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Full text of "Die Fayencefabrik zu Mosbach in Baden"

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DIE 



FAYENCEFABRIK 



ZU MOSBACH IN 



BADEN 



Johannes März 



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DIE FAYENCEFABRIK 

ZU /BOSBACH IN BADEN. 



In AUGURAL- Dissertation 

ZUR 

ERLANGUNG DER DOKTORWÜRDE 

DER 

HOHEN PHILOSOPHISCHEN FAKULTÄT 

DER 

UNIVERSITÄT LEIPZIG 

VORGELEGT 
VON 

Johannes Aärz 

AUS DRESDEN. 




VERLAG VON GUSTAV FISCHER IN JENA. 

1906. 



DIE FAYENCEFABRIK 

ZU nOSBACH IN BADEN. 



iNAUGUKAL-DlSSERTATiON 

ZUR 

EKLANGUNG DER DOKTORWÜRDE 
HOHEN PHILOSOPHISCHEN FAKULTÄT 

DER 

UNIVERSITÄT LEIPZIG 

VORGBLeGT 

VON 

Johannes Aärz 

AUS DRESDEN. 




VERLAG VON GUSTAV FISCHER IN JENA. 

1906. 



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3: 



AngeolomiDeii von der plüloM|)lii«di«hlitoriMJien Sektion anf Onind d« 
Gutachten der Hemn Stieda nnd Seeliger. 



Leipzig, 30. April 1906. 



Der Proeanoellar 
Harz. 



Inhaltsverzeichnis. 



Seit« 

Einleitung 1 

T nip Sfhirksnlfi ripr Fahrik von 1770— IM20 . . 3 

§ 1. Die Fabrik unter Leitung Bcrthevins und Klottens (1770—74) 3 
S 2. Die Fabrik unter der Direktion TäimichB (1774 — 79) ... 8 

§ 3. Die Vent-altung der Fabrik unter dorn Obcrcinnelimer Reibeid 

(1779—81) 19 

S 4. Die Fabrik im Besitze der Gesellschaft List & Co.> später 

Römer & Co. (1782—1825) 25 

II. Die Fabrik und ihre Einrichtungen 55 

TTT. Die Ffthrikate 62 

IV. Die l^roduktioTi. Die Arbeiter . , , , , . , : .. 79 



205832 



Einleitung 



Nur wenig hat bisher die Fayeiicefabrik von Mosbach Berück- 
siditigung eifaliFen. In der keramiBclieii litmitor findet sie sich znm 
ersten Male bei Schwarz*) in seinem Aufsatze Ober die Porzellan- 
fabrik zu Frankentbai gelegentlich des Aufenthaltes Berthevine, des 
späteren Direktors ia Mosbach, kurz erwähnt Bruno Bücher^ 
zählt sie mit auf^ um ihr einige Fayencegeschirre, die bisher als Franken- 
taler Erzeugnisse in Anspruch genommen worden sind, zuzuweisen. 
Er gibt außerdem den oben genannten Berthevin als Gründer an, als 
Grfindungsjahr nennt er 1770^). 

Eingehender hat erst Stieda*) auf die bemerke usworte Anstalt 
hingewiesen, sofern er ihre Anfänge geschildert hat. Auf Grund der- 
selben Akten sowie dp;- im GroBherzoglirhen Generallandesarchiv 
zu Karlsruhe behiidlRhcn ' j die (ieschiclite dieser Fabrik im Zusammen- 
hange vollständii^ (larzustellcii ist die Aufgabe, die. ich in der vor- 
liegeuden Arbeit zu lösen ver-ucheu will. 

Leider war das Aktcnmateiial zwar umfangreich, aber nicht so 
ergiebig, als die 12—14 laszikei es vermuten lieüeu. Es wai- daher 



1) Schwarz, Zur Geschichte der Porzellanfabrik in Frankenthal. Mitteil, 
des Histor. VereinB der Pfalz, Heft']2, 8. 71—80. 

2) Bruno Bucher, Geschichte der keraniedien Künete 1803, Bd. III, 

b. m. 

3) Ebeiiüo bei Zais, Die Fraukenthaler i'orzeliaiitabrik. Zeitschrift d. 
BaTriacfaen Kunstgewerbevereins in München, 1894. 

4) Wilh. Stieda. Hefte Bartiievin und die Fayencefobrik an üoebadi. 

Zeitschr. für Gc*ichichtc d.-s Obcrrlieins. N. F., Bd. XIX, Heft 2. S. 319-331. 

5i Akten (i< ^ ]< iit>tli( Ii Leiningiw^heu Archivs, Lit. F, loco 1, 2, 3, 5, 7, 15, 
16 und .\iiiage U Misceilanea. 

6) Grofihencogl. Oenend^LandeiMrchiy zu KariBmhe. Na 1190, 2485. 

1 



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schon aus diesem Grunde nicht möglich, ein allseitig erschöpfendes 
Bild der Fabrik zu geben. Der starke Umfang des Aktenmaterials 
mag sich daraus erklären, daß zahlreiche Schriftstücke doppelt, in 
Urschrift und Abschrift vorhanden waren, während eine große Anzahl 
anderer Schriftstücke über die langwierigen Prozesse und Verlnind- 
lungen der Fabrik Auskunft geben. Diese sind dem srlileiiiK'inleii 
Gerichtsgang jener Zeit cntspreciiend auüerordentlich weiisciiweitig 
und enthalten viele Wiederholungen und Nebensächlichkeiten, welche 
für die vorliegende Darstellung nicht verwendbar sind. 

Den Archivverwaltungen zu Amorbach und Karlsruhe sage ich 
für ihr Entgegenkommen auch an dieser Stelle meinen besten Dank, 
ebenso Herrn Pfiirrer Meerwein in Mosbach, der mir mit Nachrichten 
ans dem Kircbenbucbe freundlich zur Hand ging. 

Karl Friedrich Gntmanns Bnch: Die KnnsttOpferei des 18. Jahr- 
hnnderts im Großherzogtum Baden, (Karlsmhe 1906), das mir wfihrend 
der Druckiegnng zuging, konnte ich leider nicht mehr berücksichtigen. 



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1. Die Sehieksale der Fabrik von 1770—1829. 



§ 1. Die Fabrik unter Leitung Berthevins und Klottens (1770—74). 

Am 7. April 1770 wurde einem gewissen Pierre Herthevin') 
die Eilaubnis erteilt, in Mosbach eine Fayencefabrik zu errichten. 
Berthevin, der nach Bucher aus Holland kaui, nacli Brinckmann 
und Stieda abw seine beramisdie Sehulnng in Fhmlcreidi erhalten 
hatte, war in Marienberg bei Stockholm als Nachfolger Ehrenreichs*) 
tätig gewesen. Als dieses Etablissement zurfickging, war er 1769 
nach Deutschland gekommen nnd hatte in Frankenthal em von ihm 
erfundenes oder verbessertes Ver&hren des Überdrucks an! Porzellan 
zum Gegenstande seiner Tätigkeit machen wollen. Da er inzwischen 
Bezidiungen zu dem Kurfürsten Carl Theodor gefunden hatte, so machte 
er diesem wohl den Vorschlag, eine Fayencefabrik, wie solche in kur- 
pfölzischen Landen noch nicht existierte, einzurichten und erhielt in 
Mosbach die sog. neue Kaserne angewiesen, wo er mit einem Vorschuß 
von 4fKX) Ü. eine Fayencefabrik einrichtete. Für sein an die Franken- 
thaler Poizcllaiifabrik überlassenes Arcanum erhielt er 400 ti.. auljcr- 
deni eine Uaüw von \'ergünstigungen, wie Befreiung von Ter-sonaJ- 
steuern für sich und seine Arbeiter, zollfreie Einfuhr von Rohmate- 
rialien, zollfreie Ansfiilir von noch nicht fest verkauften Fabrikaten, 
sowie die Friaul^uis, überall auf privaten Grundstücken, nach vorher- 
gegangener \'erständiguug mit den Besitzern, Erde zu graben, wo er 
eine fOr seinen Zweck taugliche vermutete. 



1) Die SehOdming der Direktion Bertbevin« bis sn dessen Abzüge (S. 3) 

nach Stieda, Piorrt- Berthevin tni<l <lic Fayencefabrik zu Mosbach. Zeitsehf. für 
Geschichte des Ohnrheins. N. F., M. XIX, Heft 2. S. .'üf -331. 

2) Über Khreiireich siehe J. Brinckmann, Das Hamburger Museum für 
Ivun^t und Gewerbe 1894, S. 3ö9 und Bruuo Bucher, a. a. O., S. 509. sowie 
Btieda, Deutsche Töpfer- und Zieglerzeitung 190B, No. 47, Ü. 2ö0, 251. 

!♦ 



— 4 — 



Die Fabrik entwickelte sich jedoch nicht, obwohl Berthevin, wie 
OB wenigstens den Anschein hatte, die teehuisdie Seite verstand. Es 
wurden immer neue Zuschüsse ndtig, so daß bis Juni 1772 schon 
10500 fl. in das Unternehmen gesteckt worden waren. Berthevin 
war dennoch ständig in Geldverlegenheit, weil er seine Waren nicht 
absetzen konnte und wandte sich, um nur den Betrieb nicht still 
stehen zu lassen, mehrmals an Klotten, Stadtschultheiß von Mosl)ach, 
der für das Ärar die Auf^idit fülirte, um Vorschflsse an Geld und Holz. 

Obwohl Se. Durchlaucht nicht geneigt warra, weitere Opfer zu 
bringen, so war er docli schon zu weit gegangen, um die Fabrik ein- 
gehen zu lassen. Es wurde dahor heselilossen. den Betrieb zwar fort- 
zusetzen, den tinanzicUcii Teil der Verwaltung' al)er dem Stadtschult- 
heiüen zu übertragen, Berthevin sollte den technischen Betrieb leiten. 
Da er er jedMch in dem Schultheißen einen ihm unangenclmien Aut- 
passer erblickle, sich auch i)ersönlieh mit ihm absolut nicht stellen konnte, 
so forderte er, bcsontJcrs nachdem er mit Klotten heftig zusammen- 
geraten war, seine Entlassung. Klotten versäumte seinerseits auch nicht, 
den „tollen Franzosen" bei der Kammer als untüchtigen, liederlichen 
Menschen hinsustdlen; dennoch gab der Minister dem Direktor Ber- 
thevin noch Bedenkzeit. Allein Berthevin beharrte bei seinem Ent^ 
Schlüsse und so erhielt er am 5. September 1772 seine formelle, in 
höflichem Ton gehaltene Entlassung, ohne daß man darauf bestand, 
daß er semen Verpflichtungen nachkomme, d. h. die Vorschüsse 
zurückzahle. Er erhielt obendrein noch eine Abfindungssumme von 
1200 fl. und die von seiner Frau für zurückgelassene Möbel ge- 
forderten 89 fl. Am 2ö. September \ erließ er Mosbach, wo man froh 
war, den prahlerischen, querulierenden Franzosen los zu sein. 
' Die Fabrik !>ef;iiid sich bei seinem Abzüge in einer „unbe- 
schreiblicli eriiarmlichen" LntioM. Der Vorrat an Geschirr bestand 
in rauh gebraunten und ungeiirannten Waien, die keine Glasur 
annehmen wollten, weil die Erde zu hart war; Holz, Zinn, Blei 
waren verschwendet worden, der Ofen stand ohne Dach, gute Frde 
war nicht vorrätig. Die Arbeiter waien durch ihren schlechten Direktor 
verzogen, der „Faul- und Falschheit" ergeben, die AVare war sclileclit 
und wurde, nur um Geld in die Hände zu bekommen, stück- und 
partienweise um Spottgeld verkauft, so daß die Fabrik allen Kredit 
verlor. 



1) Die Schilderung entstammt der Feder des spSteren FabrikenkontroUeun 
EnunenuMUi. 



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Da es sieb indessen zeigte, dafi unter der Yerwaltang Klottens 
bei geringem Kostenanfwande allerlei Waren bis zur Vollkomnienheit 
hergestellt worden waren, so wurde dem Stadtschultheißen die Ver- 
waltung weiteiiiin anvertraut und ihm, znnächst provisorisch, der bis- 
herige Salinenassessor Joseph Christian Emmermann beigeordnet^ um 
ihm „personaliter* an die Hand zu gehen. Er erhielt 200 fl. (iehalt, 
nämlich KX) H. aus der Salinenkasse, da er bei d^ Saline die Stellung 
eines Aktuars bekleidete, und 100 fl. aus dem „Fabriquenfundo". 
Seine Tätigkeit sollte sich unter stetor Aufsicht Klottens erstrerkon 
auf Anweisung der Arbeiter, Anschalfung der nötigen Materialien, dann 
Hesorminy; des Debits und Nacliweisung sämtlicher Fabrikate sowohl 
als lierecliming der darauf verwendeten Kosten, welche jedor-h Klotten 
wie bisher allein auszuzahlen und zu verrechnen hatte. Klotten, der 
in technischer Hinsicht iialürlich keine Anweisung zu geben vermochte, 
ernanute den Fabrikanten Joseph Seeger zum Fabrikenobermeister 
und ließ ihn die püichtgemäße Einhaltung sein« Instruktion be- 
schwören. Nach dieser Instruktion hatte Seeger, der eigentlich ge- 
lernter Maler, seit September 17720 aber auch als Glasurer und 
Brenner in der Fabrik tätig war, folgende Obliegenheiten zu erfüllen. 
Er sollte die „Fertigstellung der Glasur, Dirigierung des Brennofens, 
selbstige Fid»iizierung der Malerei besorgen, nach eriemter Kunst und 
Wissenschaft fleißige Aufsicht tragen, den darin wahrgenommenen 
Mängeln durch seine beiwohnende Kunst und erfahrenes Verbessern 
abhelfen, überhaupt der Fabrik Nutzen zu allen Zeiten nach sdnem 
äußersten Vermögen zu fördern sich bemühen." Im Sommer um 5, 
im Winter um 7 Uhr morgens hatte er die Arbeiter durcli die Arbeits- 
glocke zur Arbeit zu rufen und anzuweisen, iihends 7 Uhr sollte er 
sie entlassen, Nachlässigkeiten und Verbrechen Itei Klotten anzeigen. 
Während also den Vorschriften dieser Instruktion gemäß Seeger die 
Rolle eines Faktors bekleidete, wies Eninierniann die Arbeiter an, ver- 
mittelte den Einkauf und suchte den Vertrieb der W.aren zu heben. 
Klotten Übel wachte das Ganze und leitete insbesondere die finanzielle 
Seite des Unternehmens. Während Emmermann bezahlt wurde, erhielt 
Klotten, soviel sich aus den Akten ersehen läßt, für seine Bemflhungen 
nichts. 

Der Betrieb ging nun in dieser Anordnung, wie Klotten in 
seinen Berichten an die Hofkammer angab, ganz gut. Das Arar 
schoB daher wdterhin die nötigen Gelder vor und schon am 26. Sep- 



1) Siehe Slieda a. a. O-, B. 322. 



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tember, einen Tag nach der Abreise Berthevins, wurde ein, wie es 
hieß, wohlgeratener Brand, bestehend in ganz weißen und blau ge- 
malten Waren ausgehoben und der Wert des Geschirrs auf 174 fl. 
10 kr. veranschlagt. Wo es mit „möglichster Beschrinkung deren 
Kosten" indgUch war, suclite Klotten \'erbesserungen an dem Werke 
vorzunehmen. Die wichtigste war wohl die Einrichtung einer Glasur- 
mühle. <lie Klotten hauptsächlich auf Dränijen Se(»p:crs baute. 15is- 
her hatten 4 Tagelöhner „Tag und Nachf die (ilasur auf Handmühlen 
gemahl(!n. Klotten stellre dein Arnriuiu vor, daß mir einer Mühle, 
welche mit „einer kienien \Vas>erl<unst" herriehen wiinle, sich eine 
bedeutend feinere (ilasurmassc erzielen lasse. Da die (ila.^ur als ein 
Hauptstürk der Fayence zu betrachten sei. müsse man vor allem auf 
ihre Herstellung möglichste Sorgfalt verwenden. Außerdem würden 
die Ausgaben sich vermindern, wenn man die Leistungen der Tage- 
löhner, von denen jeder 60 kr. Tagelohn erhielt, durch die Arbeit der 
Wasserkraft ersetze. Der Kostenanschlag für die Einrichtung belief sich 
auf 42(1. Der niedrige Preis erklärt sich daraus, daß kein Neubau her- 
gestellt werden, sondern eine in der Nähe befindliche Ol-Schneide- 
und Schleifmtthle als GlasurmOhle eingerichtet werden sollte. Die 
Besitzer der Mflhle, GebrQder Brummer, erklärten auf Befragung, daß 
sie wöchentlich einen, manchmal sogar nur einen halben Tag zu 
sdileifen hätt^ Als gute Untertanen, denen das Wohl der Herrschaft 
am Herzen läge, wollten sie für eine Entschädigung von 20 ti. jährlich 
den Betrieb einer auf Kosten der Herrschaft zu erriclitendcn Glasurmühle 
mit zwei Gängen mit ihrem Etablissement verliindcMi. Der \'ertrag 
kam zustande und Klotten erzielte noch eine Ermäliigung des Zinses 
von 20 fl. auf 10 fl. Am 10. November .sehen wir die Mühle schon 
unter der Aufsicht eines Tagelöhners, der dafür 20 kr. pro Tag er- 
hielt, in Betrieb. Es wurde gleichzeitig durch die vereinten Be- 
mühungen des Eabrikantcn Schwarz und des Obermeisters Seeger 
eine neue Glasurmasse^) zusammengestellt. Eine weitere Verbesserung 
des Werkes war der Neubau^) eines Brennofens, der, da er größer 
als der alte war, eine erhebliche Vermehrung der Produktion gestattete. 
Da man auf Mosbacher Gemarkung nach fleißiger Durchsuchung brauch- 
bare Erde gefunden und im Lohrbacher Walde einen Kies entdeckt 
hatte, der vorzüglichen kristallinischen Fluß aufwies, so meldete Klotten 
voller Freude, es sei alle Aussicht vorhanden, daß das Werk seine 



]) Leider geboi die Akteo weder über die Zusammensetziing der Qlasiir^ 
mane, noch über die ßesehaffenheU des Brennofen« Aafischlufi. 



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— 7 — 



„durch Berthems schlechte Wirtschaft verlorene gute Beputation** 
fdeder erlange. Selbst die ftrgsten Feinde und Neider der Fabrik 
mußten zugeben, daß die Erzeugnisse sich der Vollkommenheit nSherten, 
eine Behauptung, die freilich in der Folge als unrichtig sich er> 

niesen hat. 

Ohne den Zuschuß aus der herrscliaftliclien Kasse ging das 
Werk allerdings noch immer nicht. Es wurden im Juli ITTi' 27(X) fl., 
im ]\Iai 177:5 lölX) fl., im Oktober 177:5 al)ermals V2üO ti. bewilligt. 
Wenn Klotten trotzdem in seiner Bilanz einen Gewinn von 2924 fl. 
berechnet, so bestand diese Summe im Wert der Materialien, die 
noch vorrätig waren, und der ])ro(luzierten, aber zum größten Teil 
noch unverkauften Geschirre. Einen Überschuß, oder, wie Klotten es 
nennt, einen Proht. hatte man luclit erzielt, doch meinte er, daß ein 
solcher sich bald einstellen tliirfte, wenn man erst die Absatzschwierig- 
keiten überwunden haben würde. Diese lagen nach seiner Mdnung 
in dem „bekannten Eigensinn des inländischen Handelsmannes**, der 
seine Waren lieber aus dem Auslande, statt aus dem hiesigen Maga- 
zin, das übervoll der feinsten Ware sei, beziehen wolle. Man würde 
diesen Eigensinn am besten durch Verleihung eines Privilegium exclu- 
sivum (d. h. eines Absatz-Monopols) flberwinden. Daß der Absatz sich 
von selbst heben wflrde^ wenn die Ware wirklich von bester Qualität 
sei, kam ihm offenbar nicht in den Sinn. Er hatte schon im Mai 1773 
die Verleihung eines solchen Privilegs an die Fabrik beantragt. In- 
dessen war ihm damals der Bescheid erteilt worden, daß man vor- 
läufig noch Bedenken trage, dieses Privileg zu gewähren. Man könne 
es höchstens für die Stadt Mannheim bewilligen, sofern der dort an- 
gestellte Ma,i,'a/.inier des Dafürhaltens sein würde, daß die Stadt mit 
dem Jetziiren \'orrat und was noch dazu fabriziert würde, annähernd 
versehen sei. Der Magazinier scheint sich dafür ausgesprochen zu haben, 
denn im Oktober 177:5 kam es zur X'erleilmn^' des gewünschten 
Piivilegs, allerdings vorläufig nur juii Wirkung für die nächste Um- 
gebung der Fabrik, d. h. die Städte Mannheim und Heidelberg, sowie 
die Oberämter Mosbach, Heidelberg und Boxberg. Obwohl in der 
Überschrift ausdracklich als solches bezeichnet, ist es doch kein 
eigentliches Privilegium exdnsivum. Als solches mOßte es die Be- 
stimmung enthalten, daß die Errichtung «iner Fabrik der gleichen 
Art in knrpfiüzischen Landen verboten sein solle. Davon ist jedoch 
nicht die Bede. Es ist vielmehr ein Einfuhrverbot zum Schutze der 
Waren der Mosbacher Fabrik, ein sogenanntes Privilegium expressivum. 
Es untersagt alle Einfuhr fremder Fayencewaren, sowie des sogenannten 



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englischen Steinzeugs bei Strafe der Konfiskation. Die Händler werden 
für ihren Bednrf aasschließlich an die Mosbacher Fabrik gewiesen und 
(lieser infolge(ies.sen als einer ««conditio sine qua non" die Verbindlich- 
keit auferlegt, stets Waren von jeder (rattung bester liesciiat^'enheit 
und zu billigstem Preise vorrätig zu halten und jeden, der es verlangt» 
ohnweigerlich damit zu bedienen. 

Trot^ dieses Privilegiums wurde der Absatz nicht Itesser und 
die Fabrik bedurfte weiterer tinanzieller Unterstützung. Klotten schob 
den schlechten (iescliäftsgang noch immer auf den Eigensinn der 
Händler; in Wirklichkeit konnten wohl die Geschirre die Konkurrenz 
der berühmten und vortrefflichen Flörsheimer Wiesbadener') und 
Darlacher ^ Waren nicht aushalten. So ward denn Klorien der 
Leitung bald flberdrfissig und befflrwortete mit Freuden die Bewerbung 
euies Fayenoefabrikanten Johann Samuel Friedrich Tännich, der im 
Frfligahr 1774 seine Dienste anbot Mit der Übernahme des Werks 
dnrch diesen Mann beginnt ein neuer Abschnitt in der Geschichte 
der Fabrik. 

§ 2. Die Fabrik unter der Direktion Tännichs. (1774—1779.) 
Die Übertragung des Fabrikbetriebs an Klotten war von Anfang 
an nur als ein Provisorium gedacht. Man wollte das Werk wieder 
in „gedeihlichen Flor' bringen, um es dann an einen „Entjeiueneur" 
zu verkaufen oder zu ver})achten. Klotten hatte sich wohl schon 
immer unter der Hand nach einem solchen umgesehen und ging 
dalier sofort auf die Verhandlungen ein, die von Tännich angeknüpft 
wurden. 

Tännich war einer von den in jener Zeit der aufblühenden 
Porzellanindustrie nicht seltenen nentrepreneurs", die, entweder gSnz- 
lich ohne Vermögen oder doch nur mit geringen Mitteln ausgestattet, 
an forstlichen Hofen auftauchten und ein ^^rtifidale*' oder ein «arcanum" 
anpriesen. Sie suditen nun die Landeshoren zur Anl^ng ttnw 
Fabrik zu bewegen, um hier als Direktoren bei gutem Gehalt tätig zu 
sein oder sie baten um Vorschflsse, womit sie eine Fabrik einrichten 
und so „einen neuai Nahrungszweig** für die Bevölkerung in Aul- 

1) Stieda, Fayence- und PorzeUanfabriken des 18. Jahrh. in hewen-nas- 

sauischem Gebiete. Annal. des Vereins für Xassaaischfi Altertumtknnde «nd Ge> 
BChichtpforschnn^', Bd. XXXIV. 8. 2'» u S. HS. 

2) J. Brinckniaun, Beilrife zur Gu^chicbte der Töpferkunet in Deutech- 
land 1896, S. 22 ff. Die Fayencetebrik Dnrlaoh in Baden. K. Fr. Ontmann, 
Die FaTenoefabrik Durlach und ihre Eneugniaae (ebne Jahreszahl; Vorwart Earb- 
mhe 1897). 



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nähme hringeii wollten. Er kam aus Kursachsen und führte den Titel 
kursäclisischer Hofkommissarius und Direktor der P'ayeucefabrik zu 
Hubertusburg, welches Werk er SYa Jahre mit größtem Erfolg geleitet 
za haben vorgab. 

In der keramischen literatnr ist dieser Tünnich noch an drei 
anderen Orten erwAhnt Zunächst nennt ihn Brnno Bucher der 
den Namen, allerdings wohl versehentlich, Jünnich schreibt, als Er- 
richter der Fajenoe&brik zn Hubertnsburg, und stützt sich bei dieser 
Angabe anf Berling*), der die Arbeit Tfinnichs in Hubertusburg als 
rühmenswert beztiefanet Berling wiederum weist auf eine Bemerkung 
Brinckmanns') hin, der einen Fayencetöpfer Tännich in Kiel 1764 
nachweist und später nach Hubertusburg gehen läßt. Brinckmann 
hat ebenfalls eine günstige Meinung von der Geschicklichkeit Tännichs; 
er schreibt : „Das häuhge Vorkommen von Fayencen, welche unter dem 
K der Stadt mit dem Namen Tännichs bezeiclmet sind, läI5t anf eine 
aulierordentliche Tätigkeit desselben schlielien." Als besonders rühmens- 
wert hebt er hervor: einen Wandbrnnnon. bemalt in bunten Farben 
mit Amphitrite, Terrinen mit bunten Ilt»k:iille-Griifen, Schüsseln und 
Teller mit ininten Naturblumen. — Dalj iler nach Mosbach gekommene 
Tännich mit dem Hubertusburger identisch ist, unterliegt keinem Zweifel, 
denn es wird von ihm selbst in seinem Bewerbungsschreiben hervor- 
gehoben. Dagegen erwähnt er eines Kieler Aufenthaltes mit keinem 
Worte, was um so auffälliger ist als die Tätigkeit dieses Kieler Tännidi 
eme befriedigende genannt werden muß. Nach den Bemerkungen 
Buchers und Berlings kam der Hubertusbnrger Tännich flbrigens 
aus %mburg, wo er sich allerdings nidit nadiweisen läßt Zeidich 
lassen sieh die Angaben eher vereinigen. Tännich sdbst gibt an, 
daß er die Hubertusburger Fabrik Jahre geleitet habe und 2 '-/^ Jahre 
in Frankenthal Direktor „des Mahlerkorps" gewesen sei zur Zeit, als 
der Rat Hannong aus Straßburg sie besaß. Da nun diese Fabrik 
1762 aus dem Besitze Hannongs in Kameralverwaltung'') überging, 
so würde Tännichs Aufenthalt in Frankenthal vor seinen Kieler Auf- 
enthalt fallen^). £s müßte dann angenommen werden, daß Tännich, 

1) Brnno Tiiu hcr, n. a. O., Bd. III. 8. 495. 

2) Berling, Die Fayence- und Steinzeugfabrik zu Huburtusburg, Dreflden 
1891. a 5. ' 

3) J. Brinckmann, Das Hamburgler Mnseum 1894, S. 371 ff. 

4) 8iehe l^chwarz a. a. O., S. 7'i. 

5) Job. Kraus, Die Marken der Porzellan man ufaktur in Frankcntbal, nennt 
ihn unter dem Jahre 1757 «le FoneHaomakr (ä. U). 



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der nach eigener Angabe 1728 geboren ist, bis 1762 in Frankenthal, 
1764—69 in Kiel, 1770 bis MSrz 1774 in Hubertusburg tfttig gewesen 
ist Dafi Berling ihn schon 1768 nach Hubertusburg kommen, Brinck- 
mann ihn erst 1769 aus Kiel fortgehen läfit, dOrfte, wenn die Dinge 

wirklich so liegen, daß der Kieler und der Hubertusburger Tfinnich 
identisch sind, wold nicht weiter rem Bdang sein. 

Als (Irund für Tännichs Abgang aus Hubertusburg gibt Berling 
an. daü er vom Kamnierherrn und Oberlandstallnieister (irafeii von 
Lindenau, nach dessen Aussage Tännich bei der Uegründung der 
Hubertusburger Fabrik nur als vorgeschobene Person benutzt wurde, 
wegen „mancherlei rngcbünii.->en'" entlassen worden sei. Tännich 
dagegen motiviert in >( iiieni liewerbungssclireiben anders. Nach ihm 
ist der liraf, mit deni er in Sozietät gestanden, durch ehien anderen 
Fabrikanten „iierschwadieret worden, dali dieser ihm weit bessere 
und wohlfeilere Fayencen machen wolle". In Wahrheit kam es diesem 
Manne aber darauf an, ihn, Tfinnich, aus seinem Dienste zu bringen. 
„Schließlich wurde dieser große Prahler mit Namen Brantz^) Ton dem 
Herrn Oberstallmeister wieder mit Schimpf fortg^agt**, worauf die 
Fabrik 7, Jahr fast still stand und in Verfall geriet, weil, wie Tfinnich 
meint, niemand das vermochte, was er fertig gebmdit hatte. 

Er habe, so gibt er weiter an, Sachsen wegen seiner P'einde, 
denen er doch alles Gute erzeigt, ans Verdruß verlassen. \'iel Un- 
recht sei ihm widerÜBhren, über das er aber aus Respekt Stillschweigen 
bewahre. Er war an den Geheimen Konferentialminister Freiherrn 
V. lieckers lio^tons em])fohlen durch den Gesandten von Buscli und 
den Residenten v. Schmidt, beide in Frankfurt. Namenthch v. Schmidt 
wimschte. „daß wir seine Acquisitiou machen, die ich für ganz vorteil* 
liaft ansehe*'. 

Tännich rühmte sich, die völlige Anlage einer Fayencefabrik 
von Grund aus zu verstehen, und zwar von ..groüen Piecen an Öfen, 
Kamins, Vasen und Gartenfontäueu, alles mit natürlichen Feuer-, Schmelz- 
oder PorzeDantarben gemalte. Er habe die Ifalerknnst und Ver- 
mischung der Porzellanfarben gelernt, besonders könne er die sog. 
grüne Schmälte, weldie sowohl in Feuer als in Wasser beständig, 
herstellen, wisse alle erforderlichen Maschinen zur Erleichterung der 
Arbeit anzulegen, sei im Kommerzienwesen nicht unerMren, verfertige 
auch alle mdgliehen GUsuren und Scfamelzfeuer&rben, besorge die 

1) Ein „Kunstmahler" Johann Friedr. Branta aus Strafiborg 1749 an der 
Fabrik in Coburg nachgewiesen. Vgl Stieda, Die Anfinge der FORellanfebri- 
kation auf dem Thfiringor WaMe 1902, 8. 17. 



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Malerei, das Bossiereii und Formen, die Gipsgießerei, Brennerei und 
W88 sonst zu einer Fabrik ndtig ist Endlidi habe er eine nOtzliche 
Metliode erfanden, kupfernen Geschirren eine schöne Glasur zu geben, 
so dafi sie keinen Grflnspan ansetzten. Mit dieser Glasur könne man 
auch Dachrinnen und andere große Stücke Tersehen, so daß sie dem Roste 
widerstehen und ein Ansehen gleich dem Golde erhalten. Seine Haupt- 
fertigkeit aber bestand in der HerstelluDg von Fajenceöfen für Zimmer- 
heizung mit den allerfeinsten weißen Glasuren, wie auch bunten 
und natürlichen Schmelz- oder Feuerfarben bemalt. Diese Öfen, so 
gibt er an, können auch nacli der „couleur" der Tapeten eingcrirhtet 
werden; gerade von solchen Öfen habe er einen ansehnlichen Al).satz 
nach Rußland, Dänemark, Hamburg, Holland. Man habe ihm bereits 
von Frankfurt, Baml)eri^ und Wiir/Juiri^ Offerten gemaciit, sich daselhst 
niedej zulassen, er habe aber seit seiner Tätigkeit in Frankenthal eine 
be^ondere Neigung für die Pfalz und sei deshalb gesonnen, hier sein 
Glück zu machen. Später bezeichnet er sich als einen Konvertiten, 
der der Religion wegen nach der l'falz gekonunen sei. (iemäß seiner 
besonderen Kenntnis wollte er eigentlich eine Fayeucefabrik zur Her- 
stellung von Öfen in der Pfalz begHlnden, wozu er sich, da er gfinz- 
Hch vermögenslos war, vom KurfDrsten die Verlagskosten oder einen 
Yorsdiuß von 1000 fl. gegen allmfthliche Wiedererstattung ausbat FOr 
den Fall, daß ihm diese Erlaubnis nicht gegeben wQrde» erbot er sich, 
die Direktorstelle in der Mosbacher Fbbrik gegen angemessenes Gtehalt 
zu flbemehmen. 

Auf dieses letztere machte ihm der Wirkl. Geh. Bat von Fontanesi 

Hoffnung; er hielt ihm allerdings, wohl durch die Erfahnmg mit 
Bertbevin gewitzigt, gleich vor. daß er es sich gefallen hissen müsse, 
wenn man ihm. da er keine Sicherheit des Kai)itals bieten könne, 
einen Kontrolleur an die Seite setze, ,.pour veiller les interets". Tännich 
erklärte .-iich (l;unir einverstanden und wunle nun von dem Geh. Rat 
noch (.'iiiiiial enuiruiglich „aux Lrrncieiises mains" de rexcelleiiee de 
l{etkei>5 eiiipfolden. ..II parait". >( lnieb Fontanesi, ..(lu'on jjcut niettre 
queh|uc conhance dans cet honiine." Um jedoch ganz sicher zu gehen, 
wurde (hirch den (iesandten in Dresden (h'r Inspekror der Hubertns- 
bui ger Xiederlai-e auf der großen Frauengasse in Dresden, Herr Comolo, 
befragt, ob die Angaben Tännichs auf Richtigkeit beruhten. Diesw stdite 
selbst ein Schriftstück mit 12 Punkten auf, deren Richtigkeit und Wahr- 
heit durch Comolo unterscbriftlich bestätigt wurde. Es sind die schon 
angefahrten Behauptungen aber Tännichs Verhältnis zu Lindenau, sowie 
Erkundigungen Aber den Lebenswandel Tännichs und seiner Familie. 



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_ 12 — 



Nachdem diese zufriedenstellenden Hericlite aus Dresden einge- 
gangen waren, fand am 17. März 1774 eine Besichtigung der Fabrik 
durdb Tännich statt, der auch der Geheimsekretär des Ministers von 
Bedcers, llVidder, sowie Klotten und Emmermann beiwohnten. Tfinnidi 
nahm alles in Augenschein und fand die Fabrik in einer ,^emlich 
guten Lage und Einrichtung**. Er meinte, das Anwesen liefie sich 
durch Fleifi und Mflhe in Stand bringen, das ganze Land zu versorgen 
und fremde Gelder ins Land zu ziehen. Indessen bedürfe es zur 
standhaften Fortftthrung der Fabrik eines Betriebskapitals von 1000 fl. 
Er hoffe, daß ihm dies aus der Kurfürstlichen Kasse vorgeschossen 
werden könne und erbot sich, Piirgen dafür zu stellen, deren Herbei- 
schaffung ihm allerdings in der Folge nicht gelang. 

Der Bericlit über eine zweite Bcsichtifiunjj, die T<ännich am 
22. März, und zwar allein, unternommen zu haben scheint, klingt aller- 
dings weniger ermutiiicnd. Er sclireibt, der erste Anleger der Fabrik 
habe das Unnötige zuerst und das höchst Notwendige zuletzt ange- 
fangen. Er habe, ehe er Erde, Luft und Wasser untersuchte, kost- 
bare Modelle und Formen von Figuren angeschafft, und es sei infolge- 
dessen eine unbeschreibliche Menge geformtes und gebranntes Zeug, 
halbgebranntes und ungebranntes Gut vorhanden, aus einer zu Fayence 
untauglichen Erde verfertigt. Gegenwärtig sei das Weric von einem 
Kontrolleur geleitet, der von dem Betriebe nichts verstehe. Er sei 
nicht imstande, den Arbeitern auch nur eine Anweisung zu geben. 
Er habe zwar die beste „Menage und Ordnung observiert**, aber in 
technischer Beziehung die grOBten Fehler gemacht Es sei kein Vor- 
rat gewaschener und präparierter Erde vorhanden. Kocker seien nicht 
in genügender Menge vorrätig. Das meiste fabrizierte Geschirr sei 
untauglich, weil aus frischer, noch midlige Erde gefertigt. 

Es ist niclit klar, warum Tännich das Werk bei solcheii Mängeln 
dennoch übernafim. Auch scheint er denselben Fehler gemacht zu 
haben, den er dem ersten Anleger vorwarf: er untersuchte Erde. Luft 
und Wasser auch nicht. Im April 1774 erfolgte die Übertragung fler 
Fabrik an Tännich als Eigentümer. Emmerniann, dem Klotten in den 
letzten Monaten die \'er\valtung allein überlassen zu haben scheint, 
stellte ein Inventar auf. Danach wurde der W'crt des Etalili.sscments 
auf 14132 fl. 30 kr. lui^csclilagen, welche Suniiue Tännich als Kauf- 
schilling nach und nach bezalilen sollte. Im einzelnen hatte Emmer- 
mann angegeben: 



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— 13 — 



An gut und feinen Fayenoewaren .... 5 572 fl. 52 kr. 

„ Ausschuß 30t) ,, — „ 

„ rauh gebraunten Waren 25<) — ,, 

„ BertheruiMlini Waren (rauh gebraiuit) . 878 „ 10 „ 

„ (noch ungebraout) 560 „ 14 „ 

„ Zinn, Blei. Farbe. Holz ete. . . . . 918 46 ^ 

Iiiätriiiiunten und Gerätschaften . . . 416 ., 19 „ 

„ Gt;rätHch&fteu, Öfen etc. 3 250 .. — „ 

U 132 fl. 3U kr.') 

Die Bedingungen, unter denen man die Fabrik an Tflnnich Qber- 
ließ, waren von Emmermann entworfen nnd, wie es scheint, von Tännich 
gebilligt und unterschrieben worden. Danach hatte er sich verpflichtet, 
den KaufscfaiUing von 14132 fl. 30 kr. nach Ablauf von 10 Jahren, 

wahrend welcher Frist er ihm ohne Interessen zur Verfügung stand, 
«in leidentliclicn Terminen** zurflckzuzahlen, mindestens 1000 fl. jährli( Ii. 
Bis zur gänzliclien Tilgung seincar Schuld dui fte er von dem \Verke 
nichts verkaufen, sondern es war alles zur steten Hypothek verliaftet, 
l»p>f)Ti(lers verblieben die Gebäude jederzeit Eii^entum des Arars. Zur 
8ii hci heit des Kapitals und des dazugesclilagenen Vorschusses von 
1()<M> t1. wurde Emniernianii als Kontrolleur angestellt; von den nCM) fl., 
die er dafür bezo^. sollte Tännich die Hälfte zahlen, die andere wurde 
vom Arar gedeckt, dergestalt jeiloch, dali diese Summe dann zum 
Ilauptkapital geschlagen und seinerzeit von Tännich mit rückerstattet 
würde. Emmernumn sollte nach seiner bisher erworbenen Kenntnis auf 
des Werks guten Fortgang achten und dem Entrepreneur mit guten 
Batschlägen zur Seite stehen. Das Überlassungsdekret brachte zu- 
gleich eine Anzahl von VergOnstigungen, in der Hauptsache dieselben, 
die schon Bertbevin^ erhalten hatte, d. h. also Freiheit von Akzise 
und Lagergeld fflr seiner FamiUe eigene Konsumtion, Personalfreiheit 
und Exemtion in Friedens- und Kriegszeiten, Zollfreiheit bei der Aus- 
fuhr noch nicht festverkaufter Waren, Freiheit, die Erde aberall zu 
suchen im Einvernehmen mit den Grundbesitzern, wahrend es den 
Untertanen verboten war, solche außer Lands zu bringen, Exemtion 
von der oberamtlichen und stadträtlichen (Jerichtsbarkeit ..quoad civilia'*. 
Recht des freien \'erschleilies in kuriifidzischen Landen, sowie der 
Errichtung von ■Magazinen und Läden ohne Auflage und Beschwerde, 
jedoch auf eigene Kosten. Besser als Bertlieviii war Tännich insofern 
gestellt, als er das Privilegium exclusivum oder expressivum nicht 

1) Die Summe stimmt nicht; genau Urethnct ergeben sich 12 140 II. 21 kr. 

2) Stieda, Pierre Bcrtheviu uud die Fa) enuefabrik zu Mösbuch. Zeitschr. 
f Qr G«8chiehte des OlMtrhans, Bd. XIX. Heft 2, S. 320. 



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- 14 — 



nur bestätigt, sondern auf alle (ibrigen Oberimter^) ausgedefant 
erhielt 

Überblickt man die Bedingungen, so sind darin zwei Punkte, 
die für Tinnich von vornherein unbillig waren. Man hatte erstens 
die Fabrik zu teuer gerechnet Der Kaufsdiilling betrug 14312 fl^ 
eine Summe, die allerdings später auf 10000 fl. licrab<?csetzt wurde. 
Dazu kamen 1000 H. ^ or^^cliiiß, sowie :iOO fl. jährlich für £nmiermann. 
Nimmt man an, daii die Kontrolle bis zur Tilgung des gesamten 
Kapitals ca. 20 Jahre währte, so ergeben sich rund l i-inOOtl. Und was 
erhielt er dafür V Da die (iehüudc im Eigentum des Arars verblieben, 
nichts als (wie Täiinieh sclion bemerkt liattc) teilweise unliraiichbare 
Geräte, Modelle und Formen, sowie einen N'orrat an C^esciiirr von 
so nianf:felliafler Beschaffenheit, daß niemand es kaufen wollte. Eine 
unbilli^ro Zumutung war ferner die Zahlung des Gehalts für den Kon- 
trolleur, der Tännich nur wenig nützen konnte, weil er nichts vun 
der Suche verstand, während die an ihn zu zahlende Summe eine 
immerhin nicht unbetrSditlkhe Belastung der noch in den Anfingen 
stehenden Fabrik darstellte. 

In der Tat begannen auch schon einen Monat nach der Über- 
nahme des Werks die Klagen Tännichs. Er sandte ein Pro Memoria 
nach dem andern ein, worin er sich beklagte, daß man ihm alles viel 
zu hoch angerechnet hab& Es seien nur wenig Waren überhaupt 
brauchbar, das meiste sei mittelgut oder überhaupt schlecht. Der 
Verkauf solcher Geschirre würde nur den Ruf tler Fabrik ruinieren. 
Die noch von Berthevin herrülirfMiden Fabiikatc vcidienten nicht den 
Platz, den sie einnähmen. Ei- bat daher dringend um Herabsetzung 
des Kaufschillings. Enimermann befürwortete das Gesuch mit der Be- 
merkung, Tännich zeige Fähigkeit und Eifer und ilie Proben seiner 
wohlgeratenen Brände vei sprächen viel Gutes. Alles jedoch, was 
Tännich erreichte, war die Herabsetzung des Kaufschillings von 
141o2 auf 10<W> tl.. doch wurde bei gutem Fortgang des Werkes 
weiterer Kachlali m Aus^it-bt gestellt. Im August aber kam Tännich 
mit Schwöen Anklagen gegen Emmermann. Dieser hatte bei der 
Au&tellung des Inventars die bei den Kaufleuten Michel und Stein 
in Mannheim vorrätigen Waren nicht ordentlich angenommen, einen 
anderen Abnehmer überhaupt verschwiegen. Nun machte der Kauf- 
mann Michel eine Forderung von 363 fl. 45 kr. gegen die Fabrik 

1) Eb wareu dies, soviel sich aü» deu Akten entiichiueii läßt, die Oberätiiter 
MfihlheiiD, Schiefibeim, Keasenthiil, Leymen, Lauteiecken, Rdcheobadi, Hilsbach» 
KeuBtadt, Simmmi mit ca. 75 größeren Ortflchaften. dazu 5 Stidte. 



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— 16 - 



geltend, welche Smnme von emem Vorschiiß von 490 fl. 41 kr. her- 
rfihrte, den Michel an Emmermann ffir Fayencen bar ausbezahlt hatte. 
Wegen der zu hohen Preise und der zum Teil schlechten, unverkäuf- 
lichen Ware hatte er nur für 127 IL 6 kr. Teiicauft und forderte nun 
sein Geld oder neues besseres Geschirr. Tännich beklagte ferner den 
Mangel eines ordentlidien Inventars; es sei alles auf kleinen schnmtzi- 
gen Papierzetteln vermerkt Wo der Schreiner seine Arbeit billig 
taxiert Iiätte, habe Emmermann don Preis willkürlich erhöht. Übrigens 
lasse der Kontrolleur sich auf der Fabrik nicht l)licken. Wofür er 
denn dann sein Gehalt bekommeV Es würde der Fabrik dienlicher 
sein, wenn dieses ()eld zur Pescliaffung von Materialien oder zur Be- 
zahlung der Arl)eiter verwendet werden krmne. Die „Fabri(iuen-Ober- 
direktion". an die diese Eingabe gerichtet war, antwortete nichts, und 
als Tännich in einem weiteren Schreiben nachwies, »lad F.nunerniann 
die neue (ilasurmühle mit 750 ti. berechnet habe, während sie nur 
525 fl. in Wiikiichkeit koste, eine Tatsache, die auch von dem Oberein- 
nehmer Reibeld bestätigt wurde, erging der Bescheid, die Hofkammer, die 
man befragt habe, sei „mit dem Bau nicht beauftragt gewesen und 
sfthe sich wegen Abgangs von bei diesem Vorfidl erforderlichen hin- 
reichenden Nachrichten das Geeignete an Hand zu geben aufier Stande.*^ 
Erst 1780 kam man auf die Sache zurück und forderte Emmermann 
auf, sich zu äufiem. Dieser ergmg sich in Anklagen gegen TSnnich 
und Beteuerungen seiner stets treuen gewissenhaften Gesinnung, statt 
eine genaue Verrechnung der bei dem Bau der Glasurmühle entstan> 
denen Kosten zu geben. 

Man kann Emmermann den Vorwurf ungenauer Rechnungs- 
führung nicht ersparen. \'orfälle älmlicher Art sind von Tünnicli n(»ch 
mehrfach nachgewinson und von Eninierniann, sachlich wenicrsrcns. 
nicht widerlegt worden'). Wohl aber begann er jetzt den l>irekt(U- 
der Fabrik in jeder Weise bei den vorgesetzten Behöidcn zu \er- 
klagen. Kr fand um so leichter «iehrtr. als es mit der Fabrik nicht 
recht vorwärts ging. Tännich konnte den geplanten liau eines neuen 
Brennofens, der bedeutend größer sein sollte als der vorhandene bau- 
fällige, nicht zur Ausführung bnngen. Man hatte ihm für den Bau 
einen Vorschufi von 1000 fl. bewilligt^ obwohl Emmermann einen Neubau 
für unnfttig erklSrts, denn „es sei die Gewohnheit gewinnsüchtiger 

I i Hcanite wir Kmmerntann warcti übrigpns damals in di r l'lalz nicht selten. 
i>ic ptülzinchen Beamten blanden allgemein in dem ül)loa Kufe, beütochliche 
Richter, unredlich« FinanzverwAlter und wittkfiiliche Banemtynmnen zu sein. 
Vgl. Hänseer, Geschidite der rbdu. Pfalz 1845, Bd. II, S. 921. 



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— lü — 



Fabrikanten, das Übernommene einzureißen und nach ihrem Eigensinn 
Neues aufzubauen." Er deutete unverhflllt ao, daß TSnnieh wahrschein- 
lich nur den alten Ofen umbauen und von den verwilligten Geldern 
möglichst viel in seine Tasche bringen wolle. Er empfahl daher ge- 
naueste Beaufsichtigung des Ofenbaues. Es kam indessen nicht so weit. 
Tännich mußte von den KXK) tl. 500 fl, für Brennholz verwenden, 
was ihm durch Reski'ipt von 1777 gestattet wurde. Offenbar kämpfte 
der Direktor vergeblich gegen den Rückgang an. Er l>csaß kein Be- 
trieltskapital und mußte Schulden machen; der Absatz der Waren 
stieß auf Schwierigkeiten, die Einrichtungen der Fabrik wai'en allent- 
halben verbesserungs- und erweiterungsbedürltig, und das verschlang 
beträchtliche Summen. Ein Bericht Tännichs kündigte denn auch 
bald den Zusammenbruch des Unternehmens an. Er bat um Über- 
lassung des Anwesens gegen Erbzins von BO — 90 fl. pro Jahr, so 
wie die Dmge j^t Ulgen, könne er nicht bestehen. „Die Fabrik**, 
schreibt er, „ist k^e 5000 fl. wert Die Erde ist auf das kfimmer- 
lichste zu heben, der Sand muß verstohlenerweise aus dem Württem- 
bergischen geholt werden, die Brenngewdlbe in den Öfen schmelzen, 
weil sie nicht mit feuerfesten Steinen gebaut sind, Brennholz ist 
kaum zu erlangen, die Glasursalze taugen nichts, nutzloses rauhes 
Geschirr, unbrauchbare Formen liegen auf den Speichern umher, be- 
sonders die mit 87'** H. angesetzten Waren sind keinen Kreuzer wert." 

Auf diesen Bericht hin wurde seitens der Hofkammer dei' Re- 
gierungsrat und Olteiamtsschultheiß Müßig mit der lintersucluuig über 
die Wahrheit der Angaben betraut. Sein Bericht bcstätiLne in den 
wesentHchen Punkten die Angaben Täiuiu hs. Er nahm insbesondere 
scharf Stellung gegen die Oberaufsicht Ennnennanns Eine Kontrulle 
war nach seiner Meinung, selbst wenn sie unentgeltlich ausgeübt 
wurde, völlig überflüssig; denn Tännich habe ja kein Vermögen her- 
gebracht, auch seien keine wertvollen Sachen vorhanden, die der 
Direktor etwa wegschleppen könnte und endlich könne ein Jurist wie 
Emmermann technisch ja doch keinen Rat geben. Was nun spedell 
Emmermann betreffe, so flbe er seme Aufsicht nie aus. Seit 8 Monaten 
sei er bei der Renovation der Amtsvogtei Zwingenberg beschSitigt 
und während dieser Zeit nie nach Mosbach gekommen. Der Bericht 
schließt mit der Befürwortung erbbeständlicher Überlassung der Fabrik 
^ an Tännich. Der Hofkammerrat und Fiskale Micheroux hielt es in- 



1) Wie «US einer späteren Stelle in den Akten hervorgeht, waren MüAig 
und Emmermann pera&nlidi Terfeiudet. 



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— 17 — 



dessen für besser, zuerst ein Gutachten Enimermanns einzufordern, und 
sandte Tänniclis Gesuch an diesen em. P^mmermann antwortete in 
einem sehr ausführlichen ,.Pro Memoria", worin er die heftigsten Vor- 
würfe gegen Tännich erhob. Das Bild, das er von ihm entwart, war 
wohl nach Berthevin gezeichnet: auf Tännich paßte es jedoch nicht. 
Ennnerniann schrieb: „Der Fabrikant hat meistenteils die natürliche 
Gabe der Beredsamkeit, er ist gemeiniglich eben 80 unverschämt, an 
Plan und hnndertliatigen Projekten feblet ob ihm niemalen. Er legi- 
tuniert sidi mit stattliefaeii Attesten ond Empfehlungen, seine Haupt- 
aache aber ist der GeldvoraehuB, dessen RUdierstattimg von ihm 
heiligst zugesichert wird. Der Anfiing seiner Einrichtung ist meisten- 
teils gut, zum wenigsten so lange als der GeldTOrschufi dauert, er 
belebet mit Beden seinen Aufeeher oder Kommissarina, der manchmal 
mit eigenem Schaden mitarbeitet Nun tritt die Kleiderpracht, das 
Wohlleben, Versdiwendong und Verkehr mit so gearteten Leuten ein. 
Der Kontrolleur, welcher diese schädliche Handlungen nicht billigen 
kann, mit Bescheidenheit verweisen und folglich seinen obhabeuden 
Pflichten begnügen will, ist nun alsbald der Fabrik unnötig, ja schädlich, 
der Aufnahme und dem Kredit zuwider. \'eraiitwortung auf der einen 
oder anderen Seite, Calumnien, Diifamationen, ja sogar unbescheidene 
Bedroh u II lien abseilen des Fabrikanten sind nun der Lohn für den 
zur Sicherheit des hohen aerarii und der Fabrikanten Wohlfahrt ar- 
beitenden Beamten." 

Die Klagen Täimichs über die Unzulänglichkeit der Fabrikein- 
richtungen und des vorhandenen WaienvoiTates stellle er als einen 
Kniff des Direktors hin, um Vorschufi zu erlangen. Sei es wirklich 
so schlimm, so hätte er es doch hti der Besichtigung bemerken mtlssen. 
Er schob die ganze Schuht auf Tännichs liederlichkdt und schlechte 
WirtschaftsfOhrung. Weder Brand- noch Kaufverzeichnisse habe er 
geliefert, etwas zu sehen ihm nicht verstattet, »und ich wflrde", so 
fährt er fort, „die größte Unbescheidenheit, ja injurioseste und stfir* 
mische Zufälle zu befahren gehabt haben, wenn die ekelhaften kränk- 
lichen Zufälle, womit Tännich mit seiner famille lange Zeit überfallen 
gewesen, mich auf eine ohnnachteilige Weise von dem täglichen Be- 
such der Fabrik nirht entschuldigt und entledigt hätten.** 

Tännich icchtfertii^te sicli darauf gegen den \'orwurf der Lieder- 
lichkeit, den Emmermann liaupfsäclilich betont hatte, durch Einsenduni; 
von Attesten des katholischen und des reformierten Pfarrers zu Mosbacli, 
zweier angesehener Bürger des Orts und des Rats Müßig. Alle Zeug- 
nisse wiesen die Anschuldigungen Enimermanns auf das entschiedenste 

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- 18 — 



zurück und bezeichneten den LebensNvandel Tännichs als durchaus 
ehreiiliaft und frei von Tadel. Indessen wurde sein Gesuch um erb- 
beständliche Verleihung der Fabrik nicht l)e\villi^':t, vielmehr er in 
einem Reskrijit zur S]iarsanikeit angehalten, eine überflüssige Mahnung, 
du ei- doch nichts zu verscliwenden hatte. Regelmäßige Zuschüsse 
empfing er ja nicht. Vergebens legte er dar, daß man wohl mit ge- 
nauer Ökonomie, aber nicht mit übertriebener Sjiarsamkeit eine Fa- 
brik betreiben kOnne» daß man bei der Schwierigkeit des Absatzes 
nicht daran denken könne, die regelmäßigen Ausgaben aus den Ein- 
nahmen zu bestreiten. Man benötige ein Kapital von ca. 5000 fl^ 
welche Summe sich folgendermaßen verteile: 



Arbeitslohn pro mense 200 fl 2400 fl. — kr. 

Zinn und Blei, 5 Transporte k 300 . . . ir)0O ,, ~ ., 

Hulz und Fährlohn ()">;} „ 20 „ 

Präparierte Erde 1^)0 — „ 

Salz für die (Glasur 2()0 ,. — 

Glasursand aus Württemberg 200 Ztr. . . ,, — „ 

Stein- und Schuttmod von Kodeern . . . 30 ., — ^ 

Licht, Öl, ö&le tiO ,. — 

Bindftiden, Kockergarn 95 — „ 

(^il- 12 - „ 

Nägel, Boret wieche, Schwämme .... lö „ — 

Mühlenschmiere, Körbe, Besen 15 „ — „ 

Tveparfttnr an Gcriit!*chaftcn und Mühle öO — „ 

Schmiedearbeiten 20 „ — „ 

Neckarfuhren 30 — 

5517 fl. 20 kr. 



Den Absatz zu heben sei er zwar eifrig bemüht, indessen würde trotz 
des Privilegs fortgesetzt fremde Ware eingeführt Dazu sei er durch 
eine die Saline betreffende Verordnung sehr geschädigt worden. Die 
Saline hatte Mher das Wimpfener und Offenauer Salz mit verkauft* 
Ein Verbot untersagte dies, und so mußte Tfinnidi das Mosbacfaer 
Salz zur Glasur verwenden, wodurch ihm 14 Brände im Werte von 
3000 fl. mißrieten. Die bewilligten Vorschflsse von 1500 fL hatte 
er für die innere Ausgestaltung der Fabrik und zur AnsclmfTung von 
Brennholz verbraucht. Er bot, da eine erldjfstündliche Verleihung 
abgeschlagen worden war, dem Arar an, die Fabrik wieder zu nehmen 
und ihn als Direktor mit % des Gewinnes oder auskömmlichem Ue> 
halt anzustellen. 

Man fordorte zunächst noch ein Gutachten von der Holkauinicr 
ein. Nach f,'en;iiier Untersuchung und persönlicher Inaugenschein- 
nahme des \Verke.-; machte der Ilofkammerrat und Fiskale Micheroux 
dem Minister v. Perglas folgenden \'orschlag. Es sei nicht zu 
leugnen, daü bei der Abfassung der lierichte Eninieruianiis über 



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Tiinnioh imd die Fabrik persönliche Feiiulschaft und Animosität mit- 
gesprociien habe. Andererseits beweise der Augenschein, dali Tännich 
allerdings niciit /u wirtschaften verstehe. Er {jlaulio niclit. daß der 
Rückgang der Fabrik ganz ohne Verschulden Tänniciis eingetreten sei; 
die Fabrik an iiin erbbeständlich zu überlassen, sei daher nicht rütlich. 
Einen andern Fabrikanten zu linden, der dieses in den letzten Zügen 
liegende Etablissement zn fibernehmen geneigt sein wflrde, dürfe man 
nicbt hoffen. Andererseits wage er bei den bedeutenden Aufwendungien 
— 25000 fl. — , die man bisher gemacht habe, ntebt zn raten, das 
Etablissement eingeben zu lassen und so könne er nur vorschlagen, 
den Tännich, dem sogar Emmermann technische Fertigsten nicht 
absprechen könne, als Direktor zu belassen, alle Zahlungen aber, 
sowie Einkauf von Materialien und Verkauf der Erzeugnisse, dem 
Obereinnehmer Rtibeld zu fibertragen. Die Hofkammei' wQnschte 
indessen, daß man zunächst den Versucli mache, kapitalkräftige socii 
zu linden, die willens wären, das Etablissement mit Tännich weiter 
zu führen. Da sich solche nicht fanden, so beschloß die Ilofkammer 
in einer Konferenz, die über den Gegenstand abgehalten wurde, dem 
Vorscldage Micheroux' beizutreten. Das aus dem vorhandenen Ge- 
schirrvonate gelöste Geld sollte dem Arar als Entschädigung für den 
bisherigen Autwaiiil eingeliefert werden und die Führung der Fabrik 
wurde für den technischen Teil Tännicli. für den kaufmännischen dem 
Obereinnehmer zu Mosbach. Leopold Keibeld, übertragen. Kmnier- 
mann, dessen Dienste durch diese Einrichtung eigentlich fiberflüssig 
geworden waren, der aber in wiederholten Eingaben an die Hof- 
kammer dringend um Weiterzahlung seiner 300 fl. Gehalt bat, sollte 
als Gegenleistung bei jedesmaligem Oibien des Brennofens zugegen 
sein, die Waren buchen und in das Magazin bringen lassen und dem 
Verkauf des Geschirrs bewohnen. Die Einriditung war zunächst auf 
ein Jahr getroffen; nach Verlauf dieser Frist wollte man sehen, ob 
der Weiterbetrieb der Fabrik rationell oder ob es nicht besser sei» 
das Anwesen eingehen zu lassen. 

§ 3. Die Verwaltung der Fabrik durch den Obereinnehmer 

Reibeid (177Q-1781). 

In Reibeid hatte man, wie Micheroux schrieb, einen glücklichen 
Ciritf getan; man hatte einen zuverlässigen, ptiicliteifiigen und trotz 
seiner rnkenntnis in Fabriksangelegenheitcn tüchtigen und brauchbaren 
Mann geiunden. Gleich seine erste Amtshandlung, die Aufstellung 

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— 20 — 



eineft Inventars, zeigte in der Tat, daß er seine Sache wenigstens 
ernster auffaßte, als sein Vorgänger Emmermann. Während der letztere 
nur den otfenbar tiüchtig abgeschätzten Gesamtwert der verschiedenen 
Kategorien angegeben hatte, enthält Reil^clds Aufstellunp; die in der 
Fabrik befindlichen (lerätsohaften, Gesctürre etc. bis ssu Hammer und 
Zange in einzelner Aufführung. 

Es war darauf Bedacht genommen worden, dali Tännich in seiner 
Tätigkeit als technischer Leiter möglichst freie Hand habe; Reibeid 
mischte sich auch offenbar gar nicht in diese Dinge, und so war von 
Anfang an ein hArmonisdieB Znsaminenwirken der beiden ftUbiner zu 
erwarten. Der Obereinnehmer verwendete sieh sogar fOr Tfinmcb, 
als dieser, der mit seiner sieben Personen starken Ftoiilie nichts zo 
essen hatte, am einen Vorschufi von 90 fl. pro mense einkam; nach 
Verlauf des Frobcgahres sollte die Summe Ton den aul Tfinnich ent- 
eilenden Vs ^ etwaigen ÜberBchusses als Salair abgerechnet 
werden. 

Dor Konflikt mit Emmermann spitzte sich indessen immer mehr 
zu und nalim jetzt die Form kleinlichster Intrigue seitens des Fabrik- 
kontrolleurs an. Dieser hatte sich um die Obereinnehmerstelle, die 
Reibeid bekleidete, beworben, um die 7(.X) tl. Jahresfj^ehalt zu ciiialten. 
Reibeid, so schrieb Emmermann, Hnde die Stelle nicht auskömmlich 
genug, er könne sie neben seinen Funktionen recht wohl ausfüllen. 
Dieser Versuch, den OI)ereinnehnier aus seiner Stellung zu verdrängen, 
erregte natürlich bei diesem böses Blut, kurz, es erhob sich ein gegen- 
seitiges Verklagen, daß der eine den andern um sein Brot bringen 
wolle. Tftnnich war zwar dem Einflösse Eamiermanns größtenteils ent< 
rttckt, indessen dauerte auch hier die Feindschaft fort und Emmermann 
ließ nicht ab, bei seinen Eingaben den „chikanOsen Ton des Fabri- 
kanten zu beldagen, den Beibeld jetzt nachsinge". Gegen die ihm auf- 
erlegte Verpflichtung, beim öfihen der Brennofen und beim Verkauf 
der Waren zugegen zu sein, strftubte er sich. Es seien seiner un- 
würdige Verrichtungen eines Ladendieners. Tatsächlich erschien er 
auch nicht auf der Fabrik, weil er, wie er angab, eine andere Ein- 
richtung der Fabrikverwaltung erwartete. Diese Pflichtverletzung ver- 
fehlten natürlich Tännich und Reibeid nicht aufs schärfste hervorzu- 
heben, so oft sie ein Pro Memoria an die Hofkammer abgaben. 

Der Betrieb nahm indessen unter Reibeids Leitung einen nicht 
zu leugnenden Aufschwung, da der Obereinnehmer ja das Betriebs- 
kapital von der Hofkammer erhielt. Er nahm nach und nach 4f);>0 fl. 
für die Fabrik aus den Schatzungsgeidern der Obereinnahme Mosbach 



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- 21 — 



und verwendete sie in der Hauptsache zur Anschaffung von Materialien, 
Gerätschaften und Formen, sowie zur Bezahlung seiner Arbeiter, deren 
etwa 20 beschäftigt wurden. Am Ende des Probejahres, im August 
1780, sandte R^beM seine Bilanz ein* 8ie ergab, daß nach Abzug 
der in noch nicht verbrauehten Materialien vorhandoien Werte ein 
Aufwand Ton &641 iL 40 kr. gemacht worden war, dem eine Geeehirr- 
Produktion im Werte von 7012 II. 40 kr. 4 h. gegenfiberetand. 
Den über die bewilligten 4660 fl. hinausgebenden Betrag des 
Aufwands hatte er wohl durch Einnahmen aus verkauftem Gesdihr 
gedeckt. Bares Geld war in der Fabrikskasse nicht vorhanden, doch 
wies Reibeid auf einen „AktivrestV von 1372 fl. 40 kr. hin, der in 
unverkauftem Geschirr vorhanden war, sowie auf die Aktiva von 
4950 fl. bei den Abnehmern, die auf Kredit gekauft hatten. Die 
Fabrik war seiner Meinung nach also mit Erfolg betrieben worden. 
Vorläufig müsse man nur noch ein Fundationskapital von 1252 fl. 
51 kr. für Reparaturen und Ergänzung der Materialbestände, sowie 
ein Zirkulationskapital von 3000 fl. zur Bestreitung der Arbeits- und 
Fuhrlöhne und anderer kleiner Nebenausgahen aufwenden. Dann sei 
die Fabrik imstande, sich selbst zu erhalten. 

Es erging hierauf seitens der Hofkammer an den Rat von 
Blaubuisson der Auftrag, sich gutachtlich Uber die Fabrik zu äußern. 
Nach semem Dafürhalten hatte das Anwesen unter Beibelds Leitung 
einen so günstigen Fortgang genommen, daß die Frage nach dem 
Weiterbetrieb unbedingt in blähendem Sinne zu beantworten war, 
sofern der Obereinnehmer weiterhin die Verwaltung besoige. Ffir 
diesen Vorschlag sprachen noch eine Reihe anderer, nicht unwichtiger 
Momente. ZuvOrderst der Umstand, daß Se. Kurfürstliche Durddaucht 
Stifter, also ^\]e Achtung ffir das Werk untertänigst zu tragen soi ^ 
Er betonte weiterhin die Wichtigkeit, einem allein mit Landwirtschaft 
beschäftigten Städtlein wie Mosbach einen so wichtigen Nahrungszweig 
zu erhalten, zumal bereits 20 Familien iliren rnterhalt daraus ge- 
wönnen. Diese an den Rt^ttelstab zu bringen wäre gar nicht zu vorant- 
worten, den Verlust ungerechnet, den viele Untertanen erloidpii würden, 
die durch Fuhrwerk, Kommissionen, Bestellungen, Neckartal- und 
Jiergfrachten für die Fabrik Verdienst bekämen. Da ferner in pfäl- 
zischen Landen sonst eine Fayencefabrik nicht bestehe, die Mosbacher 
(iemarkung mit brauchbarer Erde, die nalien Waldungen mit gut 
brennbarem, anders nicht zu verwendendem Gehölz reichlidi versehen 
seien, so kOnne man zuversichtlich hoffen, in kurzer Zeit ein Etablisse- 
ment zu besitzen, das vor allen andern im Auslande sich auszeichne. 



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— 22 — 



25000 il. seien schon in die Fabrik verwendet, also könne man aueh 

noch 5 — 6000 fl. dranjjeben; lasse man die Fabrik eingehen, so wüßte 
er nicht, was mit den (iebäuden, in denen sie sicli befinde, anzufangen 
sei. Die Keclitschaftenheit Reibehls, der eine gewisse deutsehe, trockene 
und den Dircictor in Schranken haltende Art besitze, bürge dafür, 
daß in Zukunft weitere Aufwendungen nicht gemacht zu werden 
brauchten. 

Dieser Bericht Maubuissons. der das fernere Schicksal der i^'abrik 
in einem so günstigen Lichte erscheinen ließ, ermutigte den Kur- 
forsten, oder besser seine Räte, zur Fortsetzung des Betriebes. In 
einem Reskript aus MOnchen^) wurde dies verfttgt und von Mau- 
buisson als eine „Spezialkommission^ fflr die Angelegenheiten des 
Werks beigeordnet Es wurde ein Zuschuß von 4173 fl. in monat- 
lichen Raten ffir das kommende Jahr bewilligt, gleichzeitig aber be- 
merkt, daß danach kein Heller mehr hergegeben und die Klage Aber 
mangelnden Absatz weiterhin nicht mehr als Entschuldigung ange- 
nommttl werden würde. Vm von dem jeweiligen Zustande unter- 
richtet zu sein, wünsche die Hofkammer die Einsendung jährlicher 
Bilanzen, in denen der Gewinn zu ftj^ Tännich, zu '/j für Se. 
Durchlaucht zu verrechnen sei; doch wolle der Kurfürst seinen Anteil 
noch fünf Jahre lang dem Fundationskapital zuschlagen. Zur Ent- 
lastung Reibeids wurde ihm der Kontrolleur und Korrespondenzbucii- 
ftthrer Walz, sowie ein „amanuensis" (Privatsekretär) beigegel>en. 
Ersterer empfing 20 kr. pro Tag, letzterer 60 fl. pro Monat. Zur 
Abliür der Rechnungen sollte liofkammerrevisor Weiß dann und wann 
die Fabrik besuchen. Eine Erweiterung der Fabrik wurde insofern 
vorgenommen, als zwei bis dahin unbenutzte GemScher als Kommissions- 
zimmer und Kontor eingerichtet wurden und in letzterem em Sehrank 
zur Aufbewahrung der BOcher und Skripturen zur Aulstellung ge- 
langte. Tflnnich blieb technischer Leiter und trat, um die allgememe 
BVeude fiber den guten Zustand der Fabrik zu benutzen, sogleich mit einem 
neuen Projekt hervor. Er wollte, „um sein und seiner Kinder Glflck 
zu machen, audi zum Nutzen des Landes" eine Ofenfabrik in Mos- 
badi einrichten und dazu das herrschaftliche Schloß, die frühere Woh- 
nung des Oberamtmannes, käuflich erwerben. Er bat hierzu um die 
landesherrliche Genehmigung, sowie um Vorschüsse; indessen wurde 
ihm dieses Gesuch kurz abtreschlafzen, da die Erfahrungen, die man 
mit ihm gemacht habe, nicht zur Gewährung seiner Bitte ermutigten. 

I) Karl Theodor war mit dem Tode Maximilians am 30. Dezember 1777 
Kurfürst vou Bayern geworden. Uäuseer a. a. 0., Bd. II, S. 954. 



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— 23 - 



So war denn alles zur Zufriedcnheil der Beteiligten (außer 
Täiuüch) j,'eordnet. und der Betriel) nahm seinen Fortpranj^. Reilield 
richtete seine nächste Tätigkeit darauf, für die Waren, die noch inuuei 
nicht genügenden Absatz gefunden, solchen in den verschiedenen 
Oberftmtern zu schaffen. Die ZoUberaiter erbidtaii auf adiie Veran- 
laSBung hin Auftrag, ttberall zunficbst auf das Vorhandensein ans- 
Undischer WTaren Bevisionen Torzunehmen. Ihre Berichte bekandeten 
einstimmig, daß man in den Niederlagen zwar keine fremden F^enoe- 
iraren gefunden habe, daß aber hausierende Weiber mit Flörsheimer 
Waren unablässig das Land durehzögen. Sie fftnden guten Absatz, 
weil in vielen Orten, so z. B. in Oppenheim, Kreuznach, Simmem, 
gar keine Niederlage von Mosbacher Fabrikaten vorhanden sei. Vom 
Oberamt Simmern huu die Nachricht, daß Reibeid schon längst hätte 
eine Niederlage dort einrichten müssen, da er von dieser aus auch 
„fremdländischen Handel" treilien könne, insofern nändich das Oberamt 
von ausländisclien Territorien rings umgeben sei. Die Nachfrage, so 
wurde in den Berichten betont, nach Fayenccüioschirr sei Ol)erall eine 
rege und das Publikum beklage sich alienthullien über das drückende 
Monopol der Mosbachcr Fabrik, zu deren Gunsten der Bezug fremder 
Waren verboten sei, die aber gleicliwolil nicht datüj- sorge, daß niaii 
ihre Artikel an jedem Orte bequem und gut kaufen könne. Keibeid, 
von der Hdkammer angewiesen, diesem Mangel sdileimlgst abzuhelfen, 
schrieb an die Bürgermeister und Gememdevorstände der in Frage 
kommenden Ortschaften und bat, ihm Handelsleute namhaft zu machen, 
die eventuell geneigt wären, den Vertrieb der Mosbacher Ware zu 
tlbemehmen. Es wurden auch bereitwilligst die Krämerzfinfte veiv 
sammelt und ihnen die Frage vorgelegt Die Leute weigerten sich 
aber fast überall, sich mit dem Verkauf der Mosbacher Geschirre zu 
befassen, und man muß das wohl darauf schieben, daß die Erzeugnisse 
nicht gut genug waren und bei dem Geschäft offenbar nicht viel zu ver- 
dienen war. Die Fabrik lieferte nämlich die Ware an die Kaufieute zu dem- 
selben Preise wie an die Privatkunden, die sich direkt an das Werk wandten. 
Da nun im Verhältnis zur Güte der Waren schon ziemlich hohe Preise 
berechnet wurden und das Publikum auch durcli „gedruckte Nachrichts- 
zettel" der Fabrik über die Preise der einzelnen Gegenstände genau unter- 
richtet war, so konnten die Händler nach Aufschlag der Spesen eine wesent- 
liche Krliöhung nicht vornehmen. Und diese Spesen waren, wenigstens 
für entfernte Ortschaften, ziemlich hoch, da die Fabrik die Transport- 
kosten nur zum Neekar bezw. Mannheim trug, für Bruch nicht 
aufkam und nach Vorschrift der Hofkammer weder auf Provision 



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24 — 



lieferte noch Rabatt — auch bei Barzahlung nicht — gewährte. Die 
KauHeiile, die schon mit Mosbacher Ware handelten, waren nicht ge- 
neigt, weitere Bestände zu übernehmen, so lange die vorhandenen 
nicht verkauft seien. Der Kaufmann Stein in Mannheim, einer 
der Hauptkunden der Fabrik, schrieb, er sei schon aus Patriotismus 
bemfiht, der Fabrik za einem guten Absatz zn verhelfen, allein das 
PablUrom verlange meist aoBttndisefae Ware. Fände es soldie nicbt 
anf dem Lager, so bezöge man das Gewflnsehte direkt von der be- 
treffenden Fabrik. Wenn er die Mosbacfaer Ware empfeble, so irflrde 
ihm erwidert» daB die anslSndischen Fabrikate an innerer Giite und 
gesehmackvollen Dessins die Mosbacher bei weitem fibertrSfen. Die 
Fabrik passe sich offenbar dem Geschmacke des Pnblikums nicht ge- 
nügend an; das sei ja auch nicht leicht, da jede Provin«, jerlo fregend 
ihre besonderen Liebhabereien habe. Die Proben, die er der Fabrik 
eingesandt, seien nicht nachgealimt worden. 

Auch die Versuche Tännichs, der personlich die Oberämter be- 
reiste, um Magaziniers zu suchen, erwiesen sich als erfolglos; von der 
Fabrik aus selbst Niederlagen zu eröffnen, scheiterte an der Kosten- 
frage. Als immer wieder Klagen seitens des Publikums einliefen 
und die Hofkamraer die Einrichtung von Magazinen befahl, ohne 
hierzu die nötigen Mittel vorzustrecken, als noch dazu mehrere Brände 
mißrieten, weil man einen neuen Brennofen zu erbauen kein Geld be- 
saß, sah Beibeld woU auch ein, dafi er zn viel behaiq[»tet hatte, als 
er angab, die Fabrik würde sich in Kflrze sdbst erhalten können. 
Die Schuld, wacnm es nicht vorwtrts ging, schob er allerdings auf 
die Untflchtigkeit Tännichs. Der Direktor habe gegen früher nach- 
gelassen. Er besitze offenbar nicht genflgende Kenntnisse zu Ent- 
deckung, Auswahl und Versatz der Eide; außerdem mache er Beibelds 
Oberaufsicht lächerlich, ließe das in den Ofen gebrachte Geschirr nicht 
noti^n, schaffe Materialien an und erhebe Geldbeträge bei den Kunden 
ohne Vorwissen des Aufsebers. Es ist kein ZAveifel, daB dies alles 
nur Vorwände waren; denn in den zwei Jahren, da Tännich mit 
Reibeid zusammen arbeitete, hatte dieser nie etwas Ähnhches zu be- 
klagen gehabt. Der Direktor verteidigte sicli natürlich gegen diese 
Anschuldii-'ungeii. Nach seinen Antraben war die Erde, die man zu 
den miljiatenen Geschirren verwendet liatte, nicht mehr so gut wie 
die früher iretirabene. Demgegenüber machte Reibeid geltend, daß ja 
unter den verunglückteu Bränden sich teilweise gute, klangbare Ge- 
schirre vorfänden. Wahrscheinlich um weiterem Verdruß aus dem 
Wege zu gehen, folgte er dem Beispiel Klottens von 1774 und be- 



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— 2ö — 



fürwortete die Überlassung des Werks an einen Entrepreneur. Er 
gab an, einen geeigneten Mann an der Hand zu haben. Eb war die» 
der Direktor der Fayencefabrik Durlach, Friedrieb List 

§ 3. Die Fabrik im Besitze der Gesellschaft List fit Co^ später 

Römer fit Co. (1782-1820). 

Über diesen Friedrieh list, der von dem Plane Beibelds höehslr 
wahrscfaeinlidi durch eine in Mosbadi lebende Ttote erfahren hatte, 
fehlt in den Arbeiten fiber die Dnikcher Fabrik jede Angabe. Ea 
findet sieh dagegen in beiden die Bemerkong, daß eine Rätin Listin 
ihren Anteil an der Fabrik in Höhe von 8000 fl. 1784 an ihren 
A880zi4 Bemkieser verkauft. Diese Rfttin ist die Matter Lists, sein 
Vater muß also Teilhaber der Fabrik gewesen sein. List behauptet 
sogar in einem seiner Briefe, daß das Durlaclier Werk von seinem 
Vater ..und den von ihm freiwillig angenoiiimenen Assozi^s etabliert 
und in Flor gebracht worden sei". Diese Assozies waren 1781, wie 
auch Brinckmann und Gutmann bestätigen, die Erben des Postmeisters 
Herzog in Durlach und der Handelsmann Christian Bemkieser zu 
Pforzheim. List gibt ferner an, daß sein Vater 1756 einen Sozietäts- 
vertrag mit Herzog und Bemkieser geschlossen habe. Da nun nach 
den Angaben Gutmanns und Brindmianns die Dorlaeher Fabrik 1749 
bereits privilegiert war und sich im Besits des Vaters Bemkiesers 
belemd, so darf man wohl annehmen, daß List senior 1756 als Direk» 
tor engagiert und ^eichzeitig als Assozi^ aufgenommen wurde. 

List jun. hätte dann allerdings den Tatbestand umgekehrt, wohl 
um dadurdi Vortsile zu erlangen. DaB die Dnrlaeher Fabrik übrigens 
1765 wirklich „in Flor** war. beweist die Angabe Gutmanns, wonach 
sidi fOr 1765 ein Jahresgewinn von 1000 ii. ergab. Da in diesem 
Jahre ein Faktor Ludwig Müller als mutmaßlicher Leiter angegeben 
wird, so müßte Lists Vater damals bereits gestorben sein. 

Die Hofkaiiimer zeigte sich dem Vorschlage Lists Gehör zu 
geben nicht abgeneigt, sie forderte aber zunächst ein Gutachten von 
Maubuisson, der angab, man müsse froii sein, daß ein so tiithliger 
Mann sich angeboten habe. Da List die Fabrik in Erbbestand ^) über- 



1) J. BrinekmAnn, Beitriige zur Geschiebte der Töpferkunst io Deutsch- 
kuid. Gntmann, Die Fayenoefalvik in Dwlwfa und ihre Eczeugniase. 

2) Erbbestand = Erbpacht. Nach Analogie der Bauerngüter auf Fabriken 
angewendet. I-'rbhestand ist eine Art der I^eihe, wobei dem Besitzer ein Kolonat- 
rec'ht, ein ius lu re zusteht. Die nächbte (Quelle zur Beurteilung diese» Verhält- 



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— 26 — 



nehmen wolle, so hätte das Ärar Aussicht auf eine dauernde Rente 
und Ijci der bekannten Fähigkeit Lists sei niclit zu befürchten, daß 
mau mit ihm ebensolche tiaurigeu Erfahrungen machen werde, wie 
mit TSnnkli. Es wnrde nniimehr t. Manbuieson mit dem Venucii 
beauftragt, den Durlacfaer Direktor für Mosbach zu gewinnen und die 
diesbezQgticfaen Verbandlungen zn leiten. Zunfichst entstanden indessen 
einige Schwierigkeiten, die von den Inhabern der Fabrik in Darlach 
ausgingen. Diese mochten wohl befürchten, daß mit der Übersiedlung 
Lists nach Mosbach ihr eigenes Unternehmen geschädigt werden könnte 
und erwirkten einen geheimen Befehl von der Markgrflflich Badischen 
Hegiening. wonach dem List und seiner Mutter alle Glasurbücher, 
Farl)en- und Fabrikationsrezepte abgefordert und versiegelt wurden. 
Zugleich gelang es ihnen, von List einen „leiblichen"' Eid zu fordern, 
daß er bis zur Kntsclioidung der Klatre. die sie Viel dem Fürstlichen 
Hofgericlit angestrengt hatten, nichts unternehmen \v( rde. Das Recht 
zu diesem Vorgelien leiteten sie ans ij 12 ihres So/ietütskontraktes 
her. Danach sollte sich kein Assozie weder ..pei directum noch per 
indirectum" bei einer anderen Fabrik beteiligen. Der Kontrakt war 
von Lists Vater unter Eid zu halten versprochen worden. List wies 
indessen nach, daß er für seine Person in den Vertrag nicht ein- 
geschlossen sei und bat Maubuisson, die Kurpfälzische Regierung zum 
Einschreiten zu veranlassen. Dies geschah denn auch. Die Regierung 
Sr. Dnrchlaacht sprach der Fflrsttich Badisehen ihr äußerstes Befremden 
aus, ersndite um Einstellnng des Verfahrens gegen List und betonte, 
sie sei entschlossen, wenn List nach Ablage seiner Rechnungen ohne 
begrflndeten Mangel znrflckgehatten werde, ihn von Mannheim aus 
krSfdg zu vMtreten, auch „durch Einziehung der Herzogischen Laud- 
kufscheii, auch Anhaltung aller so Herzogiscli als Bemkieserschen in den 
Kurlanden betreffenden Personen und Effekten'' sich schadlos zu halten. 

Die Verhandlungen zogen sich ziemlicli lange hin; durch Ver- 
mittlung eines dritten, dessen Name nicht genannt wird, wurden in- 
dessen schlieülich im Dezember 1781 alle Hindernisse beseitigt und 
die Sache dahin geordnet. daB List bis zur Ablegung seiner Rechnung 
die beiden Fabriken zusammen leiten und alle 14 Tage nach Mosbach 
fahren solle. Nach Ordnung seiner Angelegenheiten stand ihm dann 
die vollständige Übersiedlung frei. Vorläufig waren indessen die 
Parteien noch nicht über die Bedingungen einig, unter denen die 

nissfs Ixstoht in tlotn aiisdrückliihen Kontrakt, du^scti Inhalt nu»« dfn landes- 
geäet/.licben (jewohnheiten zu erläutern und zu ergänzen Ul. Eichborn, Deutach. 
Prirakracht, 8. 665, 666. 



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— 27 — 



Übergalte des Werkes erfolgen sollte. List hatte „ohnmaßgebliche 
petita"" zu einem Erlihestandsbriefe und einem Gesellschaftsvertrag 
eingesendet. Danach wünschte er die ganze Fabrik samt Glasurmühle 
und Schloßgebäuden an sich und die von ihm abstammende Familie 
in eNvigen männ- und weiblichen Erbbestand gegen 30 tl. jährlicher 
Pacht und tJl»ernahme der Gebäudeunterhaltungslast üt)erlrageii zu 
sehen. Das Ijei der Fal)rik l)efindliche auf 8000 tl. gescliätzte Um- 
laufskapital, bestehend in Materialien und (jeschirrvorrat, sollte ihm 
und eeinfiii GeseUsehftfteni, die er nach Beleben vahkii wollte, auf 
SO Jahre ohne Zinsen flberlassen und nach Ablauf dieser Frist zur 
Hälfte an die Hofkammer zurOckgezahlt werden. Die andere Hälfte 
sollte als in die Gebäude verwendet angesehen werden. Außerdem 
verlangte er Zoll-, Akzise- und Personalfreiheit fflr die Erbbeständer 
und die Arbeiter, sowie deren Witwen, die Erneuerung des Privi> 
legium exclusivum, die niedere Gerichtsbarkeit Ober die Arbeiter, Ab- 
gabe des Holzes aus den herrschaftlichen Waldungen nach möglichst 
niedriger Taxe und Freiheit in bezug auf das Graben der Erde und 
den Einkauf des Salzes. Endlich bedang er sich aus, daß die nicht 
inimp<liaten Erbbeständer mit ihrem Vermögen ohne Abzug ziehen 
könnten, wohin sie wollten, und daß man ihn weder durch Überredung 
noch durch Gewalt je zwingen werde, seine „arcana"' an einen dritten 
zu überlassen. Daj/egen sollte der letzte Erbbeständer das Recht 
haben, diese Aufzeichnungen an einen i)eliebigeu dritten abzutreten 
odei zu verkaufen. Als Gegenleistung für alle diese zu gewähreiitieii 
Vorteile versi)rach List, sich mit seiner Familie in Mosbach nieder- 
zulassen und gegen ein im Gesellschaftsvertrag festzusetzendes Gehalt 
die Leitung zu flbemehmen, alle 14 Tage drei Brände zu liefern und 
die Fabrik in bestmögliche Aufnahme zu bringen. Vorscfafisse ver- 
langte er im Gegensatz zu Tännich nicht; jedoch hatte er sich in 
dem Vertrag einen finanziellen Vorteil insofern vorbehalten, als er 
außer seuiem Gehalt, bestehend in 500 Bth'., freier Wohnung, Licht, 
Heizung und Geschirr fOr seinen Bedarf, noch Anteile an der Fabrik 
sidi ausbedang. Von den 18 Aktien, die ausgegeben werden sollten, 
nalini er 12 für sich und seine Assozies in Anspruch, während die 
übrigen 6 im Werte von je lOÜO Rtlr. kurpfälzischen Untertanen 
zum Kauf angeboten werden sollten. Die Summe von ()U(A> Htlr. 
war (loni (irnn(!ka]tiral zuzuschlagen; daß List für seine Aktien eine 
Summe in ähnlicher Höhe entrichten sollte. darüUei' verlautet in dem 
Vertrage nichts. In gleicher für List vorteilhafter Weise ward das 
Verhältnis zu den noch zu wählenden Assuzies geordnet Es sollte 



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— 28 — 



zwar alljährlich im November die Aufstellung der Bilanz und eme 
durchgreifende Inventur unter Mitwirkung eines der Aktionäre, „der 
die Handlung versteht", vor sich gehen ; im übrigen war es aber keinem 
erlaubt, sich in die Geschäfte irgendwie zu mischen oder dem Direktor 
Vorschriften zu machen, wohingegen sie zu etwaigen Nachschfissen 
jederzeit verpflichtet waren. Die Dividende, im Vertrag mit Profit 
beseidinet, sollte nach Bescbaffenheit der Umstflnde anagezahlt werden. 
Die Übertragbariceit der Papiere, die man wohl als vinenlierte Namens^ 
aktien bezeichiien könnte, war anßerordentlidi erschwert; es bedurfte 
dazu in jedem einzelnen Falle nicht nur der Mitwirkung, bezw. Ein- 
willigung der Aktionäre, die ein Vorkaufsredit haben sollten, sondern 
überdies noch ^nes Gesuches an die Hofkammer. Es sollte möglichst 
darauf Bedacht genommen werden, daß die Gesellschaft im Falle des 
Verkaufs die Aktien selbst nach dem Wert, wie er auf den Büchern 
steht, auslose, Streitigkeiten unter den Aktionären sollten durch „un- 
parteiische Kompromißrichter" geschlichtet und nur gegen die Wider- 
spenstigen an die hohe Landesbehörde appelliert werden. Wie zu 
erwarten stand, erhob v. Maubuisson Einwände gegen diese beiden 
Entwürfe, merkwürdigerweise jedoch nicht gegen die allzu vielen Vor- 
teile, die List ausbedungen hatte. Dagegen wendete sich erst ein 
Gutachten des Kaufmanns Stein in Maimiieim, den man wohl zur 
Beratung mit hinzuzog. Dieser hielt es nun für richtig, den Erb- 
bestand nicht an Lbt allein, sondern zugleich an die Associös und 
Aktionftre, also an eine GeseUschaft, zu verleihen. Er beanstandete 
weiterhin die HOhe des Gehaltee, das List sich ausbedungen hatte, 
sowie dafi List Aktien ohne Zahlung haben wolle. Etwaige Erwerber 
der „areana" mUBten verbunden sdn, dieselben zum Nutzen der Fabrik 
weiterhin zu verwenden und endlich solle man die Firma nicht 
List & Ck>., sondern List. Stein & Co. nennen, das letztere, damit 
List gezwungen sei, bei seinen Unternehmungen noch einen dritten 
um Rat zu fragen. Der Durlacher Direktor war jedoch nicht gewillt, 
seinerseits mehr zuzugestehen, als er in seinen „ohnmaßgeblichen 
Petita" getan hatte. In einem Schreiben vom II'. Okt. 1781 stellte er 
seine Übersicdlnn^j von Durlacli nach Mosbach als ein großes Opfer hin. 
Seine bisheriL'c ^Stellung sei eine sehr günstige, da er an einem 
wohl einpericiiletcn Werke mit ^^esrhulten Arbeitern sich betiiide und 
also nebeulier Privatgeschäfte beireilien könne. In seiner neuen Stel- 
lung würden ihn unwissende und ungeschickte Arbeiter, sowie die 
geringe Bekanntschaft mit der Gegend daran hindern. Man solle 
femer bedenken, welch schwieriger Aufgabe er mit der Übernahme 



— 29 — 



der Mosbacher Fabrik sich unterziehe, denn der ganze Rheinstrom 
sitze voll Fabriken dieser Art. Der Ruf der Durlacher P'abrikate sei 
noch dazu ein so großer, daß es nur schwer möglich sein würde, die 
Erzeugnisse eines andern Etablissements dagegen aufzubringen. Der 
beste Beweis hierfür sei der überaus günstige Abschluß, den die 
Durhicher Fabrik auf der letzten Frankfurter Messe erzielt habe. 
Während alle anderen Fabrikanten ihre Waren größtenteils hätten 
wieder mitnehmen müssen, sei das Durlacher Magaziu, obwohl es um 
15Vo teurer verkaufte, voUständig ausverkauft gewesen. „Ich glaube 
wohl*', 80 schloß er seinen Brie^ „dafi man mit Leuten von einem 
andern Seblage vorteflhafler dem Ansdiein nach akkordierem kann, 
hier aber haben Ew. Hochwohlgeboren nicht mit Aventuriers, sondern 
mit angesessenen Leuten zu tun, die ihrer Sache gewifi sind und nicht 
auf Betrug ausgehen, und wo der Absehlufi der Übereinkunft gerade 
soviel ist, als würde das hiesige Werk auf Walzen nach Mosbach 
transportiert. Die Herren Aktionärs gewinnen schon hinlänglich, warn 
ffie fflr ihre Familie ein Kapital zu sicheren Prozenten sozusagen auf 
ewig anlegen können, ein Vorteil, den sie doch nur durch mich haben 
können." 

Dieses Auftreten Lists scheint in Mannheim Kindruck gemacht 
zu haben, vielleicht war auch, wie aus einer flüchtigen Andeutung in 
den Akten hervorgeht, v. Maubuisson durch die Aussicht auf reiche 
Dividende lu^ewonnen, kurz, der Erbbestandhrief enthält in seinen 
15 Paragraphen im wesentlichen die von Lisi vorgeschlagenen Be- 
stimmungen. Die Punkte, in denen das Schriftstück von den „ohnmaß- 
geblichen Petita" abweicht, sind mit Ausnahme des ersten Punktes 
nicht die strittigen, sondern neu hinzugefügte. Diese wohl anf Be- 
treiben der Hofkammer aufgestellten Paragraphen bestimmen, dafi der 
Erbbestand nach dem Vorschtege Steins auch auf die Assodte aus- 
gedehnt und unter der Bedingung verliehen werde, dafi das Werk 
«wig als dne Fayencefsbrik betrieben werden soll. Außer der 6e- 
bäude^Unterhaltungspflicht hatte die Gesellschaft, die unter der Firma 
List & Compagnie ging, die auf der Fabrik ruhenden Passiven zu 
übernehmen und an Tännich 200 fl. jährlich Pension zu zahlen. End- 
lich sollte eine 19. Aktie geschaffen und ihr Ertrag zur Erziehung 
eines elternlosen Kindes, für die ersten 20 Jahre eines solchen katho- 
lischer Konfession, vorwendet werden. Nach Verlauf von 20 Jahren 
sollte ein Kind evangelischen, nach abermals 20 Jahren ein solches 
reformierten Bekenntnisses in den Genuß der Aktie treten. Den 
Schluß des Erbbestandsbriefes bildet ein leiblicher Eid, worin List 



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- 30 - 



feierlich zu fiott f^eiobte. als „Diener und Untertan treu und hold 
zu Fein, mit keinem anderen Fayence als dem zu Mositacli er- 
zeugten zu (iel)rauch der Kur))falz- und Pfalzbavrischen Staaten zu 
hantieln, auch von dem Kurfürstliclien Kapital sowohl als dem Kapital 
der (iesellschaft keiiien Kreuzer anderswohin unter Strafe des größten 
Meineides zu verwenden, sodann keine Waren nach Bayern zu ver- 
senden, es Beien denn solche mit knrfOrstlicheDi Zensus genehmigt'* 
Die Urkunde wurde am 21. Dezember 1781 in München aus- 
gefertigt, in dem Erlaß beifit es zo Anfang bezeichnendermafien : 
nSe. Kurf. Durchlaucht haben schon längst beschlossen, alle auf eigene 
Rechnung geführt werdende Etablissements an Gesellschaften, Künstler 
und bemittelte Untertanen weiter zu vergeben." Dies wurde ge- 
schrieben ungefähr um dieselbe Zeit, als die Kosten der Frankenthaler 
Porzellannianufaktur auf 15^5 ()41) fl. herangewachsen und für die Mos- 
bacher Fabrik etwa 30(X)0 Ü. aufgewendet worden waren. Es scheint 
also, als habe sich damals bei den Räten Karl Theodors die Über- 
zeugung von der ünhaltbarkeit des bis dahin wichtigsten Finanz- 
grundsatzes im Fabrikcnwc.^cii Üahn gcl)roc]ien, daH nämlich Fabriken 
auf Kosten des Staates (mi]l'(m ichtet und hetriebeu werden müßten. 
Noch 1775 schrieb Emmermann: ,,Daß die Manufakturen und Fabriken 
einen großen Ted <ier dauerhaften (ilückseligkeit eines Staates aus- 
machen, ist ein el^enso wichtiger unumstöUlicher Satz, als daß sich 
wenige Privatleute und besonders Kunstverständige erfinden lassen» 
die durch eigene Kosten und Vermögen jene anzulegen imstande 
sind, jeznweilen aber auch durch irielfältige Schwierigkeit und dem 
Commerce anklebende Ge&hr von jenen dem Staat und sich nütz- 
lichen Unternehmungen abgeechrOcket werden. Es ist daher not* 
wendig, daß die landesväterliche Milde und Stflrke hierin den ersten 
Stein lege etc.** Das gesamte Fabrikwesen der Pfalz verdankte diesem 
Grundsatze sdne Entstehung, einem Grundsätze, der eben so sehr in 
den merkantilistischen Anschauungen der Zeit begründet zu liegen 
scheint, als er für die Despotien des 18. Jahrhunderts charakteristisch 
ist. Darauf ist von H ausser^) besonders hingewiesen worden. Nach 
dem Muster aller glänzenden Despotien wurden auch in der Pfalz 
mit schweren Geldopfern Fabriken eingerichtet und so eine künstliche 
Industrie geschaticn. Namentlich in Frankenthal, „der ersten Fabrik- 
stadt der Pfalz", wie die Zeitgenossen mit Stolz sie nannten, waren 
alle möglichen Industriezweige angesiedelt worden, die ein Zeuguis 



1) Hüueser a. a. O., 8. 921. 



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— 31 — 



von (lein Eifer des Landeslierrn ablegen sollten, mit dem er die In- 
dustrie förderte. Dali auch die Frankenthaler Porzellanmanut'aktur, 
die übrigens für den Kurfürsten noch von besonderer Bedeutung war, 
weil sie seinem Luxusbedürfnis diente, zu diesen kiiii-TliclKm Scliöpfun- 
gen gehörte, ist schon von Zais') bemerkt worden. Audi Mosbach 
reiht sich ihnen an, und wie bei der Frankenthaler Manufaktur die 
Stimme v. Maubuissons für ihre Forterhaltuug ausschlaggebend 
war [wie Zais*) an derselben Stelle bemerkt], so war auch bei der 
Mosbacher Fabrik dieser Mann die Veranlassung, dafi man das Werk, 
allerdings ohne herrschaftlichen Zuschofi, an List zum Weiterbetrieb 
fibergab. 

Die Grflnde fibiigens, die in der Siteren nationalökonomischen 
Literatur, so bei Justi') und bei Krflnits^), als gegen den Kameral- 
betrieb sprechend angefflhrt werden, sind nieiit stichhaltig, wenn es 

heißt, die Kammer sd nicht allein der vielen Bau- und Reparatur^ 
kosten und Abgaben, sondern auch aller Gefahr dabei überhoben, 
und habe dennoch die Zessionsgelder und andere Vorteile, die sie 
sich ausbedingen kann, zu genießen. Auch könne sie aller ihrer vor- 
sichtigen Anstalten und Maßregeln uneraciitet den Betrug und die 
Unterschleife niemals so ^nit verhüten, als ein Entrepreneur, der be- 
ständig gegenwärtig ist. Während der letztere (jedanke durch die 
heutigen Fabriken in Staatsbetrieb längst widerlegt ist, würde der 
erste Vorwurf sich von selbst behoben halben, wenn man niciit nur 
alte, baufällige, dem Einstürzen oft ualie Baulichkeiten für die Ein- 
richtang von Fabriken als passend erachtet hätte. 

Im Dezember 1781, gerade als List von seinen Verpflichtungen 
gegen die Darlacher Fabrik befreit war, wurde die Übereinkunft 
zwischen List und dem nomine eleetoris handelnden v. Ifaubuisson 
durch Untersdirift Lists unter den Erbbestandsbrief vollzogen. Im 
Januar 1782 stellte Beibeld ein Inventar auf, „so gut es ging, denn 
es herrschte in den Magazinen und der Materialkammer eine solche 
K&lte. daß niemand so lange darin verweilen konnte, als nötig war, 
um jo<len Gegenstand einzeln aufzunehmen.** Die Fabrik war auf 
23 546 ii. 14 7, kr. abgeschätzt worden, und zwar 

1) E. Zais, Die Frankeiitbaler Porzellan fabrik. Zeitacbr. d. Bayeiiacbeu 
Kunätgewerbevereiiis in Müjichen, 1894, S. 102. 

2) Derselbe beseichnet ihn als dnen „kSuflichea** B^erungpmt 

3) V. Justi, Vollständige AUuuidlung von Mannfakturan und Fabriken. 

Kopenhagen 1761, Bd. II, S. 419. 

4) KrAnitz, Ökonomisch-techniache Enzyklopädie, Bd. XJI, 8. 32b, 329<. 



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- 32 - 



Bmilidikeiten 6853 fl. — kr. 

GeriUschafteD 1407 .. 42 

Formen und Modelle .... 2886 „ 49 

Materialien 1 262 53 „ 

Fftyenoewaen 5 499 „ 13 „ 

„ raub, |ebr. glaa^ . 52 24 

unglasiOTt ... 75 ,. 4' , ., 

unpcbraiiiit ... Iti ., 39 „ 

Waren bei den Magazinier» . . 3766 ,. 41*/, „ 

PtaNiva 8 121 „ 26»/> 

23941 II. fi2V, kr. 

Da die Fabrik in Erbbe&tand gegeben wurde, bo war diese 
Samme nicht zu zahlen; nur die Geritsdiaften und Materialien wurden 
mit 8000 IL als „Fiindationskapital** im Erbbestandsbrief in Bechnung 
gesetzt, und es sollte diese Summe zur Hfilfte nach Ablauf von 30 
Jahren zarflckgezahlt werden, wahrend man die andere Hfilfte als 
Meliorationsgelder in die Gebäude verwenden sollte. 

In der Rechnungsablage wies Reibeid nach, daß ein Grund- 
kapital von H402 fl. in Gebäuden, Formen, Modellen und Geräten 
vorhanden, sowie ein Unilaufskapital von 8823 fl.. wie es die nach und 
nach gemachten Aufwände ergaben, nachweisbar sei. Die Passiva der 
Fabrik beständen teils in Reparaturrechnungen von Handwerkern, die 
noch nicht bezahlt waren, teils in Forderungen von Kaufleuten für 
gelieferte Kohstotie. Rechne man diese von dem Wert der verfertigten 
Geschirre, wie sich solche teils bei den Kaufleuten, teils l)ei den 
Magazinen befinden, ab, so ergebe sich ein Überschuß von 993 H. 
55 kr., wovon gemäß frülieren Festsetzungen Tännich V$ = 662 fl. 
36</3 kr., die Kammer V, — 331 fl. 18'/» kr. zu bekommen hätten. 
Diese letztere Summe ward auf Anordnung der Hofkammer an Beibeld 
als „douceur" fflr seine Mfihewaltnng ausgezahlt, Rechnnngsablage 
und Inventar wurden durch den Fabrikenüsvisor Weifi als richtig 
bestätigt, Beibeld schlofi seine Zahlungen am 15. Januar, das Fabrik- 
personal wurde aus dem herrschaftlichen Dienste entlassen, und List war 
somit in den Besitz der Fabrik getreten. Es wurden 10 Aktien aus- 
gefertigt, von denen leider keine Abschrift bei den Akten sich erhalten 
hat; 13 davon nahm List, und wie mit Bestimmtheit angenommen 
werden kann, als heimlicher Aktionär, v. Maubuisson. 3 entfielen 
auf Johann Martin Rr>nier (od. Remer, auch Roemer geschrieben) in 
Mannheim, dessen Beruf in den Akten nicht näher bezeichnet ist. und 
3 auf den Rat Algardi; sie wurden nicht nur Aktionäre, sondern 

1) Da in der Fabrikkas-se kein Geld war, so bezahlte man wohl diese 
Summe von den eingehenden lifträgen für verkaufte Geschirre; man koonte also 
streng genommen nicht von einem Reingewinn sprechen. 



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- 33 — 



gleichzeitig Assoziäs und stille Gesellschafter. List hatte also die 
Bestimmung des Erbbestandsbriefs umgangen« wonach er mit den 

Assozi^s zusammen 12 Aktien haben sollte, während 6 an Aktionäre^ 
die nicht gleichzeitig Assozi^s sein durften, verkauft werden sollten. 
Die Fabrik wurde als FayenoegeseUsdiaft List .V Co. allen Zollstellen 
und Zollbereitem bekannt gemacht, und List leitete sie vorläufig von 
Dnrlach aus. Die Ent^cliädifjungen an Weiß und Walz wurden von 
der Hofkainmer ül»eriu)ninien und aus Schatzungsgeldern bezahlt. 

Es entstand jetzt die Frage, was mit Tännich werden sollte, der 
zwar 2(X) fl. Pension bezog, aber natürlich damit niciit auskam, um 
so weniger, als er an vielen Orten größere und kleinere Beträge 
schuldig war, die, zum Teil bei der Hofkammer eingeklagt, auf deren 
Verfügung hin in kleinen liaten von der Pension abgezogen wurden. 
Der ehemalige Direktor wandte sich an Se. Durofalaucht mit der Bitte 
um Unterstatzung; er stellte vor, daS er fiber 9 Jahre mit aller mög- 
lichen Muhe, Sorgfalt, Fleiß und Treue der Fabrik Torgestanden. 
Nun sei er seines Verdienstes gSnzlidi {beraubt; sein Alter und seine im 
Dienste der Fabrik zerrüttete Gesundheit gestatteten ihm nicht, an ein 
anderes Etablissement zu gehen, und doch habe er eine Fhtu und 6 
unversorgte Kinder zu ernähren. Sein Schicksal mochte Mitleid er- 
regen. Reibeid und Weiß verwendeten sich fQr ihn, selbst v. Maubuisson 
legte ein gutes Wort für ihn ein, „ohneraclitot er nicht leugne könne, 
daß Tännich die schändlichste Arbeit verfertiget". Aber was sei an- 
zufangen? Man habe es mit einem bettelarmen Manne zu tun, der 
nichts als Kinder hat. So erhielt er denn ans der Mosbacher, später 
aus der Nerkarelzcr Rezei)tur •> Malter Korn und ebensoviel Klafter 
liuchenliulz pn» ,lahr. Weitere Unterstützung lehnte 8e. Durchlaucht 
ab, da er schon zuviel (inade an Tännich verscli wendet habe. 

Bereits bei <Ier Übernahme der Waren im Januar hatte List sich 
über das viele „unklangbare Zeug" (d. h. wohl rissiges. iiiil;^!,iTenes 
Geschirr) beschwert, das ihm zu hohen Preisen mit uugereclinet 
worden sei. Im Juni kam er wieder mit einem langen Berichte, worin 
er eine ganze Reihe Ton Beschwerden vorbrachte. Nach seiner Dar- 
stellung waren die mit 2886 fl. angeschlagenen Formen und Modelle 
sämtlich unbrauchbar, da sie teils zerbrochen, teils abgenutzt, alle 
aber von «^tesker Form** seien. Mithin waren neue anzufertigen. 
Die Aufienstände von 2040 fl., fOr Waren auf Kredit abgegeben, er- 
wiesen sich teils als „illiquid^ teils wollten die Händler statt der 
Zahlung die offenbar schwer verkäuflichen Waren zurücksdiicken. 
Auch die auf dem Fabrikmagazin befindlichen Bestände waren nach 

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- 34 - 



seiner Angabe derart, dafi niemand sie kaufen wollte und man dem- 
gemäß nidit hoffen konnte, mehr als die HiUfte aus ihnen zu lösen. 
Aus diesen Gründen forderte er eine Herabsetzung der 8CKX) fl. auf 
4(>M> fl. Er bat ferner um schärfere Durchfülirung des Privilegium 
expressivum, sowie um Befreiung von Chausseegeld, da diese Abgabe 
unnötigen Aufenthalt, „De]ieiisen - und Verdrießlichkeiten mit sich brinfje, 
endlich um Freipässe für die durch Händler und Kärrner nach Bayern 
zu verführenden Waren. Seitens der Hofkammer wurde diesen Wün- 
schen in zuvorkommendster Weise Rechnung getragen; alle Bedenken, 
die hier laut wurden, überwand die AUmacIit v. Maubuissons. So hatte 
ein Mitglied der Hofkammer die Befreiung vom ChftasBeegeld für vn» 
zulässig erklirt, da nach der wGeneralaehatz- und Chauaseegeldordnung** 
niemand von dieser Abgabe befreit werden könne; es schlug vor, am 
£nd9 des Jahres gegen Vorzeigung der Quittungen Rflckvergfltung 
eintreten zu lassen. Ein Erlaß Serenissimi bestimmte indessen, daß 
man auf die Gesellschaft die möglichste Bflcksicht nehmen und sie 
von Zoll und Cbausseegeld befreien sollte. Da die Durchfflhrung 
dieser Maßnahme auf Schwierigkeiten stieß, sofern man die Mos* 
bacher Ware mangels eines Fabrikzeichens von andern schwer unter- 
scheiden konnte, verordnete Se. Durchlaucht, daß die Mosbacher Fabri- 
kate, soweit vor Lists Direktion hergestellt, mit dem Zeichen M. 
später verfertigte mit S; zu bezeichnen seien i). Alle Händler nun, 
die mit Mosbacher Fabrikaten „per consumo" handelten, sollten eine 
spezifizierte Rechnung von der Fabrik erhalten, bei den Z(tlll)tdinr<len 
vorlegen und dafür ein von den Zollstellen auszufüllendes Foinmlar 
empfangen, wonach der Betreffende für o Monate, unter Iniständen 
auch längere Zeit, für dieses Warenquantum Chausseegeld- und ZoU- 
freiheit erhielt. Auch B^reiung von Kraneilgeld erhielt list auf sem 
Ansuchen hin. Es handelte sich hierbei um die Abgabe, welche 
die Kaufleute beim Verhüten ihrer Ware audi dann zu zahlen 
hatten, wenn sie ihre Waren gar nicht mit dem Kran verladen ließen. 
Die Enthebung von dieser Abgabe bedeutete wohl eine wohltätige Be- 
freiung von einem Ifistigen Zwange. Dasselbe Reskript, das diese 
Vorteile verordnete, wies ferner die ZoDbehörden an, alle fremden 
Waren unweigerlich zu konfiszieren und an List einzusenden, der 
sie dann außer Landes bringen würde. Aus dem Konfiskations- und 
Versteigerungserlös sollten die Visitations- und Denunziationsgebahren 
gezahlt werden. 

1) Wir erwähnen die Marke hier kons, um Bp&ter (B. 7^ noch eminal dut^ 
Mf zu »precben zu kommeo. 



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— 35 — 

Im Jahre 1802 hatte List eine scharfe Ausehiaiidersetzung mit 
dem Stadtrate zn Moshach wegen seiner Gerichtsbarkeit Der Streit 
wurde durch folgenden Vorfall veranhifit Der Obenuntsschreiber Naufi 
hatte zwei Söhne, die Werbeoffiziere waren und sich mit ihrem Werbe- 
korporal in Mosbach aufhielteD. Unter den Arbeitern der Fabrik be- 
fand sich ein wohlgewachsener junger Mann, der Sohn des Hrenners, 
namens Brenner; auf ihn hatten die Werber es offenbar abgesehen. 
Durch liewirten mit IJier, Wein und Essen hatten sie seine Freund- 
schaft gewonnen. Da List selbst um diese Zeit trerade in Mannheim war. 
hatten sie sicii nicht gescheut, sogar in die Arl)eitsräume der Fabriiv 
zu kommen, um iiier mit dem jungen Brenner zu zechen, bis man sie 
endlich von dort verwies. Kh war den Werbern bis dahin aber noch 
nicht gelungen, den jungen Mann zu fangeu. Eines Sonntags abends 
nnn hatte der junge Brenner abends nach 10 Uhr mit seinen Eltern, 
zwei Drehern und einem Maler der FMk im Wirtahaiise gesessen. 
Vom Stadtdiener an die Polizeistunde erinnert, tnmken sie aus und 
machten sich auf den Heimweg. Dabei begegneten sie dem Werbe- 
korporal, der mit mehreren jungen Burschen auf der Strafie stand, 
auf den jungen Brenner zuging und ihm sagte, er solle sich nach 
Hause scheren, sonst werde er ihm die Wege weisen. Offenbar 
handelte er Im Auftrage; er sollte Händel anftmgen, um den jungen 
Mann dann als unruhigen Kopf und Schwärmer einzufangcn. Der 
Bursche kehrte sich jedoch klugerweise nicht an die Worte des Kor- 
porals, während der Maler Unger, der schwerhörig war, auf den Unter- 
offizier zuging, um zu fragen, worum es sich handele. Der Korporal 
antwortete barsch, gab dem Maler wohl auch einen leichten Hieb mit 
seinem Stocke. Unger faßte das falsch auf, warf sich auf den Kor- 
poral und da er ein sehr starker Mensch war, spielte er ihm (ibel 
mit. Bürger liefen hieilici und riefen den Polizeidiener, der den hart 
mitgenommenen Korporal endlich von seinem Gegner befreite. 

Der Vorfall erregte natürlich großes Aufsehen. Magistrat und 
Polizei erhoben bd dieser Gelegenheit KUge fiber die aufBlssigen 
Fal»flmrbeiter, die bei jeder Kleinigkeit Bauferrien anfingen und 
wenn Polizei einspringen wedle, auf ihre Sondergericfatsbarkeit sieh 
beriefen. Schon Montag früh meldete man der Tante Liste, daß man 
dem Maler auflauere, um ihn, wenn er zur Mittagszeit in die Stadt 
gehe, wegzu&ngen. Die Tante, die in Abwesenheit ihres Neffen in 
der ganzen Angelegenheit mit großer Besonnenheit handelte, behielt 
Unger auf der Fabrik und begab sich zu dem Stadtschultbeißen Klotten, 

um seinen Bat einzuholen. Obwohl dieser ihr beruhigende Zu- 

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— 36 — 

siGherungen g»b| hidt sie es doch flQr das beste, um allen Weiterungen 
zn en^hen, 6im Maler zu entlassen, obwotd der fleißige, ordentliche, 
sonst stets nflchterne Mensch ihr leid tat. Übrigens sagte sie dem 
Stadtschultheißen ihre Meinung; die Sache würde aar SO autgebauscht, 

weil es sich um einen Soldaten handele; da mache man aus einer Mücke 
einen Elefanten. List, dem diese Sache alsl)a!(1 IxM-ichtet wurde, wandte 
sich an die Fabrikendirektion und forderte energisch l^nterstützung. 
Wohin sollte es führen, wenn er gewärtig sein müsse, daß ihm 
seine geschicktesten Leute, die er sich erst herani^ebildet habe, durch 
die Werber entführt würdenV Der iMa<^i.-tiut beklagte sich ebenfalls 
bei der Fabrikendirektion. Man solle diu angemalite Gerichtsbarkeit 
beschrilnken oder aufheben, andernfalls aber dem Direktor mitteilen, 
daß er kflnftig fflr die Anssdiweifungen seiner Arbeiter verantworUidi 
gemacht werden wflrde. 

Ein kurl&rstlidieB Reshript ordnete eine strenge Untersuchung 
an und versprach der Fabrik und ihren Arbeitern gegen alle Über- 
grilfe weitreichenden Schutz. Die mit der Angelegenheit betraute 
Behörde jedoch zog in bareankratisch weitsdiweifiger Weise erst 
Erkundigungen ein, wie weit die im Privileg gewährte Gerichtsbarkeit 
der Fabrik sich erstrecke. Man hatte also höheren Orts selbst keine 
rechte Vorstellung von dem Inhalt des Privilegs der niederen Gerichts- 
barkeit und schlug endlich vor, dieselbe auf den Bereich der Fabrik 
zu l)eschränken. Dagegen erhob List energisch Einspruch. Es würde 
zu Millionen Verdrießlichkeiten führen, wenn man die Leute unter die 
Gericlitsbarkeit des ÄLigistrats stelle, um so mehr, als dieser sowie 
die Bürgerschaft leider der Fabrik feindlich gesinnt seien; auch habe die 
Vergünstigung dann keinen Zweck. Noch ehe die Untersuchuni,' beendigt 
war, schaffte List plötzlich die Sache durch emeii \'ergleicli aus der 
Welt. Er nahm alles zurück, was er im Verlaufe des Streites den 
Gebrttder Nauß vorgeworfen hatte; dafür verspradimi ihm diese, in 
Zukunft seine Fabrikarbeiter in Ruhe zu hissen. Mit dem Stadtrate 
einigte er sich dahm, daß diesem die Gerichtsbarkeit fiber die Arbeiter 
in allen Polizeisachen ohne Ansehung der Person, ihm, dem Direktor, 
In Personalklagen und Zivilsach^i zustehen solle. Bei Streitigkeiten 
zwischen Einwohnern und Fabrikarbeitern sollte, „sofern es kein zur 
hohen Gerichtsbarkeit behörender Voi wurf sei", die Rechtspflege ge- 
handhabt werden nach Art und Weise, wie es in der ,Jurisdiktions- 
Satzung" zwischen Zivil- und Militärbehörde vorgeschrieben war. 

Offenbar hatte List gelindere Töne angeschlagen als im Anfang 
der Angelegenheit; wahrscheinlich weil sein Vorrecht, die niedere 



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— 37 — 



Gerichtsbarkeit über die Arbeiter, auf «lern Spiele Htand. Gewonnen hat 
er in dem Streite nichts, als was er schon besaß: es scheint, als hätte 
er diese Zuständigkeit in Klagen „quoad civilia*' aucli ;inf Polizeisachen 
ausdehnen wollen. Vielleicht hat er aber selbst nicht gewulJt, dati ein 
Vorfall wie der soeben dagewesene eben keine Zivilsache wai' und nur 
im ersten Eifer geglaubt, auch hierin zuständig zu sein. So diente das 
Ereignis als PrSzedenzM fflr die Auslegung eines Privilegs, das wohl 
nur in den seltensten Fällen an Fabriken verliehen wurde. Denn selbst 
Hannong, der fttr die Frankendialer lAanulaktur^) zaUreiche Vergfln- 
stigungen eriiielt, erreichte doch nur Unterstellung unter die Fabriken- 
direktion, nidit eigene Gerichtsbarkeit ««quoad dvilia"'). 

Kaum war der Streitbll erledigt, so geriet List mit dem Ober- 
amtmann Müßig in Differenzen wegen der Übergabe der Schlofjf,'eb;Uide 
samt Zubehör, die er sich im Erbbestandsbrifife mit der Fabrik hatte 
übertragen lassen. Es handelte sich dabei um eine Wagenremise und 
einen Keller, dessen Eingang noch im Bereiche des Schlosses lag, 
während der Raum selbst unter das sog. alte Amtshaus, das nicht 
mit in Erbbestand gegeben war, sich erstreckte. Der Oberamtmann 
behaui)tete, daß der Keller aus diesem Grunde nicht mit zum Schlosse 
gehöre: List wies auf den Erbbestandsbrief hin. nach dem das Schloß 
samt ,,Hofraith" übergeben sei. Er einigte sich indessen auch hier 
und überließ den Keller an Müßig gegen eine jälirlich Miete von 8 fl., 
wodurch eigentlich der Oberamtmann die Bereditigung der Ansprüche 
Lists anerkannte. Er tat es vielleicht nur, weil die Fabrik von oben 
her wiederum aufs kräftigste unterstützt wurde. 

Da list vorläufig aus den Aktienbeträgen genflgend Betriebs- 
kapital zur VerfQgung stand, so ging der Betrieb zunächst ganz flott 
Stohs verkQndete er, daß seine Ware bei dem Publikum reißenden 
Absatzes sich erfreue, die Fabrik sich in gutem Zustande befinde und 
man die besten Hoffnungen für die Zukunft hegen dürfe. Dies sagte 
er in einer Greneralversanimlung der Aktionäre, die im März 1783 
stattfand, und in der v. Maubui.s.son den Vorsitz führte. Trotzdem 
verlangte er Nachschüsse. Die Aktionäre bewilligten die Summe, ver- 
langten aber, Maubuisson solle sich bei Sr. Durchlauclit dafür ver- 



1) Zais, Die Fraokentbaler Porzellan fabrik. Zeitiichrift des Bayerischen 
KanstgewerbeveMins in MflndMn, 1B94. 

2) Die Fabrik zu St. Georgen bei Bayreuth IksüH ebenfalls die niedere 
Gerichtsbarkeit iiiier ihre .Arbfitcr, doch wurde dieses Vnri n ht 176!! hf i f iiier Neu- 
beetätiguii<< der Privilegien nicht wieder zugestanden. ötieUa, Die keramische In- 
dustrie in Bayern während den 18. Jabrh. l'JOO, S. 18 and 22. 



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- 38 — 



wenden, dati die laut Erbbestandsbiief nach 30 Jahren zu zahlende 
Summe von 4000 t\. ilmen erlassen werde. Maubuisson, dem. wie es 
scheint, nichts zu hoch war, um es fttr die Fabrik zu bewilligen, er- 
reichte es denn auch, dafi von dem nrsprflnglich auf 8000 fl. fest» 
gesetzten JPundationskapital" gar nichts mehr fflr die Zurackzablung 
gefordert wurde. Er rechtfertigte das Verlangen mit dem Hinweise 
auf die „unbeschreibliche Neigung**, welche List ft Co. zur Empor- 
bringung der Fabrik an den Tag legten, und auf die betrSchtlidten 
Geldsummen, die sie aufwendeten, damit das Werk nicht ins Stocken 
geraten möge. In dem Ileskript, das den Naclilafi der Summe anord« 
nete, werden als Gründe dafür die Unbrauchbarkeit der Formen und 
Modelle, die „lUiquidät der Außenstände, der baufällige Zustand der 
Gebäude, die notorische Güte der Listscheu Waren und ilir sicli 
immer ausdehnender Debil" angeführt, Angaben, mit denen man schon 
die Tännich p;ewährto Herabminderung des Kaufschillings von 14 (XX) 
auf 10 CHX) H. gerechtfertigt hatte. Wenn außerdem als druiKl an- 
geführt wird „wegen Consolidierung dieses inländischen und in diesem 
Artikel einzigen Nahrungszweiges", so ist dieser Satz wohl der l)este 
Beweis für den geringen Scharfblick Maubuissons und der Fabriken- 
komnussare. Es scheint, daß man auf jeden Fall Fayencegeschirre 
ghiubte produziomi zu mllssen, unbekflmmert ob der Ort, wo die 
Fabrik sich be&nd, audi zur Anlage eines sdchen Werics geeignet war. 
Ifaubuissons Äußerungen verraten deutlich, dafi man Mosbach für das 
Etablissement nur deshalb ffir den passendsten Ort hielt, weil dort 
herrschaftliche Oebftnde sich befanden, mit denen man „sonst nichts 
weiter anzu&ngen wußte**. Daß die Erde sich nicht eignete, hätte 
man aus den bisherigen Mißerfolgen folgern können, wenn man ehr- 
lich gewesen wäre. Indessen wollte man dies durchaus nicht zuge- 
stehen, und noch 1810 heißt es in einem Gesuche der Fabrilc, sie sei 
durch das rohe Material sehr bc,i;ünstigt. 

Es kann keinem Zweifel untnrlie^'en, dafi List sidi große Mühe 
gab, den Absatz in die Höhe zu l»ringeii. Er richtete, wo es daran 
fehlte. Magazine ein. bereiste sie seli)st und hielt mit den Magaziniers 
Abrechnung. Besonderes Glück scheint er nnt seinen Waren in Ober- 
schwaben gehabt zu haben, denn noch lange nachher bliel) dieser Kreis 
das Ilauptabsatzgciiiet der Fabrik. Das Ziel mehrfacher Reisen nach 
München mag wohl die \'ergrößerung des Absatzes in Bayern gewesen 
sein. List hatte offenbai große PlSne; denn obwohl zu dem Werke 
laut Erbbestandsbrief bereits das alte und neue Schloßgebäude gehörten, 
wttnschte er dennoch ein zur Gemarkung der Stadt gehöriges Areal in 



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der Nähe des Schlosses anzukaufen. Allein hier zeigte sich wieder, 
wie wenipf j^ünstisz man städtischerseits der Fabrik gesinnt war. Der 
Stadtrat wollte sich anfangs überhaupt nicht zur Hergabe des ha.'^- 
lichen Grundstflcks verstehen, obwohl er nicht in Abrede stellen konnte, 
daß das Tenain von niemandem benatzt watde. Als er sidi endlich 
dazu herbeiliefi, bebarrte er bei Aufetellnng des Kaofkontraktes auf 
Bedingungen, die, wie der zwecks Absebitzung des W^s hinzu- 
gezogene Saehverstflndige sehrieb, bei der geringsten Verlndening in 
der Leitung der Fabrik zu Prozessen und Streitigkdten fahren mußten. 
Es wurde daher auf Grund einer Beschwerde seitens der Fabrik von 
8e. Durchlaudit Enteignung angeordnet; die Fabrikenkommission solle 
List unter „Beobachtung aller FeierÜcfakeiten'' einweisen. 

Die von List geplanten Bauten waren eine neue Glasurmflhle 
am sogen, „Schlund", ein neuer Brennofen, wohl auch einige kleinere 
Gebäude, als Sr']mii])on oder älinliches; die Kosten veranschlagte er 
auf •J.'')(i*H) ti. Neben dieser Summe verlangte er in der Sitzung der 
Aktionäre von 1784, die wieder unter \'orsitz Maiibuissons stattfand. 
4<M) t\. für Reparaturen, 27(MJ fi. Betriebskai)ital. wahrscheinlich für 
Löhne, und 'MMX) Ü, für Holz auf 2 Jahre, im ganzen also 61Ü0 ti., 
von welcher Summe 3500 fl, durch Verkauf von Waren und einen 
letztbn Aktiennachschuß gedeckt werden sollten. Die Assozi^ be- 
wUliglen die Gelder unter der Bedingung, dafi List efarenwOrtlich sich 
verpflichte, fortan die Gesellschaft nie mehr mit Geldzusehflssen anzu- 
gehen und zu belSstigen. 

Trotz aller Bemfihnngen aber entwickelte die Flabrik sich nicht 
in der Weise fort, wie es Im Anfange den Ansehein gehabt hatte. 
List schob dies auf die erdrfldcende Konkurrenz der ausländischen 
Fabrikate, die bei der lässigen Handhabung des landesherrlichen ^'er- 
l)Ots noch immer Eingang fänden. Besonders wurden solche Waren 
auf Messen und Kirch weihfesten verkauft und ausgespielt, auch setzten 
Hausierer, die das pfälzische Gebiet nur passierten, in'clit wenig ab. 
Gerade die letzteren waren natürlich srliwer zu fassen, man konnte 
ihnen nie nachweisen, wieviel Waren sie überhaupt mitgebracht hatten. 
Es wurde deshalb angeordnet. daB diese Leute, ebenso wie andere 
Händler, die ausländische Waren als Durchfuhrgut durch pfälzisches 
Gebiet beförderten, ihre Waren zu verzollen hätten, sobald sie Kur- 
fürstliche Lande betraten. Über die Höhe des Zollsatzes wurde List 
befragt Er schlug vor, 10 kr. pro ÖO kg zu erheben, da der Wert 
eines Zentners Fayencegeschirr 10 fl. angenommen werden mfisse; 
llbrigens sei dies auch der Modus des Knrmainzischen Zollrotuls. Ab- 



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- 40 — 



geholfen wurde dem Übel hierdniGh auch nicht. Gerade dedarch« 
dafi man die Hausierer zum Aufenthalt zwang, wurde bei der Lässig- 
keit, mit der die plSlzisehen Beamten die Aufsicht führten, der Verkauf 
fremder Fayence nur erleichtert An&ngs sollte die Verzollung unter 
Aufsicht eines FayencehSndlers des betreffenden Ortes vor sich gehm, 
und dabei wäre sicher eine scharfe Kontrolle möglich gewesen. Sie 
erwies sich jedoch als unausführbar, weil die Hausierer »las Gebiet nun 
an Orten betrat«!, wo kein mit Mosbacher Fayence Handelnder sich 
befand. 

17!-^4 scheint Lii^t Kapital eingeschossen zu haben; denn in 
diesem Jahro ließ die Kiitin List sich ihron Anteil an der Durlaclier 
Fabrik, ca. st k m ) fl., auszahlen und siedelte wühl auch selbst nach Mos- 
bach über. Wenngleich nichts für die Annahme spricht, daß diese 
ganze Summe auf das Mosl)a<'her Etablisseinent verwendet wurde, so 
doch sicher ein Teil, wahrscheinlich, weil die Associes sich gegen weitere 
Zahlungen sträubten. 

Dodi das verhinderte den Rückgang des Werkes nicht Im 
Jahre 1785 urteilte Hofhammerrat Speyerer aus Frankenthal, ein im 
Fabriken- und Koromerzialwesen wohlbewanderter Mann, nach ehier 
eingehenden Besichtigung, die er wohl auf Veranhissnng der Assozite 
unternommen hatte, dafi die Fabrik sich in einem sehr traurigen Zu- 
stande befinde. Zur Abhilfe d& nüfilichen Lage schlug er vor, das 
Werk von den auf ihm ruhenden Lasten, d. h. von der Zahlung der 
Tännichschen Pension, sowie der 19. Aktie, zu befreien, jälirlich 200 
Klafter Holz aus Kameralforstcn /u bewilligen und ihm, als einem 
erfahrenen Manne, einige Aufsicht über die Fabrik zu erteilen. Die 
Antwort Sr. Durchlaucht fiel — das erste Mal! — ungnädijj aus: es 
hieß in dem Reskript: „So mißfällig' Se. Durchlaucht aus dem Hericht 
entnommen haben, daß dieses durch PrivileL'ien in allem Betracht so 
vorzüglich begünstigte Etablissement in einer ^oich kurzen Zeit der- 
maßen rückgängig geworden, daß solches sicli wirklich in den miß- 
lichsten Umständen befindet und durch ander weite dem Ärai" allzu 
beschwerlich fallende Begünstigungen wieder aufgeholfen werden soll, 
so wenig gedenken HOehstdieselbe, mehr zu bewilligen, als was das 
Privileg enthält Se. DurchUiucht wollen vielmehr gnädigst, daß dessen 
gänzlichem Inhalt und den zu leistenden Verbindlichkeiten das ohn- 
brOchige Geniige geleistet werden soll** 

Die Gesellschaft kam dem aber nicht nach, namentlich zahlte 
sie die Pension an Tännich nicht mehr aus, so daß der frühere Direktor 
1786 Klage beim Hofgeridit einreichte. Er konnte sie nicht mehr 



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- 41 - 



gegen List & Co. anstrengen, denn im Januar 1787 war die Firma 
in Römer \: Co. iinigewjindelt worden. List war unter Hinterlassung 
von Schulden getiüchtet, nachdem er — wie die Assozies angaben — 
von den ihm anvertrauten Geldern 8000 fl. unterschlagen hatte. 
Wahrscbeiiilich hatte er sich von der UnmOglicbkeit flbttrzengt, das 
Werk in die Höhe zu bringen, seine eingeschossenen Gelder nach 
Möglichkeit zn retten gesucht und unter Vorgabe einer Reise sidi 
auf und davon gemacht Die Aktionäre, die nach und nach schon 
20000 fl. in das Werk verwendet hatten, sahen sich genötigt, den Be- 
trieb selbst zu flbemehmen, und da keiner in Mosbach selbst ansässig 
war. so übertrugen sie die Leitung einem Faktor, der in nebensäch- 
lichen Fragen an die Einwilligung des Bevollmächtigten der Assozies. 
des Advokaten Lucas, in wichtigen Entscheidungen an die der Prinzipale 
selbst gehimden war. Der erste Faktor hieP» Falck (bis ca. 171M)), in 
späterer Zeit wird ein Faktor Münzing genannt: bei beiden läßt sich 
nicht feststellen, woher sie gekommen sind und ob sie vielleicht an 
einer anderen bedeutenden Fabrii< Itereits tätig waren. 

In dem Tänniciischen Prozesse wurde die Fabrik durch den 
Advokaten Glaser vertreten; Tännich erschien mit seinem Rechtsbeistand 
Villers vor Gericht. Die Gesellschaft verwies den ehemaiigeu Direktor 
mit seinen Ansprüchen an die Hofkammer, und dieser, der wohl glaubte, 
dadurch eh«* zu seinem Gelde zu kommen, verklagte auch die Hof* 
kammer, namens welcher Advokat Vogd vor dem Gericht sprach. 
Dieser wies nun nach, dafi für seinen Mandatar keine Verpflichtung 
zur Zahlung der Pension bestehe; Tännich sei Direktor gewesen und 
wegen seiner schlechten Verwaltung und seiner Ungesdiiddichkeit ab- 
gesetzt worden. Die Hofkammer habe höchstens die Pflicht, die Ge- 
sellschaft zur Zahlung zu veranlassen. Das wolle sie tun. Übrigens 
habe Tänni li, indem er 3 Jahre lang die Pension sich von der 
Gesellschaft habe zahlen lassen, selbst anerkannt, ww zur Zahlung 
verpriichtet sei. Die Gesellschaft setze sich zusammen aus bemittelten 
Leuten, die eine solche tierinfre Summe schon zaiilen könnten. Römer 
& Co. wiesen auf die ungünstige I^ige der Fabrik liin. Sie erboten 
sich zu einer Entschädigungszalilung von 400 tl., unter der Bedingung, 
daß sie für die Zukunft von allen Verpflichtungen gegen den früheren 
Direktor losgesproclien würden. Übrigens hal>e Tännich, der nach Über- 
einkunft für seine Pension in der Fal>rik kleinere Dienstleistungen hätte 
tun sollen, diese seine PHicht nie erfüllt, sondern eine Fabrik von Holz- 
sparöf^n in Mannheim eingerichtet Man verzichte indessen gern auf seine 
Dienste und wolle sich anderweit um eine Stelle fQr ihn bemflhen. 



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— 42 — 



TftnniiAs RechtsbeisUuid wies demgegenüber darauf hin, daß 
sein Klient ein armer Mann sei, der die Pension zum Lebensunterhalt 
brauche, zanud seine Fabrik, die er mit zwei Arbeitern betrieb« nicht 
gedeihe. So wurde denn die Gesellsehaf t, wie zu erwarten war, nach 
dregflhrigem Prozessieren zur Zahlung der Pension mit rflckwirkender 
Kraft, Tmgung der Kosten und angemessener Beschiftigung Tännichs 
in der Fabrik verurteilt Alle Dienste, die er fiber seine Verpflichtung 
hinaus verrichten wflrde, sollten extra bezahlt werden. Das Jahr, in 
dem die Gesellschaft diesen Prozeß verlor, brachte der Fabrik noch 
anderes Unglück: der Protektor der Fabrik, v. Maubuisson, starb; 
an seine Stolle trat die Konimerzialkommission, die auch sofort Grund 
zum Einschreiten fand, da sich wiederum ^Inkonvenienzen" von Fabrik- 
arbeitern ercipTiet hatten und der Stadtrat deshalb Beschwerde führte. 

Die Falink scheint ül>rigons in diesem und dem vorliertrehenden 
Jahre beinahe stdlgestanden zu haben, so daß der Handelsmann Wein- 
gaertner zu Mainz, Besitzer der FayeiK efabrik Flörsheim, bei der 
Hofkammer um die Erlaubnis einkuni, seine Waren in kurjjfälzischen 
Landen vertreii)en zu dürfen, da „dem \'ernehmen nacli die Favence- 
fabrik zu Mosbach gänzlich eingegangen sei." Sein Gesuch wurde 
indessen abschlägig beschieden, and da in den nächsten Jahren der 
Betrieb sieh etwas hob, der Gesellschaft das Privilegium exdusivum 
et expressivum erneuert Zweifelnd heifit es aber in dem Beridit der 
Kommerzialkommission, die das Gesuch befOrwortete: »Wir glauben 
zwar nichti daß die Erneuerung des Verbots, fremde Fayencegescfairre 
einzufahren, der Fabrik grofien Nutzen bringen werde, weil dadurch 
der Verbrauch fremder Stemzeugwaren nicht gehindert wird; indem 
die Liebhaber dieser fremden Waren sich solche aus Worms M und 
anderen in der Nfilie L^olegenen Orten, wo ganze Magazine davon 
gehalten werden, verschreiben können, welches niemand verwehren 
noch verhindern kann." Wenn die Fabrikgesellschaft in ihrem Gcsuclie 
um Frneueruntr iles Privilegs ani^ab, sie hätten Iiis dahin weder 
Interessen noch (lewinn, sondern nui- den Ruhm gehallt. Inn Menschen 
beschäftigt und ernährt zu halien, so war das zweifellus übertrielien. 
Später angestellte Erörterungen ergaiien. ihili bei der Fabrik nie mehr 
als etwa 20 — 30 Personen beschäftigt gewesen sind. 



1) UfxT die Wormwcr Fabrik siehe Zais, Die Uischrifl. Wnriusisch«' Fnyt'iice- 
fabrilc Dinustein, und Stieda, Eine Denkschrift über die l)ischöfl. \Vormt»i*ihi' 
Fayencefabrik zu Dirmstein von 1779. Aunal. des Xass. Vereins für Altertum 
Qsd G«Mfaicht«kniKle, Bd. XXXIV. 



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UNIVF .: 

- 43 V r 

1793 verhandelte die Gesellschaft alicrmais mit der Hofkaninier 
wegen des Kellers und der Remise, die nuch luuiier von dem Oher- 
amtmann Müßig behalten wurden. Die Verhandlungen sind für die 
Geschichte der Fabrik in mannigfacher Hinsicht interessant, sie zeigen 
insbesondere deutlich, wie das Werk tatslchlidi nur durch den 
mächtigen Schutz Maubuisaoos gehalten wurde, gegen den selbst Leute 
wie der Oberamtmann keinen Einq»rucb zu erheben wagten. Es 
«rurde mit einer zur Geringfügigkeit des Objekts in keinem Verhfilt- 
nis stehenden HartnSckigkdt und Grflndlichkeit verhandelt Die Ver- 
anlassung zu den fortgesetzten Streitigkeiten lag darin, daß der Erb- 
bestandsbrief sich nicht dentlidi ausdrOckte. Mflßig behauptete, 
V. ^^a1l1ll1isson habe in seiner Abwesenheit nur auf die Angabe 
Reibeids hin. dafi die fraglichen Baulichkeiten zum Schlosse gehörten, 
sie in das Inventar aufgenommen. Er habe sich dagegen gewehrt, 
da er jedoch voraussah, daK ,.er bei dem aus mancherlei Gründen ') an 
Herrn und Frau T.ist geketteten sehr mächtigen und drückenden 
Manne- nichts ausrichten würde, so habe er nachgegeben. Die Parlit- 
summe von s fl.. die List für Überlassung der Räume an Müssig sich 
ausbedungen, hatte der Direktor nie erhoben, sondern gegen Wein 
aus der Mosbacher Rezeptur verrechnet. Die (iesellschaft bestand 
indessen auf Herausgabe der Raunihclikeiten, weil sie das ScliloÜ, 
das nie zu Fabrikzwecken verwendet wurde, in Afterbestand weiter 
yermiet^ Die Verhandlung«! zogen sich mehrere Jahre lang hin 
und endeten schließlich zu Ungunsten der Gesellschaft, der man be- 
deutete, sie habe überhaupt kein Recht, Baulichkeiten des Ärars, die 
zu Fabrikzwecken ihr flbergeben seien, an Dritte zu vermieten. Ein 
weiteres Vorgehen gegen dieses allerdmgs ungesetzliche Afterver- 
pachten erfolgte jedoch merkwürdigerweise nicht; es seheint, daß 
auch nacli dem Tode Maubuissons in derFkbrikenkommission Freunde 
der Falirik von Einfluß waren. 

Die Jahre 171)2—99 sahen die Pfalz als Kriegsschauplatz. Aller- 
dings bewegten sich die feindlichen Heere größtenteils auf dem linken 
Rlieiniifer. und so blicl) der Fnbrik in Mosbach das traurige Geschick 
erspart, das ihrer Schwester in Frankentlial i)cschieden war, wo die 
französische Soldateska einen großen Teil der Geschirre, dazu sämt- 
liche Formen und Modelle zerschlugt). Indessen wirkte der Krieg 

1) Es li^ hierin wohl eine Anspielung anf die Teilhabenehaft AbubamKHi» 

an den Aktien, die noniinoll im Besitze Li-iis waroii. 

2) Vgl. Reniling, Die Kurpfalz iu der Revolutionszeit von 17ü2— 99. 
fepeier löCö, Bd. II, Ö. 512. 



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- 44 ~ 



natürlich hemmend auf den ohnehin sciiwachcn Betrieb, und die 
Verwüstungen, die der Feind in den linksrlieinischen Oberämieru, 
woher die Fabrik ilir Holz bezog, anrichtete, trieben die Preise für 
diesen wentbehrlicheii Rohstoff in die Höhe. Bei der enormen Ver- 
armting*), die durch die Brandschatzungen des Feindes herbeigefahrt 
wurden, durfte die Nachfrage nach Fajenoegesebirr, das in damaligen 
Zeiten noch als Laxusartikel galt, auf den linksrheuiischen Gebieten 
aufierordentlich gering geworden seiUt und mit dem Frieden von Campo 
Formio, am 17. Oktober 1797, ging, infolge der Abtretung des Unken 
Rhdnufers an Frankreich, der Fabrik dieses Absatzgebiet vOllig verioren. 

Mosbach hatte während der Dauer des Krieges ein Lazarett Ztt 
unterhalten gehabt; auch die Fabrikengesellschaft war dazu herange- 
zogen worden. Nach Beendigung der Feindseligkeiten sollten an die 
Betcilifrten Entschädigungsgelder verteilt werden, indessen waren die 
Oberanitskasscn leer. Die (icscUschaft, die das alte Schloß zum 
Lazarett hergegeben und dazu fMiiu^ciiciitet hatte, gedachte mit diesen 
Entschädigungssummen die Hamlweiker zu bezahlen, die an den Iler- 
richtungsarbeiten beteiligt gewesen waren. Obwohl die Forderungen 
nur klein waren, ließ die (Gesellschaft sich vei klaf^^cn. .-tat! die Zahlung 
einstweilen aus eigenen Mitteln zu verlegen. Die Landesregierung 
erließ gemessenen Befehl an die „querulierende Sozietät**, ihren Ver- 
pflichtungen nachzukommen und die Zahlung der Entschädigung abzu- 
warten. Als die Fabrik dem Befehl nicht nachkam und zweimalige 
Versuche, das Geld auf friedlichem Wege zu erhalten, sich als erfolglos 
erwiesen, wurde scfalieBUch mit Pfilndnng gedroht 

Das war ein anderer Ton als der, welcher bisher angeschlagen 
worden warl Eine neue Regierung, neue Grundsätze waren maß- 
gebend, seit der liberale Max Joseph^), das ganze Gegenteil seines 
Vorgängers, mit seinem französisch gebildeten Minister Montgelas 
die Geschicke der deutsch gebUebenen Pfalz lenkte. Das erfuhr die 
Fabrik sehr l)ald, tils sie in einem Gesuche an die neue Regioning 
Beschwerde über Privat- und Kaufleute erhob, die in Avertisscinents 
und Zeitungsblättern den öffentlichen Verkauf des englischen Stein- 
guts ohne alle Scheu ankündigten und so die Fabrik in ihren wohl- 
erworbenen Eigentumsrechten kränkten. Die Antwort lautete, daß „Se. 
jetzt regierende Durchlaucht mehrmals gegen die Monopoiien Höchst- 

1) Über die Bnmdschatzungeo sidie Bemling a. a. O., Bd. II, 8* 1324, 

550 If. 

2) Sdlti, Max Joseph, König vou Bayern, Stuttgart 1837, uud Hausier 
a. a. 0.. & m 



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— 45 - 



ihre Abneigang biUig zu ftnfiem geruht" Durch Erlaß von 1799 schon 

wurde jedem Handelsmann, der seine „Konvenienz'* dabei zu finden 
glaubte, freigestellt, mit englischem Steingut zu handeln. Die Billig- 
keit Max Josephs fügte dem hinzu, es solle allerdings das Gel)ot 
nicht dahin ausgedehnt werden, daß fremde Händler und Gängler 
solche Waren in das Land führen und öffentlich feilhalten dürfen, 
„da dieses für die inländischen, mit Abgaben belasteten Händler schäd- 
lich ist". 

Noch schlimmer als durch die eben erwähnte Verordnung von 
IT'.H» bezüglich der Aufliebung aller Monopolien wurde die Fal)rik 
betrotTen durch den Erlaß vom 23. September ISIX). I)erseli)e begann: 
„Von dem Grundsatze der Staatsökonomie geleitet, alle Teile der 
eigentti Begie möglichst zu vereinfachen und zu vermindern, ward 
nnser Blick auf die häufigen Staatsgebftnde in der Bheinpfalz geleitet 
und der Entschluß erzeugt, alle diegenigen unter dmselben, die nicht 
als Bestandteil eines öffbntlichen Instituts oder zu den dngesehrftnk- 
testen Bedflrfnissra des jeweils erscheinenden Hofes oder als Amts* 
Wohnungen der Staatsdiener oder zum BehufB des MilitSrstandes un- 
nmgftnglich nötig sind, und außerdem einen ebenso iSstigen als flber- 
flflssigen Besitz bilden, der Veräußerung und bestehenden Schätzung zu 
unterwerfen*"^). In dem \'erzci( ]inis solcher Staatsgebäude, das der Kur- 
fürst von seinem (jenerallandeskoramissariat einforderte, standen auch 
die Gebäude der Mosbacher Fabrik, d. h. die alte und neue Kaserne und 
(las Schloß samt den dazu gehörigen Grundstücken. Emmermann, 
an dessen gute Dienste man sich i)lötzlich wieder oi iim» rte. wurde 
beauftragt, die (Tebäude abzuschätzen. Er glaubte, daß die Gesell- 
schaft, die ihren lietriel) ja ohnehin auf die Kasernen beschränkte, das 
Schloß ohne weiteres lierausgoben würde, froli. der lästigen Unter- 
haltungspflicht datlurcli enthoben zu sein. Der lYiktor Münzing, sowie 
der Bevollmächtigte der Gesellschaft, Advokat Lukas, die er darum 
befragte, konnten ihm natflrlieh keinen Beseheid geben, und die 
Prinzipale, an die sich Emmermann nun schrifüidi wandte, zögerten 
sehr lange mit der Antwort. Endlich traf diese ein. Die Gesellschaft 
berechnete ihren Aufwand auf ca. 3000 fl., ausgegeben fttr Bepara- 
tnren, welche Summe sie zurfickverlangte, bevor sie an Abtretung der 
fraglichen Gebäude denke. Sie könne die umständlichen Belege mit 
Ausnahme der Jahresredmungen nicht beilegen, halte sie aber auf der 

1) Auf Onrnd desselben Ftnan^ondsatses wurde die FiankeDthaler Fabrik, 

die in) Kriege aaflerordentlich gelitten hatte, nicht wieder in Betrieb gesetst. Den 
betreffenden chaxaktemtiecheD Paeius siehe hei Schwarz a. a. 0., 8. 78. 



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- 46 — 



Fabrik zur Einsichtnahme bereit Sie hätten mehr getan, als sie nach 

dem Erbbestandsbrief zu tun verpflichtet gewesen wSren, dagegen sei 
§ H, betreffend das Monopol, seitens der Regierung nicht gehalten 
worden. Sie hätten sich bereits vergeblich darüber beschwert, daß die 
Kaufleute ungehindert mit englischem Steingut handelten: jetzt be- 
obachte man auch Hausierer, trotzdem die Oberämter gar keine Scheine 
für derartige lluiitller ausstellen diirften, die allerhand ausländische 
Waren an die Juden zu SeIiIeu(lerprei>C!i absetzten. Von diesen würden 
die unter der Hand weiter verkauft. Dal>ei sei die Qualität der Mosbacher 
Erzeugnisse weit besser als die der ausländischen, und da nun erhelle, 
daß die Privilegierung der Fayeucefabiik auf anerkannten, sta<itswirt- 
schaftKcben Prinzipien beruhe, so habe sie aUe Ursache, auf die Uuter- 
sttltznng 8r. Durdilancfat untertanigst zu hoffen. 

Man war hdheren Orts nicht dieser Meinung.- Die beiden an 
Stelle der alten Fabriken- und Koromerzialkommissionen getretenen 
neuen Behörden, die Staatsreditliche und die Staatswirtschaftliche 
DepatatioD, erwogen vielmehr, da die GeseUsehaft offianbar gutwillig 
zur Herausgabe der Gebäude nidit zu bewegen war, auf welche Weise 
die Angelegenheit erledigt werden könnte ohne einen langen Prozeß^ 
wie Se. Durchlaucht ausdrücklich gewünscht hatten. Die beste Grund- 
lage zum Vorgehen gegen die Gesellschaft bot die Frage, ob sie allen 
kontraktlich übernommenen Verptlichfungen gehörig nachgekommen sei. 
Dieses sollte zunächst von seiten der Staatswirtschaftlichen Deputation 
eingehend untersucht werden. Hofkamnierrat Speicher, dem dieser 
Auftrag zuteil wurde, ging mit der Gesellschaft scliai-f ins Gericht. 
Er stellte fest, man müsse, was Punkt 1 des Erbbestandsbriefes 
anlange, allerdings zugeben, dalj die Fabrik den Verhältnissen ent- 
sprechend mit Herstellung von Fayencegeschirren beschäftigt gewesen 
seL Dagegen habe die Gesellschaft weder Anstalten gemacht, da& 
Kapital Ton 4000 fl. znrflckzuzahlen (Pkt 13 d. Erbbest-B.) noch 
wohnten die Erbbeständer in Mosbach (Pkt 12), noch würden alle 14 
Tage drei Brftnde ausgeführt (Pkt. 13), noch der 19. Teil des Aktien- 
kapitals in vorgeschriebener Weise verwendet (Pkt 17). Übrigens 
sei der Erbbestandsbrief ersdilichen, indem er von dem damaligen 
Spezialkommissarins Maubuisson ohne Anhörung der Fabrikenkommission 
und der Hofkammer festgesetzt worden s^ Spdcfaer, der seine Er- 
kundigungen bei dem über viele Dinge gar nicht unterrichteten Faktor 
Münzing eingezogen hatte, erhielt auf diese Weise keine Kenntnis 
von den Nachlässen bezüglich Punkt 18 und 17. Viel eingehender 
war daher der Bericht, den der Geheime Landeskommissariatsrat 



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— 47 — 



Bettinger von der StaatsrechtlicheD Deptttation auf Grund eingehender 
Aktenstudien verfugen konnte. Er kün schliefilidi auf dasselbe Er- 
gebnis, das schon Speicher gefunden hatte, nftmtieh, dafi bei Aul- 
steilung des Erbbestandsbriefes nicht alles in Ordnung gewesen sei. 
Mit Bezug darauf schrieb er: „Es ist merkwürdig, das volumen 3 
actoruin 7Ai lesen, in dem Manbnisson in allen möglichen Eigenschaften, 
als Hofkammerrat, CommeroekommiBsar, als Referendar und als 
Serenissimus und, wie zwar nicht ex actis, wohl aber nebenher zu 
erweisen steht, als Aktionär erscheint und idlenthalben diktatorisch 
spricht, und noch merkwürdiger, wie er anfänghch dem aorario eine 
Entschädigung zu versrliaffen vorhildet und stufen weis die Sache so 
lenkt, daß ersagter List die ganze Fabrik mit allen Gebäuden, (irund- 
stücken, Vorräten etc. ohne einen Kreuzer zu zahlen für sich und 
seine Associ6s bekoiiinit." Es wäre geraten gewesen, schreibt er weiter, 
die Fabrik nach den mißglückten Versuciien IJerihevins, mindestens 
aber nach denen Tännichs, eingehen zu lassen und den Verlust zu 
verschmerzen, als sie so zu versddeadmi, wie es mit der Überlassung 
an List geschah. 

Er wies weiterhin nach, daß der Erbbestandsbritf g^jien die 
geltenden rechtlicben Bestimmungen verstoße. Nach Karte 2, Tit & 
§ 7 des PfSlzischen Landreehts steht dem Erbbestfinder des ülunitierten^) 
Erbpachts das Bedit zu, «zwei Monate nach der dem das Gut vor Ablauf 
nicht einlösenden domino directo gttuachten Anzeige, an einen, bei 
dem der dominus directus seines Zinses und Rechtes gewiß sein mag» 
zu verkaufen, wobei dem Landesherrn bloß das laudemium in recog- 
nitionem domini und wegen dem neuen Briefe von dem Käufer ent- 
richtet wird." — Durch diese Befugnis des Erbbeständers stellt es in 
seiner Gewalt, den Rückfall des Gutes allezeit zu verhindern, weil der 
neue Briet keine Einschränkungen enthalten darf, welche in dem des 
Verkäufers nicht stehen. Durch das pragmatische Gesetz von ITötj» 
kraft dessen alle seit 1711 in unbeschränkten Erbbestand gegebenen 
Domanialgüter eui/.uziuhen waren, wurden alle DomaniaJgüter eo ipso 
von dieser Bestinunung des Landrechts (Karte 2, Tit 5, § 7} ausge- 
nommen und es war somit überhaupt nidit angängig, die Mosbacfaer 
Kameralgebftttde in einen ewigen Erbbestand zu fibergeben. Ganz 
abgesehen aber davon hätten sieh die Erbbeständer nicht an die all- 
* gemeinen für jede Art von Erbbestand geltenden Bestimmungen ge- 



1) Im Erbbtttandsbrief mv die VcrMhaag in „ewigen" iiuum> und wdb- 
licben Erbbettaad erfolgt 



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— 48 — 



lialten. D;in;ic)i lag ihnen ob, den „Ab- und Zugang der Beteiligten, 
ob diese gegen Kaufschilling ein Teil an sich gebracht, anzuzeigen, 
das Laudemiuni anzubieten und überhaupt alle Veränderungen mit- 
zuteilen". Aus diesen juristischen Erwägungen heraus könne man so- 
fort zur Vindikation schreiten; es enthalte aber außerdem § 1 des Erb- 
bestandsbriefs eine logische Unmöglichkeit, da ja danach die Gcsell- 
sciiaft verptiiehtet sei, zu ewigen Tagen, gleichviel, wie die rnistiuide 
sich gestalteten, in Mosbach eine Fayencefabrik zu betreiben. Immer- 
iiin schlug Bettinger vor, da Se. Durddaudit nar die Grundstfleke, 
nicht aber das Inventar zu vindizieren berechtigt sei, nach AbSndemng 
des Kontrakts der Gesellschaft die zur Fabrik gehörigen Gebäude, 
d. h. also die Kasernen, gegen einen höheren angemesseneren Zins weiter 
2u Qberlassen. Natflrlich dürfe man nur an den limitierten Erbbestand 
denken, der seit 171 1 bei allen Kameralgfltem Hegel geworden sei. Da- 
nach werden solche Güter auf drei Generationen, Vater, Sohn und Enkel, 
verliehen, wobei nach Gesetz von 1788, wenn einer der beiden letzten 
zum Erbbestand nicht gelangt, der Urenkel ihn noch erhalten kann. 
Zur Sicherheit des Gutes muß dasselbe gleich anfangs vermessen und 
beschrieben werden, welcher Vorgang dann alle 10 Jahre in Gegen- 
wart des Lehnsherrn zu wiederholen ist. (Jus Palat. Karte 2, Tit. 5, 
§ 2 et 3 und durch Reskripte vom 27. Juni ITTH und r»0. Juli 17X1.) 

Die übrigen Mitglieder der Staatsrechtliclieii Deputation konnten 
sich jedoch mit dem Vorschlage Bettingers nicht einvei standen erklären, 
dd noch einige Anstände voiliauden seien. Man beschloß zunächst 
im Wege des Vergleichs zu versuchen, ob die damaligen Erbbeständer 
gegen entspredienden Zins das Wetk weiter fUhren und das Schlofi 
herausgeben wollten. Um eune geeignete Grundlage für die Hohe der 
neuen Pacbtsumme zu gewinnen, wurde der Stadtschultheiß von Hos- 
bach mit einer Abschätzung der Baulichkeiten beauftragte. Er gab 
den GebSndewert des alten und neuen Schlosses auf 7000 fl., den 
der Fabrikgebäude, d. h. der alten und neuen Kaserne und der 
Glasurmtlhle, auf 4600 fl. an. BetreCb der Höhe der neuen Pacht- 
Summe, meinte das Oberamt, kßnne man nicht viel über die bisher 
gezahlte Summe von 30 fl. hinausgehen, da die Gebäudeunterhaltungs- 
last ziemlich groß sei und die Gesellschaft selbst durch Vermieten 
nur lot» rl. beziehe. Für die Faljiik ff>lgt aus diesen Ausführungen, 
daß sie nur in sehr geringem Umfange betrieben worden sein kann, 



1) Laudemiuin (Handlohn, Ocwinngeldi. eine bei Erwcrli inir des QuteS tOH 
dem Erwerber zu eutrichteDÜe Abgabe. Eichhorn a. a. 0-, b7Ö. 



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— 49 — 



da man nicht ihre Bentabilit&t, soDdern die aus Afterpacht gezogenen 
Einkaufte znr Grundlage der Pachtsumme nehmen zu mflssen glaubte. 

Nunmehr setzte man sich mit den Aktionären in Verbindung, 
nm sie znr Annahme des Vergleiches zu bewegen. Das stiefi indessen 
auf erhebliche Schwierigkeiten. Algardi, den man zuerst befragte, 
antwortete zunächst überhaupt nicht. Auf vielfaches Drängen hin gab 
er endlich an. daß er aufgehört habe, ein Mitglied der Gesellschaft zu 
sein, er also bitten mflssp, ihn in Ruhe zu lassen. Er halte seinen 
Anteil kurz vorher an den Handelsmann Traitteur verkauft und diesen 
Verkaut" allerdings angezeigt. Da man damals gerade die Kccht- 
mäßigkeit des Erbbestandes untersuchte, so war an ihn der P>e.s< heid 
ergangen, daß man ihm vor Abschluß der Untersucliuiigcn die (ieneh- 
migung zum Verkaufe nicht erteilen könne. An diesen Bescheid min, 
der übrigens etwas spät eintraf, hatte Algardi sich nicht gekehrt, 
sondern seinen Anteil für 5000 fl. verkauft. Er betrachtete sich also 
nicht mehr als Aktionär, wShr«id die StaatsreehtUehe Deputation wieder- 
um seinen Verkauf nicht anerkannte. Sie mußte es schließlidb, da 
Algardi sich nicht rflhrte, den abrigen Gesellschaftern flberlassen, sich 
mit ihm auseinander zu setzen. 

Aber auch Martin Römer machte Schwierigkeiten. Er hatte zu- 
sammen mit seinem Bruder, der in Batavia weüte, und einer Schwester, 
der Witwe Rittmann, die in Wachenheim wohnhaft war, 4\, Aktien, 
(ebensoviel wie Algardi) geerbt und suchte die Angelegenheit zu ver- 
schleppen. Er erschien nicht auf den anberaumten Terminen und gab 
schließlich an, daß er sich erst mit seinem Bruder verständigen müsse, 
wozu er ein Jahr Frist crldolt. SrhlioHlich stellte sich jedoch heraus, 
daß er mit seinem Itrudcr verfeindet und für diesen der Kaufmann 
Michel in Mannheim als Sachwalter eingesetzt war. Michel erklärte, 
er werde sich dem ^'orgehcn der übrigen Aktionäre anschlieBen. Dies 
waren die l)eiden Freiherrn von Preusching. nassau-üranieuburgische, 
und nassau-usingische Räte, die zu \\, d. h. mit Ii Aktien, an der 
Fabrik beteiligt waren. Sie hatten die Papiere von List käuflich er- 
worben. Mit den 9 Aktien Algardis und Bfimers sbid dies nun erst 
12 Aktien, während 19 ausgegeben worden waren. Über den Ver- 
bleib der übrigen 7 läßt sich nur vermuten, daß sie im Besitze 
Maubuissons waren. Die Preuachings erklärten sich bereit, auf Ver- 
handlungen /einzugeben. Sie appellierten an die Hilde Max Josephs 
und baten, er möchte der Fabrik ihre Freiheiten belassen. Sollte 
jedoch das ihr erteilte Monopol als dem Staate nachteilig angesehen 
werden, so seien sie bereit, hierauf zu verzichten, hofften aber 

4 



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50 — 



diesfalls, daß es bei dem Kanon von 30 fl. bleiben werde. Es ver- 
verstehe sich von <(>lbst, daß sie als Erbbeständer den berrsclieiiden 
Oesetzen, soweit solche nicht durch den Erbbestandsbrief beschränkt 
seien, sich unterwerfen würden. Von der Witwe Rittniann. der 
Schwester Rrmiers, die man durch den französischen Präfekten zu 
Sjtcier austindijL; machen lassen wollte, kam kein Lebenszeichen, und 
die übrigen Gesellschatter heläen Termin auf Termin verstreichen. 

So standen die Dinge, als die Entschädigungskonmiission, die den 
durch Abtretung des lüiken Bheinufers benachtdligten FDreten Ersatz 
auf rechtsriieinischer Seite verschaffen sollte, ihr Werk so veit be- 
endigt hatte, dafi man die Verschiebungen in den BesitzstSnden klar 
erkannte. Man erfuhr daher in Bayern, dafi einzelne p&lzisdie (jo- 
bietsteile, darunter das Oberamt Mosbach, abgetrennt werden würden. 
So wurde dann unter dem 2. Nov. 1802 verordnet, man wolle die An« 
gelegenheit der Mosl)achcr Fabrik auf sich beruhen lassen, da in- 
zwischen die V( rbiiltiii-se der Länder sich zu ändern begönnen. 

^ 20 <les Reu h ileputationsbauptscblusses vom 20. Febr. 1803 
bestimmte, dal3 die Fürsten von Leiningen') für ihren verlorenen alt- 
angestammten Besitz auf dem buken Hhcinutcr erhalten sollten: die 
vormals Mainzischen Ämter Miltenberg, Buchen, SeHgenthal, Amor- 
bach^). Biscliofsiieim , (bo vormals würztturuMschen Ämter (Irünsfeld, 
Landau und Ripjierg, du; vorniais kuri»tälziscben Oberämter Bo.xl)erg 
und Mosbach. — Mosbach wurde also leiningisch -i und ist es l)is 
auf den heutigen Tag geblieben. Das (ieschleclit der Fürsten von 
Leiuingen wurde 180G mediatisiert und 76 seiner Ortschaften, darunter 
Mosbach, der Souverfinität des Orofiherzogtums Baden untergeordnet, 
während Miltenberg und Amorbach 1810 unter bayrische Souveränität 
gestellt wurden; ffinf Ortschaften stehen unter hessischer Souveränität 

Schon am 4. Juni 1803 wandte die Gesellschaft sich an den 
neuen Landesherrn, den Fttrsten Karl Friedrich Wilhelm^, mit der 
Bitte um Schutz ihrer erbverfiissungsmäßigen Rechte, nämlich Aus« 
lieferung des Kellers und der Remise, Wiedereinsetzung in die niedere 
Gerichtsbarkeit über die Arbeiter, aus der sie durch einen Erlaß Max 
Joseph« gedrängt war, Befreiung von der Akzise, die man ihr neuer- 
dings abforderte, Freiheit, in allen leinmgischen Landen £rde graben 

1) Brinckmeier, Genealog. Geschichte des Uaiise» Leiniiigen 1890, BU. J, 
8. 30S. 300. 

2) Dieser FniPtand erkhivt s .nich. wanim die Akten der Fabrik im Fflrstl. 
LeiaingUchen Archiv zu Amorbufh >ich befinden. 

3) Brinckmeier, CreJieal. Gcbch. etc., Bd. I, ä. 301). 



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— 51 — 



zu (iürfen. und Verleihung des Ahsatzmonopols für das Fürstentum. 
Außerdem wünschten sie, tlaü Se. Durchlaucht mit dem Landgrafen 
von Hessen-Darmstadt behufs zollfreier Einfujir von Mosbaclier Waren 
in dieses Land unterhandein solle; endlich baten sie um Aufhebung 
des FlOreheimer Lagers in Miltenberg. Die Eingabe wurde in er- 
weiterten Mafistabe wiederholt, als das Oberamt fflr die Erdentrans* 
porte aus dem Schaiflenzer Tal Chausseegeld erhob, weil die Gesell» 
Schaft znr Erhaltung der Chausseen nichts beitrage. Der Fürst, dem 
die Förderung des Wohles seiner Untertanen am Herzen lag^), verlangte 
von seiner Kammer zunächst einen Bericht Aber die Verhiltnisse der 
MosbacherFabrik. Die Kammer ließ sich die Akten aus Mannheim 
kommen und stellte sich in ihrem danacli aufgestellten Gutachten auf 
den Standpunkt, den schon die Pfälzische Staatswirtschaftliche und 
Staatsrechtliche Deputation eingenommen hatten, daß nämlich von den 
N'erordnunf.'Pii Max Josephs keine zugunsten der Mosbarlior P'abrik 
zurückgciiommon worden könne. Ebenso erklärten sie die Zumutung. 
Zollverti;ig(! mir Hessen al)/,uschließen, für undurchführbar. Ein Reskrij)t 
Sereiiis^fimi ad cameram gewährte jedoch einige von den erbetenen 
Freiheiten, iiämlicii Freiheit von Zoll, Akzise. Chaussee-. Pfla.ster- und 
llausiergeld in allen leinuigischen Landen, Freiheit von <ler Militar- 
dienstpflicht f&r die Arbeiter, soweit solche kein bürgerliches Gewerbe 
betrieben oder der Schätzung unterworfene Güter hätten. Das Privi> 
legium exdusivum wurde gewährt, nidit aber das Absatzmonopol, und 
zwar, wie ausgeführt wurde, zum eigenen Vorteil der Fabrik, da die Nachbar- 
länder alsbald die Einfuhr der Mosbacher Erzeugnisse verbieten würden. 

Th>tz aller dieser Freiheiten machte die Gesellschaft im Oktober 
1804 in der „Mannheimer Zeitung^ den Verkauf des Etablissements be- 
kannt. Der Kaufpreis, den sie forderte, war 20000 fl. Es wurde 
dies alsbald von dritter Seite der Kammer mitgeteilt, mit dem Hin- 
weise, daß die Kameralgebäude nicht vrrklinflich, die Absichten der 
Gesellschaft also ungesetzlich seien. Wieder forderte der Fürst einen 
Bericht, der nun diesmal eine genaue Ucbcrsicht über die Gesrliirlite 
der Fabrik brachte. Am Schlüsse bemerkt der liericliterstatter : ..Kine 
Bestäfitrunir des Erbl>estandes sclieint nach dem gegenwärtigen Zu- 
stand niclit angebracht. Die (Ichiiiidc verfallen immer mehr, so (hiß 
endlich das ganze Fabnkkapital nicht ;iiisrei(;hen würde, sie wiederher- 
zustellen, und durch die neuerlich versuchte Veräuiierung, wo die 
Gesellschaft, von einer in Exemtion stehenden Scbuldforderung de& 
Käufmannes Ackermann in Mannheim gedrungen, um die gewöhnliche 

1) BrinekiB«ier, Oemd. Qfltek «te^ Bd. I, S. 306. 

4» 



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_ 52 — 



Aufsteckung der Fabrik zu vermeiden, diese selbst vorbehaltlich höchster 
Genehmigung zum Verkaufe ausbot, zeigt es hinlänglich, daß die reine 
Ausbeute dieser Fabrik der Mflhe nicht wert und die Gesellschaft ge- 
sonnen ist» irie sie schon bei Entweicfaung des Idst tat, das Defizit 
in ihrism Zirkulationskapital aus dem EriOs der Fabrik zu ergänzen. 
Mehr als umsonst hat sie seit 22 Jahren die Gebinde benutzt, denn 
die 30 fl. Erbbestandskanon sind durch die Vorteile an Holz, Erde, 
Zoll, Chausseegeld mehrfsdi vergütet worden. Ans Mangd an KSufem, 
sagt der Faktor, wäre es der Gesellschaft angenehm, wenn Serenissi- 
mus selbst diese Alcqnisition machen würde. So erhielte man das 
ruinös zurCIck, gegen bares Geld, ohne oder mit meist unnützen 
Mobilien. was in besserem Zustande in einem Werte von i^OrxX) fl. 
hingegeben worden war. Eine solclio Anstalt, die nur Sciuiden und 
Verlust zum Resultat hat, verdient unniuglicli Vergünstigung, uiui kann 
sie ihren bisherigen Hauptzweck nicht erfüllen, so ist kein Interesse 
vorhanden, die Gebäude Auswärtigen '') und ^ulchen Besitzern zu über- 
lassen, die, allen Gesetzen und Verordnungen zum Trotz, die Aufsicht 
durch einen Faktor ausüben/* 

Man machte der GeseUsehaft den Vtffsehlag, da die Fayence- 
fabrikation offensichtlich sich nicht lohnte, einen anderen Betrieb ein- 
zurichten, allein diese bestand auf Verkaufsbewilligung oder Be- 
stätigung ihrer Privilegien, besonders des Ateatzmonopols. Dies wurde 
jedoch auf das bestimmteste verweigert, besonders deshalb, weil die 
dermaligen Besitzer keine Rechtsnachfolger lists seien. Sie sollten 
sich erst auf irgend eine Weise, am besten durch Vorlegung eines 
Dokuments, ausweisen. Da die Erl)beständer außer ihrem Erbbestands- 
brief kein deraitiges Schriftst&ck beibringen konnten, so wurde dem 
einen derselben, dem Handelsmann Traitteur, der sich als Nachfolger 
Algardis unangefochten behauptete, auch die Erlaubnis verweigert, 
seine Aktien hypothekarisch zu verpfänden. Traitteur, der wohl der 
einzige war. welcher sich überhaui)t nocli um die Fabrik bekümmerte, 
wollte mit diesem durch \ erj)fäiHiuiig >ciii( r Anteile zu eriaugeuden 
Oelde der Fabrik wieder auf die Heine helfen. 

Von Zeit zu Zeit machte dit; Fabrikleitung neue \'orstöße, um 
die Regierung für ihr Anwesen und ihre Wünsche zu interessieren. 
So z. B. hielt sie 1810, als Mosbach unter badische Souveränität 
gestellt worden war, den geeigneten Moment fUr gekommen, um 
das Direktorium des Neckarkreises zur Wiederiierstelinng der alten 



1) Die Besitser wohuton in lUnnheim, wwren ako pfiUsiwbe UntortaneD. 



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— 53 - 



Privilegien zu bewegen. In den Gesncliea wd dann die Fabrik als 
ein anfierordentlieh leistongsfiÜiigeB Unternehmen hingestellt; RohstofiiD 
seien in Menge voriumden nnd bequem «reiehbar, die Fabrikate vor- 
züglich und an Gfite den ausländischen gleidi, die Fabrik sei für 
Mosbach« dessen stetig T^achsende BevöIIrarang weder durch d«i 
Ackerbau noch durch das Gewerbe erhalten werden könnte, ein Segen. 
Was man fordert, ist das Absatzm onopol für das Inland, hohe Einfuhr- 
zölle nach dem Vorbilde Württembergs, 25 % des Werts, ?]rleichteriingen 
für den Hausierhandel, Anwendung des jus retorsionis gegen Staaten, 
welche die Mosbaciier Fal)rikate von ihrem Markt ausschlössen. .,\\ir 
wollen zwar", heißt es in dem Bericht, .,die Einfuhr nicht durchaus 
verbieten, sonriern den Ausländern fiern die Zufuhr auf Messen in 
großen und Hauptstädten gestatten, allein, daß die Kaufleute in diesen 
• Hauptstädten und im Land von ausländischen Fabriken kaufen und 
damit Handel treiben, xmiJt notwendig den Ruin der inttndisdien 
Fabriken nach sich zfehen." 

IMe Gesellschaft erreichte indessen mit ihren Gesocfaen nichts 
als die Zusichemng, man werde sie bei der bevorstehenden neuen 
Zolleinrichtung berOcksichtigen, indem man die Berechtigung der 
schutzzöUnerischen Forderungen anerkenne; im übrigen gebe man der 
Fabrik den Rat, dch mehr nach dem Geschmack des Publikums zu 
richten. 

Jahre verflossen, während welcher das Werk teils still stand, 
teils mühsam <lahin vegetierte. l'^2r) bat die Gesellschaft, da eine 
starke Schuldenlast auf dem Anwesen haftete, entweder um Ablösung 
vom Erbbestandsne.xus oder Konsens zur Veräußerung im iian/.en 
oder in Teilen. Man scheint höheren Orts ^) sich für die Ablösung 
entschieden zu haben, doch zog sich die Sache endlos in die Länge, 
weil man immer noch die Frage «liskutierte, ol) ehemals Kurfürstlich 
pfälzische Kameralgebäude abgelöst werden dürften. 

1827 ist von keinem der Aktionäre mehr die Rede. Im Jahre 
1824 hatten die Freiherren von Preuscbing versucht, von den damaligen 
Inhabern der Fabrik ihre Gelder zu erlangen nnd den Klageweg gegen 
sie beschritten. Das Gericht hatte die Akten vom Grofiherzoglich 
badischen Archiv verlangt, es ergab sich jedoch, dafi sie im Leiningischen 
zu Amorbadi sich befonden. Eine AusUefernng der Faszikd fand nicht 



2) Der damak regierend« Ffint war Karl FHedricb Wilhehn Emiidi, der 
Semem Vater Emieh Karl (1804—14) in der Bq;i«rung gefolgt ivar. Brinekmeier 
a. a. O., & 321. 



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— 54 — 



Statt; die KlSger hatten woM die Natdesigkeit der Klage eingesehen 
nnd sie zurückzogen. Man ftthlte kein Verlangen« den wertlosen Besitz zu 
verfechten. Der einzige, der noch Interesse am Werke hat, ist ein 
Werkmeister Hehirich Stadler >), der (er war wohl der Sohn des Malers 

und selbst diesem Berufe angeliorig) die Fabrik kaufen wollte. Noch 
waren indessen Fürst und Domänen kanzlei nicht über die Kaufsumme 
einig. Ein Bericht der Doniänenkanzlei vom 23. März 1829 l^|te 
die Saolie klar. Die gewöhnliche Herechnungsart der Ablösungssummen 
für Kibliostände konnte im vorliegenden Falle nicht angewendet werden 
weil der Krbbestand illiniitiert war. Dieser Punkt würde erst aiiUer 
Betracht kommen, wenn die Fabrik nicht mehr als Fayencefabrik lic- 
trieben würde und somit die erste Hau]itbcdinguiig des Kontrakts 
wegfiele. Dieser Zeiti»unkt könnte ganz gut schon jetzt nach der (iüte 
des Geschirrs bestimmt werden. Die Krzeugni.sse seien aber infolge 
geringwertiger Erde — dies ist das erste Mal, daß man die wahre Ur- 
sache des Mißgeschickes der Fabrik anfflhrte — keineswegs imstande, 
sich mit dem englischen Steingut zu messen; auch nehme in badischen 
Landen die Fabrikation dieser Geschirre immer mehr zu, und so dürfte 
der Zeitpunkt wohl nicht mehr fem sein, wo der Besitzer die Her» 
Stellung von Geschirren aufgeben würde, zumal die Fabrik sidi seit 
Jahren im Sinken befSnde, 

Die eventuell von Stadler zu zahlende Ablösungssumme wurde 
auf 20 Proz. des ^Verts von 7()00 fl. der gesamten Gebäude = 1 1' h > H. 
angesetzt. Mit Zuschlag des Kapitals für den Kanon bis zum Zeit- 
punkte der erfolgten Ablösung — iUk» tl. nml (iein fälligen Handlohn 
von Il'ii ti. ergai) sich die Summe von 21i^t> tl. Se. Durchlaucht er- 
klärte .sich, vorbehältlidi des agnatischen Konsenses durch die Schnlden- 
tilgunuskuratel, damit einverstanden. „Da diese Ablösung*', so schließt 
das Reskript. ..nach der Theorie der Wahr.scheinlichkeitsrechnung gar 
keinen Zeit]iiiiiki des Anfalls voraussehen läßt, so können hier die 
Gninilsätze der Verweisung auf den Schuldentilgung.sfond nichi nielir 
zur Anwendung kommen und ist demnach das ganze Ablösungsquantum 
zur Schuldentilgung zu verwoiden." 

Dies ist die letzte Nachricht aber die Fabrik. Ob Stadler das 
Werk neu emgerichtet und weiter betrieben hat, läBt sich nicht fest- 
stellen; hat er es getan, dann dOrfte ihm kein andres Gesdiick geblfibt 
haben als seinen Vorgftngern, deren vergebliche Bemühungen eines 
besseren Lohnes wert gewesen wären. 

I) Ein Jnkob Stadler ist 1783 ab Maler an der Fabrik beschäftigt gewesen. 
Qet. Mitt dee Herrn Pfarrers Meerwein in Mo«bach nach dem Kirohmbuch. 



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— Ö5 - 



n. Die Fabrik and ihre Einriehtnngen. 

Die Fabrik lag außerhalb der eigentlichen Stadt und der Stadt- 
mauer. Das Gebäude wurde allgemein als die ,,Neue Kaserne*' be- 
zeidmet, weil es ursprünglich für eine Ideine Besatzung und zur 
Aufnahme von Invaliden gebaut war* Sp&ter hatte es ffir ganz kurze 
Zeit eine Bandfabrik beh^bergt, bis es endlieh zum Betrieb der 
Fayencefobrifcation bestimmt wurde. Es war ein Gebäude von leichter 
Bauart, das Erdgeschoß aus Backstdnen, das Stockwerk aus Holz er- 
richtet. Das Dach war mit Holzziegeln gedeckt. Diese leichte Bau- 
weise macht die fortgesetzten R( ]iarattiren erklärlieh. In der Länge 
maß die Mauer KIO. in der Tiefe aa' rhein. Fuß. Seit 17H2, mit 
der erhheständHdien Übernahme durcii List, gehörten außerdem die 
sog. alte Kaserne, ein dem Kinf^turz beständig naher, von Würmern 
zerfie>soner Holzhau, 240 x.a;*» Fnl;) im (loviert, dicht hei der neuen 
Kaserne geh'gon. sowie da.s neue und das alte Schloligebäude. die 
sich auf der entgegengesetzten Seite der Stadt befanden, zur Falniii. 
Die letzteren Baulichkeiten sind indessen nie zu Fal)rikz\vecken ver- 
wendet worden. Der Wert der gesamten Fabrikgeliäude, d. h. der aUen 
und neuen Kaserne nebst der Glasurmülile, war durch die vereidigten 
Bausebätzer von Mosbach, Melchior Bauer und Andreas Bauschbacht 
1804 auf 4600 fl. angesetzt worden, der Schätzungswert auf 300 fl. 

Von den in der neuen Kaserne befindlichen Räumlichkeiten 
wurden im An&ng nur die im Parterre gelegenen benutzt Als der 
Betrieb unter Tännichs Leitung gestellt wurde, der in praktischen 
PVagen zweifellos viel Erfahrung besaß, war sein erstes, auch die 
übrigen Räundichkeiten für den Betrieb in Anspruch zu nehmen. X'^nter 
Reibekls Direktion wurden zwei weitere Räume als Magazin und 
Kontor eingerichtet, und so ist die Anordnung dann, wie es scheint, 
für immer verbliel)en. 

In hygienisclicr Beziehung dürften die Räumlichkeiten den 
Anforderuni,'en . <Ue l>eisiiiel>\vcisc die moderne Fal)nkgesetzgebung 
sfelh. in keiner Weise cntsj)rnr!ien haben. Die Kiinnie waren klein, 
ebenso die Fenster niedrig. Im \\ lutcr erfolgte die Heizung niittel.s 
ei>erner Ofen, deren starke Ilitzeausstrahlung für die in der Nähe 
Arbeitenden sicher unangeuelim war. Die Beleuclitung gescliah durch 
kleine bledierne Amj>elu mit Talglichtern, nur fär die Malerstube 
werden adit kleine Arbeitslauipcn, die mit Rflböl gespeist wurden, 
erwäint Die Arbeiter frfibstflckten in ihren Arbeitsräumen, die 
Dreher also an ihren mit Erde beschmutzten Tischen. Es findet 



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— 56 — 



Bidi gelegentiidh die Bemerknng, dafi ein Dreher sein Brot mit dem- 
selben Messer schnitt, dessen er tieb vorher zur. Bearbeitung des 

Tones bedient hatte. In der Malerstube wird im Inventar ausdrück- 
lich ein Handtuch erwähnt; von einem Waschbedcen verlaotet nichts, 
wohl aber werden Wasserzaber genannt 

Die Räumlichkeiten, im ganzen 13, reichten übri{»ens selbst für 
den kleinen Betrieb nicht aus; es machte sich vor allem, besonders 
im Winter, das Fehlen eines geeigneten, gleichmäßig erwärmton 
Raumes zum Trocknen der frisch geformten und glasierten (iesciiirre 
bemerkbar. Ganz richtig bemerkte Reibeid in seiner Antwort auf 
eine Anfrage Micheroux". warum so viel Ausschuß unter den Waren 
sich befände, dies komme daher, daü die feuchten (ieschirre in einer 
Stube aafgestellt werden müßten, die bei Tage überheizt, nachts ziem- 
licher Kalte ausgesetzt sd. Der grofie Temperaturunterschied ver- 
ursadie Verwerfen der Gefäße und Abspringen der Glasur. 

Die Bftumlichkelten waren wie folgt fflr die einzelnen Phasen 
des TdpferdverfiüirenB eingerichtet Im ErdgeschoB befanden sich die 
Stampfkammer, eine Dreherstube mit anfangs sechs, später sieben 
Drebstfihlen (Töpferscheiben), die Materialkammer, eine Erd- und 
Packkammer, die Brennerstubc und das Brennerhaus, sowie zwei Erd- 
und Schlemmbjlche von ()3 Schuh Länge und 18 Schuh Breite. Im 
oberen Stocke lagen die Rauhgeschirrkammer, die Malerstube, das 
große Magazin, die Expeditions- und die Laborierstube, so daß also 
im Erdgeschoß der Prozeß bis zur Vollendung, im ersten Stock der 
nach der Vollendung sich vollziehende Vorgang des Sortierens, Auf- 
zeichnens und ^'erkaufs der Geschirre sich abspielten. 

An maschinellen Einrichtungen zur Erleichterung der Faljrikation 
wird die in der Stoßkammer beiindliriie hölzerne Stanipfmaschine mit 
zwei Stampfen zum Zeikleinern der (ilasurmaterialien erwähnt. Sie 
wurde eingerichtet, um die langwierige Manipulation des Stampfens 
in Mörsern abzukürzen. Anfiings wurde sie durdi Menschenkrilt in 
Bewegung gesetzt; um noch mehr an Arbeitslöhnen zu sparen, ver- 
bradhte man sie später in die Glasurmfihle, um sie dort durch das 
Wasser betreiben zu lassen; hier wurden die Stampfen von zwei auf 
vier vermehrt Von einer ziemlicfa vollkommenen Einrichtung einer 
solchen Glasur- und Stampfmühld in Kassel, zu der sich freilich die 
Mosbacher Fabrik nicht hat aufschwingen kOnnen, berichtet Beck- 
mann*): „Eine Wassermtthle hob die Stampfen in der Pochkammer, 

1) Beckmann, Antdtnog cur Technologie, Göttingen 1790, 2. Aufl., ii. 280. 



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— Ol 



betrieb eine Pompe, um das Wasser in die Schlammbiciie za leiten, 
und setzte das Werk der Glasurmllhle in Bewegang.^ In Mosbach 
scheint man, statt derartige Zentralisationen vorzunehmen, die Betriebe 
getrennt zu haben; denn es wird sp&ter, um 1800, außer der Glasur* 
mfible eine besondere Stampfmflhle an der Elz erwähnt, wihrend die 
Glasurmfihle am städtischen Kanäle oder Wassergraben lag. 

Die Drehstflhle, Drehscheiben oder Töpferscheiben waren, wie 
aus Reparaturanzeigen sich entnehmen läßt von der ttnfachen Kon- 
struktion, wie sie z. B. bei Krünitz') beschrieben und abgebildet 
sind. Inmitten eines hölzernen Gerüstes stand eine eiserne Spindel, 
die mit ihrem unteren Ende in einem stäiiiernen I^ger spielte. Am 
oberen Ende war die hölzerne Drehscheibe befestigt, unten, wenige 
Zoll vom Fußboden entfernt, saB an der Spindel <lie eiserne oder 
hölzerne Tretscheibe, die von dem Töpfer derart in Bewegung gesetzt 
wurde, daii er sie mit dem rechten Fuße von sicii, mit dem linken 
gegen sicli stieß. Die Anschati'ungskosten einer solchen Drehscheibe 
beÜefon sich auf 18 fl. 

Einer besonderen Besprechung bedOifen noch die im Biennhaus 
aufgestellten Öfen, zunächst der Kalzinier-, Schmelz- oder Ascher- 
ofen. Man bediente sidi seiner zum Schmelze der zur Glasurberei- 
tung nötigen Zinnasche aus dem Zum, der Bleiasche aus dem Blei 
und zur Herstellnng der Farben aus Mineralien. Nach Krflnitz*) 
hatte ein solcher Äscherofen das Aussehen eines gewöhnlichen Küchen- 
feuerherdes. Er war aus feuerfesten Steinen errichtet, etwa 3 Fuß 
tief. In der Mitte teilte eine Innenmauer von IV^ Fuß Höhe den 
Raum in zwei Hälften, in deren einer das Feuer angezündet wurde. 
Flamme und Hitze schlugen über die in der Mitte betindüche Scheide- 
wand in die zweite Abteilung, wo auf dem Herde in einer pfannen- 
artigeii \'(Mtiefung die zu schmelzenden ^lincralicn und Erden unter 
beständigem Umrühren zu Asche gehrannt wurden. Die Hitze mußte 
sorgfältig reguliert werden, da z. B. das Zinn bei zu hohem (irade 
sich grau oder rötlich färbte. Daß man diese Zinnasche nicht bezog, 
sondern sie auf dem Scimieizofen in der Fabrik selbst herstellte, 
geschah nicht allein, um dadurch die Produktion zu verbilligen, son- 
dern auch, weil die vom Händler gelmufte Asche nie gänzlich frei 
von fremden Beimischungen war. 

Von eminenter Bedeutung fflr die Höhe der Produktionskosten 
war die Frage nach der Beschaffenheit des Brennofens. Während 

niCrflnit« A. a. Bd. GLXXXVI. 8. 107. 
2) Dereelb« «. a. 0., Bd. XVIII, S. 775. 



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- 58 — 



diese bei den Porzellanfabriken als Geheimnis bändelt wurde, war 
die Bescbaffenh^t der Fayenoef^n leicht in Erfohrung zu bringen. 
Der Fayenoeofen schloß sich in seiner Bauart an den TOpferofen an, 
der gewöhnlich viereckig oder länglich gemauert war und in dem 
vom Herde aus Flammen und Hitze durch ein Gitter an die im Innen- 
räume frei aufgestellten Gefftfie spielte. Ln Fayeneeofen war nach den 
flbereiustimmenden Beschreibungen der technischen Lehrbflcher <) dieser 
Innenraum in drei etagenartig überhander angeordnete Abteilungen 
zerlegt. Durchlöcherte Böden, sogenannte Herde, verbanden die Ab- 
teilungen so untereinander, daß das Feuer alle Teile gehörig durch- 
streichen konnte. In der untersten Abteilung wurde das Feuer unter- 
hnlten und wunicii die Kapseln gebrannt, in den beiden obersten, 
deren jede eine besondere Tür l)esaB. Murden die in Kai)seln ein- 
geschlossenen (iesdune i^cbrannt. Der Sciiornstein saß auf einem 
pyraniiilenförniiiieu Kainiiie; die Türen zu den licidcn oberen Kammern 
wurden, nachdem der Ofen vollgeset/.t war. so weit zugemauert, daß 
nur ein kleiner Ausgang für den Kauch übrig blieb. 

Ob der erste von Berthevin erbaute Of^n von dieser Kon- 
struktion gewesen ist, oder ob er nicht ein sog. liegender Flammen- 
Ofen war, läßt sich nicht feststellen. Die beiden späterhin erbauten 
waren jedenfalls« wie die bei den Akten befindlichen Aufrisse zeigen, 
von der oben beschriebenen Beschaffenheit und gehörten also, der 
Hichtnng der Flammen nach, zu den sog. stehenden Flainmenöfen, 
deren EinfQhrung in Deutschland nach Zais ') in das Jshr 1770 zu 
setzen ist. Aus den Aufrissen läßt sich überdies noch entnehmen, 
daß in der pyramidenförmii^en Kuppel ein Register oder Abrußloch 
sich licfand und daß die Herde aus feuerfesten Steinen bestanden, 
wozu mau die Erde aus Neckargemünd, beim Hau des zweiten Ofens aus 
Frankenthal iteschaft'te. Die Feueiyängc in den Herden wai-en in 
Reihen angeordnet, so dnB also zwi^rlH U je zwei Keilien Feuerötliiungen 
ein Raum zum Aufstellen der (iescliin*' sich liefand. 

Der zweite, iiroße, 1781 crliaute Breunofen war um Schuh 
hülier als der erste, dessen Maße auf 24 Schuii Liiuge, 20 Schuh Breite 
und 15 Schall Höhe angegeben werden, und faßte 208 Kockers mehr, 
so daß im ganzen 448 eingesetzt werden konnten. Da im Brennhanse 
kein Platz vorband^ war und die Erlaubnis zum Abbrach des kleinen, 

1) IJiK kiiiann a. a. O., i?. 303. Kößig, Lchibuth der Technologie, Jena 1780, 
B. 383. Poppe, Lehrbuch der «peaeUen Technologie, Stuttgart 1819, 8. 593. 

2) E. Zais, Die Kurmainzische PorzeltaDmanufoktur zu HSchst, 8. 63. 



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— 59 — 



schon ganz baufölligen Ofens nidit erteilt wurde, so mußte bei dem 
Neubau 1781 eine Mauer ans dem Hause ausgebrodien werden. Der 
neue Ofen wurde nach „hellftndiscber Art** mit doppeltem Dache ver> 
sehen und mit einem Kranz von gutem Budienhoiz verwahrt; der 
Raum zwischen den beiden Öfen sollte zum Trocknen der Geschirre 
verwendet werden. Die Kosten des Baues beliefen sich bei dem Ofen- 
bau von 1774 auf bei dem zweiten 1781 auf 839 fl. Um den 
Bau so ))illig wie möglich herzustellen, wollte man die Steine für den 
Mantel des Ofens von der schon seit Jahren baufälligen Stadtmauer 
nolinion. Allein der Rat war nicht zu l)ewcgen. einen Teil der Ruinen 
zu diesem Zwecke zu hewilligen. Die an«]jcführten Gründe (luan brauche 
die Steitio zur Herstellung der bautälligen lUirjzcrhäuscr, das Einreißen 
beseliädmc den Zwingerj zeugen deutlich für die Animosität des Stadt- 
rates {4eü(;ii die Falirik. 

Nach Jiisti'i waren die aehräiichliclien Faycncefifen für ihren 
Zweck wenig tauglich. Ihre Einrichtung war haupt>ächlicli darauf 
berechnet^ eine grotie Menge GcfäUe auf einmal zu fassen; du groljier 
Nachteil war, daß sie zur Erzeugung der nötigen Hitze eine zu be- 
deutende Menge Holz erforderten, ebenso wie die PorzellanOfen, die 
man allgemein als „Holzfresser" bezeichnete, weil sie in Gegenden, wo 
sie längere Zeit bestanden, schon ganze WSlder licht gemacht hatten. 
Justi empfiehlt nun für die Fayencefabrikation den „Goupolo**- oder 
englischen Windofen. Bei ihm bewirke der aufierordentlich hohe 
Schornstein einen gewaltigen Luftzug und dadurch eine so starke 
Hitze, dafi Kupfer, das am schwersten flüssige Metall, binnen fünf 
Minuten zum Schmelzen gebracht würde, eine Hitzewirkung, wie sie 
auch ein dopjteltes Gebläse nur halb so stark hervorzubringen nicht 
imstande sei. Mit wenigen geringen Veränderungen, insbesondere bei 
ansehidicher Vergröliernng der Mabverhältnis^e. würde dieser Kuju)!- 
of(M! /Uli! Frivencebrenneii f.iuglich sein, indem er hei geringem Holz- 
vt'iliiaucii eine Tlitze er/euge. die das Zusanunensinlei'n erhel)lich 
be.schleunigen würde. Die \ rrhidtnisniäßige Leichtigkeit, die Hitze zu 
regulieren, mache den Ofen gerade für die Fayenrelirennerei emj)fehlens- 
wert. da ja hierbei anfangs nur ein niäUiger (irad der Warme erforder- 
lich sei, der nacli und nach gesteigert werden müsse. 

Man scheint nirgends den Versuch gemacht zu haben; auch in 
Mosbach blieb man bei der beschriebenen Konstruktion und hatte in- 



1) V. Justi. Chymische Schriften, Berlin und Heidelberg 17UÜ, Bd. III, 
8. m 



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— *iO — 



folgedessen unter dem Holzmaogel nicht wenig zu leiden. Die Aus- 
gaben Ifir Holz wuduen von Jahr zu Jahr. In dem Anschlage von 
1779 bezifferte TInnicfa den jihrlichen Hohsverbranch bei einem Bnmde 
pro Woche inkl. des Verbrandis fttr Heizung im Winter auf 653 fl. 
20 Icr. = 11 Proz. des gesamten Betriebskapitals, was aber sicherlich 
zu niedrig angegeben war. Denn sriion Berthevin hatte bei seinem 
kleinen Ofen den Verbrauch auf 70 fl.*) pro Monat normiert. Es 
lag ja im Interesse Tannichs, die Kosten so irering als möglich anzu- 
geben. In der von ihm genannten Summe war auch das Fuhrlolm 
mit inbegriffen. Dieses war nun freilich von geringem Einflul;! auf die 
Höhe des Preises, solange man das Holz aus naiie gelegenen Wal- 
dungen bezog. Es war für die Zwecke der Fabrik indessen nui leichtes 
Holz, als Erlen-, P'ichten- oder Eschenholz tauglich. Da solche brauch- 
bare Sorten in den Fürstl. (.iemmingens('heii Waldungen, dem Haujit- 
bezugsort der Fabrik, nicht immer in genügender Menge vorhanden 
waren, so mußte TSnnich oft auf den Dörfern umherhiufen, um bei 
Auictionen In den Gemeindewaldungen zugegen zu sein. Es gelang 
ihm meist, die Klafter zu 2 fl. 24 kr. zu erstehen. 

Mit den Jahren stieg aber die Nachfrage, besonders als 1783 die 
wttrttembergische Grenze fttr die Holzausfuhr gesperrt wurde. Die 
Holzhfindler boten infolgedessen beinahe das Doppdte der frQher ge- 
zahlten Preise, d. h. statt 2 fl. 50 kr. 4 fl. 22 kr. List richtete damals 
ein Gesuch an die Hofkammer und bestand auf seinem Rechte, nach dem 
die Fabrik befugt war, das in den nahen Waldungen etwa an Dritte 
versteigerte Holz zum Steigerungspreise wieder einzulösen. Die Hof- 
kammer unterstützte ihn zwar darin, allein die Händler gaben meist 
an, das Holz sei schon weggefaliren . so daß T.ist das Xarhsehen 
hatte. Die andern Waldungen, in denen l)rauchl)ares, schlagreites Holz 
stand, waren so weit entfernt, daß es unrentabel gewesen wäre. Holz 
von daher zu lieziehen; es wäre durch die Transportkosten um HO 
bis .')() Proz. verteuert worden. Eine Klafter Holz z. B. aus dem 
Stolzen becker Waid, die am Orte 2 fl. Ö6 kr. kostete, stellte sich unter 
Hinzurechnung der Thmsportkosten auf 5 fl. 40 kr. Glflcklicherweise 
fand sich damals un Obrigheimer Forst das nötige Quantum, doch 
mnfite auch hier der Preis, der durch Holzhändler beräts in die Höhe 
getrieben war, durch Verordnung der Hofkammer auf den voijShrigen 
Preis herabgesetzt werden. Durch das Holzmonopol, welches Häusser^ 

1) iistieda, Pierre Berthevin und die Fayencefabrik zu Mosbach. Zeitschr. 
des Vereins für Gesdiiebte des Obenfadn», Bd. XIX, S. 321. 

2) Häusser «. «. 0., S. 464. 



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— 61 — 



«rwälint, scheint die Gesellschaft nicht beeinträchtigt, vielmehr davon 
befreit gewesen zu sein, wie denn im Erbbestandsbrid Punkt 6 der 
Gesellschaft das Becht der Auslteung schon versteigerten Holzes 
allenthalben zugestanden wurde. Unweit der Fabrik an der Bach, 
zwischen dem blliigerlichen Schießhans und der sog. oberen Bach* 
mfihle, lag die Glasurmühle, ein Gebftnde von SOxSO Fufi im Geviert 
mit einem kleinen Gras- und Pflanzplatze. Das Anwesen war, wie 
echon bemerkt, frQher eine Öl- und Scbleifmülile gewesen und von 
Klotten, zunächst mit zwei Gängen, zur Glasurmfihle ein gerichtet worden. 
Bis dahin liatten die Arbeiter die Glasur auf Handnuihlen von sehr 
primitiver Form gemahlen. Bei der Übernahme durch Tännich war 
jedoch ein Neubau errichtet worden, wahrscheinlich weil die von Klotten 
getroffene Einrichtnnt? nicht genützte. Das neue Werk hatte vier (iänge 
mit aclit Schleifsteinen, die von Zeit zu Zeit erneuert werden mußten. 
177i' l»ezog Tännich diese Steine zum Preise von 47 H. '^H kr. aus 
Schlierbach bei Heidelberg. Die Einrichtung der Glasurniüliie war 
sehr einfach. Die Hauptsache waren die großen Feldsteine, der 
eine größere, in einer Holzniatnze ruhend, während der andere, der 
sog. Läufer, sich auf dem ersteren drehte. Die zn maidenden Mate- 
rialien, Glasurmasse, Steine wurden zuerst gestampft, dann mit Wasser 
vermischt, auf die Bodenplatte gegossen und zu feinem Staub zerrieben. 
Die Bedienung der MQUe war einem Glasnrmflller flbertragen, dessen 
Wohnung sich in der MQhle selbst befand. 

Im ganzen waren die technischen Einrichtungen ziemlich unvoU- 
kommen, teilweise wohl auch unzureichend i). Die Notwendigkeit, dem 
Ärar über jedes Stück Rechenschaft abzulegen, führte zur Aufbewah- 
rung längst unbrauchbar gewordener Gegenstände. So figurieren in 
•den Inventarien alte, völlig zerrissene Siebe: noch 1781 steht eine total 
zerfallene Druckmaschine, die Bcrthevin 177:^ angeschafft hatte, ver- 
zeicbnet und mit 8 tl. bewertet. Notwendige Reparaturen an den Ein- 
richtungen wurden unter Umständen lange aufgeschoben, gleichviel ob 
der größte Schade dadurch entstand. l)n'> räclite sich z. B. bei dem 
Brennofen, der. ol)\vohl seit Jahren bautäliig. mangels eines neuen 
immerfort zum Brennen benutzt werden mußte. Es wurde meistens 
an unrechter Stelle und /u unrechter Zeit gespart, und die Einsiciit, 
daß es, bevor eine Fabrik so weit ist, daß sie sich selbst erhalten 
kann, eines jederzeit zur Anwendung bereiten Kapitals bedarf, scheint 
keinem der Hofkammerräte gekommen zu sein, obwohl Tftnnich es 
nicht an Hinweisen darauf fehlen ließ. 

1) So wird z. B. auch in dem genauesten Inventar eine W«ge nicht erwähnt 



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— Ö2 — 



IIL Die Fabrikate. 

Über die Natar der Fayence hat Justi in seinen Chymischen 
Schriften 1) genauere Untersuchungen angestellt Danach ist Fayence 
ein Mittelding zwischen irdener Ware und Porzellan und ist um so 

vortrefflicher, je mehr es sich dem Porzellan, um so minderwertiger, 
je inelir es sich der Irdenware niihert Das Hauptkennzeichen des Por- 
zellans ist (las Zusammenfließen, das sog. „Zusammensintern** des 
Tons durcli die (iewalt des Feuers. Je mehr dieses Zusammensintern 
sfatttindct. der Ton also den ersten Grad der Verglasniif? orloidet. 
desto schöner wird (his Porzellan, weil die /.aireii Teilchen der Steine 
und Erden schlieUIirh ineinandertliefien. daü sie nicht mehr von- 
einander zu Ufiter?-chei(ien sind. Hei der Favence findet aber meisten- 
teils nur ein Zusammmenliacken des Tones >iatt oder doch nur ein 
sehr geringer Grad des Zn>aniinentließens. In dieser lünsichl nähert 
es sich eben mehr dem irdenen (iescliirr, von dem es sich aber 
wiederum durch seine weitie Farbe und die feinere Glasur, sowie 
eventuell Bemal ung unterscheidet 

Um das Zusammensintern in weitestem Mafie zu erzielen, bedarf 
man zweier Tonarten, einer absolut unschmelzbaren und einer leicht 
zerfließenden. Die letztere ist der eigentliche Ton, die bildsame Erde. 
Es empfiehlt sich, durch Proben ihre Braudibarkeit zu untersudien; 
gute Fayenceerde wird bei der Schmelzprobe im Schmelztiegel die 
weiße Farbe behalten, keine Risse zeigen und stark zusammen Hießen^ 
bei der Scheidewasserprobe nur wenig aufschäumen. Zu diesem 
schmelzbaren Material muß ein Zusatz von unschmelzbarem treten, 
in den meisten Fällen 8and, und zwar klarer, fein gesiebter Flußsand. 
Selten ist jedoch solcher Sand ein reines Gemenge unschmelzbarer 
Kiesclteilchcn, in den meisten Fällen sind Beimischungen schmelzbarer 
Materialien in ihm enthalten. Man ersetzt daher besser den Sand 
durch einen Zusatz von Specksrciii oder Sand und Alabaster, oder^ 
da die Ilerrichtung dieser Mairnalien zu kostspielig ist, durch die 
„Kölnische Erde", einen Ton von lioher Unischmelzbarkeit und schöner 
weißer Farbe. Sorgfältiges Zerkleinern und häutiges gewissenhaftes 
Schlämmen der Erde sind ein Haupterfordernis, wenn brauchbare 
Produkte erzielt werden sollen. 

I) V. JuHti. Chyriiische Schriftf-n. Fid. III, S. um! B<1. I, S. :{21. 

Was »ich über diesen Uegeiibtand bei Krünitz a. a. O., Bd. Xli, S. 3Ü.">, sowie 
in Jvsti's „Voll»täadiger AbhtoidluDg von Mannfaktmen und Fabriken" findet, ist 
teilweise wdrUidi am den ChymMÖhen Schriften fibenuMiuneo. 



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— GS — 



Man kann nicht behaupten, daß bei der Mosbaehef Fabrik der 
Ton diesen Anforderungen entsprochen habe» inabeBondere sdieint 
man nie eine gladdiche Mischung Bchmelzbarer und unschmelzbarer 
Bestandteile erreicht za haben. Die fortwährenden Klagen Aber die 
Unzulftnglicfakeit der Mosbadier Fabrikate sprechen dagegen, wenn 
man auch nicht alle Fehler nur auf Rechnung des unzureichenden 
Rohstoifes setzen kann. Es wurde Erde aus der Umgebung der Fabrik 
verarbeitet, dodi scheint es, wenigstens in der ersten Zeit, kein großes 
ergieliines Lager gegeben zu haben, l'naufliörlich befand man sich 
auf der Suche nach brauclibarcr Erde, und mehrere Male glaubte 
man solche „in vorziij^licher (lüte'' j^efunden zn haben, oline daß die 
Zukunft diesen Ki Wartungen entsprach'). Seit 17^1 wird in dem 
Inventariuni ein Stück ad 30 Ruten im Geviert, der ..sog. I^artel. 
jciiscits des gemeinen Hergwegs", erwähnt und sein Wert auf Täl) fl. 
angegeben. Hier hat man lange Zeit die Erde gegraben, bis man — das 
Jahr läßt sich nicht feststellen''') — bei Oliersciiotliinz einen anderen 
Ton fand. Weder er, noch die auf dem „Barte! ' gegrabene Erde 
dürften die erforderlichen Eigenschaften besessen haben, denn man 
suchte sie mitElstfttter.Eisenberger und Budiener Erde zu verbessern. 
Sie war, wie es scheint, im Übermafie leichtfifissig, so daß der Zusatz 
von Sand allein nicht genügend entgegenwirkte. Sowohl die Eisen- 
berger wie die Elstfttter Erde waren schwer sdmieksbar; die letztere 
wurde in Frankenthal zur Herstellung von Kockers verwendet, aus 
ersterer fabrizierte man in Mosbadi auch feuerfeste Steine, für das 
Gewölbe des Brennofens. Auch Gips wurde teilweise als Zusatz ver- 
wendet. Ob die Mosbacher Erde durch die von Justi empfohlene 
Vermischung mit Kölnischer Erde tauglich geworden wäre, muß be- 
zweifelt werden; man hatte es wohl mit einem gewöhnlichen Topfer- 
ton, vielleicht von ziemlich heller Färbung, zu tun; hie und da mag 
er feinere Qualität besessen haben, denn zeitweise erzielte man ganz 
leidliche Geschirre. Es ist merkwürdig, daB die Faiirik niemals Roh- 
stotT von Alzei und Dürklieim bezog, den Erdlagern der Frankcntlialer 
Fabrik. Obwohl die dort gegrabene Erde nicht so gut wai-, daü man in 

1) Das richtigste wire es wohl gewesen, eine Probe an den C9i«niker der 
Karpfälxisehen pbysikaliscb-dkonomischra Oesdlschaft zur Untersuchung cinza- 

senden. Dieser Chemikfr, Profes^^or Suckow, vrr-^tand !?ich sehr gut auf derartige 
Begutachtungen, wie Peine Verötfentlichungeu in den „Bemerkungen der Kurpfälzischen 
physikaliach-ökoDüiuischeii GcscUscliaft" vom Jahre 1775, 1777, 1779 beweisen. 

2) Erwähnt wird die Erde 1816. 



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— 64 — 



Frankenthal des Passauer- und Umoges-Tons hfitte entraten kOnudu, 
80 eignete sie sich doch gewiß gut zur Herstellung von Fayence. 

— Ein sehr oft fjetadelter technischer MißgrilT war die Verwendung 
zu frischer Erde. Justi empfiehlt, den Ton, ehe er zur Verarbeitung 
gelangt, fünf bis sechs Jahre lagern zu lassen. Das scheint man in 
Mosbach nie ^enüL'eiid beachtet zu haben; Tännich beklagt sich sehr 
oft darüber, dali er frische, noch mulniic[o Erde habe verarbeiten 
müssen. Der (inind, warum man keinen hinlüngliclicTi \'orrat priijia- 
rierter i'.nle aiitspeiclierte. dürfte wohl darin zu suchen sein, daü man 
nie genügend ik'triel)skapital iiesidi. um eine so große Ausgabe, wie 
sie das Herbeischaffen. Scldänimen, \'ersetzen un(i Aufbewahren einer 
so großen Menge Tones vei urbaclit, zu bestreiten. 

FOr die Glasur gibt Justi ein sehr brauchbares Rezept von 1 Teil 
Zinnasche, 1 Teil Kieselstaub und 3 Teilen alkalischen Salzen, nftmlich 
Pottasche und Weinstein. Von dieser Torzflglichen Ghisur wufite man 
in Mosbach nichts. Man verwendete dort, wie sich aus den Material- 
tabellen entnehmen läfit, die gewöhnliche Zinn- Bleighisur, und zwar 
höchstwahrscheinlich die allgemein verbreitete sog. weifie ScbmehseO* 
Sie bestand aus Bleiasche und Zinnasche, 4 Teilen Sand und Kfichen- 
salz. Diese Materialien wurden gut miteinander vermengt, flüssig ge- 
macht, nach dem Erkalten zerstofien und dann in der Glasurmtthle 
gemahlen. 

An farbigen Glasuren wurde am häufigsten verwendet die „paille". 
eine gelbe Glasur, deren >jiezielle Färl)ung durch Zusatz von Mennige 
oder Sjtieß^'laiiz zur wcillcii ( Hasur erreicht wurde. Zur Herstellung 
der grünen (ilasur-) genügte es, die oben bebchriebene weiUe Glasur 
niit Kupferasche, d. Ii. im Kalziuierofen zu Asche verbranntem Kuijfer, 
2U versetzen; die oft angewen<lete blaue (ilasur bestand aus 10 Teilen 
Schmelze, 1 Teil Mennige und 1 Teil Salz und Sand, braune Glasur 
wurde aus weifier durch Zusatz von Braunstein hergestellt — Daß man 
übrigens mannigfach experimentierte, um die Glasur zu vert>essern, 
und durch gewisse Zusätze bestimmte Effekte zu erreichen suchte, 
beweisen die in den Materialtabellen bezeichneten Mineralien, wie 
Silber^ätte, Borax, Vitriol, Antimon etc. So erreidite man z. B. durch 
Zusatz von Vitriol, daß die bhiue Glasur ins Grfinliche schimmerte, 
durch Zusatz von Braunstein ins Rötliche bezw. Violette, usw. 

1) Diene Glasur wurde z. B. auch in der berühmten Uöchc-ier i abiik, .zu- 
lange man dort Faymoegesdiirre fabrizierte, verwendet. Vgl. Ernst Zaia. Die 
Kuraiainzisch» BorMllanmanuraktur zu Höchst^ S. 69. 

2) Krflnitz, dkonomisch-techoiBche Eosyklopadie. Bd. XVIII, S. 319. 



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Auch das sog. Meistergut, nach Zais^) ein Gemisch aus Pott- 
asche, Sofia und Sand, im rechten ^'erhältnis zusammengesetzt, findet 
sich auf den Minerahahellen. Diese Miscliunir prjjal» mit Zinn- und 
Bleiasche versetzt eine gute weiße Glasur und wurdo immer in f^roUerer 
Menge vorrätig gehalten. Es konnte offenl)ar fertig Ixv.o'jen werden, 
so daß man der Mühe des Abwägeos der einzelnen Bestandteile über- 
hoben war. 

Man hat es trotz der großen Sorgfalt, die auf die Bereitung 
verwendet wurde, doch nicht verfaflten können, daß die Glasur nur zu 
oft fehlerhaft war. Die Kunden beklagen sich Aber Blasen, Löcher, 
Bisse, leichtes Abspringen der Ghsur. Wahrend der letztere Fehler 
auf Bedmnng des Tones zu setzen ist, wenn er die Glasur nidit assi- 
miliert, sind Blasen und Bisse allerdmgs anf falsche Ma6?erfaältnis8e 
bei der Mischung der Gl&surbestandteile oder Untang^chkeit der Salse 
. zarflckznfnhren. Von Seiten der Hofkammer wurde auch das zu dicke 
Auftragen der Glasur gerttgt, ein Fehler, der, wie Justi bemerkt, sehr 
oft in Fayencefabriken begangen wurde. 

Vielfache \'erlegenheiten ergaben sich für die Fabrik daraus, daß 
sie das Mosbacher Salz verwenden sollte. Tännich bezog sein (ilasur- 
salz aus Wimpfen und Offenau, da er mit dem Erzeugnis der Mos- 
bacher Saline schlechte Erfahrungen gemacht hatte. Es fiilire dieses 
Salz, so gab er an. „freindo Erdteile'* mit sich, die Sprodi^^kcit uml 
Sprünge verursachten. Beim Brennen liöre man ein beständiges Knallen. 
Dennoch sollte er durchaus das heimische Salz verwenden. Eine Ver- 
ordnung von 1771) untersagte der Mosbacher Saline den Vertrieb 
fremder Salze und wies den Direktor Tännich auf das Mosbacher Er- 
zeugnis an. Die Folge war das Mißraten von 14 Bränden im Werte 
Ton 3000 fl., die Produktioa dnes Vierteyahres. Man muBte wohl 
oder Qbel die Verwendung auslindischer Salze wieder gestatten. 

Unter Lists Direktion war die Saline in Pacht einer Gesellschaft 
Ton Generalsalzpichtem*), die 1783 den Versuch machten, der Fayence- 
^biik den Bezug auslfindischer Salze zu unterbinden. Durch ihren 
„Salzkontrakt", so sclirieben sie, zessiere das Privileginm der Fabrik 
bezüglich der Einfuhr des Glasursalzcs. Wirklich setzten sie es durch, 
<lali List mit dem Mosbacher Salz ebenfalls Versuche anstellen mußte. 
Die (leneralsalzpächter beteuerten in ihrer Eingabe an Se. Durchlaucht, 
das pfälzische Salz sei besser ais das Neuenheimer, Oifeaauer, Wimpfener, 

1) Zui», Die Kurmainzische Porzellanmanu6iktur zu Höchst, 8. 70. 

2) Von (liesptii Salzmnnopol erwähnt Häu-^ser merkwärdigerweise nichts, 
obwohl eä doch ebenso drUckead wirkte wie das UobmonopoL 

5 



— 66 - 



und sie machten sich anheischig, es auf dieser Güte zu erhalten. Erst 
als List nach vienuonatlichem Laborieren einen Schaden von lOCK) fl. 
sich ziigezof^en liatte, wurde ihm der Bezuj^ fremder Salze wieder 
erlaubt, doch sollte er seinen Bedarf CA, nialter pro Brand) genau 
angeben und den Bezug unter Mitwirkung eines Salinenbeaniten be- 
wirken. Für seinen Hausgebrauch niutite er weiterhin Mosbaclier Salz 
verwenden. Da die (icneralsalzi)ächter mit ihrer Produktion kaum den 
Bedarf des Landes decken konnten, so war ihr \ erlangen. die Faltrik 
solle von ihrem Salze (jebrauch machen, otlenbar nur eine Schikane. 
Das geht auch aus den Vergleicbsverhandlangen hervor, die List auf 
WttDseh Sr. DarebUuiebt mit flmen ftthrte. Diese sciieiterten an einer 
Prinzipienlra^e. Die Pächter verlangten, daß List sdnen Bedarf ans 
ihrem Mannheimer Magazin decke, wShrend der Direktor das Salz aus der 
Mosbacfaer Niederlage, wo er es hiUiger haben konnte, beziehen wollte. 
Auch der ad hoc ernannte Vergleicfaskommissarius richtete nichts aus, 
da die PSditer sich auf ihr PrivUeg versteiften und offenbar höheren 
Orts weitgehende Unterstfltzung fanden. 

Es soll mit den erwälmten technischen Mißgriffen nicht gesagt 
sein, daß die leitenden Direktoren, besonders Tännich, später auch 
List, ihre Sache nicht genügend verstanden hätten; speziell Tännich^ 
der so oft der Ungeschickuchkeit angeklagt wurde, muß dagegen in 
Schutz genommen werden. Aus allen seinen Äußerungen und Auf- 
stellungen geht hervor, daß er, in praktischen Fragen wenigstens, ge- 
nügend informiert war, wie er denn auch eine Schrift ül)er die An- 
legung von Fayencefabriken verfaßt hatte. Man muß das Mißlingen 
der Trodukte wohl hauptsächlich auf die ungünstigen Umstände zurück- 
führen, die gerade für eine Fayencefabrik in Mosbach sich vereinigten. 
Die RiduBtcrife, die die Gegend lieferte^ waren nidit geeignet und zum 
Bezug besserer fehlten die Mittel. Fflr den kaufmännischen Leiter 
war es natflrlich immer das bequemste, die Schuld am Rttckgange der 
Fabrik auf den Direktor zu schieben. Wunderbar Weabt bei alle* 
dem nur, daß man in Moebach so wenig von den technischen Er- 
rungenschaften profitierte, von denen die Frankenthaler Fabrik so großen 
Nutzen zog. Lipowsky^) erzählt auf Seite 56 seines Buches, daß 
die an Karl Theoilors Hofe versammelten Ktinstler für die Fabrik 
die Formen und Vergoldungen, Farben und Gemälde zierlich und 
kunstvoll anzuordnen und zu verbessern wnßten, währttid die bei der 

1) Lipowsky, Karl Theodor, Kurfürkt von Pfaits-Basrern. Salzbach 1628. 

Da» Buch ist von katholischem Standjmnkte am ge«chrielifn und eine LohbymQfr 
auf den Kurfürfsteo, der doch bei ausser ao schlecht wegkoiuiut. 



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physikalisch-ökonomischen Gesellschaft befindlichen Naturforscher und 
Chemiker die Masse und die Glasur zo verbessem und das Mediar 
niscfae zweckmäßiger heizueteileD bemfiht waren. Inwieweit dies für 
Frankenthal zutrifft, ist bis jetzt in keiner der Arbeiten 0 Ober diese 
Manufaktur G^nstand der Untersudiung gewesen; es ist indessen 
nicht unwahrscheinlich, da die Fabrikate außerordentlich gut waren 
und Karl Theodor selbst einer der Hauptkunden der Fabrik war, in- 
dem er sehr oft Geschenke mit Erzeugnissen der Manufaktur machte. 
Mosl>ach, obwohl mit Vergünstigungen beinahe Terschwenderif;c]i ausge- 
stattet, konnte sicli solchen direkten Interesses seitens des Landesherni 
nicht rühmen. Die Fabrik erfulir die Gnade des Kurfürsten offenbar nur, 
weil 8ie so mäclitige P'iir^iireclier !)esaß. Auch dafür. daB die Mos- 
li.icliei- Fabrik mit der Frankenthaicr in repelmälüger Verbindung ge- 
standen iiätte. finden sich keine Belege, obwohl dieser Gechuike doch sehr 
nahe lag. Tännich machte dem Ärar einmal den Vorschlag, die Mos- 
bacher der Frankenthaler Fabrik anzugliedern und beide unter einheit- 
liche Leitung zu stellen, eine \'erbinduug, die für Mosbach sicher von 
Nutzen gewesen wire. Nicht von der Hand zu weisen ist indessen die 
Vermatong, daß man in Mosbach Fhmkenliialer Erzeagnisse nadiahmte, 
worauf auch schon Bruno Bucher hingewiesen hat'). Den Hauptbestand- 
teil der Produktion bildeten Gebrauch8gesehirre,Teller,Tee-, Kaffee-, Mildi- 
nnd Schokoladekannen, Znekerscfaalen, Leuchter, Frucbtkörbe, Apolheker- 
bflchsen, Wein-, Bier- und BlumeBkrOge, Blumentöpfe, Weihkassei, 
Barbierbecken, FarbennSpfe, Einmacbebfichsen, Senffiteser, Sdireib- 
zeuge etCi Manche der im Inventar aufgeführten Geschirie sind 
heute längst nicht mehr gebräuchlich, so die Potpourris, Vasen mit 
durchlöchertem Deckei, in denen ein Gemisch von allerhand wohl- 
riechenden Kräutern zur Parfümierung der Zimmerluft auflie wahrt 
wurde, Lerksrhüsselchen zum Anfeuchten der Finger beim spinnen, 
Kindbetterschüsselchen und Pfatienkai»]»cn. Wozu das letztpre (ieschirr 
diente, bleibe auf sich beruhen. Vielleicht darf man an eine Maehahmung 
der als „Bischofsmütze" bekannten Punschbowle denken. Ferner Nacht- 
maschinen, eine Kollektivbezeichnung für Toilettegegenstände, Nacht- 
stuhlhäfen % d. h. Einsätze in Naehtstühle, nacli Ansicht jener Zeit 
„unentbehrliche Meubles" jeder Hauswirtschaft. 

1) Eine Zusaiiiraenstellung der Literatur über Frajikeiithai bei Btieda, 
Die kemmiBche Indiutrie in Bayern «ihrend dea 18. Jahrhunderts, & 8. 

2) Bruno Bucher a. a. O., Bd. III, 8.490. Nach ihm haben die MosbadiM- 

Maler aiu h dif ^farkon mitkopiert, und zwar von Por/fllatKiriirinalcn, die noch ans der 
2^it staiiiiiH ii. da MaiinoiiK-i Hobti, .Tof>opb Adam die Fraukeuthaler Fabrik leitete. 
3; Krünitz a. a. O., Bd. 0, 2Ü3. 

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Um dem Geschmack des Publikums entgegen zu kommen, ahmte 
man Speaalitftten berfihmter Fabriken nach, so die Strafiburger Teller'), 
Durlacher Teller und Terrmen*), Würzburger Ma6krflge*X &tich die 
kttnstlerisch formten Gebrauchageachirre, wie sie in HOdist und in 

Brüssel*) so vollendet hergestellt wurden. Es waren dies Büchsen 
und Terrinen in naturalistischer Form, als Wirsingkohl, Melone, Arti- 
schocke, Traube; indessen scheint man nur einmal diesen Versuch 
j^macht zu halten, da die Geschirre nicht geraten waren. 

Außer ( iebrauchsgegenständen versuchte man auch Kunsterzeug 
nisse, Figuren etc. herzustellen. Die Brand- und Lagerverzeichnis.se 
nennen „Antiquen" aus Terra Sigillata, eine Becliervase in römischer 
Arbeit, eine Scldeifsteinvase enghalsig mit (Gesichtern, Bechervase mit 
Krokodil, ferner an Figuren: Sirenenfigur, Heuschrecke, Fratzenköpfe, 
Bauernhgur, Dudel^ackjjfeifer, kleine Jägerin, nacktes Kind auf Postament, 
2 Schuh hoch, Papagei auf einem Baum sitzend, Altarstück, den hl. 
Antonius vorstellend, kleine Figur, den hl. Johannes vorsteUeiid, L5we, 
einen Schild haltend, garnierte Vase, den Merknrius darstellend, Jahres^ 
Zeiten, Pahnbanm mit Korb und Delphin zur Plat de Menage, grofie 
und Meme Kruzifixe, 6 verschiedene Viehformen, 5 Vfigelarten, Eia- 
vdgel, Getiers, Gruppe: Schaf, Hund und Vögel. Eine Figur, die 
vielleicht lokales Interesse hatte, waren die nBuchhaltershunde**; 
während durch die Herstellung von Porträts Sr. Kurfttrstl. Durch- 
laucht '^j samt Postament, sowie Sr. Exzellenz des Ministers von Beckers 
wohl eine Verehrung dieser beiden Protektoren der Fabrik ausgedrückt 
werden sollte. Alle diese Kunstprodukte waren schwer verkäuflich, 
nicht einmal die Porträts Se. Durchlaucht, die man mit 30 kr. bez. im 
Mittelgut mit 2{\ kr. verkaufte, wurden viel verlangt. Auch das zahl- 
reich fabrizierte Kindergeschirr scheint wenig begehrt gewesen zu sein. 

In der Art der Ausführung unterscheiden die Warenverzeichnisse 
ordinär, ])aille, glas-, zinn- und silberfa(;onniert, gerippt, fein gemalt. 
Schmelz gemalt, grün Modell, vergoldet, blau, (iuirlaiulen; doch war 
der größte Teil des Geschirrs einfach weiß (ordinär) oder „paiile"*). Die 

1) J. BrinckmaDn, Hamburger Museum, S. ML 

2) Qiitiiiitiin, a. a. O., 8. 14. 

3) VVohl N&rnbeiKsr oder Bajreuther Krfige gomeint. J. Brinckmann a.a. 

O., S. 328 ff. 

4) J. Brinckiuauu a. a. O., S. HoO. 

5) Nach Kraus, Die Marken der PonscHanmanufdctur in Fnnkenthal 1899, 
auid aolclie Porteita noch in melunenn EmnplareD teils in Sammlungen, tdls in 
Privatbesitz crbnltm. Kr. schreibt me der Fcankenthaler Fabrik m, während «s 

zweifellos Moslmi hi r Erzimirnisse sind. 

6) Die üezeicbtiuiig bezieht »ich wobl aut die strohgelbe Färbuug. 



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größte Mannigfaltigkeit in der Art der Ausführung wiesen die Tee-, 
Kaifee- und Schokoladrakannen auf, woM, weü sie am besten gingen. 
Man konnte sie in sedis verschiedenen AusfOhrungen haben, nlndich: 
«nrdinSr, silbeif^on, gemalt, grfln ModeU, Guirlanden, paiUe, Schmelz 
gemalt; au£erdem worden sie in fünf bis sechs Grßfien hergestellt und 
waren m groBen Mengen vorrätig, so z. B. nennt das Versäehnis vrni 
1781 Kaffeekannen in Gidfie Nr. 1 192 Stflck, Kr. 2 164 Stück etc. 
Jlan machte auch den Versuch, das sog. Braungescfairr zu fabrizieren. 
Nach Beckmann') ist diese Art von Geschirr zuerst in England her- 
gestellt worden. Man erzeugte den braunen Farbton durch Zusatz 
von Braunstein zur Masse sowohl wie zur (Ilasur. Zuweilen suchte 
man dem Geschirr das Aussehen des sogen. „Aventurino" zu geben, indem 
man unter die Glasur Goldglimmer einstreute. Auch diese Art der Aus- 
führung von Braungeschirr sciieint in Mosbach versucht worden zu 
sein; das Materialverzeichnis nennt zwei Büchelchen Kuusch^'old aßOkr. 

Auf eine kunstgemäße Bemaluug legte man in der Fabrik keinen 
zu großen Wert, und zwar aus ganz natürlichen Gründen. Schon 
Justi bemerkt, daß die Fayencen durch künstlerische Dekoration zu 
teuer werden und damit die Fabrikation ihren eigentUchen Zweck 
verfehlt, da Fayence ja eben billiger sein soll als Porzellan. Der Dekor 
war also wohl mehr Fond- und Blumendeikor, auf Darstellung der 
sonst so beliebten Landschaften oder Szenen ans Natur- und Menschen- 
leben wurde verzichtet Die Palette der Mosbadier Maler weist die- 
selben Farben auf wie die der Höchster >) Fabrik: Blau, GrQn, Gdb, 
Violett, Schwarz, Braun, Orange, Umbra, Konturschwarz, Purpur, 
Seladongrün; äußrem die zur Herstellung des Flusses nötigen 
Materialien Borax und Schmelzglas. Obgleich es in den Fabriken 
vielfach üblich war, die Farben selbst herzustellen, so scheint man in 
Mosbach doch davon abgesehen und die Farben, soviel es ging, fertig 
bezogen zu haben. Das gilt wohl haui)tsächlich von Schwarz, Braun 
und Purpur, sowie Grün. Blaue Farbe, die eine ausgedehnte Ver- 
wendung fand, stellte man aus Schmälte oder Zafflor, auch Saffre, 
ZafTera genannt, her. Beides sin<l Kobaltpräparate. Zafrior^) wird* 
gewonnen» indem zerpochter Kobalt im Kalziiiierofen geröstet und 



1) Beckmann a. a. O., 8. 263. Kadi J. Brinekmann iat et «ine Erfin- 
dang der Chinesen aus der Zeit von 150<'>— 22. .1. Brinekmann, Hamburjjer 
Muscnm, S. 33i>. Auch in AiiBlnuh wurde es fabriziert. Stieda^ Die keramische 
Industrie in Bayern wahrend des 18. Jahrhunderts, 6. 32. 

2) Zais, Die Kannainzuwbe FonellMunaDiifoktur su Höchst, B. 09. 

3) Röfiig ft. a. O., 8. 306. 



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dadurch von dem beigemengten Arsenik befreit wird. Nach noclmialiger 
Zerkleinerung erfolgt die Vermischung mit gemahlenem und geröstetem 
Kies oder Sand im VerhiUtiiiB y<m 1 : 3, wohl aach mit Pottucha Die 
Schmälte^) ist noch um emen Grad weiter präpariert. Sie wird nämlich 
gewonnen, wenn der eben beschriebene Zafflor in irdenen Geftfien 
zn Glas geschmolzen ist Dieses wird dann zerstoßen und anf Farben- 
mflhlen gemshien, woran! es. mit Flufi versetzt, znm Malen bereit ist 
Bote nnd violette Farbe stellte man wohl aus den Bohstoffen un- 
mittelbar her; die Materialtabellen weisen Mennige und Spießglanz 
zur Bereitung der roten, Magnesia zur violetten Farbe auf. Für die 
Herstellung der Farben war der Kalcinierofen von besonderer Wichtig- 
keit. Uni die Farben mit der Glasur zu ver])inden, bediente man 
sich des Flusses, eines Gemenges aus Mennige und Borax, die verglast 
und (liinn zu Pulver zerstoßen wunltMi. Sonst finden sich auf den 
Verzeichnisfien noch Hernstein zur llereitung von Malerfirnis und 
Juden] K'ch (Asphalt), beide zur Herstellung der Beize oder Mordant 
verwendet, welche Flüssigkeit als Bindemittel beim Auftragen von 
Vei'golduiig diente. Raps- oder Rüböl diente zur Beleuchtung und 
zur Herstellung von Firnis. 

Die Bemalung beschränkte sich wie gesagt auf Blumen-, Fond- 
nnd Ein&rbenmalereL So gab es z. B. Schalen in blau, wohl unter 
Glasur; dieselben sächsisches Mod^ d. h. vielleicbt Zwiebelmuster 
oder Streublnmen; oder mit Tulipanen, mit Bosen, mit Grasblumen, 
bunt Modell, wetfi mit blauem Band; BlumentrSge gab es blau staffiert 
Weihkessel nnd Bocksvasen stark vergoldet Auch Apotheker- und 
KaufmannsbQchsen kommra gemalt vor, waren wohl mitGuirlanden ver- 
ziert; beide Artikel wurden in Weiß gar nicht vorrätig gehalten. Auffällig 
ist ferner die geringe Verwendung von hellen roten Tönen; als Farbe 
ist rot überhaupt nicht ausgeführt, vielleicht wurde sie von den Malern 
selbst aus der Mennit^e hergestellt'). Von etwaiger Verzierung mit 
Sprüchen, wie in Durlach -^j die Krüge, findet sich keine Spur. Die 
Figuren scheinen nicht bemalt gewesen zu sein. 



1) Chr. Fr. Prangcns Farben Icsikon, Halle 1782. 8. 47. 

2) Mennige iet auf den Muterialtubelieu in großer Menge vorliaudt:n. Die 
Hentdlung eines fear^ien Orangerot am ckan Sfiaeral isl tleiDlidi «fnhieb. Sie 
gaschielit durch langes Kalcinieien (laehern) des Bkies. Prsogens Farbenlexikon, 

8. '>90. Auch aus Spießglanz (3 T.), Bleiclätte (7 T.), rotem Eisenoxyd (1 T.) 
wird ein schönes Rot hergestellt. Poppe, a. a. O. S. 595. 

3^ J. Brinckiuann, Beiträge zur Geschichte der Tüpterkiiii.st iiiid Gut- 
manD a. a. 0. 8. 14. 



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Es ist schon darauf hingewiesen worden, daß die Güte der 
Falifikate mit Recht bezweifelt werden imili, obwohl die jeweilige 
Fabrikleitung stets veisicherte, daü die Erzeugnisse wohlgeraten seien 
und den besten Prodnkten der FlOrsheimer und DarliM^ Maan&k- 
tnren an die Seite gesetzt werden könnten. Die Stimmen der Händler 
und des kaufenden Publikums beweisen indessen das Gegenteil Blan 
kann sieh kaum denken, daß die Kilnfer, wie Klotten sagte, blofi ans 
Halsstarrigkeit oder wdl sie der Fabrik nicht gflnstig gesinnt waren, 
die Mosbaeher Fiibrikate nicht kaufen wollten. Ihre Vorliebe fOr die 
Erzeugnisse anderer Etablissements, vor allem auch fOr das enf^ische 
Steingut, hat ihren Grund doch wohl in der Gflte, Schönheit und vor 
allem Haltbarkeit dieser Fabrikate. 

Man wird freilich nicht aus der Schwierigkeit des Absatzes allein 
auf die Minderwertigkeit der Mosbacher (ieschirre schliefclen können; 
denn unter der Absatzkalamität litten damals alle Fabriken, selbst 
so l)erühnite wie IhirlachM und Wiesbaden*). Die Gründe für den 
schwierigen Alisatz l»e.>.<)ii(lcrs der Fayencen sind mannigfach, und liegen 
zum Teil in der Natur dieses Geschirrs selbst: es ist zu weich, zu 
leicht brüchig und rissig und im Verhcältnis zu dieser geringen Halt- 
barkeit wohl auch zu teuer. In einem Gutachten über die Wies- 
badener Fabrik nennt der Referent, Kammerrat Habel, die Neigung 
des Bürger' und Bauernpublikunis, ihre Ktichen mit FajencegeiMshirr 
auszustatten, geradezu verderblich, weil die irdene Ware 4— 6mal 
haltbarer sei*). Und, ffigen wir hinzu, dabei billiger. Erschwerend 
wirkte auf den Absatz die grofie Konkurrenz, die in diesem Artikel 
stattfand; Fajenoefebriken worden fiberall angelegt, auch dann noch, 
als das englische Steinzeug seine Überlegenheit über die Fagrence- 
geschirre bewährt hatte. Gerade die Mosbacher Fabrik hatte in ihrer 
unmittelbaren Nähe eine beinahe erdrückende Konkurrenz von zum Teil 
viel älteren, gut eingeführten Fabriken: Durlach, Flörsheim. Wiesbaden, 
Dirmstein, Höchst. Kelsterbach, OtTenbach, Kreilsheim Ludwigshurg. 
Wie wenig daL^egeii sell)st das Mono])ri] half, zeigen die nicht endenden 
Klagen der Faljrikleitung. Heinaho jede Eingabe an die Hofkammer 
l»itiet um schärfere Handhabung der Vorschriften. Die Zollbeamten 
entschuldigten sich mit Unwissenheit und ließen fremde Waren passieren, 
die Zollbereiter drückten wohl gern ein Auge zu. Melleicht waren 

1) Gutraann a a. O., S. 12. 

2) Vfrl. Stioda, I>ir Fayencefabrik zu Wiesbaden. Aniial. des Vereins f. 
Nas»auische Altertumskuiide und Geschicht4for»chuug, Bd. XXXI \% S. 38. 

3) J. BrinokniaoD, Hambarger Mnaeam, 8. 332. 



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sie in der Tat nicht imstande, die Fabrikate der einzelnen Etablisse- 
ments zu unterscheiden. Aber selbst bei einer gewissenhafteren 
Beamtenschaft, als die pfälzische es war, mußte die Durchführung des 
Privilegs auf Schwierigkeiten stoßen. Die Art und Weise schon, wie 
das Monopol bekannt gemacht wurde, ließ dem Pflichteifer und der 
Bachkenntnis der Beamten den weitesten Spielraum. Gedruckte For- 
mulare, die in der Druckerei der Beicfaspostamtueitung hergestellt 
waren, wurden an BOrgermeister und GemeindeTorstBnde gesandt und 
von diesen der im Wirts- oder Batshause versammelten Gemeuide 
vorgelesen oder durch den Gemeindediener ,,mit der Schell** verkündet 
oder endlich „ad valvas publicas affichieret". Eine mustergültige 
Durchführung der landesherrlichen Vorschrift bot die Stadt Mannheim. 
Es wurde hier zunächst die Ilandelszunft und die Judenschaft durch 
dreimalige Ausschellung auf das Schriftstück verwiesen, das an den 
Stadttoren und am Rathaus ausgehängt war. Es gingen ferner Ab- 
schriften an das Postamt, die Zollsclireibereien und die Renten- 
komniission, welch letzterer die Aufsicht im Mannheimer Kaufhause 
oblag, wo die mit Fayence Handelnden ihre Ware niederlegen mußten. 
Außerdem wurde das Schriftstück den Viertelschreibern und Patrouillier- 
männern „zur genauesten Aufsicht und Affichierung" in den Wirts- 
häusern zugestellt und endlich den Wirten verboten, in ihren Lokale 
fremde Waren einstdien oder verkaufen zu lassen. Daß man indessen 
nicht tiberall mit dieser Sorgfeit die DurehfOhrung des Privilegs 
fiberwachte, beweist folgender VorfeU. Ein Glasermeister Werner 
ans Oppenheim, der Mosbacher Fayencen vertrieb, ertappte eme Frau,* 
weldie mit FlSrsheimer Erzengnissen hausierte. Nachdem er sie das 
^rste Mal wieder hatte laufen lassen, erwisdite er sie ein zweites Mal in 
Alzey, wie sie gerade an die Frau Gerichtsschreiberin Teller verkaufte. 
Er nahm sie nunmehr fest und brachte sie samt ihrem Geschirr zum 
Schultheißen des Orts, Querdan, um hier einen amtlichen .,Contis- 
cationsbefehl" zu erwirken. Da der Schultheiß selbst abwesend war, 
stellte Werner den Korb bei der Schulthcißin ein und begab sich 
ins Wirtshaus, um hier die Ankunft des Schultheißen zu erwarten. 
Als dieser endlich kam und den Korli nach dem Gastliause bringen 
ließ, fand Werner, daß ein Teil der Waren verschwunden war, wofür 
er den Schultheißen verantwortlicii inaclite. Der Schultheiß, der den 
Glasermeister schon veranlassen wollte, das arme Weib noch einmal 
laufen zu lassen, fuhr auf, jener antwortete heftig und da der Streit 
immer hitziger wurde, ließ der Schultheiß den Glaser festnehmen. 
In seiner Eingabe an die Hofkammer gab er dann an, daß Werner 



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total betrunken gewesen, während dieser dasselbe vom Schultheißen 
behauptete und ihn lässiger Amtsführung beschuldigte. Er bekam 
indessen nicht recht, sondern mulite 10 Tage Turmhaft absitzen. Die 
Folge war, daß er an Reibeid schrieb, er werde sich, da man ihn bei 
Aiisflbimg de« PrivSegs nidit unterstütze, in Zukunft nicbt mehr mit 
dem Vertrieb von Mosbaeher Fajenoe beschfiftigen. Trotz aller Bitten 
Reibelds machte er diese Drohung wahr, und es wShrte lange, bis 
man fflr ihn einen geeigneten Ersatz gefunden hatte. 

Während die Niederlagen ziemlich leicht auf das Vorhandensein 
fremder Fayeno^escfairre untersucht werden konnten, waren die Hausierer 
schwerer zu kontrollieren, zumal bei den damaligen territorialen Ver» 
hältnissen wo zwischen den pfälzischen Besitz Territorien anderer 
Herren sich einschoben. Hier hatte natürlich das Privileg keine 
Gültigkeit. Auf diese Gebiete konnten sie daher üliertreten, von Nieder- 
lagen, die sich dort befanden, ihre Vorräte ergänzen. — Es ist merk- 
würdig, daß Reibeld oder Tännich nicht auf den Gedanken gekommen 
sind, ihre P'abrikate durcii Hausierer vertreiben zu lassen; sie hätten 
dadurch ihren Absatz ganz erheblich steigern können. Erst unter 
Lists Direktion durchzogen Händler mit Mosbacher Fayencen kur- 
pfälzisches Gebiet. Ein Hindernis für diese Art des \ ertriebs würde 
in den zahlreichen Abgaben, Chausseegeldern, städtischen Zöllen etc. 
gelegen haben, wenn es der Gesellschaft nicht gelangen wäre, hiervon 
Befreiung zu eriangen. Sie erhielt die Befügnis zur Ausstellung von 
Frdseheinen. Das Formular kutete auf dnen bestimmten Namen 
unter Angabe etwa behn Vertrieb beteiligter Familienangehörigen und 
bescheinigte den Einkauf ober bestimmten Menge von Fayenc^geschirr» 
beispieisweiae von 20 fl. DafOr wurde nun dem Verkäufer fflr eine 
gewisse Zeit, deren Länge sich nach der Größe des Einkaufs richtete, 
Freiheit von Land- und Wasserzoll, abgabenfreies Handeln, unbe> 
hindertes ..Pass- und Repassieren'* auf Grund des Freischeines gewälirt. 
Mit der Zeit, besonders begünstigt wohl durch die Kriegsläufte, stellte 
sich ein Mißbrauch dieser FVeischeine ein. Allerhand verdächtiges 
Gesindel und Landstreicher benutzten sie, um unter ihrem Scliutz 
Bettelei zu treiben. Sie kauften für ein paar Gulden Waren und 

1) Eiucn Überblick über die territorialen Verbältaisse de» Teils der ehemaligen 
Kurpfals, der h«aie noch den Namen PfftU trägt, gibt die hietoriiche Karte der 

rheinischen Pfalz nach dem politischen TerritoriaIbc»tand von 1792 von (t. Hau 
u. K. RittfT, Neustadt a. H !*^7). Die Karte gibt 40 Herrschaftsgebiete an; ia 
der alten Kurpfalz waren es sicher noch mehr, da sie bedeutend größer war als 
die heutige Pfals. 



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zogen damit im Land uinlier, überall von den Behörden unl»ehindert. 
Es wurde deshalb, als das Übel mehr und mehr an Ausdehnung 
gewann, der Gesellschaft 1801 die weitere Ausstellung solcher Scheine 
untersagt, wogegen sie sidi vergebHdi strftnbte. Ihr Vorschlag, solche 
Papiere fortan nor an Personen zu Terabfolgen, welche entweder durch 
beurkundete obrigkeitliche Zeugnisse oder „notorische AnsSsstgkeit^' 
in Kurpffilzischen Landen sich legitimieren könnten, wurde nidit an- 
genommen, und 80 hatte die Gesellschaft wobü nicht ganz Unrecht, 
wenn sie sich Aber BeschrSnkung ihres Absatzes beklagte. Es be« 
durfte nach der neuen Ordnung der Dinge eines Gesuches an das 
Justizamt MosbacJi um Ausstellung eines Passes, auf welchem in der 
Regel neben dem genauen Signalement die Bemerkung sich fand, daß 
der Inhaber dem unterzeichneten Justizamt als Händler mit Fayence- 
waren von Mosbach bekannt sei. Ansl'inder. d. h. Personen, die aus 
andern Ämtern gebürtig waren, müliten sich mit Pässen von daher 
legitimieren. In jjraxi aber waren selbst Hausierer, die im Besitz 
eines solchen Hausierpasses waren, vor den \ ögten der grundherr- 
lichen Amter nicht siclier. Das beweist folgender \*organg aus dem 
Jahre 1810. Der Jude Aljiahain Levi aus Wassertrübingen handelte 
mit Fayencen auf Grund seines Passes in dem grundherrlich ^'emin- 
gischen Amt Eichtersheim. Dort wurde er indessen von dem „Amtsbott** 
abge&6t, mit Wegnahme seiner Waren bedroht und in das Amt 
Mosbach venriesen. Als Auslinder dflrfe er in Eichtersheim nicht 
hauderen. Es ging bei dem Vorfall natflrlicfa nicht ohne Streit ab, da der 
Jude Widerstand leistete, und bdide Parteien beklagten sich sdiliefilich 
bei dem Ministerium des Innern. Der Amtsbott entschuldigte seine 
Maßnahme mit dem Hinweis auf die Landstreicher, die unter dem Ver- 
wände des Hausierens das Land unsicher machten und gab an, daß es 
seine Pflicht sei, dagegen scharf vorzugehen, übrigens sei Levi ein 
Ausländer. Auf eine bittere Beschwerde der Fabrik hin erließ das 
Ministerium den Bescheid, daß Ausländer mit inländisdien Fabrikaten 
handeln dürften, solange sich niclit genug Inlämler mit dem Absatz 
befaßten, sofern sie die gesetzlichen (iebühren bezahlten, die 
nötigen Pässe besäßen und duich ein detailliertes Zeugnis der Fabrik 
nachwiesen, daß die Waren, welche sie verkauften, von inländischen 
Fabriken stammten. — Immerhin machen es solche Vorfälle begreiflich, 
daß wenig Neigung zum Hausieren vorhanden war; talsächlich waren 
es auch beinahe ausschließlich Juden, welche es unternahmen, mit 
Mosbacher Fabrikaten zu hausieren. 



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Die Verordnung vom 21. September 1><1Ö iiutei\sayle den Haus^ier- 
handel überhaupt, doch waren unter ^e\vi-s(Mi 1 Bedingungen Ausnahmen 
zulässig. Eine solche zugunsten der Fabrik zu raachen, zeigte sich 
die Regierung im Jahre 1822 auch nicht abgeneigt, doch forderte sie 
eine genaoe Untersuchung, ob die Bittstdler eines Hausterimtentes 
wflrdig 8ei«i. 

Wie gegen den Hausierhandel, so ging die Regierung Max Josephs 
gegen eine andere Art des Vertriebes vor* gegen das sog. Schollerspiel. 
Es war dies em Spiel mit Wflifeb, nach Auflassung jener Zeit ein 
Hazardspiel, welches auf Messen, Mflrkten und Kirchweihfesten statt- 
hatte. In der Tat war es ein ziemlich harmloses Würfelspiel um 
allerlei (gegenstände, nach Art der Glücksbuden, wie sie auch heute noch 
auf Jahrmärkten gehalten werden. Allein die Strömung ging damals 
gegen alles, was Glücksspiel hieß, besonders aber gegen das Ausspielen 
von Waren. Diese scharfe SteUungnahme gegen die Warenlotterien, 
wurde durch die Mißl)räuche hervorgerufen, die daltei üblich warfen. 
Man wandte sich niclit so sehr gegen die Begünstigung der Spielwut. 
als vielmehr gegen den unhiuteren Wettbewerli. der in den meisten 
Warenlutterien lag, wenn der Veranstalter der Lotterie schlechte, oft 
schon gebrauchte Gegenstände gegen hohe Einsätze verloste. Nicht selten 
kaufte er auch dem Gewinner die Ware wieder ab, um sie dann sofort 
von neuem als Preis zu setzen. Unter den vielen Stimmen, die sich 
Aber die Warenlotterien hOren lassen, ist eigentlich nur eine für ihre 
Beibehaltung ')i init dem Hinweise, dafi die Fabrikanten dadurch in die 
Möglichkeit gesetzt würden, größere Posten Ware schnell zu verkaufen. 
Die Begiemng schloß sich indessen der Bewegung an, die schon seit 
ungefähr 1760") gegen die Warenlotterien ging und verbot das Scholler- 
spiel, wie alle Lotterien überhaupt Die Antwort auf die Beschwerde der 
Fabrik, der dadurch nach ihrer Angabe die fast einzige Absatzmöglichkeit 
Mtzogen wurde, lautete ziemUch scharf: „Eine Fabrik, die ihren Absatz 
nur durch Spiel ünden kann, verdient keine Unterstützung*'. 

Obwohl es immer ein f^hrgeiz der Fabrik war, Absatz ins Aus- 
land zu erzielen, um dadurch, gemäß den merkantilistischen Anschau- 
ungen von der Handelsbilanz, Geld ins Inland zu ziehen, so ist ihr 
das doch nie geglückt; wenigstens nicht bis 17><1, d. Ii. also dorn 
Zeitpunkte der t'bernahnie des Weiks durch \a>\. Von da an ist 
zu verschiedenen Malen von „ansehnlichen Bestellungen ins Ausland" 

1) Griesheim, Kurze Erinnerungen von Commecoelotterien. Leipziger 
Sammlungen, Bd. XI, S. 742 ff. 

2) KrOnitz. a. a. O., Bd. XIX. S. 211 ff. 



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die Rede, jedoch bezieht sich diese Bemerkun*? wohl hauptsächlich 
auf Bayern, wohin die Fabrik, da sie zollfreie Einfuhr fflr die Fabri- 
kate zugesichert bekommen hatte, des Öfteren Sendungen abgeben 
ließ. Im flbrigen dürften die Moebacher Erzeugnisse wohl haupt- 
sächlich im Inlande verblieben seht, wo ja das kaufende Publikum 
infolge des Monopols in der Hauptsache auf die Fabrik angewiesen war. 

Fflr die Feststellung der Freise untersdiied die Fabrik zwischen 
Handelsleuten und Kaufliebhabem, d. h* Privatknnden, die entweder 
persönlirli im Magazin des Etablissements erschienen oder, was häufiger 
der Fall war, sich die Waren schicken ließen. Für sie wurden einige 
Prozent, meist 10—12, auf das Stück aufgeschlagen, doch so, daß 
sie bei diesem Preise in der F<il)rik immer noch billiger kauften, als 
bei den Handelsleuten, die außer ihrem dewinn auch die Spesen 
aufschlapeii mußten. So glaubte man ihm Kautleuten keine lästige 
Konkurrenz zu machen und der Fabrik drjch Privatkundschaft erhalten 
zu können, und es ist uitsächlich eine recht stattliche Reihe von Namen, 
die Jils „Kaufliel)liaber" in den Verkaufsverzeichnissen namhaft ge- 
macht sind. Der Kurfürst wünschte allerdings auch für die Privat- 
kundschaft feste Preise, allein Beibeld wandte ein, daß die Leute 
,4iicht aDe gleichen Sinnes seien und oft wegen einiger Batzen wieder 
weggingen^. Man mflsse die Preise also dehnbar halten, damit man 
bei denen, die viel abhandelten, doch immer noch ein Geschäft machen 
könnte. Die Verpadtungskosten mußten auch die Privatkunden bezahlen. 

Als ein großer Übelstand dürfte es empfunden worden sein, 
daß der grOßte Teil des Absatzes auf Kredit ghng und die Kunden 
sich in der Bezahlung ihrer Schulden sehr lässig zeigten. Für das 
Jahr 1780 81 belaufen sich diese Außenstände auf ca. 4500 tl. Da 
die Fabrik kein eigentliches Betriebskapital besaß, sondern die Ein- 
nahmen immer gleich aufbrauchte, so bedeutete die Summe für sie 
einen ebenso großen Abgang an Betriebsmitteln. Nicht nur Geschäfts- 
leute, sondern auch Privatkunden bezogen auf Kredit, wie aus den 
Verkaufsbüchern hervorgeht. Da List 178.S mitteilt, dass von den 
2883 fl. übernommener Aktiva die meisten Forderungen illiquid seien 
und nicht eingetrieben werden könnten, so darf man wohl schließen, 
daü der Fabrik durch ihren Verkauf auf Kredit mancher Betrag ver- 
loren ging. 

Die Preise waren, wie oft hervorgehoben wird, denen der Fabri- 
kate von Flörsheim und Durlach gleich; da aber die Mosbacher 
Erzeugnisse mit den Produkten jener beiden Etablissements sieh 
nicht messen konnten, so waren sie relativ zu hoch. Ein Kaffee- 



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Service z. bestehend aus 12 Kaffee- und 6 Schokoladetassen, 
3 Kannen, 1 Spülkumpf, 1 Teeflascbe, 1 Zuckerdose, 1 Flittchen, kam 
in Weifi ordinftr auf 4 fl. 24 kr^ in Scbmelz gemalt auf 7 fl. 21 kr. zu 
stehen. In Frankenthal ^) erhielt man für 10 fl. 38 kr. schon ein Por- 
zellan-Kaffeeservice von gleichem Bestand. Im fibrigen seien an 
Preisen hervorgehoben-): Plat de Menage mit allem Zubehör, groß 
3 fl.; Palmbaum zu Plat de Menage 1 ti.: Tafelteller pro Dutzend 

1 fl. 30 kr., Dejeuner ganz komplett 2 H. 24 kr.. Spiclerkrügc 
30 kr.; Tafelsalzfässer G kr., ordinäre Salzfässer H kr.; Altarleuchter 
3 fl., Malerplatten 24 kr.; Kinderschreibzeug s kr., Essig- und Öl- 
gestell 24 kr.; Nachtgeschirr 15 kr. Kaffeekannen, die es, wie wir 
gezeigt haben, in n (Irößen und 7 verschiedenen Ausführungen gab, 
stellten sich wie folgt ordinär 10 kr., Silberfagon 12 kr., gemalt 
1<) kr., grün Modell 12 kr., Guirlanden 14 kr., paille 14 kr., Schmelz 
geraalt 10 kr.; Teekannen kosteten ordinär 12 kr^ Guirlanden 14 kr., 
grfln Modell 12 kr., paille 15 kr., Silberfacon 12 kr., gemalt 16 kr.; 
Zuckerdosen ordinftr oval 8 kr., ordinftr eckig 12 kr., eckig Guirlanden 
14 kr., gemalt 14 kr., süberfim^nniert, grfln Modell je 12 kr.; Tee- 
bflchsen ordinftr rund 10 kr., Guirlflkiden 14 kr., ordinftr eckig 16 kr., 
grfln Modell eckig 14 kr., sflberfaQonniert eddg 12 kr., do. Schmelz 
gemalt 16 kr., Potpourrihafen fiiconniort 1 fl., vergoldet blau 2 fl. SOkr., 
gemalt 1 fl. 20 kr., gedreht 1 fl. 40 kr., mit Kelchfuß 2 fl. 

Die Preise für die Kunsteraeugnisse, Figuren, Antiken etc. ver- 
stehen sich wie folgt: Bocksvase, vergoldet 11 fl., Statue des Merkur 
10 fl., BuchhaltershuTide 12 kr., Tiere pro Stück 4 Itr., Kruzihxe 

2 fl., großes Stockuhrgeluiuse 7 fl. etc. 

Die Händler, die sich mit dem Vertrieb der Ware befaßten, 
waren teils Kaufleute, teils Professionisten verwinuker Gewerbe, die 
den Vertrieb nel)enbei Itcsorgten : so wird genannt ein Glasermeister, 
ein Zinngießer, aucli ein Kotger bei- (!); dann Spezialgeschäfte, wie 
beispielsweise der Fayeacehändler Übereck in Mannheim. In Mos- 
bach selbst besefaflitigten sich die Franen der UtHer und Dreher 
Brodowa und Schwarz mit dem Vertrieb, daneben zwei Hftndler Wolf 
und Odenwald. Unter den Hftndlem verdienen genannt zu werden 
die Kanfleute Michel und Stein, beide zu Mannheim. Sie be- 
sorgten fflr die Fabrik den Einkauf von Materialien, vor allem des 
englischen Zinns, und bemflhten sich ansdieinend redlich, den Ab- 

1) Schwarz a. a. O, 8. 80. 

2) Di« Pniie yentehen sich für anbemalte* weiflea oder gelblicfaee Gesehiir. 

3) Die FreiBe gelten fOr Gr. Nr. 1. 



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Batz der War«i zu beben. List verwendete sich sogar hei der 
Hofkammer dalfir. dem Kanimaim Michel den AUeinvertrieb der Waren 

zu überlassen, da sich derselbe aus Freundschaft fflr die Fabrik zu sehr 

mit Waren überlaste habe. In dem Schreiben, das darauf erging, 
antwortete die Kammer: „Es besteht der allgemeine Grundsatz, daß 
jeder Staat auf solche Leute, welche sich durch VersdileKJ derlei Waren 
ihren Unterhalt erwerben. son(l<uIicho Rnrksicht nehmen muß/' Es 
sei nun, heißt es weiter, ein alter 'Shmn, ehemals Hoflakai, nebst seinen 
beiflen Töchtern mit dem \ erschlciß von Fayencen beschäftigt. Ihm 
könne man seinen Verdienst nicht nehmen. Michel hatte sich also 
mit ihm in den Verkauf zu teilen: beide muliteu versprechen, mäüige 
Preise von gleicher Höhe zu fordern; jeder erhielt auf HA) ti. Fayence 
für 25 fl. Ausschußware zum Vertrieb. 

Die Piivatknnden gehdren dnrdigftngig den besseren StSaden 
an, so daß die Bemerkung bei Krflnitz>) sieh bestätigt, daß Fayence 
in allen „mittelmäßigen'* Hanshaitungen guten Absatz findet. Es seien 
namentlidi anfgefiDhrt: Geh. Rat von Dnmmhoff, Reg.-Rat Wanderlich 
in Veldenz, Amtmann von Embigheim, Freifrau von Ried zu Bödigam, 
Oberamtsschultheiß Emst in Frankenhansen, Stiftsschaffner Volz, Förster 
Müller, kath. Pastor zu Gundelfingen, Amtmann Schilling, die Klöster 
zu Mannheim, Mosbach und Schöntal (Speziell als Abnehmer von 
Apothekerbüchsm), Luth. Kantor in Mosbach, Herr Rechtskonsulent 
zu Adelsheim u. a. m. 

Es ist wohl sicher anzunehmen , d:il> außer der kleinen 
Sammlung, die sich in Mosbach behndet, in Museen und in Privat- 
besitz sich IVIosbacher Fayencen erhalten haben. Für die Feststelhmg 
ihrer Herkunft würde die Kenntnis der Marke sich gewiß als vorteil- 
haft erweisen. Bis l'i><i] haben die Erzeugnisse indessen kein Zeichen 
erhalten, erst in diesem Jahre wurde die Anbringung eines M -') für 
die von List, eines ^ (ohne KurhuL) für die nach ihm produzierte 
Ware verordnet, und zwar, wie erwähnt, zur Information der Zoll- 
Stationen; es seheint Jedoch, daß List aueh die abem(miraenen Be- 
stände teilweise mit $ gezeichnet hat I^ach Kraus*) sind in Franken- 



1) KrfinitB a. a. O., Bd. XII, S. 305. 

2) Unter den zahlreichea mit M bezeichneten Geschirren dürfte also ein 
großer Teil nach Mosbach zu verweiiien f>-e'm. Die Fabrikationsjahre dieser Ge- 
schirre lassen »ich nicht genauer angeben; vielleicht kann man aber 1778 — 83 an- 
nehmen, d« «ahndidiilkih tacfa die bä Kauflcaten TORätigcn fieetinde nadi. 
trS^ieb mit der Merke venehen wordra aind. 

3) Krane. Die Marken der Porxellanmanufaktnr in Frankenthal 1899, 



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tiial sowohl unter der Direktion Hannongs, als aueh später, wfihrend 
die Fabrik unter Kameralverwaltnng stand, Fayenoegesdürre hergestellt 

wordra. Er verweist daher die ihm bekannten Stöcke, mehrere Me- 
daillonporträts des Kurfürsten Karl Theodor, eine Schüssel, sowie eine 
schön gemalte, hübsch geformte Platte nach Frankenthal. Verschiedene 
Exemplare der Porträts sind oline Marke, eines träpt das Zeichen 2? 
mit Kurhut, Schüssel und Platte s^ind mit 35 ohne Kurhut versehen. 
ZaisM und Schwarz^) dagegen erwähnen in ihren von uns schon 
mehrmals zitierten Arbeiten eine solche Fayencefabiikation mit keinem 
Worte. Vielmehr hebt Zais hervor, daß Ilannong in seinem Privileg 
das Monopol für die Herstellung von Porzellan, und nur von solchem 
erhielt. Auch Bücher^) ist, wie bereits erwähnt, geneigt. Fayencen» 
die mit dem Zeichen Hannongs oder mit 3^ versehen sind, nach Mos- 
bach zu verweisen. Wir mochten uns dieser Meinung anschließen. 
Daß in Frankenthal Fayencen hergestellt worden seien, ist schon des- 
halb nicht gnt anzunehmen, weü man in diesem Falle von der Ein- 
richtung einer besonderen Fayenoebibrik wohl Abstand genommen 
haben wflrde. I^cher ist, dafi in Mosbach viel nach Frankenthaler Vor- 
büdem gearbeitet wurde und die Malerzeichen und Marken mitkopiert 
worden sind*). Ans diesem Umstände erklärt sich das Vorkommen 
von Fayencen mit ^ und Kurhut; ^ ohne Kurhnt ist das Zeichen 
der Mosbacher Fabrik. Da< häufige Vorkommen von Porträts Se. 
Durchlaucht ohne Marke erklärt sich aus der spät eingefQhrten Zeidi- 
nung; angefertigt wurden sie seit 1779. 



IV. Die Produktioii. Die Arbeiter. 

Die Produktion geschah lange Zeit ohne Rücksicht auf die 
Möglichkeit des Absatzes; man glaubte offenbar, zunächst gefüllte 
Magazine sefaaifeD zu mfissen, um damit das gesamte Inland und 
soviel als mOglich das Ausland versorgen zn können. Der Absatz 
wflrde sich dann von selbst finden; ndtigen&üls sollte er durch das- 



1) Zais, Die Frankenthaler Fondlanfnbrik. Zdtachijft des BaToritclieD 

Kunstgewerbcvereins in München, 1894> 

2) Schwarz a. a. O. 

3) Bruno Bücher, a. a. O. fid. III, SL 490. 

4) Für eoldie kilmderiMiie AulgaboD wie die Porträts 6e. Darcfalandit war 
ja in Mosbach kein KänsUer vorbanden, der es hätte entwerfen kennen. 



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Privileg erzwungen werden. Eb wurde jede Woche ein Brand ge- 
liefert, eine fSr jene Ziät anfierordentlicbe LeiBtung; die ja auch, wie 
wir gesehen haben, zur Nachfrage in keinem Verhältnis stand. Der 
Wert jedes Brandes wurde auf durchschnittticfa 150 fl. beziffert Nimmt 
man nnter Abrechnung von Feierzeiten und anderer die Produktion 
hindernder Umstfind^ z. B. Ofenreparaturen, 45 Brände an, die wirklich 
stattgefunden haben, so ergibt sich ein Wert der jährlichen I'roduktion 
von 0750 fi.; eine ziemlich bedeutende Summe, die nach Tännichs 
Betriebsanschlaghingereiclit haben würde, die Kosten sämtlich zu decken 
Da (lies nun nie der Fall war, so muß man schließen, daß der Abgang 
an mißratenen, beim Ausnehmen aus dem Ofen und Einstellen in das 
Magazin verunglückten Geschirren sehr groß war. und daß selbst die 
als ..gut" bezeichneten Fabrikate nicht ganz fehlerfrei waren. Regel- 
mäßig wurde das Geschirr sofort in „gut, mittel und schlecht" sortiert 
und in den Magazinen aufgestellt. 

Unter List wurden alle 14 Tage drei Brftnde geliefert, die Pro- 
4uktion also sonderbarerweise trotz des sdiwadien Absatzes, den die 
Fabrikate fänden, erhöht. TatsSehlich war die Produktion wohl nie 
so bedeutend. Es ist bei dem Fehlen von Verkaufsverzeldinissen^) 
schwer, einen Überblick Aber die Produktion seit 1781, d. h. dem 
Übergehen der Fabrik in Privatiifinde, zu gewinnen. Wollte man 
den Worten der Leitung trauen, wie sie in ihren Eingaben an die 
Hofkammer ihre T.c istungen beziffert, so würde man sicher zu einem 
ganz falschen Bilde kommen. So heifit es in einem Bericht von 
1802, die Fabrik bringe große Summen, meistens aus dem Auslande, 
in (las Inland: in den letzten fünf Jahren beziffere sich diese Summe 
auf öU (Xmj tl. Man braucht kaum zu betonen, daß dies eine starke 
Übertreibung ist; man würde eine Produktion von jährlich ül)er 
KM Mj<J h. Wert annehmen müssen, eine Höhe, die selbst weit be- 
rühmtere Porzellanfabriken selten erreicht haben. Ebenso ist die 
Angabe, daß zwei Mosbacher Bürger jährlich 400 fl. ilurcli Fuhren 
für die Fabrik verdient hätten, unglaubhaft. Es reimt sich übrigens 
mit diesen Ziffern schlecht zusammen, dafi die Gesellscliaft angibt, sie 
setze den Betrieb nur um ihrer Arbeiter willen fort Bei so grofien 
Umsätzen hätte es sich schon verlohnt, ihn um seiner selbst willen 
fortzusetzen. Derartige Übertreibungen begegnen indessen auch 



1) In einer Eingabe an die Hofkaitiuier »pricbt die Ge»ell»chafl von Kauf- 
ond BwodlnngiibuGlieni, die sie gefiUart habe. Voo ihnen scheint sich, wie mdst 
hü solchen in FtiTftthänden befindlidien Fabrilran, leider nichts erhalten m haboi. 



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— 81 - 



anderwärts. So pibt ein Reisender, der die Purzellanfabrik zu Lim- 
bach besichtigte, an, daß diese jährlich für 15000 Tlr. ins Ausland 
absetze. ' Dabei wird der Wert des ganzen Etablissements 1798 auf 
33000 fl. geschami FOr die Fabrik von Wallendorf») werden von 
einem Zeitgenossen 250 Arbeiter angegeben, wfihrend eine genaue 
Untersuchung deren 50 festgestellt hat Sofern diese großen Ziffern 
seitens der Fabrikleitung selbst angegeben werden, liegt die Ursache 
klar; den zeitweiligen Besuchern fehlte offenbar jeder Mafistab der 
Beurteilung eines Fahrikbetriebes. 

Die Arbeiterzald belief sich beim Abgange Berthevins*) auf 10. 
Es waren die Dreher Laurentz Zimmermann, Balthasar ßrodowa. die 
Maler Franz Olilbaum und Jospi)li Bauer, die Ihenner Josej)h Kling 
und Christian Schwarz; ohne uälicro Berufsangabe Benedikt Gröiiner. 
Joh. Fnedr, Facklor und Peter .Müller. Im Jahre 1774 sind diose 
Arbeiter außer Fackler. Bauei' und Kling nicht mehr auf der Fabrik 
beschäftigt. An Stelle der Weggegangenen finden sich verzeichnet 
Maravicz. Sin an/, Bui ekunit, Scybuld und Breuner. Welcher Art die Ver- 
richtungen jedes einzelnen dieser Arbeiter waren, ist nicht zu ersehen. 

Unter Tännich wurde ihre Zahl auf 20 vermehrt und ist auf 
dieser HOhe verblieben. Die Angabe, daß die Fabrik 20 Familien 
erhalte, findet sich ja wiederholt^). Von den frflberen Arbeitern ist 
1779 aufier dem schon zweimal genannten Fackler, der unter Berthevin 
als Lehijunge eingetreten war, keiner mehr tätig, doch scheint von 
da an, abgesehen von den Malern, der Wechsel im Personal nicht 
mehr so stark gewesen zu sein. Wir entnehmen dies aus der häufigen 
Angabe, daß die Arbeiter Landeseingeborene und Einwohner von 
Mosbach BO/m, Am vollständigsten sind die Namen in einem Pcrsonal- 
verzeichnisse von 1781 angegeben. Es waren in diesem Jahre tätig 

als Hrenner, Malfsr n. Dreher Tiontch als Maler Fratiz Brenner 

„ Maler Jon. IJroilowa") „ Jakob Stadler 

1) Stieda, Die Anfiinge der Porzellan fabrikation auf dem Thüringer Walde, 
IOC®, S. 53. 

2) Derselbe, S. 106. 107. 

Stieda, Pierre Berthevin und die Fabrik zu Mnäbacb. Zeitsdur. f. 
Geschichte d.s Ohrrrheins, N. F. M. XIX, Heft 2, 8. 322. 

4; E» findet sich in Berichteu aus späterer Zeit die Bemerkung, daß die 
Arbeiter echwicihliehe und piebreehliehe Leute seien. 

5) Wühl der Bruder des 1772 genannten nultlm.sar Brodowa. K'iu Dreher 
dieses Nnnien^ ist von der Wallenddifer Fal»tik, die er auf der nurehreise be- 
rührte, durch ein Viatikum unterstützt wordeu. Unter den Arbeitern der Por- 
zeUanfabrilc zu Ludwigsborg hat Pfeiffer anea Dreher Brodowa nadigeirieBen. 
Stieda, Die Anfinge der Porzellanfabrik auf dem Thflringer Walde, S. 17a 

6 



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- 82 — 



ak Makrjttnge GutUob Diehl 
„ „ Joh.Gg.Beg«n«biirger 
„ Olasurer Franz HAider 
Dreher Xnver Diihlhcimor 
„ Andreas Brodowa^) 
^ Oaspar Efehmann 
Dnhier Jo^^eph T.andwphr 
Dreherjiuigc Jub. Fr. Fackler 



ab Drefaerjunge Bfichad Sehneider 
„ Brenner Jakob Ikenner 
„ Gehilfen d. Br. Andr. Groflkiniky^ 
„ ,, „ N. Schiedheller 

i> Erdentreker Jakob Leible 
„ Ohunirmüller Peter ßeiler 
„ TagelfiliiMrHwtinRcigeiMbvirsv^ 



Von den sonst gelegentli(;li angefülirten Namen sind hervorzu- 
heben für 1772 ein Schmelz- und Blaumaler Jos. Keib aus Ludwigs- 
burg, der nach (> Monaten sclion wieder entlassen wird, sowie der 
Maler Unger, der in dem \ orfall mit dem VVerbekorporal eine so 
unglückiictie KoUe spielt. Aus den Kirchenbüchern zu Mosbach^): 



als 



n 



„ Maler 

„ Inspektor 

„ Maler 

M Brenner 



1779 Johann Philipp Weiler 

1784 Johann (ieorg Noll 

1792 Joh. Friedr. Walter 

1783 85 (irorg Daniel Riebler 

1702 Wilh. (^yriak Heim 

1783 Jakob Stadler 

1783 Jakob Ueinricb Schneider. 



Die Löhne zeigen sich in denAufetellungen Klottens undTfinnichs 
verschieden* 



Klotten 1772 



Tfamicfa 1779 



Obermeister 
Maler . . , 
Dreher . 
Brenner . 
Lehrjunge 



monatlich 

24 fl. 
12-14 ,. 
16—20 ,. 
12-14 „ 
7 .. 



30 kr. 



Maler . . 
Dreher . . 
Brenner . . 
Ldirburache 
Breiingchilfe 
Gla^surulüller 
Tagelöhner . 



monatlich 
16 fl. 
lü 

lü ., 
6 .. 
8 
Ö 

8h 



Nach Aufstellungen Reibcids sind an die beschäftigten Personen 
außer Täimich, der monatlich 30 fl. erhielt, gezaldt worden: 



1779 

Juni 105 fL 

Juli 137 „ 

August 185 „ 

September .... 201 „ 

Oktober .... 203 „ 

November .... 208 

Desember .... 211 „ 



1780 

Febraar .... 215 fl. 

16 kr. März 217 „ 

44 „ AprU 210 „ 

Miii 217 

.hini ...... 230 „ 

Juh 224 „ 

August .... 238 „ 

September .... 235 

Üktolwr .... 230 „ 



1) Wohl ein dritter Bruder. 

2) Besorgte auch Fuhren ffir die FaMk. 

3) Wohl der Vater des Malerjuugen. 

4} Nach geläJliger Mitteilung des Herrn Pfarrws Meerwein. 



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^ 88 ^ 



Nach Lohnsätzen TSnniehs von 1779 ergeben sich an monat- 
lichen Lohnen insgesamt 185 fl. Die Steigernng vom Juni bis Angast 
1779 erUfirt sich wohl daraus, dafi erst im August das Personal voll- 
zählig var, da Tfinnieh infolge seiner Geldverlegenheit einige Arbeiter 
entlassen haben mochte, deren Stelle mit Beibelds Übernahme der 
Fabrikleitung wieder besetzt wurde. Von da an, wo die Löhne fiber 
den Retrag von 1H5 fl. steigen, findet sidl die Angabe „Feier- 
abendarbeit". Auf Anfrage der Hofkammer, woraus die fortge- 
setzte Steigerung der Löhne sich erkläre, sclirieb Reibeid: „So wie 
die Tage vom August bis hierher (Dezember) abgenommen, so sind 
aucli die monatlichen Löhno crestiegen wegen der Fcierabendsarbeit, 
denn ohne solche konnte ohnniögHch alle Wochen ein Hrand gefördert 
werden, weil in Winterszeit morgens früh, wenn es Tag ist, mithin 
um 8 Uhr erst, oft auch sjjäter, nach Maß der eintretenden Helle 
auf die Arbeit gegangen wird. Die Steigerung wird sich vermindern 
bei dermaliger zu erwartender günstiger Jalweszeit". Nun trat diese 
Verminderung aber nicht ein, sondern, wie die Übersicht zeigt, aber- 
mals eme Steigerung und die Bezeichnung Feierabendarbeit steht 
weiterhin hinter den Löhnen verzeichnet In den Sommermonaten 
ist also diese Feierabendarbeit nicht auf den zu spftlen Anlang (die 
Arbeit begann in dieser Zeit früh 6 Uhr) zu schieben, sondern ist 
wohl der Ausdruck vermehrter Produktion. Wie lange die Über- 
stunden sich ausgedehnt haben, ist Imder nicht ersichtlich; fOr gewöhnlich 
erfolgte der SchluB der Fabrik abends 7 Uhr. Ebensowenig läßt sich 
audi nur schätzen, wieviel pro Stunde gezahlt wurde. Hoch kann in- 
dessen der Lohnsatz nicht gewesen sein, auch dürften niclit alle, 
sondern nur die geschicktesten Arbeiter Überstunden gemacht haben. 
Der Wunsch der Hofkammer, welche die P'eierabcndarbeit abgestellt 
wissen wollte und dafür lieber „mehrere Stunden zur Tagesarbeit gegen 
allenfallsige Erhöhung des l.olines" einzurichten wünschte, war selbst- 
verständlich nirbf (hirciifiilirliar und so wurde verordnet, es „bei dem 
bisherigen \ oigung, der bei Kaloriken gewöhnlich, zu belassen". 

Vergleicht man die Löhne mit den in anderen F'abriken, bei- 
spielsweise den in der Porzellanfabrik zu Veilsdorf gezaliltcn'), so 
ergeben sich für Mosbach ziemlich dieselben SStze. Es bezog in 
der ThOringer Fabrik ein Dreher monatlich 32 fl., ein Maler 15 fl., ein 
andrer dagegen nur 5 fl., ein Arcanist 18 0., der sehr geschickte Former 



1) Biieda, Die Anfinge der Fonfielhnindaitcle anf dem Thüringer Walde, 
6. SOS. 

6* 



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Vita. 



Am 7. Juni 1878 wurde ich^ Ernst Johannes März, als Sohn 
des 1890 verstorbenen Kunstmalers Ernst Julius März in Dresden 
geboren. Meine erste wissenschaftliche Bildung erhielt ich auf dem 
Senünar zu Dresden-Friedrichstadt, das ich 1898 mit dem Reifezeugnis 

verließ. 1901 siedelte ich nach Leipzig über, um midi national- 

ökonomisrhen, historischen und pliilosophisclien Studien zu widmen. 
Gleichzeitig bereitete ich mich für die GymnasialreifeprQfnng vor und 
crlan^nc Ostern 1903 am Königlichen Gymnasium in Würzen das 

Maturitätszc u is. 

Währoinl tiieiner Studienzeit waren meine Lehrer die Herren 
l*rofe^.-l>rell. he/.w. Dozenten: Stieda, Hüclier. Kulenburg, Seeli^cr, 
Lamprecht, Kölzschke, Dören. Heinze, \V iindt. Richter. Brahn, 
Weule. Köster. Volkelt. Sohm, Frie(il)er^^ Biiiding, Strolial 
und Holder. Ihnen allen, besonders aber Herrn i*rofessor Stieda, 
dessen volkswirtschaftlichem Seminar ich vier Semester angehört habe, 
sage ich fOr die vielseitige Anregung und reiche Förderung meinooi 
herzlichsten Dank. 




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