Blätter für die
kunst
Stefan Anton
George
HARVARD
COLLEGE
LIBRARY
I
LFETTERFÖRDIE
ÖNCnUSLE&EflUS-DölM
6E0RGEONDI
BERL1N1&9S)
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BLATTER FOR DIE KUNST- BEORONDET VON STEFAN
CffiOROB • HBRAUBQBCSBEH VQH CARL AUOUBT KLEIN.
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nl LFETTERFÖR-DIE
kMQNDRUmCflUS-DEN^
l3]JHHREN(^tS{^I&52-98
6E0R&BONDI
BERLIN1&9S
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4- -*
HARVARDE
UNIVERSITYI
LIBRARY I
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VORWORT
Die Blätter für die Kunst sind seit einer
reihe von jähren für eine auserwählte gemein-
schaft von künstiern und kunst-anhängem er-
schienen . schon nach den ersten heften hatten
sie sich von dem verdacht gereinigt eine neue
schule oder richtung anpreisen zu wollen und
zur genüge dargethan dass mitarbciter und
leser durch keinen anderen gedanken verbunden
waren als den : auch bei uns gegen das un-
vornehme geräusch des tages der Schönheit
und dem geschmack wieder zum siege zu ver-
helfen . so unterstuzten sie die glcichlaulcnden
bestrebungen in der bildenden und ausschmük-
kenden kunst . ( nach und nach wurde ihnen
zu teil auch aufserhalb ihres kreises viele freunde
zu erwerben und anregend und umgestaltend
zu wirken . Jezt mussten sie sich entschliefsen
mit dieser auslese aus sämmtlichen Jahrgängen
den weg der Öffentlichkeit zu beschreiten weil
sie durch die zahlreichen bedeutungsvollen be-
sprechungen der lezten zeit ohnehin ihre schranken
verlassen und in unsere dichtung und unser
Schrifttum so fühlbar eingegriffen haben dass
das verlangen aller teilnehmenden nach einer
zusammengefassten und erreichbaren ausgäbe
gerecht zu sein schien .
AUB DEM QE8AMIIT-INHALT DER SUTTER fOr Oft XUilBT
EMTC FOLS C
I. BAND
BLÄTTER FÜR PTE KUNST.
STEFAN GEORGE : AUSZÜGE
AUS HYMNEN PHiOERFAHR-
TEN ALGAB.1L. HUGO VON
HOFMANNSTTliVL . DEE TOD
DES TIZIAN. PAUL GE-
RABDY: DIE KBEUZE. *:
LB& TOPEN . KAHL ROÜ^ :
OfiDIGHTE. TSAQBBJÜM'S^,
n. BA^D
*: LEGENDEN. HUGO VON
HarifAiniSTHAL:GEDICHTE .
CARL AUGUST KLEIN : tTBEB.
STEFiVN GEORGE . GEORG
EDWARD ; GEDICHTE . ÜBEBr
TBAGÜNGEN AUS STEPHANE
MALLARifE , PAUL VERLAI-
NE , JEAN MOREAS. HENRI
DEBEGNIER. NACHEICHTEN .
m. BAND
*: TAGE UND THATEN . *:
AUS WANTTEL. MAX DAU-
THENDEY : AUS ULTKAVIO-
L ETT. CARL AUGUST KLEIN :
UNnatHALTÜNQEN . ÜHEK-
ti:agt^\';t:n aus alger-
non charles swine urne,
GABRIELE D'ANNüNZIO.
NAGHBICHTEN.
IV. BAND
STEFAN GEORGE: AUS EI-
NEM BÜCH SAGEN UND SÄN-
GE. HÜOO VON HOFICANNS-
THAL: IDYLLE. CARL AU-
GUST KLEIN: ÜNTERHAL-
TtPNOEN. GAHLBOtr&E: GE-
DICHTE . • : EINE PIETA DES
BÖCKLUv . ÜBERTRAGUN-
GEN AUS FRANCIS VIELE-
GEIFFIN , STUART MERRILL ,
AISERT SAINT-PAUL .
V. BAm>
BLÄTTER Ff)R DIK KUNST.
♦: BEItti. DES KAISERN
ALEXIS. *: DICHTERKÖPPE
MALLARME. CARL BAUER:
GEDICHTE ZU BILDERN .
PAUL GERARD Y: LIEDER.
GABL AUGUST KLEIN: UN-
TERHALTUNGEN . G. R S. : RO-
SEN UND DISTELN. ÜBER-
TRAGUNGEN AUS JENS PE-
TER JACOBSEN .
EINBANDDEOKE VON TH.
TH. HEINE.
ZWEITE FOtBC
I. BAND
BLÄTTER FÜR DIE KUNST.
ST EFAN GEORGE : AUS DEN
BÜCHER NDEB HIRTEN- UND
FßEISGEDICHTE DER SA-
GEN UND SÄNGE UND DER
HÄNGENDEN GÄRTEN . MAX
DAUTHENDEY: AUS STIM-
MEN DES SCHWEIGENS.
LEOPOLD ANDRTAN : AUS
DEM BÜCKE DER TRAURIG-
KEIT. GEORG EDWARD: GE-
DICHTE . LUDWIG ELAGES :
AUS EINEIC DBAHA DESIDB-
RATA. ÜBERTRAGUNGEN
AUS CHARLES BAUDELAIRE
ALS BEILAGE (VOR DIE
GANZE FOLGE) EADIERUNG
VON HEBMANN SCHUTT-
GEN.
n BANT)
BLAilLiv kLii l>i±. KUNST.
STEFAN GEORGE : EINE SA-
GE. PAUL rrElJARDY : RIT-
TERLICHE TRÄUME. CARL
AUGUST KLEIN: ZWEI GE-
DICHTE. GEORG FUCHS:
YOBSPIEL. LUDWIG KLA-
GES ; DiriTTrX(;EN . KARL
WOLFSKEHL : DICHTUNGEN .
ALS EINLAGE : EIN GESANGS-
STÜCK VON KARL HAUi*
WACHS.
m. BAND
DREI GEDICHTE. *: TAGE
UND THATEN . ZU SKIZZEN
VON KIJNGER . PAUL GE-
IIAHDY; DIELILLEN. HUGO
VON HOFMANNSTHAL: GE-
DICHTE. LEOPOLD ANDRI-
AN: AT^ DEM BFriFE DER
TKAUlUGKEIT. KAHL VVOL-
FSKEHL: AUS DEN HERO-
ISCHEN ZIERRATEN. AUS
DEN WERKEN VON WACLAW
LIEDER ^ NACHRICHTEN.
ALS ELNLAüK: ZKICHNÜNG
^ r /Ä ^v. -rWON AUGUST DONNAY UND
FERNAND KHNOPFF.
IV. BAND
VORREDE ZU DEN BÜGHERN
D. U. S. W STEFAN GEORGE :
DER AUSZUG. DAS BILD.
VORBEREITUNGEN . HUGO
VON HOFMAN4STHAL: LB-
BEN. PAULGERARDY: DIE
JUNGFRAUEN . GEISTIGE
KUNST. KARLWOLFi
DTCrrTUNOEN . * : ÜBER
DICHTUNG . ÜBERTRAGUN-
GEN AUS DANTE GABRIEL
BOSSETTI . NACHRICHTEN .
ALS INLAGE: ABDRUCK EI-
NES BILDES VON LEO SAM-
BERGER.
V. BAND
BLÄTTER FÜR DIE KUNST.
*: NACH DER LESE. PAUL
GERARDY : DIE JUNGFRAU-
EN . BASiLEA . LUDWIG
KLAGES: AUS EINER SEE-
LENLEHSE DES KÜNSTLERS
RICHARD PERLS : GEDICHTE
*: UM-SCHREIBUNOEN AUS
MANUEL. NACHBILDÜNGEN
DES PAUL VERLAINE . NACH-
RICHTEN. ALS INLAGE: EIN
GESANGSSTÜCK VON KURT
PETERS .
EINBANDDECKE VON TU .
TH. HEINE.
DBITT£ F01.8C
I . BAND
BLÄTTER FÜR DIE KUNST.
STEFAN GEORGE; AUS DAS
JAHR DER SEELE . HUGO VON
HOPMANNSTHAL : TERZINEN .
PAUL GERARl > Y ; DIE RITTER .
KARL WOLFSKEHL : DER
PRIESTER VOM GEISTS. DICH»
TUNGBN. BICHARD PERLS:
IN VILLA BLANCA. LUDWIG
KLAGKS: GEDICHTE. OSCAR
SCHMITZ ; GEDICHTE . ALS
INLAGB: ABDRUCK EINES
GLASGEM.XLDBB VON MELCHI-
OR LBCHTEK.
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n. BAND
BLXTTBR für DIB mjNBT.
WACLAW LTEDER: ERINNE-
KUNG AN FAUL VERLAINE.
HUGO VON HOFMA.NrNSTHAL:
DICHTUNGBN. PAUL O^RAR-
DY : DIB TÄNZE . ZUM RIHME
BÖCKLIN'S . WATT. \ W T JKl )RR :
DICHTUNGEN. KAHL \V0LF8-
KBHL: DICHTURiKN. «: LOB-
RBDB AUF JBAN FAUL. OS-
GAR fiCHMlTZ: DICHTUNGEN.
m. BAND
WACLAW LIEDER : AUSGE-
WÄHLTE DK'HTrNGEN . KAfiL
WOLPSKEliL; ÜEDiCHTE . KI-
CHARD PERL8 : BLUMEN VOM
TODE . EUIL RUDOLF WEISS :
GEDICHTE . ÜBERTRAGUNGEN
AUB WILLEM KLOOS, ALBBRT
VEliWEY, HERMAN GORTER.
ALS INLAOB: BIN TONSTOCK
VON CLEMENS FRANCKEN-
STEIN.
IV. BAND
BLÄTTER FPR DIE KUNST.
STEFAN GEORGE: ArS DAS
JAHR DER SEELE . HUGO VON
HOFMANNSTBAL: DICHTUN-
GEN . PAUL GBRARDY : EINE
WIDMUNO . KARL WOLFS-
KEHL; DICHTUNGEN. OSCAR
SCHlirrZ: ZWBI QEDICHTB.
• : NACHBILDUNGEN AUS
SWINBUKNE . .1 . RÜSKIN . ALS
INLAGB : EINE ZEICHNUNG
VON PAUL HERMANN .
V. BAND
BLÄTTER FÜR DIE KUNST.
WACLAW LIEDER. AUSOB-
WÄHLTE DICHTUNGEN. KARL
W0LP8KBHL : ÜBBR DIB DUN-
KELHEIT. PAUL frERARDY:
DIE PRBUDBN . MEL CHIOR
LECHTBR: SIBBEN NÄCaTB.
RICHARD PERLS : BLUMEN
VOM TODE. LUDWIG KLAGES :
GEDICHT. *: EINE ERINNE-
RUNG DES SOPHOKLES . ALS
INLAGE: EIN TONBTÜCK VON
KARL HALLWACHS.
BINBANr i K KK VON TH.
TH. HEINB .
VIERTI FOLIE
I-n. BAND
BLÄTTER FÜR DIE KUNST.
STEFAN GEORGE: SEIT DER
ANKUNFT. HUGO VON HOF-
MäNNSTHAL: GEDICHTE. BILD.
UCHER AUSDRUCK . PAUL
GBRARDY: HBIMKBHR UND
FAHRT. KARL WQLFSKEHL :
(iKOlCHTE. DER KÜNSTLER
DER HEILAND . LEOPOLD AN-
DRIAN: 80NNBTT. LUDWIG
iCLAOBS: GEDICHTE. VOM
SCHAFFF'.\;iFN KARL GUS-
TAV VOLLMÜLLER: GEDICH-
TE. AUGUST OHLER; DIE
FBSTBDBRBPHBBBN. OSCAR
SCHMITZ : SONNETTE . ERNST
HARDT: GEDICHTE. ALS IN-
LAGE : ENTWURF ZU EINEM
WANDTEPPICH VON MELCHIOR
LECHTBR.
EINLEITUNGEN
UND MERKSPRÜCHE
TT
1 1
Der name dieser veröffeiitlidbuiig sagt schon 211m teü was
sie soll : der kttnst besonders der dichtnng und dem schrifttitm
dienen, alles staatliche und gesellschaftliche ausscheidend.
Sie will die GEISTIGE KUNST auf grund der neuen fühl-i
, ' » I
weise und mache — eine kunst fihr d ie künst — und steht des-
/// halb im gegensatz zu jener Terbrauchten und minderwertigen
schule die einer falschen aufiEassung der Wirklichkeit entsprang .
sie kann sich auch nicht beschäftigen mit weltverbesseningen
und allbeglückungsträumen in denen man gegenwärtig bei uns
den keim zu allem neuen sieht, die ja sehr »chön sein mögen
aber in ein andres gebiet gehören als das der dicbtung.
Wir halten es für einen vorteil dass wir nicht mit lehr*
Sätzen beginnen sondern mit werken die unser wollen behellen
und an denen man später die regeln ableite .
Zwar werden wir auch belehrend und urteilend die neuen
Strömungen der literatur im in - und ausländ einführen , uns
dabei aber so sehr wie möglich aller schlagworte begeben*
* Sfmbaliinias
Okkoltimw a. s. w.
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die auch bei uns schon auftauchten und dazu angethan sind
die köpfe zu verwirren.
Es sei liervoigehobeji dass wir jeder fehde abgeneigt sind :
wenn wir diese blätter veibreiteii so geschieht es um serstreute
noch unbekannte ähnlichgesinnte su entdecken und anzuwerben .
Welche gestalt das unternehmen (ob einfacher ob ver-
grdssert) gewinnt wird unsem lesem mitgeteilt .
Enthalte man sich auch allen Streites und spottes über das
leben wobei — wie Goethe meint — nicht viel hei aufkommt .
In der kunst glauben wir an eine glänzende Wiedergeburt .
I 5
Vor dem sommerlichen verlassen der Stadt nehmen wir
«
von nnsem lesem Urlaub und danken ihnen für die hftufigen
seichen emster teilnähme und eines geneigten eiginzens unsrer
bestrebungen .
Wiewol die bis jezt erschienenen beitrage der zahl nach
gering, auch das andeutende oft dem feststehenden vorgezogen
wurde so glauben wir doch bereits hinUnglich gezeigt zu haben
auf welche b^en wir dichtung und rede leiten mochten .
Wir schmeicheln uns sogar eine lücke auszufüllen, da J?egen-
wärtij^ CS bei uns kaum ein blatt giebt wo eine dichterische
kunst • Schöpfung aufnähme fände geschweige denn eines wo
ein künstler ihre au&ahme wünschte .
Hat man auch von fireundes seite das zu starke vorwalten
der reim - werke in unsern heften gerügt sd erinnern wir an
.. die oft vergessene tbatsache dass es keine bessere ei zichung für
höhere prosa giebt als die strenge beschäftigung mit dem vers . "
12
Wir werden auch fernerhin regeln und schulnamen sein
lassen, uns verschliefscn gegen das flache und alte sowol als
gegen das derbe und niedre des zeitgenössischen sehreibewcsens
aber aller jugend offen stehen die nach dem schönen und
neuen sucht
U 8
Nicht blofs in xeiten des fibergangs sind die schwankenden
bohrenden andeutenden sitze den schnlmäfsig feststehenden
vorzuziehen : sie sind die sibyllinischen zeichen aus denen die
jugend ihre üefste anregung empfängt.
Niedergang (dckadcu) in verschiedener hinsieht ist eine
erscheinung die man nnklugerweise zum einzigen ausfluss unsrer
zeit machen wollte — die gewiss auch einmal in den rechten
banden hflnstlerische behandlung zolässt sonst aber ins gebiet
der heOkunde gehört .
Jede niedergangs-erscheinung zeugt auch wieder von höherem
leben.
Das Sinnbild (svmboH ist so alt wie spräche und dichtung
selbst . es giebt Sinnbild der einzelnen worte der cin/x'lnen teile
und des gesamt - Inhalts einer kunst-schöpfung . das lezte nennt
man auch die tiefere meinnng die jedem bedeutenden werk
innewohnt .
Siimbildliches sehen ist die natürliche folge geistiger reife
und tiefe.
Zwischen älterer und heutiger kunst giebt es aller-
dings einige unterschiede:
j Wir wollen keine erfindung von geschichten sondern wieder-
gäbe von Stimmungen keine beüachtung sondern darsteiiung
keine Unterhaltung sondern eindnick.
Die älteren dichter schufen der mehrzahl nach ihre werke
oder wollten sie wenigstens angesehen haben al«; stütze einer
meinung : einer Weltanschauung — wir sehen in jedem ereignis
jedem Zeitalter nur ein mittel künstlerischer eiregung . auch
die freisten der freien konnten ohne den sittlichen deckmantel
nicht anskommen ( man denke an die begriffe Yon schuld u. s. w. )
der uns ganz wertlos geworden ist .
Drittens die kOrze — rein ellenmäfsig — die kürze.
Das Gedicht ist der höchste der endgültige ausdruck
eines geschehens : nicht wiedergäbe eines gedankens sondern einer
Stimmung, was In der maierei wirkt ist Verteilung linie tmd
färbe , in der dichtnng : auswahl mallB und klang .
Viele die über ein zweck - gemälde oder ein zweck • tonstück
lächeln würden glauben trotz ihres leugnens doch an die zweck •
dichtung. auf der einen selte haben sie erkannt dass das
stoffliche bedeutungslos ist, auf der andern suchen sie es be-
standig und fremä ist ihnen eine dichtung zu geniessen •
Erzählung. Man verwechselt heute kunst (Utentor) mit
berichterstatteret (rcportage) zu welch lezter gattung die
meisten unsrer erzählungen (Mgen. ronue) gehören . ein gewisser
zeitgesdüchtUcher wert bleibt ihnen immerhin obgleich er nicht
dem der tagesblätter richtrerhandlungen behördlichen Zählungen
u. ä. gleichkommt.
Eine neubelebung der Bühne ist nur durch ein völliges-
in - hintergrund - treten des schau^ielers denkbar .
u
Warum gerade die bfihnen- diditung die höchste sei
Kunstweit besizt die arbeit die menschen oder diogea
iigend eine neoe^unbekannte seite absugewinnen and als^mög«
lieh darsustellen wdfe'.
Unsre Kunstrichter (kritiker) bedeuten deshalb so wenig
weil sie meist verkümmerte künstler sind die andrer werke
bereden und tadeln in der Ohnmacht eigne hervorzubringen.
Wenn whr alle Fremdwörter auch die eingewurzelten —
alle schl^r>^orte gehören hierin — weglie&en so bliebe vieles
leere tingesagt . wenn ein satz der eines solchen Wortes nicht
entbehren kann fortfällt so wird weder spräche noch gesell-
schaft dadurch einen verlust erfahren.
Reim ist ein teaer erkauftes spiel . bat ein kOnstler einmal
zwei Worte miteinander gereimt so ist eigentlich das spiel fOr
ihn verbraucht und er soll es nie oder selten wiederholen.
Wir bemerken nun schon seit jähren : in keinem nebenstaate
— auch den stammyerwandten nieder - und nordlflndischen nicht
— dflrfen der gleichen leserstufe soldie erseugnisse als
dichtungen dargeboten werden wie bei uns . daraus eigiebt sich
für die nichstfolgende zeit die Verschiedenheit unsrer knnst«
anhabe von der vnsnsr nachbain .
m i
Müssten wir beim b^^ unseres fünften jahres nachdem
werke von reicher mannigfaltigkeit für uns |gesprodien haben
noch einmal mit dem bescheid Tortreten welche kunst denn
in diesen blättern dargestellt sei , wenn nicht einige der besseren
schriftkundigen sich ixxmex wieder gemüfsigt sähen uns etwas
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15
wie eine scheu vor dem wirklichen und eine flucht in schönere
vorzeiten als losung unterzuschieben ! zu dieser oberflächlichen
bemerkung wurden sie wo! dadurch verleitet dass manche
unserer künstler sich gelegentlich aus einer ferne und einer
Vergangenheit die Sinnbilder zur wiedergäbe ihrer sümmnng
holten.
Wie nun gar häufig, vornehmlich in eben erscheinenden
erzeugnissen . das schildern von gegenwart und Wirklichkeit
diesen gerade so wenig entspricht als losestes träumen , so
rückt andrerseits jede zeit oder jeder geist indem er ferne und
▼ergangenbeit nach eigner : nach seiner weise gestaltet ins reich
des naben peisönlicben und heutigen . wesentlich ist die künst«
lerische Umformung eines lebens — weldies lebens? ist vorerst
belanglos .
Wenn nun solche die sich berufen glauben eine reinere
sowol wiedererweckte als neugeborene kunstaufiOatssung zu
geltnng zu bringen sich mit einer halbschlächtigen Sachführung
begnügen , beständig Tom zipfel statt vom gewande d. h. vom
aUemichtigsten nie aber vom allerwichtigsten bandeln und un-
bestrittene eiTUngenschaften mit ohnmächtigen bemfihungen in
einem atem nennen , können sie der ganzen entwickelung unserer
dichtung und unseres scbretbtumes zum hemmnis werden, wie
sehr diese beiden aber der pflege und entfaltung bedürfen das
weifs jeder der ihren licuLii^en zustand der Welkheit mit ihrer
eignen ehemaligen oder mit der fremden augenblicklichen blüte
vergleicht .
Ein&ch liegt was wir teils erstrebten teils verewigten : eine
knnst frei von jedem dienst: über dem leben nachdem sie das
leben durchdrungen bat : die nach dem Zarathustraweisen zur
höchsten au^be des lebens werden kann : die nach dem un-
sterblichen Meister des Titan sogar im gewaltigen und schreck-
16
, liehen «nicht umwölken und verdunkeln sondern erheitern und
1
' erhellen» soll ; eine kunst aus der anschauungsfreude aus rausch
Ikdit einst UDd heiligkeit der kunst nahen : das war dem
ganzen uns Torausgehendea dichtergeschlecht unbekannt . keiner
der , Epigonen * — so wenig der hochgeborene Schack wie der
bescheidene bfiigerllche reimer ist frei Ton der abstofsenden
bdi&bigen bravheit und diesem rest von barbarentum den von
Goethe bis Nietzsche alle gro£»en Deutschen getadelt haben.
I.üge der grund weshalb im kaiserlichen Deutschland das
Schrifttum auf so niedrer stufe steht darin dass jeder mit irgend
welchen fähigkciten geborene sich einer staatlichen laufbahn
zuwendet und das Schrifttum fast einzig der geistigen hefe
überl&sst oder darin dass der Schwerpunkt deutschen strebens
nach gebieten ¥erl^ wurde wo die kunst nie gedieh und in
absdibarer zeit nicht gedeihen kann?
Die tiiatsache dass es bei uns kein kGnstlaisches und
dichterisches cici^is geben kann beweist dass wir uns in einem
biidungsstaat zweiter Ordnung befinden.
/ Unser ganzes Schrifttum von gestern ist sittlich ( sogar das
I behfixdlich verbotene ) bürgerlich - pöbelhaft und unterhaltend-
\ beehrend, wir kOnnen nur eines fassen das schön vornehm
t beei ndru ckend ist.*)
Heute einseitig auf den Volkston hinzuweisen wSre gerade
so verkehrt als auf griechentum mittelalter u. ä. denn er
liegt uns in gleidier weise fem .
*) im deutächeo würde mau daitlr die wortc moralisch piebejisch-
bourgeois belletmtiscb-4idiltiich n, m, w. cinadicB .
III 2
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17
Vom nordischen geist bleibt dem deutschen nicht viel zu
lernen was er nicht schon besizt ohne die verzeirungen . vom
romanischen jedoch die Uarheit weite sonnigkeit.
Der ,,naturalismus*' hat nur verhässlicht wo man früher
verschönte aber strenggenommen nie die wirklichlceit wieder»
gegeben, dem Franzosen ist er das absichtliche zusammen-
tragen von in Wahrheit nie sich folgenden begebnissen, dem
Norweger ist er das ausschweifendste spiel mit möglicbkeiten,
dem Russen der bestllndige alpdrudc .
Wir sind bereit manche heilsamen einflflsse des „natura-
lismus" anzuerkennen vergessen aber einen unberechenbaren
schaden nicht: dass er uns daran gewöhnt hat gewisse be-
gleitende bewegungen einer handlung zur Vollständigkeit vi
fordern , die aber wenn sie vom dichter berQcksichtigt werden
jedes werk grofsen zuges unmöglich machen .
Praerafaeliten und ähnliche : das gewollte licn'ortretenlassen
gewisser wesentlicher eigentümlichkeiten für bescliauer die das
genaue sehen verlernt und für die man schon sehr stark auf-
tragen muss um bemerkt zu werden .
Um einen j^edanken auszudrücken, eine j^cschichte tu er-
klären : den thaisächlichcn wortcn takte und reime einzupressen
ist ein mittelmässiges handwerk. wäre das spiel mit takten
und reimen überhaupt eines vernünftigen wesens würdig wenn
diese sich nicht unwiderstehlich als sangesweise aufdrängten?
oft dienen worte gedanken ja bilder nur zur körperlichen dar-
Stellung der sangesweise .
Jungen dichtem : ihr thut euch unrecht eure werke zu früh
zu veröffentlichen, denn ganz bald werdet ihr bereuen dass
ihr eure liebsten gedanken wie ihr sie vielleicht nie gröfser
fassen werdet in einer ungenügenden form bereits verraten habt
B K 2
18
Einigai diclitem an dieser stelle: wir loben euch dass ihr
uns wenig von euren schönen ansichten und viel von euren
schOnen liedern gegeben habt, denn eure schflnen ansiebten
werden sich ändern eure schönen lieder aber werden bleiben .
Vielen sogenannten »jüngsten« : was ihr am wenigsten
geben wolltet was ihr am sorgl^tigsten zu zerdrücken suchtet :
das ist noch das einzige was uns an euch gefallen kann : der
duft eurer jugend und eurer einfalt .
Bevor in einem land eine grofse kunst mm blühen kommt
niu5> dun h mohrerc gesclikchu-i liinduich der geschmack ge-
pllegt worden sein.
Das verwerfen jeder Übereinkunft in gesellschaft und kunst
ist entweder sehr jung oder sehr gemein . leute von niederer
abstammung haben keine Überlieferung .
* Man hat uns vorgehalten unsere ganze kunstbewegung der
„Blätter" sei /n >üdli( h zu wenig deutsch, nun ist aber fast die
hervorragendste und iiatürlicliste aller deutschen stammescijjcn-
j
heiten : in dem südcn die vci voUständigung zu suchen , in dem
Süden von dem luseie vorfahrea besitz ergriffen , zu dem unsre
kaiser nicderstiegen um die wesentliche weihe zu empfangen .
zu dem wir dichter pilgern um zu der tiefe das licht zu finden :
ewige regel im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation .
III 4
Die ursaclicn die uascr volk und heutiges f;(.'srhlccht zur
aufnähme von Kunst so besonders unfähig machen haben wir
erwogen imd schon manche davon an dieser stelle gestreift,
doch werden wir nicht erschrecken vor Prophezeiungen vom
völligen dahinschwinden der diditung und der kunst , versuchte
man auch die notwendigkeit ihres unteigaogs mit gewichtigen
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19
und TerfOhrendeii gründen darznthiin . Solche meinung -~ möge
sie nun von denen herrühren die nie des scbafiens liraft besessen
oder von denen die sie eingebfiXst haben — wfirde sogar wenn
einer der unsrigen später sie zu teilen sich unterfinge nur
geringe bedeutung haben . denn die werdeuclc iiinenrl wird
darüber lächeln und den vom aller tot zurückc^elassLiK-ii formen
in unerwarteter weise neues und glühendes leben einhauchen.
Unsren grofsen vorfahren in der kunst war es gegeben auf
jungfräulichen und unerschöpften weiten ein gebäude — ein
ganzes — aufzuführen . daher ihre heute so unnahbare uns so
oft entgem n^i lialtcne grftsse . ihnen beizukommen ist uns nur
möglich durch innigere emplindung liebevolleres anschauen zu-
sammengcfasstere ausführung . was sie aus ungehauenen wäldem
unausgebeuteten feldem entnahmen , müssen wir aus den tiefen
ztt gewinnen suchen.
Die einen zu uns : eure haltung ist uns denn doch zu kalt
und jriihig und zu wenig der jugend angemessen . wir zu ihnen:
Seid ihr noch nicht vom gedanken überfallen worden dass in
diesen glatten und zarten selten vielleicht mehr auü-ulu' cütiialtcn
ist als m all euren donnernden und zerstörenden kampfreden?
Wut nehmen es gern auf uns noch manchmal mit dem
äufseren als dem nietrügenden spiegel des innem zu unter-
halten, seht ihr also noch immer nicht, dass eure deutschen
buch- und zeitschriftausgaben die scbönheitswidrigstoA sind so-
wol der rohe flitter- und emporkömmlingspmnk der einen als
die platte und nüchterne alltaglichkcü der andern?
Man wollte uns beweisen dass wir durch verbannen der
gewöhnlidien beliebteren Schriftart die bequemlichkeit der
einen davon abhalten sich unsren werken zu nähern und bei
anderen als gegnem des absonderlichen anstofsen. an den
ersten glauben wir kaum viel zu verlieren , den zweiten sagen
2»
20
wir da&s niclit vir zu dieser neuerung den anscUag gegeben
haben und dass uns ein wort eines altrordem zu sehr im ge-
dichtnis ist : den Deutschen werde eher der geschmadc nicht
kommen bis sie sich diese geschmacklose sogenannte deutsche
Schrift abgewöhnt hätten .
Berut der halb-fabigea . das Schicksal lässt es häufig zu
dass halbfähtge die neuen und grofscn gedanken in der weise
verallgemeinem dass sie das fremde neue mit bekanntem altem
vermischen und nach und nach in immer stärkeren gaben der
menge eintröpfeln, diese geniefst dann vorerst in verdfinntem
zustand den wein der rein für sie zu schwer war.
Wie erfinderisch die mittelniässigkeit wiid wcna es gilt
siti» lü verhüllen ! — Hält man uns nun die dichtung von
baucrn und bäuerinnen entgegen die alle kunst in schatten
stelle, wahreres und endgültigeres es doch nichts gebe! mit
demselben recht könnte man aller weltweisheitdie kemsprüche
des Volkes entgegenhalten als schon alle menschli^e erkenntnis
in sich bergend . aber ganz abgesehen davon dass diese scheinbar
so einfachen werke oft mit der äufsersten mühsamkeit und
künstlichkeit zu stände gebracht werden, und dass gerade die
ungeschickUchkett (Qber die sich jeder ieser im geheimen er-
haben glaubt) es ist welche die Wirkung hervorbringt — so
handelt es sich doch uitht blos d.u um gold und cdclstt-in auf-
zufinden sondern auch darum >it' von ruhen beimischungen und
schlaLkeii zu befreien und durch schleifen oder ächmelzen ihnen
den rechten glänz zu verleihen.
III 6
Jnsofemdfirfte dieses unternehmen bald aus seinen schranken
heraustreten als man mit uns zu bemerken und zu bedauern
beginnt dass hinter allen gebildeten ländem das unsrige in stU
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21
und geschmack seit jähren zurückgeblieben ist : als in weiteren
denkenden Icreisen empfunden wird dass durch die ausschliefs-
tiche erziehnng eines geschlechtes zu wechselseitigem hartem
kämpfe ein wichtiges etwas verloren ging — ja schon auf einigen
rag^den gipfeln ein dunkles gefßhl dSmmert es möchte das
gröfste und edelste einer rasse sein was da einer allmählichen
▼erflachung und vertrocknung entgegenläuft.
Wir suchten die umkehr in der kunst einzuleiten und über*
lassen es andren zu entwickeln wie sie aufs leben fortgesezt
werden mflsse .
Wir wollen hier noch einige von dei ihorheit ver>tliobenc
punkte richtig .setzen und uns gegen einige an-^t huldigunticn
Terwahren die schein und missverständnis auf uns luden . wenn
wir unserem vo1ke mit der crlahmung des weiten und freien
gedankens*) seine kunstlosigkeit und seine durch fremde ein*
flüsse in bösen zeiten angenommenen schönbeit-tötenden Unsitten
(die durchaus nicht in das tagende jahrhundert fortgeschleppt
KU werden brauchen) manchmal nachdrOcklich entgegenhielten
so haben wir alle unsere grofsen förderer von Goethe bis
Nietzss he mit ihren oft furchtbaren Worten zu Verteidigern und
— wie sie — thaten wir es nicht etwa aus einer missachtung
unseres Volkes sondern aus hoher liebe zu ihm und seiner an-
gestammten guten art.
Auch den ansdiein möchten wir nicht erwecken als ob wir
die uns in der kunst vorausgehende gruppe von dichtem
mit geringschätzung betrachtet hätten . dass sie uns nicht ver>
*) Aoznbiegen ist hier dass man gerade in den lag er weite ud
Inilwit «m meiitett vexiaiact wo de atuaekUefdidi ab fahacaachflmdc
pnagCB sollen nad wo lUes was Uber h51i«re werte laut wird meU nur
gemetoplittUdi kliagt sondern «ndi engkersig vnd ttbcr alle iMÜMa
littrgeilich.
22
stehen ist ein zeitlicher fehler der sie nicht schändet so wenig
wie den weisen von gestern dies: dass ihm was heut eines
Schülers eigentum ist nicht zu. ergründen gelang . wir lohten
in ihnen (soweit sie nicht in Spielerei und greisentum versanlcen)
die treuen wahrer einer gewissen Überlieferung die mit der
hinterlassenschaft der ahnen ihre häuslichkeit verschönten doch
können wir ihnen nicht anrechnen was wir nie in ihnen fanden:
einen einzigen für unsere kunst fortwiricenden lebenbringenden
bauch .
Diesen können wir den unmittelbar u m uns steh regenden —
sie trugen schon alle namen — noch weit weniger nachrühmen .
erfüllt von ganz aufserkOnstlerischen bestrebungen sind sie in
ihren Schriften gewöhnlich und in ihren spärlichen anschauungen
über kunst veialicl und urmehildet . ihre j^ründunp^en die seit
kui;:cra allerdings mit narlialimcndci Lrcuc auch clwa.-> andres
bieten wollen als gcscllschattliche rednerei , zuweilen mit einem
sehr äufscrlichen schein der neuheit bedeckt sind und >ich
vorderhand nur durch schlechten gescbmack auszeichnen, suchen
ihr gedeihen durch ein herabsteigen zur menge und kommen
für die Weiterentwicklung unseres scbriftümies nicht inbetracht .
doch auch diesen männem gegenüber liegt alle unacbtung weit
^Ton uns . bddagen können wir nur das nutzlose verschwenden
so vieler ki^e die in anderer thätigkeit als der dichtenden und i
schreibenden rühmliches zu leisten gewiss nicht verfehlt hätten . |
Was an unseren blättern das wertvollste scheinen wird
möge dies sein : dass sie von IHR allein angeregt an die grofse
und ewige kunst wieder anbauen wollten und deren grundfeste
die ernste dichtong stfizten. so tbuend was seit Jahrzehnten
keinem mehr thuens würdig war . sie holten die werke derjenigen
dichter aus dem dunkel hervor aus denen der neue frische geist
m besonderer und bedeutsamer weise wiederschien . ihnen ward
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23
das .seltene glück /u teil imltcn in winici- und \\ ü>te reiche
duficaUe blumcii /u finden, sie zeigien in den vcischiedensten
fonnen eine neue Schönheit .
Was die minder starken beiträgc betrifft so wurden sie zur
büdung des nötigen hintern^ndes zugelassen, stets aber nur
dann wenn wir darin^ein erkennen der vorläufig einzig richtigen
bahnen gewahrten oder ein gutes versprechen fOr die zukunft .
sie anzustreichen ist leicht wie es denn leichter ist die kleinen
vorsprQnge und Iflcken zn bemängeln als deren bauliche not-
wendigkeit und dienlichkeit am ganzen denkmal zu begrflnden .
Mit grofser vorsieht haben vvii die ausländischen hervor-
ragenden mcisier cmgrliihrt . die h( * hverehrten heller und er-
gänzer damals als unsere einheimischen erzeugnisse an zahl wol
noch gering waren, vor nichts aber hüteten wir uns mehr ab
vor einem sinnlosen blofsen herubemehmen und brachten nur
das was durch die art der Übertragung eigenster besitz ge-
worden fQr unsere ^>rache unser Schrifttum und unser Werk im
emzelnen natürlich und zuträglich war.
Kleine äuCserlicbe Seltsamkeiten die anfänglich fragen hervor-
riefen hat der einsichtige längst gebilligt wenn er sie auch nur
auficisste als bollwerk gegen den an.sturm wilder bürden deren
sich noch männiy:lich erinnert und dcix-n lauk- /.ügcUosigkeit
den erbarmenswertesten teil unserer scluilitum-geschichle lullen
wird .
Dass unser anhang nur lanjgsam wuchs war uns so sehr
freude dass wir ein schnelleres zunehmen s<^;ar för bedenklich
gehalten hätten, auch dürfen wir es uns fast als gewinn an-
rechnen dass wir von zwei berufsscharen noch wenig l>eobachtet
worden sind: gewissen gelehrten die wol |nach äulserlichen
merkzeichen in klassen sondern können aber zu eng sind um
nach der bUdungsstufe die sie voraussezt eine eischeinung zu
bew^en — und den gewöhnlidien beschreibem und mittel-
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«4
Personen geistiger Schöpfungen , den verlegenen tastem in dem
ihnen dunklen und unbekannten land der kunst .
Ohne besonderen belang erscheint es un•^ da>> >4c\vis,>c arten
der erzählunp und der für die schaubühno gedachten dicht-
wei ke nui w enif( i aum inne haben . für uns mehr zufällige arten
der gruppiening aus Vorliebe oder zweck . das vj)rnehgiste ist
der neue sich deutlich äafsemde gcist aus dem wie unsre
sänge und reden so auch unsre Schaustücke üossen und fliefsen
werden .
Wir sind des stolzen glauben^ dass wir für diese jähre
nicht nur das höchste y:t'samraelt haben was in einem be«itimmten
fache menschliciicn könncns eine ganze stämmc-vercinit^un^
hervorzubringen fähig war sondern wir helfen auch den werdenden
und kommenden die pfade geebnet 2u haben auf denen sie
weiterschreiten können zur entdeckung neuer immer reinerer
kunsfhimmel.
nr 1
Dies sei uns noch immer anfang und ende: von der Kunst
zu reden : den künsten m ihren beziehungen und ihrem zusammen-
wirken eine die andre anregfend und vor erstarrunj^ bewahrend .
nie wäre bei uns^chrifttum. und dichtung von heute in so
traurige Verödung geraten wenn ihre Vertreter zu den gleich-
leboiden meistern der bildenden^ und tonkunst den blick erhoben
hätten.
Andrerseits hat es sich an diesen gerächt dass sie keine
ebenbürtigen werke des Schrifttum^ um sicii sahen . so blieb
auch unseren besten meistern manehmal der weg zum höch.sien
▼erlegt und sie mussten mitten unter werken ersten ranges
immer wieder in jene bestürzende tüdeske Plumpheit verfallen.
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25
Anch alles firOhere schOne in eiaem zweige der kunst ist
für ein volk für einen Zeitabschnitt gleicbsam gebunden wenn
niclit in diesem zweig ein grofser Schönheit - finder ersteht der
mit dem was er fürs heute entdeckt auch alles firfihere schöne
erlöst . das belegt uns sogar der all • umfassende ^oethe der
för malerei nur ein geringes Verständnis haben konnte . so sind
wir sehend geworden durch männer wie unser ^öcklin .
Unsere Unduldsamkeit gegenfiber dem was in Schrifttum
und dichtung neben uns herläuft leitet sich daraus ab dass diese
andren zielen zustrebenden erzeugnisse beständig mit kunst ver-
wechselt werden und so jedes Verständnis für die kunst ab-
stumpfen, alle kunst hört auf wenn sie um dem aussprucb
eines berühmten tondichters zu folgen „real - programmatisch-
tendenziös" wird . ein ganzes geschlecht ist noch nicht willens
diesen bciiuemen Standpunkt zu verlassen .
Auch denen die jezt zur allgemeinen umkehr mahnen ist
durch die lai^e gewohnheit so das gefühl erstarrt und der blick
getrfibt dass ehe sie sich wieder mit kunst beschäftigen man
ihnen raten muss ^sieben jähre hindurch über nidits jiachzudenken
^als über. das: warum . ein gedieht sch&ier sei als eine gleiches
sagende rede ein gemälde schöner als das genauere farbige
lichtbild ein bildwerk schöner als die treuere wachsform .
So werden jezt eigentümliche ^übcig uigsarbeiten hervor-
gezogen: mit eifrigem bemühen sich ftufserlich als neue ein-
zuführen und nodi ganz im alten barbarischen geist befangen .
die gefUhle verworren die anschauungen verwischt die Stile
vermengt — mit hier und dort einem dämmern des neuen
geistes in entwürfen ansätzen und flecken: vielfarbige stücke
stOrze und splitter. '
Einigen die mit zu raschen schritten die Schwenkung mit-
machen wollen: ihr dürft anmut (grazie) nicht an fremden
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26
kunstwcikea abgehen wollen, denn es wird nie gelingen, lernet
zuerst anmut f f^ra^ie ) der eigenen haltunq: und bcweu^ng . es
ist bedeuisam dass ihr merket wie ^eln mc euch tehle docli i-^t
es langwierig den reigea zu eriernen mit nicht mehr jungen
gliedmalsen .
Es ist ein Irrtum dass nur jjTosse geister ein anteraehmen
mit grofsem gedanken zu fördern vermöcliten . von aller wichtig*
keit ist es die kleineren zu erziehen und liinzuleiten auf dass
sie die lufl luidcn in denen der gi ülsc gedanken atmen kann .
Wir wissen wo! dass dei^schönste^ kreis die grof-^en geister
nictit liervorrufen kann . aber auch dies dass manciie ihrer werke
nur aus einem kreis heraus möglich werden.
Bedeutender trost für die kleineren : wenn ihr das höhere
•p«. ~ •
leben eurer führer begriffen habt so seid ihr nicht nur dazu
nötig das feld frisch und locker lu. erhalten sondern ihr sammelt
gar Ott blumen und fruchte die — wenn ihr es selber nicht
vermögt — ein gröfserer später in seinen kränz dicht .
Ein weiterer ring der gesellscbaft ist für kunst noch nicht
zu gewinnen solange man nicht zu scheiden vermag zwischen
der wesentlichen wirktti^ des kunstwerkes und der gemeinen
stofElichen anregung durch das erzählte ( anekdotische ) . kunst-
▼erständnis ist nur da zu finden wo ein kunstwerk als ^bilde
( rytmisch ) ergreift und ergriffen wird .
Des grolsen kunstwerks beide geistige Wirkungen sind
folgende :
das begeisternde feuer : oft ohne Terständnis
augenblicklich
nie wiederkehrend
das klare geniefsen: durch eindringen
nach und nach
immer wieder zu empfinden.
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Einige hatten durch fahre an uns au'^/u^eizcn ; da» siele
fehlen der äufsersten schärfe — das häufige andeuten — das
spröde nicht- ganz-erkennen-lassen . wir aber entdecken heute
darin begrüfsend das gewisse herbe mit dem Zeitalter der wieder-
gebmt sich allemal eingeleitet haben .
Hing j;aDze niedergehende weit war bei allen ihren ein-
richtungen aufs ängstlichste bedacht den armen im geiste gerecht
zu werden : mochte eine auijg^ehende sich vornehmen der reichen
im geiste zu gedenken.
D<is> ein stralil von Hellas auf un> fiel : da-^s uusic jugcud
jezt das leben nicht mehr iiiediii; -ondern glühend anzusehen
beginat: dass sie im leiblichen und geistigen nach schönen
mafsen sucht: dass sie von der Schwärmerei fÜTj seichte all-
gemeine bildung und beglfickung sich ebenso gelöst hat als
Ton verjährter lanzknechtischer barbarei: dass sie die steife
gradheit sowie das geduckte lastentragende der umlebenden als
hässUch yermeidet und freien hauptes schön durch das. leben
schreiten will : dass sie schliefsUch auch ihr Volkstum grofs
und nicht im beschränkten sinne eines Stammes aulEasst: darin
finde man den Umschwung des deutschen wesens bei der jähr*
hundert wende .
STEFAN GEORGE
AUS LEGENDEN
EKKENNTxMS
Es quellen die bäume in sommerahnung .
Im wogengehöhlten bette rinnen
Nur schmale güsse auf schlangelndem pfade
Hier stürzen im lauf sie von felsen sich nieder
Dort einen sie sich in strudelndem bad.
Am ufer jugendliche glieder sich dehnen ,
Jungfräuliche blumen danach schmachten
Von ihnen geknickt und getötet zu werden .
Das haupl des ek-ben berührt den boden
Nur leise stüzi es sein ruhender arm
Sein auge folgt müde dem kieselstein
Den reiner beständiger fluten spiel
In leuchtenden alabaster schleift.
Das luftmeer über der dämmerzone
Wo tod und keimbegierde ringen
Zu ruh und trägem Schlummer stimmt.
Mann des glückes ! bereits verzweifelnd
Fandest du in dem weltengetöse
Die Erträumte die Göttliche.
Niederem kreis entrissest du sie ,
Willig in diese einsamkeit
Die von wonnen Übergossen
Und durch fehidinge heilig ist
Zog sie mit dir vereinigt aus
Ohne Orakel und fluchesgeleit .
In deiner hütte wo dich kein wesen
Lästigen aoatnnen überliefert
Kein profanes ange dich reizt
Hast du sie ganz von dir nur geschaut
Dir nur bliiht sie und lächelt sie zu.
O herber schmerz ! grausame enttäuschung I
Im paradies das zu pflanzen ich glaubte
Erwächst mir unkraut und dornengestrüpp .
Warum von allem anbeginn schon
Wo Ittsterwartung das sinnen ersticken
Und grübelnde blicke blenden soUte
Ist mir das widrige denkbUd erschien«!
Das niemals mir zu verwischen gelang?
Wie kann ich frieden und lust mich ergeben
Wenn unwissend noch zu erfahren ich dürste
üb sie als reme pnesteiin kam ?
Denn unerbittlich mit gottmneneifer
Verwerl ich sie wenn vor anderem altar
Sie opfernd je auf den knieen schon lag .
Leise kommt sie den weg erratend
Gierig nach seiner nähe zauber
Ungesehen von ihm sich vermeinend
Der sie gar wol sah und nicht benotet
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Gldchgiltig gebahren zu heucheln ,
Unschuldig kniet sie zur seite ihm nieder
Streift seine haare in flüchtigem kuss ,
Er empoiialirrnd : rief ich dich, weib ?
Nahe dich nur wenn ich deiner bedarf .
Sie erhebt sjch — nhne ci widrung —
Denn wozu / wenn der lan^e blick
Von Verzweiflung Vorwurf und schäm
Ihn nicht rührt , sie gebt hinweg
Schmerzhafte mutter aus freudennot.
Indessen icli in cjualen mich winde
Will leichter miahc sie mich erobern
Sie stellt sich ob meines zornes betrübt
Vielleicht auch ist sie's weil ihre bethönu^
An mir nicht so leicht wie an andern gelmgt.
Ja grade die zärtlich schmeichelnden weisen
Die ihre schwüre bekräftigen sollen
Mit ihrer feinheit und kunst mir verraten:
Sie wurde durch die probe erfahren
Nur gaukelspiel ist ihre kindlichkeil .
Und immer noch säum ich • ein augenbUck
Vermöchte mich zu versichern ■ weshalb nicht
Erfass idi den schleier mit forschendem finger?
Ich fühle dass ach! noch ein Icztes geflacker
Von sterbe nder hoffnun^ mir bleibt .
Ich fürchte den ^^TOlsen tag zu beschwören
Der meinen urteilspruch mir bringt.
Ich könnte wol sagen : unheilvolle
Jezt bin ich gewiss dass du mich belogst
Verachtung dir und verstofsung!
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Doch könnte ich sagen : ich quälte dich
Beargwöhnie dich die du wahr gewesen
Ich brüter von schiniiitliclieii gcdanken
Bezweifelte trotz deiner küsse und thranen
Dich aller reine und heiligkeit quell 1
Ein tag beginnt seui licht zu verteilen .
Sie treten beide über die schwelle
Vom ersten vollen scheine geblendet
Verändert doch zwiespältiger art :
Das weib in himmlischem glänz erstrahlt —
£r niedergedrückt und verstört.
Jezt will er gehen ... ein weibliches wissen
Befiehlt ihr ihn nicht zurückzuhalten
— Nach ungewohntem ist einsamkeit not
Noch flöfet das so neue ihm schrecken ein —
Sie lässt ihn schlecht ihren jubel verhehlend
Und schlcchi — unselige ! deutung findend
Für f=;eine miene nach solchem genusse .
Sie schaut ihm lange ahnungslos nach
Sie süfser und herrlicher jezt .
Damit zu voller Schönheit und frische
Sie wunderbar sich entfalten konnte
Bedurfte sie nur der küsse regen
Und seliger stunden weckenden thau.
Dem wald entgegen durcheilt er die Auren
Das herz voll gift und reuezorn .
Nun sinnloser hast du gewissheit .
Verderbliches «rissen! lastrische probe!
Ich war Verbrecher vom au^ enblick an
Da ich zum vc^ui an die ^eite ihr trat
Mit einer schandthat kauft ich die lösung
Ach endlich glaubte sie mich besiegt
Geheilt von dem übel das sie am meisten
Zerqualen musste • so wonneerfollt
Bedünkten sie die Umarmungen echt
Die tierische zucfcungen übers&feten
Die liebeseingabe sie geglaubt.
Da ist der sturzbach • dunkle wellen
Von des gebirges wettern genährt
Wälzen sich wo vor kurzem noch friedlich
Silberne linien und lachen güssen.
Wie er hassUch mein bild mir zurückwirft
Fluch mir verheizend wie alle es thun
Blumen und fluren und bergc^g.ptel.
Deine klaren wasser bezcu^^tcn
Meine zager- und dulderstunden
Düstere wogen die heuh'n und >chäumen
Machen mir zeichen • sie ziehn mich hinab
Dass ich dort meine Verdammnis beginne.
AUS HYMNEN
WEIHE
Htnatis zum ström 1 wo stolz die hohen röhre
Im Unden winde ihre Cathnen schwingen
Und wehren junger wellen schmeichel-chore
Zum utennoose kosend vorzudringen .
Im rasen rastend sollst du dich betäuben
An starkem urduft . ohne denkerstörung ,
So dass die fremden hauche all zerstauben.
Das auge schauend harre der erhörung:
Siehst du im takt des Strauches Laub schon zittern
Und auf der glatten fluten dunkelglanz
Die diuine nebelmauer ^ch zersplittern?
Hörst du das elfenlied zum tllenianz ?
Schon scheinen durch der zweige zackenrahmen
Mit stemen«;tädten seli<jc gefilde.
Der Zeiten flug verliert die alten namen
Und räum und dasein bleiben nur im bilde.
B K 3
34
Nun bist du reif, nun schwebi die iR-rrin nieder,
Mondlarbne gazesrhleier sie umschlingen ,
Halboffen ihre liaumesschweren lider
Zu dir genei)$t die Segnung zu vollbringen :
Indem ihr mund auf deinem antlitz bebte
Und sie dich rein und so feheitigt sah
Dass sie im kuss nichl auszuweichen strebte
Dem finger stützend demer iippe nali .
NACHTHYMNE
Dein auge blau, ein türkis, leuchtet lange
Zu reich dem leinen • K it verharre hange .
Den kiesel tröstrt deines kUides saum
Kaum tröstet mich ein träum .
Die alten götter waren nicht so strenge.
Wenn aus der schönen mutberauschten menge
Ein jüngling ange^lüht von frommem feuer
Zu iHRiiM lobe hels drs hchtes pfade
So war dai reine opler ümen teuer
So lächelten und winkten sie mit gnade .
Bin ich so ferne schon von opfeijahren?
Entweiht mich sü&es lüsten nach dem tode
Und sang ich nicht zu dröhnenden fanfaren
Der freudenliebe sonnen-ode?
Geruhe du nur dass ein kurzer Schimmer
Aus deiner wimper brechend mich versehre:
Des glückes hoifnung misst ich gern für immer.
Nach deinem preise schlöss ich meinen psalter
Und spottete dem schatten einer ehre
Und stürbe wertlos wie ein abendMter.
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GESPRACH
Ufie sei mir freude an den kalten ehren:
Wenn königlich da deinen leib verbietest
Den niedren mägden die ihn dreist ergebren
Und deren du mit seufzen nur entrietest.
Vergebens musst du ja die bände ringen
Nach einem labetrunk aus hoher sfare ,
O dass um selber ihn herabzubring^en
Dass einer mutter ich geboren wäre .
Herr oder flehend mögest du mich laden ,
Es sollte mir kein doppel-rot entquiUen,
Ich wurde dich in seidenwellen baden
Auf schwerem purpur freudig dir 2tt willen .
Doch so kann ich mit schattenkuss nur trösten ,
Ich leichter wölke kind und lichter plane,
Im chaos fragen , jubehi dem Erlösten
Und dulden wie ich deine duldung ahne.
DIE GÄRTEN SCHLIESSEN
Frühe nacht verwirrt die ebnen bahnen ,
Kalte traute trübt die weiher,
Glückliche ApoUe und Dianen
Hullen sich in nebelschleier .
Graue blätter wirbeln nach den gruften .
Dahlien levkojen rosen
In enswungenem ordiester duften,
WoUen schlaf bei weichen moosen .
Hexlse monde flohen aus der plorte .
Ward dein liotten deine habe?
Baust du inmier noch auf ihn- worte
Pilger mit der hand am Stabe?
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AUB PILGERFAHRTEN
MAÜNUNG
Du folgst der horde die dich tosend lud
Zum thron aus grellem gelbem Seidenstoff
Und rohem gold das oft vom blute troff
inmitten trümmersee und flammensud .
Nun weihe jede lust und jeden mord !
Dein wille rasend wie der gischt am fels
Erfreut sich am verheererischen nord
Und spottet klarer luft und klaren quells .
Vor deinen schuhen stammelt man den eid ,
Entführte weiber weinen ihren gram
Und eine, wirr im schrecken, ohne schäm
Zerreifst vor deiaem herrenblick ihr kleid.
Wie feile kiese bieten sich dir dar
Koralle perle demant und Smaragd,
Die priesterin in ziichtigem talar
Verneigt sich grüfsend : siehe deine magd .
Und einsam giebst du dir ein wildes spiel:
Wenn sich dein haar in niedrer lache nasst
Dein stolz mit wonne in die furchen fiel
Die der gemeinen tiere klaue lassi . .
War so denn wirklich dein erstritten land?
O überhöre jenen lockungschrei
Und sag nicht dass dein leid dein fuhrer sei
Und Wechsel nicht ein würdiges gewand .
Muhle lass die arme stiii
Da die haide ruhen will .
Teiche aul den thauwind harren,
Ihrer pflegen lichte lanzen
Und die kleiu tt bäume starren
Wie getünchte ginsteipflanzen .
Wcifse kinder schleifen leis
Ueberm see auf blindem eis
Nach dem segentag • sie kehren
Heim zum dorf in stillgebeten ,
Dm beim fernen gott der lehren
Die schon bei dem naheiflehten .
Kam ein pfiff am grund entlang ?
Alle lampen flackern bang.
War es nicht als ob es riefe?
Es empfingen ihre braute
Schwarze knaben aus der tiefe..
Glocke laute glocke laute!
NEUER AUbFAHRTSEÜEN
Als noch ver!ieif<iung mich ins ferne schickte,
In lichten schlafen ich die braut ersann
Da (batest du mich einen tag in bann
An dem ich dich als ihren boten blickte.
Da langsam heifse gier nach ihr erstickte ,
Ich in entsagung frieden fast gewann,
Sprich ob es gute fugung heüsen kann
Wenn nochmal mir dein auge niedemickte . .
Ich schreite durch den dorn zum mittelthron
Auf goldnen füfeen quahnen harz und santel ,
Mein sang ist schallend wie zu oigelton
Zur sdlbung fliefs mein eigen siedend blut !
Wo find ich wiL-der meinen pils^ermantel
Wo £nd ich wieder memen pilgerhut?
Beträufelt an bäum und zäun
Ein baisam das sprockc holz?
Verspäteter sonnen eigi^uhn
Die herbätliclien larbeii verschmolz:
Rotgelb , gesprenkeltes braun ,
Scharlach und seltsames grün.
Wer naht sich dem namenlosen
Der fem von der menge sich härmt?
In mattblauen kleidem ein kind.
So raschelt ein schüchterner wind
So duften sterbende rosen
Von scheidenden strahlen erwärmt.
An schillernder hecken raiid
Bei dorrenden laubes "fekmster
Und lichter wipfel sang
Führen wir uns bei der band
Wie märchenhafte geschwister
Verzückt und mit zagendem gang .
AUS ALQABAL
TM UNTERREICH
Jhr hallen prahlend in reichem gewande
Wisst mcht was unter dem fafs euch ruht
Den meister lockt nidit die landschaft am strande
Wie jene blendend im schofse der flut .
Die häuser und höfe von ihm nur ersonnen
Und unter den tritten der wesen beschworen.
Ohne beisptel die hügel der bronnen
Und grotten in strahlendem rausche geboren .
Die einen gleifeen in ewigen wintern ,
Jene von hundertfarbigen erzen
Aus denen Juwelen als tropfen sintern
Und flimmern und glimmen vor währenden kerzen
Die strdme die in den höheren stoUen
Wie scharladi granat und lubinen sprühten
Verfärben sich blässer im niederrollen
Und fliefsen von nun ab wie rosenblüten.
Auf Seen tie^iün in bäfen verloren
Schaukeln die ruderentbehrenden nachen,
Sie wissen auch in die wellen zu bohren
Bei armige riffe und gähnende drachen.
Der Schöpfung wo er nur geweckt und verwaltet
Erhabene neuheit ihn manchmal erfreut
Wo auiser dem seinen kein wüle schaltet
Und wo er dem licht und dem wetter gebeut.
40
Daneben war der räum der blassen helle
Der weifses licht und weifsen glänz vereint .
Das dach ist glas , die streu gebleichter feile
Am boden schnce und oben wölke scheint.
Der wände matte täfelung aus zedem .
Die dreifsig pfauen stehen dran im kreis,
Sie tragen daiinen blank wie schwanenfedem
Und ihre schleppen schimmern wie das eis.
Für jede zier die freunden farbenstrahlen :
Aus blitzendem tmd blinderem metatl
Aus elfenbein und milchigen opalen
Aus demant alabaster und kristall
Und perlen ! klare gaben dumpfer statte
Die ihr wie menschliche gebüde rollt
Und doch an einer wangc warmer glätte
Das nasse kühl beharrlich wahren soUt.
Da lag die kugel auch von murra-stein
Mit der in früher jugend Er gespielt —
Des kaisers finger war am tage rein
Wo thranend er sie vor das auge hielt.
Aua SAGEN UlMD SÄNGE
I 4
FRAÜENLOB
In der Stadt mit alten firsten und g^iebelbildern ,
Den schneckcnbö^fen an gebälk und tliüren ,
(icmalten M.'heiben , türmen die an die Sterne rühren ,
Den hohlen gangen und verwischten Wappenschildern ,
ßei den brunnen wann morgen und abend graut
Bei der gelächter und der wasser silbernem laut :
Ein leben voll zäher bürden«
£in ganzes leben dunklen duldertumes
War ich der herold eurer wurden
War ich der sanger eures ruhmes :
VVeilse kinder der bili-gep ränge
Mit euren kerzen fahnen bändem,
Fülirerinnen der heitren klänge
In farbigen lockeren gewandenii
Bleiche fireundinnen der abendmahle
Patrisiertdchter stolze hochgenannte)
Die unter heiligem portale
Die schweren kieider ^len der levante —
Und habe meiner töne ganze kunst gepflegt
Für euch ihr zierden im fest- und jubelsaale
Herrinneu mächtig und unbewegt .
Wer von euch aber reichte nur txaa gmfte
Den becher und den eichenkranz entgegen?
Wer sagte mir dass sie imch würdig wähne
Ihr leichtes band gehorsam anzulegen ?
Welche thräne und welche müde bufse
Gab antw ort je auf meiner leier thränen ?
Ich fühle iriedlicb schon des todes lufs .
Bei der glocke klagen folgen jungiraun und braute sacht
Einem sarg in düstrer tracht
Nur «Ufte bände reine und hehre
Dürfen flin zum münster tragen zum gewölb und grab
Mit königfUcher ehre
Den toten priester ihrer Schönheit zu verklären ,
Mädchen und mütter unter den zahren
Gemeinsamer witwenschaft gie£sen edle weine
Blumen und edelsteine
Fromm in die gruft hinab .
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Das lied des zwergen :
Ganz kleine vö^^el singen .
Ganz kleine blumen springen ,
Ihre glocken klingen ,
Auf hell blauen heiden
Ganz kleine lämmer weiden
Ihr vUefs ist weifs und seiden.
Ganz kleine kinder neigen
Und drehen sich laut im reigen
— Darf der xweig sich zeigen ?
Lilie der auen!
Herrin im rosenhag!
Gieb dass ich mich freue,
Dass ich mich erneue
An deinem gnadenreichen kronungstag .
Mutter du vom licht ,
Milde frau der frauen ,
Wei>e deine güte
Kindlichem gemüte
Das mit geäst und moos dein bild umflicht .
Frau vom guten ratl
Wenn ich voll vertrauen
Wenn ich ohne sünde
Deine macht verkünde :
Schenkst du mir worum ich lange bat?
AUS HIRTENGEDICHTE
n 4
DER AUSZUG DER ERSTLLNGE
Uns traf das los :
tirir müssen schon «in neues heim
In fernem feld
uns suchen die wir Idnder sind.
Ein epheuzweig
vom feste steckt uns noch im haar.
Die mutter hat
uns auf der schwelle laug gc icüsst ,
Sie seufzte leis
und unsre väter gingen mit
Geschlossnen munds
bis an die marken , hingen dann
Zur trennung uns
die feingeschnizten tafehi um
Aus tannenholz <—
wir werfen eüiche davon
Wenn einer ans
den lieben brudem stirbt ins grab.
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Wir scliieden leicht
nicht ( ines hat von uiis geweint ,
Denn was wir thun
greschieht den unsi^en zum heil .
Wir wandten nur
ein eüizigmal den blick zurück
Und in das blau
der fernen traten wir getrost .
Wir ziehen gern
ein schönes ziel ist uns gewiss
Wir ziehen froh
die Götter ebnen uns die bahn.
AVB DAS JAHR DER SEELE
II
NACH DjER lese
Komm in den totgesagten park und schau !
Der Schimmer femer lächehider gestade
Der reinen wölken unverhofftes blau
Erhellt die weiher und die bunten piade .
Dort nimm da? ticl'c gelb das weiche grau
Von birken und von buchs • der wind ist lau,
Die späten rosen welkten noch nicht ganz
Erlese küsse sie und flicht den kränz,
Vergiss auch diese lezten astem nicht!
Den purpur um die ranken wilder reben
Und auch was übrig blieb von grünem leben
Verwinde leicht im herbstlidien gesteht.
ihr rufe junger jabre die befahlen
Nach IHR tu suchen unter diesen zweigen i
Ich muss vor euch die stim vemeinend neigen
Denn meine liebe schläft im land der strahlen .
Doch schickt ihr sif mir wieder die im brennen
Des sommers und im flattern der Eroten
Sich als geleit mir schüchtern dargeboten:
Ich will sie diesmal freudig anerkennen .
Die reifen trauben gähren in den bülten
Doch will ich alles was an schönen trieben
Und edler saat vom sommer mir geblieben
Aus vollen händeii vor ihr luederschütten .
Ja heil und dank dir die den segen brachte !
Du schläfertest das immerlaute pochen
Mit der erwartung deiner Teure — sachte
In diesen glanzerfullten steibewochen.
Du kämest und wir halten uns umschlungen
Ich werde zarte worte lür dich lernen
Und ganz als gUchest du der einen fernen
Dich loben auf den sonnen-wanderungen .
48
Wir srhrtüen auf und ab im reichen flitter
Des buchenganges beinah bis zum thore
Und sehen auisen in dem feld vom gitter
Den mandelbaum zum zweiten mal im jQoie.
Wir suchen nach den sdiattenfr^en bänken
Dort wo ans niemals fremde stimmen sdieuchten .
Li träumen imsre arme sich verschränken
Wir laben uns am langen milden leuchten.
Wir lühlen dankbar wie zu leisem brausen
Von wipteln strahlcnspuren aul uns iropien
Und horchen nur und blicken wenn in pausen
Die reifen früchte an den boden klopfen.
Umkreisen wir den stillen teich
I i d . m die Wasserwege münden ,
Du suclist micli heiter zu ergrvinden
Ein wind umweht uns frühlingsweich.
Die blätter die den boden gilben
Verbreiten neuen wohlgenich.
Du sprichst mir nach in klugen silben
Was mich erfreut im bunten buch .
Doch weiÜBt du auch vom tiefen glücke
Und schätzest du die stumme thräne^
Das auge schattend auf der l)rücke
Verfolgest du den zug der schwane .
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Wir stehen an der hecken gradcm wall ,
In reihen kommen kinder mit der nonne
Sie singen lieder von der himmelswonne
In dieser erde sichrem klarem hall .
Die wir ims in der abendneige sonnten
Uns schreckten deine worte tmd du meinst:
Wir waren glücklich blols solang wir einst
Nicht diese hecken überschauen konnten.
Du willst am mauerbrunnen wasser schöpfen
Und spielend in die kühlen strahlen langen
Doch scheint es mir da wendest mit befangen
Die hande von den beiden löwenk&pfen.
Den Ving mit dem erblindeten juvs ele
Ich suchte dir vom finger ihn zu drehen ,
Dein feuchtes auge küsste meine seele
Als antwort auf mein unverhülltes flehen .
Nun säume nicht die gaben zu erhaschen
Des scheidenden ^epränßfes vor der wende ,
Die grauen wölken sammehi sich behende,
Die nebel können bald uns überraschen .
Die Wespen mit den goldengrünen schuppen
Sind von verschlossnen kelchen fortgeflogen ,
Wir faluren mit dem kahn in weitem bogen
Um bronzefarbnen laubes Inselgruppen.
B K4
Wir werden heute nicht zum garten gehen .
Denn wie uns manchmal rasch und unerklärt
Dies leichte duften oder leise wehen
Mit lang vergessner freude wieder nährt:
So bringt uns jenes mahnende gespcnster
Und leiden das uns bang und müde macht —
Sieh unterm bäume draufsen vor dem fenster
Die vielen leichen nach der winde Schlacht!
Vom thore dessen eisen lilien rosten
Entschweben vögel zum verdeckten rasen
Und andre tnnken frierend auf den pfosten
Vom regen aus den hohlen blumenvasen.
Jch schrieb es auf — nicht länger sei verhehlt
Was als gedanken ich nicht mehr verbanne .
Was ich nicht sage . du nicht lüiüöl : uns fehlt
Bis an das glück noch eine weite spanne.
An einer hohen blume welkem stiel
Entfaltest du's : ich stehe fem und ahne . .
Es war das weifse blatt das dir entfiel
Die grellste ferbe auf dem fahlen plane.
Jm freien Viereck mit den gelben steinen
In dessen mitte sich die brunnen regen
Willst du noch flüchtig spate reden pflegen
Da heut dir heU wie nie die steme scheinen.
Doch tiitt von dem basaltenen behalter,
Er winkt die toten zweige zu bestatten ,
Im vollen mondenlicfate weht es kalter
Als droben unter jener fölu-en schatten .
Ich lasse meine grofse traurigkeit
Dich falsch erraten um dich zu verschonen .
Ich fühle : hat die zeii uns kaum entzweit
So wirst du meinen träum nicht mehr bewohnen.
Doch wenn erst unterm schnee der park entschlief
So glaub ich dass noch leiser trost entquille
Aus manchen schönen resten — stiaufs und bhef —
In tiefer kalter winterlicher stille.
AUS EINEM NEUEN BUCH
I
Ich forschte bleich 'n eiters nach dem horte:
Nach strofen drinnen tietste kümmernis
Und dinge rollten dumpf und ungewiss
Da trat ein nackter engel durch die pforte .
Entgegen trug er dem versenkten sum
Der reichsten blumen last und nicht geringer
Als mandelblüten waren seine finger
Und rosen, rosen waren um sein Idnn.
Auf seinem lutupu- keine kröne ragte
Und seine siimnu- fast der meinen glich :
»Das schöne leben sendet mich an dich
Als boten« während er dies lächelnd sagte
Entfielen ihm die lihen und mimosen
Und als ich sie su heben mich gebückt
Da kniet auch er • ich badete beglückt
Mein ganzes antÜtz in den frischen rosen.
TL
Gieb mir den grofsen feierlichen haadi
Gieb jene glut mir wieder die verjünge
Mit denen einst der kindheil-flü^el Schwünge
Sich hoben zu dem frühsten opier-rauch
Ich mag mcht atmen als in deinem dutt .
Verschliefs mich ganz in deinem heiligiume,
Von deinem reichen tisch nur eine krume !
So fleh ich heut aus meiner dunklen klufi.
Und Er : was jezt mein ohr so stürmisch trifft
Sind wünsche die sich unentwirrbar streiten,
Gewährung eurer vielen kostt}arkeiten
Sei nicht mein amt und meine ehrengift
Wird nicht durch zwai^ errungen ' dies erkenn —
Ich aber bog den arm an seinen knieen
Und aller wachen Sehnsucht stimmen schrieen :
Ich lasse nicht ! du segnetest mich denn .
in
Zu lange düist ich schon nadi eurem glücke!
Dass mich des Herren joch nicht mehr bedr&dke l
Zu düster und zu einsam war sein dienst
Ais du mir schmerzlichem am weg erschienst.
Er gebe mir die fineiheit wieder» nehme
Die palmen und die starren diademe,
Versprechen einer neuen morgenblust
Um dich — mit meiner stim an demer brüst .
Da trat Er mir entgegen fahnenschwinger
Im hi-rbstesgolde und er hob den finger
Und lenkte micli zurück in seinen bann
Mit einem ton der ernst den geist umspann
Beim märchen der antikischen Sirenen
Und mit dem langen schwermut-blick der jenen
Des Meisters an dem see der heimat glich
Als er die jünger fragte : liebt ihr mich ?
IV
Du wirst nicht mehr die lauten fahrten preisen
Wo falsche flut gefährlich dich umstürmt
Und wo der abgrund schroffe felsen türmt
Um deren spitzen himmels adler kreisen .
In diesen einfachen gefilden lern
Den wind der den zu kühlen frübling lindert
Und den begreifen der die schwüle mindert
Und ihrem Idndes-stammeln horche gern.
Du findest das geheimnis ewiger runen
In dieser halden strenger linienkunst
Nicht nur in mauermeeres zauberdunst —
Schon lockt nicht mehr das wunder der lagunen
Das all*umworbene trümmexgrofee Rom
Vfie herber eichenduft und rebenblüten
Wie sie die deines Volkes hört behüten
Wie deine wogen » lebengiüner ström .
Li meinem leben rannen schlimme tage
Und manche töne hallten rauh und schrill .
Nun hall ein guter geisi die reclite wage
Nun thu ich alles was der enge! will.
Wenn auch noch oft an freudelosem ufer
Die seele bis zum schluchzen sich vergisst —
Sie hört sogleich am ankerplatz den nifer:
Zu schönenn Strand die segel an^ehisst!
Wenn mich atafe hohe meer geneigt ein nener
Gewitterstuim bedroht vom wahne links
Vom tode rechts — so greift Er schnell das Steuer ,
Der kräfte toben harrt des einen winks .
Gebietend sclilichtet er der wellen hader ,
Die wölken weichen reiner bläue dort :
Bald zieht auf glatten wassern dein geschwader
Zur stillen insel zum gelobten port.
UM-SCHREIBUNGEN AUS „MANUEL**
( Das fM VW Tim&nt kam )
Maamü — Leüa
T.KTT.A ( Humen pflückend i
Was folgest du mir auf meinem blumengange ?
I>a hebst nicht die hände und scheinst doch ein bittender .
MANUEL
Ich möchte nur dies: mit dir susanunen blumen lesen.
LEILA
Wie das silb^ der birken und der gesang in ihren zweigen
So gehört auch die weite wiese dir und mir.
( ue pßüdken jmmmhi«» bhme» }
Liebst du die glänzenden steme zu betrachten
Und die wechselnden büder der wölken zu verfolgen ?
MANUEL
Ja tmd liebst du den schimmernden gewässem nach-
zublicken
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Und liebst du das schauem in den nächtigen wäldem ?
LEILA
Was kommst du mir so nah tmd bridist mir meine blumen ?
MANUEL
Damit ich deine hände sehe die weiüser als die lilien sind .
LEILA
WOiJJEL
Willst du nicht meinen strauis zu dem deinen nehmen?
LliILA
Ich nehme ihn . doch daifst du mchi so viele knospen
milbrechen .
( stimme Timons )
LEILA
Der vater ruft — idi muss zurück in die hütte .
MANUEL
Und du wirst mir nicht verbieten wiederzukommen?
LEILA
Ich sagte dür schon dass die wiese uns beiden gehört .
MANUEL
Wenn du so sagst werd ich wol nicht wiederkommen.
LEILA
So sag ich es wäre mir schmerz wenn du nicht wieder-
kämesi .
( nie ftuchid mit ihren blumt n j
58
( Am brunnen )
Manuel — Leüa
I.EILA
' nii'f ri'nem kmge htmmeud )
Warum lächelst du heute nicht froh da ich erscheine ?
MANUEL
Ich leide noch von der ani^st dass du ausbleiben könntest .
LEILA
Ich bin zum dritten mal gekommen und weüs nicht ob
ich darf.
MANUEL
Es verfloss keim' stunde wo ich nicht bei dir lel>le
Ich rufe nach du* in nachten die ich ohne schlaf verbringe .
UEILA
Ich hörte häufig deine stimme deutlich hier an der quelle .
liIANUEL
Und zum monde sah ich denkend dass du auch hins&hest .
LEILA
Ich fühlte es an der plötzlichen waiine seiner strahlen.
MANUEL
So kurze nähe und so lange trennung trag ich nicht mehr .
Höre Leüa! drüben in weiten gärten liegt mein haus.
Was sagtest du wenn wir dort im morgen der blumen
warteten
Im abend den vögeln tauschten unter dunklen lauben
Und wenn wir niemals verliefsen für alle tage —
(tü «eAltf^0«i» ihre finger in einanda^ und Juibm m hü »wr
MchuUerhOhe)
LEILA (stA kmiatmi}
Du musst jezt schweigen und mich verlassen
Denn meme seele ist ganz in zittern.
(Manuei steht irmrig da . Leüa mit ihrem brug mr hütU)
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39
Der VaUr — Leüa
VATER
Warum richtest du dein auge nickt auf die purpurne sonne ?
LEILA
Ich sehe die purpurne sonne auch mit geschlossenem auge .
VATER
Willst du nicht einige schritte mit mir wandeln eh sie
untergeht ?
LEILA
Ich bin den ganzen tag unter bäumen und durch blumen
gewandelt*
VATER
Ich glaube dass du deine jungen tauben noch nicht ge-
futtert hast .
I.l'.ILA
Meine jungen tauben werden ihr futter linden auch ohne mich.
VATER
Warum bringst du mir keine blumen mehr wie früher?
LEILA
Es trocknen noch einige sträuXse an unsrem fenster.
VATER
Deine worte kommen mir zögernd und müde vor.
LEILA (sieM auf und se^wiigt)
Als ich dich heut morgen riet sähest du mich so staiT an .
LEILA (st^weigt)
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60
VATER (traurif) )
Ich ahne dass deine liebe zu mir verloren geht.
LEILA (auff ihn meütnd)
Vater du züchtigst mich und ich weifs nicht warum .
VATER { abweisend)
Bleib und lüge zu deinem undank keine lüge ,
Ich merke dass du dich von mir trennen wnlUtf
Ein rotes mal isl auf deine stirn g^ezeichnet ,
Ich werde bald aufhören dich meine tocbter zu nennen.
(gOa M dte MOk)
LEn.A
W as ist vorgefallen in jenen kurzen tagen :
Ich sah zwei äugen und war plötzlich wie geblendet
Blumen quellen und himmel kamen mir anders vor.
Ich spürte zwei Uppen und ich lebe seitdem
In einem wunderbaren und süfsen reiche.
So oft ich die Uder schliefse spüre ich sie wieder.
De^ib kann mein vater doch nicht erzürnt sein.
ifünllademi UMd die arme eu^pwMbmA)
Ich fühle mich rein wie die kinder im himmel droben .
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61
LOBREDE AUF JEAN PAÜJL
Von einem dichter will ich euch reden euicm der gröfsten
und am meisten vcrf^e^tjencn und aus seinem reichen vor hundert
jähren ersonnenen lebenswerk einige seilen lösen von über-
raschender neuheit unveränderlicher pracht und auffallender
▼CTwandtschaft mit euch von heute» damit ihr wieder den reinen
quell der fheimat schätzen lernet und euch nicht zu sehr Ter*
lieret in euren mennig^roten wiesen euren fosfomen gesichtarn
und euren liia-träumen.
Wenn es seiner hohen Zeitgenossen befriedigung war
empfundene und geschaute Wirklichkeiten deutlich wiederzu-
geben so war es sein heiliges streben den zauber der träume
und gesichte zu verbildlichen . wenn andere mit der worte
klarheit und richtigkeit •-legten so hat Er mit der worte ver-
schwindend /arten abscliattunRon gewirkt, über ihren }];elicimnis-
voilen unsichtbar rauschenden und anziehenden unterstrom auf-
schlüsse gegeben und zuerst — ein vater der ganzen heutigen
eindrucks-kunst — die rede mit unerwarteten glänzen und lichtmi
belebt mit heimlichen tOnen mit versteckten pulsschlägen seufzem
und Verwunderungen .
Iclk wir a» die flliiite «iol« auf den obeivtea ttafen eines
({riechischen teropels gelehnt . dessen weifsen fafsbodctt die gkpfel
taumelnder päppeln umzinj^e'ton unJ die t^ipfcl von eichen und
kastanien liefen nur wie ti uchthccken und ^eländerbaumc wallend
um den hohen tempel und reichten dem menschen darin nur bis
«nt ben.
O wenn ein erdeomenteh in einem trmm dnrck du
elysittm gegangen , wenn grobe nobdoinnte binnen ttbef ihm
msammenscblagen , wenn ein aeliger ihm eine von diesen blumen
gerächt bitte mit den «orten : »Diese erinnere dich . wenn du
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62
erwachst, dass du nicht getiäumt« wie würde er schmachten
mch dem dycücbea luid« to oft er die Mume uiilie !
Da Mukeft vor nni Uchte tchneeperieB «k iaiikeii nieder ,
wir btidcten aai uoA drei goldgrtiie pindiesvflgel niegteo tidi
obeo und zogen unaafhörlich einen kleinen kreis hinter einander
her un t die fklleoden perlen waren aas ihren aogea oder ihre
angen selb« .
L'ä begann die lallende tuuge aus orgeltremulanten durch
die ade stUie den tenfier da meoseheii answedeo und der wankende
ton wand eich ra lief in «ein weiches hen.
Er sah nie einen eo reinen sehne« des avcapMi nm die
blane hiflaraelsöftniing die weit in die schöne seele ging , nnd
wenn sie das auge in den garten niederschlug stand das grofse
vci bullende augenlid mit seinen zitternden Wimpern ebenso scbOn
darüber wie eine Ulie Uber einer quelle .
Er weinte nicht, aber konnte doch nicht mehr spredien,
ihre swei henen ruhten verknllpit in einander and die nacht
nmhfillte schweigend ihre stamme Hebe nnd ihre gro(sen gedanken .
Wenn oft ein imdurchdringliches gestrQpp ims den weg
durch den anmutigen duftenden garten mühsam macht: wenn
ganze Seiten Ton wunderlichen Zusammenstellungen und mafs-
losen abschweifungen uns erschrecken so sollen wir uns zurück-
rufen ddss der tiichter zur ztit des Zopfstiles gelebt hat den Et
allein im welt-sclinfttum verüili. zur zeit in der man die edlen
formen mit lächerlichen anhängen hässUchen Schnörkeln und
überflüssigen zierraten versah . und wenn mitten im trauten ge-»
spräch der liebenden ihr des schlummernden vaters rohes ge-
lalle hören und mitten in einem erhabenen stemen-chore bis
auf die minute erfahren mfisset wann der mond au^ht : so ist
dies ein jäher rückruf, der peinliche unvameidUche schlag den
der dichter sich und euch wieder giebt so wie . ihn seine hehre
se^e in all den Meinen st&dten an all den kleinen höfen Tom
niederen leben empfing.
Doch um wie viel öfter bleiben wir erstaunt und bescliämt
stehen vor einem so zarten empfinden einer >u frauenhaften
aufmerksamkeit einem solchen reichtiun der gefühle, besonders
63
da wo es ihn. f^chngl — entgegen dem beispicl der gleich-
altrigen — herzlich und zugleich fem zu sein : traulich aber
nicht derb, weich aber nicht verschwommen .
Wie hat er noch den wald gesehen das kindliche thal und
die einlkchen blumen ! wie hat er noch der vögel sänge lauschen
können, mit welclier kühnheit und mit welch frommem schauer
ist er durch die unermesslichketten , durch räume voll sonnen
monden und erden geschwebt! wie hat er noch den mal ge*
nossen von seinem ersten kfihlen windrauschen an bis zur
himmliscfaen trunkenheit und verzückten auflösung im warmen
blüten-meere !
Und sind sie nicht alle etwas von unserem fleische , seine
wesen in denen wir nur die kämpienden und sich vcrüuhncnden
teile der eijjnen seele sehen , die ohne g^ofse thfiter zu
sein unendlich sinnen und unendlich leiden , die zwischen dem
flötenspiele zarter Jünglinge und dem rosigen welken zarter
mädchen hin und herziehen vom stillen Lilar zum lauschigen
Blumenbühl .
^ Sei aber nicht gesagt dass es in seinen werken an heft^
ergreifenden auftritten fehle f wie Linda*s verderben , EmmanueVs
entschlummern , Vulf s abschied von Walt und der grOlsten und
rOhrendsten einer : Albano*s wahn genesung und reise mit einem
beinahe heldengedichtlichen abschluss .
Wenn Du höchster Goethe mit Deiner mannomen band
und Deinem sicheren schritt unsrer spräche die edelste bauai t
hinterlassen hast so hat Jean Paul der suchende der sehnende
ihr gewiss die glühendsten färben gegeben und die tiefsten
klänge .
64.
BRIEFE DES KAISERS AUXIS AN DEN DICHTER ARKADIOS
I 5
(AUSZÖGE)
ARKADIOS AH ALEXIS
Wenn ich den schmerz über die irenniing von dir schon
flberstanden so dürfte ich den Wechsel aus dem städtischen lärm
tind glänz in die ruhe dieser kühlen gartenländer nicht bereuen
in die deine gnade o grOlster und (gütigster cäsar mich versezt .
wo ich am moos der gesteine dem allmählichen reifen der
fruchte und dem rollen reichlicher gewas^cr mich freuen ge-
lernt Avährend die tage in p;leichm;ilsigcr bchaglichkcit voröber-
schweilen. e< i<?t mit eine an^enelime miiisigkcit j;e\vordea
den platzen die ich be.Nünders licb gewinne namen zu erfinden ; die
eichen oberhalb des gaitens die mich in den ersten stur.^cn
meines aufcnthaltes in Malakoi Potamoi so sehr getröstet nannte
ich das wäldcb^ der morgenrdte . . die stelle wo der grade
bach durch dunkle tannen ganz von der sonne geschieden ist
den traueT'Ort der n)rmphen. seitdem du o Alexis meinen
gesängen beifall gespendet habe ich^oft gedacht dass jeder
augenblick mir verloren wäre den ich nicht zu deiner freude
oder zu deinem preise verbrächte .
ALEXIS AN ARKADIOS
Wie gern ich dich im palaste behalten hätte nachdem ich
dich kaum gefunden und gekannt und welche gründe deine
entfernung — denn veibannung darfst du es nicht nennen —
veranlasst haben o mein Arkadios da* weifst du . bald hiittot
du das wa^ du als segen empiingest al.> bürde ihehen wollen
und ich hätte dich vor ranken und Gehässigkeiten nicht schützen
können der ich selber oft dem gröfstcn zwange tmterworfen
bin. hat doch Seleukos erst kürzlich die zahl meiner flöten-
bläser beschränken wollen tmd es mir verübelt dass ich in der
rennbahn die partei der Grünen ergriffe . deine nänten geliebtester
Arkadios die ich überallhin bei mir führe sind mir eine un-
versiegliche quelle der lust und sie werden mich an dich
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65
erinnem bis ich zum beginne der opora in deine abgeschieden*
heit dich zu begrüssen eUe .
AKKADIOS AN ALEXIS
Es war ein böser morgen der mich zu einer maiTnor5?äule
des Lysippos führte die den goti des weines und der trcude dar-
stellt und in einem mir seither unentdeckten laubgang des lust«
gartens errichtet ist. die ausgezeichnetsten werke jenes bildners
die ich in der hanptstadt gesehen und von denen einige deine
erhabene wohnung schmücken haben mich zwar immer mit
staunen und bewundenmg erfüllt : niemals aber fand ich eben*
mafs starke glieder und carte rundungen in so wahrhaft gött-
licher weise vereinigt und die konst des Lysippos dftuchte mir
das höchste geschenk der himmlischen im vergleich zu der alle
— auch die meine — gering und tadelhaft wären. ob%vol ich
Polyhymnia's und Erato's sanfte vorwürfe zu vernehmen glaubte
und das gedächtnis an dein gütiges lob o Alexis mich wieder
ermunterte: es war der erste^ tag meiner thränen in Malakoi
Potamoi .
ALEXIS AN ARKADIOS
Schweren herzens setze ich dich von einem tode in kenntnis :
des Bumenes der am abend der nonen dem gift erlegen ist .
es wurden stimmen laut der jfingling habe sich beim gelage zu
Schmähungen hinretfsen lassen die andeuten dass er sich gegen
unser geschlecht feindlich benehmen werde sobald erst die
jähre mehr die begierde nach thaten als nach gastmahlen in
ihm wachgerufen hätten . Seleukos wie die Augusta sahen in
seinem tod eine staatliche notwendigkeit ; unsre herschaft bedürfe
der ständigen festigung und man solle nicht dulden dass ein
uns gefahrlicher anhanp; in der Straflosigkeit gedeihe . sie bc-
harrten beide auf ihrem entschluss obwol ich ihnen mit flehen
abriet und ich den Kuraenes weniger wegen der verdienbie seiner
ahnen als wegen semer jugcnd imd früheren freundschaft zu
uns geschont hätte .
fi K 5
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AUB TAGE UND THATEN
n 8
SONNTAGE AUF MEINEM LAND
Die sttsammenstimmende ruhe von wiesen vasser und blauer
ferne wird nur manchmal unterbrochen durch das wehen einer
flagge oder durch einen teicrtag>klang der umliegenden weiler .
in langen Zwischenräumen si hretca uuthahne auf dem meierhof .
kinder stehen mitten im flachen fluss und tisclien , andere baden
zwischen dem wr-idicht und weiter oben --cliwankt ein leeres
boot an der fähre wäre es möglich in dieser friedfertigen
gediegenen landschaft seine seeie wiederzufinden?
Es sollte mir gezeigt werden , ein familien - erbstack das
schon seit jähren dastand : die gips • büste eines schönen staien
klugen kindes das früh sterben musste. es wurde mir gezeigt
in dem frostigen langen fünf-fenstrigen saal mit den altmodischen
Vergoldungen dem weifsen gedielten estrieh dem verbrauchten
plüsch und den hi> zur Unkenntlichkeit nachgedunkelten Öl-
gemälden . alle laden wurden geöflftiet damit man es g^t
betrachten könne . auf einem alten kaunitz in einem glasgehäuse
stand es mit der hohen etwas gewölbten stim — viel älter aus-
sehend da es nach der totenmaske gebildet war — das binter-
köpfchen stark heryortreteod und um den mund schon den
ansatz zur falte die man später die schmerzensfalte nennt .
FRÜHLINGSFIEBER
In den schollen der äcker und am rande der bäche haften
noch einige schnee • spuren und von der eintönigen verschleierten
ebene fliegen die krähen auf. weilte Wolkenstreifen strecken
in den grauen vuriahi Inmmel ilire t()tenhände. gewichtig und
lächerlich grofsen vögeln gleichend drehen sich einige dürre
bäume auf einer bergeshalde im winde hin und her.
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, 67
Die erinnerung an euch goldumrandete wölken — flatternde
Versprechungen — war verblasst als von neuem warme tage
das blut in gefährliche wallun^j; treiben und vom haus zu den
hügcln von den leidem zu den ilüssen jagen . die sonnen-
gebadeten höhen verletzen das auge das nur das graue ver-
schlissene laub des vergangenen sommers betrachtet und die
aackCheit der blütenbedeckten liAume die noch jedes grOns ent-
behren . abends sind diese aber in den dunklen gärten hell-
blinkende schwankende gestalten. *
Es ist natürlich dass auch einmal die gräber mich zum
besuche laden . zwei derselben sagen mir besonders zu : eines
mit breiten edelkiefem die lauchprüne spitze irQchte tragen , ein
andres wo eine vci >c hlcicrto hau seit einem halben jahrhund rt
die kalte wohnung eines kindcs beschUzt . nicht sehr fem ist
es zu der düsteren kleinen kirche auf einen vorsprung in den
fluss gebaut deren Scheiben und deren mneres zertrümmert sind
und wo man ehmals messen las damit ein gewisser heiliger die
leichen derer die dort herum ertranken linden lasse, unter
einer reihe Ton gebogen«! Terwitterten kreuzhölzem gehe ich
ganz nahjian den strom^und ich ermüde das ohr am gleich»
mäfeigen geräusch und am flimmernden spiegel die äugen die
seit langem die lust verloren sich mit tröstenden thränen zu
füllen.
In dieser paanmg von müdigkeit und unnihe vereinige ich
oft mit verkehrter frcude die verschiedenartigsten ausschnitte zu
einer landschaft und es scheint mir wenn plötzlich ein zitKmen-
gelber Schmetterling durch die kahlen farbenUisen getilde tliegt
wie ein jäher entschluss mitten in unbei^timmtea wünschen und
drangen.
HUGO VON HOFMANNSTHAL
VORFRÜHLING
I 2
Es läuft der frühlingswind
Durch kahle alleen ,
Seltsame dinge sind
In seinem wehen.
Er hat sich gewiegt
Wo weinen war
Und hat sich geschmiegt
In zerrüttetes haar .
Er schüttelte nieder
Akasdenblüten
Und kühlte die glieder
Die atmend gMten.
Durch die glatten
Kahlen alleen
Treibt sein wehen
Blasise schatten
Und den duft
Den er gebracht
Von wo er gekommen
Seit gestern nacht.
69
Lippen im lachen
Hat er berührt ,
Die weichen und wachen
Fluren durchspvfft.
Er glitt durch die flöte
Als sdiludizender sdirei »
An dämmemdor röte
Flog er vorbei.
Er flog mit schwt it^en
Durch flüsieinde zimmer
Und löschte im neigen
Der ampei Schimmer.
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EIN TRAUM VON GROSSER MAGIE
m 1
Viel königlicher als ein ptrlenbaad
Und kühn wie junges meer im moigenduft^
So war ein grolser traum , wie ich ihn fand .
Durch offene glasthüren ging die luft,
Ich schlief im paviUon zu ebner erde
Und durch vier ofbe thiiren ging die luft ,
Und früher liefen schon geschirrte pferde
Hindurch und hunde eine ganze Schaar
An meinem bett vorbei, doch die geberde
Des magiers , des ersten , grolsen , war
Auf einmal zwischen mir und einer wand ,
Sein stolzes nicken, königliches haar
Und hinter ihm nicht mauer : es entstand
Ein weiter prunk von abgrund , dunklem meer
Und giimen matten liinter seiner band .
Er bückte sich und zog das tiefe" her ,
Br buckle iicii und seine finger gingen
Im boden so als ob es wasser war.
Vom dünnen quellenwasser aber fingen
Sich riesige opale in den bänden
Und fielen tönend wieder ab in ringen.
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71
Dann warf er sich mit leichtem schwung der lenden ,
Wie nur aus stolz , der nächsten klippe zu
— ' An ihm sah ich die macht der schwere enden.
In seinen äugen aber war die ruh
Von schlaiend doch Lebendgen edelsteinen .
£r sezte sich und sprach ein solches Du
Zu tapen die uns ganz vcrg^angen scheinen
Dass sie herkamen (rauervoll und gi ofs :
Das treute ihn zu lachen und zu wemen .
£r fühlte traumhaft aller menschen loos
So wie er seine eignen glieder fühlte .
Ihm war nichts nah und fern , nichts klein und grofs .
Und wie tief unten sich die erde kühlte
Das dunkel aus den tiefen aufwärts drang»
Die nacht das laue aus den wipfehi wühlte ,
Genoss er allen iebens grofsen gang
So sehr dass er in grol'ser trunkeoheit
So wie ein löwe über klippen sprang.
Cherub und hoher herr ist unser geist .
Wohnt nicht in uns und in die obern slerne
Sezt er den stuhl und lässt uns viel verwaist:
Doch er ist feuer uns im tiefsten kerne
— So ähnle nur da ich den trauni da fand —
Und redet mit den feuern jener lerne
Und lebt in mir , wie ich in meiner band .
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BALLADE DES ÄUSSEREN LEBENS
m
Und Idnder wachsen auf mit tiefen äugen
Die von nichts wissen , wachsen auf und sterben
Und alle meoKshen gehen ihre wege
Und süfse fruchte worden aus den herben
Und fallen nachts wie lote vögel nieder
Und liegen wenig tage und verderben
Und immer weht der wind uud immer wieder
Vernehnnien wir und reden viele worte
Und spüren lust und müdigkeit der gUeder
Und strafsen laufen durch das gras , und orte
Sind da und dort, voll fackeln bäumen teicben
Und drohende , und totenhaft verdorrte . .
Wozu sind diese aufgebaut? und gleichen
Einander nie 7 und sind unzählig viele ?
Was wechselt lachen weinen und erbleichen?
Was frommt das alles uns und diese spiele
Die wir doch groüs und ewig einsam sind
Und wandernd nimmer suchen irgend ziele?
Was frommt's dergleichen viel gesehen haben?:
Und dennoch sagt der viel der .abend* sagt,
Ein wort daraus tiefsinn und trauer rinnt
Wie schwerer honig aas den hohlen waben .
TERZINEN Ober Vergänglichkeit
lU
Noch spür ich ihren aiem auf den wan^^eii :
Wie kann das sein dass diese nahen tage
Fort sind, für immer fort und ganz vexgangen?
Dies ist ein ding das keiner voll aussiant
Und viel zu grauenvoll als dass man klage :
Dass alles gleitet und vorüberrinnt
Und dass mein eignes ich durch mchts gehemmt
Herüber glitt aus einem kleinen kind,
Mir wie ein hund unheimlich stumm und firemd .
Dann: dass ich auch vor hundert jähren war
Und meine ahnen die im totenhemd
Mit mir verwandt sind wie mein eignes haar .
So eins mit mir als wie mein eignes haar.
74
Ui 2
Manche freilich müssen unten sterben
Wo die schweren rader der schiffe streifen.
Andre wohnen bei dem Steuer droben
Kennen vogelflug und die lander der steme .
Manche liegen immer mit schweren gliedern
Bei den wurzeln des verworrenen Lebens ,
Andern sind die stuhle gerichtet
Bei den Sibyllen, den königinnen
Und da sitzen sie wie zu hause
Leichten haupies und leichter liände .
Doch ein schalten lallt von jenem leben
In die anderen leben hinüber
Und die leichten sind an die schweren
Wie an Inft und erde gebunden:
Ganz vergessener Völker müdi^keiten
Kann ich nicht abthun von meinen lidern
Noch weghalten von der erschrockenen seele
Stummes niederfallen femer steme.
Viele geschicke weben neben dem meinen.
Durcheinander spielt sie alle das dasein
Und mein teil ist mehr als dieses lebens
Schlanke flamme oder schmale Icier.
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Dein antlitz war mit träumen ganz beladen .
Ich schwieg und sah dich an mit stummem beben
Wie stieg das auf! das s ich mich eimnal schon
In frühem nachten völlig hii^egeben
Dem mond und dem zuviel geliebten thal
Wo auf den leeren hängen auseinander
Die magern bäume standen und dazwischen
Die niedren Ideinen nebelwolken gingen
Und durch die stille hin die immer frischen
Und immer fremden silberweifsen wasser
Der fluss hinrauschen liefs, wie stieg das auf I
Wie stieg das auf! denn allen diesen dingen
Und ihrer Schönheit die unfruchtbar war
Hingab ich mich in gfrofser Sehnsucht ganz
Wie jezt für das anscliaun von deinem haar
Uud zwischen deinen lidern diesen glänz!
BOTSCHAFT
IV 1-8
Idi habe mich bedacht dass schönste tage
Nur jene heifsen dürfen da m redend
Die landschaft uns vor äugen in ein reich
Der seele wandelten : da hngelan
Dem schatten zu wir stiegen in den hain
Der uns umling wie schon einmal erlebtes ,
Da wir auf abgetrennten wiesen still
Den träum vom leben niegeahnter wesen
Ja ihres gehns und trinkens spuren fanden
Und überm leich ein gleitendes gespräch
Noch tiefre Wölbung spiegelnd als der himmel:
Ich habe mich bedacht auf solche tage
Und dass nächst diesen drei: gesund zu sein.
Am eignen leib und leben sich zu freuen
Und an gedanken, flügehi junger adler.
Nur eines frommt : gesellig sein mit freunden .
So will ich dass du kommst und mit mir trinkst
Aus jenen icrügen die mein erbe sind
Geschmückt mit laubwcrk und beschwingten kindem
Und mit mir sitzest in dem garten-turm :
Zwei Jünglinge bewachen seine thür
In deren köpfen mit gedämpftem blick
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Halbabgewandt ein ungeheueres
Geschick dich steinern anschaut dass du schwebt
Und meine landschaft hingebreitet siehst,
Dass daiiii vielleicht ein vers von dir sie mir
Veredelt kiinftig in der einsamkeit
Und da und dort erinnerung an dich
Im schatten nistet und zur dämmenmg
Die strafse zwischen dunklen wipfeln rollt
Und schattenlose wege in der luft
DahinroUt -wie ein femer godlner donner .
DER TOD DES TIZIAN
(BRUCHSTÜCK)
I 1
Dramatis persona
Der Prolog , ein page .
Filippo Pomponio Vecellio» genannt Tizianello, des
Meisters söhn.
Giocondo .
Desiderio .
Gianino (er ist 16 jähre alt und sehr schön).
Batista .
Antonio«
Paris .
Lavinia, eine tochter des Meisters.
Cassandra .
Lisa.
Dies spielt im jaiire 159Q , da Tizian neunundneunzig -
jähng starb .
Die stene -luf der tcrrasse von Tizians \i!la, nahe bei Venedig,
die terrasse ist nach rtlckwärts durch eine steinerne , durchbrochene rampe
abeescbkMacB , Ober di« in der ferae die wipfel von pinica nnd pappdn
schauen . links röckwärts läuft eine ( unsichtbare ) treppe in den garten . ihr
ausging vor der rampe ist durch zwei marmorrasen markiert* die liake
•dtc der len-asie flUlt steil RCffen den f^ten ab . hier «berUatten qd»»-
und rris(.nianken dir lampc und bilden mit hohem (^^-bü^ch des ^rlCBI ud
hereinhangeadea zweigen ein uodurclidtingliches dickicht.
Keehta flUien stofen ücberfSnnig die rSckwirlige ecke au «nd fUixea
tu eioem offenen altan . von diesem tritt man dorcih dM thtr, dia ain
vorhanp: schliefst , ins haus . die wand des hau'^cs . von reben und rosen
umi>puuncu mit blisten und baäireiicfs geaEtcrt , vascn an den fen^terstaueD
ava denen iddingpflanicn quellen » acfaliefirt di« bahne nadi reehtt ab .
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PROLOG
Der Pr olog , ein Page , tritt nrischen dem vorhaoff bfitroT «
jjTtifst artif^ . se?t sich auf die rampe und lüsst die beinc ( er trägt
losa seidenstrürapfe and raattgelbc schuhe J ins ordiester hängen :
Das stfick . ihr klugen herrn und hübschen damen ,
Das sie heut abend vor euch spielen wollen
Hab ich gelesen.
Mein freund der Dichter, hat mir's selbst gegeben.
Ich stieg einmal die greise treppe nieder
In unseim schloss , da hängen alte bilder
Mit schönen wappen, klingenden devisen,
Bei denen mir so viel u^edaaken kommen
Und eine trunkenhcit von fremden dingen ,
Dass mir zuweilen ist als müsst ich weinen . ,
Da blieb ich stchn bei des Infanten bild —
Er ist sehr jung und blass und früh verstorben . .
Ich seh ihm ähnlich — sagi ii sie — und drum
Lieb ich ihn auch und bleib dori immer stehn
Und ziehe meinen dolch und seh ihn an ,
Traurig und lächelnd und mit einem dolch . .
Und wenn es ringsum still und dämmrig ist.
So träum ich dann ich wäre der Infent
Der längst verstorbne traurige Infant . . ,
Da schreckt mich auf ein leises leichtes gehen ,
Und aus dem erker tritt mein freund , der Dichter ,
Und kttsst mich seltsam lächelnd auf die stim
Und sagt, imd beinah ernst ist seine stinune:
80
» Schauspieler deiner selbst^eschaffnen träume ,
» Ich weifs . mein freund , dass sie dieli liif^Mu-r nennen
» Und dich verachten, die dich nicht ve rstehen .
y Doch ich versteh dich o mein zwiUingsbruder «
Und seltsam lächelnd ging er leise fort
Und si^Lter hat er mir sein stück geschenkt.
Mir hat's gefalien • zwar ist's nicht so hübsch
Wie lieder die das volk im sommer singt ,
Wie hübsche fraiien . v/ie ein kind das lacht ,
Wie graziöse goldverzierte gondeln
Und wie jasmin in einer Delfter vase . .
Doch mir gefällt's weil's ähnlich ist wie ich :
Vom jungen Ahnen hat es seine färben
Und hat den schmelz der ungelebten dint^e .
Allkluger weisheii voll und frühen Zweifels,
Mit einer grofsen Sehnsucht doch , die fragt .
Wie man zuweilen beim vorübergehen
Von einem köpfeben das profil erhascht —
Sie lehnt kokett verboigen in der sanfte»
Man kennt sie nicht , man hat sie kaum gesehen
(Wer weils man hatte sie vielleicht geliebt)
(Wer weifs man kennt sie nicht und liebt sie doch)
Inzwischen malt man sich in hellen träumen
Die Sänfte aus , die hübsche weifse sanfte ,
Und drinnen duftig zwischen rosa seide
Das blonde köpfchen , kaum im flug gesehn ,
Vielleicht ganz falsch . was thut's , . die seele will's . ,
So , dünkt mich, ist das leben hier gemalt
Mit unerfahrnen färben des Verlangens
Und stillem durst der sich in träumen wiegt.
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Spät^mmermittag. Auf polstern and teppichen lagern auf den dtufen
4ic ringt nur rampe flllir» Desiderio, Antonio, Batista und Paris,
alle schwcit^cL. Jlt wind bewejjt leise den Vorhang der thür . Tizianello
and Gianino kommen nach «iner weile aus der thUr rechts. Desiderio .
Atttonio. Batista and Paria ttatn ihnen besorgt und tragend entgegen
nad driagea ikli an sie . nach einer kleinen pan$e :
Par: Nicht gut?
Gian : ( mit erstickter stimme ;
Sehr schlecht .
( xa Tixiaodlo der in thräuen ausbricht i
Mein armer Fippo !
Bai ; Er schläft ?
Gian : Nein , er ist wach und fantasiert
Und hat die Staffelei begehrt.
Ant : Allein
Man darf üe ihm nicht geben » nicht wahr , nein ?
Gian: Ja, sagt der arzt, wir sollen ihn nicht quälen
Und geben was er will in seine bände.
Tiz: (ansbrecbend)
Heut oder moigen ist*s ja dodi zu endel
Gian : Er darf uns länger , sagt er , nicht verhehlen . . .
Par : Nein sterben , sterben kann der Meister nicht !
Da lügt der arzt , er weifs nicht was er spricht :
Des : Der Tizian sterben der das k ben schafft !
Wer hätte dann zum leben recht und kraft ?
Bat : Doch weils er Selbst nicht wie es um ihn steht ?
Tiz : Im fieber malt er an dem neuen büd ,
In atemloser hast , unhcimUch wild :
Die mädchen sind bei ihm und müssen sleiin ,
Uns aber hiefs er atis dem zimmer gehn .
Ant : Kann er denn maieti , hat er denn die krait '!
Tiz : Mit einer rätselhaften leidenschaft
Die ich beim malen nie an ihm gekannt
Von einem martervollen zwang gebannt.
Ein page könnt aas der thflr lecht«, hinter ihn diener» aQe cndireckea.
Tiz; '
Gian : Was ist ?
Par: ,
B K 6
82
Page : Nichts , nichts, der Meister hat befohlen
Dass wir vom gartensaal die bilder holen .
Tiz : Was will er denn ?
Page : Er sa;^t er muss sie sehen . .
»Die alten , die erbärmlichen . die bleichen .
»Mit seinem neuen das er mall vergleichen . .
»Sehr schwere dinge seien ihm jezt klar ,
»Es komme ihm ein unerhört verstehen
» Dass er bis jezt ein matter stümper war . . »
Soll man ihm folgen?
Tiz : Gehet , gehet , eilt !
Ihn martert jeder pulsschlag den ihr weilt .
Die diener sind indessen Ober die btthnc gegangen , an der treppe holt
äe der pag^ ein . Tiiianello geht auf den futsspitzen , leite de& vorbaue
•aOebead , hinein . die andern gdien unruhig aof and nieder .
Ant: (halblaut)
Wie fürchterlich , die lezte , wie imsäglich . .
Der gdttliche . der Meister , lallend , klaglich . .
Gian : Er sprach schon früher was ich nicht verstand ,
Gebietend ausgestreckt die blasse hand . .
Dann sah er uns mit gro^n äugen an
Und schrie laut auf : c es lebt der groise Pan »
Und vieles mehr, mir wars als ob er strebte
Das schwindende vermögen 2U gestalten ,
Mit überstarken formein festzuhalten ,
Sich selber zu beweisen dass er lebte
Mit starkem wort , indess die stimme bebte .
Tiz I ( nirOckkommend )
Jezt ist er wieder ruht^'^ . und es strahlt
Aus seiner blässe, und er malt und malt.
In seinen au^en ist ein guter schmimer
Und mit den mädclien plaudert er wie immer .
Ant: So le^en wir uns aut die stufen nieder
Und hülfen bis zum nächsten schlimmem wieder .
Sie lagern sich auf den stufen . lizianello spielt nut Gianino c haar ,
die anfea halb geiddnfiicn .
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83
Bat : (halb für sich i
Das scblimmre . . dann das schlimmste endlich . . nein .
Das schlimmste kommt , wenn gar nichts scfalimmres mehr .
Bas tote taube dürre weitersein . .
Heut ist es noch als ob's undenkbar war . .
Und wird doch morgen sein*
Puie.
Gian : Ich bin so müd .
Par : Das macht die iuft » die schwule , und der sud .
Tiz : (laehclnd)
Der arme hat die ganze nacht gewacht 1
Gian : (anf den «TO gestillt}
Ja . Du . . . die erste die ich ganz durchwacht .
Doch woher weifst denn du's 7
Tiz : Ich fühlt es ja ,
Erst war dein stilles atmen meinem nah ,
Dann standst du auf und safsest aul den stxifen . .
Gian: Mir Avar als ging^e durch die blaue nacht »
Die atmende . ein rätselhaftes rufen .
Und nirgends war em schlaf in der natur .
Mit atemholen tief und feuchten lippen .
So lag sie horchend in das grolse dunkel
Und lauschte auf geheimer dinge spur .
Und sickernd , rieselnd kam das sterngefunkel
Hernieder auf die weiche wache flur.
Und alle fruchte schweren blutes schwollen
Im gelben mond und seinem glänz , dem vollen ,
Und alle bnmnen glänzten seinem ziehn ,
Und es erwachten schwere harmonien . .
Und wu die Wolkenschatten hastig glitten
War wie ein laut von weichen nackten tritten . .
Leis stand icli auf — ich war an dich geschmiegt —
fei steht «rzähknd auf, zu luianello t^enci^^t)
Da schwebte durch die nacht ein sülses tönen
Als hörte mau die Hole leise stöhnen
Die in der hand aus marmor sinnend wiegt
Der faun der da im schwarzen loibeer steht
6*
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Gleich nebenan , beim nachtviolenbeet .
Ich sah ihn stehen still und maimom leuchtea ,
Und um ihn her im silbrig blauen feuchten
Wo sich die offenen granaten wiegen,
Da sah ich deutlich viele bienen fliegen
Und viele saugen , auf das rot gesunken .
Von nächtigem dutt und reifem safte trunken.
Und wie des dunkels leiser atemzt^
Den dufl des gartens um die siirn mir trug .
Da schien es mir wit* das vorübersch weilen
Von einem weichen wogenden gewand
Und diL" t)erühi"uivj einer warmen hand .
In weilsLMi , seidig weilscn nioiidesstreifen
War liebestoUcr mücken dichter lanü
Und auf dem teiche lag ein weicher glänz
Und plätscherte und blinkte auf und nieder .
Ich weifs es heut nicht , ob*s die schwane waren .
Ob badender najaden weifse glieder,
Und wie ein süfser duft von Jrauenhaaren
Vermischte sich dem duft der aloe . .
Das rosenrote tönen wie von gei^^en ,
Gewoben aus der Sehnsucht und dem schweigen.
Der brunnen plätschern und der blülen scbnee
Den die akazien leise niedergossen ,
Und was da war ist mir in eins verflossen :
In eine überstarke schwere pracht ,
Die sinne siumtn und worte sinnlos macht .
Ant : Beneidenswerter, der das noch erlebt
Und solche ding-' in das dunkel webt!
Gian : Ich war in halbem träum bis dort gegangen ,
WO man die Stadt sieht, wie sie dninten ruht.
Sich lliisternd schmieget in das klcid von prangen
Das mond um ihren schlaf gemadit wid Hut,
Ihr lispeln weht manchmal der nachtwind her.
So geisterhaft , verlöschend leisen klang ,
Beklemmend , seltsam und verlockend bang ,
Ich hört es oft , doch niemals dacht ich mehr . .
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Da aber hab ich plö^lich viel {»cfühlt r
Ich ahnt in ihrem sieim-rn süUlii seh \vl' igen
Vom blaurn snoni (K^r nacht cinpoi gespült
Des lOivn bluts bacchantisch u ihieii rcJgen ,
Um ihre däciicr sah ich fosfor yhn^nica ,
Den Widerschein geheimer dinge schwiounen
Und schwindelnd überkam^s mich auf einmal:
Wol schlief die Stadt : es wacht der rausch, die qual ,
Der hass , der geist , das blut : 'das leben wacht .
Das leben , das lebendige , allmacht'ge —
Man kann es haben und darauf veigessen 1 . .
(er hilc «D« augenUick iAD«)
Und alles das hat mich so müd gemadit :
Es war so viel in dieser einen nacht.
Des : ( an der rampc zu Gianino )
Siehst du die Stadt wie jezt sie drüben ruht?
Gehüllt in duft und gokhie abendglut
Und r(>«ig helles gelb und helles grau ,
Zu ihren tüfscn schwaizer schatten blau .
In Schönheit lockend, feuchtverklärter reinheil.
Allein in diesem duti . dem ahnungsvollen .
Da wohnt die hisslichkeit und die gemeinheit
Und bei den tieien wohnen dort die tollen . .
Und was die ferne weise dir verhüllt
Ist ekelhaft und trüb und schal erfüllt
Von wesen die die Schönheit nicht erkennen
Und ihre weit mit imsren worten nennen . .
Denn unsre wonne oder unsre pein
Hat mit der Ihren nur das wort gemein . .
Und liegen wir in tiefem schlaf befangen .
So gleicht der unsre (iuem sclilafe nicht :
Da schlafen purpuiblukMi . ^oldnc bcljl.iiii^en ,
Da schläft ein beig m dem Titanen bainiiirrn —
Sie al>L'r schlalen wie die ausiern dämmern .
Ant : ^ hnlb auf,{erichtet >
Darum umgeben gitter . hohe . schlanke .
Den gai len den der Meister Üefs erbauen .
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Darum durch üppig blumendes gferanke
Soll man das auüseo ahnen mehr als schauen .
Par : ( ebenso )
D.is ist die lehre der verschlungnen gänge .
Bat : ( ebeo&o )
Das ist die grofise konst des hintergnmdes
Und das geheimnis zweifelhafter lichter.
Tiz.: ( mit getcblonencD mfoen )
Das macht so schön die halbverwehten klänge.
So schön die dunklen worte toter dichter
Und alle dinge denen wir entsagen.
Par : Das ist der zauber auf versunknen tagen
Und ist der quell des grenzenlosen schönen.
Denn wir ersticken wo wir uns gewöhnen.
Alle Tentomnien . paute , TizianeUo wriot Idie vor sick hin .
Gian : ( schmeichelnd )
Du darfst dich nicht so trostlos drein versenken »
Nicht unaufhörlich an das eine denken.
Tiz: ( traurie: lächelnd )
Als ob der schmerz denn etwas anders war
Als dieses e\vi(;e dian-denken-niüssen
Bis es am ende farblos wird uiid leer . .
So lass mich nur in den gedanken wühlen ,
Denn von den leiden und von den genüssen
Hab längst ich abgestreift das bunte kleid
Das um sie webt die Unbefangenheit,
Und ein&ch hab ich sdkon verlernt zu fiifal«i .
Pause.
Gian: Wo nur Giocondo bleibt?
Tiz : Lang vor dem morgen
— Ihr schlieft noch schlich er leise durch die pfiorte ,
Auf blasser stim den kuss der liebessorgen
Und auf den lippen eifersüchtVc worte
Pagen tragen zwei bilder bbcr die bOhne (die Venus mit den blumea
«ad das grosse Bac c haaal ) dk uMkt ertebe» ridi «ad «tehea , to laagc
die bilder fOfttbergetragen «rerdea , ndi gcacaktem köpf, da« barett ia der
Nack dacr pause ( alte atekea )
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Des : Wer lebt nach ihm , ein künstlei und lebend ger ,
Im geiste herrlich und der dinge band' ger
Und in der einfalt weise wie dat kind?
Ant: Wer ist der seiner weihe freudig traut?
Bat : Wer ist dem nicht vor seinefli wissen graut ?
Par : Wer will uns sagen ob wir kunstler änd ?
Gian : Er bat den regungslosen wald belebt :
Und wo die braunen weiher murmelnd liegen
Und epheuranken sich an buchen schmiegen ,
Da hat er gdtter in das nichts gewebt:
Den sat3rr der die syrinx tönend hebt,
Bis alle dinge in verlangen schwellen
T'nd hirten sich den hirlinnen gesellen . ,
Bat : Er hat den wölken die vorüberschweben »
Den wesenlosen , einen sinn gegeben ;
Der blassen weifsen schleierhaft"? dehnen
Gedeutet in ein blas;.es süfses selincn ;
Der mächt'gen (^oldumrundct schwarzes wallen
Und runde graue die sich laciicnd ballen
Und rosig silberne die abends ziehn :
Sie haben seele , haben sinn durch ihn .
Er hat aus klippen , nackten , fahlen , bleichen ,
' Aus grüner wogen brandend weifsen schäumen.
Aus schwarzer haine regungslosen träumen
Und aus der trauer blitzgetroffiner eichen
Ein menschliches gemacht das wir verstehen
Und uns gelehrt den geist der nacht zu sehen.
Par : Er hat uns aufgeweckt aus halber nacht
Und unsre seelen licht und reich gemacht:
Und uns gewiesen , jedes tages tlicfscn
Und fluten als ein Schauspiel zu genieisen ,
Die Schönheit aller formen zu verstehen
Und unsrem eignen leben zuzusehen.
Die frauen und die blumen und die wellen
Und seide , gotd und bunter steine strahl
Und hohe brücken und das fruhlingsthal
Mit blonden nymphen an kristallnen quellen
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Und was ein jeder nur zu triMunen liebt
Und was uns wachend herrliches umgiebt :
Hat seine grofse Schönheit erst empfangen,
Seit es durch seine seele durch gegangen .
Ant : Was für die schlanke Schönheit reigentanz ,
Was üackelschein iur bunten madcenkranz ,
Was für die seele die im schlafe liegt
Musik die wogend sie in rhythmen wiegt
Und was der Spiegel für die junge frau
Und für die bluten sonne licht und lau:
Ein auge , ein harmonisch dement
In dem die Schönheit erst sich selbst erkennt —
Das fand natur m seines wesens strahl .
» Erweck uns , mach aus uns ein bacchanal ! c
Rief alles lebende das ihn ersehnte
Und seinem blick sich stumm entgegendchnte .
WTihrend Antonio spiitht, sind die drei mädchen leise aus der thör
getxciea und zuhörend stehen geblieben . diu Tiiianello der zerstreut und
tdlnaiiilot etwai alwdts tcdtts strht Kbeint sie n benerken. Lavinit
trägt das blonde haar im goldnetz und das reiche kostttm einer veneziani-
schen patrizicrin. Cassandra und Lisa, etwa 19 und 1 7 jährig , tragen
beide ein einfaches kaum stilisiertes peplura aus wetfsera anschmiegeadcm
flutendem byssus ; nackte arme mit goldenen schlangenreifen am oberarm ;
Sandalen, j^ilrfel aus goldstoff . Casandra ist aschblind , praziös . Lisa hat
eine gelbe rosenknospe im schwarzen haar . irgend etwas an ihr erinnert
aas knabenliafic , wie irgend etwas an Gtanino aa« midchenhafte crianert .
hinter ihnen tritt ein p»?e aus der thttr der einen getriebenen sÜbernca
weinkrag und becher trägt.
Glan ; Dass uns die fernen bäume lieblich sind ,
Die träumerischen , dort im abendwind . .
Par: Und dass wir Schönheit sehen in der flucht
Der weifsen segel in der blauen bucht . .
Tiz: (zu dem madchen, die er mit einer leichten beweguug begiüsst
bnt . alle andern drehen lick nn )
Und dass wir eures haares duft und schein
Und eurer formen mattes elfenbein
Und goldne gürt' 1 die euch reich umwinden
So wie musik und wie ein glück empfinden —
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Das macht : Kr lehrte uns die diüge sehen . .
( bitter )
Und das wird man da drüben nie verstehen!
Glan : ( go 4e0 mSdeben )
Ist er allein ? soll niemand zu ihm gehen ?
Lav : Bleibt alle hier . er will jezt niemand sehen .
Des : Vom schaffen beben ihm der seele saiten
Und jeder laut beleidigt die |]feweihten !
Tiz : C.) kam ihm jezt der tod , mit sanftem neig;en ,
In diebcr schönen trunkenheit , im schweigen!
Par: Allem das l>ild ^ vollendet er das bild?
Ant : Was wird es werden ?
Bat : Kann man es erkennen ?
Lav : Wir werden ihnen unsre haltung nennen .
Ich bin die göttin Venus , diese war
So schön dass ihre Schönheit trunken machte.
Cass : Mich malte er wie ich verstohlen lachte ,
Von vielen küssen feucht das offne haar .
Lisa : Ich halte eine puppe in den bänden ,
Die ganz verhüllt ist und verschleiert ganz
Und sehe sie mit scheu verlangend an:
Denn diese puppe ist der groüse Pan ,
Ein Gott ,
Der das gelieimnis ist von all -m leben
Den halt ich in den armon wie L'in kind ,
Doch ringsum luhi ich ratselliaties weben
Und mich verwirrt der laue abendwind .
Lav : Üfich spiegelt still und wonnevoll der teich .
Cass : Mir küsst den fufs der rasen kühl und weich .
Lisa : Schwergoiden glüht die sonne die sich wendet :
Das ist das bild und morgen ist's vollendet .
Lav : Indess er so dem leben leben gab ,
Sprach er mit rulie viel von seinem grab.
Im bläulich bebenden schwarzgrünen hain
Am weifsen Strand wil! er begraben sein :
Wo dichtverschlun^en viele ptlan/en stehen,
Gedankenlos im werden und \erf^^ehen
Und alle dinge auf sich selbst vergessen
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Und wo am meere das sid) träumend regt
Der leise puls des stummen lebens schiigt.
Par : Er will im unbewussten untersinken ,
Und wir, wir sollen seine seele trinken
In des lebendgen lebens lichtem wein ,
Und wo wir Schönheit sehen wird Er sein!
Des : Er aber hat die Schönheit stets gesehen ,
Und jeder augenblick war ihm erfollung ,
Indessen wir xu schaffen nicht verstehen
Und hülflos harren müssen der enthüllung . .
Und unsre gegenwart ist trüb und leer ,
Kommt uns die weihe nicht von aufsen her.
Ja , hatte der nicht seine liebessorgen
Die ihm mit rot und schwarz das heute färben
Und hätte jener nicht den träum von morgen
Mit leuchtender erwaitung glück zu werben
Und hätte jeder nicht ein heimlich bangen
Vor irgend etwas und ein still verlangen
Nach irgend etwas und erregung viel
Mit innrer lichter buntem forbenspiel
Und irgend etwas was zu kommen siumt
Wovon die seele ihm fantastisdi träumt
Und irgend etwas das zu ende geht
Wovon ein schmerz verklärend i!:n durchweht,
So lebten wir in dammerung dahin
Und unser leben hätte keinen sinn . .
Die aber wie der Meister sind, die gehen
Und Schönheit wird und sinn wohin sie sehen.
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BIL,DLICHER AUSDRUCK
IV 1-2
iwoijoa« ÖTt xov KotJjTTjv hioi tiiztp [xeXXol
Man hörl nicht selten die rede : em dichtwerk sei mit bild-
lichem ausdruck geziert, reich an bildern . dies muss eine
falsche anschauuag hervomifea als seien die bilder — metafem
— « etwas allenfalls entbebrliches , dem eigentlichen stoff aus
welchem gedichtetes besteht äulserlich angeheftetes . Tielmehr
aber ist der uneigentliche der bildliche ausdruck kern and wesen
aller poesie : jede dichtung ist durch und durch ein gebilde aus
unetgentlichen ausdrücken.
Die „handlungen" die „ge-stalten" sind nichts anderes wo-
fern man das wort nur recht versteht: gleichnisse aus vielen
gleichnlssen zusamuengesezt . mit der spräche ist es nichtanders ,
nur sind es unter den redenden die dichter allein die sich des
gleichnishaften der spräche nnaufhOrlidi bewusst bleiben.
Was der dichter in seinen unaufhörlichen gleichnissen sagt,
das lässt sich niemals auf irgend eine andere weise fohnc gleich-
nisse) saficn : nur das leben vermag das gleiche auszudrücken,
aber in seinem sto£^ wortlos.
Die leute suchen gern hmter einem gedieht was sie den
^^eigentlichen sinn** nennen, sie sind wie die äffen die auch
immer mit den bänden hinter einen Spiegel fahren als mässe
dort ein kOrper zu fassen sein .
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DICHTER UND LEBEN
IV 1-2
Wer ixnmer mit dea Spiegelbildern zu thun hat wird im
guten und bteen nicht sehr geneigt sein an das feste zu glauben .
Das wirkliche ist nicht viel mehr als der feurige rauch aus
dem die erscheinungcn berrortreten sollen; doch sind die er^
scheinungen kinder dieses rauches .
Dies ist der gefahrlii hste beruf der <\ch immer mit dem
schein des sittlichen ab^iiebt ; er führt dazu sich mit sittlichen
möglichkeiten zu begnügen.
Das wissen um die daisiclll arkeit tröstet gegen die über-
wäiligunfi durch das lelu'n : das wissen ums leben tröstet über
die schattenhaftigkeit der dar.stellung . so sind <ic mit einander
verbunden ; dies wird eine schwache begabung hinabziehen , eine
starke emportreiben.
Der dicluer begreift alle dinge als brüder und kinder eines
bluies ; dies führt ihn aber zu keiner Verwirrung . er schazt die
einzigkeit der begebenheil unendlich hoch . übei alles sezi er
das einzelne wesen, den einzelnen Vorgang, denn in jedem be-
wundert er den zusammenlauf von tausend fäden die aus den
tiefen der Unendlichkeit herkonunen und sich nirgends wieder,
niemals wieder vOUig so treffen . hier lernt er seinem leben
gerecht 2tt werden.
PAUL GERARDY
LIEDER
I
Das lied ganz aus mondenschem
Hersag ich's «in wenig bleich.
Eine amsel sang es beim dammern
Dem. horchenden schwan auf dem blauen ieith
Es klingt von liebe von trauer ,
Von freudc noch von liebe noch ,
Von schweren goidnen Seufzern
Und hreude bleibt es doch.
Die amsel schlug eilend die flugel —
Der schwan sinnt über den neuen ton ,
Er zieht mit dem köpf unterm flugel
Auf des wassers rucken davon .
n
Lass singen den herbst vor den thüren
Harmonische pracht des herbstes.
Gold , purpur die winde führen ,
Zerstückte kleidung des herbstes .
Deine arme in küssen in tollen
Um meinen nacken sich schlingen ,
Weisheit die thranenvolle
Der wind tragt sie weg im singen.
Ich ruhe ein wenig vom leben ,
Ich sende in sortrlosem träum
Meine lieder \ ci;i klarer freude
Wie tauben zum bimmeissaum.
AUS ALLEN DENEN VON DER RUNDE
U 2
i WIDMUNG AN STEFAN GEORGE
Aut deiner erhobnen theorbt- singen die steme
Von Goethe von Platen und dem dichlergeblüt
Dess klare hoheit entzündete die steme ,
Das freudige gold das germanische himmel besprüht .
I Du Herrlicher singst allein noch die sänge der götter
■ Aus niederer menge die das schweigen entweiht -
Du wandelst hehr und die ganze freude der götter
Aus deinem nrand sich in strahlenden takten befreit .
O Sänger der mir meine lange ihorheit verdachte
Von dem ich ferne mein leidendes leben verbrachte,
Idk widme dir meine bruderlichen träume
Damit für euch ihr bewobner im heiligen lichte
Aus azur und reinem glänze sich errichte
Das stolze sdüoss meiner bruderlichen träume .
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ERWACHEN
U »
Hehre hohe goldne blumen
Ragen zu der sonne auf.
Müde von des langen tages schwüle
Von dem langen streichen durch die berge
\'on der hellen hehren sonnenfreude ,
Aller blumen r.iüd und malt
Ist der ntler eini,aschlafen
Unter einer hohen goldnen blume
Die der sonne winkt in winden .
Neben ihm die dünne lanze
Die ein Wolfshund ihm bewacht.
Doch die sonne roi und grofs
Sinkt wie feuersbrunst am himtnel
Und die kühlen winde wecken
Leise rufend leise neckend
Ritter hund und lanze .
Und die hoben goldnen blumen
Schlielsen sich und schlafen ein.
Ritter schweigsam greift zur lanze
StUl und langsam mit dem wolfsbund
Schleicht er durch den blumenirieden fort.
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DIE JUNGFRAUEN
n 4^
üiLDEGAKDIS
»So lange tage stand ich und so dunkle nachte
Hoch auf dem türme wo die raben schauernd lagern
Ich sdiaute nach der panzer nach der lanzen blitzen
Verloschen einst als in des morgens jungem lieble
Der schar voran Er feierlich gen osten zog .
So trübe tage lebt ich witer stillen thränen
Zum Heiland hob ich klagend oft die bangen bltcke:
O mörht ich nur wenn fürchterliches Schicksal käme
r^iu kuiileii bänden ihm der wunden feuer limlcrn
Mit frommem küsse ihm die müden Uder drucken.
O Herr ! zu (od verzagen würd ich wenn nicht heut
In Ostens sanftem licht die heflen panzer strahlen
O Herr ! doch m^e sanft sein tod und meiner sein . . <
Ein hom . . und lanzen glühen rot im morgen • blut ,
Da sank sie sanft den magden in die frommen arme.
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CANDIDA
Beten wird er wol in stiller Uaiue
Und meiner denken — lüge ist es
Dass er tobe wie die heiden
Dass er in kämpf nnd lustgezelten
Das Schwert in wildem tanze schwinge .
Verworfen mag er wol nicht sein
Der einst so sanft die lippon küsste
Mir , so sanft dass es den eitern
Sünde deuchte, dass sie streng beschlossen
Zu meiner sdiwachen seele heil
Eines klosters sanfte mbe , .
Doch dass er tobe wie die heiden
In Sünden , das muss lüge sein —
In stiller klause denkt er mein
Und ich hör ihn — und er betet.
NINIANE
Merlin lass die zauberwerke
Merlin lass die böse kunst »
Lass audi der gebete bronst ,
Ich lade dich zu fleisches mahlen
— Gott muss über satan si^en.
B K 7
98
Merlin , Merlin komm zum mahle
Meines fleisches rosenduft
Ruft dich aus der hölleogruft
Ruft didi aus des himmels sehnen
— Ich muss über satan siegen.
Merlin komme I Merlin raste
Süfse roh in meinem schofse,
Mein mund erteilet scfaidcsalsloose
Merlin meine blutigen lippen . .
— Uber Goti und satan wirst du siegen .
CAECILIA
Der glocke sanftes lied verscholl in abendstille
Und firoamie träume ruhn in domes hallen.
O leise dass ich nicht das hehre schweigen störe!
Nicht wecken will ich auch der orgel schlaf — uui uaumen
Von einem reinen bräuügam — nur träumen .
Ich spiele sanfte psalmen-weisen wenn er kommt ,
Er hat doch lilien in der hand — und ach die fuiise
Die hände bluten — o wie leise ruht sein aug
Auf mir ! die hände bluten . er hält weifse lilien
Und kröne zepter purpurmantel — war er kdnig ?
Ein junger priester steht er am altar — nichi dieser —
Vergieb o herr ! nicht dieser <■ lilien muss er halten . .
Ihr finger bebt — ein klang . . und tausendfach erdröhnt
Des Schweigens zom - und zitternd steht sie da und weifs nicht
üb Gott erzürnte weil sie Uiiuuue , leise traunile .
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BASILEA
Vom meer in sanftem bogfen steigt die treppe hoch und breit
LorbeCTbäume und zipressen ragen zur terrasse
Schweigen auf dem meere . stiller Schlummer in der au ,
Feierlitjh die morgensonnt- in des osUus grau —
Stumm und hehr auf hohen stufen schauet sie zum meer.
Segel nahen , jjondeln wiegen sich und schwane träumen .
In der waffen freude krieger durch die leider ziehen .
Krieger scbüter nahen und umstehen die terrasse
Stillgebeugte häupter harren auf der herrin wort .
Stumm und hebr gen osten hebt sie ihre band.
Rennen waffentosen , schwane fliehen , schiffe eilen
Fem im osten schon von kampfesbrausen dröhnt die luft.
Krieger fallen, schiffe stranden — wess sieg die schwane singen?
Feierlich die morgensonne strahlt in Ostens rot
Stunmi und bdir auf der terrasse schauet sie zum meer.
7*
DIE TANZE
m 2
I. HELLAS
Auf stufen die steigen za tempels pfeilern
Tanzet zur freude der göttlichen Hellas
— Jakchos und Iris Kybele uikI Pan —
Die frcudc des lebens die Schönheit der iust ,
Die Worte die schritte das mafs.
In Wollust in wonne das lied ist verklungen,
In schwarzen äugen wohnt feuer der Hellas,
In äugen voU träum — die tempel zexfielen
Die hatten verstummten , auf grabem nun lies :
Die Worte die schritte das ma£i .
Doch Kronos der steger besiegt nicht das leben ^
In faltigem kldde schwing woUust des leibes ,
Du lanzerin , ewige freude des traunics I
Wir lesen in marmor für ewig geschrieben:
Die werte die schritte das mals .
n. GALLIEN
In eichen im träume
Die all-götter leben .
Die frommen priester in weifeem gewande
Sie wandeln und singen
Die mistel zu ernten.
Die färben die äugen —
*
Der glut-wein im becher .
Uns hat im herzen die freude verwundet,
Wir sterben und leben
Mit lieben und spiel .
Zum tanze zur freude !
Es reizet die beiden
Die nacktheit der leiber in scherzenden Zierden
Die scherzenden beiden
Zu wonne und tod.
m. GERMANIEN
Schwinglag der freude singtag der lust ?
Am flusse gelind wie die reigeu sich winden !
Im haine das schweigen der birken und weiden ,
Das rieselnde wasser die heile der mond
Und auf den gefilden nebelt ein träum.
103
Das lied ist vorüber , die freude verschollen ,
Es kamen in heibstbraunen mänteln gewandelt
Durch Saaten und blumen die möndie mit kreusen »
Sie haben den reiben im walde verjagt,
Am bäume des lebens genagelt das kreuz .
Es trauern die lande der tanz ist verstoben —
Und stirbt von dem nagel im herzen die eiche
So stirbt am kreuze das land — nur wenn wachsend
Die eiche das kreuz zerdrückt hat so (iarnrncrt
Von neuem schwingtag der freude singtag der lust ,
IV . ARABIEN
Sand und himmei und feuer die weite . .
Es dr&igen der hohen kameele schritte ,
Hoch sizt der meisten in weifsen gewanden ,
Die flöte singt Ireude erneuerter fahrt ,
Verschleierte schönen umnebelt ein träum .
Quellen und dattein . die rast ist hier gut .
Die tiere knieen , die zelte sich reihen ,
Es staunet der stamm um den meister gelagert
Zum tanze der firauen in woliust und scherz —
Dodi welche in freude der meister wo! schaut?
Zur ruhe zum schlafe I das mahl ist vorüber .
Die sonne gestorben in feuer und blut —
Vorm meister allein in behender zierde
Die nacktheit der schönsten sich schaukell und scluvmgt
Den dolch in der hand und im auge den brand .
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103
V. INDIEN
Tief zu sinnen priester krieger raste hier!
Wie der Ganges stolz und erost ztim meere schreitet
Grofeer vögel flügel sich gelassen schvriiigen
Also geht das leben und veigeht — hier raste ,
Lerne dass die einte nicht die arbeit lohnt.
Viele miihten sich mit raschen schritten schon
Doch vor allen nah dem ziele langt der tod .
Ringen ist umsonst . nur leise Schwermut frommt ,
Schau in dir das Schauspiel deiner selbst sich '■pielen,
Raste hier die lotosblume ptlückend , träumend .
Tanzet ernste schritte voll der freudc aus euch selbst
Denn des lebens hehrste fülle quillt euch ewig.
Konunt und rastet , schaut die schritte , träumet , denket
Wollustvoll des tebens Schönheit zu geniefsen,
Erntet liebe in dem spiegel-flug der zeit .
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HEIMKEHR UND FAHRT
IV 1 2
I
Lasst die Städte schlafen lasst die schätze ruhn !
Fahren will ich heut auf weiten meeren ,
Zu den rudern meine sklavcn ! hoch zu mast !
Schlagt die wellen lasst die lieder scbaUen,
Lasst im wind die goldgestickten s^el wallen.
Wir erobern keine lande . fahren fahren !
Ruf ich zu den schwertein : zuckt das schwert
Ob der Schönheit der gestalten, nicht zum kämpfe.
Heut will ich hinaus zu besserem streite
Und mit liedern fahren in die weite .
Fahren ! lasst sie rufen in den Städten
Lasst sie weinen ! segcl blahn sich schon im winde ,
Hoch die weifs- und goldgestickten segel !
Wo mein wappen glänzt und wo ich reite
Blanken Schwertes stürmend in die weite.
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II
Nach den hälen nach den weifsen Städten
Geht die fahrt die frohe fahrt ,
Ruderscbläge schifierlieder ziebn ,
Bringen furcht in schilf und aue
Und die grofsen reiher fliehn .
Und der ström und die kanäle
Ziehn unendlich durch die ebne .
Pappeln flüstern und das stille röhr
Und die frommen hütten schaun hervor
Staunend nach den weifs- und goldnen segeln
Aller Umder Städte mit den kuppeln
Den terrassen und den türmen
Starren an den frohen zug
Und der könig steht beim hohen mäste
Träumt noch von der reiher weitem flug.
m
Betritt die wüste, königfin der wüste!
Leg dir die binde um das haupt
Umhülle es mit goldnen falten
Und lass mit sonnen glut und strahlen
Der nackten brüste blumen spielen .
io6
Steh unterm sternen^baldadiine
Auf hohem grat des ele£uiten
Beim könige — du herrin meiner sinne ,
Du herrin meiner äugen meiner w&nsche —
Wir fahren stols und frei in unsre wüste.
Kameele schreiten elefanten traben
Im sonnen-gold durch heüsen sand
In schweren schritten ernst besonnen —
Frag nicht wohin sie gehn wohin wir schreiten . .
Sieh dort die gdtter uns den weg bereiten .
IV
Heil^es land wo nur die lempel
Unsrer hehren götter stehn
Wo in ewiger festcs-stille
Durch die grünen heiligen haine
Feierliche priester gehn.
Und die götter deren tempel
In der bäume frieden ragen
Sind die starken sind die guten
Die der wollust die der fülle
Lebens liedes und der liebe .
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107
Schweigend sieht die karawane
Durch gesegnete gefilde
Breiter stiere feierschritte
Grolse schweifoel&dne wagen . .
Wohin sie fahren fahren..
V
Ich ritt allein — mich trieb es fort , das scliicksal rief ,
Durch Waldesrauschen eilt ich schweigend eilt ich sinnend,
Da stand unendlich hoch und weit der dunkle wall»
Der waid ward friedlicher und freundlich ernst
Und staunend vor der dunklen pfoite macht ich halt .
Aus stein ein starres götterbild sprach santt zu mir ;
So kommst du stürmender und frioilcloser doch .
Ich harrte dein, tritt ein zu ruhn und schliefs das thor ,
Denn wenn du ganz den kelch geleert von freud und leid
Gesang und sehnen stürm und fahrt so schlieis das thor!
Wenn du das leben ganz gelebt ist alles wol .
An allen bechern und an allen lippen trinken
Ist leben nur und thatest du"s so ruhst du gut .'
Du hast gelebt - die ahnen schlafen hier gelind
Und ruhen darist du nun wie sie die leichen sind .
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WIE EIN EDLEK SANCiER SANG
UNI) WIK EINE SCHÖNE DAME
DARAUF STARB :
IV 1-2
Ein edler sanier kam von fern
Mit sfinei* drei-saitigen leier —
Er sang das lied das so sanfte
Er sang das lied das so scliune
Auf seiner drei-saitigen leier.
Er kam zu dem lilien-garten
Mit einem scbloss in der mitten
Mit einem scbloss gans weifs und schlank
Von einem schlafeS'See umrahmt
Wo schväne ziehen still und sanft.
Und auf der weifsen schwane stolz
Und aut Ii m yclilossc blank und SLluank
Inmitten lilien und see
War keiner sonne übelthat
War nichts als eine lichte blässe
Von immer gütgem mondenstrahl .
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Die dame die am fenster stand
Sie war so schön und weiss und klar
Und üreude kam den sänger an .
Er sang das lied das so sanfte
Er sang das lied das so schöne
Auf seiner drei saitigen leier .
Und siifs und leise f^ing >ein lied
Die klare dame hörte zu
Dem leisen lied dem sanften lied .
Ein schwaches lächeln ( weifse lilie )
Schien wider ihr im feuchten blick
Da — reifst eine satte seiner leier.
Der edle sanger singt und weint
Das ang in dem äuge der dame
Sein ti.iurig lied sein leises lied
Mit seiner zwei-saitigen leier .
Die weifsen lilien wcifsen schwane
Breiten sich im mondenstrahi .
O traurig leis und sanftes lied
Von thränen in der dame auge
Von thränen in dem klaren auge
Und — es reifst eine saite seiner leier
Mit einer saite auf der leier
So schwach und schwanke sangerin
Dehnt sich sein süfsester gesang
Und weinet hin sein trüber sang
Und weint und lacht sem bester sang
Empor zum mondc trüb und bang.
Die schwane siogen auf dem see
Der lilien (od im garten.
Die Schwäne und die lilien starben
Und seine letzte saite brach.
Die dame an dem fenster sank
Die dame mit den lilien sank
Wie eine lilie blank und schlank.
Der Sänger aber zog von dannen
Mit keiner saite auf der leier.
Er zog von dannen träb und schwer
Er zog die lande kreuz und quer
Und niemals sang er mehr.
GEISTIGE KUNST
Wir «ollen die geistige Kunst
BL t d. K. I. 1.
n 4
Diese worte sollea fOr diejenigen gelten die einen absehen
empfanden am tage wo das zw^anzigste jähr sie aus dem land
der fabel in die lebende wiikliclikeit versezte . trotz der schul-
mäfoigen umliüllung leerer redacici hatte der schauer vor der
geahnten pracht des Altertumes unsre vor bewunderung bleichen
Stirnen gebeugt , und als wir kühn den göttlichen formen zueilen
wollten stiefsen wir uns an dem leichnam der jahrhunderte .
eine ganze fratzoihafte romantik und ein schwächliclkes epigonen*
tum bewegte sidi obne rhytiimoa um unsre jugend , und als
in den strafsen und auf den öfienfLicben platzen grobe naturen
uns eine verkehrte weit als wirklich hmstellten die der barba-
rische irrtum ihrer aagen ihren (ungebildeten seelen eingab:
da ergriff uns traurigkeit, und einige rerloren den mut.
Aber für andre erhob sich durch thränen hindurch eine
morgenröte . überm meere drüben hatten die Prai-rafacliten
wieder die lebende und schöne S'^t^ii<^ükeit der formen auf dea
thron gesezt . es sangen noch dichter in Gallien und solche
unter uns die in sich Icraft fühlten ergriffen den sUb frommer
Pilgerfahrten .
112
Sie lernten viel, aber bald drang in'sie die Sehnsucht nach
den dennoch schöneren väterlichen gcstirncn . der magische
fingerzeig Zarathustra's wies ihnen den harten ruhmreichen und
einsamen weg . und als an den glänzenden thoren Goethe und
Platen die heiterer gewordenen seelen der rückkehrenden be-
grflfsten yerbreitete sieb in diesen die ruhige freude und sie
fohlten in sich die stfirke das wbrk m schaifen. mehr als
die leuchtende graxie der Ftae-rafaeiiten und die schmelzende
klangeinhett der französischen dichter begeisterte sie ein mann
der aufroerksam den einklang des veltaUs beobachtete und den
ein wunder aus dem blut seines geschlechtes erstehen liess :
Arnold Böckltn . sie fQhlten sich als spätgeborene brüder des
malers und sie bcf^rifi'en das steile und stolze ziel : durch den
klaren und nie entstellten rhythmus ihrer gedichtegleich-sn ebende
träume au-^zudrückcn und bald wagten sie mit ihren Schöpfungen
aus dem dunkel hervor zu treten .
Folgendes ist vielleicht was die neuen ankOmmlinge wünschen
die dem grofsen häufen das recht verweigern auf ihren Wappen-
schildern ixgend welchen anmalsenden Wahlspruch zu lesen:
in den prismen ihrer seelen das grofse und tiefe leben wieder-
zuschaffen, das immer schöne und harmonische leben, sie
wissen dass alles lebt , sie wollen das schreckliche leben der
felscn begreifen und erfahren welchen erhabenen träum die
bäume verschweigen . sie wollen die heilige Schönheit der
linien und mit dem lichtplanz der gedankcn die Vollendung der
form . das leben ist schön da es göttlich ist . sie wissen dass
es lästerung wäre das himmlische feuer dem hässlichen zu
leihen das nur tod und Verwesung ist. sie wissen dass der
blinde Oedipus oder der von Apollo geschundene InCarsyas oder
der gequälte Prometheus grofs und schön sind wegen ihres un-
endlichen menschlichen schmerzes der frei ist von linie- und
formzerstörender entstellung und Verzerrung.
113
Und nun stehen wir vor wesentlichen woi tcn, ai mcn worten
jedoch dif wie ein schleiei über soviele zeitgenössische mittel-
mässigkeit geworfen wurden . .
Mystizismus und Symbolik.
Fuhlen leben das furchtbare leben der weiten , das einfache
leben des alls, die seele die in den äugen der Jungfrauen schläft
und die im entsetzlichen geheimnis der felsen ruht — das
strahlende geheimnis der diuge fOhlen, darin leben und dann
mit bewegter und von unsäglichen freuden sittemder stimme
es stammeln — es mit bebender hand festhalten : Mystizismus.
Und dann unter allen bedeutungsvollen dingen das hciaus-
wählen das den gröfslcn und schönsten teil der schwingenden
ä>eele enthält, das die andern in seinem tieferen wesen wieder-
spiegelt und das sich durch seme vollkommenere form am
meisten der unbedingten einheit, dem höchsten träum nähert —
diese dinge mit klarer schöner und sogar am abgrundsrande
unerschütterter stimme sagen (weü man jenseits des abgrunds
sich selber als den gott fühlt den man freude^geblendet an-
schaut) : Symbolik .
Denn man täusche sich nicht: die stimmen der stocken
durch fluten von aufsteigenden gleichlaufenden Itnien zu malen
dies ist eine kindliche Spielerei und mag den malajischen malern
gefallen . oder um das leben des waldes daizustellen die bäume
als himmel-ersteigende riesen zu behandeln, um das leben einer
dampfmaschine auszudrücken sie. keuchend wütend lärmend und
hustend zu zeigen . das ist leicht aber unangenehm naiv . und
das mag den häuptem und gliedern der naturalistischen schule
behagen . aber nenne man diese Oberflächlichkeiten nicht Leben ,
Mystizismus, Symbolik.
Man darf den dichtem die sich hier vereinigt haben nicht
die leeren oder unvollständigen nameo Mystiker und Symbolisten
.beilegen, denn das wollen sie nicht mehr sein als die klassischen
B K 8
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114
metster es waren . allein der name kOnstler genflg:t tmd passt
ihrem geringen stolz . eine reine klang^'olle strenge und schöne
spräche ohne irgend etwas von dieser leichtfertigen und zer-
fahrenen wei-e die heut im schwunij; ist . kein dunkel kein
Wirrwarr , die kräftige Schönheit , die feinheit ohne kränkliche
verziertheit , das ist was die neuen dichter erstreben . fem
liegt es ihnen dinge und ereignisse zu beschreiben — ihnen
lieifst es nur: hervorrufen und einflflstem mit hälfe wesent-
licher Worte, sie werden keine exfindungen machen, gesell-
scbafts-fragen lassen sie kalt , die menschen sind ffir sie von
geringem interesse, d^m ihre aufinerksamkeit richtet sich auf
den menschen und glaubensbekenntnisse haben fflr sie nur
durch den darin eingeschlossenen schOnlieits-gehalt einen wert .
Sie sind keine Sittenprediger und lieben nur die Schönheit
die Schönheit die Schönheit .
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KARL WOLFSKEHL
AUS ULAI8
I
U 2
Zum klaren berg der blauen seligkeilen
Vergessnp müde pilpfer schreiten
Die pi'orte scüioss sie pochen pochen .
Verlorner töne himmlisch sehnend schweifen
Schlingt sich um sie in elfen-zauberreigen
Sie pochen pochen .
Ad ihrem leibe fremde gluten rinnen
Der berg der seligkdten strahlet imien
Sie aber podten pochen .
n
Mm Schwert mein schwert wer badet dich rein!
Dort rüsten sie das fest im hain
Die holde winkt es flutet der wein .
Es ist nicht blut o wir es bhit
Das dich befleckt ich hiefs es gut
Sieh ihre Schwester blinken i
8»
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116
£s ist nicht rost du kennst nidit ruh
Mit flammengierde kämpftest du
Doch nimmer magst du blinken.
Das treibt mich fort von fest und schmaus
Von freundes seite hinaus hinaus
Bis meine glieder sinken .
Mein schwert mein schwert wer badet dich rein!
OSIRIS
Strenger Gott mit segcnträufelnden bänden I
Ahrenzeuffender flutenherr wir spenden
Schalen und dufte aus fernen schönen geländen
Halt uns fürst mit den lebengebenden handenl
Sieh wir dürsten o herrscher sieh wir darben
Zehrende gluten würgen und viele starben
Alle trauern wir bang in des todes färben
Hilf o Machtiger gnädig sieh wir darben 1
Sollen wir frauen dir weihen und lockige knaben?
Dein ist ja alles Gütiger was wir haben
Kühlung gewähre und schatten uns su laben
Dass die mädchen herrlicher blühn und die knaben!
Dass nicht dein garten dorre dein tempel falle
Dass auf ewig dein goldenes lob erschalle
Wahre dich — oder der tod vernichtet uns alle
Wahre dich Herr dass nicht du und dein reich zerlalle !
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NÄNI£.
Bebend lauscht er mohnes-güsse
Fliefsen auf die weifsen glieder
Dass er heute sterben müsse
Singen ihm die quellen wieder .
In den pinien das rauschen
Schwebt heran auf schwarzen schwingen
Weifse mäntei drüben bauschen
Und die fernen saiten klingen .
Mflde Ueder fromme laute
Labet ihn mit linden schatten
Streuet rosmarin und raute
Todesblumen um den matten .
Meister eile ihn zu krönen
Schlinge ihm die purpurbinde —
Dass auch um die stirn dem schönen
Eppich sich und fUeder winde !
uö
ADONIS
m 1
Um schlanke glieder schwanken lichte bluten
Gebogne ampeln deine Schlummer hüten
Ein roter maotel deckt verborgnes grauen
In denen träumerische gluten glühten
In deinen äugen si^wer vom kuss der frauen
Die lezten blassen finstemisse thauen .
Vor deiner zier die lieblichen epheben
Die greisen büfser müde arme heben
Zu deiner bahre dringt kein ruf der schaaren
Nur einen weifsen talter seht ihr schweben
Er schmiegt sich zitternd deinen weichen haaren
Er fächelt und er schmeichelt lind den klaren
Und welkt, den die Geweihten schweigend loben
Adonis schied die wilden gluten stoben
Adonis wandelt aus den lichten ballen
Den Schleier hat er von dem sein gehoben
Vom bäum der erde ist die frucht gefallen
Zum toten herm die bangen beere wallen.
Im weiten h'»ine wogt das trauern
Das wehe stöhnen pocht an weifse mauern
Durch alle reihn verhüllte schrecken schleichen*
In allen häusern schwarze schulten lauern
Im opferrauche will die lust erbleichen
Vom leben trunken will das leben weichen.
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ERINNERUNGEN
Wo sich die späten leigen runden
Im klaren saale fiel der Ihau
Wo sich die späten reigen runden
Aus schwülen sonnenscbwülen stunden
Quoll kühlend das ersehnte blau.
Die tagesmüden schatten steigen
Erzitternd im geborgten glänz
Die tagesmüden schatten steigen
Die lebensroten lieder schweigen
Die königin befiehlt den tanz .
Ilir nahl in zagen und in klagen
üeflohn aus trüben traumes rast
Ihr naht in zagen und in klagen
Aus purpurbächen elfenhagen
In des gedenkens banger hast.
Von lichter stime glitten Schleier
Ein lächeln lauscht ein sdieiden bebt
Von lichter stime glitten schleier
In mattem schein erstrahlt die feier
Die ihr aus duft und wölken webt.
DITHYRAMBE
Golden und tnib um schwarze gestade
Sprüht ihr im lauche sühnender lieder
Wangen schmietfel euch hemgea^ bade
Schwarze f^estade
Bebt ihr im reigen smgcnder glieder.
Thälcr der stille banget dem hehren
Heil dir Dionysos! brich das reis!
Bandiger Endiger wonne der lehren
Jubelt dem hehren
Fachet die gluAen und schlinget den kreis ,
Dunkel im brande ruhen im rasen
Hüllen fallen Du briutlicher werbe
Kränz uns in küssen ! alle genasen
Ruhen im rasen
Berget uns flammen : weiis slraiilei das erbe
121
TRAMONTA
lU 2
In demen äugen schwammen die weiten
Im roten wallen wiegte sich glänz:
Im wehen schwoll der duft der Zeiten
Vom altar hoben wir den kränz .
Wie zittern milde die fernen strahlen
Dem schweigen lauschet dem schweigen lauscht 1
Zum grofsen npfcrgrufs im fahlen
Dämmer der stille banner rauscht.
AUS DER GROSSEN WÜSTE
IV
m 3
Dürft ich durchs schweigende wasser streifen
Gebrodienen av^ im schwarzen nachen
Der grofsen stille becher greifen
O gab es kein erwachen 1
Kein harren fragen flammend ringen
Kein opfern am entweihten stein:
Botin mit mohnbel.' uten schwingen
Wann rufst du mich zum reihn ?
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133
V
m 8
Mir war so bang und wie ein wehes raunen
Glitt leise durchs gemach der dolden hauch
Zitternd entsandt vom weifeen fliederstrauch
Und in mir wuchs ein staunen .
Ein ^rnfses staunen das mit bleichen Uppen
Die sUme küsste die der duft umspült
Wie Wellenschaum die nachtgehüllten klippen
Mit todeskühle löüilt.
»Aus ilireni bunten haus ist sie geganj^en
Ersclilunnme nininier da die milde schied . .*
Das bleiche küssen streifte meine wangen
Als wie ein leztes lied.
AN MEINE LAUTE
lU 3
Aus Sternengold in heiliger nachl geschlagen
Mit i»patcn kranken Uäumerisch geziert
Gen(*7i mit tiefem duft betaut von klagen
Birgst du die wunder die der tag verliert .
In keuschem harren heimlich buntem sfniefsen
Ruht leben dort und tod in wirrem bund
Die herrin träumt im rebengr&nen rund
Verderbens blumen blaun im qualm der wiesen .
Erlösen darf ich deiner seeie schwingen
Der unsre sonne glans und klang verliehn . .
H5r ich nicht schon das leise liebe singen
Vom weifsen saulenhof heruberziehn ?
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123
IM KREUZGANGE
III ;i
Zum feierlichen amt geweihte schreiten
Die sänge dröhnen dumpf : » in ewigkeiten
Gelobt gelobt ...» geschmückte kerzen gleiten . .
Der schwarze zug verschleiert in gebeten !
Darf sie im kreis der Schwestern vor dich treten
Der lenz und nacht den weifsen kränz verwehten ?
Darf heut ihr auge ruhn auf deinen waiigen ?
Der gestern alle nachügallen sangen
Darf sie bei des altaies lilien prangen ?
Im heiliu^en rauch verhauchen leise schritte
Die Schwestern knieen : erhör der braute bitte
Ist eine sündeiin in unsrer mitte
In glttt vertilge sie . . . die dampfe wallen
Aus goldner weite weht ein lichtes schallen :
Die Sünderin erheb ich ob euch allen
In grofser liebe durfte sie gesunden
Die himmclskrone hält ihr haupt umwunden
An ihrem leibe strahlen meine wunden .
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124
HEKODIAS
UI 4
Den bleichen finger hebt er und lacht im boline
Die toten blicke starren und klagen mich an
Sie raunen vom schauernden hain und vom knospenden lohne
Von küssen und küssen und sdiwarzer todesbahn .
Sie raunen und lachen unu ob ich die lippen schürze
Tief tief im schachie des kbenh bettet sich qual
Und ob ich mit schiafcrndcm gussi- drn becher würze
Ins dickicht der träume dringet der richtende strahl.
Vernebmet alle: der heiUge ward geschlagen
Um meines hasses willen verstummte sein mund
Um meiner Uebe willen üefs ich ihn schlagen
Um meiner gluten willen erblasste sein mund.
In seinen locken schlummerten meine gnaden
Licht glänzten die lieben wenn er zur fnJihe schied.
Nun wird nimmer sein sehnender sang: mich laden
Nimmer nimmer harrt er im lauschenden ried .
Aber die blicke drolien . . . wohin ich schreite
Flimmert der locken wehende goldene flut:
Deine arme Segnender Sühnender breite
Dein ist der sieg du herrlicher ! blut um blut .
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DER PRIESTER VOM GEISTE
in 1
Aller lande gebSnfte garbeii laden
Aber du neigett die stira tmd lüchdit Ittige
BlitCer f. d. K. Zweite Folge
Und lächelst lanfie"^ denn wie muchtcst du iieischen was
sie dir boten, das m(")glichc wollen, gewiss der Vollendung —
die band austrecken nach dem erreichbaren : bist du ein hand-
langer? von neuen scbmercen tauten deine Uder: kein Tecgeb-
liclies sehnen dass dir die reiche huldigten, beleidigte deine
seele . also dass sie müde ward und in ihren Testen schlummerte .
aus kraft wurdest du unkräfiig, well du dich nicht fiber-
winden konntest , zerschelltest du träumend deine waffen . immer
ja will das höchste Über sich selber triumphirend hinausschreiten :
jeder gipfel will abgrund werden einem neuen gipfel . wo aber
rauchte der brand in den versinkend du dich gebären konntest ?
lange hatte man dich gelehrt , du seiest tcmpel zugleich und
beter ; kein ziel '^ei so hoch , kein weg so weit — du seist das
ende allen wandems gleichwie sein anbeginn . du selbst seist
das band , nach dem deine stirnc ban;;c , du tiaitcst gelauscht
und dem raunen neigte sich dein olu ; du zogest aus im glücke
des suchcns und die schauer des unbckaimten kühlten deine
Schläfe . mfibevoll dflnkten zum beginne dich frohen die pfade ,
nimmer zu fassen das lockende ziel und stolzer hob sich deine
seele , denn in ihr brannte die lust zum ungeheuren .
Seliges sämen verschwundener tage ! wehe dass ihm er-
f&Ilung ward!
In schäm und dumpfem weh versiegte das vertrauende
wagen da der sieg errungen war . der leichte sieg ! ein spiegel
war dir alles sein geworden und siehe du lachtest . du lachtest
wie nur ächzender überdruss , schmerzliche«; grausen je lachen
kann . kleines ziel ! kleines ziel ' also tönten deine lippen , deine
seele aber blutete , du hülltest dich in den -^tulz deines leides,
du achtetest dessen nicht . und die bluttlamme strömte dahin
durch die weiten , sie loderte zu demem himmcl empor und
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126
verzehrte die matten zu deinen füssen . also dass der Spiegel
schmol/ und dein tempel wankte da war es al^ fiele eine
fe>sel von dir ab , du blicktest auf von der stalte deiner trauen
und im purpur des unter^an^s stjalilte dir ein neues erstehen
ein namenloses glück hob mahnend .seinen fin^,'er . wer mag des
genesenen wonne ermessen? wie eines üunkenen bebten deine
lippen und deine hände hohen sich in segnender Inst : anbeten ,
preisen duiften die seligen . eigne flanune hatte dich geläutert »
du selbst hattest das ziel gefunden , das unerreichbar stets er-
reichte . ihr eignes leben musste deine seele hingeben , auf dass
sie leben könne , leben im reiche des virUichen , im lichten
saale der Vereinigung : der kGste zu der nie ein einzelsein ge-
langt, die dennoch nur einzelseins Strahlung ist. im ringenden
sehnen nach diesem lande, im hegen und emreitem seiner
grenzen und goldenen gaue . darin fand deine seele ziel und
lohn für alle zeiten . wie leuchtet nun ihr ju<;endlicher blick
wie rüstet sie sich zum streite und bebt in kamplesgierde ! ihre
seliiT-ucht wandelt p;leich einer sonne über die gefilde, wie ein
Ii ühiin{;;M egen Weckt sie die geislei de» haines , nimmer aber
erschöpft sich der born der lust. ohne ende entquellen die
ströme hannonischen Wirkens der neuen schale . verschwunden
ist alles tageszagen : weggefegt die ingstUche eigensucht , die
immer am vergänglichen klebt und jedem werden abhold ist ,
die kleinmütige I ein neues priestertum ist erstanden ein neues
reich den gläubigen zu künden . brausend fühlt die seele des
schalfens . des echten Schaffens unaussprechliche wonne . da
zeugt jeder glücksgewinn ein kühneres hoffen : nur ein mcilen-
stein zum weiterschreiten mahnend dünkt jeder sieg , ein jubelndes
vonvärts ist alles erringen, der pfad /um leben ist gefunden,
der heilige weg, auf dem jeder schritt i^t gleicliwie ein triumph-
gesang . nicht blois sich zu retten aus dem dumpfen zucken
des allseins heischt lürder der wille des einzelnen ; tief ekelt
ihn des schnell erkämpften preises . sehend zu werden hat seine
seele wiederum sich hingegeben , aber nicht in den gestaltlosen
schlämm zurück scheuchte sie ihr leid, wie dies ehedem ge-
schah : als Opferrauch loht sie nun empor , aufwärts zum reich
ütr reiche .
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BETRACHTUNGEN
XU 1
I
Oft neigt sich der adler des Zeus sterblichen zu — ein
Ganymedes doch erhebt auf ewig sich zum glänz des olympos .
n
Wie mag der schaöende ein erkennender sein? Mannes-
macht und weibeswäblen sind die pole der weit.
m
Ein atmen in ihrer zukunft: die faller nngeboreno' lenze
haben ihre stimen gekflsst : Shelley , Novalis .
IV
Mit dem epheulcranz in den locken wollte er gebete stammeln
imd siehe : sein mund Tenriirte sich ! Hölderlin .
V
Die durch ihr sein im sein beschränkte einzelform des
lebens : dieses einzig ist der tiagödie gehalt wie der komödie .
Dort aber rauscht des bezwungenen cinzelwesens wollüstiger
schmerz — hier lezt der genius der gattung sich am armen ge-
fangenes der zähem netze zu entrinnen trachtet .
VI
Durch zwei pforten schreitet er aus seinem hause . eine
Strasse führt ihn zum q:estaltlo■^ dumpfen >ein : zum TEMPEL
leiten des anderen pfadcs hchie stufen . sein se!b<! aber zer-
rinnt hier und dort, thorea die ihr im kunstwerk ein bekennt-
niss erblicket!
VII
Gehört euch voll an , denn ihr müsst euch ganz Terlieren .
weihet euch zur feier der fülle .
vm
Ein altar ist die Jungfrau , auf dem sich alle spenden läutern .
jungfräulich ist echte kunst , in sich geborgen . keiner ist dem sie
diene und alles geschehen verklärt ihr licht,
ÜBER DIE DUNKELHEIT
III 5
Abrr die m> nschen liebten die dunkelheit mehr
«Is das licht . ( Evangelium Johannis )
Du macht so schSa die halbrcrwehlea klinge
So schon die dunkles worte toter dichter.
(Hitf;o von HofmaoMthtl)
In (l.immernde tiefe verliert ';irh unser suchen das der be-
gnffsbiidung: ur>pi ün;;c zu eiitdi tkcn ti aehtet . nur dass sie in
gleichnissen redend sich enthüllt , dürfen wir erkennen . gleich-
nis , Sinnbild . . . Umformung , schöpferisches erfassen auch da
wo wir nur festzustellen nur auftw^ichem scheinen . und in
Jedem überlieferten begriffe wie in der lautform die ihn biigt
strömt unser eignes leben : er ist unseres blutes Idnd und wie
er unsrer tiefe entspross also lebt er sein eigenes sein.
Wie kommt es dass die menschen sich verstehen 7 dem ge-
meinen tagcs-verkehr und seinem derben bedarf genügen
nSherungswerte die gleichwie schlechte m&ue von band zu
hand gehen, aber das innerliche, geheimnisvolle miteinander-
Icbeii das die gemeinschaii zweier scelcn zu einer ?;ciiaucilich
und schönen wallfahrt verklärt ' aus den fernsten sdiachten des
lebens strömen die quellen in deren spiegcl sich die verwandten
geister erkennen : im dämmern in den schauem eines geahnten
entzäckens wird der mensch dem menschen offenbar, nie ist
unter heller sonne geweihter bund geschlossen worden . genossen
mag die gemeinsamkeit des kampfpreises schaffen , geführten
kann der wandrer finden auf seinen p&den — nimmer doch
sind auf der heo-strasse oder selbst durch Waffenbrüderschaft
die Seelen zusanunengeflossen .
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129
Und wie nur im heiligen geheismis2itteniden dunkel zwei
Seelen sich erkennend ins ange blicken : also sucht unser sehn»
allezeit ein anderes als das die sinne nnserm bewusstsein vor-
täuschen wollen.
Schöner dünkt es uns verborgenes ^^ut zu ahnen als in
offene üuhen zu greifen, schöner heiliger wissender, denn
wie in den mären des Volkes alle herrlichkeit schal und grau
dahin welkt wenn sie der wissensicbere der thor beschaut, wie
uns die weisen ans den ländem des aufganges lehren dass nur
liebender hingäbe das gOtfliche sich entschleiert : so wissen wir
dass die herrin der Schönheit nur im dämmer ihren reigen
winkt, und wie wollten wir leben wenn wir nicht den reigen
schlängen ?
Wie anders liefse sich die dfistere wonne deuten mit der
wir den geheimnisvoll kargen Hedem der Völker lauschen? so
aber einer auf.Nirmdc und ,->cmc haud reckte und fragte ; ist der
g'ildene (ioti nicht die quelle des seins ? webt er nicht ein
strahlendes neiz von perlen um das all das nur aus semer hand
das leben empfängt? warum lieben denn die menschen mehr
die finstemiss denn das licht? zu dem spräche ich also: sieh
hinaus in die halden wie sie zitternd atmen im grofsen mittag 1
wie alles lebendige scheu kauert und Pan's atem über die Auren
weht! wie alle färben sich lösen alle düfte ineinander fliefsen
zu einem wetten weichen wallen . das sein hat gesiegt Über das
wollen und da Er seine stunde feiert entschlummerten sie alle
die im reigen sich erkennen . der vater der herr vor dem nichts
bestehen kann . siehe aber ! er lächelt und sein antlitz senkt
sich auf die tlitte dass ihre milden süfsen weisen die mutter
nifen . da schreitet sie hin die heilige und ihre >chleier hüllen
den heiTn also dass die flammen seiner s< lirecken erbleichen
und die kinder erwachen und wie im träume blüten auf sich
streuen . blüten , küsse der mutter , die ihre arme breitet und
B K 9
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130
segnet, wie sie eilen und janclisen und in goldenem jubel sich
bei den bänden fassen und sieb heiligen . alle fesseln fielen .
alle die formen » alle die färben freuen sich der eigenen pradit,
die doch Einer mutter kinder frob sich wissen .
Heiliges dnnlcel, heilige nacht, da du auf unser selbst uns
weisest , fühlen wir stolz und schaudernd in uns die blüten alles
iebens prangen . was das wissen von uns selber reicher und
tiefer bildet . das schweifende fjeheimnis schwerer worie und
ferner klänge» das lässt von allem fremden leben die hüllen
fallen . nur wenn wir uns erfassen erfassen wir das all . Pan
aber, das grofse licht, löscht alle einzelflammen.
So mag es kommen dass alles wissen der weit uns nimmer
das grofse erkennen schenken kann . dass ein gerizter stein .
dass anne runen die wabrbeit bergen die keinem unsro* weisen
auijgegangen ist.
So mag es kommen dass unsre heil^flmer tief drunten
im dunklen hain sich erheben — dass unsre feste an den
schweigenden wassern in die berauschte stille des Sternen-
himmels klingen .
So maj4 e^ koinmen dass die licdcr der liebenden mit dem
naehtwind zum altane ziehen — dass wir in seinem rauschen
die fülle wiederfinden die der tag uns geraubt hat .
Zur mutter flüchten wir mit weinlaub und roten tanzer-
gewanden — zur mutter eilen wir mit fackeln und den rosen
der wonne . wo unser selbst sich heiligt da sind wir ihr nahe ,
der lebengebenden , die dem grofsen Pan uns geboren hat.
der erhalterin die vor dem groisen Pan die kinder segnend
wahrt.
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LUDWIG KLAGES
vorfrOhling
III 1
Wie dehnt sich weit das land ! scheint nicht der hohe bäum
Der über uns noch nackte äste reckt zu frieren?
Wie einsam steht auf diesem weiten land der bäum!
Wir aber wollen müd an seinen stamm uns lehnen
Und seines rauscbens leise stimmen trinken
Wie kalte glut die schölle trinkt .
Hörst du das klan* licht durcli seiiu' zwhm^c träufeln?
I )i(" ersten blassen knOipen sti eui es ziUernd aus .
Ahnst du das laubdach das vimi schwüle schatten breitet?
Lass fernen sommers träum durch ileine seele Hüten
Und lass mich still mit deinen locken spielen
Wie mit den wölken spielt der wind.
Verstehst du diesen wind? aus weiten blauen fernen
Lockt er mit sdiarfem klang verlorne lem^ewölke .
Ein ahnungsbaxkger jubel ist in seiner stimme l
Lass eng verschlungen uns sein laues wehen spüren
Lass unsre wangen an einander ruhen
Wie fern am berg der himmel ruht .
9*
132
m 1
Ueber die weiten wiesen zieht ein staub .
Ueber die fernen beige jagt ein reiter .
Sterne stiegen — aber da sahst sie nicht.
Leuchtende lenze zoj^en an dir vorüber.
BliitciisclicUicf fltiUcrten um dein haupt .
Sinkende sonnen woben dir goldgewänder .
Bronnen rauschten . berückende düfto wogten .
Aber du flogst hindurch mit seltsamem Schauder .
Heimliche angst — es möchte lauernden herbstes
Wesen und welken den rastenden überraschen ,
Vergiftete deinen brennenden diirst und herzte
Dich mit verderblicher hast . — mit den schatten der wölken
Flogst du hindurch . — was sagt die zitternde thrane?
Was sagt das zucken des Schmerzes um deine Uppen?
lieber die weiten \inesen zieht ein staub .
L cber die lernen berge jagt ein reiter .
■133
WANDLUNGEN
IV 1-2
I
Von dunkler klippe über die wüste des meers
ErschwoU ein lied. — aus wölken zürnte die nacht
Zu finsteren fernen wehten die wogenkämme .
Dir troff um die stirn ossianischer stürme ton.
Dir schwankten der tiefe metallene wasser 2U.
Dem trunkenen rufe horchte die brandung nur,
Du träumtest der inseln goldene schdnheit nicht.
n
Nun verirrte dein fuls in unerwünschte gefilde .
Dämmrung ringt mit zuckender glut • — die bleiernen tiache
Queren unwirtlichen pfad • unter gellend entfesselten winden
Kreisen im abemigiau ik-; bäume entblätterte krönen.
Lohend bricht aus wi.'.sten ciii schein : o Desiderata !
Käme sie wetterumhülli dir in den sterbenden feuern
Käme sie leise bang vom schattenliügel gewandelt
Nieder sänkest du g-an^ • es bräche der stolz dir im busen
Schluchzend rührte dein haupt der götüichen schimmernde sohle
Thrine die lange erstarrt dem trunkenen würde sie strömen
Selig tief zerknirscht ohnmächtig schüfe das glück dich.
m
Der stille nebel hat dich eingehüllt
Dann das nachtverlorene leben treibt .
Du schreitest dumpf gewohnter strafse nach
Die endlos fliefst • die luft ist leer und tot,
Die soxme starb ■ sind wipfel über dir?
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134
Du lauschest bange schwerem tropfenfali
Und siehst aus fernen dünsten dir die liand
Die traurig winkende entgege'nnahn . —
Wann wird die lezte m&digkeit dich laden?
SALAMBO
IV 1-2
I
Von roter wölke stummer pracht umhüllt
So schreitest du gelassenen fusses hin
Das dunkel<volle hohe haupt geneigt
Die wimpeischwKen Uder tief gesenkt.
Dir ward lir bleichen lüste trauni ver\\'ehrt
Des norden^ scheue hedcr nieiflend lauscht
Dein sinn entrückt dem güldenen f^elön
Der kette die um deine schultern giutet.
Und über dir sich die gewölke teilen .
Aus blendend blauer Wölbung siegend bricht
Des Südens sonnenstrom • zu deinen sohl^
Entbrennt der weiten wüste weifser plan .
Da bebt dein haupt empor > da lodert mir
Des königfltchen bltckes fremde glut .
Da dröhnt der iulu-u khin^^ ■ du hebst den dolch
Den rtainmenden der mich durchbohren wird.
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II
Dein blick der farbendüistend in sich selbst gesenkt
Nach innerer wunder unerwachtem spiele späht ,
Erzittert sehen dem länder-schattenden dem rauch
Der ziehenden gcwolke ■ deines dunkU i^ haars
Zu schwerem schwung der linien kaum gezähmte prach
Wird dieser breiten feuchtem dünste-anhauch welk.
Ir. ungewürdigteu gewändern wallst du hier
Wo selten nur in bleichem blau der himmel blüht
Und jedem flammend heilen strahl der donner folgt.
So wende nur den fiifs der heimat deiner seele zu .
In südlichen gefilden wo im sonnenprunk
Die blumen deiner ahnungslosen Sehnsucht glühn
Bist du der erdensöhne schönstem ausersehn.
Verlasse mich und meiner kalten träume beer
Und gieb mich wieder weltverlorener traurigkeit
Die mit den stürmen ilue uachlgesange harfl .
ni
\\'o leuchtender dir die goldenen kelche glühen
In südliche lande bist du hinabgezogen
Und liefsest mich einsam ■ hochhin spannte der sommer
Der ewigen Wölbung lichteischlossene klarheit.
Der mittagshöbe schweigende gluten sanken.
Du hörtest mich nimmer • prunkende flore kränzen
Die weiten balden die ich betrat umsonst mir.
Der blühende bügel lädt nur den trauernden Siedler.
Nun weht mein singen über die sonnengefilde
In silberner fernen flimmernde horizonte .
I'.ir: wandrer wul am stillen saum der beide
Gen abend schreitend horcht verlorenem hall.
AUS EINER SEELENLEHRE DES
KUENSTLERS
ni 8
Die bisherige lehre vom schönen (ästhetik) hat sich gar
viel mit fcststelluriK Liai ausmessun^; der bcp^nffc : schön und
häfslith — aber zu wenig mit dein künsller selbst beschäftigt .
dies dürfte vorwiegend die Ursache ihrer ungenügenden er-
gebnisse sein.
Aus diesem mangcl folgte in erster ünie die unheilvolle
überschftUiuig des stoffis, des inhalts . eine menge geistesenergie
wurde an die notwendig ergebnislose arbeit verschwendet
das gebiet zu umgrenzen welches allein kflnstlerischer behand«
Inng zugänglich sein soUte. man hielt sich an die schale
und wo eine ahnung von tieferer bedeutung aufdftnunerte kamen
so unsinnige dinge wie ,hannonie des Weltalls* zum Yorschein .
wiewohl eine gegenströraung der althergebrachten ästhetik ist
der naturalismus mit seiner ,mtlieu-theorie und description* den-
noch jm ß:iunde le/te folge dieses mliims.
Hiermit en;; verknüpft ist ein dritter fchlRriff: jenes ganz
nebensächliche an grofsen kunstwcrken was durch seinen Zu-
sammenhang mit dem religiösen zweckbewusstsein vielleicht am
ehesten die gemäter der massen erregte nahm man für das
Wesen, man machte die schOnheit zum sUaven TermeintUch
noch höherer werte . man glaubte vom kunstwerk veredelnde
Wirkung verlangen zu müssen und unterschob dem künstler
erzieherische absiebten, — so wurde allmählich halb unbewusst
die ganze Sittenlehre (moral) mit ihren ewig schwankenden
mafsen in die ästhetik hinübergetragen.
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137
Schönes und häfsliches zu sehea hat die menscheit erst voa
kOnstlern von dichtem gelernt^
Mitteilung in einer dtarch überliefening'imd gewohnheit ge-
festigten redeveise genfigt den meisten menschen fast durchs
ganze leben 'und wenn [der innere drack einmal ungewöhnlich
gestiegen eoflastet sie ihr jauchzen oder weinen, andere
seltenere giebt es, |||zähe tiefbohrer, die nach Terkettuog aller
dinge spüren und in Systemen reden , noch andre sehr seltene sind
schweigsam und lassen ihre ihaleii zeugen . die allcrwcaigstca
und das sind die kunstler bedienen sich des rytmus des tons
der fail'e und der form um intimste nur wenigen begreifliche
geheimnisse zu verraten .
«Darstellung einer idee' das leistet weit klarer und wirk-
samer ein einziger satz .
Nur der dichterisch yeranlagte wird durch das naturspiel
erschüttert . wie kann man da vom kunstwerk verlangen dass
es auf rohe geister wirken solle 7
Dies kennzeichnet am tiefsten das meisterwerk dass es in
uns eine lust entründet etwas unp:eheure? hervorzubringen . auf-
gewühlt werden lu uns schlumnic-i ude tiefen . wir erwachen
aus dem leben des alltags wie aus einer öden verersuug dci
mächtii;-ten s:r<)me unseres innern . mit erstaunen glauben wir
neue kräftc zu entdecken und werden einer ungewohnten Spannung
gewahr . dies ringen und branden ist der kämpf mit dem genius
des künsüers — aber es ist ein berauschender kämpf . die kunst
heizt mit lebensdurst und grofsen selbs^efQhlen und das ist
die höchste Wirkung die dichter und kOnstler wünschen dürfen.
Diese Wirkung zu erzielen war und ist überall die wenn
auch oft unbewusste absieht künstlerischen Schaffens . was dem
Wechsel , der entwicklung unterliegt sind die mittel "der gestalt-
ung mit deren hilfe dieses eneichl wird . in Jahrtausenden einer
siegreicheren kultui einer mehr wachsenden befreiung von der
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Übermacht der umhüllenden naturdioge tun ihn her und seiner
eigenen niederen notdürfte hat der mensch auf feinere reise ant>
Worten gelernt . nicht mehr greller gegensätze : des todesröcbelns
und triumphgeschreis bedarf das verfeinerte getrtebe unserer
fantasie . was seine saiten bewegt ist das spiel unendlich zarte-
rer abschattungen des geschehens . wir erlauschen naturtOne die
den Alten fremd waren, uns reden mienenspiele deren kaum
merkliche linien ehedem verborgen bleiben mochten unter den
Zuckungen licfti^-erer reize . der mensch und vornehmlich der
künstler ist gcistiy;ci und leidenb( liaft>>lf)><T geworden und dem-
entsprechend haben sich auch die mittel zur erziclung des Icünst-
lehschen eindrucks zu ändern .
Wa s ist_der Icänstier? der künstler ist vor allem liebhaber
des Icbens — des lebens und seiner reize . hierin gleicht er dem
mann der ibat , dem feldberm , dem beiden : von dem unter-
scheidet er sich aber dadurch dass der Schwerpunkt seines Wir-
kens ins geistige , traumhafte verlegt ist . er empfindet sich statt
in der Überwältigung grob handgreiflicher widerstände im leben-
bedeutenden spiel eingebildeter gestalten . Tcrmögc gewaltiger
Vorstellungskraft t;clmgt es ihm erregt weiden durch den
gaukelt. in/ der diniic . die seine fantasie mit willkürlich eidieh-
tetem inhalt la lebte . in diesem bezirk erträumter Sensationen ist
er zugleich kämpfer triumfator und Zuschauer . in der Vorstell-
ung bleibt das bewusstsein dass seine geschöpfe nur von ihm
ihre seelen liehen, dass sie seinem zauberslab gehorchen und
hinter der erregung steht leise aber vernehmlich lenkend der
kaltherzig stilisierende verstand .
Wie wuriäe d er k finsflgr? wer schreibt uns seine entwick-
lungsgeschichte ? wie konnte der naturtrieb so nach innen ge-
wendet werden ? ist da«? ein notausgang wie vielleicht alles gei-
stige wie viellei( hl dei L^an/e gesellschaftliche mensch mit sei-
nen erstaunlich unnatürlichen Verrichtungen? hierüber werden
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wir wol nicht eher aufschluss bekommen bis es sidi einmal be-
liebt dass ein groser dichter zugleich kraft und mut der selbst-
zergliedemng besixt um schaffend noch sein schaffen zu beauf-
sichtigen und sich und der weit über die beweggrQnde und in-
neren zustände während des empfangens und hervorbringen» sei-
ner gebilde unirerflllschte rechenschaft ablegt .
Was haben wir unter kün<tk n^chci torm zu vcisiehen?
erstens auswahl im sinne eines einheitlichen eindrucks . einen
solchen bietet uns die Wirklichkeit streng genommen nie . bei
Völlig wacher auAntrksamkeit würden uns selbst in der einfach-
sten landschaft viele das gesammtbild durchkreuzende einzel-
hetten stören . der künstlerisch empfindende mensch hat in er*
höhtem grade die lähigkeit diese zu übersehen . ein ton ein strahl
in sein bewusstsein fallend genügen um unter der schwelle ein
viel^deutiges spiel dunkler gefuhlsverknfipAu^n in ihm auszu-
lösen , in welchem er taub und blind wird für die kunstlöten-
den beimischuTigen der umgebenden Wirklichkeit, diese bereits
im aut^fut lick (ki cniplangnis vollzot?ene unbewusstc au>\vahl
ist da^ wcseniliche . im einzelnen w iiU mc hcioach beim eigent-
lichen stliaffen durch ilie suniicrude thätigkcit des vor^tantk's
vervollständigt . — Zweitens gehört zur künstlerischen form
gruppierung des Stoffs (komposition) . — Ob es sich dabei um
ein hineintragen menschlicher linienverhältnisse in die aufsen-
dinge bandelt oder ob einfache mathematische beziehungcn von
mafs und zahl für das vergnügen der sinne entscheidend sind
bleibe dahingestellt . im schaffenden entscheidet ein nicht erlern-
bares takigefühl . drittens endlich gehört zur künstlerischen form
eine bis ins kleinste fühlbare art und weise der Verarbeitung
de«; Stoffs fsttl) . an dieser lezten schwierigsten aufgäbe ist man-
ches künstlers kiatt gescheitert, zuweilen \C'imisscn wir dioc
intimste sprarlic seiner seelc . dann i^Icn ht das werk einem ver-
hüllten köi;pcr der den schönen umriss nur vermuten lässt und
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140
wir empfinden schmerzlich den siegreichen widerstand der masse
an dem die menschliche kraft erlahmte . zuweilen redet sie zu
aufdringlich und wir stehen nicht mehr Tor dem innerlich ge*
wordenen ereignis , sondern vor einem mit Uugheit und absieht
ersonnenen kunststfick . wenn aber der Stoff den zwang der geistes»
spuren trägt als ob das seine natur wäre dann isfs ein
meisterwerk .
Wie verh.'Ut es sich nun mit den dem künsileiischen schallen
zu gründe legten neben-absichten? man darf wol annehmen
dass dazu vorzüglich grofse dichter aulass gaben . nicht wenige
von ihnen sehen wir wirklich mit einer mächtigen sittlichen
leidenschaft ausgerüstet, manche entlehnen ihre stofiie mit Vor-
liebe aus glaubensbekenntnissen und fahren das gute zum siege ,
andere machen gesellschaftliche misstSnde zum g^enstande
geifselnder oder erschfittemder darstellungen. es ist auch kein
Zweifel dass viele der firflheren emsthaft aus begeisterung ffir
die Sache zu schaffen glaubten . damit aber legten sie ihre eigene
natur falsch aus : denn der lezte antrieb künstlerischen Schaffens
ist ein H in persönlicher . vielleicht ist alle kuii ubätigkeit gleich-
sam rin j^eistij^cr notausgang überschüssiger oder gewaltsam
eingeschränkter lebenskräfte . sicherlich wenigsten*: verdankt
eine grofse und Kl'in^ende gruppe von kunstwerken ihr dasein
einzig jenem merkwürdigen vorgange durch den der mensch be-
fähigt ist aus seinen peinen heimliche freuden und seltene fertig-
keiten zu machen . die Zergliederung desselben kann jeder an
sich selbst vornehmen wenn er der Umwandlung eines schuld-
bewufstseins in das gefdhl der tragischen niederlage oder der
läuterung eines Schmerzes zur wehmut auflauert . diesem seit«
sam schöpferischen entlastungsbedflrfhifs sehen wir die tragische
und satirische dichtung entspringen . den zermalmenden zwang
der Verhältnisse aus spielender Willkür schaffen — das ist die
höchste des Schicksals spottende Steigerung des menschlichen
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141
machtgefühls — das ist im schaffenden der kanstgewinn schmerz-
lich empfundener unmacht . die dichterische satii t: ihiciscits
i^i nach auf>cn K'^'kehries im>>h vergnügen de* dichters über sich
selbst, dies ist die wahre Ursache der sittlichen Iciden^^chaft
mancher dichter . mögen sie sich selbst über den eigentlichen !
zweck ihres Schaffens täuschen , es bleibt doch der nämliche : ein
leben henrorzubringen das hOhere wogen schlägt als das wirkliche
und mit dessen notwendigkeiten eine menschliche willkiür schaltet .
Zu den stärksten trrtümem der alten ästhetik gehört die
meinung dass die kunst eine besondere art der erkenntnis sei .
durch mächtige fürsprecher (z. b. Schopenhauer^ gestüzt ist diese
anschauung in wechselnden Verkleidungen bis auf unsere tage
gekommen und steht noch hruic im ansc.ien einer gewissUeit .
ein blick aut das wocn der künstlerischen auHassuiiu^ai t k.inii
uns ihre unhaltbarkeit beweisen . für den eindruck weichen
ein künsücr von einem stück Wirklichkeit davontragt ist wie
schon angeführt die thatsächliche beschaffenheit derselben keines-
wegs allein ma^ebend. der dem naturspiel absichtslos hin-
gegebene mensch erfahrt eine beeinflussung seiner empfindung
welche unzertrennlich mit schwachen graden dunkler willens -
an tr i eb e verknüpft ist : lust oder unlust , besitzen- oder meiden-
wollen . im kfinstler ist diese .Stimmung* aufserordentlich heftig
und doch zugleich von jeder beziehung zu eigentlichen nützlich-
kcitsrücksichtcn völlig losgetrennt . dadurch wird es ihm mög-
lich auf den eindruck mit einer ausstrahiung zu aniworccn in
der nun wille Vorstellung und gedanke auf die merkwürdigste
weise verflochten sind, demnach ist eine solche ausstrahiung
keine Offenbarung des viel beredeten wesens der weit sondern
einfach die mitieOung der an ein geschehen geknüpften frohen
oder uufrohen empfindungen des künstlers. nicht eine be-
reicherung unserer erkenntnis sondern eine erhOhung unserer
freude am leben wird uns durch das kunstwerk zu teil .
142
Auch aus dem schwäcbliag springt ein funke der krafl
wenn furcht oder zom in ihm entzündet ist. ebenso sprühen
auf geistigem gebiete starke leidenschaften aus anlass der be-
kSmpfung grober widerstände, dieser sich unter umständen
als eines mittels zum zweck zu bedienen darf dem grofsen
j kuü-ilei nicht verweitjci t werden . aber wenn wir bedenken
\ wieviel dichtciiscli unwertes die weh schon eroberte weil es
•' mit dem feuer sitttlicher verwerfun^^ vorj^elragen wurde so ist
es billig von vornherein missirauisch zu sein gegen einen künstler
der sich — zumal heute noch — mit Vorliebe solcher stoflfe
: bedient welche weil auch der sittlichen erregung zugänglich
durch einen beigesclmiack von erzieherischer absichtlichkeit
verstimmen .
Alle kunst welche die ersten rohen anfangsversuche hinter
hat ist in einem gewissen verstände sinnbildlich (symbolisch)
sie giebt zeichen die empfindungswerte bedeuten, bislang
nun glaubte der kfinsfler aus der natur herauszulesen was er
unbewusster weise in sie hineingetragen hatte . den alten war die
weit geradezu erfüllt von mensLheniihnlic hen wollenden wesen .
den späteren blieb sie \\ enig-stens jnensehenhaft Leseelt. die
heutigen sind sich dieses Vorgangs mehr oder minder bewusst .
sie haben begriffen dass der gegenständ tot ist wenn ihn nicht
die persönlichkeit in belebende lichter taucht, insofern stehen
wir an einer wende, die anzeichen sind nicht ausgeblieben.
I alle kunst von heute ist fühlbar persönlich — fühlbar mehr auf
I erzeugung einer hochgeistigen stinunuog angelegt . dürfen wir
einen vermutenden blick in die zukunft wagen? ist vielleicht
die zeit des sinnbildlichen kunstwerkes nur ein Übergang ? sollte
der mensch einst die zu seiner hervorbringung nötige einbildungs*
kraft verloren haben? und was dann? dann bliebe das aller-
mspi ÜQglichste ; die reine färben- formen- und linieufreude .
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VOM SCHAFFENDEN
nr 1-2
Kennen und können, der reiche verstand allein ist un-
genügend zur liervorbringung des Werkes . das ungemeine wissen
und selbst verstehen ist im best» falle handhabe imd hülfe des
schaffenden, ohne die gestaltungshraft gleicht es einem Schutt-
haufen .
Die begeisterung. die schöpferischen naturen kennzeicb*
net die tiefe liebe zum leben, aus ihr fliefst die begeisterung
— das ist die kraft zur selbstaufopferuug , zur auflösung in den
gegenständ der bewunderung . glaube und anbetung sind in der
seele des schaffenden.
Der leidet am tiefsten dessen liebe am grOfsten ist . bis in
den grund muss er die menschliche ohmnacht erfahren und man*
eher erliegt dem leiden . der schaffende aber lässt seine ent«
täuschungen , lässt die grofse Zerknirschung hinter sich . wissend
ohnmächtig und dennoch entsagungsfäbig wandelt er fiber den
venvirrungen des lebens und schlägt ihr bild in die fesseln
lächelnder schönheitsforni . in blutender seele flammt iliin i;i uad-
lose be^^eistci un^^ — über der leere des abgrundcs cnttaltet sie
das gewebe von Schönheit und erhabenhcit.
Solche liebe gleicht der herbstlichen sonne welche — kraft-
los zu cnvärmcn — den rausch der färben auf sterbende \\ äldcr
legt, mit kühlen strahlen greift sie über die weit . nichts ist ihr
unwördiij und zu t^ering . -ie r-^t jen-^eits vom wert der dinge
und der mcinung der menschen . sie durchlichtet die nacht des
vemeincns . sie kann die quälen nicht lösen die zum leben ge-
hören , aber auch fiber quälen und trümmer gielst sie die klar-
heit ihres tages aus • in ihrem scbtmmer erblfiht ein lächeln auf
144
den Uppen des sterbenden . sie vergoldet mienen die der schmerz
verzerrte und flicht klagen und seufser in den rytmus ihres licht-
gcsanges .
Der ehrgeiii. der schaffende kennt den ncid nicht, sein
scllistgeftihl schwankt zwisLlien den beiden polen : pjölVe und
Verzweiflung . das werk schwebt ilun vor als ein ungehe ure-^ ,
höchstes, das nur emmai , aur durch ihn entstehen kann er
nimmt sich als eine bestimmung , als eine neue Offenbarung des
unergrQndlichen . das ungemeine ist einzig und ohne gleichen .
nur weil er dem werke es zum Opfer bringt hat das leben ihm
wert, das ist sein ehigeiz: der um des Werkes willen,
in der Verteidigung seines ruhmes ist etwas von der heldenhaften
liebe der mutter zu ihrem kinde . ehe man ihm diese gröfse
streitig macht ist er bereit die werte der menge umzukehren
und in schroflRer abgeschlossenheit auf der notwendigkeit seiner
natur zu beharren . so mag er der anerkennung entbehren
wenn auch vielleicht mit jenem zucken der lippe in welchem
schmer?: und Überwindung streiten . — vermöchte ihn aber
jemand in der weise seines Schaffens zu übertreffen so wäre
damit die iluglcraft seines woUens zerschnitten . er würde als
erster sein werk zertrümmern und das ihm würdelose leben
enden .
Es ist ein gar weiter abstand zwischen dtm ehrgdLZ des
Schaffens und der Üiätigkeit aus ehrgeiz. demioch hört man
nicht auf die beiden zu verwechseln und ist verwundert dass
der schaffende nur den höhn der tiefsten Verachtung hat für den
Stachel der gefallsucht , unter dem er die Wettbewerbe im leben
des tagcs entbrennen sieht . nütiiiei-ne , welche nie den schauer
der be^a-isterun^ empfanden können aus soKlieni antrieb das
tüchtige leisten und sich die meinung der mchrzahl unterwerfen .
darf man es manchem meister verargen, wenn er über dem
werke die für welche er es schuf zu vergessen bemüht ist ?
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145
Die beschriBkung. — ohne eine glflckllche blindheit fOr
die Vielheit der ziele ist noch kein schaffender gewesen . fremd
ist ihm die zitternde, hungrige l eizbarkeit welche auf alles horchen
und antwort geben muss . ihr zcipliUenider und widers])iuchs-
voller reichtum erlaubt solchen allseitig empfänglichen naturen
nicht die zusammenfassende hinwendung auf das Eine und ver-
bietet den unterstrom yon leidenschaCt . bislang — so erschein«
es — ist die henrorbringung des bedeutenden geknftpft an die
dauernde eingenoinmenheit einer seeie von dem gegenstände
ihrer bestrebungen . mag die bew^;ting auf das uniyerselle be*
greifen : mag sie auf das künstlerische schaffen, auf kriegerische
grofsthaten oder auf sonst irgend ein gestalten gerichtet sein —
▼ir k/^nnen uns ihre das grofse schaffinide kraft nicht losgetrennt
denken von einer gleichsam selbstmörderischen energie des ihrem
schallen zugew endeten wo Ileus . es gab noch keinen genius von
dem man sagen darf: er hat das gewaltige geleistet, aber er
hätte es auch unterlassen können . von einer Vorstellung , einem
Streben ganz erfüllt und mit dem unerschütterlichen glauben
an den beziehungslos hohen wert des erstrebten wandelt der
schaffende seinen weg . den menschen des zögems und zweifelns ,
der sich gern für den filosofen hält , mag dieses Schauspiel immer*
hin mit grauen und bewunderung erfOUen .
Das handwerkliche, in welcher diäti^eit immer ein
sdiaffender sich entfaltet : sie hat ihre handwerkliebe seite . ge-
wisse , im gnmde schöpferische naturen von allzu hastiger be-
geisterung sind .<tets geneigt diese zu missachten, ihr sinn zwischen
allen gipfeln heimisch . aber ohne die zühc geduld dt-r echten
bildnerlust schwelgt in den gruisai tig&ien eatwiirien und kiimmert
sich wenig um die Schwierigkeit der mittel . deshalb müssen sie
an der ausfährung scheitern . so bleiben sie auf einer Vorstufe
stehen: als die eifasser und Verehrer alles grolsen, als die
menschen der tiefen einsiebt und der wesentlichen worte , welche
B K 10
146
wol die richtimg weisen, aber nicht das fOlirende werk ge-
gestalten kdnnen . ~ umgekehrt Terliert dies« oder jener Über
der beschäftigung mit den mittein den zweck ans dem auge.
das rein formale, um das er sich anfänglich m hinsieht aui Jic
Verwirklichung des eiTCgenden mha!t<i bewarb, gewinnt ihm an
Selbständigkeit und achtbarkeil m dem inafse als er sich der
meisterschaft darin nähert . das leidenschaftliche innere welches
er darzustellen rang zergeht ihm mlezt völlig in der freude am
q>iel mit dem äufseren . dies entspringt aus einer gewissen träg-
heit des geistes und ans der macht des unmittelbar sinnlichen .
den meister unterscheidet es dass er die glut ewiger jugend aus
aller Peinlichkeit handwerklichen bemfihens unvermindert da>
TontrSgt.
Zweifel . es gicbt eine ncugierde die unersättlich ist und
ein wissen welches tötet . wir von heute leiden an dic>em
Wissen . an dieser neugieide . mit staunen beinah stehen wir
vor jenen erhabenen lügen gliiul iger jaintausende aus denen
alle gröfsten werke der bisherigen menschheit geflossen sind,
schwere zweifei beunruhigen uns :
Wird mit dem glauben nicht auch die begeisterung schwin-
den ? kennen wir noch höchste werte denen wir unsere gegen-
wart opfern durften? ist dem wissenden selbst im schaffen
nicht ein rest vorzeitlicher Wildheit und gläubigen ernstes ? was
konnte uns nötigen das unerklärliche mit ehrfurcbc gebietenden
wundem zn erföllen? welche andere kraft hat uns die dinge
bedeutungsvoll gemacht und mit seelc erfüllt, wenn nicht die
ausschweifenden eaibildungen aus der kindli* hkeit des geistes ?
wäre vielleicht doch imseie kunst die traurige glul emei aiiend-
dämmerung über einem menschbeitstage welcher untergeht / ist
der verstand die feindliche gewalt und fähig, die glut des
wollens zu löschen? werden alle ieidenschaften schliefslich
untergehen in einem fanatismus des erkennen» und dieser
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147
selbst noch in teilnamcloser allwissenheit ? — nur eines ist
sicher : wir stehen in der entwickcluntr des geistes an dem
punkte einer unerhörten selbstbescliräiikiin^ ies menschlichen
machtgefühls . wir lernten es noch nicht unseren grofsen und
schönen empfindungen das zutrauen an ihrem erkenntniswert
abzuziehen . wir sehen nur die zerstömng und begreifen nicht
dass ein neues glücksgefflhl aus ihr erblQhen wird, aas
einer gleichsam ursprfioj^ichen zaTersicht ahnen wir dass nur
uns das Terstindnis dafiir mangelt , wacher art die schaffende
freude sein wird in der ans nx engen w^t der späteren
menscbheit
10*
LEOPOLD ANDRIAN
VERSE VON 1804
n
EINE LOCKE
Sie hat die müde süfse färbe
Vom gold das seinen glänz verloren ,
Das in dem milden grau der asche
Zu neuem leben ward geboren.
Die färbe die so wunderbar
Im aug die andern sinne bindet
Weil es die weiche und den duft
Im abgeblassten Schimmer findet .
Mir ist als ob ihr ganzer körperloser reiz
Aus dieser lock«.' mir cntpc^^enlachte
Und dann — die unbegrenzte traurigkeit
Der nächte die ich einsam keusch durchwachte.
(
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SÜNNKTT
IV 1-2
Ich bin ein königsidnd , in meinen seidnen haaren
Weht duft vom cfaiysam das ich nie empfangen,
Es halten meine bösen diener mich gelangen
Und auch mein reis wich müd den langen jähren.
Nicht er allein • ich habe ihre macht erfahren ,
Im leben das sie mich zu leben zwangen
Ist alle meine hoheit hingegangen
Ich ward so niedrig wie sie medrig waren.
Sie haben mir den purpur abgenommen .
Starr blickt mein aug nach totem glück ins ferne ,
Wo sind mir meine goldnen locken hingekommen?
Ich kann nicht schlafen • quälend sind die steme .
Oft nahen tückisch mir im schlaf die Wächter —
Ich kann nicht schlafen und itk schliefe gerne !
RICHARD PERLS
VOM NEUEN BUNDE
U 5
I
Ich will in Sehnsucht mir gefährten werben
Welche wissen von entschwundnen leiden.
Längst vergessner schmerzen heitre erben
Werden sich in freudenhüllen kleiden .
Traarig schauen in die dunklen äugen
Manner frauen von dem neuen bunde
Und die blicke welche schmerzen saugen
Küssen auf mit lust die alte wunde .
Schwarze rosen duften in den vasen
Trübe ai^en werden licht beim scheiden
Und auf einem immergrünen rasen
Klagen wir um die entschwundnen leiden.
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Ich bette dich in Iraumestielc ruh ,
Trägst du noch gram nach schnell vergilbtem rühme '?
Ich liebe dich und neige mich dir zti —
£s bleibt das wissen um die bUue blume .
Bist du madonna oder bist du fee?
Du kommst gehüUt in weüsen Uchtes falten .
Ich sterbe gern , es schmilzt das harte weh .
Du magst nun frei mit meiner 8«eie schalten .
Voa hellen stemen scheinst du hergerauscht
Ich höre hclUes freie llulen rauschen ,
Und wie ich einst der seelen klang gelauscht,
So will ich deinem Sphärenklange lauschen .
Ich bette dich in traumestiefe ruh ,
Geh ein mein freund zum alten heil^ume,
r
Dort flüstert und dort raunet man dir zu '
■
Ein neues wissen um die blaue blume . I
IN VILLA BLAKCA
III
I
Ich will die stillen stuaden nicht entbehren
Die träume fliehen wie gepeitsdit vom winde.
Ich soll die brüder lieder singen lehren
Und reigen tanzen unter fahler linde .
Die seele weint in ängstlichen gefühlen .
Ich kann die worte nicht zu klangen finden ,
Kaan die gedanken nich* zu kränzen winden
Um roter wunde heiüsen brand zu kühlen.
Ich lliehe licht und schliefse meine Uder.
Ich sehne Uppen und begehre wonne.
Mit kühlem gift durchdringet müde glieder
Ein träum gewebt aus traurigkeit und sonne .
Ich jauchze auf in tonendem frohlocken .
Das heiige steht zu freiem eingang offen —
Die königin hat mich ins herz getroffen
Ich höre iicuieniuii und kirclicnglocken .
n
VOR ElMüM FKAUENBILDiNIS DES DONATELLO
Ich fand dich unter hohem baldachine
Ich fragte dich mit der erwartung auge
Und las die antwort in der leidensmiene ,
Ais ob mein sehnen deinem blick nicht tauge .
Ich sprach vom Uchte und ich sprach von auen,
Vom stillen dult im nie betretnen thale ,
Vom heiigen glänze der entspringt dem blauen
Dem lichten ewgen unentweihten Graie.
Was willst du thörin langer mit mir streiten?
Du sollst das schloss mit seinen zinnen schaun.
Komm in den garten heller kostbarkeiten ,
Tritt in den reigen der geweihten fraun.
Und wenn im stummen spiel das abendrot
Zum lezten mal dein auge lenkt zur sonne
Wird offenbar was nie sich dir erbot :
Der weiten ziel und des eriösers wonne .
154
*
in
SEHNEN DES SÜDENS
Lachend verg^ais ich der Weisheit sch&tze ,
Leiden und träume erfüllen den sinn.
Wob um die weit einst demantene netze,
Träume zu seligen ufern jezt hin .
Schaue ia blülen ein e wiges wallen ,
Folge dem gott auf veibotoner spur .
Wenn dann die wogen gelinde erkalten
Zieht mich mein schwan auf der wogenden üm.
Heilige Irauen auf heiliger reise ,
Traurige lieder traurig und hehr I
Neige mein haupt und lache ich leise,
Wie lacht es sich leise am dunkelnden meer !
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BLUMEN VOM TODE
I.
Wie die seelen ineinander glühen
Wenn die töne deiner band entrauschen
Wie die bunten blumen still erblühen
Wenn wir leise dunkle worte tauschen !
Nimm den dingen ihre kostbarkeiten 1
Flicht die weiten zum verwegnen kränz
Und beim spiele dunkler traurigkeiten
Locke Seelen zu dem lezten tans !
Neige dann in reinheit dich mir nieder
Kaune das geheimnis leis mir zu
Und ich küsse deine müden Uder
Bei^e dich in traumestiefer ruh .
156
m 8
n
Ich kann nicht heben . ich kann nur sehnen ,
Denn ich bin krank und bin auch so müde
Ich kann nur traurig am fenstcr noch lehnen
Zu schaun wann der träum mich zur, hochzeit wol lüde .
Gebt mir den erben nah meiner seele!
Er wird mich bannen soU mich ▼erstehn.
Gebt mir die Jungfrau rein ohne fehle
Dass ich beseligt zum Schlummer kann gehnl
Auf einer wiese wo blüten entspriefsen
Gönnt mir ein frohes ein schmerzloses glück .
Darf ich des heilandes blick noch geniefscn
Ruft mich die Jungfrau zum Schlummer zurück.
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MAX DAUTHENDEY
AV» STIMMEN DES SCHWEIGENS
ABEND
Schwarze moose
Erdgenich io laueo fiocken ,
Schmale dünne Silberbluten
Und gesang von bleichen glocken.
Welke feuer löschen leise ,
Nur ein atmen warmer flut.
BlCJiend schmelzen rote meere ,
Dunkle sonnen saugen blut.
AMSELSANG
Fliehende kühle von jungen syringen.
Dämmernde grotten cyanenblau.
Wasser in klingenden bogen
Wogen —
Auf fosfomen schwingen
Sehnende wogen .
Purpurne inseln in schlummernden fernen .
Silberne äste auf mondgruner au .
Goldne lianen auf tu den Sternen .
Von zitternden weiten,
Sinkt feuertbau.
OSCAR SCHMITZ
I
Iii 2
Waram sind deine küsse kalt tind selten?
Dein leib der mich wie flammenmeer umwandt
Fleht in der ni.scho um gctraumte wellen
Und perlen reiht die Uebesmüde hand .
Die freudenhallen stehn verwaist und leer
Die reigen fliehn die sich durch säulen schlangen
Und dufte die uns schlafemd leis umfangen ,
Denn aus dem becken dampft kein amber mehr.
Die ampel losch , die rosen sind verweht ,
Leer ist der pfuhl da deine Locken ruhten.
In neuen schauem will dein leib verbluten ,
Der zu dem nackten blassen heiland fleht.
•
n
Die tbrfinen lass in meine flechten fliefsen,
Der müden seele süfsen zauberkreis
Im ^aricn der erinnrung duften heils
Die biumen die verrauschter iust entsphelsen ;
Auf wirren Sträuchen , hüllen schwarzer schachte ,
Brennt scharlachrot die blume akeley.
In lilienbeeten stirbt ein femer mai ,
Doch heliotropen gliihn dturdi unsere n&chte.
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SÜNNEITE
IL
lU 4
Wo ruht das gold , mein gotf . in welchen schachten ,
Das wie ein diadem ihr haupt geschmückt ,
Zu welchem stern hast du den glänz entrückt
Der lagerte auf diesen blonden flechten
Wo strahlt der augren glut » in rausch verzuckt ,
Einsame leuchten mir in süfsen nachten ,
Wo dnd die genien die du b^luckt
Dass sie zu ihrem heim die seele brächten?
Ist denn des goldes glänz in nichts zerronnen
Und müssen wilde flammen stumm verghmmen?
Kein seraph hat an ihrem bett geweilt .
Doch sah ich abends in dem licht der sonnen
Ein Wölkchen einsam leise aufwärts schwimmen
Wie eine seele die zur ruhe eilt.
CHRYSANTHEMUM
nr i'S
Königin der Chrysantheme,
Trittst du nur in meinen träum
Oder grünt des iebens bäum
Dass ich goldne trachte nehme?
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Bis mein schritt sich dir bequeme
( Unbewohnt in lichtem räum t
Gieb mir deines kleides saum
Königin der Chrysantheme!
An der wülkenstrafse rand
Spricfsen kleine weifse blülen .
War's ein träum der sie erfand?
Komm wir wollen sie behüten,
Gieb mir deine weilsc liand
Königin der kiemcn bluten!
DIE WEISE
Eine weise macht mich hang.
Mahnend . wie von fremder erde .
( Küsse dass ich trunken werde
Schläire micli mii aüfscin klang ! )
Schul ein sinnen mir beschwerdef
War^s ein vogel der ste sang
Die durch rosenhajife drang ,
Schwül wie duft der weihrauchherde ?
Kennst du sie die alte weise
Die den trunkenen rausch verbannt?
Ach sie mahnet früh und leise
An die nacht da ich sie fand
Einem augenpaar zum preise ,
Einer lodce , einer hand .
ERNST HARDT
TÖNE DER NACHT
IV
n
Die nacht spannt eine ipoldne harfe
Veisdiwi^en durch das tiial der weit.
■
All ihre zarten saiten schwingen
Wenn eine thräne niedexfallt.
Wer einsam geht und schon um vieles
Erfahren hat den sucht und wirbt
r)er harlenklang der weihdosen
Im druck des dunkels klanglos stirbt .
Es klagen erdeiifremde leiden
Mit schweren tropfen in der nacht .
Nachts weinen heimhch bleiche männer,
Da stolz am tag sie lächein macht .
£s deckt die nacht mit ihrem fürstenmantel
Die goldne harfe moi^ns zu .
B K U
KARL GUSTAV VOLLMOELLER
ALS EIN PROLOG
IV 1-2
Verlorne Idnder aus dem sonnenland
So irren wir schon immer duidi die zelten
Die r&ddcelir suchend w^die keiner fand.
Und schreiten grolsen 5uges in die weilen
Und sind doch tausendfällig erdgebunden
Durch aller derer müde traurigkeitcn
Die einst vor uns gesucht und nicht gefunden .
Und müde sehn wir unser sonnenblut
Verströmen aus jahrtausendalten wanden —
Jahrtausendalt verloht die heiligte gim .
Vielleicht dass einer der in sternenklaren
Hochsommemächten lasser sinne ruht
Die goidne sladi im irauine mag gewahren
Wie sonst die kühnen adlerjäger nur
Die aul den zinnen jener berge waren
Vermessen folgend eines wildes spur —
Die goidne Stadt wo hundert tempei ragen
Der Schönheit aufgebaut in goldner flur
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163
Die goldne Stadt nach der wir Spahn und iraffen
In die kein zutritt ist durdi kralt oodi list ,
Die Stadt von der es heifit in alten sagen
Dass einmal nur nach tausendjährger firist
Als könig einzieht ein Terlomes tdnd —
Und deren mauer rings von golde ist
Und deren thore aii von golde sind.
0DY88EUS
Beim gelben unstäten schein von flammenden kienen
Safsen sie schweigend neigend das haupt in der kdnigshalle
Es safs da Helena die schöner als alle
Frauen die immer die sonne beschienen.
Es safsen Menelaos der jüngling Antüocbos
Telemachos endlich.
Da nun die gäste den palast verlielsen
Die Sklaven abgeräumt das abendmahl
Die dämmerung sich weitete im saal
Der lezte tritt verklungen auf den ßiesen
Und nun der laute tag zur ruhe kam :
Da erneute sein düsteres flüstern der nagende gram .
Und anfangs hatten sie es wol versucht
Im Zwiegespräch das weh hinabzuzwingen
Und bastig redend von gewohnten dingen :
Vom stand der herden von der felder frucht —
11»
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164
Jezt ^rach des Schweigens stimme unter iltnen
Und während sie steh mühten ruhig zu scheinen
Mit festen äugen und beherschten mienen
Stand all ihr denken doch nur bei dem einen :
Odysseus dem der heimkehrtag veilluclit .
Di^T nun wohl fern im schreckenvoUen land
Dahin sich schleppte matt durch heifse wüste
Vielleicht an unwirtlicher meereslcüste
Schon lag vermodernd in dem fahlen sand
Den geiem und den luchsen frafs and mahl:
Da durchbrach ein sehnen nach thranen die schweigende qua! .
Und das weinen klang in der hohen halle —
Es wdnte Helena die schöner als alle
Frauen diu schauen den ewigen stralil .
Es weinte laut der starke held Meneiaos
Telemachos weinte .
L'nd nicht blieb thränenlos Antilochos , er dachte
Trauernd bei sich an den treuen bruder
Den ihm beim kämpfe auf des Skamandros feld erschlagen
Der strahlenden Eos söhn.
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165
PARCIVAL
Xachdera der held im ersten morgengiauen
Das ross gelenkt vom heiligten schloss des Gral
Und durch den finstern wald hinab ins thal
Gedankenschwer und ohne aufzuschauen
Kam er zu einem see blank wie geschliffner stahl
Rings blvLhten wilde gärten beifs und lüstern
Umdttfteten ihn grofse Orchideen
Und hier zuerst zwang ihn sich umzusehen
Der blonden firau geheimnisvolles flüstern —
Er sah das schloss im moigensonnengolde stehen :
Die goldnc sonnenburg von Munsalvesche
Und da geschah es dass ein irenides schauern
Sein auge bannte an die roten mauern
Er hielt gestüzt auf seiner lanze esche
Und starrte stumpfen blicks in dumpfem trauern
Und dunkel ahnend den verscherzten thron
Zur goldnen sonnenbuig von Munsaivesche :
Erst als die nacht hereinbrach ritt er irr davon .
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AUGUST OEHLER
DIE FESTE DER EPHEBEN
rv 1-2
Die bergeslelme ist ihr lieblingsplatz
Da sind sie an den abenden zu finden ,
Wenn alle dinge sich im schatten neigen
Und sie nichts mehr verwirrt • sie sind zufneden
Die hellen regenlrnpten zu verfolgen
Die von den schwanken büschen leis im wind
Geschüttelt sinken auf das weiche moos .
Die luft ist suis die nacht ist nicht mehr ferne .
Dies ist ihr lohn • denn was das leben bielel
Das wussten sie und wählten ihren teil,
Ihr eignes los gedachten sie zu füllen ,
Auf wundersame weise zu erreichen
Dass nirgends mangel , nirgends übeiiluss
In ihrem haus das sie allein bewohnen
Und doch mit andern teilen die sie lieben .
So ist der gleichgesinnte kreis beglückt .
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Dir waid eio mühsam steiler pfad zu kUmmen .
Erst spät erkannten wir den hohen wert
Von deinem starken uneischrocknen schaffen.
Doch wie die frühren tage ohne ruhe
Ein stetes hoffen stetes bitten waren
So grüfsl dich jezt da^ leben eines nieisters ,
So wollen wir und so wirds dir beschieden :
Dein kleid sei weifs vor allen andern kleidcrn
Und deine locken zwing ein goidner reif.
Die mädchen und die knaben sollen grüfsen
Wenn dn herabsteigst deines hauses stufen .
Und darum soll dir aUe ehre werden
Dass andre, dieses zieles sich erinnernd,
Ergeben täglich ihre scfaoUe pflügen.
Er kam aus einem duiikien fernen kmd .
Das kannte keine tempel . keine feste .
Nicht mühe und nicht lohn • da sah er einst
Aus einem haine opferdünste steigen ,
Da trat er näher • sonne fiel auf ihn
Und auf die reine schar die er erblickte .
Der eine augenblick ward ihm durch Jahre
Allein der trost in seinen grossen leiden
Die lange währten • aber er ertrug .
Doch endlich löste sich sein stummer mund
Und seine tfaiäneo, seine dankgebete
Erzählten uns dass er der söhn der wüste
In unsem garten eingetreten sei .
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Vom mofgen bis zum mittag sind wir täglich
Bemuht: wir sinnen und wir lesen.
Doch grübelt nicht zu tief und denkt der götter
Sie lieben uns und unser ganzes thun.
Stets scheint die sonne Mediich in die halle
Und steht nicht auch zum allgemeinen vorbild
Der luarmorkopf dis wiisL-n in der mitte?
Drum hoffen wir aut jenen freudentag
Wo wir zu unscrn jungen brüdem saj^'tn :
Das haupt war l«uig mir über jedes blau geneigt
^n kri^ und ringen auch beinahe jede nacht :
Nun bin idi sieger * und ich bin nicht müd .
Seht die bewaffnete schar I sie schreiten Schwerter in bänden
Laut durch die dämmernde luft ziehet ihr festliches lied .
Ernstes irelübdc erfülU den sinn der blülienden männer
Kämi)fer Wüllen sie sem weihe o könig ihr Schwert .
Anfanf,'s wandelten sie nur manchmal zum einsamen tempel
Doch sie verachteten stets finsternis wüsten und staub .
Zittert ! mächtiger klingt empor zu den lauschenden wipfeln
Ihrer weihe gesang I heute schon zieht sich der kreis .
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Kommt alle mit • ich will euch einen tempel zeigen .
Besteigt das boot • die strömuner soll uns leise tragen .
Der lluss wud enge , zweige streifen unser antUtz
Und blüten fallen ohne unterlass ins boot .
Jezt kommen wir zum see , der grenze des bezirks —
Lasst uns am ufer gehn • da sind die schlanken schwane
Sie gleiten schnell und stolz im heiligen gewässer
Sie freuen sich mit uns des teuren augenblicks
Wo wir die sonne sehn die langsam niederschwebt.
Ich grüfee euch mit rührung grüne sanfte züge ,
Ich beuge meinen scheitel voller scheu und ehxfiircht
Vor diesem abendwind • doch sind wir alle würdig
Emporzusteigen diese breite bahn zum tempel
Und an der lezten stufe betend hinzuknien .
Die weifst n saulen schimmern durch das abcnddunkel .
Nehmt jeder eine blume von den rosensträuchen .
Wir beide gleichen sinnes müssen uns doch trennen.
Jezt fühl ichs wo der kränz auf meinen locken liocrt .
Wir beide weihten wol uns heut dem gott des scliw eigens
Doch andres suchen wir auf unscrn gleiclu n we^en .
Du träumst von stillt r feier von den siilsen stunden
Wo du dir selbst die lorbeerkränze winden kannst
Weil du allein dein herr und meister bist, allein.
Dir eine weit verbieten und erlauben magst.
Ich aber will statt säulen dunkle stimme suchen
Und dunkle nacht statt mittag • stille such ich
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Gleich dir • doch nicht genügt dem frieden meiner seele
Ein dicht umbuschtes haus auf noch so hohem g^iplel .
Mein Gott sizt ernst und hoch , die arme weit gebreitet
Inmitten dunkler landschaft dunkler weiter wogen
Ld scbatten und verhüllt knie ich zu seinen fufsen.
Unter den zweigen der ulme , in deren rinde wir iiamen
Teure und heilige uns , schnitten , da ward sie geweiht —
Sind wir auch heute gestanden den roten bimmel betrachtend ,
Atmend die heilige luft und zu verstehen bemüht
Was unsre tage erluUt und unire scheite! umwunden
Wie mit biumen und grün , lieblichem schattigem grün .
Denn wir waren vereinigt , wir könnens jubelnd nun sagen ,
Von dem niedrigsten dienst bis zu dem krönenden fest.
Wenn er die worte aller seiner freunde
Vernommen hätte und danach gethan
So war er jest der ente unsrer schar .
Des vaters Segenswunsch der ihn entsandte ,
Ward nicht erfüllt • tmd wie war dein gelübde
Vor imserm greisen fuhrer — Weihrauch streutest
Mit vollen bänden du , nun sind es jähre —
Und nanntest dich ein kind der einsamkeit?
Was du trclobtest hast du nicfii j^efasst
Und niedrige gelahrten bald ^^jesucht . .
Nun nennt man nir^jends seinen namen , denn
Ei ist kein held, kein redner, seine haare
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Sind wild und ohne kränz • er irrt umher .
Die öde ist sein aufenlhalt . sein himmel
Hat keine götter mehr • er ist nicht unser .
Hier ist der plats • hier steh^ die drei buchen .
Sie werden morgen unsem dienern sagen
Sie sollen hier den kleinen altar bann.
Ich darf mir selbst die linnen und geräte
Das goldne band und das geweihte tier
Von allen schätzen unsres hauses nehmen .
Und wenn sich dann im wind die tücher bauschen
Und alles <^ünstig , treten wir hervor .
Voran die Schwester mit den blumenkürben .
Die Scheibe wächst • der mond wird bald sich füllen .
Jezt will ich rascb noch hinter diesen Vorhang treten .
Die priester warten schon, jezt drängt sich auch das volk.
Ist's möglich — nur das eine « Götter , mdcht ich wissen —
Dass dieser eine tag der schnell vorübergeht
Den bunicn reitfen aller anderen behersche .
Werd ich bei eurem dienüte und bei meinem forschen
Stets denken : damals wurdest du der brüder einer ,
In heifsen bitten hattest du die nacht gewacht ,
Die freunde und die eitern waren voller jubei
Doch du . .
Ein schritt.
Man stört mich schon • es ist zu spät .
Drei schmale stufen trennen mich noch vom altare
Nun, selige beschutzer, sendet schnelle gnade.
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Zu meinen f&rsen roUt das meer dahin.
Ich steh am gittcr , da die schatten sinken
Und lasse mir erzählen von dem land
Das drüben liegt da hcrscht die heitere weit .
Da drüben wohnt die freudc und das leben
Scheml nur em tag • die golter blicken milde .
Das land ist grün und blühend . ihre kunst
Und ihre feste sind &> weich und strahlend.
Und doch vielleicht steht eben jest ein jüngling
Mir gegenüber stumm an jener küste
Und blickt nach unscrm land» nach unsem mauern.
Der friede und die nacht bew^en ihn.
Verworren dringt das klingende gelage
Noch an sein ohr • er aber will nicht hin
Selbsi kränze und gesängc locken nicht:
£r träumt vom grofsen schätz den ich besitze.
Er ruht • der mutter und Euterpen ziemt zu weinen .
Ihr alle andern sollt mit andacht ihn betrachten .
Ihr wisst ja selbst dass er noch jungst von dunkler Sehnsucht
Die unbezwingbar sei und ihn erfülle sprach,
Dass er was ihn erfreut jezt nur mehr überragte
Und kurz vor seinem ende noch gewohntes mied .
Deshalb wards ihm bestimmt * drum ist nicht unerklärlich
Warum er lassig sich den wellen überlieis :
Es lockte ihn das blaue und das weiche . tiefe .
Denkt meiner nicht in traucr wenn der taff sich jährt
Er nahm nnt sich was er besafs . uns allen andern
Lässt er em süfs gedenken schöner zeit zurück .
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INHALT
VORWORT 5
AUS D£M GESAMMTINHALT D£R BLÄTTER F. D. KUNST 7
ELNLElTLNGEiN UND MERKSPRÜCUE
1..IV. FOLGE 10
SiKFAN GEORGE
AUS LEGENDEN , 28
AUS HYMNEN PILGERFAHRTEN ALÜABAL 83
AUS SAGEN UND SÄNGE 41
AUS HIRTENGEDICHTE 44
AUS DAS JAHR DER SEELE 46
AUS EINEM NEUEN BUCH fiß
UMSCHREIBUNGEN AUS MANUEL 66
LOBREDE AUF JEAN PAUL 61
BRIEFE DES KAISERS ALEXIS . 66
AUS TAGE UND TRATEN 66
HUGO VOM UOFMAMNSTHAL
VORFRÜHLING , 68
EIX TRAUM VON GROSSER MAGIE 70
BALI. AI E DES ÄUSSEREN LEBENS 72
TERZINEN t^BER VERGÄNGUCHKEIT 78
MANCHE FREILICH 74
BOTSCHAFT 76
i>ER TOD DES TIZLVN 78
BILDUCHER AUSDRUCK 91
DICHTER UND LEBEN 92
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FAUL GERARDY
LIEDER 94
AUS ALLEN DENEN VON DER RUNDE 96
ERWACHEN 96
DIE JUNGFRAUEN 97
DrE TÄNZE 100
HKIMKEHR UND FATTRT . 104
WIK EIN EDLER SÄNGER ÜANG 106
GEISTIGE KUNST lU
KARL WOLPSKEHL
AUS ULMS 116
DER PRIESTER VOM GEISTE 125
BETR^\CHTUNGEN 126
ÜBER DIE DUNKELHEIT 127
Lin>W16 KLAGBB
VORFRLILLlNo 131
ÜBER DIE WEITEN WIESEN 132
WANDLUNGEN 133
SALAMBO 184
AUS EINER SEELENLEHRE DES KÜNSTLERS 186
VOM SCHAFFENDEN 148
LEOPOLD ANDRIAN
VERSE VON 1894 148
RICHARD PERLS
VON NEUEM BUNDE 150
IN VILLA BLANCA 161
BLUMEN VOM TODE 166
MAX DAUTHENBEY
AUS STIMMEN DES SCHWEIGENS 167
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OSKAR SCHMITZ
SONNETTE
ERNST HARDT
TÖNE DER NACHT
KARL GUSTAV YOLLMOELLER
ALS EIN PROLOG
QDYB8EUS
PARCIVAL
AUGUST OEHLKK
DIE FESTE DER EFEBEN
GEDRUCKT BEI R. BOLL, BERLIN NW.
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'O^ DDE 1^
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