gelammelt find. Einige —— hat Mu⸗
ſaͤus in den «Volksmärchen der Deutichen » t.
Auch dramatiſch wurben die Sagen von R. mehr:
fach ndeit, unter andern von Fouquée und
m i —*
„Pflamengattung aus der Familie
der —— Man tennt gegen 30 Arte — in
den Mittelmeerländern, in dem waͤrmern
Südafrifa und Güdnmerila vorlommen. Es 3 find | 9
trautartige Pflanzen mit holzigen Stengeln. Die
Blätter ftehen in meiſt vierglieverigen Wirteln und
find ebenjo wie die —— bei vielen Arten mit
ſtarren Haaren be wichtigſte Art — m
ta des , bie jog.
tinctorum, (Bol. Tafel: ; ———— ig.
ſowie die Artilel Krapp und Faͤrb a?
Nubinesen (Rubiacöae), eine der artenreichiten | N
Pflanzenfamilien aus der Gruppe der Dilotyle:
donen. Man kennt über 4000 Arten, bie —
teils in den Tropengegenden wachſen, doch auch
den gemäßigten Zonen eine ge iemliche Berbrei 9
beſihen. Es find Bäume,
artige Gewächſe, zum — mit kletternden oder
niederliegenden Sienge In. Sie * fämtlic
opponiert oder in Berteln ftehende Blättern, die
er oder fraut:
— Rubini
Rubico, ein Heiner lub, ber in das Adriatiſche
Meer mündet und in der lebten Zeit der rom. Ne
publik bort die erg eng dem Gisalpiniichen
Gallien und Jtalien bildete, ift hiſtoriſch berühmt
dadurch, dab Julius — indem er ihn, die
Grenze ſeiner Provinz und Italiens, mit der
13. Legion im Jan. 49 v. Chr. überichritt, den
Bürgerkrieg eröffnete. Der Fluß iſt der heutige
Fiumicino, nur baß vie beutige Urgone
oder Rugone, der in ſeinem untern Laufe den Na-
men Bisciatello führt, im Altertunt, wo er in zwei
Armen fih ins Meer ergoß, zugleich den obern
Lauf des R. —— wahrenb er jest ſein Baier
in nur einem Laufe unmittelbar vor der 18
nördlich von Rimini gelegenen Mündung des Yin-
micino in en ergieht. Für ein anberes, eimas
jüdlicher mü des Flübchen, die Luſa, entfcich
1756 ber päpfıl \hof durd ein Detret. —
Rubikon überihreiten heißt örtlich in in
Beziehung auf das Wagnis Cäjars —— als:
in einer verhänguisvollen Sadıe den Schritt thun,
- feine Rüdtehr und fein Aufgeben des Unter:
u —* ©. Alea ——
um ‚a
von Bunſen entdedtes Detall, melden In der Ratur
zwar weit verbreitet, doch ftet3 nur in mim:
it e3 bem Kalium —*4 ana. ae 63 ſchmilzt ſchon
ww. 38° und verdampft
m
rere,
Goelfteine von roter Farbe.
elbe Sub:
— echter
lifher Rubi Derielbe 2
orientalifher Rubin genannt. uf
unter allen am gefchästejten, hat feine Stelle zr⸗
nä dem Diamante ten und fteht daher hoch im
Preiſe. Der Ballasrubin iſt ein blafroter Spi-
nell und der Nubinfpinell ein hodroter Spinell:
beide find gleichfalls ſehr geihäst. Was man jonft
games ngen angehören
—— an ee as
3 und die iarmoiſinroie A
—— bohmiſchen, ade —* —— ——
. nannte, iſt nichts — —
og. brafilianifche N. iſt ein Da la ==
ben rot geworbener Act auch Ame
thyſte gelten im Handel nicht ſelten echte 9.
itierte R, denen * die Härte fehlt, werben
aus Kryitallglas und Golbpurpur bereitet. (3.
unter Gdelftein:\Jmitationen.)
NR — t Gold oder Kupfer rot oe
färbtes (Sı - Glas und Go Dpuzpur) )
ierender
ungeteilt und bei vielen Arten auch ganzrandi find. Das mit Bupferolätt pan unter Zuſaß reduzi
Die Blüten find zwitterig und von regelmäßigen eftellte R. —* auch — bin.
Bau, fie beftchen aus einem mit mehr oder weniger | Rubinglimmer, Barietät - Goethit (j. d.).
beutlihem Rande verfehenen Kelche, der mit dem — (Giovanni Battifta), ital. Tenorift, geb.
Fruchtknoten verwachien üt, einer verwachſen-blät-⸗ 7. April 1795 zu Romano bei Bergamo, betrat
terigen, meilt_trichter: oder radförmigen Blumen:
frone, deren Saum gewöhnlich vier: oder fünfteilig
it, ebenfo viel Staubgefäßen ald Blumentronen:
zipfel und einem in der Regel zweifächerigen Frucht:
Inoten. Die Frucht ift bei den einzelnen Gattungen
verſchieden ausgebildet, bei den einen als Beere
oder Gteinfrucht, bei andern als Stapfel. Zu den
R. gehören viele — Induſtrie⸗ oder offizinelle
* wi Gewãchſe, wie z. B. die Stamm⸗
pflanjen ber Thinarinde, des Krappfarbſtoffes, der
J die Brehmurz (Cep (Cep eis) u. a.
— ri
eill, eine t te Barietät des
—* Spinell (f. d
|
erzähl inc mi em, ae ng
meh
ubin beißen
N. bezeichnet
Ilen
chſt nad) dem
Imi
ihon mit 12 J. die Bühne in einer.
ng dann als Choriſt = B .. das
— nach — — Pavia, 1815
—** aug er in De
= —— un ja für Neapel engagierit,
wo Noʒʒari gänftigen Einfluß ; feine
widelung gewann. R. blieb bei Barbaja bis
5%. 1831 und bejaß bereitd den Ruf eines ausge
zeichneten Sängers, als er ſich Ser wieder nadı
Paris wandte, wo er an lienifchen
inem Grfolg wirkte. Auch ließ er nd
elnd in London en ——— ——
wa er
Stalien zurüd rüd und lebte fortu
mit
ab
um,
Zeit mit *
Rübinst — Rubus
uf jeiner Befisung in der Nähe feiner Ba
m Beſihe ri anjehnlihen Bermögens. R.
März 1 R. war eimer der größten *
—— dem an Biegſamleit und Geläufig⸗
teit der Stimme, fowie an Schmelz des Vortrags
der Fiorituren laum eim anderer gleich⸗
Pi Ben een — —* war jedoch
ii —— gt als die
Gattin, Glar 1704 zu Chomel (in Stalien Gomelli),
Ga me a are
Sängerin, parijer
Stonfervatorium unter Garat und Gerard erhalten
De Sie erntete jeit 1818 in Jtalien vielen Bei:
und verheiratete ſich 1819 mit R. Im J. 1831
trat fie in London zum legten mal auf; e jtarb
(30.) a. 1829 —* Wychwotineß in vVoiß —
* — frü u | mit
Eitern ee Moslau und ieit hier erli von feiner
dem Gejeig öjentiih auf und N SE
ö ich auf un na
gehe wo er 1, Jahre blieb, u madte dann
feine erite größere Slunitreie (England, bie Nieder:
Iande, Deutihland, Schwed w.), bie fait
be — — en u. ſ. —— 33
— oslau
feiner Mutter * A ee pr
—— wo er Par A noch Kompofitionsjtudien
te, auch öfters bei Hof ſpielte. Hierauf ging
1. 1846 1846 nad Wien, mo er ſich bauptiächlich mit
6 von Unterrigt beigäftigte, ebenjo einige
erg in unb wandte ſich 1 Ru
insbefondere nah Be Peteröburg zurüd. Dur
in Spiel ‚ ernannte ihn hier bie Großs
et
gewann er ittel u
SAube, vorzugsweife der Kompofition zu wid:
men. 1854 unternabn er olt Reifen
— —— * ge = England, 1873
n ien na — um ſeine
Arbeiten belannt zu machen. R. wurde 1859 Fa
gent und Leiter der von ihm gegründeten Ruſſiſchen
Muſilgeſellſchaft und des Konſervatoriums. Als
lavie er nimmt R. einen Plaß unter ben
Birtuofen erjten Ranges ein, Als Komponift zäble
er zu den begabteften der jüngern Generation.
bat von ihm die ruſſ. Opern « Dimitri Donstoi»,
« Die fibir. Jäger», « Die Naher, «Der Dämon»,
* die deutſchen Opern «Die Kinder —* Heide»,
er («Lalla Roofh»), der»,
», allnter Räubern» und — Papagei⸗
die frangöftiche «Nero»; ferner die Dratorien «Das
— Paradies», «Turmbau zu Babel» und
Sulamith», Symphonien («Dcean» und vier
5 Duverturen, Streichquartette , ein Oftett,
Stlaviertrios, Konzerte und Sonaten für Klavier,
Salon: und —— —— für Klavier, ein: und
mebrftimmige
R.s jüngerer Ber Nikolaus N., geb. 2
(14.) Juni I 1835 zu MRostau, bildete fich unter Gebel
m unter Debn und Kullat in Berlin zu
ihen Stlavierjpieler. Gr wirkte in
bes bortigen Konfervatoriums | d
un Ye
55 l, ſ. B6l * BU Bar. Rübſen.
won
iche. — Seine | M
| (Him
879
Nubricelle, das Mebgebetbüchlein der Katho-
lifen, fo benannt vom roten Drud vieler Bud):
jtaben darin.
Rubrik, f. unter Rubrum.
NR ‚im Mittelalter bie ——
welche die roten Einfaſſungslinien, Titel, Über:
ſchriften in Büchern ſchrieben, bejon any aud die
aler der roten Initialen in den eriten Druden.
Nubenm (lat., adas Rote», nad der frühern
Gewohnheit, Titel und {berfohriften mit roter
De zu ſchteibe n), burze In be als Über:
chrift, namentlich bei Atenftden; ubrif, fiber:
jchrift der einzelnen Abteilungen eines Schriftjtüds,
dann die Abteilung felbft (auch im weitern Sinne);
rubrizieren: etwas behufs der Abteilung mit
un verjeben, nach Rubrilen orbnen.
N „ſ. Raps und Rübſen.
— Rſamecheetung aus der —— *
Roſaceen, ausgezeichnet —— —— cht, wel
ge einer "großen — Ange I
„unter ſich ener, car —— dimigen
— ng 3 nen eingefügter Stein:
ftet3 zmwitterigen Blüten find
aus einem * ur N debefogn en Blütenadhje
—— deſſen Ab⸗
teilungen nach ir Bü entweder zu *
gen oder aufgerichtet einen, aus fünf
nagelten, meift weißen, felten rofen= bis an
roten Blumenblättern zahlreichen, famt den Blu:
menblättern bem Steldrand eingefügten Staub:
pefäben und vielen Heinen, an ber erwähnten Ber:
ngerung des Blütenbodens ftehenden Stempeln
mit kurzem Griffel zufanmmengejeht. Die zahl:
reihen, vorzüglich abe die nördl. Halblugel ver:
breiteten Arten find der Mehrzahl nah Sträucher
mit een (Brombeeren) ober —
eren) Stämmen und AÄſten. Doch gi
aud krautige Arten. Dahin gehören R. saxatilis
Fa mit breizäbligen —— und roten, ſauern,
aus wenigen großen, ungleichen Beeren zufammen:
geiebten Srüdten. welcher auf fteinigem Boden in
gmwälbern vorlommt; der vorzugsweife in der
kalten Bone wachiende R.Chamaemorus 2. (Schell:
beere), mit berzjörmig: fünflappigen Blättern und
gelben Bit Bar R.arcticus L. (Mamurabeere),
Br breizäblig s handteiligen Blättern und roten
Beeren, deren Früchte —— die Mamure) in
Zucer —— in Norwegen und
and ein ſehr beliebtes ı = velitates Defiert
ilben. Zu den unbewehrten, ter: Arten ges
bört außer der Himbeere (R. idaeus, }. Himbeer:
ſtrauch) befonders ein beliebter Zierftraud aus
Norbamerifa: R. odoratus L. mit ganzen, band:
— Blättern und großen purpurroten Blu—
men. Die Brombeerarten (f. Brombeere) find
überaus —— Pflanzen und ſehr geneigt,
Baſtarde zu bilden. Daher iſt es bei ihnen gr
jhwer, die Arten genau zu fondern, 25
lommt, daß manche Botaniker, welche genei ef,
jede Form für eine Art zu halten, eine u
zahl von Arten unterſcheiden, während inne nur
eine einzige (R. fruticosus) "annahm. Die —*
hin — * * ſich zur rg un
ri en. In neuerer n
— ae * an ud gr:
jrten in De
trefflichen den, wog — vor allen andern
gerühmt Dorcheſter, Killatinny und Rew:Rodhelle,
880
baben jedoch im ganzen weniger Anklang gefunden
als in England, Vie Stammart diefer Kultur:
Brombeeren ift R. villosus Ait., ein in Nordame:
rila einheimifcher Straud von träftigem und
rafhem Wachſtum. Bol. Fode, «Synopsis rubo-
rum Germaniae» (Brem. 1877).
Nucellai (Giovanni), ital. Dichter, Vetter des
Rapftes Leo X., geb. zu Florenz 20, Dit. 1475,
wurde von Clemens VII. zum Gouverneur der
Engelsburg ernannt und ftarb 1526. Sein Gedicht
über die Bienenzuct, «Le api» (0.D. 1539 u. öfter;
Parma 1797), in reimlofen Verſen (versi sciolti),
die zu ben eiſten der ital. Litteratur gehören, iſt
eine Nachahmung von Virgils «Georgicar und als
— ausgezeichnet durch Zartheit, Wohlklang
und Leichtigkeit der Verſe. R.3 Trauerſpiele «Ros-
munda» (Siena 1525 und Padua 1728) und «Oreste»
(Rom 1726) find Guripides nachgeahmt. Cine Aus:
gabe feiner Werle erjchien zu Padua 1772,
Sein Bater, Bernardo R., geb. zu Florenz
1449, geit. daſelbſt 7. Dit. 1514, & wager Lorenzos
de’ Medici, eins der hervorragen de Mitglieder
der ren Alademie und Gejandter der flo:
rentiniihen Republit bei Ferdinand, König von
Neapel, und Karl VIIL. von Franlreih, war ein
ründlicher Kenner des Altertums. Durch Gelehr:
amleit ausgezeichnet ift beſonders feine Topogra:
phie des alten Rom («De urbe Roma»), Berühmt
waren feine mit Kunftwerlen reich geihmüdten
Gärten (Orti Oricellari), wo er auch 1494 die Pla;
toniſche Alademie aufnahm und wo 1522 das Kom:
lott gegen den Kardinal Giulio de’ Medici ge:
hımiebet wurde, das der Alademie ein Ende madıte.
Nuchbirke, ſ. unter Birke,
NRüchel (Ernſt Wilh. Friedr. von), preuß. Ge:
neral der \infanterie, geb. zu Ziezenow im Kreiſe
Belgard 21. Juli 1754, trat 1771 in die Armee
und nahm am Bayrischen —— als Adju⸗
tant des Generals von Knobelsdorff teil, worauf
ihn Friedrich d. Gr. in feine Umgebung zog. R.
war im Feldzuge von 1792 im befl Der tquar:
tier, nahm an der Nheincampagne teil, zulept als
Generalmajor und Brigadelommandeur, und zeid):
nete in namentlidh bei Frankenthal 2. Jan. und
bei Staiferslautern 18,20. Sept. 1794 aus, Hierauf
wurde R. Inſpelteur der Militär-Bildungsanftalten.
Im J. 1806 führte R. eine Heeresabteilung aus
Yannover nah Thüringen, wurde bei Jena ver:
wundet, verlor Inter der Niederlage de3 preuß.
Heeres völlig das Vertrauen König Friedrich Wil:
helms III. und nahm nach dem Frieden den wei van
Er lebte fortan auf — Gute Haſelau und ſtarb
14. jan. 1823. De la Motte Jouque veröffentlichte
(Berl, 1828) jeine Lebensbeſchreibung. Vgl. «Aus
R.s Nadlab» in «Jahrbücher für die deutſche Armee
und Marine» (Berl, 1878).
Ragara, f. Anthoxanthum.
Nüdbürgfchaft, ſ. unter Bürgſchaft.
Rückdeich, ſ. unter Deiche.
Nude (Heinrid) von), ſ. Heinrich von Nude.
Rücken (dorsum), diehintere Wand des Numpfes,
erjtredt fi vom untern Nande des Nadens (f. d.)
bis zur Lendengegend und wird hauptſächlich von
der Wirbeljäule und den über und neben ihr gele:
genen Weichteilen gebildet. In feiner Mittellinie
verläuft eine ſcharf ausgeſprochene Furche, in welcher
das Ruůdgrat (j. d.) ſichtbar iſt und welche beider:
feitö von einem breiten mustulöfen Wuljt, den
langen Stredmusteln de3 R. begrenzt wird, Die
Nucelai — Rückenmark
mächtige Rüdenmustulatur liegt in fünf Schichten
übereinander und dient teild zum Aufredthalten,
Streden und Drehen der Wirbeljäule, teils zum
Heben und Senten der Rippen, jowie zur Bewegung
der Schulter und des Oberarms.
. NRüdenmark(medulla spinalis) nennt man den:
jenigen Teil des nervöfen Gentralorgans, welcher
ſich im knöchernen Kanal der Wirbeljäule befindet.
Es ift ein walzenförmiger, von hinten nad) vorn
etwas platt gedrüdter Strang, der von Hinterhaupt:
loche bis in die Lendenwirbe * nach oben mit
dem Gehirn zufammenhängt und beim Etwachſenen
35—40 cm lang und 8—10 mm did it. (©. bie
Zafel: DieNerven des Menſchen, Fig.1,4—8.)
Zwei tiefe Spalten, eine vordere und eine hintere,
teilen das R. in zwei feitlihe ſymmetriſche Hälften,
die nur durch einen dünnen queren Etreifen, die
Konmiflur, zufammenhängen. ‘jede Seitenhälſte
dat einen aus einem vordern und bintern ——
eſtehenden grauen Kern, der von weißer Subttanz
umgeben ift, und beiderlei Subftanzen erftreden fidı
in diefer Anordnung durch die Länge des R. Die
weiße Subſtanz einer jeden — rfällt in
drei Stränge, in einen vordern, einen ſeitlichen und
einen hintern Strang. In der Kommiſſuür liegt
—— graue, vorn weiße Subſtanz, welche die Ver:
indung wilden beiden Hälften des R. beritellen,
und zwiſchen beiden findet ſich ein feiner, mıt Epithel
ausgelleideter Kanal (Gentralfanal). Das R. üt,
wie das Gehirn, in drei Häute gehüllt: die weide
Nüdenmarlehaut (pia mater spinalis), welche dem
N. allenthalben innig anliegt, die Spinnwebenhaut
5 inalis), eine my t feine, durd):
heinende Membran, welche das R.als weite ſchlaffe
Hülle umgibt, und die harte Küdenmartehaut
(dura mater spinalis), welde im Wirbeltanal einen
ziemlich frei hängenden Sad bildet, der das N. auf:
nimmt. Die Zwifchenräume zwiſchen dem R. und
den Häuten find mit einer wäſſerigen Flüffigkeit
(liquor cerebro-spinalis) erfüllt. Die Verbindung
— R. und Gehirn bildet das noch in der
hä Er liegende verlängerte Mark (medulla
oblongata), das zwar aud) eine vordere und hintere
Spalte, aber nicht die graue und weihe Kommifiur
bejigt und den lebenswichtigſten Abihnitt des ganzen
Nervencentralapparats daritellt, (©. Gebirn.)
Bom R, entipringen 31 Rüdenmarlönerven:
paare (nervi spinales), und zwar jeder Nerv auf
einer Seite des R. mit zwei Wurzeln, einer ftärtern
bintern (mit den Empfindungs:) und einer I hwächern
vordern (mit den Bewegungsnerven). Die hintern
Wurzeln bilden durch Einlagerung zahlreicher Rer:
venzellen einen Nerventnoten (Zpinalganglion),
mischen fih dann mit ben Nerven ber vordern Wur:
eln und verlafien hierauf gemeinfam in den Zwi:
Ihenwirbellöchern en Wirbelfanal. An den o
Zeilen des R. gehen fie ziemlich rechtwintelig vom
R. ab, nad) unten aber unter einem ſpihen Wintel,
und endlich löſt 2 das. in einzelne Nervenftränge
auf (fog. Pferdeſchweif, cauda eanina, Sie. 1,0).
Wo die Nerven für Arme und Beine entipringen,
hat das R. durch Vermehrung der Ganglienzellen
Anſchwellungen, diejog. Halsanſchwellung (Fig. 1,4)
und die Lendenanſchwellung (Fig. I, 6). Man teilt
die31 Nüdenmarlönerven in8 Halsnerven, 12 Brujt:
nerven, 5 Lendennerven, 6 Arcuzbeinnerven und 1
(felten 2) Steißbeinnerven. Seinem feinern Bau
nad) irn das R. abgejehen von der weichen
Nerventittjubftang (Neuroglia), aus zablloien
Rücdenmarkspautentzündumg =" Nüdert (Friedr.)
feinften vielfach verſchlungenen Nervenfafern und
Nervenzellen oder Ganglien (ſ. d.), und zwar ver:
laufen die Nervenfajern nicht bloß quer, von einer
Seite zur andern (in der Kommillur), fondern auch
der nanzen Länge nad) aufwärts bis in das Gehirn,
odab das R. die Verbindung zwiſchen Gehirn und
en vom R. mit Nerven Ei ten Körperteilen
je Die vordern und feitlihen Stränge des
. vermitteln die motorische, die hintern Stränge
die fenfible Leitung zwiſchen Gehirn: und Nüden:
marlenerven, ‚Weiterhin enthält das R. eine Reibe
antomatiich wirlender Nervencentren für Herz: und
Atmungsthäligkeit und ähnliche Neflerbewegungen
(i. d.), die meilt durch die Bermittelung der grauen
Rückenmarksſubſtanz zu Stande fomnem,
Die Krankheiten des R., welde infolge ber
eſchühten Yage des lektern im ino hernen d nagrais
anal verhältnismäßig ſelten find, zerfallen in ſolche
der Nüdenmartshäute und ihrer Umgebung und in
die des R. jelbit. Die Rüdenmarlshautent:
—— ng (Meningitis spinalis) entſteht nad) Ber:
ebungen und Entzündungen der Wirbellnochen im
Berlauf allgemeiner Tuberkulofe oder tritt epide:
mijch als Genidtrampf (f. d.) auf und führt ——
zu erhöhter Reizbarleit des R., die ſich in heftigen
Schmerzen, erhöhter Neflererregbarkeit und Kräm-
pfen ausſpricht, jpäter zuausgebreiteten Bewegungs:
und Empfindungslähmungen, Die Waſſerſucht
des N. (Hydrorrhachis), welde entweder angeboren
iſt oder im Verlauf chroniſcher Entzündungen ent:
fteht führt dur Drud zu Schwund des N. und ift
gleichfalls von doppeljeitigen ——
en begleitet. Bon den Erlranlungen des R. ſelbſt
And die —** des Marks (Myelitis) und die
Nüdenmartsihwindfudt (f. d.), ſowie die jog.
Spinalirritation, die Iranthaft erhöhte Em:
pfindlichleit des N. (f. unter Nüdenfhmerzen)
am häufigften. Verlehungen und Quetſchungen des
R. infolge von Bruch oder Verrenkung der Wirbel:
fäule haben meijt unbeilbare Lähmungen der Glied;
maßen, ber Numpf:, Blafen: und Darmmustulatur,
bisweilen aud) dur) Unterbrediung der Atmungs:
thätigkeit plößlichen Tod zur Folge, Bol, Erb,
«Krankheiten des R.» (2. Aufl., Lpz. 1878).
Rürkenmarköhautentzündung, Rücken—
marköfranfheiten, R denmarkönerven, f.
unter Nüdenmarf,
NRüdenmarktöfhwindfucht, Nüdenmarls:
darre (Tabes dorsualis, fr}. Ataxie locomotrice
progressive), die bäufigite Rückenmarkslranlheit,
beruht auf einer von unten nach oben fortjchreiten:
den atrophiihen Entartung der hintern Rüden:
— *— und der hintern —— welche
ſich durch allmählich entſtehende Verminderung des
Zajt: und eigen und durch fortichreitende
Lähmung der untern, ſpäter aud) der obern Grtre:
mitäten charakterijiert und vorwiegend bei jüngern
Männern, feltener bei Frauen —— wird.
Als Urſachen der Krankheit werden geſchlechtliche
Ausſchweifungen und Erſchöpfungen, Syphilis,
ſowie ſtarle Erlältungen bei durhnäßtem Körper
und erbliche Dispoſition angegeben. Das erſte auf⸗
fallende Symptom der R. iſt das Fehlen der ſog.
Koordination, des zu einer beabſichtigten Be—
wegung notwendigen normalen Zuſammenwirkens
der einzelnen Musteln, wodurch eine nie
Unficherheit (Atarie) des Ganges, namentlich ein ſehr
charalteriſtiſches Schleudern der Beine entiteht; im
weitern Verlauf gefellen fid) ausgebreitete Anäſthe—
Eonverfationd-Lefiton. 13. Aufl. XI.
881
fin, Nervenſchmetzen/ Impolenz Erſchwerung der
Harn: und Stuhlentleerung Seh⸗ und en
ſelbſt Erblindung hinzu. Der Verlauf der Kranl:
beit ift immer ein ronifcher, oft über yahrzebnte
ausgedehnter. Als Heilmittel dienen warmeBäder,
namentlich Babeluren in Nehme, Gaftein und Wild:
bad und die örtliche Anwendung der Glektricität,
namentlid) des fonitanten Stroms, Bol. Virchow,
«fiber das Nüdenmarl» (Berl, 1870); Leyden,
«Klinik der Nüdenmartstrantheiten» (2 Bde, Berl.
1874— 75); Erb, «Strantheiten des Nüdenmarls»
(2. Aufl,, %p3: 1878).
Rückenſchmerzen beruben entweder auf Mus:
lelrheumatismus (1. Rheumatisnrus), oder auf
entzündlichen Borgängen im Rippentel (j. Bruft:
fellentzündung), in den Wirbeln und ihren
Gelenken, oder auf einer krankhaft erhöhten Empfind:
licheit de3 Rudenmarks, die man als Spinal:
irritation oder Spinalneuralgie zu beyeid:
nen pflegt. Diefelbe gibt fich durdy große Empfind:
lichteit der Wirbelgegend, durch Unruhe, Mudig—
kn und Schmerzen in den Beinen, bu
auch durch Harndrang oder tranthafte Harnverhal:
tung, durch Stublveritopfung, große Neizbarleit der
Genitalien und mannichfache andere ee
tome (Herzllopfen, Kongeſtionen, Schlafloſigleit,
trübe und — — Stimmung u. dgl.) zu
erfennen und beruht bald auf Blutüberfüllung des
Wirbeltanals, bald auf Blutarmut und allgemei:
ner ee le en . Deshalb begünftigen eine
einfeitige geijtige Beichäftigung, vorwiegend fihende
ebenswelſe, anhaltende Gemrüt3aufregungen, ges
fhlechtlihe Ausfhweifungen und törperliche Über:
anftrengungen jedweder Art ganz bejonders die
Entitehung diefer fenfiblen Rudenmarksreizung, die
namtentlid) unter den höhern Klaſſen ein weit ver: -
breitete, oft recht hartnädiges Übel iſt. Die Be:
handlung befteht in leichten Hautreizen, milder Diät,
Sorge für offenen Leib, zwedmäßiger Körperbewe:
ung und regelmäßigen lalten Abreibungen; in
—22 ällen leiſtet die ſachlundige Anwendung
des eleltriſchen Stroms gute Dienſte.
Rückenſchwimmer (Notonectidae) heißt eine
Familie der Waſſerwanzen, die beim Schwimmen
den flachen Bauch nad) oben, den dachfoͤrmig ge:
wölbten, von den lügeldeden vollftändig umfaßten
Rüden nad unten wenden und mit ihren langen,
ruderförmigen Hinterbeinen zugleich die Schwimm⸗
bemegung ausführen. Mande Arten em:
findlih und find der Fiſchbrut fehr ſchädliche, ge—
räßige Räuber,
Nüdert(friedr.), hervorragender deutſcher Dich:
ter, geb. 16. Mai 1788 zu Schweinfurt, erhielt feine
VBorbildung auf dem dortigen Gymnaſium und be:
fuchte dann die Univerjitäten zu Würzburg und
Heidelberg, wo er fi) mit jurift. und philol. Stu:
dien beſchaͤftigte. NH 3. 1811 trat er als Docent
zu Jena auf, verließ jedoch bald Jena, privatifierte
an verjchiedenen Orten und wandte ſich endlich nad)
Stuttgart, wo er 1816—17 an der Redaltion des
«Morgenblatt» teilnahm. Den größten Teil des
3.1818 brachte er in Nom zu, wo er unter andern
dem ital. alle Aufmerkfamteit widmete.
Nach jeiner Rüdtehr lebte er in Coburg. Im J.
1826 wurde er Profefior der orient. Sprachen an
der Univerfität zu Crlangen, und 1841 ging er als
Geh. Regierungsrat und Profeſſor nad Berlin.
Dod) jchon im Sommer 1849 eagte er feiner ala:
demischen Thätigleit und nahm feinen Wohnfik auf
66
882
feinem Gut Neufes bei Coburg, wo-er jeitdem poe:
tiihen Arbeiten und orientalijch: wifienichaftlichen
Beitrebungen oblag, bis er 31. Jan. 1866 ftarb.
A.s Stellung in der deutfchen Literatur iſt eine
eigenartige und ganz felbtändige. Seine dichterifche
Yaufbahn begann er unter dem Namen Freimund
Kaimar mit den «Deutihen Gebiten» (Heibelb.
1814), welde unter anderm bie ⸗»Geharniſchten
Sonette» enthielten. Als zweiter Band ſchloß ſich
diefer Sammlung an der «franz der Zeit» (Stuttg.
1817), dem er feinen wirklichen Namen voranjehte,
nachdem er vorher unter dem angenommenen
«Napoleon, eine polit, Komödie in drei Gtüden»
(Stuttg. 1816) hatte erſcheinen laſſen. Diejen
folgte die Gedihtiammlung «Ditliche Rojen» (Lpz.
1822). Geine zeritreuten Gedichte erſchienen als
«Sefanrmelte Gedichte» (6 Bde. Erlangen 1851
— 38; 3 Bor, Franti, 1843) und im einer Auswahl
(22. Aufl., drantf. 1886). Früchte feiner orient.
Studien waren die Überfehungen von Hariris «Da:
famen» unter dem Titel «Die Berwandlungen des
Abu Seid» (2 Bde., Stuttg. 18%), von der ind.
Erzählung «Nal und Damajanti» (Franlf. 1828),
«Amrilfats, der Dichter und König» (Stuttg. 1813)
und «Hamafa, oder die älteiten arab, Volkslieder»
(2 Bbe., Stutta. 1816). Gigene Dichtungen R.s,
die ebenfalls auf den Orient binweiien, find: «Mor:
genländ. Sagen und Geſchichten (2 Vde., Stuttg.
1837), « Erbauliches und Beſchauliches aus dem
Morgenland » (2 Bde, Berl. 1836 — 38), «Ro:
ſtem und Subrab, eine heldengeſchichte⸗ (Erlangen
1838), « Brahmanijche Grzäblungen» (Lpz. 1839).
Tiefen reihten fid an das ann Sehr ebicht ex
Weisheit de3 Brahmanen» (6 B Br = 1836 —
39) und das «Leben Jeſus (St er u. Fi. 1839),
eine Art von Gvangelienharmonie. Später famen
nod) mehrere Dramen hinzu, wie «Saul und Ing
vide» (Erlangen 1843), «Herodes der Großer J
Stuttg. 1844), «Sailer Heinrich IV.» (2Bde., vor
1814) und « Griftofero Colombo» (2 Bde., Frankf.
1845). Seine Ichte Gabe waren «Gin ubend
Kampflieder für Schleswig :Holitein von F—r»
(1. u. 2, Aufl., Lyj. 1863 u. 1864). Rach dem Tode
des Dichters erfhienen aus feinem Nachlaß «Lieder
und Sprüde» (Franlf. 1866) und « Aus Friedrich
R.s Nadylaf; » (Ypy. —— uns Wert enthält
libertragungen des Theo „Bögel» des Ari:
—— und der Ende des Slalidafa, dieje
in 2, Aufl. 1885; ferner Slindertotenlieder» (Aranff.
1872; neue Ausg. unter dem Titel «Leid und Liebe,
Franff, 1881), und bie Tiberfehumg von Saadis
Boftan (Lpʒ. — Pertſch gab R.s trefflichen
Auszug aus dem «Sieben: Meer» in den «Wiener
Jahrbüchern⸗ neu heraus unter dem Titel «Gram:
matik, Poetik und Rhetorik der Perſer⸗ (Gotha
1874). Cine Gefanitausgabe der poetiichen Werte
R.s (in 12 Bdu.) erichien zu Frankfurt a. M, 1868
— neue (Titel: Ausg. 1881—82,
hit unftreitig zu den begabteiten Dichtern des
— en Volls. Seine hervorragenden Eigenſchaf⸗
ten find eine ungemeine Gebanfenfülle und außer:
ordentliche Sprachgewalt. Faſt alle lyriſchen Did:
tungsartenfind ven ihm mit tiefer Ginficht in das We:
fen jeder yorm geübt worden; fo ber griech. Hendela⸗
fyllabus, der altnorbijch allitterierende Vers, das
altbeutice Neimpaar und die Nibelungenftrophe,
das deutſche Boilslied, die zarten und üppigen |
Ghaſelen des Drients, die —ã gefetteten Ter: |
-Rüdert (Heinr.) — Rüdert (Leop. Immanuel)
”
Em ag Ihwärmen keine Ritornelle, Sicilianen
Bierzeilen und Dittichen umber. Dft if! es mehr
—— EEE her Arch des Ge
a
Am Höditen fiehen R.s «Liebesfrübling
—S 12. Fraulf. 1883; —
ohne eine Vradhtausg. mit Bei
von niste Saul Schulhe und Abo: —
ten —
ten zeiten⸗ un
«Die jter ende —— fpätern
fien m die Neflerion und te Ton, bie
das Guomiſche
13 die bedeutendſte unter keinen Dibaltiehen $oc.
A
fien zeigt ih «Die Weisheit des B », eine
umfangreiche —— eine Fülle
tiefinniger Gedan viele iten im
einzelnen bietet, aber fein eigentlihes Ganges
bildet. Seine Dramen find — * —
farblos und genügen feiner Anforderung
an das Drama zu machen berechtigt iſt. —X üben
feger orient. Dichtungen bleibt nu ‚unübertroffen.
Gr bekundet bier, wie überhaupt in allen feinen
— — t Sprade,
die i chen fucht und für die formelle Fort:
er der deutichen Sprade von nachhaltiger:
Sinflus geweien ill.
Bal. — «N. und —* un: (Franfi.
1867); A. biographiſches
Denkmal» Franif. 1868); —— über
N. und Aritifche und Studien» (2 Bde.
Opz. 1873); ·Nachgelaſſene te R.3 unb neue
Beiträge zu beflen Leben —— iften» (Bien
1877); Kühner, «Dichter, Ba
DR ae aid vn Saat
tenburg r u R.s
1808; ; Borberger, «Rüdert-Studiene (Gotha 1873).
et (Heinr.), deuticher Geſchichtſchreiber und
Sitteraturhiriter ältejter Sohn vorigen, geb,
14. Febr. 1823 zu Coburg, widmete fich zu Gr:
langen, ®onn un Berlin philol. und 0y”
Studien, er ſich 1845 zu Jena für Gr
ichichte und ie, und wurbe Oftern
1852 auberorb. ee ſor der ‚euticen Wltertum:-
tunde in Breslau, wo er bis zu feinem Tote,
11. Sept. 1875, wirfte. R.3 beveutendfte bitor.
Arbeiten find: «Annalen der deutjcden ——
(3 Bbe., Lpz. 1850; 2. Aufl. 1861), «Geichichte des
Mittelalters» (Etuttg. 1853) und «Slulturgeichichte
des deutichen Volls in der Zeit des fihergangs aus
| dem Heidentum in das Chriltentum» (d.1u?,
| Ypy. 1859 — 54). Auf dem Gebiet der ältern dent
ſchen Litteratur veröffentlichte er außer vielen Bei
trägen zu Raumers «Hiſtor. Tajhenbud» und au
bern Beitihriiten Ausgaben vom «Leben des beil.
Ludwig, Yandgrafen von Thüringen» (&pz. 1850,
vom « jeifchen Gaſto (Quedlinb. 1851), vom «Me:
vienleben des Bruders Philipp vom Kartäuferorder»
(Quedlinb. 1853) und vom «Lohengrin» (Quedlinb.
1857). Unvollenbet blieb feine «Geichichte der new:
hoch deutſchen Schrijtipracher (Bd.1u.2, Lpʒ. 1875).
Bol. A. Sohr und r —— eHeintid R,
(3 Br. a 187 hg D.
— rn prot.
| Theolog, — 1797 zu Sroßhennersdorf bei Herrn:
sinen, das Sonett im Harnijd) und im fpan. Gafa, | But, ftudierte im Leipzig, übernahm 1319 das
Rückfall — Rückverſicherung
Diafonat in feinem Geburtsorte und wurde 1825
zum Subreftor, 1840 zum Konreltor
nafium An. t. Im J.
als ord. Mneofejlor der The der Theologie nach Jena berufen.
Später erhielt er den Titel eines Geh. Kirchenrats.
N. ſtarb zu 9. April 1871.
Sein tbent. Syitem, weldes. bejonders die Gin:
flüfle von Kant, Fichte und Schleiermacher auf der
einen, der Brü —— auf der andern Seite
verrät, ch in völliger Freibeit von dogmatiſcher
ndenbeit die Grundthatſachen des fittlichen
— zu ermitteln und aus dieſen die Not⸗
wendigfeit der Erlöfung als fittliche ——
—* —5 — gg durch die urbild,
Bolllommenbeit des der Herrichaft des Guten
In —F Welt unbedi —— a und Ster:
bens Jeſu Ehrifti In dan nen Scrif:
ten find ——— = —— zum
er rer u 2. Aufl., 458 ih
alaterbrief (Lpz. ‚ Epbejerbri =
— = beiden a), Se en (2 Be
); ferner feine «Theologie» (2 Ze. 3
—5*5 —— — — yſtems;
«Das Abendmahl. Sein Weſen und ſeine G dichie
in der alten Kirche» (£p3. 1856), «Ein Büchlein von
der firdie» (Jena 1857), «Der Rationalismus »
(£pz. 1859). Außerdem hat er «Slleine Auffäge für
chriſil. Belehrung und Erbauung der Gebildeten im
Voller eig! 1861) herausgegeben.
Rückfall beißt im —— die Wiederholun
—— * nd un Ting Verbrechens na
eg Fi Beitrafung bes Ver 8 we⸗
en ber
rn her mar inzelitanten erfannten
den. ziemlich allgemein als einen rt ber
* hey un —** jenpu
ihn jed Di bftabl, Heblerei
und ee fehlt = noch an einer völlig
genügenden ade Sftatıjtif und gehört die Frage,
wie am beiten der Nüdjälligleit zu begegnen fei,
zu den jchwierigiten jtrafred) Kern Broblemen,
ober Necidiv (lat) nennt man die
Wiederkehr der Erfcheinungen einer Krankheit, nad):
dem diefelbe wirklich oder jheinbar ſchon befeitigt
war. Außer ben wirklichen Nüdfällen 4. B. wenn
ein Kräpfranfer nach feiner Heilung durch das An:
legen feiner nicht gereinigten Kleider ſich wieder
aufs neue mit = ilben anftedt) gehören hierher
die viel häufig älle, wo eine Kranlheit durch
ſchubweiſes —2 des Prozeſſes Verſchlim⸗
merungen erleidet, wie dies häufig bei der Tuber:
tuloſe, er Rrebstranheit — den Geiſtes⸗
frankheiten ftattfindet. it die Wiedertehr. ber Krank⸗
erg im Weſen ber betreffenden Kranlheit
egrändet, fo jpricht man von einem Relaps (Fie:
berrelaps); am hau often kommen derartige Nüdfälle
beim bösartigen Nüdfallsfieber zur Beobachtung.
(S. Febris recurrens.)
————— f. Febris recurrens.
rat (Spina dorsi), im engern Sinne bie
in = ittellinie des Nüdens fühlbaren Spiben der
Dornfortiäge der Wirbellnochen, im var Sinne
ud ———— mit Mirbelfäue (
Pe atöverfrümmung, |. * Wurbel—
ule.
* rattiere, ſ. Wirbeltiere,
auf. Es lann dem A einer hr
—* oder unbew
auferlegt werden,
dung des R.
liebe gebaut und jartere
—
durch welche der Aſſe
a nad) ei tn Zeit |
dem Verkäufer wieder zu verlaufen, wodurch der
legtere ein ade t erlangt, fiber bie
Frage, in welcher Zeit das
wenn feine Zeit für den R. ausgemacht iſt, ſowie
über die Bererblichleit desjelben ſchwanlen die Mei-
nungen der Juriſten wie die Borfchriften ber ——
gebungen. Jedenfalls begründet aber die Vera
im —— nur eine obligatoriſche
Berpflich —— Käufers, nicht ein late
Recht des Verkäufers und "Rüdtaufsber
(S. ein. und —
Ferner! — — an ya ku der AR der
direft an der Brüftung des Orgelchors, aljo abge:
-fondert von dem Hauptwerke, aufg ellt und von
der eigentlichen Orgel durch den ubboden bes
Orgelchors erheblich getrennt er N. ragt
direlt in die Kirche hinein, präfentiert ſich yunächit
und heißt deshalb auch Bruftwerf; es liegt demnach
direlt im Rüden des Organiſten (daher der Name).
Im 16., 17. und 18, Sabrh. wurden R. mit Vor:
egüter hineingefeht. Bei
u ——— findet man das R. nicht mehr.
—e— j. unter Zeitkauf.
Rüd lag beit in ber Gleftricitätefehre das
plöpfihe Zurüdtchren eines durch Influe *
triſchen Lellers in den uneleftriijhen Zuftand,
dem der influengierende eleltrijche Körper rafch Ser
laden wird, Auch beim Blis fommt ein elektrifcher
N, nor, und zwar dann, wenn bie elektriiche Sn:
ewitterwolte dadurch verichwindet,
sch er in Menſchen und Tieren auftritt, be:
wirkt Nervenerfhütterungen, welde, wie beim
direften Blin, fo heftig fein tönnen, daß ſie den Tod
jener Organismen nach ſich ziehen.
Rückfiener, Rüdzoll nennt man bie Grs
— eines Zolles oder einer Verbrauchsſteuer,
‚wenn fie erfolgt, weil der zoll: oder fteuerpflichtige
Gegenftand nicht in den inländifdhen Verbrauch
übergeht, fondern in das Ausland ausgeführt wird
( Grportbonififation), oder ſoweit e3 ſich um
Hegenſtände handelt, die in erfter Linie menschliche
Genußmittel find, weil diefelben Verwendung zu
— oder techniſchen Zweden finden.
ückſtoft, ſ. Reaktion (medan.).
— nennt man die Verſicherung,
uradeur ſelber wieder gegen
ahr Verſicherung
en Verſicherungs
die von ihm übernommene
nimmt, Die R. findet ſich bei a
branchen und bezwedt in der = el eine Verteilung
des Nifitos, indem der erite Aſſeluradeur fich von
den verichiedenen Müdverficieren fo viel Quoten
derfelben abnehmen läßt, als er nad) rationellen
Aſſeluranzprinzipien nicht felber behalten darf; die
Aüdverficherer erhalten dafür die entf echenden
Quoten von den Präntien abzüglich einer roten,
welche der Hau ——— ur feine größere Mühe
krnabenal. wird auch nicht jelten das ganze
ififo in R. gegeben, häufig gegen eine niebrigere
Prämie, fodah der NRüdverjicherte die ——
eig —— Meiſtens haben die Verſi
jetzt laufende Kontralte mit mehrern Ru *
ſicherern, kraft deren lehtere an or rRiſilo in der:
elben Höhe beteiligt werden, wie derHau —— ver
teiligt bleibt. Die R, wird teild’von Legen
—— — * teils von den Haup *
derungsgejelli haften wechjeljeitig betrieben, Vol.
—— «Die (Hamb. und 2py. 1885).
56*
dlaufsrecht verjähre, -
K\sÜO)OVJVIE
Nüdmwirkende Feftigkeit — Ruder
u AEWERENGE Feſtigkeit, ſ. Drudfeſtig— ——— widmete ſich 1823 zu Paris noch befonders
Nüdwirkun, imcgen.) |. f. Realtion.
Nüdzoll, f. Rüdite
Nüdzug "ei t —9 —* Gene einde weidhende
Bewegung von Truppen, welche durch ungünftige
rei iiche oder taltiſche Berhältnifl e bedingt wi
lann bei richtiger Leitung Drdnung aus:
ftere Lage
ringen, indem: man — er warmen
nähert oder eine * Feindes Linien be
Bintenteng e (ercentrifher Nüdzug) ——
ird er zur Aunöh ung (dann Retirade genannt),
fo lann er zur völligen Vernichtung führen. Schwie:
rig und meift mit großen Berluiten verbunden ijt
der R. nad) einem verlorenen Gefecht; er I Fe
am beiten fucceffiv, indem ein Teil zuerit abzteht und
in neuer Stellung den noch fämpfenden, der ihm
geführt werben, ja zuweilen in vortei
folgt, aufnimmt. Jeder R. muß durch eine Arritre: | Hop
* gededt werden. Berühmt iſt im Altertum
e N. Xenophons 401 v. Chr., in neuerer Zeit
nun N. aus —“ 1796,
nda, Dorf mit — ** ut im preuß. Regie:
nungsbejitD peln, ei Jab abe, ‚Station der Linie
Breslau:Ddwiecim der —— chen Staatsbahnen,
zäblt (1880) 7480 —* latholiſche und überwiegend
olnisch ſprechende E. und Eine große Ziegelei
ar Minler⸗ und —— egel, ein gräfl. Balle:
remſches Eifenhüttenwert Bert ” En ein Zinl:
wert Harlahütte und ſechs Steinfoblenzehen, Zu
N. gehören die Kolonien Glüdauf, Karlstolonie
und Rudahammer.
Nudber (Dlov), ſchwed. Vol — — Au 23.
Eept. 1630 zu Wefteräs, fam ſchon frühzeitig in
Auf durch die A der Iymp atif en a
die er in ent befondern on rıft (1653 —— te.
Doch wurde ihm die Ehre diefer Entdedung von
Thom. ar ftreitig gemadht. Später trat er
u Upfala als Lehrer der Botanil auf, legte einen
otan, Garten an und wurde hernach Profeſſor der
Anatomie und Kurator der Univerfität, Er unter:
nahm ein Fe Herbarium mit ag enge ber
uni Teil er * a unter bem Titel «Campi
‚lysiio, roßen Feuersbrunſt zu Upfa
1702 —— indeffe en die Stöde zu beiden Teilen
ört, Dasfelbe Schidfal traf den vierten Teil
feines 6 berühmten Werls «Atland eller Manheim,
Atlantica siveManheim, vera Japheti posterorum
sedes et patria» (Bd. 1-3, Upjala 1675— 1702).
N diefem ſchwediſch und lateinisch —3
erle, voll genialer, aber ung lädherliher Hypo:
theſen, "pehauptet ber nerjailer, ur Platos Allan;
ti$ fein anderes Land als Schweden fei und dab
bier die Götterlehre und er der ältejten Bölfer
ihren Urſprung hätten. NR. war aud) einer der be;
deutenditen Mechaniter S wedens und erwarb ch
um die —— * Ipfala große Verdienſte.
Er ftarb 17. Sept. 1
ein Sohn, Das: von R., geb. 15. März
1660, folgte ihm als Profeſſor an er Univerfität
und beforgte anfangs die «Campi Elysii», gab aber
er naturhiltor. Studien, wovon feine «Vögel des
lordend» einen trefilichen Beweis geben, auf, um
ich ganz feiner «Lapponia illustrata » zu widmen,
N. wurde 1719 in den Abdelaftand erhoben, 1739
un und jtarb 23. März 1740,
udelbach ( Andreas Gottlob). luth. Iheolog,
acb. 30. Ecpt. 1792 zu Kopenhagen, ftudierte da:
——— Studien und vereinigte ſich
zur Belampfung der «Neologie in allen Richtungen⸗
mit —— mit dem er indeſſen ——— zerñel,
Pie Herausgabe «Theologift Maanedsjtrift»
13 Bde., 1825—28), Im J. 1829 folgte R, einem
uf ala "Konfiftorialrat un "Superintendent nad
Glauchau im Königreich —— wo er in ſcharfert
Weiſe —— aut —— eine Reihe
dogmatiſch⸗ polemiſ Schriften von orthoborer
Richtung verfaßte. Gi Thätigteit entiwidelte
er in der mit Queride herausgegebenen « ii
fü: die gefamte luth. Theologie und fi on
einen Predigten veröffentlichte er mehrere m:
lungen, wie «Der Herr lommıt» * Bde. 1833
— 34), «Biblif * eg (2 Bde. 340—
44), «Kirchenipiegel» (2 —* — 1845),
«Kitchenpoftille über > gelien» (2 Boe.,
enh. 1852—54), X im Eu: 1845 in:
ee der —— Wirren fein Amt nieder und
re nad Dänemark zurüd, wo er 2 J
Kopenhagen an der Univerfität einige Seit Iheo
Vorlefungen hielt, dann aber ‚1 ne d Mar
Stagelfe zurüdzog und bier 3,
Nudelöburg, eine im Kreiſe ——
reuß. Regierun bezirls Merſe en! *
en auf ſteiler Felswand am rechten Ufer der Saale
182 m über dem Meere gelegene Ruine, Die Aus:
— in die Güldene Aue bis Freiburg an der Un:
trut und in das Eaalthal ift eine der ihönften im
öftl. Thüringen. Bor der Burg haben die deutfchen
Etudentenlorps den 1870—71 gefallenen *
ſtudenten ein Denlmal errichtet. lich vo
R. liegt gleichfalls an der Saale bie mon —
mit zwei noch erhaltenen roman.
war Zehn der — Meißen, air) —**
lich zuerſt 829 als «Rothe — unweit Koſens er:
wähnt und ericheint im_11. Jahrh. ala N. und
Ruteleibispargl. F—— ürger
1348 das Raubſchloß, defien Ruine jebt im Ben
der Familie Schönberg iſt. Hier dichtele um
ranz Kugler fein Lied «An ber zu u
trande ſtehen Burgen ftolz und luh
Rudelſtadt, —— im du —
bezirt Liegnitz, Kreis Boltenhain, am
1880) 1481 E und bat ein Sclo ein mit —*
ab verbundenes bedeutendes werk und
eine Steinlohlengrube. -.— liegt die Neu
Adlerhütte für Silber, Kupfer und Blei.
d. Gr. erhob den Drt 1757 jur freien
unter glei Snditiger Abänderung des
mens Hubelsdorf in ben gegenwärti
' a ins Alec gehört vor an
er Peene in die Dftfee, ge e Greife-
wald des preuß. Re ierungsbeite Stralfund, i
1
Lotſenſtation und zählt Die Inſel wurde
durd die Eturmflut —* = bis 13. Nov. 1872
dem Untergang nahe gebradt. Hier
24. Juni (4. ° Sul) 1630 Guſtav II, Adolf und a:
öffnete damit feinen Feldzug in Deu
Ruder, aud Riemen oder Neem
(engl. oar und skull, frz. avirom und rame), ijt ein
Hebelwerljeug zur Fortbewegungdes
Menihentraft. Es beiteht aus ——
Stange, deren oberes Ende mit dem Griff, das um
tere mit einer fchau — Verbreiterung
Blatt, verjehen ift. Auf zwei Siebentel feiner Zäng:
vom Griff aus befindet fü ſich fein —*5*** in
Dollen oder der — an dieſer Stelle üt
28
u 2
Nuderfühler — Rudhart
zum Schuß gegen Durchſcheuern mit einem band:
breiten Lederſtreifen befchlagen und zum Schuß ge:
gen Hinausgleiten mit einem Lederknopf verjehen.
Handhabt der Nuderer nur ein einziges Ruder, ſo
beißt dies jtet3 Kiemen; derfelbe ijt 3,67 m *
Handhabt er gleichzeitig zwei Ruder, ſo werden dieſe
Doppelruder oder Skulls genannt; das Skull
ift 2,81 m lang. Dem entſprechend unterſcheidet
man Niem: und Stullboote. Die Niemgabel oder
Dollen befindet fich entweder auf ber Bordwand
(daher Dollens oder Inriggerboote), oder auf Aus:
legern (daher Ausleger: oder Dutriggerboote). Die
heutigen Rennboote find fait ausſchließlich Aus:
legerboote. Huber ift in der Sprache des Seemannd
und des Seglers die Bezeichnung für den Steuer:
apparat des Schiffes; der Ausdrud Steuer in dieſem
Sinne iſt nit gebräuchlich.
Ruderfühler (Steganopodes), eine gut haral:
terifierte Ordnung der Vögel mit verichieden geital:
tetem Schnabel, Heinem Kopfe, geitredtem Körper,
mäßigen Flügeln mit ſpihen, bisweilen fehr langen
Schwingen, mit bis an den Lauf befiederten Beinen;
alle Zehen liegen in einer Ebene und find durch eine
aemeinfame, vollitändige Shwimmbaut verbunden.
Die 61 Arten, die man in eine Anzahl von Gat—
tungen und Familien verteilt bat, find zum Teil
tosmopolitiich, zum Teil auf die Tropen beſchränkt.
Zu den R. gebören die Pelilane, der Tölpel, der
Eormoran, der Fregattuogel und der Tropikvogel.
Alle legen wenig, höchſtens zwei, Eier, find Neithoder
und ernähren ſich faſt ausſchließlich von Fiſchen.
NAuderpinue, ſ. Pinne.
Müdersdorf, Dorf in Kreiſe Niederbarnim des
preuß. Regierungsbezirls Potsdam, 30 km im O.
von Berlin, Station der Linie Fredersdorf-R. der
Vreußiſchen Staatsbahnen, zählt (1880) 2024 €.
Dabei liegt die felbitändige Gemeinde Rüders—
dorfer Kalkberge mit 2179 E. Die Hlalkberge
felbjt ziehen fich zwiichen dem Stleinen Krienſee und
der Kolonie Alte Grund als ein 3,7 km langer
Höhenrüden bin, auf weldem der Arnimäberg
77,2 m, der Echulzenberg 75,3 m, der Glodenberg
64,6 m und der Sirienberg 56,5 m Höhe haben.
Dieſe tiolierte Maſſe von Gejtein bes Buntjand:
jteins und Mujcheltalts iſt im 13. Jahrh. von den
damaligen Lehninhabern, den Giftercienfermöndhen
bes Kloſters Zinna, benukt worden; 1549 wurden
die Brüche kurfürſtlich; 1769 wurde in R. ein Berg:
amt gegründet, Seit 1855 hat Berlin durch über—
laſſung des ihr gehörenden Bruches und ihrer zu
N. belenenen Ländereien an den Fiskus ein Sedhitel,
ber Fislus fünf Sechſtel des Neinertrags bei Aus:
beutung des Lagers auf gemeinjchaftlice Rechnung.
Durch unterirdiiche Kanäle wurde die Förderung
wejentlich erleichtert. Mit der Spree jteben die
Brühe dur das ſchiffbar gemachte Mübhlenflieh
und den Kallgraben in Verbindung. Byl. Ed, «R.
und Umgegend» (Berl. 1872),
Anderfport it ber Betrieb des Ruderns als
geſundheitsfördernde Leibesübung, erg her
Berüdjchtigung bygienifcher und tehnifcher Grund:
fähe ausgeübt. Die Vervolllommmung des Nuber:
materials hat dem R. thatfächlich die Cigenichaften
einer den ganzen Hlörper fräftigenden Übung ver:
lieben; feit Erfindung des Gleitfikes arbeiten nicht
mehr nur Hände, Arme und Dberlörper, fondern
in gleicher Weije auch Unterleib, Beine und Füße
bes Nudererd. Heimat des N. ift England, Geit
1880 hat derjelbe auch in Deutichland einen groß:
885
artigen Aufihwung genommen, ſodaß Mitte 1885
dem «Deutichen Nuderverbande» bereits 7 Negatta-
und 90 Rubervereine mit 2650 Mitgliebern ange:
hörten; Ehrenpreife, geftiftet vom Kaifer und vom
Unterrl töminijterium zufegattagweden, beförbern
die Ausbreitung des R. England befist etwa 250,
anfreic 60 größere Rubervereine. gl. Grum:
acher, «Rudern und Trainieren» (Wien 1880);
«Maflerfport, Fachzeitfchrift für Rudern und Ge:
— 1883 fg.). .
Rüdesheim, Kreisftadt des Nheingaufreifes im
* —————— Wiesbaden, am Fuße des
iederwaldes und dicht am Rhein, oſtnordöſtlich
Bingen und Bingerbrüd gegenüber gelegen, mit
bem e3 zum Anſchluß an die —— durch eine
Dampffähre in Verbindung fteht, Station der
Linie Frankfurt: Weplar der reußiſchen Staats⸗
bahnen, Sig eines Landratsamts und eines Amts:
geriete zählt ia Frag meiſt Fr E., hat einen
tünftlihen Winterhafen, fehr lebhaften Stroms
und Eifenbahnverfehr und ift befonders durch das
ausgezeichnete Prodult feiner Weinberge berühmt,
die einen durch Fülle, Bouquet und Feuer aufge:
eihneten Rheinwein (Rüdesheimer), einen der
eiten des Rheingau (}. d.) liefern. Der befte Wein
wachſt bier auf den Tallſchieferfelſen und vermitters
ter Graumade bes Nieberwaldes. Die Weinpflan:
zungen nehmen 204,35 ha ein und geben jährlich
ungefähr 7800 hl, Die beiten Lagen find ber
Nüdesheimer Berg ftromabwärts, Nübesheimer
Hinterhaus, Rottland, Biſchofsberg und Engerweg
unmittelbar hinter ber Stabt. Der Nüdesheis
mer Berg, die fühl, Abdachung des Nieberwaldes
zwifchen der Stadt und der 1210 erbauten und
1689 von ben Franzofen zeritörten Burg Ehrenfels,
wo ber Rhein feine weſil. Richtung in eine nörb:
liche verwandelt, um das Schiefergebirge zu durch:
brechen, iſt die großartigfte Weinberganlage im
Rheingau und enthält an 100 ha. Nach dem Gipfel
des Berges, dem fog.Niedermwalbd (f. d.) mit dem
Nationaldentmal, führt von R. eine ——
Weinbau und Weinhandel bilden die Hauptbeſchäf—⸗
tigung ber Bevölkerung; auch find drei bedeutende
Schaumweinfabriken vorhanden. Urkundli wird
N. ſchon 864 erwähnt. Es war Siß bes edeljten
thein. Geſchlechts «von Rudesheim», das 1668 mit
den «Brömjern» auzftarb. Vgl. Schmelzeis, «N. im
a (Rüdesh. 1881).
Nubhart (Yanaz von), bayr. Staatsmann,
eb. 11. Te 1790 zu Beihmain in Oberfranten,
tubierte in Landshut die Rechte, wurde 1811 an
die Univerfität Würzburg für Gefhichte, Gefeb:
ebung und Völkerrecht und als Mitglied des
prudpfollegiums der Juriſtenfalultät berufen.
Nachdem R. durch feine « Gejchichte der Landftände
in Bayern» (2 Bde., Heibelb. 1816; 2. Aufl.,
Münd. 1819) die Aufmerkjamteit der Negierung
erregt, erfolgte feine Ernennung al3 Rat des Ge:
neralfigtalats_zu Münden. Zwei Jahre fpäter
ward er Minifterialrat im Departement der Finan⸗
zen, Mitglied der Akademie der Wiſſenſchaften,
1823 Direltor der Finanzlammer bei der Regierung
in Bayreuth und 1826 in gleicher Eigenſchaft nad
Regensburg verfekt. In dieſer Zeit vollendete er
fein Wert «tiber den Zuftand Bayerns» (3 Bde.,
Erlangen 1826—27). Seit 1825 wurde er von den
Städten in Franten wiederholt zum Abgeorbneten
in die Ständeverfammlung gewählt. Im J. 1832
perjönlich geadelt, ging er als Generallommillar
886
und —— nad) Paſſau; 1836 wurde
er zum bayr. Staatörat, ar zum "Minifter des
nnern und Gonfeilpräfidenten des Königs von’
and ernannt; er nahm *8* ſchon nad
einem Sabre Ie feine Entlafjung.
Mai
Sein jüngerer Bruber, Georg Thomas R,,
eb. 27. März 1792 zu Weißmain, dierte bie
echte zu Erlangen und Landshut, wurde 1827
Brofefior am Lyceum zu Bamberg, 1847 zum Bro:
eſſor der bichte e zu Münden und 1855 zum
ireltor des —3 ernannt, wo ihm die
Leitung der Kommiſſion zur Herausgabe der bayr.
und eng Geichichtäquellen dan Er ftarb
Ken Münden 10. Dez. 1860. en einen hiſtor.
—— find zu erwähnen: mas Morud»
b. 1828) und «Slitefte Pr ehe Bayerns»
hey 1841). Bon den « Regesta rerum boica-
rum» bearbeitete er Bd. 13 (Manch. 1854).
üdiger (Fedor Waſſiljewitſch, Graf), ruſſ. Ge:
neral der Kavallerie, geb. 1784 zu Mitau, zeichnete
id als Kommandeur bes Grodnoer Huſarenre
iment3 1812 namentlich in der Schladht von Po:
Kost aus, wurbe fhwer verwundet und ftieg zum
Generalmajor auf. In den J. 1613 und 1814 nahm
er faſt an allen Gefechten bes erg
Korps in Deutichland und Frankreich teil. Im
Jan. 1826 wurde R. Generallieutenant und 1828
mit der 3, Hufarenbivifion zur Teilnahme an bem
Türfentrieg berufen. Als Vorhut des Rudſewitſch—
fhen Korps rüdte R. rafh von ber Donau bis
Küftendiche, nahm dieſe Feitung 24. Juni, bejtand
ein hihiges Gef t bei genibafar und bejehe Kos:
ludſchi. Er wurde dann in den Rüden der türf.
Armee entiendet, bemädhtigte ſich Esli-Stambuls,
— ug. ein türt. Korps bei joteſch wurde
aber dann zum Küdzug —— Als die ruſſ.
Hauptmacht —— die Donau abzog, blieb R. mit
ſeiner Abtheilung in Baſardſchil — und erhielt
im Fruhiahr 1829 den Befehl über das 7, Infan⸗
terielorps. R. ſchlug 18. Juli ein türk, Detache:
ment bei Kjupriloi, eroberte Burgas und Segen
und trug zum Siege bei Selimno 12. Aug.
meiſte bei. Noch wichtigere Dienite ie, er = Walfiſchemb
poln. Feldzug von 1881. Nachdem er den in Bo:
bolien eingefallenen Dwernicti durch den Sieg bei
Boromel über die öfterr. Ar rüdte er
in das Königreich Polen ein te 19 * den
Generalen Turno und Yantomfti bei Lifobyli eine
—— bei, ging 7. Aug. bei Jozefow fiber die
Meichfel, vernichtete i in einer Reihe blutiger Gefechte
die Korps von Nozycli und Kaminſti und zog
27.Sept. in fralau ein. Seine erfolgreichen Opera:
tionen wurden durch die Ernennung zum General
der Kavallerie und Chef des 3. Infanterielorps be:
lohnt. Im 3. 1835 befebligte er das ruf). Lager | 9
bei Kaliſch, und 1846 bejekte er zum zweiten mal
Kralau. Im Olt. 1847 erhob ihn Kaiſer Nitolaus
in den Grafenſtand. In dem ungar. Feldzug von
1849 nahm R. an * Kämpfen bei Raipen und
Debregzin teil, verfolgte dann Görgei auf dem
Mege nad) Arad un loß mit diefem 13. Aug.
die —— von Bilagos. R. kehrte nad) Po:
len zurüd, legte jedoch im Sept. 1850 das Kom—
mando des 3. Korps nieder und wurde zum Mit:
lied des Reichsrats ernannt. Er lebte —— —
— ward aber im März 1854 nach Wa
ihau berufen, um dort Basfewitih als —
neur zu vertreten. Im April 1666 beriefihn Aleran:
ftarb zu Trieſt
ka
Rüdiger — Rudiſten
der II. vom Dberbefehl des Gatbe: und Grenabier:
u: 9 Lund gt, rl3bad 23. juni 1856
üdiger von Bechlaren, eine ber fcöniten
Gejtalten des Ribelungenliedes, in welcher das ect
Meni gg zu herrlicher Etſcheinung lommt. Mart-
prof 3. ‚im Dienite des gr Esel von —
and ſtehend, wurde von dieſem nach W
2 um für ihn um Kriemhilds Hand zu ——
Er geleitet riembild in ihre neue Heimat, empfängt
bann die von ihr —— Burgunder gaſtlich
auf ſeiner —— erlobt dem jungſten derſelben
2 vd —— und zieht mit ihnen an Etzels
ausge —— hält er
A —— Fr ee aber, nachdem bie meiiten
Heunen gefallen, von Sirientbild an feinen Eid
erinnert, ihr Leid rãchen zu wollen, und muß nun
das Schwert egen feine Reue sieben. Er fällt
famt feinen Mannen im Zweilampf; er und Ger:
not töbten 129 gegenfeitig. Bgl. Muth, «Der My⸗
thus des Marlarafen R.» (Wien 1877).
Rudigier —— — ‚geb: 6. April 1811
zu Barthenen (Vorar erhielt 1835 die Bricfter:
weihe und wurde 1852 Biſchof von Linz. Er war
einer der eifrigften Borlänpfer der diterr. Klerifalen
und hat I] namentlid) befannt gemacht durch feinen
Hirtenbrief vom 7, Sept. 1868, in weldyem er die
eriten tonfefiionellen Geſe Öflerreiche mit großer
Heftigfeit angel weöhalb er wegen Störung ber
Öffentlichen re von dem Schiwurgericht zu 14
Zagen Gefängnis verurteilt wurde; doch er
der Kaifer die Strafe auf dem Gnadenwege. Sm
Vatikaniſchen Konzil war R. ein Gegner ber Infalli⸗
bilität, unterwarf fih aber bann den Konzils:
u = = üffen, Er ftarb 29. Nov. 1884 in Linz.
ndimentäre aue heißen bei fait allen
Tieren vorfommende Organe, welde entweder
ſich nicht vollftändig ausgebilbet baben oder von
einer frühern Entwidelung zurüdgejunten und all:
mãhlich unbraudbar Fuge find. — —
terſuchungen haben x brt, daß ſolche
mentlich diejenigen der erften Art, einen
für die Abſtammung des Typus neben, bei ——
fie vorlommen. So finden wir in ben Kiefern ber
ryonen Zahnteime, welche niemals zur
Entwidelung kommen, fondern fpäter durch Se
iſchbeinbarten erſetzt werden. Da nun die übrigen
Jaltiere, wie Delphine, Bottwale u. f. w., Zähne:
in den Kiefern tragen, jo ſchließt man aus diejem
Vorkommen von rubimentären Zähnen bei ben
Embryonen der Walfiiche mit Recht , daß diefe von
Voreltern abitammen, die Zähne bejapen. Ebenio
fließt man aus den mangelhaft oder faum aus-
gebildeten Augen der Höhlentiere, dab deren Vor⸗
en volltommene Augen bejaßen, bie fpäter in⸗
e des Nichtaebrauchs beim Aufenthalt i in dunleln
—5* rüdgebildet wurden. Sehr häufig bleiben
bei ausgebildeten Tieren Rubimente von Organen
urüd, welche im Jugend: oder Larvenzuftand voll:
h tänbig entwidelt waren, während bei andern ge-
eile, wie Stadeln, Beine u. ſ. w., im Lauf
der Entiidelung zwar angelegt oder a
—*
aber nicht ausgebildet werden, obgleich
bei benadhbarten Arten vollftändig jur Erf =.
wiſſe
tommen. Das Studium der rudimentären Organ:
ze deshalb für die Betrachtung der Entwidelung
ner tämme fehr wichtig.
imente (lat.), Em Anfähe (eines Orgens
Anfangegründe.
‚ f. unter Hippuritentalt.
Nudkjösing — Nudelf IL -(deutfeher Kaifer)
Nudkjöbing, Stabt auf Yangeland (ij. d
—— — in Serbien deſſen Cafe
N,
Epihe Sturak (Sturac) 1104 m beträgt. Das Ge:
birge zu dem reife den Namen, nein ben füb-
U. Zeil der madija einninrmt, auf 1558,5
km (1884) 59 180 E. zählt und zur Hauptitadt
—— bat.
if L., deuticher * 1273— 91, geb.
1. Rai 1218, war der älteite Sohn —— V.
Grafen von Habsbur. (j. d.) umd Landgrafen vom
Gliaß. Rad deſſen (1239) erſchien er wieder:
bolt und nod) 1245 am Hofe Friedrichs II. in Ita⸗
lien; aud) geleitete er 1267 Konrabin bis Verona.
Seine Bejigungen wußte er in wiederholten Fehden
ſowie durd) Beerbung des legten Grafen von Sy:
burg und durch feine Bermählung mit Gertrube
(Auna), der Tochter des Grafen
So — und nach bedeutend zu erweitern.
Der Ruf
1257 die Landleute von Uri, ihn zur en
innern Zwifte zu berufen, und führte zu Bünb-
niſſen den Bürgern von Straßburg et
—* und eine? Erbſtreits am bie Graf⸗
burg in biutige Fehden verwidelt, aus denen er
— hervoroi *
—
rien, .
Kb Hilfe die Stadt Bajel und deren Bifchof,
. Auch mit dem Abt von :
welche die R. augetbane patriciiche Partei der Stern: |
träger vertrieben hatten, zu betriegen. Er hatte
indes nach Ablauf eines dreijährigen Waftenftill-
ftaubes 1273 den Krieg gegen Baſel erneuert und be:
lagerte die Stadt, alsihm der Burggraf Friedrich von
u un Nachricht von feiner 29. oder 30. Sept.
u Frankfurt erfolgten Erwählung zum deutſchen
önig fiberbradhte. Sogleich unterwarf ſich die
Stadt Bafel und nahın die Vertriebenen wieder
auf; R. aber na
Krönung empfing. Der Bapft Gregor X., welcher
ur_Heritellung georbneter Zuftände und in der
rn auf einen Kreuzzug eifrig die Königswahl
betrieben hatte, begfinftigte und unterjtüste ihn; den
Vialggrafen Ludwig und den Herzog Albert von
Sachſen gewann er durch Berheiratung mit feinen
Töchtern. Hierauf zog er gegen König Ottolar II.
von Böhmen und Herzog Heinrid von Bayern, Die
beide troß wicderholter Aufforderungen ihm bie
Huldigung verfagten, ins Feld, brachte zunächſt
Heinrich auf feine Seite und nöthigte Ottolar, um
Frieden zu bitten. Demfelben zufolge mußte Otto:
far Öfterreih, Steiermarl, Kärnten und frain
herausgeben, wurbe dagegen der Adıt entledigt und
mit Bohmen und Mähren belchnt, Nov. 1276. In
einem Kriege verlor Dttolar jebod) in der
Schlacht auf dem Marcfelde 26. Aug. 1278 das
Leben. Bon den Ländern des Böhmenkönigs gab
N. defien Sohne Wenzel Böhmen und Mähren zu:
rüd, nahm aber Oſterreich, Steiermark und rain
mit Bewilligung der Kurfürjten für fein eigenes
Haus in Belik und nte damit 27. Dez. 1282
—— —*— Albrecht 1. G. d.) und Rudolf, welcher
estere ſchon 1290 ftarb und einen Sohn, Johannes
Parricida, hinterließ. Kärnten erhielt jpäter der
Graf Meinharb von Tirol
Auf leichtere Weife wurde R. von feinem Gegen:
Tönig Alfons X. von Gaftilien befreit, indem der
Bapit ihn durch Bedrohung mit dem Bann zwang,
ber beutichen Krone zu entfagen, R. richtete fein
Burdard von | Die U
iner Zapferleit und Gerechtigleit bewog
it Kyburg wurde er mit dem Biſchof von Strap:
Aachen, wo er B. Dit. die
887
Bemühen darauf, durch Zurüdnahme der Güter
und Gerechtſame bes. Reichs die kaijerl. Macht
wieber:zu flärten, und durch Herftellung des Land:
friedens die Gefeklofigkeit zu befeitigen. Er lich
allein in Thüringen 66 Naubfchlöffer zeritören.
Den Hurküriten fiherte er ihre Rechte ‚ unternahm
auch nichts Wichtines ohne deren Zuftimmung , die
er ſich mittels der Willebriefe, weldde nachher von
feinen Radhfolgern beibehalten wurden, erteilen lich.
Den Grafen von Savoyen, der mehrere deutiche
Reihslehen in der Sch fd) zugeeignet, zwang
er mit Maffen zur Nüdgabe derielben; den
Fe von Sedburgund, eh in uno
auf vie Hilfe Yran er Lehns t gegen das
Deutice Neident ieben wollte, ſowie andere wider:
ipenftigeReichsvalallen nötigte er zur Unterwerfung.
e Unruhen in Böhmen, wo der Markgraf Dito
von Brandenburg fein Mündel, den König Wenzel,
gefangen hielt und ſich der Herrſchaft bemädhtigen
wollte, endigte N. mit iung des böhm. Königs
und Vermählung desſe mit feiner Tochter.
Rad) bem Tode feiner erften Gemahlin (geft. 1281)
vermäblte N. ſich 1284 mit Clifabeth (Agnes),
Tochter des Herjogs Hugo IV. von Burgund, Gr
ftarb zu Germersheim 15. Juli 1291 und wurde
u Speier begraben. Unermudet thätig, einfach in
itte und Lebensweije, berablaflend genen jeder:
mann, großmütig und gerecht, ein fter von
Zapferleit, war er redlich bemüht, das Deutiche
Reich aus jeiner gm Herrüttung aufzurichten.
Seine Erfolge find a — zu überfhäten,, wie
we
der große Anhang zeiat, weldyen der gegen R. auf:
tretende faliche Friedrich H. — uch gelang
es nach dem Tode ſeines achfolger beitimmten
Sohnes Rudolf nicht, für dem allein übriggeblie:
benen Albrecht die Stimmen zu gewinnen und i
eine feitere Thronfolge zu begründen, Vielmehr
wurde Abolf von Naſſau gewählt, RE
. Böhner, «Die Regeſten des Kaiſerreichs
1246 — 1313» (Stuttg. 184); Kopp, « Gefdichte
der eidgemöffiihen Bünde» (Buh 1—5: «Höni
N. und feine Zeite, Lpz. 1847; vollendet von Bul:
fon, Berf. 1871); Alf. Huber, «R. vor feiner Thron:
beiteigung» (im «Almanad) der laijerl. Alademier,
Wien 1873); Loren;, «Deutſche Geſchichte im 13.
und 14. Jahrh.» (Bd. 2, Wien 1867); Hirn, «N.
von Habäburg» (Wien 1874).
Rudolf IL., deuticher staijer 1576— 1612, Sohn
Kaifer Marimilians IL, geb, 18. Juli 1552, am
ſpan. Hofe von Jeſuiten erzogen, ward, nachdem er
ihon 1572 die ungar. und 1575 die böhm. Krone
nebjt dem Titel eines röm. Königs erhalten hatte,
nad) feines Vaters Tode 12. Dit. 1576 zum Kaiſer
gewählt. Während der Zwiit zwiſchen den Reli:
ionsparteien im Neid) ſich immer tiefer grub, lebte
. weltabgewandt und thatenicheu viele Jahre auf
den Hradſchin zu Prag. Seine Liebhaberei war,
in feinen Sammlungen, unter jeinen kojtbaren Ge:
mälden, Kupferſtichen, Handſchriften und Büchern,
in feiner Ruſtlammer und feinen naturhiſtor. Mufeen
umberzugehen oder mit Aitrologen und Aldimijten
die Geheimniiie der Zulunft und der Welt zu ent:
rätieln. Auf den Neichätagen 1582, 1594, wo er
rfönli zu Regensburg erſchien, und 1608 ver:
uchte er, gegen die Türken die Hilfe der Stände zu
gen, namentlich feit 1593 wurbe durch ganz
ngarn mit der größten Erbitterung und wachen:
dem Unglüd der driftl. Waflen gegen die Tür:
ten gefämpft. Der lath. Reaktion ließ er in den
888
Erblanden wieim Reich freie Bahn. Hier lam es denn
* — — —— im ——
eg zur Du er Gegenreforma⸗
tion in ben latholiſch —— Stiftern und
Furſtentümern, zu den fath. Triumphen Mar’ I.
von Bayern bis zur Vergewaltigung ber prot.
Reichsſta ——— zu ben Kammergerichtö:
prozefien, die alle gegen die Brotejtanten entichieden
wurden, während in ben öſterr. Yanden bie Erz
berzöge Marimilian, Ferdinand und Matthias un
R.s böhmiſcher Nat ftet3 ungeicheuter bie prot.
Glemente unterbrüdten. Gegen Ende der Regierung
aber trat eine Wandlung ein. Indem fich die prot.
Stände zur Union ———— die katho⸗
liſchen dagegen die Liga bildeten, gerieten die Erz⸗
berzöge, vor allem Rs eigener Bruder Matthias,
mit dem kinderlojen Kaijer in Zwiſt. Im J.1
rüdte Matthias gegen R. ins Feld: geftügt auf den
prot. Abel der Erblande, troßte er dem Bruder die
Grhebung zum Gubernator in Oſterreich und
Mähren, wie zum König von Ungarn ab. Hier:
durd ward aud R. dazu getrieben, die prot. Ariſto—
kratie für fich zu gewinnen. Im J. 1609 v. er
auf dem Landtage zu Prag den Najejtätsbrie ‚wel:
erden Evangeliichen Böhmensalle Freiheit verhieß.
Auch von ben Reichsſtänden ſah fih R jekt wett:
eifernd ummorben: beiden Gehör gebend, fuchte er
fich über ihnen zu behaupten, zumal da eine ver:
mittelnde Partei, geführt von Sadıfen, ihn darin
zu beftärten fuchte. Einen Moment ſchien erzu trium:
phiren: Matthias leijtete Abbitte im Sept. 1610;
ein neuer kath. Realtionsverſuch R.s aber brachte
feinen Bruder im März 1611 auf3 neue ins Land;
während er jubelnd empfangen und in Brag ——
wurde, ſah R. den Boden unter ſeinen üben ſchwin⸗
den. Er ftarb 20. jan. 1612. Vgl. Gindely, «R. II.
und feine Zeit» (2 Bde., Prag 1363—65).
Rudolf L., König von Burgund, war urjprüng:
lid) ein Graf am \jura, welcher bei dem Zerfall des
Karolingiihen Reichs nad der Abſeßung Kaifer
Karls III. des Diden 889 zum König bes trans:
juranifhen Burgund oder Hochburgunds ausge:
rufen warb und unter ſich namentlich bie Meit:
ſchweiz und bie Franche-Comteé vereinigte. Seiner
Ausbreitung nah dem Elſaß bin trat Kaifer Ar:
nulf entgegen, ber ihm feine Oberberrlichteit auf:
zwang. Diejer konnte Burgund (j. d.) auch unter
ben ——— Königen (R.8 Sohn Rudolf IL.
912—937, Konrad bis 993, Rudolf III. bis 1032)
niemals fi volljtändig entziehen, bis es nad) dem
Tode des leßten Königs vom Kaiſer Konrad II.
on mit dem Deutſchen Reich vereinigt ward.
udolf, Erzherzog und Kronprinz von Bfter:
reih:Ungarn, geb. 21. Aug. 1858 als einziger Sohn
des Kaiſers Franz Joſeph und der Kaiſerin Elifa-
beth, genoß einen gründlichen und vielſeitigen Un—
terricht, wurde 24. juni 1877 mündig erlärt und
trat 23, Juli 1878 beim 36. Infanterteregiment in
den aktiven Kriegsdienft, avancierte im Sept. 1880
zum Generalmajor und gleichzeitig zum Kontre—
abmiral, Am 6. April 1881 zum Kommandanten
der 18, Infanteriebrigade in Prag ernannt, rüdte
er 1883 zum Feldmarſchalllieutenant und Vize:
abmiral vor und übernahm die 25. Truppendivifion
in Wien. R. it Chef des 2. Artillerie: und eines
Ulanenregiments und außerdem eine3 preuß., bay.
und eines ruf. Regiments. Ein ausgezeichneter
Kenner der Drnithologie, eifriger Foriher in Na:
turwiljenichaften, ftand er jahrelang in intimem
Nudolf I. (König von Huround er Nubolf-pon-Schwaben
—— und wiſſenſchaftlichen Verlehr mit dem
ithologen Brehm, ebenſo mit Homeyer. Ein
Ergebnis ſeiner Studien und Zanderuggen ift ba3
Wert «fünfzehn Tage auf der Donau» (Rien 1881;
2. Aufl. 1885), ausgezeichnet burd die Plaſtik der
Naturfhilderungen; dann folgte «Eine Drientreiie»
(Wien 1884). Auf feine Anregung und unter fei-
ner Mitwirkung erſcheint das groß angelegte Wert
«Die Oſterreichiſch⸗ Ungariſche Ronarchie in Wort
und Bild» (Wien 1886 fg.) Eeit 10. Mai 1881
iſt R. Nr der Prinzeſſin Stephanie von Belgien
vermäblt.
Rudolf von Ems oder Hohenems in Bor:
arlberg, Dienitmann ber Grafen von Montfort,
war einer der nambafteiten deutſchen Epiler bes
13. Jahrh., ein der franz. und lat. Sprache hım-
608 | diger und in ben Werten der gleichzeitigen deutſchen
Dichter bewanderter Mann, der namentlih an
Gottfried von Straßburg gejchult und fo eine ge:
wandte Fertigkeit des Ausdruds erreicht hatte.
Unter feinen erhaltenen Werten ift bas ältefte und
zugleich das vorzüglichfte «Der gute Gerhard», eine
—— — der felbjtzufriedenen Werkbeilig-
9— —— thäti A — ——
erzensgũute gegenüberfte rausg. von Haupt,
Lpz. 1810; überjekt von Simtod, 2. Aufl., Stut
1864); vol. dazu Simrod, « Der gute Gerhard u
die banlbaren Toten» (Bonn 1856). Darauf folgt,
edichtet zwiichen 1220 und 1223, «Barlaam und
Sofaphats (j. d.) (herausg. von Köple, Königsb.
1818; von Ffeifer, Lpz. 1843); ferner « Wilhelm
von Orlens» (vor 1241). Lehteres Gedicht iſt noch
ungedrudt; eine ablürzende gereimte Umarbeitung
des 15. Jahrh. erichien 1491 zu Augsburg. In dem
auf zehn Bücher und etiwa 50000 Verſe angelegten,
aber vielleiht vom Dichter ſelbſt unvollendet ge:
lafienen « Alerander» geht R., unter Anwendung
einer gewiſſen biper. Kritik, teild auf Vollſtändig
feit, teils auf hiſtor. Glaubwürdigkeit aus und
legt deshalb neben der «Historia de preliis» den
Gurtius zu Grunde. (Nur ſechs Bücher haben ſich
in einer einzigen Handſchrift erhalten und find nod
ungedrudt; vol. Bingerle, «Die Quellen zum Aleran:
der des R.», Bresl. 1885.) Demjelben mebr bütor.
als poetiſchen Beftreben gehört endlich auch die im
Auftrage König Konrads IV. nad Anleitung der
Bibel und der « llistoria scholastica» des Petrus
Comeſtor zwiihen 1250 und 1254 begonnene und
bis auf Salomos Tod geführte «Weltchronit», vor
deren Bollendung N. in Italien ftarb. Sie warb
nah R.3 Tode durd mehrere ſchwache liberarbei:
tungen und Fortießungen verunftaltet und in diefer
torrumpierten Gejtalt herausgegeben durch Schutze
unter dem Titel «Die er Bücher des Alten
Tejtamentd» (2 Bde., Hamb. 1779— 81). Bol. Bil:
mar, «Die zwei Recenjionen und die Handſchriften
familien der Welthronit R.3 von Ems» (Marb,
1839). Ob R, auch Lieder gebichtet habe, iſt uns
betannt; die unter dem Namen Rudolfs des
Schreibers erhaltenen Lieder werden dem N. mit
Unrecht zugeichrieben. In jeinen erzäblenden Ge
dichten aber bat er dem Geichmad feiner Zeit:
genoſſen fo jehr entiprodyen, dab fie zum Teil in
zahlreichen Hanbfchriften erhalten find.
Rudolf von Schwaben, Gegentönig des Slai:
fers Heinrich IV. (f. d.), Graf von Rheinfelden, er:
bielt 1057 das erledigte Herzogtum Schwaben von
der Kaiſerin Agnes, der Mutter Heinrichs IV., und
wurde mit deren Tochter Mathilde vermählt, die
Nudolfiniſche Tafeln — Rudolſtadt
aber ſchon 1060 ftarb. Auf bes Königs Geite trug
R. weientlih bei zu dem Siege an der Unftrut
13. Juni 1075 über die Sachen, Indeſſen nad)
dem Belanntwerden des Bannipruch® Gregors VIL.
ſchloß auch N. fih an die Unzufriedenen an und
fehte, im Verein mit den Herzögen Welf von Bayern
und Berthold von Kärnten, auf ber Fürſtenver—
fanmlung zu Tribur 16. Dft. 1076 den Beſchluß
durd, dab Heinrich, wenn er nicht binnen Jahres:
friit vom Bann losgeſprochen würbe, ber Krone
verluftig gehe. Obwohl Heinrich IV. fich in Canoſſa
die Abfolution erwarb, ließen die en fi) ba:
dur nicht abhalten, in Anmwefenbeit der päpftl.
Legaten zu Forchheim 15. Dar 1077 den erton
R., unter der Bedingung, daß die Biihofswahlen
frei feien, die Königswürde aber in keinem Fall
erblich fein folle, zum König zu wählen, worauf er
a Mainz 26. März gelrönt wurde. —* Gregor
eſtätigte nach langem Zaudern die Wahl R.s; doch
fand Heinrich IV. nach feiner Rüdkehr aus Italien
ſo viel Anhang, daß R. ſich zurüchziehen mußte.
Heinrich ließ nun auf einem Fürftengericht zu Ulm
die pi R., Welf und Berthold nah alamann.
Recht als tajeftätäverbredyer ächten. Bei Mellrich:
ftadt 7. Aug. 1078 fam es zur Schladht mit zweifel:
baftem Ausgang; Heinrich erneuerte, en). ga er
das von R. jejiene Herzogtum Schwaben feinem
Schwiegerfohn Friedrich von Hobenftaufen ver:
lichen hatte, bald darauf den Kampf. Gr unterlag
in den Schlachten bei Fladenheim 27. Jan. 1080
und an der Gliter unweit Merfeburg 15. Oft. 1080;
doch wurde R. in der lehtern jo gefährlich ver:
wundet, dab er an demjelben Tage ſtarb. Den
Berluft der rechten Hand, welde ihm abgehauen
war, betrachtete man als Strafe des Treubruds;
daß aber ka von Bonillon ihn verwundet
yabe, iſt eine erit ſpät auftauchende Sage. Man be:
zrub ihm in der Domlirche zu Dlerfeburg, wo fein
Srabmal ar ſehen iſt und feine gedörrte Hand
wfbewahrt wird, Bol. Grund, «Die Wahl Rudolfs
yon Rheinfelden zum Gegenlönig» (Lpz. 1870).
Rudolfinische Tafeln heißen die zur —
ung des Laufs der Geſtirne von Tycho de Brahe
ſ. d.) begonnenen und dem Kaiſer Rudolf II. zu
shren fo genannten Tabellen, welde nachher von
tepler nad) Brahes Beobachtungen, aber nad) eige:
ıer Theorie ausgearbeitet wurden. Gie erſchienen
n lat. Spradje (Ulm je)
Nudolfsheim, jübmeitl. Vorort von Wien, zur
zezirlshauptmannſchaft und zum Kommiflariats:
ezirt Sechshaus gehörig, hängt mit den Vororten
rünfhaus und Sechshaus ‚lanmen und zählt
1881) 29915 €. Der Name ijt neu und zu Ehren
es Kronprinzen Rudolf gegeben.
Nudolföwerth (vormals Neuftadtl, ſſaw. No-
omesto), Stadt im öjtl. Teile des öjterr. Herzog:
ims Krain, an der Krainerfhen Gurk, einem
echtsſeitigen Nebenfluß der Save, deſſen Thal öft-
ch von dem größtenteils bewaldeten Uskolengebirge
ejäumt wird, weldes die Grenze zwiihen Krain
nd Kroatien bildet, it Sik einer, Bezirlshaupt⸗
tannjchaft und eines Bezirksgerihts, bat ein
staatsrealgymnafium und gilt ah 2066 E.,
reift ſlowen. Zunge. ‚Die Stadtpfarrlirche (Stolle:
iatlirche der von Kaiſer Marimilian L 1509 ge:
ifteten Vropftei) enthält wertvolle Gemälde und
‚ne große Zahl von Grabdentmälern.
Nudolphi (Karl Asmund), Pbyfiolog, geb.
4. Juni 1771 zu Stodholm, beiudte das Gym:
889
nafium in Straljund, ftubierte von 1790 an Mes
pain Greifswald, 1794 in Jena, ging ham nad
erlin und wurde 1797 Profefior in Öreifäwald,
Um Erfahrungen über Tierarzneifunde zu ſammeln,
bereite er im Auftrag der ſchwed. Regierung 1801
—3 einen großen Teil des Kontinents und ließ
dann die « Bemerkungen aus der Naturgefchichte,
Medizin und Tierarzneifunde u. f. mw.» (2 Bde.,
Berl. 1804—5) erſcheinen. Im 3. 1808 wurde er
ord, Profeſſor der Medizin in Greifswald, 1810
al3 Profeſſor der Anatomie nah Berlin berufen,
wo er ein anatom. und zootom. Mufeum begrün:
dete. Man verdankt ibm viele phyſiol. Entdedun:
gen und die wiſſenſchaftlichſten — — über
Gingeweidewürmer, Gr ſtarb 29, Nov, 1832,
Seine Hauptwerte find die «Entozoorum sive ver-
mium intestinalium historia naturalis» (3 Bde.,
Amjterd, 1808—10), die er fpäter im Auszuge als
«Entozoorum synopsis» (Berl. 1819) ericheinen
ließ, und fein unvollendet gebliebener « Grundriß
ber Bhyfiologie» (3 Bde., Berl. 1823—28).
Rudolſtadt, die Haupt: und Nejidenzitadt des
rg Schwarzburg:Rudoljtadt, 30 km jüd:
ih von Weimar in einer der ſchönſten Gegenden
Thüringens, an der Saale und der Saalbahn an:
mutig zwiſchen freundlichen Bergen gelegen, zäblt
(1885) 9249 E. Der Drt iſt Siß ber —— Re⸗
gierungsbehörden des Landes, eines Landgerichts
und eines Amtsgerichts. Unter den vier Kirchen
find die 1636 nmeuerbaute und 1879 vollftändig
reftaurierte Stadtkirche und die 1874 erbaute fath.
Kirche hervorzuheben. Auf einem Berge über der
Stadt erhebt fih das füritl. Reſidenzſchloß, die
Heidedäburg, mit einer Gemäldefammlung,, der
rürftl. Handbibliothek, einem reichhaltigen geheimen
Ardiv, einer Sammlung von Gipsabgüſſen antiker
Statuen und Bülten und prachtvollen Sälen (be:
ſonders der Große Saal mit Wandölgemälden von
Dietrich und Freskodeckengemälden von Deifinger).
Ein zweites Schloß, die Ludwigsburg, wurde 1742
von dem Prinzen und —— Furſten Ludwig
Günther II. erbaut und längere Zeit bewohnt,
Gegenwärtig dient dasjelbe zur Wohnung des
eriten Miniſters, während fid in einem andern
Teile das namentlih an Mineralien und Kondy:
lien veihhaltige Naturalientabinett, eine Zeichen:
ſchule, eine Menage für das Militär und ein
Möbelmagazin befinden. Andere anjehnliche Ges
bäude find: das Negierungsgebäude, worin bie
65000 Bände ſtarke fürftl, Bibliothek aufgeftellt üft,
das Rathaus, das Boftgebäude, das Gebäude des
1664 gegründeten, mit einer Realſchule verbun:
denen Gymnafiums und das Schullehrerſeminar.
Außerdem hat R. zwei et eine-höhere
——— e, eine Armenſchule, ein Waiſenhaus,
ein Militärlazarett, eine Yandes: Heil: und Pflege—
anftalt und das Kurhaus Rudolsbad mit pradıt:
vollen Bädern und großem Park und ein Theater.
Der ſtadtiſche Gewerbfleiß erftredt ſich beionders auf
Porzellan⸗ und Karbenfabrilation, Glodengieberei,
Bierbrauerei, Obit: und Gartenbau. Auch beftebt
bier eine große em. Fabrik, eine Chololadenfabrit
und eine Fabrik von Patentiteinbaufaften, Gold:
leiitenfabrit, Bianofortefabrit. In der Nähe der
Stadt liegen das anipruchstoje Denkmal des hier
1864 verjtorbenen Profeſſors Sigismund und im
nahen Haine das marmorne Denkmal des Fürſten
Ludwig Friedrich II., dann die Dörfer Kirchhaſel
mit Gijenbabnbalteitation, Kumbach mit fürit.
8%
—— Woh mit Porzellanfabril.
— —— * etwas abſeits
—— mit A und Dentmal des Ar
er Be a ee: er öffnet ſich
—— — in welchem
es unter der Botmäßigteit * fränt. Könige ftand.
Später ging es in die Hände der deutſchen Kaifer
über und kam hierauf an die Grafen von Orla
— die ſeit 1227 ausdrũd lich ug von R.
t werden. Bon diejen empfing N. feine
Orten Gtaluten, welche von dem Grafen zu Schwar;:
ri in beren Beſit es in der erjten Hälfte des
Kat gelangte, unter andern von Günther
III. 1404, beitätigt — Der 1710 in den
rſtenſtand erhobene Graf dwig Friebrid 1.
* ſeine Nachfolger, u er — 5* Fried⸗
rich II., ſorgten Ver F die Verihönerung und
J— KETTE
udo t orf Keilhau
m Marttileden Schwarza mit 876 €.
a uralte Stäbtdhen ei mit 504 €.
— —— En
(2Bde., Rudolit. 1862— | Zienb
——— durch » (Aud olft. 1882).
ken ort Sriebr. ), angejehener Lehrer des
röm. Rechts, geb. 21. März 1808 zu Mehringen
im Hannoverj n, ftubierte in Göttingen, habili—
tierte fi 1825 in Berlin für bad rormanijtiiche
Fach, wurde 1829 außerord., 1833 ord. Profeſſor,
1852 zum Geb. Juſtizrat ernannt und 1860 im die
Alademie der Wiſſenſchaften aufgenommen. Seine
Borlefungen erftredten ſich auf Geſchichte Juſtitu⸗
tionen und Pandelten des röm. Rechts. feinen
wiſſenſchaftlichen Arbeiten folgte R. der von Sa:
vigny begründeten biftor. tung. Er == zu
Berlin 14. Febr. 1873. ‚Seine Hauptwerte find:
“Tas Net der Bormundbihaft» (3 Bde., Berl.
erfte beurtundete | Holland
Nudorff — Nuffini
und Bart, und Volkſtedt (fürn ber
(1881)
er
1835, und ihrer Tochter, ber e: Könige Hortenje vo.
‚ von Bartofini (1846), fowie ein
ee ee ;
ein i
fiegt Schloß Ma en . b.). j
Rufakh, Stadt im Kreiſe Gebmweiler des efiaf
lothring. Bezirls Dberelioh, 16 km lih von
Colmar, an der Linie Straßburg-Bafel der Eljaf
L Eiſenbahnen, am ug zahl:
(1885) 3487 meiit lath. E., it Sis
erichts, einer anbınirticjaftlichen Spike cs
— Verſuchs ſtation und bat eine
Kfarrliche aus . 13. Jabıh. R. war che
mal3 der Hauptort des jon. vbern oder Nufader
Mundates, beftehend aus den Herrihaften #,, Sul;
und & isheim, welches 655 durch) König u.
in istum von Straßburg geſchentt wurde unt
ad Franzöfifgen Revolution Ir Am rg Befik:
ieb. einem Hügel vor der Stadt lag da
alte, angeblih von Dagobert I.
ung, 1278 von Biſchof Conrad
ui im 14. Jahrh. mit der Stabt R. durch
und Beichtigungen verbunden, jebt ganz mem wie:
vn
Ir, Zierarjt, geb. 2. i 1880 in
— ſtudierte in Tübingen Medizin und seit
1840 ın Berlin, Wien, Baris und et EL bie Tier
beiltunbe. Nachdem er Norbdeutichland,
Ungarn und Frankreich bereift, ward 1854
Qehrer der Zoologie wıd Tierarzneitunde in Hober
heim, 1869 Direktor der Tierarzneiihule in Stut:
gart und trat 1877 in den Tr Er tar
9, DE. 1885 in Stuttaart. R. bat viele Inſtru
in den tierärztlichen Gebraug —8
Unter ſeinen Werlen find
1833— 85), «Gromatifche Inſtitutionens in der - den Bau und
ihm mit Ylume und Yahmann beiorgten Au
der Schriften der röm. Feldmefler (2 Bve., wi
1848— 52) und die «Nöm. Hechtsgeichichten (2 Boe.,
Berl. 1857—59). Biele Abhandlungen R.s find in
der von ihm mit Savigny und Cichhorn heraus:
gebenen «Beitichrift für 8228 Rechtswiſſen⸗
—— (1842—50), dem NRhein. Ruſeum für Fri
», der zum —A—— geleiteten «
jr für Redtsgetäict it 1861) und den
enlihriften» der er iner Alabemie enthalten.
Teilweiſe hat er die Ergebmifie feiner Forfgungen | na
auch in den von ihm bejorgten neuern Ausgaben
von Werken Savignys und Puchtas niedergelegt.
Bon feinen jpäte — * find noch zu nennen
die Monographien «fiber den Urjprung und die Be:
ſümmung der lex Dei» (Berl, 1869), «fiber die
Laudation der Murbia» (Berl. 1869) und die Bio:
graphie «Friedr. Karl von Savigny» (Berl. 1863).
dra heißt in der — ind. Mythologie der
Beherrſcher der Maruts oder Sturmgoͤtter, welche
legtern ebenfalls Rudras re werden. Er gilt
als ein zerjtörender, zugleich aber heilender Gott.
Später wird er mit Eiva v. 14 ) identifiziert. Seine
Gattin Rubrani tritt nur wenig hervor.
Nueda (Lope de), ſ. Lope de Rueda.
Aueif (mittellat. Rioilum), Etadt im fran;.
Depart. Seineet:Dije, Arrondiffement Berjailles,
unweit lints der Seine, Station der 26. Aug. 1837
tungen des Körpers
Haustiere» (3. Aufl., Stuttg. 1870), 5*
in ſeinen R rben und Gangarten» (Raven
burg 1873), Ra e ———— —* des —*
— ———— und ——— —— ten
Haustiere» (Stuttg. 1875), «Die Raſſen des *
de3» (Stuttg. 1877), «Das Uußere des Pferd
und feine Fe fer» (Stuttg. 1885).
ec (mitte m ), Stabt und Arrox
biffementshauptort im
nz. Depart.
rechts der C —— —— der A
Drie dans Tours: Borbeaur der Drl d
der Linie Niort:R. ber ſiſchen Staa bar
324* E. und —* eine
e und Handel mit Trüfieln, Sarı
pin eten, Geflügel, Käfe und Wein,
Ruffini (Giovanni i Domenico), ital.:engl. Tr
Lititer und Schriftiteller im Sept. 1807 ı
Genua, mo er an ber Unfverfität Surisprubdeng fi
dierte und 1830 im die abvolatorische Paufbahn a:
trat. Infolge feiner Teilnahme an der carbow
ng der nächſten Jahre mufte «
1833 Jtalien —* und nahn eit 1836 je
Au ve E über, Im — ———— er 18%
nad) Kari e er
tr jurüäd, wurbe in das jarbim, mn ge
nn und ging zu —— 1849 als farbin. &
ter nad) Baris, entjagte diefem Poſien nad de
eröffneten Linie Baris:St.:Germain der Weltbahn, | —5— von Novara und nahm feinen Aufentbel
Rufidſchi
wieder in England, Seit 1852 veröffentlichte R.
in engl. Sprache die Romane: «Lorenzo Benoni»,
«Doctor Antonio», «The Paragreens», «Laviniar,
«Vincenzo», «A quiet hook in the Jura» und «Car-
lino», die beifällig aufgenommen wurden. Seit
1875 lebte R. in dem Städtchen Taggia an ber
Riviera di Ponente, wo er 3. Nov. 1881 ftarb,
Rufidfehi, Fluß, ſ. Lufid ſchi.
Nufinus, ein romaniſierter Gallier, aus Eluſa
in Aquitanien gebürtig, war unter Theodoſius
d. Or. zuerſt Magister officiorum, ſeit 392 Prafelt
bes Orients, und wurde von den Kaiſer vor feinem
Tode (17. Yan. 395) feinem Sobne Arcadius (f. d.)
als leitender Staatsmann der Ditrömiichen Reiche:
hälfte beigegeben. Er veranlafte im Frühling 395
durd falihe Behandlung der Weitgoten die Er:
hebung berfelben unter König Alarich. Als aber
der weitröm. Feldherr Stilicdho den Ditrömern gegen
die Boten zu Hilfe ziehen wollte, wies ihn R. aus
Eiferſucht zurüd, Stilicho — trat jedoch mit
den Feinden des R. in Verbindung. Bei einer
Heerſchau (27. Nov. 395) vor Konſtantinopel wurde
N. durch Gainas, den Befehlshaber der in oftrönt.
Dienften ftehenden Goten, ermordet und der Kam:
merberr Eutropius trat an feine Stelle. Die Folge
diefes ntriguenipiel war die Verheerung Grie:
chenlands 395—396 durch Alarich.
Nufinus (Toranus, Turranius oderTy:
rannıus), — nee von Aquileja, geb,
um 340, trat dafelbft in ein Kloſter, ſiedelte aber
um 372 nad) dem Morgenlande über, wo er zunädjit
längere Zeit in Slgypten verweilte, dann um 378
nad) Jeruſalem überfiedelte und bier am Ölberg
ein Stlofter —3* Seine Begeiſterung für Ori⸗
genes brachte ihn in einen Streit mit ſeinem in
Bethlehem wohnenden Jugendfreund Hieronymus,
ſodaß er 397 das Morgenland verlieh und nad)
fürzerm Aufenthalt in Rom 399 nad Aquileja
zurüdtehrte. Bor den Einfällen der Goten flüchtete
er fi 408 nad) Sicilien und ftarb bier 410. Die
Bedeutung R.S liegt darin, daß er die theol. Litte:
ratur des griech. Morgenlandes dem latein. Abend:
land durch eine Reihe von Üiberjeungen vermit:
telte. So überfegte er die Werte bes Drigenes,
allerdings in freier Weife, indem er deſſen kirchlich
anjtößige Außerungen wegließ oder milderte, fer:
ner die Kirchengefdichte des Eujebius, die er zu:
glei bis Iheodofius d. Gr. fortführte. Endlich)
wird ihm außer andern lberjegungen, 3. B. von
Schriften des Bafılius, Gregor von Nazianz u. a.,
auch eine vielfach gedrudte und benußte « Historia
monachorum» zugefhrieben. Seine Werte find
ee von de la Barre (Par. 1580) und
Ballarlı (Verona 1775). Vgl. Ebert, «Geſchichte
der hriitl.:lat, Pitteratur» (Lpz. 1874).
ufu, auch Bangani, Fluß im deutſchen
Schutzgebiet der Oſtafrikaniſchen Geſellſchaft, ent:
ſteht aus mehrern Quellarmen auf dem Südab:
hange des Gebirgsſtockes en in ber
Landſchaft Dſchagga, fließt zuerft ſüdlich, erweitert
fh im W. des Yanddhens Pare jeenartig, wendet
ſich hierauf jüdöftlih, trennt die deutſchen Schuß:
länder Ujambara (nördlich) und Ujagua (füdlid)
und mündet bei der dem Sultanat Zanzibar ange:
börigen Stadt Bangani im NW. der Date Ban:
jibar nad) einem Laufe von etwa 500 km in ben
ndiichen Ocean. In feinem Unterlauf ift der R.
hiffbar, weiter aufwärts wird die Fahrbarkeit des
Ulnfjes durch Waſſerfälle behindert.
| sum urbis
— Ruge 891
Rufus 8, verfaßte 869 n. Chr. einen kurzen
unddürftigen Abriß (breviarium)derröm.Gefchichte.
Wohl weil man eine Beicreibung Noms in Hand:
ſchriften hinter diefem Breviarium fand, gab man
ihr den SertusNufus zum Berfafler. In Wahr:
heit geht dieſelbe auf eine offizielle um 315 verfaßte
Stadtbefchreibung zurüd, führte den Titel «Curio-
u bis Romae regionum XIV cum breria-
riis» (zujammenfajienden Anhängen) und war nad)
357 verfaßt, alfo jünger als die ähnliche, aus der:
felben Quelle ftammende « Notitia», die zwifchen
334 und 357 geſchrieben ijt. Das «Curiosum »
wurde im 15. Jahrh. durch Zufäge aus Schrift:
ſtellern und namentlich auch einer großen Inſchrift
mit er Inhalt ftark vermehrt und indem ihm
das Ausjehen einer einem Römer P. Bictor bei:
—— antiken Schrift gegeben wurde, gefälſcht.
ud) hat das «Curiosum» dann Jahrhunderte bin:
durch in diejer entitellten Geftalt den verderblichiten
Einfluß auf die röm. Topographie ausgeübt. Erſt
im 19, Fr Y ift der Sachverhalt Hargelegt wor:
ben, l. Preller, «Die Regionen der Stadt
Rom» (jena 1846); Jordan, «Topographie der
Stadt Rom» (2 Bde, unvollendet, Berl. 1871 fa.).
Rug, eine zu den Garolinen (ſ. d.) gehörige Injel.
Nuga (Lucius Yıilius), ſ. unter Fcilius.
Rugard, der hödjite Berg der Inſel Rügen,
j. unter Bergen (auf R ).
Rugby (ipr. Nögbi), Marltſtadt in ber engl.
Grafihaft Warwid, il einer Anhöhe linls am
Upper-Avon, mit (1881) 9890 E. Station der
Linien London: R.»Birmingham, R.Leamington,
R.Tamworth⸗Stafford und R.:Stamford der Lon:
bon und Nortbweiternbahn und der Linie Yeicefter:
R. der Midlandbahn, ift großenteil3 altertümlic)
gebaut und befigt die eyrwürdige St.⸗Andreaslirche
ein litterarifches Juſtitut, eine Zaubftummenanftalt
und eine berühmte Lateinſchule, weldhe 1567 von
ben londoner Gewürzbhändler Lawrence Sheriff ge:
gründet wurde. Die Anjtalt bat 400 Schüler und
eine Jahreseinnahme von 5000 Pfd. St. und iſt
eine der drei beveutendften höhern Schulen Eng:
lands. Dabei liegt Bilton:Houfe mit ſchönem
Garten, einft Wohnſih Addifons, deſſen Lieblings-
promenade nod) jest Addifond-Walt genannt wird,
Ruge (Arnold), orragender philoſ. und
polit. Schriftfteller, geb. 18. Sept. 1803 in Bergen
auf der Inſel Rügen, ftudierte in Halle, Jena und
eidelberg Philologie und Philofophie. Wegen
eteiligung an dem fog. Yünglingsbunde, welcher
die Einheit Deutfchlands unter Preußen anftrebte,
erhielt er eine fünfjährige Haft auf der Feftung
Kolberg. Hierauf wurde er Pehrer am Pädagonium
in Halle, habilitierte ſich 1831 bei der dortigen Uni:
verfität mit feiner « Platonifchen Kjthetil » und be:
ründete 1838 mit Chtermeyer die (in Leipzig cr:
Pheinenden) «Halleihen Jahrbücher für deutiche
Kunft und Wifjenfhaft », welche in Hegelicher Zen:
benz das bedeutenbite litterarifch:Tritiiche und philoſ.
Organ der Zeit wurden. Infolge von Cenſurſchwie⸗
rigleiten begab ſich R. 1840 nad) Dresden und ver:
wandelte die «Hallejchen Yahrbüchere in «Deutiche
Jahrbücher» (ohne die Namen ber Herausgeber),
deren polit. und religiöje Tendenz jebt eine radi:
falere wurde. Im Ri 1843 erfolgte die Unter:
drüdung der «Jahrbũcher⸗ dur die ſächſ. Regie:
rung. R. wandte ſich nun nad) Paris. In «Zwei
e in Baris» (2 Bde., 1845) ſpricht er ſich über
eine Stellung zum Sozialismus ausführlich aus.
*
892
%. 1846 begann er bie Herausgabe feiner «Ge:
Den Se ed » (10 au ed 1846—
48), bie unter a aud) ben 1839 —
gegebenen «Novelliften» enthalten. J war
R. nad) Zürich übergeficdelt und —3 De
bel bei dem Litterariichen Comptoir buchhändleriſch
beteiligt. Als der Deutiche Bund dieſe ver:
bot, lehrte R. nach Leipzig zurüd und gründete
dort 1847 das Verlagsbureau, welche Firma 1851
von ber —* Regierung ebenfalls verboten wurde.
Bei der gung von 1848 beteiligte ſich R. im
demokratifhen Sinne. Für Breslau zum Parla-
ment in este gewählt, a er bier die
äußerte Linte. Im Juli begab er fi nach Berlin
und leitete dort die «Reform», als das Organ ber
Linten der berliner Nationalve —— Die
Maßregeln vom 5. Nov. 1848 hatten jedoch die
Unterbrüdung der «Reform» und die Verweiſung
ihrer Redactaure zur Folge. Nachdem er fi in
Yeipzig, Frankfurt, Karlsruhe und Paris auf gr
ten, begab er fi 1849 nad London und bildete
bier mit Ledru:Nollin, Mazzini, Daracz und Bra:
tiano das « Europäiiche demofratifche Komitee für
die Solidarität der Partei ohne Unterſchied der
Voller⸗. Später zog er fih aus dem Gentrallomitee
zurüd, Geit 1850 lebte R. in Brighton als «visi-
ting tutor» an verſchiedenen Schulen. —* der
nationalen Umgeſtaltung der deutſchen Verhältniſſe
im > 1866 und 1870 Ipradı fh R. ——
vielſach für das neue Deut Reich aus und be:
zog feit Febr. 1878 vom Deutſchen Neich einen
Ghrenfold von jährlid 3000 Marl. Er ftarb 31. De;.
1880 in Brighton.
‚Bon feinen Schriften find noch zu nennen: «Por:
tiihe Bilder» (2 Bde., Lpz. 1847 u. 1848), « Polit.
Bilder» (2 Bde. ?pz. 1847 u. 1848), «Nevolutions:
novellen» (2 Tle., Lpʒ. 1850), die Überjehung von
Budles «Geſchichte der Civilifation» (5. Aufl.
5 Bbe., Lpz. 1875), feine Memoiren unter dem Tite
«Aus frü Beit» (4 Bde, Berl. 1862-67),
«Acht Reden über Neligion » (Berl. 1869), «Lord
Balmerftons Leben, frei nad) Sir Henry Bulmwer
Lotton» (Berl. 1872), «Wanderbud, 1825—73, ge:
didhtet von Arnold R.» (Ausgabe für Nordamerita,
Lpj. 1874). Auch veröfientlichte er eine deutiche
tiberfeßung —— — 3. Aufl. Lpz. 1867).
Bol. Nerrlich, «Arnold ⸗ —— und Tage⸗
buchblätter» (Bd. 1: 1825—47, Berl. 1886).
Nüge bedeutete im Mittelalter die pflihtmäßige
Anzeige begangener Verbrechen durch Zeugen (testes
synodales) in den geijtlihen (Nügezeugen), durch
die Schöffen und Bauermeifter in den verichiedenen
weltlichen Gerichten, fodann die fo angezeigten Ver:
brechen felbft. Auch bezeichnete man als R. nur
eringere, mit bloß bürgerlichen, nicht peinlichen
tajen u belegen eben, zu deren Aburtei:
lung felbjt unter der Herren t des fchriftlichen und
beimlihen Verfahrens in vielen deutichen Ländern,
3. B. Hannover, Württemberg, Sachſen, fich Liber:
reite der alten Gemeindegerichte in periodiſch ftatt:
findenden Rügegerichten erhalten hatten. Jetzt
nennt man — meiſt nur Injurienprozeſſe;
doch ſpricht man auch von Forftrügen.
Nugeley, Stadt inderengl.Grafichaft Stafjord,
rechts am Trent und am Great⸗Trunklanal, Station
der Linien Rugby: Tammwortb:Stafiord und Dubdley:
Port:R. der Yondon: und Northweiternbahn, zählt
(1881) 4249 E, und bat Hut: und Filzfabriten,
darbenmühlen, Gifenwerte und Koblengruben,
Nüge — Rügen
Nugen, f. Rupier,
Nügen, die größte unter Deutſchlands Infeln,
in der Dftiee gelegen, von dem Feitlande, mit dem
ie wahrſcheinlich einft zufammenbing, durch be:
Rügeniden Bodden und den nur 2,46 kım brei-
ten Steelafund getrennt, bildet nebjt einigen Heinen
Gilanden den zum Regierungsbezirl Stralfund ber
preuß. Provinz Bommern gehörigen, T nad
der Hauptitadt Bergen benannten Kreis Rügen,
der 1880 auf 967,2 qkm 46115 €. zäblte, darumter
169 Katholiken und 14 Juden. Die Infei zeichnet
ſich durch ihre außerordentlich zerriſſeneẽ Geſtalt aus.
Auf allen Seiten it das Meer tief eingedrungen
und bildet eine Menge größerer und Heinerer Bin:
nenwaſſer, Wiele und Bodden (f. d.) genannt.
Durch diete find auf allen Seiten Halbinfeln ent:
ftanden, die zum Teil durch gan [hmale Landengen
(wie Schaabe zwiichen Jasmund und Wittom) mit:
einander oder mit dem Stern ber Inſel mie
Schmale Heide) jelbjt zufammenhängen. ftredt
fich gegen N. die Halbınjel Wittow mit dem Bor:
gebirge Arktona (f. d.), gegen NO. Jasmund,
gegen SD. Mönkgut. Im RW. liegt die jchmale,
18 km lange Fiiherinjel Hiddenfee ober Hid-
denſöe, welche erjt 1308 durd) eine Sturmflut von
R. getrennt wurde und bei deren Rordſpiße, dem
Dornbufch, 1864 mehrere Seegefehhte wiſchen
Preußen und Dänen vorfielen; etwas füdöftlicher
die breitere Infel Ummanz. N. ift rei an gro-
tesfen und romantifchen Gegenden, Es ift im ®.
eben, erhebt ih im Innern, und die Norboftfüften
beftehen meilt aus ſchroſſen, fteifen Kreidemänden.
Die bedeutendfte Anhöhe im Innern, das «Nuge des
Yandes», ift der Nugard (102 m), auf welchem bis
1316 eine ftarfe Burg, Nefidenz der Fürften von
itand, und von welchem man das ganze Land: und
—— von Arkona bis Stralſund und Gre
wald wie einer Landkarte unter ſich ſeht. Die
Krone R.s iſt die Halbinſel Jasmund, ein Heine
Hochland von 15 km Länge und 11 km Breite mit
den höchſten und maleriichiten Bunkten der Inſel
Dieſelbe bejteht im NO. aus Kreibegebirgen und
fällt mit mehr oder weniger fteilen nden und
Vorgebirgen zur See ab. Unter lebtern zeichnet
ih aus die Große Stubbenlammer, db. b.
jteinerne Treppe (vom flaw, stopien, Stufe, und
kamien, Fels), ein ſenkrecht abgeihnittener Kreide
fels, deſſen höchjter Punkt 128,«m der Kö:
nigsſtuhl beißt, weil daſelbſt Karl XIL 8, Aug.
1715 einem Seetreffen zwiichen den Schweden und
Dänen zuſah. Man hat von bier eine in Deutid
land einzige Ausſicht in die Shauerliche Tiefe und
auf die weite unbegrenzte Dftfee. feit einer
Schlucht, zu welder 600 eingegrabene Stufen hinab:
führen, hegt weiter oftwärts die Kleine Stub:
benlammer, nidt jo hoch, aber fait noch fteiler.
Diefen öftl, Teil von Jasmund bededt die Stub:
nik oder Stubbenik, ein großer Buchenwald, mit
vielen alten Grabmälern (Steinliften). Hier liegt,
auch unweit weitlid von der Stubbenfantmer, der
Hertbafee, von der finitern Lage zwiſchen bewal:
deten Höben auch der Schwarze See, gewöhnli
aber der Borgjee, d. h. Burgſee genannt, ein
länglides Dval von 150 m im längiten Durd-
meſſer, in der Mitte 16 m tief, im Grumbe mit
Baumſtämmen, ten, verwejenden Blättern und
Moorerfüllt, Nahe weitlich davon ftebt die Heribas»
burg, der höchſte Punkt der Infel, 154 m über 3
Dieer emiporragend, Dan hat in der Stubnis ben
Augendas
heiligen Hain vermutet, in welchem, nad Tacitus,
Hertta oder Nerthus (f. d.) ig wurde, ar
ie
die
albinfel Zudar im ©. ift fehr fruchtbar.
Insel bat nur Heine Bäche, dagegen mehrere Seen.
Der Boden iſt, Er Sandſtriche und einige Torf:
moore abgerechnet, jebr ergiebig und liefert viel Ge:
treide und Raps, namentlich auf Wittow, der Korn:
tanımer R.3. Sehr wichtig iſt auch die Viehzucht,
die eine —— Pferderaſſe und kerniges
Schlachtvieh liefert, ſo—
wie die Fiſcherei, na—
893
war, und die bereit3 im 17. Sahıh. nad Sadjen
und Medlenburg überfiedelte. Nach dem Dreißig-
jährigen Kriege war R. eine Zeit lang im Befike
des ſchwed. Generald Wrangel, dann der Grafen
de la Gardie, von denen fie der Fürit Putbus er:
warb. Val. Boll, «Die Inſel R.» (Schwer. 1858);
Graſſo, «Topographifchitatift. Handbuch von Neu:
vorpommern und der Inſel NR.» (Stralj. 1859);
Barthold, «Geſchichte von R.und Pommern» (5 Bde.,
mentlih der Herings⸗
fang. Schöne Eichen⸗ und
Bucdenwaldungen find =
vorhanden, jedody nicht EA
ausreichend fürden Holz: IF
bedarf. Die Bewohner, =
ein fleißiger, ——— Bon
und biederer Menſchen—
ſchlag, find gute Schiſfer,
Yotjen und Fiſcher. Die IE
Bevöllerung der Halb:
infel Möntgut (Mönd:
au), die pr tdemflojter
Eldena gehörte, unters [EE
ſcheidet fi von der übri: ·
genin Sprade, Kleidung IE
und altertümlidhen Ges IR
bräuden. Die Haupt: [f
und Kreisitadt it Ber: F3
gen (f. d.)._ Die zweite | £
Stadt ift en (}. d.). [ia
FSleden find Putbus(j.d.)
und Sagard (f. d.), Be:
merlens werte örfer
find Altenkirchen (f. d.)
auf Wittom und das er N
Ficherdorf Sapnik au —
Jasmund, ſudlich von [Et
Stubbenlammer, mitẽ
250 E. und ſtarlbeſuch⸗
ten Seebädern. Wegen
ihrer Naturjhönbeiten, |}
welde, die großartigen fk
Felspartien an der Tee
abgerechnet, mehr idyllis
ſchen als erhabenen bas I}
ralter haben, jowie wes
en der Ceebäder iſt bie
nie ati das Ziel ff
vieler Reiſenden. Bon
Bergen nad Stralfund
führt eine im Sommer |
1883 eröjinete 29 km
lange Eiſenbahn.
R. war im Altertum
von Germanen, dann von Slawen bewohnt und
wurde 1168 vom Nönig Waldemar I. von Däne:
mart erobert, der die Einwohner zum Chriftentum
belehrte. Cingeborene Füriten führten die Regie:
rung unter bän. Lehnäberrlichleit. Nach dem Tode
des lebten derfelben, Wißlafs ILL, wurde die Inſel
1325 mit Pommern vereinigt und fam 1648 an
Schweden, wurde 1715 von Preußen und Dänen
beieht, lam aber 1720 wieder an Schweden. Als
ein Beltandteil von Schwediſch-⸗ Pommern wurde
e 1815 an Preußen abgetreten, Die ——
omund gehörte früher der Familie von Jasmund
oder Yagmund, deren Etammfig das Gut Spiler
Mil
Mill
Die Infel Rügen.
amb. 1839—45); Fabricius, «Urkunden zur Ge:
chichte des Fürftentums R.» (4 Bde., Berl. 1841
—69); Fod, «Rügenfd: ponimerſche Gedichte »
6 Bde, sm 1861— 72); Edwin Müller, «Die Infel
Sagendad (Gen; 3 Philipp), einer der berüß
org Philipp), einer der m:
teften Beutfchen Schlachtenmaler, geb. zu Augsburg
27. Nov. 1666, der Sohn eines Uhrmachers, ftu:
dierte befonders die kriegeriihen Darftellungen nad)
Bourguignon, Lenibte, Tempeſta u.a. Nachdem er
einige Zeit in Wien gelebt, reiite er 1692 nad) Be:
nedig und nad) Nom, von wo er 1695 nad) Augs⸗
burg zurüdtehrte. Hier ftarb er 10, Aug. 1742,
894
N. malte, zeichnete und radierte jehr viel. Seine
Zeichnung iſt korrekt, feine Kompoſition feurig und
eijtreich und fein Kolorit zuweilen ausgezeichnet.
In den Stellungen ber Pferde war er unerſchöpf⸗
lid. Auch bat man von ihm Blätter in jchwarzer
Kunſt, bie ichr eihäst find. Seine Gemälde, na:
mentlich Scladten und Belagerumgen, und feine
unzüchtigen Zeichnungen find fehr zeritreut; unter
feinen radierten Blättern zeichnet jid) ganz vorzüg:
lich eine folge von ſechs Blättern aus, welche die
Belagerung von Augsburg voritellen, der er felbit
beiwohnte (1703). Gr wurde 1710 der erfte Direl:
tor der augsburger Alademie. — Seine Söhne,
Georg Philipp R. geit. 1774, Chriſtian R.,
eit. 1781 und Sereimias Gottlob R. find eben:
alls als Kupferſtecher, befonderd in Aquatinta
oder getuſchter Manier, belannt. j
Johann Porenz R., der Urentel Georg Phi—
lipps, geb. 1775, geit. als Profeſſor der Kunſtſchule
und Direltor der Zeichenſchule in Augsburg 19. Dez.
18526, belannt durd feine Bataillenitüde, Scenen
aus der neuern Kriegsgeſchichte, in Tuſchmanier.
Johann Moriß R., der Sohn des vorigen,
geb. zu Augsburg 29. März 1802, bildete fich unter
Yeitung des Tiermalers Albr. Adam und unter
Quaglio feit 1815 für die Genremalerei aus. Im
J. 1821 begleitete er Langsdorff als Zeichner und
Maler auf dejien Reife ins Innere Brafilien3, wo
er, von Langsdorff getrennt, bis 1825 blieb. Nach
der Nüdtehr begann er die Herausgabe feines gro:
ben Werts, der « Maleriichen Neifen in Brafilien »
(Bar. 1827—35), und begab fi, um diefelbe felbft
zu überwachen, 1826 nad Paris. Während der
3. 1827—29 hielt er ſich in Italien auf und unter:
nahm 1831 eine neue Neife nach Südamerifa, das
er nad) allen Richtungen bis 1846 durchwanderte.
Über 3000 meift aber unfertige Studien, beitehend
in Bleiftiftzeichnungen, Aquarellen und Olſtizzen,
find das Ergebnis diefer 15jährigen Reiie. Der
bayr. Staat faufte diefe Sammlung für eine Leib:
rente, die er dem Kunſtler zahlte. Auf Beranlafiung
Humboldts malte er auch für den König von PBreus
ben zwei größere Folgen transatlantiſcher Darftel-
lungen. „pie das Marimilianeum follte er die Ent:
dedung Amerilas malen, wa3 aber mißlang. R.
lebte zu Münden, fpäter zu Weilheim, wo er
29. Mai 1858 jtarb.
Nügener Bodden, ſ. unter Bodden.
NRügenwalde, Stadt im preuß. Negierungs:
bezirt Köslin (Bommern), 18 km nordweſtlich von
der Kreisſtadt Schlawe, rechts an der Wipper , die
2 kın unterhalb, nachdem fie links no) die Grabow
aufgenommen, in bie Oſtſee mündet, Station der
Linie Zolibrüd: NR. der Preußiſchen Staatsbahnen,
it Siß eines Amtsgericht3, einer Reichsbankneben—
jtelle und eines Hauptzollamts, hat ein Schloß,
eine Irrenanſtalt und (1850) 5442 E., die Segel:
tuchfabrilation, Yeinweberei, Fiicherei ſowie Ree—
derei und lebhaften Handel mit friſchen und ge—
räucherten Aalen, Lachſen und Gänſebrüſten
(Rugenwalder Spidgänſen), Leinwand, Getreide,
Holz u. ſ. w. betreiben. Der Hafen Rugenwal—
dermünde mit Seebad liegt linls an der Mün—
dung der Wipper, ward _1772 wieberhergeitellt,
nachdem er zur Zeit des Dreibigjährigen Krieges
unbraudbar gemacht worden, und neuerdings er:
weitert. R. tam 1273 vorübergehend an Branden:
burg, gebörte dann um 1300 zu Polen, fiel aber
bald an Bommtern und war jeit 1365 Hanſeſtadt.
Nügener Bodden — Ruhl
Nugier oder Rugen, ein zur got. Gruppe or-
böriges german. Bolt, wahrſcheinlich im älteiter
Zeit in der Gegend der Obermündungen und aui
der Inſel Rügen. Die Ulmerugi, d. b. die Holm:
oder Inſelrugier der got. Stammijage, verichen
en, —— auf Fi ——
weg. Rogaland. it esten Jahrzehnten dei
2. Jahrh. n. Chr. den Goten nad dem füdf. Aui-
land folgend, dann wieder jeit 374 von den Hm-
nen weitwärts geichoben, erſcheinen fie zu Attilas
Zeit und nad dem Zerfall des Humnenreichs als
mädhtiged Boll an der mittlern Donau auf der
Linie von dem jebinen Linz bis Wien und dem
Marchfeld, großenteild auch in Roricum, wo ſie
unter mancherlei Kampfen fih behaupteten, bis
Odoaler (j. d.), der neue deutiche König von Ita
lien, jelbit ein Mann rugiſcher Ablunft, ibren
König Fava (487) der Herrichait beraubte und
aud das Voll aus jeinem Sike trieb. folge
dejien verließen fie das Land, welches nad; ibnen
nod) eine Zeit lang Rugiland genannt und zumädyit
von den Longobarden in Beſiß genommen wurde,
und ein Zeil derjelben verlor fih allmählich umter
Stiren, lern und Pongobarben, ein anderer
aber zog 489 mit den Ditgoten gegen Ddoaler nad
Stalien, wo er dann neben den Goten als ein ob-
geſondertes Volk lebte und endlich mit jemen zu:
glei von den Byzantinern befiegt wurde.
—— (in der Muſih), ſ. Fermate.
Muheſtand, die Stellung eines Beamten, wel
der aus dem Dienft entlafien, aber im Genuß eine:
Penſion (ſ. d.) iſt.
Nuheftörung, die Störung der öffentlichen
Nude und Ordnung, in der Form, daß über den
eek ei Kreis des Thäterd oder gewiſſe Ber:
onen hinaus ungebührliderweife rubejtörender
Lärm (durh Mafchinen, lautes Singen, Halten
eines lärmenden Hundes, übermäßiges Klavier:
fpiel u. a.) erregt wird. Das Neihsitrafgeiehbud,
S. 360, Nr. 11, Seht darauf Geldftrafe bis zu
150 Mark oder Haft. .
Nuheftrom nennt man die zeitweilige Unter:
bredung des die Telegraphenleitung dauernd durd:
fließenden elettrifhen Stroms. (S. unter Arbeits:
ftrom und Telegrapbie, techniſch.)
ee (in der Mufil), ſ. Fer mate.
Rudi (Joh. Ehrijtian), Bildhauer und Maker,
geb. zu Kaſſel 15. Dez. 1764, bildete fich bei Rab,
1787 bei Pajou in Karis und dann in Stalien.
Nach feiner Rückehr wurden ihm alle Stu en
im Schloſſe Wilhelmshöhe übertragen, bie er trefi-
lid ausführte. Im J. 1808 ernannte ihn König
Hieronymus zum Hofbildhauer. Nach der Reſtan—
ration des kurfürftl. Haufes wirkte N. vorzüglich
als Profeſſor an der Alademie und arbeitete viel:
Büften (Heynes, Blumenbabs, Heerens u. f. m.)
und zahlreihe Dentmäler. Außerdem lieferte 9.
—— radierte Umriſſe zu Dffian, Bürgers «Lenore,
Luthers Leben u. f. w. Er ftarb 29. Sept. 1842.
Ludwig Sigismund R., Sohn des vorigen,
= zu Kaſſel 1794, empfing feine Kunjtbilbung in
resden, Münden und Italien und wurde fpäter
um ®Direltor ber Kunittammlungen von Kaſſel,
— endlich auch der kurfürſtl. Bibliothek zu Bit:
helmshöhe ernannt. Seine zum Teil ſehr poetiſch
—— und finnig ausgeführten Gemälde ae:
ören meijt bem biftor. Genre an. Auf einer Reiſe
nad Italien mit jeinem Bruder zeichnete er unter
anderm einen Karton, welcher die Gefchichte Rome
Ruhla — Ruhmkorffſcher Induktor
in gen Weiſe darftellt. Andere u
Bilder find die Benetia und die In jpä
terer Zeit erihien von ihm ein aber 5 3 m SE
Ghiarosruro, der Triumph bed Amor, we
vielen Beifall fand. Auch biblifche Sadıen malte
er, fowie es auch von feiner Hand vo che Um:
ville zu u Shalipeare gibt. Geſchrieben hat er «ber
uffaffung der — in der Pferdebildung
ae Blaftit» (Sta
Julius Eugen Me — ere Bruder des
vorigen, geb, zu Kaſſel 1796, ft, nahm als
Freiwilliger am Berreiungstri £ — und —*—
dann die rg unter | Leitung und
Die Frucht eines ee Auf:
auf Neiien.
enthalts in \talien waren feine «Denkmäler ber
Baufunft in; » (KHafl. u. Darmſt. 1821), eine
vortreffliche Sammlung maleriiher und bennod
ſehr genauer —— Im J. 1824 Land:
bLaumeüter in Hanau, 1831 2 m kurfüritl. Hofbau:
direltor ernannt, — er das prächtige Stände:
haus in Kaſſel; aud) entwarf er die Pläne zu einem
neuen Schloff e, einer u . Hanau, eines Sur:
sebäubes für Raubeim u. Auferbem leitete
er die Wieberberitellung Er Bilhelm&höhe und
1846 wurde ibm bie Generalbaubireltion der kur⸗
bei. Stantseifenbahnen übertragen. Seine «Ardi:
teftonifchen Entwürfe» (Kaſſ. 1839 fg.) enthalten
eine ellung feiner Bauten. Auch gab er bie
Gebãude des Mittelalters zu Gelnhauſen⸗ (Franlf.
1839) in 24 malerischen Anfichten Heraus.
Ton Kg man im —— Teile he
rıngerwaldes, 15 km im von nad,
Station ber Aublaer —— (Linie Bahasa)
zieht ſich in einem fehr engen Thale 5 km weit h bin
und wird durch das * — in zwei
Hälften , eine fachlen » weimarifde (Amtsgericht
Sa) und eine jadhfen-gothaifche ——
Thal) geteilt, von denen die erjtere (1885) 2145,
die [eßtere 2683 €. t. Der im Sommer fehr
ſtark von Touriften befuchte Drt hat ein Bad, eine
großberzogl. Forſtverwaltung und bejaß früher er
berühmte Königſche Forſtinſtitut, welches nad
Gifenach) verlegt worden ijt. Weit befannt ift N.
durd feinen eigentümlichen Gewerbfleiß, der ſich
namentlich auf Anfertigung von Tabalspfeifen von
Holz und Meerihaum, Pfeifenlöpfen, Pfeifen:
beſchlãgen u. dal, fowie Metallwaren: und Four:
nier gun abrifen erfiredt. Der ——
von ———— "aller a reg ſich, ab
von —— im jährli Durdi — auf
etwa 6 Mill, Mat, Zu R. — = 10 Seien
unechte pre entbedt. Bol. Aler. Ziegler,
«N. und jeine Umgebung» (4. Aufl., Dresd. 1876).
„.Rubland, Etadt im preuß. Ar
nik, Kreis Hoyerswerda, in der Oberlauſiß,
ie 3 an der Schwarzen Gliter, Station der Linien
Franffurt a. O.:Großenhain Mittenberg- Koblfurt
und R.:Lauchbammer der_ Preuß. Gtnntöhahnen,
‚äblt (1885) 1877 E., ijt Sik eines Amtsgerichts,
yat Fabrilation von Gement und it Handelaplag
ur Rindvieh der oftbeutichen a erungseufien.
üble von Lilienftern ug),
oreuß. Generallieutenant u 133 ‚en.
‚u Berlin 16. April 1780, wohnte dem Ze
son 1806 als Generalftiabsof im m Yes
** Hohenlohe bei. dem Frieden von
ilſit trat er in —— Dienſt und —— =
Diajor Gouverneur des Bringen Bernhard
Sachlen: Weimar. Cr verfaßte in Weimar die Be
895
richte eines Augenzeugen von bem
er redigierte die Zeitſchrift Am [2
808-9 u. Beim. 1810) 10) und gab feine tr
aGeneralkarte von Sadjjen» (Dresd. 1808) ——
Hierauf begleitete er den zu. Bernhard in dem
gelbauge, den dieſer 1809 = itän im fächf.
ienjt gegen Oſterreich machte, und den R. in feiner
«Reife mit der Armee im %. 1809» (3 Bde., Rudolit.
1809—11) beichrieb, trennte fih_aber im Herbft
1811 von dem Srinzen und begab ſich auf jein Gut
Zaubegaft bei Pillnik in Sachſen, 1813 trat R. in
Breslau als Freiwilliger in das Lüpomfce e Korps,
übernahm jedoch bald im Hauptquartier der (ale
Armee die Gejhäfte des Bureauchef3. Die Dispo
fition zum Gefechte von Hainau rührt von ihm ber.
Nach der Schlacht in Leipzig zum Generallommiſſar
der deutſchen Bewaffnung unter Stein ernannt,
organifierte er die Kontingente der Rheinbunds:
ftaaten mit Ausnahme Bayerns und Württem:
bergs, und erbielt aud beim Wiederausbrude des
Kriegs 1815 den Auftrag, bei —— der
rhein. weſtfãl. Landwehren mitzuwirlen. Nach dem
Frieden wurde er 1816 in Berlin als Oberſt dem
Großen Generalſtab zugeteilt, deſſen Chef er, 1820
zum Generalmajor ernannt, 1822 ward, Aud
leitete er nad) Grolmans Austritt ein Jahr lang
interimiftifch ein Departement des Kriegsminiite-
riums. Seit 1816 war er ber erfte Nedacteur des
«Preußiſchen Militärwochenblatt», ferner Bräfes der
Stubiendireftion der Allgemeinen Kriegsſchule und
feit 1826 — Direltor der Ober-Militärſtudien—
—— sm 3. 1835 zum Generallieutenant
dert, dert, wurde er 1837 Direktor der Allgemeinen
—e und 1844 Generalinfpelteur des Mili:
tär :Grjiehungs:= und — sweſens. Gr ſtarb
1. Juli 1847 zu l. »R. von Lilien:
ſtern. Ein biograp 3 Berl. 1874).
Ruhmkorff (Heinr. Daniel), Mechaniler, geb.
zu Hannover 1803, fam 1819 nad Paris, wo er
eine mechan. Weritatt ründete. Gr baute 1844
die erſte gute thermo⸗eleftriſche Batterie und
nn den pr Hit Indultor (ſ. d.). R.
— ——— u Paris.
— r Juduktor (Ruhmkorff—
* pparat), ein von Heint. Dan. —
(ſ. d.) 1861 erjunbener Jdultionsappatat
welchem der ſehr dunne Draht der Spule für die
Volta » Induktion sen lang genommen und fo ge:
widelt wird, daß die Windungen voneinander
durd Seide und Firnis aufs beſte iſoliert find,
Der Hauptitrom der innern, mit diden Dräbten
ummundenen Spule it mit” einem felbitthätigen
Stromunterbreder, mit einem Kondenſator aus
mit Staniol belegtem Seidentaft und mit einem
Stromwechsler (Kommutator)verjehen. Der Ruhm⸗
torfffche Apparat wird ebenſo in äußerit groben
(Riefenindultoren) wie in fehr Heiner Form (Mig-:
noninduftoren) angefertigt, und verwandelt ſchwach
geipannte eleftriiche Ströme in hochgeſpannte der:
art, daß elektriiche Andultionsfunten im unter:
brodhenen Indultionsdrabt auftreten, und über:
haupt mittel3 desfelben die Identität zwiſchen
—— und Reibungseleltricität im ——
chen nachgewieſen wird. Der Ruhmlorſſſche Ap⸗
parat lann alle Wirkungen eines hochgeſpannten
eleltriſchen Stroms zeigen; er dient befonders zum
Anzünden von Ga3, von Sprengjhüfien mittels
des efektrifchen Funtens, ferner für eleftriiche Licht:
verjuche mittels der Geißlerſchen Nöhren x.
and
arb
896 Ruhnlken
Ruhnken (Dav.), — der aufge; ichnetiten
Humaniften des 18. Jahrh., geb. 2. an. 1723
wahrſcheinlich zu Winters agen beiStolpi in Hinter:
pyommern, Deluchte das Friedrichslollegium zu
Königebera und ftudierte in Wittenberg und Leiden.
Er wurde 1757 Yeltor der griech. Sprache in Yeiden
und erhielt 1761 die Projefiur der Beredſamleit,
Geſchichte und Altertümer, die er bis an jeinen
Zod, 14. Mai 1798, belleidete. N. verband mit
einer Fülle von Gelehrjamteit geiundes Urteil und
groben Scharſſinn. eine nad) den beiten röm,
Muftern gebildete Yatinität ijt rein und torrelt,
Bes Daritellung Har, Unter feinen jahfreihen
Schriften find zu erwähnen: «Epistolae criticae »
(2 Xle,, Leid. 1749—D1; neue Aufl., 2py. 1827);
die Bearbeitung von Zimius «Lexicon vocum
Platonicarum» (Leid. 1754; 2. Aufl. 1789; ver:
mehrte Aufl. von Koch, Lpz. 1839); der Homerifche
«Iiymnus in Cererem» (Leid, 1780; 3, Aufl. 1808;
neuer Aldrud, Lpz. 1827); ferner die Ausgaben
des Rutilius Fupus (Leid. 1768; neue Aufl., 2ps.
1831 u. 1841), Vellejus Raterculus (2 Bde,, "Leid.
1779; neue Aufl., Lpz. 1830) und der «Opera» des
Muret (4 Bde,, Leid. 1789). Außerdem vollendete
er die von Alberti begonnene Aus abe des Hey:
chius (2 Bde., Leid. 1746—66). Ein Mufter bio:
grapbiider Zarheltung iit fein «Elogium Tiberii
lemsterhusii» (Leid. 1768; neue Aufl. 1789 u.
öfter). Nach feinem Tode erſchienen die «Opuscula
oratoria, philologica, critican (Leid. 1797 u. 1807)
die fpäter durch Derimaıa (2 Bde., Leid. 1823)
und Friedemann (2 Bde,, Braunfdhw, 1828) ver:
vollftändigt wurden ; ferner «Ruhnkenii, Valcke-
narii et aliorum ad J. A. Ernesti epistolae» (2p3.
1812); «Ruhnkenii et Valckenarii epistolae mu-
tuaen (Bliefjingen 1832), «Ruhnkenii epistolae ad
diversos» (Bliefingen 1834). Ebenfo wurden aus
Kollegienhejten veröffentlicht feine «Lectiones aca-
demicae in antiquitates Romanas» (22 Hefte, Jena
1818—35), die «Dictata in Terentii como edias»
(Bonn 1835), die «Dictata in Suetonium» (Leid.
1+28), die «Dictata in Ovidii heroidas » Epz
1831). Vogl. Wyttenbach, «Vita Ruhnkenii» (oe,
1799; neue Aujl., Lpz. 1822 u. Freiberg 1846);
Rink, «F. Hemfterhuis und David N.» (Hönigsb,
1801); Luc, Müller, »Geſchichte der Hajfiihen bi:
lologie in den Niederlanden » (2p3. 1869),
uhr, im Mittelalter Rura, der wichtigite vechte
Nebenfluß des Nheins im preuf. Etaat, entipringt
im Kreile Brilon des weitfäl. Negierungsbesi irks
Arnsberg, auf dem Plateau und 2,5 km nördlic)
von Winterberg, 664 m hoch an der Nordjeite des
Nubrtopfs, flieht im eriten Teile ihres Laufs
bis Olsberg nord: und i in vielen Hrümmungen nord:
weitwärts über Meſchede (260 m), Arnsberg (182 m),
dann in weitl. Hauptrichtung mit beträdhtlichen
Windungen über Herdede (103 m), Witten, Blan:
lenſtein, Hattingen (68. m), Steele, erden, Kettwig
und Mülheim (36 m), wo fie in die Nheinebene tritt,
und mündet 21 m hoc bei Nubrort (f. d.), von wo
der 2 km lange Nubrlanal (Duisburger Kanal) nad)
Duisburg führt, Der Fluß hat eine Länge von
235,16 km, ein Flußgebiet von 1700 qkm, wird über
30 m breit und iſt im untern Paufe 7 5 kın weit big
Witten mittel® 11 Schleufen für Jule von
höchſtens 3400 Etrn. ſahrbar. Tod wird die
Schiffahrt ‚öfters dureh) niedrigen Wafleritand unter:
brochen. Die N, nimmt auf rechts, bei Nebeint,
die Möhne oder Möne; lint3 die Neger, Elpe, Valme,
— Nuhr
Henne, Wenne, Röhre mit der Sorpe nic Dönee nit
— of, die Heiner, ; r ai * —
ange Lenne ere en m
der Weftfeite des Kablen u , flieht in
Windungen gegen —* Altena und
—** * FR ——
ie Bigge, Elfe N
Ennepe auf und wird Such ihr wie ihrer
bedeutendes Gefälle einem —
Eiſenwerlen nußbar. Bon bis Mülheim
durchſchneidet die R. eins der a
ſten und wichtigſten Steintoblenlager — rtob:
—— — * du
ii
ca enden &i
nicht allein i in — — ——
ke —* des 5
ie Lager diffbarer Ber — — mit — —
ſtehen. Auch * = =
Gegenden dar. —
das vg Sr ner Mess): Natorp, eo
“lu (Sierlo eh n 5 J
uhr, eit ebenfl Maas
ven —— Aachen, f. Roer.
ſsenterie it der
weren | nfeltionstran t (j. d.), welche infofern
kei nit der Cote ht, * e wie dieſe
die Einführung eines in den
—53 —— der unge in —*
unentwideltem Zuſſande in den
franter findet; ferner als fie ihren Giß
lanal bat, € iſch auftreten und —
wie die cho era, durch —
ebracht werden fann. Bei Dipbtbertitieen eur.
= des ——— son dns =
ün ana rifjen, wobei fie un
Faferfto Teig — ze —
und abgeſtoßen wird
leihten Berdauum Gen ©
Du un Ei 3.
au),
bſchneiden an
nehmen die Stublentleerungen an
30 in 24 Stunden) zu, die Leibf
beftiger, e3 tritt äuberjt ep Stube un und *
ters auch —— —— >
mer nur-gerin engen —— ——
— nat le lotige Maffen, jondern ein
jet r) oder bfutiger
a im Boltsmunde oft aud) Blutzwanggr
ME felbjt reines Blut, Zu
gefellt fi Fieber, höch r Entlrä
men er — In leichten
—
=
ve
heinungen nad) vier bis ad) * in
(wen nehmen die Schmerzen
tome an Sei a —
von Darmſchleimhaut ab, und
S en de3 —“ der — 5
in ſchweren Fällen Genef nn
doch die Zeritörungen des Dar 4 ——
Schleimhaut er * ndeN
Darm, wodu tu
e verengt
bituelle *
atigen Folgen — —
Geſ * welche ſelb
het lönnen, nn leichten
ie Störungen im Darm leicht au *
immer eine * andauernde Erſe
Bei leichtern Graden ber R. ri
N {al
eit Diten und ya, Ba
Rudrlirfhe — Ruiz
genießen; warme —— * auf den Leib und
örtliche Blutentziehungen am After erleichtern die
Schmerzen. Bei den höhern Graden wendet man
—— und ſtopfende Mittel(Opium) an.
*8* von denen der eigentlichen N. aber
chiedene Erjcheinungen können auch bei dhroni:
(dem Darmlatarrh auftreten ——— iſche
uhr). Da ſich der Keim der N, in den Ausleerun:
n vorfindet, jo müjlen diefe zur —— von
nſtedung, wie bei der Cholera, durch Carbolſaure
oder Sublimatlöfung jorgfältig desinfiziert wer:
den. Wäfche, Nachtſtühle und Klyftierfpriken, deren
fih Nubrtrante bedienen, dürfen von Gefunden
unter feiner Bedingung gebraucht werden,
Ruhrkirſche, foviel wie Korneliuslirſche.
R biengebirge, eine bis zu 200 m Höhe
* erhebende Berglandichaft imweftfäl. Regierungs⸗
jirt Arnsberg und im rheinpreuß. ge
bezirt Düfieldorf, zu beiden Seiten der Nuhr und
öitlich vom Niederrhein, nördlich bis zum mſcher
und teilweife über dieſen Fluß hinaus bis im die
er von Redlinghaufen, im Oſten bis Unna,
füdlih bis in die Nähe von Elberfeld: Barmen
reichend, ift nächſt Oberfchlefien das reichfte Stein:
tohlenlager des Deutihen Reichs. Der Flächen:
inhalt des N. beträgt über 1000 qkm; der hödjjte
Zeil desfelben ift das Arbei (f. u
Nuhrkraut, Bollaname vonGnaphalium(f.b.).
Rührmichnichtan, Pflanze, f. u, Impatiens,
Nuhrort, Stadt im Kreiſe Mülheim a. d. Ruhr
im preuß. Regierungsbezirt Düfjeldorf, an der
Mündung der Nuhr in den Rhein, Station der
Linien R.: Wanne, Oberhaufen:R, und R.»Dort:
mund der Breufiihen Staatsbahnen, it Sit eines
Amtsgerichts, hat ein Nealgymnafiun, zählt (1880)
9130 meijt prot. E. und gehört zu den betriebſam⸗
ften Orten am Rhein. R. ift der Hauptfib des
Handels mit Steintohlen, die von hier durch eine
anfehnliche Flotte von Schleppdampfern rheinauf:
und abwärts bis Straßburg und nad) Holland ge:
brt werben. Den ſchönen Hafen, den größten
ußbafen Europas, 7,5 km lang, umgeben zu
iden Seiten Kohlenmagazine, Niederlageplähe,
Shiffswerfte und Aranen und fhmüdt feit 1847
ein Dentmal des weitfäl. Oberpräfidenten von
Binde, des Förderers der Nubriciffahrt, Den
Güterverkehr mit dem linten Nheinufer vermitteln
—— Hebetürme, in welchen die Eifenbahnwaggons
ur bydrauliiche Kraft auf das zum Überſeßen
beftimmte Schiff hinabgelafien oder von demfelben
beraufbeförbert werben. Ganz in der Nähe von N.
ind bedeutende Eifenhüttenwerle, Vaol. «Geſchichte
ber Stadt N.» (Nubrort 1882).
Nuhrrinde, die Wurzelrinde von Simaruba
»fficinalis DC., eine nicht mehr offizinelle Drogue.
Muhft, das plöpliche Steigen und Fallen des
Waſſerſpiegels des Bodenfees ohne fichtliche äußere
Urſache, eine noch nicht aufgellärte Erfcheinun
Nuisdael oder Ru ysdael(ipr.Neusdahl, Jal.
san), berühmter holländ. Landihaftsmaler, wurde
'twa um 1625 in Harlem geboren und ftarb ebens
yafelbit 12. März 1682, Er trat 1648 in die Maler:
Be feiner Baterftadt, wurde in Amfterdam 1659
ürger, verarmte aber gänzlich gegen Ende feines
?eben3. Sein Hauptftudium war die Natur. Doc
yab ihm auch fein Bater Iſaak Unterricht. Bauer:
Kufer, öde Hügel, einfame Binfenteiche, verfallene
ürme feiner nächſten heimiſchen Umge be⸗
chaftigten in der erſten Zeit feinen Pinſel; ſpqter
Converſationa⸗ Lexitoen. 13. Aufl, XIII.
897
wählte er ausgedehntere ia in ber Unge end
feiner Baterftadt, wie Winterlandfdaften, Dörfer
an beſchatteten Kanälen u. dol.; fodann folgten
Gebirgsgegenden mit fhäumend zwifchen Felſen
rabjtürzenden Gemwäflern umd andere ——
ormen der nordiſchen Natur, die auf Reifen des
aler3 in Deutichland und in der Schweiz hin:
weifen; zulegt malte er auch Strandanft und
Seejtürme, porn und Naturtreue, die feine
eriten Werte auszeichnen, find auch feinen jpätern
Landfhaftsbildern eigen; aber ein tieferes Eins
dringen in Natur und Kunſt laßt hier eine poetiſche
Stimmung binzutommen, ber fid) mandmal, ob:
wohl felten, etwas Allegorisches beimifcht,, wie in
dem berühmten Sllofter der dresdener Galerie und
in dem ebendafelbft befindlichen Hichhof; die Aus:
MAbrung ift ungemein fleißig, teilweife fogar troden.
Der Farbenton geht manchmal ins Bräunliche, iſt
jedoh durchweg von gen nlicher Kraft und
treffliher Totalwirkung. Die älde diejes Mei:
fter& find fehr zahlreih. Wie manche andere be:
deutende Landichaftsmaler lieh ſich R. bei feinen
Staffagen von andern Künftlern unterftügen, unter
welchen beſonders U. van de Velde, Ph. und P.
Wouwernan, C. Berhem, J. Lingelbach zu nen:
nen find. Die Mufeen in Paris, Dresden, Wien,
Münden und Kaſſel fowie die enal. und bolländ,
rivatgalerien befipen von dem Meijter die herr:
lichten Werte. J. Ph. Lebas, J. de Boiſſieu, N.
Blooteling, Weisbrod, Masquelier u. a. Fin
nad) feinen Gemälden geſtochen. Selten find Zei:
nungen R.s. Auch hat man von ihm einige radierte
Blätter, Bol. P. van der Willigen, «Les artistes
de Harlem» (Harl. 1870); «Eaux-fortes de Jacob
R. reproduites par Armand-Durand» (Par. 1878),
Nuisdael(Salomon van), ausgezeichneter Yand:
—— en zu Harlem um 1605, geit. da:
elbit geoen Ende 1670. Er ericeint 1623 bereits
in der dortigen Lulasgilde. Seine Raturauffafiung
ift realiftiih; er wählte meift die von Kanälen
durdhzogenen Gefilde Hollands als Motiv und er:
reicht durch die - ärbung ſchöne loloriſtiſche
Wirkung. Sn feinen Seeftüden erinnert er an die
Weife van Goyens und verwandter Meilter.
Nuiter (Reiter), niederländ, Silbermünze, ſ.
unter Ducaton. .
Nuiz (Juan), Erzpriefter zu Hita (Arciprefte de
gie), wie er gewöhnlich genannt wird, altipan.
ichter, geb. vermutlich ee. blübhte um die
Mitte des 14, Jahrh. leumdung oder Zügel:
lofigteit feiner Sitten zogen ihm, während er im
Fleden Hita bei Guadalarara das Erzpriefteramt
ausübte, von feiten feines Kirchenfuͤrſten lang:
wierige Haft zu. Während derfelben, im Gefäng:
nis von Toledo, verfaßte er 1343 feine «Poesiasn,
In diefen erzählte R. feine perfönlichen Erlebnifie
und Erfahrungen, Liebesabenteuer aller Art, gibt
denfelben | a fombolifch:allegoriiche Bedeu:
tung, untermifcht fie mit freierfundenen Abenteuern
und würzt die dan miteinander verknüpften
Handlungen durd Ginfügung zahlreicher Apologen
Steihmi, Uſopiſcher Fabeln und ie Shmud.
üde. An dem gegen 7000 Verſe zäblenden Ge:
Ki te find die eigentlich erzählenden epifhen Par:
ie in 14filbigen vierzeiligen Sieraubinerätaphen
geichrieben; die lyriſchen Einlagen, in turen 6 und
8 Silblern, von 4 und 7 Silblern unterbrochen,
zeichnen fich o fehr vor allen frühern und gleich—
zeitigen ſpan. Dichtungen aus, daß man die «Poesias»
67
898
des Erzprieſters ein wahres Muſterbuch altipan.
Rhythmik nennen lann. Herausgegeben wurden
dieſelben zum erſten mal von Sanchez im vierten
Bande feiner «Coleccion de poesias castellanos
anteriores al siglo XV» (Madr. 1790), wieder ab:
nedrudt von Ochoa (Bar. 1842) und neu aufge:
legt unter Wicdereinfügung einiger früber unter:
drüdter Stellen von Janer im 57. Bande ber
« Biblioteca de autores espaholes» (Madr, 1864).
Rule Britannia (b. b. berrihe, Pritannia),
engl. Nationallied, wurde von Thomſon, dem
Tichter der «\fahreszeiten», als ein Teil des Sing:
ſpiels «Alfred» geichrieben, von Thomas Arne
(i. d.) in Muſik gejeht und 1738 mit dem genann:
ten Sinafpiel in Yondon aufgeführt, entftand alio
fait gleichzeitig mit «God save the King» (f. d.).
Durd Sprache und Muſik eignet e3 fich weniger,
als das legtere, für den gewöhnlichen Tagesge—
brauch, wird aber bei bejondern Gelegenheiten,
namentlich in Kriegszeiten, ftet3 unter großem
Gntbufiasmus vorgetragen. Während «God save
the Kings ſich mit verschiedenen Terten in ber gan:
zen Welt verbreitet bat, ijt Arnes Melodie ein aus:
Ihließlich engl. Seelied geblieben.
Rulhiere oder Rulbitres (Claude Carloman
de), franz. Hiltorifer, geb. 1735 zu Bondy bei Paris,
war, nachdem er zehn Jahre unter den Gensdarmes
der königl. ‘"arde gedient und darauf Adjutant des
Marſchalls Richelieu geweien, Sekretär des franz.
Geſandten Breteuil am petersburger Hofe, beſuchte
dann in Begleitung des Geſandten die Höfe zu
Wien, Dresden, Berlin und Warſchau, folgte hier:
auf dem Marjchall Richelieu in defien Gouvernement
von Guyenne und begann nun feine litterarijche
Laufbahn mit der «Epitre sur les disputes», welche
Voltaire der Aufnahme in fein philoſ. Wörterbuch
würdigte. Seine zuerſt abſchriftlich verbreitete Ge:
fchichte der ruf). Thronrevolution von 1762 (gedrudt
1797) erregte allgemeines Aufſehen. RN. Fand in
Monſieur, dem fpätern Ludwig XVIII., einen Gön:
ner, der ihn zu jeinem Sekretär machte und fpäter
zur Stelle eines &crivain politique beim auswär:
tigen Dinijterium beförderte. er aRapport sur
l'etat des protestants» zog ihm viele Anfeindungen
zu, zu deren Abwehr er Ei «Eclaircissements his-
toriques sur les causes de la r&vocation de l’edit
de Nantes» (2 Bde., Par. 1788) ericheinen lieb.
Norarbeiten zu feiner «Histoire de l’anarchie de
Pologucetdud&membrement de cetter&publique»,
weldye nad) jeinem Tode von Daunou unvollendet
berausgegeben wurde (4 Bde., Par. 1807; neue
Ausg., 3 Bde., Bar. 1863), veranlaften ihn 1776
zu einer Reife nach Polen. Er ftarb 30. Jan. 1791.
R., der ſich auch ald Dichter, 3. ®. in feinen «Les
jeux de main», verfucht batte, war 1787 als Mit:
glied der Franzöſiſchen Alademie aufgenommen
worden, Die beite Ausgabe feiner «Deuvres com-
plötes» erjchien zu Paris 1819 (6 Bde.).
Nulman Merdwin, Myſtiker, einer der fog.
Gottesfreunde de3 14. Jahrb., geb. 1307 zu Strar
burg, gab 1347 feinen bisherigen Beruf als Kauf:
mann auf, um abgeſchieden von der Welt, unter
dem Einfluß des als Nitolaus von Bafel befannten
«Gottesfreundes aus dem Oberlander, wie auch
mit Tauler befreundet, in myſtiſcher Beſchaulichkeit
dem Dienſte Gottes zu leben. Im J. 1366 kaufte
er das grüne Wört, eine Inſel in ber Ill bei Straß:
burg, und richtete das alte Hlofter daſelbſt zu einem
Aſyl für Gottesfreunde ein, die hier nad) einer be:
>
Rule Britannia — Rumänen
ftimmten Negel lebten. Cr jtarb 18. Juli X
Seine bedeutendite Schrift it das «Bud von da
neun Selien», herausgegeben von Schmidt (X
1859) und in alter bolländ. Überjegung von Ber
jum Waalkes (Leeuwarden 1882). Bal. Schmik,
«Nitolaus von Bajel» (Wien 1866); Jundt, «Ls
amis de Dieu» (Bar, 1879).
Num oder Taffia nennt man den durch C
rung der Sirupe und Melajien, d. b. der bei va
Daritellung de3 Nohrjuders in den Slolonien f:
ergebenden unkryſtalliſierbaren Rüditände, um
durd Deitillation gewonnenen Branntmein. 4:
den Melafien der Nübenzuderfabrifen läßt nd is
folge des VBorhandenjeins von widrig ſchmedender
Aujelöfen kein R. gewinnen. Seine rötlihe Ar
bung verdanlt der R. joweit er nicht künitlih >
färbt ift, der Aufnahme von färbenden Behur»
teilen und dem Hol; der Verſandfäſſer, fein eiser
tümliches Arom einem beiondern Nebenprodutt dx
Gärung, weldes den Fufelölen analog iſt.
abmt daber den R. in England und Deutiglan
beionders in Berlin, Magdeburg u. f. w., vielins
nad), indem man fujelfreien Spiritus durch gebren>
ten Zuder färbt und ihm durch einen Zujag je
Arom ertheilt. In der neuern Zeit bat man aim
den, daß der Butteräther und der Ameijenätber da:
Rumarom am beiten nahahmen. Man ftellt dade
diefe Äther im groben unter dem Namen Rum
äther dar und bereitet fünjtlichen AR., indem mer
entfujelten Getreide: oder Kartoffeljpiritus m
etwas Gjjig: und Butteräther, Zimt: und Ruktint
tur (Tinctura fuliginis) verjeßt. Der echte R. ir
beiter Qualität lommt aus Jamaica und ander
weitind. Kolonien; er enthält etwa 48 Proz. Allede
um, eine zu den innern Hebriden gebörz
Inſel, zur ſchott. Grafſchaft Argyle gerechnet, jür..:
von der größern Inſel Skye, ſehr gebirgig, boliar-
und wenig angebaut, erhebt ſich im Scour Guilic:
zu einer Höhe von 813 m und zählt etwa 600 €,
welde —— Schafzucht betreiben.
Numa, Marktileden im Komitate Syrmien ü
Kroatien:Slawonien, Station der Yinie Indie
trowib der Ungariichen Staatsbahnen, Sik air:
Bezirksgerichts, zählt 8541 ſerb. und deutice €,
hat ergiebigen Getreide: und Weinbau, vorzägihr
Pferdezucht und befebte Jahrmärkte.
Rumänen oder Nomänen (Rumani uab Fr
mani) nennen fid) jelbjt die Bewohner Numäni:;,
Beſſarabiens und eines Teils der Bulowina, S—
benbürgen®, Ungarns und der Balkangegend
Ter Name Walache, der ihnen von den rem
beigelegt wird, ift ihnen ebenio fremd wie etwa‘
Italienern der Name Weljde. Sie zählen —
über I Mill und find Abkommen Der röm, Ke
niſten, die Trajan im 2. nachchriſil. Jabth. zes
Dacien brachte. Wie weit fie mit den uripriz.
lihen Ginwohnern, den Daciern, fi vermr::
—— läßt ſich nicht mehr feſtſtellen. Manche Se
räuche der rumän. Bauern erinnern an den
Urjprung; die maleriihe Tracht, namentiich x
Bäuerinnen, iſt ähnlich der italienischen in der 3;
magna, Der rumän. Hirte, gleih dem Cam
narden, lleidet jih no in jenen mit der Raubier
nad außen gefehrten Schafpelz, dDurd) den aud >
den alten Höntern die lanuviniihe Juno ibn:
einheimijhen Uriprung ſymboliſſerte. Die be
tige höhere Geſellſchaft hat durchgängig ihre Gı>:
bung im Auslande, in Frankreich und Deutichlan
genofien unb überall ocident. Sitte eingeſütl
Numänien 8%
fiber die Gefchichte und Litteratur der Rumänen f. | und Mais, nächſidem Vieh, tierifche Produlte und
Moldau, Aumänien,RumäniigeSprade | Holz. In die Donauhäfen liefen 1884 ein 20478
und Litteratur, Waladhei. Verwandt mit | Schiffe mit 3711143 t und aus 20650 Schiffe mit
den R. find die Maledo:Maladen oder Zin: | 3678849, Unterftügt wird der Handel durch bie
zaren, welde über Niederalbanien, Theflalien, | Nationalbank in Butareft mit ihren Sufturfalen in
Weitmacedonien und das griech. Feſtland zerftreut | Galas, Braila, Jaſſy und Krajowa, viele Bodens
find und deren Sprache nur dialeltiſch von der der | Freditanftalten und ein Nes von Eiſenbahnen, defien
eigentlichen R. verſchieden iſt. Vgl. Slavici, «Die | Nupen jedoch durch den Mangel an guten Landitras
Numänen» (Wien 1881). ben beeinträchtigt wird. Im Betrieb waren Mitte
. Numänien oder Nomänien, ein 1859 aus | 1885 an Gijenbahnen 1458 km, im Bau 807 km
ber Vereinigung der Dloldau und Walachei als | und fonzeffioniert 224 km, Die Hauptlinie führt
ein ber Pforte —— Fürſtentum ent: | von Sbcani bei Suczawa über Roman, Galaßtz,
ftandenes, jeit 1878 von der Türkei —— Braila, Bulareſt, Krajowa nach Virciorova bei
lönigreich an der untern Donau, grenzt im W. an | Driowa. Die Länge der Telegraphenlinien belief
Öfterreih: Ungarn, im N. an Rußland, im S. an | fich 1885 auf 5211 km, j :
Yulgarien, im D. an das Schwarze Meer und Nuß: | Der rumän. Staat ift eine konftitutionelle erbliche
land, und umfaßt, nachdem 1878 der rumän. An: | Monardie (Rönigtum) mit Zweilammerfyitem
teil an Bellarabien (8180 qkm mit 136600 €.) | und birefter Wahl. Die Berfaliung datiert vom
an Rußland abgetreten, dagegen die Dobrudicha | 12. Juli (80. Juni) 1866 und ijt revidiert 1884.
(13210 qkm mit 110000 GE.) mit R. vereinigt | Der Ihron des Königs (rumän. Domnu oder Rege)
wurde, 129947 qkm mit 5376000 E., darunter iſt erbli nach dem Gritgeburtsrecht in der männ:
über 300000 Juden, über 100000 Bulgaren, 35000 | lichen 9 eg ve t des Königs Karl von
Magyaren, 30000 Deutiche, Griechen und Armenier | Hohenzollern. Derielbe betennt ſich zur röm.:tath.
und einige taufend Türlen und Tataren; die übri: | Kirche; aber feine Nachfolger müſſen der griech.
gen find Rumänen (ſ. d.). Das Land fällt von den | orient. Kirche angehören. Die Großjährigleit des
Zransiylvaniichen Alpen (ſ. Karpaten), welche | Königs tritt mit dem vollendeten 18, Lebensjahre
es von Oſterreich· Ungarn trennen, nad Süd und Dit | ein. Die Volksvertretung befteht nad) der revidiers
raſch zum Hügelland und zur Tiefebene der Donau | ten Verfafjung aus einem Senat von 120 Mitglies
ab, welde als Fortiegung des groben ſüdruſſ. Tief: | dern und einer Deputiertenlammer von 183 Mit-
und Eteppenlandes zu betrachten iſt. Der Haupt: | gliedern. Die Staatsverwaltung zerfällt in bie
jtrom des Landes iſt die Donau, welche vom Eifer: | (acht) Departements de3 Innern, der Juſtiz, des
nen Thor an bid zur Dobrudſcha die Sübgrenze | Kultus und Unterrichts, der Finanzen, des Kriegs,
bildet und viele Flüſſe aufnimmt, von denen der Dit | des Aderbaues und Handels, ber Öffentlichen Ar:
(Aluta), Sereth und Pruth die wictigften find; | beiten und des Uußern. An der Spihe jedes Des
ehterer bildet die Ditgrenze gegen Nusland, (Bol. | partements fteht ein verantwortliher Miniiter,
Harte: Balltanhalbinjel, Bd. IL, S. 399.) unter ihm ein Direltor, dann Seltionschefs u. |. w.
Das Klima ii rauher, als die füdl. Lage bes | Die Stontrolle über die Verwaltungsrechnungen
anded vermutben laſſen follte; die Winter find | führt ein oberiter Rechnungshof. Im Minijterium
treng und langdauernd, die Sommer heiß und oft | der Finanzen find alle Kaſſen zu einer Generallaſſe
roden. Der Boden ijt überaus fruchtbar. Liber | vereinigt. Für die Verwaltung der Eifenbahnen,
wei Drittel der Bevölterung ernährt fi) von Ader: | des Tabak: und Salzmonopols (Reineinnahme im
au und Viehzucht. Es find etwa 6 Mill. Heltaren N 1885: 20 Mill. Reich&marf) und des Boftweiens
ultiviert; das bebaute Yand beiteht aus Feldern, | find befondere Generaldirektionen,. Das Finanz:
Beinbergen und Gärten, während das unbebaute | reglement iſt dem franzöfiichen nacdhgebildet. Die
u Weiden dient. Gebaut werden hauptſächlich Urmee beiteht nad) den Organiſationsgeſeßen vom
Beizen, Mais, Roggen, Gerjte, Hafer, Wein, Hül: | 11. Juni 1868 bi3 1883 aus 1) der altıven Armee,
mfrüchte und Gemüfe; ferner Raps, Hanf, Flachs zufammengefegt aus a. bem jtehenden Heere mit
nd Tabak. An Waldungen, namentlich Eichen: | der Reſerve, auf dem Friedensfuß 1249 Offiziere,
ıäldern, ijt das Land reich. Auch die Viehzucht ift | 31627 Mann, 5558 Pferde und 312 Kanonen;
:beutend. Der Boden enthält verjchiedene Erze, | b. dem Territorialheere mit feiner Reſerve, an
une daß diefelben ausgebeutet würden. Der Berg: | 130000 Dann in 32 Infanterie: (Dorobantzen;)
|
!
ru befchräntt ſich auf Steinfalz, von dem die Aus: | und 12 Ravallerie:(Kalaraschi-)regimentern; 2) der
ufer der Starpaten einen großen Reichtum be: | Miliz mit 32 Anfanterieregimentern, fowie 1 Ba:
sen, und Petroleum, das namentlich bei Bufeo, | taillon und 2 Schwadronen in der Dobrubiche ;
lojeſti und Balau durch gegrabene Brunnen von | 3) dem Landſturm (glöte), Jeder taugliche Ru:
—120 m Tiefe gewonnen wird. Das Steinjalz | mäne it perfönlich wilitärpflictig. Der Dienft iſt
irft dem Staate einen jährlichen Reinertrag von | im ftehenden Heere dreijährig, im Territorialbeere
Dill, Frs. (Lei) ab, Nicht unbedeutend ift auch vier: und fünfjährig. Nah Ablauf diefer Dienftzeit
2 Zahl der Viineralquellen. Außer den gewöhn: | bleibt man in der Neferve bis zum 30,, in der Miliz
hen Handwertern hat R. noch wenig Induſtrie; bis zum 36., im Landfturm aber bi3 zum 46. Jahre.
find nur einige Papier-, Zuder: und Tucfabri: | Außerdem aber gibt es Freiwillige und aus ber
ı und Glashütten vorhanden. Auf dem flachen | Neferve Wiedereintretende, Es beitehen eine Mi:
nDde iſt die Hausindufirie ſtark vertreten, in eini- litärwafienfabrit, 3 Militärfhulen, 14 Militär:
ı Gebirgdorten bat die Königin Werkitätten für | hofpitäler; die Hauptjtadt Yulareft wird durch
ebereien und Stidereien ins Leben gerufen; fonft | einen Gürtel ftarter, zum Teil mit Panzertürmen
nur die Mühleninduftrie bedeutend, Der Wert | verjehener Forts zu einem großen Waffenplak um:
: Einfubr betrug 1884 294986000, bie Ausfuhr | gewandelt. Das Staatögebiet ift in 4 Armeelorps:
r 184 116000 * Der bei weitem wichtigſte bezirke und 1 Diviſionsbezirk (Dobrudſcha) eingeteilt
as Getreide, beſonders Weizen | und jeder Korpsbezirk ſoll an Feldtruppen ein aus
67*
portartifel iſt
dem ftehenben Heere und Territorialtruppen zuſam⸗
mengefehtes Armeelorps von 28000 Dann (bie
Dobrudſcha 12000 Mann) bei der Mobilmahung
aufftellen, doch fehlen gegenwärtig nod 4 Yäger:
bataillone, 2 Kavallerieregimenter und einige Ge:
nietruppen; außerbem fol im Kriege eine irn
dige Kavalleriedivifion von 4 Regimentern formiert
werben. Die etatsmähige Kriegsſtärle der Feld:
armee beträgt 150000 Mann mit 336 Geſchutzen.
Auch eine Heine Marine ift gebildet, welche aus
4 Aviſos, 3 Kanonenbooten, 1 Schulidiff, 1 Tor:
pebofahrzeug, 2 Torpebobooten und 10 Schalup:
pen mit einer Bemannung von 60 F ieren, In:
enieuren u. ſ. w. und 700 Mann be tebt s
In kirchlicher Beziebung bat das Land 6 Bis:
tümer und 2 Metropolitanjtüble,. Für die Bildung
ber Weltprieiter find 9 Seminarien vorhanden.
Noch immer beftehen viele Klöfter, von unwifjenden
Mönden und Nonnen bevöltert, deren Zahl jedoch
Hetig abnimmt, Für die Katholilen befteht jeit 1882
ein Erzbistum in Bulareit. Der bisher bejtandene
Unterſchied in der bürgerlien und polit, Berech—
tigung der verſchiedenen Honfeffionen des Landes
ift durch den Berliner Vertrag vom 13. Juli 1878
befeitigt. An Schulen befist das Land (1885) 2830
Elementar:, 6 Real:, 5 Handels, 12 höhere Töchter:
ſchulen, 19 Untergymnafien, 7 Lyceen, 8 Schulleh⸗
rerfeminare und 2 Univerfitäten; ferner 2 Maler:
ſchulen und 2 Mufittonfervatorien, beide mangel-
aft. Der Unterricht ift überall unentgeltlih. Eine
fabemie der Wiſſenſchaften wurde 1866, einegeopt.
Geſellſchaft 1873 begründet. Für die Juſtiz be:
ftebt ein Cafitionse), vier Appellhöfe, in jedem
Diſtrilt ein Tribunal (Gericht&hof eriter Inſtanz)
und mehrere Bagatellgeridhte. Für Kriminal: und
Preßſachen ift die Jury eingeführt. Das Berfabren
ift in allen Snjtanzen mündlihunbdöffentlid. Civil:
und Kriminalrecht nebft ——— — wurden
unter Fürft Cuſa meiſt nach dem Code Napoléon
codifiziert und auf das ganze Land ausgedehnt.
Hinſichtlich der polit. Adminiſtration ift R. jekt in
32 Dijtrilte geteilt, die Diftrifte in 163 Berirke,
Bon den 3070 Gemeinden find 72 ftädbtifh. Dem
Diftrift fteht ein Präfelt, dem Bezirk ein Unter:
yeäett vor. Hauptitabt des Landes, Nefidenz des
önigs, Sikder Kammern, Centralbehörden u.f.w.
it Bukareſt (f. d.). Unter dem Minifterium des
Innern fteht ein Statiftiiches Bureau, die Staats:
druderei und das Medizinalwefen. An öffentlichen
Krankenanitalten hat das Land 70 Spitäler, 5 Sr:
renanftalten, 2 Gebär: und 2 Finbelhäufer, Die
Staatseinnahmen beliefen fi nah dem Bubget
für 188586 auf 130033720 Fra.; in gleicher
Höhedie Staatsausgaben. Davon kamen 28 Mill.
auf das Kriegsminifierium, gegen 13 Mill, auf Kul⸗
tus und Unterricht, 4Mill. auf öffentliche Arbeiten,
ungerechnet die Gifenbahnannuitäten. Die gefamte
Staatsſchuld 1, April 1885 betrug 745318668
Frs., wovon etwa die Hälfte Eiſenbahnbauſchul—⸗
ben, In R. wird nad) Lei gerechnet (1 Leu— 1Frank
= 0,50 Marl). Das Wappen R.3 hat ein ſchwarz
und weiß quadriertes Mittelichild wegen bes Haufes
Hohenzollern, dem die Königsfamilie angehört; das
erite blaue Feld des Hauptichildes zeigt einen ge:
fronten goldenen Adler, welder im Schnabel ein
ſilbernes Kreuz, in den Klauen Schwert und Scepter
trägt (Waladei), im zweiten roten Felde befindet
ſich ein ſchwarzer Stierfopf mit goldenen Hörnern,
zwiichen welchen ein goldener Stern fteht, in der
Numänien
linten Oberede iſt eingolbener Halbmond (Moldau);
im dritten roten Felde waͤchſt aus einer Königskrone
ein doppelſchwaͤnziger goldener Löwe halb air
ber wild n feinen Pranlen einen goldenen Stern
vor fü im vi elde jind zwei
unten den Stöpfen gegeneinander gelehrte
Delphine. Scildhalter find zwei Löwen, w
auf einer goldenen Arabesfenverzierung fteben, um
welche ſich ein blaue Band mit der Deviie «Nihi)
sine Be Ban Die Landesfarben find
It; im vierten blauen
u,gelb,
rot; bie Flagge iſt blau ‚gelb, rot vertifal geitreift.
63 beftehen zwei
1% d.), geitiftet 1877, und Arone von R. (f. unter
ronenorden S), geftiftet 22. Mai 1881.
Henle, «R., Land und Bolt» (2py. 1877); Beaure
und Mathorel, «La Roumanie» (Bar. 1878).
Geſchichte. fiber die frühere Geſchichte ber
Donaufürftentümer j. Moldau und Waladei.
i chichte R.3 beginnt mit der Bereinigung der
entümer am 5. Febr. (24. Jan.) 1859.
An diefem Tage wurde Dberft Cufa (f. d.), der
fieben Tage früher zum Fürften der Moldau er:
* worden war, auch in der Walachei ——
Dadurch lam vorerft eine Berfonalunion zu Stande,
weldye im —* 1862 Ar, Berfhmeljung der
beiden Berwaltungen in eine Realunion verwandelt
und als foldhe von allen garantierenden Mächten
bei Gelegenheit der Thronbefteigung des Fürſten
Karl I. von Hohenzollern 1866 definitiv anerlannt
wurde. u Johann I., wie Oberft Eufa feit
einer Thronbefteigung fih nannte, erwies fich feiner
ufgabe ala nicht ——— gewachſen. Dieſe
Aufgabe war allerdings eine ſchwierige, vielleicht
Orden: der Stern von Rumänien
auf dem vorgefhriebenen eine unlösbare.
Es hatte nämlic der Pariſer Vertrag von 1856
„- Fr arifer Konvention von 1858 dem Lande
eine No
itution nad) belg. Mufter a welde
nun Fürjt Cuſa einbürgern follte. Dem ftellten ſich
al&bald die größten Schwierigleiten —— Das
Grundübel war der vorläufige Mangel der ent:
—— zu Clemente. In R. gab es nur
eine höhere Klaſſe (Bojaren, ein jeht aufgehobener
Amtsadel) und die bebürfnislofen Bauern. Der
dritte Stand, das eigentlihe Bürgertum, war nod
nicht vorhanden, — und Gewerbe wurden
meiſt von Fremden getrieben, eine Induſtrie gab es
nicht. Demnach fehlte in R. das wählende Element,
und die Kammer war nie Ausbrud de3 Lande,
63 fielen unter Cuſas Regierung, die fieben Jahre
und zwei Monate dauerte, über 20 Minijterien, und
bie Sauer jedes einzelnen war im Durchſchnitt auf
vier Monate befhräntt. So konnte feine einzige
Mafregel in Ruhe gedeihen und Wurzel faflen.
Gine zweite Aufgabe, welche Fürft Cuſa zu löfen
hatte, war bie adminiftrative Bollziehung der Union
wifchen ber Moldau und Waladei. Diefe
ben denfelben Urfprung, benfelben Boltaftamm,
diefelbe Sprade, diejelben Sitten. Jedes beſaß
aber eine verfhiedene Verwaltung. e —*
Konvention hatte deren Verſchmelzung in den
Art. 27—37 eine Übergangsbehörde, die Central⸗
tommiffion, beftellt, we ie gemeinfamen Geiche
beraten und den Kammern vorlegen follte. Aber
es lam ah dazu. An en 1862 defretierte der
Fürft plötzlich die Union, hob die Centralfommiffion
auf, veriäniet beide Kammern in eine, bildete ein
einziges Minifterium und verlegte die Haupt: und
Hefidengftabt des Landes nad) Bulareft, wohin nun
alles lonzentriert wurde,
Numänien
Die nachſte wichtige Maßregel Cuſas war bie im
Einvernehmen mit der Kammer 5. Jan. 1864 fanl:
tionierte Sätularifierung der Ktloftergüter, wodurch
bie jährlihen Einkünfte des Staats um ein Bedeu:
tendes wuchſen. Allein nun wurbe der Beitand der
Miliz erhöht, eine Unzahl Stellen kreiert, für welche
noch fein Bedürfnis vorhanden, und fo die Staats:
tafle mit Anforderungen überladen, die fie nicht be:
friedigen konnte, Als nun Männer aller Parteien
eine Koalition bildeten, deren legtes Biel dahin
pin. ben Fürften zur Abdanklung zu zwingen, ent:
chloß ng uja zum Staatsſtreich vom 14. (2.) Mai
1864. Die Kammer warb aufgelöft, das Wahl:
geieh ber Pariſer Konvention abgeändert, *
meines Wahlrecht, Senat und Staatsrat eingeführt
und einer Vollsabſtimmung (Plebiszit) zur Aner:
fennung unterbreitet. Cogalniceanu führte als
Minifterpräfident biefen Plan mit Eifer burd.
Das Blebiszit hatte natürlich den gewunſchten Er«
folg. Es begann nun das perfönliche n
unter dem Scheine des ——— Ein
Kommunalgeſeß und die Aufhebung der Robotpflicht
waren bie erſten Schritte des Fürſten. Nach dem
Grfofi des Staatsſtreichs lannte indes das Minifte:
rium feine Grenzen mehr in Hinficht der Ausgaben,
Zunädjft mußte der neue Staatsapparat bedacht
werden, ein Koftipieliger Senat und Gtaatärat,
dann die Ginridhtung ber Departementäräte, Ge:
neraliynode der Priefter u. f. w. Der Staatsrat
arbeitete ſogleich ein einheitliches Civil, Kriminal:
und Handelsgejekbudp famt ben Brogehordnun en
aus, und ein allgemeines Unterrichtsgeſetz ſchloß
fih an, Alles dies wurde in anderthalb Jahren
verfertigt, gebilligt und promulgiert. Aber die ver:
bältnismäßig ungeheuern Mittel, die in fo Kurzer
Zeit beihafft werben follten, ließen fih nicht auf:
treiben. Dazu kam eine teilweiſe Hungersnot in
der Moldau, ſodaß die Ausfuhr ber Cerealien
unterblieb, der Handel ftodte, die Mauteinkünfte
unter die Hälfte berabfanten. Im Febr. 1866 hatte
das Land, ungerechnet die — bli⸗
ationen, 400 Mill. Piaſter oder 120 Mill. Mark
chulden, und dabei waren alle Kaſſen inſolvent.
Nun verbanden ſich alle Parteien zum Sturz Cuſas.
Nahdem die Palaſtwache gewonnen, drang man in
der Nacht vom 22. zum 23. (10,/11.) Febr. in des
Fürſten Schlafzinnmer und forderte ihn zur Unter:
zeihnung der Abdankung auf, die er auch ſogleich
— Cine Triumviratregentſchaft, als provijo:
riſche Regierung, bekräftigte aufs neue die traditio—
nellen Wünſche der Rumaͤnen: Union und fremder
Bulk und lieh, nahdem die Wahl des ee von
landern nicht angenonimen worden, durch allge⸗
meine Abjtimmung ben Prinzen Karl von Hohen:
ollern zum Fürjten R.s erwählen. Das Plebiszit
fand 20. (8.) April 1866 ftatt; ber Prinz wurde in
beiden Yürjtentümern fat einjtimmig gewählt und
fofort von ber proviforishen Negierung als Carol.
zum Fürften von R. prollamiert,
‚Die Reife des Süriten Karl durdy das öfterr. Ge:
biet hindurch war wegen ber bevorjtehenden Arien:
erllärung an Preußen nicht ohne Gefahr. Mit
einem ſchweizer Baß verſehen, unter einem andern
Namen, burdeilte er Öiterreih und Ungarn und
fam unerwartet am 20. (8.) Mai in Turnu:Severin
an. Der Empfang bajelbit, wie auf dem Wege
nad) Bulareft und in der Hauptitadt ſelbſt, wo er
am 22.(10.) Mai feinen feierlihen Einzug bielt, war
ein begeilterter. Die provijorifhe Regierung trat
egiment -
Hi
fofort ab, bad Minifterium gelte Ieine Entlaffu
ein und Lascat Catargiu, bie Präfidentihaft um!
das Innere übernehmend, bilbete ein neues Kabi:
nett, in welchem Joan Bratianu bad Finanz
mintfterium erhielt. Aber bie Lage bes Landes war
äußerft ſchwierig. Die Kaſſen ſtanden leer, eine
Mißernte und Hungersnot war in Ausfiht, im
nnern mütete die Cholera, an ber Örenze brohte
n turk. Armeelorps, bie neue Regierung war von
feiner Großmacht anerlannt, vielmehr mit einem
energiihen Proteſt der Konferenz begrüßt worben.
Der Furſt mobilifierte die Armee A jer:
rütteten Zuftandes, um den von Ruſtſchuk unter
Dmer Paſcha drohenden Türlen nötigentall3 Wi:
derſtand zu leiften, begab ſich perfönlih in das
Lager und bereifte befonderd die Moldau, wo ſich
feparatiftifche Umtriebe geltend machten. Nach Ans
nahme ber Verfaſſung am 12. Juli (30. Juni)
mwurbe am 28, (16.) Juli bas Minilterium entlaffen,
und in bem neuernannten übernahm Joan Ghita
(Fürft von Samos) ben Borfis und Fürjt G. Stirbey
da3 Außere. E3 begannen nun Unterhandlungen
mit der Pforte, bie, ba fie günjtig verliefen, bie
Reife des Fürften nah Konftantinopel und die Ans
—— des Geſchehenen ſeitens der Pforte und
der Großmaächte zur Folge hatte. Im November
erreichten die Liberalen, ſog. Roten, in Verbindung
mit andern unzufriedenen Elementen bei ben Wahlen
ji ben neuen Kammern bie Majorität, ſodaß Joan
ratianu mit ber Bildung eines Minifternums
beauftragt wurde. Er begann fofort mit rabilalen
Reformen, regelte das fo verworrene Münzweien
und führte das Decimaliyftem ein. Die gegen die
den ergriffenen Maßregeln, die in Europa große
l — eit hervorriefen, nötigten Bratianu
indeſſen zum Rüdtritt; aber ſchon im Nov. 1867
trat er wieber an die Spike des Kabinettd. Die
Neuwahlen gaben dem Miniſterium eine entfchies
bene Majorität, ſodaß eine wichtige Gifenbahn:
fonzeflion an das Konfortium Gtrousberg zu
Stande fommen konnte. Am 16. Nov. 1868 wid
Bratianu dem wegen ber bulgar. Bewegung aus:
ebrodhenen Mißtrauen und ermöglichte jo befiere
Beziehungen zur Türlei. Die Liberalen blieben
FA zwar längere Beit von der Negierung ausge:
chloſſen, aber ſtark genug, um es zu feiner fonfer:
vativen Majorität in der Kammer kommen zu laſſen
und jedes folgende Miniſterium zur Unthätigleit zu
baingen. Diejelde Kammer, welde Bratianu als
intjter nicht unterjtügen wollte, wählte ihn doch
zu ihrem PBräfidenten, So konnte ſowohl das Wit:
nijterium Cogalniceanu (Nov. 1868 bis April 1870)
wie das folgende Minijterium Coſtaki Epureano
(April bis Dez. 1870) keine einzige der wünſchens—
werten Reformen burdführen, zumal innerhalb des
Miniſteriums ſtets große Uneinigleit_ und infolge
deſſen Pal ie Portefeuillewechſel herrſchte.
Durch perſönliche Beſuche, welche der Für
—— 1869) dem Kaiſer von Rußland in der Krim
und fpäter dem Kaiſer von Oſterreich abitattete,
bejlerten ſich die Beziehungen zu beiden Mächten
weientlid. Seine im Nov. 1869 ftattgehabte Ver:
mählung mit der Prinzeifin Eliſabeth von Wied
trug viel zur Befejtigung der jungen Dynaftie in
Numänien bei,
Als der Deutfch:Franzöfifche Krieg von 1870 und
1871 ausbrach, glaubten die Roten, bie franz. Sym::
atbien, die im Lande vorwalteten, benuben zu
önnen, und organifierten im Aug. 1870 zu Plojeſti
er ublilaniſchen Aufftand, ber jedoch ohne
Su be gedämpft wurbe, Sion im Dezember nahm
Eoitafi jeine Dimilfion. Das neue Kabinett wurbe
unter dem ae Joan Ghilas gebildet, Die bru⸗
tale, vom Miniftertum geduldete Unterbrechung des
deutichen Friedengieftes in Yulareit (22. März; 1871),
bie emergiiche Intervention des deutichen General:
toniuls von Nabowit und ein Befehl des Fürften | R
F den Rüdtritt Ghilas zur Folge, Da lehle⸗
— gegenüber zu ſchwach war, hatte
Art Be Kriegsminifter direlt militäri ches
zeiten befohlen und berief dann bie frühere
Scar Catargi, Nic, Golesco und Haralambi
ei ke Syn haft, um zu erflären, daß er
nen bie Regierung wieder übergebe, wenn bie
ammern ihm nicht ein ſtarles regierungafähiges
Minifterium bezeichneten. Angefichts Sejabe | [&
brachte Catargi, beſonders von den Konſervativen
mt, ein Kabinett zu Stande welches fo:
he, Pen ausjchrieb und die Majorität er:
ielt. Noch brohte der Streit mit Strouäberg
(1. d.), der weder feinen Verpflichtungen gegen
die Regierung noch ut. egen bie Inhaber von
——— tionen — für ve ya Ge:
abren zu —* Die nor Au itige Mäßigung
Minifteriums und 2*2 Vermitte⸗
lungen hoben indes auch > e auf. Eine neue
Konvention wurde mit einem berliner Konfortium
De Hanfemann, Bleichröder) ald Bertreter der
ktienbefiger — dieſes nahm auf eigene
Rechnung eine neue Prioritätsanleihe auf, die
Eiſenbahnlinie wurde bis Verciorova zu Ende ge:
het, Die Finanzen des Landes beflerten ſich unter
aurogenis vorzüglidyer Leitung; zur Tilgung der
übernommenen ſchwebenden Schuld wurde die jog.
Domänialanleibe im Lande felbit aufgenommen,
jur En der 18. Mill, Frs. jäbrlicher Zinſen⸗
garantie für die Strousbergſche Eiſenbahn, Zabat:
monopol, Branntmweinlicenz und Stempeliteuer ein:
geführt. General Florescu wirkte für die Ber:
mebrung und Verbeilerung der Armee; eine neue
Drganijation wurde burdgefeht und ein neues
Mautgeſetz, mit proteltioniſtiſchem Bolliyitem,
führte zur Anbahnung von Handelötonventionen
mit den europ. Staaten; 1875 wurde unter Boe-
rescus Leitung der Verhandlungen und Andraͤſſys
Begünftigung eine ſolche mit Öfterreich-UIngarn ab:
eſchloſſen, 1876 mit Rußland. Nach dem Eintritt
lajorescus ind Minijterium begann eine ſyſtema⸗
tiihe Ausbreitung und Hebung, des Vollsſchul⸗
weſens und die Einführung von Realſchulen wurde
verfudt. Allein inzwiſchen hatte die ——
Oppoſition, verftärkt durch die Koalition mit Yo
Ghika und Cogalniceanu und durch von Boerescu
und Demeter Ghila veranlaßte Spaltungen inner:
halb der konjervativen Partei jelbit das Land auf:
geregt, und bei den Senatäwahlen im Frühjahr
1876 blieb dag Minifterium in der Minorität.
Nach fünfjäbrigem Peſtand trat nun das Kabinett
Lascar Catargi zurüd, weſentlich auch wegen feiner
grundſãßzlich paſſiven Haltung in den beginnenden
orient. Berwidelungen, während ruf. Einfluß und
auch der Fürſt felbit ein aktives Vorgehen R.s
wünfhten. Das Koalitionsminifterium Bratianu
Cogalniceanu, in der Majorität aus radilalen Ele:
menten, lam April 1876 zur Regierung, ſchaffte fi)
eine entiprechende Kammer und begann die radikale
Reubeiehung aller Staatsämter. Alle Mitglieder
des geweſenen Lonjervativen Minifteriums wurben
Rumãnien
on ber Kammer (Herbfi 1876) unter Nullage oe
hei, die —— ſelbſt aber, nad) laum beendeter
orunterfudung, im Jan. 1878 als baltlos und
* Zeitumftänden nicht mehr entſprechend zurüd:
— rn 1876 begab ſich Joan Bratianu
riten — Zivabia, um chts
sa dro ob = — Verwidelungen die jntereiien
erzuftellen. Die Zürfei hatte ingroifchen
eine dr alt für das ganze Reich erlatien, in
44 als — Provi ——
——
alle der Auf
biefer ———
nicht Fe anzueı
je) A som Kegierung, worin * Durchzugs⸗
verhaltniſſe geregelt un , außerdem die gegenwär:
tige territoriale Integrität R.s tiert wurden.
Nah dem fibergang der 5 —* die Do⸗
nau mobilifierte R. feine Armee, ſtellte fie am
Donau:Ufer zwiſchen Kalafat = B- immicea auf
Fed niit und Minifterium ( *4 —e—
ervativen) drangen darauf, zur Tei am
— neben Rußland zugezogen zu werben. Ende
ehnte eine rufj. Note dieje Teilnahme ab,
N .. 18. 5 (6) — 1877 Zn re Karl
vom ruf.
de er der orsiere
laus eine —
Ar Lage vor Plewna ihm mit ——— Armee au
t Dies
übertrug dem Serften Hari Du8 Oberfommenbe
Yım de nude dm R en Sem, ie um.
Armee in überra
trug weſentlich ga il Plewnas bei und nahm
Rahowa und Widdin ein. Rußland trat trog
ber Konvention vom April 1877 mit der For:
pr der Retroceſſion bes befiarab. Teil von
N. hervor, der gegenüber das iiterium eine
mentarifhe Demonftration veranlafte. Zu
Friedenzpräliminarien von San⸗ ano
wurde R. .. augelaijen und jein Verhältnis zu
—— ward überhaupt ein ſehr geſpanntes.
Auch aus dem im Juli 1878 ſtattfindenden
— Kongreß a ee “u — Un:
prüdhen unbefrie or. ielt zwar
die Dobrubiha, und Ir Unabbängigteit, von
den rumän, mmern f don 21. a 1877 pro:
Hamiert, wurde anerfannt, aber ar Anerlennung
an bie zwei Bedi gen der Retroceifion Beil:
arabiens an gen und ber polit. Emancipation
der Yuden (d. b. der —— aller Kon:
feifionen überhaupt) gelnüpft. Die beiden Bebin-
ng wurden errallt und R. wurde infolge defien
1878 al3 unabhängig anerkannt. Am 26.(14.) Mär;
1881 proflamierten beide Kammern die Erbeb
R.s J Königreich und Fürſt Karl wurde 2. (10.
Mai 1881 ala ng er Unter der Berwaltung
—* — * R. in ——
iehung For m
—* find weſentlich ſſert, das Eifenbabnnes
Fi * ganz Sch aatlicht, wg Einkünfte des Königs
m —— ngeiner bedeutenden Krondomäne
Der Kredit R.s iſt —
= er — von 12 auf 6 Pros.
eutichland, England und Ytalien een —
verträ ge abge aſſung wurde
loſſen worden, die
in liberalem man dem
nne abgeändert, ohne
Rumäniſche Sprade und Litteratur
Anbange Rofettis, der allgemeines Stimmrecht
wollte, nachgeneben bätte, und infolge der Neijen
des Königs nad) Berlin und Wien und der Zuſam—
menlunft Bratianus mit Bismard in Gaſtein
Sommer 1883) ift R. der mitteleurop. — ——
iga beigetreten, ſodaß die Beidhlüffe der Laudoner
Konferenz, weiche Oſterreich in der Donaufrage im
Vorteil lieben, ſuspendiert worden find. Seit An:
{one 1886 wird rüjtig an den Feſtungswerken von
ufareft unter Leitung bed Generals Brialmont ge:
arbeitet, und jämtlihe Mächte ſchidten zur Erpro:
bungber neuen Ranzertürme ere nach Bulareſt.
Bol. Mitileneü, «Collectiune de tratatale si
conventiunile Romaniei cu puterile straine de le
anul 1368 pana in dilele nostre» (Butareit 1874);
Mite Kremnitz, «Rumän, Skizzen» (Bukareſt 1877).
Rumänifiche Sprache uud Litteratur. Die
rumän. (walachiſche und moldauiſche) Eprade ijt
aus dem Latein entiprojien und unterdeflen Töchter:
ſprachen der italienifhen amnädıjiten verwandt. Sie
Be a ne von allen Rumã⸗
nen nördlich der Donau geiprodgen, dagegen im Si:
ben, um den Ballan und den Pindus, in mannigfadher
dialeftiiher Abweichung ald macedoniid:rumäniich,
ebenjo abweichend in einigen Orten in Iſtrien. Das
Röltergemifch, welches bis ins 10. Jahrh. durch das
alte Dacien zog, hat bedeutend auf die rumän.
Eprade eingemirkt; wohl die Hälfte ihrer Beitand:
teile iſt zwar lateinisch geblieben, die Wurzeln des
andern Zeild aber muß man im Slawiſchen, Alba:
neſiſchen, Griechiſchen, Ungarifchen, Türliſchen, zum
geringen Teil im Deutſchen, vielleicht auch im Da—
ciſchen ſuchen. Das Humänifche war noch nicht
gefeſtigt, al3 die fremden Stoffe es zu durchdringen
begannen, und jo wurde manches Fremde, namtent:
lich da3 Slawiſche, unvermittelt aufgenommen.
Doch ift das Rumäniiche zweifellos eine echt roma⸗
niſche Sprache geblieben. An einem guten Wörter:
buch des Rumaniſchen mangelt es noch immer.
Sowohl das alte ofener Lexilon (1825), als der
«Dictionariul limbei romane» der bulareſter Alta:
bemie (1873) find einfeitig in erzwungener Patiniät;
befier iſt das «Glossariu» derjelben Alademie.
Bahnbrechend auch fürdie KenntnisdesRumänishen
in Deutihland war fir. Diez‘ a Grammatik der
roman. Sprachen» (4, Aufl., 3 Bde., Bonn 1876—
271 l. auch Milloſich, «Die ſſlaw. Elemente im
Rumäniihens (Wien 1861); die Einleitung zu
Schotts «Walahiihem Märdenbuh» (Stuttg.
1845); Cionca, »Praktiſche Grammatik der romän.
E pradjer (3. Aufl., Bulareit 1855). ,
Von einer rumän. Pitteratur lann man erjt im
17. Jahrh. reden. Das erite rumän. Bud war
1577 in Kronſtadt (Siebenbürgen) gedrudt, der
«Bjalter des Corefir; um 1580 erihien ebenfalls in
stronftadt die erjte rumän, Bibelüberfegung, das
« Batrevangelium», Doch war bis fajt zur Mitte
des 17. Jabrh. die jlaw. Spradhe in den Kirchen ge:
bräuchlich, und erft die en Vaſilie Lupu in der
Moldau und Matthei Ballarab in der Walachei
führten die rumän. Eprade in Kirche und Staat
ein. Aus berfelben und der nachfolgenden Feit
find unter andern auch die in jchöner, marfiger
Sprade verfabten rumän. Chronifen von Ureti
(Ende des 16. Jahrh.) und Miron Goftin (geit.
1692), ſowie bie Schriften des Metropoliten Do:
fithei (aeit. 1690) und des Fürſten Dimitrie Cante:
nıir (1673— 1723). Mber Fürſt Dimitrie Cantemir
bezeichnet zugleich den Abſchluß der rumän. Kultur⸗
903
bewegung. Cr war mit Jar Reter d. Gr, verbün:
det, als derfelbe 1711 gegen die Türkei vordrang.
Die Hohe Pforte, um ſolchen Gefahren für die Zu:
dunft vorzubeugen, ließ von nun an, mit Verlegung
der alten Kapitulationen, die Fürjten nicht mehr im
Lande wählen, fondern ſchidte fie meiſt ſelbſi aus
Konftantinopel und erftidte bamit jede nationale
Regung. Vornehmlid waren e8 Griechen aus dent
—— die ſich die Furſtenſtühle der Moldau und
alachei erfauften. Das Griechiſche wurde die
Sprade ber Gebildeten und erit im 19. Jahrh. er:
wachte von neuem ein nationaler Geijt im Volte,
wozu fiebenbürg. Numänen, die in die Waladei
einwanderten, den erſten Keim legten. Lazar (1822)
war der erjte Yehrer in diejer Richtung, ihm folgte
Laurianu, Joan Majorescu (Bater); in der Moldau
Aſſali. Unteritüpt wurden ihre Beitrebungen durch
Dee: und ſprachliche Schriften der Siebenbürger
ticul, Petru Major, Gipariu, durch die Chronit
von Eincai u. ſ. w. In der Waladyei wurden
unter den Einheimischen beliade, Bolintineanu und
Balcesu Vorlampſer der litterariichen Bewegung,
in der Moldau Alerandri, Konitantin Negruzzi
(Vater) und Michael Gogalniceanu. Die natürliche
Folge diefer mannichfachen Regungen war ein leb—
bafter litterarijher und polit. Aufſchwung, der um
1820 begann. , Unter den namhaften rumän.
Shriftftellern der Gegenwart iſt in eriter Reihe
noch immer Alerandri zu nennen. Seine lyriſchen
Gedichte und jeine Sammlungen rumän. Bolflieder
(deutſch von W. von Kotzebue, Berl. 1857) find das
Beite, was die poect. Litteratur Rumäniens aufwei:
en lann. —— unter ben jüngern Dichtern
ift Eminescu. Biel Neuere von Alerandri und
Eminescu ift deutſch überjeht von Carmen Sylva
(Königin Elijabeth von Rumänien) und Mite Krem:
nik («Rumän. Dihtungen», 2. Aufl., Lpz. 1883).
Schöne Sprache und gediegene hiltor.:ardjäol.
Kenntnifjezeigt Odobescu. Vieles zur Geſchichte und
vergleihenden Sprachforſchung ſchreibt Hasdeu.
Den alten überwundenen Standpunlt der Philo—
logie vertraten der gelehrte Kanonilus Cipariu
(rumän. Grammatik, Analelten u. ſ. w.), Laurianu
und Marim Alademiſches Wörterbud) und Glojs
farium»). Boltsichriftiteller im beiten Sinne find
Greanga und Slavici. Die belannteite ruman.
Schrütitellerin, Dora d'Iſtria (f. d.), ſchrieb meijt
in franz. Sprade; doch erſcheint eine rumän. Über:
ſehung ihrer Werfe (Bd. 1—3, Bulareft 1876— 78),
Als polit. Schriftiteller und Zeitungsredacteure find
Barik («Gazetta Transilvaniei») und der radilale
C. A. Rofetti («Romanul») zu nennen. Im Kampfe
gegen die Nahahmung bloß äußerer Formen der
weitländ, Kultur, namentlich des franz. Weſens,
entitand in der neueiten rumän. Zitteratur die Iri:
tiihe Richtung, geleitet von Titus Majorescu (cd
namentlich deſſen «Critice», Bulareſt 1874), welche
im energiichen Widerftand gegen die eingeriſſene
Verflahung, auf Naturwahrheit, wiſſenſchaſtliche
Strenge und organiſche Ausbildung des geiſtigen
Lebens aus dem eigenen Vollsweſen felbit dringt.
In Jaſſy bildete ſich auf diejer Örundlage ein litte:
rariih:polit. Verein, deſſen Degen bie Zeitihriit
«Convorbiri Literare», unter Nebaction von J.
Negruzzi (Sohn), wurde. Die Convorbiri drangen
zuerit auf Reinheit der Sprache, durch Theorie und
Beijpiel, und jesten aud die immer allgemeiner
gewordene phonetiih:logiihe Schreibart des Rus
mäniichen feit. Manche liberjegungen ins Rumäs
904
i 8 ber be ‚und 6
—— den —— rede er’ 4 *
urch fie veranlaßt, fo aFauſte, a Wallenſteins Tod»,
«Die Räuber», “D esco⸗, «Rabale und Liebe»,
«Macbeth», «Dibello», viele Gedichte von Goethe,
Heine, Lenau, Victor Hugo, Lamartine u. ſ. w. Be:
merlenswert ift in neueiter Zeit auch die beginnende
zamne . Thätigleit mit Herausgabe guter rumän.
it Qulsäger (Bopescu und Coma in Her:
mannſtadt, Creanga in Jaſſy, Manliu in Bulareit).
Auch auf dramat, Gebiet lieferten Alerandri und
Garagiali in neueiter Zeit gute Werte. Vgl. Krem:
nig, «Rumän. Slizzen⸗ (Bulgreſt 1877).
Rumänife-Oratige, Dorf bei veutſch⸗ Dra⸗
wiha (f. d.). — Rumänifh-Szäfzta, Dorf bei
Deutih:Szäfzta (f. d.).
Numäther, |. unter Rum. i
Numburg, Stadt und Hauptort bes gleich—
namigen Bezirls bes een Böhmen an ber
ſachſ. Grenze, Station der Linien Batov:R.:Ebers:
bach und R.⸗Schludenau⸗Nixdorf der Bohmiſchen
Vordbahn, zählt (1880) 10142 G., 8 ber Siß einer
Bezirlshauptmannſchaft und eines Bezirfägerichts,
bat eine Bürgerfchule, drei Vollsſchulen, eine evang.
Privatſchule mit Öffentlichleitsredht, eine kath. un
eine prot. Kirche, ſowie ein tapuzinerklofter, eine
Fach⸗ und Zeichenſchule und ein Verforgungshaus.
ie Stadt ift berühmt durd ihre Weberei und
Horndrechslerei. Es werden daſelbſt Leinen, Woll:
und Baummollwaren, dann Tiſch⸗ und Bettbeden
erzeugt, —— ſämtlich mit den Horndrechsler⸗
waren anſehnliche Exportartilel abgeben.
Numelien, Numilien, türk. Rumili, b. h.
Roms Land, iſt ein ſehr verfchieden befiniertergeogr.
Begriff. Im ausgedehntern Sinne verjtanden die
Zürfen von jeber unter ihm die Gefamtheit ber
europ. Befisungen des Sultans, indes mit Aus:
ſchluß der Moldau, Walachei, Serbiens, Bosniens
und der Herzegowina. Es umfahte mithin, nad
türt, Spradgebraud, R., außer den osman. Bro:
vinzen im Süden des Vallan, auch Bulgarien und
erſtreckte na vom Geſtade des Schwarzen und
Agäiſchen Meers bis er Adriatiihen und zur
rieh. Grenze Im Vollsmunde dagegen ift im
Irient R. der Gegenfak von Anaboli oder Anato:
lien und bedeutet rue europ. Seite oder
Hälfte des türf, Reichs. Indes wurde der Ausbrud
aud im engern Sinne aufgefabt und angewendet
innerhalb der vielfahem Wechſel unterworfenen
türk, PBrovinzialeinteilung, indem um 1836 nad
Unterwerfung Hochalbaniens durch Reichid:Paicha
aus —— one und dem wejtl. Macedonien
ein Gjalet mit Toli Monajtir als Hauptitadt gebil:
det und ihm der Name Numili erteilt wurde, Im
Anſchluß an dieje Reminiſzenz führte das britte
tür, Armeekorps, dejjen Hauptquartier ſich zu Mo:
naftir befindet, den Beinanten Numili Orduſſu (ru:
melifche Drdu). Im entichiedenften Gegenfag hierzu
Mg bie abendländ, Geograpben unter R. die
öftl. Hälfte der Lande im Süden des Vallan, aljo
im befondern das alte Thrazien, indes mit Aus:
Schluß der europ. Geftade ber beiden Meerengen und
des Marmarameers. (S. auch Dftrumelien.)
Nümelin a? denticher Statiſtiker und
—— geb. 26. März 1815 in Ravensburg in
Wuͤrttemberg, ſtudierte 1832 —36 in Tübingen
Theologie, bekleidete dann mehrere Hilfslehrerſtellen
und wurde 1845 Rektor der lat. Schule zu Nür: | deutich, Weim. 1800—5).
Numänifh-Drawiga — Rumford
Parlament gewählt, wo er ofort ber erbfaiferl.
Partei 2 Bei fi s oelung be3 Barla-
. fein Mandat nieber
ment3 nad) —— legte
und wurde dann Gymnaſialprofeſſor in Heilbronn,
fam 1850 als Referent für die humaniſtiſche Ab
teilung in den Studienrat nad Stuttgart, 1852 als
Nat in das Aultusminijterium, und wurbe 1856
Staatsrat und Departementächef des Kirchen: unb
Schulweſens. In diefer Stellung war er für He
bung des Volksſchulweſens und Beilegung des
Konflikts der württemb. Regierung mit der Kurie
mit Erfolg thätig⸗ Da eine mit der leztern abge
ihlofiene Konvention von der württemb. Zweiten
Kammer verworfen wurbe, nahm R. 1861 _ feine
Entlafjung, übernahm die Stelle eines Votſtand⸗
des ftattjt.stopogr. Bureau und habilitierte fidh 1867
als Docent für Statiftil und Philoſophie an der
Univerfität Tübingen, zu beren Kanzler er 1870 er
nannt wurde. R. jchrieb: «Die Aufgabe ber Bolls
Neal: und Gelehrtenfhulen» (Heilbr. 1845) «Shal:
jene: Studien» (Stuttg. 1866; 2, Aufl. 1874), «We:
en und Aufiäpe» (2 Bde, Tüb, 1875—81). Auf
batte er wejentlihen Anteil an dem geogr. :ftatift.
Werk «Das Königreid Württemberg» (Stuttg.
1863), jowie an defien neuer Bearbeitung (Stu
1884) und redigierte eine Zeit lang die «Württemb,
Jahrbücher für Statiftit und Landesktunder,
— — mer: fon, Graf ), Bio
umford (Benj. Thompfon, Graf von),
filer und Bbilanthrop, geb. 26. März 1753 u
burn in Maſſachuſetts, ward ſchon 1770 Lehrer an
ber Akademie zu Rumford, einem Orte in Nem:
Hampibire, der jept Concord heißt. Während bes
Freiheitskriegs ab er fih genötigt, zu ben län:
dern nach Bolton zu entfliehen, für die er die Wafı
fen ergriff. Als die Engländer 1776 Bofton räum:
ten, überbrachte er diefe Nachricht nad London.
Hier gab man ihm eine Anjtellung im Ariegämini-
ſterium, die er jedoch nad einigen Jahren nieder:
legte, Er kehrte nah Nordamerita zurüd_ und
errichtete ein Heines Reiterlorps, an deſſen Spise
er als Oberſt tapfer fämpfte. Nah dem Frieden
von 1783 wendete IHR. nah Münden und wurde
bier die Seele einer Reihe von gemeinnügigen Maß:
regeln. So betrieb er die Bejeitigung der Bettelei,
die Gründung von Manufalturen für Arme und
Brotloje, die Einführung der Kartoffeln und ber
Sparöfen. Belonders aber madte er ſich eimen
Namen dur die Crfindung einer ölonomiſchen
Suppe(nahibmRumfordiheSuppe genannt),
die aus Knochen, Blut und andern nahrhaften bil:
ligen Stoffen bergeitellt wird. Der Kurfürjt erbob
ihn zum Grafen von R. und verlieh ibm auch den
Grad eines Generallieutenantse, Im J. 1799 ging
er nach England zurüd. Der königl. Societät der
Willenihaften, deren Vigepräfident er war, fehte
er bedeutende Summen zur Belohnung nühlicher
Grfindungen aus. Die 1800 unter dem Namen
Royal-nititution zu London gegründete Lehranitalt
für techniihe Gewerbe fam zum Teil unter feiner
Mitwirkung zu Stande. Zwei Jahre fpäter fiebelte
er nad Frankreich über und wohnte auf feiner Be
fisung zu Auteuil, wo er 22, Aug. 1814 ftarb, R,
binterließ «M&moires sur la chaleur» (Par, 1809),
«Recherches sur la chaleur» (1804—13) und
«Essais politiques, &conomiques et philoso-
phiques» (4 Bde., Genf 1799—1806; uriprüngali
Ellis veranftaltete eine
tingen. Hier wurde er 1818 in das Frankfurter | Sejamtausgabe feiner Werke (5 Bbe., Yond. 1876).
Rumina — Rumormeifter
— und die mechan. Wärmetheorie⸗
Rumina wurde von den Römern als eine Göttin
verehrt, welche dafür forgte, daß Tiere und Men:
ſchen vᷣlilch zum Säugen —* Kinder hätten. Das
ber wurde fie in Die Sage von Romulus und Nemus
in der Art verwebt, dab es hieß, die Zwillinge jeien
da an das Land getrieben, wo ein der R. geweihter
eigenbaum ftand, unter welchem fie bann von ber
ölfin geläugt wurden. Später follte dann biejer
Ruminaliihe Feigenbaum durch ein Wunder bes
Augurs Attus Navius auf das Comitium verfegt
worden fein. :
Ruminantia (fat.), Wieberläuer.
Rumjanzomw, richtiger Numjanzew, rufl.
Adelsgeſchlecht:
Alerander yuereuitig R., geb. 1684, ge:
wann als era im Preobraſchenslijſchen Regi⸗
ment die Gunſt Peters d. Gr., begleitete denſelben
nad Dänemark und Holland, 1722 auch nach Ber:
fien, ward 1728 General der Armee in Berfien,
1736 Statthalter in Kleinrußland und ſchlug als
per 1738 die Türken bei Krementſchug. Er gin,
ann als Gefandter nach Konitantinopel, ichlo
1743 zu Abo den Frieden mit Schweden ab, wofür
er in ben Grafenitand erhoben wurde, und ftarb
15. Mai 1749 in Moslau,
Eein Sohn Graf Peter Alerandrowitid
R., mit Beinamen Sabunajftij (b. i. der
die Donau überſchritt), geb. 1725, war einer ber
vorzüglichiten rujj. Feldherrn. Schon im Sieben:
jährigen Striege fommandierte er in ber Schlacht
bei Kunersdorf 1759 das Gentrum und nahm 1761
die Feſtung Kolberg ein. Im J. 1769 wurde er
Dberbefehlähaber im Kriege ge en die Türfen, er:
fodht glänzende Siege am F le Larga und am
flagul, wofür er rg Feldmarſchall ernannt wurde,
überjcritt 1771 die Donau und nötigte die Piorte
pn Abſchluß des Friedens von Kutſchuk-Kainar—
ſchi 21. Juli 1774. Cr ftarb 19. Dez. 1796 und
it im Petſchoörſtijſchen Kloſter in Kiew begraben.
Denkmäler wurden ihm errichtet in Zarsloje:Sielo
— Marmorobelist) und in Petersburg (ein Obe—
ist von ſchwarzem Granit, 25 m body). Seine
Biographie ſchrieb Tſchitſchagow (Petersb. 1849).
Des Iehtern Sohn, Graf Nilolaj Petro:
witich R., geb. 1754, war 1779— 96 ruf). Ge:
landter in Sranfjurt a. M., darauf 1802—7 Han:
belömimijter. Er wurde darauf Miniſter des Aus:
wärtigen, begleitete 1808 den Kaiſer nad Crfurt,
ging 1809 nad) Paris zu Verhandlungen mit Na:
poleon und ſchloß noch in demjelben Jahre (17.Sept.)
mit Schweden den Frieden von Friderilshamn ab,
kraft dejjen Finland an Rußland fam. R. wurde
infolge davon zum Reichslanzler ernannt, legte aber
1812, als der Bruch mit frankreich eintrat, fein
Amt nieder und widmete ſich hinfort der Förderung
der Wijjenihaften. Er rüjtete 1815 auf eigene
Roiten das Schiff Rurik aus, das unter Otto von
ſtohebue eine Reife um die Welt nrachte, ſammelte
und gab in Drud verichiedene Materialien zur ruſſ.
Geſchichte, widmete feine Bibliothek, fein Münz:
und Mineralienlabinett der öffentlichen Benukung,
woraus das Rumjanzowſche Mujeum gebildet
wurde, bas 1861 nad) Moskau verlegt und durch
Hbnograph. ——— und anderes vermehrt
wurde. R. ſtarb 15. Jan. 1826.
Mit feinem jüngern Bruber, GrafSergij Be:
tromwitich R., der einige Zeit Geſandter in Berlin
905
war und 6. Fehr. 1838 in Mostau ftarb, erlofc bie
gräfliche Linie ber Familie,
Rummel (Rommel), mehrere Dinge peimamen
ohne Auswahl, häufig in ——— atalogen;
im Piquet mehrere Karten von gleicher Farbe.
Rummel, im untern — Wad-el-Kebir,
im Altertum Ampsaga, Fluß in der algeriſchen
Provinz Conſtantine, entſteht im SW. ber Stadt
Conſtantine aus der Bereini 9 mehrerer Gebirgs⸗
bäche, fließt zuerſt in norböflf. lichtung, dann zwi⸗
fhen bem —— und dem Numidiſchen Ges
birge nördlich, dann weſtlich, hierauf, den Djebel
Auat durchbrechend, abermals nördlich und mündet
—— von den ſieben Kaps (Seba Rus) in das
Mittelländiſche Meer.
Nummelpiquet, ſ. Piquetſpiel.
Nummelsburg (bei Berlin), zum Guts—
bezirk Boxhagen gehörige Kolonie im Kreiſe Nieders
barnim des preuß. Negierungsbezirts Potsdam,
5 km öſtlich von Berlin, am Rummelsburger See,
einer recht3feitigen Ausbuchtung der Spree, Stas
tion ber Linien Berlin-Breslau und Berlin-Schneis
bemübl:Nönigsberg der Preubiichen Staatsbahnen,
zäblt (1880) 1600 E,, hat eine evang. PBfarrlirche,
ein großes Waiſenhaus der Stabt Berlin von 1859,
eine Pump⸗ und Niltrieranftalt der Berliner Wafiers
werte und Brotbäderei,
Rummelsburg (in Pommern), Kreisftadt
im preuß. Regierungsbegirt Köslin, an der Stied⸗
nis, Station der Yinie Pofen : Stolpmünde der
Preußiſchen Staatäbahnen, Sik des Yandratds
amts und eines Amtsgerichts, Böll! (1880) 5304 €,
und bat Wollipinnereien und Zucfabriten. —
Der Kreis Rummelsburg zählt auf 1147 qkm
34 788 überwiegend evang. E. j
Numohr (Karl Friedr. Ludw. Felir von), viel:
feitiger Schriftiteller, geb. 6, Jan. 1785 unweit
Dresden, ftudierte zu Göttingen und lebte fpäter in
Dresden, wo er mit Tied befreundet war, in Ita—
lien (vgl. feine «Drei Neifen nad Stalien», Lpz.
1832), in topenbagen, wo er tönigl. Hammerberr
war, und in Lübech. Im J. 1842 kaufte er ſich in
Lübed ein eigenes Haus, wo er feine Bibliothek,
Kunſtſachen und reihen Kupferitihfammlungen auf:
jtellte, Gr ftarb in Dresden 25. Juli 1813. Gein
Hauptwerf «tal. Forſchungeny (3 Bde., Berl. 1827
— 31) behandelt gründlih und gediegen die Ge:
ſchichte der Entjtehung und Ausbildung der neuern
Malerei. Bon feinen andern kunſthiſtor. Schritten
find zu erwähnen: «Geſchichte der Lönigl. Kupfer:
— zu Kopenhagen» (Lpz. 1835), «Dans
Holbein der Jüngere in feinem Verhältnis zum
deutfchen Formfchnittwefen» (Lpz. 1836), «dur Ges
ſchichte und Theorie der Formſchneidekunſt (ps.
1837). Seinen «Deutihen Denkwürdigkeiten»
S Bde., Berl. 1831), einem in Memoirenform ges
leibeten Romane, ließ er «Novellen» (2 Bde.,Münd).
1833—35) folgen, Früher ſchon gab er heraus
«tal. Novellen von hiltor. ntereiier Hamb. 1823),
und nicht ohne Humor iſt jein Gedicht «Stynalope:
komachias, der Hunde-Fuchſen-Streit (Tüb. 1835).
Als ein Mann von Beijt zeigte er fich auch in feiner
«Schule der Höflichleit» (2Bde,, Stuttg. 1834—35).
Seine Hunftiammlungen wurben 1816 in Dresden
verjteigert. Bol. Schulz, «R., fein Leben und feine
Schriften» Su 1844). ö
Rumonfch, ſ. Romaniſch.
Rumormeiſter ib zur Zeit der Landsknechte
ein zum Negimentäftabe gehöriger, dem «Huren:
906
mwaibel» zugeorbneter Dffizier, ber biefen im Qa-
per, namentlid aber auf dem Zuge und während
ed Treffens in der Leitung des ſehr zahlreichen
bienftbaren — — der«Huren und Buben»
unterftühte. y der Hegel ernannt: man bierzu
einen alten, frienderfahrenen Ariener, ber zum
Naffendienfte nicht mehr völlig geeignet war.
Numpelmetten, f. Finftermetten.
Aumpenheim, Kirchdorf in der beit, Provinz
Etartenburg, Kreis Offenbach, am linten Main:
ufer, mit (1880) 807 €. und einem im Stil Zub:
wigs XIV. erbauten Schloß mit großen ſchönen
Parkanlagen (Friedrihsanlage), ben Landgrafen
von a einer Seitenlinie des
ehemaligen kurfüritl. j > Haufes, *5 Im.
1866 wurde R., das früher zum Kurfürftentum
Heſſen gehörte, von Preußen an das Großherzog:
tum Helien abgetreten,
Rumpf (Stamm, Truncus), die nur wenig
gegliederte Hauptmaſſe des menſchlichen Körpers,
an welcher der Kopf, jowie die vier Ertremitäten
(Arme und Beine) gewiflermaßen nur wie Anhänge
angebradt find. an teilt den R. in vier Haupt:
abteilungen: in ben Hals (f. d.), welder gleichſam
den Stiel des Kopfes bildet, in ben Überleib oder
die Bruft (f. d.) mit der geräumigen Bruſthöhle,
in den Unterleib oder Bauch (f. d.) mit der Baudı:
ohle, welche von ber Bruithöhle durch das Zwerd):
— wird, ſowie in das Beden (f. d.) mit
denböhle, welche lektere eine unmittelbare
ortfegung der Bauchhöhle ift. Die fefte fnöcherne
rundlage des ganzen R. ift die am Rüden (f. d.)
fidh herabziehenbe, in einen Hals-, Bruft:, Bauch—⸗
und Bedenteil gerfallende Wirbelfäule (f. b.), welche
ben Kanal für das Rüdenmart (f. d.) enthält und
eine fhlangenförmige Krümmung befigt. An bie
12 Brujtwirbel legen ſich die 24 Rippen (f. d.) an,
vereinigen fi nach vorn mit dem Bruftbein und
bilden jo den knöchernen Bruftfaften, welcher bie
Brufthöhle mit ihren eg Drganen in
ch ſchließt. Der unterjte Teil der Wirbeljäule, bas
reuzbein, bildet mit den beiden Bedenlnochen einen
feft zufammengefügten ftarfen Anodyenring, an
welchem bie beiden unterjten Gliedmaßen befeftigt
* S. Bein.) Die beiden obern Grtremitäten
eben durch die Schulterblätter und Schlüfjelbeine
mit dem R. in leicht beweglicher Verbindung. Die
zahlreichen kräftigen Rumpfmus keln dienen teils
zur Bewegung der Wirbeljäule (Rüdenmusteln),
teild der Berengerung der Baudhhöhle (Baudy: und
Tarmmusleln), teild der Atmung (Bruftmusteln
und Swerdfell); andere dienen dazu, die obern oder
bie untern Gliedmaßen gegen ben R. zu bewegen.
(©. Tafel: Stelettdes Menſ ii
fparlament bich der Reit des Unter:
baufes des 1640 einberufenen engl. Parlaments;
auch der Reit der Deutichen Nationalverfammlung,
welder 6. bi3 18, Juni 1849 in Stuttgart tagte,
Rumph, bei naturbijtor. Namen Bezeichnung
ür Georg Eberbard Rumph, geb. 1637 in
anau, geit. 1702 ala bolländ, Unterftatthalter auf
Amboina, fchrieb ein «Herbarium amboinense »
und «Plinius indicus»,
‚ Runcorn, Stadt in ber engl. Grafſchaft Chefter,
linl3 am Merſey, in welchen bier der Bridgemater:
fanal mündet, Sinotenpunft des Cheibire:Bahn:
nebes, zählt (1881) 15133 E. und bat Schifisbau,
Gijengiehereien, Koblengruben u. ſ. w. R. bie in
angelfädit Beit Rumcofa.
Numpelmetten — Rundreifebillets
Nundbaum (im Berabau);, bie Melle bes Bır--
haſpels. (S. unter Bergbau, Bd. II, ©. 806
undbogen (in der Bautunft), f. u. Bogen.
Nundbrenner (Argandbbrenner), f. unter
Argandihe Lampen, Gasbeleudtuns,
Bd. VII, ©.570®, und Lampen.
Ruudeifen, Schiniebeeijen in Stangenform mit
freisförmigem Querſchnitt. [maidinen.
Nundemafchine, j.u. Blehbbearbeitung::
Nundherd, ſ. unter Wetallurgie.
Rundherum : Syftem (von Dampfpflügen), '.
unter Dampf:Bodentultur.
Nundieren (von Edeliteinen), f. unter Edel:
feinihleiferei, Bd. V, ©. 754.
Rundifte, techniicher Ausdrud der Edelſtein—
fchleiferei (ſ. d., Bo. . 750).
Aunbtöpfe (Roundheads), in England Partei:
name der Gegner der Hochlirche; beſonders Spott
name der Buritaner wegen ihres rund gejchnittenen
fhaares.
u beliebtes Turngerät, beftehend ar:
einer an einer Achſe an die Saaldecke auf gten
ober auf einer Säule befeitigten Drebidyeibe, ar
welcher Seile mit Handgriffen gehängt werben, bir
pr Laufen und Schwingen im Kreiie herum
ienen. [faffend = 81,21
Nundlet, engl. Flüffigleitsmab, 18 Gallonen
Nundmänler (Cyclostomi), ſ. unter Fiſche,
Bd. VI, ©. 841°, j
Rundreifebillets nennt man die auf größern
beutichen Stationen zu ermäßigten Preifen au:
gegebenen Eiſenbahnbillets, welche zu zablreichen
von den Eilenbahndireltionen jelbit bejtimmten
brten auf den vorzugsweiſe vom Zu:
riftenverlehr gefuchten Linien berechtigen. Die
Runbreije fließt an berjelben Station ab, avi
welcher fie begonnen; body bleibt es ber Wahl des
Reifenden überlafien, die Reife in der im Billet an
ae ober —— Richtung zurüdzulegen.
e R. werden von Mai bis September ausgegeben
bie Gultigleitsdauer iſt 30 Tage; fie berechtigen zur
Fahrt mit allen fahrplanmäßigen Zr inſoweit
* die betreffende Wagenklaſſe führen. Freigepäd
wird nur auf einzelnen Linien gewährt.
Kombinierbare Rundreiiebillets gelas—
feit 1884 für beitimmte Eiſenbahn- reir.
ampfichiffitreden bed Gebiete® bes Berein:
Deutier Eijenbahnverwaltungen (umfaſſend die
deutſchen, öſterr. ungar. und einen größern Zeil dr
belg., niederländ,. und rumän. Bahnen) zur Veran:
gabung, und zwar für alle drei Klafien. Diefelber
werden nad) einem von den Eijenbabnvermwaltungen
en von dem Reifenden durd
Coupons jelbjt zufammengeftellt. Dieje für die ix
treffenden Streden geltenden Coupons werden mi!
laujender Rummer in Buchform zujammengebefict
Die ganze Fahrt muß eine oder mehrere in ji
geihlojiene und zufammenhängende Rundreiſen
von zujammen mindejtend 600 bilden, wobei
jebod die Ausgangsſtation vor der Rollenbuma
der Neife nicht wieder berührt werben darf. Bil
let3 zur Hin» und Rückfahrt über die aleichen &
nien werben nicht abgegeben, wohl aber können
einzelne Etellen doppelt befabren werben; bed
dürfen foldye doppelt befahrene Etreden (Hin: un’
Nüdfahrt zuſammengerechnet) nicht über ein Viertel
der Entfernung der ganzen Nundreife ausmachen,
e3 jei denn, daß die verbleibende wirklide Rum
reife immer nod 600 km umfaht. Die Ausganz-
Nundſchild —
ation det Munbreife muß aud bie Enditation
erjelben fein; ebenſo müſſen die Coupons eines
Billets eine ununterbrochene Reihe darjtellen. Die
R. haben eine Gültigleitsdauer von 35 aufeinander
folgenden Tagen; fte find perjönlid und unüber:
tragbar und müjlen auf der Außenfeite des Um:
ſchlags vom Reijenden mit feiner Namensunter:
joriftverjehen werden; fie berechtigen zur Benugung
aller foprplanmäßigen Züge mit entiprechender
Magenklafle; Fahrtunterbrehung kann auf allen
Coupon: und Aufenthaltsitationen ohne weitere
Hörmlickeit ftattfinden. Mit Ausnahme des zu:
läifigen Handgepäd3 wird Freigepäd nicht gewährt.
Tiefe fombinterten R., für die eine Preisermaͤßi⸗
m. von durdichnittlid etwa 25 Proz. ftattfindet,
wurden anfangs nur vom 1. Mai bis 30. Sept.
auägegeben; feit Herbit 1885 findet ihre Beraus:
gabung aber während des ganzen Jahres ftatt.
Rundichild, ein Schild von zirtelrunder Form,
wie es bejonderd im Mittelalter von den Rittern
zu Pierde geführt wurde. Bei den Spaniern war
das N. and noch in jpäterer Zeit, namentlich bei
nächtlichen ——— gebrauchlich.
Ruudſchit⸗Singh, richtiger Randſchit—
Singh, Herrſcher der Silhs im Pendſchab (Oft:
indien), geb. 2. Nov. 1780 als Sohn des Maha—
Singh, dem er ſchon im 12. Jahre in der Herrſchaft
über einen der Mifule oder Diftritte der Sikhs
unter der Vormundſchaft feiner Mutter folgte.
Diejelbe vergiftete er in feinem 17. Jahre, um un:
abhängig regieren zu lönnen. Mittel eines bedeu⸗
tenden und feines Cinflujjes in den be
nachbarten, ihm von feinem Vater überlommenen
Dütrikten, gelang es ihm bald, feine Herrſchaft be:
trächtlic) zu erweitern, Dem Afghanenſchah Siman
geleitete Dienite verichafiten ihm die Belehrung
mit Labore. Außerdem machte er fi mehrere
Serdare feines eigenen Volls zinsbar und nahm
dann fogar den Mgbanen felbit einige Pläge am
weitl. Indusufer ab. Nach dem Vertrag zu Am:
ritſir, 25. April 1809, welder den Setledid als
Grenze zwij feinem und dem engl. Gebiet feit:
feste, war fein ganzes Streben auf Eroberungen
im Pendihab und in Afghaniſtan gerichtet. Gr
organifierte deshalb fein Heer nah dem Muſter
der engl. ind, Sipahis, unterwarf in wenigen Jah⸗
ren fait alle Mijule im Bendihab und nahm 1813
Uttot durch Verrat und 1818 Nultan mit Sturm;
1819 fiel Kaſchmir in feine Hände. Nun nahm er
ben Titel eines Maharadſcha (d. i. Großlönig) im
Vendſchab an, und engagierte 1822 zwei Offiziere
des Rapoleoniſchen Heerd, Allard und Ventura,
die mit einigen andern Europäern fein Heer völlig
auf europ. Fuß bradten. So wurde e3 R. mög:
li, ſich zum Alleinderriher im ganzen Pendſchab
ju machen und auch im Weiten des Indus auszu:
reiten, wo er 1829 den Afghanen die Provinz
Veſchawer abnahbm. Während diefer Zeit war der
Löwe bes Pendichab», wie er fich gern nennen ließ,
‚nr vtelfadye Berührung mit den Engländern gelom:
men. Beide Teile beobadıteten jih mißtrauiſch;
da e3 aber in beider Intereſſe Ing, ſich vorderhand
u fchonen, fo fam es nie zum Kriege. In den
esten Jahren feines Lebens bejchräntten ich R.3
Internehmungen auf Händel mit den Afgbanen,
velhe ihm Peſchawer zu einem höchſt unſichern
Befig madıten. R. trat noch 1838 mit den Eng:
ändern in Unterhandlungen zum Abſchluß eines
Pimdnifies, ftarb aber jhon 27. Juni 1839. Eein
907
einziger männlicher Sprof, Charral:Singb, warfaft
— (©. Siths.) maſchine.
Rundſchnurmaſchine, ſ. unter Kloͤppel—
Mundſchrift iſt entitanden aus der Anwendung
breitipigiger Federn für die runden Formen der
lat. Schrift:
Ofumdscheift
In Italien war bie R. fhon im 15. Jahrh. ge:
bräudlid, im 16. in den verſchiedenſten Abarten
allgemeine Gebrauchsſchrift. In Frantreich traten
die eriten reinen Rundſchriftformen Ende des
15. Jahrh. auf und hießen &criture financidre,
fpäter&criture ronde, die gegen Ende be3 16. Jahrh.
entitanbenen nad rechts geneigten &criture batärde,
In Frantreid wurde die R. jeither am meilten ge:
pflegt, Spanien bebiente ſich ihrer ebenfalls feit
16. Jahrh. mit Vorliebe, In Deutichland ift
die R. in neueiter Zeit durch Soenneden N großer
ein
Nundwürmer
Bedeutung gelangt, indem er ihr ein au ade
eometriſche Formen geftüßtes leichtfaßliches Lehr:
Item zu Grunde legte und die Federn für die Her:
ellung der R. wejentlich nerbejferte. (S. die Figur.)
Bol. «Opera di Frate Vespasiano» (Vened, 1554);
Gagneur, «La technographie» (Par. 1599); Soen;
neden, «Die R.» (100, Aufl., Bonn 1879).
Nundtartfche, f. unter Schild,
NRundwürmer (Nematelmia s, Nemathel-
mindes) nennt man eine große Klaſſe der Würmer,
weldye ſich durch einen meijt brehrunden Körper,
der häufig zu grober Länge ausgezogen iſt, und ben
Mangel an Gliederung von den Gliederwürmern,
durch eine derbe Haut und die Geftaltung von den
PBlattwfirmern unterfcheidet. Die R. haben keinen
abgejekten Kopf, weder geſonderte Atemorgane
noch Kreislauf, feine Fußſtummel oder Boriten:
bündel und ftehen, hinſichtlich ihrer innern Organi-
ation, auf ſehr niederer Stufe. Doc find die Ge:
—— meiſt getrennt und die Männchen häufig
den Weibchen AR unähnlih. Viele von ihnen
leben als Schmaroger in andern Tieren bald nur
eitweiſe, bald während ihres ganzen Lebens. Eie
nden fi häufig im Meere, wie im Sühwafler, in
modernen Pflanzen: und Zieritoffen, in lebenden
Pflanzen und Tieren. Die Eifig:, Kleifter:_ und
Getreideälchen (f. unter Aaltierhen), die Spul:
und Peitihenwürnter (j. die betreffenden Artikel),
der Guincawurm (j. unter Fadenwürmer), bie
Trichinen (j.d.) und Waflertälber (f. d.) gehören
diefer außerordentlich zahlreichen Klaſſe an.
908
Nuneberg (Johan Lubwig), ſchwed, Dichter,
eb. 5. Febr. 1804 zu Yalobftad in Finland, ftu-
ierte zu Abo, wurde 1830 Docent ber Beredfam:
keit zu Helingfors, 1837 Leltor der lat, Sprache
am G er zu Borgä, 1842 Lektor der griech.
Sprade dafelbit. Obgleid) kein geborener Schwede,
bat doch R. feine Dichtungen ſchwediſch geſchrieben;
er gehört zu den beliebteiten web. Tichtern ber
neuern Dei. Gine innige Belanntſchaft mit der
griech. llaſſiſchen Litteratur —— ſich bei ihm
mit einer tiefen und lebendigen afteliung er
Fon. Natur und finn, altväteriihen Sitten. Außer
einen in ben «Dikter» (3 Bde,, Helfingf. 1830 —
33) gefammelten Heinern Poefien find zu nennen:
—— Gelſingf. 1832) und «Hanna»
Helfingf. 1836 u. öfter), zwei Idyllen; ferner bie
romantiich:moderne Grzäblung aus Rußland «Na-
deschda» (Borgä 1841), die % Ile, «Julgvällen»
(Borgä 1841), der Romanzencyllus «Kung Fjalar»
—2* 1844), welcher bie alte nordiſche Sagenwelt
ebandelt; am meijten verbreitet und beliebt find
die Balladen «Fänrik Stäls Sägner» (1, Tl., Borgä
1848; 2. Th., Helfingf. 1860), Scenen und ——
tere aus dem Kriege 1808 ſchildernd; ferner
«Smärre Berättelser» (Helfingf. 1854) Kan ejr,
Quitipiel (1862), und «Kungarne pä Salamis»
(Heljingf. 1863), eine Tragödie in antiker Form,
Von 1832 bis 1836 war er Nebacteur des «Hel-
singfors Morgonblad», Die meijten Werte R.s
find ins Deutiche übertragen worden. NR. wurde
und brachte 14 ‚jahre gelähmt zu, bis er 6. Mai
1877 in Borgä jtarb. Cin chernes Standbild, das
Werkſeines Sohnes Walter R. eines hervorragen—
ben Bildhauers (geb. 29. Dez. 1838), ward 1885 zu
Helfingfors enthüllt. Bol. Peſchier, «Johan Lud⸗
wig N.» (Stuttg. 1881).
unen heißen die Alteften Schriftzeichen ber
Germanen. Ihre Geftalt verrät deutlich, daß fie
aus dem latein, Alpbabete und zwar aus dem Ka—
pitalalphabete der ältejten Kaiſerzeit gebildet find,
Man untericheidet zwei Arten R. ein fängeres und
ein kürzeres Alphabet; beide heißen nad) den An:
fangsrunen «Jutbarts. Jenes, das ältere, beſteht
aus 24 Buchſtaben (f, u, P [thl,a,r,k,g, w;h,n,
i,j, eu, p, z, 5; t,b, e,m, I, ng, o, d) und war bis
zur Mitte des 7. Jahrh. in Gebrauch; diejes, das
jüngere, beitand aus 16 N, und findet ih nur in
Standinavien bei Inſchriften der legten Jahrhun—
derte vor Cinführung des Chriftentums, Lehteres
wurde jpäter bis auf 27 Buchitaben erweitert und
bat ji bis zum Ausgang des Nittelalters erhalten,
Das ältere Alphabet beſaßen alle germanifchen
Stämme; die Südgermanen, Engländer, Standi:
navier. Die Inſchriften, welche in ihm geichrieben,
find für die Gefchichte der german. Spraden von
ungemeiner Wichtigkeit. Vom 5. Jahrh. an wurden
die R. durch das latein. Alphabet verdrängt, zuerit
bei den Südgermanen, dann bei den Engländern,
zuleht bei den nordiihen Völkern. Schon Ulfilas
(f. d.) ſchuf fich bei feiner fiberfeßung der Bibel ein
neues Alphabet mit Hilfe der griech. Buchſtaben.
Den einzelnen Zeichen des Futharl hatte man
Namen gegeben, die teıld aus der Miytbologie, teils
aus dem Yeben genonmmen waren; fo hießen im
angelſächſ. Nunenalphabet f: feoh = Vieh, Neid:
tum; 0:68 = der Gott; t: Tir = der Siriegägott;
1: lagu = das Meer u. dgl. Dieje Deutung hängt
jedenfalls mit Geheimzeichen einer frühern Periode
ee einer ie 1a Jahn 1863 vom Schlage getrofien | H
Nuneberg — Runen
zufammen, ben notae impressae des Tacitus («Ger-
mania», Slap. 10), bie in Stäbchen eingeript mur:
ben und zur —— dienten, in einge:
weihte Prieſter aus — — folder
bingeworfenen Stäbdhen mweisiagten. Hierber
ftammt auch der Name R., d. i. Geheimzeicen.
Als Lehrer dieſer Kunft nennen bie Eddalieder
Odhin, den oberfien Gott. Wie diefe Geheimzeicen
eweſen find, läßt fi nicht ſagen; jedenfalls baten
e mit den R. der erhaltenen Inſchriften nichts zu
thun. Aus ihnen wurde je nicht nur gemei::
fagt, fondern fie Pi auch al3 Zauberzeihen, um
mit ihrer Hilfe Ungfüd abzuwehren. —
nen R. ber jpätern Zeit wurden in der fri
Beriode befonders in Buchenſtäbchen eingerigt und
biefe als Briefe oder Mitteilungen gefandt. Hier:
aus ift unfer Wort Buchſtabe entftanden. Ferner
—— man die R. zu kürzern Juſchriften ai
ol; und Metall, im Norden aud, aber aud aus:
ſchließlich hier zu Denk: und Grabjteinen. Cben-
falls nur in Skandinavien wurden fie vor Ein:
führung des lat. Alphabets mit Feder und Tinte
auf Pergament gefchrieben, befonders zur Aufzeid-
nung ber Vollsgeſehe, wovon wir noch jeht das
ganze ſchoniſche Gefek in Aunenidieis de igen.
Die ältefte befannte Runenin ng \ ftand auf
einem 1734 bei Gallehuus unweit Mögeltondern
in Schleswig gefundenen, fpäter aber aus der
fönigl. Kunftlammer in Ko nbagen —
und von den Dieben eingeſchmolzenen goldenen
orn. Sie ſtammte waährſcheinlich aus den
4. Jahrh. und iſt für das Verſtändnis der Runen
ſchrift und der älteſten german. Sprache ſehr frucht
bar geworden. ‚Älter vielleicht noch iſt eine Heine
nſchrift auf einem Schildbudel aus dem Nordet
taruper Moor, fowie überhaupt die Dentmäler,
die in Niederdeutichland und Dänemark gefunden
—— und dem 3. bis 6. Jahrh. zugeteilt werden.
uneninſchriften wurden im Norden bereits ſeit
dem 16. Jahrh. geſammelt, aber zum Behuf ihrer
Deutung verſchiedene, meiſt ſehr abenteuerlide
Syſteme —— deshalb haben die ältern
Werle über R. nur noch Bedeutung durch das auf-
gefto [te Material, Was darin für Theorie und
Fichte braudybar war, hat Brynjulfien in feinen
«Periculum runologicum» (Kopenh. 1823) zu:
fammengeftellt und Yiliegren in feiner «Runalära»
(Stodh. 1832) durch Rachträge und durch Berichte
über den Inhalt der Inschriften ergänzt. Strema
unterſcheidend zwiſchen den verſchiedenen Arten von
Nunenichriften und auf hiſtor. Wege vorwärts
dringend, gab der Runenlehre zuerjt eine fichere
at. ide Grundlage Wilh. Grimm («fiber
beutiche R.», Gött. 1821; «Zur Litteratur der R.»,
Mien 1828). Seitdem ward fie gefördert durch bie
Arbeiten des Ysländers Finn Maanufen, der Eng
länder Kemble und Stepbens, ber Dänen Worſaae,
Thorfen und 2. Wimmer (aRuneftriftens Oprindelie
og Udvikling i Norden», Kopenh. 1874), ferner
durch einen Aufſaß Mund in den «Dlonatäberid-
ten» der berliner Akademie gen und bie Scrüt
von Piliencron und Mühlenboff (Halle 1852), der
fich zwei Unterfuhungen über das got. Alphabet
Andfichen, die eine von Kirchhoff (Berl. 1851;
neue Aufl. 1854), die andere von Bader (184).
Über den Gebrauch der R. ſchrieb Olfen die trefi
liche Abhandlung «Runerne i den oldislandife Lite
ratur» (Kopenb. 1883). Um die Kenntnis der in
Deutſchland gefundenen R. haben ſich befo: ders
Nunga — Rupert von Deuß
bemüht Franz Dietrich durch mehrere Abhandlun:
gen in den marburger Brogranımen und in Haupts
«Zeitichrift für deutſches Altertum» (Bd. 13), fowie
in Bfeiffers «Germania» (Bd. 10), und von flan:
dinav. Seite Bugge, Gislafon, Jeſſen und L.
Wimmer, l. auch Burg, «Die ältern norbis
fen Nuneninjchriften» (Berl. 1885).
Runga (Dar: Runga), Negerrei und Ba:
fallenftaat Wadais in Gentralafrila, im mittlern
Eudan, zwiſchen den Ländern Wadai im N. und
Tar: Banda im S., von dem aus Dar: or lom:
menden Auladebbe, einem großen rechtsfeitigen
Nebenfluß des Schari, von D. nah W. durdhftrömt
und von zahlreichen Auflajien desſelben bewäflert,
ift fehr fruchtbar. Die mohammed. Bewohner des
Landes treiben Viehzucht und führen viel Elfenbein
aus, N. wurde zuerjt 1873 durch eine Forſchungs—
reiſe Nachtigals bekannt,
Runge (Dito Philipp), deutſcher Maler, geb.
1776 zu Wolgaft, fam, zum Haufmann beftimmt,
1796 nad Hamburg, wurde aber diefem Beruf un:
treu, fodaß er 1799 fid) nad) der Alademie zu Ko:
penhagen wandte, wo er unter Abildgaards Lei:
tung bis 1801 ftudierte, Dann ging er nad) Dres:
den, und bier fanden befonders feine Zeihnungen
ropen Beifall, Seine Daritellung der vier Tages⸗,
‚sahres: und Yebenszeiten wurde von Goethe für
n Labyrinth dunkler Beziehungen erllärt, Er
eigt —— im vollen Lichte der myſtiſch roman:
iſchen Richtung feiner Zeit, Im %. 1804 begab
ih R. nad) Hamburg zurüd, mo er 2. Dez. 1810
tarb. Zum «Difiano ferit er acht grobe Kom:
ojitionen, außerdem Bignetten, Zeichnungen zu
Buchdedeln u. f. w. Große Fertigleit bejaß er
yarin, Bilder mit der Schere aus Papier zu ſchnei—
ven. Es eridhienen davon «VBorlageblätter für die
Jugend» 1309. Als Schriftfteller trat er auf mit
iner Farbenlehre unter dem Titel «Farbenkugel»
Hamb. 1810). Seine binterlaffenen Schriften
nannigfaltigen Inhalts erſchienen fpäter in zwei
Bänden (Hamb, 1840-41).
Dtto Siegmund R., Sohn des vorigen, neb.
‚0. April 1806 in Hamburg, zeigte vorwiegendes
Talent für die —— und bildete ſich in
erſelben unter Matthäis Leitung in Dresden aus,
3on 1824 bis 1826 arbeitete er in Berlin, dann
* Zeit in Münden, endlich in Rom unter Thor:
yaldjen. Aus feiner röm. Zeit zeichnete fid die
zruppe der Fiſcherin aus. Am J. 1829 kehrte er
ac Deutſchland zurüd und ließ ji in Hamburg
icder, wo er viele Büften hervorragender Männer
rtigte. Im J. 1838 ging er nad Petersburg,
arb aber bereit3 16. März 1839. Sieben grobe
Jagrelief3, die Entftehung, rg 9 und Bil:
ung des Menſchengeſchlechts durch die Bötter vor:
ellend, gehören zu den lebten und beften Werten,
ie er für den reg ung 2* t ausführte.
Runkel, Stadt_im preuß. Regierungsbezirk
Biegbaden, Kreis Dberlahn, lints an der Lahn,
station ber Linie Koblenz:Gießen der Breußiichen
taatsbahnen, Sih eines Amtsgerichts, zählt
.880) 1140 meift evang. E. und hat Anbau von
orzüglichem Rotwein, rechts der Zahn zahlreiche
ifenerzgruben und Kalkfteinbrühe. Das ältere,
534 durch die Spanier zerftörte Bergſchloß ift
uine, da3 1642 angebaute neuere Schloß, vor:
‚ala Refidenz der Fürften von Wied:R., it jebt
mtö- und Gerittgebäune. a R. fällt der
‚odenftein, ein Marmorfelfen, fteil zur Lahn ab,
909
Die Stadt ift Hauptort der Herrfchaft Wicd:R. des
Fürften von Wied Neuwied.
uufelrübe (Beta yulgaris), ‚Beta,
Runfelrübenzuderfabrifation, |. Zuder⸗
fabrilation,
Runkelftein, alte Burgruine, norböftlih von
Bozen, am Eingang in das Sarnthal, 442 m hoch,
berühmt wegen der um 1400 entftandenen Fresfo:
gemälde in drei Sälen, mit Bildern aus « Trijtan
und Iſoldey. Dem Berfall nahe, wurde N. vom
Gröberzog Johann Salvator gefauft und dem *
Franz Joſeph überlaſſen, der es jeht herſtellen läßt.
Vol. Schönherr, «Das Schloß R. bei Bozen»
Innsbr. 1874) und „Fresten:Cytlus des Schloffes
R., gezeichnet und lithographiert von Yon. Seelos,
erllärt von Ian. Vinc, Zingerle, herausgegeben
von dem Ferdinandeum in Innsbruch (1857).
Nun (ſchwed. Rund, eſtniſch Ruchnosaar,
lettiih Rohni-sahl), Heine Inſel im Rigaifchen Meer:
bufen, zum ruf. Gouvernement Livland gehörig,
mit einem Leuchtturm, einer Reede und 330 G,,
Ablömmlinge von Schweden, die im 13, Jahrh. a
die bisher unbewohnte Inſel verſchlagen wurden.
Nunzelu (rugae) heiben die durch Alter oder
Krankheit erworbenen Falten der äußern Haut und
ber Schleimhäute, Die R. der äußern Haut können
willlũrlich hervorgebracht werden ———
ziehen der unter der Haut gelegenen Musteln und
rei fi) dauernd, wenn die Kontraltion der
Musteln oft und anhaltend geſchieht (forgenvolles
Ausfehen). Die Haut runzelt ſich aud), wenn das
Fett unter ihr verſchwindet, ſodaß fie weiter ift, als
der Hörperteil, welchen fie überzieht (Ausdrud des
Alters). Iſt die Haut längere Zeit ſtark geipannt
ewejen (3. B. die Bauchhaut in der Schwanger:
haft, bei der era und läßt dieſe
Spannung fchnell nad, fo faltet fi die Haut
gleihfalls. Die R. der Schleimhäute (des Magens)
entitehen dann, wenn bei chroniſchem Katarrh dies
felben anſchwellen und fo eine größere Ausdehnung
erlangen als die unterliegenden Formhäute. Das
zwedmäßigfte Mittel gegen R. befteht in regelmäßigen
Waſchungen mit faltem Waſſer.
notger, ein loͤlniſcher Beiftliher bes 10. Jahrh.,
beſchrieb das Leben des großen Erzbischofs Bruno 1.
von Köln, deſſen Schüler er war, Die auch für
die deutſche Reichsgeſchichte wichtige Biographie ift
von Verb in «Monumenta Germaniae historica,
Scriptores» (Bd. 4) herausgegeben und von Jas⸗
mund (Berl, 1851) ins Deutihe überfeht. Bol,
Dierauer in Büdingers «Unterfuhhungen zur mitt:
lern Geſchichtes (Bd. 2, Lpʒ. 1871).
Nuotfinfalmi (ihwed. Swenstfund), Meer:
enge an der Süblüfte Finlands, fübweftlih von
Fredritshamn, ift durch zwei Eeeſchlachten zwiſchen
den Schweden und Ruſſen, 1789 und 1790, bes
lannt; in der erften fiegten die Ruſſen, in der zweis
ten die Schweden. 3
Nupel, lub in Belgien, |. Dyle._
Nupelmonde, Marttileden im Bezirk St.
Nicolas der belg. Provinz Dftflandern, an ber
Mündung der Rupel in die Schelde, hat bedeu:
tende Leinwand: und Segelfabrilation, Fiſcherei
und Schiffbau und 3250 E. R. ift ber rts⸗
ort des Geographen Gerhard Mercator.
Nupert von Deut (Nupertus Tuitenſis),
Moftiler des 12. Jahrh., geb. um 1180, war zuetſt
Moͤnch in Lüttih, dann in Siegburg, 1120 Abt
des Klofterd Deub, und ftarb 4. Mai 1185. Als
910
ungemein fruchtbarer Schriftjteller vertrat er gegen:
fiber der Scholaftit die Myitit und befonders das
Etudium der Heiligen Schrift, zu deren wahrer
Grienntnis vor allem die allegoriſche Auslegung
führe. Er ſchrieb Kommentare zu den meilten
bibliihen Schriften; außerdem einen originellen
«Commentarias de operibus sanctae Trinitatis»,
«De divinis ofhiciis» (eine Erklärung des kath. Kul:
tus), «De voluntate deiv, Die Werte N.3 wurden |
zuerit in Kölm (1577), zulept in Venedig (4 Bde,, |
1751) herausgegeben, E
. Ruperto-Carolina (in neuerer Zeit Ru-
perto-Carola), der Name ber Univerfität Hei:
delberg (f. d.) al ihrem Stifter, dem Kurfürften
Ruprecht I. von der Pfalz (1386), und ihrem Res
organiiator, dem Aurfürften Karl Friedrich von Ba:
den (jeit 1802). j
Nupert:River, Fluß in der brit. Dominion of
Canada in Nordamerifa, ijt ein Ausfluß des Yale
Miſtaſſini, fließt weitlich und ergiebt ſich nad) einem
Lauf von etwa 480 km in die St.-Jamesbai,
einen Buien der Hudſonsbai.
Nupertöland wurde früher das Küfienland um
die Hudſonsbai genannt,
Rupertus (Hrodbbert, Robert oder Ruprecht)
der Heilige, Apoſtel der Bayern genannt, gegen
die Mitte des 7. Jahrh. aus dem merovingiihen
stönigsgeichledht geboren, war zunächſt Biſchof
von Worms und tr dann einem Hufe des Her:
3093 Theodo II. nad Bayern, wo er eifrig für die
Ausbreitung de3 Chriſtentums wirkte. Won bier
aus ſehte er der Donau entlang fein Apojtelamt
fort und gründete endlich das Bistum zu Salzburg,
wo er angeblich 27. März 717 ftarb und begraben
wurde. Der Erzbiihof von Salzburg, Graf - I
jtiftete i,m zu EChren 1701 den Nupertusorden
zum Schuhe des lath. Glaubens, der 1802 einging.
Ruphia, bedeutenditer Nebenfluß des Alpheus
im Peloponnes, der Ladon der Alten, entſpringt
in den nördl. Gebirgen Arkadiens. Nach der Ver—
einigung nimmt der Hauptſtrom jekt den Namen
R. an und mündet in den Goif von Arladien.
NRupia, die Borlenflechte, ſ. Ahypia,
Rupie (vom Sanskritworte rüpya, Silber),
engl, Rupce, iſt der Name einer oftind., ſowohl in
Gold als in Silber ausgeprägten Münze von fehr
veridhiedenen Beinamen, Gattungen und Werten.
Im allgemeinen rechnete man früher 1 Goldrupie
oder Mohur = 16 Eilberrupien de3 nämlichen
Staates oder Plahes. Nachdem England, die Nie:
deriande und Portugal Beſihungen in Oftindien
eriangt hatten, prägten auch diefe Staaten für die
betreffenden Kolonien R. aus; jetzt geihieht das
nur nod) von jeiten Englands in Kaltutta, Bombay
und Madras, und das betreffende Mlünzjtüd ift bie
jog. Oſtindiſche Kompagnie-Rupie (Company’s Ru-
pee), welche die geſehliche Nechnungs: und Geld:
einheit des brit, Oftindien iſt, in Silber ausge:
münzt wird und ein Stüd von 165 engl. Troygrän
oder 10,698 g fein Silber it, welches an Wert |
= 1 deutihe Mark 2’, Tf.
auch in 4 Quartos (Quarters, Viertel) zu 100 Reas
oder Need, Es werden Silberftüde zu 1, 2,Y, und
Kompagnie⸗-Rupie, in Gold Mohurs zu 15 R.,
ferner Etüde zu 5, 10 und 30 R. geprägt. Bon
den ältern Nupienjorten des brit. Oftindien war
vorzüglich die in DBengalen noch bisweilen in Ned):
f- Tiefe R. wird im |
16 Annas zu 12 Pies oder Pice geteilt, in Bombay |
Ruperto-Carolina — Rüppell
von: Wichtigkeit, deren 100 — 106,62 (faft 106°,
Kompagnie-Rupien find, wofür man geſetzlich ım
thatſächlich rund 100 Silberrupien = 106%, Im
pagnie:Nupien, oder 15 Sicca:Rupie = 16 Kr
pagnie:Rupienrehnet; außerdem hatte maneinebic;
iveelle Gourant:Rupie, deren 116 = 100 Sic
Aupien gerechnet wurden. Größere Summen
rechnet man nad) Lacs (au Sanzäfrit lakscha) ;
100000 R. und Erore over Hurons zu 100 ico
ober 10 Mill. R.
Rupitae, ſ. Campitae,
Rupp (Julius), einer der Begründer und fit
rer der Freien Gemeinden (ſ. d.), geb. 13. Aa,
1809 zu en i. Pr., ftudierte Dafelbit Thee
logie und Pbilojopbie und bejuchte dancad de:
wittenberger ‘Predigerjeminar. Später habilitiem:
er ſich in Königsberg für Pbilojopbie und Yitteratur-
geſchichte, wirkte jeit 1835.ald Oberlebrer am at
jtädtiihen Gymnafium und wurde 1842 Diviior-
prebiger. Seine ofiene Grflärung gegen das im.
Athanafianiiche Symbolum führte im Sept. 185
feine Amtsentieung herbei, worauf er und ic
Freunde 19. * 1846 bie noch exiſtierende irc:
rot. Gemeinde in Königsberg bildeten, weld
ald mit den ebenfalls zum Austritt aus der Rinde
getriebenen «prot. Freunden» der Provinz Satier
in nähere Verbindung trat. Die Sache der pır
Hreibeit und der freiprot. Gemeinden vertrat 8. x
mehrfachen Publikationen, z. B. «Der Spmkxl
jwang und die prot. Gewillend: und Lehrfreihe
(Königsb. 1843) , «Bon der Freiheit. Gin Znzw!
für das Goangelium vom Standpunkte des vre
Diiidententums» (2 Tle. Lpz. 1856), «Das Selten.
weſen und die Freie Gemeinde» (Königsb. 18.
Auberden arbeitete er an dem «Chriftl. Boltzblen
(Königsb, 1844) mit und gab mit Gleihachnnzr
«Die freie evang. Kirche» (Altenb. 1847), 1556
die «flönigäberger Sonntagspoit» und 186T—Ü
die «Religiöſe Neform», das Gentralotgan ix
Freien Gemeinden Teutihlands, beraus. Aut
wiſſenſchaftlich hat ſich R. dur feine Monograstı
über «Sregor3 von Nyſſa Leben und Meinungen
(£p3. 1834), fowie durch die Schrift «jmmanz
Kant, fiber den Charalter feiner Ebilojopbie un)
das Verhältnis derjelben zur Gegenwart» (Könic).
1857) befannt gemacht. Eudlich hat er audy wieder
holt am polit. Leben fich beteiligt und 1848, 182
und 1863 Königsberg im preuß. Abaeordnetenburt
vertreten, wo er zur Yortichrittspartei gehört.
N. ftarb 11. Auli 1884 zu —
Rupp., bei naturhiſter. Ramen Abkürzung fir
Heinrih Bernhard Ruppius (Florüt), ce.
1689 in Gießen, geit. 1719 in Jena.
Ruepp., bei naturwifienihaftligen Namen %:
rg für Wilhelm Peter Eduard Simon A
pell (f. d.). -
Müppell (Milh. Veter Eduard Eimon), Nu:
der und Naturforicher,» geb. 20. Nov. 179 =
Frankfurt a. M., unternahm 1817 von Sale
aus eine Neife nad Ügypten und der Halbiniel de
Sinai, über die er in den afundgruben des Orient»
(Bd. 5, Wien 1818) berichtete. Hierauf bereitee
er fih 1818— 21 erjt zu Genua unter Zach, dar
zu Pavia dur aftron. und naturwiflenicaftlis:
Studien zu einer größern Entdedungsreife mcı
Afrika vor. Er durchwanderte 1822—27 Rubir,
Sennaar, Kordofan und Arabien, um beren geoer.
ethnogt. und naturbifter. Etforſchung er fi dr:
nungen vorlommende Sicca: oder Halfııtta:Rupie | dienite erwarb, Außer den »Reiſen in
Ruppertsberg — Ruprecht
Kordofan und dem Peträiſchen Arabien» (Frankf.
1829) veröffentlichte er aud) einen «Atlas zur Reife
im nördl, Afrikas» (Abteil. 1, —* 20 Hefte,
Franlf. 1826— 31). Nachdem jih R. im Sommer
1829 nad) Leiden und im Fruhjahr 1830 nad) Paris
begeben, ſchiffte er Tich zu einer zweiten Entdedungs:
reiſe Ende des Jahres zu Livorno wieder nad
Agypten ein und erreichte im Febr. 1833 Gondar
in Abeijinien. Im J. 1834 kehrte er nach Europa
zurüd und ließ hierauf «Neue Wirbeltiere zur
Fauna Abejliniens gehörig» (13 Hefte, Aranlf.
1835—40), die gehaltreice «Neije nad) Abeſſinien⸗
(2 Boe., rankt, 1838—40) -und Syſtematiſche
liberjicht der Vögel Nord: und Dftafrilas» (Franff.
1845) erjcheinen. Alle Naturgegenftände, welche
R. auf jeinen Reifen fammelte, übergab er dem
Sentenbergihen Mujeum zu, Franlfurt, Ebenio
legte er, wie früher 1828 eine Sammlung von
Münzen und ägypt, Altertümern, jo 1834 eine
wertvolle Sammlung äthiop. Handihriften auf
der Stadtbibliothef zu Frankfurt nieber. Gr ſtarb
11. Dez. 1884 in Frankfurt.
Auppertöberg, Biarrborf im bayr. Regie:
rungsbezirt Bfalz, Bezirlsamt Neuftabt a. d. Hardt,
3kın im NND. von Neuftadt, zählt (1880) 857
tath. E. und baut guten Wein.
Muppiu hieß eine Herrſchaft in ber Darf Bran:
denburg, welde aus_drei Teilen: dem Lande
Ruppin im engern Sinne, dem Lande Wuſter—
baujen und dem Lande Granſee beitand. Diejelbe
oehörte feit dem 13. Jahrh. den Grafen von Lindow
und wird deshalb in Urkunden auch öfters als
Grafſchaft Ruppin bezeichnet. Lebtere Ve:
nennung wurbe jedod erjt gegen Ende des 16.
Jahrh. offiziell, nachdem 1524 die Grafen von Lin:
dom ausgeitorben und deren Beſißtum an die Nur:
fürjten von Brandenburg gefallen war. le LI.
ſcheint fi in feinem Lönigl. und kurfürſtl. Titel zu:
erit Graf von R. genannt zu haben, und bieles
Prädilat wurde auch 1817 bei erneuerter Felt:
jtellung de3 königl. Titels —— Die Graf:
ſchaft nebſt einem Teile des ehemaligen Landes
Löwenberg bildet den heutigen Kreis Ruppin
im Negierungsbezirt Potsdam der Provinz Bran:
denburg. Derfelbe bat ein Areal von 1770, qkm
und zählt (1880) 76.604 €.
Die Hreisitadt Neuruppin liegt 60 km norb:
weitli von Berlin am weitl. Ufer de3 langgeitreds
ten Rhinjee. Sie ilt Station der Baulinenaue:
Neuruppiner Eiſenbahn, Sik eine! Landrats—
amts, eine3 Land:, Schwur: und Amtsgerichts und
zählt (1885) 14587 E., welche Wollipinnereien,
Zudfabrilen, Stärkefabriken, Eifengiebereien und
Majchinenbauanftalten unterhalten. Die Stadt
bat breite Straßen und Schöne Pläse, ein Denkmal
Friedrich Wilhelms IL., ein Denkmal für die in den
“riegen 1864— 71 Gefallenen, ein Denkmal des
bier geborenen Baumteijterd Schinkel, 28, Olt. 1883
enthüllt, ein Gymnaſium mit bedeutendem Muſeum,
ein Schullehrerſeminar mit Präparandenichule,
eine höhere Töchterichule und ein Kohanniter:
tranleuhaus. Neuruppin erhielt 1256 Stadtrechte
und brannte 1787 fajt ganz ab. — Nur 5 km ent:
fernt anı Nordende des Sees liegt die Stadt Alt:
ruppin mit 2168 €.
Nuppiner anal, ſ. unter Havel,
Ruppius (Dtto), Romanſchriftſteller, geb.
6. Febr. 1819 zu Glauchau, war Buchhändler und
widmete fich jpäter ganz der Schriftitellerei. In
91
Berlin bildete er 1845 einen Vollsſchriftenverein
und gab 1848 eine «Bürger: und ——
heraus. Wegen eines Artilels in leßterer wur
er zur Feſtungshaft verurteilt, der er durch Flucht
nach Amerifa entging. Im J. 1861 kehrte er nad)
Deutſchland zurüd, ließ fih in Berlin nieder und
jtarb 25. Jan. 1864. Unter jeinen Nomanen find
zu nennen: «Der Pedlar» (2. Aufl., Berl. 1862),
«Tas Vermächtnis de3 Bedlard» (Berl. 1859),
«Geld und Geijt» (2. Aufl., Verl. 1863) u. f. w.
Seine gejammelten Werke erſchienen in ſechs Väns
den (Berl; 1873— 75).
ERupr., bei naturwiflenihaftliden Nanten Ads
fürzung für Franz Rupredt, geb. 1814 in Prag,
geit. ala Euftos des Herbariums in Petersburg 1870,
Ruprecht (Knecht), ſ. Knecht Nupredt.
Ruprecht, genannt tlemm (d.h. wie es ſcheint,
fparfam, geizig), Kurfürft von der Pal; und
1400—10 deuticher Gegenlönig Wenzels (f.d.), ber
älteite Sohn des Kurfuͤrſten Ruprecht II. von ber
Pialz, war geb. 1352 und folgte 1398 feinen Vater in
der Kurwürde und erwarb ſich als Regent der Pfalz
einen guten Namen. Als Wenzel durd die Kurs
fürften von Mainz, Köln, Trier und Pfalz zu Ober:
labnftein 20. Aug. 1400 feiner Mürde enticht
worden, wurde R. von benjelben fogleich auf dem
Königftubl bei Renſe zum König erwählt. Doc
viele Reichsſtände erfannten ihn nicht an, Auch die
Krönungsitadt Aachen verweigerte ihm den Einlaß,
ſodaß er ſich 6. Yan. 1401 zu Köln krönen lajien
mußte. Da Bonijaz IX. jeine Wahl betrieben
hatte, um Hilfe gegen Galeazzo Visconti von Mai—
land zu erhalten, zog R. 1401 gegen dieſen, wurde
aber am Gardaſee geihlagen und mußte 1402 un:
verrichteter Sache und ohne die Kaiſerkrone nad
Deutichland — Obſchon jeßt Menzel
durch ſeinen Bruder Sigismund abermals gefangen
gehalten wurde, vermochte R. doch nicht, feiner
Würde allgemeine Geltung zu verſchaffen. Ohne
Erfolg befhidte er aud) das 1409 zur Löſung des
Schisma nah Piſa berufene Kirchenlonzil. R.
ftarb 18, Mai 1410 zu Oppenheim und wurde, wie
aud feine Gemahlin Eliſabeth, Tochter de3 Burg:
graten Friedrich IV. von Nürnberg, in Heidelberg
egraben. ol. Chmel, «Regesta chronologica-
diplomatica Ruperti regis Romanorum» (Franli.
1831); Höfler, «R. von der Pfalz» (freiburg 1861);
Donnemüller, «Der Nömerzug R.s von der Pfalz»
(Rudoliswert 1881); «Deutihe Reihstagsalten
unter König R.», herausgegeben von Weizjäder
(8b. 1, Gotha 1882), _ Es
Nuprecht (Prinz), dritter Sohn des Kurfürſten
Friedrich V. von der Pfalz und der Elijabeth von
England, geb. 1619 zu Prag, focht im Dreißig—
jährigen Ariege gegen die Kaiſerlichen, mußte aber
1633 —42 in Kriegdgefangenihaft verweilen und
wandte ſich dann nad) England zu feinem Oheim
Karl I. In dem Bürgerfriege befehligte er bie
fönigl, Reiterei,. Nach der Niederlage von Raſeby
1645, wo er den linten Flugel befehligte, ſchloß er
ih in Brijtol ein, übergab dasjelbe jedoch an
Fairfar, den General des Parlamentsheers. Karl J.
entjehte ihn deshalb feines Kommandos. Nach der
Hinrihtung des Königs übernahm er den Befehl
über einen Teil der Flotte, welcher den Stuarts
treu blieb, führte einen Raubfrie gegen die Eng:
länder. und rettete fih 1654 nad) Frankreich. Nach
der Rejtauration kehrte R. nad England zurüd,
trat, von Karl II. mit Gunſt und Würden überhäuft,
912
in den Geheimen Rat und befehligte 1666 mit
Dont in der Schlacht 'von vier Tagen, 1673
als jelbftändiger Admiral bei Weſtkoppel und am
Terel, die en ngl- «franz. Flotte gegen die Holländer,
N. itarb ala Gouverneur von Windſor zu London
29. Nov. 1682. Der Prinz beihäftigte fi eifrig
mit den Naturwiſſenſchaften, beſonders Phyſil und
Chemie. Ferner beteiligte er ſich lebhaft bei der
Etijtung der Hubfonsbai:flompagnie 1670. Dal.
Marburton, «Prince R.» (3 Bde., Lond. 1848—
49); Trestow, «Leben des Prinzen R. von ber
Pialze (2. Au fl., Berl. 1857); ren «Pfalz
graf Rupert der Cavalier» (Mind. 185
Ruptür (lat.), die Zerreißung von Rn erteilen
oder Organen, erfolgt entweder durch äußere Ge:
walteinwirlungen (gewaltfame oder trau:
matiihe Nuptur), oder infolge Frankhafter
Zerturveränderungen, wie der Verſchwärung, Er:
weichung, des Braudes ıc. (freiwillige oder
fpontane Ruptur). Die R. innerer ——
tiger Organe nimmt * einen tödlichen Verlau
Nuremonde, ſ. Noermond,
Nurif (ruff. Rjurik), ein Waräger (f. d.), fann
als der Gründer des Huffiihen Reichs betrachtet
werden, indem nad dem ruſſ. Annaliften Nejtor
bie Siawen von Nowgorod mit ihren Nahbarn
ruſſ. Waräger, welche höchſt wahrſcheinlich wie die
er „jlandinan, Urſprungs waren, berbei:
tiefen und R, mit feinen Brüdern Sineus und
Truwor freiwillig Beſih von diejen Gegenden neb:
men ließen, Um 862 in eh jene drei Heerführer
mit garen Gefolge die Newa hinauf, gelangten
durch den Ladogafee bis zum Ilmenſee "und unter:
warfen fi) das Land von Nomwgorod bis zur Düna
und Wolga, wobei fie die Slawen und Finnen, die
ehemaligen Herren diefer Gegenden, zu Dienft "und
Zribut verpflichteten. Nach dem Tode feiner Brü:
der regierte R. allein in Nomwgorod, während an
dere Waräger unter Aslold und Dir, eine Unter:
nehmung J en — aufgebend, ſich am
Dnjepr feſtſezten und dort einen neuen Staat,
Kiew, gründeten, R. felbft ftarb 879; bei feinem
Gefhleht blieb indeſſen jabrhundertelang die
Herrihaft über Rußland, bis 1598 mit Jwans
Waſſilewitſch des Sähredlichen | Baden Eohne
Fedor der regierende Stamm ee ©. Ruß—
land, „Geididte.) Doch gibt es Ya jekt vicle
fürſil. Familien (Ruriler, rufl. Rjurilowitſche ge:
nannt) in Rußland, welche ihr er in diref:
ter Linie auf I. zu urüdi führen, (S. K
ne k(ruſſ.! hurt, Waſſilij Nortiflawitfd),
ruf. Fürft, regierte um 1159 in Owrutf ‚nabnı
1167 am Feldzu gegen bie Polowzer tei " wurde
1170 vom Gropfürften nah Nowgorod berufen,
aber ſchon in demfelben Jagre wegen Ermordung
des Pofjabnit (d. i. Vürgermeifter) Shiroflam wie:
ber von dort vertrieben. Nach dem Tode Swato:
laws ward R. 1195 5 ade von Kiew, führte von
1202 an erfolglofe Kämpfe zur Eroberung des
Landes Halitſch, die ihm mehrmals zeitweilig den
Ihron loſteten, und ftarb 1215. Bon ihm ſtammt
das ruſſ. Fürſtenhaus der Wjafemstij a
Rurki (Roorli),auh Narli, Stadtim Diſtrilt
Eaharunpur der Divifion Mirat der brit.:ind,
Lieutenantgouverneurichaft ber Nordweitprovinzen,
liegt auf einer der hödjiten Stellen des Duab (f. en
Bergen dem —— ges und der Dſchamung, weshal
— 2 — Ganges anal an G. vorbeigeführt wurde,
ber er mittels rrigationstanälen j
-
ajt das ganze,
Ruptur — Ruscus
uab gut zu bewäflern —*
Duab bewä im Stande iſt. R.
(1872) 10778 E.; bier ift das nad) feinem
der Thomafon: Co wa genannte Inſtitut zur
— engl. und eingeborener Civi eure,
‚eine der Zubuai-Infeln (f. b.).
Ru richtiger Nus (fpr. ‚ ein von er
Barägern zu den Oſtruſſen
urfprüng lid der Staatenbund, der & im 9. Se
im heutigen Südrußland mit Kiew an der
entwidelte. Der Name ging im 11. Jahrh. aus
auf you en und Galizien über, (S. Notruf:
land 13 nad) Aufbören der T
Botau die Zrodition iews ———
—
der Name R., der ſich inzwi zu
Ko eltiobezeihnung ber ru m. mme
— *—353 er
mit la ung, Russia, u
rm, Rossia, in ru
6. i * 5
see se pe. — a *
nung Rußlands iſt Ude und of
8:
af
nung Kb —— Länder Sc Leine, au aud
man je e Län
— —— ——
und dem —— vr. Bela
Nuſa, Kreisitadt im
fau, an der Ru von Mostar
mit "(1882) 5376 15 bat © km mei von ost
und Weberei und ie andel mit
Rufalfen, Ruffallten (ruf, ‚Slam.
Waſſernymphen, in Geftalt nadter Di mit
grünen Haaren, die in den h Ge
wäflern, jebt vorzügli im —— in der
Donau wohnen, ſich manchmal aber auch im bie
Wälder begeben, dort unvorfichtige Perſonen beran-
ode und Ban zn - In. Der Mythus bat
—— einen nr Nufalien,
8 in jenen wie aud in Nordungarn,
Rumänzen und 34 nland am
und Pfingftmontag —— in ber
Woche - — Ruſalkawoche) von alters
ber ge geie feiert wird, Befo wird —
tag r lehtern die —— Nacht — u
x racht, und zum Morgen >
(umen” belränzt an den Fluß, je fie
eg oder Tau waſchen, u
Ba. —— —* hen — Ih.
üfche (vom frz. ruche),
beliebte —— mit di ——
aufrecht ſtehenden Falten. En je
* ung f. unter Falten le Bine
—— las a.
flanzengattun
der —— "Man — die in
den Mediterrangegenden v
fennt n
———
niedrige — —— die ſich durch
ö i ‚
Se Ste bi Alten che Senne bee
ein —— ng ——
Staubgefäße, die weib Kin Bee
topfiger Harte. Die
—— Beere. Die —
Mauſedorn oder bie Sus —
leatus Z.), ein fehr a
eiförmigen, ftehenden Blattz gen, ———
Blüten auf = — 18 len al *
europ. Strauch wird n Bi
rc in Töpfen) kultiviert.
rüber offizine
wiberlic:jüßen, (arfen Geſchmad.
— er |
Ruſe-Fracht —
Nufe: Feacht, im Seefrachtverlehr die für ein
Schiff in Einer Eumme bedungene Fracht, int Ge:
enjaß zu der nad) Tonnen, Stüdzahl, Kubilraum
edungenen Fradıt.
Rusellae, im Altertum eine der zwölf Bundes:
ftädte Etruriens, öftlich vom Lacus Prelius, rechts
vorm untern Umbro, dem heutigen Ombrone, auf
einem Felien, an der von Rom ausgehenden Via
Clodia, wurde 302 v. Chr. von den Nömern zur
Kolonie erhoben. Der Ort, mittellat, Rosellae,
auch Rosellum oder Rossellum, war bis 1138 Sib
eines Bistums, welches in diefem Sabre 2
Groſſeto verlegt wurde, und veröbete erit na
1287 gänzlich. Faſt unverfehrt erhalten find die
ftellenweile 6—9 m arm Ningmauern ber alten
Tusteritadt an der Oftfeite der abgeichrofiten Höhe.
Diefe Mauern beftehen teils aus horizontalen
Schichten, teild aus jehr unregelmäßig polygonalen
Travertinblöden von 2 bis 2,5 m Höhe und 2 bis
4 m Länge, welche ohne Mörtel und nur roh zuges
hauen übereinander gelagert find, wobei die Lüden
durch Heine Steine ausgefüllt werden. Auf der
Burghöhe finden fih außerdem Gewölbe und Bogen,
en Tempelruinen aus fpäterer, röm. Zeit.
ielleiht Son vom antifen R. aus wurden die
Bapni di Rofelle (f. unter Groffeto) gegrün:
det, wo 1822 röm, Mofailfubböden und marmorne
Löwen ausgegraben wurden.
Nuſh (Benjamin), namhafte: amerif, Arzt, geb.
24. De. 1745 in Lyberry bei Philadelphia, jtudierte
in Edinburgh Medizin, praktizierte dann dort als
Arzt und wurde 1769 Profejjor der Chemie am Me:
dical College in Philadelphia. Beim Beginn ber
Bewegung für die Unabhängigleit Amerilas von
England wurde er Mitglied des Kongreſſes und war
als folder einer der Unterzeichner der Unabhängig:
teit3erlärung; im April 1777 wurde er General:
arzt, 1791 Wrofefjor der Medizin an ber Univerfis
tät zu Philadelphia, 1799 *— Schapmeilter des
Manzamis der Vereinigten Staaten und ſtarb
19, April 1813 zu Philadelphia. Bon feinen Wer:
ten find hervorzuheben: «Medical inquiries and
observations» (5 Bde. Philad. 1789— 98; 3. Aufl,
4 Boe., 1809; deutich von Michaelis, Lpz. 1792—
1800), «An account on the bilious remittent
yellow fever» —2 1794; deutſch von Authen⸗
rieth und Hopfengärtner, QTüb. 1796), «Diseases
of the mind» (Bhilad. 1812; 5. Aufl. 1835; deutſch
nad) ber 2, Aufl. von eg 2p3. 1825).
Rihard R., ameril, Staatsmann, Sohn bed
vorigen, geb. 29. Aug. 1780 in Bhiladelpbia, jtu:
dierte dafelbit die Rechtswiſſenſchaft, wurde 1811
Generalftaatsanwalt für Bennfylvanien, bald dar;
auf Scastontrolleur der Vereinigten Staaten,
1814 Generalitaatdanwalt der Vereinigten Staa:
ten, 1817 unter der Präfidentichaft Monroes, bis
zur Rüdlehr John Duincy Adams’ aus England,
Staatöjelretär, und dann bis 1825 Gejandter der
Vereinigten Staaten in England, als welder er
1818 mit Lord Gaftlereagb den wichtigen Vertrag
über die diſchereifrage abihloß, durch welchen zu:
gleich die nordweſtl. Grenze der Vereinigten Staa:
ten gegen das engl. Gebiet reguliert wurde, Nm
3; 1825 wurde er unter ber räfidentfchaft John
uincy Adams’ Schapfelretär; 1836 ging er nad)
England, um die Anjprüche derBereinigten Staaten
auf das denjelben von James Smithfon ausgeſetzte
2egat zur Gründung der Smithsonian Institution
(f. d.) bei dem oberiten Kanzleigerichtshofe in Lon⸗
Eonverfationd» Leriton,. 18. Aufl, XIIL
Ruß (der) 913
don zur Geltung zu bringen, und Tehrte 1838 mit
dem gefamten Vermächtnis wi Binjen nad Ame
rifa zurüd. Im J. 1847 wurde R. unter Polls
Bräfidentihaft Gelandter in Paris; 1849 kehrte er
nad) Amerita zurüd, lebte ſeitdem, von der öffent:
lichen Bolitit zurüdgezogen, den Wiſſenſchaften und
ftarb 80. Juli 1859 in Shiladel hia. Er veröffents
lite: «Memoranda of a residence at the court
of St.-James» (1833), welhem Werte er 1845
einen zweiten Band «Comprising incidents, offi-
cial and personal, from 1819 to 1825» folgen
ließ; eine 3. Ausgabe erſchien unter dem Titel
«The court of London from 1819 to 1825» (her:
ausg. von feinem Neffen, Lond. u. Philad. 1873);
«Washington in domestic life» Philad. 1857).
Auch gab er 1815 eine Sammlung der Geſetze ber
Vereinigten Staaten heraus,
Nuskin Bon), ervorragenber engl. Kunſt⸗
trititer, geb. im Zebr. 1819 zu London, ſtudierte zu
Drford. Seine erfte litterarifche Arbeit war eine
Flugſchrift pe Verteidigung Turner und ber
neuen engl. Malerjchule, die er 1843 in erweiterter
Geftalt unter dem Titel «Modern painters» her:
ausgab, Um Materialien zur Fortfehung dieſes
Werts, von dem er 1846 einen zweiten Band
druden ließ, zu fammeln, ging R. eg Italien,
wo ein längerer Aufenthalt in — ihn zu den
«Seven lamps of architecture» (Lond. 1849) und
den «Stones of Venice» (3 Bde., Lond. 1851—53)
eifterte, Seit 1851 trat er mit Briefen an bie
«Times» über den kungen auf, die auf
das jüngere Malergejhleht Englands groben Ein:
fluß übten. Gin dritter und vierter Band jeiner
«Modern painters» erſchien 1856, ein fünfter 1860.
ür die Arundel:Society ſchrieb er eine Abhand⸗
ung über «Giotto and his works», ‘m J. 1867
ernannte die Univerfität Cambridge ihn zum Rede
Lecturer, 1869 wurde er Profeſſor der_jchönen
Künfte in Orford. Bon feinen fpätern Schriften
find zu erwähnen: «Lectures on art, delivered at
Oxford» (1870), «Aratra Pentelici, Lectures on
the elements of sculpture» gt «Ariadne
Florentina» (1874), «Val d’Arno» (1875), «The
storm-cloud of the 19!" century» (1884). Außer:
dem veröffentlichte er eine Anzahl origineller, aber
meift er fehr baroder a über mational:
ötonomifche Gegenftände. Dahin gehören die Ab:
bandlungen «Unto this last» (1862), «Time and
tide, by wear and tyne» (1867), «Munera pulveris»
(1872) und bie Zeitfchrift «Fors Clavigeran (feit
1871). Er veranftaltete eine Gefamtausgabe feiner
Shriften in 11 Bänden (Lond. 1871— 74). Seit
dem Sommer 1885 veröffentlit er in jwanglofen
Lieferungen feine Selbftbiograpbie.
Rusma, ein bei Drientalen und Juden ge:
bräuchliches Enthaarungsmittel, aus neun Teilen
Kalk und einem TeilOperment beftehend, welche mit
etwas Waſſer e einem Teig eingerührt werden;
wird aud in der Gerberei zum Enthaaren fehr
dünner Felle angewendet.
Nuß ift aus der Flamme von verbrennenden
—— chen Stoffen abgeſchiedener höchſt fein ver:
teilter Kohlenſtoff. Beim Verbrennen von lohlen⸗
ftoffreihen Rörpern, wie Harzen, Fetten, Terpen:
tinöl, Petroleum, Benzol, Naphthalin u. f. w., er:
(t man R., welcher meientlich aus Koblenftoff be:
teht. Diefes Produtt ift der Kienruß; er iſt dun:
el, tiefihwarz und wegen der Unzerftörbarleit der
Farbe eine der wichtigſten Dedfarben. Der robe
68
914 Ruß (Drt) — Rüſſel
Kienruß enthält aber noch mandherlei Beltandteile, | | ae. 1885), «Die Brieftaube (Ma de
die ihn zur gewiſſen Anwendung unbraudbar ma: | «ie fremdländifchen Stubenvögel» (Bb.
den; man reini igt ihn deshalb, indem man ibn in | nerfrejier», —— 1879; Bd. 3: « —
qubeifernen G Umdern ausylüht. Der feinjte N. iſt 1881; Bo. 4: «Vehrbud der Etubenvog
der 2 — der unter anderm auch zur Dar— —5 — und Zucht», 1886), «Der Welle
ftellung der Tu ſche benugt wird. Der Ruß wird da, ufl., Magdeb. 1886), «Die fpredhen
wo grobe Nadelwälder vorhanden find, auf eigenen
Nuhbütten gebrannt, gejammelt, in Gebinden und (Magdeb. 1884). Gin allgemeineres A Aue be
Rußbütten verfandt, und zur Yabrilation der | handeln die Schriften —
Druderihwärze, fowie von Farbern und Siegellad: | (2. Aufl., 2 Bde., Berl. 1868 — — 5*
Freunde⸗ (2. Aufl., "Berl. 1879), «Dur Feld um
Dale (2. Hull, &pg, 1875). eyfatur und Rultır
bilder» (Breäl 1868), «Deutihe Heimatäbilder
(Berl. 18572). Seit 1872 gibt R. die ornitholegiüc«
Beitihrift «Die gefiederte Welt» (Magbeb.) umd ſeit
1876 die «fi» (Magpeb ), Zeilſchrift für alle m
turwilienihaftlihen Yiebhabereien, heraus.
Nu (Melchior), ſchweizer. Geiichtöicreike,
eb. in —— ftudierte in Baſel, nahm an den
—— riegen (1476— 77) teil und me dann
GStadtichreiber in Luzern. Im J. 148 —
feine Luzerner Chronik zu ſchreiben, wege u
ſchichte der ganzen öjtl. Schweiz (bis 1412) in m
Bereich zieht und fich durch unbefangene Aritil ens-
zeichnet, Sie wurde herausgegeben von Schnehet
F 1834). Vol. von Liebenan, «Ritter Melchior
ftebt aus teerigen Stojfen, die aus dem Rauch Hr von ee Bernoulli, «Die Luzerner Chroni‘
—— —— er tann wegen finen nt | Dt Melchior R. — 1572). —
zündlichkeit leicht Beranlaſſung zu ornſteinbrãn⸗ er [) wie Alugbrand,
R. Brand des Öetreides.
Ruffe — Name der Stadt une! G.2..
Nuffe ofeph von), Reiſender und
Salzburg,
den
5 (@. Aufl., "Magdeb. 1886), «Das Hubs
fabrifanten verwendet,
Der aus den Schorniteinen entweichende ſchwarze
Nauch ift R., welcher meift durch Abkühlung der
Flamme des Prennmaterials, mitunter auch durch
mangelnden Luftzutritt entiteht. Zu feiner Beiei:
tigung find zahlloie Vorkehrungen empfohlen wor:
den, durch deren Verwendung die Beieitigung des
—*x* bei gröhern Feuerungen, bei Dampfleſſeln
ud der zu erreichen ut, während brejelben
bei * Bi zablreihern lleinen Hausfeuerungen bis:
lang wenig Grfolge aufzuweiſen haben.
Glanzruß nennt man eine feite, glänzende,
ſchwarze aterie, weldye fi in den Com teinen
in der Nähe der Feuerungen häufig an den Wan:
dungen abjeht. Er entiteht in grober Menge a
Verwendung bitwminöjer Brennmaterialien
den werben. [gen bleibender
2 tterruß iftein leiter, im Schormein bän:
Ruf (in Ditpreußen), Marltjleden im oft:
preußb. Regierung&bezirt Gumbinnen, Sireiß Heyde:
trug, an der Hub, dem nördl. Mündungsarın der
Diemel, da wo ſich derjelbe in die Atmat, Warruß
und Sfirwit teilt, mitten in den Moor: und Schlid⸗
bildungen des nur wenig über den höchſten Waſſer⸗
fpiegel des mans Haffs fi A Fairen er u; bei eins
tretenden Stauminden Nemel:
delta, Sit eines Amtsgerichts a einer Nei
banfnebenitelle, zählt (1880) 2124 E. und t
Dampfidi hr nad Memel und Tilfit, Flöberci,
Lachs- und Neunaugenfilcherei, Damp chneide⸗
müblen, große Holzniederlagen der Memele t flauf:
leute und lebhaften Handel mit dem in Be Um:
gebung —— Heu und Gemüfe nach
u a ih
art Friedt. Dito), namhafter Ornitholog
und sin titeller,, geb. zu Baldenburg in ber
preuß. Provinz Weftpreußen 14. San. 1833, war
erſt Pharmaceut und widmete ih dann an ber
Univerfität zu Berlin, feinem ftändigen Wohnorte,
dem Studium der Naturwi enſchaften. R. iſt ein
tüchtiger Beobachter des Bogellebens und bat
lange Zeit für den Vogelichuß und die Pflege der
Stubenvögel in der erfolgreichſten Weile gemwirlt;
die Züchtung ber frendländif en Stubenvögel üt
[en — ich durch feine Thätigleit in ganz
land, — Ungarn, der Schweiz, in
Ir
tanift, 8. t. 1802 zu
ih au ie —— zu Scyemmig (Ungar:)
dem ar ve ehe trat 1825 in ölterr. Stant:-
bienjt. Nachdem er 1827 — 2 die nu ent:
Bergvermalters in Böditein bei
ing er als Chef einer Erpebition, ——
fi zur —— Unterſuchung ——
ber ausgeruſtet hatte, nad
1836 —38 nicht nur diefes — — auch Xu
beiuhie eu bi ein — und
uchte er noch bie Sinai
839 die Rüdreije nach —
an ee 1 me er, — er ——
adminiſtrator un zu in
lizien, bi3 er 1850 mit Titel 2
rats die Direltion ber Berg: und Forſtalademie zu
und die Stellung eines Berg-, Forft- um
erg in Riederungarn übertragen erbielt.
Im J. 1863 wurde R. in ben öfterr. Kitteritand
erh er ftarb 20. Juni 1863 zu Echemris
N. hat fich als Kenner und Förderer der abe
und Mineralogie wie der Berg: und Hü
vielfache Verdienfte erworben. Gein
üt der Bericht über feine «Reifen in Europa, Ahen,
Afrika, unternommten in den J. 1835 —41» (7 Bir,
Gtuttg. 1841—50, mit Atlas.
Kussel, bei naturwilienichaftliden Kamen für
Saiten —— und nenerdings auch in Frank: | Patrick Nufi el, geb. 1726 in London, Arzt is
reich & und England weit verbreitet. Er jelbit Biete | et geit. 1805 in Zondon.
zuerft eine Anzahl Papageien, Bradıtfinten, Weber: ffel (proboscis) nennt man zwar im allze
vögel = fogar mande Kerbtierfreſſer (mie den | mei — das —— Organ, das ſich am der
chineſ. —— u. a. m.). Bon nad Schrif- vordern Fläche des Gefichts mancher Tiere —
ten, welche ſich durch Gemeinverſtändlichteit, An: | und meiſt durch Berlängerung ber bteile oder
ichaufichteit umd 9— idte Behandlung des Stoffe | der Nafe entitebt; jedoch bat das Wort noch wirt
Gelber find zu nenucn: «Handbud für Vogel: | Nebenbebeutungen. So finden wir bei manche
h
ir:
Liebhaber» (Bd. 1,3. Aufl., Magdeb. 1886; Bd. 2, | Würmern (Nais proboscidea, Balanoglossus x.)
ufl. 1881), «Der Canarienvogel» (5 alle einfache Berlängerungen des Bordertörpers über
3
Nufelä — Nufell (Familie)
die Mundoͤſſnung binaus als R. bezeichnet, wäh:
rend bei vielen Schneden, Würmern u, f. w. der
N. eine ausſtülpbare Bildung der Mundorgane
darftellt, welche bald an der Spike bewaffnet ift,
bald nicht, und zum Saugen, Berwunden und
Schluchen dient. Bei manden Strubelwürmern
eher it das ausftülpbare Drgan ganz unab:
ängig und nur zum Verwunden beftimmt. Beiden
faugenden Inſellen geht der N. aus einer Umbildun
der uriprünglic fauenden Mundteile hervor un
wird in ben Stechrüſſel, Schöpfrüffel und
Rollräüſſel unterſchieden. Dereritere, ber ſich z. B.
bei Wanzen, Stehmüden, Stechfliegen findet, beſteht
aus ber zur Röhre verwandelten Unterlippe und
enthält mehrere Stechboriten, die verwandelte Kie:
fer find, wozu mandmal nod die borftenförmige
Zunge fommt. Der Schöpfrüfiel, wie bei der ge:
meinen Stubenfliege, beiteht aus ber verlängerten,
gleichſam zweillappige Saugfläde, welche aus den
umgeftalteten Pippentaftern entitanden iſt; Stech—
boriten aber fehlen. Enblid der Rollrüſſel, welcher
fich bei den Schmetterlingen findet und in der Rube
unter dem Kopfe fpiralig zufammengerollt liegt,
wird hervorgebracht durch die beiden fehr verlänger:
ten Unterkiefer, welche zwei parallel nebeneinander
verlaufende Röhren bilden und auf dem Rüden
noch eine Zängenleifte tragen, die fich mit der ent:
gegengefehten mittels milroflopiicher Hälchen ver:
bindet und hiermit eine dritte Nöhre darftellt, ſodaß
der Kollrüfiel auf dem Querfchnitt drei Nöbren
zeigt. Bei Milben und parafitiihen Kruftentieren
wird der N. cbenfalld3 aus umgewandelten Mund:
organen gebildet. Bei den Rüffeltäfern ba;
gegen iſt e3 der ganze Vorderkopf, welcher den ſo⸗
enannten R. bildet, an bejien Enbe bie ſehr
[einen — 5 ſtehen. Bei den Wirbeltieren,
welche mit einem R. verſehen ſind, iſt der R. eine
Berlängerung der Naſe, welche innerlich die Ein:
richtung des Niehorgans zeigt. Unter den Rep:
tilien bat die Rüffelichildfröte (Chelys) einen
iemlid langen und dünnen R. Diefes Organ dient
bier teil3 ala Atmungs: und Geruchsorgan, teils
u andern Zmweden, wie bei bem Schweine, wo es
urz und vorn jcheibenförmig abgeſtußt iſt, zum
Mühlen, bei dem Maulwurf, wo es fehr beweglich
it, als fehr empfindliches Tajtorgan und als jehr
feines, die Beute auffpürendes Niehorgan. Bei
der Nüfielrobbe haben nur die Männ eine
zum R. verlängerte Nafe; aud der Rüjfelbär
und der Nohrrüßler befigen ähnliche R. Der
Tapir befikt einen zwar kurzen, aber fehr bemey:
lichen R. Die größte Ausbildung aber erlangt die:
jed Organ bei dem Elefanten. Der R. ieigt re
eine febr große — — und Geididlichkeit.
Nah Cuvier enthält Glefantenrüfiel 40000
nad) allen Richtungen verbreitete Mustelbündel,
Ein beweglicer Knorpel fließt das hintere Ende,
wo bie mit Knochen umgebene Nafenhöble beginnt,
und verhindert als Klappe das Überftrömen des
eingejogenen Waſſers in die hintere Nafenhöhle
und in die Luftwege. Man unterfceidet gegen:
wärtig die Clefanten und die denſelben verwand:-
ten vorweltlichen Formen, wie 3. B. die Mafto:
donten als bejondere Gruppe unter dem Namen
der Rüfjeltiere (f. d.).
Ruſſelä, Etruskerſtadt, ſ. Rusellae.
Nüffelbär, ſ. Coati.
Nũ efegel, f. unter Egel.
I und fleiſchigen Unterlippe und endet in eine | 75
915
NRüffeltäfer (Rhynchophora) it die Benennung
einer außerordentli groben und wegen ber bedeu:
tenden Schaͤdlichkeit bierher gehörigen Käfer
wichtigen Gruppe aus der Unterordnung der mit
viergliederigen Tarjen Verſehenen (Tetramera), bie
fih durch den in einen rüfjelförmigen Schnabel
verlängerten Borberteil des Kopfes auszeichnet, an
deſſen vorderm Ende erſt die jehr Heinen kauenden
Munbteile fteben, Der in der Mitte die bald
einfachen, bald geikelförmigen, aus einem Stiel
und gegliebertem Endftüd beitehenden Fühler ftehen.
Die Larven haben einen undeutlihen Kopf, weder
Beine noch Augen und leben in Früdten, inofpen
oder im Holzlörper der —— Der ſog. Ruſſel
dient bier teils zum Anbohren der ——
in welche die Eier gelegt werden, teils zum Benagen
der Blätter, Rinden, Knoſpen und Samen. Die
einheimiſchen ſind gewöhnlich von unbedeutender
ärbung und meiſt klein; dennoch hat ſich unter
ihnen durch Zerſtörung der Getreidevorräte der
ſchwarze Kornläfer oder Kornwurm (f. d ſchon
manchmal furdtbar gemacht. Der Erbſenläfer
(Bruchus Pisi) und der gemeine Samenlãfer (Bru-
chus granarius) werden häufig den Grbfen und
Bohnen ſehr verderblid. Der Apfelrüffeltäfer
—— Pomorum) zerjtört die Blütenfno:
pen ber Slpfel: und Birnbäume. Die Mabe des
z— (Balaninus Nucum) verzehrt die
amenlerne der Hafelnüffe. Die Larve bes Pflau:
menrüffeltäfers (Magdalis Pruni) zernagt im
bjahr die jungen Triebe der Pflaumens und
irihbäume. Der große Kiefernrüjfelläfer
(H lobius Pini) und der weißpunfttige Rüffel:
äfer (Pissodes notatus) werden dem Nabelbolze
äußerft verderblih. Der Weinftodrüffelläfer
oder Nebenftecher (Rhynchites alni, Tafel: Inſek—
ten I, fig. 20) legt feine Eier in bie Augen und
Blattlnofpen des Weinftod3 und verdirbt, zumal
im jüdl. Europa, in manden \jahren die rag:
fäbigleit vieler taufend Neben, Wegen feiner
Schönheit berühmt ijt der fog. Brillantläfer
(Curculio imperialis) aus Brafilien.
Nuffell, eine alte engl. Familie, die aus der
Normandie ftammen und mit Wilhelm dem Eroberer
nad) England gelommen fein fol. 3% ältejtes be:
fanntes Mitglied it Sir Ralph de R., ber 1221
Gouverneur von Corfe:Caftle war. Ihre Bedeu:
tung erhielt die Familie erft burh John R., der
unter Heintich VIII. zum Großadmiral, Baron
(1539) und Geheimfiegelbewahrer emporftieg und
mit_ großen Beſihungen aus den eingejogenen
Kloftergütern, namentlih mit Woburn-Abbey, ber
ſchenlt wurde. Während der Minderjährigkeit
Eduards VI. jaß er im Regentihaftsrat, erhielt
1550 den Titel eines Grafen von Bedford und
wußte ſich troß ————— auch bei der
Königin Maria fo beliebt zu machen, da ibn
nah Spanien fandte, um ihren verlobten Gatten,
— 7 II., nad England zu geleiten. Er ſtarb
14. Dlärz 1555
Billlam R., der Sohn des fünften Grafen von
Bedford, berühmt als Haupt der Dpppf on und
polit. Märtyrer unter König Karl Il., wurde
29. Sept. 1639 geboren und trat im Alter von
22 J. ing Unterhaus, wo er die Politik des Cabal:
minijteriums und die papijtiichen Tendenzen des
Herzogs von Vorl belämpfte. Er ließ ſich in das
vom Herzog von Monmouth (f. b.) angeftiftete
Rye-house-plot verwideln und wurde, wiewohl es
58*
916
erwielen war, 5. er wenigſtens nicht die geringſte
Abſicht auf das Leben Karls II. gehegt,
—— — aller Formen zum To
und 21. Juli 1683 hingerichtet. Pag! Lord Bi
Aufjell, «Life of William, Lord R.» (4. Aufl,
Lond. 1853). Als nad der Revolution von 1688
Wilhelm III. auf den engl. Thron gelangte, wurde
das Urteil widerrufen und der Vater des Hin:
erichteten erhielt (11. Mai 1694) die Würbe eines
. de 098 von Bedford,
in Vetter Williams, Edward R., aeb. 1651,
—— ſich als brit. Admiral durch den Sieg über
ie franz. Flotte bei La Hogue aus, ward 1697 zum
Grafen von Orford erhoben und ftarb 1727.
John R., vierter derjog von Bedford, geb.
1710, ein durch die Angriffe des Junius befannter
Staatämann, unterhandelte 1762 als Botſchafter
im Paris auf Antrieb Butes den Frieden , wodurch
Friedrich d. Or. preisgegeben und die meiften wäh:
rend des Siebenjährigen Kriegs gemachten Erobes
a an Frankreih zurüderftattet wurden, Cr
arb 15. Jan, 1771. Seine von Lord Kohn Ruſſell
erausgegebene «Correspondence» (3 Bde., Lond,
1842—146) enthält mande Aufſchluſſe über die Ges
ſchichte jener Zeit.
Francis R., fiebenter Herzog von Bedford,
eb, 13, Mai 1788, bis zum Tode feines Vaters
1839) al Marquis von Taviitod befannt, war
als eifriger Fra Mr die Intereifen feiner Bartei
thätig. Größere Verdienfte erwarb er ſich durd) bie
—— eines rationellen Aderbauſyſtems auf
feinen weitläufigen Gütern. Er ftarb 14, Mai
1861 und hatte feinen einzigen Sohn, Wil:
liam R., geb. 1. Juli 1809, zum Nachfolger. Der:
elbe war 1832—41 Parlamentsmitglied für Tavis
od, wurde aber fpäter gemütäfrant und lebte er
em, unverbeiratet, in tiefiter Zurückgezogenheit
bis zu feinem im Mai 1872 erfolgten Tode,
Als neunter Herzog folgte fein Vetter, Fran:
cis Charles Haftings R., geb. 16. Dft. 1819,
Ruffell (John, Graf), *——— brit.
Staatsmann, geb. 18. Aug. 1792, belannter unter
dem Namen Lord John R., den er als dritter
Sohn de3 1839 geftorbenen Herzogs von Bedford
führte, Er wurde in der Weſtminſterſchule er:
zogen, ftubierte auf der Univerfität Edinburgh und
trat Ihon 1813 ins Unterhaus, wo er fi den
Whigs beigefellte. Im Febr. 1820 trug er auf
Unterbrüdung des Wahlrechts der verrotteten
leden an. In der Seffton von 1821 gelang es
ihm, einen der verrufeniten diefer Fleden, Gram—
pound, von der Wahlrolle reden zu laffen. Un:
ermüdlich brachte er dann von Seffion zu Seffion,
troß des Widerſtandes der Tories, die Frage der
dm Bei. 16 m immer wieber —* Sprache.
verurteilt
m Febr. 1828 wußte er die Miniſter zur Auf—
ebung der Teft: und Korporationsalte zu bewegen
und hatte die Genugthuung, im —— ve re
die Katholilenemancipation durdführen zu ſehen.
zu Anfang 1850 jepte er den auf das Schidfal des
orglabinetts einflußreichen Vorſchlag durch, den
ggenen Manufaktur: und Hanbelsftäbten, wie Leeds,
Mandeiter, Birmingham, das Wahlrecht zu vers
leihen, Als die Tories im Nov. 1830 dem Minis
fterium Grey Plaß machten, erbielt R. die Stelle
des Kriegszahlmeiſters und bald darauf einen Sik
im Kabinett. Im Auftrage feiner Amtsgenoſſen
brachte er dann im März 1831 bie berühmte
Reformbill vor das Unterhaus, an deren endlichem
ob mit | ha
Ruſſell (John, Graf)
Siege niemand einen größern perſönlichen Anteil
tte als er.
Nah dem Rüdtritt der Wighs im Nov. 184
übernahm R. bei Wiedereröffnung des Parlaments
im ebr. 1835 die Leitung der zur Oppoſition ver:
einigten Wighs und Nadilalen und veranlaßte
durch feine geihidte Tatil bei der Durchführung
ber fog. un klagen aa fhon im April die
Zoried wieder zur Amtöniederlegung. i ber
Bildung des _neuen Minifteriums Melbourne er:
bielt R. das Staatsjelretariat des \\nnern, weldes
er 1839 mit dem der Kolonien vertaufchte. Als
die bewegende Seele des Kabinetts nahm er wejent:
fi nteil an ber Städtereform, der irländ,
Zebhntbill, der neuen eig re der Dr:
Ban des öffentliben Unterrichts und ber
erbefferung ber Nechtäpflege. Als die gegen bie
Korngefehe — Oppoſition, ſowie andere
innere und äußere Schwierigleiten im Aug. 1841
den Sturz des Wighminifteriums i en,
unterftügte R., zum Abgeordneten der City von
London —— nun das konſervative Miniſterium
Peel in den Fragen, welche die Freiheit des Han:
dela, die Verbefferung des Lofes der arbeitenden
Klafien und die Aufrechthaltung der Rube im Jr:
land betrafen, Dagegen erllärte er fich im Fehr.
1844 entfchieden er die von der Regierung be:
folgte —— — itik in Bezug auf Irland, und
als die —— der —— durch Peel
bie Auflöſung der altlonſervativen Partei und, im
uni 1846 Nüdtritt Peels berbeiführte,
ng ed ihm eine Wbhigverwaltung a Sta
u bringen, im welder er felbit die Stelle ds
Bremierminifters übernahm. Seine ſchwierigſte
und nur teilweife gelöjte Aufgabe war die Milde:
rung der fhredlichen Hungerönot in Itland, 1846
—47; dagegen erwarb er ſich unleugbare Berbdienfte
durch die Meiterentwidelung des Freihandels
mittels der Ausdehnung der ifreform, ſowie
duxch bie Abſchaffung der Schiffahrtsgeſetze.
e —— gegen oa:
auswärtige Bolitit laut wurde, und die wachſende
DOppofition der Broteltioniften machten indeflen
on feit 1850 die Stellung des Minifteriums
wierig. R. benupte daher eine im Febr. 1851
erlittene, an fid) unbedeutende Niederlage, feinen
Rüdtritt zu nehmen, kehrte jedoch, da es den Io
ries nicht gelang ein neues Kabinett zu bilden, bald
wieder an die Zeitung ber 38 zurüd, Ber:
ngnisvoll wurde — iniſterium erſt die
pofition Lord Palmerſtons, den er im Dez. 181
wegen feined eigenmädtigen Gebarens hatte ent;
laflen müflen und der nun, im Febr. 1852, feinen
frübern Kollegen den Sturz bereitete. Ein Torry-
minifterium unter Graf Derby folgte; R. trat
wieber an bie ern ve DOppofition im Unterhauie.
Die neuen Wahlen im Sonmer 1852 bewieien m:
bi dab auf eine Rüdlehr zu der Brotektioniften
politif mid zu sechnen ei, und ba Graf
leih in erjten wichtigen age, der Feik
Pet des Budgets (17. Dez.), in der Dinorität
lieb, bildete nach feinem Rüdtritt Lord Aberdeen
ein Roalitionsminifterium, in welches auch R. er
als —— für das Auswärtige, dann als
—— Staatsrats und als miniſterieller
eiter des Unterhauſes, eintrat. Da er die von
Noebud beantragte Unterſuchung über die Lage der
brit. Armee in der Krim nicht befämpfen zu Lönnen
glaubte, fo fchied er im Jan. 1855 aus dem
Ruſſell (Zohn Scott) — Nufel (William Homarb)
Kabinett, was bie Sprengung desſelben und bie
nerufung Belmerlion an da3 Staatsruber berbeis
führte. R. lich nd bewegen, unter ber neuen Ber:
waltung die Stellung des Rolonialminifters ein-
zunehmen, und ging balb darauf nad Wien als
Bevollmädtigter Englands bei den bort eingelei-
teten Friedensverhandlungen. Sein nadhgiebiges
Auftreten erregte aber im engl. Publilum folden
Unwillen, daß er gleich nad) feiner Rudkehr das
Minifterium verlafien mußte. Von nun an bewies
er Fin als der beftigfte Gegner Palmerſtons, zu
deſſen Sturz im Fehr. 1858 er nicht wenig beitrug.
Trotzdem wußten bie gegenfeitigen Freunde un
Barteigenofien eine Ber|ö — den beiden
Rebenbuhlern zu bewirken, und ala im Juni 1859
Balmeriton abermals Premierminijter ward, er:
ſchien auch R. wieder als Minifter des Auswärtigen
an feiner Seite. Um die Mifverhältnifie zu ver:
meiden, welche aus ber Rebeneinanderftellung beider
im Unterhauſe entjtanden, willigte er indes ein,
ins Oberhaus übertreten, und wurde 27. Juli 1861
mit dem Titel Graf R. von — again re
— erhoben. Als Leiter der auswärtigen
Politik wußte er übrigens feine weſentlichen Gr:
folge zu erringen, Nach Palmerſtons Tod trat R.
19. Dit. 1865 wieder an die Spipe der Regierung,
und feine erfte Maßregel war nun die Vorlage einer
Neformbill, die aber ihres gemäßigten Charakters
ungeadtet im Unterbaufe ſogleich auf_beftigen
Widerſpruch ftieh. Nach langwierigen Debatten
blieb fhliehlih das Minijterium 18. Juni 1866 in
der Minorität, nahm feine Entla ung und machte
einem Dinifterium Derby: Diöraclı Plap.
R.s offizielle Laufbahn erreichte mit diefer Nieder:
lage ein Ende, Er ſtarb 28. Mai 1878 in feinem
Landhauſe Pembroke:Lodge bei Richmond. Da
fein ältefter Sohn, John R., Biscount Am:
berley (geb. 1842), bereits 9. San. 1876 geitorben
Te et fein Entel, John Francis Stans
ley R., Viscount Amber ey (geb. 1866),
ber Erbe feiner Titel, Als Parlamentsrebner
zeichnete fih N. weniger durch Schwung, als durch
eine ſcharfe Dialektit und Alarheit der Darſtellun
aus. Als Scriftiteller machte er ſich belannt dur
einen «Essay on the history of the English go-
vernment and constitution» (Pond. 1821; neue
Aufl. 1865; deutſch von Kriß, Lpz. 1825, und von
Lanz, Freiburg 1872) und noch unvollendete «Me-
moirs of the affairs of Europe, from the peace
»f Utrecht to the present time» (3 Bde., Lond,
1824— 32). Ferner bat er Thomas Moores Briefe
ınd Tagebüher (8 Bde., Lond. 1853—56) und
Life and times of C. J. Fox» (4 Bde., Lond.
1859—66) herausgegeben. Minder bedeutend find
‘The establishment of the Turks in Europe»
Pond, 1827) und «The causes of the French re-
rolution» (Yond.1832). Auch fchrieb er ein Trauer:
piel «Don Carlos» (Lond. 1823), das aber auf der
Rühne feinen Erfolg hatte. Seinen lebten Lebens;
abren gehören an: «Letters on the state of Ire-
and» (1869), «Selections from the speeches of
sarl Russell 1817—41 and from despatches
.859—65» (2 Bde., 1870), «The foreign policy of
öngland, 1570—1870» (1871), aRise and progress
'f the Christian religion in the West of Europe»
1873) und die autobiographifchen «Recollections
‚nd suggestions, 1813—73» (Yond. 1875; beutich,
Jalle 1876). Bol. Althaus, «Graf John R.» (im
. Bande des «Neuen Plutarch», Lpz. 1879).
917
Ruffell Kohn Scott), berühmter Marine⸗In⸗
genieur, % . 1808 an den Ufern bes Clyde, pro
movierte ſchon im Alter von 16 J. an der Univer
fität —— und vertrat 1888 nach dem Tode
Eir John ealies befien Stelle als Lehrer ber J
—— — an der Univerſität Edinburgh.
eine Hauptbeihäftigung waren jedoch die ma—
them. Wiſſenſchaften und namentlich bie Mechanilk.
od in Edinburgh wurden unter feiner Leitung
einige Heine Dampfer für Fluß: und Kanalidiff-
fahrt konftruiert; aud erfand er einen San
wagen für gewöhnlidhe Chaufleen, der eine Zeit
lang mit Erfolg die Fahrt zwiichen Baisley und
Glasgow madte. Bald darauf übernahm er das
probe Etabliſſement des —— Caird
in Glasgow, an deſſen Spihe er bis zu feiner fiber:
fiedelung nad) London 1844 blieb, und aus dem
bie eriten großen Dampfpaletichiffe für die Wet:
indiihe Royal:Mail:Company hervorgingen. Spä:
ter trat er mit einer neuen Theorie für den Schiff:
bau auf, die er dad Wellenfyftem nannte, Dass
elbe berubte auf der von ihm gemachten Bemer:
9, daß yes die nach allgemeinem Dafürhalten
am beiten geformten Sie bei fchneller Fahrt
mächtige Waſſerberge vor ihrem Bug anhäufen,
und daß biefe Widerftand leijtende Maſſe in uns
gleichem Verhältnis mit ber gg Schnel⸗
ioleit wächſt. R. verwarf deshalb bie bisher ges
brãuchlichen Formen des Bugs und erſehte fie durch
neue Linien, deren Aufgabe es war, zuerſt die
Waſſerteile fortzufchieben, ihnen anfänglidh eine
fpnellere, dann aber eine langfamere —*
geben, bis fie in dem Augenblicke zur Ruhe
ommen, wo der breiteſte des er
fie pafjiert. Seine Unterfudungen über dieſen
Gegenjtand legte er bereits 1835 der Britiſh-Aſſo—
ciation vor. In demfelben Jahre lief das erſte nad
feiner Theorie erbaute Dampfſchiff, die Wave, vom
Stapel, welches volljtändig feinen Erwartungen
entiprad und dem mehrere anbere folgten.
rößten Triumph feierte R. durch den Bau bes
reat:Gaftern, der nad) feinen Angaben ftattfand
und an dem er in Gemeinichaft mit Brunel 1854
—58 arbeitete. Im 5%. 1851 fungierte er ala
Selretär ber jr usführung ber erften Welt:
induftrieausftellung ernannten Kommiſſion. Seine
Ideen über Schiffbaulunſt hat er in «The modern
system of naval architecture for commerce and
war» — 1864) niedergelegt. Außerdem erſchien
von ibm «Systematic and technical education for
the English people» (Lond. 1869), N. ſtarb
10. Juni 1882 zu London.
Nuffel (Dodo William Leopold, Lord), f.
Amptbill. Er ftarb 25. Aug. 1884 in Potsdam.
Die Leiche wurde nad) England gebradt und dort
3. Sept. in ber Familiengruft zu Chenies in
Budinghamfbire beigejebt.
Ruffel (William Howard), namhafter engl.
Journalift, geb. 28. März 1821 bei Dublin, begann
1839 feine jurijt. Studien im Trinity:College ba:
felbit, fah fi aber bald durch —— Unglüd3:
fälle gezwungen, für feinen eigenen Unterhalt zu
forgen. Er wurde Journaliſt und erhielt endlich
(1847) eine dauernde Anjtellung bei der londoner
«Times», Beim Ausbruch des Orientkriegs erhielt
N. im Febr, 1854 den Auftrag, der engl. Armee
nad; dem Bosporus zu folgen und über die Be:
mwegungen und Operationen derſelben Bericht zu
‚erftatten. Seine Krim⸗Korreſpondenz gab er
918 Nüffelmaus — Ruſſiſch-Deutſch-Franzöſiſcher
ammelt - —— of the Crimean war»
2 Bbe,, . 1855—56; beutih von Se bt,
5 Ausg,, ——— — Im Auftrage
«Times» ging er nun nad Moskau, um ——
Alexanders II. beizuwohnen, machte bierauf einen
Ausflug nad) Sübrußland und ———— und
bielt dann in England öͤffentliche V e über
den rufi. Krieg, die das Material zu — « _
expedition to the Crimea» (Lond. 1857)
neuen, vermehrten Ausgabe feines frühern
lieferten. Im 3. 1858 führte ihn der Aufitand der
Seapoys nad) — wo er im Hauptquartier
* Clydes — ldzug mitmachte. Nach
* - jurüdge ehrt, egründete er die — *
Gazette» —* ließ unter dem Titel «M
—— ndia» (2 Bde., Lond. 1860) eine intereſ⸗
ante Schilderung des uf —— cheinen. Im
r 1861 gina er ala orrefponbent
imes nad) Amerila. 8* erichte über bie
— des ne riefen jedoch im Norden
eine fol or, dab er Amerifa
ar, N —— mußte, worauf er in «My
orth and South» (2 Bde., Lond. 1862)
eine ziemlich ungünftige Darjtellung der dortigen
Itnifie gab. Im Hauptquartier Benedels
wobnte er 1866 bem m in Böhmen und
Mähren bei. Den Deutih:sranzöfifhen Krieg von
1870— 71 machte er als Korreſpondent der «Times»
im Gefolge des Kronprinzen mit. Geine Korre—
fpondenzen fammelte er unter dem Titel: «My
during the last great war» (Lond. 1873; in
deut] ge von Schlefinger, Lpz. 1874).
Marc m 1876 begleitete er ben Rri ringen von
—— er Rei —— bie er in dem
“The Prince of Wales’s tour in
* beſchrieb. Eine Tour durch Nord⸗
amerila in Begleitung des Serzogs von Suther⸗
land fchilderte R. in «Hesperothen: notes from
the West» (2 Bbe., 1882).
elmaus, fi wie Bifamfpismaus,
elpapagei, j. unter Kaladu.
elöheim, den in der hefl. Provinz
Gtartenburg, am linten Mainufer und an der Linie
&ienbahn, mi a. M. der Heſſiſchen Ludwi
n, mit (1880) 2625 E., welche Nähmaſchi
orien: und Rotosmattenfabriten —
R. war früher Feſtung; die Werte und das
wurden 1689 von den Franzoſen zeritört.
eltiere (Proboscidea)
ber Säugetiere mit vollftändig verwachſenen, mit
—— Daten beſehten Sage einer in einen —
zuſſel ausgezogenen Naſe, ohne Edzähne, aber mit
ſehr verlängertem, einzelnem Schneidezahn jeber:
ſeits im Zwiſchen⸗ felten auch im Unterkiefer. Die
plumpen, meilt gemaltigen Tiere find in ber Ge:
— auf einige wenige Arten —— (j. d.
ſchränlt, von denen der afrikaniſche (Kleph
africanus, ſ. Tafel: Ruſſeltiere, ig. 1) ‚größere | Ch
Ohren hat wie der indiſche (E. indicus, dig. 2 2),
auch wilder und viel weniger zähmbar it. Die
fowohl die lebenden wie foffilen,
ſehr gut durd die Kaufläche ihrer
Badzähne; diefe beitehen aus einer Anzahl ur:
ſprunglich getrennter, fpäter durch Cementmaſſe
vereinigter Lamellen, die bei Euelephas Ihmal
und ‚nlemmengeüdt, (hierzu E. indicus, Fig. 4,
da3 Mammut maus 7, € ‚ Badzähne Fig. ba
———
Bade: | 9—
und5b,undE. antiquus g.7, aus dem Pliocen und
Poſtpliocen Europas), bei Loxodon aber rauten—
eißt eine Orbnung | K
Krieg von 1812 bis 1815
förmig g —* E. africanus, Fig. 3, E. meriö»
nalis aus dem europ. liocen und bei E
8, aus dem obern Miocen von Je
Bien) find. ajtobon,, ein den echten Glefania
onit A ähnliches Geihleht aus dem Miocen un
planten,
liocen Europas, Aſſens und M, gigu
teus) aus dem — Boltpliocen Am ———
ich dadurch, daß ſeine zahlreichern ern Badener
einen Gruppe Trilophoden (M. gigantes
dig. 9) drei, in der andern, Tetralophodon (N
aeverensis, Fig. 10) vier und bei Pentalophoda
M. sivalensis, ig. 10), wenigſtens ber hinter
ıf Baar warzenförmi iger Höder befist. Das lan«
eit rätfelhafte Dinotherium giganteum (j. },
5434 — ört Kurs all 3 zu den #.
uffia, ber id, ſ. unter Blaneter
Nuffinen, — ——— uthener
Ruſſiſch⸗Amerika hieß früher da 8 Territorien
Alasta (f. d.) der Vereinigten ——— von Am
rila, das die Ruſſen feit 1799 Tolonifierten ww
1801 in bie a ten Staaten verlauften.
nl Auer ſche Rompagnie, cx
m in Peter&burg gegründete Altien ellicei
— Ausũb rn der ® bes Se in —* «Amer:
* ;: u vn |
mit er A in Mostlau,
Tomöt, hasst: alutst, Adan und — 52
Sie ward 1865 aufgeloſt. Bol. Tichmenew, «Ge
e; 5 der 3*3 —* 1863).
—— if der durch ben Berlin
age nordöſtliche Teil von Armenier
6.3.86 d., Od. I, ©. 918”); er umfaht die beiden Ge
8 Batum und Kars mit zujammm
25 820 26820 — und (1880) 176282 €,
Rulfid-Dentie-Zranzöiger Krieg s
u e ra vs
1812 bis 1815. I. a uifliger 5 Deldzug ver
—* Die un \ Kauferreit
—2* Frieden von Wien (14. a. —*
—— ni HÖ Be En t. Nur England, das
nabbare, m bie tion in ihrem ——
gegen —— König, Napoleon: 1
ruber, au. nod) zu beit
ſchien die Zufanmentunft der beiden Herrfder ir
rt 1808 ein dauernded Bündnis gefichert zu
r n. Aber ſchon 1809 fing bafielbe an, fih a
odern. —— hatte ſein Hiljslorps gegen
reich nicht rechtzeitig erſcheinen lafien, Napoleon w
onvention nicht ratifiziert, durch meldhe er W%
verpflichtete, Polen niemals wieberberzuitelen
Dies erwürinis trat 1810 eutijieden beruor. 3%
—— von Holland, einem Teile von Bay
Weitfalen, anderer deutjcher Gebiete, wie =
idee remen, —— und Lũbeck, wodurch de
Grenje des franz. Rei ehe bis an ie Dftiee vorgeri
wurde, vor allem die Vertreibung des Herzogs Par
Eher Ser ıburg, welche den Kaiſer Alerander S
urgiſchen
he rg ande re.
Handelstarif, welden Napoleon Ar ein eo: Losiom
von —— em —* die Hauptpunfte, =
nad) vergeblicyen Unterhandlungen, während melde
beide Staaten rüfteten, 1812 zum K führten.
Napoleon hatte außer feinem Naiferreich über >
Kräfte Italiens, der Nheinbundftaaten und de
Grofberzogthums Warſchau zu verfügen; Brei
und Öfterreih wurden genötigt, ihm Hilfätrups>
zu ftellen, auch redinete er auf die Mitwirkm
Schwedens und der Worte. Aber jenes Ihlob ma
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lefant (Elephas africanus).,
‚ Afrikanischer E
11. Mastodon arverensis, dritter Milchzahn
des linken Oberkiefers.
9. Mastodon giganteus,
zweiter echter Back-
zahn,
10. Mastodon sivalensis, hinterster
Backzalın des Oberkiefers,
bb. Elephas primigenius, Backzahn
von der Seite.
8. Elephas planifrons,
Backzahn.
— **
3. Elephas africanus, Backzahn. ba. Elephas primigenins, Backzahn
Kaufläche.
12. Dinotherium giganteum, restauriert,
Zu Artikel: Rüsseltiere,
Ruſſiſch⸗Deutſch-Franzöſiſcher Krieg von 1812 bis 1815
Vertrag mit Rußland, und — ſeit 1808 in
erneutem Kriege mit dieſer Macht, ſchloß 1812
Ftieden, als die franz. Armeen gerade im Begriff
anden, den Niemen a überfchreiten. Dadurd
wurden das in Finland ftehbende Korps und ber
en Teil der ruſſ. Moldauarmee verfügbar,
ußland Hatte anfangs dem Vorrüden der feind:
lichen Heeregmafien fogleich entgegentreten wollen,
polit, Nüdfihhten, namentlih da3 Bündnis Oſter⸗
reichs mit Frankreich, hinderten dies, und der An:
riff follte abgewartet werden. General von Phull
eate dem Kaiſer einen Operationsplan für die
Verteidigung des Reichs vor, Auch der preuß.
General von dem Kneſebed hatte dasfelbe ins:
geheim gethan; in der Grundidee fiimmten beide
überein: entiheidenden Schlahten auszuweichen
und den Feind in das innere bes Landes zu loden,
bis Mangel an Verpflegung und die Strenge des
nordiſchen Winters feine Widerftandatraft gebrodhen
haben würden. Nur darin wichen beide vonein:
ander ab, dab Phull, überzeugt, Navoleon werde
auf age sa | marjieren dieje Straße deden
wollte, während Anefebed richtig erlannte, daß die
Straße nad) Moskau die feindlihe Operationsfinie
bilden würde. Doc ift diefer Plan, wie Wr er:
wieſen, feineswegs mit Abſicht und Vewußtſein
verfolgt worden, jondern die ruſſ. Armee ziemlich
planlos und infolge der Bewegungen des Gegners
jurüdgewidhen,
Die ruff. Streitfräfte waren folgendermaßen auf:
eitellt: erfte Weftarmee, 112000 Dann unter
arclay de Tolly, Hauptquartier Wilna, I des
Niemen bis Grodno; zweite Weſtarmee 37000 Mann |
unter Bagration bei Slonim; Reiervearmee,
28000 Mann unter Tormafjow bei Fust; zur Ber:
teidigung der Weftgrenzeüberhaupt: 250 Bataillone,
252 Shwadronen, 30 Koſalenregimenter, 187000
Dann und 938 Geſchuge. Bon der eriten Armee
war das Korps von MWittgenftein auf dem rediten
Flugel und das von Eſſen zur Tedung von Niga
abgeiondert. Unter Platow ftanden 16 Koſalen⸗
regimenter als fliegendes Korps in Grodno. Außer:
dem befanden fi 30000 Dann unter Steinheil in
Finland, die zum Wittgenfteinichen Korps rüdten,
Neierven unter Miloradomwitih und Ertel wurden
gebildet, und Ende September ftieß_die Donau:
armee, 53000 Mann, biäher unter Kutuſow, der
aber da3 Dberlommando der Hauptarmee über:
nahm, zu Tormafjow. Das zum Einmarſch in
Rußland bejtimmte Heer Napoleons beftand aus
dem Garde:, 10 Armee: und 4 Kavalleriekorps,
zufammen 460000 Mann. Nahrüdende Truppen,
welche erſt im Laufe des Feldzugs die Grenze über:
fhritten, erhöhten die Stärke auf 600 Bataillone,
530 Schwadronen, 640000 Mann mit 1372 Ge:
ſchühen. Die Verteilung war folgende: Große Ar:
mee, 232000 Mann unter Napoleon, am Niemen
bei Kowno, Armee des PVizefönigd von Stalien,
72000 Mann, weiter rüdwärts bei Kalwary, Ar:
mee des Königs von Weitfalen, 89000 Mann, im
Anmarſch auf Grodno; linker Flügel: das 10. Armee:
forp3, 32000 Dann, wobei 20000 Preußen, unter
Macdonald bei Tilfit; rechter Flügel: das öſterr.
Hilfskorps, 34000 Dann, unter Schwarzenberg bei
Ejedleß. Napoleons Kriegsplan war: mit jeiner
Hauptmafie die Rufen zur Schlacht zu zwingen,
nach dem Siege raſch auf Moslau vorzudringen
und hier den Frieden vorzujchreiben. Man hat ihm
mit Unreht den Vorwurf gemacht, für die Ber:
919
pflegung nicht ausreichend Sorge getragen zu has
ben: im Gegenteil hat er niemals vorher fo groß:
artige Anftalten durd) Magazine, Anordnung der
Nachfuhr u. f. w. getroffen; aber diefe wurde bald
unmöglic), und die Armee, welche nicht zu Requiſi—
tionen jchreiten ſollte und Nr dazu geprungen war,
litt ſchon in Bolen empfindlich Mangel,
Am 24. uni begann der Über ang der franz,
Truppen über den Niemen. Ohne erheblichen Mider:
ftand zu finden, rüdte man am 28. in Wilna ein.
Murat mit einem Teile der Kavallerie und drei
Divifionen folgte der eriten ruff.. Weſtarmee auf
—— Rüdzuge nach der Düna; Davouſt brach gegen
inst auf, um Bagration, den der König von
Weitfalen in der Front beihäftigen follte, von der
erften ruf. MWeftarmee abzujchneiden. Diele gin
'in das Lager von Driſſa zurüd, aber die Mänge
besjelben, jomwie die Gefahr, ganz von der zweiten
Armee getrennt zu werden, bewogen die Ruſſen,
iene haltlofe Stellung zu verlafien und die Ber:
einigung mit Bagration hei —— ſuchen.
Napoleon verweilte drei Wochen in Wilna, um
Citauen zu ordanſieren und den vormarfch des
Königs von Weitfalen abzuwarten. Dieſer hatte
Bagration aber nur ſchwach gedrängt, fodaß der:
felbe, troß anfänglicher Erfolge Davoufts, ber Ver:
nichtung entging und auf einem Ummege Smolenät
erreichte. Napoleon ſehte 16. Juli die Hauptarmec
' wieder in Vewegung, das 2. Korps (Dudinot) wurde
gegen Wittgenftein entjendet und im Augult durch
das 6. Korps (Gouvion Saint:Cyr, Bayern) ver:
—— das 7. (Reynier, wobei die Sachſen) war feit
nen Juli nad dem rechten Flügel abgerüdt,
um Schwarzenberg abzulöfen, den der Kailer zur
Großen Armee heranzog. Der Vorſtoß Tormaſſows
gegen die Sachſen, von denen er eine Brigade
27. Juli bei Kobryn zur Kapitulation zwang, bewog
ben öfterr. Feldherrn jedoch, fi mit Reynier zu
vereinigen. Auf dem linken el rüdte Macs
donald nad) mehrern Gefechten zur Belagerung von
Riga vor. Die Große Armee konnte die Ruſſen
auch bei Witebst nicht zur rt dieje
mwichen auf Smolenät zurüd, wo ſich die beiden
een endlich vereinigten. Im franz. Heere
mar der Mangel immer größer geworben; Napoleon
ließ daher, um ben Truppen Erholung zu gönnen,
Kantonnierungen beziehen. Aber jdon Anfang
Auguft begann er bie Operationen wieder und ver:
fammelte bis 14. Aug. die Hauptarmee weſtlich
Smolenst, Am 14. wie eine rufl. Diviſion bei
Krasnoi die Angriffe der gefamten Rejervelavallerie
Murat3 ab. Smolensk wurde von ben Ruſſen
17. Aug. hartnädig verteidigt und nur nad) großem
Berkufte von den Franzoſen bejeht, nachdem es in
der Nacht geräumt worden war. Hlutige Gefechte
fanden 19. Aug. bei Gedeonowo und am Gtragan
tatt; die Nuften fehten ihren Rüchzug auf der
ostauer Straße fort. Napoleon folgte.
Nun trat Kutuſow an Barclays Stelle und be:
ſchloß, zurRettungder Hauptitadteine Schlacht anzu:
nehmen. g einer durch Schanzen verftärkten Stel:
lung bei Borodino, den rechten Flügel an die Mos—
tıva (f. d.) gelebnt, erwartete er, 104000 Mann mit
640 Geſchuhen ftark, den Feind, dermit 123000Mann
und 587 Geſchützen 7. Sept. die Schlacht begann.
Bon beiden Eeiten wurde mit der größten Tapfer:
teit gelämpft ; der befchräntte Raum, auf welchem
fi die Heere 11 Stunden jchlugen, machte die
Schlacht zu einer der blutigſten. Der Berluft
920
betrug beiberfeit3 nahe an 40000 Mann. Kutuſow
ab.feinen Zwed verfehlt, trat in ber Nacht ben
üdzug an und gab fau preis, wo bie Fran⸗
zoſen 14. Sept. einrüdten und Yapolen fein Haupt:
uartier in der alten burg, dem Kreml, nahm.
ie erwarteten Friedensanträge blieben Indeljen
aus, —— in der Stadt mehrten ſich
von Tag zu bis ſich die Flammen, wie es der
Gouverneur —E unzweifelhaft auf eigene
Verantwortung angeordnet, über ganz Moskau er:
goſſen und Napoleon zum Xerlafien der Hauptitabt
enötigt wurde. Endlich, nachdem er vergeblich
** angeboten und vier koſtbare ver:
loren hatte, mußte der Nüdzug angetreten werden.
Kutuſow hatte eine Flankenitellung ſüdlich genom:
men und dem König Murat, ber gegen ihn ftand,
ein glüdlices Gefecht geliefert, als er eldung
vom Aufbruch der Franzofen erhielt und nun bie
Nüdzugslinie nad Kaluga verlegte. Durch das
reiten von MaloJaroslaweh (24. Oft.) wurde Nas
poleon wieder auf die verheerte ſmolensler Straße
832* wo feine Truppen zwar noch in ben Ge:
techten, befonder® ruhmwoll bei Wiasma 3. Nov.,
ihre Waffenehre behaupteten, aber durch Mangel,
ftarle Verlufte, ftrengen Froft und einreibende Un:
ordnung, als fie aud bei Smolenst nicht die ge:
bofite Raſt jenen, in — Elend gerieten, das
nah dem Vernichtung drohenden Übergang über
die Berefiun, 26. bis 28. Nov., zu völliger Auflöfung
des Heeres führte,
Bei den Seitentorps hatte fih wenig Wichtiges
ereignet; num wurde aud ihr Nüdzug ——
Macdonald, mit den Preußen, dieſe nun unter York,
bob bie Belagerung von Riga auf und ging über
den Niemen. Dudinot, ber gegen Wittgenftein zwei⸗
mal bei Polozk, zulekt 18. Aug. durch Gouvion
Saint:Eyr verjtärft, gelämpft und fid dann mit
dem 9. Korps, friihen Truppen unter Victor, hinter
der Ula — hatte, ſicherte die von ber heran:
iehenden Moldauarmee unter Tfchitichagow be:
rohte Hüdzugslinie Napoleons. Schwarzenberg,
welder, mit den Sachſen vereinigt, Tormafiow
durch das Treffen von Gorodeczna 12. Aug. hinter
ben Styr geworfen und dann Waffenruhe gehabt
hatte, 308 ji} vor der 50000 Mann ſiarken Moldau:
armee zurüd. Die Ruſſen teilten — bier: Saden
blieb gegen bie we rg und Sachſen ftehen und
löjte feine —— de, dieſe von der Großen Armee
u trennen; Ichitſchagow marſchierte gegen bie
erefina, um Verbindung mit Wittgenjtein zu ſuchen
und die Franzoſen von der Nüdzugslinie abzu:
chneiden. Aber jene Verbindung glüdte nicht.
Ihitihagew, der ſchon Boriſſow bejept hatte,
wurde durch Dubdinot geworfen, und fo gelang e3
der 3. rmee, wenn auch unter ben entſehlich—
ften Umſtänden, über die Berefina ( d.) zu ent
lommen; nur eine Divifion wurde gefangen, wäh:
rend Victor den libergang dedte. Am 3, Ser erließ
Napoleon fein 20, Bulletin, das die ganze Wahr:
beit enthüllte. Dann übergab er den Heereäbefehl
an Murat und eilte nad Paris voraus. Am
14. Dez. überfchritten bie lehten Trümmer der dam.
Armee den Niemen. Die Ruffen bezogen bei Wilna
Kantonnierungen. | dem Nüdzuge des 10. Korps
war Vorl außer Verbindung mit ben Franzoſen
— und ſchloß 80. Dez. mit Diebitf „
ittgen
— Generalguartiermeifter, in der Mühle
von Poſcherun (Boicheran) die ſog. Konvention
von Zauroggen, wonach das preuß. Korps, vor:
|
|
NRuſſiſch-Deutſch⸗Franzöſiſcher Krieg von 1812 bis 1815
behaltlih der Genehmigung des Königs „ neutral
bleiben ſollte. Die Bereichen und Sachfen
ſich nach ihren Grenzen zurüd. So endete ber Selbe
su von 1812,
Der Krieg in Deutfhland und Franlı
rei, auch Deutſcher De Ta ROSINEN ge
nannt. A. Der Krieg in Deutihland von 1813.
Das mutige Berfahren Yorls, vom Könige anfangs
nicht gebi it, gab in Preußen, wo der Hab gegen
bie frenıde ——— lebendigſten war, den
Anſtoß zur großartigen Erhebung für die Befreiung
beö Baterlandes. Der König hatte fich, weil Berlin
nod von den Franzoſen bejegt war, von Potsdam
nad) Breslau begeben und erließ den Aufruf vom
3. Febr. 1813 an fein Boll. Zaujende aus allen
Ständen eilten in höchſter Begeilterung zu ben
Waffen; bie größten Opfer wurben bereitwillig dem
Baterlande gebracht. Noch war der Feind nicht
enannt, den e3 galt, aber darüber waltete tein
weifel mehr. Unterdefien hatte ſich das ruſſ. Heer,
zu weldem fi Kaiſer Alerander perſönlich begeben,
wieder in Bewegunng geiest, dagegen das fran-
Klar, in drei Divijionen neu formiert, die Weich
el verlafien. König Murat hatte den Dberbefehl
an den VBizelönig von Stalien übergeben und war
nad Neapel abgereift. Eugen führte das franz.
Heer, da er die Überlinie nicht halten konnte, ——
die Elbe und nahm fein Hauptquartier in Mag:
deburg. Am 16. März, nachdem jchon 27. Febr. zu
Kalifh mit Rußland ein Bünbnik geſchloſſen war,
erfolgte Preußens Kriegeerllärung gegen Frant:
reih. Das preuß. Heer war bi auf 33000 Mann
berabgelommen. Durch Schamborit3 Syftem jeit
1810 (f. Krümper), wonad fortwährend Mann:
ſchaften ausgebildet und danach beurlaubt wurden,
war e3 aber möglid, jogleih 13 neue Infanterie
regimenter aufjujtellen. Dazu kamen die freiwilli-
= äger, gegen 10000, und bie Landwehr, letere
urch die Verordnung vom 17. März ins Leben
gerufen, nad ihrer Vollendung 149 Bataillone,
113 Schwabronen, zufanmen 120000 Mann. Dod
waren dieſe Rüftungen beim Ausbrud des Kriegs
nod nicht beendigt. Nur etwa 50000 Dann waren
ſchlagfertig, davon 25000 unter Blücher in Schle
fien, 15000 unter Vorkin der Mark und 10000 Mann
unter Bülow in ber Mark und Pommern. Am
18. März befegte ein ruff. Streiflorps unter Tetten:
born Hainburg. In Norddeutſchland gärte es über:
all, und um diefen Geift zu unterbrüden, marſchierte
ein franz. Korps von 3000 Mann unter Motand
von Bremen gegen —— wurde aber bier
2. April von Dörnberg und Tſchernitſchew ange:
griflen und genötigt, die Waffen zu ftreden. Die
lücherihe Armee, durch 15000 Ruſſen unter
Winsingerode verftärlt, war Ende März in Sachſen
eingerüdt und hatte bei Dresden, das Tavouit
nah Sprengung der Clbbrüde räumte, die Elbe
überichritten, während Wittgenftein und York mit
27000 Mann gegen Magdeburg operierten. Um
das VBordringen in Sadjen zu hemmen, unternahm
ber Bizelönig von Italien aus Magdeburg einer
Borftoh in der Nihtung auf Berlin, wurbe jedod
durch das Treffen bei Viödern 5. April zur Umkehr
gezwungen. Die Hauptarmee der Rufien ftand nod
zurüd. Die von den Franzojen bejehten preuf.
und poln. age wurden eingeſchloſſen.
Unterdefien hatte Napoleon in nkrei
gro rtigften Rüftungen betrieben, mehrere Alters
lafien der Konſtription vorausgenommen und ein
Nuſſiſch-Deutſch-Franzöſiſcher Krieg von 1812 bis 1815
Heer nad Deutſchland neführt, welches dem ber
Berbündeten an Zahl — war. Ende April
vereinigte er ſich an der Saale mit dem Bizelönig,
nun 120000 Dann ftark, während die Verbündeten
90000 zur Stelle hatten. Den Oberbefehl hatte,
nachdem Kutufow geitorben, Wittgenftein erhalten.
Troh der Minderzahl beichlofien die Verbündeten
rtrauen auf ihre überlegene Kavallerie den
Angriff; aber die Schlacht bei Broßgörihen unweit
Lüpen (if. d.), 2. Mai, wie ruhmvoll auch beftanden,
hatte ben ri Ama der Glbe zur Folge. Na:
poleon entjandte Davouft zur Wiedereinnahme von
Hamburg, die 31. Mai ſiattfand, und Ney gegen
Berlin, während er jelbft mit der Hauptimadt dem
Feinde folgte. Schon 8. Mai war er wieber Herr
der Elbe, dan Dresden geräumt, Torgau von ——
mann geöffnet und die Belagerung von Wittenberg
aufgehoben worden war. Der König von Sachſen,
ber jidy beim Einmarſch der VBerbiindeten nad Bra
zurüdgezogen batte, mußte zurüdfehren und ie
enger an Napoleon anſchließen. Aber der Fall von
Thorn hatte 17000 Ruſſen unter Barclay de Tolly
verfügbar gemacht, durch welche und 10000 Preußen
veritärkt die Berbündeten hinter der Spree bei
a er Aufitellung genommen hatten. Napoleon
309 daher Rey, vor weldem Bülow auf Berlin
zurüdgewidhen war, an fi. ort, ihm entgegen:
geichidt, um feine Kerbindung mit der Hauptarmee
zu bindern, beitand zwar 19. Mai ein fiegreiches
Gefecht bei Königswartba, wurde aber, als Na:
oleon bei Bausen 20. Mai angriff, zurüdgezogen.
tey erſchien am zweiten Tage ber Schlacht von
Bauhen (j. d.), 21. Mai, gerade zu rechter Zeit, um
diefe durch einen Angriff gegen den rechten Flügel
zu entiheiden. Die Verbündeten brachen den Kanıpf
indejjen noch eu ab und zogen fih in guter
Ordnung nad Schleſien zurüd. Der Mangel an
Kavallerie bei den Franzoſen binderte die volle
Ausnußung des Siegs, obgleich Kaiſer Napoleon
ſelbſt die Verfolgung leitete, wobei an ſeiner Seite
bei Marlersdorf Duroc fiel. Am 26. Mai überfiel
Blücyer bei Hainau die franz. Vorhut unter Maiſon
und brachte ihr viel Verluſt bei, worauf der weitere
Rüdzug ungejtört bis hinter die Kaßbach fortgejeht
werden konnte. Dubinot war von Baupen aus ge:
en Berlin entjendet, aber 4. Juni bei Ludau ge:
lagen worden, an demjelben Tage, wo die krieg:
hrenden Mächte unter öfterr. Vermittelung den
jienftillitand von Pläsmwip oder Poiſchwitß ß loſ⸗
fen. Dieſer war beiden Teilen höchſt erwünſcht;
er mußte aud) Oſterreich zur Entſcheidung bringen.
Anfangs nur bis zum 26. Juli bejtimmt, wurde er
fpäter bis zum 16. Aug. verlängert; eine Demarla:
tionslinie trennte die gegenfeitigen Stellungen.
Die dreilorps, die unter fühnen Parteigängern im
Rüden der Franzoſen ſchwärmten, jollten bis zum
12. Juni über bie Elbe zurüdtehren. Lühow, ber,
ohne Nachricht gelafien, ſich verjpätete, wurde bei
Kipen 17. juni verräteriich überfallen und feine
Reiterei grobenteils niedergemadt.
‚Ein Kongreß trat zu Prag zufammen, hatte jedoch
keinen Erfolg. Schweden ſchloß ſich der Allianz an
England verpflichtete ſich zu Subjidien, Öfterrei
erllärte 12. Aug. Frankreich den Sirieg, mit welchem
id) dagegen Dänemark, weil es mit dem Verluſte
orwegen® bedroht war, verbündet hatte, Von
beiden Seiten waren die umfaſſendſten Rüjtungen
geſchehen. Die Verbündeten ftellten drei Arnıeen
auf: die Hauptarmee, 220000 Mann Bjterreicher,
921
Ruſſen (Wittgenftein), Breußen (Garben und das
2. Korps, Kleiit), unter Schwarzenberg in Böhmen;
die Schlefiihe Armee, 99000 Mann, zwei rufl.
(Zangeron, Saden) und das preuß. 1. Korps (Yort),
unter Blucher in Sclefien, und die Norbarmıee,
114000 Mann Schweden, — (Winpingerode),
Preußen (3. und 4. Korps, Bülow, Tauenzien)
unter dem Aronpringen von Schweden bei Berlin;
dieſer untergeordnet Das genen Hamburg aufgeitellte
Korps von Wallmoben, 24000 Mann, Außerdem
ftanden 24000 Öfterreicher den Bayern unter Wrede
am Inn, 50000 Dann dem von Napoleon früher
on nad Italien geiöidten Vizefönig gegenüber;
eritärkungen aus Ofterreich und Rußland waren in
Anmarſch. Im ganzen ift die Stärke ber verbün:
beten Armee auf 493000 Mann mit 1388 Geſchußen
—— Napoleons Streitkräfte betrugen elwa
440000 Dann mit 1200 Geſchußen: in Sachſen
und Sclefien 336 000 Mann; an der Niederelbe (Da:
vouft) 20000 Mann; an der Donau 25000 Mann;
in Jtalien unter dem Vizelönig 45000 Mann; außer:
dem Bejabungen in den Elb:, Oder: und Weichſel⸗
feitungen. Der zu Trachenberg entworfene Kriegs⸗
plan der Verbündeten war: die Armee, gegen welche
Napoleon fid wenden würde, follte den Kampfe
ausweichen, während die andern Armeen beranrüden
und gegen Slante und Verbindungen des Gegners
operieren follten. Tadurd überließ man diejem
freilich die Jnitiative,
Napoleon hatte die Elbe zur Baſis, Dresden
zum Sauptftüppuntte, Dudinot mit brei Armees
torps follte gegen Berlin operieren, Davouft von
Hamburg und Girard von Magdeburg aus ihn
unterftügen. Die feindlihe Hauptarmee wurde nur
beobadıtet. Napoleon maridierte mit den Garden
nad Schleſien, wo Ney gegen Blücher ftand, der
bereits 17. Aug. die Feindieligfeiten eröffnet hatte.
Blüher wurde vom Kaiſer bis über die Kaßba
— als aber Napoleon auf die Me
ung von dem Vorrücken der Großen Armee über
das Erzgebirge einen Teil des Heerd nad Sachſen
hurüdfübrte undMacbonald zurüdlieh, griff Blücher
26. Aug. dieſen an, flug in enticheidend an ber
Kabhzbach (f. b.) und vertrieb die Trümmer feines
Heers aus Schleſien. Oudinot war unterdefien
zwar in bie Mark eingedrungen, aber 23. Aug. bei
Grofbeeren 1.d) durch Bülow geſchlagen worden.
Der Angri auptarmee ber Verbündeten auf
Dresden (j. d.) 26. Aug. ſchlug indefien fehl. Dieſe
Armee erlitt am 27. dort eine Niederlage und wäre
auf ihrem Nüdzuge über das Gebirge vielleicht vers
* worden, wenn das Korps von Vandamme,
welches ihr denſelben abſchneiden ſollte, nicht bei
Kulm 29. und 30. Aug. in der Fronte aufgehalten
und, durch von Nollendorf im Rüden angegriffen,
feloft aufgerieben worden wäre. Bandamme wurde
gefangen. Girard, der von Magdeburg Dudinot
unterjtügen follte, war ſchon 27. Aug. in dem mör:
berifhen Treffen bei Hageläberg durch Hirſchfeld
geſchlagen worden. Ein erneuter Verſuch auf Berlin
unter Ney wurde durch die entſcheidende Niederlage
bei Dennewib, 6. Sept,, wieberum bejonders durch
Bülow vereitelt. Nun trat eine längere Pauſe in
den Operationen ein, während we F die Ber:
bündeten das Cintreffen der ruſſ. Reſervearmee
unter Bennigien erwarteten und Napoleon fi ver
gebens bemühte, entweder Blücher oder die Grobe
Armee zu einer Schlaht zu bewegen. Als Ben:
nigien hinter der Schleſiſchen Armee unbemerlt nad)
922
Böhmen gelangt war, wandte fih Blücher durch
einen fehr geihidt verbedten Marich rechts und
erzwang durch das Treffen bei Wartenburg 3. Dit.,
das vorzüglich Port leitete, gegen das Bertrandſche
Korps den Elbübergang. Auc die Nordarmee über:
ſchritt 4. und 5. Dit. diefen Fluß und die Haupt:
armee marjdierte linls ab über das Erzgebirge.
J Rüden der Franzoſen ftreiften ſchon einzelne
orps: fo Thielmann, jept in ruſſ. Dienjten, Ticher:
nitſchew, welcher 1. Dit. dem Königreich Bag we
ein Ende madte, und Mensdorf. Napoleon hatte
Murat, der aus Neapel bei ihm eingetroffen war,
mit einem Teile de3 Heers entiendet, um den Marich
der Hauptarmee der Berbündeten aufzuhalten, er
felbft verließ Dresden 7. Dt. mit den übrigen
Etreitlräften. Noch hoffte er die Schlefiihe Armee
—— aber dieſe wich hinter die Saale zurüd,
nn unternahm er eine Demonitration gegen
Berlin bis Düben, lehrte jedoch ſchnell um und traf
bei Leipzig ein, bis wohin Murat mit feiner Armee
vor der Hauptarmee der Berbündeten zurüdgewichen
war. Cine rg —— hatte
zu dem Reitergefecht bei Liebertwoltwig 14. Dt.
gerühet. Am 16. Dit. begannen die S ua und
efechte bei Leipzig. Die Hauptarmee der Berbün:
deten fämpfte unentichieden bei Wachau; Blücher
fiegte bei Mödern über Marmont. 17. Dit.
verjäumte Napoleon den Nüdzug, während die
Nordarmee und Bennigfen eintrafen. Der 18. Dit.,
an welchem auf einem engern Kreiſe gelämpft
wurde, brachte die Entſcheidung, und der Nüdzug
am 19. wurde zur allgemeinen Niederlage und
Flucht. (S. unter Leipzig.)
Die Schlacht von a ag Deutihland,
Bayern hatte ſich ſchon 8. Dit. im Bertrage von
Ried Oſterreich angeſchloſſen; der ganze Rheinbund
föfte ih auf; die vertriebenen Fürften lehrten in
ihre Yänber
wurde als firiegägefangener nad Berlin geführt.
Eine energiſche Verfolgung des Sieges bätte dem
Kriege vielleicht Schon jept ein Ende gemadt; aber
die Verbündeten glaubten, Napoleon werde bei Er:
furt noch eine Schlacht annehmen, und folgten ihm
vorſichtig. Diejer ia jedoch feinen Nüdzug ohne
Aufenthalt fort und ſchlug die Dayern (unter Wrede)
und Öfterreicher, weldhe ibm denſelben verjperren
wollten, bei Hanau (f. d.) 30. Dt. Ungefähr
70000 Mann mit 120 Geihügen brachte er über
den Rhein zurüd, deſſen rechtes Ufer mın ganz von
den Franzofen gejäubert wurde. Die Garnijonen
in diegfeitigen Feſtungen (zuerft Gouvion Saint:Eyr
mit 24000 Mann in Dresden) muhten nad und
nach fapitulieren. Während die Hauptarmee und
die Schlefiihe Armee an den Rhein rüdten und
bort, um Zeit zur weitern Nüftung zu gewinnen
tantonnierten, wurde von der Nordarmee, die fi
gegen Hamburg und die Dänen wandte, das preuß.
3. Korps (Bülow) zur Befreiung Hollands entien:
det und das 4, unter Tauenzien zur Belagerung der
Feftungen zurüdgelafien. Dänemark mußte nad)
der Niederlage von Seheſtedt, 10. Dez., den Frieden
zu Sliel 14. Jan. 1814 ſchließen und Norwegen gegen
Echwebiih-Bommern abtreten.
B. Der — in Frankreich von1814.
Die Verbündeten hatten über 1 Mill. Streiter auf:
geboten, benen Napoleon ungefähr 480000 Mann
entgegenzufeßen hatte. Nach dem Operationsplan
jollte die verbündete Hauptarmee durch die Schweiz
in Frankreich einrüden, die Richtung auf Paris
zurüd; der König von Sachſen aber | R
Ruſſiſch-Deutſch-Franzöſiſcher Ktieg von 1812 bis 1815
nehmen unb ein Korps unter Bubna gegen Lyon
entienden, um fpäter Verbindung mit Wellington
zu fuchen, der nad der Schlacht bei Bittoria die
Bidaſſoa überjhritten hatte und in Frankreich ein-
ebrungen war. Die Echlefiihe Armee follte vom
ittelrhein ber norrüden und fih Mitte Januat
mit jener zwij Seine und Marne vereinigen,
um gemeinichaftlih gegen Paris zu operieren.
Seit dem 21. Dez. 1813 geihab der Rheinüber:
gang der Hauptarmee bei Bafel, in der Reujahrs
nacht 1814 der Blüchers bei Haub und Manndein,
Marmont und Macdonald, welche am Mittel: und
Niederrhein die Grenze bejeht gebalten, zogen ſich
urüd, auch Mortier mit den franz. Garden, nad:
em er bei Barsfur:Aube, 24. Jan., einen
Teil der Hauptarmee ber Verbündeten gefochten.
Napoleon hatte gegen 60000 Mann bei ond:
fur: Marne — en und ji 25. Jan.
dorthin begeben, um zunädft Blücher anzugreifen.
Gr erlangte zwar 29. Yan. bei Brienne einigen
Vorteil; aber Blücher, aus der Hauptarmee ver:
ftärft, fchlug ihn 1. Fehr, bei La⸗Rothiere, worauf
Napoleon nad Troyes zurüdgi Die Berbünde
ten trennten fi num, audy der Verpflegung wegen.
Blüder wandte fi genen die Marne lous
wurde genommen und der Marſch längs ber ne
auf Parid angetreten, während Schwarzenberg
gleichzeitig langs der Seine vorgehen jollte. Aber
diefer verzögerte feinen Vormarſch, und fo konnte
fih Napoleon, der bereits feinem Gefandbten auf
dem mittlerweile zu Chätillon (f. d.) zufammen:
etretenen riebentlongreß carte blanche gegeben
hate, mit ganzer Macht auf die in getrennten
olonnen marſchierende Schleſiſche Armee werfen.
Hier entwidelte er wieder feine raftlofe Thätig
keit und alte Meiſterſchaft als Feldherr. Am 10,
erbrüdte er bei Chammpeaubert das Aljufewice
orp8 und trennte dadurd die Verbindung, der
übrigen; 11. ce ſchlug er Saden bei Montmirail
und drängte diefen, der von York aufgenommen
wurde, am 12. bei Chäteau » Thi über die
Marne. Dann wandte er fi gegen die Kolonne,
bei welcher fih Blucher befand, und nötigte -
diefen 14, Febr. bei Etoges zum Rüdzuge na
Chalons, wo fi) die Korps ber Schleftf Armee
am 17. nad) einem Berlufte von 14000 Wann und
30 Geihügen wieder vereinigten. Jeßt wandte ih
Napoleon gegen die Hauptarmee ber Verbündeten,
welde unter Gefechten mit Dudinot und Victor
langſam vorgerhdt war, f —————— 17. Febt.
bei Nangis, den Kronprinzen von Württemberg am
18, bei Montereau und zwang fie ebenfalls zum
Rüdzuge. Derjelbe wurde auf Troyes unternom-
men, um wieder mit Blüdyer Verbindung Im ſuchen.
Die gewonnenen Erfolge verblendeten Napoleon,
ſodaß er ſeine —— zu ke range fteigerte.
Aber die Verbündeten ſchloſſen 1. Mär; eine engere
Allianz zu Chaumont (f. d.), nachdem Blũcher Son
wieder die Offenſive ergriffen und daburd) den En
folg des ganzen Feldzugs gerettet hatte. Blücyer
war 21. ebr., um feine Verbindung mit Cchwar:
enberg zu fihern, bis Mery gelommen; aber fein
Alan, ſich wieder von lehterm zu trennen und dburd
die aus den Niederlanden heranziehenden Korps
von Bülow und Winkingerode veritärlt, von neuem
auf Paris zu marſchieren, hatte Genehmigung er:
halten. So hatte er Marmont und Mortier jchon
27. Febr. wieder über die Marne gedrängt, lich
aber von deren Verfolgung ab, ald er Napoleons
Nuffifh-Deutfh- Franzöfiiher Krieg von-1812 bis 1815
Anmarſch erfuhr, und wid diefem über bie Aisne
aus, um fid) mit Bülow und zur erode zu
vereinigen. Dieſe hatten 2. Mä oions ge:
nommen und ftießen am 4. zu Blucher. Napoleon
warf zwar am 7. Saden bei Craonne zurüd, wurde
jebod 9. und 10. März bei Laon von Blücher ge:
ſchlagen. Wiederum ließ er Marmont und Mortier
gegen biefen ſtehen und warf fi) abermals auf bie
Marſchlinie der Hauptarmee , welche nad) dem Ge:
fechte bei Bar:fur-Aube, 27. Febr., ungefähr wieder
fo weit wie vier Wochen vorher vorgerüdt war.
Unterweg3 zerjprengte er bei Reims 13. Mär; das
Korps des rufi. Generald Saint: Prieft, wurde
aber in der Schlacht bei Arci3: fur: Mube am 20.
von Schwarzenberg zurüdgeichlanen und faßte num
den Plan, die rüdwärtigen Verbindungen ber
feindlichen Heere na dem Nhein zu unterbrechen,
um deren Bordringen aufzuhalten. Eine Erhebung
des Bolt zum Rationallriege, die er bi mit
ſchwachem Erfolge zu bewirten gefucht, follte ihn
unterftügen;; aud) hoffte er auf Augereau im Süden
welder Bubna anfangs bebrängt hatte, ſoda
diefem ein Korps (Biandi) der Hauptarmee zur
Unterft idt worden war, Die Berbün:
deten leben hd uk we aufge:
fangener Brief an die Kaijerin hatte Napoleons
lan enthüllt. Sie ſandten ihm nur 5000 Pferde
unter Wintzingerode nad), der ihn einige Tage ge:
ſchidt täufchte, und fepten ihren Mari} auf 8
eig Bei La: Fire: ans eigen = in
ie Marfhälle Napoleons geihlagen u
t von Paris (ſ. d.), 30. März, zwang bie
—— — *43 Napoleon eilte her⸗
au jpät. In Fontainebleau jam
fi zwar die Trümmer jeineß Heer; allein
hatte ihn bereitd 2. A febt.
ber
Die
‚und jo verzichtete er am 11. auf ben Thron.
Ihm blieb nur der Raifertitel, die Inſel Elba und
eine Jahresrente von 2 Mill, Fri. In Italien
batte fi zwar der Vizelönig troß der Berbindung
Murats mit behauptet, aber Lyon war
von Bubna und Bordeaur von ington beicht
worden, der noch 10. April Soults feites Lager
bei Touloufe —— Ein Waffenſtillſtand wurde
geſchloſſen, und Lu XVII. z0g 4. Mai als
König in Baris ein. Der Friede wurde 30. Mai
—— nachdem die verbündeten Heere ſchon
den üdmarfd nad) dem Rhein — hatien.
Davouſt räumte Hamburg erſt 29. Mai.
C. Der Feldzug in den Niederlanden und
Frankreich von 1815. Während ber Kongreß
von Wien das Staatenjyftem von Europa orbnete,
büßte in Frankreich die neue Negierumg fo raſch das
Vertrauen der Bevölkerung ein, dab are
barauf bauend, die Wiedergewinnung feines Throns
unternahm. chiffte ſich Ende Febr. 1815 mit
einem Bataillon der Alten Garde, das ihm nad)
Elba gefolgt war, heimlich ein, landete 1. März
bei Antibe3 und 20. März, nahdem die ihm
—— ruppen, auch Marſchall Rey,
ihm übergegangen, in Paris ein. Seine Frie—
ensanträge bei den verbündbeten Monarden ſchei—
terten jedoch. Dieſe ſprachen vielmehr die Acht
über ibn aus und ftellten ſogleich eine enal.-nieder:
länd, Armee von 100000 Dann unter Wellington
und eine preußiihe von 150000 Mann unter
Blucher in den Niederlanden gegen ihn auf, wäh:
send die Streitkräfte aller eurov. Staaten in Be:
l che
rmont zuerit, jagten ji von ihm | Krieg
923
wegung gefeßt wurden. So Napoleons Ret:
tung nur in einem raſchen, entſcheidenden Schlage
vor deren Bereinigung. Diesmal hatte ih Murat
wieder mit ihm verbunden, aber diejer wurde von
ben Dfterreihern 2. und 3. Mai bei Tolentino, 16.
am Garigliano gefhlagen und mußte aus Neapel
fliehen. Napoleon begab ſich nad) Abhaltung des
Maifeldes zur Armee, weldie 140000 Dann ſtark
an der Nordgrenze verfammelt war, griff 15. Juni
löglih Bluchers Vorhut unter Zieten bei Char:
eroi an und warf fie zurüd. Seine Abſicht war,
zwiichen die beiden feindlihen Heere einzubringen
und fie einzeln zu ſchlagen. Blücher vereinigte von
feiner Armee drei Korps (Bieten, Pirch, Thiel:
mann, das vierte unter Bülow war noch zurüd) in
ber ſchon früher erwählten Stellung bei Ligny
(ale wurde — dat me * uni
eſchlagen, welcher gleichzeitig Durch Ney die Eng:
länder bei Quatte : Bros angreifen und feithalten
ließ. Napoleon übertrug Grouchy zu jpät die Ver:
folgung und gi mit feiner tg auf ber
Straße nad) Bruſſel gegen Wellington vor. Diejer
—* vor dem Walde von Soignies eine vorteil:
te Stellung bei Waterloo fi d.) genommen und
erwartete die Schlacht. Napoleon griff ihn 18. Juni
an; aber alle feine Anftren ungen fcheiterten, und
gegen Abend, als die Kräfte beiberjeit3 erihöpft
waren, eridien Blucher, das friſche Bulowſche
Korps voran, in der rechten Flanfe und im Rüden
ber Franzoſen, und enticied den Sieg. Ohne Res
ferven, bie er end im vr. Moment verwandt
atte, dachte Napoleon ji pät an den Nüdzug, ber
zur allgemeinen Flucht wurde. Cine beifpiel:
108 energiihe Verfolgung, burd) my «mit
dem letzten Haud von Wann und Rob» geleitet,
machte die Niederlage zugleich BR: Enticheidung des
iegs. Weder Grouchys aeichidter Rüdzug nad)
dem glüdlihen Gefechte bei Wapre 18. Juni genen
Thielmann, noch der liberfall von Berfailles
1. Juli, wo zwei preuß. Hufarenregimenter durch
Erelmans aufgerieben wurden, nod Rapps und
Sudet3 Widerjtand am Oberrhein und im Süben
tonnten den Ausgang ändern. Napoleon hatte
fhon 22. Juni dem Throne entfagt und fi nad
Nocefort begeben, um fih nad Amerika einzu:
ſchiffen. Dies gelang ihm aber nicht und er ergab
fi) den Engländern, worauf er ala Striendgefanges
ner nad) St.: Helena gebracht wurde, Yaris, wo
Davouſt befehligte, kapitulierte 3. Juli; die franz.
Armee ging hinter die Yoire zurüd. Am 7. rüdten
die Verbündeten in Paris ein; am 9. hielt Lud:
wig XVIIL jeinen Einzug. Der Zweite Pariſer
Friede wurde 20. Nov. geichlojien. So endigte der
gewaltige Kampf, welcher ganz Europa erfdüttert
batte und Napoleons I. Herrichaft fowie Frankreichs
tibergewicht vernichtete.
Aus der reichhaltigen Litteratur über dieſen
Krieg find hervorzuheben: Chambray, «Histoire
de l’expe&dition de Russie» (3 Vde., Par. 1824);
Buturlin, «Histoire militaire de Ja campagne de
Russie en 1812» (2 Bde., Par. 1824); Séegur,
«Histoire de Napol&on et de la grande armée
pendant 1812» (2 Bde., Par, 1824 u. öfter); Jain,
« Manuscrit de 1812» (2 Bbe., Bar. 1836); Dani:
lewiti, «Geſchichte des vaterländijchen Kriegs von
1812» (deutſch von Goldhammer, 4 Bde., Niga
1840); Herzog Eugen von Württemberg, « Grinne:
rungen» (Brest, 1846); Bernbardi, « zer
feiten aus dem Leben des kaiſerl. ruf. Generals
924
Ruſſiſch-Deutſche Legion — Ruſſiſches Heerweſen
von Toll» (2. Aufl., 4 Dbe., Lpz. 1806); Bogba: | trag blieb die Ruſſiſch-Deutſche — unter Befehl
von
nowitſch, « Gefchichte des Feldzug im J. 1812»
(deutid von ee 3 Bde, £yj. 1863);
Plotho, «Der Strieg in Deutfchland und Frankreich
1813 und 1814» (3 Bde., Berl. 1817); von Geyd:
lig, « Tagebuch des Vorkichen Armeetorps im J.
1812» (2 Bde., Berl. 1823); — «History
of the campaign of 1813 and 1814» (2 Bde., Lond.
1830); (Müftling), er Kriegsgeſchichte von 1813
und 1814» (2 Bde.,
gen über die großen Operationen und Schladten
von 1813 und 1814» (Berl. 1825); Norving,
«Histoire de la campagne de 1813» (2 Bde., Par.
1834); Damik (von Grolman), « Geihichte des | nien
Feldzugs von 1814 im öftl. und nördl. Frankreich⸗
(4 Bde., Berl. 1842); Beißle, «Geſchichte des rull.
Striegs im I. 1812» (2. Aufl., Berl. 1862); der:
jelbe, «Gejdichte der deutſchen Freiheitsfriege »
(4. Aufl., von Paul Goldihmidt, 2 Bde. Bremen
1831—83); derſelbe, « Geſchichte des J. 1815»
(2 Bbe., Berl. 1865); Damik (von Orolman),
«Geſchichte des Feldzugs von 1815 in den Nieder:
landen und Frankreich⸗ (2 Bde., Berl. 1837);
©iborne, «History of the war in France and
Delgium in 1815 » (2 Bde., Lond. 1844); Charras,
«Histoire de la campagne de 1815. Waterloo »
(2 Bde., Brüfl. 1858; 5. Aufl., Lpz. 1867; deutich,
Dresd. 1858) und «Histoire de la guerre de 1813
en Allemagne » (2p3. 1866; beutich, Di 1867);
Königer, «Der Krieg von 1815 und bie Verträge
von Wien und Paris» (2pz. 1865); Brandt, « Aus
dem Leben des Generald der Infanterie Heinrich
von Brandt» (Berl. 1868); Chesney, « Waterloo:
Borlefungen» (2. Aufl., engl., franz. und deutich,
Lond. u. Berl. 1869); von Frangois, « Geidhichte
ber preuß. VBefreiungstriege» (Berl. 1873); Onden,
«Dfterreih und Preußen im Befreiungätriege»
(2 Bde., Berl. 1876—79) ; von Ollech, « Geſchichte
des Feldzugs von 1815» ‚dert 1876).
Rufſiſch⸗Deutſche Legion. Auf Anregung
des aus feinem Lande vertriebenen 5* ter
von Dldenburg ey Kaijer Alerander I.
von Rußland 1811 den Oberſt von Arentsſchild,
bei dem bevoritehenden Kriege gegen Frankreich
aus deutſchen Glementen ein beſonderes Truppen:
torp& zu errichten, welches bei günjtigem Verlaufe
des Selbzuge der Sammelpunft der franzoſen—
feindlichen Glemente Deutſchlands werben follte.
Die RufiiiheDeutice Legion beitand aus 8 Batail:
Ionen Infanterie, 1 Kompagnie Jäger, 2 Hularen:
regimentern und 2 reitenden Batterien mit zufam:
men 9379 Mann Solletat; doch konnten im Juni
1813 erft 5000 Mann aus Rußland nad dem
Striegsihauplag abgehen. Die Mannihaft war
auf Kriegsdauer geworben, ftand unter preuß.
Kriegsgeſeß und war nad) preuß. Reglement aus:
gebildet; das Korps war ein felbitändiges Hilfs:
torp3 im ruf. Dienfte. Am 6. Zuli übernahm
England durch den Vertrag von Peterswaldau Die
Verpflegung der Nufiiich:Deutfchen Legion und er:
warb dadurh das Necht, deren Verwendung zu
beſtimmen; ®enerallieutenant von Wallmoden
übernahm den Befehl und führte diejelbe der Nord:
armee zu. Die Ruffiich: Deutiche Yegion focht an
der Niederelbe, namentlih im Xrefien an ber
Göhrde und bei Seheftedt. Mitte März 1814 über:
ſchritt die Legion den Rhein und kämpfte dann in
Slandern. Durch zu Paris 2, Juni 1814 zwifchen
Rußland, England und Preußen gefchlofienen Ver—
rl. 1824) und «Betradtun: |
ihres bisherigen Generalitabschefs, Dberit
laufewig, unter dem Namen «Deutiche Legion»
ortbeftehen und mwurbe unmittelbar nad Napo-
eons Landung in den Berband des preuß. Heeres
als 30. und 31. Infanterieregiment, 8. Ulanen:
regiment, 18. und 19. reitende Batterie (jebt in den
brandenb, und shein. Seldartillerie : Regimentern)
übernommen. Bgl. von Quiſtorp, «Die Ruſſiſch⸗
Deutiche Legion » (Berl. 1860).
urkiöc Adel, i. Dienitleute. ,
Auffiiche® Amerika, ſ. Ruſſiſch-Amerika.
‚Ruffiihes Armenien, |. Rufliih: Arme:
% i li. Dampfbad.
Ru f ed Bad (Nuffifhes Dampfbad),
Ruſſiſche Eſſe, ſ. unter Schornftein.
Ruſſiſches Beerweſen. Die Grundlage ber
jebigen rujl. Heeresverfaſſung bildet die Organiia:
tion Peters d. Gr. Tiefer fand beim Antritt der
Regierung ein Heer von 200000 Dann vor, wel:
des aus 60000 Dann aruſſ. Ordnung», 60000 Ro
faten und 80000 Dann «ausländiier Ordnung»
beitand, aber fehr_unzuverläffig und_mangelbart
ausgebildet war. Die Truppen ruſſ. Ordnung be:
ftanden aus Fußvoll (darunter 22 Regimenter
Strälzen zu je 1000 Mann) und Reiterei (Bojaren:
föhne mit Gefolge, einige berittene Strälzentegi:
menter, tatar. Hilfätruppen), das Fuhrweſen wurde
von den Dörfern geitellt. Die Strälzen thaten im
"er nur —— wohnten in beſondern
orſtädten, erhielten Sold und Ländereien vom
Staate und beſaßen große Vorrechte (Abgabenftei
it u. ſ. w.), fie durften Handel treiben und waren
aſt ohne militäriihe Ausbildung. Im Kriege
übhrte jedes Negiment 8 leichte Gehüge mit,
Einige Negimenter Stadtkoſalen (nad ruſſ. Städten
geflüchtete Kofaken) gehörten ebenfalls zum Auf:
volte rujj. Ordnung. Die Regimenter ausländi:
ſcher Drbnung beitanden aus Deutichen, Polen und
Litauern unter deutichen, franz. und ſchott. Difi:
ieren, darunter viele Abenteurer; 1682 fand
eter I. 25 berittene und — —— aus:
ländiicher Ordnung vor. Die Koſalen (doniſche
und Heinruffiiche) waren lehnspflichtig, doch war
auf ihre Dienjte rt innmer mit Sicherheit zu red
nen. Zar Peter I. (f. d.) ſchuf aus feinen Potjesch-
oyje (Spielgejährten) die Stänme ber Leibgarde:
regimenter Yreobrajhenst und Siemenowst und
reorganijierte das Heer 1699 nad feiner Heimtebr
von der nad) Wejteuropa unternommenen Reife. Er
- die Strälzen auf und ließ im Nov. 1699 zum
eritenmal Relruten ausheben (1 Mann von 25 bis
30 Höfen); bie —— war allgemein, und erit
Katharina II. befreite den Adel von derjelben.
Sehr raſch wurden 29 Infanterie: und 2 Dragoner:
regimenter nad weſteurop. Muſter aufgeitellt,
beren Offiziere meiltens Ausländer waren. Diejes
Heer ſchlug fid) 1700 bei Narwa ſchlecht, doch ließ
fi) der Zar durch dieſen Mißerfolg nicht beirren,
bob Mannſchaft aus, errichtete 10 neue Dragoner:
regimenter und eine Artillerie von 300 Geſchützen,
fowie eine Gewehrfabrit bei Mostau und hatte
1712 don 42 Feld: und 43 Garnijonregimenter
Infanterie, 33 Havallerieregimenter, 1 Bombar:
dier⸗ und GRanonierfompagnien, nebit einem Stabe
von ingenieur: und Artillerie-Offizieren. Die In:
fanterie und Tragoner führten Regimentsgeſchüte,
und bei dem Artillerieregiment befand ſich eine Ri:
neurkompagnie. Die reguläre Armee war 210000
Nuffifches Heerwefen
Mann ftark, wozu im Kriege nod) 100000 Rofalen
lamen. Bis zu Katharina II. wurde die Organi:
fation nicht wefentlich verändert (Bermebrung bes
Generalftabs, Umwandlung von 3 Dragonerregi:
mentern in Kürajfiere, Errichtung von 4 Hufarens
und 20 berittenen Landmiliz: Regimentern in ber
Ulraine); die Dienftjeit betrug 25 Fahre. Peter III.
batte in der kurzen Beit feiner Regierung Belleidung
und Reglements nad) preuß. Mufter eingeführt.
Raijerin — II. reorganiſierte das Heer,
ſobald ſie zur Regierung gelangt war. Sie ver—
mehrte den Generalitab, ——— ein Jaͤgerlorps
und die Chevaliergarde, teilte die Truppen in Ter—
ritorialdivifionen, ftellte bei der Infanterie und
Kavallerie Brigaden (je 2 Regimenter) —
löſte die kleinruſſ. Koſalen auf und ſiedelte einen
Teil derſelben im Kaukaſus und am Schwarzen
Meere an. Im J. 1796 waren vorhanden: 3 Garde⸗,
12 Grenadier: (zu 5 Bataillonen) und 55 Muste:
tierregimenter (ju 2 Bataillonen), 10 Jägerkorps
(zu 4 Bataillonen), 20 jelbftändige Infanterie: und
3 Yägerbataillone; 5 Küraifier:, 16 Karabinier:,
1 Örenadier: (Regiment Kriegsorden, defien Chef
jeht der Teutiche Kaiſer Wilhelm I. iſt), 11 Dra:
goner:, 2 Hufaren:, 4 Näger: und 11 Ulanenregi:
menter von 6 bis 10 (Örenadiere und Dragoner)
Schwadronen; 5 Artillerieregimenter zu 10 Kom:
anien (je 10—12 Gefhüße), außerdem bei jedem
en 4 leichte Geſchüße; 37 berittene Ko:
fatenregimenter. Unter Kaiſer Paul I. und Aleran:
der I. wurde die Organifation mehrfach geändert.
pm ‘3. 1812 waren vorhanden: 6 Garderegimenter
zus Bataillonen), 1 pe eng 164 In:
fanterieregimenter (zu 3 Bataillonen), 3 Grenadier:
Lehrbataillone; 6 Regimenter Garbelavallerie,
2 Ejotnien Gardekoſalen, 8 Nlüraffier:, 36 Drago:
ner, 11 Hufaren:, 5 Ulanenregimenter; 6 Garde:
und 153 Armee:Artillerielompagnien (zu 12 Ge:
[h0ben), 6 Eappeurbataillone und eine große Zahl
rittener Kofalenregimenter. Man nahm 1812
drei Ausbebungen vor (jedesmal 40 Netruten auf
1000 «Nevifionsfeelen») und errichtete 18 Neferve:
ke und 8 Neferve:Stavalleriedivifionen, bot
6. Juli die Reichswehr (Opoltschenie) auf (270000
Mann Infanterie und 50000 Mann Kavallerie)
und dachte fchon damals daran, die Armee anzu:
fiedeln. (Bol. Militärlolonien.) Kaifer Nito:
laus I. fand 1 Garde:, 1 Grenadier;, 7 Infanterie⸗,
1 litauifches, 1 faulaf. Korps (zu je 3 Infanterie⸗,
1 Kavalleriedivifion, 1 Echügenbataillon, 1 Ar:
tilleriebivifion, das (itauifche etwaö ſtärler), 5 Re:
eg er die poln. Armee und pr
tändige Heeresabteilungen in Finland, Orenburg
und Sibirien vor und änderte zunächſt ir a an
ber beftehenden Organifation. Nach der Beendigung
be3 türf. und poln. Arieges, welche außerordent:
liche Menſchenopfer gelojtet hatten, wurde die
Dienftzeit auf 20, fpäter auf 15 Jahre re
ber Dienjt im Heere befreite von der Leibeigenſchaft.
3. 1833 wurde das Kriegsminiſterium errichtet,
in weldem ber — eine Abteilung bildet.
Dem Generaljtabe wurde das Topographenlorps
unterjtellt und den Stäben der Korps und PDivis
onen anna Fran ——— zugeteilt. Aus
n 180000 Dann Peters d. Gr. waren bei Beginn
des Krimlriegs 1151319 reguläre und 245850 | I
irreguläre Truppen geworben. Obgleich fich diefe
Macht im Verlaufe des Kriegs noch fteigerte, fonnte
fie land vor bem Ilnterliegen nicht bewahren,
925
weil fie nicht auf zwedentfprechenden Grundlagen
beruhte. Nach Ende des Krimkriegs fuchte man die
Ihrofiften Mängel zu befeitigen und von 1862 ab
die Armee zu reorganifieren; dann übte der Deutich:
—— Krieg von 1870 und 1871 feinen Ein:
uß aus und brachte der rufj. Armee eine neue
Periode der Reorganifation, die bei dem Gintreten
in den Krieg mit der Türkei im Frühjahr 1877 noch
nicht vollftändig durdgeführt war. Durch das Ge:
ſetz vom 13. en: 1874 ift die Wehrpflicht der
—— maännlichen Bevölkerung ohne Unterſchied
er Stände eingeführt und die Stellvertretung und
der Loslauf abgeſchafft. Das Gefep gilt für das
ganze Reich und das önigreidh Polen, hatte aber
5 für Finland (feit 1881 eingeführt), die Ko:
atengebiete und die Völlerſchaften mehrerer afiat.
Gebiete feine Kraft.
Die bewaffnete Macht beftcht aus den ftehen:
den Truppen und der Reihswehr (Opoltschenie).
Die ftehenden Truppen zerfallen in die Sand: und
Seemacht. Die ftehende Landmacht gliedert ſich in
die Armee, die dur die jährlichen Aushebungen
ergänzt wird, in die Nejerve, die beurlaubt iſt
und zur Ergänzung der Truppen auf den Kriegs⸗
fuß dient, in
ie Rofalentruppen und in die aus
Fremdvoltern
ebildeten Truppen. Die Zahl
der auszuhebenden Mannfchaften wird alljähr:
ih durch Gefep beitimmt. Die Lofung entfche.
det über ben Gintritt in bie Armee; Perfonen
von gewifler Bildung lofen nicht und können als
Freiwillige dienen. Die Dienftpflicht beginnt am
1. Jan. nad) Zurüdlegung des 20. Lebensjahres.
Die Dienftzeit in der — Armee dauert
15 Jahre, davon 6 Jahre aktiv, 9 Jahre in der Re:
ferve; doch iſt der Kriegsminiſter berechtigt, vor
Ablauf der ſechsjährigen altiven Dienſtzeit Be—
—— eintreten zu laſſen, während auch Ur:
laubgerteilung bis zu — Dauer innerhalb
der —* geſtattet iſt. Die Truppen in Zur:
teftan, in Semipalatinst, Transbailalten und Dit:
ß irien pe nur eine 10jährige Dienftzeit zu er:
üllen-und zwar 7 Jahre altiv, 3 Jahre in der Re:
ferve. Die Freigeloften und die Leute, weldye ihrer
Dienftpflicht genügt haben, zählen als NRatniti
—— bis zum 40. ga re zur Reichswehr.
ieje zerfällt in zwei Aufgebote, deren erites die
vier ang en —RX umfaßt und zur Bildung
von Reichswehrabteilungen, ſowie zur Ergänzung
der Refervetruppen verwandt wird, Don ber al:
tiven Dienftpfligt find die einzigen arbeitsfähigen
Grnäbrer ihrer Familie u. f. w. befreit; fie werden
nad dem Grade ihrer Unentbehrlichleit in drei
Gruppen geteilt und nur für den Fall berange:
zogen, daß lörperlich taugliche Geſtellungspflichtige
nicht genügend vorhanden find, Die Geiſtlichen
aller ri Belenntnifje find von der Dienftpflicht
re befreit; Urzte, Apotheter und Tierärzte,
bie das 203 zum Dienfte bejtimmt, — 15 Jahre
zur Referve. ungen Leuten mit Bildung werden
weſentliche Erleichterungen für Ableiftungder Dienft:
pflicht gewährt, denn fie fönnen Er Dienfteintritt
um Zeil bis zum 28, Lebensjahre vertagen und
rauhen nur eine kurze aktive Dienſtzeit durch—
zumachen, fo —— welche eine Univerſitãt oder
eine — e höhere Lehranſtalt erfolgreich be:
ucht haben, nur 6 Monate; diejenigen, melde
6 Klaſſen der Gymnafien oder Realſchulen durd:
t, nut 1 gr 6 Monate; diejenigen, welde
en Kurfus der Lehranftalten dritter Ordnung
926 Ruſſiſches
durchgemacht haben, nur 3 Jahre, und diejenigen,
welche ein ne. über die Kenntniſſe beibringen,
welche in der Vollsſchule oder in einer Lehranſtalt
vierter Ordnung erworben werden, nur 4 Jahre.
Sind die betreffenden Webrpflichtigen freiwillig ein:
getreten, fo verfürzt fich ihre aktive Dienftzeit auf
beziehungsmeife 3 Monate, 6 Monate und 2 Jahre,
während fie 9 jahre zur Reſerve gehören; im
Herbſt 1885 traten „R: neue Beitimmungen in
Kraft, nad welden für die bisher begünitigten
Klaſſen die altive Dienftzeit mindeftens 1 Jahr
beträgt, Zum freiwilligen Gintritt find Dienfttaug-
liche von mindeſtens 17 Jahren bereditigt, welche
die Erlaubnis ihrer Eltern und einige dulbildung
nachweiſen. Im %. 1875 waren zur Ergänzung
der bamals 775000 Mann Starten Armee 150000
Dann, 1876 waren für bie ftärler gewordene Armee
180000 Mann und 1877 ſchon 195000 Dann Er:
jap erforderlih. Für 1878 ift das Nekrutenlon:
tingent auf 218 000 Mann und in neuejter Zeit auf
230000 Mann feitgejegt worden. i
Das gefamte . mit Ausnahme bes doniſchen
Landes iſt in 14 Militärbezirke (f. d.) eingeteilt;
das Etabsquartier des Militärbezirls des Küjten:
landes ijt 1885 nad Chabaromla am Amur verlegt
worden. Die er gr ftehen
unter dem Striegäminijterium, das die Befehle un:
mittelbar vom Kaifer empfängt. Die regulären
Truppen zerfallen in Feld⸗, Referve:, Erſahz,
Solal:, Lehr: und Hilfätruppen. Für die Feld:
truppen, bie früher, mit Ausnahme der Garden,
nur in Divifionen gegliedert waren, iſt durch Ber:
ordnung vom 11. Aug. 1874 der Armeelorps:Ber:
band eingeführt und allmählich ziemlich allgemein
eingerichtet worden. Gegenwärtig beftehen 19 Ar:
meelorps, nämlich das Gardekorps (Stab Peters:
burg), dad Grenadierlorps (Mostau) und 17 Ar:
meelorps (1. Petersburg, 2. Wilna, 3. Riga,
4, Minsl, 5, und 6. Warihau, 7. Eemaftopol,
8. Defia, 9. Drel, 10. Chaxtow, 11. Schitomir,
12. Stiew, 13. Mostau, 14. Lublin, 15. Kaſan, 1.
und 2, faule gl es Tiflis. 2 Armeetorps zählt
poei bis drei Infanteriediviſionen, eine (beim Garde:
orps 2) Kavalleriedivijion (fehlt beim Grenadier:
torps) nebit der erforderlichen Artillerie u. ſ. w.
Die im Kaulajus jtehenden Truppen bilden bie
taulaf, Armee, und einige Infanteriediviſionen be:
finden ſich in feinem Armeelorpsverbande. Die In⸗
fanterie zählt 48 Divifionen und 12 Schügenbriga:
den mit zulanımen 824 (einſchließlich 8 felbitändigen
finn. Schüßenbataillonen) Bataillonen, von denen
3 Garde:, 3 Grenadier:, 35 Armee: Infanterie:
divifionen, 1 Garde: und 5 Armee: Schükenbriga:
den in Guropa, 1 Örenadier:, 6 Armee: \nfanterie:
divifionen, 1 Schüpenbrigade im Kaukaſus und
5 Schügenbrigaben in Afien (2 im Satafpigebiet,
Lin Zurlejtan, 2 in Dftfibirien) ftehen. Die am
8. Aug. 1875 reorganifierte Kavallerie * in
—* aus 2 Garde⸗, 14 Armee⸗Kavallerie⸗, 1 Don⸗
Koſalendiviſion und im Kaulaſus aus 1kaulaſ.
Kavallerie- und 2 kaulaſ. Koſalendiviſionen, alſo aus
20 Diviſionen. Die Gardelavallerie beſteht aus
4 Küraffier:, 1 Grenabier:, 1 Dragoner:, 2Huſaren⸗
und 2 Ulanenregimentern, mebit 2 NRegimentern
vom doniſchen Heere und 1 Echwadron vom Ural:
beer. Die Armee:Havalleriedivifionen beftehen aus
je 3 Dragoner: und 1 Kofafenreniment (vom Don
oder Ural), die laulaſiſche aus 4 Dragonerregimen:
tern, die laufaf, Koſalendiviſionen aus Negimen:
Heerweſen
tern vom Kuban oder Terel. Alle im Divihond
verbande ftehenden Koſalen find ihrer Ausbildung
nad) reguläre ftavallerie, zählen jedoch zu ben irre:
gulären Truppen. Die fahrende Feldartillerie zählt
48 Brigaden (3 Garde, 4 Grenadier:, 41 Armee:
brigaben), die den Infanteriediviſionen beigegeben
find; jede Brigade hat ſechs Batterien, im der
2: drei 9:pfündige und drei 4-pfündige, mur
4 Brigaden von ben 7 im Kaukaſus haben drei
9:pfündige, zwei 4:pfündige und eine Gebirgi
batterie, Außerdem find 1 turfeftan. Brigade von 7,
1 weſtſibiriſche und 1 oftfibiriiche von je 4 Batterien
vorhanden, Die-reitende Artillerie ift den fa
valleriedivifionen feit eingefügt, jebe ber legten
bat zwei reitende oder Koſalenbatterien, nur bie
6 Garbebatterien bilden 1 Gardebrigade. Aufer:
dem ſteht in Turleſtan und Dftfibirien je 1 reitende
Gebirgäbatterie. Seit 1885 beftehen im fübl. Ruf:
land 3 Gebirg&batterien, welche vorläufig m He:
ferve-Artilleriebrigaden zugeteilt find. Die Jr
genieurtruppen beitehen nad) der iſation vom
16. San. 1877 aus 17 (1 Gardes, 1 Gremabier:,
13 Armee, 2 fautafiihe) Sappeurbataillonen,
8 Vontonierhalbbataillonen, 1 turfeftan. €
balbbataillon, 1 weitjibir. und 1 oitfibir. Sap
peur: und 1 kaulaf. Bontonierfompagnie, 1 Luft:
ſchifferabteilung, 5 Eifenbahnbataillonen, die in
6 Sappeurbrigaden (5 europäiihe und 1 faule
fifche) gegliedert find. Außerdem beitehen im An:
ihlujie an dieſe Brigaden —
(6 Feld⸗, 2 Belagerungs⸗ und 16 rapbenpart)
in ſchwachen Friedensitämmen, Der Zruppentrain
ift auf die einzelnen Negimenter u. f. m. verteilt
und befipt riedensftämme; ins beſondere find beider
Artillerie 48 fliegende Artilleriepart3, 9 Schüpen:
und flavalleries fliegende Parkabteilungen und 16
beweglihe Artillericparts vorbanden, Für die
Füllung der Truppentrains forgen die Abteilungen
des erit bei einer Mobilmahung nad) Bedarf auf:
zuftellenden Intendanturtrains. Alle Infanterie⸗
tegimenter und Schüßenbrigaden des ftehenden
Heeres zählen 4 Bataillone, die Kavallerieregimen:
ter 6 (Kürajfiere 4) Schwabronen, die fahrenden
Batterien 4, die reitenden 6 beipannte Geſchute.
An Refervetruppen, bie zur unmittelbaren
Unterftügung ber Feldtruppen oder zur Bermen-
dung als Bejakungd- und Etappentruppen beftinmt
find, beiteben im Frieden 109 Refervecadrebatail:
lone, nämlich 1 Garde:, 96 Armee:, 6 laulaſiſche
und 6 für die in Afien ftehenden Truppen bejtimmie
Bataillone , ferner 5 Rejerve:Artilleriebrigaden (j
je 6 Batterien), 2 felbftändige, der Arti von
Dünaburg zugeteilte Nejervebatterien und 5 Ir
ferve:-Ausfallbatterien in den poln. Feſtungen. Die
Erſatztruppen befiben ebenfalld Friedens
Für die Infanterie find 164 Bataillondjtämme,
von denen 58 verjtärkt find und zum Lofaldienite
Derangejogen werden, —— für die Kaval⸗
erie 56 Stämme, für die Seldartillerie je 2 Bat:
terien der 5 Nejervebrigaden (1 Zug jeder Batterie
ür reitende Artillerie) und die beiden felbitändigen
Refervebatterien zu Dünaburg, und für die Genit-
truppen 5 Sappeurfompagnien. Die Lolaltrur:
pen find zur aktiven —— im Kaulaſu⸗
und in Aſien, zur Ergänzung der Reſerve- und Cr:
faptruppen oder lediglich zu lolalen Zweden be:
jtimmt. Gie beitehen aus 29 Linienbataillonen (17
turteftanifche, 8 weitfibirifche, 4 oftfibirifche), 42 Pr
taillonen Seltungsartillerie und 16 Kompagnien
Ruſſiſches Heerweſen
dieſer Maffe, 4 Torpederlompagnien, 9 Lolalbatail⸗
lonen (6 in Europa, 3 im Kaulaſus), 226 Yolaltom:
mandos (105 in Europa, 55 im Kaulaſus und 66
in Ajien) und 6 Abteilungen Armeegendarmerie.
Zehrtruppen finddie Offizier-Schießſchule, die Of:
fizier-tavalleriejhule, die Artillerieoffizier:Schieb-
fchule und die galvaniſche Lehrfompagnie. Hilfs:
truppen find die Stompagnie der Palaftgrena:
diere, die Polalartillerie: und nieurlomman⸗
dos, die Hoſpitallommandos, die Arbeiterbrigade
in Kertſch und 13 Militär:Befferungstompagnien.
Die Zahl der aufzuftellenden Abteilungen der
Rei Mi wird jedesmal vom Kaiſer bejtimnıt ;
feitgeitellt ijt nur die Stärle einer Infanterie-Dru—
ſhine und einer Ravallerie-Sjotnie. i
Die irregulären Truppen umfaſſen bie flo:
falen:Woijstos (Heere) und die aus fremden Böl;
tern gebildeten Abteilungen. Der Groffürft:Thron:
folger ijt Ataman ( ) aller Ko eere, an
der Spiße ber einzelnen Woiſslos jteht daher nur
ein Stellvertreter Malasny: Ataman). Das Don:
Koſalenheer hat untern 29. April (11. Mai) 1875
ein neues Webrverpflihtungsreglement erhalten,
das dann mit einzelnen Abänderungen aud) für die
übrigen Koſalenheere eingeführt wurde. Die Wehr:
Wiichtigleit jedes Koſaklen olme Unterſchied bes
Standes ijt im neuen Reglement gewahrt; ein
Loskauf von diejer Berpflichtung und eine Stellver:
tretung ift nicht gejtattet. Der ſtand bes Don:
De te .. ‚bie Woiſslo⸗
oltihenie (Reihswehr). re it im Frieden
und Krieg zur Erfüllung der Wehrpflicht beitimmt,
Iehtere wird nur beſondern Umjtänben im
Kriege einberufen. Die Dienſtklaſſe
3 Gruppen, in bie «norbereitende», w
er die Hojalen eine vorlä Ausbilbung s
ten, im bie «altiven Dienjte verpflichtete »,
* — Woi —— — *
« Rejervegruppe », en Grjag im Striege lei⸗
iten und zu bejonbern Kriegsformationen verwen;
det werben fol. Die Dienjtzeit beginnt mit dem
18. Lebensjahre; von ber Geſamldienſtzeit von
20 Jahren lonımen 3 auf bie «vorbereitende», 12
auf die azum Felddienſt verpflichtete» und 5 auf die
Nejervelategorier. Die Koſalen erfüllen ihre
Dienftpflicht mit Ausrüftung und auf ei
ke
un e ähn ergün en ich ber
aktiven Dientzeit wie Die reguläre Armee. Das Don:
beer jtellt im Frieden 17 Negimenter, von denen
2 Regimenter (in Stärfe von je 2 Schwadronen) der
Gardelavallerie, 11 Regimenter 36 Sſotnien ben Ka⸗
valleriedivijionen als integrierende Beitandteile zu:
gewiejen find, und 4 Negimenter eine eigene Divifion
bilden; ferner eine Öardebatterie zu 4 Gejchügen und
7 reitende Batterien zu 6 Gefhüsen, weldye gleichfalls
der regulären Armee organijch einverleibt find.
Beurlaubt find und werben nur im Kriegäfalle auf:
geitellt 30 Neiterregimenter , 30 felbftändige Sſot—
nien und 8 reitende Batterien zu 6 Geihüsen (dar:
unter 1 Grfaßbatterie), In dem kaulaſ. Kofalen:
beere, das aus den Kuban- und Teref-Slojaten
gebildet wird, find 2 laufaf. Kojalendivifionen im
ſtändigen Dienfte. Das Kubanbeer ftellt überhaupt
im Frieden 10, im Kriege 30 Neiterregimenter zu
6 Sſotnien, eine Siofalendivifion in Warjhau, eine
Lebrlofalendivifion und Schwabronen zum Gonvoi
de3 Kaiſers, ſodann eine reitende Arti i
zu 5 reitenden Batterien (im Frieden zu 4, im
[l: | auf 38052
927
Kriege zu 8 Geſchützen), ferner im Frieden 2, im
Kriege 6 Fußbataillone (Plastuny), Das Terel:
beer jtellt im Frieden 4 berittene Regimenter zu
6 Sjotnien und 2 Batterien, im Kriege 12 Neiter«
regimenter und 2 Schwadronen zum Convoi des
Kaiſers, nebit 2 Batterien zu je 6 Geſchützen. Das
aſtrachaniſche Woiſslo hat ım Frieden 1, im Kriege
2 Reiterregimenter zu 4 Sfotnien; das orenburger
im Frieden 6 Negimenter zu 6 Sfotnien und eine
reitende Artilleriebrigade zu 3 Batterien, im Kriege
18 Negimenter & 6 Sfotnien, 8 reitende Batterien
zu 6 Geſchühen und 1 reitende Griaßbatterie zu
4 Seihügen: das uralifche im Frieden 2'/,, im
Kriege 7’/, Neiterregimenter, mit 17 beziehungs-
weife 47 Sfotnien; das fibiriiche im Frieden 3, im
Kriege 9 Neiterregimenter zu 6 Siotnien; das ſse⸗
mirjätfchenstijche im Frieden 1, im Ariege 3 Reiter:
regimenter zu 4 Sjotnien; das ſabailaliſche im
Frieden 1, im Kriege 3 Reiterregimenter, im Fries
den 2, im Kriege 6 Fußbataillone und 1 reitende Ars
tilleriebrigade zu 2 Batterien; dad Amur:MWoijsto
im Frieden 2 berittene und 2 Fußifotnien, im Striege
1 Reiterregiment (6 Sjotnien) und 1 taillon,
Von den aus Fremdvöllern gebildeten Trups
pen beſtehen das dageſtaniſche und kutaisſche irregus
läre Neiterregiment I je 6 Sfotnien, bie georgiſche
(grufinif de) Sußdrufbine zu 4 Sfotnien, die guriſche
dub:Sfotnie, die Miligen von Dageſtan (10 Sfot:
nien), vom Auban (1 Giotnie), vom (11
Siotnien), des ardiſchen Bezirk! (3 Sfotnien), die
berittenen Sfotnien von Irkutsl und Arasnojarat,
die Ufjuri-Sjotnien und bie Divifion der Krim:
tataren (2 Schmabronen, im —— 1 Regiment).
Die Ariegsftärte der regulären Armee if
iere, 1728196 Mann (darunter
78393 Nidhtftreitbare), 222936 Pferbe und 3596
Gejhüge zu berechnen. Dazu kommen noch an
Kofjalentruppen 3356 Difiziere, 141969 nn
(darunter 13422 Nichtſtreitbare), 138036
und 212 Gefüge, an jonjtigen irregulären Trup⸗
n 143 Dffiziere, 6188 Mann (darunter 136 Nicht:
reitbare) und 5382 Pferde. Die Gefamtlriegä:
ftärle de3 ruſſ. Heeres beträgt demnach ohne die
Reichswehr, bei welcher vorläufig nur ein Heiner
Teil der Dffizierftellen mit geeigneten Kräften bes
fegt werden lönnte, 1917904 Mann, 366 354 Pferde
und 3808 Gefhüge (ohne die Ausfallgefchüge und
Feſtungsgeſchühe). Während des leßten Türen:
tie 3 erreichte die ruf. Armee am 1. Juli 1878
die höchſte Stärle mit 1831617 Mann und 383890
Pferden, wobei der achte Teil des erften Aufgebots
ber Reichswehr bereits in die Reſervetruppen hatte
eingeſtellt werden müſſen. u find Infanterie
und Savallerie mit dem Gewehr, Karabiner und
alenaeneh: nad Berdan (gejogener Hinter:
lader). Die Feldartillerie führt 4: und 9: Pfünder
(8,00 und 10,67 cm):Gejdhüge von Bronze, Stahl:
ronze und Gußſtahl. Für die Feitungs: und Be:
lagerung3artillerie beitehen 6, 8, 9, 10: und 11:
Zöller aus Eifen, Bronze und Oußftahl.
Die Einführung der allgemeinen Wehrpflicht hat
auch auf die Entwidelung der Militärlebran:
ftalten Einfluß geübt. Es find Borbereitungs:
anſtalten, muttlere Lehranftalten, höhere Lehran-
ftalten und Spezialunteroffizierihulen zu unter:
ſcheiden. Fur Vorbereitung für die Junterfchulen
dienen 8 Militär: Progymnafien mit 1700 Stellen,
die Glementarunterriht erteilen; zur Vorbereitung
für die Kriegsſchulen beitehen 18 Militärgymnafien
928
ge Realſchulen) mit_6560 Stellen. Die 17
unlerſchulen bilden zu Fähnrichen die Infanterie
und Slornett3 der Kavallerie aus und Haben 4750
Etellen, davon 3730 für Infanterie, 480 für Ka—
vallerie und 540 für Koſalen. Bon Sriegsihulen
Ku Infanterie beitehen drei, die Baul:, die Kon:
tantin: (in Petersburg), die Alexander Kriegsſchule
(in Mostau), jede zu 300 Jünglingen, die zum Offi-
zier ausgebildet werden. Die Kavallerieoffiziere
—— aus der Nilolaus Kavallerieſchule in Peters:
urg hervor, die 200 Zöglinge enthält, die Artil-
lerie: Offiziere aus der Midael:Artilleries und die
„ngenieuroffiziere aus der Nilolaus ingenieur:
Thule, die reip. 160 und 126 „pöglinge zählen. Bon
Kabdettentorps beitehen das Pagenlorps, das zum
Dienit in der Garde vorbereitet, und das finn. Ka—
dettenforp3 mit je 120 Zöglingen. Die Militär:
Juriſtenſchule und die Garde:Bereiterfchule gehören
u den mittlern Anftalten, zu den höhern dagegen
Ind zu rechnen die Nitolaus:Generalftabsatademie,
ie Dichael:Artillerie-Aladenıie, die Nikolaus: in:
jenieurafademie, die militäriich:jurift. und die mis
itäriſch⸗mediz. Alademie, welche lehtere gegen 1000
—— zählt, Von Spezial-Unteroffizierſchulen
ind zu nennen: die techniſche und pyrotechniſche
Schule in Petersburg, die Büchſenmacherſchulen
bei den Gewehrfabriten zu Tula und Iſchewsk, die
Feldſcherſchulen zu Petersburg, Kiew und Mostau.
2 ejtungenbefist Rubland: Kronſtadt, Swea—
borg, Dünaburg, Diinamünde, Bobruist, Warihau,
Nowogeorgiewst, Breft:Litowat, Jwangorod, Kiew,
Nitolajew, Bender, Kertſch und Alerandropol; zu
dieſen ind durch den Berliner Vertrag von 13. Juli
1878 nod) Ardahan und Kars getreten. Außer die:
fen eigentliden Feſtungen beitehen nod einige
Eijenbahniperrforts an der Weitgrenze, fowie meh
tere Befeftigungen in den afiat.
Wladitawlas, Sudumtale, Aſchabad, Petro—
Alerandrowst Samarland, Zichemtent, Miernoje,
Zurgai, Kontantinowat und Wladiwoſtok, fowie
eine große Zahl befejtigter Boften längs der ine:
fiihen Grenze,
An der Spibe der gefamten Marine fteht der
Großadmiral Groffürjt Alerei Alerandrowitic).
eſihungen, 3.
Die Berwaltungsbehörde bildet das Marinemini:
—— Die Flotte zerfällt in die baltiſche ar
ie Flotte des Schwarzen Meers, die Flotille des
Kajpiihen Meers, die Flotille des Aralfees und
bie fibir. Flotille. Die Zufammenfehung der einzel:
nen Flotten zeigen folgende Tabellen;
lotten« Banzer- Undere Trans: Tor⸗ Segel:
abteil Pi ”
— Bin. It — Yale — wre
Baltiihe Flotte. 32 39 69 9 8
Flotte d. Schwar⸗
zen Meerd ... 7 27 9 16 —
Kaipiflotille ... — 12 > u:
Aralflotille .... — 6 — — —
Sibir. Flotille. — 38 3 6 —
Summa 39 92 135 117 8
Flottenabteilungen Geſchuͤhe Pferdelraft Tonnengehalt
Baltiſche Fotte.. 695 34862 205471
Flotte des Schwar⸗
zen Meers .... 166 12080 70015
Kaipiflotille ..... 26 845 4935
Aralflotille ..... 13 227 759
Sibiriſche Flotile 42 1347 4464
Summa 942 48851 285644
Ruſſiſche Hornmuſik
Außerdem find noch 7 große Dampfer der frei:
willigen Flotte vorhanden, welche im Kriege als
Kreuzer verwendet werden, im Frieden '
Handelözweden und ala Transporticiife (von Eü
rußland nad den Amurgebieten u. f. m.) dienen,
Es befanden fid) 1885 im Dienſt der Marine:
115 Abmirale und Generale, 1450 Seeoffiiere,
450 —— 180 Offiziere der Marineartillerie,
120 Marineingenieure, 500 Darinemedaniter,
30 Hafenbauingenieure, 200 Marinebeamie, 500
Givilbeamte mit Dffisiergrang, zuſammen 3545
jiere, ferner 25600 Unteroffistere, Matroien,
Werftarbeiter u,f.w. Die Marine beiteht aus den
aktiven Kommandos, der Flottenreierve und der
Seewehr. Zur Ergänzung der attiven Kommandos
dienen die zur Erfüllun der Militärpflict in den
jur Ergänzung der SHotte beftimmten Ortſchaf⸗
ten einberufenen Mannſchaften, ferner durd ihre
Handwerte oder Gewerbe geeignete Perſonen aus
allen Zeilen des Neid. Die Gefamtdienitzeit bes
trägt 10 Jahre, davon 7 aktiv und 3 in der Res
ferve. Die — wird gebildet aus der geſam⸗
ten nicht zu den altiven Kommandos und zur Flot⸗
tenrejerve gehörigen waffenfähigen Vevölterung
der der Flotte überwiejenen Diſtrikte vom Cinbe:
—— ter (20 Jahre) bis einſchließlich des
n3jahres. Im Falle die Flottenreferve er:
40. Le
höpft oder unzureichend ift, kann fie durch die vier
—* u Alterötlafien, d. b. diejenigen Perſonen,
welche bei den vier legten Einberufungen der See:
wehr — wurden, verſtärlt werden, Das
Fro onal der Flotte beſteht aus den Lehranſial⸗
ten, Schulen und Equipagen. Zu den Lebranitalten
und Schulen gehören in Petersburg: die Marines
[üule, bie Schule für Matrofentinder in Kronſtadt:
ie ge Marine:Alademie, die Lehrequipage,
die Schreiberfchule, die Feldſcherſchule; in Ritolajem:
die Mari lade e, die Handwerterichule, die
eldſcherſchule; in Baku: die Feldſcherſchule. Die
uipagen (= Datrofenabteilungen) dienen zur Be:
mannung ber Sriegäfahrzeuge, Es beiteben bie
Garde:Equipage in Petersburg, die erite bis
bente Flottenequipage in Kronftadt, die achte in
teröburg, die revaliche Flottenhalbequipage in Ne:
val, die finländ. Flottentompagnie in Helfingfors,
bie archangeliche in Ardangelst; die erite und zweite
ge des Schwarzen Meers in Nitolajem, die
laſpiſche Equipage in Baku, die Equipagen des Aral;
fees in Ratalınd „bie fibir. Cquipage in Wladimo:
of. Die Kriegöflagge iſt weiß, von Ed zu Ed
urch das blaue Andreastreuz geteilt. Für das
ge t 1885 waren * das Landheer 200542549
ubel und für die Marine 35501185 Rubel, zu⸗
fammen 236043734 Rubel, von der veranidlag:
ten Gefamteinnahme de3 Staates von 866294997
Nubel, beftimmt worden; doch befinden ſich unter
ben ger für das Landheer ausgemworfenen a
nur die Ausgaben für die reguläre Armee mit Aus:
chluß der finnifchen Schügen. Für die i ären
ruppen und die Koſalen befteht eine bejondere
u ee AIR, eine eigentümliche Ruf
u ornmufif, eine eigentümliche Nuſi
mit Jagdhoͤrnern, deren jebes — Ton ſpielt.
Sie wurde 1751 von dem Czechen Johann Anton
Mareſch (geb. 1719 in Chotiebor, geit. 30. Mai
ia in ** u 2. * dem Grafen
uſhew a ifer na eröburg gelommen
war, geſchaffen, indem berfelbe auf Beranlaflung
be3 dortigen Theaterdireltors Naryſchlin die damals
Ruſſiſche Kirche
noch jehr primitiven ruf. Jagdhörner verbefierte
und jo einrichtete, daß jedes eben nur einen be:
ftimmten Ton fpielte. Die ganze Hornmufit un:
faßte 54 ganze und halbe Töne, vom Contra:A bis
zum dreimal geftrihenen A. ‘jeder Ton war zwei:
mal beiekt, dab alfo für ein volles Orcheſter
91 Yagdbörner und 36 bis 40 Mufiter nötig waren.
Tas betreffende Horn war von ftartem Mejling:
blech, hatte die Form eines langgezogenen, nad)
oben immer dünner werdenden, am oberjten Ende
trummgebogenen Eylinders. Die tiefften Hörner
waren bis Ha 2m a die höchſten, bei bevor:
zugten Kapellen oft von Silber, etwa 30 bis 40 cm,
ie erite Hoftapelle folder Art unter Direktion
von zum. ward 1757 von der Kaiſerin Glijabeth
errichtet. Durch Verbefierungen der ruf. Horn:
mufit machten ſich verdient die Kapellmeiiter Lau,
Earti, Dementjewitfh. Ihre rg 9 erreichte
dDiejelbe unter Paul I. Auch unter Alerander I.
ward fie noch pevfleat, bis fie Schließlich durdy Er:
ndung der Metallinftrumente mit Klappen ziem:
ih in den Hintergrund 2** wurde. Noch
1833—34 konzertierte eine Geſellſchaft ruſſ. Muſiler
unter dem Kapellmeiſter Kolzow an verſchiedenen
Orten Deutſchlands und Frankreichs auf Hörnern
und fand namentlich durch die vorgetragenen ruſſ.
Volkslieder viel Beifall.
Auch außerhalb Rußlands ſind die ruſſ. Hörner
hier und da eingeführt worden, insbeſondere 1829
durch den Oberberghauptmann von Herder bei dem
Bergmuſillkorps in Freiberg in Sachſen, wo fie bei
beſonders feierlichen Gelegenheiten, namentlid) bei
Begräbnifien , geblafen werden. Die ruſſ. Hörner
(oft aud) als Lubenbe eichnet) eignen ſich, da jedes
Inſtrument nur Ginen Ton hat, nur für getragene
Eaden in langiamem Tempo, machen bier aber
einen . ſt ee, Gindrud,
Ruffifche Kirche. Die Chriftianifierung Ruß:
lands erfolgte von Konftantinopel aus nad, ver:
einzelten Betehrungen im 9. Jahrh. durch die Taufe
ber Groffürftin Olga (955) und ihres Enlels Wla⸗
dimir (988). In der Hauptitadt Kiew wurde ein
Metropolit unter der Gerichtäbarteit des griech.
Patriarchen von Konſtantinopel eingejeht, und das
ganze Kirchenweſen auf griech. orient. Fuß einge:
richtet. Die fpäter eintretende Qoderung des Ber:
bande3 mit Konftantinopel hatte nur politische,
feine kirdhlihen oder dogmatifhen Gründe, Die
Verlegung des Metropolitanjikes erſt nah Wladi—
nie (1299), fpäter nad) Mostau (1328) bereitete
die — 3 der ruſſ. Kirche vor, welche
durch Iwan II. (Yan. 1589) ein eigenes Patriar⸗
hat erhielt und bald nachher (1593) die Anerken:
nung der vier orient. Patriarchen erlangte. Der
polit. Einfluß des mostauer Patriarchen, welcher
in Verbindung mit dem ariftotratiihen Stände:
weien felbit die Macht des Zaren bedrohte, wurde
unter Feodor IL. durch Vernichtung der Ariſto—
fratie ren ‚aber erit unter Beter I. vollitän:
big gebrochen. Diefer ließ den 1702 zur Erledigung
getommenen Batriardenjtuhl zuerit 20 Jahre lang
unbefeht und bejeitigte dann das Patriarchat gänz:
ee (1721). Die hochſte Leitung der geiſtlichen An:
gelegenheiten wurde dem fog. Heiligen birigieren:
den Synod, die firhlihe Oberherrlichleit des
Batriarchen auf den jedesmaligen Zaren übertragen
(Cäjareopapismus). Vollends feiner Selbitändig:
feit entlleidet ward der llerilale Organismus Ruk:
lands unter Katharina 1I., indem der Staat da
Gonverfations:Xegilon. 13. Auf. XIIL
929
— Kirchengut und die Bildung wie Anſtellung
r Geiſtlichen ſelbſt übernahm. Alerander I. ſtrebte
zwar, der geiſtig verlommenen Entwidelung der
Kirche und der Geiftlihen einigen ——— zu
— mußte aber aus polit. Rüdfihten enge
renzen fteden. Die Erziehung der Geiſtlichen
ward jodann unter Nikolaus durd) jtrengere Kon:
ntration der Bildungsanftalten nod)_genauer
ontrolliert, während aud) der Heilige . in
feinen Befugnifien noch mehr eingeengt, dagegen
für den Arotel tismus mit allen dentbaren polit.
und fonftigen Mitteln gewirkt wurde.
Zroß der traditionellen Stabilität de3 Dogmas
und der kajtenartigen Abjonderung bes Prieiter:
ftande3 von der Nation wurde dennod) keine völlige
tirchliche Uniformität erreiht. Vielmehr hat von
Anfang an dad Seltenwejen in der rufl. Kirche
üppig gewuchert; und zwar find e3 zumeiit Abwei:
dungen in Bezug auf Liturgie und Kultus, oft
recht Heinliher Natur, die diefe Selten hervorges
rufen haben. Einzig die Duchoborzen (d. ) Licht⸗
bringer), welche wohl infolge der Beruhrungen
Rußlands mit Wefteuropa feit der Mitte des vori:
gen —8 entſtanden find, verwerfen in ſchwär—
meriſch⸗ mıyftifcher Weife einzelne Stüde des Dog:
mas oder deuten fie doc um und haben fid) zugleich
mit fozialen Oppofitiongelementen verbunden. Am
wichtigsten und zahlreichften iſt die Partei der
Starowerzen (Altgläubigen), vom Bolte mit dem
Namen Raitolniki (j. d.) belegt; fie ſagten ſich be:
reit3 1666 infolge der vom Patriarchen Nikon vor:
genommenen Veränderungen in Berfaffung und
Liturgie von der —— los, wurden von
Peter I. als lirchliches Oppoſitionselement blutig
verfolgt, doch nicht vertilgt, ſondern von Aleran:
der I., jelbit von Nikolaus anerfannt. Die verſchie—
denen ſektiereriſchen Barteien, die nur in der Nicht:
anerfennung der rufl. Staatslirche zufammenftins
men, follen gegenwärtig im ganzen etwa 10 Mill.
Anhänger zählen. Einigen Grfab für diefe noch
immer im .—. begriffene Einbußeder Staats:
tirhe hat diefelbe durch die jeit 1839 im großarti-
gen Maßitabe betriebene Nujlifigierung der gried).:
unierten * in den ehemaligen poln. Provinzen
gewonnen. Aber auch auf der kath. Kirche Polens
und den — in den Oſtſeeprovinzen laſtet
die Herrſchaft der Staatslirche mit erdrüdender
Schwere; Übertritte zur ruſſ. Kirche werden mit
allen Mitteln begünftigt, wogegen der Übertritt
pr Katholizismus oder Proteftantismus verboten,
ie ruſſ. Erziehung aller aus gemiſchten Shen ge:
borenen Kinder gelepti vorgeichrieben it. Nach
innen gewährt die ruii. a das Bild einer
ebenſo feſt geichlofienen Hierarchie wie die römifch:
datholiſche. Das Dogma ift das griedhifch : oriehta:
ide; aud die Hultusformen, find den Griechen
entlehnt, aber mit großer Borliebe für Entfaltung
äußern Prunf3 weiter ausgebildet, befonders Bil:
ber und Gejang vorzüglich gepflegt. e Liturgie,
die wie bei den Griechen der eigentlihe Schwer:
zu des lirchlichen Lebens it, trägt einen jymbo:
iſch⸗dramati — Charakter. Die Pflanzjtätten
tirchlicher Gelehrfamteit find noch immer die Alö:
fter, aus denen die (cölibatäre) höhere fog. ſchwarze
Geiſtlichkeit ausſchließlich rei Für die
Ausbildung des niedern, verheirateten, jog. weißen
Klerus (Popen), der früher meift roh, unwiſſend
und verachtet war, ijt erft in dem letzten Jahr—
zehnten notdürftig geiorgt worden. Die ziemlich)
69
930
unbedeutende ältere Litteratur der ruſſ. Kirche bewegt
ſich entweder auf dem Gebiete der praktifchen Theo:
logie, bejonders der Liturgik, oder bient der Be—
lehrung und Erbauung des Volls. Neuerdings
dagegen hat ſich eine reiche apologetiich : polemiiche
Litteratur entwidelt, mit der Tendenz, die ruſſ.
stirde als die rechte Mitte zwiſchen Proteſtantis—
mus und Katholizismus und zugleich al3 die allein
wahre apoftoliich:fath. Kirche darzuftellen. Eine
theol. Wiſſenſchaft im deutihen Sinne des Wortes
gibt es nicht. Der äußere Organismus der rufl.
Kirche it gegenwärtig folgender: ala oberjte Be—
hörde fungiert der Heilige Synod, an deſſen Spiße
der Metropolit von Nowgorod fteht ; feine Beiſiher
find die vom Zaren ernannten Metropoliten und
Erzbiſchöfe. Fernere Mitglieder find: ein weltlicher
Grjpriejter und ein vom deren ernannter General:
profurator mit dem Rechte des abfoluten Beto.
Ginem Ausfhuß dieſes Synods iſt die Adminiſtra—
tion der Seminare zu Petersburg, Moslau, Kiew
und Kaſan übergeben. Die Welt: und Klofter:
geitlichen (weiße und Schwarze Geijtlichteit) hängen
unmittelbar von den Metropoliten, Biihöfen und
Suffraganbiihöfen ab. Der erzbiſchöfl. Titel einis
ger Metropoliten beruht auf kaiſerl. Verleihung.
Vol.: Stourdza, «Consid6rations sur la doctrine
et l’esprit de l'eglise orthodoxe» (Weim. 1816;
deutich von Kohebue, 1817); Murawiew, « Briefe
über den Gottesdienft der morgenländ. Kirche»
(deutſch von Muralt, Lpz. 1838) und « Leridion der
morgenländ. Stiche» (Lpz. 1838); Wimmer, «Die
griech. Kirche in Rußland» (Dresd. 1848); Boif:
ſard, «L’eglise de la Russie» (2 Bde,, Bar. 1866
—67); Hepworth Diron, «Free Russia» (2 Bde.,
Lond. 1870); Bhilaret, «Geſchichte der Kirche Ruß:
lands» (aus dem Ruſſiſchen von Blumenthal,
Frantf. a. M. 1872); Bafarow, «Die rufj.:ortho:
ba (Stuttg. 1873).
Ruffifche Litteratur. Die Anfänge ber litte:
rariſchen Kultur der Ruſſen fallen mit der Grün:
dung des Reichs durch die Waräger (f. d.) und der
Cinführung de3 Ghriftentums durch MWlabimir
d. Or. zufammen, Durch Ichtere3 wurbe ber Ver:
fehr mit Konftantinopel ein häufigerer; Gelehrte
aus Griechenland zogen ein; die ebenfall3 aus
Griechenland übertragene, bald aber eigentümlich
ausgebildete Arditeftur, Skulptur und Malerei
tamen beim Bau der neuen dprijtl. Kirchen in Kiew
zur Anwendung; aud wurde die erfte Schule ge:
ründet. Der Einfluß der Waräger auf das rufl.
Leben ift bis jekt noch wenig aufgellärt, aud
iſt noch nicht genau befannt, mwelder Nationali:
tät fie angehörten; doc verſchmolzen die An:
tömmlinge mit den Eingefefjenen fo, daß die Entel
Rurils ſchon flaw. Namen haben. Als infolge der
Ginführung der altjlam. Kirchenbücdher die aliſſaw.
Kirchenſprache auch bei den Rufien zur Schrift:
Iprade in ber kirchlichen Litteratur wurde, lebte
die eigentliche ruſſ. Sprache im Munde bes Bolts,
in Dentmälern der Geſeßgebung und überhaupt
des Rechts, zum Teil in der Geſchichtſchreibung
und endlich in einigen poetifhen Werten fort. Cs
verfteht ſich von felbft, daß die heutigen Volkslieder
nur mit jpätern Anderungen in der Sprache, zum
Zeil aud im Inhalt, auf uns gelommen find. Bon
biejen gg sel zerfällt die Geſchichte der ruſſ.
Litteratur in Hauptperioden: 1) die ältere, bis
Ruſſiſche Litteratur
Zatareneinfall und die barauf folgende Eroberung
des jübmeltl. Rußland von Litauen (tm 14. Yahrb.),
jowie fpäter die Bereinigung dieſes litauiſch⸗ruſſ.
ürftentums mit Polen auch eine Spaltung in der
ultur und Sitteratur hervor, wobei fi) die urs
iprüngliche Verſchiedenheit der Bolkscharaktere und
Mundarten zu zwei Zweigen 1) dem großruffifchen
im Norden und 2) dem Heinruffifhen im Güben,
differenzierte, Die eigentlich ** hiſtor. ber⸗
lieferung ſehte ſich in der zweiten Periode bei den
Großruſſen, in Nowgorod und Mostau, fort und
eine neue Xereinigung der heiden nationalen Ele
mente erfolgte erit in ber Mitte des 17. Jahrh.,
als fid) das jüdl, Rußland mit dem Mostauiichen
Reiche verband.
Die erſte liewſche Zeit ftellt eine fehr bewegte
geiftige Thätigkeit dar, welche in verfchiedenen Zwei:
gen der Litteratur bemerkenswerte Grzeugnifie ber:
vorbrachte. Aus Jaroſlaws Zeit, um 1020,
ſtammt die wichtige, 1738 von Tatiſchtſchew auf:
aefundene « Prawda russkaja» (f, d.). In diefelbe
ren: gehört Neftor (f. d.), der Bater der ruii.
eſchichte, und eine ziemlich reiche Annaliftik, die ın
den Ländern des damaligen Rußland (Nomgorod,
eg Twer, —— er m.) Se
wurde, ferner eine Reihe von ft:
ftellern, wie Theodofius Hilarion, Fer von Tu:
tom u. a., einige Anfänge ber weltliden Littera⸗
tur, wie das «Slovo Danila Zatoönika» («Die
Nede Daniel3 des PVerbannten»), die «Lehre» des
Fürſten Wladimir Monomach, die bemerfenswerte
aWallfahrt⸗ des Abtes Daniel nad Jeruſalem im
= ———— —— das rg? epiſche
icht aIgors reszu ie ow zer⸗
(aus dem Ende des 12. Lahr .), welches Sraft,
Kühnheit und Anmut der Gebanfen und der
Sprade in fi} vereinigt. Während der Tataren-
einfälle fand das Schrifttum. in den Klöſtern eime
Zufluht, und diefem Umftand verdankt man bas
tiewfche «Paterikon» Simons, Biſchofs von Susdal
(geft. 1226), die Schriften der Metropoliten Eyrill
(geit. 1281) und Cyprian (geft. 1406) und eine
lange Reihe von Chronilen, die bis in das 17. Jahrh.
binabreihen. Auch ftammen aus alter Zeit zabl:
reiche Vollslieder, die durch die altilam. bre
und phantaftiiche Geitaltung einen —
Reiz haben. Den Mittelpunlt des Sagenkreiſes
in ihnen bildet der Fürſt Wladimir mit feinen Nit:
tern in ähnlicher Weife wie in den nfreiien
von Karl d. Gr. und feinen PBaladinen und dem
König Artus und feinen Rittern. Die erfte Samm⸗
lung altruſſ. Epen gab nad) einer Handſchrift des
18. Jahrh. Jalubowitſch (1504), dann volljtändi-
ger K. Kalajdowitſch (1818) heraus, neuefte Aus:
gabe 1878; dann folgte eine joldhe nad) dem Bolts-
munde von Kirjejewitij (berausg. von Bezbonom,
10 Bbe., Most. 1860-—-77),, endlich die bedeutend:
ften von Rybnilow (4 Bde., Beteröb. 186165)
und Hilferding («Die epifchen Lieder von Dnega»,
Petersb. 1873). Val. ferner Rambaub, «La Russie
Epique» Cyan. 1876); Raliton, «Songs ofthe Rus-
sıan people» (Lond. 1872). Die beiten Geige
gen über das altrufj. Epos find von A, Welle
owſtij, Jagic, Bußlajem, ——
Die zweite Periode iſt gegenüber der erſten die
Zeit des Verfalld. Das tatar. Joch, die polit. Be—
drängnifje, Die Entfernung von Europa begünftigten
zum Einfall der Tataren; 2) die mittlere, bis zu Pe: | teineswegd eine freie Entwidelung der Litteratur;
ter d. Gr., und 3) die neuere. Außerdem brachte der | die lehtere behielt den alten kirchlichen Charatter,
————|———r- ng re et
Ruſſiſche Litteratur
doch verlor fie bie polit. Motive, welche ſich ſo
alänzend im Igorliede ausgedrüdt hatten. Die
Bereinigung der oftrufl. Länder unter Scepter
der Fürjten, fpäter der Zaren von Dioslau brachte
auch eine centralifierende Tendenz in der Litteratur
mit fih; fo hörte die alte Annaliftit, welche ſich
immer in ben verſchiedenen Ländern Rußlands
fortfekte, nach und nad auf, um mit der erklufiv
mosfauijchen offiziellen zu verfchmelgen; die Orts:
heiligen werden in Moslau fanoniliert, um all:
gemein:rufl. Heilige zu werben, und die Legenden
vereinigen fih.in ein allgemein:rufl. Legendenbuch;
die altrufl. geſchichtliche, belehrende und legen:
dariſche Litteratur liefert das Material zu dem
encytlopäd. Werte des Metropoliten Malarius.
Seit der Befreiung Rußlands von der Mongolen:
herrſchaft unter Iwan 1. 1478 nahm die ruſſ. Litte—
ratur neuen —— wenn auch die Fort—
ſchritte nur langſam erfolgten. Iwan IV. Waſſil⸗
jewitſch, 1533—84, war ſelbſt Schriftiteller, und
1553 wurde bie erfte ruf. Buchdruderei in Moslau
errichtet. Zu rechter Bedeutiamleit gelangten indes
diefe Beitrebungen erft, nachdem durch Michael
Romanow, 1613—45, der polit. Beitand bes
Staats befeftigt war und num die Städte und der
Handel zu erblüben anfıngen, worauf auch viele
Deutiche ih nad) Rußland wendeten. Alerej Mi:
chajlowitſch ließ 1649 eine wichtige Sammlung der
ruf. Geſehe in Drud erfdeinen, und bald darauf
erfolgte die Gründung der Alademie zu Mostau,
in welcher bereit3 Grammatik, Rhetorik, Poetik,
Dialettit, Philofophie und Theologie gelehrt wur:
den. Bon diefer Zeit an bis zu Anfang bes
18. Jahrh. machte fih aber infolge des Verkehrs
mit den Bolen und der Herrfchaft der lektern im
füdl, Rußland die weitl. Scholaftit in der rufl.
Litteratur immer mehr geltend, Schriftfteller die:
jer Periode find ber ſchon erwähnte Metropolit
Malarius (geft. 1563), welcher auch die angeblich
ſchon vor Eyprian begonnene «Stepennaja kniga»
(berausg. von Müller, Most. 1775) ausarbeiten
ließ; Afanaffij Nikitin, der feine Reife nad) Oft:
indien (1470), und Trifon Storobeinilow, ber feine
Wallfahrt nach Jeruſalem beſchrieb; Fürft Andrej
Kurbftij (1580), ein polit, und litterarifcher Geg⸗
ner Iwans des Schredlidhen; die lirchlichen Schrift:
fteller , wie ber ascetiſche Nil Sorſtij, Kyrill Bje-
loſerſtij, der intolerante Joſif Wolockij, der Metro:
polit Daniel, in deſſen Bredigten ſich fehr viele
intereflante Züge des rufl. Lebens bes 16. Jahrh.
befinden; ferner der Möndh Palizyn (1624), Ver:
faſſer einer Gefchichte der Belagerung des Klofters
Troiza von ben Polen im Anfang des 17. Jahrh.,
und ber Diak Kotofchichin (1680), ein Emigrant,
der eine höchft wichtige Schilderung des Ruſſiſchen
Reichs im 17. Jahrh. Hinterließ; Iwan Schufce:
rin, der Biograph ded Patriarchen Nilon (1681);
Andrej Lyslow in Smolensk, Berfafler ber «Sky:
thiſchen Gefdhichter (1692; herausg. 1776); der Mi:
nifter des Zaren Alexej Michajlowitſch, Matwejew
(ermordet 1682), der fih um rufl. Vildung und
Sprade ſehr verdient machte; ferner ald Beför:
derer der Litteratur der Fürſt Honftantin von
Ditrog und der Patriarch Nikon, deſſen Verbeile:
rung der Kirchenbüder eine gro vollstümliche
veligiöfe Bewegung (den Rastkol) hervorrief. Ga
abgefondert war a das Leben und au
die Litteratur Südrußlands in der zweiten Periode.
Die Herrihaft Polens und die Intoleranz der kath.
931
Kirche brachten die Unterdrüdung ber orthodoren
Kleinruffen mit fich, und die Folge davon war eine
energiihe Reaktion des nationalruſſ. Elements,
welche fich einerfeit3 im Ktofalenaufitande, anderer:
ſeits in der Belebung ber Litteratur, und nament:
(id in der Begründung der kirchlichen Schule (die
Alademie zu Kiew) und in der orthodoxen Bolemit
gegen die Katholilen ausdrüdt. Die berühmteften
tamen dieſer Litteratur find: der kiewſche Metro:
polit Peter Mogila, Galjatowſtij, Baranowitich,
Laur. Zizanij (eine law, Grammatik), Archiman—
drit Innocenz Gifel (die jlam.:rufj. Geſchichte von
den alten Zeiten bis zum Zaren Alerei) u. ſ. w.
Und da die — Tradition in Moslau und
in Kiew ganz dieſelbe war und die Bebürfnifje der
großruſſ. Kirche den Beiftand theol. Gelehrfamteit
(bei der kirchlihen Reform Nikons und Peters) nös
tig machten, jo leilteten — die ſüdruſſ., kiew—
idjen Theologen diejen Beiltand, und von diefer
Zeit an hat 9 die ſüdl. Schule große Verdienſte
um die ruſſ. Bildung erworben. (S. Klein:
ruffifche Litteratur.)
‚Der Schöpfer der gegenwärtigen rufl. National:
bildung wurde Peter d. Gr., mit welchem daher
auch die neue Periode der rufl. Litteratur beginnt,
ehareich die eriten Beitrebungen und Anfänge der
Reform ſchon zu Ende des er angedeutet wer⸗
den können. Deter d. Gr. erhob nicht nur die ruf.
Sprade pm allgemeinen Geihäfts: und Schrift:
ſprache, ſondern auf feinen Befehl wurden auch
viele deutfche, franz. und holländ, Schriften in dies
felbe überſeßt. Da er aber nur das unmittelbare
Bedürfnis feines Volls vor Augen hatte und auch
die = feinen Antrieb arbeitenden Schriftiteller
und fiberfeger nicht ſowohl die Sprache zu bilden
als vielmehr dem ruf. Volle nußbare Mitteilungen
u machen bezwedten, fo bildete die damalige Schrift:
Inne zuweilen ein buntes Gemifh von Altſlawi—
chem und Gemeinruffiihem, und bei der Eilfertig:
feit der fiberfekungen wurden fremde, technifche
und wifenfchaftlihe Wörter und Redensarten auf:
genommen. Den Keimen einer nationalen Litte:
ratur felbft, die Fit vorfand, widmete er wenig
Beahtung und Pflege. Um 1704 entwarf er die
Grundzüge der gegenwärtigen ruf. Drudſchrift,
indem er den fchwerfälligen cyrilliſchen Buchftaben
mehr Rundung gab. Nach feinen Angaben wurden
zu Amfterbam die ruf. Lettern gegoſſen, mit mel:
chen man 1703 in ber geiftlihen Druderei zu Mos:
fau die erften ruf. Zeitungen drudte. Schon
über hatte er dem Buchdruder Teffing zu Amiter:
am ein Privilegium auf 15 Jahre für ruff. Werte
erteilt. Dafelbit wurden namentlich bis 1710 meh:
rere ruf. Werke, meilt liberjeßungen, von dem
aus Weißrußland gebürtigen amfterdamer Baftor
Kopijewitfch (geft. 1701) gedrudt. In Petersburg
wurde eine Druderei eingerichtet und bier 1708
das erite Buch aedrudt. Vorzügliche Sorgfalt
wendete Peter d. Gr. auf Einrihtung neuer Lehr:
inftitute und Schulen verfchiedener Art. Durd
den Anlauf eines anatom. und zoolog. Habinetts
in Holland legte er den Grund Pr» peteräburger
Mufeum. Nah einem von Leibniz entworfenen
Plane gründete er 8. Febr. 1724 die Akademie der
Wiſſenſchaften zu Petersburg, die aber erft nad)
jeinem Tode 1725 von der Kaiferin Katharina 1.
eröffnet und der zur Ausbildung künftiger Lehrer
ein Gymnaſium beigefügt wurde, welches bis 1762
den Namen Univerktät führte, Die vorzüglichften
69*
932 Ruffiiche
Ehhriftiteller diefer Zeit waren: der Metropolit
von Kojtow, der heil. Demetrius (1651— 1709),
der neben zahlreihen andern Werten im altruil.
Stile (gefammelt zu Mostau, 5 Bde., 1849—56)
die «Legenden der Heiligen» (4 Bde. , Kiew 1711—
16; Most, 1856) und eine «Bibliidhe Geichichte»
(Most, 1784 u, 1847) verfahte; der Metropolit
von Riälan, Stephan Jaworſtij (1658—1722), be:
tannt durd) feinen «Brunditein des Glaubens» |
Petersb. 1728; neue Aufl., 3 Bde., 1843) und Pre:
digten; der Erzbiihof von Nowgorod, Theophan
Prokopowitſch (1681 — 1736), Peters d. Gr. treuer
Gehilfe, ein geiftreicher Gelehrter, doch zugleid)
auch großer polit. Intriguant, der gegen 60 theol.
und hiſtor. Werte hinterließ; Fedor Polilarpow
(geit. 1730), der Hompilator des «Lexikon trechja-
zyCnij» oder Thefaurus der ſlaw., gried. und lat. |
Sprade (Most. 1701); Leontij Magnizlij (geit.
1739), der ruſſ. Mathematiker; Iwan Poſſoſchlow,
ein merkwürdiger Autodidalt, der in feinen Dent:
fchriiten an Beter d. Gr. und deſſen Miniſter (ber:
ausg. von Pogodin, 2 Bde, Most, 1842 u. 1863;
vol. Brüdner, «JIwan Rojiojhlow», Lpz. 1878)
und andern neu entdedten Schriften zuerſt national:
ölonomiihe Fragen behandelte; der Mönch Nito:
dem Sellius (aeit. 1746), ein geborener Deuticher,
der viel für ruſſ. Geichichte fanımelte, und Waſſilij
Tatiſchtſchew (1686—1750), der eine «Geichichte
Nublande» (4 Bde., Petersb. 1769— 84) ſchrieb.
Als Dichter ift bejonders Fuürſt Antioch Hantemir
(1708—44), Sohn des nad) Rußland emigrierten
Hoipodaren der Moldau, Berfafler von «Satiren»
(1762) und eigentlid der erjte ruf. Schriftiteller
europ, Charakter, zu nennen, Die Geiche ber
ruſſ. Metrit ftellte Tredjalowjtij (1703 — 69) auf.
Bal. Pekarſtij, «Die Wiſſenſchaft und die Litteratur
jur Zeit Peters d. Gr.» (2 Bde., Petersb. 1862).
So hatte Peter die Saat eines neuen Lebens
ausgeftreut; aber es war auch hiermit ein Zwie:
fpalt zwijchen dem urfprünglih Nationalen und
dem Fremdländiſchen in die rufj. Litteratur ge
fommen, ſodaß diele verfchiedenen Glemente noch
langer Zeit bedurften, ehe fie fich zu einem organi:
ſchen Ganzen geitalteten, Dieje Entwidelung der
ruſſ. Litteratur begann erft unter Eliſabeth und
Katharina II. Glifabeth fah in Kunft und Willen:
ſchaft eine Zierde ihres glänzenden Hofs; fie ftiftete
1755 die Univerfität Moslau und 1758 die Alade:
mie der Hünjte,. Hatharina fahte die Pläne Beters 1.
bewußtvoll auf. Täglich mehrten ſich die Bildungs:
anjtalten; durch das ganze Land eritanden Volls—
fhulen und aud ein Seminar für —R
nebſt Normalſchule. Die Alademie der Wiſſen—
ſchaften erhob ſich sun Mitglieder wie Pallas,
Gmelin, Güldenftedt, Lomonoſſow, Rumowſtij,
Yepedin und Oſerezlowſtij zu hoher Blüte; die Ala:
demie der Hünjte wurde erweitert, 1772 das Berg:
werlsinftitut und 1783 die Aladentie zur Bervoll:
fommnung der Spradie und Geſchichte geftiftet.
Allgemeiner fing man an, dem Auslande nadızu:
eifern, ja es wurde der Ginfluß desfelben bei dem
für gerftige Genüfle empfänglihen Teile des Adels
und Beamtenitandes jo groß, das Kaifer Paul
eine LZandesiperre gebot. Den Anfang diefer neuen
Beriode bezeichnen die Beitrebungen Yomonofjows
(1. d.), der zuerſt zwiichen dem Altſlawiſchen und
Ruſſiſchen eine feite Grenze zog, das libergewidht
ber großrufl. Sprache befeftigte und in der Poeſie
on der Stelle des den Polen entlehnten fyllabifchen
Litteratur
— ————— —* einführte, aber indem er
die Sapbildung in lat. Formen einzujmwängen
| verfuchte, ihr — chranken anlegte. Un:
ter feinen Nachfolgern ift ala Dichter Sumarolow
(f. d), 1718— 77, zu erwähnen, der alle Arten der
oejie umfaßte, das größte Verdienſt aber um das
‚ Drama fid) erwarb. Obgleich ſich ſchon im An:
ı fange des 17. Jahrh. rohe Anfänge ruf. dramati
ſcher Kunft in den Darftellungen biblifcher Geidid:
‚ ten finden, welde von ben tiewer Studenten wäh
rend der Feriengeit aufgeführt wurden, und aud
ı der Mönch Simeon von Polozt (1628—80) Tra-
‚ men ſchrieb, bie zu Feodors III. Zeit erft im Kle-
| fter, dann am Sole gegeben wurden, jo war doch
' Sumarofow ber erfte, der ein regelmäßiges ruf.
| Zrauerjpiel lieferte. Zwar wurde ſchon vor ihm
das erfte nichtgeiitlihe Drama, eine Überſetzung
von Molitres «Arzt wider Willen», von der Ja:
rewna Sophia Alerejewna mit ihren Hoffräulein
aufgeführt; allein ein eigentlih ruſſ. Theater be
ftand erſt feit 1756, nachdem Fedor Wollow die
Privatbühne, melde er in Jarojlam errichtet, in
die Reſidenz verfegt hatte, wo Sumarokows Stüde
die eriten waren, welche zur Aufführung lamen
Durch die Vorliebe der Kailerin Katharina 1. für
das Drama ftieg dasfelbe fchnell in der Liebe dei
Volle. Nah Sumarolow behauptet Knjafhnin
re als Dramatiter die nädfte Stelle;
jein Stil ift gebildeter als der feines Vorgängers,
doch wird er oft ſchwulſtig und froftig. Denis von
Wiſin (1745—92) machte ſich verdient um das
Luſiſpiel; fein «Nedorosl», ein Luftipiel in Prosa,
voll echter Komik und treu feine Zeit darſtellend,
dat nod) jeht Wert. Bon Cheraſtow, 1733—1807,
ind, außer Tragödien, Dden und Epijteln, zwei
große eriihe Gedichte über die Eroberung Safan:
und über Wladimir d, Gr. vorhanden, aber alles,
wie bei feinen Borgängern, in einem unnatürlichen,
pfeubollaffiihen Stil. Seinerzeit galt er für den
größten epiihen Dichter Nublands, gegenwärtig
aber ift er vergeſſen. Oſerow (1770— 1816) gebört
der Zeit nad) der folgenden, in Hinfidht der Sprache
aber diefer Periode an: er ſchrieb Trauerjpiele in
Alerandrinern, 3. B. «Fingalo und «Ödip», Sein
Stil iſt weder rein noch Ihön, aber der Ausdrud
oft fräftig, die Daritellung der Leidenfchaften
wahr; einige Scenen find in der That tragifch und
einige Charaktere gut pe und fiher durch
i
eführt. Fürft Iwan jlowitſch Tolgorulü
1764—1823) hie philoſ. Oden und Epifteln,
die fich durch tiefes Gefühl und Natürlichleit aus:
zeichnen; Neledinftij- Meleztii (1751— 1829) Ro:
manzen und Lieder, die den beften Erzeugnijien
der Art augegäblt werben. Bobromw (gejt. 1810)
ſchrieb eine Menge — Oden und ein be:
ſchreibendes Gedicht «Cherionida», das ein Chaos
mit einzelnen ig ren Tichterfunten ift. Betrom
1736—99), ein Dichter, an been und ftarlen
ildern ſehr rei, in der Sprache aber rauh, be:
fang in feinen Dden die Siege der ie atba:
rina, und feine Helden waren PBotemfin und Rum;
janzow. Auch überſetzte er die «Uneis» in Aleranı
rinern, An Bogdanowitfh, dem Berfailer des
Gedicht «Piycher, und dem Fabeldichter Chem:
nizer ijt Naivetät und Grazie zu rühmen. In der
legten Hälfte diefer Periode trat der geniale, oris‘
ginelle Derſhawin (f. d.) auf, der erite ſelbſtaändige
ruf. Dieter. Er bejang den Ruhm ruf. Waffen‘
unter Katharina II., wie Lomonoſſow und Petrom,'
|
Ruſſiſche Litteratur
doch mit dem Unterfchiebe, daß dieſe nur Lobredner
waren, Derſhawin aber Freiheit Gedankens
zeigte. Kapniſt ſteht Derſhawin an Kühnheit der
Gedanken und Flug der Phantaſie nach, übertrifft
ihn aber an Gemüt und Reinheit der Sprache.
Die ruff. Profa des 18, Jahrh. entwidelte ſich
allmählih aus der kirchlichen Bücerjprade, an:
[aneb mit ftarler Beimiſchung des Kirchenjlawi:
hen, das aber ipäter, namentlich durch den genia-
n Lomonoffow mehr ins Gleichgewicht mit der
lebendigen ruſſ. Sprache gebracht wurde, je nach—
dem ie der Inhalt der Litteratur ſelbſt mehr dem
Leben der Gejellihaft näherte. Schon bald nad)
kg Zode konnte die lebendige Sproße
ihren Platz in der Litteratur einnehmen, wie d I.
in den Schriften Nowitows, von Wiſins, Nabdi:
—— u.a, Nicht x Ausbildung erhielt
ie Proſa auch durch die geiſtlichen Reden, in denen
jedoch oft eine bombaftifche Rhetorik den mindern
Gedantengehalt vertreten mußte. Neben dem Me:
tropoliten von Moslau, Platon, zeichneten ſich
Anaftafjij Bratanowſtij (L761—1806) und ber Erz:
prieiter in Kiew, Lewanda (1736—1814), durd
Straft und Freimütigleit vorteilhaft aus. Um bie
Geſchichte machten fih verdient Schtiherbatow
(1733— 9%), der eine «Ruſſ. Geſchichtey (15 Bde.,
Vetersb. 1771—91) lieferte, in der man aber
tiefere Forſchung vermißt, Boltin —— durch
feine ſchähbaren Kritilen der älteſten Geſchichte
Rußlands, Golikow (geſt. 1801) durch ſeine Mate—
rialienſammlung zur Geſchichte Peters d. Gr.
(30 Bde., Most. 1770- 9) und Katharina II.
a? durch ihre «Memoiren zur ruſſ. Geſchichte⸗
(2. Aufl., 6 Bde., Petersb. 1801; unter Beibilfe
von Gelehrten verfabt und tendenziös im autofra:
tiſchen Sinne). —— eide erbienfte durch
Herausgabe vieler handſchriftlicher Geſchichtswerke
erwarb jich der Alademiler Gerhard Friedr. Müller
aus Weitialen (1705—83), der auch die erjte ruſſ.
litterariiche Zeitung zu Petersburg 1755 begrün:
bete, welchem Beilpiel bald mehrere folgten. Zur
Belebung des Buchhandels und Sinnes für Litte:
ratur, ſowie auch des ag Studiums trug vor:
aüglich Nomilow (f. * ei, doch fand er als 7
eiſt Verfolgungen. Ühnlich erging es A. Radi—
chtſchew, der in feiner «Neije von Petersburg nad)
tostau» (1790) die Leibeigenfchaft verurteilte; er
wurde dafür nah Sibirien verbannt, aber von
Kaiſer Paul freigelaffen. Michail Nikititih Mu:
rawiew (1757— 1807) jchrieb einige Abhandlungen
über ruf. Geſchichte und Moral. Noch iſt bier das
vergleihende Wörterbuch der rufi. Sprache (Petersb.
1787—89) zu nennen, das für das Studium der ruſſ.
Eprade und für die Schriftiteller Nupen brachte.
Gine neue Epoche der ruff. Litteratur fällt in bie
Zeit Kaifer Aleranders J., der, wenigitens in der
eritern Zeit feiner Regierung, in der Aufklärung
des Volls die höchſte Muoblfahrt erfennend, mit
Enthufiasmus die Bahn der Bildung und bes
Fortſchritts betrat. Die Zahl der Univerfitäten
tieg auf fieben; zur gründlichern Ausbildung der
Geiſtlichen wurden vier theol, Akademien nebit
36 Seminarien gegründet; es entjtanden Gouver:
nement3: und Kreisichulen; für die morgenländ.
Spraden wurde ein befonderer ng in Peters—
burg errichtet. Die Orchrten ereine mehrten
ſich, die Alademie der Wiſſenſchaften und die für
Sprache und Geſchichte erhielten eine zwedmäßigere
Geſtaltung. Mit Eifer förderten des Kaiſers Ab:
933
fihten die Minifter Rumjanzow und Speranffij.
Die Hauptitrömungen der Litteratur diefer Zeit
find: die abjtraft fentimentale Richtung, aus dem
18. Jahrh. vererbt, deren Hauptvertreter Karam—
fin war; dann bie —— e Romantik nach
deutſchen und engl. Muſtern, beſonders bei Shu—
kowſtij, welche etwas ſpäter in die liberale Roman:
tif mit einem vollstümlichen Anftrid in die Ju:
endpoefie Puſchlins und jeine Schule überging.
er gefeiertite Schriftiteller diefer Zeit war Na:
ramſin (f. d.), dem es gelang, die Feſſeln des Pſeu—
dollafjizismus zu löjen, in die fie Lomonoſſow pe:
lagen und aus benen fie Derſhawin zuerjt zu be:
freien verjucht hatte, Er verbannte den Schwulit,
den äußern Flitter aus der Poefie und Heidete
dieje, indem er fie zu ihrer wahren Quelle, den
einfachen menichlichen (doc) aber zu fentimentalen)
Empfindungen zurückführte, in die leichte Sprache
de3 täglichen Lebens. Hierdurch wies er der Litte—
ratur ihre Stellung innerhalb des Voltslebens an.
Seine «Geihihte des Ruſſiſchen Reichs» wurde
von dem ganzen des Lejens fundigen Rußland ge:
lejen; fie iſt die erfte wiſſenſchaftliche überſicht der
ruſſ. Geſchichte (bis zu un des 17. Jahrh.),
aber nicht frei von der Tendenz, den Abſolutismus
zu verherrlichen. Seine litterariſche Rform wurde
durch Dmitriew und Batjuſchlow gefördert, wäh—
rend Schiſchlow im Sinne des alten Lomo—
noſſowſchen Stils entgegentrat. In der Poeſie
von Shukowſtij gelangt die mit Karamſin begon:
nene Beriode zum Abihluf, Nach den Genannten
find als derjelben Periode angebörig zu erwähnen,
als Proſailer: der Geſchichtsforſcher Emwgenij Vol:
—— (1767—1837), Metropolit von Kiew,
erfafier de3 von Strahl deutich bearbeiteten «Ge:
lehrten Rußland» (Em 1828), und der theol.
Säriltäeller Philaret Drosdow, zuleht Metropolit
von Moskau; als Dichter: Koslow (geit. 1840), ein
Nahahmer Byrons, deiien «Braut von Abydos»
er überjegte; Krjulowſtoj (1781—1811), Verfaſſer
bes Trauerjpiels «Pofharjkij»; iin (1773—1822),
welcher bürgerlihe Dramen im Ifflandſchen Stil
ſchrieb; die Satirifer Wojejkow (1778—1839) und
Milonow (1792—1821); Chmelmnizkij (f. d.); der
Hürft Alerander Schachowſkoj, einer der beiten fo-
miſchen Dichter Rußlands, an Fruchtbarkeit Kohebue
vergleichbar und Verfaſſer vieler Luſtſpiele und
Opern; der originelle Fabeldichter Krylow (f. d.);
der «Partiſan von 1812» Dawydow; Ismailow
(1779—1831); Glinka und der als Lieder: und
Glegiendichter, aber auch al3 Kritiler (im vſeudo—
klaſſiſchen Sinne) beadhtenswerte Merſlijakow. Gnje:
ditich brachte durch feine liberfeßung der Ilias
zuerjt den Hexameter zur — Gribojedow
und Fürſt Wjaſemſtij ſowohl dieſer als der
folgenden ———— Periode zuzuzählen. Bol.
Pypin, «Die gejellichaftliche Bewegung in Rußland
unter lerander I.» (2. Aufl., Petersb. 1885).
Die Periode der rufl. Litteratur, welche mit
Puſchkin anfing, iſt dadurch dharalterifiert, daß
das Nationalruſſiſche endlich völlig die Herrſchaft
über die fremden Elemente gewann und dieſe abſor—
bierte. Während die Regierungspolitik des Kaiſers
Nitolaus die Entwidelung des ſpezifiſch ruf). Ele—
ments begünftigte und eine offizielle Vollstümlich—
feit (bei einem leibeigenen Volke!) proflamierte,
war e3 Puſchlins (j. d.) Genius, der in der Litte—
ratur dem Volksgeiſte mächtige Geltung verſchaffte.
Seine Gedichte fpiegelten das ruf. Leben und
934
— der Freude, dem Schmerz, dem Ruhm, der
andäliebe und dem Humor ihren Ausdrud.
Als Buf - Genofien und Nachfolger find zu
nennen: nftij, Baron Delwig, Jaſylow,
——* —— und Po olinftii. Nur
volle Ci — leuchtete die glänzende und verheißungs⸗
cheinung Lermontows (j. d.), der ſowohl
in —* wie in Verſen Unvergleichliches iſtete,
aber wie Puſchlin, Gribojedow und der gemütvolle
DEE RI EER BEINE in feiner Laufbahn einem
feindlichen Gejhid erlag. Das Drama brad) jeht
vollftändig mit den Traditionen des ig Klaſſi⸗
zismus und wählte ſich Shalſpeare zum Vorbilde.
Auch bier eröffnete Puſchlin die Bahn mit feinem
—* Godunowo; nach feinem Beiſpiel —
ten Polewoj, Rutolnit, Chomjatow, Baron Rojen
und Gedeonow den Stoff ihrer Dramen hauptjäd):
lich der ruſſ. Gedichte. Große Aufmerkjamfeit
wendete man, wie in allen flaw. Ländern, ben
Bollsfagen und Bolksliedern zu , mit deren Samm:
lung fih damals Kafdin, ini. Mata:
row, Sadharom, —— * Kirjejewftij be:
ichäftigten. Die neue Richtung der ruf. Litteratur
ck fi) beſonders auch A den hiſtor. Schrif:
Hier verdient Beachtung die ·Geſchichte Rub:
lonbes (im Sinne der erwähnten offiziellen Volls—
tümlichleit) von dem peter&burger ———— Uſtrja⸗
low, die zum Kompendium für die ruſſ. Unter:
richtSanftalten beftimmt wurde und Großrußland
als den Mittelpuntt darftellt, nach dem Kleinruß:
land, Rotreußen, Litauen u. ſ. w. burd ihre ge:
(dichtfihe Entwidelung notwendig bingeführt wer:
müßten. Ein nambafter Hiftoriler ift Pogodin
(f. d.), der fih beionders um die Sichtung der
ältern Geſchichte Rußlands verdient gemacht hat
und einer der erjten Vertreter des Slawophilen:
tums in ber rufl. Litteratur war. Polewoj begann
eine fehr umfafjende Geſchichte des ruſſ. Volls,
Bantyſch⸗Kamenſtij (1788—1850) und Marlewitid)
Bone 60) ſchrieben die Gefchichte Kleinrußlands,
ronewflij (1784—1835) die der Donifchen Koja:
fen, Slowzow (1767— 1843) die von Sibirien,
Buturlin ne die Zeiten ber falſchen Deme:
trien, ij Berg verfaßte einige Monographien
über "rufl. Zaren, ber Generallieutenant Midyaj:
lowſtij⸗ Dantlewitij mehrere tücdhtige, doch für Ruf:
land parteiiih abgefaßte Werte über die ruf.
Kriege. Bon den in ziemlich großer Zahl auf:
a Geſchichtsforſchern mögen noch D. Ja—
ytow (1775—1845), die Archäologen Berednilow
(703 1865), Korkunow (1805 58) und Strojew
(geit. 187 *— Petersburg, die Profeſſoren One:
girem in Mostau und Iwaniſchew in Kiew, der
Direltor des mostauer Staatsardivs Fürft Michail
Obolenſtij, und für das Fach der Genealogie Rt
Peter Dolgorutow genannt werden. Die lebh
teite (Kemegung gab ſich jedoch auf dem bisher ver:
nadjläfjigten Gebiete des Nomans kund. Bulgarin
(f. d.) hat, fo wenig aud) feine Erzählungen vom
aftbeti en Standpunkte aus genügen, doch das
Berdienit, zuerft Schilderungen aus dem vollen
Leben gewagt zu haben. Pawlow (geft. 1864)
zeigte fich in feinen Novellen als gewandten Zeich—
ner bes Individuellen und tiefen Menfchentenner;
Sagoſtin und Lafhetihnitow jchrieben hiſtor. No:
mane in Walter Scottiher Manier. Ciner der
ausgezeichnetiten Erzähler war Beitufhew-Marlin:
ftij (f. d.); Kalafchnitow —* intereſſante Bilder des
ſibir. Lebens geliefert: Uſchakows «Kirgis Kajſako
Ruſſiſche Litteratur
enthält anziehende Sittenſchilderungen. Der Seit
Sollohub (f. d.) daralterifierte in trefflihen N
vellen die höhere petersburger Gefellichaft. =
Dpojewflii, Konit. Maſſalſtij (1809— a);
lowſtij (1800—58), Helena Hahn,
jew (1815-42), Rutolnit und er rd Er
ebenfall3 dur cch ihre erg und Sittengemälde
bemerllih. Ginen ni Einfluß auf die
rufl. Litteratur Hatten Di lungen, a a u
fübrufj. Bollsleben m Se Gr und welde durch ©
gorij itta (f. d.) raſch populär mwurben. In
diefem Genre verfuchte ſich zuerft Gogol (f. *
doch machten ihn fein genialer Humor und
Sinn für da3 wirkliche Leben , welche in —
—— der — Zuftände ands be:
funden, febr bald ber neuen
zum Hauptführer
realiftifchen Schule, die in ee Zeit die art
five Herrſchaft erlangt bat; feine f
Darftellungen fozialer Gebredhen (die Komödie
«Der Nevifor», und andere dramatiſche Stüde;
der Roman «Tote Seelen», eine Reihe mertwür:
diger Novellen) machten auf das ruſſ. Publikum
einen —— Eindruck, der durch den von den:
genialen Kritiker Bielinftij bazu gelieferten Rom:
mentar noch erhöht wurde. Einige Jahre fpäter
erſchienen au die Romane von Herzen und Do:
ftojewitij, welche diefer realiftiichen ie zum
völligen Giege verhalfen. Die Ereignifie von 1848
machten indes auf die R ar einen fo jtarten
Eindrud, daß fie aud) in eine Revolution
—— und dieſe rein ——— und abſtralte
wegung für * ind * Fe
Kreuzzug gegen die Ticken un
ftarb, Herzen mußte und Fofljemfti 1 En
nad Sibirien; Gogol f ‚und in ber rufi.
Pitteratur trat eine völlige tagnation ein, bie
nur durd die trefflidhen Erzählungen Turgenews,
Gontſcharows, Grigoromitihs und Drujbinins
unterbrodhen wurde, welche zwar biefelbe tung,
aber in mafvollerer und vorfihtigerer Weile ver:
olgten, und denen fi Sergej Alſalows « jami:
iendronif» (1856), die Romane ber geijtreichen
Eugenie Tur und andere —
it ber Thronbeſteigung Alexanders II. ent:
widelte fih aud auf litterariſchem Gebiet wieder
ein friicheres Leben; die Genfur zeigte eine auf:
fallende Milde, es "durften Gegenftände beipro:
hen und Fragen erörtert werben, früber
zu den verbotenen gehörten, und bie reſſe be:
gann fid) nad allen Seiten hin mit einer bisher
unerhörten Freiheit zu bewegen. Dies waren die
moraliſchen Fol * bes Krimkriegs. Es entſtand
eine eigene «Enthüllu ——— die es ſich zur
Dutgebe ftellte „ie ikbräude der Berwaltung,
die ommen beit des Beamtentums, bie Schwa:
en und bedrüdte Lage bes Volks bloß; egen, In
litterariſcher Hinfiht war es eine ftarte realiſtiſch
fatirifche Richtung, die im Anſchluß ax Bose gan;
felbftändig und fir die innern Zuftände der nufi.
Geſellſchaft höchſt charakteriftiih war. Den An:
fang madte Saltylow mit feinen «Provinzial:
ftiggen» (1856) und einer Menge anderer Arbeiten,
die in gan Rußland das größte Aufſehen erregten
und den Zon angaben, obgleich bisher niemand
diefen beißenden jatirifhen Wis und feine tiefe
moraliijhe Grundlage erreihen konnte. Zu die:
fer neuern Schule zählt auch Piſſemſtij, defien
«Tauſend Seelen» (Hetersb. 1858) ein bedeutendes
Talent verraten, A jedoch in feinen fpätern Werten
Ruſſiſche Litteratur
erner die Rovelliften Slepzow, Kotorew, Bomja:
* (geft. 1863), Nilolaus und Gljeb u penſtij
u. v. a. in deren Erzeugniſſen man häufig mit
— ——————— Treue und Genauigkeit wieder:
leben — aus dem geſellſchaftlichen und
ollslebe „während indeſſen das -.
nenbe — —* oft fehlte und freili
Ungeheuerlichen und Verzerrten ausartete;
fehlen er weil die Urſache mancher kran a.
und trübfeligen Erſcheinungen diefes gg ner
in den beſtehenden —— und im *
eſellſchaftlicher Freiheit lag. Wſewolod Kre⸗
Hop und M. Stebnizlij — eigent⸗
Leslow) beſchenlten da auf) .
nd * Erzählungen im Genre —*
teres de Paris», in denen ſich ein Ar Ren 18:
* mit einer tonſervativ pol ange ng
nüpft. Cine befondere Stellung nimmt ber
——— Luſtſpieldichter Oſtrowſtij ein. Auch
die Poeſie * von eiſte des Realismus
durchdrung der namentlich in ben Dichtungen
Netenflows — Nilitins (1826—61) hervortritt;
Ausnahmen bildeten die anthologiſchen Gedichte
von Maikow und Schtſcherbina und die poetiihen
Arbeiten von Tiutſchew und Mei (geft. 22)
—— ſcheint der Beifall, ben die durch i ——
Stil ausgezeichneten Dichtungen des Grafen Alerej
Tolſtoj gefunden haben, den Anfang einer Reaktion
ub nen. beutend ald Romanſchriftſteller
ind der ſchon erwähnte Doftojewitii, deſſen Haupt:
—— in dieſe Periode fällt, und Graf Lew Tol:
Bit es Krieg und Frieden», «Anna Karenina», Heine
en). Rn ie beleunteften Krititer diefer Zeit
mare Zihern hewftij, —— Piſſarew.
In andern Fächern fand die erhöhte geiſtige
—— — —— in der vermehrten
hl deri ac Sprade inenden periobijchen
Shriftenund Kar 85 dete die Cenſur immer
ein großes Hindernis der litterariſchen Produktion
und befonders in den letzten Jahrzehnten wird die
Verbreitung liberaler Ideen und der fie vertreten:
den Bücher eifrig verhindert. Das Berbrennen
mißliebiger Bücher und die Unterbrüdung von
Zeitſchriften (wie «Golos», «Otetestvenuyja Za-
reg u.a.) vermindert die litterariiche Statiftit
In der Behandlung der Geſchichte trat das
—5—— Element immer mehr in den Vorder—
grund. Tſchitſcherin ſuchte in feinem Werte über
die ruf. Landgemeinde —— die Ehe Ent:
ftehung dieſes Inſtituts zu verfolger gen: oftomaroım
9. d —E die Sitten⸗ und oltsgefhichte des
Mein. und großruſſ. Volls; Schtihebalitij bearbei-
tete einige intereljante Cpiioden, aus der ruſſ.
Geſchichte des 17. und 18, Be Solowjew
Ye 1879) Les * gründli rbeit über ruji.
eihichte bis zur Negierung der Kaiſerin el
rina * (Bd. 1— 29, 1857— 78) fort. Baron V
det Korit ſchrieb eine gute Biographie Speranfliis
(1861), Bondanomitih gediegene Werte über die
zul «franz. Kriege 1812—14, über Alerander I.
Bde.) und den Strimkrieg (4 Bde.); weitere Hi:
horiter find: Sabelin (der beite Kenner der alten Sit:
tengefhichte), Slowajitij, N. und A. Bopow, Tra:
tſchewſtij, Karnowitſch (aejt.1885) u. a., und außer:
dem find noch die Memoiren Derſhawins, Bolotomws,
Chrapomwiztiis, Dmitriews, Engelhardts, BWigelsic.
zu erwähnen, die zwar aus einer frühern Zeit ftanı:
men, aber erft jet veröffentlichte werden konnten,
Viel intereffantes Material findet fi in den zwei
935
—— Zeitſchriften «Ruf. Ardiv» und «Ruſſ. Alter:
tum» (starina) und im «Sbornik» der Hiftorifchen
Geſellſchaft, befonders über die Gefchichte des 18. bis
19. Jahr). Die ſlawophile Partei hat ihre eigene «na:
tionale» ütor, :polit, Theorie und befondere hiſtor.
Sähriftiteller, deren wichtigſte die Gebrüder Kirje—
jewſtij, 4. —— Konſt. und Iwan Alſakow
(geft. 8. Febr. 1886), Yurij Samarin, W. Lamanftij
find. Um dem Mangel an einheimifchen Schriften
über allgemeine Geſchichte abzuhelfen, erſchienen
faſt alle bedeutenden Hiſtoriler des Auslandes,
Gibbon, loſſer, Guizot, Tocqueville Macau:
- ‚re, Yudle, Mommien, Spybel, Taine, in
fiberfegung. (inen namhaften Platz nehmen
F jeher in der ruſſ. Litteratur die Reiſebeſchrei⸗
bungen ein, durch welche ſie auch zuerſt im weitern
Kreiſe beiannt geworden iſt. Seit Kraſcheninni—
lows faſt in alle europ. Sprachen überfehter «Be:
ſchreibung von Kamtſchattas und Lepechins «Reiſe
durch das Ruſſiſche Reich⸗ ſinden wir eine lange
und — e Reihe ſolcher Werte, von
denen nur die Weltumfegelungen Krufeniterns,
Liſſjanſtijs, Golownins, Bellingshaufens, Safa:
rews und Lattes, die Gefangen haft Solowning
in Japan, die "Expeditionen S rytſchews und
Mrangells nad) dem nörbf. —— die Reiſen
Timkowſtijs und Kowalewſtis nad China, MN.
Muramjews, Peter Tſchichatſchews, Karelins nad)
Gentralafien, nr na dem Sande der Kirgis:
tofafen, Norows, urawjews, ——
Kowalewftij⸗ nad) 4 Den ettns nad nad
talien, Botlins nad —— laton T
chews nach Kleinaſien und den —— von
Südamerila genannt werden mögen. Hiera
die en gl in neuefter Zeit Gontſcharows Be:
— er Geſandſcha Bee — ——
utjatin 18532 - 65) na EN Kane
pittoreste Reife um die AR vor
mows Streifzüge am nen Meere und in Sibi-
rien, die wiſſenſchaftli ditionen von Maack
und Narimomitic na dent mur, Semenow und
Menjulow nad dem cn Butakow und
Sewerzow nad) dem Aral, Walichanow nad Kaſch—
gar, Chanytow nad) Berfien, Brzewaljtijs mert:
würdige Reife nad) der Mongolei und Gentratafien,
welche zum Zeil eine reihe Ausbeute für Geo:
graphie und Böllertunde ergeben haben.
Am mwenigiten ausgebildet ift in Rußland die
wiljenihaftlihe Sprade. Die philoſ. Studien
er ſich hier hauptſächlich an die neuen deutichen
bilojophen angelehnt; ihnen widmeten fid) Golu⸗
binftij (1797 — 1854), Wellanftij (1774— 1847),
Sidonflij, Kebrow, Katlow u. a.; Gogoztij ſchrieb
ein «BHilof. @eriton» (2 Bde., Riem 1859 —61),
Nowiztij eine «liberficht der philof. und religiöfen
Ideen des Altertums» (4 Bde., Kiew 1860 - 61);
in den legten Jahren erjchienen bie bemerlenswer:
ten felbjtändigen Arbeiten von M, Troizlij, fowie
aud die Überjehun 2 zahlreicher philof. Merte, wie
von Kant, Hegel, Trendelenburg, Lohe, Schopen:
— Hartmann, ‚Spencer, Yewis, A. Comte,
aineu.a. Bon einem Fortichritt der Theologie
(j. ge Kirche) kann da wohl nicht die
Nede fein, wo jede jelbjtändige Reflerion über die
Slaubenslehre und jede freie Auslegung verboten
ift; doch bildete die kirchliche Litteratur bisher,
wenigſtens quantitativ, einen ig igen Beftand:
teil der ruſſ. Gitteratur, ünter den zahlreichen
Kanzelrednern find der Erzbiſchof von Cherſon,
936
Innolentij Borifow(1800— 57), derMetropolitvon
Vetersburg, Grigorii er (1784— 1860), die
Briefter Baſhanow, Rodion Butjatin und befonders
Vhilaret, der Metropolit von Moslau, hervor:
ubeben; die Gefchichte der rufj. Kirche bearbeiteten
ie Grjbiichöfe von Charlow, Philaret und Malarij
Bulgakow, der aud eine «Drtbodor:bogmatifche
Theologie» (5 Bde., Petersb. 1852—56) berans:
ab, ferner Golubinfkij (1880). Den größten An:
fang fanden die theol. Schriften eines Yaien,
Andrei Murawjew, in den fünfziger Jahren bie
» Theol. Schriften» des Siowophilen Chomjalow
(Prag 1867), und in der leßten Zeit erregen bie
religiös -etbiichen und die religiös -Jozialen Schrif:
ten des Schon erwähnten Romanſchriftſtellers Graf
Lew Tolſtoj das gröhte Aufſehen; doch dürfen fie
freilich in Rußland nicht gedrudt werden, und cir:
kulieren dort nur in Handſchriften und Lithogra:
pbien (deutich erſchien davon « Worin bejteht mein
Glaube ?» Lpz. 1885), Gine Litteratur der Nechte:
wifjenihaft beginnt erft im 19. Jahrh. Grund:
legend find die rechtsgeſchichtlichen Forſchungen von
Ralkowiecki (1820—21) und der deutihen Ewers
(1826) und Pruß (1829). Darauf arbeiteten weiter
Newolin (« Encyllopädie der Nechtäfunde», 1841),
Moroictin, Kawelin, Kalatſchow, Ttichiticherin,
M. Komwalewjtij (vergleichende — 32
Gradowſtij —— im Privatrecht D.
Meyer, Pobjedonoſzew: im Strafrecht Barſchow,
Spafjowitih u. a. Über Staatswirticaft ſchrie⸗
ben Wernadftij, ber are den Freihandel be
fürwortete, Gorlow, Bunge und E. Lamanſtij;
über Statiftit Arjieniem (1789— 1865), Trois
nizlij, Buſchen und Befobrafow, Als Naturfor:
fher find Nilolai Turtihaninow (1796 — 1863),
Malſimowitſch, Setihenow, Omfjanifow, Keßler,
Annenkow, Metſchnikow, als Geologen und Mine
talogen Sotolow ——— Kutorga (1808 -
61), Schtſchurowſtij, Kolhſcharow, Inoſtranzew,
Dolutſchajew u. a., als Mathematiker Simonow
(1785 1865), Lobatichemitij (1793—1856) , Pere:
woſchtſchilow, Ditrogradffii (1801—61), Tſcheby⸗
fhew, Bunjafowftij, Samwitjch zu nennen. Der
Chirurg Nitolaj Pirogomw bat eine europ. Berühmt:
Det erlangt. Um bie Drientalijtit erwarben fich
Bitichurin (1772—1847), Grigorjew, Saweljew,
Berefin, Weljaminow:Sernow, Waffıliew, Chwol:
fon, Harlavy , Baron Roſen, Ylminjkij Berdienfte;
um bie Archäologie und Arhäographie Sreſnew—
, Ski, Gorslij, Nemoitrujew, der Biſchof horphbe
rius Uſpenſlij, W. Staſſow, Kotljarewſtij, W.
Grigorowitſch, Bodjanſtij, Graf Alexej Umwarow.
Als Sprachforſcher zeichneten ſich Woltolom (1781
— 1864), Bawjtij (1787—1863), Biljarjlij (gt
1867), Bußlajew, Sresnewilij, J. Orot aus. Die
Yitteraturgefchichte Rußlands wurde fleißig bear:
beitet; doch reicht Schewyrews «Geſchichte der ruſſ.
Litteratur» (4. Bde., Most. 1858—60) nicht über
die ältere Periode hinaus; neuern Anforderungen
entiprechen Karaulows «Skizzen zur Geſchichte der
ruf. Yitteratur» (Bd. 1, Feodoſia 1865), Porfi-
riews Geſchichte (bis zum Ende des 18. Jahrh.),
Galachows «Geſchichte der alten und neuen ruſſ.
gitteratur» (2 Bde., Petersb. 1863—67), Wichtige
Beiträge zu derjelben lieferten Bußlajew in feinem
sHiltor. Abriß der ruſſ. BVoltslitteratur» (2 Bde.,
Petersb. 1860), Pelarikij in feiner «Wiſſenſchaft
und Litteratur in Nufland unter Peter d. Gr.»
2 Bde,, Petersb. 1862), Viljarjtij, der Erzbiſchof
Nuffifhe Marine — Ruſſiſches Recht
Bhilaret in feiner efiberfiht der ruf. geiſtlichen
Litteratur» (2 Bde —— 1859 61), Grot,
Zihonrawow, A. Weile omftij, Pypin, * noch
die bibliogr. Arbeiten von Undolſtij, Meſhow,
Neuftrojew, Gennadi und Sjoblo, Karatajew, Gu—
berti u. a. fommen.
Bol. Koenig, «Litterariiche Bilder aus Rußland⸗
(Stuttg. 1837); Jordan, «Geſchichte der ruſſ. Litte
ratur» (2p3. 1846); Bypin und Spafonid, «Geſchichte
ber ſlaw. Pitteraturen» (Petersb. 1865; 2. Aufl.,
Bd. 1u.2, 1879—80; lektere deutich von T. Pech,
Lpz. 1880—84; der dritte Band der zweiten Auf:
lage foll die großruſſ. Litteratur enthalten); Gour:
riere, «Histoire de la litterature contemporaine
en Russie» (Bar. 1875); 8. Haller, «Geichichte ber
ruſſ. Litteraturo (Riga u. Dorpat 1882); A. Rein:
boldt, «Gejchichte der rufj. Litteratur» (Lpz. 1885).
Nuffifde Marine, ſ. unter Ruſſiſches
Heerweien, ©. 928,
Nuffifches Necht. In der älteften Zeit beitand
in Rußland ein ben german. und ſtandinav. Volts:
rechten ähnliches Gemobnbeitäreht, wenn aud
weniger ausgebildet. Es ift gejammelt in der
aPrawda russkaja» (f, d.), dem «ruf. Hecht»,
Wichtig für die Kenntnis des —— Rechts ſind
die, jedoch nur in Chronilen erhaltenen Verträge
mit den Griechen (911 und 944), ferner die Ber:
träge rufl. Fürjten und Städte mit dem «gemeinen
Kaufmann» auf Gotbland, mit Riga und mit den
Ordensmeiſtern, ben Bilhöfen und den Städten
Livlands von 1195 an, deren Driginalurfunden im
*16 Archiv erhalten find. (Bgl. Napieritn,
«Ruſſ.-livländ. Urkunden», Petersb. 1868.) Mit
der Ginführung des Chriftentums beginnt der Ein—
fluß des röm. und des fanonijchen Rechts, doch hat
das röm, Nedht in Rußland niemals den Einfluß
ausgeübt wie im Weiten Guropas: es war nie als
Ganzes rezipiert, Geltung erlangten nur einzelne
Beltimmungen, die in ruſſ. Geſetzbücher überaingen.
Der Ginfluß des lanoniſchen Rechts auf das Fami—
lien: und Erbrecht war umfafiender, doch wurde der:
felbe durch Peter d, Gr. wejentlich beſchränkt. Mas:
gebend auch für die Nechtsentwidelung waren die
durd die Geijtlichleit vermittelten und allmählich
um fi greifenden byzant. Staatd: und Yebenz-
anſchauungen. Im Verein mit dem Ginfluß der
Zataren, jeit der Unterjohung Rußlands in der
Mitte des 13. Jahrh., trennten jene Rußland von
Weſteuropa und brachten es in eine von lekterm
abgewandte Geiſtesrichtung. Die Unterjochung durd
die Zataren brachte weientliche Veränderungen mit
fich: der Großfürjt ift nicht mehr der erjte unter den
Fürſten, fondern der Bevollmächtiate des Chans,
die Fürjten herrſchen weder nad eigenem Recht
noch nach dem Willen des Volts, fondern kraft
Ernennung durd den Chan. Das Volt vollends
bat nichtö mehr mitzuiprechen: die Bolläverjamm:
lungen (wecze, v&te) hören auf. Der Chan ijt der
abjolute Herr Rußlands, er wird Zar genannt, mit
dem Xitel der byzant. Kaifer: feine Macht iſt unbe:
ſchränkt, fein Wille eriebt Geſeß und Net. Inter
jeiner Oberboheit und der Willfür feiner Beamten
fonzentriert fi in dem ihm unterworfenen Rußland
alle Macht in den Händen der Fürjten, von Gejet
und Recht ijt wenig die Nede. Nur in Nowgorod
und Pleſtau, wohin die Mongolen nicht gedrungen,
behält das Volk das Übergewicht: bier bleibt der
Fürſt der vom Volle berufene riedensbewahrer
und die Voltsberrfchaft bildet fih im mehr oder
Ruſſiſches Recht
weniger * Formen aus. Aus dieſen beiden
Städten allein haben ſich Geſehe erhalten, in denen
die bamalige Organijation und das beitehende Recht
authentiich und direft bezeugt werden: die a
flauer Gewohnheiten» und das als Bruchſtüd erhal:
tene «Nomwgoroder Statut», Als charalteriſtiſch ma
erwähnt werben, daß in biejen Stadtrechten zuer
die Todesftrafe als gejeplich feititebend vorlommt.
Die von den Zatarendanen verwirllichte Idee
eines deſpotiſch regierten Einheitsſtaats wurde von
den Großfürſten von Moskau acceptiert, Anfangs
gefügige Werkzeuge der Diongolen , vernichteten Nie
mit deren Hilfe die Macht der Fürften, wobei
fie von der Geiltlichleit, welche fih des Scukes
der Mongolen erfreute, gegen Volt und Surfen
unterjtügt wurden. Echliehlih, als das Mongolen:
reich zerfiel, traten fie jelbjt an die Stelle des Chang:
der Großfürſt von Moslau wurde jo unumjcränfter
Gebieter Rußlands und nabm Stellung und Titel
eines Zaren an. Die unumſchränkte zariſche Gewalt
erhielt die religiöfe Meibe, indem man fie als von
Byzanz überlommen betrachtete. Nowgorod und
Pleſtau wurden nicht nur unterworfen, fondern
gebrochen, jedes Sonderredht, jedes jelbjtändige Necht
ward vernichtet. Geſeß iſt einzig und allein ber
Mille des Zaren. Das nterefie des Fislus üt der
Maßſtab für das Geſeß, wo das in Frage kommt,
wird alle nach dem Ermeſſen des Zaren und ber
Beamten durch Ulkaſe geregelt. Was den Fiskus
nicht unmittelbar — darüber gibt es keine
Ulafe. Ein Gewohnheitsrecht ward nicht anerlannt.
Es beſteht auch fein nadhweisbarer Zujanımenhang
—— dem alten Gewohnheitsrecht und ben Ge:
eben des mostowiidhen Zartums. Es entwidelte
fih unter anderm ein ausgebildetes Dienft: und
Grbgüterredht mit zahlreichen jubtilen Beitimmuns
gen u. dol., allein es fehlte Rechtsbeſtändigleit und
Rechtsſicherheit. Unter dem Großfürſten Iwan III.
wurde das erjte allgemeine Gejekbucd) für ganz Ruß:
land abgefaht, der Sudebnik, Gerichtsbuch (1497).
68 iſt überraichend kurz, jtellt nur die allgemeinen
Grundiäbe feit zur Handhabung ber Juſtiz und
Heritellung der Sicherheit und Ordnung. Bar
Iwan IV,, der Schredliche, lieh e3 vervolljtändigen
(1550) und war auch thätig in kirchlicher Gejeb:
gebung (Stoglaw, Sundertfapitel), Bon nın an
wird der Einfluß des fanoniihen und röm. Nechts
fehr merklich, Unter dem Haren Alerei Michailo:
witich fam es zu einer Godifizierung des Ukaſen—
rechts in dem Geſeßbuch (Uloshenie) von 1649.
Verhältnismäßig umfangreich, iſt das Geſeß doch
einjeitig und lüdenhaft, da es das Gewohnheitsrecht
nicht berüdfichtigt. Zur Vervollitändigung find ein:
elne Beitimmungen des röm. Rechts und des litauis
chen Statuts herbeigezogen.
Die Tatarenherrichaft hatte die Echeidung von
Dit: und Weſtrußland zur Folge. Die ojtrufi. Für—
ftentümer gingen im moskowiſchen Zartum auf, die
weit: (Hein:, weiß:, rot:) ruffiichen im Groffüriten:
tum Yitauen,
Einfluß. Die Kultur war bier älter, das Recht ent:
widelter, da& Mongolenjoch pn dieje Fürſten—
tümer fajt nur geitreift, ſodaß es bier nicht zur
Vernichtung des Gewohnheitärehhts fam. Tas ge:
famte Recht, nicht nur die Grlajje der Regierung
wurden hier codifiziert unter dem Titel «Litanijches
Etatutv. (5. Litauiſches Redt.)
Tas in den Uloshenie von 1649 zujammen:
geitellte Recht Liegt noch heute dem Privatrecht
Mit lekterm lamen fie unter poln,.
937
und manden Beflimmungen bes Strafrechts zu
Grunde. Wenn auch Peters db. Gr, gewaltige Ne:
formen dringend eine Erneuerung der Geſeßgebung
forderten, fo verging doch das 18. Jahrh., ohne eine
ſolche exreicht zu haben, Peter errichtete eine Geſekes⸗
tommiffion nach der andern, allein dieſe nahmen
andere Angelegenheiten in Anſpruch, ſodaß die Ar:
beit er sin blieb. Ebenſo ging es unter feinen
Nachfolgern. Unter der Haijerin Eliſabeth wurde
die Todesitrafe indirelt aufgehoben (Ulaſe von 1753
und 1754), indem bis auf weiteres ihre Anwendung
ausgeſeht wurde; jtatt ihrer trat der polit. Tod ein,
Auch die grobartigen Pläne und Projekte der Kaijerin
Katharina II. führten nicht zum Ziele, wenn jie
auch nicht ganz rejultatlos blieben. Sie erließ eine
Inſtruktion zur Abfaſſung eines neuen Gejerbuchs,
berief zur Abfafjung eines ſolchen Depntierte der
Behörden und Stände der einzelnen Gouvernements
(1767), aber ſchon im näditen jahre ward die all:
gemeine Verſammlung der Kommiſſion und 1774
die lebte — wen geſchloſſen. Doc find
während der Negierung der Kaijerin Katharina Il.
wichtige und umfangreiche Gejege erlafien worden.
Kaijer Alerander 1. errichtete die zehnte Geſetzes—
tommiſſion 1804, welche bis 1825 beitand. Auch deren
Arbeiten blieben refultatlos, Kaiſer Nitolaus bildete
aus dieſer Kommiſſion die Zweite Abteilung der
taiferl. Kanzlei und stellte Speranflij anderen Spibe.
Nun wurde, beginnend mit dem Uloshenie von
1649, eine Sammlung aller ſeitdem erlafienen Ulaſe
in hiſtor. Reihenfolge veranitaltet. Man unterſchei—
det zwei folder hijtor. Gejekiammlungen. Die erite
enthält das Uloshenie und die feitvem bis zum
12. Dez. 1825 erlafienen Gejepe, Verordnungen,
Verträge in 48 Bänden (Petersb. 1830). Die zweite
beginnt mit dem Manifeit über die Thronbefteigung
des Kaiſers Nikolaus und umfabt die Erlaſſe der
Kaiſer Nilolaus und Alerander II. (1825—81) in
55 Zeilen, von welchen viele 2—3 Bände enthal:
ten (61928 Nummern). Aus den bis 1832 erlajie:
nen Gejegen wurde eine jyitemat. Bujammenitel:
lung der noch geltenden Bejtinimungen angefertigt,
der Swod Sakonow, das Geiehbuch, wörtlich:
Zufanmenftellung der Gejepe. Am 1. Jan. 1833
publiziert, trat diefes Gejepbudy mit dem 1. Jan,
1835 in Kraft als alleiniges Gejeßbud), foweit nicht
Provinzialrechte entgegenitanden. Durch den Swod
iſt das geltende Hecht Nriert worden, und ein feiter
Ausgangspunkt für die Fortentwidelung gegeben.
Tod gibter nur eine ſyſtematiſche Zufammenftellung
des Ulaſenrechts; er lennt fein Gewohnheitsrecht
und jpricht ſolchem jede Geltung ab. Dem Geieh:
buch feblt die Einheit, es fehlen feite Grundſätze, es
iſt fafuijtiich und lüdenhaft. Die zweite Ausgabe
erichien 1842, die dritte 1857, beide in 15 Bänden,
Am 3. 1876 erſchien die vierte Ausgabe, jedoch)
nicht vollitändig, weil an der völligen Umarbei:
tung einzelner Zeile gearbeitet wird. Einer fol:
dien Umarbeitung ward zuerit das Strafrecht
unterzogen. Am J. 1846 eridien dasjelbe als
igftematiiche fiberarbeitung (Uloshenije), doch ent:
bielt es nur eine fajuiitiihe Vermehrung der Ar:
titel. In der zweiten Auflage von 1857 war es
auf 2304 Artifel gebracht. In der dritten Auflage
von 1866 find die Polizeiübertretungen meiſt aus:
geſchieden und im Friedensrichterſtrafgeſeß von
1864 zuiammengefaßt. Gegenwärtig wird an einem
neuen Straigejesbud auf moderner Grund—
lage gearbeitet,
938
Unter ber Regierung Raifer Aleranbers II. wurben
bie Reformen durch befondere — Geiebe
—— AT erfolgte die Aufhebung ber
da
Banner ift die Juſtizreform. Die Geridts:, Stra
prozeh: und Eivilprozeßordnungen vom 20. Non.
1864 haben die Trennung ber Juftiz von ber Ber:
waltung angebahnt, das Schwurgericht eingeführt | r
und durch Annahme ber Grundfäge der Offentlich—
feit, Münblichleit und der freien Beweiswürbigun
die Handhabung ber Juſtiz gegen früher weſentli
gefördert. An der Abfaſſung einer neuen Handels:
und Wechſelordnung, einer Hypothelenorbnung,
gen —— des Privatrechts wird ſchon lange
tbeitet; von allen dieſen Gejegen iſt nur bie
Be felordnung vollendet, aber no t bur
rat gegangen. Rad ähnlichen rundfähen
wie das allgemeine Gefe Ir bud wurde ein Militär:
geiehbud 1839 a rt im %. 1859 wurbe eine
zweite Ausgabe verö ni tun feit 1868 erfcheint
eine dritte —— Im J. 1840 wurde zur Be:
förderung größerer Einheit zwifchen Großrußland
und den w * Gouvernements das Litauiſche Sta-
tut aufgehoben und das ruſſ. Privatrecht und der
Civilprozeß in den weſtl. ;ouvernements einge:
führt. Für die Dftfeeprovingen iſt ein beſonderes
Geſeßbuch ruſſiſch und deutich abgefaht worden.
Band 1 und 2 enthalten die Behördenverfaflung
* das Ständerecht (1845), Band 3 das Privat:
t (1864), Band 4 und 5 follen ben Civil: und
minalpro —* enthalten. Das Kirchenrecht iſt
in den Swod Sakonow nicht aufgenommen. Das
ee e en it enthalten in ber Kormezaja
Neuerdings find daraus die Cano-
sc * ir worden als Kniga prawil (1839 und
8 vom Staat erlaflene —— iſt
— enthalten im geiſtlichen Reglement
eters d. Gr. von 1721 und im Statut der geift:
li 2535 des Kaiſers Nilolaus von 1841.
— ſ. Rußland.
Das Ruſſiſche gehört zu | (4.2.
der — tl. Abteilung der flam. Sprad):
amilie, feine näditen Verwandten find daher
nnerhalb diefer das Bulgarifche, Fiir arg
und Sloweniihe (die füdjlam. Spraden);
Ken ächliches unterſcheidendes Merkmal des Auf:
chen dieſem gegenüber ift die Tautrupne oro, m
wo jene ra, r&, olo, wo jene la
u ie
füdjlaw, grad, ruf. gorod, Stadt; fer,
ruji. bereg; ‚ mlad, ju ng, t win mlöko,
Milch, ru . moloko. Tas : amte Ruffifch zer:
fällt in drei Hauptdialektgruppen: 1) Kleinruf:
ſiſch; die Nordgrenze bildet eine Linie von Bialy:
ftot nad) Pinst, von da bis an die Mündu —
Pripet in den Dnjepr, weiter bis Molin (
vernement Tichernigom), von da über Arne
bis Woronefh; weiter nach Diten erftreden ſich noch
größere und Heinere Spradyinjeln —— das
Land der tſchernomoriſchen Koſalen zwiſchen Don—
mündung und Kuban); die Weſtgrenze wird ge:
bildet dur eine Linie von Bialyftot nad) \jaro:
law in Galizien, von da nad) Sandez; die "Süd:
grenze ungefähr durd) die Linie Sande, Unghvar,
Nagy: Szigeth, Ezernowis, Chotin, von da im gan:
zen und großen durch den Dinjeftr. Der polit. Ein:
teilung ig | ehören aljo zum kleinruſſ. Sprad):
gebiet in Rußland hauptſächlich die Gouverne:
ments Grodno (jum Ave Minsk (zum Teil), Vol:
bynien, Podolien, Sherjon, Kiew, Tſchernigow,
Die wichtigſte Reform nädhjft | Oft
ben | ®ilna,
Auffifches Reich — Ruffiihe Sprade
Poltawa, Yelaterinoflam, Ehartow, Woronefh; der
öftl. und Tüdl. Zeil ftarl mit Großrufien vermildt,
Nie eſe —— — — urien; in
fterreih-Ungarn: d
ein —— Ne fl Harte den a oben
angegebenen Grenzen ie
—7 en bie Bezeichnung Ruthenen. 2 Weiß⸗
Weſt⸗ und Nordweſt — eg
J— Mick von Bialyftot über en ge
———— nad) Luzhn; die R „die
Linie Luzyn· Wjasma; die Den dur die
von ** bis die atlang bie Pine 20; die Sad
vn. en i von da
Linie Bialyftot, Bus Beisru';
ſiſche de alt ey in die Gouvernement3 ®rodno,
Witebät t, Mobilem, Minzt.
3) Großruffiid; fällt im das gelamte von den
bezeidhneten Grenzen nördlich und öftlich Tiegende
Gebiet. (Dal. —— itteilungen», Bd. 24
1878, Die Hauptitä —*— Ruſſen⸗.) Un:
terfeibenbefpradliche ledesflleinruffiichen
find h gegenüber großrufl. g, 3. B. horod, Stadt,
gro ai, gorod, i gegenü er grokruf. &, 8». bilyj,
oßruff. bölyj. Das fi nimmt
me eine Witteiftelung — ud und
—— ein, — ſich aber mehr dem let
bruffiiden, namentlich dem
—— — —— die ruji. Schrüftiprade
Ba ı Jeit der Entftehung der Litteratur im 11. *
man in Rußland in dem aus B
rlommenen sienflamii (Altbulgariſch, Alt:
ſloweniſch), aufweldesvon Anfa Rational:
ſprache —5* bis dieſe a ich, ganz burd-
mn re gi Ian 18. Jahrh., in der Orferahır zur
ngte; doch bat auch Pe —28— die ruſſ
ragen Bee —— w.
vor a te hiſtor. ae die it
dem —— Ihe der Sprache nicht paft, bei
behalten, fie entipricht daher der wirklichen *
ſprache fowenig, wie die franzoſiſche oder engliſche
geichrieben wirb moe «meined» , geſprochen
maj6). Bon ben zahlreihen grammatiſchen Wer:
m über das ——— d. h. die großrufſ. Schrift:
ſprache, ſeien als wichtigere genannt: Buchmager,
—— der ruſſ. Sprade» (Frag Ku
Gretf&,«Grammaire raisonnde de la]
traduite du Russe par Reiff» (Beter3b. 1828-29).
Boitolow, «Russkaja grammatika» (in vielen Aufl.,
12. Aufl., —— sr). Eine dem heutigen
Stande der ide | entfpredhende große Sram:
matik de3 Ru ehlt. Die ine ve ber
Sprade Sehnde 8 En aim, «Istori®
matika russkago jazyka» (4. Aufl., Most. 1875)
Als Hilfsmittel zum praftiihen Erlernen der
Sprache find 78* Bymazal, «Rufj.Gram:
matif, zunächſt für den nterridte (Brünn
1880): «Praltiſcher Leitfaden zum Er:
lernen der ruf. Sprache» (9. Aufl, Reval 185);
Manftein, «Handbuch ber ruſſ. Sprade» (Ep.
1884; namentlich für die Ausſprache) ie größ-
ten Wörterbücher find: das der peteräburger Ata-
demie («Slovar cerkovno-slavjanskago i russkago
jazyka», 2. Ausg., 4 Bde., Petersb. 1867 —68);
Dahl (Tal), «To kovyj slovar Zivago velikoruss-
kago jazyka» (4Bde., Most. 1863—66; 2. Ausg,
Petersb. 1879 fg.). Bon leritalifchen Hilfsnuitteln
für — 5* e find die beiten: Bawlomwiti, Ruſſiſch
beutfches Wörterbuch» (2. Aufl., Riga 1879), «Roll
ftändiges deutidh:rufl. Wörterbuch (2. Aufl, Kin:
Nuffiiher Stid — Ruſſiſch-Turleſtan
1867); einere Lerifa find: Schmidt, «Bollftändi-
e3 rufl..deutihes und deutſch⸗ruſſ. Wörterbuch»
0. Aufl., 2 Bde., “ . 1873); Lenſtroem, «Rufl.:
deutſches und deutih:rujl. Wörterbuch, (Mitau
1871 fg.). (S. aud) Kleinruffen.)
Rufif er Stich, ſchmale durchbrochene Quer:
ftreifen in Geweben, weldye durch verichiedene Arten
der Fäbenverkreuzung hervorgebracht. werden und
beſonders ald Verzierung baummollener Gardinen:
und Kleiderjtoffe, wie Mull, Jaconnet, dienen.
Ruſſiſch⸗Frauzöſiſch⸗Deutſcher Krieg von
1812 bi 1815, KAnIDDentigsnten:
Ballen Kriegvon 1812 bi3 1815.
uffifch » Öfterreihifch- Türkifcher Krieg
von 1788 bis 1791, |. unter Rußland (Ge:
ſchichte) und Osmaniſches Reid (Geihiete).
Ruffifch-Schwedifcher Krieg von 1
bis 1790, f. unter Finniſche Kriege und
Guſtav IIL (König von Schweden).
uffifch: Turkeftan oder Weit: Turteftan
zum Unterjdied von dem zum Chinefiichen Rei
ehörigen Ditturleftan, die nordmeitlih von dem
estern gelegene Landergruppe in Mittelafien, welche
zum Ruſſiſchen Reid) gehört und das ruſſ. General:
ouvernement Zurfeitan bildet. Sie iſt begrenzt
im N. von den rufi.scentralafiat. Gebieten Zur:
gaj, Almolinzt und Semipalatinät, im D. von ber
chineſ. Dfungarei, im ED. und ©. von Kaſchgar
(Ditturteitan), Pamir, der Bucharei und Chimwa,
im ®. vom Uralfee, und umfaßt die Provinzen
Semi u und —— ſowie das weſtl.
Iligebiet, die Bezirle Serafſchan, Ferhgana und
Amu:Darja, mit zufammen 1070521 qkm und
3216000 55 beſtehen zum größten Teil aus
Kirgifen (1'/, Mill.), dann Sarten (690000), Us-
beten, Tadiils u. a.; Ruſſen gibt e3 in R. 59283
(ohne Militär). Der SD. des Generalgouverne:
ments ijt durchzogen von Gebirgen, dem Alatau,
dem Thianfhan und feinen weitl. Berzweigungen,
die zum Zeil den Charalter von Hochalpen haben;
der NO. iſt Flachland, größtenteild Steppe oder
fogar Sandwüuſte. Hauptitröme find der Syr:Darja
und Amu:Darja, weldhe in den Araljee münden,
ferner der Ili, der in den Balchaſchſee mündet. Die
Flüſſe Serafihan, Earyfu und Tſchu, zum Gebiet
des Syr:Darja gehörig, erreichen nicht den Haupt:
ftrom, fondern verlieren fih im Sande, Außer den
genannten zwei Seen find noch zu erwähnen der
Siiytekul, der Alastul und Kara:kul. Das Klima
zeichnet ſich durch Trodenbeit aus und durch ſcharfe
libergänge von Tag und Nacht, ſowie der Jahres:
zeiten. Die Sommerbhibe dauert drei bis fünf Mo:
nate und erreicht eine Höhe von 35° R. im Schatten
und 45—50° in der Sonne, Gegen 55 ige: des
Grund und Bodens find ganz er ne (Berge
und Sand). Der Aderbau beſchränkt fih nur auf
Dafen längs der Flüffe, und wird vorwiegend mit:
tel3 fünjtlicher —— betrieben, indem das
Waſſer aus den Flüſſen durch Kanäle (Aryken)
auf die Felder geleitet wird. Außerdem wird Baum—
wolle gebaut und Seidenzucht getrieben. Wälder
find ſpäͤrlich und faſt nur ım NO. des Landes ver:
treten. Bedeutend ift die Viehzucht, befonders von
Schafen, nit nur bei den Nomaden, fondern auch
bei der eh aften Bevölkerung. Der Bergbau wird
noch nicht betrieben, obgleich das Land reich ift an
edeln Metallen, Kupfer, Eijen, Salz, Steinfoblen,
Petroleum u. f. w. Sehr entwidelt ijt der Handel
mit Rußland und mit China; er liegt in den Hän—
939
den von Ruſſen und Sarten und konzentriert fid)
namentlid in den Städten, bejonders in Taſchkend,
das aud das adminiftrative Gentrum des General:
gouvernements it. Bon den Hauptpoftwegen aus
Taſchlend ins Europäifche Rußland geht der eine
über Orenburg, der andere über Wernoje, Semi:
palatinsk und Omst,
Außer den merkantilen Vorteilen ift R. für Rub:
land a dadurd) wichtig, daß es ihm die
breiteite Operationabafis zum Vorbringen in Gen:
tralafien bietet. Diefe Bolitit befolgt Rußland
ſchon feit anderthalb Kahrhunderten. Der Erpedi:
tion des Generals Belewitſch, der 1717 in Chiwa
gefangen und hingerichtet wurde, folgten zahlreiche
andere, bis 1819 Murawjew vom Kaſpiſchen Meere
bis zum Araljee vordrang. Seit der volljtändigen
Unterwerfung ber Kirgiſenhorden wurden dann,
bejonders 1833 —40, forgfältige Nefognoszierungen
von den Drenburgiihen Steppen aus nad) dent
Araljee und dem Syr:PDarja unternommen, an
dejien Mündung General Obrutſchew die Forts
Aralst und Nowo:Petrowal erbaute. General
Perowflij, Gouverneur von Drenburg, zeritörte
1850 mehrere Fort3 am Gyr:Daria, wo 1853
Kontreadmiral Butalom das widtige ge Be:
rowftij_anlegte. Die fortwährenden Raubzüge
in3 rufj. Gebiet und die Unterbredung der Ber:
bindungslinie der Rufen von Orenburg nad Süd:
are hatten dieſe bewogen, ſich am Norbufer
es Syr:Darja feitzujegen. Seit 1864 fahen fie
fich genötigt, weiter an diefem Fluſſe vorzugehen.
Sie bemädtigten fi der Städte Turleſtan und
Aulieta, ftellten die Verbindung zwiſchen beiden
ber und nahmen bie Städte Tſchemlend, Nijasbeg
und Tihinas. Das eingenommene Land, die Nord:
hälfte des Chanats Choland, wurde durch Ulas
vom 12, (a0. Bein. 1865 nebft bem frühern ruji.
Gebiet vom Araljee bis zum Zifit:kul als Gou:
vernement Zurkeitan dem Generalgouvernement
Drenburg einverleibt. Da jedoch ber Chan von
Khokand die neue ruf]. Provinz angriff, fo rüdten
die Ruſſen gegen Taſchlend, welches fie 28. Juni
1865 einnahmen, jedoch 23. Sept. wieber räumten,
indem fie das «Chanat Tafchtenb» für einen unab:
hängigen Staat unter dem Schuge Rußlands er:
lärten. Hiergegen trat aber ber Emir von Bolhara
auf. General Romanomftij Wi deshalb aber:
mals die Offenfive, nahm 14. Mai 1866 die Feite
Nau, ihlug den Feind 20. Mai bei Irdſchar am
Eyr:Darja (52 km im Weſtnordweſten von Khod—
hend) und nahm ſchließlich 5. er Khodſchend
mit Sturm, womit Rußland in Beſitz vom weſtl.
Kholand und von dem ganzen Beden bes Gyr:
Darja, fowie von der direften Straße nad) Kaſch—
ar und Jarkand in Zurfan fam. Hierauf wurde
Sichtend durd Proklamation vom 29. Aug. für
eine tuſſ. Stadt erflärt. Endlid nahm man 14.Dtt.
Uratübe, 18. auch Dſchiſak, den lekten Stüßpunlt
de3 Emirs von Bolhara, ein und bejekte das ganze
Gebiet zwiichen dem Syr und ber Asferahlette,
das wegen feines Neichtums an Pebensmitteln und
andern Hilfsquellen für die Behauptung des nörd:
lihern Gebiets notwendig war, Nachdem bereits
Ende Nov. 1866 der Krieg aufgehört, ſchloß man
rieden mit dem Emir von Bolhara. Als im An:
chluß an immer erneute Nevolutionen in dem nod)
frei und unabhängig gebliebenen öftl. Teile des
Chanats Kholand die Einwohner desjelben 1875
einen großen Religions- und Rafjentrieg gegen die
940
Auffen unternahmen und in das ruſſ. Gouverne:
ment Turkeſtan einfielen, führte dies zur Unter:
werfung von ganz Kholtand; unter dem Namen
Ferghanagebiet wurde der nun auch eroberte Reit
dem Gouvernement Turleſtan einverleibt (2. März
1876). Das Gebiet von Kuldſcha oder das Ili—
Gebiet kam 1871 dazu, body wurde der größte Zeil
desjelben (etwa 60000 qkm) mit der Stadt Kuldſcha
ſelbſt 1881 wieder an China zurüdgegeben und Ruß⸗
land behielt nur den weſtlichſten Zeil (11288 qkm
mit 70000 E.). Bol. Berholdt, «Turfeitan» (Lpz.
1874); «Umſchau im ruf. Zurfeftan» gem 1877);
Fedtichento , «Reife in Turleitan» (ruſſ., Petersb.
1875), Schuyler, «Turkestan. Notes of a journey
in Russian urkestan, Khokand, Bukhara and
Kuldja» (2 Bde., Lond. 1876); Koftento, «Turke-
stans N kraj» («Das Turleſtaniſche Land», 3 Bde.,
Petersb. 1880; militärifch:itatiftiich).
Ruffifch: Türkifcher Krieg von 1328 und
1829. Dei dem Regierungsantritt des Kaiſers
Nikolaus hatten die Beziehungen Rußlands zu der
Pforte wieder einen drohenden Charakter ange:
nommen, Beide Mächte beichuldigten ſich gegen:
feitig, die Beftimmungen des Friedens von Butareit
verlept zu —* 3 lam nun zwar ein neuer
Vertrag zu Aljerman 6. Dit. 1826 zu Stande, der
die Intereſſen Rußlands aufs neue fihern follte,
allein die Ausführung desjelben feitens ber Pforte
war fo wenig wahrjdeinlih, daß Rußland ſchon
Truppen an den Örenzen zu fonzentrieren begann
und nun auch die griech. Angelegenheit zu feinen
Zweden benuste. Es ſchloß 6. Yuli 1827 mit
England und Frankreich einen Vertrag ab, zur Her:
ftellung eines felbftändigen grieh. Staats. Auf
die Meigerung der Pforte, in dieſem Sinne zu han:
deln, fam es zu der Seeſchlacht bei Navarino, wo:
bei die osman. Flotte von der vereinigten engliſch—
franzöfiich : ruffilchen vernichtet wurde. Außerdem
war die Biorte durch die eben erfolgte Vernichtung
ber er ige ſehr geſchwächt, und batte eigent:
lih auch fein Landheer. Diejen Moment bielt
Nupland für geeignet, mit ber Nriegserllärung vor:
ugehen. Sie erfolgte 28. April 1828 und die
riegeriihen Operationen begannen gleichzeitig an
zwei Orten, auf der Balfanhalbinjel und in Ajien.
Die für die Baltanhalbinjel beftimmte Armee
war in einer Stärke von 178000 Dann in Bejjara:
bien zwijchen Pruth und Dnnjeftr konzentriert, und
überjchritt am_7. Mai unter dem Feldmarſchall
an: Wittgenitein den Pruth. Sie bejehte die
oldau und Walahei, ging am 8, Juni bei Satu:
nowo (une Iſaltſchi über die Donau, belagerte
bie Feſtung Braila, die am 17. Juli kapitulierte
und worauf fih dann aud die andern feiten Pläbe
der Dobru ia ergaben. Wittgenjtein war in:
—— auf Baſardſchil vorgerüdt. General Roth
lodierte die — Siliſtria und Giurgewo,
und General Geismar hatte den äußerſten rechten
ginge! zu deden und die Feitungen Nitopolis und |
iddin zu beobachten. Der Hauptangriffspuntt | rung von Giurgewo und Silijtria.
follte urſprünglich Varna fein, wohin aud Graf
Sudtelen jhon am 14. Juli mit der Avantgarde
gelangte und von der Belapung beftig angegriffen
wurde. Gin anderes Detachement wurde nad)
Prawady geſandt, doch ging das Hauptheer jchlich:
lich gegen Schumla vor, wo ih Huſſein Paſcha in
einem — Lager konzentriert hatte, Nach
Leinen Plänkeleien tam es bei Jenibazar zu einem
Gefecht, bei dem ſich die Türken zurüdzogen, Zu
Ruſſiſch-Türkiſcher Krieg von 1828 und 1829
einer volltändigen Einſchließung von Schumla er:
wieſen ſich die rufj. Streitkräfte als zu ſchwach; fie
ſchlugen mehrere Ausfälle fiegreich zurüd, mußten
ſich aber ſchließlich durch Mangel und Krankheit ge:
mungen wieder auf year fowie weiterhin jur
elagerungsarmee bei Siliſtria zurüdziehen. Bor
Barna war Ende Juli der Admiral Greigh mit der
ruſſ. Flotte — und ſchiffte Truppen unter
dem eral Menſchilow aus. Bon Schumla kam
der Kaiſer felbft mit einem Regiment und lie;
nun nad \nipizierung der Truppen, die gegen
0 Mann betrugen, die Belagerung beginnen.
Bei einem Ausfall der Türken am 21. Aug. ward
Menſchikow ſchwer verwundet, und an feiner Stelle
erhielt General Woronzow das Kommando. Zur
Entjegung Barnas rüdten Mebemed Selim Paſcha
aus Adrianopel und Omer Brione aus Schumla
beran. Lebterer wurbe 20, Sept. vom Prinzen
von Württemberg bei Kurtepe angegriffen und nad
erbittertem Kampf von beiden Seiten —
worfen. Varna ergab ſich 10. Dit. und wurde
am Tage darauf von den Ruſſen Di: Bei
Siliftria und Giurgemo wurden die Belagerer
durd häufige Ausfälle beläftigt. Am erjtern Orte
—— die Ende Oktober gefallenen Regen die ruſſ.
randeen, und Fürſt Tſcherbatow ſah ſich genötigt,
10.Nov. die Belagerung ganz aufzuheben. General
Geismar wurde 18, Aug. vom Paſcha von Widdin
mit 20000 Mann angegriffen und auf Krajoma
jurüdgeworfen, fchlug aber am 27. Sept. den Feind
wieder und machte große Beute. Auf dem afiat.
Kriegsihauplak u die Ruſſen mit 40000 Mann
unter Paslewitſch vor; er erjtürmte 5. Juli Kart.
a a ging von Tiflis aus gegen Poti vor,
das ſich am 27. Juli ergab. Es folgte darauf bie
Kapitulation von Achallalati. Am 21. Aug. ſchlug
| Bastewitic zwei Paſchas am Kur und nahm darauf
Achalzich ein; e3 ergaben ſich ferner Aitur, Bajazeı,
| Djadin und Zopra:fale und Paskewitſch bejos
ſchon im Dftober die Winterquartiere, Bevor Gene
ral Menſchikow nad) Barna fam, war er im Mai
bej Anapa en und hatte die Stadt genommen.
Die Stellung der Rufen auf dem europ. Krieg?
ihauplage war eine günftige nicht zu nennen; bei
nur einiger Energie der Türen hätten jene in die
gefährlichite Lage fommen können. Der Sultan
hatte aud wirklich die Abjiht, während des Win:
ter3 den Ruſſen alle Groberungen zu entreiben.
Varna jollte unter allen Umjtänden genommen
werden, weshalb Tſchapon Dglu mit 12 000 Dann
nach Aidos gejandt wurde, wo ſich auch andere
Truppen lonzentrierten. Die Befakungen der
Feitungen an der Donau und in Aſien wurden ver:
ſtärkt. Die ruf. Armee hatte, außer der Abteilung
bei Varna, während des Winter durch Nrant
beiten und erichwerte Zufuhr fehr gelitten. Aud
ging während diejer Zeit der Oberbefehl vom Für:
ſten Wittgenjtein auf den Feldmarſchall Diebirie
über, Schon im Mai begann wieder die Belage
Anı 27. Febt.
hatte der Kontreadmiral Kumany zur See Sifebolu
angegriffen und eingenommen. Im Mai erfodt
die türf, Flotte bei Grelli einen Sieg über vier ruf.
Schiffe. Am 10. Mai brach Diebitfch auf, gina
nad einem bartnädigen Gefecht bei Silijtria über
die Donau, ſchloß dieje Feitung vollends ein un)
fiherte zugleich die Berbindungslinien mit Varna
und Prawady. Das von den Ruſſen befeftigte
Prawady wurde von Reihid Paſcha belagert, der
Ruſſiſch⸗Türkiſcher Krieg von 1853 — Nuffifh:Türkifcher Krieg von 1877
ſich aber beim Heranrüden Diebitſchs mit 40000
Mann auf Kulewtſcha zurüidzog. Zu einer Ent:
—— lacht am es am 11. Juni bei Matara,
ie den Zürlen eine ſchwere Niederlage brachte und
fie auf Schumla zurüdwarf, Am 30, juni ergab
ſich Siliftria. Diebitſch bereitete nun den Übergang
über den Balkan vor, ließ General Roth am nie:
dern und Nüdiger am obern Kamtſchil genen das
Dorf Röpritöi vorgehen, denen Pahlen folgte, wäh
rend Kraſſowſti den Großvezier in Schumla feit
halten ſollte. Der Erfolg war überall günftig und
die Ruſſen hatten ſchon die Höhe des Balltan über:
ſchtitten, als Ibrahim und Mohammed Paſcha
21. Juni dem Poſten von Köprildi zu Hilfe lamen;
er war aber ſchon in Feindeshand. Ihre Abteilung
wurde fpäter von Rüdiger geihlagen (25. Juli),
der Aidos mit Sturm nahm. Tſchermetew nahm
am 2. Aug. Jamboli ein, Nun ging Diebitſch mit
der Hauptarmee gegen Abdrianopel vor, ſchlug
12. Aug. das Korps des Seraslier bei Slimno
und ftand am 19. Hug. vor Adrianopel, dad am
folgenden Tage kapitulierte, Für diefen glänzen:
den Grfolg erhielt Diebitic den Beinamen Sabal:
fanftij (d. i. der den Ballan überſchritt). Unter:
dejien hatten die rujj. Truppen an der Tonau einen
Heinen Krieg mit den türt. Streiftorps zu führen,
welche aus dem Lager von Nitopolis ausbraden.
Deshalb erftürmte der Oberſt Gowarow 25. Juli
diefes — ſah ſich aber 14. Aug. in Turna ſelbſt
von den Tarken eingeſchloſſen, wobei ihn nur die
fchnelle Hilfe Kifjelews rettete. Kurz darauf er:
oberten die Türken Rahowa und ftellten dadurch
die Verbindung zwiſchen Nitopolis und Widdin wie:
der ber. Bon Wibdin aus machte der Paſcha von
Skutari einen Ausfall in die Kleine Waladei,
tonnte aber General Geismar niht3 anhaben. In
Aſien ſchlug Paskewitſch 30. Juni den Seraätier
unweit Kainli, fowie 2. Juli Hagli Paſcha bei
Millidufe, eroberte Erzerum, flug 24. Aug. den
Paſcha von Trapezunt bei Gumuſch-Chane und
nahm lehtered ein. i
as rafche Vorſchreiten ber Ruſſen in Ajien
flößte in Konftantinopel Schreden ein. Dazu
drohte ein Aufitand des Reſtes der Janitſcharen.
Ter Sultan wurde daher den Mahnungen der Diplo:
matie zu Friedensverhandlungen gewogener, Am
energiichiten wirkte der preuß. Militärbevollmäd):
tigte Müffling, der in einer außerordentlihen Frie:
densmilfion nad) Konftantinopel gefandt war. Es
tam 24. Sept. 1829 der Friede von Adrianopel
zu Stande, wonad) die Pforte in Afien einige Grenz:
ebiete abzutreten, in der Walachei einige Forts zu
hleifen, 10 Mill. Dutaten Kriegstoften zu zahlen
und fid) den Beichlüfien der Vertragemächte über
Griechenland zu fügen hatte.
Litteratur: Iwanitſchew, «Geſchichte des rufl.s
türt, Kriegs» (Imenau 1829); von Wipleben,
«Geichichte des Feldzugs von 1828 und 1829»
(Magdeb. 1829 u. 1831); «Der Feldzug im %.
1828 und 1829 in Europa, Aſien und dem Hau:
tafus» (xuſſiſch, 2 Bde., Vetersb. 1830); Uſcha—
low, «Geſchichte der Feldzüge in der aſiat. Türkei
1828 und 18290 (ruſſiſch, 2. Aufl., Warſchau 1843;
deutſch von Lämmlein, Lpz. 1838); Yuljanowitich,
«Beichreibung des türk, Kriegs in den %. 1828
und 1829» (ruffiih, 4 Bde., Petersb. 1844—48);
von Moltke, «Der rufi.stürt. Feldzug in ber
europäifchen Türkei 1828 und 1829» (Berl. 1845;
2. Aufl., Berl. 1877),
=
941
rg Dan er Krieg von 1853 bis
1856, |. Drientlrieg.
ir Di cher Krieg von 1877 und
1878. Als nad) Unterdrüdung des Aufftandes
der Rajah in der Herzegowina, Bosnien und Bul:
garien die türl. Heere im Begriff waren, in Mon:
tenegro und Serbien einzurüden, nachdem fie die
ferb. Armee aus dem Felde geichlagen hatten, er:
zwang Rußland durch Ultimatum vom 30. Dit.
1876 einen Waffenftillftand 2* den friegfüh:
renden Mächten und ermöglichte dadurch das ge:
meinfame Handeln der europ. Mächte zum Schube
der Najah. Auf Vorſchlag Englands trat eine
Konferenz der Großmädte in Konftantinopel zu:
fammen, welde in der eriten Sihung, 23. Dez., auf
Grundvorhergegangener Berhandlungen der Pforte
folgende Forderungen ftellte: Friedensſchluß mit
Serbien ohne Gebietöveränderungen und mit Mon:
tenegro unter Abtretung einiger türk, Grenzbezirfe
geringen Umfangs; Einführung einer beflern in:
nern Verwaltung in Bulgarien unter riftlidhen,
von den Großmädhten beitätigten Gouverneuren;
—— der Ausführung der innern Refor—
men burd) eine internationale Kommiſſion, welder
ein internationales Polizeilorps direkt unterftellt
wird; Bereinigung der — mit Bosnien
und Einführung der für Bulgarien beſchloſſenen
VBerwaltungsreform auch in diefer Provinz. Ruß:
land gab den Beichlüffen der Konferenz durch die
bereit3 13.Nov. 1876 befohlene Mobilmadyung von
ſechs Armeelorps in den ————— Kiew,
Charkow und Ddefla noch beſondern Nachdrud und
brachte außerdem einen Zeil der Truppen in Haus
tafien und im Militärbezirt Moslau auf Kriegs:
ſtärle. Bier Armeelorps (8., 9., 11. und 12.) bil:
deten die aktive Armee, zufammen 180000 Mann
intlufive Stäbe und Berwaltung, und fammelten
fih in Beflarabien, zwei Armeelorps (7. und 10.)
wurden zum Schuhe der Hüften des Schwarzen
Meers beſtimmt. Vier im Diſtrilt Moskau mobis
lifierte Divifionen bildeten eine jofort verfügbare
Referve der Dperationgarmee, drei laulaſ. Diviſio⸗
nen wurden zum Ginmarfch nad Armenien bereit
— Die Pforte lehnte die Forderungen der
onferenz ab und begründete dies dadurch, dab
diefelben bereit3 dur die Rechtsſicherheit, weldye
die ad hoc eingeführte Verfaſſung des Osmaniſchen
Reichs allen Unterthanen gewäbrleifte, erfüllt jeien,
worauf die Konferenz einen Zeil derjelben fallen
ließ. Aber aud) jetzt noch blieb die Pforte bei ihrem
ablehnenden Standpunfte, worauf ſich die Kon:
ferenz auflöjte. Am 1. März 1877 erfolgte der
Friedensſchluß zwiſchen der Türkei und Serbien;
doch feßte die Türkei troßdem ihre Rüftungen fort.
Durd) das Londoner Prototoll, 31.März, forderten
die europ. Mächte die Bforte nochmals zur fchleus
nigen Ginführung von Reformen in den chriſtl.
Provinzen und zum Friedensichluß mit Montenegro
auf, jowie zur Abrüjtung; doch lehnte die Pforte
9. April diefe —— unter Hinweis auf die
neu erlafiene Verfaſſung des Osmaniſchen Reichs
vom 23. Dez. 1876 und die Verſammlung xuſſ.
Heere an ihren Grenzen ab. Tamit war jede Hoil:
nung, den Frieden zu erhalten, abgeichnitten, ans
dererſeits aber auch der Krieg auf Nußland und die
Türkei beichräntt. Rußland ſchloß 16. April mit
Rumänien einen Vertrag über Negelung des Durch⸗
marjches ab und erklärte 24. April der Pforte
den Krieg; auch Montenegro berief 16. April jeine
942
Unterhänbfer aus Ronftantinopel ab und befand
fih damit im Kriegszuſtande mit der Türkei.
Am 24. April 1877 waren mobil und operations-
fähig auf ruſſ. Seite: in Haulafien 164000 Mann,
an ben Hüften des Schwarzen Meers 56000 Mann
und in Beſſarabien 136000 Mann. Die nad) den
Donauländern beitimmte Operationsarmee, welche
durd weitere Nachſchübe bis 15. Juni auf 216000
Mann anwuchs, verfügte über 24 3erlegbare Dampf:
bartafjen. Den Dberbefebl der europ. Operations:
armee führte Großfürft Nitolaus Nitolajewitic der
Altere, den der aſiatiſchen Generaladjutant Loris
Melitow, Die türk. Streitfräfte waren am 24. April
tel ndermaßen verteilt: die Donau:Armee unter
Abd:ul:sterim Paſcha war 145000 Mann ftark, und
zwar ftanden 60000 Mann unter Osman Paſcha
bei Widdin, 30000 Mann längs der Donau von
Rahowa bis Siliftria, 10000 Mann in der Do:
brudiha, 5000 Mann bei Selvi, 20000 Wann
bei Schumla und Varna und 20000 Mann Rejerve
bei Sofia, Adrianopel und Konitantinopel unter
Achmed Gyub Paſcha. Die Donauflotille war durch
6 Schiffe der Meeresflotte verſtärlt worden und
beftand aus 4 Banzerlorvetten, 9 Monitors, 5 Ban;
zerbooten und 5 Slanonenbooten. Außerdem be:
fanden ſich in der europ, Türkei 15000 Dann unter
Reli Paſcha in Bosnien, 20000 unter Suleiman
Vaſcha in der Herzegowina und 20000 unter Ali
Saib Paſcha in Albanien, 10000 unter Mehemed
Ali Paſcha bei Novibazar, welde die Inſurreltion
und die Gtreitlräfte Montenegros zu belämpfen
hatten; ferner 15000 Mann in Macedonien, Epi:
rus, Thefialien und auf den Inſeln, ſowie eine all:
gemeine Neferve von 25000 Wann bei Konftanti:
nopel. Im ganzen waren jomit auf dem curop.
Kriegstheater 250000 Mann mit 510 Feldgeihüsen
verfügbar. In Hleinafien führte Multar Baicha den
Dberbefehl über 57000 Dann mit 162 Gejchüken,
von denen zur Zeit der Kriegserllärung 37000
Mann bei Batum, Ardahan, Kars, Bajazid und
den Grenzpoiten, 20000 als Reſerve zwiihen Kara
und Erzerum ftanden. Außerdem befand ſich ein
Beobachtungslorps von 19000 Mann an ber perf.
Grenze, 8000 Dann in Kurdiſtan, 22000 Dann
in Syrien und 14000 in Jemen. Die Gejamt:
ftärle der türk. Truppen in Aſien betrug mithin
120 000 Mann mit 372 Feldgeſchuhen.
I, gelbaug in Kleinafien. Am 24. April
rüdte die rufj. Operationsarmee in vier Kolonnen
in Armenien ein, und zwar General Oklobſchio
vom untern Nionthale gegen Batum; General
Dewel von Athaltalati gegen Ardahan; General
Heiman —* der Oberbefehlshaber General Meli:
to) von Alerandrapol gegen Hars; General Tergu:
laſow von Griwan nad) Bajazid. General Okllobſchio
hatte 11.Mai ein glü Ra Gefecht bei Khukubani,
uberſchritt 28, Mai den Kintriſchi, vermochte jedoch
während des Juni keine weitern Fortſchritte zu
machen. General Dewel eridien 5. Mai vor Ar:
dahan, welches feit 1872 mit einem Gürtel von
Forts verjehen und von 10000 Mann mit zahl:
reicher Artillerie unter Hadſchi Hufiein Paſcha be:
feht war. General Heiman wurde deshalb von
ber britten Kolonne 13. Mai nach Bantis (füdöftl.
Ardahan) herangezogen und der Plak am folgenden
zage eingeſchloſſen; 16. wurde das türf, Lager auf
ber Gulawerdihoͤhe geſtürmt, darauf die Südfront
der Befeitigungen und die Stadt bombarbiert und
17, Mai, mit Ausnahme des Fort Namazan,
Ruſſiſch-Türkiſcher Krieg von 1877 und 1878
welches in ber folgenden Nacht geräumt wurde, er:
ſtürmt, worauf der größte Teil der bier verwen:
deten Truppen zur Beritärfung der vor Kars jteben-
den dritten Kolonne abrüdte. General Yoris Meli:
low drang, fait obne Widerftand zu finden, über
den Karsfluß 28. April bis Zaim (norböftlih von
Stars) vor, wo er ein Lager bezog, während ein
Stavallerielorps unter Fürſt Tſchawtſchawatze im
Süden und Diten ber Seltung itreifte und deren Ver:
bindung mit Erzerum unterbrad), woburdh der türf.
Oberbefehlshaber Multar Paſcha veranlaßt wurde,
28. April mit 6000 Mann aus Kars auf der großen
Straße nad Erzerum abzumarjdieren. Durch die
Anſammlung itarter Truppenmajjen am Sogbanlü:
Dagh wurde General Melitow für die Kolonne de3
Generals Tergulaſow beforgt und rüdte 29. Mai
mit einer Divifion und zahlreiher Kavallerie nad
Hadſchi-Khalil und Ardoſt am Karsfluß ab, bei
welcher Gelegenheit Fürft Tſchawtſchawatze in der
Naht vom 30. zum 31. Mai 4000 türt. Reiter bei
Begli: Ahmed auseinanderjprengte. Das Lager
von — wurde aufgegeben und das Gros der Ein⸗
ſchließungstruppen auf den Höhen von Arawaſtan
und Kogaly (weitlich Kars) aufgeitellt, um mit den
eigentlichen Belagerungsarbeiten von Kars zu be:
ginnen; 9, Jun traf der Großfürft Michael in
Kürüfdara ein und übernahm perfönlich die obere
Leitung; 15. Juni wurde ein größerer Ausfall aus
der Feſtung zurüdgeichlagen, 17. bis 23. Juni mur-
den die Forts Muchlis, Arab und Karadagh ohne
bejondern Erfolgbombarbiert. Nunmehr trat jedod
eine Beränderung der gejamten Kriegslage ein,
welde die Aufhebung der Belagerung notwendig
machte, Muktar da batte nämlich jeine Opera:
tionsarmee am Sogbanlü:-Dagh inzwiſchen bis auf
35000 Dann veritärkt und war auf der nach Baia:
ib führenden Straße vorgerüdt, 19000 Mann
eines Heerd unter Ismael Paſcha ftanden in ftar-
ter Stellung bei Zewin und ſchlugen 25. Juni einen
Angriff der Rufen unter General ilow ab.
Gleichzeitig erichienen bei Bajazid von Kurdiften
ber neue türt, Streitkräfte, während auch Mutter
Paſcha vom Soghanlü:Dagb gegen Kars bin vor:
rüdte, Am 9. Juli wurde deshalb die ng
aufgehoben und die Truppen in cine Bet
Stellung öftlid ber Feitung, fowie, als
ſcha weiter vordrang, in die Linie Ketieie
ürüfdara:Kadillar 20. Juli zurüdgezogen, die
Belagerungsartillerie aber in der Feſtung Aleran:
drapol gefichert.
General Zergulafom marfchierte von Jodit 7.
und 28, April nah Bajazid, welches 29. April von
der nur 2000 Mann ftarten türf, Beſatung unter
Ali Kjamali Paſcha geräumt wurde, legte Be
in bie Eitabelle und drang bis Arfib und
gegen Güben vor, wo er bis 8. Mai ftehen blieb,
rüdte alddann auf der nach Erzerum führenden
Straße über Dihadin 15. Mai bis im die Nähe on
Karalilifia, welches von türk. Truppen geräumt
wurde, erftiemte 16. Juni die von überlegenen
Kräften bejeßte ftarte Stellung auf der Wafleribeide
zwiſchen bem öftl. Gupbrat und Aras unmeit Deli
baba und wies einen von 15000 Mann unter
Rultat Paſcha welcher Berftärkungen berangefübrt
hatte, 21. juni unternomnıenen An rıff blutig je:
rüd. Auf die Nachricht vom Berluft der Shlatt
von Zewin und der Gefährdung Bajazids, das fei
14. Juni von 13000 Dann Zürten und Kurden
unter Ali Kjamali Pascha eingefchloffen wurde un?
‘
Ruſſiſch-Türkiſcher Krieg von 1877 und 1878
nur geringe Borräte befaß, eilte General Tergu:
tafow zum Entſaß dieſes Vlabes zurüch, erſtürmte
10. Juli die turk. Einſchließungslinien und befreite
die Befagung, worauf der Küdzug, unter Häus
mung der durch Seuchen und J törung unhaltbar
gewordenen Siadt, auf ruſſ. Gebiet nad) Igdir an:
getreten wurde. i
Während die Rufen in Armenien ——
ſuchten, hatten die Zürlen in Abchaſien einen Auf:
ſtand der mufelmanifhen Bevölterung berbeige:
führt, welcher ſich troß der ftarfen, in Kaulaſien
unter Großfürjt Michael zurüdgebliebenen Bejakun:
gen aud) auf das Teret- und 3 agbeitangebiet aus:
dehnte. Am 5. Mai beichoß eine türk. Flotte Poti
und 12. Mai Suchum, in deflen Nähe 1000 Ticher:
leſſen ausgeihifit wurden; 16. Mai wurde Suchum
nad längerm Bombarbement genommen, 23. Mai
3000 Ticherkefjen bei Kap Adler gelandet, ſodaß
Ende Mai die ganze Küfte von Kap Adler bis Kap
Drandy in türf, Befik und das nen bereits
ernftlich bebrobt war, als die erſten Verſtärkungen
von der Rionkolonne unter General Alchaſow ein:
trafen, welder nun den Oberbefehl in Abchafien
und Kutais übernahm, 1. Juni einen Landungsver:
ſuch bei Sotſcha und 13, Yuni einen von der Land:
und Seefeite gegen Itori gerichteten Angriff zurüd:
wies, 23. uni bei Merguli fiegte und 27. Juni
Dıfhomfhiri wieder in Befig nahm. Es trat nun
ein * Stillſtand in den Operationen ein,
welchen die Rufjen zur Befeitigung ihrer Stellungen
—— Am 19. Aug. ſchritt General Alchaſow
zum iff, Schlug 23. Aug. türk, Truppen und Ab:
chafen aus der Gudautgftellung, worauf 31. Aug.
Sudum geräumt und von den Rufien bejet wurde.
Hiermit endete der Aufitand an der Küite, während
im Zerel- und Pay irre wo im Juni fait
volljtändige Rube , bie Erhebung der Berg:
völler während des Auguft und September immer
mehr an —— gewann und erſt im Jan.
—— melde .r inheitgen Ye —
er einheit eitung
— betrug Ende November 175000 Mann
und befchäftigte außer den —— Lolal⸗ und
Beſatungstruppen jener Gebiete fortgejeht zwei
mobile rufj. Divifionen.
Bei der ruf. Armee in Armenien wurbe im
Laufe des Auguft eine neue Verteilung der Truppen
vorgenommen, um ben linfen Flügel bei Eriwan
und die Hauptlolonne am Karsjluß zu veritärten.
September trafen aud) aus dem europ. Ruß:
and erbeblihe Zruppenabteilungen bei dieſem
Heere ein (zwei Diviſionen und vier Reiterregimen:
ter). General Otlobſchio wies 13. und 24. Aug.,
fowie 21. Sept. A ne bes von Batum ber vor:
rüdenden Derwiſ pn cha in der befeftigten Stel:
lung von Ru to blutig zurüd, griff 7. Nov.
vergeblich bie Khugubanijtellung an, bejekte jedoch
28. Dez. diefe nad dem Fall von Kars von den
Zürfen te Stellung und das Land bis zum
Kintriſchifluß. Bis zum Schluſſe des Kriegs trat
bier fein gnis von zu. * ein.
Mitte Auguft hatte General Melikow die Haupt:
mafje der andrapolkolonne im Lager von Kü:
rüfdara verfammelt; ihm geuslie: ftand Multar
Paſcha in fait unangreifbarer Stellung, welche
beide nad) Kars führende Straßen be te, vom
Aladſcha⸗ bhis zum Kleinen Yagni. Am
18, Aug. wurde die turk. Stellung relognosziert
25. Aug. nah zwölfftündigem Kanipfe ein Angriff
943
der Türken zwar abgewiefen, doch blieb ber Kifils
Zepe dicht vor den ruſſ. Linien in Feindeshand.
Am 2. Dct. griff General Melitow die türf. Stel:
lung von Norden ber an, vermochte jedod nicht,
den Stleinen Yagni zu nehmen, und ging 4. Oft. mit
Berluft von 4000 Dann ins Pager von Kürüldara
zurüd, Multar Paſcha gab 9. Okt. den Hifil:Tepe
auf, 309 Verſtärkungen an ſich und befejtigte feine
Stellung vom Aladiha:Dagh zum Kleinen Yagni,
wobei der Große Yagni_unbejegt gelafien wurde.
Inzwiſchen hatte auf rufl. Seite Großfürſt Michael
perjönlich die obere Leitung übernommen, lieb
13. Dt. die feindliche Stellung im Norden durch
General Lazarew umgehen und jchritt mit allen ver:
fügbaren Truppen 14. Dt. zum Angriff, der mit
einer vollitändigen Niederlage des Feindes enbigte;
ſieben Paſchas kapitulierten mit 8000 Mann, Mut:
tar eilte mit 6000 Dann von Hard nad dem
Soghanlü:Dagh zurüd und fammelte dort die Ber:
jprengten, aud wurden ihm fpäter aus Guropa
gegen 10000 Dann Berjtärtungen — Die
Ruſſen lieben zur Belagerung von Kars General
Lazarew mit drei Divifionen und zahlreicher Ka:
vallerie und Artillerie zurüd, während General
Heiman mit dem Reſt der Alerandrapoltolonne
20. DE. über Tikma zur Berfolgung Multar
Paſchas aufbrach, 27. Oft. den Soghanlü :Dagh
überfchritt und 4. Nov. die vor Erzerum liegen
verſchanzte Stellung von Dewe :Boyun erftürmte,
mobei die Turlen 43 Geihüse und 400 Gefangene
verloren und in wilder Flucht nad Erzerum zurüd:
eilten. Gin in der Nacht vom 9. zum 10.Nov, ver:
juchter gewaltjamer Angriff diejer Feſtung führte
zwar zum Befik des ort Azizie, hatte aber keinen
Grfolg, da die Kolonnen ſich verirrten; auch mußte
das ‚genommene Fort am andern Tage geräumt
werben. Die Strenge des Winters machte eine
Belagerung unmbgli, weshalb der Plak, in wels
chem Ismael Paſcha fommandierte, lediglich einge:
chloſſen wurde. Erzerum hielt ſich bis zum Schluß
es Kriegs und wurde ef infolge der ‘Brälimina:
rien von San : Stefano (}. d.) im April 1878 von
den Ruſſen befekt. j
Kars war unter Oberleitung des Großfürſten
Michael vom General Lazarem nad) dem Siege am
Aadiha:Dagh eingeichloffen worden. In der
Naht vom 17. zum 18. Nov. wurden die Feſtun
und die Forts durch Sturm genommen. Fun
chas kapitulierten mit 17000 Mann und 303
ejhügen, außerdem verloren die Türken 2500
Mann an Toten, die Ruſſen nur 488 Tote und
1781 Verwundele. Der größte Teil des Be:
lagerungsbeers blieb als Bejakung in Kars und
Ardahan, eine Divifion rüdte zur Verſtürlung Ge:
neral Heimans zur Ginjhließungsarmee vor Gr:
zerum. General Zergulafom wies 24. und 27. Aug.
die Angrifle Ismael Paſchas, welcher von Bajazıd
gegen Eriwan vorzudringen ſuchte, in der Stellung
von Tſcharuchtzy und Chalfaly zurüd und ſchlug
19. Sept. abermals einen türt. Vorſtoß ab. Ans
fang Oktober mußte Jsmael Paſcha die Hälfte fei-
ner Truppen an Muktar Baia abgeben und ging
nad dejien Niederlage am Aladiha:Dagh 18. Ott.
zurüd, erreichte in Eilmärſchen 24. Olt. Gerger und
überfchritt 27. Olt. den Aras bei Köpriliöi, wo er
fih mit der Nachhut Muttar Paſchas vereinigte,
während die ihn nachſeßende Eriwankolonne unter
General Tergulafow tags darauf mit der Borhut
General Heimans ebendort zufammentraf und unter
944
Diele des Generals Loris Melilow demnächſt
4.Nov, an dem Siege von Dewe:Boyun und der
Einſchließung von Erzerum teilnahm. j
11. Feldzug inder europäiihen Türkei.
Die ruſſ. Operationsarmee war 24, April 1877
unter dem Dberbefehl des Großfürſten Nilolaus
Nitolajewitichdes Altern zwiſchen Bruth und Dnjeſtr
verjammelt; die Türken hatten die Linie der Tonau
der ganzen Länge nad) bejeht und dahinter bei
Varna, Schumla, Selvi und Widdin Kejerven in
Bereiticait., Nufiiherfeits bemäctigte man fich
zunädjt der für den Aufmarſch der Armee wichtige:
Ciienbahnbrüde über den Sereth unweit Braila
(25. April) und jperrte die Donau bei Braila und
Galap durch ſchwere Batterien, fpäter aud) durd)
Xorpeboboote, weldye 11. und 25. Mai türk, Ban:
zerſchiffe vernichteten. Am 3. Mai war der ganze
untere Lauf der Donau, 20. Mai die Flußlinie bıs
zur Aluta ne ruf. Truppen gededt,
denen * oberhalb der Aluta die rumän. Armee
anſchloß; 14. Mai verlegte Großfürit Nitolaus fein
Hauptquartier von Kiſchinew nad Blojeichti. Am
8. Mai wurde die Operationsarmee, welche bisher
nur aus vier Armeelorpd und einigen Koſalen—
divifionen beitand, um drei Armeelorps veritärtt,
welche im Laufe des uni eintrafen. Das Opera:
tionsziel der Rufen war Adrianopel; man beab:
fihtigte, mit der Hauptarmee zwiichen Nitopoli und
Puftichut die Donau zu überjpreiten und demnächit
über den Ballan dorthin vorzudringen, während
eine ftromabmwärts über die Donau gegangene Ar:
mee von der Gegend des Trajanswalls (zwiſchen
dem Donaufnie bei Rajjowa und dem Hafenplak
Küſtendſche) aus gegen Siliftria, Schumla und
Varna demonftrieren follte. Zur Durdführung
diejed Plans waren die vorhandenen Streitträite
jedod nicht ausreihend, Am 22. Juni jehten die
Ruſſen von Galak aus mit Kähnen über die Donau,
am folgenden Zage von Braila aus, bejepten
26. Juni unter General Zimmermann Ylalticha,
Zultiha und Hirfowa, vollendeten den Brüdenbau
bei Braila und rüdten 15. Juli bis zum Trajand:
wall vor, Grit 28. Aug. ftieß von dort aus ruf].
Kavallerie in füdl. Richtung vor, 26. Sept. ein ftär:
tere3 Detachement von Medſchidſche auf Bazardichik,
weldes von den Türken gehalten wurde. Im No:
vember wurde das Land drei —— e weit vor
dem Trajanswall beſegt und Baltihit und Ba:
zardſchit beobachtet. In biefer —— blieben
die ruſſ. Truppen, ohne vom Gegner beläſtigt zu
werden, bis zur Beendigung des Kriegs ſtehen.
Die ruſſ. Hauptarmee war am 26. Juni an der
Tonau angelangt und begann den Übergang bei
Simniga. Echon 20. Juni war bei Rarapan, ober:
halb Ruſtſchut, eine Torpebojperre hergeitellt wor:
den, um die türt, Monitors, welche bei Nuftichut
lagen, vom Übergangspunfte fern zu halten; ebenfo
24. Juni oberhalb von Nitopoli; aud waren bei
Zurnu:Nagurelli und Flamunda Batterien erbaut,
welche die bei Nitopoli liegenden Monitors mit
Unterftühung einiger Torpedofutter abwehren foll:
ten und diejelben 24, Juni [wer befchädigten. Bei
Siſtowa befand ſich eine türk. Batterie, welder
gegenüber 26. Juni drei ruſſ. Batterien erbaut
wurden. Am 27. Juni ging die rufj. Vorhut von
2 Uhr morgens an in Kähnen bei Simniha über bie
Donau und vertrieb die ſchwache türk. Beſatung
mit geringem Verluſt, worauf ununterbroden
zrupven nadfolgten. Am 3. Juli wurde die
NRuffifh-Türkifher Krieg von 1877 und 1878
Brüde fertig und die 12000 Mann ſtarke Borkut
unter General Gurko rüdte von Siſtowa genen
Zirnomwa und Selvi vor, um den Baltan zu über:
ſchreiten. Das 8. und 11. Korps follte folgen, in:
des das 12, und 13, Korps unter dem Großfürit:
Ihronfolger nad) Dften, gegen Schumla und Ruft:
ſchuk, und das 9. Korps nad) Weiten, gegen Ras:
grad und Nilopoli, diefe Bewegung deden follten,
Am 13. Juli erreihte General Gurko auf einem
Saumpfade 35 km öftlih des Schipkapaſſes den
Kamm des Ballan und am folgenden Tage Haintiöi
füdlich des Gebirges, ſchlug 16. yuli Kuluffi Baia
bei Uflani und nahm 17. Juli Kazanlit, während
gleichzeitig von Norden ber ein Angriff gegen dic
türk. Stellung im Schipkapaſſe durd Zeile der
9, Divifion ftattfand, welder feine Entſcheidung
berbeiführte. Am 18. Quli griff General Gurto
von Süden her den Sciplapaß an, worauf die
Türlen 19, Juli die Stellung räumten, Inzwiſchen
tten fich bei Jamboli unter Reuf Paſcha und bei
drianopel unter Suleiman Paſcha größere Mailen
türt, Truppen verfammelt, welche dem weitern
Vorbringen General Gurtos bald ein Ziel fekten.
Gurto ging 3. Aug. über den Hainliöipak_zurüd;
die Ruflen blieben jedod im Belis des Schipla
und Glenapafies.
Bei Sijtowa waren erft 10, Juli vier ruſſ. Ar:
meelorp® (8., 13., 12. und 9.) über die Donau ge:
langt, während oleicyzeitig die Etellung gegenüber
von Nikopoli durch rumän. Truppen beſeßt worden
war, Am 5. Juli tonnte Bjela an der Jantra ohne
Kampf bejept werden, da die türk. Armee unter
Aod:ul-Kerim Paſcha noch immer nicht operation:
fähig geworden war; 7. Juli ftanden die Vor:
tru ya des Großfürft:Thronjolgers, welcher gegen
Ruſtſchuk vorging, am Schwarzen Lom, a
Kavallerie gegen Osmanbazar und Schumla bin
jtreifte. Am 15. Juli wurde das 11. Korps auf
das rechte Donau:Üfer herangezogen und zwiſchen
Zirnowa und Dömanbazar aufgeitellt. Im Weiten
war das 9. Korps 12. Juli vor Nilopoli einge:
ofen und nahm diefe Feſtung nad) eintägiger
Shoe und Erjtürmung der äußern Forts
16, Juli durch Kapitulation ein, worauf 18. Juli
eine ſchwache Pivijion nad) vlewna (1.d.) gegen
Osman⸗Paſcha entiendet wurde, welcher von Widdin
beranrüdte, Am 19. und 20, wurden die Angriffe
der Rufien egen Plewna abgeihlagen, worauf
Nilopolidure umänen bejegt und diedort ſtehende
ruſſ. Divifion fowie weitere Berftärlungen von Tir:
nowa und Damanbazar her bis 25. Juli zu den vor
Plewna jtehenden Truppen herangezogen, aud) in
Rußland 185000 Mann Reihswehr zum Dienft
einberufen wurden. Auf Befehl bes Oberlonman
dos griif General Krüdener, welder über 35000
Mann verfügte, 30. Juli die Türken bei Plewna
nochmals an, wurde jedod) blutig zurüdgeichlagen
und ging am folgenden Tage unverfolgt nach Vo—
radim zurüd, worauf das failerl. Hauptquartier
von Zirnowa nad Biela verlegt wurde. Die Lage
der ruff. Armee war ſomit Anfang Auguft eine fehr
mißliche und konnte zu einer Kataſtrophe führen,
all3 Osman Paſcha von Plewna 7— und Mehemed
li Paſcha, welcher ſeit 18. Juli den Oberbefchl
über die türk. Hauptarmee führte, gleichzeitig von
Rasgrad her gegen die Linie der untern Jantra zum
Angriff vorgingen. Tas kailerl. Hauptquartier
wurde deshalb 14. Aug. nad Gornji:Studen bei
Siſtowa zurüdverlegt und zahlreiche Verſtärkungen
Ruſſiſch-Türkiſcher Krieg von 1877
aus Rußland nachnefendet, welche die ruf. Armee
auf dem europ. Hriegsichauplake bi3 Ende Dftober
auf mebr als 400000 Mann bradten. Osman
Paſcha blieb unthätig in Plewna ſtehen, dagegen
drang Suleiman Paſcha 18. Aug. von Kazanlik
gegen den Schipkapaß vor und demonjtrierte ſeit
16. Aug. gegen den Hainkiöipah. Am 20. Aug.
wurde das Dorf Schipfa von den Türfen beiekt
und 21. bis 27. Aug. der Paß jelbit und die auf der
SHöbe angelegten Befeſtigungen mit aroßer Heftigleit
bejtürmt; doch wielen die Nullen, welche vom 23.
ab von Sclwi und Gabrowa aus verjtärft wurden,
alle Angriffe zurüd, wobei Suleiman Paſcha 10000
Mann einbühte, jedoch auf der Paßhöhe ſtehen blieb
und bi! 17. Sept. die ruf. Stellung fajt ununter:
brocden bombardierte. Am 18. Sept. erfolgte ein
abermals vergebliher Sturmangriff der Türken,
welder denjelben 3000 Mann koitete, ebenfo unter
Reuf Paſcha 8., 11. und 21. Nov. und 15. und
23. Dez. 1877. Der Groffürjt: Thronfolger hatte
nach der Niederlage, welche die Weſtarmee vor
Plewna erlitten hatte, die vor Ruſtſchuk ftehenden
Truppen binter den Schwarzen Com zurüdgezogen,
jeine VBortruppen bielten die Linie des Meißen Yom
bis Spahilar und jchlojien jih an die in Keſorowa
und Slatariga jtehenden Bortruppen des 11. Korps;
ihm gegenüber ftand Mehemed-Ali Paſcha in Ruſt—
ſchuk, Rasarad, Esti: Diduma und Osmanbazar
mit 60000 Mann Freldtruppen (dahinter Nejerven
bei Schumla und 12000 Sigypter bei Varna), wel:
cher 30. Aug. das 13. Armeelorps vom Schwarzen
Yom zurüdwarf, jedody 31. Aug. und 4, Sept. ver:
geblich Hadiliöi beitürmte. Am 5. Sept. ſchlug
Mehemed: Ali das 12, Armeelorps bei Razeljewo,
worauf die Rufen die Linie des Schwarzen Yom
aänzlid aufgaben und nad) Biela zurüdgingen und
21. Sept. einen von Türken und Ügyptern gegen
die Tſchairlidi⸗Poſition (oſtlich vor der Linie Biela:
Zirnowa) gerichteten Angriff zurüdichlugen. Mebe:
med Ali gab nunmehr die Offenfive auf und führte
das Heer nad Popkiöi und 29, Sept. nad) Habiliöi
zurüd, worauf 2, Dt. der bisher vor dem Schipfa:
paß lommandierende Suleiman Paſcha den Ober:
befehl über die türk. Ditarmee übernahm. Suleiman
ließ je eine Divifion bei Hadiliöi und Solenik jtehen
und bezog mit der Hauptmafje feines Heers ein
verſchanztes Lager bei Rasgrad 20. Olt. während
die Ruſſen wieder bis an die Pinie des Schwarzen
Lom vorgingen. Am 19. Nov. überjchritten die
Türlen mit mehrern Divifionen den Lom, zerftörten
Pyrgos und drangen bis an die ruf]. Hauptitellung
bei Metichla_vor, wo das 12. ruf. Korps ftand.
Diejes ließ Suleiman Paſcha 26. Nov. durch vier
Divifionen angreifen, ohne jedoch einen Erfolg zu
erzielen, und wandte ſich darauf gegen den rechten
Flügel der ruff. Stellungen bei Marian und Glena.
Am 4. Dez. nahmen die Türken Marian, Slatinika
und Elena, vermochten jedoch am folgenden Tage
nicht weiter vorzudringen und wurden 6. Dez. aus
Slatinika zurüdgeichlagen; doc blieb Glena in
ihrem Beſiß. Am 12. Dez. erneuerte Suleiman
den Angriff gegen die ruf. Stellung bei Metichla,
wurde jedoch abgewieien, worauf fein Heer in voller
Auflöfung nah Ruſtſchuk floh. Während diejer
Kämpfe zwiichen Lom und Jantra ſowie am Schipfa:
paß war im weitl. Teil des Donauthals eine ent:
ſcheidende Veränderung der gefamten Kriegslage
eingetreten. Osman Bald, welcher mit 40000
Mann in Plewna (f. d.) und mit 10000 Mann
Converfation®=Lerifon. 19%. Auſſ. XIII
a
945
(unter Adil Paſcha) bei Lowticha ſtand und fich
lediglich auf Verteidigung feiner Stellungen be:
ichrantte, war durch das rumän. Heer und die in:
und 1878
' zwiichen eingetroffenen rufi. Verſtärkungen einge:
ſchloſſen und nach tapferm Widerftand 10. Dez. mit
dem liberreit feines Heers zur Kapitulation ge:
zwungen worden, Die Generale Gurko und Harzow
batten das Yand bis zum Balkan bin von türk.
Truppen aejäubert und 24. Okt. Dolnji-Dubniat
und Gornm:Tubnial, 28. Oft. Teliſch nad) heftigen
Kampfe genommen, aud in den eriten Tagen des
November die nad Zofia führenden Balkanpäſſe in
ihre Gewalt gebracht und die gegen Ende November
und Anfang Dezember erfolgenden Borftöße der
türf. Nejervearmee abgemwiejen. Nach dem Fall von
Plewna kehrte Kaiſer Alerander II. 22, Dez. nadı
Petersburg zurüd, während die bisherige Ein:
ſchließungsarmee an die beiden, am Baltan jtehen:
den Heere der Generale Gurko (vor Orkhanie) und
Nadepti (am Schipkapaſſe) verteilt wurde; die
rumän. Armee entjandte eine Divifion von Lom—
Palanka gegen Widdin und fchrte mit den übrigen
Truppen nad dem linten Donau:llier zurüd. Ser:
bien erklärte 14. —* ebenfalls der Pforte den Krieg.
General Gurko nahm 31. Dez. und 1, Jan. 1878
den von Schalir Paſcha verteidigten Baba : Konal:
pas durd die Garden, während aud) von Taichlöjen
und Etropol Abteilungen den Slatikapab über:
ichritten; 3. Jan. 1878 war Mehemed⸗Ali bei Sofia
bereit3 auf drei Seiten von überlegenen Mafien
eingeſchloſſen, weshalb derjelbe 4. Yan. in jüdweltl.
Richtung nad) Höftendil abzog. Die Serben waren
inzwijchen ebenfalls vorgerüdt, hatten 19. Dez. den
Nıitolauspaß, 24. Dez. Ak-Palanka und 28. Des.
Pirot nad heftigen Kampfe erobert, ebenjo von
der Morawa ber 19. Dez. Niich eingeichlofien und
23. Dez. die Belagerung diejes widtigen Platzes
begonnen. Auch die Montenegriner waren jeit
Anfang Auguft angriffsweile gegen die in der
Herzegowina zurüdgebliebenen türk. Landwehren
vorgegangen, hatten 8. Sept. die Garnifon von
Vilſchiß zur Kapitulation gezwungen und bis Ende
September jämtliche Forts im Dugapafie erobert,
auch gleichzeitig von Norden und Süden ber_gegen
das Fuürſtentum gerichtete Angriffe der Türlen
zurüdgeichlagen. Fürſt Nilita gab den weitern
Vormarſch in der Herzegowina auf und wandte ſich
nad der Gegend des Stutarijees, ſchloß Ende No:
vember Antıvari ein und zwang auch dieien Plak
10. ‘jan. 1878 zur Kapitulation. Am 19. Jan.
wurde Dulciano, 29. Yan. Sort Leiendra am Sku—
tarifee erobert, worauf Fürit Nikita die Bojana
überichritt und die Feſtung Skutari einſchloß.
Auf die Nachricht von der Bejekung Sofas durch
General Gurto überſchritt von Lowiſcha aus Ge:
neral Karzow den Balltan 8. Jan. mittel3 des
Trajanpafies, aud lieb General Radesti 5. Yan.
öftlich und weitlich des Schipkapaſſes Kolonnen über
das Gebirge gehen, um die Verteidiger des Paſſes
einzufchließen, wobei es 8. Yan. zu heftigen Kämpfen
fam, welche ſchließlich zur Kapitulation von 25000
Türken führten. Am 13. an. ftand das ruſſ. Heer
in der Linie Tatar-Bazardſchil-Kazanlik zum Vor:
marſch gegen Pbilippopel und Adrianopel bereit,
14. San. nahm General Gurko Pbilippopel, wo
16. Yan. auc General Karzow eintraf, während
die Türfen unter Fuad Paſcha ihren Rüdzug durch
das Rhodopegebirge zu bewerlſtelligen verſuchten,
hierbei jedoch faſt die geſamte Artillerie einbüßten.
60
46
Die Generale Stobeljew und Radehli drangen Direkt
gegen Adrianopel vor, wo — alle noch bei
Konſtantinopel verfügbaren Reſerven, ſowie ein
großer Teil der türk. Donau-Armee von Ruſtſchul
über Varna und weiter mitteld Seetransports ver:
fammelt worden waren; aud) — man die Stadt
durch Erbauung von Forts u. ſ. w. verteidigungs—
fäbig gemacht.
Seitens der Pforte wurde 9. Jan. Mehemed-⸗Ali
mit dent Oberbefehl über alle Truppen im der
europ. Türkei betraut und gleichzeitig angewieſen,
mit dent rufi. Oberfommtando einen Waffenſtillſtand
abzuschließen. Am 19. Jan, wurde Adrianopel ge:
räumt und am folgenden Tage durch die Ruſſen
beſeht; alle noch verfügbaren türk. Truppen wurden
in den befeitigten Linien von Tſchataldſche vor der
Hauptitadt veriammelt und dem Befehl des aus
Erzerum zurüdberufenen Ahmed Multar Paſcha
unteritellt. Am 27, Jan. begannen im Haupt:
quartier des Groffürjten Nitolaus zu Adrianopel
die Waffenitillitandsverbandlungen, während die
ruſſ. Truppen bis in die unmittelbare Nähe von
Konitantinopel vordrangen, und gelangten 31. Jan.
zum Abihluß. Tie Türken willigten dabei in die
Räumung der Feltungen Widdin, Ruſtſchuk, Si:
linria, Erzerum und Batum, von denen Widdin
durch rumaͤniſche, Ruſtſchul, Siliitria und Erzerum
durch run. Truppen bejekt wurden, während be:
züglich Batums die getroffene Beitimmung vor:
läufig nicht zum Bollzua gelangte. Tas ruſſ. Haupt:
quartier wurde dann nad San:Stefano (}. d.) ver:
legt und dort 3. März zwiichen Rußland und ber
Inrtei ein Praliminarfriede abgeſchloſſen, deſſen
Beſtimmungen jedoch zunächſt nicht zur Ausfüh—
rung kamen, da die europ. Großmächte, insbeſon—
Rußkohle
dere Sſterreich-Ungarn und Großbritannien, auf
Grund des Pariſer Vertrag: vom J. 1856 und
der 1871 in London vereinbarten Zufakbeftim:
mungen dejien vorgängige Beratung beaniprud-
ten. Zur Unterftübung diefer Forderungen lief
eine engl. ylotte ins Marmarameer ein, aud wur:
den zwei Armeeforps in England mobilijiert und
ind. Truppen (7000 Mann) mittels des Sueztanals
nad) Malta herangezogen. Grit nach längern Ber:
handlungen willigte Rußland darein, den Vertrag
von San: Stefano einem europ. Kongreß zu unter:
breiten. (S. Berliner Kongreß.)
Yitteratur: e\\ahresberichte über die Verände—
rungen und Fortichritte im Militärweien, 1877:
(Berl, 1878); «Jahrbücher für die deutiche Armee
und Marine» (Berl. 1877u.1878); «Militärwochen:
blatt» (Berl. 1877); GC. von Sarauw, «Der ruji.:
türf. Arien 1877/78» (Lpz. 1878); ©. Lecomte,
«Guerre d’Orient en 1876 et 1877» (2 Bde., Bar.
1878); von Trotha, «Der Kampf um Plewna—
(Berl. 1878), Müller, »Der rufj.»türl. Krieg 1877»
(Stuttg. 1878); Rüftow, «Der orient. Arieg in jet:
ner neueiten Phaſe⸗ (Zür. 1878); Aund, «Der
orient. Krieg in den 3.1876— 78» (in «Unſere Zeit>,
Jahrg. 1878, 2. Hälftefa.); von Studrad, «Der ruſſ.
türf. Krieg von 1877,78» (Hannov. 1879); F. von
Jagwiß, «Bon Plewna bis Adrianopel» (Berl.
1880); Hinze, «Gurfo und Suleiman Rajchas (Berl.
1880); Kuropatlin:frahmer, «Aritiſche Nüdblide
auf den rufl.:türf. Krieg 1877/78» (Berl. 1885);
Schröder, «Ter Schiplapaß 1877» (Berl. 1880).
unfohle it in manchen Gegenden die volt:
tündihe Bereihnung für Steinkohle mit erdigen
Bruch, im Geneniab zu Pechkohle, der Kohle mit
muſcheligem Bruch,
Berzeichnis
ber
Abbildungen und Barten
zum dreizehnten Bande,
A. Tafeln und Karten:
Seite
— DIES © 2 a een
GATURE DIE 25 lan ee he er each re Her SE
Nordpolarkarte. are ee, TO
Südpolarkarter.. ee re
POIRELUDE:- 0:5. 8 u ae u re u ee DI
Pompeji: Ausgrabunge. ne. 158
Provinz Poſen. (KarteJ. 208
Drefien. . - - - re re N
Provinzen Oft und een. (Harte) 27771
Preußen: Hiſtoriſche Karte. 2234
Protiſten und Protozoncnn . 42336
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Kleinere Raubtieee ee Er
RONMDGEL.: Tu 5.40.05 a A ri are ER
Maumoael, IE => :5: 5 oe a ie re BOT
Regenkarte won Europe: - > 2 200 0 0 556
Renaiſſanee. re ER
REDE: Er te er
Reptilien. IT. . . .. 627
Nheinland, Wejtfalen, Dias Hafjan — ——— und Grohe
herzogtum Heffen. I. Nördliche Hälfte. (Sarte.) er . 669
Rheinland, Weſifalen, Heſſen-Naſſau (preuß. Provinzen) und Groß
herzogtum Heſſen. II. Südliche Hälfte. (Karte)...669
Rineviechreſgfgfge 217713
Verzeichnis der Abbildungen und Karten -zum dreizschnten Bande.
Das alte Rom. A :
Ron und Umgegend. (Karte) i
Römiſches Reich) in feiner größten —— unter
Rüſſeltiere.
B. Abbildungen im Terte:
Plätteiſen. (4 Figuren.)
Plinthe. . Da ——
Plymouth, Topographiſche Lage.
Pompeji. (3 Figuren.) . j
Portsmouth, Topographiſche Yage. .
Poftgeldfendungen. (2 Figuren.)
Prag, Topographiiche Lage.
Rheinbund, Karte...
Rheingau, Karte. —
Rio de Janeiro, ine Lage.
Roßbach, Schlachtfeld.
Rotterdam, Topographiſche Lage.
Rügen, Karte. — ae
Rundſchrift. (1 Fatſimile und 3 —
Drud von F. A. Brodhans in Leipfig.
— (Karte.)
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