DIE
FAYENCEFABRIK
ZU MOSBACH IN
BADEN
Johannes März
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DIE FAYENCEFABRIK
ZU /BOSBACH IN BADEN.
In AUGURAL- Dissertation
ZUR
ERLANGUNG DER DOKTORWÜRDE
DER
HOHEN PHILOSOPHISCHEN FAKULTÄT
DER
UNIVERSITÄT LEIPZIG
VORGELEGT
VON
Johannes Aärz
AUS DRESDEN.
VERLAG VON GUSTAV FISCHER IN JENA.
1906.
DIE FAYENCEFABRIK
ZU nOSBACH IN BADEN.
iNAUGUKAL-DlSSERTATiON
ZUR
EKLANGUNG DER DOKTORWÜRDE
HOHEN PHILOSOPHISCHEN FAKULTÄT
DER
UNIVERSITÄT LEIPZIG
VORGBLeGT
VON
Johannes Aärz
AUS DRESDEN.
VERLAG VON GUSTAV FISCHER IN JENA.
1906.
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3:
AngeolomiDeii von der plüloM|)lii«di«hlitoriMJien Sektion anf Onind d«
Gutachten der Hemn Stieda nnd Seeliger.
Leipzig, 30. April 1906.
Der Proeanoellar
Harz.
Inhaltsverzeichnis.
Seit«
Einleitung 1
T nip Sfhirksnlfi ripr Fahrik von 1770— IM20 . . 3
§ 1. Die Fabrik unter Leitung Bcrthevins und Klottens (1770—74) 3
S 2. Die Fabrik unter der Direktion TäimichB (1774 — 79) ... 8
§ 3. Die Vent-altung der Fabrik unter dorn Obcrcinnelimer Reibeid
(1779—81) 19
S 4. Die Fabrik im Besitze der Gesellschaft List & Co.> später
Römer & Co. (1782—1825) 25
II. Die Fabrik und ihre Einrichtungen 55
TTT. Die Ffthrikate 62
IV. Die l^roduktioTi. Die Arbeiter . , , , , . , : .. 79
205832
Einleitung
Nur wenig hat bisher die Fayeiicefabrik von Mosbach Berück-
siditigung eifaliFen. In der keramiBclieii litmitor findet sie sich znm
ersten Male bei Schwarz*) in seinem Aufsatze Ober die Porzellan-
fabrik zu Frankentbai gelegentlich des Aufenthaltes Berthevine, des
späteren Direktors ia Mosbach, kurz erwähnt Bruno Bücher^
zählt sie mit auf^ um ihr einige Fayencegeschirre, die bisher als Franken-
taler Erzeugnisse in Anspruch genommen worden sind, zuzuweisen.
Er gibt außerdem den oben genannten Berthevin als Gründer an, als
Grfindungsjahr nennt er 1770^).
Eingehender hat erst Stieda*) auf die bemerke usworte Anstalt
hingewiesen, sofern er ihre Anfänge geschildert hat. Auf Grund der-
selben Akten sowie dp;- im GroBherzoglirhen Generallandesarchiv
zu Karlsruhe behiidlRhcn ' j die (ieschiclite dieser Fabrik im Zusammen-
hange vollständii^ (larzustellcii ist die Aufgabe, die. ich in der vor-
liegeuden Arbeit zu lösen ver-ucheu will.
Leider war das Aktcnmateiial zwar umfangreich, aber nicht so
ergiebig, als die 12—14 laszikei es vermuten lieüeu. Es wai- daher
1) Schwarz, Zur Geschichte der Porzellanfabrik in Frankenthal. Mitteil,
des Histor. VereinB der Pfalz, Heft']2, 8. 71—80.
2) Bruno Bucher, Geschichte der keraniedien Künete 1803, Bd. III,
b. m.
3) Ebeiiüo bei Zais, Die Fraukenthaler i'orzeliaiitabrik. Zeitschrift d.
BaTriacfaen Kunstgewerbevereins in München, 1894.
4) Wilh. Stieda. Hefte Bartiievin und die Fayencefobrik an üoebadi.
Zeitschr. für Gc*ichichtc d.-s Obcrrlieins. N. F., Bd. XIX, Heft 2. S. 319-331.
5i Akten (i< ^ ]< iit>tli( Ii Leiningiw^heu Archivs, Lit. F, loco 1, 2, 3, 5, 7, 15,
16 und .\iiiage U Misceilanea.
6) Grofihencogl. Oenend^LandeiMrchiy zu KariBmhe. Na 1190, 2485.
1
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schon aus diesem Grunde nicht möglich, ein allseitig erschöpfendes
Bild der Fabrik zu geben. Der starke Umfang des Aktenmaterials
mag sich daraus erklären, daß zahlreiche Schriftstücke doppelt, in
Urschrift und Abschrift vorhanden waren, während eine große Anzahl
anderer Schriftstücke über die langwierigen Prozesse und Verlnind-
lungen der Fabrik Auskunft geben. Diese sind dem srlileiiiK'inleii
Gerichtsgang jener Zeit cntspreciiend auüerordentlich weiisciiweitig
und enthalten viele Wiederholungen und Nebensächlichkeiten, welche
für die vorliegende Darstellung nicht verwendbar sind.
Den Archivverwaltungen zu Amorbach und Karlsruhe sage ich
für ihr Entgegenkommen auch an dieser Stelle meinen besten Dank,
ebenso Herrn Pfiirrer Meerwein in Mosbach, der mir mit Nachrichten
ans dem Kircbenbucbe freundlich zur Hand ging.
Karl Friedrich Gntmanns Bnch: Die KnnsttOpferei des 18. Jahr-
hnnderts im Großherzogtum Baden, (Karlsmhe 1906), das mir wfihrend
der Druckiegnng zuging, konnte ich leider nicht mehr berücksichtigen.
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1. Die Sehieksale der Fabrik von 1770—1829.
§ 1. Die Fabrik unter Leitung Berthevins und Klottens (1770—74).
Am 7. April 1770 wurde einem gewissen Pierre Herthevin')
die Eilaubnis erteilt, in Mosbach eine Fayencefabrik zu errichten.
Berthevin, der nach Bucher aus Holland kaui, nacli Brinckmann
und Stieda abw seine beramisdie Sehulnng in Fhmlcreidi erhalten
hatte, war in Marienberg bei Stockholm als Nachfolger Ehrenreichs*)
tätig gewesen. Als dieses Etablissement zurfickging, war er 1769
nach Deutschland gekommen nnd hatte in Frankenthal em von ihm
erfundenes oder verbessertes Ver&hren des Überdrucks an! Porzellan
zum Gegenstande seiner Tätigkeit machen wollen. Da er inzwischen
Bezidiungen zu dem Kurfürsten Carl Theodor gefunden hatte, so machte
er diesem wohl den Vorschlag, eine Fayencefabrik, wie solche in kur-
pfölzischen Landen noch nicht existierte, einzurichten und erhielt in
Mosbach die sog. neue Kaserne angewiesen, wo er mit einem Vorschuß
von 4fKX) Ü. eine Fayencefabrik einrichtete. Für sein an die Franken-
thaler Poizcllaiifabrik überlassenes Arcanum erhielt er 400 ti.. auljcr-
deni eine Uaüw von \'ergünstigungen, wie Befreiung von Ter-sonaJ-
steuern für sich und seine Arbeiter, zollfreie Einfuhr von Rohmate-
rialien, zollfreie Ansfiilir von noch nicht fest verkauften Fabrikaten,
sowie die Friaul^uis, überall auf privaten Grundstücken, nach vorher-
gegangener \'erständiguug mit den Besitzern, Erde zu graben, wo er
eine fOr seinen Zweck taugliche vermutete.
1) Die SehOdming der Direktion Bertbevin« bis sn dessen Abzüge (S. 3)
nach Stieda, Piorrt- Berthevin tni<l <lic Fayencefabrik zu Mosbach. Zeitsehf. für
Geschichte des Ohnrheins. N. F., M. XIX, Heft 2. S. .'üf -331.
2) Über Khreiireich siehe J. Brinckmann, Das Hamburger Museum für
Ivun^t und Gewerbe 1894, S. 3ö9 und Bruuo Bucher, a. a. O., S. 509. sowie
Btieda, Deutsche Töpfer- und Zieglerzeitung 190B, No. 47, Ü. 2ö0, 251.
!♦
— 4 —
Die Fabrik entwickelte sich jedoch nicht, obwohl Berthevin, wie
OB wenigstens den Anschein hatte, die teehuisdie Seite verstand. Es
wurden immer neue Zuschüsse ndtig, so daß bis Juni 1772 schon
10500 fl. in das Unternehmen gesteckt worden waren. Berthevin
war dennoch ständig in Geldverlegenheit, weil er seine Waren nicht
absetzen konnte und wandte sich, um nur den Betrieb nicht still
stehen zu lassen, mehrmals an Klotten, Stadtschultheiß von Mosl)ach,
der für das Ärar die Auf^idit fülirte, um Vorschflsse an Geld und Holz.
Obwohl Se. Durchlaucht nicht geneigt warra, weitere Opfer zu
bringen, so war er docli schon zu weit gegangen, um die Fabrik ein-
gehen zu lassen. Es wurde dahor heselilossen. den Betrieb zwar fort-
zusetzen, den tinanzicUcii Teil der Verwaltung' al)er dem Stadtschult-
heiüen zu übertragen, Berthevin sollte den technischen Betrieb leiten.
Da er er jedMch in dem Schultheißen einen ihm unangenclmien Aut-
passer erblickle, sich auch i)ersönlieh mit ihm absolut nicht stellen konnte,
so forderte er, bcsontJcrs nachdem er mit Klotten heftig zusammen-
geraten war, seine Entlassung. Klotten versäumte seinerseits auch nicht,
den „tollen Franzosen" bei der Kammer als untüchtigen, liederlichen
Menschen hinsustdlen; dennoch gab der Minister dem Direktor Ber-
thevin noch Bedenkzeit. Allein Berthevin beharrte bei seinem Ent^
Schlüsse und so erhielt er am 5. September 1772 seine formelle, in
höflichem Ton gehaltene Entlassung, ohne daß man darauf bestand,
daß er semen Verpflichtungen nachkomme, d. h. die Vorschüsse
zurückzahle. Er erhielt obendrein noch eine Abfindungssumme von
1200 fl. und die von seiner Frau für zurückgelassene Möbel ge-
forderten 89 fl. Am 2ö. September \ erließ er Mosbach, wo man froh
war, den prahlerischen, querulierenden Franzosen los zu sein.
' Die Fabrik !>ef;iiid sich bei seinem Abzüge in einer „unbe-
schreiblicli eriiarmlichen" LntioM. Der Vorrat an Geschirr bestand
in rauh gebraunten und ungeiirannten Waien, die keine Glasur
annehmen wollten, weil die Erde zu hart war; Holz, Zinn, Blei
waren verschwendet worden, der Ofen stand ohne Dach, gute Frde
war nicht vorrätig. Die Arbeiter waien durch ihren schlechten Direktor
verzogen, der „Faul- und Falschheit" ergeben, die AVare war sclileclit
und wurde, nur um Geld in die Hände zu bekommen, stück- und
partienweise um Spottgeld verkauft, so daß die Fabrik allen Kredit
verlor.
1) Die Schilderung entstammt der Feder des spSteren FabrikenkontroUeun
EnunenuMUi.
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Da es sieb indessen zeigte, dafi unter der Yerwaltang Klottens
bei geringem Kostenanfwande allerlei Waren bis zur Vollkomnienheit
hergestellt worden waren, so wurde dem Stadtschultheißen die Ver-
waltung weiteiiiin anvertraut und ihm, znnächst provisorisch, der bis-
herige Salinenassessor Joseph Christian Emmermann beigeordnet^ um
ihm „personaliter* an die Hand zu gehen. Er erhielt 200 fl. (iehalt,
nämlich KX) H. aus der Salinenkasse, da er bei d^ Saline die Stellung
eines Aktuars bekleidete, und 100 fl. aus dem „Fabriquenfundo".
Seine Tätigkeit sollte sich unter stetor Aufsicht Klottens erstrerkon
auf Anweisung der Arbeiter, Anschalfung der nötigen Materialien, dann
Hesorminy; des Debits und Nacliweisung sämtlicher Fabrikate sowohl
als lierecliming der darauf verwendeten Kosten, welche jedor-h Klotten
wie bisher allein auszuzahlen und zu verrechnen hatte. Klotten, der
in technischer Hinsicht iialürlich keine Anweisung zu geben vermochte,
ernanute den Fabrikanten Joseph Seeger zum Fabrikenobermeister
und ließ ihn die püichtgemäße Einhaltung sein« Instruktion be-
schwören. Nach dieser Instruktion hatte Seeger, der eigentlich ge-
lernter Maler, seit September 17720 aber auch als Glasurer und
Brenner in der Fabrik tätig war, folgende Obliegenheiten zu erfüllen.
Er sollte die „Fertigstellung der Glasur, Dirigierung des Brennofens,
selbstige Fid»iizierung der Malerei besorgen, nach eriemter Kunst und
Wissenschaft fleißige Aufsicht tragen, den darin wahrgenommenen
Mängeln durch seine beiwohnende Kunst und erfahrenes Verbessern
abhelfen, überhaupt der Fabrik Nutzen zu allen Zeiten nach sdnem
äußersten Vermögen zu fördern sich bemühen." Im Sommer um 5,
im Winter um 7 Uhr morgens hatte er die Arbeiter durcli die Arbeits-
glocke zur Arbeit zu rufen und anzuweisen, iihends 7 Uhr sollte er
sie entlassen, Nachlässigkeiten und Verbrechen Itei Klotten anzeigen.
Während also den Vorschriften dieser Instruktion gemäß Seeger die
Rolle eines Faktors bekleidete, wies Eninierniann die Arbeiter an, ver-
mittelte den Einkauf und suchte den Vertrieb der W.aren zu heben.
Klotten Übel wachte das Ganze und leitete insbesondere die finanzielle
Seite des Unternehmens. Während Emmermann bezahlt wurde, erhielt
Klotten, soviel sich aus den Akten ersehen läßt, für seine Bemflhungen
nichts.
Der Betrieb ging nun in dieser Anordnung, wie Klotten in
seinen Berichten an die Hofkammer angab, ganz gut. Das Arar
schoB daher wdterhin die nötigen Gelder vor und schon am 26. Sep-
1) Siehe Slieda a. a. O-, B. 322.
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tember, einen Tag nach der Abreise Berthevins, wurde ein, wie es
hieß, wohlgeratener Brand, bestehend in ganz weißen und blau ge-
malten Waren ausgehoben und der Wert des Geschirrs auf 174 fl.
10 kr. veranschlagt. Wo es mit „möglichster Beschrinkung deren
Kosten" indgUch war, suclite Klotten \'erbesserungen an dem Werke
vorzunehmen. Die wichtigste war wohl die Einrichtung einer Glasur-
mühle. <lie Klotten hauptsächlich auf Dränijen Se(»p:crs baute. 15is-
her hatten 4 Tagelöhner „Tag und Nachf die (ilasur auf Handmühlen
gemahl(!n. Klotten stellre dein Arnriuiu vor, daß mir einer Mühle,
welche mit „einer kienien \Vas>erl<unst" herriehen wiinle, sich eine
bedeutend feinere (ilasurmassc erzielen lasse. Da die (ila.^ur als ein
Hauptstürk der Fayence zu betrachten sei. müsse man vor allem auf
ihre Herstellung möglichste Sorgfalt verwenden. Außerdem würden
die Ausgaben sich vermindern, wenn man die Leistungen der Tage-
löhner, von denen jeder 60 kr. Tagelohn erhielt, durch die Arbeit der
Wasserkraft ersetze. Der Kostenanschlag für die Einrichtung belief sich
auf 42(1. Der niedrige Preis erklärt sich daraus, daß kein Neubau her-
gestellt werden, sondern eine in der Nähe befindliche Ol-Schneide-
und Schleifmtthle als GlasurmOhle eingerichtet werden sollte. Die
Besitzer der Mflhle, GebrQder Brummer, erklärten auf Befragung, daß
sie wöchentlich einen, manchmal sogar nur einen halben Tag zu
sdileifen hätt^ Als gute Untertanen, denen das Wohl der Herrschaft
am Herzen läge, wollten sie für eine Entschädigung von 20 ti. jährlich
den Betrieb einer auf Kosten der Herrschaft zu erriclitendcn Glasurmühle
mit zwei Gängen mit ihrem Etablissement verliindcMi. Der \'ertrag
kam zustande und Klotten erzielte noch eine Ermäliigung des Zinses
von 20 fl. auf 10 fl. Am 10. November .sehen wir die Mühle schon
unter der Aufsicht eines Tagelöhners, der dafür 20 kr. pro Tag er-
hielt, in Betrieb. Es wurde gleichzeitig durch die vereinten Be-
mühungen des Eabrikantcn Schwarz und des Obermeisters Seeger
eine neue Glasurmasse^) zusammengestellt. Eine weitere Verbesserung
des Werkes war der Neubau^) eines Brennofens, der, da er größer
als der alte war, eine erhebliche Vermehrung der Produktion gestattete.
Da man auf Mosbacher Gemarkung nach fleißiger Durchsuchung brauch-
bare Erde gefunden und im Lohrbacher Walde einen Kies entdeckt
hatte, der vorzüglichen kristallinischen Fluß aufwies, so meldete Klotten
voller Freude, es sei alle Aussicht vorhanden, daß das Werk seine
]) Leider geboi die Akteo weder über die Zusammensetziing der Qlasiir^
mane, noch über die ßesehaffenheU des Brennofen« Aafischlufi.
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„durch Berthems schlechte Wirtschaft verlorene gute Beputation**
fdeder erlange. Selbst die ftrgsten Feinde und Neider der Fabrik
mußten zugeben, daß die Erzeugnisse sich der Vollkommenheit nSherten,
eine Behauptung, die freilich in der Folge als unrichtig sich er>
niesen hat.
Ohne den Zuschuß aus der herrscliaftliclien Kasse ging das
Werk allerdings noch immer nicht. Es wurden im Juli ITTi' 27(X) fl.,
im ]\Iai 177:5 lölX) fl., im Oktober 177:5 al)ermals V2üO ti. bewilligt.
Wenn Klotten trotzdem in seiner Bilanz einen Gewinn von 2924 fl.
berechnet, so bestand diese Summe im Wert der Materialien, die
noch vorrätig waren, und der ])ro(luzierten, aber zum größten Teil
noch unverkauften Geschirre. Einen Überschuß, oder, wie Klotten es
nennt, einen Proht. hatte man luclit erzielt, doch meinte er, daß ein
solcher sich bald einstellen tliirfte, wenn man erst die Absatzschwierig-
keiten überwunden haben würde. Diese lagen nach seiner Mdnung
in dem „bekannten Eigensinn des inländischen Handelsmannes**, der
seine Waren lieber aus dem Auslande, statt aus dem hiesigen Maga-
zin, das übervoll der feinsten Ware sei, beziehen wolle. Man würde
diesen Eigensinn am besten durch Verleihung eines Privilegium exclu-
sivum (d. h. eines Absatz-Monopols) flberwinden. Daß der Absatz sich
von selbst heben wflrde^ wenn die Ware wirklich von bester Qualität
sei, kam ihm offenbar nicht in den Sinn. Er hatte schon im Mai 1773
die Verleihung eines solchen Privilegs an die Fabrik beantragt. In-
dessen war ihm damals der Bescheid erteilt worden, daß man vor-
läufig noch Bedenken trage, dieses Privileg zu gewähren. Man könne
es höchstens für die Stadt Mannheim bewilligen, sofern der dort an-
gestellte Ma,i,'a/.inier des Dafürhaltens sein würde, daß die Stadt mit
dem Jetziiren \'orrat und was noch dazu fabriziert würde, annähernd
versehen sei. Der Magazinier scheint sich dafür ausgesprochen zu haben,
denn im Oktober 177:5 kam es zur X'erleilmn^' des gewünschten
Piivilegs, allerdings vorläufig nur juii Wirkung für die nächste Um-
gebung der Fabrik, d. h. die Städte Mannheim und Heidelberg, sowie
die Oberämter Mosbach, Heidelberg und Boxberg. Obwohl in der
Überschrift ausdracklich als solches bezeichnet, ist es doch kein
eigentliches Privilegium exdnsivum. Als solches mOßte es die Be-
stimmung enthalten, daß die Errichtung «iner Fabrik der gleichen
Art in knrpfiüzischen Landen verboten sein solle. Davon ist jedoch
nicht die Bede. Es ist vielmehr ein Einfuhrverbot zum Schutze der
Waren der Mosbacher Fabrik, ein sogenanntes Privilegium expressivum.
Es untersagt alle Einfuhr fremder Fayencewaren, sowie des sogenannten
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englischen Steinzeugs bei Strafe der Konfiskation. Die Händler werden
für ihren Bednrf aasschließlich an die Mosbacher Fabrik gewiesen und
(lieser infolge(ies.sen als einer ««conditio sine qua non" die Verbindlich-
keit auferlegt, stets Waren von jeder (rattung bester liesciiat^'enheit
und zu billigstem Preise vorrätig zu halten und jeden, der es verlangt»
ohnweigerlich damit zu bedienen.
Trot^ dieses Privilegiums wurde der Absatz nicht Itesser und
die Fabrik bedurfte weiterer tinanzieller Unterstützung. Klotten schob
den schlechten (iescliäftsgang noch immer auf den Eigensinn der
Händler; in Wirklichkeit konnten wohl die Geschirre die Konkurrenz
der berühmten und vortrefflichen Flörsheimer Wiesbadener') und
Darlacher ^ Waren nicht aushalten. So ward denn Klorien der
Leitung bald flberdrfissig und befflrwortete mit Freuden die Bewerbung
euies Fayenoefabrikanten Johann Samuel Friedrich Tännich, der im
Frfligahr 1774 seine Dienste anbot Mit der Übernahme des Werks
dnrch diesen Mann beginnt ein neuer Abschnitt in der Geschichte
der Fabrik.
§ 2. Die Fabrik unter der Direktion Tännichs. (1774—1779.)
Die Übertragung des Fabrikbetriebs an Klotten war von Anfang
an nur als ein Provisorium gedacht. Man wollte das Werk wieder
in „gedeihlichen Flor' bringen, um es dann an einen „Entjeiueneur"
zu verkaufen oder zu ver})achten. Klotten hatte sich wohl schon
immer unter der Hand nach einem solchen umgesehen und ging
dalier sofort auf die Verhandlungen ein, die von Tännich angeknüpft
wurden.
Tännich war einer von den in jener Zeit der aufblühenden
Porzellanindustrie nicht seltenen nentrepreneurs", die, entweder gSnz-
lich ohne Vermögen oder doch nur mit geringen Mitteln ausgestattet,
an forstlichen Hofen auftauchten und ein ^^rtifidale*' oder ein «arcanum"
anpriesen. Sie suditen nun die Landeshoren zur Anl^ng ttnw
Fabrik zu bewegen, um hier als Direktoren bei gutem Gehalt tätig zu
sein oder sie baten um Vorschflsse, womit sie eine Fabrik einrichten
und so „einen neuai Nahrungszweig** für die Bevölkerung in Aul-
1) Stieda, Fayence- und PorzeUanfabriken des 18. Jahrh. in hewen-nas-
sauischem Gebiete. Annal. des Vereins für Xassaaischfi Altertumtknnde «nd Ge>
BChichtpforschnn^', Bd. XXXIV. 8. 2'» u S. HS.
2) J. Brinckniaun, Beilrife zur Gu^chicbte der Töpferkunet in Deutech-
land 1896, S. 22 ff. Die Fayencetebrik Dnrlaoh in Baden. K. Fr. Ontmann,
Die FaTenoefabrik Durlach und ihre Eneugniaae (ebne Jahreszahl; Vorwart Earb-
mhe 1897).
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— 9 —
nähme hringeii wollten. Er kam aus Kursachsen und führte den Titel
kursäclisischer Hofkommissarius und Direktor der P'ayeucefabrik zu
Hubertusburg, welches Werk er SYa Jahre mit größtem Erfolg geleitet
za haben vorgab.
In der keramischen literatnr ist dieser Tünnich noch an drei
anderen Orten erwAhnt Zunächst nennt ihn Brnno Bucher der
den Namen, allerdings wohl versehentlich, Jünnich schreibt, als Er-
richter der Fajenoe&brik zn Hubertnsburg, und stützt sich bei dieser
Angabe anf Berling*), der die Arbeit Tfinnichs in Hubertusburg als
rühmenswert beztiefanet Berling wiederum weist auf eine Bemerkung
Brinckmanns') hin, der einen Fayencetöpfer Tännich in Kiel 1764
nachweist und später nach Hubertusburg gehen läßt. Brinckmann
hat ebenfalls eine günstige Meinung von der Geschicklichkeit Tännichs;
er schreibt : „Das häuhge Vorkommen von Fayencen, welche unter dem
K der Stadt mit dem Namen Tännichs bezeiclmet sind, läI5t anf eine
aulierordentliche Tätigkeit desselben schlielien." Als besonders rühmens-
wert hebt er hervor: einen Wandbrnnnon. bemalt in bunten Farben
mit Amphitrite, Terrinen mit bunten Ilt»k:iille-Griifen, Schüsseln und
Teller mit ininten Naturblumen. — Dalj iler nach Mosbach gekommene
Tännich mit dem Hubertusburger identisch ist, unterliegt keinem Zweifel,
denn es wird von ihm selbst in seinem Bewerbungsschreiben hervor-
gehoben. Dagegen erwähnt er eines Kieler Aufenthaltes mit keinem
Worte, was um so auffälliger ist als die Tätigkeit dieses Kieler Tännidi
eme befriedigende genannt werden muß. Nach den Bemerkungen
Buchers und Berlings kam der Hubertusbnrger Tännich flbrigens
aus %mburg, wo er sich allerdings nidit nadiweisen läßt Zeidich
lassen sieh die Angaben eher vereinigen. Tännich sdbst gibt an,
daß er die Hubertusburger Fabrik Jahre geleitet habe und 2 '-/^ Jahre
in Frankenthal Direktor „des Mahlerkorps" gewesen sei zur Zeit, als
der Rat Hannong aus Straßburg sie besaß. Da nun diese Fabrik
1762 aus dem Besitze Hannongs in Kameralverwaltung'') überging,
so würde Tännichs Aufenthalt in Frankenthal vor seinen Kieler Auf-
enthalt fallen^). £s müßte dann angenommen werden, daß Tännich,
1) Brnno Tiiu hcr, n. a. O., Bd. III. 8. 495.
2) Berling, Die Fayence- und Steinzeugfabrik zu Huburtusburg, Dreflden
1891. a 5. '
3) J. Brinckmann, Das Hamburgler Mnseum 1894, S. 371 ff.
4) 8iehe l^chwarz a. a. O., S. 7'i.
5) Job. Kraus, Die Marken der Porzellan man ufaktur in Frankcntbal, nennt
ihn unter dem Jahre 1757 «le FoneHaomakr (ä. U).
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— 10 —
der nach eigener Angabe 1728 geboren ist, bis 1762 in Frankenthal,
1764—69 in Kiel, 1770 bis MSrz 1774 in Hubertusburg tfttig gewesen
ist Dafi Berling ihn schon 1768 nach Hubertusburg kommen, Brinck-
mann ihn erst 1769 aus Kiel fortgehen läfit, dOrfte, wenn die Dinge
wirklich so liegen, daß der Kieler und der Hubertusburger Tfinnich
identisch sind, wold nicht weiter rem Bdang sein.
Als (Irund für Tännichs Abgang aus Hubertusburg gibt Berling
an. daü er vom Kamnierherrn und Oberlandstallnieister (irafeii von
Lindenau, nach dessen Aussage Tännich bei der Uegründung der
Hubertusburger Fabrik nur als vorgeschobene Person benutzt wurde,
wegen „mancherlei rngcbünii.->en'" entlassen worden sei. Tännich
dagegen motiviert in >( iiieni liewerbungssclireiben anders. Nach ihm
ist der liraf, mit deni er in Sozietät gestanden, durch ehien anderen
Fabrikanten „iierschwadieret worden, dali dieser ihm weit bessere
und wohlfeilere Fayencen machen wolle". In Wahrheit kam es diesem
Manne aber darauf an, ihn, Tfinnich, aus seinem Dienste zu bringen.
„Schließlich wurde dieser große Prahler mit Namen Brantz^) Ton dem
Herrn Oberstallmeister wieder mit Schimpf fortg^agt**, worauf die
Fabrik 7, Jahr fast still stand und in Verfall geriet, weil, wie Tfinnich
meint, niemand das vermochte, was er fertig gebmdit hatte.
Er habe, so gibt er weiter an, Sachsen wegen seiner P'einde,
denen er doch alles Gute erzeigt, ans Verdruß verlassen. \'iel Un-
recht sei ihm widerÜBhren, über das er aber aus Respekt Stillschweigen
bewahre. Er war an den Geheimen Konferentialminister Freiherrn
V. lieckers lio^tons em])fohlen durch den Gesandten von Buscli und
den Residenten v. Schmidt, beide in Frankfurt. Namenthch v. Schmidt
wimschte. „daß wir seine Acquisitiou machen, die ich für ganz vorteil*
liaft ansehe*'.
Tännich rühmte sich, die völlige Anlage einer Fayencefabrik
von Grund aus zu verstehen, und zwar von ..groüen Piecen an Öfen,
Kamins, Vasen und Gartenfontäueu, alles mit natürlichen Feuer-, Schmelz-
oder PorzeDantarben gemalte. Er habe die Ifalerknnst und Ver-
mischung der Porzellanfarben gelernt, besonders könne er die sog.
grüne Schmälte, weldie sowohl in Feuer als in Wasser beständig,
herstellen, wisse alle erforderlichen Maschinen zur Erleichterung der
Arbeit anzulegen, sei im Kommerzienwesen nicht unerMren, verfertige
auch alle mdgliehen GUsuren und Scfamelzfeuer&rben, besorge die
1) Ein „Kunstmahler" Johann Friedr. Branta aus Strafiborg 1749 an der
Fabrik in Coburg nachgewiesen. Vgl Stieda, Die Anfinge der FORellanfebri-
kation auf dem Thfiringor WaMe 1902, 8. 17.
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- u -
Malerei, das Bossiereii und Formen, die Gipsgießerei, Brennerei und
W88 sonst zu einer Fabrik ndtig ist Endlidi habe er eine nOtzliche
Metliode erfanden, kupfernen Geschirren eine schöne Glasur zu geben,
so dafi sie keinen Grflnspan ansetzten. Mit dieser Glasur könne man
auch Dachrinnen und andere große Stücke Tersehen, so daß sie dem Roste
widerstehen und ein Ansehen gleich dem Golde erhalten. Seine Haupt-
fertigkeit aber bestand in der HerstelluDg von Fajenceöfen für Zimmer-
heizung mit den allerfeinsten weißen Glasuren, wie auch bunten
und natürlichen Schmelz- oder Feuerfarben bemalt. Diese Öfen, so
gibt er an, können auch nacli der „couleur" der Tapeten eingcrirhtet
werden; gerade von solchen Öfen habe er einen ansehnlichen Al).satz
nach Rußland, Dänemark, Hamburg, Holland. Man habe ihm bereits
von Frankfurt, Baml)eri^ und Wiir/Juiri^ Offerten gemaciit, sich daselhst
niedej zulassen, er habe aber seit seiner Tätigkeit in Frankenthal eine
be^ondere Neigung für die Pfalz und sei deshalb gesonnen, hier sein
Glück zu machen. Später bezeichnet er sich als einen Konvertiten,
der der Religion wegen nach der l'falz gekonunen sei. (iemäß seiner
besonderen Kenntnis wollte er eigentlich eine Fayeucefabrik zur Her-
stellung von Öfen in der Pfalz begHlnden, wozu er sich, da er gfinz-
Hch vermögenslos war, vom KurfDrsten die Verlagskosten oder einen
Yorsdiuß von 1000 fl. gegen allmfthliche Wiedererstattung ausbat FOr
den Fall, daß ihm diese Erlaubnis nicht gegeben wQrde» erbot er sich,
die Direktorstelle in der Mosbacher Fbbrik gegen angemessenes Gtehalt
zu flbemehmen.
Auf dieses letztere machte ihm der Wirkl. Geh. Bat von Fontanesi
Hoffnung; er hielt ihm allerdings, wohl durch die Erfahnmg mit
Bertbevin gewitzigt, gleich vor. daß er es sich gefallen hissen müsse,
wenn man ihm. da er keine Sicherheit des Kai)itals bieten könne,
einen Kontrolleur an die Seite setze, ,.pour veiller les interets". Tännich
erklärte .-iich (l;unir einverstanden und wunle nun von dem Geh. Rat
noch (.'iiiiiial enuiruiglich „aux Lrrncieiises mains" de rexcelleiiee de
l{etkei>5 eiiipfolden. ..II parait". >( lnieb Fontanesi, ..(lu'on jjcut niettre
queh|uc conhance dans cet honiine." Um jedoch ganz sicher zu gehen,
wurde (hirch den (iesandten in Dresden (h'r Inspekror der Hubertns-
bui ger Xiederlai-e auf der großen Frauengasse in Dresden, Herr Comolo,
befragt, ob die Angaben Tännichs auf Richtigkeit beruhten. Diesw stdite
selbst ein Schriftstück mit 12 Punkten auf, deren Richtigkeit und Wahr-
heit durch Comolo unterscbriftlich bestätigt wurde. Es sind die schon
angefahrten Behauptungen aber Tännichs Verhältnis zu Lindenau, sowie
Erkundigungen Aber den Lebenswandel Tännichs und seiner Familie.
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_ 12 —
Nachdem diese zufriedenstellenden Hericlite aus Dresden einge-
gangen waren, fand am 17. März 1774 eine Besichtigung der Fabrik
durdb Tännich statt, der auch der Geheimsekretär des Ministers von
Bedcers, llVidder, sowie Klotten und Emmermann beiwohnten. Tfinnidi
nahm alles in Augenschein und fand die Fabrik in einer ,^emlich
guten Lage und Einrichtung**. Er meinte, das Anwesen liefie sich
durch Fleifi und Mflhe in Stand bringen, das ganze Land zu versorgen
und fremde Gelder ins Land zu ziehen. Indessen bedürfe es zur
standhaften Fortftthrung der Fabrik eines Betriebskapitals von 1000 fl.
Er hoffe, daß ihm dies aus der Kurfürstlichen Kasse vorgeschossen
werden könne und erbot sich, Piirgen dafür zu stellen, deren Herbei-
schaffung ihm allerdings in der Folge nicht gelang.
Der Bericlit über eine zweite Bcsichtifiunjj, die T<ännich am
22. März, und zwar allein, unternommen zu haben scheint, klingt aller-
dings weniger ermutiiicnd. Er sclireibt, der erste Anleger der Fabrik
habe das Unnötige zuerst und das höchst Notwendige zuletzt ange-
fangen. Er habe, ehe er Erde, Luft und Wasser untersuchte, kost-
bare Modelle und Formen von Figuren angeschafft, und es sei infolge-
dessen eine unbeschreibliche Menge geformtes und gebranntes Zeug,
halbgebranntes und ungebranntes Gut vorhanden, aus einer zu Fayence
untauglichen Erde verfertigt. Gegenwärtig sei das Weric von einem
Kontrolleur geleitet, der von dem Betriebe nichts verstehe. Er sei
nicht imstande, den Arbeitern auch nur eine Anweisung zu geben.
Er habe zwar die beste „Menage und Ordnung observiert**, aber in
technischer Beziehung die grOBten Fehler gemacht Es sei kein Vor-
rat gewaschener und präparierter Erde vorhanden. Kocker seien nicht
in genügender Menge vorrätig. Das meiste fabrizierte Geschirr sei
untauglich, weil aus frischer, noch midlige Erde gefertigt.
Es ist niclit klar, warum Tännich das Werk bei solcheii Mängeln
dennoch übernafim. Auch scheint er denselben Fehler gemacht zu
haben, den er dem ersten Anleger vorwarf: er untersuchte Erde. Luft
und Wasser auch nicht. Im April 1774 erfolgte die Übertragung fler
Fabrik an Tännich als Eigentümer. Emmerniann, dem Klotten in den
letzten Monaten die \'er\valtung allein überlassen zu haben scheint,
stellte ein Inventar auf. Danach wurde der W'crt des Etalili.sscments
auf 14132 fl. 30 kr. lui^csclilagen, welche Suniiue Tännich als Kauf-
schilling nach und nach bezalilen sollte. Im einzelnen hatte Emmer-
mann angegeben:
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— 13 —
An gut und feinen Fayenoewaren .... 5 572 fl. 52 kr.
„ Ausschuß 30t) ,, — „
„ rauh gebraunten Waren 25<) — ,,
„ BertheruiMlini Waren (rauh gebraiuit) . 878 „ 10 „
„ (noch ungebraout) 560 „ 14 „
„ Zinn, Blei. Farbe. Holz ete. . . . . 918 46 ^
Iiiätriiiiunten und Gerätschaften . . . 416 ., 19 „
„ Gt;rätHch&fteu, Öfen etc. 3 250 .. — „
U 132 fl. 3U kr.')
Die Bedingungen, unter denen man die Fabrik an Tflnnich Qber-
ließ, waren von Emmermann entworfen nnd, wie es scheint, von Tännich
gebilligt und unterschrieben worden. Danach hatte er sich verpflichtet,
den KaufscfaiUing von 14132 fl. 30 kr. nach Ablauf von 10 Jahren,
wahrend welcher Frist er ihm ohne Interessen zur Verfügung stand,
«in leidentliclicn Terminen** zurflckzuzahlen, mindestens 1000 fl. jährli( Ii.
Bis zur gänzliclien Tilgung seincar Schuld dui fte er von dem \Verke
nichts verkaufen, sondern es war alles zur steten Hypothek verliaftet,
l»p>f)Ti(lers verblieben die Gebäude jederzeit Eii^entum des Arars. Zur
8ii hci heit des Kapitals und des dazugesclilagenen Vorschusses von
1()<M> t1. wurde Emniernianii als Kontrolleur angestellt; von den nCM) fl.,
die er dafür bezo^. sollte Tännich die Hälfte zahlen, die andere wurde
vom Arar gedeckt, dergestalt jeiloch, dali diese Summe dann zum
Ilauptkapital geschlagen und seinerzeit von Tännich mit rückerstattet
würde. Emmernumn sollte nach seiner bisher erworbenen Kenntnis auf
des Werks guten Fortgang achten und dem Entrepreneur mit guten
Batschlägen zur Seite stehen. Das Überlassungsdekret brachte zu-
gleich eine Anzahl von VergOnstigungen, in der Hauptsache dieselben,
die schon Bertbevin^ erhalten hatte, d. h. also Freiheit von Akzise
und Lagergeld fflr seiner FamiUe eigene Konsumtion, Personalfreiheit
und Exemtion in Friedens- und Kriegszeiten, Zollfreiheit bei der Aus-
fuhr noch nicht festverkaufter Waren, Freiheit, die Erde aberall zu
suchen im Einvernehmen mit den Grundbesitzern, wahrend es den
Untertanen verboten war, solche außer Lands zu bringen, Exemtion
von der oberamtlichen und stadträtlichen (Jerichtsbarkeit ..quoad civilia'*.
Recht des freien \'erschleilies in kuriifidzischen Landen, sowie der
Errichtung von ■Magazinen und Läden ohne Auflage und Beschwerde,
jedoch auf eigene Kosten. Besser als Bertlieviii war Tännich insofern
gestellt, als er das Privilegium exclusivum oder expressivum nicht
1) Die Summe stimmt nicht; genau Urethnct ergeben sich 12 140 II. 21 kr.
2) Stieda, Pierre Bcrtheviu uud die Fa) enuefabrik zu Mösbuch. Zeitschr.
f Qr G«8chiehte des OlMtrhans, Bd. XIX. Heft 2, S. 320.
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- 14 —
nur bestätigt, sondern auf alle (ibrigen Oberimter^) ausgedefant
erhielt
Überblickt man die Bedingungen, so sind darin zwei Punkte,
die für Tinnich von vornherein unbillig waren. Man hatte erstens
die Fabrik zu teuer gerechnet Der Kaufsdiilling betrug 14312 fl^
eine Summe, die allerdings später auf 10000 fl. licrab<?csetzt wurde.
Dazu kamen 1000 H. ^ or^^cliiiß, sowie :iOO fl. jährlich für £nmiermann.
Nimmt man an, daii die Kontrolle bis zur Tilgung des gesamten
Kapitals ca. 20 Jahre währte, so ergeben sich rund l i-inOOtl. Und was
erhielt er dafür V Da die (iehüudc im Eigentum des Arars verblieben,
nichts als (wie Täiinieh sclion bemerkt liattc) teilweise unliraiichbare
Geräte, Modelle und Formen, sowie einen N'orrat an C^esciiirr von
so nianf:felliafler Beschaffenheit, daß niemand es kaufen wollte. Eine
unbilli^ro Zumutung war ferner die Zahlung des Gehalts für den Kon-
trolleur, der Tännich nur wenig nützen konnte, weil er nichts vun
der Suche verstand, während die an ihn zu zahlende Summe eine
immerhin nicht unbetrSditlkhe Belastung der noch in den Anfingen
stehenden Fabrik darstellte.
In der Tat begannen auch schon einen Monat nach der Über-
nahme des Werks die Klagen Tännichs. Er sandte ein Pro Memoria
nach dem andern ein, worin er sich beklagte, daß man ihm alles viel
zu hoch angerechnet hab& Es seien nur wenig Waren überhaupt
brauchbar, das meiste sei mittelgut oder überhaupt schlecht. Der
Verkauf solcher Geschirre würde nur den Ruf tler Fabrik ruinieren.
Die noch von Berthevin herrülirfMiden Fabiikatc vcidienten nicht den
Platz, den sie einnähmen. Ei- bat daher dringend um Herabsetzung
des Kaufschillings. Enimermann befürwortete das Gesuch mit der Be-
merkung, Tännich zeige Fähigkeit und Eifer und ilie Proben seiner
wohlgeratenen Brände vei sprächen viel Gutes. Alles jedoch, was
Tännich erreichte, war die Herabsetzung des Kaufschillings von
141o2 auf 10<W> tl.. doch wurde bei gutem Fortgang des Werkes
weiterer Kachlali m Aus^it-bt gestellt. Im August aber kam Tännich
mit Schwöen Anklagen gegen Emmermann. Dieser hatte bei der
Au&tellung des Inventars die bei den Kaufleuten Michel und Stein
in Mannheim vorrätigen Waren nicht ordentlich angenommen, einen
anderen Abnehmer überhaupt verschwiegen. Nun machte der Kauf-
mann Michel eine Forderung von 363 fl. 45 kr. gegen die Fabrik
1) Eb wareu dies, soviel sich aü» deu Akten entiichiueii läßt, die Oberätiiter
MfihlheiiD, Schiefibeim, Keasenthiil, Leymen, Lauteiecken, Rdcheobadi, Hilsbach»
KeuBtadt, Simmmi mit ca. 75 größeren Ortflchaften. dazu 5 Stidte.
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— 16 -
geltend, welche Smnme von emem Vorschiiß von 490 fl. 41 kr. her-
rfihrte, den Michel an Emmermann ffir Fayencen bar ausbezahlt hatte.
Wegen der zu hohen Preise und der zum Teil schlechten, unverkäuf-
lichen Ware hatte er nur für 127 IL 6 kr. Teiicauft und forderte nun
sein Geld oder neues besseres Geschirr. Tännich beklagte ferner den
Mangel eines ordentlidien Inventars; es sei alles auf kleinen schnmtzi-
gen Papierzetteln vermerkt Wo der Schreiner seine Arbeit billig
taxiert Iiätte, habe Emmermann don Preis willkürlich erhöht. Übrigens
lasse der Kontrolleur sich auf der Fabrik nicht l)licken. Wofür er
denn dann sein Gehalt bekommeV Es würde der Fabrik dienlicher
sein, wenn dieses ()eld zur Pescliaffung von Materialien oder zur Be-
zahlung der Arl)eiter verwendet werden krmne. Die „Fabri(iuen-Ober-
direktion". an die diese Eingabe gerichtet war, antwortete nichts, und
als Tännich in einem weiteren Schreiben nachwies, »lad F.nunerniann
die neue (ilasurmühle mit 750 ti. berechnet habe, während sie nur
525 fl. in Wiikiichkeit koste, eine Tatsache, die auch von dem Oberein-
nehmer Reibeld bestätigt wurde, erging der Bescheid, die Hofkammer, die
man befragt habe, sei „mit dem Bau nicht beauftragt gewesen und
sfthe sich wegen Abgangs von bei diesem Vorfidl erforderlichen hin-
reichenden Nachrichten das Geeignete an Hand zu geben aufier Stande.*^
Erst 1780 kam man auf die Sache zurück und forderte Emmermann
auf, sich zu äufiem. Dieser ergmg sich in Anklagen gegen TSnnich
und Beteuerungen seiner stets treuen gewissenhaften Gesinnung, statt
eine genaue Verrechnung der bei dem Bau der Glasurmühle entstan>
denen Kosten zu geben.
Man kann Emmermann den Vorwurf ungenauer Rechnungs-
führung nicht ersparen. \'orfälle älmlicher Art sind von Tünnicli n(»ch
mehrfach nachgewinson und von Eninierniann, sachlich wenicrsrcns.
nicht widerlegt worden'). Wohl aber begann er jetzt den l>irekt(U-
der Fabrik in jeder Weise bei den vorgesetzten Behöidcn zu \er-
klagen. Kr fand um so leichter «iehrtr. als es mit der Fabrik nicht
recht vorwärts ging. Tännich konnte den geplanten liau eines neuen
Brennofens, der bedeutend größer sein sollte als der vorhandene bau-
fällige, nicht zur Ausführung bnngen. Man hatte ihm für den Bau
einen Vorschufi von 1000 fl. bewilligt^ obwohl Emmermann einen Neubau
für unnfttig erklSrts, denn „es sei die Gewohnheit gewinnsüchtiger
I i Hcanite wir Kmmerntann warcti übrigpns damals in di r l'lalz nicht selten.
i>ic ptülzinchen Beamten blanden allgemein in dem ül)loa Kufe, beütochliche
Richter, unredlich« FinanzverwAlter und wittkfiiliche Banemtynmnen zu sein.
Vgl. Hänseer, Geschidite der rbdu. Pfalz 1845, Bd. II, S. 921.
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— lü —
Fabrikanten, das Übernommene einzureißen und nach ihrem Eigensinn
Neues aufzubauen." Er deutete unverhflllt ao, daß TSnnieh wahrschein-
lich nur den alten Ofen umbauen und von den verwilligten Geldern
möglichst viel in seine Tasche bringen wolle. Er empfahl daher ge-
naueste Beaufsichtigung des Ofenbaues. Es kam indessen nicht so weit.
Tännich mußte von den KXK) tl. 500 fl, für Brennholz verwenden,
was ihm durch Reski'ipt von 1777 gestattet wurde. Offenbar kämpfte
der Direktor vergeblich gegen den Rückgang an. Er l>csaß kein Be-
trieltskapital und mußte Schulden machen; der Absatz der Waren
stieß auf Schwierigkeiten, die Einrichtungen der Fabrik wai'en allent-
halben verbesserungs- und erweiterungsbedürltig, und das verschlang
beträchtliche Summen. Ein Bericht Tännichs kündigte denn auch
bald den Zusammenbruch des Unternehmens an. Er bat um Über-
lassung des Anwesens gegen Erbzins von BO — 90 fl. pro Jahr, so
wie die Dmge j^t Ulgen, könne er nicht bestehen. „Die Fabrik**,
schreibt er, „ist k^e 5000 fl. wert Die Erde ist auf das kfimmer-
lichste zu heben, der Sand muß verstohlenerweise aus dem Württem-
bergischen geholt werden, die Brenngewdlbe in den Öfen schmelzen,
weil sie nicht mit feuerfesten Steinen gebaut sind, Brennholz ist
kaum zu erlangen, die Glasursalze taugen nichts, nutzloses rauhes
Geschirr, unbrauchbare Formen liegen auf den Speichern umher, be-
sonders die mit 87'** H. angesetzten Waren sind keinen Kreuzer wert."
Auf diesen Bericht hin wurde seitens der Hofkammer dei' Re-
gierungsrat und Olteiamtsschultheiß Müßig mit der lintersucluuig über
die Wahrheit der Angaben betraut. Sein Bericht bcstätiLne in den
wesentHchen Punkten die Angaben Täiuiu hs. Er nahm insbesondere
scharf Stellung gegen die Oberaufsicht Ennnennanns Eine Kontrulle
war nach seiner Meinung, selbst wenn sie unentgeltlich ausgeübt
wurde, völlig überflüssig; denn Tännich habe ja kein Vermögen her-
gebracht, auch seien keine wertvollen Sachen vorhanden, die der
Direktor etwa wegschleppen könnte und endlich könne ein Jurist wie
Emmermann technisch ja doch keinen Rat geben. Was nun spedell
Emmermann betreffe, so flbe er seme Aufsicht nie aus. Seit 8 Monaten
sei er bei der Renovation der Amtsvogtei Zwingenberg beschSitigt
und während dieser Zeit nie nach Mosbach gekommen. Der Bericht
schließt mit der Befürwortung erbbeständlicher Überlassung der Fabrik
^ an Tännich. Der Hofkammerrat und Fiskale Micheroux hielt es in-
1) Wie «US einer späteren Stelle in den Akten hervorgeht, waren MüAig
und Emmermann pera&nlidi Terfeiudet.
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— 17 —
dessen für besser, zuerst ein Gutachten Enimermanns einzufordern, und
sandte Tänniclis Gesuch an diesen em. P^mmermann antwortete in
einem sehr ausführlichen ,.Pro Memoria", worin er die heftigsten Vor-
würfe gegen Tännich erhob. Das Bild, das er von ihm entwart, war
wohl nach Berthevin gezeichnet: auf Tännich paßte es jedoch nicht.
Ennnerniann schrieb: „Der Fabrikant hat meistenteils die natürliche
Gabe der Beredsamkeit, er ist gemeiniglich eben 80 unverschämt, an
Plan und hnndertliatigen Projekten feblet ob ihm niemalen. Er legi-
tuniert sidi mit stattliefaeii Attesten ond Empfehlungen, seine Haupt-
aache aber ist der GeldvoraehuB, dessen RUdierstattimg von ihm
heiligst zugesichert wird. Der Anfiing seiner Einrichtung ist meisten-
teils gut, zum wenigsten so lange als der GeldTOrschufi dauert, er
belebet mit Beden seinen Aufeeher oder Kommissarina, der manchmal
mit eigenem Schaden mitarbeitet Nun tritt die Kleiderpracht, das
Wohlleben, Versdiwendong und Verkehr mit so gearteten Leuten ein.
Der Kontrolleur, welcher diese schädliche Handlungen nicht billigen
kann, mit Bescheidenheit verweisen und folglich seinen obhabeuden
Pflichten begnügen will, ist nun alsbald der Fabrik unnötig, ja schädlich,
der Aufnahme und dem Kredit zuwider. \'eraiitwortung auf der einen
oder anderen Seite, Calumnien, Diifamationen, ja sogar unbescheidene
Bedroh u II lien abseilen des Fabrikanten sind nun der Lohn für den
zur Sicherheit des hohen aerarii und der Fabrikanten Wohlfahrt ar-
beitenden Beamten."
Die Klagen Täimichs über die Unzulänglichkeit der Fabrikein-
richtungen und des vorhandenen WaienvoiTates stellle er als einen
Kniff des Direktors hin, um Vorschufi zu erlangen. Sei es wirklich
so schlimm, so hätte er es doch hti der Besichtigung bemerken mtlssen.
Er schob die ganze Schuht auf Tännichs liederlichkdt und schlechte
WirtschaftsfOhrung. Weder Brand- noch Kaufverzeichnisse habe er
geliefert, etwas zu sehen ihm nicht verstattet, »und ich wflrde", so
fährt er fort, „die größte Unbescheidenheit, ja injurioseste und stfir*
mische Zufälle zu befahren gehabt haben, wenn die ekelhaften kränk-
lichen Zufälle, womit Tännich mit seiner famille lange Zeit überfallen
gewesen, mich auf eine ohnnachteilige Weise von dem täglichen Be-
such der Fabrik nirht entschuldigt und entledigt hätten.**
Tännich icchtfertii^te sicli darauf gegen den \'orwurf der Lieder-
lichkeit, den Emmermann liaupfsäclilich betont hatte, durch Einsenduni;
von Attesten des katholischen und des reformierten Pfarrers zu Mosbacli,
zweier angesehener Bürger des Orts und des Rats Müßig. Alle Zeug-
nisse wiesen die Anschuldigungen Enimermanns auf das entschiedenste
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zurück und bezeichneten den LebensNvandel Tännichs als durchaus
ehreiiliaft und frei von Tadel. Indessen wurde sein Gesuch um erb-
beständliche Verleihung der Fabrik nicht l)e\villi^':t, vielmehr er in
einem Reskrijit zur S]iarsanikeit angehalten, eine überflüssige Mahnung,
du ei- doch nichts zu verscliwenden hatte. Regelmäßige Zuschüsse
empfing er ja nicht. Vergebens legte er dar, daß man wohl mit ge-
nauer Ökonomie, aber nicht mit übertriebener Sjiarsamkeit eine Fa-
brik betreiben kOnne» daß man bei der Schwierigkeit des Absatzes
nicht daran denken könne, die regelmäßigen Ausgaben aus den Ein-
nahmen zu bestreiten. Man benötige ein Kapital von ca. 5000 fl^
welche Summe sich folgendermaßen verteile:
Arbeitslohn pro mense 200 fl 2400 fl. — kr.
Zinn und Blei, 5 Transporte k 300 . . . ir)0O ,, ~ .,
Hulz und Fährlohn ()">;} „ 20 „
Präparierte Erde 1^)0 — „
Salz für die (Glasur 2()0 ,. —
Glasursand aus Württemberg 200 Ztr. . . ,, — „
Stein- und Schuttmod von Kodeern . . . 30 ., — ^
Licht, Öl, ö&le tiO ,. —
Bindftiden, Kockergarn 95 — „
(^il- 12 - „
Nägel, Boret wieche, Schwämme .... lö „ —
Mühlenschmiere, Körbe, Besen 15 „ — „
Tveparfttnr an Gcriit!*chaftcn und Mühle öO — „
Schmiedearbeiten 20 „ — „
Neckarfuhren 30 —
5517 fl. 20 kr.
Den Absatz zu heben sei er zwar eifrig bemüht, indessen würde trotz
des Privilegs fortgesetzt fremde Ware eingeführt Dazu sei er durch
eine die Saline betreffende Verordnung sehr geschädigt worden. Die
Saline hatte Mher das Wimpfener und Offenauer Salz mit verkauft*
Ein Verbot untersagte dies, und so mußte Tfinnidi das Mosbacfaer
Salz zur Glasur verwenden, wodurch ihm 14 Brände im Werte von
3000 fl. mißrieten. Die bewilligten Vorschflsse von 1500 fL hatte
er für die innere Ausgestaltung der Fabrik und zur AnsclmfTung von
Brennholz verbraucht. Er bot, da eine erldjfstündliche Verleihung
abgeschlagen worden war, dem Arar an, die Fabrik wieder zu nehmen
und ihn als Direktor mit % des Gewinnes oder auskömmlichem Ue>
halt anzustellen.
Man fordorte zunächst noch ein Gutachten von der Holkauinicr
ein. Nach f,'en;iiier Untersuchung und persönlicher Inaugenschein-
nahme des \Verke.-; machte der Ilofkammerrat und Fiskale Micheroux
dem Minister v. Perglas folgenden \'orschlag. Es sei nicht zu
leugnen, daü bei der Abfassung der lierichte Eninieruianiis über
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Tiinnioh imd die Fabrik persönliche Feiiulschaft und Animosität mit-
gesprociien habe. Andererseits beweise der Augenschein, dali Tännich
allerdings niciit /u wirtschaften verstehe. Er {jlaulio niclit. daß der
Rückgang der Fabrik ganz ohne Verschulden Tänniciis eingetreten sei;
die Fabrik an iiin erbbeständlich zu überlassen, sei daher nicht rütlich.
Einen andern Fabrikanten zu linden, der dieses in den letzten Zügen
liegende Etablissement zn fibernehmen geneigt sein wflrde, dürfe man
nicbt hoffen. Andererseits wage er bei den bedeutenden Aufwendungien
— 25000 fl. — , die man bisher gemacht habe, ntebt zn raten, das
Etablissement eingeben zu lassen und so könne er nur vorschlagen,
den Tännich, dem sogar Emmermann technische Fertigsten nicht
absprechen könne, als Direktor zu belassen, alle Zahlungen aber,
sowie Einkauf von Materialien und Verkauf der Erzeugnisse, dem
Obereinnehmer Rtibeld zu fibertragen. Die Hofkammei' wQnschte
indessen, daß man zunächst den Versucli mache, kapitalkräftige socii
zu linden, die willens wären, das Etablissement mit Tännich weiter
zu führen. Da sich solche nicht fanden, so beschloß die Ilofkammer
in einer Konferenz, die über den Gegenstand abgehalten wurde, dem
Vorscldage Micheroux' beizutreten. Das aus dem vorhandenen Ge-
schirrvonate gelöste Geld sollte dem Arar als Entschädigung für den
bisherigen Autwaiiil eingeliefert werden und die Führung der Fabrik
wurde für den technischen Teil Tännicli. für den kaufmännischen dem
Obereinnehmer zu Mosbach. Leopold Keibeld, übertragen. Kmnier-
mann, dessen Dienste durch diese Einrichtung eigentlich fiberflüssig
geworden waren, der aber in wiederholten Eingaben an die Hof-
kammer dringend um Weiterzahlung seiner 300 fl. Gehalt bat, sollte
als Gegenleistung bei jedesmaligem Oibien des Brennofens zugegen
sein, die Waren buchen und in das Magazin bringen lassen und dem
Verkauf des Geschirrs bewohnen. Die Einriditung war zunächst auf
ein Jahr getroffen; nach Verlauf dieser Frist wollte man sehen, ob
der Weiterbetrieb der Fabrik rationell oder ob es nicht besser sei»
das Anwesen eingehen zu lassen.
§ 3. Die Verwaltung der Fabrik durch den Obereinnehmer
Reibeid (177Q-1781).
In Reibeid hatte man, wie Micheroux schrieb, einen glücklichen
Ciritf getan; man hatte einen zuverlässigen, ptiicliteifiigen und trotz
seiner rnkenntnis in Fabriksangelegenheitcn tüchtigen und brauchbaren
Mann geiunden. Gleich seine erste Amtshandlung, die Aufstellung
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eineft Inventars, zeigte in der Tat, daß er seine Sache wenigstens
ernster auffaßte, als sein Vorgänger Emmermann. Während der letztere
nur den otfenbar tiüchtig abgeschätzten Gesamtwert der verschiedenen
Kategorien angegeben hatte, enthält Reil^clds Aufstellunp; die in der
Fabrik befindlichen (lerätsohaften, Gesctürre etc. bis ssu Hammer und
Zange in einzelner Aufführung.
Es war darauf Bedacht genommen worden, dali Tännich in seiner
Tätigkeit als technischer Leiter möglichst freie Hand habe; Reibeid
mischte sich auch offenbar gar nicht in diese Dinge, und so war von
Anfang an ein hArmonisdieB Znsaminenwirken der beiden ftUbiner zu
erwarten. Der Obereinnehmer verwendete sieh sogar fOr Tfinmcb,
als dieser, der mit seiner sieben Personen starken Ftoiilie nichts zo
essen hatte, am einen Vorschufi von 90 fl. pro mense einkam; nach
Verlauf des Frobcgahres sollte die Summe Ton den aul Tfinnich ent-
eilenden Vs ^ etwaigen ÜberBchusses als Salair abgerechnet
werden.
Dor Konflikt mit Emmermann spitzte sich indessen immer mehr
zu und nalim jetzt die Form kleinlichster Intrigue seitens des Fabrik-
kontrolleurs an. Dieser hatte sich um die Obereinnehmerstelle, die
Reibeid bekleidete, beworben, um die 7(.X) tl. Jahresfj^ehalt zu ciiialten.
Reibeid, so schrieb Emmermann, Hnde die Stelle nicht auskömmlich
genug, er könne sie neben seinen Funktionen recht wohl ausfüllen.
Dieser Versuch, den OI)ereinnehnier aus seiner Stellung zu verdrängen,
erregte natürlich bei diesem böses Blut, kurz, es erhob sich ein gegen-
seitiges Verklagen, daß der eine den andern um sein Brot bringen
wolle. Tftnnich war zwar dem Einflösse Eamiermanns größtenteils ent<
rttckt, indessen dauerte auch hier die Feindschaft fort und Emmermann
ließ nicht ab, bei seinen Eingaben den „chikanOsen Ton des Fabri-
kanten zu beldagen, den Beibeld jetzt nachsinge". Gegen die ihm auf-
erlegte Verpflichtung, beim öfihen der Brennofen und beim Verkauf
der Waren zugegen zu sein, strftubte er sich. Es seien seiner un-
würdige Verrichtungen eines Ladendieners. Tatsächlich erschien er
auch nicht auf der Fabrik, weil er, wie er angab, eine andere Ein-
richtung der Fabrikverwaltung erwartete. Diese Pflichtverletzung ver-
fehlten natürlich Tännich und Reibeid nicht aufs schärfste hervorzu-
heben, so oft sie ein Pro Memoria an die Hofkammer abgaben.
Der Betrieb nahm indessen unter Reibeids Leitung einen nicht
zu leugnenden Aufschwung, da der Obereinnehmer ja das Betriebs-
kapital von der Hofkammer erhielt. Er nahm nach und nach 4f);>0 fl.
für die Fabrik aus den Schatzungsgeidern der Obereinnahme Mosbach
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und verwendete sie in der Hauptsache zur Anschaffung von Materialien,
Gerätschaften und Formen, sowie zur Bezahlung seiner Arbeiter, deren
etwa 20 beschäftigt wurden. Am Ende des Probejahres, im August
1780, sandte R^beM seine Bilanz ein* 8ie ergab, daß nach Abzug
der in noch nicht verbrauehten Materialien vorhandoien Werte ein
Aufwand Ton &641 iL 40 kr. gemacht worden war, dem eine Geeehirr-
Produktion im Werte von 7012 II. 40 kr. 4 h. gegenfiberetand.
Den über die bewilligten 4660 fl. hinausgebenden Betrag des
Aufwands hatte er wohl durch Einnahmen aus verkauftem Gesdihr
gedeckt. Bares Geld war in der Fabrikskasse nicht vorhanden, doch
wies Reibeid auf einen „AktivrestV von 1372 fl. 40 kr. hin, der in
unverkauftem Geschirr vorhanden war, sowie auf die Aktiva von
4950 fl. bei den Abnehmern, die auf Kredit gekauft hatten. Die
Fabrik war seiner Meinung nach also mit Erfolg betrieben worden.
Vorläufig müsse man nur noch ein Fundationskapital von 1252 fl.
51 kr. für Reparaturen und Ergänzung der Materialbestände, sowie
ein Zirkulationskapital von 3000 fl. zur Bestreitung der Arbeits- und
Fuhrlöhne und anderer kleiner Nebenausgahen aufwenden. Dann sei
die Fabrik imstande, sich selbst zu erhalten.
Es erging hierauf seitens der Hofkammer an den Rat von
Blaubuisson der Auftrag, sich gutachtlich Uber die Fabrik zu äußern.
Nach semem Dafürhalten hatte das Anwesen unter Beibelds Leitung
einen so günstigen Fortgang genommen, daß die Frage nach dem
Weiterbetrieb unbedingt in blähendem Sinne zu beantworten war,
sofern der Obereinnehmer weiterhin die Verwaltung besoige. Ffir
diesen Vorschlag sprachen noch eine Reihe anderer, nicht unwichtiger
Momente. ZuvOrderst der Umstand, daß Se. Kurfürstliche Durddaucht
Stifter, also ^\]e Achtung ffir das Werk untertänigst zu tragen soi ^
Er betonte weiterhin die Wichtigkeit, einem allein mit Landwirtschaft
beschäftigten Städtlein wie Mosbach einen so wichtigen Nahrungszweig
zu erhalten, zumal bereits 20 Familien iliren rnterhalt daraus ge-
wönnen. Diese an den Rt^ttelstab zu bringen wäre gar nicht zu vorant-
worten, den Verlust ungerechnet, den viele Untertanen erloidpii würden,
die durch Fuhrwerk, Kommissionen, Bestellungen, Neckartal- und
Jiergfrachten für die Fabrik Verdienst bekämen. Da ferner in pfäl-
zischen Landen sonst eine Fayencefabrik nicht bestehe, die Mosbacher
(iemarkung mit brauchbarer Erde, die nalien Waldungen mit gut
brennbarem, anders nicht zu verwendendem Gehölz reichlidi versehen
seien, so kOnne man zuversichtlich hoffen, in kurzer Zeit ein Etablisse-
ment zu besitzen, das vor allen andern im Auslande sich auszeichne.
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— 22 —
25000 il. seien schon in die Fabrik verwendet, also könne man aueh
noch 5 — 6000 fl. dranjjeben; lasse man die Fabrik eingehen, so wüßte
er nicht, was mit den (iebäuden, in denen sie sicli befinde, anzufangen
sei. Die Keclitschaftenheit Reibehls, der eine gewisse deutsehe, trockene
und den Dircictor in Schranken haltende Art besitze, bürge dafür,
daß in Zukunft weitere Aufwendungen nicht gemacht zu werden
brauchten.
Dieser Bericht Maubuissons. der das fernere Schicksal der i^'abrik
in einem so günstigen Lichte erscheinen ließ, ermutigte den Kur-
forsten, oder besser seine Räte, zur Fortsetzung des Betriebes. In
einem Reskript aus MOnchen^) wurde dies verfttgt und von Mau-
buisson als eine „Spezialkommission^ fflr die Angelegenheiten des
Werks beigeordnet Es wurde ein Zuschuß von 4173 fl. in monat-
lichen Raten ffir das kommende Jahr bewilligt, gleichzeitig aber be-
merkt, daß danach kein Heller mehr hergegeben und die Klage Aber
mangelnden Absatz weiterhin nicht mehr als Entschuldigung ange-
nommttl werden würde. Vm von dem jeweiligen Zustande unter-
richtet zu sein, wünsche die Hofkammer die Einsendung jährlicher
Bilanzen, in denen der Gewinn zu ftj^ Tännich, zu '/j für Se.
Durchlaucht zu verrechnen sei; doch wolle der Kurfürst seinen Anteil
noch fünf Jahre lang dem Fundationskapital zuschlagen. Zur Ent-
lastung Reibeids wurde ihm der Kontrolleur und Korrespondenzbucii-
ftthrer Walz, sowie ein „amanuensis" (Privatsekretär) beigegel>en.
Ersterer empfing 20 kr. pro Tag, letzterer 60 fl. pro Monat. Zur
Abliür der Rechnungen sollte liofkammerrevisor Weiß dann und wann
die Fabrik besuchen. Eine Erweiterung der Fabrik wurde insofern
vorgenommen, als zwei bis dahin unbenutzte GemScher als Kommissions-
zimmer und Kontor eingerichtet wurden und in letzterem em Sehrank
zur Aufbewahrung der BOcher und Skripturen zur Aulstellung ge-
langte. Tflnnich blieb technischer Leiter und trat, um die allgememe
BVeude fiber den guten Zustand der Fabrik zu benutzen, sogleich mit einem
neuen Projekt hervor. Er wollte, „um sein und seiner Kinder Glflck
zu machen, audi zum Nutzen des Landes" eine Ofenfabrik in Mos-
badi einrichten und dazu das herrschaftliche Schloß, die frühere Woh-
nung des Oberamtmannes, käuflich erwerben. Er bat hierzu um die
landesherrliche Genehmigung, sowie um Vorschüsse; indessen wurde
ihm dieses Gesuch kurz abtreschlafzen, da die Erfahrungen, die man
mit ihm gemacht habe, nicht zur Gewährung seiner Bitte ermutigten.
I) Karl Theodor war mit dem Tode Maximilians am 30. Dezember 1777
Kurfürst vou Bayern geworden. Uäuseer a. a. 0., Bd. II, S. 954.
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— 23 -
So war denn alles zur Zufriedcnheil der Beteiligten (außer
Täiuüch) j,'eordnet. und der Betriel) nahm seinen Fortpranj^. Reilield
richtete seine nächste Tätigkeit darauf, für die Waren, die noch inuuei
nicht genügenden Absatz gefunden, solchen in den verschiedenen
Oberftmtern zu schaffen. Die ZoUberaiter erbidtaii auf adiie Veran-
laSBung hin Auftrag, ttberall zunficbst auf das Vorhandensein ans-
Undischer WTaren Bevisionen Torzunehmen. Ihre Berichte bekandeten
einstimmig, daß man in den Niederlagen zwar keine fremden F^enoe-
iraren gefunden habe, daß aber hausierende Weiber mit Flörsheimer
Waren unablässig das Land durehzögen. Sie fftnden guten Absatz,
weil in vielen Orten, so z. B. in Oppenheim, Kreuznach, Simmem,
gar keine Niederlage von Mosbacher Fabrikaten vorhanden sei. Vom
Oberamt Simmern huu die Nachricht, daß Reibeid schon längst hätte
eine Niederlage dort einrichten müssen, da er von dieser aus auch
„fremdländischen Handel" treilien könne, insofern nändich das Oberamt
von ausländisclien Territorien rings umgeben sei. Die Nachfrage, so
wurde in den Berichten betont, nach Fayenccüioschirr sei Ol)erall eine
rege und das Publikum beklage sich alienthullien über das drückende
Monopol der Mosbachcr Fabrik, zu deren Gunsten der Bezug fremder
Waren verboten sei, die aber gleicliwolil nicht datüj- sorge, daß niaii
ihre Artikel an jedem Orte bequem und gut kaufen könne. Keibeid,
von der Hdkammer angewiesen, diesem Mangel sdileimlgst abzuhelfen,
schrieb an die Bürgermeister und Gememdevorstände der in Frage
kommenden Ortschaften und bat, ihm Handelsleute namhaft zu machen,
die eventuell geneigt wären, den Vertrieb der Mosbacher Ware zu
tlbemehmen. Es wurden auch bereitwilligst die Krämerzfinfte veiv
sammelt und ihnen die Frage vorgelegt Die Leute weigerten sich
aber fast überall, sich mit dem Verkauf der Mosbacher Geschirre zu
befassen, und man muß das wohl darauf schieben, daß die Erzeugnisse
nicht gut genug waren und bei dem Geschäft offenbar nicht viel zu ver-
dienen war. Die Fabrik lieferte nämlich die Ware an die Kaufieute zu dem-
selben Preise wie an die Privatkunden, die sich direkt an das Werk wandten.
Da nun im Verhältnis zur Güte der Waren schon ziemlich hohe Preise
berechnet wurden und das Publikum auch durcli „gedruckte Nachrichts-
zettel" der Fabrik über die Preise der einzelnen Gegenstände genau unter-
richtet war, so konnten die Händler nach Aufschlag der Spesen eine wesent-
liche Krliöhung nicht vornehmen. Und diese Spesen waren, wenigstens
für entfernte Ortschaften, ziemlich hoch, da die Fabrik die Transport-
kosten nur zum Neekar bezw. Mannheim trug, für Bruch nicht
aufkam und nach Vorschrift der Hofkammer weder auf Provision
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24 —
lieferte noch Rabatt — auch bei Barzahlung nicht — gewährte. Die
KauHeiile, die schon mit Mosbacher Ware handelten, waren nicht ge-
neigt, weitere Bestände zu übernehmen, so lange die vorhandenen
nicht verkauft seien. Der Kaufmann Stein in Mannheim, einer
der Hauptkunden der Fabrik, schrieb, er sei schon aus Patriotismus
bemfiht, der Fabrik za einem guten Absatz zn verhelfen, allein das
PablUrom verlange meist aoBttndisefae Ware. Fände es soldie nicbt
anf dem Lager, so bezöge man das Gewflnsehte direkt von der be-
treffenden Fabrik. Wenn er die Mosbacfaer Ware empfeble, so irflrde
ihm erwidert» daB die anslSndischen Fabrikate an innerer Giite und
gesehmackvollen Dessins die Mosbacher bei weitem fibertrSfen. Die
Fabrik passe sich offenbar dem Geschmacke des Pnblikums nicht ge-
nügend an; das sei ja auch nicht leicht, da jede Provin«, jerlo fregend
ihre besonderen Liebhabereien habe. Die Proben, die er der Fabrik
eingesandt, seien nicht nachgealimt worden.
Auch die Versuche Tännichs, der personlich die Oberämter be-
reiste, um Magaziniers zu suchen, erwiesen sich als erfolglos; von der
Fabrik aus selbst Niederlagen zu eröffnen, scheiterte an der Kosten-
frage. Als immer wieder Klagen seitens des Publikums einliefen
und die Hofkamraer die Einrichtung von Magazinen befahl, ohne
hierzu die nötigen Mittel vorzustrecken, als noch dazu mehrere Brände
mißrieten, weil man einen neuen Brennofen zu erbauen kein Geld be-
saß, sah Beibeld woU auch ein, dafi er zn viel behaiq[»tet hatte, als
er angab, die Fabrik würde sich in Kflrze sdbst erhalten können.
Die Schuld, wacnm es nicht vorwtrts ging, schob er allerdings auf
die Untflchtigkeit Tännichs. Der Direktor habe gegen früher nach-
gelassen. Er besitze offenbar nicht genflgende Kenntnisse zu Ent-
deckung, Auswahl und Versatz der Eide; außerdem mache er Beibelds
Oberaufsicht lächerlich, ließe das in den Ofen gebrachte Geschirr nicht
noti^n, schaffe Materialien an und erhebe Geldbeträge bei den Kunden
ohne Vorwissen des Aufsebers. Es ist kein ZAveifel, daB dies alles
nur Vorwände waren; denn in den zwei Jahren, da Tännich mit
Reibeid zusammen arbeitete, hatte dieser nie etwas Ähnhches zu be-
klagen gehabt. Der Direktor verteidigte sicli natürlich gegen diese
Anschuldii-'ungeii. Nach seinen Antraben war die Erde, die man zu
den miljiatenen Geschirren verwendet liatte, nicht mehr so gut wie
die früher iretirabene. Demgegenüber machte Reibeid geltend, daß ja
unter den verunglückteu Bränden sich teilweise gute, klangbare Ge-
schirre vorfänden. Wahrscheinlich um weiterem Verdruß aus dem
Wege zu gehen, folgte er dem Beispiel Klottens von 1774 und be-
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— 2ö —
fürwortete die Überlassung des Werks an einen Entrepreneur. Er
gab an, einen geeigneten Mann an der Hand zu haben. Eb war die»
der Direktor der Fayencefabrik Durlach, Friedrieb List
§ 3. Die Fabrik im Besitze der Gesellschaft List fit Co^ später
Römer fit Co. (1782-1820).
Über diesen Friedrieh list, der von dem Plane Beibelds höehslr
wahrscfaeinlidi durch eine in Mosbadi lebende Ttote erfahren hatte,
fehlt in den Arbeiten fiber die Dnikcher Fabrik jede Angabe. Ea
findet sieh dagegen in beiden die Bemerkong, daß eine Rätin Listin
ihren Anteil an der Fabrik in Höhe von 8000 fl. 1784 an ihren
A880zi4 Bemkieser verkauft. Diese Rfttin ist die Matter Lists, sein
Vater muß also Teilhaber der Fabrik gewesen sein. List behauptet
sogar in einem seiner Briefe, daß das Durlaclier Werk von seinem
Vater ..und den von ihm freiwillig angenoiiimenen Assozi^s etabliert
und in Flor gebracht worden sei". Diese Assozies waren 1781, wie
auch Brinckmann und Gutmann bestätigen, die Erben des Postmeisters
Herzog in Durlach und der Handelsmann Christian Bemkieser zu
Pforzheim. List gibt ferner an, daß sein Vater 1756 einen Sozietäts-
vertrag mit Herzog und Bemkieser geschlossen habe. Da nun nach
den Angaben Gutmanns und Brindmianns die Dorlaeher Fabrik 1749
bereits privilegiert war und sich im Besits des Vaters Bemkiesers
belemd, so darf man wohl annehmen, daß List senior 1756 als Direk»
tor engagiert und ^eichzeitig als Assozi^ aufgenommen wurde.
List jun. hätte dann allerdings den Tatbestand umgekehrt, wohl
um dadurdi Vortsile zu erlangen. DaB die Dnrlaeher Fabrik übrigens
1765 wirklich „in Flor** war. beweist die Angabe Gutmanns, wonach
sidi fOr 1765 ein Jahresgewinn von 1000 ii. ergab. Da in diesem
Jahre ein Faktor Ludwig Müller als mutmaßlicher Leiter angegeben
wird, so müßte Lists Vater damals bereits gestorben sein.
Die Hofkaiiimer zeigte sich dem Vorschlage Lists Gehör zu
geben nicht abgeneigt, sie forderte aber zunächst ein Gutachten von
Maubuisson, der angab, man müsse froii sein, daß ein so tiithliger
Mann sich angeboten habe. Da List die Fabrik in Erbbestand ^) über-
1) J. BrinekmAnn, Beitriige zur Geschiebte der Töpferkunst io Deutsch-
kuid. Gntmann, Die Fayenoefalvik in Dwlwfa und ihre Eczeugniase.
2) Erbbestand = Erbpacht. Nach Analogie der Bauerngüter auf Fabriken
angewendet. I-'rbhestand ist eine Art der I^eihe, wobei dem Besitzer ein Kolonat-
rec'ht, ein ius lu re zusteht. Die nächbte (Quelle zur Beurteilung diese» Verhält-
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— 26 —
nehmen wolle, so hätte das Ärar Aussicht auf eine dauernde Rente
und Ijci der bekannten Fähigkeit Lists sei niclit zu befürchten, daß
mau mit ihm ebensolche tiaurigeu Erfahrungen machen werde, wie
mit TSnnkli. Es wnrde nniimehr t. Manbuieson mit dem Venucii
beauftragt, den Durlacfaer Direktor für Mosbach zu gewinnen und die
diesbezQgticfaen Verbandlungen zn leiten. Zunfichst entstanden indessen
einige Schwierigkeiten, die von den Inhabern der Fabrik in Darlach
ausgingen. Diese mochten wohl befürchten, daß mit der Übersiedlung
Lists nach Mosbach ihr eigenes Unternehmen geschädigt werden könnte
und erwirkten einen geheimen Befehl von der Markgrflflich Badischen
Hegiening. wonach dem List und seiner Mutter alle Glasurbücher,
Farl)en- und Fabrikationsrezepte abgefordert und versiegelt wurden.
Zugleich gelang es ihnen, von List einen „leiblichen"' Eid zu fordern,
daß er bis zur Kntsclioidung der Klatre. die sie Viel dem Fürstlichen
Hofgericlit angestrengt hatten, nichts unternehmen \v( rde. Das Recht
zu diesem Vorgelien leiteten sie ans ij 12 ihres So/ietütskontraktes
her. Danach sollte sich kein Assozie weder ..pei directum noch per
indirectum" bei einer anderen Fabrik beteiligen. Der Kontrakt war
von Lists Vater unter Eid zu halten versprochen worden. List wies
indessen nach, daß er für seine Person in den Vertrag nicht ein-
geschlossen sei und bat Maubuisson, die Kurpfälzische Regierung zum
Einschreiten zu veranlassen. Dies geschah denn auch. Die Regierung
Sr. Dnrchlaacht sprach der Fflrsttich Badisehen ihr äußerstes Befremden
aus, ersndite um Einstellnng des Verfahrens gegen List und betonte,
sie sei entschlossen, wenn List nach Ablage seiner Rechnungen ohne
begrflndeten Mangel znrflckgehatten werde, ihn von Mannheim aus
krSfdg zu vMtreten, auch „durch Einziehung der Herzogischen Laud-
kufscheii, auch Anhaltung aller so Herzogiscli als Bemkieserschen in den
Kurlanden betreffenden Personen und Effekten'' sich schadlos zu halten.
Die Verhandlungen zogen sich ziemlicli lange hin; durch Ver-
mittlung eines dritten, dessen Name nicht genannt wird, wurden in-
dessen schlieülich im Dezember 1781 alle Hindernisse beseitigt und
die Sache dahin geordnet. daB List bis zur Ablegung seiner Rechnung
die beiden Fabriken zusammen leiten und alle 14 Tage nach Mosbach
fahren solle. Nach Ordnung seiner Angelegenheiten stand ihm dann
die vollständige Übersiedlung frei. Vorläufig waren indessen die
Parteien noch nicht über die Bedingungen einig, unter denen die
nissfs Ixstoht in tlotn aiisdrückliihen Kontrakt, du^scti Inhalt nu»« dfn landes-
geäet/.licben (jewohnheiten zu erläutern und zu ergänzen Ul. Eichborn, Deutach.
Prirakracht, 8. 665, 666.
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— 27 —
Übergalte des Werkes erfolgen sollte. List hatte „ohnmaßgebliche
petita"" zu einem Erlihestandsbriefe und einem Gesellschaftsvertrag
eingesendet. Danach wünschte er die ganze Fabrik samt Glasurmühle
und Schloßgebäuden an sich und die von ihm abstammende Familie
in eNvigen männ- und weiblichen Erbbestand gegen 30 tl. jährlicher
Pacht und tJl»ernahme der Gebäudeunterhaltungslast üt)erlrageii zu
sehen. Das Ijei der Fal)rik l)efindliche auf 8000 tl. gescliätzte Um-
laufskapital, bestehend in Materialien und (jeschirrvorrat, sollte ihm
und eeinfiii GeseUsehftfteni, die er nach Beleben vahkii wollte, auf
SO Jahre ohne Zinsen flberlassen und nach Ablauf dieser Frist zur
Hälfte an die Hofkammer zurOckgezahlt werden. Die andere Hälfte
sollte als in die Gebäude verwendet angesehen werden. Außerdem
verlangte er Zoll-, Akzise- und Personalfreiheit fflr die Erbbeständer
und die Arbeiter, sowie deren Witwen, die Erneuerung des Privi>
legium exclusivum, die niedere Gerichtsbarkeit Ober die Arbeiter, Ab-
gabe des Holzes aus den herrschaftlichen Waldungen nach möglichst
niedriger Taxe und Freiheit in bezug auf das Graben der Erde und
den Einkauf des Salzes. Endlich bedang er sich aus, daß die nicht
inimp<liaten Erbbeständer mit ihrem Vermögen ohne Abzug ziehen
könnten, wohin sie wollten, und daß man ihn weder durch Überredung
noch durch Gewalt je zwingen werde, seine „arcana"' an einen dritten
zu überlassen. Daj/egen sollte der letzte Erbbeständer das Recht
haben, diese Aufzeichnungen an einen i)eliebigeu dritten abzutreten
odei zu verkaufen. Als Gegenleistung für alle diese zu gewähreiitieii
Vorteile versi)rach List, sich mit seiner Familie in Mosbach nieder-
zulassen und gegen ein im Gesellschaftsvertrag festzusetzendes Gehalt
die Leitung zu flbemehmen, alle 14 Tage drei Brände zu liefern und
die Fabrik in bestmögliche Aufnahme zu bringen. Vorscfafisse ver-
langte er im Gegensatz zu Tännich nicht; jedoch hatte er sich in
dem Vertrag einen finanziellen Vorteil insofern vorbehalten, als er
außer seuiem Gehalt, bestehend in 500 Bth'., freier Wohnung, Licht,
Heizung und Geschirr fOr seinen Bedarf, noch Anteile an der Fabrik
sidi ausbedang. Von den 18 Aktien, die ausgegeben werden sollten,
nalini er 12 für sich und seine Assozies in Anspruch, während die
übrigen 6 im Werte von je lOÜO Rtlr. kurpfälzischen Untertanen
zum Kauf angeboten werden sollten. Die Summe von ()U(A> Htlr.
war (loni (irnn(!ka]tiral zuzuschlagen; daß List für seine Aktien eine
Summe in ähnlicher Höhe entrichten sollte. darüUei' verlautet in dem
Vertrage nichts. In gleicher für List vorteilhafter Weise ward das
Verhältnis zu den noch zu wählenden Assuzies geordnet Es sollte
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— 28 —
zwar alljährlich im November die Aufstellung der Bilanz und eme
durchgreifende Inventur unter Mitwirkung eines der Aktionäre, „der
die Handlung versteht", vor sich gehen ; im übrigen war es aber keinem
erlaubt, sich in die Geschäfte irgendwie zu mischen oder dem Direktor
Vorschriften zu machen, wohingegen sie zu etwaigen Nachschfissen
jederzeit verpflichtet waren. Die Dividende, im Vertrag mit Profit
beseidinet, sollte nach Bescbaffenheit der Umstflnde anagezahlt werden.
Die Übertragbariceit der Papiere, die man wohl als vinenlierte Namens^
aktien bezeichiien könnte, war anßerordentlidi erschwert; es bedurfte
dazu in jedem einzelnen Falle nicht nur der Mitwirkung, bezw. Ein-
willigung der Aktionäre, die ein Vorkaufsredit haben sollten, sondern
überdies noch ^nes Gesuches an die Hofkammer. Es sollte möglichst
darauf Bedacht genommen werden, daß die Gesellschaft im Falle des
Verkaufs die Aktien selbst nach dem Wert, wie er auf den Büchern
steht, auslose, Streitigkeiten unter den Aktionären sollten durch „un-
parteiische Kompromißrichter" geschlichtet und nur gegen die Wider-
spenstigen an die hohe Landesbehörde appelliert werden. Wie zu
erwarten stand, erhob v. Maubuisson Einwände gegen diese beiden
Entwürfe, merkwürdigerweise jedoch nicht gegen die allzu vielen Vor-
teile, die List ausbedungen hatte. Dagegen wendete sich erst ein
Gutachten des Kaufmanns Stein in Maimiieim, den man wohl zur
Beratung mit hinzuzog. Dieser hielt es nun für richtig, den Erb-
bestand nicht an Lbt allein, sondern zugleich an die Associös und
Aktionftre, also an eine GeseUschaft, zu verleihen. Er beanstandete
weiterhin die HOhe des Gehaltee, das List sich ausbedungen hatte,
sowie dafi List Aktien ohne Zahlung haben wolle. Etwaige Erwerber
der „areana" mUBten verbunden sdn, dieselben zum Nutzen der Fabrik
weiterhin zu verwenden und endlich solle man die Firma nicht
List & Ck>., sondern List. Stein & Co. nennen, das letztere, damit
List gezwungen sei, bei seinen Unternehmungen noch einen dritten
um Rat zu fragen. Der Durlacher Direktor war jedoch nicht gewillt,
seinerseits mehr zuzugestehen, als er in seinen „ohnmaßgeblichen
Petita" getan hatte. In einem Schreiben vom II'. Okt. 1781 stellte er
seine Übersicdlnn^j von Durlacli nach Mosbach als ein großes Opfer hin.
Seine bisheriL'c ^Stellung sei eine sehr günstige, da er an einem
wohl einpericiiletcn Werke mit ^^esrhulten Arbeitern sich betiiide und
also nebeulier Privatgeschäfte beireilien könne. In seiner neuen Stel-
lung würden ihn unwissende und ungeschickte Arbeiter, sowie die
geringe Bekanntschaft mit der Gegend daran hindern. Man solle
femer bedenken, welch schwieriger Aufgabe er mit der Übernahme
— 29 —
der Mosbacher Fabrik sich unterziehe, denn der ganze Rheinstrom
sitze voll Fabriken dieser Art. Der Ruf der Durlacher P'abrikate sei
noch dazu ein so großer, daß es nur schwer möglich sein würde, die
Erzeugnisse eines andern Etablissements dagegen aufzubringen. Der
beste Beweis hierfür sei der überaus günstige Abschluß, den die
Durhicher Fabrik auf der letzten Frankfurter Messe erzielt habe.
Während alle anderen Fabrikanten ihre Waren größtenteils hätten
wieder mitnehmen müssen, sei das Durlacher Magaziu, obwohl es um
15Vo teurer verkaufte, voUständig ausverkauft gewesen. „Ich glaube
wohl*', 80 schloß er seinen Brie^ „dafi man mit Leuten von einem
andern Seblage vorteflhafler dem Ansdiein nach akkordierem kann,
hier aber haben Ew. Hochwohlgeboren nicht mit Aventuriers, sondern
mit angesessenen Leuten zu tun, die ihrer Sache gewifi sind und nicht
auf Betrug ausgehen, und wo der Absehlufi der Übereinkunft gerade
soviel ist, als würde das hiesige Werk auf Walzen nach Mosbach
transportiert. Die Herren Aktionärs gewinnen schon hinlänglich, warn
ffie fflr ihre Familie ein Kapital zu sicheren Prozenten sozusagen auf
ewig anlegen können, ein Vorteil, den sie doch nur durch mich haben
können."
Dieses Auftreten Lists scheint in Mannheim Kindruck gemacht
zu haben, vielleicht war auch, wie aus einer flüchtigen Andeutung in
den Akten hervorgeht, v. Maubuisson durch die Aussicht auf reiche
Dividende lu^ewonnen, kurz, der Erbbestandhrief enthält in seinen
15 Paragraphen im wesentlichen die von Lisi vorgeschlagenen Be-
stimmungen. Die Punkte, in denen das Schriftstück von den „ohnmaß-
geblichen Petita" abweicht, sind mit Ausnahme des ersten Punktes
nicht die strittigen, sondern neu hinzugefügte. Diese wohl anf Be-
treiben der Hofkammer aufgestellten Paragraphen bestimmen, dafi der
Erbbestand nach dem Vorschtege Steins auch auf die Assodte aus-
gedehnt und unter der Bedingung verliehen werde, dafi das Werk
«wig als dne Fayencefsbrik betrieben werden soll. Außer der 6e-
bäude^Unterhaltungspflicht hatte die Gesellschaft, die unter der Firma
List & Compagnie ging, die auf der Fabrik ruhenden Passiven zu
übernehmen und an Tännich 200 fl. jährlich Pension zu zahlen. End-
lich sollte eine 19. Aktie geschaffen und ihr Ertrag zur Erziehung
eines elternlosen Kindes, für die ersten 20 Jahre eines solchen katho-
lischer Konfession, vorwendet werden. Nach Verlauf von 20 Jahren
sollte ein Kind evangelischen, nach abermals 20 Jahren ein solches
reformierten Bekenntnisses in den Genuß der Aktie treten. Den
Schluß des Erbbestandsbriefes bildet ein leiblicher Eid, worin List
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feierlich zu fiott f^eiobte. als „Diener und Untertan treu und hold
zu Fein, mit keinem anderen Fayence als dem zu Mositacli er-
zeugten zu (iel)rauch der Kur))falz- und Pfalzbavrischen Staaten zu
hantieln, auch von dem Kurfürstliclien Kapital sowohl als dem Kapital
der (iesellschaft keiiien Kreuzer anderswohin unter Strafe des größten
Meineides zu verwenden, sodann keine Waren nach Bayern zu ver-
senden, es Beien denn solche mit knrfOrstlicheDi Zensus genehmigt'*
Die Urkunde wurde am 21. Dezember 1781 in München aus-
gefertigt, in dem Erlaß beifit es zo Anfang bezeichnendermafien :
nSe. Kurf. Durchlaucht haben schon längst beschlossen, alle auf eigene
Rechnung geführt werdende Etablissements an Gesellschaften, Künstler
und bemittelte Untertanen weiter zu vergeben." Dies wurde ge-
schrieben ungefähr um dieselbe Zeit, als die Kosten der Frankenthaler
Porzellannianufaktur auf 15^5 ()41) fl. herangewachsen und für die Mos-
bacher Fabrik etwa 30(X)0 Ü. aufgewendet worden waren. Es scheint
also, als habe sich damals bei den Räten Karl Theodors die Über-
zeugung von der ünhaltbarkeit des bis dahin wichtigsten Finanz-
grundsatzes im Fabrikcnwc.^cii Üahn gcl)roc]ien, daH nämlich Fabriken
auf Kosten des Staates (mi]l'(m ichtet und hetriebeu werden müßten.
Noch 1775 schrieb Emmermann: ,,Daß die Manufakturen und Fabriken
einen großen Ted <ier dauerhaften (ilückseligkeit eines Staates aus-
machen, ist ein el^enso wichtiger unumstöUlicher Satz, als daß sich
wenige Privatleute und besonders Kunstverständige erfinden lassen»
die durch eigene Kosten und Vermögen jene anzulegen imstande
sind, jeznweilen aber auch durch irielfältige Schwierigkeit und dem
Commerce anklebende Ge&hr von jenen dem Staat und sich nütz-
lichen Unternehmungen abgeechrOcket werden. Es ist daher not*
wendig, daß die landesväterliche Milde und Stflrke hierin den ersten
Stein lege etc.** Das gesamte Fabrikwesen der Pfalz verdankte diesem
Grundsatze sdne Entstehung, einem Grundsätze, der eben so sehr in
den merkantilistischen Anschauungen der Zeit begründet zu liegen
scheint, als er für die Despotien des 18. Jahrhunderts charakteristisch
ist. Darauf ist von H ausser^) besonders hingewiesen worden. Nach
dem Muster aller glänzenden Despotien wurden auch in der Pfalz
mit schweren Geldopfern Fabriken eingerichtet und so eine künstliche
Industrie geschaticn. Namentlich in Frankenthal, „der ersten Fabrik-
stadt der Pfalz", wie die Zeitgenossen mit Stolz sie nannten, waren
alle möglichen Industriezweige angesiedelt worden, die ein Zeuguis
1) Hüueser a. a. O., 8. 921.
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von (lein Eifer des Landeslierrn ablegen sollten, mit dem er die In-
dustrie förderte. Dali auch die Frankenthaler Porzellanmanut'aktur,
die übrigens für den Kurfürsten noch von besonderer Bedeutung war,
weil sie seinem Luxusbedürfnis diente, zu diesen kiiii-TliclKm Scliöpfun-
gen gehörte, ist schon von Zais') bemerkt worden. Audi Mosbach
reiht sich ihnen an, und wie bei der Frankenthaler Manufaktur die
Stimme v. Maubuissons für ihre Forterhaltuug ausschlaggebend
war [wie Zais*) an derselben Stelle bemerkt], so war auch bei der
Mosbacher Fabrik dieser Mann die Veranlassung, dafi man das Werk,
allerdings ohne herrschaftlichen Zuschofi, an List zum Weiterbetrieb
fibergab.
Die Grflnde fibiigens, die in der Siteren nationalökonomischen
Literatur, so bei Justi') und bei Krflnits^), als gegen den Kameral-
betrieb sprechend angefflhrt werden, sind nieiit stichhaltig, wenn es
heißt, die Kammer sd nicht allein der vielen Bau- und Reparatur^
kosten und Abgaben, sondern auch aller Gefahr dabei überhoben,
und habe dennoch die Zessionsgelder und andere Vorteile, die sie
sich ausbedingen kann, zu genießen. Auch könne sie aller ihrer vor-
sichtigen Anstalten und Maßregeln uneraciitet den Betrug und die
Unterschleife niemals so ^nit verhüten, als ein Entrepreneur, der be-
ständig gegenwärtig ist. Während der letztere (jedanke durch die
heutigen Fabriken in Staatsbetrieb längst widerlegt ist, würde der
erste Vorwurf sich von selbst behoben halben, wenn man niciit nur
alte, baufällige, dem Einstürzen oft ualie Baulichkeiten für die Ein-
richtang von Fabriken als passend erachtet hätte.
Im Dezember 1781, gerade als List von seinen Verpflichtungen
gegen die Darlacher Fabrik befreit war, wurde die Übereinkunft
zwischen List und dem nomine eleetoris handelnden v. Ifaubuisson
durch Untersdirift Lists unter den Erbbestandsbrief vollzogen. Im
Januar 1782 stellte Beibeld ein Inventar auf, „so gut es ging, denn
es herrschte in den Magazinen und der Materialkammer eine solche
K<e. daß niemand so lange darin verweilen konnte, als nötig war,
um jo<len Gegenstand einzeln aufzunehmen.** Die Fabrik war auf
23 546 ii. 14 7, kr. abgeschätzt worden, und zwar
1) E. Zais, Die Frankeiitbaler Porzellan fabrik. Zeitacbr. d. Bayeiiacbeu
Kunätgewerbevereiiis in Müjichen, 1894, S. 102.
2) Derselbe beseichnet ihn als dnen „kSuflichea** B^erungpmt
3) V. Justi, Vollständige AUuuidlung von Mannfakturan und Fabriken.
Kopenhagen 1761, Bd. II, S. 419.
4) KrAnitz, Ökonomisch-techniache Enzyklopädie, Bd. XJI, 8. 32b, 329<.
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Bmilidikeiten 6853 fl. — kr.
GeriUschafteD 1407 .. 42
Formen und Modelle .... 2886 „ 49
Materialien 1 262 53 „
Fftyenoewaen 5 499 „ 13 „
„ raub, |ebr. glaa^ . 52 24
unglasiOTt ... 75 ,. 4' , .,
unpcbraiiiit ... Iti ., 39 „
Waren bei den Magazinier» . . 3766 ,. 41*/, „
PtaNiva 8 121 „ 26»/>
23941 II. fi2V, kr.
Da die Fabrik in Erbbe&tand gegeben wurde, bo war diese
Samme nicht zu zahlen; nur die Geritsdiaften und Materialien wurden
mit 8000 IL als „Fiindationskapital** im Erbbestandsbrief in Bechnung
gesetzt, und es sollte diese Summe zur Hfilfte nach Ablauf von 30
Jahren zarflckgezahlt werden, wahrend man die andere Hfilfte als
Meliorationsgelder in die Gebäude verwenden sollte.
In der Rechnungsablage wies Reibeid nach, daß ein Grund-
kapital von H402 fl. in Gebäuden, Formen, Modellen und Geräten
vorhanden, sowie ein Unilaufskapital von 8823 fl.. wie es die nach und
nach gemachten Aufwände ergaben, nachweisbar sei. Die Passiva der
Fabrik beständen teils in Reparaturrechnungen von Handwerkern, die
noch nicht bezahlt waren, teils in Forderungen von Kaufleuten für
gelieferte Kohstotie. Rechne man diese von dem Wert der verfertigten
Geschirre, wie sich solche teils bei den Kaufleuten, teils l)ei den
Magazinen befinden, ab, so ergebe sich ein Überschuß von 993 H.
55 kr., wovon gemäß frülieren Festsetzungen Tännich V$ = 662 fl.
36</3 kr., die Kammer V, — 331 fl. 18'/» kr. zu bekommen hätten.
Diese letztere Summe ward auf Anordnung der Hofkammer an Beibeld
als „douceur" fflr seine Mfihewaltnng ausgezahlt, Rechnnngsablage
und Inventar wurden durch den Fabrikenüsvisor Weifi als richtig
bestätigt, Beibeld schlofi seine Zahlungen am 15. Januar, das Fabrik-
personal wurde aus dem herrschaftlichen Dienste entlassen, und List war
somit in den Besitz der Fabrik getreten. Es wurden 10 Aktien aus-
gefertigt, von denen leider keine Abschrift bei den Akten sich erhalten
hat; 13 davon nahm List, und wie mit Bestimmtheit angenommen
werden kann, als heimlicher Aktionär, v. Maubuisson. 3 entfielen
auf Johann Martin Rr>nier (od. Remer, auch Roemer geschrieben) in
Mannheim, dessen Beruf in den Akten nicht näher bezeichnet ist. und
3 auf den Rat Algardi; sie wurden nicht nur Aktionäre, sondern
1) Da in der Fabrikkas-se kein Geld war, so bezahlte man wohl diese
Summe von den eingehenden lifträgen für verkaufte Geschirre; man koonte also
streng genommen nicht von einem Reingewinn sprechen.
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gleichzeitig Assoziäs und stille Gesellschafter. List hatte also die
Bestimmung des Erbbestandsbriefs umgangen« wonach er mit den
Assozi^s zusammen 12 Aktien haben sollte, während 6 an Aktionäre^
die nicht gleichzeitig Assozi^s sein durften, verkauft werden sollten.
Die Fabrik wurde als FayenoegeseUsdiaft List .V Co. allen Zollstellen
und Zollbereitem bekannt gemacht, und List leitete sie vorläufig von
Dnrlach aus. Die Ent^cliädifjungen an Weiß und Walz wurden von
der Hofkainmer ül»eriu)ninien und aus Schatzungsgeldern bezahlt.
Es entstand jetzt die Frage, was mit Tännich werden sollte, der
zwar 2(X) fl. Pension bezog, aber natürlich damit niciit auskam, um
so weniger, als er an vielen Orten größere und kleinere Beträge
schuldig war, die, zum Teil bei der Hofkammer eingeklagt, auf deren
Verfügung hin in kleinen liaten von der Pension abgezogen wurden.
Der ehemalige Direktor wandte sich an Se. Durofalaucht mit der Bitte
um Unterstatzung; er stellte vor, daS er fiber 9 Jahre mit aller mög-
lichen Muhe, Sorgfalt, Fleiß und Treue der Fabrik Torgestanden.
Nun sei er seines Verdienstes gSnzlidi {beraubt; sein Alter und seine im
Dienste der Fabrik zerrüttete Gesundheit gestatteten ihm nicht, an ein
anderes Etablissement zu gehen, und doch habe er eine Fhtu und 6
unversorgte Kinder zu ernähren. Sein Schicksal mochte Mitleid er-
regen. Reibeid und Weiß verwendeten sich fQr ihn, selbst v. Maubuisson
legte ein gutes Wort für ihn ein, „ohneraclitot er nicht leugne könne,
daß Tännich die schändlichste Arbeit verfertiget". Aber was sei an-
zufangen? Man habe es mit einem bettelarmen Manne zu tun, der
nichts als Kinder hat. So erhielt er denn ans der Mosbacher, später
aus der Nerkarelzcr Rezei)tur •> Malter Korn und ebensoviel Klafter
liuchenliulz pn» ,lahr. Weitere Unterstützung lehnte 8e. Durchlaucht
ab, da er schon zuviel (inade an Tännich verscli wendet habe.
Bereits bei <Ier Übernahme der Waren im Januar hatte List sich
über das viele „unklangbare Zeug" (d. h. wohl rissiges. iiiil;^!,iTenes
Geschirr) beschwert, das ihm zu hohen Preisen mit uugereclinet
worden sei. Im Juni kam er wieder mit einem langen Berichte, worin
er eine ganze Reihe Ton Beschwerden vorbrachte. Nach seiner Dar-
stellung waren die mit 2886 fl. angeschlagenen Formen und Modelle
sämtlich unbrauchbar, da sie teils zerbrochen, teils abgenutzt, alle
aber von «^tesker Form** seien. Mithin waren neue anzufertigen.
Die Aufienstände von 2040 fl., fOr Waren auf Kredit abgegeben, er-
wiesen sich teils als „illiquid^ teils wollten die Händler statt der
Zahlung die offenbar schwer verkäuflichen Waren zurücksdiicken.
Auch die auf dem Fabrikmagazin befindlichen Bestände waren nach
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seiner Angabe derart, dafi niemand sie kaufen wollte und man dem-
gemäß nidit hoffen konnte, mehr als die HiUfte aus ihnen zu lösen.
Aus diesen Gründen forderte er eine Herabsetzung der 8CKX) fl. auf
4(>M> fl. Er bat ferner um schärfere Durchfülirung des Privilegium
expressivum, sowie um Befreiung von Chausseegeld, da diese Abgabe
unnötigen Aufenthalt, „De]ieiisen - und Verdrießlichkeiten mit sich brinfje,
endlich um Freipässe für die durch Händler und Kärrner nach Bayern
zu verführenden Waren. Seitens der Hofkammer wurde diesen Wün-
schen in zuvorkommendster Weise Rechnung getragen; alle Bedenken,
die hier laut wurden, überwand die AUmacIit v. Maubuissons. So hatte
ein Mitglied der Hofkammer die Befreiung vom ChftasBeegeld für vn»
zulässig erklirt, da nach der wGeneralaehatz- und Chauaseegeldordnung**
niemand von dieser Abgabe befreit werden könne; es schlug vor, am
£nd9 des Jahres gegen Vorzeigung der Quittungen Rflckvergfltung
eintreten zu lassen. Ein Erlaß Serenissimi bestimmte indessen, daß
man auf die Gesellschaft die möglichste Bflcksicht nehmen und sie
von Zoll und Cbausseegeld befreien sollte. Da die Durchfflhrung
dieser Maßnahme auf Schwierigkeiten stieß, sofern man die Mos*
bacher Ware mangels eines Fabrikzeichens von andern schwer unter-
scheiden konnte, verordnete Se. Durchlaucht, daß die Mosbacher Fabri-
kate, soweit vor Lists Direktion hergestellt, mit dem Zeichen M.
später verfertigte mit S; zu bezeichnen seien i). Alle Händler nun,
die mit Mosbacher Fabrikaten „per consumo" handelten, sollten eine
spezifizierte Rechnung von der Fabrik erhalten, bei den Z(tlll)tdinr<len
vorlegen und dafür ein von den Zollstellen auszufüllendes Foinmlar
empfangen, wonach der Betreffende für o Monate, unter Iniständen
auch längere Zeit, für dieses Warenquantum Chausseegeld- und ZoU-
freiheit erhielt. Auch B^reiung von Kraneilgeld erhielt list auf sem
Ansuchen hin. Es handelte sich hierbei um die Abgabe, welche
die Kaufleute beim Verhüten ihrer Ware audi dann zu zahlen
hatten, wenn sie ihre Waren gar nicht mit dem Kran verladen ließen.
Die Enthebung von dieser Abgabe bedeutete wohl eine wohltätige Be-
freiung von einem Ifistigen Zwange. Dasselbe Reskript, das diese
Vorteile verordnete, wies ferner die ZoDbehörden an, alle fremden
Waren unweigerlich zu konfiszieren und an List einzusenden, der
sie dann außer Landes bringen würde. Aus dem Konfiskations- und
Versteigerungserlös sollten die Visitations- und Denunziationsgebahren
gezahlt werden.
1) Wir erwähnen die Marke hier kons, um Bp&ter (B. 7^ noch eminal dut^
Mf zu »precben zu kommeo.
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Im Jahre 1802 hatte List eine scharfe Ausehiaiidersetzung mit
dem Stadtrate zn Moshach wegen seiner Gerichtsbarkeit Der Streit
wurde durch folgenden Vorfall veranhifit Der Obenuntsschreiber Naufi
hatte zwei Söhne, die Werbeoffiziere waren und sich mit ihrem Werbe-
korporal in Mosbach aufhielteD. Unter den Arbeitern der Fabrik be-
fand sich ein wohlgewachsener junger Mann, der Sohn des Hrenners,
namens Brenner; auf ihn hatten die Werber es offenbar abgesehen.
Durch liewirten mit IJier, Wein und Essen hatten sie seine Freund-
schaft gewonnen. Da List selbst um diese Zeit trerade in Mannheim war.
hatten sie sicii nicht gescheut, sogar in die Arl)eitsräume der Fabriiv
zu kommen, um iiier mit dem jungen Brenner zu zechen, bis man sie
endlich von dort verwies. Kh war den Werbern bis dahin aber noch
nicht gelungen, den jungen Mann zu fangeu. Eines Sonntags abends
nnn hatte der junge Brenner abends nach 10 Uhr mit seinen Eltern,
zwei Drehern und einem Maler der FMk im Wirtahaiise gesessen.
Vom Stadtdiener an die Polizeistunde erinnert, tnmken sie aus und
machten sich auf den Heimweg. Dabei begegneten sie dem Werbe-
korporal, der mit mehreren jungen Burschen auf der Strafie stand,
auf den jungen Brenner zuging und ihm sagte, er solle sich nach
Hause scheren, sonst werde er ihm die Wege weisen. Offenbar
handelte er Im Auftrage; er sollte Händel anftmgen, um den jungen
Mann dann als unruhigen Kopf und Schwärmer einzufangcn. Der
Bursche kehrte sich jedoch klugerweise nicht an die Worte des Kor-
porals, während der Maler Unger, der schwerhörig war, auf den Unter-
offizier zuging, um zu fragen, worum es sich handele. Der Korporal
antwortete barsch, gab dem Maler wohl auch einen leichten Hieb mit
seinem Stocke. Unger faßte das falsch auf, warf sich auf den Kor-
poral und da er ein sehr starker Mensch war, spielte er ihm (ibel
mit. Bürger liefen hieilici und riefen den Polizeidiener, der den hart
mitgenommenen Korporal endlich von seinem Gegner befreite.
Der Vorfall erregte natürlich großes Aufsehen. Magistrat und
Polizei erhoben bd dieser Gelegenheit KUge fiber die aufBlssigen
Fal»flmrbeiter, die bei jeder Kleinigkeit Bauferrien anfingen und
wenn Polizei einspringen wedle, auf ihre Sondergericfatsbarkeit sieh
beriefen. Schon Montag früh meldete man der Tante Liste, daß man
dem Maler auflauere, um ihn, wenn er zur Mittagszeit in die Stadt
gehe, wegzu&ngen. Die Tante, die in Abwesenheit ihres Neffen in
der ganzen Angelegenheit mit großer Besonnenheit handelte, behielt
Unger auf der Fabrik und begab sich zu dem Stadtschultbeißen Klotten,
um seinen Bat einzuholen. Obwohl dieser ihr beruhigende Zu-
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siGherungen g»b| hidt sie es doch flQr das beste, um allen Weiterungen
zn en^hen, 6im Maler zu entlassen, obwotd der fleißige, ordentliche,
sonst stets nflchterne Mensch ihr leid tat. Übrigens sagte sie dem
Stadtschultheißen ihre Meinung; die Sache würde aar SO autgebauscht,
weil es sich um einen Soldaten handele; da mache man aus einer Mücke
einen Elefanten. List, dem diese Sache alsl)a!(1 IxM-ichtet wurde, wandte
sich an die Fabrikendirektion und forderte energisch l^nterstützung.
Wohin sollte es führen, wenn er gewärtig sein müsse, daß ihm
seine geschicktesten Leute, die er sich erst herani^ebildet habe, durch
die Werber entführt würdenV Der iMa<^i.-tiut beklagte sich ebenfalls
bei der Fabrikendirektion. Man solle diu angemalite Gerichtsbarkeit
beschrilnken oder aufheben, andernfalls aber dem Direktor mitteilen,
daß er kflnftig fflr die Anssdiweifungen seiner Arbeiter verantworUidi
gemacht werden wflrde.
Ein kurl&rstlidieB Reshript ordnete eine strenge Untersuchung
an und versprach der Fabrik und ihren Arbeitern gegen alle Über-
grilfe weitreichenden Schutz. Die mit der Angelegenheit betraute
Behörde jedoch zog in bareankratisch weitsdiweifiger Weise erst
Erkundigungen ein, wie weit die im Privileg gewährte Gerichtsbarkeit
der Fabrik sich erstrecke. Man hatte also höheren Orts selbst keine
rechte Vorstellung von dem Inhalt des Privilegs der niederen Gerichts-
barkeit und schlug endlich vor, dieselbe auf den Bereich der Fabrik
zu l)eschränken. Dagegen erhob List energisch Einspruch. Es würde
zu Millionen Verdrießlichkeiten führen, wenn man die Leute unter die
Gericlitsbarkeit des ÄLigistrats stelle, um so mehr, als dieser sowie
die Bürgerschaft leider der Fabrik feindlich gesinnt seien; auch habe die
Vergünstigung dann keinen Zweck. Noch ehe die Untersuchuni,' beendigt
war, schaffte List plötzlich die Sache durch emeii \'ergleicli aus der
Welt. Er nahm alles zurück, was er im Verlaufe des Streites den
Gebrttder Nauß vorgeworfen hatte; dafür verspradimi ihm diese, in
Zukunft seine Fabrikarbeiter in Ruhe zu hissen. Mit dem Stadtrate
einigte er sich dahm, daß diesem die Gerichtsbarkeit fiber die Arbeiter
in allen Polizeisachen ohne Ansehung der Person, ihm, dem Direktor,
In Personalklagen und Zivilsach^i zustehen solle. Bei Streitigkeiten
zwischen Einwohnern und Fabrikarbeitern sollte, „sofern es kein zur
hohen Gerichtsbarkeit behörender Voi wurf sei", die Rechtspflege ge-
handhabt werden nach Art und Weise, wie es in der ,Jurisdiktions-
Satzung" zwischen Zivil- und Militärbehörde vorgeschrieben war.
Offenbar hatte List gelindere Töne angeschlagen als im Anfang
der Angelegenheit; wahrscheinlich weil sein Vorrecht, die niedere
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Gerichtsbarkeit über die Arbeiter, auf «lern Spiele Htand. Gewonnen hat
er in dem Streite nichts, als was er schon besaß: es scheint, als hätte
er diese Zuständigkeit in Klagen „quoad civilia*' aucli ;inf Polizeisachen
ausdehnen wollen. Vielleicht hat er aber selbst nicht gewulJt, dati ein
Vorfall wie der soeben dagewesene eben keine Zivilsache wai' und nur
im ersten Eifer geglaubt, auch hierin zuständig zu sein. So diente das
Ereignis als PrSzedenzM fflr die Auslegung eines Privilegs, das wohl
nur in den seltensten Fällen an Fabriken verliehen wurde. Denn selbst
Hannong, der fttr die Frankendialer lAanulaktur^) zaUreiche Vergfln-
stigungen eriiielt, erreichte doch nur Unterstellung unter die Fabriken-
direktion, nidit eigene Gerichtsbarkeit ««quoad dvilia"').
Kaum war der Streitbll erledigt, so geriet List mit dem Ober-
amtmann Müßig in Differenzen wegen der Übergabe der Schlofjf,'eb;Uide
samt Zubehör, die er sich im Erbbestandsbrifife mit der Fabrik hatte
übertragen lassen. Es handelte sich dabei um eine Wagenremise und
einen Keller, dessen Eingang noch im Bereiche des Schlosses lag,
während der Raum selbst unter das sog. alte Amtshaus, das nicht
mit in Erbbestand gegeben war, sich erstreckte. Der Oberamtmann
behaui)tete, daß der Keller aus diesem Grunde nicht mit zum Schlosse
gehöre: List wies auf den Erbbestandsbrief hin. nach dem das Schloß
samt ,,Hofraith" übergeben sei. Er einigte sich indessen auch hier
und überließ den Keller an Müßig gegen eine jälirlich Miete von 8 fl.,
wodurch eigentlich der Oberamtmann die Bereditigung der Ansprüche
Lists anerkannte. Er tat es vielleicht nur, weil die Fabrik von oben
her wiederum aufs kräftigste unterstützt wurde.
Da list vorläufig aus den Aktienbeträgen genflgend Betriebs-
kapital zur VerfQgung stand, so ging der Betrieb zunächst ganz flott
Stohs verkQndete er, daß seine Ware bei dem Publikum reißenden
Absatzes sich erfreue, die Fabrik sich in gutem Zustande befinde und
man die besten Hoffnungen für die Zukunft hegen dürfe. Dies sagte
er in einer Greneralversanimlung der Aktionäre, die im März 1783
stattfand, und in der v. Maubui.s.son den Vorsitz führte. Trotzdem
verlangte er Nachschüsse. Die Aktionäre bewilligten die Summe, ver-
langten aber, Maubuisson solle sich bei Sr. Durchlauclit dafür ver-
1) Zais, Die Fraokentbaler Porzellan fabrik. Zeitiichrift des Bayerischen
KanstgewerbeveMins in MflndMn, 1B94.
2) Die Fabrik zu St. Georgen bei Bayreuth IksüH ebenfalls die niedere
Gerichtsbarkeit iiiier ihre .Arbfitcr, doch wurde dieses Vnri n ht 176!! hf i f iiier Neu-
beetätiguii<< der Privilegien nicht wieder zugestanden. ötieUa, Die keramische In-
dustrie in Bayern während den 18. Jabrh. l'JOO, S. 18 and 22.
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wenden, dati die laut Erbbestandsbiief nach 30 Jahren zu zahlende
Summe von 4000 t\. ilmen erlassen werde. Maubuisson, dem. wie es
scheint, nichts zu hoch war, um es fttr die Fabrik zu bewilligen, er-
reichte es denn auch, dafi von dem nrsprflnglich auf 8000 fl. fest»
gesetzten JPundationskapital" gar nichts mehr fflr die Zurackzablung
gefordert wurde. Er rechtfertigte das Verlangen mit dem Hinweise
auf die „unbeschreibliche Neigung**, welche List ft Co. zur Empor-
bringung der Fabrik an den Tag legten, und auf die betrSchtlidten
Geldsummen, die sie aufwendeten, damit das Werk nicht ins Stocken
geraten möge. In dem Ileskript, das den Naclilafi der Summe anord«
nete, werden als Gründe dafür die Unbrauchbarkeit der Formen und
Modelle, die „lUiquidät der Außenstände, der baufällige Zustand der
Gebäude, die notorische Güte der Listscheu Waren und ilir sicli
immer ausdehnender Debil" angeführt, Angaben, mit denen man schon
die Tännich p;ewährto Herabminderung des Kaufschillings von 14 (XX)
auf 10 CHX) H. gerechtfertigt hatte. Wenn außerdem als druiKl an-
geführt wird „wegen Consolidierung dieses inländischen und in diesem
Artikel einzigen Nahrungszweiges", so ist dieser Satz wohl der l)este
Beweis für den geringen Scharfblick Maubuissons und der Fabriken-
komnussare. Es scheint, daß man auf jeden Fall Fayencegeschirre
ghiubte produziomi zu mllssen, unbekflmmert ob der Ort, wo die
Fabrik sich be&nd, audi zur Anlage eines sdchen Werics geeignet war.
Ifaubuissons Äußerungen verraten deutlich, dafi man Mosbach für das
Etablissement nur deshalb ffir den passendsten Ort hielt, weil dort
herrschaftliche Oebftnde sich befanden, mit denen man „sonst nichts
weiter anzu&ngen wußte**. Daß die Erde sich nicht eignete, hätte
man aus den bisherigen Mißerfolgen folgern können, wenn man ehr-
lich gewesen wäre. Indessen wollte man dies durchaus nicht zuge-
stehen, und noch 1810 heißt es in einem Gesuche der Fabrilc, sie sei
durch das rohe Material sehr bc,i;ünstigt.
Es kann keinem Zweifel untnrlie^'en, dafi List sidi große Mühe
gab, den Absatz in die Höhe zu l»ringeii. Er richtete, wo es daran
fehlte. Magazine ein. bereiste sie seli)st und hielt mit den Magaziniers
Abrechnung. Besonderes Glück scheint er nnt seinen Waren in Ober-
schwaben gehabt zu haben, denn noch lange nachher bliel) dieser Kreis
das Ilauptabsatzgciiiet der Fabrik. Das Ziel mehrfacher Reisen nach
München mag wohl die \'ergrößerung des Absatzes in Bayern gewesen
sein. List hatte offenbai große PlSne; denn obwohl zu dem Werke
laut Erbbestandsbrief bereits das alte und neue Schloßgebäude gehörten,
wttnschte er dennoch ein zur Gemarkung der Stadt gehöriges Areal in
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der Nähe des Schlosses anzukaufen. Allein hier zeigte sich wieder,
wie wenipf j^ünstisz man städtischerseits der Fabrik gesinnt war. Der
Stadtrat wollte sich anfangs überhaupt nicht zur Hergabe des ha.'^-
lichen Grundstflcks verstehen, obwohl er nicht in Abrede stellen konnte,
daß das Tenain von niemandem benatzt watde. Als er sidi endlich
dazu herbeiliefi, bebarrte er bei Aufetellnng des Kaofkontraktes auf
Bedingungen, die, wie der zwecks Absebitzung des W^s hinzu-
gezogene Saehverstflndige sehrieb, bei der geringsten Verlndening in
der Leitung der Fabrik zu Prozessen und Streitigkdten fahren mußten.
Es wurde daher auf Grund einer Beschwerde seitens der Fabrik von
8e. Durchlaudit Enteignung angeordnet; die Fabrikenkommission solle
List unter „Beobachtung aller FeierÜcfakeiten'' einweisen.
Die von List geplanten Bauten waren eine neue Glasurmflhle
am sogen, „Schlund", ein neuer Brennofen, wohl auch einige kleinere
Gebäude, als Sr']mii])on oder älinliches; die Kosten veranschlagte er
auf •J.'')(i*H) ti. Neben dieser Summe verlangte er in der Sitzung der
Aktionäre von 1784, die wieder unter \'orsitz Maiibuissons stattfand.
4<M) t\. für Reparaturen, 27(MJ fi. Betriebskai)ital. wahrscheinlich für
Löhne, und 'MMX) Ü, für Holz auf 2 Jahre, im ganzen also 61Ü0 ti.,
von welcher Summe 3500 fl, durch Verkauf von Waren und einen
letztbn Aktiennachschuß gedeckt werden sollten. Die Assozi^ be-
wUliglen die Gelder unter der Bedingung, dafi List efarenwOrtlich sich
verpflichte, fortan die Gesellschaft nie mehr mit Geldzusehflssen anzu-
gehen und zu belSstigen.
Trotz aller Bemfihnngen aber entwickelte die Flabrik sich nicht
in der Weise fort, wie es Im Anfange den Ansehein gehabt hatte.
List schob dies auf die erdrfldcende Konkurrenz der ausländischen
Fabrikate, die bei der lässigen Handhabung des landesherrlichen ^'er-
l)Ots noch immer Eingang fänden. Besonders wurden solche Waren
auf Messen und Kirch weihfesten verkauft und ausgespielt, auch setzten
Hausierer, die das pfälzische Gebiet nur passierten, in'clit wenig ab.
Gerade die letzteren waren natürlich srliwer zu fassen, man konnte
ihnen nie nachweisen, wieviel Waren sie überhaupt mitgebracht hatten.
Es wurde deshalb angeordnet. daB diese Leute, ebenso wie andere
Händler, die ausländische Waren als Durchfuhrgut durch pfälzisches
Gebiet beförderten, ihre Waren zu verzollen hätten, sobald sie Kur-
fürstliche Lande betraten. Über die Höhe des Zollsatzes wurde List
befragt Er schlug vor, 10 kr. pro ÖO kg zu erheben, da der Wert
eines Zentners Fayencegeschirr 10 fl. angenommen werden mfisse;
llbrigens sei dies auch der Modus des Knrmainzischen Zollrotuls. Ab-
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geholfen wurde dem Übel hierdniGh auch nicht. Gerade dedarch«
dafi man die Hausierer zum Aufenthalt zwang, wurde bei der Lässig-
keit, mit der die plSlzisehen Beamten die Aufsicht führten, der Verkauf
fremder Fayence nur erleichtert An&ngs sollte die Verzollung unter
Aufsicht eines FayencehSndlers des betreffenden Ortes vor sich gehm,
und dabei wäre sicher eine scharfe Kontrolle möglich gewesen. Sie
erwies sich jedoch als unausführbar, weil die Hausierer »las Gebiet nun
an Orten betrat«!, wo kein mit Mosbacher Fayence Handelnder sich
befand.
17!-^4 scheint Lii^t Kapital eingeschossen zu haben; denn in
diesem Jahro ließ die Kiitin List sich ihron Anteil an der Durlaclier
Fabrik, ca. st k m ) fl., auszahlen und siedelte wühl auch selbst nach Mos-
bach über. Wenngleich nichts für die Annahme spricht, daß diese
ganze Summe auf das Mosl)a<'her Etablisseinent verwendet wurde, so
doch sicher ein Teil, wahrscheinlich, weil die Associes sich gegen weitere
Zahlungen sträubten.
Dodi das verhinderte den Rückgang des Werkes nicht Im
Jahre 1785 urteilte Hofhammerrat Speyerer aus Frankenthal, ein im
Fabriken- und Koromerzialwesen wohlbewanderter Mann, nach ehier
eingehenden Besichtigung, die er wohl auf Veranhissnng der Assozite
unternommen hatte, dafi die Fabrik sich in einem sehr traurigen Zu-
stande befinde. Zur Abhilfe d& nüfilichen Lage schlug er vor, das
Werk von den auf ihm ruhenden Lasten, d. h. von der Zahlung der
Tännichschen Pension, sowie der 19. Aktie, zu befreien, jälirlich 200
Klafter Holz aus Kameralforstcn /u bewilligen und ihm, als einem
erfahrenen Manne, einige Aufsicht über die Fabrik zu erteilen. Die
Antwort Sr. Durchlaucht fiel — das erste Mal! — ungnädijj aus: es
hieß in dem Reskript: „So mißfällig' Se. Durchlaucht aus dem Hericht
entnommen haben, daß dieses durch PrivileL'ien in allem Betracht so
vorzüglich begünstigte Etablissement in einer ^oich kurzen Zeit der-
maßen rückgängig geworden, daß solches sicli wirklich in den miß-
lichsten Umständen befindet und durch ander weite dem Ärai" allzu
beschwerlich fallende Begünstigungen wieder aufgeholfen werden soll,
so wenig gedenken HOehstdieselbe, mehr zu bewilligen, als was das
Privileg enthält Se. DurchUiucht wollen vielmehr gnädigst, daß dessen
gänzlichem Inhalt und den zu leistenden Verbindlichkeiten das ohn-
brOchige Geniige geleistet werden soll**
Die Gesellschaft kam dem aber nicht nach, namentlich zahlte
sie die Pension an Tännich nicht mehr aus, so daß der frühere Direktor
1786 Klage beim Hofgeridit einreichte. Er konnte sie nicht mehr
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gegen List & Co. anstrengen, denn im Januar 1787 war die Firma
in Römer \: Co. iinigewjindelt worden. List war unter Hinterlassung
von Schulden getiüchtet, nachdem er — wie die Assozies angaben —
von den ihm anvertrauten Geldern 8000 fl. unterschlagen hatte.
Wahrscbeiiilich hatte er sich von der UnmOglicbkeit flbttrzengt, das
Werk in die Höhe zu bringen, seine eingeschossenen Gelder nach
Möglichkeit zn retten gesucht und unter Vorgabe einer Reise sidi
auf und davon gemacht Die Aktionäre, die nach und nach schon
20000 fl. in das Werk verwendet hatten, sahen sich genötigt, den Be-
trieb selbst zu flbemehmen, und da keiner in Mosbach selbst ansässig
war. so übertrugen sie die Leitung einem Faktor, der in nebensäch-
lichen Fragen an die Einwilligung des Bevollmächtigten der Assozies.
des Advokaten Lucas, in wichtigen Entscheidungen an die der Prinzipale
selbst gehimden war. Der erste Faktor hieP» Falck (bis ca. 171M)), in
späterer Zeit wird ein Faktor Münzing genannt: bei beiden läßt sich
nicht feststellen, woher sie gekommen sind und ob sie vielleicht an
einer anderen bedeutenden Fabrii< Itereits tätig waren.
In dem Tänniciischen Prozesse wurde die Fabrik durch den
Advokaten Glaser vertreten; Tännich erschien mit seinem Rechtsbeistand
Villers vor Gericht. Die Gesellschaft verwies den ehemaiigeu Direktor
mit seinen Ansprüchen an die Hofkammer, und dieser, der wohl glaubte,
dadurch eh«* zu seinem Gelde zu kommen, verklagte auch die Hof*
kammer, namens welcher Advokat Vogd vor dem Gericht sprach.
Dieser wies nun nach, dafi für seinen Mandatar keine Verpflichtung
zur Zahlung der Pension bestehe; Tännich sei Direktor gewesen und
wegen seiner schlechten Verwaltung und seiner Ungesdiiddichkeit ab-
gesetzt worden. Die Hofkammer habe höchstens die Pflicht, die Ge-
sellschaft zur Zahlung zu veranlassen. Das wolle sie tun. Übrigens
habe Tänni li, indem er 3 Jahre lang die Pension sich von der
Gesellschaft habe zahlen lassen, selbst anerkannt, ww zur Zahlung
verpriichtet sei. Die Gesellschaft setze sich zusammen aus bemittelten
Leuten, die eine solche tierinfre Summe schon zaiilen könnten. Römer
& Co. wiesen auf die ungünstige I^ige der Fabrik liin. Sie erboten
sich zu einer Entschädigungszalilung von 400 tl., unter der Bedingung,
daß sie für die Zukunft von allen Verpflichtungen gegen den früheren
Direktor losgesproclien würden. Übrigens hal>e Tännich, der nach Über-
einkunft für seine Pension in der Fal>rik kleinere Dienstleistungen hätte
tun sollen, diese seine PHicht nie erfüllt, sondern eine Fabrik von Holz-
sparöf^n in Mannheim eingerichtet Man verzichte indessen gern auf seine
Dienste und wolle sich anderweit um eine Stelle fQr ihn bemflhen.
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TftnniiAs RechtsbeisUuid wies demgegenüber darauf hin, daß
sein Klient ein armer Mann sei, der die Pension zum Lebensunterhalt
brauche, zanud seine Fabrik, die er mit zwei Arbeitern betrieb« nicht
gedeihe. So wurde denn die Gesellsehaf t, wie zu erwarten war, nach
dregflhrigem Prozessieren zur Zahlung der Pension mit rflckwirkender
Kraft, Tmgung der Kosten und angemessener Beschiftigung Tännichs
in der Fabrik verurteilt Alle Dienste, die er fiber seine Verpflichtung
hinaus verrichten wflrde, sollten extra bezahlt werden. Das Jahr, in
dem die Gesellschaft diesen Prozeß verlor, brachte der Fabrik noch
anderes Unglück: der Protektor der Fabrik, v. Maubuisson, starb;
an seine Stolle trat die Konimerzialkommission, die auch sofort Grund
zum Einschreiten fand, da sich wiederum ^Inkonvenienzen" von Fabrik-
arbeitern ercipTiet hatten und der Stadtrat deshalb Beschwerde führte.
Die Falink scheint ül>rigons in diesem und dem vorliertrehenden
Jahre beinahe stdlgestanden zu haben, so daß der Handelsmann Wein-
gaertner zu Mainz, Besitzer der FayeiK efabrik Flörsheim, bei der
Hofkammer um die Erlaubnis einkuni, seine Waren in kurjjfälzischen
Landen vertreii)en zu dürfen, da „dem \'ernehmen nacli die Favence-
fabrik zu Mosbach gänzlich eingegangen sei." Sein Gesuch wurde
indessen abschlägig beschieden, and da in den nächsten Jahren der
Betrieb sieh etwas hob, der Gesellschaft das Privilegium exdusivum
et expressivum erneuert Zweifelnd heifit es aber in dem Beridit der
Kommerzialkommission, die das Gesuch befOrwortete: »Wir glauben
zwar nichti daß die Erneuerung des Verbots, fremde Fayencegescfairre
einzufahren, der Fabrik grofien Nutzen bringen werde, weil dadurch
der Verbrauch fremder Stemzeugwaren nicht gehindert wird; indem
die Liebhaber dieser fremden Waren sich solche aus Worms M und
anderen in der Nfilie L^olegenen Orten, wo ganze Magazine davon
gehalten werden, verschreiben können, welches niemand verwehren
noch verhindern kann." Wenn die Fabrikgesellschaft in ihrem Gcsuclie
um Frneueruntr iles Privilegs ani^ab, sie hätten Iiis dahin weder
Interessen noch (lewinn, sondern nui- den Ruhm gehallt. Inn Menschen
beschäftigt und ernährt zu halien, so war das zweifellus übertrielien.
Später angestellte Erörterungen ergaiien. ihili bei der Fabrik nie mehr
als etwa 20 — 30 Personen beschäftigt gewesen sind.
1) UfxT die Wormwcr Fabrik siehe Zais, Die Uischrifl. Wnriusisch«' Fnyt'iice-
fabrilc Dinustein, und Stieda, Eine Denkschrift über die l)ischöfl. \Vormt»i*ihi'
Fayencefabrik zu Dirmstein von 1779. Aunal. des Xass. Vereins für Altertum
Qsd G«Mfaicht«kniKle, Bd. XXXIV.
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UNIVF .:
- 43 V r
1793 verhandelte die Gesellschaft alicrmais mit der Hofkaninier
wegen des Kellers und der Remise, die nuch luuiier von dem Oher-
amtmann Müßig behalten wurden. Die Verhandlungen sind für die
Geschichte der Fabrik in mannigfacher Hinsicht interessant, sie zeigen
insbesondere deutlich, wie das Werk tatslchlidi nur durch den
mächtigen Schutz Maubuisaoos gehalten wurde, gegen den selbst Leute
wie der Oberamtmann keinen Einq»rucb zu erheben wagten. Es
«rurde mit einer zur Geringfügigkeit des Objekts in keinem Verhfilt-
nis stehenden HartnSckigkdt und Grflndlichkeit verhandelt Die Ver-
anlassung zu den fortgesetzten Streitigkeiten lag darin, daß der Erb-
bestandsbrief sich nicht dentlidi ausdrOckte. Mflßig behauptete,
V. ^^a1l1ll1isson habe in seiner Abwesenheit nur auf die Angabe
Reibeids hin. dafi die fraglichen Baulichkeiten zum Schlosse gehörten,
sie in das Inventar aufgenommen. Er habe sich dagegen gewehrt,
da er jedoch voraussah, daK ,.er bei dem aus mancherlei Gründen ') an
Herrn und Frau T.ist geketteten sehr mächtigen und drückenden
Manne- nichts ausrichten würde, so habe er nachgegeben. Die Parlit-
summe von s fl.. die List für Überlassung der Räume an Müssig sich
ausbedungen, hatte der Direktor nie erhoben, sondern gegen Wein
aus der Mosbacher Rezeptur verrechnet. Die (iesellschaft bestand
indessen auf Herausgabe der Raunihclikeiten, weil sie das ScliloÜ,
das nie zu Fabrikzwecken verwendet wurde, in Afterbestand weiter
yermiet^ Die Verhandlung«! zogen sich mehrere Jahre lang hin
und endeten schließlich zu Ungunsten der Gesellschaft, der man be-
deutete, sie habe überhaupt kein Recht, Baulichkeiten des Ärars, die
zu Fabrikzwecken ihr flbergeben seien, an Dritte zu vermieten. Ein
weiteres Vorgehen gegen dieses allerdmgs ungesetzliche Afterver-
pachten erfolgte jedoch merkwürdigerweise nicht; es seheint, daß
auch nacli dem Tode Maubuissons in derFkbrikenkommission Freunde
der Falirik von Einfluß waren.
Die Jahre 171)2—99 sahen die Pfalz als Kriegsschauplatz. Aller-
dings bewegten sich die feindlichen Heere größtenteils auf dem linken
Rlieiniifer. und so blicl) der Fnbrik in Mosbach das traurige Geschick
erspart, das ihrer Schwester in Frankentlial i)cschieden war, wo die
französische Soldateska einen großen Teil der Geschirre, dazu sämt-
liche Formen und Modelle zerschlugt). Indessen wirkte der Krieg
1) Es li^ hierin wohl eine Anspielung anf die Teilhabenehaft AbubamKHi»
an den Aktien, die noniinoll im Besitze Li-iis waroii.
2) Vgl. Reniling, Die Kurpfalz iu der Revolutionszeit von 17ü2— 99.
fepeier löCö, Bd. II, Ö. 512.
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- 44 ~
natürlich hemmend auf den ohnehin sciiwachcn Betrieb, und die
Verwüstungen, die der Feind in den linksrlieinischen Oberämieru,
woher die Fabrik ilir Holz bezog, anrichtete, trieben die Preise für
diesen wentbehrlicheii Rohstoff in die Höhe. Bei der enormen Ver-
armting*), die durch die Brandschatzungen des Feindes herbeigefahrt
wurden, durfte die Nachfrage nach Fajenoegesebirr, das in damaligen
Zeiten noch als Laxusartikel galt, auf den linksrheuiischen Gebieten
aufierordentlich gering geworden seiUt und mit dem Frieden von Campo
Formio, am 17. Oktober 1797, ging, infolge der Abtretung des Unken
Rhdnufers an Frankreich, der Fabrik dieses Absatzgebiet vOllig verioren.
Mosbach hatte während der Dauer des Krieges ein Lazarett Ztt
unterhalten gehabt; auch die Fabrikengesellschaft war dazu herange-
zogen worden. Nach Beendigung der Feindseligkeiten sollten an die
Betcilifrten Entschädigungsgelder verteilt werden, indessen waren die
Oberanitskasscn leer. Die (icscUschaft, die das alte Schloß zum
Lazarett hergegeben und dazu fMiiu^ciiciitet hatte, gedachte mit diesen
Entschädigungssummen die Hamlweiker zu bezahlen, die an den Iler-
richtungsarbeiten beteiligt gewesen waren. Obwohl die Forderungen
nur klein waren, ließ die (Gesellschaft sich vei klaf^^cn. .-tat! die Zahlung
einstweilen aus eigenen Mitteln zu verlegen. Die Landesregierung
erließ gemessenen Befehl an die „querulierende Sozietät**, ihren Ver-
pflichtungen nachzukommen und die Zahlung der Entschädigung abzu-
warten. Als die Fabrik dem Befehl nicht nachkam und zweimalige
Versuche, das Geld auf friedlichem Wege zu erhalten, sich als erfolglos
erwiesen, wurde scfalieBUch mit Pfilndnng gedroht
Das war ein anderer Ton als der, welcher bisher angeschlagen
worden warl Eine neue Regierung, neue Grundsätze waren maß-
gebend, seit der liberale Max Joseph^), das ganze Gegenteil seines
Vorgängers, mit seinem französisch gebildeten Minister Montgelas
die Geschicke der deutsch gebUebenen Pfalz lenkte. Das erfuhr die
Fabrik sehr l)ald, tils sie in einem Gesuche an die neue Regioning
Beschwerde über Privat- und Kaufleute erhob, die in Avertisscinents
und Zeitungsblättern den öffentlichen Verkauf des englischen Stein-
guts ohne alle Scheu ankündigten und so die Fabrik in ihren wohl-
erworbenen Eigentumsrechten kränkten. Die Antwort lautete, daß „Se.
jetzt regierende Durchlaucht mehrmals gegen die Monopoiien Höchst-
1) Über die Bnmdschatzungeo sidie Bemling a. a. O., Bd. II, 8* 1324,
550 If.
2) Sdlti, Max Joseph, König vou Bayern, Stuttgart 1837, uud Hausier
a. a. 0.. & m
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— 45 -
ihre Abneigang biUig zu ftnfiem geruht" Durch Erlaß von 1799 schon
wurde jedem Handelsmann, der seine „Konvenienz'* dabei zu finden
glaubte, freigestellt, mit englischem Steingut zu handeln. Die Billig-
keit Max Josephs fügte dem hinzu, es solle allerdings das Gel)ot
nicht dahin ausgedehnt werden, daß fremde Händler und Gängler
solche Waren in das Land führen und öffentlich feilhalten dürfen,
„da dieses für die inländischen, mit Abgaben belasteten Händler schäd-
lich ist".
Noch schlimmer als durch die eben erwähnte Verordnung von
IT'.H» bezüglich der Aufliebung aller Monopolien wurde die Fal)rik
betrotTen durch den Erlaß vom 23. September ISIX). I)erseli)e begann:
„Von dem Grundsatze der Staatsökonomie geleitet, alle Teile der
eigentti Begie möglichst zu vereinfachen und zu vermindern, ward
nnser Blick auf die häufigen Staatsgebftnde in der Bheinpfalz geleitet
und der Entschluß erzeugt, alle diegenigen unter dmselben, die nicht
als Bestandteil eines öffbntlichen Instituts oder zu den dngesehrftnk-
testen Bedflrfnissra des jeweils erscheinenden Hofes oder als Amts*
Wohnungen der Staatsdiener oder zum BehufB des MilitSrstandes un-
nmgftnglich nötig sind, und außerdem einen ebenso iSstigen als flber-
flflssigen Besitz bilden, der Veräußerung und bestehenden Schätzung zu
unterwerfen*"^). In dem \'erzci( ]inis solcher Staatsgebäude, das der Kur-
fürst von seinem (jenerallandeskoramissariat einforderte, standen auch
die Gebäude der Mosbacher Fabrik, d. h. die alte und neue Kaserne und
(las Schloß samt den dazu gehörigen Grundstücken. Emmermann,
an dessen gute Dienste man sich i)lötzlich wieder oi iim» rte. wurde
beauftragt, die (Tebäude abzuschätzen. Er glaubte, daß die Gesell-
schaft, die ihren lietriel) ja ohnehin auf die Kasernen beschränkte, das
Schloß ohne weiteres lierausgoben würde, froli. der lästigen Unter-
haltungspflicht datlurcli enthoben zu sein. Der lYiktor Münzing, sowie
der Bevollmächtigte der Gesellschaft, Advokat Lukas, die er darum
befragte, konnten ihm natflrlieh keinen Beseheid geben, und die
Prinzipale, an die sich Emmermann nun schrifüidi wandte, zögerten
sehr lange mit der Antwort. Endlich traf diese ein. Die Gesellschaft
berechnete ihren Aufwand auf ca. 3000 fl., ausgegeben fttr Bepara-
tnren, welche Summe sie zurfickverlangte, bevor sie an Abtretung der
fraglichen Gebäude denke. Sie könne die umständlichen Belege mit
Ausnahme der Jahresredmungen nicht beilegen, halte sie aber auf der
1) Auf Onrnd desselben Ftnan^ondsatses wurde die FiankeDthaler Fabrik,
die in) Kriege aaflerordentlich gelitten hatte, nicht wieder in Betrieb gesetst. Den
betreffenden chaxaktemtiecheD Paeius siehe hei Schwarz a. a. 0., 8. 78.
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- 46 —
Fabrik zur Einsichtnahme bereit Sie hätten mehr getan, als sie nach
dem Erbbestandsbrief zu tun verpflichtet gewesen wSren, dagegen sei
§ H, betreffend das Monopol, seitens der Regierung nicht gehalten
worden. Sie hätten sich bereits vergeblich darüber beschwert, daß die
Kaufleute ungehindert mit englischem Steingut handelten: jetzt be-
obachte man auch Hausierer, trotzdem die Oberämter gar keine Scheine
für derartige lluiitller ausstellen diirften, die allerhand ausländische
Waren an die Juden zu SeIiIeu(lerprei>C!i absetzten. Von diesen würden
die unter der Hand weiter verkauft. Dal>ei sei die Qualität der Mosbacher
Erzeugnisse weit besser als die der ausländischen, und da nun erhelle,
daß die Privilegierung der Fayeucefabiik auf anerkannten, sta<itswirt-
schaftKcben Prinzipien beruhe, so habe sie aUe Ursache, auf die Uuter-
sttltznng 8r. Durdilancfat untertanigst zu hoffen.
Man war hdheren Orts nicht dieser Meinung.- Die beiden an
Stelle der alten Fabriken- und Koromerzialkommissionen getretenen
neuen Behörden, die Staatsreditliche und die Staatswirtschaftliche
DepatatioD, erwogen vielmehr, da die GeseUsehaft offianbar gutwillig
zur Herausgabe der Gebäude nidit zu bewegen war, auf welche Weise
die Angelegenheit erledigt werden könnte ohne einen langen Prozeß^
wie Se. Durchlaucht ausdrücklich gewünscht hatten. Die beste Grund-
lage zum Vorgehen gegen die Gesellschaft bot die Frage, ob sie allen
kontraktlich übernommenen Verptlichfungen gehörig nachgekommen sei.
Dieses sollte zunächst von seiten der Staatswirtschaftlichen Deputation
eingehend untersucht werden. Hofkamnierrat Speicher, dem dieser
Auftrag zuteil wurde, ging mit der Gesellschaft scliai-f ins Gericht.
Er stellte fest, man müsse, was Punkt 1 des Erbbestandsbriefes
anlange, allerdings zugeben, dalj die Fabrik den Verhältnissen ent-
sprechend mit Herstellung von Fayencegeschirren beschäftigt gewesen
seL Dagegen habe die Gesellschaft weder Anstalten gemacht, da&
Kapital Ton 4000 fl. znrflckzuzahlen (Pkt 13 d. Erbbest-B.) noch
wohnten die Erbbeständer in Mosbach (Pkt 12), noch würden alle 14
Tage drei Brftnde ausgeführt (Pkt. 13), noch der 19. Teil des Aktien-
kapitals in vorgeschriebener Weise verwendet (Pkt 17). Übrigens
sei der Erbbestandsbrief ersdilichen, indem er von dem damaligen
Spezialkommissarins Maubuisson ohne Anhörung der Fabrikenkommission
und der Hofkammer festgesetzt worden s^ Spdcfaer, der seine Er-
kundigungen bei dem über viele Dinge gar nicht unterrichteten Faktor
Münzing eingezogen hatte, erhielt auf diese Weise keine Kenntnis
von den Nachlässen bezüglich Punkt 18 und 17. Viel eingehender
war daher der Bericht, den der Geheime Landeskommissariatsrat
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— 47 —
Bettinger von der StaatsrechtlicheD Deptttation auf Grund eingehender
Aktenstudien verfugen konnte. Er kün schliefilidi auf dasselbe Er-
gebnis, das schon Speicher gefunden hatte, nftmtieh, dafi bei Aul-
steilung des Erbbestandsbriefes nicht alles in Ordnung gewesen sei.
Mit Bezug darauf schrieb er: „Es ist merkwürdig, das volumen 3
actoruin 7Ai lesen, in dem Manbnisson in allen möglichen Eigenschaften,
als Hofkammerrat, CommeroekommiBsar, als Referendar und als
Serenissimus und, wie zwar nicht ex actis, wohl aber nebenher zu
erweisen steht, als Aktionär erscheint und idlenthalben diktatorisch
spricht, und noch merkwürdiger, wie er anfänghch dem aorario eine
Entschädigung zu versrliaffen vorhildet und stufen weis die Sache so
lenkt, daß ersagter List die ganze Fabrik mit allen Gebäuden, (irund-
stücken, Vorräten etc. ohne einen Kreuzer zu zahlen für sich und
seine Associ6s bekoiiinit." Es wäre geraten gewesen, schreibt er weiter,
die Fabrik nach den mißglückten Versuciien IJerihevins, mindestens
aber nach denen Tännichs, eingehen zu lassen und den Verlust zu
verschmerzen, als sie so zu versddeadmi, wie es mit der Überlassung
an List geschah.
Er wies weiterhin nach, daß der Erbbestandsbritf g^jien die
geltenden rechtlicben Bestimmungen verstoße. Nach Karte 2, Tit &
§ 7 des PfSlzischen Landreehts steht dem Erbbestfinder des ülunitierten^)
Erbpachts das Bedit zu, «zwei Monate nach der dem das Gut vor Ablauf
nicht einlösenden domino directo gttuachten Anzeige, an einen, bei
dem der dominus directus seines Zinses und Rechtes gewiß sein mag»
zu verkaufen, wobei dem Landesherrn bloß das laudemium in recog-
nitionem domini und wegen dem neuen Briefe von dem Käufer ent-
richtet wird." — Durch diese Befugnis des Erbbeständers stellt es in
seiner Gewalt, den Rückfall des Gutes allezeit zu verhindern, weil der
neue Briet keine Einschränkungen enthalten darf, welche in dem des
Verkäufers nicht stehen. Durch das pragmatische Gesetz von ITötj»
kraft dessen alle seit 1711 in unbeschränkten Erbbestand gegebenen
Domanialgüter eui/.uziuhen waren, wurden alle DomaniaJgüter eo ipso
von dieser Bestinunung des Landrechts (Karte 2, Tit 5, § 7} ausge-
nommen und es war somit überhaupt nidit angängig, die Mosbacfaer
Kameralgebftttde in einen ewigen Erbbestand zu fibergeben. Ganz
abgesehen aber davon hätten sieh die Erbbeständer nicht an die all-
* gemeinen für jede Art von Erbbestand geltenden Bestimmungen ge-
1) Im Erbbtttandsbrief mv die VcrMhaag in „ewigen" iiuum> und wdb-
licben Erbbettaad erfolgt
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lialten. D;in;ic)i lag ihnen ob, den „Ab- und Zugang der Beteiligten,
ob diese gegen Kaufschilling ein Teil an sich gebracht, anzuzeigen,
das Laudemiuni anzubieten und überhaupt alle Veränderungen mit-
zuteilen". Aus diesen juristischen Erwägungen heraus könne man so-
fort zur Vindikation schreiten; es enthalte aber außerdem § 1 des Erb-
bestandsbriefs eine logische Unmöglichkeit, da ja danach die Gcsell-
sciiaft verptiiehtet sei, zu ewigen Tagen, gleichviel, wie die rnistiuide
sich gestalteten, in Mosbach eine Fayencefabrik zu betreiben. Immer-
iiin schlug Bettinger vor, da Se. Durddaudit nar die Grundstfleke,
nicht aber das Inventar zu vindizieren berechtigt sei, nach AbSndemng
des Kontrakts der Gesellschaft die zur Fabrik gehörigen Gebäude,
d. h. also die Kasernen, gegen einen höheren angemesseneren Zins weiter
2u Qberlassen. Natflrlich dürfe man nur an den limitierten Erbbestand
denken, der seit 171 1 bei allen Kameralgfltem Hegel geworden sei. Da-
nach werden solche Güter auf drei Generationen, Vater, Sohn und Enkel,
verliehen, wobei nach Gesetz von 1788, wenn einer der beiden letzten
zum Erbbestand nicht gelangt, der Urenkel ihn noch erhalten kann.
Zur Sicherheit des Gutes muß dasselbe gleich anfangs vermessen und
beschrieben werden, welcher Vorgang dann alle 10 Jahre in Gegen-
wart des Lehnsherrn zu wiederholen ist. (Jus Palat. Karte 2, Tit. 5,
§ 2 et 3 und durch Reskripte vom 27. Juni ITTH und r»0. Juli 17X1.)
Die übrigen Mitglieder der Staatsrechtliclieii Deputation konnten
sich jedoch mit dem Vorschlage Bettingers nicht einvei standen erklären,
dd noch einige Anstände voiliauden seien. Man beschloß zunächst
im Wege des Vergleichs zu versuchen, ob die damaligen Erbbeständer
gegen entspredienden Zins das Wetk weiter fUhren und das Schlofi
herausgeben wollten. Um eune geeignete Grundlage für die Hohe der
neuen Pacbtsumme zu gewinnen, wurde der Stadtschultheiß von Hos-
bach mit einer Abschätzung der Baulichkeiten beauftragte. Er gab
den GebSndewert des alten und neuen Schlosses auf 7000 fl., den
der Fabrikgebäude, d. h. der alten und neuen Kaserne und der
Glasurmtlhle, auf 4600 fl. an. BetreCb der Höhe der neuen Pacht-
Summe, meinte das Oberamt, kßnne man nicht viel über die bisher
gezahlte Summe von 30 fl. hinausgehen, da die Gebäudeunterhaltungs-
last ziemlich groß sei und die Gesellschaft selbst durch Vermieten
nur lot» rl. beziehe. Für die Faljiik ff>lgt aus diesen Ausführungen,
daß sie nur in sehr geringem Umfange betrieben worden sein kann,
1) Laudemiuin (Handlohn, Ocwinngeldi. eine bei Erwcrli inir des QuteS tOH
dem Erwerber zu eutrichteDÜe Abgabe. Eichhorn a. a. 0-, b7Ö.
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da man nicht ihre Bentabilit&t, soDdern die aus Afterpacht gezogenen
Einkaufte znr Grundlage der Pachtsumme nehmen zu mflssen glaubte.
Nunmehr setzte man sich mit den Aktionären in Verbindung,
nm sie znr Annahme des Vergleiches zu bewegen. Das stiefi indessen
auf erhebliche Schwierigkeiten. Algardi, den man zuerst befragte,
antwortete zunächst überhaupt nicht. Auf vielfaches Drängen hin gab
er endlich an. daß er aufgehört habe, ein Mitglied der Gesellschaft zu
sein, er also bitten mflssp, ihn in Ruhe zu lassen. Er halte seinen
Anteil kurz vorher an den Handelsmann Traitteur verkauft und diesen
Verkaut" allerdings angezeigt. Da man damals gerade die Kccht-
mäßigkeit des Erbbestandes untersuchte, so war an ihn der P>e.s< heid
ergangen, daß man ihm vor Abschluß der Untersucliuiigcn die (ieneh-
migung zum Verkaufe nicht erteilen könne. An diesen Bescheid min,
der übrigens etwas spät eintraf, hatte Algardi sich nicht gekehrt,
sondern seinen Anteil für 5000 fl. verkauft. Er betrachtete sich also
nicht mehr als Aktionär, wShr«id die StaatsreehtUehe Deputation wieder-
um seinen Verkauf nicht anerkannte. Sie mußte es schließlidb, da
Algardi sich nicht rflhrte, den abrigen Gesellschaftern flberlassen, sich
mit ihm auseinander zu setzen.
Aber auch Martin Römer machte Schwierigkeiten. Er hatte zu-
sammen mit seinem Bruder, der in Batavia weüte, und einer Schwester,
der Witwe Rittmann, die in Wachenheim wohnhaft war, 4\, Aktien,
(ebensoviel wie Algardi) geerbt und suchte die Angelegenheit zu ver-
schleppen. Er erschien nicht auf den anberaumten Terminen und gab
schließlich an, daß er sich erst mit seinem Bruder verständigen müsse,
wozu er ein Jahr Frist crldolt. SrhlioHlich stellte sich jedoch heraus,
daß er mit seinem Itrudcr verfeindet und für diesen der Kaufmann
Michel in Mannheim als Sachwalter eingesetzt war. Michel erklärte,
er werde sich dem ^'orgehcn der übrigen Aktionäre anschlieBen. Dies
waren die l)eiden Freiherrn von Preusching. nassau-üranieuburgische,
und nassau-usingische Räte, die zu \\, d. h. mit Ii Aktien, an der
Fabrik beteiligt waren. Sie hatten die Papiere von List käuflich er-
worben. Mit den 9 Aktien Algardis und Bfimers sbid dies nun erst
12 Aktien, während 19 ausgegeben worden waren. Über den Ver-
bleib der übrigen 7 läßt sich nur vermuten, daß sie im Besitze
Maubuissons waren. Die Preuachings erklärten sich bereit, auf Ver-
handlungen /einzugeben. Sie appellierten an die Hilde Max Josephs
und baten, er möchte der Fabrik ihre Freiheiten belassen. Sollte
jedoch das ihr erteilte Monopol als dem Staate nachteilig angesehen
werden, so seien sie bereit, hierauf zu verzichten, hofften aber
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50 —
diesfalls, daß es bei dem Kanon von 30 fl. bleiben werde. Es ver-
verstehe sich von <(>lbst, daß sie als Erbbeständer den berrsclieiiden
Oesetzen, soweit solche nicht durch den Erbbestandsbrief beschränkt
seien, sich unterwerfen würden. Von der Witwe Rittniann. der
Schwester Rrmiers, die man durch den französischen Präfekten zu
Sjtcier austindijL; machen lassen wollte, kam kein Lebenszeichen, und
die übrigen Gesellschatter heläen Termin auf Termin verstreichen.
So standen die Dinge, als die Entschädigungskonmiission, die den
durch Abtretung des lüiken Bheinufers benachtdligten FDreten Ersatz
auf rechtsriieinischer Seite verschaffen sollte, ihr Werk so veit be-
endigt hatte, dafi man die Verschiebungen in den BesitzstSnden klar
erkannte. Man erfuhr daher in Bayern, dafi einzelne p&lzisdie (jo-
bietsteile, darunter das Oberamt Mosbach, abgetrennt werden würden.
So wurde dann unter dem 2. Nov. 1802 verordnet, man wolle die An«
gelegenheit der Mosl)achcr Fabrik auf sich beruhen lassen, da in-
zwischen die V( rbiiltiii-se der Länder sich zu ändern begönnen.
^ 20 <les Reu h ileputationsbauptscblusses vom 20. Febr. 1803
bestimmte, dal3 die Fürsten von Leiningen') für ihren verlorenen alt-
angestammten Besitz auf dem buken Hhcinutcr erhalten sollten: die
vormals Mainzischen Ämter Miltenberg, Buchen, SeHgenthal, Amor-
bach^). Biscliofsiieim , (bo vormals würztturuMschen Ämter (Irünsfeld,
Landau und Ripjierg, du; vorniais kuri»tälziscben Oberämter Bo.xl)erg
und Mosbach. — Mosbach wurde also leiningisch -i und ist es l)is
auf den heutigen Tag geblieben. Das (ieschleclit der Fürsten von
Leiuingen wurde 180G mediatisiert und 76 seiner Ortschaften, darunter
Mosbach, der Souverfinität des Orofiherzogtums Baden untergeordnet,
während Miltenberg und Amorbach 1810 unter bayrische Souveränität
gestellt wurden; ffinf Ortschaften stehen unter hessischer Souveränität
Schon am 4. Juni 1803 wandte die Gesellschaft sich an den
neuen Landesherrn, den Fttrsten Karl Friedrich Wilhelm^, mit der
Bitte um Schutz ihrer erbverfiissungsmäßigen Rechte, nämlich Aus«
lieferung des Kellers und der Remise, Wiedereinsetzung in die niedere
Gerichtsbarkeit über die Arbeiter, aus der sie durch einen Erlaß Max
Joseph« gedrängt war, Befreiung von der Akzise, die man ihr neuer-
dings abforderte, Freiheit, in allen leinmgischen Landen £rde graben
1) Brinckmeier, Genealog. Geschichte des Uaiise» Leiniiigen 1890, BU. J,
8. 30S. 300.
2) Dieser FniPtand erkhivt s .nich. wanim die Akten der Fabrik im Fflrstl.
LeiaingUchen Archiv zu Amorbufh >ich befinden.
3) Brinckmeier, CreJieal. Gcbch. etc., Bd. I, ä. 301).
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zu (iürfen. und Verleihung des Ahsatzmonopols für das Fürstentum.
Außerdem wünschten sie, tlaü Se. Durchlaucht mit dem Landgrafen
von Hessen-Darmstadt behufs zollfreier Einfujir von Mosbaclier Waren
in dieses Land unterhandein solle; endlich baten sie um Aufhebung
des FlOreheimer Lagers in Miltenberg. Die Eingabe wurde in er-
weiterten Mafistabe wiederholt, als das Oberamt fflr die Erdentrans*
porte aus dem Schaiflenzer Tal Chausseegeld erhob, weil die Gesell»
Schaft znr Erhaltung der Chausseen nichts beitrage. Der Fürst, dem
die Förderung des Wohles seiner Untertanen am Herzen lag^), verlangte
von seiner Kammer zunächst einen Bericht Aber die Verhiltnisse der
MosbacherFabrik. Die Kammer ließ sich die Akten aus Mannheim
kommen und stellte sich in ihrem danacli aufgestellten Gutachten auf
den Standpunkt, den schon die Pfälzische Staatswirtschaftliche und
Staatsrechtliche Deputation eingenommen hatten, daß nämlich von den
N'erordnunf.'Pii Max Josephs keine zugunsten der Mosbarlior P'abrik
zurückgciiommon worden könne. Ebenso erklärten sie die Zumutung.
Zollverti;ig(! mir Hessen al)/,uschließen, für undurchführbar. Ein Reskrij)t
Sereiiis^fimi ad cameram gewährte jedoch einige von den erbetenen
Freiheiten, iiämlicii Freiheit von Zoll, Akzise. Chaussee-. Pfla.ster- und
llausiergeld in allen leinuigischen Landen, Freiheit von <ler Militar-
dienstpflicht f&r die Arbeiter, soweit solche kein bürgerliches Gewerbe
betrieben oder der Schätzung unterworfene Güter hätten. Das Privi>
legium exdusivum wurde gewährt, nidit aber das Absatzmonopol, und
zwar, wie ausgeführt wurde, zum eigenen Vorteil der Fabrik, da die Nachbar-
länder alsbald die Einfuhr der Mosbacher Erzeugnisse verbieten würden.
Th>tz aller dieser Freiheiten machte die Gesellschaft im Oktober
1804 in der „Mannheimer Zeitung^ den Verkauf des Etablissements be-
kannt. Der Kaufpreis, den sie forderte, war 20000 fl. Es wurde
dies alsbald von dritter Seite der Kammer mitgeteilt, mit dem Hin-
weise, daß die Kameralgebäude nicht vrrklinflich, die Absichten der
Gesellschaft also ungesetzlich seien. Wieder forderte der Fürst einen
Bericht, der nun diesmal eine genaue Ucbcrsicht über die Gesrliirlite
der Fabrik brachte. Am Schlüsse bemerkt der liericliterstatter : ..Kine
Bestäfitrunir des Erbl>estandes sclieint nach dem gegenwärtigen Zu-
stand niclit angebracht. Die (Ichiiiidc verfallen immer mehr, so (hiß
endlich das ganze Fabnkkapital nicht ;iiisrei(;hen würde, sie wiederher-
zustellen, und durch die neuerlich versuchte Veräuiierung, wo die
Gesellschaft, von einer in Exemtion stehenden Scbuldforderung de&
Käufmannes Ackermann in Mannheim gedrungen, um die gewöhnliche
1) BrinekiB«ier, Oemd. Qfltek «te^ Bd. I, S. 306.
4»
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_ 52 —
Aufsteckung der Fabrik zu vermeiden, diese selbst vorbehaltlich höchster
Genehmigung zum Verkaufe ausbot, zeigt es hinlänglich, daß die reine
Ausbeute dieser Fabrik der Mflhe nicht wert und die Gesellschaft ge-
sonnen ist» irie sie schon bei Entweicfaung des Idst tat, das Defizit
in ihrism Zirkulationskapital aus dem EriOs der Fabrik zu ergänzen.
Mehr als umsonst hat sie seit 22 Jahren die Gebinde benutzt, denn
die 30 fl. Erbbestandskanon sind durch die Vorteile an Holz, Erde,
Zoll, Chausseegeld mehrfsdi vergütet worden. Ans Mangd an KSufem,
sagt der Faktor, wäre es der Gesellschaft angenehm, wenn Serenissi-
mus selbst diese Alcqnisition machen würde. So erhielte man das
ruinös zurCIck, gegen bares Geld, ohne oder mit meist unnützen
Mobilien. was in besserem Zustande in einem Werte von i^OrxX) fl.
hingegeben worden war. Eine solclio Anstalt, die nur Sciuiden und
Verlust zum Resultat hat, verdient unniuglicli Vergünstigung, uiui kann
sie ihren bisherigen Hauptzweck nicht erfüllen, so ist kein Interesse
vorhanden, die Gebäude Auswärtigen '') und ^ulchen Besitzern zu über-
lassen, die, allen Gesetzen und Verordnungen zum Trotz, die Aufsicht
durch einen Faktor ausüben/*
Man machte der GeseUsehaft den Vtffsehlag, da die Fayence-
fabrikation offensichtlich sich nicht lohnte, einen anderen Betrieb ein-
zurichten, allein diese bestand auf Verkaufsbewilligung oder Be-
stätigung ihrer Privilegien, besonders des Ateatzmonopols. Dies wurde
jedoch auf das bestimmteste verweigert, besonders deshalb, weil die
dermaligen Besitzer keine Rechtsnachfolger lists seien. Sie sollten
sich erst auf irgend eine Weise, am besten durch Vorlegung eines
Dokuments, ausweisen. Da die Erl)beständer außer ihrem Erbbestands-
brief kein deraitiges Schriftst&ck beibringen konnten, so wurde dem
einen derselben, dem Handelsmann Traitteur, der sich als Nachfolger
Algardis unangefochten behauptete, auch die Erlaubnis verweigert,
seine Aktien hypothekarisch zu verpfänden. Traitteur, der wohl der
einzige war. welcher sich überhaui)t nocli um die Fabrik bekümmerte,
wollte mit diesem durch \ erj)fäiHiuiig >ciii( r Anteile zu eriaugeuden
Oelde der Fabrik wieder auf die Heine helfen.
Von Zeit zu Zeit machte dit; Fabrikleitung neue \'orstöße, um
die Regierung für ihr Anwesen und ihre Wünsche zu interessieren.
So z. B. hielt sie 1810, als Mosbach unter badische Souveränität
gestellt worden war, den geeigneten Moment fUr gekommen, um
das Direktorium des Neckarkreises zur Wiederiierstelinng der alten
1) Die Besitser wohuton in lUnnheim, wwren ako pfiUsiwbe UntortaneD.
Digitizec l.^ ^oogle
— 53 -
Privilegien zu bewegen. In den Gesncliea wd dann die Fabrik als
ein anfierordentlieh leistongsfiÜiigeB Unternehmen hingestellt; RohstofiiD
seien in Menge voriumden nnd bequem «reiehbar, die Fabrikate vor-
züglich und an Gfite den ausländischen gleidi, die Fabrik sei für
Mosbach« dessen stetig T^achsende BevöIIrarang weder durch d«i
Ackerbau noch durch das Gewerbe erhalten werden könnte, ein Segen.
Was man fordert, ist das Absatzm onopol für das Inland, hohe Einfuhr-
zölle nach dem Vorbilde Württembergs, 25 % des Werts, ?]rleichteriingen
für den Hausierhandel, Anwendung des jus retorsionis gegen Staaten,
welche die Mosbaciier Fal)rikate von ihrem Markt ausschlössen. .,\\ir
wollen zwar", heißt es in dem Bericht, .,die Einfuhr nicht durchaus
verbieten, sonriern den Ausländern fiern die Zufuhr auf Messen in
großen und Hauptstädten gestatten, allein, daß die Kaufleute in diesen
• Hauptstädten und im Land von ausländischen Fabriken kaufen und
damit Handel treiben, xmiJt notwendig den Ruin der inttndisdien
Fabriken nach sich zfehen."
IMe Gesellschaft erreichte indessen mit ihren Gesocfaen nichts
als die Zusichemng, man werde sie bei der bevorstehenden neuen
Zolleinrichtung berOcksichtigen, indem man die Berechtigung der
schutzzöUnerischen Forderungen anerkenne; im übrigen gebe man der
Fabrik den Rat, dch mehr nach dem Geschmack des Publikums zu
richten.
Jahre verflossen, während welcher das Werk teils still stand,
teils mühsam <lahin vegetierte. l'^2r) bat die Gesellschaft, da eine
starke Schuldenlast auf dem Anwesen haftete, entweder um Ablösung
vom Erbbestandsne.xus oder Konsens zur Veräußerung im iian/.en
oder in Teilen. Man scheint höheren Orts ^) sich für die Ablösung
entschieden zu haben, doch zog sich die Sache endlos in die Länge,
weil man immer noch die Frage «liskutierte, ol) ehemals Kurfürstlich
pfälzische Kameralgebäude abgelöst werden dürften.
1827 ist von keinem der Aktionäre mehr die Rede. Im Jahre
1824 hatten die Freiherren von Preuscbing versucht, von den damaligen
Inhabern der Fabrik ihre Gelder zu erlangen nnd den Klageweg gegen
sie beschritten. Das Gericht hatte die Akten vom Grofiherzoglich
badischen Archiv verlangt, es ergab sich jedoch, dafi sie im Leiningischen
zu Amorbadi sich befonden. Eine AusUefernng der Faszikd fand nicht
2) Der damak regierend« Ffint war Karl FHedricb Wilhehn Emiidi, der
Semem Vater Emieh Karl (1804—14) in der Bq;i«rung gefolgt ivar. Brinekmeier
a. a. O., & 321.
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— 54 —
Statt; die KlSger hatten woM die Natdesigkeit der Klage eingesehen
nnd sie zurückzogen. Man ftthlte kein Verlangen« den wertlosen Besitz zu
verfechten. Der einzige, der noch Interesse am Werke hat, ist ein
Werkmeister Hehirich Stadler >), der (er war wohl der Sohn des Malers
und selbst diesem Berufe angeliorig) die Fabrik kaufen wollte. Noch
waren indessen Fürst und Domänen kanzlei nicht über die Kaufsumme
einig. Ein Bericht der Doniänenkanzlei vom 23. März 1829 l^|te
die Saolie klar. Die gewöhnliche Herechnungsart der Ablösungssummen
für Kibliostände konnte im vorliegenden Falle nicht angewendet werden
weil der Krbbestand illiniitiert war. Dieser Punkt würde erst aiiUer
Betracht kommen, wenn die Fabrik nicht mehr als Fayencefabrik lic-
trieben würde und somit die erste Hau]itbcdinguiig des Kontrakts
wegfiele. Dieser Zeiti»unkt könnte ganz gut schon jetzt nach der (iüte
des Geschirrs bestimmt werden. Die Krzeugni.sse seien aber infolge
geringwertiger Erde — dies ist das erste Mal, daß man die wahre Ur-
sache des Mißgeschickes der Fabrik anfflhrte — keineswegs imstande,
sich mit dem englischen Steingut zu messen; auch nehme in badischen
Landen die Fabrikation dieser Geschirre immer mehr zu, und so dürfte
der Zeitpunkt wohl nicht mehr fem sein, wo der Besitzer die Her»
Stellung von Geschirren aufgeben würde, zumal die Fabrik sidi seit
Jahren im Sinken befSnde,
Die eventuell von Stadler zu zahlende Ablösungssumme wurde
auf 20 Proz. des ^Verts von 7()00 fl. der gesamten Gebäude = 1 1' h > H.
angesetzt. Mit Zuschlag des Kapitals für den Kanon bis zum Zeit-
punkte der erfolgten Ablösung — iUk» tl. nml (iein fälligen Handlohn
von Il'ii ti. ergai) sich die Summe von 21i^t> tl. Se. Durchlaucht er-
klärte .sich, vorbehältlidi des agnatischen Konsenses durch die Schnlden-
tilgunuskuratel, damit einverstanden. „Da diese Ablösung*', so schließt
das Reskript. ..nach der Theorie der Wahr.scheinlichkeitsrechnung gar
keinen Zeit]iiiiiki des Anfalls voraussehen läßt, so können hier die
Gninilsätze der Verweisung auf den Schuldentilgung.sfond nichi nielir
zur Anwendung kommen und ist demnach das ganze Ablösungsquantum
zur Schuldentilgung zu verwoiden."
Dies ist die letzte Nachricht aber die Fabrik. Ob Stadler das
Werk neu emgerichtet und weiter betrieben hat, läBt sich nicht fest-
stellen; hat er es getan, dann dOrfte ihm kein andres Gesdiick geblfibt
haben als seinen Vorgftngern, deren vergebliche Bemühungen eines
besseren Lohnes wert gewesen wären.
I) Ein Jnkob Stadler ist 1783 ab Maler an der Fabrik beschäftigt gewesen.
Qet. Mitt dee Herrn Pfarrers Meerwein in Mo«bach nach dem Kirohmbuch.
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— Ö5 -
n. Die Fabrik and ihre Einriehtnngen.
Die Fabrik lag außerhalb der eigentlichen Stadt und der Stadt-
mauer. Das Gebäude wurde allgemein als die ,,Neue Kaserne*' be-
zeidmet, weil es ursprünglich für eine Ideine Besatzung und zur
Aufnahme von Invaliden gebaut war* Sp&ter hatte es ffir ganz kurze
Zeit eine Bandfabrik beh^bergt, bis es endlieh zum Betrieb der
Fayencefobrifcation bestimmt wurde. Es war ein Gebäude von leichter
Bauart, das Erdgeschoß aus Backstdnen, das Stockwerk aus Holz er-
richtet. Das Dach war mit Holzziegeln gedeckt. Diese leichte Bau-
weise macht die fortgesetzten R( ]iarattiren erklärlieh. In der Länge
maß die Mauer KIO. in der Tiefe aa' rhein. Fuß. Seit 17H2, mit
der erhheständHdien Übernahme durcii List, gehörten außerdem die
sog. alte Kaserne, ein dem Kinf^turz beständig naher, von Würmern
zerfie>soner Holzhau, 240 x.a;*» Fnl;) im (loviert, dicht hei der neuen
Kaserne geh'gon. sowie da.s neue und das alte Schloligebäude. die
sich auf der entgegengesetzten Seite der Stadt befanden, zur Falniii.
Die letzteren Baulichkeiten sind indessen nie zu Fal)rikz\vecken ver-
wendet worden. Der Wert der gesamten Fabrikgeliäude, d. h. der aUen
und neuen Kaserne nebst der Glasurmülile, war durch die vereidigten
Bausebätzer von Mosbach, Melchior Bauer und Andreas Bauschbacht
1804 auf 4600 fl. angesetzt worden, der Schätzungswert auf 300 fl.
Von den in der neuen Kaserne befindlichen Räumlichkeiten
wurden im An&ng nur die im Parterre gelegenen benutzt Als der
Betrieb unter Tännichs Leitung gestellt wurde, der in praktischen
PVagen zweifellos viel Erfahrung besaß, war sein erstes, auch die
übrigen Räundichkeiten für den Betrieb in Anspruch zu nehmen. X'^nter
Reibekls Direktion wurden zwei weitere Räume als Magazin und
Kontor eingerichtet, und so ist die Anordnung dann, wie es scheint,
für immer verbliel)en.
In hygienisclicr Beziehung dürften die Räumlichkeiten den
Anforderuni,'en . <Ue l>eisiiiel>\vcisc die moderne Fal)nkgesetzgebung
sfelh. in keiner Weise cntsj)rnr!ien haben. Die Kiinnie waren klein,
ebenso die Fenster niedrig. Im \\ lutcr erfolgte die Heizung niittel.s
ei>erner Ofen, deren starke Ilitzeausstrahlung für die in der Nähe
Arbeitenden sicher unangeuelim war. Die Beleuclitung gescliah durch
kleine bledierne Amj>elu mit Talglichtern, nur fär die Malerstube
werden adit kleine Arbeitslauipcn, die mit Rflböl gespeist wurden,
erwäint Die Arbeiter frfibstflckten in ihren Arbeitsräumen, die
Dreher also an ihren mit Erde beschmutzten Tischen. Es findet
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— 56 —
Bidi gelegentiidh die Bemerknng, dafi ein Dreher sein Brot mit dem-
selben Messer schnitt, dessen er tieb vorher zur. Bearbeitung des
Tones bedient hatte. In der Malerstube wird im Inventar ausdrück-
lich ein Handtuch erwähnt; von einem Waschbedcen verlaotet nichts,
wohl aber werden Wasserzaber genannt
Die Räumlichkeiten, im ganzen 13, reichten übri{»ens selbst für
den kleinen Betrieb nicht aus; es machte sich vor allem, besonders
im Winter, das Fehlen eines geeigneten, gleichmäßig erwärmton
Raumes zum Trocknen der frisch geformten und glasierten (iesciiirre
bemerkbar. Ganz richtig bemerkte Reibeid in seiner Antwort auf
eine Anfrage Micheroux". warum so viel Ausschuß unter den Waren
sich befände, dies komme daher, daü die feuchten (ieschirre in einer
Stube aafgestellt werden müßten, die bei Tage überheizt, nachts ziem-
licher Kalte ausgesetzt sd. Der grofie Temperaturunterschied ver-
ursadie Verwerfen der Gefäße und Abspringen der Glasur.
Die Bftumlichkelten waren wie folgt fflr die einzelnen Phasen
des TdpferdverfiüirenB eingerichtet Im ErdgeschoB befanden sich die
Stampfkammer, eine Dreherstube mit anfangs sechs, später sieben
Drebstfihlen (Töpferscheiben), die Materialkammer, eine Erd- und
Packkammer, die Brennerstubc und das Brennerhaus, sowie zwei Erd-
und Schlemmbjlche von ()3 Schuh Länge und 18 Schuh Breite. Im
oberen Stocke lagen die Rauhgeschirrkammer, die Malerstube, das
große Magazin, die Expeditions- und die Laborierstube, so daß also
im Erdgeschoß der Prozeß bis zur Vollendung, im ersten Stock der
nach der Vollendung sich vollziehende Vorgang des Sortierens, Auf-
zeichnens und ^'erkaufs der Geschirre sich abspielten.
An maschinellen Einrichtungen zur Erleichterung der Faljrikation
wird die in der Stoßkammer beiindliriie hölzerne Stanipfmaschine mit
zwei Stampfen zum Zeikleinern der (ilasurmaterialien erwähnt. Sie
wurde eingerichtet, um die langwierige Manipulation des Stampfens
in Mörsern abzukürzen. Anfiings wurde sie durdi Menschenkrilt in
Bewegung gesetzt; um noch mehr an Arbeitslöhnen zu sparen, ver-
bradhte man sie später in die Glasurmfihle, um sie dort durch das
Wasser betreiben zu lassen; hier wurden die Stampfen von zwei auf
vier vermehrt Von einer ziemlicfa vollkommenen Einrichtung einer
solchen Glasur- und Stampfmühld in Kassel, zu der sich freilich die
Mosbacher Fabrik nicht hat aufschwingen kOnnen, berichtet Beck-
mann*): „Eine Wassermtthle hob die Stampfen in der Pochkammer,
1) Beckmann, Antdtnog cur Technologie, Göttingen 1790, 2. Aufl., ii. 280.
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— Ol
betrieb eine Pompe, um das Wasser in die Schlammbiciie za leiten,
und setzte das Werk der Glasurmllhle in Bewegang.^ In Mosbach
scheint man, statt derartige Zentralisationen vorzunehmen, die Betriebe
getrennt zu haben; denn es wird sp&ter, um 1800, außer der Glasur*
mfible eine besondere Stampfmflhle an der Elz erwähnt, wihrend die
Glasurmfihle am städtischen Kanäle oder Wassergraben lag.
Die Drehstflhle, Drehscheiben oder Töpferscheiben waren, wie
aus Reparaturanzeigen sich entnehmen läßt von der ttnfachen Kon-
struktion, wie sie z. B. bei Krünitz') beschrieben und abgebildet
sind. Inmitten eines hölzernen Gerüstes stand eine eiserne Spindel,
die mit ihrem unteren Ende in einem stäiiiernen I^ger spielte. Am
oberen Ende war die hölzerne Drehscheibe befestigt, unten, wenige
Zoll vom Fußboden entfernt, saB an der Spindel <lie eiserne oder
hölzerne Tretscheibe, die von dem Töpfer derart in Bewegung gesetzt
wurde, daii er sie mit dem rechten Fuße von sicii, mit dem linken
gegen sicli stieß. Die Anschati'ungskosten einer solchen Drehscheibe
beÜefon sich auf 18 fl.
Einer besonderen Besprechung bedOifen noch die im Biennhaus
aufgestellten Öfen, zunächst der Kalzinier-, Schmelz- oder Ascher-
ofen. Man bediente sidi seiner zum Schmelze der zur Glasurberei-
tung nötigen Zinnasche aus dem Zum, der Bleiasche aus dem Blei
und zur Herstellnng der Farben aus Mineralien. Nach Krflnitz*)
hatte ein solcher Äscherofen das Aussehen eines gewöhnlichen Küchen-
feuerherdes. Er war aus feuerfesten Steinen errichtet, etwa 3 Fuß
tief. In der Mitte teilte eine Innenmauer von IV^ Fuß Höhe den
Raum in zwei Hälften, in deren einer das Feuer angezündet wurde.
Flamme und Hitze schlugen über die in der Mitte betindüche Scheide-
wand in die zweite Abteilung, wo auf dem Herde in einer pfannen-
artigeii \'(Mtiefung die zu schmelzenden ^lincralicn und Erden unter
beständigem Umrühren zu Asche gehrannt wurden. Die Hitze mußte
sorgfältig reguliert werden, da z. B. das Zinn bei zu hohem (irade
sich grau oder rötlich färbte. Daß man diese Zinnasche nicht bezog,
sondern sie auf dem Scimieizofen in der Fabrik selbst herstellte,
geschah nicht allein, um dadurch die Produktion zu verbilligen, son-
dern auch, weil die vom Händler gelmufte Asche nie gänzlich frei
von fremden Beimischungen war.
Von eminenter Bedeutung fflr die Höhe der Produktionskosten
war die Frage nach der Beschaffenheit des Brennofens. Während
niCrflnit« A. a. Bd. GLXXXVI. 8. 107.
2) Dereelb« «. a. 0., Bd. XVIII, S. 775.
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- 58 —
diese bei den Porzellanfabriken als Geheimnis bändelt wurde, war
die Bescbaffenh^t der Fayenoef^n leicht in Erfohrung zu bringen.
Der Fayenoeofen schloß sich in seiner Bauart an den TOpferofen an,
der gewöhnlich viereckig oder länglich gemauert war und in dem
vom Herde aus Flammen und Hitze durch ein Gitter an die im Innen-
räume frei aufgestellten Gefftfie spielte. Ln Fayeneeofen war nach den
flbereiustimmenden Beschreibungen der technischen Lehrbflcher <) dieser
Innenraum in drei etagenartig überhander angeordnete Abteilungen
zerlegt. Durchlöcherte Böden, sogenannte Herde, verbanden die Ab-
teilungen so untereinander, daß das Feuer alle Teile gehörig durch-
streichen konnte. In der untersten Abteilung wurde das Feuer unter-
hnlten und wunicii die Kapseln gebrannt, in den beiden obersten,
deren jede eine besondere Tür l)esaB. Murden die in Kai)seln ein-
geschlossenen (iesdune i^cbrannt. Der Sciiornstein saß auf einem
pyraniiilenförniiiieu Kainiiie; die Türen zu den licidcn oberen Kammern
wurden, nachdem der Ofen vollgeset/.t war. so weit zugemauert, daß
nur ein kleiner Ausgang für den Kauch übrig blieb.
Ob der erste von Berthevin erbaute Of^n von dieser Kon-
struktion gewesen ist, oder ob er nicht ein sog. liegender Flammen-
Ofen war, läßt sich nicht feststellen. Die beiden späterhin erbauten
waren jedenfalls« wie die bei den Akten befindlichen Aufrisse zeigen,
von der oben beschriebenen Beschaffenheit und gehörten also, der
Hichtnng der Flammen nach, zu den sog. stehenden Flainmenöfen,
deren EinfQhrung in Deutschland nach Zais ') in das Jshr 1770 zu
setzen ist. Aus den Aufrissen läßt sich überdies noch entnehmen,
daß in der pyramidenförmii^en Kuppel ein Register oder Abrußloch
sich licfand und daß die Herde aus feuerfesten Steinen bestanden,
wozu mau die Erde aus Neckargemünd, beim Hau des zweiten Ofens aus
Frankenthal iteschaft'te. Die Feueiyängc in den Herden wai-en in
Reihen angeordnet, so dnB also zwi^rlH U je zwei Keilien Feuerötliiungen
ein Raum zum Aufstellen der (iescliin*' sich liefand.
Der zweite, iiroße, 1781 crliaute Breunofen war um Schuh
hülier als der erste, dessen Maße auf 24 Schuii Liiuge, 20 Schuh Breite
und 15 Schall Höhe angegeben werden, und faßte 208 Kockers mehr,
so daß im ganzen 448 eingesetzt werden konnten. Da im Brennhanse
kein Platz vorband^ war und die Erlaubnis zum Abbrach des kleinen,
1) IJiK kiiiann a. a. O., i?. 303. Kößig, Lchibuth der Technologie, Jena 1780,
B. 383. Poppe, Lehrbuch der «peaeUen Technologie, Stuttgart 1819, 8. 593.
2) E. Zais, Die Kurmainzische PorzeltaDmanufoktur zu HSchst, 8. 63.
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— 59 —
schon ganz baufölligen Ofens nidit erteilt wurde, so mußte bei dem
Neubau 1781 eine Mauer ans dem Hause ausgebrodien werden. Der
neue Ofen wurde nach „hellftndiscber Art** mit doppeltem Dache ver>
sehen und mit einem Kranz von gutem Budienhoiz verwahrt; der
Raum zwischen den beiden Öfen sollte zum Trocknen der Geschirre
verwendet werden. Die Kosten des Baues beliefen sich bei dem Ofen-
bau von 1774 auf bei dem zweiten 1781 auf 839 fl. Um den
Bau so ))illig wie möglich herzustellen, wollte man die Steine für den
Mantel des Ofens von der schon seit Jahren baufälligen Stadtmauer
nolinion. Allein der Rat war nicht zu l)ewcgen. einen Teil der Ruinen
zu diesem Zwecke zu hewilligen. Die an«]jcführten Gründe (luan brauche
die Steitio zur Herstellung der bautälligen lUirjzcrhäuscr, das Einreißen
beseliädmc den Zwingerj zeugen deutlich für die Animosität des Stadt-
rates {4eü(;ii die Falirik.
Nach Jiisti'i waren die aehräiichliclien Faycncefifen für ihren
Zweck wenig tauglich. Ihre Einrichtung war haupt>ächlicli darauf
berechnet^ eine grotie Menge GcfäUe auf einmal zu fassen; du groljier
Nachteil war, daß sie zur Erzeugung der nötigen Hitze eine zu be-
deutende Menge Holz erforderten, ebenso wie die PorzellanOfen, die
man allgemein als „Holzfresser" bezeichnete, weil sie in Gegenden, wo
sie längere Zeit bestanden, schon ganze WSlder licht gemacht hatten.
Justi empfiehlt nun für die Fayencefabrikation den „Goupolo**- oder
englischen Windofen. Bei ihm bewirke der aufierordentlich hohe
Schornstein einen gewaltigen Luftzug und dadurch eine so starke
Hitze, dafi Kupfer, das am schwersten flüssige Metall, binnen fünf
Minuten zum Schmelzen gebracht würde, eine Hitzewirkung, wie sie
auch ein dopjteltes Gebläse nur halb so stark hervorzubringen nicht
imstande sei. Mit wenigen geringen Veränderungen, insbesondere bei
ansehidicher Vergröliernng der Mabverhältnis^e. würde dieser Kuju)!-
of(M! /Uli! Frivencebrenneii f.iuglich sein, indem er hei geringem Holz-
vt'iliiaucii eine Tlitze er/euge. die das Zusanunensinlei'n erhel)lich
be.schleunigen würde. Die \ rrhidtnisniäßige Leichtigkeit, die Hitze zu
regulieren, mache den Ofen gerade für die Fayenrelirennerei emj)fehlens-
wert. da ja hierbei anfangs nur ein niäUiger (irad der Warme erforder-
lich sei, der nacli und nach gesteigert werden müsse.
Man scheint nirgends den Versuch gemacht zu haben; auch in
Mosbach blieb man bei der beschriebenen Konstruktion und hatte in-
1) V. Justi. Chymische Schriften, Berlin und Heidelberg 17UÜ, Bd. III,
8. m
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— *iO —
folgedessen unter dem Holzmaogel nicht wenig zu leiden. Die Aus-
gaben Ifir Holz wuduen von Jahr zu Jahr. In dem Anschlage von
1779 bezifferte TInnicfa den jihrlichen Hohsverbranch bei einem Bnmde
pro Woche inkl. des Verbrandis fttr Heizung im Winter auf 653 fl.
20 Icr. = 11 Proz. des gesamten Betriebskapitals, was aber sicherlich
zu niedrig angegeben war. Denn sriion Berthevin hatte bei seinem
kleinen Ofen den Verbrauch auf 70 fl.*) pro Monat normiert. Es
lag ja im Interesse Tannichs, die Kosten so irering als möglich anzu-
geben. In der von ihm genannten Summe war auch das Fuhrlolm
mit inbegriffen. Dieses war nun freilich von geringem Einflul;! auf die
Höhe des Preises, solange man das Holz aus naiie gelegenen Wal-
dungen bezog. Es war für die Zwecke der Fabrik indessen nui leichtes
Holz, als Erlen-, P'ichten- oder Eschenholz tauglich. Da solche brauch-
bare Sorten in den Fürstl. (.iemmingens('heii Waldungen, dem Haujit-
bezugsort der Fabrik, nicht immer in genügender Menge vorhanden
waren, so mußte TSnnich oft auf den Dörfern umherhiufen, um bei
Auictionen In den Gemeindewaldungen zugegen zu sein. Es gelang
ihm meist, die Klafter zu 2 fl. 24 kr. zu erstehen.
Mit den Jahren stieg aber die Nachfrage, besonders als 1783 die
wttrttembergische Grenze fttr die Holzausfuhr gesperrt wurde. Die
Holzhfindler boten infolgedessen beinahe das Doppdte der frQher ge-
zahlten Preise, d. h. statt 2 fl. 50 kr. 4 fl. 22 kr. List richtete damals
ein Gesuch an die Hofkammer und bestand auf seinem Rechte, nach dem
die Fabrik befugt war, das in den nahen Waldungen etwa an Dritte
versteigerte Holz zum Steigerungspreise wieder einzulösen. Die Hof-
kammer unterstützte ihn zwar darin, allein die Händler gaben meist
an, das Holz sei schon weggefaliren . so daß T.ist das Xarhsehen
hatte. Die andern Waldungen, in denen l)rauchl)ares, schlagreites Holz
stand, waren so weit entfernt, daß es unrentabel gewesen wäre. Holz
von daher zu lieziehen; es wäre durch die Transportkosten um HO
bis .')() Proz. verteuert worden. Eine Klafter Holz z. B. aus dem
Stolzen becker Waid, die am Orte 2 fl. Ö6 kr. kostete, stellte sich unter
Hinzurechnung der Thmsportkosten auf 5 fl. 40 kr. Glflcklicherweise
fand sich damals un Obrigheimer Forst das nötige Quantum, doch
mnfite auch hier der Preis, der durch Holzhändler beräts in die Höhe
getrieben war, durch Verordnung der Hofkammer auf den voijShrigen
Preis herabgesetzt werden. Durch das Holzmonopol, welches Häusser^
1) iistieda, Pierre Berthevin und die Fayencefabrik zu Mosbach. Zeitschr.
des Vereins für Gesdiiebte des Obenfadn», Bd. XIX, S. 321.
2) Häusser «. «. 0., S. 464.
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— 61 —
«rwälint, scheint die Gesellschaft nicht beeinträchtigt, vielmehr davon
befreit gewesen zu sein, wie denn im Erbbestandsbrid Punkt 6 der
Gesellschaft das Becht der Auslteung schon versteigerten Holzes
allenthalben zugestanden wurde. Unweit der Fabrik an der Bach,
zwischen dem blliigerlichen Schießhans und der sog. oberen Bach*
mfihle, lag die Glasurmühle, ein Gebftnde von SOxSO Fufi im Geviert
mit einem kleinen Gras- und Pflanzplatze. Das Anwesen war, wie
echon bemerkt, frQher eine Öl- und Scbleifmülile gewesen und von
Klotten, zunächst mit zwei Gängen, zur Glasurmfihle ein gerichtet worden.
Bis dahin liatten die Arbeiter die Glasur auf Handnuihlen von sehr
primitiver Form gemahlen. Bei der Übernahme durch Tännich war
jedoch ein Neubau errichtet worden, wahrscheinlich weil die von Klotten
getroffene Einrichtnnt? nicht genützte. Das neue Werk hatte vier (iänge
mit aclit Schleifsteinen, die von Zeit zu Zeit erneuert werden mußten.
177i' l»ezog Tännich diese Steine zum Preise von 47 H. '^H kr. aus
Schlierbach bei Heidelberg. Die Einrichtung der Glasurniüliie war
sehr einfach. Die Hauptsache waren die großen Feldsteine, der
eine größere, in einer Holzniatnze ruhend, während der andere, der
sog. Läufer, sich auf dem ersteren drehte. Die zn maidenden Mate-
rialien, Glasurmasse, Steine wurden zuerst gestampft, dann mit Wasser
vermischt, auf die Bodenplatte gegossen und zu feinem Staub zerrieben.
Die Bedienung der MQUe war einem Glasnrmflller flbertragen, dessen
Wohnung sich in der MQhle selbst befand.
Im ganzen waren die technischen Einrichtungen ziemlich unvoU-
kommen, teilweise wohl auch unzureichend i). Die Notwendigkeit, dem
Ärar über jedes Stück Rechenschaft abzulegen, führte zur Aufbewah-
rung längst unbrauchbar gewordener Gegenstände. So figurieren in
•den Inventarien alte, völlig zerrissene Siebe: noch 1781 steht eine total
zerfallene Druckmaschine, die Bcrthevin 177:^ angeschafft hatte, ver-
zeicbnet und mit 8 tl. bewertet. Notwendige Reparaturen an den Ein-
richtungen wurden unter Umständen lange aufgeschoben, gleichviel ob
der größte Schade dadurch entstand. l)n'> räclite sich z. B. bei dem
Brennofen, der. ol)\vohl seit Jahren bautäliig. mangels eines neuen
immerfort zum Brennen benutzt werden mußte. Es wurde meistens
an unrechter Stelle und /u unrechter Zeit gespart, und die Einsiciit,
daß es, bevor eine Fabrik so weit ist, daß sie sich selbst erhalten
kann, eines jederzeit zur Anwendung bereiten Kapitals bedarf, scheint
keinem der Hofkammerräte gekommen zu sein, obwohl Tftnnich es
nicht an Hinweisen darauf fehlen ließ.
1) So wird z. B. auch in dem genauesten Inventar eine W«ge nicht erwähnt
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— Ö2 —
IIL Die Fabrikate.
Über die Natar der Fayence hat Justi in seinen Chymischen
Schriften 1) genauere Untersuchungen angestellt Danach ist Fayence
ein Mittelding zwischen irdener Ware und Porzellan und ist um so
vortrefflicher, je mehr es sich dem Porzellan, um so minderwertiger,
je inelir es sich der Irdenware niihert Das Hauptkennzeichen des Por-
zellans ist (las Zusammenfließen, das sog. „Zusammensintern** des
Tons durcli die (iewalt des Feuers. Je mehr dieses Zusammensintern
sfatttindct. der Ton also den ersten Grad der Verglasniif? orloidet.
desto schöner wird (his Porzellan, weil die /.aireii Teilchen der Steine
und Erden schlieUIirh ineinandertliefien. daü sie nicht mehr von-
einander zu Ufiter?-chei(ien sind. Hei der Favence findet aber meisten-
teils nur ein Zusammmenliacken des Tones >iatt oder doch nur ein
sehr geringer Grad des Zn>aniinentließens. In dieser lünsichl nähert
es sich eben mehr dem irdenen (iescliirr, von dem es sich aber
wiederum durch seine weitie Farbe und die feinere Glasur, sowie
eventuell Bemal ung unterscheidet
Um das Zusammensintern in weitestem Mafie zu erzielen, bedarf
man zweier Tonarten, einer absolut unschmelzbaren und einer leicht
zerfließenden. Die letztere ist der eigentliche Ton, die bildsame Erde.
Es empfiehlt sich, durch Proben ihre Braudibarkeit zu untersudien;
gute Fayenceerde wird bei der Schmelzprobe im Schmelztiegel die
weiße Farbe behalten, keine Risse zeigen und stark zusammen Hießen^
bei der Scheidewasserprobe nur wenig aufschäumen. Zu diesem
schmelzbaren Material muß ein Zusatz von unschmelzbarem treten,
in den meisten Fällen 8and, und zwar klarer, fein gesiebter Flußsand.
Selten ist jedoch solcher Sand ein reines Gemenge unschmelzbarer
Kiesclteilchcn, in den meisten Fällen sind Beimischungen schmelzbarer
Materialien in ihm enthalten. Man ersetzt daher besser den Sand
durch einen Zusatz von Specksrciii oder Sand und Alabaster, oder^
da die Ilerrichtung dieser Mairnalien zu kostspielig ist, durch die
„Kölnische Erde", einen Ton von lioher Unischmelzbarkeit und schöner
weißer Farbe. Sorgfältiges Zerkleinern und häutiges gewissenhaftes
Schlämmen der Erde sind ein Haupterfordernis, wenn brauchbare
Produkte erzielt werden sollen.
I) V. JuHti. Chyriiische Schriftf-n. Fid. III, S. um! B<1. I, S. :{21.
Was »ich über diesen Uegeiibtand bei Krünitz a. a. O., Bd. Xli, S. 3Ü.">, sowie
in Jvsti's „Voll»täadiger AbhtoidluDg von Mannfaktmen und Fabriken" findet, ist
teilweise wdrUidi am den ChymMÖhen Schriften fibenuMiuneo.
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— GS —
Man kann nicht behaupten, daß bei der Mosbaehef Fabrik der
Ton diesen Anforderungen entsprochen habe» inabeBondere sdieint
man nie eine gladdiche Mischung Bchmelzbarer und unschmelzbarer
Bestandteile erreicht za haben. Die fortwährenden Klagen Aber die
Unzulftnglicfakeit der Mosbadier Fabrikate sprechen dagegen, wenn
man auch nicht alle Fehler nur auf Rechnung des unzureichenden
Rohstoifes setzen kann. Es wurde Erde aus der Umgebung der Fabrik
verarbeitet, dodi scheint es, wenigstens in der ersten Zeit, kein großes
ergieliines Lager gegeben zu haben, l'naufliörlich befand man sich
auf der Suche nach brauclibarcr Erde, und mehrere Male glaubte
man solche „in vorziij^licher (lüte'' j^efunden zn haben, oline daß die
Zukunft diesen Ki Wartungen entsprach'). Seit 17^1 wird in dem
Inventariuni ein Stück ad 30 Ruten im Geviert, der ..sog. I^artel.
jciiscits des gemeinen Hergwegs", erwähnt und sein Wert auf Täl) fl.
angegeben. Hier hat man lange Zeit die Erde gegraben, bis man — das
Jahr läßt sich nicht feststellen''') — bei Oliersciiotliinz einen anderen
Ton fand. Weder er, noch die auf dem „Barte! ' gegrabene Erde
dürften die erforderlichen Eigenschaften besessen haben, denn man
suchte sie mitElstfttter.Eisenberger und Budiener Erde zu verbessern.
Sie war, wie es scheint, im Übermafie leichtfifissig, so daß der Zusatz
von Sand allein nicht genügend entgegenwirkte. Sowohl die Eisen-
berger wie die Elstfttter Erde waren schwer sdmieksbar; die letztere
wurde in Frankenthal zur Herstellung von Kockers verwendet, aus
ersterer fabrizierte man in Mosbadi auch feuerfeste Steine, für das
Gewölbe des Brennofens. Auch Gips wurde teilweise als Zusatz ver-
wendet. Ob die Mosbacher Erde durch die von Justi empfohlene
Vermischung mit Kölnischer Erde tauglich geworden wäre, muß be-
zweifelt werden; man hatte es wohl mit einem gewöhnlichen Topfer-
ton, vielleicht von ziemlich heller Färbung, zu tun; hie und da mag
er feinere Qualität besessen haben, denn zeitweise erzielte man ganz
leidliche Geschirre. Es ist merkwürdig, daB die Faiirik niemals Roh-
stotT von Alzei und Dürklieim bezog, den Erdlagern der Frankcntlialer
Fabrik. Obwohl die dort gegrabene Erde nicht so gut wai-, daü man in
1) Das richtigste wire es wohl gewesen, eine Probe an den C9i«niker der
Karpfälxisehen pbysikaliscb-dkonomischra Oesdlschaft zur Untersuchung cinza-
senden. Dieser Chemikfr, Profes^^or Suckow, vrr-^tand !?ich sehr gut auf derartige
Begutachtungen, wie Peine Verötfentlichungeu in den „Bemerkungen der Kurpfälzischen
physikaliach-ökoDüiuischeii GcscUscliaft" vom Jahre 1775, 1777, 1779 beweisen.
2) Erwähnt wird die Erde 1816.
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— 64 —
Frankenthal des Passauer- und Umoges-Tons hfitte entraten kOnudu,
80 eignete sie sich doch gewiß gut zur Herstellung von Fayence.
— Ein sehr oft fjetadelter technischer MißgrilT war die Verwendung
zu frischer Erde. Justi empfiehlt, den Ton, ehe er zur Verarbeitung
gelangt, fünf bis sechs Jahre lagern zu lassen. Das scheint man in
Mosbach nie ^enüL'eiid beachtet zu haben; Tännich beklagt sich sehr
oft darüber, dali er frische, noch mulniic[o Erde habe verarbeiten
müssen. Der (inind, warum man keinen hinlüngliclicTi \'orrat priijia-
rierter i'.nle aiitspeiclierte. dürfte wohl darin zu suchen sein, daü man
nie genügend ik'triel)skapital iiesidi. um eine so große Ausgabe, wie
sie das Herbeischaffen. Scldänimen, \'ersetzen un(i Aufbewahren einer
so großen Menge Tones vei urbaclit, zu bestreiten.
FOr die Glasur gibt Justi ein sehr brauchbares Rezept von 1 Teil
Zinnasche, 1 Teil Kieselstaub und 3 Teilen alkalischen Salzen, nftmlich
Pottasche und Weinstein. Von dieser Torzflglichen Ghisur wufite man
in Mosbach nichts. Man verwendete dort, wie sich aus den Material-
tabellen entnehmen läfit, die gewöhnliche Zinn- Bleighisur, und zwar
höchstwahrscheinlich die allgemein verbreitete sog. weifie ScbmehseO*
Sie bestand aus Bleiasche und Zinnasche, 4 Teilen Sand und Kfichen-
salz. Diese Materialien wurden gut miteinander vermengt, flüssig ge-
macht, nach dem Erkalten zerstofien und dann in der Glasurmtthle
gemahlen.
An farbigen Glasuren wurde am häufigsten verwendet die „paille".
eine gelbe Glasur, deren >jiezielle Färl)ung durch Zusatz von Mennige
oder Sjtieß^'laiiz zur wcillcii ( Hasur erreicht wurde. Zur Herstellung
der grünen (ilasur-) genügte es, die oben bebchriebene weiUe Glasur
niit Kupferasche, d. Ii. im Kalziuierofen zu Asche verbranntem Kuijfer,
2U versetzen; die oft angewen<lete blaue (ilasur bestand aus 10 Teilen
Schmelze, 1 Teil Mennige und 1 Teil Salz und Sand, braune Glasur
wurde aus weifier durch Zusatz von Braunstein hergestellt — Daß man
übrigens mannigfach experimentierte, um die Glasur zu vert>essern,
und durch gewisse Zusätze bestimmte Effekte zu erreichen suchte,
beweisen die in den Materialtabellen bezeichneten Mineralien, wie
Silber^ätte, Borax, Vitriol, Antimon etc. So erreidite man z. B. durch
Zusatz von Vitriol, daß die bhiue Glasur ins Grfinliche schimmerte,
durch Zusatz von Braunstein ins Rötliche bezw. Violette, usw.
1) Diene Glasur wurde z. B. auch in der berühmten Uöchc-ier i abiik, .zu-
lange man dort Faymoegesdiirre fabrizierte, verwendet. Vgl. Ernst Zaia. Die
Kuraiainzisch» BorMllanmanuraktur zu Höchst^ S. 69.
2) Krflnitz, dkonomisch-techoiBche Eosyklopadie. Bd. XVIII, S. 319.
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- 65 —
Auch das sog. Meistergut, nach Zais^) ein Gemisch aus Pott-
asche, Sofia und Sand, im rechten ^'erhältnis zusammengesetzt, findet
sich auf den Minerahahellen. Diese Miscliunir prjjal» mit Zinn- und
Bleiasche versetzt eine gute weiße Glasur und wurdo immer in f^roUerer
Menge vorrätig gehalten. Es konnte offenl)ar fertig Ixv.o'jen werden,
so daß man der Mühe des Abwägeos der einzelnen Bestandteile über-
hoben war.
Man hat es trotz der großen Sorgfalt, die auf die Bereitung
verwendet wurde, doch nicht verfaflten können, daß die Glasur nur zu
oft fehlerhaft war. Die Kunden beklagen sich Aber Blasen, Löcher,
Bisse, leichtes Abspringen der Ghsur. Wahrend der letztere Fehler
auf Bedmnng des Tones zu setzen ist, wenn er die Glasur nidit assi-
miliert, sind Blasen und Bisse allerdmgs anf falsche Ma6?erfaältnis8e
bei der Mischung der Gl&surbestandteile oder Untang^chkeit der Salse
. zarflckznfnhren. Von Seiten der Hofkammer wurde auch das zu dicke
Auftragen der Glasur gerttgt, ein Fehler, der, wie Justi bemerkt, sehr
oft in Fayencefabriken begangen wurde.
Vielfache \'erlegenheiten ergaben sich für die Fabrik daraus, daß
sie das Mosbacher Salz verwenden sollte. Tännich bezog sein (ilasur-
salz aus Wimpfen und Offenau, da er mit dem Erzeugnis der Mos-
bacher Saline schlechte Erfahrungen gemacht hatte. Es fiilire dieses
Salz, so gab er an. „freindo Erdteile'* mit sich, die Sprodi^^kcit uml
Sprünge verursachten. Beim Brennen liöre man ein beständiges Knallen.
Dennoch sollte er durchaus das heimische Salz verwenden. Eine Ver-
ordnung von 1771) untersagte der Mosbacher Saline den Vertrieb
fremder Salze und wies den Direktor Tännich auf das Mosbacher Er-
zeugnis an. Die Folge war das Mißraten von 14 Bränden im Werte
Ton 3000 fl., die Produktioa dnes Vierteyahres. Man muBte wohl
oder Qbel die Verwendung auslindischer Salze wieder gestatten.
Unter Lists Direktion war die Saline in Pacht einer Gesellschaft
Ton Generalsalzpichtem*), die 1783 den Versuch machten, der Fayence-
^biik den Bezug auslfindischer Salze zu unterbinden. Durch ihren
„Salzkontrakt", so sclirieben sie, zessiere das Privileginm der Fabrik
bezüglich der Einfuhr des Glasursalzcs. Wirklich setzten sie es durch,
<lali List mit dem Mosbacher Salz ebenfalls Versuche anstellen mußte.
Die (leneralsalzpächter beteuerten in ihrer Eingabe an Se. Durchlaucht,
das pfälzische Salz sei besser ais das Neuenheimer, Oifeaauer, Wimpfener,
1) Zui», Die Kurmainzische Porzellanmanu6iktur zu Höchst, 8. 70.
2) Von (liesptii Salzmnnopol erwähnt Häu-^ser merkwärdigerweise nichts,
obwohl eä doch ebenso drUckead wirkte wie das UobmonopoL
5
— 66 -
und sie machten sich anheischig, es auf dieser Güte zu erhalten. Erst
als List nach vienuonatlichem Laborieren einen Schaden von lOCK) fl.
sich ziigezof^en liatte, wurde ihm der Bezuj^ fremder Salze wieder
erlaubt, doch sollte er seinen Bedarf CA, nialter pro Brand) genau
angeben und den Bezug unter Mitwirkung eines Salinenbeaniten be-
wirken. Für seinen Hausgebrauch niutite er weiterhin Mosbaclier Salz
verwenden. Da die (icneralsalzi)ächter mit ihrer Produktion kaum den
Bedarf des Landes decken konnten, so war ihr \ erlangen. die Faltrik
solle von ihrem Salze (jebrauch machen, otlenbar nur eine Schikane.
Das geht auch aus den Vergleicbsverhandlangen hervor, die List auf
WttDseh Sr. DarebUuiebt mit flmen ftthrte. Diese sciieiterten an einer
Prinzipienlra^e. Die Pächter verlangten, daß List sdnen Bedarf ans
ihrem Mannheimer Magazin decke, wShrend der Direktor das Salz aus der
Mosbacfaer Niederlage, wo er es hiUiger haben konnte, beziehen wollte.
Auch der ad hoc ernannte Vergleicfaskommissarius richtete nichts aus,
da die PSditer sich auf ihr PrivUeg versteiften und offenbar höheren
Orts weitgehende Unterstfltzung fanden.
Es soll mit den erwälmten technischen Mißgriffen nicht gesagt
sein, daß die leitenden Direktoren, besonders Tännich, später auch
List, ihre Sache nicht genügend verstanden hätten; speziell Tännich^
der so oft der Ungeschickuchkeit angeklagt wurde, muß dagegen in
Schutz genommen werden. Aus allen seinen Äußerungen und Auf-
stellungen geht hervor, daß er, in praktischen Fragen wenigstens, ge-
nügend informiert war, wie er denn auch eine Schrift ül)er die An-
legung von Fayencefabriken verfaßt hatte. Man muß das Mißlingen
der Trodukte wohl hauptsächlich auf die ungünstigen Umstände zurück-
führen, die gerade für eine Fayencefabrik in Mosbach sich vereinigten.
Die RiduBtcrife, die die Gegend lieferte^ waren nidit geeignet und zum
Bezug besserer fehlten die Mittel. Fflr den kaufmännischen Leiter
war es natflrlich immer das bequemste, die Schuld am Rttckgange der
Fabrik auf den Direktor zu schieben. Wunderbar Weabt bei alle*
dem nur, daß man in Moebach so wenig von den technischen Er-
rungenschaften profitierte, von denen die Frankenthaler Fabrik so großen
Nutzen zog. Lipowsky^) erzählt auf Seite 56 seines Buches, daß
die an Karl Theoilors Hofe versammelten Ktinstler für die Fabrik
die Formen und Vergoldungen, Farben und Gemälde zierlich und
kunstvoll anzuordnen und zu verbessern wnßten, währttid die bei der
1) Lipowsky, Karl Theodor, Kurfürkt von Pfaits-Basrern. Salzbach 1628.
Da» Buch ist von katholischem Standjmnkte am ge«chrielifn und eine LohbymQfr
auf den Kurfürfsteo, der doch bei ausser ao schlecht wegkoiuiut.
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— 67 —
physikalisch-ökonomischen Gesellschaft befindlichen Naturforscher und
Chemiker die Masse und die Glasur zo verbessem und das Mediar
niscfae zweckmäßiger heizueteileD bemfiht waren. Inwieweit dies für
Frankenthal zutrifft, ist bis jetzt in keiner der Arbeiten 0 Ober diese
Manufaktur G^nstand der Untersudiung gewesen; es ist indessen
nicht unwahrscheinlich, da die Fabrikate außerordentlich gut waren
und Karl Theodor selbst einer der Hauptkunden der Fabrik war, in-
dem er sehr oft Geschenke mit Erzeugnissen der Manufaktur machte.
Mosl>ach, obwohl mit Vergünstigungen beinahe Terschwenderif;c]i ausge-
stattet, konnte sicli solchen direkten Interesses seitens des Landesherni
nicht rühmen. Die Fabrik erfulir die Gnade des Kurfürsten offenbar nur,
weil 8ie so mäclitige P'iir^iireclier !)esaß. Auch dafür. daB die Mos-
li.icliei- Fabrik mit der Frankenthaicr in repelmälüger Verbindung ge-
standen iiätte. finden sich keine Belege, obwohl dieser Gechuike doch sehr
nahe lag. Tännich machte dem Ärar einmal den Vorschlag, die Mos-
bacher der Frankenthaler Fabrik anzugliedern und beide unter einheit-
liche Leitung zu stellen, eine \'erbinduug, die für Mosbach sicher von
Nutzen gewesen wire. Nicht von der Hand zu weisen ist indessen die
Vermatong, daß man in Mosbach Fhmkenliialer Erzeagnisse nadiahmte,
worauf auch schon Bruno Bucher hingewiesen hat'). Den Hauptbestand-
teil der Produktion bildeten Gebrauch8gesehirre,Teller,Tee-, Kaffee-, Mildi-
nnd Schokoladekannen, Znekerscfaalen, Leuchter, Frucbtkörbe, Apolheker-
bflchsen, Wein-, Bier- und BlumeBkrOge, Blumentöpfe, Weihkassei,
Barbierbecken, FarbennSpfe, Einmacbebfichsen, Senffiteser, Sdireib-
zeuge etCi Manche der im Inventar aufgeführten Geschirie sind
heute längst nicht mehr gebräuchlich, so die Potpourris, Vasen mit
durchlöchertem Deckei, in denen ein Gemisch von allerhand wohl-
riechenden Kräutern zur Parfümierung der Zimmerluft auflie wahrt
wurde, Lerksrhüsselchen zum Anfeuchten der Finger beim spinnen,
Kindbetterschüsselchen und Pfatienkai»]»cn. Wozu das letztpre (ieschirr
diente, bleibe auf sich beruhen. Vielleicht darf man an eine Maehahmung
der als „Bischofsmütze" bekannten Punschbowle denken. Ferner Nacht-
maschinen, eine Kollektivbezeichnung für Toilettegegenstände, Nacht-
stuhlhäfen % d. h. Einsätze in Naehtstühle, nacli Ansicht jener Zeit
„unentbehrliche Meubles" jeder Hauswirtschaft.
1) Eine Zusaiiiraenstellung der Literatur über Frajikeiithai bei Btieda,
Die kemmiBche Indiutrie in Bayern «ihrend dea 18. Jahrhunderts, & 8.
2) Bruno Bucher a. a. O., Bd. III, 8.490. Nach ihm haben die MosbadiM-
Maler aiu h dif ^farkon mitkopiert, und zwar von Por/fllatKiriirinalcn, die noch ans der
2^it staiiiiiH ii. da MaiinoiiK-i Hobti, .Tof>opb Adam die Fraukeuthaler Fabrik leitete.
3; Krünitz a. a. O., Bd. 0, 2Ü3.
5*
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Um dem Geschmack des Publikums entgegen zu kommen, ahmte
man Speaalitftten berfihmter Fabriken nach, so die Strafiburger Teller'),
Durlacher Teller und Terrmen*), Würzburger Ma6krflge*X &tich die
kttnstlerisch formten Gebrauchageachirre, wie sie in HOdist und in
Brüssel*) so vollendet hergestellt wurden. Es waren dies Büchsen
und Terrinen in naturalistischer Form, als Wirsingkohl, Melone, Arti-
schocke, Traube; indessen scheint man nur einmal diesen Versuch
j^macht zu halten, da die Geschirre nicht geraten waren.
Außer ( iebrauchsgegenständen versuchte man auch Kunsterzeug
nisse, Figuren etc. herzustellen. Die Brand- und Lagerverzeichnis.se
nennen „Antiquen" aus Terra Sigillata, eine Becliervase in römischer
Arbeit, eine Scldeifsteinvase enghalsig mit (Gesichtern, Bechervase mit
Krokodil, ferner an Figuren: Sirenenfigur, Heuschrecke, Fratzenköpfe,
Bauernhgur, Dudel^ackjjfeifer, kleine Jägerin, nacktes Kind auf Postament,
2 Schuh hoch, Papagei auf einem Baum sitzend, Altarstück, den hl.
Antonius vorstellend, kleine Figur, den hl. Johannes vorsteUeiid, L5we,
einen Schild haltend, garnierte Vase, den Merknrius darstellend, Jahres^
Zeiten, Pahnbanm mit Korb und Delphin zur Plat de Menage, grofie
und Meme Kruzifixe, 6 verschiedene Viehformen, 5 Vfigelarten, Eia-
vdgel, Getiers, Gruppe: Schaf, Hund und Vögel. Eine Figur, die
vielleicht lokales Interesse hatte, waren die nBuchhaltershunde**;
während durch die Herstellung von Porträts Sr. Kurfttrstl. Durch-
laucht '^j samt Postament, sowie Sr. Exzellenz des Ministers von Beckers
wohl eine Verehrung dieser beiden Protektoren der Fabrik ausgedrückt
werden sollte. Alle diese Kunstprodukte waren schwer verkäuflich,
nicht einmal die Porträts Se. Durchlaucht, die man mit 30 kr. bez. im
Mittelgut mit 2{\ kr. verkaufte, wurden viel verlangt. Auch das zahl-
reich fabrizierte Kindergeschirr scheint wenig begehrt gewesen zu sein.
In der Art der Ausführung unterscheiden die Warenverzeichnisse
ordinär, ])aille, glas-, zinn- und silberfa(;onniert, gerippt, fein gemalt.
Schmelz gemalt, grün Modell, vergoldet, blau, (iuirlaiulen; doch war
der größte Teil des Geschirrs einfach weiß (ordinär) oder „paiile"*). Die
1) J. BrinckmaDn, Hamburger Museum, S. ML
2) Qiitiiiitiin, a. a. O., 8. 14.
3) VVohl N&rnbeiKsr oder Bajreuther Krfige gomeint. J. Brinckmann a.a.
O., S. 328 ff.
4) J. Brinckiuauu a. a. O., S. HoO.
5) Nach Kraus, Die Marken der PonscHanmanufdctur in Fnnkenthal 1899,
auid aolclie Porteita noch in melunenn EmnplareD teils in Sammlungen, tdls in
Privatbesitz crbnltm. Kr. schreibt me der Fcankenthaler Fabrik m, während «s
zweifellos Moslmi hi r Erzimirnisse sind.
6) Die üezeicbtiuiig bezieht »ich wobl aut die strohgelbe Färbuug.
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größte Mannigfaltigkeit in der Art der Ausführung wiesen die Tee-,
Kaifee- und Schokoladrakannen auf, woM, weü sie am besten gingen.
Man konnte sie in sedis verschiedenen AusfOhrungen haben, nlndich:
«nrdinSr, silbeif^on, gemalt, grfln ModeU, Guirlanden, paiUe, Schmelz
gemalt; au£erdem worden sie in fünf bis sechs Grßfien hergestellt und
waren m groBen Mengen vorrätig, so z. B. nennt das Versäehnis vrni
1781 Kaffeekannen in Gidfie Nr. 1 192 Stflck, Kr. 2 164 Stück etc.
Jlan machte auch den Versuch, das sog. Braungescfairr zu fabrizieren.
Nach Beckmann') ist diese Art von Geschirr zuerst in England her-
gestellt worden. Man erzeugte den braunen Farbton durch Zusatz
von Braunstein zur Masse sowohl wie zur (Ilasur. Zuweilen suchte
man dem Geschirr das Aussehen des sogen. „Aventurino" zu geben, indem
man unter die Glasur Goldglimmer einstreute. Auch diese Art der Aus-
führung von Braungeschirr sciieint in Mosbach versucht worden zu
sein; das Materialverzeichnis nennt zwei Büchelchen Kuusch^'old aßOkr.
Auf eine kunstgemäße Bemaluug legte man in der Fabrik keinen
zu großen Wert, und zwar aus ganz natürlichen Gründen. Schon
Justi bemerkt, daß die Fayencen durch künstlerische Dekoration zu
teuer werden und damit die Fabrikation ihren eigentUchen Zweck
verfehlt, da Fayence ja eben billiger sein soll als Porzellan. Der Dekor
war also wohl mehr Fond- und Blumendeikor, auf Darstellung der
sonst so beliebten Landschaften oder Szenen ans Natur- und Menschen-
leben wurde verzichtet Die Palette der Mosbadier Maler weist die-
selben Farben auf wie die der Höchster >) Fabrik: Blau, GrQn, Gdb,
Violett, Schwarz, Braun, Orange, Umbra, Konturschwarz, Purpur,
Seladongrün; äußrem die zur Herstellung des Flusses nötigen
Materialien Borax und Schmelzglas. Obgleich es in den Fabriken
vielfach üblich war, die Farben selbst herzustellen, so scheint man in
Mosbach doch davon abgesehen und die Farben, soviel es ging, fertig
bezogen zu haben. Das gilt wohl haui)tsächlich von Schwarz, Braun
und Purpur, sowie Grün. Blaue Farbe, die eine ausgedehnte Ver-
wendung fand, stellte man aus Schmälte oder Zafflor, auch Saffre,
ZafTera genannt, her. Beides sin<l Kobaltpräparate. Zafrior^) wird*
gewonnen» indem zerpochter Kobalt im Kalziiiierofen geröstet und
1) Beckmann a. a. O., 8. 263. Kadi J. Brinekmann iat et «ine Erfin-
dang der Chinesen aus der Zeit von 150<'>— 22. .1. Brinekmann, Hamburjjer
Muscnm, S. 33i>. Auch in AiiBlnuh wurde es fabriziert. Stieda^ Die keramische
Industrie in Bayern wahrend des 18. Jahrhunderts, 6. 32.
2) Zais, Die Kannainzuwbe FonellMunaDiifoktur su Höchst, B. 09.
3) Röfiig ft. a. O., 8. 306.
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dadurch von dem beigemengten Arsenik befreit wird. Nach noclmialiger
Zerkleinerung erfolgt die Vermischung mit gemahlenem und geröstetem
Kies oder Sand im VerhiUtiiiB y<m 1 : 3, wohl aach mit Pottucha Die
Schmälte^) ist noch um emen Grad weiter präpariert. Sie wird nämlich
gewonnen, wenn der eben beschriebene Zafflor in irdenen Geftfien
zn Glas geschmolzen ist Dieses wird dann zerstoßen und anf Farben-
mflhlen gemshien, woran! es. mit Flufi versetzt, znm Malen bereit ist
Bote nnd violette Farbe stellte man wohl aus den Bohstoffen un-
mittelbar her; die Materialtabellen weisen Mennige und Spießglanz
zur Bereitung der roten, Magnesia zur violetten Farbe auf. Für die
Herstellung der Farben war der Kalcinierofen von besonderer Wichtig-
keit. Uni die Farben mit der Glasur zu ver])inden, bediente man
sich des Flusses, eines Gemenges aus Mennige und Borax, die verglast
und (liinn zu Pulver zerstoßen wunltMi. Sonst finden sich auf den
Verzeichnisfien noch Hernstein zur llereitung von Malerfirnis und
Juden] K'ch (Asphalt), beide zur Herstellung der Beize oder Mordant
verwendet, welche Flüssigkeit als Bindemittel beim Auftragen von
Vei'golduiig diente. Raps- oder Rüböl diente zur Beleuchtung und
zur Herstellung von Firnis.
Die Bemalung beschränkte sich wie gesagt auf Blumen-, Fond-
nnd Ein&rbenmalereL So gab es z. B. Schalen in blau, wohl unter
Glasur; dieselben sächsisches Mod^ d. h. vielleicbt Zwiebelmuster
oder Streublnmen; oder mit Tulipanen, mit Bosen, mit Grasblumen,
bunt Modell, wetfi mit blauem Band; BlumentrSge gab es blau staffiert
Weihkessel nnd Bocksvasen stark vergoldet Auch Apotheker- und
KaufmannsbQchsen kommra gemalt vor, waren wohl mitGuirlanden ver-
ziert; beide Artikel wurden in Weiß gar nicht vorrätig gehalten. Auffällig
ist ferner die geringe Verwendung von hellen roten Tönen; als Farbe
ist rot überhaupt nicht ausgeführt, vielleicht wurde sie von den Malern
selbst aus der Mennit^e hergestellt'). Von etwaiger Verzierung mit
Sprüchen, wie in Durlach -^j die Krüge, findet sich keine Spur. Die
Figuren scheinen nicht bemalt gewesen zu sein.
1) Chr. Fr. Prangcns Farben Icsikon, Halle 1782. 8. 47.
2) Mennige iet auf den Muterialtubelieu in großer Menge vorliaudt:n. Die
Hentdlung eines fear^ien Orangerot am ckan Sfiaeral isl tleiDlidi «fnhieb. Sie
gaschielit durch langes Kalcinieien (laehern) des Bkies. Prsogens Farbenlexikon,
8. '>90. Auch aus Spießglanz (3 T.), Bleiclätte (7 T.), rotem Eisenoxyd (1 T.)
wird ein schönes Rot hergestellt. Poppe, a. a. O. S. 595.
3^ J. Brinckiuann, Beiträge zur Geschichte der Tüpterkiiii.st iiiid Gut-
manD a. a. 0. 8. 14.
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Es ist schon darauf hingewiesen worden, daß die Güte der
Falifikate mit Recht bezweifelt werden imili, obwohl die jeweilige
Fabrikleitung stets veisicherte, daü die Erzeugnisse wohlgeraten seien
und den besten Prodnkten der FlOrsheimer und DarliM^ Maan&k-
tnren an die Seite gesetzt werden könnten. Die Stimmen der Händler
und des kaufenden Publikums beweisen indessen das Gegenteil Blan
kann sieh kaum denken, daß die Kilnfer, wie Klotten sagte, blofi ans
Halsstarrigkeit oder wdl sie der Fabrik nicht gflnstig gesinnt waren,
die Mosbaeher Fiibrikate nicht kaufen wollten. Ihre Vorliebe fOr die
Erzeugnisse anderer Etablissements, vor allem auch fOr das enf^ische
Steingut, hat ihren Grund doch wohl in der Gflte, Schönheit und vor
allem Haltbarkeit dieser Fabrikate.
Man wird freilich nicht aus der Schwierigkeit des Absatzes allein
auf die Minderwertigkeit der Mosbacher (ieschirre schliefclen können;
denn unter der Absatzkalamität litten damals alle Fabriken, selbst
so l)erühnite wie IhirlachM und Wiesbaden*). Die Gründe für den
schwierigen Alisatz l»e.>.<)ii(lcrs der Fayencen sind mannigfach, und liegen
zum Teil in der Natur dieses Geschirrs selbst: es ist zu weich, zu
leicht brüchig und rissig und im Verhcältnis zu dieser geringen Halt-
barkeit wohl auch zu teuer. In einem Gutachten über die Wies-
badener Fabrik nennt der Referent, Kammerrat Habel, die Neigung
des Bürger' und Bauernpublikunis, ihre Ktichen mit FajencegeiMshirr
auszustatten, geradezu verderblich, weil die irdene Ware 4— 6mal
haltbarer sei*). Und, ffigen wir hinzu, dabei billiger. Erschwerend
wirkte auf den Absatz die grofie Konkurrenz, die in diesem Artikel
stattfand; Fajenoefebriken worden fiberall angelegt, auch dann noch,
als das englische Steinzeug seine Überlegenheit über die Fagrence-
geschirre bewährt hatte. Gerade die Mosbacher Fabrik hatte in ihrer
unmittelbaren Nähe eine beinahe erdrückende Konkurrenz von zum Teil
viel älteren, gut eingeführten Fabriken: Durlach, Flörsheim. Wiesbaden,
Dirmstein, Höchst. Kelsterbach, OtTenbach, Kreilsheim Ludwigshurg.
Wie wenig daL^egeii sell)st das Mono])ri] half, zeigen die nicht endenden
Klagen der Faljrikleitung. Heinaho jede Eingabe an die Hofkammer
l»itiet um schärfere Handhabung der Vorschriften. Die Zollbeamten
entschuldigten sich mit Unwissenheit und ließen fremde Waren passieren,
die Zollbereiter drückten wohl gern ein Auge zu. Melleicht waren
1) Gutraann a a. O., S. 12.
2) Vfrl. Stioda, I>ir Fayencefabrik zu Wiesbaden. Aniial. des Vereins f.
Nas»auische Altertumskuiide und Geschicht4for»chuug, Bd. XXXI \% S. 38.
3) J. BrinokniaoD, Hambarger Mnaeam, 8. 332.
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— 72 —
sie in der Tat nicht imstande, die Fabrikate der einzelnen Etablisse-
ments zu unterscheiden. Aber selbst bei einer gewissenhafteren
Beamtenschaft, als die pfälzische es war, mußte die Durchführung des
Privilegs auf Schwierigkeiten stoßen. Die Art und Weise schon, wie
das Monopol bekannt gemacht wurde, ließ dem Pflichteifer und der
Bachkenntnis der Beamten den weitesten Spielraum. Gedruckte For-
mulare, die in der Druckerei der Beicfaspostamtueitung hergestellt
waren, wurden an BOrgermeister und GemeindeTorstBnde gesandt und
von diesen der im Wirts- oder Batshause versammelten Gemeuide
vorgelesen oder durch den Gemeindediener ,,mit der Schell** verkündet
oder endlich „ad valvas publicas affichieret". Eine mustergültige
Durchführung der landesherrlichen Vorschrift bot die Stadt Mannheim.
Es wurde hier zunächst die Ilandelszunft und die Judenschaft durch
dreimalige Ausschellung auf das Schriftstück verwiesen, das an den
Stadttoren und am Rathaus ausgehängt war. Es gingen ferner Ab-
schriften an das Postamt, die Zollsclireibereien und die Renten-
komniission, welch letzterer die Aufsicht im Mannheimer Kaufhause
oblag, wo die mit Fayence Handelnden ihre Ware niederlegen mußten.
Außerdem wurde das Schriftstück den Viertelschreibern und Patrouillier-
männern „zur genauesten Aufsicht und Affichierung" in den Wirts-
häusern zugestellt und endlich den Wirten verboten, in ihren Lokale
fremde Waren einstdien oder verkaufen zu lassen. Daß man indessen
nicht tiberall mit dieser Sorgfeit die DurehfOhrung des Privilegs
fiberwachte, beweist folgender VorfeU. Ein Glasermeister Werner
ans Oppenheim, der Mosbacher Fayencen vertrieb, ertappte eme Frau,*
weldie mit FlSrsheimer Erzengnissen hausierte. Nachdem er sie das
^rste Mal wieder hatte laufen lassen, erwisdite er sie ein zweites Mal in
Alzey, wie sie gerade an die Frau Gerichtsschreiberin Teller verkaufte.
Er nahm sie nunmehr fest und brachte sie samt ihrem Geschirr zum
Schultheißen des Orts, Querdan, um hier einen amtlichen .,Contis-
cationsbefehl" zu erwirken. Da der Schultheiß selbst abwesend war,
stellte Werner den Korb bei der Schulthcißin ein und begab sich
ins Wirtshaus, um hier die Ankunft des Schultheißen zu erwarten.
Als dieser endlich kam und den Korli nach dem Gastliause bringen
ließ, fand Werner, daß ein Teil der Waren verschwunden war, wofür
er den Schultheißen verantwortlicii inaclite. Der Schultheiß, der den
Glasermeister schon veranlassen wollte, das arme Weib noch einmal
laufen zu lassen, fuhr auf, jener antwortete heftig und da der Streit
immer hitziger wurde, ließ der Schultheiß den Glaser festnehmen.
In seiner Eingabe an die Hofkammer gab er dann an, daß Werner
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total betrunken gewesen, während dieser dasselbe vom Schultheißen
behauptete und ihn lässiger Amtsführung beschuldigte. Er bekam
indessen nicht recht, sondern mulite 10 Tage Turmhaft absitzen. Die
Folge war, daß er an Reibeid schrieb, er werde sich, da man ihn bei
Aiisflbimg de« PrivSegs nidit unterstütze, in Zukunft nicbt mehr mit
dem Vertrieb von Mosbaeher Fajenoe beschfiftigen. Trotz aller Bitten
Reibelds machte er diese Drohung wahr, und es wShrte lange, bis
man fflr ihn einen geeigneten Ersatz gefunden hatte.
Während die Niederlagen ziemlich leicht auf das Vorhandensein
fremder Fayeno^escfairre untersucht werden konnten, waren die Hausierer
schwerer zu kontrollieren, zumal bei den damaligen territorialen Ver»
hältnissen wo zwischen den pfälzischen Besitz Territorien anderer
Herren sich einschoben. Hier hatte natürlich das Privileg keine
Gültigkeit. Auf diese Gebiete konnten sie daher üliertreten, von Nieder-
lagen, die sich dort befanden, ihre Vorräte ergänzen. — Es ist merk-
würdig, daß Reibeld oder Tännich nicht auf den Gedanken gekommen
sind, ihre P'abrikate durcii Hausierer vertreiben zu lassen; sie hätten
dadurch ihren Absatz ganz erheblich steigern können. Erst unter
Lists Direktion durchzogen Händler mit Mosbacher Fayencen kur-
pfälzisches Gebiet. Ein Hindernis für diese Art des \ ertriebs würde
in den zahlreichen Abgaben, Chausseegeldern, städtischen Zöllen etc.
gelegen haben, wenn es der Gesellschaft nicht gelangen wäre, hiervon
Befreiung zu eriangen. Sie erhielt die Befügnis zur Ausstellung von
Frdseheinen. Das Formular kutete auf dnen bestimmten Namen
unter Angabe etwa behn Vertrieb beteiligter Familienangehörigen und
bescheinigte den Einkauf ober bestimmten Menge von Fayenc^geschirr»
beispieisweiae von 20 fl. DafOr wurde nun dem Verkäufer fflr eine
gewisse Zeit, deren Länge sich nach der Größe des Einkaufs richtete,
Freiheit von Land- und Wasserzoll, abgabenfreies Handeln, unbe>
hindertes ..Pass- und Repassieren'* auf Grund des Freischeines gewälirt.
Mit der Zeit, besonders begünstigt wohl durch die Kriegsläufte, stellte
sich ein Mißbrauch dieser FVeischeine ein. Allerhand verdächtiges
Gesindel und Landstreicher benutzten sie, um unter ihrem Scliutz
Bettelei zu treiben. Sie kauften für ein paar Gulden Waren und
1) Eiucn Überblick über die territorialen Verbältaisse de» Teils der ehemaligen
Kurpfals, der h«aie noch den Namen PfftU trägt, gibt die hietoriiche Karte der
rheinischen Pfalz nach dem politischen TerritoriaIbc»tand von 1792 von (t. Hau
u. K. RittfT, Neustadt a. H !*^7). Die Karte gibt 40 Herrschaftsgebiete an; ia
der alten Kurpfalz waren es sicher noch mehr, da sie bedeutend größer war als
die heutige Pfals.
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zogen damit im Land uinlier, überall von den Behörden unl»ehindert.
Es wurde deshalb, als das Übel mehr und mehr an Ausdehnung
gewann, der Gesellschaft 1801 die weitere Ausstellung solcher Scheine
untersagt, wogegen sie sidi vergebHdi strftnbte. Ihr Vorschlag, solche
Papiere fortan nor an Personen zu Terabfolgen, welche entweder durch
beurkundete obrigkeitliche Zeugnisse oder „notorische AnsSsstgkeit^'
in Kurpffilzischen Landen sich legitimieren könnten, wurde nidit an-
genommen, und 80 hatte die Gesellschaft wobü nicht ganz Unrecht,
wenn sie sich Aber BeschrSnkung ihres Absatzes beklagte. Es be«
durfte nach der neuen Ordnung der Dinge eines Gesuches an das
Justizamt MosbacJi um Ausstellung eines Passes, auf welchem in der
Regel neben dem genauen Signalement die Bemerkung sich fand, daß
der Inhaber dem unterzeichneten Justizamt als Händler mit Fayence-
waren von Mosbach bekannt sei. Ansl'inder. d. h. Personen, die aus
andern Ämtern gebürtig waren, müliten sich mit Pässen von daher
legitimieren. In jjraxi aber waren selbst Hausierer, die im Besitz
eines solchen Hausierpasses waren, vor den \ ögten der grundherr-
lichen Amter nicht siclier. Das beweist folgender \*organg aus dem
Jahre 1810. Der Jude Aljiahain Levi aus Wassertrübingen handelte
mit Fayencen auf Grund seines Passes in dem grundherrlich ^'emin-
gischen Amt Eichtersheim. Dort wurde er indessen von dem „Amtsbott**
abge&6t, mit Wegnahme seiner Waren bedroht und in das Amt
Mosbach venriesen. Als Auslinder dflrfe er in Eichtersheim nicht
hauderen. Es ging bei dem Vorfall natflrlicfa nicht ohne Streit ab, da der
Jude Widerstand leistete, und bdide Parteien beklagten sich sdiliefilich
bei dem Ministerium des Innern. Der Amtsbott entschuldigte seine
Maßnahme mit dem Hinweis auf die Landstreicher, die unter dem Ver-
wände des Hausierens das Land unsicher machten und gab an, daß es
seine Pflicht sei, dagegen scharf vorzugehen, übrigens sei Levi ein
Ausländer. Auf eine bittere Beschwerde der Fabrik hin erließ das
Ministerium den Bescheid, daß Ausländer mit inländisdien Fabrikaten
handeln dürften, solange sich niclit genug Inlämler mit dem Absatz
befaßten, sofern sie die gesetzlichen (iebühren bezahlten, die
nötigen Pässe besäßen und duich ein detailliertes Zeugnis der Fabrik
nachwiesen, daß die Waren, welche sie verkauften, von inländischen
Fabriken stammten. — Immerhin machen es solche Vorfälle begreiflich,
daß wenig Neigung zum Hausieren vorhanden war; talsächlich waren
es auch beinahe ausschließlich Juden, welche es unternahmen, mit
Mosbacher Fabrikaten zu hausieren.
uiyui^ed by Google
— 75 —
Die Verordnung vom 21. September 1><1Ö iiutei\sayle den Haus^ier-
handel überhaupt, doch waren unter ^e\vi-s(Mi 1 Bedingungen Ausnahmen
zulässig. Eine solche zugunsten der Fabrik zu raachen, zeigte sich
die Regierung im Jahre 1822 auch nicht abgeneigt, doch forderte sie
eine genaoe Untersuchung, ob die Bittstdler eines Hausterimtentes
wflrdig 8ei«i.
Wie gegen den Hausierhandel, so ging die Regierung Max Josephs
gegen eine andere Art des Vertriebes vor* gegen das sog. Schollerspiel.
Es war dies em Spiel mit Wflifeb, nach Auflassung jener Zeit ein
Hazardspiel, welches auf Messen, Mflrkten und Kirchweihfesten statt-
hatte. In der Tat war es ein ziemlich harmloses Würfelspiel um
allerlei (gegenstände, nach Art der Glücksbuden, wie sie auch heute noch
auf Jahrmärkten gehalten werden. Allein die Strömung ging damals
gegen alles, was Glücksspiel hieß, besonders aber gegen das Ausspielen
von Waren. Diese scharfe SteUungnahme gegen die Warenlotterien,
wurde durch die Mißl)räuche hervorgerufen, die daltei üblich warfen.
Man wandte sich niclit so sehr gegen die Begünstigung der Spielwut.
als vielmehr gegen den unhiuteren Wettbewerli. der in den meisten
Warenlutterien lag, wenn der Veranstalter der Lotterie schlechte, oft
schon gebrauchte Gegenstände gegen hohe Einsätze verloste. Nicht selten
kaufte er auch dem Gewinner die Ware wieder ab, um sie dann sofort
von neuem als Preis zu setzen. Unter den vielen Stimmen, die sich
Aber die Warenlotterien hOren lassen, ist eigentlich nur eine für ihre
Beibehaltung ')i init dem Hinweise, dafi die Fabrikanten dadurch in die
Möglichkeit gesetzt würden, größere Posten Ware schnell zu verkaufen.
Die Begiemng schloß sich indessen der Bewegung an, die schon seit
ungefähr 1760") gegen die Warenlotterien ging und verbot das Scholler-
spiel, wie alle Lotterien überhaupt Die Antwort auf die Beschwerde der
Fabrik, der dadurch nach ihrer Angabe die fast einzige Absatzmöglichkeit
Mtzogen wurde, lautete ziemUch scharf: „Eine Fabrik, die ihren Absatz
nur durch Spiel ünden kann, verdient keine Unterstützung*'.
Obwohl es immer ein f^hrgeiz der Fabrik war, Absatz ins Aus-
land zu erzielen, um dadurch, gemäß den merkantilistischen Anschau-
ungen von der Handelsbilanz, Geld ins Inland zu ziehen, so ist ihr
das doch nie geglückt; wenigstens nicht bis 17><1, d. Ii. also dorn
Zeitpunkte der t'bernahnie des Weiks durch \a>\. Von da an ist
zu verschiedenen Malen von „ansehnlichen Bestellungen ins Ausland"
1) Griesheim, Kurze Erinnerungen von Commecoelotterien. Leipziger
Sammlungen, Bd. XI, S. 742 ff.
2) KrOnitz. a. a. O., Bd. XIX. S. 211 ff.
uiyiii^co Uy Google
— 76 —
die Rede, jedoch bezieht sich diese Bemerkun*? wohl hauptsächlich
auf Bayern, wohin die Fabrik, da sie zollfreie Einfuhr fflr die Fabri-
kate zugesichert bekommen hatte, des Öfteren Sendungen abgeben
ließ. Im flbrigen dürften die Moebacher Erzeugnisse wohl haupt-
sächlich im Inlande verblieben seht, wo ja das kaufende Publikum
infolge des Monopols in der Hauptsache auf die Fabrik angewiesen war.
Fflr die Feststellung der Freise untersdiied die Fabrik zwischen
Handelsleuten und Kaufliebhabem, d. h* Privatknnden, die entweder
persönlirli im Magazin des Etablissements erschienen oder, was häufiger
der Fall war, sich die Waren schicken ließen. Für sie wurden einige
Prozent, meist 10—12, auf das Stück aufgeschlagen, doch so, daß
sie bei diesem Preise in der F<il)rik immer noch billiger kauften, als
bei den Handelsleuten, die außer ihrem dewinn auch die Spesen
aufschlapeii mußten. So glaubte man ihm Kautleuten keine lästige
Konkurrenz zu machen und der Fabrik drjch Privatkundschaft erhalten
zu können, und es ist uitsächlich eine recht stattliche Reihe von Namen,
die Jils „Kaufliel)liaber" in den Verkaufsverzeichnissen namhaft ge-
macht sind. Der Kurfürst wünschte allerdings auch für die Privat-
kundschaft feste Preise, allein Beibeld wandte ein, daß die Leute
,4iicht aDe gleichen Sinnes seien und oft wegen einiger Batzen wieder
weggingen^. Man mflsse die Preise also dehnbar halten, damit man
bei denen, die viel abhandelten, doch immer noch ein Geschäft machen
könnte. Die Verpadtungskosten mußten auch die Privatkunden bezahlen.
Als ein großer Übelstand dürfte es empfunden worden sein,
daß der grOßte Teil des Absatzes auf Kredit ghng und die Kunden
sich in der Bezahlung ihrer Schulden sehr lässig zeigten. Für das
Jahr 1780 81 belaufen sich diese Außenstände auf ca. 4500 tl. Da
die Fabrik kein eigentliches Betriebskapital besaß, sondern die Ein-
nahmen immer gleich aufbrauchte, so bedeutete die Summe für sie
einen ebenso großen Abgang an Betriebsmitteln. Nicht nur Geschäfts-
leute, sondern auch Privatkunden bezogen auf Kredit, wie aus den
Verkaufsbüchern hervorgeht. Da List 178.S mitteilt, dass von den
2883 fl. übernommener Aktiva die meisten Forderungen illiquid seien
und nicht eingetrieben werden könnten, so darf man wohl schließen,
daü der Fabrik durch ihren Verkauf auf Kredit mancher Betrag ver-
loren ging.
Die Preise waren, wie oft hervorgehoben wird, denen der Fabri-
kate von Flörsheim und Durlach gleich; da aber die Mosbacher
Erzeugnisse mit den Produkten jener beiden Etablissements sieh
nicht messen konnten, so waren sie relativ zu hoch. Ein Kaffee-
uiyiü^uCi Ly Google
— 77 —
Service z. bestehend aus 12 Kaffee- und 6 Schokoladetassen,
3 Kannen, 1 Spülkumpf, 1 Teeflascbe, 1 Zuckerdose, 1 Flittchen, kam
in Weifi ordinftr auf 4 fl. 24 kr^ in Scbmelz gemalt auf 7 fl. 21 kr. zu
stehen. In Frankenthal ^) erhielt man für 10 fl. 38 kr. schon ein Por-
zellan-Kaffeeservice von gleichem Bestand. Im fibrigen seien an
Preisen hervorgehoben-): Plat de Menage mit allem Zubehör, groß
3 fl.; Palmbaum zu Plat de Menage 1 ti.: Tafelteller pro Dutzend
1 fl. 30 kr., Dejeuner ganz komplett 2 H. 24 kr.. Spiclerkrügc
30 kr.; Tafelsalzfässer G kr., ordinäre Salzfässer H kr.; Altarleuchter
3 fl., Malerplatten 24 kr.; Kinderschreibzeug s kr., Essig- und Öl-
gestell 24 kr.; Nachtgeschirr 15 kr. Kaffeekannen, die es, wie wir
gezeigt haben, in n (Irößen und 7 verschiedenen Ausführungen gab,
stellten sich wie folgt ordinär 10 kr., Silberfagon 12 kr., gemalt
1<) kr., grün Modell 12 kr., Guirlanden 14 kr., paille 14 kr., Schmelz
geraalt 10 kr.; Teekannen kosteten ordinär 12 kr^ Guirlanden 14 kr.,
grfln Modell 12 kr., paille 15 kr., Silberfacon 12 kr., gemalt 16 kr.;
Zuckerdosen ordinftr oval 8 kr., ordinftr eckig 12 kr., eckig Guirlanden
14 kr., gemalt 14 kr., süberfim^nniert, grfln Modell je 12 kr.; Tee-
bflchsen ordinftr rund 10 kr., Guirlflkiden 14 kr., ordinftr eckig 16 kr.,
grfln Modell eckig 14 kr., sflberfaQonniert eddg 12 kr., do. Schmelz
gemalt 16 kr., Potpourrihafen fiiconniort 1 fl., vergoldet blau 2 fl. SOkr.,
gemalt 1 fl. 20 kr., gedreht 1 fl. 40 kr., mit Kelchfuß 2 fl.
Die Preise für die Kunsteraeugnisse, Figuren, Antiken etc. ver-
stehen sich wie folgt: Bocksvase, vergoldet 11 fl., Statue des Merkur
10 fl., BuchhaltershuTide 12 kr., Tiere pro Stück 4 Itr., Kruzihxe
2 fl., großes Stockuhrgeluiuse 7 fl. etc.
Die Händler, die sich mit dem Vertrieb der Ware befaßten,
waren teils Kaufleute, teils Professionisten verwinuker Gewerbe, die
den Vertrieb nel)enbei Itcsorgten : so wird genannt ein Glasermeister,
ein Zinngießer, aucli ein Kotger bei- (!); dann Spezialgeschäfte, wie
beispielsweise der Fayeacehändler Übereck in Mannheim. In Mos-
bach selbst besefaflitigten sich die Franen der UtHer und Dreher
Brodowa und Schwarz mit dem Vertrieb, daneben zwei Hftndler Wolf
und Odenwald. Unter den Hftndlem verdienen genannt zu werden
die Kanfleute Michel und Stein, beide zu Mannheim. Sie be-
sorgten fflr die Fabrik den Einkauf von Materialien, vor allem des
englischen Zinns, und bemflhten sich ansdieinend redlich, den Ab-
1) Schwarz a. a. O, 8. 80.
2) Di« Pniie yentehen sich für anbemalte* weiflea oder gelblicfaee Gesehiir.
3) Die FreiBe gelten fOr Gr. Nr. 1.
L/iyiiizea by Google
— 78 —
Batz der War«i zu beben. List verwendete sich sogar hei der
Hofkammer dalfir. dem Kanimaim Michel den AUeinvertrieb der Waren
zu überlassen, da sich derselbe aus Freundschaft fflr die Fabrik zu sehr
mit Waren überlaste habe. In dem Schreiben, das darauf erging,
antwortete die Kammer: „Es besteht der allgemeine Grundsatz, daß
jeder Staat auf solche Leute, welche sich durch VersdileKJ derlei Waren
ihren Unterhalt erwerben. son(l<uIicho Rnrksicht nehmen muß/' Es
sei nun, heißt es weiter, ein alter 'Shmn, ehemals Hoflakai, nebst seinen
beiflen Töchtern mit dem \ erschlciß von Fayencen beschäftigt. Ihm
könne man seinen Verdienst nicht nehmen. Michel hatte sich also
mit ihm in den Verkauf zu teilen: beide muliteu versprechen, mäüige
Preise von gleicher Höhe zu fordern; jeder erhielt auf HA) ti. Fayence
für 25 fl. Ausschußware zum Vertrieb.
Die Piivatknnden gehdren dnrdigftngig den besseren StSaden
an, so daß die Bemerkung bei Krflnitz>) sieh bestätigt, daß Fayence
in allen „mittelmäßigen'* Hanshaitungen guten Absatz findet. Es seien
namentlidi anfgefiDhrt: Geh. Rat von Dnmmhoff, Reg.-Rat Wanderlich
in Veldenz, Amtmann von Embigheim, Freifrau von Ried zu Bödigam,
Oberamtsschultheiß Emst in Frankenhansen, Stiftsschaffner Volz, Förster
Müller, kath. Pastor zu Gundelfingen, Amtmann Schilling, die Klöster
zu Mannheim, Mosbach und Schöntal (Speziell als Abnehmer von
Apothekerbüchsm), Luth. Kantor in Mosbach, Herr Rechtskonsulent
zu Adelsheim u. a. m.
Es ist wohl sicher anzunehmen , d:il> außer der kleinen
Sammlung, die sich in Mosbach behndet, in Museen und in Privat-
besitz sich IVIosbacher Fayencen erhalten haben. Für die Feststelhmg
ihrer Herkunft würde die Kenntnis der Marke sich gewiß als vorteil-
haft erweisen. Bis l'i><i] haben die Erzeugnisse indessen kein Zeichen
erhalten, erst in diesem Jahre wurde die Anbringung eines M -') für
die von List, eines ^ (ohne KurhuL) für die nach ihm produzierte
Ware verordnet, und zwar, wie erwähnt, zur Information der Zoll-
Stationen; es seheint Jedoch, daß List aueh die abem(miraenen Be-
stände teilweise mit $ gezeichnet hat I^ach Kraus*) sind in Franken-
1) KrfinitB a. a. O., Bd. XII, S. 305.
2) Unter den zahlreichea mit M bezeichneten Geschirren dürfte also ein
großer Teil nach Mosbach zu verweiiien f>-e'm. Die Fabrikationsjahre dieser Ge-
schirre lassen »ich nicht genauer angeben; vielleicht kann man aber 1778 — 83 an-
nehmen, d« «ahndidiilkih tacfa die bä Kauflcaten TORätigcn fieetinde nadi.
trS^ieb mit der Merke venehen wordra aind.
3) Krane. Die Marken der Porxellanmanufaktnr in Frankenthal 1899,
— 79 —
tiial sowohl unter der Direktion Hannongs, als aueh später, wfihrend
die Fabrik unter Kameralverwaltnng stand, Fayenoegesdürre hergestellt
wordra. Er verweist daher die ihm bekannten Stöcke, mehrere Me-
daillonporträts des Kurfürsten Karl Theodor, eine Schüssel, sowie eine
schön gemalte, hübsch geformte Platte nach Frankenthal. Verschiedene
Exemplare der Porträts sind oline Marke, eines träpt das Zeichen 2?
mit Kurhut, Schüssel und Platte s^ind mit 35 ohne Kurhut versehen.
ZaisM und Schwarz^) dagegen erwähnen in ihren von uns schon
mehrmals zitierten Arbeiten eine solche Fayencefabiikation mit keinem
Worte. Vielmehr hebt Zais hervor, daß Ilannong in seinem Privileg
das Monopol für die Herstellung von Porzellan, und nur von solchem
erhielt. Auch Bücher^) ist, wie bereits erwähnt, geneigt. Fayencen»
die mit dem Zeichen Hannongs oder mit 3^ versehen sind, nach Mos-
bach zu verweisen. Wir mochten uns dieser Meinung anschließen.
Daß in Frankenthal Fayencen hergestellt worden seien, ist schon des-
halb nicht gnt anzunehmen, weü man in diesem Falle von der Ein-
richtung einer besonderen Fayenoebibrik wohl Abstand genommen
haben wflrde. I^cher ist, dafi in Mosbach viel nach Frankenthaler Vor-
büdem gearbeitet wurde und die Malerzeichen und Marken mitkopiert
worden sind*). Ans diesem Umstände erklärt sich das Vorkommen
von Fayencen mit ^ und Kurhut; ^ ohne Kurhnt ist das Zeichen
der Mosbacher Fabrik. Da< häufige Vorkommen von Porträts Se.
Durchlaucht ohne Marke erklärt sich aus der spät eingefQhrten Zeidi-
nung; angefertigt wurden sie seit 1779.
IV. Die Produktioii. Die Arbeiter.
Die Produktion geschah lange Zeit ohne Rücksicht auf die
Möglichkeit des Absatzes; man glaubte offenbar, zunächst gefüllte
Magazine sefaaifeD zu mfissen, um damit das gesamte Inland und
soviel als mOglich das Ausland versorgen zn können. Der Absatz
wflrde sich dann von selbst finden; ndtigen&üls sollte er durch das-
1) Zais, Die Frankenthaler Fondlanfnbrik. Zdtachijft des BaToritclieD
Kunstgewerbcvereins in München, 1894>
2) Schwarz a. a. O.
3) Bruno Bücher, a. a. O. fid. III, SL 490.
4) Für eoldie kilmderiMiie AulgaboD wie die Porträts 6e. Darcfalandit war
ja in Mosbach kein KänsUer vorbanden, der es hätte entwerfen kennen.
L/iyiiizea by Google
— 80 —
Privileg erzwungen werden. Eb wurde jede Woche ein Brand ge-
liefert, eine fSr jene Ziät anfierordentlicbe LeiBtung; die ja auch, wie
wir gesehen haben, zur Nachfrage in keinem Verhältnis stand. Der
Wert jedes Brandes wurde auf durchschnittticfa 150 fl. beziffert Nimmt
man nnter Abrechnung von Feierzeiten und anderer die Produktion
hindernder Umstfind^ z. B. Ofenreparaturen, 45 Brände an, die wirklich
stattgefunden haben, so ergibt sich ein Wert der jährlichen I'roduktion
von 0750 fi.; eine ziemlich bedeutende Summe, die nach Tännichs
Betriebsanschlaghingereiclit haben würde, die Kosten sämtlich zu decken
Da (lies nun nie der Fall war, so muß man schließen, daß der Abgang
an mißratenen, beim Ausnehmen aus dem Ofen und Einstellen in das
Magazin verunglückten Geschirren sehr groß war. und daß selbst die
als ..gut" bezeichneten Fabrikate nicht ganz fehlerfrei waren. Regel-
mäßig wurde das Geschirr sofort in „gut, mittel und schlecht" sortiert
und in den Magazinen aufgestellt.
Unter List wurden alle 14 Tage drei Brftnde geliefert, die Pro-
4uktion also sonderbarerweise trotz des sdiwadien Absatzes, den die
Fabrikate fänden, erhöht. TatsSehlich war die Produktion wohl nie
so bedeutend. Es ist bei dem Fehlen von Verkaufsverzeldinissen^)
schwer, einen Überblick Aber die Produktion seit 1781, d. h. dem
Übergehen der Fabrik in Privatiifinde, zu gewinnen. Wollte man
den Worten der Leitung trauen, wie sie in ihren Eingaben an die
Hofkammer ihre T.c istungen beziffert, so würde man sicher zu einem
ganz falschen Bilde kommen. So heifit es in einem Bericht von
1802, die Fabrik bringe große Summen, meistens aus dem Auslande,
in (las Inland: in den letzten fünf Jahren beziffere sich diese Summe
auf öU (Xmj tl. Man braucht kaum zu betonen, daß dies eine starke
Übertreibung ist; man würde eine Produktion von jährlich ül)er
KM Mj<J h. Wert annehmen müssen, eine Höhe, die selbst weit be-
rühmtere Porzellanfabriken selten erreicht haben. Ebenso ist die
Angabe, daß zwei Mosbacher Bürger jährlich 400 fl. ilurcli Fuhren
für die Fabrik verdient hätten, unglaubhaft. Es reimt sich übrigens
mit diesen Ziffern schlecht zusammen, dafi die Gesellscliaft angibt, sie
setze den Betrieb nur um ihrer Arbeiter willen fort Bei so grofien
Umsätzen hätte es sich schon verlohnt, ihn um seiner selbst willen
fortzusetzen. Derartige Übertreibungen begegnen indessen auch
1) In einer Eingabe an die Hofkaitiuier »pricbt die Ge»ell»chafl von Kauf-
ond BwodlnngiibuGlieni, die sie gefiUart habe. Voo ihnen scheint sich, wie mdst
hü solchen in FtiTftthänden befindlidien Fabrilran, leider nichts erhalten m haboi.
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— 81 -
anderwärts. So pibt ein Reisender, der die Purzellanfabrik zu Lim-
bach besichtigte, an, daß diese jährlich für 15000 Tlr. ins Ausland
absetze. ' Dabei wird der Wert des ganzen Etablissements 1798 auf
33000 fl. geschami FOr die Fabrik von Wallendorf») werden von
einem Zeitgenossen 250 Arbeiter angegeben, wfihrend eine genaue
Untersuchung deren 50 festgestellt hat Sofern diese großen Ziffern
seitens der Fabrikleitung selbst angegeben werden, liegt die Ursache
klar; den zeitweiligen Besuchern fehlte offenbar jeder Mafistab der
Beurteilung eines Fahrikbetriebes.
Die Arbeiterzald belief sich beim Abgange Berthevins*) auf 10.
Es waren die Dreher Laurentz Zimmermann, Balthasar ßrodowa. die
Maler Franz Olilbaum und Jospi)li Bauer, die Ihenner Josej)h Kling
und Christian Schwarz; ohne uälicro Berufsangabe Benedikt Gröiiner.
Joh. Fnedr, Facklor und Peter .Müller. Im Jahre 1774 sind diose
Arbeiter außer Fackler. Bauei' und Kling nicht mehr auf der Fabrik
beschäftigt. An Stelle der Weggegangenen finden sich verzeichnet
Maravicz. Sin an/, Bui ekunit, Scybuld und Breuner. Welcher Art die Ver-
richtungen jedes einzelnen dieser Arbeiter waren, ist nicht zu ersehen.
Unter Tännich wurde ihre Zahl auf 20 vermehrt und ist auf
dieser HOhe verblieben. Die Angabe, daß die Fabrik 20 Familien
erhalte, findet sich ja wiederholt^). Von den frflberen Arbeitern ist
1779 aufier dem schon zweimal genannten Fackler, der unter Berthevin
als Lehijunge eingetreten war, keiner mehr tätig, doch scheint von
da an, abgesehen von den Malern, der Wechsel im Personal nicht
mehr so stark gewesen zu sein. Wir entnehmen dies aus der häufigen
Angabe, daß die Arbeiter Landeseingeborene und Einwohner von
Mosbach BO/m, Am vollständigsten sind die Namen in einem Pcrsonal-
verzeichnisse von 1781 angegeben. Es waren in diesem Jahre tätig
als Hrenner, Malfsr n. Dreher Tiontch als Maler Fratiz Brenner
„ Maler Jon. IJroilowa") „ Jakob Stadler
1) Stieda, Die Anfiinge der Porzellan fabrikation auf dem Thüringer Walde,
IOC®, S. 53.
2) Derselbe, S. 106. 107.
Stieda, Pierre Berthevin und die Fabrik zu Mnäbacb. Zeitsdur. f.
Geschichte d.s Ohrrrheins, N. F. M. XIX, Heft 2, 8. 322.
4; E» findet sich in Berichteu aus späterer Zeit die Bemerkung, daß die
Arbeiter echwicihliehe und piebreehliehe Leute seien.
5) Wühl der Bruder des 1772 genannten nultlm.sar Brodowa. K'iu Dreher
dieses Nnnien^ ist von der Wallenddifer Fal»tik, die er auf der nurehreise be-
rührte, durch ein Viatikum unterstützt wordeu. Unter den Arbeitern der Por-
zeUanfabrilc zu Ludwigsborg hat Pfeiffer anea Dreher Brodowa nadigeirieBen.
Stieda, Die Anfinge der Porzellanfabrik auf dem Thflringer Walde, S. 17a
6
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- 82 —
ak Makrjttnge GutUob Diehl
„ „ Joh.Gg.Beg«n«biirger
„ Olasurer Franz HAider
Dreher Xnver Diihlhcimor
„ Andreas Brodowa^)
^ Oaspar Efehmann
Dnhier Jo^^eph T.andwphr
Dreherjiuigc Jub. Fr. Fackler
ab Drefaerjunge Bfichad Sehneider
„ Brenner Jakob Ikenner
„ Gehilfen d. Br. Andr. Groflkiniky^
„ ,, „ N. Schiedheller
i> Erdentreker Jakob Leible
„ Ohunirmüller Peter ßeiler
„ TagelfiliiMrHwtinRcigeiMbvirsv^
Von den sonst gelegentli(;li angefülirten Namen sind hervorzu-
heben für 1772 ein Schmelz- und Blaumaler Jos. Keib aus Ludwigs-
burg, der nach (> Monaten sclion wieder entlassen wird, sowie der
Maler Unger, der in dem \ orfall mit dem VVerbekorporal eine so
unglückiictie KoUe spielt. Aus den Kirchenbüchern zu Mosbach^):
als
n
„ Maler
„ Inspektor
„ Maler
M Brenner
1779 Johann Philipp Weiler
1784 Johann (ieorg Noll
1792 Joh. Friedr. Walter
1783 85 (irorg Daniel Riebler
1702 Wilh. (^yriak Heim
1783 Jakob Stadler
1783 Jakob Ueinricb Schneider.
Die Löhne zeigen sich in denAufetellungen Klottens undTfinnichs
verschieden*
Klotten 1772
Tfamicfa 1779
Obermeister
Maler . . ,
Dreher .
Brenner .
Lehrjunge
monatlich
24 fl.
12-14 ,.
16—20 ,.
12-14 „
7 ..
30 kr.
Maler . .
Dreher . .
Brenner . .
Ldirburache
Breiingchilfe
Gla^surulüller
Tagelöhner .
monatlich
16 fl.
lü
lü .,
6 ..
8
Ö
8h
Nach Aufstellungen Reibcids sind an die beschäftigten Personen
außer Täimich, der monatlich 30 fl. erhielt, gezaldt worden:
1779
Juni 105 fL
Juli 137 „
August 185 „
September .... 201 „
Oktober .... 203 „
November .... 208
Desember .... 211 „
1780
Febraar .... 215 fl.
16 kr. März 217 „
44 „ AprU 210 „
Miii 217
.hini ...... 230 „
Juh 224 „
August .... 238 „
September .... 235
Üktolwr .... 230 „
1) Wohl ein dritter Bruder.
2) Besorgte auch Fuhren ffir die FaMk.
3) Wohl der Vater des Malerjuugen.
4} Nach geläJliger Mitteilung des Herrn Pfarrws Meerwein.
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^ 88 ^
Nach Lohnsätzen TSnniehs von 1779 ergeben sich an monat-
lichen Lohnen insgesamt 185 fl. Die Steigernng vom Juni bis Angast
1779 erUfirt sich wohl daraus, dafi erst im August das Personal voll-
zählig var, da Tfinnieh infolge seiner Geldverlegenheit einige Arbeiter
entlassen haben mochte, deren Stelle mit Beibelds Übernahme der
Fabrikleitung wieder besetzt wurde. Von da an, wo die Löhne fiber
den Retrag von 1H5 fl. steigen, findet sidl die Angabe „Feier-
abendarbeit". Auf Anfrage der Hofkammer, woraus die fortge-
setzte Steigerung der Löhne sich erkläre, sclirieb Reibeid: „So wie
die Tage vom August bis hierher (Dezember) abgenommen, so sind
aucli die monatlichen Löhno crestiegen wegen der Fcierabendsarbeit,
denn ohne solche konnte ohnniögHch alle Wochen ein Hrand gefördert
werden, weil in Winterszeit morgens früh, wenn es Tag ist, mithin
um 8 Uhr erst, oft auch sjjäter, nach Maß der eintretenden Helle
auf die Arbeit gegangen wird. Die Steigerung wird sich vermindern
bei dermaliger zu erwartender günstiger Jalweszeit". Nun trat diese
Verminderung aber nicht ein, sondern, wie die Übersicht zeigt, aber-
mals eme Steigerung und die Bezeichnung Feierabendarbeit steht
weiterhin hinter den Löhnen verzeichnet In den Sommermonaten
ist also diese Feierabendarbeit nicht auf den zu spftlen Anlang (die
Arbeit begann in dieser Zeit früh 6 Uhr) zu schieben, sondern ist
wohl der Ausdruck vermehrter Produktion. Wie lange die Über-
stunden sich ausgedehnt haben, ist Imder nicht ersichtlich; fOr gewöhnlich
erfolgte der SchluB der Fabrik abends 7 Uhr. Ebensowenig läßt sich
audi nur schätzen, wieviel pro Stunde gezahlt wurde. Hoch kann in-
dessen der Lohnsatz nicht gewesen sein, auch dürften niclit alle,
sondern nur die geschicktesten Arbeiter Überstunden gemacht haben.
Der Wunsch der Hofkammer, welche die P'eierabcndarbeit abgestellt
wissen wollte und dafür lieber „mehrere Stunden zur Tagesarbeit gegen
allenfallsige Erhöhung des l.olines" einzurichten wünschte, war selbst-
verständlich nirbf (hirciifiilirliar und so wurde verordnet, es „bei dem
bisherigen \ oigung, der bei Kaloriken gewöhnlich, zu belassen".
Vergleicht man die Löhne mit den in anderen F'abriken, bei-
spielsweise den in der Porzellanfabrik zu Veilsdorf gezaliltcn'), so
ergeben sich für Mosbach ziemlich dieselben SStze. Es bezog in
der ThOringer Fabrik ein Dreher monatlich 32 fl., ein Maler 15 fl., ein
andrer dagegen nur 5 fl., ein Arcanist 18 0., der sehr geschickte Former
1) Biieda, Die Anfinge der Fonfielhnindaitcle anf dem Thüringer Walde,
6. SOS.
6*
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Vita.
Am 7. Juni 1878 wurde ich^ Ernst Johannes März, als Sohn
des 1890 verstorbenen Kunstmalers Ernst Julius März in Dresden
geboren. Meine erste wissenschaftliche Bildung erhielt ich auf dem
Senünar zu Dresden-Friedrichstadt, das ich 1898 mit dem Reifezeugnis
verließ. 1901 siedelte ich nach Leipzig über, um midi national-
ökonomisrhen, historischen und pliilosophisclien Studien zu widmen.
Gleichzeitig bereitete ich mich für die GymnasialreifeprQfnng vor und
crlan^nc Ostern 1903 am Königlichen Gymnasium in Würzen das
Maturitätszc u is.
Währoinl tiieiner Studienzeit waren meine Lehrer die Herren
l*rofe^.-l>rell. he/.w. Dozenten: Stieda, Hüclier. Kulenburg, Seeli^cr,
Lamprecht, Kölzschke, Dören. Heinze, \V iindt. Richter. Brahn,
Weule. Köster. Volkelt. Sohm, Frie(il)er^^ Biiiding, Strolial
und Holder. Ihnen allen, besonders aber Herrn i*rofessor Stieda,
dessen volkswirtschaftlichem Seminar ich vier Semester angehört habe,
sage ich fOr die vielseitige Anregung und reiche Förderung meinooi
herzlichsten Dank.
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