Skip to main content

Full text of "Grundriss der Naturlehre"

See other formats







Be 2) — 
es - 


_ 600036856W 








Srundriß 
Raturlehre 


— — — — 


von 


Fried rich Albrecht Carl Gren, 
Profeſſor zu Halle. 


BIBL.D,PHARM.GESEL 
Mit funfzehn Rupfertafeln. 
Deitte gauz umgearbeitete Auflage. 


alle, 
bey Hemmerde und Schwetſchke. 
‚1797- 


Au e —* 


— — 
— — —— — 6 — 
* 
J 
— 


— — 





—8 


Grundriß 


der 


Raturlehre 


von 


Friedrich Albrecht Carl Gren, 
Profeſſor zu Halle. 


BIBL.D,PHARM.GESELS. 
Mit funfzehn Kupfertafeln. 


Dritte gaus umgearbeitete Auflage. 
ö— — —— —— — — 
Halle, 
bey Hemmerde und Schwetſchke. 
..,. 1797. 


widmet 
dieſes Lehrbuch 


FR: — 
einen oͤffenthlichen Bemeis 


A & — 


fein e'r \ 


Hochachtung und Freundfchaft 


der Verfaffer. 


— ** 


Borrede. 


D. Fortfchritte, welche die Erperimentalnas 
turlehre feit der erften , und felbft feit der zwey⸗ 
ten, Ausgabe dieſes Buchs gemacht hat; die 
Entdeckung vieler neuen Thatſachen in dieſem 
Zeitraume; die Berichtigung mehrerer Lehren, 
und die Menge neuer Anſichten, zu welchen in 
dem Gebiete dieſer Wiſſenſchaft der vereinigte 
Fleiß fo vieler Naturforfcher ded in: und Aus⸗ 
landes Gelegenheit gegeben: hat, 5 machte es mir 
zur Pflicht, dieſe Ausgabe ganz umzuarbeiten, 
° Die Beränderungen, die ſie dadurch erlitten hat, 
- find pon der Befchaffenheit, daB ſie als ein ganz 
neues Werk angefehen werden kann. Es wäre 
keines weges genug gemefen, neue Entdeckungen 
bloß in Anmerkungen hier und da einzuſchalten; 

es 


vs | Dorrede, 


es mußten Altere, nicht weiter Haltbare, Theo⸗ 
rien ganz aufgeopfert, viele Lehrmeinungen 
ganz umgearbeiter werden, wodurch, Denn Form 
"und Materie des Buchs durchaus eine Veraͤnde⸗ 
tung erhtt. Ich habe feinen Fleiß geipart, um 
das Werk in Hinficht der Materien fo vollitäns 

dig ald möglich zu machen, und eine Leberficht 
alles Wiffenswürdigen in dem Gebiete der Na⸗ 
turlehre zu geben; und ic) darf mir fchmeicheln, 
darin feinem meiner Borgänger nachzuftehen. | 
Die neue Ordnung, in welcher ich die einzelnen 
Lehren geftellt Habe, gewährt nicht nur eine nas 
türliche Berfnüpfung derfeiben, fondern erleiche 
tert auch die Ueberſicht des Ganzen, welches bey 
der Menge von Thatſachen gewiß ein nothwendi⸗ 
ges Erforderniß if. Kenner werden übrigens 
bald finden, daß ich nicht Bloß das Alte und Neue 
gefammelt Habe, fondern daß viele Säbe mir ei 
genthuͤmlich zugehören. 

Der erfte Theil, melcher die allgemeine 
Naturlehre enthält, Hat fehr beträchtliche Abs 
änderungen und Zufäge. Im erften Haupt 
ſtuͤcke deſſelben trage ich die metaphyſiſche Nas 
turlehre vor, die mit Recht den übrigen Theilen 

| der 


DBorrede, vii 


der Phyſik vorangehen muß. Es iſt in der That 
unverzeihlich, die Aufklaͤrungen, welche die kri⸗ 
tiſche Philoſophie hier verſchafft hat, zu ignori⸗ 
ren. Die Gruͤnde derſelben fuͤr das dynamiſche 
und gegen das atomiſtiſche Syſtem beſtimmten 
meine Ueberzeugung fuͤr das erſtere; doch trage 
ich auch das letztere zugleich vor. Ich habe in 
dieſem Abſchnitte ganz auf Kants metaphyfi—⸗ 
ſche Anfangsgruͤnde der Naturwiſſenſchaft 
gebauet; ich brauchte aber nicht die Ordnung zu 
befolgen, wie er bey der erſten Begruͤndung ſei⸗ 
nes Syſtems thun mußte, naͤmlich den Begriff 
der Materie nach den Momenten der Kategorien 
durchzufuͤhren. Die ganze reine Bewegungs⸗ 
lehre gehoͤrt mit Recht zu dieſem Abſchnitte, da 
ſie die Materie bloß als beweglich, ohne andere 
empiriſche Eigenſchaften derſelben, zum Grunde 
legt. Die Behauptungen, welche der ſel. Geh⸗ 
ler gegen die Saͤtze von Traͤgheit, Maſſe und 
Widerſtand gemacht Hat, gründen ſich auf ei⸗ 
nen bloßen Mißverftand, der freylich fehr allges 
mein if. Ich Habe ed für unnöthig gehalten, 
mich auf eine detaillirte Widerlegung derſel⸗ 
ben, die mir fehr leicht geworden ſeyn wuͤrde, 

ein: 


vHI Vorrede. 


einzulaſſen. Unbefangene Kenner werden ſehr 
leicht ſelbſt entſcheiden koͤnnen; und fuͤr dieſe iſt 
Das, mas ich beym $. 62. geſagt habe, hinlaͤng⸗ 
lich, ihr Urtheil zu beitimmen, Im zweyten 
Hauptſtuͤcke handle ich von den Grundſtoffen 
der Koͤrper, die wir durch die neuere Chemie 
kennen, freylich nur vorerſt im Allgemeinen; 

und dann von den Formen, worin ung Die Mas 
serien unierer Welt ericheinen. Ich leite diefe 
Formen von: den verichiedenen wechſelſeitigen 
Verhaͤltniſſen der beyden Grundkräfte der Mater 
rie bey dem fpecifiich verfchiedenen Arten derfel: 
benab. Die £ehre von der Kryſtalliſation fand 
bier ihren Platz. Die mannigfaltigen Phänos 
mene der Cohaͤrenz ftehen ebenfalls damit im 
Zuſammenhange, die wied rum auf die Lehr 
‚ zen von den chemifchen DBerwandtfchaften 
führen. Die chemitche Auflöfung ift fein gerin- 
ger Beweis für das dynamiſche Syſtem. Um 
eines neuern Sophiſten in der phnfifchen Chemie 
willen, haͤtte ich wohl näher darauf hinzeigen fols - 
len, (ob es gleich von felbft aus dem Gefagten 
fließt,) daß die Kraft, welche das Anhängen li⸗ 
quider Materien an feite bewirkt, von der, wel: 


che 


DVorrede 1X 


he die Aufloͤſung fefter in liquiden hervorbringt, 
nur dem Grade nach verichieden if. Im eritern 
Falle namlich ift die Anziehung zwifchen den 
Theilen des feften-und liquiden Stoffes nur groͤ⸗ 
ßer, als zwiſchen den Theilen des letztern allein; 
im andern Falle iſt ſie hingegen groͤßer, als die 
Summe der refpectiven Anziehungen zwiſchen 
den Theilen des liquiden Stoffes unter fich, ; 
und zwiſchen den Theilen des feſten Stoffes un: 
ter ſich. Im dritten Hauprftücke Handle ich 
Die Phänomene der Schwere im Allaemei: 
nen ad, die alle Körper, in fo fern fie ſchwer 
find, und ohne Ruͤckſicht auf ihre Form, ob fie 
naͤmlich feft, liquid oder erpanfibel find, jeigen. 
Dahin gehört die Lehre vom freyen Falle, vom 
Falle auf der fchiefen Ebene, von den Penvel: 
fchmwingungen, von der Wurfbewegung, von 
der. Centralbewegung ſchwerer Körper. Das 
vierte Hauptftüc enthält die Phänomene 
ſchwerer fefter Körper, und begreift die Lehre 
vom Schwerpuncte fefter Körper, vom Gieich- 
gemwichte derfelben, und von ihrem Stoße. Im 
fünften Hauptftücke find die Phänomene 
schwerer linuider Körper vorgetragen; oder 

es 


x Borrede. 


es enthaͤlt den hydroſtatiſchen Theil der Natur⸗ 
lehre. Die Tabelle uͤber die eigenthuͤmlichen 
Gewichte (S. 242.) habe ich fo vollſtaͤndig als 
möglich zu machen geſucht. Das fechste - 
Hauptſtuͤck, von den Phänomenen fehwerer 
erpanfibeler Flüffigfeiten, ift ganz neu hinzuges 
kommen. In den vorigen Ausgaben waren Die 
ehren vom Drucke der Luft, der von ihrer 
Schwere und ihrer Elafticität abhängt, in der 
befondern Naturlehre, unter dem Abfchnitte von 
der Luft, abgehandelt worden; allein die Gelege 
des Druckes und Gleichgewichts der atmofphäris 
fchen Luft kommen allen ſchweren erpanfibelen 
Flüfigkeiten, allen Gasarten und Dämpfen, zu. 
Sie gehören alfo in die allgemeine Naturlehre, 
indem man das Wort: Luft, bier im generis 
ſchen Sinne nehmen fann, Der Abfchnitt von 
der Luft fällt in der befondern Naturlehre nun 
weg; denn die Lehre von der Gasbildung im All⸗ 
gemeinen, und von dem Einfluffe der Wärme auf 
Elafticität der Luft, ift beym Märmeftoffe abges 
handelt; die Unterſuchungen über die fpecififche 
Natur der einzelnen Gasarten aber find zerſtreuet 
Dep | der Betrachtung der ponderabelen einfachen 
Stoffe, 


Borrede. x1 


Stoffe, die ihre refpeetiven Grundlagen ausma⸗ 
chen, im zweyten Theile angeitellt worden. Ein 
Syſtem der Naturlehre foll ja fein Wörterbuch 
Derfelben feyn. Die £ehren vom Schalfe und 
Zone, die fonft auch in der befondern Naturlehre, 
und zwar bey dem Artikel: Luft, ftanden, ma⸗ 
chen jest in der allgemeinen Naturlehre das fie; 
bente Hauptſtuͤck, das die Schwingungsbes 
wegungen fchallender und klingender Körper 
begreift. Die Euft ift nicht der einzige, urs 
fprünglich fchallende Körper, ob fie gleich ein 
gemeines Fortpflanzungsmictel des Schalles iſt. 
Die eigenthümlichen Schwingungsbewegungen 
beym Schalle und Klange kommen allen contracs 
tilen und elaftifchen Körpern zu; fie gehören folg- 
lich für die allgemeine Naturlehre, Ich habe‘ 
Diefem Abfchnitte das Wichtigfte aus den vor: 
trefflichen Chladni ſchen Erfahrungen uͤber die 
Schwingungsknoten und Klangfiguren ein: 
verleibt. 

Der zweyte Theil oder die beſondere Na⸗ 
turlehre hat im Ganzen noch betraͤchtlichere Um⸗ 
aͤnderungen erlitten, als der erſtere. Er iſt bloß 
der Unterſuchung der ſperifiſch verſchiedenen ein⸗ 

fachen 


xii Vorrede. 

fachen Stoffe und ihrer Verhaͤltniſſe unter eins 
ander, gewidmet. Der erfte Abſchnitt Handelt 
vom Wärmettoffe. Er hat durchaus beträchtlis 
che Zufäße und nähere Beftimmungen erhalten. 
Sch habe es nicht fir nöthig geachtet, auf das, 
was Herr Scherer neuertich gegen das Daſeyn 
eines materiellen Waͤrmeſtoffes vorgebracht hat, 
Nückficht zu nehmen. Ein gemiffer Grad von 
Stepticismus iſt zwar der Miffenfchaft vortheils 
haitz aber der Pyrrhonismus ift der Tod aller’ 
wahren Naturforfehung. Das zweyte Haupt 
ftück begreift das Licht. Die photomerriichen 
Unterfuchungen ded Herrn Grafen von Rum— 
ford, die neuen Entdecfungen in der Anatomie 
des Auges, find gehörigen Orts eingefchaltet, 
und die Gründe, worauf die Einrichtung achro⸗ 
matifchet Fernroͤhre beruhet, mehr entwickelt 
worden. Ganz neu find die nähern Unterſu⸗ 
chungen über die Mifchung und Entwicelung 
des Lichts und feine Verbindung mit Wärme: 
ftoff. Bey unparteyifchen und mahrheitslieben» 
den Forfchern, die auf die Sache und nicht auf 
Namen fehen, brauche ich mich wohl nicht zu 
entſchuldigen, Daß ich nach Herrn Richter hier 
| | noch 


Vorrede. XII 


noch den Namen: Brennftoff, brauche... Diejes 
nigen aber, welche Namen und Sache als alte 
fränfifch und deshalb verwerfen, weil es neu 
fraͤnkiſche Chemiſten von Anfehen thun, werden 
ſich vielleicht beruhigen, wenn ich ihnen fage, 
daß das Syſtem, welches ich befolge, noch 
neuer iſt, als das neufränfifhe. Im dritten. 
Hauprftüce find die ſchweren einfachen Stof 
fe, ihre Verbindungen und wechſelſeitigen Ber: 
hältniffe abgehandelt. Diefer Adfchnitt enthält 
die ganze phyſiſche Chemie. Ich eröffne die Un— 
terfuchungen darüber mit der. Eehre vom Wer: 
Brennen, und fege dadurch, diefen Abfchnitt mit 
den vorigen in genauen Zufammenhang. Das 
vorige Spftem der Chemie habe ich ganz aufge: 
geben; man wird jest alle Thatjachen des anti- 
phlogiftuchen Syſtems zum Grunde gelegt fin- . 
den, dejjen Luͤcken aber durch die neue Cehre vom 
DBrennftoffe ergänzt find. Das vierte Haupte 
ſtuͤck, von der electrifchen Materie, iſt ganz 
umgearbeitet., Die Gründe, welche ich $ 1315. 
angeruhrt habe, haben mich für das Franklini⸗ 
ſche Syſtem beſtimmt, das ich in den vorigen 
Ausgaben nur kurz berührt hatte, Judeſſen ha: 
| be 


XV. Borrede, 

be ich die Erflärungen aller Hauptfächlichen Phaͤ⸗ 
nomene der Electricität auch nach dem dualiſti⸗ 
fehen Spfteme vollitändig mitgerheilt. Die Er: 
fheinungen der fo genannten rhierifchen Electricis 
tät habe ich jest jo umitändlich vorgetragen, als 
es der Zweck ded Buche erlaubte. Sie find nuns 
mehr durch die fcharffinnigen Linterfuchungen 
des Herrn Dolta, mie ich glaube, völlig aufges 
Part, und für die Lehre von der Electricität kein 
geringer Zuwachs. Meine Theorie über die 
Natur und das Weſen der electrifchen Materie 
empfehle ich den Kennern vorzüglich zur Prüs 
fung und nähern Beurtheilung; ich bitte aber 
Daben auf den Zufammenhang derfelben mit der 
Theorie von der Natur des Lichts im zweyten 
Abichnitte die nöthige MNückficht zu nehmen. Im 
fünften Hauptftücfe, von der magnetifchen 
‚ Materie, find die feit der legtern Ausgabe mie 
bekannt gewordenen neuen Entdecfungen nachges 
tragen; dagegen ift feine Theorie des Magnes 
tismus beygefuͤgt worden, weil jede befannte 
unzulaͤnglich ift, und jede neue hinzugefommene 
Thatfache jede vorige Theorie bisher umgeftos . 
Ben bat. 

| Han 


Vorrede. xXꝛv 


Man wird den letzten Abſchnitt der vorigen 
Ausgaben in dieſer ganz vermiſſen; allein ich ha⸗ 
be mir vorgenommen, in einem beſondern Ban⸗ 
de die ſpecielle Betrachtung unſeres Erdkoͤrpers 
in aſtronomiſcher, geologiſcher und meteorologi⸗ 
ſcher Beziehung naͤher abzuhandeln. Bey den 
Fortſchritten, welche die Experimentalwiſſen⸗ 
ſchaften gluͤcklicher Weiſe machen, wird ihr Um⸗ 
fang immer groͤßer; aber es darf der Wiſſen⸗ 
ſchaft wohl vicht zum Vorwurfe gereichen, daß 
zu ihrem, einiger Maßen vollſtaͤndigen, Lehrvor⸗ 
trage der halbjährige Eurfus nun nicht mehr hin⸗ 
reichend bleibt. | 

Uebrigens habe ich mich bemühet, in meis 
nem Buche die Mittelftraße zwiſchen einem kur⸗ 
zen aphoriftikhen Bortrage und einem ausfuͤhr⸗ 
Jichen Discours zu halten, die nöthigen Verſuche 
mit Deutlicjfeit zu befchreiben, die Erklärungen 
mit Beſtimmtheit zu geben, und befonderd die 
Geſetze, wornac die Wirkungen gefchehen, her⸗ 
auszuheben. Da, wo ber compendiarifrhe 
Zweck des Buchs feine nähere Befchreibung der 
Werkzeuge und Werfuche verftattete, habe ich 
Die nöthigen litteraͤriſchen Nochweiſungen gege⸗ 

ben. 


xvi Vorrede. 


ben. Ueberall wird man mein Beſtreben, dem 
Werke mehrere Vollkommenheit zu verſchaffen, 
bey Vergleichung mit der letztern Ausgabe wahr⸗ 
nehmen. koͤnnen. Halle, den gten May 1797. 


F. A. G. Gren. 





Druck—⸗ und Schreibfehler. 


Beite: 241 ). 3, Zeile 3 und 4 ftatt einander lies gegen einander | 
©. 44 3.17 ft. Zeiten 1. Geſchwindigkeiten. 
S..49, $.80, 3.8 fl. Qualität I. Quantität. | Ä j 
S. 64, 3.4 ft. AB-I. Ab.. > 3 

S. 78, 4. 122, 8.9 ft. torpfbar I, troplöäe 

©: 267, .3.8.f. längern I. kuͤrzern 

S. 232, 3. 8 ſt. CB 3u CE I, CE gu CB. 

.&.531, 3.ı ft. aus der Luft I. aus dem Blafe in die Luft 

&.656, $.1033, 3.2 fl. antiphlogiftifchen- l. phlogiftifchen 








Grundriß 


ber 


Naturlehre. 





Einleitung. 


. 1 
MT arır heißt der Inbegriff der Kräfte eines Dinges, 


Rob. Boyle tr. de ipfa natura, five libe‘a in receptam 
natarae notionem disquilitio. Genev. 1688. 4. und in 
der lateimifchen leberfegung feiner Operum, eb. | 

Eontt verftebt man auch. unter dem Worte, Natur, die erfte 
Grunduriab der Erfheinungen in der Welt, oder die hers 
»rbringende Urfah der Dinge uud ihrer Wirfunaen, 
und darauf beiiehen fich die Ausdrüde: die Natur bringt 

bervor, die Natur thut dies und jenes, m. ſ. w. Dies war 
die ‚Vatura naturans der Scholatifer gerner braucht 
man dus Wort, Yıatur, auc für den Inbegriff aler mates 
riellen Dinge , oder gleichbedeutend mit dem Worte, Welt; 
und darauf beziehen fich die Redensarten: Man trifft in 
der ganzen Yıatur dies und das nicht an, u. d. m. m 
dıefen SEinne iſt ed dıe Natura naturata der Scholaſtiker. 


natuͤtlich, Fünftlıch, unnatuͤrlich (praeter naturam ), wider 
narürlıch (contra naturam ), und wunderbar. Bedeutung 
| und Unterfhieb diefer Worte, 

6. 2. Zersft nennen wir jede Urfach der Veräns 
krung des Zuftandes eines Dinges oder der Dinge, 
3. Für uns ift feine andere Veränderung des 
Yuftandes der Dinge gedenfbar, als die ihr raͤum—⸗ 

| Ihes Verhaͤltniß betrifft; folglich find Kräfte Urs 
ſichen der Aenderung des räumlichen Verhäftniffes 
dr Dinge, entweder unter einander oder in ihren 


4 | Theilenz 


* 
3 
+ 
! 


a. Einleitung, | J 


Theilen; oder mit andern Worten, Kraft iſt, 
Bewegung hervorbringt, oder hemmt. 

6. 4. Naturwiſſenſchaft oder Naturlehre (Phy 
fica), im weitlaͤufigſten Sinne des Worts, iſt dem 
nach die Wiffenfchaft von. den Urfachen der Berän 
derung des Zuftandes der Dinge. Wir fchränfer 


fie indeſſen nur auf Gegenftände der äußern Sinng 


oder auf materielle Dinge ein, 


‚85. .MWir nennen die Veränderungen, die fid 
in Anſehung des Zuftandes,der Dinge der Sinner 


welt zutragen, Naturbegebenheiten oder Erfeheh 


nungen (Phaenomena). Die Urfachen derfelben auf, 
zuſuchen und anzugeben, ift eben der Zweck der Natur 


lehre ($. 4.). 


$. 6. Dieſe rationelle Naturlehre ſetzt die hiſto 


riſche voraus, welche die Aufzaͤhlung der Gegenſtaͤnd 


der Sinnenwelt zum Zweck hat, die weſentlichen Kenn | 


zeichen, durch welche ſich die natürlichen Körper von 


einander unterfcheiden, angiebt, und ſich mit ihrer | 


fuftematifchen Kfaffification beſchaͤftigt. Man nen 
die Ichtere, Lrarurgefchichte (Hiftoria naturalis), 


und unterfcheidet fie noch von der GBefchichte der - 


Natur, welche die Veränderungen, die unfere Sin— 


nenwelt erlitten hat, erzählt, wovon wir aber nur 


Bruchſtüuͤcke beſitzen. 


Man ſchraͤnkt, * des wytlaͤufigen Umkanges, die Nas 
turichre nur auf die fogenannte todte Natur ein, mit 


‚Ausichluß der Phänomene des Lebens organiſcher Körpers 


die man ın der Phyſiolegie abhandelt. 


$. 7. Die Naturlehre erkläre die Naturbege? 
benheicen (5. 5.), wenn fie die ° Urfachen derſelben 


le 


$. 8. 


* 


Einleitung. 3 

$. 8. Beh dieſen Entwickelungen der Urſachen 
von den Naturbegebenheiten kommt fie endlich auf 
ſolche zurück, die: nicht mehr Ein Gegenſtand unferer 
ſinnlichen Wahrnehmung ſind, und die daher außer 
den Graͤnzen unſerer Erkenntniß liegen. Sie muß bey 
dieſen Urſachen, als Grundkraͤfren, ſtehen bleiben, 
wo; fie Die Schranfen unſerer Erfahrungserkennt⸗ 
niß berechtigen. Von diefen feßten -Urfachen kennen 
wir nur die Wirkungen, nicht die wirkende Urſach am 
fi. Alle Speculationen. und alles Dogmatiſiren 
über diefe feßten Grundurfachen hat die Wiſſenſchaft 
nicht im mindeften gefördert; und wenn es auch.gleich 
möglich, und ſogar auch wahrscheinlich feyn möchte, 
daß die, welche wir für Grundurfachen halten, noch 
iammengefeßt ſeyn fönnen, fo müffen wir uns doch 
bey ihnen beruhigen, fo fange ung zu ihrer Serglieder 
rung alle Erfahrung verläßt. 


Dos Auffteigen des Waſſers in dem Etiefel ber —— 
it eine. Naturbegebenheit (nach f. 5.). Sie wird erklaͤrt 
dur den Druck der Luft; denn in dieſem fieat der zus 
reibende Grund diefer Veränderung. Die Luft ſelbſt aber 
druͤkt durch die Schwere ihrer Theile, und die Felge dies 
fer Schwere, oder die Schwerkraft, liegt außer den Graͤn⸗ 
zen! unferer finnlihen Wabrmebmung. Mir bleiben dar 
ber bey ihr, als einer Grundurſach, oder einer Grundkraft 
fteben , deren Wirkung wir nur erfahreny-die wir aber an 
* ſelbſt nicht erkennen koͤnnen. 


Alle Naturbegebenheiten — nach ge⸗ 

— vu nabaͤnderlichen Regeln in der Koͤrperwelt, 
und die Wirkungen erfolgen immer auf einerley Art, 
wenn fih die Körper in einerley Umftänden befinden. 
Die Beſtimmungen dieſes beftandigerf Erfolge, der 
Wirkungen bey Körpern unter einerfen Umftänden 
nennt man Naturgeſetze (Leges naturae). Sie ſind 
A2 freylich 


—— 


4 Einleitung: 


feeplich nur Folgerungen, welche wie ans den Wire 
kungen der Körper. ziehen, oder Geſetze, welche mir 
in die Körperwele eintragen. Nur die Wirfungen 
find- in dee Natur, die Geſetze dazu fegt unfer Vers 
fand hinein. Die Kenntniß diefer Naturgefege. ift 
indeſſen für uns von der größeften Wichtigkeit und 
vom größeften Nußen. Sie verfchaffen uns eine all 
gemeinere Ueberficht der Phänomene, bringen Einheit 
im unfere Vorftellungen, und befehren ung von dem, 
was gefchehen Fann und wird, oder nicht wird, wenn 
dieſe oder jene Umftände eintreten. Indeſſen muß 
man zugeben, daß, wenn man die Ntaturbegebenhei: 
ten auf allgemeinere Maturgefege zurücdführt, dies 
noch nicht diefelben erklären ($. 7. ) heißt; oder daß 
Kenntniß der Maturgefege noch nicht Kenntniß aus 
Urfachen ift.. Beide thun aber auch einander feinen 
Eintrag, und es bleibt dem ohngeadhtet wahr, daß 
die Kenntniß der Gefeße der Natur mehr werth ift, 
als Erflärungen aus Hppothefen, und daß wir in 
fehr ‚vielen Fällen beffer hun, uns erft um diefe Ge- 
ſetze zu befümmern, ehe wir es wagen dürfen, nad) 
den Urfachen zu forfchen. Der Nugen der Kenntniß 
der Naturgeſetze fließt aus ihrer Allgemeinheit und 
Beftändigfeit. 
Als Benfpiele zur Erläuterung dienen hier: die Zeit des Traͤch⸗ 
 »$igfenns der Thierez; das Geſetz der Brechung des Lichts; 
das Verbältnifi, das hierbey zwiſchen dem Sinne des Eins 
fallswintels, und dem des gebrochenen Winfels Statt findet 
das Gefeh des Falies der ſchweren Korper im leeren Mits 
tel; das hydroſtatiſche Geſetz; das Reflexionsgeſetz; das 


Gefetz des Anziehens ungleichnamıger Pole des Magnets 3 
des Abftopens gleihmamiger Polc.deffelben, u. d. m. 


Bepfpiele des. Nutzens für die Ausübung geben: die Anwens 
dung des Geſetzes der Leitung der electrifchen Materie zu 


Einleitune 5 
Gewitterableitern; die Anwendung der Kenntni 
wandtchaftsgeiene in der Chemie, u. a. s . er 


$. 10. Ben den Erflärungen der Naturbegebens 
beiten erforfcht die Naturlehre die Urfachen derfelben, 
welche den Grund von jenen in fich enthalten, auf 
eine doppelte Weile, teils durch Erfahruntggen (Ex- 
perientiä), theils durch Jolgerungen und Oernunfe: 
Kblüffe (Ratiocinio), die fie aus den ee 
jieht. | 
6. 11. Erfahrungen ($. 10.) heifen bie Wehe⸗ 
nehmungen der Veränderungen an ven Materien un: 
ferer Welt durch unfere Sinne. Mir laffen hiebey 
bie Dinge entweder in dem Zuftande, morin fie fich 
ohne unfer Zuthun befinden, und dann heißt die Er: 
fahrung eine Beobachtung oder Bemerkung (Obfer- 
yatio); oder wir verändern dabey worſetzlich ihren Zu: 
ſtand, und laſſen fie bey veränderten Umſtaͤnden an⸗ 
dere Wirfungen äußern, die fie für fich felbft nicht 
hervorgebracht haben wuͤrden; in biefem Fall nennt 
man die Erfahrung einen Verſuch ( Experimentum). 


4. 12. Durch Verſuche lernen wir. AWirfungen 
ımd Kräfte der Dinge fennen, die wir durch bloße 
Beobachtungen wielleicht nie würden wahrgenommen 
haben, und dringen durd) fie tiefer in die Natur der 
Körper ein. Sie verleiten aber auch, zumal wenn 
fie fehr verwickelt find, viel leichter zu Irrthuͤmern als 
bloße Beobachtungen. Mangel an Beobachtungen 
macht Berfuche nothwendig; aber die Verſuche müffen 
auch auf Beobachtungen zuräcführen, wenn fie alle 
Phänomene unter einander verbinden, und die allge: 

| Ä meinften 


j 


6. Einleitung - 


meinſten Urſachen entwiceln follen. Ben manchen 
Dingen ift die Erfahrung durch Verſuche unmöglich. 


6. 13. Die Mittel, dutch welche wir Erfah⸗ 
zungen anftellen, und die Veränderungen mit den 
Sinnen wahrnehmen, oder der Unvollfommenheit 
unferer Sinne zu Hülfe fommen, heißen Werkzeuge, 
Inſtrumente. Man begreift fie zufammen unter 
dem Damen des pbyfifchen Apparate (Suppellex 
phyfica). Einfachheit, Genauigkeit und Reinlichkeit 
ſind nothwendige Erforderniſſe derſelben. 


$: 14. Zur Anſtellung der Erfahrung wird eine 
gute DBefchaffenheit der Sinnorgane, die Anwendung 
‚mehrerer Sinne (wenn fie Statt haben kann), Auf: 
merkfamfeit auf alle Umftände, um nichts zu überfes 
ben, die firengfte Genanigfeit, Vorſicht, Mangel 
an Vorurtheil, Unpartenlichkeit, und endlich Vollfom; 
menheit der Merfzeuge erfordert. Die Abänderung 
ber Berfuche.ift von dem groͤßten Nutzen, und a 
uns defio ficherer vor Serthümern. 


$. 15. Bloße Erfahrungen fönnen feinen Nutzen 
haben, wenn nicht Folgerungen und Schlüfle au“ die 
Natur des unterfuchten oder mahrgenommenen Ges 
genftandes daraus hergeleitet werden können. . Der 
Naturforſcher muß daher auch aus den Erfahrun⸗ 
gen, die über die Dinge angeftellt worden find, durch 
sichtige Schlüffe die Natur der Körper beftinnmen 
und die Urfachen der Raturbegebenheiten entwickeln; 
dann uber auch feine Folgerungen durch Verſuche und 
de auch unter abgeanderten Umftänden, 

T zu 


I) 


Einleitung Si 7 


zu Beftätigen fuchen. Er muß zuerft die Kräfte ver 
Stoffe analytiſch erforfchen, und dann aus ihrer 
Verbindung unter einander ſynthetiſch die Folgerun: 
gen machen, die zur Erklärung der Veränderungen 
und der Naturbegebenheiten dienen, - Er verdient den 
Namen eines Naturphiloſophen, wenn er ben den 
Erflärungen der mannigfaltigen Naturbegebenheiten 
fie bis auf die letzten Grundurſachen zurückfuͤhren 


kann. 


Franc. Bac. de — de interpretatione naturae; in ſei⸗ 
nen Operibus. Lipſ. 1694. fol. ©. 264 ff. Torb. Berg- 
mann deindagando vero; in feinen Opusc. phy/.-chemic. 
Vol.1. Holm. et Lipl. 1779. 8. im Inzroitu.  »!. Sennebier 

X Vart d’obferver. à Geneve 1775. T. I. u Die Kunft 
zu beobabten, von J. Sennebier, a. d. Fr. von Gmelin, 
feip;. 1776. T. 1.11, 8. Carrard art @’ oblerver. a Am- 


fterdam 1777: : 

$. 16. Die Erflärungen, die weder auf Er- 
fahtungen, noch auf richtigen Vernunftfchlüffen bes 
ruben, dürfen fchlechterdings nicht Statt finden. Da 
wir aber ben den Erflärungen der Naturbegebenheiten 
nicht immer die wirfenden Urfachen finnlich mahrneh: 
men und unterfichen fönnen, fo höthigt ung in die: 
fem Zalle die Befriedigung des-Bedürfniffes unferes 
Geiſies, eine Urſache im Voraus anzımehmen, aus 
der wir die beobachteten Wirkungen folgern, Dieſe 
Frflärungsart heißt Die byporbetifche, und iſt der 


% 


caregorifchen entgegengejeßt, wo-man auf ſiunlich zu 


erweiſende Urſachen zuruͤckgeht. 


4. 17. Nur der Mißbrauch der Eike iſt 


verwerflich; der gehörige und kluge Gebrauch derſel⸗ 


ber iſt oft nuͤtzlich. Sie geben nicht ſelten Gelegen- 


beit. zu neuen und abgeanderten Verſuchen, und bies 
ten 


8 Einleitung. 


ten alfo Stoff zur Erweiterung unferer Kenntniß und 
zur Erforſchung der Eigenfchaften der Körper dar; 
und es ift nicht zu leugnen, daß fie felbft zur Erfin⸗ 
dung der Wahrheit, und zur Vervollfommnung dee 
Naturlehre beygetragen haben. Nur muf man bey 
der hydothetiſchen Erflärungsart zugeftehen, daß fie 
nichts weiter, als hypothetiſch iſt. 


$. 18. Eine Hypotheſe muß, wenn fie zur, Er⸗ 
Härung zugelaffen werden fol, auf Verfuchen oder 
Beobachtungen beruhen, zur vollftändigen und uns 
gezwungenen Erflärung der Naturbegebenheiten hin⸗ 
reichen, und keinem andern ausgemachten und allges 
Meinen Naturgeſetze mwiderfprechen. Dieſe Eigen- 
ſchaften beftimmen ıhre Wahrfcheinlichfeit, und diefe 
fleigt bis zur hoͤchſten Stufe, wenn alle und jede Sof: 
gerungen daraus hergeleitet und die Unmöglichkeit 
einer jeden andern Vorausfeßung dargethan werden 
kann. Die analogifhen Erflärungen find oft nuͤtz⸗ 
lich, aber fehr leicht trügerifch, und alfo nur mit der 
größten Vorficht anzumenden. 


6. 19. Bey den Erflärungen find folgende 
Regeln (Regulae Newtonianae ) zu beobachten: 
1) Reine andere Urſachen find für wahr zu balten, 
ale welche zur ungeswungenften, einfachften und 
verftändlichfter Erklaͤrung einer Naturbegebenheit 
nothwenditz und binreichend find. Die Urfachen 
aber find wahr, a) wenn fie finnlich in der Natur 
ju ermweifen find, und es ausgemacht ift, daß fie bey 
der beobachteten Maturbegebenheit zugegen waren, 

| alle 


Einleitung. 9 


alle andere Urſachen aber dabey offenbar ausgeſchloſſen 
werden; b) wenn das Phänomen nicht bloß möglicher 
Weile, fondern offenbar daraus fließt; c) wenn _ 
unter abgeänderten Lmftänden eben diefelbige Urfach 
auch diefelbigen Phänomene hervorbringt; und d)ends 
lich, wenn bey der Wegnahme der Urfach das Phaͤ⸗ 
nomen wegfällt. 

Erlänterung ver& das Benfpiel vom Auffeigen des MWaffers 


vermittelt des Druds der Luft in Ganpumpen. Petr. 
—7 ——— introd. ad philoſ. nat. L. B. 1761. 4. 
. XXX 


$. 20. 23 Wirkungen von einerley Art müf 
ſen auch einerlev Urſach zugefchrieben wenden, 
Hierben muß man fich aber hüten, von der Aehnlich⸗ 
feit und der Uebereinflimmung gewiſſer Umftände ver: 
ſchiedener Phänomene auf die Identitaͤt ihrer Urſach 
zu ſchließen, und oft hält es.fchwer, das Zufällige, 
mas die Aehnlichfeit macht, von dem Meinufchen 
zu unterfcheiden. 

Mujchenbroek a. a. D. |. XXXIV. 

$. 21. 3) Die Eigenſchaften der Zörper, 

welche Feine Abänderung fähig find, und die man 
bey allen Zoͤrpern, mit Denen man Verſuche an- 
ftelln Eann, antrifft, find für: allgemeine Eigen⸗ 
ſchaften der Koͤrper zu halten. 

Mufchenbrork a. a, D. $. XXXV. 

$. 22. 4) Die aus den Phänomenen durch 

Jnduction gefammelcen Säge muͤſſen wir, ohnge⸗ 
achtet der entgeggenftehenden Hypotheſen, für völlig 
wahr, oder ſehr nahe für wahr halten, bie wir 
auf andere Phänomene treffen, durch N 


10 Einleitung. 


— noch genauer gemacht, oder Auonahmen 


unterworfen werden. 


AMuſechenbrock a. a. D. f. XXXVI. 
Ifaac Newton Philofoph. natural. prineip. mathem. L. III. 


$. 23. Zur philo ſophiſchen Erklaͤrung der natuͤr⸗ 
lichen Begebenheiten und Wirkungen der Materie, 
wird außer der noͤthigen hiſtoriſchen Kenntniß der 
Körper erfordert, daß man die ungleichartigen De: 
ftandrheife'der Körper, und die einfachen Stoffe über: 
haupt, die Art und Weiſe ihrer Vereinigung, und 
ihre DVerhältniffe unter einander Fennt; und dann 
endlich, dag man die Größe ihrer Kraft gehörig . 
ermeffen kann. Die Kraturgefchichte, die Chemie, 
und die Mathematik werden aljo die Grundlage, 
auf welche man das Gebaͤude der philoſophiſchen Na⸗ 
turlehre errichten muß. 
$. 24. Auf diefe Art wird dann die Naturlehre, 
fo unvollfommen fie auch nod) ift, zu der nuͤtzlichſten 
-MWiffenfchaft erheben, die unſerm Verſtande Nah— 
- zung, und unferm phyfifchen Zuftande Vorgheil ver: 
fchaffen fann, Sie giebt die unverfennbarften Fin: 
gerzeige von dem Dafenn eines allmaͤchtieen, weifen 
und guͤtigen Weſens, reife uns unmwiderftehlich zur 
Bewunderung deſſelben hin, und. erhöhet. unfern 
Glauben an daffelbe; fie macht uns näher mit uns 
felbft befannt; fie lehrt uns die Körper kennen, deren. 
wir uns täglich zu unferm Unterhalte bedienen; fie 
jeigt ung den Nutzen mehrerer für unfere Geſuͤndheit, 
und lehrt. uns den Nachtheil anderer für ung gehörig 
RER: fie giebt Mittdl an die Hand, bie natürlichen 
Dinge 


Einleitung. | 11 


Dinge zur Nothdurft und Bequemlichkeit des Sebens 
anzumenden; fie unterhält uns auf die angenehmfte 
Weite, und fchafft Vergnügen; fie zerftört am fräf: 
tigften die Feſſeln des Aberglaubens, ſchuͤtzt uns vor 
tbörichten Folgen veffelben; und endlich, (was fein 
unbeträchrlicher Mugen it!) fie führt uns chen fo 
zur Demuth und Beicheidenheit, und zeigt.uns, Daß 
unfer Wiſſen hoͤchſt eingefcyränke ift, als fie ung 
zur weitern Anſtrengung unferer Verſtandeskraͤfte 
immer mehr und mehr ermuntert, und Gelegenheit 
darbietet. 

6. 25. Da bie Naturlehre eine gemiſchte Wiſ—⸗ 
ſenſchaft iſt, ſo darf ihr Lehrvortrag ſich nicht bloß 
auf ſpeculative Betrachtungen einſchraͤnken, ſondern 
et muß intuitive Kenntniſſe ertheilen, die lehrſaͤtze 
aus Erfahrungen herleiten und durch Verſuche bewei⸗— 
fen. Die richtige Verbindung der_empirifchen mit 
der ſpeculativen oder theoretifcben Phyſik macht erſt 
das Lehrgebaͤude vollſtaͤndig. Am nuͤtzlichſten ſcheint 
mir die Methode, nach welcher man bey dem Vor: 
trage die Theorie mit den Verfuchen verwebt. 

G. 26. 

Geſchichte der Naturwiſſenſchaft. 

Spuren phyſikaliſcher Wiſſenſchaften bey den 
Voͤlkern des hoͤchſten Alterthums, den Hindus, den 
Babyloniern oder Chaldaͤern, Perſern, und Aegyp⸗ 
tern. — Data, als Beweiſe der wiſſenſchaftlichen 
phyſikaliſchen Kenntniſſe eines Volkes der Urwelt. Ver⸗ 
fall dieſer Kenntniſſe bey den vorgenannten Voͤlkern. 

Wenige 


12 Einleitung 


Wenige Fortfchritte der Naturlehre bey den 
Griechen, und Hinderniffe derfelben durd) übertrie= 
bene Erflärungsfucht und Speculation, und Mangel 
an Erperimentalunterfuchungen. Thales (um das 
3: d. W. 3400), Pythagoras (3475), Demo 
eritus (3500), Plato (363), Ariftoreles (3664), 
und die Periparetifer; Zpifur (3900). Stiftung 
ber Schule zu Alerandrien. Große Bervollfomms 
nung der Mathematik und Aftroncmie ben den 
Griechen in dieſer Schule: Euklides (300 3. vor 
€. G.), Sipparchus (160 3. vor C. G.), Utolo⸗ 
maͤus (im 2. Jahrh. nach C. G.); Archimedes zu 
Syracus (250 J. vor C. G.). 

Geringer Fortgang der wiſſenſchaftlichen Natur⸗ 
lehre ben ven Römern. Lucres (im 1. Jahrhundert 
vor C. G.), Seneca und Plinius der ältere (im 
1. Jahrh. nad) E. ©. ). 

Verfall der Maturlehre und der Weltweisheit 
überhaupt beym machfenden Verfall des römifchen 
Reiche. Zabbaliftifche und gnoſtiſche Philoſophie. 
Neuplatoniſche Philoſophie. Myſtik. Alchemie. 

Erhaltung und Bearbeitung mathematiſcher, aſtro⸗ 
nomifcher und chemifcher Kenntniſſe bey den Atabern 
(vom 9.5. nah C. ©. an). 

Traurige Befchaffenheit der Maturmwiffenfchaft in 
den abendländifchen Reichen, vom Einfall der kriege⸗ 
rifhen nördlichen Völfer ins römifche Reich im stem 
Jahrh. nad E. ©. bis zur allmäligen Wiederherftel: 
lung der Wiffenfchaften im 15. Jahrh. Scholaftifche 

Philo⸗ 


Einleitung. 13 


Philoſophie. Einige wichtige practifche Entdeckungen 
biefes Zeitraums, des Compaſſes, der Brillen, des 
Schießpulvers. Fortichritte einzelner mechanifchen 
Künfte und Operationen. Albrecht der Große (im 
13. Jahrh.), Slavio Giojas (im 14. Jahrh.). 


Urfprung der Zrperimental: Phyfif. Schleu⸗ 
nige Fortſchritte der wiſſenſchaftl. Kenntniß ver Na— 
turfehre: Nicol. Copernicus (geb. 1472, geſt. 1543) 
Tycho de Brahe (geb. 1546, geſt. 1601); Franz 
Baco von Verulam (geb. 1560, geſt. 1626)3 
Galileo Galilei (geb. 1564, geſt. 1641); Job. 
Repler (geb. 1571, geft. 1630); Peter Gaffendi 
(geb, 1592, gefl. 1655); Willebrord Snellius 
(ab. 1591, geſt. 1626); Renat des Cartes (geb. 
1596, geft. 1650); Evangeliſta Torricelli (geb. 
1618, geſt. 1647); Otto von Guerike (geb. 1602, 
geft. 1686); Rob. Boyie (geb. 1626, geſt. 1691); 
Gottfr. Wilb. Leibnig (geb. 1646, geft. 1716); 
Waac Newton (geb. 1642, 'geft. 1727). 

Meuerer Zeitraum. Ermeiterung ber fehre von 
der Blectriciuche. Sortfchritte der Naturlehre durch 
Bervollfiommnung der Chemie. Entdeckungen in ver 
fehre von der Luft und den erpanfibeln Slüfjigkeiten. 
Berdienfte der Neuern; herrfchende Mängel; Hin; 
derniffe,. Die ihren Fortſchritten entgegen find. 

Es fehlt uns noch eine ausführliche und zuſam⸗ 
menhängende Geſchichte der Naturwiſſenſchaft. 
Das Werk des Hrn. de Loys: Abregd chronologi- 
que pour fervir à | hiftoire de Phyfique, à Strasbourg, 


® 
# 


14 Einleitung. 


T. I— IV. 1786 — 89. 8. fangt erſt mit Galiler 
vom 9. 1589 an; die Ordnung deſſelben iſt nicht 
mufterhaft, und die noͤthige Ericif wird. oft vermiße. - 


— 27. 
Verzeichni ih 
einiaer phyſikaliſchen Schriften. 
‚ı) Syſteme und Lehrbücher. 


x) Iuac Neutoni philoſophiae naturalis ‘principia mathe- 
matica. Lond. 1687. 4. 1726. 4. J 
Eaden: perpetuis commentariis illuftrata, .[tudio P. P. Mo- 
mge le Sueur et Franc. Jacquier. Generae. T. I— IV. 
1739. 4. 1750. 4 
Eadem commentationibos illuftrata potifimum — Tef- 
fanek et quibusdam in locis veterioribus Th. /e Sueur er 

- Fr. Jacquier aliter propolitis. T. I. Pragae 1730. 4. 

a) Phyfices elementa mathematica, experimentis confirmata, 
auet. Guild. Jac. S’Gravefande, Leidae 1719. 4. 1744. 
T.1. 11. g. ed. 3a. 

3) Chriſt. Wolfs Verfuh zu genauerer Kenntniß der Natur und’ 
Kuaft. Halle 1721 — 1723. B. I— IN, 8. 

4) Petr. van Mufchenbroek introductio ad philofopbiam natu- 
ralem. Lugd. Bat. 1762. T. 1. Il. gr. 4 

$) Lesons de Phylique experimentale, par Mr. 1’ Abbe Nollet. 
a Paris 1743: u, f. T. 1— VI. $. 

Des Herrn Adts J. A. Nollet Vorlefungen über die Erperis 
mentalnaturlebre,. Aus d. Franz. Erf. 1749 — 1764. ‚ae. 
1— 6.8. 

6) Job. Andre, Segners Finfeitung in die Naturlehre. Böttins 
gen 1746. $. 1754. 8. 1770. 8. 
7) Praelectiones in Phyhiecam theoreticam, confcriptae a Geo, 


Walg. Krafft. Tubiug. 175%. 8. in Phylicae partes mecha- 
nicas. P. Il. 1751. 8. in Pbyfhica» partes opticas et his 


cognatas. P. Ill, 1754. 8. 
8) Job. Ped Eb⸗rhards erſte Gründe der Naturlehre. Halle 1752. 
8. 5te Auflage 1787. 8. ' 
9) Com 


Einleitung. i5 
$) Compendiaria phyhcae inftitutio, quam in ulum auditorum 
elucubrarus eft P. Mako. Vindobonae. P. I. Il. 1762. 8. 
10) Inftitutionum phyficae pars I. ſeu phylica generalis, con- 
feripta in ufum tironum a Carolo Scherffer. Vindobonae. 
1763. P. Il. feu phyfica partieularis. ib. eod. 8. 


11) Lesons de Phyfique  experimentale, par M. — de la 
Fond. à Paris 1767. T, 1. 11. 12, 

In veiiung zur Erperimentals Phyfif, a. d. Er. ded Hrn. Sis 

gaud de la Sond. Dresden 1774. Th. J. 1. gr. 8, 

Ebendeſſelben Elemens de phylique theorique et Er 
tale. a Paris 1777. T.1— IV. $. 

12) Anfangearinde der Naturlehre, von Joh. Chriſt. Polyk. 
Erxleben. Göttingen 1772. 8. 1777. 8. mit Zufäßen von 
6. €. Lichtenberg. 1784. 8. 1787. 8. 1791. 8. 1794. 8. 

13) Wenzesi. “job. Guftav Ratften Anfangsgrinde der Naturs 
Ichre. Halle 1789. 8. Zweyte Auflage von $. A. €, Gren. 
Halle 1790. 8. 

14) Ebendefielben Anleitung zur gemeinniglichen Pe ber 
Natur, Halle 1783. 8. 

15) Ebendeflelben kurzen Entrourf der PROERTRIBENIWAIT: Halle 
1785. 8. 

16) T. G. Kratzenfteins Vorlelungen über die Experimental- 
phzlük. 6. Auflage.‘ Kopenhagen 1787. 8. 

17) Elemens de Phylique en forme de Tables, par M. Schu« 
rer. a Strasbourg 1786. 8. T. 1. 

18) I. H. ven Swinden politiones pbyhicae. Harderovici T. J. 

1786. -T. Il. 1787. gr. 8. 

19) Grundlage zu meinen PVorlefungen über die Erperimentals 
phyſik, von Marcus Zerz. Berlin 1787. 8. 

20) Metaphyſiſche Anfangsgrinde der Naturwiffenfhaft, von 
Immanuel Bant. ate Auflage. Riga 1787. 8. 

:1) William Nicholſon's Einleitung in die Naturlchre. Aus 
dem Engl. mit Zufäßen u. Anm, von U. 5. Lüdife. B. 1. II. 
Leipzig 1787. 8. 

3) Brundrig des marhematifchen u. chem, s mineral. Theils der. 
Naturlehre, von Joh. Phil, Zobert. Berlin 1789. 8. 


23) Geo. 


16 Einleitung. 
23) Ged. Sim. Blögels Anfangtgründe der Naturlehr; in Ver⸗ 
- bindung mit der Ebemie und Mineralogie. Berlin und 


Stettin 1792. 8. und in deflen Encyklopaͤdie, ate Auflage, 
Th. 11. Berlin und Stettin 1792. 8. 

a4) Bo. lefungen über die Erperimentalphufif, von F. C. Achard. 
Th.l — IV. Berlin 1791. 8. i 

a5) Vollſtaͤndiger und faßlicher Unterricht in der Naturlehre. 
In einer Meihe von Briefen an einen jungen Herrn vom 
Stande, von Michael Zube, Leipzig. ©. 1. 1. 1793. 
B. IN. 1794. 8. 

96) Compendium inftitutionum phyhicarum in ufuın audito= 
rum confcripfit Maschaeus Pankl. Pofonii. P. 1. 11. 11]. 
1793. 8. 

57) Srundriß der Öffentlichen Vorlefungen über bie Erperimens 
talnaturlehre, von B. Wiarimus Imhoff. Münden. Th. I. 
1794. Th. II. 1795. 8. i 

38) Ad. wilh. Hauchs Anfangsgründe der Naturlehre, a. d. 
Dänifhen überfegt von Joh, Clem. Tode. Kopenbagen und 
Leipzig. Th. I. II. 1795. 8. 

a9) R. Sullivans Ueberfiht der Natur, in Priefen an einem _ 
Keıfenden. Aus dem Engl. mit einigen Anmerkungen. Leipzig. 
3.1. 1759, B. 1. 1796. 8. 


0) Lehrbuch der Naturlehre, von Jul. Conr. Yelin. B. L. 
Ansbach 1796. 8. 


2) Wörterbäder. 


Phoſitaliſches Wörterbuch, oder Verſuch einer Erklaͤrung der vors 
nebmften Begriffe und Kunftwörter der Naturlebre in alpha⸗ 
berifcher Ordnung , von Job. Sam. Traugott Gehler. Th. 1. 
Leipzig 1787. Zb. 1. 1789. To. IIL 1790. Th. IV. 1791. 
Ch. V. 1795. Th. VI. 1796. 8. 


x 


3) Vermiſchte Séqriften. 


ı) Franc. Bacon. de Verulamio opera omnia, opera Simon, 
loh. Arnoldi. Lipf. 1694. fol. 


a) Robert. Boyle opera varia, Genevae 1680.4 cum appendic, 
1682 — 1688. 
3) Chrif. 


Einleitung. 12 


3) iſt. Hugenii opera varia, cura Guil. Inc. $’Gravefunde, 
T. L II. Lugd. Bat. 1724. 4 _ 


Eiusd. opera reliqua. T. I. II. Anıftelod. 1728. 4. 


6) Pecri var Mujchenbroek phylicae experimentalis et geome- 
tricae disfertationes, Lugd. Bat. 1729. 4 


$) Tentamina experimentorum naturalium captorum in aca- 
demia del Cimento, edit. a Petr. van Mufchenbrocks 
Lugd. Bar. 1731. 4. 


6) Leon. Euleri opuscula varii argumenti. T. I — Il. Berol; 
1746. 1750. 1751. 4 

( Ebendeſſelben) Lettres & une princelle d’Allemagne fur 

divers Jujets de phyhique et de philofophie. T. I- ıır, 

-& Mitau 1770 — 1774. 8. Nouv. Edit. par M. de Condor 
eet et dela Croix. & Paris. T. 1. 1787. T. II. 1788. or. 8. 


Briefe an eine deutſche Prinzeffin über verfchiedene Gegenftände 
aus der Phyſik und Philofophie. I— II. Th Leipzig 
1769 — 1774. ar. 8. Meue Ausgabe von Sr. Kries. BL - 
Gotha 1792. gr. 8, ——— | 


7) Abe. Gorth. Kaefiner disfertationes mathematicae et phy- 
fieae. Altenb. 1771. 4. i 


2) Recherches fur les medifications de P atmofphere, par 
Jean Andre de Luc. T. 1. II. & Göntve 1772. gr. 2. 


J. 4. de Luc Unterfuchungen über die Atmofphäre, und die 
zu Abmeflung ihrer Veränderungen dienlichen Werkzeuge, 
0. d. Stanz. Th. 1. II. Leipzig 1776. 1778. 8. 

9) Ebendeffelben Iddes fur la meteorologie. T. 1. II. A Lon- 
dres 1786. 8. . ; 
Fine Ideen über die Meteorologie, von J. A. de Luc, a, d. 

dr. Th. J. II. Berlin und Stettin 1787. 1788. 8, 


10) Voyages dans les Alpes, par Horace Bened, de Sauflure, 
T.1— IV. & Gentve 1780 — 1786. gr. 8. | 


Horat. Bened. von Sauffure Reifen durch die Alpen, a, d. 
Sranz. Leipzig 17817 — 1788. B.I-IV. 8. 


11) Se. Earl Achards chpmifchs phyſiſche Schriften. Berlin 
1780. $, | 
3 22) Eben⸗ 


19: Da Einleitung.’ 


ra} Ebendeſſelben Sammlung phyſikaliſcher und ehymiſcher Az. 
handlungen. B. J. Berlin 1784. 8. 


13) Torb. Bergmann opuseula phyſiea et chemiea. Vol. I. VU 
Holm. Upfal. et Aboae 1779 — 1780. 8. Vol. III. ebenda 
1783 und Lipf. 1786. gr. 8. Vol, IV— VI. edid. Erre- ° 
Beni. Gottl. Hebenftreit. Lipf. 1787. 1788. 1790. gr. 3. 


14) Carol. Guil. Scheele opuscula chemica et phyhca, ed. 
* Erz. Beni. Gott}. Hebenftreit. Vol. 1. II. Lipl. 1788. 1789- 


15) Experiments and obfervations on different kinds of air, 
by .Jof. Prieftley. Lond. 1774: 9 Sec. edit. 1775. 8. Vol. II. 
1775. Vol. Ill. 1776. 8. 

„Dr. Joſ. Prieſtleys Verſuche und Beobachtungen über verſchie⸗ 
dene Gattungen der Luft. a. d. Engl. Th. l. Wien und 
Leipzig 1778. 8. Th. IL. 1779. Th. IIL. 1780, 


16) i£bendeffelben Experiments and oblervations relating to 
various branches-of natural Philofophy; with a coutinug- 
tion ofthe obfervations on air. Lond, 1779. Vol4ll. Birmingh, 

‚1781. 8. Vol. Ill. Birmingh. 3786. 8. (Der Herr Verf. 
führt dies Werk als eine Fortſetzung des vorigen an, . Eine 
neue Ausgabe beyder zufammen in 3 B. ift zu London 1790. 
vom Verf. herausgeachen ). n 

Dr. Jof. Prieftleys Verſuche und Beobachtungen über verfchies 

dene Theile der Naturlehre. a. d. Engl. Leipzig 1780. 
8.11. Wien und Leipzig 1782. 8. | 

17). Opuscules phyliques et chymiques, par M. Lavoifier, 
T.1. 11. “a Paris 177% 8. | 

Herrn Lavoifier. phoſikaliſch⸗ chemifhe Schriften. a. d. Sram. 
von Chr. Ehreufr. Weigel. ©. I. Greifewalde 1783. 8. 
3. 11. 1785. 8. — aus dem Branzöfiichen gefammelt und. 
iberf. mit Anmerf. von ebendenifelben. B. UI. Greifswalde 
1785, 8. von 4. 5. Link. Bi IV. Greifswalde 1792. B. V. 
1793. 8, 

18) Job. Ingenhouß vermifhte Schriften, phofiihs medicinis 
ſchen Inhalts; uͤberſetzt und herausgegeben von Nikl. Barl 
Molitor. Wien 1782. 8. Meue, fehr vermehrte Auflage. 

B 1.1. Wien 1784. 8. 

19) Sammlungen zur Phufit und Naturgeihichte, von einigen 

Liebhabern diefer Wiſſenſchaften. BT. Leipzig 1779. 8. B. II. 


‚782, B. Ill. 1787. 8, IV. 1791. 8, 
20) Opus- 


Einleitung. 19 


36) Opuscoli fifico - chimici del Cavaliere Marfi lio Landriani. 
Milano ı781. 8. 

21) Eammlung phyſiſch⸗ ———— Abhandlungen, von 
G Se Schmidt B. J. Gieien 1793. 8. 

23) Feyträge zur Phyhik und Chemie; von H. F. Link, 
Roftoek und Leipzig. St. I. 1795. St. 11.1796. 8. 


4) Magazine und Journale, 


ı) Hamburgiſches Magazin, oder geſammelte Schriften zum 
Unterricht und Beramigen aus der Naturforfbiung und dem 
angenehmen Wiflenfchaften überhaupt. B. I — XXVI. 
Hamburg 1747 — 1763. 8. | 

Neues Hamburgiihes Magazin. Hamburg 1767.12. f. 8. 


&) Obfervations fur la Phyfique, fur I’Hiftoire naturelle 
et fur les Arts, par M. ’ Abb£ Rozier, M Mongez' et de 
la Metherie. T. 1. ä Paris 1773. — T XLIII. 179 4 · 


3) Journal de Phyſiquo, de Chimie. et dꝰ Hiſtoire naturelle, 
par Jean Claude Lametherie. T. I. à Paris. An. ze. 4. 


4) an fhca di Europa, di L, Brugnatelli. Pavie. 
T.1— XX $. 

$) Giornale fihico - medieo — di- Ls= — a Pavia, 
T. 1.411794. 8. (wird fortgef.). 

6) Magazin für das Neuefte aus der Phyſik und Naturgefchichte, 
herausgegeben von Lichtenberg. B. 1 — III. Gotha 1781 — 
36. Fortgefegt von Voigt. B. IV. 1786, — B. X. 1796. 8, 
(wird fortgeiegt). 


7) Lor. Erell chemiihes Tournal, Th. I. Lemgo 1778. — 
Th. VI. 1781. 8. 

3) Sendeſſelben neuefte Entdefungen in der Chemie. Th. 1. 
Leipzig 1781. — Th. XII. 1784. 8. 


9) Ebendeſſelben chemiſche Annalen. Helmſt. und Leipzig 1784. 8. 
(Wird fortgefekt, und es erfcheinen jährlich zwey Bände.) 


10) Ebendeſſelben Benträge zu den chemifhen Annalen. B. 1. 
Helmft. und Leipzig 1786. 8. — B.V.1792. (wird fortgef.). 


ı1) Annales de Chymie, ou Recueil de M&moires concernant 
la Chimie et les Arts, par M. de Morveuu, Lavoifier, 
Monge, Berthollet, de Fourcroy, de Baron de Dieterich, 
„2 Haj}en- 


20 — Einleitung: 
: Hafjenfratz et Adet. Tome l. ü Paris 1789. — T. XVII. 


‚1793. 8 


13) Journal der Phyfik, De von D. Fr. Albr. Carl 
Gren. B.1. Halle u. Leipz. 1790. — B. VIII. 1794. ®. 


13) — Journal der Phyſik, herausgegeben von D. F. A. c. 
. Leipzig. BL 1795. — 3. III. 1796. (w. f. ). 


$. 28. Ich theile die Naturlehre in die allge⸗ 
meine (Phyſica generalis), und in die beſondere 
(Phyfica fpecialis) ein. Jene beſchaͤftigt ſich theils 
mit dem, was dem Begriffe ver Materie nad) Prin- 
eipien a priori zum Grunde liegt, theils mit Phänos 
menen, die von allgemeinen Grundfräften abhängen, 
Diefe hingegen unterfucht wie Natur einzelner Stoffe, 
und erflärt die Veränderungen, die fie herborbringen 
ober erleiden, | 


Erſter 


Erftter Theil. 
Allgemeine Raturlehre 


. 


k 
% 
J 
—8 
Pr} 
ı ' 


Digitized by Google 


Erfter Abſchnitt. 
Metaphyſiſche Naturlehre. 


D $. 29. | 

er gefammten Naturlehre liegt ber Begriff ber- 
Marerie zum Grunde. Diefe ift zwar nur ein Ge— 
genftand der Empfindung in der äußern Anfchayung; 
oder das eigentlich Empirische der finnfichen und Au: 
fern Anschauung, melches gar nicht a priori gegebew 
werden kann; in fo fern indeffen die Naturlehre zur- - 
vollſtaͤndigen Zergliederung des Begriffes von Materie 
ſich feiner befondern Erfahrungen, ſondern uf deſſen, 
was fie im abgefonderten, obgleich at fich empirifchen, 
Begriffe felbft antrifft, nad) Principien a priori, 
oder in Beziehungen auf die reinen Anfhauungen 
im Raume und in der Zeit, bedient, heißt fie mera 
pbyfiiche Naturlehre, die mit Recht den übrigen 
Theilen der Naturlehre voran gehen muß. 


Naterie. Grundkraͤfte derſelben. 


$. 30. Wir koͤnnen uns nichts Koͤrperliches an- 
ders denken, als daß es ausgedehnt iſt, oder daß es 
in einem Raͤume enthalten iſt, den man nach dreyer⸗ 
len auf einander fenfrecht ftehenden Richtungen abmef- 
fen, oder, worin man fänge, Breite und Höhe un— 
terſcheiden kann. 


24 1. Theil. 1. Hauptftüd. 


$.:31. ‘Die Ausdehnung eines jeden Körpers 
nach der Richtung der fange, Breite und Höhe i 
durch Flächen begränzt, deren Sage und Stellingein- 
ander die Jigur des Körpers en Jeder Koͤr⸗ 
per hat alſo eine Sigur. 


$. 32. Das, mas ben Raum des Körvers 
erfüllt, heiße Materie Einen Raum errüllen heiße 
aber, dem Beweglichen widerſtehen, das durch feine 
Bewegung in diefen Raum einzubringen ftrebt. Dies 
Phänomen der Materie nennt man Undurchdring⸗ 
Uucht eit 


$. 33. Die Vorſtellung des Raumes kann zwar 
nicht von der Vorſtellung des Koͤrpers getrennt wer⸗ 
den, daraus folgt aber nicht, daß der Raum eine 
Eigenſchaft der Materie an ſich ſey; Raum iſt viel⸗ 
mehr die Form der aͤußern ſinnlichen Anſchauung, 
oder die Regel, unter welcher die Sinnlichkeit von 
aͤußern Objecten afficirt wird. 


$. 34. Materie iſt das Bewegliche im Raume, 
und in ſo fern die Vorſtellung des Raumes von der 
Vorſtellung des Körperlichen unzertrennlich iſt, kann 
man die Materie den beweglichen oder empitiſchen 
Raͤum nennen. Der Raum, in welchen alle Bewe⸗ 
gung zuleßt gedacht werben muß, (der mithin felbft 
fchlechterdings unbemeglich ift, ) heißt der reine, oder 
abſolute Raum, im Gegenfaß des vorigen, den man 
auch den relariven Raum nennt. Der abfolute Raum 
ift an ſich nichts, "fondern ift- eine bloße Idee, die 
felbft fein Object hat. Ein nicht mit Materie erfüll- 


tee 


Metaphfifche Naturlehre. 85 


ter Reli, oder einleerer Raum (Vacuum‘, hat als fol: 
cher nur fubjective Gründe, und kann nicht als für fich ge: 
geben oder als ein m.cfliches Ding angefehen werben, 


In aller Erfahrung muß etwas-empfunden werden , und das 
ift das Meale der ſinnlichen Auſchauung; folglih muß auch 
der Raum, in weldem wir über die Bewegungen Erfahs 
runaen anftellen ſollen, empfindbar; d. i. durch das, was 
empfunden werden kann, bezeichnet ſeyn, und diefer, ale 
der Inbegriff aller Gegenftände der Erfahrung, und ſelbſt 
eın Dbject derfelben, beißt derrempirifihe Raum. Dicfer 
aber, als matexiell, iſt ſelbſt beweglich. Ein beweglicher 


Kaum aber, ı feine Beweaung wahrgenommen werden 
fol, ſetzt um einen andern erweiterten materiellen 
Kaum dv ‚, in welchem er beweglich ift, diefer eben 
fowobl 3 andern, und fo foribin ins Unendliche, “ 


(Bants metaphyſ. Unf. der Yıanırw. ©.2.f.). Durch 
den Beariff ven einem abfolnten oder reinen, und unbes 
wegliben Raume erhält indeflen der Erfahrungsgebrauch 
des Berftandes in der Beziehung eineg beweglichen Raus 
mes auf einen andern weitern beweglichen Raum Einheit. 
6. 35. Die Erfahrung lehrt, daß wir, wenn 
wir den Raum irgend eines Körpers verengen toollen, 
Widerſtand finden, fo groß oder Flein er auch ſeyn 
mag. Was aber Widerftand feiftet, oder was Be: 
megungen hemmt, muß felbft eine beiwegende Kraft 
fenn ($. 3.). Alto erfüllt die Materie ihren Raum _ 
nicht durch ihre bloße Exiſtenz, fondern durch eine 
beiondere bewegende Kraft. 


$. 36. Eine Kraft, die dem Eindringen einer 
andern oder der Annäherung widerftcht, heißt eine 
surücftoßende, oder erpanfive Araft (Vis repul- 
fiva, expanfiva). Die Materie erfüllt alfo ihre 
Raͤume durch repulfive Kräfte aller ihrer Theile, d. i. 
durh eine ihr eigene Ausdehnungsfraft, die einen 
ketimmten Grad hat, über ben Fleinere oder größere 

Grade ins Unendliche gedacht werden fönner. 
$ 97. 


26 J. Theil: ” ı Haupeftücf. 


9. 37. Weil für gegebene ausdehnen Kraft 
ber Materie eine größere zufammendrüdende ange= 
nommen werden fann, die jene in einen engern Raum 
jwingt, und fo ins Unendliche, fo folgt, daß die 
Materie ins Unendliche zufammengedrüct werden 
kann. Sie mürde durchdrungen werden, wenn 
durch ihre Zufammendräcfung der Naum ihrer Aus: 
dehnung völlig aufgehoben würde. Dazu würde eine 
unendlich zufammendrücende Kraft erfordert werden, 
welche unmöglich iſt; alſo Fann eine Materie von 
einer andern niemals in diefem Sinne duchdrungen 


werben. 

Diefe Durbdrinsung der Materie vermittelt äußerer zufams 
mendrüdender Kräfte fünnte die mechanijche heißen, im 
Gegenfaß der chemiſchen, vermittelt der Anziehung, von 
der unten gehandelt werden wird. 

$. 38. Die Undurcdoringlichfeit der Materie 
($. 32.) beruhet alfo auf einem phnfifchen Grunde, 
nämlich auf dem Widerſtande, der mit den Graden 
der Zuſammendruͤckung proportionirlic) wächft; denn 
die ausdehnende Kraft macht die Materie felbft, als 
ein Ausgedehntes, das feinen Raum erfüllt, erft 
möglih. Da aber diefe Kraft einen Grad hat, der 
überwältigt werden kann, doc) fo, dafj die gänzliche 
Durchdringung unmoͤglich ift ($. 37. ), fo fölgt, daß 
die Undurchoringlichkeit der Materie nur velativ, 
nicht abfolur iſt. 


Bey der Borausfegung der abföluten Undurchdringlichkeit- 
nimmt man any, daß die Materie als Materie fchlechters 
dings uud mit abfoluter Norhwendigfeit dem Eindringen 
widerstedt, und daß fic Ferner Zufammendrifung fähig 
ift, als in fo fern ſie leere Raume enthält, 


$. 39. 


Metaphofifche Naturlehie. 27 


$. 39. Die Möglichkeit der Materie erfordert 
außer der Erpanfivfraft eine Anziebungefraft (Vis 
attractiva), die der Ausdehriungsfraft entgegenwirkt, 
als die zweyte mwejentliche Grundkraft derfelben. Die 
Erpanfivfraft, als wejentliche bewegende Kraft, kann 
nämlich nicht durch ſich feldft eingefchranfe werden, 
auch Farın die damit begabte Materie nicht durch den 
Raum allein auf eine gewilfe Gränze ver Ausdeh— 
nung geſetzt werden; aljo würde die Materie durc) 
bloße repulfive Kräfte fich ins Unendliche zerftreuen, 
und der Grad einer in alle Räume fich verbreitenden 
Erpanfivfräft unendlich Fein, d. i. gleich Null ſeyn; 
es würde aljo nirgendwo ein endliches Quantum Ma: 
‚terre da ſeyn, oder jeder angegebene Raum mürde 
vollkommen leer fenn. Alto erfordert Die reafe Mög: 
lichkeit der Materie nocd) eine urfprüngfiche ‚innere 
Anziehunasfraft, wodurch die Verbreitung eines jeden 
beftimmten Quantum Materie auf einen beftimmten 
Raum begranzt wird. 
$. 40. Durch bloße Anziehungsfraft, ohne Er- 
ranfivfraft, ift feine Materie möglih. Denn, wenn 
eine Materie durch bloße Anziehungsfraft eriftirte, 
fo würde der Raum ihrer Verbreitung ins Unendliche 
verringert werden, oder ihre Theile würden in einen 
mathematifhen Punct zufammenfließen, und der 
Raum mürde feer, folglich ohne Materie fenn. 
$. 41. Die Materie erfüllt ihren Naum nur 
dann mit Beharrlichfeit, wenn die Erpanfivfraft und 
die Anziehungskraft ihrer Theile fich einander das 
Steichgewicht halten. | 
6, 42. 


- 


28 | L Shell. 1. Hauptftüc. 


$. 42. Der Raum, den die Materie erfüllt, 
muß als eine fterige Groͤße ( Continuum) angefehen 
‚werden. Er ift ins Unendliche mathematifch theilbar, 
d. h. Feiner feiner- Theile kann der Fleinfte genannt 
werben, oder er befteht, fo Flein er auch ift, immer 


wieder aus Räumen, wie fich erweifen läßt. 


Man ziehe ( Fig. 1.) die Parallelinien AB und CD; . auf beube 
errichte man eg und fh ſenkrecht, und beicreibe fo das 
' Parallelogramm efgh. Wird nun aus g die Linie gkaaezo⸗ 
gen fo wird das Parallelogramm dadurdh in die beyden 
renede gef und ghf getbeilt. Wenn aus eben diefem 
Puncte g die Linien gk, gl, gm aegogen werden, fo wird 
das Dreved ghf dadurch immer in kleinere Theile aerbeilt. 
Da es nun ausgemadht ift, daß fih die Linie AB ohne 
Ende verlängern läßt, und da man ferner aus dem Puncte 
g wegen alle Puncte der unendli verlängerten Linie AB 
eine Linie ziehen kann, obne daß fie endlich mit CD zufams 
menfiele, weil diefe font mit AB nicht parallel wäre, 
welches der Vorausſetzung zuwider ift; fo folgt, dab das 
Dreyeck ghbf dadurch in unendlich viele Theile netheilt, und 
daß diefe Theilung ohne Ende fortgejegt werden fönne. 
Oder (Fig. 2.) man ziehe genen AB die Finie IC ſenk⸗ 
recht, und befichreibe nun mit dem Halbmeffer DC den 
Bogen CK , und mir dem Halbmefler FC den Bogen CL. 
Der Augenſchein lehrt es, daß der Bogen LC der geraden 
Linie AB näber fomme, als der Bogen CK. Der mit 
dem Hälbmefler, GC befchriebene Bogen CM fommt ihr 
noch näher, und der mit dem Halbmefler CH befchriebene 
noh mehr, und fo inımer fort, je größer der Radius ift, 
mit welchem der Bogen befchrieben wird, Der Raum 
KCB wird dadurch immer mehr getbeilt. Weil fih num 
die Linie CI nah I zu ohne Ende verlängert annehmen 
läßt, fo laſſen ſich auch mit dem obne Ende wachſenden 
Hadi 6 CI dur den Punet C unendlich viele immer grö⸗ 
fer werdende Bogen ziehen , bie der Linie AB immer näber 
kommen, obne daß endlich ein folder Bogen mit AB zus 
fammenfalen könne, indem er fonft nicht von feiner Bans 
ente, und bie frumme Linie nicht von der geraden unters 
hieden wäre. Der zwiſchen KCB befindlihe Raum wird 
folhergeftalt ohne Ende getheilt werden koͤnnen. 


$. 43. Aber auch vie Materie erfüllt ihren Raum 

als ftetige Größe, und ift ins Unendliche theilbar, 

| und zwar in Theile, deren jeder wiederum Materie 
if In einem mie Materie erfüllten Raume mr 
nämlich 


Netaphofifche Noturlehre. 29 


naͤmlich jeder Theil deſſelben repulſive Kraft, allen 
uͤbtigen nach allen Seiten entgegenzuwirken; folglich 
iſt auch jeder Theil eines Durch Materie erfüllten Rau: 
mes für fich felbft beweglich, und alfo trennbar von 
den übrigen durch Theilung. So weit ſich alfo die 
mathematifche Theilung des Naumes, den die Mar 
terie erfüllt, erſtreckt, fo weit erſtreckt fich auch die 
mögliche phyſiſche Theilung der Subftanz, die ihn 
erfülle, das iſt, ins Unendliche. 


$. 44. Im der Wirklichkeit finder die Theilung 
dr Materie frenlic ihre Gränzen; hier ift aber von 
der möglichen Theilung derfelben die Rede, die feine 
Sränzen hat. Sonſt kann die wirkliche Theilung 
deh bis zum Erſtaunen meit getrieben werden, und 
die Kunft vermag Theilungen vorzunehmen, die nach 
ben Begriffen minder Unterrichteter unglaublich fchei: 
nen fönnen. 


Benfpieie folcher bewundernswuͤrdig großen Theilungen der 
Vaterie geben: . 

ı) Die Materie des Lichts. Durch ein Meines Loc in 
einem Kartenblatt, dicht vors Auge gehalten, überfehen 
wir eine beträdtlihe Menge irdiicher Gegenftände. Die 

olge aber wird lehren, daf vom jedem fihtbaren Buncte 

ichtfegel ins Auge fommen, deren Grundfläche das Loch 
if, durch welches wir ſehen, und deren Spize ſich am 
ſichtbaren Punete findet. Dieſe Lichtkegel müffen unzäbls 
bar ſeyn / weil wir eine unzählbare Menge fihtbarer Puncte 
wahrnehmen fünnen; und dieſe Lichtkegel müffen bey ihrem 
Durchgange ſich auch nicht unter einander verwirren und 


aufbalten. 
2) Riechende Ausfluͤſſe. Eine Cubiklinie Lavendeloͤhl 
kanu die Luft eines Zimmers mit feinem ganzen Geruch 
ausfüllen, wenn es durch Erwärmung. zur Verduͤuſtun 
bracht wird. Wenn dies Zimmer aa Fuß lang, 13 Zus 
eit und 10 I hoch wäre, und nun angenommen wuͤrde, 
deß in jeder iflinie Luft diefes Zimmers nur vier riechs 
eine: Zeitung der Gubifiinie Des DeBld In mon eburc 
eiıcı g der &u nie. IN 472397,986 
Theilhen bewirkt. Ä — 
S. 





39 


I Theil. 1. Hauptftück. 


&. Sigaud de la Fond a. a. D,$. 35. Bon anbern 
Berechnungen der außerordentlich aroßer Thrtfung 
der Materie ben riecbenden Ausflüffen |. Rob. Bo yle 
de mira effluviorum [ubtilitate c. 2. 


3) Die Dehnbarkeit des Goldes. Ein Gran Gold Fanır 


von aeichidten Golvfhlägern nah KReaumur zu 364 Quds 
dratzoll (Cpariſ. M.) und darıber ausgedehnt werden. 


Rechnen wir für jeden Zoll Länge 200 mit den Augen 


erfennbare Theile, fo. wird jeder Quadratjoll 200.200 — 
40000 Quadrate befommen, deren -jedes — eines Zolles 
gur Seite hat, und mit den Augen zu unterfcheiden if. 

an baben wir aber 365 Nuadratzoll, folglich 1,460000 
dergleiben Quadrate, Das Blattgoſd aber ıft auf beyden 
Seiten fihtbar, und fo erhalten wir 2,920000 mit den 
Augen erkennbare Theile an einem Brane Gold. 


Noch weiter acht die Sichtbarmachung der Theile des 


Boldes bey der Vergoldung in der Verfertigung des Draths 
zu den goldenen Treffen. Nach Keaumur mwırd dazu eine 


cylindriſche Stange Silber von 22 Zoll Länge und ı5 Linie 


im Durchmeſſer mit einer Unge Gold vergoldet. Beym 
Durchziehen durch immer engere Drathzuͤge und bey dent 
Glätten wird diefelbe endlich iu einer Fänge von rıo frans 
zoͤſiſchen Meilen und darüber ausgedehnt, woben daß 
Gold. die, ganze Dberfläche bedeckt. Die Unze Gold bilder 
alfo hier einen Eplinder von 110 2000 = 220000 Klafs 
tern X 6 = 1,320000 Fuß X 12 = 14,840200 Zoll — 
12 = 190,080000 Linien. Nimmt mau an, daß im der; 
Fänge einer Linie ı2 erkennbare Theile, und auf dem 
Dratbe wenigftens 2 Flächen zu unterfcheiden find, fo wärs 
ren bierbey von einer Une Gold 12 X 2 > 190,080000 — 
4561,920000 Theile fihtbar gemacht ‚worden; weldes für 
a. Oran — 733 Unze 9,295666 erfennbare Theile auss 
macht, 

Reaumur, in ben Min. de l’acad. roy. des Sc. de 

Paris, 1713. ©. 203. ff. _ 


4) Die metallifchen Niederſchlaͤge. Man Töfe 4 ran 
Erfenvitriol in 2 Kannen Regenwaller auf; - und troͤpfele 


dazu vom der geiftigen Gallaͤpfeltinetur, fo wird nach dem 


Umruͤhren die Fluͤſſigkeit durchaus eine fchwarze Farbe ans: 
nehmen. Die Kanne Waffer ift zu 36 Umen gerechnet, 


‚ amd die Unze zu 480 Tropfen; wir baden alfo 2 = 36 X 


430 = 34,560 Tropfen, die alle ſchwarz gefaͤrbt find, und 
den Eiſenniederſchlag entbalten. Das Eifen in 4 Gran 
Eiienvitriol beträgt kaum ı Gran. Wenn wir nun in 
jedem Tropfen nur 40 erkennbare Theile annehmen, fo 
wäre bierben ı Gran Eifen in 40 x 34560 = 1,382400 
erkennbare Theile zerrifien ivorden. 

5) Die Pigmente. Ein Gran Rupfer in Salmiakgeiſt 
Autgelöfer , färbt 392 Eubifzoll ( rbeint.) deftillirtes oder 
Regenwaſſer ſchoͤn blau, umd leidet bierben nac wWiufchen» 
broets Berechnung eine Vertheilung in 392,508000 erfenns 
bare Theile. Sie 


Metaphufifche Naturlehre, 31 


Die Ausziebung von ı Sram Cochenille mit etwas Lauge 
com Gewähsalkali färbt die vorige Menge deftillirteg 
Waſſer roth; und erleidet eben fo ſtarke Vertheilung. 


Mufchenbroek introd. ad philof, natur. .72. n. 4. 5. 
6) Das Gefpinfte der Spinnen, Seidenwürmer. ©. 
Rob. Boyle a. a. D. und Reaumur a. a. D. 

$. 45. Das aromiftifche Spftem, welches man 
auch die mechanifche Naturphiloſophie im Gegen: 
faß der dynamiſchen, die wir hier zum Grunde legen, 
nennen kann, nimmt ‚die Undurchdringlichfeit der 
Materie als abfolut an, und läßt die Materie durd) 
isre Eriftenz ihre Räume erfüllen, aber nicht als 
Eontinuum, fondern als Snterruptum, mit leeren 
Swifchenräumen, (Vacuum disfeminatum ). &s be: 
hauptet daher auch eine Gränze der Theilbarfeit der 
Materie, und nennt die leßten, nicht weiter theilba— 
ren, Theilchen, denen es frenlich doch Ausdehnung 
und Figur zugeftehen muß, Atome. | 


$. 46. Wir finden. in der Erfahrung ben den 
berfchiedenen, Körpern unzählige Derfchiedenheiten 
ihrer Wirffamfeit, und unendliche Mannichfaltigfeit 
ihrer Eigenichaften. Das atomiftifhe Syſtem, das 
eine völlige Sleichartigfeit der primiriven Materie be; 
haupter, iſt genöthigt, die fpecififche Werfchiedenheit 
der Materie, wovon.uns die Erfahrung belehrt, aus 
der verjchiedenen Größe, der verfchiedenen Stellung 
und Sıgur der Atome und der leeren Räume zu erflä- 
ven. Nach dem dynamiſchen Syſtem ift eine urſpruͤng⸗ 
liche Verſchiedenheit des Verhäftniffes und der In: 
tenſitaͤt der reſpectiven Grundfräfte, die das Weſen 
kr Matetie ausmachen (59. 39.), moͤglich, und es 
| | laͤßt 


32 E Theil. i Hauptſtuͤck. 


laͤßt ſich folglich in dieſer Hinſicht eine weſentliche Un⸗ 
gleichartigkeit der Materie behaupten, und daraus 
die empiriſche ſpecifiſche Verſchiedenheit ver förper- 
lichen Dinge ableiten. 

$. 47. Mach der atomiftifchen Erffärungsart in 
ber Phyſik heißt ein Körper volllomme oder abſo⸗ 
lut dicht, wenn er keine leere Zwiſchenraͤume hat, 
ſondern ſeine Atome den Raum des Körpets als ſteti⸗ 
ge Größe erfüllen. Die Wirflichfeit eines ſolchen Koͤr⸗ 
pers muß aber zu Folge dieſes Syſtems geläugnet wer⸗ 
den, meil die Erfahrung uns feinen Körper zeigt, 
der nicht in einem gemwiffen Grade Arfammengedrüct 
werden fünnte. Nach jenem Begriff von Erfüllung 
des Raumes ftelle man Bergleichungen an, und nennt 
eine Materie Dichter als eine andere, die weniger 
$eeres in fich enthält, und dünner wenn fie mehr fees 
ses enthält, als eine andere; und es giebt aljo ein 
Marimum und Minimum der Dichtigfeit. | 

$. 48. Da nad) pem dynamifchen Syſtem die‘ 
Materie ftets als Eontinuum ihren Raum erfüllt, fo 
kann es fein Marimum und Minimum der Dichtig: 
feit geben, - Dichtigkeit heißt hier der Grad der Er: 
füllung eines beftimmten Raumes durch urfprüngliche 
Grundkraͤfte. Hiernach ift eine Materie dichte: . ale 
eine andere, wenn ber Grad ihrer Erfüllung oder die 
Intenſitaͤt ihrer Grundkraͤfte größer, als der andern 
ift. Jede noch fo duͤnne Materie kann gleichwohl 
völlig dicht heißen, und fie ift mit einer andern verglis 
chen weniger dicht, wenn fie ihren Raum zwar ganz, 


aber nicht in gleichem Grade erfüllt, 
= € 


Metaphyſiſche Naturlehre. 33 
Ss veriteht ſich, daß bier von derjenigen Porofität der Körver, 
die von ıhrer Konfiguration und ihrem Befüge abhängig ıf, 
auch wenn fie nicht finnlih wahrgenommen werden fann, 
gar nicht die Rede if. | 
$. 49. Die Menge der materiellen Theife, : die 
in einem beftimmten Raume eines Körpers enthalten 
find, nennt man die Maſſe deffelben, und die Größe 
diefes Raums den Inbegriff oder den Raumrem: 
halt { Volumen) des Körpers. Er iſt Dichter, wenn 
er mehr Maſſe ben gleichem Naumesinhalt hat, als 
ein anderer. — 
$. 50. Mac) dem atomiſtiſchen Syſtem hat ein 
Körper dann mehr Maſſe als ein anderer, menn er 
ben gleichem Naumesinhalt mehr Atome und weni⸗ 
ger leere Zwifchenräume enthält, als ein anderer; nach 
dem dynamischen Syſtem ift die Maffe eines beftimm- 
sen Bolums defto größer, je größer der Grad der Er⸗ 
füllung diefes Raumes ($. 48.) iſt. 
$. 51. Die Dichtigfeit der Materie ift demnach 
ein Verhältnifbegriff, und es läßt fich. Diefelbe nicht 
an ſich bey Einem Körper, fondern es laffen fich nur 
die Verhältniffe der Dichtigfeit mehrerer Körper an- 
geben. Man muß alfo die Dichtigfeit eines beftimm- 
ten Körpers zur Einheit nehmen, und damit die Dich: 
tigfeit anderer Körper. vergleihen, ob fie größer 
eder geringer ift, als die zur Einheit angenommene 
Dichtigkeit. 
$. 52. Da die Dichtigkeit der Körper beſtimmt 
wird aus dem Verhaͤltniſſe des Raumesinhalts zu der 
Maſſe des Körpers ($.49.), fo fließen hieraus fol- 
| C gende 


x 


34 1. Theil. x. Hauptſtuͤck. 
gende Regeln zur Beſtimmung der Dichtigkeiten der 
Koͤrrerc 

1) Boͤrper von gleichem Volumen verhalten ſich 

An ihren Dichtigkeiten, wie ihre Maͤſſen. 

a) Aörper von gleichen Maſſen verhalten fich 
in ihren Dichtigkeiten umgekehrt, wie ihre 
Volumina. 

3) Die Dichtigkeiten der Koͤrper uͤberhaupt ver⸗ 
halten fich wie die Quotienten der Maſſen dee 
Aörper durch die Volumina. 

Es find demnad die Dichtigkeiten im geraden Ver⸗ 
haͤltniſſe der Maſſen und im umgekehrten der Inbe— 
griffe; die Volumina find im geraden Verhaͤltniſſe 
ver Maffen und im.umgefehrten der Dichtigkeiten; 
und die Maffen im zuſammengeſetzten Verhältniffe der 
Dichtigfeiten und Volumina. . 


Es ſeyen nämlich die Volumina zweyer Körper V, v, ihre Mafs 
fen M, m, und das Verhältuif ihrer Dichtigkeiten fer D, 
d; fo iſt nahı), wenn Vz==ev, D:d=M :m; und nach 2), 
wenn Mm, D:Azer:Y. Nehmen wir nun neh einen 
dritten Körper, deſſen Maffe der des erſten — M, und defs 
fen Bolum dem des zweyten —v fen, und deſſen Dichriafeig 
* u denen der beyden erficru verhalte, wie a D und did, 

ij 
Mr den erften und - 
driften nah 2), Drdmv:V - 

für den dritten und 
zwepten nah 1), ö:d=M!m 

folalich für den rue 
ften und zweyten, D:d=Mv ; ph - 7 


Es folgt alfo hieraus, daß V:ev= — 2 3 und 0 daß 

M:m=DV ; dr ſey. 

er Wenn aber nun diefe Regeln die Uns 
wendung ir der Wirklichkeit finden follen, fo ift es 
nöthia, daß wir die Maſſen der Körper ermeflen, 
| oder 


Metaphyſiſche Naturlehre. 35 


ober die Quantitaͤten ihrer Materie angeben koͤnnen. 
Da die Maffe der Körper eine intenfive Größe ift, fo 
kann fie auch nur durch das Maaf der Mirffamfeit 
ibrer urſpruͤnglichen Grundfräfte ermeffen werden; 
und dazu fehlt es ums an einem Maafitabe. Der: ' 
geblic) behauptet man, daß das Gewicht diefer Maaf: 
ftab fen, meil man daben ohne Beweis annimmt, 
daß alle jpecififch verfchiedene Materie gravitire ‚ umd 
zwar ben gleicher Erfüllung ihres Raumesinhalts 
gleich) ftarf gravitire. — Die atomiftifche Naturlehre 
geiteht aud) ein, daß es ihr unmöglich) ift, durch Zaͤh— 
fung der Atome eines Körpers feine Maffe zu be: 
ſtimmen. | 


Ju der Mechanik verfteht man immer nur Gewichte, wenn von 
Maſſen die Rede ift, | 


* 


Reine Bewegungslehre. 


$. 54. Wir betrachten hier das Bewegliche, in 
fo fern es als ein ſolches bewegende Araft hat. Wir 
legen hierben die Materie (of beweglich zum 
Grunde, ohne auf andere e Eigenfchaften ei: 
ner bejtimmten Materie, di in der Wirklichkeit 
antreffen, Rüdficht zu nehmen, und laffen die bewe— 
gende Kraft nach millführlichen Nichtungen wirken. 
Wir abftrahiren alfo von den bewegenden Kraͤften der 
wirklichen Materien unſerer sen ‚ wodurd) fie. 
nad) beftimmten Rihtungentfollicitict werden. Wir. 
find folchergeftalt im Stande, die Geſetze der Bewer 
gung in ven einfachiten Faͤllen zu entwiceln, die ung 
in der Folge bey den ——— der mit beſtimm— 
| C 2 ten 






36 1. heil. 1. Hauptſtuͤck. 


ten Kräften begabten Materien zur Erklärung und An: 
wendung dienen fönnen. 

$. 55. Jeder Körper, in der Welt muf einen 
Raum irgendwo in derfelben einnehmen. Denft man 
fi) von einem gewiffen Körper den ganzen Weltraum 
in Gedanfen weg, fo ift ‚ver Theil diefes abfoluten 
Raums ($. 34.), den er vinnimmt, der abſolute Ort 
des Körpers (Locus abfolutus); fieht man aber da-- 
ben zugleich auf andere Körper, welche eine beftimm- 
te Sage gegen ıhn haben, fo nennt man es den relati⸗ 
ven Ott, oder feine Lage, (Locus relativus , Situs). 
Da aber der abſolute Raum felbft feine Nealität, fon: 

. dern nur fubjectiv ift; da ferner feine Ortsbeftimmung 

darin möglic) ift, fo Fönnen wir auch nur den velati- 
ven Drt der Körper angeben. 

$. 56. Die flerige Veränderung“ des Drts heißt 
Bewegung (Motus)... Diefe, ohne Beziehung auf 
andere Körper, oder die Veränderung des abjoluten 
Drts ($, 55.), heißt abfolute Bewegung (Motus ab- 
folutus); die Veränderung des relativen Orts, oder 
der Lage gegen andere Körper, heißt relative Dewe: 
gung (Motus relativus). | 

$. 57. Benbehaltung des Orts ıft Ruhe eines 
Körpers (Quies), die man aud) zwiefach, als abfos 
lute (Ouies abfoluta) und als reiatıve Ruhe (Quies 
relativa) betrachtet. Beyde unterjcheiden ſich mie ab; 
folute und relative Bewegungen ($. 55.). 


$. 58. Da aber ben der abfoluten Bewegung 


C$ 56.) und ben der abfoluten Ruhe ($. 57.) nur 
| der 


Metaphyſiſche Naturlehre. 37 


der abſolute Ort des Koͤrvers in Betracht kommt; 
hierzu aber fein anderer Körper erfordert wird, als 
der, welcher den Dre erfüllt; im abfoluten Raume 
aber feine Stelie, fofalich feine Ortsveraͤnderung oder 
feine Beharrung in dem Orte beflimmt werden fann: 
fo kann auch fchlechterdings feine abfolute Bewegung 
und feine abfolute Ruhe beftimme werden. Wir fön- 
nen daher auch nur die relative Bewegung und Ruhe 
der Körper in der Natur bemerfen. 
$, 59. Die relative Bewegung eines Aörvers 
ift in Nücficht auf die Veränderung der Sage anderer 
Körper, entweder eine eigene (Motus proprius), 
oder eine germeinjchaftliche (Motus communis). Ben 
jener verändert ein einziger Körper gegen alle übrigen 
feine Lage; ben diefer bemegen ſich ein oder mehrere 
andere Körper zugleich mit, verändern aber ihre fage 
gegen jenen nicht, oder die bewegten Körper bfeiben 
in relativer Ruhe .($. 57.) gegen einander. Man 
muß hierben nicht abfolure und gemeinfchaftliche Be- 
megung mit einander vermechfeln. 
$. 60. Da mir die Bewegung überhaupt nur 
aus der veränderten fage der Körper gegen einander 
beurtheifen, mehrere Körper aber gegen einander in 
ihrer tage beharren, oder in relativer Ruhe fenn, und 
Doch eine gemeinfchaftliche Bewegung haben fünnen; 
fo fiche man feicht ein, daf man die Bewegung nicht 
wahrnehmen fann, wenn mir bloß auf die Sage derje- 
nigen Körper gegen einander Nückficht nehmen‘, die 
‚eine gemeinfchaftliche Bewegung haben. ' Uber ben 
Wahrnehmungen der veränderten Sagen ber Körper 
geacn 


38 I. Dheil. 1. Hauptſtuͤck. 


geqgen einander muß auch beſtimmt werden, welcher 
Koͤrder in Ruhe geblieben und welcher wirklich bewegt 
worden iſt. Dies erhellet nicht immer ſo geradezu, 
und es koͤnnen daher ebenfalls wieder leicht Taͤuſchun⸗ 
gen entſtehen. | 


Von \er mirflichen (Motus realis) und fcheinbaren Bewegung 
| (Motus apparens). 


$. 61. Die Materie, die als folche Feine innern 
Beftimmungen und Beltimmungsgründe hat, fon: 
bern die bloß als beweglich, ohne alles Vermoͤgen, 
fich felbft zu beftimmen, gedacht wird, mie wir hier 
thun, heißt eräge (iners). Die Trägheit (Inertia) der 
Materie bedeutet alio nichts anders, als das Unvermoͤ⸗ 
gen derfelben, ihren Zuftand von felbft zu ändern. Gie 
ift alfo etwas Negatives; und der Ausdruck: Traͤg⸗ 
heitoetraft (Vis inertiae), ift daher ganz ohne Sinn. 

$. 62. Die Trägheit der Materie ift aljo auch 
fein Hinderniß ihrer Beweglichfeit, und die Mate- 
rie fann dadurch, daf fie träge ift, der bewegenden 
Kraft nicht Widerſtand Jleiften, wenn fie aus Ruhe 
in Bewegung geſetzt werden fol. Der Satz: daß 
die Trägheit der Maffe proportionaf fen, ift alfo eben. 
falls ohne Sinn, und aus dem mißverftandenen Be: 
griffe von Trägheit abgeleitet, nach welchem man fie 
mie dem MWiderftande der wirklichen, durch eine fteti: 
ge Kraft folleitirten, Materie verwechfelt hat, wenn 
diefe aus Ruhe in Bewegung nad) einer andern Rich: 
tung, als die ihr ſchon beywohnende ftetige bewegende 
Kraft hat, geſetzt werden foll. 


Huf dem mifverkandenen Begriffe von Traͤgheit beruhen auch 
die Einmürfe, die der fel. Gehler im Gupplementbande 
feiner phyſikaliſch en Woͤrterbuches gegen verfchiedene "or 


Metaphyſiſche Naturlehre. 39 


Saͤtze gemacht hat. Dieſer vortreffliche Gelehrte uͤberſah, 
dk bier von einer in Abſtracto genommenen Materie die 
Mede ſey, die bloß als beweglich, und ohne daß die in der 
Wirklichkeit damit verbundene ftetiae Kraft der Schwere 
ais auf fie wirkend gedacht wird. Eine ſchwere Kugel, die 
anf einer boriiontalen Tafel rubet , widerſteht allerdinas in 
- berizontafer Ricbtung , aber nicht deswegen, weil fie träge 
iſt, Sondern weil fie fchwer if. Die Tafel träat zwar ihr 
Gewicht, hebt ja’ aber ihre Gchwere find den Drud nicht 
auf, den fie dur ihre Echwere verurfadt. ie wider: 
ſteht, wenn wir hierbey auch von aller Friction, vom Wis 
derflande der Luft, u. dergl. abftrabiren, vermoͤge der Kraft 
der Schwere, weil fie von der verticalen Richtung, in mwels- 
cber die Echmwere fie treibt, und in welcher fie auch ihren 
Drud ausübt, abgelenft werden fol. Man bedenfe doch 
nur, daß die Beweaung der fchiweren Kırael auf det horis 
zontalen Zafel eine wirkliche Centralbewegung ift. Der Wis 
verstand der ſchweren Kugel in jeder andern Richtung, ale 
die Richtung der Schwere, bebt die andere bewegende Kraft 
proportionirlich auf, fo wie hinwiederum durch dieſe die 
Schwere verbältnigmäßig aufgchoben wird; kurz, es find. 
bier nun zwey Kräfte wirffam, die einander entgegenge⸗ 
fest find; und, (was man in der That nicht beherzigt hat,) 
es würte die ſchwere Kugel ben ihrer Bewegung auf der bos 
rizontafen Tafel diefe gar nicht mehr driden, wenn fie 
daranf mit einer Gefchwindiafeit bewegt wurde, die der 
Endaeihwindiafeit ihres Falles durch den halben Halbmefler 
der Erde gleich wäre, weil alsdann, wie in der Folge ges, 
zeiet werden wird, ihre Kliebfraft der Echwere unter dem 

eonator aleih wäre. — Den Widerſtand, welcen die 
wirflidyen Materien ın der Welt vermöge einer wirfenden 
ftetigen Kraft, wie fie follicitirt, leiften, fann man alfo 
niet alg Einwurf benutzen, um den Gaß zu widerlenen, 
daß die Traͤgheit der Materie, im metapbofifchen Sinne, 
feinen Mıivderftand derfelben im Zuftande der Ruhe begruͤn— 
de. So verfabren heift, den Satz der Träaheit (Lex in- 
ertiae) durch dem Guß der Gegenwirkung (Lex reactionis) 
umftofen wolkn, — 


4. 63. Die Materie, als bloßer Gegenſtand aͤu— 


ferer Sinne, hat feine andern Beſtimmungen, als 
die der aͤußern DVerhältniffe im Raume, und erleidet 
alſo auch feine Veränderungen, als die ihr raͤumliches 
Verhaͤltniß betreffen. In Anſehung diefer, als Wech— 
ſels der Ruhe mit des Bewegung, oder der Bewegung . 
mit Ruhe, oder der einen Bewegung mit einer au: 


dern, muß eine Urfach Statt finden, Dieſe Urſach 
| | aber 


2 L.Ddeil. r. Hauptftüch 


aber kann nicht innerlich fenn, denn die Materie hat 
Feine fchlechthin innerm Beftimmungen. Folglich ift 
alle Veränderung einer Materie auf Aufere Urſach 
gegründet. 

$. 64. Hieraus folgt alfo das Geſetz der Träg- 
heit: Ein jeder Koͤrper bebarrt in feinem Zuftande 
der. Ruhe oder Bewegung, in derfelben Richtung 
und ınıe derſelben Geſchwindigkeit, wenn er nicht 
durch eine Außere U ſach Be wird, — 
õunand zu verlaſſen. 

$. 65. Geber Körper, — ſich bewegt, muß 
nothwendig an einander graͤnzende Theile des Raumes 
durchgehen, da er nicht zugleich in allen Theilen des 
Raumes auf einmal ſeyn kann. Die haͤnge dieſes 
Raums, worin ſich der BE bemegt, heißt feine 
Bahn, oder fein Weg. 

$. 66. Wenn fich ben einem Körper alle Theile 
durchaus auf einerleh Weiſe bewegen, fo braucht man 
auch nur die Bewegung eines einzigen Punctes zu be— 
trachten; und jede Bewegung eines Körpers läßt ſich 
aljo auch als Bewegung eines einzigen Punctes, folg: 
lid) die Bahn des bewegten Körpers ($. 65. ) als eine 
finte anfehen. Die gerade linie nach der Gegend, 
nad) welcher ein bewegter Punct entweder feinen ganz 
zen Weg hindurch, oder nur an einer einzelnen Stelle 
deffelben, fortgeht, heißt die Richtung (Directio) 
feiner: Bewegung. 

$. 67. Da ein bloß träger beweglicher Körper, 
eben weil er träge ift, feinen Zuftand nicht von felbft 
ändern fann, fo muß auch bey feiner Bewegung die 
Bahn, 


._ 


Metaphufifche Naturlehre. 41 
Bahn, in der er vermöge feiner Trägheit beharet, 
immer geradlinig fenn, und feine Richtung muß un. 
verändert fern. Die Aenderung der Nichtung iſt 
Aenderung des Zuftandes der Bewegung, morein der 
Körper nicht von felbft kommen kann; und fo oft fie 
erfolgt, muß eine Urfach wirffam fenn, die fie hervor- 
Bringt. Aendert fi) nun durch irgend eine Kraft vie 
Richtung des bewegten Körpers alle Augenblice und 
an jeder Stelle des Weges, fo ift die Bewegung 
Frummmlinig (Motus curvilineus), und. die Rich: 
tung wird. an jeder Stelle der Frummlinigen Bahr 
dutch die Tangente der krummen linie an diefer Stel: 
le beſtimmt. 
$. 68. Der Raum, pucch — ſich die Koͤr⸗ 
per. bewegen, heißt auch das Mittel, das Mittel⸗ 
ding (Medium). Hier nehmen wir ein folches ar, 
das der Bewegung fein Hinderniß entgegenfegt und 
feinen Widerftand zu feiften vermag. Er heift als: 
dann ein freyes oder leeres Mittel (Medium vacuum, 
liberum); ſonſt aber ein widerſtandleiſtendes (Me- 
dium reßiltens ). 
$. 69. Gede Bewegung ſetzt nicht allein einen 
Raum voraus, worin fie geſchiehet ($. 65.), ſon⸗ 
dern auch eine Zei. Wenn (Fig. 3.) die Puncte 
A und B aus einander liegen, und die finie AB die 
Bahn eines Punctes ‚vorftellt, fo Fann der Punct, 
ber fich von A nad) B bewegt, nicht in A und B zu: 
gleich fenn. Der Augenbfif, da er in iſt, iſt ver 
fhieden von dem, da er in B if. Dies findet Statt, 
fo klein auch die Entfernung des Punctes A von B "De 
ie 


4 1. Shell. "r. Hauptſtuͤck. 


Die Dauer zwifchen dem Uebergange des. bewegten 
Punctes ben feiner ftetigen Ortsperänderung aus einer 
Stelle feiner Bahn in die andere ift diedeit. Auch die 
Fleinfte Bewegung erfordert Zeit. 


| F. 70. Die gleichen Räume nun, die ben einer 
gleichfoͤrmigen Bewegung eines Koͤrpers beſchrieben 

werden, dienen, die Dauer irgend einer andern Dez 

Wegung, oder die Zeir zu meflen. 


So bedienen wir uns im vor Leben der Bewegung der 
Sonne, ſowohl ıbrer jährlichen, als ihrer täalichen, oder 
vielmehr der Bewegung. der Erde um die Sonne und. um 
ibre Achfe, zum Maaf der Zeit: und ein Jahr ift die Zeit, 
worin’ die. Erde thren Umdaufskreis um pie Sonne bes 
Tchreibt; ein Tag it die Zeit, worin die Erdfugel eine 
aanze Umdrehung um ihre Achfe vollendet. — Eine Sruns 

de it die Zeit, worin der Zeiger einer richtig aebenden Mis 
nutenuhr ven nanzen Raum eines Kreiſes durchlaͤuft; eine 
Wiinnte if die Zeit, worin eben diefer den Goften Theil des 
Kreiſes beſchreibt, u. f. w. | | LE 

, Bey den Aſtronomen heift wahre Somnenzeit.( Tempus folare 
yrerum) die, welche vom wirklichen jährlichen Laufe der 
Sonne zemeffen wird; mittlere Sonnenzeit ( Tempus fol, 
medinm, aequale ) die, bey welcher eine mittlere oder ers 
dichtete Sonne annenemmen wırd, die ihre Bewegung im 
Kreife gleichförmig vollendet, und zwar im eben der Zeit, 

in der die wabre Sonne ihren unaleihformigen Wen zus 
‚rödlest. — Der Sternentag @empus primi mobilis )y 
der durch die immer aleichformige Umdrebuna der Erde um 
ihre Achfe gemefien wird, gewaͤhrt uns .ein beſtaͤndiges, 
inımer gleihformiges, Zeitmaaf. Ä 


$. 71. Die Vergleichung des Raumes und ber 
Zeit bey der Bewegung eines Koͤrpets giebt den Ber 
griff von der Geſchwindigkeit (Celeritas, Velocitas) 
deffelden. Er ift ein relativer Begriff, und Geſchwin— 
digfeit laͤßt fich nur angeben, wenn man eine gewiſſe 
Zeit oder einen gewiffen Naum, worin die Bemegung 
eines Körpers gleichförmig gefchieht, zur.Einheit an: 
nimmt, und damit eine andere Bewegung vergleicht. 
J Sie 


Metaphyſiſche Naturlehre. 43 


Sie ift alfo der Raum, welchen ein Körper in einer 
zur Einheit angenommenen Zeit durchläuft, oder die 
Zeit, welche ein Körper braucht, um einen jur Ein⸗ 
beit angenommenen Raum zu durchlaufen. 


$. 72. Menn ein Körper in gleichen Zeiten glei: 
he Räume durchläuft, oder wenn feine Geſchwindig⸗ 
keit gleich bleibt, fo nennt man feine Bewegung eine 
gleichtöꝛ mige BSeweclung (Motus aegnabilis, uni- 
formis). Iſt aber die Gefchmindigfeit des Körperg 
während der Bewegung nicht immer gleich, oder 
durchläuft er in gleichen Zeiten ungleiche Räume, fo 
heit die Bewegung eine veränderte oder ungleichförz 
nmgr (Motus variatus, inaequabilis). Dabey neh 
men die ın gleichen Zeiten durchlaufenen Räume ent⸗ 
weder ab, oder fie nehmen zu. Im erftern Kalle 
heißt vie veränderte Bewegung eine verminderte (Mo- 
tus retardatus); im leßtern eine befchleunigte ( Mo- 
tus aeceleratus). Beyde koͤnnen fo ſeyn, daf die 
Geſchwindigkeit in jedem gleich großen Zeittheife gleich 
ſtatk oder ungleich ftarf wächft oder abnimmt, und 
daß alſo eine gleichfoͤrmig beſchleunigte (Motus uni- 
formiter acceleratus), oder gleichfoͤrmig vermins 
derte (Motus uniformiter retardatus); oder daf eine 
ungleichförmig befchleunigte (Motus inaequabiliter 
acceleratus), oder ungleichförmig verminderte (Mo- 
tus inaequabiliter retardatus ) Statt findet. 


$. 73. Aus der Vergleichung des Raumes und 

ber Zeit bey der gleichförmigen. Bewegung der Körper 
fießen dann folgende Gäße: | | 
| L. 


44 11. Theil. 1. Hauptſtuͤck. 
1. Die Geſchwindigkeiten zweyer bewegten Koͤr 
per verhalten ſich wie die durchlaufenen Raͤu⸗ 
me, wenn die Zeiten gleich find. 

3. Die Befchwindigkeiten zweyer bewegten Koͤr⸗ 

per. verhalten ſich verkehrte wie die Zeiten, 

: wenn die zurückgelegten Räume gleich find. - 

3. Die Befchwindigkeiten zweyer Aörper über: 

haupt verhalten fich wie die Producte der 
Räume in Die verkehrt gefegten Zeiten; oder 
wie die Quorienten der Räume durch die 
Zeiten. 

Es folge hieraus weiter, daß die zurücdgelegten 
Raͤume zweyer bewegten Körper im zufammengefeß; 
ten geraden Verhältniffe der Zeiten und Gefchwindig- 
Feiten find; und daß endlich die, Zeiten in einem Ver; 


Hältnifje find, das aus dem geraden der Räume u 
bem ıtmgefehrten der Zeiten: befteht. —— 


Wenn wir zweyer gleichfoͤrmig bewegten Körner Geſchwindig⸗ 
keiten C, c, ihre zuruͤckgelegten Raͤume S, ſ, und die daju 
verwandten Zeiten T, t, nennen, ſo iſt — 
nach 1), wenn T=t,C:c=S:h 
nach 2), wenn S=[, C:c=t:T. 
Nehmen wır mım noch einen dritten Körper an, deſſen Ges 
Ihwindigfeit K heißt, und deflen bey feiner Bewegung zus 
ridgelegter Raum dem des erften Körpers — S, und die bar 
su verwandte Zeit der des pe =rfen, fo if 
‚ für den erften und dritten, 


(weil $S=S), :K=t-+T, 
und fir den dritten und 
jwenten, (welt=t),K:c=S:f, 
folaͤlich für den erken und” 
zweyten ıc=S&: =7T s ex 


Es folgt Bierand — daß 5: F CT: et ſey; ferner, 
daß T:t= 5: — fen. 
£ 74. Jede veränderte Bewegung c6. 72.) 


ſeht nad) dem Geſetz der Trägheit eine Urſach der ver: 
aͤnder⸗ 


f 


Metaphyſiſche Naturlehre. 45 


änderten Geſchwindigkeit voraus, die im Augenblicke 
der Veraͤnderung wirkſam iſt. Da nun jede veraͤn— 
derte Bewegung für jeden untheilbaren Augenblick, 
oder jeden unendlich kleinen Zeittheil, als eine gleich— 
foͤrmige angeſehen werden kann, fo koͤnnen auch für 
dieſen Augenblick Raͤume, Zeiten und Geſchwindig⸗ 
keiten durch die Geſetze der gleichfoͤrmigen Bewegung 
ausgedruͤckt werden. Oder man kann ſich jede un: 
gleichfoͤmige Bewegung ſo vorſtellen, als wenn ſie i 
unendlich kleinen Zeiten gleichfoͤrmig waͤre, und 
- jedem unendlich kleinen Zeittheile ein unendlich kleiner 
Theil des Raumes mit der unveränderten Geſchwin⸗ 
digfeit zurückgelegt würde, welche der bewegte Punct 
im Anfange diefes Zeittheilhens hatte. Wenn nun 
eine unveränderliche und ftetige Kraft auf den Körper 
wirft, und während feiner ganzen Bewegung zu wir: 
fen fortfährt, fo muß er in eine gleishförmig bes 
ſchleunigte Bewegung fommen ($.72.). Die Ge: 
ſchwindigkeit, mit der er ſchon bey feiner Trägheit 
durch den erften Impuls der Kraft fortgehen würde, 
muß durch die ununterbrochen fortdauernde Einwir: 
“ fung der Kraft ſtetig zunehmen und wachen, und 
die Zunahme dieſer Gejchwinpigfeiten muß alfo im 
gleichen Zeiten gleich: ſeyn. Hier wächft zwar nun in 
jevem noch jo kleinen Zeittheilchen die Geſchwindigkeit 
nach dem Gefeß der Stetigkeit, und die Gefchwindigs 
keit iſt im jedem folgenden Zeitpunete ſchon größer, 
als ım vorhergehenden; man tann aber annehmen, 
daß die Geſchwindigkeit durch das ganze Zeitcherichen 
jo groß bliebe, als fie im. Anfang deffelben war, und. 
daß 





46 I. Theil. x. Hauptſtuͤck. 


daß erft nach Endigung des Zeittheilchens der Zufag 
der Geſchwindigkeit urploͤtzlich hinzukaͤme, der eigent— 
lich waͤhrend des Zeittheilchens allmaͤhlig hinzukam. 
Dieſe am Ende des Zeittheilchens vom Anfang def: 
felben an erlangte Geihmindigfeit kann man die Eno⸗ 
geſchwuidigte Velocitas ſoalis) nennen. 

. & 75. Die Endgeſchwindigkeiten ($. 74.) muͤſ⸗ 
fen ſich ben der glei bfoͤrmig beicbl.unige.n Bewe⸗ 
gung, tie die unendlich Fleinen Zeiccheile, oder, wie 
die Zeit vom Anfange der Bewegung an, verhalten, 
weil der bewegte Körper in einem jeden unendlich Flei= 
nen Zeittbeile einen neuen Eindruck erhält, der fich 


mit den bereitS empfangenen vereinigt. 


Wenn wir die Endaeibwindiafeit v und das Bann e Nenneny 
pivzeuvmv:Vıe T 


676. Man fann daher: Diefe erlangten Grade 
der Endgefchwindigfeiten durch die Reihe der natuͤrli— 
chen Zahlen 1, 2, 3, 4, 5, u. |. w. vorftellen,; weil 
fie wie die Zeittheile felbft wachen. 

$. 77. Wenn der Körper mit der Gefchmindig: 
feit, die er ben der gleichförmig befchleunigten Bewe— 
gung in einem endlichen und beflimmten Zeiccheile ers 
langt hat, hernach gfeichförmig fortginge, fo würde 
diefe Sefchwindigfeit ihn in dem zwenten dem erjten 
ähnlichen Zeittheile durch einen doppelt fo großen 
Raum führen, als die in einem und demfelben Zeit: 
theife erhaltene zunehmende Geſchwindigkeit. Der 
Raum wird fich alfo ben diefer gleihförmig beichleu: 
nigten Bewegung verhalten, wie die Zeit mit der Hälf- 
te der Endgefchwindigfeit multiplicirt; und der gleich: 
‚Pemig bejchleunigte Körper wird ineiner gegebenen Zeit 
nur 


Metaphofifche Naturlehre, i 9 


nur halb fo weit gehen, als ihn in eben ber Zeit ſeine dar⸗ 
in erlangte Endgefchwindigfeit geführt haben würde. 


Bene der Kaum S heift, fo wid [= Kt ud I:S= * 


— —VVI. 
2 


Wenn die Zeiten gleich find, fo verhalten ſich die Räume 
der Bewegung, wie die Sefchwindigfeiten ($.73.). Im 
sesenwärtigen Falle aber find die Zeittbeile aleih, folglich 
werden ſich auch die Räume wie die Beichwindisfeiter 
»rbalten. Weil aber nun eıne gleichfoͤrmige — 
keit doppelt fo groß iſt, ats eine zunehmende, wenn fie im 
einerley Auaenblid erhalten werden, fo wird auch der vers 
möse einer galeihförmiaen Geſchwindigkeit durdlaufene 
Kaum doppelt fo groß ſeyn, als der Raum, der in ebem 
—— durch die wachſende Geſchwindigkeit zuruͤckgelegt 
wird. 


Dieſe Geſetze ſucht man auch durch Huͤlfe eines rechtwink⸗ 
Tgen Triaugels anſchaulich zu machen. Es zeige (Fig. 4.) ir 
dem rechtwinkligen Triangel AB die Zeit, und C die in dieſer 
Bert erlanate Endgefdywindigfeit au. Die Höhe BA fen in 
Theile getbeilt, die wir als unendlich Fein und eınander 
aleıh annehmen, AD, DE, EF, u. ſ. f. Da BA die ends 
lie und beffimmte Zeit ausdruͤckt, fo wird jeder in diefer 

- Hibe BA genommene Theil die unendlich Kleinen Rugen⸗— 
biide vorftellen. Wenn wir nun ans den Theilungspuncs 
ten D, E, F, u. ſ. f. die Drdinaren Dd, Ee, Ffı m. |. fü 
jieben, fo wird jede Drdinate die in jedem mmendlich Eleis 
nen Augenblife erhaltene Geſchwindigkeit vorftellen; und 
fo wie eine durch eine ftetige Kraft zumehmende Geihwins 
diakeit aleichformig waͤchſt, fo wäh auch jede Ordinate 
gleihtörmia, nach eben der PBrogreifion, ©, Ir 27 3r 
n.|. f. Wenn Dad den im erften Augenblide AD erbaltes 
nen Brad der Beichwindigfeit ausdrüft, fo wird Ee den 
Grad der Geſchwindigkeit ausdräfen, der im zweyten Aus 
aenblide DE erhalten worden. Weil aber Did: Ee= AD: 
AE=ı:2,w ſ. f., fo werden fib alfo dieſe Endgeſchwin⸗ 
drafeiten wie die Zeirtheile verhalten ($. 75.), und die 
Endgeibmwindigfeiten Da, Ee, Fi, u. f. f. durch die Reihe 
der mtürlihen Zahlen 1, 2, 3, u. ſ. f. vorftellen laſſen 
4. 76.)._ Da der Raum "m Producte der Zeit in die Ges 
cdwindiskeit gleich it (9. 73.) , fo fann der Flächeninbalt 
des Drevefs ABC den Raum vorftellen, der tu der Zeit 
AB mit der ftetia wachſenden Gefchwindigfeit, die am Ens 
de ver Zeit durch BC ausgedruͤckt wird, beſchrieben worden 
iR. Wenn nun die Aeichiwindigfeit, die am Ende der end» 
lichen Zeit AB durch die Grandlinie BC des Trianaels ABC 
ausgeörudt wird, nicht weiter zunäbme, fonderu nun der 
Körper in der zwenten, der erſten AB Ähnlichen, Zeit das 
mit gleihformig fortginge, . fe würde die Geſchwindigkeit 
diefes zweyten Zeitraums durch die Drdinaten eines — 
‘ 


* 


48 1. Theil. 1. Hauptſtuͤck. 


ecks BCKL von eben der Grundflaͤche und Höhe, als ber 
Triangel ABC ift, vorgeftellt werden. Da aber diefer Triau⸗ 
gel nur die Hälfte des Rechtecks von eben der Grundfläche 
und Höbe ift, fo ift auch die in einem endlıhen und bes 
ſtimmten Zeitraume erlangte Geſchwindigkeit, die ſich aleichs 
förmig bleibt, doppelt fo groß, als eine ın demſelben Zeits 
raume erlangte zunehmende Geſchwindigkeit. a Se 


$. 78. Es folgt hieraus ferner, daß die Raͤu— 
me, welche ein Körper bey diefer gleichförmig befchleu: 
nigten Bewegung, in verfchiedenen gleich großen Zeitz 
theilen hinter einander zurüclegt, wie die ungeraden 
Zahlen 1, 3, 5, 7, 9, u. ff. wachſen; oder er 
wird. im zweyten Zeittheile 3mal, im dritten smal 
u.f. mw. fo vielen Raum zuruͤcklegen, als im erften 
Zeittheile. | | 


Der im zwenten Zeittbeile DE (ia. 4.) zuriüdgeleate Raum 
— dem Zrapezio DdEe ift 3mal fo arof, als das Dreyeck 
ADd, und der im dritten Zeittheile EF befriebene Raum 
des Trapezii EeFf .ıft smal fo groß, als ADd, m f. f. 

Am erften Zeittheile AD naͤmlich befchrieb der Körper 
durch die wachſende Geichywindigfeit den Raum =ADd5 
die am Ende dieſes Zeitrheils erhaltene Endgeſchwindigkeit 
Da würde den Körper in dem folgenden gleichgroßen eits 
tbeile DE durch einen noch einmal fo grofen Raum DdEx 

. führen ($. 77.), oder der Körper würde ben feiner Trägbeit 
gleichfoͤrmig fortgeben ; aber die ftetige Kraft wirft wah⸗ 
rend dieſes zweyten Zeittheils auf ib. fort, und bringe 
ibm wiederum fo viel.ueue Geſchwindiakeit während diefes 
awepten- Zeittbeils hinzu, als im erften, fo daß er audy 
noch außer dem Raume DdEx, den er bey feiner Trägbeit 
allein durchlaufen würde, den Raum dxe durchlaufen 
muß. _Er legt alfo in dem zweyten Zeittbeile einen zmal 
fo großen Raum zurüd, als im erften, Am Ende des zwey⸗ 
ten Zeıttbeils wird der Korper die Endgeſchwindigkeit Ee 
baben, und bey feiner Srägbeit darin beharren. Er wurs 
de ım dritten Zeittbeile den Goa EeFo zurüdlegen , aber 
während diefes dritten Zeittheils wirkt die fietige Kraft 
auf ibn fort, und brinat ihm einen Zufag von Geſchwin⸗ 
digfeit bey, fo daß er noch außerdem durd den Kaum eof 
== ADd geht, und alfo im dritten Zeittbeile einen Raum 
beſchreibt, der dur das Trapezium Eerf=smal ADd 

ausgedrüdt wird, u. ſ. f. 


$. 79. Es verhalten ſich diefemnad) die Räume, 
‚welche vom Anfange der gleichförmig befchleunigten 
" Be: 


“ / ’ 


Metaphoſiſche Naturlehre | 49 


Bewegung an zurhchgelegt werden, wie die Quadrate 
der Zeiten vom Anfang der Bewegung an, oder wie 
die Quadrate ber erlangten Endgeſchwindigkeiten 


($.75-). | | 
Es iſt alſo [= v’= tr”, und 5: ſ- Vꝛ: vꝛ ⸗ Tre, 


VWenn naͤmlich der Raum im erſten Zeittheile = ı geſetzt wird, 
fo wird er ben diefer beichleuniaten Bewegung im zweyten 
Zeirrbeile allein = 3, int dritten Zeittheile allein = 5, 
u. 1. f. ſeyn ($.78.)5 folalic wird er ın den zwen eritcn 
Zeirrbeilen zuſammen ı + 3 = 4, in den drey erften Zeits 
tbeilen zufammen ı +3 + 5 = 9 ausmaden. 4 umdy 
find aber die Quadratzablen von 2 und 3, oder von den 
Zeiten vom Anfang der Bewegung an. | 

Wenn der nab dem eriten Zeittbeile AD (Fig. 4; bes 
fchriebene Raum = ADd = A ill, ſo wird der durch 
feıhförmia beichleunigte Beweguna mach zwey Zeittheilcũu 
AD + DE beichriebene Raum = Ake = 4mal ADd, 
und der nach drey Zeittheilen AD DE + EF junds 
geleate Raum = AFf = ginal Add lıpa, u. 1. "Dover 
es verhält ſich das DrevedAEe zum Dreyef ADd, wie 
AE?: AD? = ke® ; Dd®, 


. 80. Die fterige Kraft, welche die befchleu- 
nigte Bewegung der Maſſe hervsrbringt, heißt, in 
fo fern fie auf alle Theile der Maſſe zuſammen gfeiche 
förmig wirft, die bewegende Kraft (Vis motıix j5 
die beſchleunigende Kraft (Vis acceleratrix) hinge: 
gen, in fo fern fie auf jeden einzelnen Theil der Maffe 
witkt. Jene iſt alfo das Product der befchleunigenden 
Kraft in die Odatttaͤt der Maffe, die davon afficire 
wird, s Te 


Wenn wir alfo die bewegende Braft P, die beſchleunigende 
Braft f, und die Maſſe M nennen, ſo iſt P=t.M, 


andP:p=fM : fin; und cben fo iſt auch f= n . 
Gerner folat hieraus, daß das Product der bewegenden 
Kraft in dıe Zeit aleih fen dem Produc'e der Rufe in die 
Geſcth windigkeit; oder PT= MV, uud Plipe= MViımvj 

daß dur bewegenden Krärre'durc dir Quadate ver Zeiten 
multiplicırt ſich verhalten wie die Maften durch die durchs 
laufenen Räume multiplicıre, oder PL? = M3, und 
PT?2: pe?—= MS: ml; und daß Die bewegenden Kraite 
duch die Raume multiplicıre ih verhalten wie die Maſſen 
‘ multipiis 


- 





50 IL. heil, 1. Hauptftüd. 
——s 
Eden ſo iſt auhf=v, fiel, del v2. 
$. 81. Eine oder mehrere Kräfte, die nur nach 
einerlen Richtung wirken, Fönnen Sen Körper auch 
nur nad) der geraden finie bewegen. Die Bewegung, 
wo ein Körper durch eine Kraft nur nach einerley 
Richtung getrieben wird, heißt eine einfache Bewer 
gung (Motus ſimplex), und man fieht leicht ein, daß 
jede einfache Bewegung ſtets geradlinig ſeyn müffe. 


$. 82. Kräfte, die auf verſchiedene bewegliche 
Puncte wirken, heißen. gleiche Kraͤfte, wenn fie 

ihnen gleiche Geſchwindigkeit ertheilen. | 
Hier , wo nur von beweglichen Puncten die Mede ift, wird die 
Größe der Bewegung nur ans der Befchwindigfeit ermeflen. 

Bey Körpern, die durch eine ftetige Kraft zum Widerftande 
follieitirt werden, muß die Maſſe allerdinge mit zum Maaß 

der Größe der Bewegung genommen werden. 


$. 83. Zwey gleiche Ziräfte (82.), die zu 
gleicher Seit auf einen beweglichen Punct nach ent: 
gegengefessten Richtungen wirken, beben fich eins 

ander auf, und verurfschen Feine Bewegung. 
Anwendung auf Segners bydranlifhe Mafchine, die in der 
goige weiter angezeigt werden wird. Bringt man je jwey 
effnungen der vier Geitenarme diefer Mafchine gegen 
einander über, fo wird fie durch das ausftrömende Waſſer 

nicht bewegt. 


6. 84. Wenn zwey ungleiche Kraͤfte zu gleis 
cher Zeit nach entgegengefester Richtung auf einen 
beweglichen Punct wirfen, fo erfolgt die Bewes 
gung nach der Richtung der größeren Arafe, und 
zwar mit der Differenz beyder Aräfte, Hier ift 
die Bewegung ebenfalls nur einfach, denn fig erfolge 


nur nach der Richtung einer einzigen Kraft. 
Anwon⸗ 


Metaphufifche Naturlehre: 51 


* 
Anwendung anf die vorige Maſchine, an ber bie Oeffnungen 
von drey Geitenarmen nad einerlep, die Oeffnung des viers 
ten Armes nad der entgegengefegten Richtung geftellt ift. 


£. 85. Wenn die Richtung der bewegenden 
Kräfte eimander- nicht entgegengeſetzt ift, fo muͤſſen 
fie einen Winkel einfchließen. Da nun ein Körper, 
der von beyden zugleich getrieben wird, weder nach 
benden zugleich gehen, noch ruhen kann; fo muß er 
ſich nad) einer dritten Richtung bewegen. Man fieht 
leicht ein, daß dies die Diagonallinie des Parallelo- 
gramms feyn werde, von welchem beyde Richtungen 
einen Winfel einfchheßen, und daß er jene in eben 
der Zeit durchlaufen würde, welche er gebraucht hätte, 
wenn er durch jede einzelne Kraft die einzelnen finien 
durchlaufen wäre, die den Winkel einfchließen. 


Beieat, ein bewegliher Punct werde durch eine Kraft AB 
Fia. 5.) nah der Direction AB, und durd eine andere 


raft AC, die mit der vorigen einem Minfel einfchlicht,- ° 


nach der Richtung AC zu gleicher Zeit fich zu beivegen ges 
trieben, fo kann er nicht mach AB und AC zu gleicher Zeit 
gehen. Er kann aber auch nicht ruhen; denn dies fönnte 
er nur, wenn AB und AC ſich einander directe entgegens 
geiegt und gleih wären, Es bleibt fein anderer Wen für 
ibn, als der mittlere übrig, und dies ift die Diagonallinie 
AD des PVarallelogramıng, das auf die Finten AB und AC 
aufgelegt werden kann. Geſetzt, die beyden Kräfte wirk⸗ 
ten nicht zu gleicher Zeit, fondern nach einander, fo wird 
zer bemealibe Punct erſt nah B, und von da durch bie 
Kraft AC= BD nad D aeführt werden, und er wird alfo 
eben da feyn, wo er auf dem Wege durch die Diagonallinie 
angelangt ſeyn würde. Da bier die Bewegungen aleichförs 
mig angenommen werden, fo wırd er, falls die Kräfte 
einzeln nach einander wirfen, in der Hälfte der Zeit durch 

Ab = # AB, und hernach durh bd = Ac=#AC ge 
fübrt werden, und in d, auf der Mitte der Diagonale 
AD, anlangen. Kurz, er wird am Ende jedes Zeittheils 
bene, wenn die Kräfte ihm einzeln führen, auf irgend 
einen Punct der Diagonale fenn, und alfo am Ende der ganzen 
Zeit die gerade Linie AD befchrieben haben. 


4. 86. Die Bewegung des Körpers heift in 
diefem Galle eine zuſammengeſetzte Bewegung (Mo- 
D 2 tus 


52 I Shell, 1. Hauptſtuͤck. 

tus compofitus), und man berfteht unter derſelben 
überhaupt eine jede Bewegung eines Körpers, der 
von zwey oder mehrern Kräften: zugfeic) -getrieben 
wird, deren Richtungen nicht in einerlen gerade Linien 
fallen. Die beyden Kräfte, deren Richtungen einen 
Winkel einfchließen, heißen die äußern Kraͤfte; die 


Bewegung durch die Diagonallinie fieht man als 


durch eine mittlere Kraft hervorgebracht an. 


$. 87. Das Gefeß der zufammengefekten Be: 
wegung heißt diefemnah: Wenn ein bewiglicher 
Punct von zwey Ziräften zugleich nach der Lage 
der Seiten eines Parallelogramme getrieben wird, 
fo durchläuft er Die Diagonallinie Dejjelben in eben 
der Zeit, worin er die einzelnen Seiten durchlaufen 
wäre, welche die Richtungen der beyden Kraͤfte 
vorftellen. ’ 

Beftätigung durch Verſuche mit der Eberhardſchen Diagomalmas 
fine; Anwendung auf ein an beyden Ufern eines Fluſſes 
gezogenes Schiff; Anwendung auf den Fall eines Korpers 
von dem Maftbaum eınes Schiffes, das in vollem Segeln 


iftz u. dergl. Anwendung zur Widerlegung eines Einwurfs 
gegen die Umdrehung und Bewegung der Erde. 


$. 88. Wenn die Sänge der beyden Geitenlinien 
AB, AC ($ig. 5.) die Groͤße der Kräfte, die zu 


‚gleicher Zeit auf den beweglichen Punct wirfen, ober 
ihre Gefchwindigfeit, und die Meigung derfelben ger 


gen einander ihre Richtung ausprüdt, jo druͤckt die 
Diagonale AD des Parallelogramms, das auf diefe 
finien errichter ift, die Groͤße der Kraft oder die Ge: 
ſchwindigkeit aus, welche aus den fie zufammenfeßen: 
den Kräften und aus ihrer gleichzeitigen Wirkung 


$. 89. 


entſpringt. | 


Wetaphyfiſche Naturlehte. 159 


$. 89. Da die Diagonale eines Parallelogramms 
nie fo groß ſeyn kann, als die Summe.feiner benden 
Seiten, fo muß auch die durch diefe Zufammenfeßung 
entjtandene mittlere Kraft (K. 86. ) oder Geſchwin⸗ 
digkeit Heiner ſeyn, als die Kraft oder. Geſchwindig⸗ 
keit, welche aus den beyden aufern Kräften entftanden 
wäre, wenn fie unmitielbar hinter einander gewirft 
hätten. Der Raum, welchen der Körper ben Diefer 
Art der zufammengefegten Bewegung durchläuft, ift 
alfo nie fo groß, als die Summe der beyden Räume 
der einzelnen Bewegung geweſen ſehn wuͤrde. 


$. 90. Der ben. der zufammengefeßten Bere 
gung durchlaufene Raum ift defio großer, je Fleiner 
der Winkel wird; welchen die Richtungen der einzek 
nen Kräfte einfchließen, oder je mehr fie confpiriren; 
defto Heiner, je größer diefer Winkel wird, oder je 
mehr ſie dwergren. — 


Je kleiner nämlich der Winkel. CAB (Fig. 5.) der Seitenkraͤfte 
wird, deſto weniger find ſich Diele entgegengefent, »und 
deito mehr wird alfo auch ihre Wirfang confpirtren; und 
je arößer der Winkel wirds defte mehr werden die Geitens 
kraͤfte ſich einander entgegengefeht , defto größer wird der 
Werluft derfelden feyn. . Ä 


Wenn wir GF und GH ( Fig. 6.) eben fo groß nehmen, 
als vorher AR und AC (Sig. 5.)r aber fie unter einem 
Meinern Winfel zufammen auf den beweglichen Punct 
witken faffen, fo wird die Diagonale GD größer werden, 
als vorher AD (Fin. 5.) war; und wenn eben biefe Kraͤfte 
HG und HD = GfF (fig. 6.) unter einem größern Wins 
kel zuſammen auf den beweglichen Punct wirken, fo wicd 
die Wiasennie HF, die er durchläuft, Fleiner werden, als 
AD (Fig. 5.). 


$. 91. Jede einfache Bewegung (5. 81.) laͤßt 
ſich anſehen, als ob fie aus zwey Kräften zuſammen⸗ 
geſetzt waͤre, deren Richtungen einen Winkel einſchlie⸗ 
u Ä fen, 


— 


54 Rh. x. Haupeftück, 

Fen, und von deren gemeinfehaftlihen Wirkungen 
die durch die.einfache Kraft herworgebrachte Richtung‘ 
die mittlere wäre, da es erlaubt ift, jede gerade linie 
als die Diagonale eines Parallelogramms ſich vorzu⸗ 
ftellen. Es laͤßt ſich alfo eine jede Kraft in zwey am 
dere gleichwirfende zerlegen. | 


. 92. Menn ein beweglicher Punct durch drey 
oder mehrete Kräfte getrieben wird, die nach verſchie— 
denen, nicht entgegengefegten, Richtungen auf ihn 
wirfen, fo kann man ben Weg finden, den er bey 
feiner Bewegung nimmt, wenn man erft zwey davon 
zuſammenſetzt, die daraus entftandene zufaınmenge- 
feßte Bewegung als eine einfache befrachtet,. und mir 
der dritten wieder zufammenfeßt, u. |. m. | 


SBGefhjetzt, ein bewealicher Bunct wird (Fig. 7.) durch die Kräfte, 
AB, AC, AD ımb AE zu gleicher Zeit follicitirt, fo fan 
man erft AB und AC zufammenfeßen, und die gefundene 
mittlere Kraft Af als eine aleichwirfende einfache anfchenz 
diefe wieder mit der auß AD und AE zuſammengeſetzten 
Ag zufammenfegen, und aus diefen beyden Kräften Af und 
4 Ag bie Rictung und Größe der Kraft beftimmen, welche 
alle vorige einfache Kräfte zufammennenommen 'hervors 
braten, indem man die Diagonale AK des Parallelos 
gramms AfgK zieht, wovon die benden gefundenen fräfte 

Af und Ag die Seitenlinien ausmachen, 


$. 93. Ein beweglicher Punct bemegt fich gegen 
eine Släche gerade, menn feine Directionslinie auf 
der Fläche ſenkrecht ſteht; wenn hingegen dieſe mit 
der Fläche einen fchiefen Winkel macht, fo heit man 
die Bewegung eine fehiefe. Der Stoß an eine Kugel 
geht alſo gerade (directe), wenn die Directionglinie 
deffelben verlängert durch den Mittelpunct der Kugel 
geht; in übrigen Fällen geht er ſchief (oblique). 


$. 94. 


® 


Metaphyſiſche Naturlehre. 5 
94. Die Kraft, welche in einer ſchiefen Di⸗ 


rection auf eine Flaͤche wirkt, kann, wie eine jede 
einfache Kraft überhaupt ($. 91.), als eine aus 
zwey andern zufammengefeßte Kraft betrachtet wer: 
den, wovon eine auf der Släche fenfrecht fteht, die 
andere aber mit der Släche parallel fortläuft. 


Benn eine Kraft in der fchiefen Direction CD (Fig. 8.) auf 
die Flähe AB wirft, fo wird fie nicht mit der Intenſitaͤt 
darauf mwirfen, als wenn fie fenfrecht auf AB ſtuͤnde. 
Nah dem Gase von der Zerlegung der Kräfte ($. 91.) 
beftebt CD aus der fraft CE und CA=ED. CE acht 
parallel mit AB, bat alio darauf feine Wirfung, folglich 
wirft nur die Kraft ED nah der Direction ED; und 
die Große diefes wirkenden Cheils verhält fich zur unver⸗ 
minderten- Kraft, wie ED: CD. Je kleiner der Winkel 
CDA wird, welchen CD mit ABij madt,i defto Fleiner 
wird die Größe der Wirkung von CD werden ; denn defto 
Heiner wird ED, und umgefehrt. 


$. 95. Jede Wirkung der bewergenden Kraft 
geſchiehet nur nach der Perpendikellinie, die von 
ibe auf Die Släche des Beweglichen gezotgen wer⸗ 
den kann, und bey einer fchiefen Richtung wirkt 
nur ein Theil der Kraft. | 


Anwendung hiervon auf das Billard, auf die Bewegung eines 
Schiffes, dem der Wind nicht aanz günftig ift, auf die 
Bemweaung der Alügel einer Windmühle, die fchief gegen 
den Wind ftchen. 
jev (Fig. 9.) eine Kugel AFG im Durchfchnitt durch ihren 
Mittelpunct c vorgeftellt. Sie erleide auf ihrer Perivpherie 
in A einen Etof nady der Direction AB, fo daß AB auch 
die Gröfe und Sefhwindigfeit der Kraft ausdrüde. Die 
Kusel wird ſich keinesweges in diefer Richtung bewegen, 
indem AB ſchief auf der Fläche derfelben ſteht, wie alle 
finien, weiche nicht nab dem Mittelpunct der Kugel zu 
gerichtet find. Nach dem Gate von der Zerlegung der 
Kräfte ($. 91.) fünnen wir AB zerlegen in AM und 4D; 
die (er*ere läuft nah der Nichtuna der Tangente von Ar 
tAD, fie kann alfo die Kugel nicht in Bewegung feRen 
und nicht darauf wirken, welches nur von AM geſchehen 
kann, die auf der Kugel ſenkrecht ift, weil fie nah eo, 
dem Mittelpunet der Kugel, zu gerichtet if. Die Bewes 
gung der Kugel gefchieber alfo nah M, und immer nad 
einer Richtung, die auf dem Puncte des — = 
Kraft 


€ 


6. L Theil. 1. Hauptſtuͤck 
Kraft ſenkrecht if. Die Kraft AB feibet ben biefer ſchiefen 
Richtung ebenfalls einen Verluſt, d. h. ihre Wırfıma ift 
nıcht fo aroß, als ben der ſenkrechten, und die Groͤße, 
mir der fie wirkt, verhält ſich zu ihrer unvermindertem 
‚Große wie AM : AB. Sie wirft nur mit dem Theile der 
Krafp, der in ihrer Genfrechtbeit enthalten ift. 


$. 96. Mad) den bisher betrachteten Arten der 
Bewegung, fowohl der einfachen, als der zuſammen⸗ 
geſetzten, muß ber bewegte Punct einen Weg zuruͤck⸗ 
legen, der eine gerade finie iſt, und dieſe geradli: 
hige‘ Dewegung (Motus rectilineus) bey feiner 
Trägheit fo Tange behalten, bis eine andere Urfach 
ihn daraus verfeßt. Wenn alfo ein Körper eine 
krummlinige Bewegung (Motus curyilineus) hat, 
fo muß menisftens noch eine Kraft wirffam feyn, die 
ihn von feiner geradlinigen Bahn abfenft, und diefe 
Kraft muß ftets und in jedem Augenbfide wirffam 
ſeyn, fonft würde der Körper nach der Tangente fei> 
ner Dahn geradlinig fortgehen. | 
$. 97. Jede krummlinige Bewegung iſt alfo 
eine zujammengefeßte Bewegung, und fie erfolgt, 
wenn ein nach geradfiniger Bahn durch eine Kraft 
. getriebenes Bewegliches durch eine andere ftetige Kraft 
nach einem ynveränderlichen Puncte abgelenft wird, - 
der außerhalb der Nichtung feiner Bewegung liege. 
Da die Richtungen beyder Kräfte einen Winkel eins 
ßen, fo fann man fich vorftellen, daß die Be— 
wegung nad) der Diagonallinie eines Parallelogramms 
erfolge; daß diefe-Diagonallinie aber unendlich Fein 
fen, und daß dieferhalb das Bewegliche in jedem Au: 
genblicde eine andere unendlich Fleine Diagonallinie 
beichreiben muͤſſe, indem die Kraft, die es nad) einem 
u Puncte 


Metaphufifche- Naturlehre. 57 


Puncte treibt, ftetig ſeyn fol, folglich es. in allen 
Augenbliden von der gerablinigen Bahn ablenft, 
die es fich felbft überlaffen fortgehen würde, 


Bevſpiel an einer Schleuder. | 
Es befinde fib ein beweglicher Punct in A (Fig. 10.) und 
werde durch irgend eine Kraft in der Rıchtung Aa aetries 
ben, fo daß Aa auch die Geſchwindigkeit, oder den Raum 
in der Zeiteinbeit angiebt ; zu gleicher Zeit werde A durch 
eine andere Kraft nah C zu folltcitirt, und dieſe Kraft 
fev fo arof, dafı fie A allein, in eben der Zeit, da er Aa 
zurüdieat, durch Ax führen würde. Es it aus dem Bors 
bergebenden. Flar, daß der Körper A bier die Diagonale, 
AB des auf die finien Aa und Ax aefepten Varallelos 
gramms durchlaufen werde, Wenn er in B angelangt tft, 
und nun Feine andere Kraft weiter auf ihn wirfte, fo 
mürde er in einer gleichfürmiaen Bewegung fortgeben, und 
in der Zerteinbeit Bb — AB zurüdlegen; aber bey feiner 
Ankunft in B foU die Kraft, die ihn nach GC zu follicitirt, 
abermals wirffam merden, und ihn eben fo ſtark nah C 
u beſchleunigen, als da er in A war, fo wird er wieder 
E diefer awenten Zeiteinheit die Diagonale ED des Warafe 
leloaramms befchreiben, das auf die Geiteulinien BZ und 
Bb aufgefent ift. In der dritten Zeiteinheit würde er ſich 
ſelbſt iberiaffen durch Dd== BD gleichfoörmig fortgehen; 
aber in D treibt ibm eine Kraft wieder nah GC mıt einer 
Brife DY = Au, und er durchläuft fo in diefer dritten 
Zeit die Diagonale DE des Varallelogramme DiyE , u. ſ.f. 


Der wahre Weg des Punctes A ift alfo ABDE und 
weil die Ablenfungen deflelben von der gerablinigen Bahn 
aur in den Stellen A, R,.D angenommen worden findy 
fo wird jener ein Tbeil des Umfanges von einem Vielecke 
fen, mwıe man finden wird, wenn man fi die Mübe 
nimmt, den Weg ferner durch genaue Zeichnung aufzu— 
ſuchen, wobey es fich zugleich ergiebt, daß die anfänglich 
wachfenden Diagonalen bernach wıeder abnehmen, danız 
wieder wachen, und zuleßt wieder abnehmen, 

Wenn nun die Fraft Ax nicht unterbrochen und bloß 
in A, Bund PD, fondern fterig wirft, und alfo A in jedem 
smendlich Ffeinen Zeittbeilhen von der geraden Linie Aa 
ableukt, fo beichreibt er. alle Augenblide eine andere unends 
lich Heine Diagonale AB, oder er hat alle Augenblide eine 
andere Richtung; folglich beichreibt er eine gegen C hohle 
frumme Linie, 


$. 98, Am Ende, jedes einzelnen Augenblicks 
befindet fich bey diefer Frummlinigen Bewegung das 
Beregliche in der. Richtung der Tangente, die durch 
den 


58 1. Theil. 1. Hauptftüc. 
den’ Punet gezogen werden kann ‚in welchem es am 
Ende dieſes Augenblickes iſt, und nach der Richtung 


dieſer Tangente ſucht es jeden Augenblick zu entfliehen. 
Wenn der bewegliche Punct A (Fig. 10.) durch eine Kraft 
R nah der Richtung Aa getrieben, nnd durh eine andere 
Kraft Ax von diefer Rıchtung flerig abaelenft wird, fo 
wird AB eine frumme Linie, wie ın Sir. ız. Ab es iſt, 
“ die durch die ftetige Wirkung der Kraft Aa auf den Körper, 
der nach AB fich zu bewegen getrieben wird, nah C zu bers 
vorgebracht wird. Befindet fib nun der Körper in B, fo 
fucht er in der Nichtung der Tangente Bb, die auf dem 
Punct B ( Fig. 10.) gezogen werden kann, nach b zu ents 
fliehen; eben fo auch, wenu er in D angelangt ift, nach 

der Richtung der Tangente Dd, u. f. f. 


$. 99. Die Kraft, welche das Bewegliche ftetig 
von der Nichtung der Tangente zu der durchlaufenen 
frummen Sinie zuruͤckbringt, heift die Centripetal; 
Eraft (Vis centripeta); die Bewegung felbft heißt 
auch Centralbewegung (Motus centralis), und der 
Punct, nad) welchem das Bewegliche ftets abgelenkt 
oder gezogen wird, der Mittelpunct der Zräfte 

(Centrum virium). 
$. 100. MWeil die zufammengefeßte Bewegung 
eines Puncts durch den Bogen Ab (Fig. 11.) 
zerlegt werden Fann in die Kraft, die den Körper 
in der Direction AB follicitirt, welche die Tangente 
des krummen Efements Ab oder des Puncts A ifl, 
und in die Kraft, die ihn nach der Richtung AC 
follicitirt, welche auf.dem Elemente Ab oder der 
Tangente AB perpendiculär iſt; fo nennt man jene 
Kraft die Tangentialkraft (Vis tangentialis)', dicke, 
die mit der Gentripetalfraft einerley it, die Nor— 
mal£raft (Vis normalis‘,. Die Tanaentialfraft AB 
laͤßt fich, wie jede einfache Kraft, als zufammenge: 
fett annehmen, als ob fie aus bA und bB beftunde, 
Der 


Metaphyſiſche Naturlehre. 59 


Der Theil bB der Tangentialfraft AB, der in der 
Richtung des Radii BC ift, heißt die Centrifugals 
Eraft (Vis centrifuga). Diefer Theil ift der Centri⸗ 
petalfraft Aa gleich) und entgegengefeßt, und ber . 
übrige Theil Ad ift es, welcher macht, daß der Kör: 
per in der Bewegung beharrt. Die Wirfung der 
Gentripetalfraft wird durch die finie Bb ausgedräct, 
durch welche der Körper von der Tangente AB wegge⸗ 
jogen wird; und diefe finie Bb tft der Kaum, welchen 
der Körper in der gegebenen Zeit, da er den Bogen 
Ab zurüclegt,' durch die Wirfung der Centripetal- 
fraft allein durchlaufen würde, und heift das Maaß 
der Centripetalftaft (Menfura vis centripetae). _ 
Dieſe Eentripetaffraft und Eentrifugalfraft zufammen 
nennt man die Centralkräfte (Vires centrales).,. 

$. ı01. Es ift alfo eine doppelte Kraft nöthig, 
wenn ein Körper in einer Frummen linie bewegt wer⸗ 
den fol, eine Normal- und eine Tangentialfraft, 
wovon jede, wenn die andere aufhörte, ihre ganze 
MWirfung verrichten würde. Wenn die Tangential 
kraft ploͤtzlih nachließe, fo wuͤrde der Körper durch 
die Mormalfraft nad) dem Mittelpunet der Kräfte 
C (Fig. 11.) geführt werden; und wenn die Mor: 
malfraft auf einmal aufhörte, fo würde der Körper 
in feiner Richtung nad) der Tangente fortgehen. 


Wegen ber fo wichtigen Anwendung, die man von der Lehre 
von: den Centralbeweaungen und Eentralfräften in der 
Ponfif machen kann, und ohne welche fi die Lehre von 
der Bewegung der Himmelsförper fchlechterdings nicht 
gründlich vortragen und erlernen läßt, halte id es für 
‚möthig , hier erwas miehr davon beyzubringen. Man fan 
es nach Sefallen beym Vortrag uberihlagen, oder weıter 


erläutern. ı) Die 


— 


60 I. Theil. - 1. Hauptftück. 


1) Die. bey den —— aus dem Mittelpunete der 
Kräfte C (Fia. 10) in den bewealichen Nunct auf der krumm⸗ 
linigen Bahn gezogenen Linien CA, CB, CD u. ſ. w. beißen 
die Radu vretores; der Raum AUCB, BOD, u. ſ. w. zwi⸗ 
ſchen zweyen Radii vecrores AC und CB, CB’ und CDy 
u. f. w. und dem Boaen AB, BD, u. f. w., den fie einichlies 
gen, und den dag Mobile in der gegebenen Zeit durchläuft, 
der Slächenraum (Area), welchen der bewegliche Punct mie 
dem Radius vector durchläuft. Diefe bey einer Lentralbes 
wegung in der Frummlmigen Bahn vom beweglichen Puncte 
mu feinen Radıi pectoris beichriebenen Slächenräume verhal⸗ 
ten fich wie die Zeiten, m denen fie durchlaufen worden find, 

Wenn dıe Kraft A« ( fig. 10.), die den Korper A vom 
der gaeradlinigen Richtuug feiner Tangentialfraft Aa abs 
lenft, ſtetig nab C wirft, fo wird die Babnı ABDE 

Prummlinig. Mebmen wir nun zualeıb AB, BD und DE 

unendlich Hein, ſo ſiud es unendlich kleine Bogen, die 

wir wieder für gerade Linten balten fünnen, Der Körper 
in A babe eime determinirte Geſchwindigkeit um in dem 
een durch Aa zu gehen, er werde aber in cben dies 
em Zeittheilchen aegen den Mittelpunct durch Ax gezogen; 
er wird dann die Diaaonale -AB des Paralleloaramms 

AaBx ın diefem Zeittheilchen befchreiben, und in Beine ®es 

fhrwindigfeit baben, die ibn im folgenden Zeirelemente 

nach der geraden Linie durch Bb = AB führen würde, 

Die Eentriperalfraft wirft aber von neuem, und zieht ihn 

aus B ın ß durch Bß, er durchläuft alfo eine neue Diaaos 

nale BD vom: Paralleloaramm BbDß, n.f.w. Der Ras 
dius vcctor CA, CB, CD, CE beſchreibt in der einfachen 
eit den’ Fläcenraum ACB, in der doppelten Zeit den 

Flaͤchenraum ACB + BCD. Esift aber der Fläbenraum 

BCD = ACB, denn die Drevefe ACB und BCb baten 

aleihe Srundlınien AB = Bb, und das gemeinſchaftliche 

Pervendifel CB zur Höbe; es ift alfo ACB = BChb. Da 
* nun ferner dıe Dreyecke BCb und BCD jwilchen einerley 

Parallelen BC und bD liegen, und eine acgpeinihaftlihe 
@rundlinıe BC haben, fo ift aub BCD = BCv, und 
folglich BCD = ACB, Es ıftalfo der vom Radius nes 
eto:ı in der einfachen Zeit beichriebene Flaͤchenraum zu dem 
in der Doppelren Zeit befchriebenen = ACB: ACB + BCD 
== ACB: 3ACB = 1: 3.- 

2) Die Geſchwindigkeit eines Rörpers im jedem Puucte der 
Frummen Bahn iſt ım uümgekehrten Verhaͤltniſſe der Perpendi⸗ 
Fellinie aus dem Wirttelpuncte der Rrafte auf die Tangente 
der Frummen Linie ati dieſem Puncte gezogen. 

Wenn. die Zeiten gleich find, fo verhält fich die Ges 

fcb'windigfeit wie die Mäume AB, BD, DE, u. f. w. 
( Fia. 10.), oder wie die Grundlinie der Dreyecke ACB, 
FCD, u. f.w; ba num diefe Dreyecke gleichen Inhalts 
find (1), fo verbalten fih die Grundlinien umgefehrt wie 
die Hoben, oder wie die Perpenditel, aus dem Mittels 
punct der Kräfte C auf. fie gezogen; folglich verhält ſich 
auch die Gefchwindigkeir fo. Den 

e 


* 


Metaphpfifche Naturlehre. 6 


Weil ferner die Grundlinien derſelbigen Dreyecke ſich 
derdalten wie die doppelten Flächenräume derſelbigen durch 
jeue Merpendifel getbeilt,, fo verbalten fib auch die Ges 
fbwindigfeiten gerade wie die Flähenräume , die ım 
leiben Zeiten durhlaufen find, und umgefebrt, wie jene 
Serpenpitellinie: oder wenn die Geſchwindigkeit c, der 


Flaͤchenraum a, das Perpendikel p heißt, jo iſt d = — 


Wenn die Centralkraft ſtetig angenommen wird, ſo 
verwandelt ſich ABDE (Fig. 10) in eine gegen den Mit⸗ 
telpunct der fträfte C hoble frumme Linie, und ABb wird 
die Tangente des Bogens BD ın B, Nehmen wir nun die 
pet unendlich Flein, fo wird das Element des Bogens Ab 

Fig. 17.) mit der geraden Linie AB jelbft für einerley 

balten werden können. Der Zlächenraum ACb wird der 
Beiten der Bewegung proportional feyn Cr), und fo wers 
den fich auch die Gefhwindigfeiten in verichiedenen Puncteiz 
der frummen fine umgefehrt, wie die Perpendikel aus 
dem Mittelpunct der Kräfte auf die Tangente, verbalten, 
oder fie werden fich verhalten directe, wie die in gleichen 

eiten durchlaufenen Flähenräume, und umgekehrte wie 
jene Perpendikellinie. 


3) Bey der Preisbewegung ift die Gefchwindigfeit in allen 
Puncten gleich, oder die Bewegung eines im Rreife bewegten, 
und durch eine nach dem Uutelpunct des Kreiſes ſtrebende 
Ientriperalfraft getriebenuen Börpers, ut gleichförmg. 

Die vom Radius vector befchriebenen Flaͤcheuraͤume find 
In aleihen Zeiten gleıh grog (1). Dieſer Gap gilt tür 
ale Eentralbeweguingen. Ben der Bewegung im reife 
find dieſe Flächenräume Gectoren des Kreiſes, denen, 
wenn fie gleich find, gleiche Bonen des Kreifes jugehören. 
Da bev dem Kreife die Perpendifellinje auf die Tangente aus 
dem Centro dem Halbmefler oder dem Radius vector gleich ifty 
die Radii aber in dem Streife fich alle gleich find / fo wird 
auch die Seſchwindigkeit allenthalben gleich, folglich die 
Bewegung aleıbförmig feyn. 


mebr fich die Frummlinige Bahn dem Rreife naͤhert,⸗ 
33. mehr kommt die — der Gleichfoͤrmigkeit nahe. 


5) In allen krummlinigen Bahnen iſt die Geſchwindigkeit in 
denen dem Mittelpunct der Rröfte naͤher legenden Stellen 
groͤßer, als in den mehr davon entfernt liegenden Stellen, 


Diefer Sag folgt unmittelbar aus 2. F 


6). Die ————— (Tempora periodica) bey der 
Centralbewegung Mind die, welce die Körper brauchen, um 
die ganze Bahn, worin fie beweat werden, zu vollenden, 
Sıe a m einem zuſammengeſetzten Verhaltuiſſe aus dem 
birecten dee Circumferenz, und den verfegrten der Geſchwin⸗ 
digkeiten. 
Dieſer Satz folgt aus dem oben ($. 73.) angehihrten 
allgemeinen Be. der gleihförmigen BB... © — 
nifrer 


62 I. Theil. 1. Hauptftück. 


Umfreife K, k die Näume find, welche die Körper zurüds 
legen , jo werden aud bier. die Umlaufgzeiten T:r = 
.- feyn, wo C, c die Geſchwindigkeit bedeuten. 
7) Eben fo folgt auch aus diefem Sage und (1), daß fi die 
“ganze Umlaufszeit zu der Zeit, die zum Durclaufen in einem 
Bogen verwendet wird, verhält, wie der Flächenraum der 
Bahn zum Flähenraum des Gectors, den der Bogen mit 
den radiis vectoribus auf ihn gezogen bildet. 


8) Wenn um den Mittelpunct der Kräfte ein Kreis befchrieben 
wird, deflen Fläcbenraum dem der Bahn gleich ift, welche 
der Körper mit ungleihformiger Bewegung beichreibt, und 
nun angenommen wird, daß der Korper in diefem Sreife 
mit einer ®efchwindigfeit beivegt werde, die zwifchen der 
größeften und Fleinften Gefhmwindigkeit feiner wirklichen Bes 
wegung die mittlere ift, fo wird er diefen Kreis in eben der 
Zeit beichreiben, worin er feine wirkliche Bahn durchläuft. 


Auch diefer Satz folgt aus (1). 


3) Die Bewegung in jeder frummen Linie kann folglich auf 
die Bewegung im Kreiſe zurüdgebract werden, und die 
Radii diefes Kreiſes heifen die mittleren Diftanzen ( Diftan- 
tiac mediae) ded Körpers. Die Limlaufszcıren find im gera⸗ 
den Verhaͤltniſſe der mittlern Diftanzen vom wiırtelpunct der 
Bräfte, und ım umgefehrten der Gejchwindigkeiten. 

Wenn wir die mittlern Diftanzen D, d, und die Ges 
fhwindigfeiten V, v nennen, fo find alfo die Umlaufgzeis 
ten Tır= I: = Denn da die Umlaufszeiten im 
geraden Verhaͤltniſſe der Umfreife find (6), die Umfreife 
aber, wie aus der Geometrie befannt ift, fi wie die Radii 
der Zirfel, oder wie die Diftanzen. vom Mittelpunct des 
Kreifes verbalten, fo werden fib auch die Umlaufszeiten 
wie digje verhalten muͤſſen. Die Zeiten aber verhalten 
ſich verfebrt wie die Befchwindigfeiten, wenn die Räume 
gleich find. 

10) Die Gefchwindigfeiten ftehen im geraden Verhältmifie der 
mırtlern Diftanzen vom Wiirrelpunct der Rräfte, und im ums 
gefehrten der Almlaufszeiten. 

Es ift dieſemnach Viov= 2 * Der Satz iſt eine 
Folge des vorigen, verglichen mit $. 73. 

ar) Wenn zwifcdhen der Tentriperal» und Tangentialfraft einer, 
ley Derbälmis ſtets Start finder, fo wird der Körper, der 
Durch Diele Krafte gerrieben wırd, m einem Rreife bewegt 
werden, deſſen wIiıttelpunct mi dem Wirtrelpunct der Kraͤfte 
übereinfommt, und umgekehrt. In jedem andern Fall wird 
die Dabn vom Kreiſe verschieden ſeyn. 

Wenn (Fig. 12.) der Korper A um das Centrum der 


Kräfte C getrieben wird, und zwar mit einer Geſchwin⸗ 
Ju digkeit, 


Metaphyſiſche Naturlehre. 63 


digkeit, daß er in der Zeiteinheit, da er nach der Richtung 
der Tangentialkraft den Kaum AB durchlaufen würde, 
durch die gemeinſchaftliche Wirkung der Eentripetalfraft 
den Bogen Ab befchreibt, fo wird die Schwungfruft Bb 
aub das Maaf der Eentripetalfraft feyn, falls wir den 
Bogen Ab unendlih Flein nehmen. Er wird alfo in b wies 
der eben fo weit von C abfteben. In der folgenden Zeits 
einheit würde die Tangentialfraft allein ihn bis D geführt 
haben; er ift aber unterdeflen wieder durch die Eentripes 
talfraft durh Dd = Bb abaelenft worden, und alfo ebem. 
fo weit wieder vom Mittelpunct der Kräfte C eırtfernt. 
Da nun, wenn wir die Bogen Ab, bd unendlich klein 
nebmen , die Eentrifugalfraft Bb und Dd au das Maaf 
der Eentripetaifraft ift, fo wird dieſe auch immer mit der 
Ehwungfraft im Gleichgewicht feyn, und esı wird alfo 
der Körver in allen Puncten feiner Bahn aleich weit vom 
Mittelpunct der Kräfte entternt bleiben, folglib im Kreife 
beweat werdenz deſſen Mittelpunct auch der Mittelpunch 
der Kräfte ift. | 


13) Die Centralfraft eines Rörpers bey der Bewegung im 
Kreiſe ift gleidy dem Quadrate des in der Zeitemheit durchs 
Iaufenen Bogens durch die doppelte Diftanz deſſelben vom 
Mutelpunct der Kräfte dividirt; oder fie ift gleich dem 
Quadrate der Gefchwindigfeir dividire durch diege doppelte 
Diſtanz vom Mittelpunct der Kräfte, 

Mennen mir die Eentralfraft P, den in der Zeiteinheit 
durhlaufenen Bogen «, die Entfernung vom Mittelpunct 


der Kraͤfte D n und die Gefchwindigfeit V; fo iſt pe, 


V aD 
ever P= ‚D° | 
€s fen nämlih (Fig. 13.) Ab der in der Seiteinheit 
durchlaufene Bogen, und er werde flein genug angenoms 
men, fo daß er für eine gerade Linie = AB angeſehen 
werden fönne, die feine Tangente if; dann wird aber 
aub EB parallel feyn mit EA. Bb ift die Lentrifugals 
fraft. Aus b ziehe man die Verpendifellinie ba auf AE, 
fo wird Aa = Bb, und Bb alfo auch das Maaf der Eens 
tripetalfraft abgeben. Es ift aber, EA: AB = AB:Bbs 
denn die Dreyecke EAB und ABb find einander Abnlich, weil 
der Winfel EAB = AbE, und daber auch AbB ein rechter 
Mintel, die beyde den gemeinfchaftliben Winfel ABb 
baben ; es ift alfo der dritte Winfel AEB —= BAb, und 
bende Dreyecke EAB und AbB find äbulih. Eben fo find 
aub die Dreyecke EAb und Aba ähnlihz denn der Wins 
kel EbA ift ein rechter, und gleich Aab, der Winfel EAb 
it für beyde Drevede gemeinſchaftlich, daber ift der dritte 
Winkel AEb = Aba, und zwey gleichwinklige Drenede 
find äbnlıh. Es verhält fih alfo au EA:Ab = Ab: Aa; 


2 
alfo Aa = Zr Aa drüdt aber die Eentripetalfraft = 


?, und Ab den in der Zeiteinheit durchlaufenen Bogen « 
Z aus / 


64 I. Thell. 1. Hauptſtuͤck. 


aus; folglich RP = %. EA if der Durdmeſſer des 


Kreiſes = 3AC oder der doppelten Entfernung (D) des 
2 


Beweglichen A vom Mittelpunct C; alfo it P= 5: 
Da AZ = x den Raum awsdrüdt, die Räume aber den 


Beihwindisfeiten proportional find, wenn die Beiten gleich 
find; fo kann für & auch die Geſchwindigkeit V fubftitwire 


werden ‚, und alfo wird auch P — 5 ſeyn. 
Aus dieſen Formeln folgt denn nun auch für die Kreis⸗ 
bewegung, da V= vVP(2D), und daß D= X. 


13) Wenn zwey bewegliche Puncte in Kreiſen von verſchie⸗ 
denen Durchmeſſern gleiche Umtaufezeiten haben, ſo verhal⸗ 
> ten fich ihre Centripetalkrafte wie ihre Diſtanzen vom Mit⸗ 

telpunct der Rräfte. 

Dıiefer Sag folgt unmittelbar aus dem vorigen. Es 
werde ein Körper A (Fia. 14.) in einer Sreisbewegung 
um den Mitrelpunct CE geführt, und befchreibe den Kreis 
AGFE in eben der Zeit, da a den Fleinern Kreis agfe zus 
ruͤcklegt. Es it Har, daß A in D fepn wird, wenn a 8 
in d der Peripherie .befinder. Aus dem Vorhergehenden 
ift befannt, daß der Theil BD und bd der auf die Tan— 

enten AB und ab von C aezogenen Linie dıe Gentripetals 

raft ausdrüdt. Da nun befanntiih vie Bogen AD und 
ad fib verbalten wie die Halbmeſſer CA und ca, diefe aber 
die Diflanzen des A und a vom Mittelpuncte der Kräfte 
oder des Kreifes ausdrüdfen, fo werden fich auch diefe Bos 
gen verhalten wie die Diſtanzen des A und a vom Mittels 
puncte. Die Eentralfräfre berhalten fi aber ( wie 
die Quadrate der Bogen dividirt durch die doppelte Diſtauz 


vom Mittelpunct. Es verhält fi alfo BD:bd = * 


* . Setzen wir nun den Halbmeſſer AC = 2, und den - 

aC = 1, fo find auch die Bogen AD und ad wie 2:1, 

2 - 2 
und wir erhalten folgih BD: bd = a: — 
4: jr = 2:1, folglih gleih den Diftanzen des A und 
a von C * 

14) Wenn zwey bewegliche Puncte in gleicher Entfernung vom 
mittelpunet dev Kraſte mit ungleicher Geſchwindigkeit. gt 
werden, 10 verbalten fich ihre Centripetalfräfte wıe die Quas 
drate der Geichwindigfeiten. 

Diefer Gap fließt wiederum aus (12). Wenn ( Zia. 15.) 
wen Körper Q und q eine Kreisbtiwegunga haben, derges 
pad daf in der Zeiteinheit Q den Bogen Ab, und q den 

ogen Ad, bepbe im gleicher Enfernung AC vom Mittel⸗ 


punet ihrer Kräfte, beſchreiben; fo werden ſich nad ( > 
„ihre 





Metaphufifche Naturlehre. _ 65 


| ; „Ab? Adı 

ihre Eentripetalfräfte embelten wie au’ ac Abe: 

Adz. Wenn fib nun die Bogen Ab : Ad verhalten wie 

1:2, und die Diſtanz AC= ı gefeßt wird, fo ift die 
\ : . 


Eentripetalfraft von Q zu dr vong= — — 


. = 

ı+-ı ı-+ı 
12:22. Da fi. num die. Mäume verhalten wie die Ges 
ſchwindigkeiten, wenn die Zeiten gleich find, fo werden 


fib auch die Eentripetalfräfte verhalten mie Se : ve 

=V2:v2,d.i., wie die Quadrate der Geſchwndiagkeiten. 
15) wenn zwey bewegliche Puncte in ungleicy großen Kre 

* leicher Geſchwindigkeit bewegt werden, folglich ie 
dhe Umlaufs iten haben, jo verhalren ſich ihre Centripetal⸗ 

Fräfte umgekehrt, wie ihre Entfernungen vom Wiittelpuncte, 
Geſetzt / der Körper A ( Fig. 14.) laufe ben der Entfers 
nung AC = 2 vom Mittelpuncte der Kräfte C im der Zeits 
einbeit durch den Bogen AD, waͤhrend der Körper a bep 
der Entternung aC = ı vom Mittelpuncte der Kräfte den 
Bogen af = AD durdläuft, ‘fo wird nach (12) die Gens 


tripetalfraft des A zu der von a fich verhalten wie an 


af? 1 1 < . P ⸗ 240 
= = 722 folglich verkehrt wie die Diſtanz 
von C. 


Aus diefem Satze folgt dann auch | Ä 

16) daß, wenn die Diftanzen zweyer in einer Rrefsbewegung 
befmöldyer Puncte vom Mitelpuncte, fo wie ihre Umlaufss 
zeıren ungleich find, ihre Centripetalfräfte fidy verhalten wie 
ıbre ernungen vom Mutelpuncte dividirt durch das Qua⸗ 
drat ihrer Umlaufszeit. 

Wenn z. B. (Fig. 14.) 4 ſeine doppelt ſo große Bahn 
AGFE in der Zeit T == 2 vollendet, da a feinem Kreis 
aefg im der Zeit t = ı vollendet, fo wird die Centripetals 

AC ,aC a2 ,ı 2 
kraft von Azu dervon a fepne .. : — = 5: 5** 
= * sr 1:33 kolglich, wie vorher (15.). 

17) Wenn fidy die Quadrate der Umlaufszeiten verhalten wie 
die Würfel der Entfernungen vom Yirrtelpuncte der Rräfte, 
fo find die Centralfräfte verkehrt wie die Quadrate der 

anzen. : 

Wenn wir in der vorigen Formel ftatt Ta, t*, bier 
nah der Borausfegung die prorortionalen Quantitäten 
AC3, ac3, fubftituiren, fo erhalten wir für die Gentrals - 


fräfte des A und a das Berhältnif von A ; * = 
mania. a 
a8 


- E Die 


66 


J. Theil. 1. Hauptſtuͤck. u 


Die Beſtimmung der Eentripetalfräfte für andere Arten der 


Ceutralbewegung fegt nun freplich fchon etwas mehr, als die 
gewöhnlicen Elementarfenntnifie der, Geometrie voraus; ins 
deſſen will ich doch hier einige Reſultate diefer Beftimmmungsars 

“ten acben, um dadurd eben die Nothwendigkeit eines tiefer 
Etudiums der Mathematik in der Naturlehre zu zeigen. 


18) Winn ein beweglicher Punct durch, Eentralfräfte getrieben 


irgend eine frumme Linie ABC (Fig. 16.) befchreibt, fo 
nimmt man Rüdfiht auf den Bogen Br, der in dem Zeits 
elemente befchrieben werden ift, auf deflen Tangente TBH 
aus dem Mittelpuncte der Be F das Perpendifel FT, 
das die Yıormallinie heißt, gefaͤllt wird, und durch welchen 
Bogen man einen Kreis DBC achend annimmt, der eben 


die Krümmung als diefer Bogen hat, und der Rrümmungs« 


freis Ceirenlus ofenlator), fo wie fein Halbmefler der 
Krümmungshalbmefier, genannt wird. Er laßt fib nun ers 
weiſen, daß, wenn ein beweglicher Punct irgend eine frums 
me Line ABC befchreibt , die in B die Krümmung des Kruͤm⸗ 
munasfreifes DBC hat, und der Mittelpunct‘ der, Kräfte 
außerhalb des Mittelpunctes des Krümmundsfreifes. liegt, 
die Centralfraft P in einem umgefebrten zufammengefegten 
Verhaͤltniſſe des Quadrats der Yiormallinie und des einfachen 
der Sehne des Rrümmimgsbogens-fey , die Durch den Anfang 
diefes Bogens und den Yiittelpunct der Rräfte gebt; oder 
aub, dab die Centriperafraft in jeder gegebenen krummen 
Linie ſich verhalte wie der Kadius vecror dwidirt durch 
he der Yiormallinie und dem doppelten Rruͤmmungs⸗ 
meſſer. 


Es ſey (Fig. 16.) in B ein beweglicher Punet, der im 
dem Zeitelemente den unendlich Fleinen Bogen Br durchlaus 
fe, indem .ibn die Centriperalfraft von der Zangente BE 
um das Raumtbeilben Hr == Bi ablenft, das er, wenn 
die Eentripetalfraft allein wirfte, in cben der Zeit mit bes 
fchleunigter Geſchwindigkeit durchlaufen wärde. Da Bi = 
P eine ftetige Kraft ift, fo ſteht fie im geraden Verhaͤlt⸗ 
niffe des Raums, — umgekehrten des Quadrats der 
zeit, folglich iſt P= Fr Die Zeit t wird aber vorgeftellt 
durch den Flächenraum zwifhen den beyden Nadiis vectos 
ribus FB un® Fr, und dem Bogen Br, oder durch das 
Dreved BFr; da Pr mit der Tangente einerlen genommen 
‚wird, fo iſt die Hobe des Dreyecks aubFT und die Grunds 
linie Br. Man erhält deu Flähenraum des Dreyecks, 
wenn man — EN mit der halben Hohe multiplis 

r x FF 
eirt, oder . Subſtituiten wir dafuͤr den doppeks 
ten Flaͤchenraum, damit dag Merbältnif eiuerlev bleibt, 
fo it e='Br x FT, Da fib nun P verbält wie 


=, fe wird auch, weile = Br = ET il, P= 


Bi 
812. FTr Es verhält fich Bo: Br=#r:BE, nnd 
daher 





Metaphyſiſche Naturlehre. 67 


daher iſt auch BEX Bo — Bra; ferner iſt Ro: Bi — 
BS : BE, uud daher Bo x BE =,Bi > BS= Br?, 
Setzt man aljo.in der vorigen Formel flätt Br? vıefen 
zn [4 Bi x 
ma fo erbält man em P 5 x "FT: = 
ES 5Z Fr; oder bie Eentripetalfraft ift'im umgefehrt zus 


fammenacjegten Werhältniffe der Sehne des. Krümmungss 
bogens uud des Duadrats der Wormallinie,  - 
T 


Da FB: FT=-BE; BS, fo.ift auch Bs —— FT 
und daher auh P= BE SHTY oder gleich dem Radius 


pector FR dividirt durch BE = 2BN oder den doppelten 
Krümmungshalbmefler undden Wurfel der Normatiınir FT 


19) Wenn die Lontralbewegung einen Regelfchnitt befchreibe, 
P ıft die Centralkraft im umgekehrten Verhaltniſſe des Une 
drats der Eutfernung vom. Brempuncte, als. dem yinicl 
puncte Der Kraͤfte. . 


Der es ift (nad Fig. 16.) P = 


Es fen nämlich CBA ein Keaelichnitt, BK der Semipa⸗ 
rameter, und EN der Kruͤmmungshalbmeſſer, fo iſt dies 
\ 3 . 
fr = Er r Folalih der Durchmeſſer des Krümmungss 


3 RE 
Ireiieg BE = aBM : Wenn wir’ dies in der vorigen Fors 
. FB >, Fk? 





BK:, 
mel (18.) für BE fubffituiren, fo it P= MS ET 


Ueber dies it BM : BK = FB : FT; daher ıjt auch FT; — 
{ B . ’ " 
are x EEE, foleliih IBn- wenn Dieß auf Die vorige 


— F3 x BR» 
in? pP - en 2SEM3 
Formel angewendet wird, P= _,,,, „S.EK3 x 1837 


1 > 
= SER HB: ' ober, megen des unperäuderlichen 2BK, 


*— FR2 hr ’ . 

So läßt fih num auch umgefehrt bemeifen, daß, wenn 
ein Rörper durch eine ſolche Kraft nach dem Mittelpuncte 
der Kräfte F getrieben wird, feine Bahn ein Kegel⸗ 
ſchnitt if. 7 e u 

.20) Wenn ein Rörper in der Ellipſe bewegt wird, und der 

Mictelpunct der Kräfte der eine Örennpunet der Ellıpje iſt, 
P ſteht die Centralkraft im geraden Verhälnnfie der halben 
Zwerg achſe, und im umgekehrten zujammengeferzien des dop⸗ 
peiten Quadrats der halben zugeordneten Achſe und des une 
drats des Nadius vector. ‘Der Körper, der in der Ell pſe 
CFia. 77.) beweat wird, bat die arößefte Geichwindigkeir in 
ber Apfide Ay die dem Mittelpuncte der firäfte S näher iſt; 
die kleinſte in der eutgegengefetzten B. Es iwichit alſo die 
Beihiwindigkeit durch die eine Halfte der Elipie, CAD ‚rund | 
nimmt ab,durd ‚die andere, DBC. Die Zeıt, welche der 

E 2 Korper 


— 


a 
63 


Kai. 1. Hauptſtuͤck 


Körper braucht, um von der einen Apfide A zur entgenens 
aeiegten B zu kommen in Ste Hälfte der Umlaufszeit ; die 
Zeit aber, welche der Körver 

einer Bahn, 


audit, um von einem Puncte 
B. von E, nad dem .entaegenaeichten e zu 


ommen, ift füner, wenn’ die dem Mittelpuncte det Kräfte 


näbere Apfide in diefer Bahn liegt; länger, wenn der Körs 
per durch die obere —* geht, z. B. wenn er den Theil 


der Bahn G bis g zur 


dlegt. 


31) Wenn aus dem Brennpuncte der Ellipfe, welcher der Mit⸗ 


telpunct der Sr ; 
dalben großen Achſe der Ellipfe aleich ift, ein Kreis beichries 


äfte ift, mit einem Haibmeſſer, welcher der 


ben wird, und der bewegliche Puncr in diefem Kreiſe mit 


der Gefchwindigfeit beweat wird, die er an dem Enden der 
Heinen Achſe der ellintifhen Babn bat, fo find dir Umlaufss 
zeiten in diefem Kreife und der Ellipfe gleich. 


) Wenn aus dem Brennpuncte der Ellipfe, welcher der Mits 
ielpunet der Kräfte ift, mit einem Halbmeſſer, weicher die 
mittlere Proportionalgroße zwiſchen benden halben Achien der 
Euipfe hat, ein Kreis beichrieben wird, deſſen Flächenraum 
alfo dem der Ellipfe aleih ift, und der Körper dicfen Kreis 
in eben der Zeit zurüdleat, als die elliptiſche Bahn, fo ift die 


mittlere Bejchwindigfeit in. der. Ellipfe der wirklichen Ges 
ſchwindigkeit im Kreife gleich. (8.) j 


Der Zwed verbietet, bier mehrere Refultate berjubrins 
an. Das Bengebracte ift hinreichend, um davon in der 
gölge bey der Lehre von der Bewegung fchiwerer Körper im 

rummen Bahnen und der Himmelsförper fo vier Anıpens 
dung zu machen, als es in einem Lehrbuche der Naturs 


- jehre erlaubt ift. 


Für das weitere Studium diefer Pehre von der Gentrals 
bewequng und ihrer Anwendung find au empfeblen: Chrifi, 
Hugenius de vi centrifuga, in feinen opuscul. polt!um. 
T. 1. Amftelod. 1728 4. S. 107. ff. Newtons eben ans 
aef. Princip. philof. natur.; Jo Bernoulli over. Law 
fannae 1742. IV. Vol. £;5 5’ Gravefande oben _anaef. 
elementa phy/fices T.I.; Io. Kerlii introductio ad veram 
Phyficam et ad :veram aftronemıam, Lond. 1719. $. 
Ioh. Bofevsich de inaequalitatibus, quas Saturnus.et Lu- 
piter fibi mutuo videntur inducere, Romae. 1756. 8. 
Leon. Euleri Mecbanica, Petropol. 1736. 11. Vol. 4; 
Maclaurin expohtion des decouvertes de Newton. 4 Pa- 
rıs 1756. 4.3 La Caille Legons d’ altronomia, A Paris 
1761. 8., und befonders Räftners Anfangegründe dir hör 
bern Wiechanif , oder der marhematiichen Anfangsgrände 
iv. Th. ı. Abth. 2 ’ | 


$. 102. Wenn die Materie von einer fetig wir⸗ 


fenden bewegenden Kraft getrieben wird, fo wird fie 
dadurch in jeder Richtung, die nicht mit der urfprühg: 


lichen 


Metaphyſiſche Naturlehre; 6 


lichen Richtung diefer Kraft zuſammenfaͤllt, widerſte⸗ 
hen, und folglich die zu ihrer — angewandte 
Kraft vermindern. 


$. 103. Wenn alſo eine Keaft in eine Materie 
nach einer Richtung wirkt, die nicht mit der Rich: 
tung der der Materie beywohnenden ftetigen Kraft 
übereinfogimt, fo wird fie nothmendig eine Verände- 
fung erleiden, bie nach der Größe des Widerftandes 
in einer völligen Aufhebung ihrer Bewegung (nad) 
6. 83.) oder in einer Verminderung ihrer Befchleuni: 
gung (nad) $. 84.) beftchen wird. Hinwiederum 
muß aber auch die Befchleunigung der Kraft, welche 
der Materie inhärirt, dur) die Anwendung der Kraft, 
die fie nah) einer andern Nichtung in Bewegung zu . 
ſetzen firebt, ebenfalls fo viel verlieren, als diefe letz— 
tere beträgt. Ben gleichem Widerſtande und gleicher 
tirfenden Kraft wird diefe mechfelfeitige Verminde— 
rung nad) Maafgabe der Größe des MWinfels Statr 
finden, melche die Richtung der Kraft, die die Bewe— 
gung bervorzubringen ftrebt, und diejenige mit ein- 
ander machen, die der Materie urſprunglich — 
(nad). $. 89.). 

Erläuterung durch Gewichte, die an einem Seit über eine Rolle 
gezogen find. 

6. 104. Diefe wechſelſeitige une der 
Kraft und Gegenfraft nennt man Gegenwirkung 
(Reactio), und es ift aus dem Geſagten Flar, daß 
Araft und Gegenkraft fid) immer gleich feyn müf: 
fm. Die.jur Bewegung der widerſtehenden Materie 
angewandte Kraft kann nämlich ‚nur in fo fern wer 

min: 


70 I. Theil. 1. Hauptftüd. 


mindert werden, "in fo fern fie Widerſtand findet, 
und fie kann diefe mit feiner größern Geſchwindigkeit 
bewegen, als welche nach Leberwindung des Wider⸗ 
ſtandes uͤbrig bleibt, nicht mit ihrer urſpruͤnglichen. 
Es fließt von ſelbſt aus dem Geſetze der Gegenwir⸗ 
kung, daß die Anwendung der Kraft auf einen Ger 
genftand am größeften ift, wenn diefer vollfommen 
widerſteht; daß ohne Widerftand Feine Anwendung, 
d. h., Feine Verminderung der Kraft möglich ift, und 
daß fein Körper in Bewegung. gefegt, werden kann, 
mern die bewegende Kraft und der Widerfland urs 
fprungfich in ihm felbft find. 


Wenn ein Pferd eine Kraft hat, die 10 Ceutner Laſt zu übers. 
wältigen vermoͤgend wärc, und cs fol einen Etein, der 
durch eine ihm inbärirente Kraft, nämlich die der Gravis 
tation , nad dem Mittelpnncre der Erde zu follicitirt wirds 

und. deſſen bewegende Kraft einen Drud von 8 Eentnerm 
heivorbringt, nah einer auf ver Richtung der Gravitas 
tion fenfrecten, .alfo borigontalen Richtung aus Ruhe im 
Bewegung verſetzen; fo wird ee dazu weniger als ı0 Cent⸗ 
ner Mraft ve wenden fonnen, nicbt mehr: feine actio in 
corpus wird unter ıc Centnern feyn, wenn gleich die actio 
corporis 10 Centner wäre, 

4. 105. Wenn nun die Materie ſelbſt durch 
eine ſtetige Kraft ſollicitirt wird, die ſie urſpruͤnglich 
in Bewegung zu verſetzen ſtrebt, und die ihr folglich 
Widerſtand ertheilt, ſo wird bey Betrachtung der 
Groͤße der Bewegung ſolcher Materie nicht bloß die 
Geſchwindigkeit, ſondern auch die Maſſe in An: 
fchlag gebrächt werden muͤſſen, auf deren Theile die 
fietige Kraft gleihförmig wirft. Wenn naͤmlich je 
"der Theil der Materie von der ftetigen Kraft afficirt 
wird, jo wird ben gleicher Befchleunigung diefer Kraft 
der Widerſtand um defto — ſeyn, je groͤßer die 


Quan⸗ 


Metaphyſiſche Naturlehre. 71 


Duanticat der Subſtanz, d. h., je groͤßer die Maſſe 
ift, Die von diefer Kraft afficire wird. Denn doppelt 
fo viel widerftehende Materie enthält doppelt fo viel 
Kraft zum MWiderftande, und wird alſo auch. zur 
gleichen Veränderung ihres Zuftandes eine doppelt fo 
große Kraft erfordern, als die einfache Maffe. 

$. 106. Widerftehende Maſſe ift alfo die Duan- 
tität des Beweglichen eines beftimmten Raums, das 
ducch eine ihm benmwohnende ftetige Kraft zu einer Be- 
wegung follcitirt wird, und daher in jeder andern 
Richtung, die ihm mitgetheift werden fol, und wel⸗ 
de von der Richtung der ihm beywohnenden Kraft 
verschieden ift, widerſteht. Das Product aus der 
inbärirenden befehleunigenden Kraft in die Quantitär 
des Bemweglichen heift die bewegende Araft, wie 
ſchon eben ($. 80. ) angeführt worden ift. | 

$. 107. Wenn zwey Körper von gleicher wider 
ftebender Maife nach einerlen Richtung *) bewegt 
werden follen, fo erfordern fie natürlicher Weiſe einer: 
len Maaß der Kraft, um fi) mit einerfen Geſchwin— 
digkeit zu bewegen; ungleiche widerftehende Maſſen 
erfordern ohne Zweifel ein ungleiches Maaf der Kraft, 
um gleiche Gefchwindigfeit dadurch zu erhalten; fo 
feßt auch wohl ungfeiche Sefchwindigfeit gleicher wi— 
derfichenden Maflen ein ungfeihes Maaß der Kraft 
voraus. Eben fo leiften auch beivegte Korper von 
gleichen miderfichenden Maffen und ungleidyer Ger 
Ihreindigfeit, oder auch von gleicher Geſchwindigkeit 
und ungleichen Maften, unoleichen Widerſtand. 


2) Ich fage, wenn die Bewegung nach einerley Richtung ges 
ſchehen fol. Denn eine verfhiedene Richtung wırd oe 
er⸗ 


F 2 1% u Haupeft. Metaph. Naturlehre 


‚berjenigen Richtung, in welcer Pie ber twiderftebenden 
Maſſe beywohnende urfprüngliche Kraft dieſe ſollicitirt 
einen verſchiedenen Winfel machen, und daher wird, wie 
aus der Lehre von der Zufummenfehung der Kräfte : h. un 
‚befannt ıft, die Anwendung der Kraft verſchiedentlich gro 
ſeyn müflen, wenn bey gleichen. Maſſen die Gefhwindigkeit 
gleich feyn fol. 


*. 9.108. Die Groͤße der Bewerung ( Quanti- 
tas motus) der Körper von widerſtehender Maffe 
hängt folchergeftalt von ihrer Maffe und ihrer Ge- 
ſchwindigkeit ab, und fie muß aus beyden ermeffen 
werden. Es folgt aus dem Vorigen: 


1) Die Größe ver Bewegung zweyer Körper ver- 
hält ſich wie die Maffen derfelben, wenn die Ges 
ſchwindigkeit gleich iſt. | - 

2) Die Größe der Bewegung verhält fich wie die 
Geſchwindigkeiten, wenn die Maffen gleich find, 


3) Ueberhaupt verhält ſich die Größe der Bewer 
gung nie die Producte, der Maffe in die Ge: 
ſchwindigkeit. | 

4) Die Größen zweyer Bewegungen find einander 
gleih), wenn die Maffen fi) umgefehrt verhals 

0 ten wie ihre Gefchmwindigfeiten. 

Wenn wir die Größen der Bewegung zwener Körper Q, q, 
ihre refpectiven Geibwindigkeiten C, o, und ihre widers 
ftebenden Maflen M, m nennen, fo ift 

nad 1), wenn C=c,Q:q=N:m, 

nah 2), werınM = m Q:aq=E&:o, 
Nehmen wir nun noch einen dritten Körper, deflen Ga 
fhwindigfeit = C, deſſen Mafle = m, und deſſen Ords 
Be der Bewegung 2 beißr ‚fo ift 

für den erften und dritten mach I), Q:tz= Mm 

für den dritten u. jwepten nah 2), z:q=C: oo 

folglich für den erften und zwenten J q=NC; mo. 
Ferner tQ=qg,wannl:m=c:MN. 

— — —— 


Zmwepy: 


nn 
nn nm benennen men —— manner | 


Zweytes Hauptſtuͤck. 
Von | 
den Brundfioffen und Formen der 
Körper, und ihrer Cohaͤrenz. 
Srundftoffe der Körper, 
i 109. 


| — 
Wir nennen die Maſſe eines Körpers gleichartig, 


wenn alfe durch Zerſtuͤckung oder durch phnfifche Theil: . 


lung deflelben darzuftellende Theile einerlen Natur mit 


dem Ganzen haben; movon fie genommen find, und. 


fich alſo nur in der Größe von ihm unterfcheiden; wie‘ 


drigen Falls heißt fie ungleichartig 
Beofpiel von gleichartiger Maſſe am Wafler, von ungleichat» 
tiger am Granit. 


$. 110. Aber die Erfahrung, lehrt, daß auch 
ſolche Körper, deren Maffe fi durchaus gleichartig 
zeigt, aus allerlen ungfeichartigen Theilen ın man: 


nichfaltigen WVerhälmiffen zufammengefeßt find, die 


fir durch Hälfe der Kunft von einander trennen 
fönnen. 
$. 111. Diefe Trennung einer gleichartig erfchei- 
nenden Maſſe in ungleichartige Theile (Partes dis- 
fimilares ) heißt die chemifche Theilung, und wir un- 
terfcheiden fie von der phyſiſchen oder mechanifchen, 
die uns gleichartige .. (Partes fimilares) liefert. 
6. 112. 


% 


74 J. Theil. 2. Hauptſtuͤck. Von den 


4. 112. Die gleichartigen Theile der Maſſe hei- 
fen auch Grundmaſſen; fie find dem Ganzen aͤhn— 
fih, wovon fie herrühren, und nur in der Größe, 
nicht in ihrer Natur, von demfelben verfchieden; die 
ungleichartigen Theile hingegen, die man auch 
Grundſtofſe, Beftandtheile (Partes conftituentes) 
nennt, find weder dem Ganzen, wovon fie herrüften, 
noch unter einander felbft in ihrer Natur ähnlich; fie 
machen aber in der gehdriaen Verbindung und im ge— 
hörigen Verhäftniffe zufammen das uns gleichartig 


ericheinende Ganze aus. 


Erläuterung durb PBerfriele an atmofphärifcher Luft, am 
Glaſe, am Zinnober, am Waffer. 


‚$. 113. Wenn ungfeichartige Theile fo verbun- 
den find, daß die Mafle, die fie zufammen ausma- 
chen, in ihren Fleinften Theilen fich den Sinnen gleich- 
artig zeigt, fo heißt die Materie, die fie bilden, ges 
muicbe, widrigen Falls ıft fie nur daraus gemengt; 


ein Unterfchied, der wohl zu merfen iſt. 
Bepſpiele gemengter Körper geben Granit, Porphyr. 


$. 114. Den der bloßen Dermengung ungleich: 
artiger Stoffe behalten diefe ihre vorige Natur; bey 
der Vermiſchung derjelben hingegen entipringt dar: 
aus eine Materie von ganz anderer Natur und an: . 


dern Eigenschaften, als die ihrer Beftandtheife waren. 


Beyſpiele geben ein innig zufammengeriebenes Gentenge von 
Mineralaltali und Hiefelfande, das dur Zufammenthmels 
zen zum Gemiſche, zum Glaſe, wird, 


6. 115. Die, Verbindung ungfeichartiger Theile 
ju einem gleichartigen Ganzen heiße Miſchung oder 
öuf..mmenferung (Mixtio, Synthefis); die Tren: 
nung derjelben daraus Scheidung, Zerlegung, Ser: 

zung 


Srundftof u. Form. d. Körp. u. ihrer Cohär. 75 


feruntg C Analylıs). "Die Verbindung: gleichartiger 
Theile wird Zufammenhäufung (Aggregatio), und 
ihre Trennung ſchlechtweg Theilung, Sertheilung, Zers 
ftükung des Körpers genannt. Die beyden leßtern 
Operationen geben feine neue, fordern nur eine der 
Maſſe nach vergrößerte oder verfleinerte Materie. ı 


$. 116. Wenn die aus einem’gemifchten oder ger 
mengren Körper erhaltenen Beſtandtheile felbft moch 
weiter gemifcht find, und als Gemifche darin fo prä- 
eriftiren , wie wir fie durch Scheidung daraus darftel- 
len, ſo heißen fie die nähern Beſtandtheile (Partes 
proximae), und ihre weitern ungfeichartigen Grund: . 
fioffe die entferntern Beſtandtheile (Partes remotae)- 
des Körpers. | 
Benfpiele: | ——— 
1) Atmoſphaͤriſche Luft. 
Lebensluft. Stickgas. Kohlenſaures Gas. 
uerſtoff. Waͤrme⸗ Stickſtoff. Waͤrme⸗ Kohlenſaͤure. Waͤrme⸗ 
ſtoff. | ſtoff. | ſtoff. 
| Koblenftoff. Sauerftoff. 
2) Eifenvitriol. 
Schmwefeliäure. Eifenfalf. 
Schwefel. Sauerſtoff. Eifen. Sauerftol, 


$. 117. Die letzten, ‚nicht weiter aus ungleich- 
artigen Theilen zufammengefeßten, Grundftoffe ver 
Körper nennt mar Elemente, Urftoffe. Diele Ma: 
terien fönnen wir zwar bis jeßt nicht weiter ‚zerlegen; 
man ift aber deshalb nod) nicht berechtigt, fie für Ur: 
anfange zu halten; und daraus, daß fie bis jetzt un⸗ 
zerlegt find, folge nicht, daß fie an fid) unzerlegbar 
wären, 


76. L Bhell. ⸗. Hauptſtuͤck. Von den 
waͤren, denn vielleicht erreichen weder unſere Sinne, 
noch unſere Werkzeuge je die an ſich — 
oder wahren Elemente. 

6. 118: Die bey den mannichfaltigen Zergliebe: 
tungen der -verfchiedentlichen Körper und Materien, 
mit welchen man Erfahrungen hat anftellen fönnen, - 
angetroffenen, fpecififch verfchiedenen, unzerlegten, 
alfo für uns einfachen, Stoffe, deren mechfelfeitige 
Berhältniffe und Eigenfchaften der Gegenftand unfe; 
zer Unterfuchungen in der befondern Naturlehre ſeyn 
werben, find folgende: | 

. 7) Kichtiioff ( Srennftoff). 

2) Wärmeftoff (Calorique). 
3) Sauerftoff (Oxygene). 
4) Waflerftoff (Hydrogene). 
5) Stidftoff (Azote). 
6) Aoblenftoff (Carbone). 
7) Schwefel (Soufre). 
8) Pbospbor (Phosphore). 
| 9) Aadicalder Salsfäure (Radical muriatique). 
10) . — der Flußſaͤure (Radical Auorique). 
11) — der er Borarfäure (Radicgl boracique), 


12) Bold (C (Or). 

13) Platin (Platine). | ' 
14) Silber (Argent). | { 
15) Q&uedfilber ( Mercure). 

16) Bley (Plomb). 

17) Aupfer (Cuivre)), 

ı3) Kifen (Fer). 


19) dinn (Etain). Ä 5 
2 20 


% 


Srundfloff. u. Form. d. Körp. u. ihrer Eohär. 77 


20) Fine (Zinc). 
21) Wismutb (Bismuth). 
22) Spiesglanz (Antimoine). 
23) Tüdel (Nickel). 
24) Kobalt (Cobalt). 
25) Arfenif (Arlenic). . 
26) Magneſtum (Mangandfe), 
27) Molybdin (Molybdene). 
28) Wolftam (Tungftene).. 
29) Uran. 
30) Titan. | 
31) Zıefilerde (Silice). 
32) Ralferde (Chaux). 
33) Talkerde (Magnefhe). 
34) Schwererde (Baryte). 
35) Strontionerde. 
36) Thonerde (Alumine). 
37) 3irfonerde (Circonie). 
38) Auſtralerde. 
Bon RK, zn der Peripatetifer: w. Ps Erde 


$. 119. Einige diefer Grundftoffe find für ſich 
nicht, fondern nur in ihren Zufammenfeßungen mit 
andern, darſtellbar. Der Grund davon liegt wohl 


obne Zweifel in ihrem großen Beftreben zur Vereini- 


gung mit andern Stoffen, und in der Gelegenheit, 
diefe immer bey ihrer Scheidung anzutreffen. 

$. 120. Nicht immer beruht die fpecififche Ver: 
ſchiedenheit ver Körper und Materien, die wir bis 


jet fennen, auf der Verſchiedenheit ihrer Beſtand⸗ 
theile, 


78 L. Theil. 2. Hauptſtuͤck. Von den 


theile, ſondern ſehr oft auf dem verſchiedenen Verhaͤlt⸗ 
niſſe, in welchem dieſe unter einander verbunden find. 
$. 121. Der Grund der mejentlichen und: fpeci- 
fifchen Verfchiedenheit der Grundftoffe unferer Sin: 
nenwelt muß wohl in der. Berfchiedenheit der Intenſi⸗ 
tät der urfprünglichen Grundfräfte, die das Weſen 
der Materie ausmachen (9. 46.), geſucht werden, 
vermoͤge welcher der Grad der Wirffamfeit und der 
Wechſelwirkung der ſpecifiſch verſchiedenen Materien 
ungleich iſt. 


Formen der Materien. 
$. 122. Von dem wechſelſeitigen Einfluſſe die— 
ſer urſpruͤnglichen Grundkraͤfte der Anziehung und 
der Repulſion, und ihrer reſpectiven Intenſitaͤt in den 
verſchiedentlichen einfachen und zuſammengeſetzten 
Stoffen hängt beſonders die Form der Aggregation 
ab, die wir an den mannichfaltigen und -verjchiedes 
nen Materien wahrnehmen, und weshalb wir drey 
Arten von Körpern unterfheiden: 1) feite Koͤrper 
(Corpora folida); 2) liquide oder torpfoar: flüfjige 
ARörpst (Corpora liquida); "und 3) egpanfible oder 
elaftifch = flüfjige Koͤrper (‚Corpora expanfibilia,: 
Fluida elaftica). Die beyden Ießtern begreift man. 
unter dem Nahmen flüfjige Koͤrper pn Anida) 
jufammen, 
$. 123. Feſte Aörper ($. 122.) find folche, 
welche vermöge ‚der größern Intenſitaͤt der in ihren 
Grundmaſſen wirffamen Anziehungs: oder Cohäfiong- 
fraft einen merflichen und beträchtlichen Widerſtand 
ben 


Grundftoff. u. Form. d. Körp. u. ihrer Cohaͤr. 79 


ben der Berfchiebung ihrer Theile an einander leiften. 
Aber die Stärfe des Zufammenhanges der Theile und 
der Flächen der Grundmaſſen ıft von mannichfaltigen 
Abftufungen ben den verichiedenen feften Körpern, 
und es gründen fich darauf befondere Unterabtheilun: 
gen derfelben, die aber jo wenig durch beftimmte 
Srinzlinien von einander abgejondert find, daß bie 
verihiedenen Arten, die dadurch unterfchieden werden 
follen, vielmehr ganz unmerflich in einander übergehen. 
$. 124. So unterfcheiden wir harte oder ſtarre 
Aörper (Corpora dura, rigida) bon weichen (Cor- 
pora mollia) durch die Verfchiedenheit der Größe des 
Widerſtandes bey der Verfchtebung und Trennung der 
Theile. Wir finden hier unzählige Abftufungen, und 
es lat fich feine beftimmte Gränzlinie zwiſchen beyden 
ziehen. 
$. 125. Solche feſte Körper, deren Theile ſich 
Durch eine aͤußere Gewalt merklich verjchieben laffen, 
ohne ihren Zufammenhang dadurch ganz zu verlieren, 
heißen zäbe, debnbare, ftreckbare (ductilia); fie 
find Hingegen fpröde (fragilia), wenn die Theile 
nicht an einander verfchoben werden fönnen, ohne zu 
reißen, oder ihren Zufammenhang zu verlieren. Auch 
von dieſen Arten des Zufammenhanges laufen die 
Öränzen derfelben wieder fehr in einander. 
$. 126. Bon dieler Kraft der Anziehung. oder 
Eohäfion ruͤhrt auch die Federkraft oder Spring: 
kraft, Die man befjer Contractilitaͤt nennen follte, 
her, vermoͤge melcher die Theile fefter Körper ben ih: 
ser mehrern Entfernung von einander durch cine an— 
I dere 


80 I. Theil. 2. Hauptſtuͤck. Von den 

dere Kraft mir Nachlaffung verfelben ihre vorige Nah⸗ 
heit wieder anzunehmen trachten. Ich unterfcheide 
fie von der Elaſticitaͤt, die ihr gerade entgegengefeßt, 
und deren Urfach weſentlich davon verfchieden iſt. 
Das Unzureichende in ver bisherigen Erflärung beyder 
Phänomene rührt eben daher, daß man fo verfchiede: 
ne Wirfungen einerley Grundurfachen zufchrieb. Da, 
wo man bisher ben federharten Kerpern eine Wieder⸗ 
‚ausdehnung nach einer vorherigen Zufammendrüfung 
annahm, finder wirklich nichts anders als Zufammen- 
ztehung nach einer vorhergegangenen Dehnung Statt. 


Beyſpiele neben efaftiiches Harz, eine gefpaunte Eaite, Stahls 
federn, u. dergl. 


Eine Stahifeder bat Federfraft, weil fie ſich, wenn fie gebos 
en, und foldergeitalt bey ihrer Krümmung in einen groͤ⸗ 
ern Raum aedehut wird, wieder zufammenzieht, wenn 
die fpannende Kraft nahläft. Ein ſtaͤhlerner Ring bat 
aus gleichen Urfachen Federfraft, und er Aufiert fie nicht 
durch Erpanfion, fondern durch Eontraction. Wird er 
nämlich von benden Seiten zuſammengedruͤckt, und da⸗ 
durch an feinen Kruͤmmungen gedehnt , jo ziehen ſich dieſe 
wieder zufammen, fo bald die dehnende Kraft nachlaͤßt, die 
freyiih, um die Krümmungen zu dehnen, den Rına am 
antern Stellen zufammendrüden mufte. Hiervon läßt ſich 
nun auf die Federfraft einer Bugel von Elfenbein u. dergl; 
der Schluß leiht machen, ben deren es feichter ſcheinen 
fonnte-.als ob fie eine erpanfive Elafticität befäßen, da 
der Grund der Erſcheinung doch auch nur, wie ben der 
Stapifeder, in der Wiederzufammenziehbung gebehnter 
Theile liegt. Laͤßt man eine elfenbeinerne Kugel an einem . 
Faden auf eine mit Fett dinn beftrichene polirte Steims 
platte fällen, fo ſchuellt fie ſich frenlich zurück, fie drüdt 
anf dem Fette einen fichtbaren Flef ‘ein, und zeigt alfo 
dadurch eine wahre Zufammendrüduna, die fie durch die 
Gewalt des Falles an der berührten &telle erlitt. Aber 
man erinnere fih nur an den Ning, und man wird eines 
ben, daß die Theile der elfenbeinernen Kugel am Kane 
der plattaedrüdten Stelle geipannt wurden, folglich ſich 
wieder zufammenzogen , wie der Druck nachließ, und daß 
fie dadurch die eingedrüuc n heile erhoben. 
. Durch dieſe Reaction mw.rd es alfo mönlih, daß die 
Kraft der Eobärenz Bemesun: berporbringen, oder zu einer 
beivegenden Kraft werden kana. 


$. 127. 


Grumdftoff. u. Form. d. Körp. m. ihrer Eohär. gr? 


$. 127. Die Gederfraft oder Contractilität zeige 
ſich, fo wie die übrigen Arten der Cohäfion,; ben den 
mancherlen Körpern, in einem fehr verſchiedenen 
Grade. Aber es ift wohl Fein fefter Körper, dem 
bie Sederfraft gänzlich mangelte. Uebrigens lehrt die 
Art und Weiſe, wie ſich diefes Vermoͤgen zeigt 
($.126.), daß zu der Aeußerung deſſelben Dehn: 
barfeit im gewiflen Grade ‘gehöre, ohne welche fonft 
die gefpannten Theile in ihrem Zuſammenhange ganz 
aufgehoben werden umd reifen würden, Daher läßt 
es fich erflären, warum die Federkraft verſchiedener 
Körper durch) lange anhaltende Spannung oder Deh- 
nung merflich ſchwaͤcher wird, und warum fie zu⸗ 
nimmt, menn die Stärfe des Zufammenhanges durch 
Vermehrung der Dichtigfeit wächft. 
Beyſpiele vom Wachsthume der Federfraft dur Zunahme der 


Dibtigfeit geben die aehämmerten Metalle, dae Zaͤrten 
des Stahls, die Bolognejerflaichen ‚die Glastropfen. 


$. 128. Die ©rade der Feftigfeit der verfchieder 
nen feften Körper ſtehen nicht im Verhältniffe mit der 
Dichtigkeit derſelben, fo weit mir dieſe durchs Ge 
wicht ermeffen fönnen. - Go ift 3. B. Gold-und Bley 
dichter als Eifen und Kupfer, aber doch lange nicht 
fo feft, als diefe. Um dieſe Grade der Seftigfeit bey 
verfchiedenen feften Körpern zu meffen, hat man ſich 
ter Gerichte bedient, welche zum Zerreißen derielben, 
ben einer beftimmten Dicke und länge, nothmendig 
find. Muſchenbroek hat insbefondere jehr viele Ber: 
fuche über die Kraft, angeſgellt, welche zum Zerreißen 
mehrerer Körper erfordirt ‚wird. Er hat aber dabey 
keine beſondere Ruͤckſicht auf vie $änge ber Körper ger 
JR: 5 nom⸗ 


82 . I. Theil. =. Hauptſtuͤck. Von den 


nommen, und daher geben auch Sickingens Berfuche 
andere Nefultate. Ueber . die Stärfe verfchiedener 
Holzarten haben wir auch von Buͤffon, und über Die 
der metallifchen Gemifche von Hrn. Achard zahlreiche 
Vetſuche erhalten. So nuͤtzlich aber auch alle diefe 
Verſuche fürs ‚gemeine Seben fenn können, fo wenig 
läßt fich doch daraus auf die Größe der Wirfung 
der Cohärenz fchliefen, weil hierben, mie fchon Hr. 
Rant *) erinnert hat, die Verſchiebbarkeit der Theile 
gar nicht in Anfchlag gebracht worden iſt, die Doch 
einen fo beträchtlichen Einfluß hat. So wird 5. B— 
ein Stab von weichem Wachſe ſich durch eın ange: 
hängtes Gewicht erft dünner ziehen laflen, ehe er 
reift, und alsdann. in einer weit Fleinern Fläche reis 
fen, als man anfänglid) annahm. So ift es mit 
allen dehnbaren Körpern, und diefe größere Dehn— 
barfeic ift vielleicht der Grund, warum z. B. das dich- 
tere Bley ben gleicher Dice eher reift, als Kupfer, 
u. ſ. w. Hierzu kommt denn noch Verfchiedenheit 
des Gefüges, das dicht, blätterig, Förnig, u. ſ. 1% 
feyn fann. | 


Petr. v. Mufchenbroek introductio ad.cohaerentiam eorpo- 
sum firmorum; in feinen Disfertat. phyfic. experimental. 
L. B. 1729. 4 ©. 423. ff.5 und noch werrläuftiner, De 
eohaerentia et firmitate, in feiner äntroduct. ad phalo- 
Soph. naturalem, Vol. 1. ©. 390. f. | 


Er ftellte Verſuche an mit reinen Metallen, mit legirtem 
Metallen, mir Striden, mit-Hölzern, mit Tuͤchern, mie 
een, mit Saiten, mit Knochen uid mit Gläfern. — 
& will aus der arofen Zahl feiner Verfuhe nur die Res 
ultate der mit reinen Metallen angeftelten bier mittbeis 
len. Er lieg davon Parallelepipeda, oder. vieredige Gtans 
8: gießen, deren Querichuitte 435 rheinlaͤndiſche Zoll ins 
evierte betrugen ‚ dieſe mit dem einen, Dazu eingerichtes 
ten, Ende ſenkrecht aufhängen und befeftigen, und an 
das audere Ende eine mir Ketten verjehene Waagſchaale 
mit Gewichten aufhängen, die er fo lange vermehrte, u. 
ie 


x 
- 
‘ 


Grundftoff. u. Form d. Körp. u. ihrer Cohär. 93 


die Stange zerriß. Er bat hierbey zugleich das eigenthuͤm⸗ 
Iıbe Gewicht der angewandten Weralle bemerfr. 


Gold jerrig von 578 Pf. eigenthüml, Gew. 19,238 
Repellenfilbr — — 1156 — — — 11,091 
Kupfer — — 638 — — — v, 181 
Javbaniſches Rupfer 573 — — — 8,726 
Deutſches Een — 1930 — — — 7,807 
Engliſches Zun — 150 — — — 7,295 
Eine andere Sorte — 188 — 

Bancazinn — — 104 — — — 7216 
Malaccazun — — 9 — — — 6,125 
Engl. Bier 2 — — 25 — — — 11,333 
Epießglarmeral — 30 — _ — 44500 
Zınf von Goslar — 76.83 — — 7,215 
Wismuth — — 55 92 — — 9,850 


Wenn hierbey nur auf gleiche Dicke Ruͤckſicht genommen 
wird, fo wurde ſich die Feſtigkeit der angeführten refpectis 
pen Metalle verbalten, wie die zw ihrem Zerreifen ange 
mwandren Gewichte, und das Eifen 5. B. wäre 2332 oder 
774 mal fefter als Blev, u. f. w. 

Narh dem Guſſe gefchlagene Metalle wurden fefter; doch 
batte das ferne Gränzen, und fie wurden bey zu lange forts 
geiegtem Hämmern wieder weniger feſt. . 

Solgendes find die Nefultate einiger feiner Merfuche mit 
Holj, wovon er auch PVarallelepipeda machen ließ, deren 
QDueerichnitte „35 ins Gevierte betrugen: 

-Büchenholz ;erriß von 1250 Pf. 


sEichenholz — 11150 — 
Eichenholz — — 1150 — 
LEindenholz — — 100 — 
Erlenholʒ — — 100 — 
Ulmenholz — — 900 — 
Tannenholz — — 600 — 
Fichtenholz ⸗ — 550 — 


Mehr ins Große geben Buͤffons Verſuche mit Holz (Ex- 
p£riences [ur la force des bois; in den Mem. de !’ acad, 
roy. des fe. 1740. ©. 153, und 1741. ©. 292.) 

Des Hru. Grafen von Sidingen Berfuhe mit Metals 
Ien (Verſuche über die Platina. Mannheim 1782. 8.) aes 
ben andere Neinltate, als die Muſchenbroekſchen, indem 
er auch auf gleiche Längen Rüdfiht nahm. Er lief aus 
einigen Metallen Dräthe mahen 0,3 Lin, (parif.) im 
Durchmefler , und 2 Fuß Länge, und es zerriß 

Gold von ı6 Pf. 6 Un. — 434 Ör. (franz, Gew.) 
Silber — 0 — 11 — 10. 44 — 

Dlatina — 3 — 7 — 3 — — 
Kupfer — 33 — 7 — 4 — 

Eiſen — 60 — ia — — 8 — | 

Hiernach folgt alfo die Feftinfeit der anneführten Mer 
talle fo. auf einander, \wie fie felbit hier nad einander fies 
ben; da binaegen nach YIiufchenbrock fie fo jolgen würden; 
Kupfer, Gold, Silber, Eiſen. 

F 2 Traitẽᷣ 


34 1. heil. 2. Hauptſtuͤck. Bon den 


Trait& fur les proprietts' des anlage metalliques par 


Mr. Achard. à Berlin 1788. 4. 
Kurze Abbandluna über die Theorie der Feftigfeit der 


Materialien von Gottl. Ludwig von Poͤllnitz, feipz. 1795. 8. 
*j metaphyſiſche Anfangegruͤnde der Naturwiſſenſchaft. S. 91. 


| $. 129. Slüffige Rörper ($. 122.) find fol- 
"he, deren Theile von jeder noch fo Fleinen bewegen: 
den Kraft an einander verfchoben merden fönnen. 
ir müffen zwey mefentlich verfchiedene Gattungen 
flüffiger Körper unterfcheiden ‚ nämlich liquide und 
erpanfible. 

6.130. Kiquide oder tropfbar:flüffige Rörper 
($. 121.) zeigen fid) unfern Sinnen afs ein zuſam⸗ 
menhängendes Aggregat, und nehmen der Erfahrung 
zu Solge in Heinen Waffen eine fphärifche Geſtalt an, 
oder bilden Tropfen, fo bald die mwechfelfeitige Anzie; 
hung ihrer Theile nicht durch andere Körper geftört 
wird. Sie befißen allerdings einen gewiſſen Grad 
von Compreffibilität, , und äußern ben der Zufam: 
mendruͤckung erpanfive Efafticität, wir Dies Verſuche 


am Waſſer gelehrt haben. 
Ueber die Elaſticitaͤt des Waſſers, theoretiſch uͤnd hiſtoriſch ent⸗ 
worfen von F. U. W. Zimmermann. Leipzig 1779. 8. 


4. 131. Expanſible oder eigentlich-elaſtiſche 
Störfigkeiten (9. 122.) zeigen ganz und gar feinen 
den Sinnen bemerfbaren Zufammenhang ihrer Theile, 
und die anziehende Kraft ihrer Theile ift durch die 
ftärfer wirkende abſtoßende Kraft. derſelben ganz auf: 
gehoben. Sie müßten vermöge diefer überwiegenden 
erpanfiben Kraft nach allen Seiten hin ohne Grän: 
zen fich ausbreiten, wenn nicht Schwerfraft eigener 


Theile oder BR eRalegaNDe Anziehungskraft fremder 
Stoffe 


Grundftoff. u. Form. d. Körp. u. ihrer Eohär. 85 


Stoffe dagegen dies verhinderte und fo ihrer Expan— 
fin Gränzen feßte. 

$. 132. Die elaftiihen Flüffigfeiten ($. 131.) 
find entweder an fich erpanfible oder durch Mitthei⸗ 
lung oder Ableitung erpanfible. Die erftern, wie 
der Würmeftoff, befißen ihre erpanfive Elafticirät ur⸗ 
frrünglich, menigftens fennen wir bey dem Waͤrme⸗ 
ſteffe feine Subſtanz, und unfere Sinne zeigen uns 
keine, von der wir feine überwiegende Erpanfivfraft 
ableiten fönnten. Die $uftarten und Dämpfe hinge> 
gen befißen eine abgeleitete Erpanfibilität, und ver: 
danfen diefelbe dem Waͤrmeſtoffe. 

6. 133. Berner unterfcheide ich rein» erpanfible 
und ſchwere erpanfible Slüffigkeiten. Ben den er: 
fern, wie bey dem Waͤrmeſtoffe und Sichte, folgen 
die Theile in ihrer Bewegung außer der Erpanfiv: 
Fraft, fie fen urfprünglich oder abgeleitet, Feiner an- 
dern Grundkraft, und fie verbreiten fichigon dem Orte 
aus, wo die abftoßende Kraft ihrer Matörie thaͤtig zu 
werden anfängt, nach allen Richtungen zu mit glei: 
cher Seichtiafeit, und nur die ihrer Erpanfivfraft ent- 
gegen wirkende Anziehung anderer Grundftoffe kann 
der Berbr:itung derfelben ins Unendliche Gränzen 
ſetzen. Dieſe rein = elaftifchen Fluͤſſigkeiten heißen 
auch ftrabiende. | 

6. 134. - Zur feichtern. geometrifchen Conſtruction 
der Begriffe ben der Erffärung der Erfiheinungen der 
rein: erpanfibeln Fluͤfſigkeiten ıfb es zwar erlaubt, ſich 
die Berbreitung derfelben in Strahlen, und als die; 
eretes Teilchen in geraden finien, vorjuftellen; aber 

in 
/ 


86 » 1 Shell. 2. Hauptſtuͤck. Von den 


in der Wirklichkeit iſt diefe atomiftische Vorftellungs: 
art durch nichts zu erweifen. Sie erfüllen vielmehr, 
wie alle Materien, auch ben der groͤßeſten Dünne, 
ihren Raum mit Continuität. 

4. 135. Die ſchweren ervanfibeln Fluͤſſigkei⸗— 
ten ($. 133.), wie die $uftarten und Dämpfe, be: 
fißen alle eine abgeleitete erpanfive Elaftisität. Die 
Erfahrungen in der Solge werden lehren, daß fie alle 
aus einer ponderabein, an fich nicht erpanfibeln, 
Bafis, die für fich durch die wechfelfeitige Wirkung 
ihrer urfprünglich anziehenden und abftoßenden Kraft 
die Aggregation der Feſtigkeit haben wuͤrde, und aus 
einem an ſich erpanfibiln Etoffe, dem Wärme: 
ftoffe, beftehen, durch deffen überwiegende Expanſib⸗ 
kraft die urſpruͤnglichen Attractionskraͤfte der Baſis 
derſelben verſchwinden müffen. Eben die Schwere 
ihrer Theile hindert, daß fie fich nicht fo, wie die rein - 
elaftiichen Slüffigfeiten ($. 133. ) verbreiten Fönnen. 

$. 136. Bon diefen ſchweren elaftifchen Fluͤſſig— 
feiten ($. 135.) unterfcheiden wir zweyerley Arten: 
1) luftformige Gasarten, oder Luftarten (Fluida 
aeriformia), und 2) Dampftörmige oder Dämpfe 
(Vapores). Gene behalten ihre elaftifche Form bey 
jedem Grade der Zufammendrüdung, den wir anzu: 
wenden im Stande find, und ben jedem ung befanns 
ten Grade der Kälte; fie befißen alfo in diefen Um: 
fanden Permaneität der mitgetheiften Elafticität, und 
ihre Zufammenfeßung ($. 135.) wird durch mechas 
nifche Zuſammendruͤckung nicht aufgehoben. Dieſe 
hingegen, Bann A gkeiten verlieren 

| durchs 


Gerundſtoff. u. Form. d. Körp- u. ihrer Cohaͤr. 37 


Buchs Zufammenpreffen, fo wie durch Kälte, ihre 
Form der elaftifchen Aggregation; Die eigenen Anzie— 
bungsfräfte der Theile ihrer Bafıs werden nun wieder 
veritärft, und dieſe treten zum feften oder liauiden 
Körper zufammen, indem fie fi von einem Antheile 
des Waͤrmeſtoffs trennen. 
$. 137. Alle tropfbar » lüffıge Körper, die wir 
fennen, haben diefe Form ihrer Aggregation nicht 
ihren urfpränglichen Grundfräften zu danfen, fon: . 
dern würden durch dieſe vielmehr ſaͤmmtlich fefte Kör- 
per ſeyn. Ihre liquiditaͤt iſt mitgetheift, ift Solge 
des Einfluffes des erpanfibeln Waͤrmeſtoffs, mie 
dies Erfahrungen in der [Solge näher, beweifen mer-. 
ven. So hat alfo der Wärmeftoff durch feine erpane 
five Kraft Antheil an der Hervorbringung der Form 


aller ſchweren erpanfibefn und aller liquiden Körper. 


So iſt J. B. das Waſſer unter 0° noch Reaum. ein feſter Koͤr⸗ 
per (Eis); ber 0° bis 80° bey dem gewoͤhnlichen Drude 
der Atmoſphaͤre mopfbar » fluͤſſig (eigeutliches Waſſer); 
bey 80° und daruͤber bey dem gewoͤhnlichen Drucke der Ars 
moſphaͤre elaſtiſch⸗ſuͤſſig (waſſerdampf). 


$. 138. Ohne den Druck der Atmwoſphaͤre, der 
die urfprüngfichen Attractionskraͤfte der Theile ver— 
fiärfe, wuͤrden fehr viefe tropfbar » Aufjige Koͤrper bey 
dem gemoöhnlichen Grade der Wärme, moben mir 
leben, gar nicht einmal als tropfbar - Aüffige erfcheis 
nen; wir wuͤrden fie als folhe gar nicht Fennen, fon: 
dern fie würden durch die nun Überwiegend werdenden 
erpanfiven Kräfte des mit ihnen verbundenen Waͤrme— 
ftofs zu erpantiein Slüuffigfeiten werden. 
Done den Drudf der Atmofphäre würde das Waſſer ſchon bey 
dem Schmelzpuucte die Form der elaftifhen Flaͤſſigkeit ans 


nehmen und ven ———— des Tropfbar⸗fluͤſſigen 
gar wicht erhalten, , 
Der: 


88 L.Theil. 2. Haupiſtuͤck. Von den 


Verſuche zur Beſtaͤtiaung mit warmen Waſſer, oder mit Aether 
unter der Glocke der Luftpumpe. 


$. 139. Ein merfmärdiges Phänomen der den 
Theilen der Materie benwohnenden Anziehungsfraft ift 
die beftimmte Geſtalt, melche die Theile annehmen, 
wenn jene ungehindert und fren darauf mwirfen fann. 
Bey den liquiden Körpern ift 28 die Bildung der 
Tropfen. ben den feften die Arpftallıfirung und dag 
Gefüge (Textura), das in diefer Ruͤckſicht unfere 
nähere Betrachtung verdient. 


$. 140. Ale liquide Körper nehmen der Erfah: 
rung zu Folge in kleinen Maſſen eine fphärifche Ger 
ftalt an und bilden Tropfen, fo bald fie nicht mit eiz 
nem andern Körper fo ſtark zufammenhängen, daß, 
fie darauf oder daran zerfließen. So bildet fein zer⸗ 
theiltes Quedfilber auf Holz, auf Glas, auf Stein, 
und mehrern dergleichen Materien, lauter fleine Kuͤ— 
gelchen;. eben fo auch Waſſer und Wein, auf Holz, 
Papier u. dergl., das mit Bärlappfamen beftreut ift; 
Dehl auf einer mit Waſſer feucht gemachten Tafel; 
und alle dergleichen fläffige Körper uͤberhaupt nehmen 
die Kugelgeftalt an, wenn fie in Heinen Maffen durch 
die £uft fallen. ine bloß träge flüffige Maſſe würde 
auf jeden Kall die Figur behalten, die fie einmal 
hätte, und feine Tropfen bilden. Hat fie diefe Fi— 
gur noch nicht, fo kann fie nicht ohne Bewegung ihs 
ser Theile zu einer runden Kugel werden. Schon die 
Bildung der Tropfen beweiſet alfo, daß eine Urfach 
da fenn muß, welche diefe Wirfung hervorbringt. 
Die Schwere Fann nicht die Urſach feyn, da fie viel, 
mehr 


Grundftoff. u. Form. d. Körp. u. ihrer Cohar. 89 


mehr der Bildung der Tropfen wirklich hinderlich ift, 
wie die Erfahrnng lehrt, und das Plattdruͤcken der 
auf feften Körpern ruhenden Tropfen oder Kügelchen 
bewirkt, die um defto mehr eine vollflommene Sphäre 
Eilden, je Feiner fie find, und je geringer ihr Ges 
wicht if. Es bfeibt nur die Kraft der Anziehung 
zwiſchen den Theilchen des tropfbar » fläffigen Körpers 
allein übrig, aus der man auf eine genugthuenbe 
Weiſe diefes Phänomen erklären fann. Wenn man 
nämlich vorausfegt, daß alle Theilhen einer Materie 
mit gleicher Stärfe ſich anziehen, und die Verfchieb; 
barfeit derfelben groß genug ift, um ihrer Bervegung 
fein Hinderniß entgegen zu feßen, fo folgt aus richti- 
gen mechanifchen Gründen, daß das Gleichgewicht 
dann erft entftehen koͤnne, wenn die Maffe eine Ku: 


gelgeftalt angenommen hat. 
Hierher gebört auch das Rörnen der Metalle, und die Werfers 


tigung des Schrotes aus Bley. 

$. 141. Auch fefte Körper nehmen eine beftimm: 
te Sorm an, und ihre Theile bilden Gruppen von eis 
genen Geftalten, fo bald fie ungehindert der Bewe— 
gung folgen Fönnen, welche die Anziehungskraft in 
beftimmten Richtungen unter ihmen hervorbringt. 
Hier ift nun der merkwürdige Umſtand, daß die 
Theilhen ſich nicht nad) allen. Richtungen mit gleicher 
Störfe anziehen, und daß die ſchon gebildeten Flei- 
nern Gruppen und Grundgeftalten ſich in gewiſſen 
Flächen ftärfer anziehen, als in andern, und folchers 
geftalt polyedrifche Solida bilden, die wir Aryitalle 


(Cryitalli) nennen. 
$. 142, 


90 5 1. Theil. 2. Hauptſtuͤck. Don den 


G. 142. Damit num felte Körper Kroftalle von 
beftimmten und regelmäßigen Formen bilden, oder 
ſich gehörig Erpftallifiren, iſt noͤthig, 1) daf fie erft 
in den Zuftand der Flüffigfeit gebracht werden, um 
Derfchiebbarfeit der Theile im hohen Grade zu erhal: 
ten, und 2) daf fie allmahlıg und chne Störung 
wieder erftarren oder aus Flüffigfeit in Feſtigkeit über: 
gehen, mährend melches Ueberganges aus Flüffigfeit 
in Seftigfeit fich die Theile in beſtimmten Richtungen 
an einander fügen, und fo Körper von beftimmten 
Umriffen, wenigftens von beſtimmtem Gefüge bilden. 
$. 143. Unter diefer Bedingung kann man wohl 
von allen feften Körpern behaupten, daß fie eine ge— 
wiffe beſtimmte Geftalt annehmen, und Dadurch ent: 
weder beftimmte Formen im Umriffe, oder wenigſtens 
ein beftimmtes Gefüge erhalten. Die Natur zeige 
uns diefe regelmäfiige Geftalt und Fuͤgung an unzaͤh— 
ligen -feften Körpern in unzähligen Verfchiedenheiten, 
an Erden und Steinen, Salzen, Dietallen, und 
Schwefel; und wenn zahlreiche Arten nicht in diefer 
regelmäßigen Geftalt oder Fuͤgung erfcheinen, fo läßt 
doch das, daf eben diefe Arten fonft auch fo angetrof- 
fen werden, fchließen, daß ben ihrem Geſtehen die 
Bedingungen fehlten, unter welchen nur jenes Phä- 
nomen Statt finden kann. Ben einigen zäben Kör- 
pern, wie bey den dehnbaren Metallen, wird auch 
das regelmoͤßige Gefuͤge ihrer Theile ben der Trennung 
ſelbſt gefiöre, und loͤßt fich eben deßwegen nicht wahr: 
nehmen. Die Kunſt kann frenlich die Natur in der 
Configuration nicht immer nachabmen, da es ihr an 
Mir 


-Grundftoff. u. Form. d. Körp. u. ihrer Cohär, 91 


Mitteln fehle, viele Dinge in den dazu nöthigen au: 
fand der Slüffigfeit zu verfeßen. 


Bepfriele an Kroßallifitung des Salpeters, Glauberfalzes, und 
anderer Galje. 

Kryſtalliſit ung verfhiedener Salze in einzelnen Tropfen 
ihrer Quflöfung, die nachher mifroflopiih betrachtet 
werden. 

Der Sılberbaum oder Dianenbaum. 

Der Bleybaum, 

Der Zinnbaum. 


de Rome Delisie Ellay de Cryftallograpbie. ü Paris. 

1772 ar.8 Verſuch einer Kryftalloarapbıe von Herrn de 

Kome Delisle, aus dem Franz. von Chr. Ehrenfr. Weigel. 

Grcıfsmwald 1777. gr.8. Cryltallographie, ou defcription 

des formes proöpres à tous les corps du regne mineral, par 

Mr. Ron Delisle. Sec. edit. a Paris. T. 1 — IV. 1784. 

$. Torb. Bergmann de formis eryltallorum , praelertim 

e [patho ortis ; In ſenen opusc. phyfico »chemicis. Vol.II, 

©. ı.#. Bon den Aauferlihen Kennzeichen der an 

abaefaft von A. G. Werner. Leipz. 1774. 8. 

6. 144. Die zur Bildung der Kryſtalle, oder 
menigftens eines beſtimmten Gefüges, nöthige erfte 
Bedingung, die leichte Verfchiebbarfeit der Grund: 
maflen durchs Slüffigmwerden, wird ben feften Koͤr⸗ 
pern entweder durchs Schmelzen, oder durchs Auf: 
löfen ın andern liquiden Körpern, oder durch Ver— 
wandfung in Dampf, oder auch durch hoͤchſt feine 
Zertbeilung. in einem flüffigen Mittel, ertheilt; und 
die andere Bedingung, die Wiedermegnahme deſſen, 
was fie Aiffig machte, wird entweder durch Erfäßs 
tung und Gefrieren, oder durch Derdunftung des 
Auflöfungsmittels, oder durch Niederſchlaͤge, oder 
durch Ruhe und Bodenfüße erhalten, wobey nun 
frenlih überhaupt Feine andere Art der Bewegung, 
wie Schuͤtteln, Umrühren, die Ziehung ber feftwer: 
denden Theile hindern und ftören muß, Ben einem 
zu plöglichen Uebergange zur Feſtigkeit — die 

Theil⸗ 





92 I. Theil. 2. Hauptftüch Bon den 


Theilchen nicht Zeit genug, fich regelmäßig an einans 
der anzulegen, und die Bildung wird unförmlich. 

Benipiele von der Bildung der Kryitalle oder wenigftens eines 

‘ regelmäßiaen Gefüges unter den angeführten Bedingungen 

1) des Scomelzens und Erfältens find: das Eis, befonderg 

ben dem Gefrieren der Fenfter, der Schwefel, der Spieß» 

glastönig , der Wismuth ac.; 2) des Auflöiens in tropfbas 

rer Fleſſiakeit: a) des Abdunftens oder Abfühlens: die 

mannichfaltigen Salzfroftalle, der Schwefelrubin, b) des 

Niederſchlagens: die Metallbaͤumchen ıc.; 3)der Verwand⸗ 

Luna im Dampf und Abfüblung : der Schnee, die Fryftallis 

niiben Sublimare , und fo genannten chemifhen Blumen ; 

4) tes feinen Zertbeilens in Wafler oder in andern Mer 
diis; dıe Bildung der Palfigen Stalactite und Topbe. 

Ben der Bildung organiſcher Köcper müflen wir endlich 

auch bey diefer Brundkrart der Eohärenz als letzter Urſach 

ſtehen bler.en, und felbit der Bıldungstrieb des Hrn. Blu⸗ 

menbach loͤſt ſich zulekt darin aut. 


6. 145. Sehr viele größere Kenftalle laſſen fich 
mechanisch in andere Fleinere zertrennen, Die entweder 
den größern in der Geftalt ähnlich find, oder nicht. 
Das erftere findet Statt, wenn die Theilungen des 
größern Kroftalles mit allen feinen Slächen parallel 
geführt werden fönnen; midrigen Falls find fie ihm 
unähnlih. Herr Hauͤy hat diefen Gegenftand mit 
fehr vieler Genauigkeit ben den Koflilien unterfucht, 
und aus der Anhäufung von gemiffen Fleinern primi⸗ 
tiven Grundgeſtalten nach gewiſſen Geſetzen die Ent 


frehungsart größerer Kryſtalle von fecundären Geftal: 


ten fehr glüdlich entwidelt, 


Nub Hrn. Hauͤy laſſen fi alle bis jeßt gefundene primitive 
- Kormen der Fofftlien auf feche zurädbringen, nämlich: 
das Parallclepıpedum, wohın der Würfel, die Rhomboide—⸗ 
und alle Solida gebören, die von ſechs Flächen eingeſchraͤnkt 
werden, wovon je zwey parallel find;. das regelmäßige 
Terrasdrum; das regelmäßige Octasdrum; die jecbsreitige 
Saͤule; das Dodecasdrum mit gleichen und aͤhnlichen Raus 
tenfiachen; und das Doderaedrum mit dreyfeitigen gleich» 
ſchenkligen Flaͤchen. | 
Des Hrn, Hauüy Abrif der Theorie von der Structur der Krys 
„.. Rales in Grens neucm Journ. d. Phyſ. B. 11. ©. 418. f. 


Phaͤno— 


Grundftoff. u. Form. d. Körp. u. ihrer Cohaͤr. 93 


Phänomene der Cohärenz der Körper, 
$. 146. Nicht allein die Theile eines und eben 
deſſelben Körpers hängen unter einander zufammen, 
fondern auch die Körper von einerlen Art unter ein: 
ander felbft, wenn fie ſich berühren, und zwar um 
deſto ftärfer, je genauer und in je mehr Püuncten fie 


fih berubren. 


Bepfpiele des Zufammenbängens 1) flüffiger Körper giebt das 
er ießen der Warlertropfen, deg Quedfilberfünels 
den, der Debltropfen, bey ibrer Berührung; 2 fefter 
Rörper, das Zufammenbängen zwey geſchliffener Meſſing⸗ 
platten und ®lasplatten, . 


$. 147. Auch Körper von ungfeicher Art hän- 
gen unter einander zufammen, wenn fie fic) genau 
genug berühren. Diefe Stärfe des Zufammenhanges 
iſt zwiſchen verfchiedenen ungleichartigen Körpern bey 
gleicher Berührungsfläche fehr verfchieden. 


Berinhe: 1) Zwen Metallplatten, Glaeplatten , oder Mars 
morplatten, die mit Wafler oder Fett beftrichen find, 
Dängen ftarf zuſammen. 

„2) E6 werde eine runde dide Meffingplatte vermittelft 

es in der Mitte derfelben befindlichen Hafens durch einem 

aden an dem Arm eines Waagebalfens fo aufgehängtz - 
daß fie genan horizontal hänge; fie werde an der Waage 
ins Gleihgewicht gebracht, und dann auf die Fläche vom 
untergefegtem Wafler, Weingeift und Quedfiiber fo gelegtz 
daß feine Luffblafen darunter bleiben, Die Waage wird 
aus dem Gleichgewicht gebracht ſeyn, und es werden Ges 
mwichte erfordert werden, um die Platte loszureißen. Diefe 
Gewichte werden bey dem verfchiedenen Flüffigfeiten vers 
ſchieden ſeyn müflen. 

Der Drud der Luft kann von diefer Erfheinung nicht 
die alleinige Urſach ſeyn, ba fle auch umter dem leeren 
Recipienten der Luftpumpe Statt hat, obgleich Bier die 

tärfe des_Zufammeuhanges vermindert it. Wäre der 

ruf ber Luft die alleinige Urſach, fo müßte die Gtärfe 
bes Zufammenhanges fih blog nad der Flaͤche richten, 
was do. nicht iſt. | 

Muſchenbroet᷑ (intrad. ad philof. natural. T.I. f, 1096.) 
lieg Cylinder aus verfhiedenen Materien verfertigen, derem 
Durchmeſſer 1,916 rheinl. Zou betrug, und die Gruudflaͤchen 
derſelben ſeht genau ſchleifen und poliren, Er Denia * 

rund⸗ 


* 


74 


Zufammenhanges zwiſchen ungleichartigen Stoffen 


L Theil. 2. Hauptſtuͤck. Von den 


Srundflaͤchen je zweyer Cylinder von einerlen Art, nach der 
Erwärmung mit Rindstalg, befeſtigte den obern, und riß 
nun den untern durch angebängte Gewichte, nach dem 
völligen Etfalten des Talges, jenfreht ab. Er vımmt an, 
daf der Druck der Luft hierbey 41 Pr. berraaen habe ‚und 
diefen bringt er mit in’ Anfchlag , und da fand er denn fols 
oende Refultare: es hingen zufammen : 

Eylinder von Glas ° mit 130 Pf.| =|mit 89 Pf. 


wiefing 3 .150s:, 2. 109 5 
Rupfer 1— 200 $ 459 ⸗ 
Silber + ED ze Per — | ur Er Tr 
gebartetem Stahl s 225 s |F |.» 184 $ 
weichem Eileen s 300 u „29 6 
Zinn J 100 9,9 wi 4 9 9 
Bley s 275 Ta, 1 21 0 
Zink 100 + jr 09% 
Wismuth + 150 5 eI 2 19 5 
weißem \liarmor s 225 s |" 5] 5 184 5 
ſchwarzem Wiar: a 

mor ⸗ 230 51 „Lt #199: 8 
Elfenbein s ios⸗1 1 DE u 9.2 


Hr. v. Morveau lief von veribiedenen Metallen unde 
Matten von aleiher Große und Geſtalt mochen, vie 1 ol 
iin Durchmeſſer harten, und beftimmte die Kraft, mit der 
fie auf Quedfilber hingen. Es hing daran 

das Gold mit einer Kraft von 446 Branen 


das Silber s + ⸗ 49 
das Zinn 5 ⸗ ⸗ ⸗418 — 
das Bey —— ⸗397 ⸗ 
der Wismuth⸗ ⸗ 372 #8 
der Zinf ⸗ ⸗ ⸗ s 20 # 
das Fupfer ⸗ s 12 # 
der Spießglasfönig 5 3 126 9 
das Eiſen ⸗ ⸗ s 115 ‘ 
der. Kobold ⸗ ⸗ 


. ⸗ 8 

(Man ſehe Anfangsgründe der theoretifchen und. practis 
fchen Chemie von Zr, de Wiorveau, Maret und 
Durande, a. d. Franz. von Chrift, Ehrenfr Weigel, 
Th. 1. Leipz. 1779. 8. S. 49. ingle bew; Experiences 
faıtes en prefence de VAcad. de Dijon, le _ı2. Fevr. 
. 1773. par Mr. de Morwear ; in Obf! de Phyfigue de Mr. 
?’ Abb. Rozier. T. 1. ©. 172. und 460.). 

Nachricht von: den Refultaten einer großen Anzabl von 
Verſuchen diefer Art findet man bey Hrn. Achard: Ver» 
ſuche über die Rraft, mir welcher die feften und flüfjigen 
Körper zufammenbangen, nebft der Beitimmung der Ges 
fege, denen dieſe Kraft in Abficht ihrer Vermehrung oder 
Verminderung nach der Natur einer jeden Fluͤſſigkeit uns 
terworfen iff; in feinen chymiſch Phyf. Si riften ©. 354. f. 


$. 148. Es gründen ſich auf diefe Kraft des 


Das 


- Grundftoff. u. Form. d. Körp. u. ihrer Cohaͤr. 95 


das Zufammenleimen, die Kütte, der Mörtel, das 
CLoͤthen, das ED: das Derfilbern, das 
Dergoiden. 


$. 149. Aug verfchiedenen — angeſtellten 
Verſuchen ſcheint das Geſetz zu folgen: daß die 
Staͤrke der Cohaͤſion bey verſchiedenen Paaren 
von einerley Koͤrpern, ſo wohl von gleichartigen 
als ungleichartigen, mit der Menge der Beruͤh⸗ 
rungepuncte im Verhaͤltniſſe ſtehe. 

Serſuche: Runde geſchliffene Glasſcheiben, deren Durchmeſſer 
fib wie 1, 2, 3 gegen einander verhalten, bängen mit 
Waſſer, mit verfchiedenen Kräften sufammen y die fich ges 
gen einander fehr nahe verhalten, wie 12, 2°, 37, oder 
wie ihre Brundflähen Man fehe auch Achard a. a. D. 
Zab. 4. und 5. 

6. 150. Es ift noch kein Geſeh befannt, nad) 
welchem fich die Größe der Kräfte des Zuſammen⸗ 
hanges ben Körpern von ungfeicher Art richtete. Die 
Dichtigkeit der Körper ſteht damit in gar feinem Ver: 
bältniffe; und es ift feinesweges allgemein wahr, mas 
SZamberger behauptete, daß eine flüffige Materie 
von geringerm eigenthümlichen Gewichte mit einem 
Körper von einem größern eigenthämlichen Gewichte 
färfer zufammenhänge, als unter fich ſelbſt; oder daß 
fluͤſſſge Materien von größerm eigenthämlichen Ge: 
wichte ftärfer unter ſich zuſammenhaͤngen, als mit 
Körpern von geringerm zigenthümlichen Semihtr. 

Hamberger elem. Phyfices $. 157. 158. 

$. 151. Auf den Zufammenhang fluͤſſiger Ma: 
ferien mit feften, ber größer oder kleiner ift, als der _ 


wilden den Theilen der lüffigen Materie ſelbſt, 
gruͤnden 


2 


96 L. Theil. 2. Hauptſtuͤck. Bon den 
gruͤnden ſich verſchiedene merkwuͤrdige Phaͤnomene. 
Wenn ein feſter Körper mit einem fluͤſſigen ſtaͤrket 
zufammenhängt, als der fluͤſſige unter ſich, fo hoͤn⸗ 
gen ſich die Theile des letztern an den erſtern bey der 
Beruͤhrung an ihn an, und machen ihn naß, oder 
fie zerfließen auf ihm; wenn hingegen die Cohoͤſions⸗ 
kraft zwifchen den Theilen des flüffigen Körpers ftär; 
fer ift, als zwiſchen diefen und bem ‚feften Körper, 
fo bleibt der Teßtere bey dem’ Hineintauchen in jenen 
trocen, und der flüffige Körper zerfließt nicht darauf, 
ſondern bildet Kügelchen oder Tropfen ($. 140.). 
- Da nun fehwerere Fluͤſſigkeiten auf leichtern feften 
Körpern allerdings zerfließen koͤnnen, fo iſt dies zus 
‚gleich eine Beftätigung des vorigen Saßes (9. 149. ). 
Benfplele: Queckſiber zerfließt auf Gold, Gilber, Bley, 
- Binn, und man kann allerdings fagen, «6 mache diefe 
Foͤrper naß; es zerfließt hingegen nicht auf Eifen, Gläs, 
Ds Stein. Wafler zerfließt, auf Glas, Holz, munferer 
aut, und macht daher dieſe maß; es zerflieht hingegen 
nicht auf einer mit Fett beftrihenen oder beifer mit Bärs 
Iappfaamen beftribenen Tafel; man kann ſolchergeſtalt, 
wenn man auf die Fläche des Waſſers Bärlappfinmen 
ftreuet , durch denfelben bindurc ins Wafler greifen, ohne 
daß die Finger naß werden. Fließende Metalle zerflie 
nicht auf Steinen’und erdigen Maflen, und bılden darauf 
in Eleinen Maflen Kügelchen oder Tropfen. j 
6. 152. Serner, wenn fluͤſſige Materien in ihren 
Theilen ftärfer zufammenhängen, als mit den Theilen 
eines feften Körpers, fo nehmen fie.in den aus dem 
letztern gemachten Gefäßen eine convere Oberfläche 
an, die dem Abfchnitte einer Kugel um defto näher 
fommt, je Eleiner der Durchmeſſer des Gefäßes ift. 
Taucht man den feften Körper in den flüffigen diefer 
Art hinein, fo bilder die Fluͤſſigkeit rund um ihn 


herum eine Vertiefung, 
Benipiele: 


Grundſtoff. u. Form. d. Koͤrp. u. ihrer Cohaͤr. 97 


Beyſoiele: Queckſilber ſteht im aldiernen Röhren mit einer 
eonveren Flaͤche; fliegende Me alle Reben in dem irdenen 
Gchmelzgeräßen mir einer conseren’ Fläches Waſſer fiche 
ia einem mit Fett ausgeftrihnen und mit Bäriappfanmen 
beftreueten Glaſe mir couverer Fläche. Eıne Glaßröbre) 
Holz, der Finger in QDueditiber getaucht verurfacht rund 
amber eine Bertiefung im Queckſilber. Ä 

Nah pydrauliſchen Geſetzen ſollte die Fluͤſſigkeit in Gas 
fäßen diefer Art eıne vollfommen horizontale Dberfläche 
babem, ımd fie würde es hun, wenn die Theilhen unge⸗ 
bindert , obne Cohaͤſion, der Eawere folgten. Wenn fie . 
binmwiederum bloß der Echärenz aleich’örmig folgten, und 
nicht zug eich ſchwer wären, fo würden fie auch in dem 
mweiteften Gefaͤhe eine voßfommene convere Tuaelfläche 
bitden. Sind fie aber num zu gleicher Zeit ſchwet and cos. 
bärirend, ſo werden die mıttlern Säulen finfen müffen, 
wenn fie um fo viel höher ſtehen, als die Äußere, daf ıhr 
fenfredter Drud dur die Schwere mehr beträgt, als die 
Kraft der Eobärenz zu erhalten, vermögend ift. Nur an 
den Geiten wird dann dıe Conperität wahrzuuehmen feyn. 


$. 153. MWertn hingegen flüffige Körper in ihren 
Theilen ſchwaͤcher zufammenhängen, als mit den Thei- 
fen eines feften Körpers, fo ftehen fie in den aus letz— 
tern gemachten Gefäßen mit einer concaven Släche, 
oder fie ſtehen am Rande. höher, als in der Mitte. 
Und eben fo bildet auch) die Slüffigfeit um einen folchen 
feften Körper rings herum eine Erhöhung. 


Bepipieles Queckſilber ſteht in zinnernen oder .bleyernen Ges 

| fäten mit einer concaven Flache; eben fo aub Waffer im 

giäfernen Gefäßen.‘ Um eine ıns Waſſer yerauchte Blass 

RRaınge_ ftebt daſſelbe rund herum erhoͤhet; fo auch das 
QDucdfilber um eine Zinnitange. zer 

Die Fluͤſſigkeit würde nach hydraulifhen Geſetzen, wenn 


ihre Theile bloß der Schwere, obne Eohärenz, folgten, .. 


eine vollfommene horizontale Fläbe annenmen. Wenn fie 
aber nun mıt den Theilen der feften Körper cobärıren, fo 
werden die Theilchen derſelben, die die Wand des Gefähes 
berühren, daduch in ihrem ſenkrechten Drude nah unten 
u vermindert werden, (gewiſſer Maapen durch das Ans 
leben au die Wand des Geräßes), und fie werden an der 
MWand umber um fo viel höher Neben muͤſſen, als ihr vers 
minderter Druf mit den Drude der davon entfernten Säu—⸗ 
len das Sleichgewicht halten kann. 


$. 154. Hierauf gruͤndet ſich nun einzig und 
allein Das Phänomen der Haarroͤhrchen ( Tubi capil- 
8 lares), 


- 


58 I. Theil. 2. Hauptſtuͤck. Von den 


lares) Man verſteht darunter hohle glaͤſerne Roͤh⸗ 
ten, deren Hoͤhlung etwa den Durchmeſſer eines 
Pferdehaares und etwas darüber hat, und die an beyden 
Enden offen find. Stellt man die untere Deffnung 
in. eine Fluͤſſigkeit, die auf Glas zerfließt, fo fteigt in 
Ffurzer Zeit die FSlüffigfeie darin in die Höhe und 
erhebt fich über. die Oberfläche der äußern Fluͤſſigkeit, 
und zwar zu einer. größern. oder geringern Höhe, nad) 
der Enge des Haarröhrchens und der verfchiedenen 
Natur der Fluͤſſigkeii. ri % 


Verſuche mit gläfernen Haarroͤhrchen in Wafler, Milch, Ladı 
mustincetur ; Tintez n. dergl. ua 


} Das Haarröbrhen muß oben offen ſeyn, fonft wird die 
. eingeichloffene Luft durch ihren Gegendruck beym Zufams 
miendpreſſen das Auffteigen hindern, - - 


Wenn die ‚gefärbten —— durchſichtig find, ſo 
laſſen fie ſich in dem Haarroͤhrchen nicht gut unterfcheis 
den, weil ſich wegen der Dünne der Säule die Farbe vers 
wicht . Um diefe befler wahrzunehmen, flebt man das 

aarroͤhrchen auf einen Papierftreifen. Undurchfichtige 
luͤſſigkeiten, als Milch, laſſen ſich darin leicht. wahr⸗ 
hebmen. | 
6. 155. Sn diefen Haarröhrchen fteht die Fluͤſ— 
fiofeit an den Seiten ebenfalls höher, als in der 

Mitte ($. 153.); aber wegen der geringen Entfer- 

nung fließt der Ring, welchen die Slüffigfeit an den 

Seiten bildet, zufammen; wegen der fortwirfenden 

Urfach der Cohäfion fteigt das Waſſer an den Seiten 

nun abermals höher, fließt wieder zufammen, u. f. f., 

bis endlich das Gewicht der Säule der in dem Haar⸗ 

röhrchen aufgeftiegenen Släffigfeit im Gleichgewichte 
ſteht mit der Cohäfton, die zwifchen dem Glaſe und 
der Fluͤſſigkeit obwaltet. Denn nun hat das Auffleis 
gen natuͤrlicher Weiſe feine Graͤnzen. 


Grundſtoff. u. Form. d. Körp. u. ihrer Eohär. 99 
i — 30 ' daß die Fluͤſſigkeit keine merkliche Bifrofrät 
$. 156. Da ber Grund des Auffteigen? der 
Fluͤſſgkeiten in Haarroͤhrchen einzig und- allein in der 
Kraft des Zuſammenhanges derfelben mir dem Glaſe 
u fuchen «ft, ſo laͤßt fich auch feicht einfehen, daß 
diefes Aufſteigen und die Höhe deſſelben ben den ver: 
ſchiedenen Fluͤſſigkeiten ſich fo wenig nach ein’nı bez 
fannten Geſetze richte, als die Cohäfion der Körper 
überhaupt ($.’150.); fondern daß fie vielmehr erſt 
jedesmal durch Erfahrung gefunden werden müffe. 
| $. 157. Es läßt fich hieraus erklären, warum 
bie Höher des Aufiteigens der Flüffigfeiten mir ihrem 
fpecififchen Gewichte in feinem Verhäftniffe fteht; und 
æarum auch ſelbſt, nad) Muſchenbroekb Verfuchen, 
Die Beſchaffenheit des Glaſes auf die Höhe, zu welcher 
eineriey Flüffigfeit in Haarröhren von einerley Durchs 
weiter feigt, Einfluß haben .fann. 
Rab Muſchenbroek (introductio in philofophiam natura- 


lem T. 1. 9. 373.) ftiegen in Haarröhrden von gleihem 
Durchmeſſer aus hollaͤndiſchem Flaſchenglafe: — 


Deſt Uirtes Waſſer ⸗ 3/30 Zoll rheinl. 
Liquor anodynus ⸗ 1,40 # | 
Alcohol ⸗ s 150 6 

— Salmiafaeift + 3,600 # 

Zuftiaurer Salmiafgid 9° 4136 8 

Galpetergeift ⸗ ⸗ 2,079 

©aljgelt + 5 ⸗ 2,07 8 

Vitriolgeiſt A — 3,25 8 

Vitrioloͤhl 5 ‚ 1,30 8 

Zerpentinöhl J ⸗ 2,58 ⸗ 


In Haarroͤhrchen, von eben dem Durchmeſſer, aber 
aus andern Glasſorten, waren die refpectiven Höhen eben 
Dieter Fluͤſſigkeiten größer und kleiner, 

E# wäre überhaupt der Mühe werth, zu unterfacheny 
ob nicht diejenigen Fluͤſſigkeiren, die mit einer Glorplatte 
färfer cobäriren, ın den aus eben dem Glaie derfcloem 
‚perfertigten Haarroͤhren hoͤher ſtehen würden, als andere 
minder ftarf damit cohärirende,. 


6a $. 158. 


100 I Theil 2. Hauptſtuͤck. Non den 


$. 158. Fluͤſſigkeiten, welche auf dem Glaſe 
nicht zerfliefen, ſteigen auch in gläfernen Haarröhren 
‚sicht in die Höhe. Es iſt alfo bloß die Kraft der 
Anziehung zwiſchen dem Glaſe und der Slüffigfeit, 
welche das Auffteigen derfelben in Haarröhren bewirkt 
(%. 155.), nicht der Druck der Luft, oder eines eins 
gebildeten Aethers. | 


» Petr. van Mufchenbroek de tubis capillaribus vitreis, in feis 
nen dis!. phyf.- experim,. ©. 271. Tentamen theoriae, 
qna 56 aquae in tubis 'capillaribus explicatur, 
anctore lof. Weitbrecht, iin den Comment. acad. petropolit, 
T. vilI. S. 262 C.B. Funceii Disl. de afeenfa Auido- 
rum in tubis capillaribus, Commentat. I. Il. Lipf 


1773: % 

$. 159. Die Höhen, zu welchen einerley Fluͤſ⸗ 
figfeit in Haarroͤhrchen von verſchiedenem Durdje 
meſſer und vor’ einerlen Glaſe aufjteigt, verhalten 
fh umgefehrt wie die Durchmeffer der Haarröhren. 
Denn in einem Haarröhrchen, daß noch einmal fo 
weit ift, als ein anderes, müßte die Fluͤſſigkeit vier⸗ 
mal niedriger ftehen, weil fie viermal fo viel Gewicht 
bat ($. 155.); da aber das noch einmal fo: weite 
Haarröhrchen auch noch einmal fo viel Berührungss 
puncte hat, die Cohäfiom von einerlen Körper aber 
- den Berührungspuncten proportionirt ift (9. 149. ), 
fo müßte die Slüffigfeit: deswegen in diefem noch ein= 
mal fo meiten Haarröhrchen auch noch einmal fo hoch 
fteigen, als in dem engern. Die Höhen einer flüffi- 
gen Materie in den Haarröhrchen find folchergeftalt 
in einem zufammengefegten Vert ältniffe aus dem ge: 
raden der Diameter und dem migefehrten der Qua: 
drate der Diameter; fie verhalten ſich folglich verfehrt 


wie Die Diameter. 
Geſetzt, 


Grundſtoff u. Form d Körp- u. ihrer Cohaͤr. 107. 


Geſetzt, ed fen ein Haarroͤhrchen A, deſſen Durchmefler = 1, 
und ein anderes B, deflen Durchmeſſer = 2 ift, fo fellte, 
weil das Gewicht die Urſach des verbinderren weitern Aufs 

-fleigens der Flüffigfeit in Haarröhren it, und der Aus 
balt der Eolinder ſich verhält. wie das Product ans dem 
Quadrate der Durchmefler der Grundflächen in die Höhen, 
um afeıhes Gewicht der aufgeftiegenen Eäule zu — 
die Hoͤbe 
1) in A zu der in B fenn == 22:1? = 431 | 
Werl aber die Peripherie von A zu der von B fih verbäft 
wie die Durchmeſſer; auch ferner die aröfere Peripherie 
mebr Berührunaspuncte darbietet, und die Eohäfion zwi⸗ 
ſchen einerlev Körpern ſich verhält wie die Menge der Be 
rührungöpuncre : fo follte die Höhe 


2) in A zu der inBfenn = ıta. 
Wir haben alfo ein zufammengefehtes Berhäftniß, wovon 
wir die Blieder multipliciren müflen , um ein einfaches iu 
galten. - iſt pl die. Höhe * 

: 4.: 1 un 


AIEEERURRLTE * 
fall nA: B = Z=2:135 dies ft umge 


Teer wie die Durdmeher. 


6. 160. Wenn man jmen — reine Glas⸗ 
ſtreifen unter einem ſpitzigen Winkel uͤber einander 
ſetzt, und einen Tropfen duͤnnes Oehl, Waſſer oder 
Weingeiſt, kurz, eine Fluͤſſigkeit, die mit dem Glaſe 
zuſammenhaͤngt, und feine merkliche Viſcoſitaͤt hat, 
fo dazwiſchen bringt, daß der Tropfen beyde Glasplat⸗ 
ten beruͤhrt, ſo wird er ſich mit beſchleunigter Ge— 
ſchwindigkeit nach dem Winkel beyder Glasplatten hin 
bewegen. Eben dies widerfährt auch einem Queckſil— 
bertropfen zwiſchen zwey reguliniſchen Zinnplatten. 


Wird der Tropfen k( Fig. 18.) ziwifchen die beyden Platten AC. 
und BC gebracht, die unter dem fpißen Winkel ACB über 

— „einander geßellt find, und mit denen er zufanımenbängt, 
—* wird er die Figur defg aunehmen muͤſſen. Weil nun 
der Zropfen k anegen die beyden Platten AC und BC die 

Kraft der Cobaͤrenz äußert , die Wirkung einer jeden Kraft 
aber nab der endiculärlinte geſchieht (ſ. 95.) fo 
muß auch der MWaflertropfen mit der Kraft km ın die 
obere, und mit der Kraft kn in die untere wırfen. Da 

num bepbe Kräfte einen Winfel,mkn einfchliefen, fo wird 

der Zropfen durch die Diagonallinie KC getrieben werden. 

Ge 


03 1 Theil. 2. Hauptſtuͤck. Bon den 


Je näher er aber nah C fommt deſto platter und breiter 
wird er; folglid defto mehr wırd die Menge der Beruͤh⸗ 
rungspuncte vermehrt werben. Die Kraft der Cohaͤrenz 
wird alfo um fo färfer wirken, und daber die Bewegung 
nach der Direction kC beftä ndig vermehren. 


. 161. Wenn man jwen reine Glastafeln un⸗ 
ter einem fpißigen Winfel an einander feßt, und beyde 
vertical in Waſſer oder eine andere Flüſſigkeit ftellt, 
Die auf dem Glaſe zerfließt, fo wird diefe zwifchen 
dem Winfe! bender Platten in die Höhe ſteigen, und 
ber Rand der aufgeftiegenen Slüffigfeit wird eine Hy: 
perbel bilden. 


Wenn man zwen Glarplatten ANG (Fig. 19.) und ECB mit 
der einen Kante A und B fo an einander fügt, dag fie mit 
der vordern DG und EC von einander abftehen, und den 
ſpitzen Winfel GBC bilden, fo wird, wenn man fic vers 
tical in Waſſer hält, dies in dem Winkel in die Hoͤhe 
Be und die Figur imfg annehmen. Denn weil man 

ch zwiſchen beyden Matten lauter Haarröhrchen denken 
kann, die deſto enger find, je naͤher fie nach AB zu ſte⸗ 
hen, fo wird, nach dem Geſetze ver Haarroöhren, daß 
Waſſer um deſto hoͤher ſtetgen, je kleiner der Abſtand bey⸗ 
der Platten wird. Darch richtige Ausmeſſung hat man 
gefunden, ——— eine Hyperbel ſey, deren Aſympto⸗ 
ten AB und BC find. Denn Bp verhaͤlt ſich zu Bn, wie 
ber Abftaud der Glasplatten qp zu on; ed ıft aber die 
2. mn zu der fp in umgefebrtem Verhältniſſe der Abs 

ände der Marten an dreien Orten, oder wie Bp zu Ba, 
Solalich wird auch Bp X fp= Ba X nın feyu, und 
alfo die Eigenfchafr einer Hppirbel haben, 

Mufchenbroek introd. ad philof. nat, f, 1062. 


6. 162. Wenn man eine Feine hohle Glaskugel 
auf das Waſſer in einem Trinfglafe fest, fo wird fie 
in. der Mitte der Waflerfläche ruhig bleiben. So 
wie fie aber der Wand des Gefäßes nahe fommt, fo 
wird fie fich mic befchleunigter Geſchwindigkeit nad) 
berfelden hin bewegen. Eben fo bewegt fie ſich auch 
von der Mitte des Waffers gegen’den Finger, oder: 
einen andern Körper, den man ins Waſſer ſteckt, 

und 


* 


Erundftoff. u. Form d. Koͤrp. u. ihre Eohär. 103 


und der davon naf wird; und zwey Glaskuͤgelchen 
bewegen fich mit befchleumigter Geſchwindigkeit gegen 
einander, wenn fie auf der Mitte des Waſſers ſchwim⸗ 
men, und einander nahe gehug fommen. Auch diefe 
Phänomene folgen aus der Cohäfion: bey der unmite 
telbaren Berührung, umd mir brauchen auch dazu 
‚Kine anziehende Kraft, die in der Entfernung fehon 
wirkſam waͤre. 


Es befinde ſich ein hohles Glaskuͤgelchen G ( Fig. 20.) auf der 
Mitte der Waflerfläche ef des Gefaͤbes ABCD. Es wird/ 
ob es gleich darauf ſchwimmt, ſich doch nach byproftatiichen 
Geſetzen darein bis zu einer gewiſſen Diefe einfenten. Das 
Waſſer, das damit cobaͤrirt, wırd daran, wie in g und hr 
und fo rund berum , fidy erheben, mund einen fleinen Wafs 
ferberg um das Kügelchen bilden. Da nun das MWafler im 

und h, und fo um das Ganze herum, aleich hoc ſteht 

A wird es auch daflelbe nah allen Puncten gleich far 
sieben, und die entgegengefekten gleich großen Kräfte 
werden ſich wechſelſeitig aufheben, folglich keine Bewer 
aung berporbringen. u 
So wie aber das Kuͤgelchen der Wand tes Gefaͤßes näher 
Iommt, 3. B. der Wand A, und ſich num in H befindet, 
fo wird der an der Wand A in e aufgeftiegene Waſſerberg 
mit den am Kuͤgelchen auf der Geite in’k befindlichen zus 
fammenflichen, umd das Waſſer wird folglich auf diefer 
Seite au dem Kuͤgelchen und zwiſchen ter Wand wieder 
Höher feinen. Da,mah dem Puncte des Kuͤgelcheus zu; 
der der Wand A am nächiten ift, das aufgeftiegene MWafler 
anf beyden Seiten um deſto höber treten muß, weil dee 
Abſtand von der Mund da am fleinften ift, (mie vorber 
C$ 161.) bev den Blasplatten ) , fo wird, wegen des Zus 
———— dieſer Waſſerberge auf beyden Seiten des 
nagelchens zunaͤchſt der Wand, und des Auhaͤugens des 
Waſſers an das leicht bewegliche Kuͤgelchen, dieſes von 
“OO amen Kraͤften getrieben werden, die einen Winkel ein⸗ 
fblıegen , und fih nah der Diagonale bender Richtungen, 
Das if, nah der Wand zu, beiveaen, “Ge näher das His 
gelchen der Wand, fommt, deito höher wird das Waſſer 
an ihm and der Wind in die Höhe ſteigen, weil der Abs 
fand bepder nun immer fleiner, wird. Je böber aber daß 
SDoaſer an der Kugel binaufiteigt, deſto aröfer wird die 
Anzahl der Berährungspuncte zwiſchen ihr und dem Waſſer. 
Da nun ſolchergeſtalt die Cohaͤrenz des Waſſers von der 
Seite k ftärker wirft, als auf der Geite I, fo wird das 
Küaeldbem. ſich nah, der Geite k beivcaen, umd zwar um | 

deſto fchmeller, je näher es nah A-fommt,. 

Eben 


os 


104 1. heil. 2. Hauptftüc. Bon den 


Eben diefe Mewandtnif bat es nun aud, wenn mani 
der Nähe dee Kuͤgelchens den Finger ins Maffer ſteckt ; 
-. denn das Waller wird an diefem auch in dıe Hobe ſteigen, 
wie an der Wand des Gefäßen, und diefelbige Urfah Bes 
mweguna-des Kugelchens hervorbringen, die es gegen bie 
Wand zu bewegt. | 

Weit ferner das Waſſer Härter mit dem Glaſe und dem 
Finaer infammenpänat, als unter fich, to wird das Kü⸗— 
gelben Dem Zuae des Fingers tolaen, an dem.das Wafler 
gewiſſer Maaßen, ſo wie an den Kügelben , Flebt. 

Aus dem Angefuͤhrten wırd man nun leicht einfeben, warum 
wen Kıitaeld.en, dıe vom Naude des Betäfes entfernt in 
die Mitte des Muflers gelegt werden, fich genen einander 
bewegen, wenn fie einander nahe genug gefommen find. 


4. 163. Wenn ein Gefäß mit einer Flüffigfeit, 
bie fonft damit. cohärirt, uͤbervoll angefüllt wird, fo 
wird fie aus derfelben Urſach, warum. eine Slüffig- 
keit für ſich allein Tropfen bilder ($. 140. ), eine con⸗ 
dere Oberfläche erhalten, die defto mehr der ſphaͤri⸗ 
ſchen Geftalt nahe fommt, je Heiner der Durchmeffer 
des Gefäßes if. Es iſt Bier ganz fo wie mit den 
Oberflächen der Fluͤſſigkeiten in Gefäßen, die damit 
nicht cohäriren ($. 152.). Legt man nun ein hohles 
Glaskuͤgelchen auf ein mit Waſſer uͤbervoll gefülltes 
Glas, fo wird es fi) von dem converen Rande weg 
nach der Mitte zu bewegen. 


Geſetzt, es befinde fib ein hohles Glaskuͤgelchen G 
(Fa. 31.) auf der converen Fläche AC des aaa im 
dem damit uͤbervoll annefüllten Gefaͤße ABCD, wird 
ib, wenn es am Rande A ftebt, aur Seite 1 weniger 
Maffer erheben, als in k, weil der Winkel in k zwiſchen 
dem Mıfler und dem Kuͤgelchen fpiger iſt, als inl. Es 
wird ſich alio weaen der ſtätkern Eobären, in k nıdb k 
au vom Runde abwärts bewesen, bis fib in der Mırte 
— Flaͤche um das Kuͤgelchen herum das Waſſer gleich hoch 

efiadet. 


$. 164. Wenn eine Fluͤſſigkeit aus einem Ge⸗ 
faͤße, womit ſie ſtaͤrker cohaͤrirt, als unter ſich, und 
welches keinen nach außen umgelegten Rand hat, in 
W der 





Srundftoff. u. Form. d.Rärp. u. ihrer Cohaͤr. 105 


der geneigten Lage deſſelben ausgegoſſen wird, fo: läuft 
fie üngs der Wand des Gefäfes auswendig hinab, 


ohngeachtet fie Durch Die Schwere nach der fenfrechten. 


Richtung berabgetrieben werden follte. Sie wird 
nämlich jeßt durch zwey Kräfte zu gleicher Zeit affi⸗ 


tirt, die ber. Cohaͤrenz und der Schwere, und muß 


eine mittlere Bewegung. dadurch erhalten, Tfäffige 
feiten hingeger, die mit dem Gefäße nicht cohätiren, 
laufen auch, beym Ausgießen in der geneigten fage des 
Gefaͤßes nicht fange der Wand’ deffelben ausivendig 
berab. Im gemeinen leben giebt mar, des erftern 
Zufalles wegen, den zum Ausgießen der Fluͤſſigkeiten 
beftimmten Gefäßen‘ entweder einer umgebogenen 
Rand, oder Einfchnirte und Ausgüffe, um bavdıff) 
die Richtung oder Menge der Berährungspuncte, 
und jo die Stärfe ber Cohoͤrenz, zu vermindern. 


“ Beofpice: Waſſer Hieft an der Wand eines vollen Trinkaloſes 
beum-Meigen deſſelben herab; Quedütber an der Wand 
eines zinnernen Gefaͤßes. 


Waſſer fließt an der mit Fett beftrichenen. — mit Bar⸗ 
larpſaamen beſtreuten — eines Glaſes nicht herab. 
Queckſilber fließt an der Wand einer Reinernen Schaale 
beum Ausgießen nicht berab. 

€s ſey AB (Fig. 22.) ein mit Waſſer gefülltes Stat, 
das in die geneigte Lage gebracht worden ift, fo wird bee 
Tropfen a zwar dur die Schwere in der Dirscrion ac 
gerrieben werden, aber die Eobäreny deflelben mit dem 
Blafe wird nach der auf der Wand fenfrecht ſtehenden 
MWirfuna ihn nach der Direstion ab zu ziehbenz er wird 
alfo nach der Richtung der Diagonallinie ae getrieben werz 
den; dies wird vom allen nachfolgenden Tropfen gelten, 
und fie werden, wenn fie unmitrelbar hinter einander folgeng 
einen Waſſerſtrahl länge der Wand des Gefaͤßes ae machen. 
Wenn zu viet Wafler auf einmal anusgegoſſen wird, fo il 
Das Gewicht Weflrkrabie ı viel ärößer, als die Summe 
der Cobaͤſtonskraͤfte in den berübrenden Teilen, und dann 
faͤlt der — enkrecht herab. Dies. erfolgt andy, 
wenn das Gefäß horizontal gehalten wird. Alsdaun wird 
die Richtung , nach der die Cohaͤrenz auf das Gefaͤß wirft, 


der der Schwere gerade entgegengeieht, und das — ” 


* 


— 


#86 1. Shell. 2. Hauptſtuͤck. Von den 

muß der Wirfung der größern Kraft folgen, Eben dies i 
auch der Fall, wenn der Tropfen in dem Purncre e ift. 
wird nun nach der Direction ed durch die Eobärenz gegen 
das Geläh, und nach ef dur die Schwere getrieben; 
beyde Kräfte find fich entgegengeſetzt; und es fommt nun 
darauf an, welche Kraft die gentene ift, die bewegende 
Kraft der Schwere, d. b., das Gewicht des Maflertropfens, 
oder bie Cebäreag dejielben mit dem Blafe, In das erftere, 
fo fällt er herab; iſt das letztere, fo "bleibt er hängen. 
Wenn der Waſſerſtrahl fehr gefchwind am Glaſe herunter 
läuft, fo erbält er durch, den Fall eine Gefchwindigfeit 
und die Kraft, nach der Dircetion aei ſich fortzubemegen; 
Da.er aber. durch die Schwere zu gleicher Zeit, während 
er nach ei zu geben fortfahren will, nad ef herabgetrieben 
wird, fo durdlänft er ek, und die gelse wird lehren/ 
daß dies eine parabolifche Linie ſeyn muͤſſe. - 


8 165. Wenn aus dee Mündung einer engen 
Möhre, die etwa eine halbe finie im Durchmeffer 
hat, ein Waſſerſtrahl ſenkrecht hervorſpringt, und 
es wird derfelbe zue Seite mit einem cylindriſchen 
Körper berührt, ‚ber: von der Natur ift, daß das 
Waſſer auf ihm zerfließt; fo wird er ſich um den cy⸗ 
Iindrifchen Körper herum ‚bewegen, und herabfallen. 
Dies gift von jeder Flüſſigkeit, die mit dem eylindri⸗ 
fchen Körper ftärfer zufammenhängt, als unter fi), 
Eben fo wird aud) das Waffer aus einer fenfrechten 
Möhre, die nicht fehr meit, und von der Natur ift, 
daß das Wafler darauf zerflieft, wenn die Müns 
dung der Röhre fchief abgefchnitten ift, nicht in der 
fenfrechten, fondern in einer, geneigten Richtung herz 
porfpringen. Dieſe Wirfung wird weder im erften, 
noch im andern alle erfolgen, wenn die Mündung 
ber Röhre fehr meit iſt. Flüffigfeiten, die im erften 
Kalle nicht mit dem cylindrifchen Körper, und im 
zweyten nicht mit der Materie der Möhre ftärfer zu⸗ 
fammenhängen, als unter. ſich, werden jene Erfcheis 

J nungen 


\ 


Gtundſtoff. u. Form. d. Körp. u. ihrer Cohaͤr. 107 


nungen nicht zeigen, wenn auch die Mündung der 
Röhre fehr enge ift. 


Es ſpringe ( Fig. 23.) das Waſſer aus der engen Mündung b 
der Nöhre ab in der fenfrechten Rıchtung bek bervory 
wud es werde der Waſſerſtrahl in e mit einem vanden glär 
fernen, metallenen, oder hoͤlzernen Stabe berußdst, fo. 
wird der Strahl gleich ſeine Richtung am Beruͤdrungs— 
puncte ändern, um den Stab berum nach d, und veiter 
nab unten zu gehen, umd von e berab im der Richtung 
ef fallen. Jeder ven Erab berübhrende Tropfen ſtrebt 
dur die Kraft des Druds, die ibn nah oben zu treibe 

Fra..24.), nach gk zu gehen; die GCobären; mit dem 

tabe aber macht, daß -er jenfrecht darauf angezogen 
wird, alſo mach der Richtung ge wirft; er wırd daber von 
zwey Kräften getrieben, zk und ge, und die Diagonale 
ze durchlaufen. » Da aber die Kraft der Cohaͤrenz ge fterig 
‚wirft, fo wird er: alle Augenblicke von der Richtang der 
Zangente sk abgelenkt werden, folglich eine krumme Linie 
um den Stab berum befchreiben, wo die Cohärenz nad 
der Richtung ge die Gentripetalfraft, und der Sprung in 
der Linie gk die Tangentialkraft it. Durch die Wırfung 
der Schwere wird zwar diefe Tangentialkraft beym Dinabs 
ſteigen des Strahls anf dem linten Halbkreiſe befördert, 
aber auch. wieder unten dadurch geſchwaͤcht; die Tropfen 
werden alfp nuten langfamer bewegt werden, wenn fie 
wieder der Richtung der Echwere entgegen in die Höhe 
Reigen follen , fi folglich wegen des fchnelern Nachfol⸗ 

en$ der folacnden anhäufen, und durc das vergrößerte . 

wicht die Stärke der Eohärenz genen den Stab zu übers‘ 
winden , und folchergeftalt berabfallen. F 

Es ſey ad (Fig. 25.) eine enge glaͤſerne Raͤhre, die in 
de eine ſchiefe Muͤndung hat, und es werde daraus dag 
Waſſer nab der Richtung cf zu fpringen genoͤthigt. Go 
wie das Waller die fhiefe Muͤndung erreicht, fo wird es 
nun nob auf der einen Geite die Kraft der Cohärenz im 
der Richtung cz äußern fünnen, aber aub nun von zwen 
Kräften aetrieben werden, die einen Winfel gef einfchließen, 
Es muß ſich folglih nach der Diagonale dk bewegen. 

Iſt der Waſſerſtrahl zu ſtark, fo ift die bewegende Kraft 
deflelben zu areß, fo daß die Kraft der Eohärenz des 
Waflers und des Gefaͤßes in beyden Fallen ganz dagegen 
verſchwindet. 

Hamberger elem. phyſ. $. 168. 


$. 166. Aus den bisher vorgetragenen Saͤtzen 
von der Kraft der Cohaͤrenz zwiſchen feſten und fluͤſſi⸗ 
gen Körpern, und der Erfcheinung der Haarröhrchen, 
laͤßt 


iog 1.8heil. 3. Hauptſtuͤck. Bon den 

aͤßt fich num auch erffären, warum das Waſſer und 
andere Stüffigfeiten in Materien, deren Gewebe jarte 
Zwiſchenraͤume und Nöhrchen bildet, und die damit 
ftärfer zufammenhängen, als Die Theile der Flüffig: 
feit unter ſich thun, z. B. in Söfchparier, Schwamm, 
feinmwand, Zucker, geballrer Aſche, Dochten u. dergl., 
aufſteigt. Ingleichen läßt ſich auch daraus das 
Durchfließen ſolcher Fluͤſſigkeiten durch allerley Seihe⸗ 
werkzeuge, als oͤſchvapier, feinwand, Zwillig, Filz, 
u. dergl., erklaͤren. Alles, was eine Fluͤſſigkeit hindert, 
in einer Haarroͤhre einer Materie aufzuſteigen, verz 
hindert auch das Durchfließen durch dergleichen Körs 
per. So fließt Oehl nicht durch Köfchpapier, das mit 
Waffır befeuchter iſt; Duedfilber nicht durch Flor 
und Leinwand, wenn fein Drucd nicht zu groß iſt. 
Endlich jo läßt fi) auch daraus erflären, warum 
Salz oder Galzfolutionen in nicht ganz damit vollges 
fuͤllten glafernen Enlindern beym unmerflihen Abduns 
fen über den Rand des Glaſes fteigen koͤnnen. 


$. 167. Fluͤſſigkeiten, die mit einem feften Koͤr⸗ 
per nicht fo ſtark zufammenhängen, als es ihre Theile 
unter ſich thun, fleigen in den aus dem feften Körper 
gemachten Haatröhren nicht in die Höhe, fondern 
ſtehen, wenn man diefe letztern darein eintaucht, im 
dem Haarröhrchen tiefer als auswendig. | 


Bepfpiele: Qucdfilber, geichmolzenes Bley, Zinn u. deral. 
| ſteht im eınem aldiernen Haarroͤhrchen, das hineingetaucht 
wırd , tiefer, als auswendig uinber. y 


1) Da das. Quedfilber mit dem Slaſe nicht zufammenbännk 
fo fann ed auch in dem daraus verfertisten Haarröhrchen 
nicht aufſtergen. Aber warum ſteht es darin tiefer, ala 
auswendig, wenn das Haarröhrchen ins Quedfilber — 

wir 


Grurdſtoff· u. Form, d-Rdep-u ihrer Cohar 209 


BIN 26 .) das Haarröhrchen ab in das Queck⸗ 
. „wie, defien Dberfläbe in gf des Ges 

fo ſellte das Queditiber, nach bys 
— ee darin ‚fo hoch fieben als ausmwens 




























— nicht eher ins Haarroͤhrchen bineindrinaen, 
+ ie getrennt ſind. Da die Theilchen des 
Ruedi — nicht zerfließen, ‚fo,fann die Cor 
d Queckſilber dieſe Trennung nıcht 
E ein Druck des amgebenden Queck⸗ 
kan En diefen..Zufammenbang der Theile 
ubeben. Es muß alio der Drud des 
3 8 kg oder IF um das Haarroͤhrchen 
zen I“ werden, tm die in das Haarrbhrcheun 
aben Theilh n. des Quedfilbers von einander zu 
nicht nich noch die Wirkung verrich⸗ 
iber im Haarröhrchen bis zur Hübe f zu 
und es bleibt alfo nur däffelbe bis zur Höhe kl im 
dbrcben ftchen. Es folgt hieraus, dag immer gleicy 
— der Hoͤhe des Quedlilbers im Haarıöbrcen eblea 


si Ber ee man (6 tiefsuntergeraucht werden, als. es will. 

2 a, a. D.in den Disf. phyſ. - experim. S. 303, 
3— Haarroͤhrchen iſt, deſto tiefer ſteht 
— * tan —5* — wird , darin, 


—— un die Hoͤhe des Quedfilbers außer dens 
die in —— umgekehrt, wie die 


Haarroͤhrche 

— daß de Erklaͤrung, welche Hamber⸗ 
ſcheinung aufuͤhrt, (Ca. a. D. ©. 131.) 

4J ir befriedigt Ich will daber eine andere verfirchen. 
ch vorftellen, daß das Quedfilber rund um 

— ac — herum aus lauter Säulen beſtehe, die 
r des Haarröhrchens baben, und die alfo 
ber Höhe mit einander im Gleichgewichte find, 
Me. ver vorigen Anmerkung Angefuͤhrten num iſt 
J nnung der Quecſilbertheilchen, die in das Haar⸗ 

















„kl £5 —F 6.) liegende Schicht bewirkt wırdy 

die icbt nennen wollen, und die wir 
— Grundfäde mit der im Haarroͤhrchen 

eo Je Meiner aun der Durchmefler des 


chens ift, deito Fleiner wird die Gıundfläde der 
erenen Duedfilberfäule ſeyn; folglich defto höher 


24 es m Die äußere benachbarte Drud: Schicht von aleiher 
— n müfen, um durch einen gleichen Druck 


ein dem Zuſammenhange zu jertbeilen, der 
FE en beflelben in das Haarrobr hindert. ft 
ee er des Haarrohrs noch einmal so fein, fo 
dflaͤche viermal fleiner, folglich müßte die 

ee auswendiaen Drud : Schicht IF, fg, von gleicher 
5 che , viermal hoͤher feun, um ein gleiches Gewicht 
m Sehen: Aber bey dem halb fo großen Durchmefler — 

ie 


1 


s auffteigen ir ein Drud nöthig, der dur 


’ 


aber darin nur bis, jur Hohe kl, Das Queds _ 


yıo I. heil, 2. Hauptſtuͤck. Bon den. 
die Peripherie nur halb fo groß, folglich auch die Menge 
der zu trennenden Ducdffilbertheile halb fo groß fenn; die 
Trennung des Zuſammenhauges der legtern ift aber das 
tage des Aufſteigens, folglich müßte bier der Wider⸗ 
nd nur halb fo groß ſeyn, und das Duedfitter müßte 
durch gleihen Druck noch einmal fo bob bineindringen. 
Es wären diefemnad) die Hoͤhen des Queckſilbers auswens 
dig in einem zuſammengeſetzten Verhaͤltniſſe, nämlich 
des unigefebrten des Duadrats der Diameter und des ges 
raden der Diameter der Haarröhrdben > folglich erhielten 
fie ſich umgekehrt, wie die Diameter der Haarröhren- 
3) Hieraus folgt denn nun, daß, fo wie das Waſſer zwifchen 
wey unter einem fpißen Winfel ee Blastas 
ein, die vertical ins Waſſer geftellt werden, auffteigt, und 
eine Hoperbel bildet ($. 161.), dag Queckſilber zwifchen 
diefen im daſſelbe getauchten Glastafeln in der umgekehrten 
Etelluna eine Hnperbel bilden müffe, 
. Mufchenbroek intr. in philof. natural. f, 1062, Tab. 
XXVI. Fig. 13. 
$. 1608. Wenn ein leicht beweglicher Koͤrper auf 
einer Fluͤſſigkeit ſchwimmt, die daran nicht zerflieft, 
und die Slirffigfeit in einem Gefäße enthalten ift, das 
Davon naf wird, fo wird der Körper vom Rande des 
Gefäßes mit einer defto größern Geſchwindigkeit zur 
ruͤckgehen, je näher er dem Rande gebracht worden ift. 
Hält ınan, wenn der Körper in der Mitte ruhig liegt, 
einen andern Körper, der von ber Slüffigfeit naß 
wird, in der Mähe des fhwimmenden Körpers.hinein, 


fo wird der letztere fid) davon abwärts bewegen. 


Beyſpiel: Eine mit Fett beftrichene und mit Bärlappfaamen 
beitreute hohle gl ferne Kugel geht auf Waſſer in einem 
Blafe von der Wand zuruͤck, gegen die man fie geführt 
hat. Liegt fie im der Mitte ruhig, und taucht man dem 
Finger in der Nähe derfelben hinein, fo bewegt fie ſich 
vom Finger abwärts. Die Bewegung eines ſchweren Körs 
pers auf der fhiefen Ebene erklärt hier alles, wenn man 
zugleih ermwäat , daß das Wafler an der Wand des Blafes 
und am Finger höher ſteht, als weıter abwärts, 


6. 169. So wie die verfchiedenen ungleicharti: 
gen Körper nicht mit gleicher Kraft unter einander 
zufammenhängen ($. 147.), ſo zeigen auch die ver: 

| ſchie⸗ 


Geundſtoff. u Form d Koͤrp. u. ihrer Eohär. 111 


fhiedenen ungleichartigen Beſtandtheile der Körper 
felbft nicht eine gleich flarfe Anziehung unter einan⸗ 
der; und die Erfahrung fehrt, daß zwey verbundene 
und, zu ‚einem ſich gleichartigen Ganzen - vereinigte 
ungkeähartige Stoffe dadurch) getrennt "werden koͤn⸗ 
dien, wenn ein dritter: Stoff; dazu gefeßt wird, mit 
welchem einer von den beyden verbundenen ftärker 
Bet: als fie unter. fi ch. ſelbſt mſenmen 


6. 170. Man: — birfemnad an, daß zu 
einem aus zwey ungleichartigen Beſtandtheilen a und 
b zufammengefeßten Körper .C ein anderer Stoff d 
geſetzt werde, mit welchem a färfer zuſammenhoͤngt 
als mit b, fo wird ſich natürlicher. Weiſe a mit d ver⸗ 
einigen, und wenn dieſe Verbindung nun keine An⸗ 


gZiehung mehr mit b hat, fo wird b abgefchieden. 
a 5,9 — man zu einer es (EC) aus Weingeifte 
(a) Cd, w Waſſer (d), fo wırd das Harz abs 
u AR et man zu einer Auflöfung des arabis 
— — in Waſſer, Weingeiſt, fo wird das Gummi 
ieden. Bermufcht man die — ung der Ralferde in 
mıt_feuerbeftändigem Alfali, fo wird die 
- erfere getrennt. Durch Kupfer trennt. man das in Scheis 
bewafler aufgelöf’te Queckſilber, durch Kifen das in Schein 

Sewafler aufgelöf’te Kupfer. 

6. 171. Es mird alfo hier durch die ftärfer oben 
- fhtoächer wirfende Anziehung eine Trennung ungleich» 
artiger Theile ($; 111.) bewirkt, die vorher ein home; 
genes Ganzes ausmachten, und durch äußere Ges 
malt nicht getrennt werben fonnten, durch die man 


nur gleichartige Theile von einander abfondern Fann. 
K 172. Die Wirfung dieſer den Stoffen in- 


de Natur beywohnenden Kraft ver Anziehung, vers 
möge 


112 °° L Shell. 2. Hauptſtuck. Bon den 


möge welcher fich ungleichartige unter einander frärfer 
oder fchnächer anziehen, nennt man die chemifche 
Verwandiſchaft (Affınitas chemica), und mat 
Schreibt demjenigen Stoffe eine nähere oder jtäı fere 
Verwandtſchaft mit einem andern zw, ald mit einem 
dritten, der von jenem ſtaͤrker angezogen wird als 
von dieſem. en | X 

| $. 173. Man hat mehrere Arten — 
ſchaften unterſchieden, ohngeachtet es immer eine und 
eben diefelbe Kraft ft, die fie bewirkt, und vie fich 

hur nach der verfchiedenen individuellen Natur der 
Materie ftarfer oder ſchwaͤcher, und nad) Verſchie 

| denheit der Umftände in gewiſſen Abänderungen zeigen 
Sie laffen fich aber fammtlich auf drey Arten zuräg fe 
bringen. 2 


$. 174. Die erfte ift Verwandtſchaft der Zu⸗ 
fammenfegung oder die mifchende Verwandtſchaft 
(Affinitas mixtionis, compoßitionis, fynthetica), wenn 
zwey oder mehrere ungleichartige Stoffe fich zu einem 
neuen völlıg gleichartigen Ganzen vereinigen. 


Beyſpiele: Gummi und Wafler, 

Zuder und Wafler, 
Salz und Wafler, 
Maler und Weingeift, 
Debl und Wade, 
Geſchmolzenes Bley und Zinn, 

- Eitber und Scheidewaſſer, 

Kreide und Eifig, 
Silber und Schwefel, 
Silber nnd Gold, r 
®ilber, Gold und Kupfer ıc. 


$. 175. Hierher gehört auch die Aneignung | 
( Appropriatio ), wenn zwey ungleicharsige Stoffe, Die 
keine 


100 


Grundſtoff. u. Form. d, Körp. u. ihrer Cohaͤr. 113 


Feine zufanımenfeßende Verwandtſchaft gegen einander 
äußern, durch Hülfe einer dritten Subſtanz, ımd mit 
diefer zufammen, in Verbindung treten, und, ſch zu 
einem homogenen Ganzen vereinigen. 


Beyſpiele: Fettes DE + Waffen, Alkati. 
Schwefel, Waſſer, Alfch. 
Eben fo wenig, als diefe ineigmende Verwandtſchaft, iſt die ſo 
genannte vorbereitende als eine eigne Art der Verwandt⸗ 
ſchaft zu untericheiden. 


6. 176. 2) Die einfache Wahlverwandtfhaft 
(Afünitas electiva ſimplex) findet Statt, wenn zwey 
mit einander zu einem gleichartigen Ganzen vereinigte » 
ungleihartige Stoffe dur einen hinzukommenden 
dritten getrennt werden, der einen von den beyden 
verbundenen flärfer anzieht, als fie fich unter einandes 
“ enieheft, und wobey der andere abgejchieven wird 


Beyfpiele: 
Beride Zuſammenſetzung. 


Aatz. | were nu Neue Zutanmenftung 


Borige Zufammenfegumg: 
(Asun.) - 


Thonerde. Schwefelfäte, } Neue Zuſammenſetzung. 


 ı 


Gewachsalkali. 
Vorige Zuſammenſetzung. 
( Bleyglanz.) 


Bley. —— Neue Zuſammenſetzung. | 
$. 177. Bis feßt kennt man noch) fein allgemei- 
nes Geſetz, wornach dieſe Wahlverwandtſchaften 


geſchehen; dazu haben wir noch nicht Data genug 
geſam⸗ 


114 1. Theil. 2. Hauptſtuͤck. Von den 


geſammelt. — Die Temperatur kat ſehr viel Ein⸗ 
fluß auf die Grade der Verwandtſchaft. 
Von den Stufenleitern der einfachen Wahlverwandtſchaft. 

K. 178. 3) Die dritte Art der Verwandtſchaft 
ift die mebrfache Wahlverwandtſchaft (Affınitas 
duplex, multiplex), moben mehr als Eine neue Ber: 
| bindung ungfeichartiger Stoffe Statt findet, oder wenn 
zwey mit einander vereinigte Stoffe durch Hinzufunft 
zweyer andern, (die unter fid) verbunden, oder auch 
einzeln fenn fünnen ), vermdge der refpectiven Anzie— 
hung zu denfelben, getrennt werden, und wobey zwey 
neue Verbindungen entſtehen. 


eyſpiele: 
Beyſp Vorige — — 


(Glauberſalz) 


— en | 
— — Mineralalkali. Rene Bufany u 
enfeRum 
(Syps.) en Salzige Säure. f Rocjfalz. ) 


=— — — 





a —— 
Noriae Zuſammenchung. 
(Salzigſaure Ralferde.) 
Vorige Zuſammenſetzung. 


Pottaſche. ) 

— — Grwäcsalfali. R on 4 a 
(Glas, ) Riefelerde. aͤrmeſtoff. — 
J 179. Wenn eine Materie fih mit einer an— 

vn ſpecifiſch verfchiedenen oder ungleichartigen der- 

geftalt vereinigt, daß fie zufammen eine völlig gleich- 
artige Maſſe ausmachen, in der wir die Theile der 
einen von den Theilen der andern nicht mehr zu unter: 
ſcheiden vermögend find, fo nennt man Dies eine Aufis: 
fing (Solutio), 
$. 180. Hierben nennt man gemöhnlich denjent: 


ei von benden Stoffen, melcher durch feine Fluͤſſia— 
keit, 


Grundſtoff. u. Form. d. Koͤrp. u. ihrer Cohaͤr. 115 


keit, oder durch ſeine Schaͤrfe, oder durch ſeine 
Menge vorzuͤglich wirkſam zu ſeyn, und den andern 
in feine vermeinten Zwiſchenraͤume aufzunehmen 
ſcheint, das Ziunöfinsem''tel (Solvens, Menſtruum); 
den andern aber, der ſich mehr leidend zu verhalten 
ſcheint, den aufzuloͤſenden Koͤrper. Dieſer Unter— 
ſchied iſt aber in der Wirklichkeit nicht gegründet, fon- 
dern beyde Mlaterien verhalten ſich thaͤtig. Um des 
Sotachgebrauchs willen fann man ihn indeffen bey: 

bebalten. | | 2: 


$. 181. Bey jeder Auflöfung wird nicht bloß 
der Zufammenhang der Theile des aufzulöfenden Kor— 
pers aufgehoben, ſondern diefer wird jo mit dem Auf: 
löjungsmittel vereinigt, daß fie nun beyde zufammen 
eine Maſſe ausmachen, die fich völlig gleichartig ift, 
und in welcher man auch mit dem beften Vergroͤße— 
rungsglafe nicht mehr die ungleichartigen Theile, die 
fich aufgelöfer haben, von einander unterfcheiden Fann, 
Es muß alfo nothwendig eine wechfelfeitige Anziehung 
zwiſchen den Theilen des Auflöfungsmittels und des 
aufzuloͤſenden Körpers Statt finden, welche ſtaͤrker iſt, 
als die zwiſchen ihren reſpectiven gleichartigen Theilen 
ſelbſt; oder die Verwandtſchaft der ſich aufloͤſenden 
Körner muß größer ſeyn, als der Zuſamenhang ihrer 
gleichartigen Theile. 


$. 182. Zur vollffommenen Auflöfung fpecifiich 
verſchiedener Materien durch einander gehört, daß 
darın fein Theil der einen angetroffen wird, der nicht 
mit einem Theile der andern von ihr fpecififch unter: 


H 2 ſchiede⸗ 


116 7 Theil. 2 Hauptſtuͤck Won den 


ſchiedenen in derſelben Prodortion wie die Ganzen 
vereinigt wäre. Nun iſt offenbar, daß, fo lange die 
Theife einer. aufgelöf’ten Materie noch Kluͤmpchen find, 
nicht minder eine Auflöfung derfelben moͤglich fen," 
als die der groͤßern, ja daß diefe wirklich ſo fange fortz 
gehen muͤſſe, wenn die auflöfende Kraft bleibt, bis 
fein Theil mehr da ift, der nicht aus dem Auflöfungss 
mittel und der aufzulöfenden Materie in der ‘Propers 
tion, worin bende zu einander im Ganzen ſtehen, zu: 
fammengefegt wäre. Weil alſo in ſolchem Falle kein 
Theil von dem Volumen der Aufloͤſung ſeyn kann, 
der nicht einen Theil des aufloͤſenden Mittels enthielte, 
ſo muß dies als ein Continuum das Volumen ganz 
erfuͤllen; eben ſo, weil kein Theil eben deſſelben Vo— 
lums der Solution ſeyn kann, der nicht einen propors 
tionirlichen Theil der aufgelöf’ten Materie enthielte, 
fo muß auch diefer als ein Gontinuum den ganzen 
Kaum, den das Volumen der Miihung ausmacht, 
erfüllen. Wenn aber zwey Materien, und zwar jede 
derjelben ganz, einen und denfelben Raum erfüllen, 
fo durchdringen fie einander, und alfo ift eine vollfom; 
mene chemifche Auflöfung eine Durchdringung der 
Materie, die allerdinge eine vollendete Theilung ins 
Unendliche enthaͤlt. Ihre Unbegreiflichkeit iſt auf 
Rechnung der Unbegreiflichkeit der unendlichen Theil: 

barkeit eines jeden Continuums zu ſchreiben. 
$. 183. Nach den Principien der atomiſtiſchen 
Naturwiſſenſchaft würde es gar feine wahre Aufld: 
fung geben, fündern diefe wäre doch nur immer 
Trebeneinanderftellung der Heinften ; ungleichartigen 
Theile, 


Srundftoff. u. Form: d.Körp. u. ihrer Cohaͤr. 117 


Theile. Mach derfelben würden uͤberhaupt nur ge: 
mengte, nicht gemischte Körper ($. 113.) in der 
MWirflichfeit Statt finden. 


$. 184. Das Volumen zivener Körper, die ſich 
aufgefdf’t Haben, iſt gewoͤhnlich fleiner, als die Sum: 
me ıhrer Voluminum vor der Auflöfung. Geltencr 
erfüllt das neu entſtandene Gemiſch ein größeres Vo⸗ 
lum, als feine Beftandtheile vor der Auflöfung hatten. 
Bendes giebt, einen Beweis von der Abänderung, 
welche die amziehenden und abfioßenden Kräfte der 
Materien durch die wechſelſeitige Auflöfung erlitten 
haben. 
Bepmiel: 
1) Vor der Auflöfung erfüllen, ben 60° Fahrenh.: 
100 Br. Alfohol, vom eigenthuͤml. Gewichte = 0,825 , ein 
Bolumen = 100. | 


100 ®r. Wafler, vom eigenthuͤml. Gewichte = 1,000, ein 
Bolamen = 92,5. 


3) Nach der Auflbſung erfüllen, bey gleicher Temperatur : 


r 

200 Br. aus ⸗ se = N vom eigenthümilichen 
Gewichte = 0,93002 , ein Bolumen = 177141. 

Alfo Verminderung des Volums = 5,09. 

Io. Dacv, Hahn disſ de efhcacia mixtionis in mntandis cor- 
porum volaminibrs. L. B. 1751. 4. De denfitäte mixto- 
rum e metallis et’femimetallis facternm, auct, Chrift. 
Ehreg. Gellere, in den comwment. acad. petrop. T. XIII. 

. 382.7, tiber. in Crelfs neuem chem. Archiv B. VI. S. 318, 
e denhtate metallorum fecum permixtoruın, 'auct. 
Geo. Wolfg. Kraft, ebendafelbft T. XIV. p. 252., überf. 
ebendaf. ©. 323. Verſuche und Beobahtungen uber die 
ſpeciſiſche Echwere und die Anziehungsfraft verſchiedener 
Ealijarten, — von Rich. Rirwan, a. d. Engl. von C. Crell. 
Berlin und Stettin 1783. fl. 8. Anmerfungen ber die 
Bufprobe auf Zinn und Bley, von Arel Bergenftierna ; 
is den neuen ſchwed. AbbandlL 3.1. 1750, ©. 156. , überf. 
in Crells neueften iEurdedungen, Th. VIH. S. 162. Ders 
ſuche über die Aenderungen der Dichtigfeiten bey Vermi— 
ſchung don Alkohol und Wafler, von Hra.Gilpın, in Grens 
neuem Journ. der Phyſ. B. 11. ©. 365. fi. Verſuche über 
die 


118 I. Theil: 2. Hauptftüd. Bon den 


_ bie Nenderung des Volums und ber die Ferfprengung ber 
Gefäße, die ben der Krofkallifation der Salze Statt hat 
von Hrn. Dauquelin, ebendaf. B. III. ©. 8ı. ff. 


$. 185. Die durch Auflöfung entſtandene 
Subſtanz befißt andere Eigenfchaften und zeigt eine 
andere Natur, als die einzelnen Stoffe, woraus fie 
befteht, und ift num als eine neue, fpecififh davon 
verſchiedene, Materie arizufchen. 


$. 186. Zwen fefte Körper fönnen fich einander 
nicht auflöfen. Die Summe der Cohäfiensfräfte 
ihrer gleichartigen Theile ift größer als die Summe 
ihrer Verwandtſchaften. Schon in der ältern Chemie 
hatte man daher den Grundfaß? corpora non agunt, 
nih Auid.. Es muß alfo erft immer, menigftens bey 
Einem Körper, die Eohäfion feiner gleichartigen 
Theile in einem hohen Grade vermindert, d. h., er 
muß flüffig gemacht. werben, ehe eine Auflöfung vor 
ſich gehen fann. 
$. 187. Man unterfcheidet hiernach Aufloͤſun⸗ 
gen auf naſſem Wege (Solutiones humidae) und 
Auf oͤſungen auf troctenem (Solutiones ficcae). 
Den jenen iſt von den fich auflöfenden Subſtanzen 
wenigſtens Eine ſchon an und für ſich im tropfbar- 
fluͤſſigen Zuftande; ben ‚diefen hingegen find fie an 
und für ſich feft, und fie müffen erft durch) Schmelzen 
in den Zuftand der Fluͤſſigkeit verfegt werden, che fie 
ſich auflöfen koͤnnen. 
$. 188. Wenn ein fluͤſſiges Aufloͤſungsmittel von 
einem feſten aufzulöjenden Körper fo viel in fich ge- 
nommen hat, als es nur dabon auflöfen kann, fo 
fagt 


Grundſtoff. u. Form, d. Körp. u. ihrer Cohaͤr. 119 


faat man: es fen mefärtiat (faturatum). Die Vers 
wandtſchaft Des erfiern gegen die Theile des. letztern 
hat alsdann ihre Graͤnzen. Sehr oft ift diefe Sätti- 
gung nach Der verſchiedenen Temperatur auferordent; 
lich verſchieden. 

. 189. Wir merken hier noch den Unterſchied 
wiſchen par tieller und totaler Auf oͤimg Bey der, 
irſtern wird nicht die ganze Materie, ſondern nur der 
eine oder andere Beſtandtheil derfelben vom flüffigen 
Auflöfungsmittel in fi) genommen, mit Zurädlaf; 
fung der. uͤbrigen, gegen die das letztere Feine Ver— 
wandeihaft hat. So kann alſo auch) die Auflöfung 
zur Scheidung dienen. 


Ein Benfriel giebt die Scheidung des Soldes vom Silber durch 
die Mart. | 


6. 190. Wenn hierben der abgefhiedene Stoff, 
er fen einfach oder zuſammengeſetzt, bey der Tems 
peratur, wobey wir leben, die Aggregation der elaftı- 
ſchen Fluͤſſigkeit annimmt, oder luftförmig wird, fo: 
geht dann die Auflöfung mit Geraͤuſch und Aufichäus 
men vor fih, das man das Aufbraufen (Effer: 
vefcentia) nennt. 

$. 191. Weann der abgefchiedene Körper aus 
der Aufloͤſung als ein fefter Körper zum Vorſcheine 
fommt, fo nennt man es Niederſchlagungt, oder 
Fallung (Praecipitatio); der auf diefe Art abgefchie- 
dene Stoff heißt ein Niederſchlag f Praecipitatum)y 
und der Körper, der wegen feiner nähern Verwandt—⸗ 
Ihafr dem Niederſchlag bewirkt, das Faͤllungs nder 
Niedetſchiaguugemittel (Praecipitans). 


$. 192. 


no. Th. 2. Hrft Don den Grundſtoff. je 


$. 192. Die Niederfchlagungen gefchehen bald 
durch einfache Wahlverwandrfchaft, entweder for 
daß das Auflöfungsmirtel mit dem Foͤllungsmittel na? 
het verwandt ift,„als mit dem aufgelöf’ten Körper, 
und deshalb mit. jenem zuſammentritt und dieſen fah⸗ 
ren laͤßt; oder fo, daß der aufgeloͤſ'te Körper gegen 
das Fällungsmittel mehr Verwandtſchaft hat, als 
gegen fein voriges Aufldſungsmittel, und damit ein 
im letztern unaufloͤsliches Product bildet: bald durch 
eine Doppelte Wahlverwandtfhaft. | 

$. 193. Dieſemnach find die erhaltenen Nie⸗ 
derſchlaͤge aus einer und derſelbigen Aufloͤſung vers 
ſchieden, und man kann daher nach der Wahl des 
Faͤllungsmittels einen Körper ans einerley Aufloͤſungs⸗ 
mittel unter ſehr mannichfaltigen Geſtalten nieder⸗ 
ſchlagen. er 

& 194 Die Niederſchlagungen unterſcheidet 
man uͤbrigens auch, wie die Aufloͤſungen ($. 187.), 
in Niederſchlagungen auf naſſem Wege, und Nieder⸗ 
ſchlagungen auf troctenem Wege. 

4. 195. Alle Niederſchlagungen geſchehen durch 
Wahlverwandtſchaften, und es giebt im eigentlichen 
Sinne feine fo genannte freywillige Niederſchla⸗ 
gungen (Praecipitationes ſpontaneae, fpuriae). Das 
waͤren Wirkungen ohne Urſach. | 

Torb. Bergmann de PR — in feinen opuæc. 

phyf. ehemitis. Vol. 111. ©. 391. f. Des Herrn Guyton 

-ayjorveau’s allacmıeme theorertibe und practiſche Srund⸗ 

fäße der ebemiſchen Affiniär oder Wahlanziehung. A. dem 

Franz. von Dad. of. Veit, hera: saegeben von Sig. St. 


Hermbitädt. Berl 1794. 8: Greus yſtematiſches Handb. 
der Chemie. Th. IV. S. 144. fſ. 
Drits 





| 121 
a Er in . | 


Drittes Hauptflüd. 


Phaͤnomene der Schwere im 
Allgemeinen. 
q. 196. 

Jeder Koͤrper, welcher unterſtuͤtzt iſt, druͤckt auf die 
Unterfage, welche ihm unterſtuͤtzt, und fälle oder bes 
wegt fich, wenn die Unterſtuͤtzung weggenommen wird, 
in einer geraden finie nad) der Erde zu, ohne daß * 
eine aͤußere Urſach dabey ee ‚, melche diefe 
Bewegung hervorbraͤchte. 
4. 197. Dieſe Richtung zeigt einen Faden an, 
rostan ein Körper fren herabhaͤngt. _ Eine finie in die⸗ 
fer Richtung heißt eine lorhrechte, fenkrechte over 
verticale Linie. (‚Linea verticalis). Eine Ebene, 
worauf fie jenfrecht iſt, heißt eine wafjerrechte oder 
Syortzontalebene ( Planum horizontale); und eine 
gerade linie in dieſer Ebene gezogen, eine waſſerrech⸗ 
te oder Horizontallinie (Linea horizontalis). 
$. 198. Dieſes Beſtreben der Körper, in ſenk— | 
rechter kinte gegen den. Horizont fich von, felbft zu be: 
megen, menn fie nicht unterftüßt find, oder nach eben 
der finie die Unterlage, worauf fie ruhen, zu druͤ— 
den, heiße die Schwere (Gravitas). er 
$. 199. Daaufder Oberfläche einer Kugel feine 
andere Linie fenfrecht ficht, als diejenige, welche ver: 
laͤngert durch den Mittelpunct der Kugel gebt, jo müße 
wauch, wenn die Erde eine Fugelrunde Geſtalt hätte, 
N . bie 


* 


122 J. Theil. 3. Hauptftüc. 
bie Directionslinie der fallenden Körper verlängert 


gegen den Mittelpunct der Erde gehen. Da aber 


die Erde eigentlich Feine Kugel, fondern ein Sphaͤ⸗ 
roid it, fo geben zwar nicht alle Michtungen der 
Schwere durd) ihr Centrum, in der Praxis aber Föne 
nen wir ohne merflichen Sehfer hier die Erde als eine 
vollfommene Kugel, und wegen der großen Entfere 
nung des Centrums derſelben von der Oberfläche die 
Directionslinien „ver Schwere. benachbarter Körper 
auch als parallel anfehen. 

$. 200. Die Schmere ıft eine fletitg wirkende 
Kraft; denn wir nehmen ihre Wirfung, Druck und 
Fall der Körper, in jedem Augenblice der Beob⸗ 
achtung und ununterbrochen wahr . ; ı 


$. 201. Die Schwere ift eine Eigenfchaft aller 
irdifchen Körper, und durch fie wird erft die Der: 
bindung derfelben unter einander zu unſerm Erdballe 
möglich. Durch fie find aber auch große Weleförper 
felbft zu einem Syſteme verbinden. 
202. Die Erfahrung lehrt, daß die Schwe: 
re an einem und demfelbigen Orte in einem Körper 
immer viefelbige, und eben fo, daß ıhre Richtung 
an einem und demfelbigen Orte unveraͤnderlich iſt. 


$. 203. Die Wirfungen der Schwere erfolgen 
fo, mie fie durch die Wirfungen einer anziebenden 
ZA «ft des Erdkoͤrpers gegen die. einzelnen irdifchen 
Korper erfolgen würden. Auch lehren die Beobach— 
tungen der Aftronomie, daß die Wirkung der allge: 


| meinen Gravitation ſich umgekehrt verhaͤlt wie das 


Duas 


a 
* 


m. 


4 


4 


Phänomene der Schwere im Allgemeinen. 123 


Duadrat der Entfernung der Mittelpuncte ber gegen 
einander gräbitirenden Weltförper. ' 
$. 204. In fo fern'die bisher betrachteten Wir⸗ 
fungen der Eohafion und der Wahlverwandtfchaften 
von der anziehenden Kraft abhängen, die urfprüng> 
lich Die Materie conſtituiren hilft, fcheint es doch, 
dag wir die Echwerfraft, da fie nach ganz andern 
Geſetzen wirft, nicht für identifch mic diefer urfprüng> 
lihen Grundiraft der Materie halten Fönnen. Die 
in ber Entfernung wirkende Kraft der Schwere iſt 
keine nothwendige, mit dem Begriffe der Materie 
unzertrennlich verfnüpfte, Eigenſchaft; ja, die Erſchei⸗— 
nungen einiger Materien berechtigen uns, fie für voͤl⸗ 
tig fhwerlos zu halten. 
6. 205. In Anfehung der Urſach dieſer Kraft ha: 
‚ben fidy die Weltweiſen von je her fehr viel geftritten, 
und haben gar nichts gewonnen. Alle diejenigen, wel—⸗ 
che Die Schwere von den Wirkungen einer andern ſub⸗ 
tilen Materie ableiten, mie. Cartes, Huygens, 
Balfinger, Aragenftein, le Sage, fünnen bey als 
fen mechanischen Erffärungsarten, von der Urt und 
Seile der Bewegung diefer Materie, uns nicht be> 
friedigen; und immer bfeibt, außer andern Schwie— 
rigfeiten, dabey noch die Frage übrig: woher hat 
diefe ſchwermachende Materie ihre Kraft? Wir 
müffen eingeftehen, daß mir von der Schwere an 
fih, als Urſach des Phänomens der Gravitation, gar 
nichts wiſſen. Wir fehen hier nur das Phänomen, 
und die Urfach davon Tiegt außer unferer Erfahrung. 


Carteffi princip. pbilof. L. IV. prop. 19, 20. ff. Chriſt. Hu- 
genii disl. de caulla gravitâtis; in feinen operidus en 


24 I. Theil. 3. Hauptftück, 


T.L €. 9. #. De eauſſa gravitatis phvfica general 
disqnißtio ei.perimentalis, auet. (eo. Bernh. Bulfinger, 
Parif. 1728. 4. Rragenfteins Bo: fefungen ber dee Frpes 
rimentalpnfit. ©. 60. Lurrece newtonien, par Mr. /e 
Sage, in ben M&m. de I" acad. roy. des fc, de Berlin, 
annde 1782. ©. 404. fi. » 


8, 206. Die Erfahrumg lehrt uns, daß ver: 
ſchiedene ungleichartige Körper von einerlen Umfang 
nicht gleich ftarf nad) der Dichtung der Schwere dr: 
fen. Die Größe diefes Drucks, den ein Körper 
Aufiert, Heißt fein Gewichte (Pondus), Gewicht 
und Schwere müflen nicht mit einander verwechielt 
werden. Schwere iſt die beſchleunigende Kraft 
($. 80.), in fo fern fie auf jeden Theil der ſchweren 
Maſſe wirft; Gewicht aber ift die bewegende Kraft 
diefer fchweren Maffe, oder das Product aus der be: 
fehjleunigenden Kraft der Schwere durch die Quanti— 
tät der Davon afficirten Materie, oder durch die 
fehwere Maſſe ($. 80.). Hieraus folgt denn, daß 
bie befchleunigende Kraft der Schwere einer Maffe 
gleich fen dem Gewichte verfelben dividirt durch die 
ſchwere Maſſe. 


Wenn wir die beſchleunigende Kraft ber Schwere f und die 
Quantitaͤt der davon afficirten Materie M nennen, fo ift daß 
Gewicht der feßtern, oder P=f.M, wP:p=f;:M 


:f.m. fFeneiftf= Mm‘ 


An fo fern die Schwere eine ftefige Kraft it, und eine 
gleichfoͤrmig beichleunigte Bewegung hervorbringt und 
in fo fern alle Theile einer Mafle von der Schwere afflcire . 
werden, laſſen fich auch für die Befchleunigung ſchwerer 
M fen folgende Saͤtze annehmen: 

1) Das Probuct aus dem Gewichte (P, p) durch die Zeit 
(T, ce) iſt glei dem Producte der Maſſe (Mı m) au 
der Geſchwindigkeit (C, ©), oder PT = MC; und P 
:pe= MC: mo, 

2) Die Gewichte mit den Quadraten ber Zeiten multiplicirt 
find gleich den Maſſen mit den durchlaufenen Räumen ($, s,) 
mulnplicist, oder PI? = NS, und PT?:pt? = Möims. 

3) 


Phänomene der Schwere im Allgemeinen. 125 


Die 'e mir den Räumen mulriplicirt ſind gleich den 
Waffen mir der Quadraten dee Geibwindigfeiren multiplis 
cıt, oder PS = MC, und PS : ps = MC: : me*, 

$. 207. Da die Schwere allen gleichartigen 
Theilen eines ſchweren Körpers eingepflanzt ift, fo 
kann die befchleumigende Kraft an und für fich weder 
vermehrt, Noch vermindert werden, die Theile mögen 
Bereinigt oder von einander getrennt fenn; das Ges 
wicht hingegen Ändert fich nach dem Unterfchiede. der 
Duantität ver ſchweren Materie, woraus der Körper 

beſteht. Bi 
- Wenn wir die Quantität aller von der befchleunigenden Kraft 
der Schwere (£) afficirten Theile eines Körpers M nenneny 
und annehmen; daf ein Autbeil m von diefer Mafle wegr 
mmen wird, fo wird das übrige Gewihtp=Ff.IM 
— m) Heiner fepn ‚ale vorher P oder F. M war; die bes 
— Kraft ne. ** immer dieſelbige bleiben / 


-n) 


— — 


— m u "WE; a. 
$. 208. Wenn alle Materie ſchwer wäre, fo 
wären wir Berechtigt, anzunehmen, daß die Körper, 
welche mehr. Gewicht haben, auc mehr Materie ente _ 

hielten, oder dichter wären ($. 53.), und umgekehrt; 
und Maſſe ($. 49.) und Gewicht wären daher gleiche 
bedeutend. Wenn es aber nicht ſchwere Materie 
giebt, jo koͤnnen dichtere Körper nur in fo fern Loͤr⸗ 
per fehwererer Art, ſchwerartigere Koͤrper (Cor- 
pora fpecihce graviora), und lockere, Rörper leich⸗ 
terer Art, leichtartigere Rörpet ( Corpora fpecifice 
leviora) genannt werden, in mie fern jene bey einere 
len Bolum mehr, diefe aber- weniger fehwere Materie 
enthalten. Das Gericht zeigt alfo nicht die Quan— 
titär der Materie, jendern nur die Quantität der 

von der Schwere afficirten Materie an (9. 53- )- 

$. 209. 


126 1. Theil. 3. Haupiſtuͤck 


$. 200. Das Gewicht eines Körpers an. ſich, 
oder die Ponderofität deflelben, (wenn ich fo fagen 
darf), laͤßt fich nicht beftimmen, fondern nur Die 
. Verhälmiffe des Gewichts der Körper; und man 
muß daher, um anzugeben, welcher Körper ſchwere⸗ 
rer und welcher leichterer Art ſey, das Gewicht eines 
andern Koͤrpers zur Einheit machen. Im buͤrgerli— 
chen Seben nennt man die zur Einheit angenommene 
Größe des Druds eines Körpers felbft Gewichte, 
z. B. ein Gentner, eın Pfund, ein forh, u. deral, 
Der Druck eines ſchweren Körpers: gegen das, was 
ihn unterftüßt, überhaupt betrachtet, ohne Ruͤckſicht 
auf das Volum des’ Körpers, heißt fein abſolutes 
— (Pondus abſolutum). 

6. 210. Wenn man zwey Koͤrper in Anſehung 
ihres abſoluten Gewichts gegen: einander. vergleicht, 
und ein gewiſſes beftimmtes Volum zum Grunde ber 
Bergleihung feßt, oder ihre Volumina bey gleichem 
abfoluten Gewichte mir einander vergleicht; fo erhält 
man den Begriff von dem eigenehümlichen Gewichte 
(Pondus fpecificum), oder ber eitgentbümlichen 
Schwere (Gravitas fpeciica). Das eigenthümfiche 
Gewicht eines Körpers bezeichnet alfo das Verhältmf 
der Quantitaͤt der ſchweren Materie eines Körpers 
u einem andern, die in gleich großen Inbegriffen ent: 
halten find, 


-$.2ı1. Es fließen hieraus die Regeln: 

1) Zörper von einerley Oolum verhalten fich 
in ihrem eigenchümlichen Gewichte wie ib 
re abfoluten Gewichte. 

Den 


/ 


Phänomehe der Schwere im Allgemeinen. 127 


Nennen ir die Volumina ziweneriPörper V, v, ihre abfos 
(uten Gewichte P, p, und das fpecifiiche a 2, 2 
. und nehmen wir V=vj, ſo iſt 232 = P 

2) Roͤrper von einerley abſolu em — 
verhalten ſici· in ihr mſpecfiſchen Gewichte 
um kehrt wie ihre Volumina. 

BennP=p, fitZ;iz=v:V. 

3) Körper von ungleihem Bolum und ungfeichen 
abfoluten Gewichte verhalten ſich in ihrem ſpe⸗ 
cifiſchen Gewichte wie die Quotienten des abſo⸗ 
luten Gewichts durch die Volumina. 


Es iſt uͤberhaupt Ziz = Pr: pV = — ; m 
Sreyer Fall ſchwerer Körper. 

6. 212. Da die Schwere ununterbrochen und 
ftetig auf die Körper wirkt, fo viel wir aus Erfah: 
rung wahrnehmen fünnen ($. 200.), fo fann auch 
Die Bewegung , welche ein Körper durch die Schwere 
ben dem Salle erlangt, feine gleichförmige Bewegung 
fenn ($.72.), fondern der fallende Körper muß zu 
der erhaltenen Gefchmwindigfeit in jedem unendlich 
Heinen Zeittheile einen.Zufaß erhalten, und folglich 
mit einer in unendlich Fleinen Zeittheilen gleichförmig 
beichleunigren Bervegung ($. 72.) fallen. 

$. 213. Es faffen ſich alfo die oben (74 — 
9.) angeführten Säße von der gleichfoͤrmig befchleue 
nigten Bewegung der Körper auf den Fall der ſchwe⸗ 
ten Körper anwenden. Es folgt aus diefer Anwen: 
dung: 1) daß Die Räume, weiche ein ſchwerer 
— bey feinem freyen Falle in gleichen auf ein: 

ander folgenden Zeitelementen zuructlegt, ſich vers 
bauen 


⸗ 

428 > Theil. 3. Hauptſtuͤck. 
balten wie die ungeraden öablen vr, 3, 5, 7, 
u.f.f. (4. 78.)5 2) daß ſich die Räume, welche 
‚ein ſchwerer Aörper wom Anfange feiner Bewe⸗ 
Hung an, durch den freyen Fall surüclege, wie 
die Quadrate dit Zeiten, oder-der am Ende Des 
Salls erlangten Geſchwindigkeiten ($.’79.), und 
3) daß die Geſchwindigkeiten am Ende des Sal 
lens fich wie Die Quadratwurzeln det Räume ver: 
“Denn weil S% Fo Te: Cnach a) mb Tir= Orc, fo 
“muß auch C? ic? = S:l, und folglib Cie=yS: 
YT ieon. "Galılei bat dıefe Geſetze des freyen Anlıes (mes 


rer; Körper zuerit eutdeckt, die Theorie biervon entworfen, 
und durch Verſuche mit dem Falle auf der fchiefen Ebene 
zu betätigen geſucht. M. ſ. deſſen Dielogus'uie motu lo- 
cali, L. B. 1699, 4. I 

Niccioli ſuchte die Wahrheit der galileiſchen Edge mit 
feinem Gebülfen Grimalbdi dur unmittelbare Verſuche 
beitätigen. (M. f. Ricciofi almageftum novuam, L. M. 
Cap. ar. Pr. 24.)- Er lich Kugeln aus Kreide, die 3 Un⸗ 
zen wogen, durch genau gemeflene Höhen bey einem ges 
nauen Zeirmaafe: durch ein Pendul fallen, und er fand 


in o Sec. so Zertien 10 Zuß Crom.) Fallhoͤhe. 
3 5 . 


1 3 40 40 
2 8 -30 „3 907% 
3 ss 2a '"s 16 ; 
4 s 10 8 20 $ 
Berner 
n ı&ec. :s ss 15 # 
2 s co # 
3 9 s g 135 » 
4 $ . s 240 48 


Aber diefe Reſultate treffen ohngeachtet des Wiberftandes 
der Luft, auf welchen doch in der Theorie ſelbſt kelne Ruͤck⸗ 
fiht genommen worden it, fo genau mit. diefer pie m 
fammen, daß ſchon deshalb mir Recht Mißtrauen in bie 
Buverläfftafeit der Beobachtung geſetzt werden fann, 

Die vollfommenfte Heberjeugung gewähren die, mittels 
barer Weife durchs Pendul angeftellten , Verſuche, bie in 
der Zolge vorfommen werden. m. 


6. 214. Da die Directionslinie der fallenden 


Körper auf die Erdfugel, fenfrecht fteht ($. 199. ), 
ſo 


Phänomene der Schwere im Allgemeinen. 129 


fo kann aud) der Raum, den ein Körper ben dem Fal⸗ 
len durchläuft, durch die Perpendiculärlinie gemeffen 
werden, welche Dusch den. Mittelpunct der Erdfugel : 
gebt." - Diele: Perpendisulärlinie nennt man auch die 
Soͤhe der ‚fallenden Körper: Cie iſt daher der 
Raum, welchen ‚ein fallender „Körper. durchläuft. 
Da ſich ben dem Fallen, der Körper die Räume ver: 
halten wie Die Quadrate, der. Zeiten oder der Ger 
Ihmindigfeiten ($. 213.), fo werten fi ch auch die 
Hoͤhen fo verhalten muͤſſen. Wenn daher ein Koͤr⸗ 
per in der erſten Secunde durch eine gewiſſe Höhe ger 
fallen-ift, ſo wird er in zwey Secunden viermal, in 

drey Secunden neunmal ſo tief gefallen ſeyn. 
$e215, Die Erfahrung lehrt, daß ein. ſchwerer 
Körper bey feinem Falle in unfern Gegenden in der 
eriten Zeisfeeunde eine Höhe von 13,094662: parif, 
Suß ode 2173,63 pariſ. finien, oder 13,625 rhein⸗ 
ländifchen Zug = 15625 Tauſendtheilchen eines rhein⸗ 

aͤndiſchen Fußes durchlaufe. 

Dieſe Fallhoͤbe im der zur Beitelabeit genommenen Zeitfes 
rin bat — mittelbarer Weiſe durchs Pendul bes 
#inmt, — oſeillatorium. Paril. 1673. Bol. 


Pr. IV. 
De von 15625 iſt ı2 


$. 216. An einerley Ort find die beſchleunigen⸗ 

den Kräfte bey dem. frenen Falle der. ſchweren Koͤrs 
per einerlen, ihre ſchwere Maſſe mag ſeyn wie fie 
will. - Die Maſſe der fallenden Körper kann hier gar 
nichts zu ihrer Gefchwindigfeit ben dem freyen alle 
bentragen, wie es wohl fonft fheinen möchte. Nur 

‚ bey dem Falle in einem widerſtandleiſtenden Mittel, 
„B. in luft, Waſſer, u. dergl., wird freylich der 
g Koͤr⸗ 


130 | 1. Theil. 3. Haupiſtuck. 


Koͤrver, der bey gleichet Geſchwindigkeit weniger 
Maſſe, und alſo weniger Gewalt hat, einerley Wi—⸗ 
derſtand mit der geringen Kraft nicht uͤberwinden, 
den ein anderer mit groͤßerer Kraft uͤberwindet. Ein 
jeder wird hingegen zugeben, daß in einem freyen 
Mittel mehrere gleichartige Theile eines Körpers mit 
gleicher Geſchwindigkeit fallen. Warum follten fie 

es aber nicht thun, wenn fie einzeln, und nicht zu: 
fammen verbunden wären? Alle Kbrper, große und 
Heine, feichte und ſchwere, fallen alfo, ohne Einfluß 
ihrer Maffe, im freyen Mittel, gleich geſchwind. 

Diefer Gag folgt aus dem oben ($. 206.) ——— 


£f.m 


er } — F m BE — 
eier, wie oder M — 


Aber nur fuͤr einerley Ort ſindet dieſer Satz Statt, weil 
£ oder die beſchleunigende Kraft ſelbſt nach dem Acquatot 
u abs, und nach den Polen hin zunimmt, wie nachher 

| bemerkt werden wird. 


6. 217. Da fid) die Sehre von ber gleichförmig 
befchleunigten Bervegung auf den frenen Ball der Koͤr⸗ 
per anmenden läßt, fo folgt auch, daß eim ſchweret 
Körper, der durch Ben Fall einen gewiſſen Raum 
von feiner Ruhe an durchläuft, nach Verlauf eines 
Zeittheils Tr erlangt, mit der er, 
wenn die here nicht weiter auf ihn wirfte, in 
> er eben fo großen Zeit den doppelt fo großen Raum 

gleichförmig zurüclegen würde. | 

$. 218. Da fid) die Endgefchmwindigfeiten ſchwe⸗ 
rer fallender Körper verhalten wie die Quadratwur⸗ 
zeln der Räume ($. 213. 3.) oder der Höhen, fo 
werden die Räume, welche die fallenden Körper vers 
mitcelft ver Endgefchwindigfeiten in ber Zeiteinheit 
. für 





Phänomene der Schwere im Allgemeinen. 131 


für fich ſelbſt ohne Schwere zuruͤcklegen würden , die 
man aud) die zuc Fallhoͤhe gehörigen Geſchwindig⸗ 
kerren nennt, fih wie das Duplum der Quadrat; 


wurzeln der Kalthöhen verhalten, Zr 


Benn ein Körper im einer Beitfecunde 14,625 $. durchläuft, 
fo wird er am Enpe diefer Zeit eine Geſchwindigkeit haben, 
daß er in eben diefer Zeiteinheit einen Raum von 2.15 , 62€ 
= 31,259 Fuß fuͤr ſich felbit, ohne Echwere zuruͤciegen 
würde, ober die zu ſeiner Zallböbe aebörine Geſchwindig⸗ 
keit wird 31,350 Fuß ſeyu. Wenn nun ein anderer Khrs 

er 3 Eecunden fang fälr, fo wırd, (nach $.213. 1.), feine 
Uboͤhe 9. 15,625 == 1401625 Fuß fenn; amı Ende diefer 
dristen Secunde wird die zu feiner Fallboͤbe für die Zeit⸗ 


einbeit gehörige Geſchwiudigkeit ——— zu 93,750 


Faß ſeyn, oder er wuͤrde in:der Seiteinbeit, in Einer Se— 
cunde, wenn die Schwere nicht weiter auf ibn: wirkte, den 
Raum von 93,75 Fuß, und ın 3 Seennden den. Kaum von 
3.947500 = 2.140,60 = ayı,25 Fuß Aleichfoͤrmig aus 
södiesen. ‚Es. virbält ſich aber 31,250 : 93,750 = 
2 625: VE 2.2 375 — 2575 * 1 
sp 131450; . 31,250 = 31,250 ! 93,750, alſo wie 
a 


das Duplum der Quadratwurzeln der Fallböhen. 


$. 219. Man findet alſo die, zur Fallhoͤhe ger 

hoͤrige Geſchwindigkeit, wenn man das Duplum deg 

Raumes, den der Körper nach der Zeiteinheit zuruͤck⸗ 

gelegt hat, mit der Anzahl der verfloſſenen Zeitein⸗ 
heiten muftiplicirt, | 

Benn ein Körper ın der Zeiteinheit, in Einer Gecunde, 15,625 

i Fun faͤllt, ſo iſt die zu ferner Fallhöhe aebörige Gefchwins 

Diafeız 31,250 Fuß, und wenn er dren Zeiteinheiten, oder 

drey Eecunden fällt, fo iR diefe 93,75 = 3 . 31,250 Fuß. 


$. 220. Hieraus fließt ferner die kurze Regel 
zur Beſtimmung der zur Fallhoͤhe gehörigen Ge: 
ſchwindigkeiten, d. h., der Räume, welche die Körper 
nach dem Falle aus einer gewiſſen Höhe in der Zeite 
einheit gleichförmig zurüclegen würden, wenn Die 
Schwere nicht weiter auf fie wirfte: Man multipli- 
eire die gegebene Höhe des Falles mit dem in der Zeit: 
4a einheit 


J 


1323 1. Theil. 3. Hauptſtuͤck. 


einheit beſchriebenen Raume, und aus dem Producte 
ziehe man die Duadratwurzel; dieſe doppelt genome 
men, ift die zur Fallhoͤhe gehörige Geſchwindigkeit. 
Wenn wir die zur Fallpohe gehörige Geſchwindigkeit V und 
die Höhe 5 nennen, und ee Secunde zur Zeiteinheit 
nehmen, jo iſt 
V — 25C015,625. 5) - 250. VS. 
Wenn eintftörper 1000 heinlaͤndiſche Fuß hoch herabfiele, 
fo würde bie: dazu gebörige Geſchwindigkeit am Eure des 
Sales in der Zeiteinbeit, oder Einer Secunde, ſeyn — 
2 V (19,625 . 1000) = 2. 125 = 250 Fuß. 
Wenn alfo ein Körper eine Secunde lang, oder 15,625 
Fuß bob, und eim anderer 1009 Fuß hoch herabfällt, fo 
verhalten fib die zu dieſen Fallhoͤhen gehörigen Geſchwin⸗ 
digkeiten, Vi:v= 2 y (15,625 » 15.625) : 2 V (19,625. 
1000) = 2. 19,628 : 2. Vi56a5 = 2. 161626 : 
2.125 = 31,250: 250 = ı 28; oder es iHV:v—= 
250. V 15,625 : 250. Y 1000 == 250.125 : a50. 1000 
== 1:8, z 


6.221. Da die Größe ver Bewegung eines durch 
eine ftetige Kraft getriebenen Körpers wählt, fo wie 
die Gefchwindigfeit zunimmt, und. die Gewalt oder 
die Größe des Widerftandes aus Maffe und Ger 
ſchwindigkeit zuſammen ermeffen werben muß; fo iſt 
peiht einzufehen, daß die Gewalt fallender Körper 
‚während des Sallens beftandig zunehmen, und fid) 
überhaupt ben gleichen Maflen wie die Endgeſchwin— 
digkeit oder die Quadratwurzeln der Höhe verhalten 
muß. Ein Körper, der viermal fo hoch herabfällt, 
wird alfo noch einmal fo viel Gewalt haben, als ein 
‚anderer von eben dem Gewichte, und wenn er neun 
mal fo hoch herabfälle, dreymal fo viel Gewalt. 
Geſetzt, ein Körper fälr 19,625 Fuß boch herab, und ein au⸗ 

verer von eben dem Gewichte fällt 62,5 Fuß, fo verbalten 
ſich ihre Hoͤhen wie ı 24, und ihre Endaefbwindigfeiten 
wie rs. 625 : 62,5 ey 15625 : 1 62500 = 1257 
250 — 1:2, folalıh wie die FI: Y'45 oder wie Die 
Quadratwurzeln der Höhen. Da fit nun die Gewalt pers 


haͤlt wie die Endgefchwindigkeit, fo wird fie fich auch mie 
Die 


Phänomene der Schwere im Allsemeinen 133 


bie Quadratwurzel der Höbe verhalten muͤſſen, wenn die 
Gewichte oder die ſchweren Maflen aleich find. 


| $. 222. Wenn zmen Körper von verfchiedenen 
Hoͤhen fallen, deren Endgefchwindigfeiten fich umge— 
kehtt verhalten rote die, ſchweren Maffen, fo haben 


fie gleiche Gewalt. ' 


Em Bewicht von 3 Pf., das aus einer Höhe von 14,62% Fuß 
fälle, bar nıdt mehr Gewalt als ein Bewicht von ı W., 
das aus der Höhe von 140,625 Fuß fallt. Denn es find: 
bier Seſchwindigkeit und Maſſen einander umgekehrt pros 
vortional, oder die Producre daraus find aleich. Es iſt 
nämlich die Endaeichwintiafeit von 3 Pf, = Yıssız = 
125, amd bie von 1 W.—= tia40625 — 375. Sie vers 
daiten fih alfo mie 125 : 375 — 1:3. Da nun die Brös 
ten der Bewequng aleich ſind, wenn die Producte aus den 
Seſchwindigkeiten in die Maſſen-gleich find, fo iſt auch 
hier gleiche Größe der Bewegung, weil 3. 1 =.1.3. 


$. 223. Aus den allgemeinen Gefegen ber Ber 
Ahleunigung ſchwerer fallender Körper ($. 213.) 
und dem Erfahrungsfaße im $. 215. läßt fich leicht 


finden: Nwie groß der Raum ift, den ein Körper. 
in einer jeden gegebenen Secunde feines Falles durch- 


füllt; 2) wie groß die Höhe ift, von der er herabge⸗ 
fallen ift,. wenn bie Zeit feines Falles beftimmt wor: 
ben ift; und endlich 3) tie viel Zeit er gebraucht ha 


be, wenn die Höhe, gegeben ift. 

Wenn wir die Zeit des Falles T, die zur Fallböhe nebörine Ge⸗ 
ſchwindigkeit V, und die Fallhoͤhe S nennen, fo dienen fols 
gende Formeln beauem zur Aufloͤſung der Aufgabe, wobey 
der Werth der zer in Kaufendtbeilchen des rhemt. Fur 
Ges, die Zeit im Secunden genommen oder gefunden wird: 

Au Bi —— 

ae 1 v 15625 ' 

2) V=4o.yS=2,.Yv(ıg0ag.$) = 2.(ı25)? ,T 
($. 218. 220.). ü 

N 
Wenn durch die Erde hindurch ein Loch ginge, das ger 
rade durch den Mittelpunct der Erde träte, und die bes 
ſchleunigende Kraft der Schwere⸗ bliebe gleihiötmig und 
es wäre fein Widerftand der Zunft u. dergi. da; fe würde 
ein 


J 


134° 1. Dheil.g. Hauptſtuͤck. 


ein ſchwerer Körner, der durch biefes Loch durchſiele, wenn 
wir den Halbmeſſer der Erde 196158c0 parif. Fuß anneb⸗ 
196° 5800 | j 
men, in — oder nahe 1140 Secunden oder 19 Mi⸗ 


unten den Mittelpunct der Erde erreichen; aber er würde, 
na f. 226. , hier nicht ſtehen bleiben, fondern durch die im 
biefer Falboͤhe erlangte Geſchwindigkeit auf der andern 
Seite eben fo hoch in die Höhe ſteigen, und von da wieder 
bie ganz herauf zurücachen, und dies beftändig fo fort. 


6.224. Se länger der Fall eines Körpers dauert,je 
mehr nähert ſich feine Bewegung der Gleichfoͤrmigkeit. 
$. 225. Wenn ein Körper durch irgend eine. 
Kraft in loihrechter Richtung in.die Höhe getrieben 
wird, ſo wirft bie Schwere, feiner Bewegung entge- 
gen. Zwey einander entgegengefeßte Kräfte aber ver⸗ 
nichten fih; und wenn daher die Kraft, welche den 
Körper in die Höhe treibt, fo groß ift, als die bewe- 
gende Kraft der Schwere, fo kann gar feine Bewer 
gung erfolgen. Wird er aber durch eine größere 
Kraft mit einer gewiſſen Geſchwindigkeit in die Höhe 
getrieben, fo nimmt, weil die Schwere als eine fletie 
ge Kraft fortdauernd wirft, feine Geſchwindigkeit 
eben ſo ruͤckwaͤrts ab, wie ſie von der zu der Ge⸗ 
ſchwindigkeit des Wurfs gehörigen Höhe würde zuge⸗ 
nommen haben. Der Koͤrper ſteigt alſo mit einer 
gleichfoͤrmig verminderten Bewegung ($. 72.) in die 
Hoͤhe, und feine Geſchwindigkeit oder die Raͤume, 
welche er in gleichen Zeiten zuruͤcklegt, verhalten 
ſich wie die ungeraben Zahlen 17, 15 , 13,.11, 9 
5, 3,71. ° PB, | 
5. 226. Ein Körper alfo, ber durch eine Kraft 
lot&recht in die Höhe getrieben wird, ſteigt wegen der 
Schwere nur zu derjenigen Höhe hinauf, aus mel: 


cher 


Phänomene der Schwere im Allgemeinen. 135 


cher er ben dem Herabfallen die Gefchmindigfeit er: 
langen fönnte, mit welcher er anfangs geroorfen 
murde. | 
$. 227. Ben der aleichförmig verminderten Be: 
wegung gelten diefelbigen Gefeße, mie ben der gleich: 
fürmig befchleunigten. Wenn daher der Raum be: 
kannt ift, den ein’ Körper in der erften Secunde feines 
fenfrechten Auffteigens der Schwere entgegen zuruͤck⸗ 
legt, fo laͤßt fich beftimmen: 1) die Gefchmindigfeit, 
mit der er geworfen wird; 2) die Zeit, die er braucht, 
um feine ganze Wurfsgeſchwindigkeit zu verlieren; 
und 3) die Höhe, zu ber er auffteigt, che er feine 
ganze Geſchwindigkeit verliert. 
Geſetzt, ein Körper ſteigt in der erften Zeitfecnnde feines loth⸗ 
rechten Wurfs 9 . 15/6a5) Fuß = 1401625 Fuß hoch auf / 
fo wird er überhaupt 5 Secunden lang, und 52. 15,625 
== 390,625 Fuß hoch fleiaen,. Denn 


in der ıften Secunde fteigt er gmal 19,625 8. — 1401615 $. 
aten ı ⸗ 27 19,625 s == 109,375.9 


zten ⸗ s 358 162 = 78,125 ⸗ 
sren s L 349 19,625 ı = 46,875 8 
sten ⸗ —V— 15,625 4 
folgl. in s Secunden s  esmal 19,625 » == 390,625 9 


Fall auf der ſchiefen Ebene. — 


6. 228. Auf einer feſten wagerechten Ebene liegt 
ein ſchwerer Körper völlig ruhig, wenn dieſe Ebene 
die Directionglinie des Zalles feiner Maſſe lothrecht 
unterftüßt. Eine Ebene aber, welche mit einer Ho⸗ 
rizontalebene einen fchiefen Winkel macht, und eine 
fyiefe , geneigte oder inclinirte Ebene (Plauum in- 
elinatum ) genannt wird, häfe nur einen Theil diefes 
Druckes auf, ein anderer Theil treibt den Kürper 


lüngs dee Ebene herab. 
> | Eine 


136: 1 Theil. 3. Hauptſtuͤck. 


Eilne Kugel rollt auf einem fchlefen Brete herab; ein Würfel 
| al-fcht darauf herab. Möthige Erinnerung wegen der 


Eriction, J 
J Es ſey CB (Fig. 29.) eine geneiate Ebene im Durch⸗ 
fKnitte,. die unter dem Winfel ÜBA gegen den Horizont‘ 
AB genagt if. CA ıft ihre „öhe, umd CB. ibre Länge. 
Auf dieſer ‚aeneiaten Ebene beftude ſich eine ſcwere Kunefı 
M, in deren Mittelpunete-E wir uns ihre Schwere vereis 
nat denfen fünnen. Die Directionslinie des Falles if 
nun fo, und weil dleſe nicht von .der Ebene CR unterftüßt 
wird, fo muß die Kugel berabfalleng aber nicht mit der 
ganzen bewegenden Kraft, fondern nur mit einem Theile 
derſelben / wic aus der Zerleauma der Kräfte (f. 91.) folgt. 
Die Kraft der Schwere, die in der Direction fe wirft, 
laͤßt ſich zerlegen: in die Kräfte fg: und £b 5: md fe ift die 
Diaacnale des Parallelogramms, das auf die Geitenfräfte 
-£b- und fg aufgeſetzt iſt. fg ſteht fenfrebt auf CB, -und 
kann alfo, wert CB vollkommen widerftchend angenommen 
wird, feine Bewegung der Kpael:M bervorbringen ; es 
bleibt folalich nut, der Theil Fb übria,, der, weil er parallel 
mit der Ebene CB Iäuft „vor ber’ Ebene feinen Miberftand 
erleidet ,. und folglich die Kugel laͤnge der Ebene herabzu— 
gehen nöfbigt. | | 


6. 229. Je größer die Meinung ber fdjiefen 
Ebene ‘gegen die Horizontalebene wird, um deſto 
mehr wird der Körper von ihr unterſtuͤtzt, mit defto 
geringerer Gewalt faͤllt folglich ver Körper. auf ihr 
herab. Je Feiner. aber ihre Dleigung negen den Ho: 
rizont wird, mit defto größerer Gewalt wird der Kör: 
per von ihr herabgetrieben. 


Te Fleines der Neinungswin'cl CBA (Fig. 29.) wird, um des 
fto mehr mäner: fih Fe der ſenkrehten Richtuna auf CB, 
oder um deſto mehr Foınmt fg der Richtung fe näber, folgs 
lich defto Kleiner wird Fb, oder die Kraft, mit der der Abb⸗ 
per atif der Eben« herabfällt. 

Je größer CBA wird, defto größer witd fb.  - 


6. 230. Die Kraft fp (Fig. 29.), melche dem 
ſchweren Körper M länas der geneigten Ebene CB 
herabjugehen noͤthigt, heißt das relative oder refpes 
ctive Gewicht des Körpers. Denn das abfolute 
Gewicht ($. 209.) deflelben wird nur durch den 
lothrechten Druck fc. beftimmt; 

er | 6. 231. 


\ ! 


Phänomene der Schwere im Allgemeinen. 137 


6. 231. Die Kraft, welche erforberfih ift, um 
bie Bewegung eines Körpers auf einer fehiefen Flaͤche 
aufzuhalten, braucht natürlicher Weiſe nicht fo groß 
zu fenn, als fein abfolutes Gericht. Eie ift um des 
ſto Feiner, je mehr die Ebene acneigt iſtz um deſto 


groͤßer, je weniger dieſe geneigt iſt. — 


Die Kraft, weiche nörhia iſt, um das Herabrollen vom M 
( Fig. 29.) duf der fchiefen Ebene CB zur verhüren , braucht 
nur-der Kraft fir, die kleiner iſt ais fc, Wideritand zu lei⸗ 
fen, weıl fg an der Ebene * Widerſtand finder. 


4. 232. Ueberhaupt verhält ſich das relative 

, Gewicht eines Aörpers ($. 230.), dag den Roͤr⸗ 

per länge Der ſchiefen Ebene herabtreibt, zu feinem 

abfoluten Bewichte, wie die .. der — Ebe⸗ 
ne zu ihrer Länge. 


Verſuche mit dem Plano inelinato. 


Benn wir das relative Gewicht eines Körpers Pr daß 
abſolate P‘, die Länge ver fchiefem Ebene L und ihre Höhe 


Amvennen, foitp:P=A:L, folglich p= P xy 


and überhaupt für verſchledene Etenen p! m = a. ** 


Es iſt naͤmlich das Dreyeck feb dem Dreyecke CRa ahn⸗ 
ſich, weil der Winkel fcb dem Winfel CBA, und der Wins 
kel cfb dem Winfel ACB gleich ift. Es verhäft ſich dems 
nab fb : fe=CA:CB, oder das relative Gewicht Fb 
zum abſoluten —F Kr wie bie Höhe der fchiefen Eber 
ne CA zu ıbier Länge C 

Heil ferner in jedem Deep die Seiten ben Sinus der 
Winfel proportional find, fo ift auch das relative Gewicht 

gleich dem abfoluten Gaming P mit dem Neigungsjinus 

multiplicirt , ‚oder: | 


=PxX fin. I, 
4. 233. Ein. here Körper fälle auf der * 
fen Ebene nach denſelbigen Geſetzen, wie bey dem 
fteyen Falle; feine Bewegung iſt ebenfalls eine gleich. 


förmig befchleunigte, und die längs der fchiefen Ebene 
zuruͤck⸗ 


138». Shell 3. Hauptftüd. 


zurüdgelegten Wege verhalten fich ebenfalls wie die 
Duadratzahlen der verfloflenen Zeiten. Die befchleus- 
nigende Kraft der. Schwere ift aber daben vermindert, 
und fie verhäfe ſich zur unverminderten. Kraft der 
Schwere wie bie Höhe der fchiefen Ebene zu ih— 


ter Laͤnge. 
»Menn wir bie befchleuniaende Kraft der relativen Schwere © 
und die der abfoluten E nennen, fo iſt &: F— A: L, und 


en berhanpt =. Ehen darin, daf die beihlenuis 


gende Kraft der Schwere auf der fhiefen Ebene nermins 
dert ift, if der Grund zu fuchen, daf das relative Gewicht 
Meiner it, als das abfolute, Denn wenn gleich die 
Summe der von der Schwere afficırten Theile oder M dies 
felbıqe —— fo muß doch das Product aus dieſen Thei⸗ 
len durch die beſchleunigende Kraft kleiner werben, * 
dieie es wird. Be naͤmlich @< E£, fo muß @. 

< f.M ode pP <.P fen. j 


6. 234. Weil alfo die befchleunigende Kraft der 
Schwere bey dem Falle auf der fchiefen Ebene vermin⸗ 
dert wird, fo wird auch der Raum, ben ein Körper 
in der Zeiteinheit auf- der fehiefen Ebene zuruͤcklegt, 
Kleiner ſeyn, als die fenfrechte Sallhöhe in dieſer Zeit- 
einheit; und es wird fich der Raum, den ein Körper 
auf der fchiefen Ebene in einer gemwiffen Zeit zuruͤck⸗ 
legt, zu dem Raume bes freyen Falles in eben dieſer 
Zeit verhalten wie die Höhe der ſchiefen Ebene zu 


ihrer fänge. 

‚ Wegen ber *8* Bet, die alfo ein Körper braucht, um 
aleiche Räume aut der ſchiefen Ebene, als bey dem freuen 
Sale zurückzulegen, laflen Ab auch bie Zeiten des’ Falles 
auf der aeneiaten Ebene bequemer beobadten; und fo be⸗ 
diente fib Galilei dieſes Bertabrens, um die von ibm ents 
Dedren Se des Falles Schwerer Körper zu beftärigen 
(} 213.) deſſen Dialogi de moru locali 111. ©. 53. 

Geie daß die Ebene CB eine Länge ‚von 25 guf beo 
einer 9 be CA von a! Fuß bätte, fo wuͤrde die von der 
relativen Schwere berrübrende en Kraft zur 
abfoluten ſich berhalten wıe 25:2 Die des 
ſchleunigende Kraft ber relativen Bann 6 würde a 


Phänomene der Schtwere im Allgemeinen. 139 


nad den Körper u Fuß = 119625 in der Secunde 
berabtreiben; und es. würden, (nad f. 223. 3.) Y — 
— Y 16 Secunden, oder 4 Secunden Zeit verfließen ? > 
ber Körper den ganzen Weg auf der fchiefen Ebene zurüds 
gelegt hätte. i - 


6. 235. Da die fenfrechte Fallhöhe eines ſchwe⸗ 
ten Körpers in. einer gegebenen Zeiteinheit beftimme 
iſt (5. 215.), fo läßt fich auch der Raum beſtim⸗ 
men, den ein Körper in eben derſelben Zeit, die er 
ben dem lothrechten Falle verwendet, auf einer geges 
benen fchiefen Fläche durchlaufen wird. — 


€ 


fen CR ( Fig. 30.) eine fchiefe Ebeme, deren Höhe durch 
CA vorge ſtellt it. Wenn man nun’ aus dem’ rechten Wins 
Bet A, ver durch die Höhe CA und die Horizontailinie 
AB gebildet wird, das Perpendifel AF auf die ſchlefe Ebes 
ne CB fällt, fo wird der Körper, wenn er freu von C nad, 
der Berticallinie CA herabftele, diefe ganze Hohe CA bey 
dam freven Falle in eben der Zeit durchlaufen, in der er 
ben dem Falle auf der fhicfen Ebene vom Scheitel C nad 
E aelangt. Denn es verhält ſich (9. 23) der Raum, den 
der Körper in einerley Zeit auf der ſchiefen Ebene zuruͤck⸗ 
leat, ‚zur freven verticalen Fallböhe, wie, die Höhe der. 
fhiefen Ebene CA zu ihrer Länge CB. Es if aber CF: 
CA=CA: CD, weil bie Berpenditellinie AF wen dbns 
liche Drevede CAF und CBA giebt, woraus man die Pros 


- 


portion CA : CB== CF + CA befoimint. 


Wird der Neiaungswintel”der Ebene größer md =. 
CGA, fo würde der Körper den Theil CH > CF in eben 
ber Zeit auf der fchiefen Ebene LG zurädlegen, da er bey 
dem, yerticalen Falle im freven CA durchlaufen würde, 


Wenn alfo drey Körper zu gleicher Zeit von einem und 
demfelben Puncte C dusgingen, der eine nach der Rich⸗ 
tuna CA,. ber ‚andere nad der Richtung CG, und der 
dritte nach der Richtung CB, fo mürden fie zu. einerlen 
X der erſte in A, der zweyte in H, unb ber dritte im 

anlangen. + ; — | 


4. 236. Man befchreibe auf der gemeinſchaftli⸗ 
hen Höhe der benden fhiefen Tlächen CB und CG 
(Sig. 31.) einen Kreis, ver die Höhe CA dieſer 
Flächen zum Durchmeſſer hat, fo werden CF und CH 


J Sehnen 


0 I Rheib 3. Baur, 


Sehnen diefes Kreifes fern, und nad) dem vorherge- 
henden $. wird. Der ſchwere Zörper dieſe Sehnen 
in ben: der Zeit durchlaufen, da er den verticalen 
VPurchmeſſer CA durchläuft, Es läßt ſich dies von 
jever andern Sehne dieſes Kreifes beweiſen, und folgs 
lich. der Sa annehmen: daß ein fehwerer Koͤrper, 
Der ich nach irgend einer Sehne eines, Halbkreiſes 
bewegte, Die Sehnen im HalbEreife in. eben der Zeit 
durchlauft, in der er den ſenkrechten Durchmef: 
fer des Kreiſes bey. dem. freyen Falle durchlau⸗ 
fen wäre u | = 
Sigaud 0.0. D.1. $. 213. 

$. 237. Ein Körper, der ſich lange der fchiefen 
Flaͤche CB (Fig. 30, ) bewegt, hat am Ende feines 
alles in diefer geneigten Richtung eben die Geſchwin— 
digkeit, die er erhalten würde, men er von der loth⸗ 
gechten Höhe CA diefer Fläche heradgefallen wäre. 
Wenn 3. B. CB gmal länger wäre, als CA, fo würde die bes 


ſchleunigende Kraft der relativen Schwere, (nad f. 233.) 
4 der abſoluten oder lothredhten feyn, und der Korper 


. würde in ber erften Gecunde 191629 = 3,125 Fuß darauf 


herabfallen, und in derfelben eine Gefhmwindiafeit von a . 
3,125 = 6,250 Fuß erlangen. Wenn nun CB 28,125 Fuß 
"fang wäre, fo würde die Zeit, um biefe gang zu durchlau⸗ 
fen, F 3 Secunden betragen (J. 223. Anm.); und 
die zu diefer Fallhoͤhe gehoͤrige Beichwindigkeit wuͤrde, (nach 
J. 219.), 3 . 6,250 = 18,750 Fuß feun. es 
Da wir CA ’+ der fänge CB angenommen. haben, fo wird 
die Höhe CA 5,625 Buß, und die Zeit, dieſe lothrechte 


Höhe zu durchfallen, "wird F = 0,6 Gecunden 


fern. Binnen 0,6 Secunden wächft aber die Geſchwindig⸗ 
eit bey dem lothrechten Falle auf 0,6 „ 31,250 = 18,750 
Buß, alfo eben fo viel, als vorhin, an. 

Karſtens Lehrbegriff der gef. Machen. .1. 8.0: 
$. so. der Mechauik. | Z— 
* 4. 238. 


Phänomene der Schwere im Allgemeinen. 243 


$.:238. Wenn ein ſchwerer Koͤrper auf- meh; 
rern an einander haͤngenden ſchiefen Ebenen hinunter 
fälle, ſo daß er bey dem Uebergange von der einen 
zur andern nichts won feiner erlangten Geſchwindigkeit 
durch eine andere Urſach verliert, ſo hat er am Ende 
pines Falles eben die Geſchwindigkeit, als er erlangt 
haben wurde‘): wenn er nach der lothrechten Richtung 
in der Höhe von dem Scheitel der erſten ſchiefen Ebenf 
bis zur Grundlinie der letzten herabgefallen waͤre; oder 
als ob er auf einer ſchiefen Ebene; die von dem Scheie 
tel der erſten bis zum unterſten ARME der legten ges 


legt it, herabgefunfen wäre. 


Es beinege fich -eim fchiwerer Körper durch die an einander gräns 
senden fchiefen Ebenen en ) AB, BC uud C cd ‚ * | 


een eben fo guoß, als ob er Vertical durch A 
el hi 237.) Wenn er die Euene'BC durchlauft/ ſo — 
17 


- feine windigfrit fo Rh, als ob er dıe fet 
Var Höhe RN bene BF = EH durdfalieh: wäre, und 


bey * Fallen auf der ee ſchiefen Ebene wırd er 

de ee erhalten, ald ob eı durch die Höhe ders 

== BI gegangen wäre, Seine ‚erlangten Ges 

— —* auf dieſen ſchiefſen Ebenen find alio > 
den Bar die Höhen-AE + EH + HI bey dem fen 

ten alle erlangten Geſchwindigkeiten. Diefe Höben mas 

aber zufammen die lothrechte Linie Al vom Scheiref 

A der. erften fchiefen Flaͤche bis zur Brundlinie der unters 

fen aus. Eben diefe Gefchwindigfeit wurde, (nad |. 237.) 

der Körper au srhalten ı, wenn er längs AD. hera fiele, _ 

Sigaud a.a. D. 1. $. 217. 


$. 239. Hieraus folge denn auch, daß ein ſchwa 
ser Körper, der in einer krummen linie hinabfälle, 
am Ende feines Falles eben die Geſchwindigkeit er⸗ 
langt, als wenn. er von dem Puncte an, von dem 
er fich zus bewegen anfängt, lothreeht auf die Horizon⸗ 
talfinie, die durch den unterften Punct der krummen 
finie gezogen werden kann, hevabfiele, oder aud) als 


wenn er darch v die Chorde des Bogens niederginge. 
Jede 


. 
2 


\ 


Jede Prime‘ Linie laͤßt ſich naͤmlich fo anſehen, als ob fie auß 
unendlich Fleinen, einen Winfel einfhliefenden, geraden 
Finien beftünde, und alio als die Durchichnittslinien an 
„ einander arängender ſchiefer Ebenen. Folglich wird fich 
aub der vrrine Satz ($. 238.) darauf anwenden laflen. 
Gefent, der Körper fällt in der frummen Linie ABCD bes 
‚ab, fo wırd er dieſemnach in D die Gefchwindiafeit erlangt 
".'. “haben, dierer durch den lotbrechten Fall von Al = aD ober 
auch dur die Ehorde AD des Bogens ABCD erhalten 
wuͤrde. (Fig. za.. n * 
6,246. Wenn ein ſchwerer Koͤrper durch irgend 
eine Kraft in Bewegung geſetzt worden iſt, und eine 
ſchiefe Ebene hinaufwaͤrts zu gehen genoͤthigt wird, 
fo wird er mit einer gleichfdrmig verminberteni Bewe⸗ 
gung hinauffteigen, -und es wird nad) dem bisher 
Vorgetragenen alles das, was oben von dem fenfredhz 
ten Auffteigen ſchwerer Körper ($$. 225 — 227) 
gefagt worden: ift, fich in Beziehung auf die fchiefe 
Ebene anwenden laflen. 
Baritens Anfangsgr. d. Natur. f. 77. 78. 


Pendelfhwingungen. 

6. 241. Ein fbwerer Körper, der an irgend 
einer Stelle, die nicht mit feinem Schwerpuncte über: 
einfommt, an einem feften Puncte jo aufgehängt wird, 
daß er fih um diefe Stelle frey drehen fann, heißt 
ein Dendel (Pendulum). 


Eine Kugel, die an einem zarten Faden hängt; eine Stange, 
die oben um einen Stift beweglich if, oder an eınem bie 
— Metallplaͤttchen befeſtigt iſt, konnen Beyſpiele abs 

en. 


4. 242, Wir können uns vorftellen, daf zwar 
der Punct B ( Fig. 33.) von der befchleunigenden 
Kraft der Schwere getrieben werde, daß aber die fi: 
nie CB, durch die er an dem Puncte C aufgehängt 

iſt, 


Phanoniene der Schwere im Allnemeinen. 143 


iR, ſelbſt nicht ſchwer und doc) unbiegfam fen. Ein 
folches eingebildetes Pendel heißt dann ein einfaches 
oder mathematiſches Pendel (Pendulum fimplex), 
Ein sufammengelestes Dendel (Pendulum compo- 
ftum) hingegen ift ein folches, wenn mehrere ſchwere 
Punete an der nicht ſchweren Unie über einander aufe 
gehängt angenommen werden, oder wenn diefe Linie 

ſelbſt ſchwer iſt. 
6. 243. Wenn das Durch die Schwere aficire 
Pendel: ruhen ſoll, fo fann es nur in der Sage fenn, 
worin Die Nichtung des Fadens auf: dem Horizonte 
fenfrecht iſt; oder ſich ſelbſt überlaflen fann es nur 
dann ruhen, wenn fich fein Schmerpimer gerade une 
ter dem Aufhängungspuncte in der — linie 

durch dieſen Punct befindet. 

$. 244. Wird das Pendel aus der forferdheen 
Sage gebracht, und fich felbft überlaffen, fo fällt es in 
‚einem Kreisbogen wieder hinab. Iſt es nun wieder 
ben diefem Hinabfallen zur fenfrechten Richtung ges 
fommen, fo hat es durch diefen Fall eine Geſchwin⸗ 
Digfeit erhalten, als ob es von dem Puncte an, von 
dem es zu fallen anfing, lothrecht auf die Horizontal. 
linie, die durch den unterften Punct der Frummen fiz 
nie gezogen werden fann, herabgefallen wäre ($.239.)5 
es muß aljo mit der erlangten Geſchwindigkeit auf 
der andern Seite wieder im Bogen eben fo: hoc) 
fleigen, mo es fi). dann endlich "wie vorher in 
eben ‚denfelbigen Umftänden befinder, und daher wie 
das erſte Mal den Bogen in umgekehrter Richtung 
durchlaufen, und ſich alſo beſtaͤndig hin und her be⸗ 
wegen 


144 I. Theil: 3. Hauptſtuͤck. 


wegen muß. Diefe abwechfelnde Bewegung nennt 
man eine Schwingung oder Vibration bes Pens 
duls (Ofeillatio, Vibratio penduli). 


Es fen CR (Fia. 33.) ein einfaches Pendul, und der Vanet 
B werde von der Schwere afficirt. Gefecht, es wird das 
Pendul aus der verticalen Lage im die geneigte Ch gebradht, 
und ſich felbft überlaffen, fo —— ja von ſelbſt in Mewe⸗ 
gung fommen, weil der ſchwere Punct nicht mehr lothrecht 
unterftüßt if. Der ſchwere Punct gravitirt in der Nichs 
tung bq , und der Faden widerficht in der Richtung Ch, 
Man verlängere Cb nah r, fee Fb auf Ch fenfredt , Kies 
be.qr mit fb, und fq mit br paralfek, fo wirft die Braois 
tatıon eben fo, ald wenn fie der Erfolg zweyer anderer 
Kräfte bf und br wäre, die-fich gegen die Kraft der &chmes 
re des Punctes, wie die Geitenlinien bf und br des Parals 
Ielogramınd , das darauf errichtet iſt, zur Diagonallimie 
bq uirhalten. Die Kraft br kann feine Gewegung hervor⸗ 
bringen da ihr der Faden bC vollfommen widerfiebt, und 
fie kann nur den Faden dehnen; es kann alfo nur die Kraft 
bf wırfen, und Bewegung bervorbringen. Da aber ber 
Saden den fchweren Punct immer in gleicher Entfernung 
von C erhält, fo wird ter bewegte Punet von der Re 
tung der Tangente bE beftändig abgelenft und ggendtbigk, 
einen Kreisbogen zu befchreiben, u 

Geſetzt, der ſchwere Punct ift bey biefer Kreisbewegumg 
Bis m fortgerüdt, fo wird, weil die Gravitation fi nice 
bleibt, und alfo mg = bq angenommen werden muß, 
Heiner werden , ale hf war, und diefe Geitenlinie mf wird 
immer um defto- kleiner werden muͤſſen, je näher der ſchwe⸗ 

re Punct der miedrigften Etelle B.fommt, Der Drud uach 
b£ ift alfo eine veränderliche Größe, und verjchiwindet:gamg, 
wenn der ſchwere Punct in B anlangt. Diefer wird alfe 
durch eine veränderliche Kraft befchleunigt, umd weil fie in 
der Richtung der Tangente immer mehr und mehr abnimmt, 
fo wird and die in aleıchen Zeittheilden binzu Fommende 
Vermehrung der Geſchwindigkeit immer gefinger, bis fie 
endlich wegfällt, wenn der ſchwere Punct in B anges 
langt ift. Sn diefem Uugenblife aber hat er dur dem 
Sal in ber frummen Linie bB im Ganzen eine Seſchwin⸗ 
digkeit erlangt, als er durch den Fall von A in lothrechtet 
Richtung nah B erhalten haben würde ($. 239.), und 
der ſchwere Punct ftrebt folhergeftalt, mac der Tangente 
von B weiter im der horizontalen Richtung mit der erlangs 
ten Geſchwindigkeit fortzugehen. Da aber der Faden diefe 
gerablinige Richtung hindert, und ihn nötbigt, alle Aus 
genblide feine Richtung, die-er nad der Tangente babeu 
würde, zu ändern, fo muß er wieder im Kreisbonen BS 
eigen. Da er aber bier eine fchiefe Flaͤche hinaufſteigt⸗ 
fo wird feine Geſchwindigkeit eben fo rüdıwarıs abnebmen 
als fie bey dem Falle von b na B zunahm. Gefekt, * 
ſey bis m gelangt, jo wird m£ bier die Kraft vorRellen, 
| ie 


Phanomene der Schwere im Algemeinen. 145 


bie der Bewegung des B nach B entgegen wirkt; dieſe 
Kraft wird an jeder Stelle der Bewegung von 6 nad 

immer aröfer werden, je näber n nah ß fommt, und 

8 fo aroß.feun,2waß die durch dem Fall von b nad B 
erbaltene Geſchwindiakeit endlib ganz derſchwunden ift, 
weil der ſchwere Körper nur zu derjenigen Höbe hinauffteis 
gen Paum, aug.dber er bey dem Herabrall: :n die Gefchwins 
diafeit erlangen fönnte, mit der er anfane geworfen wurs 
de Ch. 226,). Auth iſt Leicht einzuſehen, daß die fteigende 
Berweaung von BE nah A eben fo vicle Feit erfordern werde, 
als uÖdtbig war, von b nah B zu fallen. 


Rarfiens ‚Anf, der Naturw. f.81 — 83. 
f. 245. Der Gall des Penduls (Fig. 33.) durch 
dgen bB, und das Anffteigen durch BB, heißt 
m halber pder auch ein einfacher Schwung (Ofcil- 
ltio.dimidiata, Gmplex); der Gang durch den gan- 
zu Bogen bE.und der Ruͤckgang von @ bie b, over 
bis zum vorigen Puncte, von dem es ausging, ift 
ein ganzer oder zufaınmengefegter Schwung ‚Ofcil- 
datio compofita), Schwingungen, die in gleichen 
Reiten vollendet werden, heißen iſochroniſch (Ofcil- 
lationesiifochronae). 
$. 246. Die Dauer des Schwunges, ober die 
Schwinaungszeit, hängt: von dreyerley Umftänden 
ab, namlih 1) von der Grdfe des Kiongations 
winteis bCB; 2) von der Länge des Penduls, 
die ben dem einfachen Pendul von der Entfernung 
des Aufhängungspunets C vom ſchweren Puncte B 
“ gerechnet wird; und 3.) won der befchleunigenden 
ARrafı der Schwere, die nicht an allen Stellen der 
Erdkugel gleich groß iſt. 
$. 247. Bey zwey Penduln, die gleichen an⸗ 
faͤnglichen Elongationswinkel ($. 246.) und gleiche 
Schwere, aber ungleiche fange haben, verhalten ſich 
‚Die Schwingungszeiten wie Die Quadratwurzeln 
der 


146 Theil 3. Hauptftüch 


der Längen, und folglich die Laͤngen der Pendul 
wie die Quadratzahlen der Schwingungsszeiten. 
Wenn bir die Schwingungszeiten Ty e, und bie Längen be 


Pendul L, 1, nennen, fo ift 

Tır= fL:y1, folglich 

Ta: =L:lz; alfoL:1l=Tt!, 
‚Man fee nämlich zwey einfache Pendul (Fig. 34.), bed 
ren Längen BC und AC find, und die bey gleibem ams 
fänglıben Eiongationuswinfel BCB = «CA in Bewearng 

efegt werden,, Die refpectiven Bogen BB und «A, jbie fie 
* ihrem Schwunge beſchreiben, find die Raume, die fie 
durchlaufen. Da dies nun eben ſo eine beſchleunigte Be⸗ 
wegung hervorbringt, als ob fie laͤnge der Chorde des Bo⸗ 
gens niederſtelen ($. 236.), in dieſem Falle aber ſich Die 
zuruͤckgelegten Raͤume wie die Duadratzablen der ver floſſe⸗ 
nen Zeiten verbaltek (6. 233. ſo werden ſich auch die 
Raͤume SR und «A fo verbalten müflen. Es ift aber nach 
aeometrifhen Sägen BB: aA=PC:xC. Da fih num 
BB zu «A wie die Quadrate der Zeiten verbälr, fo wird 
aub BC YHaC = T?; 1 fen; BC und «C aber fiellem 
die Laͤngen der Pendul sor, alfo ML:1l= Tr:ı?, umb 
ao T:e= YL:Y1l= vBßC:YaC. Ju der dops 
pelten Zeit wird alfo der vierfache, im der drepfachen Zeit 
der neunfache Raum beferieben werden. Nun ift der Naum 

B viermal jo groß, wenn der Radius BC viermal fo lag 
ft, und diefer wterfache Naum wird alfo in der doppelt 
Zeit beichricben werben; der ang wird alfo doppelt 
{6 lange dauern, wenn bie Fänge des Penduls vierm 
dreymal fo lange, weun die Länge neuumal größer iR, a 
die eines andern; alfo ‚verhält ſich die Länge der Pendel, 
wie die Quadratzahlen der Zeiten, worin fir fbiwıngen> 
und folglich die Dauer der Schwingung ‚, oder die Schwin⸗— 
gungsjeit, wie die Quadratwurzel der Länge. 

‚Ein Vendul alfo, das zu Paris, um einen Schwung 
Dirmen 3 Secunde zu vollenden, 9 Zoll 2; Lin. parif lang 
fepn müßte, muß, um eine Gecunde zum Schwusne zı 
brauchen, 3 Fuß 85 Lin. 440,57 Linien, uns un Ebnigle 
gungen zu machen, die 2 Secunden dauern, ia Fuß ıo Lig 


nien lang feyn. f 

$. 248. Die Anzahl der Schwingungen eines 

Penvduls find im umgekehrten Verhaͤltniſſe der 

Schwingungszeit, oder der Dauer der Schmwingune 

gen, und alfo auch im umgefehrten Verhältniffe der 
Quadratwurzeln der ange des Penduls. 

Es it nämlich die Zahl der Schwingungen (N, n) deflo arb⸗ 


er, je fleiner die Dauer des Schwunges, oder die wine 
gaungss 


Phänomene der Schwere im Allgemeinen. 147 


Seit CT, x); folglich verhält fie f 
ge — J * lg haͤlt ſie ſich verkehrt wie 
ı,ı 


N Zee, 2 — 


Da ſich nun die Shwinaungsjeiten verhalten mie die 
Quadratmwurzeln der Länge (f.247.), fo werden fich auch 
die Zablen der Schwingungen umgekehrt verhalten muͤſſen, 
wie dıe Duadratwurzeln der Längen; dieſemnach ift 
N:n = sr’ und Pine: 
dıN= 7, fo wird auch Ap S 7 und daher T= YL 
ſeyn, wie es f. 247. giebt. 
(. 249. Da ein durd) die Schwere getriebener 
Krper die Chorde eines Halbfreifes in eben der Zeit 
* durchläuft, in Der er den fenfreihten Durchmeſſer des 
Kreiſes beym freyen Falle durchlaufen wäre (5. 236.); 
fo teürde der ſchwere Punct, in der Zeit, ba er 
durch die Chorde FB (Fig. 35.) geht, die doppelte 
fänge des Penduls 2BC — DB durchlaufen, und in 
der eben jo großen Zeit, da er bey dem Hinauffteigen 
durch Bb geht, abermals durch 2BC fallen, folglich 
in der Zeit eines ganzen Schwunges die achtfache loaͤn⸗ 
ge des in Chorden ſchwingenden Penduls durchlau⸗ 
fen. Wenn ferner ein Pendul fich nicht durch) Kreis: 
bogen, fondern durd ihre Chorden bewegte, fo 
seärden alle feine. Schwingungen iſochroniſch feyn - 
($. 236.)- us | 
$. 250. Wenn ein Pendul durch Kreisbogen 
unter verfchiedenen Elongationswinfeln ſchwingt, fo 
find die Geſchwindigkeiten, die es erlangt, wenn es 
ben dem niedrigften Puncte angelangt iſt, mie bie 


Sehnen der durdjlaufenen Bogen. _ 
in Benduf CB ( Fig, 36.) durchlaufe den Boaen AB, deſſen 
ag die ae Br BB dit; man ziebe BE fentrecht fen 
CB, fo if die Geſchwindigkeit bey dem Falle aus Bin B 

K 2 gleich 


148 | I. Theil. 3. Hauprftäch. 


leich ber aus E in B (f. 237.). Die @efchmintiafeit dei 
olfe? aus E rad B tt gu der aus D ın B wie d’e Duas 
dratwurzel von EB zu der von DB ($ ar3 3.), das il, 
nach. geomerrifhen Gruͤnden, wie Bß zu DB ferner zies 
be mar «F fenfreht auf CR, fo ift die Beihmwindigkeit aus 
a in B fo groß, als bey dem lothrechten Falle durch FB, 
Die Heihiwind:akeit des Falles ans FB aber ift zu der aus 
DB wıe die Duadratwurzel von FR. zu der von DR, vas 
in wie «B zu DB, Folalich iſt die eſchwindigkeit aut x 
in B zu’ ber aus ß in B wie die Ehorde «B zu der Ehors 


te BB, | 

$. 251. Die Beftimmung der Zeiten und ihrer 
Berhäftniffe ju den Roͤumen bey dem Falle auf vor. 
geichriebenen frummen Linien würde hier zu weitlaͤu⸗ 
fig werden und mehr vorausfegen, als es hier thun⸗ 
lich ift; daher genügt es, nur die Reſultate der Un⸗ 
terſuchungen der Mathematif über die Pendul anzu⸗ 
führen. Diefe lehten nämlich, daf, wenn ein Kör- 
per (Fig. 36.) durd) den Bogen PB eines Kreifes 
fällt, welcher DB = S zum Durchmeffer hat, umd, 
Cnad) 3. 223. Anm. ), die Zeit des Falles in der ver: 


ticalen Richtung durd) den Durchmeffer dur) = 


ausgedrüct twird, (Mo g den in der Zeiteinheit zu⸗ 
ruͤckgelegten Raum bedeutet,) dazu eine Zeit etfor- 
dert werde, welche durch das Producer der unendlichen 
BE BE? 8 
Ries Hi tag mie 
angegeben wird, mo m bie $ubolphifchen Zahlen 
3,141592 .... für die Peripherie des Kreifes vom 
Durchmeffer ı bedeute. Durch den Quadranten 
. GB wird die Hoͤhe BE zußC S8; folglich ver. 
wandelt fid) Die Zeit des Fallens durch diefen Qua 
dranten ın — 
Gi 


- 


Phänomene der Säweei im. gemeinen 149 


(1+3.3 +%- ER Hier. 


jr 0,785398... mit jener Heiße multipli⸗ 
art noch nicht völlig ı giebt, fo ſieht man leicht, daß 
die eic Des Fallens a; den Quadranten des Bo- 


gens Feiner ift als — — oder als die Zeit durch 


den Durchmeſſer DB. Da ein ſchwerer Körper die 
Sehne eines Halbfreifes in eben der Zeit durchläuft, 
als er durch den rung Durchmeſſer des Kreiſes 
fälle (5. 236.), fo iſt auch Die Zeit des Fallens 
ducch den Quadranten GB kleiner, als durch. die 
Sehne GB, 
Wird nun der Bogen unendlich Ele, und 4B 
Dafür angenommen, fo verwandelt fich jene Reihe in 
I, Em Die Zeit des Fallens durch denfelben in 47 


— — und daraus folgt denn der Satz; Die Zeit des 


Sallene in unendlich kleinen Bogen Des YalbEreifes 
verbäle fid zur Zeit des lorhrechten Sallens Durch 
den Durchmefjer des Areifes, wie der vierte Cheil 
des Umkreiſes zu deſſelben Durchmeſſer. 


Pennen wir alfo die Zeit des Faͤllens durch eine: Halbfreif: 8 
unendiih Fleinen Bogen, t, und die dur den vi breche 


ten Durmeffer , T, pite: TeimYT I. v7 


= & 7: 1, oder nabe wie 2525 113, oder wie 0784; 
1,800, 


$. 252. Da alle Sehnen eines‘ Halbfreifes in 
* eben der Zeit von einem ſchweren Körper durchlaufen 
werden, fo wird auch Die Bewegung durch die un— 


mdlich Heine Sehne YB fo lange dauern, als der lorh: 
rechte 


150 I. Theil. 3. Hauptſtuͤck. 


rechte Fall durch DB; folglich fällt der Körper Durch 
den unendlich Eleinen Bogen y8 in Fürzerer Zeit, als 
durch die verſchwindende Sehne deffelben: und es 
verhält fich die Zeit des Sallens Durch den ver: 
ſchwindenden Bogen zur Zeit des Sallens Durch die 
verschwindende Sehne ebenfalls wie der vierte 
Theil des Umkreiſes zum Durchmeſſer. Die 
Schwingungen durch Keisbegen find alſo ſchneller, 
als durch Sehnen. 


$. 253. Wenn mir nun den Satz des $. 251: 
von der Zeit des Fallens in einem unendlich kleinen 
Bogen eines Halbfreifes auf den ganzen Schwung 
eines Penduls anwenden, fo wird die Doppelte tänge 
bes Penduls CB zu dem Durchmeffer des Kreifes ges 
nommen werden müflen, — indem der unendlich 
Heine Bogen yB einem Kreife vom Halbmeffer CB zus 
gehört. Da num ein ganzer Schwung aus dem Falle 
in den Bogen 78, dem Hinauffteigen in einen eben 
fo großen Bogen auf der andern Seite, und dem 
Ruͤckgange von da bis y befteht, alfo aus vier folchen 
Gängen, als der Bogen yß beträgt; fo wird fid) dies 
femnad) die Seit eines unendlich Eleinen ganzen 
Schwunges zur Zeit des freyen Salles durch die 
Ooppelte.Länge Des Denduls wie der Umkreis zum 
Durchmeſſer verhalten. 

Es iſt alſo : T — v2 21 Veetie J,181992. .+? 
1,000000. 


$. 254. Wenn die Schwingungabogen von eis 


ner merklichen Größe werden, fo wird auch die Zeit 
des. 


— = 


— 


Phänomene der Schwere im Algemeinen. 131 


dis Schwunges größer werben, und alſo nicht mehr 
in demielbigen Verhältniffe bleiben. Wenn indeffen 
die Bogen ſehr Flein find, ſo bleiben Die Unterfchiede 
ſehr Elein, und die Schwingungen des Penduls find 
merklich ifochronifch. | | Ä 


Solaende Tabelle zeigt die Fögerung, die aus der. Zunahme ber 
. Schwingungsbonen bey einem und beimfelben Gecimdens 
peudel an einerley Drt für einen Zag, im Vergleichung 
mit dem wahren Secundenpendul, das mathematiſch ner 
nommen unendlich Fleine Bogen befchreibt , entftebt. Die 
Zunahme der. Bogen ift mach der Breite eine einfachen 
Schwunges beftimmt, und die Länge des Penduls zu 3 Fuß 


3 Ein. (Barif.) 


einfacher Schwung. Tägliche Derzsgerung. 

Zoll, Linien. Secunden, 

Oo. 44 et Os 

©, 8 . a 4 045 ® 

1. ©. \ ” 1 ‚oO 0} 

X. 4 J ° 1,8 “ 

L» 8 “ 28 . 

>. °. 0 

2» 4x %,5» 

2. 8.4 sn 2. Ile 


3. 0. m. 9,0. u. f. w. 
wie man leicht weiter finden Fan, wenn man bie Zahl der 
Zolle mit fich ſelbſt multiplicire, da dem bag Product die 
Seeundenzabl angiebt, welche die täglihe Verzögerung 
ausdruͤkt. Wenn alfo ein. Pendul, nar in der Breite von 
3 finien, oder auf jeder Geite 4.Lınien ſchwingt, ſo ift 
es fein wahres Secundenpendul, da es tagfih z Gecunde 
zurudbleibt. Wenn aber die Bogen nur all ober „3, finie 
befibrieben, fo würde die tänliche Verzögerung nur ein Mils 
lionentbeilhen einer Secunde, oder in 21500 Jahren eine 

Secunde betragen. 
' De ia Lande Calcul aftronomique. 4 Paris 1762. 

. 253. i j j R 
6. 255. Wenn die Schwuͤnge des Penduls, 
auch bey verſchiedenem Elongationswinkel, von voͤl⸗ 
lig gleicher Dauer, oder iſochroniſch ſeyn ſollen, ſo 
muß es nicht in Kreisbogen, ſondern in der Cykloide 
ſchwingen. Es laͤßt fi) naͤmlich aus der Anwendung 
der angeführten Säße vom Falle in frummen Sinten 
mf die Cykloide erweilen, daß ber Fall dur) ven 
endli⸗ 


J 


152 1. Theil. 3. Hauptftüd.‘ 


endlichen Bogen verfelben eben fo lange daure, afs 
durch den unendlich Eleinen, - weswegen fie eben Die. 
taz vtochroniſche Kinie Heißt. Daraus folgt denn Der - 
Satz: Die Zeit des ganzen Schwunges in der Cy⸗ 
kloide, auch bey ungleihen Bogen, verhält ſich 
zur Seit des freyen Sallens Durch die Doppelte 
Länge Des Penduls wie der Umkreis sum Durch⸗ 
metjer. 
—— —* ah, "M Han —* —E — 
4.256. Die bisher vorgetragenen Beſtimmun⸗ 
gen der Geſchwindigkeit und Dauer der Pendulſchwin⸗ 
gungen gelten nur vom einfachen Pendul ( $. 242.) 
im leercn Mittel, - Ein zufammengefeßtes Penduf 
ift jedes phyſiſche Pendel, das daher erft auf ein ein: 
faches reducirt werden muß. Wird naͤmlich ein ſchwe⸗ 
rer Körper an tinem ebenfalls fchweren Saden oder. 
einer metallenen - Stange ſo aufgehängt, daß das 
Ganze Schwingungen machen-fann, fo fann man die 
laͤnge deſſelben nicht für die fänge eines einfachen Pen: 
duls haften. Ein folches Pendul ift. vielmehr aus 
vielen materiellen Puncten zufammengefeßt, die ine: 
gefamme fchwer find, und eine verfchiedene Eutfer: 
nung vom Aufhängungspuncte haben. Und eben des⸗ 
wegen nennt man es ein zuſammengeſetztes Pendul. 
Selbſt eine Fleine metallene Kugel, Die aneinem zarten 
Faden aufgehängt it, tft als ein zufammengeichtes 
Pendul anzufehen, meil, wenn auch das Gewicht 
des Fadens nicht in Anfchlag fame, doc, die-Kugel 


nicht als ein Punct ohne Ausdehuung angenommen 
werben 


Phänomene der Schwere im Allgemeinen. 133 


werben fan. Wenn daher die Geſete des einfachen 
Pendels. auf wirkliche Pendel. angewendet werden 


follen, fo muß. erft beflimmt werden, mie die fänge - _ 


eines einfachen Penduls ſey, deſſen Schwingungszeit 
eben fo groß fenn würde, als die Schwingungszeit 
eines zufammengefeßten Penduls von gegebener Ge⸗ 
ſtalt und Laͤnge. 


..$ 257 Es fen CRDE ( $ig. 37.) ein — 
wiengefeßtes Pendul; C fen der Aufhängungspunet, 
um welchen fich das Pendul ben feiner Schwingungs⸗ 
bewegung drehet, und A fen der Schwerpungt des _ 
nduls, Mat nehme die gerade tinie C@ fo fang 
an, als ein einfaches Pendul fenn muͤßte, wenn def ° 
fen Schwingungen mit jenem iſochroniſch feyn follten. 
In diefem Falle muͤßte der Punct O allein ſchwer 
feyn, wenn das zufammengefeßte Penduf in ein ein- 
faches iſechroniſches verwandelt werden follte; oder 
- bie Entfernung. zwiſchen diefem Puncte O und dem 
Aufbängungspüncte C ift die Sänge des einfachen 
Penduls, das mit dem zufammengefeßten ifochrenifch 
oder gleichzeitig ſchwingt. Dieſen Punct O nennt 
man den Mittelpunct der Schwingung oder den 
Schwingungopunct (Centrum olfeillationis); und 
die laͤnge jedes zuſammengeſetzten Penduls ift aus der 
Entfernung. CO des Schtwingungspunctes O vom 
Aufgängungspunete C zu ſchoͤtzen. 


4. 258. Um alſo die vorgetragenen Saͤtze des 
einfachen »Penduts auf ein zujammengejeßtes anzu 
cn äft es ndthig, 8 dieſem den Schwingungs— 

punct 


754 Ihe 3 Hauptftüd. 


punct zü beftimmen ($. 257.). Diele Beltimmung 
wuͤrde uns hier zu weit führen; wir entlehnen alfo 
nur einige Reſultate der Unterſuchungen, welche die 
Mechanik darüber angefteilt hat. 


. r) In einer ſchweren, gleichartigen, und gera⸗ 
den Linie, z. B. in einer cylindriſchen oder parallele— 
pipedaliſchen Stange von Metall, einem Metalldrah⸗ 
te, einem Blechftreifen, u. dergl., ift der Schwin⸗ 
gungspunct vom Aufhängungspuncte um 3 der länge 
der linie entfernt. 


2) In einer foliden Kugel, die an einem nicht 
bemerkbar fehweren Faden an ihrem Scheitel aufs 
gehängt ift, liege der Schwingungspunct unter dem 
Echwerpuncte der Kugel um 2 des Quotienten, den 
man findet, wenn man das Duabrat des Radius der 
Kugel mit der Entfernung ihres Schwerpuncts vom 
Aufbängungspuncte dividirt. So iſt 5. D. ben einer 
Kugel von ı Fuß (parif. ) Durchmeſſer, deren 
Schwerpunct „440 Jinien vom Aufhaͤngungspuncte 
entfernt it, der Schwingungspunct 4,712 finien 
unter dem Schwerpuncte derfelben; bey einer Kugel 
von 2 Zell Durchmeſſer ift er 0,13 linien, und bey 
einer Kugel von einem Zolle 0,033 fin. darunter. 


3) Wenn der Faden, an welchem die folide Ku- 
gel hängt, ein merktiches Gewicht bat, fo findet man 
den Schwingungspunct durd) folgende Formel: Es 
fen u das Gewicht des Fadens oder des Drahtes, P 
das Gewicht der Kugel, b der Durchmeffer der Ku: 
gel, a die Entfernung des ‚Mittelpuncts der Kugel 

vom 


Phänomene der Schwere im Allgemeinen. 159 


vom Aufhängungspuncte; fo liegt der Schmingungss 
punct unter dem Mittelpuncte der Kugel um 
(Zu+:P)b— Zu(lab+ a) 
(Zu+rP)a— bu j 


Eine fleine metallene Kugel von etwa zwey Linien im Durch⸗ 
meſſer, die an einem fehr zarten ungefvonnenen Hanffas 
den aufgebängt ift, iſt — immer noch ein zuſammenge⸗ 
ſetztes Pendul ; indeſſen Fällt doch der Mittelpunct der Ku⸗ 
gel mit dem Schwingungspimcte fehr nahe zuſammen. 


Hugenii horologium olfeillatoriam. Parif, 1673. Fol. 
P. IV. prop. 7— 23. Jacob Bernoulli, in den Mm, 
de l’acad. roy. des [c. 1703. ©. 78. ff. und S. ası. ff. 
Joh. Bernouili, cbendaf. 1714 ©. 208. Mairen, ebendaf. 
1735 ©. 183. Mu/chenbroek introductio in philofoph. 
naturalem. I. $. 670. 671. De /a lande expolition dw 
ealeul altronomilwe S. 199. Le Pause traité d’horlo- 
gerie. üParis 1755. 4. ©.291. Räftners Anfanasar. der 
böbern Mechanik, Böttinaen 17646 8. ©. 194. u. f. ©. 243. 
Barfteus Lehrbeariff der Marbematit, Th.1. B. 2. Abihn, 
VI. der Mechanik; ingl. Th. IV. Abſchn. VIII. und XI. 

der Mechanik. 2 
6. 259. Wenn ein zufammengefeßtes Pendul 
Ehmünge von beftiimmter Zeitdauer verrichten fol, 
fo muß die fänge des gleichgeftenden einfachen Pen 
duls eine beftimmte Größe haben. Wenn die Zeit. 
eines einfachen oder halben Schwunges gerade eine - 
Secunde dauert, fo heißt die dazu gehörige Jünge das 
Secundenpendul, oder auch die Länge Dre einfa⸗ 


chen Dendule. Ä 


$. 260. Man kann die fänge des GSecunden- 
penduls ($. 259.) durch Beobachtung beſtimmen. 
Man hänge zu dem Ende eine folide Kugel an einem 
dünnen ungezwirnten Saden auf, und beflimme die 
Entfernung des Schwingungspuncres vom Aufhän: 
gungspunete aufs genanefte ($. 258.) Man wähle 
einen Ort zur Beobachtung, der eine gleichförmige 
Tempes 


136 .° UdTheil 3. Hauptſtuck 


Semperatur vom etwa ro? Reaum. hat, und feinem 
fuftguge unterworfen if. Man laſſe hierauf das 
Pendul frey ſchwingen, zähle die einfachen Schwin⸗ 
gungen deſſelben eine Zeit lang fort, und beobachte 
nach einer richtig gehenden und gut geordneten Se⸗ 
cundenuhr die während der Schwingungen verfloſſene 
Zeit. Man drüde diefo beobachtete Zeit in Secun⸗ 
den aus, umd dividire fie mit der beobachteten Anzahl 
der Schwingungen, fo hat man die Schwingungs- 
zeit für ein einfaches Pendul von befannter Sänge, 
nämlich von einer fänge, die der Entfernung des Auf: 
hängungspuncts vom Schwingungspuncte glei) ift. 
Aus der tänge diefes Probependuls und der Dauer 
feiner einfachen Schwingungen läßt fi) nun nad) 
einer leichten Rechnung ($. 247.) die fänge eines 
einfachen Penduls beftimmen, das in einer Gecunde 
einen einfachen Schwung macht: Man wiederhohle 
diefen Verſuch oft mit Probependuln von verfchiedes - 
ner länge, und nehme das Mittel von allen Ver: 
fuchen, um deſto ficherer die fänge des einfachen Se— 
cundenpenduls zu erhalten. | 


Mairan 4.0. D. ©. 153 — 200, Van Swinden pohtiones _ 
pbyhicae. I. ©. 98. 


Einen bequemen und fehr genauen Apparat, die Länge des 
Seeundenpenduls zu befimmen, bat Hr. von Zach anges 
acben und. beichrieben: Befchreibung einer neuen Vorrich⸗ 
tung, womit die Verſuche und Immungen der wahren“ 
Länge des einfachen Secundenpenduls genau und behend 
angeitellt und gemacht werden Fönmen; ın Bodens Samml. 
aftronomı er Abbandl. ı Supplement. ©. 175. ff. 
und in Voigts Magazin, B.1X. St. ı. ©. 142. ff. 


$. 261. Um indeſſen die wahre Sänge. des ein. 
fachen Secundenpenduls, das in einem freyen Mitrel 
= - fchlägt, 


Phänomene der Schwere im Allgemeinen. 157 
fhlägt, und wobey die Erde als ruhend angenommen 
wird, zu finden, find noch einige Verichtigungen zu 
den vorhergehenden Verſuchen nöthig, und zwar 


1) Wegen bes Widerftandes der Luft. Die 
Pendul erleiden nämlich von der fuft, die fie: beym 
Schwingen aus der Stelle drängen müffen, einen 


Widerftand, der um defto größer ift, je dichter die - 


fuft, und. je größer das Volum des Penduls ift. 
Pendul von groͤßerm Gewichte ſchwingen daher bey 
gleicher tänge und gleichem Volum allerdings ſchnel⸗ 
fer, als die von leichterm Gewichte, obgleich die Groͤße 
des Gewichts auf die Schwungbemegung an fic) fo 
wenig Einfluß hat, als auf den Fall der Körper 
(3.216.). Durch diefen Wiverftand der uff kommt 

es hauptlächlich, daß die Schwingungsbogen immer 

Feiner werden, und das Pendul endlich zur Ruhe 

fommt, da fonft die Schmungbewegung an fich ohne 

Ende fortvauern müßte. Ob nun aber glei) durch 

diefen Widerſtand der $ufr die Dauer des Nieder⸗ 
ganges etwas langer wird, fo wird doch die des Auffteis 
gens dadurch wieder etwas kuͤrzer, und durch dieſe Com⸗ 
penſation kommt es, daß die Schwuͤnge ziemlich iſo⸗ 
chtoniſch bleiben, und daher keine merkliche Veraͤnde⸗ 
fung Statt findet, die eıner Sorrection beduͤrfe. Eine 
ganz andere Bewandtniß aber hat es mit der hydro⸗ 
ſtatiſchen Wirkung der fuft, wodurch, wie die Feige 
beym Waſſerwaͤgen lehren wird, ein Theil der Gras 
pitation des Penduls aufgehoben wird; hierauf muß 
fih ‚die Berichtigung wegen des Widerftandes der 
suft 


17 L. Theil; 3. Hauptſtuͤck. 


$uft beziehen. Dadurch, daß das Pendul fuftfans 
ber Stelle drängt, verliert es einen Theil feines Ge: 
wichts, und bewege ſich mit einem Verluſte feiner 
Gravitation. Daher ift zu der beobachteten $änge 
des einfachen Secundenpenduls noch etwas hinzuzus 
fegen,. um die Länge deffen zu finden, das im leeren 
Raume Secunden ſchwingt. Dieſer hin zuzuſetzende 


Theil verhaͤlt ſich zur Länge des einfachen Penduls in 


der luft, mie das, ſpecifiſche Gewicht der Luft zum 
ſpecifiſchen Gewichte ver Materie, woraus das Pen: 
dul beſteht. 


Bouguer traité de la henre de la terre. ü Paris 1749. 4. 
©. 399. ff. Han Swinden pol. phyf. I. ©, 93. }. 236, 


2) Wegen der Wirkung der Centrifugalkrafte 


auf der 'Zı de, die von der Umdrehung der Erde um j 


ihre Achfe herrührt, wodurch die Schwere des Pens 


duls, und alfo die fänge des einfachen Secundenpens 


duls vermindert wird. Diefe Verminderung ift defto 
größer, je näher der. Ort der Beobachtung dem Aes 
quator liegt, oder je größer die Kreiſe find, die er 


bey der täglichen Bewegung der Erde durchläuft. 


Ein und daffelbige Pendul wird alfo unter dem Ae— 


quator langfamer ſchwingen, als gegen die Pole zu, 


und es wird dort verfürze werden muͤſſen, wenn es 
iſochroniſch ſchwingen fol. Richer beobachtete Dies 
ben feiner Reiſe nach Cayenne im Jahre 1672, ı Grad 
56 Min. vom Yequatorz fein Pendul, das zu Paris 
Secunden fchlug, mußte bier um 1! finie verfürze 
merden, um die nämliche Geſchwindigkeit zu behalten, 


Um aljo die wahre Sänge des einfachen Secundenpen⸗ 
duls 


Phänomene der Schwere i im Nogemeinen, 153 


duls zu beftimmen, welche Start finden müßte, wenn 
die Erde ruhete, iſt zu der beobachteten fünge noch . 
etwas hinzuzuſetzen. Um dies zu finden, darf man 
nur den Bruch) ;t;, (als das Verhaͤltniß der Schwung⸗ 
fraft zur Schwere unter dem Yequator.( $. 271. 12.), 
mit dem Duadrate des Cofinug der geographiſchen 
Breite des Orts multipliciren, und die gefundene 
Quantitoͤt zu der beobachteten laͤnge des Penduls zu⸗ 
ſetzen. Geſetzt alſo, daß der Ort der Beobachtung 
unter einer Breite von 60 Graden laͤge, ſo iſt der 
Coſinus = Z, und die Rechnung giebt I, ZI, oder 
sr Wenn nun die beobachtete Sänge des einfachen 
Penduls dafelbfi 439,28 Linien wäre, fo müßten 
nach — z = 938 !inien zu dieſer beobachteten 
Länge zugefeßt werden, um die wahre laͤnge des Se: 
eundenpenduls zu finden, das durch die Schwung, 
Fraft feine Berminderung erleidet. 


Dr. de la Lande giebt hiernach folgende Zafel an: 
unter dem Xequator 5 o Br. o Min, # ns3 kim 


zu Vortobelo + 99 ZI: 18 5 
zu Kleins Goade s 3 18 0 279 5 1,38 8 
am Vorgeb. 8.9. ss 33 Ir 8 LO 
zu Varis 3 s 48 85 go 8 9 0,673 
u Xondon + » 51% 3 s 3 059 5 

n Schweden de ss 60% ss 93 038 $ 
zu Pello in Lappland » '&6 + * v0 Q 6 


Phoronomia, five de viribus ek motibus corperunr 
Solidorum er Auidornm libr. Il. aut. Jao. Hermanno, 
Amftelaed, 1714. 4 ©, 368. fi. De la Lande calcul 


altronom. ©. 203, 

3) Wegen ber Größe der Schwingungeboten. 
Hierher gehört das, was $. 254. angefuͤhrt wor⸗ 
den iſt. | 

| r 


"160 1 Theil. 3. Hauptſtuͤck. 

4) Wegen der Wärme. Die Temperatur kann 
nämlich die fünge des Maafſtabes ändern, und daher 
iſt es nöthig, bey der Meſſung des Probependuls ſi ch 
eitweder ſtets einer gleichfoͤrmigen Temperatur zu bes 
dienen, oder den Unterfchied der Sänge bey andern 
Temperaturen an dem Maaßſtabe erforkht zu has 
ben. — Wenn die Pendul ſelbſt von der Waͤrme 
und Kälte in ihrer fänge verändert werden, fo würe 
den fie natuͤrlicher Weiſe ifren Sfochronismus nicht 
behalten. An genauer Uhren hat man deswegen 
Pendul aus verſchiedenen Materien anzubringen ges 
ſucht, die fi ch wechſelſeitig durch Verkürzung und 
Berlängerung bey verfchiedenen Temperaturen coms 
penſiren; ’ dahin gehört Grahams und Romains 
roftförmiges Pendul aus eifernen und fupfetrien Stä- 
den. Noch vollfömmener hat man die Verbindung 


von Stäben aus Eifen und Zinf gefunden. 


Müfchenbroek introd. ad philol, natural. I. $. 67%. * 
Berthoud eſſai d’horlogerie. à Paris. T. Il. 1763, 
T. 2. & 118 — 143. 181 — 188. 299 — 306. 


6. 262. Ungeachtet aller‘ diefer Berichtigungen 
fehrt die Erfahrung, daf an den verfchiedenen Orten 
auf der Erde unter verfchiedenen Breiten die $änge 
des einfachen Secundenpenduls nicht gleich fen; wor: 
aus denn folgt, daf die Befchleunigung der Schwere 
in den verfchiedenen Breiten nicht gleich ſeyn koͤnne. 
Man hat diefe fänge gefunden: 

ı ) unter dem Acquator, an ber Meeresfläche, 
439,21 fin. parif. = 454,48 rheinl.; 
2) zu Paris, unter der Breite von 48° 50°, 
4409,57 fin. patif. = 455,89 rhein!.; , 
| 3 


Phänomene der Schtwere im Allgemeinen. 161 


3) zu Leiden, unter ber Breite von 52° 9°, 449,71 
parif. = 456,04 rheinl. ; 

4) zu Dello in Sappland, unter der Breite von 
66° 48°, 441,27 fin. parif. ⸗ 456,61 rheinl. 


Die Beftimmuna der Vendullänge von andern Orten fehe man 
ben Mu/chenbroek introd. in philof, nat. T. I. ©, 99. 
und in Bodens Feuntniß der Eroͤkugel, S. 85, 

Nach den neueſten und genaueſten Verſuchen in Paris hat man 

"Die wahre Fädge des Secundenpenduls daſelbſt 440,6 fin. 
parif. gefunden, 


$. 263. Die lehren vom einfachen Pendul harte 
ſchon Galilet mit den Geſetzen der Schwere erfunden; 
Suygene aber erweiterte diefe Erfindung, machte vom 
Sabre 1656 an davon überaus wichtige Anwendungen 
zur Verbefferung der Uhren, und wurde der Erfinder 
der Denvulubr. -Er ſchlug auch die Sänge des ein: 
fachen Serundenpenduls zu einem allgemeinen Fuß⸗ 
maaße vor, und nach feinem Borfchlage follte der dritte 
Theil diefer Sänge ber allgemeine Fuß ſeyn. Er mußte 
aber damals noch nicht, daß die länge des Secun⸗ 
denpenduls unter verfchiedenen Breiten verfchieden 
wäre, und daf fie zwar ein natürliches, aber fein 
allgemeines $ängenmaaf gewaͤhre. Fur einerlen Ort 
bleibt indeffen dieſe fcharffinnige Beftimmung immer 
anwendbar. 
Chrift. Hugenii hörologium oleillatoriom.. Paril. 1673. Fol. 
„ durbBeitmeflungen unveränderliche Längen :, Körpers 
Sewichtmaahe zu erhalten, — von ‚ Wbirehurft. 


a. Er Engl. überf. mit Anm. von 7J. 4. man, Mürab, 
1790. 4- 

6. 264. Eine andere fehr wichtige Anwendung 
der Geſetze vom Pendul machte Huygens dadurch, 
daß er - vermittelft derſelben die Beſchleunigung der 

N Schere 


162 " 1 pet: 3. Haupeftüd, 


Schwere EN Weiß man nämlich die Sänge 
des einfachen Penduls, fo läßt ſich nach) $. 253. leicht 
beftimmen, mie viel Fuß der Körper in der eeften 
Secunde feines Fallens durchlaufe. Weil naͤmlich 
die Quadratzahl der Schmwingungszeit des - 
fich zur Quadratzahl vond;$ oder von 3,1418926.. 
‘(als dem Verhäftniffe der Peripherie des Kreifes in 
Durchmeffer,) verhält wie die halbe fänge des Pen 
duls zur Beſchleunigung der Schwere, fo darf man 
nur die halbe fünge des einfachen Secundenpenduls 
für einen gemiflen Ort mit der Quabratzahl von 
‚ 3,1415926.. tmultipfieiren, um den Fallraum ſchwe⸗ 
rer. Rörper in der erſten Zeitfecunde, oder die Be⸗ 
fchleunigung der Schwere, für den Ort der Beobach⸗ 
tung zu finden. : Die länge des einfachen Secunden: 
penduls ift nach Mairan zu Parts 440,57 linien 
(5. 262.), folglich die halbe fänge 220,28 linien 
_Cparif.), und biefe mit der Quadratzahl von 
,1415926 == 9,869604 wmultiplieirt, giebt,für bie 
Sallhöhe der. erfien. Secunde 2174,07 Linien — 
oder ſehr nahe, wie oben ($. 215.). 

Warſtens Anfangsgr.d. Naturl. $. 94. 


$. 265. Da die Beobachtungen lehren, daß die 
fange des einfachen Penduls, wenn es ifochronifch 
bleiben foll; ‚unter dem Aeguator fürzer fenn muß, 
als gegen die Polarländer zu ($. 261. 2.), fo folgt, 
daf die Schwere ımter dem Aequator geringer fenn 
müffe, als gegen die Pofe zu. Zufolge diefer Beob⸗ 
achtungen waͤchſt die Sänge des einfachen Secunden⸗ 
penduls, 


- 


Phänomene der Schwere im Algemeinen. ‚163 


pendufs, je mehr man’ ſich vom Aequator gegen die 
Dofe zu entfernt. Es ift zwar nicht das Ganze der 
Berminderung dieſer fünge gegen den Aequator zu 
auf Rechnung der Verminderung der Gravitation zu 
ſchreiben, jondern ein Theil kommt auf Rechnung der 
größeres, Centrifugalkraft unter dem Aequator; da 
aber die ſer Theil beftimme werden kann ($. 261. 2.), 
fo laͤßt fü ch auch nad) angeftellter gehoͤriger Berichti- 
gung die Verminderung der Schwere gegen den Ae: 
quator zu angeben. Die Scyweren an den verfchie- 
denen Orten verfchiedener Breiten verhalten ſich wie 
die laͤngen des einfachen Secundehpenduls, die man - 
nach den gehörigen Berichtigungen gefunden hat. 


\ ’ 


. Newton: princip. philof. natur. III. pr. 20, 


4. 266. Eben fo lehrt auch die Erfahrung, daß 
Pendul, vie ifochronifch.fehmwingen, auf hohen Ge: 
genden kürzer, als in niedrigern fenn muͤſſen; wor- 
aus denn folge, daß die Schwere vom Mittelpimere 
der Erde weiter abmärts geringer iſt, als ben mehre: 
ser Mähe, und daf diefe mehrere Erhöhung wahr: 
ſcheinlich der Grund ift, warum gegen den Aequator 
zu iſochtoniſche Pendul, auch nach der Correction 
wegen der Eentrifugalfraft ($. 261.), fürzer feyn 
müflen, als gegen die Pole hin. 

Bouguer trait& de la fgure de terre. à Paris 1749. 4. ©. 335 


37. 
Nach ihm war die Länge des einfachen Secundenpenbuls unter 
dem Arquator 
u ber Höhe von 2434 Toifen 363. 6,70 8, 
⸗ 1466 Ä ; 
* der Meeresfläce 
Nach der gebörigen Berichtigung der dife —2 36 3. 
6,69 5 36 3. 688 8.5 363. 7,21 8*. 
3 2 Don 


164 1. Theil. 5. Hauptſtuͤck. 
Bon den erbichteten Verſuchen einiger Franzoier, dte 


das * —— zn * man: Ie Sage im 
— — de P 49.5: de Luc lettres 


h et ie * il ©. > 
Beoflae Säriften, € e, 107. 358.5 und Achard 


| Wurfbewegung. 

= 6, 26%. "Wenn ein ſchwerer Körper in einer Ho⸗ 
sisontälfinie, oder in einer andern, die nicht auf dem 
Horizonte ſenkrecht ift, in einem frenen Mittel durch 
irgertd wine Kraft fortgeworfen wird, fo würde er, 
wenn die Schwere nicht auf ihn wirkte, in gleichen 
Theilen der Zeit gleihe Näume nad) der Richtung 
des Wurfes durchlaufen; die Schwere treibt ihn aber 
fenfrecht, nach der Flaͤche ver Erde herab, und der 
Kdoͤrper wird alfo von zwey Kräften zugleich getrieben, 
deren Nichtungen einen Winfel einſchließen. Folg⸗ 
rich ift die Bewegung des Körpers zufammengejeßt, 
und feine Bahn wuͤrde ſich nach dem, was hiervon 
($. 87.) gefagt worden ift, leicht finden laſſen. 
Die Kraft der Schwere aber wirft nicht bloß im Anz 
fange, fondern, als eine ftetige Kraft, ununterbrochen, 
und befchleunigt folglic) den Fall des Körpers gleich⸗ 
foͤtmig. Wenn dieſer alfo bey der durch den Wurf 
erhaltenen Geſchwindigkeit als bloß träge im erſten 
Augenblicke ein Raumtheilchen der geradlinigen, 
z3. B. horizontalen, Bahn fortgeht, fo. wird er auch 
während diefer Zeit durch die Schwere herabgetrieben, 
folglich nad) Endigung deffelben fo tief ſeyn, als er 
beym lothrechten Falle fenn wuͤrde; nad) dem zweyten 
Augenblide wird er aber viermal tiefer gefunfen ſeyn 
J. 214.), wenn er in der Bewegung nach der Kraft 
des 


| 


\ 


Phänomene dee Schwere im Allgemeinen. x6s 


des Wurfes, oder nad) der Projectionslinie nur zwey 
folhe Raumtheilhen, als im erften Augenblicke, fort- 
geruct ift; nach dem dritten Augenblicke ıft er neun- 
mal tiefer gefallen, da er vermöge feiner Gefchwin- 
digfeit Durch die erftere Kraft wieder nur einen drey⸗ 
füh jo großen Raum, als im erften Augenblicke, vor⸗ 
geradt ii; u. ſ. w. Kurz, der geworfene Körper 
wird eine Frumme tinie befchreiben, worin fich die 
Abſciſſen verhalten wie Die Quadrate der Drdinaten, 
und folglich eine Parabel. Auch diejes Geſetz hat Ga⸗ 
bilei zuerſt entdedt. 


Ei werde ein ſchwerer Punet A(Fig. 38.) in der horizontalen Rich⸗ 

AH geworfen. Man theile AH im dren gleiche Theile 

AB, BG, GH, die von dem bloß träaen Körper in gleichen 

Zeiten zurücgeleat werden würden. Allein jo wic die freye 

Wurfbewegung des ſchweren Körpers anfängt, finft er 

Burh die Schwere binab. Wir mollen feßen, daß er in 

dem Zeittbeilben, da er AB ohne Schwere zuruͤcklegen 

wñrde / dutch dieſe AK himabfalle; er wird alio die Dingonas 

teAE durchlaufen muͤſſen, folglich fib nach Endigung des ers 

fen Zeirtheils in E befinden. Im folgenden Zeirtheile würde 

er nad der Richtung bes Wurles, wenn er micht ſchwer 

wäre, um BG = EM fortgerüdt ſeyn; die Echwere würde 

ibır aber in dieſem zwenten Zeittheile allein 3mal tiefer 

binabtreiben, als im erften, folaib um MT=KP= 

3 AK; er durdläuft alfo die Diayonale des Parallelo⸗ 

gramms ENSF, und befinder fib nah Endigung des _ 

sen Beittbeild in F, alfo nah der ſenkrechteu Höhe 

AP = 4 AK hinabaetrieben.. Im dritten Zeirtbeile würde 

ihm die Kraft des Wurfes um FO = GH fortrüden laflen ; 

er durchfaͤllt aber vermöae der Schwere in diefem Zeittbeile 

den fünffahen Raum FR = 5 AK, und durdläuft alfo 

Die Diagonale FL, fo daß er nab Endiaung der drey 

Zeittheile 9 AK im der ſeukrechten Hohe AN = HL hinab: 
gefunfen if. - 


Da die Schwere auf den beweaten Punet nicht bloß im 

A, E und F, fonbdern in jedem Puncte feiner Bahn fletig 
wirft, fo machen aud die Dianonalen AE, EF und FL 
Peine geraden , fondern frumme Linien aus, und die ganze 
Babn ift eine frumme Linie, bie die Eigenibaften einer 
Darabel hat: denn wenn man AN für die Achſe diefer 
frummen Linie nimmt, fo find AK, AP umd AN vie Abr 

f lerſſea/ und KL, PR und NL Me OMdinaten. u. 
| vermoͤge 


166 - 1. TDheil. 3. Hauprftüd. 
vermöge der Gonftruetion AK: AP = KE?:PF? = AB?: 
AG?; und AK:AN = KE?:NL’ = AB’:AH?®, 
— dialog. de motu locali. L. B. 1699. 4 IV. 


6. 268. Nicht nur in der horizontalen Richtung, 
fondern auch in jeder andern, wofern fie nur nicht 
auf den Horizont fenfrecht ift, muͤſſen nach diefer 
Theorie die geworfenen ſchweren Körper eine paraboli> 
ſche Bahn haben, und zwar 'meht nur ben dem Hin» 
abfinfen, fondern auch bey dem Hmänffteigen, und 
es laͤßt fich folchergeftalt der Weg, den fie nehmen, 
und der Drt, wo fie fich in einer gewiſſen Zeit befin⸗ 
. ben, beſtimmen, wenn man die anfänauche Ge— 
febwindigkeit, mit der fie geworfen wurden, oder die 
Gewalt des Wurfee (Impetus jactns), fo tie den 
Winkel kenut, den die Richtungslinie mit dem Hori⸗ 
zonte macht. In der luft macht freylic) der ABiders 
fland derfelben bey: großen Wurfsweiten, daß die 
Bahn des geworfenen Körpers nicht genau parabolifch 
feyn kann. Auch find zwar die Richtungsfinien der 
- Echmerfraft im eigentlichen Sinne nicht parallel; ins 
deſſen ift bey Fleinen Weiten der Unterfihied fo gering, 
daß er nicht in Anſchlag kommen kann. 


Beyſpiele geben: geworfene Steine, Geſchuͤtzkugeln, und bes 
ſonders ein ſpringender Waſſerſtrahl, wenn die Spring 
roͤhre nicht lothrecht, fondern ſchief oder horizontal ſteht 


Eigene Maſchinen, nm durch Verſuche dieſe Theorie zu beftäris 

gen ,.beichreiben: ’s Gravefande elem. phyhc, $. 543 — 

46. 4. 1624 — 29.; Mufchenbroek introd. ad pbilof. nat. 

. 704. ; Nollet legons de phyhque. VI. &, 212. ff. Exp. s.; 
Bernoulli in ben nouw. meni. de l’ acad, de Berlin 17%0. 


Die Theorie aeworfener Körper fche man ben: Torricelli de 
motu proiectorum, in feinen operibus. Florent. 1664. 4.5 
Blondel art de jetter les Bombes. à Paris 1683. 4.; Mau« 
pertuis,. in den Mimoires de U’ Acad. roy. des fe. 1731. 
©. 297.5 :Tempelhoff-le boiibardier prufien, ou du 


L Mon- 


2 
— 


— 


Phänomenerder Schwere im Allgemeinen 167 


monvement des-projettiles. ä Berlin ı781. 8.; Raͤſtners 
Yinfanasarände der höbern Mechanik $. 173: u. F. Kar⸗ 
ſtens Lehrbegriff der gefammten Mathemat, Th. IVe e— 
banif, Aſchu XX.; und Anfangsar, der matbem. Wiffen⸗ 
ſchaften / Th. II. 9.33. ff. 


6. 269. Ein ſchwerer Körper, beider fofcher! 
geftaft in einer krummen finie niederwärts ‘geht, iſt 
am Ende feines Niederfallens in eben der Zeit, als. 
menn er von der Höhe feiner Wurfbewegung an ſenk⸗ 
recht auf die Ebene herabfaͤllt, die er am Ende feines. | 
—— — — 


Centralbewegung — — — 


6. 270. Wenn aber die Richtungslinien der 
Schwere nicht unter einander parallel, ſondern nach 
einem Mirtelpuncte zu gerichtet find, fo wird die 
Schwere als ‚Centripesalfraft, und. die Kraft des‘ 
Wurfes, die den fchweren Körper von der Nichtunge 
der Eentripetalfraft abzulenfenftrebt, zur Tangentiaf:' 
Fraft, folglich die Wurfbewegung ‚zu, einer wahren 
- Gentralbewwegung werden ($.99.).. Den ven Flei- 

- nen Weiten, in der wir auf der Erde die Koͤrber wer⸗ 
fen fönnen, fallen-fie freylich bey ihrer krummlinigen 
Bahn auf die Erde zuruͤck; die von ihnen beſchriebe⸗ 
nen Bogen find fo klein, daß alle von denjelben gegen! 
den Mittelpunct der Erbe gezogene Linien fir parallel 
gehalten werden fünnen, und daß alſo die Bahn von’ 
einer parabolifhen Krümmung, die freylich nichr:wies - 
der im fich felbft zuruͤcklaͤuft, dem Anfehen nad) ent⸗ 
ſteht. Es ift-aber doc) denkbar, daß «in: ſchweter 
Alıyer i in einer folchen Erhöhung vonder Erde hori⸗ 
FR zon- 


iss U Theil. 3. Hauptſtuͤck. 
zontal geworfen werde, daß die Weite der Bogen ſo 
wachſe, daß die aus ihnen nach dem Mittelpuncte 
der Erde gezogenen linien nicht mehr fuͤr parallel, 
ſondern für convergirend zu halten find; - dann wird 
die Bahn nicht parabofifch-fenn koͤnnen, fie wirb- in 
ſich ſelbſt zuruͤklaufend werden, und der ſchwere K dr⸗ 
der wird um die Erde herum eine Centralbewegung 
haben. Wirklich ift auch Die Bewegung welche ber 
Mond um die Erde, und alle Trabanten um ihre 
Hauptplaneten ‚ fo wie diefe um ihre Sonne, haben, 
eine wahre Gentralbemegung, und eine Folge derſel⸗ 
bigen ſtetigen Kraft, welche die krummlinige Bahn 
Der geworfenen ſchweren Körper. auf unferer Erde herr 
worbringt, nämlich der Gravitation... Die Schwere 
iſt Die ftetig wirfende Eentripetaffraft; und die Kraft 
des Wurfs, welche Die ſchweren Welten von det Rich⸗ 
tung dieſer Centripetalkraft nach der Tangente abzu⸗ 
lenken ſtrebte, die Tangentialkraft ober Schwung⸗ 
kraft. Dieſe letztere iſt alſo nicht Folge der Trägheit; 
denn teil Traͤgheit Feine Kraft: iſt, fe wird ſie auch 
Fein Vermögen haben, die ſchwere Welt ‚von ber 
Richtung ber ihr inhärirenden Kraft der Schwere 
abzulenfen. Um alſo die Centralbewegung der Hims 
melsförper zu erflären, dürfen wir annehmen, daß 
fie entweder nach. dee Richtung der Tangente zuerft 
durch irgend eine Kraft in Bewegung gefeßt worden 
wären, und daf Die nachher binzugefommene Schwere 
fie von jener Richtung num ſtetig ablenfe; oder daß die 
gravititenden Himmelskoͤrper durch eine projectile 
Kraft nach der. Tangente ihrer Bahn mit einer deter⸗ 
minirten 


Phänomene der Schwere im Allgemeinen. xSg 
minieten Geſchwindigkeit in Bewegung gefegt würden; 
So läßt fi) denn auch die Frage leicht: loſen, ob 
die Schwungfraft Folge der Trägheit, oder ob fie eine: 
Deß es denkhar fen, daß die Bahn geworfener Körper zu 


einer ſelbſt zurüdlaufenden Linie, und. nicht erwa 
"Tuner e werde, die dem Mittelpuncte immer 






. - fomme, ſich leicht beweifen, jede Geſchwin⸗ 
xr eit ei Fe der Murffraft kann durch die 
* Tangente ausgedruͤckt werden, wie 5.3. (Fia. 39.) 


Ab, und die Schwerkraft, die nah einem Mittel⸗ 
tz "wie nad C, wirft, durd Ac = bi. Wenn alfo 
Ichiwere Körper ads A gegen T zu geworfen wird, fo 

er im eben der Zeit, da er Ab durchläuft, zu dleicher 
* ‚von der Dangente durch die Echwere um bi oder Ae 
’ ogen, und alfo in eben der Zeit, als er nad der 
rn Mrafe: des Wurfs allein Abs durchlaufen würde, vermoͤge 
r engefeßten Bewegung den Bogen Ai beichreis 
27 Ben; ' von da wiirde er in der folgenden gleich aroßen Zeitz 


De die Schwere, nab der Zangente bı8 rt fortgeben s 
— aber die Schwere ununterbrochen gegen C, und 













2 
* 





— Breite ‚während daß er ini iſt, durch tn = ie 
an t, fo wird er vermoͤge diefer zuſammengeſetzten 
> im eben biefer Zeit den Boaen im befchreiben ; ee 


de in der dritten Zeit von m aleichfürmig nad q forts 
wenn die Schwere nicht wäre, wenn nämlid ng 
feßt 2» + da aber die Schwere in n ihn zu gleis 
dur np = qr führt,” fo wird er im eben diefer 
dur nr geführt, und fo weiter. Weil die Eentripes 
aft immer wählt, fo wie die Diftangen Ci, Cn, Cr 
25 mi; fo Wird auch der geworfene Körper immer när 
bder gegen C ju fommen, bis er an ben unterften Punct E: 
iM; aber von da an wird er. fi wicht mehr C näs 
r fondern davon abs und wieder nach A zurüdgeheir, ' 
der Lehre von der Eentralbemeaung (f. or. 1.) iſt 
annt, daß die Dreyeke AiC, inC, nrC gleihen Ins: 
: bafts find, und eben fo auch tEC, deflen Bogen der ges 
. Körper an der unterfien Stelle durchläuft, Ar 
** Stelle der krummlinigen Bahn iſt die Centripetal⸗ 
amı eften, und fen durch Em ausaedrüft, und 
€ gegen Ae umgefehrt wie die Quadrate der 
vom Mittelpuncte der Gravitation, oder 
wie A0’ : CE®, Der Körper wuͤrde aus E nach o gleich⸗ 
r ‚ in eben der Seit, da er tE beichrieben., 
r5 ie Schwere in E zu wirfen aufbörte; fie zieht 
aber un Em = oh nah C zu, daher legt er in ebem _ 
den Bogen Eh zurüf; von b würde er in der 
—5 gleich großen Zeit durch hr weggehen, wenn ihn 
J während diefer Zeit die Schiwere nach C ablenfte, und 
Abe am Ende diefer Zeit bis s zurüdigebrache hätte; u. f & 
us 


* 


170 0. 1 Dheil. 3. Dauptſuͤck. 


Aus den Richtungen Eo, hr erhellet, dab, wenn der ges 
worfene Körper in E angelangt ift, er von da an keines⸗ 
weges gegen C zu immer mehr näher fomme, ſondern Daß 
er vielmehr, weil.er in den Yuncten E, h,s, G eben dies 
felbige Eentriperaffraft- bat, ale in ben correipondirenben 
Puncten der gegen über ſtehenden Hälfte, eben,fonob A 
zurädfehrt, als er fih von da aus entfernte r , 


.. Man nehme nun,an, daß die Kraft des Wurfes Ab dies 
felbiae bleibe, das Werhältniß der Tentripetalfraft oder 
der Schwere aber aröher ald Ac, und durch Ad — be aus⸗ 

edruͤckt werde, fo wird der Koͤrper durch dıe vereiniate 
irkung bender Ae durchlaufen. Wird die Schwerkraft 
“noch arößer, nämlih == Ag, fo wird er in eben der Zert / 
da er ohne Schwere Ab durch die Kraft bes Wurfev zurüds 
Ierea würde, den Bogen AF dur die. gemrinichaitlichen 
MWirfunarn durchlaufen. Eogivie er durch Ab vud ÄAc die 
Eentralbewerung AFEG hat, fo. wird er durch Ab und Ad, 
oder durch Ab und Ag, die von AHDI oder AKBL.y. f. w. 
baben. — | TREE: 
en inftifwziones phyhicae,..P. II. Vindob, 1763. 
8. . 35. I. - W 


’ 


6.271. : Wir koͤnnen nun von ben bieher vorge: 
gragenen Gefeßen der: Schwere Anwendung machen 
auf Centralbewegungen ($. 101.), ben welchen die 
Schwere aid Centripetalfraft wirft, und fo auch auf 
Die wichtige fehre von der Bewegung der Himmels: 
förper. | Ba 
. 1) Wenn. ein fehwerer ruhender Körper von der Nichtung 
ber Schwere, bie auch zur Zeit der Mube eben fo autiin ibm 
wirffam ift, als zur Beic der Beweguna, und feinen Druck bera 
vorbringt, abgelenft und 3. B. na einer horizontalen Richtung 

eworfen oder geftoßen werden foll, fo wird dazu Kraft erforbers 
Ti feyn, und der ruhende fchivere Körper wird Widerſtand leis 
fen:(}. 102.) Es if leicht begreiflih , daß, wenn der ſchwere 
Körper noch einmal fo viel fchwere Malle hat, als ein anderer, 
‘noch einmal fo viel — erforderlich ſeyn werde, um ihn mit 
eben der Geſchwindigkeit in’ eben der Richtung zu werfen; nicht, 
weil diefe doppelt fo fchivere Maſſe doppelt fo viel Träabeit babe, 
and durch.dieielbe doppelt fo viel Widerſtand leifte, fondern weil 
ihre bewegende Kraft oder ihr Gewicht, mit dem fie nah der 
Richtung der Schwere drüdt, doppeit fo aroß if. Wenn num 
zwey ſchwere Körver vom ungleicher ſchwerer Mafle in eine Cen⸗ 
tralbeweaung geſetzt, und ihre Beichwindigfeit, fo wie ihr Abs 
Hand vom Mittelpunete der Kräfte, glei angenpinmen werden, 
fo mird die Sentrifugaltraft in dem Körper von größerer ſchwe⸗ 
rer Mafle gröüer ſeyn, als im dem von Fleinerer fchwerer Maſſe; 
und es wird folglich eine größere Centripetalfraftserfordern, um 
\ . die 


Phänomene ber Schwere im Allgemeinen. zyw 


die 'sröfere Maſſe in: gleicher Bahn Mit gleicher Beſchwindigkeit 
und ben gleichem Abftande vom Centro zu erhalten. 
Wenn wir die fhweren Maffen P, p, und die Eentripefalfraft' 
G:ı 8 — ” ift , alles gleich geſetzt, 3 


LEET Te, | 

Es babe naͤmlich der Körper A von doppelt fo viel ſchwe⸗ 
rer Maife, ale B, mit diefem bey gleichem Abitande vom 
— ı Eentro und bey gleicher Umlaufszeit eine Centralbewegung. 
Der Körper A iſt — 2B; in jedem von diefen angenom⸗ 
menen B aber ift die Eentrifwaalfraft glei der ın dem 
eigentlichen B, folglich ift Die, Centrifugalfraft von, A zu 
der in B wie das Gewicht oder die fchwere Maffe von A 

zu dem von B. . 
ni aber Waller und Quedfilber im einer gegen dem 
ont geneigten Röhre eingeſchloſſen find, und im Krei⸗ 
berum bewegt werden, fo wird dabey das Duedfilber' 
ıflchen, und weiter vom Eentro entfernt feyn, als 

das Wafler. 

Eben hieraus laͤßt nd auch erflären, warum bey dem 
KRornfiebe die fchwerern Körner nach der Peripherie zu, die 
leichtere Spreu näher nah dem Mittelpuncte des Siebes 
gelammelt werden. 


Müfchenbroek $ 730. Kraft praelect. phyf..I. j. 198. 


=) Aus der Verbindung dieſes Satzes mit dem oben bey der 
Gentralbewegung ©.65. n. 16. angeführten folgt der allgemeinere 
für die ralbetoenumg ſchwerer Körper: Die Centralfräfre find 
in einem amengeke n Verhälsnufe aus dem geraden der 
ſchweren Maſſen un Entfernungen vom Mittelppuncte, und 
dem umgelehtten des Quadrats der Umlaufszeiten. 


Bean bie Centraffräfte Gy, gr. die ſchwere Maſſe P, p, die 
Abſtaͤnde vom Mittelpuncte D, d, und die Umlaufszeiten 
Ti vr, heißen, f-ift - - ‚, 


ar n * > PD, d 

— 6: 38 *E. 
Wenn ale P=p, pitG:g= —X wie oben (S. 65. 

n. 16.), und ferner D+d = GT?:gt?; und wenn G ⸗ 
und P=p, fo ift die Geihwindiafeit oder V: v — vB 
eyd=T:t, und V”?:v’—=D:d. ferner wenh P= 
p / und T=t, fit G:g = D:d (f, oben ©.64 n. 13.)5 
und wenn T=t, ſo iſt G;:g=PD;pd. 

Menn num Gig= 5:17 fit T:e=ND:d mb 
Vz v; ferner, wenn T = 6, und Pip= 7:4 | 
lo iſt ⸗. | 

Endlich wenn P = pr nd D=d, fit G:g = 
2 1 E | . a 
77 ’- R “ 

Yan Swinden 1, S. 135. 4 365% 7 eu un , 

, ... J ? 


Es fen ferner DB? : BE? —=C 


72 1 Dheil. 3. Hauptſtuͤck. 


3) Wemt. bie Quadrate der Umlaufs zeiten ſich verhalten wie 
die Würfel der. Entfernungen vom Uitte der Rräfte, und 
die ſchweren Wiaflen gleidy find, fo find Die Centralkraͤfte un ums 
gefehrren Verhaͤltniſſe des Quadrats der Köntfernungen, 


‚Ben alſo T:r=D:0,plMGig=n,:,; = 


' d?:D2. 
Nach dem oben (S. 65 m. 16.) Ungeführten war G:g — 


ni er fubfituiren wir nun bier, nach der Vorausſe⸗ 
Auna, für T? umd £:, D’ und d’, fo iſt Gig= pn > — 
zu I: I = d? :D?®, z 


4) Wenn die ſchweren Wiaffen ungleich find, fo'find, in dem 
eben angrfuberen Sale 13), die Cemralkraͤfte ım geraden Verhaͤlt⸗ 
miſſe der Wiafjen und im.umgefehrten des Quadrats der lEnıfers 
nungen vom Uuttelpuncte der Kräfte. 

: Dies folgt aus ‚der Verbindung des zwepten und britten Gas 
—zzes umnd iſt dieſemnach k 

3) Werm ein ſoᷣwerer Rörper in -einem Rreife mir eben fo gros 
ge eit bewegt wırd , als er Durch den freyen Sall aus 

er Hoͤhe bes vierten Theils des Durchmeſſers, oder der Hälfte 
des Kadius des KAreies erhalten würde, ſo iſt feine Centritugals 
Eraft der Schwere gleich. Ware der Körper an einem Faden ges 
fpannt, und würde er im horizontalen Kreife bewegt, jo würde 
er jenen chen fo fpannen, als wenn er frey daran berabbinge. 


‚Der füdrper werde in einem horizontalen Kreife ( Fig. 40.) bes 
wegt. Die Tangente BD fev gleih dem Radius AB. Je—⸗ 
ner bewegt fib,nach der Borausfegung, in der Circumferenz 
des Kreifes mıt einer Geſchwindigkeit, melde er dutch dem 
fentrehten Fall CB = 4 AB erlangen würde. Die durch 
dieſen Fall erlangte Geſchwindigkeit würde ibn in eben der 
‚Zeit dur den doppelten Raum von CB, oder durh BD 

feihförmig führen ($. 217.) Wenn er alfo in B lösgelafs 

; ‚würde, fo würde, er in eben diefer Zeit den Raum BD 

' gleihförmig aurüdlegen, Man nehme von BD irgend eis 
nen fleinen Theil BE, und ziehe dur das Gentrum des 
Kreifes die gerade Linie EAH , die den Kreis in F fhneider. 

?=CB:CG. Wenn wir alfo 

dic Zeit, in welcher der Körper mit befchleunigter Geſchwin⸗ 
digkeit durch CB fällt, durch die Linie BD ausdrüden koͤn⸗ 
ger, fo wird BE die Zeit der beichleurigten Benegung 

ı dur CC ausdruͤcken, weil bie Räume, weiche ſchwere Körs 
per ben dem Falle durchlaufen , den Duadraten der Zeiten 
— nal ſind. In der Zeit naͤmlich, in welcher der 

were Köeper- mit eunigter Geſchwindigkeit aus C 
in B fält, kann er mit der in B erhaltenen Endaes 
Bean ben der gleihförmigen Bewegung a das 
ſt, BD, durdlaufen: Die Zeitz im her er BD_gl Yarda 


Phänomene der Schwere im Allgemeinen. 173 


tr iR gu der dur BE, wie BDyu BE, Weil 

sun die Quadrate diefer Zeiten verhalten wie die Raͤu⸗ 

me, welche ſchwere Körper berabfallen, fo it BDe <BE* 

= CB + CG. Es würde alſo der Raum CG mit der bey 

Salle beichleunigten, und BE mit der gleihfünmigen 

—* die der Körper in der Kreisbewegung bat, 
eit befhrieben werden. Wenn ferner der Körs *°ı 

8 losgelaſſen, wiirde, ſo 

oͤrmiger Geſchwindigkeit in eben 













denn aleich iſt, wenn durch dieſe in gleichen Zeiten 
Räume zuruͤckgelegt werden. Daß aber CG = FE 
. auf folnende Art bewieſen: Es iR HE: EB = 

BE,-oder HF: FB = FB: FE und BF = EB, weil 
„BE ‚genug- angenommen wird. Alſo it HE? : EB® 
N‘ s.oder HE? : HE =EB?:EP. Da wir den 
Plein genug annchmen , jo fünnen wir auch HE 
1. Nehmen wir nun dem vierten Theil der ers 
er'der Proportion, wodurch das Verhaͤltuiß nicht 


2 
wird, fo ift i Zr =EB?;EF, oder 


wars, * ur ober ur == BC; es iſt alfo AF? : BE? 
=BC:EF; ba nun AT: = BD?, ſo iſt BD? : BE? = 
BC;:EF, Es war aber irach der Eonftruction BD? »BE? 
= BC:CG; es ikalfoBC:CG = BC; EF, und alfe 
EF=CG. 
- Huygens de vi centrifuga, in feiner operib. th, 
@e. F Mufchenbrock |, 736. * 
Es laͤßt ſich hieraus erklaͤren, warum aus einem mit 
Wafſfer gefuͤllten offenen Gefaͤße, wenn es vermittelſt eines 
Stricks im verticalen Kreife mit einer gerifien Geſchwin⸗ 
digkeit umhergeſchwungen wird, nichts herauslaufe, wenn 
gleich das — wenn es in das Zenith ſeines Kreislaufs 
gekommen iſt, mit feiner Oeffnung ſenkrecht auf dem Ho⸗ 
rizonte ſteht. 
Ferner laͤßt ſich hleraus beweiſen, daß ein Koͤrper auf 


dem Aequator der Erde :ızmal geſchwinder bewegt ae 
muſſe, 





ur Eu I She: 3. Haupiſtuͤck. 


müfle, als die Erde um. ihre Achfe, wenn er eine Flichs 
kraft erhalten fol, die ver Schwere gleich if. Denn nah 
dem eben vorgetragenen Gage müßte die Geſchwindigkeit 
der Umdrehung der Erde fo groß fenn, Als die zu der Falls 


höhe aus dem halben Erdhalbmeſſer ( —) der Erde gebös 


rige Geſchwindigkeit, wenn die Fliehkraft der Schwere 
"gleich ſeyn ſollte. Die zu diefer Höhe gehörige Geſchwin⸗ 


digkeit aber ift (j. 223.) 250 Y = 12: Ya R. Nah 


iccards Meſſung iſt der Erdhalbmefler 19614791. parif. 

uß = 20302343 ıheinl. Fuß. Da wir für R Taufends 
theilden des rbeinl. Fußes nehmen muͤſſen, fo finden wir 
für 125 y 2 R = 25183250, oder die zu der Falldoͤhe aus 
dem halben Erbbalbmeiler aebörine Geſchwindigkeit it fo 
groß, daß der darin beariffene Körper 25188250 Taufends 
theilchen des rheinlaͤndiſchen 5 in jeder Secunde gleich⸗ 
foͤrmig durchlaufen wuͤrde. Bey der Umdrehung der Erde 
um ihre Achſe hingegen durchläuft jeder Punct auf. dem 
Dequator in einer Secunde 1425 parit. Fuß = 1476,427 
rheint. Fuß, oder 1076437 Taufendtheilben _des_rbeini, 
Fußes; folglich if die Geichwindigfeit , die zur Fallböhe 
aus dem halben Radius der Erde gehört, zur Geſchwin⸗ 
digfeit der Umdrehung der Erde wie 25188250 : 14764277 
oder faft wie 17:1. 


6) Die fchönfte und erhabenfte Anwendung der Lehre von ber 
Eentralbewegung und Schwere ift die auf unfer Planetenfrftem. 
Die Uebereinftimmung derfelben mit den Phänomenen des letztern 

ewährte die vblligfte Ueberzeugung von der Nichtigkeit und 

ahrheit der Eopernicanifchen Weltordnung. Die Some ftebt 
im Eentro unferes Planerenioftems ; um fie bewegen fich die Haupt⸗ 
Planeten, mit ihren Trabanten oder Wionden. Repler entdefte 
nun, was die nachfolgenden Beobachtungen ſtets beftärigt haben = 
1) daß die Planeten nıchtfin Kreifen, fondern in Ellipſen um die 
Sonne laufen, ım deren einem Brennpuncte die Sonne ſteht; 
3) daß die Planeten mir dem aus der Sonne nach ihnen gezoge» 
nen Radius vectör Slachenrdume durchlaufen, die den Zeiten pros 
u find, (f. oben &. 60. n. 1.) *); und 3, dafh die Quadrate 
Umlaufszeiten der Planeten fi) verhalten wie die Würfel 
der — wen lg reg: Bra Sonne **) Die Beobachtungen 
—— ferner, daß die Nebenplaneten oder Monde um ihre Haupt⸗ 
aneten diefelbigen Geſetze befolgen , als die fegtern um die Gens 
ne; und endlib, daß fogar die Kometen in ihren febr laͤnalichen 
eliptifhen Bahnen diefen Gefeßen unterworfen find. Newton 
‚machte die erhabene Anwendung der Geſetze der Echwere auf die 
. *) ‘Io. Kepleri Altronomia nova «Krioloynt&, [. phyfica 
| caeleltis eradita commentarlis de motibus [tellae Martis. 
Prag. 1609. $ol. . : 
»°) lo. Kepleri epitome aftronomiae Copernicanae, Linecii 
1618. 89 Harmonicae mundi libri V. Line. 1619. Fol. 


\ 
J ⸗ 


Phaͤnomene der Schwere ini Allgemeinen. 175 

ng der Dimmelsförpen Er bewies, mas die Verglei 

der Beobachtungen mit der Theorie voͤllig beftätigt: 1) daß 

Jr in- ihren Bahnen durch eine Kraft zumckgehalten 

+ die bep —— — Pas —— bey * 
— na Dauptplaneten gerichtet iſt, um den ſie fi 

=) daß dieſe Eentripetaffraft, welche die Planeten in 

ihren ®. ‚im umgekehrten Verbältniffe des Quadrate der 

Entfernu — der Sonne ſey, oder von dem Hauptplaneten, 

eenn. von Nebenplaneten die Rede iſt; 3) daß auc dies von dem 


Kometen. —— lichen Ellipfen fi um die Sonne 















— 
J J 
J 


= 
u. 
>} 
TDeE 
DZ 





die Kraft, die,alle und jede Planeten und 
Ometen um die Sonne, und bie, melde die Trabanten um ihre 
uptplaneter —66 eine und dieſelbige ſey. Er bewies, 5) daß 
je Kraft, di die Dianefeit in ihren Bahnen erbält, wie die Ehiwes 
+ eine _aleichförmi; —5 eunigende Kraft fen, und zeigte zuerſt 


Kraft, die ihn ih feiner Bahn um die Er⸗ 
‚ „der um. die 






















gegen die Erde fey: Es fen (Fig. 14.) 
‚Erde C getrieben wird, und der um 
wegung bat. Die Centrifugaltraft ſucht 
n feiner Bahn AGFE abzulenfen, und die Cen⸗ 

en C hält ihm ftetig darım zurüd. Der mittlere 





- 


nd» CA, de Aalbaffiet der Mondsbahn, beträgt etwa 
dhalbm oe: on wir jeden nad Piccard auf 19615791 pas 
sup feßen pollen. Die Umlanfezeit des Montes um die Erde 
N e 27 Tage 7 Ötunden 43 Minuten, Oder 39343 Minuten, 

uft alfo in einer Minute einen Bogen Ab (Sig. ı1.), der 
ade, oder mabe 33’ beträgt. Dan weiß das Verbälts 
Zentripetalfraft Aa zum Radius AC, wenn man daß 
baltmiß des Duerfinus Aa der Bogens Ab von 33% zum Nar 
ie tere it = 12798 ? 1006006000000. Dies iſt 
3 baltniß der Eentripetalfraft, die den Mond binnen 
innte von der geradlin gen Bahn feiner Tangente ablenkt, 
Dalbmeiter feiner Babn. Da num der Mond etwa 60 Erdr 
eier, ober 1176947460 pariſ. Fuß von dem Mittelpuncte 
Erbe abftebt, fo ift Aa,’ oder die Kraft, mit welcder der 
omd gegen den Mittelpuner der Erde binnen eıner Minute zu 


Ärebt, = — 26 15,052 pariſ. Fuß; und folg⸗ 
ib viel, ala öb ein fchwerer Körper in A binnen einer Mis 
ee \ ne AR von 15,052 Fuß file. Wenn ficy 
um a ee etebrr verhält wie das Quadrat der 
Entfernungen „ fo muß die Schwerkraft des Mondes gegen die 
Erde, da er 60 Erdhalbmeſſer vom Centro der Erde abitcht, 
co: mal atringer, oder „455 der Beichlennigung der Schwere an 
der Mäce ſeyn; und weil fich die vom Ichweren Körpern bey 
— 5* durchlaufenen Raͤnme verhalten wie die Quadrate der 


Year : 60° = 19,052 : x die Wirfung der Schwere 
auf der Häche der Erde binnen einer Minute ſeyn. x oder 602. 


air 









19,052 $- fomint auch mir der aus andern Erfabrungen actundes 
| ung der Schwere an der Erdflaͤche fo ziemlich und 
via s fo überein, als man es in folden Fällen nur erwars, 
‚ten # era da das angeführte Manf des Halbmeſſers der 


lich größer ift, als wir‘es hier anaeneumnen has 
2 en/ 


176 1. Theil. 3. Hauptſtͤckk. 


ben, und ber Mond nicht mit feiner Eentripetaffraftges 
gen bie Erde wirkt, fondern ein davon durch die Wirkung 
gesen die Sonne aufgehoben wird. Es if alfo die Gravitation 
unferer ſchweren Körper zu der Gravitation des Mondes gegen 
die Erde, mie 60% : 1, oder wie das Quadrat der mittiern 
fernung des Mondes vom Mittelpuncte der Erde zum Müadrate 
der Entfernung der Körper auf der Flaͤche der Erde von ihrem 
Mittelpunete. —— 
Hieraus Fz num Newton der Schluß: 1) daß die Centripe⸗ 
talfraft des Mondes eben fo argen die Erde wirke, als die irdi⸗ 
ſche Schwerfrafts 2) daß fie mit diefer einerley fen; und 3) da 
die Schwere im umgekehrten Derbälmifie des Quadrars der Ent⸗ 
fernungen ftebe. Er machte weitere Anwendungen für die Planes 
ten und ibre Trabanten, umb flüßte darauf das Enftem der au 
meinen Schwere oder Grapitarion, das feinen Namen unfterb 
li aemacht bat. 4) Daß die Iraft, die alle Planeten , fo wobl 
die Hanptplaneten als die Nebenplaneten, und dann auch die 
Kometen in ihren Bahnen erhält, einerlen fen mit der Schw 
und nach denſelbigen Gefchen twirfe, als diefe auf der Erde; u 
daß — Kai reine gegen * Sonne die Anger 
neten aber gegen prplaneren und gegen die Sonne, ı 
eben denjelbigen Gefegen grapitirten, oder ſchwer 
———— würden, als die irdiſchen Koͤrper 
rde. 


Hanac Newton philofophiae naturalis prineipia mathematice, 
Londini 1687. 4. ig 
La Lande aftronomie, f. 999. 


7) Newton blieb bierbep nicht ſtehen, fondern machte vom 
feinen ſchoͤnen Entdedungen noch weitere ,. ſehr finnreiche Anwen» 
dungen zur Beltimmung der beichleunigenden Krait dır Schwert 
auf der Dberflähe der Planeten, des Berhältnifles der ſchweren 
Mafle derfelben, und der Dichtigfeit diefer Mafle; wovon ich 
bier nur kurz die Refultate anführen will, j 
- Die Schwere-( 8 auf: der Dberfläche eines Hauptplanetem 
verhält fich wie die Schwere (G) feines Lrabanten gegen ihn⸗ 
multiplicirt durch das Quadrat des mittlern Abftandes ( D ) dies 
fe6 Trabanten, und dipidirt durch das Duadrat des Halbım 
( R) des Hauptplaneten; oder wie der Mütfel des mittlern Abe 
ſtandes des Zrabanten dioidirt durch dad Quadrat feiner Umlaufss 
it an das Quadrat bes Halbmeflers des Hauptplaneten, 

a 
GD? De 
6* 1m oder ng 
Die Sonne kann hierbey für einen Hauptplaneten; bie Haupt⸗ 
vlaneten aber fönnen für ihre Trabanten gebaften werben. 
Mufchenbroek j. 743. Van Swinden L. ©. 154. f. 420, 

8) Die fdyweren Wiaffen der Planeten ( P verhalten fi 

ie die, Würfel der mittlern —— (8 von ihren 


Krabonten, dioib \ 
Mi aaue den bin Qoadeate der Wininufegeiten - 


Phänomene der: Schwere im Allgemeinen. 177 


— 


P:p= nr ine 


9) Aus der Anwendi dieſes Satzes (8) ahf den vorigen 
(7) ehr dann auch, daß die Schwere auf der Oberfläche Hr 
‚Planeten. fib verhalte wie die Ihwere: Maſſe deffelben ‚- dividirk 

Auch das Quadtat ſeines Halbmeſſers, ober 
a u 
re NE Mi u Br an, tu 

10) Endlich die Dichrigfeit (A )-der ſchweren Maffe eines 
Haupt laneten ver haͤlt ſich wie der Wuͤrfel der mittlern Entfers 
zung feines Trabanten dividitt durch das Quadrat der. Umlaufs⸗ 
geit dieſes Trabanren, und dem Würfel des Halbmeſſers des 
Planeten CR); oder fürzer, ſie verbält fich wie die Schwere 
je der Dberflähe des Planeten/ dividirt durch feinen Halbs 
me. "te Kzur ‚- 

aD et 
_ sd 75* oder Am u 


La Lande aftronomie, f. 1018. 1022. 


11) Außer den angeführten Bewegungen der Planeten und 
Kometen um ihre Sonne, und der Trabanten um ihren Haupts 
dlaneten, find noch als Folaen der allgemeinen Gravitation ans 
ertaunt umd erwieſen: 1) die Ebbe und Sluth, wovon, als 
einem irdiſchen Phaͤnomene, die weirere Ertlärung noch vorfoms 
men wird, 2) die Ungleichheit des Mondslaufes, 3) das Vors 
rüden der Nachtgleichen, 4 ) Das Wanken der Erdachſe, S )-die 

turbatıonen des Laufes der Planeten, 6) der ungleiche Lauf der 

ometen, 7) da* Abnehmen der Schiefe der Ecliptik, 8) die Bewer 
gung der Apfidenlimien aller Planeten, 9) die Bewegung aller Ans “ 
tenlınien , ı9) die Ungleichheiren des Laufes der Jupitersmonden, 
und 11) die. Rotation des Kınges vom Saturn; deren nähere 
Beſtimmung und Erkläsung für die Aftronomie gehört. So iſt 
alfo der Nußen der Kenutniß des allgemeinen Geſetzes der Gras 
pitation von dem ausurbreitetfien Umfange, und im Grunde die 
Bafıs der neuern Aſtronomie. 7 | 


La Lande altronomie f..99. 


ı2 ) Durd die er der Planeten um ihre Achfe erhal⸗ 

ten die Theile ıbrei Mafle eine Stiehfraft, deren Richtung auf 

der Achie ‚ber. Hmberoana- Wahre: ıft, die dbaber unter dem Ae⸗ 

quater am ardgeften fehn, agegen die Pole zu abnehmen, und im 

dıefen endlih ganz verfhwinden muß. Diefe Fliehkraft verhält 

fib unter dem Aequator der Erde zur Echwere dafelbit, wie 13 
239. 

Es fen (ia. 41.) Bb ein Bogen, der unter dem Aequator 

' binnen einer Zeitfecunde durchlaufen wird, und welcher 

15 Secunden beträgt. Der Halbmefler des Aequators TB, 

der nah Bouguer 19681717,3 parif. Fuß beträat, verbätt 

fib zu Cb, oder der Flrebfraft, wie der Radius vom 

1000000000000 jum Querſinus des Bonens von 15 Secun⸗ 

den, der binnen einer Zeitſecunde durchlaufen wird, .. je 

| 264% 


7 Rh 3. Dept 


I J 1968171773.2844 
2644. Cb beträgt alſo Juß = 0,052038 .. 


Buß oder 7,496 Linien. Der Raum bd hingegen; der durch 
die Schwere binnen einer Secunde unter dem Aeguator durchs 
laufen wird, ift nad der Berehnung von 4. 264. aus der 
 Vendullänge unter dem NAequator (9. 262), 2167414 Li⸗ 
nien. Folglich verbält ſich die Fliehkraft zur Schwere 
unter dem Aequator wie 7,496 Linien : 2167,414 Lin., oder 
wie 1: 289. | 
Nach einer allgemeinen Megel beſtimmt man die Flieh⸗ 
Praft unter dem Aequator eines Planeten nach folgen 
Formel. Die Fliehkraft (2) verhält fi zur Echmwere (g) 
Dafelbit, wie der Eubus des Halbmeflers (R) des Planes 
ten mıt dem Quadrate der Umlaufszeit ( T) feınes Zrabans 
ten multiplicirt au dem Cubus der mirtlern Entfernung 
des Trabanten (D) mit dem Quadrate der Umdrebumgszeit 
= des Planeten um feine Achfe, oderz:g= R’,T:; 
.r2. 
Van Swinden 1. ©. 157. . 431. 


13) Diefe Fliehfraft vermindert die Schwerfraft, und zwar 
am mehreften unter dem Aequator, weil fie hier der Richtung 
der Schwere gerade entgegengefegt ift; weniger in — Breis 
ten _wad den Polen zu, weil fie bier ſchief der Echwerfraft ents 
gegen wirft, und aljo nur ein Theil von ihr der letztern direct 
—— iſt. Dieſer Theil iſt deſto kleiner, je mehr der Sinus 
des Complements der Breite kleiner iſt, als der Sinus totus. 
Ueberbaupt iſt die Verminderuug, welche die Schwerkraft am 
verſchiedenen Orten von der Fliehkraft erleidet, zu der, die fie 
‚unter dem Dequater erfährt, wie das Quadrat des Eofinus der 
Breite des Drts zum Quadrate des Halbmeſſers der Erde. 


Ea Lands aſtron. $, 459. Vergl. mit $. 261. 2. 


24) Weil die Erde eine fphäroidifche Geſtalt bat, und an 
ben Polen abgeplattet ift, fo wird ein fhiwerer Körper unter dem 
Lequator, auch noch aus diefer Urſach, unabhängig von der 
Busen: wegen der —— Entferuung vom Mittelpuncte der 

rdbe, eine geringere Beſchleunigung baben , als gegen die Pole 
zu (6). Die Länge des einfachen Secundenpenduls wird daberz 
auh nach ber — wegen der Fliebkraft, unfer dem 
Weauator Fleiner ſeyn, als In ven größern Breiten nad den Pos 
len zu (ſ. 262.). Dennoch koͤnnen au nod andere Urſachen 
dazu beyiragen, | 


Pier: 


u . 179 
— — msn nm nn ————————  } 
Viertes Hauptſtuͤck. 


Phaͤnomene ſchwerer feſter 
Körper 





Säwerpune feſter Können 


9 272. 
Man nehme einen dünnen platten Körper von regel 
mäßiger Geſtalt und fchiebe ihm auf einer Spiße 
hin und her, fo wird man endlid) einen Punct finden, 
in welchem ver Körper auf der Spiße ruhet, und 
durch deffen Unterftüßung der Körper vor dem Sallen 
auf jeder Seite bewahrt wird. 


$. 273. Diefer Punct heißt der Shwerpuner 
oder der Mittelpunct der Schwere { Centrum gra- 
yitatis). Wenn -drey ſchwere Puncre in gerader linie 
neben einander, durch Cohäfion mit einander verbuns 
den find, fo fieht man leicht ein, daß die fenfrechte 
Unterftügung des mittleren fie alle vor dem Falle fichern 
wird, wenn die Cohäfion der Puncte zur Seite des 
unterftüßten durch ihr Gewicht nicht getrennt werden 
fann. Der ſchwere Punct diesſeits und jenſeits des 
unterſtuͤtzten druͤckt gleich ſtark nach unten, es kann 
baber feiner eher ſinken, als der andere, und durch 
die Eohäfion wird er verhindert, fich loszureißen vom 
unterftügten, Es bleibt daher das ganze Syſtem un: 
age Gerner sine bie. Unterſtuͤtzung eben fo viel 
M 2 Drug, 


180 1. Thell. 4. Hauptftüc, 
Drud, als mern auf fie ein Gewicht druͤckte, das 
der Summe des Gewichts. aller ſchweren Theile gleich 
wäre. Es ift alfo eben fo gut, als ob die Schwere 
alles einzenen Theile, "oder ob dag ganze Gewicht des 
Spftems im unterflüßten. Puncte vereinigt wäre. 
Eben deswegen nennt man ihn den Schwerpunct. 
Es ift leicht einzufehen, daß das,’ was ich von drey 
in einer geraden linie verbundenen ſchweren Puncten 
angeführt habe, auch von zweyen gelte, wenn fie in 
der Mitte der geraden finie, die fie bilden, ſenkrecht 
unterfiäßt werden; und daß, wenn eine gewifle Air: 
zahl ſchwerer Puncte des feiten Körpers einen gemein: 
ſchaftlichen Schwerpunet haben, auch die um Eins 
größere Anzahl einen gemeinfchaftlichen Schwerpunct 
haben werde, folglih auch bey vier, fünf, ſechs, 
u. f. w. fehweren Puncten derjelbe angenommen ner: 
ven koͤnne. Kurz, in jedem feften Körper laͤßt fich 
ein Punct annehmen, um welchen herum alle Körpers 
theilhen auf der einen Seite fo viel Gewicht haben, 
als die auf der entgegengefeßten Seite, und diefer 
gemeinfchaftliche Schwerpunct liegt fo, daß, wenn alle 
GKörpertheilchen, die auf der einen Seite liegen, durch 
ihre Entfernungen davon multipficiet werden, die 
Summe diefer Producte gleich ift der Summe aͤhn⸗ 
licher Producte für die Theilchen auf der andern Seite 
deſſelben. 
$. 274. Wenn die ſchwere Maſſe eines Körpers 
durch ſeinen ganzen Raum gleichfoͤrmig verbreitet iſt, 
ſo haben gleich große Theile deſſelben auch gleiches 
Gewicht, und der Mittelpunet der Groͤße oder der 
Figur 


Phänsmene ſchwerer feſter Körper: agı 


Figur” des Körpers wird dann auch ſein Schwerpunct 
fenn. Der Mittelpunct einer ſolchen Kugel wird alfo 
ihr Schwerpunet ſeyn; bey einem Cylinder und bey 
einem geraden Prisma wird er in der. Mitte der. Achfe 
liegen. Sehr dünne Scheiben kann man als ſchwere 
Ebenen betrachten, die es freylich im geometrifchen 
Sinne nicht. geben kann. In diefem Sinne fann 
man von dem Schwerpuncte eines Dreyecks, eincy 
Sreifes, und. dergl. reden. Wenn man aus zwey 
Winkeln eines Dreyecks auf die Mitte der gegen über 
ſtehenden Seitenlinien gerade Sinien zieht, fo} ift der 
Durchfchnittspunct diefer Sinien dee Schwerpunet des 
Dreyels; und wenn man aus irgend einem Winkel 
eines Dreyecks eine gerade Linie auf die Mitte der 
gegen ‚über ftehenden Seitenlinie. zieht, fo liegt ber 
Schwetpunct in dieſer finie 3 von dem Winfel ent- 
fernt, aus dem man die Sinie 309 (Fig. 27.). In 
einer Pyramide und in einem Kegel liege der Schwer: 
punct in der Achfe, und zwar in der Entfernung von 
3 derfelben von der Spiße; in einer Halbfugel 3 in 
der Höhe der fenfrechten Linie aus dem M iitclpune 
der Grundfläche gezogen. 

| Jurpene JI der geſammten — 18. u 


6. 275, Wenn ein gerader Cylinder ‚ein gera- 
bes Prisma, eine gerade Ppramide, oder ein gerader 
Kegel, oder eine Halbfugel lothrecht ftehen, fo wird 
jeder Punct der Grundfläche von dem Gewichte aller 
Theilchen gedruͤckt, die fid) lothrecht Darüber befinden; 
es iſt alle eben fo viel, alg wenn die Grundfläche jelbft 

fchwer, 


182 = LU —— 


ſchwer, und das Gewicht derſelben durch den Raum 
dieſer Flaͤche gleichfoͤrmig vertheilt wäre. Mithin 
merden auch dieſe Körper. unterſtuͤtzt ſeyn, wenn dee 
Mittelpunct ihrer Grundflaͤche lothrecht unterftügt iſt. 
Zatſtens Anfangsgr..der Naturl. $. 35. 
$. 276. Wenn der Schwerpunct eines feſten 
Körpers lothrecht unterſtuͤtzt iſt, ſo kann der Koͤrper 
ſelbſt nicht herabſinken, und der ganze Koͤrper wird 
vor dem Falle geſchuͤtzt. Wenn hingegen die Vertical⸗ 
linie vom Schwerpuncte gezogen außerhalb der Unter⸗ 
fügung liegt, fo fällt det Körper, und zwar nach 
ber Seite hin, wo der Schwerpunct liegt. Es ift im. 
erften Falle gar nicht noͤthig, daß der Schmwerpunct 
felbft unmittelbar gehalten werde, was in vielen Foͤllen 
gar nicht einmal anginge; fo fann 5. B. ben einer 
feften Kugel ihr Mittelpunct, wenn er ihr Schwers 
dunct iſt, nicht unmittelbar unterſtuͤtzt werden, weil 
die ihm allenthalben umgebende Maſſe derſelben es 
hindert. Es braucht nur ein Punct A oder B ( Fig. 
28.) unterftüßt zu ſeyn, der in der Verticallinie AB 
liegt, melde durch den Schwerpunct C in der Rich: 
tung der Schwere geht. In diefer Richtung wird 
der Schwerpunct durch die Schwere gegen den Hori⸗ 
zont zu ſollicitirt, und eine Kraft, Die dem Gewichte 
bes Körpers in dieſer Richtung vollfommen twiderfteht, 
wird das Fallen des Schwerpunctes, folglich des 
ganzen Körpers, verhuͤten. Diefe Richtung ACB 
heißt die Divectionslinie des Schwerpunctes, oder 
bie mittlere Nichtung der Gewichte aller ſchweren 
Theile des Körpers, 
4. 277. 


Phaͤnomene ſchwerer feſter Koͤrpber. 183 
6.277. Wenn ein ſchwerer Körper fo aufge: 


hoͤngt wird (Fig. 28.), daß der Mittefpunet der. 


Bewegung mit dem Mittelpuncte der EihiwereC. über- 
einfommt, und der Körper fi zwar um denſelben 
drehen, fonft aber nicht weichen könnte, fo wird es 
in jeder fage ruhen, und es ift eben fo gut, als ob 
alle übrige Theile außerhalb des Aufgängungepune: 
tes feine Schwere hätten. x 


6. 278. Wenn der unterftüßte Puner‘ , an wel⸗ 
chem der Körper haͤngt, höher liegt als der Schwer: 
punct, und z. DB. der. Körper (Fig. 28.) in dem 
Puncte A unterftügt wird, fo ift der Körper nur dann 

in Ruhe, wenn-der Aufhaͤngungspunct A in einer 
geraden Linie mit, der Directionslinie CB des Schwer⸗ 
punctes C liegt. Der Körper kann in dieſem Zu: 
ſtande des Gleichgewichts. fich nicht um A drehen, 
ohne daß fein Schwerpunct nicht ftiege. . Bey einer, 
Abweichung, auch ben der geringfien,. der geraden 
finie AC von der verticalen Richtung wird ſich der Kür: 
per bewegen, und von ſelbſt in die Sage zu verſetzen 
fireben, in welcher AC vertical, oder, in der, Dircc- 
tionslinie-des Schwerpunctes CB ift. Der Schwer; 
punct eines aufgehaͤngten oder ſonſt beweglichen 
Roͤrpers ſinkt alſo immer herab, und zwar ſo Kief 
als er kann. Er nimmt alſo unter allen moͤglichen 
Stellen jederzeit ‚Die niedrigſte ein, die ex erhoſten 
hann, ehne vorher zu ſteigen. | Ä 


Hierauf gründet ſich aud) die Merhode, den Shwerpunct mecha⸗ | 
aiſch zu finden · | 


2 . a ee A Er, Be Eee 5 279. 


184 1. Theil. 4. Hauptftüd. 
$. 279. MWennB der unterftüßte Punct ift ( Fig. 
28.), und niedriger liegt, als dee Schwerpunct C, 
fo fann fein bdarrfiches Gleihgewicht Statt finden, 
fonderit' e8 verurſacht die geringfte Abweichung der 
geraden’ Sinie-BC von der Directionslinie des Schwer⸗ 
punctes, daß der Körper umfallen, und fich in eine 
andere Lage verſetzen muß, worin die Directionslinie 
ſeines Schwerpunctes entweder ſenkrecht unterſtuͤtzt 
iſt, oder andere Urſachen ſein Fallen verhindern. 
"Eine Kugel kann auf einer waaserechten Ebene in jeder Lage 
rubig liegen, weil dieje die Direcriousline des Schwer⸗ 
punctes ſenkrecht unterftüßt‘; die geringfte Abweichung der 


Ebene von der horizontalen Lage macht, daß dıe Kugel 
‚darauf herabrollt. 


’ . 


Es: tft zwar an fih möglih, daß ein Kegel auf feiner 
Spitze ruben fünn, wenn; feine Achſe vollfommen lothrecht 
ſteht; aber die allerkleinfte Abweichung von diefer lothrechs 

' ten Richtung wükde ihn zum Umfauen bringen. 


Barftens Anfangegr. der Natur, 1042 | 

"6. 280. Wenn die Dirertionglinie des Schwer 
punctes innerhalb der unterftüßten Grundfläche eines 
Körpers fällt, fo kann der Körper nicht durch fein 
eigenes Gewicht umfallen. Wenn aber die Direc- 
tionslinie außerhalb ber unterſtuͤtzten Grundfläche 
fälle, ſo fällt ver Körper um, und zwar nach der 
Seite hin, wohin der Schwerpunct liegt. Es ift im 
erſten Salle nicht nöthig, daß alle Yuncte der Grund: 
flaͤche unterftüßt find, ſondern die unterftüßten Puncte, 
brauchen nur die Winkelpunste, einer ebenen geradli⸗ 
nigen Sigur auszumachen, wenn man fie mit geras 
den Sinien zufammenzieht, und die Verticallinie Durch 
ben Schmerpunct oder die Directionslinie deſſelben 
muß eine Stelle der waagerechten Ebene treffen, die 
innerhalb der Gränzen jener Figur liegt. 


Phänomene ſchwerer feſter Körper. 185 


Ein Tiſch auf. drey Süßen ftebt feft, und fefter als. auf nieren, 
weil jene allemal in einerley Ebene fallen, welches bey vieren 
nicht der Fat it, wenn der Boden nicht völlig waagerecht 
iſt, und alle Fuͤße genau gleich lang find, 


6. 281. Aus der Anwendung der Theorie vom 
Schmerpuncte laffen fi) verfchiedene Phänomene und 
Derfuche erflären. Dahin gehören: 

ı) Die Erfdeinungen bes — ſchen Purzel 
mannes. 
Mufchenbroek introd. ad philoſ. nat. f. 508. 


2) Die Einrichtung und Wirkung eines Weg⸗ 
mejlecs, oder Hodometers. 


Sigaud de la Fond &l&emens de Phyfique T. 11. $. 277; deſſen 
Anweifung zur Erperimentalphyf. }. 122; a 


3) Die Lampe des Cardanue. 
Sigaud a.0.D, f. 76. 

4) Die Stellung einiger Gebäude, bie zu Fallen 
ſcheinen, und doc) ficher ftehen, wie 5. B. be 
Thörme zu Pi und Bologna. | 

Cafatus mechanica. L. B.. 1684. 4. I. 6, 9. 

5) Der Mechanismus des Stehens, Gehens, 
Aufftehens und der verſchiedenen Beugungen 
bey Menſchen und Thieren. 


Petrus Borellus de motu animalium. Hagae 1743. 41 
5 a Desaguliers courfe uf experimental uilofopby> 
44 


Beym Menſchen geht bie Directiondlinie feines Schwer⸗ = 


puncts, wenn er auf zwey Füßen ſteht, durch das Des 
rinaͤum. 5 ’ | 


6) Das Hinauffteigen eines Cylinders auf einer 
fchiefen Ebene. 

Desaguliers a.a.D. U. $, 38. 4.6. Räfners Unterfubung 
des Colinders, der fich eine fchiefe Fläche hinauf zu neu 


fheint; im 1.3. der deutichen Schr der Föni Sa. 
9 W. zu Göttingen S. y Arte - * ) 
7 


186 L Thal. 4. Hauptfküd. . 


7). Ein doppelter Regel, ber über zwey ſchiefen 
Flaͤchen hinaufwaͤrts zu rollen ſcheint. 


Oeo. Wolfg: Khafı explicatio expörimenti paradoxi de ad- 
feenfu coni duplieis in altum en is den com- 
ment. Polrop. T. VI. ©. 389, 


8) Die Kaͤnſte der ET und Aeguilibch 
ften. 
GScehilers phnflfat. Wörterbub, Th. III. G. 933. 
9) Das Aufhängen eines Eimers vol Waffer an 
die Klinge eines Mefiers ‚, das frey auf einem 
Tische liegt. 


' Sigaud Er en D. fh. —8 deffen Aaweiſuns zur erderimental⸗ 
phv 


10) Allerley andere Spielwerfe, wie ber Eleine 
Seiltänzer von Holz, die Fleinen Männchen 
von Kork unten mit Dep; bie. bon tel auffie: 
ben, u..dergl. 

— mathematiſche enuetns, © ur 9. Aufg. 


Gieichgewicht ſetet Eorver. 

4. 282. Eine gerade unbiegſame linie AB (Fig. 
43.), oder eB (Fig. 44.), ohne Schwere, und in 
einem gewiſſen Puncte fo. unterftüßt, daß fie fi zwat 
um denfelben drehen, fonft aber nicht in Bervegung 
zu foınmen vermag, und an der man fi ch zwey wir⸗ 
kende Kräfte vorſtellen kann, heißt ein Hebel (Ve- 
etis), und zwar ein mathematiſcher geradliniger 
Hebel; fonft aber, wenn die Linie ſelbſt ſchwer iſt, 
ein pbyfifcher Hebel. Der untetſtuͤtzte Punet c 
teißt der Ruhepunct, oder Bewegungepunct (Cen- 


trum 


Phänomene ſchwerer fefter Körper. 187 


trum motus); bas, mas ihn unterflüße, wie £ 
(Big. 43.), die Unterlage (Fulcrum, Hypomoch.- 
liam), die auch manchmal zur Weberlage wird (Big. 
44), ‚oder au als Zapten anzufehen if. Die 
Zräfte ( Posentiae), die den Hebel in der entgegen: 
. gefeten Richtung zu drehen ftreben, heißen nad} ih; 
zer verfchiedenen Beftimmung die Kraft (Vis) und 
die Laſt (Onns), die man ſich auch als ziehende Ge: 
wichte vorftellen kann. a £ 

9. 283. Wenn der Ruhepunct (Fig. 43.) am 
Hebel zwiſchen den benden Puncten A und B, an 
welchen die Gewichte angebracht find, oder zwiſchen 
der Kraft und der laſt liegt, jo heißt er ein Hebel 
der erfien Art, oder ein Doppelarmiger Hebel 
(Vectis heterodromus); wenn aber die Stellen, 
woran die entgegengefeßten Kräfte angebracht find, 
bende an Einer Seite des Ruhepuncts liegen, (mie 
Sig. 44. und 45.), fo iſt er ein Hebel der andern 
Art, oder ein einarmiger Hebel (Vectis homodro- 
mus). Ben dem erftern gehen bie benden Kräfte 
nach verfchiedenen Seiten, wenn er fich bewegt; bey 
dieſem geben fie bende nad) einerley Seite. Es find 
vom Hebel der andern Art zmoenerlen Gattungen: 
eine, wo die faft in der Mitte iſt, zwiſchen dem Ru— 
bepuncte und der Kraft; und eine, mo die Kraft 


zwiſchen dem Ruhepuncte und der Saft lieat, 


Bevfpiele von phufiihen Hebeln der eriten Art geben die gemeis 

nen Hebebaͤnme, der Geisfuß der Maurer, die Kramers 
mwaager die Schnellwaage/ Scheren, Zanaen, | 

Beyteieke von Hebeln der zweyten Art; der erften Barrung: die 

uder eines Schiftes, ein Schiebkarren; der zweyten 

Gattung: eine Schaufel, eine Senie, ein Arm des meuſch⸗ 

lichen Körpers, wenn er eine Kaft hebt. 
$. 284. 


188 : I. Theil. 4. Hauptſtuͤck. 


5 284. Gleiche Gewichte F und D ( Big. 43.) 
bie am, doppelarmigen Hebel AB in gleichen Entfer⸗ 
nungen vom Ruhepuncte e frey hängen, erhalten ein⸗ 
ander im Gleichgewichte ($. 83.). Ungleiche Ge⸗ 
wichte hingegen in gleichen Entfernungen erhalten ein⸗ 
ander nicht im Gleichgewichte; das größere zieht dag 
Heinere in die Höhe (6. 84.). 7 

$. 285. Die Unterlage £ ( Sig. 43.) trägt bey: 
dem doppelarmigen Hebel AB die. Summe der Ge⸗ 
wichte D und F, bie an benden Seiten ziehen ‚und 
im Gleichgewichte ftehen. Wenn daher flatt der Un⸗ 
terlage eine Kraft der Richtung der Schwere des Rus: 
hepunctes entgegen zöge, fo würde der Hebel ebenfalls 
unterſtuͤtzt ſeyn, und: e8 würde alles ruhen. 

$. 286. Dimmt man in diefem feßtern Falle 
($. 285.) das Gewicht D an dem einen Arme des; 
Hebeld Ac weg, und befeſtigt dagegen dieſen Punct 
A, oder giebt ihm eine unbemegliche Leberlage 
(Big. 44.), fo wird er eim einarmiger. Hebel; aber 
er bleibt doch in Ruhe, obgleich: Die Kraft F an dem 

andern Ende B nur halb fo groß ift, als die Kraft 
P, die ihn in der Mitte in der entgegengefeßten Rich— 
tung AK zieht. Die einfache Kraft F hält alfo ben 
det doppelten Entfernung Be — 2 Ac ber doppelten 
Kraft P ben der einfachen Entfernung Ac das Gleich- 
gewicht. Auf eine ähnliche Are laͤßt ſich diefes auch 
am boppelarmigen Hebel beweifen. Denn man 
koͤnnte diefen einarmigen Hebel cAB jenfeitö der 
Ueberlage £ um die Hälfte cA verlängern, die Ueber: 


fage wieder zur Unterlage machen, nie ‚519. 46., und 
Das 


Phaͤnomene ſchwerer fefter Koͤrper. 189 


das’ doppelte Gewicht P an das Ende G dis verlän: 
gerten Arms aufhängen, das num mir dem vorigen, 
nach der engegengefeßten Richtung in A ziehenden, 
doppelten Gewichte im Gleichgewichte ſtehen wuͤrde. 
Da dieſes aber mit dem einfachen F vorher (Fig. 44.) 
im Gleichgewichte war, fo muß auch nun bey dem 
'boppelarmigen Hebel (Fig: 46.) das. einfache Ges 
wicht F bey der doppelten Entfernung cB==2 dem 
doppelten Gewichte P bey der einfachen Entfernung 


eG — ı das Gleichgewicht halten. 


Das Seſetz des Gleichgewichts der Kraͤfte am Hebel [eitete Lars 
tefins aus dem im folgenden f. 292. angeführten Gase herz 
Variguon aus der Fehre non der Zufammenfekung der 
Kräfte (Nouvelle mecanique ou-ftatique. a Paris. 3 Vol. 
4.). Ich babe bier den von Hrn. Räftner gegebenen, weit 
evidentern , Beweis kurz mitgetheilt. Die weitere Aus⸗ 
führung ſehe man In deſſen Vectis et ei Tree virium 

.%heoriatevidentius expohita.. Lipl. 1753. 
Die Anwendung des Grundfaßes des Archimedes auf 
Zn Seren von Hebel, den boppelarmigeu fo wohl als 
den einirmigen, ſehe * in: Oblervations of the funda- 
nental‘“ Pepe of the lever, with a proof of the 
iple aslumed by Archimedes in his demonftration, 
by3s, TRRCe ; ın den phil. Transact. 1794- P.1. S. 33. ff. 


"287. Das Gefeß ‚des Gleichgewichts ‚der 
Kräfte am mathematifchen Hebel jeder Art heifit dies 

ſemnach: Die ſenkrecht am Hebel wirkenden Aräfte 

find m Gleichgewichte/ wenn ihr Verhaͤltniß in 
Otdnung einerley iſt mit dem Verbaͤlt⸗ 

niſſe ibter Eutfernungen vom Ruhepuncte; oder: 
Die Kraft iſt vermoͤgend, die Laſt zu erhalten, wenn 
ſie ſich dazu verhaͤlt, wie die Entfernung der Saft vom 
Nuhepuncte zu der Entfernung ber Kraft von dem⸗ 


felben. 


So ift alfo Sig. 46. B-im Gleichgewichte mit-Pj wenn F:P 
== Ge:Be, und Sig, 44. F im Öleichgewichte mit-P, wenn 
F: P = Ac; . Bc. 


g. 288. 


RA $.. 288. Das Produet, welches gefunden wird, 
wenn man die laſt oder Kraft, oder überhaupt bie 
Gewichte, mit ihrer Entfernung vom Ruhepunete mul⸗ 
tiplicirt, heißt das Moment Der Laſt oder Kraft. 
AKraft und Laſt erhalten einander im Gleichgewich⸗ 
se am Hebel, wenn ihre Momente gleich find. 


Wenn (Fig. 46.) Fa Df, und P 4 Pf. beträat, fo mußr 
Bleihgemicht Statt finden —* (nad 4. 286.), Bo ® Go 
== 4:2 ſeyn. Wenn wir nun diefe Entfernungen vom 
Kubepuncte Be == 4 und Ge = 3 mit den in B und G 
“appficırten Gewichten F und P multiplieirem, "fo. erhalten 

wir 2.424.292, alfo gleihe Momente. Weil nä 
im Zufande des Gleichgewichts F:P = Ge; * ſo iſt 


$. 289. Wenn die Richtungen ver Kräfte am 
Hebel nicht fenfrecht darauf wirfen, wie. wir bisher 
‘angenommen haben, fondern unter einem fchiefen 
Winkel, fo ift die aus dem Ruhepuncte auf die Rich⸗ 
tungslinie gezogene Perpendiculfinie für ‚vie Entfer: 
nung der Kräfte vom Ruhepuncte zu halten, und es 
iſt Gleichgewicht da, wenn die Producte der Kräfte 
in diefe Entfernungen, oder wenn die Momente gleich 
find. ü 
Es fen AcB (Fig. 47.) ein doppelarmiger Hebel, eu den die 
Kräfte R und P in den fchiefen Kichtungen AR und BP 
wirken. Hier find die auf diefe Nichtungen auf dem Rus‘ 
hepuncte gezogenen Perpendicul eD und cE für die Ent 
me. dieier Kräfte vom Nubepuncte Arnd - und 
es ift Gleichgewicht day wenn R:P = 
wenn R x De== PX Ec,, Rau faun fib n 
porftellen , daß das rechtwinflige Dreyed cDA um c 
breht ne; in dieſem Falle wird die Kraft R, 
D au die Linie AD angebracht, mit dem Momente 
De wirten. Da fie nun das aanze-Dievel cAD eben 
en mitdrebt, wenz fie cD dreht, fo muß fie es auch 
nfehung eA t 5* folglich iſt das Moment, womie 
_—. EX eD: EBstaon ah ai, Hit a 
n eB 


| $. 290. 


Phaͤnomene fchtverer Fefter Körper. a91 


5. 290. Einerley Potenzen, die an einerley 
Puncte des geradlinigen Hebels applicirt find, aber 
unter verſchiedenen Richtungen darauf wirken, müf- 
fen ſich, wenn fie gleich ſtark darauf mirfen’follen, 
umgekehrt wie die Sinus der Winkel verhalten, den 
ihre Richtungen mit dem Hebel machen. 

Ben alſo an dem einarmigen Hebe ca (Fig. 48.) 
Araͤfte R und P an einerlen Puncte A angebracht u 
und unter den fchiefen Richtungen AR und AP wirken, fo 


fann nür darin Oreitgerdicn erfolgen, wenn R;P 
eP.: eR, oder wenn R >< cR=P X ob. 


Wenn * Kraft S (Se 47.) fenfrecht auf den Hebelds 
arm cB wirft, und mit R.im Geichgewichte ift, ſo ift 
$S:P=cE:cB, d. i,y mie der Sinus des Wintele cBP 
oder — zum Sinus totus. 


$. 291. "Eine Kraft am Hebel vermag alfo, bey 
übrigens gleichen Umftänden, mehr, wenn ſie ſenkrecht, 
als wenn ſie ſchief darauf wirkt. 


$. 292. Die Bogen, durch welche die Aufh an⸗ 
gungspuncte der am Hebel im Gleichgewichte ſtehen⸗ 
den Gewichte bewegt werden können, verhalten ſich 
wie ihre Entfernungen vom Ruhepuncte; und es ift 
alfo einerlen Kraft nöthig, ein einfaches Gewicht 
durch einen doppelten, drenfachen, u. f. m. Raum zu 
führen, als ein doppeltes, drenfaches u. f. w. Ge 
wicht durch den einfachen Raum; oder die Geſchwin⸗ 
digfeit des einfachen Gewichts iſt zweymal, dreymal 
u. ſ. w. größer, als die Gefchtwindigfeit des. doppel- 
ten, drenfachen u. |. w. Gewichte. So viel man 
aljo Durch weitere Entfernung der Rraft vom Rus 
bepuncte dee Gebels an der Kraft erfpart,; fo viel 
verliert man an der Geſchwindigkeit dev Laft. 


. am dem doppelarmigen Hebel -AcB: (Fig. 49.) fen in 
eine Kraft applicirt, die viermal weiter vom Rubepuncs 
te 


92. Lee 4 Hauptſtuck. 


te © entfernt iſt, als die Lat in A von ce, fo wird ‚fie 
zwar, viermal fieiner zu feyn braucden, als die Laftin Ar 
2° 5 gm.ibe das Gleichgewicht zu halten ; aber fie wirb die Far 
. 4A nur durch den einfaben Raum Aa heben, während 
ſie den dierfachen Raum Bb durdläuft. Denn Bb : Aa — 
‚.eB:cA. Wenn in- dem Puncte B pad einfache Bemicht, 
und in dem Puncte A das vierfahe Gewicht angebracht 
wäre, fo wuͤrden ſie im Gleichnewichte fenn, weil 4. cA 
== ı.cB. Über ben der Bewegung des Hebels wiirde der 
Kaum, den A durdläuft, zu dem, melden B in eben ber 
Zeit beichreibt , fi verhalten wie 1:4. Es wären alſo 
die Producte aus den Gewichten in ihre refpectiven ‚Ges 
la een proportional; folglıch wäre gleihe Groͤße 
er Bewegung da, und alſo Gleichgewicht. Hierauf eben 
‚berudt der Gartefianifhe Sag vom Gleichgewichte der Kraͤf⸗ 

te am Hebel (9. 286. Anm.) | 


2... 293. Den dem pbyfifchen: Hebel, welches 
jeder wirkliche Hebel ift, kommt das. Gewicht feiner 
Arme ſelbſt in Betracht. Man kann ihn aber ‚leicht 
auf einen mathematiſchen zurüdbringen, nenn. dag 
Gewicht feiner Arme ‚bekannt ift, ‚das man nur im 
Schwerpuncte berfelben vereinigt annehmen, und aus 
der Entfernung biefes Schtogrpunctes vom Ruhepunc: 
te leicht berechnen kann, tie viel Gewicht am fürzern 
Arme nörhig fen, um das Gleichgewicht des Schwer: 
punctes vom längern Arme zu erhalten. 
Beftätigung durch Verſuche mit Leupolds Univerfalmange. 

Auch läßt fich Hieraus leicht erflären, warum bey einem 
auf einem fharffantigen Tiihe frenliegenden Stode eine 


‚ziemliche Laft an das Furze hetoorragende Ende des Stocks 
gehängt werden kann. 63 

Anwendung der Lehre vom Hebel auf die Bewegungen 

| i Ghedmaßen , und der durch fie zu Kberwältigenden 

aften vermittelt der Muskeln. (Peer Borel/i oben 

Ch agı..< ) angeführtes Werf; Parene Recherches de 

Mathemätique et-Phyfque. à Paris, ı713. T. Il. ©. 631. 

f.,- ©. 662. #., und 694. ff., T. 111. S. 335.3 ingleichem 
Gehblers phyſik. Wörterb. Th. III. S. 295. ff.) 


$. 294... Die Geſetze des geradlinigen Hebels 
laſſen fich leicht auf den Winkelhebel oder gebroche: 
nen Hebel (Vectis angularis), die Rolle oder Schei: 
| er be 


Phänomene: fehmerer feſter "Körper. 193: 


be ( Trochlea), den Slafchensug (Polyipaftus), bag. 
Rad an der Welle (Axis in peritrochio ) anmenden. 
Die nähere Beftimmung und weitere Ausführung der 
iehre von denſelben gehören aber eigentlich für ein * 
buch der angewandten Mathematik. 


Stoß feſter Körper. | 

$. 295. Wenn ein fchmerer Körper anf einer. 
horizontalen Tafel liegt, und darauf ben feiner Ber 
wegung die Friction nicht in Anfchlag gebracht wird, ; 
oder, wenn er an einem Faden aufgehängt ift, fo 
witd Kraft nöthig fenn, ihn in. Bewegung zu feßen; : 
das heißt, die zu feiner Bewegung angewandte Kraft 
wird eine Verminderung erleiden, und er wird Wi: 
berfiand feiften, um aus Ruhe in Bewegung zu kom⸗ 
men, nicht wegen feiner Trägheit, wie man ſich ge⸗ 
wöhnlic die Sache vorftellt, fondern, weil er von 
der Richtungslinie der Schwere fletig abgelenkt wer⸗ 
den fol, wie ben ber MWurfbewegung. Wir muͤſſen 
hier nun noch die Geſetze, welche die ſolcher Geſtalt 
durch den. Stoß bewegten Körper. befolgen, naͤher be⸗ 
trachten. Dieſe Geſetze werden durch befondere Eis 
genihaften der Körper, je nachdem fie entweder ri⸗ 
ge, oder feder;art, oder weich find, modificirt. 
Nun giebt es zwar in der Natur feine bloß rigiden » 
Körper , die nicht zugleich auch Federkraft ($. 127.) 
hätten, und die Geſetze des Stoßes der erftern fön- 
nen daher nur unvollfommen durch Erfahrung beftä- 
tige werden; mir können uns aber doch hier ben der . 
— Betrachtung der Körper jene Eigenfchaf: 
N ten 


. 


194 „ai 4 Hauptfihl, 

ten als abaefondert vorftellen, um 16 allaemein mog⸗· 
liche Faͤlle zu erhalten, nad) denen die wirflichen bas 
ffimme werden. 

6. 296. Der Stof finder Statt auf eine deep 
fache Art: 1.) zwifchen einem ſich bewegenden und eis 
nem ruhenden Körper; 2) zwifchen zwey Körpern, 
die ſich nach) einerley Richrung bewegen, der nachfol⸗ 
gende aber mit größerer Geſchwindigkeit, als der ers 
ſtere vorangehende; und 3) zwifchen zwey Körpern, 
die fi) mac) entgegengefegter Richtung bewegen. 

"6, 299. Da die Eröfe der Bewegung eines mia - 
derftehenden Körpers nicht allein von der Maffe, ſon⸗ 
dein’ auch von der Geſchwindigkeit deſſelben abhängt 


(5. 105.)5 fo muß auch bey der Mittheilung der Bes 


wegung dinſch den Stoß auf beyde Rückficht genom⸗ 
men werden, und ferner auch darauf, ob der Stoß 
gerabe oder fehief ($. 39.) gefchieht. Mir bes 
— hier nur den erſtern. 
$. 298. Den dem geraden Stoße volltommen: 

rigider Körper finden folgende Gefeße Statt, bie 
fich aus dem Vorhergehenden feicht erflären laſſen: 

1) Wenn ein vollfommen harter unelaftifchee 
Körper auf einen andern vollfommen harten unelaftis 
ſchen, welcher feft und unbeweglich ift, ftößt, fo ru— 
ben bende nach dem Stofe. 

2) Iſt der ruhende auch beweglich, fo vertheift 
fich die Geſchwindigkeit des beivegten unter bende nach 
dem Verhältniffe ihrer fchmeren Maffen oder Ge: 
wichte, oder: die Gefchmwindigfeit beyber nad) dem 
Stoße ift gleich der Größe der Bewegung des ſtoßen⸗ 

ben 


Phänomene ſchwerer feſter Körper. 195 


den Körpers durch bie Summe der ſchweren Maſſen 
oder der Gewichte dividirt. 
We wir die Gewichte oder di weren m P 
"Berbnoindigfeiten vor dem Große * c, und ar — 


z nennen wollen, fo iR z = — 


3) Wenn ſich beyde Koͤrper nach einerley Rich⸗ 
tung bewegen, ſo koͤnnen fie nur dann auf einander 
wirfen, wenn fid) der vorangehende mit geringerer 
Geſchwindigkeit bewegt. Dann wird nad) dem Sto: 
fie die Geſchwindigkeit des anftoßenden fleiner, und 
die des gefloßenen größer werden müffen, ımd die 
Geſchwindigkeit beyder wird gleich fenn der Summe 
der Grdfen der Bewegungen, dividiet durch die Sume 
me der ſchweren Maſſen oder Gewichte, J 


CP + ep 
siſt d = 
Es ift dieſemnach z P+p 


4) Wenn ſich beyde Körper in gerader Rich⸗ 
tung gegen einander bewegen, ſo muͤſſen ſie nach dem 
Stoße ruhen, wenn die Groͤßen ihrer Bewegung 
gleich waren; d. h., wenn entweder die Geſchwindig— 
keit bey gleich ſchweren Maſſen gleich war, oder 
die Producte der ſchweren Maſſen durch die Ge— 
ſchwindigkeiten bey beyden gleich waren. 

5) Sind aber ben dieſer entgegengeſetzten Rich— 
tung die Groͤßen der Bewegung in beyden ungleich, 
ſo gehen beyde Körper nach dem Stoße in der Rich⸗ 
tung desjenigen Koͤrpers fort, der die groͤßere Bewe⸗ 
gung hatte, und zwar muß die Geſchwindigkeit bey— 
der dann gleich ſeyn der Differenz der Groͤßen der 
Bewegung beyder Körper, dividirt Durch Die Summe 
. ber ſchweren Meſſen oder Gewichte. 

Joa N 7 


‘196 


Ee in alio = 


L Theil. 4. Hauptſtuͤck. 


P—cp 


* 


+ 6 # 

Beſtaͤtigung durch Berfnce mit Thonkugeln, die au der 
Luft mäßig getrodner worden find. 

Um diefe Werfuhe mit Sicherheit und Bequemlichkeit 
onftellen zu können, hat man eigne Vorrichtungen, bie 
unter dem Namen der Percuffionsmafchine ober der Sroßs 
majchine des Mariotte befannt find. (De la percuſſion 
ou choo des corps, in den Oewres de Mariotie, à la 
Haye 1740. T. 15 ’'s Gravefande (Phyfices elem. ma- 
themat. L. I. c. 23.) und Yioliet ( Lecons de phyique 
T. I. Leg. 4. Sect. 3.) haben ſolche Maſchinen umftänds 


"Tich befchrieben. 


Wenn man bie fi foßenden Kugeln in Bogen, wie 
Pendul, fallen läßt, fo verhalten fih die Geſchwindigkeiten 
an der unterften Stelle nur dann nahe wie die Bogen ſelbſt, 
wenn dieſe fehr klein find; bey groͤßern Bogen bingegem 
Bann man die Geſchwindigkeiten feinesweges durch die Bos 
gen ſelbſt meflen, fondern jene verhalten fib wie die Quas 
dratiwurzeln aus den fenfrechten Fallhoͤhen (4. 213. 3.) 

Zur Entwidelung der Theorie diefer Gefege des centras 
Yen Stoßes harter oder rigider Rörper muͤſſen wir auf die 
Geſetze der reinen Bewegungsichre zuruͤckgehen. 


1) Geſetzt, der geftoßene Körper ift nach dem ziventen Falle ru⸗ 


bend und bemealich, fo wird der ftoßende auf den ruhenden 
als auf einen Widerftand wirfen, und von feiner Größe der 
Bewegung fo viel verlieren müffen, als der Wipderftand 
des rubenden beträgt. Er wird alfo genau den Theil feiner 
Kraft verlieren, der erforderlih iſf, den rubenden nad 
dem Stoße mit ber Geſchwindigkeit zu bewegen, mit dem 
er felbft nach dem le no feine Beweaung fortfegt. 
Es it naͤmlich Bar, daß diefelbige Kraft, die die einfache 
widerſtehende Mafle mit der einfadhen Geſchwindigkeit bes 
roegt , die — Maſſe mit der halben Geſchwindigkeit, 
die dreyfache Maſſe mit dem dritten Theile diefer einfachen 
Geſchwindigkeit bewegen werde, und überhaupt mit einer 
Geſchwindigkeit, die der zu bewegenden Mafle umgekehrt 
proportional ift. Ben dem Zufammentreffen der ſtoßenden 
Mafle und der — geſtoßenen machen nun beyde 
zuſammen eine vergroͤßerte widerſtehende Maſſe aus, die 
nicht mehr von der vorigen Kraft mit derſelbigen Gefchwins 
Dinfeit bewegt werden fann. Nun ift beym Zufammens 
treffen feine andere Kraft da, als die der ſtoßenden Maffe 
inbärirt, folglih wırd die Geſchwindigkeit der ſtoßenden 
Mafle vor dem Stoße zur gemeinfchaftlihen Geſchwindig—⸗ 
Bert beyder Maflen nach dem Stoße ſich verhalten, umaes 
kehrt, wie die Summe der Maflen zu der ſtoßenden Maſſe. 
Wenn alfo die ſtoßende Waffe P, die rubende p, und die 
Geſchwindigkeit der ftoßenden C heißt, fo it z:;C = 


P:P+p, folglich z = FT wie nad (2). 


WPa=p, fowirda2=jC, 
we Wenn 


Phänomene ſchwerer fefter Körper. 5% 


Wenn man die einzelnen beweglichen Maflen mit der _ 
gemeinſchaftlichen Geſchwindigkeit nach dem Stoße, oder 
mit z, multiplicirt, fo wird die Größe der Bewegung beys 
der zufanımen foifenn, wie die Groͤße der Bewegung vor 
dem Stoße war, alfo ungeändert, Dennz.P+z.p 


PC ’ 
-——,P u I, PC; 


31) Iſt die rubende Mafle unbeweglich, fo ift fie als unendlich 
roß aegen die ſtoßende anzufehen, und die gemeinicafts 
fie Geſchwindigkeit mach dem Stoße wird als uendlich 
Flein ————— fie werden alſo beyde nach dem Stoße 
ruhen (1). F 


= (eze/tt tete _ BC—Pe-+ Pc+-pe 
p + 


+} 
SER ı wie angegeben ift (3). 
Die Geſchwindigkeit, welche p gewinnt, iſt 
£P + e c s 


FE um LE J 
Er 
diakeit, welche: P verliert, = C — Pr, a 
Bart > | | 

Die Größe der Bewegung beyder nach dem Gtoge ift wie 


die Summe der einzelnen Größen der Bewegung vor dem 


Stofe. Denn zp+ zp= tr p, Fitp; 
——— 7 P-rp _" 
= PC + pe. | 


IV) Wenn beyde bewegliche Körper in entgegengefegrer Rich⸗ 
tung mit gleichen Kräften, db. t., mut gleicher Groͤhe der 
Beweaung, an einander ftoßen, wenn naͤmlich PC = pc, 
oder P:p = e:C; fo fann feine Bewegung: erfolgen, 
fondern beyde Beiweguigen- müflen nach dem Geſetze tes 
J. 83. ſich wechfelfeitig aufheben (4). - — 


V) Wenn aber bey dieſer entgegengeſetzten Richtung PC und pc 
ungleich find, fo muß das Gehen des f. 84. elutiefen. Es 

fey nämlıb PC > pc, fo wird es einen acmıllaı Thal 
x ber Beihwindiafär C geben, der mis P multiplicirt 
eine 


‚198. vH Theil: 4. Hauptftüd. 


eine Größe der Beiveaung Px= pc macht. Bende wuͤrden 
ſich aeaen einander aufheben, und alfo Ruhe bervorbrins 
gen, wenn die Körper mit den Kräften Px und pc gegen 
einander dırect ftießen. Es ift nun noch ein Theil d von 
der Gefchwindiafeit übrig, oder d — C — x; der bıe 
Gröfe der Bewegung Pd berrorbringt , die fib dann urter 
die bewealichen Maſſen P und p vertbeilt und fie in Ber 
weaurig nah der Richtung von C verfeht. Die gemeins 
ſchaftliche Geſchwindigkeit nah dem Stoße, oder zı ift alſo — 


Fr Weil nun Pr= pe, ſo in aus Pıpmeim 
und alfo x = In, Da nınd=C—x, fo ift au 
d=C _ = et Wenn wir nun diefen Werth 
von d in der erſten Formel dafür ſubſtituiren, fo i z = 
PPC — Ppc PC—po (9 


Pr — P+p | 
Die Größe der Bewegung nah dem Stoße it = PC — 
pc, wie man leicht finden wird, und alfo gleich der Diffes 
ren; der Größen der Bewegung vor dem Stoße. Wenn 
man aber die Größen der Bewegung mac einerley Rich⸗ 
tung, nämlih nab ber Richtung der größern Kraft, 
nimmt; fo — ge ie vangung diefer ſtaͤrkern 
tiv, und dann i e Größe der Bewegung vor und 

28 dem Stoße für glei zu achten. — 


54. 299. Beym geraden Stoße federharter 
($. 126.) oder fo genannter elaſtiſcher Körper kommt 
noch in Betracht, daß von einer Aufern auf fie wir: 
enden Kraft ihre Theile zufammengedrüdt werben, 
aber auch mit eben der Kraft zugleich zuruͤckwirken, 
und alfo dadurch Veränderungen in ber Bewegung 
bervorbringen. Aus den Kräften des Stofes und 
der Zuruͤckwitkung federharter Körper, (deren Feder⸗ 
kraft wir hier gleich fkarf annehmen, ) entfpringen fok 
gende Gefege: 
1) Wenn ein elaftifcher Körper an einen andern 
gleich elaftifchen ruhenden und unbeweglichen anftößt, 
fo fpringt er mit feiner ganzen Geſchwindigkeit zurüd. 
2) 


Phaͤnomene ſchwerer ſeſter Körper. 199 
2) Wenn der ruhende Körper beweglich und von 
geichem Gewichte iſt, fo bekommt er die ganze Ge⸗ 
ſchwindigkeit des ſtoßenden, und dieſer ruhet dagegen. 
3) Wenn hingegen der ruhende bewegliche Koͤr⸗ 
per von ungleichem Gewichte iſt mit bem.bewegten, 
fo ift die nene Geſchwindigkeit des anftößenden zur 
vorigen wie die Differenz ‚der Gewichte zu ihrer 
Summe, unb die Gefchwindigfeit des angeftoßenen 
wie das doppelte Gewicht des anftoßenden zu beyden 
Gewichtten. 5 
4) Wenn fid) zen elaftifche Körper von glei: 
dem Gewichte nach einerfey Richtung bewegen, 
und zwar wie $. 298. Mr 3., fo werden fie beyde 
nad) dem Stoße zwar nach einerley Michtung zu gehen 
fortfahren,. aber mit verwechfelten Geſchwindigkeiten. 
5) Wennfich beyde Koͤrper in gerader Richtung 
gegen einander bewegen und‘ die Größe ihrer Bewe⸗ 
gung gleich groß ift, ſo werden fie mit eben ber Ge: 
Ihwindigfeit von einander zuruͤckſpringen, mit ber 
fie gegen einander liefen. — 


J 


6) Iſt aber bey dieſem Falle die Geſchwindigkeit 


ungleich, Bas Gewicht aber gleich), fo. verwechſeln fie 
nad} dem Stoße ihre Geſchwindigkeiten beym Zuruͤck⸗ 


Beſtaͤtigung durch Verſuche mit elfenbeinernen Kugeln. 

1) Zar „Entridelung der Theorie wollen wir erſt den Fall L 2) 
fegen. Der ftogende Körper wuͤrde dem rahenden die ifte 
feiner Geihwindiateit eriheilen, wenn fle bevde bloß hart 
and von gleichem Gewichte wären, tvie vorhin erwieſen il. 
Da fie beyde elaftifh find, fo erleiden fie einen €indrud, 
Yer im dem geftoßenen demjenigen Theile der Größe der 
Berneaung oder der Gewalt des ſtoßenden proportional 
wary dem biejer zut Webermältigung des ruhenden anivens 
den mmfte. Dies war die Hälfte der Größe feiner 2 

gun 


a U. Bheil 4. Hauptſtuuͤf. 


; sung ober. feiner Geſchwindigkeit, teil wir gieime Ges 
wichte oder ſchwere Maflen annehmen. Nab Vollendung 
des Stoßes ſtellt Ach hun diefer Eindruck wieder ber, und 
war mit eben-ter Kraft, mit derer veranlaßt wurde. 
Da, aber der ftofßende in der Richtung widerfiebt, in wel⸗ 
her fih der Einprud der aeftoßenen wieder heritellen will, 
ſo verliert dadurch der floßende noch die: andere Hälfte der 
Geſchwindigkeit die er übrig behalten würde, wenn beyde 
Körper bloß hart wären, und wird allo ruhend; oder der 

ſtoßende verliert’ doppelt ſo viel Größe der Bewegun 
els er verloren babeu würde, wenn beyde Körper DIR 
bart gewefen wären Der ftofende erleidet auch eınen Eiu⸗ 
drud, der dem Widerftande des aeftoßenen und alfo dem: 
Eindrude proportional wars welchen dieler erlitt, alfo 
auch gleich der Hälfte der Gewalt, mit der er den rubens 
den- bewegte. it eben dieſe Gewalt fiellt fi der Ei 
druck wieder ber, und ertberlt dadurch dem rubenten n 
einmal fo. viel Gefchmindiafeit. Der rubende erlangt u 
doppelt fo viel Größe der Bewegung, als.er erlaugt haben 
würde, wenn beyde Körper bloß hart, aber nicht elaftııch 
gewefen wären. | * 


11) Hieraus koͤnnen wir nun allaemeinere Beſtimmungen feſt 
ſetzen. Es heiße das Gewicht des ſtoßenden elaftiichen Toͤr⸗ 
pers P, feine Gefchmwindiafeit C, das Gewicht dis elaftis 
fen ruhenden p. Die Geſchwindigkeit des ſtoßenden nah 


dem Stoße, oder Z, würde > — fen, wein beyde Koͤr⸗ 
per nicht federhart wären.( 1. 298. 2.); die Größ: feiner 
‚Bewegung märe dann — Wenn wir nun dieje von 
der DB ber Bewegung vor dem Stoße, oder son PC = 
— — Bj 7 (Ch s38. Ham.), abiichen,. fo 
bleibe — ale die Größe der Bewegung, die er durch 
den MWideritand bes ruhenden verlor. Da er aber, wei 
er und der ruhende elaftifch find, durch die Neaction, w 
vorhin gezeigt wurde ** doppelt fo viel Groͤße der Be⸗ 
wegung verliert, fo if die verlörme Orbfe der Bewegung 
zPpc ’ ; — 
— Wenn wir nun dieſe von der Groͤße der Bewe⸗ 


gung vor dem Stoße PC = SLR En Fr abziehen, 
fo bleibt IIZAPE als die Große der Bewegung des 
ſtoßenden elaftifchen Körpers nach dem Etofe, und es ift feine 
Geſchwindigkeit, oder Z, = a pc = —— —. 
Es verhaͤlt ib al 2:C = — :P+-p; m. die 
Geſchwindiskeit des ſtoßenden nach dem Gtofe if — 


Phaͤnomene ſchwerer feſter Körper. Doz 


Khwindiakeit deſſelben vor dem * e wie die 
der Mailen zu ihrer Summe (3) Di 

Die Geicroindigfeit des ruhenden p nad dem Stoße 
waͤre auch 57 sr‘ wenn beyde Körper unelaſtiſch 
and bloß hart waͤren, und feine Größe der Bewegung 


I Chi 298. Aum.)3. da er Aber elaftifch ifts fo Wird 
durch die Reaction die Größe. ber Bewegung deſſelben nach 


dem Stofe= z= * J und folglich die Geſchwindigkeit z = 
P 

—— Es iſt ale 2: C=aPtP+p; oder die Ges 

ſchwindigkeit des geftofenen ift zur Yerereinbigeit des 

ftoßenden wie das doppelte Bericht. des ſtoßenden zur 

Summe der Gewichte bepder (3). 


a) ger= Pr fo ik Z oder Fr = 0, undz ober 
— = Cʒ oder der ſtoßende ruͤhet mad dem Stoße/ 
‚und der öeftoßene: defomms bie ganze Geſchwindigkeit des 
ſtoß enden (2) 


WW) Wenn P > pı fo itzZ= —— eine poſitive Groͤ⸗ 
P+Pp aPC 
fe; wenn aber P< p, fo wird Z negativ: z oder; P+P 


it aber immier -pofitiv.. Wenn alfo der floßende weniger 
Gewiht bat als der rubende, fo fpringt er nah dem 
St opın. legtern mit der Geſchwindigkeit Z zuruͤck; der 
eftoßene aber wird‘ nad der Richtung des: ſtoßenden 
ewegt. 
V) Wenn die Maſſe des ruhenden p feit und unbeweglich ift, 
fo ift fie gegen den floßenden P als unendlich groß anzufes 
ben; in diefem Falle verwandelt ſich die Berhwindigfeit 


> des ftoßenden nach dem Stoße, ober- ha * rin 


IS e — — Cy,: oder ‚der Rgende wird mit ders 
ſelben · Oeſchwindigkeit reflectirt, mit der e er anftieß (1% 
Die Geihwindigkeit der unendlich großen geftoßenen Maſſe 


nach dem Stoße waͤre oder unendlich Flein, oder 


P+ 00 
für nichts zu nehmen, 

VI) Wenn p mit‘ der Fleinern Geſchwindigkeit c vorangeht, 
und P folgt mit der größern Gefchwindigkeit C nach / ſo 
wird der Stop sur «mit C — o geſchehen n konnen (4. 298. 

Anm. 111.). Wenn die Körper * t elaftifch, wären Du" 
würde p — den — Stoß allein zur Größe der 
wegung Er — — wegen der Reation durch 

Elaſti⸗ 





* 


202 


LH 4. Hauptſtuͤck. 


Elaſtieltaͤt erhält p aber Up Lee); bie * ſeiner 


P+ 
eianen Bröße der Beiveguna pe Ri binzufommt. Daber 
if die ganze Größe ver Bewegung ron p nah dem Stoße 


arplCe) . pe m PC sPpettpetrpe „m 
e a; 
epO — PEEPPE, und feine Geſchwindiskeit 2 


p 
= — EP, Der elaftifhe Körper P verliert 


P+p | 
von der Größe feiner Bewegung an 2 (Ch. und 
11.);5 wenn mir dies don feiner Bedke der Bewegung vor 
dem Stohe BC = — abziehen, fo bleibt zur Größe 


p 
der Bewegung mach dem Stofe et! Zee sEpe 


= a Diefes Roßenden P Geſchwin⸗ 


digfeit Z aber ift * ere a 
Wenn nun P= 4 ift (4), fo wird in den angeführten 
Sormeln, die den Werth von Z und z ausdıiden, P+-p 
== 2Pı P— p= 05 baber wird die erste Formel von z 
verwandelt in GC, umb die von Z inc; das beißt, die 


gieichen Gerichte verwechſeln nach dem Stoße ihre refpectis 


ven Geſchwindigkeiten (4) 


vil) Wenn P und p in entgegennefekter Kichtung mit bem 


‘bie vorigen Formeln (VI) auch hier ihre 


Geihwindigfeiren C und c an einander Pofın, fo werben 
nwendung fins 

den, nur daß c dem C entgegengeieht / und. alſo ın Kids 
—*8 deffelben Hegdtiv genpnimen werden muß. Die Se⸗ 
windigfeit von p mach deau Stoße oder z, verivandelt ſich 


alſo in FREE TUR = m, und 
zwar nad der Richtung / In welcher P vor dem Brofe bes 


weat wurde; und bieomP, ober Z, im = Fer ? 
FR p 
and zwar in der Richtung von C. | | 
Wenn nun hierbey PC = pc, foil z= ce in der Rich⸗ 
tung von C, und Z= — Cy ober die Körver fpringen 
= Tr der Seſfchwindigkeit zuruͤck, ‚mit. der fie anftier 
gs) . 
Wenn Pe p, fo if === C in der Richtung von C, 
und. Z= — c; fie verwechſeln folglıh nad dem &toße 
ihre Geſcwindigkeiten in entgegengefegter Richtung (6). 


Wenn sr — p)C — spcy fo wirds wie die. Formel 
Veit giebt, Ze 05 folglich bleibe ? nach dem Orcke * 
u 





Phänomene ſchwerer ſeſter Körper. ⸗03 


Bude, md e wird Oo, in der Richtun von C, oder 
foringt mit der Geihwindigkeit C+ ezurid, 4 


Wenn endih (P— p)C > 2pc, fo bleibt, wie man 
leiht fiebt, Z pofltiv, oder der Körper. P gebt mit der 
Seſchwindigkeit Z in der Richtung feiner vorigen Geſchwin⸗ 


In_allen Fällen bey dem Gtoße elaſtiſcher Körper bleiben 
Summen der reipectiven Größen der Bervegung vor 
uud nad dem Stoße gleich. —— 
Dan ſehe Car. Scherffer inltitutiones phyficae, P.T.. . 
Vindeb. 1763..8. ©. 136 f., dem ich Hierbey in den Er⸗ 
klaͤrungen ganz gefolgt bin. 


$. 300. Bey weichen Körpern finden dieſelben 
Seſetze des Stoßes Statt, als bey harten Körpern, 
nur daß fie zugleich ihre Figur ändern, melches: bey 
harten Körpern der ‚Ball niche ift und: daß die Ver; 
änderung ber Bewegung in, eine andere, ober im 
Ruhe, nicht plößlich, fondern erft nach und nad) ge 
ſchieht. ea en 
$. 301. Wenn ein Körper einen andern nicht 
ummittelbar anftößt, fondern. durch einen oder meh⸗ 
zere andete dazwiſchen liegende Körper von einerley 
Beſchaffenheit, fo fann man jeden dazwiſchen liegen: 
ben als einen floßenden und gefloßenen Körper anfe- 
a, und hieraus Die erfolgte Wirkung feicht beur⸗ 
theilen. So pflanzt ſich der Stoß dutch eine Reihe 
gleich elaftifher Kugeln bis zu det Außerfien fort: 
und läßt man. an mehrere dergleichen elaftiiche Kugeln 
bon einerlen Gewicht eine andere bon gleichen Ges 
wichte anſtoßen, ſo wird bie letzte von allen nach 
$. 299. Nr. 2. mit der Geſchwindigkeit abſpringen, 
welche die erſtere hatte, und dieſe wird ruhen; laͤßt 
man zwey anſtoßen, ſo werden die zwey letzten ab⸗ 
ſpringen, u. ſw. — et 
4. 302. 


24° IR Ball 4 Hauptſtuck. 
$." 302. Wenn die Meihe der elaſtiſchen — 
fo iſt, daß bie folgende Kugel immer-halb fo ſchwer 
ift, als die zunächit vorhergehende, und die erſte mit 
einer Geſchwindigkeit = C anftöft, fo erhäft, wie 
ſich nah $. 299. Me. 3. leicht berechnen läßt, die 
zweyte die Gefchwindigkeit = 7 C, die dritte die Ger 
ſchwindigbeit von gmal.$C. == (4)"C, w fü fort, . 
fo daß z. B. die hundertſte eine Geſchwindigkeit von 
(4)”.C erhaltenwürde, die alſo mehr als 2 Billio⸗ 
nenmal' größer ſeyn würde, als die Geſchwindigkeit 
C der erftemftoßenden Kügel: Es verfteht fih, daß 
hierben in deimganzen Syſteme der ſtoßenden Kugeln 
der Stoß immer als gerade angenommeh wird, 
"sin ton. J —99. * 4. Han nehme alſo 
Log == 04602059991 
8 = 404721254 
‚Loge, gr == 0,124938737. 


‚ Nimmt man num (100 — 1). Yog. 4, fo erhält man — 
99. 200. 3 3; namlıh! 124938737 
f u. 01249387 
Lin. (4,” = 123689350. 

"Die Zahl, welcher dieſer Logaritbme sugebört, faͤllt 

wiſchen 2338500000000 und 2338600000000, 


» Grundlehren der angew. Mathem. von Job, Keim. Voigt. 
Jena 1794. $- 190, 





6. 303. Wenn ein edaftifcher Körper auf einen 
andern harten unbeweglichen ſenkrecht ſtoͤßt, ſo wird 
er mit eben der Geſchwindigkeit reflectirt, mit welcher 
er anſtieß, und zwar, mie Teicht einzufehen ift, in der 
entgegengefeßten Richtung. Eben dies erfolgt, wenn 
ber ruhende unbewegliche Körper elaftifch iſt und 
ein barter unelaſtiſcher auf ihn ſtoͤßt. Der letztere 
wird natürlicher Weiſe ebenfalls mit ‚gleicher Geſchwin⸗ 

digkeit 


Phänomene ſchwerer fefter Körper. 205 


digkeit nach der entgegengefeßten a — 
worfen werden. 


Ein Ball ſprinat von der Mauer ab; eine elfenbeinerne Kugel 
von dem Steine; aber auch eine nichts elaſtiſche Kugel vom 
einer geſpannten Saite. 


F. 304. Wenn ein efofifcer Körper * einen 
hatten ruhenden unbeweglichen, oder auch umgekehrt, 
ein harter auf einen ruhenden unbeweglichen elaftie 
fen Körper in ſchiefer Richtung aufſtoͤßt, fo wird 
er wieder im der entgegengefeßten Ichiefen Nichtung 
zuruͤckgeworfen, und der iſt dem 
Zinfallewinkel gleich. .. 


€s fen AB fi Fig. 42.) eine harte unbewegliche laͤche, gegen 
welche ein elaſtiſcher Körper im der ſchiefen Direction CD 
in D anftögr. Die Bewegung des anftofenden Körpers 
kann angefeben werden, ‘als ob fie aus der Bufammens 
fegung der Kräfte CA und CE entfpränge. Da num jede 
Wırkung nur nach der Perpendiculärfinte erfol gt ($ 95.» 
5*8 wenn C iu D angelangt iſt, nur die Kraft CA = 
D wirkfom feyn " fönnen, und nach der entgegengeſetzten 
Aichtung diefer Kraft wird der rlaftifche. Körper durch dee 
volfommenen Widerftand der Fläche in D.einen Eindruck 
erleiden. Diefer Eindruck Kelli-fih mit chen der Gewalt 
wieder ber, womit er veranlaßt wurde, fo bald ter Eich 
geſchehen iſt; folalich würde der Körper von D nah E 
wieder zuruͤckgeſchnellt werden; aber die Kraft CE = DB 
it noch ungeſchwaͤcht, iſt noch nicht verwender, weil fie 
Beinen Miderftand fand, da fie parallel mit der. Flaͤche 
g. Der Körper wird alfo, wenn die Wirfung des Etos 
3. in Devollendet it, wieder durch zwey Kraͤfte getrieben, 
zämlıch durch DE und DB, und durchläuft alfo die Dias, 
gonale DF des Parallelogramris DEFB, 


Der Winkel CDE heißt der Emfallswinkel (Angulus 
äncidentiae) , der Winkel EDF der Zurücdprallungs s oder 
Reflerionswinfel (Angulas reßexionis. Bepde W nfel find 
ſich gleich, weil ın beyden Dreyeden CED und EDF die 
Eeiten CE und ED ven Seiten FE und ED aleich findy 
und der rebte Winkel CED = FED; folal'ch find die. 
Dreyecke aleih, uud aljo der Winkel CDE = EDF. 


Beyſpiele liefert das uofpringen ber auf das Wafler fehr ſchief 
geworfenen Stein 


W | $. 305. 


4. 308. Bon den ‚bisher vörgetragenen Gefeßen 
des Stoßes zwifchen elaftiihen Körpern und zwi⸗ 
ſchen harten und elaftiichen Körpern lafen fid) Anwen 
dungen auf das Billard machen. Die effenbeinernen 
Kugeln find gegen das Polfter der Banden der Tafel 
als volltommen hart, und dieſes allein: iſt als elaſtiſch 
anzuſehen; daher wird auch beym Anſtoße der Kugel 
an die Bande der Erfolg fo ſeyn, wie er nach $. 303. 
und 304. fern muß; und die Kugel, die z. B. in dee 
ſcchhiefen Direetion von F nad) D ( Fig. 42.) anftöße, 
- wird von Dina C zurücklaufen, fo daß der Winkel 
FDB dem Winfel CDA gleich if. Ben dem Stoße 
der Bälle unter fh gelten die Geſetze des Stoßes 
elaſtiſcher Körper ($. 299.). Wenn beyde Bälle 
gleiches Gericht haben, und der ftoßende den ruhen: 
den gerade trifft (der volle Stoß), fo gebt der letz⸗ 
tere in der Direction des ftoßenden fort, und zwar mit 
der Geſchwindigkeit des ſtoßenden, der ſtoßende bleibt 
aber an der Stelle des geftoßenen ruhig liegen, (nad) 
$. 299. Wr. 2.); er bewegt fich hingegen felbft mic 
minderer Geſchwindigkeit nöch fort, wenn fein Ge: 
wicht größer ift, als das des geftoßenen Balles, nad) 
($. 299. Mr. 3.). Die ungleichartige Elaſticitaͤt 
des Elfenbeins und die Reibung auf der Tafel machen, 
daß der Erfolg nicht ganz der Theorie gemaͤß geſchieht. 
Auch findet niemals zwiſchen Baͤllen von ungleicher 
Groͤße ein centraler Stoß Statt, und eben daher 
wird das Sprengen der Baͤlle moͤglich, wenn die 
Schnelligkeit der ſtoßenden Kugel groß iſt. Wenn 
die ſtoßende Kugel P ( Fig. 9. b) in der ſchiefen Rich— 

Zu: fung 


Phaͤnomene ſchwerer fefter Körper. 20% 


tung Pe an die ruhende p anftößt, fo ziehe man durch 
den Berührungspunct c die Tangente eg ‚ und durch 
eben den Berihrungspunct und den Mittelpunet von 
p die linie fd. Die Kraft Pc läßt ſich zerlegen in 
Pg und Pf, welche mit-fd und ge parallel find. Wenn 
nun P in c anftößt, fo wird p, (nad) $. 95. ), in der 
Richtung cd fortgehen, oder nad) cd geſchnitten 
werden. Es iſt aber, um fich nicht zu verlaufen, 
noͤthig, zu wiffen, ‚welche Richtung der Ball P nach. 
vollendetem Stoße haben werde. Er hat naͤmlich noch 
Die Kraft Pf übrig, mit der er dem Stoße von 
(7) * e fortgeht. 


366. Wenn ein harter Körper auf einen wei⸗ 
hen unbeweglichen ſtoͤßt, fo drängt der ftoßende nad) 
feiner vorigen Richtung in den weichen ein, feine Kraft 
wird aber immer mehr und mehr durch den Wider: 
fland der zu verichiebenden Theile des weichen Körper 
vermindert, und der eindringende verliert fo nad) 
und nad) feine Kraft, Uebrigens find die Erfolge des 
Stoßes weicher Körper unter einander, wie bie der 


— 
® Y 
„@ 


I Funf⸗ 


208. L.Dieil. 5. Hauptſtück. 


ei Ä Fuͤnftes Hauptſtuͤck. 


Phänomene fhwerer liquider 
Körper. 


$. 307. 

Di flüffigen Körper find zwar den allgemeinen Ge⸗ 
feßen der Schwere unterworfen, allein der eigenthuͤm⸗ 
fihe Zuftand ihrer Aggregation ($. 273.) macht bei 
fondere Beftimmungen noͤthig. Wir handeln hier 

die Erfcheinungen ab, welche tropfbare Stüffkge 
Feiten oder. liquide. Koͤrper vermdge ihrer Schwere 
hervorbringen, ohne uns ‚auf die no ratur 
derjelben einzulaflen. 


. 308. Bey den feften Körpern laͤßt fich wegen 
der Stärke ihrer Cdhaͤſion ein gemeinfchaftlicher 
Schmerpunct ($. 273.) annehmen und beweifen; 
ben einem fläffigen Körper Fann ınan [dies wegen des 
fo aͤußerſt geringen Zufammenhanges feiner Theile 
niche thun, und man muf ihn vielmehr als eine 
Menge von Fleinen Theilchen anfehen, die wegen ih: 
zes geringen Zufammenhanges unabhängig von ein: 
ander ihre Schwere äußern, ober mo jedes noch fo 
Feine Theilchen feinen eignen Schwerpunct hat. 


$. 309. Alle tropfbar - fluͤſſige Körper fenfen ſich 
daher jederzeit an den niedern Ort, und nehmen, 
wenn fie ruhig ftehen, jedesmal eine folche fage an, 
daß ihre Oberfläche horizontal if. 
WM | $. 310. 


J 


Phänomene ſchwerer liquider Koͤrper. 209 


$. 310. Ein jeder Theil einer tropfbaren gleich: 
artigen Fluͤſſigkeit wird durch fein eigenes Gewicht 
und durch den Drud aller übrigen Theile an feinem 
Orte erhalten, wenn die hoͤchſte Flaͤche eben uͤnd 
waagerecht iſt, und es iſt alſo jedes ſchwere Element 
deſſelben in Ruhe und im Gleichgewichte. | 
$. 311. jeder Theil in einer gleichartigen tropf⸗ 
baren Fluͤſſigkeit wird von dem daruͤber und datımmter 
ſiehenden Theile eben ſo ſtark gedruͤckt, als er ſelbſt 
dieſen daruͤber oder darunter ſtehenden Theil druͤckt. 
$. 312. Aus dieſen beyden Saͤtzen (9. zio. u. 
311.) folge denn auch, daß irgend ein willtuͤhrlich 
angenommener Theil in einer waagerecht ſtehenden 
gleichattigen Fluͤſſigkeit, wie z. B. der im der Ötenze 
afgd und bec (Fig. 50.) enthaltene Theil derſelben, 
bon der darüber und darunter ſtehenden Fluͤſſigkekt 
eben jo flarf gedrückt werde, als er ſelbſt Diefe dar: 
über und darunter fichende Fluͤſſigkeit drückt, Man 
ftelle ſich nun an die Stelle dieſer willkuͤhrlich ange⸗ 
nommenen Grenze eine fefte unbiegfame Nöhre vor, 
die die Fluͤſſigkelt zwiſchen afgd und bec einſchließt, 
und dieſe Roͤhre druͤcke nicht ftärfer und nicht ſchwaͤ— 
cher auf die darin enthaltene Fluͤſſigkeit, als vorher 
die umgebende Fluͤſſigkeit that, in deren Stelle ſie 
geſetzt wurde. Die aͤußere Fluͤſſigkeit kann nun weg⸗ 
fallen, ohne daß der Stand der Fluͤſſigkeit in der 
Roͤhre dadurch geaͤndert wird. Dies gilt natuͤrlicher 
Weiſe von allen communicirenden Roͤhren, ſie moͤgen 
gleich oder ungleich weit, gerade oder krumm, und 
mannigfaltig gegen einander geneigt ſeyn. 
O * 313, 


— 1. Seil, 5. Hauptſtuck. 


$. 313. Es folgt hieraus der allgemeine Satz: 
Gleichartige Stüfjigkeiten ftchen in zufammenhän: 
genden Röhren von jeder Geſtalt, Lage und Weite 
der Schenkel, in diefen Schenkeln gleich hoch, und 


fie find nur dann in diefen Schenfeln ım Gleichge—⸗ 


wichte und in Ruhe, wenn die Oberflächen der Fluͤſ⸗ 
figfeit in den Schenfeln in einerley maagerechter 
Ebene fiehen. ! 


N 


Dieſen Sag, derfich aus dem im $. 312. angeführten Erfahrungs 

. faße- fo leicht herleiten läßt, fann man aud durch das 

Carteſiſche Maaß der Kraͤfte nab Martiotte auf die tm 
folgenden $. angeführte Weiſe darthun. 


Erinnerung wegen des Falled, wenn der eine Schenkel der 
eommunicirenden Röhre cın Haarröhrcen ift. 


$. 314. Wenn ın gfeich meiten verbimdenen 
Röhren vie Fluͤſſigkeit auf der einen Seite fteigen 
mollte, fo müßte fie auf der andern Geite in eben 
der Zeit_cben fo tief fallen, und die flüfjige Materie 
wuͤrde alfo in beyven Röhren eine. gleiche Größe der 
Bewegung haben, weil Geſchwindigkeit und Maſſe 
einerleg waͤren. Gleiche entgegengefeßte Größen der 
Bewegung heben ſich aber auf, und man fieht alfo 
leicht, daß die Tlüffigfeit den maagerechten Stand 
annehmen müffe, wenn die Nöhren gleich weit find. 
Aber eben jo leicht laͤßt es fic) auch ben zufammenhän: 
genden Röhren von ungleicher Weite beweifen, daß 
Fluͤſſigkeiten von einerley Arc darin nicht eher in Ruhe 
fommen, bis- fie gleich hod) darin jichen.. Denn ge: 


jet, die eine Röhre hätte zehnmal fo viel Grund: 


fläche ald Die andere, fo wird in jener die zehnfache 
Mafle in eben der Zeit in den einfachen Raum fallen 
muͤſſen, 


Phänomene ſchwerer liquider Korper. | 271 


müſſen, in melcher in diefer die einfache Maſſe ven 
zehnfachen Raum in die Höhe fleigt; denn menn es 
3 B. in der weitern um einen Zoll fallen follte, fo 
müßte es ın der engern um zehn Zoll fleigen, und 
zwar in einerley Zeitz es find alfo hier, und in jedem 
andern Falle, Maffen und Geſchwindigkeiten einan: 
der umgefehrt proportional, fölglich_ haben fie gleiche. 
Größe der Bewegung, und die gleichen entgegenge: ' 
festen Rräfte heben fich auf. Die Slüffigfeiten einerley 
Art muͤſſen alfo auch in ungleichen Röhren gleic) hoch 
ſtehen und ſich einander das Gleichgewicht halten. 

$. 315. Da alfo mweniges Waffer in einem 
engern Schenkel der Röhre das Gleichgewicht haͤlt 
mit vielem Waſſer in dem andern weitern Schenfel, 
fo iſt leicht einzuſehen, daß es auch das Gleichgewicht 
halten wird mit einem jeden andern Koͤrper, der eben 
ſo viel Gewicht hat, als das in dem weitern Schenkel 
enthaltene Waſſer. - 


Wenn in die communicirende Röhre ABCD (Fig. gr.) Waſſer 
geiullt wird, jo wird diefes Waſſer nur vann darin rubig 
fiehen, wenn ed in beyden Schenfeln gleich body ıft, obs 
gleich diefe Schenfel ungleich weit find ( $. 313.). Geſetzt, 
daf es in dem engern Schenkel AB bis ab ftebe, fo wırb 
es auch in dem weitern Schenkel CD bis cd in einerley 

ortzontalebene mit ab ſtehen müflen: fonft ift kein 
feihaewicht und feine Ruhe da. Die Waſſerſaͤnle ab hält 
aifo der, uugleich mehr wiegenden, WBaflerfaule cd das 
Gleichgewicht, wenn ihre Oberflächen nur in einerley Hos 
rızontalebene liegen. Wenn nun in dem cylindriſchen 
Ecentel CD, ftatt des Waflers von der Höbe ce und der 
Grundfläche ef, ein fefter Körper läge, der an den Waͤn⸗ 
den des Scheufels eben fo leicht aufs und abglitſchte, als 
Wafler, und doch genau an die Wände anſchloͤſſe; fo iſt 
leicht einzuſehen, daß, wenn dieſer feſte Koͤrper eben ſo 
viel woͤge, als das. Waſſer ın dem Raume cdef, er das 
unterhalb ef liegende Waſſer nicht tärter und nicht ſchwaͤ⸗ 
ber drüden würde, als vorher das Waſſer in cdef rhat. 
Da nun das Wafler in dem engern Gchenfel Ab vorher 
das Gleichgewicht hielt mir dem Waſſer im dem weiters 
O2 Sa 


212 I. Theil. 5. Hauptſtuͤck. 


Schenfel CD, und alfo auch mit dem in cdef enthaltenen,’ 
d wird es auch das Gleichgewicht halten mit dem an die 

telle des Waſſers in cdef gefegten, und gleich wiegenden, 
feften Körper. . 

Man fiebt leicht, daß dies von jeder. Weite des Echens 
feld CD aelte, und daß alfo fchr weniges Waſſer in AB 
mit fehr vielem in CD, und folglid mit jedem an die 
Stelle des Waſſera augenommenen und’ mit demfelben 
gleich wiegenden Körper, das Gleichgewicht halten koͤnne. 


6. 316. Wenn der eine Schenfel der Röhre 
tiefer abgeſchnitten ift, als der. andere, fo wird das 
Waſſer aus dem fürzern beftändig ausfliegen, wenn 
der andere damit höher gefüllt ift, fo lange bis die 
Waſſerflaͤchen in beyden gleich hoch ſtehen. Werfieht- 
man aber den fürzern Schenfel mit einer engen Oeff⸗ 
nung, fo fpringe das Waſſer mit Gewalt daraus in 
die Höhe, wenn die Waflerfläche in dem längern 
Schenkel höher ftehe. Wenn das hervorfpringende 
Waſſer fich nicht in Tropfen zertheilte, fo müßte der 
‚bervorfpringende Waſſerſtrahl eben fo hoc, fleigen, 
als die Wafferfläche in der weitern Roͤhre liegt. 


Verſuche mit allerley hiernach angelegten kleinen Epringbruns 
nen; und Anwendung auf größere Fontainen. 


$. 317.. Wenn communicirende Röhren von 
gleicher oder ungfeicher Weite mit einer Slüffigfeit 
gefüllt find, und e8 wird der eine Schenfel abgefchnit: 
ten, und die Mündung mit einem Dedel verſchloſſen, 
fo erleidet diefer Deckel von unten her von dem dar: 
unter fiehenden Waſſer einen Drud, der gleich iſt 
dem Drucke einer Wafferfünfe, welche diefen Deckel 
zur Gtundflaͤche und die Höhe des Waffers in dem 
längern Schenfel über dem im kuͤrzern Schenkel zur 
Höhe hätte Weniges Wafler fann folcher Geſtalt 


auch einen fehr großen Druck nach oben zu ausüben. 
Es 


"Phänomene ſchwerer liquider Körper. 213 


“ s ‚Es | 9 municirenden Röhre von unaleich weiten 
m 










ein ( 6. 52. ) der weitere Gchenfel ED in CD abs 
gr und mit einem genau fchliefenden feften Des 
‚Mündung CD verfehen. Der enaere Schenkel 
‘ab mit Wafler gefüllt. Dieſes Mafler wurde, 
ae ergebenden Säken, das Gleichgewicht balten 
fer, * — Ge — Schenkel ED bis 
4 eichte, wenn er bis dahin verlängert und im CD mit 
F — geſchloſſen waͤre. Dann wuͤrde die Waſſer⸗ 
Deeinen Druck erleiden, der dem Gewichte einer 
u a Räte: die CD zur Grundflaͤche und 
' Höbe hätte, So ftarf aber, ald die 
CD” über der Flaͤche CD abwärts druͤckt, 
| muß das Waſſer unterhalb der Flaͤche CD aufs 
A: drücken; denn fonft wäre fein Gleichgewicht des 
ers in diefem weiten Schenkel mit dem im engen 
r ben gleicher Horizontalfläche-abed, Wird nun ' 
— CD ein” fefter Dedel angenormnyn , umd reicht das 
Er fer im engern‘ Schenkel’ bis ab, fo wird der Dedel 
auch von unten ber einen Drud erleiden, der gleich ift dem 
Weiche einer Waflerfäule, die CD zur Grundfläche und 
zutr Höhe hat. 
Deieſer Schluß Ad fo weit auch CD in Vernleichung 
’engern Schenfel AB anaenommen wird, ımd man 
- d, daß fehr weniges Waſſer in AB einen fehr gro⸗ 
* c in CD nad oben zu ausüben kann. 


et auch wach eben diefen Schluͤſſen der obere Theil 
d ef ber commimnicirenden Nöhre (Fin. 52.), die 
mit Wafler gefült it, «einen Druck nad oben, der 
it dem. Drude einer — *—— welche ef zur 
'und eb ober fc zur Hoͤhe hat. 
F uch der all von jedem andern unregelmaͤßig 
Sefäfe. 8 fen. ( Fig. 53.) ABCdck ein ſolches 
im * eoten Durchfchnitte, und es fen big A mit 
dt t und ganz vetichlofien. Der Theil cd-des Ge⸗ 
wird einen Druf nach oben erleiden, der dem Ber 
der Waflerfäule gleich ift, die cd zur Grundflähe 
i b zum bat; denn wenn cd offen wäre, und 
'fbed dardiber ftünde , fo wuͤrde in derfelben das 
in Dis be Neben, wenn es in A fo hoch ftünde, und 
cd würde dadurd fo ſtark gern ft werden, als 
——8 ame wuͤrde, folglich auch eben ſo 
muß einen Druck nach oben zu 
rleide ee * * einer ——— 
bie ke zur nd e un oder gf zur Hobe hat. Ends 
Aich ‚ir Brum Wand Ak leidet ei Drud nah oben, 
u ur: iſt dem Gewichte einer Maflerfäule, die lık zur 
che und $ kl zur Höhe hat. 






























2 ——— ſich auch 
1)⸗ä —— hydroftaticus (Elem. phyf. matlıe- 
“2. Exp. 5 d. 729, Mufchenbroek introd. 
me pbilof, —* R F 1283.) 


2) 


2124 1I. Thell. 5. Hauptſtuͤck. 


2) wolfs anato Per Heber (Nuͤtzliche Verſuche Th. 1. 


Kap. 3. $. 58 j 

6. 318. Es leider wohl feinen Zweifel, daf der 
Druck einer tropfbaren Tlüffigfeit gegen den Boden 
zunehmen müffe, wenn die Höhe derfelben in einem 
Gefäße zunimmt; . und eben fo ift aud) Flar, daß, 
wenn die Grundfläche des Gefaͤßes vergrößert wird, 
bey derfelbigen Höhe um fo mehr Waſſer in das Ges 
faͤß geht, als die Vergrößerung der Grundflaͤche be: 
trägt, folglich der Druck gegen den Boden ebenfalls 
auch zunimmt, tie die Grundfläche. Aus beydem 
folgt alſo: daß der fenkrechte Druct der tropfbaren 
flüfjigen Koͤrper in einem zulammengefesten Ders 
haͤltniſſe ihrer ſenkrechten Hoͤhen und Grundflaͤ⸗ 

chen ſey. 


4. 319. Auch in einem unregelmaͤßig gebildeten 
Gefäße druͤckt eine tropfbare Fluͤſſigkeit gegen den Bo- 
den fo ſtark, als das Gewicht einer fenfrechten ABaf- 
ſerſaͤule druͤcken würde, die den Boden zur Grund: 
fläche und die perpendiculäre Höhe der Fluͤſſigkeit im 
Gefäße zur Höhe hätte. | | 


Wenn das Gefaͤß ABCdcgk (Fig. 43.) mit Wafler bis A ger 
fällt it, fo leidet F Boden BC einen Drud, der dem 
Gewichte einer Waflerfäule gleib if, die BC zur Gruud⸗ 

äbe und AB oder bC zur Höhe hat. Der heil deffels 
en Cm zum Beyſpiele, leidet einen Drud, als wenn eine 
Waſſerſaͤule fbmC über ihm ftünde. Denn cd wird nad 
oben au fo ſtark gedruͤckt, als das Gewicht der. Waſſer⸗ 
fäule fbed beträgt, wie aus dem vorigen f. 317. befannt 
if. Da aber der Theil der Wand ed fet genug angemoms 
men wird, um diefem aufwärts gerichteren Drudfe vollig 
u widerfichen, fo .muß er auf das uuter ihm befindliche 
RW eben fo ſtark zurüdwirfen, und zu dem Drude der 
Waſſerſaͤnle edmC gegen mC zu muf'alfo noch ein Drud 
kommen, der dem Widerftande von der Wand cd, oder 
dem Drude einer Waflerfäule gleich ift, die ed zur Grund⸗ 
flaͤche und db zur Höhe hatz folglich muß mC überhaupt 
ernen 


Phaͤnomene ſchwerer liquider Körper. 213 


einen Druck erleiden, ter dem Gewichte der Waflerfünle 
fbed + edmC aleih it. ©o ſaͤßt es fib nun weiter für 
jeden andern Theil des Bodens BC beweiſen. ze 


Man darf aber hieraus micht erivarten, daß bag mit 
Haflr annz gefüllte Gefaͤß ABCdezk auf die Waaaſchaale 
acient, fie fo ſtark drüden werde , ats ob eine Waſſerſaͤule 
darın wäre, die BC zur Hruntflähe und AB oder 
bC jur Höhe härte, ‚Denn wenn gleich Das Waſſer 
gegen den Boden des Hefaͤßes eben fo ſtark ſenkrecht Drift, 
fo druͤckt ed doch auch iugleich nah oben au, gegem cds 
kz,' und kA fenfreht; daber geht von der gefammeen 
bewenenden Kraft des Gefaͤßes nah unten zu fo viel ab, 
als die enitgegengelsgte nach oben zu beträgt. ya | 

$. 320. Der Drud des Waffers anf den Bo— 
den eines Gefaͤßes richtet ſich alſo nicht nach der Waſ⸗ 
ſermenge im Gefaͤße, ſondern bloß nach der fenfrech- 
ten Höhe des Waffers über dem Boden und ber 
Grundfläche deſſelben; und jeder Theil des Bodens 
leidet den Druck einer Wafferfäufe, Deren Grund— 
flaͤche diefer Theil und deren Höhe die fenfrechte Tiefe 
diefes Theis unter Der Oberfläche des Waſſers ıft. 


$. 321. Wenn man in ein Gefäß, das mit 
Waſſer gefüllt und oben offen iſt, zur Seite mehrere 
Heine Deffnungen uber einander macht, fo fpringt 
das Waſſer mit mehr oder weniger Gewalt zur Seite 
heraus, und zwar um defto ftarfer, je näher bie 
Oeffnung nad) dem Boden zu legt, der je höher die 
darüber ſtehende Waſſerſaͤule iſt. 2 


$. 322. Mir muͤſſen aus dieſem Verſuche ſchlie⸗ 
fen, daß der Druck des Waſſers fich nicht allein un⸗ 
terwoärts nad) dem Boden des Gefaͤßes zu aufere, 
fondern auch) zur Seite anf die Wände des Gefaͤßes; 
und dag diefer Drud abnehme, wie die Höhe des 
Woſſers abnimmt. Jever Punct der Zeitenfläche 
ne eines 


216 1. Theil. 5. Hauprlüd. P 


eines mit Waſſer gefuͤllten Gefäßes leidet einen Druck, 
der gleich ift dem Gewichte einer. Wafferfäule, deren 
Grundfläche dieſem Puncte und deren Höhe der 
Entfernung dieſes Punctes der Seitenmand. in loth- 
rechter Linie won der Dberfläche: des Waſſers gleich 
ft: ‚oder jeder ‚Theil der Seitenwand leidet einen 
Dtuck, wie eine ihm gleiche Fläche, wenn diefe in 
Derfelben Tiefe Horizontal gehalten würde; nur muß 
biefer Theil Elein genug genommen werden. 


Es fen ein cubiſches Gefaͤß ABCD 34 ,) mit MWaffer big 
AC gefüllt, fo kann man ſich dieſes Waffer in lauter aleich 
hobe, mit dem horizontalen Boden BRD parallel laufende, 
Schichten getheut vorftelen Die bober liegenden Schich— 
ten preſſen auf die-unterm mit einer Kraft, die der Guns 

. . meibrer Gewichte glei it. So hat die Schicht abed das 

Gewicht der Schicht ACab zu trauen; die Schicht cdef bat 
das Gewicht der Schicht abed, uber auch zugleich dadur 
das Gewicht der Schicht ACab zu tragen; m. f.f, Ei 
nun klar, daß 4. B. die Waflerichicht cdef von den darüber 
liegenden Schichten eben fo gepreßt wird, als ob ein fefter 
ſchwerer Körper von dem Gewichte der Waflerfäule ACcd 
darüber läge und allenthalben gleichförmig anf die Fläche 
ed drückte. Da das Wafler fo große Verfchiebbarkeit ‚feiner 
Theile bat, und der Boden des Gefähes widerſtehend auges 
nommen wird, fo. muß fi feine Preiiuna, die es von oben 
- her erleidet, mach den &eitemwänten fortpflangen. Da - 
num der Druck don obem ber zunimmf, je niedriger die 
Schichten genen den Boden zu liegen, fo maß aud dieſer 
Geitendrud des Waflers zunehmen. Wenn ih km ine 
communicirende Röhre kmpq angefekt wäre, und das Stud 
km der Seitenwand wäre weggensınmen, fo würde bie 
Röhre bis-an die Horizomtallläbe AC.auch. mit Waſſer ans 
5* ſeyn müffen , damit daſſelbe dem in AC uber Im das 
leichgewicht hielte. Würde nun das Grid km der Ser 
tenwand wieder eingefeßt, fo würde es von dem umacbens 
den Wafler unftreitia einen Drir erleiden, der dem Drude 
einer Waiferfäule gleich wäre, die km zur Grundfläche nnd 
die Hoͤhe von der Mitte ziwifchen k und m bis C hätte, 
Denn da k höher lieat, ale m, fo muh km entweder um 
endlich Fein, oder es muf die Mitte zivifchen k und m ale 
der umterfte Punct der Höhe genommen werden. 


$. 323. Diefer Drud des Waſſers auf die Sei: 
tenflächen eines Gefaͤßes nimmt von oben in arithme- 


tiicher 


Phänomene ſchwerer Tiquider Körper. 217 


tiſhher Progrefiion zu. Sit ein eubifches Gefäß mie 

Waſſer ganz erfüllt, fo beträgt der Drud des Waf- 

ers gegen eine ganze Seitenflähe des Gefaͤßes halb 

fo viel, als gegen den Boden; und gegen alle vier 

Flächen noch einmal fo viel als gegen den Boden. 

Es fen Das cubifche Gefaͤß ACBND (Fig. 54.) mit Waffer ange⸗ 
füllt, fo it der Drud geoen den Boden gleich dein Drude 
einer Waflerfäule, die BD zur Örundflähe und BA zur 
Höhe bat G. 320.)3 der Druck geaen die Seitenwand AB 
aber iſt gleich gem Drude einer Wailerfäule, die AR zur 

—— — und 3 AB zur Hoͤhe hat (j. 322. Anm.): folg⸗ 

Kb iR diefer Druck gegen AB halb fo groß, als gegeu BD. 

4. 324. Auf dieſen Seitendruck der tropfbaren 
Füffigfeiten und Die Zunahme deſſelben, fo mie die 
Tiefe gegen den Boben ju zunimmt, gründen fich 
eben; die im €. 32T. engefäßtte‘ Erfahrung und an⸗ 
dere Phänomene: 

1) Segnero hydrauliſche Maſchine, die durch 
den Seitendruck des Waſſersi in Bewegung ge⸗ 
ſetzt wird. | 

5% In eine oben offene Glasroͤhre, an deren un: 
tere Oeffnung eine mit einer Sluffigfeit gefuͤllte 
Dlafe gebunden it, ſteigt dieſe Fluͤſſigkeit in die 

‚Höhe, wenn die Blaſe und Roͤhre in Waſſer 

getaucht werden, und ſteigt deſto hoher je tie⸗ 

fer ſie getaucht werden. 
3) Eine leere verſtopfte, duͤnne, gläferne Flaſche, 
mit platten Seitenflaͤchen, zerbricht durch ben 

Seitendruf des Waſſers, wenn man fie ie Bi 


in daſſelbe taucht. 
6. 325. Aus allen bisher — Saͤtzen 
folgt Ba) daß eine tropfbare Flüffigfeit unterhalb 
ihrer 


218° 1 Theil. 5. Haupiſtuͤck. 
ihrer Oberfläche nach allen andglichen Richtungen druͤ⸗ 
de, nach oben ($. 317.), nach unten ($. 318.) 
und zur Seite ($. 322.). 

$. 326: Wenn eine Fluͤſſigkeit ſchwereret Art 
auf eine andere Slüffigfeit leichterer Art, (mit der fie 
fih nicht chemifch verbindet, oder von der fie niche 
aufgeloͤſ't wird,) gegoffen-wird, fo ift, der Erfahrung 
zu Folge, fein Ziveifel, daß fie die untere nicht aus ih— 
rer Stelle verdrängen wird, oder daß dieſe, ehe alles 
in Ruhe gefommen if, ‚nicht. in den obern Theil des 
Gefäßes von der fchwerern- hinaufgedruͤckt wuͤrde. 
‚Allein wenn man eine ſchwerere fluͤſſige Materie, auf 
eine andere leichtere ſo gießen koͤnnte, daß beyder 
Oberflaͤchen vollfommen waagerecht bfieben, - fo. if 
Fein Grund :vorhanden, warum bie ſchwerere nad) 
unten zu gehen ſollte. Denn fie würde in allen Punc⸗ 
ten gleich ftarf drücken, umd die untere leichtere Fluͤſ⸗ 
figßeit fünnte alfo in feinem Puncte nad) oben zu aus⸗ 
weichen, und auch nicht nad) den uͤbtigen Seiten zu 
wegen des Gefaͤßes. 

. 327. Wenn man aber. den ſchwerern fluͤſſi⸗ 
gen Körper zu dem. leichteren ſchuͤttet, ſo kann dies nie 
in der Art geichehen, daß die Oberflächen horizontal 
bleiben, und wegen des ftärkern Drucks ber ſchwe⸗ 
rern Säulen der ſchwerern Fluͤſſigkeit muß der leich⸗ 
tere zur Seite empor gehoben werden und fich über 
den fchwerern ergiefien, und es fommt nicht eher Mu: 
he und Gleichgewicht der Theile, bis der leichtere nach 
oben ju ſteht und jede Sliftigfein eine u. 
Fläche en bat. 

$. 328. 


' Phänomene ſchwerer liquider Körper. <arg 


$..328. So fteigen alſo leichtere Fluͤſſigkeiten 
durch ſchwerere, (von denen fie nicht, ‚oder nicht gleich 
aufgelöf’r werden, ) in die Höhe, und ftellen fich end- 
(ich nad) ihrem verfchiedenien-eigenthümlichen Gewichte 
fo über einander, daß jede eine horizontale Oberflä- 


che bat. 


Beyſpiele: an der fo aenannten KElchtenrarwelt aus Queckſiſber, 
der Auflojung, des Gemähsatlahı im MWafler, Weinneift 
and Sreinchl; an dem Paifevin, oder der fheinbaren Ders 
wandlung des Waſſers in Wein. - 

6. 329. Wenn zuſammenhaͤngende Röhren mit 
Stüffigfeiten von verfchiedener Art und verfchiedenem 
eigenthimlichen Gewichte ängefüllt werden, fo wird 
die ſchwetere Säule, die bey gleichen Raumesinhalte 
mehr Gewicht hat, ſtaͤrker druͤcken, als die andere. 
Wenn fie aber im Gleichgewichte gegen einander ſeyn 
follen, fo muͤſſen ihre Gewichte gleich groß ſeyn. 
Es wird affo die Hüffige Materie leichterer Art fo biel- 
mal höher ſtehen, als bie won ſchwererer Art, fo viele 
mal die feßtere die erftere an fpecififhem Gewichte 
übertrifft; oder: Der fenkrechte Druck der Fluͤſſig⸗ 
Feiten von verfchiedenem eigenehümlichen Gewich⸗ 
te gegen einander ift im Vechaͤltniſſe ihrer fpecifs 
fchen Gewichte, und fie fteben in zuſammenhaͤngen⸗ 
den Röhren im Gleichgewichte, wenn ihre Hoͤhen 
ſich umgekehrt wie ihre fpecififchen Gewichte ver: 
balten. 

— — en zufanmenhängenben Röhren mit 

$. 330. Eben dies erfolgt, wenn auch die Roͤh⸗ 
sen nicht gleich weit find. — Man fann aljo leicht 

| die 


220 . I. Theil. 3. Hauptftück, 


die Höhen: zweyer flüffigen Körper von verfchiedenem 
eigenthämlichen Gewichte, die fie in -zufammenbän- 
genden Möhren haben, beftlimmen, wenn man nur 
das Verhaͤltniß ihrer eigenthümlichen Gewichte weiß; 
und fo fann man auch aus der Höhe einer Slüffigfeit 
gegen das Waſſer den Unterfchien des eigenthämli- 
‚hen Gewichts oder der Dichtigfeit zwifchen benden 
finden. Wegen des verfchiedenen Eohärirens der 
Fluͤſſigkeiten mit ven Gefäßen iſt indeflen diefe Be: 
-fimmungsart nicht'genau und fcharf genug. 
4. 331. Ein fefter Körper fchwererer Art ſinkt 
‚in winem flhffigen feichterer Art unter. Denn wir 
-Fönnen uns vorftellen, daß die Flüſſigkeit aus lauter 
‚neben einander befindlichen Waſſerſaͤulen befiche, die 
dann im Gleichgewichte gegen einander find, wenn 
ihre Dberflächen in einerfen Horizontalebene liegen. 
Wird nun ein ſchwerer feſter Körper darauf gelegt, 
fo nimmt natürlicher Weiſe ver Druck der unter ihm 
befindlichen Wafferfäufe durch fein eigenes Gewicht zu, 
und die Wafferfäulen zur Seite müffen in die Höhe 
fteigen, um das Gleichgewicht hervorzubringen, und 
fie müfjen höher fteigen, als die Horizontalebene in 
ber Oberfläche des feften ſchweren Körpers beträgt, 
(nad) $.329.). Da aber der Drud des Waſſers auch 
feitwärts Statt findet, fo fließen diefe Höher geftieges 
nen Waſſerſaͤulen zur Seite über den tiefer liegenden 
- feften Körper ber: dadurch wird das Gleichgewicht na⸗ 
tuͤrlicher Weiſe immer wieder aufgehoben, und der 
fefte jchwerere Körper finfe bis auf den Boden des Ge: 
faßes hinab, und dann feßt fich erft das Waſſer ins 
Gleich⸗ 


Phänomene ſchwerer liquider Körper. Zar. 


Gleichgewicht oder nimmt eine horizontale Oberflä 


he an. 
Wie die Kreife anf der Wafferfläche von einem bineimgeworfer 
nen Steine entſtehen. 1. 


$. 332. Wenn der ſchierere feſte Körner i in den 

leichtern fluͤſſigen eingefaucht wird, fo finft-er darin 
niche mit feiner ganzen Kraft der Schwere; Denn 
an dem: Orte, worein er jeßt eingetaucht ift, war vor⸗ 
ber jo viel Waffer, als in: den Raum des feften Kor: 
" pers’geht, und dag ganze Gewicht diefes Waſſers 
wurde von der übrigen Flüffigkeit getragen ($. 310.). 
Es wird alfo auch durch den Gegendruck der Fluffig- 
keit von dem abſoluten Gewichte oder von der Groͤße 
des Druckes des ſchwerern feſten Koͤrpers ſo viel auf⸗ 
gehoben und gewiſſer Maßen vernichtet, als das abſo⸗ 
lute Gewicht oder die Größe bes Drudes eines eben. 
fo großen Wafferffumpens beträgt, und er ſinkt da⸗ 
Der nicht mit feiner ganzen Kraft oder feinem ganzen 
Gewichte, fondern nur mit dem Theile, welcher übrig 
bleibe, wenn man von ſeinem abfoluren Gewichte das 
abfolırte Gewicht: eines eben. fo großen: Waſſerklum— 
pens abzieht. Diefen übrig bleibenden Theil feines. 
Drudes nennt man fein reſpectiwes BEN (Pon- 
dus refpectivum).. 

Som Sage der Alten: Liquid non gravitant- in propriis ° 


ocis. 


Barum ein Fimer vol Waffer, den man aus einem Brunnen ' 
zieht , ſich leicht heben läßt, wenn er noc unter dem Wafler 
ift, und erſt dann Ye volliges Gewicht zeigt, wenn er aus 
fer dem Wafler ift 


$. 333. Ein fefter Rörper ſchwererer Arc ſinkt 


daher in einem fläflgen leichteree Art mit feinem 
reſpec⸗ 


’ 


222 I. Theil. 5. Hauptſtuͤck. 


refpeetiven Gewichte. ($. 332.) zu Boden, und 
verliert, wenn er darein verſenkt wird, ſo viel von 
feinem abfoluten Gewichte, als der flüffige Koͤrper 
wiegt, der feinen Raum crfüllen würde, und Den 
ec aus der Stelle treibt, " 


Beſtaͤtigung durch Verſuche: Ein metallener Würfel, der an eis 
nem Perdehaare au: einer Waage hänat, voird im Waſſer 
gewogen, und .er Braucht fo viel weniger ‚Gegengewicht, 
als vorher in der Luft, um im Gleichgewichte erhalten zu 
werden , als dag Waſſer wiegt, welches mit dem Mürfel 
von gleihem Umfange,iit, oder weldes. in einen Eimer 
geht, worein der Würfel genau paßt. | 


$. 334- Schwere feſte Körner von g’eihem Vo: 
lum verlieren in einerlen leichterm fluͤſſigen Körper 
gleiche Summen von ıhrem abfoluten Gemichte, ihr 
eigenthümliches Gericht ınag verfchieden oder einerfen 
fenn. Ihr refpeetives Gewicht, welches übrig bleibt, 
ift aber frenfich nad) Verhäftnif ihrer eigenthümlichen 
Gewichte verfchieden. Ä Ä 


Beſtaͤtigung duch Verſuche mit einem zinnernen und einem 
blevernen Würfel, deren jeder einen rbein!. Decimal⸗Cubik⸗ 
zoll groß ift und die gleich viel in einerien Flätftafeit verlies 
ren, aber ungleiches refpectives Gewicht übrig bebalten, 
mıt dem fie zu finfen ftreben. 


$. 335. Ben fchweren feften Körpern von un: 
gleichem Raumesinhalte und einerlen abfolutem Ge: 
wichte verliert der größere Körper mehr, als der Flei> 
nere; oder, welches einerley ift, der, welcher Das 
größere eigenthämliche Gewicht bat, verlicst weniger, 
als der, welcher das geringere befißt. 


Beftätigung durch Verſuche mit einer elfenbeinernen Kugel 
amd einer Blenfuael, die beyde gleich viel wiegen, aber ume 
gleich viel beym Waſſerwaͤgen verlieren. Die größere elfens 
beinerne Kugel verliert rhehr, als die Pleinere Blevfugel. 


$. 336. Einerley fefter Körper verliert in leich- 
tern Slüfligfeiten von verſchiedenem eigenthumlichen 
Ä Gewichte 


Phänomene ſchwerer liquider Körper. 223 


Gewichte ungleich viel von feinem abfoluten Gewich⸗ 
te; im den dichtern oder fchwerern mehr, als in den 
dünnern oder leichtern, Die Gemwichtöverlufte ver⸗ 
halten ſich wie die ie —“ der bag 
figfeiten. 


Verſuche mit Salzfoole, Wafler, Wein, Weinaeift, u. — 
worin einerley feſter Körper. ungleich viel verliert. 


Anwendung hiervon anf Seiff gkeiten einerley Art, die eine 
verfchicdene. Wärme babe J | 


6. 339° eberhaupt verhalten fich die Gewichts: 
verlufte fefter!Körper in Fluͤſſigkeiten, worein fie.fic) 
eintauchen, wie die Producte aus ihrem Volum mit 
dem eigenthuͤmlichen Gewichte der Flüffigkeit. | 


5. 338. Ein feſter Körper, welcher mit einer 
Stüffigfeit gleiches eigenthämliches Gewicht har, muß 
im derfelben nothwendig fein ganzes Gewicht vers: 
fieren, und fein refpectives Gewicht ($. 332.) wird. 
alſo = o ſeyn. Er wird alfo, in die Slüffigfeit vers 
fenft, weder finfen noch fteigen, fondern ruhis 
ſchweben. 


Verſuche mit einem Eye, das in reinem Waſſer ſinkt, in Eat 
foole ſchwimmt, in der Vermiſchung von beyden nach ei⸗ 
nem richtigen Verhaͤltniſſe aber ſchwebt. 


4. 339. Die fluͤſſige Materie, worein ein — 
Koͤrper gehaͤngt wird, nimmt in ihrem Drucke nach 
unten nm fo viel zu, als der feſte Körper davon ver: 
fiert, oder als die fluͤſſige Materie wiegt, die in den 
Raum geht, welchen der Körper einnimmt. 


Verſuch: Ein metallener MWuͤrfel von der Größe eines Eubiks 
zolles wird an einem Faden bängend in MWafler aebalteny 
das in einem Zrinfalafe auf einer Waaafhante fiebt und 
an der Wange ind Gleichgewicht aeiept war, - Das Mleichs 
gewicht wird geſtoͤrt, und das Waſſer druͤckt nuu die Waag⸗ 
ſchaale genau um ſo viel ſtarker/ als es druͤcken wirde, 

wenn 


224 L.Lheil. 3. Haupiſtͤck. 


wenn noch ein Cubitzol Waſſer hucranie Der Faden 
bat nur noch das reſpeetive Gewicht: des Wuͤrfels zu tragen, 


$. 340: Das Gewicht, welches der ſchwere fefte 
Körper im Waſſer verliert ($. 332.), geht alfo nicht 
verforen, fondern wird vom Waſſer gewonnen. Es: 
iſt nämlich jegt eben fo gut, als ob noch fo viel Waſ⸗ 
fer hinzufäme, als in das Volum des feften Körpers 
geht; und die Höhe der Slüffigfeit nimmt um fo viel 
in. dem Gefäße zu, als fie zunehmen würde, wenn 
eben fo viel Waſſer dem Naume nad) hinzufäme 
Mit der Zunahme der Höhe bey gleicher Grundfläche 
des Fluͤſſigkeit wächft aber auch der Drud gegen den 
Boden. | | 
.$..341. Ein fefter Körper leichterer Art wiegt 
weniger, als die flüffige Materie ſchwererer Art, vie, 
mit ihm gleichen Raum erfülle ($. 211.). Es iſt 
daher fehlechterdings unmöglich , daß er darin unters, 
finfen ſollte, weil der Klumpen der fluͤſſigen Matekie, 
den er aus der Stelle treiben müßte, ftärker druͤckt, als 
er ſelbſt, und er muß alfo darauf ſchwimmen. Wird 
ce der leichtere fefte Körper auf, die Oberfläche der 
flüffigen Materie gelegt, fo muß er ſich Darein fo tief 
eintsuchen, bie die Menge der von ihm verdraͤng⸗ 
cen Stüffigkeie ihm am Gewichte gleicy if. Denn 
wenn man ihn auf die Flüffigfeit ſetzt, fo druͤckt er 


doch vermöge feines eigenen Gewichts auf die unter: 


ihm ftehende Säule der Sluffigfeit, und das Gewicht 
diefer Säule wird Dadurch vermehrt; fie fenft fih al- 
fo fo tief ein, big fie die Höhe hat, daf fie mit Dem 
darauf liegenden feften Körper das Gleichgewicht mit 

den 


Phänomene ſchwerer liquider Körper. 225 
den benachbarten Säulen der Fluͤſſigkeit hält. : Wer 


ſieht alfo nicht, daß der feſte Körper eintauchen mürfe, 
und! zwar fo tief, ‚bis das aus der Stelle getriebenen 


Waſſer eben fo viel wiegt, "als der ganze Körper ? 


$. 342. Der.eingetauchte Theil des ſchwimmen— 
den Körpers verhält fi zum Ganzen mie bag ei: 
genthämliche Gewicht des ſchwimmenden Körpers iu 
dem der Slufligfeit. oe 


$. 343. Wenn zwey ſchwimmende Körper — | 


- gleichem oder verfchiedenem eigenthuͤmlichen Gewichte 


— 


einerlen abſolutes Gewicht haben, fo werden fie fich 
bende gleich tief in einerlen Fluͤſſigkeit eintauchen. _ 
Diefer Sag folgt unmittelbar aus. 341. | 


$. 344: Ein feſter Körper von groͤßerm eigen⸗ 


thuͤmlichen Gewichte muß ſich bey dieſem Schwim⸗ 


men in einerley Fluͤſſigkeit tiefer eintauchen, als ein 
anderer leichterer. Die Groͤßen der eingetauchten Thei⸗ 
le werden ſich verhalten wie die eigenthuͤmlichen Ge— 
wichte der feſten Korper, wenn dieſe gleiche Volu— 
mina haben. Ferner einerley feſter Körper muß ſich 
deſto tiefer eintauchen; je leichter Die Fluͤſſigkeit if, 
worin er ſchwimmt, und die eingetauchten Theile muͤſ⸗ 


fen ſich umgefehre verhalten wie die eigenthuͤmlichen 


Gewichte der Fluͤſſigkeit. Ä 


Befätiguna durch Verfuche mit aleichen Waͤrkeln yon verſchie⸗ 


denen Holzarten, die alle ſpeeifiſch leichter find, als Mafs 
fer , aber von verichiedenem fpec fifhen Gewichte, die fich 
in sen Waller. ungleih tier beym Schwimmen eins 
tauchen. . 


Berfuce mit einem und bemfelben Mürfel von Holz, der fich 
in Weingeift tiefer eintaucht, als in Waſſer, in dieſes 
tiefer als in Salzſoole. I 

— Ver⸗ 


* 


— 1. Theil. 5. Haupiſtuͤck. 


Verſuche mit hohlen Glaskugeln, die mit Bley beſchwert ſind 
und in Salzſoole ſchwimmen, aber in Waſſer ſinken, oder 
ın Waſſer fchtwimmen, und In Salzſoole finfen. ' 


Anwendung davon auf das Schwimmen eines Schiffes in 
ſuͤßen Waſſer uud im Seewaſſer. 

$. 345. Man kann aus dieſem Grunde die ei— 
genthüumlichen Gewichte verfchiedener Hüuffiger Körper, 
(freylich nicht mit der größten Genauigkeit,) gegen. ein= 
ander vergleichen, wenn man einerley feichtern feſten 
Körper von einer bequemen Geſtalt darin fchwimmen - 
läßt, und ven Unterſchied der Tiefe bemerkt, um wels 
che er fich eintaucht. Wie fic) verhalten die Umfärrge 
des eingetauchten Theils, fo verhalten fich die eigen— 

thümlichen Gewichte der Sluffigfeiten umgekehrt. 


$. 346. Wenn das abfolute Gewicht eines be: 
flimmten cubifchen Inhalts, 3. B. eines Eubifzolies, 
Eubiffußes, u. dergl., der Fluͤſſigkeit, und der cubiſche 
Inhalt des eingetauchten Theils des ſchwimmenden 
Körpers befannt iſt; fo läßt fi) das abfolute Gewicht 
des ganzen ſchwimmenden Körpers daraus beftimmen. 
Es iſt nämlich das abfolute Gewicht des ſchwimmenden 
Körpers (P) gleich der Größe des eingetauchten Theis 
fes (I) mir dem abfoluten Gewichte (R) des ber 
fiimmten cubifchen Inhalts der Fluͤſſigkeit multi 
plicirt. | 


Es it alffoPp = IR, 


Es ſey z. B. die Größe des eingetauchten Theiles des in Was 
fer ſchwimmenden Körpers 1o Eubifzoll (parif.), und das 
Gewicht eınes Eubifzjolles Wafler 368,17 Gr. (paril.), fo 
ift das abfolute Gewicht des f[diwınnmenden Körpers 36811 
Br. Der ganze Sag ıft eine natürliche Folge von f. 341. 


6. 347. Wenn ferner 'das abſolute Gewicht. eie 
ne3 beitimmten cubilchen Inhalts der Stüffigfeit und 
das 


f 


Phänomene ſchwerer liquider Körper, 227 


das abfolute Gewicht des ſchwimmenden Körpers ‘be: 

fannt it, ſo laͤßt fich die Größe des eingetauchten 

Theils des letztern finden. Diefe ift nämlich gleich dem 

abjoluten Gewichte des ſchwimmenden Körpers, Durch 

das abfolure Gewicht des beftimmten cubifchen In— 
halts der Fluͤſſigkeit dividirt. | 
Der ditIe nn. 

Es ſey das Gewicht eined Schiffes mit der Ladung, oder die Laſt 
mebrerer verbundener Pontons, 1000 Centner ( parif. )+ To 
ift das Bolum Wafler, das dadurch beym Schwimmen ayß 
der Stelle gedrängt wird, oder, weiches einerlen ift, das 
Volum, um welches ſich der fchwimmende Körper eins 
taucht, fo aroß als das Volum, welches 1000 Centner 


Wafler einnehmen. Wenn nun ı Cubikfuß (pariſ.) Wafs 
fer 70 Dfund (parif ) wiegt, fo ift die Große des einges 


tauchten Theils = = = 1571,428 Eubiffuß, 


$. 348. Wenn ein fefter Körper auf einer Fluͤſ⸗ 
‚ figfeit ſchwimmen fell, fo ift gerade nicht nörhig, daß 
alle ſeine Theile ein geringeres eigenthümliches Ge: 
wicht haben, als die Slüffigfeit; fondern es ift nur 
nöthig, daß die Materie in,dem ganzen Volum des 
Körpers nicht fo viel wiegt, als ein gleich großes Vo— 
lum der Slüffigfeit. Es fönnen daher fehr wohl 
khmerere fefte Körper in feichtern Sfüffigfeiten zum ‘ 
Schwimmen gebracht werden, menn fie mit andern 
ungfeichartigen verbunden werden, die fpecififch leich— 
ter find, als die Fläfligfeit, in dem Maafe, daß 
das Volum diefer Verbindung nicht fo viel wiegt, als 
ein eben fo großes Bolum, das mit der Slüffigfeir ers 
füllt ift. 2 
"Hierauf berubet das Schwimmen beladener Schiffe, der Menr 
fhen auf Blafen, auf Shwimmgürteln, Binfen, u. beral.; 
der Mebanısmus dee Auffteinens und Niederfinfens der 


Fiſche im Waſſer; die Art, Schiffe in feichte Häfen zu bus 
| 5 92 “ Firen; 


- 


28 LZheil 5. Hate 


xiren das Emporfommen der Leichname Ertrunfener ; 
Schwimmen metallener und galäferner Kugeln, der Bo 
teillen , der Pontons, m. dergl. 

Die Carteſianiſchen Teufelchen, | 

Bon diefem bisher erwähnten Schwimmen der feften Körper 
auf fpecifiich fchıiverern Fläffinferten, dem Innazare fläi- 
do, oder dein franzöfifchen Flotter, ıft das Natare und Na- 
ger, oder das Schwimmen, wie der Menihen und Thiere 
auf Wafler, durch Hulfe eigener Bewegungen, zu unterfcbeis 
den. Dieſe lektere Art des Schwimmens beruht auf rem 
Widerſtande, welchen die Therle der Fluͤſſigkeit bep ihrem Vers 
rucken aus der Stelle entgegen feßen; wumd fo fchioimmen 
die Dögelın der fpecifiic leichtern Luft, dadurch, dag fie mit 
ihren Fluͤgeln die kufttheilchen ſchneller fhlagen, als dieſe 
auszuweichen im Stande find. Fben darauf beruht der Mes 
chanismus des Schwimmens der Menſchen und. vierfüfiigen 
Thiere im Waller. Da die letztern leichter fchwimmen; 
als Menfchen » hat vorzüglich in der Stellung ihres Kopfes 
und dem Ligamento nuchae feinen Grund, wodurch fie 
nicht gendtbigt werden, einen Theil ihrer Muscularfraft 
dabin zu verwenden, wohin ihn der Menfch verwenden muß, 
nämlıh den Kopf aus dem MWafler bey der horizontalen 
Lage des Körpers hervorragend zu machen. — Uebrigens 
laͤht fich leicht beweiien, daß der flärffte Mann in rrınen 
Armen nicht die Muskelkraft befige, die nötbig wäre, um 
Zlügel von der binreihenden Geſchwindigkeit zu ſchwingen, 
um damit im der Duft Negen zu fünnen. 


Der Körper der Menſchen it gewöhnlich Fpecifiich ſchwe⸗ 
rer , als Waſſer. Nach Muſchenbroek (introd.. ad philof. 
nat. T. 1. f. 1399.) if fein eigenthuͤmliches Bewicht ger 
zen das des Waflers wie 1,111 zu 1,000; oder ein gleiches 
Bolum Waſſer wiegt % weniger, als der Körper des Mens 
er. Beym Mechanismus des Schwimmens num bat der 

enſch nicht fein games abfolutes Gewicht im Wafler ems 
porzubalten, fondern nur. ſein refpectives Gewicht, oder 
dieſen Heberfchuß feines abfoluren Gewichts ber das abfos 
Iute Gewicht eines fo. großen Waflervolums, als er auf 
der Stelle dringt, addirt zu dem Gewichte des Theils vom 
ihm, der noch beroorragt. 

Da fih beym Hineintreten ins Waſſer die Lage des 
Gchwerpumcts des Körpers nach oben in den Theil des Körs 
pers erhebt, der noch bervorragt, jo wird dadurch die Ger 
fahr des Umfchlagens im Wafler gar fehr nermebrt, wenn 
man nur bie an den Leib oder bie an die Bruſt im Waſſer 

eht. Auf diefen Umftand müßte beym Baden in der That 
ehr Rüdficht genommen werden ; uud Per fonen, die nicht 
fhwimmen fönnen, müßten fib nur an feichten Stellen 
ſitzend oder liegend baden. Man lefe bierüber einen Aufs 

- faß des Hrn. Hofr. Ebell im Neuen hannoveriſchen Maga⸗ 
zın 1792. Gt. 82. 

Bepvipieie von Menſchen, die meift eben fo fchwer, als Wafler, 

und meiſt noch leichter, ale dgffelbe waren, febe man bey 

n (in den Philufoph. Transast, Vol, L, ©, 30.). 

as 


% 


Phanomene ſchwerer liquider Koͤrber. 2d 


Das Bepſoiel yon Paolo Moccia, ber war 300. nenpolis 
tanifhe Pfund wor, aber doh Huch 30 Pf. leichter war, 
als ein eben fo arofes Volum Wafler, erıäblt Rarftch 
en der geſammten Mathematik. ‚Kbeil 11, Hy 
droftatif $. 31.) 


6. 349. Die Kräfte, mit welchen gleich große 


feſte Körper von ſchwererer Art in einer fpecifiich leich- 
tern Fluͤſſigkeit zu Boden finfen, verhalten fich wie 
ihre reipectiven Gewichte ($. 334.); und die Kräfte, 
mit welchen verfchiedene fpecifiich leichtere fefte Körz 
per von gleichem Umfange in einer fpecififch ſchwerern 


Stüffigfeit emporſteigen, verhalten ſich wie die Diffe-⸗ 


renzen bes Gewichts der feſten Körper und der fluͤſſi— 
gen Materie, die aus der Stelle getrieben wird. Das 
Auffteigen und das Miederſinken geſchieht mit gleich- 
förmig beſchleunigter Geſchwindigkeit. 

$. 350. Die ſchoͤnſte Anwendung finden die bie: 
her vorgetragerren Säße von dem Drucke ber tropf: 
bar: fluͤſſigen Körper auf fefte in fie eingefauchte 
($. 332. ff.) an dem darauf ſich gründenden Verfah⸗ 


ren, das eigenthümliche Gewicht fefter und flüffiger - 


Körper unter einander zu vergleihen. Das vorzuͤg⸗ 
lichſte Werkzeug hierzu ift die bydroftatifche Wange, 
die fich eigentlich von einer gewöhnlichen Waage nur 
durch ihre größere Empfindlichfeit auszeichner, fonft 
aber zu der Abficht, feſte oder flüffige Körper damit 
in flüffiger Materie abzumägen, eine eigenthuͤmliche 
bequemere Einrichtung haben muß. 


$. 351. Zur Vergleichung des eigenthuͤmlichen 
Gewichts mehrerer Körper unter einander muß man 
das eigenthuͤmliche Gewicht irgend eines Koͤrpers zur 


\ 
Ein 


—ñ 


230 1. 3heil 5. Hauptſtͤck. 


Einheit annehmen. Man mählt dazu am bequem: 
ſten reines deftillirtes Negen oder Schneewaffer, def 
fen Temperatur man aber nothwendig, ſo wie der an: 
dern zu unterfuchenden Körper, beftimmen muß, meil 
fi) Die Dichtigfeit der Körper, wie im Folgenden mei 
ter dargethan werden wird, nad) der verfchiedenen 


“ Temperatur fehr verändert. 


Noͤthige Erinnerungen wegen des Aufhaͤngens der feften Körs 
per an die bydrofiatiihe Waage. Man wahlt dazu Pier 
debaar , deſſen eigenthuͤmliches Gewicht von dem des Wals 
fers nicht fehr derſchieden ıf. 


$. 352. Um das Verhälmif des eigenthuͤmli⸗ 
hen Gewichts verfchiedener fluͤſiger Aödrper gegen 
reines Waffer zu finden, bringe man einen feften Körs 
per, (einen folchen, der von den Slüffigfeiten nicht ans 
gegriffen oder aufgeldf’t wird, am beften eine maffive 
Ölasfugel,.) erft an der hydroftatifchen Waage han: 
gend ins genauefte Gleichgewicht, verfenft ihn dann 
in das Waffer, merkt genau den Verluft, welchen 
er an feinem abfoluten Gewichte erleidet, trocknet 
ihn dann wieder gehörig ab, und befiimmt mit glei— 
her Sorgfalt ven Verluſt, welchen er in den andern 
zu unferfuchenden Fluͤſſigkeiten erleidet. Das Gewicht, 
das ein und eben derjelbe fefte Kärper in einer jeden 
andern flüffigen Materie verliert, durch das dividirt, 
das er im Waſſer verliert, giebt das eigenthumliche Ge: 
wicht der flüffigen Diaterie gegen das zur Einheit ange— 
nommene eigenthümliche Gewicht des reinen Waſſers. 


Man findet nämlich durch diefes Verfahren das abfolure Gewicht 
ber verfchredenen Fluͤſſigkeiten und des reinen Waflers, bev 
gleihem Volum , nämlich ben dem Volum des eingetauds 
ten feften Körpers; oder der Verluſt deileiben an feinem 
abfoluten Gewichte in den Fluͤſſigkeiten iſt das Gewicht dies 
fer Fluͤſſigkeiten bey feinem Volum (f. 333.). Die fpecifis 
fhen Gewichte diefer Flüffigkeiten verhalten ſich a Se 

- title 


Phänomene fehrwerer liquider Körper. 231 


diefe.abfoluten Gewichte, oder wie der Verluſt des feften 
Körpers in denſelben. 


$. 353. So fann man auch dadurch) finden, wie 
groß das abfolute Gewicht eines gewiſſen gegebenen 
Volums einer Slüffigfeit fen, mern man einen ſchwe— 
ren feſten Körper von diefem gegebenen Volum in der 
Flüffigfeit abmiegt. und den Werluft deffelben darın 
merft. ‘Denn der fefte Körper verliert fo viel von fei- 
nem abſoluten Gewichte, als die Slüffigfeit wiegt, 
bie mit ihm einerley Raum erfüllt ($. 33 3.). 


Nach wiederhohlten Verſuchen, die ich mit dem ſel. Hrn. Hofr. 
Rarften angeſtellt babe, wiegt ein rheinlaͤndiſcher Decımals 
cubifzolf reines deſtillirtes Wafler bey 65 Braden Fahrenh. 
so2!% Gran cölln. nder 4923! Gran im Medicinalgewicte: 
ein rheinl. Lubiffuß Waſſer von der genannten Tempera— 

; tur wiegt alfo im coͤlln. Gewichte $026874 Gran, oder 65 
Diund, 14 8, 20.753 Gr.; im-deutfhen Medicinalgewichs . 
te aber, (das Pfund zu 16 Unzen,) 64 Pfund, ı Unze, 3: 
Drahmen, 2 Scrupel, 95 Gran. (Raritens Anleitung zur 
semeinnügf. Kenntniß der Natur $. 42.) | 


Die Angaben verfchiedener Naturforfcher ber das Gewicht eis 
ned gegebenen Volums des reinen Waſſers von einer bes 
flimmten Temperatur find abweihend. Ein Hanpterfors 
derniß hierbey iſt, daß der Cubus, defien man fich dazır 
bedient, auf das genanefte gearbeitet fen; denn aefeht, daß 
man fih dazu eines Würfels von ı oder 2 Decimalcubifs- 
zollen bedient , fo wird ein geringer "Fehler bey der Beſtim⸗ 
mung des Gewichts des Cubikfußes Wafler durch denfelben, 
1000 oder soe mal wiederhohlt fhon groß ausfallen müffen. 
fulofs (Grondbeginzelen der Wynroey en Peilkunde. 
Leiden 1764. 8.) der nah van Swindens Zeuanifle hierauf 
ſehr große Sorgfalt, verwandte, und fih auch eines groͤßern, 

- mit vorzüglicher Genauigkeit gearbeiteten, Wuͤrfels bediens 
te, fand das Gewicht eines rhein!. Eubiffußes Regenwaſſer 
von 64° Fabrenh., 62 Pfund, 9 Unzen, 5 Drachm., 36 Gr.. 
im Troygewichte. Dies auf cölnifches Gewicht reducirt, 
weicht von der Rarftenfchen Angabe nur um weniges ab, — 
Ein zweyter Umftand ift hierbey die Genauigkeit und Kichs 
tigkeit der Gewichte, deren man fih bedient. 


Herr Schmidt Cphuf. » mathematifche Abhandl. B. I. ©. 
98.) bat die Beftimmungen mehrerer Beobachter auf gleiche 
Maabe und Gewichte reducirt, und darnad wiegt ein _ 
parijer | 3 


\ Duodes 


332° I Theil. 5. Hauptſtuͤck. 
| Duoderimals Eubiffug 


cubifzoll - 
Brunnenwaſſer Br 
nab Wolf 371,85 Br. — 69,724 Pf. (parif) 
Negenwafer nr . 
nach Rarften 36811 9 — 69015 ⸗ 
nach Wiufchenbroef 37579 9 — 7046 ⸗ 
nacb 's Graveſande 377133 9 — 70748 $ 
nach Eiſenſchmidt 369,6 ⸗— 69,300 9 
. nab KRirmwan 375,5 ⸗— 7a 9 
nab Briſſon, Lavoiſier 373,33 ⸗— 70,000 ⸗ 
nach Schmidt 370,27 ⸗— 69426 $ 


$. 354. Um das eigenthümliche Gewicht ſchwe⸗ 
rer feſter Zörper gegen das Waſſer zu vergleichen, 
fo bringe man den Körper zuerft in der fuft ins Gleich⸗ 
gewicht, und beftimme dann genau den Verluft, den 
er ins Waſſer verfenft leidet. ein abfolutes Ge⸗ 
wicht, durch das dividirt, das er im Waſſer verliert, 
. giebt das Verhältnif feines eigenthuͤmlichen Gewichts 
gegen das zur Einheit angenommene des Waſſers. 


6. 355. Körper, welche ſich im Waſſer aufloͤ⸗ 
fen laſſen, wiegt man entweder im ſtaͤrkſten Weingei— 
ſte oder in Terpentinoͤhle ab, auf eben die Art, wie 
im Waſſer. Weiß man nun das Verhoͤltniß des ei— 
genthuͤmlichen Gewichts dieſer Fluͤſſigkeiten gegen das 
eigenthuͤmliche Gewicht des Waſſers, (das man nach 
4. 352. ſuchen kann,) .fo kann man auch leicht das 
eigenthuͤmliche Gewicht des feſten Körpers gegen das 
zur Einheit angenommene des Waſſers durch Red; 
numg-finden. y 


$. 356. Um fleine Stüde oder ein grobes Pul- 
ver von einem Körper, deſſen eigenthümliches Ges 
wicht größer ift, als das des Aaffers, in Nücficht 
des Verhoͤltniſſes dieſer eigenthuͤmlichen Gewichte zu 
unter⸗ 


Phänomene ſchwerer liquider Körper. 233 


unterfuchen, fo Fann man fo verfahren: Man bringe 
eine Heine gläferne Flaſche, -Die recht troden ift, an 
der hydroſtatiſchen Waage ins Gleichgewicht, thue 
den feften Stoff hinein, merfe fein abfolutes Gewicht, 
fülle das Gefäß mit-deftillirtem Waſſer voll, bemerke 
das Gewicht von beyvden zufammen, ziehe von der 
Summe das Gewicht der feften Maffe ab; der Reſt 
giebt das Gewicht des Waſſers an. Man leere die 
glaͤerne Flaſche ans, reinige fie, fülle fie wieder 
mit deftillirtem Waller eben fo Hoch an Als vorher, 
und beflimme das Gewicht des Waſſers. Dieſes Ge- 
wicht des Waflers von dem Gewichte des Waſſers 
ben der erften Operation abgezogen, giebt im Reſte 
- das Gewicht des Waſſers an, das vorher mit dem 
feiten Körper einerlen Raum einnahm. Das abſolu⸗ 
te Gericht des feften Körpers, durch das dividirt, 
Das ein eben fo großer Waflerflumpen wiegt, giebt 
das Verhaͤltniß des eigenthümlichen Gewichts des fe- 
fien Körpers gegen das zur Einheit angenommene des _ 
Waſſers. — Oder man beftimme erſt den Verfuft 
eines gläfernen Eimers im Aßafler, wiege darauf den 
feften Körper darin ab, merfe fein abfolutes Gericht, 
verfenfe den Eimer ins Wafler, merfe feinen Verluſt, 
und ziehe hiervon den Verluſt des Gewichts des Ei⸗ 
mers ab, ſo giebt der Reſt den Verluſt des feſten Koͤr⸗ 
pers allein an; und alſo, nad) dem Vorhergehenden, 
leicht das Verhaͤltniß ſeines eigenthuͤmlichen Gewichts 
gegen das Waſſer. 


Auf diefe Weite laͤßt ſich auch dat eigenthümliche nn. des 
Quecdfilbers finden. 


$. 357. 


234 L. Theil. 5 Hauptſtuͤck. 


—. 357. Aus dem, was ein feſter Körper von 
feinem abfoluten Gewichte in einer Aüffigen Materie 
. verliert, Fann man auch fehr leicht die Größe des fer 
fien Körpers im Cubikmaaße finden, wenn man das 
abſolute Gewicht der Slüfligkeit, das in einem gege— 
benen Eubifmaafe enthalten ift, weiß. Wenn id) 
z3. B. weiß, was ein Cubikzoll reines Waſſer wiegt, 
fo ift der fefte Körper fo viel Eubifzoll groß, als das 
Gewicht eines Eubifzolles Waſſer in dem Verlufte fei- 
nes abfoluten Gewichts in dieſem Waſſer Bun 
ten ift. 

6. 358. Um fefte Körper, wär: heeifiſch leich⸗ 
ter find, als Waſſer, ihrem eigenthuͤmlichen Gewich— 
te nach gegen das Waſſer zu vergleichen, ſo kann man 
einen ſpecifiſch ſchwerern damit verbinden, den Ver— 
luſt beyder im Waſſer bemerken, und den Verluſt des 
ſchwerern allein hernach von dem Verluſte des Ganzen 
zuſammen abziehen, ſo wird der Reſt angeben, wie 
viel das Waſſer wiegt, das mit dem leichtern einer: 
fey Raum erfüllt. Das abfolute Gewicht. des leich- 
tern, durch das Gewicht diefes gleich großen Volums 
vom Waſſer dividirt, giebt alsdann das Verhäftniß 
des eigenthümlichen Gewichts des Teichtern feiten. 
Körpers gegen das. zur Einheit ARgeROnEnIEINE des 
Waſſers. 

. 359. Wenn der Koͤrper —— mit 
einander verbundenen Materien von ungleichem eigen⸗ 
thuͤmlichen Gewichte beſteht, fo erfährt man durch 
das Wafferwägen nur das mittlere fpecifiiche Ge: 
wicht, oder dasjenige, welchessaus der gleichförmigen 

Der: 


Phänomene ſchwerer liquider Körper. 235 


Vertheilung der aggregirten Stoffe in dem Inbegriffe 
des Körpers entfpringen würde. So kann auch ein 
Körper feinem ganzen Volum nad) ein geringeres eis 
genthümlihes Gewicht haben, als Wafler, und in 
feinen eigentlichen Theilen doc) ein größeres, mie es 
z. D. bey Holz, Holzfohlen, wegen der $uft, -die fie 
eingefchloffen enthalten , der Fall ft | 


$. 360. Eine andere Methode, die ſpecifiſchen 
Gewichte tropfbar- flüffigee Dinge zur beſtimmen, 
giebt der Gebrauch der hydroſtatiſchen Senkwaagen 
oder Areometer (Areometra, Hygrometra), bie 
man auch für befondere Fälle Salzwaagen, Bierwaa⸗ 
gen, Branntweinwagen, u. f. w. nennt. Man hat , 
Davon zweyerley Gattungen: mit beftändigem und 
mit verdnderlichem Gewichte. Sene nennt man 
aud) Areometer mie Scalen. 


6. 361. Areometer mit unveränderlihem Ges 
wichte ( $. 360.) beftehen aus einer Röhre CD (Fig. 
127. Taf. XIII.), die unten mit einem hohlen Gefäße 
AJB zufammenhängt, worin fo viel Gewicht oder 
beſſer Duecfilber fich befindet, daß das Werkzeug 
fit) in der einen oder der andern Art von liquiden 
Flüͤſſigkeiten bis auf eine gewiſſe Tiefe fenfe. Das 
ganze Gewicht diefer Senfwaage darf nicht fo groß 
ſeyn, als das Gewicht eines eben fo großen Raumes⸗ 
inhaltes der feichteften unter den tropfbar » flüffigen 
Materien, deren eigenthumliches Gewicht dadurch 
noch erforfcht werden foll, damit fie darın nicht ganz 
unterfinfe, Der Hals der Senkwaage wird in Grade 

CH, 


230 1. Theil. 5. Hauptfück.. 


CH, HN, NP, PO abgetheilt; die beym Schwim⸗ 
men bes Areometers in den zu pruͤfenden Fluͤſſigkeiten 
darein eingetauchten Theile, z. B. BC und BH, vers 
balten ſich umgefehrt wie die eigenthiumlichen Ger 
wichte diefer Fluͤſſigkeiten ($. 344.), auf. welchen 
Satz fich der Gebrauch diefer Senkwaagen gründet, 


6. 362. Um vermittelft diefer Areometer ($. 361.) 
die Berhäftniffe der eigenthämlichen Gewichte der 
Flüſſigkeiten genau zu beftimmen, ift es nöthig: daß 
der Hals des Werfzjeuges vollfommen cnlindrifch fen; 
daß es völlig fenfrecht in den Fluͤſſigkeiten ſchwimme; 
daß das Gavicht des Areometers bekannt fen; und 
endlich, daß die Abtheilungen oder Grade CH, 
HN, NP, PQ am Halfe defjelben befannte Theile 
dieſes Gewichts find. Am bequemften ift es, wenn 
die Senfwaage die Einrichtung hat, daß fie anzeigt, ' 
tie wielmal das. fpecifiiche Gewicht des reinen Waſ— 
fers im fpecifiichen Gewichte der zu prüfenden fuͤſſi— 
gen Materie enthalten iſt. Die hierzu erforderliche 
Eintheilung der Nöhre muß durc) Verſuche und Rech— 
nung gefundeh merden. Damit die Areometer defto 
empfindlicher find und die Fleinften Unterſchiede der 
eigenthümlichen Gewichte der Fluͤſſigkeiten anzeigen, 
ſo muß der Hals derfelben in Vergleichung mit dem 

untern Gefäße fehr dünn ſeyn. 

Tiller, in den Mdmoires de l’ academie roy. des feienceh vom 

Ä J. 1768. ©. 450; Le Roy, ebendat. vom J. 1770. ©. 
438. De Luc, in den philo/oph. Transacı. Vol LXVIIIl. 

©. 500, und ım ‚fourn, de — T. XVIII. S 480. 


van Swinden politiones phyficae, T. H. P. I. ©, 47. ff. 
Rarſtens Anfangsar. der marhem, Wülenfhaften H g 2 


®. 198 
$. 363. 


Phänomene ſchwerer liquider Körper. 237 


$. 363. Der leßtern Bedingung wegen müßte 
eine. Senkwaage mit einer fehr langen Roͤhre verſehen 
fenn, menn fie zur Beſtimmung des Unterfchiedes det 
eigenthuͤmlichen Gerichte aller der Fluͤſſigkeiten dienen 
follte, deren eigenchümliches Gewicht roifchen ein ' 
Paar Grenzen fällt, deren Verhältnif gegen einan- 
:P der wien zu 2 oder nur zu zTift, womit mehr als Eine 
" Unbeguemlühfeit verbunden feyn würde, zumal wenn 
die Abrheilungen an der Möhre das eigenrhümliche 
Gewicht der Fluͤſſigkeiten nad) allen zwifchen diefe - 
Grenzen ‘fallenden Stufen bis auf Taufendtheilchen 
vom Gewichte einer eben fo großen Menge reinen 
MWaflers anzeigen follten. Deshalb ift es nöthig, 
mehrere dergleichen. Senkwaagen zu haben, wovon 
der Gebrauch einer jeden für folche Fluͤſſigkeiten einge: 
fchränft ift, deren eigenchümliches. Gewicht zwifchen 
ein. Paar engere Grenzen fällt, "deren Berhältnif etwa 
nur mie 1 zu 1,100 if: Die Senfwaagen müf: 
fen übrigens aus folchen Materien verfertigt fenn, 
die von den Slüffigfeiten, zu ‚deren Prüfung fie be: 
ſtimmt find, nicht angegriffen werden; am heften find 
fie von Glas. Uebrigens ift ben dem Gebrauche aller 
Senfwaagen zu bemetfen: daß fie ganz rein find; 
daß man genau die Stelle, bis an welche fie fich ein: 
tauchen, beobachte; und dann, daf die zu pruͤfende 

Fluͤſſigkeit eine beſtimmte Temperatur habe. 
$. 364. Sonſt richtet man die Abtheilungen der 
Scale diefer Areometer mit unveränderlichem Gerichte 
auch fo ein, daß fie, "wie 5. B. Die Branntweinwaa⸗ 
gen oder nn bey einer Mifchung bon Slüfe 
fig: 


238 J. Theil. 5. Hauptſtuͤck. 


ſigkeiten gleich angeben, wie viel fie von der einen oder 
der andern Slüffigfeit enthalte; oder, ‘wie z. B. die 
Soolwaagen oder Zalsfpindein, bey Auflöfungen, 
"wie groß der Gehalt des aufgeldf’ten Körpers in der 
Auflöfung fey, Auf diefe Weiſe wird aber der Ge: 
brauch des Areometers fehr eingefchränft. 

Beſſer iſt es daher, bey gemiſchten Flüffiafeiten die fir die& 
perfchtedenen Miſchungsverhaͤltniſſe gehbrigen fpecıfiichen 
Gewichte durch genaue Verſuche zu beſtimmen und im 
Zabellen zu bringen, um fo im erforderlichen Falle aus 

dem ergentbimlichen Gewichte der Fluͤſſigkeit das corres 
fpondirende Miſchungsverhaltniß zur erfahren. Wir haben 
dergleichen ſchon für Salzjauflüfaungen und Mifcbunaen 
von Alcobol und Waffer, und fo bedarf es dann Feiner 


beiondern Soolwaagen ud Branutwernwaagen. Ich werde 
folhe Tabellen in ver Folge mittheilen. 


Schmidt, in Grens neuem Journ. d. Phyf. B. I. ©. 117. ff. 

$. 365. Weil überhaupt aber die Verfertigung 
der Areometer mit Scalen, wenn fie die eigenthuͤm— 
lichen Gewichte von Slüffigkeiten genau anzeigen, und 
überhaupt die nad) $: 362. erforderlichen Kigenichaf: 
ten haben follen, mit fehr großen Schwierigteiren 
verfnüpft if; fo kann man nicht anftehen, der zwey— 
ten Art der Genfwaagen ($. 360.), ben Areomte: 
tern mic veranderlichem Gewichte, die man auch 
Fahrenheitiſche Areometer nennt, den Vorzug ein- 
zuräumen.. Das Einfache in ihrer Conftruction 
macht fie eben fo empfehlenswerth, als die Allgemein: 
beit ihres Gebrauchs. Cie lafjen ſich auch) fo einrich: 
ten, daß fie ohne Rechnung gleich die eigenthuͤmlichen 
Gerichte der Dadurch zu prüfenden Fluͤſſigkeiten im 
Verhäleniffe zum Waffer angeben. Von diefer Art 
ift das von Hrn. Schmidt befchriebene und von Hrn, 
Ciarcy verfertigte Areometer, das mir Recht den 
Namen 


Wanomene ſchwerer liquider Koͤrper. 239 
Namen eines allgemeinen Areometers verdient. 
A(Fig. 128. Taf. XIII.) iſt ein hohles birnfoͤrmiges 
Gefaͤß von Glas in feiner natuͤrlichen Größe, welches 
nf mi eines maſſiven Glasſtaͤngelchens, 
die Gchaale B- trägt, unten aber durch einen etwas 
fuͤrkecn maſſiven Glasſtiel D mit einem kleinern um— 
‚ gihehrten birnfoͤrmigen Gefäße C verbunden ift. Die— 
fs untere_Gefaß wird durch eine bey C angebrachte 
“ anfänglich offene Spitze mit Quedfilber gefüllt, daß 
das ganze Werkzeug 700 befannte Gewichtstheile, 
(halbe Gtane des cöllnifchen Marfgewichts ,) wiegt, 
und es find ned) genau 300 Gemwichtstheile oben in 
die Schüffel zu legen, wenn fid) das Werfzeug in 
Regen: oder deftillirtes Waſſer (ben 15° R.) bis 
an die mit einem Zeichen verfehene. Stelle E des 
Halſes einſenken ſoll. Es wiegt folglich das Volumen 
des Waſſers, das es dann aus der Stelle drängt, 
1000 Gewichtstheile. Wenn man nun bey der Pruͤ⸗ 
fung jeder andern Slüffigfeit ducch die Veränderung 
des Auflegegemwichts in der Schaale es dahin bringt, 
daß es ſich darein bey eben der Temperatur eben fo 
tief bis E einfenfe, fo giebt das aus der Schaale her: 
ausgenommene oder hinzugelegte Gewicht den Um: 
tetſchied zwiſchen dem fpecifiichen Gewichte der Fluͤſ— 
ſigkeit und des Waſſers von gleicher Temperatur an, 
Serner drüfe die Summe der Auflegegewichte und 
des Gewichts des Areometers jedesmal das fpecifiiche 
Gericht der Stüffigfeit aus, wenn das fpecifiiche Ge: 
wicht des Waflers = 1000 gefeßt if. Wenn z. B. 
nur 132 Gewichtstheile in die Schaale zu legen nöthig 
wären, 


20: 1, Shell 5. Haupiſtück. F 


waͤren, damit die Senkwaage ſich bie E in bie zu 
prüfende Slüffigfeit eintauche, ſo märe das eigen: 
thümliche Gewicht derfelben zu dem deg Waſſers 
wie 700 + 132:1000, daß ift, wie 0,732 : 1,000. 
Weil die größte Menge der Auflegegemichte, nicht 
gut, über soo Gewichtstheile gehen darf, damit der 
Schwerpunct des fo belafteren Werkzeuges nicht zu 
Hoch zu ftehen fomme; fo wird noch ein zweytes nad), 
‚ganz Ähnlichen Grundfägen verfertigt, das 1200 Ge⸗ 
teichtstheile, und mit den größten Auflegegewichten 
. über 2000 Gewichtstheile wiegt, um auch). für die 
ſchwerſten Flüffigfeiten zu dienen. 


"Befchreibung eines fehr bequem eingerichteten allgemeinen 
Aräometers, von Herrn.G. G. Schmidt ; in Grens Jour- 


‘“ nal der Phyfik., B. VII. S. 186. ff. 
wilke, in den ſchwed. Abhandl. 3. XXXII. ©. 279. ff. 

6. 366; Die Areometer mit veränderlichem Ge: 
wichte laffen fic) auch zur Beftimmung des eigenthäm- 
lichen, Gewichts fefter Körper einrichten. Hierher ge- 
hört das Nicholſonſche Areometer, das: dazu- fehr 
bequem eingerichtet ift, und auch den Vortheil ‚bat, 
daß dadurch jedesmal mehrere Stüde eines‘ feften 
Körpers gewogen werden fönnen , die einzeln zu Flein 
ſeyn würden, um mit Genauigfeit ihr fpeciftiches 
Gewicht zu beflimmen. Fig. 129. (Taf. XIII.) zeigt 
das Inftrument, das aus weißem Bleche verfertigt 
werden fann. Es ift fo eingerichtet, daf es im Waſ—⸗ 
fer vertical fhwimme, und dabey noch ein Theil Des 
Körpers OT hervorrage. Unten ift ein fegelfürmiger 
Eimer E befeftigt, im welhem, um den Schwer: 
punct herabzubringen, ein paffendes conifches Stuͤck 

Bley 


Phänomene ſchwerer liquider Körper. 241 


- Bley liegt. Es find alfo Auflegegewichte auf- die 
Schaale F nöthig, damit es fi) bis an das Zeichen b 

- des dünnen Drahfes, der die Schaale F trägt, eins 
fenfe. Dieſe Gewichte merft man eine für allemal, 
Wenn man nun einen feften Körper, (deſſen Gewicht 
aber jene nicht übertreffen darf,) unterfuchen will, fo 
legt man ihn auf die Mitte der Teeven Schaale F deg 
im Waſſer ſchwimmenden Inſtruments, und nod) fo 
viel Gewichte zu, daß die Senfwaage ſich bis b eins 
tauche. Die zuzulegenden Gewichte abgescgen von 
den vorigen, ein= für allemal beftimmten, Auflegege- 
mwichten giebt im Nefte, mas ber fefte Körper in der 
$uft wiegt. - Man legt hierauf den Körper in den 
Eimer E, und läßt das Werkzeug wiederum im Waſ— 
fer ſchwimmen. Weil num der Körper im Waſſer 
von feinem Gewichte verliert, fo wird man zu den 
Gewichten in der Schaafe noch hinzulegen müffen, 
damit das Areometer fi wiederum bis b eintauche, 
Dieſe zujufeßenden Gewichte werden anzeigen, ‚wie 
viel der fefte Körper im Waſſer verliert; und das ab; 
fofute Gewicht deffelben in der fuft, dividirt durch) dies 
fen Berluft im Waſſer, wird folglich angeben, wie 
groß fein eigentiyumliches Gewicht gegen das zur Eins 
beit angenommene des Waſſers fey. 


Befchreibung eines fehr bequemen Inftruments zur Beftim- 
mung des [pecihfchen Gewichts der Mineralien, vom 
Hrn. Hauy, in Grens Journ. d. Phyf. B. V. ©. 502. fl. 


$. 367. Das Abwaͤgen der Flüfjigfeiten in einem 
Gefäße, das genau bis zu einerley Höhe damit gefüllt 
wird, giebt noch eine Merhode zur Beftimmung des 
Q eigen⸗ 


‚242 I. Sheil. 5. Hauptftüc. 


eigenthuͤmlichen Gewichts derfelben, meil ſich dieſes 
verhält, wie die abfoluten Gewichte ben gleichem Vo— 
um. Indeſſen gewährt diefe Methede doc) Feine 
große Genauigfeit und ift leicht Jrrthuͤmern unter⸗ 
worfen. 


$. 368. Folgende Tabelle giebt bas eigenthums 
fiche Gewicht mehrerer Materien gegen das zur Eins 
heit angenommene des reinen Waſſers an: 


ı) Meralle. 


Platin, geſchmiedet - 21,061 (Sidingen) 
geſchmolzen 19,500 (Briſſon) 


— geſchmiedet - 20,336 —— - 
— zu Draht gezogen - 21,041 - - 
— in u - - 22,069 
Gold, — (muſchenbrock) 
— gegoſſen 19258 (Sriſfon) 
— gehaͤmmert 0. 19,361 
Silber, - 0.04 a (muſchenbroek) 
— gegoſſen - - 10,474 (Sriſſon) 
— gehaͤmmert - = 10,510 - 
Kupfer, gegoflen .. Ak - . 
— zu Draht gezogen - 8,87 
—  japanifhes, gegoffen - 17:6 (Mufcpenbroef ) 
— — geſchmiedet - 9,000 
Eiſen, Roheiſen W dpi Seiſon) 
— GStangmeiien - - 97,78 
— — ſawed. 6— Gr muſchenbroer > 
— Stahl - 7,833 (Brilon) 
— — gefömiche, nicht 
gehärtet - 7,840 
— — — — und gehärtet 7,810 


sinn, von Cornwall, ne 7,291 
— — gehoaͤmmert 71299 


— von Malacca gegoien 7,296 

— — 7,331 (muſchenbroek) 

— — — gehaͤmmert 7,306 (Briſſon) 

— von Dancad - - 7,216 (Miufchenbroef) 
Bley, gegoſſen - - 13 53 (Brilon) 


Bley, 


Phänomene ſchwerer Tiquider Körper. 243 


11,445 (Muſchenbroek) 
7,190 (Briſſon) 
- 7,215 (Muſchenbroek) 
9,822 (Briſſon) 
9,670 ( Bergmann) 
7,822 (Brilon) 
7,700 ( Bergmann) 
6,702 (Briſſon) 
6,860 ( Beramann) 
6,852 (Muſchenbroek) 


Bley, gegofien - 
Zink, gegoſſen - 

— Goslarfher 
BR, gegofien 


Ketalt, gegoflen - 


Cpieholanı z ‚ gegoflen 


— 


Xrfenit .. 8,308 (Bergmann) 

Nickel, gegofien - 9,000 R 

Maanefium - 6,850 

Quedfilber - 13,550 ( maſchenbrock) 
— - - 14, 110 * 


13,568 ( Briffon) 
— — der Mittelzahf aller 


Verſuche von Muſchenbroek 13,674 n 
2) Erden und Steine 
Kreide . - “0... 2,315 | Birwan) 
— 2 — ——— 

Dichter Kalkſtiiein— 

bis . (Rinwan) 
Körniger Kalkftein - — ‚ze 

is 

Sarrarifher Marmor - - os CBeiffon) 
Darifcher — 2,837 
Islaͤndiſcher Kalkſpath - ..23715. - - 
Ditteripatb - - - . - 2,480 (Birwan) 
Mergelerde - - = = 1,600 

bis 2,400 —W 
Verhaͤrteter Mergel 2300 

bis 2,700 - - 
Bitumindfer Mergelfhiefeer - 2, 361 

bis 2,442: - . 
Schieferipath - . - 2,647 A — 
Braunfpath 2000 3,837 (Brifjon) 
Dolomit .’. 2,850 

bis 2,862 (Birwan) 
GSyps, dichter “00.00. 1,872 

: bis 2,288 - - 


2,300 = 


—  faferiger — 
— 2 Gyps, 





244 
Gyps, blaͤttrige·— 


Fraueneis 


Flußſpah 
Apatit 
Tungſtein - 








Witherit 
| Shmerfpan, dichter . 
— blaͤttriger - 
— faſeriger— 
— bologneſer - 
Leberſteen - 
Meerſchau 
Venetianiſcher aa = 
Speditein . 
Zopfftein, von "Eomo : 
— ſchweizeriſcher - 
— von Dauphiné 
— ſchwedlſcher 


Serpentin, von Zoͤblitz - 
Asbeſt, von Zoblitz 
Amiant 
Bergkork ...0. 


Asbeftartiger. Strahiftein 
Bemeiner > 


Glasartiger 
Neppeit 
Bitterſtein 


Baikalith - 
Boracit —— J 


Toͤpferthun -  - 


% 
k 
6 


a 
— — 
a 


©, 
La 


bis 


1. Sheil. 3. Hauptftüc. . 


2,274 
2,310 (Kirwan) 


2,311 . . 
3,155. 

3,191 (Briſſon) 
2,824 


3,218 (Birwan) 
6,066 ( Brifion). 


4,338 (Birwan) 
4,300 


4,499 “ - 


4,300 
4,800 
4,440 
4440 
2,666 


0,336 (Groß) 


2,780 (Muſchenbroek) 


3,727 ( Briffon) 


3,872 (Rirwan) 


3,023 (Sauffüre) 


2,768 (Briſſon) 


2,853 
— (Rirwan) 
2,5 
2; cmuſchendroek ) 
0,680 
0,993 (Briſſon) 
2,584 ( Birwan) 
2,806 
3,356 - - 
2,950 | 


3,493 . - 
2,966 (Briſſon) 
3,041 (Sauffüre) 
3,320 

3,380 (Hoͤpfner) 
2,200 (Kowig) 
2,565 (Wefteumb ) 


1,800 
2,000 (Kirwan) 
Schiefer 


Phänomene ſchwerer liquider Körper. 245 


Schieferthon 
Wetzſchieſer · 
Steinmarf, verhaͤrtetes 
Bol, armeniſcher — 
Zeichenſchiefer 
Gründe - - 


Lepidolith 


Kyanit 
Slimmer, rufiſhe 
— ſchwarzer 


Micarell 
Hornblende 
baſaltiſche 
labradoriſche 


Hornblendeſchiefer - 
Made - = . 


— 


Trapp =. — im 
Soft - »- = 
Thonſchiefer 


Sergerpflall - - 
Quarz > “ 


Amt - - 
Smaragd - 
Beryll, Reicifcher -. 

Braftantiiper 
Praſer 


— 
Orientaliſcher Rubin 
Orientaliſcher Topas 
Orientaliſcher an 
Su - 





* 


.- ei u 


Er ne Ge Eu ze 
1 


2,600 
2 ‚680 (Birwan) ° 
2,876 
3,131 (Briſſon) 
2,815 ( Birwan) 

2,727 (Muſchenbroek) 
3,186 (Briffon) 


2,637 (Birwan ) 


2,816 A 

3,517 (Saufföre) 
2,791 ( Briffon) 
2,938 ." - - 


2,980 Birom) 
3,410 . 
3,333 . » 
3,3590 
3,434 - ·· 
2,909 


3,153 
2,535 

2,893 ..@ “ 
2,780 

3,022. 

- 2,864 ( Briſſon) 
3,000 ( Bergmann) 
2,670 

2,880 (Birwan) 


2,653 (Beiffon) 


‚ 2,647 


2,654 . 
2,651 ( Kirwan) 
2,775 Eriſſon) 
2,721 ß 
2,7282 - 
2,580 - 
4,283 
4,010 
3,994 
3,760 


31570 ( Blapesi, 


u 8 a 


246 


Braſilianiſcher Topas 
Saͤchſiſcher Tepas , - 
Drientalifher Aquamarin 
Brafilianifcher Dapıiie 
Kyarinıh - - 
Keylonifcher Zirkon 
Böhmifcher Boanas 
Leucit 
Chryſoberyll - 


Chryſolith · 
Olivin ei 
Dbjiiian - - . 


Schoͤrlartiger Berpil . 


Schwarzer Stangenfhört 
Braſilianiſcher Turmalin 


Thumerſtein - = } 
Prenit 
Zeolith .. - . s 


— von Abdelfors - 
Sreuflen - - 


Laſurſtein 
Ehryfopras - . 
Edler Opal - » 
Halbopal 


Gemeiner Opal 


Pechſtein - * 


Hyalith 
Chalcedon - 
Carneol— 
Katzenauge - 


Geuerften -  . 0 - 


Sornflin - +. - 


IM 
Dr 


bis 


2,468 


IJ. Theil. 5. Hauptſtuͤek. 


3,536 (Sriſſon) 
3,564 
3,548 
3,130 
3,687 
4,416 
4,188 


3,698 
3, Ar (Birwen) 


33 

34 * * Werner) 
2,960 
3,225 (Kirwan) 


- 2,348 (Briffon) 
- 3,530 (Klaproth) 


3,363 (Briſſon) 


3,130 

3,155 — 
3,295 (Riemen) 
2,943 - - - 
2,083 

2,093 . Selten) 
— 

2,35 


— (Kirwan) 


-»ı 2,896 2 - 


2,479. 0° 
2,144 ( Blumenbach) 


1,700 


2,118 ( Kirwan) 
1,958 
2,075 (Klaproth) 


2,049 
2,319 Griſſon) 
2,110 ( Rirwan) 


2,664 ( Briffon) 
er - - 
2, 


560 
2, = (Biewan) 


2,58 
cn (Briffon) 
2,53 32 ) 
2,653 (Birwan 
* Kieſel⸗ 


Phänomene ſchwerer liquider Koͤrper. 247 


Kieſelſchiefer - 
Porphyrſchiefer 
Gemeiner Jaspis 
Aegyptiſcher Saspis 
Sinopel 
Porzellanjaspis 
Heliotrop 
Holzſtein 


Elaſtiſcher Quarz 
Feldſpath 


Mondflein - - 
Bimftein - 
Labradorftein - 


Demantſpath 





Strontionit . 





Granit - - 
Porphyr - 
Sandſtein 


Bergnaphtha 
Petroleum 

Aephalt - 
-GSteinfohle. - 
Bernſtein — 


Brauntohle 


1 


/ 


‘bis 


2,600 - - 


2,559 ” 
0,914 (Briſſon) 


2,596 
2,641 (Kirwan) 


2,512 
-2,700 - - 
2,580 

2,700 
2,564 (Beiffon) 
2,691 . 
2,330 (Ruwan) 
2,620 

2,700 - — 
2,045 


2,675 E . 
2,624. - - 


2,437 


2 ‚670 


j 2,692 ( Rirwan) 
3,710 (Blaprotb) 


R 3,400 - 
3,644 (Birwan) 


2,538. 
2,956 ( Briffon) 


2,765 
2,793 hu J 
2,113 
2,561 . ” 


Erdhar ze. 


0,708 Muſchenbroek ) 


0,854 * 


1,203 
1,744 j Io 5 


” 1,270 


SE dr - 


1,06 
I, die ( muſchenbrock) 
1,019 \ 
1,292 (Gren) 
4) 





248 I. Theil. 5. Hauptſtuͤck. 


Ä 4) Schwefel. 
Natärliher Shmefl - - 3,033 ( Beiffon) 
Grangenfäwefe! .. - 1,800 (Muſchenbroek) 


bis 1,990 ( Briffon ) 
5) Bohlige Subftanzen des Mincı 





ralreiche. 
Graphit - . - 1,860 (Muſchenbroek) 
Kohlenblende . W 1,468 (Groß) 
Diamant 22 — * 


3,5 
His 3 2 54 ( Mufchenbrock ) 


69) metaukalke und Erze. 
Weiſſer Arſenik 


| te 2,694 ————— ) 
Mother Arfenit - — - —  - 3,223 
Dperment “000 0. 3313 — — 
Selber Afnt. - -- 352 °- . 
Salmey W 2,560 
is 4,409 . - 
Autia - - - - 4,615 . . 
Schwefelkies —44789 


Kupferlie ·3360 


GStaues Spießglanzerz - - 4,700, 
bis 4,858 ” ” 
Glas vom Spießglane - - 4,760 


b 
— von Io. Georgen, 
ftad 5,354 . — 
Bisusber; natarlicher ——68 
bis 7,710 — 2 
Bu Fünftlicher * - 7,838 
bis 9,002 - - 


Bleyglaͤtte — Pe” — 
Bleyglanz - — u 7 — 
Molybdͤͤ - - Ar (Beiffon) zu 


y) Künftlice Verglisfungen. 
Bouteillengfas, grünes - - „2,642 Deifen) 
Weißes Kryſtallglas - 2,893 * 
bis 2,488 ” ” 
j Eng» 


Phänomene ſchwerer liquider Körper. 


— 


Engliſches Flintalas - 3,329 m 
Porzellän von Sees - - 2,145 . R 
— von limoges - .. 2,341 . . 
— von China - 2,384 . . 
2) Salze. 
Bitrioloͤl 


Rauchende Salpeterfäure 


— Kochſalzſaͤure 
Boraxſoͤure 
Arſenikſaͤure 
Roher Eſſig 
Deſtillirter Eſſig 
Roher Weinſtein 
— — 


— — — — — 


Aetzend er Satmiatgeift 
Zerfloffenes Meinfteinfalz 


Vitriolifirter Weinftein 
Glauberſalz 
Salpeter 
NHombeidalfatpeter 
Reines Kochſalz - 
Steinſalz 
Digeſtivſalz 
Reiner fnblimeter Salm 
Borax 
Alaun F 
Bleyzucker— 
Enaliſcher Vltriol - 


» ı 1 2 9 
5 


Zinteitriol 7 - 
Weißer Zucker 


9) Spiritudfe 


Schwefelnaphtha - 
Alcohol, (der reinfte) 
Burgunderwein . 


Maderamein - 
Weißer Franzwein ‘ 
Frontignac . 


* 


iak 


- 
- 
- 
- 
- 


Slüffigkeiten.. 
0,716 (Kowig) 


0,791 e . 
0,991 ( Briffon) 


- 
- 
. 
- 
- 
- 


- 1,869 
- 2,143 


- 1,420 


- 31,900 


1,877 
1 1709 (Wufchenkroet ) 


1,583 

1,194 (Brilon) 

1,479 (Muſchenbroek) 
3,391 (Bergmann) 
— Sriſſon) 


3 moſchenbrock) 


1,900 = 


... 0,890 


0,897 ( Briffon? 
1,550 —— ) 


2,298. 
2,246 
1,900 


1,918 
1,836 
1,720 
1,71% - 


2,395 
1,880 


ik 1 2 2 a Tr ah 


e— ’ % % “ % J Ei 4 ‘ ‘ ‘ s 


1,606 


1,038 . . 
1,020 ( Nfufchenbroef ) 
1,008 v — 
Mallaga⸗ 


250 J. Theil. 5. Hauptſtuͤck. 


Mallagawein - 1,015 (Muſchenbroek) 


Rother Tapwein - - - 1,018 - 5 
Weißer .- - - - 1,039 „ R 
Pontac * - 0,993 - = 
Champagnermwein - - - 0,962 - ; 
Moſeler ee = 0,916 . a 
Rheinwein - . - 099  - a 


10) Aetheriſche Oehle. 
gavendelöhl - 0,893 ( Briffon) 


Meltendht - - - 1,034 ( Mufchenbroef ) 
Pommeranzendhfl - - 0,888 — — 
Zimmtoͤhl 15,035 ie” 
Saſſafrasoͤhl 1,094 
Rosmarindhl er 0,934 - - 
Fencheloͤhhß 09997 
Wacholderoͤhl— - 0,911 - . 
Krauſemuͤnzenoͤhl - - - 0,975 - - 
Terpentinoͤhl 0,792 


11) Fette Oehle und thieriſche Fette. 


Rindertalg - - - - - 0,955 ( Mufchenbroef) 
Kammeltalg - - - - 0,943 - - 
Schweinefhmal - 00. 070,954 - - 
Selbes Babe + - 70,960 i j 
Weißes Wachs - - - 0,966 — — 
Baumoͤhl— - + 0,913 - . 
kein — —  - - - - . 0,932 . - 
Ruͤbſaamenoͤhl - + 0,853 - 5 
Gacaobutter  - - - - - 0,891 (Brandis) 
Süßes Mandeldhl - - - - 0,928 ( Mufchenbroef ) 
Butter * - + 0,942 (Briſſon) 
Wallrath 6— - 110,943 °- .* 
12) Gummi’s, Harze, Gummihartze zc, 
Arabiihes Summi - - - 1,452 (Brifjon.) 
Traganth — =, 1936 - . 
Weißes Pech - - _ 1,072 . - 
Sandarıc -, - - 1,092 . . 
Maftir - - - 1,074 - - 
Storar ı - 2 . - 1,109 5 - 
Eopal 


Phänomene (ner lande Körper. 251 
Eopal 0.0. 


1,045 
bis 1,139 ( Briffon ) 
Elemi . - - . 1,018 - 
Anime - - - — 1,028 = - 
Labdanum - =... 1186 - . 
Suayac er . - _ 1,122 . e 
Salapendlar3 0 - -.. 1218 n - 
Drachenblut . - „1,204 = er 
Summilad * ... 1,139 - - 
TZacamabac - - en. ,1,046 . . 
Benzoe e - e - 1,092 5 e 
Caranna - . ..2 .212$ . - 
Ammoniafgummi =» - _ - „1,207 - - 
Kederagummi - . 2298 - - 
Galdangummi - - 2214 
Sarcocella 1268 
Opoponax - - - „1,622 . - 
Gummigutt - - . . „1231 . - 
Euphorbium - - - A - . 
Diidbanuım _- - - .: 2,173 - . 
Myrrhe - .1,360 - - 
Scammoneum . - „21,335 - - 
Stinkender Afand - . . „1,337 a - 
Bdellium — 4 . — 





Federhazz7004533 


Kampher— - _ 0,988 





Aloe ·6— — - _ 1,358 ie ” 
Dpium ..... . .  - 1,336 * 
Indigo — 07769 


13) Einige thieriſche Subſtanzen. 


Elfenbein = 1,825 (Muſchenbrock) 

Wallroszahn - 1,933 

Drientalifher Bezoar - - 1,530 | 
bis 1,640 - - 


J 
Harnblaſenſtein - 3,664 
bis 1,700 - 
Kryſtalliniſcher Gallenſtein - 0,803 (Sen) 
Rothe Eoraln - - 2,689 muſchenbroek) 


Orien, 


252 I. Theil. 3. Hauptflüd. 


Drientalifhe Perlen 27750 ———— J 
Krebsaugen 021,890 
Huͤnereyre 7 7 = 1,090 . . 


14) Bolzarten, 


Indianiſches Eedernhol) - - 1,315 (muſchenbroek) 
Burbaumbolz 0. 00. 1328 0.099 - 
Braſilienholz J 1,031 — 
Ebenholz J = 1,209 R ö 
Fernambucholz . 1,014 a A 
Franzoſenholz —W - 1,333 - = 
Mahagonyholz - - - 1,063 R “ 
Griecholz = 00.0 = 1200 - = 
Altes Eihenhol  - - - 1,666 — eh 
Eichenholz vom Stamme - -- 0,929 u z 
Eichenholz von grünem - 0,870 ; R 
Rhodiſerholz u125 
Weißes Sandethouu - 1041 * 
Rothes — - 1,128 . m 
Campecheholz - - 0913 “ A 
Buͤchenholz - . -. 0853 e * 
Gelbes Sandetheig - = 0,809 . R 
ErlenbolE > +. 0.709800 R A 
Ahornholz - . - = 0,75$ r R 
Eidendpcy - -  - - 0734 s N 
Arco =» —- - - 0793 . — 
Pflaumenholz 040785 — 
Haſelnholz— - 0,600 : 5 
Birnenholz - . . »  or66ı ; - 
Ulmenhelz - - - . 0,600 e 5 
Lindendo - —- 00. 060  ., . 
Weidenhozzz064585 
Wachdiderhzzzz6556 
Saſſafras holz 060482 * 
Zannenholz . . - 0,550 r e 
Pappelnholz - 0,383 5 i 
Kortholz ” “ “ - 0,2409 * ” 
15) | 
Phosphorus - . - 1,714 (Muſchenbroek) 
16) 


Holzkohle 
bie — (BSielm) 


17) 


Phänomene fehwerer liquider Körper. 253 


17) 


Eis : . 0,916 (muſchenbrock) 
Reines Waſſer - 1,000 . 


- Mufchenbroek — ad philoſ. nat. T. II. 1417. Pifan- 
teur — des corps — par Mr. FR a Paris 
1787. 4 

Gen verfchiedenen Luftarten giebt Hr. Lavoifier folgende 
Beſtimmung: 
Ein parij Duodecimal⸗ Lubitzolt 
atmoinhärifche Luft wiegt s 046005 Graͤn Cfranı. I. 
Stickluft ’ Or44444 


Rebensluft ⸗ ⸗ s$ 0,50694 y 
brennbare Luft s 5 0103539 ⸗ 
Luftſaͤure N) s 0168985 ⸗ 
Salpeterluft ⸗ ⸗05 4690 
flüchtig s etafinifge Suft #* 0127488 ⸗ 
Schwefelluft 5 s 1403820 ⸗ 


$. 369. Man kann von diefer Tabelle allerley 
nüßliche Anwendungen machen. Denn außerdem, 
daß fich durch Vergleichung des gefundenen eigen: 
thuͤmlichen Gewichts einer gegebenen Subftanz mit 
dem in dem Berzeichniffe angegebenen auf die Reinheit 
oder Acchtheit derfelben in vielen Fällen fchließen läßt, 
kann man aud) dadurch das Gewicht des Eubifzolles 
oder des Eubiffufes der darin angegebenen Materien 
finden, wenn man bie Zahl, die ihr jpecififches Ge: 
wicht angiebt, mit dem Gewichte des Eubifzolles oder- 
Cubiffußes Waffer ($. 357.) multiplicirt. So z. B. 
wiegt ein Eubiffuß (pariſ.) Waſſer 69,015 Pf. 
(parif.); folglich wiegt ein (parif.) Cubikfuß Queckſil⸗ 
ber 13,674% 69,015 Pf. 943,711 Pf. (parif.), 
oder 989,682 Pf. (cölln. ) Gem. 


1) —— gehoͤrt auch das fo genannte Archimedeiſche Pros 
lem. Rab Vitruvs 3 (de architectura Lib. 9. 

Cap. 3.) hatte ſich der König Ziero zu Syraeus eine gols 
dene Krone machen laflen, und fam auf den Verdacht, 
dag ibm der Boldarbeiter dabey einen Theil Gold eutwen— 

det und dagegen eben fo viel Silber dem Golde 
abe. 


252 


I. Shell. 5. Hauptſtuͤck 


babe. Archimedes follte prüfen ob der Verdacht gegruͤn⸗ 
det ſey, und er habe durch Waſſerwaͤgen den Betrug ber 
fimmt, und das Verhältnis des Goldes zum Gilber in 


der Krone angegeben. Archimedes Bicher repı Tav 10xau- 


pevov bandeln nur now fhwimmenden Körpern, und ents 
balten nichts von jenem Probleme. Man bält daher au 
die Erzählung nah Vitruv für Fabel. Geſetzt aber, daf 
die Metalle bey ihrem wechfelieirigen Zuſammenſchmelzen 
ihre Woluming nicht änderten, fo würde ſich allerdings 
das Verhaͤltniß ıhrer abfolucen Gewichte in dem Gemiſche 
aus dem eigenthümlichen Gewichte deflelben erkennen laflen, 
wenn die eigentbumlicben Gewichte der einzelnen Metalle 
befannt find. Deun wenn die eigenthümlichen Gewichte 
der Metalle vor der Vermiſchung D, d, die Volumina V, 
v, die abfoluten Gewichte P, p beißen, fo it das eigens 
thümliche Gewicht nah der Vermiihung, oder A, = 


— udP:p=D(A4—d):4a(D-A) 


Wenn nun die Krone des Ziero 20 Pf. ſchwer gewefen 
ift und benm Abwägen im Waſſer 14 Pf. werldren|bätte, 
fo wäre ihr _einenthiimliches Gewicht, pder Ar = 160 
gegen das Waſſer gewefen. Das eigenthuͤmliche Gewicht 
des reinen Goldes, oder D, hätte = 19,64 ſeyn mürffen. 
Segen wir nun, daß der Zuſatz Silber gewefen wäre, fo 
wäre d = 10,55. Es war alfo nah obiger Formel das 
Gewicht des Goldes, oder P, zu dem Gewichte des Sils 
bers, oder p, im der Krone = 19.64 ( 160 — 10,55): 
10155 (19164 — 16,00) = 107,038 1381402. Es beftanten 
alfe 145,440 Theile des gemiſchten Soldes auf 107,038 Thbei⸗ 
len feınem Golde und 38,402 Theilen Silber. Wenn wir 
nun nach der Regel de tri fo anfegen: 


1451440 Pf. fchlechtes Bold enthalten 107,238 Pf. feines 
Gold, was 20 Pf.? fo erhalten wir 14,719 Pf. fein Gold, die 
mit 9281 Pf. Silber vermischt die 20 Pf. der Krone ausge— 
macht babeıt. 


Da aber die Metalle bey ihrem Zufammenfhmeljen mehr 
oder weniger im einander greifen und micht mehr die 
Dichtigkeit behalten „\die fie der Berechnung zu Folge bas 
ben foltten ($. 184. ),_fo ſieht man leicht, daß jene Fors 
mel nicht die Verhaͤltniſſe der Quantitäten in ver Mifchung 
angeben fann, wenn man nicht weiß, wie ſich die Dichs 
tigkeit ändert. Auch läßt fie ſich nicht ben der Zuſammen⸗ 
fhmelzung von mehr als zwey Metallen anwenden, 


2) Wenn man Bochſalz in Wafler auflöf’t, fo iſt der Maums, 


welchen die Auflofung einnimmt, nicht mehr aleich » 
&umme der Räume des Kochſalzes und des Waſſers. Es 
find alfo einene Beobachtungen und darauf gegründete 
Rebuungen nötbig, um aus dem fpecifiiben Gemichte der 
Satifolution die Menge des Salzes zu finden, die in einem 
egebenen Gewichte der Salzſoole entbalten in, Lambert 
Hiftoire de l’acad. de Pruſſe 1762. T. XVII. ©. 27.f.) 

bar eine folche Tabelle berechnet. 
Gewicht 


Phänomene ſchwerer liquider Körper. 255° 


Gewicht des Salzes Eigenthuͤml. Gewicht der Coole. 
o — — 


1,000 
10 — — 1,007 
20 — — 1,014 
30 — — 1,021 
49 — — 1,027 
5o — — 1,034 er 
60 — — 1,041 
79 = 1,047 
80 — — 1,054 
90 — — 1,060 - 
100 — — 1,067 
110 — — 1,073 
120 — — 1,080 
130 — — 1,086 
140° — — , 1,093 
150 — — 1,099 
160 — — 1,105 
170 — — 1,111 
130 — — 1,117 
so — — 1,123 
200 — — 1,129 
210 — — 1,135 
220 — — 1,141 
230 — — 1,146 
240 — — 1,152 
250 — — 1,158 
260 — — 1,163 
270 — — 1,169 
280 0 — , — 1,175 
270 — — 1,180 e 
300 — — 1,185 
310 — — 1,191 
320 — — 1,196 
330 — _— 1,208 
336,8 — — 1,2047 


Geſetzt, die Soole ift in ihrem eigenthuͤml. Gewichte 
1,175, So füllen 1175 Gr. derfelben fo viel Naum, als 
1000 Gr. Wafler, und es find in biefen 1175 Br. 280 Gran 
Salz, oder das im ihr befindliche Salz beträat z5°2 ihres 
Gewichtes. Nah der Regel de tri fann man num leicht 
finden, wie viel Salz in einem Pfunde folder Goole fen; 
denn wenn 1175 Br. Goole ago Gr. Sal; entbalten, fo 
find in ı Pf. oder 7680 Br. Eoole 1830 Gr, Salz. | 


3.) 


256 
3) 


I. Theil. 5. Hauptftüd. 


Wenn Alcohol und Wafler mit einander vermifcht werden, 
fo ift das eigeuthämliche Gewicht nad ber Vermiſchung 
nicht fo, als es der Berednung zu Folge nach ihrem refi ecs 
tiven eigenthuͤmlichen Gewichte feyn ſollte. Um alf’ aus 
dem eigenthümlichen Gewichte der Mifhung bar Berbälts 
nif beyder Ingredienzien zu erfahren; find vor äufige Vers 
fube und nähere Beftinnmungen nöthig. Herr Gılpın in 
England hat dergleiben Verſuche über die Aenderungen 
der Dichtigkeit des Alcohols und Waflers, wenn fie im 
nerfchiedenen Verhaͤltniſſen mit einander vermifchr werden, 
in zahlreiher Menge, und ‚mar für verfhiedene Grade 
von Wärme von 30 bis 30° $., angeftelit, und Tabellen 
entworfen, nad welchen man aus dem eigentdumiwen 
Gewichte des Oemiſches den Gehalt an Alcohol oder Mailer 
finden fann. ch habe eine ſolche Tabelle defielben für vie 
Zemperatur von 60° F. mitgetheilt (Verſuche über die 
Nenderung der Dichtiafeiten bey Werm:ichuna von Alee hol 
und Waſſer, von Herrn Gilpin; in Grens neuem Journ. 
der Phyf. B. U. ©. 365. fi.) Kerr Gilpin nımmt tarin 
das eigenthuͤmliche Beiwicht des Alcvbols 0,835 an. Indeſſen 
bat Herr Lowitz gereiatı daß Aleohol von diefen eigens 
thümlihen Gewichte felbit noch nicht waſſerfrey fen , und 
daß er durch die ftärffte Entwäflerung bis e,791 (bey 68° $.) 
berabgebracht werden fonne. Er-ielbit bat-darnah eine 
Tabelle der eigenthümlichen Gewichte fiir die Gemifche von 
folhem Alcobol und Wafler aus Verfuchen entworfen, die 
ich hier mittheile: . 


Eigenthuͤml. Gewicht des Gemifches aus 
0,791 100 Th. Alcohel © Th. Wafler. 
0,794 99 9 u — 
0,797 98 4 — 29 — 
0,800 97 9 .. 6 
0,803 i 96 ⸗ — 4 9 — 
0,805 95 9 — 59 — 
0,808: 94 ⸗ — 69 — 
o,81L 93 8 - 79 — 
0,813 92.0 — 8 — — 
0,816 g9L ⸗ — 94 — 
0,818 go ⸗ — 1048 — 
0,821 DE Ze 11⸗ — 
0,823 88 + — 123 — 
0,826 1 u 130 0 u 
0,828 ‚86 — 14 — 
0,831 35 #8 — 15 — 
04 834 — 16 7 
0,836 31 — 1 — 
0,839 32 9 — a8 ®. = 
0,54% ss.” — 9 2—2 x 
Eigen, 


ns 


‘ 


Phänomene. fhtwerer liquider Körper. 237  - 


Eigenthuͤml. Gewicht bed Gemiſches aus 
0,844 go Ip. Alcohol 20 Th, Waſſer. 
0,847 79.9 — 21 4 — 
0,849 0“ — . 124 — 
o,851 77.0 — 23⸗ — 
0,853 76,» — 1243 — 
0856 75 — 51 —_ 
0,859 4 ı 264 — 
0,861 ::ı 73% — 170 — 
0,863 720 — 128% — 
0,866 TER = 299 — 
088 70% = 3101 — 
0,870 69% 314 — 
0,872 68% — 32— 
0375.71 — 33 — 
0,877 66 + — 34 ⸗ — 
0,880 65⸗ 3035 — 
0,882 64 + — 364 — 
0885 s6 — 37— 
0887, 6. — 38⸗ —_ 
0,889 GL — 39⸗ — 
0,892 60 s — 140% — 
0,894 SI u Hı — 
- 0,896 58» = 419% — 
0,899 57 — 3ı — 
o,01 56—⸗ — 44 ⸗ — 
0,903 SER, — —49— — 
0,905 54435— — 460 — 
0,907 53 9 — 47% — 
0,909 32 ⸗ — 40 — 
0,912 — SI» — 19% — 
0,914 os — 50 + — 

01917 499 — jSLı — 
0,919 48 + — 3239 — 
0,921 47 9 — 53 * — 
0,923 46 ⸗ — 3541 — 
0,925 .45 9 — 1. 
0,927 4 — 56 — 
0,930 43 — 5957⸗ — 
0,932 42 9 — 59 — 
0,934 41⸗ ——9 Zu 
0,936 40 5 — 601 — 

⸗ — 61 ⸗ — 


0,938 39 


3 
2 
2 
® 


258 I. Theil. 5. Haupiſtuͤck. 
Eigenthuͤml. Gewicht 


des Gemifches aus 


0,949 38 TH. Alcohol 62 Th. Wa fer. 
2,942 37 9 — 639 — 
0,944 36 » HD — 
0,945 359% — 654 — 
0,948 34 0 — 66 9 — 
0,950 330 — 674% _ 
0,952 32» — 68 1 — 
0,954 31 # erg — 
0,956 30⸗ — 703 — 
0,957 29 9 er © ZW 
0,959 28 0 — 72— — 
0,961 27 3 — 734 — 
0,963 26 4 — 741 — 
0,965 25 0 — 759 — 
0,966 24 4 — 76 ER 
0,968 a3 — — — ® 
0,970 28 — 7519 — 
0,971 a1 0 — 799 
0,973 20 4 — —————— — 
0,974 19 9 — 518 — 
0,976 18⸗ — 38 0 — 
0,977 17 9 — 83 — — 
0,978 16 9 — 84 ⸗ — 
0,980 15 9 — 85 ⸗ — 
0,981 14 ⸗ — 86 9 — 
0,983 13 #6 — .897 0 — 
8,985 3 — 881 _— 
0,986 ı0 »# 994 — 
0,937 10⸗ — 090 4 — 
0,988 9 4 — —W — 
0,989 go. — 934% — 
0,99K 79 — 93 8 — 
0,992 6» — 94 * — 
0994 ar 3 
09,995 4 — 956 9 — 
0,997 340 — 97 — 
0,998 2 ⸗ — 98 4 — 
0,499 0 — 9 — 
1,000 0% — 10% — 


Crells chem. Annalen, 1796. B. J. ©. 202. ff. 





$ 
& 
Qu 


ze 


| 259 
—— —— —⸗ — 
Sechstes Hauptſtuͤck. 


Phaͤnomene ſchwerer expanſibeler 
Fluͤſſigkeiten. 


$. 370. 

Wir betrachten hier die Phänomene, welche ſchwere 
elaſtiſche Fluͤſſigkeiten ($. 135.) durch ihr Gewicht 
und durch ihre Elaſticitaͤt hervorbringen. Wir fen. 
nen zweyerley Arten vieler Slüffigfeiten: Gasarten 
oder Luftarten und Dämpfe ($$. 135. 136.). Bey 
jenen ift die Efafticität dauernd, in jedem ung befann- 
ten Grade der Zufammenprüdung fo wohl, als der 
Kälte; diefe hingegen behalten ihre elaftiiche Form nur 
ben einem gewiffen Grade der Wärme unter einem 
beftimmten Drucke. So fange indeffen die leßtern im 
mwirflichen erpanfibeln Zuftande find, befolgen fie auch 
mit den erftern diefelbigen allgemeinen Gefeße der 
ſchweren elaftifchen Stüffigfeiten. Da diefe Gefeße 
unabhängig von der individuellen Natut der Bafıs 
der erpanfibeln Flüffigfeiten find, fo gehören die das 
von abhängenden Erfcheinungen in die allgemeine Na: 
turlehre. Der Kuͤrze wegen bediene ich mich des Aus: 
drucks: Luft, zur Bezeichnung aller erpanfibeln Fluͤſſig—⸗ 
keiten. An der atmoſphaͤriſchen Luft, die wir allent: 
‚halben antreffen, fönnen wir am beften die Phänomene, 
die allen erpanfibeln Stüffigfeiten gemeinfam find, beob⸗ 
achten, und wir fönnen ung daher ihrer am bequemften 
zur Anftellung der hierher gehörigen Erfahrungen und 
Ra Der: 


260 T. Theil. 6. Hauptſtuͤck. 


Verſuche bedienen. Das, mas wir von ihr als efa- 
ſtiſcher Slüffigfeit fagen, gilt von allen andern elafti- 
fchen FSlüffigfeiten, die auch eben fo durch ihr Ger 
wicht und ihre Expanfibilität wirfen würden, wenn 
fie an der Stelle der $uft die Atmofphäre um die Erde 
bildeten. | W 

4. 371. Ein expanſibeles Fluidum hat als fol: 
ches ein Beftreben, einen größern Naum zu erfüllen 
($. 131.), und übt folcher Geftalt Druck gegen jedes 
Hindernif feiner Erpanfion aus. Ferner widerſteht 
es ben der Derengerung feines Raumes vermdge fei- 
ner Erpanfivfraft. 

$. 372. Die fuft iſt erpanfibel und dehnt fich, 
wenn fein Hindernif ihrer Erpanfion da ift, zu einem 
Raume aus, deffen Grenzen man nicht Fennt. So 
wie aber der Raum wählt, zu welchem eine Maffe 
fuft fi) ausdehnt, fo nimme auch ihre Erpanfivfraft 
ab, weil fie nun nicht mehr mit demfelbigen Grade 
von Kraft ihren Naum erfüllt ($. 50.). 

$ 373. Den der Ausdehnung einer Maffe luft 

in einen größern Raum nimmt ihre Dicjtigfeit ab; 
und die Dichtigfeit, die fie übrig behält, verhält 
fich zur vorigen Dichrigfeie, wie der Raum, den fie 
vorher einnahm, zu dem Raume, in welchen fie ſich 
ausgedehnt bat. 


$. 374. Die fufe iſt compreflibel. Ueber bie 
Kraft, mir weicher die fufe fich auszudehnen firebt, 
iſt eine größere möglich, und durch diefe läßt fid) die 
fuft auch wirklich in einen engern Raum preffen. Se 
mehr 


\ 
} 


Phänomene ſchwerer erpanfibeler Slüffigkeiten. 261 


mehr'die Luft aber zufammengeprefit wird, um befto 
mehr wächft ihre Dichtigfeit und der Grad der Kraft, 
womit fie ihren Raum erfüllt; folglich defto mehr 
widerficht fie der fie zufammendrücfenden Kraft. Der 
, Grad der Zuſammendruͤckung Hat folgtie für unjere - 
endlichen Kräfte feine Grenzen. 


6. 375. Wenn eine Maffe Luft im Gfeichge: 
wichte ihrer Theile ift, fo iſt die Erpanfivfraft jedes 
Punctes derfelben dem Drucke derſelben auf dieſen 
Punct gleich. 

4. 376. Ein elaſtiſches Fluidum wirkt auf das 
Hinderniß ſeiner Expanſion mit derſelbigen Kraft, 
mit der es zuſammengedruͤckt worden iſt. Die luft 
in einem Gefaͤße uͤbt alſo gegen die Waͤnde deſſelben 
eben denſelbigen Druck aus, als die Kraft aueüuben 
. würde, mit der fie bis zu ihrem dermaligen Grade 
der Dichtigkeit zufammengepreft worden ift. 

$. 377. Diefuft it eine ſchwere erpanfibele Fluͤſ⸗ 
figfeit, und muß alfo durch ihr Gewicht Druck aus: 
üben. Höher liegende Luftſchichten müffen alfo auf 
die darunter liegenden durch ihr Gewicht preſſen. 


$. 378. Wenn demnach die ganze Maſſe guft 
fi ſelbſt überlaffen im Gleichgewichte ift, fo kann 
ihre Dichtigfeit niche durchaus gleichförmig fern; die 
untern Schichten muͤſſen, wegen der Compreffibilität 
der $uft ($. 374.) und des Gewichts der darüber 


liegenden Schichten, in einen engern Raum gepreft, 


folglich dichter fenn; es muß alſo die Dichtigfeit der 
Schichten hinabwärts wachfen. Mir der Zunahme 
| te: 


\ “ 


252 I Theil. 6. Hauptftück. 


der Dichtigfeit der tiefer liegenden Luftfchichten muß 
aber auch die Erpanfivfraft derfelben zunehmen, und 
die abfolute Elafticität jedes Theiles. derfelben muß 
bem Gewichte der "ganzen darüber ftehenden Säule 
proportional ſeyn ($. 376.). 


$. 379. Die Erfahrung betätigt dies an der 
atmofphärischen $uft. . Wenn man eine gläferne recht 
trocene Röhre, die an einem Ende gefchloffen und 
länger ift, als 28 parif. Zoll, mit reinem gefochten 
Duedfilber ganz anfüllt, das offene Ende mir vem 
Singer zuhält, hierauf umfehrt, und, nachdem man 
es in ein Gefäß mit Quecfilber getaucht hat, dic Roͤh⸗ 
re vertical hält und den Finger von der Deffnung weg— 
zieht; fo bleibt das Quedfilber darin etwa 23 parif. 
Zoll über der Fläche des Duedfilbers im Gefäße zu 
ruͤck, durch den Druck der fuft, der auf die Fläche 
des, Quecfilbers im Gefäße einſeitig iſt. Loangeli⸗ 
fta Torricelli ftellce diefen an Folgerungen fo frucht- 
bar gemwefenen Verſuch zuerft im J. 1643 an, und 
bewies dadurch die Schwere der tuft. Die Röhre 
mit dem Queckſilber darin heißt daher aud) die tor- 
ricellifche Röhre (Tubus torricellianus), und der 
Raum über dem Quedfilber in der Röhre die torti⸗ 
cellifhe Leere (Vacuum torricellianum). 
Cafp. Schotti Technica curiofa. Herbipol, 1664. 4. 1. IL 
©. 192.ff.e. 

Daß aber der Druck der Luft von dem angeführten Phaͤ⸗ 
nomene die Urfach fey, das folgt nicht nur. unmittelbarer 
MWeife aus ihm felbft , fondern wird auch dadurch beftätigt: 
1) daß durch MWegnahme der Luft uͤber der Fläche des Queck⸗ 
ſilbers im Gefaͤße unter der Luftpumpe, nach einem im 
ber Folge anzuftellenden Verfuche, das Quedfilber in der 


torriceliihen Rohre berabfinft; 2) daß das Queckſilber 
ganz berausfällt, fo bald die Roͤhre oben geöffnet wird, > 


Phänomene ſchwerer erpanfibeler Flüffigkeiten. 263 


alfo der Drud der Luft nicht mehr einfeitig ift 5 3) daf das 
Queckſilber nach hydroſtatiſchen Geſetzen in der Möhre um 
eben. fo vıel höher teigt, als das Niveau ded Quedfilberg 
außerhalb höher wird; 4) daß, wenn die Möbre enge ges 
nur it, begm fenfrechren Herausziehen derfeilben aus dem 

SGeeaͤtße das Queckſilber in derfelben in die Höhe getrieben 
wird und oben bangen bleibt. ' 


$. 380. Da der Druck der $uft fo groß fenn 
muß, als der Gegendruck des Quedfilbers in der tor- 
ricelliſchen Nöhre, fo können wir hieraus mit Necht 
fließen, daß der Druck der Atmofphäre gegen jede 
gegebene Fläche fo groß fey, als das Gewicht einer - 
Duedfilberfäule von eben diefer Grundfläche und der 
Höhe in der torricelliichen Roͤhre. | 
Ein parif. Cubikfuß Duedfilber wiegt nahe 950 Pfund parif.z 
ein Eubikzoll, — — 17 Carb, 24 Quentchen. 
Wenn alfo der Druck der Luft das Gleichgewicht halt mit 
einer Queckſilberſaͤule von 28 Zoll oder 24 Fuß, fo beträgt 


er gegen eine Fläche von einem Quadratfuße 22163 Pfund, 
und von einem Quadratzolle 15 Pfumd, 12355 Loth parit. 


‚Um jede Linie, um welde das Quedfilber höher oder 
niedriger , als 28 Zoll ift, beträgt der Drud der Yuft auf 
eine Fläche von einem Quadrarfufe 635 Pfund mehr ober 
weniger, Ä 


6. 381. So large die luft nicht in Gefäßen ein; 
gefchloffen iſt, fondern fren bleibt und auf ihre ganze 
Maffe Nricfiht genommen wird, fo muß fie nur 
durch ihr (Hemwicht twirfen, und daher dieſelbigen Gefeße 
des Gleid)gemwichts befolgen, als nicht= elaſtiſche Fluͤſ⸗ 
figfeiten. | | 


$. 382. Es müflen daher auch die fuftfaufen 
unter einander bey gleichen Höhen und Dichtigfeiten 
im Gleichgewichte fichen; jede fuftfäule muß aud) 
faͤhich ſeyn, ftatt ihrer benachbarten einen Körper von 
gleichem Gewichte zu tragen, und ihr Druck muß fi) 


! 


* 


264 1. Theil. 6. Hauptfü 


zu Sofge ber bydroſtatiſchen Geſetze nach allen Sich 


u tungen zu aͤußern. 


Wenn der —5* der atmoſphaͤriſchen Luft das Gleichgewicht 
haͤlt mit &iner Queckſilberſaͤule von 28 Zoll, fo muß er auch 
das Bleichaewicht. halten mit einer Waſſerſaͤule von 14 . 28 
Boll,oder von 325 Fuß (parif.), wenn das Wafler ein 14mal 
‚geringeres eigenthuͤmliches Gewicht hat. 


$. 383. Hierans erklaͤrt fich auch die Erſchei— 
nungf daß aus einem Gefäße mit enger Oeffnung 
beym Lmfehren nichts herausfäuft, und daß der Hahn 
eines vollen Faſſes, deſſen Spundloch geſchloſſen iſt, 
nichts bey der Oeffnung herauslaͤßt, u. dergl. m. 


4. 384. Es fofat ferner, aus der Schwere der 
£uft nach hydroſtatiſchen Geſetzen, daß der Drusk der 
Luftſaͤulen abnehmen müffe, wenn ihre Höhe, bey 
übrigens gleichen Umständen, abnimmt, und umges 
fehrt; daß folglic) das Quedfilber in. der torricellis 
fhen Röhre in Hohen Regionen der Atmofphäre nicht 
fo hoc) ſtehen fönne, als in niedrigern, mie auch die 
Erfahrung lehrt. 


$. 382. Ferner muß die wuft im Freyen nach 
Verhaͤltniß ihrer Dichtigkeit druͤcken; und eben hier— 
aus iſt es abzuleiten, daß das Fallen des Queckſilbers 
in der torricelliſchen Roͤhre, wenn es nach hoͤhern 
Regionen der $uft gebracht wird, nicht den Höhen pro: 
portional, fondern immer verhaͤltnißmaͤßig Fleiner iſt. 
In höhern Gegenden ift nämlich die $uft dünner, in 
niedrigern dichter ($. 378.). 
| de — —————— über die Atmoſphaͤre, Th. 11. ©. 


K. 386. Der Druck der $uft kann feine Bere: 
gung hervorbringen, fo lange er von allen Seiten 
‚gleich 


Phänomene ſchwerer erpanfibeler Flüffigkeiten. 265 


gleich bleibt; er Außert ſich aber ſogleich, fo bald er 
einfeitig wird, oder auch auf der innern und aͤußern 
Fläche eines Körpers ungleich Statt findet, 


Hierber aebören die nachher ben der Luftpumpe anzuftellenden 
Berfuhe: ı) mit den magqdeburgifchen Halbkugeln; 2) das 
Zerbrechen einer Glasfchribe, die auf einen merallenen Ens 
linder geküttet ift, aus welchem man die Luft anszieht; 
3* Zerreißen einer über eben denſelben, geſpannten 


$. 387. Wenn alfo die Luft nur von Einer Seite 
ber auf einen Körper drückt, und diefer beweglich iſt, 
fo fann er dadurd) in Bewegung gefegt werden. 
Hierber gehört: 
ı) AobervalPs Derfüch, oder Pascals Rammer. ' 


Tentamina experimentor. natur. capt. -in academia def 
Cimento. ©. 29. ff. 


2) Otto von Gutifes Windbüchfe mit verdünnter Luft. 


C. Schorti technica ceuriofa. L. Xt. ©, 881. Otron. da 
Ouerike experimenta de vacuo /[patio. ©. 112. 


6. 388. Endlich folgt auch) aus $. 386., daß, 
wenn die fuft auf einerlen tropfbar : fluffige Materie 
ungleich drückt, dieſe leßtere nad) der Gegend hin, wo 
jie weniger Druck von der fuft erleidet, bewegt mer: 
den müfle. Hierauf gründer fich die Wirkung des 
Hebers (Sypho). 


6. 389. Der. gemeine Geber befteht aus einer 
gefrummten Nöhre abe (Fig. 130.), wovon der eine 
Schenkel be länger ft, als der andere ab. Der He: 
ber fen mit einem fiquidum gefüllt, und fein offner 
Schenkel ab in ein offenes Gefäß AB, das auch dies 
fes liquidum enthält, bis g eingetaucht. Es iſt aus 

Ä e dem 


* 


Er 


266 4 Ahr. 6. Haupt. 


dem Vorhergehenden ($.3 13.) Far, daf bie Fluſſigkeit 
in ag durch den Druck der dieſen Schenkel umgebenden 
gleichartigen Fluͤſſigkeit erhalten werde. Der Druck 
der Luft findet auf die Fläche fh der Fluͤſſigkeit im Ge- 
faͤße Statt: er finder aber auch Statt gegen die Fläche 
der Fluͤſſigkeit an der Mündung c des längern Schen: 
‚ Fels des Hebers. , Jenem Drude der fuft auf Die Slä- 
che fh druͤckt die Sluffigfeit in dem Schenkel ba ent: 
gegen, aber nur der Theil bg; dem Drucke der fuft 
gegen c drückt die Shäffigfeit in dem Schenfel be ent: 
gegen. Da Diefer leßtere Gegendrucf wegen der [ans 
gern Säufe der Fluͤſſigkeit bc größer ift, als der Ger 
gendruc von bg, fo erfolgt die Bewegung des fiqui- 
dums nach der Richtung der größern Kraft: es fließt 
aus dem längern Schenkel in c aus, und fteigt in a 
in dem fürzern empor; oder es ift eben fo gut, als 
db die Luft auf fgh ftärfer drückte, als gegen die Muͤn— 
dung c. Zwar ift die fuftfäule, die gegen c drüdt, 
um de länger, aber das fiquidum innerhalb de ift 
auch um vieles Dichter, als die fuft, und daher fein 
abſolutes Gemicht um vieles größer, als das abfolute 
‚Gewicht der luftſaͤule von gleichem Durchmeſſer und 
ber Höhe cd. | 
9. 390. Wenn der Schenfel ba bes Hebers 
(Fig. 130.) mit einer ſpecifiſch ſchwerern Fluͤſſig⸗ 
feit, L, der Schenkel be hingegen mit einer ſpeci⸗ 
fiſch leichtern Fluͤſſigkeit 1 gefüllt, und das Verhäfts 
niß des eigenthämlichen Gewichts von -L zu dem 
von 1 größer. ift, als das Verhältnif der fenfrech- 
ten Höhe von c bis b zu der von a bis b; fo wird, 
wenn 


Yhänomene ſchwerer erpanfibeler Flüffigkeiten. 267 


wenn die Mündungen a und c geöffnet werden, nad) 
budroftatifchen Gefeßen, der Ausfluß aus a, und nicht 
aus c, Statt finden. Wenn ferner das Gefäß AB 
mit, einer fpecifiich ſchwerern Flüffigfeit, der Heber 
feloft aber mit einer fpecififch Teichtern angefülle ift, fo 
kann es aus den angeführten Gründen fommen, daß 
der Heber in’ c zu fließen aufhört, nämlich dann, 
wenn die in dem chenfel bg geftiegenen und 
darin noch befindlichen Sluffigfeiten zufammen eben fo 
ſtark in der fenfrechten Nichtung druͤcken, als die feich: 
tere in dem längern Schenfel be thut. 


$. 391. Wenn der fürzere Schenkel bg des He- 
bers (Fig. 130.) länger ift, als die Höhe, bey welcher 
das liquidum, das durch den Heber fließen fell, in 
der torricelliſchen Nöhre durch den Drud der luft 
erhalten werden Fönnte, fo Fann der Heber nicht 
wirfen, 


$. 392. Es fann fein Ausfluß aus dem Aufern 
Schenfel des Hebers geichehen, wenn biefer äußere 
Schenfel kuͤrzer ift, als der innere bg (Fig. 130.)5 
dann gefchieht vielmehr der Ausfluß aus a. Dies ıft 
auch der Fall, wenn der längere Schenfel be in einer 
Fluͤſſigkeit derſelbigen Art ficht, als ba, aber un 
.B. bis k. | 


$. 393. Wenn bende Schenfel ba und be des 
Hebers (Fig, 131.) gleich lang find, fo fann aus 
dem mit einerley Slüffigfeit gefüllten und fenfrecht ge: 
haltenen Heber nichts ausfliefen, indem der Gegen: 
druck der Luft gegen a und o gleich groß iſt. Taucht 
| man 


1 


2668. 1. Theil. 6. Hauptſtuͤck. 


man aber den einen Schenkel, z. B. ap, in eine Sluͤſ— 
finfeit dieſer Art, 5. B. bis fgh, fo fließt der Heber 
ben c, und zwar defto ftärfer, je tiefer der Schenkel 
ab eingetaucht wird. Seht. ift nämlich die Fluͤſſigkeit, 
die in. dem .Schenfel-ab gegen die Luft druͤckt, nur in 
der fenfrechten Höhe bg zu nehmen. in Heber diefer 
Art heit ein wivtembergifiher Heber. 

\. 394. , Außer dem Gebrauche, zu welchen die 
Heber un gemeinen seben nußen, dienen fie auch, zut 
Erklaͤrung mancher Phänomene der Natur und Kunſt. 
Dahin gehört: 

1) Die Wirkung einiger natürlichen Brunnen, die 
fih von Waſſer ausleeren, wenn es darın bie zu 


einer gewiſſen Höhe aeftiegen ift. ” 


Mufchenbroek introd. ad philof, nat. T. U. f. 2100. Jour- 
. nal des Scavr A..1688. ©. 455. Plinius hiſt. nat. L. I. 
C. 103. Oliver, in uhilof. transact. No. 204. Vol. XVII, 

©. 908. Atwell, ebeud. No. 424 Vol.XXXVII. S. 301.- 


2) Die Einrichtung des Fünftlichen Tantalus, 
des Derirbechers oder Diabetes ver Alten. 


 Mufchenbroek a. a. D. $. 2100, 
- Heronis, Alexandrini, [piritalium liber. Amftelod. 1716. 4 
Prop. 12. 


3) Die Wirkung des Rircherfchen Hebers. 
wolfs nuͤtzl. Verſuche. Th. TIL. ©. 576. 4. 116. 
Die Wirkung der ſo genannten Fraterna Cari⸗ 
tas, eines drey- und mehrſchenkligen wirtem⸗ 
bergiſchen Hebers. 


5) Rirchers Brunnen. 
Karſtens Anfangsgr. der Naturl. 6. 282. 


Phänomene ſchwerer erpanfibeler Flüffigfeiten. 269 


$. 395. Die Erfahrung lehrt, daß an einem 
und demſelbigen Orte die Hoͤhe des Queckſilbers in 
der torricelliſchen Roͤhre ($. 379.) nicht dieſelbige 
bleibt, ſondern zu verſchiedenen Zeiten bis auf eine gez 
wiffe Grenze größer oder Fleiner if. Es folgt bier: 
aus, daß in der Atmofphäre Urfachen wirkſam feyn 
muͤſſen, die ben Druck der tuft auf die Queckſilber— 
faufe veränderlich machen. Weil alfo die torricellis 
fche Möhre.den Druck der $uft durch die damit cor: 
reipondirende Duecfilberfaule anzeigt, fo hat man 
ihr den Namen des Barometers oder Baroſcobs 
gegeben; und meil mit der Veränderung des Drucks 
der $uft gewoͤhnlich eine Aenderung der Witterung 
verfnäpft ift, fo nannte man es auch ein Wetter⸗ 

glas. 
$. 396. Man hat dem Barometer‘ mancherley 
Einrichtungen au geben geſucht, theils um es zu vers 
ſchiedenen Anmendungen bequemer, theild die Ders 
änderungen auffallender zu machen und genauer zu 
meſſen. So wie die Einrichtung $. 379. angege: 
ben ift, und wie fie zuerft ben der Erfindung war, - ers 
. fordert das Inſtrument viel Queckſilber und ift nicht 
bequem zu transportiren. Man Frümmte zu dem En⸗ 
de die Roͤhre wieder nach aufwärts, und maaf die 
Höhe der Quedfilderfüule von der horizontalen Dbers 
fläche des Duedfilbers in dem fürzern Schenfel, Da 
aber das Queekſilber, wenn es in der laͤngern Röhre 
durch den verminderten Drud der Atmoſphaͤre, z. B. 
um einen Zoll, finfen follte, in dieſem Fürzern Schen: 
kel ſteigt, und nun hier wieder um fo viel durch feine 
eigene 


270 : I. 2heil. 6. Hauptftück. 


eigene Schtvere zuruͤckwirkt, folglich madht, daß das 
in der längern Röhre enthaltene nur um einen halben 
Zoll finfen kann; fo gab man dieſe Einrichtung bald 
wieder auf, die man doc) nachher für die vollfommen; 
fte gefunden hat. Man gab alſo diefem fürzern Schen⸗ 
kel ein weites fugelförmiges Behältnif, damit das in 
der längern Nöhre herabfallende Queckſilber ſich in 
einen defto weitern Raum ausbreiten und bier in der 
Kugel die Höhe veflelben nur unmerklich vermehren, 
auf das Ballen oder Steigen in der engern Röhre 
aber feinen merflichen Einfluß haben möchte, da Fluͤſ— 
figfeiten von einerlen Art auch in Röhren von ungleis 
cher Weite gleich hoch ftehen ($. 314.). Je weiter 
die Kugel des fürzern Schenfels in Vergleichung der 
torricellifchen Nöhre ıft, um defto weniger mird das 
Niveau der Queckfülberfläche in diefer Kugel durch das 
Steigen und Fallen des Quedfilbers in der torricellis 

ſchen Röhre erniedrigt oder erhöhet. 
$. 397. Zu ganz genauen Beobachtungen aber, 
und zu folchen Verfuchen, wo das Fallen des Qued; 
filbers fehr beträchtlich) ift, Fann diefes Barometer aus 
den angeführten Gründen nicht ficher angewendet wer: 
den, wenn man die Scale nicht beweglich macht. 
Herr de Luc ging daher zu der erftern einfachen Ein: 
richtung diefes Inftruments wieder zurücd, und zeig: 
te, daß das Barometer mit dem nach oben zu ges 
frummten, gleich weiten Schenfel, oder das fo genann⸗ 
te heberfoͤrmige oder Heberbaromerer, alle Vorzüge 
befüße, und durch die gehörige Einrichtung deffelben 
der vorhin genannte Fehler, daß es die Höhe des 
| Qucd: 


Phänomene ſchwerer expanſibeler Slüffigfeiten. 271 


Duedfilbers beym Sallen zu. groß und: beym Steigen 
zu Fein angiebt, völlig gehoben werden Fönnte. Wenn 
man nämlich von dem, ‚um welches das Quedfilber in 
der längern Roͤhre gefallen ift, das abzieht, um welches 
es in dem Fürgern Schenfel flieg, oder zu dem, um 
welches es in dem längern Schenkel flieg, das, um 
welches es in dem fürzern fiel, addirt; fo hat man je= 
desmal die wahre Höhe des Fallens und Steigens. 
Pur die Quedfilberfäule in der forricellifchen Roͤhre, 
die aber dem Niveau des Queckſilbers im Fürzern 
fteht, iſt es, die dem Drucke der $uft correſpondirt. 
Durch) ihre Meffung findet man daher auch immer 
die Höhe einer Quedfilderfäule, die mit dem Drude 
ber $uft im Gleichgemwichte ifts 
de Luc über die Atmofphäre, $. 381. ff. 

$. 398. Zu der genauen Einrichtung des Baro⸗ 
meters gehört: 1) daß es bloß und allein durch Ver⸗ 
änderungen im Drucke der Luft afficirt werde und 
diefe Veränderung auch wahrhaft anzeige. Dazu ift 
noͤthig, daß die torricelliiche Seere vollfommen von 
$uft rein ſey; denn wenn fie luft enthält, fo wird 
die Queckſilberſaͤule fürzer feyn, als fie follte, und die 
Wärme wird darauf Einfluß haben. Durch Erhi— 
gung der torricellifchen feere muß alfo Das Queckſilber 
in der Möhre nicht herabgedruͤckt werden oder finfen. 
Um diefe torricellifche Röhre rein zu erhalten, iſt es 
nöchig, ben Verfertigung des Barometers das Queck⸗ 


filber in der Nöhre ſtark auszufochen. 


Aus der allgemeınen Wırfung der Wärme auf alle, Körper 
wırd man leicht euriehen, daß die Barometcrhöhe bey 
größerer Wärme größer, und bey geringerer Wärme Fleis 
ner ſeyn muſſe, wenn auch der Deuck der Luft derſelbige 


bleibt. Herr de Luc fand bey genauer Unteriuhung, daß 
ine 


972 be L. Zhell. 6. Hauptſtuͤck. 


eine a7 erg lange Duedfilberfäufe vom ‚natürlichen Gefriers 
puncte bie zum Giedepuncte des Waſſers um 6 Linien oder 
z ihrer Länge zumehme, Nimmt man dieſe Beſtimmung 
für die richtige, fo muß die Quedfilberfäule im Paromes 
ter , das benm natürlichen Froftpuncte auf 27 Zoll fand, 
ben unverändertem Drude der Armofphäre z. B. um eine Yis 
wie reinen, folglih 325 Linien hoch ſtehen, wenn die Tems 
peratur um den fecheten Theil des Fundimentalabftandes 
vom Thermometer zunimmt und 62° Fahr. oder 135° Reaum. 
wird. Die Aenderung der Wärme um30° Fahr. bringt 
alio das Barometer jedesmal um eine £'nie höber, und jede 
Acnderung um 1° um „g einer Linie. Herr de Luc bar zu 
dem Ende um mebrerer Bequemlichkeit willen deu Zundas 
"mentalabftand vom natuͤrlichen Frofpuncte bis um Sıedes 
puncte am Thermometer in 96 gleiche Theile getbeilt,, und 
fo fommt auf jeden ı6ten Grad Zunahme der Wärme dieſes 
Thermometers eine Linie Zunahme der Hoͤhe des Barometer, 
und auf jede Xenderung der Wärme um einen Brad, zz Linie 

- Yenderung des Barometerftandes. — — 

de Luc Unterf über die Atmoſph. ſ. 352 — 365. 

Dhne durch neue Ecalen die Thermometerfprabe unnos 
thiger Weife noch mehr zu erweitern, findet man die Bes 
richtigung des Barometerftandes wegen der Wärme, wenn 
der am Thermometer beobachtete Grad k, der, auf wel⸗ 
chen man die Beobachtung reduciren will, i, und die Zahl 
der. Grade des Sundamentalabftandes vom Eiepuucte bis 
zum Giedepuncte F heißt, wenn man zur beobachteten 


Barometerhöhe B noch ra B hinzufeßt, oder, wenn i—k 


negatin ift, a B davon abzieht. (S. Gehlers phyfical. 


MWörterb. Art. Barometer.) 


Noch it bier zu erinnern, daß der Fundamentalabland 
an der Fahrenheitiihen Scale vom natürlihen Gefriers 
puncte bis zum Giedepuncte bey der-Beitimmung des Hrn. 
de Luc von 27 3. Barometerhöbe eigentlih nur gleich 178 
Gr. gelegt werden fann, nicht 180 Or 


5 vun Swinden' poſit. pbyf. II. ©. 107. f. 


Nah Roy ( Philof. eransact. Vol. LXVU. ©. 635. ff.) 
beträat die verlängerte Ausdehnung einer 37 Zoll laugen 
Queckſilberſaͤule durh die Wärme vom ngtürlichen Froſt⸗ 
puncte bis zum Giedepuncte 0,5117 enal, Zoll, oder 5,7617 
parıf. Linien; auch ift die Zunahme durd gleiche u. 
von Graden in den verfciedenen Temperaturen nicht gleich 
groß; nah Aofenthal (Bepträge zur Verfertigung, Kenntr 
nif und Gebruuch meteorologiiher Werkzeuge. Gotba. B. 
1. 1782., ®. Il. 1784. 8.) iſt die Ausdehnung der Queck ſil⸗ 
berfäule 5,56 pariſ. Lin, und nach Luz (Beſchreib. von Bar 
rometern, ſ. unten $. 492. Ann.) 5,64 pariſiſche Linien. 


Sinureiche Vorſchlaͤge sur Berichtigung des Barometers 
ftandes wegen des Einfluffes der Wärme, ohne Thermomer 
ter⸗ 


* 


MPhaͤnomene ſchwerer erpanfibeler Slüffigfeiten. 273 _ 


** haben La Grange (Mifcellänea Taurinenfia,. 1759, 

T.1.©. 15. ff.), LQamonon (Journal de Phyſique T. XIX, 
©. 7. ff.), und Rofenchal (Anleitung » das de Lueſche Bas 

rometer zu einem böbern Grade der Volltommenhcit zu 
bringen, Gotha 1779. 8.), gethau. Es gehoͤrt hierzu ein 
beberförmiges Barometer, deſſen Schenkel ganz genau 
gleich weit find, 


warn Swinden poht. phyf. T; 11. &, 194. f. 


$. 399. .2) Ein zweyter Umftand beym Bard— 
meter ift die Scale, Zu dem Ende wird bie mir 
Queckſilber gefüllte, gehörig ausgefochte,. und gleich 
weite Röhre auf eim Bret unbeweglich befeftigr, 
und darauf die Scale nach einem fehr genauen Fuß—⸗ 
maafe in Zollen und finien aufgetragen. Bey ung 
ift es gewöhnlich, ſich dazu des Parifer Fußmaa— 
fes zu bedienen. Beym heberförmigen Barometer 
zieht man gemeiniglich in der Mitte der Queckſilber⸗ 
fäufe in der torricellifchen Möhre einen horizontalen 
Strich, trägt die Abtheilungen inZollen, Linien und 
Zehntheilchen ver linien oberhalb und unterhalb ders 
felben auf, und um die jedesmalige wahre Höhe der 
Duecfilberfänfe, die durch den Drud der Luft erhal⸗ 
ten wied, zu finden, addirt man den Stand des 
QDuedfilbers oberhalb jener Wiittellinie und unter: 
halb verfelben bis zum Niveau des Queckſilbers im 
fürzern Schenfel zu einander, Wenn man das 
Barometer bloß zur Beobachtung der Veränderungen 
des Drucks der luft für einerfey Dre braucht, fo iſt 
es hinreichend, die Unterabtheilungen der Zolle in fis 
nien und Zehntheilchen der finien, nur einige Zolle 
oberhalb und unterhalb des Standes des Quedfilbers 
in beyven Schenfeln anzubringen. Zu den Beobach⸗ 
© tungen 


374. I Theil. 6. Hauptſtuͤck. 


tungen kleinerer Theile des Maaßſtabes dient ein No—⸗ 
nius oder Verne, 
Da man fich auch des engl., rbeinl. und ſchwediſchen Maaßes 
u den Beobachtungen bier und. da bedient, fo theile ich 
Bier nab van Swinden (poht. phyſ. T. 11. ©, 107.) die 
Vergleichung derjelben mit: 
engl. rbeint. parif. ſchwed. 
313. 30 3. 13% 29 3. most, 46,52 Dec 3. 
30⸗ 2945 14484 2845 1797 0 29,66 8 
29 ⸗ 285 1,83 $ 2735 53 85 at 8 
28 $ 2735 2118 $ 264 3,27% 23,95 ⸗ 


$. 400. 3) Ben der Beobachtung des Standes 
des Duecfilbers im Barometer und der Meflung 
der fange der Queckſilberſaͤule iff es nöthig: daf die 
Möhre des Barometers vollfommen vertical hänge; 
daß bey der Beobachtung das Auge in einerley.horis 
zontaler Ebene mit der Fläche Des Queckſilbers gehal; 
ten werde; und daß man den Stand des Queckſil⸗ 
bers bey dem höchften Puncte feiner Converität er: 
meſſe. 4) Sonft gehört es noch zur Verfertigung 
genauer und vergleichender Barometer, als mefent: 
fih: daß das Queckſilber von der gröfeften Reinig⸗ 
feit fen, und daher einerlen eigenthämliches Gewiche 
in den verfchiedenen Barometern habe, welches aller» 
dings ein Hauptumftand iftz daß die Möhre allente 
halben gleich weit und ohne Rauhigkeit fen; daß bey 
dem heberfürmigen Barometer der Fürzere Schenkel 
genau parallel mit dem längern und mit. ihm vor 
gleich weitem Durchmeſſer; und endlich), daß die Roͤh⸗ 
te von gehörigem Durchmeffer fey. 
var Swinden polit. phyf. T. II. S. 94 — rı= 
$ 401. Um Heine Veränderungen des Druckg 
der $uft am Barometer recht bemerkbar zu mache r 
Kar 


Phaͤnomene ſchwerer erpanfibeler Stäfigfeiten. 275 


hat man allerley Compficationen nnd-Künftefeneit dar 
an ausgedacht. Dahin gehoͤren: J 


1) Das Auygenfbe Doppelbarometer. 


Journ. des Scav. 1672. Dec. S. 139. Oper.) phyſ. T. 
276. Mufchenbroek introd. j. 2080. — * a 


2) Das Hookſche oder de la Hire ſche Doppel⸗ 


barometer. 

‘ Hook, in den philof. transaet. No. 185. Vol. XVI. S. 241. De 
laHire, in den Mem. de l’acad, roy. des fü. 1708. €. 157. 
ff. Mufchenbroek introd, f, 2081. _ 


3) Books Radbarometer. | — 
Hook mierographia. London 1665. Fol. T. XXXVII. Fig. . 
Mufchenbroek |. 2089. 


4) Morlande ſchief liegendes Barometer. 
Mufchenbroek introd. |, 2078. } ee 
) Bernoulli’s vechtwinkliges Barometer. ' | 
Mufchenbroek |. 2083, N —F — 
Alle dieſe Abaͤnderungen des Barometers ſelbſt 
aber leiſten zu genauen Beobachtungen des Drucks 
der duft die gehofften Vortheile nicht, bringen Wer: 
mehrung der Sriction zumege, und der Einfluß dee 
Wärme und Kälte darauf laͤßt fich nicht leicht und 
genau berechnen. u —— 


de Luc Unterſ. uͤber die Atmoſph. Th. J. 
Von Reiſebarometern ſehe man: de Luc a. a. O. Ch. 
11. 4. 459. fl. GT. ©. v. Wiagellans Beichreibung neuer 
Baromerer, a. d. Franz. Leipz. 1782. 8. Lichtenbergs Dias 
gazin fiir das Neueſte aus der Phnf. B. LU. St. 3. © 98, 
D£fcription d’un barometre portatif par Mr. J..G. Sul 
zer, in den act. helvet. T. III. S, 259. ff. Beicreibung 
eines neuen Reiſebarometers, von Hra, Hurter, in£ichtenb, 


Yiagaz. B. V. St. 4. ©. 84. ff. | 


$. 402. Wenn eine Portion $uft von ber uͤbri⸗ 
gen freyen luft abgeſchnitten, z. B. in ent Gefaͤß ein⸗ 


geſchloſſen wird, ſo muß dieſer eingeſchloſſene Theil, 
S 2 weil 


- 


276. LShel 6. Hauptſtuck 


weil er vorher mit der umgebenden fuft im Gleichge, 
wichte, und durch ihren Gegendrud bis auf einen ge 
wiſſen Grad zufammengedrüdt war, eine Elafticicät 
oder eine Erpanfiofraft befißen, die jenem Drucke 
der fuft im Sreyen proportiönal ift ($. 376.). 

$. 403. Der Drud, ven ein eingefchloffenes 
elaftifches Fluidum durch feine Expanſivkraft ausübt, 
oder feine abjolute Blafticicät, läßt fich durch die Hoͤ⸗ 
he der Queckſilberſaͤule meſſen, die es in einer in die⸗ 
ſem eingeſchloſſenen Raume befindlichen torricelliſchen 
Roͤhre zu erhalten fähig iſt. 


“6 404. Es muß demnach) auch diein einem Ge- 
faͤße eingefchloffene $uft, die mit der äußern nicht im 
Gemeinſchaft ift, (bey derſelbigen Waͤrme,) das 
Duedfilber in der torricelliihen Nöhre.eben fo hoch 
erhalten, als fie es zur Zeit der Einfchließung im 
Freyen erhielt. So wird dann das Barometer zu 
einem Ziaterometer der fuft. Feder eingefchloffene . 
Theil der atmofphärifchen $uft wirft das durch feine 
Efafticität, was das Gewicht der $uft im Freyen bes 
wirft, eben weil diefe Elafticität dem vorigen Drude 
der Suft durch) das Gewicht proportional ift ($. 378.). 


$. 405. Es fen in eine Glaskugel b (Kig. 
132.), von welcher unten die wieder nach oben zu 
gefrummte Nöhre fga ausläuft, ein elaftifhes Flui— 
dum durch Queckſilber gefperrt, und das Queckſilber 
reiche in der oben bey a offenen Röhre bis g. Es iſt 
Har, daf die in der Kugel b eingefchloffene elaftifche 
sr nicht nur, wegen ber bey a offenen Röhre, 
bern 


Phänomene ſchwerer erpanfiheler Fluͤſſigkeiten 277 


ben Druck der atmofphärifchen $uft, fondern auch 
noch den Drud der Duedfilberfäule gf zu tragen has 
be, und damit im Gleichgewichte fen, und daß folg- 
lich ihre abfolure Efafticität durch die dermalige Höhe 
der Queckfilberfäufe eines daneben hängenden Baro⸗ 
meters, addirt zu der Höhe det Quedfilberfäufe ef 
gemeſſen weerde. 


$. 406. Dun läßt fi & auch leicht erklären, war⸗ 
um durch die Efafticität der eingefchloffenen stuft diefel- 
bigen Erfcheinungen des Drucdes und biefelbigen 
Wirkungen hervorgebracht werden fünnen, als durch 
den Druck vermittelt ihres Gewichts im Freyen 
($. 379 — 394.). | 

$. 407. Die in einem Gefäße eingeichlofiene 
$uft drücke durch ihre Efafticitäf gegen die Waͤnde des 
Gefäßes von innen fo ftark, als die Luft von außen ges 
gen diefelbige durch ihr Gewicht druͤckt ($. 376.), ſo 
lange fie im Innern des Gefoͤßes von der gleichen Be⸗ 
ſchaffenheit bleibt, als die äußere. . Wird aber ber 
Druck der äußern $uft größer oder Fleiner, fo kann 
fein Gleichgewicht mehr mit dem Drucke der innern 
$uft Statt finden. 


Hierher gehört das Anfchwellen einer mit wenig PN gefüllten 
Blafe unter der. Blode der Luftpumpe; das Springen des 
Waſfers aus dem Deronsballe dafelbft. 


6. 408. Wenn auf eine tropfbare Fluͤſſigkeit die 
fuff an zwey Stellen druͤckt, an der einen durch) ihr 
Gewicht, an der andern aber, in einem Gefäße ein 
gefchloffen, durch ihre Efafticität, und es wird nun 
in diefem Gefäße die $uft verdünnt: fo wird das 


278 1. Theil. 6. Hauptſtuͤck. 


Gleichgewicht gehoben; die tropfbare Fluͤſſigkeit wird 
durch den Druck der aͤußern luft in das Gefäß getrie⸗ 
ben und ſteigt ſo hoch, bis der ſenkrechte Druck der 
aufgeſtiegenen Saͤule und die Elaſticitaͤt der daruͤber 
ſtehenden luft das Gleichgewicht mit dem Drucke der 
äußern luft halten. 


Es werde eine Flaſche von elaftifhem Harze, die zufammenges 
drüdet iſt, mit ihrer offenen Mündung in ‚Wafler gehalten. 
So wie fie ſich weder ausdehnt, wird dıe Luft darin vera 
dünnt, und das Waſſer ſteigt darın empor, 


$. 409. Hierauf gründet ſich auch) die Wirfung 
ber Sauagpumpen (Antliae alpirantes, fuctoriae), 
in melchen durch den einfeitigen Druck der fuft auf 
die Släche des liquidums dieſes in den. Stiefel der 
Pumpe emporgehoben wird. Die gröfiefte Höhe, zu 
welcher das liquidum darin durch den ganzen Druck 
der Luft erhoben werden Fann, ift die, in melcher eben 
dieſes liquidum in einer torricelliichen Roͤhre ſtehen 
wuͤrde. Daraus folgt denn, daß eine und dieſelbige 
Fluͤſſigkeit an hoͤhern Orten durch die Saugpumpe nicht 
fo hoc) erhoben werden koͤnne, als in niedrigern ($. 
384.), und daß bey unverändertem Drucke der $uft 
die fpecififch ſchwerere Fluͤſſ igfeit darin nicht fo hoch ges 
teieben werde, als die fpecififeh leichtere, fondern daß 
die Höhen, zu welchen Stüffigfeiten ungleicher Art 
ducch gleichen Druc der fuft darin empor gehoben 
werden können, ſich umgefehrt verhalten wie ihre 
eigenthümlichen Gewichte ($. 329.) 
Dieter aebört auch eine ſchon von Muſchenbroek vorgefchlanes 
e Methode , die eigentbiümlichen Gewichte der —— 
ten aus den Hohen zu beftimmeny zu welchen fie durch eis 


erled Drud der Luft erhoben Buben. Das von ibm bes 
ſchrie⸗ 


Phaͤnomene ſchwerer erpanfibeler Flüfigkeiten. 279 


fehriebene Werkzeug kommt mit dem überein, welches fpär » 
terhin Scanegarty, tarer dem Namen Hygroclimaz, und 
danu auch Achard ur neu ausgeben, 
Mujfchenbroek introd, ad philof. natural. T. 11. $. 
1395. T. KXIX. Fig. 14. T. XXXII. Fig. ii. 
Scanegxty im Journ. de phyf. T. XVIl. ©. 82, 
Achards Borlefungen uber die Experimentalphyſik. 
Ch. l. ©, 164. * 
4. 410. Ferner gründet ſich auf dieſes gehobene 
Gleichgewicht und den daher entſtehenden einſeitigen 
Druck der luft ($. 407- 408.) die Witfung des 
Saugens der Kinder, benm Tobafrauchen, u. f. w.; 
der Mechanismus benm Trinken, beym Achmen; bie 
MWirfung der Schröpftöpfe (Cucurbitulae fcarifica- 
toriae); das Fuͤllen der Diafebälge mit luft; die 
Wirfung des Stechbebers (Antlia oinopolarum); 
Sturme intermittivender Brunnen. 


Muſchenbroek a. a. D. J. 2114. 


411. Wenn die $uft in einem Gefäße zuſam— 
mengedruͤckt oder auch mehr luft in das Gefaͤß ge— 
zwaͤngt wird, fo waͤchſt ihre Dichtigkeit, und zwar 
im umgefehrten Berhaltniffe ihres Raumes (N. 52.); 
es waͤchſt aber auch ihre Elaſticitaͤt ($. 374), und 
der Druck, den fie im mehr verdichteten Zuftande 
durch ihre Erpanfivfraft ausübt, ift eden fo groß, als 
den fie ben derfelbigen Dichtigfeit im Steyen ausuͤben 
wuͤrde ($. 404.). 


$. 412. Der Drud der in einem Gefäße einge: . 
ſchloſſenen und comprimirten luft gegen die Wände des 
Gefaͤßes, und überhaupt gegen das Hinderniß ihrer 
Erpanfion, verhält fich demnach) (ben gleicher Wärme) 


jum Drucke ver äußern. $uft, wie.die Dichtigkeit. von 
j jener 


290° Lei 6. Hauptſtuck 


jener zur Dichtigfeit von diefer, oder wie Die Anzahl 
der Verdicdytungen zur Einheit. Wenn alſo die fuft 
in einem Gefäße doppelt fo. dicht ift, als die äußere, 
bey übrigens gleicher Wärme, ) fo ift es eben fo gut, 
als ob die Luft im Gefäße die Dichtigfeit der aͤußern 
$uft hätte, auswendig -aber alle $uft weggenommen 
wäre. 
war Swinden pohtiones phyl. T. II. f. 254, ff. 

$6. 413: Zur bequemen Zufammenpteflung ber 
Suft dient die Drucdpumpe oder Lompreflions: 
pumpe Die Winklerfebe Drudpumpe vereinigt 
Einfachheit mit Bequemlichfeit, und ich bediene mich 
ihrer mit einigen Abänderungen. 


winklers Anfangsar. der Phyſ. Leipz. 1744. 8. ©. 130. ff.' 
En, —— Waſchine beſchreibt Wolf (Nuͤtzl. Verf. Ch. If. 
“ 4. * 


$. 414. Auf ven vermehrten Druck der einge 
ſchloſſenen comprimirten $uft gründet fih die Wir⸗ 
fung und Einrichtung 


ı) des Heronsballes (Pila Heronis) und des 
Fonticulus compre/fonis. 
Mufchenbroek a.a. O. j. 2110. 
2) Des Seronsbrunnene an Hivaslı): 
Mufchenbroek a.a. D. j. 2110. 
3) Der Windbüchfe ( Sclopeta — 
AMu/chenbroekx a, a, D. ff. aııı. 2113. 
4) Der magifchen Tonne. 
Barftens Anfangsgr. der Naturwiſſenſch. $. 288. 


$. 415. Die Erfahrung lehrt, daß die Räume, 
zu welchen einerley Maſſe von Luft bey fich gleich 
blei⸗ 


\ 


Phänomene ſchwerer erpanfibeler Fluͤſſigkeiten. 28x 


bleibender Temperatur durchs Zufammenpreffen ges 
bracht werden kann, fich umgekehrt verhalten, wie 
die drückenden Kräfte oder Gewichte; und zwar erges 
ben die Verfuche diefes Geſetz, welches das Boyle'ſche 
oder Mariottiſche Geſetz heifit, fo wohl ben der vers 
dichteten als bey der verbünnten „atmofphärifchen 
luft. 


Rob. Boyle defence againlt the objections of Linus, Lond. 
1662. 4. (cap. V .) 


 Mariotte eſſay de logique. à Paris 1678: ©. er. 


59. 416. Um diefes Gefeß für duͤnnere fuft, als 
die gewoͤhnliche atmefphärifche ift, zu beflätigen, 
läßt fich die Erfahrung auf folgende Arc anftellen. 
Es ſey AB (Sig. 133. ) eine mit Quedfilber gehörig 
‚gefüllte, gleich weite, torricellifche Röhre, die in dem 
Gefäße B in Queckſilber vertical fteht. Das Queds 
filber reiche darin durch den Druck der äußern luft 
bis C, und CB fey alfo die dermalige Barometerhöhe, 
AC die torricellifche feer.. Man laffe nun eine Pors 
tion dieſer fuft, die für fi) unter dem dermaligen 
ganzen Druce der $uft den Raum AD meffen würde, 
in die Roͤhre hinauftreten. Der Erfolg wird feyn, 
daß das QDuedfilber in der Möhre nicht ‚bis D, 
fondern tiefer herabfinfen wird, 3. B. bis E, und 
daß folglich die $uft fih von dem Raume AD zu dem 
Raume AE ausdehnen wird. Die Efafticität diefer 
dünnern $uft zufammen mit dem Gerichte der Queck⸗ 
ſilberſaͤule EB fichen im Gleichgewichte mit dem Drude 
der Atmofphäre oder der gleich geltenden Queckſilber⸗ 
faule CB; folglich ſteht auch der eingefchloffene Luft⸗ 

V raum 


* 
w 


282 1. Theil. 6. Hauptſtuͤck. 


raum AE allein im Gleichgewichte mit einer Onedfil: 
berfäule von der Höhe CB weniger der Höhe Kb, oder 
von der Höhe CE. Es fann demnad) das Gewicht 
ber äußern fuft, das die verdünnte fuft in AR zu: 
fammendrüdt, durch das Gewicht der Queckſilber⸗ 
faule CE ausgedrüdt werden. Wird der Verſuch 
mit der gehörigen Genauigkeit angeftellt, fo verhalten 
fid) die Räume der $uft AD und AE, tie Cu zu QE, 

‘ oder umgefehrt wie die refpectiven auf fi ie brügfenden 
Gewichte. 


— a. O. J. 2104. 's Graveſande hat zur Auſtellung 
des Verſuchs einen genauen RE befoprieben (elam. 
- phyf. $. 2102. ff.). 

Sonſt läßt ſich der Verſuch auf eine leichtere Weiſe auch 
fo anstellen, daß man die Glasrohre zum torricelliſchen 
Verſuche (9. 379) nur zum Theile mit Queckſilber füllt, 
und darüber Luft ſtehen laͤht, dann ihre Oeffnung mit dem 
Finger: zuhaͤlt ‚die Röhre umkehrt, die Luft in. das an⸗ 
dere Ende der Roͤhre treten laͤßt, und die Laͤnge des Rau⸗ 
mes mißt , den fie einnimmt; hierauf die mit dem Finger 
geiclofiene Deffnung in das Gefäß mit Quedfilber bringt, 
den Finger wegzieht und vie Höhe merkt, in der das 

Quec ſilber durch den Drud der änfern Luft darin zuruͤck⸗ 
bleibt. Es verftebt fih, daß man bierbey allen Einfluß 
der Wärme auf die eingefchlofiene Luft vermeiden muß. 


£ 417. Für die verdichtere fuft läßt fih das 
Geſetz auf folgende Art leichter durch Verſuche bewei— 
fen. Es fen PONM (Sig. 134.) eine gekruͤmmte, 
allenthalberr gleich, weite gläferne, Nöhre, deren Schen⸗ 
fl MN und PO genau parallel laufen; fie fen im IM 
geichlofien, in P aber offen, Es fey etwas Queckſilber 
in diefelbige geſchüttet und fülle ven Theil NO der- 
felben an, wodurch nun die $uft in NM dadurch ges 
ſperrt iſt. Wenn das Duedfilber in N in gleicher 
Höhe ſteht mit dem in O, ſo hat die fuft in NM Das 
— der Queckſilberſaͤule zu tragen, welche der 
dermo⸗ 


— 


Phaͤnomene ſchwerer erpanfibeler Flüffigkeiten. 283 


bermaligen Barometerhöhe = a correfpondirt. Man . 
gieße nun mehr Quedfilber in die Röhre PO, z. B. 

bis zur Höhe X, fo wird die fuft im Schenfel MN 
dadurch ftärfer zufammengepreft und z. B. den Eleinern 
Raum MZ einnehmen. Man ziehe die Horizontale 
linie ZF, fo ift klar, daf die in MZ eingefchloffene 
luft jeßt das Gewicht der Queckſilberſaͤule von der 
dermaligen Barometerhöhe — a und der Quedfil- 
berfäule XF zufammen zu fragen habe. Ben genau 
angeftelltem Verſuche aber, und gleich bleibender Tem: 
peratur, wird der Raum MZ, den die ftärfer zus 
kmmengedrücte $uft jegt einnimmt, zudem Naume 
MN, ven fie vorher einnahm, fic) verhalten, wie a 
ju XF + a; folglich umgefehre wie die refpectiven 
auf fie drückenden Gewichte. 

Mufchenbroek a. a. D. j. 2105. 


$. 418. Die Abweichungen, die einige bey ihren 
Erfahrungen hierüber gefunden haben wollen, fom= _ 
men auf Nechnung von Sehlern, die bey Anitellung 
diefer Verſuche leicht. möglich find, fo wohl in Anfe: 
bung der Meffung, als beſonders des Einfluffes der 
Wärme und Seuchtigfeit. | 
var Swinden pohtiones phyſ. T. II.-$. 263. 

$. 419. Muſchenbroek fand das Mariottifche 
Geſetz bey einer vierfachen, und Winkler ben einer 
ahtfachen Verdichtung der geröhnlichen luft noch) 
zutreffend. Wie weit es aber überhaupt ben den. 
möglichen Graden der Verdichtung oder Verbünz 
nung der $uft noch zutreffe, das willen wir nicht. 
' Mufchen» 


284 I. Sheil. 6. Hauptftäd. 
7 — a a. O. . a2107. Gehlers phyſ. Woͤrterb. Th. IL. 
. 15. 


Wenn Luft ganz ine Innere der Erde dringt und mit der 
äußern Luft in Communication ift; und wenn das Mariots 
tifhe Geſetz dafür noch immer geltend bleibt: fo müßte 
dieſe Luft weiter hinab immer dichter nub dichter werden, 
und endlih das fpecifilhe Bewicht des Goldes erlangen 
und darüber, und — bey einer Tiefe, die noch 
nicht den achtzigſten Theil des Radius der Erde betrüge. 

$. 420. Es ift nach der Natur der erpanfibeln 
Fluͤſſigkeiten wahrſcheinlich, daß das Mariortifche Ge: 
feß auch bey andern Gasarten Statt finde; wenig⸗ 
ftens fcheinen einige ſchon angeftellte Verſuche dies zw 
beftätigen. | 


ı Felix Fontana opuscules phyfigues et chymiques. à Paris 
1784. 4. ©. 126. Herbert disf. de aöre Auidisque ad 
aöris genus pertinentibus. Vienn. 1773. 8. ©. 96. ff. 


$. 421. Da fich die Dichtigfeit einer Materie 
umgefehrt verhält, wie die Räume, die fie einnimmt 
($. 52.), fo folgt aus dem Mariottifchen Gefege, 
daß die Dichtigfeie einer elaftifchen Fluͤſſigkeit, bey 
fbrigens gleichen Umftänden, fich verbalte, wie Die 
auf fie druͤckenden Kräfte oder Gewichte, 


$. 422. Weil ferner die Erpanfivfraft oder 
Elaſticitaͤt einer elaftifchen Stüffigfeie der fie zufam= 
mendruͤckenden Kraft proportional ift ($. 376.), fo 
muß fie fich auch, bey übrigens gleicher NBärme, ver⸗ 
haften, gerade wie die Dichtigfeit, und umgefehrt wie 
die Räume, die fie einnimmt. 

$. 423. Ein efaftifches Fluidum, welches blog 
feiner Erpanfivfraft in der Verbreitung folgte, müßte 
fi) ins Unendliche verbreiten, weil die Auspan- 
nungsfraft fich nicht dutch fich felbft befchränfen farın 


Phänomene ſchwerer erpanfibeler Flüffigkeiten. 285. 


(6. 39.)3 es würbe alfo feine dauernde Atmofphäre 
um unfere Erde bilden koͤnnen. Wenn aber das 
elaftifche Fluidum zu gleicher Zeit auch ſchwer ift, 
fo wird durch Die Schwerkraft deſſelben feine Be: 
fhränfung möglich, indem die Schwerfraft feiner 
Theile mit der Entfernung von der Erde in einem weit 
geringern Verhältniffe als die Erpanfivfraft bey fei- 
ner Verbreitung abnimmt. Gene nimmt nämlid) im 
Verhältniffe des Duadrats der Entfernung vom Mit⸗ 
telpuncte der Erde ab, dDiefe hingegen nimmt ab ım 
Berhäftniffe des Cubus diefer Entfernung; und fo 
muß endlich die Erpanfiofraft mit der Schwerkraft 
ins Gleichgewicht kommen und durch dieſe befchränft 
werden. 


Es bilde ein ſchweres elaſtiſches Fluidum eine Sphäre ABDE 
( $ia. 135.) 5 ıbr Radius fen AC, und C der Punctz genen 
welben die Schwerkraft aerıchret if. Drefe Gphäre breite 
fih zu der arößern FGHI aus, deren Radius FC= :AC. 
it. Das elaftıfbe Flutdum wird num einen Raum ertüls 
len, der gmal aröger ıft, als der vorige; denn dei Maus 
mesinbalt der Kıraeln iſt den Eub's ıbrer Halbweſſer 
gleich. Es iſt alfo der Naumestubalt der Sphäre FGHI 
zu dem der Sphaͤre ABDE, wie FO: AU = 2:1 = 
3:1. Wer fih nun die Erpanfinfraft des elajtiichen Flais 
dums umgekehrt verhält, wie der Raum, zu welchem es 
fib ausbreitet (f. 422.), fo muß die Erranftofroft eines 
Antbeils deſſelben an der Grenze der Ephäre F small 
Heiner fenn, als am der Grenze der vorigen Sphate A, 
Die Schwerfraft nimmt hingegen nur ab, wie das Duas 
drat der Entfernungen von C, und es mnf daber dieſelbe 
in einem Antherle des Flutdumt an der $rermic der Erbäre 
F aeaen die Schwerkraft deffelben an rer Grenze dere 
Erhäre A nur vermindert ſeyn in dem Berhältn.fje von 
FCa2: AC’=2?: 1! — 41. 


Die Unterſuchung und naͤhere Beſtimmung uͤber die Ab⸗ 
nabme der Dichtigkeit der Schichten der Atmoſphaͤre unſe⸗ 
rer Erde mit der Zunahme der Hoͤhen nach dem Mariottis 
ſchen Gefere, und die darauf gegründete Merbode, die 
Hoͤben der Derter durchs Baromerer zu meflen, fünnen bier 
noch nicht vorgetragen werden, fondern finden am beften 
den Plaß in der Folge bey der fpecrellen Betrachtung der 
Atmofphäre unferer Erde, 

$. 424. 


36 Lil 6. Haupiſtͤck. 


$. 424. Die Wirkungen des Druckes der luft 

durch ihr Gewicht und ihre Efafticität hat man bes 
fonders erjt durch die Luftpumpe (Antlia pneu- 
matica) fennen gelernt. Sie tft die Erfindung eis 
nes Deutfchen, des Magdeburgifchen Burgemeifters 
Otto von Guerike. Er ftellte feine, nach der dar 
maligen Zeit fehr merkwuͤrdige, Verſuche zuerft int 
Jahre 1654 Öffentlich zu Negensburg, in Gegenwart 
des Kaifers. Ferdinands des Dritten und mehrerer 
deutſchen Meichsfürften an.  Cafpar Schott machte 
diefe Verſuche zuerft bekannt. Aus‘ feiner Schrife 
fernte fie Robert Boyle, der nachher dieſe Erfindung 
mit einigen Veränderungen noch mehr verbreitete. 


Cafp. Schotti ars mechanico - hydranlico - pnenmatica. 
" Herbip. 1657. 4. Otton. de Guerike experimenta nova, 
ut vocantar, magdeburgica, de vacno ſpatio. Amfte- 
laed. 1672. Fol. Rob. — nova experimenta phyſico - 
mechanica de- vi aeris elaltica et eiusdem effectibus; 

ex angl. transl, Genev. 1680. ; im feinen operübus. 
6. 425. , Das Wefentliche der fuftpunipe befteht 
aus einem hinlänglic) ftarfen metallenen Eylinder oder 
dem Stiefel, der inwendig fo genau als möglich von 
gleich weitem Durchmeſſer ift, und in welchen ein 
genau paffender Stempel (Embolus) bequem auf: 
und niedergefchoben werden fann. In den Boden 
des Stiefels tritt eine Nöhre, welche durch einen Tel: 
lee geht, auf welchen man ven Recipienten oder Das 
Gefäß aufſetzt, aus welchem die $uft ausgepumpr 

werden joll. | 


$. 426. Wenn der Stempel von dem Boden 
des Stiefels in die Höhe gezogen wird, fo triee die 
Ä | tuft 


* 


Phänomene ſchwerer expanſibeler Fluͤſſigkeiten. 287 


$ufr unter dem Recipienten, der auf den Teller der 
fufepumpe genau anschließen muß, wegen ihr®® Ela; 


ſticitaͤt durch Die Röhre in den Stiefel, und die $uft 


wird. aflo unter dem Mecipienten verdünnt. Beym 
Zurücftoßen des Stempels in den Stiefel darf num 
die buft nicht wieder unter den Necipienten treten, 


fondern es muß die Einrichtung getroffen feym, daß. 


die tuft einen andern Ausgang finden fann. Iſt dies 
geichehen und wird der ‚Stempel vom neuem: in die 
Höhe gezogen, fo wird die Luft unter dem Mecipienz 
ten abermals wieder in den Stiefel treten, und fol 
cher Geftalt ben wiederholter Arbeit immer mehr und 
meh! verduͤnnt werden. Ge größer der Raum des 
Eylinders in DVergleihung mit dem Recivienten ift, 
defto ftärfer und ‚fchneller gefchieht auch die Verduͤn⸗ 
nung. | j 
4. 427.- Um beym Zurüdftoßen des Stempelg 
die in den Stiefel gerretene $uft zu nöthigen, einen 
andern Ausweg zu finden, und zu verhindern, daß 
fie nicht wieder in den Necipienten zurücktreten Fann, 


. dient entweder ein Hahn in der den Stiefel mit dem _ 


Teller verbindenden Möhre, der auf eine doppelte 
Art durchbohrt ift, und hiernach behm Heraufzichen 
und Herunterftoßen des Stempels jedesmal gedrehet 
werden muß, oder es.find Ventile angebracht, eines 
im Boden des Stiefels, und eines in dem Stempel, 
die fich bende aufwaͤrts Öffnen, . Ben den Luftpumpen 
mit einem Hahne ift der Stiefel gewöhnlich und wegen 
der mehrern Beauemlichkeit liegend, entweder ganz 
horizontal, Mer ſchief gegen ven Horizont; ben denen 

I mit 


\ L 


38 I Theil. 6. Haupiſtͤck. 


mit Ventilen ift er ſtehend, und fie heißen deswegen 
auch wöhl verticale Luftpumpen. Dan hat diefe au) 
mit zwey Eylindern, die fich in der gemeinfchaftlichen 
Möhre des Tellers endigen und zum fchnellern Auss 
pumpen fehr bequem find. Sonſt find bey allen die⸗ 
fen Suftpumpen mancherlen Vorrichtungen angebradjt 
goorden, den Stempel in dem Cylinder bequemer aufs 

und niederzubemegen. Um übrigens in den Raum 
unter dem Necipienten auf dem Teller wieder bequem 
Uuft laffen ‚zu Eönnen, muß die Verbindungsröhre 
ztoifchen dem Stiefel und dem Teller mit einem Hahne 
oder Wirtel verfehen feyn. 


6. 428. Seit der Erfindung ber $uftpumpe 
durch Otto von Guerike und ihrer erfien Verbefle- 
zung durch Rob. Boyle ift man häufig bemüht ger 
wefen, dem Werkzeuge theils mehrere Vollkommen⸗ 
heit, theils mehrere Bequemlichkeit zu geben. Diefe 
Bemühungen haben aber auch zum Theile das Inſtru⸗ 
ment complicirt gemacht. Auf die Verſchiedenheit 
der Einrichtung des dabey angemwendeten Mechanis: 
mus gründen ſich verfchiedene Arten der $uftpumpen, 
wovon ich bier nur die gemwöhnlichern und die neu⸗ 
ern nenne: 


1) Senguerds Luftpumpe. Sie ift mit einem 
Hahne und fchief liegend oder horizontal, und die ges 
zahnte Stempelftange wird vermittelft eines Kreuze 
hafpels aus: und eingewunden. 


wolfs nüglihe Verf. Sp, 1. S. zıa, ff. # 
2) 


Phänomene ſchwerer erpanfibeler Flüffigkeiten. 289 


2) SawFeber's Luftpumpe. Cie ift mit dop- 
pelten, ftehenden, Stiefeln und mit Ventil. Die 
bezahnten Kolbenftangen werden durch ein Stirnrad 
. bermittelft einer Kurbel auf = und niedergewunden. 


Acta eruditorum, Supplem. V. S. 93, Er | 
Hawksbee experiences phyfico - m&caniques, trad, de I’ Angl. 


a Paris 1754. a Vol, 8. 

3) Leupolds Luftpumpe. Sie iſt von ber vos 
rigen dadurch unterfchieden, daß die Kolbenftangen 
an einer Art Waagebalken durch einen voppelarmigen 

Hebel auf- und niedergedrückt werden. 


Acta eruditor. 1713. ©. 95. Leupolds deutliche Beſchreibung 
der fo genannten Luftpumpe. Leipz · 1707. 4. Erſte Forts 
feßung. 1711. 4. 


) 
J 


4) Nollets einfache und doppelte Luftpumpe, 


Sie haben die Einrichtung, daß einerlen Mechanis: 
mus, welcher die Kolben zu bewegen dient, auch ven 
Hahn jedesmal in die rechte Stellung verſetzt. 

Nolle: „in 'ven Min. de P ucad. roy. des ſe. 1740. ©, 385. 
und 567.5 1741. ©. 338.; ungl, in. den Legons de Phyf. 
experim. T. III. Leo. X.' Rarftens Lehrbegriff der gef. 
Mathematik, Tb. VI. ©. 432. t1. 

s Gravefande’s einfache und derpelte £nftpumpe find 
im Weienrlihen den Nolletſchen aͤhnlich, nur mehr zufams 
mengelcht. J 

Joh. von Wiufchenbroef Beſchreibung der doppelten und 
einrachen Yıfıpampe, m.d. Franz. uͤberſ. von M. Job, 


Chriitoph Thenn. Aussb, 1765. 8. Rarſtens Lehrdegr. 
Tu. vi. ©. 439. ff. \ a 


53) Smeatons Luftpumpe, mit Bentifen, und 
fo eingerichtet, daß fie auch zum Zuſammendruͤcken 
der Luft angewendet werden kann. 

A Letter from M. J. Smeaton, concerning ſomo improve- 

“ ments made — in the air- pump; in den philaf- 

transact. Vol. XLVIl. © 415 ff. Rarſtens Yehrbeariff der 


Maͤthem. Th. VI. ©. 443. ff. Ebendeſſelben Aufangsgr. 
der Naturlı$, 232. ff. er 
| : -& Einige 


— 


* 
— 


290 1. Theil. 6. Hauptftüc. 


Einige Berkeierungen diefer Luftpumpe hat Hr. Leiſte 
angegeben. ( Gefchreibung einer neuen Luftpumpe. Wol—⸗ 
fenbuüttel 1772. 4.) . 


Die Emeatonfhe Luftpumpe, mit den von Nairne und 
8 Blunt angebrachten Verbeſſerungen, befchreibt Hr. Lich» 
tenberg. (Erxrlebens Aufangsgr. der Naturfehre, gte und 
ste Aufl. nad der Vorrede.) 
6) Cutbberſons Luftpumpe ohne Hähne und 
Ventile, mit Stöpfeln und Dehlladen. 
Beſchreibung einer verbeflerten Luftpumpe, von Joh Cuth⸗ 
berfon, a.d. Engl. Mannheim 1788. 8. 
7) Schraders Luftpumpe, mit metallenen Re: 
gelventilen. 
Beichreibung einer neuen und vollkommenen Finrichtuna der 


Journ. d. Phyf, 8. III. ©. 357. ff. 


As eigenthämliche Arten der fuftpumpen find fol- 
gende anzufehen: 
8) Baaders Luftpumpen mit Quedfilber. 
a) BpoRcatifches Tagebuh, von Zübner. I. Jahrg. 1784. 
. 650. u 
:b) Grens Journ, d. Phyſ. B. Ih. ©. 346. ff. 


9) Sindenburgs Luftpumpe mit Queckſilber. 
Antliae novae hydraulico - pneumatieae mechanilmus et 
defcriptio, auct. C. F. Hindenburg. Lipf, 1787. 4 
6. 429. Zu den Erforderniffen einer guten $uft- 
yumpe gehört: daß fie die $uft fo viel als möglich 
verdünne; daß dies fchnell genug gefchehe; daf fie 
jur Anftellung der ;nöthigen Anzahl von Verfuchen 
geſchickt und von einfacher Conftruction fey; und daß 
fie feinen zu großen Aufwand von Kräften ben der Be: 
wegung der Stempel erfordere. 
Eine Vergleihung der mebreften der (4. 428.) angeführten 
Luftpumpen nach diefen Erforderniffen, ſehe man bey 
Ze" war Swinden poät. phyl. T. 11. ©. 143. ff. 
17 | G. 430. 


uftpumpe. Flensb. und Leipz. 1791. 8. und in Grens . ı 


Phaͤnomene ſchwerer erpanfibeler Flüffigkeiten. 291 


$. 430. Zu den Recipienten bey der Luftpumpe 
bedient man ſich in den mehreſten Faͤllen glaͤſerner 
Glocken von hinlaͤnglicher Staͤrke, deren Gewoͤlbe 
der aͤußern $uft widerſteht, wenn der Druck derſelben 
durch die Verdünnung der luft unter der Glocke ein⸗ 
feitig wird. Um das Eindringen der äußern $uft 
zroifchen dem Nande der Ölode und dem Teller zu 
verhüten, dient ein naß gemachtes Leder, ın deffen 
Mitte ein loch für die Deffnung im Teller if. Der 
Rand der Glocke muß recht eben und glatt-gefchliffen 
ſeyn. Man drüdt fie anfangs. etyas auf den Teller 


auf, bis fie hernach bey meiterm Fortpumpen durch 


den Drucd der Atmofphäre feft genug anſchließt. Wo 
aber. die Zeuchtigfeit des Leders ſchaͤdlich ſeyn koͤnnte, 
bedient man fich eines guten Küttes. Sonſt verbine 
det man auch andere Gefähe, aus denen man bie 
fuft auspumpen will, durch Zapfen mit Schrauben: 
muttern, die in den Schraubengang der Verbin; 
dungsröhre des Tellers genau paflen, und bringt 


auch noch mit Dehl getränftes leder dazwiſchen. Um 


diefe Gefäße. mit der verduͤnnten $uft von ber luft—⸗ 
pumpe abzunehmen, dient ein genau fihließender 
Hahn in dem Zapfen. : 

Bon der nöthigen Einrichtung des Necipienten, um verfchies 
dene Berweaungen darunter vornehmen zu koͤnnen, ſ. 

* Gravefande elem. phyl. J. 2476 — 2484. 
$. 431. Durch die $uftpumpe kann man kei⸗— 
nen vollfommen iuftkeeren. oder torricelliihen Raum 
($. 379.) hervorbringen, fondern eigentlich nur eine 
farfe Verdünnung der fuft. Die Dichtigkeis der luft 
| T 2 unter 


— 


292 1 Theil 6. Hauptſtuͤck. 


unter dem Metipienten nimmt in geometriſcher Pro: 
greſſion benm aleichförmigen Auspumpen ab. Ben 
gleich arofen Zügen verhält fih ihre Dichtigfeit vor 
jedem. Zuge zur Dichtigfeit nad) jedem Zuge wie der 
Raum, in den fie fih nach dem Zuge ausbreiter, zu 
dem Raume, an dem fie vor dem Zuge ‚eingefchloffen 
war. 

$. 432. Die Verduͤnnung der luft unter dem 
Recipienten der Inftpumpe, oder eigentlich die Elaſti— 
eität der darunter befindlichen erpanfibeln Slüffigkeit, _ 

was oft Wafferdampf ift, beurtheilt man durch Kiate: . 
tometer. Dahin gehört: Tr) eine Barometerröhre, die 
mit ihrem obern offenen Ende durch den Teller der luft⸗ 
pumpe luftdicht tritt und folcher Geftalt mit dem 
Raume des darauf ftehenden Necipienten in Gemein: 
ſchaft iſt, deren unteres offenes Ende aber in einem 
hinlänglich weiten Gefäße mit Queckſilber fteht, von 
defien Oberfläche an eine genau eingetheilte Scale an- 
gebracht, und woran die Barometerrdhre felbft befe- 
fige if. Wenn nun die-$uft unter dem Recipienten 
verduͤnnt wird, ſo wird fie es auch in dieſer Baro- 
meterröhre, und der Drud der aͤußern $uft treibt das 
Duedfilber darin in die Höhe. - Aus der Höhe des 
Queckſilbers darin, abgezogen von der dermaligen Ba⸗ 
rometerhöhe, ergiebt fich das Verhaͤltniß der Elafticirät 
des elaftifchen Sluidums unter dem Recipienten. Dieſer 
Eiafticirätszeiger fcheint vor andern deshalb Worzige 
zu haben, weil dadurch gleich vom Anfange an die 
Grade der Berdünnungder Luft beurtheilt werden fünz 
nen, und die Luft, Die fich etwa aus dem Queckſilber 
ent⸗ 


Phänomene ſchwerer erpanfibeler Friffiafeiten. 293 


entwickelt, hierbey nicht nachtheilig wird. "Wenn das 
obere Ende der Barometerröhre zur Seite gekruͤmmt 
nicht ın den Teller, Sondern in deifen Communica— 
tionsröhre tritt, fo ift es noch vortheilhafter, und 
auch) da zu brauchen, wo man auf die Röhre die Ge— 
füße, worin ‚die $uft verdünnt werden fol, aufs 


ſchraubt. 
Graveſande a. a. D. 6.i51. 


$. 433. 2) Die gewöhnliche Barometer⸗ 
probe, eine furze, mit Queckſilber gefüllte, oben 
gefchloffene, unten offene, Glasroͤhre, die mit ihrem 
untern Ende in einem Ölafe mit. Quccffilber ftcht 
und mit einer Scale verfehen tft. Das Quedfilber 
fängt erft an, darin zu fallen, wenn die $yft unter 
dem Mecipienten bis zu einem gewiſſen Grade der 
Berdünnung gekommen ift. Die Höhe des darin zut+ 
ruͤckbleibenden Ducdfilbers wird als Maafftab für 
die Elaſticitaͤt angeſehen. Wenn aber auch das Queck⸗ 
ſuber in dieſer Röhre ausgekocht worden iſt, fo ver— 
miſcht es ſich doch bey ſeinem Fallen nachher mit dem 
Queckſilber des Gefaͤßes, wodurch beym folgenden 
Gebrauche das Queckſilber darin wieder lufthaltig iſt, 
und fo die Probe unrichtig macht. | 

$. 434. Beſſer ift daher 3) die beberförmige 
Baromererprobe, oder ein abgefürztes heberförmi: 
ges Barometer, welches ausgefochtes Queckſilber 
enthaͤlt. Man beurtheilt hier ebenfalls die Elaſticitaͤt 
des Fluidums unter dem Recipienten aus der Hoͤhe 
der Queckſilberſaͤule in dem geſchloſſenen Schenkel uber 
dem Niveau des ne in dem offenen Sc): el. 
| $. 435. 


- 


24 1. Theil. 6. Hauptftüc. 


. 435. 4) Smeatons Klafticitäteseiger. In 
einer heberförmigen, gläfernen, gleich weiten Nöhre 
CBAG (Sig. 136.), deren kuͤrzerer Schenfel ge: 
ſchloſſen, und deren längerer bey G offen ift, befindet 
fih Queckſilber, z. B. von J bis D, und ber Theil CD 
enthält fuft. Wird nun die $uft im Raume des Re⸗— 
cipienten, worin fi) der Elafticitätszeiger befindet, 
verduͤnnt, fo dehnt ſich die fuft in CD durch ihre 
Flafticität aus, und das Quedfilber fteigt im längern 

Schenkel, bis Gleihgewicht da ift. | 

l tif Geſetzes läßt ſich die Verduͤ 

3 ein She en in A Elafice 
tätszeiger nah van Swinden auf folgende Weife beurtbeis 

len. &s ſey dan Queckſilber im fürzern Schenkel von D 

bis B herabgedrüdt; es fey CD = a; b fen die dermas 
lige Barometerböhe; IE = c fen die Höhe des Queckil⸗ 


ber6 über dem vorigen Nioeau, oderrüber dem Anfange der 
Scale, und gleich DB; x zeige an, wie — die Luft 


at 0 
im Recipienten dünner ſey: fo iſt x = — ——— 
van Swinden poſ. phyſ. T. 11. ©. 153. 


$. 436. Alle diefe Proben zeigen eigentlich an, 
wie vielmal minder 'elaftifch die erpanfibele Fluͤſſigkeit 
untet dem Mecipienten fen, als die $uft, die vor dem 
Auspumpen darunter war; aber fie geben keinesweges 
die Verduͤnnung der noch übrigen atmofphärifchen 
fuft an, außer wenn man annehmen dürfte, daß fich 
gar Fein anderes elaftifches Fluidum darunter gebildet 
hätte. Dies ift aber nicht der Fall, fondern es erzeuge 
fih) Dampf aus der Feuchtigkeit, dem Dehle, u. dergl., 
der als elaftifches Fluidum die Elafticitätsmeffer affi⸗ 
eirt und. macht, daß fie einen geringern Grad der 
Verdünnung der $uft angeben, als diefe wirflich erlice 

ten 


Phänomene ſchwerer erpanfibeler Flüffigkeiten. 295 


ten hat, und als fie angeben wurden, wenn fich Feim 
Dunft gebildet hätte. 7 
$. 437. Um die wirkliche Verduͤnnung der luft 
unter dem Recipienten zu erfahren, braucht man die 
Smeatoniſche, fo genannte, Bitnprobe, ein glaͤ⸗ 
ſernes, birnfoͤrmiges Gefäß, das unten offen iſt 
und fich oben in eine genau cylindriſche Röhre endigt, 
deren Inhalt einen genau beftimmten aliquoten Theil 
des ganzen Snhaltes des Gefaͤßes ausmachr und 
wiederum in Fleinere Abtheilungen getheilt if. Man 
hängt die leere Probe an einen beweglichen Stift, der 
duch eine federbüchfe in dem Gewölbe des Recipienten 
geht und dadurch herauf - und herabbewegt werden 
kann, unter den Mecipienten über einem Gefäße mit 
Duedfilber duf, pumpt die luft fo ftarf als möglich; 
aus dem Necipienten aus, druͤckt dann die Birnprobe 
mit ihrer offenen Mündung in das Queckſilber tief 
genug hinab, und läft num wieder die Aufere fuft 
unter den Mecipienten treten. Jetzt drückt diefe das 
Queckſilber in den Raum der Birnprobe hinauf, zu⸗ 
gleich mird der Dunft, der den Elaſticitaͤtsmeſſer 
($. 436.) affteiste, hierben durch diefen Druck jer- 
ſetzt, und es bleibt bloß die $uft uͤbrig. Der Raum 
diefer oben in der Röhre der Birnprobe übrig bleiben- 
den buft, verglichen mit vem Raume des ganzen Ger 
füßes, zeigt an, mie vielmal die Luft unter dem Neck 
pienten wirflich dünner gemwefen fey. Aber es ift bier: 
ben wohl zu erinnern: daß, wenn die Birnprobe den 
wirflichen Grad der Verdünnung der Luft anzeigen 
foll, es unumgänglich nothwendig iſt, daß das Duck- 
— ſilber 


* 


296 I. Sheil. 6. Hauptftüc. —— 


ſilber außerhalb der Birnprobe in dem Gefäße, worein 
man fie taucht, nicht niedriger‘ ftehe, als inmendig, 
fondern in gleihem Niveau damit fen, fonft wird die 
Auft in der Birnprabe nicht die Dichtigfeit haben . ($. 

416.), die fie der Borausfeßung au Folge haben müßs 
te; daß ferner die zuruͤckbleibende buft in der Birn⸗ 
probe einerlen Temperatur habe mit der vor der Vers 
duͤnnung; und endlich, daß aus dem Quedfilber felbft 
fic) Feine $uft während des Anfullens der Birnprobe 
entwicele. Um das feßtere zu verhüten, muß man 
fich ſolches Quedfilbers bedienen, das man fur; vor> 
her ausgefocht hat. Unter Beobachtung diefer Re— 
geln laffen fich denn auc), wie Herr Schmidt gezeige 
hat, die Einwärfe heben, die Drook gegen die Rich 
figfeit diefer Probe gemacht hat. 


Wenn man die Birnprobe nicht ganz fo tief in, Duedfilber « eins 
taucen fann, als es inwendig ftcht, fo müßte man durd 
Rechnung mach dem Mariodttifhen Geſetze zu beftimmen fus 
hen, wıe groß der Raum x der darin befindlichen Luft uns 
ter dem ganzen Drude der Atmofpbäre oder der dermaligen 
Barometerhobe b ſeyn würde gegen den Kaum a, den fie 
jest in der Probe einnimmt, da von dem aanzen Drude 
der Armofphäre auf fie noch der Gegendruck abaeht, den 
die perpendiculäre Höhe c des Duedfilbers darin uber dem . 
Niveau des Ducdfilbers im Gefaͤhe verurfaht, Es iR näms 
lich / (nad $. 416.) 

x’a—=b—e:b; daher it 


„lb Ze) : 


job. Broofs vermifhte Erfabrunaen tiber bie — 
die Luftpumpe und das Barometer, a. d. Engl. mit Zus 
fägen und Anmerfungen von D. Rübn. Leipzia 1790. 8. 
Ueber die von Hrn. Broof entdedte Triiglichfeit der Smeas 
tonifhen Birnprobe und die Mittel, fie zu vermeiden, vom 


Herrn Prof. Schmidt; in Grens neuem Journ, der ir 
8. 111. ©. 150, ff. j a — 


6. 438. Der elaſtiſche Dunſt von Feuchtigkeit, 
der fich im Raume des Mecipienten bey der Verdüns 
nung 


Phänomene ſchwerer erpanfibeler Flüffigkeiten. 297 


nung der fuft zeigt, iſt übrigens allerdings ein Mit: 
tel, die $uft noch mehr zu verduͤnnen, als ohne den: 
felben gefchehen würde, meil mit feiner fortdauernden - 
Ausziehung auch immer zugleich noch ruͤckſtaͤndige Luft 
ausgezogen wird; woraus fich. denn auch leicht der 
Unterfchied der Angaben der Bienprobe von denen der 
Barometerprobe erklären läßt. = 


| | $. 439. Mit den wohleingerichteten $ufipums 
pen laffen fih nun durch Verſuche die vorher anges 
führten Säße von der Elaſticitaͤt und dem Drucke 

. der $uftleicht beweifen und anſchaulich machen, und 
‚andere Berfuche anftellen, “die zum Beweiſe verſchie⸗ 
dener noch vorzutragender Süße dienen, 


Verſuche hierzu: 


Das Duekfilser finft im Barometer bey der Verdünnung ber 
Luft, die auf das Duedjilber druͤckt, und ſteigt wieder 
durh Hinzulaſſang der atmofphärishen Luft. 

Das Duedfilber fteigt im einer Rohre, die oben offen und 
mit dem Raume des Recipienten in Verbindung it, und 
fallt wieder bey Hinzulaffung der atmoiphärifchen Kuft. 

Eine Blasplatte wird fonleich vom Drude der Luft zerfprengt. 

Eine Blafe, die tiber einen metallenen Enlinder geſpannt if 
wird durch den Drud der äͤußern Luft mit einem ffarfem. 
Knalle zerfprengt und auch Waller durch dieſelbe getrieben. 

Zwey magdeburgiſche Halbkugeln von 4 Zol Durchmeſſer häns 
gen durch einen Druck der Armofphäre ftar? zufammen, 

Eine fchlaffe, fett gebundene Blafe mit atmofphäriicher Lufty 
fhwelle im Guerikſchen Raume ftarf auf und fallt, wies 
der durchs Hınzulaflen der äußern Luft zufammen, 


Der Heronsball fpringt durch die Elaficität der eingeſchloſſenen 
atımofphärifchen Luft. 

Aus einem Gefäße mit enger Mündung, die im Waſſer fteht, 
tritt die Luft beym Auspumpen bervor und die Äufere . 
BAER: Luft treibt nachher das Waſſer in das. Gefäß 

inein. | 

Ein Heber hört in der verdünnten Luft zu laufen auf. 


Taͤucherchen, die im Waſſer an offener Luft finken, ſchwimmen 
bey verdünnter Luft. 


Unter 


298 1L.Thell. 6. Haupttüͤck 


nter dem Kecipienten fiedet bey ftarfer Verdünnung der Zu t 
nur mäßig erwärmtes Waſſer. Bach 
Kıltes Wafler wird im Guerifihen Raume zum efaftifchen, 

vollfommen durchfichtigen Dampfe, der fih bey Hinzulais 
fung der atmofphärifchen Luft niederichlägt. Ben der Bils 
dung diefes Dampfes erzeugt ſich Kälte, bey Dem Nieder⸗ 
fhlagen Wärme, wie ein empfiudliches Luftthermometer 
beweifet. | 
+ * 
*t 


J 


Bier, Milch, Seifenwaſſer, Sauerteig, geben unter der Luft⸗ 
pumpe eine große Menge von Luftblaſen von ſich. 


Holz, das durch etwas Angebängtes Bley im Waſſer zum 
Sinken gebracht in, giebt beym Berdiinnen der Lufr eine 
große Menge Luftblafen von fihb und kommt im Wafler 
zum Schwimmen. _ 

Holz, das von Luft leer gemacht ift, finft im Wafler unter. 

WBarmblätige Thiere fterbeu ſchuell in der verdünnten Luft ums 
ter der Glocke der Luftpumpe. Ä 

Eine brennende Kerze verlifcht in der verbinnten Luft. 

Bey der Verdünnung der Luft vermindert fi der Schall eines 
Schlagwerkes darin und verfchwindet beynahe ganz. 


$. 440. Man pumpe atıs einem ſchicklichen Ge: 
fäße die darin enthaltene Luft fo rein als möglich aus, 
und hänge daffelbe, nachdem es vor dem Abnehmen 
von der $uftpumpe durch einen Hahn genau verfchlof- 
fen worden ift, an eine empfindliche Waage. Wan 
bringe es ins genaue Gleichgewicht, Öffne den Hahn 
und laffe die äußere $uft hineintreten, fo wird es num 
einen Ausfchlag geben, und die zur ABiederherftellung 
des Gleichgewichts nöthigen Gegengewichte werden 
ungefähr angeben, mie viel die fuft wiegt, die in 
den Raum der Kugel geht. Da aber die Dichtigfeit 
der Luft durch Die Wärme vermindert und durch die 
Kälte vermehrt wird; da fie ferner nicht ſtets in einer: 
fen zuſammengepreßtem Zuftande in, der Armofphäre 
it, mie das Barometer lehrt; und da der in der Laft 
| be 


v* 


Phaͤnomene ſchwerer erpanfibeler Flüffigfeiten. 299 


befindliche Waſſerdunſt nicht immer ſich gleich bleibt: 
fo fieht man leicht, daß man ben Beftimmung des Ge⸗ 
twichts von einem beftimmten Raume von luft hierauf 
Ruͤckſicht nehmen muß. Die Angaben über das fpe- 
eififche Gewicht der fuft gegen das Waſſer find aus 
«ben diefem Grunde auch fehr verfchieden. 


Die Kugel, deren ich mich zu meinen Weriuchen bediene, ift 
aus der Berlaflenfchaft des fel. Hofraths Rartten. Gie faßt 
nabe 1195 rhein!. Decimalcubifgoll, und die Luft wieaty 

' wenn fie nicht fehr feucht ift und die Temperatur von 65* 
Fahr. hat, ben der Barometerböhe von 27 Zul 8 Linien 
parif., 734 Gran Medicinalgewichtz folafich wiegt ein 
rheini. Decimalcırbitjoll Luft 455 oder 0,515 Gran. Da 
nun ein Decimalcubifjou Wafler ben dtefer Temperatur 
493,229 Öran wiegt (j. 353.), fo verbält fich das eigenthuͤm⸗ 
lide Gewicht des Waflerd zu dem der Luft wie 492229 2 
6ı5 oder nabe 800 : 1. Wenu man das eigenthuͤmliche Ges 
wicht des Waſſers zur Einbeit annimmt, fo int das der 
Luft 0,0012. — Ein rheinl. Eubikfug Luft wiegt folder Ger 
Kalt 615,062 Gran im Medicinalgewichte. 

Rah Schufburgh (philaf. eransace. Vol. LXVII. &. 547.) ift 

das eigenthuͤmliche Gewicht der Luft bey 29,27 Zoll engl. 
(27 3. 5,6 8. varif.) und 10° R. 840 mal Meiner, als das 
des reinen Waflers von eben diefer Temperatur, 


Herr Schmidt fand nach einer Mitteliahl von mehrern: Verfus 
hen die Luft von 15° — 165° R. und 28 174 8. — 27 

— nn nk an ee 0 

$. 441. Weil aber bey diefen Verfuchen die 
$uft nie ganz aus der Kugel ausgepumpt werden fann, 
fo erfährt man eigentlich nur, wie viel die $uft wiegt, 
die in die Kugel dringt, nicht das Gewicht des gan: 
jen innern $uftraums der Kugel, und man muf, um 
genau zu verfahren, beflimmen, mie viel luft noch in 
der Kugel geblieben if. Man kann zu,dem Ende erft 
die luftvolle Kugel an der Waage genau wiegen, hier⸗ 
auf die fuft daraus fo ftarf als möglich auspumpen, 
ben verjchloffenem Hahne wieder wiegen, und fo dag 
Ge 


* 


300 1. Theil. 6. Hauptftüd. 


Gewicht der ausgezoaenen $uft finden,’ worauf man 
unter ausgefochtem Waſſer den Hahn öffnet, das 
Waſſer hineintreten laßt und durch Umkehrung der 
Kugel die darin noch übrige fuft in ein Gefäß! mit 
Waſſer leitet, worin man fie genau bey beflimmter 
Zeinperatur meffen fan. Der Raum diefer $uft, ab 
gezogen vom innern Naumesinhalte der Kugel, giebt 
im Reſte ven Raum der fuft am, die man gewogen 
hat. Dieſes Verfahren iſt ficherer, als aus der Bere 
gleihung der Gewichte der ausgepumpten fuft und 
des nachher in die Kugel getretenen ABaffers unmit: 
telbar das Verhaͤltniß ihrer ſpecifiſchen Gewichte zu 
finden, j ; | 

Noch bleibt allerdings ein Fehler wegen bes Gewichts des in 


der auggepumpten Kugel befindlihden Dunſtes; er fann 
aber nur unbeträchtiich ſeyn. 


$. 442. Auf eine ähnliche Weiſe laͤßt ſich auch 
das Gewicht anderer Luftarten ben einem beſtimmten 
Volum erfahren, und fo das Verhäftnif ihrer eigens 
thuͤmlichen Gewichte unter einander fo wohl, als ge: 
gen das Waſſer beſtimmen. | 

S. oben ©. 253. | „ 

4. 443. Da bie fuft,- wie jeder fluͤſſige Kör- 
per, nad) allen Seiten zu drüct, fo muß jeder darin 
befindliche Körper, mie beym Abmwägen im Waſſer, 
nicht nit feinem abfoluten Gewichte finfen, ſondern 
fo viel davon verlieren, als die Luft wiegt, die mit 
ihm einerfen Kaum erfüllt, und ein und eben derfelbe 
Körper muf aus eben diefem Grunde in der Luft 
ſchwerer werden, oder eigentlich, fein refpectives Ges 
wicht (9. 332.) muß zunehmen, wenn er in einen 


engern 
— 


P4 


Phänomene ſchwerer erpanfibeler Flüffigkeiten. 3ox 


engern Raum zufammerxgedrängt wird „wie auch die . 
Erfahrung lehrt. Eben fo muß auch die Fallhoͤhe 
der fchmeren Körper in der Suft anders ſeyn, als im 
leeren Mittel (5. 216. ). 


Ein ausnedehuter und aufaeloderter Federſack ift — als 
wenn er enge zuſammengeſchmuͤrt iſt. 


Hierher gehören auch die Erfcheinungen des Pulshammers. - 


$. 444. Da ferner ein und eben derfelbige fefte 
Körper, in einer Fluͤſſigkeit abgewogen, um defto meni- 
ger von feinem abſoluten Getwichte verliert, oder ein 
defto größeres refpectives Gewicht behält, je geringer 
das ſpecifiſche Gewicht der Siäffigkeit wird, ($. 336.), 
fo müffen einerfen Körper, in fuft'von verschiedener 
Dichtigkeit gewogen, ungleich viel wiegen, 


$. 445. Hierauf gründet fich das Gueriffche 
Manometer (Manometrum, Dafymetrum , Es 
wird nämlich an einen empfindlichen Waagebalken 
eine hinfänglich große, hohle, aber luftdicht verfchloffe: 
ne, metallene, oder beffer, ‚gläferne Kugel aufge: 
hängt, und durd) ein maflives Gewicht von ‚Bien, 
das gegen die Kugel einen viel kleinern Naum ein: 
nimmt, ing Gleichgewicht gebracht, Wenn fih nun 
die Dichtigkeit der $uft ändere, fe müffen beyde un: 
gleid) viel von ihrem abſoluten Gewichte verlieren : und 
zwar, wenn die füft dichter wird, fo giebt das Ge: 
gengewicht den Ausſchlag; mird fie aber dünner, fo 
ſinkt die Kugel, Herr Souchy und Gerſtner haben 
eine Derbefferung dieſes fehr brauchbaren Werks 
zeugs ängegeben, und letzterer hat zugleich die An: 
wens 


302 1. Theil. 6. Hauptftüch, 


wendung deffelben bey Höhenmeffungen mit dem Ba⸗ 


rometer gezeigt. 


Octon. de Guerike exper. nov. ©. 114. Belchreibung eines 
Daſymeters, oder eines Werkzeuge, um die Dichtigkeit 
jeder Laftſchicht zu meflen, » en. de Souchy; uͤberſetzt 
in Lichrenbergs Wiagaz. fi das Yleuefte aus der Phyfif, 
B. 111. Sr. 4. ©. 93. ff: Getſtners Beobachtungen, über 
den Gebrauch des Barometers bey Höhenmeilangen ; in 
den Beob. auf einer Reife nady dem Rieſengebirge. Dresd. 
2. 8. ©. 271.5 und in Grens Journ. der Phyſik. B. 

278 


$. 446. Diefes Werkzeug läßt fich auch gebraus 
hen, um das abfolute Gewicht eines beftimmten 
Naumesinhalts der kuft, "und alſo ihr eigenthuͤmli— 
ches Gewicht, unter verfchiedenen Umftänden derfel: 
ben, auf eine fehr einfache Weiſe zu erfahren. 


Es fen eine binlänglih große Kugel von diinnem Glafe, die 
luftdicht verſchloſſen, am beiten zugefchmolzen ift, und bes 
ren aanzer Raumesinhalt.V heiße, an einer dazu einges 
ribreten, empfindfihen Waage, bey einer beftimmten Tems 
peratur und einem beftimmten Barometerftande der Luft, mit 
einem mafliven metallenen Gegengewicte von Bley, deflen 

+» ganzer Raumesinhalt,v ift, ins genane Gleichgewicht gefeßt. 
Der Luſtraum, welcher manometriih das Werkzeug affıs 
cirt, iR V— va, was man durch aenaue Ausmeffung 
der benden Körper, am beften durch Waſſerwaͤgen 1,337.) 
beftimmt, und in befannten Maafen, 3. B. parıf. Cubik⸗ 
zollen, ausaedrüdt, eins. für allemal merft. Man ſucht fers 
ner das abfolute Gewicht P eines Luftvolums a in befanns 
ten Gewictstheilen, bey eben derjelbigen Teinperatur und 
bemfelbigen Barometerftande, nad der vorber (}. 441.) ans 
gebenen Methode, und merft diefes Gewicht ein s für alles 


mal, fo bat man ı, oder das eigenthämliche Gewicht 


fiir atmofphärifche Luft von beftimmter Temperatur und 
Zufammendrüdung. Wenn fi nun die Befchaffenbeit der 
Zuft Ändert und ihr eigenthimliches Gewicht zus oder abs 
nimmt, fo wird das Gleichgewicht geftürt, und man muß 
im erftern Falle Bewichtstheile zur Kugel, im andern Falle 
um Begengewichte legen, um das @leichgewicht herzuftellen. 

ie Summe diefer Gewichtstheile heiße p, und es it dem⸗ 
nach das abfolute Bericht des Luftvolums a ben vermebrs 
Ar Dichtigkett P + p, ben verminderter Dichtigfeit aber 
P — p geworden, und man findet das jegt veränderte eis 


gentpümliche Bewicht durch TE oder —, wa 





Phänomene ſchwerer erpanfibeler Stüffigkeiten, 303 


a ſich immer gleich bleibt , ($. 437). Wenn die Luft noch 
einmal fo dicht würde, als fie ben Beſtimmung des P und 
bey Regulirung des Werfjeuges war, fo würde p—= P 
oder P «+ p würde 2 P werden, im leeren Ralıme aber 
wieP—- p=o,  "'. | 


‚„ Man hängt die Kugel und das maflive Gegengewicht 
nicht unmittelbar an den Waagebalfen, fondern an kleine, 

leich große und aleich fhwere Waagſchaalen, die an Hafen 

ängen , wie ben der gewöhnlichen buproftatiichen Waage; 
diefe Waagſchaͤlchen dienen zur Aufnahme der Gewichte p. 
Diees Gewichte nebmen übrigens zwar felbt Raum ein; er 
ift aber , als fehr umbeträchtlich genen a, wohl ohne merfs 
lihen Febler aus der Acht zu laflen: fonft fann man ihn 
aud aus dem einmal bekannten eigenthümlichen Gewichte 
ihrer Materie leicht berechnen, 


⸗ 


— — — 


Sie; 


304 1. Theil. 7. Hauptſt. Schwingungsbewegungen 
— — —— ——— — — — 


Siebentes Hauptſtuͤck. 


Schwingungsbewegungen ſchallen— 
der und klingender Koͤrper. 


5. 447. 

Das Anſchlagen an feſte, geſpannte, mit Schnellkraft 
oder Federkraft begabte Körper, das Streichen ges 
ſpannter Saiten, das fihrrelle und plögliche Hervor: 
brechen elaſtiſcher Fläfigfeiten aus engen Muͤndun⸗ 
gen fefter Körper, wie z. B. ben der Entzündung des 
Schiefpulvers in Schießgewehren, ben der Entzuͤn⸗ 
dung der Knallluft in der electrifchen Piftole, find für 
ung mit einer Wirfung begleitet, die wir nad) einem 
generischen Ausdrude Schall nennen. 


$. 448. Wenn die Veränderung des Zuftandes bes 
ſchallenden Körpers in unferm Gehdrorgane die Em: 
pfindung bewirken foll, fo muß es nothwendig ein 
Medium geben, durch welches diefe Veränderung die 
Gehoͤrwerkzeuge afficirt, und dies iſt gemeinhin die 
$uft, ohne welche um den fchallenden Körper her: 
um für uns fein Schall da ſeyn würde, vorausge— 
ſetzt, daß fein anderes dazu fühiges Medium den 
Schall zu unfern Gehörwerfzeugen fortpflant. 


$. 449. Wir müflen alfo ben der Darftellung 
der Sehre vom Schälle Nücdficht nehmen: 1) auf den 


urfprünglic) den Schall erregenben Körper (Corpus 
ſono- 


ſchallender und Elingender Koͤrper. 305 


ſonorum) und 2) auf das den — bis zu unferm - 
Gehoͤre fortpflangende Mittel. 

F. 450. Um den Zuftand, morin die urſpring⸗ 
lich ſchallenden Körper waͤhrend des Schallens ſich be- 
finden, gehörig beurtheilen zu koͤnnen, wollen wir ei— 
ne geſpannte Saite als Beyſpiel waͤhlen. Soll ſie 
faͤhig ſeyn, Schall (Klang) zu erregen, fo muß fie. 
einen gewiffen Grad der Spannung haben. Wird 
die gefpannte Saite, wie z. B. am der Harfe, aus 
der geraden finie,. in der fie im Zuftande der Ruhe 
ift, durch Druck daran gebogen, fo fommt fie offen= - 
bar in Bewegung, wenn der Druc des Fingers, der 
fie bog, wieder wegfaͤllt, und zugleich entfieht nun 
auf unfer Gehdrorgan die Wirkung, die wir Klang 
nennen. Der Grund der Bewegung der flingenden 
Saite ift ihre Contractilität oder Schnellfraft. Wird : 
nämlid) die gefpannte Saite aus der geraden Sinie ger 
drückt, fo wird fie. ja dadurch gedehnt; ‚Ihre gedehnten 
Theile ſuchen fich wieder fo viel als möglich zu nähern, 
und fie ftrebt alfo, fich wieder in die Öeftalt ihrer fürze: . 
fien Länge, d. i., in die gerade Linie, zu verfeßen. Da 
fie aber, wenn fie in diefe Sage gekommen ift, eine der 
terminirte Öefchwindigfeit erlangt hat, (indem die 
Contractilität als fterige Kraft, obmohl als veran- 
derliche Größe, wirkſam ift,) fo bleibt. fie in der gera⸗ 
den Nichtung nicht ruhen, fondern beugt fich auf die 
entgegengejeßte Seite, von da wieder zuruͤck, u. ſ. f., 
bis endlich diefe Beugungen durch den Widerftand der 
$uft immer fleiner und fleiner Werden, und fo. die 
Saite wieder in Ruhe kommt. | 


u. 5. 451. 


306 1. heil 7. Hauptſt. — — | 


6. 451. Die zum Schalle oder lange erforder: 

liche Bewegung der Saite ift alfo offenbar ein pendul⸗ 
artiges Schwingen derfelben; fein bloßes Erzittern 
ihrer Fleinften Theile. | 


$. 452. Da demnach) das Weſen des Schalles 
in pendulartigen Schwingungen der fchallenden Koͤr⸗ 
per oder ihrer Theile befteht, fo folgt, daß alle Koͤr⸗ 
per, welche, oder deren Theile, einer ſolchen fchmwin- 
genden Bewegung fähig find, urſpruͤnglich fchallende 
Körper werden fönnen: und dahin gehören alle fefte 
contractile, und alle erpanfibele, oder überhaupt alle 
fo genannte efaftifche; ihre Elafticität fey entweder eis 
ne attractive oder expanſive. 


6. 453. Wenn aber der Schall fchallender oder ° 
flingender Körper für uns hörbar fenn foll, fo müffen 
die Schwingungen derjelben oder ihrer Theile eine be: . 
ſtimmte Gefchwindigfeit haben. Deshalb mäffen die 
contractilen Körper, wenn fie fchallend fenn follen, ei⸗ 
ne gewiſſe Spannung haben, damit ihre Schwinguns 
gen den nöthigen Grad dee Gefchwinvdigfeit erlangen. 
Eine zu ſchlaffe Saite Flingt nicht, weil fie nicht gem 
ia genug ſchwingt. 


6. 454 Don der Menge der ſchwingenden Thei- 
le und von der Größe der Schwingungsbogen haͤngt 
die Groͤße oder Staͤrke des Schalles ab; von der 
Dauer derſelben die Dauer des letztern. 


. 455. Wenn dieſe Schwingungen regelmaͤßig, 


d. i., gleichzeitig ae, fo heißt die Empfindung, 
’ die 


ſchallender und klingender Körper, 307 
die ſie in n unferm Gehörorgane bewirken, ein lang; 
fonft aber, wenn das Gegentheil Statt finder, ein 
Geraͤuſch, Getoͤſe, Dumpfer Schall. Ein augen: 
blicklich vorübergehender, heftiger ne = ein 
Zumal. | 


$. 456. Wenn man zwey Saiten, bie * ei⸗ 
nerley Materie beſtehen und gleich dick, aber ungleich 
lang find, gleich ftarf fpannt, fo — ſie nicht ei⸗ 
nerlen Empfindung auf unfer Gehoͤr, wenn fie ers 
fchüättert werden. ' Wir jagen, daß die fürzere Saite 
böber, die längere aber tiefer Flinge, und das Werz 
häfenif der Höhe oder Tiefe des Fe ju einem 
- andern nennen wir Ton. 


$. 457. Die Schtwingungen der Saite bey ih⸗ 
rem Klingen find pendulartig ($. 451.). Da nun 
ein Pendul defto langſamer ſchwingt, je länger es | 
ift, fo muß auch bey dem tiefen Tone der längern 
Saite die Anzahl der Schwingungen in einerlen Zeit 
nicht fo groß ſeyn, als ben dem hoͤhern Tone der kuͤr⸗ 
zern Saite. Tiefe Toͤne find alfo ſolche, woben in 
einerlen Zeit weniger Schwingungen find, als bey an⸗ 
dern, mit denen man fie vergleicht, und hohe Töne, 
ben welchen mehr Schwingungen in eben diefer Zeit 
Statt finden. Es giebt aber für das menfchliche Ohr 
eine gewiſſe Höhe und Tiefe, über und unter welche 
der Ton nicht weiter verglichen werden Fann. 


6. 458. Die Contractilität der gefpannten Sai⸗ 
ten ift der Örund ihrer Schwingungen beym Klingen, 


ober * die bewegende Saft baben; ihre Thaͤtigkeit 
Ti nimmt 


308 L. Theil. 7. Haupiſt Sckwingungsbewegungen 


nimmt Daher zu, je mehr die Saiten geſpannt werben. 
Was alfo bey den Penduln die verfchiedenen Schwe— 
ren find, das find ben den Eaiten die frannenden Ge- 
twichte, wodurd wir die Gräfe ter Epannung aus: 
druͤcken fünnen. Und fo mie ein Pendul geichwinder 
ſchwingt, wenn die Schwere ftärfer darauf wirft, fo 
ſchwingt auch eine Eaite bey gleicher fange ſchneller, 

wenn ſie ſtaͤrker geſpant iſt. Da nun von der Geſchwin⸗ | 
digfeit ihrer Schteingungen die Höhe ihres Tones ab- 
hängt, fo fieht man leicht ein, daß man ben Beftim- 
mung der Tonhöhe der Saiten auch außer der Loͤnge 
auf ihre Spannungen Rüdficht nehmen muͤſſe. Bey 
fehr fangen und diden Saiten läßt ſich diefe Unafeich: 
heit ihree Schwingungen, wenn fie verfchtedentlich ge- 
ſpannt find, aud) fhon durchs Auge wahrnehmen, 


$. 459. Endlich fommt in Anſehung der Anzahl 
der Schwingungen, welche eine Saite in einer gege: 
Genen Zeit macht, auch die Dice derjelben in Be: 
tracht, und fie widerjteht der Bewegung um defto 
mehr, je mehr Maffe fie ben gleicher fange und Span- 
nung hat; fie muß alſo defto langſamer fchwingen, 
und alfo einen tiefern Ton geben, je dicker fie ift, und 
umgefehrt, wenn die fangen und Spannungen gleich 
find. Man hat folglich bey Beſtimmung der Ton: 
höhe einer Saite: 1) auf ihre Länge, 2) auf ihre 
Spannung, und 3) auf ihre Dicke zu fehen. 

$. 460. Die Erfahrung beftätigt folgende aus 
dem Vorhergehenden fließende Süße bey Saiten von 
einerlen Materie: 


1) 


ſchallender und Elingenber Körper. 309 


1) Bey gleich fangen und, gleich dicken aber un: 
gleich geſpannten Saiten verhaͤlt ſich die Anzahl ihrer 
Schwingungen, folglich ihre Tonhoͤhe, wie die Qua; 
dratwurzeln der fpannenden Kräfte oder Gerichte. 

- Wenn wir die Anzubl der Schwingungen oder die Tonhoͤhe der 

Saiten von gleihurtiaer Materie N, n, die fpannenden 

Gewichte oder Kräfte P, p, die Längen derfelben Ly 1, und 


F Durchmeſſer derſelben D, d uennen/ und L=1 und 
D=dift,fpitN;n = pP: Vp. 


2) Ben gleich geſpannten und gleich dicken, — 
ungleich fangen Saiten verhält ſich die Anzahl ihrer 
Schwingungen umgekehrt wie ihre fängen, 

BennrP=pmdD=d,fpitfN:n=1;:L, 

3) Ben glei) fangen und gleich gefpannten Sai— 
ten, die ungleich dief find, verhält fic) die Anzahl ih: 
rer Schwingungen umgefehrt, wie ihre Durchmefler, 
— (Eine Saite von ungleicher Diche giebt falſche oder 


vermiſchte Toͤne an. 
Wenn LI und P=p fiftN:n=d;D, 


$. 461. Es it alfo ben Saiten von einerley Mas 

terie und gleicher Dicke die Anzahl ihrer Schwingun— 
gen oder ihre Tonhoͤhe in einem zufammengefeßten 
erhältniffe aus dem geraden des Duadrats der fpan: 
nenden Gewichte und dem umgefehtten der fangen 
derfelben. 

EiNin=M: MR i 

Das Monochord und Tetrachord, 


$. 462, Ein Paar Saiten haben ven Einklang, 
wenn ſie gleich viel Schwingungen in einerley Zeit 


miachen. Wenn aber die eine Saite bey gleicher Dir 
| de‘ 


. zro0 IL. Theil. 7. Hauptft. Schwingungsbewegungen 


de und Spannung nur halb fo lang iſt, als die an⸗ 
dere, oder nod) einmal fo viel Schwingungen mad, 
ſo giebt fie der Erfahrung zufolge die Oberoctave des 
Grundtons an, den die andere Saite angiebt. Wenn 
ihre Sängen fich verhalten wie 2 : 3, oder ‘wenn die 
Fürzere 3 der fänge der andern hat, und fie alfo drey 
Schwingungen in einerley Zeit gegen zwey Schwin⸗ 
gungen derfelben macht, fo giebt diefe Fürzere die 
Quinte der fangern an; fie it Die Quarte des Grund: 
tons, wenn fie 3 der Sänge derjenigen Saite hat, wel 
che diefen angiebt; die große Terze, wenn ıhre fän- 
ge z; bie Eicine Terze, wenn fie 3; die große Sexte, 
wenn fie 3; die Fleine Sexte, wenn fie $; die Öbers 
Duodecime, oder die Oberoctave der Quinte, wenn 
fie 35 die Oberduodecime : Septime, oder die Doppel 
te Octave der großen Terze, wenn fie F von der fäns 
ge derjenigen Saite iſt, welche den Grundton angiebt. 
Es laͤßt fich nach dem Angeführten leicht angeben, mie 
die Spannungen der Saiten feyn müffen, wenn fie 
gleich) lang und dick find und die angeführten Töne 
angeben follen; oder auch, wenn fie gleich gefpannt 
und gleich lang find, wie ihre Dicke fenn müffe, wenn 
fie diefe Tone angeben follen. 

Die Lehre von der Tonleiter und ber Temperatur gehört nicht 
in ein Lehrbuch der Phoſik, fo wenig als die Lehre von den 
Conſonanzen und Disfonanzen der Zone. ch übergehe fie 
des wegen hier. 

$. 463. Es ſey eine gefpannte Saite AB (Fig. 
137.) des Monochords in irgend eine Anzahl gleicher 
Theile, z. B. in viere, Aa, ab, be und cB, abgetheift. 
Dian ftelle ven Sieg in c. Mari hänge ſchmale und 
leichte 


ſchallender und Elingender Körper. 311 


leichte Streifchen Papier neben einander auf die Sai— 

te von A bis c und ſtreiche mit einem Violinbogen 
ben Theil cB der Gatte an. Es wird nun der Ton 
gehört, der vermöge des abgefürzten Theils cB der 
Saite Statt finden muß, und der fic) zum Grundto⸗ 
ne der Saite verhäft, wie AB zu cB, oder wie 4 
zu 1. Zu gleicher Zeit werden num alle Papierftreif: 
hen längs dem Theile AC herabgeworfen, er. 
nommen bie in a und b hängenden. 


6. 464. Dieſer Verſuch lehrt offenbar: daß es 
in dem Theile Ac der Saite jenſeits des Stegs ebenfalls 
Schwingung giebt, währendcB flingt; daß aber nicht 
bloß der Punct c der Saite, wo der Steg ſteht, fon: 


dern auch jenfeits deffelben a und bin Ruhe find; daß _ 


ganze Stellen der Saite zwiſchen dieſen Puncten 
fhwingen, während cB ſchwingt; und daß die Stel⸗ 
len jwifchen den ruhenden Puncten wechfelfeitig in 
entgegengefeßten Nichtungen fchwingen, wie $ig. 138. 
e3 anzeigt. Die rubenden Puncte a, b_ und c ber 


Saite heißen Schwingungefnoren. Der Punct 


der Saite, welchen der beivegliche Steg berührt, if 
nämlich allemal ein Schwingungsfnoten. 


$. 465. Man nehme, wie Sig. 139, durch Ber: 
rückung des Stegs unter der Saite bis c, cB 2 der 
fänge AB, ftreiche cB an und luffe es Flingen ; fo 
wird die Höhe des Tons fich zum Grundtone verhals 
ten, wie 5:2, oder wie AB zu cB, und es werben 
drey Schwingungsfnoten, naͤmlich a, b-und c, da ſeyn. 
Man verrüde ferner den Steg und nehme den an: 

| J zu⸗ 


— 


312 1. Shit. 7. Hauptſt. Schwinaungsbewegungen 


zuſtreichenden Theil der Saite (Fig. 140.) dB —=2 
-pon der ganzen laͤnge AB, fo wird man nach dem vo: 
rigen Verfahren zwey Schwirgungsfnoten, nämlich 
b und «, haben, wobey die Tonhöhe des Klanges von 
‘dB zum Grundtone der Saite ſich verhält, mie 3 
zu 1. Man ftelle ven Steg (ia. 137.) ın b, oder 
in die Micte der Saite, und ftreiche DB oder Ab an, 
fo wird. es, außer an der Stelle, wo der Steg ift, fei> 
nen Schwingungsfnoten weiter geben. Wlan made 
endlich durch — des ar den flingenden 
Theil der Saite *, 3, &, ihrer fänge, fo wird 
man auc) außer der Stelle des Steps feinen Schwin⸗ 
gungsknoten in der Saite weiter antreffen. 


4. 466. Um die Anzahl der Schwingungsknoten 
ben einer durch einen Steg oder ſonſt durch Beräh? 
rung abgetheilten Saite zu beitimmen, feße man die 
‚ganze fänge der Saite in eine Anzahl gleich großer 
Theile gerheife, welche heit, wovon das urſpruͤng⸗ 
lich Flingende Stuͤck der Saite die Anzahl 1 enthält; 
man fehe 1 als den Zähler, und L als den Nenner 


eines Bruches an; man bringe diefen Bruch - auf 


die Fleinfte Benennung und ziehe dann 1 von L ab: 
fo giebt der Neft die Anzahl der Schwingungsfnoten. 
— Daratıs folge denn auch, daß ben verfchiedenen 
Tonhoͤhen doch einerfen Anzahl von Schwingungsfno: 
ten da. fenn fönne, indem die Glieder zweyer Brüche 
"son verſchiedenem Werthe einerlen Differenz haben 
koͤnnen; und daf alfo nicht jeder Ton, feine beftimmte 

8 Schwingungsknoten habe. 
Wenn 


ſchallender und Blingender Körper. 313 


Wenn 1 aegen L fehe flein und die Saite mur kurz ift, fo darf 
man das Reſultat der anaeführten Verfuhe (f. 463. 465.) 
nıcht erwarten, teil dann die Schwingungen tbeils zu 
theils die Echmpingungsfnoten einander zu na— 

e find 


Einige Bemerfungen tiber dıe Schwinanngsknoten ben Hinaens 
den Saiten von J. G. Voigt; in Grens neuem Journ. der 
Phyfif. B. IL. ©, 352 ff. 


» 8467. Nicht bloß ben Flingenden Saiten find 
in ihren anfcheinend ruhenden Theilen fchwingende 
Stellen und ruhende Puncte; fondern auch ben andern 
klingenden Körpern, tie bey Flingenden Staͤben, Rin⸗ 
gen, Cylindern, Glocken, Scheiben, find während 
ihres Klingens ganze Stellen in entgegengeſetzten 
- Schwingungen begriffen, während die Grenzen der— 
felben in Ruhe find. Das Weſen des Schalles ber 
ſteht alfo auch bey ihnen nicht in einem Zittern ihrer 
Fleinften Theile, fondern in Schwingungsbewegungern 
ganzer Stellen, die durch ihre Gontractilität veran- 
laßt werden. Herr Chladni hat das Verdienft, diefe 
Wahrheit zuerft außer allen Zweifel gefeßt, und ein 
Mittel erfunden zu haben, diefe Schwingungsbemes 
gungen ben Flingenden Flächen auch fihtbar zu ma⸗ 
chen und die .ruhenden Stellen un Klangfiguren 
darzuſtellen. 


Entdeckungen uͤber die Theorie des Klanges von Ernſt Flo⸗ 
rens Friedrich Chladni. Leipzig 1787. 4. 


$. 468. Man nehme zu dem Ende eine kreisrun⸗ 

de Scheibe (Fig. 141.) von Fenfterglafe, die ohne 
Knoten und Blafen und gleichförmig dick if, und etwa 
vier bis acht Zoll im Durchmeffer hat; man beftreue 
ſie mit feinfdrnigem Sande; man lege fie in ihrem 
-Mittelpuncte auf einen etwas zugefpißten Korf, druͤ⸗ 
de fie von oben her mit dem Singer an. den n Kork an, 
| £ unter⸗ 


= * 2 

um a; d 
* 4 - 
Le...- 3 


314 1LTheil. =. Hauptſt. Schwingungsbewegungen 


unterſtuͤtze ſie auch noch am Rande in g, oder q, ober 
t, oder r, und ftreiche den Rand ın n, oder p, oder f, 
oder m, überhaupt 45 Gr. von der berührten Stelle, 
mit einem mit Colophonium befteichenen Violinbo⸗ 
gen in ſenkrechter Richtung unter maͤßigem Drucke. 
Die Scheibe wird einen Klang geben, zugleich aber 
wird der Sand auf der Scheibe von ihren ſchwingen⸗ 
den Stellen bewegt werden und ſich bey dem anhaf:- 
tenden Streichen und Klingen der Scheibe an den 
ruhenden Stellen anhäufeh, und fo tie Figur der 
Zeichnung erhalten. | 

$. 469. Man halte ferner die Scheibe ın ihrem 
Mittelpuncte feft und ſtreiche fie etwa 30 Gr. von 
der gedämpften Stelle des Randes in p, oder r, oder 
gu.f. m. (Fig. 142.) an; fo bilder der Sand die 
SKlangfigur der Zeichuung. — Man fafte die Schei: _ 
be (Fig. 143.) bey n in einiger Entfernung vom ° 
Rande zwifchen den Daumen und Zeigefinger und 
flreiche fie in m; fo bilder der Sand den Kreis n. — 
Man faſſe die Scheibe wie vorher und ftreiche fie in 
p, (90 Br. von der gehaltenen Stelle) (Fig. 144.); 
und es entfteht noch die gerade linie im der gezeichne: 
ten Klangfigur. — Man faffe die Scheibe ferner 
wie vorher, ftemme fie ben g oder p‘ (Fig. 145.) an 
einen eigen und nicht allzu harten Körper an und 
ftreiche in m, (45 Grad von der Stelle, we man fie 
halt; ) und es entftehen aufer dem Kreife noch zwey 
gerade fich durchkreuzende Sinien. — Man halte 
die Scheibe nicht in der Mitte, fondern bey p (Big. 
146.), und fireiche ben £ oder n, oder bey r oder s; 

und 


ſchallender und Elingender Körper. 315 
und es bildet der Sand die gerade linie Durch Die Mitte 
ber Scheibe und drey Bogen. — Man flemme die 
Scheibe (Fig. 147.) bey e an eine Kante, indem 
man die Singer in c und d an den Rand verfelben ſetzt, 
und ftreiche in f; es bilden fich dann Die beyden gera- 
Den gegen einander. geneigten finien e und d. Man 
brüde eine elliptiſche Scheibe (Fig. 148.) in der 
Mitte c auf den Korf an, dämpfe die beyden Puncs 
te bes Randes p und q mit den Fingern und ftreide 
inr, wo fich dann die Klangfigur der Zeichnung bil: 
dit. — Wenn man die &usdratfcheibe (Fig. 149.) 
in ihree Mitte auf den Korf druͤckt und an einer 
ihrer Eden ftreicht, fo bildet der Sand zwey fih 
rechtwinklig durchfreugende gerade finien, die von 
der Mitte des Randes der Scheibe ausgehen; wenn 
man aber in der Mitte des Randes flreicht, fo laufen 
bie finien (Fig. 150.) von den Eden der Scheibe 
aus. — Man faſſe die Duadratfcheibe bey a zwi⸗ 
fhen den Daumen und Zeigefinger und unterflüße 
fie auch noch in b, und flreiche an, der Ecke der Schei- 
be in c; fo entſteht die gezeichnete Klangfigur. — 
Man halte die Quadratſcheibe (Fig. 151.) in o oder 
q und ftreiche in p oder n, um die gezeichnete Klang: 
figur zu erhalten. Wird die Stelle, wo man die 
Scheibe hält ‚etwas verändert, oder ſtreicht man an 
einet der Ecken in c.oder o (Fig. 152.), fo fann fid) 
der vorige Klang auch durch drey, gefrummt durch 
bie Scheibe gehende, Sinien darftellen. | 

$. 470. So fann man alfo dadurch, daß man 
die Scheide an andern Stellen hält, und unterftüßt, 
und 


I 


316 I. Theil. 7. Haupeft. Schwingungsbewegungen 


und an andern Stellen des Randes flreicht, fie jedes: 
mal nöthigen, fich anders abzutheilen, und man kann 
‚folcher Geftalt mit veränderten Tönen derfelben andes 
re Klangfiguren zumege bringen und eine ungemein 
große Mannichfaltigfeit derfelben erhalten. Nicht 
immer ift aber jede Abänderung der Klanafigur mit 
einer bemerfbaren Abänderung des Tons verfnüpft. 


$. 471. Um eine Klangfigur hervorzubringen, 
it es nöthig, die finien der Tläche, welche als ruhend 
verlangt werden, durch Unterftüßung oder Dämpfung 
in Ruhe zu bringen und die in Schwingung zu . 
ſetzenden Stellen in Bewegung zu feßen. Indeſſen 
ift es, wie wir gefehen haben ($.469.), nicht nöthig, 
. ‚jeden Punct der zur Ruhe zu bringenden linie befon; 
ders zu dämpfen und jeden fehwingenden Theil be 
fonders in Schwingung zu feßen, fondern man braucht 
nur einen Punct der finie, welche ruhen foll, zu dam: 
pfen und eine Stelle am Rande der Scheibe durch) 
Streihen in Schwingung zu feßen, da ſich dann 
dieſe Bewegung den Übrigen zu bewegenden Theilen 
der Scheibe mittheilt. Durch einige Uebimg kann 
man es leicht dahin bringen, die verlangten Figuren 
ſehr rein und ſchnell zu erhalten. Die noͤthige Daͤm— 
pfung der Stellen laͤßt ſich bequem durch zugeſpitzte 
Korkſtoͤpſel, worauf man die Scheibe legt, anbringen. 


Beytrag zu den Verſuchen über die Klanafiguren ſchwinagender 
Släcen, von Job. Gortfr. Voigt; in Grens neuem Journ, 
d. Phyſ. B. I. ©. 391. ff. 


$. 472. Den den meiften Klanafiguren nehmen 
geroiffe feſte $inien mehrencheils jchlangenförmige 
Krüm: 


ſchallender und Elingender Körper. 517 | 


Kruͤmmungen an, deren Anzahl ben jeder Figur bes 
ftimmt if. An folchen neben einander gehenden linien 
ift die fage der Krümmungen faft allemal fo befchaf: 
fen, daß entweder zwey unmittelbar neben einander 
befindliche finien, oder in wenigen Fällen zwey durch 
eine gerade Linie getrennte fchlangenfürmige linien 

egenfeitig fich einander nähern und von einander ents 
In jedem Mäherungspuncte koͤnnen fie ſich 
fo verbinden, daß fie einander burchfreuzen; es 
nehmen alfo in diefem Falle zwey fich nähernde Krümz - ' 
mungen (Fig. 154. und 155.) die Geftalt von Fig. 
153. an. Eben fo fönnen zwey einander durchfchneiz 
dende Sinien (Fig. 153.) fich in der Mitte fo trennen, 
daß zwey gegen einander ftiehende Bogen frummer 
linien (Fig. 154. und 155.) daraus werden. Manche 
Figuren werben dadurch fo verändert, daß man ohne Lie: 
bung ihre eigenthümliche Seftalt daraus nicht würde bez 
urtheilen fönnen. Der Ton ift bey einer abgeänderten Si: 
gur derfelbige, als wenn diefe Figur regelmäßig erfcheint. 
Diefe Abänderungen der Figuren Fann man oft durch 
wenige Verruͤckung der Unterftißungspuncteder Schei⸗ 
be oder der zu ftreichenden Stelle des Randes erhalten. 

Chladni a. a. O. ©. 19. ff. 


$..473. Bey dem Klingen der Scheiben ſchwin⸗ 
gen allezeit zwey Stellen, die durch eine rubende 
Uinie von einander abgefondert find, wie z. B. (Fig. 
153.) anb und bod, oder (Fig. 149.) ebg und mbg, 
nac) entgegengefeßten Nichtungen; oder die Kruͤm— 
mung der einen Stelle, befinder ſich über ihrer natuͤr— 
lichen fage, während die andere Stelle unter. diefelbe 


ge⸗ 


318 1. Theil 7. Hauptſt. Schwingungsbewegungen 


gefrümmt ift, und umgefehrt. Zwey Stellen, bie 
in entgegengefeßten Winfeln der ſich durchfreuzenden 
finien ſtehen, 3. B. anb und cnd (Fig. 153.), oder 
ebg und fcn (Sig. 149. ), oder bcm und nhg ( Fig. 
. 150.), ſchwingen allemal nad) der nämlichen Richtung. 
Chladni a. a. O. ©. m. 
$. 474. Bey den Arten bes Klauges der Schei⸗ 
ben, mo fich fternförmige Figuren zeigen, machen 
nicht die Stellen am Rande die weiteften Schwin⸗ 
gungen; fondern der Punct, wo die Schwingungen 
am weiteften find, oder der Ylittelpunet der Schwin: 
gung, ift in jedem ſchwingenden Theile in einiger Ents 
fernung vom Rande, wie in Fig. 141., 144. und 145. 
dieſe Stellen durch Puncte bezeichner find, Wenn 
unter dem Rande, deſſen man fi) zum Beftreuen 
bedient, ganz feine Staubtheilchen befindlich find 
und die Scheibe ganz genau horizontal gehalten wird, 
fo werden diefe Puncte fihtbar, indem fich der keinſte 


Staub hier anhoaͤuft. 
Chladni a. a. O. S. 30, f. 
$. 475. Den dem Klingen der Glocken ſchwin— 


gen ebenfalls ganze Stellen, während finien zwiſchen 
denfelben in Ruhe find. Man Fann dies leicht an 
einem zum Theile mit Waſſer gefüllten, dünnen, Trink 
glafe,. porzellänenen Spülnapfe, einer Taffe, u. dergl. 
jeigen. Man halte das Glas etwas über dem Boden 
mit dem Daumen und einem andern Finger, und 
frreiche den Rand des Glaſes 45 Grad von der gehals 
tenen Stelle mit dem Biolinbogen, fo geräch das 
Waſſer im Glaſe in eine Bewegung von vier fchwins 
genden Theilen des Glaſes, und diefe Bewegung zeige 


ſich 


fehallender und Elingender Körper. 319 


fich fehr auffallend fo, daß das Waſſer als. feiner 
Staub umberfprigt. Wenn man das Glas hingegen 
bey 6o Grad von der berührten Stelle ftreicht, ſo 
merden fich ben verändertem und höherm Tone fechs 
ſchwingende Stellen der Wand zeigen und das Waſ⸗ 
fer bewegen. . 

$. 476. Die Gefchmwinbigfeit, mit der fi 
die fchmingenden Bewegungen in den angrenzenden 
Theilen der zuerft und urfprüngfic) in Bewegung geſetz⸗ 
ten Stelle ducch die Maſſe eines contractilen Körpers 
fortpflanzen, ift bewundernswuͤrdig groß, und übers 
haupt ift diefe Geſchwindigkeit der Sortpflanzung der 
zum Schalle erforderfichen Bewegung durch fich genau 
berührende oder zufammenhängende contractile Koͤ⸗ 
per noch richt ermeflen. Die Sortpflanzung fcheint 
zwar durch eine fehr lange Reihe folcher Körper für uns 
momentan zu ſeyn, daraus folgt aber noch nicht, daß 
die Geſchwindigkeit daben fo groß ſey, als Die des lichts. 

‚ Hieraus erflärt ſich auch die Refonanz. u 
- Aus diefer, zwar am fich fucccjfiven, fir uns aber mos 
mentanerfcheinenden, Fortpflanzung läßt fih erflären, wars 
um die maflıven Wände eines boben Gebäudes bis zum 
hoͤchſten Stocke erfchättert zu werden feinen, wenn ein 
Wangen auf dem Pflafter der Gtraße vor dem Gebäude 
raflelt. Hier Scheint in der That die Wirkung größer, als 
die Urſach; fie würde es wirklich ſeyn, wenn die Erfbüts 
terung durch die ganze Mafle momentan, und nicht fuccefs 
fin erfolgte. * 

Chr. Ernft Wünfeh Nachricht von einem Verfuche, wel- 
cher lehret, dafs der Schall durch fefte elaltifche Kör- 
per unendlich gefchwind, oder doch eben fo gelchwind 
als das Licht, Ach bewegt; in der Sammlung der deut- 
Sehen Abhandl., welche in der k. Akad. d. W. zu Berlin 

" worgelefen worden. Berl. 1793. 4. ©. 137. If. 

- 5 477. Zur Erklärung der Fortpflanzung des 
Schalles von einem ſchallenden Koͤrper durch die Luft, 
als 


320 1. Theil. 7. Hauptſt. Schwingungsbewegungen 


als dem gewoͤhnlichſten Kortpflanzungsmittel, muf 
man auch annehmen, daf durch die Schwingungen 
des erftern Die umgebenden fufttheilhen, und durch 
Diefe die benachbarten lhufttheilchen abwechſelnd zu> 
fammengedrüct werden und fich wieder ausdehnen. 
Dieſemnach ift die zur Fortpflanzung des Schalles 
dienende Bewegung der $uft eine wellenfoͤrmige, 
und keinesweges eine fürtichreitende. Der Schall 
pflanzt fich von dem klingenden oder fchallenden Koͤr— 
per, wie von dem Mirtelpuncte einer Kugel nach der 
Siäche derfelben, im der tuft fort, und zwar nach der 
Stärfe und Befchaffenheit veifelbigen zu einer grö: 
fern oder geringern Weite, die bey der gehörigen 
Stärke des Schalles, nach der Sage des Orts, fehr 
beträchtlich fenn fann. Die mweitefte Entfernung def 
felben fann man aber wegen der Menge der nicht zu 
beftimmenden Umftände nicht angeben. Man kann 
fi) die Fortpflanzung des Schalles in der fuft ale. 
Schallftrablen (Radıi fonori )  vorftellen, wenn 
man nur daben nicht glaubt, daß wirkliche Ausflüffe 
einer fchall: machenden Materie Stutt fänden. 

$. 478. Der Schall pflanzt fich in der $uft eben 
fo feiht nah) oben, als nach unten und nach der 
Seite zu fort, vorausgefeßt, daß die Dichtigfeit der 
$uft, nach den verfchiedenen Richtungen zu, fich nicht 
merflich ändert. In verdünnter $uft nimmt nicht 
nur die Stärfe des Schalles ab, ſondern auch die 
Geſchwindigkeit. 

$. 479. Aus der angeführten Ausbreitung des 
Schalles ın der Luft folge, dag die Staͤrke deffelben 

abneh⸗ 


ſchallender und Flingender Körper. 321 


abnehmen müffe, wie das Quadrat der Entfernung 
junimmt. ⸗ 

$. 480. Die Fortpflanzung des Schalles durch 
die Luft gefchieht ben weitem nicht mit der Geſchwin⸗ 
digkeit, als durch contractile fefte Körper ($. 476.), 
und es verfließt eine merfliche Zeit, ehe der Schall 
durch eine lange Strede von luft fi) fortgepflanze 
hat. Da die Gejchmwindigfeit der Bewegung des 
fichtes fo außerordentlich groß -tt, daß die Zeit, die 
e8 zum Durchlaufen eines Raumes auf der Erde 
braucht, fir nichts zu rechnen ift, fo hat man fich des 
mit einem Schalle ausbrechenden Feuers, wie deg 
Abfeuerns der Gewehre und des Gefchüßes zur Nacht— 
zeit, bedient, um darans die Gefchmwindigfeit der 
Fortpflanzung des Schalles in der $uft, in beftimm- 
ter Entfernung zu meſſen. Die Nefultate der Erfah: 
sungen hierüber weichen freylich fehr von einander ab, 
tie ſich aud) aus der veränderlichen Beichaffenheit der 
$uft kaum anders erwarten läßt. Die von Lajjmi, 
Maraldi und de la Laille angeftellten fcheinen doch 
die genaueften und ficherften zu feyn, und zu Folge 
derfelben durchläuft der Schall in Einer Secunde 


einen Raum von 173 Toifen oder 1038 pariſ. Fuß. 


Memoires de Pacad. roy. des fe. de Paris, 1738. u. 1739. 
Gehlers phyſ. Wörterb. Th. III. ©. 809. 

Diefe Geichwindigfeit des Schalles kann auch dazu dienens 
um die Entfernung eined Orts, eines Gewitterd, eines 
Schiffes, u. dergi., Wweniaftens einiger Maßen, aus der Zeitz 
die zwischen dem Wahrnehmen des Schalles und des gleichs 

» zeitig ausbrechenden Lichtes verfließt, zu beurtheilen. 


$. 481. Die Bewegung des Schalles ift anfcheiz 
nend gleichförmig, oder er durchläuft.in gleichen Zei: 
ten gleihe Räume, Die Stärfe des Schalles mag 
| x beſchaf⸗ 


322-1. Theil. 7. Hauptſt. Schwingungsbewegungen 


beſchaffen fenn, wie fie will, fo ift die Geſchwindigkeit 
deffelben einerley; und alle Öattungen des Schalles 
haben einerlen Gefchwindigfeit. 5 


Experimenta et oblervationes de [oni motu aliisque ad id 
attinentibus, factae a D. W. Derhamo, in den philof. 


transact. No. 313°. © 3. ff. 

$. 482. Alles, was die Elafticität der fuft ans 
dert, bringt auch Veränderungen in der Gefchmwin: 
digfeit des Schalles zumege, als: Wärme und Kälte, 
Verdichtung und Verduͤnnung der Luft. Wenn ver 
Wind nad) einer Nichtung blafr, die auf der Rich: 
„tung des Schalles fenfrecht ift, fo andert er nichts in 
der Gefchwindigfeit des Schalles. Sonft aber ver: 
mehrt oder vermindert er diefelbe, je nachdem er mit 
dein Schalle in einerley oder in entgegengefeßter Rich— 
tung geht, und zwar um feine eigene Geſchwindigkeit. 
6. 483. Der Schall wird von harten Körpern 
nach den Geſetzen der Reflexion elaftifcher Körper zu⸗ 
ruͤckgeworfen. Darauf beruhet die Einrichtung der 
Sprachgewölbe. Wenn durc) dieje Steflerion die. 
Zerftreuung des Schalles in die Runde verhindert 
und die Divergenz der Schallftrahlen dadurch ın eine 
parallele Richtung verandert wird, fo muß auch der 
Schall feine Srärfe behalten, die er fonft verlieren 
würde. Darauf gründet fic) das Sprachrohr Man 
ift haufig bemüht gemefen, ihm die fchiclichite Figur 
zu geben; Hr. Lambert aber hat bewieſen, daß die 
Sigur eines abgekürzten Kegels, mo nicht die befte, 
doc) eben fo gut fen, als jede andere. Gehr Hu 
gende Materien, oder folche, die eine ſtarke Reſonanz, 
‚bewirken, fönnen zwar bey der Anwendung zu Sprach⸗ 
roͤhren 


ſchallender und Elingender Körper. 323 


ebhren die Stärfe des Schalles vermehren, aber fie 
vermindern auch wieder auf der andern Seite die 


Deutfichfeit articulirter Töne, 


Athanafii Kircheri neue Halls und Tonfunft, a. d. 2, Nörds 
Iingen ı684 Fol. 

Sur quelques inftrumens acoultiques, par Mr. Lambert; in 
den M£m. de l’ac, roy, des fc. de Prufle. 1763, ©, g7, 

I. 2. Lamberıs Abhandlung tiber einige afuftiiche Inftrus 
mente. A. d. Franz. nebit Zufägen über das fo aenaunte 
Horn Merauders ded Großen, über Erfahrungen mit einem 
elliptiiben Eprachrobre und über die Anwendun der 
Errachröhre zur Zelegrapbie, von Gotrfr, Huth. erlin 
1796. 8. 


$. 484. Wenn der Schallſtrahl ben feinem Fort⸗ 
gange in der fuft ſenkrecht auf einen harten Körpeg 
ftöße, fo wird er auf dieſen Körper mit feiner ganzen 
Gewalt wirken und nad) den Gefeßen der Neflerion 
von demfelben wieder in eben der Nichtung und mie 
eben der Geichtwindigfeit zuruͤckgeworſen werden. Ein 
Ohr aljo, das ganz nahe ben dem Drte des entſtehen⸗ 
den Schalles iſt, hört nicht allein dieſen Urſchall, 
ſondern auch den Wiederſchall oder das Echo. 
Wenn aber dieſer reflectirte Schall zu geſchwind auf 
den erſtern folgt, ſo wird er undeutlich und kann von 
jenem nicht unterſchieden werden. Die Erfahrung 
lehrt, daß zwey Schalle noch deutlich find und unters 
fehieven werden fünnen, wenn fie in dem neunten 
Theile einer Secunde auf einander folgen. Wenn 
daher ein Echo eines Schalles deutlich gehört werden 
fell, fo muß die den Schall reflectirende Ebene fo weit 
vom Urfchalle entfernt feyn, daß wenigftens der neunte 
Theil einer Secunde vergeht, ehe der Schall bin: und 
juräcgeht, oder, welches einerlen it, daß F einer 
Secunde vergeht, ehe der Schall an die reflectirende 
Ä 2 Ebene 


324 1. Shell. 7. Hptſt. Schwingungsbewegungen x. 


Ebene anſtoͤßt. Wenn wie annehmen, daß ber 
Schall in einer Seceunde 10638 parififhe Fuß durch: 
läuft ($. 480.), fo muß die Ebene wenigftens 5 
oder 57? Fuß vom Urfchalle entfernt feyn, wenn das 
Echo deutlich gehört werden fol. In diefer Entfers 
nung’ Fann es aber nur einen einzelnen Schall oder 
eine einzelne Sylbe deutlich wiederhallen, und heißt 
daher ein einfplbiges Echo. Es kommt bey dem: 
Ausfprechen eines mehrfyldigen Wortes ſchon der 
Schall der erften Sylben zuruͤck, ehe das ganze Wort 
ausgeſprochen iſt, und man hoͤrt daher nur die letzte 
Sylbe allein deutlich nachhallen. 

$. 485. Wenn die den Schall reflectirende Ebes 
ne 519 patififche Fuß vom Urfchalle entfernt ift, fo 
vergeht eine Secunde Zeit, ehe das Echo wieder an 
den Ort des Urjchalles zuruͤckkommt, ımd im diefer 
Entfernung Fann es fchon vielfplbige Norte wieder 
hofen. Das Echo heigt alsdann ein vielſylbiges. 
Wenn mehrere zuruͤckwerfende Körper in Entfernung 
neben einander liegen, fo daß der Schall von einem 
zum andern, und von jedem wieder an ben Ort des 
Urfchalles reflectire wird, fo entſteht ein vielfuches 
Echo, das eine Sylbe mehreremal wiederholt, 
weil der Schall von der fernern reflectirenden Ebene 
fpäter ins Ohr zuruͤckkommt, als von der nähern, 
wenn anders nur der urfprüngliche Schall ftarf ges 


nug war. 


Nachrichten von verfebiedenen merfwürdigen Arten des Edie 
ſehe man in Rirchers oben (. 483. anget. Echrifty usd 
in Gehlers phyſ. Wörterb. Thel. Urt, Echo. s 


— — 


Zwey⸗ 





Zweyter Theil. 
Befondere Naturlehre. 


r 


Digitized by Google) 


— —— — —— — — — nn —— 
— — — — 


9. 486. 
We unterſuchen in der beſondern Naturlehre (6. 
28.) die Natur der einzelnen einfachern Stoffe ($. 
118.), die einen Gegenftand unferer finnlighen WBahrs 
nehmungen ausmachen, indem wis die Wirfungen, 
welche fie auf einander ausüben, und die Zufammens 
ſetzungen, welche fie bilden, erforſchen. 


Erſtes Hauptſtuͤck. 
Waärmeſto ff. 


6. 487. Die objective Urſach der Empfindung, 
die jedermann unter dem Damen der Wärme oder 
Zige \Calor) fennt, nennen wir Waͤrmeſtoff (Ca- 


loricum, Calorigue). 


6.488. Mur dem Gemeingefühle, und feinem ar: 
dern Sinne, koͤnnen wir dieſe Subftan; darftelfen. Aber 
es berechtigt dies eben fo gut zu dem Schluſſe auf die 
objective Nealität eines Wärmeftoffes, als die Dass 
ſtellbarkeit für andere Sinne bey andern Subflanzen. 


6. 489. Wenn mir auf die Körper Acht geben, 
die wir in dem Zuftand bringen, daß fie in uns dee 
Empfindung ber Erwärmung oder Erhitzung zuwege 
bringen, fo finden wir, daß fie in einen größern 
Raum ausgedehnte werden, und dief? Zunahme bes _ 
| Inbe— 


328 IL Theil. 1. Hauptſtuͤck. 


Inbegriffs der Körper, fo wohl der flüffigen als’ der 
feften, in der Wärme oder Hiße (Rarefactio), ifE 
eine ganz allgemeine Wirfung des Stoffes. der: 
Wärme. 

Beftätigunga durch Werfuche: Eine mit Luft zum Theile gefüllte 
fhlaffe Blaſe fchwellt uber einem Soblfeuer anf; boble 
Blasfugeln, die im falten Branntweine ſchwimmen, finten 
im erwaͤrmten; Weingeift, Queckſilber, fteigt in glaͤſernen 
Möbren höber , wenn dreie erwärmr werden; Machstıaelr 
finfen im beißen Wafler unter, da fie im kalten Wafler 
ſchwimmen; eine eiferne Stange acht nab dem Glirhends 
werden nicht mebr durch einen Ring, durch den fie in! der 

‘ Kälte geht; ein Eifendraht verlängert fih beym Glübends 

6. 490. Man bedient fich daher diefer Veraͤn— 
derung des Volums gemiffer Subſtanzen felbft als 
Maaßſtab zur Beftimmung der Ab = und Zunahme 
der Quantität oder Intenfität der die Wärme hervor- 
bringenven Urſach. 


Thermometer, 
$. 491. Ein Werkzeug, melches uns Aende- 
rungen der Waͤrme bemerflih macht und uns vers 
ſichert, daf ein gewiffer- Grad der Wärme, dem das 
Werkzeug jegt ausgefeßt iſt, derjelbige fen, oder nicht 
fen, dem es ein andermal ausgefeßt war, heißt ein 
Tyermomerer , Thermoſkop oder Waͤrmemeſſer. 


$. 492. Den Maafftab zur Beflimmung der Yen: 
derung der Waͤrme giebt ben den Thermometern die 
Aenderung des Bolums der Subftanzen, naͤmlich die 
Vermehrung oder Verminderung defjelben bey ber Zus 
nahme oder Abnahme der freyen Waͤrmetheilchen. 
Man wählt dazu folche Stoffe, die von den Verände: 
rungen 


J 


Bärmefof.e 329 


rungen des Wärmezuftandes leicht afficirt, und bemerk⸗ 
bar!genug durch geringe Zunahmen der Wärme augges 
dehnt werden; dergleichen find tropfbare und elaftifchz 
flüffige Körper. Um die Aenderungen des Bolums des 
fto beſſer bemerfbar zu. machen, ſchließt man vergletz 
chen Slüffigfeiten in enge gläferne Röhren mit Kugeln 
ein, damit man dur) den Stand in der Röhre die Xen: 
derungen des Volums, die auf die Aenderungen der 

Wärme fchliegen laffen, wahrnehmen fünne. 
$. 493. Die gemöhnlichiten Slüffigfeiten, deren 
man fic) zum Fuͤllen der Thermometer bedient, oder ei= 
gentlicher, durch) deren Ausdehnung und Zufamnienzie: 
hung man auf die verhäftnigmäßige Zunahme und Ab- 
nahme des Waͤrmeſtoffes fchließt, find Luft, Weingeift 
und Quecfilber. Die Thermometer erhalten danach 
den Namen der Luftchermometer, Weingeijichermo: 
meter, &uecfilberebermometer. Die uftthermome: 
ter find die empfindlichiten, und die $uft wird Durch glei⸗ 
he Quantitäten des Waͤrmeſtoffes ftärfer erpandier, 
als ein gleiches Volum einer tropfbaren Slüffigkeir, 
Das Duedfilber hat entſchiedene Vorzüge vor andern 
tropfbaren Sluffigfeiten, dadurch: daß es leicht vom er 
ner gleichförmigen Neinigfeit erhalten werden kann; 
daß es gegen Aenderungen der Waͤrme fehr empfindlich 
ift; daß es flarfe Grade der Hitze verträgt, ehe es 
kocht; und eine beträchtlich große Verminderung der 
Wärme dazu gehört, che es gefriert. Diefe Eigens 
Ihaften hat der Weingeiſt nicht alle; denn wenn er 
gleidy noch fpäter gefriert, als Quedfilber, und fi 
noch ftärfer ausdehnt, fo Focht er doch weit früher, 
als 





330 I. Theil. 1. Hauptſtück. 


als Waller, und verwandelt ſich leicht in Dunſt. 
Se bald fich aber tropfbare Fluͤſſigkeiten durch Hiße 
in Dämpfe, oder durch Gefrieren in fefte Subftan- 
zen verwandeln, fo meilen fie ganz andere Grabe der 
Ausdehnung, als vorher, und die vorige Scale fort: 
gefeßt dient dann Feinesweges mehr für diefelben. 
de Luc oben (©. 17. No. 8.) angef, Werk 410. a. m. ff. f. 
’ 422. a. ff. Luz voltändige Anweifung, die Thermometer 
zu verfertigen, Nürnb. 1781. gr. 8. Ebendeſſelben vollftäns 
dige Beichreibung von allen Barometern , nebft einem Ans 
bange, feine Thermometer betreffend, Nürnberg und Leipt 
j jig 1784. gr. 8. 

4. 494. Alle unfere Thermometer zeigen indeffen 
Feinesweges die abfoluten Quantitäten des frenen Waͤr⸗ 
mefioffes an, fondern nur, ob die Quantität größer 
oder gerinaer fen, als zu einer andern Zeit ver Beobach⸗ 
tung. Deſſen ungeachtet ift das Thermometer, fo wie 
es iſt, doc) ein überaus wichtiges Werkzeug für dem 
Naturforſcher. 


$. 495. Cornelius Drebbel von Alkmar in 
Nordholland wird gewoͤhnlich fuͤr den Erfinder des 
Thermometers, beym Anfange des vorigen Jahrhun— 
derts, angegeben. Sein Thermometer war ein Luft: 
tbermometer und beftand aus einer gläfernen Röhre, 
bie oben mit einer Kugel gefchloffen, bis zu einer 
gewiſſen Höhe mit einer gefärbten Fluͤſſigkeit gefülle 
und mit ihrer untern Deffnung in ein Behältnif, das 
eben dieſe Fluͤſſigkeit enthielt, geftellt war. Die Luft 
trieb num bey ihrer Ausdehnung durch Waͤrme die 
Fluͤſſigkeit in der Nöhre herunter, oder dieſe flieg 
hinauf, wenn fich die $uft durch Kälte zuſammenzeg. 
| Im 


Warmeſto ff. | 33% 


Um das Werkzeug tragbarer zu machen ‚, Fann bie 
Möhre Afg (Big. 125.) unten bey g wieder gekruͤmmt 
werden und in die offene Kugel G auslaufen. es 
feßt, die Fluͤſſigkeit ftehe in der Röhre bis f und in 
der Kugel zur Seite bis G, fo wird die $uft zwiſchen 
£ bis A durch die Ausdehnung bey der Erwärmung 
die Stüffigfeit herabdrüden; ben der Verminderung 
der Wärme wird die fuft zwiſchen k und A fich zu: 
fammenziehen und der Druck der Atmofphäre auf 
die Zläche der Fluͤſſigkeit in G diefe hinauftreiben. 
Dover es Fann noch bequemer die oben bey g offene 
Glasroͤhre (Fig. 126.), die unten in die Höhe ger 
frümmt und hier mit einer Kugel A gefchlofien iſt, 
mit der gefärbten Flüffigfeit fo gefüllt werden, daß 
ein Theil der Kugel A noch luft enchält. Durch 
die Zunahme der Wärme wird die fuft in der Kugel 
A ſich ausdehnen und die Flüffigfeit über F in die 
Höhe treiben; durch die Verminderung der Wärme 
wird die fuft in A ſich zufammenziehen und die 
Slüffigfeit wird von f herabgedrückt werden. Dieſes 
Drebbelifche Luftthermometer hat aber den beträchtz 
fichen Sehler, daß die aufßere Suft zugfeih darauf 
wirft und daß nad) Verſchiedenheit des Druckes ders 
felbigen die Tlüffigfeit in der Röhre verfchiedentlic) 
hoc) fiehen kann, bey einerlen Grad ber Wärme, 
Regen der großen Empfindfichfeit iſt diefe Einrich- 
tung indeffen doch immer fehr vortheilhaft zu nüßen, 
um momentane und fihnell vorübergehende Aende— 
zungen der Wärme dadurch zu erforfihen. 


$. 496. 


332% II. Theil: 1. Hauptftüd. 


$. 496. Wenn man an dem lLuftthermometer 
die Wirkungen des Druckes der aͤußern $uft von der, 
nen des MWärmeftoffes gehörig zu unterfcheiden, oder, 
auch jene ganz auszuſchließen, im Stande iſt, fo, 
kann es die Erforderniffe eines Thermometers: (9. 
491.) erfüllen und zu einem fehr vollfommenen. 
Werkzeuge werden. Die erftere Einrichtung bat 
Amontons, die zweyte Bernoullis Luftthermometer, 
bey welchen der Fehler des drebbeliſchen Thermometers 
völlig gehoben iſt. 
$. 497. Das amontonfche Luftthermometer 
($,496.) befteht aus einer fangen, engen, gleich wei⸗ 
ten, gläfernen Röhre (Fig. 132.), die ben a offen 
und unten gekruͤmmt ift und fich bier in eine Kugel 
bendigt, die einen fehr großen Durchmeffer gegen 
die Röhre haben muß, damit durch das Steigen und 
Ballen des Quecfilbers in der Roͤhre das Niveau 
des Quedfilbers in der Kugel ſich nicht merflich An: 
dere. In der Kugel ift $uft über dem Queckſilber ein; 
gefchloffen, umd diefes ſteht auch noch in der Roͤhre 
über dem Niveau des Quecfilbers in der Kugel, und 
zwar auch beym niedrigften Grade der Wärme, die 
man durchs Werkzeug mißt. Es tft aus ber fehre 
von dem Drucke und der Elafticität der erpanfibelen 
Slüffigfeiten ($. 405.) befannt, daß die fuft in der 
Kugel b nicht nur den Druck der Quedfilberfäule gf, 
fondern auch den Druck der Atmofphäre, den der jedes; 
malige Barometerfiand anzeigt, zu tragen habe, 
Nenn man alſo zu der Höhe der Queckſilberſaͤule 
uͤber dem Niveau ok die jedesmalige Barometerhöhe 
addirt, 


—Warmeſt off. 333 
addirt, ſo hat man bie Höhe einer Queckſilberſaͤule, 
wie fie ben der jedesmaligen Wärme der luft in det 


Kugel von derfelben getragen werden kann. 


“ Amontons, in den Mem. de l’ac, roy. des fe. a ®. 160, ff. 
Zamberts Pyrometrie. Th. II. Hauptft, 3 


$: 498. Es ift übrigens ein, ohne allen Grund, 
bon mehrern Phnfifern, feit Sernoulli, angenom⸗ 
mener Satz: daß die Ausdehnungen der fuft, bey 
gleichem Drude, in der Wärme, oder ihre abfolute 
Elafticität bey unveränderter Dichtigfeit derfelben, den 
Duantitäten des Wärmeftoffes proportional wären, 
und daß z. B. doppelt fo ſtarke Efafticität der einge: 
ſchloſſenen Luft, ben gleich bleibender Dichtigfeit, dops 
pelt fo viel Quantität der fie afficirenden Waͤrmetheil— 
chen vorausfeße. Das amontonfche $uftthermomerer 
giebt fo wenig, wie irgend ein anderes Thermometer ($. 
494. ), die wirklichen Verhältniffe des Wärmeftoffee 
an. Jede fufts oder Gasart dehnt fich, ben gleichem 
Grade. der Zufammendrüdfung, durch) gleiche Zunah⸗ 
me der Intenſitaͤt des Waͤrmeſtoffes anders aus; 
warum ſollte num gerade allein die atmoſphoaͤriſche Luft 
in ihren Zunahmen der Ausdehnung proportional ges 
hen mit den Quantitäten der Waͤrmetheilchen, die fie 
affıeiren ? 
5. 499. Das bernoulifche Luftthermometer 
(4. 496;) erhält man, wenn man die Kugel eines 
Sapjelbarometers (5. 396.) zufchmeljt. Es ift num 
das Quedfilber in der Kugel nicht mehr dem Wechſel 
des Drudes der äußern $uft ausgefeßt. Sonſt hat 
— Werkzeug die Unbequemlichteit, daß die Roͤhte 
davon 


334 IL Theil. 1. Hauptſtuͤck. 


davon ſehr lang, und weit laͤnger, als bey einem ge⸗ 
woͤhnlichen Barometer ſeyn muß, weil ſonſt das Auf⸗ 
ſteigen des Queckſilbers bey verſtaͤrkten Graden der 
Waͤrme die ganze Roͤhre ausfuͤllen wuͤrde. Uebri⸗ 
gens muß die Roͤhre gegen die Kugel enge genug ſeyn, 
damit durch das Steigen und Fallen des Queckſilbers 
in der erſtern ſich das Niveau in der . ‚nicht 
merflic) ändere, 


$. 500. Die florentiner Afademie bediente fich 
zuerft einer tropfbaren Fluͤſſigkeit zur thermoſtopiſchen 
Subſtanz. Ihr Thermometer beftehr in einer oben 
verfchloffenen gläfernen Röhre mit einer unten befind: 
lichen Kugel, worin gefärbter Weingeift eingefchloffen 
iſt. Man bemerkte an der Nöhre einen Punct, wo— 
bey die Sfüffigfeit im einer gemäßigten Temperatur 
ſteht, 3. B. in einem tiefen Keller, und brachte nun 
an der Nöhre über und unter diefem Puncte eine will⸗ 
führliche Eintheifung in Grade an, fo daß man jenen 
Punct mit © bezeichnete umd' die Grade des Thermo⸗ 
meters auf: und abwärts zählte. Da aber ben dieſem 
florentiuſ ven Thermometer jener Punct nicht mit 
Sicherheit beftimme werden fann, und die Grade über 
and unter demſelben nur willführlichi aufgetragen mer: 
den fünnen, fo fieht man leicht die Unbrauchbarfeit def: 
felben, um beftimmte Grabe der Wärme und Kälte 
Darnad) zu meffen, und die Untauglichkeit der. Mes 
ode, um vdarnach vergleichbare Thermometer zu 
machen, 


Tentamina experimentorum naturalium captorum in’acad, 
del Cimento, edit, a Mufchenörgek, ©, 2: ff. 


4 501. 


Bärmefofl. 333 


$. 301. Fahrenheit machte ſich daher um die 
Verbefferung der Thermometer dadurch fehr verdient, 
daf er zmen ziemlich fefte Puncte daran beftimmte 
und den Abftand dverfelben von einander in eine bes 
fimmte Anzahl Theile oder Grade eintheilte; fo wie 
auch dadurch, daß er fih, nad) Halley's Mathe, 
nachher des Duedfilbers zum Füllen der Thermometers 
röhren bediente. Die Entfernung zweyer folcher feſten 
Puncte an dem Thermometer nennt man den Funda⸗ 
mentslabitand. Bahrenheit nahm zum untern 
Puncte die Temperatur, welche ein Gemifch aus 
‚gleichen Theilen Schnee und Galmiaf hat, oder den 
kuͤnſtlichen Sroftpunet (Punctum congelationis ar- 
tihcialis ), und zum obern Puncte die Hiße des fies 
denden Waſſers, den Siedepunct (Punctum ebulli« 
tionis). Er feßte bey jenem © und theilte dieſen 
Sundamentalabftand in 212 gleiche Theile, fo daß alſo 
dieie Zahl für den Grad des Fochenden Waſſers war. 
Auch unter. o trug er noch eben fo große Grade, als 
oberhalb waren. Fuͤr die Hiße des fochenden Queck⸗ 
filbers fommen 600 feiner Grade. Gemöhnlid) mat 
man aber die Scale diefer Thermomerer nur bis an 
ben Siedepunct des Waſſers. | 


Herm. Boerhaave elemtenta chemiae. Lipf. 1732. 3. T. I. 
©. 146. ff. 

. 502. Herr von Reaumur nahm dagegen zum 
untern Puncte an der Scale des Thermometers ben: 
bequemern natürlichen Jroſtpunct (Punctum rege- 
lationis ), oder die Temperatur des fchmelzenden 
Schnees und Eifes an, füllte das Thermometer mit 

ein: 


336 1. Theil. 1. Hauptſtuck. 
Weingelſt, Ber, um bie Hiße des Fochenden Wäffers 
auszuhalten, mit Waſſer verdünnt mar, und theifte 
den Fundamentafäbftand von jenem Puncte bis zum 
Siedepuncte it achtzig gleiche Theile, (weil er gefun⸗ 
den hatte, daf fein Weingeift fich um-o,08o feines No: 
lums, das er beym natürlichen Froſtpuncte hatte, 
ausdehnte,) und feßte aljo o ben'diefem Sroftpuncte, 
80 beym Siedepuncte. Unter o wurden ebenfalls 
fo große ‘Grade an der Scale aufgetragen, als nach 
oben zu. Der marhrliche Srofipunet, eder das Reau⸗ 
muriſche 0, iſt bey Fahrenheit 32, Grad +: 7 
Kèôégle pour eohſtruine des thermomätres, dont les deprös 
foient comparables, per M. Reaumur, in den Mrmnoires 

de U’ acall. ro yale des je. 1736. ©2452. ff. — m&- 

a are 1731. S. 250, # ; ’ 


$. 503. Man hat in der So! ge Reanmurs Stufe 
auch für die Queckſilberthermometer angewendet.- Sie 
trifft aber nicht mit der Graduirung des wahren Reau⸗ 
murifchen . Thermometers überein, „und dieſes zeige 
daher mit einem Queckſilberthermometer, das die Reau— 
murische Scale hat, im einerley Waͤrme nicht einer 
fen Grade; und wenn man ſich der Reaumuriſchen 
Scale bedient, jo müßte man auch immer beſtimmen, 
ob man bey derfelben ein Duesffilber - oder ein Wein 
— gebraucht habe. 

de Luc a. a. O. f. 440. a ff. 

. 504. Man hat nachher noch — Ein⸗ 
— des Fundamentalabſtandes oder Scalen 
eingeführt, aber wirklich ohne Noch die Thermome⸗ 
terſprache dadurch unbequemer gemacht. de Kisle 
ſetzte beym Siedepuncte des Waſſers o, und beym 

natuͤr⸗ 


Waͤrmeſtoff. 337 
natuͤrlichen Gefrierpuncte 150, weil das Volumen 
des Queckſilbers in der Temperatur des letztern um 
0,01 50 geringer ſey, als in der des erſtern. Celſius 
hingegen theilte den Fundamentalabſtand vom natürz 
lichen Froſtbuncte bis zum Siedepuncte in hundert 
gleiche Theile, und ſetzte bey jenem o, bey dieſem 100. 
Diele Sale heißt auch die ſchwediſche. 


6.505. Die Hauptfache ben der Graduirung 
der Scale der Thermometer iſt die Beſtimmung zweyer, 
hinlaͤnglich unterſchiedener, unveraͤnderlicher Puncte, 
oder des Fundamentalabſtandes, die, wenn ſie immer 
wiedergefunden werden koͤnnen und ihr Abſtand her⸗ 
nad) in gleic große Theile eingerheilt wırd, uns in 
den Stand feßen, harmonirende Thermometer zu 
machen. Man ift jest allgemein übereingefommen, 
die Temperatur des fchmelzenden Schnees, oder den 
natürlichen Oeftierpunct, und die Temperatur des 
fiedenden Waffers fir die beyden feften Puncte der 
TShermometerjcale anzunehmen, beren Abftand man 
in 180 Theile, wenn man Fahrenheits Scale, oder 
in go Theile, wenn man Reaumurs Scale, oder in 
100 Theile theilt, wenn man Gelfius Scale haben 
mil. Um Delisle's Scale zu erhalten, theilt man 
dieſen Fundamentalabſtand i in 150 Theile, und zaͤhlt 
von oben herab. Dies alles gilt nur vom Queckſilber⸗ 
thermometer. | 

Die  Bäbrenbeitiäbe, Reaumurifhe und Celſiuſſiſche Scale 
laſſen fi leicht unter einander vergleihen, wenn man 
weiß, daß 180 F., z0 N. und ıon C. Brave einander gleich 
find, nur muß es bev der Keaumurifchen Scale dann ein 


Quedfilbertvermometer feyn. Es ind demnach 18° 5. = 
NR 10° 6; 9 FF. ⸗ 4 Rs; und alſo: 


Y ı Gt 


338 11. Theil. 1. Hauptſtück. nn 
| mh =ut. | 
se 


ı Gr. F. — EN 
i Gr. C.⸗ 143 F. = +8. 

Wenn man aber Reaumuriſche und Celſiuſſiſche Grade auf 
Fahrenbeitiſche, oder umgekehrt dieſe auf jene, reduciren 
wild, fo muß mal nicht vergeſſen, daft Fahrenheit noch 
32 feiner Grade unter denw Reaumuriſchen oder Celſiuſſi⸗ 
fhen o zäblt. Um Delisliſche Brade ın Fubrenbeitiiche zu 
verwandeln, zieht man die aeaebene Anzahl von 150 aby 
weil Delisle von oben herunter zahlt, multiplicirt den 
Reſt mit 6, dividirt das Product durch $, weil 180° $. 
mit 150 des Delisie, oder 6 mit 5 übereinfommen;) zu 
dem QDuotienten addirt man noch 32, weil Fahreuheit diefe 
noch unter dem natuͤrlichen Froſtpuncte bat. Um Deliss 
liſche Grade ıu Reaumuriſche zu verwanceln, fo zieht man 
die gegebene Anzahl Grade von ıso ab, multiplicirt dem 
z Reſt mir 8 umd dividirt das Product dur 15, weil 80° 
N. mıt 150° Delisl./ oder 8 mit 15 übereinfommen; und 
um die Delisiiihen Grade auf Eellinifiiche zu bringen, fo 
verfährt man kben fo, multipheirt den Reſt mıt 2 und 
dividirt das Product durch 3, weil 100° C. mit 150° Delist. 

oder 2 mit 3 übereinfommen. 

Umgekehrt, um Fahreuheitiſche, Reaumuriſche . oder 
Celſiuſſiſche Grade in Delisliihe zu verwandeln ,. fo ziehe 
man dıe gegebene Anzahl der eritern von 212, der andern 
von 80, der. dritten von 150 ab; multiplicirt den Kent der 
erftern mit $, der andern mit ı5, der dritten mit 3; und 
dioidirt day Product der erftern mit 6, der andern mit 8, 
der dritten mir 2, fo giebt der Quotient die Delislifchen 
®rade an. — 

Algemeine Formeln zur Vergleichuug der Thermoneters 

ade verfhiedener Scalen bat Hr Zindenburg aea.ben, 

Carol. Frider. Hindenburg Pr. formulae comparandis 
gradibus tberinometricis idoneae. Lipf. 1791. 4.). 

Bequem find die Vergleichungsthermomerer ( Thermo- 
meötres de eomparaifon ), wo man die augefuͤhrten verr 
fbiedenen Sealen zugleich aufträgt. 

van Swinden Disl;, fur la comparailon des thermome- 


tres. a Amlierd. 1778. 8. 


$. 506. Da die Hiße des fochenden Waſſers 
nur bey einerlen Druck der Atmofphäre unveränderlic) 
ift, und das Waſſer bey größerm Drucke der Atmos 
fohäre eine größere, bey geringerm eine geringere 
Hiße zum Sieden erfordert, fo fieht man leicht, daß 
der Siedepunct nicht unveranderlich iſt. Daher ift 


es zur genauen Beflimmung des Fundamentalabſtan— 
ne des 


Waͤrmeſto ff. 339 
des noͤthig, den Siedepunct entweder nur bey einer 
beſtimmten Normal: Barometerhöhe zu ſuchen oder 
ihn bey einer andern Barometethoͤhe darnach zu bes 
fihtigen. Die von der koͤniglichen Sotierät zu Lon⸗ 
don zur Berichtigung vieles Gegenftandes niederge: 
feßten Commiffarien, Cavendiſh, de Luc, Maske— 
Ipne und Hotoley, rathen an, den Siedepunct am - 
Thermometer entweder bloß im Dampfe des fiedenden 
Waſſers zu beftimmen, das in einem verichloffenen 
Gefäße Focht, in melchem die Dämpfe fich felbft den 
Ausgang verfchaffen Fünnen, doch fo, daf das fiedende 
Waſſer felbft die Thermomererfugel nicht berührt; 
oder die Kugel. des Thermometers in das Fochende 
Waſſer ſelbſt zwey Bis drey Zoll tief einzufenfen. Zur 
Normalhoͤhe des Barometers beftimmen fie für die 
erjtere Methode 29,8 engl. Zoll, die 27 3. 11,538 1. 
= 335,538 !in. parif. gleich find; für die zweyte aber 
29,5 engl. Zell, die mit 27 3. 8,16 $. öder 332,16 
linien parif. übereinfommen. Da nun genaue Ver: 
fuche lehren, daß eine Aenderung des Barometerftan- 
des von 29% bis 30% Zoll engl. (332,16 fin. bie 
343,42 $. pariſ.) eine Aenderung des Siedepunctes 
von 80,54 Gr. auf 81,25 Gr. Neaum. machte, oder, 
daß um Einen Zoll (engl.) Zunahme des Barome: 
terftandes der Siedepunct um 0,71 Gr. Reaum. — 
1,59 Gr. Sahrenh. höher zu liegen kommt; da folg- 
lich jede Aenderung des Baroıneterftandes um 0,114 
3. engl. = 1,283 Linien parif. eine Aenderung des. 
Giedepunctes von 0,114 . 1,59 = 0,181 Ör. Fahr., 
d. i., eine Aenderung um zIz5 des ganzen Abftandes 


N) 2- zwiſchen 


340 II. Theil. 1. Hauptſtuͤck. 


zwilchen dem Giedepuncte und natürlichen Gefrier⸗ 
puncte zuwege bringt: fo hat man daraus folgende 
Regel zur Berichtigung des Siedepunctes feftgefeßt : 
Man beobachte zu der Zeit, da man den Siedepunct 
am Thermometer beftimmt, die Barometerhöhe, und - 
wenn fie um n.0,114 3. engl. (oder n.1,28 li⸗ 
nien parif. ) höher oder niedriger ift, als die Normals 
höhe des Barometers feyn muß, fo muf man den 


gefundenen Siedepunct um — ſeines Abſtandes 


vom Gefrierpuncte tiefer herab oder hoͤher hinauf 
ſetzen. — Das Waſſer, worin man den Siede⸗ 

punct beſtimmt, muß reines deſtillirtes oder Regen⸗ 
waſſer ſeyn, indem ie fonft den Sievepunct 
erhöhen fönnen. 


Bericht einer von der koͤnigl. Soc. ber Wiſſenſch. zu London 
niederaeiegten Commiſſion, über die befte Methode, die 
ferten Pancte des Thermometers zu beſtimmen, a. db. 
philof. transact. Vol. LXVII. P. 1. er 37 übel. in * 
Samml. zur Phyſ. und Naturgeſch. B 

Aus — Beihr. von —— "And 32 
Gehlers vhuf. Wörterb. Th. IV. ©, 336. f 


$. 507. Zur Beflimmung des untern Punctes 
am Sundamentalabftande wählt man die Temperatur 
des zergehenden reinen. Schnees oder reinen Eifes, 
worein man das Thermometer ſenkt und binlängliche 
Zeit darin ftehen läßt. : Diefe Methode ift ficherer, als 
wenn man das Thermometer in» eben gefrierendes 
Waſſer ſetzt. Der künftliche Froftpunet aus Schnee 
und Salmtaf ift ſehr unzuverläffie. 


de Luc a. a. O. Th. 1.$. 438. c. Luz Anweiſ., Thermometer 
zu verfertigen, ud 122,-— 129. 
| $. 508. 


Warmeſtoff. 341 


$. 508. Thermometer, welche mit der noͤthigen 
Genauigfeit verfertigt und mit einerlen Fluͤſſigkeit 
gefülle find, barınoniren mit einander oder zeigen 
ben gleichen Aenderungen der Wärme oder Kälte 
einerlen Grade an. Wenn man aber aud) noch fo 
genau bey ihrer Verfertigung verfährt, fo bleiben fie 
doch noch einigen Heinen, ſchwerlich abzuhelfenden, 
Mängeln ausgefegt, die befonders darin beftehen, 
daß die Wärme oder Kälte nicht allein die Fluͤſſigkeit 
des Thermometers ausdehnt oder zuſammenzieht, 
fondern daß andy das las der Kugel und Röhre jo 
wie die Scale felbft dieſe Veränderungen erleiden. 


Noch iſt bier zu bemerken, daß die Roͤhre geboͤris cahbrirg 
— und don einem. hinlänglım Beinen Durchmeſſer des ns 
wendinen der Nöhre und einer ſchicklien Kanye ſey, das 
Queckſilber gehörig von Luft gercintat uud ubeıoaupı in 
der möglichfien Reinigkeit angemwender werde. 
7Chermometer mit fleinern Kugeln find empfindticher, 
- als die mit arößern. Die Kugel des Thermomercıs muß 
zu genauen Beobachtungen das Bret nıcht berühren. 


Zu den Schriften über die Veifeitigung der Thermome⸗ 
‘ter gehört noch außer den oben ($. 493.) angefubrten: ' 
Strohmeyers Anleitung, übereinftimmende Thermometer 

zu verfertigen. Botting. 1775. 9. 4. 
$. 509: Größere Grade der Hiße, die uͤber den 
Siedepunct des Onedfilbers gehen, und die wir folg- 
lich nicht mehr durch unfere damit gefühlte Thermomes 
ter meflen fönnen, weil das Queckſilber dann feinen. 
Aggregatzuſtand der tropfbaren Fluͤſſigkeit ändert 
‚und in Dampf verwandelt wird, hat man durch Dys 
rometer zu meften geſucht. Die metallenen find ſehr 
unsollfommene und unzulängliche Werkzeuge. Es 

gehören hierher: Ä 


ı ) Mortimere Metslltbermometer. 


3422 I. Theil. 1. Hauptſtuͤk. 


A A discour[e concerning the ufefulnefs of thermometers in 
chemical experiments — with de defcription and ules 
of a metalline thermometer, newly invented by Cromw) 
Mortimer; in den philo/.- transact. Vol. XLIV. 1735. 
No. 434: Append, &, 672» Gehlers phyſ. Woͤrterb. Th. IV, 

. 359 


2) Des Grafen von Löfer Metallthermometer. 


Thermometri metailici ab inventione Comitis Loeferi de- 
feriptio, auet, lo, Dan, Titio, Lipl, 1765. 4. Eber⸗ 
hards Naturlehre 6. 364. 


3) Zeihers Metallthermometer. 


Thermometri metallici defcriptio, auet. I. Ern. Zeihero; 
in den nov. comment. petrop, T. IX. ©, 3085, ff, 
$. 510, Wedgwoods Pprometer macht allen 
andern den Vorzug ſtreitig. Es gründet fich auf dag 
Vermögen des Thons, im der Hiße zu ſchwinden, 
ohne fih durch plögfiche Erfältung wieder auszudeh- 
nen. Auf eine meflingene Platte find meffingene 
Stäbe geföther, die etwas fchräg gegen einander fau- 
fen und fo eine allmählig enger werdende Nute bil- 
den, in welche die zum Gebrauche dienenden thöner- 
nen Wuͤrfel hinein gefchoben werden. Um nun den 
Grad der Hitze eines Dfens zu meffen, legt man 
einen thönernen Würfel hinein und wirft ihn fo- 
glei, nachdem er die Hiße des Dfens angenommen 
hat, in faltes Waſſer. Der Würfel geht defto tiefer 
in die Nute des Ppromerers hinein, je ſchmaͤler feine 
Seite durch die Hiße geworden ift, An der Stelle,‘ 
wo der Würfel ftecfen bleibe, fieht auf den Stäben 
eine Zahl, die den Grad der Hiße angiebt. Es ver- 
fieht fih, daß .man immer einerfen Art Thonwür: 
fel zu dieſem Pyrometer brauchen müffe, 
Philofophical transactions, Vol. LXXI. und LXXIV. 
Freyer 


Biärmefof. 343 
Freyer Wäarmeftoff und deffen 
Berbreitung. 


6. sır. Um jeden erhißten Körper herum ber: 
breiter fich, der Erfahrung zu Folge, die Kraftäufe: 
rung auf unfer Gefühl und aufs Thermometer, wo: 
durch wir eben auf das Dafenn des Wärmeftoffes 
fchließen, nach allen Richtungen zu, und zwar mit 
abnehmender ntenfität. Der Wärmeftoff iſt affo 
eine erpanfibrle Fluͤſſigkeit ($. 131. ), und um jeden 
erhißten Körper herum kann man fich alfo eine Sphäre 
des Wärmeftoffes von unbeſtimmter Groͤße vorftellen, 
in welcher bey der weitern Verbreitung des Wärme: 
ftoifes feine Erpanfivfraft abnehmen muß, wie feine 
Dichtigkeit abnimmt, 


4. 512. Der Wärmeftoff ift ferner eine rein: 
erpanjivele Slüffigkeit ($. 133), und feine Theil: 
chen folgen ihrer abftoßenden Kraft ungehindert, ohne 
zugleich von der Schwerfraft afficıre zu werden. Go 
ftrömen die freyen Waͤrmeſtoffstheilchen mit dem fichte 
von der Sonne nad) allen Richtungen aus, ohne durch 
Schwere an die Sonne gefeffelt zu fenn, und fo ge: 
hen fie von der Erde da, wo fie fren und in ihrer Ex— 
panfivfraft thätig zu werden anfangen, nach allen 
Richtungen, ohne gegen den Mittefpunct der Erde zu 
gravitiren. Sie fönnen daher nicht, wie die ſchwere 
fuft ($.423.), um die Erde herum eine bleibende At: 
mofphäre bilden. Da der Wärmeftoff alfo nicht 
ſchwer ift, fo koͤnnen auch feine Quantitäten gar-nicht 


durchs Gewicht beſtimmt werden, und feine Vermeh— 
| | rung 


344 1. Theil. 1. Haupiſtuck. 


rung und DBerminderung in den Körpern Fann, mie 
auch die Erfahrung lehrt, das Gewicht des Körpers 

weder vermehren noch vermindern. Der Wärme 

ſtoff it demnach als inponderabele Subftanz zu bei 
trachten. | 
$. 513. Der Wärmeftoff ift urfpränglich er: 
panfibel ($. 132... Wir fennen nämlid) feine Sub» 
flanz, und feine einzige Erfahrung heist uns eine 
folhe, von der wir die Erpanfibilität des Wärmeftof- 

fes ableiten fünnten. | 


$. 514. Diefen Umftänden zu Folge müßte der 
Wärmeftoff fich von dem Orte aus, wo er fren wird, 
ins Unendliche verbreiten, und feine Dichtigfeit, folge 
lich feine Erpanfivfraft oder feine Kraftäußerung, 
müßte daher endlic Null werden, weil er feiner Vers 
breitung durch fich ſelbſt und durch feine eigene Aus: 
fpannungsfraft nicht Grenzen feßen kann. Dies 
wuͤrde auch gefchehen, wenn nicht, wie die Folge 
lehren wird, dem freyen Waͤrmeſtoffe durch Anzies 
hungsfräfte anderer Materien dagegen in feiner Aus» 
fpannungsfraft Grenzen gefeßt, und er alfo dahin 
gebracht werden könnte, feinen Raum mit Beharr: 
lichkeit zu erfüllen. 


$. 515. Zur anfchaulichern Erflärung gemiffer 
Phänomene kann man fich zwar die Verbreitung des 
MWärmeftoffes in. Strahlen (ırablender Wärme: 
floff ), oder fo vorſtellen, daß die Theilchen deffelben 
von dem Drte aus, wo fie fren werden, fich gerads 
king divergirend verbreiten, wie Radii einer Kugel 
vom 


Warme ſt o ff. 345 


vom Mittelpunete derſelben nach der Flaͤche derſelben 
gehen; allein in der Wirklichkeit iſt dieſe atomiſtiſche 
Vorſtellungsart nicht gegründet. Der Waͤrmeſtoff 
muß vielmehr als elaſtiſch⸗ fluͤſſiges Weſen auch bey 
der groͤßeſten Duͤnne ‚ feinen Raum mit Continuitaͤt 
erfüllen. 
$. 516. Es folgt aus der Verbreitung des Waͤr⸗ 
meſtoffes, daß die Staͤrke dieſes Ausfluſſes aus einem 
Puncte, oder die Quantität der Waͤrmetheilchen, 
die davon zu einer gegebenen Flaͤche gehen, im umge: 
fehrten Verhältniffe der Quadrate der Entfernungen 
abnehme. Erfahrungen hierüber mit dem Thermo 
meter koͤnnen den Satz nicht beweifen, da. daſſelbe 
sicht die Quantitäten des Waͤrmeſtoffes anzugeben 


vermag ($. 494.). 
Lamberts Pyrometrie, oder vom Maaße des Feuers und dee 
Wärme. Berlin 1779. 4. ©. 201. ff. Marc. Aug. — Ver⸗ 
ſuch über das Feuer. A. d. Franzoͤſ. Tuͤbingen 1790. 8. 9. 38. 


4. 517. Die Beſchleunigung der Expanſivkraft, 
die die Theilchen des Waͤrmeſtoffes in Bewegung ſetzt, 
iſt, wie die Wirkung auf den lichtſtoff lehrt, fo groß, 
daß die Bewegung der frenen Waͤrmetheilchen für 
Verſetzungen aus einem Orte in den andern ben un⸗ 
fern Verfuchen auf der Erde inftantan zu ſeyn fcheint. 
Fuͤr fehr große Räume würde bie ei 
allerdings meßbar ſeyn. 

Picters Verf. }. 64 — 67. 

$. 518. Die Intenfität ber Hiße oder Warme 
hängt von der Quantitoͤt der freyen Waͤrmetheilchen 
in einerley Raume oder ihrer Dichtigfeit ab, mit wels 
her ihre Erpanfivfraft im Verhaͤltniſſe ſeyn muß. Die 


durch 


” 


346: II. Theil. 1. Hauptfiäek. 


durch ihre Wirkung aufs Thermometer beſtimmten 
Intenſitaͤten der Hitze nennen wir auch die en 
turen (Teimperies) der Körper. 

$. 519. Wenn man einem Körper, deffen Tem: 
geratur über Die des umgebenden Mediums und des 
darin befindlichen Thermometers merklich erhöhet ıfl,- 
ein empfindliches Thermometer nähert, aufmelcher Sei: 
te man will, fo zeigt das Thermometer eine höhere Tem» 
peratur. Dieſe erhoͤhete Temperatur bleibt aber nicht 
beftändig, fondern fie kommt nachher allmählig mie: 
der zu der Temperatur des umgebenden Mediums zu: 
ruf. Dies folgt aus der Verbreitung des Wärme: 
ftoffes. Jeder erhißte Körper, (wenn er nicht einer 
dauernden Duelle neuer Wärme ausgefegt ift,) ver: 
liert fo nad) und nach feinen Ueberfchuß der Tempera: 
tur über die umgebenden, und es:ift fein Körper der 
Erde befannt, der vermögend wäre, die höhere Tempe: 
ratur zuruͤckzuhalten, und feiner, melcher vermögend 
wäre, einen in ihn eingefchloffenen erhißten Körper in 
der höhern Temperatur über die des umgebenden Mit: 
tels zu erhalten und die Zerftreuung des von ihm aus: 
tretenden Wärmeftoffes zu verhindern. Es giebt aljo 
für den Wärmeftoff feine undurchdringliche Hülle. 

$. 520, Mach der atomiftifchen Vorftellungsart 
erklärt man das Warmwerden der Körper und die Zu⸗ 
nahme ihrer Temperatur aus dem in ihte leeren Zwi⸗ 
ſchenraͤume tretenden und Durch fie ſtroͤmenden Waͤr⸗ 
meftoffe und deſſen zunehmender. Dichtigfeit: aber 
biernach würden nur die vermeinten leeren Zwiſchen⸗ 


räume der Körper warm ſeyn; die materiellen. Theile 
müßten 


Waͤrm . gar 


müßten abfolut kalt ſeyn. Es geht hier vielmehr 
eine wahre chemifche Durchdringung vor, wie bey den 

Auflöfungen ($. 182.). | 
Eigentlich wird aller Wärmeftoff, der andern Materien zuges 
fübrt wird, durch ihre Anziehung dugenen aufgesommen, 

. und er,durcbdrinat fte nur zu Folge diefer Anziehung , mie 

das Licht die durchfichtiaen Korper, was in der Folaa benm 
Lichte näher aus einander gefeßt werden wird. Eine mechas 
nifche Durchdringung ift nicht moglich (j. 37.). 

6. 521. Dur derjenige Wärmeftoff in Körpern 
ft warm : machend, deffen Erpanfiofraft thaͤtig ift oder 
thaͤtig wird; nur diefer wirkt aufs Gefühl und aufs 
Thermometer und heißt freyer Wärmeftoff. Er er: 
füllt, fo fange er frey ift, eben megen feiner Repul⸗ 
fionsfraft, feinen Raum nicht mit Beharrlichkeit; 
dies fann er nur, wenn feine urfprünglich bewegende 
Kraft duch die Anziehungskraft anderer Materien 
gegen ihn ins Gleichgewicht gebracht wird, fo daf er 
nun mit ihnen zufammenhängt oder chemifch damit 
verbunden iſt. Man nennt ihn dann unmerkbaren, 
verborgenen, fixirten Waͤrmeſtoff (Caloricum 
fixum ). | 


$. 522. Die Temperatur eines Körpers ($. 
818.) hängt alfo nicht von der Quantität des darin 
befindfichen Wärmeftoffes überhaupt, fondern von der. 
des frenen Waͤrmeſtoffes ab, der durch) ihn dringt: 
oder aus ihm. trift, 


$. 523. Wenn ein Körper eine höhere Tempe: 
ratur hat, als ein anderer, der mit ihm zufammen- 
gebracht wird, fo pflanzt ſich die Wärme aus jenem 
in diefen fort, und der fältere entzieht den Ueberſchuß 
— der 


a 


348 II. Theil x. Hauptſtuͤck. 
der Wärme dem wärmern. Der eine verliert affe; 
und der andere uͤberkommt; und dies dauert fo lange, 
bis das Ihermometer in bepden eine gleichförmige . 
Temperatur anzeigt. | 

5. 524. Da aus einem warmen oder erhißten 
Körper nur in fo fern Wärmerheilchen meggeführt 
werden, in fo fern die umgebenden Körper weniger 
warn find, fo fagt man, daf die Wärme eines Kör: 
pers, oder eines umgebenden Mittels, allemal einen 
gleich großen Grade von Wärme in dem andern Koͤr⸗ 
per das Gleichgewicht halte. s 


$. 525. Bey diefem Öleichgewichte des Wärme: 
fioffes in Körpern von einerlen Temperatur muß man 
aber nicht die Vorftellung haben, daß derfelbe durch 
ſich ſelbſt zuruͤckzuhalten fen, oder daß er fi) durch. 
den Gegendruck des eben fo elaftiichen Wärmeftoffes 
in einer gleichförmigen Spannung oder Dehnung bes 
finde, mie etwa zwey mit Sederfraft begabte Stahlfe: 
dern, oder Polfter, oder zwey Portionen eingefchloffe: 
ner Luft im Gleichgewichte find. Diefe Idee ftreitet 
fhlechterdings mit der Natur des freyen Waͤrmeſtof⸗ 
fes, der, mie das ficht, nie mit Beharrlichfeit feinen 
Raum erfüllt und für den es feine unducchdringlt- 
he Hülle giebt. | | | 
Die Borftellung von Spannungen und darauf —— 
abſoluten und fpecififchen Slaſticitaͤten des Waͤrmeſtoffes 

legt Hr. Mayer in feiner fonft ſehr fhägbaren Abhandlung 


—9 um Grunde: Ueber die Geſetze und Modificationen des 
14 J ärmenofis, von Joh. Tob. Mayer. Erlangeır 1791. 8. _ 


$. 526. Das Gleichgewicht der Wärme befteht 


vielmehr in der Gleichheit der ducch die Verbreitung 
| ‘ des 


bit; Armeſtoff. * 


des freyen Waͤrmeſtoffes hervorgebrachten Wechſel. 
Wenn ſich nämlich zwey benachbarte Körper wechſel⸗ 
ſeitig eine gleiche Anzahl Waͤrmetheilchen in einer ge⸗ 
gebenen Zeit zuſchicken, oder, mit andern Worten, 
wenn in einerley Zeit in den einen Koͤrper ſo viel freye 
Waͤrmetheilchen aus dem andern ſtroͤmen, als von 
ihm zu demſelben treten; ſo aͤndert ſich natuͤrlicher 
Weiſe die Temperatur nicht, da die Quantitaͤt der 
freyen Waͤrmetheilchen in den Koͤrpern gleich bleibt 
und von derſelben die Temperatur abhängt. Geſetzt 
aber, es verlöre in dem einen Körper die Wärme: 
materie ihre beiwegende Kraft zur Berbreitung, fo 
würde ihm von dem andern Körper mehr davon zu: 
firömen, als er jenem wieder zufender, und fo mür: 
de die Temperatur in jenem abnehmen; und dies würz 
de fo lange dauern, bis die ABechfel ihrer Wärme: 
theilchen wieder gleich mären. 


Recherches phyhco-'m&caniques fur la chaleur, par Pierra 
Prevofi. ä Geneve et Paris 1792. 8. ©. ı0, ff. 


6. 527. Wenn alfo ein Körper in einerley Zeit 
eben fo viel freye Waͤrmetheilchen ausftrömr, als er 
empfängt, und umgekehrt, fo ift feine Temperatur 
dauernd. Wenn er mehr empfängt, ale er aus⸗ 
ſtroͤmt, ohne diefe empfangenen Waͤrmetheilchen zu bin: 
den oder ihnen durd) feine Anziehungskraft Schranfen 
zu feßen, fo wird feine Temperatur zunehmen, d. h., 
er wird erbige werden. Wenn er hingegen mehr aus; 
fendet, als er empfängt, fo wird feine Temperatur 
vermindert werben, d. h., er wird erbälter, 


No 6. 528. 


350 IE. Theil. 1. Haupeftück. 


$. 528. Wenn fid) eine Quelle von Wärme df: 
net und die ihr ausgefeßten Körper die davon aus: 
fliegenden Wärmetheilhen in größerer Menge ems 
pfangen, als fie dahin ausſtroͤmen, fo werden fie er: 
hist werden. Da fie aber in einer gegebenen Zeit 
nur eine beflimmte Quantität davon empfangen füne 
nen, fo muß auch eine gewiſſe Zeit für fie noͤthig ſeyn, 
um einen gegebehen Grad von’ Temperatur zu errei⸗ 
chen oder bis zu einem gewiſſen Grade erhitzt zu mer: 
den. Wenn wir nun hierbey nicht nur Maſſen und 
Volumina, fondern auch die Natur der Körper, folg: 
fich ihre Seitunggfraft für die freye Woaͤrmematerie, 
gleich feßen, fo folgt, daf ihre durch die Mittheilung 
erhaltene Temperatur von der Zeit und der Intenfität 
des Waͤrmeſtoffes abhängen muf. 


Wenn alſo ein Körper aleihfürmig eine Zeit hindurch Wärme 
ansftromr und als eine ununterbrochene Quelle des Wor— 
meitoffes anzuſehen ift, fo wırd ein Thermometer, in einer 
gewiſſen Entfernung davon eıne kurze Zeit gehalten, nicht 
fo hoch feinen, als in einer laugern Zeit. Und wenn 
eben daflelbıge Thermometer zweyen Wärmcauellen , deren 
Jutenſitaͤten verfhieden find, aleich ſtark genahert wird, 
ſo wird es in einerley Zeit nicht von einerley Temperatur 
zu gleichen Graden ſteſgen, ſondern durch den heißern Koͤr⸗ 
per hoͤher, als durch den minder heißen. 


$. 529. Es iſt alſo die Zunahme der Tempera: 
tur eines und deffelbigen Körpers, (fo lange feine Na⸗ 
tur unverändert bleibt,) in einer gegebenen Zeit der 
Sntenfität der Wärme des wärme : verbreitenden Körs 
pers proportional. Eben fo ift aud) klar, daß fie 
fi) wie die Zeit verhalten muß, menn die Intenſitaͤt 
der Quelle der Waͤrme beſtaͤndig und unveraͤnderlich 
iſt und aus dem erwaͤrmten Körper kein Wärme: 


ſtoff 


Bärmefof. 351 


off wieder ausftsömen oder fonft verſchluckt werden 
fann. 


$. 530. Aus benden Saͤtzen zufammen folgt 
demnach): daf die Anhäufung der frenen Waͤrmema⸗ 
'terie in einem Raume, aus dem fie nicht wieder herz 
austritt, in einem zufammengefeßten Berhäftniffe der 
Zeit und der Intenſitaͤt der Wärme des die Waͤrme 
zuführenden Körpers fen, oder ſich verhafte, wie 
die Intenſitaͤt der die Wärme a Ur: 


fach multiplicire mit der Zeit. 
Prevo/t recherches, f. 12 — 15. 


$. 531. Wenn die Temperatur eines Körpers 
gleich bleibt, fo wird die aus ihm ausftrömende Wär: 
mematerie ebenfalls in einem sufammengefeßten Ders 
hältniffe der Intenſitaͤt feiner Wärme und der Zeit 
ſeyn. Wenn alfo die Zeit gleid) ift, fo wird ein und 
derfelbige Raum oder Körper, der noch einmal fo 
hei, oder worin die Dichtigfeit des fragen Wärme: 
ftoffes noch einmal fo groß ift, doppelt fo viel Wärmes 
materie ausfchifen. Und.wenn die Intenſitaͤt feines 
frenen Waͤrmeſtoffes gleich bleibt, (immer mieder 
gleichfoͤrmig erfeßt wird, ) fo wird er in der doppelten 
Zeit noch einmal fo viel Wärmeftoff ausftrömen. 


Prevoft recherches, $. 16. 
$. 532. Seder Körper, der MWärmeftoff mitges 
thalt erhält, firömt zu gleicher Zeit auch Waͤrmeſtoff 
a; und die Erhitzung deffelben ift daher nur die 
Dfferenz der Quantitäten diefer ein- und ausftrd- 

nenden Waͤrmetheilchen. 


$. 533. 


352 U. Shell. 1. Hauptſtͤck. 
$. 533. Die Erhißung oder Erfältung eines der 
fuft ausgefegten Körpers. ift, wenn die Temperatur 
der fuft gleich bleibt, in. gleichen Zeittheilchen der 
Differenz der anfänglichen Temperaturen gleich. Die: 
fes Geſetz folgt aus dem vorhergehenden ungezwungen, 
und Richmann hat es ducch eine Reihe finnreicher 

Verſuche zu beftätigen gefucht. | 
Inquißitio in;legem, fecundum quam calor Aluidi in’ vale 
contenti certo temporis intervallo in temperie a@ris con- 
ftanter eodem decrefeit, vel’crefeit, et detectio eius, 
auct, Geo. Wilh. Richmanno ; in den nov, comment. pe- 


trop. T. 1. ©. 191. Lambert a. a. O. $. 255. ff. Prevöft 
recherches, $. 18. PET 7? 


$. 534 Wenn ein erhißter ‚Körper in seinem 
Falten Mittel fich befinder, deſſen Temperatiir - fich 
gleich bleibt, fo führt die Erpanfion des Waͤrmeſtoffes 
in jedem Augenblice einen Theil der, Wärme des Kör: 
pers weg, welcher der in ihm zurücbleißenden Wär: 
memenge proportional ıft. | A 


Wenn z. B. der Körper „3 feiner innern Wärmein einem Au⸗ 

genblicte verliert, fo werden nadı dem erſten Yugenpfide ncch 

2 feiner primiriven Wärmemenge übrig bleiben er wird 

m jwenten Augenblide wieder „A von. biefen „3 verlieren, 

und es werden „3 von den „3 der primitiven Wärmemenge 
übrig bleiben, u. 1. f. Ä 


Newton opusc. T. II. &. 423. und Princip. philof. nat. 
L. III. Prop. VIII, Cor, IV. Kichmann a. a D. ©. 195. 
Lambert a. a. O. f. 258. Prevofi a.a.D. f. 1% 


$. 535. Dieſem Gefeße gemäß gefchieht die Fr: | 
waͤrmung oder Erfältung eines Körpers in einem Mir: 
tel, defien Temperatur conftant ift, dergeftalt, daß 
die Unterfchiede feiner Wärme von der des Mittils 
in einer geometrifchen Progreflion find, während tie 
Zeiten der Erhigung oder Erkältung in arithmetifche 
r oo Pre⸗ 


Waͤrm eſt off. 353 
Progreſſion fortgehen. Die Fortſchritte der Veraͤn⸗ 
derungen der Temperatur des Koͤrpers werden deshalb 
auch in gleicher Zeit immer kleiner. 
Anwendung von diefem allgemeinen Geſehe der Erkaͤltung ober 


Erhitzung in Fällen, wenn die ſich die Wärme mirtbeilenden 
— beyde die Temperatur ändern, hat Prevofe a. a. O. 
. 20. 2 


$. 536. Die Erkaͤltungen erhitzter Koͤrver in ei⸗ 
nem Mittel, deſſen Temperatur ſich gleich bleibt, ſind 
nach Wichmann im ‚geraden Verhaͤltniſſe ihrer Ober 
Aächen und im umgefebrten ihrer Maffen. 2 
Aichmann a. a. D. 


6.537. Unſer Körper enthält felbft eine Quelle 
zur Waͤrme in ſich, fo lange wir leben, mie der Kör: 
per aller waͤrmbluͤtigen Thiere, d..h.,. es wird in un: 
ferm -Körper während feines Lebens beftändig firirter 
Waͤrmeſtoff zum freyen gemacht, ver fic dem Kör: 
per mittheilt und den Antheif erfegr, welchen wir nach 
den Geſetzen der Verbreitung des Wärmeftoffes ohne 
Unterlaß on die uns umgebenden Mittel abſetzen. 
. Wenn nun ein anderet ung” berührender Körper ung 
in einerlen Zeit mehr frenen Wärmeftoff mittheilt, als 
er von uns einpfängr, ſo nennen wir ihn warm oder 
‚ heiß. wenn er hinaegen in eimerlen Zeit mehr Waͤr⸗ 
meftoff von uns empfängt, als er ung mictheilt, fo 
heißt er kalt. Zelte ıft nichts Poſitives, fondern et= 
was Megatives. Abfolure Adlte, oder das wahre 
Null am Thermometer, kennen wir nicht. 


$. 538. Wenn es für den freyen Waͤrmeſtoff 
eine undurchdringliche Hülle gäbe, fo wuͤrde der dar⸗ 
| in 


Eu 
er 


3 


354 II, Theil. 1. Hauptſtuͤck. 


in eingeſchloſſene Körper ſtets die Temperatur behal 
ten, die er einmal hat, da die Intenſitaͤt feines Wär: 
meftoffes durch Verbreitung nicht geichwächt ‚märde, 
Es eriftirt aber Feine Materie in ver Natur, die für 
die Waͤrmetheilchen unduchdringlih wäre ($. 
518.). 

$.. 539. Die Erfahrung lehrt aber, daß die ver⸗ 
fchiedenen Körper den Wärmeftoff nicht, gleich ſchnell 
durchlaſſen und, ben gleicher Temperatur einen und 
eben denfelben in ihnen eingefchloffenen Körper von 
der höhern Temperatur, ben übrigens gfeicyen Um— 
ftänden, nicht in gleichen Zeiten um gleich viel Gra— 
de abfühlen laſſen. So lehren fchon alltägliche und 
gemeine Erfahrungen: daß wir durch wollene Kfeider 
und Bedeckungen ung mehr vor der Kälte ſchuͤtzen 
koͤnnen, als ohne diefe; daß wir uns in Federbetten 
auch in Zimmern, die unter dem Gefrierpuncte kalt 
find, in der zum feben nöthigen Temperatur unſers 
Körpers erhalten fünnen, wenn wir dafelbit in einer 
Hülle von Metall unfehloar erftarren müßten; daß 
ein erhißter Körper fchneller im Waffer abgefühle 
wird, als in Luft von eben der Temperatur; daß 
Bäume mit Stroh ummunden vor dem Winterfrofte 
beſſer gefchüßt werden, als ohne dieſe Bedeckung; 
daß es unter Strohdächern im Sommer Fühler und _ 
im Winter wärmer it, als unter Ziegelvächern; 


daß Eisgruben mit hölzernen Bekleidungen den Eins 


drang der äußern Waͤrme ungleich länger abhalten, 
als mit fteinernen Wänden ; daß eine Eifenftange mit 
einem hölzernen Tanbgeifle fihh an diefem ohne Merle: 


— tzung 


Waͤrmeſtoff. 355 


Burig der Hand anfaſſen läßt, wenn fie an ihrem, Enz 

' de glühend gemacht wird, da fie hingegen mit dem 
mæetallenen Handgriffe bald eine verletzende Wärme er- 
dangen wuͤrde; daß unter ber Hülle des Schnees bie 
Temperatur des Bodens meit länger warm bleibt, alg 
‚wenn er von der Luft allein berührt wird; daß wir 
unter Afche erwoͤrmte Fluͤſſigkeiten länger warm er: 
halten fönnen, als in der Luft; u. dergf. m, ' 


$. 540. Wir fchreiben diefemnad demjenigen 
Körper ,. der die Wärmetheilhen fchnellee durch fich 
durchlaͤßt, als ein anderer, oder der in Fürzerer Zeit bey 
gleicher Dberfläche durch einerfen Wärmeftrom vor 
einerlen Temperatur zu einer gleichen Anzahl von Gra⸗ 
den erhißt wird, eine größere wärıne- leitende Kraft 
zu, als einem andern, und gründen hierauf den Un— 
terfchied zwiſchen guten und fchlechten Keitern für die 
Wärmeın:terie. Einen vollfommenen — | 
fire die Wärme giebt es nicht. Ä 


$. 541. Indeſſen herrſchen bey den Phyſikern 
zum Theile noch widerſprechende Vorſtellungen von 
dem, was fie unter waͤrme⸗leitender Kraft der Körper 
verftehen, und fie haben ſich noch nicht gehörig über 
den Begriff Davon vereinigt. Wenn 3. DB: ein big 
zum Siedepuncte erhißtes Thermometer in eine Maffe 
fhmelzenden Schnee geftellt wird, fo wird. es darin 
weit fchneller zu der Temperatur des fchmelzenden 
Schnees herabfommen, als in $uft von eben diefer. 
Temperatur. Ich muß alfo dem fchmelzenden Schnee 
eine ftärfere wärme: leitende Kraft zufchreiben, als der 


32 - stuft, 


356 I. Theil, 1. Hauptftüc. 

$uft. Wenn ich aber dieſe darnach beftimme, ob ein 
Körper fehneller oder langſamer, folglich in Fleinerer 
oder in größerer Zeit, ben gleichem Volum zu einers 
fen Anzahl von Graden duch) einerley Waͤrmeſtrom 
erhoben werden kann; ſo muß ich der $uft eine ſtaͤrke⸗ 
re wärme leitende Kraft zufchreiben, als dem Waſſer, 
weil ih-finde, daß fie. weit fchneller vom Gefrier- 
puncte an zu einer gewiſſen — kommt, als 


das Waſſer. 


6. 542. Man muß ſich alfo erft Aber die Ber 
ftimmung der wärmesleitenden Kraft einverftehen. Sch 
beſtimme fie daher, mit Hrn. Thompfon, von dem 


wir die zahlreichften Verſuche über diejen Oegenftand - 


"haben , für das Dermögen der - Körper, bey übris 
gene gleichen Umftänden, die Abkühlung eines dar: 
in eingefchloffenen erhitzten Koͤrpers fehneller oder 
langſamer zuzulaflen. Der Körper, der diefe Ab: 
kuͤhlung fchneller zufäßt, ift ein beſſerer Seiter, als 
der, welcher fie langfamer oder in längerer Zeit zu- 
laͤßt. Im gemeinen feben nennen wir ſchlechte leiter 
für die Wärme, z. B. Wolle, Federn, Haare, 
Pelzwerk, warme, auch warm⸗haltende Koͤrper. 


$. 543. Erſt in neuern Zeiten hat man dieſen 
Gegenſtand, der in Anſehung des Nutzens, welcher 
ſich von ſeiner Bearbeitung fuͤr Kuͤnſte und Gewerbe 
und fuͤr die Geſellſchaft uͤberhaupt, ſo wie ſelbſt fuͤr 
die Erklärung mehrerer Naturphaͤnomene daraus Zie⸗ 
hen laͤßt, fo überausswichtig ift, zu bearbeiten ange: 
‚fangen. DasBerfahren, defjen fich «Herr Thompfon 


in 


Bäarmefnof. 357 


in feinen neuern Verſuchen bedient hat, befteht dar⸗ 
in, ein: empfindfiches Queckſilberthermometer mit 
hinreichend breiter Scale in einen Glaskolben mit eis 
ner Kugel fo aufjuhängen,, daß die Kugel des Therz, 
mometers in der Mitte der Kugel diejes Gefäßes ſteht; 
den Zmifchenraum mit der Subſtanz, deren reipecti- 
ve wärmesleitende Kraft. man beftimmen will, zu gleis 
cher. Höhe auszufüllen, den Apparat in kochendem 
Waſſer bis zu einerley Temperatur zu erhigen, hernad) 
in einer kalt⸗ machenden Mifhung aus Eis und Waf- 
fer von’ hinlänglicher Maffe wieder abzufühlen, und 
nach einer. Secundenuhr genau die Zeit zu merfen, 
welche verflieft, ehe das Thermometer von 70 Gr. 
R. bis 10 Grab herabfinft, und zwar von 10 Gr. | 
iu 1o Gr. Man fieht leicht, daß die feitungsfraft 
der Subftanz für die Wärme im umgefehrten Vers 
hältniffe der gefundenen Zeit der Abkühlung ftehen 
muß. Verſuche über‘ die märme: leitende Kraft der 
Körper haben Richmann, Thompfon, ngenbouß, 
Pictet und Mayer angeftell. Die Nefultate, die 


fie daraus ziehen, weichen oft von einander ab. 


--New Experiments upon Heat, by Colon. Sir Benjam. 
Thompfon, Lond. 1786. 4. Experiments upon Heat, by 
Major - General Sir Benjam. mpfon ; in den phälof. 
transact. 1792. P. 1. ©. 48. ff. Verſuche über die Würney 
vom General Major a j. Thompfon, ın Grens Journ. 
der Phyſik, B. VII. ©. 246. ff. Wiayer vom Wärneftvte 
©. 228. ff. Ueber das Gefeß, welches die Leitnnaskraͤfte 
der Körper fir die Märme befolgen, vom Hrn. Hefr. 
Mayer; in Grens Journ. der Phyſik, B. IV. ©. 22. In⸗ 
geuhoufz über die Keitungsfraft der. Metalle für Wärmes 
— I, ©, 154. Pictet Verſ. über das Feuer, 
ap. 4— 5. 6. 


4. 544. Die waͤrme⸗-leitende Kraft der Körper 
hängt hauptfächlich von dem Vermögen derſelben ab, 
n. * die 


a IE Shell x. Haupiſtück. 


die freye Wärmematerie durch ihre Anziehring dage⸗ 
gen zur unmerkbaren zu machen. Iſt nämlich ein ers 
hißter Körper mit einem Fältern umgeben, der den 
freyen Wärmeftoff jchnell bindet, fo wird der aus 
ihm auf den leßtern ftrömende Wärmeftoff ſchnell und 
leicht zur latenten Wärme gemacht, die nicht wieder 
zuruͤckſtrahlt, und der erhißte Körper verliert fo defto 
leichter feinen Ueberſchuß der Temperatur oder feiner 
freyen Wärme, 


Die wärme sfeitende Kraft des leeren Raums, wovon Herr 
Thompfon fpricht, ift nichts anderes, als die warme > leitende 
Kraft der Hülle, die den leeren Raum begrenit, und nabs 
mentlih in den Verfuchen der Herren Thompſon und Picteg 
die wärme s leitende Kraft des Glaſes. 


Auch die Erfcheinung, daß in Zimmern, worin z. B. 
durch Verbrennen von Oehl u. dergl. ſich rußhaltiger Dampf 
bildet, an der Dede derfelben mit der Zeit die Stellen, 
wo die Balfen laufeny durch ihre weißere Farbe erfennbae 
werden, gründet fih auf die fchlechter leitende Beichaffens 
beit des Holzes für Wärme, 


Aus der verichiedenen waͤrme- leitenden Kraft (ä t fih nun 
auch leicht erflären, warım ein Stud Metall und ein 
Stuͤck Holz beyde von gleicher, aber. niedrigerer Temperatur 
als unfer Körper, fib nicht gleihformig kalt beym Anfübs 

len zeigen. | Ä 

$..545. "Der Wärmeftoff, der bey feiner Ders 
breitung auf die Tläche eines andern Körpers trifft 
und davon nicht angezogen wird oder fie nicht durch- 
dringt, wird nach den Gefeßen der Meflerion elafti- 
jeher Körper (F. 303.) davon wieder zuruͤckgeworfen, 
und ftrömt unter eben dem Winkel von der reflectiren- 
den Fläche zurück, unter. dem er darauf ſtieß. Die 
Erjcheinungen des Wärmeftoffes, der fich in Vereini- 
gung mit dem Lichte verbreitet, betätigen dies am be: 
fien, wie die Folge lehren wird, 2 


Hier 


Waͤrmeſtoff. 359 
Hierher gehören Picrets Werfuche über die Zuruͤckſtrahlung der 


dunfeln Wärme dur Hohlſpiegel und über die fo genanns 
. te Zurüditrablung der Kälte. 


Pictet » a. D. Kap. 3. 
$. 546. So lange zwey Körper gleichartig bfei- 
ben, fo fann es gar feinem Zweifel unterworfen feyn, 
daf, menn die Temperaturen derfelben gleich find, 
Die abfofuten Quantitäten des freyen Waͤrmeſtoffes 
fih darin verhalten wie bie Maſſen oder Volumina. . 
Der Wärmefioff mag darin Abänderungen feiner Et: 
panfivfraft erleiden oder nicht, fo wird im erſtern 

Falle dies immer auf gleiche Art gefchehen. 


$. 547. Es folgt hieraus, daß, wenn zwey 
gleichartige Körper von ungleichen Temperaturen mit 
einander gleichförmig vermengt werden, fich die Wär: 
memenge beyder zufammen gleichförmig durch das ganz 
je Gemenge ausbreiten, und die Vertheilung des Ue⸗ 
berfchuffes des freyen Waͤrmeſtoffes den Voluminibus 
oder Maffen derſelben proportionaf fern muͤſſe. Die 
Erfahrung beftätigt diefe von Richmann angegebene 
Megel vollfommen, wenn man das zugleich) in Anschlag 
bringt, was von der Wärme während des Zufam- 
menmifchens an die umgebende $uft oder :das Gefäß, 
worin man die Miſchung macht, tritt. u 


Wenn alfo T, t die Herfchiedenen Grade der Temper / tur der 
zu vermengenden aleichartigen Körper, My m ıhfe Maflen 
oder Volumina anzeigen, fo ift die Temperatur nad der 


Vermengung, oder, = — > * —. Ben M=m 


iR, lo in x THE, Beſettt, es werde 1 Pf. beißer 


Sand von 180 Gr. F. mit 1 Pf. Sand von 40 Br, vers 
menat, fo wird die Bemperatur nah der Vermengung 


wre == 110.Ör, werbeu, oder der Weberfchuß , 149 
Gr. 











360 II. Theil. 1. Hauptftüc. 


Gr., in rem einen Pfunde wird fi umter bevde Munde 
gleihförmia vertberten, io daß das wärmere Pfund 132 
oder 70 Brad verliert, und das tältere dagenen >42 oder 
70 Sr. erlangt. “der, wenn 10 Pf. Wafler von ı80 Br. mit 
6». Waſſer von 40 Br. vermifcht, werden, fo wird die 

180.10 + 40.6 





Temperatur nah der Vermiſchung —— — 
== 1375 Gr. werden. j 
Aus der Fa mil: x= ER a, folgt, daß M : 


m=x—t::T—x; und man fann daraus find:n, wie 
groß die Maflen oder Gewichte zwever aleibartiger Kör 17) 
Deren verichiedene Temperaturen gegeben find, ſeyn muͤſſen, 
um aus ıbrer VBermengung die verlangte Temperatur bers 
ausjubringen. Man babe 3. 3. Waller von 60 Br. und 
von 130 Gr.; wie ift das Berbältuik von jedem, um eine 
Temperatur von 96 Br des Semiſchten hervorzubringen ? 
BAutw.:96 — 60: 10 — 96 = 6:84 = 317,2... 
man wird von dem Wafler von 130 Gr 3 Theile, und vom 
dem von Ko Pr. 7 Theile mit einander vermifhen muͤſſen, 

am 96 Pr. warmes zu erbalten, 


De quantitate caloris, quae polt mifcelam Auidorum 
eerto gradu calidorum oriri debet, cogitätiones, auctore 
Geo. Wilh. Richmann ; in den now, :fomment. petrop- 
T. l. S. 152. ff. | 


6. 548. Diefe Regel findet aber gar nicht mehr 
Statt, fo bald man ungleichartige Körper von verſchie⸗ 
denen Temperaturen mit einander vermengt. Hier 
vertheilt fich der Ueberfchuß des waͤrmern nicht nach 
Verhaͤltniß der Gewichte diefer Körper, und es find 
vielmehr ungleiche Quantitäten des freyen Wärmefof: 
fes nörhig, um in gleichen Gewichten gleiche Werändes 
rungen der Temperatur jumege zu bringen. Wenn z. 
B.19f. Quedfilber und ı Pf. Waſſer, welches leßtere 
eine högere Temperatur hat, als jenes, mit einander 
zufammengerührt werden, fo wird die Waͤrme des Ge⸗ 
menges allezeit größer fenn, als das arithmerifche 
Mittel der vorigen Temperaturen; wenn aber bas 
Queckſilber heißer ift, als das Waſſer, fo wird die 
‚Temperatur Feiner feyn, als das arichmerifche Mittel. 
" Wenn 


Waͤrmeſtoff. 961 
Menn 5.2. ı Pf. Qued ſilber von r10 Or. F. und ı Bf. Waſſer 
von 44 Gr. mit einander vermengt werden, ſo ſollte nach der 
vorigen Richmannifchen Regel die Temperatur des Gemenges 
97 Br. werden, fie wırd aber nur 47 ®r.; und wenn das 
Queckſilber 44 Gr. und das Wafler 110 Gr. bat, fo wird fie 
107 Br. Wenn alfo das Pf. Queckſilber 63 Gr. durc Vers 
theilung verliert, ſo newinnt das Wafler nur 3 Bir.; und 
wenn binwiederum das Waſſer 3 Gr. verliert, fo gewinnt 
das Queckſilber 63 Gr. 

$. 549. Wenn alfo die Temperatur eines Körs 
pers A um n Grade waͤchſt oder vermindert wird, 
während die Temperatur des damit vermengten Kör: 
pers B von gleichem Gewichte um m Grade vermin⸗ 
dert wird oder wächft: fo fünnen wir fchließen: daß 
fo viel Waͤrmetheilchen, als den Körper A um n 
Grade wärmer machen fünnen, ein eben fo großes 
Gewicht von B um m Grade erwärmen; und daf, 
wenn A und B bey gleichem Gewichte gleiche Tempe: 
ratur haben, die Duantitäten der frenen Waͤrme⸗ 

theilchen darin fich verhalten wie mn. 


Weil in dem vorhergehenden Erempel die Wärme des’ Waflers 
’ bey der Vermengung mit nleich viel Quedfiiber um ı Br. 
wächft oder vermindert wird, während die des Duedfilbers 
am 31 Gr. vermindert wird’ oder waͤchſt; fo fchließt man, 
daß fo viel Wärmetheilhen, als das Wafler um ı Gr. 
wärmer macen fonnen, ein eben fo großes Gewicht Dueds 
— um aı Gr. erwärmen. Wenn alſo Waſſer und Queck⸗ 
Iber Gen aleihen Gewichten gleiche Temperatur haben, 
fo muͤſſen die freyen Waͤrmetheilchen in jenem fich zu des 
nen in diefem verhalten wıe ar: 1. 


$. 550. Diefes Verhaͤltniß der Ouantitäten 
frener Wärmetheilchen in ungleichartigen Körpern bey 
gleicher Temperatur und gleichem Gerichte nennt mar 
die fpecififche Wärme (Calor fpeeificus) nad Hrn. 
Wilke, over die compararive Wärme, auch die 
Capacität der Rörper für Wärme, nad) Herrn 
Eravoford. Beſtimmt man das Verhältniß bey gleis 
chem 


367 U. Theil. 1. Hauptftück. 
chem Volum, fo nennt es ‚Her Wilke die relative 
Wärme. 

$. 551. Man beftunmt diefe fpecifiiche Wärme 
der Körper aus den Veränderungen der Temperatu- 
ren, die fie zeigen, wenn fie in verfchiedenen Tempe: 
raturen vermengt worden und hernad) auf eine ge- 
meinfchaftliche gebracht worden find. Wenn die -Ge- 
wichte der Körper A und B gleich find, fo verhalten 
fich die fpecififchen Waͤrmen m, n umgefehrt wie die 
Peränderungen x, y der Temperaturen, nachdem 
fie auf eine gemeinfcyaftliche gebracdyt worden find; 
oder eiftem:n=— y:x, folglih m = 7. Wenn 
die Gewichte P, p der zu vermengenden Materien 
ungleich find, fo verhalten ſich die ſpecifiſchen Waͤr— 
men m, n umgefehrt wie die Producte aus den Ver: 
änderungen x, y der Temperaturen in die Gewichte; 


oder es iftemin=yp:xP, folglich m = —. Der 


Erfinder diefer Forinel ift Herr Irvine. 

- Dfund Qucdfilber von 110 Br. mit ı Pf. Waſſer von 44 
Gr. vermengt giebt eine Zemperatur von 47 Gr. Die 
Veränderung der Tempiratur des Queckſilbers, oder x, ift 

110 — 47 = 6335 die des Waſſers, oder y, iſt 44 — 47 =}! 
folglich verhält ſich die ſpeciſtſche Wärme ded Queck — 
— m; zu der des Waſſers, oder n, wie y: x — 3:9 = 

213 und ed it alio a us}, wenn n = 1. "Reim 14 
Hr. QDuediilber, oder P, von 100 Br. mit ı Pf. Wafler, ode 

r von so Ör. vermengt werden, fo wird vermöge der E 
% brung die gleichförmige Temperatur nach der geboͤrigen 
Vertheilung der Wärme 70 Gr. Hier ift alſo x = ım — 
7o = 30, y bingesen = 70 — 50 = 20, folglich min 
= py:Px=1.20:14. 97 =20;/Q20= 1:21; das 
ift, wie vorber, 


$. 552. Der Erfte, der hierüber Erfahrungen 
engeftellt hat, war Herr Wille. Here Black und 
== ' Te: 


MWBirmeftof. 63 
Irvine hatten fi zwar auch fhon mit diefem Gegen: 
ftande beſchaͤftigt; die Reſultate ihrer Unterfuchun: 
gen wurden aber erft nachher Durch Herrn Krswrord ' 
befannt gemacht, der felbft mit vieler Sorgfalt die . 
foecififche Wärme verfchiedener Körper zu beftimmen 
gefucht Hat. Man hat fo die Mefultate diefer Verſu— 
he ın Tabellen gebracht und die fpecifiihe Abärme 
des Waſſers daben zur Einheit gefeßt. Diefe Verſu— 
de erfordern aber außerordentlich viel Genauigkeit, 
wenn die Mefultate nicht zu fehr von der Wahrheit 
abweichen follen. Eine Hauptregel dabey iit, Feine 
folche Subftanzen mit einander zu vermengen, die ei 
ne chemische Wirfung auf einander außern, ſich wech» 
felfeitig auflöfen, oder ihre Form ändern, oder ein 
zufammengefeßtes neues Product geben, weil dabey, 
wie die Folge Ichren wird, aus den Korpern felbit 
Wärmerheilchen fren oder verſchluckt werden fünnen, 
die die berechnete Temperatur erhöhen oder vermindern. 
Herr Cıawford hat diefe Negel nicht immer beobad)- 
tet, und eben deswegen find viele feiner Reſultate un: 
zulaͤſſig. Diele Naturforſcher verwechfeln übrigens 
noch die latente Wärme mit diefer fpecififchen; was 
ganz irrig iſt. Die legtere ift nur Verhaͤltniß der 
freyen Wärmerheilchen in Körpern bey gleichen Tem: 
. peraturen und Gewichten, 


Sonſt ift ben Anftellung der Verſuche über die fpecifiihe Waͤr⸗ 
me der Körper zu merken: 1) daß dazu Quedfilberthermor 
meter geboren, die nicht nur febr genau, fondern auch ſehr 
empfindlich find ; 2) dafi vie Märme, die während der Vers 
menyung an die uıngebende Atmoſphaͤre abgeſetzt wird, ges 
hoͤrig berechnet wird ; 3) daß die kaͤltere Subſtanz die Tem⸗ 
peratur der Luft im Imimer babe; 4) daß die fpecifiiche 
Wärme des Gefaͤßes, worin die Vermenaung voraenemmen 
wird, ſelbſt gehörig beſtimmt und der Einfluß — 

n⸗ 


364 I. Sheil: 1. Hauptſtuͤck. 


Aufchlag gebracht fen; 5) daß die Unterſchiede der fehr niedri⸗ 
'oen Temperatur fo wehl als der ſebr aroßen vermieden 
werden; und 6) daß die Volumina fo viel als möglich gleich 
genommen werden. 


Wegen der Nichtbeobachtung der im #. angeführten 
Hauptregel ben diefen Verſuchen find daber von Herru 
Crawfords Erfahrungen die Nefultate zu verwerfen, die 
er ben der Beltimmung der comparativen Wärme der Me— 
tallfalfe, der Aſche, des Holzes, der brennbaren Luft, des 
Weizens, ver Hafergruͤtze, der Bohnen, der Gerite, des Flei⸗ 
fcbes, Blutes, u a., berausbringt. Eben foauch die Reſul⸗ 
tate, welche andere bev der Mermiichuna mit Weller und 
Salzen, Säuren, Alcohol, Eis, erhalten baben. 


Verſuche über die eigenthümliche Nenge des Feuͤers in feſten 
Rörpern und deren Meſſung, vau Job. Carl wilfe; 
in den neuen ſchwediſchen Abhandi. Leipz. B. I. ©: 8, 
und in Crells neuelten Entd. der Chemie, B.X. ©. 163, 
Experiments and oblervatious on animal heat, and the 
inlammation of combuftible bodies, being an attempa 
to relolve thofe phaenomena into a general law of na- 
ture, by Adair Crawford. Lond. 1779. 8. 178%. 8. Adeir 
Eramwfords Verſuche und Beobachtungen über die thierifche 
Wärme, a. d. Enal., herausgegeben von L. Crell, 1789. 8. 
Prüfung der neuen Theorien über Feuer, Wärme, Brenns 
ſtoff und Zuft, von Grenz in deifen Journ, der Phyfif, B. 
1.6.3. ff. ©. 189. fi. | 


$. 553. Mit Recht ft in die Zahlen in den Tabel- 
len über die, fpeciftiche Wärme der Körper, die wir in 
neuern Zeiten erhalten haben, ein Mißtrauen zu fer 
gen, da man fi) durchaus zu den Verſuchen, wor⸗ 
auf fie fich gründen, folcher Materien, z. B. des Waf- 
fers, bedient hat, die ihre Form durch Abänderung 
der Temperatur ändern oder fonft chemifch auf ein: 
ander wirfen. Ich glaube daher immer noch, daß 
die fpecifiiche Wärme der Körper ſich umgefehrt ver: 
halte, mie die eigenthümlichen Gewichte der Körper, 
und halte alfo Boerhaaven nod) nicht für miderlcgt, 
welcher annahm, daß fich die abſoluten Duantitäten 
des freyen Wärmeftoffes in ungleichartigen Körpern 
bey gleichen Temperaturen verfelben verhielten, mie 
| Die 


/ 


-,Biärmefofl. 365 


die Volumina der Körper ;-melcher Satz gleich bedeu⸗ 
Bey dem ſchon dfter gebrauchten Benfpiele von Auedfilber und 
Waſſer ($. 548. $51.) durfte die gemeinſchaftliche Tempe⸗ 
raiur nab der. Vermengung, des 1: Pr. QDuedfilber von 
110° 3. und deb ı Pf. Wafler von 44° F. ftatt 47 Br. nur 
485 Br. werden, (mie es in der oirfiihteit aucb wohl 
ſcon kann, wenn der entweichende Waſſerdampf feine Würs 
metbeifchen fForffübrte oder die fich zerftreuenden Warme— 
tbeiie ſonſt beffer in Auſchlag gebracht werden fünuten,) 
und dann wuͤrde die Rechnung nach der $ormel — St. 

die fpecifiiche Wärme des QDuedfilbers zu der des t 
geben, wie 48,5 — 44 110 — 48/5 = 416 : 6115 == 1,000 
113,677 , oder umgekehrt, wie ihre eizenthuͤmlichen Gewichte. 


Herm. Boerhaave elem. chemiae. Lipf. 1732. T. I. ©. 166. 
232. 


Wirkungen des Wäarmeftoffes auf die 
Körper, ' 


Erpanfion der Körper durch Wärme, 


6. 554. Die erfte Wirfung, die wir an ben 
der Hitze auagefeßten Körpern wahrnehmen, ift die 
ſchon oben ($. 489.) angeführte Ausdehnung in eis 
nen größern Raum. Dieſe Ausdehnung ift Solge der 
thätigen Erpanfivfraft der Wärmetheilhen, durch 
welche die urſpruͤnglichen Nepulfionsfraft der Mater 
sie der Körper in Beziehung auf Die Anziehungskraft 
berfelben vermehrt wird, fo daß bende nur dann erſt 
wieder im Öleichgemichte ſind, wenn die Materie des 
Körpers einen groͤßern Raum als vorher erfuͤllt, 
folglich expandirt worden iſt. 


$. 555. Die Groͤße der Ausdehnung der Koͤr⸗ 

per in der Hiße, bey gleichem Volum derjelben und 
gleicher Intenſitaͤt der mitgerheilten Hitze, zichter ſich 
| nicht 


366 II. Theil. 1. Hauptſtůck. 


nicht nach einem bekannten Geſetze. Allgemein aber 
dehnen ſich elaſtiſche Fluͤſſigkeiten ſtaͤrker und ſchneller 
aus, als tronfbar: luffige; dieſe ſtaͤrker und ſchneller, 
als feſte Körper. Werkzeuge, um die Zunahmen der 
Ausdehnung fefter Aörper in der Hitze zu meffen, 
hat man auch Pyrometer genannt. Muſchenbroek, 
Douruer, Smeaton haben dergleichen angegeben. 


Mufchenbroek introd. ad philaf. nat. T. IT. #. 1527. Expé- 
riences l[aites à Quito, fur la dilatation et la contraetion, 
qui fouffrent les métaux par le chaud et le froid, par 

- Mr. Bouguer ; in den -Memoires de !’ acad. roy. des\fe. 
1745. ©. 230. Smeaton delerıption of a new pyrometer; 
in den philof. transact. Vol. XLVIll. 1754. No. 79. 
Lamberts Py:ometrie, ©. 119. 

Eotsendes find Die Nefultate verſchiedeger Verſuche dier 
fer Art. Das Dolum der Körper, das beym Eispuncte = 
1,00000 angenonımen worden ift, wurde durch die Zunahme 
der Wärme bis zum Giedepuncte 


bey Glas 1500083 Smeaton 
Gold 1,00094 Bouguer 
Bley 1,002$6 Smeaton 
Zinn 1,0280 — 
Silber 1,001%9 Herbert n 
Meſſing 1,00193 Smeaton 
Kupfer 1,00170 — 
Stahl 100122 — 
Eiſen ls — - 


in der Hiße ift es herzufeiten, daß fich der Gang der 
Pendul, die Federkraft, Sprödigfeit und Faͤhigkeit 
der feften Körper durch die Temperatur ändern fann. 


4. 557. Die Ausdehnung der feften Körper als 
folcher in der Hiße hat ihre Grenzen, über welche hin; 
aus fie aufhören, fefte zu fenn, und durch den fort: 
dauernden und ftärfern Einfluß des AWärmeftoffes fie 
entweder flüffig werden und fchmelzen, oder fonft Ber; 
Anderung ihrer Miſchung erleiden. und -nicht mehr 

die 


RE 
Warmeſtoff. 367 
die vorige Natur behalten. Wenn feſte Koͤrper durch 
die Hitze fluͤchtige Beſtandtheile verlieren, ſo koͤnnen 
fie dadurch auch wohl ſich mehr zufammenziehen ; eben 
dies Fann.auch erfolgen, wenn fie durd) die Hiße in 
einen Grad der Zufammenfinterung oder anfangenden 
Schimeljung fommen und ihre förnige und mit Hoͤh— 
fungen verfehene Textur verändern und Dicht werden. 
Ein Beyipiel giebt das Schwinden des Thons in der 
Hitze. 
$. 558. Ueber die Ausdehnungen tropfbar⸗ 
fluͤſſiger Körper in der Hitze haben wir nur erft wenig 
zuverlaͤſſige Beobachtungen, welche uns indeflen doch) 
lehren, daß die Erpanfion verſchiedener tropfbarer 
Stüffigfeiten fehr verfchieden durch gleiche Grade von 
Wärme ausfalle, und daß alle Angaben über die 
-Duantität diefer Ausdehnung durch eine gewiſſe An- 
zahl von Graden fehr unzuverläffig find, wenn nicht 
genau beftimmt ift, bey welchem Grade von Waͤrme 
fie gefunden worden find. 


Quedjilber nimmt von der Temperatur bes natürlichen Ges 
frierpunctes an bis zum Giedepuncte des Waſſers in feinem 
forperlichen Inhalte zu, um 0,0185 nad) deLuc, um 0,0168 
nab Roy. 

Wafler erhält in diefem Intervalle eine Zunahme feines Vo⸗ 
lums um 0,045176 nab de Luc. . 

- Hm. Schmidts Verſuche über diefen Gegenſtand Ichren, daf 
der förperlihe Inhalt, wenn man ihn ben 15° R. = 

ı ſetzt, d die Zunahme der — von 30 Gr. Rs 
ober von 15° bis 45° R., zunehme bey 


Waſſer um 0,01328 
—— — eigenth. Gew. 87) — — 0403973 
Terpentin — — 003708 
Baumoͤhl — 0403019 


Aralifche Lauge (486.9 Mafler, ı Th. Salj) — 01512 
Salzwaſſer (4 Th WM, 1 Th. Salz) — — vaoısız 
Doppelres Scheidewafler (eig. ©. 1,170) — 0,02460 
Dirriolöhl (eig. Gew,1,893) — — 0402340, 
Ders 


368 IL Theil. 1. Hauptftüd. 
Werfuche über das Gefeh der Ausdehnungen” einiaer Fläf⸗ 
ner 


Reiten dur die Wärme, ; 
fiafeiten dur = rme, von Hrn Schmidt; in 


neuem 3.1.8. 216. ff. 


6. 559. Uebrigens erhellet aus der Dilatation 
der tropfbaren Flüflıgfeiten in der Wärme die Noth⸗ 
wendigfeit, ben der Beſtimmung der eigenthuͤmlichen 
Gewichte derfelben eine gemwiffe Normal: Temperatur 
durchaus zu beobachten ( $. 351.). | 


6. 5360. Die Grenze der Ausdehnung der liquis 
den Stoffe, als folcher, durch) die Hiße ift da, mo 
fie anfangen, ſich in elaſtiſche Slüffigkeiten, in Däm: 
pfe oder Gas zu verwandeln, meil fie dann ganz 
andere Grade der Ausdehnung befolgen. 


$. 561. Die elaftifcben Stüfjigfeiten dehnen ſich 
durch die Wärme am fchnelleften und durch gleiche 
Grade derfelben am ftärffien aus. In Anfehung des 
Maafes der Ausdehnung der fuft durch eine be: 
ftimmte Anzahl von Graden der Wärme weichen die 
Refultate der Beobachter fehr von einander ab. Hr. 
de Lu: nimmt an, daß ſich die $uft vom Öefrierpumcre 
bis zum Siedepuncte um 27?, folglich für jeden Grad 
Aenderung des Quedfilbertyermometers mit Reaum. 
Scale fih um 34; ihres Volums ausdehne; und 
feinen Berfuchen Zu Folge nimmt man an, daf die 
$ufe von der mittlern Temperatur, (56 bis 60 Br. 
FSahrenh.,) bis zur Siedhiße des Waſſers um F in 
ihrem Volum wachſe. Mad) den Verfuchen des Hrn. 
Roy hingegen zeigt bey 15° Gr. Reaum. jeder Grad 
Zunahme der Wärme an, daß der Umfang der fuft 
um 755 äugenommen habe. Hr. von Sauſſure giebt 

Ä ein 


Waͤrmeſtoff. 369 


ein anderes Verhaͤltniß an, und nach ihm bringe zwi- 
fchen dem Sten Grade R. bis zum 2aften ein Grad Aen- 
derung des Ehermometerflurtbes eine Aenderung des 
Bolums der fuft um 3'7 zumege. Mach ven Erfah: 
rungen ber Herren Dandermonde, Berthollet und 
Monge dehnt ſich die atmoſphaͤriſche $uft, ben unver: 


ändertem Drude, um — ihres Volums durch 
184,8 


jeden, Grad Reaum. aus. Indeſſen lehren die ge: 
nauen Verfuche der Hrn. Morveau und du Dernois, 
daß die Zunahme ber $uft durch die Wärme progreffiv 
ift, oder daß die Luft durch -gleiche Duantiräten der 
Wärme nad) dem Thermometermaaße um fo viel mehr | 
ausdehnbar ift, je mehr fie fehon ausgedehnt iſt. Nach 
den Verſuchen derſelben betraͤgt die Vermehrung des 

primitiven Volums der trockenen atmoſphaͤriſchen | 
luft, beym Barometerſtande von 26 Zoll 9,5 linien, 

son o ‚dis, 20 Br, Meaum. .0,0789- 


} 


rt ⸗ 0,2570 
24 698.8 > 006574 
os, ⸗ 0,9368. 
Es beträgt dieſemnach die Vermehrung bed Volums 
1 
yon 9 * 20 Br. — 6,0789 = — 
1 
— 
a0 eo A 91781 = 46: 
1 
s.60 4 — 
40 ⸗ 2,4094 = — 
1.5 Due Zur 7. Br — * 


de Luc über die Atmoſph. 9. 607. Schukburgh in den philof: 
transact. Vol. LXVII. ©. 363. ff. Le Roy, ebendaf. 
S. 689. ff. Sauffüre Hpgrometrig, f. 113. Vandermonde, 
Berthollee et Monge mem. Sur le fer, in den Mem. de 

V’ ac. roy. des Je. 1786. ©. 36. ff. 
Berfuche über die Ausdennbarfeit der Luft nnd der Bass 
arten durch die Wärme,’ zur genauen Beflimmung der 
Ya Umfaͤnge 


370 1. Theil: x. Hauptftüc. 


Umfänge berfelbigen ben einer gegebenen Temperatur, vom 
Hrn. von Morveau, in Grens Journ. d. Phyf. B. J. &.293. ff. 

Nach Robins wird die Luft von der mittlern Temperatur 
bis zur Hige des glühenden Eiſens um das Vierfache ıhres 
Volums ausgedehnt. 


$. 562. Andere Gasarten befolgen nach den 
angeführten Erfahrungen der Hrn. Morveau und 
‚ du Vernois andere Geſetze der Ausdehnung durch 
die Wärme, als die atmofphärifche $uft. 
Nach diefen Verfuchen war das Volum 
1) des Stickgas, ‚unterm Barometerftande von 27 B.r 


Hey 00 R. 1,0000 
-» 20° - . 1,0340 
. 40° - - 1,2186 
- 60°» - 1,7664 
- 80° - - 6,9412 
2) des Sauerftoffgas, unterm Baromft. vond26 3. 10,75 2 
bey 0 R. 1,0000 
- 20° » . 1,0452 
40° - . 1,2483 
- 60° =» - 1,9018 
- 80° - . 5,4767 
3) des Wafferftoffgas, beym Barometerft. von 27,66 34 
bey 0 R. =» 1,0000 
- 20° - - 1,0839 
* £, g ” 1,2283 
.- 60° - . 1,3742 
, . 80° - - 1,3912 
4) des Salpetergas, beym Barometerft. von 27 3., 3,51, 
bey 00 R. 1,0000 
- 20° » - 1,0652 
- 40° - - 1,1763 
- 60° » . 1,4437 
- 80° - - 1,6029 
5) des Fohlemauren Gas, bey gleihem Barometerftandey 
bey o’R. - 1,0000 
- 20° »- - 1,1105 
.- 40°. ij. 1,3066 
0 . 1,7385 
..80° » - 2,0054 


6) 


Warmeſtoff. 371 


6) des Ammoniakgas, unterm Barometerftande von 28 3., 


bey OR. - 1,0000 
- 20° » . 1,2791 
- 40°» - 1,8437 
.- 60° - — 3,5878 
- 80° - = 6,8009 


$. 363. Durch Zunahme der Temperatur ber 
£uft wird ihre Erpanfivfraft vermehrt, mie ihre Auss 
breitung in einen größern Raum offenbar lehrt. Iſt 
nun die $uft in einem. Gefäße eingefchloffen, fo nehmen 
duch Vermehrung der Wärme ihre Eflafticität und 
ihr Drud auf das Hinderniß ihrer Erpanfion zu. 


Eine mit wenig Luft erfüllte Blafe fchwillt in der Hitze auf. 


Am Luftehermometer drüdt die durch die Wärme ausges 
debnte und im ihrer Elafticıtät vermehrte Luft die Flüffigs 
keit in die Hoͤhe. ’ 


Im Herousballe wird das Wafler durch erwärmte Luft 
zum Springen gebracht, 7 


Die Seuerfontaine, 


6 564. Die Zunahme der Elafticität der ein- 
geichloffenen fuft durch die Wärme macht, daß fie 
nun einer höhern Duedfilberfaule in der torricelli⸗ 
fchen Röhre das Gleichgewicht halten Fann als in der 
Kälte; „und der Ueberfhuß diefer Höhe über die, 
welche fie zur Zeit ihrer Einſchließung im Freyen ers 
hielt, giebt das Maaf ihrer vermehrten abſoluten 
Elafticisät durch die Waͤrme an. 


$. 565. Es fehlt uns noch an genauen Verfü: 
chen über die Zunahme der abfoluten Elafticität der 
eingefchloffenen atmofphärifchen Luft und der Sasarten 
durch eine beftimmte Anzahl von Waͤrmegraden. Es 
ift wahrfcheinlich, daß die Elafticität einer und der⸗ 
Aa 2 ſelben 


% 
J 


3722 Shell. x. Hauptſtuͤck. 


ſelben Luftmaſſe, deren Dichtigkeit ſich gleich bleibt, 
durch die Waͤrme nach eben dem Verhaͤltniſſe wachſe, 
als fie durch dieſelbe unterm Drucke der Atmofphäre 
ſich in einen groͤßern Raum ausdehnen würde ($. 
561. 562.). 


Amontons, in den Mem. de P acad. voy. des fc, ız02. ©, 
160. ff. Le Roy 0.0.10. . 


$. 566. Die Gewalt, welche eingefchloffene und 
erhißte Luft gegen das Hindernif ihrer Erpanfion aus: 
übt, muß durch die Zunahme der Hiße immer mehr 
und mehr wachſen. Es ift denfbar, daß ihre Aus: 
fpannungsfraft endlich fo groß werden fönne, daß fie 
der Zuſammendruͤckung eben fo ehr wiberfteht, als 
ein Stein. Das Wahsthum ihrer Elafticirär in den 
Graden bes Glühens ift bemundernswärdig groß, 
und groß genug, um alle Bande der Cohäfion und 
Schwere zu überwältigen, wie die Kraft des entzuns 
deten Schiefpulvers in Schießgewehren, beym Spren: 
gen der Minen und des Gefteins in Bergwerfen 
beweiſet. 


Verſuch einer Theorie der Sprengarbeit, nebſt einem Vor⸗ 
ſchlage zur Verbeflerung der Kunftfäge, von Franz Baader. 
Frepberg und Annaberg 1792. 8. 


$. 567. Da alfo die Elafticität der $uft durch 
die Wärme wächft, ‚fo kann auch eine duͤnnere tuft, 
melche erwärmt ift, einer dichtern, aber Fältern, $uft 
das Gleihgewicht halten. Die erwärmte luft breitet 
ſich daher in der fältern aus, fteigt im derfelben em⸗ 
por, oder ergießt fich über diefe hin. 


Hierauf gründen ſich 
1) Die Wirkung der Werterfibädhte und die Wetterwechſel 
a in Gruben, 


\ Lomo- 


BWBiärmieflof.- 3735 


Lomonofow, in den nov. — petrop. T. I. ©, 
— — in den Mm. Wr acad. roy. des fc. 1768. 
218. 


2) Der Zug der Luft in den wWindsfen. 
3) Das Emporfleigen ber Wiontgolfieren. 


van Swinden poht. phyf. T. Il. ©. 220. ff. Faujas 
de St. Fond d£leription de la machine — de 
Monl. de Montgolfier. à Paris 1784. T. L II. 


4) Die entgegengefenren Ströme: der Luft durch die gebffuete 
Thür eines geheigten Zimmers. 

6. 568. Hierauf gründet fi ferner die! Me; 
thode, Gefäße mit fehr enger Mündung mit Waſſer 
oder andern tropfbaren Flüffigfeiten leicht zu füllen. 
Bird nämlich durch Erwärmung des offenen Gefäßes 
die darin enthaltene luft fo viel als möglich ausgetrie: 
ben, und dann die offene Mündung bes heißen Gefä- 

ges in die Slüffigfeit geftellt, fo Fann die darin zuräd: 
bleibende fuft beym Abfühlen nicht mehr dem Drucke 
der äufern fuft das Gleichgewicht halten, und dieſe 
treibt nun das Waſſer in dafjelbe hinein. Aus der 
Vergleichung des übrig bleibenden Raums, den jet 
die abgefühlte Suft im Gefäße noch einnimmt, mit 
dem Inhalte des Gefaͤßes, Täft fi der Grad der 
Verdünnung, den die fuft erlitten hatte, beftimmen. 


Schmelzen und Gefrieren. 

$. 569. Die Wirfung des Wärmeftoffes auf 
fefte Körper, wodurch fie in den Zuftand der tropfba= 
ren Slüffigfeit übergehen, heißt Schmelzen (Fußo ), 
und man fagt von einem durch die Hiße tropfbar s flüf 
fig gemachten Körper: er fey im Fluſſe, er ſchmelze 
er fließe.- 
$. 570. 


274° TU Theil. 1. Hauptſtuͤck. 


$. 570. Aus dem, was oben ($. 123. 130.) 
son dem Unterfchiede zwiſchen feften und tropfbar⸗fluͤſ⸗ 
figen Materien angeführt worden ift, folgt, daß die 
“Erpanfiofraft des MWärmeftoffes den Grund der 
Schmelzung enthalte und durch feinen Bentritt zur 
feften Subftanz das Verhaͤltniß der urfprünglichen 
Grundfräfte derfelben abändere und die Repulſions— 
fraft in Beziehung auf die Anziehungsfraft der Theile 
vermehre. 

4. 571. Die Fluͤſſigkeit aller liquiden Materien, 
die wir jetzt kennen, iſt abgeleitet und Folge des Ein— 
fluſſes des Waͤrmeſtoffes ($. 137.). 


$. 572. Den der Verſchiedenheit der Größe der 

. Anziehungsfraft der Theilchen der fpecifijch verfchies 
denen Materien unter einander und zum Waͤrmeſtoffe, 
Darf es ung nicht wundern, daf einige Materien eine 
größere, andere eine geringere Intenfität des Wär: 
meftoffes zum Schmelzen erfordern, ja, daß es Mates 
rien geben kann, die bey allen ung jeßt befannten 
Graden der nmiedrigften Temperatur unferer Atmos 
fphäre noch liquide find. 

Streng » lüflıge und leicht » flüffige Materien, 


$. 573. Manche Gemifche fchmelzen leichter, 
als die einzelnen Materien, woraus fie beftehen. 
Das Schnelloth der Klempner. 


Das Rofe'fche Metallgemiſch, aus 2 Th. Wiemuth, ı Th. Bley 
und ı Th. Zinn, das ſchon im kochenden Waſſer Hüffig wird. 


$. 5374. Einige Körper fönnen durch Feine Hiße, 

die wir jeßt hervorzubringen im Stande find, in Fluß 
gebracht oder gefchmolzen werden. Man nennt fie 
feuer: 


Biärmeftoff. 375 
feuerfeft. Sie find aber deswegen mohl nicht abfolut 
unfchmelzbar zu nennen; denn alle fünnen doc) we 
nigfteng durch Hülfe anderer, mit denen fie ſich che— 
miſch vereinigen, im Teuer zum Schmelzen gebradt 
werden, Die letztern nennt man deswegen Fluͤſſe, 
Schmelzungeimittel, 


Beyſpiele: Kalkerde und Thonerbe find für ſich unſchmelzbar; 
—— aber, wenn fie vermengt find, in der Gluͤ⸗ 
ehitze. 


Vermittelſt eines angezuͤndeten Gemenges aus drey Theilen 

gereinigtem trocknen Galpeter, zwey Theilen Schwefelblu⸗ 

men und zwey Theilen feinen Saͤgeſpaͤnen, kann mar 

cine kleine Silbermuͤnze in einer Nußſchaale fchmelzen, 
("Baumes fehneller Stuß. ) 

. 375. Don dem wahren Schmelzen iſt dasFluͤſ⸗ 
fig: werden mancher Salzkryſtalle, 3.3. des Alauns, 
Vitriols, in der Hiße zu unterfiheiden, das feinen 
Grund in den wäfferigen Theilen derfelden Kat, bie 
in größerer Hiße das Salz; auflöfen, ungeachtet fie 
es in geringerer nicht Fönnen, und nad) deren Der: 
lufte das Salz in der Hiße auch wieder feft wird. 


$. 576. Wenn die geſchmolzenen Körper einer 
niedrigern Temperatur ausgefeßt werden, als bie ift, 
wobey fie zu ſchmelzen anfingen, fo werden fie wieder 
fett. Man nennt dies das Gefteben oder Gefrieren 
(Congelatio). Es ift Folge des Austrittes Des ihren _ 

Theilen adhärirenden Waͤrmeſtoffes, und es geſchieht 
fehnelier oder fangfamer, eheils nach der Verfchteden- 
“heit der Differenz der Temperatur des gefehmolzenen 
Körpers und des umgebenden Mediums, theils nad) 
der Seitungsfraft des feßtern für die Wärmetheilchen. 
Bon der Kryſtalliſirung der Theile der Körper 2 
dieſem 


346 IL Shell. 1. Haupflük. 
diefem Geftehen oder Gefrieren ift oben ($. 142.) 


.. gehandelt worden. 


— 


$. 577. Nach der gegebenen Erflärung (6. 
570.) vom Schmelzen müffen alle Körper im Sluffe 
ein größeres Volum haben, als im Zuftande ver 
Seftigfeit. Die Erfahrung beftätigt dies auch aller: 
Dinge. Die Ausnahme, welche einige Materien, wie 
Eis, Roheiſen, Wismuth, Spiesglanz, Schwefel, 
zu machen fcheinen, läßt fic) aus der Kenftallifirung 
ihrer Theile beym Geftehen feicht erflären. 


Dampfbildpung. 
$. 578. Eine, andere und höchft merkwuͤrdige 
Veränderung der Form, welche fehr viele, fo wohl 
fefte, als flüffige, Körper erfahren, wenn fie der Wir: 
fung des Wörmeftoffes unterworfen werden, ift die 
Verwandlung derfelben in elaftifche oder erpanfibele 
Sluffigfeit, nämlich in Dampf ( Vapor ). 


$. 579. Wenn z. B. Waffer in einem gläfer: 
nen Gefäße der Hiße ausgefeßt wird und feine Tem⸗ 
peratur endlich einen gemiffen Grad erreicht hat, ſo 
ſehen mir, daß fih eine Menge Bläschen tallent- 
halben an der Wand des Gefaͤßes anfeßt, die fich 
nad) und nad) ablöfen, emporfteigen und an ber 
Dberfläche des Waſſers zerplaßen. Ben zunehmen: 
der Hiße des Waſſers nehmen diefe Bläschen an 
Menge und Größe zu, fo daß fie bey ihrem Empor> 
ftetgen die Durchfichtigfeit des Waſſers endlich hin: 
dern. Zuletzt geräch die ganze Maffe des Waſſers 
in 


Warmeſtoff. 377 


in Bewegung, wegen ber Groͤße und Menge der 
Blaſen, und das Waſſer wallt nun auf, kocht oder 
fiedee. Bis zu diefem Sieden feige die Temperatur 
des Waſſers, wieein hineingeftelltes Thermometer zeigt. 
So wie e8 aber zum Sieden in einem offenen Gefäße 
gefommten ift, bleibt das ng, - wofern es 
nur den Boden oder die Wände des Gefäßes nicht 
berührt, in dem Wafler auf dem erhaltenen Puncte 
unveränderlih, Die Blaſen, die im fochenden ABaf- 
ſer aufſteigen, find der Dampf des Waſſers. Die: 
fer Dampf ift vollfommen durchfichtig, wie die Luft, 
und bleibt auc) beym Heraustreten aus dem Waſſer 
unfihtbar und elaftiich, fo lange er die dazu nöthige 
Wärme bat oder nicht durch Zufammendrüfung 
vernichtet wird. So verwandelt fich nun bey fort: 
dauernder Hige das Waſſer nach und nad) ganz in 
Dampf, und wird als folcher fortgeführt. 


$. 580. So find nun mehrere fefte und liquibe 
Materien fähig, bey einem angemeffenen Seuersgrade 
in eine elaftifch) : flüffige Materie, in Dampf, verwan: 
delt zu werden. Der dazu nöthige Grad der Hiße 
ift bey den verjchiedenen Stoffen gar fehr verfchieden. 
Naphtha und Weingeift fieden bey aeringerer Hige, als Waffer, 
djefes bey geringerer, als Quedfilber. Schwefel vervampft 
früher als Wismuth, Zinf, Spiefiglanz , Arfenif. Aber 


duch das fonit jo feuerbeftändige Bold und Silber koͤnnen 
zur Verdampfung gebracht werden. 


$. 581. Uber die Erfahrung lehrt auch: daß 
der Druck der atmofphärifchen Luft, die über der 
Fläche der fochenden Fluͤſſigkeit fich befindet, ven 
Grad der Hiße, ben dem eine und diefelbe Fluͤſſigkeit 
| i | fiedet, 


378 II. Shell. 1. Hauptftüd. 


fiedet, ſehr abandert; daß eine defto größere Hiße 
dazu erfordert werde, je größer dieſer Drud der luft 

fen; und daß einerlen Sluffigfeit um fo eher und bey 
deſto geringerer Hitze fiede, je geringer der Druck der 
fuft darauf fen. Hierauf gründet fich eben die oben 
($. 506.) angeführte Berichtigung des Stedepuncts 
am-Thermometer. In hohen Gegenden der; Atmos 
fphäre Foche daher das Waſſer ben einer niedrigern 
Temperatur, als in niedrigern Gegenden, und im 
leeren Raume der $uftpumpe bey fehr mäßiger Tem: 
peratur. 


Hr. de Luc beobachtete dies auf einer Reife über den Wiontcenis 
im I. 1762 in verſchiedenen Höhen und wiederhoblte diefe 
Unterfuhbungen im %. 1765 auf den G®ebirgen in Saur 
cıgny. Ich tbeile bier Refultate dicfer letztern Beobach⸗ 
tungen mit, woben ich die Grade des bey 27 3. Barome⸗ 
terftand gradmirten Tbermometers auf ein ſolches gebracht 
babe, das bey 28 3. beitimmt worden wäre. 


ärmegrade 
Barometeritand. des — Waſſers. 
28 3. 5% 2 Sedhehntel —— 
28h5c· — 80,39 - 
28- 2-14 . 80,14 - 
28- I1- 3 - 80,03 — 
ir Be 3; ” 79,9% * 
27-00. 79,90 - 
27 . 9 - 7 ” 79,34 * 
ı7- 6- 7 . 79,51 - 
27° 5 - 3 2 79,53 = 
27 — — 5 * 79,22 
26- 8-14 - 73,93 “ 
264 4 - 15 “ 78,83 F 
26 - 3 x 15 “ 78,73 * 
235- IIL- 7 = 78,42" 
sa.» 9 . 7744 ” 
24° 5-15 ⸗ 77,04 ” 
24 · I1- 1 a 76,70 2 
233- 8- 2 . 76,43” 
233-466 - — 
33 - 11 14° ’ 780 5 
Baros 


Biärmefofl. 379 


Barometerſtand. | Märmesrad 


rade 
des fochenden Waflers 
213.108, 7 bis 2 Sechz. 74,74 R. 
20- 4 - 15 Sechzehntel 73,21 - 
29 Ze 9, e 72,590 - 


de Luc Unterf. über die Atmofph. Th. II. $. 857. ff. 


Bey meinen unter dem Recipienten der Luftpumpe am? 
geftellren Verſuchen fand ich folgende Refultate: 


Barometerſtand. Giedegrade des Waſſers. 
NR. 


143. 65 8. 67 
$- -.. 56 bis 57 R. 
7- 85- 55,58. 
— 54 - 
6- I - 51,5 

=, 5° 59,5 - 
373.3 49 - 
3+ 32 » 48,5 - 

„4-10 - 47 bis 47,5 R. 

4- 4 - 45,5% 
3-1 - 4 - 
3-9 - 4 - 
3, $°- 4 - 
3.3“ at,25 R. 
ee Br 40 . 
2-11 - 39 bis 39,5 R. 
2-9.» 38 N. 
2-3° 35 - 
»- . 33,75 R. 
2 ·11 ⸗ 322 -»- 
> SE SEE SE. 31 “ 
1-6-«- 29,5 ” 


Grens unten ($. 588.) angel, Abh. 


$. 582. Der Grund von dieſem veraͤnderlichen 
Siedegrade des Waſſers und anderer tropfbarer 
Stüffigfeiten ift folgender. Die Dämpfe haben feine 
Permanenz ihrer elaftifchen Fluͤſſigkeit, als ben einem 
beftimmten Grade der Wärme unter einem beftimm: 
ten Drude ($.136.). Sollen fie alfo als efaftifches 
Fluidum in der fuft oder unter ihrem Drucke beſtehen, 
fo 


380 | II. Sheil. 1. Hauptſtuͤck. 


fo müßten fie einen ihr gleichen Grad der Elafticität 
befigen, und diefen erlangen fie nur durch einen be- 
ftimmten Grad der Wärme. Cie fönnen ſich alfo 
auch ım Innern des Waſſers, auf deſſen Tfäche die _ 


Luft druͤckt, nicht eher bilden, oder das Waſſer fahn 


nicht eher fieden, bis fie durch) die gehörige Hiße den: 
jenigen Grad der Elafticität erreichen, welcher ver Elafti: 
eität der $uft das Gleichgewicht hält. Je weniger die 
$uft darauf druͤckt, defto geringer braucht die Efafti: 
eitäat der Dämpfe zu feyn, um dem Drucfe der $uft 
das Gleichgewicht zu halten, folglich bevürfen fie auch 
eines defto geringern Grades der Wärme, um fich 
bilden zu Fönnen. — Ohne den Drud einer, Atıno: 
fphäre würden mir gar fein liquides Waſſer, Fein 
Traphıha und feinen Alcohol kennen; denn fie würden 


dann bey den Temperaturen, wobey wir leben, elafti- 


ſche Slüffigfeiten feyn (138.). - 


$. 583. So lange die Dämpfe als elaftifches 
Fluidum beftehen, befolgen fie auc) diefelbigen Ge— 
feße des Drucks und des Gleichgewichts ſchwerer 
erpanfibeler Slüffigfeiten ; und es gilt daher in dieſem 
Zuftande alles das von ihnen, was hiervon oben von 
der $uft ($. 370.) angeführt worden if. | 


$. 584. Die abfolute Elaſticitaͤt der Dämpfe Ä 
läßt fich eben fo, mie die der luft, durch die Höhe 
einer Duedfilberfäule meſſen, die in einer Barometer: 


roͤhre damit im Gleichgewichte ift. 


Die Beihreibung eines Elaterometers für Dämpfe habe ich im 
der unten (ſ. 588.) angef, Abhandl. mitgetheilt. 


$. 585. 


Biärmefof. 381 


$. 585. Die abfolute Elafticität der in Gefäßen 
eingefchloffenen Dämpfe nimmt, wie die der einge 
fchloffenen $uft, durch Die Wärme zu. Beobachtungen 
Über das Wachsthum der abfoluten Elafticität der 
eingefchloffenen Dämpfe des Waſſers durch eine be: 
flimmte Anzahl von Wörmegraden haben wir vom 
Hrn. von Betancourt erhalten. 


Wärmegrade Abfolute Elaſticitaͤt 
der Dämpfe des Waflers, der Waflerdämpfe. 
10° R. 0,15 3. Barometerft. 


20. - 0,65 - - 
> 1 A 1,52 - = 
40 2,92 - : 
30 * 5,35 * 5 
6o - 9,95 - 2 
67. - 14,50 - e 
zo - 16,90 - ® 
80 - 28,00 - - 
90 - 46,40 - — 
> 57,80 - 5 
100 - 71,80 - ® 
104 »- 84,00 - x 
110 - 98,00 - - 


Me&moire fur la force expanlive de la vapeur de l’eau, par 
Mr. de Berancour:. à Paris 1792. 4. 


Fruͤhere, obgleich nicht fo volltändige, Verſuche hiers 
über bat Hr. D. Ziegler angeftellt. (Specimen phyfico- 
chemicum de Digeltore Papini, eius ftructura, elfectu 
et ufu,. primitias experimentorum novorum circa fui- 
dorum a calore rarefactionem et vaporum elafticitatem 
exhibens. Aut. lo. Henr. Ziegler. Ball. 1769. 4 ). 


$. 586. Die Gewalt, welche eingefchloffene 
Dämpfe durch die Erhißung gegen die Hinderniffe 
ihrer Erpanfion auszuüben im Stande find, ift be- 
wundernsmwürdig groß, und die Kraft des im einge: 
ſchloſſenen Raume bis zum Glühen erhißten Waſſers 
und feiner Dämpfe Fann gar Feiner Berechnung un⸗ 
terwor⸗ 


6 


382 | I. Shell. 1. Hauptſtuͤck. 


terworfen werden, meil e8 uns an Mitteln mangelt, 
den überaus großen Grad der Elafticität diefer Däms 
pfe zu meffen, der mohl hinreichend ift, den bewun— 
dernswärdig großen Effect der Bulfane und der Erd— 
> erfchlieterungen daraus abzuleiten. 
Geſetzt, es ift Wafler in einem Gefäße eingeſchloſſen, und es 
würde darin mit ſeinen Daͤmpfen bi: 110? R., alfo nur 
20 Grad über den gewöhnlichen Giedepunct, erhitzt, ſo iſt 
nah der vorigen Tabelle die Elafticitär diefer Dämpfe 
ſchon fe groß, um einer Quedſilberſaule von 98 3. Höbe 
das Bleichaewicht zu halten; oder gegen jeden Quadratfuß 
(parif.) Fläche der Waude des Beräßes mit einer Kraft zu 
drüden, die dom fenfrechren Drude eines Gewichtes von 
77584 Pf. (parıf.) gleich if. | 
$. 587. Weil die Elafticität der eingefchloffenen 
$uft ($. 563.) und Dämpfe durch die Hiße zunimmt, 
fo mäffen fie auch in genau verichloffenen Gefäßen 
auf das Waſſer, das mit eingeichloffen ift, immer 
mehr reagiren und druͤcken, je ftärfer fie erhißt mer; 
den; und folglich wird auch die Hiße dieſes Waſſers, 
ehe es fiedet, den gemöhnlichen Siedepunct überftei- 
gen ($. 581.) und wachen, und fie würde, wenn 
- die Gefäße es aushielten, felbft bis zum Gluͤhegrade 
zunehmen fünnen. 


6. 588. Beyſpiele von der Elafticität der Daͤm⸗ 
pfe und ihren Wirkungen geben: 
ı) Die Windfugel oder Dampffugel ( Aco- 
lipila ). 


wolfs nügl. Verf. zu genauer Erfenntn. der Nat. und Kunf, 
Th. I. Kup 7. 


2') Die Analllügelchen, | 
3) Der papinianifche Topf ( Digeltor Papini). 
| La 


» 


Weaͤrmeſtoff. | 383 


La maniere d’ amolir les os, ou de faire cnire toutes for- 
tes de viandes en fort peu de tems, par Mr. Papin. 
a Amfterd. 1681. 8. Verſuch einer neuen Vorrichtung 
von Papins Digeftor, von Wilfe; iniden fchwed. Abhandl, 
B. XXXV. 6, 3.7 und in Erells neueften Entd. Ch. 1. 
©. 33. ff. 
4) Watts Dampf: oder Seuermafchine. 


Beſchreibung der weſentlichen Finrichtung der neuern Dampfs 
oder Feuermafhinen, nebſt einer Gefchichte diefer Erfins 
dung und Bemerkungen über die abfolute Elafticität der 
Maflerdämpfe, von F. U. €. Grenz; im neuen Journ. d. 
Phyſ. B. 1. ©. 6 ff, u. ©. 144 ff. 

$. 589. Die abjolute Efafticität der Dämpfe 
einer kochenden Slüffigfeit in irgend einem Siedegrade 
ift, fo lange die Dämpfe diefen Grad der Hiße behal- 
ten, der abioluten Elafticität der Luft gleich, die 
auf die Fläche der fiedenden Flüffigfeit drückt. Die: 
fer Saf folgt aus $. 582. und Die Erfahrung beftä- 
tigt ihn. 

Gren a. a. O. ©. 183. 197. 

$. 590. Aus dem gleichzeitig beobachteten Ba⸗ 
rometerftande fönnen wir alfo die abfolute Elaſticitaͤt 
der Dämpfe einer in offenen Gefäßen fiedenden Fluͤſ⸗ 
figfeit finden. 


Meiner Alcohol Eocht bey 64° R. unter einem Barometerkande 
von 28 Zoll; alfo haben die Dämpfe des ftedenden Alco⸗ 
hols bey 64° eine eben fo große abſolute Elafticität, als 
die des Wallers bey 80°: und wenn ferner die Dämpfe 
des Alcohols und die des Wailers eine gleiche Temperatur 
haben, fo haben fie eine ungleihe Elafticitätz die vom 
Alcohol haben eine größere, als die vom Waſſer. 


$. 591. Wir müffen in ben Dämpfen, als 
zufammengefeßten Körperarten, die Baſis, oder den 
Stoff, der an fich nicht erpanfibel ift, wie im Waſ—⸗ 
ferdampfe das Wafler, unterfcheiben, und das ur: 
fprüng« 


384 IE Shell, 1. Hauptſtuck. 


fpränglich erpanfive Weſen, nämlich ven Wärme: 
ftoff, oder nach Hrn. de Luc das fortleitende Fluͤſſige 
(Fluidum deferens), durch welches jene Baſis zur 
erpanfibelen Slüffigfeit ‘wird ($. 135.), und durch 
deſſen Entziehung fie aufhört, elaſtiſch⸗fluͤſſig zu ſeyn. 
Durch die Cohaͤrenz des Waͤrmeſtoffes mit der Baſis 
des Dampfes verliert jener ſeine waͤrme- erzeugende 
Kraft, oder wird latent ($. 125.), mie die nähere 
Betrachtung dieſes Umſtandes in der Folge lehren 
wird; und eben hieraus iſt die Fixitaͤt des Siede— 
punctes beym bleibenden Drude der Atmofphäre zu 

erklären. | Ä 
$. 592. Wenn die Dampfblafen, die aus dem 
kochenden Waſſer hervortreten ($. 579.), bie kuͤh⸗ 
lere atmoſphaͤriſche $uft berühren, fo werden fie durch 
die Erniedrigung ihrer Temperatur zum Theile zerfeßt, 
ein größerer oder geringerer Antheil ihrer Bafıs ſchei⸗ 
det fid) ab und bilder einen fichtbaren Nebel oder 
Rauch, Mit Unrecht nenne man denfelben noch 
einen Dampf, da er gar nichts mit des Natur des 
Dampfes gemein hat. Er befißt Feine Elafticicht 
mehr und tft nichts, als die Bafis des Dampfes, die 
ihres erpanfiven Stoffes beraubt ift. Sie ſchwimmt 
vermoͤge ihrer höchft feinen Zertheilung und ihrer 
Adhäfion in der Armofphäre und folgt ihrem Zuge, 
bis fie Durch mehrere Aneinandernäherung ihrer Theil: 
hen zum concreten tropfbarsfläffigen oder feften Stoffe 
zufammentrite und ſich niederſchlaͤgt, oder fich Durch 
neues Dinzufommen von Wärmeftoff wiederum in ela- 
ſtiſche und unfichtbare Slüffigfeit verwandelt. Wolken 
find 


Warmeſto ff. 385 


ſind daher nicht Waſſerduͤnſte, die in der luft ſchwim⸗ 
men, ſondern das hoͤchſt fein zertheilte Waſſer, welches 
aus dem Elaſtiſch-Fluͤſſigen, das es vorher bildete, 
ben der Zerfeßung deſſelben niedergefchlagen worden 
und noch nicht. zum zufammenhängenden Tropfbar = 
Fluͤſſigen zuſammengetreten iſt. Hr. von Sauſſure 
ſchreibt dieſem Nebel eine Blaͤschengeſtalt zu. 
$. 593:' Ze niedriger die Temperatur des Damz 
pfes wird, um defto mehr wird von demjelben zerſetzt; 
und umgefehrt. Durch Subftanzen von einer niedri- 
gern Temperatur wird nämlich) der Bafis des Dampfes 
fo lange Wärmeftoff entzogen, bis in jenen eine gleiche 
Temperatur eingetreten ift: es Fann alfo nicht mehr 
die ganze vorige Quantität der Bafıs in dem Naume 
des Dampfes dampfförmig bleiben; es ſcheidet fich 
alfo ein Antheil ver Bafis als Nebel ab. Es ändert ſich 
folglich mit der Temperatur’ das Verhäftnif der Baſis 
des Dampfes zum Naume defielben, und Dies ift es, 
‚worauf man eigentlich den Ausdrud: Maximum Dee 
Verdampfung, beziehen follte. Im eingefchloffenen 
Raume muß diefemnach die Dichtigfeit des Dam⸗ 
pfes defto größer werden, je höher die Temperatur | 
. wird, vorausgefeßt, daß verdampfende Subſtanz 
genug ba ift. | 
4. 594. . Hieraus ift num begreiflich, wie in allen 
bekannten Temperaturen der $uft Waſſerdampf beſte⸗ 
hen koͤnne. Mur ift ben gleichem Drude der guft 
das Verhältnig der Baſis zum Naume des Dampfes, 
| BB. oder 


386. IL. Theil. 1. Hauptſtuck. 


oder das Marimum der Berdampfung ($.593.), um 
deſto Eleimer, je niedriger die Temperatur der luft ift. 
$. 595. Mlerdings Fönnen Dämpfe aud) das 
durch zerfeßt werden, daß fie mit Materien in Be⸗ 
rührung fommen, welche die Bafis des Dampfes 
ſtaͤrker anziehen, als ſie vom Waͤrmeſtoffe angezogen 
wird. 
$. 596. Ein drittes Mittel zur Zerſetzung des 
Dampfes ift feine Zufammendrüdfung. Seine Maffe 
fann nicht, wie die der $uft, ben bleibenvder Tempera⸗ 
tuc in einen engern Raum gebracht werden, ohne 
daf nicht ein Antheil des Dampfes zerfeßt würde, um 
bey bleibender Temperatur das Marimum der Vers 
dampfung ($. 593.) zu erhalten. Dieſes Maximum 
der Verdampfung wuͤrde uͤberſchritten werden muͤſſen, 
wenn bey bleibender Temperatur fein Raum verengert 
werden follte. Ben gleicher Temperatur kann affo die 
‚ Dichtigfeit des Dampfes - nicht vermehrt werden. 
Den größerm Drucke dee Armofphäre iſt deshalb eine 
größere Menge des latenten Wärmeftoffes zur Bil: 
dung des Dampfes aus einerlen Quantität der Baſis 
deſſelben nöthig, als ben einem geringern Drucke. 
Bas hier von dem Drucke der Atmoſphaͤre gefagt ift, 
gilt auch von dem Drude des Dampfes durch feine 
Elafticität in verfchloffenen Gefäßen gegen fich felbft. 
Aus dem Anaefübrten erklärt fih die Entftehung des Nebels 
unter dem Recıpienten der Luftpumpe, wenn man wicder 
Luft binzuläße, nachdem vorber in der verdünnten Luft 
Berdampfung vorgegangen war. | 
$. 597. Diesuft trägt zur Erzeugung der Dims 
pfe nichts bey. Sie iſt vielmehr durch ihren Druck 
der 


Waͤrm eſto ff. 387 


der Dampfbildung hinderlich, und es bedarf deshalb, 
ohne den Druck der Atmoſphaͤre, weit weniger abfos 
futer Quantität von Wärmeftoff, um eine und diefel-. 
bige Quantität von Bafis dampfförmig zu — 
als bey ihrem Drucke ($. 581. ): | 

$. 598. Ueberhaupt bedarf es gar nicht = Aufs 
loͤſung des Waſſers in der Luft, um fic die Phä- 
nomene der Verdampfung des Waſſers zu erklären, 
und darauf einen Unterfchied zwiſchen wirklicher Ver⸗ 
dampfung (Evaporatio) und Ausduͤnſtung (Exha- 
Iatio) zu begründen, Jede Ausduͤnſtung iſt vielmehr 
eine wahre Verdampfung, die bey einer niedrigern 
Temperatur der Luft nur deswegen langſamer und in 
‚geringerer Menge Statt findet, weil dann eine ges 
ringere Quantität. des Wärmeftoffes zugegen iſt, ber 
durch feine Cohärenz mit der Baſis diefe dampfförs 
mig machen muß. Bey ber Ausdünftung gefchiehr 
die Verdampfung nur an der Oberfläche, beym Sie⸗ 
den auch im Innern der Slüffigfeit. Die Gründe für , 
die Auflöfung des Waſſers in der luft und die dadurch 
bewirkte Ausduͤnſtung hat Hr. de Luc umftändlich und 
gründlich widerlegt. Sch werde in der Solge beym Waſ— 
fer auf diefen Gegenftand wieder zurüdfommen. 


de Luc nouvelles id&es [ur la meteorologie, T. 1.11. à Lon- 
dres 1786. 8. F U. de Luc neue Ideen über die Mereos 
— a. d. Franz Th. 1. Il. Berlin u, Stettin 1737. 
2788. 8. Zweyter Brief des Hrn. de Luc an Hrn.ide la 
Wietherie , über die Wärme, das Schmelzen und die 
Verdunftung; in Grens Journ. d. Phy j8 3.11. ©. 402. 
Dritter Brief des Hım. de Luc, über die Dämpfe, die lufts 
förmigen Fiufligfeiten und die atmofpnärifche Luft; eben⸗ 
dafelbft Th. 111. ©. 132. Ebendeſſelben Prüfung einer Abs 
andiung des Hrn. Wionge über dıe Urſach ter hauptſaͤch⸗ 
ihften Phänomene der Meteorologie; in Grens Journ. d. 


Phyf. 8. VL, ı21. 
Bb 2 3u 


388 UL. Theil. 1. Hauptflüd. 


a; x 

Zu den hauptſaͤchlichſten Vertheidigern der Auflbſung 
des Waſſers im der Luft, als Urſach der Ausdünftung, 
gehbren: Hr.Le Roi (Memoire [ur Pélévation et la fus- 
penhion de l’ eau dans l’air; in den Memaires de P acad. 
yoy. des ‚fe. de! Paris, 1751. ©. 481.), und Hr. Zube 
(über die Ausdunftung und ihre Wirfungen in der Amo⸗ 
fphäre, Leipz. 1790. 8. ). 


4. 599. Auf die Zerſetzung der Daͤmpfe durch 


Abkuͤhlung oder Erniedrigung ihrer Temperatur gruͤn⸗ 


det ſich uͤbrigens: | 
\ 1) Die Operation des Deftillirens (Deſtillatio) 
und des Sublimirens in der Chemie; | 
2) Wilkens und Berretray’s Luftpumpen durch 


Waſſerdaͤmpfe. 


wilke, in den ſchwediſchen Abhandl. 1769. B. XXXI. ©. zi. ff. 
Beſchreibung von des Hrn. Abbé Cajet. Berretray Lufts 
pumpe; in Grens: Journ. d. Phyſ. B. VI. S. 36. ff. 


$. 600. Eine Subftanz dem Einfluffe des Wärs 
meftoffes ausfeßen, um fie in erpanfibele Fluͤſſigkeit 
überhaupt, es ſey in Dampf oder in as, zu verwans 
deln, heißt fie verflüchtigen. Materien, vie fich 
durch die Hibe in erpanfibele Slüffigfeiten verwandeln 
laffen, nennt man flüchtig. (Corpora volatilia ), 


und fest ihnen die fenerbeftändigen (Corpora fixa) 


I 


entgegen, welche der Verfluchtigung im Seuer wider: 
fiehen. Diefe Ausprüdfe find indeffen nur relativ, 
und vielleicht ift Feine, Materie abſolut fenerbeftändig _ 
zu nennen, Diele Stoffe, die in unferer ftärfften 
Hitze feuerbeftandig erfcheinen, koͤnnen durch Hülfe 
anderer flüchtiger GSubftanzen, mit denen fie ſich cher 
mifch verbinden, flüchtig werden, Man nennt dies 
eine Mirverflüchtigung. e 


. Benfpiele der Mitverflüchtigung giebt die Riefelerde mit Fluß ⸗ 
fäure ; des Eiſens dur ſalzichte Säure; des Rupfers durch 
eben diejelbige; der Kohle durch Saueritoff. J 
Gas— 


— 


Waͤrmeſt o ff.— 389 


G a 8 bild un g. 

4. 601. Mehrere Materien werden durch den 
Waͤrmeſtoff in elaſtiſche Fluͤſſigkeiten, die nicht, wie 
die Dämpfe, durch Erniedrigung der Temperatur 
oder durch Zufammenpreffung ihre elaftifche Form 
verlieren, alfo in Luft oder GHas ($. 136.) ‚verwanz 
delt, wovon in ber Folge mehrere oegipiele vorfom: 
men werden. 

$. 602. Dieſe Sasarten beftehen — wie bie 
Dämpfe, aus einer Baſis, die ihren ponderabeln 
Antheil ausmacht, und aus dem Wärmeftoffe, det 
jene elaftifch - Aüfftg mat. Die Urſach ihres Unter: 
fchiedes von den Dämpfen liegt in der Art und Weiſe 
der Verbindung beyder Beftandrheile, die bey den 
Gasarten ſich wechfelfeitig aufgeföft haben, ben ben 
Daͤmpfen hingegen nur zufammenhängen. 

$. 603. Daf der Wärmeftoff die Urſach von 
der Bildung der Gasarten und ihrer efaftifchen Ferm 
fen, "erhellet daraus: daß zur Bildung eines jeden 
Gas Waͤrmeſtoff nöthig iſt; daß durch die Zerfeßung 
eines Gas Waͤrmeſtoff entwickelt wird; und daß die Ba: 
* des zerſetzten Gas fo viel wiegt, als das Gas ſelbſt. 

. 604. Ale Materien, welche laftfoͤrmig mer: 
‚den fönnen, werden es fchon im jeder Temperatur, ' 
die wir Fennen, jo bald fie von andern Materien ger . 
‘trennt werden, mit denen fie vorher verbunden waren. 
Deshalb fönnem wir eigentlich die Grundlage Feiner 
einzigen Gasart fuͤr fich, darftellen, fondern wir fen- 
nen fie nur entweder in Verbindung mit dem Waͤr⸗ 


weſtoffe als Gas oder in Reg mit andern 
— | Mate- 


858 U. Theil. 1. Haupiſtück. 


Materien, mit denen ſie im liquiden oder feſten Zu⸗ 
ſtande ſind. 


$. 605. Alle Gasarten werden nur dadurch jer- 
feßt, daß andere Materien ihre Grundfage ftärfer 
anziehen, ‘als diefe vom Wärmeftoffe angezogen wird; 
nicht umgekehrt, durch Entziehung ıhres Waͤrmeſtoffes 
verrhittelft anderer Materten, fonft würde die Grund: 
lage der Gasarten für ſich darftellbar fenn. 

-$. 606. Man erhält: diefe luftförmigen Stoffe 
auf eine mannigfaltige Weiſe aus fehr verfchiedenen 
Subftanzen, theils bey Auflöfungen, — und das Aufs 
bramen (Effervefcentia), das man bey manchen 
Auflöflingen gewahr wird ($. 190.), rührt eben von 
der ſchnellen Entwidelung luftförmiger Stoffe her; — 
theils ben der Zerfegung derfelben durch Feuer, Gähe 
rung oder Faͤulniß. 

$. 607. Alle dieſe Gasarten find in den feſten 
‚ober liquiden Körpern, aus denen man fie erhält, 
vorher nicht als elaftifhe, aber comprimirte, Fluͤſſig⸗ 
feit zugegen geweſen; fondern ihre Grundlage war 
nur darin, die aber bey ihrer Trennung fogleich durch 
DBerbindung mit dem Wärmeftoffe gasförmig wird, 

$. 608. Die fo wichtigen und intereffanten 
Entdefungen dieſer $uftarten haben eigene Werkzeuge 
noͤthig gemacht, um fie ben der Zerlegung der Körper 
durch Auflöfung oder Feuer, wobey fie zum Vor⸗ 
ſcheine kommen, bequem aufzufangen und ohne Ver- 
miſchung mit armofphärifcher $uft zu erhalten. Man 
begreift diefe Werkzeuge unter dem Namen bes peu: 
matiſch⸗ 


Waͤrmeſto ff. 391 
matiſch ⸗ chemiſchen Apparats (Apparatus prieu- 


mato - chemicus). 


TE 609. Jede luftförmige Fluͤſſigkeit ift ſtets 


#, 


ſpecifiſch feichter, als irgend eine tropfbare Fluͤſſigkeit, 
und feige in diefer aufrwarts. Hierauf gründet ſich 
das ABefentlichfte beym pneumatifch = chemifchen Ap⸗ 
patate. Das erſte Stuͤck iſt eine ovale Wanne von 
Holz oder verzinntem Kupfer, worin einige Zoll un: 
ter dem Rande ein Gefimfe waagerecht angebradht iſt. 
In dieſem Geſimſe befinden ſich einige Furzhäffige 
Trichter neben einander, fo daß ihre weitere Müns> 
dung dent Boden der Wanne" zugefehrt if. Die 
anne witd fo weit mit Waſſer angefüllt, daß daſ⸗ 
felbe das Geſimſe ungefähr einige Zoll hoch bedeckt. 
Das Gefimfe felbft diene nun dazu, daß die mit 
Waſſer gefüllten umgekehrten Glaͤſer und Vorlagen 
mit ihren Muͤndungen auf die Söcher geſtellt werden 
fönnen, durch welche vermittelt der Trichter die fuft- 
blaſen in diefe Vorlagen geleitet werden follen. 


$. 610. Da aber einige fuftarten ben ber Bes 
ruͤhtung des Waſſers davon zerfegt werden, ihren 
fuftförmigen Zuftand verlieren und damit zur tropfs 
baren Fläffigfeit werden; fo ift diefe Vorrichtung 
($. 609.) nicht anwendbar, und man muß daher 
das Duedfilber zum Sperren anwenden. Der Preis 
und die Schwere des Quedfilbers machen freylich, 
daß man dieſen Quectſuberapparat kleiner machen 
muß, deſſen Einrichtung aber im Grunde dem vorigen, 
aͤhnlich iſt. Zur Wanne dient entweder recht dicht 


zjuſammengefugtes Holz oder Eiſenblech. 
> Grens 


' 
EN 
“ h 
8 
— 
J 


392 WM. Thell. x. Hauptſtuck. 


Srens Velchreibung eines Quedfilberapparats; im Journ. deu 
Phyſ. B. 1. &, 201. 


6. 611. Zur Entbindung. der Gasarten felbft, 
die man durch Deftillation oder Auflöfung gewiſſer 
Stoffe erhält, dienen allerfen Metorten, gläferne oder 
irdene,. die man mit den zu zerlegenden Stoffen ins 
Sandbad, oder befchlagen in frenes Feuer⸗ legt. An: 
die Mündung der Netorte kuͤttet man nad) Beſchaf⸗ | 
fengeit der Umftände eine blecherne oder 'gläferne 
Roͤhre, deren untere Deffnung unter den Trichter der 
mit Waſſer oder Quecfilber gefüllten Wanne geſteckt 
wird. Wenn ſich dabey zugleich ſolche Dämpfe erhe— 
ben, die das Metall angreifen wuͤrden, ſo dienen 
gläferne Tubulatretoren mit einem am untern Ende 
nad) oben gefrümmten langen Halfe. Um die dabey 
zu gleicher Zeit in Dampfgeftalt übergehenden Sub⸗ 
flanzen als tropfbare Flüffigkeit durch Abfühlung be: 
fonders aufzufarigen, dient eine fo. genannte Wiittele 
flaſche und der finnreihe Deftillirapparat des Hru. 
Cavoiſier. "Zur Entwidelung luftförmiger Stoffe 
ben den Auflöfungen, die Feine aͤußere Hiße erfordern, 
wird befonders die Entbindungeflafche gebraucht. 
Zu Vorlagen, in melche die durch das Waſſer oder 
Queckſilber gehenden Gasarten treten, dienen gläferne 
Cylinder mit eingeriebenen Stöpfeln oder ohne derglei⸗ 


chen, oder Glasflaſchen. Um einige Gasarten, die 


fih nur fanafam in dem Waſſer auflöfen laſſen, 
bequem damit in Verbindung zu bringen, ift vorzuͤg⸗ 
lich die Darterfche Glasgeräthfchaft anwendbar. 


Die ben der Entbindung und Anffammiung diefer Zuftarten 
nothiwendigen Handgriffe werden in den Vorleſungen ſelbſt 


gezeigt. 
Grens . 


Warmeſtoff. | 89% 


Grens ſyſtem. Handb. der Chemie, zweyte Ausg. Th. I. 
4.157. ff. Beihreibung eines Glasgeräthee von J. .117as 
gellan, a. d. Engl. von G. T. Wenzel. Dresden 1780. $. 

voifier Traite el&mentaire de, chimie, T. 11. &, 451. ff. 


Figirter MWärmeftoff. 

6. 612. Es fen eine Maffe geftoßenes Eis oder 
Schnee in einem Gefäße fo weit erfaltet, daß ein 
hineingeftelltes Thermometer 10 Gr. Tahrenh. zeige, 
Man bringe das Gefäß in ein geheißtes Zimmer, fo 
daß die Falte Maffe nun einem beftändigen gleichförs 
migen Wärmeftrome ausgefeßt fen. Das Thermome- 
ter darin wird nun bis 32 Gr. fteigen, aber hier ftilf 
fiehen, wenn auch gleid) der Wärmeftrom, der dem 
Eiſe zufließe, der nämfiche bleibt. Die Temperatur 
des Eifes fteigt nun nicht höher, fo viel Waͤrmetheil⸗ 
chen ihm auch zugeführt werden; aber es fchmilze 


nach und nach, und erft dann, wenn dies gefchehen 


ift, ſteigt das Thermometer allmählig höher. Erhitzt 
man bas nunmehr tropfbar: flüffige ABafler- in dem 
Gefäße über dem Teuer noch ftärfer, fo gelangt das _ 
‚Thermometer endlich’ an den Stedepunet, wenn; das 
Waſſer zum Kochen gefommen iſt; aber nun tritt wieder 
der Stillftand deſſelhen ein, und es feige nicht höher, 
der dem Waſſer zugeführee Wärmefttom ‚mag noch 
fo groß feyn, fo lange nur das Waſſer das Thermo: 
meter umgiebt. — Oder man vermifche ein Pfund 
Schnee, deſſen Temperatur 32 Gr. 5. iſt, mit einem 
Pfunde Waſſer von 120 Gr. Mach der Richmann⸗ 
fchen Regel ($. 547.) follte die Temperatur des Ge: 
mifches 76 Gr. werden; fie bleibt aber 32 Gr. und 
ein-Theil Schnee wird gefchmolzen. Man vermenge - 
JE ferner 


| 


394 . dheil. 1: Hauptſtück. 


ferner 8 Theile Eiſenfeil von 309° F. mit einem 1 26. 
Waſſer von 212°; die Temperatur des Gemenges 
wird nicht 29039 werden, fondern 212” bleiben, und 
ein Theil Waſſer wird ploͤtzlich verdampfen. 

$. 613. Der auf das Eis wirfende Woͤrmeſtrom 
erhoͤhet alſo die Temperatur des Eiſes eben ſo wenig 
über den Gefrierpunct, als der auf das tropfbar⸗ 
flüffige Waſſer wirfende es über den Siedepunkt er⸗ 
bigen fann. Die Wirfung der Waͤrmetheilchen auf 
das Eis fchränft ſich alfo darauf ein, die Form oder 


den Aggregatzuftand des Eiſes zu verändern und 


m 


daſſelbe in tropfoar⸗ fluͤſſiges Waſſer zu verwandeln, 
fo. wie die Wirfung derſelben auf das tropfbar⸗ flüf- 
fige Waſſer bey der Siedhitze ebenfalls fid) Darauf 
einfchränft, es in Dampf zu verwandeln. So lange 
diefe Verwandlung dauert, bleibt das Thermometer 
im erſtern Falle auf dem Öefrierpuncte, im andern 

auf dem Siedepuncte unverändert ſtehen. 
$. 614. Da die dem ſchmelzenden Eiſe oder 
dem fiedenden Waſſer mitgetheilte Waͤrmematerie alſo 
keine hoͤhere Temperatur, keine vermehrte Wirkung 
auf unſer Gefühl oder aufs Thermometer darin her⸗ 
vorbringt, ſondern ihre thermometrifche und ermärs 
mende Kraft dadurch ganz verliert, daß ſie das feſte 
Waſſer in tropfbar⸗ fluͤſſiges, oder dieſes in Dampf 
verwandelt; fo nennt manifie deswegen unmerkbaten, 
verborgenen, figieten Wärmeftoff ($. 521.). Die 
Duantitätder Wärmetheilhen nämlich, die zur Aende⸗ 
rung des Uggregatzuftandes des feften Waſſers in liqui⸗ 
‘8, Oder des liquiden in dampffoͤrmiges verwendet wer⸗ 
n den 


Waͤrmenhtoff. 395 
den muß, muß fuͤr das Thermometer und das Gefuͤhl 


verloren gehen, und in der That kommt ſie auch 


wieder als freye Waͤrmematerie zum Vorſcheine, wenn 
der Dampf des Waſſers zum tropfbar⸗fluͤſſigen Waſ—⸗ 


fer durch Zuſammendruͤckung, oder das flüſſige Wa 


fer plöglich zum Gefrieren gebracht wird, wie dies die 
Folge lehrer wırd. Jene Beränderungen der Form 
der Materie fönnen nicht erfolgen, ohne daß nicht 
durch Die Anziehungsfräfte zwiſchen dem Waͤrmeſtoffe 
und andern Materien das Verhaͤltniß der mechfelfei- 
‚tigen Mepulfions ; und Anziehungsfräfte abgeändere 
würde und der Märmeftoff feine fo genannte Strah: 

fung verliert und getoiffer Maßen gefeflelt wird. 
$. 615. Man muß aber den figirten Wärme: 
ſtoff in doppelter Hinficht unterfcheiden: als adhaͤri⸗ 
renden und als chemifch: gebundenen. Die erftere 
Art der Figirung findet bey der Schmelzung fefter 
Materien, und dann bey der Berwandlung in Dampf 
Statt; die leßtere hingegen bey der Sasbildung, Den 
erfteen ift jeder Körper von einer niedrigern Temperatur 
zu entziehen vermögend ; den leßtern-hingegen nicht. 
$. 616. Iſt auch der Wärmefloff, der bloß die 
Dilatation der theimofkopifchen* Subftanz bewirkt, 
unmerfbar oder figirt ju nennen, und noch vom freyen 
MWärmeftoffe zu.unterfcheiden ? Oder ift zwiſchen dem 
fo genannten ftrahlenden Waͤrmeſtoffe und: dem durch 
andere Materien fortgepflanzten (Feu propag? des 
‘ Picrter, oder Feu gene des Prevoſt) noch zu unter: 
fcheiden? Mir fcheint diefer Unterfchied nicht zuläffig, 
eben weil wir den Wärmeftoff nur frey nennen, der 
| auf 


396 II. Shell. 1. Hauptſtuͤck. 


auf die thermoffopifhe Subſtanz durch Difatation 
wirkt. Wenn fic ferner der Wärmeftoff nur durch 
bie Anziehungsfräfte anderer Materien gegen ihn, 
nicht durch eigenthuͤmliche Repulſionskraft, fortpflanzte 
und verbreitete; fo wuͤrde die torricelliſche leere wär: 
meleer oder. abfolut Falt fenn muͤſſen, und durch fie 
hindurch würde ein Körper nicht erhißt- werden fon: 
nen, mogegen doch die Erfahrungen ftreiten. Auch 
die torricelliiche feere ift Fein eigentliches Vacuum, 
fondern flets mit dichterm oder duͤnnerm WBärmeftoffe 
erfüllt, nad) Verhältniß der Temperatur der umges 
benden Mittel. | 
$. 617. Der Wärmeftoff, der bey der Bildung 
liquider und elaftifch- Auffiger Materien figirt wird, 
muß natürlicher Weiſe wieder als freyer oder fenfibeler 
Waͤrmeſtoff zum Vorfcheine kommen und Tempera: 
turerhöhung hervorbringen, menn elaftifch : flüffige 
Körper wieder zu tropfbar⸗fluͤſſigen oder feften,. ober 
tropfbar⸗ fliffige nieder zu feften werden; fo wie hin- 
wiederum Temperaturerniedrigung oder Kälte entſte⸗ 
ben muß, menn fefte Körper bey ihrem Schmelsen, 
oder fefte und liquide ben ihrem Uebergange zu ela- 
ſtiſch- fluͤſſigen Materien den berührenden Stoffen 
den dazu nörhigen MWärmeftoff entziehen. Es laflen 
fi hierüber folgende Geſetze feftfeßen. 
Grens Heberficht der Geſetze, wach welchen fih die Eapacität der 
Körper gegen den Waͤrmeſtoff bey Veränderung der Form 
ihrer Nagregation richtet, und welche zur Erklärung vieler 


bierber gehörigen Phänomene dienen fünnen; im Journ. 
der Phyſit, B. 11. ©. 24. ff. 


6. 618. I. Der freye Wärmeftoff wird zum 
unmerkbaren in Aörpern, Die aus dem Suftande 
Ver 


Waͤrmeſtoff. 397 


der Feſtigkeit in den der tropfbaren Fluͤſſigkeit uͤber⸗ 
gehen. 
4. 619. Hieraus erklaͤrt ſich: 
1) Die Fixitaͤt des Gefrierpunctes im ſchmelzenden 
Schnee oder Eiſe (5. 612.) 


de Luc Unterſ. uͤber die Atmoſph. Th. I: 9. 438 
e — g; deflelben neue Ideen über die een 4. 
179. 


2) Der Verſuch des Hrn. Wilke mit Schnee und 
- warmen Waſſer ($. 612.) Ein Pf. Schnee 
von 32 Gr. F. mit 1. Pf. heißen Waſſers von 
162 Gr. F. giebt eine Temperatur von 32 Gr. 
Der Schnee wird völlig gefhmolzen. Nenn 
das Waſſer über 162 Gr. heiß ift, fo vertheile 
fid) bloß der Ueberſchuß uͤber 162 Gr. gleichför- 
mig unter das entftandene Waſſer. Die Mens 
ge der vom Schnee verſchluckten Wärme ift alfo 

130 Gr.; nach Hrn. Black 140 Gr. 


wilfe, in den ſchwed. Abhandl. J. 17724B. XXXIV. 
©. 93. jund in den neuen — Abh. J. 1782. Th. II. 
Arawford. Verſ. und Beob. ©. 56. ff. de Luc neue 
ideen über die Met. $. 211. 


6. 620. 3) Die Erfältung bey der Auflöfung 
kryſtalliniſcher Salze in Waſſer oder andern tropfbas 
ren Flüffigfeiten. Dran bringe ein $uftthermometer 
ohne Geftell in ein Glas mit Waſſer, ertheile ihm 
die Temperatur des Waffers und merfe den Stand 
deſſelben. Man fchütte dann von fein gepulvertem 
Salmiak "oder Salpeter hinzu und rühre alles mit 
"einer Glasroͤhre wohl um. Go mie die Auflöfung 
des Salzes anhebt, fängt auch gleich das Thermome— 
ser zu finfen an, und finft um defto ſchneller, je ſchnel— 
j Ä | ler 


*r 


398 II. Theil. 1. Hauptſtͤck. 


ler das Salz aufgelöf't wird. — Noch ſtaͤrker wird 
die Erkaͤltung, wenn man fein gepulvertes Frnftallis 


nifches Glauberſalz in Salpeterfäure auflöft. 


Nach den neuern Verfuchen von Walfer zeigten ſich folgende 
Miſchungen ſehr wirfiam zur Dervorbringung fünftlicher 
Kälte. Die Temperatur der Materialien war 5o* Fahr, 


Salze, Fluͤſſigkeiten. Hervorgebrachte 


— er Temperatur. 
"Salmiat 5 . 
—— — Waſſer 16 Th. 4 100 Fahr. 


fSatmiat s Th. | 
Salpeter 5 Th 
} Gasen 8 Th. ) 
Salpeterfaureds Am⸗ o 
moniaf ı Th. Waſſer ı Th. > 4°’ » 
Salpeterſ. Ammo |] 
niat ı Th. Waſſer ı Th. — 
Sodeſalz ı Th. 


Glauberſalz 3 Th. Verduͤnnte Salve 
terfäure 2 &h. — 3° - 


Waſſer 6% +4 - 


6 Th. 
—— a ’ Verbünnte Salpes 


Salpeter 2 Th. terfäure 4 Th. — 10° 


Glauberſalz 6 Th E 
SGalpeterfaures Am \ — Salpe; . 
moniat 5 Th. | terfäure 4 Ch. — 14 


Phosphorlaures Mi⸗ Verduͤnnte Salpe 


neralaltali 9 Th. terfüaure 4 Sb. —ı2° 5 
Phosphoriaures Mi: 

neralalfali 9 Th. L. Verduͤnnte Salpe⸗ 
Salpeterfaures Ams terfäure 4 Th. —aı - 


moniat 6 Th, 


Glauberſalz 8 TH. Salzfäure 5 Th. o° 
Slauberfalz 5 Th. Verdinnte Schwer 
Ä felfäure Th. + 3° - 
Die 


| Bärmerof. 399 
Die gerbiung Sciperergiune befand aus » 25, rauchender 


Salpeterſaͤure und ı Tb. deſtillirten Waſſers; die verdünnte 
Schwefelſaͤure aus gleihen Theilen VBitriolöhl und Wailer. 

Beobachtungen über die befte Metbode, kuͤnſtlicher Weis 
fe Kälte hervorzubringen, von Richard Walker; in Grens 
neuem Journ. der Phyſ. B. 111. S. 458, ff. 

Herr Lowitz fand befonders, das froftalliniiche aͤtzende Ger 
wädsalfali und die falzıchtfaure Kalkerde zur Hervorbrin⸗ 
aung von Kälte bey der Auflöfung in Wafler ſehr wirkſam. 
Jenes bewirkte mit aleihen Theilen Wafler von +.13° R. 
eine Rälte von 3° Ra, und 4 Theile deflelben mit ı Th. 
Mailer von 3° R. erregten eine Kälte von — 7° R. Dies 
fes zu 3 Theilen gegen a Theile Wafler von + 2° R. gab - 
eine Kälte von — 15°. 

Verſuche über die Hervorbringung fünftlier Kälte, von 
Hrn. ac in Erells chem, Annalen 1796. B. 1. &, 
5239. u j 


$. 621. 4) Die noch) ftärfere Erfältung beym 
Schmelzen des Schnees oder geftoßenen Eifes mir 
kryſtalliniſchen Salzen und mit Salpeterfäure. Beil 
im erftern Salle zwey fefte Subftanzen zugleich in 
die Form der tropfbaren Slüffigfeit übergehen, fo muß 
auch ihre vereinigte Wirkung ftärfer ausfallen, als 
jeder einzelmen. Uebrigens hat Herr Blagden fehr 
ſchoͤn gezeigt, daß die gröfefte Kälte, die durch jedes 
Salz mit Schnee oder ‚Eis beym Schmelzen hervor: 
gebracht werden kann, diejenige ift, bey welcher eine 
‚ gefättigte Aufldfung eben dieſes Salzes gefriert ;_ denn 
nun fällt die Urfach der Erfältung weg. Durch der: 
gleichen kalt⸗ machende Mifchungen ift es möglich, ſelbſt 
im Sommer den Öefrierpunct des Quedfilbers zu er: 


reichen. 


Blagden Verſuche über das Vermögen verfchiedener Subſtanzen, 

en Gefrierpunct des Waflers tiefer berabzubringen; im 
Grens Zjouen. d. Phyf. B. 1. ©. 389. 

Verfuche tiber die Hervorbringung einer kuͤnſtlichen Käls 

te, von Rich Walfer; in Grens om. der Phyf. 2. I. 

©. 419. Ebendeſſelben Verf. über dar Gefrieren des Queck⸗ 

filbers „„ ebendaf. B. 11. ©. 358. Ebendeſſelben vorher (j. 

620.) angef. Abh. Lowitzens ($. 620.) angef. Abh. z 

/ . € 


Pr II. Shell, 1. Hauptſtuͤckk. 


Herr walker (a. a. O) fand, daß eine Miſchuna von 
12 Theilen Schnee‘ oder geftoßenen Eiſes, 5 Theilen Koch "x 
und.s Theilen von einem Pulver aus gleihen Theilen Sal⸗ 
miaf und Galpeter, eine Kälte von — 18? Fahr. zumwege 
bractt. | £ 

Zwoͤlf Theile Schnee oder geftoßenes Eis, fünf Theile 
Kochſalz und fünf Theile falpeterfaures Ammoniak, bewirks 
ten eine Kälte von — 25° $. 

Schnee oder geftoßtnes Eis drey Theile, und verdinnte 
Salpeteriäure zwey Theile, bende bey. o° F. vermifcht, ers 
zeugten eine Kälte von — 46° F. 

nee dren Theite, verdinnte Schwefelfäure ziwen Their 
fe, beyde bey + 30° F. , brachten das Thermometer bis 
> 24°. 

Gleiche Theile Schnee und verdünnte Echwefelfäure, bens 
de bey — 20° F. vermifcht, brachten eine Kälte von — 56° 
F. hervor. 

Um das Quedfilber zum Gefrieren zu bringen, (unter 
— 40° $.,) fann man alfo Schnee und Galpererjäure, erft 
jedes befonders, in einer der alt» macheuden Mifhungen vom 
Schnee und Guljen erfälten, dann mit einander vermis 
fhen und das. Queckſilber in einer Thermometerfugel fi 
diefes Gemisch bineinftellen. 

Herr Lowit (a. a. D.) hat über diefen Gegenſtand mebs 
rere Verſuche angeftellt 

Gleiche Theile Schnee und kryſtalliniſches aͤzendes &es 
wädhsalfali, beyde von — 64° R., braten — 34° N. 
Kälte. Quedfilber unmittelbar in die Mifhung gegofien, 
erftarrte darin fehr bald zu einem feiten Körper. 

Eine aͤhnliche Mifhung bey — 11? R. yab — 40°. 

Bey der Temperatur der Materialien von — ı? R. brach⸗ 
te mit Schnee trodenes aͤtzendes Gewaͤchsalkali eine Kälte 
von — 21°, Aetzlauge — 27° , kryſtalliſirtes aͤtzendes Mis 
neralalfali — 21°, äkender Salmiakgeiſt — 5°, Foblens 
faures Ammoniat — 17°, gewoͤhnliches Scheidewaſſer 
— 19°, rauchende Salpeterfäure — 245, concentrirte Schwe⸗ 
felfäure — 19° , rauchende ſalzichte Säure — 275° , concens 
trirte Eſſigſaͤure — 22°, Rüffiger Eiseflig — 22°. 

Ben einer Temperatur von — 25° R. beiwirfte mit dem 
Schnee trodnes Weinfteinalfali — 22°, falpeterfaure Kalks 
erde — 22°, fein geriebene Epiedalanzbutter — 22°, ſalricht⸗ 
faure Zalterde — 24? , efligfaures Gewächkalfall — 26°; 
falzichtiaures Eiſen — 28} , ſalzichtſaure Kalferbe — 38°. 
Die letere gab bey der Temperatur der Materialien vom 
— 13° gar — 40° R. mit dem Schnee. 

Das vortbeilbaftefte — — von Schnee und faljihte 
faurer Kalferde zur Hervorbringung der groͤßeſten Kälte find 
zwey Theile des erftern gegen drey Theile der letztern. Beo 
. 3° der Materialien fommt das Gemiſch auf — 39°, 
und geht aljo unter den Gefrierpunct des Queckſilbers. 


$. 622. 


’Biarmefoff. | 401 


$.: 622. II. Der unmerkbar gewordene Waͤt⸗ 
meftoff. wird. wieder zum freyen: und fenfibeln im 
Aörpern, Die sus dem Zuftande Der tropfbaren 
Stäfiigkeir in den der Feſtigkeit übergeben, oder 
die uͤberhaupt ſich mehr verdicken. 
. 623. Diefes Geſetz iſt das umgekehrte des vo⸗ 
rigen und eine ganz natuͤrliche Folge davon. Die 
Körper, die Waͤrmeſtoff verſchluckt haben, um ge 
ſchmolzen zu ſeyn, muͤſſen beym Geſtehen benfelben 
wieder entlaſſen und ſolcher Geſtalt eine Tempera⸗ 
turerhoͤhung erleiden. Wenn das Waſſer gefriert, 
fo: ſetzt es alſo die Schmelzungswuͤrme wieder ab: 
Behy dem allmuͤhligen Gefrieren laͤßt ſich freylich we⸗ 
gen der in jedem Augenblicke nur unmerklich entwi⸗ 
ckelten Waͤrme dieſe nicht durchs Gefuͤhl und Ther⸗ 
mometer wahrnehmen; allein eben in dieſer frey wer⸗ 
denden Waͤrmematerie liegt der Grund, warum das 
Woaſſer beym Gefrierpuncte der luft nicht ploͤtzlich und 
durchaus gefriert, und warum das bey einer ſtoͤrkern 
Kaͤlte gefrierende Waſſer * 32° fo lange behaͤtt, 
bis es durchaus gofroren iſt. 
6. 624. Es erklaͤrt ſich ferner aus bieſem Geſe⸗ 
te: 1) Warum Waſſer, das durch Bedeckung mit 
Oehl und Ruhigſtehen, ohne zu gefrieren, bis unter 
den Gefrierpunct erkaltet war,: mwennwes nun durch 
Schuͤtteln oder Erſchuͤttern, oder Umrühren, 'zum 
Gefrieren gebracht wird, ein darein geftelltes Thermo⸗ 
meter bis 322 erhebt. -2) Warum z. B. von ı Pfi 
. Waffer von 32° mit 1 Pf. Schnee. von 4° vermifcht, 
faft 3 1Pf. Waſſer geftiert und das ganze. Gemiſch 
Cc auf 


402 1. Shell. : 2: Hauptſtuͤck. 


auf 32° fommt. 3) Warum Salzfolutienen, die 
nach dem Abrauchen in der Hiße Fryftallifirungsfähig 
geworden find, meit fpäter erfalten, als eben fo ftarf 
erhißtes Waſſer von eben dem Gewichte oder eben 
dem Umfange, wenn fie beyde unter gleichen Umſtaͤn⸗ 
den in ein Fälteres Medium gefeßt werden. 4) War⸗ 
um eine gefättigte Yufldfung bes Glauberſalzes, bie 
bey der vollfommenen Ruhe in einem verftopften Ola: 
fe erfaltete, ‚ohne fich zu kryſtalliſiren, im Augenbli- 
de des Kryſtalliſirens beym Schütteln fich erhitzt. 
5) Warum zerfallnes Glauberfalz, Bitterſalz, Mis 
nneralalfafi, gebrannter Alaun,  gebrannter Borar, 
u. bergl., bey der Vermiſchung mit Waſſer von eben 
der Temperatur, Erhißung zuwege bringen, da eben 
die Salze im Fenftallinifchen Zuftande Erfältung bes 
wirfen. Es wird nämlich im erftern Falle das Wafs 
fer zum feften oder- Krnftallifationswafler. 6) Wars 
um ſich gebrannter Gyps, und noch mehr-der gebranns 
te. ungeldfchte Kalk, mir Waſſer erhitzen. Das flüffige 
Waſſer wird nämlicdy damit zum feften Kryſtalliſa⸗ 
tionswaſſer. 7) Woher die ftarfe Erhißung der ger 
brannten Talferde mit Vitrioldgl rührt. 8) Woher 
die Erhißung der gebrannten Kalferbe, der äßenden 
Alkalien, der Metalle bey der Auflöfung in. concens 
trirten Saͤuren fommt. 9) Warum fic) Vitriolöhl, 
Salpeterfäure, mit. Dehlen vermengt, erhigen. Sie 
werden nämlid). dadurch zu Harzen verdickt. 10) War⸗ 
um gefchmolzener Talg, Fett, Harz, Wachs, fo 
fpät erfalten. 11) Warum BVitrioföhl und Waſſer, 
Weingeift und Wafler, Ejfig und Waſſer, Mehl 

und 


Barmen 


und Waſſer, mit einander bey gleicher Temperatur 
vermiſcht, eine erhoͤhete Temperatur erhalten. 


9625. 111, Der freye Wärmeltcff wird zum 
unmerib.ren ın Rörpern, Die aus dem Zuftande 
der ropfbaren ——— in den des Kaupkp 
— 


. 626. Diefes Geſet eeffäre — Eifer 
Hungen: 1) Die Sırität'des Siedepunctes des an freyer 
vuft bey unveroͤndertem Drucke der Atmoſphaͤre ko⸗ 
chenden Waſſers ($: 579.). 2) Die Erfiheinung, 
daß Waſſer, welches im verſchloſſenen papinianiſchen 
Topfe bis uͤber den Siedepunct erhitzt iſt, ſogleich zum 
Siedepunete zuruͤckkehrt, ſo wie der Dampf durch 
eine Oeffnung feiner Ausgang nehmen kann. 3) War⸗ 
sim 8 Pf. Eifenfeil von 300° F. mit ı Pf. Waſſer 
won 2123”: vermengt nur eine Temperatur von 212% 
des Gemenges hervorbringen. 4) Watum offene 
Gefaͤße, worin Waſſer kocht, durch das Feuer nicht 
merklich über den Giedepunet erhißt werden koͤnnen. 

5) Warum ein Zwirnsfaden, der um ein mit Waſſer 
gefülltes, verftopftes Medicinglas dicht gebunden tft, 
über der Flamme eines sichres nicht verbrennt. 6) Die! 
Abfählung der Zimmer im. Sommer durch Beſpren⸗ 
gen mit Waſſer, und ‘die Methode zu Benares in Ins’ 
dien, Eis zu machen:. 7) Das Sinfen eines: empftnds 
lichen $uftchermometers. unter ber Ölode der fuftpums' 
pe beym Verduͤnnen ber feuchten Luft darunter, 
3) Die flarfe Erkältung Bon — des Aethers, 
— Meblem.) 

Cc 2 | Beſchrei⸗ 


494 u heil. I Hauptſtuͤck. 
ar Dr Lore ame I um 
journal der Phyſik, B. VIIL ©. 409, ff. S .412: ff. 

Veber die bequemfte Art, Waſſer durch —— * Vitriol⸗ 
aͤthers gefrieren — —— vom Hrn. Hofr. Mayer; im 
neuen Journ. der Phyfif, 8.11. €. 394. f. 
$. 637. Endlich —— dieſes Geſetz 9) die fo 
genannte fäftererzeugende Kraft des lebenden Menſchen 
in einem Medium, das uͤber die Temperatur der Blut⸗ 
waͤrme erhoͤhet iſt. Da naͤmlich der lebende Koͤrper 
eine Quelle zur Entwickelung des Waͤrmeſtoffes in 
ſich ſelbſt hat, fo würde, wenn die umgebenden Mit⸗ 
tel.von niedrigerer Temperatur den Wärmeftoff nicht 
abführten,. dieſer ſehr bald in dem Maaße angehäuft 
werden muͤſſen, daß er.nachtheiligen und tödtenden Reitz 
für den Körper wirkte. In einem Mittel aber, das 
über die Blutwaͤrme in der Temperatur erhöher iſt, 
dann dieſe Abführung der Wärme durch dieſes Mittel; 
nicht gefchehen; aber nun.öffnet ſich auch eine Quelle 
zur Abfühlung. in deſto reichlicherm Maafe,. nämlich: 
die Ausdünftung. 


Chr. Henr. Guil. Roch disf. da tranfpiratione — ae⸗- 
quilibrii caloris humani eonfervationi — 


Hal. 1793. 3. 

. 628. IV. Der unmerkbat gewordene Waͤr⸗ 
meſtoff wird wieder zum freyen und ſenſibeln in: 
Zörpern,. Die aus dem äuftande Des Dampfes zu 
tropf bar⸗ flüfjigen oder feften werden. 

—. 629. Dieſes Gefeß ift wieder das —— 
des vorigen. Als Beyſpiele zur Erklaͤrung dienen: 
1) Warum eine Heine Quantitaͤt Waſſer in Dampf⸗ 
geſtalt, z. B. bey Deſtillationen, weit mehr Waͤr⸗ 
me a feinem Niederſchlagen abſetzt, als eine gleiche 

ED Duan- 


| W aͤ rem e ft o f.'7 . 405, 


Duantirät Waſſer, wenn auch die Temperatur in bey⸗ 
den gleich iſt. 2) Warum der Waflerdampf ben ſei⸗ 
ner Zufammendrädfung und daher entſtehender Ver⸗ 
nichtung Temperaturerhoͤhung bemirft; und warum 
unter der Glocke der fuftpumpe ein empfindliches luft⸗ 
thermometer fleigt, mwenn man zu dem’im Öuerif 
fhen Raume enthaltenen Dunfte Luft läßt. Nach 
Hrn. Warte Erfahrung ift die Quantität des Wär: 
meftoffes, der als latenter im Waſſerdampfe ben glei⸗ 
cher Temperatur mehr enthalten ift, als im kochenden 
Waſſer von eben dem Gewichte, fo groß, daß, wenn 
“er in einer nicht verbunftbaren Subſtanz von einer⸗ 
len Capacität und. Gewicht mit dem Waſſer frey und 
fenfibef würde, die Temperatur diefer Mafle um 943°. 
erhöhen würde. 
De Luc neue Ideen/ ©, 249 — 258. " | 
$. 630. V. Der freye Wärmeftoff wird ver: 
ſchluckt und zum unmerkbaren, wenn Subftanzen 
die Gasgeſtalt annehmen. | 
$. 631. VI. Der unmerkbar gewordene Wär 
meftoff wird wieder frey, wenn Gasarten ihren 
Iuftförmigen Zuftand verlieren und zum flüfigen 
oder feften Stoffe niedergefchlagen werden. | 
Die Erfahrungen über die Gasarten , die in der Folge erſt vors 


getragen werden fünnen, werden diefe beyden letztern Ge⸗ 
ſetze beſtaͤtigen. | " 


$. 632. Da das Eis von 32 Gr. F. bey feinem 
Vebergange zitm tropfbar : fläffigen Waſſer yon eben 
dieſer Temperatur nur eine beftimmte Quantität freyen 
Waͤrmeſtoffes verſchluckt, und diefe ſolcher Geſtalt der 
Menge des geſchmolzenen Eiſes proportional iſt; u 
Fa | haben 


\ 


406 II. Theil. x. Hauptſtück. 


haben Hr. Lavoiſier und de la Place hierauf einen 
Apparat gegruͤndet, theils die ſpecifiſche Waͤrme der 
Körper zu beſtimmen, theils die verhoͤltnißmaͤßige 
Quantitaͤt des Waͤrmeſtoffes zu meſſen, die bey der 
Zerſetzung der Körper und der Aenderung ihrer Form 
oder fonft benm Verbrennen frey wird. Sie nennem 
ihn ein CLalorimeter, das freylich beffer ein Thermo⸗ 
meter heißen ſollte. Sonft nennt man ihn aud) den 
Eisappatrat Mit Unrecht fieht man alle die bey der 
Anftellung der Berfuche damit von den Erfindern an⸗ 
gegebenen Zahlen als Ausdräde für die fpecififche 
Wärme der Körper an, da die mehreften die ben der 
Formänderung fren gewordene latente Waͤrme anzei⸗ 
gen. Erinnerungen gegen den Apparat felbft hat Hr. 
Wedgwood gemacht. 

Lavoifier traitéâde chimie, T.II. à Paris ya9. ©. * Wedg- 


wood, in den philof. transacı. Vol. LXXIV. 371. 
Mittel, die Temperatur der Körper 
zu erhöben, 

8. 633. Mad) den angeführten Gefegen der Fi: - 
girung und Entbindung des Waͤrmeſtoffes kann alfo 
Erhißung oder Temperaturerhöhung in fehr vielen 
Fällen dadurch hervorgebracht werden, daß Materien 
durch ihre Einmwirfung auf einander oder durch Vers 
änderung ihrer Mifchung ihre Form ändern, wobey 
vorher latent geweſener oder chemifch gebundener Waͤr⸗ 
meftoff frey wird. 

$. 634. Es ift aber wahrfcheinlih, daß Wär: 


meftoff nicht bloß von Materien in ihrem gasförmigen 
j Zu: 


Biarme ſt o ff. 407 


Zuſtande chemiſch gebunden werde, ſondern daß ſie 
ihn auch in andern Zuſtaͤnden der Aggregation oder 
der Form wirklich chemiſch gebunden enthalten koͤnnen, 
oder ohne daß er vermoͤgend ſey, ſie zu expanſibeln 
Fluͤſſigkeiten zu machen; und zwar, daß ſie bey gleicher 
Maſſe nach ihrer verſchiedenen Anziehung dazu mit 
verſchiedenen Quantitaͤten deſſelben vereinigt ſind, und 
daß durch die Veränderung der Miſchung dieſer Mas 
terien diefer gebundene Waͤrmeſtoff in größerer oder ge: 
ringerer Menge daraus fren werde. Und dies wäre 
ein zweytes Mittel, wie Temperaturerhöhung un: 
abhängig von der Sormänderung entftehen Fann. 


G. 635. Eine dritte Quelle zur Entftehung ber 
Wärme, und die vorzäglichfte und hauptfächlichfte 
für unfern Erdförper, ift das Sonnenfeuer; über 
feine Wirfungsart fann aber erft in der Folge bey 
der Lehre vom fichte Die Unterfnchung angeftellt werden. 


8. 636. Das, Verbrennen entzündlicher Mar 
terien, ober das Züchenfeuer, ift ein viertes Mittel, 
Hiße jumege zu bringen. Die Folge wird lehren, 
daß es hauptſaͤchlich dadurch wirft, daß dabey eine 
gasförmige Subftanz zerfeßt wird, und alfo eigentlich 
das oben ($. 631.) angeführte Gefeß Statt findet. 
$. 637. Ein fünftes Mittel, Wärme zu erregen, 
ift endlich, das Reiben fefter Körper unter einander, 
das man ehemals gar für die einzige Duelle aller Tem: 
peraturerhöhung 'anfah. Obgleich noch niche alle 
Umftände_bey diefer fo gewöhnlichen Erfcheinung ins 
an gefeßt find, - ” ſcheint doch fo viel ausgemacht zu 
ſeyn, 


408 IT. Theil. x Haupiſtick. 


fenn, daß eine plößliche,und ftarfe Zufammendrädımg 
ber Theile der fic) reibenden Körper Start finden muß, 
wenn dadurch Hiße erregt, werben foll, mie auch das; 
Geraͤuſch, das beym Reiben immer zugegen ift, be⸗ 
ſtaͤtigt. Vielleicht wird nun durch diefe plößliche Zus 
. nahme der Dichfigfeit der Theile ihre Capacitaͤt oder’ 
ihre fpecififche Wärme ($. 553.) vermindert, und 
fo Anhäufung von freyem WBärmeftoffe oder Tempera⸗ 
turerhöhung zumege gebraht. Hieraus ließe fich: 
erklaͤren, wie bey übrigens gleichen Umſtaͤnden und 
gleichen Körpern die Entſtehung der Waͤrme um defto 
größer fen, je heftiger: das Reiben gefchieht oder je 
ſchneller und ftärfer die fucceffiven Zufammendrädun: 
gen und Schwingungen der Theile erfolgen. Ferner 
lehren die Erfahrungen, daß die feitungsfraft der Koͤr⸗ 
per für die Wärme auf die Erregung der Hiße vielen 
Einfluß habe, und daß diefe bey gleicher Stärfe der 
Meibung um defto größer fen, je fchlechtere Seiter für 
die Waͤrme die reibenden Subftanzen find. Die luft, 
welche die reibenden Subftanzen berührt, kann daber 
auch Wärmerheilchen fchnell genug ableiten, daß ihre 
MWirfung nicht bemerfbar wird, wenn die Wirfung 
des Reibens nur ſchwach ift; und mirflich fand Pic 
tet auch im fuftleeren Raume deshalb die Wirfung 
des Reibens größer, als im Iuftvollen, was zu gleicher 
Zeit bemweifer, daß die $uft felbft die beym Reiben fes 
ſter Körper erregte Wärme nicht hergiebt. Freylich 
kann aber beym Reiben entzündlicher Subſtanzen die 
Temperatur derfelben bis zu ihrer Entzändungshiße er⸗ 
höher und dadurch Verbrennen hervorgebracht mer: 

ben, 


Birma fiof.: 49 


den, wobey dann die luft allerdings zur Erzeugung 
der Hiße wirkſam if. Flüffige Körper fönnen ſich 
wegen der Verſchiebbarkeit ihrer Theile — ein⸗ 
ander reiben, wie man ſonſt annahm. In ihnen ſelbſt 
iſt daher dieſe Art der Erregung der Wärme nicht 
moͤglich. Ben elaftiichen Fluͤſſigkeiten kann jedoch 
durch plößfiche Zuſammendruͤckung. derfelben auf eine 
ähnliche Art, wie beym Reiben, Waͤrmeſtoff angehäuft 
werden, tie die Temperaturerhöhung der Luft benm 
fehnellen Comprimiren verfelben offenbar bemeifer. 
Pictets Berfuh über die Wärme, die dur das Reiben bervors 
gebracht wird; in feinem über das Feuer/ S. 
auf N 
| RE 
Um fi zu belehren, ‚wie man es anfangen müffe, dies 
jenigen , welche eine materielle Urfache der Wärme fo wohl 


als des Leuchtens annehmen, der aröbften Inconfequen 
zu befcbuldigen, lefe man Herrn ler, Nicol. Scherer 
Yia u den augen der 


ne neuen — Thee⸗ 
rie. Jena er 8. 


—— — 


Zwey⸗ 






410 II. Theil. 2. Hauptſtuͤck. 





ab · vn⸗ — 
— Br u Eu u Fe 


| * 638. 
Bo * und bey der Erhellung durch Feuer oder 
durch leuchtende Materien bringen die Gegenſtaͤnde 
in unſern geſunden Augen eine Empfindung jutvege, 
welche jedermann ünter dem Namen bes Sehens 
fentit, wodurch wir in den Stand, gefeßt werden, von 
der Sage, Figur, Groͤße und Bewegung der ſichtba⸗ 
ren Gegenftände urtheilen zu Fönnen. 

$. 639. Die objective Urſach diefer Empfindung 
nenne man Lichte oder Lichtmaterie (Materia lu- 
eis). "Außer dem Sinne des Gefichts kann dieſes 
Weſen frenlih von feinem andern Sinne empfunden 
werden: da es aber das Organ des Gefichts rührt, 
ihm ſogar beſchwerlich und ſchmerzhaft werden kann; 
da wir es vermehren, vermindern, abſondern, meſſen, 
figiren und verſetzen koͤnnen; kurz, da es im Raume 
und in der Zeit enthalten iſt: ſo iſt gar tein Bedenken, 
ſein materielles Daſeyn anzunehmen und ihm objec⸗ 
tive Realitaͤt zuzuſchreiben. 


$. 640. Der Zuftand'der Körper, bie in unſern 
Augen die Empfindung des Sehens herborbringen, 
heißt Erleuchtung oder Helligkeit (Claritas ), wel⸗ 
diem. bie Dunkelhelt oder Sinfterniß ( Obfcuritas ) 
9, zendeſcht iſt, die, wie niemand zweifelt, kein 
eige⸗ 


ae 2 3: Same 41: 
eigenes bunfel-machendes Weſen vorausfeßt, fonbern 
bloße Abweſenheit des Fichte oder auch Verminde⸗ 
rung deſſelben bis auf einen Grad iſt, der von uns 
nicht mehr empfunden werden kann. 


— 6. 641: Diejenigen Körper, die aus ſich das 
Licht entwickeln, und alfo für fich allein die Empfin⸗ 
Dung des Sehens verurfachen, heißen ‚leuchtende 
Zörper (‚Corpora lucentia ), und dahin gehören die 
Sonne, die Firfterne, alle brennende Körper; alle 
andere Körper aber, die ung nur durch Hülfe jener 
fihtbar werden, heißen, menn fie die Empfindung 
bes Sehens. bewirken, erleuchtete oder erbelice 
Koͤrper. 

Schwach leuchtende Körper können durch ſtark leuchtende aber 
auch ganz unſichtbar oder zu bloß erleuchteten gemacht 
‚werden, weil die gleichzeitige ſtaͤrkere Empfindung in eis 
nem und demfelben Organe die ungleich ſchwaͤchere vermiſcht. 
So fieht man Phosphor beym Tageslichte nicht leuchten, - 

nur erleuchtet, und die Geſtirne find unferm bloßen Gefichs 

te dann ganz unſichtbar. 

6. 642. Wenn wir durch gewiſſe Körper bie ge⸗ 
rade Sinie unterbrechen, die von unferm Auge zu den 
leuchtenden oder erleuchteten Gegenfländen gezogen 
werden kann, fo fönnen wir biefe nicht mehr fehen; 
verfchiedene andere Körper hingegen verhindern es in 
diefem Zalle nicht, fondern wir fönnen durch fie die 
leuchtenden Sder erleuchteten Gegenflände wahrneh⸗ 
men. Jene heißen opake oder undurchfichtige Koͤr⸗ 
per (Cofpora opaca ); diefe durchſichtige (Corpo- 
ra transparentia, diaphana, pellucida), Die Durch: 
fichtigfeit derfelben leidet übrigens verfchiedene Stufen. 
Sie hängt nicht von der Menge der Zwifchenräume, 


fon: 


412 II. Theil. :2. Haupiſtũc. 


ſondern von der geradlinigen Richtung des lichts in 
der Maſſe ab, wie weiter unten naͤher erlaͤutert wer⸗ 


den wird. 
Noͤthige, Erinnermig — wegen des Sehens vermietet ber 
durch Spiegel. refleetirten Strahlen. 


5. 643. Wenn das ficht der Sonne dutch eine - 
Heine Deffnung in ein verfinftertes Zimmer fällt, fo’ 
finder man, daß die. Erleuchtung der hinter einander 
liegenden $ufetheilchen eine gerade finie macht. Da. 
aber auch erleuchtete Gegenftände nicht wahrgenom⸗ 
men werden fönnen, wenn die gerade. finie zwiſchen 
ihnen und unfern Augen durch undurchfichtige Körper 
unterbrochen wird, fo muß ſich Das Licht fo wohl 
von den leuchtenden als erleuchteten Aörpern in 
geraden Kinien fortpflansen. 


$. 644. : Die Theilchen des lichts, die in Einer 
geraden $inie fich hinter, einander bewegen, nennt man 
einen Lichtſtrahl (Radius lucis). Die durchfichtis 
gen Körper ($. 642.) müffen diefe lichtſtrahlen durch 
fid) nach unferm Auge hindurchgehen laflen, ſonſt 
würden wir durch fie hindurch die fichtbaren Gegen: 
fände nicht wahrnehmen fönnen. Ä 


$. 645. Ein ifolieter Teuchtender oder erleuchtes 
‚ter Punct ift von allen Seiten her ſichtbar; folglich 
‚ verbreitet ſich auch das licht von jedem fichtbaren 
Puncte nach allen Richtungen zu. 


$. 646. Das licht ift alfo eine erpanfibele Stüf 
ſigkeit, deren Theilchen durch überwiegende Repul⸗ 
fionsfraftin Bewegung geſetzt werden; und dieſe bewe⸗ 
gen 


gen ſich von der Quelle aus); wo ſie thuͤtig werden, 
nach allen Richtungen zu, wie die Radii einer Kugel 
vom Mittelpuncte nach der Flaͤche. Wir koͤnnen ung 
alſo die Verbreitung des lichts von jedem leuchtenden 
oder ‚erleuchteren Puncte als eine Sphäre. von unbe— 
ftimmter Größe voritellen ,, deren Centrum der ftrah- 
lende Punct ‚einnimmt, und deren Kadü die Sicht: 
ſtrablen find. ‚Ben ſichtbaren Puncten auf Flaͤchen 
| undurchfichtiger Körper, kann diefer Ausfluf des lichts 
als eine Hemifphäre, gedacht, werben, 


6. 647. Das Licht ift ferner eine reins erpanfibe: 
le. Fluͤſgkeit. Kein einziger Verſuch kann die Schwer: 
kraft beffelben beweifen,,,oder darthun, daß feine Der 
wegung, durch die Schwere in der Richtung abgeaͤn⸗ 
dert werde. Gs zeigt ſch Rn als OR 
Subitanz . l: Te, ur ur 3 


$. 648. POWER UEOR daß licht ſich ins Un? 
endliche verbreiten, weil feine Repulſionskraft ſich nicht 
durch ſich ſelbſt beſchraͤnken kann, und tirflich erfüllt 
auch das licht nie mit Beharrlichfeit feinen Raum. 


“ 6. 649 Die ‚Unterfuchungen i in der Folge — 
aber wahrſcheinlich machen: daß die Elaſticitaͤt oder 
Expanſibilitaͤt des lichts nicht urſpruͤnglich, ſondern 
mitgetheilt iſt, und daß es aus einer an ſich nicht erpanz" 
beln Subſtanz und dem Waͤrmeſtoffe beſteht, durch wel⸗ 
chen jene ihre elaſtiſche Fluͤſſigkeit erhält; daß es durch“ 
Anziehung anderer Materien, entweder gegen feine Ba⸗ 
ſis oder gegen feinen Waͤrmeſtoff, zerſetzt werden, und 

| | fo 


414 IL Shell: 2. Hauptftüc, 


fo babin gebracht werden kann, in einem begrenzten 
Raume, freylich nicht eo als elaftifches — 
— zu werden. 


. 650. Aus der‘ Erpanfibilität des lichte folge 
kon: daß es als Eontinuum feinen Raum erfüllen 
muͤſſe; daß es alfo feine ſo genannte discrete Flaͤſſi ig⸗ 
keit bilden koͤnne, deren Theilchen durch große Zwi⸗ 
ſchenraͤume in Beziehung auf ihren Durchmeſſer von 
einander abgeſondert waͤren; und daß es ſich nicht in 
abgefonverten, u. — — ver⸗ 
breite. RT — 


. —* Indeſſen Siem Die Borfitting; daß 
| fig das licht in discreten Strahlen verbreite, zur an? 
fehaulichern Erflärung der folgenden Erſcheinungen; 
die Optik laͤßt fich fo: gewiſſer Maaßen auf eine Geome⸗ 
trie des lichtes zuruͤckbringen. Ich werde: deshalb’ 
dieſe Vorftellungsart im Folgenden zum Orunde legen, 
obgleich in der Wirklichkeit das Sicht in einem conti⸗ 
guirlichen Strome ausfließt und auch ben der groͤ⸗ 
Beften Duͤnne ein Continuum im Raume bilder, z 
In der Wirklichkeit kann man ja auch nie einen Lichtſtrahl 
darſtellen; dazu mußte man dar kicht durch ein unendlich 
* Heines Loch in eim finfteres Zimmer treten laflen, deſſen 
unmoͤglicht eit jedermann ein bt. 

8. 632. Die Geſchwindigkeit der Ausbreitung 
der Theilchen des lichts vom ſtrahlenden Puncte iſt 
ſo groß, daß die Zeit, die es braucht, um einen auf 
der Erde zu uͤberſehenden Raum zu durchlaufen, für 
ung nicht mehr meßbar ift. Indeſſen ift diefe Bewe⸗ 
gung doch nicht ınflantan, oder N Zeit, wie man 

ehemals 


BA aTE 5; 415 


ehemals glaubte, fondern für ſeht große Räume al- 
lerdings meßbar. und nicht außer aller Vergleichung 
groß, ‚mie die Afttonomie lehrt. Den ficherften Ber 
obachtungen derfelben zufolge Durchläuft das licht den 
Weg von der Sonne zur Erde, oder den Raum, 
der dem mittlern Halbmefler der Erdbahn oder 23430 
Halbmeffern der Erde gleich if, in 8 Minuten 7% 
Secunde. Diefe Geſchwindigkeit verhält fich zu der, 
mit weicher die Erde um die Sonne läuft, wie 
10313: 135 zu der Geſchwindigkeit, mit welcher ein 
Punce des Aequators der Erde’ ben ihrer Umdrehung 
um die Achfe geführt wird ; "wie 653539 : 1; und zu 
der Geſchwindigkeit “des Schalles in der luft beynahe 
wie 976000: 1. Dieſe Geſchwindigkeit des lichts giebt 
alſo binnen Einer Secunde einen Weg von mehr als 
40000 geographifchen Meilen, Außer diefer großen 
Gefchwindigfeit des: fichts‘ und aus. ber Dauer ber 
Empfindung in unferm Organe nach empfangener Im⸗ 
preffion läßt es ſich denn auch erflären, warum ein 
nicht eontinuielicher Strom bes Sichts, ber in ſehr klei⸗ 
nen Zwifchenzeiten von einem Orte her erfolgt, uns 
als ein continuirlicher erfcheinen Fann. 


Aödmer, ein dänifher Aſtronom, beobachtete mit Laffini in 
den Jahren 1674 bis 1675 bie Berfinfterungen der Jupi⸗ 
terdmonde Reißig ı und fand, daß bey den verichiedenen 
Gtrellungen der Erde in ihrem Kreislaufe um die Sonne die 
Beit des Austritts des erftien Mondes aus dem Schatten 
des Jupiters nicht fo erfolgte, als es der Berechnung 

‚ aab bätte feyn müflen. Es fey 3.8. (Fig. 55.) S bie 
Soune, T die Erde, TOM ihre Babn um die Sonne, 
‚te der Halbmefler diefer Bahn, I,der Jupiter und BA 

ein Theil feiner Babn im die Sonne, L der erfte Mond 
des Jupiters, und Labe die Bahn diefes Mondes um den 
Jupiter. Wenn die Erde fih im T befindet, und der Ber 
obachter auf derielben nimmt den Austritt des Jupiters⸗ 
mondes L aus dem Schatten des Jupiters in 1 wahr, in 


⸗ | 
BER 
u 

0 


416 


I. Theil! 2. Hauptſtuͤck. 


wird er diefem Austritt etwa nad 42 St und 30 Minuten 
abermals wahrnehmen, und wenn bıe Erte in T bliebe; 
in 30 mal 42 St. 30 Minuten den Austritt des Inditers⸗ 
mondes aus dem Schatten des Jupiters z0 mal beobasten 
Pounen. Die-Erde legt aber in diefer Zeit einen Theil 
ihrer Bahn zurud, und langt in c al, Wenn nun das 
Lıör Zeit braucht / um ſich Fortjupflanzen, fo wird der 
Beobachter auf der Erde in t biefen Austritt fpäter beob⸗ 
achten, als da die Erde in T war, und es muß folalıd 
zu der Zeit vom 30 mal 42 Et. 30 Dim, no fo viel Zeit 
bınjutommen , als das Licht braucht, um die Differenz 
bee Raums IT umd Ic zu durchlaufen. Römer las um 
aaiten Noybr. 1675 in der Akademie der Wiſſenſchaften zu 
Paris eine Abbandluna über diefe allmäßlige , Fortpflans- 
zung des Licts vor,” die er aus feinen Beobactungem 
efoigert hatte. Caſſini und Marald widerſprachen ıbm 

Mim. de !’ acad. roy. des fe. 1707. ©. 36. und 102.)4 


‚Auygens bingegen. (er. de lumine ©. 6.) und Newton 


(princ. philof: nat. ®, 207.) pflichteten ıbm bev. Bradley 


‚endlih ſetzte durch die. von ibm gemachte Entdefung der, 


Aberration der Firfterne die almählige Fortpflanzung außer 
allen Zweifel, und feine genanern Beftimmungen babem’ 
gelehrt, dah, wenn die Differenz des Raums IT und Ile 
dem Haibmeffer der Erdbahn te gieich ſey, das ihr And 
Beit, von 8 Min, 7; Gecunde braude, um ihn zu durchs 
aufen, oder dab das Licht, um vou der Sonne bis iur 
Erde zu fommen,s Min, 75 Sec. Zeit verwende. (Bailly 
hiftoire d’ altronomie moderne, T.11. &. 674.). Römer 
felbſt bat nichts von feinen Beobachtungen ſchriftlich bins 
terlaflen, 
And. dieier großen windigkeit des Lichts und aus 


| 14 
der Dauer des — 288 eſſelben auf die 384 unfers 


ae laͤht es fich denn leicht erflären ,. uns Der Audsı 
u 


des Lichts als ein unumterbrodener Strom vortoms 
men. fönne, — dies in der Wirklichkeit nicht im⸗ 
mer ſo iſt. nu man eine glübende Kohle ſchuell im 
Kreife ſowingt / fo ſcheint fie einen ununterbrochentn 


| —* Kreis zu bilden, obgleich die Koble an den vers 


tedenen Stellen deſſelben einander, nicht zualehdy, 
Hr. von Segner ( Progr. de raritate luminis, Goer 
fing. ı7 #0 ‚olgert bıeraus, daß der Eindruck des 
25 auf die Netzdaut des Auges J Secunde daure. Mır 
wolen annebmen, daß er nur „4 Secunde daure, fo wırd 
day Fichte biunen diefer Zeit einen Weg von etwag Halbs 
mcfern der Erde durkblauten. Es könnten alfo fucceffive 
Fihtausfläffe um g Halbmefler der Erde von einander 
— ** und une doch als ein eontinwirliher Gtrom 
€ aunen, : 


Gerab— 


— 


Licht. en "Arm 


Serablinige Verbreitung bes 

| Lichts. | 
78 653: Aus dem Satze der Trägheit folgt, 
daß die sichetheifchen, die durch ihre Repulſionskraft 
in Thätigfeit gefeht worden find, wenn fie nicht durch 
Anziehung anderer Materien dagegen afficirt werben, 
-in ber Richtung, die fie einmal.haben, beharten, 
folglich ſich geradlinig verbreiten. muffen 


$. 654. Die lichtſtrahlen alfo, die von einem 
-fichtbaren Puncte ausfahren und auf die Hornhaut 
oder Pupille unfers. Auges, doder fonft auf eine Kreiss 
„fläche fallen, muͤſſen einen Strahlenkegel ‘bilden, 
deſſen Grundfläche an unferm Auge oder an der an: 
:dern Flaͤche, und beffen |. an dem EIER 
‚Pun.«te:ift, 


6. 655. Weil die Stärke des Lichte (Inten- 
‚fitas lucis) von der Dichtigkeit defjelben, und die 
"Stärke der Erleuchtung von der Menge der auf eine 
Flaͤche fallenden Lichtſtrahlen abhängt, fo fieht man 
auch aus der Verbreitung bes fichts ($. 654. ) leicht 
‘ein: dag fich die Zrleuchtung einer Släche umge 
kehrt verhalten müffe, wie das Quadrat der Ent⸗ 
fernung der erleuchteten Släche von dem ftrablens 

‘den Duncte; ferner: daß von einerley ftrahlendem 
Puncte ben gleicher Entfernung weniger lichtſtrahlen 
auf einerley Kreisflaͤche fallen muͤſſen, wenn die Achſe 
des lichtkegels ſchief, als wenn ſie ſenkrecht darauf 

iſt; daß immer deſto weniger Strahlen auf die Flaͤche 

* muͤſſen, je ſchiefer der Auffallswinkel dor Achſe 
Od bes 


418 I. Shell 2. Hauptſtuck 


des Sichtfegele ift; und daß die Erleuchtung der Flaͤche 
ſich verkehrt verhalten muͤſſe, wie der Sinus des 
Meigungswinfels der Strahlen gegen bie erleuchtete 
Fläche. | | 


Es fey ce (Fig. 56.) eim ſtrahlender Punct, aus welchem rund 
erum Lichtſtrahlen ausfließen. Wenn ein Theil dieſes 
ichts vom der Kreidfläche ACB aufgefangen wird, deren 
Zurchmeſſer AB ift, fo it cAB ein Strablenfegel, deflen 
Be c und deſſen Grundflaͤche ACB if. Die dem ftrabs 
Ienden Puncte co zugekehrte Seite der Kreisflähe ACB 
wird von demfelben Erleuchtung erbalten und alles Licht 
empfangen, das zwifchen den äußern Strahlen cA und cB 
an der Peripherie des Kegels enthalten in. Wird nun 
dieſe Kreishähe nur balb fo weit vom ftrablenden Puncte 
© in ab geftellt, fo daß, wie porher, die Achſe deſſeibigen 
Strablenkegels cC fenfrecht auf ihrem Mittelpuncte ſteht, 
fo wird nur der vierte Theil diefer Kreisfläbe von oben 
den Gtrablen erhellt gen die vorber die aunze Fläche 
erhellten denn die Kreisflächen verbalten Mh wie die 
Quadrate der Durchmefler. Der Durchmefler der Duas 
fhnittsflähe des Kegels, die bey dem Auf die Achſe fenfs 
recht geführten Schnitte in der halben Entfernung derfelben 
von der Spitze entitebt, if alfo halb fo groß. ABC ems 
pfängt alfo bey der noch einmal fo weiten Entfernung 
von c auf ihrer ganzen Flaͤche nicht mehr Fichtftrablen von 
c, als der vierte Theil derfelben Flaͤche, wenn fie in ab 
oder in der halben Eurfernung von c * Der Theil der 
Flaͤche, der in ab alle Strahlen eben dieſes Strablenfedels 
auffängt, wird alfo bey der doppelten Entfernung von e 
in AB nur den vierten Theil der Etrablen dieſes Etrabs 
lenkegels empfangen, folglid bey der doppelten Eutfers 
nung viermal weniger vom ftrablenden Puncte c erfeuchret 
‚ werben; und die Intenſitaͤt der Erleuchtung wird fich alfo 
umgekehrt verhalten, wie das Quadrat der Entfernung 
vom firablenden Pungte. — 
Wenn feruer die Achſe cC des Lichtkegels CAR nicht ſenk⸗ 
recht auf der Flaͤche ACB ſteht, ſondern dieſe fcbief dage⸗ 
sen, wie dB, geftelit wird, fo lehrt der Augenſchein, daß 
 alsdvann nicht mehr alle zwiſchen cA und cB enthaltene 
Strahlen die Fläche treffen fünnen, fondern ein Theil 
vorbengeht, und alfo weniger Lichtfirahlen ſie exheüen 
muͤſſen, als vorher. 
Denn alſo ben der Entfernung ı. B. von 10 Fuf ven 
der Slamme einer brennenden Wacsterze kleine Echrift 
mit einer gewiſſen Deutlichfeit gelefen werden Fan, fo 
werben bey der Entfernung von 20 Fuß vier folcher Flamıs 
men der Wachskerze noͤthig feyn, um die Schrift in eben 
ber Grärfe der Erleuchtung wahrzunehmen. Doc if dieſes 
; Erempel'nicht ganz paffend. 
| $. 635. 


5. 656. Verſuche, welche bie Schwächung des 
Sichts bey feinem Fortgange im Verhältniffe des Qua; 
brats ber Entfernung vom ftrahlenden Puncte bewei: 
fen, hat Hr. Graf Rumrord angeftellt und dazu 
ein finnreiches Photcmeter befchrieben. | —J 


des Lichts leuchtender Korper zu meſſen, vom Hrn. Genes 
"rallieutenant Benj. Thompfon, Grafen von Rumford; 
in Grens neuem Journ. d. Phyfif, B. II. ©, ı5. ff, 


$. 657. Es folgt aus dem angeführten Gefeße 
der Schwaͤchung des lichts bey feiner Verbreitung 
($. 655.), daß, wenn auf einer gegebenen Sfäche die 
Stärke der Erleuchtung oder die Dichtigfeit des lichts 
zweyer verfchiedener Sichtquellen, (unter gleichem Auf: 
fallswinfel der Strahlen) gleich ift, die Intenfitäten 
oder Dichtigfeiten der refpectiven lichtmaſſen bey ihrem 
Ausfluffe ſich verhalten müflen, wie die Quadrate 
der Entfernungen diejer Lichtquellen von der Fläche, 


Wenn fo 3. B. ein ſchwaͤcheres Yicht bey 4 Fuß Entfernung, 
und eim ftärferes Licht ben 8 Fuß Entfernung von einericy 
Fläche dieie gleich ſtark erleuchten, fo wird in dieſem Falle 
die Intenſitaͤt des ſtarkern Lichts zu der des ſchwaͤchern 
beym Ausflufle ih verbalen; wie 8°:4? = 16 = 431. 

Menn' ferner die Erleubtung einer gegebenen Fläche 
durch ein Kerzenlicht eben fo ſtark ift, ald dur das Minds 
licht, fo muy die Intenfität des Mondlichts bey feinen 
Ausflufle zu der Intenfirät des Lichts in der Flamme der 
Kerze fich verhalten, wie das. Quadrat der Gutfernung 
des Mondes von der Fläche zum Quadrat der Entfernung 
des Kerzenlihts von derfelben. N 


6. 658. Die fichrftrahfen, welche ben ihrer Ent: 
wicelung aus dem ftrahlenden Puncte ausfahren, 
entfernen fich natürlicher NBeife immer weiter von eins 
ander und heißen Otvergirend, dus einander fahrend 
(Radii divergenteg,); und ihre Divergenz muß defto 

Dd 2 groͤßer 


“ 


420 II. Theil.” 2. Hauptſtuͤck. 


groͤßer fenn, fe größer der Winkel an der Spiße des 

Strahfenfegeld iſt. Sonft Fünnen aber auch Ficht: 

ſtrahlen, (vie dies in der Folge ethellen wird,) von 

einer Flaͤche nach einem Puncte hin zuſammenlaufen 
oder convergiren (Radiiconvergentes); und es muß 
ebenfalls die Convergenz derfelben defto größer wer⸗ 
den, je näherdie Spiße des Strahlenfegels nad) der 

Grundfläche defjelben zu: tritt. 

Es fen (Fig. 97.) AB eine Kreisflaͤche, die vom Arabfenden 
Puncte c Erleuchtung erhält, fo ift cAB ein Gtrablens 
kegel, und der Winfel, welchen die zwey aͤußern Etrubs 
len an entgegengefegten Puncten der Weripherie A uud B 
mit einander in c-maden, AcB. Wird dielelbige Bruuds 
flaͤche dem ſtrahleuden Puncte c näber gefiellt, wie in aby 
fo wird der Winfel ach, den nun die Aufern Strahlen an 
den entgegengeſetzten Puncten a und b der Peripherie bils 


den, größer; ‚die Größe der Divergenz der Strahlen wird 
fo aus der Größe des Winfels in c beurtheilt. | 


Es Taufe ferner ein Strahl (Fig. 58.) von A nach cz 
und ein anderer von B nad c, fo beißen fie num convers 
irend, * die Groͤße ihrer Convergenz wird durch den 
intel AcB ausgedruͤckt. Wenn nun eben dieſe Strahlen 
ae zufammentreffen, wie Af und Bf, fo wird der 
infel AEB größer ſeyn, und man fagt, ihre Convergenz 
fey größer. 


6. 659. Wenn die Släche, welche die divergi- 
renden Strahlen von einem firahlenden Puncte auf: 
fängt, ſich weiter vom letztern entfernt, fo wird auch 
der Winfel der aͤußerſten an entgegengefegten Puncten 
der Peripherie der Flache auffallenden divergirenden 
Strahlen Kleiner, und ben einer fehr großen Entfer: 
nung endlich fo Fein, daß der Winfel für ung ganz 
verſchwinden, und daß man die auffallenden Strah: 
len als ‚parallel anfehen kann, die alfo dann einen 
Sirableniylinder zu bilden ſcheinen. 

: . * 


$. 660, - 


Licht. 421 


. 660. In einem freyen Mittel würde bie 
Stärfe des lichts varallelee Strahlen ben ihrem Fort— 
gange nicht vermindert werden; fie wird cs aber im 
durchfichtigen Körpern, weil dieſe nicht völlig und nie 
fo durchfichtig find, daß fie gar Feine Strahlen aufhal- 
ten follten. Ueberhaupt aber nimmt die ‚Stärfe des 
lichts darın nach einer geometriſchen Progreffion ab, 


% 


wenn das Medium homogen und gleichformig dicht ift. 


€ fey ein durchfichtiges Medium, von bomogener Natur, deſ⸗ 


fen Dichtigfeit in allen Theilen gleihformig fey, und wors 
in alfo dad Verhaͤltniß der Theile, die das Licht intercipis 
ren, zu denen, die es durchlaflen, cinerley fey in dem Gans 
zen, wie in einzelnen Schichten des Ganzen. Man denke 
ſich num das ganze Medium in aleike Schichten abgetheilt, 
fo iR flar, daß, wenn das Verhältniß der Theilchen des 
Raums, die das Licht intercipiren, zu denen, die es durchs 
laſſen, wie x: 1, nnd die Lichtmenge, die als parallel in 
die erfte Schichtitritt, durch ı ausgedrücdt wird, der bas - 


von qufgehaltene Theil = ſeyn wird. Die durd die erfte 


Schicht durchgehende Lichtmenge wird alſo 1 — in ſeyn; 
in der zweyten Schicht des Mediums wird davon der Theil 
= — en aufgefangen werden, folglich wird durch dieſe 


zweyte Schicht nur die Menge des Lichts geben, die 


1 1 2 1 
a ee re Sr 


( — =) ausgedrüdt wird, In der dritten Schicht 





ie a — | 
wird davon ber Theil — — —— + * wieder aufge⸗ 
halten werden, folglich wird durch diefe dritte Schicht nur 


- 2* 2 1 en 2 — — 
die Lichtmenge 1 — 5F * xx x F xx NXX 
3 — — — 1 — — i —⸗ 
= 1 — + * — = bin 


durchgehen und: zur vierten gelangen; u. ſ. w. Wenn als 
fo die Stärke des Lichts, d. 1. die Menge des Lichts, das 
in parallelen Strabien auf die erfte Schicht trifft, _durb ı 
ausgedrückt wird, fo ift fie auf der zweyten gleihen Schicht = 


I ı N\2 
1 = 7 auf der dritten (i ee auf ber vlerten 
(4 


422 


| II. Theil. 2. Hauptftüc. 


e— -" ). Sie nimmt folglich in einer geometrifchen 


‚ Brogreflion ab. Gind die Gtrablen divergirend, fo nimmt 


es auch noch uber dıes in der Progreflion: 1, kr hr zE2cr 
in den aut einander folgenden homogenen, gleichen, 
Schichten ab; und aus beyden Progrefitonen folgt, daf das 


ı \3 
Licht dann in der Progreflion: 1 — — Em =) J 


4 


——z — — 


9 


Scherffer inftitutiones pbyhicae, P. II. ©. 416. ff. 306. ff. 


$. 661. Um die Schwächung des lichts beym 


Durchgange durch durchſichtige Mittel zu meffen, 
dient ebenfalls das vorhin erwähnte Rumforoſche 
Dootomec ($. 656.). Minder genau und juver= 
läflig find die von Bouguer und Lamoert angeftellten 
Verſuche. | 
Herr Graf von Aumford fand, daß das Licht einer Argands 


ſchen Lampe beym Durchgange dur eine Tafel von hellem, 
durchfichtiaen, gut. polirten Spiegelglafe ın dem Berhälts 
nıfle von 2,1864 zu 1,0000 geichwächt wurde, oder daß nur 
0,8136 der aanzen Fichtmenge, die auf die Glasflaͤche fiel, 
dur das Glas bindurh gina. Nach einem Mitrel mchs 
rerer Verſuche fand er den Zıchtverluft 0,1973 5 bey einer ans 
dern Glastafel von derfelbigen Glacart im Mittel 0,1869: 
durch bende Glastafeln zuſammen war der Lichtverluft nach 
einer Wırtelsabl 0,3184. — Ben einer fehr dünnen reinem 
Tafel von belem weißen Fenfterglafe war der Lichtverlufk 
nach einer Mıttelzabl 9,1263. — Die Durdfichtigkeit ‚der 
Luft fand Hr. Br. von R. fo groß, daß die Berminderung, 
welche daß Licht beym Dushganne durch einige Fuße ders 
felben erleidet, unbemerfbar war. Beym Durchgange dur 
febr große Räume der Luft wird das Licht aber allerdings 
merklich geſchwaͤcht, die Berehnungen- aber, welche Bous 

er und Lambert angeſtellt haben, beruhen auf gar keinen 

ern Dates. 


Aumfords o. a. Abb. S. 43. ff. 


Bouguer traitt d’optique [ur la gradation de la lumiere. à 


aris 1729. 12. 1760. ar. 4. ]. Henr. /.ambert photome- 
tria, five de menfura et gradibus luminis, colorum et 
umbrae, Aug. Vind 1760. 8. 


Saufiure's Diaphonomerer. ©. Grens neues Journ, der Phys 


it. B. IV. E. 101 ff. 
6. 662. 


Licht. 423 


$. 662. Durch unducchfichtige Körper wird das 
licht in feinem Fortgange unterbrochen. Diefe Un: 
terbrechung des tichts nennt man Schatten (Umbra)), 
deffen Dunkelheit von der geringern oder größern Er: 
feuchtung durch benachbarte erleuchtete Gegenftände 
herruͤhrt. Schatten ift daher Abmwefenheit des fichts 
oder Verminderung deffelben, und jeder opafe Kör- 
‚per hat fo viele Schatten, als ihn leuchtende Körper 
erhellen. Der Schatten ift eigentlich feiner Bewe: 
gung fahig; und vollfommener Schatten ift nur er 
ine Grenzen erfennbar. 


$. 663. Aus der gleichen Stärke zweyer Schat: 
ten, die ein und derfelbige dunkle Körper von zwey 
feuchtenden Körpern auf einerlen Släche wirft, und 
wovon alfo der dem .einen lichte zugehörige Schatten 
durch das andere licht, und umgefehrt, erhellt wird, 
folgt die Gleichheit der Intenſitaͤt der Erleuchtung 
durch beyde leuchtende Körper; und daraus läßt ſich 
dann nad) $. 657. weiter die Intenfität des tichts bey 
feinem Ausfluffe finden. Hierauf gründet ſich das 
Rumfordiſche Photometer. 


4. 664. Nicht allein die Seite bes dunkeln Koͤr⸗ 
pers, auf welche keine lichtſtrahlen von einem ſtrahlen⸗ 
den Puncte fallen, ſteht im Schatten, ſondern jener 
wirft auch einen Schatten auf andere hinter ihm ſte⸗ 
hende Körper, da die Sichtftrahlen in gerader linie fort: 
sehen (9. 653.). Diefe leßtere Art des Schattene 
heißt. gerader Scharten (Umbra recta), wenn et 
anf eine x Herizontaledene fällt, auf melcher der dunk⸗ 

le 


4 1 Theil. 2. Hauptſtuͤck. 


le Körper vertikal fteht; und umgekehrter Schärten 
(Umbra verfa), wenn er auf eine gegen den Horizont 
vertical fichende Ebene durd) einen Horizontal ſtehen⸗ 
den dunfeln Körper, mie 3. B. durch einen Stab, der 
in einer Mauer fiedt, gemacht wird, n 

6. 665. Aus der geradlinigen Ausbreitung des 
fihts folgt: daß die Figur des Schattens von den 
aͤußern Sichtftrahlen, die an der. Grenze des dunfelg- 
Körpers zunächft vorbenftreichen, beftimmt werde; daf 
der Schatten des Körpers ben feinem Fortgange brei- 
ter werde, wenn ber leuchtende Körper. fleiner ift, als 
der dunkle; daß der Schatten des Körpers abnehme, 
wenn der Durchmeffer des leuchtenden Körpers bey 
derfelbigen Entfernung vom dunfeln Körper größer 
wird; daß der Schatten einer dunfeln Kugel eylin⸗ 
driſch ſey, wenn ſie gleichen Durchmeſſer mit der 
leuchtenden hat; coniſch, wenn fie bende ungleichen 
Durchmeſſer haben; daß im Ieftern Falle der Schatz 
ten die Figur eines umgefehrren abgefürzten Kegelg 
habe, und bey feinem Fortgange unbegrenzt fey und 
immer breiter werde, wenn der Durchmeffer der 
dunfeln Kugel größer ift, als ver leuchtenden; 
und endlich, daß der Schatten in eine Spiße aus⸗ 
laufe, wenn der Durchmeſſer der leuchtenden Ku— 
gel groͤßer iſt, als der dunkeln. Ferner iſt die haͤnge 
des geraden Schattens auf einer horizontalen Ebe— 
ne ohne Grenzen, wenn der leuchtende Koͤrper 
Heiner iſt, als der dunkle, und nicht hößer ſteht, als 
der dunkle; ſteht er aber hoͤher, als der dunkle, und 
iſt et als ein Punet zu betrachten, ſo iſt die $änge Dies 
| | ſes 


zn 50.52 | Ä 425 


fes geraden Schattens begrenzt und verhäft ſich zur 
Perpendicularhöhe des dunfeln Körpers, wie der Eos 
finus der Höhe des leuchtenden Körpers zum Sinus 
dieſer Höhe. 


Es fen (is. 59.) AB’ein dumkler Körper, der auf der Horis 
ontalebene BD vertical fteht. In S fen ein leuchtender 
bunet, der nun gegen die ihm zugekehrte Seite des Kör— 
pers AB Lıchtfirablen fendet. Die abgewendete Geite von 
AB fieht aber dagegen im Schatten, und der flörper AB 
verhindert auch, daß in der Länge BC Licht auf die Horis 
zontalebene BD fale. SAC ift der erfte Lichtſtrahl der 
von S auf die Ebene fallen fanır , und begrenzt fo die Läns 
‚ge des Schattens BC. Die Hohe des leuchtenden Punctes 
$ über AB wird. dur den Winkel SCH gemeſſen, deffen 
Sinus As iſt. Da BC. dem Eofinus AF glei iſt, fo ſieht 
man leicht , daß CB: AB == AF: AB, oder daß ſich die 
Laͤnge des Schattens zur Hohe des DOpjects verbält, wie 
er ee der Höhe des leuchtenden Körpers zum Ginus 
dieſer Höbe. 
Es folgt hieraus, daß, wenn die Höhe bes leuchtenden 
Zuneies über der Horizontalebene, auf welcher der dunfle 
örper fenfrecht ift, «45° beträgt, die Lünge des geraden 
Schattens gleich der perpendiculären Hohe des Objects ift. 


$. 666. Don diefem wahren Schatten ober 
Rernfchatten - ($. 662. — 665.) ift noch der Salb- 
fcharten (Penumbra) zu unterfheiden, der zwiſchen 
Schatten und licht liegt, wohin erleuchtende Strah⸗ 
len nur von einigen Puncten des leuchtenden Koͤrpers, 
nicht aber von allen fallen koͤnnen. Er findet daher 
Statt, ſo oft der leuchtende Körper einen merklichen 
Durchmeſſer hat, und iſt um defto größer, je größer 
der fcheinbare Durchmeffer des leuchtenden Körpers 
gegen den des dunfeln Körpers ift, 


Die Grenzen des Kernfhattens find da, wo, wenn fich dad Au⸗ 
ge daſelbſt befaͤnde, der leuchtende Körper von demfelben 
ganz geſehen zus werden aufhören würde; und die Grenze 
des Halbſchattens ift da, wo cin Theil des leuchtenden Körs 
pers verdeft zu werden aufünat. Es fen (Fia. 60.) SI die 
Sonne, AB der Ducrchſchnitt einer auf der Horizontalebene 
BE fenfrecht ſtehenden Mauer, Go lange ſich dag Auge 
in ED befindet, fann es die Sonne ganz fehen; fo wie es 
nach D Fommt, wird der untere Rande[der vn * 

ren; 


4:6 


II. Theil. 2. Hauptftüc. 


Grenje von A zw beruͤhren fcheinen, und hier fängt ber 
zn hatten an, der bis nah C reiht. Innerhalb CD 
ann zwar Licht von einigen, aber nicht von allen Puneten 
der Sonnenfcheibe fallen, und zwar immer von deito we⸗ 
nigern, je näher der Raum gegen C zu liest. In C it die 
Grenze des Kernſchattens, und ein Auge in C empfängt 
den Außerftien Strabl von dem obern Rande 8 der Sonnen⸗ 
fheibe, und zwiſchen C und B fann es gar nichts mehr 
davon fehen. Der Halbfchatten wird daher auch um deſto 
dunkler, je näber er der Grenze des Kernfchattens liegt, 
und verwifcht fi um defto mehr, je näber er der Brenze 
der volfommenen Erleuhtung fommt. Wird nun aud noch 
von andern Puncten zurädftrablendes ficht auf die im Halbs 
fchatten liegende Fläche geworten, fo ift er auch wohl gar 
nicht mehr gehörig in feiner Grenze zu unterfcheiden. 


Aus dıefem Halbfchatten ift es berzuleiten, warum bey 
Mondfinfterniffen vor der mwirfliben Werfinfterung der 
Mond ſchwaͤcher erleuchtet zu werden anfänat. Es fep 
(Fig. 61.) S die Sonne, T dıe Erde, Eder Mond, AB ein 
The feiner Bahn um die Erde. Da der Durchmeſſer def 
Sonneukugel arößer ift, als der der Erdfugel, fo ift der 
conifche Kernſchatten der leßtern bearemit (f. 665.) und 
läuft in eine Spiße anf, wieVPp. Er wird bearenzt durch 
die Strahlen os und mqV. Man ziebe nPA und NpB, 
fo beitimmen dieſe die Brenze der anfanacnden Halbſchat⸗ 
ten AD und BC. Wäre ein Auge in A, fo wiirde es noch 
die ganze Sonnenfcheibe zuleßt ſehen, ınnerhbaib AD und 
BC aber nur einen Theil derfelben. &o wie alfo der Mond 
in. den Raum AD tritt, fo empfängt er nicht mehr vom 
der nanzen Eonnenfcheibe,, fondern nur von einem Theile 
derſelben, Licht; er erfheint alfo minder erleuchtet, wird 
biäfler oder dunkler , und dies um defto mehr, je näher er 
nah D kommt, wo der wahre Schatten anfängt. Eben fo 
ift es bey feinem Austritte aus dem wahren Schatten bey 
C, wo er immer heller zu werden anfängt, je näber er 
nah B fommt. 


Die Länge der Kernichattens TV läßt fich beftimmen, 
wenn die Entfernung der Erde von der der Sonne TS = por 
und der Halbmefler Tp der Erde und Sın der Sonne bes 
fannt find. Die üuberhen Strahlen MP und mp berühren 
bende Kuaeln und laufen in V zufammen. enn daber 
Sm ımd Tp auf der Tangente mpV ſenkrecht fin®, und qo 
mit TS parallel ift, fo find die Dreyecke moq und pTYV 
Annlih, und es ift mo : oP (oder ST) = Tp : TV. mo 
aber if = Sm — Tp. Bolglih iR TV ⸗ 
Oder auch, weil die Dreyecke SMV und TPV ähnlich find, 
foiRSM : TP= SV: TV, oderSM:TP=ST + TV 
: TV, folglib SM — TP: TP = ST: TV, und daher 
IV = ar 2 TE; oder bie Länge des Kernfchattens der 
Erbe ift gleich dem Tiroducte aus dem Halbmeiler der Erde 

ım 








Licht. 427 
in die Entfernung des Mittelpunets der Sonne vom Mit⸗ 


telpuncte der Erde, dividirt durch die Differenz des Halb⸗ 
meflers der Sonne und der Erde. 


Zuruͤckſtrahlung des Lichts. 


6. 6567. Die fihtffrahlen, welche durch einen 
Körper in ihrem Fortgange aufgehalten, fonft aber 
davon nicht angezogen werden, werden wieder zurüd- 
geworfen. Dieſe Veränderung der Richtung des 
$ichts, wodurd) es wieder in das Mittel, aus welchem 
es fommt, zurüuͤckgeſchickt wird, heißt die Zurück 
ftrablung oder Aeflerion des Lichts (Rellexio 
lucis); und das allgemeine Gefeß derſelben ift: 
daß der SEinfallowinkel dem Reflexions winkel 
gleich iſt. 


$. 668. Die phyſiſche Urſach der Zurädftrah: 
lung des lichts von Flächen ift die eigene Erpanfivfraft 
des lichts felbft, beym Mangel der Anziehung zwifchen 
der reflectirenden Fläche und der ganzen darauf fals 
lenden lichtmaſſe oder eines Theils derfelben. Die chief 
auffallenden lichtſtrahlen werden nicht eigentlich unter 
einem fcharfen Winfel zurücgeworfen, fondern vor 
der Berührung erft gefrummt und in die Geftalt ei⸗ 
ner Curve gebracht, deren erhabene Seite gegen die 
Släche gekehrt ift. | 


Man hut diefe Zuruͤckſtrahlung des Lichts nach den Geſetzen des 
Stoßes federhatter Körper an harte Flächen (. 299.) zu 
erklären gefucht, aber dabey offenbar die Erpanfiofraft 
oder eigentliche Elafticität mit der Federhaͤrte (f. 126.) vers 
wechfelt. Newton (Opt. L, Il. P. 3. prop. 9.) leitet weit 
natürlicher die Zurüdwerfung des Lichts von eben bderfelbis 
gen Urfach.ber, von der auch die Brebung abhängt, nur 
daß fie unter verichiedenen Umftänden ſich anders äußert. 
Dasjenige Licht nämlich, das durch ten Körper nicht bins 
durch geht oder von ihm nicht angezogen wird, wird — 


428 


11. Theil. 2. Hauptftüc. 


die reflectirende-Fläche fo abaeftogen, als ob eine Repulſions⸗ 
kraft in diefer Fläche felbft wäre. Er zeigte auch, daß die 
ſchief auffallenden Lichtſtrahlen nicht eigentlich unter einem 
fpisen Winfel zurüdgemworfen, fondern vor der Berührung 
erft gekrümmt nnd in die Geftalt einer Curve gebracht wers 
den, deren erhabene.Geite gegen die Flaͤche zu geehrt ift. 
AR diefe Krümmung fo ftarf geworden, daß die Lichttheils 
en parallef gegen die Zurdftrablungefiahe gehen, ſo 
kann es fich derfelben nit weiter nähern, fondern weicht 
nad dem Gage vom der Zerlegung der Kräfte in eben der 
Bahn zurüd, als es ankam‘, bie es, wenn es aus dem 
Wirkungskreife der Fläche getreten it, mad der Tangente 
der Curve geradlinig, und, wie leicht einzufeben ift, unter 
eben dem Winfel gegen die reflectirende Flache, als es ans 


Fam, zurüdftrablt. Der Strahl dringt defto tiefer im den 


Wirfungsfreis der Mepyliion ein, je gerader er auf der zus 
rüdjtrablenden Fläche feht, Y 


Alles dieſes läßt fih nun eben fo erflären, wenn man 
annimmt, daß eine Ervanfiofraft die Lichtmaterie felbft 
aficirt, der, wenn fie nicht duch Bindung oder Einfaus 
gung des Lichts von der Materie des Körpers ganz! aufge 
ne wird, defto mehr widerftanden wird, je näber das 

ichttheilhen der Materie kommt, die nicht damit cobäs 
rire. Ben dem fchief einfallenden Strable laßt fib nad 
der Lehre von der Zufammenfeßung der Kräfte feine bewes 
gende Kraft in eine perpendicnläre und parallele, in Anfes 
bung der Släche, auf welche er fällt, jeriesen, Es fm LMNO 
(Fia. 62.) ein folder reflectirender Körper, LM feine reflew- 
tirende Fläche, Ai ein ſchief darauf fallender Yichtitrabf, 
Der Bewegung des Lichttheilhens werde fhon in CD ven 
der Fläche LM zu widerjtehen angefangen, Die Bewegung 
deflelben in der Richtung Ai fann zerleat werden in die 
Kräfte nah den Richtungen APund Pi, Nur die Derpendir 
eulärkraft Pi fann Widerftand erleiden, nicht die Parallels 
fraft AP. Je mehr nun das Lichttheilchen umterbalb CD 
fih der Fläche LM nähert, defto mehr wird feine Etpanfios 
fraft thättg, die es von LM zu entfernen firebt. Die Pers 
pendiculärgeihmwindiafert Pi leidet defto mehr Verminde⸗ 
rung, je näber das Lichttheilchen F LM kommt. Die 
parallele AP Fann feine erleiden. Der Lichtſtrahl befchreibet 
alſo eine Curve io. Iſt das Lichttheilchen in o gefommen 
und feine vorige Perpendicnlärgeichtwiudigfeit Pi num ganz 
aufgehoben , fo würde es nach der mit der Slähe LM pas 
valiel laufenden Richtung fortgehen; die genen LM aber 
thätig gewordene Erpanfiofraft treibt es wieder nach) der 


" RıdtunghE==iP; und da fie immer um defto fleiner wird, 


je weiter ſich das Lichttheilchen von LM entfernt, fo bes 
ſchreibt e8 von o an die andere Hälfte der Curve oh eben 
ſo, als es bey feiner Ankunft io befchrieb, und geht ben h, 
wo die Thätigkeit der Erpanfiofraft nicht weiter zunimmt, 
nach der Tangente hB gerablinig fort. Ai uud Bh find 
Tangenten der von dem Scheitel a der Curve gleich weit 
sutternten Punste , und ai und oh ſind gleich ; daher . 
R au 


\ 


Licht. 4429 
auch bie Winkel, welche die Tangenten Ai und Bh mit LM 
zu machen fcheinen , ‚oder AFL und BFM, aleih. Obgleich 
alfo das Licht nit eigentlich unter fharfen Winfeln zus 
rüdgeworfen wird, fo koͤnnen wir doch in der Kolae die 
Sache ſo betrachten, weil die Lichtftrablen eben fo juris 
gewerfen werden, daß, wenn fie bis zur Berührung der 
reflectirenden Fläche verlängert würden, fie dafelbft einen 
fharfen Winkel bilden würden. 


Carol. Benvenuti-Disl. de lumine. Rom. 1754. Vienn. 
1761. 4. 


$. 669. Wenn man daher einen Sonnenſtrahl 
in einem finftern Zimmer mit einem gemeinen Spies 
gel auffängt, fo finder man, daf der Strahl von 
dem Spiegel in gerader linie unter eben dem Winfef 
wieder zurücdgeht, welchen der auffallende Strahl 
mit dem Spiegel machte. Es fen AB (Fig. 63.) 
ber Planfpiegel. Der Strahl DC, welcher von dem 
leuchtenden Körper nach) dem Spiegel hingeht, heifit 
der einfallende Strahl (Radius incidens); die gera: 
be finie, welche auf den Einfallspunct C fenfrecht ge- 
gen den Spiegel gezogen werben kann, oder FC,.heifit 
das Kınfalleloch (Cathetus incidentiae); der Wins 
fel DCF, toelchen der einfallende Strahl mit diefem 
Einfallsiothe macht, der Einfallowinkel (Angulus 
incidentiae); der Strahl CG, der vom Spiegel zu: 
rücgeht, der zurüctgeworfene Strabl (Radius re- 
flexus); und ber MWinfel GCF, welchen er mit 
dem Einfallslothe bilder, der Surüdftrahlungewin- 
tel (Angulus reflexionis,)., 


$. 670. 1) Der reflectirte Strahl liegt mic 
dem einfallenden und dem Einfallslothe in einerley 
Ebene, 2) Jeder perpendiculäe auffallende Strahl 
| | wird 


430 IT. Theil: a. Hauptftäd. 


wird von einer refleetivenden Ebene in fich felbft 
zurückgeworfen. 3) "Jeder Dunet einer veflectivens 
den Ebene veflectirt, das Kicht von’allen Puncten 
des leuchtenden oder erleuchteten Objecte. | 


$. 671. Aus dem allgemeinen Neflerionsgefee 
($. 667.) folgt ferner, daß, wenn der reflectirende 
Korper eine ebene Släche ift, die darauf fallenden pa: 
tallefen, Divergirenden ober convergirenden Strahlen 
bey der Meflerion venfelben Parallelisnum, die: 
felbe Divergenz oder Convergenz behalten, die fie vor 
dem Einfallen hatten. 


1) Es fen AB (Fig. 64.) eine reflectirende ebene Fläche, auf 
welche die parallelen Strahlen EC , ec auffallen. Da fie 
parallel find, fo find aud ihre Einfallswinfel ECD und 
ecd gleich; unter eben folhen Winfeln aber werden fie zus 
rüfgeworten. ‘Da aljo die reflectirren Strahlen CF und 
cf eben die Winfel mit deu Einfallslothen DC und de mas 
chen , fo find fie auch noch, wie vorher, parallel. 


2) Es fen C (ig. 65.) ein ftrahlender Bunct, von weis 
chem die divergirenden Lıchtftrahlen CD und CF nad der 
ebenen Burüditrahlungsfläce AB geben. Da fie unter ebeu 
dem Minfel reflectirt werden ,. unter weichem: ſie auffallen, 
fo wird der Strahl CD von D. nad E, und der Strahl CF 
von Fnah G jurädgeworfen. Wenn wir nun dieſe res 
Aectirten Strahlen ridwärts hinter der Ebene AB, verläns 

ern, fo laufen fie in c zafammen, und der Winkel DeF 
iſt gleich dem Winkel DEF. Sie fahren alſo nah der Res 
flerion nicht früher und nicht fpäter aus einander, als fe 
es gethan baben’würden , wenn fie von c ausargangen wärs 
ren, und der Winkel ihrer Divergenz ift derfelbige. 


3) €s fahren die Strahlen ED und GF (Fig. 66.) 16 
gegen die reflectirende. Ebene AB, daß, wenn dieſe nicht 
du wäre, fie zufammenlaufen würden. Sie werden davon 
aber unter dem Winfel reflectirt, unter welchem fie aufs 
fielen, und der Strahl ED geht nad f, der Gtrabl GE 
auch nah f. Wenn wir die einfallenden Strahlen in Ges 
danfen hinter der Zläche AB verlängern, fo lauten lie ım 
C zufammen und bilden den Winkel der Eonvergen, D 
gleih drm Winkel DEF. ie fahren alfo nad der Refles 

‚ion nicht früher und fpäter zufammen., als ohne die Re⸗ 
NHerion. Ihre Eonvergenz bleibt alfd diefelbige. 


$. 672. 


Lcht. — 431 

5. 672. Wenn aber auch die reflectirende Flaͤche 
nicht eben, ſondern krumm, z. B. ſphaͤriſch iſt, ſo laͤßt 
ſich aus dieſem allgemeinen Geſetze der Reflexion ‚der 
Meg der reflectirten Strahlen ‚ebenfalls: beſtimmen, 
da man die Elemente dieſer Flaͤche als aus unendlich 
kleinen einen Winkel einſchließenden geraden Flaͤchen 
beſtehend anſehen kann, und ein lichtſtrahl nur auf 
einen Punct fällt. 

$. 673. 1) De lichtſtrahl, welcher auf eine 
concave ſphaͤriſche reflectirende Flaͤche faͤllt und 
durch den Mittelpunet der Kugel geht, wovon die 
Flaͤche einen Theil begrenzt, wird in ſich ſelbſt zuruͤckge⸗ 
worfen, da er ſenkrecht darauf ſteht. 2) lichtſtrah⸗ 
fen, welche parallel mit einander auf eine concave 
ſphaͤriſche reflectirende Fläche fallen und der Achie der 
Floͤche unendlich nahe find, nähern fich nad) der Ne: 
flerion und vereinigen fich in einem Puncte, welchen 
man ben Örennpunct oder Dereinigungepunct pas 
ralleler Strahlen, oder auch fchlechtiveg den Brenn: 
punct (Focus) nennt. Diefe Strahlen treffen in 
der Entfernung des halben Halbmeffers der Kugel: 
fläche zufammen. . Dieje Entfernung heißt die Brenn: 
weite (Diftantia focalis). 3) Wenn aus dem 
Brennpuncte divergirende Strahlen nach der concaven 
ſphaͤriſchen Släche zu gehen, fo werden fie alle parallel 
zurücdgemworfen werden; folglich wird das licht da: 
durch auf eine große Weite ungefchmwächt fortgepflanst. 
‚ 4) Ueberhaupt werden divergirende Strahlen von 
diefer Släche als weniger divergirend, oder als paral- 
lel, oder als sonvergirend zuruͤckgeworfen, je nach: 
dem 


432 | | II. Sheik 3: Häuptftüc. 


dem die Entfernung des ſtrahlenden Punctes von der 
Flaͤche Fleiner oder größer it. Convergirende Strahe 
fen aber werben als mehr convergirend zuruͤckgeworfen. 
5) Wenn endlich die auffallenden Strahlen bei) Diefer 
concaven fphärifchen Sfäche ausdem Mittelpuncre ver 
Kugelflaͤche Fommen, fo werden. fie. alle zin: füch felbft 
zuruͤckgeworfen, da fie ale anf der Fläche fenfrecht 
‚ftehen. Wenn mir die Diſtanz des. firahlenden 
Punctes von der reflectirenden hohlen -fphärtichen 
Flaͤche d, den Radius der Krümmung dieſer Flaͤche r 
nennen, fo it in allen Sälten die Entfernung: des Ver⸗ 
einigungspunetes der darauf fallenden Strahlen nah 
ver Meflerion von der Släche, oder die Brennweite, 

— 2d—r "ae klei 

1) Alle diefe Saͤtze laſſen fi Teicht and dem allgemeinen Re⸗ 


ihnung und Rechnung der Wea der Lichtftrablen bey der 
Es ſey 3. B. DBd (Fig. 67.) eine 


ingleıhen CdF = CdA, fo find DFiund dE die reflectirs 
ten Strahlen, die fi in F'vereinigen, und F iſt alfo der 
Brennpuner oder Focus, diefer Strablen. Um nun des 
Brennpunctes F Mbftand BF = x von der concaven fpbäs 
rifchen Flaͤche durch Rechnung zu beftinnmen und eine 
Formel dazu zu finden: fo wollen wir feßen, daß der Strahl 
AD der Achſe AB unendlich nabe fonıme, oder daß dee 
Bogen BD unendlih Hein fev; und, FB wird für FD und 
AB für AD genonimen werden fünnen: Da die Win el 
‚ CDA und CDF gleidh find, fo it AD:DF= AC:CF, 
Da wir nun AD= AB =d, und DF= BF x neh 
men, und BC — geſetzt wird; htä=dern 
EC mr—x, Wenn wir nun dies in der vorigen * 
ubſti⸗ 


— 


a Er j \ 


eide 433 


fubftituiren, fo haben wir das Berbältnif: dx = d—r: 
r — x, woraus wir dr — Ux — dx—rx, oder dr = 
adx — rx/ und — = xXı als die geſuchte Größe, 
erhalten; oder die Entfernung des Brennpunctee FB = 

AB x, BC AB >£ BC . — 
— — was allgemein die Diſtanz 
des Focus von den hohlen Kugelflaͤchen ausdruͤckt. 


4) Wenn AB oder d, d. i., die Entfernung des leuchtenden 


3) 


Punctes, fo groß ift, daß der Radius BC der reflectirens 
den Kugelfläbe, als unendlich Flein, dagegen verfchiwins 
det, fo wırd AB= AC gefert werden fünnen; dan vers 
wandelt fich die vorige Formel: x= en nt! = 


.. . AB BC :BC 
ir, dr FB BR == —, oder der Brenn— 


punct it um die Hälfte des Halbmeſſers der Kugelflaͤche 
von derfelben entfernt. Wenn alio J Strahlen A pas 
rallel anzufeben find, fo ift die Entfernung des ftrablens 
den Punctes in Vergleichung mit dem Racıud der Hugels 
fläche für unendlich roß au halten, uud der DVereinigungss 
punct diefer parallel ‚einfallenden Strahlen nach der Res 
Herion ift 4 r. Es ſeyen alfo GK, DE, dg ( Sig. 68.) 
parallel auf die hohle Kugelflaͤche AB einfallende Straͤhlen, 
fo wırd der Strabi DE in fi felbit jurädgeworfen, da er 


duch das Eentrism C der Kugelfläche gebt; der Strahl GK 


wird na £, und der Strahl dg auch nad £ aurüdgeworfen, 
und ihr Bereinigungspumet. oder Focus it k, deilen Abs 
ftand von der Kugelfläbe E= 53CE= ir it, wor 
den Nadiug der Kriimmung ausdruͤckt. — Eigentlih foms 
men nur diejenigen Strahlen in einem Puncte hier zufams 
men, die der Achſe DE unendlich nahe find; . die weite 
davon entfernten vereinigen fich immer um deito früber mit 
der Ace, weil fie defto ſchiefer auf der Flaͤche ſtehen und 
alfo unter einem defto Fleinern Winkel zurüdgeworfen 
werden, 
So lange die Diftanz des ftrahlenden Punctes von der 
refleetirenden boblen 'ngelfläche oder AB ( Fin. 67.) arößer 
it, als der Radius der letzter« , oder als BC, ſo lange 
bleibt der Wereingungspunet-F der Strahlen innerhalb 
des Mittelruncteg C und der reflectirenden Fläche enthals 
ten. Denn wenn AB > BC (oder d > r), fol 
»sAB — BC > AB (wer d—r > d), weil aAAB — 
BR x.BC 


AB= AB (oder ad— d=d); da nun FB= u T;c 


fo it auh FB < BC oder x r, oder die Diſtanz des 
Prreinigungspunctes der veflectirten Strabien in Kleiner, 
"als der Radius. | 

Ee 4) 





434 11. Theil, 2. Hauptftüc. 


4) Wenn AB = PC ober d == r wird, fo wird die Formel: 


ABXxBO BC: — 
— 
2 
in — = r verwandelt. Dies heißt: Die Strahlen, 


die aus, dem Mittefpuncte der Kugelfläce gegen diefelbe 
fahren , werden im fib felbft zuruͤckgeworfen ‚und ihr Vers 
einigungspunct ift das Gentrum der Kugelfläche ſelbſt. 


s) Wenn der ftrableude Punct im Brennpuncte paralleler 
Strahlen (2), oder wenn AB= — oder d — Ir iſt,/ 


fo wird in der vorigen Formel (1) 2AR— BC = 0 oder 
ed—r= 0, und dann if der Focus, oder FB, = 


es er, oder x =. er Es verhält ſich aber o:EC= 
AB:», odero:r=d:oe, folglid ift FB oder x — «, 
Das beißt: Die Strahlen laufen gar nicht oder in der uns 
endlichen Entfernung nad der Reflexion zufammen, oder 
fie werden parallel Seiten, u Wenn alfo ( Fta. 68.) 





BA ein fphärifcher Hohlſpiegel, und deſſen Kadıus CE if, 
und es befindet ſich in E in der Entfernung von + Ec von 
der CR86 als dem Brennpunete paralleler Etrabs 
fen, eis Arablender Nunct, fo werden die Strahlen fK und 
fg durch Meflerion KG und gd parallel mit der Achſe ED. 


6) Wenn AB oder d (1) Fleiner ift als $ BC oder $ r, oder 
ad < r, d b., wenn die Entfernung des ftrablenden 
Yunctes von der hohlen fphärifchen Fläche kleiner ift ale 
der halbe Radius, oder als die Brennweite paralleler 
®trablen, fo wird FB oder x in der Formel zu einer nenas 
tiven Größe, und die reflectirten Strablen werden divers 

irend, und wieder rüdwärts in Gedanken verlängert 
Pinter der reflectirenden Fläche zufammenfabren. &o ift 
es nah Fig. 69. Es fen AP eine fphärifche reflectirende 
concaye Flaͤche der ftrablende Punct fey in d, und feine 
. Entfernung von der Fläche fen Kleiner, ale 3 CB, oder 
Yeiner ale FB. Es gehen von ihm die divergirenden Strabs 
len dg und dh nad der Flähe bin; man aiche die Eins 
fallstotbe Cg und Ch, und nehme die Winfel Ogk und 
Chl fo groß_als dgC und dhC, fo find gK und hl die 
reflectirten Strahlen, die divergirend find) und fo and 
einander fahren, als ob fie von dem Puncte D binter der 
läche berfämen. Da der: Winfel gDh < gah, fo ift auch die 
wergenz der reflectirten Gtrablen Feiner, als die der 
einfallenden. 


Divergirende Strahlen werben alfo bey diefer Nefleriom 
nah ver verfchiedenen größern oder Bleinern Entfernung 
des ftrablenden Punctes von der concaven fpbärifchen 

entweder convergirend (Fig. 67.), oder paralel 

9. 68, ), oder in ihrer Divergenz vermindert ( Fig. 69. ». 


Wenn 


Wenn (ia. 69 ) die convergirenden St 
Ih auf N Fläche fallen, fo —— ſie a Ar 
in d zufammenlaufen. Ohne Neflefion würden ſie cs in 
D gerhan haben. Da nun der Winfel gdh > gDh, fo 
ift ihre Eonvergenz vermehrt. 
$. 674. Wenn die concave reflectivende Fläche 
die Krümmung einer Ellipſe hat, und der ftrahlende 
Punct fteht in dem einen Brennpuncte diefer ellipti⸗ 
fehen Krümmung, fo werden die divergirenden Strah: 
fen durch die Neflerion alle nad) dem andern Brenn: 
puncte ber Ellipfe hingeworfen. 


$. 675. Wenn die concave reflectirende Flaͤche 
die Krümmung einer Parabel hat, fo werden alle 
Strahlen, welche mit der Achſe parailel auf diefe 
Flaͤche fallen, durch die Meflerion genau in dem 
DBrennpuncte der Parabel gefammelt; und die aus 
dieſem Brennpüncte auf die Fläche gehenden divergi- 
renden Strahlen werden durch Neflerion zu parallelen. 


$. 676. Ben converen reflectivenden fpbärt: 
fehen Flaͤchen verhält es fich mit’ den nicht fenfrecht 
auffallenden reflectirren Strahlen umgefehrt mie ben 
den hohlen Kugelflächen ($. 673.). 1) Parallel 
auffallende laufen nad) der Meflerion aus einander, 
und werden folcher Geſtalt zerftreuet und divergirend. 
Die reflectirten Strahlen ruͤckwaͤrts, in Gedanken ver⸗ 
fängert, treffen in einem eingebilderen Breunpuncte 
jufammen, der auch um die Hälfte des Halbmeffers 
der Kugelfläche hinter derfelben fiegt. 2) Convers 
girende lichtſtrahlen, welche verlängert in diefem eins 
gebildeten Brennpuncte zufammentreffen würden, 


werben natürlicher Weiſe von der Kugelfläche als parals 
Era lel 


436. IE Theil. 2. Hauptſtuͤck. 


fel reflectirt. 3) Heberhaupt wird die Convergenz 
der. darauf fallenden conbergirenden Strahlen nach 


der Neflerion vermindert; und 4.) die Divergenz der 


-Divergirend darauf fallenden nach der Neflerion ver: 
mehrt. Wenn wir den Abftand des ftrahlenden 
Puncteg von der reflectirenden converen fphärifchen 
Fläche d, den Radius ihrer Krümmung x nennen, 
fo ift die Diftanz des eingebildeten Brennpunctes hin⸗ 


Pe dr 
ie der Kugelfläche x = — 


Es fen naͤmlich (Fig. 70.) ba eine convere ſphaͤriſche Fläche, 
ihr Eentrum C, der Radius ihrer Krümmung AC= r. 
Der ftrablende Punct befinde fib in O. Der Strahl OA 
fteht fenfrecht auf der Fläche ab; denn verlängert würde 
er C oder den Mittelpunct der Kugelflähe trefien: er 


wird alfo in ſich felbit zuruͤckgeworfen. Dieſer Achie OA ' 


der Kugelfläche unendlich nahe falle der Strahl OL auf die 
Flaͤche. Man ziebe das Einfallsloth CIQ, fo beftimmet 
dies den Winkel OIQ; man made damit den Winfel QIR 

leih, fo it der Reflerionswinfel gleich dem Einfallswinz« 
el, und IR ift der Weg des reflectirten Strabls. Ders 
längert man dielen ruͤckwaͤrts von I nah F, fo wird er 
mit dem ebenfalls verlängerten OA in E zufammentreffen, 
und E if alfo ‚der eingebildete Brennpunct hinter der 
reflectirenden Fläche. 


Um nun eine allgemeine Formel für die Entfernung dies 
fes imaginären Brennpunctes zu finden,” verfähit many 
wie bey den concaven fphärifchen Flaͤchen (ſ. 673. Anm. ) 
geſchehen ift. Die gegen über ſtehenden Winfel RIQ und 
CIF find gleich und da RIQ = OIQ iſt, fo it auch OIQ 
== CIF; und die Winfel OLQ und CIO haben einerley 
Einus. Da wir den Strahl IO der Achfe AO unendlich 
nahe nebmen, fo Fünnen wir auch IO = AO uud FI = FA 

. feßen; AO aber ift der Abſtand des leuchtenden Punetes 
. von der Fläche ab und = d. Es fen ferner AC=r, und 
die Entfernung des Brennpunctes FA=x; ſo iſt OC — 

! d-+r, F=eAF=x,CF=r—x Gü dem Dievede 
ICO it 1O : CO = fin. ICF: An. CIO (oder in, 0IO = 

fin. CIF ). ferner ift in. dem Dreyecke CIF, IF: CF = 
fin. ICE! fin. CIF. Es ift demnach IO.: CO = IF: CH, 
Gubftituiren wir dafür den angenomnienen Werth diefer 
Ausdrüde, fo haben wird: dFr=x;r—x. Hieraus 


erhalten wir dr — dx = dx rx, und x = — 
2 


— 


RI 5... u Tr 2 
4 AO x_caA * | 
ober FA = AO HC CA 


Man fieht leicht, daß der Brennpunet immer innerhalb 
des Centrums C und der Flaͤche ab fallen muüfle, der Werrh 
von d oder AO mag werden, wie er will. Die converen 

ſphaͤriſchen Epiegel haben alfo nur einen einaebilveten 
Brennpunct für divergirende und parallele Strahlen, vie 
Strahlen mögen fommen, wie fie wollen. Wird AO oder 
d unendlih aroß in Vergleihung mit r, oder werden die 
einfallenden Strahlen mit der Achſe parallet, fo ik x — 


— I = zr, und die reflectirten Strahlen rüds 


2 u 2 
. wärts in Gedanfen verlängert, treffen in der Hälfte des 
Halbmeſſers der Kugelllahe hinter bderfelben zufammen 
(Fig. 71.). Gehen die Strahlen umaefehrt, als conver⸗ 
irende fo, daß fie. nach diefem Brennpuncte zu gerichtet 
And, wie ti und RI ( Fig. 71.), fo werden fie durch Kes 
flexion zu parallelen.“ _ 


ft die Convergenz der Strahlen noch größer, fo daß 
“fie noch vor dem rennpuncte der parallelen Strahler zus 
fammentreffen würden, mie (Sig. 70.) RI und OA, fo 
werben fie wenigftens in der Konvergenz vermindert; denn 
10A< RFO, | 
8677. Eine jede Fläche, welche recht glatt 
oder polirt ift und das licht ordentlich) reflectirt, heißt 
ein Spiegel (Speculum). Jeder fichtbare Körper 
reffectirt zwar das licht, weil er fonft nicht ſichtbar 
wäre; aber weil die Theilchen gegen einander eine 
fehr mannigfaltige Sage haben’, fo refleetiren fie das 
Sicht nicht ohne Dermirrung, und eg thut es nicht eın 
Punct, wie der andere, wie ein eigentlicher Spiegel ' 
thun muß, 


.$ 678. Indeſſen giebt es feinen vollfommenen 
‚oder mathematifchen Spiegel, deffen Dberfläche gar 
feine Unebenheiten oder Vertiefungen hätte. Ein fol: 
her Spiegel würde nicht fichtbar feyn,. fondern an 
feiner Stelle die Bilder der Körper, von welchen er 
Erleuchtung erbäft. 
| — . 679. 


48 TE Dhell. 2. Hauptſtuck. 


6. 679. Die Materien, woraus die Spiegel zum 
optiſchen Gebrauch verfertigt werden, koͤnnen malt: 
cherley ſeyn. Man waͤhlt aber gewoͤhnlich dazu ſolche 
Stoffe, denen man nicht allein eine bequeme Geſtalt 
leicht geben, ſondern deren Oberflaͤche durch Schleifen 
und Poliren glatt genug gemacht werden kann. Das 
Glas laͤßt ſich zwar fein und glatt poliren und durch 
Delegung auf der andern Seite völlig undurchſichtig 
machen, aber e8 wird auch wegen der dadurch entſte⸗ 
benden doppelten Abbildung der Sachen wieder un: 
tauglich. Eigentlich find alle gläferne Spiegel Me: 
tallfpiegel, denn die Metallfläche ver Belegung fpiegelt 
eigentlih. Die metallenen Spiegel würden daher 
Vorzüge haben, wenn man fie nicht aus unedeln Mes 
tallen zu machen durch die Umftände gendthigt wäre, 
wo fie aber dem Anlaufen an ber fuft und durch Duͤn⸗ 
fie ausgefeßt find. Die reine Platina würde in diefer 
Ruͤckſicht alle Vorzüge im fich vereinigen, da fie hart 
genug iſt, um eine feine Politur anzunehmen, ohne | 
dem Anlaufen ar der $uft unterworfen zu fenn. Sil: 
ber und Gold nehmen wegen ihrer Weiche nicht Polis 
tur genug an. Indeſſen überzieht man doc) auch an: 
dere harte und polirte Körper mit Blattgold oder 
Dlatefilber und giebt ihm durch Policen die Spies 
gelfläche. | ’ 


Anweiſung, die befte Compoſition zu den metallenen Spie 
geln der Zeleffope zu maben, von 7. Wiudge, a. d. 


philof. transact. Vol. LXVU. P.1. ©. 296,, über, in 
den Samml. zur Phyf. und Naturgeſch. B. I. S. 584. 


Das Blas, das zu Spiegeln genommen wird, muß auf 
der hintern Fläche eben fo aut, als auf der vordern, und 
zwar noch genauer geichliffen und polirt ſeyn, weil die 
dintere Flaͤche eben wegen der Zurüdftrahlung - — 

etalle 


Licht. | 439 


Metalle der Belegung das Bild hervorbringen hilft. Iſt 
diefe hintere Fläche raub und mneben, fo Ift es auch das 
darauf liegende Metall, und dann wird die Regelmäfigs 
keit der Zurudftrablung geftört. Wenn gleich das Glas 
fehr durchſichtig ift, fo iſt es doch nicht in allen Puncten 
durchfichtiaz; es wirft allerdings einen Theit des darauf 
fallenden Lichts von feiner-vordern Fläche und von feiner 
Innern Mafle zuräd. Daher fpiegelt auch die vordere 
Flaͤche der gläfernen Spiegel und macht Bilder; obaleich 
weit fchivächere, als die binrere belegte Fläche. Diele Bil: 
der beden ſich zwar eimander, Doch nicht vollfomnıen ; ımd 
der weit ftärfere gleichzeitige Findrud des weit lebbafterk 
Bildes von der hintern Fläche verwifcht dem des weit 
ſchwaͤchern von der vordern Fläche; immer aber entftebt 
doch dadurch einige Undentlichkeit, die beionders an den 
. Rändern und Saͤumen der Bilder wahrzunehmen if. Dis 
" dere gläferne Spiegel find aus der angeführten Urſach, 
bey übrigens gleichen Umftänden, nicht fo gut, als duͤn⸗ 
nere. Diefes doppelte Bild vom aläfernen Spiegeln läßt 
ih am beften an einer Leichtflamme wahrnehmen , die das 
vor ift, wenn man von der Geite gegen den Spiegel flieht. 


$. 680. Eben weil fein Spiegel ein vollfomme- 
ner Spiegel ift, fo wird auch bey der Neflerion von 
demfelben immer ein Theil des Lichts zerfireuet und 
‚geht jolcher Geſtalt für die regelmäßige Zurückftrahlung 
verloren. Diefer Theil ift: vefto größer, je unvoll- 

fommener der Spiegel ift. 
Hr. Graf von Rumford fand durch feine photometrifhen Vers 
fuche den Lichtverluſt bey der Meflerion vom beften Names 
denfhen aläfernen Planfpiegel 0,3494 der ganzen darauf 
fallenden Lichtmafle; bey einem ganz gemeinen Blasipies 

gel gar 94816. (a. a. O. ©, 47.) 

$. 681. Sonſt find die Spiegel in Ruͤckſicht ih: 
ter Figur entweder ebene Spiegel (Specula'plana ) 
oder Erumme Spiegel (Specula curva ); die leßtern 
entweder convere (Specula convexa) ober con- 
cave (Specula concava), und jmar nach der Verſchie⸗ 
benheit ihrer Krümmung entweder fpbärifche oder 
elliptifche, parabolifche, byperbolifche, cylindri⸗ 
ſche, coniſche. Von der Zuruͤckſtrahlung der licht— 
ſtrahlen 


— II. Shell, 2. Hauptſtuc. 


ſtrahlen von dieſen Spiegeln gilt alles das, mas wir 
oben von den reflectivenden Slächen gefagt haben. 


8. 682. Wenn vor einen vertical fiehenden Plan⸗ 
fpiegel ($. 681.) ein erleuchtetes oder leuchtendes 
Object geftellt wird, To fieht das Auge das Bild diefes 
Gegenftandes (Imago obiecti ) hinter dem Spiegel; 
und zwar fehen wir das Bild eines Punctes in die- 
fen Planfpiegeln da, wo der ruͤckwaͤrts verlängerte 
reflectirte Strahl die Perpendikellinie vom Puncte 
auf und Durch Den Spiegel gezogen Ducchfhneider; 
oder eigentlicher: wir feben jeden Punct des Ob⸗ 
jectes hinter dein Spiegel da, wo die reflectirten 
Strahlen von zwey einfallenden divergirenden 
des Punctes rücdwärts verlängert fich durchſchnei⸗ 
den, Denn hier fommt die Spiße des verlängerten 
tichtfegels zu ftehen, welcher feine Grundfläche auf 
der Pupille unfers Auges hat. 


Es] ſey (Fig. 72.) C ein ftrablender Punet vor dem Planfpies 
gel AB. Er ſendet Lichtftrablen nah allen Richtungen um 
fih her; es fällt alfo auch unter andern ein Strahl Cb 
auf den Planfpiegel in b, und ein Strahl CE in fauf, 
die wir als die Aufern des Strahlenkegels bCE anſehen 
wollen. Bende Strahlen werden unter eben den Winfeln 
reflectirt, unter denen fie auffielen, und der Strahl Cb 
wird nah g, der Gtrahl CF nad h geworfen. — gh fey 
bie Pupille des Auges, die die Grundfläche des abgeftumpfs 
ten Strahlenkegels bfgh emipfänat. Werlängern wir die 
reflectirten Strahlen bg und, fh rüdwärts hinter dem 
Epieael, fo fchmeiden fie fib in Fz und bier ift der Ort 
des Bildes. Es empfängt nämlich das Auge den Strah⸗ 
Ienfegel, der von dem Spiegel zurüdaeworfen wird, ebem 
fo, als ob feine Spige in F wäre, und er affıcirt das 
Organ eben fo, und nicht anders; folglich erzeuat fich im 
uns das Urtbeil, als ob der ftrablende Punct in F wäre, 
oder wir chen den ftrahlenden Punct nah F bin. Da die 
Divergenz; der Strahlen von ebenen reflectirenden Flächen 
nicht neändert wird ($. 671.), fo werden auch die binter 
dem Gpirgel verlängerten reflectirten Strahlen nicht früher 
oder fpäter fich fohneiden, ald bC und EC rüdwärts ges 

. aoms 


Licht. 44ı 


nommens ober bie Eonvergen; berfelben in F wird dieſel⸗ 
bige ſeyn, als die Divergenz der, einfallenden in C war: 
folglih liegt F fo weit hinter dem Spiegel, als C davor. 
ift, und der Orr des Bildes iſt da, wo die rüdwärrs vers 
längerten reflectirten Strahlen von zwey divergirend eins 
eg eines ftrablenden Punctes ſich durchſchneiden 
wurden, s 
Dover man ziehe vom ftrablenden Puncte C die Vers 
pendiculärlinie Ca auf-den Planfpiegel AB, und verläns 
gere fie hinter dem Spiegel. Die reflectirten Strahlen gb 
und hf, ebenfalls hinter dem Spiegel verlängert „' durchs 
fchneiden jene Perpendifellinie in F. Da die bey a rechts 
winfligen Dreyecke Cab, Fab die Seite ab mit einana 
der gemein haben, und der Winfel abF = Bhg == Chbaz- 
fo ift auch aF = aC, oder der reflectirte Strahl bg fhneıs 
det bey feiner Verlängerung das Perpendikel CaF in einem 
Puncte F, der fo weit hinter dem Spiegel ift, als der 
ftrablende Punct C davor liegt. Eben dies gilt von jedem 
andern von C fommenden reflectirten Ötrahle,. wie fh, 
Hier in F ift alfo der Dre des Bildes vom Puncte C; folgs 
Ih fann man auch fagen: Der Orr des Bildes hinter dem 
Planfpiegel ift da, wo die difellinie von ſtrahlen⸗ 
den Puñcte auf den Spiegel gezogen und dahinter perläns 
gert, vom rüd'wärts verlängerten reflectirten Strahle durchs 


⸗ J 


ſchnitten wird, 


Dieſe letztere Regel kannten die aͤltern Optiker ſchon. 
Sie zeigt uns indeſſen keinen phyſiſchen Grund an, wars 
nm das Auge das Bild des Punctes C in F fieht; und 
ift alfo im Grunde nur eine Formel, den Ort des Bildes 
im Planfpiegel dur Zeichnung . beftimmen. Die erftere - 
Hegel binaegen enthält zugleich einen phyſiſchen Grund. 
Barrow (Lectiones opticae. Lond. 1674. 4.) hat’ fie 
uern deirtlich entwidelt. Sie laͤßt fih auch anf Frumme 

piegel anwenden, da die Kegel der Alten nur für Plans 
fpiegel allein gilt. 


. Da wir Planfpiegel auch fir ſolche fphärifhe Hohlfpies 
gel anfehen Fünnen, deren Radius unendlich groß iſt, fo 
läßt ſich auch die oben ($. 673. Anın.) angeführte allgemeine 
Formel für den Vereinigungspunct der reflectirten Strabs 
len anwenden. Da nämlih r = w gefeßt werden muß 
4 00 
ſo werwandelt ſich die Formel x — m — * 
— d. aF GFig. 72.)/ iſt alſo aleih aC nnd ſteht wegen des 
negativen Zeichens binter dem Spiegel; oder die reflectirs 
ten Strahlen werden, ruͤckwaͤrts verlängert, in eben Ider 
Diſtanz binter dem Gpiegel zufammenlaufen, als der 
Punct der Divergenz vor dem Spiegel fleht. 


$. 683. Es laͤßt ſich Hieraus leicht darthun: 
1) Warum das Bild im Planfpiegel eben jo weit das 
| | hinter 





442 TI. Sheil: 2. Hauptſtuͤck. 


hinter ıft, al das Object davor fleht, und warum 
jenes fich dieſem nähert, fo. wie diejes dem Spiegel 
näher. ruft; 2) daß das Bild dem Objecte gleich und 
ähnlich fenn muͤſſe; 3) daß die rechte Geite der Ob— 
jecte im Bilde links, die linfe rechts erfcheinen muͤſſe; 
4) warum alle Perfonen das Bild des Objects Hinter 
dem Spiegel an einem und eben demjelben Drte fehen; 
5) warım die Bilder nicht die Deutlichfeit oder 
Staͤrke des Lichts haben, als die Objecte felbft; und 
6) warum ein Spiegel, worin ein Menſch fid) ganz 
ſehen joll, nur halb fo groß und breit zu ſeyn brauche, 
als der Menfch. | 


- 1) Der erſte Sag erhellet aus der Anm. zum vorigen f. 
' 4) Der zweyte Satz wird aus f. 671. klar: denn weil der 
Planfpiegel die Divergenz der darauf fallenden Strablen 
nicht ändert, fo fender er die von den verſchiedenen ſtrah⸗ 
lenden Puncten, deren Stellung gegen einander die Figur 
des Dbijects beſtimmt, auf ihn fallenden Lichtfegel eben 
fo bey der Reflerion zum Auge, ale wie fie dies vondem Ob⸗ 
jecte felbft empfangen würde, wenn das Dbject ohne dem 
Spiegel eben fo weit vom Augeientfernt wäre, als die Spitze 
des ‚verlängerten Lichtfegels jedes Punctes vom Ange ift. 
2 Der dritte Sag folgt natürlich daraus, daß z. B. das 
ıld unferer Perfon, wenn wir uns darin betrachten, 
uns direct entgegen ftebt, daher umfere rechte Hand im 
Bilde zur finfen werden muß, nämlih nur in fo fern, 
als wir das Bild auf unfer Object bezieben. 4) Der vierte 
Sat tft eine Folge der Negeln bes $.682., und wenn das 
Dbject an feinem Orte bleibt, fo bleibt fiir alle die eins 
zelnen Lichtſtrahlen, die vom Objecte auf den Spiegel, und 
von da zu den einzelnen Augen fommen, bey der Verlänges 
rung der reflectirten Strahlen binter dem Spiegel derfels 
bige Durbfchnittspunct der Perpendifellinie, die vom 
Dbjecte auf den Epicgel gezogen und dahinter verlängert - 
werden fanırz oder der Drt des Bildes bleibt unverändert. 
s) Der fünfte Gap folgt aus der Unvollfommenbeit aller 
unferer Spieael ($. 680.), woburd verurfacht wird, dag 
wegen der vielfachen, obgleich unmerfliben, Vertiefungen 
und Erhöhungen nicht alles auf den Spiegel vom Dbiecte 
fallende Licht genau eben fo wieder ins Auge reflectirt 
werden fann, als es das Auge vom Dbiecte felbft erhalten 
würde, fondern ein Theil anber# wohin zerftreuet wird, 
Auch wird wohl nad ber verihiedenen Natur der Spiegebs 
materie mehr oder weniger Licht verichludt, oder ... 
eine 


[4 


feine Erpanfiofraft und Strahlung. 6) * fehtte Satz 
laͤßt ſich durch Zeichnung leicht beweiſen. Es fen ( Fia.73.) 
AB ein vertical ftehender Danfpiegel, vor welchem tin Ob⸗ 
ject vertical ſteht. Die Linie CD ftellt die ſenkredte Höhe 
einer Perfon vor, deren Auge in O fey. Wir brauchen 
bier nur die Laae der Bilder des oberften und unterften 
uncteg von CD zu beftimmen. Es aebt von C ein 
trahl Og nah dem Spiegel, der ımter eben dei Wins 
kel zurücdgeworfen wird und nah O ins. Auge gelangt. 
Dieſer Strahl Og rüdfwärts verlängert, durchichneider das 
Einfallsiotd Ce in co; und bier ift alſo der Drt des Bils _ 
des von C. Vom unterſten Puncte D geht ein Strahl 
‚son D nah i auf den Spiegel, und gelangt durch Re— 
flerion von i nah O ins Auge; und diefer verlängerte 
reflectirte Strahl durchſchneidet das Einfallsloth Did in d, 
wo aljo dag Auge das Bild. von D fiebt. Was von biefen 
beyden aͤußerſten Buncten des Objeets gilt, ailt auch von 
allen —**6 liegenden, und das Auge ſieht das ganze 
Doject im Bilde ca. Der Augenſchein lehrt, daß nur 
der Theil des Spiegels ABy der zwiſchen grund i liegt 
jur Reflexion der Strahlen, die von CD nad dem Spieael 
. ommen, und ins Auge O gelanaen follen, diene, ig iſt 
aber nur 23 CD, weil cd = CD, und Ca = oa, Kies 
ib Ca= 3Cc md gg—=äcd=%CD. Was von der 
256: des Dbjects gilt, gilt auch von der Breite; und 
berbaupt bey jeder Entfernung, 


$. 684. Kerner läßt fich daraus beweiſen, warum 
in einem Planfpiegel, der unter einem halben rechten 
Winkel gegen den Horizont geneigt ift, die Bilder 
von horizontal daruntet liegenden Objecten aufrechts 
und perpenbiculär, die von perpendiculären aber hori⸗ 
zontal erfcheinen. | 


Der Perfpectivfaften. \ 
Es fen CD (Fig. 74.) ein Panfpiegel, der unter ein 
halben rechten — CDA gegen den Horijont AB = 
ftellt ift;: DE fen ein horizontal liegendes Object, vor 
den Epiegel geftellt. Bon dem Puncte E acht ein Lichts 
ſtrahl nah dem Spiegel tn F, umd wird reflectirt nach g. 
Man ziehe von E die Perpendifellinie auf dem Spiegel 
' und verlängere fie hinter dem Spiegel, Ee; man verläns 
aere auch den reflectirten Strahl fg rüdwärts hinter dem 
Epiegel, fo fchneidet er die Perpembdifellinie Ee in & 
und bier iR der Dre des Bildes vom Puncte E. Eben fo 
fällt von D des Objects ein Strahl Dh nad dem Spiegel 
und wird von h mad i reflectirt. Man ziehe auch von D 
die Perpendikellinie Dd hinter den Spiegel, und vertäns 
gere den reflcetirten Strahl bi rüdwärts, fo fchneibet er 


die 


444 ı IE Zheil. 2. Hauptſtuͤck. 


die: Linie Da. in.d; und bier ift der Ort des Bildes vom 
Puncte D. Was von den beyden Außerften Puncten D und 
E gilt, gilt von allen dazwiſchen liegenden; es entftebe 
alfo ein vertical -ftehendes Bild de vom horizontal liegens 
en DObjecte DE. J 
Umgekehrt, wenn de das Dbject iſt, fo iſt DE das 
Blid davon; und vertical Nebende Objecte bilden ſich alfo 
horizontal Tiegend ab. 
Me in einem folhen Spiegel eine Kugel auf einer ges 
— Ebene darunter ſenkrecht in die Hoͤhe zu ſteigen 
cheint? * 
Mufchenbroek introd. T. II. j. 1989. 


. 685. Ingleichen, warum in einem horizon 
tal liegenden Planſpiegel die Objecte daruͤber oder 
darunter verkehrt, das Obere unten und das Untere 
derſelben oben fich abbilder.  - u." 


Beyſpiele hierzu: Es fey AB (Pia. 75.) ein horizontal liegens 
°; der Planfpiegel, anf welchem das Object DE vertical 
“steht. Dis Auge befinde ih in i, fo wird der Strahl, 

“u der von D Mach h anf den Gpiegel fällt und von da unter 

eben dem Wınfel refectirt wird, nach i ins Uuge gelangen, 
Man verlängere dieſen reflectirten Strahl hinter dem Spies 
el, und verlängere auch die Berticallinie von D auf dem 
Epiegel, bıs ste fih bende in d ſchneiden, fo ift d das 
, Bıld des Duncres von D. „Der niedriger liegende Punct 
F des Obiects wird, wie man auf eine ähnliche Art 
finden kann, fein Bıld in F mahen. So eutitchen von 
alien Puncten des Objects DE die Bilder derfelben zwis 
{hen d und e, und es ſtellt fich alfo im Ganzen ein umger 
tehrt ſtehendes Bild de des Gegenftandes DE dar, 


$. 686. In Planfpiegeln, die fchief gegen ein: 
ander gefeßt werden, erfcheinen die Objecte dazwiſchen 
pervielfältigt, wegen der vervielfältigten Neflerion ; 
und zwar erfeheinen fie fo oft, weniger eins, als der 
Winkel, den die Spiegel mit einander machen, in 
360 Graden enthalten iſt. In parallel gegen einan- 
der fiber ſtehenden Spiegeln erfcheint das Object, das 
gerade zwiſchen beyde geſtellt wird, unzählige mal. 
Hierher gehören die Winfelfpiegel, die nah Urt eines Bus 


= bes geöffnet werden fünnen. Das Bild eines dazwiſchen 
nu . geRells 


eftellten Gegenftandes erfcheint bey einem Winkel ver 


piegel ‘ 

von 120 Graden 2 mal 

yo 9 3 5 
. 72 $ 4 1 

60 er Zn 
sı$ 2 6 6 
45 — 
0 st —* 
36: 3 „1 uf. w. 


Es feven zwey PManfpiegel_AC: und BC (Fig. 76.) 
unter einem Winfel ACB == 45 Gr. an einander gefügt. 
Dis Auge O ſey felbft der ſtraählende Punct und befinde 
fih zwifhen den Spiegeln, fo licht es fih an den Stellen 
1y 2, 37 4 5, 6, 7 binter den beyden Spiegeln, und 
zwar in einem Sreife, deſſen Radius OCT und deſſen Mits 
telpunck C if. Das Yurye O bilder fich hinter dem Epies 
ge BC in ı ab, eben fo weit dahinter, als es davor ift, 
fo auch hinter dem Spiegel AC in 2. Jedes diefer Bilder 
Ponnen wir Wieder als ein Object in Nücficht des gegen 
über ſſehenden Spiegels betrachten, hinter dem es ſich fo 
weit wieder abbilder, ale es davor if. Go bildet fih alfo - 
1 binter dem Spiegel AC in 3, 2 hinter den: Gpiegel BC 
in 4, 3 binter dem (bis b verlängerten) Spiegel BC in 
.5r 4 binter dem (bis a verlängerten) Spiegel AC in &% 

5 binter AC in 7 ab; das Bild von 6 ift mit dem von 7 
eins, oder fällt damit’ zufammen, und 7 liegt in der es 
raden Linie, bie von O durch den Mittelpunct dee Kreiſes 
C oder den Winkel der Spiegel gezogen werden Fanny 
und kann fi alfo auf feinem Spiegel werter abbilden. 


Die Bilder des einen Spiegels find freylich Feine Ob⸗ 
jecte für den andern Spiegel in der That, und die im 
Gedanken verlängerten Spiegel Ca und Cb fonnen feine 
Bilder wirflib macen, wie mwir uns bier der mehrer 
Leichtigkeit wegen die Sache vorgeftelli haben... Der wahre 
Grund der Vieliachheit der. Bilder Tiegt in der vervielläls 
tigen Reflerion des Lichts zwiſchen diefen Spiegeln, und 
darin, daß wir da ein Bild des Punctes binfehen , wohin 
die Epiße des verlängerten Lichtfegele Femmen muß, deis 
fen Grundflähe die Pupille unferes Auaes 1. Hm dies 
näber zu erläutern, mollen wie ung zwey Spiegel AC und 
BC ı $ia. 77.) vorftellen, die unter dem Wınfel von 72 
. ®r., BCA, an einander gefuͤgt find, und worm fi alſo 

das Dbject viermal abbilden wırd. Das Object fer ın F, 
die Pupille des Auges ın f, das nun das Bild von Fin 
24 24 3, 4. ſieht. Es acht naͤmlich ein Lichtkegel Fih 
nah dem Spiegel BC, der durch Keflerion von ih nad der 
Pupille des-Auges in F gelanat und das Urtheil ergeuatyz 
daß er von ı berfomme, wohin alſo die Seele das Bild von 
F jest. Es fällt ferner;ein Yichtfegel Fab auf den Epvies 
gel AC umd gebt durch Reflerion von ab nach Fzur Pu⸗ 
pille des Auges, das nun das Bild des Punctes F nach 
a fiht, wohin die Spige des le a 

_ ommt. 


\ 


446 II. Theile 2. Hauptftüc, 


kommt. a macht ein Bild in 3, nicht dedmenen, weil es 
fib ben fo weit wieder hinter dem verlängerten Spiegel 
BCD abbildete, als es davor ift; fondern weil in ung dag 
Urtheil von dem Daſeyn des Punctes F in 3 entfteht, da 
der Lichtkegel, der von F nah cd auf den Epreael AC 
fälle, von da durd Reflexion auf den Spiegel BC in ge 
eworfen wird, und bier wieder von ge nad der Pupille 
in £ zuruͤckſtrablt uno fo ins Auge fommt, daß er ben der 
Verlängerung feine Spitze in 3 .baben muß, over als ob 
er von 3 herruͤhrte. Das Bild im 4 entfleht auc nicht 
desivegen, weil ſich das Bild: ı binter dem verlängerten 
Spiegel ACE fo weit abbildete, als es davor iftz fondern 
weil ein Strabienfesel von F nad no, von da durch Zus 
ruͤckſtrahlung nab Im, und von da durch Zurüdfirablung 
nad der Pupille in f gelangt, und nun fo ins Auge fommt, 
als ob er von 4 berrübste oder bier feine Spitze hätte. — 
Alle andere Strahfenfegel, die von dem unbeweaten F 
nach beydeu Spiegeln geben, treffen nach den Zurückſtrah⸗ 
lungen das Auge nicht , fo lange es in Fi. — Go ift es 
nun in allen andern Fällen diefer Sriegel. 
Kaefiner de multiplieatione imaginum ope duorum 
fpeculorum planorum ; in ‚den disfertationib. mathem. 
er phyf. U. ©. 8. Mujchenbroek introd. ud philof. nat. Il. 
1993 — 1996. | f 
Hierauf beruhet auch die Einrichtung der Spiegelzims 
mer, Spiegelcabinette und Spiegelfäften. 
Gehlers phyſikal. Wörterbuh, Th. IV, ©. 132.4 ff. 
Bon Abbildungen in Spiegeln, die einen aͤußern Wins 
kel mit einander bilden, ſ. Mufchenbroek a. a. O. f.. 1992, 


$. 687. Vermittelſt der durch Planſpiegel reflec- 
tirten lichtſtrahlen koͤnnen daher auch Gegenſtaͤnde 
betrachtet, werden, wenn auch die gerade linie zwi⸗ 
fchen diefen und dem Auge von undurchfichtigen Koͤr⸗ 

pern unterbrochen wuͤrde. 
Hierber gehört: 1) dag Peripectiv, durch ein dickes Brer zu 
eben, oder das Zauberperjpecriv ( Tubus ws) Gehe 


5 phyſ. Wörterbuch, Th. IV. ©. 544. 


2) Das A„evelfche Polemoffop, der Wallgucker, Opern 
Pu ee Mujchenbrock rg 8 J. 1997. 
Gchler a. a. O. Th. III. ©. 539. | 


$. 688. Aus der Meflerion der lichtſtrahlen von 
den Kugelflächen ($. 672 — 676.), und aus dem 
Sage, der auch auf frumme Spiegel anzuwenden 


iſt: 


iſt: daß das Bild eines ftrahfenden Punctes in einem 
Spiegel da liegt, .wo von zwey unendlich. nahe eins 
fallenden divergirenden Strahlen die reflectirten fich 
durchſchneiden ($. 682.), läßt fich nun auch beftims 
men, wie die fphärifchen Spiegel Bilder machen. 


$. 689. Man fann hieraus leicht finden: 

ı) Warum ein Gegenftand in einem hohlen Ku⸗ 
gelfpiegel gar fein Bild macht, wenn er fich im 
Brennpuncte der parallelen — des — 
gels befindet; 

2) Warum das Bild aufrechts Eier dem pie 
gel und größer als der Gegenftand erfcheint, 
wenn diefer zwiſchen dem Brennpuncte und dem 
Spiegel fich befinder; 

3) Warum das Bild um defto weiter hinter dem 
Spiegel, und defto größer erfcheint, je näher 
der Segenftand nach dem Brennpuncte des Spie⸗ 
gels zurücktritt; | 

4) Warum die Bilder verfehrt und vergrößert 

werxrden und ein Luftbild darftellen, das weiter 

vom Spiegel fällt, als der Gegenftand davor iſt, 

wenn der Brennpunct des Spiegels zwiſchen dem 
Gegenftande und dem Spiegel fteht; 

5) Warum dasumgefehrt ftehende Luftbild Größe 
und Entfernung des Öegenftandes erlangt, wenn 
der Segenftand im Mittelpuncte der Kugelfläche 
ſteht; u 

6) Warum diefe umgekehrten $uftbilder" Fleiner 
werden und dem Gpiegel näher liegen, als der 

Gegen: 


448 I. Theil 2. Hauptſtuͤck. 


Gegenſtand, wenn der Mittelpunct der Kugel: 
flaͤche zwiſchen den Gegenſtand und den Spie⸗ 
gel faͤllt; 
7) Warum endlich das Object, welches Feine dem 
Spiegel eoncentrifche Oberfläche hat, darin ver⸗ 
zerrt dargeftelle wird; weil nämlich dann der 
Abftand der ſich abbildenden Puncte des Objects 
vom Spiegel ungleich ift. | 


| Mufchenbrocek a. a. D. $f. aout — 2023. 


1) Es ſey ab (Fig. 78.) ein fphärifcher Hoblipiegel, fein Cen⸗ 
trum C, fein Breunpunct paralleler Strablen F, und ie 
dieſem Brennpuncte ſtehe ein frablender Punct; fo wird 
der Strahlenfeael Fgh bey der Keflerion zum Strablench« 
linder, und alle von F divergirend sauffallende Strahlen 
werden zu parallelen ($. C73). Das Auge in Q oder fonft 

wo, das einen folhen Strahlenchlinder empfängt, kann 
kein Wild des Punctes von F empfinden, weil der Strabs 
lencylinder feine Spige hat. — 
2) Es ſey der Gegeuſtand DE ( Fig. 79.) zwiſchen dem 
Brennpuncte F und dem Spiegel ab, Velen Mittelpunct 
C if. Der obertte Punct D des Obiects wirft einen 
Etrablenfegel Deh nad dem Spiegel, der unter eben dem 
Winfel seen wird und nal Q ins Auge gelangt. 
Er fommt fo ins Auge, als ob er ferne Spiße in d hätte; 
und hierher fert das Auge das Bild d des Punctes D. 
Dom nnterften. Puncte E geht ein Strahlenfegel Eik nad 
dem Spiegel, und durch Reflerios nab Q fo, als ob er 
von e hinter dem Spiegel berfäme , wohin alfy unfer Auge 
das Bild e vom Puncte E feßt. Da die Puncte d und e 
im Bılde weiter ans einander liegen, ale im Objecte D 
und E, fo feben wir das Bild größer, als den Gegens 
'- Rand, Der Grund davon liegt in der Abnahme der Divers 
gen; der Strahlen bey der Reflerion ($. 673. 4-). 

3) Je näher der Gegenftand DE ( Fia. 79. ) dem Brenns« 
puncte Fatritt: um defto mehr nimmt die Divergenz der 
reflectirten Strahlen ab; deſto fpäter laufen fie bey ter 

" Berlängerung binter dem Spiegel zuſammen; deſto weiter 
ift alfo die. Spige der Strahlenfegel, die das Auge eıns 
pföngt, von der Grundfläche entfernt ;':defto weiter fälle 
alio das Bild hinter den Spiegel; uud defto weiter liegen 
die aͤußerſten Puncte d und e aus einander: folglich defto 
mehr wird es vergrößert, bie es endlich.unendlich aroß im 
einer unendlihen Entfernung wird, d. d., gan verſchwin⸗ 
det , wenn die ftrablenden Puncte um die Brennweite ents 
fernt find (1). " 2 , 

4 


Licht. 449 


4) €6 fen der mit der Gpienelfläche concentrifche Ger 
genftaud DE ( Fig. 80.) fo weit davon entfernt, daß er 
zwischen dem Breunpuncte F un» dem Gentro C des Spies 
geld ab ſtehe. Der oberfte Punct D wirft einen Straps 
lenfeael Dgh auf den Spiegel, drfien Strablen unter eben. 
dem Winfel refleefirt werden, unter welchem fie auffallen. 
Sie metden dadurd in ihrer Divergenz vermindert und 
laufen in d sufammen. Go werden auch die Strablen des 
Lichtkegels Eik durch Meflerion wieder zufammenlaufend 
ine. Wäre nun ein Auge in e oder d, fo würde es frey⸗ 
lich fein Bild von dew Puncten D und E feben, da die 
©trablen, die es bier empfängt, ctomvergirend find, und 
folalich ben der Verlängerung rüdwärts noch weniger zus 
fammenlaufen, ale die parallelen.(ı). Wan flieht leicht, 
. daß dies auch der Fall feyn müfle, wenn fih dag Auge 
näber nah dem Gpieael zu befindet, wo es alle die von 
dem Spiegel zuruͤckfahrenden Strahlen als convergirend 
empfängt. Wenn man dies aehörig erwäat, fo wird man 
gar keinen Einwurf gegen Barrows Theorie ($. 682.) 
von der Entftebung der Bilder in den Spiegeln bey diefen 

ällen finden. — Wenn aber in ed eine reflectirende 

laͤche ift, auf welche die Strablenfegel ike und ghd aufs 
allen und davon wieder als diverairende nach allen Geis 
ten zurüdftrablen, fo wird das Auge, das dieler Tläche 
zu gerichtet ıft, das ganze Bild ed auf derfelben feben, 
porausgeiegt, daß diefe reflectirende Fläche keim Kicht 
anders wober erbält, das die Empfindunacn des Bildes ed 
verwiſchen koͤnnte. Da die vom Epiegel reflectırten Sträbs 
lIenteael ghd und ikd fi durchkreuzen, fo wird das Bild 
ed gegen das Dbject DE verkehrt fteben , und die Puncte 
d und e werden weiter aus einander licgen , ald D und E. 


5) Wenn DE (Fig. 90.) nab C vom Spiegel zurüds 
trirt und endlich ın ds anlanat, fo tritt dag umgekehrte 
Luftbild ed dem Spiegel näber, wird Fleiner, und würde 
endlich dem Geaenftande gleich und aͤhnlich, obaleıch ums 
getehrt, fenn, wenn alle feine ftrablenden Puncte fo weit 
vom Spiegel entfernt wären, als C, in welchem Falle DE 
nur ein Punet fenn müßte. 

6) Wenn das Dpject DE (Fig. 81.) fo weit vom Spies 
. gel ab abftebt, daß das Centrum des Spiegels C zwiſchen 
demielben und dem Spiegel iſt, fo werden die divergirens 
den Strahlen der ÖStrablenfegel Dgh und Eik, die von 
dem öberften und unterften Puncte D und E gegen den 
Spiegel fabren, durch die Reflexion auch zu convergirenden, 
die ın e und d zufammenfahren. Da ſich die Strahlen⸗ 
Pegel nach der Reflerion durchkreuzen, fo machen fie ein 
umgefehrtes Bild ed des Genenftandes DE, und zwar lies 
gen die aͤußerſten Puncte e und d ım Bılde einander nÄäber, 
als D und E im Hbfecte; das Bild ift alfo verkleinert. — 
Nebrigens bat es mir diefem Bilde wieder eben die Bes 
wandiniß in Anfebung feiner Wahrnehmung, als ım voris 
en Falle (4). Ein Auge in e oder d eınpfängt nur die 
pigen der‘ Strahlenfegel, gie ihre Grundflaͤche. a. 


450 U. Theil. 2. Hauptſtuͤck. 


Bild ed wird alfo nur dann fihtbar, wenn da, wo die 
Mereinigungspuncte der reilectirten convergirenden Yichts 
ftrabten binfallen, eine reflectirend Fläche ift, die diefe 
Lichtftrablen wieder als divergirende zurüdftrabilen fann. 
Da ein ftrahleuder Punct des Objects nicht bloß einem 
Lichtfeael zum Epiegel feuder, fondern auf jeden Punct 
des Spiegels Lichtſtrahlen vom leuchtenden Dbjecte fallen, 
fo ftrablt aub 4 B. vom E (Fig. 81.) nicht bloß der Keael 
Eik auf den Epiegel, fondern auch der Kegel Emn, ft 
nun das Auge in Q, fo empfängt es uicht allein von dem 
Wereintannaspuncte der reflecfirten Strahlen ghd, fons 
dern much von dem der reflectirten Strahlen mne einen 
Strahlenkegel, deren Grundfläche die Pupille des Auges, 
und deren Spitze in e ımd d if. Eo liefie fi erklären, 
wie das Ange in ed ein Bild von DE fehen fönne. 


Defien ungeachtet if der Umftand allerdings wahr, daf 
ein Auge die Bilder der Gegenftände, die weiter pom 
Spiegel abfteben, als der Radius deſſelben betränt, und 
die dem Spiegel Lichtfegel zufenden, auf dem Epiegel 
felbft gewifier Maßen ſchweben ficht ; ein Phänomen, das 
aus dem bisher Vorgetragenen nicht zu erflären ift, viels 
leicht einen Gefichtsbetrug zum Grunde hat, und es von 
neuem beftätigt, daß wir aus mehrern Umftänden, ale 
aus dem Scheitel der Strahlenkegel, die fcheinbare Stelle 
der Gegenſtaͤnde beurtheilen. 


Kaeftner de obiecti in [pecnlo [phaerico viß magnitudine 
apparente; in den comment.nov. Goeeting. T. VIII. 1777. 


$. 690. Ingleichen Kıft ſich davon die Anwen: 
dung auf erhadene Augelfpiegel machen, und Dat: 
aus finden: | 

ı) Warum das Bild eines Gegenftandes aufrechte 
und Fleiner als derfelbe, Hinter dem Spiegel 
erfcheint; | | 

2) Warım das Bild um defto mehr verkleinert 
wird, je Fleiner der Halbmeffer der Kugelfld: 
heil; 

3) Warum das Bild nie weiter hinter feiner Flaͤ— 
che erfcheint, als um den vierten Theil des 
Durchmeffers des Spiegels, 

4) 


. | L icht. | 451 
4) Warum endlich auch das Bild des Gegenſtan⸗ 


des verzerrt iſt, wenn der Gegenftand nicht cons 
centrifch ift mir der Spiegelfläche, 


Mufchenbroek a. a. D. $j. 1998 — 1206, 


1) Da der imaginäre Vereinigungspunet der, von 
den Spiegeln diefer Art, reflecrirten divergirenden Strabs 
len, oder der Strablenfegel, deren Grundflache die Pur 
pille des Auges ift, allemal binter den, Spiegel fällt 
($. 676.), fo muß auch das Bıld der Segenitände hinter 
dem Spiegel eriheınen, Es ien (Fig. 82.) ab ein conprer 
SKugelfpiegelr ED das Dbject, das mit dem Spiegel 
gleihe Krummung bat, C der Mittelpunct des Spiegels, 
F fein imaginärer Brennpunct paralleler Strablen. Das 
Auge befinde fib in Q. Es empfängt durch Reflexion die 
Lichtkegel »Egh und Dik von ven Auferften Puncten B 
und D des Dbjects, und Nicht das Bild deflelben in ed, 
Da die Divergenz der Strahlen ben der Neflerion von dies 
fen Flaͤchen vermehrt wird, fo faufen fie auch rüfmwärts 
binter dem Spiegel verlängert früber zuſammen, over die 
Winkel ın e und d find’großer, als die ın E und D; die 
Puucte e und d liegen alfo näder bey einander, und dag 
Bild iſt Fleiner, als der Gegenttand, Wenn das Doject 
auf der dem Spiegel zugekehrten Seite nicht gleihe Kruͤm— 
mung mit dem Spiegel felbft hat, fo erfcheint es notbwens 
diger Weife verzerrt. £ 


2) Ge Meiner der Halbmefler der Spiegelfläche wird, 
deſto kuͤrzer iſt der Abſtand des Vereinigungspuncts der 
ruͤckwaͤrts verlängerten reflectirten Strahlen; oder, wenn 
r Eleiner wird, fo wird in der Formel: —— en 
($. 676.), auch diefee x ald Quotient abnehmen, Die rüds 
wärts verläugerten reflectirten Strahlen werden alio,. bey 
gleihem Abſtande des Dbjectd vom Spiegel, deſto früher 
azufammentreffen; die Vereinigungspunete werden deſto 
näher bey eittander diegen, und das Bild wird alſo deſto 
kleiner erſcheinen. 
3) Je weiter der Gegenſtand vom Spiegel abruͤckt, oder 
je größer d in der Formel: x = = * wird, deſto 
groͤßer wird x, oder der Abſtand des Vereinigungspunetes 
der ruͤckwaͤrts verlängerten reflectirten Etrablen vom 
Spiegel; aber er fann nie größer werdeny alsyry wenn 
aub d — ⸗ in Vergleichung mit r wird, oder der Gegen— 
ftand fo weit vom Spiegel entfernt ift, daß die Diverdenz 
der von feinen ftrablenden Puncten ausfabrenden Strablen 
verfhwinder, oder fie zu parallelen werden, 


Sa $. 691. 


452 U. Theil. 2. Hauptſtuͤck. 


$. 691. Endlich laſſen ſich auch daraus die Er- 
fcheinungen der cylindrifchen und coniſchen erhabe⸗ 
nen Spiegel beftimmen. Beyde Arten der Spiegel 
wirken der Sänge nach als ebene Spiegel, und bilden 
aljo in fo fern die Gegenftände, deren Fläche mit der 
Släche diefer Spiegel concentrifch ift, in der ordent- 
fihen Größe ab. Die cylindrifchen aber find der 
Duere nad) erhabene Kugelipiegel, und müffen alfo 
in fo fern verfleinern, und folglich die Gegenftände der 
Duere nad) fehmäler vorftellen. Die conifchen find 
der Quere nad) ebenfalls als erhabene Kugelfpiegel 
anzufehen; da aber die Eirfelflachen nach der Spiße 
zu immer Ffeiner werden, fo verkleinern fie auch oben 
mehr, als unten. 
Beftätigung durch Verſuche und Zeichnungen, die zwar vers 


jerrt gemablt find, aber in dicfen Gpiegeln ordentlich 
erfcheinen ( catoperifhe Anamorphofen ). 


Cap. Schorti Magia univerlalis. Herbip. 1657. 4 
Ein Inftrument, um Biefe anamorphotiſchen Beichnums 


gen zu entwerfen, bat Lenpold beichrieben ( Jac, Leupold 
Anamorpholis mechanica nova. feipz. 1714. 4.). 


Bon Pyramidalfpiegeln. 
Mufchenbroek a. a. O. ff. 2029. 2030. 


Von prismarifchen Spiegeln, 
Mufchenbroek a, a. D. j. 8032, 


Brehung des Lichts, 


$. 692. Wenn Sichtftrahlen aus einem Mittel 

in ein anderes von verfchiedener Dichtigfeit in einer 
ſchiefen Richtung übergehen, fo behalten fie, wenn 
fie die Fläche treffen, die beyde Mittel von einander 
ſcheidet, nicht mehr die vorige Richtung, fondern 
werden 


Ride 2.00.43 
werben von derfelben abgelenft. Man nennt dies die 


Brechung der Lichtſtrahlen (Refractio lucis ). 
Beſtaͤtigung an Glas und Waſſer. 


$. 693. Wenn der fchief einfallende Lichtſtrahi 
(Radius incidens ) SC (Fig. 83.) aus einem dün- 
nern Mittel, z. DB. aus der luft, im ein Dichteres, 
z. D. in Waffer, übergeht, fo wird er an der Ober: 
fläche AB des leßtern in dem Zinfallepuncte (Pun- 
etum incidentiae ) C von feinem vorigen Wege abge: 
Ienft, und der geraden finie, die man fenfrecht auf 
und durch das dichtere Mittel im Einfallspuncte zie: 
het, dem Einfallslothe oder Neigungslothe ( Cathe- 
tus incidentiae ) DE näher gebracht, und gebt in der 
Direction CR. Der Winfel SCD, welchen der ein: 
fallende Strahl 80 mit dem Einfallslothe DE madıt, 
heißt der Einfallswinkel (Angulus incidentiae ); 
der Winfel RCE, telchen der gebrochene Strahl 
CR, der vox feiner vorigen Nichtung abweicht, mit 
dem Einfallsfothe DE macht, der Brechungowinkel 
( Angulus refractionis,); und der Winfel aCR, wel: 
cher aus dem verlängerten einfallenden Strahle Ca 
und dem gebrochenen CR fich bildet, der gebrochene 
Winkel (Angulus refractus ). 


$. 694. Die Erfahrung lehrt allgemein folgen: 
des Gefes: Wenn das Licht aus einem Dünnern 
Mittel in ein dichteres ſchief übergeht, fo wird 
es Dem Perpenditel zu gebrochen, und der re: 
chungewinkel ift Eleiner, als der Einfallswinkel; 


wenn es aber aus dem dichtern Mittel in dao duͤn⸗ 
nere 


44 IL. Sheil. 2. Hauprfüd. 


— 


nere ſchief uͤbergeht, ſo wird es vom Perpendikel 

ab gebrochen, und der Brechungswinkel iſt größer, 

als der Einfallswinkel. . Der gebrochene und eins 

fallende Strahl bleiben aber immer mit dem Einfalls⸗ 

lothe in einerley Ebene. | | 

ı) Wenn 3. B. oberhalb AR (Fig. 83.) Luft, unterbalß 

Waller ıft, fo wird der fchief einfallende Lichtftrahl SC 
beym Eintritte ind Wafler nicht nach a tortgehen, fondern 


der Pervendifellinne DE jugelenft;. und der Brechungs— 
winfel RCE ıft kleiner, als der Einfallswintel SCD. 


2) Wenn hingegen’ ein Lichtftrahl BC aus dem Wafler 
uunterbalb AB ſchief in die Luft uͤbergeht, fo wird er von 
dem Verpendifel DE abaelenft, der Rrehungswintel SCD 
ift größer , als der Einfallswinfel RCE. 

$. 695. Diefe Brechung fteht zwar nicht im 
genauen Verhältniffe mit dem eigenthuͤmlichen Gewich⸗ 
te der durchfichtigen Mittel; dagegen aber mag die 
Größe des Einfallswinkels befchaffen feyn, wie 
fie will, fo findet immer ein bejtändiges und un- 
abaͤnderliches Derbältniß zwifchen dem Sinus des 
Kinfallewinkele fi = ba, und dem Sinus des 
Srechungewinkels oder dem Brechungefinus FR 
für einerley Paar von durchfichtigen Mitteln 
Statt. 


$. 696. Jeder Lichtftrahl, der auf die durch⸗ 
ſichtigen Koͤrper von verſchiedener Dichtigkeit ſenk⸗ 
recht auffaͤllt, geht ungebrochen durch. 


$. 697. Um nun von dieſen Geſetzen der Bre— 
Hung Anwendung machen zu fönnen auf die davon 
abhängenden Phänomene, ift es nöthig, das Bre— 
chungsverhaͤltniß, das ift, das Verhältnif des Bre- 
Aungsfinus FR zum Einfallsfinus (i= ba, (oder, 
wenn 


td‘. 455 
wenn wir den Strahl umgefehrt gehen laffen tollen, 
das VBerhältnif des Einfallsfinus FR zum Brechungs- 
ſinus fi oder ha,) der durchfichtigen Mittel zu wiſſen, 
die der Gegenftand unferer Betrachtung find. Hier 
genügt es, nur das zwiſchen Luft und gewöhnlichen 
Glaſe, und zwischen fuft und Waſſer zu wiflen. Das 
erftere ift nahe wie 3:2, das andere fa wie 4:3. 
Demnad) ift ( Fig. 83.) ba oder fi: FR=4:3. 

Der Brehungefinus verhäft fich zum Einfallsfinus, den man 


gleich 2,000 annimmt, wenn das Licht aus der durchſichti⸗ 
gen Mafle in die Luft gebt, 


sah Rochon bey gemeinem Blafe wie s s 1,543 

Slıntalafe s ⸗ $ 14613 

a Diamant .@ ⸗ s 2,755 

DBergtroftall ⸗ s 11875 

F islaͤndiſchem Kryſtall— 4 1,625 

1, deitill. Wafler von 14° R. s. 14333 

rectificırtem MWeingerite : 14378 

aefättigter -Kochfalzuuflöfung s 1,375 

= Ealmiafauflöfung ⸗ s 1,382 
nach Newton beym Frauenglafe + « s” 1487 _ 

Steinjalze ⸗ ⸗ s 1,545 

Alaun ⸗ ⸗ 2 1,458 

Birriolöhle + ⸗ ⸗1,428 

Kampher ⸗ ⸗ ⸗1/500 

Baumoͤhle ⸗ ⸗ ⸗14466 

E Leinoͤhle J ⸗ 14481 

Terpentinoͤhle⸗ % 1,470 


6. 698. Sp viele Erklärungen’ auch über die 
wirfende Urfach des Phänomens der Brechung gege- 
ben worden find, fo ift doch Feine befriedigender, als 
die, welche uns Newton felbft davon gegeben hat. 
Sie redueirt ſich auf die Kraft der Cohärenz, oder, 
wenn man lieber will, der Anziehung der durchſichti— 
gen Materie mit dem Stoffe des Lichts, fo mie die 
Reflexion im Gegentheile ven Mangel diefer Cohaͤrenz 


oder Anziehung anzeigt ($ 668. Anın. ). 
Wir 


456°. Theil 2. Haupt. 


Wir wollen zur Erläuterung annehmen, daß ebene Flächen bie 
Mittel von einander trennen, dur welche das Licht auf 
feinem Wege gebt, und daß diefe Flächen gegen einander 

arallel find. Es fen alfo zwiſchen den parallelen Flächen 
(Bin 84.) NSr nf Wafler oder Glas entbalten, und dars 
ber und darunter Luft. Mair ziebe mit ihnen ML und ml 
Mr in gleichen Entfernungen davon parallel. Cie follen den 
Abſtand daritellen, ben welchem die Wirffamkeit des Koͤr⸗ 
pers NSnl auf das Licht thätig zu werden anfängt, der 
war an fib Flein ift, aber: um der Deutfichkeit der 
Beihnung willen bier verhältnigmäßig fo aroß vorgeftellt 
wird. Es fomme ein Lichttheilchen in der perpendiculären 
Richtung Ac aegen die Fläche NS. Go wie es in ce in die 
Sphäre der Wirffamkeir NS gelangt it, und von dem 
Theithen des Körpers NS ftärfer Aezogen wird, als vom 
‘dem dünnern Medio, aus dem es fommt, fo nimmt feine 
Beihwindigkeit in dem Raume von e bis rt zu; aber es 
fann dadurch nicht von feinem Wege abaelenft werden. Es 
geht bloß mir zunehmender ph a fort und ers 
langt das Marimum derfelben innerbal .. Sowie es 
aus q heraustritt, if die Anziehung des Körpers NSnf 
dagegen feiner Richtung entgegen und der Wirkung auf 
der obern Fläche gleich; es verliert alfo das Lichttheilhen 
in dem Raume qt wiederum rüdwärts fo feine Vermeh⸗ 
rüng der Gefchwindigfeit, als es fie von e gegen t zu wachs 
fend erhielt. Der ſeukrecht auffallende Strahl erleidet alfo 
nach diefer Hypotheſe feine Brehung, wie die Erfahrum 
auch lehrt; und die Gefchwindigkeit des Lichts außerhal 
ML und ml bleibt fich gleich, Ä 


Menn nun das Lichttheilchen in der fchiefen Direction 

Dä gegen ML anfommt, fo kann diefe Beivegung in zwev 

andere, DF und Fd, zerlegt werden. Da die Wirkung des 

| Körpers NS auf das Lichttheilchen nad der Perpendiculärs 
. linie geſchieht, fo ann die parallele Bewegung DF feine 
Aenderung erleiden; die Bewegung oder Geſchwindigkeit 

Fd hingegen muß, wie vorber gezeigt ift, wachſend zuneh⸗ 

men, und daher muß das fichttbeilhen von dem Puncte d 

an gegen die Fläche NS zu die krumme Linie dI befchreiben, 

die ihre hohle Seite gegen NT zu gefehrt hat. Die Tangens 

. te li, die die Richtung des Lichttheilchens beym Eintritte 

in die Fläche des Körpers NS anzeigt, muß folglih dem 

Derpendifel Bb näber fommen und es unter dem kleinern 
Winfel ilb fehneiden, als die erftere Richtung Dd mit dem 
Perpendifel Bb bey der Verlängerung machen würde. Da 
in dem Raume li die Anziehungsfräfte der Materie des 
Körpers NSnl gegen das fichttheilden' gleich bleiben, fo 
bleibt es ın der Richtuna Ti unverändert, bie es nad i 
— Hier wird die Anziehung des Koͤrpers gegen das 
icht, die auf nf perpendiculär ift, feiner Perpendiculärges 
ſchwindigkeit wiederum hinderlich; fie nimmt daher bey dem 
Fortgange des Lichts gegen ml zu ftufenmweife wiederum ab, 
und es wird feine Bahn chen fo von i mad e zu auf die 
enfgegengejegte Seite gebogen, als es von d na er 
ab. 





eicht. 457 


ſchah. Ss verliert Hier allmaͤhlig die Zunahme der Vers 
pendiculärgeihwindigkeit wieder, die ed in dI erlangte, 
und bat in e wieder die vorige Geſchwindigkeit, die es 
beym Einaange in d beiaß. Da die entgegengeſetzten Kruͤm⸗ 
mungen ie und dI glei find, fo muß auch die Richtung 
des Lichts in Eeo parallel fenm mit der in Dd, mie die Ers 
fahrung lehrt, und es muß wieder vom Perpendifel abges 
lenft werden, 


I Endlich it auch die Vermaneität des Verbältniffes zwi⸗ 
fchen dem Sinus des Einfallswinfeld und des gebrochenen 
Winkels nach diefer Hypotheſe zu erflären. Es falle näms 
lich ein Lichtſtrahl Al (Fig. 85.) aus der Luft in ®las, fo 
wird er im leßtern dem Perpendikel PD zugelenft werden: 
und der Winfel PIA = DIE mag ieun, tie er will, fo 
wird der Sinus diefes Einfallswinfeld, oder EF, immer im 
einem beftändigen aleihen Verbältnifle mit dem Brechungss 
finus BC feyn; umd zwar wird EF : BC immer nahe wie 
3: 2 feyn, wenn der Lıichtitrahl aus der Luft in Glas, und 
nahe wie £ : 3, wenn er aus der Luft in Wafler tibergebt. 
Weil nämlich die Sräfte der Anziehung im ®lafe an der 
brechenden Flaͤche GH die parallele Gefhwindigfeit AP des 
Lichtpartikelchens nicht Ändern, fondern nur die perpendis 
euläre PI, und diefe vermehren, wie vorhin gezeigt worden 
ift; fo wird das Licht in eben der Zeit nach der Drehung 
von dem Einfallslotbe PD um den gleichen Raum CB ab ges 
ben, in welcher es fib ihm um den Raum AP näherte. 
Die Directiom des Lichts gegen die Flaͤche GH mag Henn, 
welche fie will, fo wird, weil die Anziehungsfräfte diefer 
Fläche gleich bleiben, die Zunahme der Perpendiculärger 
ſchwindigkeit PI des Lichts immer diefelbige bleiben, (oder 
auch die Abnahme derfelben, wenn das Licht aus dem dich⸗ 
ten in das dünnere Medium übergeht, oder vom Verpen⸗ 
difel ab gebrochen wird;) oder PI- wird mit IC ein immer 
gleiches Verbältniß daben, indem PI die Verpendiculärges 
ſchwindigkeit des Lichts vor der Brehung, IC fie durch die 

zrechung vermehrt vorftellt. Hieraus iſt Kar, daß, weil 
die Geſchwindigkeit des Lichts vor der Brechung aus AP 
und PI, und nah der Drehung aus CB und IC zufams 
menaciest ift, es im eimerley Zeit vor der Bredung Aly 
und nach der Brechung IB durchlaufen muͤſſe. Wenn nun 
AP = CB genommen wird , und PI und IC einerley Ber: 
haͤltniß beftändig behalten, fo iſt auch die ganze Geſchwindig⸗ 
feit des Lichte vor dem Brecben zu der nach dem Brechen 
in einem unveränderlihen Verhältniffe. Es ift aber 


AI: AP (= BC) = fin. tot. Einfallsſinus 
BC : Bl ) => Brechungsſinus : fin. tot. 


— —— — 


foistie Al: BI wieder Brechungsfinus zum Einfallsſinus 

$. 699. Wenn die Strahlen bey dem Ueber» 
gange aus dem dichtern Mittel in das Dünnere ſo 
—— | ſchief 


4 


x 


458 UI. Theil, e. Hauptftüd, 


fehief übergehen, daß der Brechungsfinus größer 

werden müßte, ale der Sinus totus ift, (welches 

unmoͤglich ift,) ſo verwandele fich Die Brechung in 
Zurücdftrablung. 


Es falle ein Strablencvlinder E (Fig. 86.) von der Sonne im 
finftern Zimmer auf ein aläfernes drenfeitiaes, gleichwinks 
liges, Prisma in der Direction Ee, fo daß er auf der Fläs 
che FV faft fenfrecht fen, fo wird er faft ungebrochen durchs 
geben, aber in dem Glaſe felbft fehr chief auf die. Fläche 
EV gehen; er follte ‚hier nun ben dem Uebergange ın die 
Luft vom Verpendifel abaelenft werden; da aber der ‘Dres 
&ungsfinus dann größer werden müßte, als der Sinus to- 
tus, fo erfolgt Zurudfirablung von G nah der Flaͤche SF, 


und bier geht er, weil er nahe fenfrecht darauf ftebt, auch 
far ungebrocen in die Luft zuruͤck und bringt bier-Ers 


leuchtung zuwege. Auch diefe Erfcheinung folgt aus der 
vorber angeführten Urfach der Brehung. Die Anziehung 
der Theilchen des Glaſes zu denen des Lichts macht näms 
lich jetzt ben der Kleinheit des Einfallswinkels in C die 
Derpendicnlärgeichwindiafeit defielben beym Uebergange in 
die Luft ganz verfchwinden , und die Refraction verwandelt 
fih in Reflerion. 


Mufchenhbrock a a. O. 1732. Car. Scherffer inftitut. phyſie. 
11. ©. 174 ff. 


| $. 700. Den der Brechung des lichts in feinem 
Uebergange aus einem durchfichtigen Mittel in ein an: 
deres hängt alfo der Brechungsmwinfel ab: theils von 
der Natur des brechenden Mittels, theils von der 
Neigung des einfallenden Strahlee, Gemeinhin 
find zwar die brechenden Kräfte der durchfichtigen 
Mittel im Verhäftniffe mit ihrer Dichtigkeit; man 
kann indeffen nicht fagen, daß diefe Regel ganz genau 
und daß fie allgemein zutreffe; denn einige durchfich- 
tige Mittel brechen ftärfer, andere ſchwaͤcher, als es 
nach Verhaͤltniß ihres eigenthümlichen Gewichts ges 
fchehen follte, So fann -daher manchmal das Sicht 
beym Uebergange aus einem Mittel in ein anderes 
merf- 


’ 


eiqht. 459 


merklich gebrochen werben, obgleich bie fpecififchen 
Gewichte dieſer Mittel nicht merklich verſchieden find, 
z. B. Alaun und grüner Vitriol; fo kann es ferner 
aus einem Mittel in ein anderes ohne Brechung übers 
- gehen, obgleich die Dichtigfeiten derfelben verfchieden 
find, wie z. B. bey Baumoͤhl und Borar; ja es fan 
endlich fogar beym Lebergange aus dem dichtern ing 
bünnere Mittel dem Perpendifel zu ——— werden, 
wie bey Waſſer und Terpentinoͤhl. 
— a. a. O. $. 1720 — 1724 


6. 701, Ben dem Brechen in durchſichtigen 
ebenen Flaͤchen bleiben ſchief einfallende parallele 
Strahlen auch nach dem Brechen parallel, ſie moͤgen 
aus dem duͤnnern in das dichtere Mittel, oder umge— 
kehrt, gehen. Bey dem Uebergange aus einem düns 
nern Mittel in ein dichteres von ebener Fläche werden 
einfallende Divergirende in ihrer Divergenz, und 
einfallende comvergirende Strahlen in ihrer Convers 
genz yermindert; beym Uebergange aus einem dich⸗ 
tern in ein duͤnneres Mittel von ebener Flaͤche wer⸗ 
den divergirende oder convergirende Strahlen mehr 
Divergirend oder convergirend. Dies folgt aus dem 
allgemeinen Geſetze der Brechung (5. 694.). 


$. 702. Aus dieſem Brechen der lichtſtrahlen in 
Mitteln von verſchiedener Dichtigkeit und ebenen Fläs 
chen laͤßt ſich erflären, warum ein Öegenftand unter 
oder hinter einem ebenen Glaſe dem Ange faſt um ̃. 

näher nad) der Oberflaͤche des Glaſes zu erſcheint, 
als er wirklich liegt; warum eine Muͤnze in einem 
undurche 


0° IL heil. 2. Hauptſtuͤck. 


unduchfichtigen Gefäße, die ben einer gewiſſen Stel: 
fung des Auges nicht zu fehen ift, fichtbar werden 
fann, wenn das Gefäß mit Waffer gefüllt wird; 
warum der Boden eines Gefaͤßes mit Waſſer hohl 
zu fenn und höher zu liegen jcheint; warum ein Stod 
im Waffer gebrochen erfcheint; warum ein Zifch im 
MWaffer nicht an feinem wahren Orte, jondern unge. 
fähr um ! näher nad) der Oberfläche zu gefehen wird; 
‘warum Sterne fhon vor ihrem wirklichen Aufgange 
und noch nad) ihrem wirklichen Untergange wahrgez 
nommen, und eine Monofinfterniß gefehen werden 
fann, wenn die Sonne noch über unferm Horizonte 
erſcheintz warum die Geſtirne höher nad) dem Zenich 
zu beobachtet werden, als fie wirklich ftehen;. und 
worin endlich überhaupt die aſtronomiſche Strahlen⸗ 
brechung ( Refractio aftronomica ) befteht. 


Mufchenbroek a. a. D. |. 1928 — 1931. 


Einierrung ın die aſtronomiſchen Wiflenfchaften, verf. von Lam» 
pert Hint. Roͤhl. Th. I. Greifswalde 1768. 8. S. 96 — 140. 


$. 703. Noch gehoͤren hierher: 


1) Die vervielfältigte Erſcheinung eines Gegen: 
ſtandes durch ein Rautenglas (Poly&drum). 


Es fen ABCD (ie. 87. } ein vielflächig geichliffenes Glas. 
\ Die drep.vordern Flaͤchen BC, CD und DA feven dem 
Gegenſtande F zu gerichtet, und hinter der Fläche BA bes 
finde fib das Auge in O. Dies fiebt nun den Punct F 
drevfach, in F, in L, und in M. Denn von dem Gtrabs 
lenfegel, der auf die Flähe CD von demıftrablenden 
Puncte fält, und wovon wır hier nur die Achie Fg ges 
Kiaen baben, acht diefe Achfe, da fte fenfrecht auf den 
lähen CD und BA ſteht, ungebrochen ın das Glas und 
beraus, und gelangt zum Auae in O. Der Strablenkegel 
Fb, der auf die Flaͤche CP fällt, wird im Glaſe dem Pers 
pendifel zugeleukt und beym Austritte aus dem Slaſe 
vom Perpendikel abgelenft, und,arlanat auch zum Auae 
ta O, das nun den Gegeuſtand nah L. jegen muß. * 
v 


fo ift es endlich mit dem Strahlenkegel Fh, ber auch nad 
den erlittenen Brechungen zum Auae in O fommt und 
die Vorſtellung des Gehen in M erzeugt, 


Mufchenbroek 4, a. O. f. 1933. 

2) Die dioptrifchen Anamorpbofen, ober Zeich: 
nungen einzelner Theile, die durch ein polnedris 
fches Glas betrachtet als ein ordentliches Gans 
zes ericheinen. 

30. Geo. Leutmanns Anmerfungen vom Glatfchleifen. Wits 
tenberg 1728 8. ©. 96 ff. 

3) Die fcheinbare Ortsveränderung der Körper, 
die durch ein gläfernes Prisma betrachtet werden. 


4) Die befondern Erfcheinungen der Strahlen: 
brechung in der fuft, die an verfchiedenen Stel⸗ 
fen ungleich erwärmt, und alfo ungleich dicht 
ift, nach Hrn. Büfch und Gruber. | 


Buſeh tractatus duo optici argumenti, Hamb. 1783. Tob, 
Gruber phoficalifbe Abhandlung über die Strablenbres 
chuna und Abprallung von erwärmten Flähen, Dresden 
1737. 4 


$. 704. Merfwürdig und noch immer probles 
matifch ift die feheinbare Verdoppelung eines Gegen: 
ftandes durch den durchfichtigen RKalkſpath oder 
isländifchen Aryıtall, 

Neber bie doppelte Bre ung des burchfichtigen Kalkſpaths, 
von Hrn. Hauyz; in Grens neuem Journ. d. Phyſ. B. 11. 

©. 403. j 
$. 705: Aus den allgemeinen Gefeßen der Strah⸗ 
fenbrechung ($. 694. 695.), und der Kenntnif Des 
Verhältniffes der Nefraction der Durchfichtigen Mittel 
($. 697.) läßt ſich durch Zeichnungen oder durch 
Mechnung leicht beftimmen, wie die Brechung der 
| | Strah- - 


262 Well 2. Hauptftüch, 


Strahfen in gekruͤmmten Sfächen gefchieht. Wir 
betrachten nur hier die Brechung der Strahlen in 
Gläfern, wovon eine oder bende Tlächen eine erha— 
bene oder hohle Kugelgeftalt haben, die man Kinfen 
oder Lupen (Lentes ) nennt. Sie find entweder auf 
einer Seite eben uno auf der andern erhaben (plans 
conver) (ig. 88.); oder auf beyden Seiten erha= 
ben (convercomver ) (Fig. 89.); oder auf einer 
Seite erhaben, auf der andern hohl, fo daß ver 
Halbmefter der erhabenen Seite Fleiner ift, als der 
hohlen (Meniſcus) (Fig. 90.). Diefe drey Arten 
heißen auch zufammen erhabene Kinfen ( Lentes con- 
vexa® ), denen die hohlen Kinfen oder Hohlglaͤſer 
(Lentes concavae ) entgegengefeßt find, mo entwe— 
der die eine Seite eben, die andere hohl iſt Cplancons 
cav) (Fig. 91.); oder beyde Seiten hohl find (con: 
cavroncav) (Fig. 92. ); oder eine Seite hohl, die 
andere erhaben iſt, jo daf der Halbmeſſer der erhabe: 
nen Seite größer ift, als der hohlen (concaveonver ) 
(ig. 93.). Ein Glas, das auf einer Seite erhaben 
und auf der andern hohl it, aber mit einerlen Halb⸗ 
meſſer, z. B. ein Uhrglas, bricht die Strahlen wie 
ein planes Glas. 
$. 706. Die gerade linie DE (Fig. — wel⸗ 
che durch die Mitte der Linſe AB geht und auf ben: 
den Flächen derſelben perpendiculär fieht, heißt die 
Are der Kinfe. Die Größe der linſe beftimmt man 
nad) der Krümmung ihrer Convericät oder Concavi: 
tät, und fie heißt einzollig, zweyzollig, zehnfuͤßig, 
jwanzigfüßig, u. ſ. w., wenn der Durchmeſſer der 
Kugel 


Licht. — 463 
Kugel eE, oder dD, wovon die linſe ein Abſchnitt iſt, 
ı Zoll, 2 Zoll, 10 Fuß, 20 Fuß, u. ſ. w., betraͤgt. 


6. 707. Wenn parallele Strahlen auf erhabene 
Glaslinſen nahe ben der Achſe des Glaſes fallen, Ho 
werden fie fo gebrochen, dafs fie hinter der finfe nach 
der Achfe des Glaſes zufammengehen und fich in einem 
Puncte vereinigen, welcher der Brennpunct (Focus ) 
‚der finfe heißt. Hinter diefem Puncte durchfreuzen 
fih die Strahlen wieder und werden divergirend. 
Wenn ftatt paralleler Strahlen divergirende Strah⸗ 
fen eines leuchtenden Punctes auf die erhabene linſe 
fallen, fo werden fie nad) dem Brechen 1) weniger 
Divergirend, wenn die Entfernung des leuchtenden 
Punctes Fleiner ift, als die Brennweite der linſe; 
2) parallel, wenn der leuchtende Punct felbft im 
Brennpuncte iſt; 3) convergirend, wenn die Ent: 
fernung des leuchtenden Punctes größer ift, als die 
Brennweite. - Eonvergivend auffallende Strahlen 
werden durch diefe Linſen nach dem Brechen natür- 
licher Weiſe noch mehr convergirend. Man nennt 
die erhabenen tihfen wegen der angeführten Wirfun: 
gen auch Sammlungsglaͤſer. 


ı) €s füllen (Fig. 95.) auf die biconvere Linfe ab mit der 
Achfe derfelben, hK, die parallelen Strahlen g und b nahe 
bev der Achſe des Glafes ein. Ste werden auf der vordern 
Fläche des Blafes erſt dem Eınfallsiorhe zuaelenft, und 
beym Ausgange aus der hintern ‚Flache vom Eınfallslorhe 
abgelenft ; fie werden convergirend und vereinigen ſich 
mit der Achſe des Glaſes in F, von wo fie wicder als 

| el aus eınander fahren, wenn fie fih durchkreuzt 
aben, 

2) Wenn die Strahlen als divernirende auf diefe Linfe 
fallen, fo werden fie durchs Brechen entweder weniger 
divergirend, oder parallel, oder convergirend, nach def 


verfchiedenen Entfernung des ftrahlenden Junstes . n 
inſe. 


464° 11. Theil. 2. Hauptftüd. 


Linfe. Steht nämlich a)ıber Araßlende Yunct im Brenns 
puncte der Linfe, 3. B. in F (Fig. 25.), fo werben die 
Strahlen zu parallelen; 2) ftebt er näber, als der Brenns 
punct, fo werden fie weniger divergirend, wie Fig. 96. 
wo der flrablende Punct g näber an der Linfe ftebt, als 
der Brennpumet F, und wo die Strablen gl und gm durch 
die Brehung beym Einaange in die Linfe und beym Auss 

ange aus derielden die Richtung von dn und eo erhalten. 
Der mittlere Strahl gk geht ungebrochen durch, da er 
fenfreht auf den Flächen der Liuſe ſteht. Werden die 
Gtrablen nd und oe rüdwärts verlängert , ſo treffen fie 
in p zufammen. Da nun der Winfel Ipm Fleiner if, 

[8 Igm, fo ift auch die Divergenz der Strablen durd die 
Breduna vermindert worden, und die Gtrablen fahren 
fo aus der Linſe, als ob fie von einem weiter entfernten 
Duncte berfämen, als g if. 3) Wenn der keuchtende 
Punet weiter entfernt ift, als die Brennweite, fo werden 
die davon auf die Linie fahrenden divergirenden &trablen 
u convergirenden, wie ig. 97., wo der firablende Punct 
A weiter von der Linſe ab abftebt, ale ihr Brennpuncr F3 
die- Gtrablen Ao und Aq vereinigen fib nad den erlittes 
nen Brecbunaen binter der Zinfe mitt der verlängerten Achſe 
AG inG. Iſt G der ftrablende Punct, fo ift A der Bers 
einigungspunct der gebrochenen Strahlen. 


3) Eonvergirende Strahlen werden noch färfer convers 
girend durch ‚die Brechung in diefen Linien. Es fen (Fi. 
96.) ab eine biconvere Linfe, gegen welche die cunvers 

irenden Gtrablen nd und oe fahren, die ohne die Linſe 
n p jufammenlaufen würden. Gie werden durch Brebung 
beym Fintrirte in die Linfe und beym Austritte aus deriels 
ben nah g zu gebrochen, und vereinigen fich dafelbit mit 
der Achſe. Da nun der Winfel Igm aroͤßer ift, als lpın, 
fo ift auch die Eonvergenz der Strahlen größer (}. 658.). 


$. 708. Die Entfernung des Brennpunctes pa: 
ralleler Strahlen von der vordern Krümmung des 
Glaſes, (wenn man auf die Dice des Glaſes nicht 
Rüuͤckſicht nimmt,) heift die Brennweite (Diftantia 
focalis). Man findet diefelbe, wenn man die länge 
des einen Halbmeflers der Krümmung des Glaſes mit 
der fänge des andern multiplicirt und das Product 
mit der halben Summe diefer Halbmeffer, (beym 
Menifeus aber das Product der Halbmeſſer mit ihrer 
halben Differenz,) dividirt. Ben dem gleichförmig 
convex⸗ 


ein 465 
- gonbereonveren Glaſe ift folglich die Brennweite dem 
gemeinfchaftlihen Halbmefler der beyden Flächen des 
Glaſes gleich; beym planconveren aber dem Durchs 
meſſer der Kugel, wovon das Glas ein Segment ift, 
Bey einer Kugel von Glas liegt er um den vierten 
Theil ihres Durchmeſſers hinter derfelben. . 

Wegen der bäufigen Anwendung, die man von dem eönderen 
Blaslinfen zu madhen bat, ift es nötbig, den Abftand 
des Wereinigungspunctes der durch bie Linſe gebenden 
Etrablen mit der Achie der Kinfe, von der Linfe, beredhs 


nen zu koͤnnen, wenn der Radius der Kruͤmmungen der 
Rinfe, der Abftand des leuchtenden Punctes, und das 


Brechungsverbältniß zwiſchen Luft und Glas gegeben find, 


Die allgemeine Formel dazu läßt fich aus Folgendem her— 
leiten. Es fey ab (Fig. 98.) eine biconvere Lınfe mıt uns 
gleiben Krümmungen; der Halbmefler AK der Krümmung 
Al fey r, der Halbmefler BC der Kruͤmmung BT ſey Rz 
der leuchtende Punct O fen im der verlängerten Achie der 
Linſe. Wir wollen bier annehmen , daß der einfallende 


Strahl der Achſe ſehr nahe kinfalle, fo daf wir Ol für OA, 


PT für PB, und Al und BT für gerade Linien halten füns 
zen. Man ziehe Ki, als das Einfalsloth, und verläns 
gere OF geradlinig, fo it KIG der Einfallswinfel, und 
KG der Sinus daven. Da der Strahl beym Eintritte im 
Das Glas dem Einfallslorhe zugelenft wird, jo würde er 
nah der erften Brechung auf der Fläche Al in I die Rich⸗ 
tung IP erhalten. Man ziehe alfo IP,. und fälewon K 
Das Perpendikel KH auf IP, fo it KH der ala 
Diefer Brebungsfinns verbalte fib zum Einfallsfinusz, 
“ wenn das Licht aus der Luft in die Lınfe tritt, wie p zu gr 
und wenn es, aus der. Lınfe in die Luft tritt, wieq zu p 
Man ziehe noh aus C das Einfallsloth CT auf T, wo 
der Strahl I in der Richtung nach P zu ans dem Glafe 
tritt, und bey diefem Austritte vom Einfallslorbe ab ges 
brodhen wird und in die Richtuna TF gebt. Man vers 
längere PT nah D zu, und FT nab E zu, und ziehe CD 
auf DP und CE auf EF perpendiculär, fo it CTD ver 
@infalswinfel, CD deflen Ginus, und CTE der Bre— 
&ungswinfel, CE deflen Sinus für den in T aus der 
Kinfe in die Luft übergebenden Straß! TF. Es fm CD = 
m, KG = n. Es erbellet aus der Figur, daß piq = 


KG (oder n): KH; folglih it KH = -"1; ferner iſt 
Har, dbafgq:p= CD (ober m): CE; folglih it CE = 
Sr, & fev ferner OA, oder bie Entfernung des Teuchr 


tenden Punctes von der Zinfe, = d; die Dicke ber-Zinfe, 
6 g oder 


— 


456 


ten Werte, wez Heiz pe — r= 7, — :7. 
Bticher 


II. Theil. * 2. Hauptſtuͤck. 


oder AB, — 65 PB 23 und der gefuchte Abfland de 
Vereinigungspunctes des Strahls nach. den Rrechunge 
mit der Achſe in F, oder FB, = x. Da die rechtwinklia 
gen Drenefe OAI und OKG ähnlich find, fo it OK:0A— ' 
KG : Al, das ift, ‚nach dem vorher dafür fubftituirtem 


Werthe, dprid=n:Al; es if folglich Al m — 


Da ferner die Dreyede PAl und PKH ähnlich find, ſo ifl 
PA:PH = AI:KH, das ift, nad dem dafür fubftituirg 
| Pr 


DEREN > 
Multipfieite man sun die mittlern’und aͤußerſten 
z + doe — dar 


dieſes Verhältniſſes, fo erbält,man FT — 
= 8 tn , woraus man den Werth von = 


pP 
Ze hr Fr ER findet. Da weiter die Drey⸗ 
ede PCD und PBT ähnlich find, fo it PD:PB= CD:BT, 
di, ztR:z=m:BT. BTift af = ir 
Weil endlich auch die Dreyecke FCE und FBT abnlich find, 
. : m 
fo it FC: FB= CE:BT,d.i, x+R:x= ni : — 


xmp. max- me,R 
Hieraus entſteht die Gleichung wor⸗ 











aus man einen andern Werth für z = CH — 


erhält. Aus der Vergleichung diefer bepden Werthe, um 
x zu erhalten, und nach den gehörigen Reductionens‘ findet 
man x = — „_ _dpgßr 4 dom — 
dppR — dpqR-— pgRr — deqa — dpqr + 

dcpgR + cgaBr — — Bean wie 
adepa — depp + dppr —'eggr + epar | 
nun die Dice der Linſe AB= e für nichts oder= 0 rechnen⸗ 
wie wir in der Praris thun fünnen, fo wird in der vorigen 
Formel x = — —— ER —— 
dppR — — paRe — dpqr »idppr 








ae, eelstn nn Ast un Se TEEN ne USERBE Li 
dp mn — dqa(R+r) — qRr 
— nn IN nn, DE IR 8 ie all 
ITB-4ITR Fr) — ae Dies ift — 
meine Formel für die Geſtimmung des Abſtandes des Vers 
einigungspunctes der Strahlen vonder Linfe, ‘oder für 
FB, wo die Dide der Linfe nicht in Betracht fommt; und 
zivar dient fie micht nur für Glas, fondern für jeden ans 
dern durchſichtigen Korper, wenn nur das Brechungevers 
bälfnif (p äy) befannt iſt, und die Halbmeſſer der 


Krümmungen der brechenden Flaͤchen CR,.x), fo wie der 
| Ad ſtand 


id ’ ’ 
J 


uAb ſtand (A) des ſeuchtenden Vuiactes, in Foßen, Zollen 
oder Linien gegeben iſt. Beym Glaſe iſt p— 30, genauer 
aber = 33, q = 20 zu nehmen. 0 . 


Wenn paraliele Strablen auf die Blaslinfe fallen, fo 
wird dee oo zu ———— und es wird in der vorigen 
Back 4 „ER: — ö 
ve ——— SR nun ı) bie Glass 
linfe biconder, und zwar mit gleichen Halbmeflern der 
Krümmung, fo it R * *⸗ und fir parallele Strahlen 

r 
wird dann x= 5.7, . Wenn wirgq=z, p=3 


nehmen, ſo iſt x = ır, oder aleib dem Halbmeffer 
der Krümmung, wie ed im f. angegeben if. 3) Iſt die 
Blaslinfe planconver, fo wird für die ebene Flaͤche 
derjelben R= , und für parallele Strahlen if x — 


r & r 
17 . Wenn tir das 


ve — 0,0 7r — r u — 
—— —— im Glaſe p:yq=3!:a nebmen, fo 
wird x = ar, folglich gleih dem Durchmeſſer der erbabes 
nen Seite, tie im f. amgeneben it. 3) Iſt dıe Glaslinſe 
endlih ein Meniſcus, fo wird der eine. Halbmeſſern der 
Krümmimng, oder R, negativ, und für parallele Strahien vers 
wandelt fich die obige Formel in x — — — 
Nehmen wir dat Brechungsverhaͤltniß im Giaſe — 3:24 

2Rr 3* r 
Producte der Halbmefler, dividirt durch ihre halbe Diffes 
renz, wie es: im f. angegeben worden ift. ' Er 




















__ 


de la. Caille lectiones elementares opticae, Vindob, 
1757. 4. Rob. Smiths vollitäydiger Kebrbeariff der Optik, 
a. d. Engl. mit Aender. und IM. von Abr. Gotth. Kaͤſtner, 
Altenb 1755. 4. ©. 8ı. ff. Kaͤſtners Antangsar. der Diops 
trif, Börtina. 1780. ©. 345. ff. Rarfteis Anfangsarlınde 
der ma’hematifben Wiſſenſchaften, 8. II ©. 316. ff, 
Scherffer inftitutiones phyhic. P. II. S. 235. ff. ©. 320, ff. 


$. 709. Eigentlich fommen nur diejenigen pas 
‚‚zallelen Strahlen nad) ven Brechen in einen Punet 
zufammen, die der Achſe des Glaſes unendlich nahe 
find. Se weiter die parallelen Strahlen von der Achfe 
einfallen, deſto Fürzer ift der Abſtand ihres Vereini⸗ 
gungspunctes vom Glaſe. Die Entfernung dieſes 
vom erftern Punste. heißt die Abweichung der Strah⸗ 

Ä 92 len 


* 


468 II. Theil. 2. Hauptſtuͤck. j 
len wegen der Beftalt des Glafes ( Aberratio ex 
figura). x | 
$. 710. Sonft kann man die Entfernung des 
Brennpunctes parallelee Strahlen der erhabenen fin: 
fen, (obgleich nicht mit aller Schärfe,) auch practifh 
finden. 1) Man laſſe die Sonnenftrahlen auf die 
finfe, und die darin gebrochenen auf einen andern 
Körper fallen, und bemege die linſe fo fange gegen 
diefen, bis der Punct am heilleuchtendften und Flein: 
ften wird. Seine Entfernung von der finfe ift die 
Brennweite. 2) Man bevede die eine Fläche der 
finfe mit einem genau darauf anfchließenden Papiere, 
worein ‚viele Fleine runde föcher gefchnitten find, und 
laſſe Sieht der Sonne hindurch auf eine parallel dar⸗ 
unter gehaltene Fläche fallen. Iſt diefe Flaͤche weiter 
oder näher von ber finfe, als die Brennweite, fo ent: 
ftehen fo viel leuchtende Kreife, als Löcher im Papiere 
- find; im Brennpuncte hingegen vereinigen fie fich 
alle in einen Kreis. 3) Man halte die finfe gegen 
eine weiße Wand ober Tafel, und laffe nun ei⸗ 
nen Gegenftand, deſſen Diſtanz die Brennweite des 
Glaſes aber menigftens taufendmal übertreffen muß, 
darauf durch die linſe fi abbilden. Wenn das Bild 
am deutlichiten Ift, fo fteht die Wand in der Brenn; 
weite der fine. 4.) Am beften findet man dieje auch 
in einem dunkeln Zimmer, in welches durch die Linſe 
das Sonnenlicht hineinfält. Die Entfernung der 
Spiße des fid) hier bildenden Strahlenfegels von der 
linſe ıjt die Brennweite. Die Gründe von allem dies 
fen werden aus dem Folgenden erhellen, | 
or $. 7II. 


— 2 i ch t. —7 469 


. 711. Jetzt laͤßt ſich auch beſtimmen, wie dieſe 
erhabenen linſen Bilder von den vor ihnen befindlichen 
Objecten machen, wenn man zugleich das erwägt, was 
($. 682.) gefagt worden ifl. 1) Wenn die von Einem: 
Punete des Gegenftandes ausfahrenden und auf die 
Sinfe fallenden Strahlen als parallel anzufehen find, fo 
ift der Brennpunet das Bild des Gegenftandes, und 
man fann ihn überhaupt als das Bild eines unendlich) 
entfernten Gegenftandes anſehen. 2) Kein Bild 
kann dem Glaſe näher liegen, als der Brennpunet. 
3) Wenn der Gegenftand im Brennpuncte fid) befin- 
det, fo macht er gar Fein Bild, oder er macht ein 
unendlich großes Bild, in einer unendlichen Entfer- 
nung, weil die divergirenden Strahlen dann nad) 
dem Brechen zu parallelen werben, die nicht, oder 
in einer unendlichen Entfernung, zufommenlaufen. 
4) Wenn aber die Strahlen von einem Objeete kom⸗ 
men, das noch weiter vom Glaſe liegt als der Brenn: 
punct, und deffen Strahlen, die von feinen einzelnen 
Yuncten auf die Sinfe fallen, als divergirende darauf 
kommen, fo vereinigen fi die Strahlen eineg jeden 
Punctes des Objects, wieder hinter ber finfe und 
machen ein Bild des ganzen Gegenftandes, das aber 
verkehrt liegt, und weiter vom Glaſe entfernt ift, ala 
Die Brennweite, 5) Würde in diefem Galle an dem 
Drte bes Bildes der Gegenftand ſeyn, fo würde das 
Bild deffelben da zu flehen Fommen, mo der Det des 
Gegenftandes felbft war. 6) Ze näher das Obieet 
dem Glaſe fommt, defto weiter rüdt das Bild vom 
| ehr weg und wird zugleich deſto größer; und es 
wird 


470. II. Theil. 2. Hauptſtuͤck. 


wird endlich ganz verfchwinden, wenn das Dbjert in 
den DBrennpunct des Glaſes fommt. 7) Endlich, 
wenn der Gegenſtand näher nad) dem Glaſe liegt, als 
der Brennpunct, ſo fanı gar Fein Bild entſtehen, da 
die Strahlen, nicht zufammenfahren, fondern diver- 
girend bleiben. 


Berfuhe: 1) Das Bild-der Flamme eines Lichts ſtellt ih 
hinter einer converen Yinfe klein und verfehrt vor, went 
die Flamme weit vom Breunpunete der Linfe entfernt iſt; 
wird arofier und entfernter, wenn bie Plamme dem Brenu⸗ 
puncte näher kommt; verſchwindet endlich gaͤnzlich wen 
die Flamme in den Brenupunct kommt. 


2) Man laſſe im finftern Zimmer die parallelen. Strahlen der 
Sonne auf eine erhabene Linſe Faller, wo man dei durch 
Brechuug in der Linſe hinter derfeiben ſich bildenden Strabe 
Tenfedel, und den umgekehrten nach der Durchkreuzung der 
Strahlen wahrmehmen fann. 


Die Strahlen der Sonne find wegen ber weiten Entfernung 
derfelben von der Erde als parallel unter einander anzufes 
ben; daher zeigt, fich binter-der Ölaslınje im Brennpuncte 
derfelben das Freisrunde Bild der Sonne, der wegen der 
Erhitzung / die er.bemwirft, au der allaemeinen Benenuung 
des Brennpunctes für den Vereinigungspunct der parallel 
einfalenden Strahlen Aulaß gegebem hat. 


Serner balte man eine erhabene Linſe von mebrern Zollem 
Brennweite erft dicht vore Auge, und febe dadurd nad 
einem gebürig erfeuchteten Begenflande, der viel weitet 
vom Glaſe abſteht, als die Brennweite; fo wird man dem 
Gegenftand dadurch-erfennen: man entferne mun die Liufe 
vom Auge, fo wird der Gegenſtand allmählig dem Auge 
verichwinden; ben noch weiterer Entfernung der Linfe vom 
Auge aber eudlich verfebrt und verfleinert wahrgenommen 
werden, und defto Fleiner erfcheinen, je weiter man die 
Linfe vom Auge entfernt hat. 


Es fen ( Fia, 99. ), OCB ein Obiect, das von ber bicons 
veren Slaslinfe ab weiter abftebe, ais derfelben Brenns 
punct #7 Bon dem mittlech Mirncte C des Dbiecte acht 
ein Strahlenfegel nah der Linie, und die divergirenden 
Strahlen deffetben "werben, zu Converairenden, vereinigen 
fi aber fpäter zufammen als in der Brennweite der Yinfe 
f, wie die Berechnung im . 708. lehrtz fie kommen im 
© zufammen und fahren bier wieder als divergirende aus 
einander, hr Vereinianngspunet in eo ift das Bild vom 
zus C. Eben fo werfen die Puncte O und B jeder einem . 

trablenkege! mac der Linie, und die Strahlen jedes Kes 
geld erden. durch die Brechung zw eonvergirenden und 
machen ein Bild in o und b von den Puncten O und 2 

o 


tige 2 io. 471 
So enfſſteht nun ein Bild des des ganzen Objeets OCB, 
das aber gegen das Obiect verkehrt ſteht und der Liuſe 
näber ift, als das Dbject auf der andern Scite. Wenn 
a. = beo das Obiect waͤre, fo wärde OCB das Bild dayın 
—— feyn. — Wenn in bco eine zjurädftrablende Fläche if, 
die fonft nar wenig Erleuchtung erhält, fo wird das Bild 

bco des Gegenftandes OCB darauf wahrzunehmen feyn. 
"6,9712. Die Entfernung des Bildes hinter dem 
Glaſe findet man, wenn man das Product aus der 
Brennweite des Glaſes in die Entfernung des Ob: 
jetr8 vom Glaſe durch die. Differenz der Entfernung 
des Objeets von der Brennweite bes Glaſes dividirt. 
Der Quotient giebt die Entfernung bes Bildes. : Die 
Entfernung des Objects vom Glaſe verhält fich zur 
Entfernung des Bildes von demſelben, wie der Halb: 

meffer des Objects zum, Halbmeffer des Bildes, 


6. 713. - Zur Erläuterung ber bisher vorgetra⸗ 
denen Süße von der geradlinigen Ausbreitung bes 
Lichts, der Zuroͤckſtrahlung, und befonders ber Bre⸗ 
chung in erhabenen Glaͤſern, und auch ſonſt zur Be⸗ 
lehrung und Beluſtigung, dienen: 

2) Die Camera obſcura des Baptiſta Porta, 
wovon man die opeifche und Dioptrifche unter: 
ſcheidet. Zu det letztern gehhrt auch die fo ge: 

nannte belle Zammer (Camera clara J 
I. B. Portae Mike vatnralis, iive de miraculis rerum 


naturalium, libr. IV. . Neap. 1558.,$01. Antverp: 1376. 
12. Gebr verm. in libr. XX. Neap. 189. Fol. Amftelod. 


1. 2664 12. | | 
‚ 2) Rirchers Zauberlaterne (Laterna magica ). 


‘Achanaf. Kircheri ars magna Ineis et umbrae. Amſtelaed. 
t671. 801. ’s Gravefande Phiyl elem. mathem. T. 11. 

Sa 373. ff. | | 
1) ‚ ta » 3) 


472 1. Theil. 2. Hauptftüd.. 
3) Lieberkuͤhns Sonnenmitroffop (Microfco- 


pium folare). 


Befchreibung eines verbefferten Sonnenmikroſkops, von 
Ernſt Bafıl. Wiedeburg. Nuͤrnb. 1758. 4. 


4) Adame Kampenmikrofkop. 


Elfay on the micerolcope, by Adams, Lond. 1787. gr. 4. 
8 65. Theorie und Beſchreibung des von dem juͤngern 
Herrn Adams verbeflerten Lampenmifroffops, von Herri 
nn ‘in Grens ueuem Journal der Phyſik, B 1. ©. 
297. Is —F 


5) Martins Sonnenmikroſkop für undurchſich⸗ 
tige Gegenſtaͤnde, wozu auch Aepinus eine 
Einrichtung des gewoͤhnlichen Sonnenmikroſkops 
nach Lieberkuͤhns Vorſchlage beſchrieben hat. 


Deſeription and ule of an opake ſolar mierofcope. Lond. 
1774. 3. Adams a.a.D. ©.92. Emendatio microlcopii 
folaris, auct. F. V. T. Aepino, in den'nov. Comment, 
petrop. T. IX. ©. 316. ff. i 


3) Die optiſche Camera obkura macht man gewöhnfich daraus 
begreiflich, daß man annimmt, es fahre (Fig. 100) durch 
die enge Deffnung £ der Wand ab, die das finftere Zimmer von 
ben erleuchteten Gegenftänden trennt, von jedem Puncte: 
diefer Geaenftände, welcher der Oeffnung zugefebrt ift, ein 
Lichtſtrahl durch das Loch, (wie von den Buncten C, E unb 
D des Gegenftandes der Strahl Cc, Ee und Dd,) unb 
falle auf die Wand: ım finftern Zimmer, obne daf zualeich 
von den benachbarten Puncten des Gegenftandes ein Licht⸗ 
ſtrahl auf denſelben Puuct diefee Wand fallen kann. AL iron 
diefer Wand gehen nun die Fichtftraßlen wieder zurüd im 
das Nuge des Zuſchauers, der alfo auf derfelben das ums 
gekehrte Bild deo des Gegenftandes CED fiebt. Denn da 
die Strablen fih in der Deffnung durchfrenzen, fo muß 
das Bild verkehrt werden, Es wird defto fleiner on nrüfs 
fen , je näher die Wand, worauf es fih abbildet, an der 
Definnna ſteht; defto größer, je weiter fie davon entfernt 
iR. Judeſſen ift diefe VBorkellung von einzelnen Lichtſtrah⸗ 
len, die von den Puncten des Gegenſtandes nach der Defts 
nung zu geben follen, nicht der Natur gemäß, fondern e® 
fahren vielmehr von den efleachteten Pıracten Gtradlentes 

nach der engen Deffnung f, die ihre Spike am firabs 
enden Vuncte haben, und deren Grimdfläche die Deffnan 
Kif. Die Strahlen diefer einzelnen Lichtkegel breiten fi 
bey ihrem Fortgange durch die Deffunng im Bimmer 
mer weiter aus, und bilden auf der Wand, von der fie 
aufgefangen werden, erleuchtete Kreisflächen oder: elliptifche 
Flaͤchen, je nachdem fie ſenkrecht oder fchief darauf 33 


Bere #73 


Diefe Flähen, die von den Kegeln benachbarter ſtrahlen⸗ 
der Puncte des Objects herruͤhren / deden fich größten Theils; 
von jeder Fläche bleibt aber doh ein Punct, nämlich um 
des Lichtfegels Achſe, der das empfangene Licht reiner und 
minder vermiſcht ins Auge diverairend zuruͤckſtrahlt, als 
die iibrigen , von andern benachbarten Flächen mehrraededs 
ten, Duncte diefer Flähe. So entftebt nun durch dic Zus 
rüdftrablung von diefen Buncten der Wand aba de 
eines Bildes des Seaenftandes; Da die Strahlenkehel fi 
ducchkreuzen, fo it das Bild verfehrt. Je weiter von der 
Definung im finftern Zimmer das Bild aufgefangen wird: 
um defto geringer ift wegen der Divergenz der Strahlen 
die Erleuchtung der zurüdftrablenden Puncte der Wand; 
um defto minder lebhaft IR alfo das Bild, und auh um 
befto mehr vergrößert. Da die weiße Wand das Licht fo 
uruͤckſtrahlt, wie fie es empfängt, fo behalten auch die 
Duncte bes Bildes die Farbe, welche die Strahlen des 
trablenfegels hatten, von dem das Licht des Punetes bers 
rührt; das Auge ficht alfo das Bıld mit den natürlichen 
ing des Objects. Te größer die Deffnung £ wird, des 
o umdeutlicher wird das Bild, weil fich dann deſto mehr 
Strahlenfegel verfchiedener Puncte decken, folglich jene zus 
rüdftrablenden Puncte der Wand defto mehr das Licht vers 
miſcht mit dem Lichte anderer benachbarter firablender Puncs 
te dem Auge zufenden , und alfo das Bild des ganzen Ger 
5 weniger rein erhalten werden kann. Indeſſen 
arf auch die Oeffnung nicht gar zu fein ſeyn, weil ſonſt 
wieder nicht Erleuchtung genug Statt findet, um die Netz⸗ 
baut im Auge gehörig zu afficiren. Hierin ift auch der 
Grund zu fuchen, warum man bey verengerter Pupille, 
wenn man aus dem ftarfen Tageslichte plöglic ing finftere 
Zimmer tritt, das Bild der Wand nicht gleich ſieht, fons 
ern erft 3 ug nachher, wenn durch die erfolgende 
Erwelterung der Pupille mehr Licht ins Auge kommen 
kaun. Lebrigens erhellet aus dem Angeführten leicht, wars 
um die Bilder im finftern Zimmer nie ſcharfe und genaue 
Umeifle und nie die Dentlichkeit des Gegenftandes haben, 
und warum fie, bey übrigens gleicher Oeffnung und gleıs 
her Entfernuna der Wand davon, defto lebbafter find, je 
mehr die ſich abbildenden Gegenftände erleuchtet find. 


In jeden Zimmer, vor welchem erleuchtete Gegehftände 
fteben , deren Puncte durch die Fenfter des Zimmers Strab⸗ 
lenfeae! auf die Wände des Zimmers werfen, würden Bils 
der dreier Gegenſtaͤnde entfteben müflen. Da aber bier je—⸗ 
‚der Punct der Wand nicht bloß von einem Puncte der Ges 
genftände, fondern auch von unzähligen andern zugleich 
Licht empfängt, das er wieder zuruͤckſtrablt, fo kann Bein 
reines und unvermifchtes Bild der Gegenftände erzeugt vers 
den; wir koͤnnen alfo Feine Bilder empfinden , fondern fes 
ben bloß die zurüdftrahtenden Puncte der Wand ſelbſt. 


Mens in die Oeffnung F der Wand des finftern Zimmers 
ab (Fig. 101.) eıne tleine erbabene Glaslinfe geieht wird, 
deren Brennweite mehrere Fuß beträgt, fo werden die ee 

verg 


474 


— 


weit von ber 


IL Theil: 2. Hauptſtuͤck. 
verairenden Gtrablen der Strablenfeael, die von den leuch⸗ 
tenden Duneten der Gegenftände nach der Linſe zu aeben, 
durch die Brebuma zu consergirendenz; wird nun die Wand⸗ 


auf der ſich das Bıld abmablen fol, aenau in den Bereis 
nigungspumct der Etrablen der einzelnen Strahlenfegel ge⸗ 


ſtellt, fo entftebr ein reimeres Bild des ſtrahlenden Punctes, 


und fo des aanzen Gegenſtandes auf der Wand ın diefer 
dioptrifdyen Camera obſcura, als in der vorigen optifchen. 
Da aber ben der verichiebenen Entfernung mehrerer frabs 
lenber -Puncte der Objeete, umd eines und deſſelben Ob⸗ 
jects, von der Linfe, der Vereinigungspunct der einzelnen 
©trahlen, die de einerien Strablenkegel gebören , ungleich 

infe entfernt if; fo fiebt man leicht, daß 
man von dem verfchiedentlich weit entfernten Begenfländen, 


oder Duncten der Gegenftände, nicht gleich deutliche Bils 


der erhält. 


Hierher aebört nun auch die tragbare Camera obfura 
Camera obfcura portatilis), der im Ganzen die Einrichs 


tung des einentlih ‚finftern Zimmers ahnlich if. CM. f. 


Muj/chenbrock introd, ad philof. nat. f. 2333.) 


Die Rheinthaleriſche Camera clara ift im Grunde nichts 
weiter, als eine folcbe tranbare Camera obfeura, übertrifft 
aber au Nettigkeit der Abbildung und an Klarbeit des Bils 
des die letztere fehr; ihr Unterfchied ift, daß das Bild dars 
in nochmals durch ein erhabenes Glas betrachtet wird, und 
dafı wegen der großen Definung der Gläfer die Darflelluna 
darin sehr licht und heil wird. Es fen (Fig. 102.) DFGH 
ein bölserner Kaften, der zur Verhütung des falfi Lichts 
inwendig ſchwarz gefärbt if. Im der vordern Wand 
DG ift ein erbäben gefchliffenes Glas; in der ed 
che Im ftebt ein Vlanfpiegel, und in der obern Wand DF 
iſt wieder ein erbaben geſchliffenes Glas. Wenn nun die 
pordete Wand DG einem erleuchteten a zuge⸗ 
Febrt iſt, der weiter davon abſteht, als die Brennweite der 
Linfe in DG beträgt; fo würde er in dem Kajten binter 
der Linſe ein antachehrted Bild von fib machen, das um 


deſto mehr verkleinert ift und defto näher aegen die Linie 


au ſteht, je weiter der Gegenftand vom Glaſe entfernt if, 
wie aus dem Vorigen befaunt ift. Ebe aber die Strablen 
der einzelnen Strahlenkegel zu einem Puncte, oder zu eis 
nem Bilde des Vunetes, zufammentreffen fonnen, fahren 
fie auf den Planfpiegel Im, werden von diefem unterl eben 
dem Winkel reflectırt, unter dem fie auffallen, und mas 
chen ein borizontales Bild des ganzen Gegenftandes in der 
Verkleinerung, die der Meite des Gegenſtandes und der 
Krümmung der Linſe zugehörig ift. Da diefes Bild der obern 
Linſe näber liegt, ale — Brennweite beträgt, fo werden 
die davon ausfahrenden Strahlen bloß als minder divergi⸗ 
vende ind Auge fommen, und alſo nur verutfachen, daß 
das Bild tiefer vom Auge binabgefegt ann unter einem 
aröfern Sehewinkel wahrgenemmien wird. Je weiter der 
Segenſtand von der Linfe ın DG abrüdtz; deflo weiter lieat 
das Bild ab vom der Linfe in DF hinab entfernt; deſto wer 

niger 


* 


ee al 25 


niger divergirend erden die Strablen, die von dem Puncs 
ten, welche das Bild machen und nach der Linſe in DF 
zu geben, nah der Bredung in derfelben folglich defto 
weiter fcheint das Bild entfernt. Daber bilden fir Lands 
fhaften- u. dergl, Gegenftäude in diefer Camera clara pers 
fpectinifch-ab. Gewöhnlich ift die Einrichtung fo gemacht, 
dak die Wand DG vom Spiegel ml mehr oder weniger ents 
ferut werden kann, wodurch das Bild eines naben Gegens 
ſtaudes, welches dur das Glas im DF betrachtet wird, 
mehr oder weniger vergrößert erfcheint. Um das Bild im 
diefer Camera clara zu feben, muß man das Auge über 
das Glas in FD halten, Es ift aber zu merfen, daß auf 
diefes Glas wenig oder fein fehr ftarfes Licht von audern 
Gegenftänden Fallen muß, wenn man das Bild, darunter 
geborig deutlich fehen wills daher it es am beften, auf DF 
noch einen oben offenen vieredigen, immendig geichwärzs 
ten Kaften von Pappe oder Holz zu feßen, in den man binab 


: #) Das Weſentliche der Zauberlaterne wird au? Folgendem ers 
heilen.” Im Brennpuncte F eines Hohlipiegeld ab (Fig. 
103.) ftebe die Flamme einer Lampe. Die divergirenden 
Strahlen Fg, Fe, Fh werden von demfelben als parallele 
aurüdgemworfen ; fie treffen bev ihrem Kortgange auf d 
erbabene Glas kl und werden durch daflelbe zur conver 
renden Strahlen gemacht. Ebe fie aber noch in dem Brenns 
puncte der Linfe kl zufammenlaufen, treffen fie auf die 
durhfbeinend gemahlte Abbildung auf Glas, das in ADB 
ſteht. (Die übrigen Stellen des Glaſes find undurchfichtig 
ag Die Strahlen gewähren ſolcher Geſtalt der Abs 
dung eine ftarfe Erleuchtung. Sie fabren convergirend 
auf die zwente Blaslinfe mn und werden dadurch noch 
ſtaͤrker comvergirend; fie treffen in E mit der Achſe zufams - 
men; durchkreuzen fich dafelbft , und geben als diverdirende 
auf die dritte Glaslinfe op , wo fie, weil FE näber liegt, als 
die Brennweite paralleler Strahlen ift, ald minder divers 
irende ausfahren. "Steht num die Lampe: in ein Ges 
Häufe eingeichloffen , das bloß nach der Geite der Linien zu 
offen ift ‚, fo wird in einem dunfeln Zimmer auf der weifen 
Wand bda ein hell erleuchterer Kreis gebildet, wenn das 
Gemaͤhlde AB nicht da iſt, der defto größer if, je meiter di 
Wand bda non der Zanberlaterne entfernt fteht, der aber 
auch deſto meht in der Intenfität feiner Erleuchtung ges 
ſchwaͤcht if. Daß letzte Glas op muß von mn mehr ent? 
- fernt oder ihm mehr genäbert werden fünnen, damit die 
durch daffelbe hindurch fahrenden Strahlen weniger oder 
mehr divergirend nemacht werden fünnen., Wird das Ges 
maͤhlde an feinen Drt ADB geftellt, fo mahlt fi das Bild 
auf der Wand bda ab, und zwar umgefchrt, wegen der 
Durchfreuzung der Strahlen in f. Da aber eiaentlich von 
den Puncten des erleuchteten Gemaͤhldes in AB nicht einzelne 
Lichtſtrahlen, fondern Strablenfegel ausfahren, Deren 
Gtrablen durch die Brechung in op wieder au convergirens 
den werden , fo wird das Bıld auf der Wand bda nur beo 
einer gewiſſen Entfernung derfelben von der Linſe op — 
gebos 


» 


476 


IL Theil: 3 Hauptſtuͤck. 
—J Deutlichkeit haben, naͤmlich nur alsbatin;: wenn 
te Vereinigungspuncie der Strahlen einzelner Sirahien⸗ 
kegel genau auf die Wand treffen. Iſt dies nicht der Fall, fo 
muf man die Linſe op, oderdie ganze Beräthichaft, fo lange 
verichieben , bis das -Bild die gehörige Dentlichfeit hat. 
Damit das Bild — werde, ſtellt man das Gemaͤhlde in 
AB verkehrt. Laͤßt man das Bild in einen auffteigenden 
Rauch fallen, fo fcheint es einen körperlichen Ranm einzus 
nebmen und Fann täufchende Erfcheinungen bervorbringen. 


Das — — deſſen Erfinder ber. ſel. Lieberfühn 
if, iſt von der Zauberlaterne dadurch unterſchieden, daf 
die Erleuhtung daben durch das ungleich ftärtere Sonnens 
licht erhalten wird. Es werden nämlich die Strahlen der 
Sonne durch einen Planfpiegel auf eine in der Deffnung 
des finftern Zimmers ftehende Glaslinfe fenfrecht reflectirt 
und durh Brechung zu "convergirenden gemacht; ebe fie 
aber noch in den Brennpunct der Yinfe zufammenlaufen, 
treffen fie in dem Rohre, worein man fie geben läßt, auf 
einen kleinen durchfcheinenden Gegenftand, der in einem 
Dbjectenträger gehalten wird, und gewähren. ihm ſo eine 
Sehr ftarfe Erleuchtung. Die davon ausfahrenden: Lichts 

rablen gehen dann. wieder auf eine Feine mifroffopifche 

infe, die. der erftern Linfe etwas näher fteht, als die Sums 
me ihrer Brennweiten befrägt, damit die Ötrdblen ale 
ftarf divergirende aus ihr. berausfahren. Stellt man nun 
eine weiße Wand gegen über, fo bi'det ſich das Feine Dbr 
ject darauf ungemein ftarf vergrößert aby und zwar um 
deſto mehr, je weiter man die Wand davon entferut, oder 
je Eleiner die Brennweite der mitroftopifchen Linfe if. Eis 
gast ift es doch nur der Schatten des Objects, der feine 

mriffe beftimmt, obgleich auch die durchfcheinenden Gtels 
len defielben Licht durchlafien , und. daher au im Bilde die 
Zarbe zeigen, die fie felbft Gaben. 


Die nähere Befchaffenheit diefer ſchaͤtzbaren Vorrichtun 
laͤßt ſich am beften durd die Zerlegung derſelben und dur 
ihren Gebrauch zeigen. J— 


$. 714. Hohlglaͤſer ($. 705.), namentlich das 
Planconcanglas, das concavconcave, und conver: 
eoncabe, zerfireuen die Strahlen, welche von den 


erhabenen Öfäfern gefammelt werden ($. 707.), und 


heißen besiegen auch Zerftreuungegläfer. ı) Pa: 
wallel mit der Achfe darauf fallende Strahlen werden 


nach 
tung 


der auf der andern Seite des Glaſes liege und der 


dem Brechen divergivend, und haben eine Rich: 
‚, als wenn fie alle aus einem Puncte kaͤmen, 


Zer⸗ 


us De 477° 
Serftreuungepunet (Punctum difperßonis) ober der 
eingebildere Brennpunct heißt; 2) divergirend dars 
auf fallende Strahlen werben nad) dem Brechen noch 
mehr divergirend; und 3) convergirend auffallende 
werben entweder weniger condergirend, ober parallel, 
oder gar divergirend, je nachdem ihre Convergenz 
größer oder geringer ift. - | 


1) Es falle (Fig. 104.) auf die biconcane Glaslinfe ab der 

Strahl op, fo wird er, weil er fenfrecht auf den Flähen - 
der Line fteht, ungebrochen nah k hindurdgeben. Mit 
biefem falen die Strahler nd und me parallel. Sie wer⸗ 
den auf dem Einfallspuncte der erfiern Krümmung der Linfe 
dem Einfallslothe zugelenft, und beym Austritte aus der 
andern Krümmung vom Einfallsiothe daſelbſt abgelenkt, 
und erhalten, die Richtung nah t und ſ. Sie fahren alfo 
divergirend aus, fo, ald wenn fie, ohne die Lınfe, vor 
F berfämen. Diefen Punct F nennt man daber auch den 
eingebildeten Brennpunct der parallelen auf die Linfe fallehs 
den Strahlen. 


=) Es fallen (Fig. 105.) von dem Puncte d die divergirend aus⸗ 

. „ gebenden Strahlen df, de und dg auf die biconvere Linfe 

ab. Der Strahl de geht ungebrochen durch nad) 1, da er 

ſenkrecht darauf fteht; die Strahlen df und dg hingegen 

werden durch die doppelten Brechungen auf beyden Flächen 

der Linſe in die Richtungen nah k und. m gebracht und fahs 

ren fo auß dem Glaſe, als ob ſie von o herfämen. Da der 

Winfel kom größer ift, als fdg, fo if die Divergenz der 
©trahlen vermehrt. * 


3) Es fallen (Fig. 105.) die convergirenden Strahlen k, 1, 
and m auf die Zinfe ab; fie werden durch die Brechung 
nah d zu gehen und dafelbft zufammentrefften. Da nun 
£dg £teiner ıft, ald kom, fo ift die Convergenz vermindert, 


Wenn die convergirenden Etrahlen t, k, L (Fig. 1 
nach dem imaginären Brennpuncte F der-biconveren fin 
ab zu gerichtet find, fo werden fie durch die Brechung zu 
den parallelen dn, po,em, 


Wenn endlich die convergirenden Strahlen t, k, und £ 
(Fig. 106.) nad o, als der doppelten Brennweite der Linfe 
ab, zu gerichtet find, fo werden fie nach der Brechung fo 
divergiren, als ob fie-von der doppelten Brennweite der 
Rinfe auf der andern Seite herrüßrten, 


— 


* * 
* 


Um den Ahftand ‚des imaginären Vereinigungẽspunctes der 
von einem Gegenftande auf die Hohlglaͤſer — * 
vergi⸗ 


278 II. Theil? 2 Hauptftüd. 


. ‚sergirenden oder parallelen Strahlen Hinter der "Tinfe, 
oder x, zu finden, dient die oben 4 708. Anm.) bergeleis 
° tete Formel ebenfalls, wenn der Abftand des ftrablenden 
Yunctes (d), die Halbmefler der Krimmungen der Line 
R, r), und das Brechungsverbältnig (p : q) gegeben ins 
nur mit dem Unterfchiede , daß der Fäbter-des. Bruchs das 
Zeichen: —, erhält, und der Vereinigungspunct aljo ruͤck⸗ 
waͤrte binter der kinſe liegt. 1 


Es iſt dieſemnach im Allgemeinen x = 2 
— Fuͤr parallele Strahlen 


ws d= »,pidx= — en) ı) IAdie 
Blaslinfe biconcav, und zwar mit gleichen. Halbmeflern der 

e 5 e m» r? > 
Krümmung, fo ift für parallele Strahlen x = ãA— 


und wenn beym Glafep :q = 3 : 2 angenommen wird, 
\ fo if in diefem Falle x = — r. 2) Wenn die @taslinie 
| planconcav ift, fo ift, weil dann R .s zu ſetzen if, für 
parallele Strahlen x = — und wenn wir p!igq= 
3:2 nehmen, x — ar. ») In das Glas comverconcay; 
fo ift für paraßele Strahlen x = —— I — zund 


— q)ir— R) 
für das angeführte ————— des Glaſes iſt x 
r 


"say 
$. 715. Da die Hohlgläfer die Strahlen, - wel: 
che bivergirend von einem Gegenftande ausfahren ($. 
714:), jerfteeuen, und der Punct des Bildes eines 
Gegenftandes nur da gefehen werden kann, wo zwey 
unendlich nahe einfallende Strahlen ſich durchſchnei⸗ 
den ($. 682.), diefes aber in Hohlgläfern nicht ge: 
fehieht; fo fieht man, daß fie auch kein Bild von den 
Gegenftanden machen fönnen. Da fie aber aus dem. 
Glaſe in einer folhen fage aus einander fahren, daß 
fie ruͤckkwaͤrts verlängert hinter dem Glaſe in einer 
ley Vereinigungspunct zufammenlaufen wuͤrden, fo 
' Dimnmt man dieſen eingebildeten Vereinigungspunct 
— * Strahlen von einem. Object: als das, Bild Des 
——— | | Objects 


Hide. 479 


Objetts an. Diefes Bild iſt aber nur «in mathemati⸗ 
ſches, und fein phnfifches Bild. - Auch. jedes erhabe⸗ 
ne Glas hat die Natur des Hohlglafes, wenn der Ge- 
genftand demfelben näher liegt, als ver Brennpunet 


‚G. 711.0 7.). 


Verſchiedene Brehbarteit des farbi⸗ 
gen Lichts. | 
Newtons Farbentheorie, 

$. 716. , Mit der Brehung des fichts in durch 

fi tigen Mitteln von verfchiedener Dichtigfeit ift noch 
ein anderer merkwuͤrdiger Erfolg verbunden, nämlich 
die Trennung des weißen $ichtftrahls in mehrere. de- 
faͤrbte. Wenn man diefemnad) ein dünnes Bündel 
weißer Somenftrahlen FG (Sig. 107.) durch eine 
Kleine runde Deffnung von ungefähr ! Zoll im Durchs 
mefjer in ein dunfles verfinftertes Zimmer ‚fo fallen 
läßt, daß es von einem gläfernen horizontal gefiellten 
brepfeitigen Prisma P aufgefangen wird, fo wird 
der Strahl nad) dem Durchgange durchs Prisma auf 
der vertica! ftehenden Wand in I fein rundes und weis 
ßes Bild der Sonne machen, mie er thun müßte, da 
bey der Brechung in ebenen Flächen parallele Strahs 
len parallel bleiben ($.701.);. fondern man fieht auf 
der Wand ein längliches Sarbenbild (Spectrum) 
BC, das an den beyden Seiten durch. gerade parallele 
— oben und unten aber durch Cirkelbogen begtenzt 
ft, und aus folgenden über. einander liegenden, in 
einander fließenden, und verſchiedentlich gefärbten 
— beſteht; naͤmlich von unten nach oben zu: 
roth, 


480 IL Shell: 2. Hauptftüd. | 


vorh, orange, hellgelb, geün, hellblau, indigo⸗ 
blau, violett. 


$. 717. ‚Ehe wir zur Erflärung dieſes an frucht⸗ 
baren Folgerungen ſo uͤberaus reichen Phaͤnomens 
übergehen, das ſeit Newton ben Namen der ver⸗ 
ſchiedenen Brechbarkeit des Lichts (Diverfa refran- 
gibilitas ftaminum. BHeis) erhalten hat, wollen wie 
erft noc) mehrere Limftände des Phänomens näher bes 
trachten,, ‚die zur Erläuterung der Theorie des uns 
fterblichen Erfinders und feiner Darauf gebaueten fehre 
yon den Sarben abzwecken. 


‚ Optice, five de reflexionibus, refractionibus, inflexioni- 
bus et coloribus lucis, libri IIF, auet, If. Newtone , 
lat. redd. Sam. Clarke, Lond. 1706. 4. 


$. 718. Die Breite des auf.der Wand in BC 
€ Sig. 107.) bervorgebrachten Farbenbildes ift die 
des mweißen Kreifes, der ohne das Prisma von dem 
Strahle Fg in I wuͤrde gebildet werden; die fänge des 
Bildes übertrifft die Breite etwa fünfmal. Wenn 
man die fänge des Farbenbildes — ı feßt, fo beträgt 
die Höhe des rothen farbigen — 2, des oran⸗ 
gefarbenen z&, des hellgelben z?, des grünen %, des 
hellblauen X, des indigoolauen Z, des violblauen #. 
Theilt man die Peripherie eines Kreifes nach Verhäft: 
niß diefer Räume ein, fo fommen für das Rothe 45, 
für das DOrangegelbe 27, für das Helfgelbe 48, für 
das Gruͤne 60, für das Hellblaue Ko, fir das Ins 
Digoblane 40, und für das Violblaue go Grade dies 
fer Peripherie, | 


J $. 719. 


. 


Licht. 481 


$. 719. Wenn man die durch das erſtere Pris: 
ma P hindurch gehenden gefärbten Strahlen (Big. 
108.) etwa in der Entfernung von einem Fuße durch 
ein zweytes drenfeitiges Prisma AB, deffen Achfe vers 
tical geftelle ift, gehen läßt, fo erfcheine das Farben⸗ 
bild auf der Wand mit denſelben Dimenſionen und 
in feiner Farbenreihe dem erſtern aͤhnlich, aber in ei— 
ner geneigten Stellung MN, | | 


$. 720. Wenn man in dem Verfuche (Big, 
107.) durchfichtige Glaͤſer, die gleichförmig roch, oder 
geün, oder blau gefärbt, und auf benden Slächen 
eben find, hinter das Prisma in der Entfernung von 
einem Fuße in die aus demfelben fahrenden gefärbten 
Strahlen hält, fo läßt jedes Glas nur diejenigen ges 
färbten Strahlen durch, die es im gebrochenen Sichte 
zeigt ‚ und die Durchgehenden Strahlen bilden auf der 
Wand einen einzigen, gleichförmig gefärbten Kreis, 
deſſen Durchmeffer die Breite des Farbenbildes har. 


$. 721. Man laffe einzelne gefärbte Strahfen, 
bie aus dem erften Prisma SVT ($ig. 109.) heraus: 
fommen, in einer hinlänglicyen Entfernung Durch ei⸗ 
ne Feine Deffnung X eines vertical geftellten Bretes 
PO gehen, und, um bie darüber oder darunter be; 
findlichen anders gefärbten Strahlen defto beffer abzu⸗ 
ſondern, ſie noch einmal durch die eben ſo große Oeff⸗ 
nung eines andern Bretes pq treten, das mit dem 
erftern parallel, und etiva 10 bis 12 Fuß davon ges 
ſtellt iſ. Die durchgehenden Strahlen fange man 
mit einem zweyten Prisma stv auf, fo wird der ein: 


Dh fach 


482 IL Theil. 2. Hauptftück. 


fach gefärbte Strahl auf der Wand Yy nach diefem 
zweyten Brechen in der Farbe ungeändert erfcheinen 
und ein freisrundes Bild auf der Wand machen. 

Durch) fanfte Umdrehung des erftern Prisma SVT 
fann man nach und nad) alle einfach gefärbte Strah: 
fen des fiebenfachen Farbenbildes durch das Soc) in X 
„bringen, Wenn ſie nun fo alle einzeln nach und nach 
unter-einerlen Einfallswinfel auf das zweyte Prisma 
stv gebracht worden find, fo wird man wahrnehmen, 
das der rothe Strahl auf ver Wand Yy am niedrig: 
fien nach Z zu, der orangefarbene etwas höher, der 
gelbe nod) etwas höher, und fo immer fort, nach) der 
Reihe der Farben im Sarbenbilde von unten auf zu lie: 
gen fommen. Der rothe Strahl wird alfo weniger ge: 
brochen, als der grüne; diefer weniger, als der blaue; 
und der violette am ftärfften. - Die verſchiedenen 
Strahlen des fiebenfachen farbigen Lichts in dem 
Sarbenbilde des Prisma baben alfo ein verfihiedes 
nes Srechungeverhaͤltniß in einerley drechenden 
Mitteln. 


Wenn wir den gemeinſchaftlichen Einfallsſinus ben den verſchie⸗ 
bentlih gefärbten Gtrablen des Farbenbildes = ı feßen, 
fo it ver Brechungsſinus, wenn dag Licht aus einem und 
demfelben Glafe ın die Luft tritt, in dem Lichte des Fars 
benbildes: 

. für die roren Gtrablen, von ber unterften Grenze des Fars 
benbildes bis zur Grenze des Drangegelb = 1,54 ws 
1154255 

für die orangefarbenen bie zur Grenze des Hellgelb F 
1,5425 bis 1,5445 
für die beilgelben bis zur Grenze ded Grün = 17/544 bie 
1,5 4667 ; 
für — gruͤnen bis zur Grenze des Hellblau = 1154667 
1,55 5 
für die hellblauen bis zur Brenje des Indigohlon = 1,55 bis 
14553335 


y für 


Licht. 483 


für die indigoblauen bis jur Grenze des Violett — 1,55333 
bie 1155555 3 

für die violerten bis zur oberften Brenze bee arbenbildes + 
1155555 bis 1,56. 

Die größte Brechbarkeit des violblauen und die Fleinfte des 


rothen Strahls in alſo gegen einander wie 1456 ; 1,54 = 
78:77, . 
$. 722. Man laffe auf ei ein rechtwinkliges Pris- 
ma IKL (Sig. 110.) im finftern Zimmer ein Bi 
del Sonnenftrahlen fo fallen, daß es auf die Fläche 
IK des Prisma faft perpendiculär zu ftehen Fommt, fo 
wird es durch diefe Fläche: ungebrochen durchgehen, 
aber beym Austritte aus dieſer Fläche IL in M gebro: 
hen werden und ein Farbenbild ORS auf der ver 
ticalen Wand NN machen. Man drehe nun das 
Prisma IKL von I nach) K allmählig um feine Ach— 
fe, während man noch ein anderes Prisma ın VTX 
geftellt hat, deſſen zwey breitere Flächen einen Win: 
fel von etwa 35 Grad mit einander machen. Go mie 
jeßt durch die Umdrehung des Prisma IKL der Strahl 
gegen die Fläche IL unter einem Winfel von 50 Gr. 
zu fallen anfängt, jo wird, mie fchon oben ($. 699.) 
bemerft worden ift, ein Theil des lichts durch M nicht 
mehr hindurchgehen, fondern die Brechung wird ſich 
in Zurüdftrahlung verwandeln, und es wird endlich 
alles Sicht reflectirt werden, fo wie der Winkel Feiner 
wird. Ben diefer allmähligen Abnahme des Winkels 
durch die Umdrehung des Prisma fängt nun ein Theil 
licht an, nad) O zu reflectire zu werden; wird es. nun 
hier von einem andern Prisma gebrochen, fo bildet 
fi) auf ver Wand PO ein Sarbenbild, und zwar zu: 
erſt ein violblaues in q, hernach auch noch das andere 
22 Blau 


484 II. Theil. 2. Hauptftüc. 


Plau daneben, dann ein grünes inr,u.f.mw., fort, 
bis zulegt auch das Roth in s dazu kommt, ſo, wie 
man fortfährt, das Prisma IKL allmählig von I 
nad) K umzudrehen. So wie aber die blau gefärbten 
Strahlen in. q zum VBorfcheine kommen, fo fangen fie 
an, dem erfien Bilde in Q zu mangeln; und die Gar: 
be, die in Q zuerft verſchwindet, erfcheint zuerft in 
griff. ‚Ein Beweis, daß unter den angeführten 
Umftänden die blauen Strahlen eher reflectirt werden, 
als die grünen; dieſe eher, als die rothen; oder daß 
die brechbarften Strahlen auch am leichteften in M re> 
flectirt werden. 

$. 723. Man laffe einen Strahlencylinder durch 
einerunde Deffnung in das finftere Zimmer in horizontas 
fer Richtung treten; man laffe ihn ın der Entfernung von 
10 bis 12 Fuß von der Deffnung auf eine vertical ftehen- 
de erhabene Glaslinſe LL (Fig. ııı.), deren Brenn: 
weite 4 bis 5 Fuß beträgt, fallen, und die durchge— 
henden Strahlen nun durd) das.nahe dahinter gejtells 
te Prisma CD brechen. Wenn man nun das Far: 
benbild ef in der Brennweite der finfe auffängt, fo 
fieht man es länglich und fchmal, und die Farben 
viel deutlicher, als ohne die Linſe LL gefchehen würde. 
Der Strahlencnlinder würde ohne die Linſe und ohne. 
das Prisma auf der Wand den weiß leuchtenden Kreis 
abed bilden; durch die finfe allein, ohne das Prisma, 
würden die Strahlen zu convergirenden werden, und 
alfo einen Fleinen Kreis machen, deffen Centrum mit 
dem des vorigen einerley bliebe. Durd) das Prisma 


wird der convergirende Strahlenfegel des weißen lichts 
in 


Licht. 485 
in fo viele Fleinere aefpalten, als verfchiedene Arten 
des fichts von verfchiedener Brechbarfeit, (das find ei- 
gentlich unzaͤhlige,) in dem weißen lichte enthalten find; 
und es zeigen fi) auf der Wand die Durchfchnitte . 
diefer einzelnen Kegel des verfchiedentlich gefärbten 
lichts, worin folglich nun jede Art der Sarbe in einen 
kleinern Kreis verengert iſt. Weil ferner die Mittel: 
puncte diefer Fleinen Kreife verhältnigmäßig eben fo 
weit von einander abftehen‘, als die der größern in 
einander fließenden des Sarbenbildes EF, das ohne die 
tinfe LL erhalten werden fann, fo erfcheint die Farbe 
lebhafter und reiner, als die Barbe der einzelnen Stret- 
fen im gewöhnlichen Sarbenbilde EF. Indeſſen muß 
man nicht erwarten, daß in diefem Falle die Kreife 
wirklich von einander getrennt und abgefondert gefehen 
werden. 


6. 724. Wenn man im finſtern Zimmer die aus 
dem Prisma fahrenden gefärbten Strahlen alle durch), 
eine convere finfe auffangt, fo hat man im Brenn: 
puncte derfelben wieder das weiße, belle und runde 
Bild der Sonne, das man mit einem weißen Pa- 
piere auffangen Fann. Hält man diefes näher nad) der 
Sinfe zu, fo erfcheint das vorige gefärbte Bild mieder, 
nur mehr verengert, und in der vorigen Drbnung der . 
Farben. Faͤngt man aber die Strahlen in einer groͤ⸗ 
fern Entfernung, als die Brennmeite beträgt, das 
durch auf, fo ift auch das gefärbte Bild wieder da; 
aber die Farben fiegen in umgekehrter Ordnung, te: 
gen der Durchfreuzung der Strahlen im Brennpuncte, 

und 


486 IT. Theil. 2. Hauptſtuͤck. 


und das Bild iſt deſto groͤßer, je weiter man das Pa⸗ 
pier entfernt. | 


$. 725. Wenn man einzelne Bindel der ſieben 
gefärbten Lichtftrahfen nach $. 721. durch eine convere 
linſe auffaͤngt, fo ift das Bild davon im Brennpuncte 
der finfe zirfefrund, und hat diefelbe — als das 
darauf fallende gefaͤrbte licht. Die Brennweite der 
rothen Strahlen ift aber länger, als die der uͤbrigen; 
die der blauen Strahlen am fürzeften, nad) Verhaoaͤlt— 
niß ihrer verfchiedenen Brechbarfeit ($. 721. Anm.). 


$. 726. Wenn man den durch eine runde Deff- 
nung ın ein finfteres Zimmer fallenden Strablencylin: 
der in horizontaler Richtung mit einem gläfernen Ke: 
gel auffängt, dergeftalt, daß die Spitze des Kegels 
den Strahlen zugefehre ift; fo zeigt fich auf der da— 
hinter ftehenden verticalen Wand ein fehöner Kreis 
von den ficben Karben des Prisma, deſſen Durch: 
meffer immer größer wird, je weiter -man die Wand 
vom Kegel entfernt, fo wie dann auch die Breite der 
farbigen Flächen zunimmt. Die rothe Farbe liegt 
nach innen, die violette nach aufen. Hält man die 
Grundfläche des Kegels gegen den einfallenden Strahl, 
fo zeigt fich diefe Erfcheinung nicht. 


Es fen (Fig. 112.) ABC ein gläferner Kegel im Durchfchnitte, 
auf welchen der Strahlenchlinder DaEe fällt, Der Strahl 
SA, der auf des Kegels Spite A trifft, gebt ungebrochen 
durch nach [, da er des Kegels Ace if. Die Strahlen, 
die oberhalb SA fiegen , werden nach unten zu, und die 
unterbalb SA fommen , nach oben zu durch den Kegel ges 
brochen. &s wird nämlich der Strahl Dd erft ın d dem 
Eintallslothe ih zugelenft, und beym Ausgange auf der 
Grundflaͤche BC vom Einfallstorhe mn abarlenft. Da nun 
die violetten Strahlen ftärfer brechbar find, ale die ros 
tben , fo wird auch dieſemnach das violette Licht mehr ale 
das rothe nach anten zu unter die Achfe des Kegels * 

| en 


tidte 487 


Ienft werben. Der Strahl Ee, der unterhalb der Achte 
SA des Kegels auffällt) wird in e erft dem Finfallsloibe 
fp zugelen?t, und beym Ausgange aus des Kegels Grundfläche 
BC vom Einfallslothe kl abgelenft; und weil die pioletten, 
Strahlen brechbarer find , als die rotheu, fo Fommen die 
eritern weiter von der Achſe des Kegels Al hinaufwaͤrts, 
als die leßtern. — Go liegen alfo in dem ganzen bunten 
Kreife, der ficb bildet, die violetten nach außen, die ros 
then nach innen, . und die andern verhaͤltnißmaͤßig das 
‚zwifchen. 
Wenn bingegen (Fig. 113.) der Strablencylinder DSE 
egen des Kegels Grundflähe BC fällt, fo entitcht fein 
arbiger Kreis. Der mittlere Strahl S acht ungebrochen 
durch die Spitze des Kegels, da er deſſen Achfe ift. Der 
; Strahl D fteht auch auf der Grundflaͤche BC ſenkrecht; er 
geht alfo ungebrochen ins Glas; da er aber auf der Fläche 
BA fo ſchief fteyt, daß beym Ausgange auf diefer Fläche in E 
in die Luft der Brehungsfinus größer werden wurde, als 
der Sinus totug, fo verwandelt jich die Brechung in Zus 
rüfftrablung (- 699.) ; er gebt alfo nach der Flähe CA zur 
wo er ungebrochen durchgehen muß, da er fenfrecht oder 
nahe fenfrecht darauf iſt. Ge ift es mit allen über und 
unter der. Achfe SA auf die Fläche BC ſenkrecht fallenden 
- Strahlen. 


6. 727. Aus der verſchiedenen Brechbarfeit der 
einfachen Sichtftrahlen (K. 721.) folgt auch, daß in 
den verfchiedentlichen Linſen die einfachen Strahlen 
des weißen lichts, die von einerlen Punct fommen, 
nach den Brechungen nicht in einerley Vereinigungs— 
punct zufammenlaufen, fondern daf e8 vielmehr für 
jedes einfache ficht einen eignen Vereinigungspunct 
gebe; daß fie folglic) auc) fo viele Bilder machen, . 
“als einfache Arten des fichts in dem weißen enthalten 
find. Es deden ſich zwar Diefe verfchiedenen Bilder 
größten Theil, doc) nicht vollfommen, und daher 
fieht man einen violetten und blauen Rand um die Bil: 
‘der, die durch erhabene linſen in dioptrifchen Werk—⸗ 
zeugen gebildet werden. Es folgt hieraus eine andere 
Art von Unvollfommenheit ($. 709.) der dioptrifchen 
- Werkzeuge, welche man die Abweichung der Strab, 

Be ——— u #. len 


488 IT. Theil’ 2. Hauptftüd, 


len wegen der Sarben (Aberratio ob diverſam re- 
frangibilitatem) nennt. | 


$. 728. Die Darftellung der gefärbten Straß: 
len aus weißem fichte gefchieht nicht allein durch Glas, 
fondern durch jeden durchfichtigen Körper deſſen Slä- 
hen brechende Winkel bilden. Nicht allein das Son— 
nenlicht, ſondern jedes andere licht brennender Koͤr— 
per erleidet im Prisma die erwähnte Brechbarkeit und 
Abfonderung in einfache Farben. 


$. 729. Aus diefen bisher vorgetragenen Erfah: 
rungsſaͤtzen ($. 716 — 728.) folgt num nach New⸗ 
ton, daß das weiße ficht aus verfchiedenen Gattun: 
gen des einfachen Lichts vermifcht beftehe, die eine 
verfchiedene Brechbarfeit (Refrangibilitss) befißen, 
deren Verhaͤltniß im $. 721. angegeben worden iſt; 
und die eben aus dieſer Urſache, wenn ſie in der Ver— 
miſchung, als weißes ficht, gleichen Einfallswinkel 
in der brechenden Flaͤche hatten, nicht gleichen Bres 
chungswinkel haben koͤnnen, folglich nun von einan— 
der abgeſondert werden muͤſſen und die ihnen eigen⸗ 
thuͤmliche Farbe zeigen. Won dieſer Verſchiedenheit 
der Brechbarkeit der verſchiedenen Gattungen des far⸗ 
bigen Lichts, die zuſammen das Weiße ausmachen, 
ruͤhrt es nun ber, daß das Sarbenbild ($. 718.) längs 
lich) wird. Denn wenn man gleich gewöhnlich nur 
bie erwähnten fieben Gattungen des. farbigen Lichts 
annimmt, fo giebt es doch eigentlich in jeder Art un- 
zählige Berfcjiedenheiten der Drechbarfeit, die zwiſchen 
der größten und Fleinften Drechbarfeit inne fiegen. 
Wenn 


Licht. 489 

Wenn wir alſo erſt auf diejenigen der ſieben Gattun⸗ 
gen des farbigen Lichts Ruͤckſicht nehmen, die die größ: 
te Brechbarfeit befißeh, namlich die Außerften violetten, 
fo würden fie ih der angeführten Erfahrung für fich al- 
lein ein freisrundes Bild der Sonne auf der weißen 
Wand machen müffen, wenn das Prisma die ge: 
hörige Stellung hat. Kommen nun hierzu noch die 
zunächft darauf folgenden minder brechbaren violetten, 
fo würden aud) diefe einen violetten Kreis bilden, der 
Das Bild der Sonne ift, deffen Mittelpunct aber mit 
dem des vorigen nahe zufammenfällt. So geht eg. 
nun fort, duch. alle unzählige Gattungen des. violet- 
ten lichts bis zu den am mehrften brechbaren Gattuns 
gen der indigoblauen Strahlen, und fo weiter bis 
herab zu den am wenigften brechbaren rothen. Es 
entftehen alfo lauter in einander fließende Kreife der 
unzähfig verfchiedenen Arten: des farbigen lichts, 
wovon wir frenlich nur fieben verfchiedene Gattungen 
des lichts, mac der Beſchraͤnktheit unfrer fubjectiz 
ven Einrichtung, unterfcheiden koͤnnen, bey denen wir 
aber doch wahrnehmen, daß Feine ſcharfe Grenzlinie 
dieſe fieben verfchiedenen Gattungen von einander abs 
fondert. So wird es nun einleuchtend, warum das 
Sarbenbild zur Seite durch parallele gerade finien, oben 
und unten aber durch Zirfelbogen begrenzt ift. Die 
längliche Geftalt des Farbenbildes ift alfo bloß Folge 
der verfchiedenen Brechbarfeit, und die Erfahrung im 
$. 719. beftätigt es vollfommen. Denn wenn fie nur 
von der bloßen Distraction des fichts-herrührte, fo 
müßte die zweyte Brechung (Fig. 108.) es nachher 
auch 


490 II. Shell. 2. Hauptftüc. 


auch in der Breite ausdehnen, und dann müßte das 
neue Sarbenbild die Figur des Quadrats MmNn has 
ben, was nicht ifl. Die Erfahrungen des $. 720. 
— 723., 725. und 726. feßen es endlich außer allen 
Zweifel, daß aus dem weißen fichte verfchiedene Cat: 
tungen farbigen lichts entfpringen koͤnnen, die eine 
verfchiedene Brechbarkeit befißen; umd der Verſuch 
im $. 721. beweiſet nun noch insbefondere‘, daß 
Die verfchiedenen einzelnen Gattungen bes farbigen 
lichts die ihm zufommende Brechbarfeit eigemhüumlich 
haben, und daß ihre Farbe unveränderlich und von 
ihnen unzertrennlich if: Die Entdefungen biefer 
Thatfachen durch die angefuͤhrten analntifchen Unterfu: 
chungen beſtaͤtigte Newton dutch funthetifche Verſuche, 
dergleichen der-$. 724. enthält; und verſchaffte fo feiner 
unfterblichen Theorie denjenigen Grad von Evidenz, 
der ben Gegenftänden der Erfahrung nur zu rs 
möglich ift. 

Naewtons oben "ch 717.) angefübrted Werf; ingl. deffelben 
Lectiones opticae, in feinen opuscul. mathematia. , phile- 


ee et — T. II. Eaufannae et Genev, 1746. 4 
«7. 


$. 730. Ungeachtet alfo zwar eigentlich unzählige 
Gattungen bes verfchiedentlich brechbaren gefärbten 
lichts in dem weißen lichte enthalten find, fo fünnen 
witr doch, meil wir fieben Gattungen —— unter⸗ 
ſcheiden, nämlich Roth, Orangegelb, Hellgelb, 
Grün, „Hellblau, Indigoblau und Violett, dieſe 
mit Hecht als fieben verfchtedene Gattungen des ein- 


fachen Uchts anfeßen- wobey mir aber in jeder Gat⸗ 
‚tung 


Licht. 491 


tung allmaͤhlige Abſtufungen von den am mehreſten 
bis zu den am wenigſten brechbaren — Gattung 
annehmen muͤſſen. 


$. 731. Da die einzelnen Strahlen dieſer fi * 
Gattungen des lichts durch wiederholte Brechungen 
oder Zuruͤckſtrahlungen ($. 721.) nicht in der Farbe 
geaͤndert, und in Uicht von andern Farben zerſtreuet 
oder zertheilt werden, ſo muͤſſen wir ſie fuͤr einfach 
anerkennen. Solches licht, deſſen Farbe durchs 
Brechen nicht weiter veraͤnderlich iſt, heißt homoge⸗ 
nes Licht; und ſolches, das durchs Brechen verſchie⸗ 
dentlich gefärbte Strahlen zeigt, heterogenes Licht. 
Dieſes heterogene licht kann dem homogenen lichte in 
der Farbe aͤhnlich ſeyn, aber die damit veranſtaltete 
Brechung durch ein Prisma zeigt die Zufammens 
feßung im erftern, und die Einfachheit im Teßtern bald. 
Solche Taufhungen haben mehrere vergebliche Ai: 
derfprüche gegen Newtons Theorie veranlaft.: Die 
DBerfuche, welche Hr. Wünfch neufid) mitgetheilt hat, | 
verdienen indeffen Die Aufmerffamfeit. der Phnfifer 
und die genaue Wiederholung um fo mehr, da fie 
Newtons Zarbenfehre nur einfacher machen, nicht . 
aber feiner Theorie von der verjchiedenen Brechbarfeit 
des Lichts widerfprehen. Nach Hrn. Wünfch find 
nämlic) nur drey Gattungen des farbigen lichts im 
Farbenbilde einfach, naͤmlich Roth, Grün und Dio« 
let, hingegen das Orangegelb, Gelb, Hellblau 
und Indigoblau zufammengefeßt: das Orange: 
gelb aus dem lebhafteſten rothen und dem ſchwachen 
gruͤnen lichte; das Gelb aus dem lebhafteſten rothen 

und 


492 II. heil. 2. Hauptſtuͤck. 


amd dem febhafteften grünen; dag Hellblau aus dem 
‚gefättigten grünen und dem gefättigten violetten; und 
Das Indigoblau aus dem ſchwachen grünen und dem 


‚gefättigten violetten Lichte. 


Derfuche und Beobachtungen über die Sarben des Lichts, ans 

ge und befchrieben von Chrift. Ernft wuͤnſch. 
eip}. 1792. 8. 

Dan bat insbefondere gezweifelt, ob die grüne Farbe des 
Barbenbildes von hoinogenem Lichte berrühre, oder einfach 
fey, da man auch dur Vermifchung des blauen und gels 
ben Lichte ein grünes Farbenbild erhalten fünne, Es fals 
Ien 3. B. (Fig. 114.) in ein finfteres Zimmer auf fie 
beyden ber einander lebenden Prismen G und g 4wey 
verichtedene Strahlencnlinder des weißen Lichts S und I, 
und zwar ſey bey dem einen Prisma G der brechende Wins 
fel oben, bey dem andern g unten. * den aus dem Pris⸗ 
ma G fahrenden abgelonderten farbigen Strahlen liegt 

aus leicht zu erachtenden Urſachen der rotbe Strabl oben, 
der vıolette unten; im untern Prisma gift ed umgekehrt. 
Man lafle einzelne gefärbte Strahlen diefer beyden Priss 
men durch dıe beyden Deffnungen C und D von etwa % 
Zoll Durchmefler in dem verticalen Brete AB, das in bins 
länglicher Entfernung von den Prismen geftellt wird, ges 
ben, und bey ihrer Vereinigung auf die beiweglihe Wand 
EE in F auffallen. Durch fanfte Umdrebung der Prismen 
um ihre Achſe kann man fo nah und nach alle Arten des 
homogenen Lichte mit einander zufammenfallen laſſen. 
Man wird wahrnehmen, daß aus dem gelben Lichte des 
einen, und dem blauen des andern Prisma ein grünes 
Farbenbild hervorgebracht wird. Allein wenn man diefes 
beterogene Grün mit einem andern Prisma betrachtet, fo 
findet man es in feine Grundfarben wieder aufgelöft, 
ne bey dem homogenen Farbenbilde diefer Art nicht 
geſchieht. 

So behaupteten auch Mariotte und Bizetti, durch aͤhn⸗ 
liche Tänfchungen verleitet, daß das homogene grüne Licht 
des Prisma durch wiederholtes Brechen geändert werde. 
Es find nämlich bey der Anftellung diefer Verſuche genaue 
Vorfichtsregeln nötbig, deren Vernachlaͤſſigung leicht eine 
Duelle zu Fehlſchluͤſen und Irrthümern werden kann, 

‚Wenn nämlıh das Zimmer nit durchaus verfinftert if, 

and don irgend wo her zuſammengeſetztes Licht mit durchs 

Prisma geben kann, fo kaun es freulich geichehen, daß 

— ee. des einfachen Lichts noch anders gefärbte 
nder bat, 


$. 732. Die Urfache der MVerfchiedenheit der 
Brechbarkeit der unterfihiedenen Gattungen des ein: 


fachen 


ide 493. 


fachen fichts Tiegt nun wohl ohne Zweifel in ber 
ungleichen Anziehung des brechenden Körpers gegen 
diefe Gattungen des einfachen lichts, und laͤßt fich aus 
dem, was oben ($. 698. Anm.) von der Urfach ver 
Brechbarfeit überhaupt angeführt iſt, erflären. Die 
Urſach aber, warum dieſe oder jene Gattung des 
fichts im Auge diejenige Empfindung bewirft, mit der 
die Vorftellung diefer oder jener lichtfarbe verfnüpft 
ift, macht feinen Gegenftand unferer Erfahrungs: 
kenntniß aus, und aljo läßt fi) auch davon nichts 
meiter fagen. 
Mufehenbroek a. a. O. J. 1813. | 

$. 733. Die Fähigkeit eines brechenden Mittels, 
die verfchiedenen Gattungen des farbigen fichts bey 
der Brechung von einander abzufondern, fteht übri- 
gens nicht im Verhältniffe mit feiner Brechfraft. So 
kann alfo die farben: zerftreuende Kraft eines Mittels 
geringer fenn, obgleich die Brechkraft deſſelben grö- 
fer ift, als in einem andern; und fo fann auch die 
Verkuͤrzung des Brechungsfinus z. B. ben rothen 
Strahlen zu der Verfürzung deffelben ben violetten 
Strahlen in verfchiedenen brechenden Mitteln in vers 
fchiedenem Verhältniffe fiehen. - 


Auf diefen Gag, den Newton noch nicht Fannıte, gründet fi 
die Möglichfeit der achromatifchen Fernroͤhre. 


$. 734. Wir fönnen nun aus dem bisher Vor: 

getragenen Anwendungen zur Erflärung der Sarben 

(Colores ) machen, welche die Körper zeigen. Wenn 

das Sonnenlicht nur aus einerlen Gattung des homo: 

genen lichts beftünde, fo wuͤrde nur einerley Farbe 
in 


2. IT. Theil. 2. Hauptſtuͤck. 


in der Welt feyn. Die Verfchievenheit der Farben, 
welche die leuchtenden oder erleuchteten Körper zeigen, 
rührt folglich daher, daf fie Strahlen einer oder meh: 
rerer Gattungen ausftrömen oder zuruͤckwerfen, die 
in unfern Augen befondere Empfindungen hervorbrin: 
gen, mit welchen die Vorftellung der verfchiedenen 
Sarben verknüpft ift. 


$. 735. Die weiße Sarbe entfteht alfo, wenn 
ein Körper die weißen tichtftrahlen unzerfeßt oder auch 
Sicht von allen Gattungen in gehörigem Verhältniffe, 
in unfer Auge ſchickt, und fie tft alfo eine Vermi— 
hung aller Srundfarben im gehörigen Verhaͤltniſſe; 
ein Körper erfcheint roch, orange, grün, u. f. w., 
wenn er nur rothes, vnrangefarbenes, grünes Sicht 
auf unfer Auge fendet. Schwarz ift die Abmwefen- 
heit alles lichts und aller Farben, und das abfolute 
Schwarz entfteht, wenn ein Körper gar fein Sicht in 
unſer Auge jender. 

Verſuch: Eine Scheibe, die nach dem oben (f. 718.) anges 
führten Verhältnifle der Groͤße der einfachen Farbenbilder 
des Prisma im fieben Gectoren getheilt iſt, die mit den 
in der Farbe correfpondirenden Pigmenten bemahlt worden 
find, erſcheint bey einem ſchnellen Umlaufe weiß. 


Ein anderes Verhaͤltniß der Farben gegen einander giebt 
beym ſchnellen Umdrehen der Scheibe eigene Farben. 


$. 736. Körper von allerley Farben, durch ge: 


faͤrbte durchſichtige Gläfer allerley Arc betrachtet, 


ericheinen dem Auge nur von derjenigen Sarbe, mel: 
he das Sicht hat, das das Glas durchläßt, oder 
melde das Glas im gebrochenen Fichte zeigt. Die 


Fehlſchluͤſſe, zu melchen fich gegen diefen Saß Hr. 


Monge 


gibt. 495° 

Monge duch optifche — verleiten eh 
hat Hr. Le Gentil gut gezeigt. 

Monge uͤber einige Phänomene des Sehens, in Grens Journ. 

der D B. 1. ©. 142. Ueber die Farbe, weiche roth 

und gelb gefärbte Gegenftände zeigen, wenn man fit durch 

rotbe und gelbe Glaͤſer betrachtet, von Hru. Le Gentil, 

in Grens Journ, der Phyſ. B. VI. ©, 165. | 

$. 737. Erleuchtete Körper durchs Prisma be 

trachtet, zeigen an ihren Roͤndern, wo Helligkeit und 


Dunfelheit, Licht und Schatten, mehrere oder fchwäs 


chere Erleuchtung, an einander grenzen, farbige 
Säume. Hr. von Böthe hat die mannigfaltigen 
Abwechfelungen der Phähomene, die hierbey Statt 
finden, gefammelt und befchrieben; hier genügt eg, 
nur einige der hauptſaͤchlichſten Erfcheinungen diefer 
Art anzuführen, da fi die übrigen — be⸗ 
ziehen. 

1) Weiße, einfaͤrhige, und ſchwarze Flaͤchen, wenn 
fie durchaus gleichfoͤrmig und einfaͤrbig find, zei— 
gen durchs Prisma feine Farben; aber dieſe zei- 
gen ſich an allen Nändern. 

2) Ein weißer Streifen auf fbwarzem Grunde 
erſcheint ‚ wenn der brechende Winkel des Pris⸗ 
ma nach unten zugefehrt, und der Streifen‘ 
der fänge nach vor dem Auge ift, oben mit einem 

rothen und gelben, und unten mit einem hell: 
blauen und violetten Saume; die beyden letz⸗ 
tern ftrahlen ins Schwarz hinein. 

3) Wenn der meiße Streifen nicht zu breit iſt, 
und der Duere nach vor dem. Prisma, -oder 
parallel mit der Achfe deffelben fteht, fo erſcheint 

er 


496 


II Theil. 2. Hauptſtuͤck. 


er mit einem rothen, gelben, hellblauen und 


violetten Streifen ganz bedeft; und wenn er 
weit genug vom Prisma entferne ift, fo ift auch 
noch ein grüner Streifen in der Mitte zwifchen 
dem gelben und hellblauen, oder der gelbe Strei- 
fen wird ganz zu einem grünen. 


4) Wenn ein ſchwarzer Streifen auf einem wei⸗ 


Gen Grunde durch ein Prisma fo betrachtet wird, 
daß der brechende Winkel des Prisma nach un: 
ten zu gerichtet iſt, fo zeigen fich Die vorigen 
Erfcheinungen umgekehrt. Es iſt nämlich der 
Ihmwarze Streifen oben mit einem hellblauen 


und violerten, und uhten mit einem gelben und 


rothen Saume umgeben. Die legtern ftrahlen 
in die weiße Grenze hinein. 


5) Wird diefer ſchwarze Streifen auf weißem 


Grunde parallel mit der Achje des Prisma ge: 
fegt, fo erfcheint er, durchs Prisma berrachter, 
mit farbigen Streifen ganz bedeckt, nämlich mir 
einem hellblauen, violetten, rothen, und gelben. 
Iſt er hinlänglich weit vom Prisma entfernt, fo 
wird die hochroche Farbe pfirfichblüchrorh. 


6) Wenn der brechende Winkel des Prisma, 


durch den man fieht, nach oben zu gerichter ift, 
jo werden fich alle vorgenannte Phänomene 
(1 — 5) umgekehrt zeigen, fo daß z. DB. ım 
erftern Salle der weiße Streifen auf ſchwarzem 


Grunde oben mit einem violerten und hellblauen, 


und unten mit einem gelben und rothen Saume 
umgeben ıft, u. |. m. 
Die 


Die Erflärung diefer und ähnlicher Phaͤno⸗ 


mene folgt aus ben bisherigen Säßen der New: 


tonifchen Theorie dessichts und der Farben leicht, 
sie ich anderswo gezeigt habe. 
. 3. w. von Böthe Beytraͤge ge Sprit. Weimar, Fi, 8. Erftes 
Stuck 1791. Zweyteẽ 
In — der ——— Erklaͤrung dieſer Phaͤ⸗ 
nomene, die an ſich leicht iſt, wobey man aber viel Worte 
machen muß, wenn man fie Anfängern deutlich genug 
gertragtn wiil BET er Ara — — — nr: 
ige Bemerkungen über Hrn t 
jur Optik; im Journal der Phyf. B. VIL: ©, 3. * Ye 
$. 738. Sonft beweiſen diefe Erfahrungen über 
die farbigen Ränder, mit denen die Körper umgeben 
erſcheinen, wenn man fie durchs Prisma betrachtet, 
daß nicht nur das Sicht leuchtender Körper, fondern 
auch das, durch welches uns die erleuchteten ſichtbar 
find, aus verfchiedenen Arten des homogenen lichts 


zufammengefeßt fen, und daß auch diejenigen Körper, 


die dem bloßen Auge von einer beftimmten Barbe 


erfcheinen, doch nöd, außer dem Lichte von diefer be: 
ſtimmten Sarbe mehr oder weniger weißes Sicht dus 
gleich ausftrömen. 
$. 739: Die unzählige Verſchiedenheit ber Far⸗ 
ben, die wir an den mannigfaltigen Koͤrpern der Na⸗ 
tur wahrnehmen, ruͤhrt daher, daß dieſelben nicht 
bloß eine Art von einfachem lichte, ſondern mehrere 
Arten, die in unzähligen Verhäfeniffen mit einander 
verbunden ſeyn fönnen, in das Auge ſchicken. So 
entftehen alsdanıt die vermifchten oder zuſammen⸗ 
gefeten Sarben, und vielleicht ift fein Körper in der 
Natur, der nur homogenes ticht einer einzigen Are 
zuruͤckſtrahlte. 
Ji $. 740. 


498 II. Theil. 2. Hauptſtuͤck. 


‚$. 740. ‚Um zu erflären, wie es zugeht, daß ein 
Körper eine gewiſſe Farbe zeigt, müffen wir freylich 
annehmen, daß die verfchiedentlichen Materien in der 
Natur eine Kraft haben, gewiffe Gattungen des ho- 
mogenen Sicht3 mehr zu binden, zu figiren, und ihre 
Erpanfivfraft untbärig zu machen, als andere Gar: 
tungen, wodurch dann diefe letztern nur allein wieder 
zurüdzuftrablen vermögend find, und Durch die man- 

nigfaltigen Verhältniffe, in denen fie vermifcht ſeyn 
tönnen, die Mannigfaltigfeit der Farben und ihre 
Muͤancen bervorbrigen. So mwürde-alfo z. DB. ein 
Körper grün ausfehen, wenn er enttveder nur das 
grüne ficht, das im weißen enthalten ift, zuruͤck⸗ 
ſtrahlte, alle andere Gattungen aber, moraus das 
leßtere befteht, einfaugte und figirte; oder auch, wenn 
er gelbes und violettes Licht zugleich reflectirte, die 
übrigen Gattungen des homogenen fichts hingegen 
baͤnde. Schwarz wäre der Körper, der alle Gattun— 
gen bes lichts einfaugte; weiß, der alle Gattungen 
im weißen fichte reflectirte. Sch werde auf diefen 
Gegenftand nachher wieder zurücfommen. 


5. 741. Wenn ein Körper durch die Theilchen 
auf feiner Oberfläche das von ihm zurücitraßlende 
heterogene licht zu gleicher Zeit auch bricht,‘ fo erfcheint 
er in verichiedenen Stellungen gegen das Auge von 
verfchiedenen Farben. u 
. Hierher gehören der Schillertaffent, die ſchillernden Papillong, 

Die Federn am Halfe der Tauben, die Pfauens md Papas 
geyenfevern. Alle Körper zeigen überhaupt, wenn man 


ihre Fläche im Sonnenfheine genam betrachtet, bunte Fars 
ben, felbit die polirten Metalle nicht ausgenommen, 


$. 742. 


— 


side 499 


P 


$. 742. Wenn ein durchfichtiger Körper andere 


Strahlen reflectirt, als er durchläßt, fo-erfcheint er 
auch beym- reflectirten Lichte anders, - als beym gebro⸗ 


chenen. 


Die frifhe Tinctur des Griesholzes ( Tinctura ligni nephri- 


tiei ) flieht hinter dem Lichte blaugelb, vor dem Lichte gelbs 
roth aus. — Die Lufr der Atmofpbäre laͤßt zwar dag - 
mebrefte weiße Licht hindurch, reflectirt aber doch auch 
zugleih blaues Licht, und fieht eben deswegen in diefem 
reflectirten Lıchte blau aus. | 


$. 743. Wenn mit der Veränderung der Mi: 


ſchung eines Körpers auch die Anziehung feiner Theil- 
chen gegen gewiffe Gattungen des lichts geändert wird, 
jo muß aud) wo! feine Farbe geändert werden. 

Hierauf gruͤnden fib unzählige a weldhe 


die Chemie hervorbringen kann. 


-, Die Mare und ungefärbte Auflöfung des Eifenvitrio!s im Wafs 


..# . 


fer wird durch wenig Galläpfeltincrur wiolert, dur 
mehrere davon fehwarz. Die Farbe verihwindet durd zus 
gefegte Säure. 

Eben diefe Auflbfung wird durch Blutlauge fogleich ſchoͤn blau. 
Die Auflöfung des Kupfervitriols im Wafler wird durh Am⸗ 
moniaf fogleich fbou blau, durch feuerbeftändiges grum. 
Blaue Lackmustinetur wird durch Säure fogleih rubnroth; 
durch Laugeuſalze wieder blau. Violenſprup durch die 

erftere carmoifin, durch legtere grün. 


Rothe Alfannarıncrur wird durch Alkalien blau. 


. Die Hare und undefärbte Aurlöfung der Goldſolution im Wafs 


fer wırd durch ungetärbte Zinuſolution ſchoͤn purpur. 


Die ungefärbre Auilöfung des Abenden Queckſilber ſublimats 


wird durch Kalfwafler orangefarbem. 


Rauchender Salpetergeiſt von einer dunfelgelben Farbe wird 


durch Wafler erſt grün, dann blau, dann ungefärbt 
Rothe Fernambuctinctur wird durch Langenfalze ſogleich vio⸗ 

lett, durch Säure hochrorh. 
Selbe Eureumatinctur wird durch Langenfal;e ſogleich braun, 
Gerner gehören hierher die verfchiedenen ſympathetiſchen Tinten, 


$. 744. Ein fehr merkwuͤrdiges Phänomen find. 


die gefärbten Scharen. Wenn man des Morgens 


512 beyin 


500 II. Theil. 2. Hauptſtuͤck. 


beym Anbruche des Tages in einem Zimmer duch) 
irgend einen Körper, z. B. den Finger, den Schatten 
einer brennenden Kerze auf ein weißes Papier fo fallen 
fäßt, daß zu gleicher Zeit aud) von demſelben ein 
Schatten von dem Tageslichte auf das Papier gemor; 
fen wird, fo wird man den erftern Schatten, welcher 
dem Kerzenlichte zugehdrt und vom Tageslichte erleuch⸗ 
tet wird, bey genauerer Aufmerffamfeit darauf 
hellblau finden, während der Schatten des Tages: 
fichts, der vom Kerzenlichte Erleuchtung erhält, ein 
gelblihes Teint hat. In einem finftern Zimmer, 
in welches das Licht des Tages durch eine Deffnung 
tritt, laͤßt fich die Erfcheinung noch) lebhafter machen. 
Es zeigen fich ferner Abänderungen des blauen Schar: 
tens, wenn man ben gelben durch gelb gefärbte Glaͤ⸗ 
fer heller oder dunkler macht, ober ihm verfchiedene 
Muͤancirungen giebt. Im finftern Zimmer find die 
Schatten, die von einem und demfelbigen Körper 
auf eine weiße Släche durch zwey lichtflammen gewors 
fen werden, ungefärbt; wenn man aber den einen 
dadurch gelb färbt, daß man das auf ihn fallende 
Sicht durch ein dunfelgelb gefärbtes Glas gehen läßt, 
jo wird der andere blau. Man kann fo mannigfal- 
tige Abänderungen der Farbe in dem einen Schatten 
hervorbringen, während man bloß den andern durch 
gefärbte Glaͤſer fich- anders färben läßt; und man 
“erhält dieſe Abänderungen auch ohne Glaͤſer im fin- 
ſtern Zimmer, in welches Tageslicht fallt, durch das 
Kerzenlicht, wenn vorüberziehende Wolken Abwech> 
jelungen bes Tageslichts zumege bringen. Entſteht 

hier⸗ 


Licht. 501 


hierbey die Farbe des einen Schattens, naͤmlich des 
blauen, nicht bloß durch Contraſt? Wenigſtens kann 
man wohl daraus ſchließen, daß den Augen in Hin⸗ 
fiht auf Gegenwart oder Abmwefenheit von Farben 
nicht immer zu glauben ift. 


Nachricht von einigen Verſuchen über die — Schatten, 
vom, Heren Generallieutenant Benjam. Chompſon, —— 
von Aumford; in Grens neuem Journ. der Phyſ. 3 
©. 58. ff. 
$. 745. Die Durchfi chtigfeit eines Körpers — 
nicht allein davon ab, daß er licht in der gehoͤrigen 
Menge, ſondern daß er es auch merklich in gerader 
linie durchlaͤßt. So koͤnnen zwey ſehr durchſichtige 
Subſtanzen, die beyde das licht ſehr verſchieden bre⸗ 
chen, undurchſichtig werden, wenn man ſie mit ein⸗ 
ander vermengt. 
Waſſer in Schaum verwandelt, wird undurchſichtig. 
Geſchmolzenes Wachs und geſchmolzener Talg werden durchſichtig. 
Viele Glastafeln uͤber einander gelegt, ſind wenis durch ſich⸗ 


tig, werden aber durch dazwi chen gegoſſenes Waſſer durch⸗ 
ſichtig. 


ia Ar Glas wird durche Zerftoßen zu einem Pulver undurch⸗ 


Papier: J Oehl getraͤnkt wird durchſichtiger. 


uUndurchſichtige metalliſche Kalke und Erden werden * 
Schmelzen durchſichtiger. 


Der Hydrophan und Pyrophan. 

4. 746. Weil nun hierbey heterogenes licht von 
einander durch Brechung abgeſondert, und einige 
Arten des gefärbten lichts eher teflectirt werden koͤn⸗ 
nen, als andere, fo koͤnnen dadurch auch Farben- 
erfcheinungen entftehen, mie z. B. menn man zwey 
biconvere Glaslinſen von fangen Brennweiten auf 
einander Iegt, Wenn aber bey den Brechungen in 

Zr verſchie⸗ 


507 . I. Sheil. 2: Hauptſtuͤck. 
verſchiedenen Mitteln das Sicht ben dern Austritte eben: 
diefelbe Nichtung wieder befommt, die es bey dem 
Eintritte in das brechende Mittel hatte, fo wird es 
nicht in farbige Strahlen zertheilt. 

Mufchenbroek a. a. D. $. 1831. ff. 


—Beugung bes Lichts. 
$. 747. Außer der Meflerion, Mefraction und 
derfchiedenen Vrechbarkeit des lichts hat man noch 
eine andere Eigenſchaft deſſelben wahrgenommen, die 
man die Beugung (Inflexio, Diffractio lucis ) 
nennt: Grimaldi hat zuerft davon geredet, New⸗ 
ton aber hat das Phänomen näher beftimmt, doch 
aber auch. die Unterfuchung darüber nicht vollendet, 
Als er einem dünnen Sonnenftrahle, der im finftern 
Zimmer durch die feine Deffnung ging, deren Durch⸗ 
meffer etwa „2 eines Zolles betrug, einen dünnen 
opaten Körper, z. B. ein Haar öder einen feinen Draht, 
entgegen hielt, fo fand .er den auf ein weißes Pa⸗ 
pier davon geworfenen Schatten breiter, als er bey 
dem geraden Fortgange des Fichts hätte ſeyn fönnen, 
„und zu gleicher Zeit an jeder Seite des Schattens 
dren gefärbte parallele Saͤume, wovon der, welcher 
den Schatten zunächfi begrenzte, breiter war, als 
Der zweyte, und von dieſem wieder Durch einen Schat⸗ 
ten getrenrit wurde; bey der gehötigen Entfernung 
des Papiers war der zweyte Saum von einem dritten 
durch einen dazwiſchen liegenden Schatten zu unter: 
ſcheiden; bey zu großer Mähe des Papiers floffen die 
beyden Außerften Saͤume auf jeder Seite in einander. 
J Noch 


. Licht. | 503 


Noch deutlicher wurden diefe Säume, wenn er ven 
lichtſtrahl zwiſchen zwey, nur 225 eines Zolles von. 
. einander äbftehenden, Mefjerfchneiden durchgehen lief. 
Das licht, das in gerader finie hätte durchgehen fol: 
len, ward zu beyden Geiten abgelenft und in zwey 
Theile getheilt, und ließ zwiſchen fich einen Schatten, 
der defto breiter war, je näher er die Schneiden zu: 
fammenrädte. Er bemerfte dabey auch auf jeder 
Seite des Schattens in der Mitte drey farbige Saͤu⸗ 
me, bie wieder durch Zmifchenfchatten von einander 
getrerint waren. Der Rand bes erftern Saums an 
der Grenze des Schattens mar violett, dann bemerfte 
man eine hellblaue, eine grüne, -eine gelbe und eine 
rothe Farbe, die diefen erften Saum auf der andern 
Seite begrenzte Am zweyten, von dem erſtern 
durch einen ſchmalen und dünnen Schatten getrenn- 
ten, Saume war der innere Nand blau, die Mitte 
gelb, der außere Rand roth; und fo war es aud) im 
dritten ‚fhmälften Saume. — Uebrigens ift.das 
Phänomen felbft noch nicht fo unterfucht, daß fich 
davon eine befriedigende Erflärung geben ließe. Bon 
der Reflexion kann es gewiß nicht herrühren. 


Phyhico- mathefis de lumine, coloribus et iride, aliisque 
adnexis, auct. P. Franc. Mar. Grimaldo. Bonon. 1665. 4 
Newson Optice, 1. 11l. &, 272. ff. Mu/chenbrock 4.4. D. 
$. 1826 — 1829. R 


Dos Auge. Das natürliche und durch optifche 
Merkzeuge verftärkte Sehen. 
$, 748. Um zu mwiffen, was es mit dem Gehen 


der Gegenſtaͤnde für eine Bewandtniß habe, muß 
Re —F man 


- 


4 , 1 Theil, 2. Haupiſthck. le 


man nothmendig einige Kenntnif vom Baue des Au: 
ges und derjenigen Theile deffelben haben, die zum 
Haren und deutlichen Sehen erfordert werden, 


$, 749. Die Geftalt des Augapfels (Bulhus 
oculi) fomme der Kugelgeftalt fehr nahe, nur daß 
porne der durchlichtige Theil weiter hervorragend ift, 
Sein Sängendurchmeffer beträgt beym Auge des er: 
wachfenen Menfchen etwa 11? Parifer linie. Er ift 
in der, mit Fett häufig verfehenen, Augenböblung 
(Orbita ) nad) allen Seiten durch ſechs Augenmus⸗ 
feln beweglich, und kann durch die Angenlieder 
(Palpebrae) und durd) die Augenwimpern (Cilia ) 
bedeckt und vor einfallenden Lnreinigfeiten und zu 

ſtarkem lichte geſchuͤtzt werden. 


$, 750, Der Augapfel beſteht aus verſchiedenen 
&äuten (Membranae), welche zum Theil zufam: 
menhängend find, zum Theil Höhlnngen zwiſchen fich 
laſſen, die mit den durchfichtigen brechenden Mitteln, 
die man gewöhnlich die Seuchrtigkeiten (Humores ) 
nennt, ausgefüllt find, Die Auferfte diefer Häute 
iſt feft, sähe, did, aus mehrern Blättern beftehend, 
größten Theils undurchfichtig, und umgiebt den ganzen 
Augapfel. ie heißt die felte oder harte Haut ( Tu- 
nica felerotica), Je mehr fie fich dem Vordettheile 
des Augapfels nähert, defto dünner mwird fie, und 
endlich ganz durchſichtig. Diefer durchfichtige Theil 
ber feſten Haut, durch die das ficht zum Innern deg 
. Auges dringt, heißt die Hornhaut (Cornea trans- 

parens, Tunica cornea ), und ift das Segment 
. einer 


i _ E L i ch t. | 505 


einer Kugel, deren Halbmeſſer kleiner iſt, als der des 
uͤbrigen Augapfels. Er iſt daher hervorragend (9. 
749). Seine Achſe iſt aber mit der Achfe des Aug⸗ 
sprels gemeinfchaftlih. Die Hornhaut ift auf ihrer 
innern Fläche noch mit einer andern, mit: vieler 
Schnellkraft verfehenen, Haut, die man die Deomour⸗ 
ſche Membran nennt, bekleidet. 


$. 751. In dem Hintertheile der feſten ober 
harten Haut, zur Seite der Achfe des Augapfels, 
etwas nach der Mafe zu, begiebt fich der Augennerve 
(Nervus opticus ) in den Augapfel. Das innere 
Blatt feiner feften Hirnhaut (dura Mater ), womit 
er befleivet aus der Augenhöhle tritt, hilft entweder 
die fefte Haut des Augapfels bilden, oder hängt we 
nigfteng damit zufammen, Die Gefaͤßhaut (pia 
Mater ) des Nerven Überzieht inwendig bie fefte Haut 
des Augapfels, ift durchaus ſchwarzbraun und bünne, 
Der übrige, marfige innere Theil des Nerven, ge: 
wiſſer Maßen die fortgefeßte Subſtanz des Gehirns 
ſelbſt, geht in eine weiße, niedergedruͤckte, coniſche 
Warze aus, und die Subſtanz des Merven zur 
Seite diefer Warjze breiter fich felbft zu der innerjten 
Haut des Auges aus, bie nachher angeführt erden 
wird 


4. 182, Unter der — Haut liegt — an 
derſelben die Gefaͤßhaut oder Aderhaut (Tunica 
choroidea). Sie nimmt ihren Anfang von einem 
weißen, aus Zellgewebe beſtehenden Zirkel, der die 
Subſtanz des Sehnerven begrenzt, Sie hängt bier 

ger ER mit‘ 


506 II. Theil. 2. Hauptfüc. . 


mit der feften Haut und dieſem weißen Zirfel zufam- 
men, und wird von da an concentrifch innerhalb der 
feften Haut ausgefpannt, mit der fie durch etwas: 
Zellgewebe und durch Gefäße verbunden if. Sie ift 
auswendig braun, inmendig faft ſchwarz. Wenn 
fie bis an dem Urfprung ber durchſichtigen Hornhaut 
gelangt ift, fo wird fie dafelbft Durch vieles Zellgewe⸗ 
be mit der feften Haut vereinigt, in Geftalt eines 
weißen Kreifes, des Ciliarkreifes (Orbiculus cilia- 
yis), worin noch Sontana’s Strablencanal ( Cana- 
lis ciliaris) zu merfen ift. Bon diefem Zirfel, durch) 
den die Gefaͤßhaut mit der feften Haut zufammen« 
hängt, wendet ſich ihre innere Samelle nad) dem In⸗ 
nern des Augapfels, und bildet die Strahlenbaͤnd⸗ 
chen (Ligamenta ciliaria), dicke, fchön gefaltete, 
vasculdfe Streifen, die mit einem ſchwarzen feime 
fıberzogen find und die Kapſel der Kryſtalllinſe um: 
geben. 

| $. 753. Zmifchen ber Hornhaut und den Strah: 
Ienfafern fteigt Die Regenbogenbaut (Iris) aus dem 
Ciliarkreiſe als eine Fortfeßung der Aderhaut ebenfalls 
herab. Sie zeigt auf ihrer vordern Seite bunte ge- 
fchlängelte Streifen, die vom Umkreiſe herabfteigen, 
und diefe vordere Fläche nennt man insbefondere bie 
Regenbogenhaut (Iris). Auf ihrer hintern Geite 
befteht fie aus geraden Streifen, die mit einem ſchwar— 
zen leime überzogen find. Diefe hintere lache nennt 
man auch die Traubenhaut (Uvea)., In der Mitte 
Diefer unducchfichtigen Haut, die Herr Sömmering 
fehr paflend die Blendung beißt ‚, befindet ſich eine 
kreis⸗ 


gie ;„ 57 
Freiscunde Deffnung, ‚die Pupille, die Sehe, das 
Kichtloch, durch welche allein das ficht nach dem In⸗ 
nern des Auges tritt und welche auf eine bewunderns⸗ 
wuͤrdige Art fih unmillführlich bey ſchwachem fichte 
erweitert, ben ftarfem fichtg verengert. Der zarte 
Rand diefer Deffnung wird von den Streifen der hins 
tern Seite der Regenbogenhaut gebildet. | 


$. 754. Wenn der Augennerve ($. 751.) durch 
die harte Haut und Aderhaut getreten ift, fo breitet 
fi) fein Marf zu einer feinen, zarten, in jüngern 
Jahren mehr durchfihtigen, im Alter mehr undurch: 
fihtigen Haut, der Netzhaut, Nervenhaut ober 
Markyaut (Retina) aus, und legt ſich allenthalben 
an die Aderhaut bis zum größern Kreife der Strahs 
lenfaſern an. Auf diefer Nervenhaut befindet fih, nad) 
Herrn Sömmeringe Entdefung, neben dem Eintritte 
des Sehnerven, nad) aufen zu, gerade in der Achfe 
des Auges, ein eyrunder, gelblicher, in der Mitte 
ftärfer, nach dem Umkreiſe zu fehmächer, gefärbter 
Fleck, und die Mervenhaut bildet hier eine gefchlans 
gelte Falte. Diefe ganze Stelle zeigt fich viel dünner, 
marfartiger, mie die übrige Mervenhaut, befonderg 
nad) ihrem Mittelpuncte zu, mo fich fogar ein Fleines, 
‚rundes Soc) darin befindet, mit zwar fehr dünnen, 
aber rein abgefchnittenen Nänden, durch welches dag 
‚braune Pigment der Aderhaut bemerkbar wird, 
Yeber einen gelben Fleck und ein Loch in der Nervenhaut des 

menfchlihen Auges, vom Herrn D. Michaelis; im Jours 


nal der Erfindungen, Theorien und Widerjprüche in der Na⸗ 
kur und Arzneyw, Et, XV. ©. 3, ff. 


$. 755. 


508 „ IT. Theil 2. Hauptſtuͤck. 
$: 755. Die fo genannten Beuchtigfeiten. des 
Augapfels (6. 750.), welche zum Brechen der Strah- 
ken beftimmt find, find: 1) in der Mitte die Eryftalle- 
ne Seuchtigkeit oder die Kryſtalllinſe (Humor ory- 
 Stallious, Lens eryftallina), die eigentlich nicht fo 
wohl eine Flüffigfeit, als vielmehr ein fefter, runder, 
boͤchſt durchfichtiger, biconverer Körper if, deffen hin⸗ 
tere Fläche mehr erhaben ift, als die vordere, eigentlich 
aus mehrern mit feinen Gefäßen verfehenen, und 
durch ein fehr feines Zellgewebe verbundenen, mit 
einer fehr durchſichtigen waͤſſerigen Feuchtigkeit ausge- 
füllten Samellen befteht, die eine faferige Structur 
haben, und bey menichlichen Augen durch fechs Scheiz 
dewaͤnde, von benen je drey vom Scheitel jeder Halb: 
Fugel der linſe gehen, getrennt find, wie fich nad) Hrn. 
Reils Entdefung am beften durch Macerirung der finfe 
in fhwacher Safpeterfäure oder- Schmwefelfäure finden 
| laͤßt. Die linſe iſt in eine fehr durchſichtige Kapſel 
(Capſula lentis cryſtallinae) eingeſchloſſen, doch ſo, 
daß der enge Raum zwiſchen beyden mit einer Feuch⸗ 
tigkeit ausgefuͤllt iſt. Sie iſt mit dem Strahlenkoͤr⸗ 
per eingefaßt. Die mittlere Brechung der Linſe ver: 
hält ſich nach Jurin gegen die der Luft, wie 1,46: 1. 
Nach ebendemfelhen beträgt nach einer Mittelzahl der 
Halbmeffer ihrer vordern Krümmung 3,3081 engli: 
ſche Decimallinien, der hintere aber 2,5056; und 

ihre größte Dicke 1,8525 ſolcher linien. 


Don der faſerigen Structur der Kryſtalllinſe, vom Herrn Brof, 
Aeil; in Grens Journal der Phyfit, 8, VIII, 6, 325. ff, 


$. 756, 


Licht. 509 
4. 756. Den vordern Theil des Auges zwiſchen 
der Hornhaut und der Kapſel der Kryſtalllinſe erfuͤllt 
2) die waͤſſerige Feuchtigkeit (Humor aqueus). Der 
ganze Raum wird durch die Iris in die vordere (Ca+ 
mera anterior) und hintere Aammer (Camera po- 
fterior) eingetheilt, welche durch die Pupille Gemein; 
fchaft haben. Die mwäflerige Geuchtigfeit füllt beyde 
aus und treibt die Hornhaut in die Höhe. Der Halb: 
meffer diefer Krümmung der Hornhaut beträgt nach 
Turin 3,3294 Decimallinien engl. Die mäfferige 
Feuchtigkeit ift dünn » lüffig, durchfichtig und ſchwach⸗ 
ſalzig. Ihre mittlere Brechfraft gegen die Suft ıfl 
wie 1,29 : I. | 


— 


$. 757. Den groͤßern Theil des Auges hinter 
der Kryſtalllinſe fuͤllt 3) die Glasfeuchtigkeit ( Hu- 
mor vitreus) aus. ie ftellt eine fehr Flare und 
durchfichtige Gallerte vor und befteht aus fehr feis 
nen Zellen, in welche die gallertartige Fluͤſſigkeit ein 
gefhloffen iſt. Sie hat vorne eine Concavität, mo 
fie die Kryſtalllinſe berührt, und ift mit einer feinen, 
durchſichtigen, eigenen Membran eingefchloffen. Ihre 
mittlere Brechfraft verhält fich gegen die Luft nad) 
Rochon wie 1,33 : 1. 


Zinn defcriptio anatomica oculi humani. Goett. 1755. 4-, 
recud. couravit Menr. Aug. Wrisberg. ibid. 1780. 4. 
Alb. von Hallers Grundriß der Phyfiologie , a. dem Lat. mit 
Anm. von Sömmering und Meckel. Berlin 1788. 8. Kap, 
XV. An ellay on vihon, briefly explaiming the fabric of 
the eye and the nature of vilion. byGeorg Adanıs. Lond. 
1792. 8. wen Kaya Anweiſung jur Erhaltung des Ges. 
fiht6 und zur Kenntnif der Natur des Sehens, a. d. Engl., 
von Sr. Kries. Gotha 1794 8 


4. 7588. 


570. I. Theil. 2. Hauptftüch 


$. 758. Vermittelſt diefes fo bewundernswuͤrdig 
eingerichteten Werkzeugs erhälten wir nun diejenige 
Empfindung, die wir das Sehen nennen. Die rich: 
tige Erflärungsart von der Hervorbringung diefer Em⸗ 
pfindung blieb aber fange Zeit unbefannt-und wurde 
erſt von Zepleen entdeckt. Die Alten glaubten, daß 
die Strahlen von dem Auge nach den Gegenftänden 
zu ausgingen, wie Empedokles, Plato Euklides, 
und von da wieder nach den Augen zuruͤckgeworfen 
wuͤrden, tie dieStoiker annahmen. Porta entdeck⸗ 
te zuerft die Hehnlichfeit des Auges mit dem verfinfter: 
ten Zimmer; er zeigte dadurch einen beſſern Weg zur 
Erklärung des Sehens, ob er fich gleich die Sache, 
ſelbſt noch unrichtig vorftellte, da er die Kryſtalllinſe 
für die Wand hielt, auf welcher fich das Bild des 
Gegenftandes abbilde, und’ von jedem fichtbaren 
Puncte des Gegenftandes nur einen Strahl ins Au: 
ge fommen ließ. Erſt Aepler gab richtige Begriffe 
über die Art und XBeife der Entftehung des Bildes. 

$. 759. Von jedem Puncte einesfichtbaren leuch: 
tenden oder erleuchteten Körpers fahren nach geraden 
linien Strahlenfegel aus ($. 654.), deren Grund- 
fläche die vordere Släche der Hornhaut, und deren 

> Spiße der fichtbare Punct if. Don diefem Strah— 
lenkegel kann nur derjenige Theil die Empfindung des 
Sehens des ſichtbaren Punctes bewirken, welcher auf 

die Pupille trifft. Beym Durchgange diefes Strah: 
— Ienfegels durch die Hornhaut und ‚wäflerige Feuchtig⸗ 
“Seit vor und hinter der Pupille leidet. er die erften 
— Brechungen; auf der vordern Flaͤche der Kry⸗ 
ſtall 


\ 


ide + 511 


ſtalllinſe, Die wie ein erhabenes Glas wirft ($. 707.), 

die dritte und färfere; und in der gläfernen Feuchtig- 
Feit die vierte Brechung. Die divergirenden Strah⸗ 
fen diefes Strahlenfegels. werden dadurch convergi- 
rend und treffen endlich in einem Puncte zufammen, 
Diefer Punct der Wiedervereinigung der Strahlen. 
ift der Ort des Bildes vom Puncte. 

Es fen alfo (Fig. 119.) DE das Auge nad; einem Durchichnitte 
in der Fänge feiner Ace. Bon dem Puncte A gebe ein 
divergirender Strahlenkegel aus, der auf die Hornhaut 
des Auges fällt. Da die Strablen auf dem dünnern Mes 
dio, der Luft, in das dichtere übergeben, fo werden fie 
dem Perpenvifel zu gebrochen, und dadurch, wie aus dem 
Borigemvon der Brechung in frummen Flächen befannt ift, 
eonvergirend, wenn der ftrahlende Punct nicht zu nahe, 
d. h., die Divergenz der Strablen nicht zu groß if. Man 
fieht , daß dadurh au Strahlen dur die Bupille fommen 
Ponnen , die durch den geraden Fortgang auf die Blendung 
getommen feyn würden. Dur die Brechung in der Krys 
ftalllinfe C und der Gladfeuchtigfeit werden die Strahlen 
noch ftärfer converairend und vereinigen ſich in einem 
Yuncte in a, der das Bild von A ift, 

$. 760. Die Strahlen jedes Strahlenfegels al- 
fo, welcher aus jedem Puncte des Körpers ausfähre 
und auf die Pupille trifft, vereinigen fich alfo hinter 
der finfe, mie im finftern Zimmer, deſſen Deffnung 
mit einem erhabenen Glaſe verfehen ift; und wenn 
Das Auge die gemöhnliche Einrichtung hat, und das 
Object nicht zu entfernt oder dem Auge nicht zu nahe 
ift, fo liegt das Bild des Punctes auf der Netzhaut. 
Don jedem fihrbaren Puncte eines Gegenſtandes ent⸗ 
fteht natürlicher Weife ein Bild auf der Netzhaut, 
welche alle zufammen, wie im verfinfterten Zimmer, 
ein verkehrt ftehendes vom ganzen Dbjecte machen. 


€ fen (Fig. 116.) CAB ein Dbject, das vor dem Auge ſteht. 
Bon den Puncten C, A und B geben divergirende Strah⸗ 


⸗ lenfegel nah dem Auge, deren Strahlen durch bie — 
un 


—3 


512 u Theil: 2. Hauptftüd. \ 


ungen gu eonvergirenden werben ‚und ſich wieber in einem 
Punet vereinigen. Sie machen alfo das verfleinerte und 
verkehrt ſtehende Bild. bao. 


. 761. Diefe Wiedervereinigung der Strahlen 


“eines Strahfenfegels von einem fihtbaren Puncte auf 


der Netzhaut, oder die Abbildung des Gegenftandes 
auf derfelben, ift nun mit der Empfindung des Ge; 
bens begleitet. Wie die Vorftellungen aber mit die: 
fem Zufammentreffen der lichtſtrahlen zu einem: Bilde 
des Gegenftandes zufammenhängen, dies zu erflären, 
reichen unfere Erfahrungen nicht hin. Das Bild und 
die Empfindung des Sehens find Wirfungen einer 
einzigen Urfache. Wir fönnen nicht annehmen, daß 
das Bild als Bild die Empfindung bewirfe. Denn 
dies fann es ja nicht, da es nur Phantom iſt; eben 
fo wenig fönnen alfo auc) die Karben, die am Bilde 
find, die Empfindung der Farben hervorbringen. Noch 
weniger wird man glauben, daf die Seele das Bild 
des Gegenftandes auf der Netzhaut befchaue, und da: 
durch Vorftellung davon erhalte, fo wie wir etwa in 
der finftern Kammer das Bild eines abgebildeten Ge⸗ 
genftandes wahrnehmen. 


$. 762. Dur die NWiebervereinigung ber zu ei- 
nem Strahlenfegel gehörigen Strahlen in einem Punc⸗ 
te auf der Netzhaut erzeugt das deutliche Sehen die: 
fes Punctes, undfin fo fern hierdurch fonft ein Bild 
des Punctes entftehr, fünnen wir annehmen, daf das 
Bild die Empfindung mache. Dur die Netzhaut ift 
für. dieſe Miedervereinigungspuncte fühlbar und 
pflanzt die Empfindung durch den Gefichtsnerven bis 
| zum 


Licht. — 513 
zum Gehirne fort. Weiter koͤnnen wir nun eben ſo we⸗ 
nig erklaͤren, tie mit dieſer Empfindung die Vorftel: 
lung des Sehens verfnüpft ift, als wir es erflären koͤn⸗ 
nen, tie der Eindruc auf die Nerven der Zunge und 
des Gaums den Gefchmadf, auf die Iterven der Nas . 
fe den Geruch, oder auf ben Öehörnerven das Hören, 
und die davon abhängenden Urtheile unferer Seele er. 
jeuge. Die BVorftellung der, Farben endlich möchte 
wohl aus der verfchiedenen Empfindung berrühren, mel: 
che die verfchiedenen Gattungen der tichtftrahlen auf 
der Meshaut bewirken, und melche fie eben fo vers . 
ſchiedentlich ruͤhren, als es verſchiedene riechende Aus⸗ 
fluͤſſe bey den Geruchsnerven thun. 

$. 763. Die Frage, warum wir die Gegenſtaͤn⸗ 
de nicht verfehrt wahrnehmen, da doc) das Bild vers 
felben auf der Netzhaut verfehrt Tiegt, hat in der 
That. feinen vernünftigen Sinn, In der Zeichnung - 
des Bildes (Big. 116.) beziehen wir freplich dieſes 
. auf den Gegenftand, und da ficht das Bild gegen dies 
fen allerdings verfehrt. Aber bey der Empfindung 
des Sehens mehrerer Gegenftände zufammen beziehen 
wir die Bilder zu den Bildern, und die haben ja ae 
gen einander daffelbige räumliche Verhaͤltniß, ale 
die Objecte; folglich) find fie nicht gegen einander ver- 
ehrt. Wenn wir alfo einen Menſchen auf dem uf: 
boden eines Zimmers ftehend wahrnehmen, jo bildet 
er fic) fo auf der Netzhaut ab, daß jene Füße gegen den 
zugleich mit abgebildeten Fußboden dieſelbige Bezie⸗ 
hung haben, als im Objecte. Er wird ja nicht mit 
dem Kopfe auf dem Fußboden fiehend abgebildet; 
Kt | folg. 


} 


314 I. Theil. 2. Hauptftüc 


folglich fteht er auch im Bilde nicht verfehrt gegen den 
Fußboden und gegen die Dede des Zimmers, fon- 
dern das Bild hat diefelbige raͤumliche Beziehung ge: 
gen die Bilder diefer, als die Objecte. Wenn fic) 
alfo alles in ver Welt in derfelbigen räumlichen Ver: 
bindung auf der Netzhaut abbildet, worin es natürs 
lich ift, fo fehen wir nichts verkehrt. 


Das aftronomische Fernrohr kann hier gar nichts dagegen, fons 
dern wohl dafuͤr beweilen; weil das dadurch erbaltene Bild 
.. das durchs bloße Auge erzeugte eine verkehrte Las 
ge bat. 


6. 764. Eben fo menig hat es auch mir der 
Schwierigfeit zu bedeuten, die einige darin zu finden 
glaubten, daß wir mit zwey Augen die Gegenftände 
nur einfach fehen. Denn wenn gleich) von einerlen 
Punct zwey verichiedene Strahlenfegel nach den bey- 
den Augen gehen, jo feßen wir doch den Punct nur da: 
bin, wohin die Spike des verlängerten lichtkegels treffen 
muß, — uhd dieſe Spiße iſt ja benden Strahlenfegeln 
gemeinfchaftlich; — daher muß der Punct, auch dur) 
beyde Augen gejehen, nur einfach erfcheinen. Das 
Gegentheil geſchieht, wenn man den einen Augapfel 
mit den Fingern zur Seite drückt, wodurd die Op 
gen der fichtfegel von einander gebracht werden, und 
alfo das Object ziviefach empfunden wird. 

$. 765. Ueberhaupt kommt es bey dem Urtheile 
der Seele über das Gejchene auf weit mehrere Um: 
ftande an, als bey den Empfindungen durch andere 
Einne Wir verbinden von Jugend auf unvermerft 
mit dem Gefichte das Getaſt, und üben uns dadurch, 
aus dem, was uns das Auge darſtellt, Urtheile über 

* die 


» 
” 


En Lu Bra 515 


die wahren, und eigentlichen- fagen,... Entfernungen, 
Größe und Seftalten der Körper zu fällen. Wir ers 
langen eine Fertigfeit, aus der Verbindung beyder 
Sinne, bey Gegenftänden, die mwenigftens nahe um 
uns herum find, richtig zu urtheilen; aber weil auch 
diefes Urtheil mit dem Sehen felbft ohne unfer Ber 
wußtfeyn fo innig verbunden ift, fo kommt es auch) 
oft, daß mir etwas zu eben glauben, mas wir bloß 
aus dem Gejehenen ſchließen; und wir feyleßen 
manchmal falſch, ob wir gleich richtig ſehen. 


Die Befchichte einiger Blindgebehrnen und am Staar gluͤcklich 

3J operirter Perſonen⸗ (f. Cheſelden ın pbhilof. transact. no. 402. 

und in Smith's Lebrbegriff der Dprit;_ingleihen Lchten⸗ 

bergs Magazın für die Phyſik, B. 4 St. ı. ©. 21.), km 

es beweifen, daß wir von den Entfernungen, Zagen, Groͤ— 

. ‚Ken und Figuren der Begenftände nıcht anders, als erſt 

durch Benhülfe des Getaſtz urtbeilen fernen, oder daft wir 

die Empfindungen des Gefichts mit denen des Getaſtes vers 

feichen muͤſſen, um durch fortaeiehte Erfahrungen ın dem 

tand gefet zu werden, aus dem Sefebenen auf ihre Eut⸗ 
fernungen, Lage, Figur, m. ſ. w. zu fchließen. 


$. 766. Wenn man von den Auferiten Enden 
eines fichtbaren Gegenftandes gerade Sinien nad) dem 
Mittelpuncte der Pupille des Auges zu zieht, fo heiße 
der Winfel, den fie bier machen, der Sebewintel 
oder die feheinbare Größe des Gegenftandes (Angu- 
lus opticus, viforius; Magnitudo, Diameter obie- 
cti apparens). Diefer Schewinfel wird bey einerley 
Object natuͤrlicher Weiſe größer, je naͤher dieſes dem 
Auge kommt, und deſto kleiner, je weiter es ſich da⸗ 
von entfernt. 


6. 767. Unſer Urtheil uͤber die Groͤße der Ge⸗ 


genſtaͤnde haͤngt nicht allein von ihrer wahren Groͤße, 
Kk 2 ſon⸗ 


zi6 1. Theil, 2. Hauptſtuͤck. 

föndertt auch don diefem Sehewinkel mit ab, unter 
welchem mie die Objecte wahrnehmen, und von wel: 
ehem auch die Größe des Bildes auf der Netzhaut abe 
hängt. Gegenftände von verfchiedenen wahren Groͤ⸗ 
fen fönnen daher dem Auge unter einerlen fcheinbater 
Groͤße erfcheinen, wenn fie unter einerley Sehewin⸗ 
kel wahrgenommen werden; und umgekehrt koͤnnen 
Gegenſtaͤnde von einerley wahrer Größe unter einer 
berfchiedenen fcheinbaren mahrgenommen merben) 
wenn der Sehewinkel verfchiedenelich groß if: 


Sonne ımd Mond koͤnnen uns gleich groß erfcheinen, ungeachs 
tet ihre Große ſehr verfchieden if, wenn der Sehewinkel, 
unter bem wir beyde feben, aleich groß ift. 


- Der Stundenzeiger einer Taſchenuhr fheint und zu ruhen, weil 
fih der Schemwinfel in kurzer Zeit nur unmerflich ändert, 


Auf einem Kornfelde fcheinen ung die Kornähren, welche weis 
ter entfernt find, dichter zu fteben, ale die nähern. 


Eine lange Allee fcheigt ung am Ende fpitig zuzulaufen. 

$. 768. Ein bloß erleuchteter Gegenftand kaun 
daher endlid. dem Auge unfichtbar werden, wenn 
der Sehewinfel fo Flein wird, daß er nicht empfun: 
den werden kann, oder wenn der Bogen deffelben bis 
zu einer Größe von etwa einer Minute abnimmt. 
leuchtende Gegenftände koͤnnen uns hingegen in eine 
noch viel weitern Entfernung fichtbar bleiben, wobey 
fie uns aber dann auch ohne bemerfbären Durchmeffer 
erfcheinen müffen, wie die Sirfterne. 


— 


$. 769. Sonſt beurtheilen wir auch noch die wah— 
re Größe des gefehenen Gegenftandes aus feinen ung 
fonft befannten Entfernungen, aus der ftärfern oder 
ſchwaͤchern Etleuchtung, worin er ung erfcheint, und 


dann auch aus dem Verhaͤltniſſe feines Bildes zu dem 


Bil: 


⸗ 


er FIT" we 517 


- Bildern naher: Sampinne r deren wahre Größe wir 


kennen. 


Der hinter Bergen oder hinter Baͤumnen anfgehende Mond 


ſcheint uns groͤßer, als wenn er hoͤher am horiente ftebt. 


$. 770. Die Urtheile unferer Seele über Ent⸗ 
feenungen ber Dinge von ung hängen feinesmeges 
von den Empfindungen des Gefichts allein ab, fons 
bern wir erlangen die Fertigkeit ‚ von dem, was mir 


‚fehen, auf die Entfernungen, Größen, oder Stel: 


fen zu fchliegen, oder das Augenmaaß . ebenfalls 


durch Vergleichung der Empfindungen des Geſichts 


— 


mit denen des Gelaſtes ‚ und durch Erfahrungen, die 


‚wir, obgleich unvermerft, von Jugend auf hierüber 
‚anftellen; und wir fü nd ung der Umftände, dus denen 
die Vorftellung einer wirflichen Entfernung in ung 
entſteht, felten deutlich bewußt. Ohne Erfahrungen 
durchs Getaſt über die Entfernung der Dinge würden 
wir glauben, daf die Gegenftände dicht vor dem Aus 
ge ſtuͤnden. 
+$. 771. Bey nahen Gegenſtaͤnden ſchaͤtzen wir 
ie ‚Entfernung derſelben aus der zum genauen Se— 
den nöthigen Veränderung des Auges, welche mir 
‚vornehmen muͤſſen, um auf verfchiebene Entfernun- 
gen deutlich zu fehen; und wir ‚urtheilen dann, daß 
der Gegenftand da fen, wo die Spißen der Lichtfegel 
zu ſtehen kommen, ‚deren Grundfläche die Pupille des 
Auges if. Bey entferntern Gegenftänden ſchaͤtzen 
wir die Entfernungen aus dem Winfel, den ‚die ben: 
‚den Augenachfen mit einander machen; dus der Ver: 


‚gleihung der. uns bekannten wahren Größe berfelben 
| mit 


’‚» 


38 II. Theil: 2. Hauptftück. 


mit der fheinbarem; in welcher wir fie wahrnehmen; 
aus der größern oder geringern Helligfeit und Klar- 
“heit, worin wir fie ſehen; aus der Deutlichfeit der 
Heinen Theile eines Gegenftandes; und endlich aus 
der Menge anderer zwiſchen dem Segenſtande und 
dem Auge befindlichen Dinge. 
Sieraus erhellet leicht, warum uns das Meer vom Ufer aus 
eſehen, wenn’ wir ſonſt feine Gegenſtaͤnde, wie Schiffe, 
* u. bergl., .darau’ wahrnehmen, bey weitem nicht 


o weit ausgedehnt erfcheint, als diejenigen — d 
es nicht geſehen haben. 


$. 772: "Mir konnen mit geſunden Augen Ge⸗ 
genftänbe in verfchiedenen Entfernungen vom Auge 
noch deutlich wahruehmen. Da nun das Bild eines 
entfernten Gegenſtandes nicht fo weit hinter die Kry⸗ 
ſtalllinſe, die wie ein erhabenes Glas wirft ($. 711.), 
fält, als das Bild eines nähern, und das Auge doch 
nur dann deutlich fieht, wenn die Spißen der Strah: 
Ienfegel oder das Bild des Gegenſtandes die Netzhaut 
treffen; fo muß das Auge ein Vermoͤgen befigen, ſeine 
Einrihtung zu Ändern, und dadurch auf- größere oder 
Fleinere Weiten dentfich zu fehen. Aus der fafrigen 
Structur der Krnftalllinfe läßt fih) nach) Hrn. Poung 
allerdings fchließen, daß wir das Vermögen befißen, 
fie erhabener zu machen, oder aus der biconveren 
Form mehr der Rugefgeftalt zu nähern, fo daß bie 
Halbmeffer ihrer Kruͤmmungen Feiner werden, wo⸗ 
durch alfo auch ihre Brennweite Fleiner wird. Dies 
müßte ben nahen Gegenftänden ſtatt finden, da fie 
Bingegen ben entferntern Gegenftänden wieder in den 
ie Zufland zuruͤckkaͤme. Mit dieſer — 
ndes 


Liſcht. 59 


aͤnderung kann eine andere recht wohl beſtehen, wor⸗ 
aus man auch die Deutlichkeit des Sehens in verſchie⸗ 
denen Weiten erklaͤrt, naͤmlich eine mehrere oder min⸗ 
dere Zuſammendruͤckung der harten Haut durch die 
Augenmuskeln, wodurch zugleich die es conz 
verer werden kann. \ 


— uͤber das Fa von vo Thom. Noung; 
n Grens Journ. der P vi. ©: 415. ff. Henr. 
wilh. Math. Olbers d N ort mutationibus internis 
Goett. 1780. 4. 
6. 773. Diefe Veränderungen finden natürlicher 
Weiſe ihre Grenzen, und es giebt daher für jedes 
Auge eine geroiffe Weite, in der es ben feinem natüır: 
lichen Zuftande deutlich ſieht. Dieſe Weite, bey der 
es Fleinere Gegenftände noch deutlich wahrnehmen 
fann (Diftantia vihonis diftinctae ), feßt man zwar 
gewöhnlich auf 12 bis 16 Zoll, allein fie ift bey vielen 


Perfonen größer oder geringer, 


$. 774. Wenn die Hornhaut eines Auges zu 
fehr erhaben, die Krnftalllinfe zu conver oder ihr Ab: 
fand von der Netzhaut zu groß ift, fo treffen bie 
Strahlen ver Strahlenfegel von Gegenftänden, bie 
ı2 bis 16 Zoll und darüber entfernt find, nach dem 
Brechen zu früh zuſammen, ehe fie die Netzhaut er- 
reichen, oder die Divergenz der Strahlen von den 
Strahlenfegeln diefer Gegenftände ift für ein folches 
Auge zu geringe, als daf der Vereinigungspunet die 
Netzhaut treffen follte. . Ein folches Auge ſieht daher 
nur nahe Gegenftande deutlich, entfernte undeutlich. 
Perſonen, welche dieſen Fehler haben, heißen Zurz 
ſichtige 


520 1. Theil. 2. Hauptftüd. 


firbtite (Myopes ), und die Weite, bey ber fie kleine 
Gegenftände deutlich wahrnehmen, erftredt fih un— 

. gefahr nur auf 4 bis 6 Zoll. Hohlgläfer vermehren 

die Divergenz divergirender Strahlen ($. 714.), 

and durch Hülfe derjelben fehen alfo Kurzfichtige auch 

mehr entfernte Gegenftände deutlich. 


6. 775. Wenn hingegen das Auge fo beichaffen 
iſt, daß die Hornhaut und die Kryſtalllinſe flach, und 
in der Convexitaͤt vermindert iſt, oder dem Boden 
des Auges zu nahe liegt, ſo treffen die Strahlen der 
Strahlenkegel won nahen Gegenſtaͤnden zu ſpaͤt zu: 
fammen, und das Bild würde erft hinter die Netz⸗ 
haut fallen. Ein folches Auge kann nur entfernte 
Gegenftände deutlich wahrnehmen, nicht aber nahe. 
Diejenigen, welche diefen Fehler der Augen haben, 
heißen Weitſichtige (Prefbytae), und jener entfteht 
gervöhnlich im Alter. Die nächfte Weite, wobey ein 
folches Auge noch deutlich) fieht, ift größer ala 16 Zoll; 
ben manchen 2 bis 3 Fuß. Da erhabene Gläfer 
das Vermögen haben, die Divergenz der divergiren- 
den Strahlen der Strahlenfegel zu vermindern ($ 
707.) und die Strahlen aus nahen Puncten fo 
zu brechen, als ob fie aus entfernten Puncten ber: 
Famen, fo können Weirfichtige durch Huͤlfe derfelben 
auch nahe Gegenftände deutlich fehen, und fie bebie- 
nen fic) daher zu diefem Zwecke der Brillen. 


6. 776. Gegenftände, welche fehr Fein find, 
ſehen mir auch in der gewöhnlichen, zum deutlichen 
Sehen erforderlichen XBeite ($. 773. ) nicht deutlich. 
| Das 


gie. * 521 
Dadurch, daß wir fie dem Auge näher bringen, toi: 
ben mir zwar den GSehemwinfel, unter dem wir fie 
wahrnehmen, vergrößern; aber dann trifft das Bild , 
die Netzhaut nicht mehr, und wir fehen den Gegenz , 
fand verwirrt und undeutlich. Ein Werfzeug, mel; 
ches dazu dient, ganz Feine Gegenftände größer, als 
in der gewöhnlichen Entfernung vom Auge, und doch 
deutlich zu fehen, heißt ein Mikroſkop oder Der: 
größerungsglas (Microfcopium, Engyfcopium ) 
$. 777. Jedes erhabene Glas und jede Glas: 
Ffugel, vergrößern der. Erfahrung zufolge die Objecte, 
wenn wir fie dadurch betrachten. Man bedient fich 
aber vorzuglih, um ganz Fleine Sachen dadurch zu 
betrachten, Kleiner, ſehr erhabener finfen, oder klei⸗ 
ner Glaskuͤgelchen, und beyde heifen daher auch ein⸗ 
fache Mitroſkope (Microfcopia fimplicia). Die 
Gtrahlen, , welche von dieſen Fleinen Gegenftänden, 
wenn fie nahe ans Auge gehalten werden, divergirend 
in daffelbe. treten würden, werden. durch diefe Vers _ 
größerungsgläfer, wenn fie in dem Brennpuncte der- 
felben liegen, nach dem Brechen parallel ($. 707. ), 
und das Auge fieht dadurch ven fehr genäherten Ge⸗ 
genftand deutlich. Das Auge fieht nun den Gegen: 
ftand unter einem defto größern Sehewinkel, und alfo 
auch um deſto größer ($. 767.). Weberhaupt ver: 
hält fi) die Größe, unter welcher man Gegenftände 
durch, eine Vergrößerungsfinfe in dem. Brennpuncte 
derfelben erblict, zu der Größe, in der man fie ohne 
Glas deutlich erkennen kann, wie die Fleinfte Entfer⸗ 
nung, bey ver man ohne Glas deutlich fehen fann, 
Ä zur 


522 | IL Theil. 2. Hauptftüd. 


zur Brennweite der Vergroͤßerungsglaͤſer. Da nun 
der Brennpunct defto näher an das Glas fommt, je 
Feiner der Durchmeffer der Linſe wird, fo fieht man 
auch leicht ein, daß die Linſen um defto mehr vergrö: 
fern, je Fleiner. der Durchmeſſer der Kugel iſt, wo— 
von die Flaͤche der lLinſe ein Abfchnitt if. Zu den 
ftärfften Vergrößerungen gebraucht man daher ganz 
Heine Glaskuͤgelchen. 


Es fen LM ( Fig. 117.) eine Glaslinfe von fehr kurzer Brenns 
weite, in deren Brennraume ein kleiner Gegenftand ab 
befindlich fey. Es ift aus dem Vorigen ($. 707.) klar, 
daß die divergirenden Strahlen, die von den erleuchteten 
Puncten des Dbjects ab gegen die Linfe zw geben, durch 
das Brechen zu parallelen werden. Die Strablen des 
Punctes a geben alfo als parallele nah O, und die des 
Punctes b als parallele nah Q. Die letztern fchneiden die 
erftern unter dem Winkel, QCO = aCb. Das ter Linie 
febr genäberte Auge ſieht nun die Puncte a und b deutlich, 
wenn es nicht kurzſichtig iſt, und fo das ganze Feine Ob⸗ 
ject ab. Da wir nicht gewohnt find, Dbjecte fo nabe am 
Auge wahrzunehmen, und überhaupt fo Feine fonkt nicht 
deutlich fehen, fo beziehen wir das Dbject auf die Diftanz 
AC, ben der wir fonft die Objecte deutlich zu feben ges 
wohnt find. Da nun das Object AB in. der Entfernung 
CA dem bloßen Auge unter eben dem Gebewinfel erfcheis 
nen würde, fo ſchreiben wir dem Dbjecte ab die Größe AB 
zu. Es ift alfo die Größe des fcheinbaren Durchmeflers 
des Objects durchs Mitroffop zu der Größe deſſelben ohne 
Mifroffop, wie die Weite, bey der jemand deutlich fieht, 
zur Brennweite der Linfe. Weil nämlich die Dreyecke aCh 
und ACB ähnlich find, fo if AB:ab=AC :aC. 


"Man findet nah dem hier Ermähnten bie Stärke der 


Vergroͤßerungen, wenn man bie —— bey der 
man kleine Gegenſtaͤnde deutlich wahrnehmen fann, durch 
die Brennweite des Vergroͤßerungsglaſes dividirt. Wenn 
. B. ein Auge in ber. —— 10 Zoll dentlich 
hebt, fo ift die Vergrößerung des ſ 
eines Dbjectd, das man duch ein Wergröferungsalas von 
ı Linte Brennweite betrachtet, 120 mal, folglid die Vers 
größerung des Flähenraums 14400 mal. 


| $. 78. Um die Gegenftände in den erforderli- 


chen Entfernungen an ein ſolches Vergroͤßerungs⸗ 
£ | glas 


inbaren Durchmeſſers 


DT 


eidt: 783 


glas bequem zu bringen und dadurch zu betrachten, 
und fie auch gehörig zu erleuchten, hat man mehrer: 
len Vorrichtungen ausgedaht. Wir bemerfen hier 
nur befonders das einfache Wilfonfche) oder Kieber- 
kuͤhnſche Mikroſkop, und das Mikrtoſkop mit 
dem Erleuchtungoſpiegel ’). 


1) Gehlers phufif. Wörterb. Th, II. S. 221. 


3) Mujchenbroek introd. ad philol. nat. T. II. Tab. XLV; 
gig. 30°. 


$. 779. Sonft hat man audy sufammengefeste 
Mikroſkope (Microfcopia compofita), die aus 
mehrern linſen beftehen, »durch welche man nicht den 
Gegenftand felbft, fondern das Bild deffelben umge: 
fehrt und vergrößert fieht. Der Gegenftand erhäft 
entweder durch einen Hohlipiegel oder durch ein con- 
vexes Glas Erleuchtung. Wir merfen hier das Eufs 
fifche Mikroſkop. Ä 


Es fen (Fig. 118.) ein Feines Dbject ach etwas weiter, als 
die Brennweite der mifroffopifchen Linfe LM beträgt, von 
derfeiben in der gehörigen Erleuchtung geftellt. In diefem 
Salle werden die divergirenden Strablen der Puncte a, & 
b durch die Brechung zu convergirenden (4. 707.), und 
zwar werden fie defto fpäter zuiammenlaufen , je näher fie 
dem Brennpuncte der Linfe LM find. BCA iſt biernady _ 
das Bild des Objeets, und ſteht aegen daffelbe verkehrt. 
Wenn nun noch in FE eine ardfiere convere Linſe ift, deren 
Brennraum mit dem Bilde BCA zufammenfällt, fo werden 
die von B, C, und A ausfahrenden divergirenden Strablen 
durch das Brechen zu parallelen ($. 707.) , und fchneiden 
fib in O. ft bier in O das Auge, fo fiebt es das umges 
kehrte Bild RCA des DObiects ach deutlich, unter dem Wins 
kel BDA. Diefer. verhält fi zu dem Gebewinfel, unter 
dem das Obieet ohne Mifroffop gefeben werden würde, 
wie die Diftanz des Bildes BA von der Linſe LM zue 
Brennweite CD der Linfe FE, 


Damit aber die Länge dieſes Mikroſkops fürzer und zus 
gleih das Gefichtsfeld arößer werde, wird zwifchen LM 
und FE noch eine convere Linſe angebracht , und das Mi⸗ 
Ixoffop wird alfo aus drey Linfen zufammengefegt, & Ai 

% 


! 


524 II. Theil. 2. Hauptſtuͤck. 


,.  Cäie. —— kleines Dbject AB, de3 von ber klei 
. mifroffopifben Linfe KEC weiter abſteht, als die Breu 
weite derfelben beträgt. Die divergirenden Strahlen der 
Puncte B und A werden folder Beftalt durch das Brechen 
in die Zinfe KEC zu convergtrenden. Ebe aber die cons 
- pergirenden Strahlen s, r, tund Z, K, V der Buncte 
B und A fi fchneiden und das Bild machen, treffen fie 
auf die größere comvere finfe GH (das Lollectivglas) und 
werden dadarch friiher convergirend (f. 707.) ind und f, 
wo fie das umgekehrte Bild Fd- des Dbjects,BA machen, 
von da als divergirende fkq und dpn auf die finfe nk 
‘(das Ocular) fallen, bie um die Brennweite von dem 
ilde fd eutfernt fteht. Dirrch das Brechen in diefer Linie 
werden Nie nun zu paralleien, und das Auge in O fiebt 
dadurch das Bild fd des Objects BA deutlich umd vergrös 
fert unter dem Wınfel aOp. 

Um die Linſen dieſes zufammengefegten Mikroſkops ges 
hoͤrig zu ftelen, den Gegenſtand gegen dis nftrument 
richtig zu ordnen, zu behandeln, und gehörig zu erleuch⸗ 
ten, ſehe man Baker Employment for the miero[cope. 
Lond. 1752. 8. Bepträge zum Gebrauch und V 
des Mikroſtops/ a. d. Engl. Augsburg 1754. 8. Bran⸗ 
Ders Beireibung zweyer zufammengejegten Wiifroffopg 
‚Augsb. 1769. 8. 


6. 780, Werkzeuge aus zufammen verbundenen 
finfen, oder auch Spiegeln mit linſen, melche dazu 
dienen, entfernte Cegenftände, die man durchs bloße 
Geſicht nicht deutlich fehen Fann, klar und deutlich) 
wahrzunehmen, heißen Sernröhre, Teleffope (Tele- 
fcopia, Tubi optici), Man fann fie überhaupt in 
zwey Sattungen: ı ) in dioperifche, und 2) in catas 
dioptriſche eintheilen. 


6.781. Die dioptrifchen Sernröhre beftehen aus 
verfchiedenen Slaslinfen, welche in einem Rohre ein- 
ander näher gebracht oder von einander mehr entfernt 
‚werden fönnen. Dieſe Sinfen felbft führen verſchie⸗ 
dene Namen. 1) Das Öbjectivglas oder Dorder- 
glas iſt dasjenige, das ſich an dem Aufßerften Ende 
bes Rohrs befinder und dem zu betrachtenden Ge: 

ee genftande 


eicht. 825 
genftande zumächft zu gerichtet ift. Es ift allemal con: 
ber und hat auch eine größere Brennweite, als die 
übrigen finfen. 2) Die Augeneläfee oder Oeular⸗ 
glaͤſer, deren Stelle an dem andern Ende des Roh: 
tes ift und die dem Auge zu gerichtet find. Ihre wahre 
oder eingebildete Brennweite ift immer fürzer, als 
die des Objectivglafes. Das Mohr, worin man.diefe 
Glaͤſer befeftigt, überzieht man inmwendig mit einer 
ſchwarzen Barbe, und giebt dem Objectivglafe Be- 
deckungen, um dadurd) die Undeutlichkeit des Bildes, 
melche von der Abweichung der Strahlen wegen der 
Geftalt des Glaſes ($. 709.) entfteht, zu verhuͤten; 
zu eben diefer Abficht dienen auch für die Augengläfer 
die Dlendungen in den Möhren. 

$. 782. Die erftere und ältefte Art diefer diop⸗ 
teifchen Sernröhre ift das Holländifche oder Gaulei⸗ 
ſche Sernrobre. Es befteht aus einem converen Obs 
jectiv = und einem concaven Ocularglaſe, die auf 
einerlen Achje fo geftellt find, daß der eingebildete 
Brennpuncr des leßtern mit dem wahren Brennpuncte 
des erftern zufammentrifft. Die Entfernung der fins 
fen von einander ift folglic) der Differenz ihrer Brenn: 
weiten gleich. Gegenftände durch diefes Fernrohr bes 
trachtet, erfcheinen gerade und unter einem größern 
Sehewinkel; eigentlich jo vielmal vergrößert, als. die 
Brennweite des Deulars in der Brennweite des Ob: 
jectivglafes enthalten ift. Wegen des geringen Ger 
fihrsfeldes, oder Des geringen Raumes, den man 
durch dieſes Fernrohr überfehen fann, und wegen der 
Unbequemlichkeit, daß man das Auge dicht an das 
Ocular 


s26 II. Theil, 2. Haupiſtͤck. 


Ocular legen muß, gebraucht man es jetzt nur noch 
zu Tafchenperfpectiven. 


Es fen (Fig. 120.) das convere Objectivglas MN mit dem 
biconcaven Oculare PQ auf einerley Ace fo geftellt, daß 
der Focus des eritern Do mit dem Focus des leßtern Ko 

ufammenialle, Es jey das Dbjectivglas einem ſedr ents 
ernten Dbjecte zu gerichtet, fo daß die von den äußerten 
Puncten O und B des letztern auf das Objectiv fahrenden 
divergirenden Strahlen als parallele anzufehen find, und 
fi daher in Gtraplenchlinder verwandeln. ' Die Achſe A 
des Strablencenlinders O ſtehe fenfreht auf MN und PQ, 
fo gebt der Strabl, der diefe Achfe vorftellt, ungebrochen 
durch beyde Släfer, und it ADo Die damit parallelen 
Strahlen diefes Strahlencylinders O erden dur die 
Brebung in MN zu convergirenden, und würden obne 
-PQ in o zufammentreffen, durch die Brechung in PQ aber 
werden fie zu parallefen (j. 714.). Bon dem unterm 
Punete B des Dbsects gebt eben jo ein Strablencplinder 
BD nah dem Dbiectivalafe MN ,. und die dur die Bre— 
Kung in demielben convergirend gemachten Strahlen deflels 
ben werden durch die Brechung in PQ zu parallelen. Was 
von diefen Strablencplindern O und B gilt, gilt von allen, 
den Strahlencylindern der uͤbrigen zwiichen O und B bes 
findlıhen Puncte des Dbjects, die auf das Objectioglas 
fallen. Wenn daher das Auge dicht hinter dem Dculare 
PQ ift, fo wird es die Puncte A und B,-und fo die übris 
gen dazwifchen , deutlich fehen; denn die parallelen Strah⸗ 
len Cb und Ko werden durd die Brehung im Auge ein 
- Bild der Puncte b und o auf der Netzhaut machen, das 
eben fo gegen das Object verkenrt ſteht, als ed ohne die 
Glaͤſer durh die Brehung im Auge allein ftehen würde. 
Das Auge fieht alfo den Gegenftand aufrecht, wie natürs 
ih, und flieht ihn uuter dem Winfel bKo, unter dem 
die Acfen der durch die Brehung im Auge gebildeten 
GStrablenfegel geneigt find. Wenn das Auge in D wäre, 
fo würde es den Gegenſtaud OB ohne das Teleſkop unter 
dem Winfel ADB = bDo wahrnehmen, Wegen Kleinbeit 
der Winfel bKo, bDo fonnen wır annehmen, daf ihre 
Sinus von dem Bogen, dıe fie meifen, felbft nıcht merks 
lich verfhieden find; wir fünnen alfo bo als einen Bogen 
anfeben, ber den Winfel bKo, beilen Sinus totus oK ifl, 
und zugleih den Winfel bDo mißt, deflen Sinus totus 
oD if. Da die MWinfel fi verhalten wie die ihnen zuges 
börigen Bogen, und umgekehrt wie der Sinus totus ders 
felben, fo it bKo : bDo = — — oD :cK, 
oK oD 

Da nun oD, oK die refpectiven Brennmweiten des Dbs 

jectivalafes und des Dculars voritellen, fo verhält fich 

demnad der Winfel bKo, oder die fcheinbare Größe, unter 
der das Dbject durchs Telefftop wahrgenommen wırd, zu 
dem Winfel bBDo == ADB, oder zu der fheinbaren Größe, 

unter 


Licht. 527 


‚unter der dad Dbiect ohne das Teleffop wahrgenommen 
wird, wie die Brennweite oD des Dbiectivglafes zur 
‚Brennweite oK des Oculars; oder das Dbject erſcheint 
im Durchmefier fo vielmal vergrößert, als oK in oD 
enthalten ift. 

Scherfferi inftitut. 'phyf. P. 1. ©. 245. 


6. 783. Eine zweyte Art ift das Keplerſche 
Sternrobr (Tubus aftronomicus ), in welchem ein 
converes Augenglas mit einem converen Objective von 
einer längern Brennmeite fo zufammengefeßt ift, daß 
ihre Entfernung von einander der Summe ihrer 
Brennweiten gleich ifl. Der Gegenftand erfcheint 
Dadurch verkehrt, und man fieht eigentlich durch das 
Deular nicht den Gegenftand felbft, fondern das Bild 
davon in. dem Mohre vor dem Deulare. Diefes Fern: 
rohr hat ein weit größeres Öefichtsfeld, als das vorige, 
und man bedient ſich deflelben zum aftronomifchen 
Gebrauche. Man fieht die Gegenftände dadurch fo 
oft vergrößert, als die Brennweite des Dculars in 
der Brennweite des Objectivglafes enthalten ift. 


Es fenen (Fig. 121.) MN ein biconvered Dbjectivglas, und 
PQ ein biconveres Ocular von einer fürzern Brennweite, 
auf einerley Achſe fo geftellt ‚daß fie um die Summe ihrer 
refpectiven Brennweiten Do + Ko von einander entfernt 
find. Es fen bier ebenfalls das Dbiect fo weit entfernt, 
daß die von feinen fihtbaren Puncten fommenden divergis 
renden Strahlen als parallele anzufeben find. O und B 
fenen der oberfte und unterfte Punct des Objects, und AD’ 
und BD die Achſen der davon auf das Dbjectivglas MN 
fallenden Strablencylinder. Die refpectiven Strahlen dies 
fer Strablencylinder werden durch die Brechung in MN zu 
convergirenden, laufen im Brennpuncte des Blafes MN 
zufammen, und macen alfo in bo das umgekehrte Bild 
des Gegenftandes AB, Da oK zu gleicher Zeit die Brenns 
weıte der Linſe PO ift, fo werden die in b und o wieder 
divergirend auslaufenden Strahlen durch die Drehung in 
der Linſe zu parallelen, die fi nachher wieder unter dem 
Wintel PFK = bKo fhneiden. Das in F befindliche Auge 
fiebe num nicht den Gegenftand felbft, fondern das Bild 
des Gegenftandes, und zwar unter dem Winkel bKo. 
Wenn wir nun wieder wie vorher (f. 732. Anm, ).bo für 

den 


528 TI. Sheil. 2. Hauptſtuͤck. 


den Bogen nehmen, fo folgt, dab ſich der Winkel bKo, 
unter dem das Bild des Gegenſtandes vermittelt des Pers 
fpectios geſehen wird, au bDo (== ADB), unter den das 
Dbject AB von dem bloßen Auge in geiebeh werden 
würde, verbalte wie Do : Ko, d. i., mie die Brenns 
weite des. Dbiectivs zur Brennweite des Oculars; oder 
daß der Gegenftand fo vielmal vergrößert erfcheint, als 
die Brennmeite des Oculars in der Brennweite des Dbs 
jectivglafes enthalten if. 

Da das Bild, welches das Auge durch diefes Fernrohr 
wahrnimmt, gegen den Gegenftand, mit dem bloßen 
Ange gefeben, eine umgekehrte Lage bat, fo fiebt man 
leiht, daß man die Gegenitände durch diefes Fernrohr vers 
kehrt wahrnehmen müfle, ° 


$. 784. Die. dritte und gewoͤhnlichſte Art ift das 
. Erdrobr (Tubus terreftris), defien Erfindung dem 
Pater Rheita / zugefchrieben wird, Es befteht ge: 
woͤhnlich aus drey convexen Dculargläfern von furzer 
Brennweite, und einem converen Objective von länge: 
rer Brennweite. Die Entfernung des Objectivglafes 
vom nächften Deulare ift der Summe ihrer Brenn: 
meiten gleih, und auch fo die Entfernung der Deu: 
lare von einander. Man fieht den Gegenftand durch 
diejes Erdrohr aufrechts, und eigentlich wird das ver- 
fehrte Bild des Segenftandes, das man beym Stern 
rohte fieht ($. 783.), durd) das zweyte Ocular wie: 
der aufrechts gebracht. Die Vergrößerung ift wie 
ben dem Sternrobre, und fann größer'werden, wenn 
man dem zweyten Deularglafe eine größere Brenn: 
weite giebt, als dem erften. Man hat auch Erbröhre 
mit fünf Augengläfern. 

Wenn zu den Gläfern MN und PQ des Sterurohres ( Fig. 121.) 
noch zwey andere biconvefe RS und TV ( Fia. 122.) fo ges 
fügt werden, daf dieje letztern um die Summe ihrer Brenns 
weıten von einander abſtehen, fo werden die parallelen 
Strahlen, die aus PQ berausfahren und ſich ın F fchneis 
den,- durch die Brechung in RS wieder zu convergirenden, 


und in der Brennweite von RS das Bild ȧ bervorbringen, 


das gegen has im bo verehrt, und alfo wiederum fo, on 
er 


Licht. 39 


der Segenſtand, ſteht. Da die von « und S divergitend 
auf TV fallenden Strahlen aus dem Brennraume diefer 
Linie fommeny fr werden fie wieder zu parallelen, und 
das Auge ficht dadurch das Bild ȧ des Gegenftandes OB 
deutlih, und zwar im derfeiben Stellung, als den Ges 


genftand, 


6. 785. Kurzſichtige muͤſſen bey allen vieler 
Sernröhren die Ocularglaͤſer dem Objective näher 
bringen, um die fonft parallel auslaufenden Strah⸗ 
fen als divergirend auf das Auge zu empfangen. 


$. 786. Außer der Unvollfommenheit, welche dies 
fe Werkzeuge durch Die Abweichungen der Strahlen we⸗ 
gen der Geſtalt des Ölafes ($. 709. 781.) erhalten, be: 
ſitzen fie eine noch weit erhebfichere, die von der verſchie⸗ 
denen Brechbarfeit der farbigen Strahlen herrührt ($. 
727.), und welche zur Folge hat, daf das Bild des 
Dpjectes mit farbigen Nändern und überhaupt un: 
- deutlich erfcheint.. Man fuchte fonft diefen Sehler da— 
durch zu vermindern, daß man Objective von fehr 
langen Brennmeiten anwendete, und mußte Deswegen 
die Zernröhre fehr lang machen; allein die Unveut: 
fichfeit wird deffen ungeachtet dadurch nicht gänzlich 
gehoben. | 


$. 787. Im Sabre 1747 Fam Zuler auf den 
Gedanfen, den Fehler der dioptrifhen Fernröhre, 
der von der Abweichung der Strahlen wegen ihrer 
verschiedenen Brechbarkeit herrührt, dadurch zu bes 
ben, daf man das Objectiv aus zweyerley durchfich- 
tigen Materien zufammenfege, melche das Licht nicht 
auf einerley Art brächen, fo daf die eine die farbie 
gen Strahlen wieder vereinigte, welche die andere 
st trennte, 


530 1. Shell. 2. Hauptftüd. 


trennte. Newton hatte diefen Fehler für underbef- 
ferlich gehalten, und deshalb die nachher anzuführen: 
den reflectirenden Teleffope angegeben. "Tohann Dol- 

lond behauptete zwar erfi den Newtoniſchen Satz 
gegen Zulern; allein er. fand nachher doch, nachdem . 
befonders Alingenftierna Newtons Saß näher ge- 
prüft hatte, daß er geirrt habe, und war der Erſte, 
der ein farbenlofes oder achromatifches Fernrohr 
zu Stande brachte. Die Einrichtungen diefer Fern⸗ 
röhre hat nachher theils er felbft, theils fein Sohn 
anfehnlich verbeffert, und fie führen auch noch nad) 
ihm den Namen der Dollondiſchen, Fernroͤhre. 


If. Newton optice, L. 1. PJIL pr. 83. &. 106. Sur la perfe- 
ction des verres objectifs des lunettes, par Mr. Euler; ind. 
Men. de P acud. roy. des iciences de Pruſſe. 1747. &. 274. 
Unmerfung über das Geſetz der Brecbung der Lichtſtrahlen 
von verfchiedener Art, wenn fie durch ein durchfichriaes 
Mittel in verfchiedene andere tberaeben, von Sam. Rlins 
genftierna; in den fdhwed. Abhandl. vom J. 1754. ©. 300, 
An account of [öme experimenits concerning the diffe- 
rent refrangibility of light, by John Dollond ; in den 
philofophic. transaet. Vol. L. ©. 733. 


$. 788. Die Möglichfeit achromatifcher Fern: 
röhre, oder vielmehr die Möglichfeit, den Fehler ber 
Glaslinfen, der von der verfchiedenen Brechbarfeit 
der verfchiedenen Gattungen des lichts entipringt 
($. 727. ), zu heben, beruhet auf dem oben angeführs 
ten Saße ($. 733.): daf die Sarbenzerftreuung bey 
der Brechung in werfchiedenen durchfichtigen Mitteln 
nicht im VBerhältniffe der brechenden Kraft derselben ift. 
Dollond-fand bey feinen Berfuchen ‚da zwey Sor⸗ 
ten in England gemachten Glaſes, Crownglae und 
Flintglas, zwar ziemlich gleiche Brechkraft befaßen, 
indem 


Lid. 331. 
= —— 
indem ben erſterm der Brechunasfinus für die aus 
$uft  einfallenden Strahlen ſich zum Einfallsfinus 
verhielt, wie 134 zu 100, im leßtern wie 153 zu 
1005 daß aber dagegen die Farbenzerftreuung im 
Crownglaſe fic) zu der im Slintglafe verhielt, wie 2 
zu 3. : Er erfah hieraus, daß, wenn diefe Glasarten 
gehörig mit einander verbunden mürden, man fo mohl 
in. Kugelflächen als dreyſeitigen Prismen eine Strah⸗ 
fenbrehung zumege bringen koͤnnte, ohne daß fich 
das heterogene ficht von einander abfonderte, und 
mithin, wider Newtons Meinung, fo mohl rothe 
als violette Strahlen in einer gemeinichaftlichen Richs 
tung ohne alle Spaltung aus dem Glaſe herausgchen 
fönnten; und daß alfo zwey aus: jenen verfchiedenen 
Slasarten gemachte kinfen ein zufammengefeßtes Ob: 
jectivglas geben könnten, weiches den aus dem Bre> 
chungsunterfchiede. des farbigen Lichts —— 
Fehler gaͤnzlich verbeſſerte. 

$. 789. Um dies noch mehr zu erklaͤren, ſetze 
man, daß zwey drenfeitige Prismen, eines aus ge: 
meinem Glaſe, das andere aus Flintglaſe ($. 783.) - 
gemacht fenen, und daß jenes ben jedem Grade, um 
welchen es die rothen Strahlen bricht, die violetten 
um 2 Minuten mehr, diefes aber bey jedem Grade, 
um welchen es die vorben bricht, die violetten um 
3 Minuten mehr breche. Ferner ſey der brechende 
Winkel des Prisma aus gemeinem Ölafe etwas grös 
fer, als deſſen aus Slintglaje, fo Daß, wenn das rothe 
licht durch jenen um 6 Grade abwärts gebrochen wird, 
es durch dieſen, Der ſich in entgegengefegter Stellung 
ia befinden 


532 II. Theis 2. Hauptſtuͤck. 


befinden, muß, um 4 Grade aufwärts »gebrocheh 
werde. Man wird nun-feicht einfehen, daß die vio⸗ 
letten Strahlen im erftern Prisma um 6 Br. r2 Win. 
herab, im zweyten um 4 Gr. ı2 Minuten hinauf 
gebrochen werden muͤſſen, und daß fie alfo bey dem 
Austritte aus dem fegtern noch um 2 ©r. abwärts 
gebrochen bleiben, alfo gerade um fo viel, als es bey 
den rothen Strahlen der Fall iftz daß folglic) fo wohl 
rothe als violette Strahlen unter einem gleichen Nei⸗ 
gungswinfel von 2 Graden ausfahren,, ohne fich folg: 
fich zu zerfpalten; und daß mithin zwar die Farben: 
zerſtreuung, aber nicht die Tocyans ſelbſt, — 
ben werde. 

$. 790. Wenn nun zwey Glaslinſen, eine er⸗ 
habene aus Crownglaſe, und eine hohle aus Flint: 
glafe, zufammen ein Dbjectivglas ausmachen, fo 
kann man fie füglich als zwey im entgegengefeßter 
Stellung der brechenden Winkel auf einander liegende 
Prismen’betrachten, und es mird ſich in denfelben die 
Strahlenbrehung auf gleiche Weiſe verhalten, oder 
pie Sarbenzerftreuung wird aufgehoben werden, uns 
geachtet die Brechung des Fichte beym Ausgange noch 
verbleibt, falls nur der Krümmungshalbmefler des 
Hohlglafes zu dem des erhabenen Glaſes das. dazu 
noͤthige Verhältniß har. Es wird der aus der vers 
fihiedenen Brechbarfeit des farbigen lichts herrührende 
Zebler der Objectivgläfer gehoben, wenn die Farben⸗ 
zerfireuung (Discrimen refractionis ) in dem erhabe: 
nen Glaſe fi) zur Sarbenzerftrenung in dem hohlen. 


verhält, wie bie Brennweite paralleler Strahlen im 
F erſtern 


ae, 8 
erftern zu ber im leßtern, ober wie die Halbmeſſer 
ihrer Kruͤmmungen ($. 708. 714. ), wenn ein gleich- 
förmig biconcaves Glas mit einem gleichförmig bi- 
converen verbunden wird. | | 

Roger Joſ. Boscovich Abhandlung von den verbefierten diop⸗ 


* 


trifhen Fernröhren. Wien 1765. 8. 


$.'791. Die mwefentliche Einrichtung dieſer achro- 
matifchen Fernröhre ift alfo, daß das Objectiv aus 
zwey ganz nahe zufammengeftellten Sinfen von fo ge: 
nanntem Crownglaſe und Slintglafe zufammengefeßt 
wird. Hinter die biconvere finfe nämlich aus Crown⸗ 
glafe wird eine biconcave finfe aus Flintglafe gefeßt, 
deren Krümmungshalbmeffer fich gegen einander vers 
halten, wie die refpectiven Farbenzerſtreuungen die 
fer Glasarten. Man macht das Objectiv auch no 
vollfommener dreyfach, aus zwey converen finfen 
aus Crownglaſe und einer dazwiſchen befinnlichen bi: 
concaven aus Slintglafe: Diefe Objective vertragen 
eine weit flärfere Vergrößerung, : als die einfachen; ' 
und brauchen eine viel fürzere Brennweite zu haben. 
Das Slintglas hat feine flarfe zerſtreuende Kraft wohl 
vom bengemifchten Bleykalke; nur hält es ſchwer, die⸗ 
fes Glas vollkommen Far und ohne Streifen und 
Wellen zu erhalten. | 
Bon der Theorie der achromatiſchen Pernröhre fehe man: 
Memoire [ur les mo de perfectionner les lunettes 
@’ approche pär 1’ ulage d’ objectifs oompoſés de plu- 
hieurs matieres differemment refringantes, par Mr. Clai- 
raut, in ben Mem. de l’ acad. roy. des fe. 1756. ©. 380. 
Second memoire, ebendaſ. 1757. ©. 524. Sam. Klin- 
genftierna tentamina de definiendis et corrigendis aber- 
rationibus luminis in lentibus (phaerieis reiracti, et de 
perficiendo telelcopie dioptrico. Petrop. 1762. gt. 4 
ruf. Bu umſtaͤndliche Unmeifung, wie alle Arten von 
Sernröhren in der größten moͤglichen ERRRENEN 
verfer⸗ 


534 II. Sheil: 2. Hauptftück. 
verfertinen find a. Franz. von Geo, Sim. Rlügel, 


Leipz. 1778. 4. —8 nova conltructio lentis obiecti- 
vae duplicatae ab aberratione radiorum prorfus libe- 
‚rae; ın den Goͤtting. gel Anzeigen 1796. ©t. 47. S. 465. 


$. 792. Da das von Spiegelflächen zuruͤckſtrah⸗ 

lende weiße licht nicht in Farben zerſtreuet wird, und 

alſo dadurch nicht die erwähnte Undeutlichkeit des Bil- 

bes» entiteht,. fo weranlafte dies Llewion, den Ges 

danfen, den ſchon Jacob Gregory, und vielleicht 

noch fruͤher Merſenne, gehabt hatte, anftatt des Ob: 

s jectivglafes im Fernrohre einen Hohflfpiegel zu gebraus 

chen, befonders zu benugen. Diefe Arc der Fernröh- 

re ($. 780,)- führt den Itamen der —— 
(Tubi reflectentes,). 


'$& 793. Die erfte Art, das Newioniſche Spies 
gelteleffop (Tubus Newtonianus), befteht aus einem 
Hohffpiegel, der in.ein Rohr fo eingefeßt ift, daß 
das andere Ende veffelben ver Spiegelfläche gegen über 
‚offen ift, welches nach dem Gegenftande zu gerichtet 
wird. Die Achfe des Spiegels fällt mit der Achſe des 
Mohrs zufammen. Dievom Hohlfpiegel convergirend 
zuruͤckprallenden Strahlen werden von einem Fleinen 
P anfpiegel, der unter einem halben rechten Winkel 
gegen die Achſe des Rohrs befeftige ift, noch ehe fie 
in dem Brennpuncte zufammentreffen, aufgefangen, 
und von vemfelben nun nach, einer auf der Achfe des 
Rohrs fenkrechten Richtung nach dem zur Seite in 
dem Rohre befitidlichen Oculare zuruͤckgeworfen, in 
deſſen Brennpuncte ſie ſich vereinigen und ein Bild 
machen. Weil man dieſerhalb zur Seite in das Fern—⸗ 

u ge hineinfieht, fo ift RS mit der Achje deffel: 
ben 


Licht. 535 
ben parallel ein kleines Fernrohr, der Finder, durch 
welches man erſt den zu betrachtenden Gegenſtand 
ſucht. Durch dieſes Newtoniſche Spiegelteleffon ſieht 
man den Gegenſtand verkehrt, und fo vielmal vergrös 
ßert, als die Brennweite des Deulars in der Brenn- 
weite des Hohlſpiegels enthalten ift. B 

An dem Rohre GHIN (Fia. 123.), das bey GN offen und bey 


HI verfchloffen iſt, ſteht der fpbärıfhe Hohlipieael DC. 


Es fen dıe Mündung GN des Rohrs einem Gegenftande 
zu gerichtet, der fo wert entrermt in, daß dıe von einzelnen 
Puneten fommenden diverairenden Strablen als parall’le ans 

ufehen find. So kommen nun von des Dbjects oberftent 
uncte der Strablencniinder OO, und von dem unterften 

- „der ÖStrablencylinder BB. Die auf den Spiegel fallenden 
Etrablen OD, OC würden dur Neflerion das Bild des 
unctes O in o in des Epiegels Achfe machen , und die 
trablen BD und BC das Bild des PunctesB in b. Allein 
ebe fie zw einem Bilde zufammentreffen, werden fie von 
dem unter einem Winfel von 45° gegen die Achſe des Spies 
geld geneigten Fleinen Planfpiegel TV aufacfangen, und 
nach dem Geitenrobre SR zu aeworfen. Da hierbey die 
Convergenz der Strablen nicht vermehrt und vermindert 
wird, fo fommt die Spige b des Strablenfegels DbC nadı ß, 
und die Spitze des Strahlenkegels DoC nach w, und vB iſt 
alfo das Bild des entfernten Gegenſtandes OB, Dievon w, 
ß ausfahrenden divergirenden Gtrablen treffentauf dıe cons 
vere Linfe e, und werden durch die Brechung darın zu pas 
rallefen , und fchneiden ſich als ſolche in K. Das Auge ı8 
K ficht alfo das Bild des Gegenſtandes deutlich ‚und war 
unter dem Geheminfel Rto = bto, a 
Wenu nun das Auge in D wäre, fo würbe es den Ges 
genftand für fib unter dem Winkel ODB = bDo mwahrs 
nehmen. Wenn wir, wie bey den vorigen Arten der Ferns 


röbre, bo für einen Bogen nehmen , der die Winfel bDo 


und bto mift, fo iſt bto : bDa = - rd == Do : to 
= Do : ta, Der Sehewinkel vom Bilde »ß verhält fich 
demnad) zum Sehewinkel des Gegenftandes OB mit bloßen 
Augen betrachtet, wie die Brennweite DO de# Hohlipies 
gels zur Brennweite tw des Oculars; oder der Begenftand 
wird fo vielmal_vergrößert wahrgenommen, als bie 
— des Oeulaͤrs in der des Hohlſpiegels enthal⸗ 

en iſt. 

Da nähere Gegenftaͤnde einen laͤngern, weitere einen fürs 
zern Focum baben, fo muüflen der Fleine Planfpiegel TV 
und das Dcular einander mehr genäbert oder von einander 
mehr entfernt werden koͤnnen. 


Uebri⸗ 


c. 


36 ‘ I Theil.“ 2. Hauptftüd. 


Vebriaens fiebt man leicht, warum man in biefem Les 
feftope den Gegenſtand verfehrt wahrnehmen muͤſſe. 
Newton optice, p. 90, 


$. 794. Bequemer für irdiſche Gegenftände ift 
bie zweyte Art, das Gregory'iche Spiegelte eſ kop 
(Tubus Gregoryanus), dem Dr. Hoot beſonders 
dieſe Einrichtung gegeben hat. Es iſt naͤmlich, wie 
bey dem vorigen ($. 793.), ein Hohlſpiegel in dem 
Rohre befeſtigt, der in der Mitte eine runde Oeff⸗ 
nung bat. Die von demſelben convergirend zurüd- 
prallenden Strahlen werden von einem viel Fleinern 
Hohlfpiegel, der in einer der Summe ber Brennwei⸗ 
ten bender Spiegel gleichen Entfernung in der Achfe 
des Rohres befeftigt ft, aufgefangen, und als paralle> 
le durch die Deffnung des größern Spiegels nach dem 
erften Dculare zu geworfen, durch welches das umge: 
kehrte Bild des Gegenflandes wieder aufrecht gebracht, 
und dur) das zweyte Ocular in dieſer Stellung ge: 
fehen wird. Dieſes Teleffop hat alfo Aehnlichkeit mit 
dem dioptrifhen Erdrohre ($. 784.). 

In dem Rohre GHNI 93 124.) ſey der in der Mitte mit eis 
ner freisrunden Deffnung verfehene Hohlipiegel DC bes 
findlih. Er reflecrirt die Strahlen OD, OCT, die von eis 
nem obern Puncte des fehr entfernten Dbijects fommen, 
und die Strablen BD, BC, die von des Objects unterftem 
Puncte kommen, dergeftalt, daß das umgekehrte Bild ob 
des Obiects OB bervorgebraht wird. In dem Rohre iſt 
ein anderer Kleiner Hohlſpiegel TV. ft diefer vom Bilde 
bo nicht fo weit entfernt, als die Brennweite defielben bes 
trägt , fo werden die von bo ausgehenden divergirenden 
Gtrablen von ibm als _comvergirend zuruͤckgeworfen, und 
maden wiederum ein Bild in ȧ, das einerley Stellung 
mir dem Objecte hat. Die von wBpinergirend ausfahrenden 
Strahlen werden durch die Brechung in der conoeren Linfe 
LM zu parallelen und durchkreuzen fich "als ſolche in K, wo 
fie das Auge empfängt und dadurch das Bild wß deutlich ſieht. 

Wenn der Eleine Hoblipiegel TV um feine Brennweite 
von bo abfteht, fo werden die bavon zuruͤckgeworfenen 
Strahlen zu parallelen, und durch die rechung- in- ber 
Linſe LM zu convergirenden. - Sie machen bier «in = 

Ä e 


Licht. 337 


des Segenſtandes, bar mit ihm einerley Stellung hät. 
Creffen nun die divergirenden Strahlen dieſes Bildes wies 
der auf eine zweyte erhabene Linſe, die von der vorigen 
um die Summe der Brennweiten abſteht, ſo werden ſie 
dadurch zu parallelen, und das Auge ſieht dadurch, wie 
beym Erdrohre, das Bild deutlich. 


lac. Gregorii optica promota. Lond. 1663. 4. 

4. 795. Die dritte Art dieſer catoptrico = dioptei- 
ſchen Fernrohre iſt das Caſſegrainiſche Spiegeltele⸗ 
ftop, das dem Gregory ſchen (K 794.) ganz aͤhn⸗ 
lich iſt, nur daß die vom groͤßern Spiegel convetgis 
rend reflectirten Strahlen ftatt eines Hohlfpiegels von 
einem Fleinen erhabenen Spiegel reflectirt erden, noch 
ehe fie in ihrem Brennpuncte zufammenfommen, und 
zroifchen beyden ein verfehrt liegendes Bild durch das - 
convexe Dcularglas gefehen wird. 

5796. Die Spiegelteleffope waren vorzüglich) 
beliebt, ehe die achromatifchen Sernröhre erfunden wa: 
ren. ie fünnen weit fürzer fen, als ein gemeines 
Dioptrifches von gleicher Güte. Aber ihre Spiegel 
müffen auch mit außerordentlicher Genauigkeit gear: 
beitet werden, und laufen an der luft leicht an und 
werden unfcheinbar. Gläferne Spiegel Fann man wer 
gen der doppelten Bilder, die fie machen, nicht gut 
dazu brauchen. ‚Die Platina würde auch hier wieder 
die entfchiedenften Vorzüge haben. Herr Herfchel hat 
die Spiegelteleffope zu einem ganz außerordentlichen 
Grade der Vollfommenheit gebracht und fie von un- 
gemeiner Größe ausgeführt. Herr Schrader in Kiel 
bat ihm darin mit gluͤcklichem Erfolge nachgeeifert. 
Bey diefen gröfern Teleffopen ift der Zangfpiegel, der 
ſich im Newtoniſchen ($. 793.) findet, mweggelaflen, 
und des Beobachter fieht von vorne in das Rohr. 


538 II. Shell. 2. Hauptſtuͤck. 


Nachrichten von dem großen Herſchelſchen Sviegelteleſtope ſebe 
man? in — Magazin für das Neueſte aus der 
Dhyfif, 9. V. &t. ı ©. 108.5 Bodens — — 
1790; Gehlers phyſ. Woͤrterb. Th. IV. ©. ı 

un. von Hrn. Seren a Teutene in Grens 

em Journ. der Phyſik, B. 11. ©. 468. ff. 


$. 797. Rod) find hier einige — Fragen 
zu beantworten, die in dem Vorhergehenden keinen 
ſchicklichen Platz finden konnten. 

1) Was iſt die Urſach der Strahlungen, bie wie 
an einer lichtflamme wahrnehmen, wenn wir fie 

mit blinzenden Augen betrachten? Da bie be: 
merfbarften Strahlungen diejenigen find, wel: 
che von unten Divergiren, und movon jede mit 
einer Derticallinie einen Winfel von etmwa- 7 
Grad bildet; und da diefer Winkel dem gleich 
ift, melchen die Ränder der Augenfieder beym 
Schließen mit einer Horizontalfinie machen: fo 
ift es nach Hrn. Young offenbar, daß diefe 
Strahlungen durch Reflexion des lichts von diefen 
flahen Nändern der Augenlieder hervorgebracht 
werden. Die Seitenftrahlungen werden durd) 
dasjenige Sicht bewirft, welches von den Seiten: 
theilen des Pupillenrandes reflectirt wird, wäh: 
rend dee obere umd untere Theil der Pupille 
durch die Augenlieder bedeckt find. 

2) Wodurch jcheinen Sunken zu entftehen, wenn 
das Auge im Dunkeln gedruͤckt oder gerieben 
wird? Ein breiter Druck, tie der vom Finger, 
auf den opafen Theil des Auges im Finftern, 
verurfacht ein Freisfdrmiges Spectrum an ver 
Stell, welche der a gegen | über if; das 

“ Sehe 


\ : 
gie 539 


ficht des Discus ift ſchwach, das des Umkreiſes 
ftärfer. Wird hingegen eine ſchmale Släche zum 
Drucke angewendet, wie ber Knopf einer Steck⸗ 
nadel oder der Nagel, fo ıft das Bild fchmal 

und heil. Offenbar rührt dies, nach Hrm. 
Noung, von der Reibung der Netzhaut am ges 
drückten Theile her, und das Gemuͤth bezieht 
fie auf die Stelle, von welcher licht, das durch 
die Pupille Fame, auf diefen Fleck fallen würde. 
Weil die Reifung am Umkreiſe der niederges 
drücten Stelle, wegen der größern Dehnung, 
am größeften ift, fo ift auch hier die Erfcheinung 
am lebhafteften. Wenn das Auge zu gleicher-Zeit 
wirkliches Licht empfängt, fo ift nur der LImfreis 
leuchtend, der Discus aber dunfel; und wenn 
das Auge an dem Theile, wo das Bild erfcheint, 
ein Dbject fehen würde, fo wird dies gan; un: 
fihtbat und verſchwindet. Es verwifcht alſo die 
ftärfere Reitzung durch Druck die fchtwächere 
durch wirkliches licht. Wenn der vordere Theif 
des Auges zu wiederhohlten Malen gedrückt wird, 
fo daß dadurch eine Art von fchmerzhafter Em: 
pfindung veranlaßt wird und ein fortdauernder 
Druck auf dieSclerotica Statt finder, waͤhrend 
ein ununterbrochener Drud auf die Hornhaut ge: 
macht wird; fo nehmen mir gemeiniglich leuchten: 
de, äftige, linien wahr, die einiger Maßen unter 
‚einander verbunden find, und von jedem Theile 
des Gefichtsfeldes gegen ein Centrum, das etz 
was mehr nad) außen und ‚höher als die Au: 


genachfe 


540° H. Theil. 2. Hauptftück. 
genachſe liegt, zu ſchießen. Wahrſcheinlich 
wird hier eine ungleiche Bewegung der verfchie- 
benen Stellen der Netzhaut, und mithin Mei: 
Kung derfelben, hervorgebracht, die das Urtheil 
erzeugt, das fonft mit der Meißung von wirkli⸗ 
chem Fichte verknüpft iſt. n 
Thom. Noung oben (4. 773.) amgef. Abbandi. 


Nähere Unterfuhungen über die Mis 
fhung und Entwidelung des Lichts, 
und feine Verbindung mit Wäre 

: meftoff, ald Feuer 
6. 798. Die fehre, nach welcher das licht als 
eine eigenehümliche Materie, die von den leuchtenden 
oder erfeuchteten Körpern ausgeht und in wirklich pro: 
greſſiver Bewegung fortgepflanzt, vorgeftellt wird, heißt 
das Zmanationefpftem, dem man die lehre entge: 
genfeßt, nach welcher das ficht zwar auch von einer 
eigenthümlichen Materie herrühren fol, die man 
Aether nennt, doch aber fo, baf das ficht nur von 
einem gewiſſen Zuftande biefes allenthalben berbreite: 
ten Aethers, nämlich von einer ſchwingenden Bewe- 
gung defielben, herrühre. Die Gründe, melche fich 
gegen die Erflärungen der Phänomene des fichts nad) 
letzterm Syſteme, machen laffen, find von der Art, 
daß jich darauf feine befriedigende Antwort geben läßt. 
Das Emanationsfpftem hat. erft, feitdem es Newton zum Brunde 
legte und feine herrlichen Entdedungen in der Lehre vom 
Lichte darauf bauete, fein arofes Wufehen erbalten, 
Schon bey den Alten war die Meinung berrfcend, daß 
das Yıcht ein Ansfluß eines materiellen Weſens fen ; -Epifur, 


Empedokles und die Corpusculariften überhaupt. 
|% — te 


eig 54 


„ fie an, unb machten daraus Erflärungen des Sehens, die 
aber frentich das Gepräge der gänzlihen Unbefunntichaft 
mit den Phänomenen des Lichts, die uns die Erperimens 
talunterinhungen fpäterer Zeiten gelehrt haben, an ſich 
tragen. Aus einer falich verſtandenen Stelle des Ariftoteles 
De mense U. 7.) nabmen die Scholaftiter Anlaß, das Licht 
ie unforperlih, für eine, bloße Qualitaͤt zu erklären. ‘hs 
re Gründe waren: ı) weil man fonft einen Ieeren Raum 
in der Natur annehmen müffe; 2) weil die Luft von Fins 
ſterniß zum Lichte komme, ohne bemerkbare Theilung / 
ohne irgend eine Beweguug; 3) weil das Licht vom haͤrte⸗ 
ſten Kroſtalle, vom Waſſer, u. dergl. durchſichtigen Körpern 
aufgenommen werde, und alſo an einem und eben demſel⸗ 
ben Orte mut diefen Körpern fev: Eſt ergo Accidens re- 
ceptum in torpore, in quo aliud omnino corpus admitr 
ti nom poteft: 4)weil, wenn das Licht Subſtanz wäre, 
feine augenblidlihe Verbreitung nicht begriffen werden 
könnte. Anpere Gründe waren von der bey der Materias 
lität des Lichts entitchenden Hemmung und Hinderung der 
leuchtenden Ströme ın ihrer Bewegung , von der daraus 
folgenden Verminderung ver Sonnenmafle, von der Uner⸗ 
meßlichfeit der Ausflüfle, die davon Statt finden müßten, 
bergenommen. Einige dieſer Begengründe müflen von felbft 
wegfallen, andere werden nachber mäber beantwortet wers 
den. Tartefius (Princip. philof; P. II. $, 55. 63. 64. 
Dioptrica ſ. 3. 4. fl.) bieit das Licht für ven Impulfus 
der Diaterie feines zweyten Elements, der von der ſchnellen 
Bewegung eines leuchtenden Körpers herrübre. Durch die 
fehnelle uad beftige Bewegung der Theilchen des erften und 
feiniten Elements würden die barten Kuͤgelchen des zweys 
ten Elements von allen Seiten gedrädt und neftoßen, und 
es pflanze ich diefer Stoß im Moment, obne Zeit, durch 
alle geradlınige Reihen dıefer Kügelben fort. Diefem Eps 
ſteme ſteht —** daß die Fortpflanzung des Lichts nicht 
inſtantan iſt; daß ſich daraus nicht einſehen läßt, warum 
3.8. das dichtere Glas durchſichtig, daß loderere Papier es 
nicht iſt; daß nach diefer Hppothefe folgen würde, daß 
nirgends Finſterniß feyn könne, indem fich der Impulfus 
der Kuͤgelchen des zweyten Elements nad allen Rıktungen 
fortpflangen müßte; und endlih daß das Dafepn dieſes 
Elements vom nur fingirt, nicht ermiefen if. Zuygens 
fuchte dieſes Eartelianiihe Syſtem dadurch zu verbeffern 
(Trait de la lumitre. a Leide 1690. 4.), daß er der Mar 
terıe, von deren Jmpulfus die Empfindung des Lichts abs 
hänge, und der er ven Namen Aether giebt, Elafticität zus 
fchreibt, und die Fortpflanzung des Lichts in derfelben durch 
“ wellenformige Bewegung , oder Wirbel, melde jedes von 
dem leuchteuden Körper bewegte Theilchen um fich ber er: 
rege, ertlärt. Diefe Hungenfhe Meinung bat Euler 
(nova theoria lucis et colorum ; in feinen opusc. varii 
argument. Berol. 17.6. ©. 169. ff., und Lettres d une 
Princej]e d’Allemagne, T. 1. L. 17 — 31.) in feiner fo bes 
ruͤhmt gewordenen Theorie zum Orunde gelegt * 
tbaus⸗ 


* 


542 


IT. Theil. 2. Hauptſtuͤck. 


Gebaͤude durch ſeine ſcharfſinnigen Berechnungen und 
ſeine fruchtbare Auwendung ſehr viele Liebhaber erweckt. Er 
nimmt an, daß eine böchft ſubtile und elaſtiſche Materie, 
oder der Aether, im Weltraume ausgebreitet fey. Dieser 
Aether ift, feıner Berechnung zu Folge, 38736100 mal 
dünner, als die Luft, feine Elafticität if aber 1287 mal 
größer, als die der Luft. Leuchtende Körper find ſolche, des 
ren; Dberflähe in einem fchnellen Zittern ihrer Theilchen 
ift, die dadurch den berührenden Aether eben fo beivegen, 
wie die fchallenden Körper durch ihre Schwingungen die 
Luft. Die Pulfus des Aethers pflaugen fih nach allen Seis 
ten zu fort, wie die Radii einer Sphäre von ihrem Mits 
telpuncte. Die Eucceflion diefer Schläge in einer und ders 
felben geraden Yinie macht den Lichtftrahl aus. Durchſich⸗ 
tige Körper find foldye, deren Subſtanz diefe Schläge jelbft 
fortpflanzt; fpienelnde Körper find folhe, deren Theilchen 
dur die Schwingungen des Aethers nicht felbft in Bewer 
gung gefeßt werden, fondern die Pulfus defielben unter 
dem Reflexionswinkel zuruͤckſenden. Euler beftreitert zur 
Bearindung feiner eigenen Hppotbefe das Newtoniſche 
Emanationsfytem mit folgenden Gründen: 1) Wenn fich 
die Natur nur bey geringen Diftanzen der Ausflüfle bedient, 
. B. beym Geruche, um die Empfindungen zu erregen, 
= weitern Diftanzen bingegen, wie zur foripflanzung des 
Schalles, feine ſolche Ausfluffe braucht, fo muß lie aud, 
um noch entferntere Dinge dem Gefihte empfindbar zu 
machen, diefe andere Fortpflanzungsart gewählt haben. 
— Ich muß geftehen , daß ich die Buͤndigkeit des Schluſſes 
von dem Warum auf das Wie nicht geborig einfebes 
auch dürfen ın der Naturiehre feine Erklärungen aus Zwe⸗ 
den geführt werden. 2) Beym Emanationsipfteme müßs 
ten die Hımmelsräume mit der Materie des Lichts fo ans 
gefüllt fenn, und diefe müßte mit einer fo großen Geſchwin⸗ 
digfeit bewegt werden, daß dadurch die Plaueten in ihrem 
Yaufe getört werden wurden. — Allein nicht zu gedenfen, daß 
ein Theil diefes Einwurfs auf das Eulerifche Spftem felbft 
zurüidfält, und daß er ganz verfchwindet, wenn man erwägt, 
daß in einer erpanftbelen, nicht ſchweren Fluͤſſigkeit, wie 
das Licht ift, die Verſchiebung feiner Theile fein Hinder⸗ 
nif der Bewegung eines Körpers darin feyn koͤnne. 3) Die 
unzäbibaren Lichtftrablen müßten ſich nad fo vielen Rich⸗ 
tungen durchkreuzen, daß fie dur ihren Anſtoß an eins 
ander fib in ihren Bewegungen nothwendig hemmen und 
ftören würden. — Der Einwurf fällt weg, fo bald man 
das atomiſtiſche oder mechaniſche Syſtem nicht zum Örunde 
des Emanationsivftems zu legen braudt. 4) Die Sonne 
müßte durch den beftändigen Ausflug der Lichiftrablen von _ 
derfelben einen Abgang ıbrer Mafle erleiden, und wenn 
diefe Verminderung der Sonne noch 5000 Jahre unmerk⸗ 
lich ſeyn follte, fo müßte die Dichtigfeit der fihtftrablen an 
der Erde eine Zrillion mal gerınger fenu, als die Dichtiafeit 


der Gounz, weldes unbegreiflin fey. — „Hierauf aber 
laͤßt fich doch wohl antworten, daß durch einen 1 
| anns 


eicht. 543 


w . 
kannten Kreislauf dası Ficht wieber zur Sonne, ale feiner 
Delle, gebundeh oder frey.zurüdfehren fann, um als 
frenes Licht von’ da wieder ausgefendet zu werden. Die 
Dinne des Lichts, ‚die Euler berechnet, fann auch noch 

erınaer fenn, obne daß fie deswegen einen Widerfprud 
In ſich felbft enthielte. Eine gleihe Bewandtniß bat e# 
5) mit der unbeareiflihen Geſchwindigkeit, die, nach dem 
Emanationsipfteme , das Licht im feiner Bewegung baben 
müßte, Endlib 6) der Einwurf, daß die durchſichtigen 
Körper ale nah geradlinigen Gängen fo durchbohrt ſeyn 
müßten , daß für die undurchdringliche Materie derfelber 
fein Raum übrig bleibe, ift ebenfalls wieder von einer 
bloß atomiftifhen Vorſtellungsart beraenommen, und kann 
bev der Aunabme einer hemifhen Durchdrinaung aan 
und gar nit Statt, finden. — Dagegen läft ſich auf der 
andern Geite gegen. die Eulerifche Theorie vom Aether 
ſelbſt aufuͤhren: 1) Daß daben ein Weſen angenommen 
wird, deſſen Daſeyn ganz nur ſingirt, micht erwieſen iſt, 
und deſſen Exiſtenz fo gar nicht einmal möglich if. Denn 
wenn er ein elaftiihes oder erpanfibeles Fluidum bildete, 
das nicht ſchwer fit und auch von feiner andern Materie 
angezogen wird, fo müßte er fi durch feine Repulſtons⸗ 
Fraft ins Unendliche zerfireuen, d. h., es wiirde niraends 
ein endliches Quantum .defielben angetroffen werden, 
weil nichts ift, was feiner Ausfpannungefraft Grenzen 
fegen Fönnte, &olite er aber ein fchweres elaftiiches Ziuis 

bum bilden, wie die Luft, fo würde freylich feine Beſchraͤu⸗ 
“ Pung möglih feyn: dann würden wir aber fein Dafenn 
durchs Gewicht entdecken müflen; und davon lehren ung 
die Erfahrungen nihtd. 2) Das Licht breifet ſich ganz 
andere aus als die Schallwellen; denn das Sonnenlicht, 
das durch eine Deffnung in ein finftered Zimmer fällt, 
muͤßte nicht bloß im der Zaeraden Pinie, die fich won yder 
Eonne durb die Deffnuma zieben läßt, fonderr an. allen 
Orten im Zimmer gefehen werden, fo wie man den Schall 
vor der Deffnung außer dem: Zimmer im demfelben an 
allen (Stellen. hört. | 


F. 799. Der Zuſtand der Koͤrver, worin ſie 


leuchten, iſt ſehr haͤufig mit dem verbunden, worin 
ſie erwaͤrmen; oder Licht und Waͤrmeſtoff ſind ſehr 
haͤufig mit einander vereinigt. Dieſe Verbindung 
des lichts mit Waͤrmeſtoff heißt Feuer; wie z. B. 
Sonnenfeuer, Kuͤchenfeuer. 


$. 800, Aus der fehr oft Statt findenden Eo- 
eriftenz des fichts mie Waͤrmeſtoff folgt aber nicht ihre 
| ER den: 


544 II. Theil. ! 2 Hauptſtuͤck. 


Identitaͤt; folgt nicht, daß auch der Waͤrmeſtoff die 
alleinige, objeetive Urſach des Leuchtens ſey. Der 
Waͤrmeſtoff afficirt nur unſer Gemeingefuͤhl, das 
licht nur unſer Geſicht; beyde muͤſſen alſo weſentlich 
verſchieden ſeyn, wie es auch ihre übrigen Erſchei— 
nungen und die Geſetze ſind, die ſie befolgen. Waͤre 
das licht ſehr verdichteter Waͤrmeſtoff, fo müßte nach 
einer ganz natuͤrlichen Folge bey jedem ‘Leuchten eine 
hohe Temperatur zugegen ſeyn, mogegen doch die Er⸗ 
fahrung ſpricht. Das licht aber ſonſt für eine Mo: 
dification des Waͤrmeſtoffs erflären, ohne eine modi— 
ficirende Urfach dazu anzunehmen, heiße Wirfungen 

ohne Urſach behaupten. 
$. 801. Mir fehen, daf bie Erleuchtung eines, 
auch von undurchfichtigen Materien eingefchloffenen, 
Raumes aufhört, wenn die Lichtquelle darin verliſcht, 
was nicht gefchehen würde, wenn das licht, das 
darin einmal verbreitet ift, diefen Raum fortvauernd 
als erpanfibeles Fluidum erfüllte; ferner lehren dıe im 
Vorhergehenden ſchon erwähnten Erfahrungen, daß 
von den verfchiedenen: Körpern nicht alle Arten des 
farbigen lichts, die zufammen das weiße ficht machen, 
zuruͤckgeworfen werden, und daß eben deshalb Kör- 
per Sarbe zeigen koͤnnen; endlich wiffen wir, daß wir 
im Stande find, Körper, die an fich nicht Teuchtend 
find, inden Zuftand zu verfeßen‘, licht zu entmideln, 
‚wie 3. B. alle Brennmaterialien, wenn wir fie an: 
junden, Aus allem diefen folgt nun, daß das Sicht 
und ‚Die verfchiedenen Arten deffelben auch in einem 
Zuftande ſeyn fönnen, worin fie nicht mehr eine ers 
panfibele 


LI 7545 


panfibele Stäffigfeit, und nicht mehr fähig find, das 
Organ des Geſichts zu rühren. 


$. 802, Aus dem Lmftande nun, ber durch die 
in der Folge näher anzuführenden Erfahrungen beftä: 
tigt wird, daß in allen den Fällen,- wenn aus Körpern 
licht entwickelt werden fol, durchaus ein gemiffer 
Grad von Wärme nörhig ift, fchließe ich, daf das 
- sicht Feine urfprunglich erpanfibele Fluͤſſigkeit, fondern 
daß feine Erpanfibilität eine vom Wärmeftoffe abge: 
leitete oder mitgetheilte, oder Daß das Kicht aus einer, 
an fidy nicht expanſibe en, eigentbumlichen Bafle 
und Dem Waͤrmeſtofſe zufammengefest fey. 


$. 803. Diefe eigenthümfiche Baſis des lichts, 
die in chemifcher Vereinigung mit dem Wärmeftoffe 
erft das ticht macht und mit ihm eine fpecififch verſchie⸗ 
dene Materie conſtituirt, welche vermoͤgend iſt, das 
Organ des Geſichts ſo zu afficiren, wie es der Waͤr⸗ 
meſtoff allein nicht zu thun im Stande iſt, muß durch 
einen eigenen Nahmen unterſchieden werden, und ich 
nenne fie Brennſtoff oder Phlogiſton. 
FVFreylich ſollte ich mich fuͤrchten, dieſen Nahmen zu brauchen, 
da er für gewiſſe Leute ſchon allein ein hinreichender Grund 
ſeyn Founte, über mein ganzes Buch das Urtheil der Vers 
werfung ausjufpreben. Aber day Urtheil ſolcher Leute, 


die ſich durch bloße Autoriräten beſtimmen laffen, wie ein 
 Keßergericht , das fümmert mıc nicht. 


$. 804. Aus diefem Sage run, daß das: licht 
eine aus Brennſtoff und Waͤrmeſtoff zuſammenge⸗ 
ſetzte Fluͤſſigkeit ſey, läßt ſich eine Menge von Ere 
ſcheinungen des lichts und Feuers erflären, die ſonſt 
ganz unerklaͤrt bleiben müßten. 


Mm $, 805. 


546 IT. Theil. "2. Hauptftüc. 


6. 805. Wenn aus der Zufammenfegung bes 
Brennftoffes mit Wärmeftoff ein für unfer Gefichts- 
organ bemerfbares leuchtendes Product entſpringen 
fol, fo muß ein gewiſſes quantitatives Verhältnig 
‚des erftern zum leßtern in der Zufammenfegung State 
‚finden. | 
Es if gleichwohl moͤglich/ daß Waͤrmeſtoff, der nicht genug 
Brennftoff enthält, um vom menſchlichen Ochichteorgane 


noch als Licht empfunden zu werden, für andere Thiergass 
tungen doch noch Licht if. 


$ 806 Die verfchiedenen Arten des. farbigen 
lichts, vom weißen bis zum violetten lichte, rühren 
von dem verfchiedenen Werhältniffe des Brennftoffes 
zum MWärmefioffe, nach unzähligen Abjtufungen def 
felben, in der Zufammenfeßung zum Lichte, her. 
Verſuche, um diefes Mifchungsverhäftniß in dem far- 
bigen fichte des Prisma auszumitteln , hat Hr. 

Voigt angeftellt. | 
Beobachtuugen und Verſuche über farbiges gibt, Karben und 


thre Miſchuna, von oh. Gottfr. Voigt; in Grens neuer 
‚der Phyf. B. Il. ©. 235. ff. 


6. 807. Das Sicht hört auf, vom Organe des 
Geſichts empfunden zu werden, nicht allein, wenn 
feine Intenfitär bis auf einen geroijfen Grad abnimmt, 
fondern au), wenn das Verhältniß des Brennftoffes 
zum Waͤrmeſtoffe darin. bie auf eine gewiſſe Grenze 
vermindert worden iff, 100 es fi ung dann bloß 106) 
als reiner Waͤrmeſtoff offenbaren kann. 


$. 808. Das ficht kann aunz zerſetzt und kann 
wieder zuſammengeſetzt werten; es Fann ferner ver 
aͤndert werden oder in ein andere Art des farbigen 
i > Sichts 


{ 


lichts Übergehen, wenn das Berkätenig feiner Be, 
ſtandtheile geändert wird. 


$. 809. Das ficht wird — wenn ſeine Ba⸗ 
ſis durch Anziehung anderer Subſtanzen dagegen vom 
Waͤrmeſtoffe getrennt wird, und dieſer folglich allein 
als reiner, freyer SB irmeftoff übrig bleibe, der nicht 
mehr leuchtend iſt. 


$. 810. Das Sicht kann aber auch dadurch aufs 
hören, feuchtend zu feyn, wenn es, ohne zerſetzt zu 
werden, ſeiner ganzen Zuſammenſetzung nach durch 
Anziehung anderer Materien dazu, aufhört, erpans 
ſibele Stüfligfeit zu ſeyn, oder figirt wird. 


. 811. Wenn das licht andere Matetien, durch | 
bie Anziehung derjelben dagegen, durchdringt, ohne 

in feiner Zufammenfeßung aufgehoben oder verändert 
zu werben, fo find diefe Materien ae odet 
durchſi chtig und farbenlos. 


6. 812. Da aber dieſe farbenloſen burchſicheinen 
WMacterien gegen bie ſpecifiſch verſchiedenen Arten des 
farbigen Lichts wicht gleiche Anziehung befißen, fo 
Berurfachen ‚fie auch eine Abfonderung des farbigen 
lichts aus weißem Lichte bey der Brechung. ($. 732.). 
$. 813. Die Körper werfen das ficht zuruͤck, 
bas fie weder durch ihre Anziehung zur Baſis deffels 
ben, zerfeßen ($. 809.), noch fonft figiren (5. 810.) 


noch fonft unzerfeßt, aus Mangel ber Anziehung J 


dagegen, durchlaſſen ($. 811. 
Mum2 $. 814 


£8 IL Theil. 2. Haͤuptſtuͤck. 


$. 814. Nun laͤßt ſich auch näher beftininten, 
wie die Körper, der eben ($$.802. 813.) angeführten 
Theorie gemaͤß, Sarben zeigen. ine jede Art des 
farbigen lichts ſetzt ein anderes Mifhungsverhäftniß 
feiner Ingredienzien ober Grundftoffe voraus ($, 
806.). Ein Körper erſcheint daher gefärbt, unges 
achret er durch weißes Ficht erleuchter wird, wenn er 
die Zuſammenſetzung des lichts, durch Anziehung 
eines Antheils der Baſis deſſelben, nur zum Theil, 
nicht ganz aufhebt, oder dadurch das Miſchungsver⸗ 
hoͤltniß der Beſtandtheile des lichts abaͤndert, und 
dieſes fo.abgeänderte licht reflectirt. Er erſcheint z. B. 
roth, wenn er aus dem auf ihn fallenden weißen lichte 


gauz zerſetzt und alle Lichtbaſis vom Waͤrmeſtoffe 
trennt, fo daß dieſer nur allein übrig bleibe. 

$. 815. Hiermit ſteht denn num auch eine That⸗ 
fache in unmittelbarem Zufammenhange, daß naͤmlich 
die verfchieventlid) gefärbten Körper bey gleichem Ein! 


fie des Eonnenfeuers darauf nicht gleich ftark und _ 


ahıh ſchnell erwaͤrmt werden... So iſt es befännt, 
daß ſchwarze und dunkel gefärbte Körper von den 
Sonnenftrahlen ftärker erhißt werden, als weiße und 
hell "gefärbte derſelbigen Art. Zwey harmonirende 
Thermometer, wovon die Kugel des einen durch 
De nr Rauch 


| 


Lit. OT 5 


Rauch geſchwaͤrzt worden, Die des andern aber rein; 
gelaſſen iſt, den Sonnenſtrahlen unter einerley Um⸗ 
ſtaͤnden ausgeſetzt, werden nicht gleichfoͤrmig erhitzt 
werden; das geſchwaͤtzte wird eine hoͤhere Temperatur 
anzeigen, als das reine. Berfuche über diefe ungleiche 
Erwärmung verſchiedentlich gefaͤrbter/ und ſchwarzer 
und weißer Koͤrper bey gleicher Intenſi taͤt des darauf 
fallenden Sonnenfeners’'haben Muſchenbroek, Frank⸗ 
im, Sauſſure und Pictet angeftelll. — Je mehr 
nämlich die Körper durch ihre Anziehung zum Brenits 
ſtoffe das Sicht zerfeßen, je meht fohdern fie reinen 
Waͤrmeſtoff aus dem lichte ab, je mehr verändern fie 
ſeine Action, zu erleuchten, im die zu erwärmen. Kür- 
per, welche das Sicht: ganz, ohne zerſetzt zu werben, 
durchdringt, und. die, welche es unzerfeßt reflectiren, 
können daher nur in. fo fern erwärmt werden, als 
beym fichte freyer Waͤrmeſtoff if. — Die verfchies 
dentliche Seitungsfraft der verfchiedenen Körper. vou 
einerlen Farbe für den Waͤrmeſtoff kann übrigens dis 

Reſultate, von, welchen bier die Mede iſt, abandern. - 
—— 
ctets Verf. tiber das Feuer, 9433. ff. a — 

Reiſe durch die Alpen, Th. IV. $. 932. ©. 19. 

816. Das Feuer, es fey Sonnenfeuer ‚ober 
ee; erhißt demnach die feinem Einfluffe aus- 
gefeßteni Körper nicht allein nach Maaßgabe des freyen 
Waͤrmeſtoffes, der dabey ift,- fondern auch nach 
Maafigabe der. ftärfern oder ſchwoaͤchern Zerſet ung 
ſeines lichts, die es von dieſen Koͤtvern erleidet; und 
man J eht leicht, daß die Erhitzung auf letztere Weiſe 
von 


550 II. Sheil. 2. Haurtftüd. 
Bon der Natur der Koͤrber oder von ihrer Anzichung 
‚zur Baſis des Lichts abhängig iſt. 


—. 817. - Zeßt erhellet nun auch, mie durch Ber: 
dichtung des Sonnenlichts die Fähigfeit deffelben ver; 
mehrt wird,. Hiße zuwege zu bringen, die Anwendbar⸗ 
feit der Hohlſpiegel zu Brennſpiegeln ( Specula cau- 
ftica, uſtoria, ardentis), und der erhabenen linſen 
au Srenngläfeen (Vitra cauſtica, uſtoria), und bie 
Urſach von der Benennung:des. Srennpunctes (Fo- 
eus ) ben Hohlipiegelu ($. 673. J und erhabenen Lin, 
fengläfern ($. 707. ). 


$. 818. Wie durch die Meflerion des Fichte der 
Sonne von Hohlfpiegeln im Brennpuncte derfelben 
Verdichtung des Sonnenlichts entftehen müffe, iſt 
aus dem Vorigen ($. 673.) befannt. Ein fphäris 
scher Hohlfpiegel kann nie alle Sonnenftahlen, die 
auf ihn fallen, in einen Punet, fondern fie nur in 
einen engern Raum vereinigen ($. 673.), fo daß 
der fphärifche Sertor, der von ben reflectirten Strahs 
len gebildet wird, fich nicht in eine Spiße, fondern 
in eine Kreisflaͤche endigt, und alſo der Brennpunct 
eigentlich eine Kreisflaͤche iſt, deſſen Abſtand vom 
Spiegel von der Größe und Kruͤmmung der Sphoaͤre 
abhängt, von welcher die Spiegelfläche ein Theil ifk. 
Da die reflectirten Strahlen defto früher die Achfe 
des Spiegels fchneiden, je weiter fie von der Achfe 
bes Spiegels auf ihn treffen, fo ift es überfläffig, - 
einem Brennfpiegel eine große Sehne zu geben, und 
| gemeinigfic mißt ſi ſie nur 60 Grade. Wenn nun der 
Brenn⸗ 


vo title 551 


Brennfpiegel, deſſen Ace genau gegen‘ den Mittels 
punet der Sonnenfcheibe gerichtet iſt, alles Sonnen 
feuer reflectirte, das auf ihm fällt, fo würde bie In⸗ 
tenfität des Sonnenfeuers in feinem Brennraume ſich 


zur Intenſitaͤt des Sonnenfeuers auf feiner Floaͤche 


voie das Quadrat des Durchmeſſers des Spiegels zum 
Duadrate des Durchmeffers des Freisfdrmigen Brenn⸗ 
gaumes.verhalten. Da indefjen fein Spiegel ein voll- 


Fommener Spiegel ift ($.678.), fo muß die Intenſitaͤt 


des Feuers im Brennraume immer Fleiner feyn, als - 
nach dieſer Berechnung. Gleichwohl iſt die Hitze, die 
große Brennſpiegel in ihrem Brennraume hervorbringen 
Fönnen, bie groͤßeſte, die wir zu erreichen im Stande 
find. Beyſpiele großer Brennfpiegef find der Villetti⸗ 
ſche und Tfchienbaufenfche. Die Materie dazu fan 
mannigfoltig feyn, falls fie nur die gehörige Form 
und. Politur annimmt und bie Sonnenftrahfen gut 
zuruͤckwirft. Gemeiniglich macht man ſie von Me— 
tal. Auch ein convexes linſenglas auf der erhabenen 
Seite belegt giebt einen Brennſpiegel. Wenn der 
Brennſpiegel die gehoͤrige Wirkung thun ſoll, ſo muß 
ſeine Achſe genau gegen den Mittelpunct der Sonne 
gekehrt ſeyn, und dies iſt der Fall, wenn ſich das 
Bild der Sonne auf einer Ebene, bie bie Achſe des 


Spoiegels lothrecht ſchneidet, völlig kreisrund abbildet. 


Dieſe Sage des Brennraumes macht daher manche 
Verſuche mit dem Brennſpiegel unbequem. Wegen 
des Sonnenlaufes und der daher entſtehenden Verruͤ⸗ 
cdung des Brennraumes muß man dem Spiegel außer 
der noͤthigen verticalen Bewegung auch die horizon⸗ 

tale 


552 II. Theil. 2. Hauptſtuͤck. 


tale leicht geben koͤnnen. Auch mehrere Planfpiegef 
fönnen als Brennipiegel dienen, wenn man fie fo 
richtet, daß fie Die aufgefangenen Sonnenftrahlen: 
alle auf Eine Stelle werfen. Buͤffon hat dieſen Ge⸗ 
danken fehr glücklich ausgeführte. — Paraboliſche 
Hohlſpiegel find übrigens bie vollkommenſten Brenn⸗ 
ſpiegel. 


Mufchenbroek a. a. D. f. 1623. ff. ». of. Prieftley’s Ges 
ſchichte und gegenwärtiger Zuſtan der Optik. a. d. — 
überf. mıt Anm. von Ge. Sim. Rlügel. Keinj. 1776. 
S. ı71. 1734. 101. ff. gr in dın Mem. de Pac. * 
des fc. de Paris, 1747. 82. ff. 1748. ©, 305. Courti- 
wron, er 7 m won ee EDEN 
$. 819. Bequemer als die Brennfpiegel($. 818.) 
. find die Srenngläfer, wozu man die biconveren Glas⸗ 
linfen ($. 705.) anwendet. Ihre Wirfung, bie 
Sonnenftrahlen zu verdichten, läßt fih aus dem, 
was oben ($. 707.) vorgetragen worden iſt, erklären. 
Beil aber nicht. alles Sonnenfeuer, das auf fie fällt, 
auch durch fie geht, fo ift auch) ihre AWirfung bey 
gleicher Breite mit den Brennfpiegeln Fleiner. Wegen 
der Abweichung der Strahlen‘, die bey der Brechung 
von der Geftalt des Glaſes herrührt ($. 709. ), ift 
es auch unnüß, den Brenngläfern eine Breite über 
6o Gr. zugeben. Man ficht leicht, daß fie in diefer 
Hinſicht um defto größer oder von deſto größerm 
Durchmeffer feyn fünnen, je größer der Radius 
ihrer Krümmung ift. Da ihr Brennraum, mie aus 
der Strahfenbrehung in dieſen Glaͤſern befannt ift 
($. 769. ), fein Punct ift, fondern noch eine merffiche 
Breite hat, fo ſucht man diefen ben großen Brenn: 
glaͤſern 


-., gti.“ : 553. 
. gläfeen noch durch ein zwehtes Glas, das Collectiv⸗ 


glas, das mit dem erſtern genau auf einerley Achſe 
ſteht, in einen kleinern Brennraum zu verdichten. 
Man ſtellt das Brennglas ſo, daß ſeine Achſe immer 
genau gegen den Mittelpunct der Sonne gekehrt iſt, 


zu welchem Ende man ihm fo wohl eine horizontale 
als verticale Bewegung muß geben koͤnnen. Die 


Gluth in dem Brenncaume großer Brenngläfer fann 


ben heftigften Grad erreichen. Beyſpiele großer, ehr, 


wirkſamer Brenngkäfer ſind die Tfehienbaufgnfsen, 
wovon dag ardfiere 33 Zoll (parif. ) im Durchmeffer, 
und 12%. Brennweite hatte. — Auch durch Ver: 
bindung zweyer Hohfgläfer, deren Zwiſchenraum mit 
einer durchfichtigen Floͤſſigkeit, wie z. B. Waſſer, 
Terpenthinoͤl, ausgefuͤllt iſt, laſſen ſich Btennglaͤſer 
darſtellen, wovon dag fo genannte Troudainiſche 
ein Beyſpiel iſt. Erfahrungen uͤber die große Hitze in 
dem Brennraume fo wohl eines großen Tſchirnhauſen⸗ 
fehen als des Troudainifchen Brennglafes erzählt 
Macquer —. Aud) Glaskugeln mit Waſſer gefüllt 
fönnen Brenngläfer abgeben. 

Der. of. Wacquers chymiſches Wörterbuch, überf. von Leom 

bardi, Th. 1. S. 454. 

6. 820. Der frene MWärmeftoff, ber beym Son. 
nenlichte ift, Fan, wie das licht, durch Brennfpie: 
gel convergirend zuruͤckgeworfen werben ($. 545.) 
ob er aber auch mit dem fichte in den Brenngläfern 
gebrochen erde, das ift noch nicht genau ausges 
madıt. So viel ift gewiß, daf das Glas im Stande 
J den feeyen Waͤrmeſtoff beym lichte, durch ſeine 

Anzie⸗ 


⸗ 


554 IT. Theil. 2. Hauptſtuͤck. 


Anziehung dazu, zum Theil abzuſondern. Weil beym 
Kuͤchenfeuer das Verhaͤltniß des lichts zum Waͤrme⸗ 
ſtoffe weit geringer iſt, als im Sonnenfeuer, fo erhel⸗ 
let: auch der. Grund, warum man fic durch eine vor. 
Das Geficht gehaltene Glastafel eine Zeit fang vor der 
Gluth des Kaminfeuers, nicht aber dys — 

ers, ſchützen koͤnne. 


5. 821. Vielleicht iſt das Verhaͤltniß des freyen 
Waͤrmeſtoffes zum lichte im Sonnenfeuer nur ſehr ge⸗ 
ringe; und daraus ließe ſich erklaͤren, warum die 
Sonnenſtrahlen bey ihrem Durchgange durch die luft, 
die nur wenig licht zerſetzt, die Luft ſelbſt nur wenig 
erwärmen koͤnne. In der Zerſetzung des Sonnen⸗ 
lichts durch den Erdboden und die Koͤrper darauf, 
iſt auch wohl der vorzuͤglichſte Grund zu ſuchen, war: 
um die niedrigern Gegenden der Atmofphäte an der 
Erpfläche eine höhere Temperatur, als bie höhern Res 
gionen derſelben haben. 


$. 822. Billig kann man nun fragen: Was mird 
aus der Bafis des lichts, wenn diefes durch andere 
Körper zerfeßt und der Waͤrmeſtoff davon gefchieden 
wird? Die Erfahrung lehrt, daß wir Licht aus un; 
zahfigen Körpern, die an fich nicht leuchtend find, 
auf mannigfaltige Weiſe entwickeln und fie fo zu 
urfprünglich leuchtenden Körpern machen koͤnnen; 
und zwar koͤnnen wir drey Arten biefer lichtentwicke⸗ 
lung aus Körpern unterfcheiden, nämlich): 1) das 
Verbrennen verbrennlicher Subftanzen ; 2) das 
Kruchten unverbsennlicher Stoffe, oder auch verbrenn: 
Ticher, 


et 555 


licher, ohne Verbrennen; und 3) die Electricitat. 
In allen dieſen Faͤllen wird das licht, das dabey 
zum Vorſcheine kommt, erſt zuſammengeſetzt und er- 
zeugt, aus ſeiner Baſis, oder dem Brennſtoffe, und 
dem Waͤrmeſtoffe; und es ergiebt ſich daraus die Ant⸗ 
wort auf die vorſtehende Frage: daß das licht bey 
ſeiner Zerſetzung oder ſo genaunten Einſaugung theils 
durch chemiſche Verbindung ſeiner Baſis mit gewiſſen 
andern Stoffen ſie zu verbrennlichen mache; theils 
durch bloße Adhoaͤſion dieſer Baſis an andere Sub⸗ 
ſtanzen ſie in den Stand ſetze, durch bloße Erhitzung, 
ohne eigentliches Verbrennen, sticht zu entwickeln; 

theils endlich zur electrifcher Materie werde. 
$. 823. Das Verbrennen (Combuftio) ent: 
zuͤndlicher Körper (9. 822.) ift Erzeugung von 
Feuer durch Zerfeßung des Sauerftoffgas, oder allge> 
Meiner , durch Aufnahme des Sauerftoffes von der 
verbrennlihen Subſtanz. Diefe Art der Erzeugung 
bes fichts und der Entwicelung des Wärmeftoffes wird 
- im folgenden Abfchnitte näher unterfucht werden. Die 
Erregung des lichts durch Electricitaͤt ($. 822.) 
kann auc) erft in der Folge betrachter werben. Es 
bfeibt alfo hier nur die Erzeugung des lichts durch blos 
fie Erhitzung unverbrennlicher Körper, oder auch ver⸗ 
brennlicher, doch ohne Verbrennen derfelben, übrig. 
Hierher gehbren als Benfpiele die Funken, welche 
Glas, Feuerſtein, u. a., durch Erhißung ben hefti- 
gem Reiben, z. B. an einem umlaufenden Mühfftei: 
ne, geben; das Sicht, welches Feuerſteine, zwey Ga: 
cholonge, felbft unter — gerieben, nach Herrn 
Lichten⸗ 


556 II. Theil. 2. Hauptftüc. 


Kichtenbertge Erfahrung, zeigen;: das feuchten des 
mit wenigem Waſſer frifch geloͤſchten Kalls im Dun⸗ 
keln; das feuchten des Hombergiſchen Phoophorus 
aus ſalzigtſaurer Kalkerde beym Reiben; die Erſchei⸗ 
nung der fo genannten Lichtmagnete, oder ſolcher 
Leuchtſteine die erit dem Tageslichte ausgefeßt werben 
müffen, wenn fie im Dunkeln leuchten follen; das 
$euchten ſehr vieler Körper nad) Weagwood's Er⸗ 
fahrungen,: wenn fie bis auf einen gewiſſen Grad er; 
wärmt worden find;- das: Seuchten ‚eines Gemenges 
von Schwefel und Kupferfeil beym Zufammenfchmels 
zen mit Ausfchluß der fuft nach van Troſtwyk, Dei⸗ 
man u. U Das feuchten der Körper, das ein 
ſchwaches Verbrennen derjelben ift, gehört nicht hier: 
ber. Das ficht, das die- Körper durch bloße Erhi⸗ 
Kung oder Erwärmung, ohne eigentliches Verbren⸗ 
nen, jeigen, rührt von dem Brennftoffe her, den fie 
durch die Zerjeßung des Lichts aufgenommen hatten, 
der aber nicht hemifch damit verbunden zu fenn, ſon⸗ 
dern ihnen nur zu adhäriren ſcheint, und daher durch 
«ine höhere Temperatur ihnen wieder -entjogen werben 
fann, indem- er fi dann wieder mit dem Wärme: 
ftoffe zum lichte verbindet und als ſolches austritt; 
Doch kann auch chemiſch gebundene Brennſtoff Durch 
Veraͤnderung der Miſchung, (wie z. B. beym Zuſam⸗ 
menſchmelzen des Schwefels mit Kupfer, beym loͤſchen 
des Kalks mit Waſſer,) und daher entſtehender Ver; 
minderung der Capacität der Materie zu demfelben, 
duch den Waͤrmeſtoff als Sicht ausgefchieden werden. 


Ueber das Leuchten verfhiedener Körper beym Erhigen ober 
Antinanderreiben, von Jeſ. Wedgwood; in Grens ——— 
er 


Licht. \ 557 


der Dhyfik, 3. VI. ©. 45. Berfuhe über die Entzindung 
des Schwefels mit Metallen, obne Gegenwart der Febenss 
- fufr, von Hrn. Deiman, Teoftwpf ıc.; im Crells chem. 
Annalen , 1793. ®. 11. S. 383. If. Jac. Bart. Beccarii de 
qnam plurimis pbosphoris nunce primum detectis com» 
mentarius; in den comment. bononien/. T. Il. P. Il. &, 
136. ff. P. 111. ©. 498. ff.; überfeß: ım allgem. Yragaz. der 
Yıatur, Runft und wifenfebaften , Th. VI. ©, tısu ff. 
Th. vII. ©. 163. ff. 
$. 824. Hierher gehört auch die leuchtende Hiße 
unverbrennlicher Subftanzen durch mitgetheiltes Gluͤ⸗ 
ben. Wenn es, mie Einige annehmen, bloß daher rühr: 
te, daß diefe Körper durch Ermeiterung ihrer, Poren in 
der Hiße das Licht frey durchließen, fo müßte durch 
Entfernung derfelben aus dem Feuer ihr Gluͤhen auch 
fogleich aufhören; fie behalten aber ihre leuchtende Hi- 
Ge eine merkliche Zeit fort, und zwar mit veränderter 
Art des ausftrömenden tits, mie man am beften 
wahrnehmen fann, wenn man ihr feuchten an einem 
hunfeln Orte beobachtet. Sie gehen beym allmaͤhli⸗ 
gen Erkalten vom Weisgluͤhen bis zum dunkeln Roth- 
glühen verſchiedene Nuͤancen des lichts durch. Es 
iſt mir wahrſcheinlich: daß hierbey das licht ſeiner gan⸗ 
zen Subſtanz nach, alſo ohne zerſetzt zu werden, von 
den Körpern angezogen werde und ihnen adhärire; 
daß die Gapacität der Körper dazu in der höhern Tem: 
peratur zunehme; und daß fie nun beym Erkalten es 
nad) und mad) wieder, wegen Abnahme ihrer Capa— 
cität dagegen, entlaffen. — Bielleicht findet bey den 
vorher erwähnten fo genannten ln ii, (% 


823.) etwas Aehnliches Statt. 


$. 825. Nach der bisher vorgetragenen Theorie 
bon ber Zufammenfeßung des. lichts muß man alfo 
dafjelbe 


558 IL Theil. 2. Hauptftüd. 


daffelbe als ein vorzügliches Agens in der Natur bes 
trachten. Sein Bentritt zu gewiflen Stoffen verichafft 
uns verbrennliche Subftanzen, ändert die Mifchung 
unzähliger Materien, erzeugt bie electrifhe Ma: 
terie der Körper. ' Wenn wir auch’ nur einige Auf: 
merffamfeit auf die dem Einfluffe des lichts ausge⸗ 
geſetzten Koͤrper werfen, ſo zeigt ſich ſehr bald, daß 
die Einwirkung deſſelben im Stande iſt, beträchtliche 
Veränderungen der Miſchung zumege zu bringen.. 
Die Morhwendigfeit des Lichts z. B. zum Gedeihen 
der Gewaͤchſe ift unläugbar. Pflanzen, die benm 
Ausſchluſſe von allem Sichte wachfen, werden bleich, 
verlieren ihre Farbe, und erhalten diefe nach und nad) 
wieder beym Einfluffe des Sichts darauf. Alle Feis 
mende Pflanzen, wenn fie erft aus der Erde hervor 
an das Tageslicht treten, find meif und ungefärbt, 
und werden erft grün beym Einfluffe des Lichts dars 
auf; die innern Blätter der Kohl : und Sattigarten, 
die von den Aufern gegen den Einfluß des fichts ger 
deckt find, find wäfferig, weiß und ungefärbt, und 
fie erlangen erft Sarbe, wenn fie fich entfaltet haben. 
Die Erfahrungen des Hrn. von Humboldt fönnen 
jene allgemeine Tharfache nicht umftoßen, fondern nur 
bemeifen, daß die Pflanzen ihren Brennſtoff aud) 
außer dem tichte aus andern Stoffen, befonders aus 
gewiffen Gasarten, zu ziehen im Stande find. Andere 
Benfpiele von diefem Einfluſſe des Sichts werden in der 
Folge hier und da noch näher im Bertacht kommen. 


$. A. von Zumboldr Aphorismen aus der chemiſchen Phyſio⸗ 
logie der Pilanzen, Kerpzig 704 8. Grens — Handd. 


der Chemie, Fh. l. fu 1384 fe» 
a “ 1 
Deit: 


559 








. Dritt e8 Haup ei ck. 


Schwere einfache Stoffe und ihre 
Verbindungen. 





Erſcheinungen des Verbrennens in 
— ————— Luft. 


9. 826. 
Die merkwuͤrdigſte Art der Erzeugung des fh u und 
des Feuers ift das Derbrennen ($. 823.), movon 
wir die begleitenden Umftände hier noch näher „su un 
terfuchen haben, 5 


$. 827. Man nehme einen offenen Glascylin⸗ 
der, der mit einem eingeriebenen Stöpfel luftdicht 
verjchloffen werden fann, ftelle ihn offen in eine Schau: 
le mit Quecfilber, fo daß er tief genug darim ſteht, 
etwa zur Hälfte feiner Höhe; man verftopfe ihn ges 
nau, und merfe fich die Höhe des Quedfilbers in ihm 
genau durch ein angebrachtes Zeichen. Man lafle 
hierauf ein Stüdchen Phosphor unter den Eylinber 
treten, (auf 9 Eubifzoll eingefchloffener buft wenig: 
ſtens 1 Gran,) und zünde ihn vermittelft eines Breun⸗ 
glafes durch Sonnenfeuer an. Er verbrennt, wit 
Flamme und vielem weißen Rauche. Anfangs wird 
die Luft durch die entftehende Hiße atısgedehnt, und 
deshalb muß der Eylinder tief:genug im Queckſilber 
| ftchen, 


— 


so ° I: Theil. 3. Hauptftüc. 

ſtehen, damit nichts von derfelben entroifchen kann; 
ihr Volum nimmt aber bald ab, und das Queckſilber 
fteigt aber das gemachte Zeichen in dem Cylinder 
durch den Drud der äußern $uft empor. , Nachdem 
alles erfaltet und auf. die vorige Temperatur zuruͤckge⸗ 
bracht iſt, ſo findet man die ruͤckſtaͤndige Luft um ein 
Merkliches in ihrem Volum vermindert, fo daß bey 
genau angeftellter Meflung etwa 25 bis 0,27 ihres 
vorigen Volums fehlen. Wenn die luft und das 
Queckſilber recht trocken waren, ſo findet man die 
Flaͤche des Queckſilbers und des Cylinders mit einem 
weißen Salze bedeckt, das ſauer ſchmeckt, ſich leicht 
im Waſſer aufloͤſ't und an der freyen $uft zu einer 
ſauern Fluͤſſigkeit zerfließt. Es iſt Phosphorfäure, und 
ſie wiegt, noch ehe ſie zerfließt, mehr als der Antheil 
Phosphor, der dabey verbrannt iſt, dergeſtalt, daß jedet 
Gran Phosphor beym gaͤnzlichen Verbrennen etwa 23 
Gran dieſer trockenen Säure liefert. In 12 Cubikzoll 
(patif.) atmoſphaͤriſcher Luft kann man etwa ı Gr. 
(ftanz.) Phosphor verbrennen; die tuft nimmt da⸗ 
bey etwa um 3 Eubifzoll oder 14 Gran ab, und diefe 
Abnahme correfpondirt der Zunahme des Gewichts 
der erzeugten Phosphorfäure. Die bey diefem Pro: 
zeſſe übrig bleibende -tufe ift zum fernern Verbrennen 
des Phosphors ‚fo wohl ala jedes andern verbrennlis 
chen Körpers unfaͤhig; ‚auch erſticken Thiere darin, 

Lavvifier trait& &l&inentaire de Chimie, T.1. pi 98 — 66. 


$ 828. Diefe Erfiheinungen ($. 827;) finden 
bey ee und BR Verbrennen Statt, und jo laſſen 


ſich 


Schwere einfache. Stoffe u. ihre Verbindungen. 561 


fi) folgende Umſtaͤnde als ganz allgemein . feft- 
feßen: | 
1) Zur Entzändung jedes verbrennlichen Körpers 
ift ein gemwiffer Grad von Erhißung deſſelben noͤ⸗ 
thig, der nad) der Natur deſſelben größer oder 
geringer if. ge = | 


— Wenn F B. Dhosphor entzündet werden und verbrennen 
fol, fo muß er wenigftens erſt 30° R. erhitzt fenn; 
Schwefel fängt erft an zu brenren, wenn er über 
feinen Echmelzpunct erhitzt ift; Rohle muß bis zum 
Gluͤhen erhitzt fepn. 


2) ·Beym Ausſchluſſe der atmofphärifchen lLuft ge 
fhieht Fein Verbrennen; und es gefchieht um 
defto febhafter, je mehr ihr Zutrict befoͤrdert 
wird. Ä 


Wir vermehren daher bas Verbrennen und verftärfen 
die Gluth, je mehr wir den Luftzugang zum brens 
nenden Körper befördern. Dies bemwerfet die Wirkung 
des Lörhrohres, der Dlafebälge und anderer Arten 
des Gebläfes , des beichlcuntuten Luftzugs der Wınds 
Sfen, und endlich die Argandfche Lampe. 


3) In einer gegebenen Menge von atmofphärifcher 
£uft kann nur eine geriffe Menge des verbrenn- 
lichen Körpers verbrennen. 

So fann z. 3. in ı2 Enbifz. (parif.) atmofphärifher Luft 
etiva nur ı Gr. (parif.) Phosphor verbrennen; der 
übrige bleibt unverbrannt uͤbrig. 

4) Die atmofphärifche buft, worin ein Körper ge: 
hörig verbrannt worden ift, ift, bey gleichem 
Drucke und gleicher Temperatur, im Gewichte 
und Umfange vermindert, und hat die Sähigfeit 
verloren, zum fernern Verbrennen und zur: Ne; 

ſpiration für Thiere zu dienen. 

5) Der verbrannte Ruͤckſtand des Körpers, (er 
fey num feft, oder tropfbar-fluͤſſig, oder bilde 

Mn ein 


s62 11. Theil. 3. Haupiſtuͤck. 


ein elaftifches Fluidum,) wiegt um ſo viel mehr, 
als das Gewicht des verſchwundenen Antheils 
der atmoſphaͤriſchen Luft beträgt. 


Zuſammenſetzung der atmoſphaͤriſchen 
Luft. J 

$. 829. Offenbar iſt alſo unſere atmoſphaͤriſche 
Luft, (die wir hier von der Atmoſphaͤre ſelbſt unter⸗ 
ſcheiden,) aus zwey verſchiedenen Luftarten zuſammen⸗ 
geſetzt: aus einer, die allein das Verbrennen zu un: 
terhalten fähig ift, die beym Acte des Verbrennen 
ſelbſt zerfeßt wird, die allein zu den Sunctionen der 
Reſpiration für Thiere fähig it, die höchftens etwa 
0,27 der atmofphärifchen $uft ausmacht, und die wir 
durch den Namen der Lebensluft (Acr vitalis), oder 
des Sauerſtoffgas (Gas oxicum), (aus Gründen, die 
ſogleich erhellen werbden,) unterfcheiden; und dann 
aus einer andern $uftart, die nicht zur Unterhaltung 
des Verbrennens geſchickt iſt, worin Thiere erfticen, 
die wenigftens etiva 0,73 Theile darin beträgt, und 
die den Namen des Stickgas (Gas azotum‘) erhal: 
ten hat. u 


$. 830. Dieſe beyden Gasarten finden fich aber 
in der atmofpharifchen Luft nicht an allen Drten und 
nicht immer um gleichem Verhaͤltniſſe, indem in und 
an.der Atmoſphaͤre bejtandig foldye Prozeffe vorgehen, 
woben die febensluft ($. 829.) zerftört und zerfeßt; 
andere, wobey fie erzeugt und hervorgebracht wird. 


Carl Wilhelm Scheele chemiſche Abbandluna von Luft und 
Seuer, Leipzig 1782. 8, Kavoiſier a. a. O. ©. 33: fh 


Sauer: 


Schwere einfache Stoffe u, ihre Verbindungen. 563 
Sauerſtoffgas. Sauerſtoff. 

6. 831. Einige Subſtanzen, welche das Sauer: 

ſtoffgas der atmofphärifchen luft in der. Hitze zerſetzen 


und bie Grundlage derſelben in ſich neffmen, entlaſſen 
dieſe letztere wieder in einer ſtaͤrkern Hitze des Gluͤhens, 


wie z. DB. das Queckſilber, ſo daß man dadurch im 


Stande iſt, dieſen Beſtandtheil der atmoſphaͤriſchen 
Luft vom Stickgas -abgefondert für ſich darzuftel- 
len. Sonſt kann man noch) aus vielen andern Kör- 
pern in der Gluͤhehitze das‘ Sauetftoffgad reichlich ges 
innen, wie z. DB. aus Salpeter und dem Braun— 
feine (dem natürlichen Magnefiumfalfe), Wir wols 
len hier den letztern dazu wählen. 


$. 832. Man fulle eine Fleine irdene Retorte 
mit reinem gepulverten Braunfteine, kuͤtte an die 
Mündung. ihres Haljes eine blecherne Röhre luftdicht 
an, lege die Netorte in einen Windofen, bringe die 
"Mündung der Röhre unter den Trichter der mie Waf; 
fer gefüllten Wanne des pneumatifhen Apparats 
($. 609.), und erhiße die Retorte almählig und ſtu— 
fenmweife bis zum Gluͤhen. Erft geht die atmofphäri- 
fche $uft der Gefäße über, beym Gluͤhendwerden des 
Braunfteins aber entwickelt fic) die $ebensluft oder 
das Sauerftoffgas, das fic) Dadurch zu erfennen giebt, 
daß ein- glimmender Holzfpan darin von felbft zur 
Flamme ausbricht. Wenn Feine {uft mehr fommt, 
“nimmt man die Mündung der Nöhre aus dem Waſ— 
fer, und läßt die Netorte erfalten. 


J 


v2 u 1. Thel. 3. Hauptftüd. 98 te 


$. 833. Diefes Gas unterfcheider fich nun auf- 
fallend von der atmofphärifchen tuft, ob es. gleich in 
einigen Eigenfchaften mit ihr überein fommt. Es iſt 
geſchmack,/ und geruchles; wird vom Waſſer nicht. 
zerſetzt; iſt etwas fpecififch fehwerer, als atmoiphä- 
riſche Luft (K. 308. ©. 253.); und. ift zur Nefpira- 
tion für Thiere und zur Unterhaltung des Verbren⸗ 
nens weit fahiger, alg die letztere. Ein Thier erſtickt 
im eingefchloffenen Raume diefer Luft viel fpäter, als. 
in einem gleich‘ großen eingefchloflenen Raume von 
atmofphärifcher fuft. Ein verbrennlicher Körper, wenn. 
er 4 Eubiffuß atmofphärifcher Luft zu feinem gänzli- 
chen Verbrennen erfordern würde, hat nur Einen Cu⸗ 
bikfuß Sauerftoffgas dazu noͤthig. Die’ Intenfität 
des Verbrennens, oder die Entwidelung des Feuers 
daben,. ift weit ftärfer,; als in atmofphärifcher luft. 
Eine Waͤchskerze brennt darin mit hellerer-und gtoͤ— 
ferer Flamme und fnifterndem Geräufche. Das glim⸗ 
mende Docht derfelben wird darin mieder zur Flam— 
me erweckt. Zunderſchwamm, der font nur glimmt, 
brennt darin mit Flamme. Glühende Kohlen verjeh- 
sen ſich darin weit ſchneller und brennen mit ftär- 
Ferm Scheine. Eine zugefpißte ftählerne Uhrfeder, die 
vorher an der Spiße glühend gemacht ift, oder an wel: 
che man ein Stuͤckchen angezünderen Zunderſchwamm 
geftecft hat, verbrennt darin mit vielem Funkenſpruͤ-⸗ 
hen. Beſonders ftarf und ungemein feuchtend aber 
ift die Slamme des darin verbrennenden Phosphors. 
Durch ein öthrohr auf die Flamme einer Kerze gelet- 
tet, kann man damit sine Die hervorbringen, welche 
ber 


Schwere einfache Stoffe u. ihre Verbindungen. 565 


der Hitze großer Brennglaͤſer und Brennſpiegel gleich 
kommt. 


Dugenhouſz vermiſchte Schriften, But. S. =01. ff. 6. 365. ff. 
Des Hrn. von Humboldt Apparat, vermittelft des Sauerſtoff⸗ 


gas im unterirdiſchen Gruben bey böfen Wettern und 

Schwaden derfelben zu refpiriren und eine Lampe Kane 
ju erxhalten. F Crells chemiſche Annalen: 1796. B. 

‚99: ft. 195. | 
E 6. 834. Man unternehme nun ben Progefi des 
Verbrennens des Phosphors im eingefchloffenen Rau: 
me dieſes Sauerſtoffgas auf diefelbige Art, als in 
atmofpbärifcher $uft-C$. 827.). Man fülle zu dem 
Ende ‚einen Cylinder mit Quedfilber in einer Schau; 
le, und laſſe etwa die Hälfte feines Inhalts Sauer: 
ftoffgas hinauftreten. Man bringe dann.ein Stüd: 
hen Phosphor unter den Eylinder, das in dem Dued: 
filber eimporfteigt und darauf ſchwimmt, man zuͤnde 
es unter dem Cylinder vermittelſt eines Brennglaſes 
an. Wenn der Phosphor verbrannt ift, bringe man 
wieder friſchen darunter, wiederhohle das Verbren— 
nen, uff. Man findet nun, daß hierben alles 
eben fo vorgeht, Wwie beym Verbrennen in atmofphä: 
riſcher Luft: nur mie dem Unterſchiede, daß die Stär: 
ke des Feuers dabey groͤßer iſt; daß mehr Phosphor 
in gleichem Raume dieſes Gas verbrennen kann; und 
daß, wenn Phosphor zum Verbrennen genug da und 
das Sauerſtoffgas ganz rein iſt, Die fuft ganz und 
total verſchwindet. Gewoͤhnlich findet man indeffen 
einen geringen Ruͤckſtand von Stickgas, das damit 
vermiſcht war. Die gebildete Phosphorfaͤure iſt hier: 
bey von eben der Art, als beym Verbtennen in atmo⸗ 
ſphoͤriſcher tuft, und wiegt ebenfalls, auch noch ehe 
Meuune a) fie 


566 II.Theil. 3. Haupftüd. 
fie zerfließt, "und ſelbſt nach dem Ausgluͤhen, mehr, 
als der dazu verwendete Phosphor. Dieſe Zunahme 


des Gewichts cotreſpondirt dem Gewichte des dabed 
vetſchwundenen Sauerſtoffgas. | 


$. 833. Rach Lavoiſiers genauer Beſtimmung 

verſchwinden bey--diefer Operation durch das totale 
' Verbrennen bon ds Gr. (franz) Phosphor 1385 
Cubikʒ. ‚franz. ) oder 69,375 Gr. Sauerftoffgas, und 
es bilden ſich 114,373 Gr. fefte Phosshorfäure; oder 
100 Theile Phosphor . verzehren: beym Verbrennen 
154 Theile Sauerftoffgas dem Gewichte nach, und 
geben dann 254 Theife fefte Prospkopfäute ER 

Lavoiſier a. a. O. S. 55. ff.- wen 


$. 836. So wohl das Veiſchwinden des Sauer⸗ 
ſtoffgas beym Verbrennen des Phosphors im einge⸗ 
ſchloſſenen Raume des erſtern, als ſeine Darſtellung 
aus dem Braunſteine durchs Gluͤhen, beweiſen fhon, 
daß es fein urſpruͤnglich Elaſtiſch⸗ fluͤſiges ($. 132. Ir 
fondern daß feine Form. der Erpanfi ibificät vom Wär: 
meftoffe abgeleitet ſeyn müffe. Es beſteht demnach 
das Sauerſtoffgas, wie jede Luftart ($. 602.) aus 
einer eigenthuͤmlichen, ponderabelen, an ſich nicht 
elaſtiſchen, Baſi s, und dem inponderabelen Waͤrme⸗ 
ſtoffe, der mit dieſer Baſis chemiſch verbunden iſt 
und ſie in eine elaſtiſche Fluͤſſigkeit verwandelt. 


& 837. Dieſer eigenthuͤmlichen Baſis der febenss 
Inf: hat. man den Namen Sauerſtoff (Oxicum, 
Oxygenium, Oxygene) gegeben ,. weil mehrere vers 
BE Körper durchs Verbrennen in lebensluft zu 

Säuren 


Schere einfache Stoffen. ihre Verbindungen. 367 

Säuren werden, und weil fie ein Beſtandtheil aller 
Saͤuren iſt. Das Sauerſtoffgas ‚oder die Sebensluft 
befteht alfo aus Sauerſtoff und Wärmeftoff. 


"€ 838. Im Braunſteine und ander feften oder 
liquiden Körpern, aus denen wir das Sauerſtoffgas 
erhalten koͤnnen, ift nicht das Sauerfioffgas felbft, 
fondern nur fein ponderabeler Beftandtheil, der Sau⸗ 
erftoff, enthalten (K 607. ), aus deffen chemifcher 
Verbindung mit dem Waͤrmeſtoffe erſt Säuerftoffgas 
erzeugt wird: - Durch bloßes Gluͤhen allein entlaͤßt 
indeffen der Braunſtein nicht allen Sauerſtoff. | 


$.. ‚839. Der Sauerſtoff iſt fuͤr uns eine ein: | 


fache Subſtanz, das heißt, wir koͤnnen ihn nicht wei⸗ 
ter in andere ungleichartige Stoffe zerlegen. Er iſt 
ferner für ſich nicht darſtellbar; denn fo wie er auch) 
frey würde, wuͤrde er ſich fogfeich mit dem zu jeber 
Zeit anwefenden freyen Wärmeftoffe zum Sauerftoff: 
gas verbinden. Wir kennen ihn alfa nur aus feinen 


Zufanmenfeßungen mit andern 'ungleichartigen Ma 


terien. Er iſt uͤbrigens fehr-ausgebreitet in der Nas 


tie vorhanden, und macht einen Beſtandtheil der " 


atmöfphärifchen $ufr, des‘ Waſſers, . aller Säuren, 
aller Metallfalfe und aller Gemengtheile der — 
des Pflanzen⸗ und Thierreichs aus. — 


Den Satz, daß der Sauerſtoff nie frey in irgend einem Körper 
zugegen feyn kann ‚sondern immer im chemifcher Zufams 
: rg * andern Materien ſeyn muͤſſe, beherzigen 
vielr Phy rt und Aerzte 5— noch nicht gehoͤrig / 
die ihn eine olhe Kolle in den Körpern der Pflanzen uns 
MDhiere ſpielen laſſen, als ob er frau in Ibmen en enthalten fen 
und aus einem Stoffe in den andern frcy übertrete, ohne 
ee Aufagtmenfehung oder Zerſe tung dieſer Stoſſe. 
4 


a een ae ———— 


\ 


— ỹ 


568 Dheil. 3. Hauptſtuͤck. 
Theorie des Verbrennens. 

$ 849. Stahl nahm zuerft, auf Veranfaffung 
von Becher, in den verbrennlichen Körpern das Das 
ſeyn eines eigenthämlichen Weſens an, das er Polo⸗ 
giton oder Srennftoff nannte und das er als bie 
Duelle des Feuers beym Verbrennen betrachtete. 
Den Einfluß ‚der tuft beym Verbrennen, ihre Zer— 
ſetzung dabey, fannte Stahl gar niht. Ben den 
weitern Fortſchritten in der Kenntniß diefes Einfluffes 
blieb man, deffen ungeachtet von ber Nothwendigteit der 
aber nach der fage der Kenntniffe von den dag Ver: 
brennen begleitenden Umftänden die Vorftellungen, 


foie der Brennftoff Feuer erzeuge, verſchiedentlich ab. 
lo. loach. Beccheri phyfica fübterranea. Lipf. 170. 
Spsoimen Beecherianum;,; exhib. Geo. Ern. Stahl. Lip. 
1703. 8. Geo. i£ru Stable, zufällige Gedanken und nußs 
liche Bedenken über den Streit vom X genannten Sul phur; 
Halle 1747..8. 
ı 9 8412. Die Entdeckung des Sauerſtoffgas, 
des Verſchwindens deſſelben beym Verbrennen aller 
Körper überhaupt, beſonders bey dem Verkalken ver 
Metalle, und die Wiedererzeugung deflelben aus dem 
Queckſilberkalke durch bloßes Gluͤhen, ließ zuerſt au 
der Exiſtenz eines Brennſtoffes in verbrennlichen Koͤr⸗ 
pern und Metallen, als Duelle des Feuers, zweifeln, 
und Hr.Lavoijier hielt ſich fo wohl durch diefen, . ſchon 
dor ihm von Scheele und Prieftley gemachten , als 
durch andere von ihm angeftelkte, ‚Beobachtungen und 
Verſuche berechtigt, die Annahme eines eigenen ent: 
zündlichen Grundftoffes aufzugeben, die darduf ge: 
gründeten Vorftellungsarten in der Chemie ganz zu 
verwer 


l 


Schwere einfache Stoffe u. ihre Verbindungen. $69 


bermerfen, und ein neues Syſtem zu errichten‘, wel⸗ 
ches deshalb den Nahmen des antiphlogiftifchen Sy⸗ 
fteme erhalten hat. : 

' M&moire far la combuftion, par Mr. Lavoifier; in den 

Mem. de Pac. roy. des fü. 1777. ©, 592. ff., überfeßt im 

\ Crells neueften Enideck. Th. V. ©. 188. Laveifiers Betrach⸗ 

tungen über das brennibare Welen zur Entwidelung feinet 

Theorie vom Verbrennen und Verfalfen; aus den Mim. 

de Pac. roy. des fe. 1783. ©. 605. ff., uͤberſ in drell 

chem. Annalen, 1798: 3 11. S. 145. ff. Lavoifier traitä 

elömentäite de chimie. T.Il. ä Paris 1789. 8. Synthehs 

oXxygenii, experimentis conhrmata, edidit Fr, Lud, Schu» 

rer. Ärgentor. 1789. 4. Philofophie chimique — par 

A: F.'Poiircroy. à Paris 1792. 8. 1794. 8. Chemilchö 

‚ Philofopbie, oder Grundwahrheiten der neuern Che- 

' mie, von A: Fi Fourcroy. A. d. Franz. über[. von 
Jı Sam, Traug. Gehler. Leipz. 1796. 8. 


$. 842. Mach diefem Syſteme ift ein verbrenn⸗ 
ficher Körper ein folher, det bei) einer gemiffen Tem⸗ 
peratur das Vermoͤgen beſitzt, den Sauerſtoff der 
lebensluft ſtaͤrker anzuziehen, als derſelbe vom Waͤr— 
meſtoffe darin angezogen wird, Die Lbensluft beſteht 
aber dieſem Syſteme zu Folge nicht bloß aus Sauer: 
ftoff und Waͤrmeſtoff ‚ ſondern enthält auch noch das 
licht ale Beftandrheil. Wenn nun ein entzündlicher 
Körper, 3. B. Phosphor, bey der zu feiner Entzün: 
dung höthigen Temperatur in Sauerftoffgas gebracht 
wird: ſo zicht er den Sauerſtoff daraus an und vers 
einigt fi) damit zu einem neuen Producte; fo wird 
der Phosphot damit zur Phosphorfäure; das Sauer: 
ſtoffgas wird folglich zerſetzt und fein gebundenes licht 
und fein gebundener Waͤrmeſtoff werben frey und 
Bilden das Beuer, welches entweicht. Weil nun in 
vielen Fällen ben dem Verbrennen des verbrennlichen 
Körpers aus demfelben und dem Sauerſtoffe eine 
| | Säure 


570 AI. Deeil. 3. Hauptſtuͤck. 


Saͤure gebildet wird, ſo iſt dies Veranlaſſung geme- 
fen, die Baſis der Lebensluft ſaͤureerzeugenden 
Stoff oder Sauerſtoff (Oxygène) zu nennen; nicht 
deshalb, weil ſie an ſich ſauer ſey, ſondern weil ſie 
mit der ſaurefahitggen Grundlage (Baſe acidifiable ), 
wie in unferm Falle mit dem Phosphor, erfi Säure 
erzeuge. In dem Falle aber, (der fehr haufig ift, ) 
wenn die verbrennliche Subftanz zwar Sauerftoff auf: 
nimmt, aber dadurch noc) feine Säure wird, wie 
3. B. die mehreftien Metalle, nennt man das Product 
ride, das man durch Halbſaͤure überjeßt hat. 
Das Verbrennen heißt nach diefem Syſteme deshalb 
au eine Oxigenirung oder Bridirung. _ Aus der 
Verbindung der verbrennlichen Subftanz . mit. Dem 
ponderabelen Sauerftoffe- folgt die Zunahme des Ge: 
wichts des verbrannten Ruͤckſtandes, und wegen der 
Smponderabilität des lichts und des Waͤrmeſtoffes 
die Uebereinſtimmung dieſer Zunahme mit dem Ge— 
wichte des verſchwundenen Antheils des Sauerſtoff— 

gas. Das Verbrennen kann ferner nur fo lange dau⸗ 
ern, bis die — Subſtanz mit Sauerſtoff 
geſaͤttigt iſt. In der atmofphärifchen Luft hindert das 
Stickgas, womit das Sauerſtoffgas darin vermengt 
oder vermiſcht iſt, daß die Erſcheinungen des Ver: 
brennens darin nicht mit der lebhaftigkeit vor ſich ge 
hen, können, als im reinen Sauerſtoffgas. Da end: 
lich das Stickgas vom verbrennlichen Körper nicht 
affieier wird, fo bleibt es als Ruͤckſtand der atmofphä- 
riſchen fuft übrig. Der Sauerftoff befißt übrigens 
gegen die verfchiedentlich gearteten Materien eine vers 


ſchie⸗ 


x 


Schwere einfache Stoffe u-ihre Verbindungen. 371 


fehiebentliche. Berwandtichaft,. und Fann daher auch 
aus einem .Körper an dem andern uͤbertreten, gegen 
den er eine ſtoͤrkere Verwandtſchaft beſi tzt; undıies 
kann ſolcher Geſtalt der verbrannte Körper wieder 
zum — Koͤrper gemacht oder Boogie 
werden. nu tn... 
$. 843. Nach — — — alſo 
das Verbrennen verbrenulicher Subftanzen in Sauer⸗ 
ſtoffgas durch eine einfache Wahlverwandtſchaft, und 
bie Quelle des Feuers iſt einzig und allein das Sauer⸗ 
ſtoffgas; der, verbrenuliche Körper giebt dazu nichts 
ber. Wenn man ganz unparteyiſch fern will, fo 
muß man geſtehen, daß nach dieſem Syſteme das 
licht eine ganz uͤberfluͤſſige Rolle fpielt; daß es ganz 
wegfallen koͤrnte, ohne daß das Syſtem dabey Ein⸗ 
trag litte; daß die Phänomene y wo licht ohne allen 
Beytritt des Sauerſtoffgas aus verbrennlichen Koͤr⸗ 
pern zum Vorſcheine kommt ($. 823.), "damit im 
MWiderforucheffeben; daß daruach das Sauerftoffgas 
ber einzige und⸗alleinige Bebalter des Lichts ift; ‚und 
folglich. von der Einfaugung des Lichts von andern 
Körpern ‚won der Entſtehung ver Farben der Koͤr⸗ 
ger, von der ‚Erzeugung der electriſchen Materie in 
den. Koͤrpern, die doch auch licht ohne Beyhülfe ‚des 
Sauerſtoffgas giebt, und von andern oben (86. 814. 
823.) angeführten Umſtaͤuden feine Rechenſchaft gege⸗ 
ben werden kann. ‚Um dieſe Luͤcken, welche das anti: 
phlogiſtiſche Syſtem in Anſehung ſo vieler und wichti⸗ 
ger Erſcheinungen des lichts laͤßt, zu ergaͤnzen, muͤſ— 
ee wir nach der im Vorhergehenden vorgetragenen 
lehre 


572 1... 10, Theil. 3. Hauptſtuck. 


lehre von det Zuſammenſetzung des. lichts ($$. 802. 
813.), die Annahme eines eigenen Brennſtoffes in 
den verbtennlichen Körpern: felbft zu Huͤlfe nehnten; 
und alſo bende Syſteme gewiſſer Mafen wieder verei⸗ 
nigen. Nach diefem neuen Syſteme ift nun zwat die 
Baſis des lichts oder der Brennſtoff ein Beſtandtheil 
aller entzuͤndlichen Körper; wenn fir aber auf den⸗ 
ſelben, wegen feiner Imponderabilitaͤt, in chemiſcher 
Hinſicht ſo wenig achten wollen, als auf die electri⸗ 
ſche Materie der Koͤrper, ſo koͤnnen wir auch die von 
der antiphlogiſtiſchen Chemie als chemiſch einfach an⸗ 
geſehenen ſent zuͤndlichen Stoffe im dieſer Ruͤckſicht als 
ſolche gelten laſſen, und koͤnnen mithin: — die 
Sprade der Aneiphlogiftifer, reden. 


Das neue Syſtem näbert fi in diefet Htuficht alfe‘; wie Kens 
xer leicht einichen swerbeny-nocd mehr dem antipblagifis 
ſchen, als in der Geftalt, wie es Hr. une gelie a ‚bat. 
- Man fehe: Lieber die neuern Ge nde der 
J. B. Aichter. Breslau und —— St. Ill. 1793. $, 


6: 844: Nach dieſem neuen Shfteme ift alfo ein 
—58 Koͤrper ein. ſolcher, der nicht nur die 
Baſis des lichts enthoͤlt, ſondern auch Anziehung ge: 
nug zum Sauerſtoffe beſitzt, um ihn dem. Wärme; 
ſtoffe in Sauerſtoffgas entziehen zu koͤnnen. Sch 
will zur Erlaͤuterung bey dem Phosphor als verbrenn⸗ 
licher Subſtanz ſtehen bleiben. Wird derſelbe im 
Sauerſtoffgas erhitzt, fo wird dadurch feine Anzie— 
hung zum Brennſtoffe vermindert, ſo daß ſeine An— 
ziehung zum Sauerſtoffe uͤberwiegend werden kann. 
Mun geht alſo der Act feines Verbrennens an: der 
| Phoerhor zieht den Sauerſtoff des Sauerſtoffgas an 
und 


Schwere einfache Stoffe u. ihre Verbindungen. 573 


und bildet damit Phosphorfähre, während der Brenn: 
floff des Phosphors mit dem Wärmeftoffe des Sauer⸗ 
fioffgas pas Sicht und Feuer conftituirt. Alles Llebrige 
erklärt fich nun nad) diefem Syſteme, mie nad) dem 
Vorigen (6. 843.). Die Desoridirung eines vers 
brannten Körpers durch einen andern entzündlichen 
gefchieht durch eine doppelte: Wahlverwandtichaft, 
toben der leßtere dem erftern den Sauerftoff ea 
Dagegen aber Brennſtoff uͤberlaͤßt. 


4. 845. Der Erfahrung zu Folge verbrennen 
die entzündlichen Körper entweder mit Flamme, ober 
mit bloßem Gluͤhen. Die chemifche Zergliederung | 
zeigt, daß alle Körper, welche mit Flamme verbren: 
nen, entweder felbft flüchtig find, oder flüchtige Be— 
ſtandtheile haben, die durch die Hitze in Gas oder 
Dampf verwandelt werden, Die Slamme brennenz 
der Körper iſt demnach brennendes Gas oder bren- 
nender Dampf aus ihnen. Sonſt fann aber aud) 
eine geringere Hitze machen, daß Koͤrper bloß ver: 
glimmen, die fonft in flärferer Hige mit Flamme ver? 
brennen würden, eben weil jene Hige nicht zur Ver⸗ 
flüchtigung der verbrennlichen flüchtigen Subftanz 
hinreicht. Aus dem verfchiedenen quantitativen 
. Berhältniffe des Brennftoffes zum Waͤrmeſtoffe bey 
ihrer Verbindung durchs Verbrennen ($. 844.) läßt 


ſich auch) die verjchiedene Farbe der Slamme erflären. 
Alcohol und Schwefel geben beym ſchwachen Verbrennen eine 
blaue Slamme; die Auflöfung der Borariäure ın Alcohol 


brennt mıt einer gruͤnen; die Auflbſung der ſalzigtſauten 
Strontionerde in Alcohol mit eingr rothen Slamme. 


$. 846. 


' 
! 


574°. Thell. 3. Haupiſtͤuck. 
$. 846. Das Verbrennen verbrennlicher Sub⸗ 
ſtanzen kann wegen ermangelnder noͤthiger Tempera 


tur manchmal ſo ſchwach ſeyn und ſo langſam erfol⸗ 
gen, daß ſich dabey nur bloßes Leuchten, und zwar 


niur im Dunkeln, und auch da nicht. einmaf, zeigt. 


Sn, diefem Falle gefchieht die Zerſetzung des: Sauer: 
ftoffgas fo langſam, daß die Erzeugung des Feuers‘ 
dabey für jedes Moment der Beobachtung gar nicht, 
oder nur beym Ausschluffe des Tageslichts als feuchten 
wahrgenommen mwerden kann. Hierher gehört dag 
Leuchten des faulen Holzes, des SHolognefer Phos⸗ 
phorus aus Schwerſpath, des Cantonſchen Phos⸗ 
pborus aus calcinirten Auſterſchaalen und Schwefel. 
Das Derkalken der Metalle in ſchwaͤcherer Hiße it 
ein fo ſchwaches Verbrennen, daß daben auch nicht 
einmal im Dunfeln ficht wahrgenommen wird, ob eg 
gleich in flärferer Hige in ſehr bemerfbares Verbren⸗ 
nen uͤbergehen kann. 
$. 847. Auch der gemeine Phosphor erleider in 
einer Temperatur, die nicht bis zu feiner wirklichen 
Entzündung hinreichend ift ($. 828.), in der atmo⸗ 
ſphaͤriſchen Luft ein allmähliges und langfames Ber: 
brennen, toben das erzeugte licht fo ſchwach ift, daß 
es bloß im Dunkeln wahrgenommen werben fann, Er 
zerfließt hierbey zu einer Säure, verzehrt das Sauer: 
ftoffgas, und es geht hierbey alles eben fo vor, wie 
ben feinem wirklichen Verbrennen. In ganz reinem 
Saouerſtoffgas Iguchtet er „nicht, mie Herr Görtling | 
gefunden hat, wohl aber in dem mit Stickgas ver⸗ 
miſchten. Wenn er indeſſen in Stickgas leuchtet, fo 
iſt 


- Schwere einfache Stoffeu. ihre Verbindungen. 375 


ift dies ein Zeichen, daß es nod) etwas Sauerſtoff 
enthalte, ober noch nicht reines Stickgas ſey. Uebris 
gens ift das Phänomen, in Anfehung feiner Urſach des 
nen aͤhnlich, mo eine einfache entzündliche Subftanz 
für ſich allein in einer hiedrigen Temperatur das 
Sauerftoffgas nicht zerießt, es aber in Verbindung 
mit einer andern entzündlichen Subſtanz thut, wo: 
durch feine Anziehung zum Sauerſtoffe vermehrt und 
die zum Brennftoffe vermindert wird. Dies ift hier 
der Sall ben der Verbindung des Phosphors mir Stick⸗ 
908. Der Phosphor Fann fogar nad) des Hrn. van 
Marum Entdeckung noch in einer fehr ftarf verduͤnn⸗ 
ten atmofphärifchen fuft leuchten, worin ſonſt kein ei⸗ 
gentliches Verbrennen mehr vorgehen Fann. » 


‚ Beytrag zur Berichtigung der: antiphlogiftifchen Chemie, 
aut Verfuche gegründet, von J. F. A. Göteling. Wei- 
mar 1794. 8. Ueber das Leuchten des Phosphors im 
atmolphärilchen Stickgas, — von Scherer, Jäger und 
Pfaff. Weimar 1795. 8. — ÖGrens neues journal der 
Phyſ. 3. Ill. ©. 325. ff. 329. ff. 330. ff. | 
Wahrnehmung, über das Verbrennen des Phosphors in dem 
fo genannten leeren Raume der Luftpumpe, von D. vÄn 
Marum; in Grens neuem Journ. d. Phyſ. B.111.&.96. ff. 


$. 848. Wenn: Materien zufammen vermifcht 
werden, die bey ihrer Einwirfung auf einander Wär: 
meftoff in der nöthigen Menge entwideln, und ent: 
zuͤndliche Subftanzen daben find, fo kann dadurch 
beym Zugange der atmofphärifchen £uft Selbſtentzuͤn⸗ 
dung entftehen. Denn nun find die Bedingungen 
zum Verbrennen vorhanden. 
Ein Benfpiel giebt die Entzündung der Deble durch rauchenden 
Salpetergeiſt. Man fchütte eın Korb Terpenthinoͤhl in ein 
Feaelförmiges Gefäß, iniſche dazu ein halbes Loth ftarkes 
Vitrioloͤhl, rühre es fchnell mit einer Glasröhre um, und 


fhütte vann fogleich von ſtarker Galpeterfäure hinzu. Es 
entitcht 


576 II. Theil. 3. Hauptſtuck. 
entfeht L ib eine lebhafte Selbſtent zůndung mit einer 
$. 849. Wenn aber auch in Gemifchen durch 
Verbindung und Zufammentritt entzündlicher Be: 
ftandtheile die Anziehung derjelben zum Sauerſtoffe 
verftärft, und. fonft noch Wärmeftoff darin frey ge- 
macht wird, fo koͤnnen fie dadurch ebenfalls in Selbft: 

entzündung gerathen. Beyſpiele geben: 

ı) Hombergs Pyropbor oder Luftzünder, aus 
gebranntem Alaun und Kohlenftaub zufammen 
gehörig caleinirt. 

— gt Handb. der Chemie. Halle 1794. Theil I. 


2) Die Selbftentzündung des angefeuchteten ‚Ge: 
menges aus Eiſenfeil und Schwefelblumen. 
— — Experimentalchemie, Theil II. ©. 


3) Die Selbſtentzuͤndung ſtark geröfteter noch hei 
zufammengepadter Rockenkleye, Cichorienwur: 
zeln, u, dergl.; des Hanfes mit leinoͤhl und Kien⸗ 
ruß, u.a.m. 


Neue nordifche Beyträge, B. III. ©, 37. ff. Bentrag 
zur Gefchichte der Selbftentzündungen und der fo aes 
nannten Luftzünder, von Buchholz; im Crells chem. 
Annalen, 1784. B. 1. S. 411. ff. ©. 483. ff. Bac⸗ 
quer, ebendaj. 1791. B. I. ©. 303. | 


Eudiometer. 
$. 850. Da die Sähigfeit der atmofphärifchen 
fuft, zur Erhaltung des thierifchen febens beym Ach: 
men zu dienen, lediglich und allein von dem darin be: 
findlichen Antheile -Sauerftoffgas abhängt, und da 
mannigfaltige Prozeffe, wodurch das Sauerftoffgas 
| zerſetzt 


uch 


.. 


— einfache Stoffe u. ihre Verbindungen. 577: 


zerſetzt oder gebildet wird, in und an der Atmoſphaͤ⸗ | 
re vorgehen, und folglich) der Gehalt derfelben an 
lebensluft nicht an allen Orten und zu allen Zeiten 
gleich fenn kann, fo muß es natürlicher Weiſe ine 
tereffant fenn, den verhaͤltnißmaͤßigen Antheil an 
Sauerftoffgas in atmofphärifcher Luft ermeflen und 
- Die davon abhängende Güte der luft fürs Athmen er: 
fahren zu koͤnnen. Man fann darauf, ein Verfah⸗ 
ren anzuwenden, wodurch man diefen Zweck erreichen 
fönnte, fo bald man Mittel fennen gelernt hatte, das 
Sauerftoffgas ‚zu zerfeßen. Das Werkzeug, worin 
man die Zerfeßung des Sauerſtoffgas in einer darin 
befindlichen Menge von einer zu prüfenden $uft vor⸗ 
nehmen, und fo ihre Duantirät meffen fann, heißt 
ein Eudiometer oder Cuftguͤtemeſſer. Prieſtley ift 
der erfte Erfinder diefes Inftruments. Er ſchlug als 
Zerfeßungsmittel des Sauerftoffgas dazu das in ber 
Folge noch anzuführende Salpetergas vor. Fontana 
und Jugenboufz haben das Werkzeug. und die Ver 
fahrungsart damit fehr vervolfommnet. Scheele be: 
diente fich dazu des allmähligen und langſamen Vers 
brennens eines feuchten Gemenges von Eifenfeil. und 
Schwefel, aud) des Schmwefelalfali (der Schwefel: 
feber). Mit legterer hat LIiorveau (Gyuton) das 
Verfahren fehr abgekürzt. Lavoiſier, Seguin, Re 
beu empfehlen dazu das Verbrennen des Phosphors. 


s Verſuche und —— en uͤber verſchiedene Theile. 
der Naturlehre, B. J. ©. 6. Fontana delcrizioni ed 
di alcuni [tromenti per mifurare la fatubritä dell’ aria. 
in Firenza 177%. 4. 


n Verſuche mit Pflanzen, S. 164. Ebend ſelben 
alte me 164 ff: ienbefenen 
O 


378° I. hell. 3. Hauptftück. 
Gefchichte der Zuftgüteprüäfungsiehre, B. 1. IL. 
. Wien 1785. 8. 

sihelm Scheelens Erfahrungen über die Menge der reis 
— uft, * in unſerer Atmoſphaͤre befindet; in feis 
ner Abhandlung von Luft und Feuer. ©. 269. ff. Bes 
fchreibung eines neuen Eudiometerd, von Gupton Mor⸗ 
veau * Grens neuem Journal der Phyſik, B. 11. ©, 
138. ff. 
Abhandlung über die Eudiometrie von Hrn. Seguin; in Grens 
Zournal der Phyfif, B. VI. ©. 48. ff. Beſchreibung eis 
nes atmofphärifhen @udbiometerd von Heinrich Reboul; im 

neuen Journal der Phyfit, ©. 1. ©. 374. ff. 


6. 851. Mad) allen meinen bisherigen Verſuchen 
muß ich das allmählige und langfame Verbrennen des 
Phosphors oder fein Zerfließen in atmofphärifcher 
$uft ($. 847.) als das vollfommenfte eudiometri- 
fche Mittel anfehen, auch den Fleinften Reſt des 
darin befindlichen Sauerfioffgas zu zerfeßen. Es 
wirkt zwar langfam, gewährt aber aud) defto ficherere 
Reſultate. Das Eudiometer damit läßt fih auf fol⸗ 
gende Art vorrihten. Man nimmt eine genau cn: 
lindriſche Glasroͤhre, die an dem einen, Ende geichlof- 
fen, und von diefem Ende an durd) eine Scale in 
gleiche, hinlaͤnglich Heine Theile ihres Inhalts abge: 
theilt iſt. Man füllt fie mit deftillirtem oder Regen⸗ 
waffer voll, läßt in einer Wanne mit Waffer eine 
Duantität der zu prüfenden $uft hinauftreten, und 
merft die Menge diefer Luft bey beftimmtem Barome: 
ter: und Thermometerftande. Man ftedt einige Na⸗ 
bein durch einen Korfftöpfel, der einen Fleinern Durch? 
meſſer hat, als die Röhre, befeftigt auf den hervor: 
ragenden Nadelſpitzen reinen und Flaren Phosphor, 
und bringt unten an den Kork einen Zwirnsfaden an. 
Man bringe diefen Kork unter die Mündung des 

| | Glas: 


Shhwere einfache Stoffe u. ihre Verbindungen. 579 


Glascylinders, wo er dann im Waſſer deffelben auf: 
fteigt, und der Phosphor auf demfelben mit der fuft 
des Enlinders in Berührung fomme. Man: bringt 
"den Apparat inein ſchickliches Gefäß mit Waſſer, wor⸗ 
in er ftehen bleibt. Der Phosphor zerfließt nun alls 
mählig unter feuchten; und man fann von Zeit zu 
Zeit vermittelft des Fadens den Korf unters Waſſer 
ziehen, um die dem Phosphor anhängende Säure 
abzufpülen, und ihn fo wieder deſto wirkſamer zu 
machen. Wenn endlich alles Sauerſtoffgas verzehrt 
und an dem noch rücdftändigen Phosphor Fein feuch- 
ten ‚weiter im Dunfeln wahrzunehmen ift, dann 
jieht man den Korf heraus, und beobachtet ben corz 
refpondirendem Barometerdrucke und Waͤrmegrade 
die Menge des rücftändigen Stickgas und des ver⸗ 
zehrten Sauerftoffgas. 
$. 852. Ob man aber gleich durch diefe eudio- 
metrifchen Mittel die Menge der refpirabelen $uft in 
einer $uftart mit Genauigkeit finden kann, fo kann 
man doch die abfolute Güte und Heilfamteit einer ſol⸗ 
chen $ufr fürs Athemhohlen dadurch nicht beflimmen, 
Noch viel näßlicher würde es feyn, wenn wir Mittel 
hätten, die auf unfere Gefundheit und auf die Func⸗ 
tionen des $ebens nachtheiligen Einfluß habenden Ber 
ftandtheife der Luft, die wir athmen und womit wie 
umgeben find, mit Sicherheit und Öenauigfeit der 
fiimmen, und fo ein Rakometer mit dem Eudioweter 
verbinden zu fönnen. 
$: 853.° Das Brennen eines Körpers, wie 5. B. 
einer Serie , ift ein ficherer Beweis von dem Daſeyn 
8023 der 


580 ILI. Theil.” 3. Hauptſtuͤck. 


der nöthigen Menge der lebensluft in einer zu prüfens 
den armofphäriichen fuft, und man kann ſich deſſelben 
allerdings nüßlich bedienen, um wenigſtens zu erfab- 
zen, ob die fuft, 3. B. unterirdifcher Gruben, Hoͤh⸗ 
fen und Bergwerke, noch athembar ift. 


Salze. 

6. 854. Ehe wir zur Unterfuchung der mannig- 
faltigen Verbindungen der verbrennlihen Subftanzen 
mit dem Sauerftoffe, fchreiten, ift.es noͤthig, ung 
mit dem Chhrafter der Salze im Allgemeinen und ih: 
rer Gattungen befannt zus machen. 


$. 855. Die Eigenfchaften , welche unfer Rüs 
chenfalz befißt, fich im Waſſer auflöfen zu laſſen 
und auf der Zunge Geſchmack zu errregen, fonmen 
- noch mehrern andern Körpern zu, die wir deswegen 
auch Salse (Salia, Sales) nennen. Um fie indeffen 
don andern Körperarten, z. B. von einigen Erden, 
zu unterjcheiden, bie wir nicht zu den Salzen rech⸗ 
nen, müffen wir ven Charafter ver Salje näher da= 
bin beftimmen, daß es Materien find, die fi in 
sveniger als zwey hundert mal fo vielem kochenden 
Waſſer ganz auflöfen laffen und Geſchmack erregen. 


$. 856. Einige Salze erfordern mehr, andere 
weniger zu ihrer Auflöfung. Die mebreften löfen fich 
in fiedendem und heißem Waſſer in größerer Menge 
auf, als in Faltem. - Einige find feuerbeftändig, an— 
dere find fluͤchtig. Manche der feßtern laſſen fich für 
ſich allen gar nicht vom Waſſer trennen. 


$. 857. 


Schere einfache Stoffe u. ihre Verbindungen. 581 


6. 857. Die feften Salze fcheiden fi) aus dem 
Waſſer durch Verminderung feines Saͤttigungsgra⸗ 
des bey der Abkuͤhlung oder bey ſeinem Verdunſten 
in kryſtalliniſcher Geſtalt (K. 141.) ab, und dieſe 
Salzkryſtalle zeigen ſehr große: Mannigfaltigkeit ihrer 
Figur. 

5. 858. Die Kryſtalle der Salze verlieren in bie 
Hiße, und mehrere fhon im trocdener und warmer 
tuft, ihre Figur und ihre Durchfichtigfeit, und 3er: 
fallen oder verwittern in ein Pulver, welches im Ge: 
wichte merklich vermindert iſt. 

Benfpiefe, geben das Glauberfalz, das Foblenfaure mireral⸗ 


$. 859. Da die verwitterten Salzkryſtalle durch 
Auflöfen in Waffer und Kryſtalliſiren ihr voriges Ge: 
wicht und ihre Geftalt nieder erhalten; da man fer: 
ner durch) Deftillation diefer Salzkryſtalle Waſſer aus: 
treiben und fammeln Fann: fo muß das Waſſer einen 
Beftandtheil der Salzkryſtalle felbft ausmachen und 
ſich darin im Zuftande der Feftigfeit befinden. Man 
‚nennt es das Rıyftallifationswaffer. Es ift in den 
verfchiedenen Salzfruftallen in größerer und geringer 
Menge vorhanden und darin mehr oder weniger feft 
vereinigk 


'$. 860. Einige Salze haben fo ſtarke Anziehung 
zum MWafler, daß fie als fefte Salze durch Aufnah— 
me der Seuchtigfeit der Atmofphäre darin zerfließen. 


6. 861. Die Anzahl der Arten von Salzen, wel- 
che die Natur und Kunft darſtellen fönnen, ift be- 
traͤcht⸗ 


\ 


588 IT. Theil. 3. Hauptftüd. 


trächtlih groß, und es finden fich bemerfensmwerthe 
Unterfchiede ihrer Eigenfchaften und ihres Verhaltens 
gegen andere Materien, fo daß man ver beflern Leber: 
fiht wegen gendthigt wird, diefe Claſſe von Körpern 
in Ordnungen und Gattungen abzutheilen. Ich 
theife fie in Hinficht auf ihre nähern Beftandtheife in 
zwey Ordnungen: I) in nfacbere, und II) in zufam: 
mengefestere. Die Gattungen der erftern Ordnung 
find: ı) Säuren und 2) Alkalien; die Gattungen 
der andern Drbnung find: 1) Neutralſalze, 2) Mit: 
telſalze, 3) merallifche Saize, 


w Zucker koͤunte noch als eine Gattung der erftern Drdn 
— werden, da er ein Opid if | r — 


Säuren. 
$. 862. Säuren (Acida) find Salze von ei: 


nem fauern Geſchmacke, welche die blaue Farbe ver: 
ſchiedener Panzenpigmente in eine rothe verwandeln. 


$. 863. Nicht alle blaue Pflanzenpigmente mer; 
ben von Säuren roth. Man bedient ſich als gegen: 
toirfender Mittel zur Erkennung der Säuren haupt: 
fählih der Lackmustinctur oder des damit gefärb: 
ten Papiers. Jene ift fehr empfindlich gegen Säure, 
zumal wenn man fie fo weit mit reinem Waſſer vers 
dünnt hat, daß fie himmelblau wird. 


$. 864. Es giebt von den Säuren mehrere Arten, 
die ſich durch ihr Verhalten gegen andere Körper we: 
fentlich von einander unterfcheiden. Man theilt fie ge- 
woͤhnlich ein: in mineraliſche, vegerabilifche und bie: 

| rifche 


Schwere einfache Stoffe u. ihre Verbindungen. 583 


riſche Säuren; allein manche Säuren find!den: Koͤr⸗ 
pern mehrerer Meiche der Natur gemeinſchaftlich eigen. 


Als identisch verichiedene Arten der Säuren. find anzufeben : 

1) Die — (Acidum earbonicum, Atide carbo- 
nique 

3) Die Schwefelfäure (Acidum fulphuricum, A. fulfu- 
rique). 

3) Die Salpeterfäure (A. nitricum, A. nitrique). 

4) Die Salzfäure (A. muriaticum, A. muriatique oxigend). 

5) Die Slußfäure (A. Auoricum, A. Auorique). 

6) Die Borarfäure (A. boracicum, A. boracigue). 

7) Die Phosphortäure (A. phosphoricum, A. phosphorique). 

$) Die Arfeniffäure‘ (A. arfeniicum, A. Arfenique). 

9) Die — (A. molybdaenicum, 4. moly« 

ique 

10) Die Wolframfäure (A. wolframicum, A. zunſtique). 

11) Die Bernfteinfäure (A. [uceinicum, A. fuccinique)i ; 

12) Die Weinfteinfäure (A. tartaricum, A. tartareux). 

13) Die itronenfäure (A. eitricum, A. citrique). 

14) Die Sauerfleefäure (A.toxalicum, A. oraliqgue). 

15) Die Aepfelfäure (A. malieum, A. maligye). 

16) Die Gallusfäure (A. gallaceum, A, gallique). 

17) Die Benzoefäure (A. benzoicam, A. benzoigue). 

18) Die Eſſigſaͤure (A. aceticum, A. acetigue). 

19) Dice EALRONOERNUNE (A. galacticum, “A. faccho » la- 


ctique 
20) Die Blaufäure (A. borulficum, A. pruffigue). 
$. 865. Alle Säuren find zufammengefeßte Sub: 
ftanzen und beftehen aus einem fäurefähigen Sub: 
firate oder einem eigenen Radical (Bafe acidifiable, 
Radisal) und dem Sauerſtoffe, den man, als das 
fiurebildende Subſtrat (Bafe acidiſiant) anſieht. 
(5. 842.) 
Beyſpiele an Phosphorſaͤure und Schwefelſaͤure. Die erſtere 


deſteht aus Phosphor und Sauerſtoff, die andere aus 
Schwefel und Saucritoff. 


‘6. 866. Man fann alfo Säuren’ zerlegen und 


| zuſammenſetzen. Das letztere geſchieht, wenn ein 
ſuaͤure⸗ 


584 TE. Shaiı. 3. Hauptſtuͤck. 
füurefähiges Subftrat verbrennt und ben Sauerftoff 
ber lebensluft in fi nimmt, tie ben dem Verbrennen 
des Phosphors im Worhergehenden; das erftere er: 
folgt, wenn der Säure durch eine andere fäurefähige 
Subſtanz, die eine flärfere Verwandtfchaft zum 
Sauerftoffe beſitzt, derſelbe wieder entzogen, und folg: 
lich dadurch die füurefähige Baſis oder das Radical 
. jener Säure dargeftelle wird, | 
5. 867. Einige wenige ber bis jeßt befannten 

Säuren hat man inbeß bie jeßt noch nicht zerlegen 
und zufammenfegen fönnen, und kennt daher ihr Ra: 
Dical noch nicht. 

Pieber ‚sehixen Nr. 5. und 6. des borigen Berzeichnifieg 


5 868. Verſchiedene Säuren kann bie Kunſt 
zwar zerlegen, aber nicht zuſammenſetzen. 


$. 869. Die verſchiedenen Säuren unterfcheiden 
ſich von einander nach der Natur und Verſchiedenheit 
ihres ſaͤurefaͤhigen Subſtrats (5. 865... 


$. 870. Die fäurefähige Grundlage der Säuren 
iſt entweder einfach oder zufammengefegr. 


3) Zu den Säuren mit einfachem Aadical gehören: 
« Rohi 5 ical it: R . 
1. Roh — Ihr Radical it: Roblenftoff 


2. * e 
3. Salpeterjäure. « 9 8 
4. Dhosphorfäure. ⸗ * _ _s  PDbospbor. 
$ —— ⸗ ⸗ s  Arfenf. 
. fAure. “ a L - Wolfram. 
7. Wiolybdänfäure. + P) » Wiolybode. 
3) Pauren mit zufammen Radical find: alle oben 


+ 864. Anm.) verzeichnete Gäuren von Pr, i1. bie 

fr. 19 hr ical ift aufammengefcgt aus Roblenftoff 

a rd Bäure ck — vierfacb zus 
naefehte Grundlage aus Ro 

Phosphor und Stidtof, : 

3 


Schwere einfache Stoffe u. ihre Verbindungen. 585 

| eh mit unbef Radical ä 

52 — —ãE fir ats: vr 2 

$. 871. - Säuren, deren Radical aus — 

Grundftoffen jufammengefeßt ift ($. 870.), unter: 

feheiden ſich von einander bloß durch das Verhaͤltniß 

ihrer Beſtandtheile gegen einander, und fönnen daher 

auch durch Abänderung diefes Verhältniffes in einer: 
ley Säure verwandelt werden. Ä 


6. 872. : Die fünrefähigen Grundlagen fint nd 
eines verſchiedenen Grades der Sättigung mit Sauer⸗ 
ſtoff faͤhig. Wenn ſie ganz mit letzterm geſaͤttigt find, 
fo heißen fie vollkommene Säuven. In der wiſſen⸗ 
ſchaftlichen Nomenclatur endigen ſich die Mamen der 
letztern im lateiniſchen auf icum, im Franzoͤſiſchen 
auf ique. Wenn die faurefähigen. Grundlagen hin: 
gegen noch nicht mit fo viel Sauerftoff gefättigt find, 
als fie aufnehmen fönnen, fo erſcheinen fi fie gewöhnlich 
von minderer Aciditaͤt und heißen unvollfommene 
ober unvollftändige Säuren. Ihre Namen find im 
Sateinifchen auf öfum, im Sranzöfifchen auf’ eur 
flectirt; im Deutfchen habe ich es durch die Sferion 
auf igt auszudrucken gefucht. 


— 
ifommene Säuren. Unvollfommene Säuren. 
En Schweretfäure ı) Schwefeligte Säure 
(Acidem felphuricunm;, (Acidum fulphurofam, ' . 
Acide — ) Acide fulfureux ). 
2) Salpererfäu 2) Salperrigte Säure -' 
(Acidum mitricnm, . . »(Aeidum nitzelum, 
Acide niträque )* Actde nitreu& ). 
3) Salziäure 3 
‚ (Acidum mwriaticum,. "(Acıdum muriatefum. 
Atide muriutiquue)  - :; Avide —— * * 


4) Dhospherfäure " 2 PR 
( Acidum ;phorienm, Acidum‘ — 
Acide phosphorique ). Acide phosphoreuxr * 


586. IL Theil 3. Hauptſtuͤck. 


Vollfommene Säuren. Unvolltommene Säuren, 
5) Vollfommene Arfeniffäure 5) Unveilfommene Arfeniffäure 
(Acidum arfenicum, (Acidum arlenicofum ). 
Acide arfenique ). 


9 Nas meiner Nomenclatur. Sonſt heißt fie Acide muria- 
ue oxigent. M. f. f. 873. Anm. 
X ic beißt bey andern Acidum muriaticum , Acide, mus 
riatique. 


$. 873. Man. glaubt zwar auch), daß manche 
ſaͤurefaͤhige Grundlage mit Sauerſtoff uͤberſaͤttigt wer: 


den koͤnne, und nennt dergleichen Säure oxygenirte 


Säure ( Acide oxigen?, ſuroxigéné); ‚aber fie find 
in der That nur als vollfiommene Säuren ($. 872.) 

anzufehen; denn eine Ueberſaͤttigung mit Sauerftoff 
ift ſchon deshalb unmöglich, weiler nicht frey exiſtirt. 
- &o nennt man in der metbodifchen Nomenclatur bie fonft fo ges 
nannte dephlogiftifiete Salzjäure Acide —— ori« 
gene, aber fie ift nur die vollfonmmene Salzfäure, und 

bie gememe Galzfäure, - man als vollfommene Galzs 

—— — anſah, iſt als unvolllommene Salzſaͤure zu 
etrachten. 


Alkalien. 


. 374. Die Alkalien (Alcalia) oder Kann 
‚ false ſchmecken ſcharf und urinoͤs, machen die blaue 
‚Sarbe verfchiedener Pflanzenpigmente geün, die rothe 
violett oder blau, und die gelbe braun; fie ftellen die 
durch Säuren roth gemachten blauen Pigmente wieder 
in ihrer vorigen Farbe dar, fo wie die Säuren hin: 
wiederum die Wirkungen der Altalien darauf auf? 

heben. 
$. 875. Nicht alle blaue Planzenpigmente 
werden von Alfalien grün, fo wie 3. B. nicht das 
lackmus. Man bedient fi) als Neagentien für die 
Altalien des blauen Violenſyrups, des mit Fernam⸗ 
buc 


Schwere einfache Stoffe u. ihre Verbindungen. 587 


buc roch gefärbten, des mit Curcuma gelb gefaͤrb⸗ 
ten Papiers, der durch eine ganz ſchwache Säure 
roth gefärbten Lackmustinctut, und auch ber rothen 
Alkannatinctur. 


6. 876. Sn der Natur treffen wir dieſe Salze 
nicht rein an, fondern immer in Verbindung mit an? _ 
dern Subftanzen, 3. B. mit Kohlenfäure und an: 
dern Säuren. Die Kunft muß fie davon erft ſcheiden. 
Hier ift nur die Mede von den reinen Alfalien, die 
man wegen ihrer auflöferiden Kraft auf das Zellge 
webe und die thierifche Safer auch aͤtzende Alkalien 
(Acalia cauftica) nennt. 


6. 877. Wir fennen drey Arten der Alfalien 
ı) das Bewächsalfali, 2) das Mineralalkali, 
3) das Ammoniak. Wegen ihrer Eigenfchaft be> 
greift man die erftern auch unter dem gemeinfchaft: 
lichen Namen der feuerbeftändigen Alkalien (Alcalia 
ſxa), und nennt das letztere fluͤchtiges Alkali (Alcali 
volatile). 


6. 878. 1) Das Gewaͤchsalkali (Potaſſinum, 
Potafje) *) ift ein weißes feſtes Salz, das ſich in 
ſtark abgeſtumpften vierſeitigen Pyramiden kryſtalliſirt. 
Es loͤſ't ſich im kryſtalliniſchen Zuſtande im Waſſer 
mit betraͤchtlicher Kaͤlte auf; nach dem Austrocknen 
im Feuer aber, oder nach dem Verluſte ſeines Kry⸗ 
ſtalliſationswaſſers, mit Erwaͤrmung. Das ausge: 
trocknete Salz zieht ſchnell euchtigfeit aus der Amos 
ſphaͤre am und zerfließe; ſchmelzt aber fonft im nn 

leicht, 


Fl H. Theil. 3. Hauptſtuͤck. 
Teicht, ſchon bey 236° Fahrenh. Die Auflöfimg in 
Waſſer hat den Geruch der frifch getunchten Zimmer 
Sm Feuet laͤßt es fich nicht verflüchtigen. Es loͤſ't 
im Schmelzen die Kiefelerde leicht auf. 
. *) Synonyma: Pottaſche der Neuern (Potalle ); vegetabilis 
— (Aal vegane, ——— alca- 
linus ıxıvium aponarıorum 
$. 879. Man: hält zwar das Gewaͤchsalkali fuͤr 
eine einfache Subſtanz, allein feine Zerlegbarkeit und 
Zufammenfeßung find doc) fehr wahrſcheinlich. Man 
gewinnt es. aus der Afche der Pflanzen. , In einigen . 
vulfanifchen Producten, worin. man es entdeckt hat, 
ift es ohne Zweifel auch vegetabilichen Urfprunges, 
und zwar aus Brennmaterialien der Flößgebirge, die 
den Feuerherd der Vulkane bilden. 


$. 880. 2) Das WMineralaltali ( Natrum, 
Soude ) * ) ift dem vorigen ($. 878.) in den ange: 
führten Eigenfchaften fo ahnlich, daß man feinen we⸗ 
fentfichen Unterfchied nur durch die verfchiedenen Ver- 
bindungen mit Säuren und Wahlverwanrdtfchaften 
darthun Fann, die ihn aber auch ſehr auffalend be be⸗ 
weiſen. 

$. 881. Die Einfachheit des Mineralalkali iſt 
ebenfalls bis jeßt problematisch. Man’ gewinnt es 
theils aus der Afche verfchiedener am gefalzenen Mtee: 
resufer wachfenden Kräuter, oder der Soda, theils 
— Neutralſalzen, worin es, wie z. B. im. Koch⸗ 
ſalze, 


J 


Schwere einfache Stoffe u ihre Verbindungen. 589 


ſalze, mit einer Säure, vereinigt im Mineralteiche 
vorkommt. 


$. 882. 3) Das Ammoniak (Ammoniacum, 
Ammoniaque) *) unterfcheidet fid) von den beyden 
vorhergehenden Alkalien durch einen ſehr lebhaften, 
reitzenden und ſtechenden Geruch, und durch ſeine 
große Fluͤchtigkeit. Wir koͤnnen es nicht in feſter 
Geſtalt darſtellen, ſondern es erſcheint immer entwe⸗ 
der in Verbindung mit Waſſer in tropfbar⸗ fluͤſſiger 
Form (liquides Ammoniak), wo es auch unter dem 
Namen des aͤtzenden Salmiakgeiſtes bekannt iſt; 
oder in Gasgeſtalt, wo es Ammoniakgas (Gas am- 
moniacale, Gaz ammoniacal) heißt. Nur ben der 
Berbindung mit Säuren liefert es fefte Producte. 
*) Synonyma: Fluͤchtiges Alfali, urinöfes Salz (Aleali vola- 


tle, Sal urinofum ). 


$. 883. Wenn man recht ftarfen äßenden Sal⸗ 
miakgeiſt in einer gläfernen Retorte, die mit bern pneu⸗ 
matifchen Duecfilberapparate ($.610. ) in Communi⸗ 
cation ift, durch Sampenfeuer gelinde erhißt, fo tritt 
das Ammoniak des Salmiafgeiftes mit dem Wärme: 
ftoffe in fuftform aus dem Wafler, und man erhält. 
fo das Ammoniafgas ($. 882.), das ſich als eine 
eigene fuftart zeigt. | | ur 


$. 884. Das Ammoniafgas befißt einen lebhaf⸗ 
ten, ſtechenden, faſt erſtickenden Geruch; reagirt auf 
Pflanzenfarben, wie ein Alkali (5. 874.); wird vom, 
Waſſer unter Erwaͤrmung augenblicklich zerſetztz das 
Waſſer nimmt die Baſis deſſelben, das Ammoniak, 
daraus 


590 MM. Dheil. 3. Hauptſtuck. 


daraus im ſich, und wird damit zum aͤtzenden Sal: 
miakſpiritus; es ift irrefpirabel; dient nicht zur Un⸗ 
terbaltung des Verbrennens; ift leichter, als atmo: 
ſphaͤriſche Luft. Es loͤſ't fih im Sauerftoffgas, in 
der atmofphärifchen fuft und im Stiefgas auf. 

. 885. Das Ammoniaf ift eine entzündliche 
Subſtanz. Hat man Ammoniafgas mit Sauerftoff: 
gas vermifcht, ſo kann man das Gemiſch anzänden, 
auch durch den electrifchen Sunfen. Beyde Gasarten 
erden zerfeßt, und das Product des Verbrennens 
iſt Waſſer und Stidgas. Das Ammoniaf ift alfo 
zufammengefeßt, und zwar aus dem in der Folge an: 
zuführenden Wafferftoffe und Stickſtoffe. Das Am: 
moniaf, das aus thierifchen Körpern durch trocdene 
Defttllation derfelben oder durch Faͤulniß zum Vor: 
fcheine kommt, präeriftiet nicht in ihnen, fondern 
wird erft aus dem Waſſerſtoffe und Stidftoffe diefer 
Subftanzen neu erzeugt und zufammengejeßt. 


= Neutralſalze. 

. 886. Säuren und Alkalien zeigen gegen ein: 
ander fehr farfe Verwandtſchaft, und fie verbinden 
fid) zufammen zu neuen Körperarten, die nicht mehr 
die Eigenfchaften ihrer Beftandtheile äußern, oder 
worin die Säuren und die Alfalien nicht mehr als 
‚folche reagiren.. Das aus einer Säure und einem 
Alkali entipringende Product, worin. weder das eine 
noch das andere das Uebergewicht hat, nennt man _ 
ein Neutralſalz (Sal neutrnm ), * 

Verſuch durch Sättigung der Salpeterſaͤure mit Gewaͤchsalkali. 

$. 887. 


# 


Schwere einfache Stoffe u. Ihre Verbindungen. 591 


76.887. Jede Säure giebt mit jedem der drey 
Alkalien ein eigenes Neutralſalz. Die Anzahl der 
feßtern läßt fich alfo beſtimmen, wenn man die An: 
zahl der befannten Säuren mit den drey Alfalien 
multiplicirt. 


6.888. Die verfchiedenen Meutralfalze unter: 
fcheiden fi von einander durch Geſchmack, Geftalt, 
Auflösbarfeit, Seuerbeftändigfeit, Slüchtigfeit. 


$. 889. Durchgehends find die Säuren ben 
benden feuerbeftändigen Alfalien näher verwandt, als 
dem Ammoniaf. Sn vielen Fällen haben fie auch ge: 
gen das Gewächsalfali eine nähere Verwandtſchaft, 
als gegen das Mineralalfali, 


Erden und WMittelfalze, 


$. 890. Erden (Terrae) find unentzündfiche, | 
feuerbeftändige Körper, die fich ohne Zwiſchenmittel in 
200 Theilen Fochenden WBaffers nicht auflöfen laffen. 


6. 891. Einfache Erden (Terrae fimplices ) 
nennt man folche, die in. feine ungleichartige Beſtand⸗ 
theile weiter zerlegt werden koͤnnen. In der Natur 
fommen fie immer in Verbindung unter einander oder 
mit andern Stoffen vor. | 


$. 892. - Wir fennen gegenwärtig acht verfchie- 
dene einfache Erden: 1) Ziefelerde, 2) Aalferde, 
3) Talkerde, 4) Tbonerde, 5) Schwererde, 
6) Sırontionerde, 7) Swbonerde and 8) Au⸗ 
ftralerde, 


p $. 893. 


z92 Then. 3. Oauptſtch. 


4. 893. Die mehreſten dieſer Erden verbinden 
ſich mit Säuren auf-eine aͤhnliche Art, als. die Alka⸗ 
fien; fie-benehmen ihnen die Aciditaͤt und die Far 
higfeit, als Säure zu wirken. Es gehören hierher : 
Kalferde, Talterde, Thonerde, Schmwererde, Strons 
tionerde. Man nennt fie deshalb aud) alkalıfche oder 
abfsrbirende Erden, und das Product, das aus 
ihnen und einer Säure entfpringt, ein Mittelſalz 
(Sal medium). 


$. 894. Die Mittelfalze fommen in Abſicht ihr 
rer äußern Befchaffenheit fehr mit den Neutralfalzen 
($. 886.) überein. Sie unterfcheiden fich unter em- 
ander fo wohl nach Verſchiedenheit ihrer erdigten Ba: 
fis, als ihrer Gäure, und jede alfaliiche Erde giebt 
mit jeder, eigenthuͤmlichen Säure. ein eigenes Mittel: 
falz. "Einige diefer Verbindungen find indeffen jo 
ſchwer⸗ aufloͤslich, daß mir fie nicht mehr zu den Sal; 
jen ($. 855.) zählen fönnen, ſondern ja ben m Steinen 
oder Erden rechnen müffen. 


$. 895. Gede Säure nimmt von einer alfali- 
fhen Erde nur eine beftimmte Menge in fih, und 
in einem vollfommenen Mittelfalje muß weder die 
Säure noch die Erde überfchäffig fern. Es giebt 
indeffen Mitteljalze, die nur bey einem Ueberſchuſſe 
von Säure gebräuchlich find, z. B, der Alaun. 

$. 896. Die affalischen Erden beißen nicht 
gleich ſtatke Verwandtſchaft zu den Säuren. Einige 
gehen auch in dieſer Verwandtſchaft den Alfalien u 
andere nach. 


$ 897. 


— u 


Schwere einfache Stoffe u. ihre Verbindungen. 593 


65897. 1) Die Rieſelerde (Silicea, Silice) 
macht den vorwaltenden Grundtheil in den kieſelarti⸗ 
gen Erden oder Steinen aus; am reinſten findet man 
fie im Quarze, Kieſelſande und Bergkryſtalle. Sie 
iſt für fich unauflöstich im Waſſer, geichmadlos, un: 
aufloͤslich in allen Säuren, - außer in der Be 
unſchmelzbar. 


% 


$. 898. So unfchmelzbar die Kiefelerde für ſich 
im Seuer ift, fo feichtfläffig wird fie durch Beyhuͤlfe 
der feuerbeftändigen Alfalien. Dieſe "Töfen fie im 
Schmelzfeuer auf und verbinden fich mit ihr zu ei- 
nem neuen Producte, dem Glaſe. 


$. 899. Das Glas (Vitrum) ift alfo eine Zu⸗ 
fammenfeßung aus. feuerbeftändigem Alfali und Kie- 
felerde. Die leßtere erlangt durch erfteres Schmel;- 
barfeit, und das Alkali verliert dagegen feine Aufldg- 
lichfeit in Waſſer und Saͤuren. Je mehr matı Al 
kalien zum Ölafe nimmt, deſto weicher und ſchmel zba⸗ 
zer wird das Glas, deſto weniger miderfteht es aber 
der Einwirkung bes Waſſers und der Saͤuren. Die 
Güte des Glaſes hängt von der Reinigkeit der Ingre— 
dienzien, von dem gehörigen Berhältniffe derfelben ge: 
gen einander, und von dem duͤnnen und anhaltenden 
Fluſſe beym Schmelzen ab. 


$. 900. 2) Die Ralkerde (Calx, Ckauæ) wird 

in der Natur nicht rein, ſondern immer in Verbin⸗ 
dung mit Säuren angetroffen, und es iſt gewoͤhnlich 
die — Kallerde rohe Kalkerde zu nennen, 
Pp derglei⸗ 


594 U. Theil. 3. Haupiſtuͤck. I 
dergleichen die Kreide, der gemeine Kalkſtein, ber 
Marmor, der Kalkſpath if. Da die Kohlenfäuse 
fich aus der rohen Kalkerde durchs Brennen im Seuer 
ſcheiden läßt, ſo iſt dies ein Mittel, die Kalkerde 
sein darzuftellet. Sie wird durch diefes Brennen be- 
trächtlich verändert; Idf’e fich nicht mehr mit Aufbrau- 
fen in Säuren auf, wie vorher, und hat einen fehr 
fcharfen und brennenden, alfalifhen Geſchmack, da 
fie vorher geſchmacklos war. _ Sie heißt jegt gebrann⸗ 
ter oder lebendiger Ralk (Calx ı viva, ufta). 


$. 901. Diefer gebrannte Kalk if als die reine 
Kalkerde anzufehen, die durchs Brennen von der 
Kohlenfäure und dem Waſſer, womit fie in ‚ver Na- 
tur verbumbden war, befrenet worden ift. Der ge- 
brannte Kalf erhißt fich ftarf mit dem Waller, womit 
er gelöfche wird, er fangt das Waſſer ein, und firiet 
es fehr flarf, und föft fich bey mehrerm jugefeßten 
Waſſer endlich völlig darin auf, wozu er aber 680 
Theile davon braucht. Dieſe Auflöfung heißt Kalk⸗ 
waſſer (Aqua caleis vivae); fie ſchmeckt ſcharf und 
alkaliſch, und reagirt gegen Pflanzenpigmente als ein 
Altali (59. 874). 


. 902. In genau verſchloſſenen Gefäßen bleibt 
das Kalkwaſſer unverändert; an der freyen $uft wird 
es aber mit einem Häutchen bedeckt, (AstErahm,) 
das endlich zu Boden finft und einem neuen Häut: 
chen: Plag macht, bis endlich) aller Kalk fich gefchieden 
bat. Diefer auf dem Kalfwafler fich bildende Kalt: 

rahm iſt wieder sohe, d, i., foplenfaure,. Kalferde, die 
| F geſchmack⸗ 


‚Schwere einfache Stoffe u. ihre Verbindungen, 595 

geſchmacklos und unaufldslic im Waſſer ift, und wie⸗ 
der mit Säure brauf’t; und der Grund aller Veraͤn⸗ 
derungen, melde das Kalkwaſſer an der luft erfährt, 
rührt von der Kohlenſaͤure der Atmofphäre her, wel; 
che die im Kalkwaſſer befindliche reine Kalferde mit 
vieler .Stärfe darans in fich zieht, und wodurch fie 
wieder die Natur des rohen: Kalfs erlangt.: Eben 
diefe Umaͤnderung widerfährt auch dem gebrannten 
Kalke felbft, wenn er am der $uft liegt, aus derer _ 
nicht nur nad) und nad) wieder Kohlenſaͤure, fondern 
auch Wafler anzieht, und wodurch er fich allmählig 
und nach) und nach löfcht, zerfällt, und feine Schärs 
fe verliert. Die Kalkerde iſt für fih im ſtaͤrkſten 
Feuer unfchmeljbar, . | 


6. 903. 3) Die Talferde (Magnefia, Ma« 
gnöfe) *) macht einen Beſtandtheil des Talks, Speck⸗ 
ſteins, Serpentins, Meerſchaums, Asbeſts aus, 
und wird auch in der Natur niemals rein angetroffen. 
Sie findet fic ferner im ſo genannten Bitterfalze und 
in der Mutterlauge der mehreften Salzfoolen und des 
Meerwaflers, im mittelſalzigen Zuſtande. 


*) Syno Bittererde, T 
) ee ie — Bitterfalzerde (Terra muriatica, 


$. 904. Die reine Talferde ift nicht aͤtzend und 
ſcharf, wie die reine Kalferde, loͤſ't fich nicht im Waſ⸗ 
fer auf, und erhitzt fi) nicht damit. Die Alfalien 
köfen fie auf naffem Wege nicht auf. Sie fihmeljt 
für fich im gewöhnlichen Feuer nicht. 


Pr 2 8.905. 


5966 IL Deil. 3. Haupiſtück. 


$. 905. 4) Die Thonerde (Argilla, Alumi- 
ne) N macht einen Beftandrheil des Thones und der 
Thonarten, muß aber nicht mit dem Thone felbft ver: 
wechſelt werden, worin fie immer mit Kiefelerbe ver: 
bunden if. Bis jet hat man fie nur erft Hier zu 
Halle'im Garten des Pädagogiums rein’ gefunden. 
Die Thonerde läßt fich mie Waſſer ungemein fein zer: 
heilen, aber nicht darin auflöfen ; giebt mit wenigem 
Waſſer einen zähen Teig; zieht fi) beym Austrod: 
nen fehr zufammen; und vor dem völligen Austrod: 
nen fehnell in ftarfes Feuer gebracht, befommt fie Rif- 
fe und fpringt umher. Nach dem Austrocfnen im 
Feuer gebrannt, ſchwindet fie fehr ftarf und brennt ſich 
bart, fo daß fie mir dem Stahle Sunfen giebt. Die 
gebrannte Thonerbe laßt fich nicht wieder mit Waffer 
zu einem zähen Teige bilden. Gegen die Kohlenfäure 
hat die Thonerde feine Verwandtſchaft. Won den Als 
Falien wird fie auf naffem Wege aufgelöf’r, was ein 
sehr charafteriftifches Merkmal derfelben if. Sie ift 
im ftärfften Dfenfeuer für fih unfchmeljbar, mit der 
Kalferde aber ift fie ſchmelzbar. 
”) Synonyma: Alaunerde (Terra aluminie)⸗ reine Thonerde 


(Argilla pura), 

$. 906. 5) DieSchwererde (Baryta, Baryte) *) 
wird in der Natur immer in Verbindung mit Säuren, 
“wie mit Schwefelfäure, (Schwerſpath,) oder mit 
Kohlenfäure, (Witherit,) angetroffen. Die Kunſt 
muß fie affo erft rein darftellen. Dieſe reine Schwer: 
erde ift unfchmelzbar für ſich; ſie loͤſ't fich in geringer 
Menge in See auf, indem fie davon wohl 900 Theile 
jur 


Schwere einfache Stoffe u. ihre Verbindungen. 597 


zur Aufloͤſung erfordert;- die Auflöfung ſchmeckt ſcharß 
und reagirt als alfalifche Subftanz auf Pflanzenfarben‘;: 
an: der: tuft wird fie geträbt, indem Die Schwererde 
Kohlenſaͤure anzieht und nun unauflöslich wird. 

*) Terra. ponderola off. 


$. 907. 6) Die Strontionerde (Strontiona) 
findet fich in einem Foſſil, das von feinem Geburtsorte 
Strontion in Schottland den Namen Strontionit 
erhalten hat, und worin diefe Erde mit Kohlenfäure 
verbunden ift. Sonſt aber. macht fie auch einen Be: 
ſtandtheil des Schwerfathe aus, 


$. 908. Die reine, von KRohlenfänre befreyete, 
Strontionerde hat einen aͤtzenden Geſchmack, loͤſ't 
ſich in vielem kochenden Waſſer, nämlich in 250 Thei⸗ 
len, auf; vom Falten Waſſer aber braucht fie mehr 
zu ihrer Auflöfung. - Die Auflöfung hat den Ge: 
ſchmack eines flarfen Kalkwaſſers und wird durch 
Anziehung der Kohlenfäure an der Luft getrübt: Die 
mit Fochendem Waſſer gemachte und gefättigte Aufloͤ⸗ 
fung der Strontionerde in Waffer, wenn fie nad 
dem Filteiren fogleich in einer gläfernen Flaſche genau 
verwahrt wird, ſchießt zu klaren, durchſichtigen Kry⸗ 
ſtallen an, von xhomboidaliſcher Geſtalt, von einem 
äßenden Geſchmacke, welche an der $uft ihre Durch⸗ 
ſichtigkeit verlieren. Die Strontionerde iſt im hef— 
tigſten Feuer für ſich unſchmelzbar. 
$. 909. 7) Die Zirkonerde (Circonia) iſt zu⸗ 
erſt vom Herrn Klaproth in den Zirkonen, nachher 


auch in dem Ks als vorwaltender Beſtandtheil 
und 


598 I. Theil. 3. Hauptftüd. 


und als eigenthümliche Erde entdeckt worden. Gie tft 
unauflöslich im Waſſer; in Säuren auflösbar, aber 
nicht mit. Kohlenfäure verwandt; in äßenden Alkalien 
auf naſſem Wege nicht auflösbar; unſchmelzbar für 
ſich und mit feuerbeftändigen ee; nur mit Borar 
fließt fie zu Glaſe. 

6. gıo. 8) Die Auſtralerde ( Cambria )"ift 
von Herrn Wedgwood in einer Erdart von Neu⸗ 
Sid: Wales entdeckt worden: Sie ift unauflöslich 
im Waffer, in Ueblauge und Säuren, auggenom> 
men in der congenteirten falzigten Säure durch Huͤlfe 
der Hitze, woraus fie aber doch Durch bloßes Waſſer 
wieder gefällt wird. Im ſtarken Feuer ift fie für ſich 
ſchmelzbar. 


Einfache verbrennliche Subſtanzen. 

$. 911. Alle verbrennliche Subſtanzen find zwar 
zuſammengeſetzt aus der Baſis des lichts oder dem 
Brennſtoffe (5. 803.) und ihrem eigenen Subſtrate. 
Wenn dieſes leßtere aber felbft nicht weiter zerlegt wer: 
den fann, fo nenne ich auch die entzündliche Subftanz, 
Die es mit-dem Brennftoffe bildet, einfach, indem wir 
auf letztern in chemifcher Hinfiht nicht Ruͤckſicht zu 
nehmen brauchen (5. 843. ) 


$. 912. Einfache entzündliche Subſtanzen (4. 
911.) find: 1) Waſſerſtoff, 2) Aoblenftoff, 
3) Schwefel, 4) Stickſtoff, 5) Phoephor, 6) Aa 
dical der Salsfäure, 7) Radical der Flußſaͤure, 
8) Radical der Boraxſaͤure, 9) — 27) bie „= 

Ä ta 


Schwere einfache Stoffe u. ihre Verbindungen. 599 


tälle. Wir betrachten fie nach ihren Eigenfthaften: 
und. nach ihren merkwuͤrdigſten Berbindungen, sonmohl 
mit andern einfachen Stoffen als unter fih. u 
Zur | anti» on 
W affe r ſt 0 fi. Ba | fe ar om 
6.913. Das Waſſer iſt Feine einfache Sub⸗ 
ſtanz, wie man fonft glaubte, ſondern kann in un⸗ 
gleichartige Beſtandtheile zerlegt und wieder daraus 
zuſammengeſetzt werden 


$. 914. Man ſchuͤtte Waſſer in eine Heine glaͤ⸗ 
ſerne Retorte, lege ſie in ein Sandbad, kuͤtte ihren 
Hals in einen eiſernen Flintenlauf, in deſſen Mitte 
man noch ſpiralfoͤrmig gewundenen Eiſendraht und 
eiſerne Nägel gebracht hat; man bringe das untere, 
ebenfalls offene, Ende des faufs unter den Trichter 
der mit Waſſer gefüllten pneumatiſchen Wanne, 
mache feinen mittlern Theil durch Kohlen glühend, und, 
erhiße das Waſſer in der. Retorte bis zum Kochen. 
So wie nun die Dämpfe des kochenden Waſſers 
durch den gluͤhenden Theil des eiſernen Rohres ſtrei⸗ 
chen, verwandeln fie ſich in eine Gasart, melche ent- 
zuͤndlich ift und fich charakteriſtiſch von andern zuft— 
arten unterſcheidet. 


$. 915. Um aber die Veränderungen, die. das 
Maffer ben der Erzeugung. diefer Gasart erleidet, | 
beſſer beſtimmen und. Schlüffe-daraus auf die Mi— 
ſchung des Waſſers ziehen zu koͤnnen, ſtelle man den 
vorigen Verſuch auf folgende Weiſe an Mannebme 
eine beſchlagene Roͤhre aus hartem, Glaſe, bringe 
| | | in 


Y 


\ 
\ 


wo .- EUa: 5 Hanstkädl. 
im die Mistz ̊cer Hählung 274 &. (franz) eizak- 
fürmig gewundensn Eirienbraft, kütte in die obere 
Mündung derieiben am Hals tiner fieinern aläfernem 
Reteete, in die man jmen Unzen defüilirtes Water 
geichärter bat, ud lese fie in cm Sundbat. Dem 
mittiern Theil der Rökre, mo das Erlen lieat, Saite 
mas duch ein Kohlenbeden etwas geneigt treten, un 
füste ihr umtezes Ende ın eine Mirtellaihe, Die im 
kaltem Waſſer fieht, und aus der eine feitunasrähre 
unter den Trichter der pneumatiihen Wanne tritt. 
Man mahe die Hasröhre in der Mitte nach umd 
nad) alühend, bringe dann das Waſſer in der Reterte 
zum Kochen, und noͤthige fo feine Dämpfe, durch das 
glühende Eiſen zu fireichen, mo ſich dann auch das er- 
mwähnte Gas erzeugt. Man erhäft, wenn alles gut ae- 
fingt, nach Abzug der atmofphärifchen $uft der Gefäße, 
etwa 416 Eubifjolf (parif.) von diefer brennbaren 
fuft, die 15 Gr. (franz) wiegen. Das Eifen in 
ber Metorte ift verändert und mie verbrannt; es iſt 
brüchig und fpröde geworden, und wiegt nun 85 Gran 
mehr, als vor der Dperation. Das in der Mittel: 
flafche gefammelte Waffer beträgt, wenin alles über: 
deſtillitt ift, 100 Br. weniger, als das zur — 
angewendete. 

Lavoifier traitéâ mentaire/ T. I. ©, ↄ2. ff. 

6. 916. Das erhaltene Gas heißt aus Gruͤnden, 
die ſogleich erhellen werden, Waſſerſtoffgas (Gas 
hydrogenium, Gaz hydrogene), fonft brennbare, 
entsündbare Luft ( Adr inflammabilis). Es ift das 
feichtefte von allen Gasarten a oben ©. 253.); es 

befißt 


Schwere einfache Stoffe u ihre Verbindungen. 601 


beſitzt einen eigenthuͤmlichen unangenehmen Geruch, 
iſt irreſpirabel, und loͤſcht ein hineingebrachtes licht 
aus; ſonſt aber iſt es ſelbſt breunbar, und laͤßt ſich 
entzuͤnden, wenn Sauerſtoffgas oder atmoſphaͤriſche 
luft Zugang hat. ‚So brennt es an der Mündung 
einer Slafche, worin es enthalten tft, nachdem. Anz 
zünden mit einer. Slamme, die deſto fehnellen in das 
Gefäß hinabſteigt, je weiter die Mündung der Fla⸗ 
fehe iſt. Wenn man eine mit: Diefem Gas: gefüllte 
Glasglocke aus dem Sperrwaſſer hebt, fo fann man 
von unten her das Gas darin ebenfalls anzuͤnden. 
Vermiſcht man bas Gas in einem Gefäße mit etwa 
dreymal fo viel, (dem Volum nad, ) atmofphärifcher 
Uuft, fo verbreitet fich Die durch eine brennende Kerze 
an der Mündung der. Slafche verurfachte Entzündung 
im Moment durch den ganzen Raum, und es ent—⸗ 
fteht eine ftarfe Erpfofion, die noch) ftärfer ift, wenn . 
man einen Theil reines Sauerſtoffgas mit zwey Thei. 
len Waſſerſtoffgas, (dem Volum nach,) vermiſcht hat. 
Man unternimmt dieſe Exploſion am ſicherſten in einer 
Flaſche aus elaſtiſchem Harze. Auch dutch den electri⸗ 
ſchen Funken laſſen ſich dieſe Vermiſchungen anzun; 
den. — Sonſt wird das Wafferftoffgas weder vom 
Waſſer, noch von Alfalien ‚oder ee einge: 
fogen over geändert. 

$. 937 - Da bey dem gengeffe der Erzeiigung 
diefes Gas ($, 915.) die Gewichtszunahme des ruͤck⸗ 
ftändigen Eifens zu dem Gewichte des erhaltenen Gas 
addirt, dem Gewichte bes dabey verſchwundenen Waf: 
ſers correfponbit; ſo folgt ganz natuͤrlich, daß dieleg 

Waſſer 


602 IL. Deil. 3. Hauptſtuck. 


Waſſer theils zur Veränderung jenes Eifens, theifs 
zur Bildung des Gas verwendet worben feyn muͤſſe. 
Die Veränderungen, die das Eifen durch die Waſſer— 
dämpfe beym Gluͤhen erlitten hat, find ganz diefelbi- 
gen, als wenn es in Sauerftoffgas verbrennt ($.8 3 3.), 
folglih muß Sauerftoff an ihn getreten jeyn, und 
dieſer muß einen Beſtandtheil des Waſſers aus- 
machen. Da die Gewichtszunahme des Eifens Bier: 
bey zu dem Gewichte des erhaltenen brennbaren Gas 
addirt, dem Gewichte des verſchwundenen Waffers 
correſpondirt, fo muß die ponderabele Bafis diefes Gas 
den andern Beſtandtheil des Waſſers ausmachen. 

Weil alfo das Waſſer aus Sauerftoff und diefer pon- 

derabelen Baſis des brennbaren Gas zuſammengeſetzt 

ift, fo hat man eben beshalb der leßtern den Nahmen 

Waſſerſtoff (Hydrogenium, Hydrogene) gegeben. 


Laoifier traite el&m.' ©, 9 ff. 


$. ‚918. Das Waſſer befteht demnach aus Sau⸗ 

erſtoff und Waſſerſtoff, und zwar, dem angefuͤhrten 

und andern Experimenten zu Folge, aus 0,85 des 
erſtern und 0,15 des letztern. 


. 919. Die. Theorie bes angeführten Prozeſſes 
($. 914. ff.) ift nun folgende. In der Gluͤhehitze ent 
zieht das Eiſen wegen feiner nähern Verwandtſchaft 
zum Gauerftoffe diefen dem Mafferftoffe im Waſſer, 
und der Waſſerſtoff nimme den Brennſtoff des Ei: 
fens auf, und tritt durch den Wärmeftoff als erpan: 


fibeles aaa aus; das Eifen bleibt folcher Geſtalt 
verfalft 


Schwere einfache Stoffe u. ihre Verbindungen. 607 


verkalkt ober oxidirt zuruͤck. Die Bafis des Waſſer⸗ 
ſtoffgas iſt ale Waſſerſtoff und Brennſtoff. 


6. 920. Die völlige Ueberzeugung von dieſer 
ays analyeifhen Verſuchen gezogenen Schlußfolge 
gewährt die Syntheſis des Waflers, oder die Wie⸗ 
dererzeugung vefjelben aus der ponderabelen Bafis des 
Waſſerſtoffgas und Sauerfioffgas. Laͤßt man nam: 
lich bende Gasarten in dem Verhältniffe von 15 Thei- 
fen des Maflerfioffgas zu 85 Theilen des Sauerſtoff- 
gas, (dem Gewichte nad), ) in einem eingeſchloſſenen 
Raume verbrennen, fo werben beyde luftarten zer⸗ 
ſtoͤrt, und es bildet ſich wieder Waſſer, das dem Ge⸗ | 
wichte nad) 100 Theile-beträgt. 


Memoire fur la combuftion du gaz hydrogsne dans des vaiſ- 
feaux clos, par M. Fourcroy, Vauquelin et ri — 
in den — de chimie, TJI. VIII. ©. 230 ff. 

. 30. 


$. 921. Um diefes Verbrennen mit gehöriger Bez 
quemlichfeit und mit genauer Schäßung der dabey 
verzehrten Gasarten vornehmen zu fönnen, hat man 
eigene Vorrichtungen eingeführt, die den Damen 
der Bazometer führen. Der vom Hrn. van Marum 
dazu vorgefchlagene Apparat iſt der einfachſte und be⸗ 
quemſte. 

Lavoifier traitk &löm, T. II. © 3943. ff. Weber die Apparate 
zue Waflers und Gänreerzengung , und ibre vortheilhaf⸗ 
tern Einribtungen, vom Hra. Succow; in Crells chem. 
Annalen, 1791. ®.1. ©. 453. ff. Belchreibung eines ſeht 
einfachen ——— vom Hrn. van ur in Grens 

urn. ne 1154. ff. B.VI. ©. 3. ff. Bes 
tee Ray —— 8 oder ae . einiger 


damit angeftellten Berſuche, vom Hrn. von Hauch; ” 
Grens neuem Journ, d, Dhsf Bi. ©. uff 


$. 922. 


604 . 1. Theil. 3. Hauptſtuͤck 


6. 922. Wenn Wafferfioffgas und Sauerſtoff⸗ 
908 mit einander vermifcht werden, fo ift in der Tem- 
peratur unter dem Gluͤhen die Anziehung ihrer reſpec⸗ 
tiven Grundlagen zum Waͤrmeſtoffe größer, als ge: 
gen einander, und fie zerſetzen fich Daher nicht. Hin⸗ 
gegen in der Temperatur des Gluͤhens ziehen ſich Sau: 
erftoff und Waſſerſtoff mechfelfeitig wieder ftärfer an, 
und fie vereinigen fich wieder zufammen zum Waſſer, 
während der Brennftoff des Wafferftioffgas mit dem 
fren werdenden Waͤrmeſtoffe beyder Gasatten das 
it bildet. 


$. 923. Wenn wir einen parifer Cubikfuß Waſſer 
zu 70 Pf. (franz.) rechnen, und einen Cubikfuß 
Waſſerſtoffgas zu 6ı ©r., fo folge, aus dem obigen 
Berhältniffe des Waſſerſtoffes zum Sauerftoffe im 
MWafler, daß in einem Eubiffuße Waſſer 103 Pf. 
Waſſerſtoff enthalten find, die über 1569 Eubiffuf 
brennbare tuft bilden — 


$. 924. Das MWafferftoffgas kann aus dem 
Waſſer noh auf mehrere andere Arten dargeftellt 
werden, ala auf die ($. 914.) angezeigte Weiſe. 
Wenn. man nämlich mit Waſſer verduͤnnte Schwe⸗ 
felfäure oder falzigte Säure auf Eifenfeil oder Zink 
gießt, ſo wird durch dieſe Metalle unter Einwirkung 
der Saͤure das Waſſer ebenfalls zerlegt; ſie nehmen 
den Sauerſtoff daraus in ſich, treten ihren Brenn⸗ 
ſtoff an den Waſſerſtoff ab, verkalken ſich und werden 
von der Säure aufgeloͤſ't, während der Waſſerſtoff 
mit dem Brennftoffe verbunden als Gas austritt. Man 
fchütte 


Schwere eeinfache Stoffe u. ihre Verbindungen, 605 


ſchuͤtte zu dem Ende gekoͤrnten oder in Stuͤcke gebro: 
chenen Zink in eine Entbindungsflaſche (9. 611.), 
und gieße darauf ein Gemiſch aus 1 Theile Vitrioldhl 
und 6 Theilen Waſſer. Die Aufloͤſung geſchieht 
mit maͤßiger Lebhaftigkeit und Aufbrauſen. Das ſich 
entwickelnde Gas fange man vermittelſt des uͤbrigen 
pneumatiſchen Apparats durch Waſſer hindurch auf. 


$. 925. Wenn man die Erzeugung des Waſ⸗ 
ferftoffgas nach der eben angezeigten Weiſe (5. 924.) 
in einer Kleinen Slafche aus flarfem Glafe vornimmt, 
die man mit einem Korkftöpfel verfchloffen hat, durch 
welche eine enge zulaufende Glasroͤhre vertical geſteckt 
ift, aus der das Gas hervarfreten kann; darin diefen 
bervortretenden Strom des Gas anzuͤndet, nachdem 
man ficher ift, daf feine atmofphärifche Luft mehr im 
Glaſe eingefchloffen iſt; und über die Flamme des 
brennenden Gas die Mündung eines Glaskolbens 
oder ‚eines oben gefchloffenen Glascylinders hält: fo 
entftehr ein fehneidender Harmonicaton. Die tuft, wel⸗ 
che hierben in das Gefäß ſtromt, im melchem das 
Sauerftoffgas zerfeßt wird, bewirkt hierben die klin⸗ 
gende Erſchuͤttetuns. 


$. 926. Das Waſſer kann nur * — 

werden, wenn es mit einer Materie in Beruͤhrung 
kommt, die Anziehung zu ſeinem Sauerſtoffe hat, 
und zwar eine ſtaͤrkere, als die iſt, welche der Waſ⸗ 
ſerſtoff gegen den Sauerſtoff beſitzt. Deshalb wird 
das Waſſer beym Durchgange durch gluͤhendes Glas, 
Sol, Silber, Porzellaͤn, und Überhaupt durch uns 

verbrenne 


606 U Re. 3. Haupt 


berbreimliche Körper nicht zetlegt, nn bleibe 


. Waffer. 

en Verfuche ber bie — und die Zerlegung 
F ee a r n Jauch; in Grens Journ, 
$. 927. Man fenut bis jeßt noch feinen Körper, 
ber das Waſſer Dadurch zerlegte, daß er den Waffers 
ſtoff deffelben flärfer anzdge, als er vom Sauerftoffe 
angezogen wird. Die Natur fcheint aber diefen Weg 
bey der Vegetation der Pflanzen einzufchlagen, vie 
im Sonnenlichte das Waffer zerſetzen, den Waſſer⸗ 
ſtoff daraus in ſich nehmen und fi als Beftandrheil 
zueignen, und den Sauerfioff frey machen, der als: 

Sanerftoffgas ſich aus den Blättern entwickelt. 


$. 928. Man bringe zu dem Ende in einen . 
räumigen Glascylinder oder Glaskolben eine im Adaf- 
fer eine hinlängliche Zeit ausdauernde gefunde und 
faftreiche Pflanze, fuͤlle das Gefäß mit reinem Waſ⸗ 
ſer ganz voll, decke es mit einer Taffe oder Schuͤſſel 

zu, fehre es in einer Wanne mit ABaffer fo um, daf 
feine $uft von außen bineinfomme. Wenn man nun 
hierauf den Apparat an die. Sonne ftelle, fo nimmt 
man wahr, daß aus der Fläche der Blätter $uftbläg: 
shen zum Vorfcheine kommen, die fid) davon ablöfen, 
nad) oben in das Gefäß auffteigen und ſich fammeln, 
und fo das Waſſer heraustreiben. So lange die Pflanze 
friſch und gefund bleibt, Dauert die Entwidelung des 
Sauerfioffgas im Sonnenlichte fort. Die faftigen 
Pflanzen, die Wafferpflangen, die eryptogamiſchen 
— wie beſonders Conferva rivularis, Die: 
Ä Prieft: 


Schwere einfache Stoffe u. ihre Birbindungen. 607 


Prieſtleyiſche gruͤne Materie, geben das Sauerſtoff⸗ 
gas hierbey in vorzuͤglicher Menge. 


$. 929. Die zahlreichen Verſuche des Seren 
Ingenhouſz über diefen Gegenftand, ‚fo wie Die des 
‚Heren Sennebier, beftätigen die Tharfache ganz all: 
gemein, daß zur Entwidelung des Sauerftoffgas aus 
den Pflanzen das Sicht Bedingung ift, und daf fie das 
Gas defto reichlicher ausftrömen, . je heller der Tag ift 
und je mehr die Stellung der Pflanze fie.dem Einfluffe 
des Lichts ausfeßt. Die Pflanzen entwideln ferner _ 
das Sauerfioffgas nur fo lange, als fie gefund und 
in dem Xcte der Vegetation begriffen find, und fie hd- 
ven auf, es zu thun, fo bald fie abfterben. Bey ih: 
rem Wachschume im Freyen geben fie auch unftreitig 
mehr Sauerftoffgas, als unter WBaffer, obgleich dann 
der Prozeß felbft nicht wahrgenommen werden kann; 
denn die meiften Pflanzen, wenn fie unter. Waſſer 
gefeßt werden, befinden fih in einem untauglichen 
Medium, um lange ihre volle Kraft zu behalten. 
Herr Sennebiet behauptet, daß bie Blätter des 
Nachts und im Dunkeln gar feine $uft entwickeln; 
die zahlreichen Verfuche des Hrn. Ingenhouſz zeigen 
aber doch, daß fie dann eine irrefpirabele Gasart, 
Stickgas und fohlenfaures Gas, obgleich in geringer 
Menge, ausftrömen; welches nach ihm aud) die Blu: 
men, die Wurzeln und die reifen Früchte, in den 
mehreften Fällen, fo wohl im — als im 
Dunfeln thun. 


. Ingenhoufz Verſuche mit Pfamen, — — 
worden s daß ie die Kraft beſitzen, die atmoſphaͤriſche Luft 
beym Gonnenfheine zu a und im Schatten m. 

e 


GB: IL TEE 3. Haupiſtuck 
ded Nachts über zu verderben, a, d. End. Beipg 1780. 8, 
Wien, Th. 1— III. 1785 — 1790. 8. Einige Bemerkun⸗ 
gen über die DPSSRIER der Pfamen; in ea 
verm. Schr. B. 1. ©. 341. ff, Memoires p 1co - chimi 

ues Sur Wi afluence de la lumiere Par pour nıodi- 

er les etres des trois regnes de la nature, et furtout 
eeux du regne vegetal, par Jı Senriebier., a Geneve 
1782. T. 1. 111. 8. ob. Sennebiers pbofifaliich » bemi» 
he Abhandlungen tiber den Einfluß ves Sonuenlidhts auf 
alle drey Reihe der Natur, a. d. Franz. Th. I — IV. 
Leipz. 1785. 8. Ebendeſſelben Experiences fur 1’ action 
de la lumiere [olaire pour la vegetation. a Geneve 
1788. 8. 


$. 930. Der Wafferftoff ift einfach und bis jeßt 
unzerlegt. Er ift ferner für ſich nicht darftellbar, und 
wir Fennen ihn nur in feinen Zufammenfeßungen. Er 
macht nicht nur einen Beſtandtheil des Waſſers und 
des Wafferftoffgas aus, fondern geht in die Mifchung 
der Erbharze, des Alcohols, und aller und jeder naͤ— 
hern Beftandtheile der Körper des Gewächsreiches und 
Thierreiches ein. 


6. 931. Das Wafler — in der Natur in 
einer dreyfachen Form vor: als feſtes Waſſer, oder 
Eis; als liquides, oder eigentliches Waſſer; und als 
elaſtiſch⸗ flüffiges, ‚oder Waſſerdampf. 
. 932. Das liquide Waſſer iſt im Zuſtande 
feiner Reinigkeit eine farbenlofe, durchſichtige, un: 
ſchmackhafte, geruchlofe, unentzimdfiche Flüffigfeit, 
Die allerdings etwas Elaſticitaͤt befigt und compreffi: 
bei ift, wie Zimmermanns und Abiche MWerfuche, 
die Kortpflanzung des Schalles durch das Waſſer, 
und das Abfpringen harter Körper von demfelben be: 
toeijen, 
Berzl, $. 130. 
$. 933- 


Eönnesnfahe Cnfe zer Beben. 605 


. 933. Das Waſſer har feine Fluſſigkei nur 
vom Stoffe ver Wärme ($. 137. 571.), und es ge⸗ 
bört zu den ſehr fehmel;baren Subftanzen. Ben Ver: 
minberung der freyen Wärme unter 32° Sahr. wird 
es feft oder zu Eis, wobey es dann wieder den vorher 
latent gemachten Waͤrmeſtoff entlaͤßt. Die Entſte⸗ 
Kung des Eiſes iſt im Grunde eine Art von Kryſtalli⸗ 
ſation ($. 144.). Es nimmt dabey unter den gehoͤ⸗ 
rigen Umſtaͤnden eine regelmoͤßige Geſtait an, und 
bildet ſich gewoͤhnlich in Nadeln, die unter einem Win⸗ 
kel von 60° ſich durchkreuzen. Daher bie ſechezacige 
digur des Schnees. 


4. 934 Bey dieſem Gefrieren des Waſſers ent⸗ 
wickein ſich die Luftarten, die im Waſſer aufgeloͤſ't 
waren, als kleinere oder groͤßere Blaſen, die in der 
Maſſe des Eiſes zerſtreut ſind. Diele bringen da⸗ 
durch manchmal ſehrt beſondere Erſcheinungen bervor, 
und von der Menge derſelben haͤngt auch die groͤßere 
oder geringere Undurchſichtigkeit des Eiſes ab. Merk⸗ 
wuͤrdig iſt es, daß auch gekochtes und von luft be⸗ 
freyetes Waſſer beym Gefrieren doch dergleichen Bla⸗ 
ſen zeigt. Sollte hier wohl nicht, nach Herrn Lichten⸗ 
berge Meinung, die Entwickelung ber im Waſſer las 
tent gemwefenen Wärme durch Verwandlung einiger 
Theile deſſelben in elaftifchen Dampf an der Entſte⸗ 
hung diefer Blafen Antheil haben fönnen ? 


4. 935. Das Waffer dehnt fi beym Gefrieren 
in einen groͤßern Raum aus. Dies rührt theils und 
hauptſachlich von ber m feiner Theile her, - 

Qq moͤge 


GR A 3 


möge welcher ſie beym Kryſtalliſiren eine — la⸗ 
ge anzunehmen ſtreben; theils von den entwickeltenn 
luft⸗oder Dampfblaſen. Bon. diefer Ausdehnun 
des Eiſes ben: ‚feiner, Entftehung. aus. dem Waſſer i 

e8 herzuleiten, daß glaͤſerge Fiaſchen, die mis, Waſſer 
gefuͤht und; verſchloſſen ſind, beym Gefrieren des 
Waſſers erfpsingen, , und. daß dadurch ſelbſt eiſetne 
Bomben mit großer Gewalt zerfprengt „ ‚Bäume, und 
Felſen von einander geriſſen, das, Pfiaſter auf, den, 
Straßen gehoben werben kann. Davon rührt es auch 
her, daß das Eis ein geringeres ſpecifiſches Gewicht, 
hat als das Waſſer und auf dem Waſſer ſchwimmt. 


Verſuche über die ausbehnehde Kraft des gefrierenden Wafers, 
a ERhE vo amer. bı En nr der 


n i£rbm, 
Phyſik, —* Vu. e. ‚a1, N. 


$. 936. Merkwuͤrdig i eg, * das Weſſer ei⸗ 
ne etwas ſtaͤrkere Kaͤlte ertragen kann, ohne zu ge⸗ 
frieren, wenn es in genau zugeſtopften Gefäßen ver 
Kälte ausgeſetzt wird, als beym Zugange der freyen 
fuft. Eine mäßige Erſchuͤtterung bringt aber dieſes 
Waſſer augenblicklich zum Gefrieren, und gewoͤhnlich 
zu einer ſchaͤumigen, mit vielen luftblaſen angefuͤllten 
Maſſe. Auch wenn die Oberflaͤche des Waſſers mit 
Oehl bedeckt iſt, ſo kann es, ohne zu gefrieren, eine 
ſtaͤrkere Kaͤlte ertragen als das Waſſer, das der 
fteyen luft ausgeſetzt iſt, und wird ebenfalls durch 
Umruͤhren oder Schuͤtteln hernach ſchnell zu Eiſe⸗ 
Sollte hierbey wohl nicht die noͤthige Entwickelung der 
verborgen geweſenen Wärme länger, zuruͤckgahalten, 
werden als, bey Beruͤhrung der freyen Suft?, Diellı-. 
2 Fan ſache, 


* 


Schwere einfache Stoffe u. ihre Berbindungen. 2: 


fache, warum fefte Salze das Gefrieren des Waſſers 
hindern, worin fie’aufgelöf’t find, und ſchwache Salz⸗ 
laugen durch den Froſt concentrirt werden koͤnnen, in⸗ 
dem nur das Waͤſſerige gefriert, erhellet aus dem oben 
($ 618:— 621.) Angefuͤhrten. Sie verſchlucken 
nämlich eine größere Menge von Waͤrmeſtoff, und 
balten ihn ftärfer zurüc als bloßes Waſſer, das oh- 
ne Ausfceidung dieſet geößern Menge der unmerfba- 
zen Wärme nicht gefrieren fann. Die Rüdfehr des 
Eifes zum tropfbaren Waſſer oder das Aufthauen 
deſſelben geichiht durd) die Aufnahme des frenen 
Wärmeftoffes, der dadurch, daß er dem feiten Waſſer 
Fluͤſſigkeit ertheile,; wieder unmerfbar wird. 
$. 937. Auch ohne zu gefrieren iſt das Waſſer 
vermögend, durch innige Verbindung mit feſten Koͤr⸗ 
pern in den Zuſtand der Feſtigkeit und der mehrern 
Feuerbeſtaͤndigkeit uͤberzugehen, mie das Kryſtalliſa⸗ 
tionswaſſer der Salze ($. 859.) der Erde und Stei⸗ 
ne beweiſht. 
$.. 938. Das. Waffer ift ein Auflöfungsmittek 
für 'eine große Anzahl von Körpern. Beſonders iſt 
es das eigentliche Auflöfungsmittel für die Salze, und; 
durch deren Hülfe fann es dann auch wieder andere . 
Körper auflöfen, auf die es fonft nicht wirft. Daher 
kommt es auch, daß in der Natur nur wenig Waſſer 
angetroffen wird, das völlig rein fern follte. Zu den 
reinften: Waſſern gehören die. atmoſphariſchen. be: 
ſonders S:onee und: Regenwaſſer. Um fich fonft 
reines Waſſer zu verfchaffen, bleibt die Deftillation 
aus. Gefäßen von hartem Glaſe das einzige Mittel. 
2.42 "$. 939. 


612 IL Shell. 3. Hauptftüd. 

6.939. Das Waffer ift in der Hiße flüchtig 
und verwandelt fich beym Sieden In Dämpfe. Es 
geht nun durch Verbindung mit mehrerm Wärmeftoffe 
in den Zuftand der eigentlichen grpanfibelen Fluͤſſigkeit, 
in Waſſerdampf über. Die beym Sieden des Waf- 
fers vorfommenben Umpänbe er fchon oben: ($. 579. 
ff. ) ‚angeführt worden. nat Te 


$. 940. Die fo RER 

ftung des Waſſers iſt ebenfalld "nichts anderes als 
die Verwandlung beffelben in eläftifchen Dampf durch 
Beptritt wid Verſchluckung des Wärmeftoffes. Sie 
gefchieht nur an der Oberfläche des Waffers in der 
geringen Temperatur, und eben wegen der mindern 
Intenfirät des dem Waſſer zugeführten Waͤtmeſtoffes, 

in geringerer Menge und- unmerflih. Daf aber bey 
dieſer unmerflichen Verdunſtung des Waſſers eben⸗ 
falls Waͤrmeſtoff zum verborgenen gemacht werde, be⸗ 
weiſet die Abkuͤhlung des Thermometers durch Waſſer, 
das von feiner Oberfläche unmerklich verdunſtet, und 
Die beträchtliche feitungsfraft des Waſſers für Wär; 
me. Hrn. Warte Erfahringen bemweifen auch, daß 
das Waſſer bey der unmerflichen Verdunſtung ver: 
hoaͤltnißmaͤßig mehr en — als beym 
Sieden. 

de Luc; in Grens Journ. der pyſe 8. VI. ©. 125. ff. 


4. 941. Das Morimun.der Berbampfung des 
Waſſers (5. 593.), oder das groͤßte Verhaͤltniß der 
Baſis des Dampfes zum Raume deſſelben, hängt bey 
gleicher Zuſammendruͤdung von der Temperatur des 

— 


Schwere einfache Stoffe u. chre Verbindungen. 613 


Dampfes ab ($$. 393. 594.). Wenn alſo Waſſer⸗ 
Dampf in der fuft enthalten ift, und es mindert fich 
die Temperatur der fuft, fo kann das vorige Mari- 
mum der Verdampfung nicht beſtehen, ſondern ein 
Theil Baſis des Dampfes, alſo Waſſer, ſchlaͤgt ſich 
nieder, der nun Nebel, und bey naͤherm Zuſam⸗ 
mentritte deſſelben, Waſſertropfen bildet. Wenn 
aber auch bey bleibender Temperatur der Drud der 
1Uuft zunimmt, ſo wird ein Theil des Waſſerdampfes 
ebenfalls zerſetzt, indem, wenn er in einen engern 
Raum gebracht werden ſollte, das Maximum der 
Verdamofung uͤberſchritten werden müßte. | 


$. 942. Mar fieht alfo, wie Wafferdampf in 
allen Temperaturen bet Luft gegenwärtig feyn koͤnne; 
durch den Wechſel ihrer Temperaturen und ihres 
Drucks aber bald in größerer Menge erzeugt, bald 
wieder zerſetzt werden muß. 


$. 943. So lange der Woſſerdamof unzerſetzt 
und ein expanſibeles Fluidum iſt, ſo lange iſt er auch 
völlig durchſichtig und unſichtbar, wie Die atmofphä- 
riſche Luft; er truͤbt alſo ihre Klarheit nicht, wenn er 
als ſolcher mit ihr vermiſcht iſt. Wenn er aber, durch 
die vorher (5. 941.) angeführten Urſachen darin zer: 
feßt zu werden anfängt, fo bildet er den Nebel, der, 
wie ich fchon oben ($. 592.) angeführt habe, Fein 
Dampf mehr ift und mit Unrecht fo genannt wird; 
er ift Höchft Fein zertheiltes liquides Waſſer. Durd) 
Zunahme der Temperatur der $uft und abnehmenden 
Druck derfelben kann der Mebel wieder verſchwin⸗ 
den, 


* 


614°. AU TDheil.3. Hauptſtͤck. 


den, indem er ſich von neuem wieder in wahren 
Dampf verwandelt. 


g. 944. Auf Diefe swechfeffeitige Zerfeßung und 
Bildung des Waflerdampfs in der fuft gründen fich 
die befannten Phänomene vom Sichtbarwerden un: 
fers Hauchs in Falter Luft und der Linfichtbarfeie 
deffelben in warmer; das fo genannte Schmwißen oder 
Anlaufen Falter, Körper in feuchten und heißen Zim- 
mern; das Schmwißen der. Senfter in Diefen Zimmern, . 
wenn die aͤußere luft merflich fälter ift als die innere; 
- das Befchlagen der Gebäude beym Thaumerter nach an⸗ 
haltendem Srofte; das Befchlagen der Glocke der fuft- 
pumpe bey Wiederhinzulaffung der Luft nach vorher: 
gegangener Verdünnung; die Entftehung des Mebels, 
der Wolfen, bes Thaues, des Reifs, des Negens, 
des Schnees, des Hagels. 


$. 945. Andere Maturforfcher erflären die un- 
merfliche Ausdimſtung, mie ich fchon oben ($. 598.) 
angeführt habe, lediglich aus der Auflöfung des YBaf- 
fers in der $uft. Sie nehmen an, daf die fuft nur 
eine beftimmte-Menge Waſſer auflöfen koͤnne, wo fie 
dann damit gefättigt fey.. Ihr Sättigungsgrad ſey 
aber, mie ben mehreren andern Aufldfungsmitteln, 
nad) der Temperatur verfchieden; eine warme $uft loͤſe 
mehr Waſſer auf als eine falte. Wenn daher die fuft 
in der Wärme mit Waſſer gefättigt fen, fo fchlage 
ſich diefes beym Erfalten daraus nieder und werde bey 
zunehmender Waͤrme der uft wieder aufgeldf’t; und 
hieraus erflären fie die vorher (5. 944.) angeführten 
Erjchei: 


Schwere einfache Stoffe u. ihre Wabindungen. 615 


Erſcheinungen. Allein es laͤßt ſich die Verdunſtung 
nicht allein leichter und ungezwungener ohne dieſe Auf: 
fung des Waſſers in der $uft‘ erffärcn ; wie Herr 
de Luc grimdlichdargethan hat;  foribern es ſteht der: 
felben and) entgegen, daß die Berbünftung ohne alfe 
$ufe Statt finden kann, ja dann noch defto beſſer 
Stärt finder, und daß die mit Waſſerdunſt beladene 
lüft bey gleicher Waͤrme und abſoluter Elaſticitaͤt, 
nach Sauſſfure's Beobachtungen, ein geringeres ei- 
genthuͤmliches Gewicht hat als die trockene , welches 
nicht ſeyn koͤnnte, wenn das Waſſer fo in der luft 
aufgelbſt waͤre, als ein Salz im Waſſer aufgeloͤſ't 
iſt. Es kann folglich das Waſſer nur als der ſpe— 
ciftſch leichtere elaſtiſche Dampf I in der luft enthal⸗ 
ten ſeyn. 


R 946. Ein erfjeug, — beſtimmt iſt, 
die in der luft befindliche Feuchtigkeit anzuzeigen oder 
zu meſſen, heißt ein Hygroſkop oder Hygrometer. 
Die Subſtanz, welche durch ihre Veränderungen die: 
in der Luft befindliche: Feuchtigkeit — beit ber 
bygroſkopiſche Koͤrper. u: 


5. 947. Man hat, eine, große Menge Körper 
zu der hygroſtopiſchen Subftanz der. Hngromerer vor: 
geſchlagen, und iſt befonders auch in der Beitimmung 
der feften Puncte der Kngrometrifchen Scale fehr 
ſchwankend gewefen. Die Herren Sauffüre und de 
Luc haben viele Bemͤhungen angewandt , und viele 
Ünterfüchnngen angeftellt, um fefte Srundfäße in 
die Hygrom̃etrie eihjnführen. Das Syalonieter Des 

Serrn 


B 


66 UL. Theil. 3. Haupiſtuck. 


Serrn Sauſſure beſteht aus einem Menfchenhaare, 
Das durch Kochen in einer lauge bes kohlenſauren Mi⸗ 
neralalkali von feiner Fettigkeit befreyet worden, am 
einen feſten Punct angehaͤngt, und am andern En⸗ 
de mit einer duͤnnen Welle in Verbindung iſt, die ei⸗ 
nen Zeiger auf einer Scheibe drehet. Durch die 
Feuchtigkeit wird: das. Haar ſchlaff, es verlängert ſich, 
und das Fleine Gegengewicht an.der Welle drehet dieſe. 
Durch Trockniß verfürzt.es ſich, und überwindet das 
Gegengewicht: der Welle: Den Punct ber gröften- 
Zeuchtigkeit beitimme der Erfinder unter einer gläfer 
nen Glocke, die mit: Waſſer geſpertt und inwendig 
mit Waſſer befeuchtet worden iſt; bei Punct der groͤß⸗ 
ten Trockniß aber unter einer glaͤſernen Glocke, die 
auf einem bis zum Gluͤhen erhitzten, mit ausgeglü- 
hetem Gemächsalfali bedeckten, Bleche. fteht. Den Abs 
fand der, Punete des Zeigers auf der Scheibe in der 
größten Feuchtigkeit und Trockniß theiftzer in 100 
gleiche Theile. Herr de Luc hat.theils gegen die An⸗ 
wendbarkeit des Haares ſelbſt und. aller, Baden über 
haupt, sheils, gegen die, Beftimmung. ber. feften Pun⸗ 
«te bes Herrn. von Sauſſure, viele Bemerfungen ges 
macht, und die Vorzüge des von ihm —— 
Sifhbeinhygromerers, zu zeigen. ſich bewuͤhet. Es 
beſteht aus einem ſeht duͤnuen Streifen Fiſchbein, der r 
niche in der.fänge, fondern in ber Quere der Fibern 
Des Fikhbeins gefchnitten, unten an einen feften 
Punct angehängt, und oben auch mit einer feinen 
Welle in Verbindung it, die auf einer Scheibe einen 
Zeiget drehet. Als Gegengewicht an ber Welle dient 
ein 


Sähtoere einfache. Stoffe u. Ihre Werbindungen. 617 
ein’ fpicalfbynig gersunbener: feiner Gotbbrakt, dee 


an dem einen Ende befeftigt und an dem andern mit 
Der Welle verbunden ift. Den Punct der-aröften 
Seuchtigfeit beſtimmt er durch ammittelbares- Eintau⸗ 
chen der hygroſtopiſchen Subſtanz in Waſſer, und 
den Punct- ver, größten Trockniß in einem genau. verz . 
ſchloſſenen und mit. feifch ausgegluͤhetem ungelöfchten 
Kalke zum Theil dingefüllten zinnernen Gefäße, worin 
er dad Hygrometer aufhaͤngt. Den Abftand. bender 
Punete, den der Zeiger auf der Scheibe angiebt, 
theilt er in 100 gleiche Theile. | 
Sau nes oben x: HoF angeführte Schrift. Gehlers pbof. 
die Dreteorblogie, f SH. I. ee: 1 _ 4 "* Bhendefeiben Abs 
—⸗ uͤber die Duscomsitie 6, * philof. transactions 


Vol. LXXXI. q ens Journ. der Phyſit 
rer ©. 279. —— 


5. 948. Ungeachtet der fo muͤhſamen und viel⸗ 
fachen Unterſuchungen, welche die genannten Natur⸗ 
forſcher in Ruͤckſicht des Hygrometers angeſtellt haben, 
muß man bed) geſtehhen, daß die: Grundlage der Hy⸗ 
grometrie, bie fie errichtet haben, ſchwankend ift, und 
bie Folgerungen, die fie aus den Beobachtungen mit 
dem! Hyigrometer ziehen, ganz unftatthaft find. Zu: 
vörderfimuß ich benierken, daß nur das liquide Waſſer 
feuchtmachend ift, nicht das fefie oder das Eis, und 
nicht das dampffoͤrmige. Feuchtigkeit bezieht ſich al- 
fo nur auf das Anhängen des liquiden Waſſers an 
_ einen Körper, und das Waſſer hoͤrt auf, feuchtma⸗ 
hend oder Feuchtigkeit zu feyn, wenn es zum feften 
Waſſer oder zum Dampfewird. Es irren alfo dies | 
jenigen ſehr; welche glauben, daß das Hygrometer 


die 


— 


gi Mn SE . Haupiſtutk — 
bie Anweſenheit oder Abtweſenheit aller waͤſſerigen 
Baſis in ber Atmoſphoaͤre anzeigen ſolle, und alſo auch 
den elaſtiſchen Waſſerdampf. Die Erfahrungen der 
Herren de Luc und Watt lehren ja ſelbſt, da eine 
empfindliche hygroſtopiſche Subſtanz iin Waller: 
dampfe, der durch die nothige Wärme durchaus in 
elaſtiſchem Zuftande erhalten wird, auf Trockniß jeine. 
Nur dann, mern eim Theil des Dampfes durch Ab- 
Ffühlung oder Iufammendrüdfung zerſetzt wird, ente 
ſteht Seuchrigfeit im Dampfe durch Lie jeßt abgeſchie 
dene wäflerige Bafis. Das Hygromerer des Hrm 
Sauffine ſo wohl, als das de Lucſche wird affo in 
der $üft nur von dem Waffer afficirt, das als höchft 
fein zertheiltes liquides Waſſer darin ſchwebt, und 
durch Zerſetzung des Dampfes daraus niedetgeſchlagen 
wordeitn iſtWenn von zwey mit einander harmo⸗ 
nirenden Hygrometern das eine in einem ſtark geheiß: 
ten Zimmer. ehr, deſſen Luft mit elaſtiſchem Waſſer⸗ 
dunſte vermiſcht iſt, und ſeine hygroſtopiſche Subſtanz 
die Temperatur des Zimmers hat, ſo kann es einen 
ziemlichen Grad von Trockniß anzeigen, während das 
andere, deffen hygroſtopiſche Subſtanz Fate iſt, beym 
Hereinbringen ins Zimmer ſogleich große Feuchtigkeit 
angiebt, eben weil. es, bloß als Falter Körper, den 
Waſſerdampf zerfeßt (. 593.) Die Wirkung des 
Werkzeugs iſt dieſemnach fehr eingeſchraͤnkt, und es 
iſt für die Meteorologie bey weitem nicht. fo wichtig, 
als es Hr. de Luc darſtellte Hr. de Luc muß erſt 
beweiſen, daß die hygroſtopiſche Subſtanz feines Hp: 
——— auch Waſſerduͤmpfe, bey gleicher Tempera: 


tur 


— einſache — us ihre — 27 


MWafferbampfes eine e Rrfere Anziehung habe, als der 
MWärmeftoff; fonft braucht man fich mit Hrn. de Luc 
nicht zu wundern, mie das Hygrometer in hohen Ser 
genden der Atmofphäre auf. große Trockniß zeigen, 
und doc) in diefen Gegenden ofr:plößlich ungemein 
viel Regen entſtehen koͤnne, und man Fam ihm‘ 
nicht die Solgerung zulaffen, daß dieſes Waſſer nicht 
‚als Dampf, fondern als. $uft in der Atme ſpbaͤre zu⸗ 
gegen geweſen ſeyn muͤßte. 


Prüfung der neuen Theorie des Hrn. de Luc vom Regen, 
und feiner daraus abgeleiteten Einwürfe’gegen die Auf 
 löfungstheorie, (von Hrn, Zylius). Berlin 1795. 9. 


$. 949. Die uralte Meinung, daß ſich dad 
Waſſer in Erde verwandeln laſſe, die ſchon Chales 
behauptete, Helmont, Boyle und Ellet durch Bes 
ſuche mit dem Wachſen der Pflanzen durch bloßes 
Waſſer, Borricke, Boyle, Wallerius, Eller, 
Marggraf durch Deſtillation des Waſſers aus glä- 
ſernen Gefaͤßen, oder durch Reiben deſſelben beweiſen 
wollten, hat ſich bey genauerer Unterſuchung von La⸗ 
voiſier und Scheele nicht beſtaͤtigt. 


Lavoiſiers gb s hemifche —— uͤberſ. von Weigel, B. II. 
1785. S. 29. ff. in den Anm. der Ueberſ., wo man die biers 
ber gehörigen Schriften angezeigt findet. 


Kohlenſtoff. Kohlenſaͤure. 
$. 950, Die reine Roble oder der Kohlenſtoff 
(Carböneum, Carbone) ift eine einfache, entzuͤnd⸗ 
liche Subftanz. Sie ıft feuerbeftändig, geſchmacklos, 
anaufldelie in. Waſſer, Dehlen und Alcohol; un: 
ſchmelz⸗ 


620 U. Theil. 3. Hauptſtuͤck. 

ſchmelzbar, unzerſtoͤrbar im heftigſten Feuer, wenn die 
Luft davon ausgeſchloſſen iſt. Die gemeine Holzkohle 
iſt freylich nicht durchaus reiner Kohlenſtoff, ſondern 
enthaͤlt außer etwas Waſſerſtoff noch erdige und 
ſalzige Theile, die ihre Aſche beym Verbrennen bilden. 
Man erhält einen reinern Kohlenſtoff aus lampen⸗ 
fhwarz und Kienruß, wenn man diefe in bedeckten 


Gefäßen heftig ausglühet. ,_ 


$. 951. Der Kohlenſtoff exiſtirt in — Men⸗ 
ge in der Natur; et macht den groͤßten Antheil aller 
thieriſchen und vegetabiliſchen Stoffe und der Erdharze 
aus; er findet ſich in verſchiedenen Steinarten, im 
Roheiſen und Stahle; bildet hauptſaͤchlich das Reiß⸗ 
bley, und iſt, wie wir gleich ſehen werden, das Ra⸗ 
dical der fo häufig verbreiteten Kohlenſaͤure. 


6 952. Der Kohlenftoff erfordert zu feiner Ent: 
zuͤndung in atmofphärifcher fuft und Sauerſtoffgas eine 
hohe Temperatur des Glühens, und verbrennt ohne 
Flamme. Unternimmt man diefes Verbrennen mit 
einer vorher wohl ausgeglüheten Holzkohle unter einer 
mit Sauerftoffgas gefüllten und mit Queckſilber ge: 
fperrten Glasglode, fo daß man etwas Zunder: 
ſchwamm und Phosphor an die Kohle geffebe hat, 
und diefe durch ein Brennglas von außen vermittelt 
des Sonnenfeuerd anzündet; jo findet man, daß die 
elaftifche Fluͤſſigkeit unter der Glocke dabey nicht ver: 
ſchwindet, wie beym Verbrennen des Phosphors, 
fondern daß vielmehr eine eigene Gasart fich bilder, 
die nicht zum Achemhohlen und zur Unterhaltung des 

Ver⸗ 


Schwere einfache Stoffe. u. ihre Verbindungen. 6ar 


MVerbrennens dient, die vom Ealten Waſſer langfam, 
fehneller von der Sauge aͤtzender Alkalien und vom 
Kalkwaſſer verſchluckt wird, das legtere trübt, das 
seine Waſſer ſaͤuerlich macht, fo daß es die fadmus- 
tinctur roͤthet. Laͤßt man alſo nad) Beendigung des 
Verſuchs Aeblauge über. Das, Quedfilber. treten, fo: 
nimmt das-tuftwolum ab ‚ und was zurück bleibt, iſt 
der Antheil Sauerftoffgas, ber, dem —— der 
Kohle beym Verbrennen entging. 


$. 953. Es verzehren: bey dieſem Verſuche nach 
Cavoiſiers genauer Beſtimmung 28 Theile Kobtenftoff 
72 Theile Sauerfloffgas, (dem Gewicht nach,) und 
es bilden fid) daraus, zufammen 100 Theile diefer ei- 
genthämlichen Gasart, die von ——— oder Ab 
fauge abſorhirt wird. | 


Lavoiſier über die Bildung Ber feften — der — 


oder beſſer der Kohlen * in Crells chem Annalen, 1788. 
- I ar ff. B. U. S. 55. Deſſelden urait⸗ e„loment. 
.67. 


4.954. Diefe ben dem DBerbrennen er Kople 
aus dem Sauerftoffe und. dem Kohlenftoffe offenbar 
erzeugte Suft- heißt Fohlenfauree Bas (Gas carboni- 
cum, Gaz acide carbonique). *) Es unterſcheidet 
fi) durch fein größeres eigenthuͤmliches Gewicht (S. 
253.); durch feine Unfähigkeit zum Achemhohlen.und 
zur Unterhaltung des Verbrennens; durch feine Aci⸗ 

ditaͤt; dadurch, daß es vom Waſſer er wird 
und das Kalfwaffer truͤbt. 


*) Synonyma: fire Luft ( Adr 'fixus), Quftfäure (Gas acidum 
aöreum), Kxreidenſaure (Gas aeidum — 


$. 955- 


2 MR Theil. au 


6.955. Die ponberabele Baſis dieſes Gas ift 
die Verbindung. deö feines Brennftoffs beraubten Koh⸗ 
lenſtoffes min dem: Sauerſtoffe, oder die Rohlenfäure 
(€ Acidum: carbonicum „ 'Acitle (carbonique). Dieſe 
Kohlenfäure:ift: bey dem Drucke ver: bLuft und der Tem: 
deratur, wobey wir leben, gasfoͤrmig; bey ihrer Er⸗ 
zeugung und: ihrem. Freywerden nimmt ſie alſo gleich 
Gasgeſtalt an. Die Abſorption des Gas duch Waf⸗ 
fer, Kalkwaſſer, Aetzlauge iſt eine Zerſetzung deſſel⸗ 
ben, indem ihre Baſis nn vom Wärmeftoffe ge: 
trennt wird. 

$. 956, Kaltes Waſſer kann etwa ein gleiches 
WVolum des kohlenſauren Gas einſaugen. Dieſes boh⸗ 
lenſaure Waſſer (luftſaure Waſſer) hat einen 
ſchwach⸗ faͤuerlichen Geſchmack, färbt die, lackmustine⸗ 
tur roh, und wirft Blafen, wenn man es ſchuͤttelt. 
Es kommt diefes Waſſer hierin mit den. natürlichen 
Sauerbrunnen, vergleichen das Pyrmonter⸗, Sel- 
ter=, Eger: Waffer u. a. m. find, überein, die fich 
freylich ſo wohl von eiriander ſelbſt, als von reinem 
kohlenſauren Waſſer durch andere aufgeföf’te- Bes 
ftandtheile unterfcheiden. Durch Erhitzung und Ko— 
hen: wird alle Kohlenfäure. aus dem Waſſer wieder 
als elaftifche Luft ausgerrieben, eben fo auch Burch die 
Suftpumpe, Vermoͤge dieſer Kohlenfäure - iſt das 
Waſſer faͤhig, auch andere Subſtanzen, z. Bi Etr⸗ 
den und Eiſen, aufzuloͤſen, die es fuͤr ſich nicht auf⸗ 
loͤſen kann. Beyſpiele geben die kohlenſauren Stahl⸗ 
brunnen, wie das Pyrmonter⸗ und Eger⸗Waſſer. Um 
die —— des Waſſers mit der Kohlenſaͤure 

bequem 


— 


Schwere einfache Stoffe u. ibeg Berbipdungen. 623. 
bequenn ‚au. verrichten, dient ai PT AT 
catbſchat. (. 6an. = 1 


———— kun. VAR EN de seide aöreo;. in | "feinen Opusc, 4 


6. 957. Mit den reinen Alfalien und der reinen’ 
Ralferde verbindet ſich die Baſis des. fohlenfauren Gas 
ober die Kohlenſaure ſehr leicht und gern, und beyde 
verlieren dadurch ihre Aetzbarkeit (9. 876. 902.) Und 
kommen in einen neutral; und mitteifalzigen Zuſtand. 
Miſcht man Foßlenfaures Gas zum Kalkwaſſer ($. 
901.), fo wird diefes fogleich getruͤbt, weil die darin 
aufgelöf’t? reine Kalkerde die Kohlenfäure in ſich 
nimmt, ſich dadurch in. kohlen ſaure Kalkerde verwan⸗ 
belt, die als ſolche im Wa ſfer nicht aufldsbar iſt 
ein Ueberſchuß bon Kohlenſtute macht indeſſen die 
kohlenſaure Kalkerde wieder im Waſſer auflöstich, 
oder, welches einerley ift, Fohlenfaures Waſſer loͤf't 
die kohlen ſaure Kalterde auf. Dieſe Aufldſung wird 
Durch Kochen zerſetzt. Die Kalkerde hat gegen die 
Kohlenſaͤure naͤhere Verwandtſchaft als die Alkalien 
dagegen haben; und jene entzieht daher dieſelbe den 
fohlenſauren Alkalien und macht fie.ägend. Kalkwaſ⸗ 
fer wird eben deswegen vom kohlenſauren Alkali ſo⸗ 
gleich gettubt. Ammoniafgas ($. 882.) und kohlen⸗ 
faures Gas’ geben ſogleich e eine fete Materie, tohlen, 
vr Ammoniat. 


. 968. Die Kohlenſaͤure macht einen Beſtand⸗ 
theil ſehr vieler Körper aus. Sie macht nicht nur in 
den Sauerbrunnen (59. 956.), ſondern auch in den 


mouſſirenden Weinen und ip Boureillenbiere Das 
Schaͤu⸗ 


* 


64 L.. Theil. 3. Hauptſtͤck. 
Schaͤumende, und bildet ſich ben jeder Weinzaͤhrung, 
wo fie in dem fo genannten Gaͤſch enthalten iſt. Sie 
erzeugt ſich beym Athemhohlen, und die ausgehauchte 
Uuft enthält immer kohlenſaures Gas; fie erzeugt 
fich ferner beym Verbrennen und der trodenen Deftil: 
Tation aller vegetabiliſchen und thieriſchen Subftanzen, 
Sie befindet ſich in mehrern Foſſilien wie in den ſo 
genannten rohen Kalferden ($. 900.), die alle koh⸗ 
lenfaure Kalkerde find, 3. B. Kreide, Kaltſpath, ger 
meiner Kalfftein, Marmor; fie fann durch jebe ans 
dere Säure daraus ausgetrieben werden, und fie 
erzeugt eben das Aufbraufen ($.ı 90.) ‚berfelben mit 
andern färfern Säuren. Sie läßt fi auch burd) 
Gluͤhen im Feuer daraus austreiben, und darauf be⸗ 
ruhet das Brennen des Kalkes (5. 900.). Von dem 
in der Atmofphäre befindlichen kohlenſauren Gas ruͤh⸗ 
ren die Veränderungen her, welche Kalkwaſſer und 
gebrannter Kalf mit der Zeit an ber suft erfahren 
($. 902.) | 

$. 959. Man hat daher mehrere Mireel, fich das 
Fohlenfaure Gas zu verfhaffen. Man giefe in eine, 
Entbindungsflafche auf gepulverte ‚Kreide verduͤnnte 
Schwefelſaͤure, fo entfteht ein ftarfes Aubrauſen, 
das von der entwickelten Kohlenſaͤure herruͤhrt. Man 
bringe die Muͤndung der Seitenroͤhre der Flaſche un⸗ 
ter den Trichter der mit Waſſer gefuͤllten Wanne 
und laſſe die aufſteigenden $uftblafen in die Vorlage 
treten. — Oder man fülle eine Fleine irdene beichlas 
gene Netorte mit rohem Kalffteine, Kreide, Marmor, 
u. dersl. Kalkarten an, kuͤtte eine Roͤhre an die Muͤn⸗ 
dung 


Schwere einfache. Stoffe us Ihre Berbindungen. 625 


dung der" Retorte, lege Das untere Ende der Roͤhre 
unter den Trichter der Wanne:des pneumafifchen. An: 
parats, und erhiße dann die Retotte bis zum Glühen, 
fo geht während des Slüpens as tohlenfaure Gas in 
die Vorlage uͤber. F | 


. 960. Bey dem Verbrennen ver Kohle in * 
mofphärifcher kuft bleibt alſo nicht. bloß Stickgas 
übrig; ſondern zu gleicher Zeit das neu erzeugte foh- 
lenſaure Gas, und es läßt ſich hieraus die Schoaͤdlich⸗ 
keit des fo genannten. KHohlendampfes, eigentlich des 
Brennens der Kohlen, audyderzeinften, in,verfchlofe 
fenen Zimmern für. die Geſundheit und das seben der 
—— leicht — * Ei — 


TAAHTT 


dann oder desoribirt fie. So zerfeßt ‚er ‘Daher auch 
das Waſſer, und wenn man in dem oben (5. 915.) 
angefuͤhrten Erpetimente ſich ſtatt des Eiſens der Kohle 
bedient und die Waſſerdaͤinpfe Im Gluͤhen durch fie 
ſtreichen laͤft, ſo erhaͤlt man Waſſerſtoffgas und 
kohlenſaures Gas. Die Kohle entzieht namlich ig 
Gluͤhen dem Waſſer feinen Sauerſtoff, wird damit 
zur: Kohlenſaͤure, die fih als Fohlenfaures Gas 
entwickelt, der Waflerfioff nimmt dagegen den 
Brennftoff. der Kohle auf, und geht als Waſſerſtoff⸗ 
gas über. 


ir" 


Kr Son 


626 © I Deil. 3. Hauptſtück. 
Schwefel Schwefelſaͤure. 
$. 962. Der Schwefel (Sulphur, Soufre) ift 
eine einfache, entzündfiche, fäuerbare Subftang ‚ von 
einer gelben Barbe; unaufldsfic im Waſſer; geruch⸗ 


los, außer wenn er gerieben oder erhißt wird, von 
einem eigenthümfichen; aber ſchwachen, Geſchmacke. 


$. 963. Der Schwefel wird in der Waͤrme erſt 
weich, ehe er ſchmilzt, und diefes Schmelzen gefchieht 
ben 224° Fahrenh. ·Bey diefer Hise und etwas dar: 
über fängt er an, zu Därmpfen aufgelöf’t zu werden, 
an denen man im Dunfeln fchon ein feuchten wahr- 
nimmt. Wenn der geſchmolzene Schwefel: in nicht 
zu Fleinen Maſſen ruhig erfaltet, fo kryſtalliſirt er fich 
leicht in zarten Nadeln. _ Der natürliche fommt ge: 
mwöhnlic) in oetaedrifchen Kroftallen, doch mit ver- 
fchiedenen Abänderungen ‚ kryſtalliſirt vor. 


4. 904. Im Anfange des Schmelzens iſt der 
Schwefel ſehr fluͤſſig; er wird aber bey weiterm Er⸗ 
hitzen zaͤher und rothbraun von Farbe, in welchem 
Zuſtande er ſchon einen Antheil Sauerſtoff aufgenom; 
men hat und damit in den Anfang einer Saͤurewer⸗ 
dung tritt (Oxide de oufre). Wenn man ihn jetzt 
ips Waſſer gießt, fo bleibt er weich, wie Wachs, 
und nimmt leicht allerlen Eindrücke an: - Mit der 
Zeit erhärtet er und erhält — vorige Ferbe und 
Conſi ſtenz wieder. 


5. 965. Wenn man don dem geſchmolzenen 
— zur mn des Entzündung den Zur: 


gang 


! 


Schwere einfache Stoffe u. ihre Verbindungen. 627. 


gang ber freyen luft abhaͤlt, ſo ſteigt er als Dampf, 
in die Höhe und fegt fich bey ‚der Sublimation. als, 
Fleine zarte Nadeln an, welche man Schwefelbius 
men, Schwegeiblütben (Flores fulphuris.) nenn. _ 


. 8 966. Erhißt man den geſchmolzenen — 
fel beym Zutritte der luft ſtaͤrker, ſo entzuͤndet er ſich 

und brennt, ohne einen Ruͤckſtand zu hinterlaſſen, 
mit Flamme und einem ſauern und erſtickenden 
Dunſte. Der Schwefel wird ben dieſem Verbrennen _ 
zu einee Säure, Iſt die Hiße wobey der Sthivefel 

verbrennt, nur ſchwach, fo ift die Flamme des 
Schwefels bfau, und die. Säure, die fich. erzeugt, - 
ift unvolllommen (5. 872.), ſehr flüchtig und gas⸗ 
foͤrmig; ift aber die Hitze ſtaͤrker, fo wird. die Flamme 
des Schwefels weißer und. lebhafter, — 
ſich volllommene Schwefelſaurei in Dunſtgeſtalt. 


$. 967. Man. nehme Schwefelfaden lege ſie € 

in eine blecherne Kapfel, die in, einer. Schaale auf. 
Waſſer ſchwimmt, zuͤnde fie an, und ſtuͤrze nun eine 
Glocke mit Sauerſtoffgas gefüllt darüber. Es ber⸗ 
brennt nur ein Antheil Schwefel, das Sauerſtoffgas 
wird zerſetzt, und. es. fteigt das Waſſer in der Glocke 
empor. Es wird hierbey nicht alles Sauerftoffgas, 
verzehrt, wenn es aud) ganz rein it, weil der Scyiver 
fel früher verliſcht, vermoͤge des Dünftes von der 
Säure und dem jchroefligtiauren Gas, das ſich bilder, 
Das in die Glocke aufgejtiegene Waſſer ift num fauer 
und röther die fadmustinctur fogleih. Es enthält 
freylich nicht bloß volllommene, fondern auch unvoil⸗ 
Rra kom⸗ 


a u Sei; 3. Hauptftüc 


Föinmee Schwefelſaure (6. 966: die ſich aber mit 
ber ‚Zeit an der luft in die erftere verwandelt. 


5. 968. Nah Herrn Berthollet nehmen 69 
Theile Schwefel beym Verbrennen 31 Theile Sauer: 
ſtoff auf, und- bilden damit 100 Theile wafferfrene 
Schwefelſaͤure; indeffen ift nr Beſtimmung noch 
nicht ganz genau genug. 

Lavoifier traité element. ©, 66. 72. 240. Berthollet über bie, 

ae; in Crells bem. Annalen. 1789. B.1.©. 

3» EWendeſſelben Mine ne Verſuche über die 

* ——— ebendaſelbſt 1790 ©. 457. ff. 
$.:969. Die Schwefelfäure “(Acidum fulphu-. 
ricum, . Acide fulfurique), die man, fonft auch Ok: 
triolfäure (. Acidum vitrioli,  vitriolicum ) nennt, 
iſt alſo das: gefättigte Product aus der Verbindung 
des ſeines Brennſtoffes beraubten Schwefels mit dem 
Sauerſtoffe. Man gewinnt fie im Großen eben- 
falls durchs Verbrennen des Schmefels. Die con: 
centrirte Schwefelfäure führt im Handel‘ auch den 
Namen des PVitriolöhle (Oleum vitrioli), Mar’ 
bereitet. dieſe concentrirte Schmefelfäure auch durch 
Deitillation aus dem grünen Vittiole, der die Ver- 
bindung derfelben mit Eifen ift, nachdem man ihr 
duch Brennen big zur rothen Farbe von feinem vielen: 
Kryſtallenwaſſer 859.) befreyet hat. 
9. 970. Das Vitrioldhl ift eine ſehr ſtarke Saͤu⸗ 
re; es brennt und aͤtzt in die Haut ein. m reinen 
Zuftande iſt e8 farbenlos und geruchlos; es wird aber 
durch leicht verbrennliche Dinge des Thier⸗ und Plan: 
zenteichs ‚mehr oder weniger braun und ſchwefligt tie⸗ 
— * wie das verkaͤufliche gewoͤhnlich iſt. Sein ei—⸗ 


gen⸗ 


Schere einfache Stoffe u. ihre Berbindungen. 629 


genehlimliches Gewicht geht von 1,800 bis 2,000. 
Es ift ziemlich) feuerbeftändig und erfordert zum Sie- 
den eine ftarfe Hiße. Eben deshalb läßt fich ſchwaͤ— 
cheres Vitrioloͤhl durch Abdunſten des Wäfferigen ftär- 
“fer machen. Das ftärffte Vitrioloͤhl enthält indeſſen 
immer noch Wafler. Mit Waſſer vermiſcht, erhißt 
es fich fehr ſtark. | 

$. 971. Die Schwefelfaure liefert mit den Alfa- 
lien und alfalifchen Erben eigenthümliche Neutral: und 
Mittelſalze. Wir merfen hier das fehwefelfaure Ge: 
wächsal£ali (vieriolifirter Weinftein), das ſchwefel⸗ 
faure Mineralalkali (GBlauberfals), die ſchwefelſau⸗ 
re Kalkerde (Gyps oder Selenit), die fchwefelfaure 
Scwererde (Schwerfpath), die fehwefelfaure 
Talkerde (Bitterſalz) und die fchwefelfaure Thon: 
erde (Alaun). 

$. 972. Der Schmefel ift eines verjchiedenen 

Grades der Säurung (Oxygenarion) fähig ($. 872.). 
In der Schwefelfäure ift er mit Sauerftoff gefärtigt 
‚ oder faft gefättigt, und fie wird daher als vollfomme: 
ne Säure angefehen; ben einem mindern Gehalte an 
Sauerftoff liefert der Schwefel eine Säure von an- 
derer Natur und andern Eigenfchaften, die als un: 
vollfommene Schmwefelfäure anzufehen ift, und [bie 
ih Khwefligee Säure (Acidum fulphurofum, Acide 
Julfureux) *) nenne. | 

*) Synonyma: phlogiftifirte Vitriolfäure ( Acidum witrioli 
phlogifticatum), flüchtige Schwefelfäure (Acidum [ulphu- 


— fluchtige Vitxxiolſaͤure (Acidum vitrioli ve- 


$. 973. Man erhält viefe fchmefligte Säure 


beym ſchwachen Verbrennen des Schwefels, mobe) 
RR, 


/ 


630 IE Thell. 3. Hauptſtuͤck. 
er mit einer blauen Flamme verbrennt. Die Säure, 
die ſich hierbey bilder, iſt weit ſchwaͤcher an Aciditaͤt 
und ſehr flüchtig, wie ſchon der erſtickende Geruch 
zeigt, der ſich bey dieſem Verbrennen aͤußert, ſo daß 
ſie bey dem Ausſchluſſe der Seuchtigfeit fogar in Gas: 
form erfcheint. ° °- | 

$. 974. Man gewinnt diefe fchwefligte Säure 
auch, wenn man zu der Schwefelfäure einen Körper 
feßt, der durch feine Anziehung zum Sauerftoffe dem 
Schwefel einen Antheil davon entzieht. Bringt man 
etwas Baumoͤhl mit dem Vitriolöhle zufammen, fo 
erzeugt fich fogleich ſchwefligte Säure, und es verbreitet 
fich ein Geruch, wie dom brennenden Schwefel. Eben 
Dies gefchieht, wenn man eine gluͤhende Kohle in Bi: 
trioloͤhl ablöfcht. In beyden Fällen entzieht der Koh⸗ 

lenſtoff der Schmwefelfäure einen Antheil Sauerftoff, 
wWwobey fich dann zugleich kohlenſaures Gas erzeugt. 

6. 975. Am reinſten erhaͤlt man die ſchwefligte 
Säure durch Aufloͤſen verſchiedener Metalle im Vi— 
triolöhle vermittelſt der Siedhitze. Man ſchuͤtte zu 
dem Ende gleiche Theile Queckſilber und Vitrioloͤhl in 
eine glaͤſerne Retorte, die mit der pneumatiſchen Queck⸗ 
ſilberwanne in Verbindung iſt, und erhitze das Ge⸗ 
menge im Sandbade bis zum Sieden. Das Queck— 
filder entzieht in diefer Hitze der Schmwefelfäure von 
ihrem Sauerftoffe und wird dadurch verfalft; bie 
Schroefelfäure hingegen verwandelt fich in ſchwefligte 
Säure und geht in Gasform in die Vorlagen über. 

$. 976. Dieſes Gas heißt ſchwefligtſaures Bas 
(Ges fulphurolum, Gaz acide fulfureux),*) Es 


iſt 


1 


Schwere einfache Stoffe u. ihre Verbindungen. 631 


iſt ſpecifiſch ſchwerer, als atmoſphoͤriſche $uft CI. 
oben ©. 253.). Es hat einen erftidenden Geruch) 
und ſchwach⸗ ſaͤuerlichen Geſchmack, iſt irreſpirabel, 
und unfaͤhig, das Verbrennen zu unterhalten. Es 
laͤßt ſich nicht vom Waſſer ſperren, ſondern dies ſaugt 
es ein, oder eigentlicher, es zerſetzt es, und entzieht 
bie ſchwefligte Säure dem Wärmeftoffe. | 


) Synonvma: vitriolſaure Suft (Asr acidus vitrioliens )y 
Schwefelluft, Schwefelgas (Aör fulphureus, Gas [ul« 
phureum). u 

6. 977. Das Mafler, welches die ſchwefligte 

Säure aufgeldf’t Hat, iſt nun als liquide ſchwefligte 
Saͤure anzuſehen. Es beſitzt den ſchwefligten Ge⸗ 
ruch und einen fäuerlichen Geſchmack. Es roͤthet 
zwar den Violenſyhrup, zerſtoͤrt aber doch ſeine Farbe 
endlich ganz. Die Tinctur der Roſenblaͤtter und meh⸗ 
rere Pigmente verlieten dadurch ihre Farbe gaͤnzlich. 
Hierauf gründet ſich auch das Schwefeln der Seide, 
um ſie weiß zu machen. 


4. 978. An der $uft nimmt die ſchwefligte Saͤu⸗ 
ze nach und nach wieder mehr Sauerſtoff aus der Le⸗ 
bensluft an, verliert ſo ihre charakteriſtiſchen Merk— 
male und wird wieder zur Schwefelſaͤure. 


5. 979. Waſſer und Schwefel haben keine wech⸗ 
ſelſeitige Wirkung auf einander, und es ſcheint nicht, 
daß der Schwefel für ſich, auch in höhern Tempera: 
turen, das Waſſer zerlegen konne. Der Sauerftofl 
iſt alſo dem Waſſerſtoffe näher wertvandt; als dem 
Schwefel. | 


Kar. | 6. 980. 


632 A. Theil. 3. Hauptſtuͤck. F 


. 980. Stickſtoff und Kohlenſtoff Haben auch 
keine bemerkbare Verwandtſchaft zum Schwefel; der 

Waſſerſtoff aber kann damit Vereinigung eingehen, 
wie wir gleich weiter anfuͤhren werden. | 


$. 981. Ein vorzügliches Aufloͤſungsmittel für den 
Schwefel ſind die Alfalien, fo wohl auf naffem, als auf 
trocknem Wege. Wenn man gleiche Theile äßendes 
Gemwächsalfali oder Mineralalfali und Schwefel in 
einem bedeckten Tiegel ben mäßigem Feuer ſchmelzt, 
jo erhält man ein Gemiſch, das nach dem Erkalten 
eine leberbraune Farbe hat, und fo lange es trocken 
bleibe, geruchlos ift, beym Anfeuchten aber fogleich 
einen Geruch wie nad) faulen Eyern entwidelt, an 
der Luft zerfließt, und fich völlig im Waſſer mit gold⸗ 
gelber Farbe aufloͤſ't. Dieſe Verbindung heißt Schwe⸗ 
felleber (Hepar ſulphuris). Ich nenne ſie in der 
methodiſchen Nomenclatur Schwefelalkali (Alcali 
fulphuratum, Sulfure d’alcali). 


$. 982. Wenn man zur Auflöfung des Schwefel: 

alfali in Waſſer eine Säure fchätter, fo wird wegen 
der nähern Verwandtſchaft bes Afalt zur Säure 
ber Schwefel gefchieden, und zwar in Geſtalt eines 
zarten weißen Pulvers, das man Schwetelmilcy 
(Lac fulphuris, Magifterium fulphuris ) nennt. 
Beym Zufaße der Säure zum Schwefelalkali wird der 
‚übele Geruch, den bie Auflöfung des leßtern ſchon 
‚bat, noch viel unerträglicher und ftärfer. Xenver 
man trodenes Schwefelalfali an, fo entfteht ein Auf- 
Sbrrauſen das bey der Vermiſchung der Saͤure mit der 
we. waͤſſe⸗ 


Schwere einfache Stoffe u. ihre Verbindungen. 633 


wäfferigen Auflöfung des reinen Schwefelalkali in der 
Kälte nicht wahrzunehmen ift. Jener Gerud) rührt 
von der Entwidelung und Verbreitung eines eigenen 
Gas her, das eine nähere Betrachtung verdient. 


$. 983. Man nehme friich bereitetes, gepulver⸗ 
tes Schwefelalfali, ſchuͤtte es in eine gläferne Tubu: 
latretorte, die im erwärmten Sandbade liegt, und 
deren Hals mit dem prneumatifchen Apparate in Ber: 
bindung ift; man gieße darauf verbünnte Schwefel- 
fäure, und bringe alles nad) und nad) zum Kochen. 
Bedient man fich hierben der mit Wafler gefüllten 
Wanne, fo ift,es sur, wenn das Wafler darin 
warm ift. | 


$. 984. Diefes fo eshaltene Gas heit fchwefels 
baltiges Waſſerſtoffgas (Gas hydrogenium fulphu- 
ratum, Gaz hydrog£ne fulfure). “) Es unterfchei- 
det fich durch einen fehr unangenehmen Geruch, iſt 
ierefpirabel, loͤſcht ein hineingebrachtes Licht aus, iſt 
aber felbft entzändlih, und brennt in Vermiſchung 
oder Berührung des Sauerftoffgas nad) der Entzüns 
dung; auch durch den electrifchen Funken läßt es ſich 
‚anzünden, wenn es mit Sauerſtoffgas vermifcht if. 
Wenn man das Gas mit lebensluft zufammen in ei- 
nem Glaſe genau verfchließt und ftehen läßt, fo fin- 
det man nach .einiger Zeit Das fchmwefelhaltige Waſſer⸗ 
ſtoffgas zerfeßt, und einen dünnen Ueberzug von 
Schwefel an den Wänden des Gefäßes. 


*) Synonyma: tifches on Schwefelleberluft (Gas he- 
paticum, Aör ee 


5. 985. 


634 ° TE. Shell. 3. Hauptſtuͤck. 


$. 985. Kaltes Waſſer faugt das fchwefelhaltige 
Waſſerſtoffgas nach und nad) ein und erlangt davon 
den Geruch und Gefchmad des leftern. Das damit 
geſaͤttigte Waſſer fommt mit den fo genannten Schwe: 
fe waſſern oder Schwifelbädern (Thermae hepati- 
cae) überein, dergleichen das Aachner ift,' und man 
fann vermittelft ver Parferfchen Glasgeraͤthſchaft ($. 
611.) diefe Waſſer Fünftlih nachahmen. An. der 
$uft werden diefe Waſſer trübe, und eg fcheidet ſich 
Schwefel daraus ab; fie machen den Veilchenſaft 
grünlich; fie trüben das Kalfwaffer nicht, außer wenn 
fie zugleich Kohlenfäure enthalten; fie verlieren durchs 
Kochen ihren Geruch und Geſchmack und ihren 

Schwefelgehalt. 

| $. 986. Die Baſis des jeßt befchriebenen Gas 
ift brennbarhaftiger Wafferftoff und Schwefel. Dur) 
die Verbindung des Schmwefels mit Alfalien und alfa> 
lifhen Erden erhäft nämlich derfelbe das Vermögen, 
das Waffer durch Anziehung des Sauerffoffes zu zer: 
feßen, was er für ſich allein nicht vermag ($. 979.) 
So mie alfo Schmwefelalfali mit dem Waffer in Be- 
ruͤhrung fommt, fo entzieht es ihm Sauerftoff, ber 
‚mit einem Theile des Schmwefels zur Schwefelfäure 
‚wird, die mir der alfalifchen Subftanz in Verbindung 
‚geht, während der Brennftoff diefes zur Schwefel: 
ſaͤure werdenden Schwefels an den Warfferftoff tritt. 
Dieſer fren merdende Wafferftoff des Waſſers nimmt 
einen Antheil Schwefel auf, und bildet Damit die Ba- 
ſis unferes Gas, bie aber von dem fren, gewordenen 
Antheile des Alfali zuruͤckgehalten und erſt beym 


Sufaße 


Schwere einfache Stoffe u. ihre Verbindungen. 635 


Zufaße einer Säure und durch Huͤlfe der Wärme 
daraus frey wird und ale Gas entweicht. Wenn 
auf das trockene Schwefelaffali eine verduͤnnte Säure 
gegoffen wird, fo ift es nur das Waſſer der Säure, 
was unfer Gas bilden Hilft, und die Säure trägt wei: 
ter nichts ben, als daf fie die Bafis des Gas vom Al- 
fali, wovon fie aufgelöf’t wird, entbindet. — Die 
Zerfeßung des fehwefelhaltigen Waſſerſtoffgas durch) 
Sauerſtoffgas läßt fih daraus erflären, daß ver 
Waſſerſtoff und der Sauerftoff fid) dabey anziehen 
und Waſſer bilden, wobey der Schwefel nieberge- 
fchlagen wird. Eben dies ift der Grund, warum das 
Waſſer, welches fhmefelhaltiges Wafferftoffgas auf- 
geloͤſ't enthält, an der freyen $uft Schwefel fallen 
läßt. 2 


$. 987. Das im Waſſer aufgelöf’te Schwefel 
alkali erfährt beym Zuteitte der freuen luft eine ganzs 
liche Zerfeßung; die vorher Flare Auflöfung wird truͤ⸗ 
be, es fchlägt ſich Schwefel nieder, und die übrige 
auge enthält endlich nocdbloß ſchwefelſaures Alfalt 
mit mehr oder weniger fohlenfaurem verbunden. Auch 
das trockene Schwefelalkali verwittert an der freyen 
$uft und verliert alle feine eigenthuͤmlichen Eigen⸗ 
ſchaften, ſo daß endlich bloß ſchwefelſaures Alkali 
mit mehr oder weniger kohlenſaurem Alkali und 
Schwefel vermengt, uͤbrig bleibt. 


4. 988. oͤßt man Schwefelalkali in einer Schaa⸗ 

- fe unter einer mit Sauerſtoffgas gefüllten und mit 

Waſſer geſperrten Glasglocke fiehen, jo finder — 
| da 


656 TE Theil. 3. Hauptſtuͤck. 

Daß das Sauerfloffgas nach und nad) verſchwindet, 
waͤhrend das Schwefelalfali Die vorhin angezeigten 
Veraͤnderungen erfährt. Eben; wegen diefer Wirkung 
des Schwefelalfali auf die lebensluft bediente fich 
Scheele verfelben auch als eubiometrifches Mittel ($. 
:850.). Hr. Guyton (Morveau) hat neuerlid) die 
Anwendung des Schmefelalfali. dazu von neuem em: 
pfohlen und die WVerfahrungsart dabey. vortheilhaft 


abgeändert. 
— ea); In Grens neuem Journ. d-Phpf. 8. Br f. 

5. 989. Der Grund ber wechſelſeitigen Einwir⸗ 
fung des Schwefelalkali und des Sauerſtoffgas liegt 
in der Anziehung des Schwefels zum Sauerſtoffe, und 
des WWafferftoffes zu eben demfelben, und es ift hier- 
aus leicht zu erflären, warum das Schwefelalfali mic 
der Zeit zum fchmwefelfauren Alfali werden fan. Ein 
‘anderer Grund von der Zerftörung der Schwefelleber 
in der atmofphärifchen fuft ift in der Kohlenfäure zu 
ſuchen, die ſich in feßterer findet, vom Alkali nad) 
"und nad) angezogen wird, und es Fohlenfauer macht, 
wodurch es nun unfähig wird, den Schwefel aufge: 
"Töf’e zu erhalten, der ſich alfo niederfchlagen muf. 


...$ 990. Die Verwandlung der Schwefelfäure 
in ſchwefligte Säure durch die oben ($. 974. f.) an: 
gegebenen Mittel ift fchon eine Zerfegung derſelben, 
aber nur eine unvollfommene. Soll derfelben aller 
"Sauerftoff entzogen und folglich der Schwefel daraus 
- wieder dargeftellt werden, fo ift erforderlich, daß der 
——— durch deſſen ſtaͤrkere Anziehung zum 

Sauer⸗ 


| 


Schwere einfache Stoffe u. ihre Verbindungen. 637 


Sauerftoffe diefe Zerlegung. vorzüglich bewerfftellige 
iverden kann, im der Temperatur der Glühehige dar⸗ 
auf wirken koͤnne, und daf folglich die Schwefelfäure 
ſo fixirt fey, um diefen Grad der Hiße ertragen zu 
koͤnnen. Das legtere ift der Fall, wenn fie an ein 
feuerbeftändiges Altali oder an eine Etde ‚gebunden ift. 


$. 991. Wenn man demnad) gleiche Theile feuer- 
beftändiges Alkali und ſchwefelſaures Gewaͤchsalkali 
mit dem vierten Theile des Gewichts des Ganzen Koh- 
fenftaub innigft vermengt, und in einem bedeckten 
Schmelztiegel ſchmelzen läßt; fo erhäft man wirklich 
Schwefelalkali, aus dem man nad) dem Auflöfen im 
Waſſer und Durchfeihen, ven Schwefel durch eine 
Säure fällen kann. 


$. 992; In diefem Progeffe nimmt die e Rofle bey | 
der Temperatur des Gluͤhens, kraft ihrer ftärfern Ver; 
wandtfchaft, den Sauerftoff. der Schwefelſaͤure in fich, 
und entweicht als fohlenfaures Gas, während ihr 
Brennftoff wieder zum Schwefel gehts, der wiederher⸗ 
geſtellte Schwefel geht mit dem Alkali in Verbindung, 
wodurch er nachher durch eine Säure nieder geſchie⸗ 
den werben fanın. 


» 6.993. Auf diefen Uebergang der Schwefel: 
faure in Schmefel durch glühende Kohle gruͤndet ſich 
auch: die Entſtehung des bononiſchen Leuchtſteins 
(Phosphorus bononienfis) aus Schwerſpath, an 
welchem Vincenzo Eafciarolo die leuchtende Eigen: 
ſchaft zuerft beobachtete. Man macht Schwerfpath 
in einem Schmelztiegel erſt rothigluͤhend, reibt ihn 


dann 


638 II. Theil. 3. Hauptftüd. 

dann in einem fleinernen oder gläfernen Mörfer zu 
einem feinen Pulver, vermengt dies mit etwas. Tra⸗ 
ganthfchleim, bildet daraus dünne Scheiben-und aller: 
len Figuren, die man trodfnet, und dann zwiſchen 
Kohlen in einem gut ziehenden Windofen ftarf glühet 
und fie nach verzehren Kohlen herausnimmt. Sie 
leuchten im Dunfeln, wenn man fie vorher eine Zeit 
lang am Tageslichte liegen läßt. Ihre leuchtende Kraft 


"verliert fich, mit der Zeit. Beym Befeuchten mit 


% 


Waſſer äußern fie einen Geruch nach ſchwefelhaltigem 


Waſſerſtoffgas. — Es iſt mir hoͤchſt wahrſcheinlich, 


daß dieſes feuchten ein ſchwaches Verbrennen des 
Schwefels fen, der in diefem Prozeſſe aus der Schwer 
felfäure gebildet wird und mit der Schwererde in 
Bereinigung ift, in welcher Bereinigung er weit geneig- 
ter ift, als für fich allein das Sauerfloffgas zu jer- 
feßen. Die Entwickelung des Wärmeftoffes ift hierbey 
für die einzelnen Augenblicke der Beobachtung zu unbe- 
trächtlich, als daß fie wahrgenommen werben fönnte. 


$. 994. Eine gleihe Bewandtniß hat es auch 
mit Cantons Kichtmagnet oder Phosphorus, den 
man am ficherften fo verfertigt, daß man gleiche Theile 
Aufterfchaalen und Schwefel aufs innigfte und feinfte 
vermengt, und in einem bedeckten Schmelztiegel einige 
Stunden lang in der AWeißglühehiße erhält. Die 
zufammengebadene weiße Maſſe zerbricht man im 
Heine Stuͤcke und ſchuͤttet ſie in eine trorfene Glas: 
zöhre, die man gut verftopft. Man findet die Maffe 
im Dunfeln leuchtend, wenn man fie vorher dem Ta- 
geslichte eine kurze Zeit ausgefeßt hat. 
$. 995. 


= 


Schwere einfache Stoffe u ihre Verbindungen. 639 


6.995. Endlich gehört hierher noch Hombergs 
Pyrophor oder Luftzunder, der fid) an der freyen 
$uft, zumal, wenn. diefe feucht ift, von ſelbſt entzun: 
det und- mie einem Schmwefelgeruche abbrennt. Man 
nimmt fünf Theile gebrannten Alaun und einen Theil 
feines Kohlenpulver, vermengt es aufs genauefte, 
ſchuͤttet/ es in eine Heine.irdene Slafche mit einer engen 
Muͤndung, fo daf fie etwa bis zu zwey Drittel ange: 
fülle wird, umfchüttet fie bis an den Hals in einem 
Tiegel mit Sande und ftellt diefen ins Feuer. Man 
erhißt alles ftufenweife pis zum Gluͤhen der Slafche. 
Es bilder ſich nun Schwefel, der ſich fublimirt und 
an der Mündung der Flaſche mit einer,blauen Slam: 
me brennt. Wenn man die. Slamme an der Muͤn⸗ 
dung nicht weiter wahrnimmt, ſo iſt der Pyrophor 
fertig. Man verſtopft die Flaſche erſt mit einem gut 
paſſenden Thonſtdpſel ‚ nimmt den Tiegel aus dem 
Seuer, und wenn die Flaſche mehr erfaltet we ver: 
ſchließt man fie. mit einem. Korkftöpfel recht feft. 


$. 996. Wenn man von dem gut — 
Pyrophorus etwas auf Papier ſchuͤttet, ſo erhitzt er 
fi), zumal beym Anhauchen, und fängt dann ganz 
von felbft Feuer. Er verbrennt unter einem ftarten 
fchwefligten Geruche. In nicht - gut verwahrten 
Gefäßen verliert er ‚feine ‚Gespennzbebiitiei mit 
der Zeit. 


$. 997. Es iſt durch Berfuche — daß 
der Alaun nur in ſo fern Pyrophorus gebe, als er 
Gewaͤchsalkali enthaͤlt, und daß die Thonerde nichts 
dazu 


640 UII. Theil. 3. Hauptiſtuͤck. 

dazu beytrage. In der Gluͤhehitze zerſeßt nun die 
Kohle die Schwefelſaͤure des Alauns und wird zum 
kohlenſauren Gas, welches austritt; die Schwefel⸗ 
ſaͤure wird zum Schwefel, der ſich verfluͤchtigt und 
verbrennt. Das Gewoͤchsalkali, das bey allem ver- 
Fäuflichen Alaun if, fixirt indeffen einen Antheif _ 
Schwefel und hält ihn zuruͤck, zumal da die Caleina⸗ 
tionshiße nicht‘ bie zum gänzlichen Verfliegen alles 
Schwefels hinreiht; ferner bleibt die uͤberfluͤſſig zu: 
gefeßte Kohle ebenfalls übrig. Die Theile des Pyro⸗ 
phors ſind demnach hoͤchſt trockenes, aͤtzendes Ge⸗ 
waͤchsalkali, Schwefel, Kohle und Thonerde. An 
der feuchten fuft zieht das erſtere ſchnell Feuchtigkeit 
an, erhitzt ſich damit, und dieſe Hitze iſt hinteichend, 
den Schwefel zur Entzuͤndung zu bringen, da er ohne 
dies ben ſeiner Verbindung mit alkaliſchen Subſtan⸗ 
zen zur Zerfeßung des Sauerftoffgas meit mehr ge- 
neigt iſt; diefe Entzündung des Schwefels im Ppro- 
phor pflanzt fich zu den Damit vermengten · Kohlenthei⸗ 
len fort. | | | | 


Stickſtoff und deffen Verbindung mit 
Sauerflofe 

$. 998. ‚Die. ponderabele Bafis des Stickgas, 
deſſen wir fchon in dem Vorhergehenden ($. 829.), 
als Ruͤckſtand der atmofphärifchen luft, deren Sauer: 
ftoffgas durchs Verbrennen einer verbrennlichen Sub— 
ſtanz zerſetzt worden ift, erwähnt haben, heißt Stick: 
Hoff (Azotum, Azoce), *). Erift: für fich nicht 
Yasftellbar, und bis jeßt unzerlagt. Ben der Tempe⸗ 
ratur 


Schwere einfache Stoffe u. ihre Verbindungen. 641° 


ratur und dem Drucke der fuft, moben wir leben, . 
erfcheint er in Verbindung mit dem Wärmeftoffe gas; 
förmig, als Stickgas. I 

. *) Spnonyma: Salpeterftoff, Salpeterfäurefofl 


$. 999. Das Stidigas ſelbſt unterfcheiber ſich 
von andern Gasarten ſehr charakteriſtiſch. Es dient 
weder zur Reſpiration für Thiere, noch zur Unterhal: 
tung des Verbrennens. Es iſt unentzuͤndlich; ge— 
such: und geſchmacklos; wird weder vom Waſſer 
noch von alfalifhen Slüffigfeiten eingefogen; und ift 
etwas weniges ‚fpecififch leichter, als atmofphärifche 
tuft (S. 253.). In der Armofphäre macht es bey 
weitem den gröfeften Antheil aus. Es finder fich 
auch i in der Schwimmblaſe der Fiſche. 


$. 1000. Der Stickſtoff macht einen Grundſtoff 
ſehr vieler Koͤrper des Pflanzenreichs, und beſonders 
des Thierreichs aus. Mit dem brennbarhaltigen 
Waſſerſtoffe bilder er zuſammen das Ammoniak (9. 
885.), das nad) Berthollet aus beynahe 0,4 Theis 
len Stidftoff und o,ı Theile XBafferftoff zufammen- 
| gefeßt ift. Das bey der trockenen Deftillation und bey 
der Faͤulniß thierifcher und vegetabilifcher Dinge zum 
Vorſcheine fommende Ammoniak ift erft ein Product 
aus diefen genannten Grundftoffen. Beym Berbren: 
nen des Ammoniafgas mir Sauerftoffgas ($. 885. ) 
erhält man daher auch Waſſer und Stickgas. 


$. 1001. Der Stidftoff ift eine fauerbare Sub: 
ftanz; er ift der Verbindung mit Sauerftoff fähig 
und liefert Damit * den verſchiedenen Graden der 
Ss Auf⸗ 


2 TE Dheil. 3. Hauptflüd. 


Aufnahme des‘ Sauerſtoffes verfchiebene Produete, 
Die gefättigte Verbindung des Sticftoffes mit dem 


Sauerſtoffe giebt die Zalpeterfäure; die minder gefätz 


tigte conflituirt die‘ unvollfommene Galpeterfäure, 
die ich falperrigte Säure nenne; ein noch minderer 
‚Grad der Dridirung macht die. Bafis des Salpeter: 
gas, und. der mindefte die fe Bf 8 des ſauerſtoffhal⸗ 
tigen Stickgas. 


Lavoiſier traitò lm. T. 1. ©, 78. ff. 


6. 1002. Die Salpeterfiure '(‚Acidum nitri- 
cum, de. nierique ) macht einen Beftandtheil des Sal- 
peters aus, worin fie mit dem Gemwächsalfali zum 
Neutralſalze verbunden ift, und man Fann fie vermit- 
telft der Schwefelfäure, die eine nähere Verwandtſchaft 
zum Sewächsalfali hat, daraus austreiben. Nenn 
man nämlich Vitriolöhl auf Salpeter gießt, fo ent: 
ſteht ein Aufbraufen und Erhißung, und es wird fo: 
gleich eine Menge eines rothgelben fcharfen Rauchs 
entbunden, der ſich durch Deftillation zu einer fropf: 
baren Släffigfeit verdichten läßt. Die hierben geſam⸗ 
melte Säure heißt auch rauchender Sa perergeift (Spi- 
ritus nitri fumans Glauberi). Ihr eigenthümlicheg 
Gericht ift bis 1,593; fie ſtoͤßt ben Berührung der 
$ufe rörhlichgelbe Nebel aus, womit aud) der übrige 
Raum in den Standflafchen, worin man fie aufbe; 
wahre, erfüllt if. Sie zieht Feuchtigkeit ftarf an; 

erhitzt fi) bey der Vermiſchung mit Waſſer, wobey 
‚die Entmwidelung der röthlichen Nebel noch weit Haus 
figer wird, Bey dieſer Verduͤnnung mir Waſſer wird 


R fi 


Schwere einfache Stoffe u. ihre Verbindungen. "643 


ſie erft grün, ben noch mehrerm 'zugefeßten Waſſer 
blau, und zuleßt verſchwindet alle Farbe. 


. 1003. Die gelbe oder rörhliche Farbe, und 
die Eigenfchaft, vröthlichgelbe Nebel auszuftoßen, 
fommen der vollfommenen Salpeterfäure, als folcher, 
nicht zu, fondern feßt ſchon eine Modification derfels 
ben voraus und rührt von minder vollfommener 
Salpeterfäure ber, : Wenn man daher die rauchende 
‚Salpeterfäure aus einer gläfernen Netorte im Sands 
bade ben ganz gelindem eure nochmals deflillirt, fo 
erhebt fich der rauchende Theil zuerſt, und der Ruͤck— 
ftand verliert endlich alle feine Sarbe und feine raus 
- chende Beichaffenheit. Eben jo wird. diefe flüchtigere 
sauchende Säure bey der Verwuſchung mit Waſſer 
von der uͤbrigen volllommenen Saͤure geſchieden, und 
die farbenloſe verduͤnnte Saͤure iſt nun als die reine 
volllommene Salpeterſaͤure anzuſehen. Die ver— 
duͤnnte Salpeterſaͤure heißt auch Scheidewaſſer (Aqua 
fortis ): 


$. 1004. Die Safsererfiute unterfcheibet ſich 
von der Schwefelſaͤure durch einen eigenen Geruch, 
durch ihre Fluͤchtigkeit, durch ihre große Schärfe ges 
gen organische Theile. - Sie faͤrbt Haut, Haare, 
Seide, u. dergl., dauerhaft gelb. Die mir der voll 
fommenen Salpeterfäure bervorgebrachten Neutral⸗ 
und Mittelfalje zeigen am beiten, ihren Unterſchied 
von andern Säuren. Sch nenne von diejen nur das 
ſalpeterſaure Gewachsalkali (gemeiner Salpeter) 

und die ſalpeterſaure Ralkerde ( Mauirſalpeter). 
Ss 2 $. 1005, 


64 TE Theil. 3. Hauptſtuͤk. 


6. 1005. In der Natur erzeugt ſich die Salpe⸗ 
terſaͤure bey der Verweſung organiſcher, beſonders 
thieriſcher Subſtanzen, aus dem Stickſtoffe derſelben 
und dem Sauerſtoffe, und die erzeugte Salpeterſaͤure 
tritt mit der Kalkerde der Dammerde, worin die Ver⸗ 
weſung geſchieht, zuſammen, und bildet fo den 
Mauerſalpeter (9. 1004.). 


$. 1006. Der rauchende, roͤthlich gefärbte, An: 
theil, der fi) aus dem rauchenden GSalpetergeifte 
durch Erhißung abfondern läßt ($. 1003.), fi nur 
ſchwer zur liquiden Fluͤſſigkeit verdichtet, fehr flüchtig 
iſt, fchon in der gewöhnlichen Temperatur roͤthlichen 
Dampf und Nebel bildet, und nicht die Acidität hat, 
als die vollfommene Salpeterfäure, ift als unvollfom: 
mene Salpeterfäure anzujehen, die ich falpetrigte 
Säure (Acidum nitrofum, Acide nitreux') nenne 
($. 1001.). Sie ift in defto größerer Menge im 
zauchenden Salpetergeifte enthalten, ‚je rauchender das 
Vitrioloͤhl war, deſſen man fich zur Rn def- 
felben bediente. 


$. 1007. Daf in ber fapeteigten Stüre die 
Taurefähige Grundlage mit weniger Sauerftoff verbun: 
den fen, als in der Galpeterfäure, erhellet aus meh: 
rern Erfahrungen. Wenn man nämlich Salpeter 
in einer gläfernen befchlagenen Retorte, die mit dem 
pneumatiſchen Apparate in Verbindung ift, glühen 
laͤßt, fo geht eine große Menge Sauerftoffgas über, 
und zulegt entwickeln ſich auch Dämpfe von falpetrig- 
ter Säure, wenn die Retorte dem Schmelzen gehoͤrig 
wider⸗ 


Schwere einfache Stoffe u. ihre Verbindungen. 645 


widerſteht. Die zuruͤckbleibende Salzmaſſe ſchmeckt 
altaliſch, läßt aber beym Aufgießen, ſelbſt von ſchwaͤ⸗ 
chern Säuren, wie von Eſſigſaͤure, die ſonſt die Sal⸗ 
peterſaͤure nicht austreiben, rothe Dämpfe fahren und: 
giebt falpetrigte Säure. Dffenbar wird hier der vol‘ 
fommenen Salpeterfäure durch das Keuer ein Ancheif 
Sauerftoff entzogen, der Damit als, Sauerftoffgas 
austritt, und die faurefähige Grundlage der Salpe: 
terfäure bleibt, mit weniger Sauerftoff und mit aufge: 
nommener Bafıs des Lichte oder Brennftoff verbunden, 
als falpetrigte Säure beym Alkali zurüd, bis auch, 
durch die anhaltende Hiße ein größerer oder geringerer 
Antheil derfelben ausgetrieben wird. Wenn vollkom⸗ 
mene Salpeterfäure ‚durch eine glühende gläferne 
Nöhre getrieben wird, fo liefert fie auch Sauerftoff- 
gas und falperrigte Säure. Endlich, wenn man un: 
gefärbte, concentrirte Salpeterſaͤure im einer recht 
durchſichtigen Retorte, die in Verbindung mit der 
pneumatiſchen Geräthfchaft ift, den Sonnenftrahlen 
ausfeßt, ſo entwickelt fih Gauerftoffgas und die 
rucftändige Salpeterfäure wird wieder gefärbt. — — 
Dunfle Wärme, ohne Sicht, bewirft biefe Veraͤnde⸗ 
sungen nicht, | 
$. 1008. Alle Körper des Thier⸗ und Gewaͤchs⸗ 
reichs zerſetzen die Salpeterſaͤure und entziehen ihr 
durch ihren Kohlenſtoff den groͤßeſten Antheil Sauer⸗ 
ſtoff, ſo daß ſie dadurch nun von anderet Natur und 
anderm Verhalten erſcheint. Ein gleiches thun auch 
ſehr viele Metalle, wie z. B. Kupfer, Queckſilber, 
Eiſen. Wird Selva inne darauf gefchürtet, fo 
| entſteht 


646: 11: Thell. 3.Hauptftäck.. 


entſteht Erhitzung und Entwickelung von luftblaſen, 
die bey Beruͤhrung der atmofphärifchen $uft ſogleich 
: einen gelbrothen Nebel genen. Um dte hierben Statt 
findenden Veränderungen beffer beurtheilen zu können, 
wählen wir den folgenden Verfuch. 


$. 1009. Man fülle eine Feine Entbindungsfla= 
ſche ganz mit Kuprer- oder Meffingdraht an, gieße 
verduͤnnte Salpererfäure, die aus einem Theile con 
centrirter Salpeterfäure und drey Theilen Waſſer ges 
macht ift, hinein, fo daß Feine atmofphärtiche Luft im 
Glaſe zuruͤckbleibt, und verbinde die Slafche gehörig 
mit der prreumätiichen Gerächihafl. Das Merall 
Iöf’e fih unter Aufbranfen in der Säure auf, und es 
tritt eine große Menge von luft durch die Seitenröhre 
der Slafche aus, die man auffängt, nachdem man 
die erften Portionen hat weggehen laffen. 

6. 1010. Die erhaltene fuftart heißt Salpeter⸗ 
38 (Gas nitrofum, Gaz nitreux). Es iſt farben: 
Ios, hat feine Spur einer Säure an fi, und roͤthet 
an fich die lackmustinctur nicht, loͤſ't ſich nicht in 
Waſſer auf, truͤbt das Kalfwaffer nicht, iſt hoͤchſt 
irrefpirabel, und verloͤſcht ein hineingebrachtes licht. 
Es verliert ſogleich ſeine Gasform, wenn es die atmo— 
ſohaͤriſche luft berührt, und verwandelt ſich in röch- 
lichgelbe ſaure Nebel, mie fie rauchender Salpeter⸗ 
geiſt ausſtoͤßt, und in Salpeterſaͤure, die vom Waſſer 
nach) und nad) eingefogen wird. 

$. 1o1r. Wenn man umter einen Glacchlinder, 
der das Galpenegas ı mit Waſſer geſperrt enthält, 

atmo⸗ 


Schwere einfache Stoffe u. ihre Verbindungen. 647 


atmofphärifche. Luft treten läßt, ſo entſtehen ſogleich 
xoͤthlichgelbe Nebel unter Erwärmung und eine Ver⸗ 
minderung des Volums beyder tuftarten; das Waſſer 
ſteigt in. dem Cyhlinder höher und wird nun zur ver⸗ 
Binnen Salpeterſaure. Wenn man beude luftarten 
ſolcher Geftalt An gehörigem Verhoͤltniſſe vermiſcht 
hat, fo bleibt endlich, bloß noch Das. Stickgas der at⸗ 
moſphaͤriſchen zuft uͤbtig. Man braucht gewoͤhnlich 
16 Maafe atmoſphaͤriſche Luft, um 71 Di. Salpe; 
tergas völlig zu zerftören, 


$. 1012. Wenn man flatt der atmofpharifhen 
fuft im vorigen Verfuche ($. 1011.) reines Sauer— 
ſtoffgas anwendet, fo. ift die Nöthung und Erhitzung 
weit beträchtficher; ‘und wenn beyde luftarten völlig 
rein waren, fo erfolgt, bey der Vetmiſchung derſelben 
im gehoͤrigen Verhoͤltniſſe, ein ganzliches Verſchwin⸗ 
den derſelben. Indeſſen ſind das Salpetergas und das 
Sauerſtoffgas ſchwerlich ganz von allem Stickgas rein 
zu erhalten, welches dann übrig bleibt. Man braucht 
etwa 4 M. Lebensluft zu 75 M. Salpetergas. 


$. 1013. Die rothen Nebel, die in benden Er: 
fahrungen ($.. 1012.) entfiehen, find .falpetrigte 
Säure, die nah) und nad) in Salpeterfäure überacht 
und vom Waffer eingefogen soird. Aus Sauerftoff: 
gas und Safvetergas wird alſo Salpeterſaͤure, und 
jene benden $uftarten hören auf, zu feyn. | 


. 1014. Es folgt aus allen diefen Erfahrun: 


gen, daß das Galpetergas die Grundlage der Sal⸗ 
* | peter: 


648 TI. Theil. 3. Hauptſtuͤck. 

peterfaͤure enthalte, die durch Aufnahme des Sauer: 
ftoffes wieder zur Salpeterfäure wird; und daß alſo 
das Metall ben der Aufldfung in Salpeterfäure (€. 
‚1009. ) einen Antheil diefer legtern zerfeße, ihr Sau- 
erftoff entziehe, dagegen Brennftoff abtrete, und fie 
dadurch in einen veränderten Zuftand bringe, wobey 
fie in der Temperatur unferer Armofphäre luftförmig 
ericheint, nicht mehr als Säure wirft, und andere 
Eigenfchaften zeigt. Bey Berührung des GSalpeter: 
gas mit Sauerftoffgas ziehen: fi) aber die Grundfagen 
beyder fuftarten an und bilden unter Entlaffung ih: 
es Wärmefloffes wieder Salpeterfäure. 


$. 1015. Die Bafis des Galpetergas enthält 
alfo außer Brennftoff das Radical der Galpeterfäure; 
indeffen werden die folgenden Erfahrungen zeigen, 
daß fie daſſelbe noch nicht rein enthält, fondern noch 
felbft in Verbindung mit einem Antheile Sauerftoff, 
der aber nicht hinreichend ift, das Radical in den Zu- 
fland einer Säure zu bringen. Es wird alfo der 
Salpeterfäure durch das Metall ($. 12009.) nicht 
aller, fondern nur der größte Theil des Sauerftoffes 
entzogen, und die Bafis des Salpetergas befteht dem: 
nach aus Brennftoff, dem Radical der Salpeterfäure 
und etwas Gauerftoff. 


$. 1016. Die Bildung der Baſis des Salpeter: 
gas ıft aber noch nicht der erfte Grad der Dridirung 
bes Radicals der Salpeterfäure, fondern es giebt 
noch einen niedrigern. Wenn man naͤmlich Salpe- 
tergas uͤber angefeuchtetem Eiſenfeil oder angefeuch—⸗ 
tetem 


— — — — — — nn. 





Schwere einfache Stoffe u. ihre Verbindungen. 649 


tetem Schwefelalkali ftehen laͤßt, fo erleidet es eine 
Verminderung feines Volums von etwa $ und er- 
langt ganz andere Eigenfchaften, als es vorher beſaß. 
Naͤmlich das nun noch ruͤckſtaͤndige Gas wird vom 
Waſſer eingeſogen; es wird durch Sauerſtoffgas nicht 
zerſetzt, und zerſetzt dieſes nicht; es bringt damit kei⸗ 
nen rothen Nebel zuwege; es brennt eine Kerze Darin 
mit vermehrtem Glanze, und ihr glimmendes Docht 
wird darin wieder von felbft zur flammenden Entzünz 
bung gebracht; brennender Phosphor, Schwefel und 
Kohle verföfchen aber, und Thiere erſticken darin, 

Vom Salpetergas ſelbſt wird es nicht afficirt. 


$. 1017. Man hat dieſes Gas, welches Prieft; 
ley ſchon unter dem Damen der depblogiftifircen 
Salpeterluft erwähnte, gasfoͤrmige azorifche Halb: 
fäure (Oxide d’azote gazeux) genannt. Ich nenne 
es fauerftoffbaltiges Stidgas (Gas azoto[um ), 
Bey feiner Enrftehung ($. 1016.) wird der Baſis 
des Salpetergas noch Sauerftoff entzogen, indeffen 
doch noch nicht aller, den fie enthält, und Dagegen 
noch mehr Brennftoff mitgetheilt ; und es bildet nun 
das Radical der Salpeterfäure, mit noch weniger 
Sauerftoff verbunden, die Bafis einer andern. vom 
Salpetergas verfchiedenen Gasart. Sonft. erhält 
man diefes Gas noch, auf verfchiedene andere Weiſe, 
wie z. B. dadurch, daß man ſalpeterſaures Ammo⸗ 
niak mit etwa dreymal ſo viel Sand vermengt, aus 
einer kleinen Retorte in Verbindung mit der pneuma⸗ 
tiſchen Geroͤthſchaft deſtillirt; gegen das Ende, der 
Operation kommt aber viel Stickgas. of 


650 1... II Theil. 3. Hauptſtuͤck 


BP Drieeps Verſ. u. Beob. über verſch. Gatt. der Luft, 
©. 208, zo. "In. &, 16. 22. 126. 128. 133. Eben» 
— Verſ. u. Beob. über verſch. Theile der Narurf 
Tb 1. &. go so Tb. 11. ©, 156. 165. 306. Ueber die 
Natur des von Hru Prieſtley fo genannten dephlogiftifirtem 
Ealpe eraas oder der „adförmtaen azotiſchen Halbiäure, 

von J R. Deimanı, Trooſtwyk, Nieuwland, 
un Konmetnbusgh; in Grens neuem Journ. d. Phyſ B. . 

. 243 


% 1618. Das Radical der Salpeterfäure iſt 
alſo mehrerer Grade der Oxigenirung fähig (F. 1001.). 
Der erſte over niedrigfte Grad ift die Bafis des fauer: 
ftoffpaltigen Stidgas; der zweyte die Bafis des Sal— 
peiergas; der dritte die falpetrigte Säure; und der 
vierte und legte Die Salpeterfäure. | 


9. 1019. Das Stidgas hat feinen Einfluß auf 
das Salpetergas, und bende Gasarten wirken nicht 
auf einarder. Eben jo wenig wirft Fohlenfaures Gas, 
Mafferitoffgas, fchmwefligtfaures und Ammoniafgas 
darauf. Weil alfo die gewöhnlichen irrefpirabeln 
$uftarten das Salpetergas nicht zerfeßen, und es nur 
Das Sauerftoffgas thut, und diefes dadurch auch feibft 
jerfeßt wird; fo hat matı eben das Salpetergas als 
ein unomerrif.bes Mittel zur Prüfung des Gehalts 
der atnrofphärifchen fuft an lebensluft vorgefchlagen 
und angewendet ($. 850.). Indeſſen gewährt dieſe 
Prüfungsart doch feine ftetigen und zuverlaͤſſigen Reſul⸗ 
tate, obgleich übrigens das Verfahren und die Werk— 
jeuge Dazu von Fontana und Ingenhouß gar ſehr 
bervollfommnet worden find. 

| $. 1020. Meder die Kohlen noch der Schwefel 
jerfegen in der Kälte die Salpeterfäure, wohl aber in 
der Hihe und wenn die letztere recht concentrirt iſt, 

obgleich 





— 


Schwere einfache Stoffe u ihre Verbindungen. 651 


obgleich nur ſchwer und langſam. In Verbindung 
mit Waſſerſtoff zerſetzt aber ſo wohl die Kohle als 
der Schwefel die Salpeterfäure weit leichter: das 
eiftere beweiſen vegetabillſche und thieriſche Stoffe, 
wie 3. DB. Zucker, Dehle, u.a. m., die fhon im 
mäßiger Märme die Salpeterfäure in Salpetergas 


verwandeln; das letztere wird durch ſchwefelhaltigeg 


Waſſerſtoffgas dargethan, welches von concentrirter 
Salpeterfüure zerſetzt wird und dieſe fetbft jerfeht. = 


- Ktr02R Die vbllige Zaſthang der Sahpeter⸗ | 


inte und die Scheidung ihres Radicals kann durch 
Kohle in der Temperatur der Gluͤhehitze bewitkt wer⸗ 
den, indem die: Kohle in dieſet Hiße, wegen’ "ihrer 
nähern Verwandtſchaft zum Sauerſtoffe, dehfelben 
der Salpeterſaͤure ganz entzieht. Wenn aber die 
Salpeterfäure jur Temperatur der Gluͤhehitze gebracht 
werden ſoll, fo muß fie fixirt ſeyn, wie fi fie e es im Sk 
peter — Gewaͤchsalfali iſt. - 


6, 1022. Der Salpeter, der für fich allen: in 
der Hiße ruhig fließt, ; bringt ſogleich eine Ent zuͤn⸗ 
dung mit einem Geraͤuſche zuwege, wenn man ihn mit 
gluͤhender Kohle in Beruͤhrung bringt, oder ihn in 
gluͤhenden Fluß ſetzt und dann Kohle darauf traͤgt. 
Dieſe Entzuͤndung und Zerſetzung des Salpeters in 
der Hiße mit entzändfichen Dingen nennt t man bag 
Derpuffen ( Detoniatio 5 derſelben. 


5. 1023. Nicht bloß die Kohle, ſondern — 
der Schwefel, der ——— die mehreſten Metalle, 
und 


— 


62... IE Theil. 3. Hauptſtuck. 
und überhaupt alle entzündliche Körper bringen mit 
Auͤhendem Salpeter Verpuffen hervor. 


£ 1024. Das Verbrennen der entzuͤndlichen 
Körper beym Berpuffen gefchicht weit febhafter und 
fehneller und mit weit ftärferm lichte, als forft in at⸗ 
mofphärifcherfuft, und ganz fo als in reinem Sauer: 
ftoffgas. Der Salpeter wird daben jerftört, und es 
bleibt nur das Gewaͤchsalkali deffelben übrig, das 
aber freylich durch die erzeugte neue Säure, zu wel 
cher der verbrennliche Körper- das Radical und Die 
Salpeterfaure den Sauerftoff hergaben, mehr oder mes 
niger verändert fen fan. . Wenn man daher auf 
Galpeter ,. der. in einem glühenden Tiegel im: Feuer 
fließt, Rohlenpulver fo lange -aufträgt, bis fein Verpuf⸗ 
fen mehr erfolge, fo bleibt das Gemächsaffali nur zum: 
Theil Eohlenfauer übrig, weil durch das Gluͤhen def 
feiben felbfi ein Antheil der, gebildeten Kohlenfäure 
wieder ausgetrieben wird. Wenn man fich ben die: 
fem Verſuche ftatt der Kohle des Schwefels be: 
dient, fo hat man ebenfalls eine lebhafte Verpuffung, 
and das ruͤckſtoͤndige Alfali iſt ſchwefelſauer. Der 
Schwefel iſt alſo auch in der Gluͤhehitze dem Sauer⸗ 
ſtoffe naͤher verwandt, als das Radical der Salpeter: 


Rure. 


6. 1025. Die Entzündung des Schiefpulvers 
ift ebenfalls eine wahre Verpuffung des Galpeters 
vermi:telft der dabey befindlichen Kohlen: und Schw : 
feltheile.. Die Güte deſſelben hänge von der Meinigs 
beit ber dazu erforderlichen Materialien, von der ges 

nauen 


Schwere einfache Stofeu. ihre Verbindungen. 653 


nauen und innigen Vermenaung berfelben, und dem 
gehöriaen Verhältniffe derſelben gegen einander ab. 
Diefes Berhältnif der Ingredienzien deſſelben ift frey⸗ 
Sich nad) dem befondern Gebrauche, wozu das Pul- 
ver beſtunmt ift, verſchieden. Gewoͤhnlich befteht es 
aus 0,75 Salpeter, 0,16 Kohlen und 0,09 bis 0,10 
Schwefel. Der Schwefel ıft.nöthig, damit das Pul, 
ver defto leichter Feuer fange. 


$. 1026. Ein anderes hierher — merk⸗ 
wuͤrdiges Gemenge iſt das Anallpulver (Pulvis ful- 
minans), welches das Beſondere hat, daß es, ohne 
eingeſchloſſen zu ſeyn, auch ſchon in geringer Menge, 
bey einer allmaͤhligen, bis zur Entzuͤndung des 
Schwefels gehenden Erhitzung, in einem Löffel über 
glühenden Kohlen, mit einem heftigen Schlage, ab: 
brennt. Man macht es aus dren Theilen Salpeter; 
zwey Theilen trockenen Weinſteinſalzes und einem Thei⸗ 
le Schwefel, die man recht fein zuſammenreibt. 


$. 1027. Um nun beurtheilen zu koͤnnen, mas 
aus der beym Verpuffen des Salpeters zerfeßten Sal: 
. peterfäure wird, muß man daffelbe nochwendig in 
verfchloffenen Gefäßen in Verbindung mit der pneus 
matifchen Geräthfchaft unternehmen. Es dient dazu 
am beften ein Gemiſch aus einem Theile Kohlenpul⸗ 
ver und drey Theilen Salpeter. Den Zulaß von 
Schwefel muß man, wegen der fonft entftiehenden 
Heftigkeit der Erplofion, ganz vermeiden, Dan 
bringt von dem mäßig angefeuchteten Gemenge in das 
genau gefchloffene Ende eines Flintenlaufs, ſtampft 


64 I. Dheil. 3.Haupiſtuck. 


es feſt, legt diefes Ende zwiſchen Kohlen, und ben 
Flintenlauf ftarf geneigt mir feiner Mündung "unter 
den Trichter ver mir heißem Waſſer gefüllten Wanne 
bes pneumatifchen Apparats. So wie die Stelle, wo 
ſich das zu verpuffende Gemenge endigt, glühend wird, 
hebt die Verpuffung an, und verbreitet ſich nach und 
nad) durch die ganze Mafje mit heftiger und Häufiger 
Entwidelung von Gas. Nah Endigung. des Der: 
ſuchs findet man den Salveter im Flintenlaufe völlig 
zerfiört, und an feiner Stelle Fohlenfaures Gemäds: 
alfali mit mehr oder weniger unverbrannter Kohle; 
die übergegangene fuft beiteht aus fohlenfaurem Gas 

und Stickgas. | | | 
$. 1028. Da die Kohfenfäure, die ſich hierbey 
bildet, nicht anders erzeugt werden fann, als daf die 
Kohle der Salpeterfäure den Sauerjtoff entzieht; da 
. ferner alle Salpeterfäure, hierbey verſchwindet und 
auch das Sperrwaſſer beym Verſuche nichts davon 
enthält; da ferner eine fo große Menge von Stickgas 
hierben zum Vorſcheine fommt: fo folgt, daß ver 
Stickſtoff das Radical der Salpererfänre oder ihr 
ſaͤurefaͤhiges Subſtrat ausmache. Da ſich dieQuan. 
titaͤt der bey dieſem Prozeſſe erzeugten Kohlenſaͤure 
und der dabey verzehrten Kohle beſtimmen läßt ‚% 
fann man aud) aus dem fchon befannten Verhältniffe 
bes Kohlenitoffes zum Sauerftoffe in der Kohlenjäure, 
und der Quantität des gefammelten Stickgas fehlies 
Ben, mie das Verhältniß des Sauerftoffes zum Stid: 
ftoffe in der im Salpeter befindlichen, hoͤchſt concen: 
trirten, Salpeterfäure ſey. Herr Lavoiſter beſtimm⸗ 
te 


. Schwere einfache Stoffe u. ihre Verbihdungen. 65 5 


te bie Zuſammen ſetzung dieſer Salpeterfäure ſehr na⸗ | 
he aus 0,205 Stickſtoff und 0,795 Sauerftoff.- 
Lævoiſ ter traité éle mentaire, Ta II. S. 524. ff, 


$. 1029. Der Stickſtoff iſt alſo das titteſthige 
Subſtrat der Salpeterſaͤure, und erſcheint nach Maaß⸗ 
gabe des Verhaͤltniſſes des damit verbundenen Sauer: 
ſtoffes in verfchiedener Form und Matur. Mit etiva 
vier Theifen Sauerftoff und ohne Brennftoff macht er 
Die Salpeterfäure, mit etwa drey Theilen deſſelben 
und etwas Brennſtoff die ſalpetrigte Säure, mit nahe 
ziven Theilen deffelben und mehr Brennftoff die Baſis 
des Salpetergas, und mit wenig mehr als. gleichen 
heilen Sauerftoff und.noch mehrerm Brennftoffe die 
Baſis des fauerftoffhaltigen Stickgas. Alles Sauer: 
ftoffes beraubt und mit Brennftoff gefättige, giebt 
das Radical der Salpeterfäure das Stiefgas, 


$. 1030. Eine Beftätigung diefer Theorie. giebt 
‚die Erfahrung, daß Salpetergas, durch einen glühens 
ben Flintenlauf getrieben, ſich ganz in Stickgas ver: 
wandelt, indem das glühende Metall hierbey den noch 
im Salpetergas befindlichen Antheil Sauerftoff ganz: 
lich in ſich nimmt und ‚dagegen Brenuftoff abtritt. 
Ferner erklärt ſich daraus die gänzliche Zerftörung des 
falpeterfauren Ammoniafs für ſich im Glühefeuer, und 
feine Verwandlung in Wafler und Stickgas; in: 
gleichen die Verwandlung des fluͤſſigen Ammoniafe 
in Salperergas, wenn es durch glühenden Braunftein 
in einet Röhre deſtillirt. | 


Yeber 


66 IL Theil. 3. Hauptſtuͤck. 
Te ES ie 
4. 1031. Einen: fontHetifchen Beweis für die 
Miſchung ver Salpeterfäurg fann die Erfahrung von 
Cavendiſh geben, welcher zu Folge ein Gemiſch von 
fieben Theilen Sauerftoffgas und drey Teilen Stick⸗ 
gas in einer mit alfalifcher Sauge gefperrten Glasroͤhre 
durch häufig wiederholte electrifche Funken im Volum 
vermindert und die lauge falpeterfauer wurde. Frey: 
lich bleibt es hierben noch unentſchieden, was die elec- 
trifche Materie hierben ſelbſt bengetragen habe. 


Ueber die Bermanblung eines Gemiſches der depbloaiftifirten 
Luft in Galpeterfäure dur Hülfe des ee u. 
* Grenbiins. in Grens Journale der I. 

832. II. * 


6. 1032. So viel ſcheint indeſſen als Thatſache 
ausgemacht zu ſeyn, daß die Natur bey der Verwe⸗ 
fung organiſcher Körper Stickſtoff, der ein Beftand: 
theil derfelben ift, mit Sauerftoff des Waſſers oder 
der Atmofphäre zur Salpeterfäure vereinigt, und diefe 
in fo fern ein Product der Verweſung genannt werden 
Fan. Daß aber Sauerftoffgas und Stickgas durd 
ihre Vermiſchung feine. Safpeterfäure geben, das hin⸗ 
dert die Verwandtſchaft ihrer refpectiven Grundlagen 
zu dem ABärmeftoffe, womit fie in ii Sasarten 

/ vereinigt find. 


$. 1033. Jetzt läßt fi) nun die Theorie des Ver: 
puffens nad) Dem aucivhlogiſtiſchen Syſteme leicht geben. 
Der Salpeter entwicelt ın der Glühehige Sauerſtoff⸗ 
gas ($. 1007.), welches das lebhafte Verbrennen ver 
ver: 


Schwere einfache Stoffe u. ihre Verbindungen. 657 
verbrennlichen Subſtanzen verurfacht. In der dabey 
Statt findenden Temperatur bemächtigt fich die ver 
brennliche Subftanz des Sauerftoffes der Safpeterfäu- 
re gänzlich, ihr Radical, der Stickſtoff mit Brennftoff ° 
gefärtigt, wird frey und entmweicht als Stidgas ‚ und. 
fo wird die Salpeterfäure gänzlic) zerftört. Die gro⸗ 
Be Menge des Waͤrmeſtoffes, welche die Salpeterſaͤure 
auch im Salpeter noch gebunden enthält, und die nicht 
gänzlich zur Bildung der entſtehenden Sasarten ver 
endet wird, und der Brennſtoff der verbrennli⸗ 

chen Subſtanz, der vom Radical der Galveterfäure 
nicht alle aufgenommen werden kann, ift Urfach des 
Beym Verpuffen entftehenden ftarfen Feuers. — Ei: 
gentlic) fann man aber die Erſcheinungen des Ver⸗ 

puffens nicht von der aus dem Salpeter entwidelten 

gebensluft ableiten; und es ift nicht dieſe, fondern die 

Salpeterfäure felbft, die, ehe noch ihr Sauerftoff 

luftfoͤrmig entwickelt wird, durch denfelben die vers 

brennliche Subſtanz in der Gluͤhehitze zum Verbren⸗ 

nen bringt. Uebtigens läßt ſich leicht Daraus erflären, 

warum das Verbrennen derſelben vermittelft des Sal⸗ 

peters auch beym Ausfchluffe aller Luft in verſchloſſe⸗ 

nen Gefäßen Starthaben kann. In der überaus 

fehnellen Verbreitung des Verbrennens durch Die Maffe 

des Schiefpufvers im verfchloffenen Raume; in der - 

Menge von Stickgas und kohlenfaurem Gas, die bar 

ben fo plöglich erzeugt wird; in der über alle Be 

rechnung großen Elafticität, welche dieſes Gas durch 

die überaus große Menge des frey werdenden Feuers 

erhalten muß; und in der Erpanfivfraft des legtern 

E Tt im 


658: 1. he 3. Hauptſtuͤk. | 
im Augenblicke feines Freywerdens, ift der Grunb ber 
fürchterlich großen Kraft zu fuchen, welche das Schief- 
pulver ausübt, -wenn es im verjchloffenen Raume 
entzündet wird ($. 566.). 

Ben: I feinen ven Schelen, ©h © m il. 9 
$ 1034. Beym Abbrennen des Knallpulvers ($. 
.1026.) ift es wohl gewiß, daß durchs allmaͤhlige Schmel⸗ 
zen deffelben aus dem Schmefelalfali, (zu Solge des im 
Salpeter und Alfali ‘befindlichen Waſſers,) ſchwefel⸗ 
haltiges Wafferftoffgas gebildet wird, oder vielmehr 
im erften Anfange feiner Entftehung begriffen ift und 
mit der aus dem Salpeter entbundenen febensluft ei- 
ne Knallluft macht. 


Phosphor. Phosphorſaͤure. 
$. 1035. Der Phosphor (Phosphorus), den 
man, zum Unterfchiede von andern im Dunkeln (euch: 
tend erfcheinenden Körpern, auch Kunkelſchen oder 
Urin : Pbospbor nennt, ift eine einfache entzündli- 
he Subftanz, durchfcheinend,. weißlich von Farbe, 
etwas zähe von Conſiſtenz, und in einer Hiße, die 
noch nicht die Siedhiße des Waſſers erreicht, ſchmelz⸗ 
bar. Er ift beym Ausfchluffe der Luft in der Hiße 
- flüchtig und laͤßt fich überdeftilliren. Er madır ei- 
nen weit verbreiteten Grundſtoff in den organiſchen 
Körpern, befonders im Thierreiche aus, findet fich 
aber auc) im Wineralreiche, wie z. B. im Eifen aus 

Sumpferzen, | 


| $. 10306. 


Schwere einfache Stoffe u. Ihre Verbindungen. 659 


6. 2036. Der Phosphor entzündet. fich beym 
Zutritte der atmofphärifchen luft oder des Sauerftoff: 
98 bey einer. Wärme von 30 bis 32° R., und wird 
- darin zue Phosphorfäure (Acidum ‚phosphoricum, 
4. phosphorique). Die Umftände, melde diefes Ber: 
brennen des Phosphor begleiten, find ſchon oben ($$. 
827. 834.) befchrieben worden. Der Phosphor laͤßt 
ſich auch durch Reiben feicht in den zu feiner Entzuͤn⸗ 
dung nöthigen Grad der Wärme bringen. Auf die 
leichte Entzündlichfeit des Phosphors gründen fich 
übrigens die Turiner Zetzen, das Feu portatif und 
andere Spielwerfe. Zur Verhütung feiner Entzuͤn⸗ 
dung bewahrt man ihn in Waſſer auf. 


6. 1037. Die Phosphorſaͤure (5. 1036.) un: 
terſcheidet ſich weſentlich von andern Saͤuren. Sie 
iſt feuerbeſtaͤndig; fie kann das Gluͤhefeuer verttagen, 
ohne ſich zu verfluͤchtigen, und ſchmilzt dabey zu einem 
durchſichtigen, an der luft wieder zerfließlichen, Glaſe. 
Sie bildet mit den Alkalien und Erden eigenthuͤmliche 
Neutral⸗- und Mittelfalze, von denen mir hier nur 
das phoephorfaure Ammoniak, das fi) auch im 
menfhlichen Harne findet, und die phospborjaure 
Zalkerde merken. Letztere ft im Waſſer unauflöslich 
und geſchmacklos und: bildet den größeften Theil der 
Rnochenaſche. 


(. 1038. Durch bloßes Släßen für fich läßt die 
Phosphorfäure fi ſich nicht zerlegen und ihren Sauer: 
ftoff nicht fahren. Aber durch Hülfe des Kohlenſtoffes 
läßt fie ſch im Gluͤhen vr. indem der Kohlen: 

zt2 ftoff 


. 


6 Ha 3. Haupiſtuͤck. 


ftoff init dem Sauerſtoffe der Phosbhorſaͤure zur Koh: 
fenfäure wird, die in Gasgeftalt entweicht, und das 
Radical der Phosphorfäure mie dem Brennftöffe der 
Kohle gefättigt wieder Phosphor giebt. So beteitet 
man auch den Phosphor aus Phosphorfäure. und 
Kohlenſtaub durch Deſtillation. 


$. 1039.° An der atmofphärifchen Luft entwickelt 
der Phosphor bey einer Temperatur, die nicht bis zu 
feiner Entzündung, reicht, auf feiner ganzen Ober: 
fläche einen fanften weißen Rauch, von einem knob⸗ 
[auchsartigen Geruche, der im Finſtern leuchtet. ‘Der 
Phosphor zerfließt dabey zu. einer fauern Fluͤſſigkeit. 
Die daben Statt findenden Umftände, die Erflärung 
des Phänomens, und die darauf gegrundere Aniven- 
dung des Phosphors zu einem eudiomerrifchen Mirtel 
find ſchon oben ($$. 847. 851.) angeführt worden. 


$. 1040. Die faure Slüffigfeir, die fih ben die: 
fem Seuchten des Phosphors in atmofphärifcher fuft 
‚bilder, ift unvollfommene Phosphorfäure, die ich 
durch den Itamen der phoephorigten Säure ( Aci- 
dum phosphorofum, A. phosphoreux ) ünterfcheide. 
Sie befigt einen Fnoblauchsartigen Geruch, ftößt in 
der Hitze einen weißen ftechenden Rauch aus und 
verwandelt ſich daben in vollfommene oder Phosphor: 
fäure, moben fi im Sinftern auch leuchten zeigt. 


| $. 1041. Der Phosphor entzieht der Schwe- 
felſaͤure in der Hitze, der Salpeterfäure auch ſchon in 
te Ba den Sauerſtoff, und. wird Phosphorfänre, 


Por | $. 1042. 


Schwere einfache Stoffe ur ihre Verbihdungen. 661 
$. 1642. Die Oehle, ſo wohl die fetten als die 


ärherifchen, löfen den Phosphor auf ‚ und die Auf: 
lhoſung leuchtet im: Dunfeln. Ä 


$. 1043. Mit Benhüfe der äßenden feuerbe- 
ftändigen Alfalien und der gebrannten Kalferde zer: 
feßt der Phosphor das Waſſer fehr leicht. Wenn 
man daher Phosphor mit einer Aßenden fauge des 
feuerbeftändigen Alfali Eocht, fo nimmt er ven Sau: 
erftoff des Waſſers auf und wird zur Phosphorfäure, 
die fich mit dem Alfalt verbindet, während der ABaf 
ferftoff des Waſſers den Brennftoff des Phosphors 
aufnimmt und in Verbindung mit einem Antheile 
Phosphor als eine eigene Gasart austritt, die man 
phoophorhaltiges Waſſerſtoffgas (Gas hydroge- 
nium phosphoratum, Gaz hydrogöne phosphore ) *) 
nennt. 

) Synonyma: Phosphorgas, Phosphorluft. 

Gen über eine, neue Luft, weiche man durch die Wir⸗ 


una von Lougenfalzen auf Kunfels Phosphor erhält; 
in Crelis em. Annalen, 178 8.1. ©. sı4: ff. 


$. 1044. Um biefe Gasart bequem und ohne 
Gefahr zu entbinden, muß man fo wenig atmofphä: 
rifche fuft, als möglich, im die Gefäße einfchließen. 
Man nehme zu dem Ende eine Heine zinnerne oder 
irdene Flaſche von etwa zwey Unzen Inhalt, ſchuͤtte 
auf einen Theil Phosphor in derfelben etwa zwoͤlf Theile 
einer ftarfen äßenden Lauge des: Gewaͤchsalkali, ſo 
Daß nur wenſß luft eingeſchloſſen bleibt; man ſtecke 
einen Kork feſt auf,- durch welchen eine gekruͤmmte 
Glasroͤhre geht, die hoͤchſtens FE sinie im Durd) 


X meſſer 


662 II. Theil. 3. Hauptſtuck. 

meffer hat, und’ deren anderes Enbe unter ben Trich⸗ 
ter der mit Waſſer gefüllten Wanne des pneumati- 
fen Apparate tritt; und erhiße die Flafche allınähe 
lig im Sandbade durch Sampenfeuer bis zum Kochen 
der fauge. 


6. 1045. Die Blafen des Gas, welche hierbey 
übergehen, haben einen fehr unangenehmen, gleicy- 
fam faufigen Geruch. Säft man fie an die atmo- 
fobärifche $uft treten, fo entzünden fie ſich von felbft 
mit einem Knalle, und der weiße Rauch, den fie zu: 
ruͤcklaſſen, fteigt. bey ruhiger $uft als ein horizontaler 
ing, der ſich immer mehr und mehr erweitert, em: 
por; er iſt miedererzengte Phosphorfäaure.. Zum 
Sauerftoffgas gelaflen, . entzunden fich diefe Blaſen 
mir Heftigkeit. Dom Waſſer wird diefes Gas nidht 
aufgelöf’e, und an für, ſich trübt es weder das Kalk: 
waſſer, noch röthet es die lackmustinctur. 

$. 1046. . Die Bafig dieſes Gas iſt brennbarhal⸗ 
tiger Waſſerſtoff und Phosphor. Zn diefer Vereini⸗ 
gung ziehen fie ven Sauerftoff ftärfer an, als fie eins 
zeln für fich thun; fie zerfeßen alfo das Sauerftoffgas 
plöglich, verbrennen; und das Product dieſes Vers 
brennens ift Feuer, Waſſer und Phosphorfäure, 


Säure des Kochſalzes, Flußſpathes 
und Borarxes. | 

$. 1047. Die drey verfchiedenen"Säuren, bie 

im Zochfalze, im Flußſpathe und im Boraxe als 

eigenthümliche Säuren einen Beſtandtheil ausmachen, 

find 


Schwere einfache Stoffe u. ihre Verbindungen. 663 


find bis jeßt noch nicht zerlegt, oder man Fennt ihr- 
Radical noch nicht ($. 867.). Der Analogie nach 
‚mit andern Säuren müffen wir aber freylich ſchließen, 
daß auch fie aus Sauerſtoff und einem eigenen Sub: 
ftrate beftehen. 

$. 1048. 1) Wenn man auf gemöhnliches 
RKochſalz Vitriolöhl gießt, fo entſteht ſogleich eine be⸗ 
trächtliche Erhißung und ein Aufbraufen, und es ent: 
wiceln fi) häufige weißliche Nebel von einem eigen⸗ 
thuͤmlichen fauern und fcharfen Geruche und Ge: 
fhmade. Wenn man diefe Mebel vermittelft einer 
Deftillatien auffänge, und durch fo wenig Waſſer 
als möglich verdichtet hat, fo erhält man eine faure 
Stöffigfeit, die man in Dfficinen rauchenden Salz: 
geift (Spiritus falis fumans Glauberi ) nennt. 


$. 1049. Diefe faure Fluͤſſigkeit ift eine Säure 
eigener Art, die man nach dem Salze, woraus mat 
fie gewinnt, im Syſteme Aochfalsfäaure, Salzſaune 
“(Acidum muriaticum, Acide muriatique ) genannt 
hat. :Da aber die fo erhaltene Säure, wie die Folge 
lehren wird, eigentlich nur eine unvolllommene Säure, 
oder da ihr Radical noch eines höhern Grades der . 
Sättigung mit Sauerſtoff fähig ift, fo nenne ich fie 
falsigte Säure ( Acidum muriatafum) ($. 872.), 
und brauche den Namen Salsfäure für jenen hoͤhern 
Grad ihrer Drigenirung. 


$. 1050. Eigentlich, entweicht dieſe Säure bey 
ihrer Austreibung aus Kochſalz durch concentrirte 
URN in Gasſorm, und wird durch das vor- 
geſchla⸗ 


6 U. Theil. 3. Hauptſtuͤck. 
geſchlagene Waſſer wieder daraus verſetzt, indem es 
die Baſis dieſes Gas in ſich nimmt. Man erhält da⸗ 
her dieſes Gas, wenn man die Muͤndung der Retorte 
ſogleich unter den Trichter der Queckſilberwanne treten 
laßt und die aufſteigenden Blaſen gehoͤrig auffängt; 
Diefes Gas nenne ic) falzigtfaures Gas (Gas muria- 
toſam) ”). Es ift fehr fauer; denn feine Bafıs if 
die ſalzigte Säure. - Es ift erftidend, unfähig zur 
Unterhaltung des Verbrennens; wird vom Waſſer 
augenblicklich verſchluckt, und dag Waffer wird liquide 
ſalzigte Säure. Die Alkalien, Kalkwaſſer, u. dergl., 
faugen es fchnell ein und verlieren dadurd) ihre alfa- 
liche Beichaffenheit. Mit atmofphärifcher und Se: 
bensluft bildet es mweißliche Nebel. Wenn man Am: 
moniafgas damit vermifcht, fo verlieren beyde Gag: 
arten fogleih ihre Luftform unter Erwärmung und 
werden zu einem feſten Salze (Salmiaf). Kohlen: 
faures Gas, Stickgas, reines und ſchwefelhaltiges 
MWafferftoffgas, ſchwefligtſaures Gas und Salpeter⸗ 
gas haben Feine Wirfung darauf, wenn fie niche 
feucht find. | 

) Epnonyma: Galzfaures Bas (Gas acidum muriaticum, 

Gaz acide muriatigue ). 

1 $. 1051. Bon’ den eigenthümlichen Neutral⸗ 

und Mittelfalzen mit der falzigten Säure merfe ich: 
das faligefaure Mineralalkali, (das Aochfals, 
Steinfals, Meerſalz); das falsigefaure Ammoniak 
(Salmiak ); die ſalzigtſaure Kalkerde; die ſalzigtſ. 
Talkerde; die ſalzigtſaure Schwererde; und falsigef. 
Strontionerde. 

. 1052, 


Schwere einfache Stoffe: ihre Verbindungen. 6635 
$. 7052: Das Radical der falzigten Säure 

läßt ſich mit noch mehrerm Sauerfloffe verbinden, und 
erfcheint. dann in einem andern Zuſtande, von andern 
BVerhältniffen und Eigenfchaften;. es wird: nun: zus 
vollfommnern Säure, die ich, zum: Unterſchiede der 
vorigen, Salzſaͤure ( Acidum muriaticum )* ) nenng 
($.:872.), die man aber fälfhlich ala mir Sauer⸗ 
ftoff uͤberſaͤttigt anſieht (HG 873.) und. beshalb 
origenicte Salsfäure ( Acidum nwriaticum oxige- 
natum, Acide muriatique origéêné) genannt hat. 
— Spnonnma: Denhiogifiifiete Salz ſaͤure (Acidum falis‘ 'de- 
phlogifticarum ). 
-$ 1053. Zur Bereitung der Salzfäure bedient 
han ſich des Braunfteins, der, wie wir wiſſen ($. 
832.), fehr vielen Sauerftoff enthält und ihn an 
die falzigte Säure leicht abtritt: "Man ſchuͤttet davon 
gepulvert einen Theil in eine Retorte, gießt drey Theile 
concentritte falzigte Säure darauf, legt fie in ein 
Sandbad, bringt fie mit der pneumatiſchen Wanne, 
die mit heißem Waſſer gefuͤllt ıft, ‘in Verbindung, 
und erhißt fie gelinde. Es entfteht eine Art von Auf⸗ 
braufen, und es entwickelt ſich nach der atmofphäris 
ſchen luft eine elaftifche Flüfligfeit von einer blaßgelben 

Sarbe, die man in Gläfer mit — Stoͤp⸗ 
ſeln auffänge. Pr 


$. 1054. Die — elaſtiſche Fluͤſſigkeit iſt 
fein Gas, ſondern ein Dampf, der bey einer Vers 
minderung der Temperatur, die faum an den Gefrier⸗ 
vunet reicht, zu einer feften ſpießigten Subſtanz ge⸗ 
rinnt, die durch Wärme wieder zur elaſtiſchen Fluͤß⸗ 
figfeic 


66 TE Thell 3. Haupkftüeh, 
figteie wird. Die elaſtiſche Salzſaͤure befißt einen 


ungemein ftechenden und erſtickenden Geruch, toͤdtet 


Bineingebrachte Thiere ſehr ſchnell und ift ganz und 
gar irrefpiräbel, wird vom Waffer nach und nach ein: 


defogen, und bildet nun damit liquide Salzſaͤure. 


Man fann fie auch nicht durch Quedfifber fperren, 
weil fie dieſes auflöf’e, fondern nur in Glaͤſern mit 
eingeriebenem Stöpfel aufbewahren. 


6. 1055. Die Salzſaͤure roͤthet nicht nur erſt 


blaue Pflanzenfäfte, ſondern zerſtoͤrt ihre Farbe ganz, 


ſo wie alle Pflanzenfarben. Alle bunte Blumen und 
gruͤne Bloͤtter werden darin mit der Zeit weiß und 
ungefaͤrbt. Die verlotne Farbe laͤßt ſich durch kein 
Alkali wiederherſtellen. Hierauf gruͤndet ſich die An⸗ 


wendung der Salzſaͤure zum DR von leinwand 


und Baumwolle. 


5. 1056. Eine brennende Wachskerze brennt in 


der elaſtiſchen Salzſaͤure fort, obgleich mit vermin⸗ 
derter und dunklerer Flamme. Phosphorus, Kohle, 
Zinnober, graues Spießglanzerz, Spießglanz, Wis⸗ 
muth, Zink, u. a. verbrennliche Körper mehr, fein 
gepulvert in die erwaͤrmte elaftifche Salifhure geſchuͤt⸗ 
tet, entzänden fich darin ſogar von ſelbſt. Es ent: 


ziehen dieſe verbrennlichen Subftanzen der Salzſaͤure 


einen Andgeil" iuerſtoff und verwandeln ſi ſie in ſal⸗ 
zigte Säure, 

4. 1057. Waſſexſtoffgas giebt mit elaſtiſcher 
Salzſaͤure ein Gemiſch, das ſich anzuͤnden läßt; das 
Product des Verbrennens iſt waͤſſerigte falzigte Säure. 

J Der 


Schwere einfache Stoffe u. ihre Verbindungen. 667 


Der Schtvefel zerlegt die Salzſaͤure auch, verwandelt 
fie in falzigte Säure. und wirb felbft zue Schwefel: - 
ſaͤure. Gefchwefeltes Waſſerſtoffgas wirb davon auf 
eine ähnliche Art affieirt, als von Sebensluft; es fchei- 
bet fi) Schwefel ab, und die Salzfäure wird zur ſal⸗ 
sigten Säure. Galpetergas bringt mit elaftifcher 
Salzſaͤure ſogleich roͤthliche Nebel zuwege, und es 
bilden ſich ſalpetrigte Säure und ſalzigte Säure. 
Stickgas fheint feine Wirfung auf Salzfaure zu ha: 
ben; aber Ammoniafgas bringt mit der erwärmten 
elaftifhen Salzfäure eine Art von Verbrennungl zu- 
wege; das Ammoniaf wird ganz zerfeßt; es erzeugt 
fi) Stidgas, Waſſer und falzigte Säure. 


6. 1058. Die Meutrals und Mittelfalze, ( Mu- 
riates oxygenes), bie aus der Verbindung der Salz: 
fäure mit Alfalien und Erden entipringen, unterfchei: 
den ſich von den falzigtfauren weſentlich. Ich nenne 
hier nur das falsfaure Gewaͤchsalkali (Muriace de 
Pota/je oxigen?), das aud) die zerftörenden Wirkun⸗ 
gen der Salzfäure auf Pflanzenfarben befißt, in der 
Hiße fehr reine Sebensluft entwicelt und dann zu 
falzigtfaurem Gemwächsalfali wird. Mit Kohlenftaub 
vermengt und -in einen glühenden Schmelztiegel ge: 
tragen, bewirkt daB Salz eine heftige Verpuffung; - 
eben fo auch mit Schwefel. Mit Phosphor zuſam⸗ 
mengerieben macht es eine gefährliche Erplofion. 


$. 1059. Wenn man liquide Salzfäure in einer 
weißen gläfernen Retorte, bie mit ber pneumatifchen 
—— in Verbindung iſt, ben Sonnenſtrahlen 
ang; 


—⸗ — 


668 | IL Theil. 3. Hauptftüd. 


ausfeßt, fo entwickelt ſich Daraus Sauerftoffgas, und 
der Ruͤckſtand ift falzigte Säure. Man hat hieraus 
Anlaß genommen, die Salzfäure als ein Photometet 
zu braucheny.aber es gewährt ganz und gat feine Zu: 
verlöffigfeit. 


$. 1060. Auch der Salpeterfäure entzieht die 
falzigte Säure von ihrem Sauerfioffe und verwan⸗ 
delt fi) dadurch in Salzfüure. Wenn man daher 
einen oder zwey Theile flarfe und farbenfreye Salpe: 
terfäure mit vier Theilen concentrirter falzigter Säure 
zufammenmifcht,, fo entfteht Erhißung und ein Auf; 
-braufen, und es entwidelt ſich daraus elaftifche Salz 
fäure, fo wie auch das Gemiſch den Geruch derfelben 
geigt und eine gelbe Barbe annimmt. Das rüdftän: 
dige Gemifch enthält nun unvolliommnere Salpeter: 
fäure mit der Salzfäure gemifcht. Es hat von den 
uͤltern Chemiften. ven Namen Roͤnigswaſſer ( Aqua 
regis, regia), auch Goldſcheidewaſſer, erhalten, 
und ift als fälperrigefaure Salsfaure ( Acidum ni- 
trofo- muriaticum, Acide nitro- müuriatique ) anzu: 
ſehen. Durch feinen Gehalt an Salzſaͤure ıft es 
wirffam , und zeigt deshalb andere auflöfende Kräfte, 
als falzigte Säure allein oder Salpeterſaͤure allein; 
dadurd hat «8 — er auflöfende Kräfte aufs 
Solp. 


$. 1061. 2) Wenn man auf fein ER PER 
Flußſpath Vitrioldhl gießt, ſo tritt fogleich eine Menge 
weißliche Nebel von einem ſauern Geruche und Ge⸗ 
— hervor. Haͤlt man eine —“ uͤber dieſe 
Nebel, 


* 


Schwere einfache Stoffeh. ihre Verbindungen. 669 


Mebel, fo wird die Floͤche derſelben ſehr ſchnell ange: 
griffen, fie verliert ihre Politur, wird undurchſichtig, 
und das Glas wird wirflich angefreffen.: Diefe Wir: 
fung auf Glas und Kiefelerde befißt Feine andere bis 
jetzt bekannte Säure, und deshalb ift die aus dem 
Flußſpathe durch Vitrioloͤhl ausgetriebene Säure: als 
eine eigenthuͤmliche zu betrachten. Ich nenne fie fluſ⸗ 
ſigte Säure (Acidum fluoroſum) *). | 

> Spnonpma: Stußwarhfäure, Spathfäure ( Acidum Auoris 


mineralis), Acidam fluoricum. (Acide fluorigie) der 
Dreuern, | 


$. 1062. Die fluffigte Säure hat fehr viel Aehn⸗ 
lichkeit mit der ſalzigten Säure im Geruche, Gefchma: 
fe und inihrer Stüchtigfeit. Man Fann fie nicht in fe- 
ſter Geſtalt darftellen und ohne vorgeſchlagenes Waſſer 
ben der Deſtillation nicht erhalten. Eigentlich ift fie - 
im waſſerfreyen Zuſtande gasfürmig, und mird in 
dieſer Form aus dem Flußſpathe durchs Vitrioloͤhl ge⸗ 
trieben, das Gas wird aber bey der Deſtillation von 
dem vorgeſchlagenen Waſſer zerſetzt, und ſeine Baſis 
davon eingeſogen, die nun damit die liquide fluſſigte 
Säure bildet. Wenn an demnach ben der Deſtilla⸗ 
tion des Flußſpathes mit Vitrioloͤhl die Muͤndung der 
Retorte unter den Trichter der Queckſilberwanne der 
pneumatiſchen Geraͤthſchaft btingt, fo geht die fluſſigte 
Säure als eine dermanente elaſtiſche Luft uͤber und 
acht das fluſſigtſaure Gas (Gas fluoroſum) *). 
Dieſes Gas verwandelt fich bey Berührung der atmo⸗ 
fohärifchen Suft in mweißliche Nebel, wird vom Waſſer 
fogleich verſchluckt oder vielmehr zerfeßt, und “bilder 
W | damit 


\ 


679 I. Shell, 3. Hauptftäd. 

damit liquide fluffigte Säure. Es ift ſchwerer als 
atmofphärifche $uft, iſt irreſpirabel, verlöfcht ein hin⸗ 
eingebrachtes Sicht, ift fehr fauer, itruͤbt das Kalk⸗ 
waffer ‚gleih, und wird davon zerfegt, fo wie aud) 
von Alfalien, und tritt mie Ammoniafgas sum feften 


Körper zuſammen. 
°) —— RER Gas (Gas weidum Auoricum, 
$. 1063. Hat man diefes Gas aus einer gläfer: 
nen Metorte deftillirt, fo feßt es bey feiner Zerfegung 
duch hinzugelaſſenes Waſſer fogleich eine Fiefeligte 
Rinde ab, zum Beweiſe, daf die fluffigte Säure die 
Kiefelerde fogar in fuftgeftale bringen und verflüchtigen 
kann. | 
$. 1064. Mit der Kalferbe liefert die fluffigte 
Säure eine im Waſſer völlig unauflösliche Verbin⸗ 
dung, und tröpfelt man die Säure zum Kalfwaffer, 
fo entfteht fogleich ein Niederſchlag, der fluffigefaure 
Kalkerde ift. Dergleichen ift auch der natürliche Fluß⸗ 
fpach oder Fluß (Fluor mineralis), der wegen feiner 
Unauflödslichfeit im Waſſer allerdings nicht zu den 
Salzen, fondern zu den-Steinen. oder Erden gehört. 
Er kommt in fchönen wuͤrfligen Kryſtallen, mehr 
oder weniger ducchfichtig, und von den fchönften und 
mannigfaltigften Sarben vor. Er ift im Seuer ſchmelz⸗ 
bar, läßt aber feine Säure dabey nicht fahren. Er 
löf’e im Sluffe andere Erdarten auf, und wird des⸗ 
wegen im Hüttenmwefen als Zufchlag beym Schmelzen 
gebraucht, wovon er auch feinen Namen erhalten hat. 
Beym Erhißen feuchter er im Dunfeln. 
$. 1065. 


Schwere einfache Stoffe u. ihre Verbindungen. 67 


$. 1065. 3) Aus dem Boraxe (Borax) ſchei⸗ 
den die mineralifchen Säuren auf naffem Wege ein 
faures Salz ab, das fi ch in allen Verhaͤltniſſen als 
eine eigenchümliche Säure harafterifirt und den Na: 
men der Zorarfiure (Acidum boracicum, Acide 
boracique) *) führt. Sie bilder ein glänzendes, weich . 
anzufühlendes, ſchuppiges Salz, das faum einen 
fäuerlihen Geſchmack hat, aber die lackmustinctur 
sörhet, im falten Waſſer ſich ſchwer auflöfen läßt, 
und davon bey 50° Sahrenh. 20 Theile erfordert, da 
es hingegen im kochenden Waſſer leicht auflöslich ift. 
Un der luft ift das Sal; beftändig; im Feuer ift es 
nicht flüchtig, es läßt ſich aber Durch Waſſerdaͤmpfe 
mechanıfch in die Höhe reißen. Es ſchmelzt in der Gluͤ⸗ 
hehitze zu einer durchſichtigen, glasähnlichen Maſſe, 
loͤſſt aber leicht von der Thonerde des Tiegels auf, 
Durch diefes Schmelzen wird es meiter nicht verän- 
dert, als daß es fein Kepftallifationsmwaffer verliert, 
Die Borarfäure unterfcheider fich alfo durch ihre Feuers 
beftändigfeit von andern bisher abgehandelten Mine 
ralfäuren gar fehr. 
| *) Sononvma: Sedativfalz (Sal ledativum Hombergi). 


$. 1066. Bon den Verbindungen der Borar- 
fäure mit Alfalien und Erden nenne ich hier das bos 
zoarfaure Yimeralaltalı, dergleichen ver Borax felbft 
äft, der aber doch noch einen Ueberfhuß an Mineral: 
alfali enthält; und die boraxſaure Zaikerde und 
Taiterde, (Boraeit). | 


— 


Metalle. 


&3 IE Shell) Hauptſtuͤck. 
— Mektalle. 


4. 1067. Auch die Metalle ſind einfache * 
brennliche Subſtanzen. Wir kennen gegenwaͤrtig 
neunzehn weſentlich verſchiedene metalliſche Subſtan— 
zen: Gold, Platin, Silber, Queckſilber, Biey, 
Rupfer, Eiſen, Zinn, Zink, Wismuth, Spieß-⸗ 
glanz, Arſenik, Robald, Nickel, Magnefium, 
Molybdaͤn, Wolfram, Uran und Titan. 


6. 1068. Die Metalle übertreffen‘ an ‚fpeeifi 
ſchem Gewichte alle übrige Foſſilien, doch ift darin 
unter ihnen ſelbſt ein betraͤchtlicher Unterſchied. Sie 
find vollfommen undurchſichtig. Sie befißen einen ei: 
genthuͤmlichen Spiegelganz, ‚der ein charafteriftiiches 
Kennzeichen derfelben ausmacht, und ftehen beym 
Fluſſe in ver Schmelzhiße mit convexer — in 
irdenen Schmeljgefäßen: : : 


$. 1069. Mehrere Metalle find befindet , und 
ihre Theile laſſen ſich durch Druckwerk oder Hämmern 
an einander merklich verfchieben, ohne ihren Zufam: 
menhang zu verlieren, und fie laffen fic) fo zu dün: 
nen Blättern und Fäden ftreden, tie z. B. Gold, 
Silber, Platin, Kupfer, . Bley, : Zinn, Eifen. 
Andere hingegen find fpröde und laſſen ſich nicht fire 
den und dehnen, z. B. Spiefglanz, Arfenif, Kos 
bald, Wismuth ıc. Man hat deshalb. die Metalle 
singetheilt in Bansmetalle (Metalla perfecta ) und 
Halbmetalle (Semimetalla). Allein bieje Eintheis 
lung iſt nicht gut ſtatthaft und die Benennung nicht 
gut gewaͤhlt. Denn es laͤßt ſich keine Grenzlinie zwi⸗ 
| | ſchen 


. 


Schwere einfache Stoffe u. ihre Zerbindungen. 673 


ſchen ihnen ziehen, fondern es gehen vielmehr Die ger 
fehmeidigen Metalle ganz RER in ‚die. fpröden 
über. 


$. 1070. Die Metalle find: alle — aber 
in verſchiedenen Graden. So ſchmelzt Queckſilber ſchon 
in der gewoͤhnlichen Temperatur unſrer Atmoſphaͤre; 
einige Metalle ſchmelzen noch vor dem Gluͤhen, z. B. 
Zinn, Bley; andere nach dem Gluͤhen, z. B. Sil⸗ 
ber, Gold, Kupfer, Eiſen. Alle Metalle, nur 
Eiſen und Platin ausgenommen, ſchmelzen, wenn ſie 
den gehoͤrigen Grad der Hitze erreicht haben, ploͤtzlich; 
die letztern hingegen werden erſt erweicht, und darauf 
beruhet ihre ſo nuͤtzliche Eigenſchaft, ſich ſchweißen 
zu laſſen. 


$. 1071. Die Metalle find kryſtalliſirbar, wenn 
die dazu erforderlichen Bedingungen Statt finden 
($.142.). Bey den fo genannten Halbmetallen ift das 
innere kryſtalliniſche Gefüge leicht wahrzunehmen; ben 
den zähen fällt es darum nicht in die Augen, weil 
eben wegen ihrer Dehnbarkeit fich - Zerſtuͤcken bie 
Sage ihrer Theile ändert. 


$. 1072. Die, mehrften Metalle find in — 
Schmelzhitze feuerbeſtaͤndig, wie Gold, Silber, 
Kupfer, Platin, Eiſen, Bley, Zinn, Nickel, Ko: 
balt, Magneſium, Wolfram; einige hingegen ſind 
flüchtig. und’ laffen ſich in verſchloſſenen Gefäßen in 
die Höhe treiben, wie Duedfilber, Wismuth, Zinf, 
Arſenik und Spiefglanz. Die Seuerbeftändigfeit der 
zu. ift freylich..nur.zelatip, und: man hat in ber: 
R Uu | groͤß⸗ 


6 1. Sheil. 3. Haupiſtuͤck 
größten Hiße großer Brennaläfer * das Gold. ſich 
verfluͤchtigen gefehen. | 


6. 1073. Die mehrfien Metalle laffen fich unter 
einander zufammenfchmelzen, und es entipringen 
daraus mannigfaltige Metallgemiſche, Metallver⸗ 
ſetzungen, oder Kegirungen, die wegen ihrer beſon⸗ 
dern Eigenfchaften oft von fehr großem Mugen find. 
Diefe Metallgemifche find oft dichter, als fie der Be— 
rechnung zu. Solge fern follten, oft meniger dicht. 
Merkwuͤrdig ift es, daß einige Metalle gar nicht mit 
einander zufammengefchmolzen werden fönnen. 

Wir merken bier von diefen Metallgemifhen: vie. Legirung 
des Boldes mit Kupfer oder Silber; die des Sib 
bers mit Kupfer; beyde zu Münjen ud a 
die Bronze (Aes), das Glockengut, Stuͤck aus Kupfer 
und Zinn; das gelbe Rupfer, YWiefling, Tombad, Simi⸗ 
lor, aus Kupfer und Zinf; das Zinnamalgama, aus Queds 
filber uud Ziun zur ieaun⸗ der Spiegel ; das Schneillorh, 
aus Zinn, Bley und Wismuth; das weiße Rupfer , aus 
Kupfer und Arſenik. 

$. 1074. Ale Metalle, nur Gold, Silber 
und Platin ausgenommen, erfahren eine höchft merf- 
wuͤrdige Veränderung, wenn fie beym Zutritte der 
$uft der Schmelzhiße ausgefeßt werden. Um bie bier- 
bey Statt findenden Umftände beffer wahrnehmen zu 
fonnen, ftelle man folgenden Verſuch an. Man 
nehme eine genau abgerogene Menge von gleichen 
Theilen Bley und Zinn, und Taffe fie in einem flachen 
‚Raleinirfcherben fchmelzen. Das Metall verliert fehr 
bald feine glänzende, fpiegelnde Oberfläche, und wird 
mit einer grauen, erdigen Haut überzogen. Man 
ftreihe dieſe mit einem eifernen Spatel zuruͤck, ſo 
fommt zwar wieder eine neue: metalliſch⸗ glänzende 

Fläche 


Schwere einfache Stoffe u: ihre Verbindungen. 875 


Flaͤche zum Vorſcheine; fie wird: aber bald wieder von. 
neuem mit der grauen, erdigen Haut bederft, und 
man fann endlich fo ben fortgefeßter Arbeit alles Me—⸗ 
tall in einen folchen grauen Staub verwandeln. Wenn 
man das Metall bis zum Gluͤhen erhigt, fo geht diefe 
Veränderung fchneller vor, und man fieht endlich das 
Metall ganz deutlich urſpruͤnglich Teuchtend werden, 
oder verbrennen, und es iſt jeßt der Unterſchied, daß 
der entftandene Staub eine gelbliche Sarbe erlangt. 
Durch Umrühren defjelben muß man fuchen, die noch 
nicht veränderten Theile des Metalles mit der $uft in 
Berührung zu bringen, wo fie dann jene Veränderung 
ebenfalls feicht erfahren. Wenn man ben dieſer Arz 
beit Sorge trägt, daf von dem Metalle nichts verfor 
ren geht, fo findet man nad) Endigung des Prozeffes 
und dem Erfalten, daß der pulverige, dem Anſehen 
nad) erdige, Ruͤckſtand etwa 12 Procent mehr .. 
als das dazu angetvandte Metall, 
$. 1075. Es geht alfo bey dieſem Verſuche der 
metalliſche Glanz, der Zuſammenhang, die Geſchmei⸗ 
digkeit, und eine große Anzahl ſinnlicher Eigenſchaften 
des Bleyes und Zinnes verloren, und dieſe Metalle 
verwandeln ſich dem Anſehen nach in eine Erde: Eine 
ähnliche Veränderung widerfaͤhrt auch bey gleicher 
Behandlung jedem diefer Metalle befonders. Metall, 
das auf irgend eine Weiſe diefe Veränderung erfahren 
hat, heißt ein Metallkalk Calx metallica); Metall 
hingegen, das mit,allen den vorher befihriebenen Eis 
genfchaften verſehen iſt, regmimupi;es Liietall oder 
— Romig (Kegulus); und bie Operation, 
Uu a durch 


676 11. Theil. 3. Hauptſtuͤck. 
| durch welche ein regulinifches Metall in Kalf verwan: 
delt wird, das Derfaiten (Calcinatio ). 


‘6. 1076. Alle Metalle, nur Gold, Eilber oder 
Platin ausgenommen, werden im Seuer beym Zutricte 
der Luft verkallt. Man unterfcheider daher jene, 
welche durchs Feuer nicht verfalft werden koͤnnen, 
durch den Namen der edeln Metalle (Metalla nobi- 
lia ), von den übrigen, melde unedle me jgno- 
bilia.) genannt werden. 


$. 1077. Die Metallkalke haben nach dem Un- 
terfchiede der Metalle fo wohl, woraus fie entftanden 
find, als nach dem Grade der bey der Verfalfung an- 
gewandten Hiße, verfchiedene Farben und verjchie- 
dene Natur. Einige zeigen offenbar eine fauerjalzigte 
Beichaffenheit. Die Kalfe der uneveln Metalle, 
nur der des Quedfilbers ausgenommen, geben alle, 
wo nicht für fich allein, doch in Verbindung mit an- 
dern, beym Schmeljen ın ein Glas, oder wenigſtens 
in eine glafichte Schlade über, von anfehnlicher Dich: 
tigkeit. Die Schmeljhiße, die dazu erforderlich ift, 
iſt größer, als die, wobey die Metalle diefer Kalte 
x fließen. 
$. 1678. Diefe mrtallifchen Gläfer ( Vitra me- 
tallica ) befißen andere Eigenfchaften, als ihre regulis 
nifchen Metalle. Sie fließen im Feuer in den irde: 
nen Schmeljgefäßen nicht mehr mit converer Ober: 
fläche, löfen Erben und Alkalien im Fluſſe auf, mas 
die regulinifchen Metalle nicht thun, und laſſen fich 


mit teguliniſchen Metallen durchaus nicht vereinigen. 
oo 144 Ben 


Schwere einfache Stoffe u. ihre Verbindungen. 677 


Bey dem Verglaſen behalten die feuerbeſtaͤndigen Me⸗ 

tallkalke die Zunahme ‚des. Gewichts, die fie ben ihrer - 

Entftehung über das Gewicht des angewandten Mes - 

talles erhalten haben. Die metallifchen Glaͤſer befigen 
verfchiedene Farben, und die metalliichen Kalfe ertheiz 
len auch den erdigten und folzigten Glöfern, womit 
fie ſich verglafen,. ihrer unterfchiedenen Natur nach) 
verfchiedene Farben, oft fhon, wenn fie ihnen nur im 
geringer Menge zugefeßt werben., Metalltalte,. dig 
für fich Fein ducchficheiges Glas geben, koͤnnen anderm 
Glaſe, mit dem fie sufammengefhmolzen werden, 
auch die Durchſichtigkeit rauben. Auf die Verbin: 
dung anderer Glaͤſer mit dert“ metalliſchen, und die 
Faͤrbung durch dieſelbigen, gruͤndet ſich die Bereitung 
der kuͤnſtlichen Edelgeſteine und Gravfluſſe, der 
Pigmente zum Porzellaͤn⸗ und Emaumahlen, ber 
Schmelsgläfer und de3 Emaille, und ber Glaſuren. 


6. 1079. Wenn man den Kalt von Bley, 18 | 
Bleyglaͤtte oder Mennige, mit Kohlenftaub verniengt, 
in einem bedecften Schmelzgefäße der Schmehzhige 
ausfegt, fo verwandelt er fich wieder in regulinifches 
Bley. Diefe Operation, durch) welche inan die mer 
tallifchen Glaͤſer und Kalfe wieder in reguliniſches 
Metall verwandelt, heißt das — oder 
Reduciren (Reductio). 


$. 1080. "Die Wiederherſtellung der — 
Metalle aus ihren Kalken und Glaͤſern erfordert aller 
mal den Zufaß einer verbrennlichen Subſtanz, wie .. 
3. B. der Kohle, oder folcher Dinge, die Pe. 
enthal⸗ 


678 IL. Theil. 3. Hanptftüd. 


enthalten, als: Seife, Pech, Harz, Fett, Oehl 
Ben ſchwer⸗ fluͤſſigen Metallkalken kann man ſich aber 
nur der feuerbeſtaͤndigern Reducirmittel bedienen. 
Im Hüttenmwefen dient gewoͤhnlich das Brennmate: 
rial, die Kohle, zwifchen denen man die Erze ſchmelzt, 
feloft zum Neducirmittel. Um übrigens ben ſtreng⸗ 
flüffigen Kalten ihren Fluß und die beffere Schei- 
dung des reducirten Metalles von der Schlade zu be- 
fördern, oder diefe duͤnn⸗ lüffiger zu machen, braucht 
man noch Zufäße, die als Flüffe ($. 5774.) dienen. 


$. 1081. Ob man gleic) die edeln Metalle nicht 
durch Feuer und luft verfalten kann ($. 1076. ), jo 
fann es doch auf andern Wegen gejchehen, wie die 
Folge lehren wird. Ihre Kalfe unterſcheiden fich aber 
von denen der unedeln Metalle darin, daf fie zu ihrer 
MWiederherftelung feines Zufaßes einer verbrennlichen 
Subftan; bedürfen, fondern beym Schmelzfeuer in 
der Gluͤhehitze für fich wieder zu regulinifchen Metal: 
len werden. Und hierin ift ihnen auch der Kalf des 
Queckſilbers ahnlich. 


$. 1082. Alle Umftände ben dem Verfalfen ver 
Metalle durch Feuer und $uft lehren, daß diefer Pro: 
zeß ein wirffihes Verbrennen ıft, und daf die regu: 
liniſchen Metalle verbrennliche Subftanzen find. Auch 
finden dabey durchaus eben biejelbigen Phänomene 
Start, als beym Verbrennen anderer. Subftanzen 
(5. 828.). Denn 1) beym Ausfchluffe des Sauer: 
ſtoffgas ift keine Verkalkung der Metalle durchs Feuer 
allein zu bewerkſtelligen. In genau verſchloſſenen 
Gefaͤ⸗ 





| Schwere einfache Stoffe u. ihre Verbindungen. 679 


Gefäßen, oder unter einer Decke von Glas, Schla: 
den, Koblenftoub u. dergl. geſchmolzen, bfeibt das 


teguliniſche Metall reguliniſch. Auch ‚gefchieht Die 


Bettalfung des Metalles nur an der Dberfläche beffel: 
ben, to die $uft Zutritt hat. 2) Beym Verkalken 
ber. Metalle durch die Hiße wird das Sauerftoffgas 
verzehrt, und im einer beflimmeen Menge veffelben 
fann nur eine gewiffe Menge des Metalles verfalkt 
werden. 3.) Der Ueberfhuß des Gerichts des Me: 
tallkalkes uͤber das des dazu angewandten regulini, 
ſchen Metalles correfpondire dem Gewichte bes daben 
verfchtwindenden Antheils des Sauerftoffgas. 
.. ** —S— Th. 11. $, 2178, ff. Lavai- 
$. 1083. Die Theorie bes Verkalkens der Me: 

talle kommt alfo ganz mit der Theorie. des Verbren⸗ 
nens uͤberhaupt (5. 844.) überein. Die unedeln 
Metalle find nämlich verbrennliche , oder folche brenn⸗ 
ftoffhaltige Subftanzen, die bey einem gewiſſen Grade 
der Teinperatur das Vermögen befißen ‚den Sauer: 
ſtoff ſtaͤrker anzuziehen, als er vom Waͤrmeſtoffe im 
Sauerſtoffgas angezogen wird. Wenn fie alſo beym 
Zutritte der atmofphärifchen $ufe im Schmelzen den 
dazu noͤthigen Grad der Hiße erreiche Haben , ſo zer⸗ 
feßen fie das Sauerftoffigas dadurch, daß fie fich mit 
dem Sauerfloffe deſſelben verbinden, ' mährend ihr 


Brennfteff mit vem Waͤrmeſtoffe austritt. Die Me 


talle werden durch vie Verbindung. mit dem Sauer 


* 


ſtoffe natuͤrlicher Weiſe in ihrer Natur und. in ihren Ei· 
u geaͤndert; fie werden Merallfalfe, und 
durch 


680 II Theil. 3. Hauptſtuͤck. 
durch Schmelzen derfelben metallifche Glaͤſer. Die _ 
Gewichtszunahme und die Uebereinftimmung biefer 
mit dem Gewichte des verfchmwundenen Sauerftoffgas 
erklaͤrt fih nun leicht; fo mie der Umftand, warum 
beym Ausfchluffe alter Luft die Verfalfung der Metalle 
durchs Feuer nicht Statt hat, und warum ın einer 
beftimmten Menge von fuft nur eine gewiſſe Quanti- 
tät des Metalles fich verkalken Fann. 


$. 1084. Einige Metalle werben bey ihrer Ber: . 
— wenn fie volllommen iſt, auch zu wirklichen 
Saͤuren, wie das Arſenik und das Molybdaͤn; an: 
dere hingegen zeigen noch keine ſaute Beſchaffenheit, 
es fen nun, daß ihre Grundlage dazu nicht fähig iſt, 
oder daß fie nicht fo viel Sauerftoff aufnehmen fönnen, 
als zu ihrer Saͤurebildung erforderlich wäre. Man 
hat deshalb die Metalfalfe in der neuern Nomencla⸗ 
tur Oxiden (Oxides) genannt. Die Berfalfung 
ſelbſt iſt eine Oxidirung (Oxidation ). 


$. 1085. Die Wiederherftellung ber. Metalle 
aus ihten Kalken und. Gläfern ift demnach eine Des- 
orfdirung (Deccæidation), oder eine Scheidung 
des Sauerſtoffes von dem damit verbundenen Metalle 
und zugleich eine Wiedererſtattung feines verlornen 
Brennſtoffes. Dies kann ben dem unedeln Metallen 
nicht: durchs bloße Feuer gefchehen , wenigftens nicht 
auf eine vollfiändige Weiſe, fondern es ift nöthig, 
daß noch eine verbrennliche Subftanz zugefeßt werde, 
die in der. gehörigen Temperatur näher mit dem Sau: 
erfioffe verwandt ift, als bas Metall, Dies iſt der 
Koblens 


! 


Schwere einfache Stoffe u, ihre Verbindungen. 681 


Kohlenftoff, der in ‚der Temperatur des. Glühens den 
Sauerſtoff ftärfer anzieht, als er vom Metalle-ange: 
zogen wird, bamit als Fohlenfaures Gas entweicht, 
dem Metalle aber feinen Brennftoff überläßt, und fo 
durch beydes das Metall’ wieder regulinifch macht, 
wenn er in binreichender Menge jugegen iſt. | 

$. 1086. Um dies zu beftätigen, reibe man 
1 Unze Bleyglätte mit 2 Quentchen Kohlenftaub ge- 
nau zufammen, fchütte das Gemenge in eine kleine 
irbene Netorte, fee diefe mit dem pneumatifchen Ap⸗ 
parate in Verbindung, und erhiße fie flufenmeife bis 
zum Gluͤhen. Anfangs tritt die atmoſphaͤriſche luft 
aus, aber nachher folgt kohlenſaures Gas. Nah. 
Endigung der Operation findet man den Bleykalk in 
der Metorte zum regufinifchen Bien hergeſtellt. 
1087. Man nehme ferner ı Unze rothen 
Queckſilberkalk, reibe ihn mit ı Quentchen Kohlen: 
ſtaub innig zufammen, und ;werfahre wie vorher 
(8. 1086.), Man wird hierbey ähnliche Producte 
erhalten, naͤmlich kohlenſaures Gas und laufendes 
Queckſilber, das, weil es in der Hiße flüchtig iſt, 
überdeftillire und fich in der Mittelflafche fammelt. — 
Hr. Kavoifier fand hierbey, daß ı Unze (franz. ) 
rother Duedfilberfalf 7 Quentchen 34,3 Gr. lau⸗ 
fendes Queckſilber gab; daß dabey 75,5 Cubikzoll 
C(oariſ.) kohlenſautes Gas entwickelt wurden, deren 
Gewicht 52,45 Gr. betraͤgt; und daß von der ange⸗ 
wandten Kohle 14,75 Gr. verzehrt worden waren. 
Dieſe 14,75 Gr. Kohle hatten alſo 37,7 Gr. Sau⸗ 
erſtoff ans dem Queckſilber in ſich genommen, waͤh⸗ 
rend 


63. U. Theil 5. Hauptftüd. 

send fie diefen zum regulinifchen Queckſilber rebucırt 
hatten. oo. 
Lavoiſiers oben (j. 953.) angef. Abhandl. 


4. 1088. Die edeln Metalle befißen eine zu ges 
ringe Verwandtſchaft zum Sauerſtoffe, als daß fie 
ihn dem Sauerſtoffgas entziehen könnten. . Dies iſt 
der Grund ihrer Unverfalfbarfeit im Feuer; aber auch 
der Grund von der AWiederherftelung ihrer, dur 
andere Mittel erzeugten, Kalfe, vermirtelit des glühen: 
den Fluſſes für fih, ohne Reducirmittel ($. 1081. ). 
Im fegtern Falle ift ihnen der Kali des Queckſilbers 
ähnlich, das zwar ben einem Grade ver Hitze vor 
dem Gluͤhen durch das Sauerftoffgas verfaltt werden 
fann, aber durch die Glühehiße feinen Sauerſtoff 
wieber entläßt. So wird das Duedfilber ein ſeht 
gutes Mittel, die armofphärifche buft zu zerlegen 
und ihre Zufammenfeßung zu zeigen. Man nehme 
eine Unze rohen Duedfilberfalf, ſchuͤtte ihn in eine 
Kleine gläferne Netorte, die durch eine Mittelflaſche 
mit dem pneumatifchen Apparate in Verbindung if, 
Man erhike die Metorte vorfichrig bis zum Gluͤhen. 
Anfänglich tritt die atmofphärifche fuft der Geraͤth⸗ 
aft aus, nachher aber geht reines Sauerftoffgas 
über, wobey ſich das Queckſilber reducirt und in die 
Mittelflafche überdeftillirt. Das Gewicht alles erhalte: 
nen Queckſilbers beträgt etwa 32 Gran (nürnb,) 
weniger, als der dazu angewandte Queckſilberkalk. 


5. 1089. Bey der MWiederherftellung der Kalfe 
ver edeln Metalle und des Queckſilbers verbinder fich 
alfo 


Schwere einfalhe Stoffe w.ihre Verbindungen. 683 


alſo in der dazu erſotderlichen Glauͤhehitze die Baſis 
des lichts oder der Brennftoff des Feuers wieder mir 
dem Metalle, und der NBärmeftoff wieder mit dem 
Sauerſtoffe, und diefer mitt als Sauerftoffgas aus; 
und das Metall fommt _— wieder in den vegut 
liniſchen Zuſtand. 


$. 1090. "Die Metalle befißen nach ihrer fpecis 
fifchen Natur nicht. gleich ſtarke Verwandtſchaft zum 
Sauerftoffe. Auch ift die Quantität Sauerftoff, den 


gleiche Quantitaͤten ſpecifiſch verfchiedener Metalle bie 


u ihrer Sättigung aufnehmen, nicht gleich groß. 


$. 1091. Micht nur die Kaffe der verfchiedenen 
Metalle unterſcheiden fih von. einander durch einen 
verſchiedenen Gehalt von Sauerſtoff; ſondern es iſt 
auch ein und daſſelbige Metall eines verſchiedenen 
Grades der Oxidirung fähig, und feine, ſolcher Ge: 
Kalt mit verfchiedener Quantitoaͤt von Sauerftoff ver: 
bundene, Kalte unterſcheiden fich in ihren: Eigenfchaf: 
ten, ihrer Sarbe, und ihrem Verhalten gegensandere 
Körper, : So: verwandelt ſich z. B. das. Bley beym 
flärfern oder ſchwaͤchern Verfalfen, nad) Maafgabe 
ber Hige, in einen grauen, oder gelben, ‚ober roͤth⸗ | 
lichen Kalt; das Queckſilber durch Schütteln in der, 
gewöhnlichen Temperarur der luft in einen lchwarzen, 
durch flärfere Hitze in einen rothen Kalk. | 


$. 1092. Einen Metallfaff, der fo viel Sauer⸗ 
ftoff aufgenommen Hat, daf er die Grenze der Gätti- 
gung damit — — oder ihr nahe iſt, nenne ich 
voll⸗ 


684 II. Theil, 3. Hauptftüd. 


vollkommenen Metallkalk, im Gegenfaße pen einem 
unvollEommıenen (Oxide metallique du premier degre 
d’oxidation‘), der noch nicht mit Sauerſtoff gefättigt 
oder noch einer ſtaͤrkern Oxidirung fähig iſt, und aljo 
auch noch Brennftoff enthält. 

$. 1093. Die vollfommenen Kalfe einiger um: 
edeln Metalle entlaffen in ver Gluͤhehitze für fich einen _ 
Antheil ihres Sauerftoffes. und verwandeln fich jo in 
unvollfontmnere Kalfe, wie 5. B. die rothe Mennige, 
der ſchwarze Kalf des Magnefiums, der rothe Eifen- 
falf, die Arfeniffäure. Hierauf gründet fich die Ans 
wendbarfeit des Braunfteines zur Gewinnung des 
Sauerftoffgas ($. 832. ). 

6. 1094. Die unedeln Metalle entziehen nicht 
nur dem Sauerftoffgas in der Hiße und beym Schmel⸗ 
zen den Sauerſtoff, fondern auch verfchiedenen andern 
Maäterien, womit er. vereinigt ift, fo daß es alſo 
außer der Verkalkung ver Metalle durch Feuer und 
$uft noch mehrere Mittel giebt f Wiesälitnife bervor: 
subringen. 

$. 1695. Ein * wirkſames Mittel — iſt 
ber Selveter, mit welchem alle Metalle, deren Kalke 
durch bloßes Gluͤhen nicht wiederhergeftelle werden 
($:1081.), in der Gfühehige unter den ſchon befann: 
ten Erfheinungen ($. 1022. ff) verpuffen und in 
vollfommene Kaffe verwandelt werden, die mit dem 

Gewaͤchsalkali des Salpeters zurücbleiben. 
$. 1096. . Diefenigen'Metalle, deren Anziehung 
zum Sauerftoffe ſehr ftark iſt, wie z. B. Eifen, Mags 
neſium 


Schwere einfache Stoffe u. ihre Verbindungen. 685 


neſium und Zinf, entziehen ihn auch) in der Gluͤhe— 
hiße dem Warfferftoffe, “und zerſetzen folcher Geftalt 
das Waſſer, wovon ſchon oben ($. 914. ff.) ein Bey: 
ſpiel vorgefommen iſt. Sie werden daben aber nur 
in unvollfiommene Kalfe verwandelt. Auch fchon in 
der gewöhnlichen Temperatur, aber freylich nur ſehr 
langfam, fönnen die erwähnten Metalle das Waſſer 
jerfeßen und ſich durch Aufnahme feines Sauerftoffes 
in unvollfommene Kalfe verwandeln. 


$. 1097. Metalle, deren VBerwandtichaft zum 
Sauerftoffe nicht ſehr ſtark iſt, laſſen fi aus ihren 
Kalten durch Waſſerſtoffgas auch wiederherftellen, 
"wenn man fie darin unter einem Ölascplinder durch 
Hülfe eines Brennglafes hinlänglich bis zum Schmel- 
zen erhitzt, wobey fich aus dem Sauerftoffe des Me— 
tallfalfes und dem Waflerftoffe nieder Waſſer ergeugr, 
und folglich das Waflerftoffgas zerfeßt wird. Der 
Verſuch läßt fih mit Bleykalken und noch leichter mit 
Duedfilberfalf anftellen. Metalle, die den Sauer: 
ftoff fehr ftarf anziehen, werden auf dieſe Weiſe zwar 
aus vollfommnern Kalfen zu unvollfommnern ges 
bracht, aber doc) nicht völlig Hergeftellt, 3. B. Eifen. 

Prieftley, in Crells chem, Annal 3. 1786. B. 1. ©, 23. 


. 1098. Alle uneble Metalle verlieren mit der 
Zeit an der bloßen Luft, und zwar ‚einige früher, 
andere fpäter, ihren metallifhen Glanz, werden un: 
fcheinbar oder laufen an, und einige Davon werden in 
Roft verwandelt. Dieſes Roften iſt ein wahres Ber: 
tallen der Metalle, woran aber die Feuchtigkeit der 

— Atmo⸗ 


685 11. Theil. 3. Hauptftüd. 

Atmoſphaͤre fo viel Antheil haben möchte, als das 
Sauerftoffgas derfelben. Dieſer Roft ift oft ein voll 
fommener Metallfalf, und gewoͤhnlich aud) mit Koh⸗ 
lenſaͤure aus der Atmojphäre verbunden. 


. 1099. Die Metalle find in den Säuren auf: 
lösbar; doc) greift nicht jede Säure jedes reguliniſche 
Metall an. Die Auflöfung aller reguliniichen Me 
talle in Säuren gefchieht mit Entwidelung von, Gas; 
nur die einzige Salzſaͤure macht eine Ausnahme. Die 
Gasarten, die fi) dabey erzeugen, find: mit concentrir: 
ter Schwefelſaͤure ſchwefugtſaures Bas ($. 975.), 
mit Salpeterfäure Salpetergas ($. 1009.), mit 
verduͤnnter Schwefelfäure und mit falzigter Säure 
Waſſerſtoffgas ($. 924). 


F. 1100. Schon die Theorie diefer Gasarten 
ergiebt, daß die regulinifchen Metalle bey ihter Auf⸗ 
loͤſung in Säuren Sauerſtoff aufnehmen und Brenn: 
ſtoff entlaffen, ober ſich verfalfen, und daß fie m 
ihren fauern Auflöfungsmitteln nicht als reguliniſche 
Metalle, fondern als Metallfalfe enthalten find, Da 
auch die edeln Metalle von Säuren aufgelöf’t werden 
fönnen, fo folgt, daß aud) fie Dabey verfalft werben; 
und dies ift auch das Mittel, die edeln Metalle in 

den kalkfoͤrmigen Zuftand zu verfegen. 


$.. 1101. Die metallischen Aufldfungen in Säw 

zen fönnen die Metalle entweder als unvollkommenen 
eder als vollfommenen Kalk enthalten, nach Maaß⸗ 
gabe der dabey angewandten Hitze oder der Zerieg: 
: barkeit 


N 





Schwere einfache Stoffe u. ihre Verbindungen. 68% 


barfeie der Säuren. Ein und daſſelbe Metall kann 
alfo mit. einer und derfelbigen Säure verſchiedentlich 
geartete Verbindungen geben. Dieſe Verbindungen 
der verfalften Metalle mit den Säuren machen. eine 
wichtige Elaffe von Salzen, die merallifchen Salze 
(Salia metallica), aus, die fich unter. einander fo 
wohl nad) der Natur der metallischen Baſis, als der 
Säure, die fie enthalten, mannigfaltig von einander 
unterſcheiden. 

$. 1102. Die feuerbeſtaͤndigen Alkalien ſelage 
das in Säute aufgeldf’te Metall, wegen der nähern 
Verwandtſchaft der Säuren zu ihnen, nieder, und 
der Niederſchlag iſt kalkfoͤrmig. 
4. 1103. Die verſchiedenen Metalle — 
ſich wechſelſeitig aus ihren Aufloͤſungen in Saͤuren 
nieder. Man hänge z.B. in die Auflöfung des Kup⸗ 
fers in Schwefelfäure (des. Kupfervitriols) ein polirtes 
Stahlblech fo wird viefes auf feiner Oberfläche bald 
mit regulinifchem Kupfer überzogen werden, und mit 
der Zeit wird bey hinreichender Menge von Eifen alles 
Kupfer niederfallen und die: Kupferauflöfung in 
genau verſchloſſenen Gefäßen in Eifenauflöfung ver: 
wandelt werden. Man bemerkt bei diefen Nieder; 
ſchlaͤgen eines Metalles durch ein anderes Feine Spur 
von Gasentwickelung, wenn die Solutionen Feine 
‚frene Säure enthalten. Da aber doch das fällende 
Metall nicht anders aufgeldf’t werden Fann, als daß 
es verkalkt werde, ſo folgt, daß es ſich auf Koſten 
des gefaͤllten Metalles verkalfe und dieſes eben das 
durch wiederherſtelle. u 
| EN $. 1104. 


⸗* 


688 L. Theil. 3. Hauptftüd. 


6. 1104. Die Miederfchlagung eines aufge⸗ 
loͤſ'ten Metalles aus einer Säure durch ein anderes 
regulinifches gefchiebt alfo durch die Anziehung des 
fallenden Metalles zum Sauerftoffe, welche ftärker 
ift, als diejenige, welche das aufgelöf’re Metall da- 
gegen befißt. Die Ordnung, in welcher fid) die Me: 
talle aus den Säuren einander niederfchlagen, giebt 
aljo die Berwandtichaftsfolge verfelben gegen ven Sau: 
erftoff, und es läßt fic) Daraus auch erflären, warum 
fie bey allen Säuren einerley ift. 

A 
3Ziunuk. 
Magueſium, Kobalt, Nidel.) 
Eiſen. 
Bley. 
Zinn, 
Kupfer. 
Wismuth. 
Spießglanz. 
Arfenif. 
QDuedfilber. 
Eilber. 
Sol. 
Platin. 


$. 1105. Mehrere Metalle bilden bey ihrer Nie⸗ 
berfchlagung aus den Säuren durd) andere regulinis 
fhe Metalle Fryftallinifhe Gruppen, und geben fo 
Gelegenheit zur Entftehung der fo genannten Eünftli 
chen Degetationen und Metallbaͤumchen ( Vegeta- 
tiones metallicae). 


HDierber gehört insbefondere: 1) der Silberbaum (Arber Die- 
nae). Man nimmt drey Theile aefättigte Auflöfung des 
Silbers in Salpeterfäure, zwey Theile gefättigte Auftös 
fung des Quedfilbers in Galpeterfäure, und zwangis an 

deſtillit⸗ 


Schwere einfache Stoffe u. Ihre Berbindungen. 689 


deſtillirtes Waſſer, vermiſcht es ‚mit einander, ſeihet 
Har durch, und gießt es in ein enges cylindriſches Gla 
mit flachem Boden auf drey Theile vom einem Amalgama, 
das aud einem Theile Silber und fieben Theilen Duedfils 
ber gemacht und völlig reguliniſch if. Es fehläat fib nun 
durch die: Zeit und Ruhe das Eilber reanlinich nieder, 
amalgamirt fih mit dem uͤberfluͤſſigen Queckſilber, und 
bildet kryſtalliniſche Anichüfle, deren Gruppirung die Des 
getation ausmacht. 
3) Der Blepybaum (Arbor Saturni!), Man löfet BI 
der in deftillirtem Wafler auf, ſeihet die Aufloͤſung um 
Durch ,. ſchuͤttet fie im einen ichmalen Mlaschliuder, und 
hängt an_einem Faden ein Stuͤck oder eine Stange Zink 
binein. Es fchlägt fi das Bley durch die Ruhe Fryftallis 
nifch nieder und hängt fich an den Zinf an. - 
3) Der Zinnbaum (Arbor Iovis). Wan erbält.ibn, wie 
den vorigen, wenn man im die Auflöfung des Zinnes im 
Eifigfäure reguliniſchen Zink hängt. ' 


$. 1106. Der Schwefel verbindet fidy im Sluffe 
mit allen Metallen und loͤſ't fie auf, ausgenommen 
Gold, Platin und Zinf. Die Gemifche, welche dar: 
aus entfpringen, die Schwefelmmeraile (Metalla ſul- 
phurata, Sulfures matalliques), find verichieden, 
nicht bloß nach Verſchiedenheit der Metalle felbit, ſon⸗ 
dern auch ben einem und demfelbigen Metalle, je nach: 
dem es regulinifch oder ald-unvolffommener Kalfimit 
dem Schwefel vereinigt if. Die Natur liefert uns 
dergleichen Verbindungen von Schwefel und Metallen: 
häufig, als äize | 


. 1107. ‚Einige Schtwefelmetalle verwi:tern in 
feuchter Suft. Durch die Verbindung des Metalles 
und des Schwefels wird die Anziehung. derfelben zum 
‚Sauerftoffe verftänft; fie entziehen ihn fo mohl der 
Feuchtigkeit, als dem Sauerftoffgag, und es erzeugt 
ſich nun fo fchwefelfaures Metal. Beym Verwittern 


des Schwefeloiſens (Schwefelfiefes), Fann auch wohl 
| Xx Selbſt⸗ 


696 U. Shell. 3. Hauptftück 


Selbftentzundung entftehen CH 849.) - Daß an 
diefem Verwittern der Schwefelmetalle auch die Feuch- 
tigkeit der Atmofphäre Antheil habe, erhellet aus dem 
ſchwefelhaltigen Waſſerſtoffgas, welches ſich ben ver 
Einwirkung von Eiſenfeil, — und, Waſſer er: 
zeugt. 
$. 1108. Merkwuͤrdig ift eg, of, wenn Schme: 
‚fel und regulinifhe Metalle - zufammengefchmolzen 
werden, bey der erften Einmwirfung des Schmefels 
darauf, ſich Gluͤhen des entftehenden Gemiſches 
zeigt, obgleich die Schmelzhiße nicht das Gluͤhen 
erreicht, und obgleich alles Sauerftoffgas hierben 
ausgefchloffen if. Der Verſuch laͤßt ſich leiche 
mit einem Gemenge von einem Theile Schwefel und 
dren Theilen Rupferfeil in einer Glasroͤhre über Koh: 
Venfeuer anftellen. Die Erklärung des Phänomens 
ift fhon oben ($. 823.) gegeben worden. 


$. 1109. . Das Schwefelalkali iſt chenfalls ein 
fräftiges Auflöfungsmittel für die Metalle auf trode: 
nem Wege. Dieſe Verbindung, löf’t ſich auch im 
Waſſer auf. Wenn man zu der Auflöfung der mit 
Schwefelalkali vereinigten Metalle im Waſſer eine 
Säure feßt, fo wird das Schwefelalkali natuͤrlicher 
Weiſe zerftört, und es fallen der Schwefel und das 
Metall zufammen nieder. Aber diefer Niederſchlag 
ift Feinesmweges als reines Schwefelmetall zu betrach— 
ten, wie man bisher geglaubt hat, ſondern iſt eine 
Verbindung des Metalles mit der Bafis des ſchwefel— 
haltigen ABafferftoffgas G 986,),- bie man waſſer⸗ 
ſtoff⸗ 


“ 


Schwere einfache "Stoffe u. ihre Werbindungen. 691 
ſtoff haltiges Schwefelmetall (Metallum hydroge- 


nio-ſulphuratum) nennen koͤnnte. Herr Berthollet 
nennt ſie Hyäro-Julfures. 


$. 1110. 9m fhmefefßafcigen MWafferftoffgas 
laufen. die regulinifchen Metalle an, nur Gofd und 
Platin ausgenommen, indem fie baraus wafferftoff: 
haltigen Schwefel anziehen. Vollkommene Metall: 
Falfe werden hierbey zu gleicher Zeit mehr in den regu: 
liniſchen Zuftand: gebracht. 


$. ıııı. Der Phosphor geht mit den a 
nifchen Metallen Vereinigung ein, wie der Schwefel, 
und macht fie, leicht⸗ flüffig. 


$. 1112. Mit dem Rohlenſtoffe gehen nur we⸗ 
nige Metalle Verbindungen ein. Das Reißbley iſt 
ein Beyſpiel dieſer Zuſammenſetzung. Von dieſen 
kohlenſtoffhaltigen Metallen (Metalla carboneata, | 
Carbures metalliques ) kennt man jeßt, außer dem 
aus Eifen, noch das aus Kupfer nach Herrn vÄn 
Marums Verfuchen. Mir fheint es doch, daß die 
Metalle, wenn fie mit Kohlenſtoff i in Vereinigung tre⸗ 
ten, es als unvollkommene Kalke thun. 


$. 1113. Wir betrachten nun noch die Metalle 
einzeln nach ihren vorzuͤglichſten Unterſcheidungsmerk⸗ 
malen und Producten. 1) Gold (Aurum). Ein 
edles Metall von einer gelben Farbe. Hat nach dem 
Platin das groͤßeſte eigenthuͤmliche Gewicht unter allen 
Befaninten Materien, eine mäfige- Harte, geringe 
Xx 4 Feder⸗ 


692. 1: Theil. 3. Hauptflüc , > =.’ 
Federkraft und. wenig Klang, eine fehr große Zähig- 
keit und Ductilitaͤt, feinen Geruch, und feinen Ger 
ſchmack; ift unwandelbar in der Luft und im Waſſer 
in feinem metalliichen Glanze; fehmelzt erft in der 
Weißgluͤhehitze; fließt mit einer Aquamarinfarbe; ift 
ſehr feuerbeftändig, und wird im regulinifchen Zuftande 
nur von der Salzfäure, und durch fie vom fo genann- 
; ten Koͤnigswaſſer oder Goldſcheidewaſſer, fonft aber 
von feiner Säure aufgelöf’t, die es nur im kalkfoͤrmi⸗ 
gen Zuftande auflöfen koͤnnen. Der-Kalf des Goldes 
färbt das Glas roth. j 
Bu den merkwuͤrdigſten Producten des Goldes nebören: 
seien b * eu y re ee a 


e a), Das „Analigotd „(Aurum falminere), das aus ber 
‚Quflöfung des des du iede ung mit Ammenia 
und —*88 mit Waller erhalten * u |. 


3) Der Goldpurpur des Cafjius (Purpura minerali 
aus der verdunnten Auflöfung des Goldes in Koniasmwaher 
durch Auflöfung des Zinues ın Königswafler niederaeichlas 
gen. Er ift Golds und Zinnfalf, und jhönspurpurroth 
von Farbe, 

$. 1114. 2), Dlatin, Platine (Platinum ), 
Es ift ein edles Metall von einer ſilberweißen Farbe, 
Es fommt aus Peru in America ih Geſtalt Heiner, 
rundlichet gefletichter Körner zu ung, die faft das Anz 
feben des Eifenfeils haben und fic) wegen des anffe: 
‚ benden Eifengehalts vom Magnet: ziehen laſſen, was 
das reine Platin nicht thut. Das eigenthümfiche Ge 
wicht des reinen Platins ift größer, als das irgend ei 
ner bekannten Materie. Es läßt ich dehnen und, 
haämmern, oder. if ftrecfbar, und übertrifft an Feſtig⸗ 
keit dag Gold, Seine Haͤtte iſt geringer als die vom 
N geſchmei⸗ 











Schwere einfadje Stoffe u: Ihre&Bktbinbungen. 9% 
geſchineidigen Eiſen, über größer, als die vom Kup: 
fer. Es iſt ſeht ſtreng⸗ fläffig, laͤt ſich aber im Gift: 
hen ſchweißen; hat keinen Geſchmack und keinen Ge⸗ 
ruch, und verliert an der luft feinen Glanz nicht. Es 
wird von Feiner bekannten Shure aufgeloſ't, außer 
von der Salzſaͤure, und durch dieſelbe vom Koͤnigs⸗ 
waſſer. Dieſe Auflöfung faͤrbt die Hand ſchwarz⸗ 
braun. J — 
6. 1115. - 3) Silber (Argentum). Es iſt ein 
edles Metall yon einer weißen Farbe und einem ſeht 
ftarfen Glanze, ſehr dehnbar, von einer größern 
Härte und Federkraft als das Gold, “aber von einer: 
geringern, als das Kupfer, und ohme Geruch und 
Geſchmack. Es ſchmilzt ben ‚einer Hiße, die. etwas 
geringer ift, als die, mprin das Gold fließt. und. bie: 
anfangende Weißgluͤhehitze if An der luft iſt es 
feinem Roſten und Beſchlagen ausgeſetzt, nur durch 
ſchweflige Duͤnſte laͤuft es ſchwarz, auch wohl bunt, 
an. Das wirkſamſte Aufloͤſungsmittel fuͤt das Sil- 
ber ift die Salpeterfäure; die Auflöfung ift-ungefärbt 
und Mar, aͤtzend und scharf, und färbt die Haut 
— 
Se lang hc ei 
ats mit ſalzigtet Saure; 4) Bnalifilder (Argentum ful- 
zninans), Oder den Niederichläg: des Silbers aus der Sal⸗ 
peterfäure. durch Katkwwafler, der nach dem Ausſuͤßen mit 
Ammoniaf am Zageslichte digerirt worden ift. 
- &ırıd M Düedfilbee (Hydrargyrum, Ar- 
gentum vivum; Mercurius), Es hat den Glanz 


694, „.. 11: Theil. 3. Dauptftüd. 


und die Farbe des Silbers, iſt in der ben uns gewoͤhn⸗ 
lihen Temperatur der Armofphäre ſtets fluͤſſig, oder. 
gefchmolzen, und alfo das leicht + fluͤſſigſte aller Metalle. 

Es wird erft feſt hey einer Verminderung der Waͤrme 
bis 40 Gr. unter o nach Fahrenheit. . Im Feuer ift 
es. Hüchtig, es kocht hen 6000 nadı Sahrenheit, und 
laͤßt fich in Dunft oder in erpanfibele Fluͤſſigkeit ver⸗ 
wandeln. Durch Schütteln und Reiben unter Zus 
tritt der $uft verwandelt es fich in einen unvollfommen 

ſchwaͤrzgrauen; und durch anhaftendes Erhigen in 

einen volllommenen, dunfelrochen Kalt, der fcharf 
und metalliſch ſchmeckt. Diefe und alle Kalfe des 

Duedfilbers laffen ſich durch die Gluͤhehitze wieder zu 

regufinifchem Queckſilber herftellen, auch ohne Zuſatz 

von’ brennlihen Dingen ($. 1081.) Die Safpeter: 
ſaͤure loͤſſt das Queckſilbet leicht auf, und die Aufld— 

ſung iſt ungefaͤrbt und klar, ſcharf und aͤhend von &e: 

ſchmack, faͤrbt die Haut ſchwarz und laͤßt ſich kryſtal⸗ 

liſiren. — Er 

Mir merken von den Producten des Qued ſilbers: 


1) Den durch Schuͤtteln und Reiben des laufenden Queck⸗ 
4: Plber# zu gewinnenden ſchwarzgrauen Kalf, oder dem 
Aethiops per fe (Oxide de 'mercure noirätre); 2) den 
Durchs Feuer zu verfertigenden dunkelrothen volfommenen 
Quedfi'berfalf, oder den Mercurius praecipitatus per ſo 

Ce s(Oxide de mereute rouge pär le feu); 
u.'.3) der durchs Abrauchen der Auflöfung des Queckſilbers in 
u.. ‚&alveterfäure und Calciniren des Rüdftandes zu erhalten⸗ 
de Quedilberfatf , oder ber Mercurius praedipitatus ru- 
. ber. .(Oxide de mercure par Pacide nierique) übereins 
fommt ; 4) den Auedfilberpitriol, oder die Verbindung 
des Queckſtiberkalls mit Schwefelfäure , die mach dem Ab⸗ 
roaichen mit: heifem Waſſer p das ſchoͤnaelbe mineralifcbe 
Turpeth, Turpethum minerale, (Oxide de we er 
„+ par Tacide fulfurique) giebt; $) das falpeterfaure Queck⸗ 
 filber; 6) den ätende Queckſilberſublimat (Mereurins fub- 
limatus corrofivus); 7) den weißen Präcipitat (Mercu- 
rius praecipitatus albus), und 8) das verfüßte — 
erou · 


Schwere einfache:&toffe u ihre Verbindungen. 695; 


\(Mörcurius dulcis)s dieralle drey ſalzigtſaures Queckſilber 

find, und ſich dadurch unterſcheiden, daß in dem erſtern 
der Queckſilberkalk vollkommen verkalkt, im. dem dritten 
amvolltommen verkalkt iſt, uud in dem zweyten ſich mehr 
oder weniger dem erſten oder dritten nähert. 

Die Auflöfung anderer Metalle in Queckſilber heißt 
Amalgam. ©. ; 
6.11 17. 5) Bley (Plumbum;, Saturmus). 
Seine Farbe ift bläulich weiß; fein Glanz auf dem 
frifchen. Bruche zwar: ziemlich ſtark, es verliert ihn 
aber bald an der luft und wird unfcheinbar ; mit ber 
Zeit toſtet es an der füft und wird mit einem grau: 
lich : weißen Beſchlage überzogen, ber,fohlenfaurer Bley⸗ 
Falf iſt. Die Ductilitaͤt des Bleyes iſt ziemlich . groß; 
aber ſeine Zaͤhigkeit und Haͤtte ſehr geringe. Es hat 
einen eigenen Geruch, wenn es gerieben oder ge⸗ 
brannt ‚wird. Im Feuer ſchmilzt es ſehr leicht, vor 
dem Glühen, ben 540 Gr. Fahrenh. Beym Gluͤ⸗ 
hen und in ſtarker Gluͤth iſt es fluͤchtig und verwan⸗ 
delt ſich in einen! weißlichen Rauch. Es wird beym 
Schmelzen leicht verkalkt und in einen grauen Kalk 
GBleyaſche) verwandelt/ der bey ſtaͤrkerer Hitze gelblich 
wird (Maſticot), dann in eine Artı von Zuſammen⸗ 
ſinterung kommt, und eine blaß⸗ roͤthliche Farbe an⸗ 
nimmt (Silbergloͤtte, Bleyglaͤtte), und: zuletzt zum 
einem wirklichen Glaſe fließt (Bleyglas), das ſchoͤn⸗ 
ducchfichtig, honiggelb/ und. anſehnlich dicht iſt· Die 
Aufloͤſung des Bleyes im Saͤuren iſt ungefaͤrbt. 
Vom Bleye ift zu merken: m) ie Biepäfibe (Cinis la: ir Qalk’. 

„plumbi grylea),,der unvollfommene Kalk des Bleves, der 
haben der Hitze bildet, die noch nicht. das Bilfihen! erreicht 50 
2)der Maſticot (Gerulla citrina, Oride de plamb jaune)r, 
ein vbollkommener Blevfalt, der bevm anfangenden Gluͤhen 
des. vorigen Kalks entſteht 3die Bleyglätte (kichargyrum, 


uide de plamb,,demi- «itreux) 98x „der, vollkommie 
Kaltı der einsuamfongenke Zufammenfinterung, beym 9*— 
| 


» 
“....+ 


! 


696 TI. hell. 3. Hauptflüd. 
| t3 4) di rtenaipe Minium, Os; 
— * der ————— —— er 
mir Waflei aͤngefeuchteten Maftieot dur Ealcinirem erbals 
‘ten wird; 5), das Bleyxweiß (Cerufla alba), der dur bie 
Dämpfe des Eſſias gebildete Fobleniaure Bleykalk; 6) das 
DBleyglas (Vitrum ſaturni)/ das. durchs völlige 
aller vorbergenannten Blenfalfe entftebt. umd die Grımds 
han gt ale da era 
er vie Blepfaits in € ae; "die vur® = 
dunſten gu 8) dem Bleyzuder (Saccharum faturni), eis 
nem füß ſchmedenden Ealze anſchießt, deſſen füßer Ges 
ſchmack eben zu der aottlofen Verfaͤlſchung des Weins mit 
Ble yalaͤtte Anlaf gegeben hat. 

—6. 1118. 6) Rupfer (Cuprum, Venus). Es 
hat eine roͤthliche Farbe, iſt ſehr duetil und geſchmei⸗ 
dig, von einer großen Zaͤhigkeit, einer betroͤchtlichen 
Härte sind ziemlichen Federkraft; es iſt daher ſehr 
klingend. Beym Reiben und Ethitzen zeigt es einen 
merklichen und widrigen Geruch. Zum Schmeljen 
erfordert es eine ſtarke und Weißgluͤhehitze, die man 
auf r450° Fahrend. ſchaͤtzt. Beym allmaͤhligen Er: 
hitzen unter dem Zutritte der luft läuft e8 mit bunten 
Megenbogenfarben.an, und wird endlich mit einem 
fihuppichten Kalfe, dem Gluͤheſpan, uͤberzogen. In 
der Gfühehiße brennt das Kupfer, wenn die fuft Zus 
gang haben kann, mit einer fhönen grünen und blauen 
Flamme, und einem. Rauche,. der. einen grün - grauen 
Kalk abſetzt. An der fuft verliert das Kupfer. bald 
feinen. vegulinifchen Glanz, und wird, wenn Diele 
feucht ift, auf der Oberfläche mit.einem grünen Mofte 

überzogen, der ein fohlenfaurer Kupferkalk iſt. Saft 
alle Säuren greifen das regufinifche Kupfer geradezu 
an, und geben damit blaue oder grüne Auflöfungen. 


Bu den merfwirdiaften Producken des Kupfers gebbren? 
d ı) Der Aupferpittiot ( Vitriolum) de e\pro ) ober das 


Bupfer in blauen Kröfallen; 2) ar 


Schwere einfache Stoffeh. ihre Verbindungen. 697 
faure Kupfer, das bey der. Verdünnung mit Waffer eine 
fomvarbetiihe Tinte giebt, wovon die GSchtiftzüge beym 
Anstrofnen unfihtbar werden und dur Ermärmen wieder 
“gelb zum Vorſcheine fonimen; 3) das Spangrün, ber 
Grünfpan (Viride 'seris); ein Fohlenfaurer, mit. etwas 
Efitgiaure perbundener Kupferfalk, dur Hülfe der Eſſia⸗ 
fäure mebildet; 4) der kryſtalliſirte Gruͤnſpan (Viride aeris 
oryltallifatum),. oder das froftallifirte effiafaure Kupfer ; 
5) die Fbon et en a in Ammos 

he "(Cu rum ammonlaca .e); arme igiſe 
a P ein durch die ſalzigte Säure des Salmſaks Gebilde 
- ter Kupferkalf. 


$. 1719.57) Eiſen (Ferrum, Mars). Kein 
einziges Metall ift einer ‚solchen Abwechſelung feiner 
Eigenſchaften fähig, als das Eifen, dergeſtalt, daß 
man ·mit Hecht eigene Arten deſſelben zw: unterſcheiden 
genoͤthigt wird· Dahin’gehdren: gefchmeidiges Ei⸗ 
fen, Roheiſen oder Gußeiſen, und ‚Stahl. 3) Ges 
ſchmeidiges Eiſen ( Ferrüm euſum, dastile); Es 
Hat eine graulich⸗ weiße Farbe, einen lichtgrauen, glaͤn⸗ 
zenden, fafericht «hadigen Bruch; feine Härte iſt nicht 
viel größer; als die vom: Kupfer; es läßt fich. kalt und 
warm ſtrecken und fihmieben, und hat eine große Zoͤ⸗ 
tzigkeit/ eine betraͤchtliche Dehnbarkeit, eine mäßige 
Federkraft; es iſt höchft fehmer <flüffig, und für ſich 
allein unſchmelzbar, außer beym Zutritte der buft oder 
zwiſchen Kohlen, wo es in der anhaltenden Weißgluͤ⸗ 
hehitze ſchmilzt, doch mit Veränderung feiner Eigen⸗ 
ſchaften. Schon in geringerer Hitze wird das Eiſen 
beym Zutritte der luft verkallt. Es laͤuft erſt mit 
bunten Regenbogenfarben auf der Oberflaͤche an, ver⸗ 
wandelt ſich dann in Gluͤheſpan oder Hammerſchlag, 
was der unvollkommene Ralf des Eiſens iſt, und die⸗ 
ſer wird zuletzt beym anhaltenden Gluͤhen unter dem 
Zutritte der buft zu einem roͤthlich⸗ braunen vollfomme: 
F nen 


ai 


— 


698 .... IL Theil. 3. Hauptſtuͤck. 


nen Kalke, der auch ohne zu ſchmelzen durch Calcini⸗ 
ren mit brennlichen Dingen wieder zum unvollkomme⸗ 
nen Kalke herzuſtellen iſt; auch an der Luft verwandelt 
es ſich leicht in Roſt: endlich gehoͤrt es noch zu den 
chatakteriſtiſchen Merfmalen des geſchmeidigen Eiſens, 
daß es ſich ſchweißen läßt. b) Gußeißen, Roheiſen 
(Ferrum crudum). Es laͤßt ſich weder kalt noch 
warm ſchmieden oder ſtrecken; wohl aber bey einer 
anhaltenden; Weißgluͤhehitze, die man auf 1600 Grad 
Fahrenh. ſchaͤtzt, für ſich allein fchmelzenz feine Farbe 
ift mehr oder weniger lichtgrau, fein Bruch nicht fas 
fericht , ſondern mehr oder weniger feinförnig; feine 


Härte und Soroͤdigkeit ausnehmend großz'es hat da- 


her auch ‘einen weit ſtaͤrkern Klang, als geſchmeidiges 
Eifen ;r es roftet. nicht fo leicht, als diefes, und ſetzt 
nicht fo feicht Gluͤheſpan ab. : Durch oͤfteres Gluͤhen 
und Schmieden wird es in .erfletes verwandelt. 
c) Stahl (Chalybs).: Erift Eiſen, das, wenn es 
rothwarm glüher, nach dem plößlichen Ablöfchen im 
Falten Waſſer, härter, fpröder und unbiegfarmer wird, . 
vor dem Härten aber falt und warm gefchmeidig iſt, 
und auch mac) dem Härter burch neues Gfühen feine 
Gefchmeidigfeit wieder erlangt. Er hat einen weißen 
lichtgrauen Glanz, einen feinkoͤrnigen Bruch; und 
iſt einer ungemein großen Haͤrte, aber auch auf der 
andern Seite wieder der Geſchmeidigkeit und Dehn⸗ 
barkeit des geſchmeidigen Eiſens faͤhig. Er iſt für 
ſich allein ſchmelzbar, roſtet fpäter als geſchmeidiges Ei⸗ 
fen, früher als Roheiſen, und ſetzt ſtaͤter Glüheipan 
ab, als. erjteres; er lauft mit lebhaftern Farben des 


— Regen⸗ 


Schwere einfache Stoffe us ihre Verbindungen. 699 


Regenbogens beym Erwoaͤrmen an, ald das gefchmei: 
dige. Eifen.. Der: Unterfchied"biefer drey Eijenforten 
ruͤhrt daher, daß das Roheiſen noch nicht den voll: 
fommen regulinifchen Zuftand hat, ſondern noch in 
einem, geringen Grade der Oxidirung ift, über dies 
aber nuch-Kohlenftoff, oft bis zur Sättigung , aufs 
gelöf’t enthaͤltz daß der Stahl zwar völlig regulinifch 
iſt, aber auch Kohlenſtoff aufgeloͤſ't enthält; das ge⸗ 
ſchmeidige Eiſen aber vollkomnien reguliniſch /iſt und 
feinen Kohlenſtoff anfgelöf’t hat. "Allen drey Ei⸗ 
fenforten iſt es eigenthuͤmlich, nicht nur vom Magnete 
gezogen zu werden, d. hi retractoriſch zu ſeyn, ſon⸗ 
dern auch ſelbſt zum Magnete d. h. attractoriſch zu 
werden. — Das Eiſen iſt in allen Saͤuren aufloͤs⸗ 
lich. Den vollkommenen Eiſenkalk loͤſen die Säuren 
in geringerer Menge auf; daher truͤben ſich mehrere 
Eifenfolutionen, an der: $uft, laſſen Eiſenocher fallen, 
und berändgen ihre gruͤne Sat in eine. selbe * 


braune. 


„es ift. vom Eiſen zu — 1) der 1eifenmohe: (Akkbiaps 
tialis, Oride”de fer noir)y ober der unvolfdinme —* i 
des Efen wohin auch der Hammerſchlag Sluͤhe⸗ 
2 fpan gehört; 2) der vollföniinene ir (Croeus mar- 
+ is, dæide de fer jaune) ı wie z. B. der ausgeglühete 
Eifenroſtz 3) der grüne —ES oder da# ſchwefelſaure 
Eiſen  CVitriokum- martis‘) 5 '4) das Berlinerblau ( Caeru« 
leum berolinenfe), oder das blaufaure iifen, ' 


4.351120.) ‚Binm- (Starietiin ‚> Iupiter ). .? Es 
hot eine. glänzend» weiße Farbe, die. etwas bläulicher 
iſt, als die. vom Silber; es iſt ſehr weich, ziemlich 
Behnbar, : wenig zoͤhe, und von einer ſehr geringen 
Federkraft, Es hat daher auch wenig Klang. - Es 
— „ wenn man es biegt oder a den Zähnen 

brüdt, 


wo .: . .D. Theil. 3: Hauptſtück. 


„ druͤckt, eim beſonderes Geräufch; und Kat, wenn es 
gerieben oder erhitzt wird, einen eigenthuͤmlichen, et⸗ 
was widrigen Geruch. Es ſchmilzt vor dem Gluͤhen, 
bey 420 Gt. Fahren, und verwandelt ſich dann 
beym Zugange der fuft in ein graues Pulver, das 
unvollkommener Zinnkalk ift, der beym anhaltenden 
Gluͤhen endlich weißlih wird. Diefer vollfontmene 
Zinntalt iſt hoͤchſt ſtreng⸗ fhüffig,. und giebt auch mir 
verglaſungsfaͤhigen Subſtanzen kein durchſichtiges, 
ſondern ein matt: weißes opafes Glas, und macht die 
Bafis des weißen. Emails aus. Wenn das fließende 
Zinn ‚unter. den Zutritte der luft bis zum Glühen 
ſchnell erhitzt wird, fo. brennt es endlich mic einer Fleis 
nen hellweißen Flamme, und giebt einen weißen 

Dampf. An der fuft verliert das Zinn feinen regulis 
nischen Glanz erft fpät, und wird auch niche mit einem 
eigentlichen. Nofte überzogen. - Alle. Säuven greifen 
dad Zinn anz die Aufldfungen find, wenigſtens bey 
einiger Verdünnung, ungefärbt. 

Wir merken: 1) die Zinnajche (Cinis ftanni, Oxide d’ dran), 
der den volkommenen Zinnkalk. 2) Libavs rauchenden 
piritus und die Zinnburter ( Liquor funians Libavüi ; Bu- 

tyrum [tänni ), eigentlih die concentrirte Verbindung der 
falzigten Säure mit dem vollfornmenen Zinnfalte. 3) Die 
re Särber , oder die Auflöfung des Binns im 

$. 1121. 9) me (Zincum). Ein weißes Me 
tall, das zwiſchen dem Sproͤden und Dehnbaren dad 
Mittel haft, oder halbgefchmeidig iſt, und auf dem 
Bruche eine Fenftallinifche Fuͤgung nicht undeutlich 
zeigt. Es ſchmilzt kurz vor dem Gluͤhen, und brennt 
endlich. beym Gluͤhen unter. dem Zutritte der Luft mit 
eu einer 


Söwere einfache Stofft u Ihre Verbindungen. Tor 


einer auferorbentfich hellen und blendenden Flamme, 
aus der ſich ein ſehr lockerer und ungemein weißer 
Kalk erhebt, der im Feuer ſehr beſtaͤndig iſt. An der 
luft leidet das Zink nur wenig Veraͤnderung; es ver⸗ 


liert ſeinen metalliſchen Glanz nur langſam, ohne 


eigentlich zu roſten. Beym Ausſchluſſe der tufe iſt es 
in der Gluͤhehitze flüchtig und läßt ſich unverändert 


f 


auftreiben. Es loͤſ't fih in allen Säuren auf und 


giebt damit ungefärbte Auflöfungen. 


Don feinen Producten nehne ib nur 1) die Zinfblumen ( Flo- 
zes zinei ), Oder den volltommenen Kalk des Zinkse, un 
2) den weißen Zinkvitriol (Vitriolum zinei ) oder das 

. deine .“ | 


$. 1122. 10) Wiemuth (Bismuthum). Ein 
roͤthlich⸗ weißes fehr ſproͤdes Metall, das ein blaͤtterich— 


‚tes Gefüge hat, ziemlich hart iſt, noch vor dem Gluͤ⸗ 


hen bey 460 Gr. Sahrenh. ſchmilzt, beym Gluͤhen 
unter dem Zutritte der $uft dampft und brennt, und 
fich beym Ausfchluffe der uft in der Hige unzerſetzt in 
die Höhe treiben laͤßt. Beym Schmeljen vor dem 


Gluͤhen verwandelt es fich unter dem Zutritte der tuft 
feiche in einen gelb:bräunlichen Kalf, der beym Schmelz’ 
zen in ein gelbes durchfichtiges Glas übergeht. Das’ 
wirkſamſte Aufföfungsmittel für daffelbe ift die Salper: 
terfäure. - Die Auflöfungen deffelben find ungefärbt, 


und die Niederſchlaͤge daraus weiß. 


Ich Ari den Wismuthkalk, das Schmintweif (Calx. 


s Oxide de, bismuth. blanc), oder den Mieders 


flag defisiven aus der Aufloͤſung in Salpeterſaͤure durch 


bloßes Vaſſer. 
$. 4123. 11) Nickel (Niccolum). Es hat 
eine. lichtgrau⸗ weiße darbe; iſt etwas ſtreckbar und 
| | ſehr 


”o2 1. hell. 3: Hauptſtuͤck. 


ſehr feſt; iſt fehr ſtreug⸗ fluͤſſig und ſchmilzt erft bey 
einer Hiße, wobey Eifen fließt; es iſt ſehr feuerber 
ftändig, und verwandelt fi ſchwer in einen fhönen 
hellgruͤnen Kalf, der mit dem Botaxe zu einem hya⸗ 
einthfarbenen Glaſe ſchmilzt. Die Aufloͤſungen des 
Mickelmetalls in Säuren ſehen grün aus, mie Die des 
Kupfer, und das Ammoniaf liefert mit dem Nickel⸗ 
kalke auch eine blaue Aufloͤſung. 


$. 1124. - 12) Arſenik, Arſenikmetall (Arſeni- 
cum). Ein fehr fprödes Metall, von einer weißen Far⸗ 
be auf dem frifchen Bruche, und von einer beträdhtli= 
chen Härte. An dertuft verliert es ſehr bald feinen 
metallifchen Glanz und wird unfcheinbar und ſchwarz. 
Im TFeuer iſt es fluͤchtig und läßt ſich beym Aus= 
ſchluſſe der Luft unverändert in die Hoͤhe treiben. Unter 
dem Zutritte der $uft verfalft es fich leicht und ent: 
zündet fid mit einer weißlich- bläulichen Slamme, Die 
einen fehr weißen diden Rauch von einem eigenen 
£noblauchsartigen Geruche. verbreitet, ber fi) als ein 
weißlicher Kalk anfest und felbft noch, flüchtig iſt 
(weißer Arfenif). Schon diefer unvollfommene Ar: 
fenikkalk zeigt eine ſalzigte fäuerliche Natur und wird 
zu einer völligen Säure, der Arjenikfäure (Acidum, 
arfenicicum ), wenn er durch Huͤlfe der Salpeter⸗ 
ſaͤure ganz mit Sauerſtoff geſaͤttigt worden iſt. Die 
Verbindungen des Arſenikmetalles mit Säuren find 
ungefärbt. 
ee a Bad 


der unvollfoınmene, oder no phlogiftifirte-Kalf des Arſe⸗ 
uifmetalled „ der dur eine Sublimation gewonnen wird } 
Ä a 


Schwere einfache Stoffen. Ihre Verbindungen. 703 


RR); ure (Acidum.-arfenicicum ;’ Acide “arfeni- 
que), der vollfommene Kalk des Arfenifmetalles, 


$. 1125, 13) Robalt ( Cobaltum ), Seine 
Sarbe ift grau: weiß; esift fpröde und zerfällt unter 
dem Hammer; doc) zeigt es im Zuftande der größe: 
ften Reinigfeit Ducilität. Es ift fehr ftreng- flüffig, 
und braucht zum Schmelzen eine Hiße, woben Kup: 
fer fließt; nach dem fangfamen Erkalten zeige es auf 
feiner Oberfläche eine neßförmige Bildung. Es ift 
feuerbeftändig. Es verliert feinen regulinifchen Zu: 
fand ſchon vor dem Schmelzen durch anhaltendes 
Gluͤhen und Nöften, wie das Eifen, beym Zugange 
der fuft. Der Kalf des Kobaltmetalles ift fhmwär;- 
fih; bengemifchter Arfenif macht ihm röthlich oder 
braun. Diefer Kalk ift für fich fehr ſchwer zu ſchmel⸗ 
zen, durch das Schmelzen aber geht er in ein Glas 
über, das fo dunkelblau iff, daß man es ſchwarz nen- 
nen fönnte; mit anderm Glaſe verduͤnnt, wird es 
aber fhön: blau. Die Aufldöfungen des Kobalts in 
Säuren fehen röthlih aus. Das Kobaltmetall zeigt 
Magnetismus. | 


Ich nenne von den Producten dieſes Metalled: 1) die Zaffer 
oder den Saflor, der gerdftete Kobaltkalk, der mit zart. 
gepulvertem Sande oder Kieſel vermengt ift; 2) die Smalte 
oder blaue Stärke, das durch Kobaltfalf blau kingirte und 
fein gemablene Glas RL der Robaltvitriol ( Vitriolum co- 
balti) oder das fehwefelfaure / Kobalt in ſchoͤnen rotben 
Kryſtallen; 4) AZellots ſympathetiſche Tinte, die man 
fo verfertigt, daß man einen Theil Kobaltmetall, oder“ 
auch den geröfteten Kalk davon im drey Theilen Scheider 
wafler durch Digeſtion auflöf’t, die Auflöfung mit 24 Thei⸗ 
len Wafler verdünnt, durchfeihet, ‚einen Theil Kochlalz 

ufegt, und nad dem Aufloͤſen wieder durchſeihet. Die 

Scriftzüge damit verfhwinden.in der mäßigen. Tempera⸗ 

tur und in der Kälte auf dem Papiere; kommen aber.beym 

Eriwärmen des Papiers jchön s grün wieder zum Borfcheine, 

verſchwinden wieder beym Erkalten, und-fo, fort. : Das 

Weſentliche der Rinte ift ſalzigtſaures Kobalt. - 5 sr er 
j a 


04 U. Theil, 3. Hauptſtuͤck. 


/ 


man ns blaue he Tinte. Dan kocht einen Theil 
reinen Kobaltfalf in 16 Theilen deſtilirten Weineflias in 
einem Blasfolben im Sandbade , bis etwa vier Theile Eſſig 
übrig bleiben ; ſeihet die Aufloͤſuna durch, die roſenroth 
ausfehen muß; dann läft man fie noch um die Hälfte ver—⸗ 
dampfen, ſetzt den vierten Theil des angewaudten Kotalts 
on Kücenfa zu, und läßt es zufammen in der Wärme, 
aufldien. e damit gemachten Schriftzuͤge verichwinden 
in der Kälte, kommen aber in der Wärme ſchoͤn⸗ blau zum 
Vorſcheine, und verfchwinden wieder in der Kälte, 

6. 1126. 14) Spießglans (Stibium , Regulus 
antimonii ). Es hat eine weiße Farbe, ift mäßig 
hart, und fo fpröde, daß es fich leicht pulvern laͤßt. 
Es hat ein grobftrahlichtes Gefüge, und nimmt nach 
dem Schmelzen und ruhigen Erfalten auf der Ober: 
fläche eine fternfdrmige Bildung an, An der $uft ver: 
liert e8 nur wenig von feinem Glanze und rofter nicht 
eigentlich. Es befigt weder Geruch noch Geſchmack. 
Es ſchmilzt bey dem Gluͤhen in einer Hitze, die man 
auf 810 Gr. Fahrenh. ſchaͤtzt. Ir der Weißglu⸗ 
hehitze laͤßt es ſich in verſchloſſenen Gefaͤßen in die 
Hoͤhe treiben; beym Zutritte der luft hingegen verwan⸗ 


delt es ſich in einen weißen Rauch, der ſich in Geſtalt 


weißer glaͤnzender Nadeln anlegt, die einen unvoll⸗ 
kommenen Kalk des Spießglanzmetalles vorſtellen und 
daher auch noch flüchtig find. Der vollkommene Kalk, 
der auch weiß ausfieht, iſt fcuerbeftändig, und höchft 
ftreng : flüffig. Die Auflöfungen des Spießglanzme- 
talles in Säuren find ungefärbt. 


Bon den zahlreichen Zubereitungen des Gpießalanzmeralles 
merfe ih nur: 1) das Glas vom Spicßglanze ( Vitrum 
antimonii )y den gefchmolzenen und mit etwäs sochel 
verbundenen unvollkommenen &prefalangtalt;3 2) das 

j ibende Spießglanz (Antimonium- diapboreti- 
cum ), oder den vollfommenen Kalk des Epiefglanzımes 
talles; 3) die Spiefglanzburter (Butyrum antimonii ) 
oder: die concentrirte Berbindung des Gpiefglanztatfes 
nit falzigter Saͤurez 4) den Brechweinftein (Tartarus 
en eme- 


Schwere einfache Stofjen..ihre Verbindungen. vos 
Be 700 2 al — 
6 1127.15), Magnefüm, Braunfteinmeral 


( Magneßum), Es iſt weiß von Farbe, hart und 


fpröde, von einem koͤrnigen Bruche, fehr fireng: Aüflig 
und ſchmilzt ſpaͤter, als Roheiſen. Auch, ohne zu 
- Schmelzen wird es im ‚Seuer, leicht verfalft und in ein 
ſchwarzes Pulver, verwandelt; dies geſchieht auch in 
der Luft. Dieſer Kalk ift Außerft feuerbeftämdig. Die 


Auflöfungen des ‚reinen Magneſiums in Säuren find 


farbenlos, WM | 


Ga zeige von dem Magnefium an: 1) den rohen Braunftein- 
- , »(Magnehia nigra Der ber natürliche und vollfommene Kalk 
des Örannfleinmetalles ft, und eine. beträchtirche Menge 
Sauer ſtoff enthalt , ben er zum Theil beym: Glühen als Yes, 
vbeusluft fahren laͤßtz weswegen man ihn auch jur Bereitung 
der letztern vorzüglich anwendet. 2): Was mineralıche Char 
mäleon, Man nimmt dazu drey Theile Galpeter und eıne 
Theil Braunftein, reibt beyde ſehr fein’ zuſammen, an 
erhält das Gemenge ın einem Ziegel fo lange glübend, big 
die Mafle nicht mehr ſchmilzt, fondern ein- trodenes erdiche? 
tes Auſehen erhält; werauf man fie-in einem gut verftopfe 
ten Glaſe aufbewahren muß. Wenn man enwas von dem: 
Yulver in ein Glas mit Brunnenwafler wırft,.fo wird dag 
Waſer grün, dan violett, hierauf rörblih, und zuleht 
entfätbt ed fi gang; und-der Braunfteis faͤllt in feiner 
- gatärlien Farbe zu Boden. rer Ale ee “ 


"ng 


J $. 1128. 16) Molybdaͤnmetall (Molybdae- 
num). Es iſt in dem Waſſerbleye (Molybdaena) 
mit etwas Schwefel bereinigt. Sein Kalk zeigt eine 
ſaure Natur und bildet eine eigenthumliche Säure, 
die Molybdaͤnſaure ( Acidum molybdaenicum, Ac. 
— 


Von den Producken aus MAlybbänmetall erwaͤhne ich bloß des 
blauen Carmins. (J. B. Richter uͤber die neuern Gegens 
— * Chemie, ‚St, Il, Bresl. uad Hirſchberg 1792, 8. 

ı 97; ö 


99 $. 1129. 


* 


06 IL. Theil. 3. Hauptſtuͤck. 

4. 1129. 17) Wolframmetall (Wolframium) 
iſt die metalliſche Subſtanz, die einen Beſtandtheil 
des Tungſteins oder Schwerſteins und des Wol⸗ 
frame ausmacht. Der vollkommene Kalf dieſes Me⸗ 
talles iſt gelb von Farbe, und hat Eigenſchaften einer 
Säure, die als eine eigenthuͤmliche Säure oben ($. 
864.) unter dem Namen der Wolframfäure erwähnt 
‚worden. Die Reduction des reinen Kalfes zu einem 
maffiven Regulus ift bis jeßt noch zweifelhaft, ob: 
gleich andere Eigenfchaften deſſelben feine metalfifche 
Natur außer Zweifel fegen. 


$. 1130. 18) Uranium. Diejes Metall ift erft 
von Hrn. Klaproth endeckt worden, und fein Kalf 
macht einen Beftandtheil in der fo genannten Pech- 
blende und dem grünen Glimmer. Dieſer Kalt hat 
eine gelbe Farbe und liefert mit ber Salpeterfäure 
geifiggrüne Kryſtalle. 


*5* * Br —* nen ent 
a A vie Drof. —— F 
Crells — ge 1789. Ey 4 ME, * 


Richter über die neuern Gegen 
das neu entdeckte —— Uranium. yet u 


irföberg. 1791. ©. ı. 
S. 1131, 19) Titanium ‚ bie neuefte metallis 
ſche Subftanz, die Hr. Klaproth in dem fo genannten 
rothen Schörl entdeckt hat. 


Mart. Heinr. Klaproths —— des hasgsrilchen ro», 
then Schörls; in feinen Beiträgen zur chentfchen Kennt- 
af der Mineralkarper. Bel, For und Berlin, ı7u5. 8. 

233. 11» 


Zufam; 


Schwere einfache Stoffe u. Ihre Verbindungen. 707 


Bufanmengefeste Subftanzen organi» 
| ſcher Körper. 


. 1132. Die organifchen Körper beſtehen aus 
_ einer nur geringen Anzahf von Grundſtoffen; und die 
große Verſchiedenheit, die wir in den fo mannigfal- 
tigen Producten derfelben in Anfehung ihrer finnlichen 
Eigenfchaften antreffen, rührt nicht immer von dem - 
Unterfchiede in der Qualität, als vielmehr von dem 
derfchiedenen quantitativen Verhältniffe in der Ver: 
bindung der Grundftoffe her. 


6. 1133. So. weit die chemifche Zergliederung 
der Körper der Pflanzen und Thiere jegt reicht, hat 
man folgende einfachere Grundfloffe-in ihnen ange: 
troffen. Außer dem Brennſtoffe, der in allen und 
jedem dieſer Koͤrper und ihrer Producte zugegen iſt: 
Kohlenſtoff, Waſſerſtoff, Stictſtoff, Phosphor, 
Sauerſtoff; dann auch Schwefel, —— 
Alkalien, Ralkerde und Eiſen. 


$. 1134. Aus dieſen Grundſtoffen ſi nd die 
eigenthuͤmlichen Zuſammenſetzungen gebildet, die man 
als naͤhere oder unmittelbare Zeftandtbeile der orga⸗ 
nifchen Körper anfehen kann, und durch deren Aggre⸗ 
gation der Bau der letztern aufgeführt ift. Dieſe 
Zufammenfeßungen find bloß das Werk lebender Or⸗ 
gane, und die Aunft vermag fie zwar in ihre Grund; 

ftoffe zu zerlegen, Fann fie aber nicht hervorbringen. 


VYy 2 | Bes 


3 


708 U. Shell, 3. Haupiſtück. 


Beftandtheile der Körper des Pflan⸗ 
zenreichs. 

$. 1135. Die Körper des Gewaͤchsreiches zei⸗ 
gen folgende weſentliche, nähere Beftandtheile. ($. 
1134.): 1) Schleim; 2) öudter; 3) Stärke; 
4) Zleber; 5) Eyweißftoff; 6) Weinftein; 7) 
Weinfteinfäure; 8) Sauerfleefal;; 9) Sauerklee⸗ 
fäure; 10) Citronenfäure; 11) Aepfelure; 12) 
Bensoefäure; 13) Ballusfäure; 14) Sarz; ı5) 
Gummiharz; 16) Sederbars; 17) fettes Oehlz 
18) Aetherifches Oehl; 19) Aampber; 20) ſchar⸗ 
fer Stoff; 21) re Stoff; 22) fadiges 
Gewebe. 

$. 1136. Menn frifhe Pflanzen einer Hiße 
ausgefeßt werben, die nicht über den Giedepunct des 
Waſſers geht, fo werden fie auegetrotnet oder ge: 
doͤrrt. Sie entlaffen hierben ihr wefentliches Waſſer, 
das ohne Zweifel als folches einen Beftandtheil in 
ihnen vorher ausmachte; aber fie fönnen auch andere 
wejentliche oder nähere Beftandtheile in diefer Tempe: 
ratur verlieren und dadurch beträchtliche Aenderun: 
gen ihrer Kräfte und Eigenfchaften erleiden, wie 
3. B. das ätherifche Dehl den ſcharfen und den nar- 
kotiſchen Grundſtoff. 


$. 1137. In einer Hitze, die den Siedepunet 
des Waſiſers uͤberſteigt, erfahren die vegetabiliſchen 
Körper eine noch weit merklichere Veraͤnderung. Sie 
werden geröfter; ihre Mifchung wird augenjcheinlich 
verändert ‚ und ihre —— treten durch Einfluß 
des 


Schwere einfache Stoffe u: ihre Verbindungen. 709 


des Waͤrmeſtoffes in andere Verhaͤltniſſe und zu neuen 
Producten zuſammen, wie ſchon daraus abzunehmen 
iſt, daß ſie durch dieſes Roͤſten ſaͤmmtlich einen eignen 
Geruch und Geſchmack erhalten, ven man den btenz⸗ 
lichen ee meint, und ber vorher nicht 
— war. 

GA38. Beneiner. ftattern Hihze und dem 
— Zutritte der Luft entzuͤnden ſich endlich 
die vegetabiliſchen Körper, brennen ſaͤmmtlich mit 
Flamme, und laſſen nach dem völligen Einaͤſchern 
einen feuerbeſtaͤndigen Reſt, der gegen das Ganze 
immer nur ſehr wenig betraͤgt. | 

$. 1139. Der Ruß (Fuligo), der fid) aus der 
Flamme der brennenden Vegetabilien anfeßt, ft Koh⸗ 
lenſtoff, der wegen des nicht vollſtaͤndigen Zutritts 
der: Luft zum Innern der Flamme nicht verbrennen 
Fonnte, und. theils mit dem Rauche mechaniſch fort: 
getiffen,; theils daraus niedergefchlagen wurde. Es 
koͤnnen ihm freylich mehr oder weniger fremdartige 
Theile Anhängen, und er fann Deshalb von — 
ner Beſchaffenheit ſeyn. ABLE We Iran 

„. Glanzruß. Slarterruß, Gehlruß. Kienruß. 
1140: Alle dieſe Theile, welche: ‚ben, dem Roͤ⸗ 
ſten und Verbrennen der vegetabiliſchen Koͤrper ſich 


zerſtreuen, kann man auffangen und ſolcher Geftalt 


näher unterſuchen, wenn man die Erhitzung derſelben 
bis; zu eben dem Gtade in seiner. Retorte vornimmt, 
die mit dem noͤthigen Unparate: verbunden iſt. Man 
nehme z. B. Spaͤne von Büchenhakzsrfülle damit 
eine beſchlagene irdene Retorte bis zu zwey Drittel an, 

23112 kuͤtte 


"0° TE Theil. 3. Hauptſtuͤck. 
fütte eine gläferne gekruͤmmte Nöhre mit einer ober 
mehrern Mittelflaſchen fuftdicht an ihren Hals, und 
faffe die Mündung der leßtern feitungsröhre unter dem 
Trichter der mit: heifem Waſſer oder mit Queckſilber 
' gefüllten pneumatifchen Wanne: treten. Man gebe 
gelindes Teuer, und verftärfe es allmählig bis zuletzt 
zum’ Gluͤhen der. Metorte. Anfangs entmweicht die 
atmofphärifche $uft der Gerächfchaft; dann geben 
eigene Gasarten und Nebel über; die erftern treten 
unter die Necipienten bee Wanne, die leßtern verdich⸗ 
ten fich durch Abkuͤhlung in den Mittelflafchen. 

$. 1141. Man erhält hierbey eine außerordent⸗ 
fich große Menge von Gas. Ein großer Theil deifel: 
ben ift Eoblenfaures Bas, und läßt ſich durch Kalf- 
waſſer, Kalfmilch, oder äßende fauge fcheiden. Das 
zurücbleibende Gas ift entzündbar, hat einen unan« 
genehmen, brenjfichen Geruch, und befißt Eigen: 
fchaften des MWaflerftoffgas; umterfcheidet fich aber 
von dem reinen Waſſerſtoffgas durch ein größeres 
eigenthümliches Gewicht, durch eine confiftentere 
Flamme, mit der es brennt,. und dadurch, daß eg, 
bey feinem Abbrennen mit febensluft in verfchlofferren 
Gefäßen, nicht nur Waffer, fündern auch. Kohlen: 
fäure liefert, auch nachdem es aufs forafältigfte von 
allem anhängenven fohlenfauren Gas ‚vorher befreyet 
worden if. Es conftituirt alfo. eine eigene Gasart, 
die. man Lohlenftoff haltiges Waſſerſtoffgas (Gas 
hydrogenium carboneatum, Gaz hydrogene car- 
bone) * ) nennt. | 

*) Sononymas Gchwseres brennbaren Bas. 
6. 1142. 


Schwere einfache Stoffe u. ihre Verbindungen. rı 


3.1142. Die Erfcheinungen diefes Gas jeigen 
alfo , daß Wafferftoff und Kohlenſtoff zufammen feine 
Bafıs ausmachen, und folglich Beſtandtheile des 
Holzes geweſen ſeyn muͤſſen, moraus man es erhält. _ 
Das fohlenfaure®as, Das man zugleich mit gewinnt, 
feßt voraus, daß außer dem Kohlenftoffe auch noch 
Sauerſtoff darin. zugegen feyn muͤſſe. Uebrigens 
aber ift die. Koblenfäure nicht präeriftirend als ſolche 
im Holze zugegen geweſen, fondern es maren ihre 
Grundſtoffe vorher. in andern Verhäftniffen und mit 
den andern Beflandtheilen zu andern Zufammenfegun- 
gen vereinigt. Erſt bey der Erhißung bis zu einem 
gewifien Grade tritt ein Antheil Kohlenſtoff mit einem 
Antheile Sauerftoff zur Kohlenfäure zufammen und 
bilder mit dem Waͤrmeſtoffe kohlenſaures Gas, zugleich 
aber vereinigt fich ein Antheil Brennftoff und Waſſer⸗ 
ſtoff nes Holzes in Verbindung mic etwas Kohlenftoff 
mic dem Waͤrmeſtoffe und tritt als Fohlenftoffhaltiges 
Waſſerſtoffgas aus. Dieſes entzändbare Gas iſt es, 
welches beym Erhitzen des Holzes im Freyen die Slams 
me bildet, womit das Holz verbrennt. 

5. 1143. Die übrigen Aüchtigen Theile, die 
außer den Gasarten ben der trocdenen Deftillation 
bes Holzes Eß. 1140.) atısgetrieben werden, verdich⸗ 
ten fih in den Mittelflaſchen durch Abkühlung. zit 
teopfbaren Fluͤſſigkeiten. Sie bilden theils eine maß 
ferige Fluͤſſigkeit, die gefbroch von Farbe, brenzlich 
von Geruch, und. offenbar ſauer ift, und die man 
ſonſt ‚einen Spiritus nannte; theils ein Oehl, von 
xinem Starken brenzlichen Geruche und. einem: rn 


a - 


‘ 


712 0. Äh 3. Hu... 


Geſchmacke, welches auf der waͤſſerigen ſauern Fluͤf⸗ 
ſigkeit ſchwimmt, anfangs duͤnner und Heller iſt, zus 
letzt aber bey zunehmender Hitze dunkler von Farbe, 
dicker von Conſiſtenz, und-zäher und’ pechartiger wird. 
Die erhaltene ſaure Fluͤſſigkeit iſt bey ihrer gehoͤrigen 
Reinigung nicht von der Efſigſaͤure verſchieben. Sie 
bat eine zuſammengeſetzte Grundlage aus Kohfenftoff 
und Waſſerſtoff; fie praͤexiſtirte vorher, als ſolche, 
nicht im Holze, ſondern ihre Beſtandtheile waren in 
andern Verhoͤltniſſen unter einander verbunden, und 
ſelbſt ihr - wäfferiger Antheil iſt erſt ein Product des 
Feuers, aus dem Waſſerſtoffe und Sauerſtoffe des 
Holzes neu erzeugt. Auch das brenzligte Oehl 
(Oleum empyreumaticum) iſt ein Product, und 
fein Educt, und proͤexiſtirte vorher nicht. als ſolches im 
Holze.“ Ben feinem Verbrennen mit Sebensluft- bifvet 
ſich Waſſer und Kohfenfäure, und feine Beftandtheile 
find auch Brennſtoff, Waſſerſtoff, Kohlenſtoff und 
etwas Sauerſtofft Das Verhaͤltniß des Kohlenſtoffes 
darin iſt deſto groͤßer, je ſpaͤter es an und 
je — die an babey iſt. 


ag 1144 Einige lanzeni — — trocke⸗ 
nen Deſtillation keine ſaure Fluͤſſigkeit, wie das Holz, 
ſondern vielmehr Ammoniak. Dieſes Ammoniaf 
konnte nicht vorher, als ſolches, in den Pflanzenges 
genwaͤrtig ſeyn/ wo es ſich auch durch nichts Darin 
darthun läßes fordern es wird ebenfalls erſt aus ſei⸗ 
- Beſtandtheilen in ftärferer Hige zuſammengeſetzt, 
m zit daß auch der Stickſtoff in vie Mifchung 
ſehr 








Schwere einfaͤche Stoffe ur ihre Verbindungen. 713 


ſehr vieler — und: Me — — 
— and nd 


. 1198, Ser EIER nad der Befilafion. 


des Holzes ($ 1140.), iſt nun Die Kohle. Sie iſt 
nur ber Antheil des Kohlenſtoffes Des Holzes, der 
nicht mehr. Sauerſtoff. genug antraf, um als Kohlen⸗ 
ſaͤure auszutreten, noch Waferfiof, um als’ fohlens 
ſtoffhaltiges Waſſerſtoffgas oder beydes zuſammen, 
um als emohteumatiſche Säure ‚oder als. emppreumas 
tiſches Dehl überzugehen, | ‚Sie würde reiner. Kohlens 
artige, feuerbeftändige, falzige und erdige Seife 
waͤren, die damit innigſt wrdungt zuruͤchbleiben. 


4. 1146. Bey, dem. Verbrennen bes Holzes fo 
wohl, als. aller vegetabiliſchen Körper, unter. dem” 
vollfommenen, Zutritte der. frenen fuft, wird der ‚Anz 
theil Kohlenſtoff, der bey trockener Deſtillation zuruͤck⸗ 
bleibt, durch Aufnahme des Sauerſtoffes zur Kohlen 
ſaͤure, die als Gas entweicht, und es bleibt ‚dann 
bloß die Aſche (Cinis) zuruͤck, ein zur Underhaltung 
bes Feuers nicht: weitet) geſchicktes Pulver, das die 
feuerbeſtaͤndigen Theile des Koͤrpers ohne weitern Zu⸗ 
ſammenhang in ſich enthält. Außer den erdigen Theis 
len enthoͤlt die Aſche der Gewaͤchſe noch ſalzige Teile, 
die ſich dürch Auslaugen mit Waſſer von jenen treite 
nen laͤſſen. Dies meiften Pflanzen liefern fo aus ih⸗ 
ver Aſche durch Auslaugen, und duch Eindicken und 


Abrauchen der ſauge bis zut Trockniß, Gewaͤchsal⸗ 


kali (9. 879) das eben daher den Namen erhalten 
— 9— bat. 


/ 


ns 


Sei 3 Haupeftäcl 


= Es iſt immer mit etwas Kohlenſaͤure — 
die wohl von der Zerſetzung der Kohle beym Verbren⸗ 
nen an das Alkali getreten iſt; ſonſt enthaͤlt es aber 
auch noch verſchiedene andere Salze, die es verunrei⸗ 
nigen, wie z. B. ſchwefelſaures Gewaͤchsalkali. Die 
ſo genannte Pottaſche (Cineres clavellati) iſt ein 
ſolches, wiewohl unreines, Gewaͤchsalkali, aus ber 
Afche der Holzarten gewonnen. Die Alche verfchie 
bener am gefalznen Meerufer wachfenden Kräuter un: 


terſcheidet fi) von andern dadurch, daß fie mineralk 


ſches Altalı enthaͤlt. Dergleichen Afche ift die Soda 
(5881). 


$. 1147. Die nad) dem Auslaugen der Aſche 
der Pflanzen zurüd bleibenden erdigen Theile find nach 
Defchaffenheit des Bodens, worauf die Pflanze wuchs, 
verſchieden, und mehrentheils Kalf:, Thon = und 
SKiefelerde; manchmal auch phosphorfaure Kalferde, 
Pft enthält diefe Pflanzenerde auch Eifenfalf. 


6. 1148. Mod find Hier die Unterfchiede der ein: 
zelnen nähern Beftandeheile' der Körper des Pflanzen: 
reich⸗ ($. 1135.) und ihre Grundfloffe anzuzeigen. 


$. 1149. 1) Der Schleim (Mucillago), das 
Bummi, loͤſ't fi im Falten und heißen Waſſer, 
aber nicht im Alcohol und in ätherifchen Dehlen auf; 
er ercheilt dem Waſſer Vifcofitäe, ohne erheblichen 
Geſchmack; ift im reinen Zuftande, nach dem Aus; 
trockenen durdyfichtig, geruchlos,. in.der Waͤrme nicht 


zergehend, ſoroͤde und zerreiblich, Etr if ein worzügs 
licher 


m Er Zu 
- “ 
= 


| 


Schwere einfache Stoffe u. ihre Verbindungen. * 


licher Beſtandtheil aller und jeder Pflanzen und ihrer 
Theile; nur laͤßt er ſich nicht aus allen, wegen der zu 
gleicher Zeit darin befindlichen und auch in dem Waſ⸗ 
fer auflösbaren, andern Beſtandtheile, gleich rein 
darftellen, : Aus einigen: Gewaͤchſen quillt dieſer 
Schleim auch von felbft aus, wie das arabifche 
Gummi ‚ das ZRiefhgummi beweiſet. 


$. 1150. Die Grundſtoffe des Gummi ober 
Schleimes find: Brennſtoff, Kohlenſtoff, Waſſer⸗ 
ſtoff und Gau. EB 

4. ris1. 2) Das Sars (Refina) Ri im Alco⸗ 


hof und ächerifchen Oehle, aber nicht im Waſſer aufs 
lösbar, zergeht in der Wärme und wird flüffig, laͤßt 


fi) an der Slamme leicht entzünden, brennt mit einee \ 


rußigen Flamme, und hinterläßt eine Kohle nach dem 
Abbrennen. Verſchiedene Gewaͤchſe laffen das Harz 
entweder durch gemachte Einfchnitte, oder auch, zu» 
mal-im Alter, von felbft hervorquellen. Gewoͤhnlich 
find diefe narürfichen Harze mit ärherifchem Oehle ver⸗ 
bunden und dadurch verdünnt; fie haben davon Ge: 
ruch und fluͤſſige Eonfiftenz, und heißen natürliche 
Balſame. Erſt nad). dem völligen Verdunſten bb 
Dehls bleibt das reine Harz zurüd. 


$. 11 52. Auch das Harz beſteht aus Brennſtoff, 
Kohlenſtoff Waſſetſtoff und Sauerſtoff. 


6. 1153." 9) Das Bummibar; (Gummi ı re- 
fina) iſt nicht als ein Gemenge aus Gummi und Harz, 


ie als ein eigenthuͤmliches Gemiſch anzufehen, 
das 


716.2: 7 L. Theil. 3.Hauvtſtück. 


Bas ſich weder ganz: im Waſſer noch in Alcohol klar 
aufloͤſen läßt... Es bilder in den Pflanzen haufig einen 
milchichten Saft, der durchs Austrodnen feft wird, 
iſt in der Wärme zaͤhe, laͤßt fich aber nicht wie ein 
Harz ſchmelzen. Seine Örundftoffe find: Brennftoff, 
Kohlenſtoff, Waſſerſtoff und Sauerſtoff. 


$. 1154. Eine Materie eigener Art macht 4) das 
Sederbatz (Gummi elafticnm, Caoutehouc) aus. 
Es loͤſ't ſich weder im Maſſer noch im Weingeiſte 
auf, wohl aber durch Huͤlfe der Waͤrme in fetten und 
aͤtheriſchen Oehlen, und auch im Aether. In der Hi- 
ge läßt es fich, mie die Hatze, erweichen, "und fließt 
endlich zu einer jchwärzlihen Maſſe, nimmt aber nad) 
dem Erfalten die Federfraft nicht wieder an. Es 
brennt auch in der Flamme eines lichte. Es beftcht 
aus, Brennftoff, Kohlenſtoff, Waſſerſtoff, Stick⸗ 
ſtoff und Sauerſtoff. 


2. 1155.Die — der — sin 
Durchs Zermalmen und Durchbeuteln das bekannte 
Mebl, das fi) auch aus einigen andern Theilen der 
Pflanzen, mie aus einigen Wurzeln und Geüchten, 
obwohl nicht in ‚gleicher Reinigkeit, darftellen läßt. 
Wenn man Mehl, vorzüglich Weitzenmehl, mit fal 
tem Waſſer erft zu einem, feften Breye knetet, und 
biefen zwifchen den Händen durch darauf fliefendes 
Faltes Waſſer fo. lange waͤſcht, bis das Spülmaffer 
sicht mehr milchicht und trübe, ſondern klar und helle 
abflieft; fo bleibt eine graue, zaͤhe, contractile, gläns 
a ‚weiche Mafle.ubrig, die fih im, Weiler, im 
ein; 


Pi 


Schwere einfache Stoffe u: ihre Verbindungen. 717 
Weingeiſte und in Oehlen nicht aufldfen” Kıft, in ber 
Wärme zu einer halbdurchſichtigen, hornartigen Ma⸗ 
terie anstrodnet, am Feuer unter einem «hornartigen 
Geruche verbrennt, und: mie Waſſer angefeuchter. in 
Faͤulniß übergeht. Concenitrirte Säuren und aͤtzende 
Alfalien loͤſen ſie auf;. ‚doch letztere nur in der Hiße, 
Dieſe Materie heißt 5) der Aleber (Colla, :Gluten); 
Sm Weißenmehle ift diefer Kleber am häufigften; und 
andere Mehlarten find deſto weniger nährend, je ge- 
ringer das Verhaͤltniß deffelben darin zu den — 
Beſtandtheilen iſt. 


6. 1156. Der Kleber iſt zuſammengeſetzt * 
Brennſtoff, Kohlenſtoff, Waſſerſtoff, Phosphor, 
Stickſtoff und Sauerſtoff. 


6. 1157. Der andere und vorwaltende Grund⸗ 
theil des Mehls iſt 6) die Stärke (Amylum), Sie 
ſondert fi aus dem zur Darftellung des Klebers 
($. 1155.) gebrauchten Spülmwaffer durch die Ruhe, 
als ein weißer locerer Bodenfaß, ab, der nach dem 

Trockenen unſchmackhaft und ker ift, fi im Fals 
ten Waſſer, im XBeingeifte und in Dehlen nicht auf: 
loͤſſt, wohl aber im heißen Waſſer. Sie ift fein 
Schleim, ob fie ſich gleich demfelben in der Mifhung 
nähert. Sie läßt ſich auch aus mehrern frifchen Wur— 
zelm und mehligen Srüchten durch Zerreiben derſelben 
‚mit faltem Waſſer fcheiden. — Die Beftandtheile 
der Stärfe find: Brennfoff, ’ afierhoff, Kohlen⸗ 
ſtoff und Sauerſtoff. 


$. 1158. 


118. Hell 3: Hauptſtuͤck. 

$. 1158: Aus dem. frifh ausgeprefiten klaren 

Safte verſchiedener Gewaͤchſe, z. B. der Kreſſe, des 

Weißkohls, laͤßt ſich durch Kochen 7) eine Materie 
ſcheiden, die ſich als Schaum oder auch in Flocken ab⸗ 
ſondert, und die alle Aehnlichkeit mit dem in der Fol⸗ 
ge anzuführenden Eyweßftoffe(Materia alluntnsie) 
des — beſitzt. 


$. ır 59. 8) Der Zuder (Saccharum) macht 
ein eigenes, wefentliches Salz der Pflanzen aus. Unſer 
gemöhnficher Zuder wird aus dem Safte des Zucker— 
rohrs durchs Abrauchen erhalten, und ftellt nach der 
Hölligen Neinigung von andern Theilen ein feftes, wei⸗ 
fies Salz dar, von einem füßen Geſchmacke, das fich 
im Waſſer leicht, und aud) im Weingeiſte auflöf”e, 
und ſich aud) in regelmäßiger Geſtalt kryſtalliſiren laͤßt, 
wie der Candiszucer beweiſet. Er mache die lackmus— 
finctur nicht roch, das Curcumapapier nicht braun, 
Auf glühenden Kohlen verbrannt, ſtoͤßt er einen fte 
end : fauerlichen Dampf aus, verpufft mit Salpeter, 
und geht nach der Verduͤnnung mit Waffer in die 
weinichte und endlich in die Effiggährung über. Der 
Zuder ift in dem Pflanzenreiche ziemlich häufig ver: 
breitet, und ein und derfelbe Beftandtheil in allen füß 
ſchmeckenden Früchten und Pflanzen; nur läßt er fich 
freylich wegen der übrigen ſchleimigen und auszugar: 
tigen Theile nicht aus allen gleich rein, und noch me: 
niger vortheilhaft darftellen. Der Zuder befteht aus 
Brenuftofl, Waſſerſtoff, Kohlenſtoff und Sauerftoff. 


ı $. 1160. 


* 
Schwere einfache Stoffe u. Ihre Verbindungen. 71 
4. 1160. 9) Die Weinſteinſaure (Acidum 
tartaricum) iſt ein Beſtandtheil des 10) Weinſteins 
( Tartarus), eines weſentlichen Pflanzenſalzes, das 
ſich aus dem Moſte, zumal aus herbem, bey der 
Weingaͤhrung fcheidet; und. worin fie mit dem Ge⸗ 
wächsalfali verbunden, aber noch nicht geſaͤttigt ift, 
fo daß auch der Weinſtein deswegen als ein fäuerliches 
Salz erfcheint. Sonſt ift fie. aber auch ned) in eini- 
gen fauern Früchten, wie 5. B. in den Tamarinden, 
in den Beeren des Gerberbaums, enthalten. Die 
reine Weinſteinſaͤure fchieft in blätterförmigen Kry⸗ 
fallen an, die an der Luft beftändig find, in der His 
Ge zerfeßt werden und im Feuer verbrennen. Die 
Weinſteinſaͤure befteht aus denfelbigen Beftandtheilen, 
als der Zucker; aber der Sauerftoff ift darin in einem 
äröfern , und die übrigen Grundſtoffe find in einen 
geringern Verhältniffe als in jenem. 
$. 1161. 11) Die Sauetkleeſaͤure oder Zucker; 
fäure (Acidum oxalicum) ift im 12) Sauerkleeſalze 
(Sal acetofellae) mit einem Theile Gemächsalfali vers 
bunden ‚ aber nicht damit gefärtigr, fo daf diefes auch 
als ein weientliches faures Salz erfcheint. Sie laͤßt 
ſich auch durch, Kunft aus dem Zucer, der Stärke, . 
dem Schleime, ber Weinfteinfäure und andern Pflane 
zenftoffen, daducch darftellen, daß man Diele vermits 
telſt der Salpeterfäure bis auf einen gewiſſen Grab 
mir mehrerm Sauerftoffe verbindet. Sie ſchießt in 
fpießichten, oder duͤnnen vierfeitigen prismatifchen Krys 
ftallen an, die feht fauer ſchmecken, an der tuft in dee 
Waͤrme verwittern, in der Hitze zerſetzt weiden, und 
ſich 


729. I Lheil. 3. Hauptſtjcc 


ſch — —— zeigen. Die Sauerflefiure 
bat mic ver Weinſteinſaͤure einerley Grundſtoffe gemein, 
aber in.einem andern quantitativen. Verhoaͤltniſſe. 
$.1162. 13) DieZitronenfäure ÜAcidum ci- 
| tricum) iſt in dem Zitronenſafte (Succus citri) in 
Berbindung mit ſchleimigen Theilen, und ſonſt noch 
in andern ſauern Saͤften, z. B. der Johannisbeeten, 
der ſauern Kirſchen, der Moosbeeren, der Preußel⸗ 
beeren, der unreifen Weintrauben, u. a., enthalten. 
Dieſe Säure iſt im reinen Zuſtande kryſtalliſirbar, 
und hat einerley Radical ($: 871. ) mit der Wein⸗ 
fteinfäure und Sauerkleeſaͤure, nur in einem andern 
Berhäleniffe der Grundftoffe deſſelben. | 


6. 116%... 14) Die, Kepfelf: zure (Acidum ma- 
licum).. findet ſich in den Säften faurer Aepfel, ſonſt 
aber auch i in andern ſauern Fruͤchten, wie in den Ber⸗ 
beritzen, Hollunderbeeren, Schlehen, Pflaumen, 
u.a. Sie läßt ſich nicht zu feſten Kryſtallen bringen, 
und unterſcheidet ſich von der Weinſteinſaͤure Zitros 
nenfaure und Sauerkleeſaͤure durch ein anderes Ver— 
hoͤltniß der Grundbeſtandtheile. 


$. 1164. 15) Die Benzoefäure — ben- 
zoicum) madht i in dem Benzoeharze (Benr.o&) einem 
nähern: Beſtandtheil, und kann Daraus entweder 
durch gelinde Sublimation, oder durch; Ausfochen 
mit alfalischen faugen oder: Kalkwaſſer geſchieden wer⸗ 
den. Sie iſt eine fluͤchtige Saͤure, und erſcheint in 
weißen, glaͤnzelnden Nadeln ( Benzoeblumen). Ihr 
Geſchmack iſt nicht hervorſtechend ſauer. Sie loͤſſt 
ſich 








Schwere einfache Stoffe u ihre Verbindungen. Jar 


Sich: im kalten Waſſert ſchwer, leichter im kochenden 
‚auf. An der $uft find: die Kenftalle beftändig, Im 
MWeingeifte find fie aufldsbar, md auf gluͤhenden 
Kohlen brennbar,. Auch das Rabical yon diefer Saͤu⸗ 
ze ift aus Koblenſtoff und Waſſerſtoff zuſammen⸗ 
gefeht 
$. 1165. : 16) Der sufammenzichende. Stoff 
(Principium adftringens). Außert fih in den Gewoͤch⸗ 
fen durch den zufammenziebenden Geſchmack, ben fie 
gerurfachen, und dadurch, daß die wäfferige oder 
geiftige Ausziehung berfelbenmit..der Auflöfung des 
Eiſens in Säuren einen ſchwarzen Niederſchlag ‚ber 
wirkt. Beyſpiele geben: die Galläpfel, die Rinde 
Der Eiche, der Oranatäpfel, der Schmad, u. a, 
Unfere gemeine Tinte ift ein folcher Niederſchlag des 
Eiſens durch den zufammenziehenden Stoff. Wenn 
dieſer zufammenziehende Stoff von den ihm. anhätr 
genden färbenden, gummigen und ‚harzigen Theilen 
befreyet worden ift, fo zeigt er fich als ein weißes, na⸗ 
delfoͤrmiges, faures Salz, das man Ballusfaure ger 
nannt hat. Es ift in der Hiße flüchtig; auf gluͤhenden 
Kohlen iſt es entzuͤndlich. Mit Salpeterfäure behans 
delt, giebt e8 Sauerfleefäure. Der ſchwarze Nieder 
fchlag, den der zuſammenziehende Stoff mit dem Ei⸗ 
ſen macht, iſt in einem Ueberſchuſſe von andern Soͤu⸗ 
ren aufloͤslich, wodurch die ſchwarze Farbe wieder 
verſchwindet, die ſich aber dann wieder durch Alkali 
zum Vorſcheine bringen laͤßt. Kohllenſtoff und 
Waſſerſtoff machen auch das Radical dieſer Saͤu⸗ 


re aus. | 
23 §. 1 166. 


722 Dheil. 3. Hanpeftälh, 
$. 1166. 17) Aus mehrern Saamen und Ker- 
nen, 5. B. dem feinfaamen, dem Mohnfaamen, den 
Mandeln, fo wie auch aus einigen Fruͤchten der Pflan: 
zen, z. B. den Oliven, laßt ſich eine Affige Materie 
auspreffen, welche durch Huͤlfe eines Dochtes die 
Flamme ernährt, und fid) nicht in Waſſer auflöfen 
läßt, alſo ein Oehl, und zwar eın ſolches, "das fich 
nicht im Weingeiſte auflöf’t, auf Päpier getroͤpfelt 
einen Fleck macht, der durchs Erwaͤrmen nfcht wieder 
vergeht, und wenn es rein ift, Feinen erheblichen Ge: 
ruch und- einen milden Geſchmack befißt. Man nennt 
es ein ſettes Debl (Oleum unguinofum). Zum Sie⸗ 
den erfordern dieſe Oehle eine ftarfe Hitze, die mar 
auf 600 Grad nad; Fahrenheit rechnet. Sie find 
ſaͤmmtlich fpecififch leichter als Waller. © Einige trock⸗ 
‚nen an der $uft aus, andere bleiben ſtets ſchmierig. 
Einige find in der gewöhnlichen Temperatur unferer 
Atmoſphaͤre fluͤſſig, andere hart und ſproͤde; jene 
nennt man au) Pflanzenbutter. Das Wache fanıt 
man gewiffer Maßen zu den fetten Oehlen rechnen, 
Die fetten Dehle find außer dem Brennftoffe faft bloß 
aus Kohlenftoff und Waſſerſtoff, und nur aus vo. 
‘ gem Sauerftoffe zufammengefeßt. 
. 1167. Mit den äßenden Alfalien — 
fi) die fetten Oehle vollfommen und innigſt, und wer: 
den damit zu einer neuen Materie, die ſich in Waſſer 
und Alcohol aufföfen läßt, zur Seife (Sapo). Die 
Seifen werden durch alle Säuren wieder zerfeßt, und 
das Dehl daraus abgefchieden, wiewohl in veränders 
ter Natur. Auch alle Verbindungen der Sänren mit 
| Stoffen, 


Schwere einfache Stoffe u. ihre Verbindungen. 723 


Stoffen, mit denen fie nicht fo nahe verwandt find, 
‘als mit den feuerbeftändigen Alfalien, zerſetzen die 
‚aus feßtern bereiteten Seifen. . Berfchiedene Waͤſſer, 
befonders aus Brunnen, loͤſen aus eben dieſer Urfe: 
che die Seifen nur unvollfommen auf und zerfeßen fie. 
Man nennt diefe Wäfler bare (Aquae durae), Die 
weichen Waſſer hingegen (Aquae molles), tie die 
atmofphärifchen und das deftillirte Waſſer, loͤſen die 
"Seifen vollfommen auf, 

.$ 1168. 18) Verfchiedene ſtark riechende und 
ſchinedend⸗ Pflanzen, oder ihre Theile, ertheilen nicht 
nur dem daruͤber abgezogenen oder deſtillirten Waſſer 
ihren Geruch, ſondern es geht auch zugleich mit dem 
Waſſer ein Oehl über, das von den fetten Oehlen mes 
ſentlich verfchieden ift, wie ſchon daraus zu fehen ift, 
Daß es fich mit Waſſer deftilliren läßt. Es erfordert 
alfo eine geringere Hiße zum Sieden, als die fetten 
Dehle, binterläßt auf dem Papiere feinen Fleck, wenn 
man diefes anwärmt, ift in der Waͤrme leicht ver: 
dunftbar, hat einen Durchdringenden Geruch, der in 
allem mit dem Geruche der Pflanze übereinfommt, 
woraus es deſtillirt worden ift; es löf’e ſich in Wein⸗ 
geiſt auf, und laͤßt ſich durch die Flamme eines lichts 
anzuͤnden. Man nennt dieſe Oehle atheriſche, rie⸗ 
chende oder denillirte Oehle (Olea aetherea, deſtilla- 
ta), auch wohl weſentliche O hle; doc) kommt der letz⸗ 
tere Name mit allem Rechte auch den fetten Oehlen zu. 

‚Die mehreſten aͤtheriſchen Oehle find leichter, als das 
Waſſer, und ſchwimmen oben auf; nur einige, be— 
ſonders aus Gewuͤrzpflanzen heißer fänder, ſinken im 

33 2 Waſſer 


vi U. Theil. 3. Hauptſtuck. 


Waſſer zu Boden. “Ferner unterfcheiden fie fih in 
der Eonfiftenz, und befonders auch in der Farbe, Im 
Waſſer löfen fie fich giniger Maßen auf und ertheilen 
ihm ihren Geruc und Geſchmack. Die Grundftoffe 
des ätherischen Dehles find außer dem Brennitoffe, 
Waſſerſtoff und Kohlenftoff. 


$. 1169. 19) Eine andere eigenthämliche Ma: 
terie der Pflanzen, die aber feltener in ihnen anzu= 
treffen ift, ift der Kampher (Camphora), eine 
weiße, nicht fertig und auch nicht fcharf anzufühlenve, 
fefte, durchſcheinende, glänzende Materie, von eis 
nem ftarfen und durchdringenden Geruche und Ge: 
fhmade, die fehr flüchtig ift, im gelinder Wärme 
ſchmilzt, fich fehr leicht anzunden läßt, und ohne 
Ruͤckſtand zu Kinterlaffen, mit ftarfem Nauche und 
Muß verbrennt. Der Kanıpher ift im Waſſer nicht 
auflösbar, aber im Weingeifte-und in Dehlen. Er bes 
fteht aus Kohlenfioff und Waſſerſtoff. 


$. 1170. 20) Der ſcharfe Pflanzenftoff (Materia 
acris pl.) muß als ein eigener näherer Beftandtheil im 
Pflanzenreiche unterfchieden werden. Mehrere Pflan- 
zen naͤmlich, die übrigens geruchlos find, haben einen 
fehr brennenden und fcharfen Geſchmack, fie erregen, 
wenn fie frifch auf die Haut applicıet werden, Roͤthe, 
örtliche Entzündungen, ziehen Blafen. Durchs 
Trocknen verliert ſich dieſe Schärfe ganz oder größten 
Theild. Das Waller, das man über diefe Pflanzen 
abzieht, erhält dagegen alle Schärfe und alles Rei— 
bende. Beyſpiele geben: die frischen ABurzeln vom 
| Arum, 


Schwere einfache Stoffe u. ihre Verbindungen. 725 


Arm von der Meerzwiebel, von der Zeitlofe, der 
friſche Hahnenfuß, u. a. In verfchiedenen Gemäd): 
fen ift diefer ſcharfe und fluͤchtige Stoff mit aͤtheriſchem 
Oehle verbunden, und dadurch auch einiger Maßen 
gemifdert ; wie z. B. im Merrettig, im loͤffelkraute, 
in der Brunnenfteffe, im Senfe, u. a. Sonſt iſt 
uns die. Mifchung diefes eigenen Stoffe noch fehr un⸗ 
bekannt. Irriger Weiſe haben ihn einige für Ammo: 
niak gehalten. BR 
$. 1171. Das Narcotiſche oder Betaͤubende 
mehreter Pflanzen, z. B. des Opiums,rber Kirſch⸗ 
lorberblaͤtter, iſt gewiß feine Qualitaͤt anderer nähe: 
ser Beftandtheile, fondern hängt vielmehr von einem 
eigenen Subftrate ab,. das felbft einen nähern Ber 
ſtandtheil des Pflanzenreichs ausmacht, und das ic) 
21.) den narcotifchen Pflanʒenſtoff ( Materia nar-, 
cotica.pl.) nenne, Bis jet hat man freylich diefes 
Princip noch) nicht abgeſondert und. alfein darſtellen 
Fönnen, daraus laͤßt ſich aber fein Schluß gegen die 
Eriftenz eines folhen eigenen Weſens machen. Es 
ift flüchtig in der Siedhitze deß Waffers, kann aber 
doch durch andere fixere Beſtandtheile ſo figirt werden, 
daß es die Siedhitze des Waſſers verträgt. Immer 
aber verlieren die narcotiſchen Subſtanzen des Ge— 
waͤchsreichs durchs Trocknen, Auskochen, von der 
Staͤrke ihrer Kraft. Sn mandeit; wie in Kirſchlor⸗ 
berblaͤttern, iſt der narcotiſche Stoff an ein ätheri- 
ſches Oehl gebunden. Fa 2 Fe 
. 1172. Endlich iſt noch der nach Abſonderung 
aller bisher erwaͤhnten nähern Beſtandtheile ver Plan: 
——— zen 


26 “ TE Theil. 3. Hauptſtück. 


zen uͤbrig bleibende Ruͤckſtand, der gewiffer Maßen 
das Skelett der Pflanze vorſtellt, unter dem Nahmen 
des 22) fadigen oder holzitgen Theiles (Materia fihro- 
fa pi.), als eine eigenthuͤmliche Zuſammenſetzung zu 
unterfcheiden. eine Unauflöslichfeit in Waſſer, 
Alcohol, Dehlen und Alkalien charafterifiren ihn 
genugfam. Er ift brennbar, und Kohlenſtoff, Waſ⸗ 
ferftoff und: Sauerſtoff bilden feine Zufammenfeßung; 
un aud) noch Sueftoft und Phosphor. 


Sutammenfiguugen in thierifchen 
Körpern. 


$. 1173. Die Grundſtoffe, welche die Zuſam⸗ 
menfeßungen oder die nähern Beſtandtheile thieriſcher 
Aörper bilden, find diefelbigen, als ben ven Körpern 
bes Pflanzenreichs. Es find, außer dem Srennftoffe, 
(der in jedem Producte derfelben enthalten ift, ) 
Stidftoff, Roblenitoff, Wafferftoff, Phoephor, 
Sauerjtoff, und dann noch Kalkerde. Sm Allges 
meinen unterfcheiden fich die allermeßreften thierifchen 
Subſtanzen dadurch von den vegetabilifhen, daß fie 
mehr Stidftoff und Phosphor lad ent: 
halten. 


$. 1174. Als eigene nähere Beftandtheile Der 
thierifchen Körper aus den vorgenannten Grundſtoffen 
($. 1173.) find anzufehen: 1) Galkrte, 2) Sett, 
3) Eyweißſtoff, 4) Faſerſtoff, 5) Knochenma⸗ 
teris, 6) Milchzucter, 7) Ameifenfäure, 8) koh⸗ 
lenaure —— de Schaalthiere, u. a. 


$. 1175. 


Schwere einfache Stoffen. ihre Werbindungen, 7a7 


eg 1275. Den: den trockenen Deftillation geben 
Die thierifchen Körper alle tohlenftoffhaltiges Waſſer⸗ 
ſtoffgas ($. 1141.) und fohlenfaures Gas, und-die 
mehreſten außer einem: brenzlichen Oehle kohlenſaures 
Ammoniak; nur wenige geben eine brenzliche Säure. 
Die Entſtehung dieſer Producte läßt ſich aus den an⸗ 
gefuͤhrten (5. 1173.) Grundſtoffen leicht erklaͤren. 
DE 176. Die Kohle ſolcher thieriſchen Subſtan⸗ 
- zen, welche bey der trockenen Deftillation Ammoniaf 
geben ($. 1175.), z. B. von Gallerte, Eyweiß, 
Blut, Knochen, iſt beſonders noch dadurch merkwuͤr⸗ 
dig, daß ſie, mit aͤtzenden feuerbeſtaͤndigen Altalien 
in bedeckten Gefäßen gegluͤhet, der nachher mit Waͤſſet 
auszuziehenden fauge derſelben das Vermogen ertheilt, 
das Eiſen aus feinen Aufloͤſungen in Saͤuren als Ser: 
linerblau niederzuſchlagen. Es bildet ſich naͤmlich aus 
dem jener Kohle noch anhaͤngenden Stickſtoffe, Waſſer⸗ 
ſtoffe, Kohlenſtoffe, Phosphor und etwas Sauerſtoffé 
eine eigenthuͤmliche Saͤure, die man jetzt duicch den Na⸗ 
men der Blauſaure (Acidum boruffeum,“ A. pruffe 
que) unterfcheibet, welche mit dem Alkali in Verbin⸗ 
dung tritt, es neutraliſirt, von demſelben aber durch 
eine doppelte Wahlverwandtſchaft an das Elſen uͤbet⸗ 
geht, das in einer Säure aufgeldf ik Das Ber: 
linerblau ift affo blauſaures Eiſen. Die Blaufsire‘ 
felbft iſt eine ſchwache Säure, für ſich allein in der’ 
Hitze fluͤchtig und gasfoͤrmig. Sie tritt von dem 
Berlinerblau an Alkalien und Kalkwaſſer, wenn man 
dieſe damit kocht. ER — 


M 


* 


1 — 


rei, 


FRE TEL 3. Hauptſtuͤck. 

90 1177. So wie der’ Kohlenfioff durchs Wer> 
brennen zur Kohlenſaͤure wird, ſo wird der Phosphor 
in der thieriſchen Kohle durchs "Einäfchern der letztern 
zur Phosphorſalire die, wenn zugleich Kalkerde 
zugegen iſt, damit phosphorſaure Kalterde bilden 
‚Tann: Dergleichen i die Znochenache 

$. 1178: 1) Die Gallerte (Gelatina) macht 
einen ‚nähern. Beſtandtheil der frifchen Musfelfafer, 
des Zellgewebes, her, Knorpel, ber Klauen, ber 

Hörner, der Knochen, u. ar aus. Sie loͤſ't fich im 
Waſſer auf, das man mit dieſen Theilen focht, er: 
theilt demſelben einen milden Geſchmack, ohne erheb⸗ 

lichen Geruch, und einige Viſcoſitaͤt. Die Fleiſch⸗ 
bi uben find ſolche Auflöfungen des galfertartigen Thei- 

les’ des Fleiſches im Waſſer. Nach | dem Verdunſten 

Aufloͤ ſung begin Abtüpfen, zu einer duccdjfichtigen, 

mit etwas Schnellkraft begabten, Materie ‚ die man 

im. ‚gemeinen Leben auch eine SGallerte oder Sulze 

nennt; und wird endlich bey fortgeſetztem Austrocknen 

zu einer harten, feiten, durchſcheinenden, ‚hornartigen 

Materie ’ bie fi im Waſſer und im Weingeiſte voll 

fommen toieber auflöfen laͤßt, und auch ein Leim 

(Gluten), ‚genannt. ‚wird. In der Hiße läßt fich diefer 

leim nicht eigentlich ſchmelzen; auf gluͤhenden Kobfen 

verbrennt er unter dem Geruche des angebrannten. 

Horns. Mit Waſſer verdünnt, geht er in der Wärme 

ſchnell in, Faͤulniß über. Die Gallerte iſt aus Brenns 

fioff, Stickſtoff, Kohlenſtoff, Waſſerſtoff Phos⸗ 
phor und Sauerftoff zufammengefeßt. 
U. $. 1179 





Schwere einfache Stoffe m. hreſVerbindungen 125 


TE 25) Das Fett (Pinguedol;’Adeps,' 
Axüngia) der Thiere iſt den! fetten Pflanzenöhlerr im: 
allem ahnlich; und unterfcheidet ſich bey den verfchieri 
benen Thieren ind: nad): Dem: verfchiedenen Stellen⸗ 
wo es abgefondert wird, in der Conſiſtenz, wie der 
Talg oder Unſchlitt (Sebum), der Wallrath, das 
Schmalz; und der Thran beweiſen. Auch die Butter 
gehört.hierherir: Alles, was oben ($. 1166. ffi) von 
den fetten. Pilanzenöhlen. angeführt worden ift , gilt 
auch vom. thieriſchen Fette. "Seine — — 
— dieſelbigen. rn ar) et 

9. 1180. 3) Der EWeihßſoff (Materia albu- 
—** macht den hauptſachlichſten Beſtandtheil des 
Blutwaſſers (Seruin ſanguims) und der lymphati⸗ 
ſchen Fluͤſſigkeit aus; bildet den Kaͤſe der Milch das | 
Eyweis. Er iſt vor-dem Gerinnen mit kaltem Waſſer 
miſchbar, und darin ſo fein zertheilt, daß er aufge⸗ 
loͤſſt zu ſeyn ſcheint. Durch die Hitze gerinnt er aber 
darin; und auch Alles, was das Waſſer ftärker:an:: 
zieht, wie concentrirte Saͤure, Weingeiſt, bringe: 
ihn zum Gerinnen, und er fuͤllt als ein weißer jiges' 
ruch⸗ und geſchmackloſer Koͤrper nieder, der nach wem! 
voͤlligen Auscrocknen durchſcheinend, hart und ſproͤde 
iſt/ in der Waͤrme nicht ſchmilzt, im. Waſſet und 
Weingeiſte nicht aufloͤsbar iſt, fich:aber in Ammoniak: 
und Alkalien aufloͤſen laͤßt. Seine Beftandtheile 
fommen mit denen der Gallarte überein; nur find fie; 
im Berhäftniffe gegen einander verfchieben. pl 

59. 1281.) Won dem Enweißitoffe unterſcheidet 
ns — eine feſtete Conſiſteng And — eine groͤßere 
BR 


RR N N. hät: 3. Hauptſtuͤck. 


Gerinnbarkeit 4) der Haſerſtoff, oder der fadenar⸗ 
tine: Theil des Bluts (Pars fibrofa), der ans: dem 
friſch geronnenen Blutkuchen duch Waſchen . mit 
Waſſer getrennt werden kann, und ſich auch beym 
bloßen Schlagen und Rütteln des friſch gelaſſenen 
Bluts abfondern laͤßt. Er iſt im frifchen :Zurftande 
weiß, fehe zaͤhe, trocknet in der Wärme zu einer 
fpröden Materie aus, loͤſ't fich weder im kalten, noch 
beißen Waſſer auf, audy nicht im Weingeiſte, wohl 
aber in. concentritten Säuren, wie im Birrioföhle, 
aus dem er aber doc) wieder durch Verduͤnnung mit 
Waſſer gefällt wird, In der Hitze läßt er fich nicht 
fhmeljen; auf glühenden Kohlen verbrennt, er. unter. 
dem Geruche angebrannter Haare. — Mit dieſem 
fabenartigen Theile des Bluts fommt- die von allem 
Auszugartigen oder ‚Sallertartigen befrenete Musfel- 
fafer überein, .und die Miembranen, die Knorpel, 
Die figamente, die Nägel.und Klauen, die durch⸗ 
fcheinenden Hörner, die Haare, die Wolle, die Fe— 
bern, nehmen alle aus biefem fadenartigen Theile 
ihren Urfprung, und find im. Stunde in ihrer Mis. 
fhung davon nicht verfchieden, wenn man ihren gal⸗ 
lertartigen Theil ausgezogen hat. In Anfehung fei- 
nee Mifchung fomme er mit dem Kleber des Mehls 
($. 1155.) überein. 

$. 1182. Die Knochen per Tiere und ihre un⸗ 
burchfichtiger Hörner ‚ fo wie die Gerippe der Amphi⸗ 
bien und Fiſche, laſſen, wenn fie von allen nicht dazu: 
gehörigen Theilen gereinigt und. von ihrem gallert⸗ 
artigen Stoffe durch Auskochen mit reinem Waſſer 
völlig 


Schwere einfache Stoffe u. ihre Verbindungen. 731 


völlig beftenet worden find , eine weißliche unſchmack⸗ 
hafte Subftanz zuruͤck, die nod) die organiſche Struc⸗ | 
tur wegen ihres Zufammenhanges zeigt, fich in den 
Säuren aufldöfen, in der Hiße in verfchloffenen Ge: 
fäßen fi zur Kohle brennen läßt, im offenen Feuer 
den Geruch der angebrannten Haare zeigt, und eine 
große Menge weißer Erde zurücläßt. Ich nenne diefe 
Subftanz der ausgefochten Knochen 5) Auöchenmar 
terie, und unterfcheide fie dadurch von der Knochen⸗ 
erde ($. 1177.) die nad) dem völligen Einäfchern 
oder Ausbrennen derfelben zurüicfbleibt. Die Knochen: 
materie kommt in der Beſchaffenheit ihrer Grundtheile 
mit dem fadenartigen Theile des Bluts uͤberein, und iſt 
nur hauptſaͤchlich in dem BVerhältniffe des Phosphors 
und ber Kalkerde verfchieden, die darin in einem grd- 
fern Verhältniffe zu den,übrigen Grundſtoffen find. 
$. 1183. In der Milch der Kühe, und wahr: 

ſcheinlich auch in der Milch anderer kräuter: freſſenden 
Thiere, findet ſich noch ein weſentliches Salz, 6) der 
Miilchzucter (Saccharum lactis), von einem ſchwach⸗ 
zuckerartigen Geſchmacke, das ſich auch in luftbeſtoͤn⸗ 
dige Kryſtalle bringen laͤßt, ſich weder als Säure 
noch als Saugenfalz zeigt, und vielmehr zu ber ur 
nung der zuderartigen Salze ($. 861. ‚) gehört, . Er 
iſt offenbar vegetabiliſchen Urfprungs. 
4. 1184. Die Säure der Ameifen — 
formicarum.), unterfheidet fich, mac) gehdriger Rei⸗ 
nigung, nicht von der Eſſigſaͤure des Pflanzenreichs, 
und hat auch ohne Zweifel einen bloß vegetabiliſchen 
Urſprung. 

un. ge Von 


732 TH Ha 
Bon ſelbſt erfolgende Weränderung 
‚der Mifhung organifher Kötper. 

6. 1185. In den lebenden organischen Körpern 
erfolgen zwar durch die Functionen des Lebens beftän: 
dige Mifchungsveränderungen der verfchiedenen Stoffe, 
welche zu den: nahern Beftandtheilen der organifchen 
Körper gehören, und bie Abfonderungen beruhen 
Hauptfächlih hierauf. Wir haben es indefjen hier 
nur mit den von ſelbſt erfolgenden Veränderungen der 
Miſchung zu thun, die in der todten organifchen 
Subſtanz Statt, finden. Alle todte organifche Sub: 
ftanzen find diefer von felbft erfolgenden Veränderung 
ihrer Miſchung unterworfen, tern fie bey einem bins 
länglichen Grade der Wäfferigfeit und Wärme von 
dem Zugange der luft nicht ganz ausgefchloffen find. 
Man nennt dieſe von ſelbſt erfolgende Zerftörung ihrer 
Mifchung Gaͤhrung (F ermentatio). 


"6.1186. Mad; der Befchaffenheit der Subftanz, 
"welche in Gährung begriffen’ ift, auch wohl nach ver 
Dauer der Gährung felbft, find die Producte verſchie⸗ 
den, bie fich dabey bilden; und man hat hiernach 
| dreyerley Arten von Gaͤhrung unterſchieden: die wei⸗ 
nigte Gaͤhrung (Fermentatio vinofa); bie ſaute 
oder Eſſiggaͤhrung (Fermentatio acida); und bie 
fauligte Gährung oder SAulniß (Fermentatio. pu- 
trida, Pütrefactio ). Indeſſen ließen: fich allerdings 
noch mehrere Arten feftfeßen, | 


2 | Mein: 


Schwere einfache Stoffe u. Ihre Verbindungen. 733. 


Weingahrung,. - | 

6. 1187. Die fehleimig- zucerartigen Stoffe 

des Planzenreichs erfahren fehr bald eine auffallende 
. Veränderung ihrer Mifchung, wenn fie bey dem ger 
hörigen Grade der Verbindung mie Waſſer und ben der 
Wärme (vor 60 bis 70 Gr.) vom Zutritte der buft 

nicht ganz ausgefchloffen find. | | 


$. 1188. Um die Erfcheinungen, die dabey 
Statt finden, wahrnehmen zu fünnen, mähle ich den 
Mioft, oder den ausgepreften Saft der Weintrauben, 
ols Benfpiel. Wenn man denfelben in’einer enghalfis 
gen Slafche in eine Temperatur von etwa 70° F. ruhig 
hinftellt, fo geräth er ſehr bald in eine innere Bewe- 
gung; die Durchfichtigfeit und Klarheit verlieren ſich; 
die Maffe wird trübe; eg reift ſich eine große Menge 
von $uftbläschen aus dem Innern derfelben los, die 
auch wohl mit einem merflichen Geraͤuſche hervorbre— 
chen, und wegen der Zähigfeit der Materie, worin 
fie eingefchloffen find, eine Schicht auf der Oberfläche 
der Slüffigfeit, den Gaͤſche, bilden. Sie find durch⸗ 
aus kohlenſaures Gas, das nad) Befchaffenheit der 
gährenden Materie und der daben Statt findenden 
Temperatur oft in ungemeiner Menge hervorbricht, 
und benm verhinderten Austritte auch wohl die Gefäße 
fprengen kann. Mac) einer laͤngern oder Fürzern Zeit 
laffen diefe Erfcheinungen der Gaͤhrung nach, der 
Schaum verliert ſich, die gegohrne Materie wird 
wieder flar.und hell, und es entbinder fich Fein foh- 
Ienfaures Gas weiter. Gebt ſcheint die Natur gleich⸗ 
ſam 


734, 1 heil. 3. Haupeftüc. 


fam einzuladen, diefen Zeitpunet zu nüßen, und bie 
Bedingungen zu entfernen, unter welchen die Gaͤh—⸗ 
zung anhob, und unter welchen eine neue Mifchungse 
veraͤnderung eintreten moürde. Die geaohrne Materie 
zeigt jeßt eine veränderte Natur; ber füge Geſchmack 
des Moftes und feine Klebrigkeit haben fich verloren, 
und er hat den weinartigen Geruch und Geſchmack, 
und beraufchende Kräfte erhalten, die man vorher 
nicht an ihm wahrnahm. Es hat ſich ein dider Satz 
gefchieden, der die fo genannten Sefen (Faeces, Ma- 
ter vinj ) ausmacht. 


$. 1189. Das Beduͤrfniß hat den Menfchen 
vielerley weinartige Getraͤnke aus mancherlen Plan: 
zenftoffen zu bereiten gelehrt. Aber in allen ift nur 
die zuderartig : fehleimige Materie die Grundlage der: 
felben, und der weinartigen Gährung fähig; und es 
giebt daher außer dem eigentlichen Weine aus Trau: 
benfaft noch eine große, Menge anderer weinartiger 
Getränke. Hierher gehört unter andern: der Tider 
oder Aepfelwein, der Meth aus Honig, das Dier 
aus Mal;. 


6. 1190. Den fofchen — die nicht ſeht 
geneigt zut Gaͤhrung ſind, oder worin der Zuckerſtoff 
mit zu vielen andern Theilen verbunden iſt, befoͤrdert 
man die Gaͤhrung durch den Zuſatz gewiſſer Sub: 
ſtanzen, die man Gaͤhrungsmittel (Fermenta) 
nennt. Dahin gehoͤren Materien, die entweder ſchon 
ſelbſt in Weingaͤhrung begriffen oder ſehr geneigt 
dazu find. 


\ 


$. 1191. 


vini seetikcatiffiimus.), 


Schwere einfachẽ Stoffe u. ihre Verbindungen. 733 
. . 1151. Wenn man guten, geiſtreichen Wein 
Aus einer glaͤſernen Retorte mit einer Vorlage im 
Sandbade ’bey wohl verklebten Fugen und gelinder 
Hitze deſtillirt, ſo geht eine Fluͤſſigkeit, in eigenen, 
fett ausſehenden, Streifen in die Vorlage uͤber, die 
einen ſtarken erwaͤrmenden Geſchmack, einen durch: 
dringenden Geruch, und berauſchende Kraft beſitzt, 
ſich anzuͤnden laͤßt, und mit einer Flamme ohne Rauch 
und Ruß verbrennt. Der üuͤberdeſtillirte fluͤchtige 
Theil des Weines heißt Weingeiſt ( Spiritus vini J 


brennbater Geiſt (Spiritus ardens, inflammabilis), 


Sranntwein (Vinum aduſtum). Er enthaͤlt immer 


. noch mäfferige Theile beygemiſcht, die zu gleicher Zeit 


mit übergingen. Alle gegohrne meinartige Getränfe 
geben bey der Deftillation dieſen brennbaren Geift, 
und zwar immer um deſto mehr, je beſſer fie find. 
Die im Handel vorfoımmenden oder zum Bedürfniffe 
verwendeten Branntweine werden auch aus ander, 
oft in diefer Abficht bloß zur Weingährung Betrachten, 
weinartigen Slüffigfeiten gezogen. 

$. 1192. Der von feinem überfläffigen Waſſer 
giemlich genau gereinigte’ Branntwein heißt rer tifi⸗ 
cirte Weingeiſt (Spiritus vini rectificatus), mens 
er auch fchon eben nicht vom Weine, fondern, wie in 
aunfern Gegenden, vom Kornbranntweine verfertigt 
morden ift. Den allerreinften, und von allen außer⸗ 
weſentlichen Waſſertheilen durch gehörig angeftellte 
Rectification befreyeren, nennt man Alcohot oder 
hoͤchſtrectificirten Weingeiſt ae) Spiritus 


6.1193, 


736 .; AI. Dheil. 3. Hauptſtuck. 


6. 1193. Der Alcohol iſt als das — 
Product der weinigten Gaͤhrung, und als ein eigen⸗ 
thuͤmliches, durch die Natur erzeugtes, Gemiſch an⸗ 
zuſehen. Er iſt im reinen Zuſtande voͤllig farbenlos, 
hell und, klar, durchdringend -und ſtark von Geruch 
und Geſchmack, läßt fi ohne Docht leicht anzuͤnden, 
and brennt, ohne Ruͤckſtand zu hinterlaſſen, mit 
Flamme ohne Rauch und Ruß; Er iſt ſpecifiſch / leich⸗ 
ter als Waſſer, und ſein eigenthuͤmliches Gewicht 
wird gewoͤhnlich zu 0,815 geſetzt; Herr Lowız aber 
hat gezeigt, Daß dieſes bey der ſtaͤrkſten Entwoͤſſerung 
des Alcohols auf 0,791 herunter gebracht werden 
fönne. Er ift flüchtig, leicht verdunſtbar, und fieder 
ſchon bey 165° F. Eben. diefes ift der Grund, mar 
am er ſich Durch, Nectifisirung entwäflern, laͤßt. Mir 
dem Waſſer läßt fich der Alcohol in allen Verhaͤltniſſen 
vermifchen, und beyde nehmen nach der Vermiſchung 
einen geringern Raum ein, als fie nad) der Summe 
ihrer einzelnen Räume einnehmen follten. : Der Alco- 
Hol gefriert nicht in den bey uns befannten Graden 
ber Kälte. | 


$. 1194. Wenn man die Dawofe des 6 Alcoteie 
aus einer gläfernen Netorte durch ein glühendes glä- 
fernes Mohr, das mit einer Mittelflaſche und dem 
pneumatiichen Apparate connectirt, treten laͤßt, ſo 
wird ein Antheil Alcohol zerlegt, und man erhält kob: 
Ienftoffgaltiges Waſſerſtoffgas und kohlenſaures Gas. 


F. 1195. Die Beftandrheile des Alcohols laſſen 
fi — aus den Proͤducten ſeines Verbrennens beurthei⸗ 
——— len 


| 
| 


Schwere einfache Stoffe u ihre Verbindungen. 737 


den und beſtimmen. Unternimmt man naͤmlich das 
Abbrennen des Alcohols in einer. metallenen Schaale, 
die auf der Sperrfluͤſſigkeit ſchwimmt, and ſtuͤrzt dann 
eine Glocke mit atmoſphaͤtiſcher Luft daruͤber, ſo findet 
man;, daß er, wie alle verbrennliche Subſtanzen, 
Sauerſtoffgas verzehrt. Braucht man hierbey Queck⸗ 
ſilber zum Sperren; fo enthaͤlt die ruͤckſtaͤndige fuft 
nicht allein Stickgas, ſondern auch kohlenſaures Gas, 
und das Inwendige der Glocke iſt ſo wie das Queck⸗ 
filber mit einer merklichen Menge Waſſer bedeckt, auch 
wenn man den aufs hoͤchſte entwaͤſſerten Alcohol ange⸗ 
wendet hat, Braucht man Kalkwaſſer zum Sperren, 
ſo wird diefes getruͤbt und kohlenſaure Kalkerde nieder⸗ 
geſchlagen. Es folgtzalfo hieraus, daß Waſſer und 
Kohlenſaͤure die einzigen Producte des Verbrennens 
Des. waſſerfreyen Alcohols ſind.Herr Lavoiſier fin: 
det durch Berechnung aus ſeinen Verſuchen, daß 100 
Theile Alcohol. beym Verbrennen in. Sauerſtoffgas 
316,0816 Theile Waſſer geben, und daß 100, Theile 
des höchft entwaͤſſerten Alcohols aus nahe 28,53 Kohr 
Ienftoff, 7,873. Waſſerſtoff, und, 63,597 ſchon ‚ge- 
bildetem Waſſer beſtehen. Wenn man das-legtere 
nicht als nähern. Beftandrheil bes Alcohols anfehen 
will, fo befießt der: Alcohol etwa aus 0,285 Theilen 
Kohlenftoff, 0,175 Theilen Wafterhoff und 9,549 
Theilen Sauerfoff, 


„ Kapoifier über die Berbinbung des fäurg s — Brundfiofs 
fes mit Weingeifte, Oehlen und andern verbrennlichen 
J Kecöͤrpern; in Creils chem. Annalen, 1790. B. 1. S. 518. jf. 


Be: 1196. Yus der innigen und. genauen Vereini⸗ 


sung des Alcohols mit der concengrirten Schwefelſaͤur⸗ 
Aaa erzeugt 


738° 1. hek- 3. Hauptſtuͤck. | 
erzeugt ſich ein neues merkwuͤrdiges Product: die Vi⸗ 
triolnaphtha, ‚oder der Vitriolaͤthet: eine Fluͤſſig⸗ 
keit von einem eigenen, angenehmen, aber durchdrin⸗ 
genden, Geruche und Geſchmacke, die noch leichter 
iſt, als Weingeiſt, ſich im Weingeiſte leicht aufloͤſ't, 
und auch einiger Maßen im Waſſer, da zehn Theile 
des letztern einen Theil davon in ſich nehmen ;- fehr 
leicht und fchnell verbunfter, und dabey eine anſehnli⸗ 
che Kaͤlte erzeugt; ſich Teiche anzuͤnden läßt, auch 
ſchon in der Entfernung von der Flamme eines lichtes; 
und mit einer: ftarfen und hellen Flamme verbrennt, 
Auch einige andere Säuren bringen mit dem Aßein- 
geifte befondere Arten von Aether hervor, wovon bie 
Salpeternaphtha, die Eilignaphrha 1J Beyſpiele 
geben. 
$. 1197. Die Beftandefeile des zur Weinguůh⸗ 
rung fähigen ſchleimig⸗ zuckerartigen Stoffes in Ber: 
bindung mit dem Waſſer find: Kohfenftoff, Waſſer⸗ 
ſtoff und Sauerfloff; dies find aber auch, die Ber 
ftandtheife des Products der Weingährung, nämlich 
des Alcohols ($. 1195.), nur in einem andern Der: 
hältniffe, befonders in einem geringern des Kohlen: 
ftoffes zu den übrigen. Folglich befteht diefe Mi— 
fihungsveränderung darin, daf in der gährenden Sub: 
ſtanz der Kohlenftöff vermindert wird, Dieſes ges 
fhieht aud) bey dem Acte ver Gährung, mie das aug- 
sretende Eohlenfaure Gas offenbar lehrt. Es verbindet 
fih) alfo unter dem Einfluffe der Waͤrme ein Antheil 
Kohlenſtoff mit Satierftoff zur Kohlenſaͤure, die als 
as austrict en Suerſtoff dazu liefert wohl nicht 
allein 


Sqhwere einfache Stoffe u. Ihre Verbindungen. 739 


allein der ſchleimig⸗ zuckerartige Stoff, fondern wahr: 
fcheinlicher Weiſe auch das Waſſer, wovon alfo ein Ans 
theil hierbey zerfegt, und wodurch aljo das Verhaͤlt⸗ 
niß des Waſſerſtoffes zu den uͤbrigen Grundſtoffen 
noch groͤßer wird, und ſich ſo das Product, das 
Spirituöfe, bildet. Durch die Entſtehung des Alco— 
hols in der weinartigen Fluͤſſigkeit aͤndert ſich nun 
natuͤrlicher Weiſe auch die Aufloͤſungskraft auf die 
fremdartigen Subftanzen , die fonft in dem Waͤſſeri— 
gen vor der Gährung aufgelöf’t feyn Fonnten. Daher 
truͤbt fich die Fluͤſſigkeit, und es fondern fich fchleis 
mige Theile, und, wie aus dem Moſte, ABeinftein 
ab. Ze geringer die Menge des Zucerftoffes in ver 
gährenden Fluͤſſigkeit ift, defto Heiner wird auch die 
Menge des Spiritußfen oder des Alcohols, und um— 
gefehrt. Eine zu große Menge des zuderartigen 
Etoffes kann aber doch machen, daß der entftandene 
ein füß bleibt und unzerfeßten Zucerftoff behäft, 
weil, wenn erſt eine gewifle Menge Spiritudfes er: 
zeugt ift, die Gaͤhrung dadurch ſelbſt gehemmt wird, 


Effigsgahrung 

$. 1198. Wenn die vorhin befchriebene Gaͤh⸗ 
zung des Weines oder der weinartigen Getränfe zu 
lange unterhalten oder der fchon entftandene Wein in 
einer Wärme von 75 bis g5° 5. unter dem Zugange 
der Luft erhalten wird, fo geht abermals eine Mis 
fhungsveränderung vor, die feine vorige Natur ganz 
aufhebt und zerftört. Er verliert alle beraufchende 
Kraft und wird offenbar fauer, oder zu Kfiig, Dax 
Aaa 2 he 


749 IL Theil, 3. — 


her heißt dieſe zweyte Miſchungsveraͤnderung bie 
Eſiggahrung ($. 1186.). 


$. 1199. Der Wein wird bey dieſer Veroͤnde⸗ 
rung erſt truͤbe, und fängt auch wohl wieder an, merf-- 
fi) zu braufen, wenn er noch ungerfegten Zucerftoff 
enchält. Er wird auf der Oberfläche nad) und nad) 
mit einer Fahnigen Haut bedecft, und eine gewiſſe 
Menge fadenartiger Materie trennt ſich von ihm los, 
die fih nach und nad) zu Boden fegt und eine Art 
Hefen bilder, die fo genannte Eſigmutter. Ein 
Hauptumftand hierben iſt nun, daß das Sauerftoff: 
gas der atmofphärifchen fuft, die hierben über der 
Släche des in Effiggährung begriffenen Weines fteht, 
eingefogen wird, Die Sküfligfeit wird nad) und nach 
wieder hell und Far, und ijt num fauer., Die Pe: 
tiode der Efjiggährung Pauert um defto länger, je 
Fühler der, Nein gehalten wird und fe geringer der 
Zutritt der luft iſt. 


5. 1200. Jedes gegohrne weinartige Getraͤnk 
iſt fuͤr ſich ſelbſt zur Eſſiggaͤhrung geſchickt. Alle 
Saͤfte der Pflanzen, welche den Zuckerſtoff in ſich 
haben und alſo in Weingaͤhrung gehen koͤnnen, 
werden daher zu Eſſig, nachdem ſie die Weingaͤhrung 
uͤberſtanden haben; und dieſe geht auch in ſolchen 
Saͤften allemal vorher, che die eigentliche Eſſiggaͤh⸗ 
rung oder das Sauerwerden anhebt. Die Wein: 
gährung ift in verfelben freylich um deſto ſchneller vor⸗ 
übergehend r und um deſto weniger bemerkbar, je ge= 
tinger der Gehalt des Zuderſtoffes darin, oder je 

mehr 


Schwere einfache Stoffe u. ihre Verbindungen: Jar 


mehr ef durch Waſſer verduͤnnt if, oder je mehr die 
$uft Zugang hat und bie Temperatur erhöhet ift. 


6. 1201. Der Zuckerſtoff iſt zwar die eigentliche 
Grundlage der weinigten Gaͤhrung; aber zur Eſſig— 
gaͤhrung ſind auch andere Subſtanzen faͤhig, wie der 
reine Schleim, die Staͤrke, die weſentlichen ſauern 
Pflanzenfalze, die Gallerte, wenn fie bey der Ver: 
duͤnnung mit Wafler den Bedingungen zu dieſer Gaͤh— 
rung unterworfen werden. Die Effiggährung ſetzt 
alſo nicht immer die Weingaͤhrung voraus, und iſt 
. nicht überhaupt als eine Fölge der letztern anzufehen. 


$. 1202. Den folhen Dingen, die nicht-fehr 
zur Effiggährung geneigt find, befördert man diefelbe 
durch Eſſigfermente. Dahin gehören alle Subſtan⸗ 
zen, die entweder fchon ſelbſt darin begriffen find, 
oder fehr leicht darein gerathen, mit oder ohne vorher: 
gehende Weingährung; z. B. Hefen von- fauerm 
Weine, faurer Wein mit ſeinen Hefen Sauer⸗ 
teig, u. dergl. 


$. 1203. Die Effiggährung des Weines beſteht 
nicht in einem Verdunſten ſeines Alcohols, wie bey 
einer zu großen Einwirkung der Waͤrme darauf frey- 
lich wohl geichehen kaͤnn; ſondern er geht ſelbſt in 
Eſſig uͤber, und hilft ſolcher Geſtalt die Eſſigſaͤure 

vermehren. 
$. 1204. Der Eſſig iſt noch nicht reine Eſſig⸗ 
ſaͤure, ſondern jeder Eſſig enthält immer noch außer 
dem mehr oder weniger fremdartige Theile Die Ei 
figfaure 


742° 1. heil. 3. Hauptfä. 


figfaure laͤßt ſich, da fie flüchtig ift, Durch Deftilfas 
tion des Effigs aus demſelben darftellen. Dieſer de. 
ſtillirte Zfjig (Acetum vini deftillatum ) ift erft als 
reine Eſſigſaure ( Acidum aceticum ) anzufehen. Er 
iſt farbenlos, völlig Far und durchfichtig, angenehm 
ſaͤuerlich von Geruch und Gefhmad. 


$. 1205. Die Eifigfüure ift im deftillieten Effig 
Hutch fehr viele wäfferige. Theile verdünnt, die man 
durd) allerley Mittel davon zu feheiden gefucht bat. 
Da die Eſſigſaͤure durch ihre Verbindung mit Alka- 
lien, Erden und Metallfalfen mehr figirt wird, und 
folglich nun zuläßt, daß das damit verbundene Waͤſ⸗ 
ferige durch Verdunſten davon gefchieden werden 
kann, fo giebt dies ein Mittel, die Effigfäure con⸗ 
‚centrirt Darzuftellen, wenn man fie davon durch 
Schwefelſaͤure austreibt. 


Die concentrirte Efjigfäure heißt auch radicaler Eſſig (Acetum 
radicale. ) 


$. 1206. . Die fehr flarf concentrirte Effigfäure 
iſt in der Kälte kryſtalliſirbar. Sie ſchießt ſchon bey 
38° 5. zu fihönen, federattigen Kryſtallen an ‚ die 
ben 59° 5. flüffig werden und einen ftarfen, hoͤchſt 
durchdringenden Effiggerud in der Wärme zeigen, 
Dieſe Effigfäure ift nach dem Erwärmen entzuͤndlich, 
und verbrennt mit leichter, blaͤulicher Flamme. 


$. 1207. Die Grundlage der Eſſigſaͤure ift, wie 

die aller Pflanzenfänren, aus Koblenftoff und Waſ⸗ 
ſerſtoff zuſammengeſetzt, und die Eſſigſaͤure iſt alſo 
als eine Modification anderer Pflanzenſaͤuren anzu⸗ 
ſehen. 


Schwere einfache Stoffe u. ihre Verbindungen. 743 


Sehen. Ihre Zufammenfeßung läßt ſich am beften. 
dadurch darthun, daß man fie durch ein glühendes 
irdenes oder gläfernes Mohr treibt, wobey fie Waſſer⸗ 
ſtoffgas und Fohlenfaures Gas liefert; mas auch die 
Daraus mit einem firen Alkali bereiteten Neutralſalze 
bey ihrer trocknen Deſtillation thun. 
$. 1208. Die Grundlage der Eſſigſaͤure unter⸗ 
fcheider ſich nicht i in der Qualität ihrer Grundftoffe 
vom Alcohol; benbe beftehen aus Kohlenftoff und 
Waſſerſtoff; und dag Hauptgefhäft der Eſſiggaͤh⸗ 
zung muß alfo darin beftehen, diefe Grundſtoffe noch 
mit Sauerftoff in Verbindung zu feßen und dadurd) 
in eine Säure umzumandeln. Die Erfahrung lehrt, 
daß Sauerftoffgas zur Effiggährung Bedingung iſt, 
und daß es daben verſchwindet oder zerfeßt wird, und 
daß folglich feine Bafis eingefogen werde. Der Alco- 
hol des Meines und der weinartigen Getränke naͤm⸗ 
lich ſaugt allmälig diefen Sauerſtoff ein, und mird 
dadurch zur Effigfäure. Dazu träge nun die Vers 
Breitung des Alcohols unter vieles Waͤſſerige des 
Weines und bie Verbindung mit andern fehleimigen 
und fauern Theilen bey. Denn reiner Alcohol wird 
an der $uft freylich nicht zu Eſſig; er wird es aber wirk⸗ 
lich, wenn er mit vielem Waffer verdünnt in der Wär: 
me nicht vom Zutritte ber luft ausgefchloflen iſt. Auch) 
laͤßt fi aus Alcohol und’ concentrirter Schmwefelfäure 
Effigfäure Fünftlicher. Weiſe erzeugen. Diefemnad) 
iſt alfo die Eſſigſaͤure aus dem Beine bey der Effiggäh: 
zung nicht ausgefchieden, fondern erzeugt; und die letz⸗ 
tere beſteht nicht im Verdunſten des Alcohols, fondern 
ER un 


144° Thell. 3. Haupttuck. 


‚im Uebetgange deſſelben in Säure. Es erklaͤrt ſich hier⸗ 
aus, warum der Eſſig um fo beſſer werde, je geiſti— 
ger der Wein war, woraus er entſtand. 


4. 1209. Gleichwohl macht der Alcohol nicht 
allein die. Bafis der Effiggährung aus; fordern an- 
dere im Meine befindliche Subftanzen, wie Wein: 
fein, NWeinfteinfäure und Schleim, können ebenfalls 
darein verwandelt werden, und werben es auch, indem 
fie Sauerftoff aus der Armofphäre in ſich nehmen, 
modurc denn nun die Menge des Sauern im Eſſig 
noch mehr vermehrt wird. Eben deshalb kann auch 
Eſſiggaͤhrung Statt finden ohne vorhergehende Wein⸗ 
gährung, weil Subftanzen, die der erftern fähig find, 
nicht zur letztern geſchickt ſeyn koͤnnen, wie Schleim 
und Pflanzenfäuren, Die Natur bewirkt bey ver 
Eſſiggaͤhrung durch Sauerftoffgas langfam und all: 
maͤlig, was die Kunſt ſchneller und gewaltſamer, aber 
auch mit mehrerm Verluſte, durch Feuer, oder 
Schwefelſaͤure, oder Salpeterſaͤure, ausrichtet, wenn 
ſie jene Subſtanzen in Eſſigſaͤure umaͤndert. Uebri— 
gens muͤſſen auch dieſe Stoffe, wenn fie Eſſiggaͤh— 
rung erleiden ſollen, durch genugſames Waſſer ver: 
duͤnnt ſeyn. | — | 


Einige andere Arten der Gährung 
$..1210. Wenn man unter Gährung jede nas 
türlihe und von felbft erfolgende Veränderung der 
Miſchung organifcher Körper verſteht, fo muß mar 
behaupten: daß fie ſo wohl bey der Ernährung und 
F | . dem 





Schwere einfache Stoffe u. ihre Verbindungen. 743 


dem Wachsthume der: Pflanzen als der thieriſchen 
Körper hoͤchſt mannigfaltig Statt findetz daß alle 
Abſonderungen darin beftehen und darauf beruhen; 
und daß das ganze vegetabiliſche und animaliſche Seberte 
im Grunde ein gaͤhrungsartiger Prozeß ſind. Wis 
uͤberlaſſen dies indeſſen der Phyſiologie zur Unterſu⸗ 
chung, und bleiben hier bey den Miſchungsveraͤnde⸗ 
rungen der todten phyſiſchen Subſtanz, zu denen wir 
dann freylich weder das Malzen des Getreides, noch 
das Reifen des Obſtes rechnen Fonnen, weil hier die 
ſich veraͤndernde Fun noch, als lebend anguſe | 


hen iſt. : — 


$. 1211. Das Rantigereheden der — Oel 
und des thierifchen Fettes iſt aber als eine Art von 
Eſſiggaͤhrung anzuſehen, weil daben ſich eine anfan⸗ 
gende Säure bildet, und der Kohlenſtoff und Waſſer⸗ 
ſtoff des Oehls Sauerſtoff aus der luft in ſich nehmen: 
Vorzuͤglich gehöre: aber die * eG des — 
ges hierher. 

5 Faulende Gaͤhrung. 
4. 1212. Die letzte Periode der von ſelbſt erfol⸗ 
genden Miſchungsveraͤnderung organiſcher Subſtan⸗ 
zen heißt die faulende Gaͤhrung, oder Faͤulniß 
(Fermentatio putrida, Putrefactio ). Da indeſſen 
die Erſcheinungen, die ſich dabey zeigen, und die 
Producte, die ſich dadurch bilden, nach Beſchaffenheit 
der Miſchung organiſcher Stoffe fo wohl, als nad) 
ud m gugelaffenen Beringungen fü ſehr verfchieden find ; 
ſo 


745 TE Be: Be 


fo muß man in ber That mehrere Arten ber Bier: 
ber gerechneten Mifchungsveränderung unterfcheiden ; 
fonft läßt fih von der Faͤulniß nicht einmal eine bes 
Friedigende Definition geben, und auch feine Theorie 
entwerfen. Die Folge wird lehren, daß die Verwe⸗ 

‚ fang fefter organifcher Körper wirklich auch von der 
eigentlichen Faͤulniß bderfelben ihren Urfachen ; und 
MWirfungen. nad) verfchieden ift. 


$. 1213. Man farm bie Faͤulniß nicht als eine 
Sortfegung der Weingährung und Effiggährung ans 
fihen; denn nicht alle Subftanzen, welche zu dieſen 
fähig find, erleiden jene. Mur. bey ſolchen foͤulniß⸗ 
fähigen Dingen, welche zugleich Beftandtheile enthal- 
ten, die zur Weingährung oder Effiggährung gefchict 
find, erfolgt die Faͤulniß nach dieſen. Andere Stoffe 
geben in Säulnif, ohne alle Spur der erftern Arten 
der Mijchungsveränderung. 


$. 1214. 1) Xigentliche SAulnig, oder bieje- 
nige Mifchungsveränderung organifcher Subftanzen, 
wodurch fih Ammoniak und ein befonderes Efflu⸗ 
vium von einem Höchft widerwaͤrtigen Geruche, den 
man. den fauligen. Geruch nennt, bildet, findet nur 
ben ſolchen Subftanzen Statt, die neben dem Koh: 
Ienftoffe und Wafferftoffe noch Stidftoff und Phosphor 
enthalten. Dahin gehört: Eyweißftoff, Saferftoff, 
Gallerte, Knochenmaterie und alle bie feſten und flüf- 

figen Theile thierifcher Körper, die fie enthalten. 
$. 1215. . Die Bedingungen, unter welchen 
diefe eigentliche Faͤulniß Statt hat, find: ein geböriger 
Grad 


® 


Ss Htwere einfache Stoffen. ihre Verbindungen. YPr 


Grad von Feuchtigkeit und Wärme, und Zutritt ver 
Luft, nach deren Maafigabe die Periode dieſer Mi: 
fchungsveränderung fehneller ober ame⸗ erfolgt, 
oder früher oder fpäter beendigt wird. 


$. 1216. Die Stoffe, welche unter den genann- 
ten Bedingungen zu diefer Fäulnif fähig find, erhal: 
ten zuerft 'einen faden oder dummligen Geruch, der 
bald einem unangenehmen ftinfenden Platz macht; 
ver Geſchmack wird efelhaft und mwidrig; und wenn 
es fefte Körper waren, fo vermindert fih der Zufams 
menbang, der beym Sortgange diefer Periode immer 
mehr abnimmt, fo wie der Geruch immer ftinfender 
und widriger wird, Zu gleicher Zeit zeigt er fich auch 
urinds, und es entwicelt fic) ganz offenbar Ammo⸗ 
niaf. Die Materie wird breyartig, verliert ihr orga⸗ 
niſches Gewebe, wenn fie vergleichen befaß, immer  ' 
mehr und mehr; der Geruch ift nicht mehr mit dem 
nad) Ammeniaf vermifcht, fondern hoͤchſt widerwaͤrtig. 
Manchmal zeigt fich dabey in dem Ruͤckſtande auch ein 
feuchten. Zuletzt bleibt, wenn nicht durch voͤlliges 
Austrocknen dieſer Faͤulniß früher Grenzen geſetzt wer: 
den, ein geringer erdiger Ruͤckſtand, der nichts mehr 
von der organiſchen Structur an ſich hat. 


$. 1217. Das Ammoniak, welches ſich hierbey 
entwickelt und dem urindfen Geruc) bildet, und das 
Effiuvium, welches den eigentlich fauligen, höchft wis 
derwärtigen, Geruch erzeugt, find als die Producte die⸗ 
fer Faͤuiniß anzufehen. Jenes bilder fi) aus dem Stick⸗ 
Koffe und. dem Waſſerſtoffe des faulenden Stoffes; 
letzteres 


A. : "IE Theil 3. Hauptſtuͤck. 


. keßteres liefert zum Theil auch wohl das Waſſer, das 
dabey zerſetzt wird. Dieſes, das eigentlich faulige 
Effliwium, wird ohne Zweifel vom Phosphor der 
faufenden Subftanz gebilder, der in Verbindung mit 
Waſſerſtoff, zum Theil auch in Verbindung mit Stid: 
foff und Kohlenftoff, austritt. 


$. 1218. Die Oasarten, bie fich in der luft, 
worin Körper faulen, zeigen, find anfänglich Stick⸗ 
gas, hermach das Ammoniakgas, das den urindfen 
Geruch bildet, und phosphorhaltiges und kohlenſtoff⸗ 
haltiges Waſſerſtoffgas, mit fohlenfaurem Gas ver: 
mischt. Auch fchmefelhaltiges Waſſerſtoffgas hat 
man in der aus faulenden thieriſchen Körpern aufs 
fteigenden fuft angetroffen. 

Lavoiſier über die Natur der Iuftartigen Flüffigkeiten , welche 
von einigen thierifhen Stoffen in der Gäbrung auffleigen; 
in Crells em. Anal: 1789. B.1. S. 172. ff. 

$. 1219. &o entweichen alfd in und während 
diefer Faͤulniß alle Grundftoffe, bis auf die erdigen, 
welche die Mifchung der dazu geeigneten Subſtanz 
‚ausmachten, und treten theils in andern Verhäftnif: 
fen, theils mit dem Waͤrmeſtoffe, zufammen; und 
fo wird dadurch der vorige Körper ganz zerftört. Das 
Waſſer und die $uft, die hierbey Bedingung find, 
_ werden ohne Zweifel hierbey mit zerfeßt, und ihr 
Sauerftoff ift daben zugleich mit wirffam, 


$. 1220. Abgehalten wird die Faͤulniß durch 
alles das, mas die zu ihrer Entſtehung und ihrem 
Fortgange nöthigen Bedingungen ($. 1215.) ent: 
fernt. Die ſo genannten fAulnißwideigen. Stoffe 
ee (Anti- 


Sähroere einfache Croft u hre Verbindungen. de 
C Anitifeptiea) wirken auch nur. auf, Dipfe Ürrt, “nicht 
Durch eine eigene antifeptiihe Kraft, die eine vis oc- 
eulta. wäre: ', Zu den Mitteln, ‚die Faͤulniß abzuhal⸗ 
ten, gebdrens das Austrocknen, der Sroft, Das Ue⸗ 
berziehen mit Harzen, Balfom, Wachs, Oehl, und 
- dergl. ‚ das Aufbewahren in Weingeiſt, das Einfal« 
sen und Mäuchern,. deren Wirkung fich leicht erfläs 
zen läßt. 


, John Pringle fome experiments on fubltances refilting pu- 
trefaction; im den philof. transacı. n. 495. 496. Einige 
Verfuche niit Materien, welche der Faͤulniß widerfichen, 

von 3. Pringle; im neuen bamb. Wiagaz. B. X. ©. 300 ff. 
.. Experimental Eflays by Dav. Machride. Lond. 1764. 8- 
Dav. Wiacbride. durch Erfahrungen erläuterte Verſuche 
über verfchiedene Vorwürfe, a; d. Engl. von Conr. Rahn. 
Zürich 1766. 8. u 


$. 1221. 2) Wenn bie vorhin ($. 1214.) 
genannten Subftangen, die der eigentlichen Faͤulniß 
fähig find,. unter Waſſer, alfo vom Zugange ber $uft 
ausgefchloffen, fiegen, fo fangen die Erſcheinungen 
der Faͤulniß ($. 1216.) auch ebenfalls an, aber fie 
endigen ſich anders, Es entwiceln ſich Gasarten, 
die, wenn ſie in Hoͤhlungen und im Zellgewebe einge⸗ 
ſchloſſen bleiben, den Körper,. wie z. B. leichname, ana 
Schwellen, fo. daß er fpecififch leichter als Waſſer wer⸗ 
den und: darin zum Schwimmen gebracht werden 
kann, bis nad) Zerftörung und allmäliger Auflöfung 
deſſelben an. der fuft das eingefchlofiene Gas einen 
Ausweg findet, und ber Seihnam dann finft,. ohne, 
wieder empor :zu fommen. Die Gasarten, bie fid), 
bierbey entwickeln, find. Stickgas, und nachher koh⸗ 
lenſtoffhaltiges und phosphorhaltiges Waſſerſtoffgas, 
nebft Ammoniak. Wird nun das Waſſer, in wel- 

EA Ä dem 


— 


“ — — 

750° Shell ar Hauptſtuck 

chem! die darin aufgelöf’ten ausjugsartigen Theile in 
Die eigentliche Faͤulniß bis zu ihrer. Vollendung geben 
wuͤrden und wirklich gehen, öfters gewechſelt, fo hört 
endlich die Faͤulniß der ruͤckſtaͤndigen Subftanz auf, 
und diefe zeigt nun bie Natur eines Fettes, oder iſt 
zu einer wellrathähnlichen Materie geworden. Herr 


Gibbes hat hierüber mehrere Verſuche mit, dem Sleis 


fche von Thieren angeftellt, 

Ueber die ——— des Fleiſches in eine dem Walrath 
ſehr ähnliche Subftanz, von Geo, Smith Gibbes; in Grens 
neuem Journ. der Phyl: B.1. ©. 126. ff. Weber die Vers 
wandlung tbierifcher ubftauzen in eine fettige, dem Walls 
rath Abnlihe, Materie, von — ebendaſ. 
B. III. ©. 436 ff. 
$. 1222. Es wird hierben alſo der Stickſtoff 

und Phosphor der faulenden Subſtanz geſchieden, 
nebſt etwas Waſſerſtoff und Kohlenſtoff; aber der 
groͤßeſte Antheil der letztern beyden bleibe zuruͤck und 
bildet die fettige Subſtanz, die auch noch die organi⸗ 
ſche Structur derjenigen zeigt, aus der fie entiprang. 
Diefe Art der Faͤulniß ift aljo von ber vorigen zu uns 
gerfcheiden, wenn gleich. beyde im Anfange mit einans 
der übereinzufommen fcheinen. Da man durch Mar 
ceriren des Fleifhes in ſchwacher Salpeterfäure eine 
ähnfiche fertige Subftanz daraus erzeugen fann, fo 
ſcheint die ‚eben angeführte Mifchungsveränderung 
Dadurch noch mehr beftärige zır werben. Uebrigens ift 
das Waſſer Hierben nicht weſentlich nothwendig, als 
in fofern es die refpirabele $uft ausfchliekt; und fo Hat 
man auch ben eingefcharrten leichnamen jene Berändes 
zung ihrer weichen Theile in eine wallrathaͤhnliche Ma⸗ 
terie wahrgenommen, wo bie Umflände und ber 

Mangel 


Sqhwere einfache Stoffe u. ihre Werbindungen. y81 


Mangel: mit eingefchloffener GERA: bies 
ſelbe verſtatteten. 


Aemoire fur les differeus dtars des cadatres DRAN * 


les fouilles du Cimetiere des:Innocens en 1786 et 1787. 
ar M. de Fourcroy ; in den Annales de c himie. T. Va 

® et. ff. "Deukiima Mänols e; ebendaſ. T. viu. 
+17 


$. 1223. 3) flanzenfbeper, welche Eweiß⸗ 
ſtoff und Kleber enthalten, koͤnnen deshalb aͤhnliche 
Erſcheinungen, als die oben ($. 1214.) erwähnten 
thierifchen. Stoffe; in ihrer. Faͤulniß, geben. ı- Dee 
Schleim, der Zucderfioff, vie wefentlichen. fauern 
Salje, ber flärfeartige Theil der Pflanzenkoͤrper, ans 
dern indefien das Phänomen ihrer Faͤulniß gar fehe 
ab, da dieſelben felbft der vorhin. erwähnten eigentlis 
hen Faͤulniß nicht fähig ſind. Die Producte, die 
ſich hierbey bilden, ſind von denen der letztern weſent⸗ 
lic) verſchieden, wenn die Pflanzenkoͤrper feinen nähern 
Beſtandtheil enthalten, worin Stickſtoff und Phos- 
‚phor find. . Es. erzeugt fich, dann nicht der Höchfk wi⸗ 
bermwärtige Geruch der Fäulnif thierifcher Dinge, und 
fein, Ammpniaf; das brennbare Gas, das ſich dabey 
entwickelt, hat zwar einen. unangenehmen Geruch, 
ber aber vom fauligen ($. 1216.) verfchieden iftz 
es iſt kohlenſtoffhaltiges Wafferftoffgas, wie die 
Sumprtluft beweiſet. Webrigens find zu der Faͤulung 
der Pflanzenftoffe.diefelben Bedingungen nothis, as 
be thierifchen Körpern ($. 1215.) 
‚ Aleff. Volta lettere al P.G. — (ar aria infammıabile 


nativa della paludi. Como 6. 8. Brier. uber die \ 


—— entftebeude —Sſ von ande Aler ler — 
a. d. Stal, Winterthur 77h 8. 


re 1335: 


73a... A u... 
..$ 3324 . 4) Das:Schimmeln vegetabiliicher 
Stoffe muß als eine eigene Art von Faͤulniß derfelben 
unterkhieden werden. . Dazu find :befonders ber 
Schleim, der Ertractivftoff der Pflanzen, der ſtaͤtke 
artige Theil, und die fügen und fauern Salze deriel- 
ben geeignet, wenn fie im Waſſer aufgelöf’t oder d«- 
mit verdünnt dem Einfluſſe der reipirabelen Inft aus: 
gefeßt werden. Es verhert ver im Waller aufaelöf'te 
Schleim hierben feine Aufläslichfeit, und verwandelt 
ſich in eine Art von Haut, die micht meßr im Waſſet 
auflösbär iſt. Mir ift es wahrfcheinlich, daß ver 
Sauerftoff det $uft an diefer Erſcheinung vorzüglich 
Antheil babe und durch feinen Benrrift zum Kobfen 
und Waſſerſtoffe diefe neue Materie bilden beife. - - 
-$. 1225. 5) Endlich iſt die Verweſung noch 
von der eigentlichen Faͤulniß fe wohl tKierifcher ald 
degetabififcheer Körper. wohl zu unterfcheiden, was 
man bisher nicht gehörig gethan bat. Sie erfolat, 
wenn die zur Faͤulniß nothwendigen Bedingungen, 
Seuchtigfeie, Waͤrme und Luft, nur im geringem 
Grade zugelaffen werden; und die Erfcheinungen f6 
wohl, die ſich daben zeigen, als die Producre, die 
fid) bilden, find weſentlich von denen der wahren Faͤul⸗ 
niß verfchieden. Die Mifchungsveränderung erfolgt 
weit unmerflicher und langſamer. Dies ıft 5. B. der 
Fall bey Seichnamen , die in die Erde gefcharrt find; 
bey feuchten Pflanzen, die in großen Maſſen zufam: 
mengedrüct liegen, oder auch in die Erde gefcharrt 
werden. Wenn hierbey viel atmofphäarijche duft mit 
— iſt, wie = teihnamen in Särgen, oder 
E noch 


Schwere einfache Stoffe u. ihre Verbindungen. 753 
noch viel Feuchtigkeit da iſt, ſo kann anfaͤnglich die 


Periode der wahren Faͤulniß eintreten, bis endlich 


dieſe wegen verminderter ruͤckſtaͤndiger Feuchtigkeit und 
mangelnden Sauerſtoffgas aufhoͤrt, und die bloße 
Verweſung Statt hat. Feuchtigkeit und Luft, beſon⸗ 
ders die erſtere, dürfen indeſſen auch bey der Verwe⸗ 
fung, wenn fie vor ſich gehen fol, nicht ganz mangeln, 
und die Temperatur der Subſtanz felbft darf nicht un: 
ter den Gefrierpunct gehen. 
.. 9 1226. Bey dieſer Verweſung treten wegen 
veraͤnderter Urfachen auch andere Wirfungen ein, als 
bey der eigentlichen Faͤulniß. Die Grundſtoffe der 
darin begriffenen Körper verbinden fich in andern 
Verhältniffen, als unter mehr verftattetem Einfluffe 
von Wafler, Wärme und $uft, woben Säulnif, ger 
wiſſer Mafen mit Ungeftüim, eintreten würde. ‘Der 
Stickſtoff, der bey der Fäulnif mit dem Waſſerſtoffe 
zufammen das Ammoniaf bilder, tritt bey der Ver⸗ 
weſung mit dem Sauerftoffe zur Salpeterfäure zus 
fammen, die als das Hauptproduct der Verweſung, 
befonders thierifcher Stoffe, anzufehen ift, und bey 
der eigentlichen Foaͤulniß derſelben ($. 1214.) fih 
nicht erzeugt. Diefe Salpeterfäure muß ſich aber bey 
der überhaupt nur allmälig forefchreitenden Verwe⸗ 
fung auch allmaͤlig, und eben deshalb unmerflich, wier 
der zerſtreuen und verflüdhtigen, wenn fie nicht eine 
Bafis antrifft, durch die fie figirt und bis zur Wahr⸗ 
nehmung angehäuft werden kann, und fo manchmal 
als Mauerſalpeter oder erdiger Salperer in zarten 
Slofen ausſchlaͤgt. Ich will zwar nicht in Abrede 
| Dbb - jeyn, 


- 


754 11. Theil. 3. Hauptſtuck. 


| ſeyn daß der Sauerſtoff der zugleich mit- einwirken⸗ 
den atmofphärifchen $uft zur Bildung diefer Salpeter: 
fanre beytragen koͤnne; hauptfächlich aber fcheint mir 
doch der Sanerftoff der verweſenden Subſtanz und 
ihrer Seuchtigfeit felbft dazu benzutragen. — Ein 
Antheil des Waflerftoffes und der Phosphor werden 
zwar ebenfalls bey der Verweſung in Gasgeftalt ge- 
fchieden, aber aud nur allmalig; und es ift daher 
zwar ein mobderiger, aber doc) fein eigentlich faufiger 
Geruch der verwefenden Subftanzen wahrzunchmen, 
obgleich übrigens die leuchtenden Erfrheinungen der 
$uft in Gegenden, wo Verweſung häufig Statt finder, 
davon herzuleiten ſeyn möchten. . 


$. 1227. Ein großer Antheil des Waſſerſtoffes, 
und derjenige Kohlenftoff, der nicht als fohlenfaures 
Gas mit dem Sauerftoffe austreten fonnte, bleibt bey 
der Verweſung mit andern feuerbeftändigen Grund; 
Hoffen verbunden zuruͤck, und bildet nun das zweyte 
Hauptproduct diefer eigenthümlichen Mifchungsverz 
änderung, nämlic die Dammerde (Humus). - 


$. 1228. Diefe Dammerde ift Feinesmeges als 
eine eigenthümliche Erde, mie man font wohl glaubte, 
fondern als waſſerſtoffhaltiger Kohfenftoff anzufehen, 
ber frenlich noch mit mehr oder weniger andern erdi— 
gen und falzigen Theilen verbunden feyn Fann, nach 
Beichaffenheit der Mifchung und Vermengung der 
verweſenden Subftanz. Eben diefes Waffer - und 
Kohlenſtoffes wegen ,. den fie enthält, macht fie einen 
Nabrungsftoff der darin wachfenden Pflanzen aus, 
| und 


Sätvere einfache Stofe u, Ihre Verbindungen. 755 


und die fruchtbar machende Kraft des Düngere-fürg 
Erdreich befteht hauptfählih darin, daß derfelbe 
durch Verweſung darın zur Darhmerde wird, und 
alſo die Beſtandtheile erſetzt, welche die Pflanzen bey 
ihrem Wachsthume daraus in ſich nehmen. Uebrigens 
kann die Dammerde auch nach Beſchaffenheit der 
mehrern oder mindern Vollendung der Verweſung 
verſchieden ſeyn; fo wie die Verweſung einer Sub— 
ſtanz durch voͤllige Austrocknung aufgehalten werden 
kann. 





BbbVier— 


736 1. Theil. 4. Hauptſtück. 








WViertes Hauptſtuͤck. 
Electriſche Materie 


— 





Einige vorlaͤufige Thatſachen und 
Bemerkungen. 


4. 1229. — —* 
Wenn man eine trockene Glasröhre, oder ein Stuͤck 
Stangenfchwefel, oder Bernftein, oder eine Stange 
Siegellad mit einem Stüde trodenen Flanell reibt, 
fo findet man, daß leichte und Fleine Stuͤckchen Pas 
pier, Eifenfeil, Goloblätechen, Fleine Korkkuͤgelchen, 


ur. dergl., von diefen geriebenen Körpern erft angezogen, 


hernach aber wieder zurücgeftoßen werden. Iſt die 
Glasroͤhre von hinlänglicher Größe, und lange und 
ftarf genug gerieben worden, z. B. Dadurch, daß fie ” 
duch eine Mafchine fchnell zum Umdrehen gebracht 
“wird und fich daben an einem ledernen Küffen reiben 
muß; fo macht fie, wenn man das Geſicht etwas 
nahe daran hält, Die Empfindung, als wenn Spinn⸗ 
weben übers Geficht gezogen würden. Man fpürt 
einen füßlichen Geruch, faft. wie nach Harnphospho- 
rus; und nähere man ihr den Knoͤchel eines Singers, 
fo bricht ein leuchtender Funke nit einem Geräufche 
bervor, der zu gleicher Zeit in dem Finger ein Ste 
hen verurfacht, 


2 w $, 1230. 


Eleetriſche Materie: :' 1 
$ 1230. Dieſe Wirfungen «einer noch nihe 


zecht befannten Urfach nennt man electrifche Er⸗ 
feheinungen (Phaenomena electrica ), und den Zu: 
ſtand der Körper, worin ſich diefe Erfcheinungen zei: 
gen, Wlecericität (Electricitas ), womit man aber‘ 
auch manchmal die Urfach felbft, die wir unterdeffen 
electrijche Materie oder electrifches Fluidum nennen 
soollen, bezeichnet.’ Electriſirt heißt ein Körper, 
der in den Zuftand gebracht worden ift, daß er die an? 
geführten Erſcheinungen ‚zeigt; — aber derje⸗ 
nige, welcher dieſes Zuſtandes faͤhig iſt. 


5. 1231. Wenn man ben Ginfängfig — 
ten Glascylindet oder die Siegellackſtange einem ſtar⸗ 
fen metallenen, gehörig abgerundeten und ohne ftarfe 
Spißen und Ränder fenenden Drahte, der au feide: 
nen Schnuͤren aufgehängt ift oder, auf gläfernen Fuͤ⸗ 
fen ruher, nähert, fo bricht auch ein. Funken hervor, 
“wenn beyde nahe genug Fommen, und der, Metall. 
Draht zeigt nun electrifche Erfcheinungen,- oder ifb elec⸗ 
triſirt. Eben jo wird auch der Metalldrath electriſirt, 
wenn er jonft in unmittelbarer Berührung mit der 
geriebenen Glasroͤhre, und den geriebenen Stellen. 
nahe genug iſt. 


$. 1232. Nimmt man ftatt des ‚Metalldraths. 
dazu eine andere Glasröhre, eine Siegellackſtange, 
oder ein feidenes Band, fo erfolgt Fein Funken bey 
der Annäherung, und diefe werden nicht electrifict > 
fo wird aber auch der; Metallorath nicht zur Electris 
cität gebracht wenn er mit ben geriebenen Stellen 
der 


arg II. Dell. 4. Haudtſtück. 
der Glaͤsroͤhre durch. eine ——— lange feidene 
Schnur verbunden iſt. 


. 123 3. Fernet zeigt auch der Metalldrath 
nach dem Ausbxuche des Funkens von ber geriebenen 
electriſi rten Glasroͤhre keine Electricitaͤt wenn denſelben 
eine Perſon in der Hand hält, die auf der Erde ſteht, 
"oder wenn er fonft mit der Erde in Berührung ift, 
ober. in einer Mauer fledt. 


8. 1234 Wenn eine nietaltene größte auf eine 
— Art, wie eine Glasroͤhre (9. 1229.) gerie⸗ 
ben wird, waͤhrend daß man ſie in der andern Hand 
haͤlt, ſo giebt ſie keine Spur von den electriſchen Er⸗ 
ſcheinungen. 


$. 1235. Diefe Erfahrungen @ 1231— 1234.) 
führen auf die Schlußfolge: daß das Metall, die 
Erde, der Menſch die electrifche Materie, von wel: 
cher die electrifchen Erſcheinungen abhängen, leiten, 
oder fogleic) auf ihrer Oberfläche oder durch ihre Sub: 
flanzen weiter verbreiten; die Seide, das Glas, das 
Siegellaf aber diefelbe nicht leiten, oder nicht forts 
führen, oder nicht. durch ſich fogleich durchlaſſen. 


$. 1236. Man hat hiernac) alle befannte Kör: 
per in Leiter (Condactores) und Nichtleitet (non 
eonductores) eingetheilt. Und weil die erftern durchs 
Reiben nach der gewöhnlichen Arc nicht electrifirt wer⸗ 
den fönnen, fondern wegen ihrer feitung die durchs 
Meiben erregte Efectricität fogleich abführen, fo hat 
man * auch unelectrifche (Corpora anelectrica ), 
die 


Electriſche Materie. 759 


die feßtern aber, welche Durchs Reiben ftarf und merk⸗ 
lich electrifiet werden‘, eigentlich: elecerifche, an fich 
electrifche Koͤrper (Corpora eleetrica.) genannt. 


4. 1237. Allein diefe Eintheifung in electrifche 
und unelectrifche Körper ift nicht ganz genau und rich: 
tig; denn es Fönnen allerdings auch Metalle für ſich 
durch Reiben electrifirt werden, wenn man nur die _ 
Ableitung der erregten Eflectricität verhütet. Es lau: 
fen auch die Örenzen der fo genannten electrifchen und 
unelectrifchen Körper fo in einander, daf wir weder 
einen volltommen electriſchen Korper, der die elec: 
triſche Materie gar nicht durch feine Subſtanz verbrei- 
tete, noch einen volllommenen Keiter, ın welchem 
die Electricität auf feine Art erregt werden Fünnte, 
kennen. eder efectrifche Körper ift vielmehr ein mehr 
oder weniger unvollffändiger feiter, und jeder leiter 
ein mehr oder weniger unvollftändiger electrifcher Koͤr— 
per. - Diele electrifche Körper werden unter gemiffen, 
oft zufälligen ‚ Umftäspen zu feitern; und manche 
Körper find eben fo unvollftändige feiter als Nichtlei- 
ter. Man nennt diefe Halbleiter, z. B. trodeng 

Marmorplatten, trockenes, nicht gewärmtes Hol;. 


$. 1238. Um indeffen doch diejenigen Körper, 
in welchen, mie 5. B. in dem Glaſe, die Electricität 
leicht und merklich durch Reiben an andern fchiclichen 
Körpern erregt werden kann, und welche die erregte 
Efeetricität nicht fogleich fortführen und, es fey 
durch ihre Subſtanz oder auf ihrer Oberfläche, nur 
- mit Sthwierigfeit verbreiten, von den andern zu ums 
terſchei⸗ 


760. I. Theil. 4. Haupt, 


terſcheiden, in denen das egentheil gefchieht; fe 
moͤgen Die Benennungen der Lrichtleiter für die ers 
fterm, und der Beiter für die leßtern dienen, und wir 
werden diefelben auch in diefem Sinne brauchen. 


$. 1239. Zu diefen Nichtleitern, oder electri⸗ 
ſchen Aörpern, gehören befonders; das Glas und 
‚die meiften Verglafungen, DBergfenftall, alle Edel 
fteine, der Turmalin, ruffiiches Glas; alle Harze, 
befonvders Copal, Colophonium, Pech, Gummilack; 
Federharz; die Erdharze: Bernſtein, Asphalt, Stein⸗ 
kohlen; der Schwefel; Wachs; die Seide; trockene 
Baumwolle; Federn; Wolle; Haare; trockenes El⸗ 
fenbein; die fetten und aͤtheriſchen Oehle; gedoͤrrtes 
und ſehr trockenes Holz; die vollfommenen Metall⸗ 
kalke; und endlich die Luft, wenn fie nicht feucht ift. 


$. 1240. ‚Zu den Keitern muͤſſen befonders ges 
rechnet werden: alle regufinifche Metalle; das Waſ— 
fer, der Nebel; ver Rauch; alle waͤſſerige Säfte der 
Pflanzen und Thiere und ihm weichen Theile; thie: 
rifche And vegetabilifche Kohlen; alle Salzauflöfun: 
gen; Meingeiftz Naphtha; feuchtes Holz; feuchte 
$uft; und vorzüglich unfere Erde. Glühendes Glas 
iſt evenfalls ein feiter, fo wie auch geſchmolzenes Harz, 
heiße Luft, ſehr erhißtes gebörrtes Holz, da dieje 
Körper fonft unter andern Umftänden Nichtleiter find. 
Auch die Feuerflamme ift ein feiter, 
$. 1241. Um die Tichtleiter zu electrifiren, d. h., 
fie in ven Zuftand zu verfeßen, daß fie die electrifchen 
Erfheinungen zeigen, dient vorzüglich daB Reiben 
mit 


Electriſche Materie 76: 
mie verfchiebenen Materien, von denen wir gleich 
reden werden; und da ſich Die electriſche Materie auf 
dieſen Nichtleitern nicht ſogleich vertheilt, wie auf den 
leitern, fo zeigen fie jetzt Electricität. Sie heißen 
daher auch urſpruͤnglich⸗ electriſche Koͤrper (Cor: 


pora idioelectrica ), 


$. 1242. Wenn man aber einen feiter durch arts 
dere Nichtleiter bon andern leitenden Materien abfons 
dert, oder, wie man fagt, ifolirt, 5. DB. dadurch, 
daß man ihn an feidenen Schnüren aufhängt, oder 
auf Glas, oder auf Harz u. dergl. ſtuͤtzt, (wie in 
dem Verfuche $. 1231.), und dann fo dem hinläng- 
lich electtiſirten Michtleiter nähert oder damit in Ber 
rührung bringt, fo wird er dadurd) ebenfalls electri- 
firt. Man fagt in diefem Falle, die Electricität des 
Nichtleiters gehe an den feiter über, oder theile fich 
ihm mit; man nennt diefe Efectricität des Leiters eine 
mitgetheilte (Electricitas communicata, derivativa), 
und zunterſcheidet fie von jener urſpruͤnglichen der 
Michtleiter (EI. originaria ). Die leiter heißen bes: 
wegen auch fyinperielectrifche Ziörper. 


$. 1243. Da die Nichtleiter die mitgetheilte 
Electricität des mit ihnen verbundenen, oder durch fie 
ifolirten, Leiters nicht fogleich abführen, fo zeigt er 
jetzt die electriſchen Erfcheinungen. Da die trodene 
gufe ein Nichtleiter ift, fo Fann der zu electrifirende 
feiter darin ifolirt werden; und mie würden, wenn 
fie es nicht wäre, gar feine mitgetheilte Electricitär 
darin herverbeingen, überhaupt nichts von Electricität 
wiſſen. 


762 II. Theil. 4. Hauptftüd. 


wiſſen. Feuchte und erwärmte $uft aber Teitet, und 
Daher gehen ben feuchtem Better die .electrifchen Der: 
fuche nicht fo gut von Statten, als bey trockenem; und 
in Zimmern, worin viele. Perfonen find, ſchlecht oder 
gar nicht. Ueberhaupt ift die atmofphärifche, Luft, 
weil fie nie von’leitenden Stoffen frey ift ‚ein — 
unvollkommener leiter. 


4. 1244. Wenn man einen iſolirten electriſirten 
feiter mit einem andern, nicht-⸗iſolirten, $eiter berührt, 
fo verliert jener feine Efectrieität ganz und auf eins 
mal; ein urfprünglich = electrifirter Nichtleiter verliert 
feine Efectricität nur durd) mwiederholtes Berühren; 
und der allmälige Verluft feiner Efectricität trifft 
jedesmal nur die berührte Stelle. 


$. 1245. Ein Nichtleiter entzieht dem ifolirten 
eleetrifircen Seiter wenig ober nichts; und um ihn 
durch, Mittheilung zu electrifiren, muß man ihn an 
mehrern Stellen berühren, und doch nimmt er die 
Electricicät nur mit Schwierigfeit an. 


$. 1246. : Die Quantität der mitgetheilten Efec: 
tricität unter tfolirte feiter von einerley Materie richtet 
fi) der Erfahrung zufolge nicht nad) ihren Maffen, 
fondern nad) ihren Oberflächen und der Ausdehnung 
in die fänge. 
G. €, Bohnenbergere Dept Segtröge zur tbeoretifhen und practiichen 
ectricitätslchre, Stuttg. 1793. 8. ©. 46. ff. 
6, 1247. Das electrifche Fluidum, das einem 
leitenden Körper mitgetheilt wird, wird lediglich nur 
auf 


Electriſche Materie 763 


auf der Oberfläche deffelben verbreitet, — in — 
Inneres einzudtingen. 
N Abhaudl. Aber die — im neuen — 
der Phyſik, B. III. ©. 5 
4. 1248. In Anſehung der Quantitaͤt des elec⸗ 
triſchen Fluidums, welche $eiter von verſchiedener Art 
aufzunehmen faͤhig ſind, hat Herr Coulomb das 
merkwuͤrdige Geſetz entdeckt: daß die Vertheilung des 
electriſchen Fluidums unter leiter ven verſchiedener 
Art, und uͤbrigens gleicher und aͤhnlicher Geſtalt, 
ganz einerley iſt, die Natur dieſer Körper mag ſeyn, 
wie fie will, So z. B. tritt eine iſolirte Fupferne 
Kugel genau bie Hälfte ihrer Efectricität an eine ifo: 
firte Kugel von Hollundermarf ab, wenn diefe von 
gleichem Durchmeffer ift. 
Coulomb a. a. D. ©. 57. ff. 


$. 1249. Durch die Mittheilung werden bie 
ifofirten Seiter efecteifirt, nicht nur wenn fie mit elecs 
trifirten Körpern in unmittelbarer Berührung fi ind, 
fondern auch dann, wenn fie ihnen auf eine gewifle 
Weite genähert werden, Iſt das genäherte Ende des 
leiters ſtumpf, oder abgerundet, ſo entſteht ein Fun⸗ 
ken, wenn er dem electriſirten Körper nahe genug 
fommt, der nach der verfchiedenen Stärfe der Elec— 
tricität mit einem größern oder geringern Geroͤuſche 


oder Knalle ſichtbar hervorbricht. Die Weite, in | 


welcher dies gefchieht, heißt die Schlagweite. und 
fie ift, alles Uebrige gleich gefeßt, deſto größer, je ftär- 
fer die Electricität des electrifircen Körpers iſt. Wenn 
der electrifirte — ein Nichtleiter iſt, ſo iſt der 

Funken 


* 


764 II. Theil. 4. Hauptſtuͤck. 


Funken nur ſchwach, und die Schlagweite nicht ſo 
groß, als bey einem electriſirten, iſolirten Leiter. 
Iſt in’diefem Falle der Leiter, mit welchem nfän den 
Sunfen herauslockt, iſolirt, fo vertheift ſich die Elec- 
tricität nad) Maafgabe der Oberfläche der Seiter; ift 
er aber nicht ifolirt, fo zeigen bende nad) dem Aus: 
bruche des Funkens feine Efectrieität weiter. 


$. 1250. Menn das genäherte Ende des feiters 
zugeſpitzt iſt, fo gefchieht der Liebergang der Electrici- 
tät durch ein Ueberſtroͤmen, das bey ſchwachen Elec⸗ 
tricitäten wenigftens im Dunfeln entweder in Geftalt 
eines Lichtpunctes oder eines Seuerbüfchels erfcheint. 
Die Weite, in welcher hier der Uebergang der Elec: 
tricität gefchieht, ift weit beträchtlicher, als ben der 
Mittheilung durch Funken, und kann fich bey ftarfen 
Efectricitäten auf eine fehr beträchtliche Weite erftre- 
den. Ben nicht zu fhwachen Electricitaͤten ift diefes 
Ueberftrömen durch Spitzen mit einem merflichen Ge: 
raͤuſche begleitet. | 

$. 1251. Eben fo leicht, als die electrifhe Ma: 
terie in Leiter durch Spitzen derfelben Üüberftröme, jo _ 
leicht ftröme fie durch diefelben auc) wieder aus den - 
tfolieten Seitern aus; und ein electrifirter iſolirter feiter, 
der mit Spißen verfehen ift, verliert feine Electricitaͤt 
fehr bald, und viel früher, als ein abgerundeter. 

* 6. 1232. Bey dem Ansftrömen der Electricität 
ans den Spitzen eines ifolirten feiters nimmt man auch 
zugleich durchs Gefühl eine Bewegung wahr, wie 
ein Blaſen, das aber allezeit von der Spitze ausgeht. 

| $. 1253. 


* 


ns ...Electeifche "Materie. - 765 
"6, 1253. So verhindert auch eine. feitende un: 
ifolirte Spitze, die man in der Naͤhe eines ifolirten 
$eiters hält, die Anhäufung der dem leßtern zugeführ- 
ten Efectricität, und führt diefe fchnell und ſtark ab. 


$. 1254. Menn man einen ifolirten feiter elec⸗ 
triſirt, fo wird die Efectricität fid) darauf verbreiten, 
bis fie das Marimum ihrer Elafticität oder Dichtig: 
keit/ oder Intenſitaͤt erhalten hat, das ber feiter vers 
möge feiner- Eapacität erhalten fann. Was nun dent 
$eiter noch weiter von electrifcher Materie. zugeführt 
wird, theilt.fih nach) und nad) der ihn umgebenden 
Luft mit. Die $uft ift zwar ein Nichtleiter ($. 1239.), 
aber ein ziemlich unvollfommener. . Die umgebende 
$uft wird alfo auch nad) und nad) electrifirt, obgleich 
um defto Tangfamer, je trodener fie iſt, oder je weni⸗ 
ger. fie leitet. Dies. ift e8 aber nicht, was man mit 
Stanklin electrifche Armofphäre nennt, und was 
Yepinus und Mile mit dem Nahmen der electrifchen 
Wirfungekeeife bezeichnen. Dieſe find der Raum 
um den electrifieten Körper herum, in welchem ſich 
das electeifche Anziehen und Abftoßen äußert. 


nenbergers Beytraͤge zur theor. und praft. Electricitätsl, 
DIE 1. Stuttg. 1793. ©. 82. ff. Et. 11. ©. 135. ff. 


Die electriihen Atmofphären entftehen auf andere Art, ale 
durch Mitrheilung, nämlich durch Wertheilung der nas 
türlichen electriihen Materie, der Luft, wovon erft in der 
Folge das Weitere vorfommen wird. 


6.1255. Wäre die fuft ein vollfommener Nicht; 
leiter, und wären es auch die andern Subſtanzen, 
die man zum Iſoliren braucht, fo wuͤrde ein electriſir⸗ 

ter 


76 I. Theil. 4. Haupifäd. 


ter ifofieter "Seiter fein Marimum der Efectrieität uns 
gefchwäche erhalten. Da jenes aber nicht ift, fo ver: 
fiert er feine. Efectrieität allmälig. Herr Coulomb 
bot durch feine. Verjuche gefunden, daß, wenn ber 
Zuftand der fuft derfelbige bleibt, das Verhoͤltniß 
der durch fie verloren gehenden Electricität eines 
geiters zur mittlern Intenſitaͤt eine beftändige Groͤße 
bleibt. Er hat ferner in Beziehung auf die Verbreis 
tung der Efectricität-über die ifolirenden Subftanzen 
entdeckt, daß zur vollfommnern Sfolirung des feiters 
die Sängen der ifolirten Träger fich wie die Quadrate 
der Intenfität ber ‚Electricität des Leiters verhalten 
muͤſſen. 
Coulomb a. a. D. ©. 53. ff. ©. 57. 


Die Electrifirmafhine, 


£. 1256. Set fünnen wir nun von den bisher 
angeführten Thatfachen Gebrauch) machen, um dar: 
aus die Erforderniffe und Einrichtung der Blectrifir: 
maſchinen zu beurtheilen. Die weſentlichen Theile 
derfelben find: 1) der eleetrifche Koͤrper, der Reiber, 
aus einer nicht: leitenden Materie, der durch eine ber 
queme Vorrihtung zu einer fehnellen Bewegung ge: 
bracht, und vermittelft deffen durchs Reiben vie 
Electricitaͤt leicht erregt wird; 2) das Reibzeug felbit ; 
und 3) der ifolirte Keicer, den man auch wohl den 
Hauptleiter, ven erften Leiter, oder fchlechtiweg den 
Conductor nennt, und dem die durchs Reiben entwi— 
defte Electricitaͤt zugeführt wird, Er iſt deswegen 
nötig, daß man aus ihm ſtarke Funken oder ftarfe 
Ueber: 


4 


Electriſche Materie. 767 
Uebergaͤnge der Electricitaͤt erhalte, weil dieſe aus 


dem geriebenen Nichtleiter nur allemal tan find 
($. 1249.) | 


$. 1257. Da es ——— RR die 
zur Erregung der Efeetvicität gefchict find ($. 1239.), 
fo hat man auch mehrere ‚davon zu den Reibern ver 
Electrifirmafchinen vorgefchlagen und angewendet. 
Nach der Verſchiedenheit diefer electrifchen Körper 
hat man daher Glasmaſchinen, Zeugmafchinen, von 
wollenem Zeuge, gefirnißtem Taffent, Harzmaſchi⸗ 
nen, u. a. Das ift aber wohl ausgemacht, daß die 
Glasmaſchinen in Anfehung der Bequemlichfeit und 
MWirffamfeit vor allen andern den Vorzug verdienen. 
Gruͤnes und hartes Glas hat Vorzüge vor weißem _ 
und weichem Glaſe. In Anfehung der Sorm, in 


welcher man das Glas als Neiber anwendet, hat man 


Zugelmafchinen, Sphaͤroidmaſchinen, Eyunders 
maſchinen und Scheibenmafchinen. Die erftern bey: 
den Arten find jetzt mit Recht obfolet geworden, da 
man dem Reibzeuge die dazu nöthige Krümmung 


nicht gehörig geben fan; und man ift ben den benden 


feßtern Arten, als den vortheilhafteften und bequem: 
ſten, ftehen geblieben. Wenn man die Zerbrechlichfeie 
der Blaefiheiben , die Unbequemlichkeit ben der Be⸗ 
handlung ihrer Reibzeuge, die Unvollfommenpeif der 
Iſolirung der Neibzeuge daben, und ihren höhern 
Preis bedenkt; fo kann man wohl nicht anftehen, den 
Glascylindern den Vorzug vor den Scheiben einzu: 
räumen, 


3, 


768 II. Theil. 4. Hauptſtuͤck. 


kann mich, bier nicht in eine Beichreibung des Details der 

— der verſchiedenen Electrifirmafchinen. und * 
dazu gehörigen Apparates einlaſſen fondern ich verweiſe 
in diejer Hinficht auf folgende Schriften : 


Bollſtaͤndige Abhandlung der theoretifhen und praftifcen. 
Lehre von der Blectricitär, nebft eigenen Perfuchen vor 
Tiberius Tavallo, aus dem Engl., zte Auflage, Leipzig 
1785. 8 


John Luthbertfons Abhandlung von der Efectricität, nebſt 

einer genauen Befhreibung der dahin gebörigen Werks 

uge und Verſuche, aus dem Holländ, Leipz. 1786. 8. 
Dritte Sortfegung , ebend. -1796. 8. 


SBerfuch über die Electricität, worin Theorie und Ausübung 
diefer Wiſſenſchaft durch eine Menge methodiſch geordne⸗ 
ter Erperimente erläutert wird, son Geo. Adams, aus 
dem Engl. Leipz. 1785. 8. ' 


©: €. Bohnenbergers Beſchreibung einiger Electrifirmafhis 
nen und electrifcher Verſuche. Stuttg. 1783. 8. L— VL. 
Fortfegung, ebendaf. 1791. 8. 
Beſchreibung einer ungemein Pa. Electriftfmaibine, und 
der damit im Teplerihen Mufenm zu Harlem anges 
ftellten Verſuche durch Wiartinus van Marum, aus dem 
zn Leibz. 1786. 4. Erſte Fortfegung, a. dem Hol, 
eipg. 1788. 4. Die weyte erichienene bolländiihe und 
franzoͤſiſche Fortſetzung: Seconde Continuation des Ex- 
periences faites par le moyen de la Machine eleetri- 
que Teylerienne, par Mare, van Marum, à Hirlem 
1795. 4.1 iſt noch nicht ins Deutfche uͤberſetzt. 


Beſchreibung einer neuen einfachen und vortheilbaften Elee⸗ 
trifirmafchine, vom Hrn. van Marum; in Grens Journ, 
der Phyſik, B. IV. ©. 3. ff. 


Beichreibung einer fehr vortheilhaft eingerichteten Electrifirs 
mafcine, von Reiler ; in Voigts — fuͤr das Neue⸗ 
ſte aus der Phyſik, B. VII. &t. 3. ©. 73. ff. Weitere 
a derfelben von M. 5. Wild; cbendaf. St. 

$: ni. 77: ° 


Verſuche und Beobachtungen über die Electricität, von Hrm. 
‘ ar — in Grens Journ. der Phyfif, B. IH. 
. 49. ’ 


Befhreibung einer neuen fehr wirffamen Flectrifirmafchis 
ne, vonıL. C. Kichtenberg; im Magaz. für das 
Neueſte aus der Phyſik, B. 1. St. 1. ©, 33. ff. 


Beihreibung einer neuen Electrifirmafchine, von Herrn ©. 
w. Mundt; im Journ, der Phyfif, B. VII. ©. 319. ff. 


Beſchreibung .einex fehr wirffamen Electrifirmafhine, von 
Geo. Heine, Seiferheld, Nürnberg 1797. 8. _ 


| $. 1258. 


J 


Elertriſche Materie. 209 


5. 1258. ‚Damit; die, in dem Glascylindet der 
Eleetriſirmaſchine eingeſchloſſene buft durch ihre Any; 
dehnung beym Warmwerden des Cylinders nicht: zum 
Zerſpringen deſſelben Gelegenheit gehe, iſt es noͤthig, 
durch ein. Loch in einer der Hauben feiner Haͤlſe den 
freyen Aus⸗ und Eintritt der luft zu verſtatten. Die 
innere, Seite: der Cylinder uͤherzieht man auch. vor⸗ 
theilhaft, zur Verhuͤtung des Aqhoͤngens der Feuch⸗ 
tigkeit an Die innere Glasflaͤche, nit einem harzigen 
Urberzuge, 1 Die eiſerna Achſe mufſ. micht Durch, den 
Colin der gehen, um dadurch nicht Electrieitaͤt zu 
binden; und aus / eben dem Grunde fiade ich daher eg 
auch ‚nicht: tquglich Cylinder mie; innen 
verduͤnnter Kuft anzumenden. sig mil lisa Sir 


. Man’ bebaudtet zwar jetzt / daß es, beſſer ſey⸗ 4* der innern 
Fläche des Chlinders eine leitende Subitan; anzubri naeny 
weil dann defto mehr Elertriectaͤt auf der kußern Fıaal 
angehäuft werden fönnte, wovon die Gründe fich erit poor 
dem weıter unten Folgenden ergeben werden. Allein minn 

, glei dadusch Die Gapacität der. Anfern Flache für Elcesris 
itär wächft,. 1 Iinmink Dadurc ach die Tutenfirät Der 

Eleetricitaͤt ab," Allerdings aber Würde €8. vorfheilbaft 

2ı.., jenn, der Jache des. Neibzenges gerade gegen über, und 
aitgends anders), — der innern — eh laiteude Sub⸗ 
ſan; —— — 





* 
$.-1259. „um Ku bey) in Slasmafhi- 
nen nahm. man fonft lederne Küffen, die man mit 
Haaren. flopfte. "D. Ylooth | bat. ben; den glaͤſernen 
Cylindermaſchinen hie mehterm Vortheile ein dünnes 
mit Pferdehaaren ausgeſtopftes ſeidenes KHaͤſſen vor⸗ 
gefchlagen,-t das mit der einen Seite an ein, nach den 
Krümmung des Enlinders eingerichteteg«, Hölzernes, 
Geſtell befeſtigt, und mit einem ‚bieran,, befeftigtem 
und mit einem: Zinfamalgama ı und, etwas Fett beſtri⸗ 
Ece chenen 


770 m. a. 4. Hauptſtuͤck. 
chenen leder nur bedeckt iſt, an deſſen anderm ‚Ende 
ſich ein Stuͤck Wachstaffent befindet, der einen Theil 
des Enlinders umgiebt. ‘Um das Küffen bequem an 
ben Cylinder zu druͤcken, dienen Stahlfevern, oder 
hoch beffer ſeidene Schnüre, die an Dem andern freyen 
Ende des Küffens befeftige, über den Cylinder gezo⸗ 
- gen, und an einem bequemen Orte des Tiſches, tor: 
auf die Mafchine ſteht, hinlänglich angefpannt wer⸗ 
den. Bequem iſt es, wenn man das Reibzeug auch 
tfoliren Fannz und dies geſchieht am beften,dadurch, 
daf man das Bret, worauf: das Kuͤſſen ruhet, auf 
= hinlänglich ftarfe gläferne Säule ſetzt, die man 
wich wohl noch mie: Pech oder Siegellack ausgieft 
und überzieht. Um diefe Holirung aufzuheben, hängt 
man an das Geftell des ea einen Metallraßt, 
ber bis auf die Erde reicht. 


Ccavallo a. a. 9. S. nos. f. 
„O8, Zinfamalgama befteht aus5 helle Sinf, und 1 Tbeil 


Quec ſilber Der fhmelzt das erftere, und gieft dann 
das Duedfilb “ dazu, — das Gefaͤß vom Feuer, 
und ruͤhrt Alle wohl. Von diefem Amalgama reibt 
“man etwas in han fteinertten Mörfer recht fein, und mit 
etwas Unfchlitt zufammen, und flreicht e6 auf das Leder 
auf. Go oft, das Amalgama „auf dem Leder feſt und tros 
den wird) muß man «6 entweder auffragen , oder. nen 
auftragen. 
"Eine vortheilhaftere Einriötung ir Reibjeuse für Scheiben, 
nt. mafch befchreidt Hr. van -Wiarum; in 
* — Phpf, Beil ©. 167: ff. 3. Vi. ©. 70 ff. 


361260, Der erfte Reiter oder Conductor ber 
Mafchine CH. 1256.) iff’ein blecherner Enkinder, der 
an dem einen, ‘dein electrifchen Neiber zugefeheten, 
Ende mif mehrern Spitzen, dem Suleiter, verſehen, 


fen aber, mi das Ausftrömen der Elestricität ans 
Be — | ihm 


* 


Eleetriſche Materie. 7 


ihm zu — allenthalben — — abger 
sundet und ohne ſchatfe Eden ‚und Kanten. feyn 
muf. Man befeftigt an dem hintern und aͤußerſten 
Ende deffelben auch wohl noch eine meflingene Kugel, 
und überzieht Das. Uebrige, den Zufeiter ausgenommen, 
mit. Zieniß oder Siegellad. Dieſer erſte leiter mag 
nothwendig iſolirt ſeyn, wenn er electrifirt werden 
ſoll, und man ſtellt ihn deswegen mit den unten an 
ihm befeftigten metallenen Hauben,, die wohl abgerun; 
ber fenn muͤſſen, auf hinfänglich. lange und ftarfe- 
Glasfüße, die man aud) noch mit, einem Firniß übers 
zieht und mit Pech ausgießt. . Nicht fo ficher. und 
feft hängen ihn Manche an feidenen Schnüren auf, 
Große Seiter macht man auch wohl von Holz oder 
Pappe, die man mit Zinnfolie uͤbet ziehc. 
.%r1261. Außer dieſem erſten Conductor ift es 
gut, wenn man noch mit. einem zweyten verfehen ift, 
den man von der Dede des Zimmers herab an feide- 
nen Schnuͤren aufhaͤngt, und den man durch eine 
Kette mit dem leitenden Geſtelle des iſolirten Reib⸗ 
zeuges in Verbindung ſetzen fann. 
t; 


$. 1262. Damit die Verſuche mit der Electri⸗ 
ſirmaſchine gut von Statten gehen, muͤſſen alle Theile 
derſelben von Staub und Feuchtigkeit befreyet ſeyn; 
ſie ſelbſt muß nicht in zu großer Naͤhe von ableitenden 
Gegenſtaͤnden, und die Luft muß nicht zu feucht ſeyn. 


$. 1263. Wegen der Mittheilung der Efectris 
eität an die umgebende fuft ($. 1254. ), zumal wenn 
un feucht ift, wird bey einer ſchwachen Wirkſamkeit 
Cec a der 


j 4 


773 11. Theil. 4. Hauptſuck. 

der Maſchine die Anhaͤufing auf dem Leiter weit ges 
finger ſeyn muͤſſen, als es bey einer wirffamern Ma: 
ſchine auf einem gleich großen Leiter ben Übrigens gfei- 
hen Umſtaͤnden der luft und Ffofirung der Fall ſeyn 
wird. Ben einer'fihnellen und ftarfen Wirkſamteit 
de Maſchine kann die im lleberfkuß dem leiter zuge⸗ 
fuͤhrte electriſche Materie entweder nach dem Reib⸗ 
zenge zuruͤckgehen, oder nach andern leitenden Theilen 
der Maſchine ſichtbar abſtroͤnen. ¶Uebrigens erhellet 
aus den vorher‘ angefuͤhrten Thatſachen, daß es für 
die Wirkſamkeit jeder Maſchine ein gewiſſes Maaß 
der Größe des leiters — MO: welches das vers 


theilhafteſte iſt. 


Electriſche ——— mit der Elec⸗ 
—— ohne — 
flaſche. 

6. 1264. Man hebe die Iſolirung des Reib⸗ 
zeuges auf, man nehme den Conductor von der Ma; 
ſchine ab, und bringe den Cplinder in Lmlauf, 
Man wird jeht ſchon im beträchtlicher Entfernung 
vom leßtern die Empfindung erhalten, als wenn 
Spinnweben übers Geficht gezogen würden, und der 
befondere Geruch wird fich weit ftärfer verbreiten, als 
wenn der Conductor der Mafthine daran appliciet ift. 
Hält man die Knöchel des Fingers in die Nähe des 
umlaufenden Cylinders, ſo brechen ohne Unterlaß 
Fnifternde Sunfen aus ihm rn.) die, aber nur Fur, 
und klein find. ET J 
$. 1265. 








EGlectriſche Materie 1: 773 
ı: 6.7265. Man. feße den Gonbuctor auf ſeine 
Träger und electriſire, wie vorher. Mähert man jegr 
dem efectrifirten Conductor den Knoͤchel des Fingers, 
Oder. einen. ‚andern, gehörig abgerundeten leiter, fo bricht 
en weit. ‚ftörferer Sunfe mit einem ſtaͤrkern Schalle 
und lehhaftern Lichte hervor. Die Geſchwindigkeit 
des Ueberganges des Funkens iſt ſo groß daß / man 
nicht unterſcheiden fonn, ob er aus dem Conductor, 
oder dem ihm ‚genäherten feiter, oder aus beyden 
zugleich fomme. Der Sunfen iſt gerade, wenn er 
nur kurz iſt; bey einer ordßern tänge bingegen ge— 
ſchlangelt. nn 
4. 1266. Die fänge und Stärfe der gejogenen 
Zunfen hängt allerdings, von der Wirkſamkeit der 
Mafchine ab; indeffen hat doch die electriſche Atmo⸗ 
ſphaͤre und die Geſtalt des genäherten leiters Dana 
Einfluf. 
Um durch Hülfe einer Nadelſpitze, die man unten dem Dans 
men und dem Zeigefinger gehörig faßt, redt lange: Funken 
aus dem Conductor zu —— lehrt Hr. — 


Beptraͤge zur theor. und pract. Electricitatsl. St. IV 
Stuͤtts. 1795: ©. ‚92. ft, | 


4. 1267. Man hänge einen — ——— 

an ſeidenen Schnuͤten auf, und nähere ihn iſolirt dem 
hg electriſitten Conductor, fo bricht auch zwiſchen 
beyden ein Funken hervor, und der zwente Konductor 
ift nun. electriſi — | 2 
6. 1268. Eben ſo wird der zweyte iſolirte Com⸗ 
ductor auch electriſirt, wenn er mit dem erſten electri⸗ 
ſirten Eonductor durch eine metallene Kette in leiten: 


der —— iſt. 26 
12 9. 


774 II. Shell. 4. Hauptftüd. 
$ 1269. Er wird hingegen nicht electrifiet, wenn 


ee durch ein hinlänglich langes ſeidenes Band damit in 
Verbindung iſt. 


$. 1270. Es trete eine Perfon auf einen trodes 


nen Harzfuhen, und faffe eine Kette in die Hand, 
die mit dem Conductor der Maſchine conneckirt. 


Wird nun electrifiet, fo zeigt die Perfon die Erfheis 


ungen eines electrifirten Conductors. 


$. 1271.. Man laffe in der Nachbarſchaft des 
Conductors ein Korkkuͤgelchen an einem feuchten 
Zwirnsfaden herabhaͤngen, und electriſire dann. Das 
Korkkuͤgelchen mit dem Faden wird ſogleich aus der 
verticalen fage gebracht und gegen den Conductor 
bingezogen, auch too in ——— Entfer⸗ 
nungen. 

$. 1272. Man befeftige. den feuchten Gaben, 
woran das Korffügelchen hängt, unmittelbar an den 
Eonductor, und electrifire. Jetzt wird das Korffüs 
gelchen fich gegen jeden ihm genäherten feiter zu bewe⸗ 


‚gen, oder von ihm fchon in — Entfernung 
angezogen werden. 


$. 1273. Man hänge zwey Korkkuͤgelchen an 
einem feuchten Zwirnsfaden unmittelbar an den Con: 
buctor, fo daß fie parallel herabhängen,. fo werden 
fie beym Electrifiren divergirend aus einander gehen. 
Eben fo ftränben ſich auch die Haare eines Haarbu⸗ 
ſches, feine haarfoͤrmige Glasfaͤden, die an dem 


Conductor der Mafchine. hängen, — aus 
einander. 


$. 1274 


denen Faden hängt, allo iſolirt ift, dem electrifirten 


Conductor genähert, wird davon erft bis zur Beruͤh⸗ 


rung angezogen, dann aber ſogleich abgeſtoßen, und 
bleibt abgeſtoßen. | 

$..1275. Man lege ganz Fleine Papierſchnitzel⸗ 
chen oder Saͤgeſpaͤne in eine metallene Schaale, die 
auf dem Conductor ſteht, und electriſire, ſo werden 
jene ganz weggeſtreuet. 


4. 1276. Ein Korkkuͤgelchen, das, an einem ſei⸗ 
denen Faden hängend, von dem electrifirten Condue⸗ 
tor der Maſchine ſtetig abgeftoßen bleibt ($. 1274-)r 
wird von einem ihm genäherten nicht iſolirten feiter 
‚angezogen, und nad) der Berührung damit wieder 
vom Conductor, und ſo wechſelſeitig fort; oder es 
ſpielt zwiſchen beyden bis zur Berührung beſtaͤndi 
hin und her. | — 

Hierher gehört: | 
Die electrifche Spinne. | 
Der Tanz der papiernen Puppen, 
Das electrifche Glockenſpiel. 

6, 1277. Wenn man eine oder-mehrere leitende 
Spigen auf den Conductor befeftigt, fo wird die In⸗ 
tenſitaͤt der ihm mitzutheilenden Eleetricitaͤt dadurch 
geſchwaͤcht. Man fühle eine Art von Wind aus den 
Spigen, und man fiehr im Dunfeln ben nicht zu 
ſchwacher Wirkſamkeit der Mafchine an ber Spiße 
einen leuchtenden Feuerbüfchel, deſſen Strahlen von 

der Spike ausgehen ($. 1250.) _ 


$. 1278. 


6. 1274. Ein Korktuͤgelchen, das an einem feis 


vr: 1. Theil. 4. Hauptſtuck. 

6. 128.Wenn man eine leitende Spitze ih die 
Nachbarſchaft des Conductors hält, fo wird die In⸗ 
tenfität ſeiner Electricitaͤt dadurch ebenfalls ſehr ge⸗ 
ſchwaͤcht, und man ſieht im Dunkeln an dieſer Spige 
einen leuchtenden Punct ($. 1250. x 


$. 1279.. "Menn man ein dünnes metallenes 
Kreuz, deſſen Arme zugeſpitzt und mit ihren Enden 
nach) einerley Nichtung umgebogen find, mit feinem 
ausgehöhlten Mittelpuncte auf eine metallene Spiße 
Iegt, die auf dem Conductor ſteht, jo kommt es bey 
dem Electriſiren des Conductors in Umlauf, und 


zwar nach der entgegenseſehten Richtung ſeiner gebo⸗ 
genen Enden, 


$. 1280. Mai bringe einen iſolirten zweyten 
feiter an den 'eleetrifirten Conductor der Mafchine, 
ertheile ihm Electrieitoͤt, entferne ihn dann wieder iſo⸗ 
lirt davon, und beruͤhre ihn mit einem nicht- iſolirten 
leiter, fo verliert er feine Efectricität ganz und auf 
einmal. Er verliert fie hingegen nicht bey Berührung 
mit einer Siegellackſtange oder einem Nichtleiter. 


$. 1281. : Der durch einen nicht: iſolirten feiter 
berührte geriebene Glascylinder ver Mafchine verliert 
dadurch feine Electricität nicht auf einmal, fondern 
zeigt auch nach.vielfältigem Berühren noch das Anzie: 
‚hen des Korffügefchens an einem Zwirnsfaden. 


5 . 1282. Man ſtelle eine kleine metallene Schaa: 
le, mit gehörig abgerundeten Raͤndern, worein man 
etwas Vitriolnaphtha gegoffen har, auf den Conduc⸗ 


tor, 
/ 


| Electriſche Materie.) 7 
tot, und electrifüre. So wie man nun aus dee Naph⸗ 
thadurch den Finger einen Funken zieht, entzuͤndet 
ſich diefelbige. Der Verſuch laͤßt fich auch mit er⸗ 
waͤrmten Alcohol anſtellen. 


$. 1283. Auch das Waſſerſtoffgas läßt 16 
durch den electrifchen Funken leicht anzunden, wenn 
es mit Sauerftoffgas oder. atmoſphaͤriſcher Luft ver; 
miſcht iſt. Hierher geboͤrt die electriſche Piſtole. 


Entgegengefetzte Electricitaͤten. 

6. 1284. Man hoͤnge einen leiter an ſeidenen 
——— auf, , Wolire das Reibzeug der Electriſirma⸗ 
fine, verbinde es durch eine Kette mit dem iſolirten 
Leiter, hebe die Iſolirung des erſten Conductors der 
Maſchine auf, oder laſſe von ihm einen Metalldraht 
‚zur Erde geben, und electriſire. Jetzt zeigt das Reib⸗ 
zeug und der damit verbundene iſolirte Leiter Electri⸗ 
citaͤt; der erſte Conductox ‚der, Maſchine kann aber 
keine zeigen, da er nicht mehr iſolirt iſt. | 

$. 1285. Alle vorhin (66. 1265 — 1283.) ber 
Schriebene electrifche Verſuche kann: man nun an 
dem Seiter anftellen, der mit dem — Reibjenge 
in leitender Berbindung iſt. 

$. 1286. Wenn mm hierben den — Endud. 
tor der Mafchine. auch iſolirt, for ift die Efectricität 
des Neibzeuges fo wohl, als die des — Conductors 
nur ſchwach. — 

. 128% An ſich betrachtet zeige fi ſ 4 die Electri⸗ 


ritaͤt des Reibzeuges oder des damit verbundenen iſo⸗ 
e lirten 


778 SI. Theil” 4: Hauptftüd. 
firten Leiters von ber bisher betrachteten bes erſten 
Conductors der Mafchine nicht verfchieden; allein 
benm Gegeneinanderhalten bender Electricitäten offen 
baren fich wefentlihe und bemerfenswerthe Linter: 
ſchiede, die wir. jeßt näher betrachten wollen. 


$. 1288. 1) Man verbinde einen Seiter, an fei: 
denen Schnüren hängend, durch eine Kette mit dem 
erften ifolirten Conductor dee Mafchine, während das 
Reibzeug nicht ifolirt ift, fo wird jener Leiter beym 
Electrifiren die Electricität des Conductors der Mas 
fhine erhalten, und menn man beyde einander 
nähert, werden feine Funken überfchlagen. 2) Man 
verbinde den ifolirten feiter, flatt mit dem Conduc— 
tor der Mafchine, mit dem feiter des ifolirten Meib- 
zeuges, hebe die Sfolirung des erften Conductors 
der Machine wieder auf, und electrifire. Jetzt 
wird ber zweyte feiter die Electricität des Meibzeu- 
ges erhalten, und dem erften feiter des Meibzeuges 
genähert, daraus feinen Funken ziehen. 3) Man 
tfolire den erften Conductor der Mafchine und auch⸗ 
bas Meibzeug; man verbinde mit leßterm durch 
- eine metallene Kette einen an feidenen Schnuͤren 
hängenden. Seiter, und electriſire. Naͤhert man nun 
ben, Conducor des Meibzeuges dem erften Conduc⸗ 
tor der Mafchine, fo fchlagen zwifchen beyden ftarfe 
Sunfen. 


$. 1289. Zmey ifolirte Seiter alfo, die beyde 
gleich) ftarf mit der Electricität des erſten Conductors 
ber Maſchine verfehen find, geben fich bey ihrer An- 
näberung 





Elettriſche Materle.. 779 


naͤherung Feine Funken. Eben dies iſt der Fall, wenn 
beyde ‚gleich ſtark die Electricituͤt des Reibzeuges bes 
ſitzen. In beyden Faͤllen behalten ſie auch ihre Electri⸗ 
eitaͤten. Abet ein durch das iſolirte Reibzeug eleetris 
ſirter iſolirter feiter und ein durch den Reiber ver Mas 
ſchine eleereifirter tfolirter feiter geben fi) ftarfe Guns 
fen, und beyder Electricitäten hören dann verhäftnißs 
mäßig auf. ER Ge Ar : 


$. 1290: 2) Wenn man auf dem mit der Efees 
tricität des Meibzeuges berfehenen $eiter ‚eine leitende 
Spiße augebracht hat, fo fieht man an derfelben im 
Dunfeln feinen divergirenden Feuerbuͤſchel, fondern 
bloß einen leuchtenden Punet over Stern. Wenn 
man aber- diefem fo electrifieten Leiter eine leitende 
Spife nähert, fo zeigt fih an diefer ein leuchtender 
Feuerbuͤſchel. Alſo ift das Phänomen umgefehrt 
als das oben ($. 1277. f.),ermähnte. Man kann ſich 
davon noch mehr Überzeugen, wenn man einen an bey: 
den Enden zugeſpitzten Metalldraht vermittelft eines 
gläfernen Handgriffes in gehöriger Entfernung zwi⸗ 
fhen'bem electrifirten Conductor der Mafchine und 
dem electrifirten Conductor des Reibzeuges hält. 


$. 1291. 3) Man verbinde einen Metallbraht, 
‚ ber an dem einen Ende abgerundet und mit einem gläs 
fernen Handgriffe in der Mitte verfehen ift, mit dem 
andern Ende durch eine Kette mit dem erften Con⸗ 
ductor der Maſchine, führe das abgerundere Ende, 
waͤhrend des Electriſirens, auf einem recht glatten, 
trodenen, Harzkuchen umher, und ertheile fo den 

| | berührten 


80 II. Theil.’ 24: Hauptſuͤck. 
beruͤhrten Stellen deſſelben die Electricitaͤt des Con⸗ 
ductors. Man .beftreue, dann den Harzkuchen duͤnn 
mit Baͤrlappſaamen, ſo bildet dieſer an den electri- 
ſirten Stellen. ſtrahlige Figuren. Man ertheile dem 
nachher: wieder rein abgewiſchten Harzkuchen an den 
berührten Stellen die Electricität des Reibzeuges, "und 
es zeigen ſich nach dem Beftäuben mit Bärlappjaamen 
runde Flecke ohne Strahlen. 

"1Lc. Lichtenberg. de nova methodo, naturam ae momm 
" fluidi electrici inveltigandi ; in den nav..comment. fociet. 

Goetting. T. VIII. 1777. &. 168. 

— 6. 1292. 4) Ein iſolirter, leicht beweglicher, lei⸗ 
tender Koͤrper, z. B. ein Korkkuͤgelchen, das an einem 
ſeidenen Faden haͤngt, wird in der Nachbarſchaft des 
electriſirten Conductors der Maſchine von demſelben 
angezogen, dann aber wieder abgeſtoßen und bleibt 
abgeſtoßen ($. 1274.). Uber in dieſem Zuſtande 
des Abſtoßens wird es von dem electriſirten Conductor 
des Reibzeuges angezogen. Das von dieſem angezo⸗ 
gene Korkkuͤgelchen wird dann wieder abgeſtoßen, 
und bleibt abgeſtoßen; aber: es. wird in dieſem Zu: 
ftande des Abftoßens von dem erften Conductor der 
Maſchine angezogen. Alfo, was die Electricität des 
Conductors und des Meibers der Mafchine abſtoͤßt, 
das zieht die Electricität des 5 Neibzeuged an, und um. 
gefehrt. | 


6: 1293. Zwey ifofirte — wovon 
dem einen die Electricitaͤt des Conductors der Ma— 
—— dem andern die Electricitaͤt bee Reibzeuges mit: 

getheilt 


Elettriſche Materie. | Fer 


getheilt worden iſt, ziehen “ einander an ’ — 
Electricitaͤten hoͤren auf. 


2294. Zwiſchen einem durch den Condsictor 
der —— und einem durch das iſolirte Reibzeug 
electriſirten iſolirten Leiter ſpringen leichte iſolirte lei⸗ 
tende "Körperchen beſtaͤndig hin und her „und werden 
wechſelſeitig von dem einen und dem andern ange zogen 
und, .n. ne die Edecrititat beide: teiter ers 
ſhboft it. „den 

6. 1295. Ben 'män eine Sisciatange d ER 
Reiben mit-einem Kagenfelle‘ electeifirt, und ein klei⸗ 
nes leichtes Korkkuͤgelchen vermittelſt eines feinen 
Zwiensfabentz darüber hängt, fo wird dieſes von einer 
andern getiebenen Siegellackſtange abgeſtoßen, von 
einer geriebenen Glasroͤhre "aber angezogen werden. 
Eben ſo ſtoͤßt auch 5) das iſolirte electriſttte Reibzeug 
unjerer Mafchine das Korffügelchen der’ electrifirten 
Siegellackſtange ab, der eledtriſirte Conductor und 
er geriebene Eoliner siehtiesran.: RT RN, 


. 1296. Es hat alfo ganz, das Anfehen, als ob 
es zweyerley Arten der Electticitaͤt giebt, die ſich ein⸗ 
ander. entgegerigefeße find‘, wie poſitive und negative 
Groͤßen, die fi) einander. aufheben , "oder vernichten, 
wenn fie gleich groß oder ſtatkoſind. Es mag num 
eine Bewandtniß damit haben, welche es will; ſo 
muͤſſen wir hier wenigſtens den Zuſtand ver durchs’ ‚ 
ifolirte Reibzeug oder durch den Reiber efectrifieten 
Körper „d.h, ihre Electritaͤten, als entgegengeſetzt 
GEiectsichnies contrariae ) anfehen, und, ohne ung 


u | | noch 


"32 TI. Theil. 4 Hauprftüd. 


noch um Die Urfach zu befümmern, die Geſetze dieſes 
verichiedenen Zuftandes zu erforfchen ung bemuͤhen. 

6. 1297. - Schon du Say bemerfte dem Linter: 
ſchied der Electricität des geriebenen Glafes und des- 
Harzes, und unterfchied fie Durch den Namen Glas 
electricität und Sarzelectricitär: eine Bezeichnung, 
Die nicht gut gewählt ift, weil, mie die Folge lehren 
wird, das Glas und das-Harz bald. die eine, bald 
Die andere Art der Electricität erhalten fann. . Sram: 
lin führte aus Gründen, die nachher angeführt wer: 
ben, die Namen: Plus: und Minus⸗ Klectricität, 
jenen für die Efectricität des Reibers, diefen für die 
Electricität des Neibzeuges der Glasmaſchine, ein, 
die er auch pofitive und. negative Zlectricitär nannte. 
Sr. Lichtenberg — fie auf eine bequeme Art. 
vurch E und — 

. Serplebens — von Hru, Lichtenberg, 5. Aufl. &.soı. u 
$. 1298. Allemal findet man, daß das ifolirte 
Meibzeug die entgegengefeßte Electricität des Reibers 
und Conductors erlangt: — E, wenn diefe + E 
haben; +E, wenn dieſe — E erhalten, 


$. 1299. Gewoͤhnlich erhält bey dem Aneinan: 
Derreiben zweyer Subſtanzen diejenige, Welche am 
wenigſten leitet oder am meiften electrifch ift, + E, 
die mehr leitende — E. Groͤßere oder geringere 
Glätte oder Feuchtigfeit ändern aber die Reſultate 
diefer- Verſuche fehr ab; und die Werfuche dieſer Art 
erfordern. überhaupt, fehr große Behutſamkeit und 


— 
$. 1300. 


| Electriſche Materie. 783 
. 1300. Durch Verſuche hat man gefunden: 
1) Sliattes Glas erhält + E, wenn es mit leitenden 
oder ifolirenden Subftanzen ‚gerieben wird, nur mit 
Katzenbalge gerieben wird ed — E. 2) Raubes,und 
matt gefchlifienee Glas wird + E, wenn: es mif 
| Schwefel, Seide, Wagstaffent, und Metallbläre 
tern; — E, wenn es mit wollenen Tuͤchern, mit 
polirtem Glaſe, mit Siegellack, mit Papier, oder 
mit der Hand gerieben wird. 3) Harz und Siegel⸗ 
lack befommt durchs Neiben mit Metall, Schwefel 
und matt gefchliffenen Ölafe ‚ +E; mit polirtem 
Glaſe, wollenen Tüchern, meichen Sellen, Papier, 
— E. 2) Haſenfell erhält mic Metallblaͤttern, Tuch, 
Seide, Papier, oder mit der Hand gerieben, + E. 

5) Weiße Seide wird..+ E durch, Metallblärter, 
Zus, ſchwarze Seide; — E durd) Papier, duch 
die Hand, und durch weiche, Felle. 6) Schwarze 
Seide + E an Siegellaf, — E an weißer Seide, 
weichem Felle, Papier, oder an der Hand gerieben. 
7) Schwefel wird + E mit Metall; — E mit polir⸗ 
tem und mattem ‚Ölafe, Siegellack, Holz, Papier, 
Tuch, und mit der Hand gerieben. - 8) Wieraile 
werden + E mit Harz; — E mit polirtem Glaſe. 
Des Unterfchied und die Benennung: Glas» und 
Harzelectricitat, für + und E iſt eben deswe⸗ 
gen nicht genau und richtig, weil dieſe Körper bald + 
bald — erhalten koͤnnen. 


Eigene Verſuche hieruͤber haben angeſtellt: * — 
transactions, 1760. Vol. LI.); Symmer, (ebendaſ. © 
ge) 2 (Mifcellanea fociet. Taurinenſis, 1768. 
©. Beccaria (G. Beccaria dell’ Ellettricismo 
artißei ‚ in Turiao 1753. 4); Wille (de — 

tibus 


* 


s 


—v*3 — — 
784 UI. Dhell. 4. Hauptſück. 
tibus contrarüs , Roftoch.’1797. 4.)3 Aepinus ( Eenta- 
men theoriae electricitatis et magnetilmi, auct. F. V. 
"Aepino ‚ı Petrop. 1759. 4.);5 Bergmann ( Experinientz 
electrica cum tabulıs vicreis fibi mutuo affrıctis infti- 
tata; im feinen opusc phyf-» chem. Vol. N... 370. ; Ex» 
perimenta electrica cum taeniis Sericis initituca ; ebemdaf, 
E ai Lichtenberg (Erxlebens Naturl. 6. Aufl. S. 
475“: I. u. ae. 


| Gefege der Electricität. 

- 8.1501. Ohne uns hier ſchon um die Urfad 
der DVerfchiedenheit der Electricitaͤten zu befümmern, 
toͤnnen wir doch Die Geſetze, die fie befolgen, näher 
entwickeln. ‚Diefe Gefege ſind einfach, aber, frucht⸗ 
bar an Sofgerurigen, ‚und gewähren eine leichte Lieber: 


ficht der bis jeßt vorgetragenen und noch gnzufuͤh— 


renden Phänomene. ° ., | | 
. 1302. I) Gleichättige Zlectricitäten ſtoßen 
ſich ab. Ein Körper + E ftößt einen andern leichten 
tind beweglichen + E ab, und beyde zeigen, gegen 
einander genäßert; feine Funken, wenn fie verhältnif 
maͤßig gfeich viel + E haben, fondern behalten ihre 
Efecrrieitätr. Ein Körper —E ftöft einen andern, deir 
fen Efectricität auch — E, und mit jener verhaͤltniß⸗ 
mäßig gleich groß iſt, von fi, unter ‘eben den Ex 


„4, 


nung. Hr. Coulomb hat dies durch directe Erfah: 
tungen bewiefen. | | 
Conlomb a. a. D., im neuen TJournal’der Phyſ. B. TIL 
© sı. ff. | 
= — $. 1304. 


| 
| 


Electriſche Materie 578 
$: 1304. Aus biefem Abftofen gleichnamiger Elec- 
trieitäten hat man auch Anlaß zu den Electrometern 
genommen. "Die meiften dienen hoͤchſtens nur, um 
daraus ungefähr zu beurtheilen, ob eine Electriritaͤt 
ſtaͤrker oder ſchwaͤchet ſey, als eine andere; ; — aber⸗ 
wie groß ſie eigentlich ſey· 


1) Cantons Korkkugeltlectrometer. ee Er t 
' 4 Philaf. transact. Vok XLVIII. P. ker a. + Fe 


a) Zenly’s QDuadrantenelectrometer. .n 
Philoſ. transact. hl LAIL ©. 359. 


J 


» Cavalld's Electrometer. — op | 
2: —— vollgaͤndige aAbbandlau⸗ vom der Electrieitãt, 


» £bendeifelben Tafeenelecttameter, 
a. a. O. S. 2. 


5) en Abänderung deffelben, von Adams beichrieben. 

117’, Berfuch über die Electricität, worin Theorie und Aus⸗ 
übung diefer Wiſſenſchaft durch eine Menge methodisch 
N rdneter Experimente) erläutert werdensiinon Geo. 

dams, aus dem Engl. Leipz. 1788. 8, ®.: 164 
= Achards Electrometer, 


‚Abhandlung von der Kraft der Flectricität vo 
J Ar im 8 de Beh der: une 


3. der 
re N A Bean 
— Eleetrometer, beſonders für bie atmiofphäriige | 
no. 
erg Reifen durch bie Alpen, Cheil IM. EICHE 
2) de Lucs Sundamentafelectrometer. 
— neue Idéen über die —— 5 I 
397, 5 
Pan ſeht empfindlichen Electrometer aus Blartgoibt 
Grens Journ, ber Dot, 8. I. © 380. n ’ 
Volfars St (mel ter, das er vergleiche 
* bar gemacht * —* Is dem wet ehe Esiromes 
ters eutſpricht. 


Aler. Volta meteorofogifche Briefe aus dem Italiin. 
8. I. Leipz. 1793. 3. 
Ddd 1) 


⸗* 


786 11. Theil. 4. Haupiſtüͤck. 
11) Coulombs elertriihe Wange , die auf. eine fehr_finnreiche 


Art die‘ Stärke der unterfuchten Electricität vergleichbar 
darſtellt, und ein wahres Electrometer iR 


e Coulomb a. a. O. S. sı. 

$. 1305. 1) Ungleichartige Electricitaten zie⸗ 
ben ſich an, Ein Koͤrper, der EKhat, zieht einen 
andern, leicht beweglichen, — BE an, und umgekehrt, 
und beyde zeigen nach dem Zufammentreffen. feine 
Electricirät mehr; ‚wenn — viel + E ‚ober 
— E hatten. Kr — 


$. 1306. Dies giebt — ein Mittel an die 
Hand, ünr die entgegengeſetzten Electricitaͤten ſelbſt 
zu finden. Haͤngt man „namlich Korffügelchen an 
einem Zwirnsfaden über eine mit, einem wollenen Tü- 
che geriebene Siegellackſtange, und ertheilt. ihnen da: 
durdy — E, jo werben fie von einem + E haltenden 
Körper sangejogen, von. einem. mir — 'E verſehenen 
zuruͤckgeſtoßen werden. J 


S. 1307. Ein mit p Ei oder — E Weefehene 
Körper sieht nicht nur denjenigen. an, der bie de ſei⸗ 
nigen entgegengeſetzte Electricitaͤt hat ($. 1305.), fon- 
dern auch einen jeden andern⸗nicht electriſirten, oder 
deflen Electricität o iſt. — Dieſe Wirfung der elec⸗ 
triſirten Koͤrper auf andere.o. ‚E ‚oder. Die entgegenge⸗ 
| ſetzte Electricitaͤt enthaltende geſchieht nach der Staͤr⸗ 
fe ihrer Electricitaͤt in einer groͤßern oder geringern Ent: 
fernung, und der Raumz durch welchen ſich dieſe 
Wirkung erſtreckt, nennt min eben den, Wirtungs⸗ 
Freie, oder die electriſche Aimeipbäce des: eleserif ir: 
sen Körpers ($. 1254.). n 


— 


Electriſche Materie. 787 


$. 1308. Wenn man. diefemnadh einen unifo: 
firten feiter, z. B. eine-Metallftänge, dem electrifir- 
ten Eonductor der Mafchine nahe bringt, fo erhält je: 
ner andem dem Conductor zugefehrten Ende die entge- 
gengefegte Efectricirät des. Conductors: + E, wenn 
diefeer — E hatte, und — E,. wenn diefer 
— E befaß; ben der größern Annäherung erhält der 
feiter einen Sunfen, und die. Efectricität hört ganz 
auf. Wenn aber der Seiter iſolirt ift, fo erhält dag 
von dem eleckrifirenden Körper abgewendete Ende bie 
gleichnamige Efeetricität von jenem, und alfo bie ent: 
gegengefegte an dem dem Conductor fugefehrten En: 
de. Bey der Annäherung nehmen beyde Electricitä- 
ten zu, bis der Seiter endlich einen Funken erhält, 
worauf feine Efectricität die gleichnamige des electti- 
firenden Körpers wir. 
$. 1309. Wenn man aber dieſen ifolirten feiter 
wieder von der Majchine iſolirt entfernt, ehe er fo na⸗ 
he fommt, daß er einen: Sunfen erhält, fo hört die 
Electricitaͤt, die ſich an feinen enrgegengefegten Enden 
als entgegengefeßt zeigte, fogleich auf, und es ift als 
les wieder im natürlichen Zuftände. Berührt man 
ihm aber, mährend daf er in dem Wirfungskreife bes 
electrifirenden Körpers ift, ah dem von dieſem abge: 
wandten Ende mir dem Finger, oder fonft mit einem 
leitenden Körper, fo entfteht ein Funken, und feine 
Electricität hört auf. Entferne ich ihn jeßt zugleich 
ifolirt von dem electrifirenden Körper, fo hat er die 
entgegengefeßte Electricität des electrificenden Körpers, 
Oder die gleichnamige des diefem zugefehrten Enbes, 
| DODdd 2 & 1310, 


738 I. Theil. 4. Hauptſtuck. 


$. 1310. In diefem-Falle entfteht alfo Electri- 
cität, ohne daß fie der efectrifirende Körper verlöre, 
alfo nicht durch Mittheilung ($. 1242.), fendern durch 
Vertbeilung der Electricitär. Sie gründer fich ei⸗ 
gentlic) auf die vorher angeführten Geſetze der Electris 
citaͤt: daß ungleichartige Efectricitäten ſich anziehen, 
gleichartige ſich abſtoßen ($$. 1302. 1305.), und. 
macht das dritte Geſetz: II) Jeder electrifirte A dr: 
per erregt in denjenigen Aörpern. die in feinen Wir: 
Eungefreis Fommen, in dieſem Wirkungskreiſe ei- 
ne der feinigen entgegengefesste Electricitaͤt 

$. 1311. Wenn der in den Wirfungsfreis eines 
electriſirten Körpers gebrachte ein Michtleiter iſt, fo 
erhält er zwar auch an dem Ende, welches dem elec— 
teifirten Körper zugefehrt ift, die entgegengefeßte Elec⸗ 
tricität ; allein eben wegen feiner nicht-feitenden Eigen: 
ſchaft iſt die erregte Efectricität nicht ftarf, umd er: 
ſtreckt fi nicht weit, und man findet an ihm viel- 
mehr ſchwache abwechfelnde Zonen von entgegengefeß- 
ten Electricitäten, 

$. 1312. Dünne Nichtleiter halten diefe Wir- 
ungen der Vertheilung der Electricität oder der efec: 
triſchen Atmosphäre nicht auf, wohl aber die der Mit: 
theilung, 


2 Theo— 


Electriſche Materie. 789 


Theorie der entgegengefeßten Eleetri⸗ 
citaͤten. 


Franklins Syſtem. Dualiſtiſches 
Syſtem. 


$. 1313. Der Erſte, welcher eine Theorie der 
befannten electrifchen Erfcheinungen entwarf, bie den 
bisher vorgetragenen Gefeßen entfprach, und aus der 
fie ohne Ausnahme auf eine genugthuende Weiſe ab: 
geleitet werden konnten, war Franklin. Die Grund: 
fäße diefes Sranklinifchen Spftems, die wir nachher 
auf die vorzüglichften Phänomene der Electricität an- 
wenden wollen, find folgende: 1) Es ift durch alle 
Körper eine fubtile Materie verbreitet, von welcher 
die electrifchen Erfcheinungen abhängen. 2) Diefe 
electrifche Materie ift ein erpanfibeles Fluidum, oder 
eine folche, deren Theile gegen einander Repulſions— 
fraft ausüben: 3) Das electrifche Fluidum wird von 
den Theilen anderer Körper angezogen, und kann da— 
Durch in den Zuftand gebracht werden, daß es auf: 
hört, erpanfibel zu fenn. 4) Jeder Körper kann aber 
durch feine Anziehungskraft zur electrifchen Materie 
nur eine gewiffe Menge davon enthalten, wenn ihre 
Erpanfivfraft derfelben darin im Zuftande des Gleich: 
gewichts ſeyn, und wenn er Feine electrifchen Erſchei— 
nungen äußern oder feine Electricität o fenn foll. Die: 
fen Zuftand kann man die Sättigung des Körpers mit 
electriſcher Materie nennen; man nennt ihn auch den 
nsrürlichen Zuftend der Eieciricitaͤt eines Koͤrpers. 
| 5) 


790 U. Theil. 4. Hauptſtuͤck. 


5) Wenn ein Kösper. eine größere „Quantität bes 
efectrifchen Fluidums erhält, als fein natürlicher Zu: 
ftand (4) erfordert, fo wird er poſitiv elecerifter, 
oder erlangt Pius : Blecrrieität. '6)- Wenn ihm Hin: 
gegen von der Quantität der electrifchen Flüffigfeit, 
- die feinem natärlichen Zuftande angemeffen ift, entzo; 
gen wird, fo wird er negativ -electrifirt, „oder erlangt 
Minus: lecrricirät. 7) Ale nicht = ifolirte leiten: 
de Körper find im natürlichen Zuftande der Electre 
cität. 8) Der pofitive oder negative Zuftand der 
Efectricität fann nur ifolirten Körpern zukommen. 
9) Das electrifche Fluidum kann aus einem Körper 
in den andern nur dann übergehen, wenn dag elec⸗ 
trifche Gleichgewicht gehoben ift und Fein Widerftand 
eines Vichtleiters den Uebergang hindert. 10) Ein 
Körper, aus welchem das efectrifche Fluidum an. ei: 
"nen andern übergehen fol, muß in Beziehung auf 
diefen Plus » Efectricität haben. 11) Aller pofitiv - 
oder negativ.:electrifche Zuftand der Körper entſteht 
entweder durch Uebergang, oder Vertheilung ($. 
1310.) des electrifchen Fluidums. 12) Die electris 
fehe Armofpbäre der Aörper oder ihr -WMWirfungs- 
Preis ift £uft durch Vertheilung electrifirt. 
New experiments and obfervations on electricity, by Benj. 
Franklin. Lond. ı751. 4. verm. 1769. 4. Des. Hru Ben). 


gm Rrıefe von der Electricität, aus den Engl. mit 
m, von J. €. wilfe. Leipz. 1758. 


4 1314. Diefer Sranklinifchen Theorie. fteht eine 
andere entgegen, deren erfter Urheber Rob. Symmer 
iſt. — derſelben giebt es zwey verſchiedene elec⸗ 

| erifche 


criſche Materien wobon, wenn ſie einzeln thaͤtig find, 
die eine den Frankliniſchen pofi tiven Zuſtand, die an⸗ 
dere aber den negativen zuwege brinat. Der letztere 
ruͤhtt alſo auch von einem poſitiven Weſen her, Jede 
dieſer teſpectiven electriſchen Materien, (+ E und 
— H ft eine expanſibele Fluͤſſigkeit, deren reſpec⸗ 
tive Theile Repulſionsktaft gegen einander aus: 
üben. Sie ſelbſt, die ungleichartigen electriſchen 
Materien, ziehen ſich unter einander an, und durch ih⸗ 
re Vereinigung in einem Koͤrper heben ſie ſich in ihren 
Wirkungen gegen einander auf, ſo daß alle ſenſibele 
Electricitaͤt vernichtet iſ. Man ſieht alſo, daß nach 
dieſer Theorie, die man auch das dualiſtiſche Syſtem 
nennt, jede der entgegengeſetzten electriſchen Materien 
nur einzeln für ſich ein expanſibeles Fluidum iſt, daß 
ſie es aber in ihrer Verbindung nicht mehr ſind, Ein 
jeder Koͤrper hat im natuͤrlichen Zuſtande, wo er kein 
Zeichen der Electricitaͤt von ſich giebt, beyde electri⸗ 
ſche Materien, + E und — E, in ſich vereinigt, und 
zwar in dem Maafe, daß fie fi gegen einander auf- 
beben, und alfo 6.E machen. Wenn das Gleichge—⸗ 
wicht beyder electrifhen Materien Durch irgend einen 
Prozeß aufgehoben- wird, fo wird der Körper electri⸗ 
fiet. Er wird pofitiv electeifirt, wenn ihm frenes + E 
mitgetheift oder wenn ihm von feinem natürlichen 
— E entzogen wird. Er erhält die negative. Efectri- 
eitat, wenn ihm freyes — E mitgetheilt, oder wenn 
ihm von jeinem natürlichen + E entzogen wird, Das 
frene + E oder — E eines: efectrifirten Kötpers kann 
aber auch das gebundene gleichnamige eines Koͤr— 

pers 


- 


92 nl. Theil. 4. Dauptftüd. 


pers abftoßen, und das ungleichnamige - anziehen, fe 

daß Electricitaͤt durch Vertheilung entfteht. 

 Symmers oben ($. 1300.) angeführte Abhandlung. 
$. 1315. Diefes dualiftifhe Syftem hat zwar 
viel Anhänger und Liebhaber gefunden, aber es er: 
klaͤrt nicht mehr und nicht leichter, als das Franklini⸗ 
fhe, das fo wenig ein befanntes Phänomen unerflärt 
läßt, als das Symmerſche. In Beziehung auf die 
. oben ($. 19.) gegebene Regel kann man nicht umhin, 
„der Sranflinifchen Theorie den Vorzug zuzugefteben. 
Man braucht nach Sranklin nur Eine Materie, um 
den dreyfachen Zuftand der Körper in Anfehung ver 
Electricität zu erflären; nach dem Bualiftifchen Sp: 
fieme braucht man dazu, nicht zwey, fondern drey 
Materien: nämlich ein +E, ein —E und einoE: 
denn diefes © E ift ja eine, aus den beuden an- 
dern Materien durch Zufammenfeßung entfprungene, 
neue Materie. - Was mic) aber noch vorzüglich bes 
ſtimmt, mich für die Sranflinifche Theorie zu erflären, 
ift der Umſtand, daß die vermeinten entgegengefeßten 
electrifchen Materien einzeln betrachtet, fich den Sin; 
nen in ihren Wirkungen gar nicht verfchteden zeigen; 
(denn die oben ($$. 1290. f.) angeführten Erfcheinun: 
gen fönnen doch wohl nicht als finnliche Berfchiedenhei: 
ten zweyer Materien, fondern nur als Verſchiedenhei⸗ 
ten der Richtung des Stromes Einer Materie gelten, 
und daß feine Analogie in der ganzen Maturlehre we— 
der eine folche Uebereinftimmung für alle finnliche 
Wahrnehmung ben zwey fpecififch verſchiedenen Mas 
terien darthut, noch einen Fall hat, mo durch die 
Ver: 


Elerteifche Materie * 793 | 


‚ Verbindung zweyer die Sinne afficirenden Materien ei- 
ne dritte Materie, (das oE der Dualiften, ) entipringt, 
welche fhlechterdings nicht mehr ſinnlich wahrzuneh⸗ 
men iſt. Dergeblich beruft man fi), um analoge 
Rälle zu erhalten, auf Phlogifton und Wärmeftoff, 
oder auf Wafjerftoff und Sauerftoff,. u. vergl. Diefe 
Beyſpiele widerlegen geradezu das, was man dadurch 
beweifen will. Ich will indeffen hier die Anwendung 
beyder Syfteme zur Erflärung. der vorzüuglichften, bis 
jeßt angeführten, eleetriichen Erfcheinungen geben. - 


$. 1316. Durch das Reiben des Glafes an dem 
Meibzeuge der Mafchine entfteht pofitive Efectricität 
auf dem Glaſe und negative Electricität. im ifolirten 
Reibzeuge. (Die Unterfuhung über das Wie ge- 
Hört noch nicht hierher.) Mach dem Sranklinifchen 
Syſteme wird alfo dem Meibzeuge durch das Glas 
beym Meiben electrifche Materie entzogen und auf 
der Flaͤche des Glaſes, wegen der nicht = leitenden Ei: 
genfchaft deffelben, angehäuft. Wenn das Neibzeug 
num ifolire ift, fo fann es feinen Mangel der efectri- 
fchen Materie nicht erjeßen; es ift alſo negativ elec— 
triſirt. In andern Fällen, wo ‘der reibende elec- 
trifche Körper negativ electrifirt wird ($. 1300.), iſt es 
diefer, der von feiner electrifchen Materie hergiebt, 
und Das Reibzeug empfängt; das alfo in diefem Fal— 
fe, wenn es ifolre iſt, pofitive Electricität zeigt, waͤh— 
rend jener die negative hat. — Mad) dem duali⸗ 
ftifhen Syſteme wird durch) das Meiben des Glaſes 

an dem Meibzeuge der Mafchine das + E des letz— 
tern 


79% II. Theil, 4. Hauptſtuͤck. 


‚tern fren; das Glas führt wegen feiner nicht⸗leitenden 
Eigenfchaft diefes+E nicht gleich durch feine Subftan- 
‚gen weiter, umd zeigt nun. die Electricität das + E; das 
— E des Meibzetiges bindet diefes+ E nicht mehr ganz, 
und wenn es ifolirt ift, fo kann diefes F E in ihm nicht 
erfeßt werden, und fein — E ift alfo ebenfalls freo. 
Daher zeigt das Neibzeug nun negative Electricirät, 
während das Glas pofitive hat. Und fo ift es aud) 
in den andern Zällen, wenn der reibende electrifche 
Körper — E aus dem Reibzeuge los macht, dann hat 
dieſes + E. 


- Der Wachstaffent, der den Glascylinder zum Theile umgiebt, 
bat feinen Nuten bauptfählih darin, daß er durch die 
entgegenaefegte Fleetricität die Intenfität des — E tes 
Glaschlinders ſchwaͤcht; dadurch wählt die Eapacität des 
legtern, und er kann ſolcher ®eftalt mebr + E aus dem 
Reibzeuge aufnehmen. Bepde entgeaengefeßte Electrictäs 
ten..des Wuchstaffents und des Glaſes bınden ſich zur 
wechfelfeitia, obne ‚fich zu fättinen, welches bey glatten, 
nicht s leitenden Flächen nicht Statt finden fann. So wie 
nun.der Reiber dru Wachstuffent verläft, fo wird fein +E 
jetzt wieder frey und wird vom Zuleiter eingefoaen. — 
Man ficht hieraus auch leicht den Grund ein, warum der 

Wachstaffent feine Falten und Unebenheiten haben müfle, 
wenn feine Wirfung ſtark feyn fol, 


6. 1317. Wenn aber das Reibzeug unferer 
Electrifirmafchine durch leitende Materie mit der Er: 
de verbunden ift, fo erfeßt es nad) Sranflin aus die; 
fer unerfchöpflihen Duelle feine abgeführte electrifche 
Materie fterig wieder; es bleibt alfo immer im na: 
tuͤrlichen Zuftande, und kann demnad) immer wieder 
electriſche Materie an das Glas abgeben, wenn bie: 
. fe abgeleitet wird. Mach dem dualiftifchen Syſte— 
ne zieht ed aus den leitenden Gubftanzen immer wie: 
der fo viel + E an, daß fein — E nicht fenfibel oder 

e fren 


Eleetriſche Diaterie.. 7 795 


‚Frey bleibt, und es kann daher immer neues F E ai 
das reibende Glas abgeben, wenn dieſes weiter — 
führt wird. 

‚$. 1318. Jeder eleetrifirte Körper hat eine — 
—* geringere, electriſche Atmofphäre, in welcher ſich das 
electrifche Anziehen und Abſtoßen äußert. Der nega: 
tiv⸗ electriſirte Körper hat fie fo gut, als der pofitive 
electrifirte. Dieſer electrifhe Wirfungsfreis entſteht 
nach dem Franklinifchen Syſteme lediglich durch Ver: 
„ theilung ber nathrlichen electrifchen Materie der $uft, 
Wird naͤmlich ein Körper pofitiv electrifiec, fo wird 
bie abftoßende Kraft der auf ihm angehäuften efectri- 
fhen Materie auch auf die natürliche electrifche Ma: 
terie der fuft thätig, und bringt diefe aus ihrem Zus 
ftande des Gleichgewichts, fo daß fie num felbft Repul⸗ 
fionsfraft in ihren Theilen und Anziehungsfraft gegen 
andere Materien um den electrifirten Körper herum 
äufert, und zwar mit einer abnehmenden Intenfität, 
Die dem oben ($. 1303.) angeführten Gefeße gemäß 
ift. Die $uft empfängt hierbey als ein Michtleiter Fein 
eleetriiches Fluidum duch Mittheilung von dem elec: 
trifirten Körper, als in fo fern fie leitende Gub: 
ftanz enthält. Wird hingegen der Körper negativ 
electriſirt, jo wird auch der natuͤrliche Zuftand der 
Efectricität der $uft gehoßen, ihre natürliche efectri- 
fche Materie ſtrebt in ven Körper einzudringen, oder 
wird von dem Körper gezogen, ohne ſich doch, me: 
gen der nicht = leitenden Eigenfchaft der fuft, von ders 
felben ihm mitzutheilen zu fönnen. Wegen diefer ge: 
gen den negativ⸗ ——— Bean electri⸗ 


ſchen 


796 II hell. 4. Hauptftüd. 
ſchen Materie ver $uft fucht diefe-fieans andern Ma- 
terien anzuziehen, "ebenfalls mit einer Intenſitaͤt, die 
fi) umgefehrt verhält wie das Quadrat der Ent: 
ferhung von dem electrifirten Körper. — Nach dem 
dualiſtiſchen Syſteme ift die’ Erflärung folgende. Ir 
dem pofitiv -elecerifieren Körper ift + E thätig; es 
aͤußert feine abſtoßende Kraft auf das natürliche 
+ E ber $uft, und feine anziehende auf das natürliche 
— Eerjelben. Es befchäftigt das letztere, ohne ſich 
doc) damit zu fättigen, welches die nicht = leitende Eis 
‚genfchaft der $uft hindert. Das natürliche, nun fen 
fibel gewordene, + E der fuft äußert num feine Thaͤ⸗ 
cigfeit, d. i. Repulfionsfraft in feinen Theilen, und 
anziehende Kraft gegen das — E anderer Körper. 
Wenn der Körper negativ electrifiee ift, fo ift alles 
umgekehrt. | 
$. 1319. Wenn ein ifolietee leitender Körper 
dem pofitiv: electriſirten Körper genähert wird, fo 
daß er in feinen Wirfungsfreis fommt, fo äußert 
nad) Sranklins Syſteme die chätig gewordene electri: 
ſche Materie der fuft in diefem MWirfungsfreife ($. 
1318.) ihre abftoßende Kraft auf das natürliche elec- 
triſche Fluidum dieſes feiters, und ſucht ſich gleichfoͤr⸗ 
mig zu verbreiten, ohne doch, wegen der nicht = leiten; 
den Eigenschaft der $uft, in den Seiter übergeben zu 
fönnen. Die natürliche electrifche Materie des fei- 
ters wird alfo auch aus. dem Gleichgewichte gebracht, 
oder thaͤtig; fie häuft ſich alfo in dem entferntern En- 
de des Seiter8 mehr an, waͤhrend fie in dem genoͤher⸗ 
ten Ende unter ihre natuͤrliche Menge vermindert if. 


Iſt 


EElectriſche Materie. 2 797 


Iſt Hingegen ber Körper nenativ.electrifirt, fo frebt, 
die natürliche electrifhe Materie des ifolirten Leiters 
die der $uft, welche gegen den electrificten Körper hin⸗ 
ſtrebt ($. 1318.), zu erfeßen; feine natürliche electriz 
ſche Materie wird alfo ebenfalls aus dem Gleichgewich⸗ 
te gebracht und thätig, und das entferntere Ende des 
feiters wird negativ, das gemäherte pofitiv electrifirt. 
In beyden Fällen entfteht alfo Eferkricität durch Vers 
theilung, nicht durch Mitteilung ; und es erklaͤrt ſich 
hieraus ungezwungen das oben ($. 1310.) ange 
führte dritte Geſetz ber entgegengeſetzten Electricitaͤten. 
Nach dem dualiftifchen Syſteme ſtrebt in: dem einer: 
oder andern Falle das thätig gewordene natuͤrliche +E 
oder — E der fuft in dem Wirfungsfreife des elecz » 
trifirten Körpers das natürliche — E oder ++ E des 
ifofieren Seiters anzuziehen, und das natuͤrliche FE: 
oder — E beffelben abzuſtoßen. Es entfteht alfo in 
diefem leiter Efectricität durch Vertheilung, nicht durch 
Mittheilung, und es erfläct ſich darnach der Erfolg 
des angeführten dritten Gefeßes der Electricitäten. 

$. 1320, : Wenn man den ifolirten feiter, ‚ohne 
ihn mit einem. andern feiter beruͤhrt ju haben, wie⸗ 
der aus dem Mirfungsfreife des electrifirten Körpers 
entfernt, fo hört feine Electricität wieder auf. Seine 
auf ihm ungleichfbrmig vertheilt geweſene natürliche : 
electrifche Materie verbreitet fid wieder gleichförmig, : 
und;da er nichts davon verlohren, nichts dazu empfanz : 
gen hat, fo. ift er wieder im natürlichen Zuftande ber 
Electricität. — Oder bey dem Wiederentfernen des 
feiters binden und järrigen fich fein. natuͤrliches + E 

und 


98 11. Thal: 4. Hauprftüd 
und — E wieder von neuem, und es wird daraus 
gieder-o E. ER Beer 
6. 1321. Wenn ber in den Wirkungskreis des 
electrifirten Körpers gebrachte Leiter nicht. ifolirt iſt, 
ſo entfteht zwar auch in dem genäherten Ende aus. 
den vorhin angeführten Gründen Die entgegengeleßte 
Electricität; aber in dem entferntern Ende feßt ſich 
alles, wegen ber. Nichtiſolirung, ins natürliche Gleich? 
gewicht. — — | 
6.1322. Se näher. ber leitende, iſolirte oder 
nicht⸗ iſolirte, Koͤrver dem electtiſitten kommt, deſto 
meht werden, aus feicht einzuſehenden Gründen, die 
entgegengejegten Electrieitaͤten auf einander wirken 
Finnen, ſo daß endlich Die auf dem poſitiv⸗ electeifir- 
ten Körper angehaͤufte efectrifche Materie die $uft- 
ſchicht durchbricht, und ſich auf beyde Körper nach 
den Regeln des Gleichgewichts vertheift. Es entfteht 
in diefem Falle ein Sunkin, und wenn der leitende Kör- 
per ifolirt iſt, Electricität durch Mitteilung, durch. 
Abgabe pder Annahnie von efectrifcher Materie: 
$. 1323. Wenn man in ben’ vorher (5. 1319.) 
angeführten Fällen das entferntere' Ende bes’ feiters 
mit dem Finger. oder einem andern leitenden Körper 
berührt, . waͤhrend das andere Ende in dem Wirkungs⸗ 
kreiſe des electrifirten Körpers iſt, fo entſteht ein Sum 
fen, und die Eleetricitaͤt an diefem Ende hört auf. 
Sf naͤmlich das berührte Ende pofitiv efectrifirt, ſo 
tritt das electrifche Fluidum von demfeloen am ben 
Finger über und ſetzt ſich ins Gleichgewicht. Iſt es 
hinge⸗ 


> Electriſche Materie. 799 
hingegen negativ, ſo ergießt ſich aus dem beruͤhrenden 


Finger oder Leiter electriſche Materie in daſſelbe, und 


das Gleichgewicht wird ebenfalls hergeſtellt. Das, 
dem electriſirten Körper. genaͤherte Ende des leiters be⸗ 
haͤlt deſſen ungeachtet die entgegengefeßte' Electricitaͤt, 
weil die Urſachen dazu fortdauern. Entfernt man 


nun den beruͤhrten leiter aus dem Wirkungskreiſe des 
electriſirten Körpers, und zwar fo, daß er iſolirt bleibt, 


fo hat.er jegt durchaus die ungleichnamige Eleetricitaͤt 


des electrifirten Körpers, indem ſich im .erftern. Falle , 
die an dem entfernten. ‚Ende. nur. in der natürlichen: 
Dofis. deffelben zuruͤckgebliebene electriſche Fluͤſſigkeit 
auch wieder in das vorher negativ geweſene Eude ver⸗ 
breiten muß, folglich nun im, ganzen Seiter Die electri⸗ 


ſche Materie ‚unter den Gättigungspunct vermindert - 
ift, alſo Minus⸗-Electricitaͤt macht; im andern Falle 
Hingegen, die an dem genäherten Ende über. den natür- . 


lichen Zuſtand defielben angehäufte electriſche Materie 
ſich jeßt aͤhex das andere Ende verbreitet; das feine 


natürliche Quantität ſchon hat, und folglich ver Koͤr⸗ 


per im Ganzen PlussEkertricität erlangen muß. — 


Nach dem dualiftifchen Syſteme zieht im erftern Falle 


Das frey gewordene-+ E an dem entferntern, Ende des 


feiters aus dem berührenden Singer — E an, fättigt ' 


ſich damit, es entſteht ein Funken, und es hört alle 
fenfibele. Electricitaͤt an dieſem Ende auf. Entfernt 
man nun den beruͤhrten Leiter iſolirt aus dem Wir⸗ 


kungskreiſe des poſitiv⸗electriſirten Körpers, fo hat pr 


(wegen des — E in dem'genäherten Ende,). jetzt — 
E-—E, iſt alſo negativ electriſirt. So iſt es nun 


auch 


— 


— 


800 II. Theil. 4. Hauptſtuͤck. 


auch im andern Falle, wo ber electrifirende Körner 
freges — E hatte; dann fättigt- fih das’ fren gemor- 
dene. — E’ des entferntern Endes des. feiters- mit + E 
aus dem ihn berührenden Ringer, und nach der Ent: 
fernung aus dem’ WBirfungsfreife hat der ifolirte $eiter 
nun FE>2-E-+E, oder ift pofitiv electrifirt. 

$. 1324. Jetzt läßt fih nun auch leicht nad 
beyden Syſtemen einjehen: warum die pofitive Efec- 
tricität des Glascylinders nicht fo ſtark iſt, wenn der 
Eonductor det Mafchine ihm genähert ift, als wenn 
diefer entfernt ft} warum der- Eonductor der Ma: 
ſchine die ſtaͤrkſte Efectricität erhäft ‚ wenn das Meib- 
zeug nicht ifofirt iſt; warum bie‘ negative Electricität 
bes ifolirten Meibzeuges am größeften iſt, wenn ber 
Eonduckor dee Mafchine nicht ifolire iſt; und mar: 
um ben übrigens gleichen Umftänden die Sunfen-ftär- 
fer find, zwiſchen einem pofitiv = electrifirten Conductot 
und einem negativ = electrifirten, als zwiſchen einem 
electriſirten Conductor aberhaupt, und einem nicht⸗ 
— rten leiter. 

- $.:1325. Wenn man erwägt, daß jeher electri- 
ſirce Körper einen electrifchen Wirfungsfreis hat, ($. 
1318.); wenn man jich ferner eine richtige Worftel: 
lung. von der Entftehung diefer electrifchen Wirfungs: 
freife und der Art. und Weiſe ihrer Wirkſamkeit 
($. 1319.) macht, und hiermit den Erfolg des drit: 
ten Öefeßes der Electricität verbindet: fo wird man die 
Erfheinungen des Anziehens leicht: beiveglicher leiten⸗ 

der, ifolieter oder nicht ifolirter, Körper, und das 
REN der on nach der Mirtheilung der Electri: 
cirät, 


— — — — — 


— 


Electriſche Materie. Boı 
eitäf, dieſe mag poſitiv oder negativ fenn, dem Frank: 


Iinifchen Syſteme gemäß fo leicht erflären FoRaen , als 
nad) der bualiftifchen Theorie. 


$. 1326. Eben fo leicht folgt daraus die Erklaͤ⸗ 
zung des erften und zweyten Geſetzes der entgegenge⸗ 
ſetzten Efectrieitäten ($$. 1302. 1305.). Es fenen 


3. B. zwey Korkfügelchen pofitiv electrifirt, fo fliehen 


fie von einander, weil fie ihren Ueberfluß der electric 


ſchen Materie an die umgebende luft abzuſetzen ſtre⸗ | 


ben, Ein einzelnes fo electrifirtes Korffügelchen wuͤtde 
dies nach allen Seiten hin gleichförmig thun; es muß 
alfo in Ruhe bleiben. Ben zweyen oder mehrern fich 
Berührenden hingegen muß jene Tendenz nach ber aͤu— 
fern Seite hin ftärfer fenn, als nad) der andern, und 
fie fcheinen alfo einander abzuftoßen. Die Erklärung 
iſt nicht ſchwieriger, wenn die Korffügelchen auch ne: 
gativ electrifirt find. ie ftreben dann ihren Mangel 
der Electricität aus der umgebenden luft zu erſetzen, 
und fcheinen fich alfo abzuſtoßen, ba doch eigenrlih 
auch hier die electrifche Armofphäre auf ihrer äußern 
Seite ihre Entfernung bewirkt. Man brauche alſo 
feine Zuflucht gat nicht zu ber luft zwiſchen ihnen zu 
nehmen, was in dem Falle, da fie fich erft berühr: 
ten, nicht einmal anginge. Ben zwey ungleichnamig 
electrifieten, iſolitten, leicht beweglichen, leitenden 
Körperchen, bie einander genähert werden, muß, wie 
man nun leicht einfieht, das Streben nach ver ik: 
nern Seite zu ftärker, als nach. der aͤußern Seite der 
Wirkungskreiſe ſeyn, und fie müffen: fich alſo einans 
Eee der 


— 


802 II. Theil. 4. Hauptſtuͤck. 
der naͤhern, oder den — des zweyten Geſetzes 
zeigen. 

$. 1327. Das wechſelſeitige Schwingen eines 
feicht bemeglichen ifolirten $eiters zwiſchen einem elec- 
trifirten und nicht» electriſitten Körper, oder zwifchen 
zwey ungleichnamig electrifirten Seitern, wie der Tan; 
papierner Puppen, das electrifche Glockenſpiel, be: 
duͤrfen num feiner weitern Auseinanderſetzung, fon 
dern fließen aus dem Angeführten vom ſelbſt. 


Die verftärfte Electricität. 


$. 1328. Wenn man in ein Zuderglas, das 
auswendig und inwendig, bis einige Zoll unter feinem 
Rande, mit Stanniol überzogen ift, und das uf 
einem leitenden Tifche fteht, von dem Conductor de 
Mafchine einen Metallvraht bis auf den Boden de 
Glaſes herabhängt, und dann electrifirt, Hierauf aber 


den Aufern Ueberzug des Glaſes mit der einen Hant, 


den Draht, oder den Conductor der Maſchine, mit 
welchem ber innere Ueberzug noch in leitender Verbin: 
dung ift, mit der andern Hand anfaßt, fo. entjtcht 
nicht allein ein ſehr Tebhafter, mit einem Gepraſſel ker: 
vorbrechender Funken, fondert man empfindet aud) 
eine Erfchürterung in den Gelenfen beyder Arme. Ei 
nen ganz ähnlichen Erfolg hat es, wenn man das 
Glas nah) dem Electrifiren von der Maſchine ab: 

nimmt, und dann bende Ueberzüge zugleich berührt. 
$. 1329. Diefer merkwürdige Verfuch beißt der 
KAleiſtiſche le) , weil ihn. Hr. von Aleiſt zuerjt 
. | (1745-) 


Electriſche Materie. 803 


(1745.) anftellte; Cunaͤus, Allemand und Muſchen⸗ 

broek machten ihn ebenfalls (1746.), und daher heißt 
er auch der Leidenſche, oder der Muſchenbroekſcho 
Verſuch. Sonft wird er megen feiner Wirfung aud) 
der Erſchuͤtterungsverſuch genannt... ‚Die dazır vors 
gerichtete Flaſche heißt die Keidner, oder die Kleiſti⸗ 
fehe, oder die Zrfchütterungeflafche; und die Elec⸗ 
tricität, welche fie hat, die verftärkte Electricitaͤt. 


$. 1330. Anfangs nahm man dazu eine gläferne 
Slafche, die man etwa bis zur Hälfte mit Waffer 
füllte, und. mit einem Korfe verftopfte ‚ ducch welchen 
ein Metalloraht bis ins Waſſer der Flaſche ging. 
Man efectrificte diefen Draht durch Mittheilung, - 
während daß man die Slafche in der Hand hielt, oder 
in anderes Waſſer etwa zur Hälfte einfeßte, in wel⸗ 
ches die Perfon, welche den Verſuch anftellen wollte, , 
einen Draht ftedte. Man fand nachher, daß jede an⸗ 
dere gut leitende Subſtanz die Stelle des Waſſers 
in der Slafche vertreten koͤnne, als: Quedfilber, Ei— 
fenfeil, u. dergl., und endlich fah man ein, daß 
dazu ein feitender Weberzug der äußern und inner. 
Släche des Glaſes bis einige Zoll unter dem Rande 
befjelbigen hinreichend fen, und alles leiſte, und daß 
es auf die Figur des Glafes nicht anfomme, fondern 
daß auch eine Glaotafel felbft dazu vorgerichtet wer⸗ 

den fünne. 

Die electrifirte Weinflafche. 
Das electrifirte Trinkwaſſer. 

$. 1331. Dieſer Ueberzug bes Glaſes heißt die 
Belegung (Armatura) ‚, und das damit verſehene 
Eee 2 Glas 


.n 


804 IL. Thell. 4. Hauptſtuck. 
Glas die belegte Flaſche oder die beletite Glastafel. 


Man waͤhlt zu dieſen Belegungen duͤnne Metallblaͤt⸗ 


ter, die aber nicht durchloͤchert ſeyn muͤſſen; gewoͤhn⸗ 
lich Stanniol, den man mit Hauſenblaſe oder Gum⸗ 
miwaſſer aufflebt. Man muß hervorragende Ränder 
fo viel als moͤglich verhäten, und alles recht ebenen 
und glatt machen. Der Rand der Slafche oder ver 
Slastafel muß allemal auf beyden Seiten, ben grö- 
fern menigftens mehrere Zolle, frey und unbelegt 

bleiben. | 
" Eine. vortbeilhafte Methode, bie Flaſchen zu belegen, lebrt 
r. Bohnenberger; (Beytraͤge zur theor, u. pract, Electri⸗ 

citätel. St. IV. ©. 151. ff. 
$. 1332. Statt des Glaſes kann jeder andere 
nicht = leitende Körper dienen, wenn er nur nicht zu 
dick ift, feine beyden gegen einander über liegenden ii; 


chen mit leitender Materie belegt, und die Mänder 


dieſer Belegung einander nicht zu nahe find. 

Wenn ein Leiter fih in dem Wirfungstreife eines andern Leis 
ters befindet, fo ift dies allerdings als eine Belegung der 
Luftſchicht dazwiſchen anzufehen. 

4. 1333. Die eine Belegung der Flaſche oder 
der Glastafel wird am beſten durch Mittheilung elec— 
triſirt; die andere Belegung muß aber nicht iſolirt, 
fondern mit andern leitenden Materien in Verbin: 
dung feyn, menigftens muß fie im erftern Salle zu 
wiederholten Malen mit einer Subftanz berührt wer: 
den, wenn die von ihr aufzunehmende Electricität 
ſtark werden foll; ift diefe andere Belegung ganz ifo- 
lirt, fo wird die Flaſche oder die Glastafel gar nicht 
geladen werden. Am ſchnellſten gefchieht Die Electri: 

| ſirung 





Electrifche Materie, 808, 


firung ber. Kleiftifchen Flaſche dadurch, daß man die 
eine Belegung mit dem ifolirten Meibzeuge, die an: 
Dere mit dem Eonductor der Mafchine in leitende Ber: 
bindung feßt, 
$. 1334 Die Kleiſtiſche Slafche — die Glas⸗ 

tafel heißt in dem Zuſtande, daß ſie den Erſchuͤtte⸗ 
rungsfunken giebt, geladen (Vitrum oneratum), 
und ihre Entladung (exoneratur) geſchieht, wenn 
man die innere und aͤußere Belegung durch leitende 
Materie in Verbindung ſetzt. Wenn ſich mehrere 
Perſonen zuſammen anfaffen, und die erſte die aͤu— 
ßere Belegung, oder eine daran befeſtigte Kette häft, 
die letzte aber die innere Belegung oder den damit 
verbundenen feiter beruͤhrt, fo bekommen fie alle die, 
Erfchätterung, Ben einer ſchwachen fadung der Fla⸗ 
fche, und wenn der Perfonen, die fich anfaflen, fehe 
viele find, (oder der Erſchuͤtterungskreis fehr aroß 
ift,) und zumal auf feuchten Boden fliehen, empfin- 
dert aber auch oft mur wenige, die an den beyden En⸗ 
den ſtehen, die Erſchuͤtterung. 

Das Srantlinifche Batıbergemälbe, der — und die 

Beribwörung 


Die electtifche Thüte, 


6. 1335. Die Geſchwindigkeit ber Electriitͤt 
bey dem Entladen der Flaſche iſt erſſaunend groß. — 
Wenn die feitende Subſtanz, durch welche der Erz 
ſchuͤtterungsfunken gehen fol, nicht ganz zufammen: 
hängen ift, fondern aus mehrern an einander fliehen: 
den, fich nicht berührenden, leitenden, Körpern be: 
ſteht, fo entftehen zwiſchen biefer Unterbrechung, un; 


fen. 


{ 


$. 1336. 


“ ) 


806 1. Shell: 4. Hauprftäd. 

$. 1336. Wird die Flafche überladen, fo ent: 
ladet ſie ſich auch von felbft über den unbelegten 
Rand, und manchmal wird dadurch auch das Slas 
zerſchmettert. 


$. 1337. Die Staͤrke der ladung hängt bey 
übrigens gleichen Umftänden von der Größe der Be: 
legung ab. Die Dide des Belegs träge zur Stärke 
ber fadung nichts bey. Sonſt ändern aber auch zu- 
fällige Umftände die Stärfe der fadung fehr ab; mie 
3. B. die mehr oder weniger ifolirende Eigenfchaft des 
Glaſes, die von feiner größern oder geringern Dice, 
von feiner Reinigfeit, und auch von feiner Temperatur 
abhängt; mehrere oder mindere Trodenheit der Luft, 
Die ‚Continuität der re und ihre verfchiedene 
glatte Oberfläche. 


$. 1338. Es giebt zwar allerbings für eine Elec⸗ 
trifirmafchine von beftimmter Wirkſamkeit ein gewiſſes 
Marimum ber Dice des Glaſes, wenn es nach der 
Belegung der electrifchen Sadung fähig fenn foll; es 
iſt aber auch gewiß, daß zu, dünnes Glas nicht dieje: 
nige Stärfe der fadung, ohne zerfchmettert zu wer: 
den, aushält, die ein dickeres Glas bey übrigens 
gleihen Umftänden aushalten fann. Hr. Bohnen; 
berger hat fehr ſchaͤtzbare Erfahrungen über die vor: 
theilhaftefte Die der Gläfer und Höhe des unbe: 
legten Randes verfelben mitgerheilt. 
I. €. nei. über die Ladung des sun Glaſes; in ſei⸗ 


nen Beytraͤ ſchen Electrici⸗ 
taͤtslehre. Erhes € Gt, Stuttg. * 6, 1. ff. Zweytes 
St. 1793. ©. 11. ff. 


$. 1339. 


Eleetriſche Materie -1 307 


6. 1339. Bey gleicher Seitungsfrafe nimmt uͤbri⸗ 
gens der Erfchürterungsfunfen in — alle⸗ 
mal den kuͤrzeſten Weg. | 


Der Auslader. i 220 
Cavallo a. a. O. €. 129. 


—— har 

. 1340. Der leitende Körper, durch welchen 
der Erſchuͤtterungsfunken oder der Schlag geht, wird 
— electriſi irt, wenn er auch ifolirt fl. 


$. 1341. Nach der etſten Entladung jeigt die 
Flaſche noch einen geringen Erfchütterungsfunfen, 
wenn man bende Belegungen zůſammen beruͤhtt. 


$. 1342. Wenn die geladene Flaſche oder baegt⸗ 
Tafel vollkommen iſolirt iſt, fo zeigt feine Belegung 
einzeln einen Funken / wenn man' ſie beruͤhrt. Bey 
einer trockenen fuft verliert ſie auch in langer Zeit ihre 
Electricitaͤt nicht. Sie behält ſogar ihre Ladung, 
wenn man die dazu eingerichteten beweglichen Bele⸗ 
gungen einzeln durch iſolitte Koͤrper trennt; und zeigt 
ſie wieder, wenn man dieſe oder andere wieder an⸗ 
bringt, und gebdrig durch leitende Miteeki in Vereiniz 
gung feßt. Zſt die Aufere Belegung nicht ifofiet, ‚ fe 
kann man zu wiederholten Malen aus der innern Bele: 
gung ber geladenen Flaſche Sunfen jiehen. 


— € 1343. Wenn man einen gekruͤmmten und an 
benden Enden zugeſpitzten Draht der innern und Aus 
Fern Belegung zugleich entgegen hält, ſo wird bie 
— geladene Flaſche, oder die belegte Glasta⸗ 
fel, 


308 I. Theil, 4. Hauptſtuͤck. 


fel, ohne den Erfchütterungsfunfen entladen, und 
vielmehr mit einem zifchenden Ueberſtroͤnen. Hat 
man die Flache durch ven Conductor der Glasma⸗ 
ſchine geladen, fo zeigt fih) an der Spiße des Drah⸗ 
tes, die der innern Belegung zugefehrt ift, ein leuch⸗ 
tender Stern, wie bey der pofitiven Electricitäc ($. 

1278.),. an ber der äußern Belegung zugefehrten 
" Epiße aber ein Feuerbuͤſchel wie bey der negativen 
Electricität, 


$. 1344. Man, findet — allemal daß bie 
aͤußere Belegung der geladenen Kleiſtiſchen Flaſche 
die entgegengeſetzte Eſectricitaͤt der innern Belegunz 
oder daß fie die negative hat, wenn die innere die po: 
ſitive befißt, und umgefehrt. Zwiſchen einem mit der 
aͤußern Belegung in Jeitende Verbindung gebrachte 
feitenden Korper und einem mit der Innern Belegung 
verbundenen... fairer ſpielt ein feicht beweglicher iſolu⸗ 
ter. leitender Körper hin und ber, und entladen da 


durch die Flaſche allmälig. Ä 
Auf diefe Art u ein electrifches Stodenfpiel eine beträdts 


liche Zeit I 

.$. 1345. — man eine Kleiſtiſche Flaſche 
iſolirt, und ihre aͤußere Belegung mit der innern Be 
legung einer andern, die nicht ifolirt iſt, in leitende 
Verbindung feht, und dann ihre innere Belegung 
electrifiet, fo werden beyde Flaſchen geladen, und 
zwar mit ähnlichen Electricitäten. Auf diefe Art 
kann man auch mehrere Flaſchen durch einander laden. 
Allein man findet, daß jede folgende eine immer ſchwaͤ⸗ 
chere Sadung hat, als Die vorhergehende, 


$. 13486. 


Electriſche Materle. 9 


g 1346 Man Fanit endlich auch mehrere Fla⸗ 
ſchen, deren innere Belegungen unter einander in 
leitender Berbindung find, fo wie ihre äußern, durch 
den Conductor der Mafchine laden, da danır natuͤr⸗ 
licher Weiſe ben der Entladung aller diefer Flaſchen auf 
einmal auch der Funken, das Geraͤuſch und der Knall, 
mit welchem er hervorbricht, und die Kraft, die er 
äußert, um fo beträchtlich größer werben, als die Groͤ⸗ 
ße der Belegung. bey übrigens gleichen Umſtaͤnden zu: 
nimmt. - Die auf biefe Art verbundenen Slafchen-mas 
chen die fo genannte electrifche Batterie aus, 


a vortheilhafte Einrichtung, die Flafchen einer ‚electrifchen 
tterie fo mit einander zu verbinden, daß nicht nur ihre 
Behandlung ſehr beauem , fondern auch dem Ausſtroͤmen der 


electriſchen Waterie ‚möglihft begegnet iſt, befchreibt 
in, Semager, hreibt Here 


Bohnenbergers Beytr. zur theor. u. pr. Electr. St. J. 
| ©. 9. ff, 
X 6. 1347: Zu ben auffetlenbften Wirkungen dee 
verſtaͤrkten Electricität belegter Flaſchen gehört: 
„I Die Entzündung einiger entzuͤndlicher Sub— 
ftanzen; wie des Wafferftoffgas, des Alcohols, 
des Aethers, des Colophoniums, der Baum: 
wolle, des Schiefpufvers. 


2) Das Shhwelzen duͤnner Metalldraͤhte. 

3) Die Toͤdtung kleiner Thiere, und die Vernich⸗ 
tung aller Reitzfoͤhigkeit in den Theilen, durch 
welche der hinlanglich ſtarke Funke geht, 

4) Die Durhbohrung mehrerer Kartenblätter, 


‚mehrerer Bogen Papier, der Eyer, der Glas: 
fheiben, - 


»]l.: 


Er: 


\ $ 1348, 


gıö II. Theil. 4. Hauptftäd 
76, 1348. Alle diefe bisher vorgetragenen Wir: 
ungen und Erſcheinungen der Kleiftifchen Flaſche, it: 
re fadung und Entladung, laffen ſich aus den oben an: 
geführten Gefegen der Efectricität ($..1302. 1305. 
1310.), und aus dem Saße: daß dünne Michtleiter die 
Bertheilung der Electricität'nicht, wohl aberj ihre Mit: 
theilung und ihren Mebergang, aufhalten ($. 1312.), 
leicht erklaͤren. Wird naͤmlich die innere Belegung durd 
Mittheilung poſitiv electrifirt, ſo bewitkt Die darin an 
gehäufte electriihe Materie, vermittelft ihrer Repul⸗ 
fionsfraft, eine electrifche Atmofphäre im Glaſe das des 
halb nicht zu dick fenn darf, und die natuͤrliche electriſche 
Materie ver äußern Belegung wird.abgeftoßen. Iſt diek 
äußere Belegung ifolirt, fo Fann das daraus abgeſte 
gene eleetriſche Fluidum nicht abgeführt werben; « 
wirft alfo durch feine eigene Nepulfionsfraft auf dasde 
inner Belegung: zugeführte electtiſche Fluidum zuräd, 
verhindert deſſen Anhäufung dafelbft, und die Flaſche 
kann alfo nicht geladen werden ($. 1333.). Jetzt er: 
hellet auch, warum man während bes. ladens der io: 
lirten Slafche einen Funken erhält, wenn man bie aͤu⸗ 
fiere Belegung mit einem feiter beruͤhrt * und warum 
ſo durch oͤfteres Beruͤhren berſelben die Flaſche gela⸗ 
den werden kann. Iſt die aͤußere Belegung nicht ifo 
lirt, fo fann ihre abgeftoßene natürliche electrifche Ma: 
terie abgeführt, es kann folglich) die det innern Bele— 
gung zugeführte dafelbft angehäuft, und die Flaſche 
fann geladen werden. So viel electriihe Materie 
der innern Belegung zugeführt wird, fo viel wird da: 
durch aus der äußern Belegung abgeftoßen. - So viel 
alſo 


Electriſche Materle. 814 


alſo Bie innere Belegung einen Ueberſchuß an electri⸗ 
fcher Materie empfängt, fo viel erleidet die Aufere dar: 
an Verluſt. Es folgt hieraus: daß die äufere Bele⸗ 
gung negativ electriſirt ſeyn muß, waͤhrend die innere 
es poſitiv iſt, wie auch die Erfahrung lehrt ($. 1344.) 3 
daß man eine Flaſche durch die andere zugleich laden 
fönne ($,. 1345.); und daß nad) der Ladung die Quan⸗ 
tität Des electrifchen Fluidums in beyden Belegungen 
nicht größer oder kleiner iſt, als vor der Sadung, wenn 
anders die Delegungen gleichen leitenden Slächenraum 
haben, welches Feinesweges der Fall ift, wenn die ge: 
ladenei Flaſche mit ihrer innern Belegung noch mit 
dem Conductor der mn in leitender Verbin: 
dung iſt. 
§. ı 340. Wird die innere Belegung der Flaſche 
negativ electrifirt, fo wird ihr von ihrer natürlichen 
electrifchen- Materie entzogen. Die natürliche electri- 
fche Materie der äußern Belegung firebt dann diefen 
Mangel zu erfeßen, und. die Aufere Belegung zieht 
alfo von den berührenden Seitern fo viel eleeteifche Ma: 
terie an, 'als die innere Belegung davon verliert 
Die äußere Belegung wird alfo in dieſem Falle po: 
fitiv electriſirt, und die abſtoßende Kraft diefer dar 
felbft angehäuften efeetrifchen Materie verftattet die 
Entziehung derfelben von der innern Belegung. Iſt 
die äußere Belegung ifolirt, fo kann die Slafche nicht 
geladen werden, weil die jeßt verftärfte Anziehung 
der Materie der Aufern Belegung zum electrifchen 


Fluidum die Entziehung deffelben von der innern Be: 
legung hindert. 


$ I 350. 


N 


812 IL. Theil. 4. Hauptftück 


$. 1350. Man ſieht alſo, daß nach dem Frank 
liniſchen Syſteme in der Erklaͤrung der Ladung der 
Flaſche alles, wie ben der Erklaͤrung der electtiſchen 
Wirkungskreiſe und ihres Geſetzes (ßx. 1318. f.), auf | 
abftoßende und anziehende Kraft zuruͤckgebracht we: 
den fann, 


$. 1351. Die auf die eine ober andere Art ar: 
fadene Zlafche zeigt nun, menn fie völlig ifolirt if, 
bey der Berührung ihrer einzelnen Belegungen Fein: 
Efectricität, meil die anziehende Kraft der negativen 
Belegung zu der auf der pofitiven Belegung angehäuf: 
ten electrifhen Materie fchon durch dieſe ins Gleich 
gewicht gebracht ift, und deshalb aus dem berüßren: 
ben Seiter. feine electrifche Materie weiter anzkkr; 
bie electrifche Materie auf der pofitinen Bee 
gung durch diefe Anziehung der negativen Belegunz 
in ihrer abftoßenden Kraft ebenfalls ins Gleichge 
wicht gebracht ift, und fich alſo feinem berübrenden 
feiter weiter mittheilen fann.. Bringt man aber bev: 
de Belegungen in leitende Verbindung, fo geht der 
Ueberſchuß der electriſchen Materie der pofitiven Seite 
auf die negative Seite gänzlich über, und der natuͤt 
Tiche efectrifche Zuftand beyder Welegungen wird mie: 
derhergeſtellt. Muß der electriihe Strom hierber 
diie luft durchbrechen oder durch einen Michtleiter ae | 
Ken, der ihm niche Widerftand genug entgegenfegen 
fann, oder kann der feiter den ganzen Strom nic | 
faffen, fo enrfteht Exploſion. Zugleich erheller hier 
aus, warum der Durchgang des electrifchen Stroms 
durd) 





Electriſche Materie. 813 


Durch den ifplirten auslabenden feiter dieſen nicht elec⸗ 
teifiee (5. 1 340 


9. 1352. Nach dem puafififien Spfteme läßt 
ſich die Erflärung der Sadung und Entladung der be: 
legten Flaſche und der begleitenden Phänomene eben: 
falls leicht geben. Wird naͤmlich die innere Belegung 
durch Mittheilung electrifire, 3. B. + E, fo ftößt 
die dem Glaſe zugeführte Electricität die gleichnamige 
der Außern Belegung ab und bindet die ungleichna- 
mige oder das — E. Iſt die aͤußere Belegung ifolirt, 
fo fann fie ihr abgeftoßenes + E nicht fahren laſſen, 
und ihe — E wird nicht.frey, folglic) kann auch die 
innere Belegung fein + E erhalten, und die Slafche 
fann alfo..nicht geladen werden ($. 1333.). Bes 
rührt man aber die äußere iſolirte Belegung, waͤh⸗ 
rend daß der innern + E zugeführt wird, mit dem 
Singer, fo erhält man einen Zunfen, indem num 
das abgeftoßene + E fi) mit — E aus dem Tin: . 
ger färtigen Fann. Iſt die Aufere Belegung. nicht 
ifoliee, ſo kann diefes + E ſtets abgeführt und 
die Slafche völlig geladen werden. Die geladene. Sa: 
fche zeige nun, wenn fie völlig ifolirt ift, ben der Ber 
ruͤhrung ihrer einzelnen Belegung keine Sunfen, meil 
das -+ E der einen Seite durch das Glas hindurd) hin⸗ 
dert, daß das — E ber andern Seite ſich nicht mit 
neuem + E aus dem berührenden feiter fättigen kann, 
und auch das — E der einen Seite nicht zulaͤßt, daß 
das + E der andern Seite frifches — E fättige, 
Bringt man aber beyde Belegungen in leitende Ders | 

bindung, 


Bı4 11. Theil. 4. Hauptfüd. 


bindung, fo fällt Diefe Urfacd) weg, und bende entge⸗ 
gengefeßte Electricitäten fättigen ſich nun Durch wirf: 
lichen Uebergang, da fie fi) vorher nur Banden, und 
es entfteht der Erfchätterungsfunfen. Zugleich erhel 
let aber auch hieraus, warum diefer dem ifolirten la: 
ter, ‚durch welchen er geht, ‚Feine Electricität ertbeilt 
($. 1340.). Eben fo läßt ſich auch daraus einjeben, 
warum man nach $. 1345. eine Slafche durch die Be 
legung einer andern electrificen kann. 


$. 1353. Die. Electricitäten haften eben fo aut 
in der Fläche des Glaſes felbft, fo wie auf- der Bels 
gung, und daher zeigt auch das Glas, von der ifofir 
ten Belegung durch ifolirende Körper getrennt, um 
mit neuer Belegung verfehen, noch fadung ($. 1342) 
und giebt. aus eben. diefem Grunde nach der erften Ext: 
ladung noch einen zweyten ſchwaͤchern Erſchuͤtterungs⸗ 
funfen ($. 1341.). | 


Der Eleetrophor. 


$. 1354. Wenn man einen dünnen, glatten 
und trodenen Harzkuchen, der in einer metallenen 
Schüffel liegt, mit einem Kaßenfelle reibt, und dann 
ein rundes Bret, das mit Stanniol überzogen, und 
im Durchmeffer Fleiner ift, als der Kuchen, vermit; 
telft ſeidener Schnüre auf den geriebenen Kuchen fest, 
und daffelbe mit dem Singer berührt, fo entſteht ein 


Heiner Sunfen; und hebt man dann den Kuchen an den 
feidenen — wieder iſolirt in die Höhe, und be: 


rührt 








l 


Electriſche Materie. 815 


ruͤhrt ihn hier wieder, ſo erhaͤlt man wieder einen 
Funken: und dies kann man ſehr lange Zeit immer 
wiederholen. 


$. 1355. Dieſe Vorrichtung heißt ein Electro⸗ 
phor oder beſtaͤndiger Electricitatstraͤger (Electro- 
phorus perpetuus), den Hr. Volta zuerſt 1775 be⸗ 
kannt machte, Herr Wilke aber ſchon 1762 unter 
einer etwas andern Geſtalt erfunden hat. Die weſent⸗ 
lichen Theile des Electrophors find: 1) der Kuchen; 
2) die Form, oder der Teller, oder die Schuͤſſel; 
3) der Dectel. Die beyden erſtern BARON heißen - 
auch die Baſis. 


‚Volta, in den Scelta di opuscoli interefJanti: T. IX. ©. 91, 
und T. X. 37. Lettre de Mr. Alex. Volta [ur l’electro- ° 
phore perpetuelle de fon invention, in Rozier obferva- 
tions fur Fa phyf. T. VII. ©. 21 ff. 


* — — sagefenten Electricitäten, in den ſchwed. 
271 


— 3 Anfangtgrinde der.Electricität, hauptſaͤchlich in 
Beziehüng auf den Electrophor, im feinen vermiſchten 
Schriften, 8.1. ©. 1. ff. 


. 1356. ‘Der Auchen des Electrophors kann 


eine jede nicht = leitende Platte feyn, z. B. Glas, - 


Pech, Siegellad, in welchen die Efectricität durch 
Reiben mit fhiflichen Materien urfprünglich erregt 
werden Fann, nur muß fie nicht zu dick ſeyn. Am ges 
wöhnlichften nimmt man dazu harzige Materien, und 
Das gemeine weiße ober ſchwarze Pech oder Eolopho: 
nium dient recht gut, wenn man es Durch) etwas zuge: 
ſetzten Terpenthin inder Sprödigfeit vermindert hat. 


! 


$. 1357. 


816 II. Theil. 4. Hauptſtuͤck. 

$. 1357. Man gieft das gleihförmig gefloſſene 
Harz in die Form, die aus einer leitenden Mafle be 
fiehen muß, und aus einer runden entweder metale 
nen, 3. B. meflingenen, oder auch hölzernen mit 
Stanniol auf beyden Seiten gehörig belegten Scheibe 
mit einem aufwärts gebogenen, inwendig 2E linie fe: 
hen, Rande gemacht wird. Der Rand und die Eden 
des Tellers muͤſſen wohl abgerundet ſeyn. Man gießt 
fo viel geſchmolzenes Harz hinein, daf es mit dem 
Rande gleich hoch ſteht; dieſer aber doch unbededt 
bleibt. Die Oberfläche des Kuchens muß Yollfommen 
Hlatt, ohne Blafen und Riſſe, und ohne Wermen: 
gung mit leitenden Materien feyn, und feine untere 
Fläche muß die obere leitende Fläche der Form oder 
des Tellers allenthalben genau berühren. 


$. 1358. Der Dedel, den man auch wohl we 
gen der Geſtalt, die ihm einige gaben, die Trommel, 
fonft aber aud) den Eonductor nennt, muß 1) aus 
einer ftarf leitenden Subftanz beftehen. Man nimmt 
dazu entweder eine zinnerne, oder auch eine hoͤlzerne, 
gehdrig abgerundete, und mit Stanniol ganz glatt 
überlegte, runde Scheibe, deren Durchmeffer nad 
der Größe des Kuchens mehrere Zolle kleiner ift, als 
ber des Kuchens.. Um ihn 2) ifolirt auf den Kuchen 
zu ſetzen oder Davon abnehmen zu fönnen, dienen fei- 
dene Schnüre von hinreichender fänge, die man an 
feinem Rande oder in der Fläche felbft befeftige hat; 
oder auch ein in deffelben se angefütteter glaͤ ſernet 
Sengei 


$. 1359. 


LG 


Eleteißhe Mateie· 817 


- 6.1359. Man erregt die Electricität des Kur 
— am beſten, wenn man ihn erſt etwas weniges 
erwaͤrmt, und dann mit einem trockenen warmen Kar 
tzenfelle oder Fuchsſchwanze peitſcht, und zwar wird 
die ſe Electricitaͤt am groͤßeſten, wenn die Form nicht 
iſolirt iſt. Wenn ſie alſo auf einem mit Wachstuche 
beſchlagenen, oder ſonſt nicht gut leitenden Tiſche ſteht, 
ſo muß man noch eine metallene Kette vom Rande 
der Sorm herab Ringen laſſen. 


$. 1360. 1) Wenn man ben Dedel auf den 
geriebenen Harzkuchen vermittelt ber feidenen Schnüs 
re auffeßt,. und dann mit dem Finger berührt, ſo e er⸗ 
hält man einen kleinen Funken. 2 


G. 1361. 2) Ein mit dem Deckel in feitender 
Verbindung ftehendes Efectrometer zeigt Electricität, 
wenn man den Dedel ifolirt auf den Kuchen feßt, 
und hat negative Electricität, wenn der Kuchen ner 
gative-hatte; immer bie gleichnamige des Kuchens. 


$. 1362. 3) Nach dem Berühren des ifofirt 
aufgefeßten Dedels mit dem Singer zeigt das Electro: 
meter feine Electricitaͤt an, und es iſt nach dem Aus⸗ 
bruche des Funkens keine Electricitaͤt im Deckel wei⸗ 
ter zu ſpuͤren. 


6. 1363. 4) Hebt man den Deckel unberuͤhrt 
und iſolirt wieder in die Höhe, fo zeigt Das Electro: 
meter Feine Electricität darin weiter an, wenn ber 


Deckel gehörig weit vom Kuchen entfernt, wird, und 
3 giebt 


818 It. Thal. 4. Hauptſtuͤck. 
giebt feinen Sunfen bey der Berührung mit dem Sin: 
ger, den er auf. dem Kuchen liegend fogleich giebt. 

$. 1364. 5) Berühre man mit einem Finger 
die nicht⸗ iſolirte Form des Kuchens, und mit dem an- 
dern den ifolirt darauf gelegten Dedel, fo erhält man 
einen Erfchätterungsfunfen, und dann ift alles wie 
der tobt. | 5 


$. 1365. 9 Wenn man aber den Deckel, 

nach dem Beruͤhren auf dem Kuchen keine — 
iat weiter zeigt, an den ſeidenen Schnüren in die H% 
be sieht, fo zeigt das Electrometer gleich wieder Eier: 
tricitaͤt. Man erhält beym aberinäligen Berühren in 
der Höhe einen ftechenden Sunfen, und zwar ftäcker, 
wenn man den Dedel vorher nad) $. ı 364 als nach 
6, 1360. berührt hat. a 


$. 1366. 7) Das Electrometer jeigt in dem be: 
zührten und ifolirt aufgehobenen Dedel pofitive Elec⸗ 
- trieität, wenn der Kuchen negative hatte; immer die 
entgegengefeßte Electricität des Kuchens. 


$. 1367. 3) Wenn der Dedel nach dem Be- 
rühren auf dem Kuchen ifolirt in die Höhe gehoben, 
und ohne in der Höhe berührt worden zu ſeyn, tie 
der auf den Kuchen gelegt wird, fo bleibt Fein Zeichen 
der Electricität, während daß der Dedel auf dem 
Kuchen liegt; fie zeigt ſich aber ſogleich, wenn der 
Deckel wieder iſolirt in die Hoͤhe gehoben wird. | 

$. 1368. 9) Wenn die Bafis iſolirt ift, ſo er: 


galt man einen — Euren ; Wenn man ben 
auf 


Electriſche Materie, g19 
auf den Kuchen ifoliet gelegten Deckel berührt, ver 
aber nicht fo ftarf ift, als wenn die Bafıs nicht ifolire 
ift ($. 1360.), fonft aber ebenfalls einen Erſchuͤtte⸗ 
rungsfunfen, ‚wenn man die Form und den n Kuchen 
zugleich berührt. 


$. 1369. 10) Wenn man in diefen Fällen den 
Deckel ifolirt in die Höhe hebt, fo ift er electriſirt, 
zugleich ift es aber auch die Form, und zwar ift fie 
gleichartig mit der Electricitoͤt des Kuchens. | 


6. 1370. 11) säßt man den in ber Höhe be⸗ 
ruͤhrten Deckel zum andern Male auf die iſolirte Baſis, 
nachdem man das erſtere Mal Form und Deckel zu⸗ 
gleich berührt hatte, fo ift bey der zweyten ähnlichen 
Berührung der —— — nur ſchwach, 
oder gar nicht da. 


6. 1371. 12) Wenn man Ne Bafe ‚noch * 
man den Kuchen durch Reiben electriſirt hat, iſolirt, 
den Deckel auflegt, ihn mit dem Finger oder einem 
andern nicht⸗ iſolitten Seiter berührt, während mar 
die Schäffel durch eine Electrifirmafchine poſitiv efer- 
trifirt, fo wird der Electrophor zu allen bis jegt anger 
führten Erfcheinungen tüchtig gemacht, als wenn man‘ 
den Kuchen mit dem Fuchsſchwanze gefihlagen hätte. 
Dan fieht leicht, daß bey dieſem Werfuche der Elec⸗ 
tröphor als eine e geladene Harztafel angefehen werden ° 
kann. 


$. 1372. Man kann den Electrophot als eine. | 
Electriſirmaſchine brauchen, und bie nöthigften electri⸗ 
Sffa | ſchen 


P 


820 II. Theil 4. Hauptflüd. 


ſchen Verſuche mit ihm anftellen, da die Efectricitit 
feines Kuchens eine lange Zeit dauert, wenn man ihn 
vor Feuchtigkeit. bewahrt. Man fann mit dem De 
del, wenn man ihn nach dem Berühren und Aufjie: 
ben dem Knopfe einer feiner Flaſche nähert, dick 
nach und nad) faben, indem man ihre äußere Bela 
gung mit leitender Materie verbindet, oder aud in 
der Hand hält; auch auf die entgegengefegte Art la: 
den, indem man fie an dem Auopfe faßt, und vi 
Zunfen aus dem Deckel in ihre — Belegung 


ſchlagen laͤßt. 


$. 1373. Durch eine geladene Flaſche kann man 
num auch die Electricitaͤt des Electrophors ſelbſt wer: 
flärfen; wenn er naͤmlich mehr negative Electrickit 
haben foll, fo ftellt man die auf der inneren Seite 1 
fitio geladene Flaſche auf den, Kuchen, und führt ie, 
indem man. fie bey dem — faßt, auf dem Kuchen 
bin und her. 


, & 1374. Die — des Electronker 
laſſen fich ſaͤmmtlich fehr gluͤcklich aus den electriſchen 
Wirkungskreiſen erklären und. dienen auch zuglead, 
um die angeführten. Gefeße der Electticitaͤt ins ct 
ju feßen. Jeder geriebene. Electropher ift mit feinem 
darauf liegenden Deckel als eine geladene und belegte 
$eidner Flaſche oder Glastafel anzufehen, und verhält 
fih) auch wie dieſe. Wird nämlich der Harzkuchen 
mit dem Fuchsſchwanze gerieben, fo wird er megatid 
electrifirt, d. h., es wird ihm von feiner natuͤrlichen 
electeiſchen Waaterie entzogen; und weil duͤnne Nicht⸗ 

leitet 


Eleetriſche Materie. : “ Ser 


Veiter der Vertheilung der Efectricität nicht mwiberfie- 
Ken C$.1312.), fo ſtrebt die electrifche Miarerie der _ 
En die als| die untere Belegung der Harztafel 
anzufehen iſt, dieſen Mangel zu erjeßen, und zieht - 
Daher aus den berührenden feitern verhältnifmäfig 
fo viel eleetrifche Materie an, als die obere Släche ver; 
liert; und es ift hier alles fo, wie, bey der Ladung 
einer Slafche, bie auf ihrer innern Seite mit negatiber 
Electricitaͤt verfehen wird ($. 1349.). Mean fieht 
Zugleich hieraus, warum die Bafis nicht ifolirt und 
der Harzfuchen nicht zu did, feyn muß. Der gerie⸗ 
bene Harzfuchen hat aljo nun auf feiner obern Släche 
negative Electricität, während die Form die pofitive 
hat; beyde Electricitäten binden fich aber wechfelfeitig. 
Wenn der leitende Dedel ifolirt auf ven Kuchen gelegt 
wird, ſo ftrebt die natürliche electrifche Materie deſſel⸗ 
ben, fich in den negativ: electrifirten Kuchen zu ergie⸗ 
Ken, und es entfteht in dem Deckel Electricität durch 
Vertheilung; die obere Fläche wird negativ, während 
die untere pofitiv ift. Iſt die Bafis ifolire, fo wird 
durch die pofitive Efectricität der Form die negative 
der obern Fläche des Kuchens in ihrer Thätigfeit ges 
bemmt, und daher ift die negative Efectricität der 
obern Fläche des Deckels nur ſchwach. Beruͤhrt mar 
‚aber die ifolirte Form und den aufliegenden Deckel 
-jugleich, fo Fann die Form ihre angehäufte electriſche 
Materie entlaffen, die ſich in die obere Fläche des 
Dedels gleichförmig ergießt; die Anziehung der nega⸗ 
tiven Fläche des Kuchens kann num freyer auf die 
natürliche efeetsifche Materie des Deckels wirken, und 
fie 


823 U. Theil, 4. Hauptſtuͤck. 
fie nach feiner untern Fläche ziehen. Man ſieht num 
leicht, warum man in dem angeführten Falle einen 
Erfchätterungsfunfen erhält; man ſieht aber auch, 
warum man diefen erhält, wenn bie. Bafis nicht iſo⸗ 
fire ift, und diefe und der Dedel zugleich berührt 
werden. Wenn man den Dedel auf den geriebenen 
Kuchen, deſſen Bafis nicht ifofirt ift, iſolirt gelegt 
hat, und ih mit dem Finger berührt, fo entſteht 
ein Funken, teil fid) aus dem berühtenden Singer 
electrifche Materie in die negative obere Fläche des 
Deckels ergießt. Nun ift alle Electricität wieder vor: 
bey. Hebt man aber jeßt den Deckel ifolire in bie 
Höhe, fo ift er poſitiv electrifire, weil fi) die auf der 
untern Fläche vorher angehäufte. electrifhe Materie 
über den ganzen Deckel verbreitet, und feine obere 
Släche ihren Mangel durch Berührung mit dem Fins 
gern fchon erfeßt hat. Bey dem Wiederauflegen des 
in der Höhe ifolirt gebliebenen (unberührten) Des 
eis auf dem Kuchen, muß nothwendig alle pofitive 
Electricität  deffelben mieder verfchwinden, fo mie 
gleicher Maaßen ben dem Aufheben des Deckels von 
bem Kuchen, der während feinem Daraufliegen nit 
berührt worden ıft, fich Feine negative Elecrricität 
darin äußern Fann. — MWenn man den Deckel ife: 
lire auf den Kuchen gelegt hat, deſſen Schuͤſſel iſolitt 
ift, fo geht ben gleichzeitiger Berührung des Deckels 
und der Schüuffel, wie ſchon gefagt ift, die jet thaͤ⸗ 
tige natürliche electrifche Materie der Schüffel in den 
Dedel über, um den Mangel deffelben auf der Dber: 
fläche zu erfeßen; und daraus erhellee nun, warum 


r — Tal nad) 
A ; 


Eleetriſche Materie. 825 


nach. dem Abheben des Deckels auch die Form negativ 
electrifirt ift ($. 1369.), und warum ber Erfolg 
des $. 1370. nachher eintritt. Die Ladung des Elec⸗ 
trophors auf.die $. 1371. angeführte Weiſe bedarf 
keiner Erklärung, da fie atıs der fadung der belegten 
Flaſche und dem (5. 1312.) angeführten Satze folgt. 
So laſſen ſich alſo alle Erſcheinungen des Electrophors 
Dem Frankliniſchen Syſteme gemäß genugthuend, und 
aus bloß anztehenden und abſtoßenden Kräften er: 
Hären.. | | | 
$. 1375. Nach dem dualiftifhen Syſteme iſt 
die Erklaͤrung folgende. Wird der Harzkuchen gerie⸗ 
ben, fo wird ſein natuͤrliches — E auf ber obern 
Seite frey, und da duͤnne Michtleiter der Bertheilung 
der Electricitaͤt nicht widerſtehen, fo bindet dieſes —E 
gleich viel + E auf der andern Fläche des Kuchens, 
und ſtoͤßt das — E diefer Seite aus. ft die Bafıs 
nicht iſolirt, fo geht dieſes —E frey aus, oder färtigt 
ſich dus den leitenden Körpern mit andern E. Setzt 
man den iſolirten Deckel auf den Kuchen, ſo bindet 
Das — E der obern Seite des letztern das + E des 
Didels, fo bald er in-feinen Wirfungsfreis kommt, 
und das — E des Dedels wird frey und nach der 
obern Seite zu ausgeftoßen. Daher zeigt nun ver 
Dedel, während daf er auf dem Kuchen liegt, auf 
der obern Seite — Ex. Beruͤhrt man ihn hier mit 
dem Singer, fo füttige ſich diefes freye — E mit 4E 
aus demfelbigen und es entſteht ein Funken; nun 
ſcheint aber alles wieder todt. Hebt man aber den 
Deckel nad) diefem Berühren an feinen Schnuren in 
ee die 





824 11. Theil. 4. Hauptſtuͤck. 


bie Höhe, fo wird das +E der untern Seite befkt 
ben, das vorher durch das — E des Kuchens gebun, 
. ben war, wieder frey, wenn es aufer den Wirfunge 
kreis des Kuchens fommt, und der Deckel hat jek: 
eigentih FZE—E FTE= +E, iſt alfo. pofitis 
electrifirt, und giebt beym Berühren mit dem Finse 
einen Funken, ober ‚fein freyes + E fättigt fich mit 
— E aus dem Finger. Segt man den Deckel, ohne 
ihn in der Höhe berührt. zu haben, ‚wieder auf des 
Kuchen, fo bindet das — E des letztern das + E des 
‚erftern, und es ift feine Eleetricität weiter zu fpuren. 
Wenn die Baſis iſolirt if, fo fann das + E du 
Form nicht abgeführt werden. Denn wenn Die ober 
Seite des Ruchens — E hat, fo bindet die ſes gleich 
viel + E der untern Seite; dieſes 4 wirft aber auch 
zugleich auf die innene Seite der Form und ſtoͤßt das 
-+ derfelbigen ab, und zieht dag — E an. Wir 
ber Dedel auf den Kuchen gelegt, fo fann das nicht 
ganz frene — E des Kuchens nicht fo viel + E des 
Dedels binden, folglich nicht fo viel —E frey machen, 
und daher ift bey der Berührung des Deckels det 
Funken nur ſchwach. Wenn aber Form und Dedel 
augleich berührt werden‘, fo ift der Sall anders, denn 
nun fann die Sorm ihr + E fogleich entiaffen, und 
alſo fann das — E des Kuchens num freyer voirfen, 
und es entfieht der Erfchütterungsfunfen, indem fich 
das aus der Form abgeführte + E mit dem freven 
— E ber obern Seite des Dedels ſaͤttigt. — Wenn 
aber auch die Bafıs nicht iſolirt ift, fo entſteht doc 
ber Erfchütterungsfunfen, wenn-man Dedel und Form 

zugleich 


/ 


en Eleetriſche Materie i 5 


zugleich berührt, eben weil die Form ihr FE exieläßt, 
indem bie obere Seite des Kuchens . bas J7 E 
des u befchäftigt wird. 


Der Eondenfater, der Eollector und 
Der Duplicator der Electricität. 


$. 1376. Auf die lehre von den electrifchen Wir⸗ 
Fungsfreifen: gruͤndet fich auch noch der Condenſator 
der SElectricitaͤt, eine Erfindung des: Hrn. Volta, 
und ein fehr wichtiger Beytrag zum electrifchen Ap⸗ 
parate. Er ift dem Electrophor ähnlich, nur daß er 
nicht wie diejer aus einer ifolirenden, fondern aus 
einer halbleitenden oder fehlechtleitenden Platte befteht, 
auf welche der wohl abgerundere Deckel von Metall 
vermittelft feidener Schnüre gelegt wird. 
Volta, in den philof. eransact. Vol. LXXIIA P. I. 


. 1377. Man madıt diefe Platte aus trocknem 
und reinem Marmor oder Alabafter, oder auch aus 
Holz; mit Siegellack oder Firniß ganz dünne uͤberzo⸗ 
gen, u. dergl. Kalbleitender Materie. - Der, Dedel 
muß ganz genau an. die Platte anfchliefen. Man 
kann aud) eine Metallplatte mit Taffent auf ihrer un⸗ 
tern. Seite überziehen ‚ feidene Schnüre daran befeftl- 
gen, und fie dann fo ohne untere Platte brauchen, 
wenn man fie auf einen Tifh, Stuhl, Buch, und 
vergl. legt. 

$. 1378. Vermittelſt diefes Condenfators kann 
man Auferft ſchwache Efectricitären, die fonft nicht ' 
bemerkbar feyn, oder, welche fchnell und feicht ver: 


ſchwin⸗ 


8326 u Theil. 4. Hauptſtuͤck. 
ſchwinden würden, merklich machen und fanmeln, 
und er verdient daher auch den Namen eines Mikro 
electroffope oder YiTifroelectrometers. 


‚$. 1379. Die Wirkung des Condenfators beru: 
het darauf, daß in einem electrifirten Körper, men 
ein anderer mit feiner natürlichen Electricitaͤt verſehe 
ner Körper in feinem Wirkungskteiſe iſt, die Intenſtt 
‚feiner Electricitaͤt vermindert, und er folglich füge 
‚wird, mehr Electricität anzunehmen, oder feine Ca 
pacität vermehrt wird. Dieſe Capacität wird bey der 
Berührung am gröfeften, wenn nur. daben die wirt 
diche- Mittheilung oder der Uebergang der Efectriciit 
verhuͤtet wird, welches man erhält, wenn nian den 
‚Körper ohne alle ſcharfe Ecken und ‚Spißen fo gar 
als möglich) mad. 


$. 1380. Wird alfo dem Deckel des Condenſa⸗ 
tors Electricitaͤt zugeführt, z. DB: pofitive, fo Binde 
‚die Baſis das eleeteifche Fluidum mehr, Die Fntenie 
tät deffelbigen mwird vermindert, und die Capacität 
des Dedels wählt, und jo fann fic) immer mehr und 
‚mehr von der zugeführten Electricität fammeln, die 
unbemerfdar ift, fo lange der Deckel auf der Baſis 
ruht, aber fich fogleich zeigt, wen man ihn an den 
feidenen Schnüren hinlanglich davon entfernt. 


'$. 1381. Um Bierbey den wirffichen Uebergang 
ber dem Dedel zugeführten' Efectricität in die Baſis 
zu verhüten, wählt man «ben zur Teßtern einen un 
vollfommenen oder. Halbleiter, der dieſem Ueber— 
‚gange der Electricität flarf genug widerſteht. ine 





Electriſche Materie. 827 


voͤllig ifolirende oder nicht = leitende Baſis wuͤrde nicht 
dienen, weil ſie der Vertheilung der electrifchen At⸗ 
mofphäre iu fehr mwiderfteht, und folglich die Capaci⸗ 
tät des darauf liegenden Dedels nicht vermehrt wird, 
Ein dünner iſolirter Condenſator ift daher ebenfalls 
auch unwirkfam. 


$. 1382. Durch den Condenfator hat man ent= 
det, daf bey verfchiedenen Zerftörungen oder neuen 
Zufammenfegungen von Körperarten, wobey Waͤr⸗ 
meftoff wirffam ift, fich Electricität entwidele, als 
ben der Ausduͤnſtung des Waſſers, beym Verbrennen 
der Kohlen, bey der Erzeugung von ABafferftoffgas 
und Salpetergas, bey der Erhigung des menſchlichen 
Körpers durch Bewegung, u. dergl. m. Iſt die 
Efectricität eines Körpers, den man unterfucht, fo 
ſchwach, daß der Condenfator nur ſchwache Spuren 
Davon zeigt; fo fann man fie nad) Hrn. Cavallo das 
Durch merflicher machen, daß man fie von dem grö- 
fern Deckel an einen zwenten kleinern Condenjator 
verfeßt, und fie folher Geftalt noch mehr condenfirt. 


$. 1383. Gegen diefen Volta'ſchen Condenſator 
hat Hr. Cavallo den freplic gegründeten Entwurf 
gemacht, daß durch die Operation mit demfelben Elecz 
tricität urfprünglich erregt, oder die Bafis electrophor 
rifch werden kann, wodurch dann allerdings die damit 
erhaltenen Reſultate trügerifh ausfallen muͤſſen. 
Allein Hr. HR. Kichtenberg hat diefen Fehler durch 
folgende finnreiche Einrichtung deffelben vollig gehe: 
ben. Auf eine Metallplatte, wozu die äußere Seite 
jedes 


IL Theil. 4. Hauptſtuͤck. 


jedes flachen zinnernen Tellers gebraucht werden Tann, 
werden 3 Stüdchen Scheibenglas, fo Flein als man 
fie nur erhalten fann, etwa in der Größe des Bud 
ftabens o, in einen ungefähr gleichfeitigen Triangel 
gelegt. Auf diefe 3 Glaspunete wird nun der Teller 
des Condenfators gefeßt, der fonft die metallene Un- 


terlage nicht weiter berühren muß. Auf Diefe Art 


wird bloß eine dünne tuftichicht zwiſchen ziven Seiten 
erhalten, und dadurch der Zwed der Einrichtung dei 


Condenſators völlig erreicht, dabey aber der Fehlet 
der gewöhnlichen Einrichtung vermieden. Es ift aut, 
bie Platten vor jevesmaligem Gebrauch zu erwärmen. 


* rrledens Naturiehre, von Hru. Lichtenberg. 6. Aufl. &.sog.f. 


- 1384. Hiermit fommt aud) der vom Hrn. Ca⸗ 
vallo vorgefchlagene Kiecr-icıtätsfammiler oder Col: 
Jector überein, der im Grunde der lichtenbetgiſche 
Eonvdenfator mit doppelter $uftfchicht iſt. Er beſteht 
aus einer Zinnpfatte, 13 Zoll fang und 8 Zoll breit, 
an deren fürzere Seitenränder zivey zinnerne Röhren, 


die an benden Enden offen find, angelöthet find. In 
- ein hölzernes Fußgeſtelle find zwey gläferne, mit Sie⸗ 


gellack uͤberzogene, Glasfuͤße eingefüttet; ihre obern 
Enden find in die untern Deffnungen ber zinnernen 
Möhren eingekuͤttet, ſo daß die Zinnplatte durch die 
Glasroͤhren vertical getragen wird, und völlig ifolırt 
if. An AMs hölzerne Bodenſtuͤck, das die Zinnplarre 
trägt, ift auf beyden Seiten ein höfgerner Rahmen mit 
Huͤlfe eines Charniers befeftigt, fo daf diefe Rahmen 
entweder mit der Platte parallel geftelle, oder bort 


zonta! 


> Electrifehe Materie,» * 


zontal niedergelegt werden koͤnnen. Lieber die innere 
Seite dieſer Rahmen iſt von der Mitte ihrer Hoͤhe 
Goldpapier ausgeſpannt, ‚das noch wirkſamer mit 
Dännem: Stanniol uͤberzogen werden kann. Wenn 
die Rahmen vertical ſtehen, fo berühren fie die Zinn⸗ 
platte nicht, fondern find etwa 2 Zoll davon ab... Sie 
find auch etwas fehmäler, als die Zinnplarte, um die 
zinnernen Nöhren nicht: zu berühren. Vermittelſt 
eines oben angebrachten. Fleinen Brets mit einer 
Siammer fünnen die Rahmen im vertisalen Stande: 
feft erhalten werben. | 


Weichreibung eines neuen electrifen Inftruments, un eine: 
zerfireute und wenig verdichtete Quantirät der Electricıtäf. 
zu fammeln, von Hrn. Tiberus Lavallo; aus den philof.‘ 
J zransuct. Vol. LXXVIII. ©, 255. uͤberſ. im Journal der; 
Phyſ. B. 1. S. 275. ff. 

F. 1385. Wenn das Inſtrument gebraucht wer⸗ 
ven ſoll, fo ſtellt man es auf einen Tiſch, in ein Sen: 

ſter, oder an einen andern bequemen Ort. - Man- 

fielle ein Slafchenelectrometer daneben, welches durch 
einen Eijendraht mie einer von den zinnernen Röhren 
in leitender Verbindung if. Man veranftaltet eine 
andere leitende Verbindung zroifchen der Zinnplatte- 
und der electrifirten Subftanz, deren Flectricität man 

in der Zinnplatte fammeln will, Um z. B. die Elec- 
tricitaͤt des Regens oder der fuft zu fammeln, ſtellt 
man das Inſtrument nahe an ein Senfter, und-ftecie 
das eine Ende eines langen Drahts in die Oeffnung 
der zinnernen Röhre, und läft das andere Ende aus 
dem Tenfter in die Luft hervortragen. Durch die. 
nahe Nachbarichaft der leitenden Subftanz der Rah⸗ 
| me 

\ 


330 I Shell. 4. Hauptſtuͤck. 

men wird die Intenſitaͤt der der Zinnplatte zugeflte 
ten Electricitaͤt geſchwaͤcht, Folglich die Eapacität de 
Zinnplatte dadurch vermehrt ‚ohne daß ein wirkliche 
Hebergang der Electrieitäe aus ber Zinnplatte in de 
feitende Fläche der Rahmen erfolgen fönnte: Wan 
nun die Rahmen horizontal niedergelegt, und fo we 
der Zinnplatte entfernt, fo wird die in der letztern ver 
er infenfibel gemachte: Electricitaͤt jetzt fren, m 
Die Kügelchen des Flaſchenelectrometers Diveram. 
Durch-eine an das feßtere genäherte geriebene Sier 
lackſtange kann dann die Natur der gefammelten Ex 
tricitaͤt leicht: erforſcht werden. — Eine zu jchwate 
Electricitaͤt kann man dadurch bemerriich made, 
daß man fie aus dem’größern Collector an einen ir 
nern verfeßt. | . 


$. 1386. Der Zweck des Duplicatore der Eic 
fricität, den Bennet erfunden, Lavallo verbeiiert, 
und dem Nicholſon eine ſehr finnreiche, vortheildef 
tere Einrichtung gegeben hat, befteht Darin, eine ww 
ringe, jonft ‚nicht benserfdare, Quantität der Elecri 


eität fo lange zu vervielfältigen, bis fie hinreichend 


wird, ‚ein Electrometer zu afficiren, um fo ihre Be 
ſchaffenheit zu erforichen. In Anfehung der Einrid- 
tung, des, Werkzeuges verweife ich auf die unten angt 
zeigten Abhandlungen. „Bey dem Gebrauche defid 
ben ift aber dahin zu fehen, daß das Werkzeug nicht 
noc) Nefte voriger Elestricität enthalte, die fonft ju 
falihen Nefultaten Anlaß geben koͤnnten. | 


Bon den Methoden, die, Gegenwart Fleiner Onantitäten zus 
/ tuͤtlicher oder kuͤnſtlicher Electricität zu entdeden, 2* 





Electriſche Materie: i Bar, 


‚ihre Be —— — u ertennen 1: - Tiber. Cavallo; in 
&rens Journ. der phrl. ©. . ©. 9. ff. 
Beichreibung eines neuen uns Inſtruments, wels: 


ches den doppelten Zuftaud der ri hervorbrin 
von Nicholſon; ebendaf. 8.1. 1. ff. er 


Finige-Erfheinungen ber Eleetriei⸗ | 
tät im Iuftleeren Raume, | 

$. 1387. Die Efectrieität Täßt ſich auch im luft—⸗ 
leeren Raume erregen, und eine Feine Electriſirma⸗ 
fchine unter der Glocke der $uftpumpe angebracht, lies 
fert electriſche Erſcheinungen. 


$.. 1388. Die verduͤnnte luft iſolirt aber nicht 
mehr, ſondern leitet ſehr ſtark, und das eleetrifche 
icht breitet ſich darin ungemein weit aus, und giebt. 
im Dunkeln einen ſehr hellen Glanz. Wenn man 
daher eine glaͤſerne Kugel, die von Luft leer gepumpt 
ift, zum Reiber der Mafchine nimmt, fo erfcheint fie, 
im Dunfeln ganz mit ficht ‚erfüllt. Das Leuchten 

der Barometer iſt ebenfalls daher zu leiten. | 

Die electriſche Schlange. 

$. 1389. Wenn man eine glaͤſerne Glocke, ‚bie 
oben mit einem metallenen Knopfe verfehen ift,; der 
mit mehrern Spißen in die Glocke hinabfteigt, auf 
einem beweglichen Teller der $uftpumpe luftdicht aufs 
kuͤttet, dann die fuft darin verdünnt, und im-Duns 
fein einen Funken in den Knopf der Glocke fhlagen 
laͤßt, fo breitet ſich das electrifche Licht in den ganzen 
Raum der Klocke aus. Dieſes electrifche Licht zeige ſich 
aud), wenn man die Wand der Glocke an den Kopf 
des electriſirten Conductors der Maſchine hält, und 
iwar 


832 II. Theil. 4. Hauptſtuc. | 


zwar entftehen anfangs helle Blige, bis zuletzet dlki 
mit Sicht erfälle if. 
Adams Verf. über die Electricität, ©. 182, ff. 


. Einige befondere Arten ber 
| Electrieitaͤt. 

. 1390. ‚An dem Turmalin, einer Schoͤtlch 
bat man ſchon ſeit geraumer Zeit die Eigenſchaft ut 
deckt, daß er, wenn er erwärmt oder auch abgekift 
wird, Electricität erhält, und zwar entgegengeſcht 
Electricitaͤten an entgegengeſetzten Enden. Die Ei 
tricitaͤt aͤußert ſich nach der Richtung feiner Achſe, de 
durch die beyden Enden des Kryſtalles geht, ſo de 
dieſe die entgegengeſetzte Electricitaͤt haben. Dad 

Reiben mit ſchicklichen Materien erhoͤlt er die El 
citaͤt, wie andere Nichtleiter. Sonſt Hat iman de 
Eigenſchaft, durch bloße Erwärmung, ohne Neter, 
eleetrifirt zu werden, noch an dem brafilianghn 
-Topas, am Eryftallifieten Galmey, - und am db 
Facıt wahrgenommen. u: 
Ich theile hier die Eigenſchaften des Turmalins im Apfict dl 

die Electricität nach Hrn. Cavallo ( voliftandige 

der Lehre vonder Klectricitär, ©. 26. ff.) mıt: 
#4) So lange der Turmalin in einerley Grade der Wärnt ı 
“halten wird, zeigt er keine Merkmale der Eleckricirät. & 


wird aber electrifirt,- wenn mau ibn erwärmt oder erfältd, 


und zwar in dem letztern Falle noch flärker, als in x= 
erften. | 


#) Die Electrieität zeigt ſich nicht auf feiner ganzen Die 
flaͤche, fondern nur in der Gegend zweher eritgegengektte 
Puncte, die man feine Pole nennen fans, ale;“ 
in gerader Linie mit dem Mittelpuncte des Steines un 

aach der Richtung feiner Blaͤtter liegen ; mad meld“ 
Richtung er. vollfommen undurchſichtig iſt, ob er gleid 
nach der andern Richtung halbdurchſichtig erfcheint. 


). Während der Zeit, da der Turmälin erwärmt wird; 
der eine Pol A von ibm + _E, der andere Pal B— 


Electriſche Materie. 5 833 


Bin er aber erfältet, fo bat während der Zeit bes Ers 
tens A — E, und B > E. Wird der eine Pol mehr 
erpärmt, indem der andere mehr eıtaltet, fo Bann «6 
‘ Fommen , daß bende Pole + E oder — E haben. Ä 
4) Wird er erwärmt, und nachher wieder abgekühlt, obne bag 
eine feiner Seiten berührt wird, fo bat A+ E, B— 
- die ganze Bett. der Erwärmung: und Abfühlung hindurch, 
Wenn der Turmalin auf einem iſolirten Körper erwärmt 
» oder erfältet wırd, fo wird diefer Körper eben fo wohl, alg 
der Stein, dlectrifirr , und erhält die entgegengefeßte Elecs 
tricität von derjenigen, bie fih im der darauf rubenden 
Seite des Steins befindet. - 
6) Die Electricitäti einer. jeden oder beyder Seiten Fann fi 
in die enrgegengefehte verwandeln, wenn der Turmalin 
i. dee Erwärmen.oder Erkälten verſchiedene Subftanzen bes 
r t. 
) Wird der Turmalim in verſchiedene Stuͤcke zericnitten, fo 
“hat jedes Stud feinen pofitiven und megativen Pol, einer 
jeden nach der politiven oder negativen Seite des Gteing 
zur) aus welchem man das Stud geihnitten hat. Ä 
8) Diele Eigenſchaften des Turmalins zeigen fib aub im Tufte 
eeren Raume, aber nicht fo ftarf, als an der Luft. 


9) Canton hat an einem im Dunfeln erwärmten Turmalin 
während der Erwärmung ein fehr lebhaftes Licht twahrger 
sommen, 

-- _ Experiments onthe Turmalin, by Mr. Benj. Wil« 
Jon ; in den philof. eransact. Vol. LI, P.1. S. 308. Re- 
cneil de differens m&moires [ur la Tourmaline, nub- 
lie par Mr. Franc. Ulr. Theod. Aepinus, a Petersbourg 

1762. 8. Wilfe Hefchichte des Turmalinsz in den ſchwed. 
Abhandl. B. XXVIII. S. 9% ff. B. XXX. ©. ı. ff. und 
205. ff. Torb. Bergman de vi electrica Turmaliniz; 

+ in feinen opusc. pkyfie. - chem. Vol.V. S. 402. ff, 


Die Electricität des Boracits har Herr Hauͤy entdeckt. Er 
hat ſeine Verſuche mit foihen Würfeln gemaht, tvovon $ 
‚Eden fo abgeſtumpft find, daß jede Abſtumpfungsflaͤche 
' ‚einer nicht abgeſtumpften Ecke gegen über ftebt, und wovon 
auch die zwoͤlf Kanten des Würfels abgefumpft find. Man 
kann is dieſen Kryſtallen des Borgeits vier verſchiedene 
Achſen annehmen, die eine Äbnliche Lage haben , und wor 
von jede durch eine nicht s abgeſtumpfte Ede des Wuͤrfeis 
und durch die Mitte der Abſtumpfungsflaͤche der gegen über 
ſtehenden abaeftumpften Ede geht. Die electrifchen Kräfte‘ 
Außern fich in den Richtungen diefer 4 Achien fo, daf dies 
J —0 von den beyden einerley Achſe zugehoͤrigen Eden 
welche abgeſtumpft iſt, + E hat, während die gegen uͤber 
febende nicht s abaetumpfte Ede — E zeigt, 
Neber die Electricität des Boracits, oder Boraripathegz vom 
Bu — ade Hauͤy; im Journal der Phyſik, ©. VI 
—XE 7. fr vs F B r 


ar | ©ga $. 1391. 


% 
P 


834 II. Theil. 4. Hauptflüc. 
6. 13912: Mocdy merkwuͤrdiger ift die Eiketric 
Earl einiger Sifcharten. Am fätfften entdeckte mar i 
jan dem Zitreraale,; oder electrifchen Aale (Gymaa: 
electricus), der, wenn er geteißt wird, bey der % 
ruͤhrung mit der Hand, oder auch mit einem leit 
und ſelbſt bey der Entfernung im Waſſer , eine fit 
Erſchuͤtterung und einen heftigen Stoß in den = 
ten der Singer, ja jogar big zum Ellenbogen, tere 
ſacht, als wenn man eine geladene feidner Flaſche © 
den Händen entladet. Bey Berührung und Keisıoı 
des Fiſches durch Nichtleiter empfindet man fen 
Stop. Aehnliche, wiewohl ſchwaͤchere, Wirkung 
‘hat man an dem ditterrochen (Raia Torpedo) me 
‚genommen, am dem Hetr Walſh wirkliche eleck 
Funken fihtbar gemacht hat, als er den aus dem We 
‚fer genommenen Fiſch reißte. Endlich gehört nohir 
„ber der Zitterwelo (Silurus electricus), Der elech 
ſche Stachelbauch (Tetrodon electricus ) un dx 
T richinrus indicus. 

—— On ol ah 


ten dariiber forgfältig gefammelt. 

Vom Zitterrochen febe man: John Walfh of the electric pr 
erty of the Torpedo; in dem philo/. eransacı. vel 
xıll. © 461. 

Bom Zittertwels: Broufonet, in den M£m. de Pacad. voy. de 

8 — Paris, 1782. FRE 

om electriſchen Stachelbau eterfon, philof. var 
act. Vol. LXXVL P, Il, ©. 382. 


— — 
Die fo genannte thieriſche Eleckricität 


$. 1392. Wenn man ben einem lebenden Fr 


ſche einen Nerven, z. B. den Ctutalnerven, entbldft 
und 


‘ 


Electrifche Materie. 835 


und biefen Nerven mit zwey verfchiedenen Metallen, 
3. DB. mit Silber und Zinn, mit Silber und Zinf, 
zugleich berührt, während auch diefe Metalle mit ein: 
ander in Berührung find, fo entftehr fogleich eine 
frampfhafte Zufammenziehung der Musfeln, zu wel: 
chen der Nerve geht. Die Erfcheinung zeige fich ‚fo 
fange die Theile noch Vitalität haben. Sie zeige fich 
auch ben abgetrennren Öfiedmaßen, wenn fie nur noch 
Reitzfaͤhigkeit befißen.: — Wenn man das Ende der 
Nerven auf ein Metall legt, z. B. auf Stanniof, 
auf das entblößte Muskelfleiſch, zu welchem der Mer: 
ve geht, ein anderes Metall anbringt, z. B. einen 
Streifen Blatrfilber, und nun beyde Metalle durch 
einen nicht = leitenden Bogen: berührt, fo ift die Er. 
fheinung nicht da; fie zeige fi) aber, wenn man jene 
Durch einen electrifchen feiter in Verbindung feßt, 
-3. B. durch einen Metalloraht, durch eine Kohle. — 
Die Erſcheinung zeigt fich ferner, wenn zwey Stellen 
eines und beffelbigen Nerven mit zwey verfchiedenen 
Merallen befegt und durch einen guten Seiter-in Ver⸗ 
Bindung gebracht werden; fie zeigt fich in dieſem Falle 
nicht, wenn man die Verbindung durch einen.guten 

Nichtleiter macht. , = 
$. 1393. Die Berfuchelaffen fie) auf eine inter: 
-effante Weiſe auch fo anftellen, daß man dem leben: 
den Srofche die Haut ganz abzieht, die Eingeweide 
herausnimmt, und ihn fo präparirt, daß feine Schenkel 
bloß durch die Erurafnerven mit dem Rumpfe zufam: 
menhängen. Man ftellt hierauf zwey Trinfgläfer mit 
Waſſer gefüllt Dicht neben einander, und hängt den 
gg 2 KGroſch 


836 IT. Shell. 4. Hauptftück. 


Froſch fo uͤber bene, daß der Rumpf in das Waller 
des einen, die Schenfel in das Waſſer des andern | 
Glaſes tauchen. Taucht man nun ein Metall in das 
Waſſer deseinen, und ein anderes verfchiedenes Metal 
in das Waffer des andern Ölafes, fo find die Zudun 
gen im dem Srofche ſogleich da, fo bald auch die Me 
talleloben mit einander in Berührung geſetzt werden. 
$. 1394. Braucht man in diefem Falle oder in 
dem vorigen nur Metalle von einerley Art, ti 
- durchaus nicht verſchieden find, fo ift ben ihrer Br 
ruͤhrung unter einander und mit dem Froſche feine 
Zuckung deſſelben da; fie ift aber da, freylich nur 
ſchwach und nur ben einem Froſche von flarfer Wircl 
tät, wenn die Metalle zwar von berfelbigen Art, ar 
doch in der Härte, in der fegirung, in der Aufen 
Politur, in der Aufern reguliniſchen Beichaffenket, 
perfchieden find. Go iſt 3. B. feine Zuckung bes Str 
ſches in-dem zuleßt angeführten Verfuche da, menn 
man die Verbindung des Waſſers in den Ghfäfern 
z. B. durch einen Bogen von Silberdraht macht, de 
durchaus gleichfoͤrmig in ſeiner Natur iſt. 
$. 1395. Allein in dem angeführten Falle ($ 
3393.) find die Zudfungen gleich) wieder da, wenn 
man das Eine Ende des leitenden Bogens mir eine 
feitenden Slüffigkeit anderer Art, als bloßes Waſſer 
iſt, z. B. mit einer Aufldfung von Alfali, mit Sche: 
dewaffer, mit einer Auflöfung von Schtwefelalfalt 
beftreicht; oder wenn man im das eine Glas bloßes 
Waſſer, in das andere Effig, oder eine alfalifch 
rſung, oder eine Auflöfung von Schwefelleber 


oder 


Eleetrifche Materie, - | 837 


oder eine Salzauflöfung gießt , und die‘ Verbindung 
jeßt auch nur durch ein einziges Metall macht. 


$. 1396. Die angeführten Erſcheinungen von 
Zuckungen hat man nicht nur bey Sröfchen und bey 
Thieren mit faltem Blute, fondern auch bey warm: 
bluͤtigen Thieren, und felbft bey menfchlichen Glied— 
maßen wahrgenommen, fo fange fie noch Neisfähig- 
keit befaßen. Nur zeigen fie fich defto ſchwaͤcher, je 
geringer, bey übrigens gleichen Umſtaͤnden, die Reitz— 
fähigfeie ift, und dauern defto Fürzere Zeit, je früher | 
dieſe erlifcht. 


$. 1397. Man applicire einen Streifen Stan: , 
niol unter die Spiße der Zunge und die Unterlippe, 
fo daß er hervorſteht; man berühre hierauf die obere’ 
Flaͤche der Zungenfpiße mit Silber, und mit bem- 
felben zugleich das Stanniol: fo empfindet man in 
dem Augenblicke, da ſich beyde Metalle unter fic und 
zugleich die Zunge berühren, einen fehr auffallenden, 
gleichſam cauftifchen, Geſchmack. 


$. 1398. Man fuͤlle einen zinnernen Becher mit 

Kalfmilch, oder mit alfalifcher, mäßig farfer Lauge, 
faſſe den Becher mit einer oder beiden Händen, bie 
man mit bloßem Waſſer feucht gemacht hat, und brin- 
ge die Spiße der Zunge auf die Flüffigkeit im Becher. 
Sogleich wird man die Empfindung von einem ſauern 
Geſchmacke auf der Zunge erhalten, welche die alfa: 
liche Fluͤſſigkeit beruͤhrt. Diefer Geſchmack if, im 
Anfange wenigſtens, fehr entfcheipend, bis er endlich 

Dem 


833 IL Theil 4. Hauptſtũck. 
dem eigenthfimlichen allaliſchen der Ftüffigkeir Ps 
macht. 

6. 1399. Man nehme einen Becher von Zimm, 
(nod) befler von Zinf,) ſtelle ihn auf eimen jülbermen | 
Fuf, und fülle ipn mit reinem Waſſet. Steckt man 
die Spiße der Zunge ins; Waſſer, fo finder man es, 
wie natärlih, unſchmackhaft; fo bald man aber ;= 
gleich den filbernen Fuß mit den recht benegten Hän- 
ben preft, fo empfindet die Zunge einen fehr eutſchie 
denen fauern Geſchmack. 


$. 1400. Man bringe endlich zwiichen die finfe 
obere Kinnfade und die finfe Wange eine Stang 
Zinf, und jmifchen die untere rechte Kinnlade und 
die rechte Wange eine Stange Silber, fo, daf dr 
Metallftücfe aus dem Munde hervorragen, und ni 
here hierauf diefe hervorragenden Euden einander; 
fo wird man im Dunfeln bey dem Contacte beuder 
Metalle sicht empfinden. 


$. 1401. Wenn in allen den angeführten Faͤllen 
Musfelbewegung oder Empfindung erzegt werden fol, 
fo müffen Seiter von verfchiedener Art, fo wohl unter 
einander, als mit den reißbaren ober empfindenden 
Theilen in Berührung feyn. 


$. 1402. Bey gleicher Meißfähigfeit der chieris 
fchen Theile bringen: die verfchiedenen feiter in Be- 
tührung unter einander und mit reißfähigen Theilen 
nicht gleich ſtarke. Wirkungen hervor. Diefe find um 
defto lebhafter, je mehr die angewandten Metalle von 
einan: 


Electriſche Materie 839- 


einamder, in ber hier genannten Ordnung von einans 
der abſtehen: 
inf, 
ne @tanniol, 
Dfundzinn, 
Bley / 
Eiſen, 
Selbfupfer / 
„Kupfer, 
Platin, 
Soelde 
Silber, 
Ducdülber, 
Reißbley (Holzkohle). 


F. 1403. Der Erſte, welgher bie bey der Berührung, 
von zwey verfchiedenen Metallen entftehenden Muskel⸗ 
bemegungen beobachtete, war GBalvani zu Bologna; 
und maıt hat daher nach ihm bie Erſcheinungen dieſer 
Ast unter dem Namen des Galvaniomus begriffen. 
Die Verfuche darüber befhäftigten bald nachher eine 
große Menge von Maturforfhern und Phnfiologen 
in mehrern ändern; man änderte ſie auf mannigfal- 
tige Weiſe ab und entdeckte eine Menge neuer That: 
fachen, So wie es aber gemeiniglich mit neuen Ent 
defungen phyſicaliſcher Thatſachen zu geichshen pflegt, 
daß man ſogleich Erklärungen ihrer Urfachen wagt, ehe 
warn noch- die Tharfachen felbft gehörig vervielfältigt und 
abgeändert hat, fo geſchah es auch) hier, Man ging 
gleich anfangs von einer eigenthümlichen, den leben⸗ 
den Organen beywohnenden, und die Muskelbewe⸗ 
gungen erregenden, chieriſchen Electricitaͤt aus, und 
ließ die Muskeln ſich ordentlich damit laden und wie⸗ 

der 


840 II. Theil. 4. Hauptftüd. 

der entladen. Andere erflärten die Erfcheinungen vei 
 hemifche Mifchungsveränderungen, die ben der & 
mwirfung der Metalle unter einander und mit den" 
rübrenden lebenden Theilen in diefen vorgehen fol 
und brachten zum Theile davon mwunderfiche Men 
gen bey. Keiner von allen Naturforſchern, di ir 
mit diefem Gegenſtande befchäftigt haben, hat ihn « 
fo vielfahe Art unterſucht, als Herr Volta { 
verdanfen wir die meiften hierher gehörigen En 
ungen und die nähere Beſtimmung der dabey of 
tenden Umftände. Er ift es aber-auch, der die der 
wirkende Urſach zuerft aufgeklärt und ing $icht ar 
und der bis zur Äberzeugendften Evidenz Dargethan t: 
daß diefe Urfach, welche in den anaeführten Fl 
- Musfelbewegungen erregt und ben GSefchmads : ! 
Hefichtsfinn afficirt, das gewöhnliche elertrifche 
dum iſt, welches nicht durch einen thierifchen Sehen” 
zeß, fondern durch die Berührung heterogener Im 
unter einander in Action gefeßt wird; daß dieſes int: 
culation gefeßte .electriihe Fluidum reißfähige Tv 
reiße, und fo Musfelbewegungen und Empfindie« 
veranlaffe. Es ift ihm endlich gelungen, "die hm ® 
Berührung der heterogenen feiter im Action ak 
electrifche Materie durch Hülfe des Duplicators he? 
‚ Wahrnehmung an einem KElectrometer datjufı 
So find alfo diefe Unterfirchungen zwar nicht fir 
Phyſiologie aufklärend und fruchtbar gemefen, de 
mehr aber für die Maturlehre im Gebiete der dit 
[hen Erſcheinungen. 


Ar, 


Electriſche Materie. 841 


AloyJfii Galvani de viribus electricitatis in motu muscularz 
"commentarius. Bonon. 1791. 4. Aloyf. Galvani Abhands 
lung über die Kräfte der tbierifchen Electricıtät auf die 
Bewegung der Muskeln, nebft einigen Schriften der Herren 
Dalli, Carminati und Ddlta über eben diefen Gegenftandys 
herausgegeben von D. Joh. YIiayer. Prag 1793. 8. Nach⸗ 
richt von den Verſuchen des Hrn. Galvani über die Wırs 
Fung der Eleetricität auf die Mustularbewegungen; im 
Grens journal der Phyfif, B. VI. S. 371. ff. Briefe des 
rn. Euſeb. Valli über die thierifche Electrieität; 'ebendaf. 
5.382. ff. ©. 392. ff. Grens — — uͤber die ſo ge⸗ 
naunnte thieriſche Electricitaͤtz ebendaſ. ©. 402. ff. Schrei⸗ 
ben des Hrn. Prof. Keil au Gren über die fo geremte tbies 
riſche Electricität; ebendaf. ©. gıu ff. chriften uͤber 
Die thieriſche Eleetricitaͤt von Alex. Volta, aus dem tal, 
von D. oh. Mayer. Prag 1793. 8. Carl Caſpar Creve 
Benträge zu Galvani's Verſuchen über die Kräfte der thies 
riſchen Electricität auf die Bewegung der Muskeln. Franks 
Furt und Leipzig 3793. 8.5 inal. in Grens “Journal der 
Dhyfif, 3. VI. ©. 323, ff. Chriftoph. Henr. Pfaff disl, 
de electrieitate animali. Stuttg. 1793. 8.7, uͤberſ. im ' 
Journ. der Phyfif, DB. VIII. S. 196. ff Fortgeſetzte Ber - 
merfungen über die thierifche Zlectricität , von’ Hrn. Pfaff; 
ebendaf. ©. 270. ff. &. 377 ff. Nachrichten von einigen 
Eutdefungen ded Herrn Galvani, nebſt Verſuchen und 
Beobachtungen darüber, von Aler. Volta; ebendaf. ©. 
303. fi. ©. 389. ff. €. 4. Pfaff über thieriſche Electricis 
tät und Neißbarkeit. Göttingen 1794. 8. Weber die ges 
reiste Muskelfaſer, vom Hrn. von Zumboldr; im neuen 
“journal der Phrfif. B. 11. ©. 115. #f. Brief des Herrn 
von Zumboldt an Hrn. Blumenbach; ebendaf. ©. yrı. 
Ebendeſſelben neue Verſuche uber den Metalireis; ebend. 
B. 111.©. 169. ff. Beobachtungen über den Muskelteitz 
ben Thieren in den Galvani’ihen Beriuhen, von Herrn 
wells in London; ebendaf. &. 441. ff. Weber die aereikte 
TRuräeiaiez , 000 Hın. D. Pb. Michaelis; ebendaf. 
.&. ı 


- Des Herrn Alex. Volta neue Abhandlung über die 
thierifche Electricität; ebendaf. 3. 11. ©. 141. ff, Schrei⸗ 

- ben des Hrn. Dolta an Gren; ebendaf. B. III. S. 479.” 
Zweytes Schreiben des, Hrn. Volta an Gren über die fo ges 
nannte thierifche Electrichtätz cbendaf. B. IV. ©, 107. ff. 


"1404. Die” freye und bewegte electrifche 
Miäterie ift ein Reitzungsmittel Für die belebte Faſer, 
und die Folge ihres Reitzes bey ihrer unmittelbaren 
Dutchſtroͤmung durch Diefelbe iſt Empfindung oder 
Bewwegung derfelben. . Die entblößte -Musfelfafer 
ober ihre Nerven find ſolcher Geſtalt das empfindlich⸗ 
a Ze fte 


\ 


942, ° 1 Deil. 4. Hauptſtuͤck. 


fie Electroſkop, und zeigen fo das Dafeyn eines ek: 
erifchen Stromes an, der fonft das feinfte Electrome: 
ter nicht in Bewegung feßen würde. Bey der De 
rührung heterogener Seiter wird electrifhes Fluidum 
in Bewegung gefeßt, es ſey nun, daß alle feiter im 
natürlichen Zuftande davon eine geringe ben Saͤtti 
gungsgrad derfelben in unmerfliher Menge überftei: 
gende Dofis enthalten, und Dagegen felbft eine ver: 
fchiedene Anziehungskraft. befißen; oder daß die Be 
rührung derfelben unter einander felbft e8 frey macht 
und fie es ftärfer oder ſchwaͤcher anziehen. Bilden nun 


die feiter einen Kreis, fo wird das Fluidum dadurch 
ſelbſt in Kreislauf gefegt, mas aber durch unfere bis: 


berigen Werkzeuge nicht zu. entdedden war. Wenn 
fo 5: DB. die entblößten Cruralnerven eines Froſches 
von diefem Kreife heterogener feiter felbft ein leitendes 
Stuͤck ausmachen, fo daß die ganze oder faft Die gan: 
ze firömende electrifche Materie durch fie allein geben 


muß, und die Nerven noch einen Reſt von Vitali: | 


tät haben; fo werden die den Nerven zugehoͤrigen 
Muskeln in Zuckungen gefeßt, fo bald die Herftellung 
des Kreifes der feitung einen ſolchen electrifchen Strom 
veranlaft, und fo oft man nad) gehöriger Unterbre: 
hung deſſelben ihn gehörig wiederherſtellt. Wenn 
ſich anftatt der zur Bewegung dienenden Nerven die 
an der Spiße oder am Rande der Zunge, welche zum 
Geſchmacke dienen, oder die aͤußern Theile des Aug⸗ 
apfels, in dem leitenden. Kreiſe befinden, ſo wird ‚auch 
durch diefen electrifchen Strom Empfindung pon Ges 

— und von Licht errez. 
Er | s 1405. 


Electriſche Materie 843 


5. 1405. So kann man auf folgende Weiſe 
h einen ſehr frappanten Verſuch Muskelbewegung 
Afficirung des Sinnes des Geſchmacks und des 
lehts zugleich durch den electriſchen Strom bewir⸗ 
Es treten vier Perſonen auf einen nicht ſehr 
nden Fußboden, und werden mit einander folgen- 
Maßen in leitende Verbindung gefeßt. Die erfte 
der Weihe faßt in die rechte Hand, die aber mit 
affer beneßt feyn muß, eine Zinfflange, und be 
jet mit dem. Singer der linfen Hand die Spike der: 
inge der zweyten Perfon, die wiederum mit einem 
ger den bloßen Auganfel der dritten Perfon ber 
hrt; Diefe dritte Perfon hält mit naßgemachter- 
and die hintern Ertremitäten eines nad) der oben 
. 1393.) angeführten Weiſe präparirten Froſches, 
fen entblößten Rumpf die vierte und leßte Perfon . 
der Reihe mit der naflen rechten Hand anfaft, 
hrend fie in ber naſſen linken eine Silberſtange 
alt. So mie nun der Erſte und feßte in der Reihe 
ie Zinf : und Silberftange in; Berührung bringen, 
md folher Geſtalt den Kreis vollenden, empfindec- 
te Perfon, deren Zungenfpiße berührt wird, einen 
auern Geſchmack, das berührte Auge des Dritten 
nimmt einen Schein von licht wahr, und die Shen: 
hel des Ftoſches, der vom Dritten und Bierten gehal⸗ 
ten wird, gerathen in heftige Zuckungen. 
6 1406. Die verſchiedenen electriſchen leiter 
jeigen das Verindgen, bey ihrer Beruͤhrung unter ein⸗ 
ander, einen electriſchen Strom zu veranlaſſen, nicht 
mit gleicher Thaͤtigkeit ($. 1402.). Herr Volta theilt 
| fie 





844 N. Shell. 4. Hauptftück. 


fie in dieſer Hinſicht in zwey Claffen: in troaͤm 
welche die erſte ausmachen, und wohin borzhalih ix 
Metalle, die Kieße und die Holzfohle gehören; = 
in feuchte Leiter, welche die zweyte Claſſe ann 
chen. Jedesmal nun, daf in einem vollftändigen du 
von Seitern entweder einer bon der zweyten Claſſe 
ſchen zwey unter einander verfchiedene von der ia 
Claſſe, oder umgekehrt einer. von der erftern Ü 
zroifchen zwey unter ſich verfchiedene von der im“ 
Claſſe gebracht wird, wird durch die bvormal 
Kraft zur Rechten oder zur Sinfen ein elecinir 
Strom veranlaßt, ber bey Unterbrechung des Au 
wieder aufhört, bey Wiederherftellung deſſelben m 
ber von neuem veranlaft wird, und fo in ben" 
- fähigen Theilen, die einen Theil des leitenden A 
ausmachen, Empfindung und Bewegung hervorbm 
Herr Dolta hat durch feine. Unterfuchungen vr’ 
than, daß die electrifche Action hHauptfächlich durd | 
Berührung weyer verjchiedenen Metaile mit fen“ 
Seitern veranlaßt wird, obgleich diejelbe auch bey S 
rührung der trockenen heterogenen Seiter unter einan“ 

und felbft der feuchten heterogenen feiter unter cms 
der Statt findet. 

"551407. Die verfchiedenen Arten — 
dung der leiter unter einander zur Veranlaſſung ec: 
electrifchen Stromes Taffen fi) Durch Zeichnun 
deutlich) machen, die. ich deshalb nach Herrn 
auf der. XV. Kupfertafel hier benfüge. Sie dien 
zugleich, die darauf Bezug habenden Grundfäße e 
raue zu Bas Die hierher gehdrigen Seiter d 

erie 













Electriſche Materie. Er 


en Elaſſe, wie die Metalle, find durch große Buch- 
Ben, bie feiter der zweyten Elaffe oder die feuchten 
eer durch Heine Buchftaben in den Figuren, anger 


at. A Pe 46 17°; Sr . . 
Fig. 156. Fann'den' Fall vorſtellen two der Froſchnerve dem 
feñnchten Leiter a macht, der ati zwey verfdiedenen Stellen 
von zwey verfchiedenen Metallen oder Leitern der erftern 
Kiäffe A (Silber) und Z (Zinf) berübrt wird, die fih unter 
- einander wieder felbft berühren, wie nach |. 1392; oder aift 
- die Spitze der Zunge zwiſchen Silber und Stannlol, die 
fi unter einander berihren, oder der Fall des $. 1397. 


Fig. 157. ftelt den Fall vor, wo fih Ein Leiter der ers 
ern Claffe zivifchen zwey ſich berührenden heterogenen 
eitern der zweyten Claſſe in Berührung befindetz wohin 

die Derfuche j. 1395. und f. 1398. gerechnet werden koͤnnen. 


Wenn der Kreis: bloß von zwey Arten der Leiter, o vers’ 
fibieden fie aub find und fo vieltah auch die Anzahl ver 
Stüde ift, woraus jeder befteht , zufammen gefeßt ift, wie 
Big. 158., 159. , 160. und 1601., fo kann Fein Kreislauf des 
electrifhen Finidums veranlaßt werden; denn die Kräfte 

» find ſich einander gleih, die nach entgegen gefegten Rich⸗ 
tungen wirfeı. | 

Eben dies ift auch der Fall, und es wird fein electrifcher 
Strom veranlaft, der vermögend wäre, auf die zarteſten 
Nerven Eindrud zu machen,. wenn von zwey oder mehs 
rern verfciedenen Metallen ſich jedes zwiſchen Leitern der 

wenten Elafle von einerley Art oder nahe von einerley Art 

Vendet, welchen Fall Fig. 162. vorftellt, ober wenn im 
dem Kreife zwey trodene Leiter von einerley Art, die mit 
einem feuchten Leiter zwiſchen fich verbunden find, durch 
einen trodeuen Leiter von verfibiedener Art an ihrem ans 
dern Ende ‚verbunden werden, wie Fig. 163. 


‚Wenn aber in dem legtern Falle A und das eine Z nicht 
unmittelbar ſich berühren, fondern ein feuchter Leiter my 
der aber von g verfchieden ift, fich dazwiſchen ‚befindet, wie 
Fig. 164.5 dann iſt die efectrifhe Action nit mehr 
“u beyden Seiten im Gleichgewichte, und es entfteht num 
ein electriiher Strom. Wenn alfo g ein präparirter —— 
2, 2, Stuͤcke von Zink, A Silber, und m ein Waflers 
tropfen, ein Stuͤckchen feuchte Morchel, Seife, Kiebers 
Eyweißz u. dergl. ift, fo wird ber in in Zudungen ges 
brat , fo bald man den Kreis vollſtaͤndig macht. 

In dem Falle, den Fig. 165. vorftellt, fann wieder Fein 
electrifcher Strom veranlaßt werden, wegen des Gleichges 
wichts anf beyden Seiten; dies findet auch in dem Falle 
Fig. 166. und 167. Statt, 

Aber in den Combinationen, die durch Fig. 168.7 169. 
170.) 171, 0nd 172. vorgeftelt find, find fich die Retibnen, - 

| ur 


346 


\ I. Theil. 4: Hauptſtuͤck. 


durch die metalliſchen Beruͤhrungen entfpringen, ichh 
einander entgegen geſetzt, folglich enkſteht eim dleci 
Strom. In diefen Figuren fann g den präparirten 

vorttellen , der von Perfonen R; mit feuchten Händen 
halten wird, A und Zaber &: de von Silber und Fu. 


Menn in Fig. 169. a zwifhen A und Z feblte, k ® 
de die Combination mit der in Fig. 167. vorgeftellten Ör 
einfommen und fein electriiher Strom veranlaft vun 
Man Fann daber den Verfuh auf eine frappante In» 
ändern. p im Kreiſe zur Linfen in Fig. 169. fep din v 
fon , die ın der linken feuchten — einen —— 
fel, worin etwas Waſſer a iit, bey dem Gtiele hält, 
der rechten auch ein Gilberfiüd A bat. p oben im fl 
zur Rechten balte in der rechten Hand ein Gtüd Zul, 
der linfen die untern Ertremitäten des Präparirten fr 
fhes g, deſſen Rumpf von der dritten Ober mittlen " 
fon p mit der rechten Hand gehalteniwird,, mäbren # 
der linken mit einer Stange Zinf das Silberftäd Atcr 
ften Perfon berübrt. Wenn nun die beuden Außerku iv 
fonen ihr Silber und Zink fib troden berübren lan, | 
tritt der Full Fin. 167. ein, und der Frofch bleibe nis 
er wird aber lebbaft erfcüttert, wenn die eine Derien ii 
mit dem trodenen Zink eine. trofene Gtelle des ihm 
Loͤffels zu berühren, das Waller a darin berührt, mim 
der Fall Fig. 169. bergeftelle wird, 


In dem Falle Fig. 173. wird, wie man nun lade 
fiebt, dadurch, dafı proifhen jedes A und Z eim fear 
Leiter a von einerley Art angebracht wird, die Met" 
benden Seiten ber wieder ins Gleichgewicht gebratt, = 
alfo die Entſtehung des electrifhen Stroms gebimden. 


Fia. 174. ftellt den Typus des oben (f. 1395, ) beſchr— 
nen Verfuchs dar, wo g der präparirte Fröſch if, ı,' 
die beyden Gläfer mit Wafler, A den Bogen eines eine 
Metalles, und m den Tropfen oder die dünne Et 
von: Schwefelleberauflöfung, Salzwaſſer, Scheidemfr 









u. dergl. vorftellt. Er ift dem Falle der Fig. 15 7. any 


Es giebt noch eine dritte Art, das electrifche Flade 
zu erregen ,, obgleıh auf eine weit ſchwaͤchere Mai, " 
aum vermögend ift, einen volftändig praparirten Fri 
ider noch ftarfe Vitalität bat, in Zudfungen zu werite 
(Sie befteht darin, daß drey verfciedene Leiter, die ya 
cius der ziochten Elafle find, den Kreis bilden, oda Ü: 
zwifchenfunft eines Metalles oder eines Leiters der eri" 
G’lafle. Diefer Fall, weit entfernt, den Grumbiägen !v 
Lrerrn Dolta, mie man meint, au twiderfprechen, m 
fi? nur noch allgemeiner. Fig. 175. ſtellt diefen Falır 
wi'ben £ der Schenkel des nach J. 1393. präparirten Froe 
odı’r eigentlih der tendinofe Theil des musculus galtte 
en mius iſt, der den Rumpf m,oder die Ridenmustfeln, ede 


and die Iſchiadnerven betuͤhrt, indem an die von 


9— Eleciriſche Materie 847 


a oder. zrep⸗ iöder ſeifenartige , oder ſalzige 
tigkeit gebracht iſt 


Volta, im MenEn —* der bhyſt, B.iv. e. 107. ff. 


inige Beinerfüngen über die Natur 
und Zufammenfeßung der electris 
fhen Materie. 


$. 1408. Ungeachtet der überaus großen Men: 

> eleetrifcher Verſuche, die bis jeßt angeftellt wor⸗ 
en find, hat man daraus bis jegt noch wenig Folge 
ungen über die Natur und dag eigentliche Weſen des 
lectriſchen Fluiduins gezogen. Vielleicht hat man 
ich bey der Erklaͤrung mehr Schwierigkeiten gemacht, 
ils wirklich da ſind, indem man das Zufällige von 
yem Weſentlichen nicht gehörig abfonderte; vielleicht 
ft die vorgefaßte Meinung des dualiftifchen Syſtems 
Jon zweh ſpecifiſch verſchiedenen electriſchen Materien 
ſelbſt eine nicht zu uͤberwindende Schwierigkeit in der 
Erklaͤrung der Natur und Zuſammenſetzung des elec— 
triſchen Fluidums geweſen. Ich wage es hier, meine 
Gedanken uͤber dieſen Gegenſtand vorzulegen. Waͤre 
meine Erklaͤrung auch nur hypothetiſch, ſo hat ſie viel⸗ 
leicht doch das Verdienſtliche, neue Unterſuchungen 
zu veranlaſſen, die etwa auf einem andern Wege die 
Wahrheit finden laſſen. Meine Behauptungen ent: 
halten indeſſen mwenigftens nichts, was nicht finnfiche 
Thatſachen Tehrten, und was nicht auf Beobachtung 
gegründer wäre. Auch verdienen fie vielleicht Dadurch 

einige Nücficht, daß fie die electrifche Materie mit 

ſehr allgemeinen Erfcheinungen der Natur in Caufal- 

zufam? 


2 













848 IL Theil. 4 Hauptftüd. 


zufammenhang feßen. Ich lege baben be 
ſche Syſtem zum Grunde, ſchicke 
ge allgemeine Thatſachen voraus, 
Ich brauche mich nur kurz zu faſſen, * 
Anwendung ſich leicht machen läßt. 2 

Man veroleibe mit meiner Theorie die vom de £ 





neuen Tjdeen über die !ieteorologie , TE. L € 
un? tie pon Gardınr ( SE 

Seuers; uberjegt von ©. ein 
1793. 8.) A 






















$. 1409. Da die poſi ts eectrfirten SR 
ſchwerer, die negativ⸗ electriſttten “zz — 
als in ihrem unelectrifirten Zuſtande, a 
fuchungen mit den feinften Waagen; fo fol 
electriihe Materie eine inponderabele S — 
muͤſſe, in deren Sufammenfegung ein 
Stoff eingeht. 


$. 1410. Die electrifche Materie m 
wirffam und thatig in und auf Nichtleite 
electriſche Anzichen oder Abftofen, was eim 
ger Leiter zeigt, zeigt er nur vermöge k 
Armofphäre ($. 1318.), d.i, berimiml 
einem Michtleiter, thaͤtigen electrifchen Maters 
re die $uft eın feicer, jo würden wir ja nichts 
triſchen Eriheinungen wiffen. , Das electri 
zeigt fih nur ben dem Uebergange oder € Fintri 
oder in einen Leitet durch einen Nichtle 
Torricelliiche feere natürlicher Weiſe — * | 
wenig als ein Michrleiter, jo muß auch Die: 
Materie darın am freyefien werben und Da 
$icht zeigen. Bey dem Uebergange des 


Digitized by Google 


-. Electriſche Materie. 849 
ectrifchen Funkens durch einen duͤnnen Draht; "der 
avon gfühend und gefhmolzen wird, wird das efec: 
ifche Fluidum nür in fo fern frei ,. ald die wenige 
Raſſe die ganze Menge des firdmenden — 
luidums nicht auf Einmal faſſen farm. In den lei⸗ 
en, ohne Verbindung mir Nichtleitern, wird alſo 
ie. electeifche Materie nie fo frey, daß fie fich unfern 
Sinnen bemerfbät jeigte.“ Es folgt hieraus, daß die 
Nichtleiter weit weniger Anziehungskraft zur electri: 
hen Materie haben muͤſſen, als die leiter. 

$. 1411. "Die thätige electrifche Materie zeigt 
ich als ein erpanfibeles Stuidum, deſſen Theile übers 
viegende Repulſi onskraft beſihen, welche nur durch 
Anziehung anderer Materien dagegen ins Gleichge⸗ 
vicht, und ſo zur Unthaͤtigkeit gebracht werden kann. 


G. 1412. Die Anhaͤufung der electriſchen Mate⸗ 
ie auf einem leiter geſchieht nicht durch chemiſche Ver⸗ 
bindung: damit, Jondern nur durch Adhaͤſion. Der 
Beweis dafür ift: daß bie electrifirten fetter nur auf 
der Oberfläche, nicht im Innern, electrifirt find 
($. 1247.), und daß die Vertheilung der Electricität 
unter: ifolirte Seiter ſich nicht nad) ihren Maſſen, fon: 
dern nach ihren Oberflächen richtet ($. 1246.). 


$. 1413. : Die aus den feitern bey dem Leber: 
gange durch Michtfeiter, wegen mangelnder Anziehung 
der Teßtern Dagegen, ganz frey werdende eleci-:jcje 
Materie zeigt fich als Licht, bey dem wir an ſich feine 
Verſchiedenheit von dem fichte wahrnehmen, das 
durchs Verbrennen verbrennficher Subftanzen und auf 


Zah andere 


850. Theil Hauptſtuͤck. 


andere Welſe entſteht. Soll indeffen. unfer Geſun 
organ diefes Licht, empfinden, : fo muß -es natürkhe 
Weiſe, wie alles. Sicht, eine, beftimmte Zaren 
quoad minimam. befißen. Daher. jeigt es fihm 
ben Funken, bey dem Ausftrömen aus leitenden E 
Ken, oder bey dem Einftrömen, in ‚diefelben. as 
der unvollfommenen nichtleitenden Eigenfchaft der 
und anderer Nichtleiter wird indeffen nicht alles dei 
fie brechende oder firömende .electrifche Sluidum f- 
und zum Sichtez ;und deswegen kann Durch Fur 
Mittheilung der, Electricitaͤt entſtehen. 

$.. 1414. Ich mache aus allen dieſen That: 
den Schluß, daß die electriſche Materie nichts ande: 
it, als Lichtmaterie, oder die Zufammenfegung: 
der eigenthümlichen Bafis des lichts (. 802. $o: 
und dem Wärmeftoffe, die ihrer ganzen Zulamms 
feßung nach durch Adhaͤſion mit andern — 
tent gemacht, doch nicht chemiſch gebunden, if. $ 
Beſtreben, fich ins Gleichgewicht zu ſetzen, ng 
allein ‚von der Nepulfionsfraft ihrer Theile unter 
ander, fondern auch von der Anziehungskraft ande“ 
Stoffe dagegen ab. Sie zeigt diefes Beſtreben m 
wird chätig, wenn fie auf einem Körper uͤber kin 
Sättigungsgrad .angehäuft worden ift. Durch mi 
ſtaͤrkere AUnhäufung bey nicht genugfamer Anziew 
anderer Stoffe, wie die Nichtleiter find, Fann fie a 
| fich ganz frey werden, wo fie ſich dann als licht oft 

bärt und als folches zerſtreuet. Die Anhäufun 
der electrijchen Materie. auf ifolirten.Seitern würde!" 
deſſen Durch die. Anziehung derfelben dagegen alen 
= nie! 





Electriſche Materie. : 851 


icht gefchehen koͤnnen; oder diefe märde.nicht Hinrei- 
yend fenn, der Repulſionskraft ihrer Theife unter ein- 
nder hinlänglich das Gleichgewicht zu halten, fo daß 
e fih als Sicht entwickeln und entweichen müßte, 
»enn nicht die Nepuffionsfraft der efectrifchen Atmo— 
häre die Anziehungsfraft des feiters Dagegen unter⸗ 
uͤtzte. Die Erſcheinungen des electriſchen Lichts im 
Zacuum beweiſen dies. Die Wirkungen der Erpfo- 
lon ſind Folgen des ploͤtzlich frey werdenden lichts 
der Feuers, als expanſives Fluidum. 
$. 1415. Es, erheller, aus dem Sefagten, daß 
‚a8 freye Sicht nicht mehr Die electrifche. Materie iſt, 
‚aß aber auch die Baſis des lichts allein fie nicht aus: 
nacht, fondern daß das,andern Körpern adhärirende 
icht nur diefen Namen führen fann. 


$. 1416. Da die fichtmaterie aus ihrer. eigen: 
hümlichen Bafis, (Brennftoff,) und dem Aärmeftof: 
e zufammengefegt ift, ſo muß e8 auch die.elcctrijche 
Materie ſeyn. Das Dafenn des Wärmeftoffes in der 
Tectrifhen Materie, durch den fie eben ein erpanfiber 
es Fluidum ift, folge alio fchon hieraus; Herr van 
Marum hat aber den Wärmeftoff als Beſtandtheil 
der efectriichen Materie auch direct erwielen. Das 
Schmelzen der ‘Drähte durch den verſtaͤrkten electri- 


hen Sunfen gehört auch zu dieſen Beweiſen. 
——— um Erweiſe, daß in dem electe ſchen Fluidum Wärs 
* zugegen ülty vom Herrn Dan Yrarum; im neuen 
Iðurna 


I der Dopfit, 3.11. ©. 1. tf. 
$. 1417., Der Wärmeftoff allein macht aber 
nicht das electriſche Fluidum aus; dagegen ſpricht der 
Augenſchein. Das Daſeyn der eigenthuͤmlichen Baſis 


Sa des 


832 IL Shell. 4. Hauptftüd. 


bes lichts in der electriichen Materie folar dt = 
aus dem lichte ſelbſt, zu weichem die eletriite © 
terie ben ihtem Freywerden wırd; fondbıra au = 
andern Berfuchen, wie z. B. aus der Zerietum = 
Waſſers durch den electriichen Sunfen, ven © 
ferfioff, wenn er Waſſerſtoffgas bilden fol, moto 
Dig die Baſis des fichts enthalten muß, Die er m” 
nirgends anders woher, als aus dem efectriichen F= 
dum empfangen fann. 

$. 1418. Die Afficirung des Geruchsfinnes vet 
electrifirte tuft, des Geſchmacks durch den electtiicee 
Strom, der die Merven der Zunge reißt, beme! 
nicht das Dafenn eines Niechftoffes, einer Ein 
u. dergl., in der efectrifchen Materie; bemweif't nz 
daß unfere Nerven durch Strömung der elecrrikhn 
Materie’ gereißt werben. 

6. 1419. Es folgt aus meiner Theorie: daf dr 
electrifche Materie, in den Körpern zufammenackt‘ 
und zerfeßt werden koͤnne. Die urfprüngliche Er 
tegung der Flectricität ben fo manniafaltigen Pre 
zeflen des Schmeljens, Verbrennens, Verdampfens, 
der Gas: und Dampfbildung, Gas: und Damrf: 
zerſetzung, Tiefe fich daraus erflären. Ben dem Rei— 
ben ift es ohne Zmeifel der dabey entwicelte Wärme 
ftoff, melcher der durch Anziehung der Körper untho— 
tig gemachten und ins Gleichgewicht gebrachten elecırı 
fhen Materie die nöthige Erpanfivfraft ertheilt; vie. 
feiche auch fich mit der in den Körpern befindlichen 
tichtbafis erft zur electrifchen Materie vereinigt. Die 


verſchiedenen Farben, welche das electrifche Sicht ben 
feinem 








& — E 


Electriſche Materie: 853 


inem Ausftrömen aus verichiebenen feitern zeigt, bes 
eiſ't die Verfchiedenheit in dem quantitativen Ver: 
ıleniffe feiner Beftandtheife, die aus Ber ungleichen 
nziehung der Körper sum Wärmeftoffe encipringt. 
die Hauptquelle für die electrijche Materie unferes 
:roballes ift das Sonnenlicht, das wir alfo in diefer 
inſicht wiederum zu etwas mehr, als Tag zu ma? 
ven, dienen fehen, und das wir jo als den Grund 
ieler anderer fehr großer und mirffamer Kraft: 
ufßerungen in der Matur su — veranlaßt 
yerden. 





Fuͤnf⸗ 


854 11. Theil. 5. Hauptftüc. 





Fünftes Hauptftüd. 
Magnetiſche Materie. 


| $. 1420. 

Ein befonderes Eifenerz, das unter dem Marten ii 
Magnets ı Magnetes), des magn tifchen Tiſcuße 
nes, bekannt ift, hat die Eigenichaft, Das Eifen a 
fich zu ziehen und mit ziemlicher Kraft an ſich zu kt 
ten. Die Wirkung diefer Anziehung aͤußert füch ſchee 
in der Entfernung, und wenn das Eiien feicht m 
beweglich genug ift, fo bewegt es fih in der Maͤbe de 
Magnets gegen venjelbigen zu, und auch untaefet: 
der Magnet gegen das Eifen, wenn er Beweglichtet 
genug hat. | 


BVerfuhe: An einen rohen Magnet hängt fi Eiſenftil 
ein Bart an. 


Eine Nadel, die an einem Faden hängt, wird im der Entin 
nung nach dem Magnete gezogen. 
Eifenfeil, das auf Duedfilber oder auf einem Papiere auf Ds 


fer ſchwimmt, bewegt ſich ſchon in der Entfernung gu 
einen Magnet. 


Ein Magnet, der auf einem Brete auf Wafler oder auf Dur 
fiber ſchwimmt, wird ſchon in der Entfernung vom Eiks 
angezogen. 

$. 1421. Der Magnet, ber fich fren genua be 
wegen kann, bleibt nicht in jeder Sage, die man ie 
giebt, fondern wendet ſich ungefähr mit einem Er 
de aegen Morden, und dem entgegengefeßten nat 
Süden zu. An diefen ſich einander entgegengeſetzten 
Enden hängt fich auch das Eiſenfeil in der aröftın 
Menge an den Magnet an, und Eleine Städchen € 

ſendraht ftellen fich hier fenfrecht auf dem Magnete. 
Verfuk:: 


Magnetiſche Materie! 855 
Werfüche: Ein Magnet, der an feinem Schwerpunete durch 


einen Faden aufgehänat ift, drebt fi mit einer Geite 
nach Norden , mit der andern nah Güden. 


Eben dies geſchieht, wenn er auf Quedfilber ſchwimmt. 

Din dieſen entgegengeſetzten Enden haͤngt ſich das Eiſenfeil am 
Rärkften any und ſielit ſich ein Stuͤcchen feiner Eiſendraht 
ſenkrecht. * 

$. 1422. Dieſe ſich einander entgegengeſetzten 
zunete des Magnets nennt man die Pole deſſelben, 
nd zwar wegen ihrer Richtung den einen ben Nord⸗ 

ol (Polus boreus), den andern den Südpol (Po- 

us auſtralis). Es giebt auch Magnete mit drey 

nd mehrern Polen, welche sufammengefeiste ‚oder 
momalıfche Magnete genannt werden, und aus 


mehreren verwachſenen Magneten zu befichen fcheinen. 


$. 1423.- Die Richtung des Magnets oder die : 
Sage feiner Achfe, d. h., der geraden finie, die man 
son einem Pole deffeiben zum ‚andern ziehen kann, 
kommt nur ungefähr mit der Mirtagsfinie überein, 
und läßt ſich am beften durch die Fünftliche Magnet: 
nadel (‚Acus magnetica, Verforium) jeigen, von 
deren Einrichtung weiterhin geredet wird. 


$. 1424. Der Magnet zieht das Eifen am ftärf- 
ſten, wenn es im vollfommenften regufinifhen Zu> 
ſtande iſt. Die Anziehung deffelben dagegen wird 
ſchwaͤcher, wenn das Eifen vererzt, oder in Säuren 
aufgelöf’t, oder mit andern Metallen, bejonders mit 
Hrfenif, verbunden wird; doch ift fie unter Den gehd> 
rigen Umftänden nad) Hrn. Brugman allerdings 
noch bemerfbar. 15 | | 


Berfube: Einige Tropfen frifcher Eiſenvitriolauflbſung auf es 
u. EM auf dem MWafler ſchwimmenden Papiere werden vom 
AMagnete angezogen. LIT En * 


61425, 


856 IL Theil. * 5. Hauptftüd. 


$. 1425. Ueberhaupt lehrt die Erfakruna,, ti 
das Eifen immer um defto Ihwächer angezogen mer 
je volffommener es verfalft wird, und ganz yolke 
mener Eijenfalf wird nicht gezogen. Wir willen + 
gewiß, daß das Eifen nicht das einzige Merall 3 
welches vom Magnete angezogen wird. Das Kebe 
auch das reinite, iſt nicht nur fähig, vom Masnz 
gezogen, fendern auch fogar jelbft zum Masım 
zu werben, und wirklich hat-man jeßt auch ide 
Magnetnadeln von reinem Kobalte. | 
Erweis , daß das Eifen nicht das einzige Metall fen, midi 
der Maanet in feiner Reinigkeit anziebt, fondern Kir 
auch diefe anjiehende Kraft gegen das Metall bes allem 
‚Ren blaufärbenden — Aa —— pon Arm. > 
pr Keen und —— 
miſchem Woͤrterbuche, B. 1. Leipzis 1792. S. 896. Bar 
$. 1426. Mod) auffallender iſt die Enden 
des Magnetismus in einer bloßen Steinart, ders 
chen neuerlicy Hr. von Sumboldt gemacht Hat. & 
fand in tem DOberpfälzifchen und:angrenzenden Ge 
birge eine Gebirgsfuppe von Serpentinftein, die « 
nen fehr ftarfen Magnetismus zeigte. Sie beit 
aus reinem Serpentinſtein, meiſt von lancharim: 
Sarbe, ber hier und da in Lhloritfchiefer überack 
Die Kuppe ift, dergeflalt gegen bie Erdachfe gerichtet, 
daß das Geftein am nördlichen Abhange bloß Sir 
pole, am füdlichen Abhange bloß Nordpole zeigt 
Das Gebirge hat nicht Eine. Achſe, ſondern ich, 
die aber nicht in einerley Ebene liegen. Zwiſche 
zwey wirffamen Nordpolen liegt völlig untoirffame 
Geftein, welches aber weder Durch feine äußern. Ken: 
zeichen durch ſeine Miſchung von dem mir! 
ſamen 














Magnetifche. Materie. - ‚857 


men zu unterfcheiben ift. Jedes noch fo flein ab: 
efchlagere Stüd des feßtern zeigt den Magnetismus 
nd Hat feine Pole. Was aber einen fehr wefentliz 
yen Umftand daben ausmacht, und zugleich beweiſ't, 
aß der Magnetismus des Gefteing nicht von fein 
ingefprengtem Magneteifenfteine herrähren fönne, ift 
a8? daß diefe Steinart, fo lebhaft auch ihre Po— 
arität und fo ftarf ihre Anziehung zum Magnete ift, 
eine Spur von Anziehung gegen unmagnetifches Ei: 
en zeigt, woraus denn auch folgen würde, daß fie 
dem Eifen nicht den Magnetismus mittheilen fann. 
Denn es ergiebt fich aus dem folgenden, daß der 
Magner das Eifen nur in fo fern anzieht, als er ihm 
den Magnetismur ertheilt. Das eigenthämliche Ge— 
reicht Diefer Steinart geht von 1,901 bis 2,04, und 
ift alfo geringe. _ | 

Ueber die merkwuͤrdige MORRIS Polarität einer Bebirgsfups 


pe von Serpentinftein, vom Hrn. von Zumboldtz im 
neuen Journal der Dhpfit, 8 81V. ©. En * 


F. 1427: Die Kraft des Magnets, das Eifen 
zu ziehen, wird verftärft, wenn man die Pole def: 
felben fehr glatt abfchleift und dünne eiferne Platten, 
die ſich unten in einen dickern hervorftehenden Faß 
endigen, daran befeſtigt. Diefe angelegten Platten 
ziehen nun weit mehr, als der Magnet felbft. 


H. 1428. Der auf diefe Art vorgerichtete Mag: 
net heißt gewaffner oder armirt (armatus ), und 
die Stüce Eifen feine Armaturen oder Panzer. Um 
die Srärfe der Anziehung des Eifens durch Gewichte 
bequem auszufinden, dient ein eiſerner Stab, der 
mit platten Seite an. die Fuͤße oder kuͤnſtlichen 

ze Dole 


858 IT: Theil. 5. Haupefitet 

Dole des Magnets anſchließt, und in der Mitte mit 

einem Hafen zum! Anhängen ber Gewichte verſehe⸗ 

ift, Man nennt diefen Stab ven Anker. 

| $. 1429. Die Wirfung des Magners auf but 
Eifen nimmt mit ber Entfernung ab, und zwar 2 

Verhoͤltniß des Quadtats dieſer Entfernung. Han 

90.1 55 .fJure hat durch feine Magnetometet gefun: 

den, daß die Kraft des. Magnetg gegen das, Eijen a 


verſchiedenen Orten veränderlich iſt. 


Sauſſure Beſchreibung eines neuen Magnetometers; ia P 
ven Reiſen durch die Alpen, Th. 11. ©. 126. ff. 


. 1430. Die Erfahrung lehrt, daß ben de 
cher Eutfernung die Intenſitoͤt der Anziehung zwiſche 
Eiſen und Magnet dieſelbige bfeibt, es mag zwiſche 
benden ein Mittel ſeyn, welches es will, nur mid 
ein folches, das ſelbſt der Mittheilung des Magnet 
tismus fähig ift, als Eifen. Auch im luftleeren Raw 
me bleibt die Anztehung diefelbige. | 

Hierauf gründen ſich allerlen Epielereven und Taſchen kuͤnſte 


Verſuche: Die Magnetnadel wird vom Eiſen an 
wenn ſie — hinter Meſſing ı —*— Baden 


u.dergl. ſteht. 
Eine unter der Blode der Luftpumpe im leeren Raume derh 
bigen bängende Magnetnadel wird durch das aͤußerich as 


die Glode gehaltene Eiſen angezogen. 

$. 1431. Der Magnet zieht nicht allein bes 
Eifen an, fondern auch einen andern Magnet. 3 
fein die Pole des Magnets ziehen ſich wicht ohne Un 
terfchied an, fondern nur die ungleichnamigen; 08° 
der Nordpol des einen Magnets sieht nur den Gil 
pol des andern, und umgefehrt, und beyde hängen 
ben der Berührung ftarf.zufammen. :.. 
| (. 145: 





Magnetiſche Materie 859 

S. 1432. Die gleichnamigen Pole bes Mag: 
3 Hingegen, als der Nordpol des .einen und der 
ordpol des andern, der Suͤdpol des einen undider 
adpol des andern, ziehen fi) nicht nur nicht an, - 
‚dern ftoßen fich fogar zurüd. 


8. 1433. Hieraus: folgt alfo das allgemeine Ges- 
: - Ungleichnamige Pole der Magnete ziehen ſich 
‚, gleichnamige Pole derfelben ftoßen fich ab. 


Berfuche: Der Nordpol des einen Magnete hängt mit dem 
Suͤdpole eines andern zuſammen. 


Zwiſchen dem Nordpole oder Suͤdpole des einen nnd dem gleich⸗ 
namigen des andern ift Feine Spur von Zufammenbang zu 
merfen, wenn fie fi berühren. 


Ein Magnet, der an einer Waage ins Bleichgewicht gebracht 
tft, wird bey der Aumäherung der ungleichnamigen Pole 
eines andern Magnets herabgezogen, (Io wie vom Eifen ‚) 
‚bed Annäherung der gleihnamigen Pole aber in die Höhe 
geſtoͤßen. 

Der Nordpol einer Magnetnadel flieht vor dem Nordpole des 
Magnete» und geht nach dem Suͤdpole deſſelbigen au, der 
bingegen wieder den Güdpol der Magnetnadel abftößt. 


$. 1434. Wegen .diefer Wirfungen heißen die 
ingleichnamigen Pole zivener Magnete auch freund: 
haftliche (D. amici); die gleichnamigen, feindſchaft⸗ 
iche (P. inimici). | | 

$. 1435. Die anziehenden und  abftogenden 
Kräfte der magnetifhen Materie verhalten ſich gera⸗ 
ye, wie die. magnetifche Intenfität, und umgekehrt, 
vie das Quadrat. ihrer Entfernungen. . Herr Cou⸗ 
lomb hat dieſes Gefeß durch feine finnreiche magnes 
tische Waage bewiefen. ' 


Abhandlung tiber den Magnetismus, von Hen. Coulomb; im 
neuen Journal der Phyſik, B. II. S. 298. ff. 


$. 1436. Das Eifen, befonders der Stahl, tft 
dir Mittheilung des Magnetismus fähig, und kann 
die 


360 I. Theil. 5. Hauptſtuͤck. 


die Eigenfchaften des Magnets, anderes Eifen zu x 
hen, und die Polarität erlangen. Das magnerit 
gemachte Eifen oder ſolcher Stahl heißt überhaur: «= 
kuͤnſtucher Magnet, und übertrifft an Wirfunsr 
den natürlichen. - 


§. 1437. Der Magnetismus kann dem Str 
und Eifen auf verfchiedene Art durch einen nararlice 
Magnet mitgetheilt werden. Schon dadurch, dv 
eine eiferne oder ftählerne Madel an der Armatur: 
nes natürlichen Magnets eine furze Zeit hängt, e 
hält fie das Vermögen, leichtes Eifenfeil zu ziehe, 
und zeigt an der Spitze, womit fie den Pol » 
Magnets berührte, den entgegengefeßten Pol ix 
Magnets, oder die Spiße der Nadel wird 5. B. je 
Suͤdpole, wenn fie an dem Ttordpole des Maaner 
hing. In diefer Mitrheilung des Macnetismus ix | 
auch zum Theil der Grund, daß fich an den ame 
mirten Magnete hängenden Bart vom Eifenfeil nt 
mehreres anlegt, und daß man auf -diefe Art c 
große Menge Eiſenfeil ſchwebend erhalten Fann. 


$. 1438. Stärfer und dauerhafter ertheilt mır 
dem Stahle oder gutem Eifen den Magnetismus 
durch das Streichen mit dem Magnete. Man bz 
eine doppelte Art: die eine heißt der einfache Strich 
dieiandere, der Doppelftrich, Um fo etwa in einen 
eifernen oder ftählernen Stabe den Magnetismus jı 
erregen, fo feßt man benm einfachen Striche auf ie 
> gehörig feft liegenden Stab, einen Pol des armicter 
Magneten i in der Mirte des Stabes auf, und fütr 
ıba 








RK 


‚Magnete Materie 5; 861 


n nach. dem Ende zu ab, fetzt ihn in der Mitte des 
tabes wieder auf, und ihre jo mit einem gelinden 
seriche mehrere Male fort. Das Ende der gerie- 
nen. Hälfte des Stabes mird der entgegengefchte, 
‚er Der ungleichnamige, oder der freundfchaftliche 
‚of des nördlichen. Magnets, alfo zum Stöpofe, 
enn man mit dem Nordpole diefes Stretchen verrich- 
te. So verfähtt man nun auch mie der andern 
zalfte des Stabes, ſetzt den andern Pol des armir⸗ 
nn Maanets. auf, und ftreicht damit, Man muß 
ierben überhaupt aber nicht die Pole — 
der ruͤckwaͤrts ſtreichen. | 


F. 1439. Durch den Doppelftrich ($. — 
nagnetifirt man den Stahl oder das Eiſen, wenn 
nan den armirten Magnet mit feinen. benden Polen 
ver fange nach auf den Stab auffeßt, und fo der 
länge nach mehrere Male von dem einen Ende bis ’ 
um andern reibt, und zuleßt dert Magnet wieder 
von der Mitte des Stabes abführt, Das Ende des. 
Stabes, ‚welchem ben diefem Meiben der Nordpol 
des armirten Magnets zunächit tar, wird zum Suͤd⸗ 
pole, und das andere zum Nordpole. 


$. 1440. Weiches Eifen nimmt hierben den 
Magnetismus leichter an, als hartes, oder. als Stahl, 
verliert ihn aber auch leichter als diefeg. Und um ihn 
in den magnetifirten Stäben zu erhalten, iſt es gut, 
zwey davon fo neben einander aufjubewahten, daß 
ihre freundfchaftlichen Pole ben einander liegen und 
mir einem Anker gefchloffen find. | 


$. 1441. 


862 I. Theil. 5. Hauptftüd. 


$. 1441. Auf eine ähnliche Art mache mzz =’ 
bie magnetiſchen Auferfen, an denen man die © 
fe der Anziehung gegen das Eifen ebenfalls durt: 
nen Anfer und durd) angehängte Gewichte, wir. 
dem armirten Magneten .($. 1428.), befiimae' 
fann. | 


$. 1442. Auch den Magnetnadeln ($. 14: 
wird auf diefe Art der Magnetismus entroeder dr 
ben einfachen Strich oder den Doppelftrich erthe 
Sie werden aus duͤnnem Stahle bereiter, und ie 
in der Mitte mit einem weht glatt ausgehößlten fe 
von Meffing oder Achat verfehen, mit welchen r 
auf einer feinen Spiße horizontal fchweben, unt« 
fren darauf bewegen fönnen._ Ihre Vollkommende 
beruht auf ihrer gehörigen und ſymmetriſchen Fie | 
auf der Stätfe des ihr mitgerheilten Diagnetisms,| 
und auf der Freyheit ihrer Bewegung. 


Vom Compaß oder der Bouffole, feinem Bebrauche und Nıta | 


Eine neue febr emipfindlihe Art der Aufhängung der Mas | 
nabein vermittelt der ſtarken Fäden der Kreuzipinne ji 
Hr. Benner angegeben. ' 


„Be are Br; Me Beunebaht safyrhäugen 

$. 1443. Jede Magnetnadel ift, wie das Ei 
fen und der Stahl Überhaupt, nur eines gemilen 
Grades des Magnetismus fähig, der nicht uͤberſchte 
ten werden Fann, fo ftarf auch die Magnete fint, 
womit man fie magnetifirt. 


$. 1444. Eben fo hat Herr Coulomb acfunden, 
daß ben einer Magnernadel die Summe der Kräfk, 
welche die Nadel oder einen Theil davon gegen Mer 
den 


Magnetiſche Materie. 868 


m follicirt, genau gleich) if der Summe ber Kräfte, 
elche die Nabel * ihren Theil ‚gegen Süden bt | 


itirt. 
Toulomb a. a. O. ©. 300 


§. 1445. Er hat ferner — daß bey Mag⸗ 
tnadeln von verſchiedenen homologen Dimenſionen, 
3er. von: einerley Natur, wenn ſie bis zur Sättigung 
‚agnetifirt worden find, fic die Momente der diri⸗ 
ivenden Kräfte wie die Wuͤrfel der homologen Di: 
tenfionen verhalten. 
Coulomb a. a. O., S. 309. 


§. 1446. Eine Magrietnabel Re buch das 
Magnetifiren nicht ſchwerer und leichter ‚ als fie vor 
em Magnetifiren war. 


$. 1447. Die Magnetwadel⸗ und der Magnet 
ichten fich aber in den wenigſten Faͤllen genau nach 
Norden, und die Polaritaͤt derſelbigen gilt nur mit 
Einſchraͤnkung. Wir finden vielmehr, daß die Mag⸗ 
netnadel an den meiſten Orten auf der Erde ſich 
von der wahren Richtung der Mittagslinie entweder 
nach Weſten oder nach Oſten zu mehr oder weniger 
abwendet, und daher der magnetiſche Meridian 
nicht mit dem wahren Meridiane immer überein: 
fimmt: Der Winkel, welchen fie auf diefe Art mit 
der wahren Mittagslinie macht, heißt die Howe 
chung oder Declination der YWMagnernadel (Decli- 
natio f. Variatio acus magneticae ). 
$. 1448. Die Abweichung der Magnetnadel ift 
an den verſchiedenen Stellen der, Erbe verſchieden. 
Es 


854 IL Tue 5. Hung. 


Es zit einize Sarlm, wo te Mimerkum: ze ee 
Etat finder, eder we Te Rıeumz Ser Ei er 
del mit der Mittagstinie tes Ders aense am fi 
andere, we die Madel meh; amder, et 

tich abweicht. Aus meitern Becbadscungen jur 
Karten entwerfen, morauf die brmeiteumnchen 
der Nadel gezeichnet ind ( Decimszrionsfarze), 


$. 1445. Eine ſelche linie auf der Erte, € 
welcher vie Magnetnadel nicht abmeiche, akt ante 
fürfichen Theile des großen indikhen Werrei, = 
Neuholland, durch die phifipsinichen Ile, = 
fadliche China und vinch Aſien, vermucküd fe: 
Bas Eismeer zwiſchen Nova Zembla und Seittte 
Eine andere ſolche linie, auf der feine Abmmeichem: 
Tadel Statt finder, geht durch das ärbiopikhe Be 
und einen Theil des atlantiihen Meeres, ba m 
Gap St. Auguftiin in Brafilien vorben, und nie 
ven Bermudifchen Inſeln, endlidy in die nordems 
caniſchen laͤnder. Don diefer letztern finie an ik 
der Erde nach Oſten zu Die Abweichung der Mage 
nadel weſtlich. Diefe ift alfo in gaiiz Europa, — 
Africa, in dem öftlichen Theile der nordamericandide 
Sähder, und in dem. fünlichen Theile des weſtlice 
Afiens mweftlih. Die. Abweichung nimme von ju« 
$inie an immer mehr und mehr zu, bis im Decam 
weſtwaͤrts von Grofbrittannien, und, oftwärts bw 
Vorgebirge der guten Hoffnung, wo fie 1770 um 
größeften war, nämlid 25°. Bon hier an nimm 
die Abweichung der Madel immer mehr und mehr ob, 


je weiter man nad) Oſten zu kommt und wird im 
met 











Magnetiſche Materie.: : 865 


er kleiner, bis fie ſich an der erſten erwaͤhnten Linie 
ne Abweichung ganz wieder verliert. Von dieſer 
nie an oſtwaͤrts faͤngt die Abweichung an, oͤſtlich zu 
erden, und nimmt immer mehr. und mehr zu. Die 
oßte Öftliche Abweichung von 25° iſt unterhalb der 
Dlichen Spiße, von America. Bon hier‘ an nimmt 
e⸗ dftliche Abmeichung wieder ab und verliert fich 
adlich auf der angezeigten zweyten finie ganz. 
Berliner aftronomifches Jahrbuch für 1779 


$. 1450. Selbſt ift.aber auch aneinerley Orten 
ie Abweichung nicht zu allen Zeiten diefelbige, fon- 
‚ern beider Veränderungen, (Variatio deolinationis). 
Nach ange fortgefeßten Beobachtungen zu Paris hat 
nan gefunden, daß die Nadel vor dem Jahre 1666 
ſtlich abwich; im Jahre 1666 hatte fie feine Abwei⸗ 
hung. Seit diefer Zeit fing fie an, immer mehr 
und mehr weftlich abzuweichen, undim Jahre 1783 
betrug dieſe weftliche Declination 219 4% Jetzt 
ſcheint die weftliche Abweichung dafelbft wieder abzus 
nehmen. Man ficht hieraus leicht, daß die Decli⸗ 
nationstarten nicht für immer dienen koͤnnen. — 

Or 2 


; $ 1451. Uber die Zunahme. ber Abweichung 


der Radel an einem und demſelbigen Orte iſt eigentlich 

oſcillirend, wie Hert Caſſini durch ſeine genauern Be⸗ 

obachtungen gefunden, und hat keinen conſtanten 

progteſſiven Gang, fo daß es ein tägliches, monat⸗ 

liches, und jährliches Marimum und Minimum = 
| 0 Zii | 


* 
TE | 


* 


866 11. Theil. 5: Hauptftücdh. | 
fer Abweichung giebt, melches zu bwerfchieten 


ten gar fehr verfchieden fenn fann, und merasi 
gleich erheller, wie unzuverfäffig es üft, durd & 
Beobachtung die mittlere Declination der Na | 
einen Ort beftimmen zu mollen. 


Abweichung und Variation der Maanetnadel auf dem f 
Dpfervatorium zn Paris ſeit 1667 bis 1791 be: 
Bon Herrn Caſſini; im Journal der Phyſtt u 
©. 418. ff.; 8. VIII. S. 433. ff. 


$. 1452. Wenn aud) die Magnetnadel fı = 
beitet war, daß fie vor dem Streichen mit dem; 
nete völlig rmaagerecht auf der Spitze ſchwebte, kr 
det man doc), nachdem fie. magnetifirt more 
daß fie ihr Gleichgewicht in etwas verfiert un‘ 
anit der einen Spitze unter den Horizont neigt. 
MWinfel, welchen die dazu eingerichrere Nade 
ver Horizontallinie macht, heißt die Neigung 
Inclination der Magnetnadel \Inclinatio acus, 
gneticae. ) | 


$. 1453. Um die Magnetnabel fo aufjukirr 
daf fie die Inclination ungehindert zeige, dir! 
gewöhnliche Einrichtung mit dem Hute nicht, — 
dern fie wird vielmehr mir Zapfen werfen, 2 
welchen fie in der Mitte eines Ringes hängt. (Mi 
Qungenadel, Neigungscompaß) Um de; 
gung gehörig zu bemerfen, muf die Nadel aut! 
gleich im magnetifchen Metidiane ftehen. Dr 
wenn ihre Achfe nicht im magnetifchen Meridian‘ 
jo find die Neigungen größer,” und wenn fie dn® 
pi 





Magnetiſche Matetie. 367 


etiſchen Meridian. rechtwinklig durchſchneidet, ſo 
bt fie gar voͤllig lothrecht, wenn fie anders gut und 
n genug gearbeitet iſt. 


Volfs nuͤtzliche Verſuche, Tb. III. Kap. 4. 4. 61. Recueil des 
pieces [dr les 'baufloles d’ inclinaifon, à Paris 1748. 4. 
Branders und Hoͤſchels Beicreibung des magnetifeen Des 
elinatorii und RN N 1779. 8. . 


6. 1454. io dem groͤßten Theile der nöröfihen 
albkugel unfrer Erde ift es ver Nordpol der Magnete 
adel, der ſich gegen die Horizontalebene neigt. Dies 


Neigung ift nicht an allen Orten gleich ftarf, und. 


immt zu, je weiter der Ort dom Aequator abſteht, 
der je groͤßer ſeine Breite iſt. In der ſuͤdlichen Haͤlf⸗ 
e unſerer Erde macht die Spitze des Suͤdrols der 
Magnetnadel die Neigung, und diefe nimmt ebenfalls 
ach DVerhäftnif der Breite des Drts zu. Sonſt ift 
die Inclination der Nadel, fo wie ihre Dechnation, 
mancherlen zufälligen Veränderungen unterworfen. 
Beobachtungen neuerer Zeiten uͤber die Groͤße der Neigung der 
Nadel hat Herr Cavallo-in einer Tabelle zufammengeftelle 


Theoretifche und practiſche Abhandlung der Lehre vom 
Yiagnete, mit eigenen Derfuchen, | von ER Capalio, aus 


dem Engl. Leipj. ızu. —. 


108 


$. 1455. In Eiſen und Staff fann der ——— 


temus auch urſpruͤnglich hervorgebracht werden, oh⸗ 
ne Beyhuͤlfe eines natürlichen oder kuͤnſtlichen Ma: 
gnets, und alſo vhne Mittheilung des Magnetismus; 
Man hat gefunden, "daß eiſerne Stangen und: Stife 
te, wenn ſie einen Zeit lang. in lothrechter Stellung 

Jii2 aufge⸗ 


⸗ 


‚868 11: Theil - 5. Hauptſtuͤck. 


aufgeftellt wurden, wenigftens Polarität zeigten, nz 
mehr, wenn fie im magnetiihen Meridiane ımter 
nem Winkel gegen ben Horizont geneigt ftanden, r 
es Die. Suchinationsnadel angiebt. Das untere Er 
eines ſolchen Stabes ftößt den Morbpol der Mass 
nadel, und zieht den Südpol. Es ift alfo felr x 
 Mordpol. Die Polarität ift aber nur von gar fur 
Dauer und: verliert fich ben einer horizontalen ©: 
[ung bald wieder. Sp fann man auch augenbiidir 
Polaritaͤt in einer eifernen Stange jumege brinzı 
j wenn man fie lotbrecht in der Hand,hält, und me: 
wem. Hammer oder Schlüffel von. einem Ende x 
Stange bis zum andern Ende fanft klopft. Das— 
tere Ende wird der Ttorbpol, das obere der Ei: 
Durd) Umfehren der Stange und neues Anſchlen 
fann.man die Pole leicht wieder vermechfeln. Ei: 
ſerne Werkzeuge, ‚womit man faltgs Eifen bohrt «= 
fchneivet, werden an der Spitze oft magnerifch; v 
gleichen zeigt das Eifen Polarität, wenn es; glühe 
im falten Waſſer abgeldfht ift oder. gemwaltfam ;r 
brochen wird. Durch die eleeteifchen. Funken Hat m 
magnetifche Kraft in dem Eifen entſtehen, durch fir 
fere fie aber auch wieder verfchwinden fehen. 
1 Mulhede 6 ee 
v.. 6.1456. (Außer mehrern bon Herrn. Ania 
Mitchell, Eanton, TIngenhoufs, ausgefundenen 
thoden, ‚den Magnetismus im Eiſen urſpruͤnglich 
erregen, hat befonders dere Antbeaulme eine Mate 
de bekannt gemacht, nach welther- man; leicht und ix 
ru rblie ler quen 








Magnerifche Materie. ' 869) 


em Den Magnetismus im Eifen ——— erwe⸗ 

m und ſehr ſtark machen kann. 

Kröghe, In den'philof; eransace. Vol. LXIX. ©; cr. Hl. A 
Treatile of artificial magnets, by .J. Mitchell, Lond;' 
1750. 8. TCanton,,in den philof. eransacı. Vol. XLVII. 
€. 31. ff., und überfegt im Hamburg. Mag. B. VII. 
S. 339. Ingenhouſz vermifchte Schriften, 3.1. ©. 49. ff. 
Mömoire fur les aimants artihiciels, qui a remport& le: 
prix de l’acad. de Petersb,, par Mr. Ancheaulme, aP: 
‚1760. Barftens Entw. der Naturwiſſenſchaft/ ſ. 1583. ff. . 


$. 1457. Der natürliche Magnet fo wohl ale 
ex Fünftliche verliert feinen Magnetismus gänzlich‘ 
urch Bas Gluͤhen im Teuer und durch das Calcini— 
ti So wird audy dem Stahle oder Eifen der Ma-' 
netismus durch ftarfes Werfen, Krummbiegen, oder 
urch Nüchwärtsftreichen bald wieder geraubt. Wie 
an in den magnetifirten Stäben, den. Magnetismus 
auerhaft erhalte, das habe ic) oben ($. 1440. ſchon 
geführt. Eben fo bewahrt man auch dm beften 
rmirte Magnete oder magnetifche Hufeifen auf, in? 
em man fie paarweiſe mit ihren freundſchafelichen Po⸗ 
man einander legt. 

8 1458. Noch ift hier — von Herrn 
zrugmans entdeckte, Phaͤnomen beym Streichen 
ines Stabes von Eiſen oder Stahl mit dem Magnete, 
u erwähnen. In jedem Stabe, er fen von Eiſen 
wer Stahl, AC' (Big. 176.) giebt es zwey Puncte 
M und N, bie'fo beichaffen find, daß, wenn mar 
ven Wien mit dem Streichen —* Magnets, 

womit 


370 II. Theil 3. Heuptſtũc. 


momit man an einem Ende, mie in A, anzu 
hat, aufhört, baldın A, bald ın C femme magr 
fche Kraft pervergebraht wird. Wenn mans 
nue bis M geftrichen hat, fo mırd ın A fen Dir 
tismus erfcheinen; fireiht man bis N, femme: 
andern Ende C mangeln, ob man gleich, man = 
Dies : oder jenfeits der Puncte M und N mit Sir 
aufhört, einen bemerfbaren Magnetismus an be" 
Enven hervorbringt. Herr Drugmane nen: N 
Puncte M und N 7 difftrenzpunete, meil die & 
der Stäbe, die bis dabin geftrichen werden, auf de 
[e einer Magnetnadel ohne Unterfchied, (indifee 
mwirfen, und bende mit gfeicher teichtigfeir anjer 
Philoſophiſche Berfuche über die maanetiibe Materie m 
ren Wirkung in Eiien und Masnet, aus um li 


Herrn Anton Brugmans überſetzt berausarsen 
Chrift. Goith. Eſchenbach. Leipzig 1734: 8. S. x.* 


$. 1459. Herr van Smwinden, der die 

vie der Indifferenzpuncte des Her Brugmin 
fehr vielem Scharffinne unterfucht hat, feßte aa 
fen Snoifferenzpuncten noch einen culimmire 
Punct, mit dem es folgende Bewandtnif hat. FÜ 
man das eiferne Stäbchen AC mit dem Per 
Magnets, 4. B. mit dem Nordpole,; won And 
fireicht, fo erſcheint im Anfange in A der Ei 
und in C der Nordpol, deſſen Kraft immer junm“ 
indem man den Magnet durch einen beftimmten X 
von A fortführe. Es ift aber ein Punct in dem 
hen AC von der. Eigenfchaft, daß, wenn der Nur 
I) 


Magnetifche Materie... Bm 


wm Ende A bis dahin geführt worden, alsdann das 
arımum der nördlichen Kraft an dem Ende C beob: 
‚tet werde. Diefen Punct nennt Herr van Swin⸗ 
x den eulminirenden Dunct (Punctum culminans), 
il, wenn man biesfeits oder jenfeits diefes Punctes 
et Streichen aufhört, die Polarfraft am Ende C 
‚emal fchwächer iſt. Herr van Swinden zeigt durch 
ne Verſuche, daß die drey Puncte, naͤmlich der 
Aminirende Punct und die beyden Indifferenzpunc⸗ 
, nicht nur von der fange und Dicke des eifernen 
Yrabtes oder Stabes, fondern aud) von der Härte 
es Eifens und der Stärfe des Magnets abhängen. 
Brugmans a. a. D. ©. 81. f. Tentamina theoriae mathe 
maticae de phaenomenis magneticis. Specimen 1. ſiſtens 


principia generalia ad novam punctorum indifferentiae 
et puncti culminantis tbeoriam. Franequ. 4, mai. 


Leber die magnetifche Intenfität jedes Punctes einer Magnets 
nadel hat Herr Coulomb fehr Ichrreihe Erfahrungen ans 
geitellt. | 


Coulombs oben (f. 1435.) angef. Abhandl. 


$. 1460. Jede Theorie über den Magnetismus 
it bis feßt unzureichend gewelen. Noch find unfere 
Kenntniffe über die Erfcheinungen felbft nicht weit ge: 
nug vorgerüct, und die Thatfachen felbft noch nicht 
genugfam vervielfältigt, um darauf ein Sehrgebäude 
errichten zu dürfen. 
a j * 

* 

Petri van Mufchenbroek disſert. pheſica experimentalis de 
magnete ; im feinen disf. phy/. et geom. ©. u ff. 

| Leon. 


872 IL Sheil. 5. Hauptſtuͤck. 


Leon. Euleri opusculor. T. III. continens novam. ren 
magnetis. Berol. 1751. 4. 


Tentamen ıtheoriae electricitatis et magnetilmi, az 
F.V. T. Aepino. Petropol, (1759.) 4- 


Herrn. Anton Brugmans Beobahtungen über die Vere— 
fchaften des Magnet, aus dem Lat. von C. & Ex 
bach. Zeipz. 1781. 8. 


Cheoretiſche und practiihe Abhandlung der Lehre vom Mus 
te, mit eignen Verſuchen, von Tibetius Cavallo, uni a 
Engl. Leipzig 1788. 8 


Dom Urfprunge der magnetifhen Kräfte, von Hrn. PD. 
vol, aus dem Srany. von Day. Lud, Bourguer. & 
1794 8. 








Reait 


| 
| 


. A a . 


’ 


Regiſter. 


Zahlen bedeuten die Paragraphen, N. bedeutet bie Note. 


A. 
al, electriſcher 1391 
füßen : 26 
fidenlinten aller Planeten 
u. ihre Deweg. 271. N. Fa 
weidhung der Magnetnar 
def 1447 f. Abweihungs 
Linien derfelben 1448 ff. 
eetum Iythargyri. Ace- 


tite de plomb. 1117. N. 


cıda. Acides. 864. Aci- 
dum oxalicum 1161. ho- 
rufßcum 1176 
et}o corporis, actio in 

corpus | 104. N. 
berhaut des Auges 
eolipila 588 
epfeliäure 864. 1135. 1163. 
epfelwein - 1189 
equilibriſtenkuͤnſte 281 
‚es Ä 1073. N. 
ether, unter der Luftpumpe 

138. 

Eutlers 798 u. N. 
\ethiops, per fe 1116. N. 

martiahis  ı1119.M. 
\fAnitas [ynthetica 174. 


electiva- implex 176. 
\ggregatio 115 
Uaun 895. 971 
Klaunerbe 905 


Alkali, Alcalien 874 ff. Cha⸗ 
rakter derfelb. 874 f. aͤtzen⸗ 
he 976. Arten derjelb. 877. 


flüchtiges 382. als Auflo- 


N. beym Lichte, und, 


Amylum 


fungsmittel für Schwefel 
981. alcalia cauftica, vo- 
latilia 376ff. 


Alcannatinctur 743. N. ros 


the, als Reagens für Als 
calien ® 


875 
Alcohol, Auffteigen deſſelben 


in Haarroͤhrchen 157. N. 
eigenthämt. Gewicht deffels 
ben 368. Gewicht deffelben 
b. Vermiſch. m. Waſſer 369. 
M. 3. 1192. Charakter u. 


Phaͤnom. deffelb. 1193 ff. 
Alcoholometer 364 
Alumine . 118. 905 

Amalgama 1116. N. 
Ameiſenſaͤure 1174. 1184 


Ammontaf 882-885. kohlens 
faures 957. phosphorſaures 
1037. falzigtfaures 1051. 
bey Pflanzen 1144. bey ®. 
Fäulniß _ 1214. 1217 


Ammoniatgas 882 - 385.957. 


1000, Ausdehnung defiels 
ben durch Wärme 562. N. 


| ı157 
Analyis 7 115 


Anamorphoſen, catoptrifche 
... 691. dioptrifche 03 
Anatom Heber, Wolf 317 N. 


Anker des Magnets 1428 
Angulus incidentiae, re- 
flexionis 304. N. 669. re- 
fractionis, refractus 693. 
‚opticus, vilorius 766 
Anti- 


874 


— diaphoreti- 
1126 M. 


Aarıcplogififch. Spitem 841 


Antlia, alpirans factoria 
409. vinopolarum 410, 
pneumatica 414 

Aysiehungstraft 39 f. 

‚Apparat, phyſiſcher 13. zur 
Beſtimmung der Länge des 
Secundenpenduls 260. N. 

pneumatiſch⸗chemiſcher 608 
f. zur Waſſer⸗ und Saͤu⸗ 
reerzeuuang 921 mM. 

Aqua regis 1060 

Archimedeiſch. Probl. 369. N. 


Arbor Dianae, A. Saturni, 


A: Tovis 1105. N. 
Area 101 M. 
Areometer 360. mit Sca— 


len 360. Fahrenheitiſches, 
Eiarcy’fches, Nicholſonſches 

365 f. 

Argent., fulminans 1115. 


N. vivum —— 
Argilla 
Arm des Menſchen als De 
bei 283. N. 


Armatura 1331. 1428. Ar 
matur des Magnets 1428 
Arſenik 118. 1067. Verdam— 
pfung deſſelben. 580. N. 
Charakter deſſelben 1124. 


weißer 1124. N. 
Arſenikkalk, Arſenikmetall 
1124 u. N. 


Arſenikſaͤure 364. 870. 872. 


1124 

Aſche, und EN. * 

ſelben 46 

Athmen, Mechanismus 
ſelben 

nn 829. eleetrifge 

1254. 1307. 1313 


Regiker. 


Atome — 
Atomiſtiſches Syſten 
Attraction 3 
Aufbrauſen —* 
Aufhaͤngunge punct 
Aufoͤſung 179 ff. auf nal 
- und trodenem Best 
partielle, totale 10 
Sasarten 
Aufidfunasmirtel “ 
‚Auge, Beſchaffenh. ».% 
deflelben 2 
Augapfiel, Augenböst, ! 
i. genlieder, Augenmimr 
76 


Augenglas 
Augenmaaß 
Augennerve * 
Aurum fulminans ımt) 
Ausdennung r 


Ausdänftung 598 dei 
(hen 627. unmerkiid* 
Waflers ⸗ 

Auslader, electriſcher, 
Iy’6 allgemeiner 135%) 

Auslaugen der Ale ie 

Auſtralerde 118. gg: 

Austrocknen d. Pflany, 


‚Axis in peritrochio 


Axungia In 
Azote J 
B. 
Bärlappfaamen , Vi 
defleiben 15316* 
Bahn der Körper 65. M 
bolifhe gemworfener Id" 


rer Körper J 


Balancierkuͤnſte J 


Balſam, natürlicher i 
Barometer 395 ff. d 
förmiges 397. genaue 
richtung deffeiben 3 


Kegifer, 


Norlands ſchief liegendes 
Sı. Vernouilli's rechts 
pinfliges 401. Leuchten 
eſſelben 1388 
rometerprobe, gewöhnlis 
he 433. heberförmige 434. 
woftop 

ryte 

fe acidifable, 
hant 865 
aſis, ponbderabele 135. — 
Dämpfen syıf. bey Gas⸗ 
arten, ſ. jede unter ihrem 
Buchſtaben 

atterie, electriſche 1346 
— Phaͤnomen —7 


—E des Object 


906 
acıdi- 


ſes 
zelegung, bey ber — 
citaͤt 1331 f. 
Benzoeblumen 1164. Bens 
zoeharz 1164 
denzoeſaͤure 864. 1135.1164. 
Beobachtung 11 
Berlinerblau 1119. N. 1176. 


— Phaͤnomen deſſel⸗ 


1229 
— 8 
Befchlagen der Gebäude 944 
BDeitandeheile 112. nähere, 

entferntere 116. nähere, 
. unmittelbare der organis 
(hen Körper: 1134. - der 
- Pflangenkörper 1135 ff. 
d. thieriſch. Körp. 1173 ff. 
Deugung des Lichts, |. Licht. 
Bewegung, abjolute, relas 
tive 56. eigne, gemeins 
(haftlihe 59. wirkliche, 
ſcheinbare 60. N. frumms 
linige 67. gleihförmige, 
veränderte oder. ungleiche 


395 ° 


875 


förmige ; verminderte, ber 
fhleunigte ; gleichfoͤrmig⸗, 
ungleichfärmig, befchleunig» 
te; gleihförmig + , ungleiche 
förmig » verminderte 7z. 
‚ einfache 81. zufammenge 
ſetzte 86. Geſetz der zu 
fammengefesten 37. geras 
de, Ichiefe 93. geradlini⸗ 
ge, trummlinige 96f. Toms 
‚reals 99 Kreis, 101. M. 
‚Größe derfeiben 105. 108 
zeit derfelben . 69 
Bemwegungspunct 282 


- —— — reine 54 ff. 


1138 
Bierwaage 
Bild des Gegenſtandes bey 
Spiegeln, (‚Spiegel 682 ff. 
bey erhabenen Glaͤſern 
zıı f. mathematiſches, 
phyſiſches 715 
Bildung der Kryſtalle, orga⸗ 
niſcher Körper 144 u. N. 
Bildungstrieb, Blumenbachs 


144 N. 

Billard 95. 305 
Birnprobe, Smeatons 437 

64 Bittererde, Bitterſalzerde 
| | 903. N. 
Bitterſalz 971 
Blaſe, Zerreißen derſelben 


bey der Luftpumpe 3836. N. 
439. Aufſchwellen derſelb. 
durch Hitze 563. N. 
Blaſebalg, Fällen deſſelb. mit 
Luft 410. Wirkung deſ—⸗ 
ſelben 328 
Blauſaͤure 364. 370. 1176 
Blaue Staͤrke 1125. N. 
Bleichen der Leinwand und 
Baumwolle 1055 


Blen⸗ 


876 
Biendund, im Auge 753. ' in 
Fernröhren 2731 


Bley 119. 1067. Charakter 
deſſelben 1117 
Bleyaſche 1117 u. M. 


Bleybaum 143. N. 1105. M. 


Bleyeſſig, Bleyglaͤtte, Bley⸗ 
glas, Bleykalk, Bleyzu⸗ 


cker 1117. N. 
Blumen, chemiſche 143. M. 
Bologneſerflaſchen 127. N. 
Boracit 1066. zeigt Elec⸗ 

tricitaͤt 1390 u. N. 
Borax 1065 
Borarfäure 364. Radical 
derſelben 912. 1065 f. 
Bouſſole 1442. N. 


Bouteillen, Schwimmen ders 


felben 348. N. 
Branntwein 1191 
Branntweinwaage 364 


Braunſchw. Grün 1118. N. 
Braunſtein, als Beſtandtheil 
des Sauerſtoffgas 831 f. 
roher, Braunſteinmetall 
1127 u. N. 

Brechbarkeit, Brechung des 
Lichts; ſ. Licht, Lichtſtrahlen. 


Brechungsſinus 697 

Brechungsverhaͤltniß 697 

Brechungswinkel 693 

Brechweinſtein 1126. N. 

Breite 31 

Brennbares Weſen; ſiehe 
Brennſtoff. 


Brennglaͤſer 317. Tſchirn⸗ 
hauſ., Troudainifhe 819 


Brennpunct 673. eingebil⸗ 
deter 676. bey Linſen 
707. 714. Entfernung 


deſſelben practiſch zu fins 
den 710. Urſach der Bes 
nennung deſſelben 817f. 


Kegifter. 


Brennfpienel sıri W 
tiſche, Tſchitrnhed 
Breunſtoff 118. mW 
Btrennweite 673. t.liein- 
Brenzlider Gerndw" 
ſchmack bey Pfage 2 
Brillen 
Bronze . 
Brunnen, Wirkan te 
türlihen 344. &9 
394. Gturms = 
render 
Bulbus ocnli N 
Butyrum ftanni nu 
antimonii nl 
Butter ir 
€. 


Cacholonge, zeigen dt! 
Calcinatio x 
Caloricum. Calori- 





Calx, viva, ul» 
plumbi gryfea * 

Calorimeter 

Campbria 


Camera clara, Ru 
- deriihe 
Camera a n 
Porta, optifcye, disp* 
tragbare 
Caoutchounc 1 
Carbone rıki 
Carbures metalliqus 
Carmin, blauer u? 
Eartefian. Teufelchen 34" 
Cathetus incidentiae " 
Eentraibewegung, Ider 
Körper 270 ff. der iv 
melstörper a 
Centralkraͤfte roo. dar 








petalkraft 99. 70 Qu⸗ 


derſelben 100. Cem 
galkraft zoo. . Wire 


derſelben Beyım pem 


— 


Kegifter. 


trumm‘, 'vırıam 9) 
"eillationis 257. gra- 
tatis 272 f.ınotus 282 


ullz, alba, citrma 
A 11 17. N. 
aılybs 21819. M. 
mäleon,mineral. 11270, 
zux 2 218. 909 
——— entzuͤndet 
u: En. 849 
er ‚97 „5,2889 
arfreis "u 75 2 
ıeres clävellati : 1146 
rconite 118. 909 
rculus olcunlat, 301,N.18 
ronenfäure ;' -1135 
Khenille. 44. M. 
haͤrenz ..146 ff. 
. * 146 ff. Geſetz ders 
149 

a 1155 
Mestinglas 819 


oAlector, Aectriſcher 1384f. 


om buſtio ‚. 823 
ompaß ur 42. M. 
ompoſit. d. Faͤrber — 
ompreſſionspumpe 413 


ondenfator;relectr. 11376 ff, 
\onduetor,." nom, cöndu- 


‚etor ı. II, 1236 
söngelatio ı 576 
konfp' riren 90 
ontinuum 1. 42 
Tontractilitaͤt126 
Tonvergenz ;..f. Lichtſtrahlen. 
Eopernicanifche Weltordnung 

271M. 


Corpora, folida, liquida, 
Auida, expanfihilia 122. 
rigida 124. ductilia, fra- 
»gilja 125. lucentia 641 
.'OPaca , transparentia, 


“tliapnhana, pelliteida 642. 
In 


877 


velatilia, ixa 600. ſono⸗ 
‚ ra449. anelectrica,idio- 


‚ electrica 1236. 1248 
Eorpuscularifien 798.0. 
Crocus Martis⸗- 1119. 0% 
Erownalas 788 f. 


Cucurbitula fcarificat. 410 
Euiminirender Punct, beym 


Magnetismus 1459 
Curcumatinctur 743 M. 
Cuprum ammon. nn 
Epkloide:. 


Cylinder, Muſchenbrͤcin 
147.,N. Schwerpuncrders 
ſelben 274, Hinaurfteigem 
- deffelben auf einer fchiefem 
Ebene 2g:. Bingende 467 
—— bey der 
Eectricitaͤt 1257 


D. aa 

Dammerde #227 f. 

Dampf, Dämpfe 136: 370 fr 
578. Uriprung und Theo 

sie deflelben 579 f, abſo⸗ 

Iute Elaſticitaͤt deſſelben 

524f. Gewalt des einge⸗ 

— 138 586. Zerſetzung 


derſelben 599 
Dampfbildung s6 ff. 
Dampfblaſen 3 
Dampfkugel - 588 
Danpmaldine, Watts und 

Grens I . 588) 
— 445 
Declinatio acus magneti- 
' cae 1447) 
Drelinationsfarten 1448 


DesoxidarionyDesoridirung 


: 842. bey Metallen . > 

Deftilliven - 

Deftiliftapparat des ad 
für »- 64u1 


Deto- 


878 

Detonatio = 
Diabetes 

Diagonalmafhine, - Sn 

:» bards 87.N. 
Dianenbaum 143. | 
Diaphonometer 661 M. 


Dicht, vollkommen, abfol. 47 
Dichtigkeit 48. Regeln dev 
feiben 53 
Diffractio lucis 47 
Digeftor Papini 598 
Directe 93. directio 66 
Diſtantia focalis 673 
Diftanzen, mittlere 101 M. 
Divergenz ; f. Lichtſtrahlen. 


Divergiren 90 
Dörren der Pflamen 1136 
Doppelbarometer, Huygen⸗ 
ſches, Hookſches, de — 

Hireſches 
Dreved, Schwerpunct Def 
feiben 274 
Dradpumpe 413 
Dünger 1228 
Dunkelheit 640 
Dunft; f. Dampf. 


Duplicator, electeifcher 1386 


Dura mater 751 

Durdfihtigkeit 75 

Dynamifches Syſtem 46f. 
E. 

Ebbe und Fluth 271. M. 


Ebene, horizont. 197. ſchiefe, 

geneigte, inclinirte 228 f. 
Echo, einſylb., vielf. 484 f- 
Eeliptiß, Abnehmen. Schiefe 


derjelben 271. M. 
Edelgeſteine, kuͤnſtliche 1078 
Efferveſcentia 190. 606 


Eimer voll Waſſer, Verſuch 
damit 


"ln 


Regifter. 


Einfalisiseh 44, in 
falltpanct &9;. du 


deſſelben 
ringeres Gew 
als des Mafferi;;: | 
thauen deffeibn 
Eisapparat ! 
Eifen 144. N. 10%7. & 
deſſelben 1119 


Eiſenvitriol 11 
116." 
Eifenftein, magnenkt" | 
Elaſticitoͤt — abe 
Fluidi 403. 
fenen Luft rt 


vermehrt 

—— — 
Elaſtiſches Harı 
Elaterometer, fir gu 

404 433. 54 
Electricitaͤt 2330 5 " 

—— urſpruͤnglid 
uantitaͤt der 


Megif er. 


, 2246. Intenſitaͤt der⸗ 
ver 2254. entaegenge 
te 1284 ff. Geſetze der 
sen 1301 ff. gleichartige, 
ge Abitoßen 1302 ff. uns 
ichartige, jeigt Anziehen 
os$ ff. Mittheilung, Ber 


il. Derf. 1310f. Theorie _ 


entgegengeſetzten 1313 ff. 
anttins, dualiftifches oder 


ymmers Syſtem derſelb. 


13ff. natuͤrlicher, poſi—⸗ 
o u. negativ electriſcher 
uſtand derſelben 1313 f. 
erſtaärkte 1328 ff. Phaͤno⸗ 
ene der verſtaͤrkten 1347. 
Fridgeinungen derſelben im 
aftleeren Raume 1387 6. 
389. einige befondere Arı 
en derfelben 1390 ff. Gals 
ani's thierifhe 1403 ff. 
errichtätsiammier 13894 
‚ctricitätsträger, beſtaͤn 
iger 1354 
ectriſch, electriſirt 1230. 
electriſiren 1241. negativ⸗, 
poſitiv · electr. 1313.1348 f. 
Electriſche Materie 1229 ff. 
Demerkungen über d. Na: 


tur. und Zufammenfegung. 


derfelben 1408 ff. iſt im⸗ 
ponderabele Subſt. 1409 f. 


it expanſibel. Ztuid. 1411 f. 


iſt Lichtmaterie 1414f. 
—— Fluid. 1230. 1407. 
Duantität, "und Coulombs 
Geſetze deſſelben 1248 
tlectriſirmaſchine 1256 ff. 
weientlihe Theile derſel⸗ 


ben 1256, verſchiedene Ar⸗ 
1257 N. 


ten berfelben 
lectrometer, verfchiedene Ar, 
ten deſſelben 1304 


879 


Electrophor 1354 ff. Theile 
deſſelben: Kuchen, Form, 
Teller, Schäffel, Dedel, 
Trommel, Eonductor, Bar 
ſis 1355 ff. Verſuche und 
Phänomene defl. - 1360 ff. 
Elemente 116.M. der Peris 


patetiker 118. N. 
Elementarweſt 328N. 
Ellipſe 101,N. 674 
Eiongationswinfel 246 


Email 1078. 1120, 
mahlen 
Emanationsſyſt d. Lies * 3 
Em holus = 
Empyreuma “!: 113 
Endaeihwindigfeity4 f.217 44 
Engylcopium 776 
Enrbindungsflafge bey Site 
arten 611 
Entfernungen der : Gegen» 
* Hände beym Sehen 70 ff. 
Entzändliher Grundſtoff; f. 
Brennftuff. 
Entzündung ; f. Verbrennen, 
Erdachſe, Wanken derſelben 


271. N. 

Erden 890ff. einfache u. des 
ren acht Arten 891.992. als 
kaliſche, abforbirende 893. 
Erden und Steine, eigens 
thuͤmliches Gewicht derjels 
«ben | 368 
Erverfhütterungen, Urſach 
derſelben find Dämpfe 586 
Erdharze, eigenthuͤmlich Ges 


“wicht derſelben 368 
Erdrohr 784 
Erfahrungen 10 ff. 


Erhitzung und Errältung der 
Körper 527. Richmanniſche 
Verſuche darüber 533 

Er klaͤ⸗ 


880 
— 16 f. analogiſche 


Stegeln derfelden 19 f. 
——— hypothetiſche, 
6 


categoriſche 
Erleuchtung 640. Staͤrke 

derſelben 655 
Erſcheinungen 5—10 


Erſchuͤtterungs verſuch, electr. 
Erſchuͤtterungsflaſche, Leid⸗ 
ner, Kleiſtiſche 1329. Er⸗ 


ſchuͤtterungskreis 1334 
Erze 1106. eigenthuͤmliches 
Gewicht derſelben 368 


Eſſig 1198. deftillirter 1204. 

radicaler 1205 N. 
Effigfermente 1202 
Effiggährung 1136. Theorie 


derfelben 1198 ff. 
Eſſigmutter 1199. Eſſig—⸗ 
naphtha 1196 


Eſſigſaäure 864. 1143. 1203 ff. 
reine, concentrirte 1204 f. 
Eudiometer 850 fr. Guyton⸗ 


ſches 988 
Evaporatio 598 
Exhalatio 598 
Expanſibilitaͤt Exvanſ okraft⸗ 
ß Körper. | 
Experi jmentum * 
Exploſion, electriſche 1351 


Ey, ſinkt im Waſſer, ſchwimmt 
in Salzſoole, ſchwebt in 
der Vermiſchung von bey⸗ 
dem’ 338. IR) 
Eyweißflöff 1135. 1158. bey 
Thieren 1174. ‚Charakter, 
: dejlelben ı . 1180 


F. 9 
Faͤllung, Faͤllungsmittel 191 f. 


Faͤulniß 1186. 1212 ff. ei⸗ 
gentliche 1214 + 


Negifter. 


Gall, der Körpır Yan, 
. der ſchweren Kim 
fen Geſetze z12fi. m) 
fhiefen Ebene sul 

- frummer Linie 

Fallhoͤhe 214 f. Selm 
derfelben durd dad} 

z4 in 

Sarben, beym Prim! 

Theorie u. Phännen 
ſelb. 716 ff. vermik 
fammen gefegte 735 } 

‚ Anderung derf, bull 
änderung d. Milde! 
Charakter derſelb. bad 
pern 814. unalidı 
wärmung rn 
gefätbter. .Köre 5 
Sonnenſeuer 

Farbenbild 

ER 

Faſerſtoff, bey Tier h 
Beſchaffenheit dei. ? 

Federharz 1135. Ge 
deſſelben m 

Federkraft vl 

Fenfter, Gefrieren I 

744. N. Odmiga" 
ben 4 

Fermentatio, vinol,® 

: da,. putrida 3 

mentum 

Fernambuctinctur 3— 

Bernröhre, — 
787 f. Dioptriigt 
dioptriſche Zi has — 
diſches, Galileiſht 
Kepleriſches 783. er 
"784. Dolondifge 

Ferrum, culum, duch 
‚erudum . 


Gefiigkeit A : 


m 


NRNegifter, 


e thieriſche, eigenthuͤm⸗ 
ches Gewicht derſelben 
68. Beſchaffenheit ders 
iben 1174. 1179 
„ propage, gene 615. 
ortatif 1036 
chtigkeitenides Auges 750. 


755 f. 
er 739 f 816 
erfonfaine 563. M. 
ermaſchine, Watts und 
zrens 588 
ur 31 
der, beym Newtonſchen 
Zpiegelteleſtop 793 
ſterniß 640 


h, Aufſteigen und Mieder⸗ 
inken deſſelben im Waſſer 
| 348. N. 
hbeinhygrometer 947 
he, eines reflectirenden 
Körpers, ebene, krumme, 
:oncave fphärifche refleetis 
sense 671 f. convere re—⸗ 
Tectirende ſphaͤriſche 676 f. 
ichenraum 101. N. 
imme, und ‘ihre verichies 
denen Farben 845 und N. 
bey Pflanzen 1138 
iſche, von elaftiihem Har⸗ 
je 408. N. belegte eleca 


triſche 1331 
aſchenzug 294 
ıtterruß 1139 
iehtraft 271. N. 13 
intglas, bey Fernröhren 


788 f. eigenthämliches Ges 
wicht deffelben 368. Bre⸗ 
Hungsverhältniß deſſelben 

| 697 
‚otter und nager, Unter⸗ 
ſchied dabey 348 N. 
Iuor ,mineralis 3064 


881 
Sluß 1064. ‚Stöfe * —— 


574 

Släffigkeiten, ſtrahlende 133. 
tropfbare, Ausdehnung ders 
felden durch Wärme sg f. 
elaftiiche. Ausdehnung derſ. 
durh Wärme 561. conves 
ze und conca@e Fläche ders. 
ſelben ı52. MN. 153. N. 
163. Herabfließen u. Nichts 
herabfließen derieiben von 
der "and. eines Gefoͤßes 
164 u. N. Auffteigen derf. 
in Ldihpapier, Schwamm 

. u. andern K. 166. Durchs 
fließen derſ. durch Loͤſchpa⸗ 


| pier, Filz u. dergl 166. 


Hinderniß daran 166. ften 
hen in den Haarröhrchen 
tiefer als auswendig 167 
u. M. aleihartige, allgem. 
Satz derſ 313. fpirirudfe, 
eigenthuͤml. Gewicht derf. 
368. ſchwere erpanfibele od. ' 
or 370 ff. faure, bevm 


olze 1143 
Fluß ſaͤure 864. Radical ders 
jelben 912 
Sluffigtfaures Gas 1062 

Flußſpath rosı. narärlihes 
Leuchten deffelben 1064 
Elußfparhiäure 1061 f. 
FElußipathfaures Gas 1063 
Focus 673 
Folgerungen 1090 


Follis hydroſtaticus 317 N. 
Fontainen 316 M. 


Fonticulus compreſſionis 


414 

Form, der Materien 122 if 
der Aggregation 122 
Foſſilien, primitive Formen 
derſelben 145 u. N. 
get Fra- 


Ir 
Froſch, 


Funken, ſchelnbare 


Gaͤhrung 1185. 


882 
Fraterna caritas 
riction 


394 
MM 


damit 1392 ff. 
Froſtpunct, beym Thermomes 
ter, kuͤnſtlicher zo1. na⸗ 
türlicher 502 
Fulcrum '282 
Fuligo ! 
Sundamentalabftand, 
Thermometer 
$undamentalelectrometer 
1304. M. 
beym Aus 
ge 797. Beuerfunten 823. 
electriſche 1249. 1322 


Fuſio 569 


11 
beym 
501 


ſaure, fauligte 1186. des 
Brotteiges 1211. faulen⸗ 
de, Theorie und Phaͤno⸗ 
mene derfelben. 1212 ff. 


Gaͤhrungsmittel 1190 
Si 


958. 1188 

Gallerte 1174. 1178 
Sallusfäure » 864. 1178 
Galmey, Eryftallifictes, zeige 
Electricität 1390 
Ganzmetalle 1069 


Gas, Sasarten, Inftförmis 
ge 136. 370\f. 601. Aus⸗ 
dehnung derfelben dur 
Wärme 562. Beftandtheir 
le derfelben find Bafis und 
Wärmeftoff 602. Verſchie⸗ 
dene Arten, f. jede unter 
dem Buchſtaben ihrer Stof⸗ 
fe, ſchweres brennbares 
141. bey der Faͤulniß 
. 221% 2222 f. 


228 . 
electrifhe Werfuhe ' 


mweinigte, 


Geſchichte der Nam“ 
haft | 


Regiſter. 


. Gas, oxicum, ım 
829 f. hydrogenimr 
carbonicum 95% ! 
phurofum gr6. = 
[um 1010, muriue⸗ 
‘ muriatolum 105% ' 
' drogenium care 
‘ tum u 
Gas bilbung be: 
Gazomtter i 
Gebäude, Stelum ir 
“ ald wenn es faln ® 

| 


GSefaͤßhaut des Augri 
Gefrieren 
Sefüge 
Gegentraft. 

. b 


Gelatina: J 
Seißfuß der Maum, 
Hebel oo 
Geiſt, brennbare " 
SGeräufh. Serie 7 
Geruch, Brenzliger 7 
fauliger, dummlign 

noͤſer und Efflunien) 
ſelben ragt 


— 
135 1 





* | 
Sefpägtugee :ft‘ 





Geſchwindigkeit zı 11" 


’ gefolgerte Säge daran 
Geſetz, das Bonleiht, ? 
riottiſche 
Geſpinnſt der Gpinnm ! 
Seidenwuͤrmer m 


Geftale, beſtimmte 
— 


** 7— 
choaltali grg k 
“ felfaures 971. ſatpeun 


res 1004. falzfautd 
—n fadiges, im m 
Je 


CT 


Regiſter. 


e wicht bes Rörners 206. 
üſt bewegende Kraft 206. 
abdfolutes 209. eigenchüms _ 
Liches 210. Regeln deffels 
Ben 211. relatives reipecs 
zives 230 f. Verhaͤltniß 
Des relativen gegen das 
abſolute 232. Vergleihung 


und Beſtimmung ded eis, 


genthuͤmlichen Gem, fefter 
u, rfliger Körper 350 ff. 
‘360 ff. 368. 

Stanzruß. - 1139 
Has 112. M. Ausdehnung 
deſſelb in Wärme 555. N. 
899. ufattes, rauhes, matt, 


geichliffenes, bey electris 

Then ®. 1300..1338 
Slascylinder, bey electriichen 

Verſuchen 1257 
Slaselectricitaͤt, iſt unſchicki. 

Benennung 1297. — 
S lasfluß 


Slasgeraͤthſchaft; —* 
61 


.9566— 
Slaskugel, hohle, Sinten 
und Schwimmen derieiben 


344 N. 489. N. mit Wafı 


fer geſfuͤllt als Brenwglas, 


819. Glaskuͤgelchen, Ders 
ſuche damit 162 u. N. 
Staslinien , Strahlenbre⸗ 
ung hey bdenielben 705. 
biconvexe geben - Brenas 
aidıer | 819 
Giaemaſchinen, electr. 1257 
Slasroͤhre electrifche 1229 f. 
Glasſcheibe, Zerbrechen der, 
ſelben bey der Luftpumpe 
386. N. 43,. electr 1257 
Glastafel, Verſuche damit 
161. N, bey der Electri⸗ 
citaͤt 1330 f. 


883 
Slastropfer 127. N. 
Glaſur 1078 


Slauberfalg 143. M. Vers 
wittern deſſelben 858. M. 


971 

Gleichaewicht, fefter Körper 
2R2 ff, beym Hebel 284 f. 
Geſetz deffelben am mathes 


mariihen Hebel 187 
Gliedmaßen, menſchliche — 
electriſche Verſuche damit 
u 1396 ff. 
Glimmer, aräner 1130 
Glocken, Klingen. derfelben 
467. 475 

Glockengut 1073. N. 
Glockenſpiel, electr. ı 276. 


| 1344 
Gluͤhen, mitgetheiltes 324. 


beym Verbrennen 845 
Gluͤheſpan 1119. N. 
Gluten 1155. 1178 


Gold 118. große Dehnbar⸗ 
keit deſſelben 44. N. Aus⸗ 
dehnung deſſelben durch 
Hitze 555.M. ſpecifiſches 
Gewicht deſſelben 368. Les 
girung deſſelben mit Kup⸗ 
fer oder Silber 1073. M. 
Verdampfung deſſ 580 M. 
Scheidung deſſelben vom 
Silber durch die Quart. 
189. N. 1067. Charakter 
deſſelben 1113. Aufloͤſung 
deſſelben in Konigswo ſſer 


1113. N. 

Goldkalk 1113 
Goldpurpur des Caſſius 
| 1113 N, 
Goldſcheidewaſſer 1060 
Goldſolution N. 


43: 
Graduirung der Thermomes 
terfcale sos f. 
Kttz Sranit, 


F 


334 


Granit, von ungleiher Mais 
ſe 169. N. gemengt 113. N. 
Gravitas 198. ſpecifica 210 
Gravitation, ſ. Schwere. 
Newtons Syſtem derſelben 
271. N. 
Griesholztinktur 742 
Groͤße, ſtetige 42. ſcheinbare 
‚und wahre des Gegenſtan⸗ 
des beym Sehen 766 f. 
Grünfpan, kryſtall. 1118. = 
Grundkraͤfte 
Grundmaſſen 
Grundſtoffe 109 ff. einfas 
here der organifhen Koͤrp. 
1133. der Pflanzen 1113 ff. 
der Thiere 1174 ff. 
Gunmi. Gummiharze, eis 
genthäml. Gewicht derfeh 
ben 368. Gummi relina 
1153. elafticum 1154, 
Charakt. derſ. 1135. 1149. 
arab., Kirfhgummi 1149 
Gußeifen 1119 
Gymnotus electricus 1391 
Sys 368. 971. 


H. 
Haarroͤhrchen, Phaͤnomene 
und Theorie derſ. 154. ff. 


WVerſuche damit 157. N. 

Haͤute des Auges 2, — 

Hagel 

Haibkugeln, mageburside 
6. N. 439. 

Halbleiter, — 1237 

Halbmetalle 1069 


Halbſaͤure 342. gaëfoͤrmige, 


azotiſche 1017 
Halbſchatten 666 
Hanmerſchlag 1119N. 


Hanf, entzuͤndet ſich 849 
Harze, eigenthuͤml. Gewicht 
derſ. 368. b. Pflanz. 2135. 


Hauptleiter, electr. = 
Hebel 282 ff. marhematiic 


— 


— 


Regiſter. 


Charakter deſſ. 115146. * 

der Electricirät 1 
Sarzelectricität, ik unit 

Benennung 1297.17 
Harzmaſchinen, electr. ı “ 
Hafenfell, 6.d. Electrir. ı 
Haud) des Menihn u 


Hebebaum, als Hebel ti: 


re rbgl. 
Phän., Theorie u.Eh 
defielb. 282f. einarmir 
doppelarmiger 283. gem 
hener, Winkelhebel :« 
Kraft und Laft bey dem 
ben 282f. Moment ui 
288. Potenzen und ini 
der Winkel deſſ. 3 
Heber 388 ff. gemeiner : 
Wirtembergifcher 393.* 
heriher 394. Wollt ® 
tomifcher 31:3 
Heberbarometer * 
Helligkeit ä 
Hepar ſulphuris m 
Hepatiſches Gas sth 
Heronsball 414.439. 5633 











KHeronsbrunnen 4u 
Hirnhaut des Auges mi 
Hige; f. Wärme, 
KHodometer sa 
Höhe der Körper n 
Hoͤllenſtein 1115. 
Hohlglaͤſer 705. u 
Hohlſpiegel, paraboliiche as 
die beften Örennfpiegel ni 


Holz, Leuchten d. faulen tu 
Holzarten, Verſuche mit m 
fhiedenen 128. N. em 
thuͤml. Gewicht derſ. 
250. eigenchän 
Gewicht Verftben zu 
Hon 


Regiſter. 


izortalebene, Horizoptal⸗ 
inie 197 
en, Alexanders 483. N. 
rnbhaut des Auges 750 
rnfttber 
feiſen, magnetifches 1441 


mores 750 f. 
drargyrum 1116 
drauliſche Maſchine, Seg⸗ 
rers 83. N. f. 324. N. 
drogène 113.917 
drophan 745 
dro? fulphures 1109 
grometer. Hygroſkop von 
Sauffure u, de Luc 946 f. 
‚grometra 360° 
‚perbel 161 
‚pomochlium 282 
I. | 
ihr 70N. 
1ago obiecti 682 
apetus iactus 268 
abegriff 49 


aclination der Magnetna⸗ 


del 1452 
ndifferenzpunct 5. Magne⸗ 
tismus 1458 
ıflexio Jucis 747 


ınatare fluido u. natäre;. 


Unterfchied dabey 348. N. 


en 13. akuſtiſche 
483. N. 
ntenfitas lucis - 655 


ntenſitaͤt der Seundträfte, 
46. 121 f. 
eis 753 


upiter 1120 

zupiters -Monde, Ungleich⸗ 

heit de⸗ u derfelben 
27ı N. 11. 


| K. 
Kaͤlte, iſt etwas — 


1115. N. 


885 


437 kaͤnſtliche, Hervor⸗ 
bringung derſ. 620. N. Ge 
Kakomeier . 
Kalt, ungelöfchter, Urſach . 
ner Erhitzung 624 
Kalkerde 118. iſt für ſich uns 
ſchmelzbar 574. N. 892. 
‚goo f. rohe, gebrannte, 
lebendige, reine, geloͤſchte 
900 f. ſchwefelſaure 971. 
ſalpeterſaure 1004. phos⸗ 
phorfanre 1037. ſalzigt⸗ 
ſaure 1051. borayfaure 
1066. kohlenſaure bey 
Schaalthieren 11 

Kaltrahm 902 
Kalkſpath, Phänomen beym 
durchſichtigen 704. 958 
Kalkwaſſer 901 
Kammer, Pascals 387. N. 
6 


beym Auge 756 
Kampher 1135. Charakter 

deſſelben 1169 
Kegel, Schwerpunct deffels 


ben 274. doppelter, der 
über zwey fchiefe Flächen 
hinaufzu rollen ſcheint 281 


Kegelſchnitt 101. 
Kernſchatten 666 
Kienruß | 1139 
Kiefelerde 118. 892.897 f» 
Klang 455 
Klangfiguren des Chladni u. 

Voigt 467 f. 
Kleber 1135. us 
Knall 


Knallgold 1113. N. Knall 
fügelhen 538. Knallſil⸗ 
ber 1115.09. Knallpul⸗ 
vr - 10:26. 1034 

Knochenaſche 1037. 1177 

Knochenerde 1132, Knochens 

materie 1174. 1188 
Knoten. 


886 
Rnotenlinien, Bewegung al 
ler 71, 


Kobalt : 18. 1067. \ Charak⸗ 
ter deffeiben 1125. ſchwe⸗ 
felfaures 1124. M. zeigt 
mannetifhe Kraft 1425 

Kobaltkalk, geräfteter. Ko⸗ 
baltmetall, zeigt Magne⸗ 
tism. Kobaltvitr. 1125. M. 

Kochſalz, Gewicht des aufge 


loͤſten 369. N. Saͤure 
deſſelben 1048. 1060 
Koͤnigswaſſer 1060 
Körper zo f. Ausdehnung 
derſelben 31. feſte 122. 


123ff. harte, ſtarte, wei— 
che 124. zaͤhe, dehnbare, 
ſtreckbare, ſproͤde 125. fluͤſ⸗ 
ſige 122. 129 ff. liquide, 


tropfbar⸗fluͤſſge 122.130 f. 


expanſibele, eigentlich » elas 
ſtiſch fläffige 122. 131 fı 
espanfibele an ſich, erpans 
ſidele durch Mitcheilung 
132 f. rein, erpanfibele, 
fhmere erpanfibele flüffige 
133 f. dichte, lockere 208. 
ſchwerartigere, leichtartis 
gere 208. fallende, Hoͤhe 
derfelben 214 f. feuerfeite 
374. organiſche, Bildung 
derfelben 144 N. fluͤchti⸗ 
ge, feuerbeftändige 600. 
leuchtende, erteuchtete 64 1. 
opafe, undurchſicht., durch⸗ 
ſichtige 642. warme, hei⸗ 
Se, kalte 5337. warm⸗ halı 
tende 542. Capacitoͤt ders 
ſelben für Wärme 550. 
ſchwere liquide, Phaͤnome⸗ 
ne derſelden 307 ff. Eis 
neriey fefte verlieren uns 
gleich am Gewichte in ver 


N. 


Regiſter. 


ſchied. Shüffigkrites ri‘ 
rigide, tederdbam, mei 
(be, weiche 255 J 
der menſchache — 
fpecif, ich weret au 38 
348. | 
945 f. orgamuidt ı 
f&allende 





7 

aentlich - eiectr. * 
Kobie, reine 950 114) 

thieriſch Subftanin 
Kohlendampf, Sebi 

deilelben % 
KRoblenfäure 364 87a re 

x ee dieit Dr 


Konienfaures Gas, Yun 
nung defleiben durd ® 
me 562. M. 954 " 

‚ Planen 2141. 8 

Kohlenfioff 113. 912. 
reiner 950. erilirtm® 
fer Menge in d. Nam": 
Theorie u. — 
ſelben 95 2 ff. Birtan” 
felben bey Metalea 

Kometenlauf, ungie 

ar. 

Korkkuͤgelchen, ber —* 
tricitaͤt 

Sertingeielsctrumee 


Korkmaͤnnchen 
Kraͤmerwaage, als 
2 
Kraft, Kräfte 2. 3. am 
ſche Erforfchung en 
thetiſche Foigerunzn⸗ 
ſelden bey Stoffen i. 4 
wegende 35. 54 
ſtoßende, expanſive F 


wegende, beſchieun⸗ 


PIE 
ur 


| 
| 
| 


Regifter. 


to. 106. gleiche gaf. um 
leiche 34. Außere, mittle⸗ 
e 86. Wirkung der bewe⸗ 
enden, nah Perpandifeh 
linien 95. Kraft und Ges 
zenkraft 104. Mittelpunct 
Jerfelben 99. Wärmes leis 
tende 540 f. Beſtimmung 
berfelben nah Thompfon 


und andern 542 f. 
eide 958 f. 
'eidenfäure 954... 


eis, Schwerpunck deſſelb. 


274. im Waſſer 331. N. 
Acnmungsbogen, Kruͤm⸗ 
mungshalbmeſſer, Kruͤm⸗ 
mungs kreis 101. 

ryſtall 141. Phaͤnomen bey 
dem Jsländifchen 704 
ryſtalllinſe und Kapfel ders 
felben 755 
ryſtalliſtrung 139 4 
üchenfeuer 636 
uͤnſtlich I. = 
‚ütte 48 


ugel, Schwerpunct derfeib, 


274. elfenbeinerne, Ver 
fud damit 299. N. elfens 
beinerne u. bleyerne, gleich 
am Gewichte, verlieren uns 
gleih beym Waſſerwaͤgen 
335. N. metallene und glaͤ⸗ 
ferne, Schwimmen derſel⸗ 
ben 348. N, 
Rugelmafchinen, electr. 1257 
Rugelfpiegel, Phänomene des 
erbabenen 690 
Kupfer 118. 1067. gelbes, 
weißes 1073. Charakter 
deffelben 1118. fchmefel 
faures,falzigtfaureg,Eryitals 
liſirt effigfaures 1118, N 
Kupferlalt 1118 u.N. Kup 


— 


—— | 
Laden und entladen, bey der 
an, des Cardanus 


Laterna magica 
Laugenfalze 274 fe; ſ. Aikali 


B87 
fervitriol 743... .uuı8 

ae un. 
774 


Electricität 1334 ff * 


laden . 133 
Länge der, Körper 31 
Lage des Körpers 55 


Lackmustinctur 743. N. als 


Pruͤfungemittel der Saͤu⸗ 
ren 86 
ag1. 


Archand'ſche 828 


Lampenmikroſkop, Adams 713 
Lapis infernalis lunaris 


1115. N. 
713 


Lavendeloͤhl 44. N. 
Lebensluft 829 
Leere, Torricelliſche 379 


Legirung 1073 u. N. 


Leichname, Emporkommen d. 


ertrunkenen x 348 


Leim 1178 | 
Reiter, electriſche 1235 ff, ‚die 


x vorzüglichften 1240. iſolir⸗ 
ter, nicht.» ifolieter 1244 f. 
1256.1308f. d.erfte 1260. 
trocdene, feuchte 1406 


Reiter für, die ‚Wärmemates 


rie 540 


Leuchten, ohne Verbrennen 


822f. leuchtende Hitze uns 
verbrennlicher Subſtanzen 
324. verbrennlicher Sub⸗ 
ſtanzen 846 


Leuchtſteine 823. Sonnen 


Licht, Lichimaterie, Bikes 
44. N. 118. 639 ff. pflanzt 
ſich in geraden Linien fort 
643. 


888 


643. Hadhredeffeisen 444. 


verbreitet fib nah allen 


° Richtungen 645. ift erpanı 
ſibele, rein; erpanfibele Fluͤſ⸗ 
ſigkeit und imponderabeie 
Subſtanzt 647. beſteht aus 
einker an ſich nicht expan⸗ 


fivein Subſtanz und Wärs 


meſtoff 649. verbreitet ſich 
in discreten Strahlen 651. 


BGeſchwindigkeit deſſ. 652. 


Staͤrke und Schwaͤche deſſ. 


T 


655f. Abweſenheit deff. ift 


Schatten 663f. Öredhung 
defieib. 692 f. Gefeß dabey 


694 Theorie u. Phänomes 


ne dabey 695 f. Zurück 


firablung deff 699. Phänos 
ment dabey 702, Bredbars 
keit des farbigen 716 ff. fie 
benfadyfarbiges beym Prise 
marzıf. homogenes, hetes 


rogenes 731. Beugung deſ⸗ 
ſelb.747. Miſchung, Ent 
wickelung und Verbindung 


deſſ mie Waͤrmeſtoff 798 f, 


| gen der darben 


beſteht aus Brenn⸗ und 


Waͤrmeſtoff 802 f. Urſach 
der verſchiedenen Arten des 
farbigen 806. Zerſetzung, 
Zuſammenſetzung, Figirung 
deſſelb. gog f. iſt Agens in 
der Natur 325 


Lichtmagn 823. Cantons 994 
Lichtſtrahlen 644 divergiren⸗ 


de, converairende 658 f. 
701. parallele 659. 701. 
Brechung derſelben 692. 
einfallende 663. Abwei⸗ 
chung derſelben wegen der 
Geſtalt des Glaſee 709. 
Abweichung derfeiben! mes 


727 


Luftbild "1 


Regiſter. 


Lgamentum nache 
NM. ciliare 1 
Linie, lothrechte, ſcbt 
verticale ʒ waſſerren⸗ 

rlzontale 197. tale 


niſche 
Linſen (Lentes), mi" 
planconvere, cenen⸗ 
re Meentscue, hehu 
concave, Conan 
concavcon vexe 79. ® 
‚ berfelben 706. Crmmt 
derſelben 707. Dem“ 
derielben “ 
Liquor anodynus, u 
gen deſſelden in 7 
den 157. N. Lie 
Libavii 1) 
Loͤthen 148. Lärhreht © 
Luft, atmoſphaͤriſche 1" 
116. M. 370. 37% '| 
fanmenfegung Mt e | 
ſphaͤriſchen 329 f. 
ſtand derfelben ben’ 
dul 261. erpaniibeii 
compreffibele 374. 
re, entzündbare 91° 7 
954. N. vitriollaut" 
aimoſphaͤriſche, RW" 
volltommener electu 
ter und Micheleitt U 
1254. . Das Uebrit® 
unter: Sasarten. — 
Luftarten 136. 370-f 4 
rie und Phaͤnoment 
eigenchämt. Gewich 
felben set 
Luftgätemeffer 
Luftpumpe 424 ff * | 
von Guerike, bel” 
macht v. Schott u de 
424. Haupttheile er 


Regiſter— 


25 f. horizontal⸗ liegen⸗ 
e, ſchief⸗liegende, 
? 427. verſchledene Arten 
erfelb. 428. , Erforderniffe 
iner guten 429 f. Wirkung 
erſelben 431 f. Verſuche 
amit 439 f. Willens 


ınd Berretray’sfuftpumpe 


ur Waſſerdaͤmpfe 599 
tfäure 954 M. 
tichichten - 377% 
tthermometer 493. 563. N. 
Drebbeliſches, Amonton⸗ 
ches, Bernouilli'ſches 497 f. 
tzund. 849. Hombergs 995 
na cornua 

ven; f. Linfen. 


M. 


aaß d. Eentripetalfraft 100 
igiſterium (Lac) ſulphu- 


ris 982 
ıgnefia 903. nigra 1127 

—J— u. N 
ıgnehie 118. 903 


ıgnelium 118. 1067. has 
rakter und Kalt deſſelben 

1127 u. N. 
agnet 1420 ff. Phaͤnome⸗ 
ne deſſelben 1420f. Pole 
deſſelben 1422. zuſammen⸗ 
geſetzter, anomaliſcher 142 2. 


Richtung oder Lage der 


Achſe deſſelben 1423. zieht 
Kobalt an ſich 1425. ar⸗ 
mirter 1428. kuͤnſtl. 1436f. 
Verluſt ſeines en 
mus 

tagnetifhe Materie BR K 
dagnetismus kann dem Eis 
fen und Stable mitgetheilt 
werden 1437. ferner durch 
den einfachen und Doppels 


verticas: 


1115. N. 


839 


firih 1438 f. urfpränglie 
cher bey Eiſen und Stahl 
1455 f. Brugmans Phäs 
nomen beym Streichen m. 
Magnet 1458 f. 
Magnetnadel 1423. von Kos 
balt 1425. Phänomene ders 
feiben 1430. 1433. Theos 
rie und Phänomene des 
Magnetism. derf. 1442 ff. 
Abweichung derf. 1447 fs 
Neigung oder Inclination 


derfetden 1452 
Drägnetometer \ 142 > 
Manganele 


Manom., Gueritfhe N 


Markhaut 754 
Marmor 958 f. 
Mars 1119 


Maſſe des Körpers 49f. 105. 
widerfiehende 106. gleicye 
artige, ungleichartige 109. 


gemengte, gemifhte 113 
Mafticot 1117. N. 
Mater vini 1188 


Materia, albuminofa 1158. 
1180. acris, narcotica, 
fibrofa plantarum 1170 


— 1173 


Materie 30.ff.. mechaniſche 


und dhemifhe Durchdrins 
gung derſelben 37. N. 
große Theilungen derſel⸗ 
ben 44. N. 1— 6, ſchwer⸗ 
loſe, ſchwer⸗ machende 204f. 
ftrena fluͤſſige, leicht⸗fluͤſſige 
572 N. electriſche 1229 ff. 
magnetiſche 1420 ff. Das 
Uebrige ſ. unter: Stoffe. 
Mauerſalpeter 1004 f. 1226 
Mechanismus des Stehens, 
Gehens u. ſ. w. bey Mens 
ſchen und Thieren 281 
Meerſalz 


Bleriez 2*3 
Dies 2175 
MHeonurizie so 
Deaıscoas 705 
Shrmmız 27. R. 
Menlır am 12 


Mercnrins 1115. prascipiaes 
pe Se, praer. raber, press. 


alsnı; [obliaatzs — 


kisea 3. der⸗ 
ſelbea ım 352* 455. 212. 
Ghäncomene berieiben 375. als 
einfahe serbrenalite Sab⸗ 
langen , Zbrorie ©. 
mene berieiten 1067 #f. 
ge Idmeljen vofr, andere 
sad tem Blöben 1970. einis 
ne lafien ib Ichwrıfen 1070. 
find fronallıfirbar ı071. feus 
erbefändige, — 1072. 
Verkalken derfelben 1074. ff. 
reguliniihe 1075. edle, uns 
edle 1076. einige werden beum 
Verkalken ju @äuren oter 
Driden 1994. Dermandtichaft 
und Berbäaltnig derfeiben zum 
Sauerſtoffe 150 ff. Koblens 
ſtoffhaltige 1112. Phänomene 
derfelben bey der nen 
1240. 1300 
Metalla, Sulphnrata 1106. he 
drogenio - [ulpbaratum 1109 
carboneata 1112 
Metallbaͤumchen 144. N. ıı 
Metalldraht 1231 
‚ Metalgemif 1073. Rereiach 


Metallfalfe 1075.ff. — 
ner, unvolkommener 1092. 
eigentbüml, Gew, derfelb. 368 

Metallthermometer, Meortis 
mers, Loͤſers, Zeihers $09 


Metallverfehungen 1073 
Metalliſche Glaͤſer 1078. mes 
tallifher König 1075. mer. 
Salze 1251 
Merh 1189 





ben Bi 
Mittel, Rittefkims &2. m. 
Rendes 68. ———— 


Molybdaena Til 
Moſlvbdaͤn. Molpbeänmetal; 
Molybdaenum zıg mer. 

‘ Charafıer und Kalt iefchen 
zı28 


Mondslauf, Ungleichheit ts 


271 R 
—— t 
Montgolſieren PN 
Moft 


o u 
Motns 56. aequabilis, uniler- 
mis, variatus, retardasss 
73. centralis c 
Macillago 114 
— Vorruͤcken den 
el azı. 
Naphtha, Berbampfung deriels 
ben 


Natrum Ä is 


Repyifer 


ur zu.M. todte 6 


ura naturans, naturata 
ı. N. 

ürlich , unnatürlich, wider⸗ 
atuͤr lich 1. N. 
urbegebenheit. Naturer⸗ 
beinung 5 ⸗ 10 
turforſcher, Naturphiloſoph 
15; 
turgeichihte 6. Naturge⸗ 
Be 9 
turlebre, Naturwiſſenſchaft 
- biftorifhe, rationelle 6. 
mpirifche, fpeculatide a5. Ges 


hıcate derjelben 26. allges 
neıme 28 — 485 


iſche | 29 ff. 
iturphiloſophie, mechanifche, 
wnamifche - 45 
bei 92. 596. N. 941 f. 
tgung der Magnetuadel 1452 
rigungsloth 93) 
taungsnadel, Neigungscom⸗ 


pa 1453 
ervenhaut. Netzhaut 754 
srvus Options / gl 
eutralfalje 886 — 889, tosı f. 


ichtleiter, electrifche 1236. ff. ” 


die vorzüglihften 1239 
iederfchlag 191. f. Metallifcher, 
arofe Theilung deflelb. 44N. 
iederfchlagung 191 f. 144. N. 
bey Metallen u104 f. Nieder⸗ 
ſchlagungsmittel 191 
del. Niecolum . 118. 1067. 
Charakter deilelben 1103 
‚ordpol des Magnets -1422 
tormalfraft >. 190 
tormallinie 10 N. 18 
tußfhaale, Schmelzen einer 
feinen Silbermünze in ders 
felben 574 N. 
O. 

blique | 93 
Ibjeetivalad, Deularala® 781 
dehl eigenthuͤml. Gewicht der 
aͤtheriſchen u. fetten 368. loͤſet 
d. Phosphor auf 1042. fettes, 
aͤtberiſches bey Pflanzen 1135. 
brenzligtes 1143. Charafter 


Organiſche Subſtanzen, lebens 


beſondere 
3» bis zu Eude. Metaphy⸗ 
if 


89: 
er 9 4 
deflelben 1166, -riechenbe , bes 


fillirte, weſentliche 1168 
Dehlruß 1139 
‘Oleum empyreumaticum 1143 

unguinofum | 1166 
Dpernauder 687. N. 
Orbiculus eiliaris 752 
Orbita 749 


de 1134. todte 118$ 
Dre, .abfoluter, relativer 35 
Ofcillatio pendali 244 
Oxicum, oxygenium, 6xyge- 


ne 837 
Drid, Oxide 842. Dridirungr 
. Drigenirung, Oxidation 842, 
beym Berkalfen der Metalle 
) 108% 
Oxide de Mercure 1116. N. Ox. 
de plomb. 1117. N. Ox. de 
‘fer. 1119. NR. Ox. detain 
14120. N. Ox. debismnth ıı21. 
N. Ox. d’arlenie. 1120. Wa 
Ox. metallique du premier 


degr& d’oxidation 1092, 
, P. 

See des Magnete 1428 

apier, gefaͤrbtes, ald Rear 
. gens für Alkalien u75 
Parabel 675 
Partes, fimilares, disfimilares 
‚ill. conftituentes . 113 
Paſſevin 328. N. 
Pechblende 1130 


Pendul, einfaches, mathemati⸗ 
ſches, zuſammengeſ. 242. 256. 
Schwingung, Schwung deſſel⸗ 
ben, halber, einfacher, ganzer, 
sulammıengefeßter, iſochroni— 
ſcher 244f. Schwingungszeit 
deſſelben 246f. Schwingungs⸗ 
punet deſſelben 257f. Aufhaͤn⸗ 
gungspunct deſſelb. 258. Laͤn⸗ 
ge deſs eiufachen 259 f. roſtfoͤr⸗ 
miges, Graham's u, Romain’s 
a61. Lehren des einfacben vom, 
Galilei 263. Schwingungsbo⸗ 
nen del. 261. Anmendung.der 
Gefetze deſſ. oon Huygens 264 
Vendulſchwugungen agı ff. 
Dendulubr, von Huygens :63 
Penumbra 666 
> Dercuf 





252 Zesißex 

or. Re ° — 
—— — Immer. — — 

— A ⏑. —— — a 

ent ser ae 7. Di — 
Yanzıer, Bene mi Ye Femme = 
zu eh gr Crofaz Penn. — — 
Esrsfer wrieles 20 *_ De = - 
YMesertarr 6 Fame ei 
Missert :—= Yaere,ımı Kress, oem 


Wanrtenlauf. Berturbationen 
del, Dianeteufohdem 271. N. 
Panum inelinatum 2:18 
Batin, Platina, Platinum 
sı$. 368. 1067. 111% 

Matten, Morseau’6 metallene, 


Aufammenhang berfelben mit 
Qued ſilber 147. N. 
Yıurelectricität 1397. 1313 


Pole d. Magnetd 422. fünftliche 
1428. unglelchnamige, gleich⸗ 
mamiae 1431 f, Befrk derf. u. 
Verſuche 1433. freundfchaftlis 


che, feindſchaft liche 1434 
Molemoffop, Hevelſches 687.7. 
Polyädrum 703 
Polyſpoſtau⸗ 294 
Vonperpfltät 209 


Vom = 





L_ 


AT 

es * 
Quedfilberapparat ‚ da ds 
en 


arten 
- Quedfilbertalf ıneı® 
QDuedfiülberpräcipitat, mei. 
QDuedfilberfublimat ms ®. 
Duedfilbertbermometer 
QDuedfilbereitriof nais. R 


N. 
Mad an ber Welle 


2 
Radbarometer, Doofs zei 
Radı- 





Regiflen 83 


lical muriatique, Auori- Rolle Ä 294 
ue, boracique 118 Roſt, Moften _ 1098 
lii vectores 101. N. fonori Ruhe, abfolgte, relative 47 
77. Radius incidens, re- Ruhepunet 282 
exus ! 699 Ruß ‘1139 
a Torpedo 1391 6 

azigtwerden ift eine Art von : 

Mignabrung gi Sacebarum Saturni 1119. M. 
a 429 Sättigung 18. bey der Elec⸗ 


uch 593 
am .30. 33. abfolster, relatis 
er f beweglicher, empirifcher, 
serer, reiner 34. Raumesin⸗ 


alt 49 
stenglas 793 
tctio 104 


uciren der Metalle. Re- 


uctio j 1079 
lexion; fiehe Licht. 
ractio lucis692. Refrangi- 
ilitas ftaminum lucis 717 
zen 944. Negenbogenbaut 
53. Regenwaſſer , reines des 
ıllirtes, als Einheit bev 
3ergleihung des eigenthuͤm⸗ 
hen Gewichts mebrerer Koͤr⸗ 
er 351. 368. 938 
sulae Newtonianae 19 
sulus 1075. antimonii 1136 
ben, feiter Körper unter 
inander 637. bev der Elecs 


ricitaͤt 1241 
ber, Reibzeug ben der Elec: 
ricität 1256, 1259 
f 944 
fen des Obſtes 1210 
febarometer 401 
Kbley 1112 
Ina 1151 
ouanz 476. N. 


na i 75% 
btuna 66. einerley , entats 
engefegte _107. 298. N. 
‚chende Ausfluͤſſe, große Theis 
ung derfelben 44 N. 
ın des Saturns, Rotation 
eſſelben 271. N. ſtaͤhlerner 
26. N. Ringe, klingende 467 
ckenfleye, entzuͤndet ſich 849 
hre, Torricelliſche 379 f. mes 
allene ben der Electric, 1234 
iten der Pflanzen 1137 
heiſen | 1119 


Safer * 
Saite, gefpannte 450f. Langer 


Mittel beym 


Galpeterluft , 


tricität 1313 


Gäuren ‘863 ff. Arten und Eins 


theilung derfelben 864. beftcs 
ben aus eigenem Radical und 
Sauerftoff 865. Zerlegen: und 


"Bufammenfegen derſelb. 866 f. 


einfaches nnd zufammengefeßs 


tes Radical derf. 870. u. M. 


vollfommene, unvolltommene 
872. u. N. fchwefligte 972 f. 
falpetrigte zoo ff. phospho⸗ 
rigte 1040, des Kochlalges 
Flußſpaths u. Borares 1007 ff 
falzigte 2049 f. fluſſigte nchı f. 
1125. N. 


Dicke und Spannung derſel⸗ 
ben 459 f. Einflang, Octave/, 
Quinte u.f.w, derjelben 463 


al acetofellae 1161 


almiaf 1osof. Salmiafgeiftz 
äßender , luftſaurer, QAuffteis 
gen bdeflelben in Haarröhrs 
chen 157. N. Aßender 893 


Sulpeter 143. N. als Beſtand⸗ 


theil des Sauerſtoffgas 831. 
1001 ff. — 1004. ale 

erpuffen und 
Berfalfen der Metalle 1095,. 
erdiger 1226 


Salperergas, Ausdehnung deflels 


ben durch Wärme 562, N. 
1001 ff. als eudiometriicher 
Mittel 1019. Entwidelung 
defielben bey Metallen 1099 


Salpetergeift, Auffteigen deffelb. 


in — 157. N. rau⸗ 
chender, Bärb,deil. 743.1. 1002 
dephlogiſtiſirte 

1017 


Salpeternaphtha 1196 
Salpeterſaͤure 864. 870. 372. 


1001 ff, Miſchung derf. nach 
Gavens 


894 
Carendiih 1031. iR Haupts 
product d. — 1226 


Salze, eigenthucual. Gewicht dert. 
6%. Irpftallıniide, Erfältung 
ep Aufiöfung derfelb. in Wal⸗ 

fer620. Character deri. 354f. 
Krovitallifirung derf. 857. Zer⸗ 
fallen oder Bermittern derfeib. 
859. Berfließen derfelben 850. 
E:arbeil. derielben 861. urınds 
fes 882.0. metalliihe 1101 
Bolzacıft, Aufſteigen deſſelben im 
Haarroͤhrchen 157. N. raus 


&ender 1048 
Salzigtſaures Gas eo 
Eatjfrufalle 7? 
®aljläure 864. 872. veoblaikhni 

te, vollfommene, gemeine 873. 

N. Madical derfelben gra. Bes 

ſchaffenbeit u. Phänomene ders 

felben 1049#f. orıgenirte, des 
re ah 1062. falpetriats 
050 


— 364. Salzwaage 360 
®ammlungsgläfer 77 
Saturnus 1117 
Sauerbrunnen, natürlide 956 
Sauerkleeſalz 1135. Sauerklee⸗ 
ſaͤure 864. 1135. Charakter 
derſelben 1161 
Sauerſtoff. 113. 831 ff. Sauer⸗ 
ftoffaas, Ausdehnung deſſelben 
durch Wärme 562.7. ift Theil 
der atmofpbärıichen Luft 829. 


—— und Phänomene def: 

felbe 831 ff. 
* der Kinder 410 
@ augpumpen 


49 
Scale 399. Kahrenbeitifche sog. 
NM. 393.N. Schwediſche 504. 
Reaumuͤrſche, Celſiusſche, 
Deslis leſche 505. N. 
Schall 447 ff. Koͤrver, dic ihn ers 
reaen, u. Mittel, die ihn forts 
pRanyen 449. Stärke u. Dauer 
deifelben 454. dumpfer 458. 
Geſchwindigkeit deſſelben als 
Mittel, d. Entfernungen eines 
Dres, Gewitters u. f. w. zu 
beurtbeilen 480. 
Schallſtrahlen 477 f. 
Schatten 662 f. gerader, umges 
kehrter 664. wahrer, Kerne⸗ 


Regiſter. 


Sal chatte SE ir 
Shaufel, als Heid m’ 
& Hirt 


‚, als 23 "| 
Ehbeibe 294. Nmaratı dr o 
— Qaerrer⸗ u. 

„Deamrdinen, EEE = 
E tedemafer 
Eıbeidung 
Eıbicbfarren, old etc 


Shirefpulser, Eraftmi " 
Eutzäntung ur? — 
defieiben 


—— als — * 

Schillern ter Lörpır 
Cemmuein, veartabiliih ? e— 
e neneue bey ter —* 


— ———— 
—— 1135. Eparafter » 





ne‘ 
Shleuder g 
Schmal; g* 
ame und Sefrierez ge 
Echmeljgiäfer 
Echmeljungsmittel 7 


Schnee 144. NR. 972. ts 
Siritärt des Gerne! 
beym fchnıeljenden 6 er 
fub mit warmen Bit: — 
Schnee 

Schneewaſſer; ſ. Rear 

Schnellwaage, ale scan 

Schoͤrl, rotber * 

Schroͤpfkoͤpfe * 

Schrot, bleyernes rm 

Schwefel 118. 144. MR. ni 
Verdampfung defickh, sie T 
- Beibaffendeir und Pie 
ne deſſelben 962 fi. life @r 
talle auf 1106. bep der &x 
fricitär ımt 

Schwefelalkali 981. if Sr% 
fungsmittel für Metalle 177 


Schnellloth 


Schwefelbaͤder ER 
Echwefelbinmen. Schcfe 
then Hei 

Shwefeleifen. Schwefelen 
Selbſtentzuͤndung derieike 

Ir 


GhRrid 


— Regiſter. 


— cancluauan· 
6. 1099 
hit 976. Ehmerelles 
erluft 984. 
wefelluft 976 
„oefelmetalle 1106. Verwit⸗ 
ern derſelben 1127. waſſer⸗ 


offhaltiges 1109 
wefeſmilch 982 
nwefelrubin 4. N. 


wefelſaͤure 864 f. — 872. 
3efchaffenheit und Phänomes 
e derfelben 962. ff. vollfoms 
aene 966. giebt Neutrals 
nd Mittelfaize 971. flüchtige 
973. 
ywefelwafler 2x5 
yivere, im allgemeinen 196 f 
ſt ftetig s wirfende Kraft 290. 
Irfach ihrer Kralt liegt außer 
mferer Erfahrung 205. iſt 
sefchleuninende Kraft 206. 
igenthuͤmliche 210 
hbwererde 118. 892. 
ihwefelfaure 971. falzigtfaure 
mg 
biwerpunct , : fefter Kbrver 
ı72 ff. Directionslinie deflels 
yen 276.:f. mechaniſches Fins 
yen deſſelben 273.N. 
bwerfputb 906.971. Schwers 
dein 1129 
hwimmen, der Körper 341 f. 
ver Schiffe 344. N: der Mens 
hen, der vdgei in der Luft 


N, 


343. 
bwimmblafe der Siihe wor; _ 


m Stickgas it 999 

Heingung, Schwung u. ſ. w.3 
Pendul. 

einge 36bewegungen, ſchal⸗ 

ender und Flingender Körper 

447 ff. Mittelpuncr derjelben 

474. Geſchwindigkeit derfels 


ben 476 f. 
bivingunasfnoten 464 f. 
lopeta pneumatica 414 
ecundenpendufl 259 


eben 638. Theorie und Phäs 
nomene defielben 748. 758 ff. 


ebenerve 751 f. -Seheminfel 
j R 76 


J e 


Senſe, als Hebel 


895 
Seide, weiße ar e ‚se 
der „ieife, * > 
er 
Seispentyindung 248 f. 
Eelenit 978 
S$Semimetalla 


1069 
Senkwaage, budroftatifche, mit 
fländigem und veränderlis 
chem Gewichte 360 f. 
283. N. 
Serpentinſteln, zeigt — 
tiemus 
Giedegrade des Fochenden —8 
ſers unter der Luftyumge 


581. 
an. beym Ciermime 


er 
Siegellack, telectrifche Yoänos 


mene deflelben 1229. f. 1306 
Eilder 115. Verdampfung deis 
felben 580. N. Legirung des 
felben mıt Kupfer 1073. N. 
Charakter deſſelben zızz. fals 


peterſaures 1115. N. 
Silberbaum 143. N. 1105. N. 
Silberglaͤtte a — 
Silice 118 
Silurus electricus 1391 
E ımilor. 1073. N. 
Situs 55 
Smaͤlte 1125. M. 
Eoda. Soude 880. N. 1146 
Solutio 179. Solvens 180 
Sonnenteuer 635. Wirkung 


deff. auf farbige Körper Yıg 
Sonnenmifroffop, Lieberkuͤhns, 
Martins 713 
Sonnenzeit, wahre, mittlere 
70. R 


Soolwaage 36 

Spangruͤn ttis. N. 
Epatbidure 1061 
Spectrum 716 


Specula 'cauftica, ultoria, = 
dentia 
Sphäroidmafchinen , et 


1257 

Epieael 677. Es giebt feinen 
- vollfommenen 678. Materien 
- zur Zubereitung derſelben 
679. ebene, plane, frumme, 
convere , concave, ſphaͤriſche, 
gl — — 
o⸗ 


prismarıiche 
— Spiegeltañen. 
646 R. 


N — — 
Caſſegrain, Ders 


ſchel, ader 72 — 726 


Epirfglasfonig 144 NR. 
Eprefalan; 118. 1067. Berdams 
pfung deſſelben sgc.N. Cda⸗ 
— —— 1126. ſaweiß⸗ 
en cal anıbat — 
er asian er. eBalan 
Epiefglanjmet. Erich 
ea 1126 u. N. 
Spinnen, electriſche 1276 
Spiritus, Libans rauchender 
1120. N. 
Spiritus vini, ardens, inflan- 
mabilis 1198 f. 
Sprachgewoͤlbe. Gpracprobr 


sun. 
Sprinabruunen 316 M. 
Eovringfraft 126 f. 
Stachelbauch, electrifcher 1391 
Staͤbe, klingende 467 
St aͤt ke 1135. 1157 
Stahl 1119 
Gtahibrunnen, kohlen er 

95 

©tablfeder m N. 
Stalactite 4. N. 


Stangenſchwefel, Phänomene 
deflelben 


Gtechbeber, Wirk. deffelb, ‚us 

E:rteinjals 
©tern, — bey der * 
trieität 1290 
Gternentag on. 
&ternro * Keplerifchen 2 
126 


Stibium 
Stickgas, Ausdehnung deffels 
ben durh Wärme 562. N. 


als Beltandtbeil der atmos 
fobäriihen Luft 829 Theorie 
u, Phänomene deilelb. 998. ff. 
:  _ fauerftoffbaltiges 1001. 1016 f, 
Stickſtoff 118. 912. Theorie m. 
Vbänomene deffeiben in Ver; 
bindung mit Sauerſtoff 998 ff. 
Stoffe, unzerlegte, unzerlegs 





Er 
Brmr ‘ 
— 
Strablen 134. eimfelinie,» 
rũd geworfene 669 £ gi 
dene _ 





Strabienbändcben 
— — —* 
Strablencylinder 
Gtrabiencanal, Fonts 
©trablenfeael vi 
Etrablender Yunct Bi 
Etrablunaen des Auges 7 
Strobhalmeleetromerse my % 
Eee 218. 39: gr! 
— g 
au 
runde krv * gi 
ublimate Raliaiike ı 
N Eablinıtrem 3* 


Sabſtrat laureiaͤdises, er 
bildendes 
Subſtanzen, fobliae, ——* 


eigenthuͤmliches Gewicht dm 
feiben 368. ulammenarie“ 
organıfber Körper ja 


Uebrigens fiecbe Stofft. 
Eidpol des Maarers 1m 
Sulfures metalliques mi 


—— Soufre m 
ulze ni 
u Haft un 


Snppeliex phylica 
Gompatbetifcbe Tınten rR 
1118. ” Dellots, IJliemazzi 
blaue a R 
5y*- 





Regiſter. 


thelis 115 
'ho 388 
tem , Franklins, bualiıtis 
hes 1313 ff. 


seller „ uͤber die einfachen 
Stoffe 118. über die Zerreiß⸗ 
arfeit der Körper 128. N. 
ber ten Zufammenbang der 
lörper 147. N. über das Aufs 
eigen der Flüſſigkeiten in 
>aarröhrhen 157. uber bie 
Berwandtihaft der Zufams 
nenfeßung ı74 — 178. über 
en Schwung und Berzöges 
ung Des Gecumdenpenduls 
144. über das Gewicht der 
Flüffigkeiten 353. N. über 
as eigent huͤmliche Gewicht 
mehrerer Körper in Bergleis 
chung mit Waſſer 368. uber 
bas Gewicht des Sulzed, der 
Soole, des Gemiſches aus 
Alkohol und Wafler 36. 
über die identifch s verfchietes 
nen Arten der Säuren, nebft 
ibren latein. und franzöfifc. 
Benennungen 354. über volls 


fommene und unvollfommene . 


&äuren 872. über die Ders 
waudtſchaftsfolge der Metalle 
zum Gauerftoffe 1104, N 
uber die Peftandtbeile der 
Körper d. Pflanzenreichs 1135 
ag 70. N. 
al | 1179 
alterde 118. 892. 903 f. ſchwe⸗ 
felfaure 971. borarfaure 1066 


angentialfraft 106 
antalus, fünftlicher 394 
artarus 1160. emeticus 

1126. N. 
aſcheneleetrometer 1304. N. 


eleſtop 790f. 
‚emperatur der Körper 177. 
18. Mittel, diefelbe zu ers 
hohen 633 — 637 
'empus, folare, verum, ſ. me- 
dium, aequale, primi mobilis 
70. N. periodicum 101. R.6, 
Serpentindbl, Auffteigen deflels 
ben in Haarröhrchen 137 N. 
erra muriatica . 903 


897 
Tetrachord 461 
TYetrodon electricus 1391 
Textura 139 


Thun ö . 944 

Theile, gleichartige, ungleichars 
tige ııı ff. fadige, holzige 
bey Pflanzen 


1172 
Theilung, chemifche, phufifche, 


mechaniſche ı1i. 115 
Thermae hepaticae 98% 
Thermometer, Thermoſkop 398. 

N. 49i ff. Florentinifcheg, 

Fahrenheitiſches, Keanmüris 

ſches sonf. Frofts und Gier 

depunct defielben soı.. Sca⸗ 
le deſſelben sog 
Thon, Schwinden deffelben in 

Hitze 557 

Thonerde 118. 892. iſt für ſich 


unſchmelzbar 574. N. reine 
05. ſchwefelfaure 21 
Thonkugeln 298. N. 
Thran 1179 
Thür, eleetriſche 1334 N. 


Tinet. ligni nephritiei 742. N. 
Tinte, gemeine 1165. ſympa⸗—⸗ 
thetiſche; ſiehe ſympathetiſch. 


itan ı18. 1067. 1137, 
Tobakrauchen 410 
Kombad , 1073. N. 
Ton , bober,, tiefer 456 f. 
Tonne, magiihe 416 
Topas, brafllianifder, zeiat 

Eleetricitaͤt 1390 


Topf, Papinianiſcher 582 
Zap e | 144. N. 
Traͤgheit 61 f. Geſetz derf. 64 


Traubenhaut 753 
Trichiurus indicus 1391 
Trinken 410 
Zrinfwafler, elestrifirte® 1330 
Trochlea 29% 
Tropfenbildung '139 fü 
Tubi, capillares 154. optici 

780. 783 ff. 
Tungftene 118 
Zunaftein 1129 


Tunica felerotica, cornea 750 
echoroidea 52 
Zuriner Kerzen 1036 
Zurmalin, eleetrifhe Eigens 
ſchaften deflelben nah Ca⸗ 
vallo 1390 u. N. 
zu Zur 


898 
urpeth, u ag 1116. N. 


Uebergang, bey der Electri⸗ 
citaͤt 1313 


ucbtcibae, beym Hebel 282 


Ueberſtroͤmen der Electricitaͤt, 


erſcheint in Geftalt eines 
Lichtpunctes od. eines Bene 
buͤſchels 250 
Uhrglas, Strahlenbrechung bey 
demſelben 705 
Umbra recta, verſa 664 
umiautszeuen . M. 
Undurchdringlichkeit * iR nur 
relatıp 38 
Undurcfichtigfeit der — 


745 

Ungleichartigkeit 46 
Univerſalwaage, Leupolds 

293 M. 

Unſchlitt 179 

Unterlage, beym Hebel 282 


m. 118. 1067. Charakter deis 


felben 11120 
Ur ſchall 484 
Urftoff 117 
Uvea 753 
Vacuum 34, disfeminatam 45 
Vapores 136 


Vectis 282. heterodromus, ho- 
modromus 283. angnlarig 


294 

Vegetationen, kuͤnſtliche, me⸗ 
talliiche 1108 
Venus 118 
Verbrennen, entzündlicher Mas 
terien 636.822 f. Erfcheinuns 
geu und Theorie deflelben in 
aumoſphaͤriſcher Luft 826 ff, 
Beſchaffenheit deſſelben 840 f. 
bey Metallen 1082-f. 
BVerdampfung, Marimum ders 


felben 595 f. wirkliche 6598 
Vereinigungspunct paralleler 

Strahlen 673 
Beaflichtiaen 


600 
Beralafungen , cigenthimliches 

Gewicht der kuͤnſtlichen 3468 
Vergleichungsthermometer 


505. N. 
Vergolden, verfilbern , vers 
zinnen — 148 


Kesifter 


Vergroͤßerungsglas m" 
Derkalten der Metal mi 
1075 ff.- it wirflibis %o 
brennen 1032. Theorie vi 
ben 1083. iſt Dridirung u 
Vermengung. Vermifhana 1 
Berunuftichluffe 
Verpuffen 
Verforium 
Berfubinf. Robersalki! 
Kleiftiiche , Leidenſche, F 
ſchenbroekſche bey — 


citaͤt 
———* bey der Ei 
— 


un 


Merticallinie 
Berwandribaft, ne 
mifchende 173. BER 
vorbereitende 
Verweſung, Mt von *8* 
aͤulniß verichteden 1m 
beorie derfeib. 124 -ı= 
Vexirbecher 


Ih 
Vibratio penduli _ “ 
Vinum adufeum mi 


Bivleufyrup, als Reagai 
Alkalien 

Viride aeris - iD 

Vis, attractiva 39. re 
expanhıva 36. —— 
widerlegt 64. morris, & 
leratrix 80. centripeti 2 
centrifuga, nmormalis, i 
gentialis, centrals — 

Vitrioh, grüner 969. har 
1118.N. weißer me? 

Vitriolaͤther. Bitrielan 


Vitriolgeiſt, Auffteigen * 
ben in Haarroͤhrchen 13%." 
Bitriolöh 157.0. m! 
BVitriolfäure, 969 f. pblost” 
te, flüchtige ya". 
Vitriolam de cypro mit 
Vitrum oneratum 13348. r 
tra caultica, uftoria . I" 
Volumen v 


Vulcane, entfichen aus Tor 
pfen 8 


Waage, bodroneuich 39. dr 
lombs electtiſche um 


Regiſter. 


Wachẽtaffent bey | 


v96 1166. 
x Efectricirät 1316 
rme 487. ſpeeifiſche, coms 
ırative, relative sso, beym 
endul 261 
rmegrade des ern 
zaſſers 

rmematerie; .Waratke 
rmemeſſer 491 
rmeſtoff 118. 487 ff. —— 
nd deſſen Verbreitung 51uff. 
t erpanfibele Flüffinf. , rein s 
rpanfibele Fluͤſſigkeit und ims 
onderabele Subſtanz / ift ur⸗ 
yrünglich expauſibel 5115513. 
rablender 515. freyer, uns 
ierkbarer, verborgener, firirs 
er 521. 614. Gleichgewicht 
effeiben 524 f. Wirkungen 
eſſelben auf die Korper ssg ff. 
?rpanfion der Körper durch 
‚enfelben 554 f. bey Gasarten 
o2 f. finirter 612 ff. adbäris 
ender, chemifch s gebundener 
15. Beſetze deiielben 618 ff. 


'eirer für denſelben 540 
ihlverwandtſchaft, einfache 
76. mehrfache 178 
ıllauder he 
ıllrath 


iſſer, von aleichartiger —8 
09 M. als fetter Körper, 
8 tropfbar s Aluffig, als 
Bifferdampf 137 N. warmes 
38 Na deſtillirtes, Aufiteis 
ven befielben i in Haarroͤhrchen 
57N. Fieden deflelben 579. 
at deſſelben 759. Einfluß 
ser Luft auf die Siedhitze deis 
elben und überhaupt auf deis 
en Exiſtenz sgı — 583. Auss 
zuͤnſtung defielben ift Feine 
Auflöfung in der Luft 398. 
Springen deflelben aus dem 


Heronsballe 407 N. Ver⸗ 


vandlung des tropfbar s flüls 
igen in Dampf * 913 ff. 
ſt ne einfabe Subſtanz 
yı3 f. befteht aus Sauerſtoff 
nd Waſſerſtoff Hı8 f. dreys 
abe Form deflelben . 931 ff. 
iquides, einentlihe® 9331 f. 
Befrieren deilelben 933 f. ans 


Waſſerbley 


899 


dere Feſtiakeit deſſelben 937. 
iſt Aufloſungsmittel verfchier 
dener Körper 938. atmoſphaͤ⸗ 
riſches iſt das reinſte 938. ums 
merkliche Ausduͤnſtung deſſel⸗ 
ben 940 f. liquides nur iſt 
feucht s machend 948. läßt ſich 
nicht in Erde verwandeln 949. 
foblenfaures , luftfaures 956, 
mwefentliches bey den Pflanzen 
1136. hartes, weiches 1167 
1128 
Waflerdampf 931.939 f. — 
citaͤt deffelben 


Waſſerſtoff 118. 912. 913 * 9 


einfach 

Waſſer ſtoffgas, Ausdehnung * 
ſelben durch Wärme 562 N. 
916 ff. Baſis deſſelben in Wafs 
fertof und Brenuftoff 919% 
fchwefelhaltiget 984. phos⸗ 
phorhaltiges 1043. Entwides 
lung deſſelben bey Metallen 
1099. foblenftoffhaltiges * 

Waſſerſtrahl, Springen deſſel⸗ 


ben aus einer Roͤhre 165. 
u. N. 268 N. 

Meg, des Körpers 68 
Wegmeſſer 281 
Wen 1189. Weinflaſche, 
electrifirte 1330. N. 
‚MWeingährung, Theorie und 


Phänomene derfelben 1187 ff. 
Weingeiſt, Verdampfung deflel« 
ben 580. N. Beſchafenheit 
deſſelben 1191. rectificirrer, 


hoͤchſt⸗ rectiſicirter 1 > 
Beinfein ı35.1100 493 
Weinftein 1135. 1160. vitriolis 

firter 978 
Meinfteinfänre 864. 1135. 1160 
Meitfichtigkeit 75 
MWert;eu J 
Wetterglas 


Wetterſchaͤchte, Wetternehhel 
in Gruben 


97 
Wiederberftellung ber Dreralle 


1079 f. Theorie und Phaͤno⸗ 


mene derfelben 1085 ff. 
MWiederichall 484 
Winkel, gebrochener 693 
Winkelhebel 294 
Winkelſpiegel 686. N. 


- 


9 
Bindbichfe 337. R.- 
Windofen, Laftzug deileiben 
67 N. 828 
Wirkungsfreis,ckectriicer 1252 
1307. 1313 
Wismuth 118. 144. M. 1067 


Nerdampfunag deſſelb. 580. N. 
Eharufrer deffilben 1123 
Mismiurbfalt 1122. N. 
Witherit 906 
Wolfram 113. 1067. Wolfram⸗ 
metal, Eharafıer und Kalf 
deſſelben 1129 
Wolframſaͤute 864. — * 
Wolken 944 
Würfel, metallener * —* ſer 
gewogen 333. N. ziunerner 
und bleyerner, abgewogen in 
einerley Flüͤſſigkeit 334. N. 
böljerne, Eintauchen derſel⸗ 
en in Fluͤſſigkeiten 344. N. 
Wunderbar 1i. N. 
Warfbewegung 267 Ff. Balilei s 
Geſetz derfelben 267. anfängs 
liche Seſchwindigkeit, Gewalt 
derfelben 268 


B. 


affer 1125. N. 
ange, als Hebrl 283. N. 
apfen, beym Hebel 282 
Baubergemäblde, Baar nat 


1334 
auberlaterne, Kirchers 71 3 
auberperipectiv 637. N. 
Zeichnungen, anamorphotiſche, 
und Juſtrument dazu 691. N. 
eit, bey jeder Bewegung 69 ff. 
erfließen und Nichrzerfließen 
der — aufandere 1591. N. 
Zerlegung. Zerſetzung. Zer ſtuͤ⸗ 
ung. Zertheilung 119. Zer⸗ 
feßung der Gasarten durch 


Regiſter. 


sn; Gähruns ae; 
Zerreißen der Körger, Bes 


ce dbapen 128.1 
Berftreunngsgläfer. der⸗ 
unaspunct ri 


Zeugmaſchinen, efectride ıx 
Zınf 118. 1067. Baar. 
dDeiieiben 5290. M. Cbealr 
—— zı2ı. fdedeio 
tiri 

Binfamataama, ber —— * 


Binfstamen. Zintfalt 5 


triol 1321." 
Zinn 118, 1067. Ehre 
deflelben IE 
innamalgama ur 
innaſche 
innbaum 143. M. ug 
innbutter. Zimnfalf, " 
fommener, unneilsm- 

12 ant“ 


Zinnpletten, ua 
innober 


irtonerde 218, en 2 
Zitronenfäure 854. nie.” 
tronenfaft rat 


Sitteraal. Zitterrocken. - 


weils 
Zuder, it ein Drib * 
1135. Charakter — 
uckerſaͤure 
uleiter, eleetriſcher 
uruͤckſtrahl. d. Lichte z 1.0% 


Zuruͤckſtrahblungs winkel 
Zuſammenhaͤngen, der fr 
u: 


—— 12 


ſammenſetzung. Beier 


—— Stof ııW 
iſchenraum, leerer J 





2 





— u "EZ .. 0 





ET 26 








Pr. 








Digitized by Google 








.+. 


—⸗ 


— 





n 





—— 


—IIXMMM 
—O 












| 





“ - . 
I 
' 1. 
E 
% 
- % 
— 
“ 
* 
⸗ * 
* 
3— 
* 
# * 
“ 
4 
⸗ 4— 
a . 
* 
- 
— 
—* 
* 
— - 
- - 
“ 
- - 

„* 
» 
‘ 
\ 

* 
Wi 
’ - 
- ” 
- 
* 
* 
4— 
% 









era al 76 — Google 
i L i o 


—— — — 


* 


— — — 


* 


3— 








‚F 
— 5 
— — 





© 


+ 


— —— — 





— 


En ir 





- 
* 
“ . ” 
’ * 
4 
’ 
ö - 
LET Sn 
— "Ra 
M J 
* « 
’ “ 
* 
* 
’ 
. 
* 
% 
’ 
— 
- 
x 
0 —— ⏑—⏑— ÄD 








- 
- 
. 
* 
— 
PL) 
* 
1 
% 
- 
— 
— 
* 
— —— 
— 
* ..,. . 
* * ⸗ * 
* 
- 
. e . 
. 
= v 
« . 
a’ [2 . ° > 
-_ 4 s . 
er — 
Js « 
‘ 
[2 
. 
— 
⸗ 


)igitized by Google 
L J\ f } y J 08 


dl 


TE — se 
a 











._- 


0, 





— —— — —— —— en 


Sl) ” DS 








Digitized by Google 


*