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Full text of "Archiv für Hygiene und Bakteriologie"

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ÄRCHlViüK HYGIENE. 

(BEGRÜNDET VON MAX v. PKTTEXKOFEB.) 



UNTER MITWIRKUNG 



VON 



PWl. Dr. O. BOLLINUEK, Müncben ; Prof. Dr. UON liOFF, Xubnrg a. L. ; l'xot. Dt. R. EM.MKKICU, 
MOneliMi; Praf. Dr. F. SIUBMANN, ZArfeh; Prof. Dr. HBIM, Brlugwi; Prof. Dr. P. HUKPPK, 

Pn^; ITof. Dr. KAnRflEL, Pra«; Prof. Dr. F KRATSCITMER, Wien; Prof Dr K I.KIIMANN, 
Würzburg; Prof Dr. A LODE. Innsbruck; Prof. Dr. L. PKKIFFER, Rostock ; Prof. Dr. 
W. PBAUSNITZ, Ora/.; Prof Dr. K. RKS'K. Dre-Klen ; Prof. Dr. 110 I I KHI -S. FrelbuiK t. B. ; 
0«Dendobentn( Dr. A. SCHÜSTKB, MOoeben; Prof. Dr. WEUNICKE, Powa. 



J. FORSTEK, M. ößUBER, FR. HOFMANN, M. RUBNER, 



O. 0. l-KOKEtli^OHe.N lIKIl IIYUICNB UND DIRtKTÜHK.N' UEK HTOIICMSCHEN INSTITUTB AX DKK UMITtKSlT&TCH tV 



HERAUSGEGBBBN 



VON 



8TBA8SB0RG 



MÜNGHBN 



uipaio 



BBBUR. 



EIlVtJlVDSECHZIOSTEIl BAND. 



Mit 36 Abbildungen und 1 Tafel 




MÜNOBBH ÜKD BBBLTW. 
DBUOK UKD VBBLAO.VON B. OLDBNBOUBG. 



1007. 





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275249 



Inhalt. 



Seit« 



DieWirkanjar des Sonnpnlicht<iS auf pathogene Rakt<>ripn. Von Dr. Hidianl 
Wiesner, ABHinteiit am Institut. (Aua (iem Patholo^^-anmocn. 
In.stitut (jpr Wiener ITniverwität. VorBtami: Hofrat rrofe.SMor Dr. > 
A. Weichaelbaum.) 1 

Experimentelle Untersnchupgcn Ober die Wirkung der Tetanuabazillen 
und ihrer Gifte vom MaKeadanntmktns ane. Von Dr. Markus 
Rabinowitsch. (Aua dem Küni^l. Hygienischen Institut der 
Universität Berlin, Direktor: Geh. Me<l. Hat Trof. Dr. M. Riiijner) IM 

Ot>er ZcntroBomen and Deblersche Reifen in kernlosen Erythrozyten. 
Von Dr. A.Nifsle, Astistenten am Institute. (Ans <iem Hygie- 
nischen Institut der UniveraitÄt Münciien. Direktor: ül:jermeaizin"äl - 
Kat Prt)f. Dr. M. <i ruber 151 

Über die Verbreitang von Infektionetiiofftin. Von btabaartt Dr. Berg - 
haoB, AsBiHtenten am Institute. (Aua dem Hygienischen Inatitat 
der Universität Herlin. Direktor: Geh. Med.Rat Professor I>r. 
M. Rubnor) 1G4 

Die Einwirkung von Fleiach- und Hefeextrakten auf die qualitative 
und quantitative Zu.satnn^ensetzung des Magensaftes beim Pawlow - 
echen Hunde. Von Dr. W. Hoffmann, Stabsarzt, und Dr. 
M. Win t gen, Korpagtabsapotbeker. (Aus dem iiygienisch chemi- 
sehen Laboratorium der Kaiser Wilhelms Al<ade[iiie.; . .... 187 

Zitronensäure und Sonnenstrahlen als Desinfektionsmittel für Trink - 
waaser fflr militärische Zwecke. Von Marineatabaarzt R i e g e 1 , 
Assistenten am Institut. (Aus dem Hygienischen Institut der Uni - 
versität Herlin. Direktor Geh Med. Hat Prof. Dr. M. Rabner.) 217 

Das Koffeinanreicberun^sverfahren zum T_vt>husnachweis im 8tubl. 
Von Dr. C. Lubenaa, Aasistenzarxt dea SanatorluniM l?eelit». (Aua 
dem Laboratorium des Sanatoriams Beelitz (Ohefartt Dr. Fiel icke) 
und den hygienischen Instituten der Universität Berlin. Direktor: 
Geheimrat Prof. Dr. liubnerj 232 



4 . 

1 f ■: . 1 1 ' 



1 



IV Inhalt. 

Ober einen in biologischer Beziehung interesaanten Koliatamm (E&c- 
teriam coli mutahile). Ein Beitrug zur Variatioa bei Bakterieu. 
Von Rudolf MaBBini, frübereu Asaiatenten der bakteriologiachen 

Abteilnng. (Aus dem Kgl. Institut für experimentelle Therapie zu 
Frankfurt H M. Direktor: Ueb. Kat Prof. Dr. P. E h r Ii c h.) Mit 
einer Tafel 2^ 

ünterBiichungcn über dea MocbanismuM nichtbakteriziiler Iminunititt. 
Von Dr. Kilmund Weil, AHBintenten am InBtitute. (AuB dem Ilygie - 
niechen Inatitute der deutachen Universität in Prag. Vorstand: 
Prof. F. H ueppel 2aa 

Über die Hestimmun^ deH Suuert^toffeB im Waaser nebst einigen Be- 
ol)aclitnngeii über SauorHtoffzehruiig. Von Dr. S. KorBcbun, 
Privatdoxent. (.\u8 dem Hygieniecben Institut der Universität 
München. Vorstand: Prof. Max Gruber) 3Ü. 

Zur Fraye der Verbreitung des AbdominaUyphu.'^ durdi Trinkwasser. 
Von l'rivatdozent Dr. S. W. Kortjch u n. (Aus dem Hygienischen 
Institut der Universität München. Vorstand: Prof. M. <irnlier) 33G 

Über die Bestimmung der ITiirte des Wassers. Von Dr. P. Nawiasky, 
Berlin, und I'r. S. Korschun, Charkow. Ann den hygieniscbon 

tnHlitntfiii der Universililt Ht^rlin Direktor: Geh. Med. Hut Prof. 

Dr. M. Rubner) 

ül»er den Kinllufs erhoitter .\iif.seiUeuiperatur auf den Verlaut der 
uxperimentellen Tetanus- und Streptokokkeninfektion. Von Otto 
Ritz mann, med, pract., gewesenem Assistenten am Hygiene - 
Institut Zürich, zurzeit Assinten/.arzt am Kantonspital Glarus. f.Vus 
der bakteriologiselien Abteilung de.s, Hy;;iene Instituts der Uni - 
versität Zürich. Abteiiung.^vorstand: Prof. Dr. W. Silberschmidl) 355 



)Ogle 



Die W^irkang des Sonneiüichteä auf patliogeue Bakterien. 



Von 

Dr. Richard Wiemer» 

AwUtent tun lutitat. 

(Aus dem patholog.-anatuui. luHtilul der Wieuer Cniveraität. Vorstand: 
Hofnt Fkof. Dr. A. Weiehsalbanm.) 

Die schädigende Wirkung deg Sonnenlichtes anf MikiO' 
Organismen ist eine heute allgemein bekannte Tatsache. Diese 
Kenntnis verdanken wir Downs und Blunt('), welche die Beo* 
bachtnng machten, dafs faulende Flüssigkeiten, beispielsweise 
Urin, nicht sersetst werden oder die bereits begonnene Zer- 
setzung unterbrochen wird, wenn sie längwe Zeit im lachte 
stehen. Doich diese Beobachtungen angeregt, stellten sie im 
Jahre 1677 systematische Untersuchungen mit solchen infizierten 
und sersetzungsffthigen Medien an und fanden ihre früher ge 
machten Beobachtungen auch im Experiment bestätigt. Schon 
diese Forscher hoben hervor, daXs die Wirkung des Sonnen« 
lichtes auf Bakterien anscheinend eine heftigere ist als auf 
»mikroskopische Pilse, welche mit Fäulnis und Zer- 
setzung einhergehen.« Angezweifelt wurde diese Entdeckung 
nur von TyndallC), in' einer späteren Publikation (*) allerdings 
von diesem Forscher wieder zum Teile als richtig anerkannt. 
Die unj^elieuere Fülle von Arbeiten, welclie die F)eohachtungen 
Düwnsund Blunt.s lieätütigen, sind indes geeignet, diese ganz 
vereinzelte abweichende Beobachtung vollauf zu widerlegen. 

knMf ffir Hygittn«. Bd. LXL 1 



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Wie schon aus der zitierten Arbeit von Downs und Bluut 
andeutungsweise hervorsteht, findet «ich diese gerin<];e Wider- 
standsffthij^keit gegenüber dem Liclite vornehmlich bei Bak- 
terien, und heute können wir die Grenze noch enger ziehen 
und sagen, dafs unter den Hpaltpilzen vornehmlich die tier- 
pathogenen und tiersaprophy tischen Bakterien (im 
weitesten Sinne) in ihrer Lebensenergie durch das Licht beein- 
flufst werden. Wissen wir doch, dals in der freien Natur un- 
gezählte Mengen von Bakterien — sog. Luftkeime — leben und 
daTs diese im Sommer an Zahl bedeutend Konehinen, also zu 
einer Zeit, wo die Wirkung des Lichtes am intensivsten istl 
Wir müssen daher annehmen, dafs diese Keime dem Aufenthalt 
in der freien Natur angepalst, auch durch das Licht wenig oder 
ttberhaupt nicht alteriert werden; wfthrend die tierpathogenen 
und tiersaprophytischen Arten, ffir den Aalenthalt im tierischen 
Organismus, nicht aber für den Aufenthalt aufserhalb ihres natür- 
Ucheo TrSgeni eingerichtet, der Einwirkung dee Lichtes keinen 
wirksamen Widerstand zu leisten verminen (vgl. Absdin. 14). 
Diese Bescbrftnkung der desinfizierenden Wirkung des Sonnen> 
lichtes auf pathogene resp. saprophyiische Spaltpilse kann na^ 
tttrlich nicht eine gan» allgemeine Anwendung finden, da auch 
einzelne Sprofs- und Schimmelpilse, sowie einselne Wasser^ 
bakterien oder beispielsweise Bacl prodigiosum durch das Licht 
geschädigt werden können. 

Wfthrend im Anfang ausschliefslich die rein biologisdie 
Seite dieser Frage erforscht wurde, gewann dieselbe später be- 
sonders für den Hygieniker Bedeutung, indem su erwarten war, 
auf diesem Wege manche Erscheinungen in der Natur einer 
Klärung /.uffibrsn zu können. So seien die Arbeiten Bu eh iiers(^) 
erwähnt, der auf Grund seiner Untersuchungen die »Sonnen- 
desinfektiont als einen wichtigen Faktor bei der Selbstreinigung 
der FHisse erklärte; ja, die bakterizide Kraft des Sonnenlichtes 
so hoch einscliätzte, dafs er dessen \'crwendung zur Desinfektion 
von Abwässern vorschhig. Schon früiu-i machte I)uclanx(^*) 
auf die hygienische Bedeutung der Lichtwirkung auf Bakterien 
uutmerksani und erklärte das Sonnenücht als das verbrettetste und 



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Von Ür. lUdiwd Wieoner. 



billigste Desinfiziens , so dafs wir für raöglichBt reichlichen 
Zutritt von Luft und Licht in unsere Wohnräume soig^n sollen. 
V. £smaroh(^) durch diese Untersuchungen anger^t, hegte 
die Hoffnung, mittels der Ldcbtstrahlen Operationsraum und 
das darin behndhche Mobiliar ohne Schädigung des Materials 
von Mikroben befreien zu können und veröffentlichte im Jahre 
1894 eine Studie über Sonnendesinfektion, welche ihn allerdings 
SU wenig aufmunternden Resultaten führte, da es sich heraus- 
stellte, dals Bakterien in und unter verschiedenen Gleweben auch 
in relativ dünnen Schichten vom lichte nnbeeinflufst bleiben. 
Im Jahre 1898 wird die bakteriside Wirkung des Sonnenlichtes 
abermals sur Brklftrung von hygienischen resp. epidemilogischen 
Fragen duich Berger(^ und Ruhemann(^,**) herangesogen. 
Besonders letzterer glaubte einen Zusammenhang swischen dem 
Auftreten von Epidemien (Influenxa) einerseits und der Sonnen» 
Scheindauer anderseits, konstatieren sa können. 

Sdion frühseilig wurden diese Experimente auf kttnstlidie 
Lichtquellen, vor allem auf elektrisches Lieht übertragen und 
ein gleicher wenn auch viel schwächerer Effekt als im Sonnen- 
lichte nachgewiesen. Mit der Einführung der Lichttherapie durch 
Finsen lenkte sich das Interesse nahezu ausschliefslich auf 
die Wirkung des »konsentrierten« elektrischen Lichtes, bzw. der 
ultravioletten Strahlen und wurden therapeutische wie biologische 
Fragen in gleicher Weise zum Gegenstande eingehender Studien 
gema<&t. 

Mit der Entdeckung der Röntgen strahlen sowie 
der Becquerel strahlen wurden die Versuche auch auf diese 
Stralilengrtttuiigon ausgedehnt, jedoch mit rtiht ^eniigeiii Erfolg 
(vgl. Rurs(i^-'), Aschkinas und C m s p a r i (^f"'). 

Das Hauptinteresse bei den meisten l*'ürschern erweckte die 
Ergründung des wirksamen Prinzips im Sonnenspekii uui resp. 
im S{)ektrum des elektrischen Bogenlichtos Im allgemeinen 
bestand von Anfang an und besteht auch heute die An- 
schauung, dHfs die am krafi ii^;'-t(>ti ;tt:t li liikieneii wirkenden 
Strahlen die kurü^welligen (ultraviüieuen) Suahlen sind. Neben 
diesem — ich möchte sagen — Leitmotiv nahezu aller Arbeiten 



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Die Wirkung des Sonnenlichtes auf pathogene Bakterien. 



wurde noch eine Fülle von einschlägigen Detailfragen durch- 
forscht, welche in den einzelnen nachfolgenden Abschnitten eine 
eingdiendere Wflrdigong erfahren sollen. 

Wenn auch die Beziehungen des Lichtes zu den Bakterien 
ein stark abgebautes Arbeitsfeld su sein scheinen, so habe ich 
es dennoch vor drei Jahren unternommen, mich mit dieser Ftage 
eingehender za besdiftftigen, da einerseits in den meisten Punkten 
bei den verschiedenen Forschem durchaus nicht eine volle Übex^ 
einstimmung herrscht und anderseits eine einheitliche Behand* 
lung aller einschlägigen Fragen fehlt, von welcher aus erst eine 
ersprlefsliche Beurteilung der Bedeutung der Sonnendesinfektion 
in der Natur — die heute vielfach stark unterschfttast wird — 
möglich ist 

Die vorliegende Arbeit soll sich ausschlielslich mit dem 
Verhalten tierpathogener Keime gegenfiber dem Sonnen- 
lichte beschäftigen und nur insofern nichtpathogene Bakterien 
oder künstliche Lichtquellen in den Bereich der Erwägung ziehen, 
als es eben für die Beurteilung der voigeseicbneten Aufgabe sich 
als notwendig erweist. 

I. Bedeutung und Methode der üchtintensitätsbestinimunB. 

Wenngleich Arloing(^^), Gaillarc^-"^), RHuin{''*), Krusc('''^) 
un l andere die Ansicht nusspraelieii , dals die keimtötende Wir- 
kung des Sonnenlichtes im geraden Verhältnis zur Intensität 
desselben steht, vermissen wir dennoch — ausgenommen die 
neueren Arbeiten mit künstlichen Lichtquellen — in allen ein- 
schlägigen Publikationen Angaben über Licbtintensitätsbestim- 
hiungen. Durchwegs wird als Mafs für die bakterizide Kraft des 
Sonnenliclitüs die Zeit angegeben, nach welciier Tötung resp. 
Abschwiichung der Keime eingetreten war. Nun wissen wir aber, 
dals die Intensität des Sonnenlichtes nicht allein mit der geo- 
gra[»hischen Breite des Ortes sowie innerhalb der einzelnen 
Monate des Jahres mit wechselnder Sonnenhohe stark differiert, 
sondern dals auch während eines Tages die Intensitäten oft ganz 
extremen Schwankuugen unterworfen fdnd. Es ist daher diese 



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Von Dr. Bichaid Wi(wn«r. 



5 



Art der Bestimmung der keimtötenden Kraft des Sonnenlichtes 
durch Zeitangaben gans unzuverlässig. Nach Duclattz(^^) bei- 
spielsweise sind pathogene Kokken im direkten Sonnenlicht 
in den Monaten Mai und Juni nach 40 Tagen, im 
Juli nach 15 Tagen abgestorben. Chmelew8ky(^) hin* 
wiederum findet Eiterkokken im Sonnenlicht bereits nach 
6 Stunden vollständig abgestorben und Dieadonn4('*) gibt 
ffir Bact. prodigioBum und Bac. typhi als AbtOtungsieit im 
direkten Sonnenlicht Stunden in den Monaten Mftrz, Juli 
und August an. Diese drei willkürlich beransgegri£Fenen Bei- 
spiele illustrieren hinlftng^ch, wie mangelhaft die bakteriside 
Kraft des Sonnenlichtes durch einfache Angabe der AbtOtungs- 
seit charakterisiert ist. Allerdings werden dieee Experimente 
durch mannigfache Momente, wie s. B. durch die Art der yei^ 
wendeten Bakterien, durch das Suspensionsmedium u. v. a. be- 
einflufst, in erstw Linie ist aber die jeweilig einwirkende Lidit- 
intendtät für das Resultat der Bestrahlung mafsgebend und diese 
wiederum IftTst sich nicht durch Angabe des Monates oder der 
Tageszdt sowie der Expositionsdauer bestinunen, da sie, wie 
bereits hervorgehoben, innerhalb eines Jahres, eines Monates, ja 
innerhalb eines Tages beträchtlichen Schwankungen unterworfen 
ist. Auch innerhalb der einzelnen Jahre schwankt die Licht- 
intonsitüt mitunter sehr beträchtlich. So wurde beispielsweise am 
27. J a n u a r 1 h<)4 um ]2Uhr mittags eine chemische Iiitcu- 
sitat von 1 — 0,1[)2 g e n^ e s s e n während ich selbst im J a a u a r 
des Jahres 1904 mittels der sjtäter zu besprechenden recht 
eni|tfindlichen Methode der Jntensitätöbestimniung infolge zu 
geringer Intensitäten überhaupt keine Mefsungen aus- 
führen konnte! Die bakterizide Wirkung des Sonnenliclites 
im Jahre 1894 kann dal^er nnmöglich mit jener des Jahre 1904 
identifiziert werden! Andert>eits gelingt es nicht schwer nach- 
zuweisen, dafs an einzelnen Tagen der 12 Monate des Jahres 
gleiche Lichiintensitäteu herrschen, daher auch die Strahlen- 

1) Diese Angebe entaehm« ich der Arbeit des FflansenphyBiolofea 
J. Wieener*^) > Uutersaohnngen Uber des pbotocbemiedie Klima Ton Wien, 
Kairo and Bnitenaorp«. 



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6 



Die Wirkang dw flonnenllcbtea »nf iMitbOfeii« Bakterien. 



Wirkung an solchen Tagen eine ähnliche seiu kaun. Der früher 
zitierten Arbeit^) entnehme ich folgende Werte der photo- 
chemischen Intensitäten, um 12 Uhr mittags: 

25. II. 1894: 1:^0,322 
7. in. 1894: 1=0,370 
24. IV. 1894: I = 0,333 
4. VI. 1893: 1 =0,333 
17. VIT. 1893: 1 = 0,366 
7. IX. 1893: 1 = 0,333 
6. XI. 1893: I = 0»d33. 

Nach Dieudonnäf'' betitst die Bfänsonne eine gleiche 
deBinfixierende Kraft wie die Sonne im Juli und August. Diese 
irrttkmliche Anrieht Dieadonn^s wird sich aus den eben an- 
geführten Verhiltnissen erUftren lassen, indem es wahischeinlich 
der Zufall wollte, dab dieser Autor im Mftn, Juli und August 
an Tagen gleicher Intenritftt experimentierte. Die mittlere Licht- 
Intensität ist aber (und mufs es aus physikalischen Gründen sein) 
im Juli imd August eine viel höhere als im Mftrz, so dafs eine 
solche Verallgemeinerung nicht angängig ist. 

Anderseit.s aber .sclnvunkt die Lichtintensität (infolge wech- 
selnder Bewölkung) oft innerhalb weniger Stunden und Minuten 
so stark, daf.s Rauiii(^'*) mit vollem Recht bei lichtbiologi.schen 
Studien eine wiederholte IntensitAtsbestiinniung fordert. Am 
31. Juli 1905 habe ich z. B. in der Zeit von 3 bis V2 6 ühr 
nachmittags folgende photochemischeu Intensitäten gemessen: 







o,3:^3 


8 t7hr 10 Minuten . 




0,088 


8 Uhr 80 Minnten . 




0.142 


4 ühr 




0,688 


4 Uhr 30 Minuten . 








S, Bio 




5 Ubr 90 Minuten . 


8j Bj, 


0,090 



1) 8. vor. Seite. 

2) Die ik»<ieuiuüg dieser AbkOrzuogen siebe S. 8. 



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Von Dr. Blciind Wleener. 



Solche systematische LichtintensitfttsmessuDgen bieten uns 
nicht allein die Möglichkeit einer exakten Bestimmang der je- 
weiligen bakteriziden Kraft des Sonnenlichtes, sondern gewinnen 
auch in einer anderen Richtung Bedeutung, indem nnr auf diese 
Weise das krasse Milsveihfiltnis zwischen der Lichtintensit&t im 
Freien und in unseren Wohnräumen aufdeckt wird. Am 
18. ZI. 1904 betrug um 10 Uhr vormittags die photochemisebe 
Intensitit im Hofe vor meinem nach Südost gelegenen Arbeits- 
zimmer bei klarem Himmel I = 0ylS5, während die Intensität 
knapp hinter dem Fenster gemessen l = und jene 
8,8 m vom Fenster entfernt im Zimmer nur mehr 1 = 0,000 
betrugt). Es verhalten sich daher die Lichtintensitäten im 
Freien zu jenen in meinem Zimmer knapp hinter dem Fenster 
und 3,8 m vom Fenster entfernt wie 1 : 6,9 : 62. Wenn audi 
ähnliche Bestimmungen der Lichtmengen in Wohnräumen schon 
wiederholt vorgenommen wurden [z. B. von Boubnoff (^^)], so 
fehlt doch meines Wissens der Hinweis auf den Zusammenhang 
der natürlichen Desinfektion (Lichtdesinfektion) solcher Räume 
und der in denselben herrschenden Lichtintensitäten. Nehmen 
wir den günstigen Fall an, es herrsche im Freien eine Intensität 
von 1= 1,000, so würde die Intensittt in meinem Arbeitszimmer 
am Fenster ca. 0,144 betragen, 3,8 m vom Fenster entfernt nur 
mehr 0,016. Eine chemische Intensität von I = IfOOO vermag 
z. B. in ca. 2 — 2^/3 Stunden Staphylokokken sicher abzutöten, 
während eine Intensität von I =0,144 selbst nach siebenslündiger 
Eiiiwirkühg uui ca. 40"/^ der ICeinie zu vernichten imstande ist 
(vgl. Abschii. 16). Solche Intensitäten werden aber nur während 
relativ k\irzer Zeit im Zimmer herrschen, so dals die bakterizide 
Wirkung des Lichtes in geschlossenen Räumen ungemein gering 
oder gleich Null sein wird. Wenn wir daher für unsere Wohn- 
räume mit Reclit reichlichen Zutritt von Lieht fordern, «o 
dürfen wir uns darüber uiclit täuschen, dala tlie Wirkung des- 
.solben sich baupisächlich auf unser somatiscbe.s Woblhetinden 
geltend macht, eventuell durch die gr^rsdren Fensteröffnungen 

1; Die Fmsterflache dieKes RaumM betrigt 1,80 X 3,80 m, dnrlliehra- 
lohslt des Baumes oelbrt 8,43 X 7 m. 



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8 



Die Wiritnng det SonnenliehtM auf pathogene Baktorira. 



eine ausgiebigere Ventilation unserer Wohnräume ermöglicht, 
sowie Feuchtigkeit aus denselben fernehält, nicht aber, dafs 
durch relativ reichlicheren Zutritt von Licht (im Sinne des 
Laien) eiue ueonens werte I>e0iufektioii dieser Häume bedingt 
wird. 

Nach diesem Hinweis auf die mehrfache Bedeutung der 
systematischen Inteiisitfttsmessungen des Lichte» soll im iiach- 
folgenden auf die Metkode der Intenait&tebeetimmung näher ein* 
gegangen werden. 

Die Messungen wurden dnrdiWflgB nüt einer von Baneen und Roscoe 

imJabre lP6ß anj?egebenen, später von Bansen, Stelling u«. modifizierten 
Metbode durcbgeftlhrt, die auf der Bestimmung der pbotocbemiscben Inten* 
ntit dee Sonnenlidtte» beruht IMeee Methode erfahr in neuerer SSeit dnr^ 
J. Wieener eine denurtige Verbeeeerang, dnU sie eieb neben ihrer X^ekt 

heit ilnrcli eine höchst einfache Handhabung auszeichnet. Das Prinsip des 
VerfaiirtMis besteht darin, dafs mittels eine» liclitempfindlichen Papiers 
(Normalpapier) und jener Zeit, welche verstreicht bis dieses dem Lichte ex- 
ponierte Pepier jenen Sebwintnngagnkd erteieht» der einem von Bnnsen- 
Roecoe fixierten Farbenton (»Xormalton«) entspricht, die photochemiscbe 
Intensität l>t'rf>( !iTif»i wird folgend dem Vfin diPRpn Forschem nnfgestellten 
Satxe, idafs iuuerhalb weiter GreuKen gleichen Fro<iukten aus Beleuchtungs- 
zeit (tf) und chemischer Lichtintensität (II') eine gleiche Schwftrzuug des 
Normaltone entspricht. It^I^t^ bei gleicher Schwinnng des Kormal» 
papieres«. Man bedarf daher für solche Messungen nur eines empfindlichen 
photographischen Papiere» des Normattons und einer Sekundenuhr und er- 

bftlt den Wert der photochemlsehen Intensität ans der Formel I = 

wobei für x die Zahl der Selcnnden resp. Minuten einzusetzen ist, welche 
von Beginn der Exposition bis zum Eintritt einer dem Nonnalton ent- 
sprechenden Schwärzung des photographischen Papieres verstrichen ist. Die 
nlheren Details dieser Methode Bnden mch bei J. Wiesner(^^\ Erwähnt 
sei no4^, dab an solchen Messungen ein selbstbereitetes (sehr empfindlidaes) 
pbotographisches Papier verwendet werden soll. Da dieses Papier aber sehr 
empfindlich und unsere I^aboratorinmsluft mit Ammoniakdftmpfen stark ge- 
scliw&ngert ist, mafste ich mich mit käuflichem photographischen Papier') be- 
helfen und vor Benatsung eines jeden Pakets diesee Papier mit selbst- 
bereitetem vergleichen, um einen eventneüen Fdtüer in der Llcbtempfind- 
lichkeit rechaerisch ausgleichen su können. 

1) Auf den Bat J. Wiesners verwendete ich das bei der Wiener Firma 

A.Moll erhältliche Vindobona-Celloidini^pier matt, wet<^es sieh als am 

gleichinärhi^sten bereitet und Hehr 'ii-li tempHndürh erwies 

Die Abkürzungen 6, B,, etc. beduntea; Der Horizont ist in zehn gleiche 
Sektoren geteilt zu denken. Je nachdem der Horizont ganz wolkenfrei ist 



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Von Dr. Richard Wiesner. 



9 



Wonugleioli durch Bestimmung der chemischen Licbtinteii' 
sH&t nicht die Gesatntintensitttt des Lichtes ermittelt wird, sind 
solche Messungen dennoch verwertbar, da sie das Verhältnis der 
Lichtintensitäten in den einseinen Versuchen ein&eh und doch 
mit genügender Sicherheit wiedergeben. 

Aufser diesen Messungen der ehemischen Intensität machte 
ich bei meinen Versuchen noch mitteU eines Strahlungsthermo- 
meters Bestimmungen der Wftrfnesteahlung. Überdies wurde 
stets die Lufttemperatur im Schatten sowie die Lufttemperatur 
im Innern der Versuchskästchen oder der SuspensionsflOssigkeiten 
kontrolliert. 

2. Methoden. 

Die mannigfache Variation der Methodik, der wir bei den 
Experimenten der einzelnen Forscher begegnen, sowie die oft 
divergenten Resultate fordern eine eingehendere Besprechung der 
verwendeten Versucbsanordnungen zumal bei so subtilen Experi- 
menten, wie sie die vorliegende Frage oft erheischt, eine unzweck* 
m&DBige Methode zu groben Irrtümern führen kann. 

Bei den ersten Experimenten, bei welchen mit Bakterivtigemengen ex- 
perimenti<»rt wurde, standen inei^t Aufgüssp, wie H(mi , Kiinkelrübot' n,]i^r 
Giirkeninfuse ^Duwns und Blunt('^), 'f y n li a 1 oder Hpontau iutlzierte 
Flüsaigkeiten wie Urin (Downs und Blunt(')) in Verwendung. Auch 
wibneriger SyraplCenngen bedienten eicb die genannten Forscher. Femwe 
seien Versuche erwähnt, die mit flQstsigen Nährlösungen, wie ncutrulisierleir 
rasteur'scher (Downs und Rlmitf'. oik-r Kohn'scher Nährlrjsung 
(Jamieson 1,^)) angestellt wurden. A r 1 o i n g (»")(") , Duclaux('^j, 
8traiifB("}. Janowaki(»<]^ Momont("), Bic(>»), and KraBe(*<0 be- 
natxten bei ihren Unteranchungen Bonillonaafacbwemmungen, die in den 
verschiedensten GlaBbehältem dem Sonnen- oder elektrischen Lichte aus- 
gesetzt «nrden» während Fansini("), KrnseC^), Bang("^) u. a. diese 

(Bg) oder aber z Zehntel deaselben mit Wolken bedeckt aind» wird dies dnreh 

die Kürzung B , bis B ,o ausgedrückt. 

8, — Sonne vollständig bedeckt. 

S,~8onne nur als heller Schein am Horizont sichtbar. 

8, s Sonne als ScheilM am Himmel sa sehen. 

8, — Sonne nur von leichtem Dnnat oder einem sarten Wolkenachleier 

bedeckt. 

8^ = Sonne volLkotmueu unbedeckt erscheinend. 



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10 



Dl« Wlrirang dM SonnenliditM «tif pathogene Bakterien. 



AofHchwenimungen in Fonn des hilriKendon Tropfenfl auf )?ehf)hlt«n Objekt- 
tr&gern io Aiiwendiirig brachten. Nur vereinzelt stand die KartoSelkultnr 
bei des TOrUegenden Veranchea in Gebranch eo bei LaureniC**), Koll» 
jarC") and PanBini('*), bei letzterem junge aber bereite ausgewachsene 
Knltnron. während sonst in der Regel die Lichtwirkung auf frisch 8npi,'p««»e 
Keimü Btadiert wurde. In ausgedehnter Vorwendnnp standen unter den festen 
Nfthrsubstraten Gelatine und Agar, und zwar sowohl als Strichplatte als auch 
alo GnAplatte oder in Bpronvetten, sebief entairt mit Oberfliebenimpliuig 
und endlich auch als Gelatinestic' k iln r. Dabei waren die KnlltirpUtten 
meist nmgestiir^t aufpesteHt, 80 daf» die 8onnenetrahlen nnf ihn»?« Wege tn 
den Bakterien Glas und die Schichte des Nahrmaterials passieren mufsten. 
Ein» weitere Serie von Experimenten wurde mit Keimaufsobwemmungen in 
Waaaer anageftthrt and iirar entwedw in ateriliaiertem Leitan^^ lei^. Flnfli- 
wasser (Bn ebner («»)(*♦), Momont(»«), Palermo(T«:, Bie("V("*) oder in 
teils sterilisiertem teils nicht ßterilisierlem destillierten Wasser (Downs und 
Bluut(-),Btrauf8C'«), Martinaud("),Buchner("J,Ward(»"),Kruse("»), 
Bie ('*')(■"), Janaen (■**)). All« diea« Kmmat^ehwemmwngen landen end- 
lich noch Vttirendang» indem eie aal Dedcgllacben and E^rowretten oder 
an Seidenfüden, Filterpapier und anderen Geweben augetrocknet wurden. 
Die Antrocknung geschah entweder an der Luft im Thermostaten oder im 
Kxsikkator mittels Ühlorkaltium. Um alle bisher verwendeten Versuchs- 
metboden sa erechfipfen, seien noch die Experimente von MaBella(**), 
Drigalaki(**) und weniger anderer erwähnt, welche anblcatan geimpfte 
Mäu!>e tin<l Mecrr^rh weineben der Einwirlcang des Sonnen- reap. elektriachen 
Lichtes exponierten. 

Zu diesen Experimenten wurden die verschiedäiisteu Spalt-, Sprofs- 
and Sddmmelpilze verwendet. Daa Alter der verwendeten Keime schwankte 
ebenao wie die Art der BalEterien. Dte Kontrollierang der Versadiareaoltate 
geschah zumeist mit dem freien Auge, indem gutes Wachstum oder voll- 
ständiges Ausbleiben desselben (Sterilisation) als extremste Fillle veneichnet 
wurden, als Zwischenstufen Verlangsamung des Wachstums ^bchwächungy 
od«r VerdQnnangi (Bang) aufgeateUt wurde. Ein anderer, oft benntater 
war, dab ta den Experimenten pigmentbildende Keime, wie Bact. prodif^oanm 
oder Bac. pyocyaneus herangezogen wurden und aus der abnehmenden oder 
fehieudon Pi^nnentbildung auf Schädigung der Bakterien durch das Licht 
geschlossen wurde. In einer geringen Zahl von Experimenten nach der 
GuJkplattenmethod« endlich warde daa Yerancbareeultat dnxdi Keimilihlnngen 
(BnchnerCn Jan8«n('»X KrnaeC*«), Ward(**), Bie(M>)) beatimmt. 

Von rtllon dieseu \'ei-fahreu ist, wie schon Bie(^'*) bemerkt, 
die einziehe ^ • ilufsliche Methode jene, bei welcher das Versuchs- 
rcsullal (1 iK j Keirazählung festgestellt wird. Ich konnte mich 
wiederlioh uberzeugen, dafs nur auf diesetn Wege verläfsliclie 
Resultate zu erlangen sind, wiihrend bei subjektiver Beurteilung 
der Versuche mit dem unbewaffneten Auge sieb er nur die 



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Von Dr. Bichard Wle«n«r. 



n 



extremsten Fälle — Wachstum oder Sterilisation — erkannt 
werden können , alle Zwischenstadien sich aber unserer Beur- 
teilung entziehen. Auf die Unzweckmafgigkeit der Verwendung 
▼OD verschieden gestalteten Glasgefäfsen (Kolben, Eprouvetten etc.) 
wurde schon früher durch Roue^**) und Bie(i*'2) aufmerksam 
gemacht, da durch die sphärisch gekrümmten Glaswände eine 
ungleichmärsige und mitunter bedeutende Refraktion und Beugung 
der Lichtstrahlen veranlafst wird. Ein vergleichender Versuch 
soll den fiinflufs sphArisoh gekrümmter GlasgeftUse auf denVei^ 
lauf vcMi Beliohtungsversuohen illuBtrieren. 

Tersoa »7. 90. VH. 1906. 

BonilloiiaiilBchwemmDng einer 208tüDdigen Kultur von Stapbyloooccus pyo- 
genes aureus. Die Hftlfto (lie«?er Suspension wurde in eine Eprouvette, die 
Midere H&lfte in ein Glaaschälcben Rofnilt, welches mit einer 0,8 mm dicken 

Glasplatte bedeckt war. 



Expos, - 
Dauer 

in 
Stda. 


fltrab- 

lUDg 


Luft- 
tomper. 

im 
Scbatt. 


Temp.- 
Bouil- 
lon 


Bewöl- 
kung 


Cfaem. 
Ucht- 
iDtcn- 


iBprouTette 


nübil«n 
QlMWdials 


B 

1 

2 7« 


44,0 

48,4 
48,4 


25,6 
27.0 1 


31,0 
28.0 


84 Bj 
84 


1 

1,260 
1,027 
0.686 


1 

88,890 

26,200 
i 28,260 


58^890 

8,400 
2,D40 



Aus diesen Keimsahlen (Ordinaten) und den Ezpositionszeiten 
(Abscissen) wurden nachstehende Kurven konstiuiert: 

08.^ . 




1 i'jp 

wtg. t. 

Ja, unter Umständen kann die bakterizide Wirkung des 
Sonnenlichtes durcli die Wirkung von sphärischen (ilasflächen 
derart geschwächt werden, dals es in den mit Bouülouaufschwem- 



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12 Bie Wirkung des Sonnenlichtes auf pathogene Bakterien. 

mungen gefüllten EproavetteD während der Versuche sogar zu 
einer Keimvermelirung kommt. Wir dürfen ebeu nicht ver- 
gessen, dafs die Sonne belichtend und erwärmend wirkt und dafs 
eine das Wachstum begünstigende Temperaturerhöhung in der 
Bouillon sich mitunter stärker geltend machen kann als die bak- 
terientOtende AVirkung der Strahlen, die eben auf ihrem Wege 
BU den Bakterien bei solchen Versuchen zum grofsen Teile un- 
wirksam gemacht werden. 



Teniek 249. 27. VL 1906. 
Bouillonaafidkwemmung einer Getflndigen Typhoekoltar In Eprouvette 

exponiert. 



Szp4Mlt> 

Dauer 
in Stunden 


Wärme- 
strahlung 


Luft- 
temperatur 


Tomporatur 
dor 

Ronillon 


Bewaikuog 


Chemische 

I.Icht- 
ititen«itfit 


« 


B 






32,5 




1,000 


144,900 




«,4 


26,0 


36,0 




1,000 


1 84,000 


IV. 


47,8 


26,5 


35,4 




0,788 


124,740 


8 


46.9 


26,5 


37,6 


S.B. 


0,847 


176,400 


8 


46.8 


26^ 


87,5 


84 


0,744 


317,100 



Es sind daher Versuche» bei welchen Bouillonaufschwem- 
mungen in gekrümmten GlasgefftTsen dem Uchte exponiert werden, 
als höchst ungenau und unzuyerl&ssig zu bezeichnen und wir 
werden bei unseren £xperimenten von deren Verwendung nach 
Tuulichkeit absehen müssen. 

Sind Bakteriensuspensionen für unsere Zwecke überhaupt 
vorteilhaft? Um diese Frage zu beantworten, wird es notwendig 
sein, zuerst Nachschau zu halten, wie Bakterien die Aufschwem- 
mung in den verschiedenen zur Suspension verwendeten Flüssig- 
keiten vertra.<;en. Es sind das, abgesehen von den üblichen 
Nährlösungen, destilliertes Wasser, sterilisiertes Loitungs- und 
Flufswasser, Zuckerlösungen und isotone Kochsalzlösungen (0,9%). 
Für alle diese Medien gilt in jjleicher Weise, dals sie Bakterien 
gegenüber durchaus nicht als indilYerenl, sondern m wechdühider 
Intensitiit als bakterizid wirkend iinzusehen sind. Bereits Frank- 
land ■ Ward rnaehten darauf aut'uicrkäam, dais das Wasser 
bei der Sterilisation, auf welche Weise auch immer dieselbe 



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Von Dr. Richard Wietnar* 



13 



durchgeführt wird, ia seiner chemischen und physikalischen 
Zu^^ammensetxaQg Veränderungen erfährt, durch welche das 
sterilisierte Wasser zu einem für Bakterien schädlichen Mediam 
verwandelt wird. In noch viel höherem Malse gilt dies für das 
destillierte Wasser. »Ja man glaubt — sagt Ficker(^ auf Grund 
seiner eingehenden Studien — sogar eine besondere Sorgfalt bei 
Versuchsanordnungen walten su lassen, wenn man gans reines 
destilliertes Wasser zu Eeimsnspensionen in Verwendiing brachte. 
Dals unter dieser Beeinflussung nicht wenige Besultate von 
Dennfektions- oder Erwftnnungsversuchent von Keimzählungen 
bei mannigfochen Gelegenheiten getrübt sein mOgen, ist zum 
mindesten sehr wahrscheinlich.« Da wir der Verwendung solcher 
Suspensionsmedien bei Belichtungsversuchen wiederholt begegnen, 
war es für mich von Interesse zu erfahren, innerhalb welcher 
Zeit sich diese bakterizide Wirkung geltend macht, und ob sie 
bereits innerhalb der bei unseren Experimenten währenden Ver* 
sudisdauer einen bemerkenswerten EinfluXs ausüben. Diese 
orientierenden Versuche wurden mit, durch Kochen sterilisiertem 
Latungswasser, sowie mit sterilisiertem deetiUierten Wasser bei 
Zimmertemperatur und Liohtabschlufs vorgenommen. 
Nach bestimmten Intervallen wurde mit einer geaichten Plutinöse 
aus jeder Suspension je eine Probe entnommen und diese in der 
gebräuchlichen Weise zu Agargursplatten verarbeitet. 

rwmA m mmA 17«. & Xn. 1906 und 19. II. 1906. 

istaphyloeoecus pyogenM wanoB, 90 Stunden alt AulaeliweiiunaDg 1. in 
destilliertem Wasser, 2. in sterilisiertem Leiinngswssser. 





J)aBtilllert«8 Waater ' 


Sterillalertet 


j Venadi A 


Venuoh B 


Lflitttngswaamr 


0 


198200 


1982000 1 


441000 


5 Minuten . . 


* 1. "52 720 


133 140 




10 Minuten . . 






420 (m 


15 Minuten . . 


1 10B820 


96100 




2U Minuten . . 






420000 


30 Minuten • . 


87 360 


89 040 




40 Minuten . . 






382 200 


1 Stande . . . 






1 861200 


9 Standen . . 


93400 


78990 


1 148640 


3 Stunden . . 


79800 


76600 




4 Standen « . 




- 1 


, 159 600 



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14 



Die Wirkimg des Bonnenlidilee «nf psdiofeiie Bekteiten. 



Dieser Tabelle eiitnehmen wir, dafs schon nach 5 Minuten 
eine deutliche Keimzahl Verminderung eingetreten ist, die nach 
3 Stunden mehr als zwei Drittel der eingesäten Keinunenge be- 
trug. Ebenso findet auch im sterilisierten Leitungswuser berdts 
nach 10 Minuten eine merkliche Keimverminderung statt und 
nach 2 Stunden ist bereits mehr als die Hälfte der ursprünglichen 
Keimmenge zugrunde gegangen! Diese Zahlen machen eine 
weitere Kritik der mit destilliertem oder sterilisiertem Wasser 
ausgeführten Experimente überflüssig. Die bakterizide Wirkung 
von KoclisalzlOsQDgen wurde von A. Fisch er (^^) nachgewiesen; 
die bakteriensdiftd^nde Wirkung von höherproxentigen Zucker- 
lOaungen durdi Waaserentiiehung ist ebenfalls seit langem be« 
kannt. Aber auch schwache ZuekerlOsmigen, wie die von Bie(^ 
▼erwendeten, haben hohe desinfisierende Eigenschaft» wofür die 
nadifolgende Tabelle als Illustration dienen müge, 

Yersneh 176. U. vm. 
BtapbylococCDs pyogenes aareua, 20 ätunden alt, Buspension in Spros. 
Tr»« b enxackerlOsuiif. YereaehsdurchfCIhniiig wie bei dem früheren 

Experiment. 



VraniebadMMr 


KMnuabl 

ftpfos. TtmlttOKatikim- 
lotoag 


9 


562 800 


10 HinQteii 


416800 


20 Miauten . 


348600 


40 Minuten 




1 Stunde . . 


323 400 


9 Standen 


336200 


4 Standen 


906 SOO 



Alle angeführten Suspensionsraedien sind also für exakte 

Versuche nicht zu verwerten, so dafs von flüssigen Medien nur 
mehr die gebräuchlichen Nährlösungen (Bouillon, Pepton wasser etc.) 
erübrigen. Aber auch bei diesen maclien sich luaniiigl'nelie l'n- 
genauigkeiton bemerkbar, ich erwähne nur tien schon mehrmals 
hervorgehobenen Übelstand , dafs die Bakterien sich in ver- 
schieden tielen Schichten beüuden, wodurch die Keime für die 
Lichtstrahlen ungleichmäfsig zugäuglicli sind, sowie die starke 
Absorption gewisser Teile des Sounenspektnuus (Ultraviolett) 



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Von Dr. Richard Wietner. 



15 



durch Bouillon und Feptonlösungen. In der Tat zeigen auch 
Versuche, dafs Bakterien in solchen Flüssigkeiten langsamer ab 
getötet werden als bei oberflächlicher Aussaat auf festen Nähr- 
boden. 

TeiSBSklOft. 96. VL 1906. 
Staphylocoeeas pjrofone« aarens, 24 Standen alt. Bouillonaufschwemmaog 
a) in Epronvette exponiert, b) nnf rion Oberflächen yaa Agarplatton mit dem 

Platinspatel verBtrichen. 



■xpoilt.- 
Dauer 


Bewöl- 
kung 


Chemische 

Licht- 
iDtensiUtt 

1 


A^rstrichkultvir 


Gpronvette 

mit Bouillon- 

aufschwemtnimg 


0 


8460 


1,111 


sehr üppig 


46 200 


Va Stxxnde 




1,000 


e 


47460 


1 Btande 


84 B. 


1,009 


9 


46900 


2 Standen 


84 B. 


0,835 




43 200 


3 Standen 




0,673 j 


1 * 


66860 



Auch wenn ich die BoaiUonaufschwemmungen in Glas- 
schftlchen ausgofs, trat die AbtOtung von Bakterien auf der Agar* 
oberfll«he unTergleichlich rascher ein als in den BouiUonauf- 
s<diwemmangen. 

Diese Experimente leiten ans auf andere oft verwendete ye^ 
snchsmethoden, bei welchen feste NfthrbOden als Vehikeln für 
die Bakterien benutzt wurden. Es sind dies in erster Linie 
Agar und Gelatine, sei es mit oberflächlicher Impfung, sei es mit 
gleiclimärsiger Verteilniig der Keime im erstarrten Nährboden. 
Ein Versuch wird uns über die Vor- und Naciiieiie dieser Methoden 
unterrichten. 

T«MMhm 96. VI. 190». 



BspoalttomdaiMr 




dicmlaebe 

Llcht- 
intenHiUkt 


AKUTgnfs- 
l»latt» 

1 


Agarstrlcb- 
platte 


9 




1,111 


50 100 


sehr Oppig 


7i Stunde . . 




1,000 


a7öoo 


0 


1 Stunde . . 




0,916 


' spIrKcb 


9 


IV, Stunden . 


84 B« 


0,625 


spärlich 


0 


2 Standen 


84 Bo 


0,835 


spärlich ') 


0 


2% Standen . 


84 B. 


0,270 [| spärlich') 


0 



1) Nur am Rand der Platte Keime angegangen, wahrscheinlich infolge 
Schvächnng der Licbtetrahien doreb den Giaerand der Petriechalel 



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16 Dl« Wir^nng d«B SonnanliehtM raf pftthogen« Bftkl«riMi. 

Das langsaraere Zugruudegeheii der Keime in Agargnfs- 
platten kann nur auf einer Scliwächuug der Lichtstrahlen beim 
Durchtritt durch den Agar beruhen. Es kann daher auch du e 
Methode nicht als eine fehlerfreie bezeichnet werden. Der Methode 
mit Oberflächenimpfung auf Agarplutten liaftet hei allen sonatigen 
Vorteilen als Mangel an, dafs eine Keimzalilhestimmung, die wir 
ja al.s eine unerläfsliche Forderung bezeichnet liaben, nicht mitg- 
lich ist. Das Angeführte gilt in gleicher Weise für Gelatine, 
welche überdies wegen ihres niedrigen Schmelzpunktes und der 
VeräOflsigung durch peptoniaieTende Bakterien nicht verwend- 
bar ist 

Eine Nebeneinanderstellung dieser Versuche möge den Ein- 
flufs der Methode auf die jeweiligen Versuchsresultate verui- 
scbauHchen und gleichzeitig als Erklärung für die oft divergenten 
fiesultate der einsehien Forscher dienen. 

Tersoeh 105. 26. VI. 1905. 
Staphylococcus pyogene« aareas. 24 Stunden alt. 



KxpoBltions- 

daner 


BevrOl- 
kant 


J.ichl- 
iDt«n- 
ittAt 


Agarstricb- 
platto 


Agargufs- 
platte 


-^^^^ 

Sterllei 

Waxser 
in 

fCprouTati« 


iD 

SproaTfltte 


0 




1,111 


1 sehr flppig 


60 MO 


67 ISO 


46^ 


V, Stunde 


S« B, 


l,()00 


0 


87 800 


50400 


47 4*;ü 


1 Stunde 




0,916 


! ö 


BpHrHch 


47 880 


46 200 


IV', Stnnden 




0,625 


0 


spärlich 


37 »00 




2 Stunden 




Ü,Ö35 


e 


apftrlicU 


30240 


48260 


SVi Standen 




0,970 


e 


BpBrlieh 


21000 


86880 


8 Standen 


8* Bf 


0^ 


e 


^ftrttch 


eaoo 


68860 



Es erübrigt noch die Methode mit angetrockneten Bakterien 
kurz zu besprechen. Antrocknungen von BakteHen an Seiden&den, 
Filterpapier oder an den WlUiden Ton Eprouvetten sind fQr 
unsere Zwecke gftnzlich unbrauchbar, da eine grofse Zahl von 
Keimen durch ihre Lagerung innerhalb der Gewebe resp. hinter 
sphärisch gekrQmmten Glaswftnden der Strahleneinwirkung voll- 
kommen oder zum grofsen Teile entzogen werden. Aber auch 
die Verwendung von an der Oberflftcbe von Glasscherben an> 



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Von Dr. Richard Wt««n«f. 



17 



getrockneten Bakterien ist nicht praktikabel, da die Antrockuung 
schon an und für sich eine Schädigung resp. Vernichtung der 
Baktenenleiber zur Folge hai {siehe Ficker(^)J, so dals dieser 
VeiBUohsmodue einer gesonderten Untersuchung bedeif . 

Wie sollen wir nun unsere Veraucbe einrichten, damit alle 
Bfängel der angeführten Methoden umgangen werden und die 
Eigebnisee unserer Versuche mit Sicherheit ausschlielsUch auf 
die Wirkung des Sonnenlichtes bezogen werden können? Um 
dies SU erreidien, mttssen folgende Bedingungen erfüllt werden: 

1. Ungehinderte und gleichmafsige Zugänglichkeit aller ex- 
poiiierieii Keuue für die Lichtstrahlen und zwar während 
der ganzen Versuclisdauer; 

2. mögHchste Vermeidung von Absorption und Refraktion 
der liichtstrahlen auf ihrem Wege zu den Bakterien; 

3. Unterbringung der Keime während der Versuche in 
einem Vehikel, welches in besug auf das Bakterien- 
leben als absolut unschädlich ansnerkennen ist; 

4. Hintanhaltung der Austrooknung der Bakterien während 
der Versuche, und 

5. KOglichkeit einer exakten KeunsShlnng xur Bestumnung 
der Versuchsresultate. 

Der Forderung sub t und zum Teil auch sub 3 werden wir 

gerecht, wenn die Bakterien sich stets auf der Oberfläche des 
betreffenden Vehikels befinden. Die Hintanhaltung der Absorption 

einzelner Strahluiiktniiidexe wird wohl kaum je ganz gelingen, 
da wir keine Substati^ kciüien, dio in gleicher Weise alle Ab- 
schnitte des Sonnenspektrums durchtreten läl'st (siehe Abbclin. 8) 
und wir die Bnkterieu wegen Verunreinigung durch Luftkeime 
nicht unbedeckt dem Sonnenlicht exponieren können. Diese 
Fehlerquelle einer teilweisen Schwächung der LiclitintensitÄt 
durch partielle AI srii.tion (Glas) wird daher bei unseren Vor- 
snehen stets zu berücksichtigen ■»ein! Hinsichtlich des l^nnktes 3 
muls ich auf folgende Tatsache uutmerksam machen : Mit ateigender 
Temperatur steigt auch die Dissimilation der Bakterien. Stehen 
daher den Baktf rini hei erhöhter Temperatur nicht oder nicht 

AitOÜT für Hrslra«. Bd. JLXI. 9 



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iS IHe Wirkong dM fionnenUditas ftui paöiogmie Bakterien. 

genügend präformierte Nährstoffe zur Verfü einig, so gehen diese 
infolge mangelnder Assimilntion rüsch zugrunde. Da die Sonne 
gleichzeitig erwärmend wirkt und wir zunächst die Gesaintwirkung 
des Sonnenlichtes studieren wollen, werden wir bei unseren Ver- 
suchen mit dieser Tatsache rechnen müssen und Sorge tragen, 
dafs die die Bakterien beherbergenden Vehikel in genügender 
Menge mit Nfthrmaterial versehen sind. 

Um allen diesen Anforderungen gerecht zu werden, brachte 
ich bei meinen Versuchen eine von Bie seinerseit gebrauchte 
and von mir modifizierte Methode in Anwendung, welche darin 
bestand, dafs ich aus leicht getrockneten Agarplatten (durch 
24 stündigen Aufenthalt im Brutschrank) mit einem sterilen 
Platinspatel kleine Würfel mit einer SeitenUlnge yon ca. 1 cm 
heraosschnitt und diese auf kleine sterile Deekgläscben auflegte. 
Auf diese Agarwürfel wurde vor Beginn der Versuche mitteU 
Kapillarpipetten gleicbgrofse Tropfen einer Bakteriensaspension 
in Bouillon aufgetropt und die Tropfen durch Neigen der Agar- 
würfel gleichm&Tsig Über die ganze OberflAche der Würfeln vor- 
teilt Diese frischbeimpften Proben worden in runden 8terilisie^ 
baren doppelwandigen Zinkblechtrommeln derart untei^bracht» 
dafs das gesamte Oberlicht ungehindert zutreten konnte. Diese 
Bebftlter waren durch einen gefensterten Deckel abgeechlossen 
and durch Einlegen von angefeuchteten Filterpapierlagen als 
feuchte Kammern adaptiert. In dm Deckel war eine 0,8 mm 
dicke Spiegelglasplatte eingekittet Nach bestimmten Bestrahlungs- 
aeiten wurde mit einer sterilen Pinzette je eine soldie Bakterien- 
probe dem Behälter entnommen, auf den Agarwürfel ein Bouillon- 
tropfen aufgetropft und mittels dieses und eines kleinen Platin- 
^atels durch Verreiben das Keimmaterial möglichst gründlich 
▼on seiner Unterlage aufgeweicht. Sodann kamen die Agar- 
wttrfeln in fingerhoch mit Bouillon gefüllte Eprouvetten und 
wurden an einem liclitgeschützten kühlen Orte bis ^um Schlüsse 
des gaiizLii Versuclies aufbewahrt. Nach Beendigung des Ver- 
Buches fertigte ich mit diesen Bouillünuufschwemmungen in der 
üblichen Weise Agargufsplatten an und bestimmte nach 24 resp. 
48 — 72 Htüudigem Verweilen derselben im Brutschrank unter dem 



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Von Dr. tUchard Wiesner. 19 

Mikroskope in der gewöhnlichen Weise die Keimzahlen. Vor 
JBeginn des Versuches, wenn nötig auch nach Beendigung des- 
selben, fertigte ich in deiselben Weise Kontrollplatten an. Die 
im nachfolgenden angestellten Versadie worden mit wenigen 
Ausnahmen nach dieser Hethode au^fOhrt, Der Ort der Ex- 
perimente war ein im obersten Stockwerk des pathologischen 
Institntee gelegener groHser Raum mit reichlichem freien Horixoni. 
Die VersuGhaohjekte waren daselbst vor einem nach Südwest 
gelegenen geöffneten Fenster angestellt, auf welches während 
der Zelt von ^^12^6 Uhr nachmittags die direkte Sonne fiel. 

3. Hat die Keimmenge einen Einflufs auf die AbtiHung von 
Baicterien durcti dae Liclit? 

Die Bedeutung der Keimmengen fttr den zeitliehen Verlauf 
der Uchtdesinfektion wurde unier anderem von Janowski(**), 
Palermo(^ Kirstei n(^^<') und Kruse (^o) untersudit. Sie alle 
stimmen darin überein, daft bei Anwesenheit gröfserer Keim- 
mengen in einem bestimmten Volumen die BakterienabtOtung durch 
das Licht entsprechend langsamer verlaufe. Dieser Sats ist nach 
Kruse ohne wdteres klar, wenn die Bakterien so dicht ge- 
drängt sind (MassenkuUuren) , dafs sie nicht alle gleichmäfsig 
von den Lichtstrahlen getroffen werden. »Aber auch wenn die 
Mikroorganismen nicht so eng gedrängt sind, dafs sie ungleich- 
mäisig belichtet werden, mticht sich die Bedeutung ihrer Zahl 
bemerkbar . , . .« Bie('-"') ist liingegen der Meinung, dals die 
Keunzaiil hinsichthch der Absterbegeschwiudigkeit ohne Eintlufs 
sei, da in Versuchen, bei welchen ßakterienverdüunuugen im Ver- 
bäUnis von 1 : 10 und 1 : 100 mit konzentriertem elektrischen Lichte 
besirahlt wurden, die Sterilisation in beiden Aufschwemumngen 
gleich rasch eintrat, hi einer späteren Arl>eit scliliefst sich 
Bie(^**) allerdings wieder der Ansiclit der vorerwälmten Forscher 
an und endhch vertritt uuch Bang("^) denselben Standpunkt, 
wenn er gelegentlich seiner Untersuchungen über das Verhalten 
verschieden alter Bakterien gegenüber dem Lichte die Vennutnng 
ausspricht, dafs das ungleich rasche Absterben jüngerer und 

2» 



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20 Wirkung des Sonnenlichtes auf pathogene Bakterien. 



Slteiw Keime möglicherweise auf der veduelndea Keimmeoge 
in den verschieden lange Zeit gevaeheenen Bouillonknltnren bo- 
mben könne. 

Kraae 8 Ansicht bes^gUch des Veihaltena von Maasenknltoieii 
(d. L teilweiaer gegenseitiger Schnts der Bakterien Tor Stiahlen- 
einwirkang) ist wohl anzuerkennen, doch dflrfte einerseits dieser 
Fall fflr pathogene Keime in der Natnr kaum yoikommen, 
andererseits ist die Verwendoog von au^waebsenen Massen- 
kulturen ' wegen ihrer Unsweckmftüirig^eit bei unseren Unter- 
suchungen stets zu vermeiden, so dab dieser extreme Fall keiner 
weiteren BSrOrterung bedarf und wir sofort an die Untersuchung 
jener MOgUidikeiten von variierenden Keimmengen herantreten 
können, bei welchen eine Beeinflussung des Beetrahlungselfektes 
durch flbeigelagertefl Keimmaterial ausgeschlossen ist. 

Die DordifQturmig 4i«8er Vemiehe ist eine hOehafc efnfkehe. Yoa cin«r 
fitammaufechwemmuDg wevctob tropfenweise verechiedene Mengen des Krim- 
malrrials m u'leichpn Mengen von B<M',i!lo phracht und von diesen 

neuerlichen AufBchwemmangen mittels Kupillarpipctien gloichgrofHe Tropfen 
auf AgarwUrfel verteilt und der Einwirkung des Sonnenlichtes aoMge^etzt. 
Nadi beathninteii Liitemll«n wwdAit mit di«Min FirQben AgßtgamplBlUm «a- 
gtttoitigt und iMditolglidi die Keimiahlen bestinimt. 

Torna 8.VIL1906. 
8tephylooocciw pyog. asfiiu. Der Venaeh demit von 8— V«6 Uhr Nechmitteff. 

In Kolumne A sind die durch Zählung t^irpkt beHlinimten M^npcn der 
noch überlebenden Keime, in Kolumne fi die aus diesen Werten rechnerisch 
«rmittelten Mengen der ebgeetorbenen Keime irledergegeben. Die Keim 





ij Anfs 


C 1 1 W f ' 1 1 1 




II vi.Tlia 


trii sirti 


wir I - n. 


in 


Wärme 
Strah- 
lung 


Luft 
lerape- 
rattir 


Bewöl- 
kiaag 


Photo* 

cbem. 
Licht- 
intea- 


t 

. A. 

\ QeiBblte Meaten 

1 der 
Sberlebeadon 

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B. 

Aui|«NehMte 
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abgeacorbenea 

R«tne 

1 [ 1 


V. 


0 

'i 

3/ 
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1 

IV, 
2V, 


60,1 
50,8 
50,2 
60,6 
60.0 
49.9 
49,0 
46,9 
44,6 


24,6 
26,1 
25,3 
25,5 
25,6 
26,0 
86,0 
25,2 
26,1 


8« Bo 

8, B, 
S«B, 
S^ Bq 
^s^ Bo 
S,B, 


1.428 
1,260 

1 ,tMX) 

0,909 

1,000 1 

1,000 1 

1,000 

0,500 

0,388 


197 400 
147480 

133 560 
12 600 
256 
7 
2 
8 
0 


604 800 
464590 

303 660 
15 960 
35 
99 
1 
3 
0 


1 49980 

, i;3 8in 

1 184 8Ü0 
197 144 
197898 

197 398 
197 392 

! + 


140380 

•.m 140 

688 840 
604 765 
604706 
604799 

604 798 

+ 1 


149940 

191 520 
554 400 
,691432 
699179 
699194 
592189 

1 + 



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Von Dr. Bidbttd Wi«an«r. 



21 



Ist sohon in Kolumne A der ungleiche Abfall der Keimssahlen 
erkeDnbar, so tritt er in Kolumne B noch deutlicher hervor. Es 
ist wohl richtig, dafs bei der ersten Art der Wiedergabe des 
Versuchssrgebnisses nach den einselnen Bestrahlungsintervallen 
in der dichteren Aufschwemmung mehr Keime durch Zählung 
gefunden werden als in der dünneren, also anscheinend lang- 
sameres Absterben bei grO&eiem Keimgehalt Belmohtan wir 
aber die Werte der abgestorbenen Keime in Kolumne B, so fallt 
sofort ein yOllig entgegengesetstes Verhalten der Bakterien auf, 
indem wfthrend der Reichen Bestrahlungsseiten stets in der 
dichteren Anftehwemmung mehr Keime sugrunde gegangen sind, 
als in der dünneren. So sind beispielsweise nadi ^1% Stande in 
der dichteren Aufschwemmung mehr Keime (901 140) getötet 
worden, als sich in der dtinneren vor Beginn des Verauchss 
(197 400) überhaupt befunden hatten! 

Femer fällt eine gewisse Proportionalit&t zwischen den 
konespondierendeu Werten in Kolumne I und II auf, ja man 
kann — natürlidi innerhalb gewisser Fehlergrenzen — aus dem 
einen gefundenen Wert den zweiten mittels der bekannten Ver- 
hflltniszahl der Verdünnungen rechnerisch bestimmen. (Diese so 
ermittelten Werte sind in Kolumne G wiedergegeben.) Nadi 
'/4 Stunden sind 2. B. in der dünneren Aufschwemmung 
184800 Keime zugrundegegangen. Multipliziert man diese 
Zahl mit d, d. i. der Ve^ältniszahl von II:I, so eigibt das 
Produkt 554400 also einen Wert, der mit dem durch Zahlung 
gefundenen (588.840) ziemlich übereinstimmt. Bin gleiches 
Verhalten konnte ich auch bei den anderen Experimenten, die 
diese Frage verfolgten, beobachten. 

Auf Grund dieser Beobachtungen, sowie auch aus dem 
gleichzeitigen Eintritt der absoluten Abtötung (im mitgeteilten 
Beispiel nach 2^/2 Stunden) kunnen wir sagen, dafs die Abtötungs- 
geschwindi^keit des Sonnenlichtes von der vorhandenen Keini- 
menge unubLaiigig löt. Das proportionale Absterben von Bak- 
terien in verschieden dichten Suspensionen mufs in etwas 
anderem als iu der wechselnden Keimzahl begründet sein. 



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22 



Die Wtrknng des Sonnenlichtes snf pathogene Bakterien. 



Den einzelnen Individuen innoilmlb einer Keimaufschwenv 
mung oder Kolonie kommt ein wechselnder Resistenzgrad gegen- 
über den verschiedensten äulseren schädigenden Einflüssen zu. 
Dementsprechend müssen wir in den von uns verwendeten Sus- 
pensionen einzelne Gruppen von Individuen A, B, C usw. an> 
nehmen , die der Einwirkung einer bestimmten Liebtin tennität 
nach der Zeit a, solche» die derselben Intensit&t nach b Zeii> 
einheiten usw. erliegen. Diese Yerachiedenen Bakteriengruppen 
müssen natürlich in den von einer gemeinsamen Stammkultor 
angefertigten, verschieden dichten Aufschwemmungen in gleichem 
Verhldtnis zu einander vorhanden sein und auf diese Weise er- 
klftrt sich das proportionale Absterben von Bakterien bei vari- 
ierenden Eeimmengen, 

Es ist daher unrichtig, dafs die Keimmenge für 
das Absterben von Bakterien unter Lichteinwir- 
kung von Bedeutung ist, sondern der variierende 
liesisten /. <^ rad der einzelnen Bakterienleiber inner- 
halb einer K ei m a u f y c h w e m m u u g b e s t i m m t i n (i e ni e i u - 
fechaft mit der lu)heren oder niedrigeren S trab hing 8- 
inteiisitfit das raschere oder langsamere Absterben 
der bestrahlten Mikroben. 

In der Natur und ebenso auch bei unseren Experimenten 
wird daher die Zahl der Keime belanglos sein, wenn wir sehen, 
dafs die absolute Tötung sowohl bei spärlicheren als aacli reich- 
licheren Keimmengen gleichseitig eintritt Auch wenn die In- 
solation vor der absoluten AbtOtung abschneidet^ wird es gleich- 
gültig sein, ob nach einer gewissen Zeit ein oder zehn Keime 
übrig bleiben, da dieser eine Keim — vorausgesetzt, dafs es 
sich bereits um Individuen von gleichem Resistensgrad handelt — 
sich ebensolange noch lebensffthig erhalten wird, wie im anderen 
Falle die gleich widerstandsfähigen sehn Keime, und da dieser 
eine überlebende Keim unter gflnst^en Bedingungen wieder zum 
Ausgangspunkt für eine unge^hlte Menge von neugebildeten 
Bakterien werden kann. 



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Von Dr. Richard W'iesner. 



23 



4. Die Widerstandsfähigkeit verschieden alter Bakterien 
gegenüber dem Sonnenlicht 

Im Torauagehrniden Abachnitt lernten wir ein gesetKinttfeBgeg 
Absterben der Keime im Sonnenlichte kennen» welches ich mit 
einer den einzelnen Individuen eigentümlichen Kesistenzf&higkeit 
in Zusammenbang brachte. Bei Einwirkung konzentrierten elek- 
trischen Lichtes auf Baot. prodigiosum beobachtete Baug^^) eine 
mit dem Alter der Keime zunehmende ResistensfiLhigkeit gegen* 
Ober dem Lichte, so daJs zehnstündige Kulturen ca. 5 — 6 mal 
mehr Lieht vertragen als wie dreistündige. Ob wirklich das 
Alter oder aber nicht vielleicht eine geringere Keimzahl in den 
nur 3 Stunden gewachsenen Kulturen gegenüber den zehn- 
stündigen Kulturen diese geringere Widerstandsffihigkeit bedingt^ 
konnte Bang nicht entscheiden. Nach den eben gemachten 
ISrfabrungen mit verschieden dichten Keimaufsdiwemmungen 
mochte ich die Vermutung Bangs umkehren und sagen, daTs 
niüglicherweise das proportionale Abaterben von Keimen bei 
verschieden reichlichen Keimmengeu resp. die supponierte wech- 
selnde ResistenzfÄhigkeit der einzelnen Individuen auf einer 
wechselnden Widerstandsfähigkeit verschieden alter Keime be- 
ruhen mag. Ks wird daher unsere Aufgabe sein, zunächst zu 
prüfen, inwieweit das Alter auf die Widerstandskraft von Bak- 
terien gegenüber dem Lichte einen Einflufs hat und weiters ob 
das i»ro]iortiouale Absterben von Keimen in verschieden dichten 
Aufschwemmungen auf diese ResiüLenzunterschiede älterer resp. 
jüngerer Individuen bezogen werden kann. 

Zu dio.sem Zwecke imjtfte ich isunächst von euier Stamm 
kultur ein Bouillonrohrchen und brachte dasselbe für 2 Stunden 
in den Brutschrank, nach welcher Zeit eine deutliche Trübung 
der Bouillon eingetreten war. (Die erste Teilung von Bakterien 
tritt bekanntlich innerhalb ^j^ — '/a Stunde ein.) Von dieser 
zweistündigen Kultur legte ich abermals mehrere Bouillon- 
kulturen an, die 1, 2, 3 — 7 Stunden im Brutschrank belassen 
wurden. Auf diese Weise erhielt ich Keimaufscbwemmungen, 



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S4 Di« Wirkang de« SoiUMiitiehtoi aof pathogen« fi«kt«ri«ik. 

die nach Möglichkeit imi liidividuen enthielteü, die nicht 
älter als 1, 2 , . . resp. 7 Stunden waren. Von diesen Kulturen 
bereitete ich mir in Bouillon Aufschwemmungen von annähernd 
gleicher Dichtigkeit, und diese Suspensionen wurden endlich 
tropfenweise auiAgarwürfeln verteilt, dem Sonnenlichte exponiert. 

Der besseren Übersicht wegen teile ich im nachfolgenden die Mengen 
der Abgeeiorbeoen Keime in Prozenten amgerecbnet mit: 

Yersneli 28&/A. 14. Vm. 1906. 
Stnphjlooooeas pyogenee eafene. 

Ilh bedeutet Keime wob der eisten Ton der fitammkoltnr geimpften 
Bouillonkultur, 8 b Keime tm der von der Bonillonkultorll gennpften iw^ten 
BoaiUonkaltor. 



Expos- 
SttiMr 

fB 

Stdn 


Wänne- 
strab- 


Liift- 
tempe- 

rstirr 


Bewül- 
kun« 


Chem. 
Uoht- 
iDten- 

Kltftt 


Ketu 

2 h 


UMdÜ 

II h 




49,9 


25,6 




1,000 


, 56% 


10% 


V, 


49,9 


26,0 


> 


0,909 


1 66% 


18% 


1 


50,0 


26,1 


> 


0,768 


; 90,3 T 


51% 


IV, 


49,0 


26,6 


> 


0.714 


-lOOVo 


-100% 


2 


47,0 


27,0 


> 


0,454 


100% 


-100% 


2V. 


44,6 


27,0 


* 


0,333 


1 100% 


- 100 7p 



— 100% bedenteW d«l« nodi gans verainielte Keime ftberlebend aiad. 



Tersmeb 



r 1 
III 


• 2 

H 

m 


Luft- 
temperatur, 


a 
a 

M 

9 
je 
• 

03 


Chemische 
Licht- , 
intensität ' 


1 


Alter 
8 


in Stande 


n 

l_LJ 


9 Tige 


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49,9 


25,6 




1,000 


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11% 


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V, 


49,9 


26,0 


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0,909 


1 «•/. 


»% 


22% 


6% 


1<^% 


1 


50,0 


26,1 


> 


0,7G8 


867p 


68% 


95% 


62 «o 


71% 


IV, 


49,0 


26,6 


» 


0,714 




70% 


-100% 


98 »/p 


97 «/p 


2 


47,0 


27,0 


> 


0,454 


— 100 ".'o 


-1007o 


— 100 "/o 


-100% 


-100 7p 


2V, 


44,6 


27,0 


» 


0,333 


100% 


100% 


-looVo 


-100% 


— 1007o 



Aus Venoch 285/A ersehen wir, da& die Vorsicht erst von 
kurzgewachBenen Kulturen (II.) die su verwendenden Kulturen 
abiuimpfen, wohl angebracht war. Die AbtOtung von swei* 



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Von Dr. Richard Wiesner. 25 

stflndigen Kultufen, die von einer ebenfaUa IrischgewachseneD 
zweistflndigen Kultur abgeimpft worden, yerlftuft bei gleicher 
liehtinteiidtät bedeutend raacher als bei sweiatflndigen Ku^ 
tuien, die direkt von einer 248tttndigen Agavkultnr aberimpft 
wurden. Dieser Unterschied Icann nur darauf beruhen, dafo 
sich in der Aufschwemmung II mehr Keime, die filter als 
swei Stunden waren, durch die direkte Überimpfung von einer 
alten Kultur befanden. Damit ist aber auch schon gesagt, data 
jüngere Bakterien gegenüber dem Sonnenlicht we- 
niger resistent sind als altere. Versuch 285/B ist eine 
weitere Bestitigung dieser Tatsache. Nach ^2 Stunde yerfaielten 
sich s. B. die Werte der abgestorbenen ein-, fünf- resp. sieben- 
stflndigen Keime wie 1:3:7. Diese Unterschiede machen sich 
aber vornehmlich innerhalb der ersten Stunde bemerkbar; je 
länger die Bestrahlung dtm&tt um so mehr yerwisehen sie sieh 
und endUoh tritt in nahesu gleicher Zeit die absolute AbtOtui^ 
bei allen angleichaltrigen Kulturen ein. Wir dürfen eben nicht 
vergessen, dafs trotz aller Vorsicht bei der Überimpfung von der 
Ausgangskultur noch Utero Keime in die jüngeren Kulturen 
übertragen wurden und diese älteren Keime lafolge ihrer höheren 
Widerstandskraft in allen Versuchsreihen eine Verzögerung des 
Eintrittes der absoluten Abtötung bedingten. 



Tenaeli 290/iu 3a. VUL 1906. 
Stephyloeoeciw pyogeoM anrenff. 



Expoa.- 
Oaa«r 

In 
Btdn. 


•tnüi- 
lunf 


Lull- 
teinpe- 
ntnr 


Bnrttkang 


Cbemiache 
tatMuifllt 


s Stdo. 


Alter 

»BUta. 


8 7t Tage 


V. 
V, 

1 
s 

SP/. 


47,5 
4B,0 
47,0 
46,5 
40,8 


25 
2ö 
26 
26 
36 


8* Ho 

> 

» 

8,B, 


0,768 ' 
0,666 
0526 I 
0,370 
0^100 1 


68";, 
70% 

100% 
100»/. 


497« 

84«/, 
94 Vi 


43 7o 

48 7o 
83°/, 

«»•/, 



Dieser Versuch zeigt, dafs 20 stündige Keime eine gröfsere 
Resistenz besitzeu als dreistündige und dafs Keime von 3% Tagen 
alten Kulturen (nach 24 stündigem Wachstum im kühlen Zimmer 



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26 ^ Wirkang des SonnmilielitM auf pAthogea« Bakterien. 

aufbewahrt) eine ähnliche Resistenz besitzen wie 20 stündige 
Keime. Es scheinen 20 — 84 stündige Kulturen das Maximum 
der Widerstandskraft gegenüber dem Sonnenlicht erreicht zu 
haben, während nach dem Versuch 285/B neuDtägige Keime 
wieder eine leichte Resistenzabnahme aufweisen. 

Die Widerstandskraft der Bakterien gegenüber 
dem Sonnenlicht nimmt also mit dem Alter zu und 
auf diesen Resistenzunterechieden dürfte auch das 
proportionale Absterben von Keimen in verschieden 
dichten Aufschwemmungen zurücksuführen sein. 

5. Das Verhalten angetrockneter Bakterien gegenüber dem 

Sonnenlichte. 

Anlftfslich der Kritik der einseinen Versuchsmethoden habe 
ich darauf hingewiesen* dafs die Antrocknungsmethode für exakte 
Versuche nicht geeignet ist, und dats die Widerstandsfähigkeit 
angetrockneter Bakterien gegen Bestrahlung einer gesonderten 
Untersuchung bedarf, da nach den Erfahrungen früherer Forscher 
Bakterien sich im feuchten Zustande dem Lichte gegenüber 
anders verhalten als im trockenen. 

Es bestehen diesbezüglich drei verschiedene Ansichten, 
und zwar 1. grüfsere Resistenz im angetrockneten Zustande 
(Santorin, GaillardH, MomontH, Kirsto in (»«)), 2. ge- 
ringere Resistenz im trockenen Zustand (Duclaux(>*), Kruse (^}, 
Jansen(^'^) und 3. gl eiche Resistenz äuge trockneter und feucht- 
gehaltener Mikroben (Bie('^)). Bie meint sogar, dafs die Ein- 
trocknung (durch 78 Stunden) an und für sich für Bakterien 
ohne nachteiligen EinfluTs sei. Dieser Anschauung Bies mufs 
ich zunächst die gründlichen Experimente Fi ckers(^'^) entgegen - 
halten, der eimvandsfrei iiaeli^ewiesen hat, dafs Bakterien durch 
die Austrocknnn^^ in huheni Grade geschädigt werden und zwar 
in dünner Schicht rascher als in dicker, ebenso auch bei energi- 
scher Ex.sikkaiii)n (im ]-L\sikkator) als wie bei laugsamer, dafs 
endlich aucli AUer und Temjjt ratur einen grofscn Einfluff? haben. 
Es mufs daher eigentlich wunderbar erscheinen, dafs Mikro- 
orgauismeu trotz Eintrocknung sich gegenüber dem Lichte resi- 



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Von Dr. Biehard Wiesner. 



27 



stonter veilialteii soUeo als Bakterien im leuchten Znataude! 
Nach den Angaben Fickers wird es fflr den Ausfall nnserer 
Versnobe nicht gleichgültig sein, in was fflr einem Mediom die 
Bakterien suspendiert und in weloberWeiee dieselben ausgetrocknet 
werden. In der Tat werden uns auch die nachfolgenden VcHrsuche 
zeigen, dafs das jeweilig verwendete Suspensionsmedium die Ex- 
perimente in bemerkenswerterweise zn beeinflussen imstande ist. 

Das Verfahren, das ich bei diesen Versuchea eiuBchlug bestand daria, 
4sl« ton «iner in de«tUIi«rtem Wasser angelegten AniNiiwaaiinimg mfli^dbst 
rasch g^eiehe Menden daneben In je Sern destiltlerten Wassers, 

Bouillon reap. Peptonwassers ▼erteilt wurden, möglichst rasch um 
die bakterienschädigende Einwirkung des destillierten Wassers nach Tunlich- 
keit SU vermeiden. Von diesen Aufschwemmungen brachte ich mittels 
Kapiilarpipette gleichgroße Tn^feo auf sterile Deeki^Bsohen. Diese wurden 
sodann durch 8 Stunden im Exäecator mit Ohlorkalsimn im Eiaschrank an» 
getrocknet (im Eissrhrank um die Kxsikkation mflglichst Bchonend anszii. 
führen). Vor der Austrorknnng wnrde eine Kontrolle (Ki) nach beendeter 
AustrocknUDg resp. vor Beginn des eigeutlicheu Belichtungsversuches eben- 
felis «ne Kontrolle (Kn) angelegt nnd so eine eventuelle fiebftdigung dnreh 
den blofsen Austrocknungsakt festgestellt. Endlich wurde eine dritte Xontroll- 
platte (K"i> Tinfh Beendigung des ganzen Ver.snchea mit einem auBgetrock- 
neten Deckgläacheo, das im Versuchsraum vor Licht geschützt aufbewahrt 
wnrde, angefertigt. Diese dritte Kontrolle sollte uns darüber Aufschlufs 
geben, was wir von der wibread der Versuche eingetretenen Sehldigung 
anf Be^dmnng der Belichtung und was auf Rechnung der andauernden Ein- 
trocknung setzen sollen. Niicfi Srhl ibs der Einzelversnche wurden die Deok- 
glftschen in Eprouvetten mit Bouillon geäämmelt und daselbst mit sterilen 
Glasstiben feinst serslampft, da etfshmngsgem&b nnr anf diese W^ie ein 
möglichst volkrttndiges Freiwerden der angetrockneten Mikroben vom Glase 
erreicht wurde und nur so verlftssliche Keimzfiblungcn durchzuführen waren. 
Als Parallelverfluche wnrden von denselben Suspensionen Keimmaterial in 
feuchtem Zustande dem Sonnenlichte exjxtniert und zwar einerseits in der 
ftbtiehen Weise anf Agsrwflrfeln anderen^ts in Bonillen resp. Peptonwasser 
nnd in Glssschilchen in dflnner Schicht ausgegossen. Nicht allein hei der 
Kx.eikkation von Wnssertropfon , auch bei der .Aus^trocknnng von nouillon- 
und Peptonwaseertrojtfen war noch vor Reginn de.'^ eigentlichdn ßelichtungs- 
Versuches stets eine cieutliche Keiozahlvertninderung zu konstatieren. 

Nach der Exsikkation der Bakterien war stets ein wesent« 
lieber Unterschied in der Art der Eintrocknung der einzelnen 
Tropfen lu beobachten. Wftbrend die Tropfen des destillierten 
Wassers in unmerklich dOnner Scbicht bOcbslens mit Hinter- 
lassung eines ganx schmalen zarten Ringes entsprechend dem 



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28 



Die Wirknng im 8oim«nUebtM Mf pathogene Bakterien. 



Rande des Tropfens eintrockneten, hinterliefsen die Pepton- 
wassertropfen stets einen rissigen grauweifsen Niederschlag, der 
von den bei der Austrockuung ausgeschiedenen festen Bestand» 
teilen dieses Mediums (Pepton, Kochsalz) herrührte. Die Bouillon- 
tropfen trockneten stets in Form eines erhabenen Häutchens, mit 
anderen Worten in dicker Schicht ein. Der Grad der Austrook« 
nung kann in diesen drei Fällen nicht der gleiche gewesen sein, 
indem dieselbe bei den Wassertropfen am intensivsten, bei den 
Bouillon tropfen am unvollständigsten sein mufste! 

Die im nachfolgenden angeführten Werte bedeuten wieder 
die Mengen der abgestorbenen Keime. 



Tenveb 888. 99. VIT. 1908. 

hl StmiiltMi ;i'lr' K n i I .i r i ■ yi \iin > t ii [ il i \' ! i ic icc i ir-i 1 i'jiTj r-s aurfiis 



KltpM.- 
Dauer 

ia 
Stdn. 


Wärme- 
strah- 
lung 


Lull- 
te mpe- 
ffttur 


kUDg 


CII9ID« 

T.Jrhf- 
inten- | 
■ittt 


Agir 


ebt 

I 1 

BOOlllOQ 1 


Augeti 
BonUlOD 


ocknet 
Pepton- 


Kn 














3% 


74,8% 


'/, 
1 

IV, 
2 

8 


46,0 
40,5 
41.8 

40,0 
37,0 


23,2 
23,2 
24,0 
24,2 
24,5 


S«B. 
84 B. 


o,mo 

0,714 

0,600 

0,500 
0,250 


' 2,5) 7o 
. 24,5 o 

t w/. 

95,1 "/o 
96,6 » ; 


26,4% 

34,9% 
49,2% 

74,1% 

72,4 Y 


95,3 % 
, 99.8% 
99,8% 
99,9% 
— 100% 


-100% 
-100% 
-lOOVo 
-100% 
-100% 


Km 








- 1 


1 ^ 




1 9,9% 


«0% 



Tersneli 261. 24. VII. 19ü6. 
15 Stunden alte Kultur von Btaphyloeoccas pyogenea anreitt. 



Expw.- 

JHam 

in 
8tdn. 


Warme- 
■tr&h- 

lung 


Lull- 
te Dl pe- 
rntar 




Ubem. 
Ll«bt- 

IlltHI- 

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Fe u cht 
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Wasser 


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w amtier 


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BuuiUon 














1 22% 


63,3% 


23% 


1; 
1 

2 

S 


33.0 
35,0 
47,1 
43,0 
42,0 
85,8 


25,0 
25,6 
26,0 
26,6 
26,7 
26,7 


S,B, 
S.B» 
64 B, 


0,200 
0,200 
0,625 
0,500 
0,883 
0,111 


27,2 % 
30,7 % 
55,7 » 0 
99.2 % 
^ 99,4% 
-1007, 


95.6% 
-100% 
-100«/o 
, 100% 

r 100% 

100 •/. 


91.9 7o 

B7,2% 
-100% 
-100% 
-100% 


59,1% 

98,8% 
99,7 »/o 
99,9% 
-lOOV, 














74% 


80% 


36% 



• I II • 



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Von Dr. Hicliard Wiesner. 



39 



Vanneh 961. 




desiiii Wasser frocktn. 
Bouillon »' 



FJg. 2. 



Die AbtOtang trat alao bei eingetroeknetan Bakterien in allen 
FäUen rascher ein als bei nicht angetrockneten Keimen (auf 
Agar nnd in Bouillon). Die Raacbheit der AbtOtang durch das 
Licht wird von dem ursprünglichen Suspensionsmedinm in hohem 
Grade beeinflufst, indem bei verhinderter stärkerer Anstrocknnng 
(BoQÜion) oder bei Ansscheidang von festen Bestandteilen und 
teilweiser Deckung der Keime durch diese (Peptonwasser) die 
Bakterien langsamer durch das Sonnenlicht yernichtet woden, 
als wenn die Mikroben in einem Medium suspendiert sind, welches 
in sehr dünner Schicht austreibet und keine Hflutchen oder 
Niederschläge hinterlftbt (destilliertes Wasser). 

Es sind demnach jene Angaben unrichtig, nach 
welchen Bakterien im trockenen Zustande resistenter 
wären als im feuchten. Es wfire auch iiöeljst auffallend, 
dafs Bakterien, ilie lurch den AntiuekjiunEfsakt selion an und 
für sich geschädigt werden, beim Hin^sutreten einer weittron 
Schädigung, wie die Öounenbestrablung, gegen die letztere eine 
erhöhte Resistenas erlangen sollten. 

Übertragen wir diese Versuche auf die Verhältnisse in der 
Natur, so ergibt sich fflr die Sonnendesinfektion von Sekreten 



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30 Dl« Wlrknaf dM SonmnUehtM Mtf padiogwne B«fctori«ii. 

ein wesentlicher Unterschied, ob dieselben sich im feuchten oder 
trockenen Zustande befinden. Für Sputum wird im allgemeinen 
das Beispiel des aiigetrockneteu Bouillontropfens anzuwenden 
sein, da erstcres infolge seines Muzingehaltes in gleiclier Weise 
eine langsamere und nnvollständigere Auäiroeknung und zwar 
in dickerer Schicht gestatten wird. Angetrocknf ter Harn, Blut, 
Eiter usw. dürfte annähernd ein Aualogüu im Peptonwasser- 
tropfen finden, wobei allerdings besonders bei Eiter und Blnt 
eine Verzögerung der Abtutung infolge Ausscheidung von festen 
deckenden Krusten nicht übersehen werden darf. 

Endhch mochte ich noch andeutungsweise erwähnen, dafs 
bei Versuchen, bei welchen die Austrocknung während der Be- 
strahlung durch Verdunstung vorgenommen wurde, im destillierten 
Wasser die Keime unveig^eichlich rascher vernichtet würden 
als bei der Bestrahlung von vorher langsam auftrockneten 
Bakterien. Bei gleichen Versuchen mit Peptonwasser, und 
Bouillontropfen trat die Abtötung bald früher bald gleichzeitig 
ein, 80 dafs wir auf ein rapideres Absterben von Bak- 
terien bei gleichseitiger Bestrahlung und Antrock- 
nung schhefsen können. 

6. Der Einflufs der Luftfeuchtigkeit auf die baktorizide Wirkung 

des SoimanUchtes. 

Ob und inwiefern die Luftfeuchtigkeit bei der Keimabtötung 
durch das Sonnenlicht beteiligt ist, wurde, soweit ich die Literatur 
Übersehe, niemals untersucht, obwohl man annehmen kann, dsTs 
jene nicht ohne Einflufs sein dürfte. Wissen wir doch, dafs die 
Strshlungsintensltät durch den grüfaeren oder geringeren Gehalt 
der Luft an Wasaerdampf stark aJteriert wird, indem durch den- 
selben Sonnenstrahlen in hohem Malse absorbiert werden. Dafs 
die |Luftfeuchtigksit für die Feuchthaltung resp. Austrocknung 
yon Bakterien, und dafs dieser jeweilige Zustand der Mikroben 
für die Abtötung derselben durch das Licht mafsgebend ist, 
bedarf keiner weiteren Erörterung. Hier soll ausschlieMch der 
EinfluHi der Luftfeuchtigkeit und nicht der der Austrocknung 
untersucht werden. 



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Von Dr. ttldiwd WtoMier. 



31 



I>ie Vereache wurden in der gewOhnllicben Weise ausgeführt, aar be* 
fanden sich am Boden eioea der Bebftlter der Versuchsobjekte mehrere 
lageii von ateritem Filterpapier, die rricblidi mit •tuiKsierteiD Wmmt be- 
feuchtet waren, wihrend ein »weiter Bebftltor nnr eine einfeelie lAge 

befeuchteten Filterpapieres enthielt, so dafs nur die Austrock-nung der Agar- 
würfeln durch dieselben eben noch hintangehalten wurde. Bei der Ein- 
wirkung der Sonnenstrahlen kam es innerhalb des geschlosseneu Raumes 
dee enteren Behllteni so rdchlicbetair Vetdonstung und Sdiwängerung der 
Luft mit Waaserdampf, wfthrend eich im sweiton Behftlter «m Deckel nnr 
ein leichter Beschlag von Wasser bildete, der sich nach einmaligem Weg. 
wischen nicht mehr erneuerte. Besonders sei hervortTphoben , dafa p«' in 
den Bebaltern mit relativ trockener Luit, nicht etwa zum 
Anelroelinen der AiparwOrfel k»m, ao dab eine eventnelle kon- 
kurierende Sdiidigang durch Aoatrocknung während dw Escperimento ans' 
geschlossen werden kann. 

Teraaehm. 9. VXH 1906. 



StapbylococcuB pyogenes aureus. 20 Stunden alte Kultur. 



Kxposit» 
Daasir 

m 

stunden 


WKrme- 
strah- 

liir.K' 


Luft- 
tempe- 

TH t II r 


Bewöl- 
kung 


ehem. 
Ucht- 

inton- 

:- : : . 1 ; 


, luft- 

! trocken 


Lull »tiirk 
an- 

{-'"ffMtrhf o( 


a 




25,0 




0,625 . 


998400 


99Ö400 


V. 


37,5 


25,0 




0,500 


886200 


880000 


1 


aM 


25,1 




0^ 


682000 


819200 


IV. 


86,0 


25,0 


8, B», •) 


0,333 


467 200 


630 400 


9 


32,0 


■2G.0 


B., «) 


0,1P6 


297 600 


528 IXK) 


s 


22,0 


2Ö.2 


ÖjB„ 


0,125 j 


129 600 


299 200 




Doi jeweilige Gviid der bakteriziden Wirkung des 
Sonnenlichtes wird also auch durch den jeweilig 
herrschendeo F euchtigkei tägdhalt der Luft b«ein- 

1) Danst 



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89 IM» Wlrknng des SonnenllcSitM wai patbogene Baklerteit. 

flufst, indem der in der Atmosphäre reichlicher suspendierte 
Wasserdampf die bakterizide Kraft des Sonnenlichtes in merk- 
licher Weiae su vermindern imstande ist 

NachHatchins on bat die Luftfeuchtigkeit auch einen 
fiinflnfB auf das raschere oder langsamere Niedersinken von in 
der Luft schwebenden Bakterien, so dafs vom epidemiologischen 
Standpunkte aus die Luftfeuchtligkeit von doppelter Bedeutung 
ist, indem einerseits bei grölserem relativen Feuchtigkeitsgehalt 
der Atmosphäre die Keime von den Sonnenstrahlen in ihrer 
Lebenskraft weniger geschädigt werden und anderseits auch 
bei gröiWer Feuchtigkeit eine langsamere Sedimentierung aus 
der Luft stattfindet, so daüs für die Übertragung von Keimen 
von einer Person zur anderen und für deren lufektionsmöglich- 
keit günstigere Bedingungen bestehen. 

7. Baktori«! im »yHungsnuttand«". 

Da mit der Einwirkung des Sonnenlichtes gleich^eitio' eine 
Temperaturerhöiiung verbunden ist und diese infolge gesteigerter 
Teilungstendenz der Bakterien einen gesteigerten Verbrauch der 
Reservestoffe bedingt, werden Keime im feuchten Zustande, wenn, 
die Assimilation mit der Dissimilation nicht Schritt halten kann, 
in der Natur häufig unter weit ungfinstigeren Bedingungen sich 
befinden, als es bei unseren Versuchen der Fall ist. 

Dementsprechend können wir auch annehmen, dals Bakterien 
im »Hungersustandec der Einwirkung des Sonnenlichtes rascher 
erliegen müssen als Keime, welchen ein Ersatz ihrer Reserve* 
Stoffe ermöglicht ist. 

Um diese Verhältnisse im Experiment nachzuahmen, stellte 
ich Versuche an, bei welchen ich statt der gewöhnlichen Agar- 
würfel solche von Wassoragar als Vehikel für die Bakterien 
benutxte. Dadurch konnte ich die Keime vor Austrocknung 
bewahren und auch sonstige irgendwie geartete Schädigungen 
von ihnen fernehalten, da mich wiederholte KontroUversuche 
bei Zimmertempemtur und Lichtabschlurs belehrten, dals Keime 



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\*on Br. Kichard Wiesner. 



unter dieeen Bedingungen auf Wassengar sich durch Stunden un- 
geeohftdigt erhielten. Das Keimmatorial wurde teils in Bouillon teils 
in sterilisiertem Leitungswasser suspendiert auf diese Wasseragar- 
wOrfel in der ühÜchen Weiseaufgetragen. Befanden sich die Bakterien 
in der zweiten Serie Ton Versuchen unter absolutem Nahrungs- 
mangel, so würde den Keimen bei der ersten Versuehsanoidnung 
(Bomllonaufsehwemmung) ein Quantum von assimilierbaren Nähr^ 
Stoffen mitgeben, welches nach kurzer Zeit aufgebraucht sein 
mufste, so dafs sich die Keime in diesem Falle unter relativem 
Nahrungsmangel befanden und die Abtötung — ist unsere Vor- 
aussetzung richtig — etwas langsamer verlaui'en musste als im 
ersten Fülle. 

Als Kontrollversuche wurden die gleichen Koimaufschwem- 
mungen auf Nähragar unter sonst gleichen Bedingungen dem 
Sonueulicbto exponiert 



Versuch 808. 4. IX. 1906. 
StaphylococcuB pyogeQ«8 aureud. 20 Stunden alte Kultur. 
Bontllonftiifschweminaag. 



Expcwit.- 
DfttMr 

in 

Standen 


Wärme- 
Btrab- 
lung 


Bew«- 
kang 


Llcili«- 
inton- 
slt&t 


t 

1 

' Näbragar 

1 —\ 


Waaseragar 


0 


1 1 

34,2 




0,133 


, 363 300 


363 300 


1 


41,0 


> 


0,833 


1 279 300 


290 000 


IV. 


Ö0,Ü 


> 


1,250 


263600 


214200 


9 


61,8 


» 


1,260 


1 8»oeo 


98 


B 


Süß 


> 


0^ 


8 


9 



lüt Ausnahme des Effektes einstfindiger Bestrahlung trat 
tatslohlich im weiteren Verlaufe des Versuches auf Wasseiagar 
ein rascheres Absterben der Keime ein als auf Nfthragar, wobei 
gegen Ende des Versuches ein rapides Zugrundegehen der 
Keime zu beobachten war, ein Umstand, der offenbar mit der 
firsdidpfung des Nfihrmatstials (Bouillontropfen 1) in Zusammen- 
hang zu bnngeu ist. 

1} Dimst 

AfaUv fllr Bntl«De. B4. UBL 8 



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34 Dio Wirkang de« Sonnenlichtee «nf patbogone Baktorien. 

Tersaeh 310. 5. IX. lim. 
8taphyloooccD8 pyogenes aureus. SOstQndige Kultur. AalMdiirammiiiig In 
sterilisiertem LeitongswAsser. 



Bzpoiit.- 
Dauer 
in 

Standen 


Wärme- 
st rah- 
Innc 


Ltift- 
lempe- 
nttur 


Bewöl- 
kung 


ehem. 

Ll.'lit- 
iutou- 

■Ittt 


• 

1 


Waiaarsr*' 


e 


37,1 


24,5 




0,500 




806 400 


1 


45,5 


25,0 


' ') 


0.714 


147 ÜOO 


90 


IV. 


44,1 


26,0 


> 


0,768 


6790 


15 


') 


47,5 


96.0 


> 


1,000 


1 splrlidi 


f 


2'/, 


50,0 


26,0 




1,000 


0 


9 


8 


50,1 


27,0 




0,883 


i • 


B 



Nach diesen Experimenten unterliegt es wohl keinem Zweifel» 
dais Bakterien beim Mangel von Nährstoffen rascher 
der Einwirkung des Lichtes erliegen, alswenn ihnen 
die Möglichkeit zur Assimilation geboten ist. Daraus 

dürfen wir schliefsen, dafs die JJchtdesinfektiou in der Natur im 
allgemeinen rascher Miianfen dürfte uls hei unseren Versuchen, 
bei welchen ja alle konkurierrenden schädlichen Einflüsse von 
den Bakterien nach Möghchkeit ferngehalten werden. 

8. Welche Teile dea Sonnens pckt rums sind an der Bakterien- 

tötuDQ beteiligt? 

Die Verteilung der bakterizid wirkenden Strahlen hn Sonnen- 
spektrum gab 8U einer stattlichen Reihe von Vennchen AnlaGs. 
Dabei gingen die Experimentatoren zunächst von der Tatsache 
aus, dafs das Sonnenlicht gleichzeitig belichtend und er- 
wftrmend wirkt. Schon Downs und filunt ^ Raubten 
eine reine Wftrmewirkung bei diesem Prozefs ausschliefsen zu 
kdnnen, nachdem Baktorienaufschwemmungeu in Gefftlsen, die 
mit Bleifolie eingeschlagen und dem Sonnenlichte exponiert 
worden waren, ein gleich gutes Wachstum zeigton wie die im 
Dunkeln aufbewahrten Kontrollproben. Mittels farbiger Glas- 
filter untersuchten sie die einzelnen Abschnitte des sichtbaren 
Spektrums und kamen zu dem Resultat, dafs vornehmlich, 

1} Starker Dunst. 



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Von Dr. Riebard Wiesner. 



35 



wenn auch nicht ausschliefslich, die stark brach* 
baren Strahlen bakterisid wirken. Jamieson (in 
Melbourne) berichtete im Gegensata, dafa Bakterien (B. termo) bei 
Temperaturen unter 36 nicht xugrunde gingen, auch wenn sie 
dem direkten Sonnenlichte exponiert wurden, mit anderen Worten 
beruht nach diesem Autor die Sonnenwirkung auf einer SchSdi- 
gong der Bakterien durch Temperaturerhöhung. Arloing^^ 
bestätigt in seiner ersten Arbeit die Angaben von Downs und 
Bluni AnlAfolich spAterer Untenuchungen (Arloing [^^ 
bei wdchoi er mittels eines Heliostaten die Sonnenstrahlen auf- 
fingt und dieselben mit Glasprismen zerlegt, gewann er den 
Eindruck, dats nur das unzOrlegte weifse Licht, nicht 
aber eine dilferente Strahlenart keimtötende Wirkung besitie. 
Auf Grund weiterer Experimente {^) mit Benutzung von Wasser* 
filtern (in 2 cm hoher Schicht) und FiHem Ton konsoitrierten 
Alaunlösungen , welche die Wärmestrahlen zurückhalten sollten, 
sowie aus Versuchen, bei welchen Bakterien in einem auf 45" C 
eingestellten Brutschrank dem Lichte exponiert wurden, zog er 
den Schlufs , dafs das Absterben der Keime uiclit durch eine 
Temperaturerhöhung, sondern (hircb die Lichtstrahlen verursacht 
werden mufs. In gleichem Sinne sprachen sich auch Du- 
claux('^), J H n o WS ki p*^), Santori (**), Laurent (*°), Büch- 
ner und Chnielewski {^■^] aus, welche bald den Licht- 
strahlen, bald den »photochemischen« Strahlen die bakterizide 
Wirkung zuschrieben. Endlich seien die Arbeiten von Gail- 
lard p) erwähnt, der jeder Strahlenart keimtötende Wirkung, 
dem unzerleerten Lichte jedoch die stärkste Wirkung zuerkennt, 
sowie die Arbeiten von Martinaud [^-) und Koitjar P), die 
eine Schädigung durch Lichtstrahleu sowie durch Wärmewirkuog 
annehmen. 

Aus dem Umstände, dafs Bakterien nicht der bei 
der Bestrahlung ein tretenden Temperaturerhöhung 
erlagen, wurde auf eine Unwirksamkeit der sog. 
> Wärmestrahlenc, d. h. aller jenseits des ultra- 
roten Endes gelegenen langwelligen Strahlen, ge> 
schlössen. 

8* 



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36 tKe \!lnrkang 4m 8onii«DliditM auf pathogetie BaktariMi. 

In einer referierenden Arbeit machte Raum [^^), späi«^ 
Geisler auf die Unrichtigkeit der Meinung aufmerksam, 
nach welcher bestimmten Strahlen auch nur eine bestimmte 
physikaliscbo oder chemische Wirkung ausschüefslich innewohne, 
so dafs einem Strahle nur WärmewirkuDg, einem anderen wieder- 
um nur photochemische Wirkung zukomme. Geifsler betonte 
aarserdem nr)ch den wesentlichen Unteiachied zwischen Leitung^ 
wärme und Wärmestrahlung. 

Bemerkenswert sind die Versuche des letzteren mit berufsten 
Qlasgefäfsen, bei welchen er zeigen konnte, dals Bakterien hinter 
berufsten Glaswänden, wenn aucli langsamer als im weifsen Licht, 
so doch in merklicher Weise durch das Sonnenlicht gesohidigt 
werden, womit zum ersten Male der Nachweis erbracht wurde, 
dafs auch langwellige Strahlen, die jenseits des ultraroten Endes 
des Spektrmns gelegen sind, bakterizide Eigenschaft be- 
sitzen. 

Neuerlich sucht Ward (^) durch Benutzung von reflek- 
tierten Strahlen (mit Spiegeln) im Winter zu beweisen, dab nicht 
die > Wärmestrahlenc , sondern die farbigen und besonders die 
blauvioletten Strahlen bakterizid wirken, übersah aber, dals jede 
Strablengattung, auch die langwelligen, der Reflexion unterliegen. 
Bucbnern,Ledaut-Lebard(M),Dieudonnä(»)^D'Ar8on> 
val et Charrin P), Billings and Peekham H «^d 
Kruse sind durchwegs der Ansieht, da£s die Tioletteu und 
ultravioletten Strahlen die wirksamsten seien, jedoch au<di die 
anderen Strahlenarten — mit Ausnahme der ultraroten 
— in allerdings geringerem Grade bakterientotend wirken. Nach 
Untersuchungen von Beck und Schulze {*') mit den von 
Land olt angegebenen Lichtfiltem sollen die farbigen Sirahlen über- 
haupt unwirksam sein. Ward nimmt nochmals die V^ersuche 
auf und bedient sich dabei eines Glas- und eines Quarzspektro- 
graphen. Das Ergebnis dieser IvKi-eriinente war, dalä im ultra- 
roten, roLeu und gelben Ab.scimiite ktiine AbtOtuiig stattfindet, 
hingegen von Grün bis ins Ultraviolett eine deutlich© bakterizido 
Wirkung nuchweibbar ist. Die Verwendung von Quarz statt 
Glas verfolgte den Zweck, die kurzwelügen Strahlen, für welche 



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Von Dr. Richard Wimner. 



37 



Qiians g^nüber Glas in höherem Grade durchlässig iat, mög- 
lichst angehindert auf die Mikroben einwirken zu lassen. £g 
folgen UOD in stattlicher Reihe Arbeiten, die gröfstenteils ans 
dem Finseninsütut hervorgegangen sind uod mit koosentriertem 
elektrischen, vereinzelt auch Sonnenlichte ausgeführt wurden. 
So die erste Arbeit ßies (^), bei welcher dieser Foracher mittels 
Filtetflttssigkeiten in GlasigefftTsen m dem Resultate kam, dafs 
alle Abschnitte des Spektrums, ausgenommen den ultra* 
roten Teil, bakterisid wirken und zwar mit abnehmender In> 
tensität von Violett nach Rot. Am wizksamsten (96% der Wir- 
kung) sind die »photochemischenc Strahlen. Wie sehr die 
langwelligen Strahlen nnterschätst respektive Leitungswäime und 
Wärmeetralilung noch immer vermengt werden, geht aus einer 
Arbeit Bangs f^) hervor. Dieser sowie auch Bie heben 
hervor, dafs das Lieht der verwendeten Lichtquelle sehr heifis 
ist, und dais daher Kühllinaen mit Wasser, respektive swischen« 
geschaltete Wasserschichten lum Schutze der Bakterien vor allsu- 
grolser Erwärmung angebracht werden mttssen. >Selbstver* 
ständlich — sagt Bang — ist die Wirkung der Wlinnestrahlen 
nicht vollstfindig aufschlössen, wenn die Dicke der Was8e^ 
schiebt nur 25 mm beträgt .... Es sind .... auch nicht 
die Wärmestrahlen als solche, die zu umgehen sind, sondern 
eine zu hohe Temperatur der Kulturflüssigkeiten . . . .< 
5. . . . Wie die Kontrollversuche einstimmig aussagen, leidet 
Prodigiosus keinen sichtbaren Schaden, wenn er einer Temperatur 
von 45'' ausgesetzt wird während so kurzer Zeit, wie meine Ver- 
suche dauerten ; trotzdem wird er bei dieser Temperatur schneller 
vom Licht getötet . , . .« Bang gibt also zu, dufa bei seinen 
Versuchen bei weitem nicht alle Inn^welligon Strahlen ausge- 
schaltet sind, nichtsdestowenipor wird hier sowie nuch in späteren 
Untersuchungen die bakterizide Wirkung Ii s Lichtes lediglich 
auf die kurzwelligen Strahlen bezogen. Bemerkenswert für den 
Nachweis der bakteriziden Wirkung der kurzwelligen Strahlen, 
sowie auch wegen der Eigenart der Versuche sind die Experi- 
mente Strebe] s C'^), der sich bei seinen Versuchen mittels 
eines Funkeniuduktoriums kuizwelUge Strahlen erzeugt, diese 



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SB Die Wiikung de« SonnMiUclitM wt pathogen« fiakterien. 



mit Hilfe von Quarzlinsen sammelt und nuf ^f-itie Uakientin 
konzentriert. Das Licht kann nach seiner Angabe als »kaltes 
Licht« , d. Ii. als ein von laugweihgen Strahlen freies Licht be- 
trachtet werden. Bei Zwischenschaltung von Glas- oder (^uarz- 
platten trat ungleich rasches Absterben der Bakterien ein. Das 
raschere Zugrundegehen hinter Quarz war ein Beweis, dafs die 
vom Glas zurückgehaltenen, also die ultravioletten Strahlen die 
wirksamsten sind. Endlich wurde noch in einer Reihe von Ver- 
suchen (Jansen (12*), ßusck ('2«. i"), Bie O, Bang die 
überlegene Wirkung der ultravioletten Strahlen durch Zwischen- 
schaltung von Quarz- respektive üias})latten zwischen Lichtquelle 
und Bakterien erbracht aud eine desinfizierende Wirkung der 
langwelligen Strahlen ausgeschlossen. 

Aus dieser auf das Allerwichtigste beschränkten Darlegung 
des Forsch ungsganges der uns hier interessierenden Frage geht 
hervor, dafs die bakteriside Kraft der violetten resp. ultravioletten 
Strehlen von Anfang an siemlidi allgemein anerkannt wurde. 
Auch den Strahlen sichtbaren Spektrums wird sumeist eine 
bakterientötende Wirkung sngeschrieben. Die langwelligen, ultra- 
roten Strahlen indessen werden mit ganz vereinzelten Ausnahmen 
durchwegs für unwirksam erklärt 

Dafs in Gefftfsen, die mit Stanniolpapier verklebt oder mit 
Asphaltlack besibridien sind (Finsen), keine AbtOtung stattfindet, 
spricht lediglich dafdr, data die gleichzeitig mit der Strahlung 
eintretende Wftrmeproduktion — natttrlich, wenn diese nicht su 
hoch ansteigt — auf die Bakterien ohne Einflufs ist; jedoch ist 
mit diesen Experimenten' keineswegs bewiesen, dafs .die lang- 
welligen Strahlen bei der Bakterientötung unbeteiligt sind, da ja 
diese Strahlen auf ihrem Wege zu den Mikroorganismen durah 
Medien, die adiaphan und adiatherman sind, au%ehalten, ja sum 
Teile auch reflektiert werden und daher eine direkte Einwirkung 
der Strahlen auf die Bakterien verhindert wird. Diese Ver- 
suche haben also nur bewiesen, dafs die Bakterien den jeweilig 
herrschenden Aufsentemperaturen Stand zu halten vermochten. 
Auf einer besseren jiliysikalisohen (irundlage waren schon jene 
V ersuche basiert, bei welchen eine Waruiesstralileiiwirkung durch 



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Von Dr. mdhwrd WlMoer. 



39 



Filtration des Lichtes mittels Wassers oder konzentrierter Alaun- 
lösungen angestrebt wurde, wenngleich auch hier stets eine Ver- 
mengung von Wärmestrahlung und Leitungswärrae stattfand. 
Unter diesen Versuchen nun finden sich sowohl solche, welche 
für eine Beteiligung der langwelligen Strahlen an der Keimtöiung 
Sprech«!! als auch solche, welche diese Strahlen als unwirksam 
SU erweisen scheinen. Mit Bezug auf derartige Experimente sei 
bemerkt, dafa — vorausgesetzt diese Filterflüssigkeiten sind im- 
stande, langwellige Strahlen vollständig zu absorbieren — solche 
Tvösungen für alle anderen Strahlen des Sonneuspektrums durch- 
lässig oder SU mindest smn Teile durchlftssig sind, daher auch 
bei supponiertem absolutem AasschlaCB der »Wftrmestrahlen« sich 
der Rest des Spdctmms in seiner Wirkong geltend machen mufs. 
Die absolut adiathermane Eigenschaft konsentrierter Alaunlosungen 
aber wird durchaus nicht von allen fiiysikem anerkannt. Nach 
UntersQchungen von Hutchinson (3Ü1. J. 43/526), Bidwell 
(Natura 44J565), sowie Thiele und WoIf8(^^) absorbieiren Alaun- 
lösungen eher weniger von den »Wärmestrahlen« als wie ge- 
wöhnliches Wasser, während Porter (Nature 45/29) wieder durch 
Alaun eine vollständigere Absorption findet, wie durch gewöhn- 
liches Wasser. Aas selbst angestellten Versuchen ging hervor, 
dafs weder durch Wasser noch durch konxentrierte AlaunlOeungen 
eine vollständige Absorption von »Wännestrahlen« stattfindet, 
und dafs AlaunlOsungen langwelHge Strahlen etwas stibrker absor- 
bieren als Wasser. 

Was endlich jene Versuche betrifft, bei welchen Glasbestand- 
teile durch solche aus Quarz ersetst wurden, so mnrs anerkannt 
werden, daTs diese wohl gt eignet sind, die hohe bakterizide 
Wirkung der kurzwelligen Strahlen darzutun, dafs die?e Ex- 
perimente aber nicht injstande waren, die Unwirksauikt Jl der 
langwelligen Strahlen zu beweisen, da Glas in gleicher 
Weise für ultraviolette wie für ultrarote Strahlen 
schlecht durchlässig ist (vgl. Vers. 68). Die einzigen 
Experimente, welche die Bedeutung der langwelligen Strahlen 
einigermafsen dartaten, waren jene von Geisler, der zeigte, dai's 
Bakterien auch hinter berulsteu Glasplatten (welche in hohem 



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40 



Die Wirkans das Soonenlicbte« »of pAthogena Baktorian. 



Grade als dtathennan ansosehen sind, vgl. Vers. 68) ver- 
niobtet werden, veno aoch langsamer als im gesamten weifsen 
Lichte. 

Ein b • i la a f i g e 8 Bild von den AbwrptioiMverbBltalMaii venehiedaiMr 
n&8 hier intoramerandar Subatanaan fOr langwalliga Strahlen möge die nadi- 
fotganda Taballa wiaderg^n (mit Stcafalmigsthamiomalar baadount). 



Taraaek 68. 



warme- 
tiahlimg 


Abwibiezende Sobttanzen 


Wärmo- 
itnthluDK bint. 

BolMtMIMn 

beitfmmt 


Luft- 

tenpentor 


40" 


C 


i 1 

0,9 mm dicke Glasplatte . . 


1 1 

1 32.6 • 


18 • 


42" 


c 


KoDX. Alaunlösung gekühlt') 


21,0« 


19» 


> 




Deatill. Walser, gekühlt >) . . 


r 22,0» 


19» 


> 




DaatilKWaaMr» angakflhlt . 


i »,o* 


!»• 








37,0» 


19» 


> 




i, BttuArta GlaapJatla. . . . 




19* 



Um die Wirksamkeit oder Unwirksamkeit der einzelnen 
Strahlenurten des Sonnenspektrums zu erforschen, hahe ich zwei 
Gruppen von Experimenten angestellt. In der ersten Gruppe 
wurde durch Zerlegung des .sichtbaren Spektrums die Wirkungs- 
weise der einzehieii »farhisren« Strnlileu uiitersuclit , in der 
zweiten Gruppe die \Vi rkun^^sweise der unsichtbaren, voniehm- 
Hch der ultraroten Strahlen. Die Zerlegung des sichtbaren 
Spektrums geschah mittels folgender Fiiterflüasigkeiten iu 0,9 cm 
hoher Schicht: 

1. A m m on i ak a 1 i s c h e Eosinlösung, durchlässig für 
Rot und Spuren von Orange, von a — C^^, 

2. Doppeltchromsaures Kali, durchlässig für Kot, 
Orange, Gelb und Spuren von Grün, von 0—65, 

3. Kupferchlorid mit einigen Tropfen Salzsäure, durch* 
lässig für Grün und Spuren von Qelb und Blau, von 
80—140, 

4. Schwefelsaures Kupferoxydammoniak, durch* 
lässig für Blau und Violett und Sporen von Grün von 
100 bis ins Ultraviolett. 

1) Dia Kflhlung wnida aaiiliah durch Itialaandaa Waaiar vorganonunan. 



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Ycm Dr. ncliard Wiflsner. 



41 



Diese Filtertlüssigkeiten wurden in allseits abgeschlossenen 
planpaiaUelen Glaedosen mit 2,5 mm Glasdicke untergebracht. 
Die Dosen, auf ausgeschnittenen Falzdeckeln von Zinkblech an- 
gekittet, wurden als Deckel auf runde Bleobdosen gestellt, 
innerhalb welcher sich die Bakteiienproben behnden. Bei den 
Paraüelyersuohen mit unzerlegtem weifsen Licht mu&ten die 
Strahlen ebenfalls eine gleiche Olasdose, die in gleicher Schicht 
mit destilliertem Wasser gefOllt war, paasieroa. G^;en die Ver- 
wendung von Filterflflssigkeiten wurde seineneit der Einwand 
erhoben, dals die so gefundenen AbtOtungswerte wegen vaii- 
ierender Intensit&t der so erzeugten Spektralabschnitte nicht 
kommensurabel seien. Wenn man aber bedenkt^ dafs s. B. durch 
das Rotfilter die gleiche Menge von roten Strahlen durchgelassen 
wird, als rote Strahlen im unzerlegten Lichte enthalten sind, wird 
man die Berechtigung zugeben müssen, aus dem Vergleich solcher 
Experimente %vl entscheiden, ob rote Strahlen überhaupt bakteriaid 
wirken und wie grols ihr Anteil bei der AbtOtung von Bakterien 
durch das unserlegte Sonnenlicht ist. Dasselbe gilt nattlrlich 
auch für aUe anderen Farbenfilter im Vergleich mit dem weilsen 
Lichte und etwas Anderes strebten wir ja in unseren Versuchen 
auch nicht an. 

In der zweiten Gruppe von Versuchen (mit >un8ichtbareu« 
Strahlen) habe ich mehrere Verfahren angewendet, und zwar 
zunächst die Filtration von langweUigen Strahlen mit vollstän- 
digem Ausschlufs von Lichtstrahlen und ultravioletten Strahlen 
mittels konzentrierter Lösungen von Jod in Schwefelkohlenstofl, 
welche Substanz nachTyndall schon in wenigen Millimeter hohen 
Schichten bei absoluter Adiaphanio für ultrarote Strahlen in 
hohem Mafse permeabel ist. Diese Lösungen wurden in gleichen 
Glasdoseu untergebraclit wie bei den Farbentiltern Kerners 
habe ich die Versuche von Geisler mit beruDsteu Glasplatten 

1) Da SchwetolkohlenBtoff Bchon bei niedriger Temperatiir verdampft, 

wnrdeu an diesen Glasdosen, Dm ein Zerreifson derselben durch den hohen 
Innendrack zu venudiden, lange, am vorderen Ende in eine feine Spitze 
aaegezogeae ^iMrOhren adaptiert, und diese vor das offene Fenster geleitet, 
tim einerseits ein Entweichen der D&mpfe in die Atmosphäre zo ermöglichen nnd 
aaderaeite die BAi. vor dner sebadUcben Einwixkang dieser Dampfe sa ecbfltven. 



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42 Wirkung des Sonnenlichtes auf pathogene Bakterieo. 



wiederholt, wobei abermals aafser den ultraroten Strahlen alle 
anderen Anteile des Spekirams aasgescblossen waren. Eine weitere 
Reihe von Versuchen wurde mit durch Alaun und Wasser fil> 
triertem Lid^te ausgefflhrt» bei welchen Experimenten das Fehlen 
der teilweise zurQckgehaltenen langwelligen Strahlen sich durch 
eine sehwftchere Sch&digung eventuell bemerkbar machen mufote. 
Im Steinsalz endlich besitsen wir eine dem Quarz korrespondierende 
Substanz, indem dieses neben der Diaphanie noch die Eigen- 
tflmliehkeit hat, langwellige Strahlen in hohem Mafse durch* 
treten zu lassen. Dementsprechend führte ich in einer weiteren 
Versuchsserie vergleichende Experimente mit Quarx, Steinsalz 
und Glas aus. Wilhrend unter Olas bauptsfichlich nur die sichte 
baren Strahlen zur Wirkung gelangen, kommt unter Quarz noch 
ein Plus an kurzwelligen, unter Steinsalz ein Plus an langwelligen 
Strahlen zur Geltung. 

Diese letzteren Versuche waren so eingerichtet, dafs in eine 
rechteckige Blechdose mit Blechdeckel drei Fenster eingesdinitten 
waren, von welchen eines durch eine 5 mm dicke Steinsalzplatte, 
ein zweites durch eine 5 mm dicke Quarzplatte und das dritte 
durch eine gleichdicke Glasj-latte abgeschlossen wurde. Der 
Iniienraum war durch drei Blenden in drei Fäclier geteilt, so 
dafs die Bakterien vor dem Eindringen von Strahlen aus der 
Nebenabteilung gescliüt/A und unter gleicbeu Temperaturverhält« 
oissen gehalten waren. 

Vernoeh 289. 23. Vlil. lÜOÜ. 
StaphylococcuK pyogenes aureu», 2U Stuuden alte Kultur- Vereachsdarck ' 
fllhrnng in der gewöhnlichen Weise. Vennchadaaer Ton VASt-^^ffi Uhr 

neehmittage. 




ammoiitalt'' 



KelmsataleB 

bichroml- 



Kiipfer- 
chloiid 



Schwefel». 
Kupfer» 
oxyd- 



869600 
346500 

m'2 200 
277 200 
218 4ÜÜ 



869 600 
857000 

303 200 
239 400 
156 660 



369600 
882900 

420 0(10 
222 6(J0 



18OS0O l 56700 184400 



369600 
! 441000 

174 COO 

o()0 

3:')7 000 

126000 



Digitized by Google 



Ton Dr. Biehard Wlwner. 



43 



Terameli 299. 1. IX 1906. 
Stapbyiococcus pyogenes «ureus, 16 Stunden alte Kaltur. Venucbadorcb- 
fahrang wie gvwOlmlich. Ezpoiilio&idMi«r von Vil^— Vs8 Ubr aMbmittag«. 



1- 

5 C 
O b 

« c 


U 

bB 

a 


=5 

s 
•? 


Innen- 
temperataren 

II. III. 1 TV. • V. 


M 

c 

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* 
« 


1 

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■? . 'S 
- A •* 

i 

5 S 


r 

Unser- 

■ letrtos 

i welCsea 
1 Liebt 


n. 

Eoiln- 

am- 
woDiak- 
lOiaiif 


ni. 
KaUnm 

bi- 
chxooil- 
eam 


IV 

Kupfer- 
cblorfd 


V 

SchweR-l- 
aaura« 
Kupfer- 

oxyd- 
ani- 
moniak 


e 


47.5 


22,5 36,6 


3»,5 


32,0 31,0 




1,111 


457 >-00 


467 HOCi 


}'.7 HOn 




4 ■■»7 HOO 


1 


52,0 


23,5 42,0 


44,5 


42,042,0 


* 


1,111 


28 560 


420 ÜUO 


42Ü ÜÜU 


•12Ü000 


756 OÜO 


IV, 


52,1 


23,6 44,0 


48,0 


42,0 44,0 


> 


1,125 


69 


420 000,386 400 


420000 


550200 


2 


52,0 


24,0 43,0 


43,0 


42,5 43,0 


> 


1,111 


9 


S81800 


906400 


474600 


449400 


3 


56,5 


26,0,45,0 


4ö,0j43.0;45,0 


» 


1,000 


0 

r 


159600 


1 66700 


166890 


180600 



Die Inoentomperatoien bewegten sieb bei den vorerw&hnten 
Veranchen zum Teile um die optimale Waohstumstemperatur, 
das für das Bakterienleben zulaasige Mazimmn wurde nie über- 
fldiritten. 

Aua den Versuehen entnehmen wir, dafs unter allen Farben- 
filtem ÄbtOtnng eintrat, am raschesten und voUstftttdig^ten alle^ 
dings im weifsen unseilegten Licht Das ist auch nur selbstver* 
st&ndlidi, wenn wir sehen, dafs die Wirkung des Lidhtes sich 
aus der Summe aller Strahlenarten zusainmensetst. Auch unter 
dem nur für Rot durchlässigen Filter tritt eine Ab- 
tOtungund zwar eine ganz bedeutende AbWtung 6in, trotzdem 
der Spektralabschnitt, der durch den Eosin^Ammoniakfilter durch- 
gelassen wird (0 — 65) ein recht schmaler ist Es sind daher 
bei der AbtOtung von Bakterien durch das unzerlegte 
weifse Licht die roten Strahlen nicht nur unwirk- 
sam, sondern diese sind an der G es a uit w irk u ;i g des 
Lichtes sogar in nennenswerter Weise beteiligt. Dafs 
unter Kaliumbichromat die stärkste Abtötung stattfindet, könnt« 
einerseits auf eine gröfsere Wirksamkeit der gelben Strahlen 
zurückgeführt werden oder hängt damit zusammen — und diese 
Annahme möclite ich als die wahrscheinlichere bezeichnen — , 
dafs durch dieses Filter ein umfani^reiclierer Spektralabschnitt 
durchgelassen wird, daher auch eine grÖfsere Summe von Strahlen 
zur Wirkung gelangt. Mit dieser starken Intensitatsabschw&chung 



Digrtized by Google 



44 



Die ^RrkoBC d«« SonneaUditM «nf pAtbogene fiakterieo. 



mag es auch zusamuietihangen, dafs unter einzelnen ! ilteni im 
Anfange der Versuche ein Ansteigen der Keimzahl eintrat, indem 
zunächst die das Wachatum begünstigende Temperaturerhöhung 
(vgl. Abschn. 2) und erst im weiteren Verlaufe der Exposition 
die bakterienzerstörende Wirkung des Lichtes zur Geltung kam. 
lu der Tat lehren auch Versuche, bei welchen als Vehikel für 
die Bakterien sogenannte indifiereute Medien verwendet werden, 
dafo stets von Anfang an eine gleichmäfsige Keimzahlvermin- 
derung stattfindet, sobald die Möglichkeit einer Keimvermehrung 
wegen mangelnder Nahrungssufubr ausgeschaltet wird. Wenn- 
gleich \' ersuchen mit indifforenten Medien keine absolute Verlars- 
Uchkeit beigemessen werden kann, mdge dennoch ein solches 
Experiment hier wiedergegeben werden. 



Tersaeh 146. SS. Vm. 1906. 

Staphjloooeeas pyogenes aoreas. 24 Standen alte Kultur. 

Auf Wasseragar exponiert 



. 2 

Ii 


• S 

H 


k. 
S 

-2 

., a 


Bewölkung 


tu 


w«i&es 
Liebt 


Bofin- 
ammotilak- 

IdSUDg 


bicliroml- 

cum 


Kupfw- 
eUorld 


Öchwelel- 
saures 
Kupfer- 
oxyd- 

•mnoiiiak 




49.2 


26.6 




0,666 , 


365 HjO 


3ÖÖ 400 


365 400 


365 400 


365 400 




49,2 


97,0 




0,666 


4200 


208 700 


! 285600 


898400 861800 




47,8 


27,0 


S, B, 


0,600 


10 


16 800 


78 120 


294000 


294 000 


1 


48,0 


•27.G 


S,B, 


0,416 


6 


12 600 


4 20O 


1'7 300 


42O0O 


2 


44,4 


27,6 


y«B, 


0,212 


0 


6 720 


2100 


16 800 


210UO 


8 


88,1 


27,0 


S,B, 


0,166 


8 


8000 


174 


4200 


18060 



Bei Lichtabschlufs aufbewahrte Kontrollen enthielten nach 
1 Stunde 861800, nach 8 Stunden 298 200 Keime, so dafs der 
bei weitem gröfste Teil der AbtOtung auf die Wirkung der Lichta 
strahlen zurückgeführt werden kann. Eine besondere Überlegenheit 

der blauvioletten (kurzwelligen) Strahlen Über die anderen 

farbigen Strahlen ist weder in den hier mitgeteilten noch in den 

anderen /,;ihheicheii v<»n mir angestellten analogen Experimenten 
•/.u tiiiilen, ja es hat den Anscliein, als wüi<len die stark brech- 
baren Strahlen innerhalb des sichtbaren Spektrums weniger wirk- 
sam sein wie die übrigen farbigen Strahlen 1 



Digitized by Google 



Von Dr. tUehard Wie8ii«r. 



45 



Wie sich die Strahlen des unsichtbaren Spektrums, — ultra- 
rote und ultraviolette Strahlen — verhalten, ist aus den voran« 
geführten Versachen zunächst nicht su erkennen, da diese beiden 
Strahlenarten w^en der Verwendung von Glas zum Teil aus- 
geschlossen waren* Die kräftige, bakterizide Wirkung der ultra- 
violetten Strahlen werde ich nicht besonders zu beweisen brauchen, 
so dafs wir sofort an die Untersuchung der ultraroten Strahlen 
schreiten kOnnen. Zu diesem Zwecke seien hier lanächst die 
Versuche angeführt, bei welchen die Bakterien unter Jod- 
schwefelkofalenatoff'Filtem hinter berafsten Glasplatten, Alaun' und 
Wasserfiltem dem SonnenUchto exponiert wurden. In allen diesen 
F&Uen werden die Bakterien nicht der Geaamiheit der ultraroten 
Strahlen ausgeaetat, da diese Flflsaigkeiten aich in Glaagefftfsen 
befonden duich welche, — wie ich schon mehrbich hervorgehoben 
habe — langwellige Strahlen atark absorbiert werden. Die Ver- 
suche mit JodschwefelkohlenatofiE-Filtem und bemlaton Glaaplatten 
haben aber dennoch groben Wert, da wir nur auf diese Weise 
imstande sind, mit aus dem Sonnenspektrum isolierten langwelligui 
Staüilen zu experimentieren. 

Ea findet alao unter Alaun- resp. Wasserfiltem eineVerzGgcruug 
der Abtfituug der Bakterien statt (Versuch 289/B}. Es müssen 
daher die durch diese Filter zurückgehaltenen Strahlen an der 
bakteridden Wirkung des Lichtea beteiligt sein. Dafs unter Alaun 
eine st&ricere Verzögerung der AbtOtung als unter Wasser statt- 
findet, stimmt vollauf mit den im Versuch 68 mitgeteilten Er- 
fahrungen über die Absorptionsverhältnisse dieser Flüssigkeiten 
überein. Tersnch 289/B. 23. viii. vm. 



St&phylococcus pyogeoeH aureus, 20 8tuuden alta Kultur. 



Ejcjh).s.- 
D«uer 

lo 
Stds. 


Wftmie 
atnhlang 


Luft* 
tMttpftimtttr 


B«wöl- 
kODg 


f ^hem)^<oh« 
1 Llcht- 
itueniltät 


ITnierlegtes 
Ueht 


{15 cm) 

KOD2«Ott. 

AltvnAltar 


(15 cm) 
DesUUieru 
WMwr 


9 


46.0 


22,5 




J 1,111 


369 600 


369600 


969600 




45,5 


'23,0 




1,111 


340 200 






1 


47,3 


23,0 


> 


1,250 


57 960 


348600 


66 260 


1'/, 


49,9 


31,0 


> 


1,250 


1 9 






s 


50,5 


84,3 






64 


69640 


978 


2'/. 


51,t 


24,6 


» 


1 ^'"^ 1 


7 


6800 


0 



Digrtized by Google 



46 Dl« WIrknitg dM Sonnenliehtw auf patbogvne fi«Irtori«ii. 

Ztt Venacli 289/B. 




fir. 4. 



ftmaiA 1. IX. 1906. 

StaphylocoocuB pyogenea aurens, 16 Standen alte Knltar. 
Jod*8chwofelkohlanatoff'FiUer 



Expos.- 
Dauer 

in 
Sttln. 


Wärme- 
■tnblniig 


Laft- 
tempwBtor 


Innen 
t«inperatuT 

JMI- 
8oli««l«1 


BewAl- 
knnt 


Cbemliehc 

I.Icht- 
intCDsiUlt 


1 

< DEcrlegtes 
U«ht 


Jod- 
Scbw«Iel- 
koblwittofr* 
fUtor 


0 


47,6 


22,6 


86,6 ! 


S.B. 


1,111 


467 800 


467800 


1 


52,0 


28,6 


4S,Q 


» 


1»111 


S8&G0 




IV. 


52,1 


23,6 


44,0 


» 


1,196 


69 




2 


52,0 


24,0 


43,0 


> 


1,111 


9 


243 ÖÜO 


3 


65,5 


26,0 


45,0 


> 


1,000 




56 700 




Digitized by Google 



Von Dr. Biehard WiMn«r. 47 



▼mriieh MS. 81. VU. 1906. 

Staphylococcua pyogeneH aureus, '2i Stunden alle Kultur. 

Kuftipiatte. 



Espoi-- 
Owier 
la Sid. 


\Viirrne- 
strabluQg 


Luft- 
teinpeimtor 


Innen- 
temperatur 

tMin 


Bewöl- 
kung 


i:beiulaobe 

Ucbt- 
iBtnilttt 


l'aietlegtas 
Ueht 


Uint«r 
(o,S Dua} 


0 


46,1 


20,6 




S«B, 


1 000 




428 400 


V, 


48,1 


26,0 


41,5 




0,833 


424 200 


470 400 


1 


49^ 


96,1 


41^ 


> 


0,666 ' 


899000 


»6100 


IV. 


48,4 


26,6 


41,0 


> 


0,026 1 


12 600 


155400 


s 


47,1 


27,0 


39,1 


> 


0,500 


4200 


109 200 




45,0 


27,0 


37,0 


> 


0,250 




92 400 


a 


48,1 




36,5 




0,250 . 

1 


^ 208 


67 200 




Die Innentempetatnr der VenucliBkftstcben unter Jod-8cbwefel- 
kohloDstoff-Filtem und berursten Glasplatteo flberstieg in den an* 
gefahrten Versuchen nie die fflr das Leben der Bakterien zu* 
lassige obere Grenze, so dab ein Absterben von Keimen nieht 
etwa auf AblOtung durch Erhitzung bezogen werden kann. Wenn 
dennoch unter diesen Filtern eine bemerkenswerte Keimzahl- 
Verminderung stattfindet, so deutet dies darauf hin, dafs auch 
den langwelligen Strahlen eine bakterizide Wirkung 
innewohnt, ohne dafs diese auf der erwBrmenden 



Digrtized by Google 



4S 



l)ie Wlrkong dm fimmenUehtM «il p«tliog«n« Aftkt«fl«ik. 



Wirkung dieser Strahlen beruht! Berücksichtigen wir- 
die schon hervorgehobene Tatsache der teilweiseii Absorption 
ultraroter Strahlen durch Glas, so können wir schon aus diesen 
Versuchen (bei denen ja stets Glasbehälter verwendet werden 
mufsten) schliefsen, dafs die bakterizide Kraft der infra- 
roten Strahlen eine ganz bedeutende sein dürfte. 

Zam Schlüsse koT^ime ich zur Wiedergabe und Besprechung 
jener Versuchsreihe, bei welcher durch Substitution der Glas- 
platten durch Quarz- resp. Steinsal^platten eine Erweiterung der 
einwirkenden Spektralabschnitte über das rote resp. violette £ude 
stattgefunden hat 



YevMMh tl4. 6. IX. 1906. 
StapbylococcDB pyogenes aarens, 24 Standen alte Kultar. 



Kzpotit.- 
In Stdn. 


Wärme- 
Btrah- 

lUDg 


Isnea» 

temperatar 

VttZSUOll»' 
UUrtBbMl 


Bewöl- 
kuog 


Qiflmiaebe 
la«tnali&t 


Olaa 


Quarz 


SMIbmIb 


0 


46,0 


36,0 




1 

1,000 il 840000 
1,000 1 764400 


S40 000 


biOOUO 




47,0 


34,0 




488000 


468000 


IV. 


60^ 


36,0 


> 


0,Ö26 


697 200 


359 100 


107 10t) 




Heim Zählen hinter Stemsa/z. 

♦» Olas^ 

1 

flg. 7. 



h.i 



Digitized by Copgle 



Von Dr. Richard Wiesner. 49 

TmmA 888. 18 vnr 1906. 

Staphylococcns pyogene« a'iren^^, Stnnden altn Kiiltnr 



Kxposlt.- 
Dauer 

In stdn 


Wärme- 
atrah- 

l'inc 


Luft- 
tempo- 

nst'] r 


Innen- 
tempo- 


Bewöl- 
kung' 


ehem. 
Ltoht- 1 

Inten- 1 

Sl'Kt 


QUm 


Qgan 


Btalnaals 


0 

V, 
<s-Vt«) 


46,5 
46,5 

Stepbyl 


24,0 
34^7 

25,2 
ococcai 


36,0 

d&fi 

38,5 

» pyogn 


> 

> 

»nw AU 


1,000 
0^ 

0,665 

28. VIII 
reos, 20 


2ö3 920 
, 287 640 

312940 

1 

. iyo6. 
Sttuden a 


283 920 
198200 

39400 

Ite Kultur 


283 920 
164640 

7140 


Exposlt.- 

Dsiier 
la Stdn. 


WUnne- 
strab- 
lung 


Luft- 
tempe- 
ratur 


Innen- 
tempe- 
ratur 


Bewöl- 
kung 


Cbem. 1 
Ucht- ' 
inten- 
alUt 


1 




attttoiili 


0 

(1-V«8J 


45,0 
47,8 

51,1 


22,5 
28,0 

24.6 


37,0 
40,0 

43,0 


8,Bo 1,111 
» 1,167 

» 1 1,180 

1 


315000 
1S1800 


369 600 
162120 

165 


369 600 
48800 

957 



Aus dem bedeutend rascheren V'erlauf der Abtötuiig von 
Bakterien hinter Steinsalz als hinter Glas können wir schliefsen, 
dafs den durch das Steinsalz durchtretenden Strahlen eine her- 
vorragende bakterizide Wirkung innewohnt. Aus dem Umstände 
der gleichraachen, ja sogar meist merklich rascheren Abtötnng 
hinter Steinsalz als hinter Quarz kiiniie?i wir weiter deduzieren, 
dafs die ultraroten Strahleu den ultravioletten 
Straiiien au bakterizider Wirkung nicht allein 
gleichstehen, sondern dieselben anscheinend sogar 
übertreffen 

Das Ergebnis aller angeführten Experimente ist also, flafs 
alle Ab. schnitte df>s Sonnenspektrums, sichtbare 
und unsichtbare Strahlen, bakterizide Eigenschaft 
besitzen, diese Kraft jedoch ungleichmäfsig verteilt 
ist, so dafs die maximale Wirkung an die unsioht- 

Arohtr f. Rygicn«. Bd. LXT. 4 



Digrtized by Google 



50 I>i« Wii^nng des Sonnenllohtea Mf pathopittiie Bakterien. 

hären Strahlen gebunden ist, gl e i c }i ir li ! t i <t a}> diese 
jenseits des nltrnrioletten oder ultraroten Endes 
gelegeu sind, ja die langwelligen Strahlen den kurz- 
welligen sogar an desiDf isierender Kraft überlegen 
zu sein scheinen. 



9. YwnudiB mK kfiNttlleh 0rzeu||i0n langwelligen sog. dunklen 

Wärmestrahlen. 

Sind die im vorhergehenden Abschnitt gemachten Beobach- 
tungen richtig, dafs auch die langweliigeu (sog. dunklen Wänne- 
strahlen) keimtötende Kraft besitzen und diese Keimt» »tung nicht 
durch einfache Umsetzung der eingeslrahlleu Wärme in Leitungs- 
wärme und in weiterer Folge durch schädliche Erhitzung statt- 
findet, so niufö 68 auch gelingen einen kdeichen Effekt mit iso- 
lierten langwelligen Strahlen zu erzeugen. Um mir solche 
Strahlen zu verschaffen, bediente ich mich eines im folgenden 
zu schildernden »Wftrmestrabluugsapparates«. 

Anf wnem 8 cm hohen Eieengeitell ruht eine mit Ofeaedtwlne mar 
geleasene qoadrstiMhe Gnüniaenplatte mit tiner Seitenllnge von 80 cm nnd 

einer Dicke von '2,5 cm. TTntorhalb dieser Platte if»t in ents]irechenfler Ent- 
fernung ein liaa- Hoiz.krauz angebracht, dem von zwei leiten da« G;\i* zu- 
geführt wird. Diese Zuleitungsrohro sind nach Art eines Teclubreoner» 
adaptiert» eo dab fttr eine bedeutende Heiskraft der Flimmcben geeoigt ist 
Aul die Gufeeisenplatte ist ein ca. 5 cm hober Aelwrtring mit einem Dardi* 
mepser von 30 cm aiifgenef7-t iind dewnen Innenraum in einer Höhe von ca. 
4 cm mit trockenem füinea Flafasand gefüllt. Diese SandBchicbt hält die 
Wirme der von unten angebeizten Eiaenplatte in hohem Grade zurück und 
bedingt eine ^eichmlMge Vertoilang an Wirme in der Keenplatte. 

Diese geadiilderte Vomehtong i»t in einer Holsldete antergebradit. 

DieHe ist innen allseit« mit einem Doppelmantel TOB Aebeet, der iMi i- 
ieolierende J.aftsc'hirht einHchlierjJt, aupgeschlakren, nm eine 7,ii Rtnrki' Kr- 
wirmung der UokbentHndteile zu vermeiden. In der Mitte des Kistenbodoua 
befindet ridi tin im Dondimeuer 96 em meeiender, kr^mnder AoMchuitt^ 
ttlMT welchem in einer Entfernung von 8 cm die OnTaeieenplatte liegt An 
dem Rand dieaea Ati88chnitteM ist dicht anschliefsend ein Asbestzylinder 
befestigt, der bis an die TTnterfläche der Eipenplatte reicht und derselben 
abermal8 enge anliegt, po dafH also der innenraum der Kiste mit dem daeelbet 



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Von Dr. Ri«hird Wl«sii«r. 



51 



gelegtsnen ileizring uach unten vollkommen abgeeciiloe«6n ist. An den 
Seitenw&aden der Kiste sind mehrfache Laftkan&le angebracht, die su den 
FbrniiiMii des Heisringes fOhfen nnd an ihrer Mftadoiut neeh anfeeB mit 
AHbestblendeD denrt TltaeheD sind, dafa ein Auetreten der sp&rlichen, von 
den Gaaflämmchen auaf^epandten T-tchtHtrahlen nach abwärts verhindert wird. 
Oben ist die Kiste durch einen starken Asbestdeckel verschloMen^ der in 
^ner Bfitto einen Aneeelinill mit etaem Abn^tirofar nun Eatiraifibmi der 
heireen Luft nnd der Terbrannangegeie triigt Dieser ganse Apparat lat in 
der Ht^he veratellbar auf einem Galgen, der auf einem Tischehen (Veraocbs- 
tiachrhen) aufruht, aufgohnn&;t In der Oassaleitnng ist endlich ein Dreiweg- 
stück mit Gasbahn eingescbaltec 

Di« heifse Lah als spenfisch leichtor Btrflmt nach oben ab, 
die von den Oaeflammen auagesandten Strahlen weiden vor dem 
unterhalb des Apparates befindlichen Partien des Versuehsranmes 
abgehalten, so dab nur mehr jener Teil der erhitzten Eisenplatte, 
der Aber der Öffnung des Kistenbodens liegt, langwellige Strahlen 
nach abwirts aussendet. Dadurch rarielte ich eine reine Strahlung 
von parallelen langwelligen Strahlen mit Vermeidung einer even- 
tuellen Nebenwirkung der heifsen Luft, die ja, wie erwlhnt 
physikalischen Gesetzen folgend, nach oben entweicht. Durch 
Regulierang der Gaszufuhr mittels des Gashalmes, sowie durch 
Variation der Entfernung der strahlenden Fläche des Ai>j)nrates von 
den darunter befindlichen \'er.such.sobjekten kann die Strahlungs- 
intensität nach Belieben variiert werden. 

Der Apparat ist in einem als Dunkelkammer adaptierten 
Kaum aufgestellt, in welchem mittels lichtempfindlichen Papiers 
das Fehlen von photochemischen Strahlen, sowie mittels eines 
Baiiumplatincyanürechirmes das Fehlen ultravioletter Strahlen 
nachgewiesen wurde. 

Die Versuche wurden analog wie jene im Sonnenlicht aus^ 
geführt Die Lufttemperaturen wurden stets unterhalb dea 
Apparates bestimmt. Parallel mit den Bestrahlungsversnchen 
stellte ich stets KontroUversuche an, indem ich gleichbeschaffene 
Bakterienproben vor Lidit gesehütst in Wärmeschränken auf- 
bewahrte, deren Innentemperatur jener am Strahlungsthermometer 
abgelesenen Wärmestrahlung entsprach. 

4* 



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58 Die Wirkang des SomimiliclitMt vnt pathogene fiakleilMi. 

YersaDli 19. 1906. 



StaphylooowttB pyogeoet «grent. 9i Stondwa «He Knltur. 



ExpotdtioDs- 


W&rme- 
•timbluos 


5 

Luft- 

Mmpmtoi 


Kcimi 


cablen 

B. 

EoBtroU-BnittaiKBMr 
n* C 


Stande 
1 > 
l>/s StuadMi 

i > 

8 » 


38,8 
38,2 
88,6 
88,0 
88,8 
89,0 

1 


29,0 
28,0 
28,5 

88.4 , 

28.5 ' 

28,6 

1 


1808000 
«56 000 
912 000 
160000 
136 000 
spirliclwt 

. 21. V. 1906. 


1808000 
1440000 

OD 
OD 



^latili vlfiCi ■( ('IIS JA''! i;^^t'iu'ft iiiireiiH, "24 Stunilnr; ,ilic isiiltn 



BXpOiltlOIIS- 

diktier 


Wim»- 


I.uft- 


1 Kelmstbl«« 

A. 1 ». 

:;-.'■(' 


9 




27.2 


562 UUO 


562 000 


Stand« 


88,0 


27.6 


496000 




1 > 


88,0 


27^ 


298000 


646000 


2 Stnndra 


37,8 


27,5 


288 000 


728000 


> 


38,6 


27,5 


80 000 


CC 


4 


38,2 


27,5 


> 16 000 


00 



/ 




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Von Dr. Richard Wiesner. 53 

T«nmhaao. 22. ¥. 190& 
StaphylucoccuB pyogenes aareas, 24 Standen alte Kalior. 





1 




Tnapeimtnr 


Kalmsablan 


Kxpoaitiona- 


W&rme- 


Luft- 


des 


vntMr dvn 


Im 


d*a«r 


■tnhluas 


t«mperitui 


W&nne- i 








sehfankM 


gtyaWumiapiiMat 


WlitoMduaini 


e 


41,0 


28,5 


42,0 


62U UtX) 


Ö20 000 


'/} Stunde 


41,0 


28,5 


41,2 1 


36Ü400 




1 > 


49.9 


99,0 


41^ 


1C8O0O 


480000 


1'/« 8tti]id«n 


49^ 


29,0 


41,5 ' 


94 000 




2 , 


42,fi 


29,2 


41.5 




680 000 


8 > 


42,0 


29,2 


42,0 1 


8000 


00 


4 > 


41.8 


29,2 


42/) j 


180 


00 



Die Temperaturen waren m daa beiden ereten Vereuoben 
so gewftblt, dafe sie das Temperatoroptinium nicht Aber 
sohritten, im dritten Falle, dal^ sie die ffir das Bakterienleben 
snlässige Temperatnr nicht überschritten. Wenn Gnnni 
BQSck(^) gdegentlich si^ » . . . . data es ja von vornherein 
selbstTerstftndlichistt dafs die Wannestrablen — wenn deren Inten* 
sität gentigeiid grofs ist — bei sukzessiver Erwärmung eines 
Mediums, in welchem sich die Bakterien befinden, diese ver- 
niditen können, ebenso wie es derLeitungswftrme möglich ist«, 
so kann dieser Einwand für die vorliegenden Experimente nicht 
erhoben werden. Denn ein Körper kann im besten Falle nnr 
so viel Leitungswfiime, auch nach stundenlanger Einwirkung, 
annehmen als ihm von der Wftrmequelle eingestrahlt wird. 
Wenn sich daher die Einstrahlung, wie in unseren Versuchen, 
um die optimale Wachstumstemperatur bewegt und dennoch Ab- 
tötung stattfindet, so kann diese Schädigung der Bakterien nicht 
auf die Wirkung von in I>eilungswämie umgesetzte Wärme- 
strahlung bezogen werden, sondern inuls als eine den lang- 
weUigeu Strahlen innewohnende spezifische Wirkung auf Mikroben 
augesehen werden, die eben mit der Schädigung durch einfache 
Temperaturerhöhung nichts gemein hat. 

Mit solchen künsUich erzeugten langwelligen Strahlen habe 
ich nahesu alle im Sonnenlicht angestellten Versuche wieder- 



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54 1)1« Wirknng d«a Sonmnlichtoa auf pathogene Bakterien. 

holt und durchwogg Tollatändig übereinstimmende Hesuitate et- 
halten. 

Somit erachte ich die Tatsache, dafs auch den 
langwelligen Strahlen über das ultrarote Ende hinaus 
eine bedeutende bakterizide Wirkung innewohnt, 
fflr ▼ollstftndig bewiesen. 

10. Einflur» der begleitenden üifttenperatur. 

Wiederholt begegnen wir der Beobachtung, daft die Ab- 
tOtung von Bakterien durch das Licht bei höherer Lufttemperatur 
rascher eintritt als bei niedriger Temperatur. So berichtot 
Kra8e(*<*) von einem Versuche, bei welchem Milzbrandsporen 
au&llend rasch zugrunde gingen. Die Lufttemperatur wfihrend 
dieses Versuches betrug 65* C. Dies versnlatste Kruse Sporen 
derselben Kultur in einen vor Licht geschätzten Raum zu 
bringen, dessen Innentemperatur ebenfalls 66* C betrug. Erst 
nach dreiwöchentlichem Aufenthalt daselbst war ein beginnen- 
des Absterben der Sporen zu konstatieren. Dieses Experiment, 
mit Bac. typhi wiederholt, ergab ein fthnliches Reoultat, so dafs 
Kruse zu dem Schluls gelangte, dab diese rasche AbtOtung 
bei Belichtung nicht dun^ die Einwirkung von Wftrmestrahlen 
▼erursadit werden konnte, wohl aber die desinfizierende Kraft 
der Sonne mit steigmder Temperatur zunimmt. Gleidie Be- 
obachtungen sind in einer bereits früher erschienenen Arbeit von 
Santori(-^) wiedergegeben. Auch M artin au d(*-) macht bei 
seinen Versuchen mit Saccharomyzeten die gleiche Erfahrung. 
Dieudonn^C") hingegen hält die jeweilig herrscliende Tem- 
peratur bei Beliclitungsversucheu für Itelatiglos. In neuerer 
Zeit beschäftigte sich Bang('^*) eingehender mit dieser Frage. 
Er exjterimentierte mit konzentriertem elektrischen Licht (Finsen 
lampej und hielt seine Bakterien während der Bestrahlung unter 
beliebigen Teinyieraturen, indem er die feuchten Kammern mit 
den Bakterieiiproben in einem von ihm konstruierten gefenster- 
ten, mit Wasser gefüllten Kasten unterbrapltte und so der Sti ahlea- 
wirkung ex|H)nierte. dal's zwischen Lichtquelle und \'ersnrh.s- 
objekt eine Wasserschicbt eingeschaltet war. Das Ergebiii:^ 



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Von Dr. Bidianl Wieaner. 



&5 



seiner Versuche war, dafs Baet prodigiosum bei 45° rascher 
als bei 80^ bei 35° rascher als» bei 16 — 18" getötet wurde. 

Bedenken wir, dafs der höheren Aiifsentemperatur im 
allgemeinen eine bedeutendere Wärmeeinstrahlung entspricht, so 
ist es zunächst nach unsern Erfahrungen über die Wirkung lai^- 
welliger Strahlen nur natürlich, dafa die bakterizide Wirkung 
des Lichtes bei höherer Lufttemperatur infolge höherer StiahlongB- 
iniensität eiue intensivere sein mufs. Es fragt sich nur, ob 
dieser Effekt einzig mit der gesteigerten Strahlungsenergie (der 
langwelligen Strahlen) zusammenhängt) oder ob auch die be- 
gleitende Lufttemperatur die Strahlenwirkung zu unterstützen 
resp. SU hemmen vermag. Die angeführten Versuche Bangs 
sind zur exakten Lösung der Frage insofern nicht einwand- 
frei, als die zwischen Lichtquelle mid Bestrahlungsobjekt ein- 
geschalteten Wasserschichten mit varrüerender Temperatur eine 
grOfsere oder geringere Absorption von langwelligen Strahlen 
auf ihrem Wege 2U den Bakterien bedingten. 

Um diem Ungenauigkeit in der Veraacbsanordnung zu uingebeo, legte 
ich meine Bakt<.'rien auf den Bo lpn von doppelvvandigen Blechkästchen, die, als 
feuchte Kammern adaptiert, oben durch einen dünnwandigen Glasdeckel ab- 
geachloMen wurden und durch Durchleiten von kaltem resp. erwärmten 
Wmmt aaf beltebig« T)»mp«ratar«ii gebmebt worden. Der Zutritt de» Uehtfls 
zu den Bakterien war auf diese Weise (mit Aurischlurs den ( Hasdeckels) ein un- 
gehinderter. Durch Verprleich paralleHauff^r; !pr Vfr'^^r.i '^J^' unter tior im Vf>r- 
suchsraum herrschenden undder willkdrlicb uiitgeteilten Temperatur bei absolut 
Kleicher StrahlnngiiiiitMiiitil tollte der EinflnA der begleitenden Aofsen- 
tempentor anf die bakterialde Wirkung der Sonnenetrahlen beobaebtet 
werden. 

Die Versuche mit Erniedrigung der umgebenden Tcmijeratnr wurden 
im Sonnenlicht und unter dem Wärmestrahlungsapparai, die Versuche mit 
erbebter Aabentempemtor hingegen in der Dankelkenuner unter dem 
Slrftblnnguppemt dnidkgeftthrt, welch letztere Vereudiedarchf Abrang den 

grofsen Vorteil hatte, dafs Strablunpswilrme utid Lufttemperatur nach Belieben 
variiert werden konnte und diese Werte eich während des gansea Versuches 

konstant hielten. 

Ebenso wie en gelingt, durch Erniedrigung der begleitenden 
Temperatur (\'er.-ucli _^64) die Wirkung; des Lichle.s auf Bakterien 
&\i mildern, wird andererseit.s bei relativ niederer Sttanluugs- 
intensität die bakterizide Kraft durch Erhöhung der umgebenden 
Lufttemperatur gesteigert (Versuch 203). 



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56 



Die Wirkang dM BonnmiUditeB auf piUbogene Bakterien. 



TciMCh 9M. 91, m 1906. 
8tiH!»h7loeoeciw pyogenee Mveqa, S4 Standen all. 



■spot.- 

1>ft»«r 

In SMi 



Wttnne- 



BewSUcong 



du 
Lieht. 

ititeiisittit 



Innentemperator 
gek üblt 



1! Q- 



uu- 
gekablt 



Keimsftblen 

Cekfiblt 



0 


4e,i 






48,1 




1 


49,5 




IV. 


48,4 




2 


47,1 


» 




45,0 


> 


8 


48,1 





1.000 
0.888 

U,5üÜ 
0,500 
0,260 
0,860 



40,0 

43,0 
43,0 
42,5 
40,0 
88,5 



14,0 
14,6 

13,7 

13,5 
13,5 

iBfi 

18,6 



4S8400 
888500 

222 GOO 
50 400 
43 
0 
0 



438400 

428400 
424 200 
412 860 
378000 
268800 
976696 




Der nachfolgend mitgeteilte Versaeh wurde in der Dunkel* 
kammer mit langwelligen isolierten »danklen Wftrmestrahlen« 
ausgeführt. Die Temperaturerhöhung der umgebenden 
Luft überstieg nie die optimale Wachstumstemperatur, die Inten* 
sität der Wirmeetrahlung war eine sehr geringe und betrug 
80» C. 



Yenaeh 208. 21. IV. 1906. 

8taj>hylococcaB pynpenps aureus, 21 Stun-leu altf Kultur 



RxpMit.- 

Dauer 
in ötdu. 


Wurme- 
st nblnog 


i l-uft- 
tempantur 


1 

iemp.- 


K*lm 

bei 

Lutttemperatur 


nblen 

bei 'l'oinfH'rHtiir- 


0 

V, 
1 

:\ 

3V, 


30,0 
30.0 
30,0 
30,0 

30,0 

ao.0 


22,0 
22,0 
22,2 
22.5 
23,0 
28,0 


37,5 
37,0 
37,0 
87,6 
87,5 
37,6 


.344 400 

250 710 

. löo cm 
165 4U0 
120 MO 
III 720 


344 400 
110 040 
U2 400 
84000 
61 740 
91840 



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Von Dr. Biehwd Wietiiw. 



57 



Zu Versacb 208. 

33« *oo _^ — KiimzihlmliLufHempfrtifur fp? V 



i 'HT th. all. ih. äl*? 

rff. 10. 

Nach diesen Versuchen ist es unzweifelhaft, dals die je- 
weilig herrschende Lufttemperatur für die bakte- 
rizide Strahlenwirkung von grofser Bedeutung ist, 
claein and dieselbe Strabiungsintensitftt beiErhöhung 
der umgebenden Temperatur kräftigere, bei Ernie- 
drigang eine abgescbw&cbte Wirkung auf die Idikro- 
Organismen ausübt. 

In der Natur wird dieser Faktor sicberliob eine gzofiM Bolle 
spielen, da z. B. bei bedecktem Himmel (Dunst) infolge ge- 
lunderter Ausstrählung der Erdoberflfiche höbe Lufttemperaturen 
bei gleichzeitig relativ geringer direkterStrahInng bestehen kOnnen 
und unter solchen Umständen » trotz der geringeren Strahlungs- 
Intensität, dennoch eine bedeutende Bakt^rientOtung stattfinden 
wird. Auch in einer anderen Richtung wird sich der Einfluls 
der die Bakterien umgebenden Temperatur geltend machen, in- 
dem die Unterlage, auf welcher die Bakterien aufliegen, für die 
Abtütungsgeecbwindigkeit mafegebend sein wird. Durch wechselnde 
Absorption der Wärme von Seiten verschiedener Substanzen wird 
den Bakterien bald eine grO&ere bald eine geringere Menge von 
Leitungswäime zugeführt und dadurch eine Steigerung resp. Ver» 
minderung der bakteriziden Wirkung der Sonnenstrahlen ver- 
anlafst. Überdies werden unter Umständen Bakterien, die in 
der Luft frei schweben, weniger stark vom Lichte angegriffen 
werden als Bakterien, die am erwärmten Boden, StrafsenpHaster 
etc. aufliegen! 

Um diese VerhAltnisse im Veraache nachsuahmen, verfuhr ich in der 
WdM, daüi Ich BaktarieopzobeB auf Agarwilrfela eineneits in woam Ktat* 
eben mit aehwaiMm Bod«ii', aoderseit« aal dftniiem Deek^tadMii mitteta 

Klammern frei in der Lnft gehalt<'n, der Einwirkung la n gwe 1 1 i g e r Strahlen 
exponierte. Bei diesen Versuchen wurde die Tischplatte des unterhalb des 




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58 Wirkaog dM 8oiinenli€ht«B «nf ptthotese Bttkt«ri«ii. 



Strablongsapparates befindlichen VeranchatiacbcbeDS entfernt and unterhalb 
dieam ein KObel mit kaltem Wasser «nfgeetollt; um nadi iUltllcIikat eine 
Rellexioii der Strahlen von unten auf die frei ezpenierton Bakterien an ver- 
meiden. 

Während bei dem enteren Ezpniment darch die schwane 
Unterlage der grorsere Teil der W&rmestrahlen absorbiert und 
in LeitungBwänne nrngesetet wird, weiden im «weiten Falle nur 
geringe Mengen absorbiert und in Leitungswärme umgeformt 



TeiaMhli?. 6. n. 1906. 
Stephyleeooeue pjogenee anrens» 84 Stunden alte Knltur. 

I'ni'ik rll;:iir-.m er, W;lnii ps'rr.lil n n L'^a [ ■[ i;i r;it 



KxiHWit.- 

In Stdn. 


Warme- 
titrahlung 


Innen- 

In (loin 
Versuchs 
käittcheu 


1 1 

r.uft- 

l«,':ii[>t;ruiui 


1 K«1iiinh1«i 

Bakterien j lUiktnieii in 
Ilm Ver?«») fh 'Icr Inft (rei 


e 


39,0 




_ 1 


279 720 


279 720 


V4 


88^ 


25,5 


19,0 


155 400 


176140 


V, 


88^6 




18,6 1 


apKrlieb 


97440 


1 88,0 


33,5 


19,0 


e 


86 520 


2 


H9,1 




19,5 


i e 


85100 


a 


41,0 


36,0 


20,1 


1 " 


33600 




Vig. IL 



Daüi der Untersehied in der Keimsablvenninderong erst 
naeh einiger 2!eit (in dem obigen Versoch nach Stunde) 
stärker hervortritt, ist selbstverständlich und ericlärt sieh aus der 
erst während des Versuches fortschreitenden Erwärmung der 
dunklen Unterlage. 

Diese Versuche, durchgeführt mit laugwelligen Strahlen in 
der Dunkelkainuier, können auch auf das Souneulicht übertragen 



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Von Dr. Richard Wicsuer. 



59 



werden und zeigeo, dals die Art der Verteilung der Bak- 
terien in der Natar, ob frei schwebend oder einer 
Onterlage aufliegend, fflr die Vern|chtang derselben 
dnrch das Sonnenlicht von grofser Bedeutung ist» 
indem unter diesen Terschiedenen Umstftnden auch die die Bak- 
terien umgebende und denselben mitgeteilte variierende Tempe- 
ratur die AbtOtung der Keime durch das Sonnenlicht bald be- 
schleunigen bald venOgem wird. 

II. IntermlttlereiNle BMtraliluiig. 

Bei allen bis jetst mitgeteilten Versuchen sahen wir, dafs 
die AbtOtung der Bakterien durch das Licht selbst bei sehr 
hohen Intensitäten nicht sofort, sondern erst nach und nach 
eintritt. Diese Tatsache, wie auch die Frage, ob die liehtwir- 
kung mit dem Aussetzen der Bestrahlung sofort sistiert oder 
aber noch einige Zeit (induzierend) weiterwirkt, haben neben 
theoretischem Interesse auch piaküsebe Bedeutung, da es nicht 
gleichgültig ist, ob in der Natur das Licht Qber die Zeit der Be- 
strahlung hinaus oder nur während der Bestrahlungsdauer auf 
die Bakterien wirkt, und ob es ferner möglich ist, dals zeitlich 
aufeinanderfolgende Bestrahlungen, die durch längere oder kürzere 
Beschattung getrennt sind, sich summieren und die gleiche des- 
infizierende Wirkung ausüben wie eine gleichlan^e aber konti- 
nuierliche und gleichinteusive Belichtung. Aufser den Mit- 
teilungen Bies (^'*) über intermittierende Bestrahlung, nach 
welchen die Gesamtwirkung der Summe der einzelnen Bestrah- 
lungsintervallen entspricht, fehlen in der Literatur diesbezügliche 
Angaben. 

Bei diesen ersuchen waren aber die einzelnen Intervalle so 
breit gewählt, dafs das Vorhandensein oder l^'elileu einer induzie- 
renden Wirkung des Lichtes nicht gefällt werden kann. 

Im nachfolgenden wollen wir untersuchen, ob : 

1. mit dem Moment der Bestrahlung auch die bakterizide 
Wirkung des Lichtes einsetzt, ob 

2. diese Wirkung auch nach Aussetzen der Bestrahlung 
einige Zeit fortdauert (Induktion), und ob sich 



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60 



Die Wirkung doa SrnmeiiliehtM auf ptthogmie Bakterien. 



3. die Wirkungen zeitlich getrennter Bestrahlungen derart 
sunimieren , dafs die Summe der Einzelwirkungen dem 
Effekt einer gleichlange dauernden, aber kontinuierlichen 
gleichstarken Bestrahlung entspricht? 
Zar Klärung dieser Fragen mufsten intennittierende Be< 
Strahlungen mit verschieden langen Bestrablungs- respektive Be- 
gohatluxigsintenraUen durchgeführt werden. 

Ich bediente mich daxa eli;t h Kotationsapparate», der am einer runden 
üxen Blerhtrnmmel mit gut aiT^oiil efHc nripm, rotierenden) Deckel und einem 
Uhrwerk bestellt, durch weiches der I)eckel in Bewegung geaetzt wird. Dnroh 
(aal da« IThrwerk) aufsetzbare Flflgel> sowie doroh answecbselbare Tran»' 
migaionarilder mit versohieden groJaeo DarehmeHeni kann die Botatione» 
gescb windigkeit nach Belieben variiert werden. In dem rotierenden Deckel 
befinden sich vier gleichgrofse , runde AüBHchnitte, die von gleichbreiten 
Blechstreifen getrennt sind, so dafa bei Kotation dieser Scheibe ein darunter 
beflndlkdiM Objekt eich gleidilange Zeit unter etnem Blecbeektor und gleich- 
lange Zeit unter dnem Anaiohnitt befindet. 

Neben den Experimenten mit dem Eotationaappaiat stellte ich 
nochVereache an, bei welchen die Bakterien kürzere Zeit, als die 
Abt5tang8zeit erfahrungsgemäfs beträgt, bestrahlt, sodann gleich- 
lange im Dunkeln aufbewahrt wurden, um diesen Wechsel von 

Bestrahlung und Beschattung noch mehrmals zu wiederholen. 
Die unten angefuiirten Versuche sind so gruppiert, dafs m der 
Rubrik »Intermittierende Bestrahlungi, z. H. bei einer »ein- 
stüudigeu Expositionsdauer* nur die Bestralüungsintervalle, nicht 
aber Beschattungsiutervalle eingerechnet sind, so dafs in diesem 
Beispiele die wahre Versuchsdauer nicht eine, sondern zwei 
Stunden betragen würde. 



Teisaek 296. Sl. VIII. 1906. 

Staphylococnis pyopenen aureus, 16 Stunden alte Knltnr. 
Intenniäaionszeit = 0,12 Sekunden. 



KxpOBil.- 
Daoer 
In Stdn. 


Wina«- 


Luft- 
tentpontur 


BewOlkUDg 


f 

(.'bemiBche ' 

Lioht- 
tutouluit 


Keimzahlen 
kontiiiiK^H 1 Intennitttat. 
Hestrahlung 


e 


44,0 


•21.5 


84 B. 


1,111 


470 400 i 


470 400 


V. 


45,ti 


21,8 


> 


1,000 


348 600 1 


338100 


1 


47,5 


22,0 




1,2&0 , 


2ÜO0O ! 




2 


61,0 


23.0 


» 


Uli i 


1 » i 


15 



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Von Dr. ^chard Wiesner. 



Vemch 276. 8. 1906. 
Stophylococcua jiyogenes aureus, 20 Stunden alte Kaltnr. 
lutermisaioQSKeit = 0,25 Sekunden. 



Kxposit • 
Daaar 
In 8tdD. 


W«me> 


Lnft- 
tompmrtui 




Clioiuisrhe 

Uoht- 
Intemltftt 


; Keimzahlen 
i k«ntlna!«rl. | Intermitttor. 
BMtrahluag 


e 

V. 
1 

1'/, 

8 


42,0 

44,0 
47,0 
48^ 


24,0 
24.6 
25,0 , 
26.8 
86^ 


S«B„ 
K B, 
84 Bj 
S.B. 

S«B. 


1,000 
0,909 • 

0,833 
Ü,83a 


386400 

353 640 
31.Ö (JOO 
42 000 
18 


386400 

352 800 
323000 
54 600 



T«naeh 271. 5. VUI. IdOG. 
8tephylo«o«eM pyogenee samw, SO Standen «Ite Knitnr. 



I n t e r m i H s i I j n ? 7. e i ; - - 1 



k u n d t' 



Kxposit.- 
Üauer 

in Stdn. 


Wärme- 
itnhlun^ 


l.uft- 
tem|>6r»tur 


Be«<tlkiiiis 


t'bemlitcbo 

Uebt- 

intonsltat 


1 

. Keimxahleo 
! kontiatdwL | latenalM«:. 
BwtnUoBi 


9 


47,0 


26,6 


S.B, 


0,700 


- 4UÜUO0 


400 000 


V» 


39,0 


26,5 


So Bio 


0,333 . 


320000 


308 000 


1 


44»0 


26,2 




1.000 1 


875800 


886000 




47,1 


27,0 


S« Bo 


0,768 , 


182 400 


198000 


8 


48^ 


87^ 


84 


0^ 1 


82O0O 






«^HtimuMmiei kvitkmSeher . 

— »« t> Hikmä Hn mßer t* Btsinhkjnis-u. 

BeschaHunisieifen eingezeichnet 
»» '* inftrmifhrtnd. ße^n^ni^nur die 

dtaMOantatihii tinfutkkneK 



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Ö2 IHe Wirkung d«s 8onn«iilicht«a anf pathogen« B»kteri«n. 

Versuch 93. VlU. 1906. 



Staphylococcua pyogeneH aureus, 5 Standen alte Kultur. 
Intermisaionazeit = 4 Sek u ade d. 



Expos. - 
I>»ueJ- 
In Sldn. 


Wftrme- 
•Imhlung 


Lnft. 

temperatnr 


Bewölkung 


II 

Chemische 1 KelmitahleTi 

Licht* koDiinaieä. 1 IntenaitUex. 
intaiuttlt ' ntMOmig 


» 


47,5 






0,768 


[ 

348 600 


r>4S GOO 




48.0 


35,0 


» 


0,666 


22() r,(X) 




V. 


47,0 


26,0 


t 


0,526 , 


1 168 840 


180 OOU 


1 


46^ 


26,0 


» 


0,870 


186000 


mooo 


8 


44^0 


S6,0 




0,897 


ft880 





TciSMh S7</]l. &VnL1906. 
StiphyloooccuB pyogen«« «nreus, 20 Stunden nlle Knitnr. 

Intermiseionszei t — 15 Minuten. 



KxposU.- 
Daoer 

In Stdn. 


Winne* 
•trshlanff 


tempemtur 



BvwSllning 

[ * 


rbfmfKcbe 

JJcht- 
InleiiKltitt 


koDtlnuM. 1 JntennittlOT. 

R«itnüiluug 


8 


42,0 


24,0 




1,000 


; 386400 


386 400 


V. 


46,6 


24,6 


S,B, 


0,909 


j 368660 


867000 


l 


44,0 


25.0 


S, IJ, 


0,83.-J 


315 000 


823 000 


IV. 


47,0 


25,5 


S, Ji, 


0,833 


42 000 


34000 






26,5 


84 B. 




12 





Allen diesen Versuchen können wir eninebmen, dafs, bei 
intermittierender Bestrahlung, der Effekt gleich ist der Snmme der 
einzelnen Bestrahluugszeiten. Versuche mit sehr kurzen Bestrah- 
lungsintervallen (0,12 Sekunden) lehren uns, dafs die Wirkung 
mit dem Moment der Bestrahlung einsetzt und mit 
dem Eintritt der B e s c Ii a 1 1 j n g a u i ii u r t. Dieses momentane 
Einsetzen der bakteri/.iden \\ H kungdes Sonneulichte.s geht so weit, 
dafs ich selbst bei Intermissionen von hundert stel Öekun« 
den die gleichen Resultate erhielt! Ebenso ersieht man aus 
den Versuchen mit i)reiteren Intervallen (1 — 4 Sekunden), dafs 
die Wirkung mit dem Moment der Beschattung aussetzt. So- 
nach besteht keine induzierende Wirkung, und wir können sagen, 
dafs die bakterizide Wirkung des Sonnenlichtes sich 
aus der Summe unendlich kleiner Eiuzelwirkuugen 



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Von Dr. lUohard WiMnw. 



6a 



zusammenaetat, wns wobl darauf hinweist, dafs die Sonnen^ 
desinfektion in einer direkt auf den Bokterienleib gerichteten 
Einflufanahme beruht I 

Aus den \' ersuchen mit breiteren Intervallen {^f^ Stunde) 
geht hervor, dafs die durch das Licht gesetzte Schädigung auch 
nach dem Aussetzen der Bestrahlung bestehen bleibt, d. h. die 
Bakterien nicht imstande sind, sich wfthiend grOfserer Ruhe- 
pausen derart zu erholen, dab das Lieht bei neuerlicher Ein* 
Wirkung die Schädigung der Bakterienseile von neuem beginnen 
müfstei 

Diese Tatsache hat für die VorgSnge in der Natur eine 
groise Bedeutung» da es bei Bewölkung und starker Luft- 
bewegung oft XU analogen Verhältnissen kommen wird, wie sie 
unsere Versuche nachahmten. 

12. Die chemische Leistungsfähigkeit bestrahlter Bakterien. 

Inwieweit die Einwirkung des Sonnenlichtes die Bakterien 
in den für sie charakteristischen chemischen Leistungen beein- 
fluTst^ Ist mit Ausnahme der Pigmenthildung recht stiefmtttier- 
lieb erforscht worden. Während in Untersuchungen von Gail* 
lard Laurent («>), Ohmelews ky Roltjarn, Dieu- 
donnöe (^')» Kruse C^) u. a. auf die Abscbwächung respektive 
den Verlust des Pigmentbilduugs Vermögens chromogener Bak- 
terien unter liohteinwirkung hingewiesen wird, finden sich nur 
bei Chmelewsky {^'^} und Dieudonn^e P) Angaben fiber 
den Einflufs des Lichtes auf das Peptonisierungsvermögen, bzw. 
die Trimethylarainbildung durch Bakterien. Diese Autoren 
beobachteten eine dem Tode vorausgehende Abnahme und 
VerlungsaiuLing der Gelatineverflüssigung durch Bakterien, 
sowie auch eine Abnahme respektive ein vollständiges Aus- 
bleiben der Trimethylaminbildung. Ausgehend von der Er- 
fahrung, dafs bei Belichtung stets eine Keim Verminderung statt- 
findet, war der Gedanke von vornherein nicht von der Hand zu 
weisen, dafs die Unterschiede rein quantitativer Natur und von 
den in diesen Experimenten grölseren oder kieiueren Mengen 



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64 



Dfe Wirkvng des Sonnenliebtaa auf pathogen« Bakterien. 



überlebender Keime abhängig seien. Dementsprecheud führte ich 
bei meinen Versuchen parallel mit der Prüfung der Schwefel* 
wasflerstofEbildung, Gelatine veiflüssiguug, Vergftrung und Trime- 
thylaminbildung Keirazählungen durch, um eben zu ergründen, 
ob nicht die eventuellen Schwankungen dieser chemischen Vor- 
ginge etwa in einem gewisaen Verhftltnia sur Keimabnahme 
Btdieat 

T«nA80». 6.ZL1M6. 

SOetündige Kaltaren von Bact. coli, Bsct. typhi, Staphylococcaa pyogenes 
aareas. VersachsdnrchfQhrung in der gewöbnlicben Wei«? mit Agarwürfeln, 
welche tarn Teil in die verschiedenen Nährmedien (Bouilloo, üelatine. Zacker- 
agar) Tenenk^ sam Teil an AgarguTsplatten verarbeitefc werden. 





•! 

« 


u 

9 


Bewölkung 


Chemische 
Llcht- 


Bac. typhi >) 

Schwefel- 
Keim- wasBeretoff- 
blldung 


StapbylocoeciU | 
pyogenea 

„ , Gelatine-, 
K«™- verÜüsslJ 
gang ! 


Baet. coli oomm. 

K«lm' 1 V«r- 
mlil samng 




37,1 


24,5 


8.B,«) 


0^ 


2100000 


aehr Stark 


606400 


6. IX. 0 

7. LX.t 


2500000 


Kehr 
äturk 




43,1 


24,5 


> 


0,714 


756000 


do. 






1092000 


do. 


1 


45,6 


25,0 




0,71^ 


327600 


do. 


147 000 


6. IX- t, 
7.IX.t 


040 000 


do. 


IV. 


44.1 


26,0 




0.768 


6040 


do. 


6720 


7. IX. t 


600000 


deat- 


2 147^ 

1 




• 


6. IX. e 

7. IX. 
9240 


6. IX. 0 i 
7. IX. ' 
stark : 


6. IX. 0 
9. IX. 
1 eptrlieh 


6. IX.» 
7.IX.t 






2'/, 


fiO,0 


26,0 


» 


1000 




— 1 6. IX. 0 

9. IX. 
^1 aparUch 

— ; 6. IX. 0 

9. IX. 
1 spärlich 


6. IX. 0 

io.ix.t, 


splrlichat 

1 


vereln- 
xeltts 
Q«a- 

blaaea 


3 


50,1 


27,0 


> 


0,833 




6. IX.» 

io.ix.t 


1 





Obwohl m dem Verauefae mit Typhusbasillen eine ediebliche 
Keimverminderang (^/^ig) stattgefunden hat, trat dennoch in allen 
Proben eine gleichrasche und kräftige Bildung Ton Schwefel- 
wasserstoff ein. In dem Versuch mit zweistündiger Bestrahlung 

blieb am ersten Tag Waclistum und natürlich auch Schwefel- 
wasserstoftbildung aus, erst uai zweiten Tage trat gleichzeitig mit 
dem Waclistuijj euie deutliche Schwärzung des ßleiazeuiLpapiers 

1) t bedeatet VerflOaaignng. 2) Dnnat. 



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Von Dr. Ittciitrd Wleai«r. 



65 



ein. Dasselbe war üei der Gelutineveriiussigung durch btaphylo- 
kokkus und der Zuckervergärnng durch Kolibazillen zu be- 
obachten; besonders deutlich trat in dem letzten Falle der Zu- 
sammenhang von chemischer l^eistung und Keimzahl zutage. 
Endlicli orgahon auch Versuche mit Bact. prodigiosum hiosicht- 
liob der Trimethylamhibildung ein analoges Resultat. 

Wenngleich ich aus äufseren Umständen verhindert war, 
eingehendere Erfahrungen über die Einwirkung des Sonnen- 
lichtes anf die Pigmentbildung chromogener Bakterien su 
sammeln, so möchte ich dennoch mit einigen Worten aoi diese 
Frage zurückkommen. 

Bei Bact. prodigiosum war wohl fast immer im Verlaufe 
der Versuche eine Verlaogsamung, Schwächung oder ein Verlust 
der Pigmentbildung zu konstatieren. Bei Abkühlung der Kul- 
turen wSbrend der Bestrahlung fiel es auf, dafs die Farbstoff- 
bildung in viel geringerem Grade alteriert wurde. Bei Versuchen 
mit Staphylococcus pyog. aureus trat hingegen fast immer eine 
deutliche, vielleicht mitunter eine etwas verlangsamte Pigment- 
bildung ein. Es scheint demnach bei den einzelnen chromogenen 
Bakterien ein grofser Unterschied besflglich der Resistenz des 
ParbstoffloildungsvermOgens gegenüber dem Sonnenlichte xu be- 
stehen, woftbr auch die Beobachtungen Pro v es (^) sprechen, der 
zeigte, dafs bei Micrococeus ochroleucus nur unter der Einwir- 
kung des Sonnenlichtes eine Pigmentbildung stattfindet. Auf- 
fallig ist, dafs jene Bakterien, welche im Sonnenlicht ihr Pigment 
verliMen, dasselbe auch bei Brutofentemperatur einbülton, 
wahrend jene Arten, die in geringerem Grade oder gar nicht in 
der Farbstoffbildutig durch das Sonnenlicht geschädigt werden, 
auch bei Bruttemperatur Pigmeat bilden! 

Sehen wir von der eben berührtm Frage ab, so scheint die 
ehemische Leistungsfähigkeit der Bakterienzellen 
erst mit der vollständigen Zerstörung der letzteren 
durch das Sonnenlicht zu sehwinden und eine eventuelle 
Verzögerung oder Abschwächung der diemischen Leistungen 
lediglich auf die durch die Belichtung verursachte Keimzahl Ver- 
minderung /.urückzuf (ihren zu sein. 



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66 Di« Viricung des Soomnliehfea aol pathogen« Bakterien. 

13. Wird die Virulom pathogener Keime durch das Sonneniicht 

beeinflultt? 

Nach den UntenuchuDgen von Arloing PS Gail- 
lard (»), Santori Chmeleveky n und Migneco f») 
gebt der Abtötong der Bakterienzelien darch das Sonnenlicht 
eine Virulensabsehwftohung vorana. Faleimo P*) behauptet 
sogar, daCi CholeraTibrionen bereits nach 3—4 atündiger Bestrah- 
lung für Meerschweinchen aviralent waren, wfthrend ihre Keim- 
sahl selbst nach 6--7 stOndiger Bestrahlung nnyerindert blieb! 
Pansini hingegen berichtet, dafo das Sonnenlieht auf die 
Viralem von Milzbrandsporen nur von untergeordnetem Sn> 
flufs sei und nach Momont soll die Virulens von Anthrax' 
bazillen bis sur Vernichtung ihrer Lebensfähigkeit durch das 
Licht erhalten bleiben. Eine Verminderung der Virulenz patho- 
gener Keime ist — wie Kruse (^) meint — »nach allen unseren 
Erfahrangen von vornherein zu vermuten, denn jedes die Bäk- 
teiienzeUe schädigende Moment scheint deren infektiöse Eigen- 
schaften abzuschw&chen. Man mufs hier vorübergehende oder 
»individuelle c Abschwlchung von der dauerhaften oder »verefb- 
baren« unterscheiden. Während nun Kruse eine Verminderung 
der »individuellen € Virulenz pathogener Keime durcli das 
Sonnenlicht annimmt, kommt er auf Grund von Experimenten 
mit Milzinands})oren zu dem Schlüsse, dafs eine >vererbbarec 
Virulenzabschwächnng dvnch das Licht nicht l)esteht. 

So bestechend auch die Ansicht einer (individuellen) Virulenz- 
verminderung durch die schädigende Wirkung des Sonnenlichtes 
zu sein scheint, müssen wir uns doch die Tatsache vor Augen 
halten, dals bei einer Reihe von Bakterien die Krzeugung einer 
intektion an ein gewisses Minimmn des iufektir)sen Materials ge- 
bunden ist, so dafs nicht allein die Qualität in bezug auf Viru- 
lenz, sondern auch die Quantität der Mikroben für das Zustande- 
konniH'ii einer bakteriellen Erkrankung mafsgebeud ist. Es liegt 
dalier die VernnUinig nahe, dafs bei den oben augeführten 
Versuchen eine Verwechslung in dem Sinne stattfand, dafs die 
negativ verlaufenden Tierimpfungen mit belichtetem Keim- 
material nicht auf einer Virulensabschwäcbung, sondern mög- 



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Von Dr. lUdiard WlMdMnv 



67 



licberweifle auf der bei Belichtung unzweifelhaft eintretenden 
Keimsablverminderung beruhen. Die gleichen Bedenk«! finden 
sich auch im »Handbuch der pathogenen MikroorgamameB« 
durch Wassermann auQgeaprocben, Versuche, die diese gewiA 
nicht unwichtige Frage der »individuellen c Viruleniabecliwftohung 
Uftien BoUten, dnd indes nicht angeatellt worden. 

Um die yon Waaeermann und mir eben angeführte Über- 
legung auf ihre Stichhaltigkeit an prtlfeu, ging loh in folgender 
Weise tot. Von einer BouillfHiaufachweminuQg, welche in einer 
Doeia von >/, com eine Maue innerhalb 12 Standen tfttet, warde 
ein Teil im Eiekaaten aufbewahrt, der andere Teil in einer 
Petriachale in dünner Schiebt ausgegossen und dem Soonenliobte 
exponiert Nach%, l^ti 3VaStttndiger Beatiahlung wurden 
von dieser Aufschwemmung M&use intrapeiitoneal geimpft, und 
swar stets ein Tier mit ^j^ com dieser bestrahlten AuischwenutiuBg 
(Tier A) und ein Tier mit so viel Aufsobwemmnngsmateriali als 
erfabrongsgernftTs notwendig war, um dem Tiere eine der ur- 
sprünglichen Stammaufsehwemmung entsprechende Keimmenge 
einzuverleiben (Tier B). Gleichartig wurden von der gleichm 
Suspension nach den einzelnen Beetrahlungszeiten Agargufs- 
platten angefertigt und natditrftglioh durch Zflhlunf die ver- 
impften Keimmengeu kontrolliert Diesen Keimmengcii ent- 
sprechend wurden sodann von der im Eiskasten aufbewahrten 
Aufschwemmung Verdünnungen angefertigt und von diesen Je 
^/a ccm einer Maua injiziert ( KoiuroUtiere := K). 

Yenaeh 312. 5. IX. 1906. 

Bar. pneumuaiae FrieUl. 20 StuodeD nli« Kultur. 



•'S' , te B 
2— 83 S " 

^1^1. I 



9 

% 




I 

87,1'2«,.^S,TIV) 0,600 im 000 



47, ü 2ß,ü| 



60,o' 26,<l| 



1,000 
0.7W 
1.000 



coia| 1 ecm j»/) ocuij 2 



nsMo 

078 000 
604 



Tlvr n 



A. 



H. 



1t« m n Kofatiotttiit (E) 



A. 

I 

eoatilooiB 



t7.1X 
achte. 



ocbu 



t» IX. 

;nchtf». 

I 



to-li. 

nebtt. 



lebi. 



H. I A. I B 
8 «em ' i cciti " 



10. 
l<ihU 



nehto 



t7.1X, 

WlUBi 



lushta. 



1) Ii«ichter Daast 



5» 



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68 



Die Wirkang des Soiui«nK«ht«B mf pftthogen« fiaktortm. 



Bei diesem Versuche erhielt Tier I/A die Hälfte der ur- 
sprttDghchen eiog^ten Keimmenge, Tier I/B die gleiche Menge 
wie in der Staminaufschwemmung injiziert. Versuchstier I/B 
und das konespondierende Kontrolltier K/A gingen innerhalb 
Ton 18 Stunden sugrande, wftbrend Veranohstier I/A and daa 
entsprediande KontroUtiw K/B mit einer 24 stflndigen Verspätung 
eingingen. Ebenso stirbt auch daa Veisuobstier II/B (mit £r- 
gftnsnng der Keimmengen) entsprechend dem Kontrolltier K/A 
innerhalb der ersten 12 Stunden, wahrend Versuchstier II/A sa- 
nftehat gesund bleibt, ebenso wie Kontrolltier K/O. Beide Tiere 
seigen amsweitenTag nach derbnpfungSymptomeVon Erkrankung 
und gehen endlich gleichzeitig in der Nacht des vierten Tages 
ein. Die Versuchstiere III/A*B bleiben yon Anfang an reaktiona- 
los und befinden sich auch nach sweimonatlicfaer Beobachtung 
am Leben, sie hätten ja ca. 1000 ccm injiziert bekommen 
mdssenl Es findet also durch die Einwirkung des 
Sonnenlichtes auf Friedländerbaaillua keine Ab* 
Schwächung der »indi viduellenc Virulenz statt, so 
dafs ein sTentneller uegativer Impfyersuch mit be* 
lichtetem Keimmaterial lediglich auf eine Keim- 
zahWermind erung zurückzuführen ist. 

Ob fliese mit Friedlfinderba/illus gemachten Erfahiuugtn 
auch für Miizl raii(]l>azillen usw. Anwendung finden, bei welchen 
die eingebrachte Keimzahl für die Erzeugung einer Infektion ohne 
oder von untergeordneter Bedeutung sein soll, entzieht sich heute 
uoch meiner Beurteilung. 

Zum Schlüsse erwähne ich noch, dafs die Sektion 'ler ein- 
gegangenen Tiere den für Friedländerinfektion charakteri!-u?-i lien 
Befund ergab, und dafs in allen Fällen Keinkulturen dieses 
Bazillus nachgewiesen werden konnten. 

14. Die Resistenz verschiedener Bakteriengruppen gegenüber 

dem Sonnenlicht 

Da uns die s'ariierende Resistenz verschiedener Bakterien- 
gruppen j^genüber den mannigfachsten Schädigungen bekannt ist, 
war es von vornherein anxunehmen, dafs die verschiedenen Bakterien* 



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Von Dr. Riotiard WieaiMr. 



69 



arten auch eine verschiedene Resistens gQ|^nüber dem Sonnen- 
lichte beaiUen dürften. Bereits Down s und B 1 u n t (^) machten 
aufmerksam, dals die Wirkung des Lichtes auf Bakterien (Spalt- 
pilze) heftiger sei als uiif die ȟbrigen mikroskopischen Pilze, 
welohe mit Fäulnis und Zersetzung einheigehenc. In «iner Zu- 
sammenstellong frttheror Arbeiten macht uns Bie mit den 
im Laufe der Zeit gewcmnoien Erhhrangen Über das Verhalten 
Yon SproHi' und Schimmelpilzen gegenüber dem Lichte bekannt, 
nach welchen wohl einzelne Arten in ihrer Lebenaeneigle durch 
das licht geach&digt werden, der grOlsere Teil dieser Mikroben 
jedoch unbeeinfluiat bleibt oder aber die Entwicklung derselben 
sogar vom Lichte in günstigem Sinne beeinflulat werden kann. 
Nach den eigenen Untersuchungen Bies werden bei genügend 
starker Lichtintensität (konzentriertes Bogenlicht) auch S|mk>B8- 
und Schimmelpilze durch das Licht abgetütet, jedoch in viel 
geringerem MaTse als z.B. Bact. prodigioaum. Auch sollen nach 
diesem Forscher die pigmentierten Arten, wie Torula, Clado- 
sporium, Aspergillus niger gegen Bestrahlung resistenter sein als 
unpigmentierte, wie Saccharomyces und Monilia. Bs ist daher 
begreiflich, dafs sich schon bald das Hauptinteresse auf die 
Spaltpilze konzentrierte. Aus der stattlichen Reihe von Upter^ 
Buchungen über die Widerstandskraft verschiedener Bakterien» 
arten seien hier nur diejenigen berücksichtigt, bei welchen ver- 
gleichende Studien gemacht wurden. Bekannt dürfte es sein, 
dafs in den achtziger und lauu/Jger Jahren de?- vorigen Jahr- 
hundorts ein heftiger Streit herrachte, ob Sporen resistenter seien 
als Vegetationsformen, in welchem sich zahlreiche Vertreter der 
Ansicht fanden, die für eine geringere Resistenz der Sporen 
gegenüber den vegetativen Formen eintraten. Diese Meinungs- 
verschiedenheit wurde u. a. von Mo nion t {^^) und Schreiber P), 
in neuerer Zeit nochmals vou J anse u ('-^) endgültig dahin ent- 
schieden, dafs — wie ja vorauszusetzen war — die Sporen, ob 
feucht oder eingetrocknet, dem Lichte gegenüber resistenter sind 
als die Vegetationsformen. Be'züglich jener Bakterien, die keine 
Dauerformen bilden, wurde zunächtst von Duclaux i"^) be- 
hauptet, dafs die Kokken rascher der Lichteinwirkuug erliegen 



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70 



Die Wirkung des BoniwntiehtM aal p«Uiog«iM Bakterien 



als die Ba/,!l]e[i, l'^ntgegen dieser, wohl vereuizulten äuniiiiafischeii 
Gegenübersteiiuug vou Kokkeu und Bazillen berichtet Chme- 
lew8ky(^), dafs Staphylococcus pyogenes am resistentesten sei, 
und sodann in absteigender Linie Bac. j votyaneus, Strepto- 
coccus erysipelatos und pyogeues folgen. Auch Kruse (^) be- 
seichnet den Staphylococcus als den widerstandsfähigsten der 
untersuchten Spaltpilze und l&fst dieaem mit abnehmender 
Resistenzfähigkeit Bac. typhi« Vibrio oholerae und Bac. anthraois 
lolgen. Nach den Angaben von Larsen (^*^) wären Bac. coli, 
Bae. typhi, und Staphylococcus citreus von gleicher fiesietenx, 
dann sollen Bact. prodigiosum« Staphylocoecus pyog. ftoreus und 
albus folgen und endlich Bac. pyooyaneps und Bac. cyanogenes. 
Endlich eei noch Bang (^) erwähnt, der Tuberkelbaallen und 
Stapliyloeooeas pyogfnes gleichreustent gagenttber dem Liohto 
(Finsenlampe) fand. Volle Übeceinatimmang henaeht also auch 
in dieaef Frag* niebt 

Dafs Dauerformen dem Lichte gegenüber wirksameren Wider- 
stand leisten als die dazugehörigen vegetativen Formen, ist durch 
die oben erwähnten Arbeiten erwiesen. Orientiprende \'rrsuehe in 
dieser Richtung hulicn auch mich zu dein gleichen iiesuliate geführt. 
Wa.s die Widerstandskraft der Sprofs- und Hchimmelpilze anbe- 
langt, so ist es natürlich, dafs diese alle einer so konzentrierten 
Bestraiiiung wie die von Bie verwendete endlich erliegen müssen, 
einer Bestrah hing, der überhaupt keine organische Substanz 
widerstehen kann. Diese Experimente können daher keine .An- 
wendung für das Sonnenlicht finden, vielmehr werden für diese 
Pilzgrappen die älteren Angaben Geltung behalten. Wir werden 
uns daher auf die Untersuchung der uns speziell interesBierenden 
Spaltpilze beachrttnken kOnnen. 

Ala eratae Experiment führe ioh einen Vfficauch mit Sar- 
•ina lutea und Staphylocoocua pyog. aureua an. 



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Von Dr. Ridianl Wi«tB«r. 



71 



Tersnch 306. 4. IX. 1906. 
1^ Standen alte Kultarea. 



BxpOKit.- 
Dnuer 
in Sidn. 




Liift> 
tanpemtiir 


1 1 

B«wdikuDg 


1 n 

nuMnische KolmiÄhlen 

Uobt- Staphylo- guoliit 

InteoHttt <"^<'<^"'' intM 
i' pyog. »XU, ■ 


e 

V, 
1 

IV, 
9 

2'/. 
3 


34.9 

33.0 
37,0 
41,0 
60.0 
51,5 
53/) 


34,0 

24,0 
24,0 
24,5 
S6,3 

26,0 

21S> 


8,B.') 
» 

S.B. 
> 
> 
» 


0438 

0,200 
0,2n() 
0,833 

1411 1 

1.250 

1.000 1 


r 

1 868300 

260 400 
277-200 
243 600 
89060 
20 

e 


10 500 

11 760 
18CH>0 
13 020 
17290 
15 960 

isoao 



Im einleitenden Kapitel sagte ich, dafs die bakteriaide 
Wirkung des Sonnenlichta vornehmlich auf tiersaprophy tische 
resp. tierpathogene Arten gerichtet ist, während die anderen 
Spaltpilze, welche wir gewöhnlich als »Luf (keime c bezeichnen, 
zum gröJsoren Teile dem Soiinenlichte wirksuinen Widerstnnd 
zu leisten vermögen. Diese Ansicht wird durch den obigeu 
Versuch bestätigt, da die Sarcinen in unserem Heispiel nicht 
allein an Zahl unvermindert blieben, sondern sogar eine Ver- 
mehrung derselben stattfand. 2) Nicht alle Si)altpilze aber, die 
aufserhalh des tierischen Organismus leben, werden ein gleiches 
Verhalten gegenüber dem Sonnenlichte aufweisen, 80 z. B. Bact. 
prodigiosiim und einzelne Wasserbakterien. 

In der folgenden Tabelle sind zur besseren Übersicht die 
Resultate in Prozenten der abgestorbenen Keime wiedergegeben. 



Yersach 2H, i9. VIII. 1906. 
16 Stunden «Ite Xalturen. 



Kx).- 
Dauer 

In 
SMln. 


Wärme- 
strnb 


Lull- 
te U1I)«>- 

rtktur 


Bewöl- 
kung 


1 

Cbemlieli« 

Llchi- 
ioteusiuit 


9me. poen. 

nionlac 
Frlodl 

■ 


Staphylo- 

coccus 
pyog. aur. 


Baet. coli 


Bac. ^ht 


V, 


39,0 


24,0 


S,B,') 


0,600 1 






12.6 •/• 


49,4% 


1 


38,0 


24,0 




0,333 




9.1 , 


25.3 , 


82,2 > 


2 


82,0 


24,0 


> 


0,250 


40.0 . 


49.7 . 


69,1 . 


97,1 > 




26^ 


24,0 


• 


0,125 f 


46,3 > 


56,7 . 


78.0. 


98,7 » 



1) Dunst. 

2) vgl. Nachtrag. 



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72 ^^^3 Wirkuug Ues Sonnenlichtes auf patbogene Bakterien. 



Die Resistenzunterschiede dieser untenuchten Bazilieu sind 
ganz bedeateude. Die höchste Resistenz £and ich stets bei 
FriedländerbasiUus, die oftwhat in einem Schate dieser Bakterien 
durch die sie umgebende Schleinihüllen begründet ist. 

In den folgenden Experimenten mit Diplo* und Streptokokken eowie 

Dtphtherlebazillen konnte daa Eeimmaterial wegen der schlechten, anaeruben 
WachstumBmöglichkeit nicht zu Gafsplatten verarbeitet werden, so dals auch 
Keimzahlbestimmangen bei dieser Serie von Experimenten nicht vorge- 
nommen werden konnten. Die Weite bedeaten daher die fiberlebenden 
KeunOi 



ywmASIl. 5. IX. 1906. 
20 Standen alte Kalturen. 



Kxpos.* 

Dauer 

uStda. 


W&rme- 
•tnih- 
lung 


Luft- 

tempp- 

miur 


Bewöl- 
kuBir 


Cbem. 
Uobt- 
int«Dii- 

tflt 


Staphyld- 

COCCIU) 

pyog. aur 


Strepto- 
coccus 
pyogenes 


nipio- 

coccus 
pneu- 

mODiM 


Bao. 

dipbÜiMtaM 


e 


37,1 


24.5 




0,500 


806 400 


sehr üppig 


8ehr flpplg 


sehr üppig 




48,2 


24,5 


» •) 


0,714 




sehr gut 


spärlichst 


spärlicb 




45,0 


25,0 


• 0 


1,000 




gut 


spärlichst 




1 


45,5 


25.0 




0,714 


140700 


mittelgut 


Hpttrlichst 


spärlichst 




43,2 


25,0 




0,833 


— 


0 


H 




1'/. 


44,1 


26,0 




0,768 


15120 


0 


0 


0 




47,6 


27,0 




1,000 




• 


0 




2 


47.5 


26,0 




l,f>00 


Hpirltdiet 


l 


0 


0 


2' = 


50,0 


26,0 




1,000 








• 


3 


50,1 


27.0 




0,833 


0 


0 


0 


0 



Streptococcus pyog. ist etwas resistenter als Diplococcus 
Pneumonie, sehr grofs ist jedoch der Unterschied nicht. Diesen 
an Widerstandskraft naheatohond erwies sich der Diplitherie- 
bazillus. Nach \'^ersuchen mit Cboleravibrioneu, bei wilclien ich 
zu keinon exakten HesiillHien gelangte, scheinen diese — soweit 
die Versuche verwertbar sind — ebeiitalls eine recht geringe 
Widerstandsfähigkeit gegen Licht zu besitzen, ungefähr so wie 
Dipb theriebazi Heil . 

Resümieren wir die Ergebnisse dieser Versuche, 6o können 
wir sagen, dal's unter den Pilzen in erster Linie die Spaltpilze 
durch das Licht nachteilig beeinliur.st u trden fPaden- und Sprofs- 
pil/,e entweder gar keine oder nur eine gennggradige »Schädigung 

1) Dunst. 



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Von Dr. Richard Wieaner. 



73 



erfahren (Sacduromyxeteo) oder endlich sogar dureh daa Ldcht 
in einsehien Lebensfanktionen unteratfltsl werden). Unter den 
Spaltpilzen wieder werden vorsüglich die im taeiiaehen Orgaois* 
muB lebenden Saprophyten und Parasiten vom Sonnenlichte an> 
gegriffen, die in der Natur frei yorkommenden Angehörigen 
dieser Klasse bleiben zum grOfseren Teile durch das Licht nn- 
beeinflnfoi 

Unter den tierpathogenen Bakterien bestehen bei den yer- 
schiedenen Arten Besistenzunterschiede, so dafii die hier nnter- 
snchten Bakterien nach ihrem (abnehmenden) Besistenzgrad 
gegenüber dem Sonnenlicht in folgende Ordnung gebracht 
werden können: 

liacillns pneumoniae Friedl. 

Staphylococeus pyog. aureas. 

Bac. coli commune. 

Bac. typhi abdominalis. 

Bac. diphtheriae. 

Vibrio cholerae asiat. 

Streptococcus pyogenes. 

Diplococcus pneumonittö Kränkel-Weicliselbaum. 

15. Die bakterizide MfirkimB dos getamtwi Tagesliohtes, 
direkten Sonnenliebtos und dHRiten Tagotlicbtet. 

Schon Dowtis und ßluutf) machten in ihrer eisten Tub- 
liication darauf aufnierksnni, rhifs gleichwie dem direktea Sonuen- 
lichte auch dem diffusen Tageslichte bakterizide Wirkung innewohnt, 
das ditfuse Liebt jedoch dem ersteren an Wirksamkeit weit 
zurücksteht. Was in dieser Arbeit sowie auch in den Arbeiten 
von i*a n s i 11 i H uc h n ».•ri'"), l\ruse('''^) und I) i e u d o n n e(^-") 
als Wirkung des »direkten iSonnenlichtes« ausgegeben wurde, 
dürfte jedoch durchwegs- nicht diesem zukommen, da die be- 
treffenden Versuche, nicht wie iirtündich angegeben, im direk- 
ten Sonnenlichte, sondern vielmehr im gesamten Tages- 
lichte ausgeführt wurden, die Bakterien daher der Summe von 
direkten Sonnenstrahlen und diffus refielctierten Strahlen (zer- 



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74 Wirkung des SonnenUditeB aof pakhogane Bakterien. 

streutes Licht) exponiert wurden t Wenn u. a. Kruse berichtet, 
dafs dem diffusen Tageslicht eine nicht unbeträchtliche auti- 
bakterielle Kraft innewohne, so mufs dementsprechend auch die 
bakterizide Wirkung des gesamten Tageslichtes eine andere sein 
als die des direkten Sonnenlichtes. Es besteht nur die Frage, 
ob die relativ geringe bakterizide Kraft des difitusen Tageslichtes 
gegenüber der bedeutenden desinfizierenden Kraft des direkten 
Sonnenlichtea im gesamten Tageslicht eine nennenswerte Steige- 
rung der Wirkung hervoixnrufen imstande ist? 

Um diese Frage wa eatmsheiden, habe iefa folgenden Weg eingeschlagen : 
In drei als feuchte Kammern adaptierten rnnden Bebftltern mit <^!fipiie -kein 
Hind in der gewöhnlichen Weise angefertigte Rakterienproben untergebracht. 
Einer dieser Beh&lter ist an einem nacli Nordost gelegenen (offenen) Fenster 
aafgeetellt, ao dab die Bakterien wahrend der gansea Bzpoiitionsieit 
(ß—b Uhr nachm.) auBnabmalos von zerstrealem lidite getroffen werden. Der 
zweite BehAiter ist an dem pepp" f^as Zimmer tu gelegpnen Ende einen 1 m 
langen Tabus mit einem Durchmesser von 12 cm eingeschoben. Dieser 
Tabus ist um eine vertikale und horisontale Adkse, drehbar inr Sonne, steta 
ao eingaateUt, dab die direkten Smiienatrafaten in denaalben eindringen 
and senkrecht avf die im Behttlter befindlichen Bakterien einfallen. Durch 
diese Anorduni);» erreichte ich bei niftglichster Abbiendung der reflektierten 
Strahlen die Einwirkung von isolierten direkten äonnenstrablen auf 
die Keime. Dar dritte BehJUtaf endlich wird am glelcfaea Orte frei mit 
aeakieehtar j^natallnng anm Einfall der direkt«» Smnenatrahlen aofgeatellt^ 
so daf» die Bakterien in diesem Behälter der Einwirkung des direkten 
Sonnenlichtes und diffusen Tagealicbtea, alao dem gesamten TagesUcbte ex- 
poniert werden. 

Versuch 2r>S. 22. VII. 1906. 



StaphylococcuB pyugenee aureus, 20 stunden alte Kultur. Ezpoaitiousaeit 
3—6 Uhr nachmittags. Zahl der Keime za Beginn des Verauchea s 680997. 



K-vpos - 
Dauer 
tDStdn. 


Wliriiir- 

strah- 
IttDK 


I,uf. 
rattir 


_„ 

B«wfil- 


cbem. 
Uebt- 


OhemiBcbe 
[ntcneiutt 1 

tl) Unsen 
TitgeaitcbtB ^ 


Znblen d»r abg«atorbeueu 
Keime 


knng 


Infer;Fi- 
uit 


diffuses 
TagMllcbt 


d i r e k l e s 
Sonnenlicht 


gesamtes 
Tagesllcbi 


II 


49,0 


•J3,5 


1 

8 B 


1.250 


0,166 










4H,0 


24,0 


> 


1,250 


0,111 


6 400 


.■'.(> -ji«) 


65(>0O 


V, 


47,6 


Ü,0 


> 


1411 


t),142 


22 400 


1^4 4U0 


222 400 


1 


47^ 


26/2 


•S.U. 


1,250 


0,112 1 


110400 


290400 


942400 


IV, 


47^ 


24.8 


» 


0,909 


0.U1 ; 

0,100 1 


102400 


&«480O 


614400 


2 


45^ 


24,7 


> 


0,600 


182400 


690261 1 680897 



1) des gesamten Tagealichte«. 



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Von Dr. Richard Wiesner. 



75 



Während der Expositionsdaucr von 2 Stunden war das diffuse 
Tageslicht bei einer ohemisohea Intensität von J=:0,100 — 0,ltS6 
imataDde, von 630400 ansgeiiiten Keimen 182400 Keime abzu- 
töten, ein Effekt der immerhin nicht au vemachlftasigen iat Im 
gesamten Tageslicht sind stets mehr Keime abgestorben als im 
direkten SonnenUofat, es wohnt somit dem eiateren eine höhere 
bukteriaide Kraft inne. Weiters können wir an dem mitgeteilten 
Beispiel die Tatsache verfolgen, dafs die bakterizide Wirkung 
des gesamten Tageslichtes aus der Summe der Wirkungen des 
direkten Sonnenlichtes und des diffusen TagesliditM zusammen- 
gesetzt ist. Als eklatantestes Beisiiiel wfihle ich die Werte nach 
einer eiustöndigen Ehcpositionsdauer. 

Im direkten Sonnenlicht sind 230 400 Keime abgestorbeu, 
im diJIusen Tageslicht 110 400 

das sind 340 800 Keime gegentlber 
342400 Keimen im gesamten TageAoht 

Somit können wir sagen» dafs die kräftigste Wirkung 
dem gesamten Tageslicht zukommt und dieses dem 
direkten Sonnenlicht an Wirksamkeit um den durch 
das zerstreute Tageslicht bedingten Effekt über- 
legen ist. 

In der Natur werden sich auch diese V'erhältuisse unter 
Umständen geltend machen können, da bei geringerer direkter 
Strahlung [z. B. bei Dunst) aber reichlichem zerstreuten Licht 
eine erheblichere Keimabtötunfj stattfinden wird, als man auf 
Grund der herrschenden direkten Btrahlung vermuten würde. 

16. UchtintensitM und AbtötunatQMCliwiiuUgktit 

Bei der Besprechung der Lichtiutensitätsmessungen habe 
ich bereits auf die oft enorm wechselnden Angaben der einzel 
uen Autoren bezüglich der Abtötungszeiten des Sonnenlichtes 
aufmerksam gemacht, welch' let/-tere zwischen ^/^ Stunde 
(Pansini) und 40 Tagen (Duclauz) schwankten. Aus der 



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76 



Die Wirkong des Sonnenliehtes tof pmthogene Bakterien. 



stets wiederkehrenden Variation der Versuchsmetbodik sowie aus 
den verschiedensten zn diesen Experimenten verwendeten Bak- 
terienarten, werden diese divergenten Angaben schon zum Teile 
zu erklfiien sein. Von hervorragender Bedeutung aber ist die 
jeweilig wechselnde Lichtintensitftt, der die MÜcroben bei diesen 
Experimenten exponiert worden. Bndlich sahen wir auch im 
vorhezi^hendeni dafs die Resistenz der Bakterien von raaunig' 
fachen Umstünden, vom Alter der verwendeten Bakterien, von 
der Lufttemperatur, Luftfeuchtigkeit usw. abbAngig ist, Dinge 
die bei allen diesen Versuchen meist vemachlftssigt wurden. 
Auch das Fehlen von Keimzahlbestimmangen bei den meisten 
dieser Experimente mag zu den divergierenden Angaben Uber die 
Resistens von Bakterien gegenflber dem Sonnenlichte beigetragen 
haben. 

Um nun die keimtötende Energie des Sonnenlichtes durch 
ein allgemein verwertbares Mafs wiedergeben zu können, war es 
notwendig, neben der systematischen Bestimmung der Licht- 
Intensität auch alle erwähnten, die Keimtfitung beeinflussenden 
Nebenumstände zu berücksichtigen, resp. die Bakterien abge- 
sehen von den Lichtintensitäteu unter möglichst übereinstimmen- 
den VerbAltnisBen der Wirkung des Sonneniiclites preiszugeben. 
Zu diesen Versuchen wurde durchwegs Staphylococcus pyog. 
aureus verwendet. Das Alter betrug 16 — 20 Stunden. Die 
VersuchsdurchfOhrung war diesdbe wie bei allen früheren Ver- 
suchen. 

In der Tabelle I sind die V ersuche so ungeordnet, dafs stets 
gleiche Expositionszeiten zusammengestellt und innerhalb dieser 

wieder die Versuche nach den mittleren chemischen T^icht- 
intonsiiathMi uHoi.liiet sind. Tn Tabelle Ii, welche aus dieser 
ersten rahoile zusamniengestelh ist, sind die dnrchsclmittliehen 
Abtötmigswerte in Prozenten wiedergt-^rel»« n. Die daüelbst au- 
geführten Werte halben natürlich nur für Staphylococcus pyog. 
aiirens (H)- 20 Stunden alt) bei der jeweiligen I.nfttemperatur 
und der verwendeten Versuchsmethode (ieituiig und beaiehen 
sich auf die Wirkung des gesamten Tageslichtes. 



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Vim l>r. Riebard Wiesner. 



77 



T II 1. p 1 1 f T. 



ExposU.- 
üauer 



1 1 1 1 6 r<? 


.11 A X 1 m A J r 

chemische 


Miiiiere 
NVJlrme- 


I 

Mittlere Luft> 

fcini'orainr 1 


•V D - 




1111 




• 


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1 III 


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99,2 


SB 1 


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1,!00 


1,4S8 


61,0 


1 

S8.1 




1 tun 








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1111 
1,1 11 








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1111 
1,1 1 J. 


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94.0 • 




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24 0 


14 9 > 


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Site 
00,0 






1,144 


1,250 


49,7 


22,4 


100,0 » 


1,120 


1,250 


45,7 


21,7 j 


94,7 » 


1,115 


1,260 


46J6 


28,0 1 


I 94,0 » 


1,044 


1,111 


bOfi 


22,8 f 


1—100,0 > 


1,(104 


1,111 


50,0 


23,9 ! 


9*>,9 » 




1 tum 






99 9 > 




1 AOSt 




98u2 


1000 » 




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71 9 > 




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1,WU 






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U, 1 14 


41,0 




Hl R > 




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00,0 




406 > 


0,405 


0,260 


86,2 


24,2 1 


28,4 > 


0,361 


0,600 


88,5 


24,0 


9,1 . 


0,1M 


0,260 


88,7 


24,0 


23,2 > 


1.122 


1,260 


47,2 


21,9 


~ 100,0 > 


1.114 


1,260 


49,6 


28,1 


— 100,0 > 


1,103 


1,260 


49,8 


22,5 1 


— l(»o n , 


1,018 


1,111 


50,2 


23,0 


— 1UÜ,U . 


0,906 


1.111 


49,9 


2S,4 


— 100,0 » 


0,869 


1,000 


49,6 


98,6 1 


i- 100^0 > 


0,670 


1,000 


Ufi 


96^ 66,8 » 

4J 



V« Stande , 

i 

i 



Vt StttiKte 



1 Stande 



17, Std. 



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7S 



Di« Wirkong des flonnenliehfees auf pathogwae Bakterien. 



(Fortmtiang d«r TaImII« I.) 



Dauer 

in suiD. 


Mittlere 
cbemitcfae 
LtiGuiiiimui la \ 


U aximale 
chemiaefa« 

VA CulllllBimiBl 


Mittlere 
WHnne- 


Mittlere Luit- 
t«iiiip«i»tiur 

l 


Ab- 

(«■torbene 


IVt Std' 




0,769 


42,2 


26,1 


99,2*/, 




0,626 


0,883 


48,7 


24,1 


76,3 . 




0,429 


0,696 


86,5 


25,1 


58,3 > 




0,408 


1,250 


39,6 


24,5 


33,0 > 




0,364 


0.838 


86,6 


24,1 


33,1 » 




0,S8S 


o/wo 


87,8 


94,0 


1 44.1 • 


'- 

2 Stdn. 


1,113 


1,1 2o 


50,1 


2d,ö 


1 HA A 
lUU.U > 




1,Ü70 


1,250 


49,7 


22,7 


i — 100,0 . 




0,799 


IJOOO 


49,4 


88,7 


— 100,0 . 




0,745 


1,000 


48^6 


25,2 


100,0 1 




0,706 


1,428 


41,5 


27,9 


10<),'> . 




0,576 


1,250 


41,9 


24JB 


89,0 . 




0,651 


0,838 


48,0 


24,2 


983 > 




0,533 


1,250 


36,4 


24,3 


89,0 » 




0,376 


0,f;25 


35,6 


25,8 


7ü,2 . 




0,291 


Ü,öOÜ 


86,6 


24,0 


49,7 > 




0,128 


0,142 




24,0 


99,0 . 


2'/, Stdn. 


1,033 


1,250 


49,8 


22,9 


100.0 » 


0,937 


1,111 


50,0 


23,3 


1Ü0,0 » 




0,84G 


1,111 


49,7 


23,6 


— 100,0 » 




0^796 


1,000 


44,8 


26,6 


100,0 > 




0,718 


1,000 


49,0 


23,8 


- 100,0 . 




0,R52 


1,250 


40,6 


24,6 


— 100,0 . 




0,625 


1,000 


44,3 


26,6 


83,6 > 




0,499 


0,883 


46,8 


24,2 


96,9 » 




0,261 


0,600 


84,9 


24,0 


66,7 > 


3 Standen 


1,094 


1,126 


00,9 


23,6 


100,0 » 




1,000 


1J60 


49,2 


23,1 


100,0 » 




0.822 


1,260 


49,7 


28,6 


100,0 > 




0,702 


1,250 


42.2 


26,0 


100,0 . 




0,683 


1,111 


49,3 


23,8 


— 100,0 . 




0,682 


1,250 


43,6 


25,3 


~ 100,0 . 




o,eo9 


1,000 


46,7 


26.7 


100,0 • 




0,678 


1,000 


44,1 


26,8 


92,2 » 




0,834 


0^626 


88,8 


25^ 


87,1 > 



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y<m Dr. IKebard Wi6ni«r. 



79 



Tabelle n. 





Chemische 


Chemische 


Chemische 


Chemische 




Lichttnteoattit 


Lichtintetititftt 


LlcbtintensiUtt 


LichtintensltM 


In Site. 








#,900- l,M* 








0-10,8% 


40-60% 




19,9-28.4»; 


16,4-21,6 "'o 




70 % 


1 


28,2% 


9,1-40,6% 


32,6-71,2 " o 


f4 — lOO«', 


IV, 




33,0—53,3«« 


56^3 100)^0,^ 


(- 100)% 


2 


■.'9,0-49,7% 


70,2-93,8 % 


(—100) — 100% 


(- 100) -100% 


2V. 




«,»% 


88,6-100% 


100% 


S 




87,1-92,2% 


(_lflO)_100% 


100% 



Aus Tabelle I ist zu entnehmen, dafs Liohtintensitäten von 
J «IS 0,900— 1,200 xiaheea gkicbe Wirkungen haben, dafe also 
die maximale Wirkung des Sonnenlichtes um J ss 1,000 gelegen 
ist. Weiters lehren uns diese Versnehe, daTs eine dnrcbsohnitt- 
liche Lichtintensität von J ss 1,000 mitunter sdion nach einer 
Stunde eine vollkommene Sterilisation bedingt, mit absoluter 
Sicherheit aber .b^ unseren Versuchen erst nach 8^$ Stunden 
eine solche erwartet werden kann. Auch niedrigere Intensitäten 
als J = 1,000, wie Intensitäten yon J = 0,602 — 0,822 Teranlassen, 
jedoch nicht verläTslich, innwhalb Ton 3 Stunden eine voll- 
ständige Vernichtung von Staphylokokken. Eine Lichti nten« 
sität von rund J^r 1,000 vermag in ca. Stunde un- 
gefähr das Gleiche su leisten wie eine Intensität 
von J = 0,200 in 2Vs Stunden, jedoch macht sidi auch eine 
so geringe Intensität schon nach Vs^^i^^^^g^' Einwirkung be- 
merkbar, wenn auch in geringem Qrade (abgestorben 19,9 — 28,4%) 

Die Wirksamkeit des diffusen Tageslichtes wurde bereits im 
vorhergehenden Kapitel besprochen. Hier erwähne ich nur noch, 
dufs bei einer durclisclmittljchen Liclitintensität des diffusen 
Lichtes von J .= 0,154 innerhalb einer 2- bis 2^/2 stündigon Be- 
strahlungszeit ca. 32% Keime abgestorben waren, ein Beweis da- 
für, dafs direktes und diffuses Lic ht ähnliche Wirksam- 
keit besitzen (vgl. Tabelle I*)). Der Unterschied zwischen 
(iit st 11 beiden Strahlenarten liegt also lediglich in der verschie- 
denen Intensität derselben. Trotz der relativ germgeren bak- 



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80 Wirkimg d«s SoniMnUdite« «nt palbogene Bakterien. 

tehziden Wirkung des zerstreuten Lichtes dürfte demselben in 
der Natur doch eine bemerkenswerte Rolle zukommen, da ich 
in einer Reihe von Experimenten die Beobachtung machen 
konnte, daf?? eine plötzlich eintretende holie Lichtinteui^itilt (bei 
starken Wolkenvcrscliiebuugen) Bakterien, die vorher schon 
längere Zeit schwächeren Intensitäten preisgegeb» n waren , un- 
vergleichlich rascher vernichtete, als wenn dieselben Intensitäten 
auf vorher unbestrahlte Bakterien trafen. Wir werden uns darüber 
auch nicht verwundern, wenn aus Experimenten mit inter- 
mittierender Bestralilung hervorgeht , daf? die Gesamt Wirkung 
des Sonnenlichtes sich aus der Summe von sahireichen Emzel- 
wiricungen zusammensetzt. 

Die Venuche wurden absichtlich durchwegs mit Staphy- 
locoocns pjog. ausgeführt, da dieser zu den widerstandsfähigsten 
der uns in dieser Arbeit interessierenden Keime gehOrt Wir 
können daher die im Verlaufe unserer Untersuchungen ge* 
sammelten Erfahrungen mit Staphylokokken auf die Übrigen 
pathogenen Bakterien ttbertragen, ohne dabei die bakteriside 
Kraft des Sonnenlichtes eu überschfttKon. Im Gegenteil sind 
wir auf Grand der im Abschnitt 14 eihobenen Befunde berech- 
tigt anzunehmen, data die AbtOtung der übrigen Keime (ausge- 
nommen der Kapselbazillen) sogar rascher eintritt als es bei den 
Staphylokokken der Fall ist. Aber auch bei den letzteren 
können wir in der Natur ein viel rascheres Absterben 
unter Lichtwirkung annehmen, da bei unseren Ver- 
suchen einerseits stets starke Glasabsorption (vgl. Ab- 
schnitt 8) stattfand und wir anderseits annehmen kOnnen, 
dafs die Keime sieh gewöhnlich in der Natur von Haus 
aus unter ungünstigeren Bedingungen befinden wie 
bei diesen Experimenten (vgl. Abschnitt 7). Anderseits 
müssen wir aber zugebeU} dafs unter Umständen in der Natur 
die Keime nicht immer für die Lichtstrahlen so leicht zugäng- 
lich sind wie bei unseren Versuchen, woraus wieder eine Ver^ 
zOgerung der Lichtdesinfektion resultieren kann. 



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\'oii Dr. Richard Wieauur. 



81 



17. Worauf beruht die bakterizide Wirkung des Sonnenlichtes? 

Von einer Reihe von Autoren (Downs und Blunt (^), 
Gailard p'l Dandrieu {^), Moment p^j^ Kruse (»), 
Kezior (^), Dieudonn^ P), Bie (^^) wurde nachgewiesen, 
dafs die Abtötung von Bakterien durch das Licht bei Sauer- 
stoffgegenwart rascher vor sieh gehe als bei Mangel oder abso- 
lutem Fehlen desselben, dafs jedoch auch in sauerstoffreicher 
Atmosphäre eine Abtötung stattfindet. Thiele und Wolf (^) 
hingegen berichten in neuester Zeit, dafs sowohl bei Sauerstoff- 
gegenwart als auch bei absolutem Sauerstoffmangel die AhtOtung 
der fiakterien gleichseitig eintritt Versuche, die ich in 
dieser Richtung luistellte, zeigten, dafs die AbtOtung bei Sauer- 
stoffgegenwart rascher eintrat als bei Sauerstoffmangel. 

Die Veniiiehe wareii in der Weise mngeriebtet» dafs leebteckige flaohe 

Zinkblechhülsen mit Zu- and Ableitungerobr an ihrer Oberseite darch eine 
0,8 mm ilit'ke Glasplatte luftdicht abgcBchloBsen wurden In <Jic9en Be- 
bälteru waren die Bakterieoproben nebeneinander liegend untergebracbt Über 
den Glasde<Aeln war «ine dnreh federnde Klammem engenliefende Blech- 
Idende venebieblieh angebraeht, ao daA dnrcb Vonclüeben dmelben von 
Zeit zu Zeit eine Bukterienprobe bedeckt und vor weiterer Lichteinwirkung 
gewchfUzt werden konnte. Durch Auflegen von wi<Mierlioll in Eiswaaser ein- 
getauchten dicken FilterpapierbauBcbeo auf die Blecbblenden wurde eine 
£rhltKnng derselben ond der dernnter befinüUcben Bakterien hinten- 
gebalten. 

Durch dies?e Behälter wurde einerseits WaescrstoCf, andererseitB atmo- 
Bpbäri«rhe Luft und endlich atniotuph&riBche Luft mit Sauerstoff vermehrang 
in konstantem Strome durcligeleitet. 



Tertneh 84)7* 4. IX. 1906. 
StaphyloeoeeDB pyogenes eurens. 20 Stunden alte Knltur. 



tn SMn. 


Wilniie- 

imiir 

1 1 


Liift- 
(empe- 
n»tar 


B«wo)kuog 


ChomiKcli*« 

Ucbi- 
JnMoalWt 


•n — ' 
WiiMier»to(f 

i' 


AiaiMpbtr. 
Luft 


.Vtmosphar. 

Luit r 
nauontoff 


9 


34,2 


•24.0 




0,133 






363 300 


1 


41,0 


24,5 




j 0H3:^ 


ll>5 MO 


2;:K>4 


612 


2 


51,2 


26.0 


» 




126 000 


10 


85 


3 


68,S 


37,0 


• 


0,909 


998 


K 


69 



1) Hundt. 
AmUv Iflr Hyitime. Bd. LXl. 



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82 ^0 Wirkung de» i>uuueuliclit«6 aaf pathogeoe Bakterien. 



y«m«h tlft. 6. IZ. 1908. 
Staphyloooeciu pyogftnci »nveoa. 90 Btnnden alte Kultur. 



Gxpog.- 
D«u«r 
laSUIn. 


r— 1 

Wärm»- 


Laft- 
tompe- 
ntur 


Bewftlkuoc 


CbetuUctaa 

Uobt- 
IntoDtitat 


Wu««i>toff 


Atmo8|>b&r. 
Luit 


Lott lud 


0 


46,0 


26,0 


S B 


1,000 


1 

' KID 000 


840 000 


840 000 




46,5 


25,0 


» 


0,909 


! 789 600 


621600 


378000 


1 


47,4 


26,0 


» 


0,909 


588 000 


188 600 


116840 


IV, 


60,6 


se,o 


> 


1.9B0 


679000 


4 620 


8860 




49,0 


26,5 




0,750 




5 460 


80 


8 


84,0 


96.6 






1 467800 




4 




Auf Grund dieser V^ersuche müssen wir uns der früheren 
Aosicht anscblielsen, nach welcher die AbtOtung bei Sauerstoff- 
gegenwart rnscher eintritt als in sauerstoffarmer Atmosphäre. 

Roux (2*), Duclaux (i»), Chmelewsky ("), Billings 
und Peckham (") und Kruse (*) beobachteten bei Belich- 
tung von N&hnnedien Verftnderungen der letsteren und einsäe 
dieser Autofen, 80 Kruse, ginnbten diese Verändenmgen der 
Nährmedien wenigstens sum Teile für die Keimtötung durch 
Licht yerantwortlieh machen su können. Dieudonn^ be* 
richtet, dafs bei Belichtung von Agar (nach 10 Minuten), 6ela> 
tine (nach 5 Stunden in Spuren), sowie von Wasser (nach 
8 Stunden in Spuren) Wasserstoffsuperoxyd gebildet wird und 

1) Federwolken* 



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Von Dr. Richard Wiener. 



83 



schliefst aus dem Umstand, dafs dieses nur bei Gegenwart von 
Sauerstoff entsteht, Bakterien aber bei Sauerstoffmangel der 
Lichteinwirkung nur sehr langsam erliegen, dafs bei der Ab- 
tötung der Bakterien mindestens zum Teil das Oj beteiligt ist. 
Bie (^^*^) bestätigt für eine Reihe von Nährsubstraten diesen Befund 
Dieudonn^s, da aber in einer anderen Reihe von Substanzen 
keine Wässerstofflnldung stattfindet, die Bakterien aber in solchen 
suspendiert dennoch dem Lichte rasch erliefen, glaubt er nicht, 
dafs die Keime durch einen solchen Oxydatioiisprozefs vernichtot 
werden Endlich bcriciiten Thiele und Wolf (**®), dafs bei 
der Belichtung der verschiedensten Nlihr- und Suspensionsmedien 
keine Bildung von Oo stattfinde, daher die Lichtdesinfektion 
nufh nicht auf einem Oxydationsprozefs beruhen könne. Auch 
mir fiel der Nachweis von Ho O2 auf Agar nach der von Dieu- 
donnä angeführten Methode stets negativ aus. Nehmen wir aber 
an, die Bildung von O2 gehe bei Belichtung von stickstoff- 
haltigen Verbindungen wirklich vor sich, so wäre es nicht ver- 
fltftndlich, warum Bakterien auf Agar und Gelatine gleich rasch 
an gründe gehen, wenn nach Dieudonn^ auf ersterem bereits 
nach 10 Minuten, auf letzterer erst nach 5 Stunden Spuren von 
H2 O2 nachzuweisen sindl Ebenso onTerständlich wäre auch 
das Zugrundegehen von Bakterien im ausgetrockneten Zustande 
unter Lichtwirkung. 

Wenn nun auch ansunebmen ist» dafs die bakteriside 
Wirkung des Lichtes nicht auf einem Ozydationsprosefs beruht, 
bleibt dennoch die Tatsadie zu erkiflren, wieso die Abtötung in 
einer sauerstoffireiehen Atmosphäre rascher verlftuft als bei Sauer- 
stoffmangel. Nun wissen wir, dafs bei fakultativen Anaerobien 
— und dasu geboren die meisten pathogenen Bakt^en — das 
Wachstum bei Sauerstoffabscblufs langsamer veriftuft als bei 
Gegenwart des Sauerstoffs. Es könnte daher möglich sein, dafo 
bei unseren Versuchen bei Sauerstof^geowart eine gesteigerte 
Teilungstendenz der Mikroben besteht und auf diese Weise In- 
dividuen von geringerer Resistenz entstehen (Resistenz jugend- 
licher neuentstandener Keime vgl. Abscb. 4), die nun der Licht- 
einwirkung raecber erhegen, so dafs der Sauerstoff zunächst 

6« 



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84 Wirkung des SonnenlicbteB auf pathi^en« Bakterien. 

nicht eine die Bakterienleiber EentOfende, sondern Tiehnehr eine 
aufbauende Oxydation veranlarstl Bei Versudien mit ange- 
trockneten Bakterien — die wegen der der Methode anhaftenden 
BfAngel nicht als ganz suverlfissiger Beweie gelten können — 
in Sauerstoff« resp* Wasserstoffatmosphftie verlief die AbtOtung 
duioh Sonnenlicht stets gleich rasch« gleichgültig ob die 
Bakterien unter aeroben oder anaeroben Bedingungen' gehalten 
wurden t ein Umstand« der sur Sttttse des ausgespruchenen £r^ 
klärungsrersuohes herangezogen werden könnte. 

Somit beruht die Sonnendesinfektion von Bak- 
terien nach raein er Überzeugung nicht auf einem 
die Bakterien z eile (lest ruieren den Oxydationsprozefs, 
und ich schliefse mich viel ni ehr der Ansicht aller 
jener an, die die Wirkung der Lichtstrahlen a]^ eine 
direkt auf das Protoplasma der Bakterienzellen ge- 
richtete Schädigung erklären. 

18. Pbototaxis. 

Anläfslich der Besprechung der bakterisiden Wirkung des 
Sonnenlichtes als Desinfektionsmittel in der Natur, besonders 
der Flüsse, sagt A. Fischer »Li der freien Natur suchen 
alle beweglichen Bakterien, die in flüssigen Medien sus- 
pendiert sind, die ihnen am meisten zusagende Hellig- 
keit auf, denn sie können ja schon hinter winzigen Wasser- 
pflänzchen , hinter Schhinnnsplittem reichlich Schatten finden«. 
Er legt den beweglichen ßakterien somit eine freiwillige, »inten- 
dierte«, Orts Veränderung bei, die jene zur Erhaltung ihres Lebens 
unternehmen. 

Photo taktische Bewegungen sind uns aus den Beob- 
achtungen Engelmanns bei Bact photom etricum, sowie 
aus den Experimenten Winogradskys und Bejerinck mit 
zu den Chrom atien gehörigen Mikroorganismen bekannt. 
Nach Fischer würde es auch Bakterien mit einer photophoben 
Bewegungstendens geben I 



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Von bt. tttduurd Wieaner. 



85 



b-- 



I 




I 



Wenn ich auch die Anschmiuiig teile, dafs schon kleinste 
korpuskulare Kiemente den Bakterien einen wirksamen Schutz 
vor dem Lichte zu bieten vermögen, so kOnnen wir den ersten 
Teil der These Fischers nur als eine unbewiesene Hypothese 
hinnehmen. Um Aufschhifs über dleaea Punkt su erlangen, 
stellte ich die nachfolgenden Versuche an. 

Ein Schenkel eines U förmig gel)ojrenen,ilnnnwHn- 
digenGlasrohreawardeniit !irhtnnf!iiri liiilnHigem Papier 
verklebt (a), während der zweite ScLenkel (b) unver- 
haut blieb. Dtatea tr<Bobr ward« bis tm Hohe «x, 
mit einer fkiacfagewechsenen Boniilou-TyphoBkaltar 
gefüllt. Gleichzeitig wurden swei Eprouvetten, von 
welchen eine in der oben erwähnten Weise gegen 
daa Eindringen von Licht get^chutzt war, mit der 
selben TjphimiilBebwemmong gefallt und unter 
gleichen Bedingungen als Kontrollen dem Sonnen- 
lichte exjmniert. Ans beiden Schenkeln des U Ixohrs t*o\v'n' aus den Ijeiden 
Rprouvetten wurden nach bestimmten Intervallen niittel» einer PlatinOse 
je eine Probe entnommen und zu AgarguiKplatten verarbeitet. 

Nach der Ansicht Fischers niüfstcn logisclierweise bei 
höheren Lichtintensitateti die Bakterien in den beschatteten 
Schenkel übergewandert sein , um daselbst vor den schädlichen 
Licht.strahlen Schntz zu suciien , was sich nachträglich bei den 
Piatteozählungen in einem Mifsverhäitnis der Keimzahlen geltend 
machen würde. Zur Kontrolle, ob nicht eine eventuelle geringere 
Keimzahl in einem der Schenkel einfach auf einer Abtötung 
der Keime durch das Liebt beruhe, wurde der Parallelversuch 
mit den beiden (getrennten) Eprouvetten angestellt 



Klg. 14. 



Tersueh 99. la. VI. 1905. Bact. typhi. 



Ezpo«.- 
naner 
InStdn. 


Bewöl- 
kung 


ehem. 
Mcht- 
Intcn- 
aiUt 


I.ufl- 
tempo- 
ratur 


Tempe- 
ratur 

der 
Jfouü- 
loa 


.|J*-J 

' dunkel 


Bohr 

Ucht 






0,379 


31,5 




144900 


144000 




S^B, 


U,2f)0 


21. fi 


21.0 


114 900 


130 200 


1 


S\B. 


0,338 


23,0 


25,0 


i(;;5H(X) 


117 000 


17, 


8. B„ 


0,279 


26,0 


28,0 


IM 400 


la? 340 


9 


S4 Bj 


0,454 


25,0 


2ä,0 


186800 


159600 




8,B, 




26,0 


27,1 


108900 


126000 



1i|»oav9tte 



dunkel 



Ucht 



144900 

21SM0O 
291 480 
291 4»0 
890080 

CO 



144900 

nnioo 

^»4 OSO 
73 080 

33000 



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86 



Di« tl^knng das Sonaenllcliiet aol pathoftM fiiktaiieiL 



2a Venacb 99. 




H&mzahlimirfobr^tkmktl. op 



In ' der vor licht geflchfltsten Eproaveita war wfthrend der 
Versttchadauer ein bedeutender Anstieg der Keimmenge (iufolge 
TempeiaturerbOhuitgl) eingetreten, wihrend in der nicht Ter 
klebten Eproavette ein merklicher Abfoll der Keimsahlen sich 
einstellte. Im lichtgescbfitsten Schenkel des U-rohres fand im 
grofsen and ganzen keine Vermehrung der Keimsahl, gegen 
Ende des Versuches vielmebr ein leichtes Absinken derselben 
statt. Auffallend ist die Übereinstimmung der Keiramengen in 
den beiden Schenkeln des U-robres; einem Abfall in dem einen 
Schenkel entspricht ein Abfall im zweiten, einem Anstieg der 
Keimzahl in dem einen auch ein Anstieg in dorn andern Schenkel i 
Daraus geht wohl klar hervor, dafs ein Überwanderu vuii Keimen 
aus dem sie schädigenden Lichte in den Schatten nicht statt- 
findet, im Gegenteil müssen wir an ein Überwandem in der 
entgegengesetzten Richtung denken als von Fischer angenommen 
wurde. Es besteht somit nicht eine Photophobie, 
sondern eine l'hototaxis. 

Die Beweglichkeit der Bazillen nimmt während der Versuche 
zu, offenbar infolge der einireieuden Temperaturerhöhung. In 
den Proben aus den beUchtetea Eprouvetten resp. in dem vor 
Licht nicht geschützten Schenkel des U-rohres, fielen im 



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Von Dr. fochard WmuM^. 



Ö7 



bäugeuden Tropfeu ueben »ehr lebhaft beweglichen relativ viele 
schiecht oder unbewegliche Bazillen auf. 

Es entsteht die Frage wie wir dieses Überwandern deuten 
sollen, ob als gewollte Bewegung, allerdings in entgegengesetzter 
Kichtuug als Fischer apnahm, oder als passive Bewegung infolge 
physikalischer StiümuDgen. Es könnte aber auch durch Ab* 
sterben von Keimen im belichteten Schenkel mehr Ij&hrmatenal 
irei werden und dies die Ursache für das Überwand ero von 
Keimen in diesen Teil der Nährlösung sein. Über diese letztere 
Möglichkeit sollen uns Versuche Aufschlufs geben, bei welchen 
als Aofschwemmungsflüssigkeit statt Bouillon eine 0,d% Koch- 
Salzlösung verwendet wurde. 

Versttüh 104. 16. VI. 1905. 
fiaet. tiyphi. Temperatur der KoohMÜslOeoog in onYerhfillter EprouTeKe = 34% 
fn wtAiwtn veiklebter Eproavette = 97* G. 



Dmmt 




Cbamiactae 


• C.Rohr 

1 


1 Eproavette 


InSldn. 


kuog 


Lieht- 
tot«ntfttt 


! dank«! 




1 dunkd 


Uflht 


0 




1,180 


147 fXX) 


147 000 


147 000 


147 000 


V, 




0,909 


151200 


147 000 




118 400 


1 


S.Bo 


1,000 


1 98400 


96600 


147000 


44100 






0,884 


1 77 700 


81900 


111800 


35280 


2 


> 


0,833 




G9 300 


12G000 


8n soo 






0,464 


46 200 


4H 2()0 


140 200 


16 800 


a 


> 


0,333 


42 000 


6ÖÖ80 




10 500 


SV. 




044ft 


47880 


60480 


188000 




4 




0,106 


84 940 


68000 




12600 



In diesem Versuch eine VermehrangsmOglichkeit der 
Keime weg. Abermals findet eine ziemliche Übereinstimmung 
der Keimzahlen in den beiden Schenkeln des U^rohies statt, so 
dais wir au einen Austausch der Keime in den beiden Partien 
mit der Richtung von Dunkel nach Licht denken müssen. 
Nachdem keine Vermehrung stattfindet > kann dieser Ausgleich 
der Keimmengeu in den beiden Schenkeln des U-robres nicht 
auf dem Aufsuchen von disponiblem Nfthrmaterial beruhen. 



1) Leichter Dunst. 



^ iMe Wirkung dee SonnoDliditoi saf patbogeiM ftaktwlen. 

Um die beiden anderen Möglichkeiten — freiwilliges, allerdings 
höchst unzweckniäfsiges, Zustreben cum Licht oder passives Mit- 
gerissenwerden durch Strömungen — entscheiden su können, 
wiederholte ich dieselben Versache mit oincm unbeweglichen 
Bakterium (Staphylococcus pyog- aureus). Das Ergebnis war 
dasselbe wie bei den Vennchen mit Typhuabazillen. 

Wir können daher sagen, dafs Bakterien, in Flftseig* 
keiten suspendiert, innerhalb eines gesehlossenen 
Raumes der Einwirkung des Sonnenlichtes ausge- 
setxt, nicht vor dem fflr sie schädlichen Lichte an 
einen dunklen Ort fliehen, um sich daselbst vor 
den Strahlen zu sehfitzen, sondern dafs sich viel- 
mehr die Keime in der Flüssigkeit stets gleiehmälsig 
verteilen, d.h. von dem lichtgeschützten Orte an den 
belenchteten wandern. Diese Wanderang ist nicht 
als eine aktive, intendierte, sondern vielmehr als 
eine passive, wahrscheinlich durch physikalische 
Momente bedingte Bewegung anzusehen. 

19. Die Bedeutunfl der Sonnendesinfektion in der Natur. 

Am Schlüsse dieser Arbeit möge noch die Bedeutung der 
Sonaendesinfektion in der Katur einer Erörterung unterzogen 
werden. Wir haben gesehen, dafs mannigfoehe Umstände die 
Lichtwirkung auf Bakterien beschleunigen resp. verzögern 

können, dafs angetrocknete Bakterien im allgemeinen weniger 
resistent sind als Keime im feuchten Zustande, dafs Bakterien, 
im > Hungerzustande c bestrahlt, viel rascher absterben, als wenn 
ihnen die Assimilationsmüglichkeit geboten ist, dafs höhere Luft- 
temperaturen die Lichtwirkung beschleunigen, sowie dafs Bak- 
terien aus diesem Grunde auch in der Luft suspendiert sich 
länger halten, als weim sie auf einer die Warme absorbierenden 
Unterlage (Pthuster nsw.) aufliegen, vorausgesetzt natürlich, dafs 
sie nicht am l^>oden durch sclmtzende Docken (Staub, Kot usw.) 
vor direkter Bestrahlung bewahrt werden Ferner haben wir 
erfahren, dafs die Keime bei höherem Feuchtigkeitsgehalt der 



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Von Dr. RicbArü WieHoei*. 



89 



Atmosphäre langsamer xugrunde gehen als in trockener 
Loft, sowie dafis die absolate AbtOtong im gesamten Tbgeslidit 
selbst bei dem sehr reristenten St^»hylococcuB pyog. aurens 
innerhalb kürzerer Zeit (2— 2^» Standen) eintritt, als die tägliche 
Dauer der direkten Sonnenstrahlung im allgemetnen (Frühjahr, 
Sommer und FVflhherbst) beträgt Endlich sahen wir noch» 
dafs auch relativ geriuge Liohtintensitftten und selbst solche 
tntensitftten, wie sie dem diffusen lichte zukommen, deutliche 
bakteriside Kraft besitzen, daüi auch sehr niedrige Intensitäten 
Bakterien derart schädigen können, dafs eine nachfolgende 
kräftigere Sonnenstrahlung eine gesteigerte bakterizide Wirkung 
auslöst, und dafs auch zeitlich getrennte Bestrahlungen sich in 
ihrer W irkung summieren. Schon des öftern habe ich hervor- 
gehoben , dafs die Bakterien sicli bei unseren V' ersuchen unter 
weit günstigeren Bedingungen befinden als in der Natnr, da ja 
eine Reihe dieser die Einwirkung der Sonnenstrahlen begleiten- 
den Momente in der Natur in wechselnder Kombination die 
ohnedies bedeutende bakterizide Wirkung des Sonnenlichtes 
unterstützen. Wir müssen daher dem Sonnenlichte in 
der freien Natur eine ganz beträchtliche desinfi- 
zierende Wirkung einräumen. 

Id der !i:ir}if"1genden Kurve sei die itiitflpr*> i i'-htinteiiMität nnd '-^-uinen- 
scbeindaaer iunerhulb der einselnen Monate eliieH Jahree durch die jeweilige 
Sonnenhöhe Teranachaalicht 




Flg. 16. 

Diese desinfizierende Wirkung des Sonnenlichtes wird sich 
aber yomehmlich in den Sommermonaten sowie im Frflhjahr 
und Frühherbst (siehe vorstehende Kurve der Uchtintensititten 
wfthrend des Jahres) bei hoher Lichtintensität und hoher Aufsen- 



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90 IK« Wizlning dw fioantnilchtiM wf pathogen« fi«kt«i(«ii. 

temperatur geltend machen, während im Spätherbst, Winter und 
in der Übergangszeit vom Winter zum Frühjahr (Schnee- 
schmelze) die Bakterien den geringsten Schädigungen ausgesetzt 
sind. Die Temperaturen sind in jenen Zeiten niedrig, also für 
die Erhaltang der Keime günstig. Die Liohtiiiteiisitaten sind 
ebenfalls sehr gering, werden daher auch nur eine geringe odw 
sogar überhaupt keine Sehftdigung der Bakterien Tenmachen. 
Neben diesen für das Bakterienleben gdnstigen Bedingongen 
findet in diesen Jahresieiten infolge häufiger Nebel qnd sonstiger 
NiederecfalSge meist eine starke Überladung der Atmosphäre mit 
Waseerdampf statt, wodurch abermals eine Abschwiebung der 
SU diesen Zeiten ohnehin geringen liehtintensitäten (7gl. Absdm. 6) 
bedingt wird. Infolge des höheren Feuehtii^eitsgehaltes der 
Luft werden aber die Keime auch länger in der Luft schwebend 
erhalten (4^6 Stnndtm)^). 

Werden aber Keime in ihrer Lebensenergie wenig 
oder gar nicht geschädigt und bleiben dieselben 
lange Zeit in der Luft schwebend, soistauch die In- 
f ektionsmOgliehkeit während dieser Zeiten (Spät- 
herbst bis Frühjahr) eine grofse. Und in der Tat finden 
wir audi während dieser Monate das gehäufte Auftreten von Erkran- 
kungen, der Respirationsorgane, i t s|), von Erkrankungenbei welchen 
die Infektion auf dem Wege des Respirationstraktes stattfindet. ^) 

I'^benao wie die genannten meteorologischen Faktoren während 
eines Jahres schwanken, finden auch wahrend der verschiedenen 
Jahre solche oft sehr bedeutenden Unterschiede statt (vgl. Abschn. 1). 
Waren schon Berger (*') und Ruhen i inn {*'• bestrebt das 
Auftreten von E{)idemien resp. Pandemieu mit derartigen 
Verhältnissen in Zusammenhang zu bringen (Ruheniann, In- 
fluenzaepidemie 18Hl»i, bo isi e? höchst auffallend, dal's abermals 
in den Jahren 19<U'r>5 bei reichlichem Nebel im Herbst und 
Winter unuem in geringe Lichtintensitäten herrschten ivgl. 
Abschn. 1) und gerade in diesen Jahren die letzten Meniogitis- 
epidemien mit aller Kraft einsetzten! 

1) vgl. Flagge(**)("*X Htitebiion(M^. 

2) TgL Beb rea >("•). 



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Von Dr. Kicbiurd Wieanor. dl 

Finden wir nun, dals innerhalb des Jahres 
die Zahl jener Erkrankungen, die auf dem Wege 
des Respirationstraktes entstehen, gerade wäh« 
rend jener Moifate am stärksten ansteigt wäh- 
rend welcher die Lichtintensität enorm sinkt, 
diese Erkrankungen mit dem Zunehmen der 
Lichtintensitäten (vgl. Kurve auf 8. 99) im Sommer 
wieder stark abnehmen, finden wir weiter, dafs 
das Auftreten gewisser Epidemien (Influenza, 
Meningitis) meist in Jahre fällt, während welcher 
die Lichtmicnsitäten besonders gering waren, so 
werden wir einen Zusammenhang von Epidemie und 
Lichtdesinfektion nicht von der Hand weisen 
können. 

Den Ausgangspunkt für die Infektion bildet dabei stets der 
Mensch als natürlicher Bazi llen trägt: . Wissen wir doch, dafs 
InHuenzabazillen sicli lauge Zeit in phUusisciieii K avernen lebens- 
fäliig erhalten, sowie dafs Meningokokken gelegentlich im Nasen- 
sekret Gesunder angetroffen werden. Ist nun die Luftfeuchtig- 
keit grofs. die Lichtintensität gering, so werden solche verspritzte 
Keime (die überdies gegen äufsere Schädigungen sehr empfind* 
lieh sind) einerseits längere Zeit lebensfähig bleiben, andersdts 
aber auch längere Zeit in der Luft frei schweben, wodurch eine 
Übertragung auf einen neuen Bazillenträger erleichtert wird. Damit 
ist aber, wie ich betonen will, der Vorgang der Infektion noch 
nicht vollständig erklärt, da ja auch im infizierten Individuum 
Verändmngen vor sich gehen müssen, durch welche das Ein- 
dringen von Keimen in das Qewebe ermöglicht wird. Ob aber 
nicht der menschhche Organismus gerade durch solche klimatische 
Bedingungen, wie sie besonders in den in Bede stehenden 
Jahresxeiten herrschen, für die Auslosung einer Infektion disponiert 
wird (Erkältung im weitesten Sinne), ist eine Frage, die einer 
Berfloksiefaügung wert ist. Daau konunt noeh, dals Kdme^ die 
von einem erkrankten Individuum versprengt werden, in Ana^ 
log^e mit der Virulenzsteigerung von Bakterien durch Tier- 
passage ebenfalls eine Steigerung ihrer Vitslität und Virulens 



92 Ifitt Wirkang des SooMnliehtM «nf ptilhttgutB B«kt«tlMi. 

erfahren haben dürften und dadurch neuerdings eine erhöhte 
Infektionsmöglichkeit bedingen. 

Endlich spricht auch das periodische Auftreten von Epide- 
mien (Influenza z. B.) nicht gegen sondern eher fflr unsere 
Annahme, da ja auch in der Katur eine gewisse periodische 
Wiederkehr von abnormen meteorologischen Zust&nden beobachtet 
wird. 

20. Retumä: 

1. Die Keimmenge bat auf den seitlichen Verlauf der Ab- 
totung yon Bakterien durch das Licht keinen Einflufs; 
vielmehr tritt die absolute AbtOtung bei verschiedener 
Eeimsahl gleichseitig ein. 

2. Innerhalb verschieden dichter Keimmengen findet ein 
proportionales Absterben der Keime statt, welches auf 
dem variierenden Resistenzgrad der einzelnen Individuen 
beruht. 

S. Diese wechselnde Resistenz ist (zu mindest zum Teile) 
von dem Alter der Keime abhängig. 

4. Die höchste Resistenz gegenäber dem Lichte erlangen 
Bakterien im Alter von 7 — 80 Stunden und diese scheint 
durch mehrere Tage unvermindert erhalten zu bleiben, 
um dann wieder abzunehmen. 

5. J-iakierieu siuu t,t'^eii Liclu im trockenen ZuHtande 
weniger resistent als im leuchten. Die Resisteux ist von 
dem Medium, in welchem die Bakterien eintrocknen, ab- 
hängig. 

6. Bei höherer Lultfeucluigkeit sterben Bakterien langsamer 
ab als bei geringem Feuclitigkeitsgehalt der Atmos|>häre. 
Dieses langsamere Abüterben diirfle mit einer stärkeren 
Absorption der Sooneustrahleu in der Atmosphäre zu- 
sammenzuhängen. 

7. Werden Bakterien im feuchten Zustande dem Sonnen- 
lichte exponiert und linden sie nicht die Möglichkeit 
Nährstotte zu assimilieren, so erliegen sie rascher der 
Lichteinwirkuiig als bei ermöglichter Nahrungszufuhr. 



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Von Dr. Richard Wiesner. 



93 



8. Alle Teile des Sonnenspektnims bedtsen bakteridde 
Wirkung, sowohl die sichtbaren Strahlen einschliefs- 
lieh den roten als auch die nnsichtbaien Strahlen. 

9. Unter den unsichtbaren Strikten wirken nicht allein die 
ultravioletten sondern au ch die ultraroten Strahlen 
bakterientötend. 

10. Die ultraroten Strahlen stehen 'Ion kurzwelHgen Strahlen 
an bakterizider Kraft nicht nur nicht nach, sondern 
scheinen dieselben sogar zu übertreffen. 

11. Die stärkste Wirkung kommt dem unzerlegten Lichte zu. 

12. Auefa künstlich erzeugte langwellige Strahlen Teroichten 
Bakterien, ohne dafs die AbtOtung der Keime auf einer 

schädigenden Temperaturerhöhung beruht. 

13. Die begleitende Lufttemperatur beeinfiufst in hohem 
Mafse die Wirkung des Lic htes. Hohe Aufsentemperaturen 
nnterstüt7,en, niedrige Aulyentemperaturen mildern die 
bakterizide Kraft des Öonnenlicbtes. 

14. Infolge des Einflnsfes der die Bakterien umgebenden 
Temperatur auf den Abtdtungsprozets durch das Licht 
verhalten sich Bakterien, in der Luft exponiert, resistenter 
als Bakterien, die auf einer festen, Wftrme absorbierenden 
Unterlage aufliegen. 

15. Bei intermittierender Bestrahlung ist der Effekt gleich 
der Summe der Bestrahlungszeiten. 

16. Die Wirkung des Lichtes setzt mit dem Moment der 

Bestrahlung ein und hört in gleicher Weise mit dem 
Moment des .Vusst't/.ens der lii^trahhnig auf. 

17. Auch sehr kurz dauernde Bestrahluntrszeiten hei inter- 
mittierender Bestrahlung (von huudertstel Sekunden) ver- 
ursachen eine Schädigung der Bakterien. 

18. Die chemische Leistungsfäiiigkeit der Bakterien (Gelatine- 
verflüssigung, Scbwefelwasserstoffbildung, Zuckerver- 
gftrung, Trimethylaminbildung) wird durch das Licht 
nicht gesohw&cht. 



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94 



Die Wirkuag des Somienlichtea aaf pathogene Bakterien. 



19. Die Vinüei» bleibt (bei Bbc. pnemnoniae) bis rar voll* 
at&ndigen Vernichtung der Bakterienselle durch das 
Soimenlicht erhalten. 

20. Die verschiedenen Gruppen pathogener Bakterien beeitxen 
einen wechselnden Resistenzgrad gegenüber dem Licht. 

21. Normaler Weise in der freien Natur lebende Spaltpilze 
(Luftkeime) werden durch das Sonneolicbt nicht ge* 

schädigt. 

22. Die Wirkung des gesamten Tageslichtes ist stärker als 
die des direkten Sonnenlichtes und setzt sich aus der 
Wirkung des direkten Sonnenlichtes und des diffusen 
Tageslichtes zusammen, 

23. Die bakterizide Wirkung des Sonnenlichtes hängt in 
erster Linie von der Lichtintensität ab, wobei es gleich- 
gtdtig ist, ob direktes Sonnenlicht oder aber reflektierte 
Strahlen (diffuses Tageslicht) auf die Bakterien treffen. 

24. Auch geringe Lichtintensitftten haben bei der Sonnen- 
desinfektion eine Bedeutung, da höhere Liohtintensitaten 
Bakterien, die vorher der Einwirkung niedriger Intenei> 
t&teten ausgesetzt waren, viel rascher als vorher unbe- 
strahlte Bakterien zerstören. 

25. Die Bakterien, auch die beweglichen Arten, liaben in 
flüssigen Medien niclit die Eigenschaft, der für sie ver- 
derblichen Lichtwiiwirkung zu entfliehen j vielmehr streben 
sie dem Lichte zu. 

26. Dieses Zustreben zum Lichte {Phototaxis) ist nicht als 
eine »gewollte« Ortsveränderung anzusehen , sondern 
scheint vielmehr durch physikalische Strömungen bedingt 
zu sein. 

27. Die Abtötung von Bakterien durch das Licht verläuft 
bei Sauerstoffgegenwart rascher als in sauentoffreier At^ 
moaphftre. 

28. Die desinfizierende Wirkung des Sonnenlichtes beruht 
auf einer direkt auf das Protoplasma der Bakterienzelle 
gerichteten Schädigung. 



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Von Dr. Richard Wieaner. 



95 



29. Die SonnendesinfektioQ kommt in unseron Wobnräomen 
gar nicht oder nur in untergeordnetem Mafse zur Wir- 
kung. 

90. In der freien Natur spielt die Sonnendeainfektion eine 
nicht XU untersch&tcende Rolle. 

dl. Das Auftreten von sporadischen als auch von epide* 
mischen Erkrankungen, für welche der Respirationstrakt 
als Eintrittspforte dient, scheint mit der 8onnendesinfek> 
tion in engem Zusammenhang m stehen. 



Nachtrag. 

Zu Absch. 14, S. 71. Diese Ansicht wird auch durch die 
Untersuchungen M. Martins*), die nach Abschlufs meiner 
Arbeit veröffentlicht wurden, bestätigt. Martin berichtet näm- 
lich, dals in den Tropen eine gewisse Bakterienarmut hinsieht« 
lieh der pathogenen Arten bestehe, welche au! der bakterien- 
tOtenden Wirkung der Sonne beruhe, während eine Zahl nicht- 
pathogener Keime durch die Sonne unbeeinflußt bleiben. 

') Max Martin, Studien über den Einflufs der Tropeosonne auf 
pathog. Bakterien. Münch, med. Wochenscbr. IdOü, Nr. öl. 



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96 Die Wirkung des Sonnanliobtafl anf {wflMgena Baktorien. 



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bildung Zentralbl. f. Bakt. 1896. Bd. 90. 

84. Flüge*^ , Über Luftdepinfriktion. Zeitsrbr. f Tlyg. 1897. Bd 25. 

85. Blaisie et äambuc, De l'action des rayou» X sur le Fyocyaneus ei 
la baoMridie diarbonenee. Comptee rendoe de la See. de Blol. 1897. 
Nr. 

86. Pott, Concerning the action of X rays on enltlvatiODB üt tobevele ba* 
eUlue. Tb. Lancet. 1897. Nr. 21. 

7* 



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100 Die Wirkung dM SoanenllchtM mt pfttlio0eii« Bftkt0il«B. 

87. Wollenden and Forbes -Rots, A preliminary note on tbe action of 
Boentfin nys opon the growth «nd Mtlvity of baetwi« «nd nrforoorga- 
Bimm. The Unoet. 188B. 

88. Ficker, Über Lebensdaaer and AbsterlMii von pMhog«iieii Keimen. 

Zeitöchr. f. Hyg. 1898. Bd. 29. 

89. Berger, Die Bedeutung dea Wetters für ansteckende Krankheiten. 
Therap. Monatshefte. 1896. Nr. 3, 4. 

90. Weyl, Hudbodi der Hjf^eoe. 

91. Rieder, Wirkung der ROntgenslniblen auf Bekterien. München. med. 

Wochenscbr. 1898. Nr. 4. 

92 — , Weitere Mitteilungen Ober die Wirkung der BOntgenstrabien aaf 
Bakterien. MQnchen. med. Wochenscbr. 1898. Nr. 25. 

98. Bohemann, Meteorologie und Infektionekrankheiten. Zeitschr. f. diit 
n. phjreik. Therap. 1896. 

9A. — ^ bt EtkMltnng eine KmnkheileaiMdie nnd inwietem? Leipiig 1886. 

96. M i t c h e 1 1 n. C r 0 11 c t , Einflufi? des Sonnenlichtee nof ToberkelbftsOlen. 
Rpf. llygieniwhe Rundschau lö99. 

96. Kedsior, Uber den EinflulÜB des Sonnenlichtes auf Bakterien. Arch. 
f. Hyg. 1889. Bd. 86. 

97. Bieder, Therap. Versuche mit BOntgenetrshlen bei infektifleen Fto- 
leeaen. Mflndi. med. Wochensehr. 1899. S. 950. 

98. Krause, Bcitrfigc ztir Kenntnis des Bne. pjroqrnneiiB. Zentmlbl. f. Bakt. 
1900. Bd. 27, S. 771 

99. Drigalski, 2ur Wirkung der Licbtw&ruieHtrahleii. Zentralbl. f. Bakt. 
1900. Bd. 87. 8. 788. 

100. Boeder , Zat Frage der Heilkraft dee Liehtea. Arb. Misd. Knls. Qe* 
snndheitsamte. 1900. Bd. 17. 

101. .\. Fischer, Die Empfänglichkeit der Bakterienaelte nnd dss balcteH- 
zide Serum. Zeitschr f Hyg. 1900 Bd. 34. 

102. Bie, Untersuchungen über die bakterieatOtende Wirkung der ver- 
schiedenen AblsUnngen dee Spektrmm«. Mitteilung, aas Flnsens Litikt- 
insütut. 1900. Bd. 1. 

104. — , Über dn-^ Vermögen des lichtes» SproiS»- nnd Schimmelpllie m töten. 

Ibidem. VM). Bd. 1. 
106. Larsen, Haben die verschiedenen Bakterienarten dieselbe WiderstandM- 

kraft dem Lichte gefenüberf Ibidem. 1900. Bd. 1. 

106. Aschkinns n. Onspnri, Über den Elnftofs dissosiierender Strahlen 
auf organische Substanzen, insbesonders über die bakterienschädigende 
Wirkunp der Becquerel Ptra)!lf n Arch. f. Plivpiol. (Pflüger). 1901. Bd. öti. 

107. Joussei, Action de la lumi^re solaire et de la lumi^re e diffoa aar le 
iMMille de Roch .... I4t sem^ne mödiemle 1900. 

106. Hntehison, Die Verbreitung von Keimen dnrch gewOhnlidie Loft* 

sMme. Zeitsebr. f. Hyg. 1901. Bd. 86^ Heft S. 
109. Oorl, Zur Lichtbehandlung mit ultravioletten Strehlen. Mfindi. med. 

Wochensehr. 1901. Nr. 19. 



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Von Dr. Bichivd WiaSD«. 



101 



110. DrufHbach, Zur modernen Lichltberapie. l>eutfiche med. Wochenschr. 
1901. Nr. 47. 

111. Zeit, Effect of direct alteniating TMlft-carrents «nd X-raj« on bactdri«. 

The .Toiirn »f the American med. .^ssoc. 1901. 

112. Streb el, Uuterauchungen Uber die bakterizide Wirkung dea Hoch- 
•pannangsfanken. Deotscbe med. WochmiMbr. 1901. S. 69. 

118. Bohrens, Elnflaft der Wittenmg enf Diphtherie, SobarlMih . . . . 
Arcb. f. Hyg. 1901. Bd. 40. 

114. Kattenbr Ack nr, Abt^tnnc: <1er Gonokokken diirdi elektiiediee licht. 
Deutsche Zeitachr f Chir. iyü2 Bd. 69. 

115. Bang, Die Wirkuug dea Licbtea auf MikroorganiBmen. Mitteilungen 
•De Fineese UehtinatitQt. 1901. Bd. 2. 

116. K i r B te i n , Über die Dener der Lebenelftbigkeit von Enukbeitsenegenk 
in Form feinatw TrOpfehen und Stiiabchen. Zeiteehr. f. Hjgiene. 1902l 

Bd. 39. 

117. Maximow, Über den Einflafs des Lichtes auf die Atmung niederer 
Fihe. Zentrelbt. f. Bekt 1909. 

118. V. Ss^kely, B^tnm; *ur Lebensdaner von Miltbrandeporen. Zeitadir. 

f. Hygiene. 1903. Bd. 44. 

119. A. Fiscber, Vorlesungen Ober Bakterien. 1903. 

120. Bie, Über <)ie Einwirkung den Uchtee aaf Baicterien. Milteilang. ans 
FinHens Licbtinstitut. 1903. Bd. 3. 

ISl — Über die Abeorption ultravioletter Strahlen durch blaue Flttssigkeiten. 

Ibidem. 1908. Bd. 8. 
199. Finsen und Droyer, Untersuch ungen aber die Wirkung des lichtes 

auf Pockenvaf ein«' IbüJem. 1903. Bd. 3. 

123. Bang, über die Wirkung dea Lichtes auf Mikroben. Ibidem. 190^. 
Bd. 3. 

194. Busek, Beitrag tn den üntersncbungeQ Uber die Dnrebstrahlnngs 
mOglichkelt des KOrpeis. Ibidem. 1908. Bd. 8. 

12!5. Jansen, Unter8iu;htingen Über die Fähigkeit der l>akteriziden Läl^t» 
¥itrfifi!»-ii durch die Haut zu dringen. Iliiilein 1903. HJ. 3. 

12Ü. Ferui, Ober eine eigentümliche schadticle Wirkung <ler Sonnen 
atrablen während gewisser .Monate des Jabres und ihre Beziehung Kur 
CorjrsB, Infla«isa etc. Arch. f. Hye. 1904. Bd. 48. 

127. Plügge, Untersuchungen über die hygienische Bedeotong einiger 
klimutiacher Faktoren, insljes(<n<lero des Windes. Jena, FestSldlrift f. 
R. Koch, 1904 Uief. ZtJiitralbl. f iJakt. H.l. H5 > 

128. Busck, über die relative Penetratiousfsbigkeii der verschiedenen 
Spektralstrahlen gegenttber dem tieriadien Gewebe. Mitteil, ans Finsens 
LichtinsUtat. 1903. Bd. 4. 

129. Jansen, über tiie WiderstandafahiglMit der Bakteriensporen gegenüber 
dem Liclit. Il.irleni. VMl 15(1. 4. 

130. Bang, über die Wirkung des elekir. Bugeuliclites auf Tuberkelboxillen 
in Beittknltur. Ibidem. 1904. Bil. 7. 



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102 Wirkung d. fionnmiUditw Auf ptth. Bakterien. Von Dr. Rleh.Wl6Mi«r. 

181. Bie, Methoden zar Me«suDg der bakteriziden Wirkung des Lichtes 
Ibidem. 1901 Bd. 7. 

182. — , Über d]« bekterttide Wirkung oltnviolettar Strahlen. Ibidem. 1901 

Bd. 7. 

188. — , Die Gewöhnung der Bakterien an Belichtung. Ibidem. 1904. Bd. 7. 

184. Buück, Ucbtbiologie. Ibidem. Id04. Bd. a 

185. Bie, Ist die bekteriside Wirirang de« lichtes ein Ozydetionsproielk? 

Ibidem. 1905. Bd. 9. 

186. , Tflt die bekterixide Fähi^^keit des Uchtes «af eine direkte Ein- 
wirkung ....... Ibidem. 1905. Bd. 9. 

187. — , Die deslnfisierende Wirkung des WaeseirtoliBuperoxyda. Ibidem. 
1906. Bd 9. 

188 B a n ^ , Über die Verteilung hnkterizider Strehlen im Bpektrom des 
Koiilentiojfenlichtes. Ibidetn l&Oö. Bd. 9. 

189. Rufe, Einiges aber den Einflufd der üöntgenatrahlen auf Mikroorgm- 
nfsmen. Areb. f. Hyg. 1906. Bd. 66. 

140. Thiele und Wolf, Über die AbtHtang von Bakterien doreh Licht 
Arcb.f.H7g. 1906. Bd. 67. 



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Experilbentelle üntersudumgen ober die Wirking der 
Tetaaasbiizillen und ihrer Gifte Tom HiM^lidanntniittiiB 

ans; - • 

Von • , 

Dr. Markaa Babinowitsoh« . 

(Ans d«m köuii^l. UygieniaelieQ Inititnk der TTniTerMÜtBerlio. Direktor: Oeb. 
• • Medisinalrai Ttol Di«. H. BÖbner.) ' - 

■■ Je mehr UDsere Kenntnisee - Über das Wesen uod die.Vj^r* 
•schiedeiien Eigenschaften der Bakterien aieh häufen, um aq deut- 
licher- tritt, satage, von welch., grofser Bedcitttung die .Erfor- 
schung der Art und Weise der Beeinflussung dieser Beeond^r- 
heiten sein kann. 

• Und daTa die verschiedensten Bügebschaften^.der Bakterien 
nicht etwas Konstantes, sondein etwas mehr cder. weniger. }.eiisht 
Verftnderliehes ist, das- ist wiederholt von^Titlen Foistdieni für 
die meisten Bakterien direkt experimentell nachgewiesen worden, 
und fortwAhrend wurden immer neue. Beweise dafür geliefei:t 

Solche Beweise wurden lür jdie morphologischen und knltu* 
Teilen Eigentümlichkeiten der Bakterien' geliefert, aber besonders 
• aabixeich sind die Ober - ihre patho^tie Natur gemachten Et- 
fahrungeu, da auf diese hauptsAchlioh die^ meisten Forscher ihre 
Aufmerksamkeit gelenkt haben. ' 

Schon vor 25 Jahren hat Koch^) darauf hingewiesen, dafs 
die i'ulliogcniUlt der Bukterien und ihre liifyklioiistüchtigkeit von 

V Mittfünnjjpn den Kaiserl. GesundheitsamteB, Bd. 1. 
AroUv tüi Hygieae. Bd. LXi. 8 



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104 fiiper. ÜDt8f«in^aiig«tk ft. d.Wlrkmig d. tfllunntlMilllMi a. ihittr Oifle «te. 

verschiedenen Umständen abhängig und streng voneinander zu 
trennen sind, denn; ^Die Eigenschaften pathogen und infektiös 
decken sich nicht, und wenn ein Parasit als pathogen erkannt 
ist, dann mufs aufserdem noch ( xporimentell bestimmt werden, 
ob er zugleich übertratrbar ist oder nicht. .. . Allmählich hat 
indes die Erfahrung gelehrt, dafs es durchaus luclit gleichgültig 
ist, welche Tierapezies zu den Infektionsversucheu gewählt wird, 
und dafs überdies die Art und Weise der Übertragung von 
gröfstem Einflufs auf das Gelingen des Experimentes ist.t Und 
einige Zeilen weiter fügt Koch noch hinzi): »Sehr merkwürdig 
ist in dieser Beziehung auch das verschiedene Verhalten von 
Tieren derselben Gattung, aber von verschiedenem Alter.«*) 

Dafs auch die Rasse der Tiere, ihre individuellen Be- 
sonderheiten, wie «uoh der Nährboden, auf dem die Keime 
geiQchtet werden, und deren Menge entscheidend für den Aus- 
gang der Infektion sein können, liat Kooli in derselben Arbeit 
hervorgehoben. 

Die spftteren Erfahrungen haben gelehrt, dafs alle diese von 
Kooh aufgestellten Sfttze fflr fast alle {»athogenen Keime lutioffttid 
sind, dafs aber außerdem noeb viele andere Bedingungen in 
gleicher Weise ihre Pathogenitftt und Infaktionstüohtigkeit be- 
einflussen können. 

Dies kann auch nicht wundernehmen, denn: 

»In den Krankheltsenegem haben wirc, wie Flflgge 
sagt, »genau genommen niemals die einngo ausrsichende Ur- 
sache der Infektionsknuikhaten au sehen, sondern letstere ent> 
wickelt sich erst aus dem Zusammenwirken der Krankheits- 
erreger und eines fflr dessen Entwicklung gflnstigen Subetrats, 
eines »empfsngUcfaen« oder fflr die fiikranknng »dtsponiertenc 
Organismus (Organs)«.^) 

Und in der Tat wissen wir jetst, dafs die pathogeuen Keime 
in den fflr sie empfänglichen Organismus eindringen und in 
dessen Oiganon haften bleiben kdnnen, ohne irgend welche nach- 
weisbare krankhafte Erscheinongen hervorsurufen, was Ton 

1) a. a. O., S. 16 (meine Kumivschrift). 

2) GrandrffH der Hygiene, 1902, S 589. 



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Von Ür. UariciM ttabinowltMdi. 



106 



Kubner^) als >Invasion< im GegensatE za der Infektion 
bezeichnet worden ist. Endlich hat man noch die Erfahrung 
gemacht, daCs der patbogene und infeklionstüchtige Keim, selbst 
unter den natürlichen Verhältnissen, seine Patfiogenit&t für die- 
selbe empfftngliche Tierspeziea einbüfsen oder sogar ganz ver- 
lieren kann, und daraol hat man anch kflnstlich die Pathogenität 
der Bakterien tn verUndern gelernt. »IMe Infektionaeireger 
scheinen schon anter natürlichen VerhAltnissen«, sagt darüber 
Krase tsebr erhebHehe Schwankungen ihrer Vinüens so er^ 

leiden Unter künstlichen Bedingongen sind bei fast allen 

Infektionsenegem Virulenssehwankungen nachgewiesen worden. 
Dieselben bewegen sich in swei Richtungen: es gelingt entweder 
Abechwächungen oder Verstftrknng^n der Virulenz an endelen.c^ 
Und von den vielen Bedingongen, die die Virulens der Bakterien 
beeinflussen oder gana vernichten können, bat die Wirkung des 
Magens und seiner Sllfte auf die per os eingedrungenen oder 
eingebrachten Keime sehr früh die Aufmericsamkeit der Foiacher 
geweckt. 

So hat C. y. Nägeli schon im Jahre 1877 geschrieben: 
»Die Spaltpilae sind gegen Sfturen viel empfindlicher als 
die Sprofs- und Scbimmelpilie: sie yennehien sich in den 
normalen sauren Flüssigkeiten des Magens nicht oder nur splr> 

lieh und bleiben auch den normalen chemischen Umsetzungen 
gegenüber durchaus unwirksam. Anders gestaltet sich das Ver- 
halten in einem Magen , welcher durch krankhafte Affektion 
einen wenig sauren oder neutralen Inhalt besitzt. Hitir linden 
die Spaltpilze ein günstiges Feld für ilire Vermehrung und 
Tätigkeit.»») 

Zu diesen Beobachtungen hat Koch noch neue mitgeteilt 
und in folgender Weise erklärt; 

»Dafs die Infektion vom Darmkanal aus wohl möglich ist, 
beweisen schon die liautigen Fälle von sekundärer Darmtuber- 
kulose der Phthysiker, welche auf die Infektion durch die ver- 

1) Lehrbndi d«r Hygiene^ 1908. 

8) Mikroorganismen von FlOgge, 1876, 8.S99» 

fl) Die niederan Pilie^ 1677, ä, 49. 



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] 06 fixpsr. Üni«niici»i]ig»n II. d.Wli^iif d. TeCanotbuillmi a. ilirar Qifto ete. 

schluckten Sputa zurückgeführt werden müssen. Eigentümlich 
ist es allerdings, dafs, obwohl anzunehmen ist, dafs ein jeder 
Phthysjker mehr oder weniger von bazillenhaltigem Sekret seiner 
Lunge verschluckt, doch nicht bei allen Darmgeschwüre gefunden 
werden. Ich erkläre mir dies in folgender Weise : erstens er- 
scheint der Darm an und für sich für die langsam wachsenden 
Tuberkelhazillen einen noch ungünstigeren Angriffspunkt . zu 
bieten al« die Lunge. Dann haben aber ferner. idie Fütterang8> 
versuche mit Milzbrandbazillen und deron S|>oren gelebrti dafs 
Mibbrandbazilien , welche keine Sporen haben, im Magen zer- 
.atOrt werden» wftbxend die Sporen dieser Bazillen den Magen 
unschädlich zu passieren yeiinOgen»^)c 

Und bei .den Untersacbungen über den MilzbiandbasillaSt 
die Kocb zusammen mit Gaffky und Löf f 1er anstellte, bat er 
-noch binzugefügt, dafs: 

»Milzbrandsporen im Magen des Hammeln nicht zugrunde 
gi^eii, . im Darm auswachaen, durch die unverletzte Schleim» 
haut des Darmkanals in die Gewebe eindringen und anf diese 
Weise eine schnelle tödliche Infdction herbeizuführen yermügen.c3) 
. . Die nachträglich wiederholt von den verschiedenen Forschern 
mit den verschiedensten patbogenen Keimen ausgeführten 
Fütterungsveisuche haben geldirt, da& fast sämtliche Versuchs» 
tiere auf die Fütterung schwach und oft in ganz eigentümlicher 
Weise reagieren, oder sogar sich ganz refraktär verhalten, während 
sie gegenüber einer Injektion von denselben Keimien sehr emp> 
' fänglioh' sind. Und dafs auch die Kaltblüter in gleicher Weise 
gegenüber eineV Fütterung von pathogenen Bakterien sich ver- 
halten, folgt aus den Versuchen au Fröschen von Lubarsch und 
Mayr, mit denen die Autoren nachgewiesen haben, dafs: 

> Weder die Pilze der luensclilichen, noch der BlindschleicheD- 
tuberkulöse vom Magendurnitraktuä aus in die inneren Organe 
-eindringen.«^) 

1) Mitteilung«!! d«s Kaiawl. GesundlieitiamtMe, Bd. II, 9. 81. 

2) Ebenda, 8. 168. 

3) .\rb«it«n aus der ])athul. anatom. Abteilung dea Kgl. Hygieniactien 

Institutes zu Posen, 1901, S. 147. 



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Von I>r. Marlens Rabinowitscb. 10t 

' Selb^TentftndKoh verhalten eich auch ' dieser Infektionsart 
gegenflber die venchiedenen Tiere, je nach der Spezies aad nacli 
der Art de« InfektioDserregeie gaAs verechieden. AaEeerdein 
icOimen verschiedene beim Infektionsversnch sngewattdte Kunst* 
griffe die Infektion unterstütKen, wie folgende gesammelten Err 
fahnmgen es beweisen können. 

Beim Milz bvlind gelingt es, wie G. Frftnkel, Sobern- 
heim und Nikoleky^) nachgewiesen haben» die empfüiiglichen 
Meerschweinchen - und Kaninchen durch Verffltierung groC^r 
Spoienmengen zu infisieien, während die hochempfänglichen 
weifsen Mäuse nach Koch- und Korkunof f*} durch Fütterung 
nicht zu infizieren sind. Korkunoff tmd Crookshank haben 
aber dabei noch hervorgehoben, dafs bei der Fütterung die 
Sporen von anderen Stellen (Mund-Rachenschleimhaut, Tonsillen) 
aufgenommen werden können. Die mit D i p h t Ii e ri e b a z i 1 1 en 
von Beck und Lüffler^) rh KaiiMtchen und Meerschvveiiiclien 
ausgeführten Fütterungs versuche snid negativ ausgefallen. 

Eine vom gesunden Darmkanal ausgehende Infektion mit 
den Bazillen dos Malignen Ödems erscheint nach Jensen*) 
als höchst unwahrscheinlich schon aus dem Grunde, dafs man 
bei den Pflanzenfressern regehnäfsig ÖdembaziUen im Darm- 
inhalte findet. 

> Anderseits«, fügt aber Jensen hinzu, »l&fst dch die 
Möglichkeit nicht be.streiten, dafs eine Einwanderung vorkommen 
kann , wenn der Darm sich vorher im krankhaften Zustande 
befindet.«*) Auf derartige als gelungene Versuche weist der 
Autor auf die von Monere ul hin, in denen die zuerst mit 
Alkohol und nachher mit Odembazillen gefütterten Kaninchen 
eingingen. 

Bei der Verfütterung des Bac. Botulinus, der nach einer 
subkutanen Einspritzung von 0,0003 — 0,001 ccm Kaninchen in 

1) K o1!e-WaBa«rma&iia Handbuch der.Path. MikroorB.,- Bd. 8.1. 

2) Ebenda. 

3) Ebenda, 8. 754. 
4> Ebenda, 9. $19. 
5) Ebenda, & 680. 



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108 Exper. Untenadiangeii d.d. Wirkaag d.Tetaiivwb«iiU«& «.ihrer Gift« ete. 



86—48 Std. tötet, sind Dosen von 5— 10 ccm per os eingeführt 
innerhalb 48 Stunden Tioch nicht sicher tödlich. Oft tritt im 
letzten Falle xuerst Kachexie und erst nach Wochen der Tod 
ein. Dagegen verenden die Meerschweinchen nach subkutaner In- 
jektion von 0,00001 bis 0,00005 in 3—4 Tagen und verfallen bei 
noch kleineren Dosen einer Kachexie, während sie nadi dem 
Gennfs foa 1—2 Tropfen Bouillonkultnr innerhalb 24 — 36 Standen 
starben. Beim Afien tritt nach subkntaner Injektion oder Dar> 
idohung per ob von 1 — 2 Tropfen unter gleichen charakteristi- 
sehen Symptomen der Tod in 24^86 Stunden ein. 

Besonders sshlreich sind die Erfahrungen tiber die Wirkung 
der auf Tersehiedene Tiere verfQtterten PestbaiiUen. Bei 
Ratten, die eine fiberans grofse Empf&nglidikdt für Pestbazinen 
besitzen, »IftTst sich in manchen Fftllenc, wie Dieudonntf^) 
meint, »eine direkte Infektion vom Magendarmkanal aus kon- 
statieren, t Von den Mäusen sollen sich verschiedene Rassen der 
Fütterung gegenüber verschieden verhalten. Während bei den 
Versuchen von KoUe von den gelüUerten weifseu Mäusen nur 

0 infiziert wurden, starben böi den Versuchen von Kolle 
und Overbeck alle grauen Hausmäuse innerhalb von 3 Tagen 
nach der Verfütterung. Kolle hat aber dabei berichtet, dafs 
von 80 der Fütterunpspest erlegenen Mäusen nur bei zweien 
Herde im Darm auitraten, ohne dafs eine Veränderung der sub- 
maxillaren Drüsen im Suine eines primären Bubo staltgei'utuien 
hätte. Dasselbe hat sich auch bei den Versuchen von Kolle 
nn Meerschweinchen wiederholt: einige starben nach der Ver- 
fütterung und zeigten submnxillare Bubonen. Die Kaninchen 
waren noch weniger emphndlich, und bei Affen »gelang die In« 
fektion per os sicher«. Hühner reagierten auch auf Verfütterung 
von grofsen Mengen virulenter Pestbazillen gar nicht; bei Katzen 
traten submaxillare ßubonen auf, dabei blieb die Krankheit lokal 
oder ging in eine allgemeine über. 

Und besonders aulfallend ist es, daTs die Ffitterungsversuche 
mit Bakterien, für die bei den natürÜchen Verhftltnissen der 

1) Kolle WaBBeriii»nneMaadb.d.Fatb. MUonorg.» Bd. 2, S 476—502. 



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Von Dr. Markus Rabinowitsob. 109 

Magendanntrakttu eine PkSdüektioiussteUe bilde*, am hiudgeten 
ne^tiv ausfallen» 

Der gewOholidie Darmbewofaner — dae Bakterium Coli 
eommune — hat sieh hei InfekttoneTeräaohen an Hefen ale 
sehr pathogen enriesen» nnd die an Tieren nach der Infektion 
gesehenen allgemeinen Krankheitserechemungen eind, wie Emme^ 

Iich>) zuerst hervorhob und allenthalben bestätigt wurde, jenen 
eines schweren Magendarmkatarrhs sehr ähnlich. Aber eine Er- 
krankung durch Aufnahme der Kulturen per os wurde nach 
Emmerlich und Korkunoff auch dann nicht gesehen, wenn 
der Magensaft vorher neutralisiert worden war. Dasselbe wieder- 
holt sich auch bei der Dysenterie. Wenn die kleineren Ver- 
suchstiere gegen jede Art der Inokulation von Dysenteriebazillen 
aulserordentlich empfindlich sind, so dais V20 Öse (Öse = l' mtf) 
lebender Reinkulturen, einem Kaninchen intravenös injizier i, Itei 
dem Tier Durchfälle und Löinuungen hervorruft, so versagt das 
Experiment bei der Einführung der Bazillen per os.^) 

Während beim Menschen der Typhus »fast ausnahmslos 
durch Verschlucken der Bazillen erworben wird'), so kennen iHr< 
nach Neufeld »kein Tiere, bei welchem der lyphna ihnUch 
wie behn Menschen eine epesifiaohe wohl eharakteiisierto Er^ 
ktanknng aussulileen imatande wflte.c^) A. Frftnkel gelang es 
' aber, Meerschweinchen krank la machen nnd su toten durch 
Einffthnmg der Enltnien in das Dnodenum.*) 

Nikati nnd Rietsch*) ist es auch dnreh das Einfahren 

von Cholerabazillen in das Daodenam gelungen, bei Tieren 
eine tödlich verlaufende Infektion hervorzurufen. Koch^) konnte 

dagegen Meerschweinchen infizieren, indem er die Salzsäure 
des Magens durch 5 proz. Sodalösung neutralisierte und nachher 

1) Kolle'Waitermaniis Haiidbadid. patb. Hikrooig., Bd. II, 8. 884. 

8) Ebenda, 8. 809. 

8) Mehrings Lehrbuch der inneren Medizin, 1903. 

4) Kolb-Wassermanns Uandbuch der pathog. Mikroorg., Bd. II, 6.229, 

5) Ebenda. 

8) Ebenda, Bd. 8. 
7) Ebenda. 



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110 Ezper. UntenochiiBgen ü. cLWirkuag TeUumsbatillea o. ihrer Gifte ete 

mit der Cholera •BeiD^uItur Opiumtiiiktar d«u Tieren - emver» 
leibte. 

- »Matf darf allerdings nicht aufoer aeht laseenc, bemerkt bei 
der Erw&hnang dieser Versache Kolle^),;tdaIiB es sich bei den 
Versuchen, die Meerschweinchen auf diese Weise cbolerakrank xn 
machen, immerhin um einen nemlidi rohen Eingriff bandelt, 
dnrob den die Tiere tinter allen Umstinden erheblich ge- 
sohwAcht werden , und dafs der Infektionsmodtts ein -ziemlich 
intensiver ist, so intensiv, dafs bei gleicher Versuchsordnung 
wohl auch andere Mikroorganismen ähnliche Kraukheitspfosesse 
hervorrufen können, c Was auch experimentell bestätigt wurde. 

Wenn wir jetzt alle hier geschilderten Ergebnisse der 
Fütterungsversuche an den voracliiedeaeu Tieren mit den ver- 
schiedensten Mikroorgaiusmen xAL^amnienfassen , so sehen wir, 
dafs im allgemeinen sämtliche Tiere gegenüber einer Fütterungs- 
infektion mit den pathogetieu Mikroorganismen bedeutend wider- 
standsfähiger, als gegenüber jeder anderen Infektionsart sich ver- 
halten , und dabei sind die verscliiedeuen Tierspezies in ver- 
schiedenem Grade refraktär. 

Aber aufserdem haben wir gesehen, daCs viele positiv aus- 
gefallene Versuche nicht ganz einwandfrei sind, da es nicht aas* 
geschlossen und sogar sehr wahrscheinlich ist, dafs die Infektion 
von der Mund-Rachenschleimhaut oder den Tonsillen ausgegangen 
i t In einigen Fällen dagegen, wie bei den Versuchen mit dem 
Bac. Botulinus, traten trotz der kolossalen Dosis von ö — 10 com 
keine typischen Erscheinungen, sondern eine Kadiexie auf. 

Alle diese auffallenden Tatsachen, wie auch die von R ab n er') 
festgestellten, dafs die Bakterien im Darm, wechsdnd nach der 
Kost und der Art der Zubereitung der Speisen, sehr reichlich 
sind, und 1 mg Kot bei gemischter Kost 1,2 Millionen Keime 
enthält, sprechen mit grofser Wahrscheinlichkeit dafOr, dafs nur 
der Magen durch seine . Sekrete die Pathogenit&t der Keime 
beeinflufst oder vernichtet. 

1) Kolle WasBcrmanns Handbach der pstbog. IfikrooTg., Sl 26. 
8) Lehrbuch der Hygiene, im 



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Von Dr. Hirfci» BabtnowitMli. 



Dafs es in der Tat. 60 ist, und dafs aufserdem noch unter 
yerschiedeuen Bedingungen diese Wirkung des Magensaftes auf 
die Virulenz der Bakterien stark modifiziert werdtti oder ganz 
ausbleiben kaPD, dafür werde ich in folgendem an der.Haud 
der £xperimenter mit dem TetanusbaiilluB Beweise zu liefern ver; 
Biidien. 

' Experimenteller Teil. 

Wie allgemein bekannt, ist der Tetanusbazillus in unserer 
Umgebang derart verbreitet, dafs von seiner Ubiquitftt ge« 

sprochen wird. 

So bat ibn schon Nikolaier sein Entdecker» bei seinen 
Untersuebnngen von versobiedenen Erdproben einmal in 12 
von 18, und das sweite Mal in 81 von 172 Proben gefunden. > 

Boss an o^ bat diese Versuche nachgeprüft und fand in den 
von ihm untersuchten 38 Erdproben, die allen fflnf Erdteilen an* 
geborten, 26 mal den IVtannsbasillus. • , 

. Bisser i^^ fand den Staob von viel benutsten StralBen, 
Reitwegen, den Sand- vom Boden einer Reitschule stark in- 
fektiös. 

Nikolaier, Sanchex-Toledo» Reclus n. a. haben nach- 
gewiesen, dafs gedüngtes Acke^ und Gartenland, Rieselfelder, 
Höfe und Stralsen besonders b&ufig und zwar infektiöse 
Tetannsbasillen beherbergen. Vielfach wurden sie auch iimer- 
halb der Wohnungen nachgewiesen. 

Lortet^) fand die Tetanusbazitlen im Schlamm des Genfer 
Sees und des Toten Meeres, und nach Ringe ling durchqueren 
die Telaimsbazilleii im Bielschwasser der Schiffe die ^\'eltlnee^e, 
iwobei sie es denn auch gar nicht selten zur ßcatätigung ihrer 
pathogenea Eigenschaften konnnen lassen.»-) 

Sanchez-Toledo und Veillon-) liaben bei ihren Unter- 
. suchungen des Kotes der Tiere in 50 der untersuchten Fälle 
den Bazillus nachgewiesen, und Vizziui konnte in 5 % der 

1) Kone-Wa«B«i'inannB Handbuch der patliog. VXlaootg^ Bd. % 
S. 667. 



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113 Ezper. üotonaeliitng«!! II. d. Wirkiiiig d. Tatan wbMilltn v. ihrer Giflfa» «te. 

Fälle auch mit menschlichem Kot Tetanus erzeugen. Wie die 
Tetanusbazilleii in den Darm der Tiere eindringen , darüber 
haben die Untersuchungen von Rietsch eine Aufklärung ge- 
geben, indem sie zeigten, dafs die Tetanussporen auf Gras und 
Heu und anderer Nahrung oft haften bleiben. Es lag nach dieser 
Erfahrung der Gedanke nahe, dals auch beim Menschen auf 
diesem Wege, zusammen mit der Nahrung, die Bazillen in den 
Magen eingeführt werden, und die von mir aogesteUten später 
folgenden Versuche haben es auch bestätigt. 

Axd Veranlassnng meines hochverehrten iiehrers, Heim 
Geheimrai Prof. Dr. Bnbner, dem idi meinen eigebensten 
Dank fOr das stete Interesse an den Untersuchnngen ausspreohe, 
habe icb eine Utotersnobmig der Erdbeeren und Kirschen auf 
Tetanusbazillen unternommen. 

Es wurde 1 Pfund gans frischer firdbeeren') in 200 ocm 
steriler pept^misierter Rindfleischbouillon abgewaschen. Um die 
BerQhrung der Hsnde mit steriler Bouillon su vermeiden, habe 
ich jede einzelne Erdbeere am Stiel angefabt und wiederholt in 
die Bouillon eingetaucht Nachdem alle Erdbeeren in diesa 
Weise abgewaschen waren, hat sich die Bouillon getrübt, und 
der Boden des Glasbedxers war ganz mit Sand bedeckt, 

IMe mikroskopisdie [Intanuchung der Bouillon im hängenden 
Tropfen hat ergeben : zahheiehe Kokken von verschiedener GhOfse, 
noch mehr intennv bewegliche Stäbchen und einzelne end- 
ständige Sporen. Die Sporen waren auch durch die Sporen« 
färbung nachweisbar. 

Nach kiaiiigeni ('inschüttelii wurden mit verschiedenen 
Menden dieser l^ouillon {Ü,2; 0,4; 0,6; 0,8 und 1 ccm) je 2 Mäuse 
subkutan oberhalb der Schwanzwurzel geimpft. 

Fünf von den geimpften Mäusen sind zugrunde gegangen 
und zwar; eine, der 1 ccm injiziert wurde, ist schon nach 
24 Stunden tot aufgefunden worden; die zweite nach 36 Stunden: 
von den mit 0,R ccm geimpften ist eine nach 2 Tagen und die 
zweite nach 8 Tagen zugrunde gegangen; endlich ist noch eine 

1) Die Krdbeeren wunlMi mit Absiebt, um aie frisch uod nldrt fs- 
w«sch«n ma bekommen, vom Wagen beim StrafBenhändler gekauft. 



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Tob I>r. Hukns Rabfnowltoeh. 



113 



vou den mit 0,6 ccm geeimpfton nach Id Tagen eingegangen. Aber 
keine von diesen zugninde gegangondn Mäusen bat das typische 
Bild der Robbenstellung dargeboten. 

Die negativen Eigebnisse des Versuches trots des Vor- 
handenseins von endständigen Sporen haben mich veianlafst^ ihn 
mit einigen Varianten sa wiederholen. Es wurde wieder 1 Pfund 
Brdbeeren yerbniucht, aber sum abwaschen eine Spros. Zucker- 
bouUlen angewendet Diesmal hat die mikroskopiseheUntersuehnng 
etwas mehr endständige Sporen in der Bouillon ergeben. 

Die ganze Bouillon wurde nach kräftigem UmschOtteln in 
▼ier gleiche Teile geteilt, jeder versdiiedenartig für sieh weiter 
behandelt und auf je 8 Mäuse subkutan oberhalb der Sehwani- 
wunel veiimpfl. 

fiÜn Teil wurde ohne jede weitere Behandlung zur Injektion 
benutzt, der zweite nachdem er eine halbe Stunde lang bei 80' 
gewännt worden war. Die ttbrigen zwei Teile, Ton denen einer 
▼orher auch eine hslbe Stunde bei 80^ gewärmt wsT, wurden 
drei Tage im Bratschrank bei 37° gehalten und nachher auf 
Mäuse verirapft. Vor der Füllung der Spritze wurde die Bouillon 
jedesnittl, um eiae gleichmftlsige Verteilung der ixeime zu erzielen, 
kräftig umgeschüttelt. 

Die Ergebnisse dieses Versuches sind in folgender Tabelle 
zusammengestellt. (Tabelle I.) 

Wie aus der Tabelle zu ersehen, sind von den 32 geimpften 
Mäusen 17 eingegangen, und von diesen zeigten nur 7 eine für 
den Tetanus typische Robben Stellung. 

Zwei von den eiugegangeuen Mäusen, Nr. 28 und 27, sind einer 
Kachexie verfallen: sie machten einen elenden Eindruck, hatten 
struppiges ilaar, waren abgemagert und sahen vor dem Tod wie 
mumifiziert aus. Wie zu erwarten war, sind mit typischen 
Tetanuserscheinungen nur diejenigen Mäuse, die mit der auf 80** 
erwärmten, bzw. auf 80" erwärmten und drei Tage im Thermo- 
staten gehaltenen Bouillon infiziert wurden, eingegangen. Es ist 
jedoch SU bemerken, dafs beinahe bei sämtlichen infizierten 
Mäusen nach 2 — 3 Tagen eine deutliche Streckung des Schwanzes 

(FortMteDng de» Textes mf 8. 18.) 



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114 Exper. üntoraudmiigMi a. d.Wiri(aDg d. TetanuilMBUleii u. ihrar Gifte «te. 



Tabelle L 



1 

Laufende 

1 


II 

Art des InjektioDS* 
mateneu 


\f An srn 

in 1 
cen I 


Kangen 
naoli 
stdn. 


gangoD 
Tr9«d I 


Bemerkungen 


1 ; 


Bouillon direkt nach i 


0,2 


— 


— 


Bleibt am LebM. 


- 


dem Abwaschen ! 






- 






0.2 


— 


— 




3 


> 


0.4 


— 


— 


> 


4 




0,4 1 


— 


— j 




5 


> 


0,6 




3 


Keine Robbcnstellg. 


6 i 


» 


0,6 




— ' 


Bleibt am Lebea. 


7 




0.8 


36 


— 


Keine Bobbenetellg. 


8 


» 


Ofi 


— 


47. j 


> 


9 


Bonillon nach dem Ab* 


0,2 






■ Bleibt am Lebea. 




weachen Vt Stunde bei 




1 






äO* erwttrmt 










10 ! 






— 


— 1 


> 


11 




0,4 


— 






12 




1 0,4 




- 




18 




' 0,6 


— 


— 


> 


14 


> 




— 


21 ; 


BobbeneteUnng 


15 


» 


0,8 


— 


7 1 




16 




0.8 


— . 


15 


» 


17 


Bouillon direkt narh dem 


0,2 






Bleibt am Leben. 




Abwaschen aui 3 Tage in 










den Tbennoelet gebrodat 










18 


» 


0.2 


— 


— 


> 


19 


9 


0,4 


— 


19 


Keine Robbenstellg, 


20 




04 






Bleibt Hin Leben. 


31 


9 


06 




6 


Ivoinn RnHhAniitAlldr 




: 


VJO 




11 


1 9 , 






\ 08 

> 


mV 




1 ^ 






1 *»fe 




ft 


1 % 
1 V 


25 11. 26 


Bouillun nach dem Ab- 


0,2 






1 

1 Bleiben am Leben. 




waschen Vi Stunde bei ÖO** 










a. 3 Ti^e im Tfaennoetet. 








1 




gehalten 


















26 


; Sehr stark absemag. 




1 ■ • 


1 






1 n. RobbenetMlnng. 


28 


• 


0,4 




45 


!| auch 


29 


1 

» 


0.6 




7 


': BobbeneteUung. 


SO 


> 


0,6 




3 


> 


Sl 


» 


0,8 


49 




• 


32 


Ii 


0,8 




2V, 


» 



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Von Dr. ÜMfetm B*lrtiioifittch. 



115 



und eine Parese der Hinterbeine zu konstatieren war. Aber diese 
Erscheinungen sind bei den übhgQa M&useD. nach emigen Tag^u 
.wieder ganz vergeh wuodeD. 

Es wurden in gieieher Weise in demselben Jahr« 1905 noch 
drei Eidbeerproben geprüft, von denen zwei pöeitiv ausgefallen 
sind, 'and im Sommer dieses Jahres wurden noch vier Erdbeere 
proben und fünf Kirschenproben nachgeprüft. Von den vier 
• Erdbeerproben haben drei bei Mäos^ Tetanus erzeugt, y<Hi den 
Kirachenproben nur eine. Wenn man nach Feststellung dieser 
Tatsiichen bedenkt, dafs die Mäuse im Vergleich mit dem Pferde 
eine yerhftltnismftisig geringe Empfindliohkeit für den Tetanns 
besitsen, dSt wie festgestellt worden ist, die todliehe Minimaldoäs 
für X g Maus 12 mal so groJs ist wie diejenige für 1 g Pferd; 
bedenkt man weiter, dais der Mensch, der in seiner Empfänglich* 
keit gegenüber dem Tetannsgifte »das Pferde, wie Lingels- 
heim^) betont, »yiellelcht noch übertrifftc, sehr viel Erd- and 
Terscbiedene andere Beeren and Obst, Qemflse and mehrere 
andere Nahrungsmittel, die auf der Erde wachsen oder mit ihr 
in Berührung kommen, fortwährend veiaehrt,. so zwingt sich die 
Frsge auf: 

Wird die Patliogcuität der vom Mensdien mit der Nahrung 
fortwährend yerschluckten und von Pizzini^) auch im Kot nach- 
gewiesenen Tetanusbazillen ▼ernichtet? Und wodurch wird sie 
vernichtet? Oder werden die Bazillen bei der Passage des Magen- 
darmtraktus nur in der Art beeinflufst, dab sie unter bestimmten 
Bedingungen irgendwelche, wenn auch nicht typische, Erschei- 
nungen hervorrufen könnend Diese Frage ist. wie mir scbeint, 
um so mehr berechtigt, nls aucb bei den verscliiedenen anderen 
Bakterien nach der Passage des MageudarniLraktus derartige Ver- 
änderungen ilirer Eigenschaften, wie es m der Einleitung aus- 
einandergesetzt wurde, zutage treten. 

Schon vor vielen Jahren wurden von einigen Forschem Ex- 
perimente au Meerschweinchen und Kauinclien ausgeftlhrt, um 
festzustellen, ob die Tetanusbazillen und ihre Gifte auch vom 

1} KoUe WassermannftHMidbnebd. pathog.Mikroois^ Bd. 4^8. 988. 
^ Ebenda, Bd. 2, 8. 567. 



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116 Bspar. UntaMBobottfen fl. A. "Wiikmtg d. T»taniub«sUI«n n. ihnr GIfle «tc 

MageiKlannträktua aus eine (,yi>ische Erkrankung erzeugen, und 
was mit ihnen nach der Passage dos Darmtraktus geschehe. 
Und alle Forscher, die sich mit dieser Frage beschäftigt haben, 
sind übereinstimmend zu dem Scblufs gekommen, dafs weder 
die Tetaiuxsbazillen noch ihre Gifte eine typische Tetanus- 
erkrankung zu erzeugen imstande sind, aber über das Schicksal 
derselben nach ihrer Passage durch den Darmtraktus haben 
die vezschiedeiien Forscher gans veiachiedeiie Ansichten ge- 
wonnen. 

So mar i^) war der erste, der solche Versuche ausführte, 
und ist auf Grund seiner Experimente su dem Schltisse gelangt, 
dals der Tetanusbazillus den Verdauungskanal gesunder« pflansen* 
fressender und fleischfressender Tiere passiert, ohne den Tod 
oder auch nur besondere krankhafte Erscheinungen su erseugen, 
und dals die Verdanungssftfte dieser Tiere den Tetanusbasillus 
weder su toten noeh su verftndem vermögen. 

Vincenzi^ studierte das Schicksal des Tetanusg^s, welches 
vermittelst der Schlundsonde in den Magen des Meerschweinchens 

und Kaninchens gel)iacht worden war. Während 7., IVopfen des 
(Giftes genügtt?, um ein Meerschweinchen bei subkutaner In- 
jektion in zwei Tagen zu töten, so waren 5 — 10 ccm, iu den 
Magen eingebracht, für das Meerschweinchen unschädlich, uud 
da das Blut und der Urin derselben ?(iauernd von Tetanus er- 
zeugender Filhiijkeit frei waren' , .so schhei'st der Verfasser 
daraus, dafs «laö 'IVtatuisgift durch die Schleimhaut des V^er- 
dauuugäkanals, spe/ieil des DüDudarmSf neutralisiert wird. 

Fermi uud Ceili^) haben aus ihren Versuchen gefolgert, 
dafs der Magensaft das Tetanusgift blofs durch die Einwirkung 
der Salzsäure zerstört, dafs das Pepsin hingegen, wie auch der 
Speichel, derPankreassaft, der Darmsaft und gewöhnliches Trypsin- 
präporat indifferent oder ohne deutliche schädliche Einwirkung 
sich seigten. Auoh in Urin, Galle und Fett bleibt das Tetanus- 

1) Zentralb] f. Biikter , Bd. VI, S. 139. 

2) Deuteche med. Wot henschr,, 1893, S. 778. 

3) Zentralbl. f. Bakter., Bd. XII, S. 617. 



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Von Dr. Ifai^iui lUblnowitadi. 



117 



gift lange unverändert. Auffallenderweise fügen die Autoren in 
derselben Arbeit noch hinzu, dafs auch nach Injektion von 
grofseu Dosen (20 ccni) das Gift nach nur einer Stunde voil- 
st&ndig aus dem Intestinum yerachwindet, und die Zersetzung 
desselben erfolgt durch die Tätigkeit der Intestinalwände selbst, 
nnd die Zerstörung des Giftes findet auch in dem vom Tier- 
kOiper getrennten Daim statt 

»Dies führt misc, sagen die Verfituser, tsu dem Schlusse, 
dafs die Zersetzung deroelben nicht hlofe wAhiend der Resorption 
und dnreh clie lebenden und funktionierenden Zellen der Dann« 
wBnde erfolgt, sondern auch durch dieselben, wenn sie befeits 
abgestorben sind.« tübngens«, bemerken dabei die Autoren 
selbst^ füllt es in letsterem Falle liemllch schwer, su begreifen, 
wie dne so grorse Giftmenge, die in einen unbeweglichen und 
mit Fftses gefüllten Darm injisiert wird, in so kuner Zeit mit 
den Darmwlnden vollständig in Kontakt konunen kann, um 
sentort zu werden«.^) Demgegenüber hat Fermi swei Jahre 
spftter, gelegentlich ein» «weiten Untersuchung, die er zusammen' 
mit Fern ose i ausgeführt hat, sich folgendermafsen geäufsert: 

»Die zerstörende Macht über das Tetanusgift, welche dem 
lebenden Darrae eigentünihch und fast Null ist im Darme post 
mortem, ist zuzuschreiben weder den Mikroben, noch den Fer- 
menten, noch der Galle, noch dem Darminhalte, noch den Drüsen 
Brunners oder jenen Lieberkühns, sondern dem Epithel, 
welches den wirksamen Teil des Absorptionsapparates aus- 
machte^ 

m 

Dagegen ist Ransom auf Qrund seiner Untersuchung su 
diesem Schlüsse gekommen: »Das Gift wird weder vom Magen 
noch vom Darm absorbiert, infolgedessen erscheint weder Gift 
noch Antitoxin im Blute, und es wird nicht serstOrt) sondern 
flielirt unverftudert durch den ganzen Kanal und wird per anum 
au^;esohieden.«^ 

1) a. a. 0., S. 618. 

2) Zentralb!, f. Bakter, Bd. XV, S. 308. , 
3} Deutache med. Wochenscbr., 1898, Nr. 8. 



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t-1 8 £zp«r. UntennehuigiMii A. d. Wirkong d. l^mnusbMiU«! o. ihrar Gifte «te. 

Diese allen bis Hahin gemacliten Erfahrungen wulorsprechen- 
den Si hlufsfolgeningen von Kansom haben Vinceuzi^) .sogar 
veranlafst, üffentlich seinen Zweifel an der Richtigkeit der Ex- 
perimente von Rauson) zu verkündigen, worauf Ransom-) 
erwiderte, dafs er 60 — 70 fach grdfsere Giftdosen angewandt hätte, 
wodurch das Auffindeii des Qiftes bedeutend erleichtert worden 
wäre. ... 

Endlich ist noch die Arbeit yon Thal mann zu berück- 
siehtigen, der zahlreiche FütterUngSTersuche mit TetanusbaziUen 
an Meerschweindien, bei denen vorher der Dartnkanal durch 
Versch^ene energische chc^sche Reizmittel oder »sehr spitze 

..Glassplitter« lAdiert war, ausgeführt ; hat und auf Grund seiner 
Experimente sa di^m Schlufo gekommen ist, dafo »auch beim Be- 
stehen sehr schwerer. DarmsohAdigungen die Anwesenheit Ton 
TetahüsbasdUen und Tetanusgift im Daimtraktus d«8. Meer- 

: Bchweinchens yon .der Speij^eröhre nach abwfirt» fflr den Trliger 

• ohne B^deatttilg ist.f') 

Alle diese hier geschilderten Versuche hated«, wi^ wir sehen, 

: angeblich den Beweis geliefert» dafs nach einer,£infttlMrung. selbst 
groCser. Mengen von Tetanosbasillen . oder Tetanuagift per os die 
Tiere keine typischen Krankheitserscheinungen» wie wir sie bei 

^ den an Tetanus erkrankten . Tieren su finden gewohnt sind, 
sseigen. Aber aus keinem von den geschiidarten Versuchen ist 
zu entnehmen, ob nicht irgendwelche anderen Erscheinungen 
bei den gefütterten Tieren zum Vorschein kamen«, und die An« 
gaben über das Schicksal der per os einverleibten^ Bakterien 
bxw. Gifte nach der Passage des Verdauung^traktus widersprechen 
einander. Das letzte kann auch nicht befremden, denn die V^^' 
suche wurden von den Autoren in der Weise angestellt, dafs 

"man ans ihnen keine einheitlichen Ergebnisse erhalten konnte. 
Dafs es in der Tat so ist, das beweisen die in ganz gleicher 
Weise ausgeführt cii, aber ihren Ergebnissen nach einander wider- 
sprechenden Versuche von Viiicenzi und Ransom. 

Ij Deutsche med. WocbeoBdir., 1898, Nt.^. 

2^ Khcnda, S. 103. - • 

3; Zeitfihr. f. Hyg., Bd. 33, S. 400. ' 



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Von t>r. Markofl fiabluowitaeh. HO 

Vinceiizi^) hat Meerschweinchen dnrch die Schlundsonde 
je 5 — 10 ccm Tetanustoxin io den Magen eingeführt und nach 
5 Stunden deren Magen, Dünn- und Dickdarm mit ihrem Inhalte, 
wie auch die vor der Tötung erhaltenen Exkrete, auf Mäuse ver- 
impft und hekatn ein negatives Resultat. 

Ransom-t hat in gleicher Weise Meerschweinchen durch 
die Schhindsonde jo 5 — 10 ccm Tetanustoxin in den Magen ein- 
geführt und in ganz gleicher Weise nach 4—5 Stunden deren 
Magen, Dünn- und Dickdarm mit üjreni Inhalte, wie auch die 
vor der Tötung des Tieres erhaltenen £xkr6t6, auf M&use ver- 
impft und bekam ein positives Resultat. 

Da aber die Zusammensetzung des Kotes (seiner oxgnnischeil 
und anorganischen Bestandteile, seiner Bakterien und deren 
Stoffvrechaelprodukte) nicht etwas Bestimmtes und Konstantes, 
sondern etwas sehr W^echselndes ist» so rnüfsten auch die mit 
diesem ausgeführten Impfversuclie verschieden aosfallen. Und 
«B ist doch wohl bei derartigen Versuchen sehr schwer w. ent- 
seheiden, ob nicht das Fehlen von einigen Erscheinungen bei 
den negativ ansgefallenen VenucheD anf die Beeinflnssong der 
anderweitigen Bestandteile und Bakterien des Kotes und deren 
Stoffwechselprodukte zurücksofOhren ist; ebenso ist es ander- 
seits möglich, dab bei den angeblich positiv ausgefallenen Ex> 
peiimenten die Erscheinungen durch dieselben Momente vor> 
get&UBcht waren. 

In den oben (Tab. I) geschilderten Versuchen sahen wir, 
dafs die tetanischen Erscheinungen bei den geimpften MAusen 
fehlten, obwohl in der Bouillon zahlreiche Tetauussporen nach* 
gewiesen wurden; diese traten aber sum Vorschein, nachdem 
die Bouillon bei 80' erw&rmt wurde. Die weiteren Versuche 
werden auch den Beweis liefern, da& mit normalem Kot ge- 
impfte Tiere tetanus&hnliche Erscheinungen vortauschen, die in 
einigen Fällen nach 5 — 10 Tagen verschwinden, in den anderen 
zum Exitus des Tieres führen. Diese Experimente werden auch 
nachweisen, dafs der Menge des Virus bei den Fütterungs- 

1) DeiitHche med. Wocbenschr., Nr. 25. 

2) Ebeuda, Nr. 8. 

Archiv für HyKlene. Ud. LXI. 9 



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j fisp«r. Üiitonaebongto tt. d. Wirkung 4. 'jr^t«niiabaiili«ii u. Ihrer Qifle ete. 

versnolien keine wichtige Rolle zuzuschreiben ist. Was die ander- 
weitigen Versuche von Ran so m anhingt, so sind in diesen, 
meines Eraclitens, auch andere Fehler(iuellen nicht ausgeschlossen. 

Der Autor legt sehr viel Wert darauf, dafs die verschiedenen 
Teile des V^erdauungstraktus mit ihrem Inhalte auf Mäuse ver- 
impft verschieden intensiv gewirkt haben: »Mageu- . — leichter 
Tetanus, Dünndarm — mäfsiger Tetanus and Dickdarm — Te^ 
tanustod nach 3 Tagen (Versuch 2)c.^) 

Dafs diese verschiedene Wirkung der Tersduedenen Teile 
des Verdauungstrakius die vorausgegangenen Erwägungen nicht 
widerlegt, sondern sogar bestätigt, das folgt aus der Tatsache» 
dafs in dem stark sauren Mageninhidt des Meerschweinobens 
keine oder nur sebr wenige wirksame Keime sind« ebeneowenig 
Keime sind im teilweise noch sauren Inhalt der oberen Dflnn- 
daimteile vorhanden, und nur im Dickdarm sind sie sehr xahl- 
reich. Und außerdem, ob der grOfste Teil des in den Magen 
des Meerschweinchens eingeführten Giftes, angenommen, dab es 
unserstOrt und unresorbiert bleibt, schon nach 4 Stunden im 
Dickdarm erscheint, mufs doch fraglich erscheinen, nachdem 
Münk festgestellt hat: »Bei den kleinen Herbivoren, Kanin- 
chen und Meerschweinchen, sind die Magenbewegungen so träge, 
dafs der Inhalt sehr lange Zeit im Magen stagniert«.') Noch 
unwahrscheinlicher ist es aber, dsÜB das verfütterte Gift schon 
nach 2 Stunden mit dem Kot ausgeschieden sein soll, wie aus 
folgender Mitteilung Hansoms in demselben Versuch folgt. 

»Zwei Stunden nach der Vergiftung hatte das Meerscbwein* 
eben 12 — 15 ccm Exkremente entleeri Davon bekam eine Maua 
0,5 ccm unverdünnt, sie starb innerhalb 25 Stunden an allge- 
meinem Tetanus. Die Exkremente stammen zum gröfsteu Teil 
aus dem Darm, zum kleineren Teil aus der Harnblase.« 

Aus diesen Ergel)nissen wäre doch, meines Eraclitens, mit 
gröfseror Wahrsclx-inhchkeit der Schlufs zu wichen, dafs die her- 
vorgetretenen Erscheinungen bei den Mäusen auf die Wirkung 

1) Vom Meerflcbweindaen, welches nach 4 Blanden UMh der Fttttorung 
getötet wurde. 

2) a. tt. < ) , .S. 14 J. 



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VoD t)r. l^kos BAbinowitadi. 



1^1 



des Kotes oder Urios selbst oder beider zusammen zurück- 
zufühi-en öind. 

Dafs auch der normale Urin tetanusähnliche Erscheinungen 
beim Versuchstier erseugen kOnne, das haben v. Leyden und 
BlumenthaP) hervorgehoben, indem sie ausdrücklich betont 
haben: »Man lasse sich ja nicht täuschen durch kloaisch-tonische 
Krämpfe, welche mau gel^ntlich mit Urin von Menschen, na> 
mentlich aber von Pflanzenfressern hervorrufen kann. Diese 
sind durch den Salsgehalt des Urins bedingt, c Auch die von 
mir ansgelührten und weiter su sohildemden Verauche haben es 
best&tigi. 

Aber davon abgesehen, ist es doch möglich, daüi nach 
2 Stmiden das resorbierte Qift mit dem Harn ausgeschieden war, 
und es mofste zuerst entschieden werden, ohr die Wirkung im 
Ran som sehen Falle auf Kot oder Urin surllcksuillhren sei. 
Dafe auch diese MlVglichkeit nicht ganz ausgeschlossen ist, haben 
Bruschetini, Charrin und Kartullis^) bewiesen, dafür 
sprechen mit grofser Wahrscheinlichkeit, wie später bewiesen 
werden wird, einige von mir angeateliten Versuche und der 
Versuch 3 von Ran.som selbst. 

In diesem Versuche wurden einem 500 g schweren Meer- 
schweinchen 10 ocm 5 proz. Tetanustuxinlösung ]»er os eingeführt. 
»Nach 2 Stunden hatte das Tier :, wie Ran so in berichtet, "Ca. 
15 ccni Flüssigkeit mit einigen Stückchen festen Kotes entleert. 
Von der Flüssigkeit, welche mit Kotbestandteilen imprägniert 
war, bekam eine Maus V20 ^^cm: 24 Stunden Tetanustod; eine 
Maus */2,>oo ccm: 3 Tage Tetanustod; 1 Maus V&oooo ccm: in 5 Tagen 
Tetanustod. Der Rest der entleerten Flüssigkeit wird mit dem 
entleerten festen Kot verrieben, davon bekam eine Maus ^/loo^o ccm: 
in 36 Stunden Tetanastod. Der Behälter wird jetat gereinigt. 
Es sammelten sich in den nächsten 12 Stunden ca. 40 ccm 
Flüfisigkeit und mehrere Stückchen Kot an. Von dem verrie- 
benen Kot und Flüssigkeit bekam eine Maus % ccm: sie macht 

1) Nothnagels spezielle Pathologie uud Therapie, 1900, 8. 11. 

2) Ebenda. 

9* 



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122 Szper. üntereachangttii fl. d. Wirkang d. Ttotanttsbadtleii o. iliMr Gifte «tc. 

einen ziemlich starken Tetanus durch uud war am 8. Tage(!) 
noch sehr krank«. ^) 

Aus diesem Versuche, in dem Veoooo der Exkrete in 
5 Tagen den Tod der Maus hervorgerufen haben, geht mit grolaer 
Wahrscheinlichkeit hervor, dafo in diesen Toxin vorhanden war. 
Und wenn wir mit dem Antor annehmen, dab das Toxin wedef 
zerstört, noch resorbiert uud mit dem Kot per anum ansge' 
schieden wird, so driliigt sich unwillkürlich die Frage auf: warum 
haben die im Laafe der weiteren Stunden (nach den ersten 
2 Stunden) ansgesohiedenen Kotmaasen in einer Menge von 
% oomi also in 2600 mal grOfserer, in 8 Tagen die Maus noch 
nicht getötet, wenn aus dem vorher geschilderten Versuch 2 nach 
Raneom folgte, daft vier Stunden nach der Fütterung die Haupt* 
menge des Giftes im Dickdarm vorhanden sein sollte? 

Die beiden von Rauaom geschilderten fikgebnisse sind 
nach seiner Deutung vollstttndig unvereinbar. Dagegen werden 
beide Versuche leicht verständlich und erklfirlidi, wenn man 
annimmt, dab das Gift mit dem Harn ausgeschieden war. 

Was die Versuche von Tlialiniinn betrifft, so scheint mir 
bei deren Schilderung sehr tiuiiallend zu sein, dafs die Meer- 
schweinchen, trotzdem sie mit Ol Ricini und Natr. Carbonicum- 
Lösung, oder mit Ol. Crotouis und Natr. Carbon., oder Ex- 
tractum Colocynthid. und Natr. Oarhon., oder mit Pulv. Sennae 
und Natr. Carbon., oder m i t » s e Ii r spitzen« ( i 1 a s s p 1 i 1 1 e r n 
und Tin ct. Opii nach einer 1 tätigen Hungerperiode 
vor der Fütterung mit Tetatuisbazillen vorbehandelt wurden, 
eines ^dauernden Wohlbefindens^'-) «ich erfreuen und 
überhaupt keine krankhaften Erscheinungen gezeigt haben sollten. 

Wie in der Einleitung erwähnt wurde, liat Kolie die Vor- 
behandlung der Meerschweinchen durcli ^'< rfütterung von Soda- 
lOsang und Tinct. Opii als einen ziemlich rohen Angriff be- 
zeichnet, durch den die Tiere unter allen Umständen erheblich 
geschwAcht werden, und meint, dafs bei gleicher Versuchsord- 

1) a, a. O-, S. IIH. 

2) Ii. a. C>., S, 3%-3'J'J i^meiue Kursiv.-^ohrift). 



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Von Dr. Miirkua Rabinowitech. 



123 



nong wohl auch ander« Mikroorganismen der Cholera Ähnliche 
Kiankheiteprozeese hervorrufen ktonen. Aus alten zuletet ge- 
schilderten Erwftgttugen heraus hielt ich es für angezeigt, die 
Frage nacbsnprOfen. 

Die Versuche wurden mit Agar* und Gelatinetetanudculturen 
und mit 5 pros. ToxinlOsung zum Vergleich ausgeführt. 

Bei PlrüfuDg der Virulenz des im Lahoratorinm des Hygie- 
nischen Institutes zurzeit vorhandenen Tetanusstammes stellte 
sich heraus, dalk eine Pla1andrahtq>itze der anl Agar gezüch- 
teten Kultur eine Maus bei subkutaner Einverleibung in 3 Tagen 
tütete, während eine in gleicher Weise mit Gelatinekultur geimpfte 
Maus erst nach 6^« Tagen einging. Das zu den Versuchen be- 
nutzte Toxin war etwas filteren Datums, darum war es notwen- 
dig, an verschiedenen Tieren Vorprüfungen anzustellen. Es 
wurde deshalb eine Maus, ein Meerschweinchen und Kaninchen 
mit dem Toxin subkutan geimpft. Die Maus wurde mit einer 
Dralitspitze von Totanustox'in geim|)ft und ging erst nach 3 Tagen 
ein. Das Meerschweinchen und ivaimichen wurden mit je 5 ccm 
einer 5 proz. Toxinlösung subkutan geimpft (Tabelle II). 

Die Ergebnisse dieser Impfung haben die Vermutung, dafs 
das Gift schwach wirksam sein werde, bestätigt, aber aulsordem 
hat das Kaninchen ssehr merkwürdige Erscheinungen gezeigt, 
die es für seiir zweckmälsig erscbemeu Uelsen, noch weitere Ver- 
suche mit diesem Toxin anzustellen. 

Wie die Tabelle II zeigt, hat die kolossale Menge von ö ccm 
der 5 proz. Toxinlösung nach 24 Stunden beim Meerschweinchen 
2 nur eine Lähmung dos linken Hinterbeins hervorgerufen. Aber 
nach 48 Stunden waren schon alle Extremitäten gelähmt, und 
es war schon im Eingehen. 

Das Tier wurde chloroformiert und aus dem Herzen frisch 
entnommenes Blut, sowie Urin, Galle, Rückenmark, Leber und 
Milz auf Mäuse verim[)ft. 

Blut, Urin und Galle wurden direkt, die Organteile mit 
steriler physiologischer Kochsalzlösung fein verrieben auf je 
zwei Mftuse verimpft. Von den elf geimpften Mäusen ist nur 

(Fortsetsang de« Ttttee auf 8. 126.) 



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124 Exper. UulerfiucbuDgen fl. d. Wirkang d. Tetanasbazillen u. ihrer Gifte etc. 



Tabelle IL 



1 

Lfd.' 

Nr.! 


nwert 


Ge- 
wicht 


Art 

der Impfung , 

1 


Tog 
der j 
Imp- , 


1 

V«rl»Qt 

, ! 


t 

Tag 

des , 
Todes 


Be 

merkangen 


1 


Maas 

1 

1 

1 


13 


1 

Eine Draht- 
«liitze reinnn 

kataiii linke 


16. 
X 

19. i 


17. X., linke hint Ex 

trfiiiitat ger^treckt, 

Extremitäten. 


19. 

X. 


Robben- 
stoUong. 


2 


Meer-^ 
eehw. 

1 

1 


410 


|5 ccm 5pros. 
iTozinlOsangl 

eabkutan 
|reht8.geimpft 

1 


X. 


20. X., 870g, r. h. Extr. ' 

21. X , S.^g.hinf.Kxtr. 
gestr., vord. angtizugen. 

I »y-jinoe. 

Dnrcb CiitoroL getötet, j 


21. 

X. 




8 


Maasj 


15 


0»4ocm Blat 
V. Heerechw.' 


i 21. 

; X. 


mnnter 

1 


27. 
XI. 


stark 
abgemagert 


4 


» 


14 




1 > 


> 




Bleibt «.Lob. 


w 




Iß 


0 R **^*m TTri n 

V. Meerscbw. 
Mr.». 


> 
* 


1 






6 




18 

J 


0,8 ccm Urin 
Nr. 2. 


> 


Die ersten Taire sieht 
tcMnk A.US untl ittt 

AI BU» wU0 UUU tC^V 

sehr empfindlich. Er- 
holt rieb 




» 


7 


> 




0,5 ccm (iaile 

V \1 AArfti^ Ii w 

V ■ if I. WI OlrU W - 

Nr. 2. 


» 

1 


mnnter 




» 


8 


> 


16 


0,2 ccm 
Rückenmark 
V. Meeracbw. 
Nr. 2. 


1 > 


> 


XI. 


stark 
abgemagert 


»1 

! 

i 




14 


0,5 ccm 
Rückenmark 
▼ • in QWBts u w • 

Nr. 2. 


> 


22. X. linke liint. Extre- 
mität gestreckt 


24. 
X. 


Robben- 
stellnng 


10 t 

1 




13 


lO,5ccmLeber- 
' emulsion 

\r 2. 


> 


maoter 




!Bleibta.Leb. 


11 


* 1 


1 K 


,U|0 ccmLieDer- 
1 emnlsioD 

V. Meerschw. 
Nr 2. 


1 ' 






f 




1 • 
1 


17 


0,5 ccm Milz- 

emulflion 
V. Meencbw. 
Nr. 2. 1 


> 

1 


> 




» 


i»it . 


, w 

l 


> 

> 


> 

• 


. ! 

- 


1 


1 . 



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Von Dr. Markus Rabinowitoefa. 



125 



Fortsetzung der Tabelle U. 



14 KftDin- 
cheD 



Ge- 
H-icbt 
In g 



Art 
der Impf nng 



Tag 
<lor 
liiip- 
Aug 



Verlauf 




Be- 
ll) erfcnngen 



15 



1470 



Maos 



18 



16 



17 



16 



17 



b ccm Toxin- 

lösung 1 
aubkutan ge- 
impft 



19. 
X. 



0,8 octti Blut 
V. Kanincben 
Nr. 14 nach 
ü Std. nach 
der Injektion 
aus der Obr- 

vene ont- 
I noiinnen. 



'I 



20. x., 1460 g, munter 

21. X,142r>g, » 

22. -\ , l.lör» g, Abdom. 

Hiifgetrieben. 

23. x., 1310 g, Diarrhöe 

24. x.. 1180 g, . 

25. x., 1120 g. • 

26. X., 1140 g, » 

27. x., 1175 k, keine 
2ax.,nsOK,sehremp- 

flndlich, 
30. X., 1240 g, auch trftg. 
31 X, 1285 g, . 
bis zum 6. XI. keine 
Veränderangeo, nur 
das Gewicht nimmt 
fortwährend beträcht- 
lich all. 
6. XI., 1150 g, Hasen- 

sprung 
9. XI, 1205 g, Hasen • 

apruog. 
11 XI., l -260g, 13. XI., 
1325 g, 20. XI., 1 g, 
27. XI.. 1180g, 2. Xil., 

1120 g, 
9. XU., 1085 g, starker 
Haseneprung u. beim 
SpriiiL'en schleudert es 
mit der hinteren Ex- 
treinitftt. 

Nach 2 Tagen sehr 
empfiinlUch, struppig. 
Haar, trage. 



' 14. 
XIL 

6. 
XIL 



Leiche 986 g 

schwer. .Ab- 
solut keine 
Kontraktur. 

8ebr mager. 



Ii 



9.L 

06. ii 

20. |i 
XL 



die mit 0.5 com der Rückenmarksetnulsion geimpfte (Nr. 9) in drei 
THgeii üingegiingen , unter dem Bilde der typi-schen Robben- 
Stellung. Dagegen zeigte die zweite (Nr. 8), mit 0,2 Rückenmarks* 



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126 Exper. UnterauchunKeu ü. d. IK^rknng <L Tetamsbaiinen «. ilnrer Gifte «te. 

emulsioQ geimpfte Maus keine tetanischen Eraclieinuugen, war 
stark abgemagert uod giog am zwölften Tage ein, und eine von 
den mit jje 0,4 ccm Blut geimpfien Mäusen (Nr. 3) ist erst nach 
37 Tagiaa eingegangen, war auch stark abgemagert, ohne irgend- 
welche tetanisehe Erscheinungen zxt zeigen. 

Nodi auffallender waren die Erscheinungen bei dem ge- 
impften Kaninchen Nr. 14. Die eisten drei Tage sah es gans 
munter aus, aber es nahm fortwährend beträchtlich an Gewicht 
ab. Am vierten Tage stellte sich eine starke Diarrhöe ein, die 
vier Tage anhielt. Nachher hat sieh das Tier erholt, aber am 
18. Tage trat neben einer starken Empfindhehkeit ein ausge- 
sprochener Hasensprung zutage, der bis zum Tode besteben 
blieb. Das Kaninchen ist andauernd abgemagert, hatte keine 
Frefslust, sah elend aus und ist nach ca. zwei Monaten einge- 
gangen, ohne irgendwelche typische tetauische Erscheinungen 
zu bieten. 

Zwei Stunden nach der Impiung wurde vom ixaniuchen 
aus der Ohrvene Blut entiionunen und auf Mflnse (15, 16 und 
17) veriniplt. Auch diese sind erst nach 32, 48 bzw. 79 Tagen 
au Marasmus zurgunde gegangen. 

Wie bekannt, hat Pönitz folgejide Beobachtung gemacht: 
»Wenn man Kaninchen eine gerine;e Menge reines Gift oder 
ein nicht genau nentralisiertes Gitt-IIeilserunigemenge intravenös 
einspritzt, so konnnt es vor, dals die 'i'iere stark abmagern, ohne 
dafs sich bei ihnen eine »Spur von Tetanus zeigt. Bei anderen 
treten geringe tetanisehe Erscheinungen, z. B. leichte Nacken- 
starre, interkurrent auf. Selten erholen sich solche Tiere wieder, 
meist gehen sie unter starker Abmagerung zugrunde, c^) 

Anderseits haben Roux und Borrel^ nachgewiesen, dafs: 

»Daa Meerschweinchen und Kaninchen bei zerebraler Gift- 
einfflhrung mit Hasensprüngen, e(>ileptischen Krisen, Polyurie 
und motorischen Störungen reagiert, und bei dieser Giftdnver^ 
leibuttg die Kontrakturen feblen.c 

1) Deutsche med. Wochenschr., 1897, Nr. 27, S. 4:^0. 

2} Nothnagels spezielle Pathologie uud Therapie, 1901, & 27. 



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Von Dr. Markus Kabinowitech. 



127 



In meiDem Versuche an dem Kaninchen 14, dem eine Menge 
Ton 5 ccm 5 pro«, filterer TozinlOsung s n bkntan einverleibt war, 
traten m gleicher Zeit Marasmus und die von Roux und Bore 11 
geschilderten zerebralen Erscheinungen hervor, was mau vielleicht 
auch anders, wie es die erwähnten Autoren glaubten, deuten 
kann, wofar auch die später su sohilderndeu Beobachtungen 
sprechen. 

Wir wollen aber zu den eigentlicheu Fütterungsverauchen 
übergehen. 

Die Fütterung von Meerschweinolien und Kaninchen wurde 
mit einem ganz feinen Nelatonkatheter ausgefülirt. Im Gegen- 
satz zu Thalmanns Behau{)tung, dafs >e.s unmöglich ist, den 
Meerschweinchen auch durch einen ganx, schwachen Katheter 
die Kulturen in den Magen einzululireud;, mufs ich hervorheben, 
dafs es regehniifsig sehr leicht geHngt, wenn man einen ganz 
weicVien Nelatonkatheter benutzt und ihn durch einen zwischen 
die Zähne des Tieres eingeklemmten, mit einem halhkreisförmig 
ausgebohrten Gang versehenen Würlel einführt. In der bezeich- 
neten Weise ist es mir immer gelungen, die Tiere su füttern 
und keines hat jemals etwas aspiriert. 

Es wurden zwei Kaninchen mit Toxin, ein Kaninchen mit 
Toxin und Kulturen, ein Kaninchen mit Agarkulturen und eins 
mit Gelatinekulturen gefüttert. In gleicher Weise und mit dem- 
selben Material wurden auch Meerschweinchen gefüttert, und 
aufserdem, mit Rücksicht auf die eigenartigen Ergebnisse des 
Vorprfifungsversuches am Kaninchen Nr. 14, sind zum Vergleich 
einige Kaninchen subkutan resp. intravenOs mit gleichem Ma- 
terial geimpft worden. 

Um aucli die bei der Schilderung der \%M-suche von Ranaom 
geäufaerteii Erwägungen nachzupruien, habe ich von einem mit 
20 ccm Toxinlösung geimpiten Kaninchen und Meerschweinchen 
vor der Fütterung und 2 und 4 Stunden nacii derselben Kot und 
Urin isoliert entnommen und auf Mäuse verimpft. 

Vor der Fütterung wurde der Kot durch Massage ausge- 
prefst und der Urin vormittelst eines Nelatonkatheters entnommen. 



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128 Bxp«r. TTntortQehmigmDi <1. d. WIrlraog d. Tetamubatillen u. ihrer Gift« etc. 

Und um nach der Fütterung Urin und Kot getrennt zu be- 
kommen, wurde dem Tier auf die gesäuberte Genitalgegend eiu 
kleiner Glasbecber mit um den KOrpei henimgeschlungenen 
Bändern befestigt und es in einem gepolsterten Kanineben* 
beb&lter eingesperrt, so dafs es sieb nicht bewegen konnte. 

Auch verschiedene Organteile und Kot von den verschie* 
denen Abschnitten des Verdau ungstraktus eines Kanindiens 
wurdra auf Mäuse verimpft (Tabellen III und IV). 

Wie die TftbeUen III und IV seigen, haben fast aimtliehe 
wie mit Toxin, ebenso mit Kultaren gefütterte Kaninchen fort- 
während und beträchtlich an Gewicht abgenommen, aber nur 
swei mit Toxin gefütterte und eins, dem das Toxin in die Ohr- 
Yene etngespritst war, haben aufserdem auch mit Hasensprung 
reagiert 

Von den swei mit je 10 ccm Toxin gefütterten hatte das 
alte (Nr. 1) 1480 g schwere keine serebralen Erscheinungen und 
ist am Leben geblieben, während bei dem jungen (Nr. 13) fiOO g 
schweren nach 29 Tagen Hasen sprung auftrat, es giug nach 
45 Tagen ein, ohne irgendwelche Kontrakturen lu xeigen. Da* 
gegen zeigte sich beim alten Kaninchen (Nr. 2) nach Verfütterang 
▼on 20 ccm Toxin schon nach 14 Tagen Hasensprung und 
ein anderes (Nr. 19) 1860 g schweres hatte keinen Hasensprung 
und zeigte kurz vor dem Tode eine Streckung der vorderen Ex- 
tremitäten. Ob die Unterschiede in den Erscheinungen auf die 
AltersdifEerenz, das Impfmatenal, individuello Besonderheiten 
oder auf die nachgewiesene Lebercoccidiuse zurückzuführen sei, 
blieb unentschieden. Allerdings hatte auch das erwähnte Ka- 
niuchon (Nr. 19) eine stark ausgebreitete Lebercoccidiose. 

Bemerkenswert ist aucli die 'l'atsache, dal's hei dem mit 
AgarkuUur gefütterten Kunnichens (Nr. 17), das am dritten Tage 
eingmg. der Magen mit Speisen prall gefüllt, alle Därme dagegen 
ganz leer waren, und dafs dat mit 3 ccm (!) auf 80*^ erwärmter 
Kultur subkutan geimpfte Kaninchen (Nr. 18) am Leben blieb, 
während das mit derselben Kultur gefütterte Kanindieo (Nr. 19) 
nach 20 Tagen einging. 

(Fortaetegng des Textes «af 6. 133.) 



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Von Dr. .Markos Rabinowitsch. 



129 



Tabelle ni. 




S 



'Kan{ii-b480 
oben 



8 



llOccin 5proz. 

ToxinlOf. I 
I inttiieui Nela- 
tonkathet. in 
lien Ma^en 
eiDgeführt. 



1490 ;20ocm 5prox. 
Toxinlös. I 
i. gl. Weise in 
den Magen 
eiDgefQhrt 



19. 
X. 



Haus 



6 



14 



15 



13 



Meer- 
schw. 



890 



SOccmGelai.* 

Tetannsknlt. 
(10 Tag a)teH 
Köbr.) in den 
Magen ein- 
geführt. 

O^ccm Urin 
V. Kaninchen 
Nr. 2 vor der 

Fütterang. 
0,5 ccm Urin 
V. dems. Kan. 
n. 2 Std. nach 
d. Futterung. 

I 0,8 ccm Urin 
, V. dems. Kan. 

! II. 2StJ. nach 
! d. Fütterung. 

5 ccm Urin 

v. dems Kan. 
In. 2 Btd. nach 
Jh. Fatt,«ubr.j 



20. 
X. 



99. 



20. 
X. 



j Bis 23. X. frain munter, 

' 142f> g. 

24. X.. 1940 K, Diarrhoe, 
die drei Tuge (iaiiert. 
27 X., 12fir)g, Ü.B.4.XI. 
1190 g, iräge. 10. XI. 
12r>0g. Dann erholt ni«*h 
jaber noch am 20. XII.. 
! M80 g. 

Bis 27. X. munter, aber 
verliert an Oewicbt. 
28. X., 13% g, sehr emp- 
findiii-h, träge. 30. X., 
ilSlO g aacb. 2. XI. 
;|12€5 g, der Nacken sehr 
steif u. laf«t sich nicht 
z. Seite bewegen. 3. XI. 
1290g, H a s e n B pr u n g. 
<>. XI, 1245 g, auch. 
9. XI.. 1155 K, auch. 
12. XI., 1270 g, auch. 
Bis 29. XI. nimmt an 
Gewicht an. 99. XI., 
1520 g, sieht munt. ans. 
Husensprung 30.XI. 
1460 g. 31. XL, 1390 g, 
Nachher zeigt das Ge- 
wicht unb. Schwank. 

Am 6. 1. 1845 g und so 

empf1ndltc}i, dafs beim 
Itiichtcst. Berühren zu- 
«ammen zuckt, rückt 
aua und springt weg. 

In den ersten Tagen 
sehr empfind!., Parese 
der hinter. Extremität, 
trige, aber erholt sich. 



Bleibt a. Leb. 



7. 1. 
06. 



Vord. Extr. 
gestreckt, 
der ÜTadEen 
steif. 



Bleibta.Leb. 



22. X. linke hint. Extr. 
gestreckt 



Wie Haus Nr. 8. 



27. 
X. 



88u 

xn. 



Linke hinter. 
Extrem, ge- 
streckt. 

0. fi. 



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1 30 Exper. Untoranehmigen ft. d. Wlrkang 4. Tatanrnbadllen n. ihrer <Hfto etc. 



Fortsetiang der Tebdio ID. 



Nr. 



Ge- 
wicht 
in g 



Art I 
der Impfang 



der 

Imp- 

fttae] 



Yertear 



II 

' T»(f 

Todes, 



Ue- 
merkungea 



8 



9 



10 



11 



12 



18 



IfoOB 14 



16 



14 



Kanin 
cheu 



800 



15 



^410 



0,8 ccm Urin it 

i.V. (ieniH. Kan. 
I'nach 4 Stdu. 

j0,8 ccm Urin!' 
iv.deme. Kan. ! 
Jnach 4 Btdn.; 



17 



16 



14 



18 



500 



!0,5 eem Blat' 
V. dems. Kan. 
nach 2 Std. 



0,5 ocm Kot. 
V. deme. Ken. 
nach 4 Sldn. 
0,8 ccm Kot. 
V. deiijs. Xan. 
nach 4 Stdn. 

lOccmToxin- 

lOsung I 
durch d^nNe* 
latonkath. in 
den Magen 
eiagefflhrt 



1 ccm r> proz. 
Tozinlös. I 
in die linke 
Ohrvene 



• ', com 5 pros. 

Toxinlös. I 
in die rechte 

Ohrvene. 



Wie Meae Nr. 9, 



Blcdbte.Leb. 



manter. 



Sehr empfindl., trage 
and etrappigee Uaer. 



23. 
XI. 
22. 
X 



0. B. 



— Ii Bleibt «.Leb. 



21. 
X. 



Die erst*" Zeit munter 
und niuimt an Gewicht 
za. 5. XI. 690 g. 6. XI. 

560 g. 9. XI. 500 g. 
11. XI. 455 g. 14. XI. 

1 - ^ 1:1 XI. 410 g. 
iiaaeuaprang. Nech- 
dem nimmt iimner en 

Gewicht tu. 2. XU. 
520 g, aber sieht elend 



Xll 



Stark aus- 
gebreitete 

Leber- 
coccidioae. 



; -22. \ 740 g. Das Ohr 

.|golfthmt. 23. X. 710 g. 

I Die vorder. Beine stark 
gestreckt und bleiben 
so auch beim Laufen. 

! 28. X., 650 g, Diarrhöe. 

' äO.X.,ö80K» Kontraktur 
der Wirbeleitde nnd 
leirhte Parese der hint. 

l|Extremit. 31. X. 530 g. 
Baaensprong. 

"22. X., 320 g, liegt ohU' 
ji mächtig; beim Auf* 
Üstellen fllllt am; stark 

DyHinioo nnd iil/s<»lute 
j Unemptindliclikeit. 
Ii Stimme sehr leise und 
j, heiser. Auch auf ganz 
I tiefe XadelRtiche re- 
I agiert nicht. Durch 
Ubloroform getötet 



l.XI. 



22. 
X. 



Linkes Ohr 
gelähmt, alle 
Beine etark 

Upstreckt n. 
Kuutraktur 
der Wirbel- 
Bttule. 



Magen prall 

gefallt, 
ebenao der 
Dickdarm. 



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Von Dr. Markus Kabinowitscb. 131 



Tabelle IV. 



Lfd. 

---- 

VT, 

1 

i 


nmrt 


Ge- ! 
in g 


Art 

der Impfung 


Tag 
der 
Imp- 
fung 


YerUnf i 


Tag 
des 
Tode» 


Be- 
merkungen 


1 


Maus 


13 


Mit 0,8 ccm 

\-> IUI« VvUA 

iKanin. Nr. 15 
' (Tab. m). 


22. 


munter 




Bleibt a. Leb. 


9 


> 


14 


» 

1 


> 


Einige Tai^ sehr emp- 
erholt aich. 




> 


8 

• 


» 


13 


1 

Mit ü,ö ccm 

{4 fl 1 1 A VAn ' 

Kanin. Nr. 15 
(Tab. III). 




24. X. hint. link. Extre ! 


,27. 


Robben* 


4 




14 

1 


Mit 0,8 ccm 
Urin vom 
Kanin. Nr. 15 


> 


Wie bei der Maos Nr. 2. 


1- 


Bleibte. Leb. 


D 




15 ' 


1 • 


j 


.* 1 

x/aucruii oinpunuiiciii i 

KrAmpfe, Zuckungen, 

träge. I 


1 


\f» Mit 


a 
o 




12 


[Kot, Magen. 






93 
XI. 


£QL11S OlHrlk 

TergrOfeert 


7 




14 


> 


> 


mtiDter. 




Bleibt a. Leb. 


8 


1 

• > i 


IC 


Mit 0,6 ccm 

K rtf nnnnil 1 

ivoi, i.fuunu ' 


> 


Wie bei der Mens Nr. 2. 


19. 
vir 


St.nrk 
augrinftjferi. 


9 


1 


18 


» 


: , 


\ »ucb 




Bleibt a. Leb. 


10 




15 


; Mit 0,6 ccm 
: Kot, Diekd. 




1 auch 1 

; 
j 


24. 
XI. 


, Müs sehr 
grofs und 
:bein.scbw«n 


11 




Ib 




» 


aneh 


•J5.X. 


1 > 


13 


i 


13 


' Mit 0,8 ccm , 
Leber- ' 
emulaion. ' 


i * 

i 


23. X. linke hint. Extre* 
1 niität gestreckt. 


26. 
X 


1 Kobben- 
Stellung. 


18 




16 


1 » 


> 

1 


25. X. recht, hint. Ex- 
treuiiuit gestreckt. 


7. 

XI. 








1 


Mit 0,8 i-xm 

AI 1 1 7. * 

emulsion. \ 


> 


23. X. linke hint. Extre- 
HiKW geBtrecm. 


25. 


> 


15 


t 


16 


> 




> 




I > 


16 


Kan. 

1 


1775 


: 2 ccm einer 
lAufecbv. von 

. einer Agar- 
kult. (4T.a.) i. 
10 com Koch- 
saUlöa. iu die 
1. Ohrvene. 


!x. 
1 


Das IHer uiuiiut regel- 
ImäTsif zu, frifst gut u. 

zpiirt übtTh:iii|it keine 
kraiikhattei) KrMt'hei- 

1 nungeo. 


r 


, Bleibt 
[ am Leben. 

t 

i 

i 



Digitized by Gc) 



1 32 £xp«r. tJiitanaehiuigen fl. «L Wirkons d. f «tenasliaailleii a. ibrar Gifte ettf. 



FortaeUang der Tabelle IV. 



LM. 
Nr. 


II 

Ge- 

Tlerort wicht 

II In « 


Art , 
derlmpffang 


der 
Imp. 


\7Avian ff 
V WUHUI 


des 

|Tüdei)^ 


1 Be- . 
^ merknngen 


17 


Kanin, 
eben 


.1690 

! 

! 


• 

' Die .\iif8cbw. 
lvon7 Agarklt 
i.Koclisalz! d. 
d.Nelatoiik. i 
den Magen 
eingeführt 


22. 
XI. 


23 XI. 1570 g. Nichts 
zu t)t!merkeD. 24. XI 
ilSa^K, trftjre 25. XI. 
frah HdO g, trüge, 
abend« f. 


25. 
XI. 


Der Magen 
prall gefflilt, 

allo Djirnip 
ganz leer. 


18 


* 


1830 

• 

1 


VonSverflüB. 

GelatinekuU. 

m.d. Stiefateil 

V 8 Agarkult 
1 3 ccm nach 
1 atandigeo) 
jVVärm. b. 80» 
{ subkutan 

auf RQcken 
verimpft. 

1 


> 

1 


•24. Xr. iTf'O f Emp 
ifindlicb, träge. 26. XLi 
1690 g. Pareee der hiat 
'Extrem. 29. XL 1680 g., 
Die bint Extrem, stark' 
angesogen an den Ab- 
domen u. werden beim; 
1 Bewerten (geschleppt. ! 
3. XII."lf)6ü v;. XII. 
1630 g. 10 XII. 1750 g. 
17. XU. 1820 g. 22. XU. 
g. 


1 

- 

! 

i 

! 


Bleibt am 
. Leben. Die 
' KoDtraktor 

'ier hinteren 
Extremitäten 
besteht 


19 

• 


> 


1 

'1860 

1 


Aus demselb 
, Gemisch der 

Kulturen, wie 
' bei Nr. 18 d. 
1 den Nelaton- 
|kath. 20eem 
'in d. Mage n 
eingefQbrt. 


I 

; » 

1 


1 

23 XL 1960g. Leib auf 

eetrieben, träge. 24. XI 
1990 g, auch 25. XI 
1695 g, Diarrhöe, die 

id Tage angehalten hat. 

i2. XU. 1810 g. 6. XU. 

l S20fe 10. Xn. 1870 g. 

i 


12. 
XILj 

! 

j 


Stark aoa- 

geljreitete 
Lebor- 

coccidiose. 

Streckung 
der vordanin 
Extremitit 


ao 


Maas 

1 


! 

: 


Mit 0,(j ccm 
K o t ni II 1 H. 

von K:in'uich. 

Nr. 19 vorder 
Ffltterune. 


' » 

1 


23. XI. empfir- riü, !,, 
jStruppig. Haar, bewegt 
' sich träge im I^nfe | 
jeiner Woche, dann er- 
1 holt sie sich. 


2 

,XII.| 

1 j 


0. B. 


i 

21 


> 

1 

! 


1» , 


Mit 0.6 ccm 
Kotemnle. I 

6 Std. nach d. 

i\ t^v n rw 

ruiieruug. 


1 


! Wie bei der Maus Nr. 2. 


1. 
XU. 


» 


22 


> 

t 
f 

> 


15 

, 
1 
1 

17 

1 


Mit 0,6 ccm 
Urin nach 

3 Std. nach d. 
f ütterang. | 


> 


2.H. XL munter. 24. XL 

empfindlich, träge. 
25. XI. Parese der hint.' 
Extremität. | 


2ß. 
XL 


Robben- 
stellung. 


28 


Mit 0,r> rem 
Urin V. Kan. 
v.d.Fatter. 




1 

DauMTAd nmntwr. 1 




Bleibt 
am Leben. 


i 


1 


II 1 


1 


1 







Digitized by Google 



Von Dr. Hurki» lUbinowitseh. 



Im gtuusen sind von den fünf geftUterten Kaninchen vier 
nach längerer oder kürzerer Zeit eingegangen. 

Von den drei intravenös geimpften Kaninchen hat sich das 
mit 2 ccm Kultur geimpfte (Nr. 16) ganz erholt und ist am Leben 
geblieben, während beide mit Toxin geimpften (Nr. 14 und 15) 
eingegangen und, und swar: das lütere, welches nach einigen 
Tagen mit Liihmungen, einer Koutraktor der Wirbeleftule and 
Haeensprong reagierte, nach U Tagen, nnd das s weite jüngere 
wurde edion am nächsten Tage tot aufgefunden. 

Von den Mäusen, die mit vom 'Kaninchen 2 (Tab. III) nach 
3 reap. 4 Stunden entnommenem Blut, Urin und Kot geimpft 
waren, ist eine (Nr. 5) mit nach 2 Stunden erhaltenem Urin ge* 
impfte nach 7 Tagen mit tetanischen Erscheinungen zugrunde 
gegangen, eine (Nr. 10) mit 0,5 Blut geimpfte starb nach 3 Tagen 
und eine mit 0,6 Kot nach 2 Tagen, aber keine von den beiden 
letsteren zeigte die typische Robbenstellung, obgleich auch sie, 
vn% alle anderen, audi die mit dem vor der Ffltterong ent- 
nommenen Material geimpfte, krank aussahen und sehr emp- 
findlich waren. 

Anders haben sich die mit Organemulsionen und Ezkreten 
von Kaninchen lö geimpften Mäuse (Tab. IV) veihalten. Es 
sind von diesen 11 (von 15) im Laufe von 24 Standen bis 2 Mo- 
naten zugrunde gegangen, aber eine typische Robbenstellung 

ist nur bei den mit Gallo, Lober- und Milzeinnlsioii geimpften 
aufgetreten. Auffüllend ist es, dals auch das Kaninchen, von 
dem ua±j Material zur impiutig entnommen war, nur 410 g 
schwer und schon nach 24 Stunden im Kingehen war. Auch 
von den mit Kot und Urin vom Kaninchen (Nr. 19) geimpften 
Mäusen ging eine mit Urin geimjd'te nach 4 Tagen ein, während 
von den mit Kot geimpften die mit dem vor der Fütterung ent- 
nommenen Kot nach 10 Tagen, und eine von den mit Ö Stunden 
nach der Fütterung erhaltene geimpften nach 15 Tagen zu- 
grunde ging. 

Auch hier zeigte nur eine von dem mit 3 Stunden nach der 
Fütterung erhaltenen Urin geimpfte Maus die typische Hobben» 
Stellung. 



Digitized by Google 



134 Ssper. üiit«naclinng«n ft. d. Wirkang d. TMaautMudllen n. ihrar Gifte «te. 

Wie wir sehen, kaim man aus den Ergebnissen der an den 
Mäusen ausgeführten Versuche keine bestimmten Schlüsse über 
irgendwelche Beziehungen derselben zu der vorausgegangenen 
Futterung oder Injektion der Tiere, von denen das Impfmaterial 
entnommen wurde, ziehen. 

Bemerkenswert ist es aber, dafs unter den geimpften Mäusen 
nur die mit Galle, alle mit Leber- und Milzemulsion geimpften 
imd zwei von denjenigen, die mit nach 2^^ — 3 Stunden nach 
der Fütterung erhaltenem Urin geimpft waren, mit typischen, 
tetanischen Erscheinungen in einigen Tagen sttgrunde gingen. 
Die Meerschweineben haben im allgemeinen ebenso wie die 
Kaninchen auf die per os eingefOhrten Toxine und Kulturen 
reagiert. Die Erscheinungen waren nur insofern von denjenigen 
bei den Kaninchen abweichend, als bei keinem der gefütterten 
Meeieohweinchen Hasensprung sur Beobachtung gekommen ist» 
obgleidi sie mit demselben Toxin und mit gleichen Dosen ge- 
fdttert waren. Aufiserdem ist keine von den mit Toxin gefütterten 
eingegangen; von den mit Tetanuskulturen gefutterten ging nur 
dasjenige» welchem Gelatinekulturen eingeführt waren, an Ua- 
rasmus zugrunde» 

Allerdinga mufe hervorgehoben werden, dafe beide mit Toxin 
gefutterte Meerschweinchen triichtig wurden, was, meines Er 
achtens, irgendwelchen Eänflufs auf die Ergebnisse des Ver- 
suches haben konnte (Tabelle V). 

Übrigens, wie die Tabelle V zeigt, sind auch die Meer- 
schweinchen (das mit Agarkulturen geffitterte ausgeschlossen) 
regelmärsig und fortwährend abgemagert, und eins, Nr. 12, ging 
an Marasmus zugrunde. 

Aulserdein hat das mit 20 ccm Toxin gefütterte Meer- 
schweine! len .sijiiuii zwei Tage nneli drr Fütterung eine sehr 
starke K<>ntral<tur der liuismuskuiatur bekommen, die noch nach 
drei Monaten bestand. Es ist selbstverständlich nicht aus- 
geschlossen, dafs beim Einiiihren des Kailieters die Rachen- 
oder ( )so}>hairusschloiiuiiaut verletzt wurde (ol)gleich ich keine 
Gewalt anzuwenden l>niuchtüj, aber dann widerspricht dieser 
Versuch den oben erwähnten von Thalmann. 



Digitized by Google 



Von l>T. Markaa tUbinowitsch. 
T»belU Y. 



136 



Lfc 
Mf;| 



Ttmurt 



Ge- 
wicht i 
In K 



Art 
der Impf ong 



Tag 
der 
Imp* 
fang 



Verlauf 



;| Tag 

il 



1 , Meer- 



415 



6 



achw. 



'■\ 



10 ccm 5 proz. ' 

TozinlO».! 
mit Nelaton-' 

katliet. hl 
den Mageu 

eingttfOhrt. 



845 



20ccmToxin- 
löBung I ia 
gleich. Weise 
in den Magen 
eingefotirt 



12 



15 



7 
8 



11 



0,8 ccm Uri nj 
V. Meerschw. 
Nr. 3 vor der 
Ffltterang 

entnommen. 

0^ ccm Urin 
V. Moorschw. 
nach 2 Stdn. 
• nach der 
Ffltteraog. 

Aueb. 



18 0,5 ccm Urin 
V. Meergfhw 
nach 4 Ötdn. 
nach der 
Fütterung. 



12 auch. 

14 1,0,5 ccm Kot- 
Ii emulain 
jV. Meerachw. 
2 Stdn. vor 
<1 FfUterung. 
Aichlv für Hygiene. Bd. ULI. 



I 



19. I 20. X., 380 g, träge. 
X. 21.X.d86g,28.X.860g, 

f stöhnt fortwfthr. 34. X. 

: HK) 1;', stöhnt fortwälir., 
': »ehr etupändlich. 26. X. 
370 g, sehr empfindlich. 
Tm weiteren Verlauf 
nimmt fortwährend an 
Gewicht zu, es stellt 
eich nachher bentus, 
dafe es trftchtig Ist 

20. 21.X.375gi8tsehremp- 
X. I findl. f. jede Erachütte- 

[jrung, träge. 22. X. Kon 
traktur d. Ilal.sinuskul., 
der i^opf hat d. Stellung 
eines Oapat obstipnm, 
u. iHf Uli h mit Gewalt 
nicht gerade zu stellen. 
28. X., 815 g, Diarrhoe 
dauert 2 Tage. 25. X., 
'325 g, Zittern, zuckt u. 
I knirscht mit d. Zilbnem 
27. X., 8G0 g, AUgemein- 
befind, bess. Nimmt Im 
weiter. Verlauf fortwäh. 
J zu, da es trächtig ist. 

;|2l. X. Sehr empflndl., 27. 
H Btnippiges Haar and , X 
n trige. 



aacb. 



21. X. link, bint Eztr/ 4. 

KeHtr , empflndl. u.träge. ' XI. 

Empftndlich u. bewegt — 
rieh sehr trige. 



2(>, X. Eine Geschwulst, 
die nach einigen Tagen 
erweicht und entleert 
Eiter. 



i: Bleibt a. Leb. 
|U.seigt keine 
'tetaniscb. Br> 

scheimingen. 
Wirft 2 Jung., 
von denen d. 
eine tot ist, 

der andere 
munter and 

entwickelt 
aich gut! 

Bleibt a. Leb. 

u. behält die 

Kontrakttur. 

Wirft3.Tung., 
ji von denen 
1 9 tot sind. 

] DuH htirbt 
am 4. Tage. 



Ohne Besond. 



Bleibt a. Leb. 



[Jiike hinter. 
Exlr. gentr. 

Bleibt a.L«b. 



i i 



Digitized by Google 



136 £aq>er. Vnteranchangen t. d. Wirkung d. iMaantbasilttn n. ihrer Oifle «tc. 



ForteetxQDg der Ikbell« 7. 



Tleiiu-t 



j üe- 
wicnt 
in g 


Art ^ 
der Impf ang I 

\ 


Tag 
der 
Imp- 
fang 


ID 


V,w CClu 1^ O l - 


— 




6tn u IbI n 


V 
A. 




V. M66rBchwJ 




j 


4 ouin. nacn 










1 13 


auch. 


> 


650 


DieStichtefle 


25. 




V. 3 Agarkult. 


X. 




, (4 Tag) in 






20ccin Kocb- 






' salzlösuDg 






üurcti den 






Katheter in 






Ma^en ein- 






geführt. 


1 


680 


l.SOeem von] 






3 VerflÜ8«ig. , 






Gelatinekiilt. 






durch den ; 






&Muieier in 






den MagcD 






eingeführt. 






O Iii WAV 


o. 




niiäBigt- vseia- 


A.i. 




tinekultur 






(So T.) 






In beiden 


l 28. 




NaaenlHfngn. 


1 X. 


: 


die Schleim 






haut b. ßlutg. 






verletzt und 






auf die ver- 


1 




letzt. Stellen 






je 1 Oh« 






Agarkultur 






angebracht. 






In gl. Weise 


» 




die NaHi'ii 




;l 


HcMeimhntit 






vi rK'lzt ;'. je 






1 1 Oi*c Toxin 








1 i. gtfbRicht. 





T 



Verlauf 



des 
Todes 



L 



Be- 
caericniigen 



Maus 



Meer- 
Bchw. 



Wie bei der Maus Nr. 6. 



Bleibt «.Lebi. 



i Wie bei der Maus Nr. 3. 



t Dauernd Wohlbefinden 

u. nhnmt fortwährend 
an Gewicht zu. 



25. 
XL 



26. X., 660 g, munter. 11. 

•27 X., ßFtfi p, sehr emp XI. 
findiich. 26. X., G.SÖ g 
liatark heiser, beim Auf- 1 
j heben für die Eücken-I 
haut Hlrecken alle Ex-' 
treniitätcn narii unten. 
30. X. Allgemeinbeflnd.|i 
besser, heiser. 5. XI ,1] 
740 jj, munter. (i. XI , 
7Hi) g, oui(jündl., träge., 
7. XI., C85 g, Hclir emp- 
findlich. 8, XI,,G45g, 

auch, träge. 0. XI. 
5% g. 10. XI. 535 g, 
11 X 1. 4'i5 g. abends f. 

Ersten 3 Tage wenig,^! 
dann mehr empfindl. 'i 

Beim Aufheben für liie 
Uückenhaut streckt die 
Eztreniitäteii, aber er- 
holt «ich. II 



Oho. Besond. 
BMbte.L6b. 



auch. 



Keine 

traktiiren. 
Alle Darme 
and llagea 

geoE leer. 



Bleibt a hob. 



! I 



— Ii Bleibt «.Leb. 



Digrtized by Google 



V'on Dr. Markiu Kabinowitach. 10*7 

Von Interasso iat noch« dafs beide mit Tokid goffitterte 
MeenchweiDchen tote Junge geworfen haben. 

£e wurde aufserdem sur Nachprüfung der Venuohe yon 
Thal mann noch swei Meerschweinchen die Nasenschleimhant 
bis sur Blutung stark lädiert und auf die lädierten Stellen 
Tetanustozin bsw. -kulturen eingebracht. Beide Tiere waren 
die ersten Z-^ Tage sehr empfindlich, hatten keine Frefalust 
und sahen krank aus, aber haben nch bald gan« erholt» ohne 
iigendwelebe tetanischen Erscheinungen su zeigen. 

Was die Mäuse, die mit dem vom Meerschweinchen 2 ent- 
nommenen Exkreten geimpft waren, betrifft, so gingen von den 
8 geimpften Mäusen 3 oin, und zwar: eine (Nr. 3) mit Urin vor 
der l^'utierung geimj)fte nnch 7 Tagen; eine zweite (Nr. 5) mit 
dem nach zwei Stunden erliHltenen Urin geimpfte — nach 
15 Tagen mid die dritte (Nr. 10) mit Kotaufscliwemniung (vier 
Stunden nach der Fütterung erhalten) geimpfte — nach '66 Tagen. 
Und von allen zeigte nur die mit Urin geimpfte Maus (Nr. 5) 
eine Streckung des linken F^interbeines. 

Alle hier geschilderten \'t;rTLiche haben, wie mir 
scheint, den l^eweis dafür geliefert, dafs die An- 
nahme, dafs das T e t a n u s g i f t , wie die T e t a n u s b a z i 11 e n 
bei d e r Ei n f ü lir u n g in den Magen keine krankhaften 
r s c h e i u u n g e n zu erzeugen imstande seien, unhalt- 
bar ist, und dafs die von Ransom und Vincenzi aus- 
geführten Versuche keine Berechtigung zu den von 
den Autoren aus ihnen gezogenen Schlüssen geben. 

Es blieb aber bei diesen Versuchen noeh unentschieden, 
was eigentlich mit dem Virus bei der Passage des Verdauungs» 
traktus geschieht, und warum nur die Gelati ne-Te tan uskultuien 
bei dem Meerschweinchen und Kaninchen nadt der Veifütternng 
^nen Marasmus verursadien. 

Da aber die Erfahrungen mit anderen Mikroorganismen, 

die auch, wie wir gesehen haben, vom Darmkanal aus ganz andere 

oder gar keine Erscheinungen hervorrufen konnten, gelehrt haben, 

dafs diese Eigentümlichkeit von der Einwirkung der Salzsäure 

des Msgensaftes abhängig ist, so lag der Gedanke nahe, dafs es 

10» 



Digitized by Google 



13B Exper. TTtttennehoDgeii tt. d. Wirkang d. T»tiuiiMbnillfui n. ihrer Giftoetc. 

sich auch beim Tetanuabazillus und seinen Toxinen so verhalten 
konnte. 

Daffir sprachen auch die Ertahrangen einiger Forscher Aber 
die Wirkung der Salzsäure auf den Tetanuebaaillus, bzw. das 
Telanusgift. 

So haben Tisxoni und Gattani^) festgestellt, dafs l^j^ 
Sublimat die TetaDuss[»ordn in 4 Stunden tötet; setzt man aber 
0,5^1 % HCl hinzu, so werden sie schon nach 3 Stunden ab- 
getötet In einer anderen Arbeit haben Tixzoni und Cattani*) 
auch noch hervorgehoben: »Von den anorganischen Säuren setzt 
die Salzsäure schon in kleinen Mengen die Toxizität des Tetanus- 
giftes herab und hebt sie bei längerer Einwirkung ganz auf.c 

Auch Kitasato') hat hervorgehoben, dafs die Sfturen auf 
das Tetunustoxiu eine ziemacii intensive zerstörende Wirkung 
ausüben. 

Diese Erwägungen im Zusamnuinluing mit der von Fermi 
und Celli*) gemachten Beobachtung, (hils derSpeichel, dasPepsin, 
der Pankreassaft, die Galle, der Magensaft und die Mikroben 
keine zerstörende Macht über das Tetanusgift besitzen, führten 
zn der Vermutung, dafs die Frage geklärt werden könnte, wenn 
man, um naturgetreu vorzugehen, den Mfii^ensaft direkt bei 87'' 
auf die Bazillen und das Toxin einwirken liefse und die Patho- 
genität derselben vor und nach der Behandlung mit dem Magen- 
saft prüfte. 

In gleicher Weise konnte auch die Ursache der eigenartigen 
Wirkung der Gelatine-Kulturen nachgeprüft werden. Diese Ur- 
sache konnte hier in der niedrigeren Temperatur (22^), bei der 
die Gelatine-Kulturen gegenüber den Agar-Kulturen (37'^) ge- 
züchtet waren, liegen, oder in dem langsameren Wachstum, oder, 
endlich, in den Eigenschaften des Nährbodens selbst. Mit acht 
verschiedenen in der Tabelle VI verzeichneten, nach Probefrüh- 
stftck gewonnenen Magensäften, für die ich dem Herrn Geheim* 

1} Arcbiv für Hxjwrim. Pathologie und Pbarmakol.» Bd. 2y, lö91. 

2) Ebenda, Bd. 27. 

3) Zeitschrift f. Hygiene, Bd. X. 

4) Zt;ntr»U>latt f. Hakter., Bti. Xü, i>U. 



Digitized by Google 



Von Dr. Marko« BablBowitsdi. 



189 



rat Prof. Dr. Kwald und Herrn Dr. Fuld zu Dank mich ver- 
pflichtet fühle, wurden die weitereu Versuche ausgeführt. 

Vor der Benutzung wurden yon jedem Magensaft, um über 
die Menge und Art der beigemengten lebensffthigen Bakterien 
unterrichtet zu sein, Geiatiueplatten gegosBen und Gelatine- 
rOhrchen geimpft und die angegangenen Kulturen mikroskopisch 
untersucht. Die fiigebnisBe dieser Prüfung sind in der Tabelle VI 
Terzeichnet. Tabelle VI. 



1 

Lfd. 
Nr. 


Kummer | 

den 


ActdiUt 

o a 

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GeUt 


tue|>l. 

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ICikrMkMiiAllllA UnteiMMhiinff 

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■c 








36 


62 


0 


+ 


0 


0 1 


Auf der Platte alpha 8 feine rund« 


'1 


1791 j 












liehe, graue homogene Kolonien. 
Mikro8ko|»isch-Hefepilze. 


2 


1798 1 


18 


44 


+ 






-h 


Auf den Platteu alpha uud beta 










graue und gelbliche runde Kolo- 


















nien, aa( der gamma 6 Kolonien 
— Hefepilse and Stabdien. 


















8 


1806 


0 


8 




+ 




Ziemlich reichliche Kolonien veir- 
















schied. Gröfee schon nach l2Std. 




! 


1 








1 




Mikroak. — StAbchen, Hefepilze 
und Sarcinen. 














1 




4 


.1883 1 


jlO 


26 


1 + 

1 


-H- 




H- 


f'ehr zuhlr. Kolonier nnf alpha n. 












beta, auf guoiuia 12 Kolouien. 
Zahlr. Stäbchen u. Sarcinen. 


6 


1862 


4 


24 




+ 


4- 


Wenige Stäbchen, sehr viel Hefe- 
















pilze u. einige Kokken. 


6 


NetRg. 


40 


70 


0 


0 


0 


0 




7 


1865 


SO 


40 


0 


+ 


+ 


0 


Kor auf alpha vier Kolonien — 














Uefepilie. 


8 


i 


44 


76 


1 ^ 


0 


' 0 


0 





Die ersten Verstu'he mit den Sftften Nr. 1791 uud Nr. 1798 
wurden in der Weise angestellt, dafs auf jo 10 ccm Magensaft 



je 10 ccm verflüssigter (bei 37 o) Gelatiiiekuhnr bzw. 2 ccm 
Tetanustoxin IT*) gegeben und nach 2 resp. 15 Stunden dauern- 
den Aufenthalt im Thermostaten bei 37 auf Mäuse subkutan 
oberhalb der Schwnn^wurzel veriinpft wurden. 

Einen Teil der Hülirehen habe ich lö Stunden im Tlienno- 
staten i:( lus.seu mit der .\bsicht, fe.itzustollen, nb dadurch, wie 
es Kitasato-) behauptet hat, die Wirksamkeit des Toxins beein- 
flufst wird (Tabelle VII). 

1) 0,000002 dieee« Toxine haben eine Mane am 4. Tag getOtel. S) a. a. O. 



Digitized by Google 



140 Ezper. UntonachaDg»!! 1t d. Wirkung d. TeteniubMilton q. thr«r Gifte «te. 



Tabelle VU. 



Lfdij dM 1 


Art u. Menge 

UVB 

Gemiaches 


Iraner 

Im 
Ther- 
mo«!. 


tioiis* 

1 


1 

Ente Er- 
Bdieinungen 


1 


Be- 

I merkungen 

1 


1 

i 
1 


Kon- 
troll- 
uer 


Gelatine- 
Keinkultar. 


1 

; 0 

1 

1 


1 

Draht 
t>pit%e 

i 


rfchte hint. , 
Extr. geetr. 1 


1 

■j- nach 
6«/, Tagen. 


1 

Rol)hen- 
Stellung 


s 


• 1 

1 


ToxinlöHung 


0 


1 


Nachl2Std. 
hint. Extrem, 
gestreckt. 


t nach 
3 Tillen. 


» 


8 


1791 


lü ccm G«la> 

tinekultar 
* auf 10 ccm 


2 h 

1 


0,2 


Nach 14 8td. 

hint. E.xtrein. 
gestreckt. 


t nach 
28 Stunden. 


• 


4 


. 1 


* 




0,4 




t n$ich 
18 Stunden. 


• 


5 


> 1 
1 


1 

1 


' 15 1 
1 


0.2 


Nach22Std. 
linke hint. i 
Eztr.geetr. 


erhoit sich. 

t 


Bleiht 
am Leben. 


D 


! 




» 


0,4 


Na(>li 1 t SUl. 
linltA Hint 

Extr. gestr. 


t nach 
2ß Htanden 


Robben- 
■talluntf 


7 




> 

1 
t 




0,6 


7 


friach 14 Stil, 
anfgef.word. 


? 


8 

1 

1 

i 


t 


10 ecm 2 h 
Mn>;ensaft ; 
< auf 10 ccm 
Toxinlös. II. ! 


0,2 


keine. 


m anter. 


Bleibt 
am Leben. 


o 

y 




> 


> 


0,4 


> 


» 


> 


10^ 




1 ■ 


0 


0,2 


Nach 12 Std. 
Parese d.hint. 
Extr., empf. 


erhoii dich. 


» 


U 


1 


1 ■ ' 


r 


0,-4 


Oauernd sehr 
empfindlich, 

Kxtr., trage. 


f nach 
7'/, Tagen. 


I Keine 
besonder. Er- 
BcheiniuiMin . 


12 


1798 , 


Wie bei Nr. 3 


2 h 

t 1 


i 


Nach 15 Std. 
1 hinter. Extr. 
gestreckt. 


I nach j 
28 Stondeo. 


f Bobben- 
etellusK» 


13 


> 


> 


•| 




i 


•^ nach lü f^td 

anfgef.word. 


1 


U 


> 


» 


15 h 


0,2 


keine. 


t nach 
9 Standen. 


? 


15 


1 


1 


1 

> 


0,4 


Xach 12 Std. 
1 hintere link. 
1 Extr. geatr. 


f nach 
23 Stunden. 


Robben- 

^ Stellung. 


16 


. 1 


i . ' 


> 1 

1 

1 


0,6 

1 


i 7 


7 nach 
1 b blonden. 


! * 



Digitized by Google 



Von Dr. Marku BabiBOwitMb. 141 
(Fortwtaonc dw Tabelle VU, 



Ud. 
Nr. 


Nr. 
Mftes 


1 

Art u. Menge 

des 
(Temisches | 


Dau«r 

im 
Ther- 
mo*t.| 


Ittfek- 

tioUB- 

meuge j 


r " 

£r8te Er- 
BchelBttttgen 


Ausgang 


Be- 
merkongen 


17 


1798 


Wie bei Nr. 8. 


3 Ii 


0,2 


keine. 


manter. 


Bleibt 
am Leben. 


18 
19 


> 

1 

! » 


> 

> 

1 
1 


> 
0 


> • 


ParCBe der 
hint. Extr., 
empfindlieh. 

aaeh. 


erholt sich, 
auch. 


Nach tWoch. 
1 lebt noch \u 
■teht elend 
auB. 


90 




> 


0 


0,4 


auch. 

1 


t nach 
10 Tagen. 


Sehr stark 
abgemagert. 



Wenn wir dio Wirkuug des Virus auf die geimpften Mäuse 
vor und nach der Behandlung mit dem Magensaft vergleichon, 
80 finden wir, (litis die zwei Stunden dauernde Einwirkung des 
Magensaftes die Toxizität der Bakterien und ihrer Gifte bedeutend 
herabgesetet hat Dabei haben der Magensaft^ der die höhere 
Axidit&t besafo, und von den mit demselben Magensaft bebandelten 
diejenigen ROhrohen, die 15 Stunden im Bratscbrank standen, 
starker die toxischen Eigenechalten des Virus beeinflufst Und 
ein Vergleich der Wirkung der mit Magensaft behandelten Bak- 
terien und Toxine zeigt» dafs die Toxizitftt des Giftes viel starker 
beeinflufst war/ als die Virulens der Bakterien: wahrend von 
den 12 mit Bakterien geimpften Mausen nur eine (Nr. 3) am 
Leben blieb, flberlebten von den 8 mit Toxin geimpften Mausen 6. 

Aber in Anbetracht dessen, dafs die Mause, wegen der 
grofsen einverleibten Dosen des Virus in kurser Frist starben 
und bei den Mäusen, die aufserhalb der Beobaehtungszeit, zwischen 
8 Uhr abends und 8 Uhr früh, eingegangen sind die Zeit so 
berechnet wurde, als ob sie um 2 Uhr nüclits starben, so schien 
mir die Frage noch nicht definitiv entsciiieden. Denn dadurch 
mufsten kleine Fehlerquellen entstehen, die aber bei den rehitiv 
kleinen Unterschieden in den Ergebnissen von grofser Bedeutung 
sein konnten. 



Digitized by Google 



142 Expttr. üntanuchnngttn fl. d. Wirkoog d. T«tuiubMill«ii a. ihicr Gifte «te. 

Aus diesen Erwägungen konnte auch durch die iu der 
Tabelle VII verzeichneten Versuche nicht entschieden werden, 
ob die bemerkten Veränderungen in der Tat auf die Salzsäure 
des Saftes zurückzuführen sind, Das haben aber unzweifelhaft 
die in der Tabelle Vlil verseichneteu Versuche mit dem Magen- 
saft Kr. 1808 bewiesen. 

In diesem Magensaft war, wie die Tabelle VI zeigt, gar 
keine freie Salzsäure. Wenn also die Wirkung in den Todier 
erwähnten Versuchen auf die Salzsäure surückzuführen war, so 
mufste man erwarten, daüs dieser Magensaft die Toxisit&t des 
Virus nicht oder nur sehr wenig beeinflussen würde. 

Um dies entscheiden so können, wurden iu diesem Falle 
auf je 10 ccm Magensaft verschiedene Mengen (je 5 ccm; 3 ccm; 
1 ccm und 0,8 ccm) der Gelatine -Kultur gegeben und 2 bsw. 
4 Stunden im Brutschrank gehalten. Aufserdem, um eine gröfsere 
Beobachtungazeit zu schaffen, wurden die Miuse gegen 8 Uhr 
abends geimpft und den n&cbsten Tag von 7 Uhr früh au be- 
obachtet (Tabelle VHI). 

Tabelle Vm. 



Lid. 
Nl. 


Nr. , 

des 
ll«gen- 
saftei 


Art u. Menge 

des 
Gemteches 


l>uucr 

im 
Tbor- . 
moat. 


In]ek- 
tions- 
mengel 

1 


! 

ErHte Er* 
eoheiiiuiigeii 1 


1 

Aufgang ^ 


Be- 
mefkanftn 


1 


1806 


5 ccni Gelat- 
Kiilt (12Tag.) 
auf 10 ccm 
Magenuft. 


M 

' 2 h 


0^ 


'Xarli 11 St.l 
, Btreckung d , 
bint. Extrem. 


t nach 
13 8luu<leu 


Robben» 
Stellung. 


2 




» 


> 


0.4 ^ 




t nacb 
11 Standen 1 


> 


S 




» 


» 


0,6 ' 


? I 


t nach 
11 Stunden 




4 




3 com derslb 
Kult.a.lücciu 
H«gen«8ft. 


1 


0.2 


Nach 1! Sfil. 
älreckuiig d. , 
bint Bxtrem. ,! 


t nach 
13 7, Sldu. 


> 


6 




> 




0,4 


1 


fn. 15Stdtt. 


t 


6 




> 


> 1 

1 


1 

i 


Nach n St.l. 
tH)br eiupfiud. 
' Keine Lahm. 1 


t nach 
3Vs Tagen 


Strupp riaaTj 
sebr mager. 


1 

1 


I cciu denilb. 
Kult.ii lUcfiu 
.Maguu»afl. ^ 


1 » 


0.2 , 


|Naeh 11 Sld. 
rechte hini. i 
Exlr. gehtr. 


t nach 
23 Stnnden 


RobbMI^rj 

atellimg. , 

,1 i' 1 



:i .1 



Digitized by Google 



Von Dr. Ifftrlras RabiDOwttsch. 148 



Fortsetsang der Tabelle Via. 



Ud 
Nr. 


Nr ' 

de» 
Haiden 
nttm 


Art u. Menge 

des 
Gemischee . 


Dauer 

im 
Ther- 
mosl. 


Injek- 
tion«- 
menge 


* 1 
Erste Er- < 
^ sdieittiiDgeD 


AasgADg 


Be- 
ni6tlciiB(en 


8 


180B 


1 ccm deralb | 

Kalta.lOccm: 
Mageneait. 


2 h 


0,4 


Nach 11 8td. 

: rechte hint. 
. Extr. gestr. 


t nach 
18 Vi Stdn. 


Robben- 
stelliing. 


9 


* 1 


■ • ! 




0,6 


Nach il Std. 
hintere Extr. 
gestr., Dyspn. 


f nach 
18V« Btdn. 


1 • 


10 


t 


0,2 ccm ders. ' 
KaltalOccm 
Ifageneaft. 




0,2 


Nach 11 Std. 
linke bintare 
Extr. g«ltr. 


t nach 
20 V» Stdn. 


> 


11 




> 


» 


0,4 


» 


t nai^li 
23 StUQdea 


» 


12 


> 


* 

! 


» 


0,6 


Nach 11 Std. 

liegt auf dem 
1 Bicken, 
1 KrtUnpfe i. d. 

gefltr. Extr., 
' Dyspn. Beim 

.\nlaa«. «aekl 

stark zusam. 
, und bleibt tot 

an der Stelle. 


t nach 
UV« Stdn 


> 


18 


* 


Gemisch wie 
bei tit, 1. 


4h 


0,2 


'.Nach 11 Std. 
d. recht, hint. 
Extrem. 


'r nach 
1 1^ Stunden ' 




14 




» 

1 




0,4 


> 


1 t nach ' 
14 Stunden 


> 


15 




Gemipch wie 
bei Nr. 4. 




0,2 


Slrt'ckuti^^ (I. 
j link, hinter. 
! Extrem. 


y nach 
Stunden 


K(?ine 
KobbeuatUg» 


16 


* 


> 


* 


0.4 

1 


1 

Nach 11 Std. 
|d. hint, Extr. 
1 gestreckt. 


f nach 
22 Standen 


Robben- 
i Btellang. 


17 


• 


GemtBch wie 
bei Nr. 7. 


1 


0.2 


Narh lf> Std. 
d. recht, hint. 
Bztr. Mafcr 


t nach 
1 S6 Stunden 
iftofiM fanden 


1 • 


19 




> 




ö|4 


JNaCu Lo oto. 

d. hint Extr. 
[ gMtreckt. 


t nach 
1 40 Stunden 

1 


1 

• 


19 




Gemiacli wie 
bei Nr. 10. 




0.4 


i 

> 


t nach 
49 Stunden 


» 


SO 




» 




0,2 

* 


[Nach 11 Std. 
d. hint. Extr. 
gttttreckt 


f nach 
^ 43 Stunden 


> 

1 




i 




1 

1 






1 



144 Bxp«r> TTntMsaebQQfui fl. d. Wiriraiig d. Ttoteombwillm n. ihrer Gift« ete. 

In der Tat haben die Versuche ergebeu, dais selbst die 
Maus, welclj« tuit 0,2 com des (Gemisches von 10 ccm Magen- 
saft und 0,2 ccm Kultur, also mit einer 50 mal kleineren iMenge 
von Bazillen geiin])ft war, schon nach 2072 Stunden eingegangen 
ist, während die in gleicher Weise mit 50 mal L^Öfserer Menge 
vorher geimpften Mäuse erst nach 28 — 29 iStunden starben. 
Aufserdem scheint es, als ob auch hier das längere Verbleiben 
des Gemisches im Thermostaten die Virulenz der Bakterien 
starker beeinfluÜBt hat. 

Bemerkenswert ist noch, dafo einige Mäuse sich ganz anders 
der Wirkung des Virus gegenüber verhalten haben. So ist die 
Maus Nr. 6, die mit 0,6 ecm geimpft war, erst nach Tagen 
eingegangen, wfthrend die mit 0,2 und 0,4 ccm derselben Mischung 
geimpften Mäuse schon nach IS^^ iind 15 Stunden eingingen, und 
aufserdem, ebenso wie die .Maus 15, keine Robbenstellung zeigten. 

Wenn also die in der Tabelle VIII verzeichneten Versuche 
bestätigen, dafs die Salzsäure des Magensaftes die Virulenz der 
Bakterien und die Toxizität des Giftes herabsetzen, so war es 
doeh, um eine feste Übmeugung zu gewinnen, noch notwendig, 
weitere derartige Versuche mit Terschieden sauren Magend^n 
und minimalen Dosen von Bakterien bzw. Gift anzustellen. 
Aufserdem mulste noch die Ursache der abweichenden Virulenz 
der Gelatine- und Agarkulturen festgestellt werden. 

Zu diesem Zwecke wurden auf je 5 ccm Magensaft nur je 
5, 3 und 2 Osen') Agarkultur oder je 1 und 0,2 ccm Gelatine» 
kultur oder endlich je 1 ccm TozinlOsung II gegeben. Aufaer> 
dem war noch ein Gemisch von 5 ccm Magensaft, &ccm steriler 
Klhigelatine (amphoterer Beaktion) und 10 Ösen Agarkultur 
hergestellt und 2 und 14 Std. im Thermostaten gehalten (Tab. IX). 

Wie die Tabelle IX zeigt, sind bei der Anwendung sehr 
kleiner Mengen von Agarkulturen die Unterschiede in der 
Wiricung der stark- und schwaehsauren Magensäfte noch viel 
deutlicher zum Vorschein gekommen. Während die mit den 
mehr freie Salzsäure enthaltenden Magensäften Nr. 1865, Netzger 
und 123 behandelten Kulturen die geimplieu Mäuse nicht zu 

1) Ose SS 2 mg. 



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Voa Dr. Markos BabinowitMh. 



145 



Tabelle IX. 



Lid 


Nr. 
dos 


■ 

iArt u. Meuge 


DftU6r' 
im 


Injek-; 


£rete £^ 


i 

Ausgang 


Be- 


Kr. 


Magen- 


lies 

Gemisches , 

1 


Tlmr- 

(UOSl. 


tlODt* i 

nullt 


■cbeinongen 


mmkoofen 


i 


1888 


2 Ösen Agar-j 


2h 


t 

0,2 


Nach69Stdn. 


Nach 7 Tag. 


Nach 24 Tag. 






kiiltur(4Tag.)' 




Parese der 


d. hint. Extr. 


lebt noch. 






1 auf ö ccm 






hint. Extrem. 


getilreckt. 








Maganmft. 












3 


> 


» 




0.4 


Nach 42Stdn. 


t nach 4 Tg. 


Robben- 






1 




j d. hint. £xtr. 


14Vi Stdo. 


ateUung. 




• 








1 gettMCkt. 




3 




3 Ösen Agar- 


> 


0,2 


Nach63Stdn. 


Keine 


Nach 24 Tag. 






kult. a 5 ccm 




d. rt'flit. hint. 


YerAnder. 


lebt noch. 






Magensaft. 






, Exil, geatr. 






4 


* 


• 


» 


0.4 


Nach39Stda. 


> 


* 












1 d. rcc.'ii _ hint. 












' Lxtr. gesir. 






5 


> 


5 Ösen Agar- 


» 


0,2 


.VachSSStda. 


t nach 


Kobben- 






kalt ». 5 ccm 


1 




; bmt Extrem. 


68 Stunden. 1 


atellnttg. 






M»gm»tt. 






gestreckt. 






6 


> 


> 


> 


0.4 


Nach2öStdn. 


t nach , 


> 










d. hint. Extr. 
g«8treeki. 


47 Stunden. 




7 


> 


10 Ösen Agar- 


> 


0.2 


? 


i nach 


9 






kolk. (4 Tage) 






17 Standen. 








auf D ccm 
















Magensaft u. 
















5 ccm Gelat« 












o 

o 


> 


» 


> 


0,4 


1 ' 


T nach 
UV, stdn. 


9 

1 


9 


> 


> 


14 b 


Oß 




1 7 nach 














Ii Siundon. 


i 


10 


> 




> 


0,4 


? 


1 f nach 


» 






1 






1 9 Stunden. 




11 


1863 


6 ccm Agar^ 


2 b 


0.2 


N'acb 14 Stdn. 


! f nach 


> 






kult. a. 5 ccm 




der link. hint. 


|49 Standen. 


* 






Magensaft. 






Extr. gestr., 














nach 18 Stdn. 
beid.ht Extr. 






13 


> 


> 

• 


> 


, 0,4 


1 Nach 12 Stdn. 
d. hint Extr. 

gestreckt. 


1 f nach 
|19 Standen. 


9 


18 


> 


0,2ccmGelat. 


> 


0.2 


Nach t2Stiln. 


t nach 








Kultur ; lOT.) 




Pares. d.hint. 


37 Stunden. 








auf 5 ccm 






Extr , nach 










Magensaft 






laSt.Htreck^r. 




! 


14 


» 


» 


> 


0.4 


Nach 12 Stdn. 


t nach 


• 










d. hint Extr. 


21 V« Stdn. 












1 


g«StMCkL 


Ii 





Digitized by Google 



146 Bxpw- üntenaehttiigtn 11. d. Wlrknng d. Tttenasbaiilleii n. ihrer Gifte etc. 



Fortsetzang der Tabelle IX. 



Nr. 


Nr. 
d«a 1 

sattes 


Art u. Menge' 
des ! 
Gemischea | 


Im 
Thor 
motit 


— I 

Injek-. 
tiona- 
menge 


Ernte Er- 
Bcheioangea 


Ausgang 


meffkongni 


16 

t 


1862 

1 

1 

l 
• 


1 ccuiToxinll 
anf 5 com 
Magensaft 


2 h 1 


0.4 

t 

1 


NaehlSStdu.l 
Parese, nach 
15 8td. 8trek- 1 
kung. d. binU i 

J.iA.b|l lila 


t nach 
50 Stoaden. 


Robben« 
stell ong. 


16 




5 Ösen Agar- 
knli. (5 Tage) 

atif 5 ccm 
Magensaft. 




0,2 1 

! 


„ . i 

Kerne. 


Munter. 

I 


BleiU 
am. Leben. 


17 


* 


» 


> 


0,4 

1 


Nach 3 Tagen 
parese der i 
Unken hinter. 
Extrem. 


Keine 
Verindeig. 


» 


18 


> 


1 ccm Gelat.- 
Kult.a.5ccm 
MflaMnaaft. 


> 


0.2 ; 


Xnch l3St<1n. 
Streckung d. 
hint. £xtr 


t nach 
39 Stunden.. 

1 


Robben- 
Btellung. 

■ 










0l4 

■ 


» 


t nach 

15 Stunden, 




20 


> 


IccmToxiuII^ 
auf 5 ccm ; 


* 


0.4 


Nacb368tdn. 
Streckung d. 

lIlMMWIi fiAU. 


Munter. 


Bleibt 
am Leben. 


21 


'.Notz- 
ger. 


n öseu Agar- 
kult a. 5 ccm, 
Mamuaft. 


> 

1 > 


0,2 


Keine. 


* 


» 


83 




» 




0.4 


9 

Nach 3'/, Tag. 
1 linke hintere 
1 Extr. gestr. 


> 

Keine 
Verflnderg. 


1 9 


83 


: 


1 ccm Gelat.- 
Kultur (OTj?.) 
5 ccm Magen- 
saft 


1 ^ 


0,2 


9 


24 


* 


■ 


t 


0.4 


Naehinstdn. 
die link. hint. 


■j- nach 
jtiV. Tagen. 

1 


Robben- 
. Stellung. 

1 


85 


» 


1 cciiiToxin II 
auf .') ccm 
Magensaft. 




0.4 


Keine. 


1 Munter. 


Bleibt 
am Leben. 


26 


123 


|5 Ösen Agar- 

kultur 1,5 Tag. 
j alt) & ccm 
Magensaft. 


> 


0,4 

! 0,6 




! 


• 


27 


> 


> 








i • 


» 


28 


> 


> 


1! 


1 0,8 

1 
r 

■ 






> 

1 
i 



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Voa Dr. Unkoi lUtbinointoeh. 147 

toten vemiochten, h&tten die mit dem Magensaft Nr. 1833, dessen 
freie SaUssftuie gleich 10 war, behandelten Kulturen nur in den 
grOlsten benutzten Dosen in 47 und 68 Stunden die geimpften 
Mftuse getötet. Dagegen haben die mit dem Magensaft 1862, 
dessen freie Salssfture nur = 4 war, behandelten Kulturen alle 
geimpften Mäuse in 19 bis 49 Stunden getötet. 

Und besonders bemerkenswert ist es, dafs die oben erwähnten 
stftricer sauren Magensäfte, die die Virulenz der Agarkulturen 
stark herabgesetzt oder Temichtet haben, es bei denselben nicht 
taten, wenn sum Gemisch noch 0 ocm Nährgelatine zugesetst 
war, oder statt Agar* Crelatinekulturen angewandt wurden. 

Noch auiiailender ist die Tatsache, dafs die Mäuso Nr. 9 
und 10, die mit demselben Geniisch von 10 Ösen Agarkultur, 
ö ccm Magensaft und 5 ccm Nährgelatine, aber nach einem 
14stündigeu Aufenthalt im Brutschrank bei 37° geimpft waren, 
schneller starben als nach 2stündigera Aufenthalt desselben Ge- 
misches in demselben Thermostaten. Einige individuelle Be- 
sonderheiten waren auch hier zu verzeichnen. 

Die letzterwähnten auffallenden Ergebnisse der in der 
Tabelle IX verzeichneten Versuche haben den Gedanken ge- 
weckt, dafs diese eigentümhchen Erscheinungen Tieiieicht allein 
auf die Nährgelatine zurückzuführen seien. 

Um dies zu entscheiden, wurden neue Versuche in der Art 
angestellt, dafs bei in gleicher Weise zusammengestellten Ge- 
mischen^) der Magensaft durch eine Verdünnung von Normal* 

1) Da ea wegen des hoben Schmelzgrades de« Agare und seines schnellen 
Eratarnns bei der Zinimertoni|»eratar aniDiigUch ist, die Agarlrolttiren Im ver> 
flOsaigten Zustande zur Injektion zu benutzen oder aus den Oe^ itirn knitnreu 
den Stichteil su isolieren, so konnte kein einheitlicher Modus zur Quanütats- 
besitimraong d«r Kultaren angewandt werden. Es wurden deshalb von den 
Agarkulturen ö öaen (je 2 mg) aus dem Stichteil nnd von den verflilsaigten 
ond kräftig umgescbUttelten (T<>latinekulturen 1 ccm zum Versuch benutzt. 
In Anbetracht dessen, dafs die hohen aoaeroben Gelati neröhrchen ca. 20 ccm 
Gelatine enthalten und in der Gelatine dl« Banllen viel apltrHeher waetueD, 
kaun man, meines Erachtons annehmen, dufs die Fehlerquelle nurnnbedentend 
war, jedenfalls nicht gröfser als bei der Bestimmung durch die Öse bei den 
veiaehiedenen Malen and Knltaren. Ea Ist eher amnnehmen, dafa in l.ccn 
der Gelatinekultur noch weniger Baiillen alfl in 6 Omu vom Stiebteil der 
Agarknliur vorhanden waren. 



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14d Rxp«r. ITiitorsttehDngen fl. d. Wirkung d. t^tuuMbnUlra a. ihrer Gift« etc. 



salesäurn ersetzt, das Genoisoh auch 2 Stuuden im Thermostaten 
bei 37" gehalten and nachher auf Mäuse ▼erimpft wurde 
(Tabelle X). 



Tabelle X. 



Lfd. 
Nr 


Art a« Menge 
1 des iDfektlons» 

Tiiat.'r'n's 


Dauer 
1 ün 
'Ther- 


Impfte 


Erste Er- 

pchpinunuen 


1 Anagang 


1 

Be 

merkiinceu 




,1 1 ccm Norm - Salz 
leSare 10 ccm NaCl 

1 Lft!». 5 öneti Ajjar- 
kultur (5 Tage). 


2 U 


0,4 

!■ 


Nach 24Btda. 
, «mpflndllfih 

und bewepl 
sich trüge. 


Erholt sieb. 


, Bleibt 
1 Nm Leben. 


2 


1 ccm Nonn. Salz- 
säure. lOccriiNaCl 
LOb. IccmCirelatiD.- 
Kaltor (11 Tage). 


> 


0,4 


Nach40Stdn. 

Lähmunj; des 
1 link. Uinter- 
1 beinea. 


t nach 
oa. 64 Stdn. 


Robben- 
etellnng. 


3 

1 


1 

0,5 oem Nonn.-SslB- 

' B&ore. 10 ccm Na Cl- 
i Lös. 5 Ösen Agar • 
1 kttltur. 


» 


0.4 


i Keine. 

1 

1 


Munter. 


Bkibt 
«m Laben. 


4 


1 0,5 ccm Norm.-.Salr.- 
eiure. 10 ccm Na Ci- 1 
L0e. 1 com Gela 
tinekaltur. 


• 


0.4 


Nacb5lStdn. 
1 Lähmangdee 
[ Hak. Hinter- 
bein««. 


t nach 
ra. 59 Stdn. 


Robben- 
steilung. 


5 


0,2 ccm Nrirm. Salz 
aäure. iUc«:mNaCl- 
LJIb h Ösen Asar- 
' kultur. 


» 


0.4 


NachlBStdn 
bewegt die 
Hinterbeine 
Bchlecbt. 


Erholt eich. 


P.Ieibt 
am Leben. 


6 


i 0,2 ccm Norm. -Salz- 
. gfture. 10 ccm NaCl- 
I.Ö8. 1 com Gela- 
li nekultur. 




0,4 j 

1 


Naob36Stdn. 
beide Hinter 
betne gestr. 


t nach 
ca 52 Stdn. 

1 


Robben- 
stellunK. 

• 


7 


0,1 ccm Norm. SaU , 
aani«. lOccmNaCl- 
LOa. f) ö.seD Agar- 

knltur. 


> 


i 
1 


, Nach 21 8tda. Sieht krank a. 
d. lnk.Hinter- ■• Haar elrupp., 1 
iMin geetv. j! beir.aidi trig. \ 

i' 


Mflgerl stark 
ab, aber nach 

16 TaL-pn 
lebt noch. 


8 


0,1 ccm >iorjn.-iSal7,- 
Hänre. 10 ccm NuCI- 
Liöa. 1 ccm Gela- 
tinektüiur. 


> 

1 


1 1; ' 

■ Ii 


Nach 15i3tdu. 
tot. 


Alle Beine 
Stark geotr. 


9 


1 com Xonii.-8«lfr 
aiir«.10ccmKaCI. 


» 


0,2 i 

j 


Keine. 


Munter. 


Bleibt ««Leb. 
(Kontr.-Vei«.) 


10 

1 


> 


t 

( 

h 1 


0,4 1 

' ! 


Nach ir>Stdn 
sieht kr. au8, 
Haar Btmpp., 
Beweg, träge. 


Erholt eich. 

; 


> 



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Von Dr. Marko« lUtrinowitvdi. 14$ 



Fortaetsang der Tabelle X*. 



Ud. 
Kr. 


1 

Art u, Menge 

des TnfektionS' i 
materiale 


Datier ' 
im ' 
'I"her- 
mo*t.| 


1 

Ge- 
impfte 
MeDg« 


Erste Er- 
ediaiiiaiigflii 


1 

Aaaptng 


Be- 
merkttngen 


11 


1 ccm Tetenastox.] 

II. 10 Clin NaCl- 
Löa. 1 ccm Norm.- 
SaliaiiiTe. 


9 b 


0,2 


Keine. 


utmier. 


BteiDta.]jeD. 
^ontr.-VeraO 


12 


» 






Wiebaiyr.lO 

1 


Britolt aicb. 




13 


0,5ccni Norm. -Salz- 
Bäure. 1 ccm Toxin. 
10 ccm NaCl Lö«. 




0,2 


Keine. i 


Kanter. 


» 


14 


t 




0.4 


» 


•» . 




15 


0,2 ccm Nonn.«8als- 

säure. 1 ccm Toxin. 
10 ccm NaCl-Lös. 




0,2 


> 


• 




16 i 


> 




0,4 


> 


» 


> 


17 
18 


0 1 ci'tu Nortik Halz- 
Säure, l ccm Teta- 
nustoxin. 10 ccm 
Na Cl Lösung. 

1 


1 


0,2 

1 ' 

1 

1 

' 0,4 


1 . 

1 

> 


> 
» 


• 


19 


1 ccm Tetanustox. 
IL 10 ccm Na Cl- 

LöSUDg. 




1 0.2 


Nach 15Stdn. 
recht. Hinter- 
bein, nach 18 
I beide Hintor 
bein« gestr. 


t nach 
1 58 Standen. 


Rol>bei»3tUg. 
(KontroU- 
V ersuch).. 


90 


> 


» 

1 


! 0,4 
i 


Nachl5Stdn. 
: beide Hlnter- 
j beine gestr. 


t nach 
47 Stunden. 





Die Ergebnisse der in der Tabelle X verzeichneten Versuche 
haben die Vermutung, dufs die Gelatine die schädliche Wirkung 
der Öalzyilare neutralisiert, bestätigt. 

Während von den mit (lemischen von Agarkulturen ge- 
impften Mäusen keine einzige ein^ei^uugen ist, so sind alle mit 
dem Geraisch von Gelatinckullurun geimpften nach 15 bis 
64 Stunden zugrunde gegangen, und desto schneller, je weniger 
Salzsäure das Gemisch enthielt. Alle mit dem Gemisch von 
Tetanustoxin und Salzsäure geimpften Mäuse zeigteu überliaupt 
keine Erscheinungen und sind am Leben geblieben. 

Vielleicht dürften die leisternrähntea, wie auch die bei den 
FütterongsversQchen zutage getretenen auffallenden Krschei- 



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1 50 fixp> tJntonocb. fi.d.Wirkiitig d. TMaimwIms. ete. Vmi Dr. H. Babinowitaeh. 

nungen einen neuen Fingerzeig zur Erläuterung der Ehrlich- 
scheu Seitenketteutheorie bieteu. 

Wann ich die Eigebnisse meiner Versuche zusammenfasse, 
so glaobe ich folgende Schlüsse aus diesen siehen su dOrfen: 

1. Der Magensaft mit normalem oder gesteiger- 
tem Salxsfturegehalt vernichtet unter normalen Ver- 
hältnissen die Virulenz der Tetanusbasillen und 
ihrer Gifte, and swar bei diesen schneller und inten- 
siver als bei jenen. 

2. Diese Wirkung des Magensaftes wird haupt* 
sächlich durch die in ihm vorhandene Salzsäure 
bedingt und ist desto intensiver, je höher der Sals- 
säuregehalt des Magensaftes ist. 

3. Auch eine 1 pros. Lösung der Normal-Salzsäure 
vernichtet unter gewöhnlichen Bedingungen nach 
einer sweistflndigen Einwirkung bei dl^ die Virulenz 
der Tetauusbazillen und ihrer Oifte und zwar der 
letzteren schneller als der ersteren, aber diese 
Wirkung der Salzsäure wird durch die Anwesenheit 
von Nährgelatine herabgesetzt. 

4. Die den Kaiiincbtn und Meerschweinchen in 
grofseii lausen per os ei u gc f ü h r t e n Tetauusbazillen 
oder deren Gifte bewirken in der Regel keine tetani- 
schen Erscheinungen, sondern einen Marasmus, an 
dem die Tiere häufig nach längerer Zeit zugrunde 
gehen. 

5. Bei Kaninchen ruft das per os (ebenso wie in- 
traveiKis und subkutan) eingeführte Gift häufig 
auch e i <;o n t ü ni 1 i r h e zerebrale E rs t' h c i n u n g e n o<ler 
Kontrakturen hervor. Die letzteren kommen auch 
beim Meerschweinchen zur Beobachtung, 

Hieraus folgt, dafs die An Wesenheit derTetanus- 
bazillen und ihrer Gifte im Darmkanal für deren 
Träger sehr gefährlich, ja sogar letal sein kann. 



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Oter ZentroBomen und Deh 1 ersehe Beifen in kernlosen 

Erythrozyten. 

Von 

Dr. A. Nifsle, 

AacUteatea am LuUtula. 

(Ami dem Hyi^eiiisehen Insütat der Univeraitlt MOachen. Direktor: 
Obermedisiiialrafc Prot Dr. M. Grab er.) 

Für das Studiuni der Morphologie und Biologie von Blut- 

parasiteii ist luiturgemärs eine möglichst genaue Konotnis der 
Histologie des normalen und des durch Anämie veränderten 
Blutes selbst unbedingte Voraussetzung; denn nur so ist es 
möglich, sich vor Verwechslungen und falschen Schlüssen zu 
bewahren. Das Kapitel der ßlutkörporchenmorphologie ist aber 
noch keineswep;s abgeschlossen, selbst unsere Kenntnisse von den 
scheinbar so enifacli gebauten Erythrozyten haben im Lauf der 
letzten Jahre manche wesentliche Erweiterung erfahren. 

Studien über Trypanosomen und tlie durch sie bedingte 
Anämie Imben es mit sich gebracht, dafs auch ich micli ein- 
gehender mit den Erythrozyten, besonders denen der üblichen 
Laboratoriumstiere, beschäftigte. Die Resultate dieser Untere 
suchungen sind 1905 in diesem Archiv veröffentlicht worden. 
Sie zeigten das Vorkommen winziger Doppelpünktchen in roteu 
Blutkörperchen gesunder kleiner Säuger (Maus, Ratte, Meef'- 
schweinchen), während das Vorhandensein derselben Gebilde im 
Blute gröfserer Säuger (Hund, Kind, Menaoh) eine bestehende 

AidüT I. Bniaaeb Bd. LXI. 11 



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152 tJber Zentrosomen und Deblenche Betfen in kernloMn Eiythrosytoa. 

Anftmie voraussetzte Diese Doppelpünktchen färbeu sich intensiv 
mit Eisenhämatoxiliu und demRomanowskyschen ChromatiDrot; 
oft läbt sich um sie herum ein heller Hof erkennen; ihre Lage 
ist meist exzentrisch. Am häufigsten trifft man sie in Poly- 
chromat isc heu, also in solchen jugendlichen Blut/Bellen an, in 
denen nicht selten noch Kemreste vorbanden sind. Form, Gröfse 
und Eigenscbaften, besonders aber die fast stets deutliche An- 
ordnung zu zweien veranlalsten mich für ihre Deutung Zn'lalls' 
Produkte des Kerns aussuscbtieJflen, die ja ibier Natur nach 
den Stempel der Unregelmäibigkeit tragen müfsten, sie vielmebr 
als gut erhaltene, wohl charakterisierte, präfonuierte Gebilde an* 
zusehen. Als solche kommen nur Zentrosomen in Betracht, um 
so mehr, als die Doppelpflnktchen eine auffallende Ähnlichkeit 
mit den von Dehler zuerst im Höhnerembiyonenblut beschriebenen 
Zentrosomen ohne weiteres erkennen lassen. 

Neuerdings hat Weidenreich, ohne meine Arbeit zu kennen, 
denselben Gegenstand bearbeitet; die von ihm beschriebenen 
Doppelpttnktchen stimmen in Form, Lage, GrOfee und Eigen- 
schaften vollkommen mit meinen Beobachtungen überein, nur 
will Weidenreich sie weit häufiger auch in orthochromatischen 
Erythrozyten, vor allem auch in denen gesunder Menschen, an- 
getrofiEen haben, wo ich sie niemals gesehen habe. Viellei<^t 
mag dieser Gegensatz dadurch bedingt sein, dafs Weidenreich in 
weit ausgi einigerem Mafse die Fixierung mit Osmiumsäuredämpfen 
bei der Herstellung seiner Präparate verwandt hat, während ich 
mich nur mehr ansnalini-^weise dieser Methode bedient habe. 
Das von ihm ani:;egebene Fixierungsverfahren ist nämhch iu 
seinem Prinzip durchaus nicht neu, aondern schon vor ihni in 
nicht wesentlich verschiedener Form von Argutinsky bei Blut- 
ausstrichen angegeben, in erster Linie für Malariastudien, da bei 
der Fixierung der noch feuchten Blutansstriehe die I'arasilen im 
amöboideu Stadium ihre P?oudo{)odien vermöge der blitzartigen 
Tötung nicht melir einzielieii können, also in viel ausgesproche- 
nerem Mafse ihre natürliche l-'orni beiliehalten. Das Verfahren 
verdiente daher in den Lehrbüchern über Malaria weit mehr 
hervorgehoben za werden, als e& tatsächlich geschieht. 



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Von Dr. A. Nifsle. 



153 



Fftrbt man derartig fixierte Ausstriche nach Bomanowsky 
Imew. Giemsa, bo treten in einem Blut, das Kemseifallprodakte 
enthlüt, dieee in weit gröEgerer Zahl als dankelrote KOmehen 
hervor wie in gleichartigen, mit Alkohol fixierten Präparaten, 
worauf ich auch schon in der oben zitierten Arbeit hinge- 
wiesen habe. 

Bei Osminmafttirefizierang and Giemsaffiibung uehmen aller- 
dings die orthochromatischen Erythrozyten nach meiner Er- 
fehrong meist einen etwas blftolichen Ton an, so dafs eine etwaige 
Polychromasie sich weniger gut abhebt. Das war ein Hauptgrund, 
warum ich die Alkoholfixierung im allgemeinen vorgezogen habe, 
zumal es mir auf eine momentane Abtötung von Parasiten nicht 
ankam. 

Auch Weide 11 reich erkennt die grofse Ähnlichkeit der Do| >pcl- 
pünktchen mit Zentralkörpern an, leitet sie aber doch vom 
letzten übriggebliebenen Chromatinkorn des geschwundenen 
Erythrobhistenkerns ab. Weiden reich will nämlich folgende 
Degenerationsstadien dieses Korns im embryonalen menschlichen 
Blut beobachtet haben: nachdem es sich vom übrigen Kern ge- 
trennt hat und dieser ausgestofsen worden ist, soll es zun&cbst 
einen helleren Farbenton annehmen, dann biskuitförmig werden 
und sich in zwei Körnchen teilen, aus denen die Doppel- 
Pünktchen hervorgehen. Gegen diese A1)leitung aus dem letzten 
punktförmigen Kernrest möchte ich folgende Gründe anführen: 

1. Die Doppelpünktchen fallen in genügend gefärbten 
Präparaten stets durch ihren dunklen, einem dichten 
Chromatin entsprechenden Farbenton auf, wie ihn auuli 
die W e i d e n re i chachen Abbildungen aufweisen; es 
müfste also in den Resten eines /.eiiallenen, abgestorbenen 
Kerns nach der durch den Zerfall erklärlichen Auf- 
lockerung des Chromati ns noch wieder eine Verdichtung 
desselbeu eingetreten sein. 

2. Würde das Vorhandensein eines ovalen Hofes um die 
Doppeipünktchen, wie ihn Weidenreich auch bei Osmium- 
sHurefixierung deutlich erkennen konnte, schwer zu e^ 



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154 l^ber SSentraoomra nnd 0elilenehe Relfea in keraloBen ErythrosyteB. 

klären sein, da dieser Hof an den vorheigehendeu 
DegeneratioDsstadieQ fehlen würde. 

3. Wäre nicht einzusehen, warum am Schlüsse dieses Zer- 
fall proxessee in der Regel gerade zwei, stets aneinander 
gelagerte Kömchen erhalten bleiben, wo doch der Be- 
griff Zerfall den der Unregelmäfsigkeit in sich bir^t. 

4 Kommen neben dem in der Fragmentienmg begrifiEenen 
legten Kernrest und auch neben dem noch yollständigen 
Kern Doppelpünktchen in ihrer typischen Form vor. 
Weidenreich bildet solche > Besonderheiten c in den 
Fig. Iii nnd 11 n ab. Den Widersprach glaubt er sich 
so eiklftren sa müssen, dafs im ersteren Falle ausnahms- 
weise swei Kemrestpartikeln die Umwandlung au den 
Doppelpünktchen durchmachen und sich nur in ver* 
sdiiedenen Phasen dieses Prosesses befinden. Im zweiten 
Falle soll die Abflchnflrung und die folgende Umwand- 
lung bei Erhaltung des scheinbar noch vollst&ndigen 
Kerns vor sich gegangen sein. Die Schwierigkeiten 
dieser Hypothese wachsen jedoch noch betrichtlicb, wenn 
man Ersrtbrozyten bei hochgradiger Anftmie zum Gegen- 
stand der UntersQchung wfthlt; man findet dann reichlich 
poly chromatische BlutkörpercheUi besonders M^galozyten, 
die neben den Doppelpüuktchen Kemfragmente in grofser 
Zahl enthalten, so dafs von Besonderheiten nidit mehr 
die Rede sein kann. Unhaltbar aber wird die Erklärung 
Weiden reichs, wenn man seine Fig. 11 n mit den 
Dehl ersehen Abbildungen cmbryojiiiler iiuhnerblut- 
körj>erchcii verf;leiclit, die e})eiifallr neben dem Kern 
solche Doppelpüiiktclien eiithulten und daher in ihrem 
ganzen Aussehen vollkommen übereinstinnnen ; denn hier, 
wo es sich um Dauerkerue handelt, kann ja eine Ab- 
schnürung vom Kern überhaupt nicht in Betracht 
kommen. 

Aul" (Jrnnd der De hl ersehen l^'obachtunsen am embryonalen 
Hühnerblui halie ich die in SaugciifM-cryihru/.yten gefundenen 
Doppeipüuklchen für re.stiereucie Zeuirosomen erklärt und im 



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Von Dr. A. Ntfale. 



155 



Auachlufs daran ihre gröDsere Widerstandsfähigkeit im Vergleich 
mit dem Keru erörtert. 

Die Vermutung Weidenreichs, daÜB ein gro&er Teil der 
Doppelpütiktc-lien später zu H&mokonien werden kann, halte ich 
für berechtigt; denn auch mir ist die ÄhnUchkeit mancher 
Hämokonien mit den Zentrosomen aufgefallen, und aufserdem 
habe ich in zerfallenden Erythrozyten bisweilen noch gut er* 
haltene Zentrosomen wahrnehmen können (s. Fig. 3 der früheren 
Arbeit). 

Als mir im Beginn meiner Tcypanosomenstudien die Zentro- 
somen der Brythrozyten in ihrer RegelmAfsigkeit auffiden, hegte 
ich eine Zeitlang den Verdacht, dafs sie mit den Parasiten in 
Verbindung ständen; ich vermilste sie in gesonden Ratten, sah 
sie wBhiend und besonders nach Ablauf der Infektion auftreten; 
auberdem gaben die Lehrbücher der Histologie über dieee Oe- 
bilde keinen Aubchluis. Ent sp&ter fand ich nach Verbesserung 
der Ffirbetechuik die Zentrosomen auch im Blute gesunder 
Ratten, Mäuse, Meerschweinchen, Kaninchen und von Embryonen 
dieser Tiere, femer bei Anämien grOfserer Tiere und dee 
Menschen. 

Beim Studium der A. PI eh u sehen Schrift: »Weiteres über 
Malariaimmunität und Latenzperiode« ist mir nun aufgefallen, 
dafs Plehn Gebilde als besondere Form von Malariaparasiten 

beschreibt und abbildet, deren Ähnlichkeit mit den Zentrosomen 

von Erythrocyten nicht zu bezweifeln ist. Sie sollen intensiv 

Ijasiscli gefärbte, scharr begrenzte Flecken darstellen, deren 
Grofse etwas überschreiten kann. Ferner sollen sie zwar in 
verschiedener Zahl im Blutkörperchen vorkommen, chararUcristisch 
sei jedoch die paarige Anordnung, die vielleicht auf einen 
Teilungsvorgan^ hindeute. Mit der luisoijhilen Körnung ständen 
sie nicht im Zusammenhang, da sie Kernfarben annähmen, sich 
also nach Romanowsky rot violett färbten. »Diese Gebilde 
finden sich zuweilen einige läge nach glücklichem f'herstehen 
von Rchwarr.wasserfieher besonders schön entwickelt; ebenso wenn 
Kolonisten nach längerem .Xuh'nthalt an der Westküste anämisch 
werden, ohne Fieber gehabt zu. haben. Sie kommen aber eben- 



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156 Übw ZAntnMomen ond Dehlendi» Reifen in keraUieett Erytlimyten. 

wenig wie die Sporulationsformen bei jedem Malarischen stets 
im peripheren Kreislauf vor, . . . .« An anderer Stelle drückt 
sich Plohn vorsichtiger aus: ? Findet man bei einem anscheinend 
Gesunden, für den die Möglichkeit einer Mulariainfektion, und 
sei es vor Jahren, vorlag, rundHche, paarig geordnete, intensiv 
basisch gefärbte Körner in den roten Blutzellen, so ist man be- 
rechtigt, darin das sichere Zeichen zu erblicken, dafs die Latenz- 
formen des Parasiten im Organismus sich forteutwickelD, dafs 
also jederzeit FieberaoiäUe auftreten können, ohne Gelegenheit 
%m Neujnfektion.c 

Nachdem aber Plebn vorher davon gesprochen hat, dafs 
er in den beschriebenen Gebilden Parasiten sieht, muts ich ihm 
entgegenhalten, dab eine Unterscheidung derselben von den 
Zentrosomen der Erythrozyten der Beschreibung wie den beige- 
gebenen Abbildungen nach jedenfalls nicht möglich ist. Be> 
merkenswert ist, dafo Plehn in der Erklftrung zu seinen Tafeln 
gerade auf solche endoglobaiBren GeUlde besonders hinweist 
(Taf. I, Fig. 16 rechts, Tat II, Fig. 3 Mitte), die am deutlichsten 
die typische Zentrosomenform zeigen. 

Fiehn hebt nun weiter hervor, dafs sich seine »Parasitenc 
während der Fieberaufälle spärlicher als im fieberfreien Intervall 
fänden. Ebenso verhält es sicli aber mit dem Sinken und Steigen 
der Zahl der Zentrosomen, die stets in um so gröfscrer Menge 
auftreten, je schneller und reichlicher vorher Erythrozyten zer- 
stört worden sind; jodet Malahaßeberanfall ist aber mit einer 
akuten Abnahme der Erythrozyten verbunden. Daraus geht auch 
hervor, dafs das Blut nach einem Schwarzwassertieberanfall ein 
.besonders günstiges lAaterial zum Auffinden der Zentrosomen 
darbieten muCs, und in der Tat konnte ich in Ausstrichen, die 
ich Herrn Professor Nocht verdanke, eine ganze Men^ 
charakteristischer Zentrosomen beobachten, wenn ihre Zahl auch 
nicht an die bei Trypanosomeninfektionen von Laboratoriums« 
tieren erreichte Vennehrung heranreichte. 

Ich küuitue daher zu dem Sehlufs, dafs der Ueschreibung 
und den Abbilduugeu nach eine Unterscheidung der bet^chriebeneu 



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Von Dr. A. Niftle. 



167 



Plehnschen Laten/t'nrnien von ErythrozytonzeiUrosonien nicht 
möglicli ist; dafs feiiui- Hie gleiclien Begleitumstände, die ihr 
Auftreten bzw. ihre Vermelirung veranlassen, ihre Identität wahr- 
scheinlich machen. F^erücksichtigt man ferner, dafsdieZentrosomen 
Plehn nicht bekannt waren, wenigstens nicht als solche, so 
fehlt jetzt seiner Auffassung überhaupt die notwendige Be- 
gründung, die er in der Besonderheit der morphologischen und 
ünktorielleD Eigensehafleti seiner Kürper zu sehen glaubte. 

Nach meiner Überzeugung hat also P 1 e h u die Erythrozyten- 
zcntrosomen vor mir gefandeu und beschrieben, wenigstens im 
Blut Malariakranker, nur ihnen eine unberechtigte Deutung 
beij^egt. 

In meiner Arbeit bin ich ferner auf eigentümliche in Erythro- 
zyten eingelagerte Reifen kurz eingegangen, die bisher im SAuge* 
tinrblut noch nidit beobachtet worden waren. Einige intereasante 
Ergebnisse weiterer Studien über diese Reifen veranlassen mich, 
nochmals auf diesen Gegenstand zurückzukommen. 

Als erster hat Dehler diese Gebilde im Blut von Hühner- 
embtyonen gesehen (Schnittmaterial, FHrbung mit Heiden- 
hainschem Hftmatoxilin). Nach ihm bat sich hanptsftchlieh 
Meves mit diesem Gebilde beschäftigt und es im Salamander- 
und Froschblut nachgewiesen; die Siehibarmachung gelang ihm 
bei frisch fixierten Ausstrichen nur ausnahmsweise, dagegen regel- 
mBlsig nach Einwirkenlassen einer ^ji^roz, bis Vapn». Genliana- 
oder Methylviolettlosung auf unvorbehandeltes Blut Ferner 
zeigte sich, dafo verschiedene für die Blutkörperchen dififerente 
Reagentien den Reifen zum Vorschein brachten. Von besonderem 
Interesse ist die Torsion des am Rande des Erythrozyten ver- 
laufenen Reifens, wie sie nach der Meve eschen Angabe haupt- 
sächlich durch die Wirkung von Ammoniakdftmpfen hervoi^e- 
bracht wird ; dabei wickeln sich die Längshftlften des Reifens 
spiralig um einander. Im Anl'ang folgt das Hhukörperchenplasma 
diesur Torsion, .sj>uter giattet es sich aber, so dafs die sich 
kreuzenden Längsseilen des Iveifens im Innern sichtbar werden. 
Die ürsaciie dieser (^lättung vermutet Meves in einer durch 
das Ammoniak bedingten groisereu Leichttiüssigkeit des Plasmas. 



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168 t)b«r ZantTMomoi und Dtbleneh» Brnfn ia kemloMii EiTllttqqrten. 

Im Säugetierblut hat Meves mit seinem Verfahren die 
Reifen nicht nacliweisen können. 

Bei Zusatz von Geutianaviolettlösnng zu Ralamanderbhit- 
körperchen erscheint der Reifen am Rande des i\irylhrozyten in 
Gestalt einer grofsen Anzahl paralleler Fäden bzw. eines Faflens, 
der zu einer Docke aufgewickelt ist (Meves). ich habe mich 
selbst davon überzeugt; als ich aber mit Blut vom gleichen 
Salamander dasjenige Vdrfabren anwandte, mittels dessen die 
Reifen einzelner Meerschweinchen als ungeteilte, scharf kouturierte, 
leuchtend rot gefärbte Bänder hervortraten (Alkoholfixierung und 
Qiemsafärbung). war nichts zu erkennen, was auf ihr V^orhanden- 
eein schliefsen liefs. Wegen dieses verschiedenen chemischen 
Verhaltens halte ich deshalb die Reifen im Salamander* und 
Meerschweinohenblut nicht für yollkommen gleichwertig. 

Mevee erklärt den Reifen für die vereinigte Filarmasse, 
zwieehen der und dem Kern die Interfiiarmaise gelegen ist; er 
soll nach seinen Untersuchungen -den Amphibienblutkörperchen 
die elliptische Form geben. Auch Dehler scheint schon in 
ihm eine Art Skelett des Erythrozyten gesehen zu haben, wenig* 
stens spricht er davon, dafo im Seifen die Substanz der Zelle 
ausgespannt ist Ruzicka hftlt den Reifen fOr den Ausdruck 
in die Länge gezogener Waben im B Atsch tischen Sinne; zu 
ihrer Sichtbarmachung entfernt Ruzicka das HAmoglobin, fixiert 
dann mit Sublimat und behandelt die Blutkörperchen vor dem 
Färben noch mit einer Beize. Die so erhaltenen Waben- 
strukturen hält Weidenreich für Artefakte, die durch das sehr 
eingreifende Verfahren bedingt sind. Et spricht sich vielmehr 
für eine wirkliche Fibrillennatur des Reifens aus. Da die Aus- 
bildung des Reifens mit dem Auftreten des Hämoglobins zu- 
sammenffillt, vermutet er, dafs er aus indifferensiertem, vom 
Kern aus peripheriewärts verdrängtem Protoplasma entstanden 
sei, welches dann eine fibrilläre Differenzierung erfahren habe. 

Was nun meine eigenen Befunde angeht, m beziehen sie 
sich auf Meerschweinchen, die mlolgfe von Inielition mit Trypa- 
nosomen, und zwar besonders zur Zeil der Remissionen, stärkere 
Anitmie ^eigtun. Ich betone aber, dals auch unter diesen Be- 



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Von Dr. A. ITiftle. 



159 



dingungen sich für j^tudien geeignetes, reichlicheres Material 
nur selten findet, unter ca. 35 darauf untersuchten 'Pieren nur 
bei zweien, die die Reifen allerdings in grofser Zahl enthielten. 
Meine Beobachtungen belieben sich nur auf mit Alkohol fixierte, 
nach Giemsa gefärbte Ausstriche. Zwei solcher Befunde sind 
auf der meiner früheren Arbeit beigegebenen Tafel farbig dar- 
gestellt; der eine Beifen hat durch Drehung der einen Hälfte 
um ISO** Achtform angenommen. Derartige Bilder sind nicht 
selten; sie erinnern sehr an die Meves scheu Beobachtungen 
über die Einwirkung von Ammoniakdäropfen auf Amphibien- 
blatkörperchen. ^ Der Drehung entsprechende Einschnitte am 
Rande des Blutkörperchens habe ich nie wahrgenommen; ich 
will aber damit nicht bestreiten, dafs sie vorhanden gewesen 
sein können; anderseits ist aber auch mit der Möglichkeit au 
rechnen, dafs der Reifen im Plasma nicht absolut 6sdert wAre. 

Vergleicht man Blutauntriche aus dem Beginn der Anämie, 
wo die Blutkörperchenzahl am geringsten ist, mit solchen, die 
mehrere Tage später angefertigt wurden, so zeigen die Reifen 
enthaltenden Erythrozyten im allgnneinen ein anderes Bild ; ihre . 
Polychromasie ist nicht mehr so ausgesprochen, einzelne solcher 
Erythrozyten können reinen Eosinton angenommen haben; die 
Reifen sind seltener geworden, besonders die vorher am meisten 
auffallenden mit glattem Kontur und leuchtend roter Farbe. 
Wo solche noch vorhanden sind, lassen die zugehörigen Blut- 
körperchen oft den beginnenden Zorfall erkennen (blasse Färbung, 
unregelmäfsig geformter Rand). Relativ häufiger als zur Zeit 
der höchsten Anämie sind dünnere Reifen von mehr grauroter 
Farbe; ein grofsen Teil der Reifen weist aber deutliche Zeichen 
einer körnigen Degeneration auf. Auf diese wichtige Er- 
äciieiiuuig komme ich später noch zmück. 

Von einem der Meerschweinchen besitze ich ein Präparat 
aus der Zeit vor der Infektion. Bei genauem Durchsuchen liefsen 
sich auch in diesem ttnfserst spärliche Keifen aufliuden. Das be- 
weist also ihr Vorkonnnen im noriiialen MeerschwoincheiibluL 

Reifen in zerfaUciideu Bhitkörperclien lial)e ifh auch im Blut 
auderer anämischer Meerschweincheu gesehen ; diese Reifen sind 



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160 t)b«r ZaotnMom«!! und I>eblenehe Bwfen in k«niloaeD Brythroqrten. 

nicht immer melsr p^nnz so scharf konturiert. Derartige Formen 
trifft man aber ebenlalls im menschlichen Blut bei verschieden- 
artigen Anämien gar nicht so sehen; besonders gut erlialtene 
Reifen Imbe ich in rein bUm gefärbten polychromatisclien Erythro- 
zyten eines öchwanswassertieberkranken gesehen ; auch im Blut 
von anämischen Mäusen habe ich sie jetzt gefunden. Wahrschein- 
lich ist daher das Vorkommen der Reifen bei Anämien in der ge- 
samten Säugetierwelt weit verbreitet. Sind die zugehörigen Blut- 
körperchen vollkommen zerfallen, die Reifen also frei, so wird ihre 
Feststellung oft schwierig; sie behalten dann nicht immer mehr die 
Reifenform, sondern legen sich oft als gewelltes Band aneinander. 
Unter diesen Umständen kann man Verwechslangen mit Gerinnseln, 
Rändern von Vakuolen etc. nur auisohlielsen, wenn das fragliche 
Gebilde deutlich erkennbare, glatte Kontaren seigt and einen 
sweifelloe in sich geschloesenen Faden darstellt. 

Das Schicksal des Reifens scheint mir deshalb mit der 
Lebensfilhigkeit dee Blutkörperchens eng vericnflpft zn sein; im 
absterbenden Blutkörperchen bleibt der Reifen yerhaltnismftfsig 
gut erhalten, im lebensfiüiigen zeigt er bald DegenerationS' 
erscheinungen. 

Sehr hftufig sind die auch schon in der früheren Arbeit er- 
wähnten punktförmigen Verdickungen an einer, seltener an swei 
Stellen des Reifens anzutrelfen. Bisweilen besteht die Ver- 
dickung aus zwei aneiuandergelagerten Punkten, die sich wegen 
ihrer GrOfise aber deutlieh vom Zeutxosomen unterscheiden. Man 
findet sie auch im degenerierten Reifen unverändert in GrOfse, 
Form und Farbe. 

Einige besondere Formen des Reifens mögen hier noch er- 
wähnt werden: Im GegeusHlz zu den grofsen Keifen, die noch 
als liauJrcifcn be/icichiiot werden und in Megahizyten einen 
Durclnnesser von 10 u aut weisen können, gibt es wohlerhaltene 
Reifen mit einem Durchmesser von noeii nicht '■'> </. 

Nicht ganz selten kommt es vor. dafs sieh im Verlauf des 
Keifens ein ICil dr-ssulbon ab/^weigt, um >-]ch eist sjiätcr wieder 
mit ih.ni zu \ < i ' iniii- n. Diese Bilder erinnern selir an die Auf- 
lockerung des Keilcns im balamaudcrblut, wie Mcves sie mit 



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Von Dr. A. "SiMb. 



161 



8^n<ur Methode erzeugt. In einem einzigen Erythrozyten habe 
ich zwei vollstftndig voneinander getrennte, ganz verschiedeD 
grofse und verschieden dicke, nicht konzentrische Reifen be- 
obachten können; bei diesen Ungleicliheiten läfst ein solcher 
Befund keinen Schlufs auf ein^^n etwaigen Aufbau des Reifens 
aus mehreren parallel verlaufenden, dünneren Fftden su; denn 
solange wir nichts Genaueres über die Genese wissen, mufs da- 
mit gerechnet werden, daJk von Anfang an ausnahmsweise swei 
Reifen vorhanden gewesen sein können. Es kommt auch vor, 
dafa der Reifen unvollständig ist, dafs s. B. nur ein halbkreis- 
förmiges Stück vorhanden ist; bei solchen Befunden ist jedoch 
stets an ein Zerreifsen des ursprdnglieh vollständigen Reifens su 
denken. 

Von allgemeinerem Interesse ist vor allem das Schicksal 
des Reifens bei der Degeneration. Diese steht nämlich mit der 
Entstehung der basophilen Körnung des Eiytiirosyten in engstem 
Zusammenhang. 

Die Degenerationserscheinungen begingen damit^ dafs der 
Reifen teilweise oder im ganzen Verlauf wie angenagt aus- 
sieht; das zugehörige Blutkörperchen zeigt basophile Körnung, 
die im allgemeinen auftorhalb des Reifens sticker ausgeprägt 
ist als innerhalb, dort sogar ganz vermilist werden kann. Ich 
bemerke dazu, dafs sie oft auch bei anscheinend ganz intaktem 
Reifen beobachtet wird. Bei weiterem Zerfall entsteht das Bild 
kreisförmig eng aneinandergereihter Körnclien. Diese werden 
allmählich s})ärlicher, so dafs zwischen dou bun^ichbarten deutliche 
Zwischenräume sichtbar werden. Nun selilägt die Farlienafhnität 
um, bisweilen zunächst nur in einem liezirk. die kreislürniig au- 
geordneten Körnchen nehmen nicht mehr djisGliromatinrot, sondern 
die blaue Farbe an und sind nur nocli durch ihre Lage zueinander 
von der sie umgehenden hasophik'n Körnung zu unterBcheiden. 
Schliefslich wird auch die kreisiörmige Anordnung undeutlich. 

In neuerer Zeit ist auch Weide n reich eine kranzartige 
Lagerung der (TranuUi hei reichhch(»r basopliiler Körnung in 
manchen Meerf^chweincheuerytiirozyten auigefallen. Dasselbe 
Bild erhielt er bei Vitalf ärbuug; besonders interessant ist aber. 



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16S t^r ZeafaroMmen und Dehlerache Reifen in fcernloBen Brythracyten. 

dafs die bei dieser Methode gequolleneu Erythrozyten an der 
Stelle des Körnchenkranzes eine deutliclie Einschnürung zeigten, 
aus der ich auf das Vorhandensein eines wenn auch im Präparat 
nicht sichtbaren Reifens scbliefsen möchte. Demnach acheint 
die eben geschilderte Geoeae der basophilen Köroungi wenn 
überhaupt andere Entstohangsarteu in Frage kommen sollten, 
jedenfalls keine seltene zu sein. 

Hwvorheben möchte ich noch die sich ans der basophilen 
Körnung ergebende Tatsache, dafs ZerfalJprodukte von Gebilden, 
die bei Giemsafärbung das Chromatinrot intensiv annahmen, sich 
blau fftrben kOnnen, dab also ein derartiges Verhalten irgend- 
welcher Körnchen nicht zu dem Schlafs berechtigt^ Kernderivate 
auszuschlieiaen. 

Der Umstand, dab völlig intakte Reifen im Meerschweinchen' 
blutkOrperchen hftufig einen viel zu geringen Durchmesser zeigen, 
tun als Randreifen in Betradit zu kommen, hat midi veranlafst, 
diesen Namen zu vermeiden. Ich schlage vielmehr vor, sie nach 
ihrem Entdeckw als Dehlersehe Reifen zu bezeichnen, solange 
ihre Bedeutung noch nicht erkannt ist. Zur Erforschung der- 
selben wftre es meines Erachtens nötig, genauer die Besiehungen 
zur Mitose zu studieren, auf die schon Dehler aufmerksam ge- 
macht hat. Aufserdem weist aber die intensive Affinität zu ver* 
hftltnismftfsig zuverlfissigen Kemfuhstoffen, wie Eisenhimatozilin 
und Romano wskysches Cbromatinrot, auch auf eine Untei^ 
suchung der Frage hin, ob die De hier sehen Reifen selbst aus 
Kernsubstiiiiz hervorgehen. Gegen diese Genese würden die 
Untersuchungen von Grawitz und Grüneberg nicht ohne 
weiteres sprechen, die nach^ewiesseu hüben, dals im ultravioletten 
Licht die ])as()pliile Könnnig im Gegensatz /.n Kernsubstanz uu- 
sielitl)!U" wird; <ienn es wäre selir wohl möglich, dals mit der oben 
geschilderten Veränderung der Farbeimflinitäl des de[;enerierenden 
Keilens auch eine Veränderung des optischen Vorhaltens ver- 
bunden ist. 



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Von Dr. A. NiCile. 



168 



Idterator, 

1. Argutioski, MabtriMkadien. Arch. f. nuknok. AiiAtaniie^ 1909, Bd. 61. 

2. Dehler, Beitrag tur Kenntnis dea feineren Baues "der roten Blut- 
körperchen beim Hühnerein bryo. Archiv f. mikroskop. Anat., 1895, Bd. 46. 

3. Orawitz und GrOneberg, Projektionabilder von mikrophotographi- 
«eben Aobtahmen nMnM^eher Blatsellen mittels ultnTiotetter Licht- 
•tnhlein. Berliner klin. Wochenscbr., 1906. 

4. Meven. Zur Struktur der roten BlatkArperehen bei Amphibien nnd 
Säugetieren. Anftt. Anz.« Bd. 28. 

6. — , IMe Httnttfetd'Henseniohen Kklar der rotra BhilicOiperehen dm 
Ampidbien. Anat. Ans., Bd. M. 

€. — , Über dag Auftreten von Deformationen des Randreifene M den 
roten Blutkörperchen des Salamanders. Anat. Am., Bd. 25. 

7. — f Weitere Beobachtungen über den feineren Bau des Randreifena in 
den roten nntkOrperohen dee SalwainnderB. Anatom. Ana.» Bd. 
ginsongeheft 

8. — , Über die Wirkung von Ammoniakdämpftea anf die KOton BlntkArpordhoi 
von Ampiiibieu. Anat. Anz., Bd. 27, 

9. Nifsle, Beobachtungen am Blut mit TrypanoHomen geimpfter Tiere. 
Arah. f. H^ntonet, 1906» Bd. 68. 

10. A. P lehn. Weiteres über Malaridmmnnitat nnd Latensperioda Jena 
1901. 

11. Rusicka, Zytologische Unterauchnngen über die roten Blaticörperchen. 
Archiv 1 mikroslcop. Anatomie, 1906, Bd. 67. 

15. Woidonroich» Die roten Blnfklhpereben. Ergelmisee der Anatomie 
nnd Entwickinngegeedkichte, 1904, Bd. 14. 

18. — , Einige Bemerkungen aber die roten BialkOrpetcbeo. Anatom. Ana., 
Bd. 27. 

14. — Neuo nnd alte Beobachtungen an roten Blotk<toperGlien der Singer. 
Voil. Mittellang. Fol. hiUnat, Jg. 8, 1906. 

16. — , Studien Ober das Blut und die blutbildenden nnd •aerstOrenden 
Organe. IV. Arch. Lmikroskop. Anatomie» Bd. 69, 1906. 



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Ober die VerbreituBg Ton Infektionsstcifea. 

Von 

Stabsarzt Dr. Berghaus, 

Assistanten am Inntitiit. 

(Aitt d&m Hygieniachen Institut der Univerflitftt B^^rlin. Direktor: Qeb. Med.* 

Rat Prof. Dr. M. Rubner.) 

Ist €8 Im Laufe der Jahre der bakteiiologiachen Forscfauog 
auch gelungen, uns in das Wesen der Infektian Einblick zu 
verschaSen, iat uns auch bekannt, welcher Art die Krankheits- 
erreger sind und inwieweit Persönlichkeiten als InfektionsstofF- 
trüger in Betracht kcmmen, so mufs unser Wissen hinsichtlich 
der Art und Weise, in der die Verbreitung des Infektions* 
Stoffes tatsächlich unter den Verhältnissen des praktischen Lebens 
stattfinden kann, noch recht unvollständig bezeichnet werden. 
Demi aurserordeiitlich häutig treten uns in der Praxis Fälle 
entgegen, in denen die Ansteckungsquelle verborgen bleibt 
oder, falls eine solche vorhauden, ein Zusammenhang mit 
derselben sich nicht nachweisen läfst. Worin liegt das be- 
gründet? Sind es völlig unbekannte X'orhältnisse, die einer 
Weit4^rver})reitnnij \'orsehub leisten , oder kann der Grund 
darin get'undrn werden, dafs die bekannten Infektionsniodi in 
ihrer Beileutung nicht l luend gekannt und gewürdigt 
sind? Krstere Mö>j;lielikeit dar! nur in Betracht gezogen werden, 
wenn eingehende Prüfung der letzteren keine weitere Auf- 
klärung zu geben vermag; volle Klarheit wird in diese Frage 
nur eine systematische Untersuclmng bringen können, die keinen 
noch so geringfügig scheinenden Umstand auTser acht läDst. 



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über die VerbrvttnttK von Intektionflstofltan. Von Stebisnik Ür. Bafghant. 1 65 

Wenn nun von einer Übertmfrnng durch Vermittelong eines 
Zwischenwirtes, z. B. stechender Insekten abnebt, so mufs die 
Verbreitung der Infektionserreger in engem Zasaininenhange mit 
dem kranken KOrper stehen und abhängig sein Ton dem Verbleib 
der AoBworfstoffe, die die Keime beherbergen. Ob alle ans dem 
Körper austretenden InfektioDsstoffe sofort Infektionen auslosen 
können, ist zurzeit weder bewiesen, noch überhaupt eingehend 
geprüft, aber wir dflifen doch mit grofser Wahrscheinlichkeit für 
recht viele Infektionsstoffe annehmen, dafs sie mit dem Augenblick, 
in dem sie den kranken, oder besser gesagt, den infisierten KOrper 
Terlaasen, imstande sind, eine weitere Ansteckung hervorsurufen. 
Wie aber auch die obige Streitfrage einmal entschieden werden 
mag, jedenfalls Hegt in der Beseitigung der Infektionsstoffe 
zugleich die wichtigste und zurzeit wenigstens bedeutungsvollste 
Bekämpfungsmafsregel dieser Krankheiten. 

Die Untersuchung, in welcher Weise eine Verstreunng der 
Keime vermittelst der Sekrete und Exkrete des menschlichen 
Körpers raOglich ist, mufs daher mit dem Akt ihrer Aus- 
scheidung beginnen. In erster Linie bedürfte es der exakten 
Prüfung, üb die Masae der StofEe, die ja Jiwecks ihrer Be- 
seitigung in der Regel aufgefangen wird und auch einer Mes- 
sung eventuell zugängig ist, der tatsächlich ausgeschiedenen 
entspricht, oder üb bereits während des X'organgs der Ki^t- 
fernung aus dem Körper, durch ihn selbst bedingt, die Mng. 
lichkeit gegeben sein kann, dafs kleine und kleinste Partikel- 
chen in die Umgebung verstreut werden, die der Beobachtung 
im allgemeinen entgehen, die aber trotz, ihrer Geringfügigkeit 
Keime in sich enthalten können. Gerade bei einer Verschmutzung, 
die einer grob.sinnlichen Wahrnehmung sich entzieht, wird mit 
der Möglichkeit einer weiteren Übertragung in höherem Mafse 
zu rechnen sein, als wenn es sich um relativ grofse Massen 
handelt. Letztere lassen sich durch entsprechende Desinfektions- 
mafsregeln in jedem Fall unschädlich machen, diese jedoch 
werden der Desinfektion entzogen, wie sie der Wahrnehmung 
entgangen sind. 



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166 



Ober dl« Verbreltniig von InibkttoiiHtolfoii. 



Die physiologischen Vorgänge, durch die der menschhche 
Körper sich seiner Auswurfstoffe zu enUedigen sucht, sind vor- 
nehmlich der Akt des Hustens, Niesens und Räusperns, ferner des 
Urinierens and der Defäkation. Können nun durch diese Vofgftoge 
Teilchen der Auswurfstoffe losgerissen und in die Umgebung ver^ 
streut werden und damit zn einer VeischmuUung Veranlassung 
geben? 

Der Ente, der der Forachung hier einen sehr wertvollen 
Fingerzeig gegeben hat, war der Botaniker Nägeli*), welcher 
dem fräher geltenden Dognia, dals Erankheitsstoffe sieh aus 
Flüssigkeiten beim Verdunsten erheben und weiter Teischleppt 
werden können, scharf enl^^eugetreteu Ist und mit rein physi> 
kaiischen Gründen die Unmöglichkeit eines solchen Vorganges 
erwiesen hat N äg e Ii hat auch die ersten Beweise experimenteller 
Natur erbracht, daTs aus ruhenden Flüssigkeiten Bakterien sich 
nicht loslösen: wie er suerBt richtig ausgesprochen bat, können 
nur dann LoslOsungen eintreten, wenn eine äufsere mechanische 
Gewalt — Windstrom — eine Zezslftubung der Flüssigkeit herbei- 
führt, oder wenn etwa durch das Platzen von Flüssigkeitslamellen 
beim Husten, Sprechen die Auflösung in Tröpfchen eingetreten ist 

• Jahrzehnte nach diesen Beobachtungen hat man dann von 

hygienischer Seite die Verr<[»rä\ ung näher expeninentell verfolgt. 
Die Vorgänge beim Siirechen, Husten sind in ihrer elementaren 
Form der Zerstäubung flüssigen Materials allgemein bekannt. 

Flügge und sein Schülrr liabon geiuuie Zabb'ti über die 
Art und Gröfse dieser Tröiitchenloslösung bei Husten und 
Sprechen angegeben. Die Möglichkeit der Verbreitung von 
Infektionsstoffeu auf diesem Wege ist zweifellos festgestellt, und 
auch durch anderweitige Untersuchungen festgelegt, dafs sich 
diese zerstäubten Nfa^sen recht lange in der Luft halten und 
weiterhin verschleppt werden können. 

Neben Staub kommt also diese zweite Form der Keimüber- 
tragung von Seiten der Luft mit in Betracht, es sind aber auch 
hier wieder eine ganze Reihe von Fragen zweifellos noch zu lOsen. 

^) N&geii, Die niederen Filze, Manchen 1Ö17. 



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Von StabMunet Dr. Berghans. 



16t 



Es gibt offenbar aufser Spreeben, Niesen usw. auch andero 
Akte im Leben, welche xu einer unbeabsiohtigteii Versohleppang 
und AuMtreuoDg von Keimen beitragen können. 

Über die Möglichkeit einer Verstreuung von Krankbeita- 
keimen dnrch den Akt des Urinierens und der DeflÜtation liegen 
meines Wissens systematische Unteranchungen nicht vor. Wohl 
findet sich in der Literatnr die Angabe, dafs bei dem Uriniereb 
an die Bildung feinster TrOpfohen gedacht werden mflsse, die 
STentl. eine Infektion ' verarsachen konnten. Mit der Tatsache, 
dais Aborte und Bedflrfnisanstalten Veranlassung su Infektionen 
geben konnten, ist zwar schon seit langem gereehnet worden, und 
nichts liegt auch näher als dieses. Ist doch schon ohne weiteres 
oft die grobe Verscbmutsung dieser Orte sichtbar. 

Auf die Bedeutung, die OfEentlichen Bedürfnisanstalten hin- 
sichtUch einer Verschleppung von TyphusbasiUen sukommen 
konnte, suchte auf Anregung des Herrn Geheimräts Rubner 
W. Hof f mann ^) die Aufmerksamkeit su lenken. Zwar gelang 
es ihm nicht, in dem untersuchten Urin verschiedener Bedürfnis* 
anstalten Berlins trotz einer grofseu Zahl von Untersuchungen 
die gesuchten Typhusbazillen nachzuweisen, zweimal jedoch ver- 
mochte er Bakterienarten zu isolieren, die sowohl kulturell dem 
Buc. paralypiius Typus 1^ 8 c h o 1 1 in ü II e r gUchen , als auch 
durch spezifisches Serum tu lioheu Verdünnungen noch aggluti- 
niert wurden. 

Neuerdings wurden im hiesigen Institut von G. Noumann-) 
Untersuchungen angestellt, über den Umfang der Verunreinigung 
der Umgebung des Menschen mit tierisclien und menschlichen 
Exkrementen, indem zu ihrem Nachweis des Bact. coli In- 
dikator herangezogen wurde. Mit verhftltnismäfsig wemgüu Aus- 
nahmen gelang es überall dort, diese Bakten^nart aufzufinden, 
»wohin die menschliche ITand gelangt«. Vorzugteweis(> waren es 
wiederum die Bedürfnisanstalten, die an den dort befindlichen 
Gegenständen die fäkale V^erunreinigung erkennen liefseu. Neu- 
mann glaubt der primitiven Art der Hände -Reinigung nach 

0 Hygien. Rnndsobao, 1906, Nr. 7. 
*) Archiv f. UygiM^ 59. B<1 , 2. Haft 
ArelilT für HygfMMk Bd. LXl. t2 



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168 



Über die VMbrwitaiig von LritoktioaMtoffen. 



der Defäkation die Scluild an dieser aligemeitien VerRchmnt/uiig 
zuschreiben zu müssen, und ohne Bedenken wird man ihm hierin 
recht geben müssen für die Fälle, in denen ihm der Nachweis 
des ßact. coli gelang au Gegenständen, die der direkten Be- 
rühraug mit der Hand ausgesetst sind. Aber ist diese Art der 
Verschleppung fäkaler Sabstansen die einsige Möglichkeit, kann 
«ie nicht auch auf eine andere Weise vor sich gehen? Auf Veran- 
laiaung meines Chefs, des Herrn Geheimrats Rubneff Buchte ich 
diese Frage durch systematische Untersuchungen zu klären. In 
den Bereich meiner Versuche mulste ich demnach auch die 
Prüfung der üblichen Einrichtungen, die der Beeeitigung der 
Exkremente dienten, ziehen. 

I. Veretreuung von Keimen beim Urinieren. 

Bekanntlich kommt es ja hei jedem UmgieliMn einer FlOsaig- 
keit in eine andere, bei dem Auftreffen eines Wasseratrahls, 
femer wenn Wellenbildung und Verspritsung einer Flüssigkeit 
eintritt, oder wenn Luftbl&schen durch eine Flüssigkeit hindurch- 
treten, ja schon wenn Blasen, die infolge Gärung entstanden sind, 
auf der Oberflfiche einer Flüssigkeit serplatsen, su- einer Bildung 
feinster Tröpfchen, die sich in die Luft erheben und durch ganz 
minimale Windstrümungeu weiter transportiert in der Umgebung 
sich ablagern. Sind schon so geringfügige Einwirkungen hierzu im- 
stande, um wieviel mehr wird dann die Trüpfchenbilduug eintreten, 
wenn der Urin in kräftigem Strahl aus der Harnröhre geprefst 
und gegen die Wand der Bedürfnisanstalt oder des auffangenden 
Gefäfses geschleudert wird. Aber auch schon auf dem Wege von 
der Harnröhre bis zum Auftreffeu des Urins müssen Tröplchen vor- 
schleudert worden infolsxe der Druckverminderung in dem Wasser- 
strahl uud des W'ideiaLai.'it f der Luft, bchou mit dem hh)fsen 
Auge kann man stets eine J.oslusung gröfserer Tropfen von 
dem eig'Mniiciien Urinstrahl bemerken. 

ITm expernnentell den beweis zu erbringen . dafs auch 
durrh den Akt des Urinifiens \)v\m yinuwv oino \'erschleude- 
rung von Keimen in ganz erhebliclicm Mul'se stuttündel, suchte 



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Von 8tab«ast Dr. Bn^os. 169 

ich den VoigAOg der Urinentleerung mOgHcbat getreu nacli- 
zualunen, indem ich iu folgender Weise vorging: Aus einer Glas^ 
flflsche, die als Irri^tor montiert wurde, liefs ich aus einer 
Höhe von ca. 170 cm — die Flasche wurde dem Diener auf 
den Kopf gestellt — mittds eines ca. 120 tu langen Gummi- 
Schlauches lauwarmes Wasser gegen die Wand eines Standes in 
einer Bedürfnisanstalt oder eines JE^issoirbeckens etc. laufen, did 
Mündung des Schlauches wurde unter einem nach unten stumpfen 
Winkel, ea. 30 cm von der Wand entfernt, gehalten. Zum Nach- 
weis der TrOpfchenbildung versetste ich das Wasser mit Auf* 
scbwemmungen voQ Prodigioaus-Eultnren; 8 cm -Petrischalen mit 
Agar oder Gtolatine wurden in bestimmten Entfernungen aufge- 
stellt, um eveutl. die mit den TrOpfchen verschleuderten Keime auf« 
zulangen; nach 2—3 Tagen wurden diese Platten auf das Vorhan- 
densein von Kolonien dieser Bakterien untersucht und auigezfthlt. 

Ttrsaeb I. 

In ein Urinierbecken wurde aus dem Inigntor 1 lau warmes WaMer 

niit einer F*riKli;^'iosiiHknU«r laufen gelassen, ii k lult tti vi -^lier in der Um- 
gebung Agarplattcn in folgender Anordnung aufgetilelU waren: 




IHa Platten # blieben nodi nacb dem Anslanfen dee Waaeere, imfesamt 
TT) Minuten, oflfen eteben. Anf der. Platte a wuehien «wei Prodigiosus» 

kolonien 



Eine Wiederliolung dieses Versuchs, bei dem jedoch die 
Schalen nur 5 Mimilon »^eötYiiet waren, ergab auf Platte a 2, 
Platte ß 21 Kolonien. Wahrend dieses \'orsnchs wurde die Tür 
der Toilette zufällig geöt^net, so dafs eine Luftbewegung eintrat, 
auf die möglicherweise die Anhäufung der Keime bei e zurück- 
geführt werden kann. 

12» 



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170 



Über die Verbieitang von falsktioiiMloflen. 



Während beider Versuche war die Wasserspülung abgestellt. 

Zwei weitere Versache stellte ich unter denselbeu Bedingungen 
an, nur war w&hreud derselben die Wasserspülung in Tätigkeit 
Hei dem ersten wiesen sich elmtliche Platten frei von Kolonien, 
bei dem «weiten wurden bei a 12, bei e 5 gesahlt. 

Diese Resultate sind verhältniBmäTsig günslig, wenn man die 
der folgenden Versuche in Betracht sieht. 

Vei siit h II. 

Die Prodigiosusaufscliweuituuug wurde in der beBchriebenen Weiso iu 
des Becken eines AuewascbkloeeiU (WMh-owtXüloeetX in dem lieli die ge- 
wöhnliche Hmge des fMbä snradcbleibenden SpttlwaMen befand, geleite^ 
Bo dafs die Aneflaftmflpdoat ^ Sdilanebee sieh ca. 40 ctn von dem Bedten- 
boden befend. 

Beenltat: 

Agaiplette redite eeitlich anf dem Sitebrett 56 Prodigiocttekolonieii. 

> linke > > > > 58 > 

> 50 rm V d. Abort auf dem Boden 1 > 

> 80 cm links seitlich > > » 7 > 

> 30 cm rechts > > > > 31 » 

Dif l'latton blieben nur während des Abfllersens der Fltl?!aicke't offen 
Btelieo, Kwei weitere, die bald Minntenj später auf die iSitxvorrichtung ge- 
•tellt Warden und dort Stunde ollen atanden, zeigten keioe Prodigioette- 
kolonien mehr. 

Weitere Versuche dieser Art führte ich in Öffentlichen Be- 
dürfnisanstalten aus, die mir zu diesem Zweck in entg^n> 
kommender Weise von dem Direktor des Berliner Strafsenreiuigungs- 
Wesens, Herrn Baurat Szalla, zur Verfügung gestellt wurden, wo- 
für ich ihm auch an dieser Stelle meinen' verbindlichsten Dank . 
aussprechen mochte. 

Die Wutji iiuigtju iler einzelneu Stäiid«^ bestehen uus Schiefer- 
platten, die mit Ol abgerieben werden, eine Wasserspülung ist 
nicht vorhanden. Der Übersichtlichkeit halber gebe ich hier 
Skizzen der betreffenden Anstalten wieder. 



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Von BtabBtnt I>r. Berghaas. 



171 



Tersueh III. (ilrundrils eine« Fiaaoics mit 7 Ständen (Rotunde). 
1 1 laawarmeB Wasser 
mit einer Metflndigen 
Prodigioeoe - Agarkultur- 

aafBchwemmnng wird 
gegen die Wandungen des 
Standes IV mittels eines 
Trrijfators nnw 1 .COm HOhe 
laafengelasaen ; AusfluIiB- 
Öffnung ca. SO cm von 
der Wand u, 40 en vom 
Fufaboden entfernt. 

16 # Agarplatten wur- 
den 16 Hin. exponiert, 
dann die^e mit friscben 
ausgewechselt^ die eben- 
falls 16 Minnten stehen 
blieben. 

Die ( ) - Zahlen geben 
die Zahl der Kolonien 
an, die vor dem WediMl 
gesäblt worden. 

Die = =• Zahlen geben 
die Zahl der Kolonien an, 
die nach dem Wechsel 
geiAhlt worden. 

Wiederholung des vorherigen Versuchs. 




Die Agarplatten wur- 
den jedesmal 

a) 1.0 Min. exponiert 
6) 10 > 
e) 10 > 




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172 Über die Vttifonitnng Ton InfüktioiuMtoflbii. 



Versnch IV. 
QrundrifB eines Pissoire mit 2 StAnden. 




Die VerHuchsanordnoDg entspricht im allgemeinen der früheren, xvrischeu 
beiden (a und b) Versuchen liegt ein Zeitraom von 84 Standen. 

a) 6 Agarplatten worden 16 Minaten exponiert, eledean dieee mit 
friHchen atisgetauscht, die dann nach 5 Minuten stehen blieben. 
6) 6 Agarplatten werden f» Minuten ex|)oniert, dann Wechsel. 
()- Zahlen geben die Zahl der Kolonien vor dem Wechsel an. 
B SS •Zahlen geben dia Zahl der Kolonien naeh dem Weehael an. 



Wiederholnng der beiden TOtherlgen Venndie. 




Veraacb c: 6 Agarplatten standen «ihrend dee AnafiieAens des Wassers 
und daran anaehliebend inegeeamt SO Minuten oAen, wurden dann mit neuen 

Platten ausgewechselt, die abenHolan^e exponiert wurden. 

Versuch <l . Xnchdem nach licin Aiisfliefsen des Wassers 30 Minuten 
▼erflossen waren, wurden 6 Agarplatten 10 Minuten exponiert and nach 
weiteren 80 Minuten nochmala. 

Die Zahlen e htm. d geben die Aniahl der gewachaenen Kolonlea anf 
den Platten vor bsw. naeh Jedem Weehael an. 



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Von SUkbeant Dr. B«ighAiii. 



138 



II. Verstreuung von Keimen bei der Defäkation. 

In erster Linie suchte ich festzustellen, ob durch deu Akt 
des Austreibens der Fäzes keimhaltige Partikelchen in die Luft 
geschleudert werden könnten, weiterhin prüfte ich die üblichen 
Aborteinrichtungen , ob etwa die Spülung imstande sei, eine 
Ablösung von Keimen herbeizaführen. Meine Versuche führte 
ich auf mehreren Aborten aas, die zwei Terschiedene Systeme 
anfwieaeni auf den sog. Auswascbkloeetts (Wasb-ontp^loset) und 
den Ibnchterklosetta. Erstere, welche heutantage weit verbreitet, 
in Berlin in fast sämtlichen neueren Häusern Torbanden sind, 
haben bekanntlich einen au^buchteten Beckenboden> in dem 
stets ein wenig reines Spülwasser surflckbleibt, welches bei der 
nächsten Defäkation das Anhaften des Kots an der Wand ye^ 
hindern und die Kotgase absorbieren soll. Durch die Spülung, 
welche von einem hochstehenden, ca. 8—10 I hissenden Spfil- 
behälter aus erfolgt, wird das ganze Becken und vorzugsweise 
der Beekenboden mit den Exkrementen von hinten nach vom 
ausgewaschen. Die zweite Rlosettart besteht aus einem Abort» 
trichter» der mitteb Siphon mit dem Fallrohr in Verbindung 
steht. Die Spülung ist eine Rundepülung, d. h. der Wasserstrahl 
ergiefst sich in zirkulären Windungen längs der Wandung des 
Trichters direkt aus der Wasserleitung ohne Zwischenschaltung 
eines besondorn Behälters in den Siphon und reifst die an den 
Waufluiigeii hänfrenden Schinutzteilclien mit sich. 

Eine Ablösung von rarlikelchen von den Fäzes während 
der Defäkation ist in zwei Formen denkbar. Int der Stuhl geformt, 
also verhältnisraafsig was-serarm, so kann nur eine Abtrünuung 
von festen Bestandteilen in Betracht kommen, bei der Entleerung 
eines wasserreichen diarrhöigen Kotes kommt es dagegen stet^ 
zu einer Verspritzung und infolgedessen auch 7m einer Tnipfrlien- 
biMung. Je nach dem Druck, unter dem die I-^ntleerung vor 
sich wird die Versfchltaideruug der feinsten Tröpfclieü eine 

mehr minder grofse sein. Eine Versprilzung des Kots würde an 
und für sich nun wenig von Belang sein, wenn nur die Wandungen 
des Abortbeckens davon betrofieu würden. Diese werden ja 



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174 di* VnbreilODg von Deabklektionnloffeii. 



später durch die Spülung wieder von dem anhaftenden Schmutz 
gesäubert. Die Verschmutzung gehi aV'cr weiter, wie ich durch 
raeine Versuche beweisen konnte. Die keimhalligen Tröpfchen 
vermögen aus der Höhlung des Abortbeckens heraus in die Höhe 
zu steigen und senken sich in der Umgebung des Aborts wieder 
xur Erde nieder. 

Di9 Versuche wurden in der Weise angestellti dafs wfihrend 
des Aktes der Defftkation hinter der hetr^ffenden Person auE 
der Randung des Sitzbrettos nahe der Öffnung xwei Lackmus- 
Niltiose-A garplatten offen exponiert wurden» um etwaige Koli- 
bakteiien aufeufangen. Zwisehen dem Racken der Person und 
dem hinteren Rande des Sitxhrettes blieb «ne halbmond- 
förmige Öffnung bestehen. Sofort nach der De&kation wnrden 
die Agarplattcit gcdchloasen und 24 Stunden der Brutlemperatur 
ausgesetzt. 

Mehrere Versuche, bei denen es sich um Entleerung eines 
festen Kotes handelte, verliefen resultatlos, d. h, auf den Agar- 
platten kamen keine Kolikolonien zur Entwicklung. Als aber bei 
der betreffenden Person durch Abführmittel künstlich eine Diarrhöe 
erzeugt worden war, gelang es, unter vier Versuchen einmal die 
Kolibakterien auf den Platten nachzuweisen und zwar waren es 
drei Kolonien, die auf der einen der zwei ausgestellten Platten sich 
entwickelten. Obschon die Kolonien auf dem Lackmus-Nutrose- 
Agar das den Kolibazillus charakterisierende Wachstum aufwiesen, 
habe ich doch, um sicher zu geben« ihre Identifizierung nach den 
fiblichen Methoden vorgenommen. Wenn es nach diesem Resul- 
tat sicher ist, dafs aus dem Abortbecken Keime in die Luft ver- 
sprüht werden, so leuchtet ohne wdteres ein, dafs die auf dem 
Abort sitzende Person erst recht in hohem Mafse einer Ver- 
schmutzung ausgesetzt sein mufs, indem die aufgewirbelten 
Keime sich an ihrem entblofsten Körperteil absetzen, von dem 
aus weiter die Kleidung infiziert wird. 

Die zwtMte Fracre, ob etwa durch die Spülung J'arüKel aus 
dem Abortl>eckeu losgerisb^en und in die Luft geschleudert werden 
könuten, prüfte ich in loigeudeii N'erauchen: 



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Von SUbaant Dr. Bergham. 



175 



1. In die leere, d. h. ausgewaschene ScbQssel eioeti AuswaachkloBetta, 
in d«r sich nur die gewöhnliche Menge dee stete inrttckbleibenden Spfil* 
wasaere beiaad, wnrde ^rotriehtig eine AafacihwemaiOBg einer ganaeo diaUln« 
digen ProdigioeuBkultur gegossen, diese dann diireh Spttlnng eatferat. 

Auf 4 Agarplatten, die in 30 40 cm Entfernung; vom Al>ort auf dem 
Boden * , blonde im AnschluTs an die Spfllung offen gestanden hatten, 
worden 98 Prodigioenritolonien gcaiblt 

2. Wiederholung von 1. 

Resultat: 

Agarplatte liniu aeitlieh auf dem SItsbrett 41 Frodigioanaholonien 

» radita > > * > 10 > 

» vorn > » » 34 » 

» 30 cm linke seitlich aal dem Boden 0 * 

* 80an reebta * » • > 3 > 
« 60 cm vor dem Abort > » » 1 * 

8. Auf die in der AbortschQssel desselben Klosetts liegenden gefuruiien 
(featen) Flaea wurde Tondcbtig anler Vermeidung jeglichen Aaffq)ritBeos rine 

Aufschwemmong einer 24 ständigen Prodigiofloaagarkultur gegeben, durch 
die 8pül Vorrichtung alsdann die ^«^namte Manne entfernt. Die Während 
6 Minuten geöffneten Platten zeigten folgendes Ergebnis: 

Agarplatte linke seitlich »uf dem ßitzraad 22 Prodigiususkolonien 

* redita > > > > 6 » 

* vom > > > 48 > 

* links SO cm vom Abort auf dem Boden 0 » 

> rechts 30 cm •>»>*! > 

> vom Mem>***»0 » 

4. Wiederholung von 3. Die I'lutlen bleiben nur während der Spfilang 
und im Anschlufs daran noch ca. 1 Minute offen stehen. 

Agarplatte vom auf dem Sitabrett 54 Frodlgiosuskolonien 

* Unke aeitlieh auf dem Sitzbrett 15 > 

> > 30 cm entfernt auf dem Itoden 0 > 
2 Agarplatlen ca. 75 cm > > » ^ 1 > 

Vor jodem Versuch wurde durch KoniroUplatteD geprüft, 
ob etva Prodigiosiiskeiine an und fOr «ich sohon in der Luft 
vorhanden seien. 

Bei der Prüfung der Trichte rlclosetts wunle in ähnlicher 
Weise verfnlireii. Nach der Defäkation wurden an uie Wandungen 
des Trichters — die Kotniassen waren bereits direkt m die Ab- 
l'allrohre gefallen — die Aufpchwemmungen 24 stündiger Prodi- 
giosuskulturen gegossen, dann durch Druck auf eineu Knopf 
die Spülvorrichtuug in Tätigkeit gesetzt. 



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176 Über V«rb««itang Ton lafektionntoflen. 



1. Spülung dauert 3 Minuten: 

Auf 8 Ägarplatten, die «IhnKui der SpUlung oflan itendm, ent* 
widnlten «ich keine FtodigiosmlcolMiieii. 

2. Dftaer der Bpfllung 1 Ifintite: 

Auf 1 AgvplAtte 1 KoMep aaf 9 Mm. 
S. Damme der flpShing 5 Ifinnten : 

Agerplette vorn aaf dem Sitibiett 1 Frodigioeoakolonie 

» links > » 1 0 - » 
» recht» > > > 1 > 

4. Dauer der Spölnoe 5 M!mit<»n: 

Agarplatte vora auf dem äitsbrett 2 PrudigiusuHkolunien 

> rechte » > > 2 * 

> linke > » > 3 > 

Aach ohne Zuhilfenahme von Prodigiosusäufschwemmungen 
konnte die Verspritzung des Abortbeckeninhaltes durch die Spülung 
durch den direkten Nacliweis von Kolibakterien festgestellt werden. 

In meinen Versncht n iiher die Verschleuderung von Kot- 
teilchen durch den Akt der Defäkation gelang es mir. wie ich 
oben bereits anführte, Kolibakterien nur dann auf den Platten 
aufzufangen, wenn es sich utn diarrhöigen Stuhl handelte. Eine 
erheblich g r (i f s e r e \' o r s c h m u t z n ti g k o n n t e konstatiert 
werden, wenn behuf.s Entfernung der Kotmassen 
aus dem Becken die 8pül Vorrichtung in Tätigkeit 
gesetzt wurde. Durch sie wurden nicht nur von den dünn- 
flüssigen, sondern auch vou doQ festen Kotmassen Dariubakterien 
abgelöst und in die Luft gesprengt, allerdings von den enteren 
mehr als von den letzteren. Die Ablösung der Keime von diesen 
mufs zum Teil auch wohl darauf zurückgeführt werden, dafs 
durch (las Liegen im Spülwasser eine mehr oder minder grolse 
Zerbröckelung der festen Maasen eintritt 

Die Versuchsanordnung war folgendermallBen : 

Nach der Defäkation, während noch der Kot sich in der 
Abortschüssel befand, wurden zum Nachweis etwa versj)ritzendcr 
Kolibakterien auf das Sitzbrett oder in der Umgebung des Abortes 
Lackmus-Nutrose Agarplntten aufgestellt, dann die Spülung vor- 
geuonnnen. l)ie I'latteu blieben 10 Minuten offen stehen und 
wurden dann in den iirutschrank gestellt.. 



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Von 6t$ba$nk Dr. B«if hana. 



171 



1, Stuhl war L't l'>rmt. 

AcKTfAlaite vorn auf dem Sitxbrett i Kolikuioiüeu 

• naka «dtüdi Mtf dem Sitadm«! 0 > 

• nehtB • s » • 0 > 

Agiurplalta Tom »of dem fiitabntk S Eolikoloiileii 

> liukB seitllcb an! dem Bitebiett 8 » 

> rechte > » > • 0 > 

8. Stuhl war geformt. 

Agarplatte vorn auf dem Sitzbrett 1 Kolikolonie 

» links zeitlich auf dem äitzbrett U > 

> redite • » > > 8 » 

4. Stahl war gefoimt. 

Agarpljttto vom auf dem Sitebireit 0 Kolikolonien 

• linke leillidk auf dem Sitibrett 5 • 

> rechte * > » > 0 » 

6. Stohl war dünnflOssig. 

Agarplatte vorn auf dem Sitzbrett 21 KoHkolunien 

> rechte seitlich auf dem Sitzbrett 4 > 

» Kttks > « » » 0 » 

• 80 cm vor dem Abort auf dem Boden 8 » 

6w Stobl war dOnnÜfliaif. 

Agnplatte vom aof dem Sitcbrett 96 Kolikolonien 

> linke eeitlich auf dem Silrinett 4 • 

7. Stuhl war dflnnllflaeig. 

6 Kolikolonien auf 8 Agaiplatten. 

8. Stahl war feformt. 

Auf 5 HternfOrmig in ca. 30 cm Entfernung vom AI>ort auf dem 
Boden stehenden Platten wachsen keine Kolikolonien aus. 

Mit Ausnabtne der Kolonien des eisten Vetsucbs wurden 
sftmtliche übrigen durch die bekannten Methoden als Kolikolo* 
nien identifiziert, das Wadistam der eisteren enisprach jedoch 
in jeder Beziehung dem wirklicher Kolikolonien, so dafs sie wohl 
als solche angesehen werden dürfen. 

lu derselben Weise führte icli aal 1' ri c Ii terklosetts Vorsuclie 
aus, aber mit dem abweicliendeu Resultat, (lals auf den exponier- 
ten Platten niemals Kolikolonien zur Entwicklung kamen. 



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1*78 



Ober di« y«rbrailmiK von lafektlonssCoffen. 



Die Bedeutung uieiner X'ersuche liegt klar auf der Hand, 
so dafs eine Erläuterung kaum notwendig erscheint. Setzt man 
an die Stelle der Prodigiososkeime oder des Bact. coli, die als 
Indikator der Verunreinigung dienten, die inlektiösen Bakterim, 
die betm Urinieren oder der Defäkation %ur Ausscheidung kommen 
können, so leuchtet ohne weiteres ein, dafs Infektionen in Be- 
cUhTinsanstalten wohl nicht zu den Seltenheiten zu rechnen sind. 
£in Typhusrekonvaleszent, der bekanntermafseii lange Zeit hin- 
durch Typhusbazillen mit dem Urin entleeren kann, wird gege- 
bmenfallB bei jeder Urinentleerung, mag de nun in das Becken 
eines Abortes oder gegen die Wand einer Bedfltfoisanstalt oder 
auch in das Nachtgesohinr erfolgen, in weitem Umfange seine 
Krankheitskeime Terstreuen. In erster Linie wird er sich selbst 
infizieren. Die feinen keimhaltigen Tröpfchen werden sich auf 
seine vielleicht karz vorher peinlichst desinfizierte Kleidung, 
auf den Hftnden und im Gesicht absetzen und auf diesen in die 
Wohnräume, an den Tisch und weiter in die Aulsenwelt getragen. 
Aber auch die Umgebung wird bei jeder Urinenfleerung mit 
einem Sprühregen feinster Tröpfchen überschüttet. Personen, 
die gleichzeitig mit dem Typhusrekonvaleszenteu sich in der 
Bedürfnisanstalt befinden und auch solche, die längere Zeit nach 
ihm die Anstalt betreten, werden die Fangschirme der verschleuder- 
ten Bakterien sein. 

Die Beobachtung, dafs allein schon durch den Akt der De* 
fäkation Kotbakterien ver.schleudert werden können, beweist, 

dafs die bisherige Aniuiiiiut:, dafs die \'ersciiinutzuiig auf den 
Abr)rten nur auf die mangelhafte Reinlichkeit des Menschen 
zurückzuführen ist, nicht zutrefteuJ ist, es kommen hierbei 
mehrere Umstände in Betracht, wie unten noch weiter ausgeführt 
werden wird. Praktisch von Wiciitigkeit ist diese Tatsache in- 
sofern, als sie bei der Kinrichtunii: von liHtrinen Beachtnntr ver- 
dieal. Jeder Sitz in einer Latriiiö, speziell koiuineii hier die 
Notlntrinen in Betracht, sollte (hirch seitliche Bretterwände von 
den nelien ihm iK'tindliclu'n geti'cnnt sein, damit, wenn infektiöse 
Massen auf dem eioeu eutleert werden, diese nicht auch auf die 



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Von Stabwnt Dr. BarghAOB. 



17« 



anderen verschleudert werden und so zu weiteren Infektionen 
.Veranlassung geben. 

Aber noch thet ein Weiteres haben meine Untersuchungen 
Klarheit gebracht Sie zeigten, dafs die Art und Weise, in der die 
Beseitigung der Auswurfstoffe stattfindet» auf die GrOfse der Vei^ 
schmutzuug von erheblichem Einfluls ist, ja, dafs durch die 
nblichen Einrichtungen keimhaltige Partikel direkt 
verstreut werden, sie also die Gefahr einer Weiter- 
▼erbreitung von Krankheitskeimen nicht nur nicht 
vermindern, sondern dieee, die ohne sie nur gering 
war, geradezu erhöhen. 

Die weitgehende Verstreuuiig vuü Iveimen in den öffentlichen 
Pissoirs, wie sie meine Versuche zeigen, ist meines Erachtens 
von mehreren Gründen abhängig, lu erster Linie wird der 
weite Weg, den die Versuchsflüssigkeit von der Mün<lung des 
Irriiiatcirsf-lilHuches bis zum Ablauf in den Olsipbon zurück- 
legen imilste, haftbar gemacht werden nnissen. Aber auch bei 
der Unneutleerung finden sich dieselben Verhältnisse. Der 
Urinierende mufs aus nicht geringer Entfern\mg, falls er sich an 
den den Stand seitlich abschliefsenden Wänden nicht beschnuitzen 
will, den Uarnstrahl gegen die ableitende Wand richten, der 
Länge des zurückzulegenden Weges ist aber die Tröpfchen- 
bildung direkt proportional. Durch den Anprall des Wasser- 
strahls an die Wand werden unzweifelhaft die meisten Tröpf- 
chen bedingt, weiterhin läfst aber auch die Wand selbst, 
an der der Urin hinabfliefst, eine Ablösung von Tröpfche'n zu. 
An den Schieferwftndeu bilden sich infolge ihrer Durchtränlmng 
mit Öl Tropfen verschiedener Gröfse, die der Wandung nur lose 
anli^en und an ihr binunterrollen. Das Öl verhindert, dafs eine 
innigere Berührung der Flüssigkeit mit den Wandungen zustande 
kommt und an ihnen hinuntergleitet, wie es bei flachen Wftnden 
ohne Olbenetzung der Fall ist. Wfthrend des Hinabrollens der 
Tropfen isteine weitere Abtrennungfeinster TrOpf eben wohl denkbar. 

Günstiger gestalten sich die Verhältnisse bei den Pissoir- 
beokeu, wo der Weg, den der Uhu bis zur geschlosseneu Leitung 



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180 



Üb«r dl« VobNitaBg von &itBktioiiMtofien. 



zurücklegen nuifs, bedenteiul kürzer ist. Die Keimverbreituiig 
ging in meinen Veisnchen nicht über 50 cm nach der Seite hin. 
Die Tatsache, dfifs die in 50 cm vor dem Becken aufgesulUt-n 
Platten ktuulK] blieben, ist diirauf zurückzuführen, dafs die 
Person, die den Waaserstrahl in d-An Becken leitete, mit ilirem 
Korper diese Platten deckte. Aber noch ein anderer Umstand 
scheint die Verspritzung zu verhindern. Es sind das die Wulste, 
die die Becken längs der Öffnung obeu umgeben. Diese müssen 
m. E. den Hauptstrom der Tröpfchen abfangen. Wenig von Ein- 
flufs auf die Keimverstreuung dürfte der Umstand sein, ob während 
des Urioierens die Wasserspülung in Tätigkeit ist oder nicht. 
Wenn auch einmal hei Anwendung der Spülung keine Prodigiosus. 
Kolonien aul den Platten sich entwickelten, so belebrt der zweite 
Versuch eines Besseren. 

Ganz erhebliche Mengen Prodigiosus Keime wurden ver- 
schleudert, wenn der Wasserstrahl in das Becken eines Auswasch- 
klosetts geleitet wurde und dort auf das Spülwasser traf. Die 
Agarplatten, die auf dem Sitsbrett standen, waren mit Kolonien 
übersät und auch in weiterer Entfernung von dem Abort aufge- 
stellte Schalen wurden noch von den keimhaltigen TtOpfchen 
getroffen, trotzdem sie nur fttr kurse Zeit (2 Minuten) exponiert 
waren. Der Grund hierfür ist in dem Aufprallen des Waaserstmhls 
auf die in dem Becken befindliche SpülfiQssigkeit' zu suchen, 
durch das die Bildung feinster Tröpfchen in besonderer Weise 
begünstigt wird. Noch einen weiteren Nachteil, der von allge- 
meiner praktischer Bedeutung ist, weisen die Auswaschklosetts 
auf. l>ie Spülung ist mit bedenklichen Nebenwirkungen verbunden. 
Die Wucht des aus dem Spüh^servoir strömenden Wassen reifst 
an den im Abortbecken befindlichen Massen, von den Kotballen 
sowohl wie besonders von den dünnflüssigen Stühlen Teilchen 
los und verschleudert sie weit in den Abortraum, wo sie sich 
auf den dort befindlichen Gegenständen oder, falls während der 
Spülung noch Personen sich in ihm befinden, au der Kleidung 
absetzen. 

Auf Grund dieses Umstnndes iTnifs die.-rs Klosettsystem als 
diuchau.'» uii/.weekniafsig und vom liygieiiiselien Standpunkte aui» 



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Von Stebunt Dr. Bergbam. 



181 



betrachtet als geradexu bedenklich bezeichnet werden. Von einer 
weiteren Einführung mofs daher entschieden abgeraten werden. 

Weit günstiger mufs naoh meinen Versneben das Urteil über 
die Trichterklosetts mit Rundspülnng lauten, wenngleicli auch 
bei ihnen durch die Spülung noch Keime aus dem Trichter in 
die Hübe gerissen werden. Ihre Zahl ist aber verschwindend 
im Vergleich zu den bei ersterem System. 

Nach meinen Versuchen ist demnach die Gefahr einer 

Infektion auf den Bedürfnisanstalten, den Aborten 

und Pissoirs, gröfser, als sie bisher eingeschätzt 
worden ist; die Einrichtungen sind keineswegs ein- 
wandfrei und durchaus verbesserungsbedürftig, 
Läfst sich aucli schliefshcii nicht jode Verschmutzung verhindern, 
jedenfalls aber kann sie durch zweckmäfsigere Vorrichtungen um 
ein Wesentliches vennindert werden. 

Es gibt aber im tögli'-bfn Leben noch eine Reihe TOn F&llen, 
in welchen die Möglichkeit der Versciileuderung von Wasser- 
tröpfchen vorkommen kann. Schon vor ca. zwei Jahren habe ich 
Versuche über die Verstreuung von Keimen durch Springbrunnen 
und die Bransevorrichtung in Badestuben ausgeführt. 

Es war seinerxeit die Frage aufgeworfen worden, ob zur 
Speisung der Springbrunnen von einer Verwendung des teueren 
Leitungswassers Abetand genommen werden und an Stelle des- 
selben das bilKger xu beschaffende Flufswasser treten könnte. 

Ich iraprovisieite in einem ca. 12 m im Geviert haltenden 
Kaum einen Ri)ringbrunnen, indem ich aus einer erhöht ötehen- 
den, ca. 101 fassenden. Fhische, die mit einem entsjHechend langen 
bclilaueh versehen war, der in eine (iiasspitze endete, Wasser in 
Form eines Springbruiniens auslaufen liefs. Als Indikator für die 
Keimverstreuung diente, wie in den obigen Versuchen, der Prodi- 
giosuskeim. Um während des Versuchs möglichst jede Luftbewe- 
gUDg zu vermeiden, waren die Fenster verschlossen, nur zweimal 
wurde zum Zweck des Verlassens bzw. des Betretens des Raumes 
die Tür geöffnet. Die durch die natürliche V^eutilation liervor- 
gerufene Luftströmung war sehr gering, da die Xnnentemperatur 



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18S 



Üb«r die Verbraitang von Infektionastoffmi. 



nnr um wenige Grade von der Aufsentemperatur difEerierte und 
auch die Luftbewegung aufserbalb des Hauses, in der Natur, un- 
bedeutend war Beim Sanimoln der aufgestellten Platten, nach 
Beendigung der Versuche wurde in der Weise vorgegangen, dafs 
nach Ablegen des Mantels, den ich beim Inbetriebsetzen des Spring- 
brun tiens angelegt hatte, die dem Springbrunnen entferntest stehen- 
den Gelatineplatten zuerst sugedeckt wurden und zuletzt die iu 
seiner Nfthe aufgestellten, so dafs somit verbindert wurde, dafs 
Keime vom Springbrunnen in die entfernteren Ecken verschleppt 
wurden. 



Yersach Nr. 1, 









• 

5 U) {4 } 
















• 
















• 










c 5 






Spring- 

• 

Iwunnen 

• 

im (4) 

• 

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.! 

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• 8 IU 






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• 








8m» 



In 5,75 1 LeitnngswaMer werden 2 Oven 24itflndiger Frodigtosas-Agar- 

kuUur verteilt und in Form eines SpringVirunnene aus etneui erhöht stehen- 
den GefafH ablaufen gelassen. Di«' mittlcri' Höhe des Wasserstrahls betrug 
1,15 ni, die peRntiite Flii8«i>?keit Hofs in IS Minuten ab. Während iles \\y 
HieTaeDB und noch 12 Minuten nach deui»ell>eu (insgesamt 30 Miauten) 
wai«n Gelatineplatten der Luft aasgesetzt in den niittds Punkten gekenn- 
imcbneten Entfernungen. Die Verblutung der Prodigioenak^me leigen die 
()-Zah1«n au; wenn bei den Bntfemungsangaben eich ktine (}-Zalilen be- 
finden, so bedeutet dies* dafs keine Keime auf den dort aufgestellten Platten 
cur Entwieklnng kamen. 



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Von StAbaont Dr. Bensfaaiw. 183 



V«r»««li Nr. 


2, 






















1 m (19; 
• 








g 5" 5 Hpclttt- 

^1 JI liriiiiiiei) 




• 




• 

1 in 1.21t 








« 








• 

• 

4 in ('Jil) 








r. m (13) 

• S m 'L*l> • 






Hin {ITj • 



Zwei Mstfindige Prodigio«iM*Agsrka1tiii«a wMden »bgetchwemmt nnd 
10 1 -LaitnngswaiMr sngesetat Wie beim Venuch Nr. 1 «ird dieaea Waaeer 
in einem improvisierteu SpringV^nmnen ablaufen gelaseen; Höhe des Wasser- 
strahls 1,15 tu, Dauer des Abfliefaens 30 Minuten. VVfthrend des AUlaufens 
und nach demselben noch eine Stunde ^insgesamt 1' , Standen) sind Platten 
der Lnft emgeeetct. Vertwettung und Ansabl der Keime ergeben die ( )-ZnbleD, 
wie bei Versnch I. 

Die weite Verbreitung der Keime tritt besonders deutlich 
in dem 2. Versuch hervor; keine Platte bUeb frei, vielmehr zeigten 

sie sich alle ^leichiiiilisiy; infiziert. In dein AuJ'.S|irudLlii, Zurück- 
fallen und Aufprallen des Was.'^crstiahls gegen den l>oden des 
auffangenden Gefäfses wird der Anstois zu einer ganz enormen 
Ablösung von feinsten Trü|'lchen gegeben, die schon durch dio 
im Räume herrschenden Zirkulatiunsstrihnungen nach allen 
Richtungen verschltjj>pt wurden. In den \'ersuclien liegt eine Bö- 
stiitigung der .Vngaben Flügge--, dafs zum Tran.sjiort keimhaltiger 
'rr(»jifchen schon minimide Luftströinungfn ausreiclu-n ; es genügt 
dazu, wie er in Wisuchen feststellte, eine Luft^eschwindigkeit 
voa 0.1 mm ]>ru Sekunde. 

Der ümlang der Trüpichenbildung bei Springbrunnen, die 
2uin Teil enonne Mengen Wassers ausspeien und in beträclitliche 

Archiv für Hygieoe. Bd. LXl. l<i 



184 



Üb«r die Verbieitong von InfektionMtolfen. 



Hoh<^ schlendern, Iftfst sich nicht im entferntesten abschätzen. 
Je nach der Stärke des gerade herrschenden Lnftzuges werden 
die Tröpfchen mehr oder minder weit getragen werden, bevor sie 
sich zu Boden senken. Fände nun zur Speisung der Springbrunnea 
Wasser aus Flufsläufen \''er\vonduog, das stets und besonders in 
der Nahe der Städte der Gefahr einer Verunreinigung durch die 
Dejekte des Menschen ausgesetzt ist, so würden die im Wasser 
enthaltenen Keime, die infektiöser Natur sein können, es seien 
hier nur die Erreger der Cholera und des Typbus genannt, sich 
der Umgebung des Springbrunnens mitteilen und zu einer weit* 
gehenden Verschmutsung V^eranlassung geben. Hygienischersei ts 
ist daher zu verlangen, dafs für Springbrunnen nur Wasser durch* 
aus einwandfreier Herkunft verwendet wird. 

Ein Vorgang, der, in ähnlicher Weise wie der Springbrunnen, 
Anlafs zur Tröpfchenbildung gibt, ist das Ausströmen des Wassers 
aus der Brausevorriohtung, wie sie in Badestaben üblich ist. 

Das Versuchszimmer war ein Baderaum, der durch eine ca. S m 
hohe Längswand in swei Zellen ahgeteilt war, die Scheidewand 
reichte jedoch nicht bis zur Decke, sondern es blieb zwischen beiden 
noch ein ca. 1 m breiter Spalt oüen; vor den Zellen befand sich ein 
kleiner Vorraum (s. Skizse). 

Temeli Nr. 1. 



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Vor dem Versucü 4 Platten, 1 stunde der Luft ausgesetst, ergaben durcli- 
ffchnittüch 20,5 Keime, von denen einige nach 3 Tagen «ine geringe VerflOsaigung 
hwvoniefen. Die während des einatOndigen Brausens exponierten 13 Platten 
vieeen dnrchichnittlich 26 Kolonien, daranter viele atark verflflsalgende, *af. 



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Von Stabmurtt Z)r. B«rgb»ai. 
Veraaeh Nr. 8. 



185 



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41 




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f\(>rflri«isi(jt) 



Vor dttin Versuch wurden 6 Oelaiineplatten Q 1 Blonde der Lafl aue- 

gesetzt; von diesen wAren nach 2 Tagen 2 Platten völlig verfiQssigt, so dafs 
eine Keimzithlnrrjr ni< ht melir möglich war, dip fllirijien ergalien im Dnrrh- 
sclmiit 40 Keime. Wahrend eines einBtündigen Brauaen» standen 14 Platten 
ollen, auf denen — mit Aiumabme einer, die verflOssigt war — dnndteehniti- 
lich Keime anewncheen. 

Bemerkenswert ist bei diesem Versach die Anhäufung der 
Keime auf den Platten an der Konidorseite. Dies hat seinen 
Grand darin, dafs der ziriculierende Laftstrom, von der Heisung, 
welche sich unterhalb der Fenster befand, nach dem Innern, zum 
ungeheizten Korridor gerichtet, bei seiner Abkühhing an der kalten 
Wand die schwebenden keimhaltigen Partikelchen absetzte. 



Verbuch Nr. I!. 



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186 "Ober die Verbreitiuig von InMctioDwtoffen. Von Btabaant Dr. Bergbaas. 

In die anter der Brause stehende Badewanne wurde eine Glasecbale mit 
einer AnfaehwMamang einer S4sttbidigen ProdigioeuS'AgarknItur gestellt, dann 
die Brause in Tätigkeit gesetzt, so dafn ihr Wasser auf <lie Schale fiel. V2 Platten 
wurden aufgestellt. Dauer des Brausens Stunde; () -Zahlen entsprechen 
der Anzahl Prodigiosus-Kolonieu. Eine Stunde nach dem Brausen wurden 
wiederum 18 Agarplatten aufgestellt und 20 Minuten offen stehen gelassen. 
Nur auf einer Platte (= kam noch eine Prodigiosnskolonie sur Entwickinng. 

Schon im HinabfaUeti uod vorzugsweise beim AtiffaUen des 
nch bildenden Regens müssen sich kleinste Tröpfchen ablösen 

und in die Luft Übergehen. Dem Keinigehalt des Wassers ent- 
sprechend, werden Keime in mehr oder minder grofser Anzahl 
verschleudert werden. Wenn in meinen beiden ersten Versuchen 
nur eine verludLi.isniürsii; geringe Kuiinvermehrung in der Luft 
festzustellen war, so ist dab aui üie geringe Anzahl Keime, die 
in dem ausströmenden Leitungswasser an und für sich vuihauden 
wdv. zuiüekiiuführen. Immerhin ist sie beweisend für die statt- 
geiiindene Verschleuderung von Keimen aus dem Waaser. 

Der 3. Versuch zeigt, dafs aus der Badewanne von der dort 
aufgestellten Prodigiosus-Aufschwemmung Tröpfchen, mit Keimen 
beladeu, aufzusteigen vermögen. Auf Grund dieser Beobachtung 
ist anzunehmen, «laf.s auch die an dem Körj)er des Badenden 
haftenden Bakterien durch das Abbrausen in die Luft verschleudert 
werden und eine Verschmutzung der Umgebung herbeiführen 
können. AufiEallend mufs erscheinen, dafs die Tröpfchen in diesem 
V^ersuch nicht über die Trennungswand geflogen sind, was nach 
den Springbrunnen- Versuchen hfttte angenommen werden können. 



Beriolitigiing. 

Im Aufsats »Die Wirkung de» Sonnenlichtes auf pathogene Bskterien« 

von I'r VC !M. Ol, Heft 1 iU>s Archiv für Hygienet, soll es auf 

beite 1 /eile U lon üben suitt 1;G,9:62 heifsen: 62:6,t»:l. 



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Die Einwirkung von Fleiscli- und Hefeextrakten 
an! die qtaalitatiTe und qaantitatlTe ZaBammensetziing 
des Magensaftes beim Pawlowschen Hunde. 

Von 

i)r. W. Hoffmaun und Dr. M. Wintzen*) 

ätabwrzt. Kurpastabiuipotbekfir. 

(Ana dem b3rgientBeh*obemiwbeD Labomtoriimi d«r Kaiser WilbeliM'AkAdeniieii) 

A. Einleitung. 

Es liegt in dem hohen Preise für Liebigs Fleischextrakt 
begründet, dal's die unermüdliche Industrie danach strebte, ein 
billigeres Ersatzprodiikt dafür herzustellen. 

Zu diesem Zwecke wurden die eiweil'sreicheii Ai'fallprodukte 
des Gäruugsgewerbes, die Hierheien. die bis dahin vornehmlich 
als Düngemittel verwendet wurden, in der Weise verwertet, dafs 
die darin enthaltenen, aus der Hefezelle stammenden Extraktiv- 
stoffe in Form von Extrakten, analoj^ dem Fleischextrakt, als 
Würzmittel »Siris« und j Ovos in den Verkehr gebracht wurden. 

Durch frühere Untersuchungen (^) wurde die Frage zu klären 
versucht, inwieweit die Hefeextrakte Siris und Ovos als Ersatz- 
mittel für Fleischeztrakt in Frage kommen könnten; es wurde 
seinerzeit die Zusammensetzung des Fleischextraktes und der 
Hefeextrakte vergÜchen und ihr physiologischer Wert unter 
anderem durch umfangreiche AusnutKungsversuche ermittelt. 

•) Im Juli 1906 verstorben. 

AxcUv lur Hygi9ao. Bd. L.X1. 14 



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lS8 I>ift Sänwirkang tob Ftoisch- and Halemtntkten «te. 

Es sei nur kurz her%wgehoben , dafs emc wesentlich andere 
chemische Zusnmniensetznng der Ilf teexlrakte gegenüber den 
Fleischeximklen festgestellt worden war. Kreatin und Kreatinin, 
zwei wesentliche Bestandteile des Fleischextraktes, liefsen sieh 
in keinem der beiden Hefeextrakte nachweisen*); dao:egen wurden 
erhebliche Mengen von Alloxurbasen in letzteren gefunden, was 
später von K, Micko(-) durch Isolierung und Differenzierung 
der einzelnen Alloxurbasen (Adenin, Xanthin, Hypoxanthin) be- 
stätigt und erweitert wurde. Im besonderen haben die ErgebnisBe 
schlierslicb die allgemeine Annahme, dals der Fleischeztrakt vor- 
uehmlich ein Anregangsmittel, d. h. ein Gewürs sei, von neuem 
bestärkt 

Aus den Versuchen konnte die Wertschätzung, welche der 
Fleischextrakt als Anregungsmittel allgemein genieüst, nur in- 
direkt gefolgert werden, während Rubner(*) und spftter Bttrgi(^) 
auf Qrund physiologischer Untersuchungen mittels kalorimetri- 
scher Bestimmungen den Standpunkt vertritt, dafs Fleischeztrakt 
ein Anregungsmittel ist 

Um so gröfsere Bedeutung mu&ten Versuche bähen, die die 
Wirkung des Fleischextraktes auf die Magendrttsen selbst er- 
kennen Uelsen, bei einer Veisuchsanordnung, bei der man sieb 
am lebenden Organismus Aber den Ablauf der MagendrQsen- 
funktion unter dem EinfluTs der Extraktivstoffe des Fleisches 
unterrichten konnte. 

Durch die aurserordenilich sahireichen und vielseitigen Vei^ 
suche Pawlows, welche an nach besonderen Methoden operierten 
Hunden ausgefflhrt wurden, ist nachgewiesen worden, dals die 
Verdauungsdrüsen auf die Einführung der verschiedenartigen 
Nahrungsstoffe äufserst sweckmftfBig reagieren; so prüfte im be- 
sonderen in der Bick eischen Abteilung des Berliner Patho« 
logischen Instituts Sasaki die Einwirkung des Fleisch ex traktes 
auf die Mugeusaftabsonderuug am Pawlow sehen Hunde. 

*) Dies wurde seaerdingB durch E. ßanr ond H. Barecball in ihrer 

Arbeit >r.eitrS<re xnr Kentitnin des Fleisi-liextrakfes' (Arb ntin dem Katserl. 
Gesundli.-Amt 24, £>. 652) beHtäligt, weiche auf der J äffe seilen Heaktion 
eioe quantitativ kolorlmetrieche Untersnchangameihode aufbauten. 



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Vuu Dr. W. Uoffmaan und Dr. M. Wiotgen. 189 

Unsore Aufgabe sollte sunlchat In einer Nachprttfang der 
Sasaki sehen Arbeit bestehen, und sich dann auf vergleichende 
Versuche swischen Pleiechextrakt und den Hefeextrakten Siris 
und Ovos in ihrer Einwirkung auf die Magenschleimhaut aus- 
dehnen. 

Die Untersuchungen Sasaki s hatten das Ergebnis, »daTs die 
Darreichung von Extraktivstoffen des Fleisches kuise Zeit vor 
der Aufnahme der eigentlichen Nahrung die Magenschleimhaut 
disponi^, auf die Nahrung mit einer viel intensiveren und nach- 
haltigeren Firoduktion eines verdauungskrftftigen und in seinem 
Säuregehalt höherwertigen Saftes zu reagieren, als es der Schlefm- 
liaut ohne die voraufg«^gaiigtue Grabe dieser Extraktivstoffe nnj^- 
lieh ist.c 

B. Vorbereitung fOr die Verenehe. 

Zur Ausführung mubte suu&ehst ein Hund nach der Paw- 
low sehen Methode operiert werden. 

Die Operation wurde im pathologisch-anatomischen Institut 
der hiesigen Universität von Privatdozent Prof. Dr. Bickel, 
Assistenten des Instituts und dem einen von uns derart ausge- 
führt, dafs aus dem Fundusteil des Magens durch einen Schnitt 




Flg. 1 (nach Pawlow). 



die vordero uikI liintere Wand dorchtrennt und ein BUudsack, 

ein sog. »kleiner Magen c gebildet wurde; dieser steht mit dem 

Übrigen Magen hauptsächlich durch Nervenbahnen in Verbindung. 

Er ist ferner durch eine doppelte Schleimhautbrücke, welche 

14* 



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190 Einwirkung von Fleisch- und UefeexUrakten etc. 




am Grunde des Blindsacks durch Einschneiden und Ablösung 
der Schleimhaut von der Submucosa nach beiden Seiten hin ent- 
steht, von ihm getrennt und mit einer fistulösen Öffnung in die 
Bauch wand eingenäht. 

Zum Auffangen des Magensaftes wäh 
rend der Versuche war anfangs ein kleines 
Fläschcheu, wie nebenstehend abgebildet, 
benutzt worden (Fig. 2). 

Dieser Apparat hatte jedoch den Nach- 
teil, dafs bei der Entleerung des abgeson- 
derten Magensaftes, welche in 
den Versuchen halbstündig er 
folgte, die Flasche von dem 
Verschlufs abgenommen wer- 
den mufste, was umständlich 
war und dem Hunde Schmer- 
1 zen verursachte. 

I I Es wurde deshalb von uns 

ein Apparat (Fig. B) konstruiert, 
der folgende Vorzüge hat: Es 
befindet sich am Boden des 
länglichen Gefäfses ein Hahn, 
wodurch der Saft abgelassen 
wird, aufserdem ist das Glas- 
geiäfs graduiert, so dafs man 
an dem.selben die Gesamtmenge des Saftes ablesen kami, und 
ferner befindet sich in der Hohlkugel ein seitlicher Stutzen 
mit einer Öffnung , aus der die Luft unter dem Druck des 
abgesonderten ^Magensaftes entweichen kann ; liegt zäher Schleim 
den Wandungen an, so läfst er sich durch einen an den 
Stutzen angebrachten Gummischlauch nach unten heraus- 
blasen. 




Vig. 2. 



Flg. !). 



1) Die Nahrung gelang nur in den »grofsen« Magen, wilhrend der 
>kleinc< unter dem KinäufH der Nahrung reinen Magensaft abHondert. 



Von Dr. W. Hoffmann und Dr. M . WiDlgvn. 



191 



C. Nachprüfung der von Sasaki angewandten chemischen und 
physikalischen Untersucbungsmethoden. 

Zunftchst erschien es notwendig, die yon Sasaki auge wandten 
Untersachungsmethoden nadizaprüfen. 
Es kam in Betracht: 

1. die Feststellung der abgesonderten Saftmenge, 

2. die Beetimmung der Aaiditftt, 

8. die Mfüng der Veidanungskraft 

L Beatimmmig der Ifonge« 

Die Menge des abgesonderten Magensaftes wurde sunftchst 
in dem im Teil B beschriebenen graduierten Apparat abgelesen; 
hierauf wurde er direkt in einem Melssylinder filtriert Auf dem 
Filter blieb der Schleim surQck, wtthrend der klare Magensaft 
durehflob, seine Menge wurde genau abgelesen, und die gefundenen 
Zahlen den in den Tabellen, Kurven and Übersichten ange- 
gebenen Werten zugrunde gelegt, nachdem der Filtenrcnrlust (bei 
trockenem Filter zu 0,9, bei feuchtem, schon vorher benutzten, 
mit 0,3 festgestellt), zugezählt war. Die angeführten Zahlen 
stellen also die Menge klaren Magensaftes (lar; nur in den Kaüen, 
wo die Schleimubsonderung besonders stark war, int dieaeö aus- 
drücklich hervorgehoben. 

IL AMditltobesitimmtmg. 

Die Asidität des Magensaftes hat Sasaki durch Titration 
mit n/io Natronlauge und Verwendung von Kongopapier als Indi* 
kator bestimmt. 

Diese Methode ermöglicht eine schnelle Feststellung des 
Säuregehaltes und ist als genau zu bezeichnen, wenn lediglich 
Salzsäure in Frage konnnt. 

So läfst sich nach von Hifslin noch 0,ü019 proz. Salzsäure 
durch Kongorot sicher nachweisen; auch hat dieser Indikator 
vielen anderen gegenüber den Vorzug, dafs der schwache Umschlag 
aus Rot in Blau durch saure Sidze nicht beeinflufst wird. Da- 
gegen eignet sich dieser Indikator weniger zur Bestimmung orga- 



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192 ^ Eiawirkimg von Fleisch- and UefeextrAkten etc. 

nischer Säuren, da er diesen gegenüber zu wenig empfindlich 
ist. Mit Rücksicht hierauf und das ähuHche Verhalten anderer 
ludiicatoren gegenüher organischen Säuren kouimt von Jackach 
in seinen Darlegungen über die Bestimmung der Gesamtazidität 
des Magensaftes zu dem Schlufs, dafs zu deren Feststellung alle 
FarbstofFproben kein unl)edingt verläfsliches Resultat ergeben 
uud für wiBseuschaftliche Versuche nicht zuverlässig genug siud. 

Es erschien nötig, diesen Angaben Beachtung zu schttiken 
ond event. ein anderes weniger bequem ausfahrbares Verfahren, 
die Aiidität zu bestimmen su wfihlen, weil 

1. weitere Angaben vorliegen, dafs Milchsäure als normaler 
Bestandteil des Magensaltes nüchterner Hunde gefunden 
ist und 

2. Milchsäure als anormaler Bestandteil neben Salzsäure bei 
Verdauungsstörungen oft vorkommt. 

Letzterem Faktor aber war unter Berücksiclitigung des 
schweren operativen Eingriffs, dem die \'ersucliijhunde unter- 
worfen werden, besonders Reclmung zu tragen. Daher wurden 
auf Grund dieser Erwägungen Versuche darüber angestellt, wie 
weit sich Milchsäure neben Salzsäure <jualitativ und quantitativ 
mittels 1' arbreaktion nachweisen lasse. 

a) Ber «nüllatlTe Naekwds der Mlkidlare. 

Zur qualitativen Prüfung auf Milchsäure bedienten wir uns 
des allgemein bekannten und als sehr em}>tindlich geltenden 
Reagens von Uffelmann. Die Schärfe des Nachweises wird 
durch gleichiieitige Anweseulieit von Salz.säure beeinträchtigt und 
macht die vorherige IsoUerung der Milchsäure durch Ausschütteln 
mit Äther erforderUch. 

HierQber angestellte Untersuchungen eigaben folgendes; 
In 10 ccm einer 0,008 pros. Milchsäure liefs sie sich noch direkt 
nachweisen; bei gleichzeitiger Anwesenheit von Salzsäure nahm 
jedoch die Empfindlichkeit der Reaktion mit zunehmendem Ge- 



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Von Dr. W. HofliiiMin und Dr. M. Wintftn. 



198 



halt an Salzsäure stark ab, wie aus folgender ZusnmiDeDBtollUDg 
hervorgeht. In 10 ccin Flüssigkeit liefsen sich bei 

einem HCi-Gehalt vo» 0,l"/o: noch 0,019% 
f f € « 0,2%; € 0,09% 
< « c c 0,3%: « 0,24% 
Milchsäuie naehweiseu. 

Da Doraialer Magensaft 0,2 bis 0,6% Salzeftiire und darüber 
eothftlt, so dürfte hiernach ein direkter Nachweis von Milchattiire 
in solchem nach dieser Methode nicht mOglieb sein. Es mnfs 
vielmehr eine Isolierong der Milchsäure dnicb Ausschfltteln des 
Magensaftes mittels Äthers vorangehen, wie sie bei kleinen 
Mengen von Milchsäure vorgesehlagen ist 

Wie nnsere Versuche ergeben haben, läbt ndbi auf diesem 
Wege qualitativ Milchsäure noch in minimalen Mengen nach' 

weisen. So erhielten wir aus 10 ccra eines icünstlichen Magen- 
saftes, der 0,3 7o Salzsäure und 0,01% Milchsäure enthielt, noch 
eine deutlich erkennbare Reaktion. 

Der qaaatltsltre Kaehwelt 4w WMMare. 

Um die Grensen der Empfindlichkeit von Kongorot als In- 
dikator für organische Sftoren festxnstellen, wurden Versuche 

1. mit Lösung von reiner Milchsäure, 

2. mit künstlichem Magensaft, der neben Milchsäure Pepsin 
und Salzs&ure enthielt, angestellt 

Übereinstimmend mit früheren Versuchen fanden wir, dafs der 
Farbumschlag aus Rot in Blau bei reiner Milchs&ure kein scharfer 
ist, vielmehr treten Übergangsfarben auf, welche das Erkennen 
der erfolgten Neutralisation erschweren. 

Als Belege seien folgende Versuche angeführt: 

a) 25 ccm einer 0,105 proz. Milchsäurelüsuug*) verbrauchten 2,2 
bis 2,5 ccm statt 2,95 ccm n/10 Alkali bis zum scheinbaren Ein- 

1) Die Lerang w«r »n« d)«mwch reiner, wwnerfrder MllchBiiue her* 
gaitellt worden. 

2> Fr wurden bei der Titration 2—3 Tioplen einer O,lpros. LOeimg von 
KoDgorot angewandt. 



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194 Hanwirkttiig von Fleiach- und HefeMrtrakten ete. 

tritt des Farbumschlages ^) und würde hieniucli 0,017 — 0,027 Milch- 
säure zu wenig gefunden sein, b) in 50 ccm Milchs&urelösung 
winde ihr Säuregehalt durch Eindampfen mit Kalziumkarbonat 
und gewichtsanalytische Bestimmung des in Lösung gegangenen 
Kalkes als Oxyd zu 0,118"/o ermittelt. Bei der Titration wurden 
5,4 — 5,B com n/10 Alkali verbraucht, bis die Endreaktion schein- 
bar eingetreten war. Hieraus würde sich ein Säuregehalt von 
0,1008 berechnen, wenn der höchste Alkali verbrauch xugrunde 
gelegt wird. 

Nachdem so festgestellt war, dafs die Titration reiner Milch' 
^urelOaungen mit Kongorot als Indikator kleine Fehler bedinge, 
wurde dann übergegangen, die Gesamtasidität in einem Gemisch 
von Salsaänre and MilcbsAure von bekannter Zusammensetsung 
zn bestimmen. 

Der Gehalt von Sabe&nre war einmal mafsanalytisch als Silber* 
salz nach dem Verfahren von Volhard,fem^gewicbt8analytisch 
nach SjOsqnist ans Bariumsulfat berechnet und xu U,288 und 
0,289 ^'/o gefunden worden. Der Milchsfturegehalt war nach dem 
von Salkowski abgeänderten SjOsquiat sehen Verfahren su 
0,1% ermittelt worden. 

Die Gesamtaaiditftt^) berechnet sieh hiemaoh au 90,2. Es 
müfsten also 50 ccm dieses Magensaftes theoretisch 45,1 ccm 
n/10 Alkali verbrauchen. Wirklich verbraueht mit Kongorot als 
Indikator wurden bei der Titration nur 41,5 ccm. Diese ent- 
sprechen einer Gesamtazidität von 83. Der Fehler ist auch hier 
alleiu durch die Milchsäure bedingt. Aus diesen Versuchen 
mufste gefolgert werden, dafs die Bestininunig der ( Je.siUiiUi,uJiüit, 
wie sie von iSasaki und vor ihm von anderen ausgeführt wurde, 
nur in dem Falle mit kleineren Fehlern behaftet sein konnte, 
wenn m dem .Miigeusafte des Versuchöhundes gröfsere Mengen 
Milchsiiure neben Salzsäure enthalten wären. 

Es sei bereits iiier, miseren \ ersiKlisergehnissea vorausgreifend 
bemerkt, dals die Prüluug auf Milchsäure, die wir in der ersten 

1) Die OeBamtMiditit wiid darch die sur NentnIiMlion von 100 ccm 
Magensuft verbreocbte Anuhl Kabikkentimeter ' Alkftli stufedrficfct. 



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Von Dr. W. Hoffmftnn und Dr. M. Wintgeo. 



195 



Zeit unserer Versuche rogelmäfsig, später hin und wieder vor* 
nahmen, stets nur Spuren von Milchsäure ergab. Infolgedessen 
konnten wir von der Anu endnng anderer komplizierterer Methoden 
absehen. Wir haben deshalb, wie Sasaki, bei allen unseren Ver- 
suchen die direkte Titration des Saftes mit n'lO Alkali ausgeführt. 
Hierbei haben wir stets su 1 cem Magensaft 1 Tropfen 0,1 proz. wäs- 
seriger Lösung von Kongorot zugesetst und aufserdem den Färb« 
umseblag durch Tüpfeln auf sehr empfindlichem Eongopapier 
kontrolliert 

m. Da« VerfUiren aar Bestimmong der YerdaaungBkFaft 
des MiageoaafteB naoh Mett 

Tin die Gröfse der Verdauungskraft des Maj^'^cnsaftes, d. h. 
seine euveifsverdauende Kraft zu bestimmen, bediente sich Sasaki 
des Mettsclien Verfahrens. Dieses bestellt (iariu, dafs man auf 
in Ka{)iUaren koaguhertes Hühuereiweifs Magensaft einwirken 
läfst und nach einer gevrissen Zahl von Stunden nachmifst, wie- 
viel Millimeter von der Eiweifssäule in Lösung gegangen sind. 

Dieses Verfahren wird besonders von Pawlow waim emp- 
fohlen : es läfst an Bequemlichkeit der Anwendung, Objektivität 
und Genauigkeit der Resultate nichts mehr zu wünschen übrig, 
und wird darum von diesem Forscher als Universalmetbode zur 
Bestimmung eiweifsTerdauender Fermente voigesehlagen. 

Diesem günstigen Urteile kOnnen wir uns nicht in vollem 
Umfange anschliefsen, wir halten darum es für nütigf auf die 
von uns geübte Methodik etwas nfther einsugehen. 

Es wurden stets Glasröhren von 2 mm lichter Weite, die 
vor der Fällung mit Alkohol und Äther gut gereinigt worden 
waren, benutzt. Das klare, von Luftbläschen scheinbar freie Eiweifs 

wurde aufgesogen und durcli Einstellen in 95" warmes Wasser zmn 
Krsiarren gebracht. In dem Wasserzylinder blieben die I\öhrchen 
''/2 Stunde, um nach der Herausnainne im Kisschrank aufbewahrt 
zu werden. Verwendet wurde in der ersten Zeit das Eiweifs von 
gewöhnlichen Haudelseiern, die also jedenfalls nicht ganz frisch 
waren, später dagegen Trinkeier. Anfangs bei den Vorprüfungen 



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196 IMe Snwirkang von mofawh* und HefMxtrakten «te. 



aus den ersten wirklichen Versuchen wurden Eiweifsröhren, die 
bis 4 Tage alt, verwandt, späterhin wurden stets 1 — 2 Tnge alte 
Röhrchen benutzt. Die Röhren wurden mittels eines harten 
Glabbchueiders in ca. 2U mm lange Stücke zerbchmtten und nur 
die glatten, scharfkantig abgeschnittenen zu den Versuchen aus- 
gewählt. Für diese wurden kleine Glaszylinder benutzt, welche 
22 — 25 mm lichte Weite und ebenen Boden hatten. Die Gläser 
wurden stets zur Kontrolle mit 2 Eiweifsruhrchen und 1 ccm 
tiUnertem Magensaft beschickt und mit einem Korkstopieu ver- 
schlossen. 

Die gewählte Flüssigkeitsmenge reichte hin, die liöhrchen 
völlig zu bedecken. Nach 24 stündigem Verweilen im Thermo- 
staten bei 87'' wurde die unverdaut gebliebene Eiweifssäule mittels 
eines sehr genauen Mefsinstrumeutes und unter Zuhillenabme 
einer Lupe ermittelt. 

Bei unseren Versuchen erwies sich zwar in vielen Fällen 
die Methode als durchaus brauchbar und ergab gute Überein- 
stimmung beider Röhrchen; jene Regelmftfsigkeit aber, wie sie 
Pawlow hervorhebt, war nicht immer zu konstatierent und es 
differierte die Idlnge der Eiweifasylinder bis um mehrere Milli- 
meter. 

Folgende Fehlerquellen konnten wir beobachten : Die Eiweifs- 
Säule lag nicht in ihrer gansen Ausdehnung gleichm&fsig fest 
der inneren Glaswandong an, erschien vielmehr stellenweise von 
ihr losgelöst. Dadurch wird dem Verdanangnafte eine grO&ere 
Angriffsfläche geboten und eine sehnellere Hydroiisierung her- 
beigeführt. Femer scheiden sich aus dem Eiweifs, das fthnlich 
dem Oberflächenwasser Luft in absorbiertem Zustande enthält» 
beim Koagulieren kleine Luftbtfisoben aus, die auf die Qleich- 
mäfsigkeit der Verdauung stOrend einzuwirken vermögen. Es 
gelang, diese Fehlerquelle im Laufe der Untersuchung dadurch 
aussusehalten, dafs das Eiweifs auf 40^ erwärmt und im Exsik« 
kator evakuiert wurde. Schlietslich können auch beim Zerschnei- 
den der Eiweirsröhrehen in kleinere Versuchsstücke Fehlerquellen 
hervorgerufen werden, einmal, wenn die Röhren nicht völlig 
senkrecht durchschnitten werden, indem dann eine gröfsere Ein- 



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Von Dr. W. HoffOuiiMk und Dr. M. Wlatgen. 



197 



wii kuiigsHacho geschaffen wird, sodann aber dadurch, dafs das 
Eiweifs beim Durchschneiden ebenfalls von der Waiulung ab- 
platzt. Trotz dieser Mängel ist das Me tische Verfahren bei 
unseren Versuchen nussehliefslich angewandt worden, da es zur 
Zeit keine andere phy.-?i kaiische oder chemische Methode gibt, 
mit der so kleine Menden Magensaft (1 — 2 ccm) wie sie hier auf 
Verfügung stehen, uuier. sucht werden könnten. 

Auch bezüglich des kurzen Zeitaufwandes und der liequem- 
lichkeit der Ausfülirung steht die Mettsche Methode bisher un- 
erreicht da. Wir sind daher bei unseren N'ersuchen bestrebt 
gewesen, die Fehlerquellen, wie sie in den gebrachten Ausführungen 
skizziert wurden, nach Möglichkeit ausznschaltf ii, was uns im 
Laufe der Untersuchungen, wenn auch nicht vollständig, ge< 
langen ist 

0. VersuchsausfühPLing. 
I. NaohpriifuDg der Saaakisohen Arbeit. 

Für die Ausführung der Versuche waren folgende Gesiclits- 

punkte mafsgebend : 

Zunächst bündelte es sicii uaiunj, unter genauer Befolgung 
der Versuchsanordiiung Sasaltis die Wirkung des Lieb igschen 
Fleischextraktes festzustellen. 

Der 24 Stunden nüchtern gehaltene Hund bekam zunächst 
100 ccm destilliertes Wasser, ^2 Stunde si)äter 100 ccm Milch; 
nachdem die Haftabsonderung stark nachgelassen bzw. aufgehört 
hatte, erhielt er an demselben Tag«^ /.um Vergleich 100 ccm einer 
10y)roz. Liebiglösung^j und nach einer weitereu Stunde lOÜ ccm 
Milch. 

r^üsere Versiichsergebnisse sind in der Anlage tabellarisch 
zusammengestellt. Es wird im Textteil kurz darauf hingewiesen, 
teils werden sie durch Kurven zur Anschantmg gebracht. 

In Übereinstimmung mit den Sasaki sehen Resultaten wurde 
uach der Gabe von Fleischextrakt in sämtlichen Versuchen (An* 

1) I>er Einfachheit halber wird fernerhin »Uebig«, iSiris«, »Ovosi statt 
der vollständigen Bezeicbnuny gsbraacbt 



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198 IM« £inwifkang von Fleiaeh- and Hefeextrakten elc. 

läge \'orsuch 1 — 3) von der Magenschleimhaut de-, kleinen Magens 
ein Saft produziert, der sowohl seiner Menge als seinem Säure- 
gehalt nach höherwertig ist als der Magensaft, der nach der 
frabe reinen Wassers und derselben Nabrungsmenge abgesondert 
wurde. 

Es wurden in dem ersten Versuch in der zweiten halben 
Stunde uach der Wassermilchgabe 5,5 (mit AziditftI 22,5) nach 
der Darreichung von Liebigmilch 9,1 ccm (Azidität von 85), bei 
dem zweiten entsprechend 4,3 (Azidität84) und 8,7Gcm(Assidität 140), 
bei dem dritten 8,4 (Azidität 30) und M ccm (Azidität llö) 
erbalten, 

Eine Übersicht über diese erhaltenen Zahlen gibt folgende 
Tabelle : 





1 L Veisaeh 


II. Venra«^ 1 


IIL Vennch 






Aziililill 






Menge 


AzidiUt 


Wasser-Milch . 


6,5 


22.5 


1 

4.3 


84 1 


3,4 


m 


Liebig-Milob . . 


9,1 


8ö J 

■ 


8,? 


140 1 


M 


115 



Rechnet man die Mengen des nach der eisten und zweiten 
halben Stunde abgesonderten Magensaftes zusammen, so erhält 
man Zahlen, welche sowohl die Wirkung des Wassers, sowie die 
Liebiglösung allein und der Stunde später folgenden Milch 
gäbe in sich schliefsen und noch deuUicber die Überlegenheit 
des Fleiscbeztraktes beweisen. 





I. Verandi | 


n. Vevrach 


III.V«nne]i 


Wasser-Milch 
Liebig*MUch . . 


0,1 + 5,5 = 
;4.3-f9,l = 




1,4 4-4,8 = 
7,8 + 8,7 = 


5,7 
16.5 


0,4 + 3,4 = 
16,8 + 6,4= 


3,8 
13,7 



Versuch ül graphisch daiigestellt seigt Knrve 1 (8. 195). 



Betreft der verdaaenden Kraft des Magensaftes sehreibt 
Sasaki: sie »wird durch die Extraktivstoffe zwar nicht in ihren 
absoluten Werten gesteigert, wohl aber zeigen alle Saftportionen- 



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Von Dr. W. HoflnMiui und Dr. M. Winlnea. 



199 





4 1 


Ihh 


2 




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3 








P 




Sunt 


ien- 
























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m 

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f 




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\ 












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/ 1 






* 












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/ 1 
















V** 

\ 


14- - 

Ii 
'/ 



























Kurve I. 



die wahrend der verlängere 
ten Sekretionsdauer abge- 
schieden werden, eine ver- 
dauende Kraft, die jeden- 
falls nicht derjenigen nach' 
steht, welche der Magen- 
saft bei den Kontiollver- 
suchen mit destilliertem 
Wasser erkennen lälktc 

Wir haben nach dem 
im Teil G. III Gesagten 
bei nnseren Versuchen 
keine Eonstans in den Er- 
gebnissen der Verdaunngs- 
kraft feststellen kOnnen. Wenn auch bei dem Versuch III nach 
Uebiggabe höhere Veidauungswerte als nach Wasser gefunden 
wurden, so geht doch aus dem Versach II und IV hervor, dals 
auch geringere Werte sur Beobachtung kamen. 

Hierbei ist zu erwähnen, dals eine gröbere Menge Magen 
saft mit einer etwas geringeren Verdauungskraft einen gröfseien 
Einflufs auf die VerdauungsTorgänge im Magen ausflben kann 
als eine kleinere Menge Saft mit etwas höherer Verdauungs- 
wirkung. 

Ob verschiedene grofse Pepsinmengen die Unterschiede in 
der Verdauungskraft bedingen, oder ob andere Momente aus- 
schlaggebend sind, bleibe dahingestellt 

Da der Einwand erhoben werden könnte, dafs die Magen- 

saftdrüsen in nüchternem Zustande vielleicht »schwerfälliger« auf 
eingebrachte Nahrungsstoffe lea^äeren, und dafs die einmal an- 
geregte Drüsentätigkeit ilurch den nachfolgenden Fleischextrakt 
zu besonders hoher iSaltabsonderung angeregt werde, wurde ein 
Versuch in umgekehrter Reihenfolge (Liebig milch -Wassermilch) 
angestellt (Versuch IV). Aber auch hier war bei dieser Versuchs- 
anordnung der Einflul's des Fleischextraktes deutlich in die Augen 
springend (Kurve 2). Es wurden % Stunden nach der Liebiggabe 
7,2 ccm (Azidität Ö4,4) und nach der Wasserabgabe 2,5 ccm 



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200 IM« Binwiflnuig ton Pleisdi* and Hefeextrakten etc. 

(Azidität 41,6) abgesondert Das Reealtat nach 1 Va Stunden, 
wobei auch die Wirkung der MOchgabe zum Ausdruck kommt, 
ist aus folgender Tabelle zu ersehen: 





Nach deu prstcn 
*l, Stil Ilde u 


1 

Nach den xwelten 
*U stunden 


1 

ZuaUUDMI 




Menge 


AzidiUt { 


Menge 


AzidiUt 


Heng» 


Uebig Milch. . 


7^ 


84,4 


5,6 


110 


ISiSoeni 


WaMer^Milch . 


«,8 


46,6 




80 


8,1 » 



Was die Dauer der Sekretion anbelangt, so konnte nicht 
in allen Fällen eine naehhaltigeTe Wirkung bei Liebigmilch 

gegenober Wassennilch nachge- 
wiesen werden, es ist sogar hie 
und da (Versuch 2 und 8) nadi 
1 V2 Stunden ein stärkerer Rück' 
gang in der Menge des abgeson* 
derten Magensaftes beobachtet 
worden. Es ergibt üch aus den 
Versuchen, dafs wir in der Lage 
sind, durch die ExtiaktivstolSe 
des Fleisches (Liebigs Fleisch- 
ez^kt,Bouillon usw.) in quanti- 
tativer und qualitativer (Azidit&ts- 
grad) Hinsicht eine stärkere Be- 
einflussung der Magendrüsonfunktion herbeizuführen, als wenn 
an Stelle des Fleischextraktes nur Wa.sser gegeben worden ist. 
Es war nun weiter noch zu prüfen, wie sich die Einwirkung 
des Fleischextraktes auf die Magenschleimhaut äufsert, wenn der 
Extrakt nicht vorher, sondern unmittelbar mit der Nahrung ver- 
mengt, gereicht wird. 

Zu diesem Zwecke wurden 2 N'ersuche ausgeführt (Versuch 
V und \'I der Anlaire), die lu-ide beweisen, dafs die gleichzeitige 
Darreichung von l'^lcischextrakt und Milcli (10 g Extrakt in 
100 ccm Milch gelost) innerhalb eintir Stunde die AIls( Änderung 
einer etwas gröfseren Menge Safts mit höherem Säuregrad her- 




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Von Dr. W. Hoffmann und Dr. M. Wintzen. 



201 



vorruft, als wenn Vs Stunde nach dem Fleiscbeztrakt die Milch ge- 
geben wird. Wenn, wie aus Tabelle und Kurve ersichtlich^derUuter^ 
schied aucb, kein bedeutender ist, so ist doch als sicher mm min- 
desten die Gleichwertigkeit beider Extraktdarreichuugen erwiesen. 

Im ersten Versuch wurden (Kurve III) nach Liebig mit nach- 
folgender Milch nach der ersten halben Stunde 2,2 ccm (AsiditSt 40), 
nach einerweiteren halben Stunde 
0,5 ccm (Aziditftt 115) susammen 
also 8,7 ccm nadi kombinierter 
Gabe von »Lieb ige und Milch 
4,2 (Asiditftt 100) in der ersten 
6,2 com (AriditiU; 145), in der 
sweiten halben Stunde susammen 
10,4 ccm abgesondert 

Im sweiten Versuch wurde 
zwischen beiden Probemahlxeiten 
100 com Aqua destill, einge* 
schoben, um Jede eveni. Nach- 
wirkung der ersten Portion ausxusohalten. Daa Ergebnis war 
jedoch dasselbe: in der ersten halben Stunde 2,1 com (A«dität 
40) in der zweiten 5,8 ccm (Azidität 80). zusammen 7,9 ccm, nach 
der kombinierten Darreichung in der ersten halben Stunde 4,9 
(Azidität 85), in der zweiten 3,0 (Azidität 110), zusammen eben- 
falls 7,9 mit etwas höherem SäuregeliaU. In diesem Versuch 
ist also die Saftmenge in beiden Fällen gleich. 

Wie aus der Tabelle ersiclitlieli, werden unter der gleichzeitigen 
Wirkung von Liebig und Milch in der ersten halben Stunde gröfsere 
Mengen Saft produziert, während bei der gelrennten Darreichung 
der Höhepunkt der Saftsekretion in die zweite halbe Stunde täUt. 





i 














Liel 


1 


M 






4- 




P 






\^ 















V 

\t 
u 




y 














Ii 
















3 


! 1 














2 ^ 


















1 

0 



















Korr» m. 



L Versuch 



II. Vereuch 





nach df>r 
1 enivn 
1 V, Stnnde 


nacb der 
Kwetteii 
'/, Stunde 


cu- 
sain- 

men 


nucli (lor 


mich iU'T 
zweiU'ii 


zu- 
hiim- 

IlH'Il 




LMeiige 


.'VziUi- 

uu 


Menge 


ABidi- 
tät 




Mcogd 


,Vzi<li 
tiit 




,\/idi- 
titt 


Mt>ngo 


UeUg-MUch 




40 




116 




2.1 


40 


6,8 


80 




liebiff-Milefa 


. Ii 4,3 

!' 


100 


M 


146 


10,6 




86 


8,0 


110 


7.» 



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203 IM* finwirkaiiK von Fl«iicb« and Hefeeztnkten etc. 



IL Veig lato ii n d» Veiwube über dfo B towirkmi g yod H«fb- ntid 
FleiadlMKtnkfcaii anf dto SCagwuMAalMondflrans. 

Von Hefeextrakten wurden Siris und Ovos geprüft. Die 
Untersuchungen wurden derart angestellt, dafs sowohl »Liebig« 
mit >Ovo8« als »Liebig« mit »Siris« und »Siris« mit »Ovos« und 
zwar auch in umgekehrter Reihenfolge verghcheu wurden. 

VeniMsh VII— ZIV dw Anlage. 



3^ 


im 


Vhi 2 
















II 














1 




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6 






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1 


























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1 




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\ 








































2 








■ 










1 

0 



















Kurve IV. 



Kam V. 



Aus den obenatehenden Kurven ist zw ersehen, dafs bei allen 
Modifikationen der Liebigsche Fleischexirakt rela- 
tiv und absolut gröfsere Mengen Magensaft mit 
höheren 8&uregraden zur Absonderung brachte, als 
die Hefeeztrakte Siris und Ovos. 

Die höchsten absoluten^) Zahlen betrugen: 



bei 


1 nach V| Stttnde 


1 nach 1 Stunde 


[ Meng« 


aiuxegehalt 


Menge 


Sftnv^eludt 


LIebig . . . 

Siris .... 
OvOB .... 


7,8 ccm 
7,0 . 

1 • 


112 *^ Na OH. 

110 - 
96 — 


\ • 

, 9,1 ocm 

5,8 • 
1 6,3 > 


140 Na OH. 
130 — 

lao — 



1) Die höcliäteu relativen Zahlen sind aus deu eiuzeluen Versucbeu su 
eraeben. 



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Von Dr. W. Hoftmann ttnd Dr. M. 'Wintzen. 



203 



Die Verdauuugskratt zeigt«, wie schon er iv'tii i 1 it. auch bei 
diesen Versuchen keine eiuUeutige Überlegeuheit des einen im 
Vergleich zum andern. 

Nach den eben geschilderten Versochen war eine Überlegen- 
heit des Liebigschen Fleiscbeztraktes im Vergleich zu den 
Hefeexbr»kten in ihrer Einwirkung auf die Funktion der Magen- 
drfisen (Menge und Axidität) nachgewiesen. Es war nun noch 
festBUStellen, ob es durch Erhöhung des prozentualen Extrakt» 
gehaltes von »Sirist und «Ovosc gelang, eine Wirkung auf die 
Magenschleimhaut auszntlben, welche ungefähr der durdi Lieb ig* 
sehen Fleischextrakt hervorgerufenen gleich kam. 

Hierbei sollte auch besonders der geringere Geldwert der 
Hefeextrakte beracksichtigt werden. Durch Anfragen bei grO&eren 
Firmen war festgestdlt worden» dafs bei einem Beaun^uantum 
Ton 1000 kg. 

1 kg Liebig . . 
1 « Siris . . . 
1 c Ovo«. . . 

kostet. 

Wir gaben nun dem Hunde zunaclibt eine 12,5pro7. und 
später eine 15proü. Sinslösuug und eine löproz. Ovoslosuug, 
von dentn die 15proz. Sirislösung dem Preis nach (76 Pf.) un- 
gefähr einer lOproz. Liebigiösung (80 Ff.) entspricht. 

Es wurde in keinem Versuch (Versuch XU, XIII, XIV) 
ein Saft sezemiert, der qualitativ und quantitativ dem entsprach, 

der nach Gabe des L i e b i g extraktes erzielt wurde; auch hatte die 

15proz, Siris- und üvoslösung bei den) Mundo Widerwillen her- 
vorgerufen, wie auch die lOproz. Hefeextrakte bei Beginn der 
Versuche weniger gern von dem Hunde genonm^eu wurden; im 
Laufe der Zeit hatte er sicli aber daran gewöhnt. 

Die nftheren Verhttltnisse veranschaulicht folgende Tabelle 
und Kurve VI und Vn 

ArablT Mr flnüne. Bd, LXI, 15 



= 8,50 M. 
= 5,00 t 
= 3,50 € 



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204 



Die Einwirkong von Fl«i8ch- and Hefeextraktan etc. 
lifcw. airta-lllkh. — lOpm Lle¥lfwinieh. 





Nacb der ertten 


Nacb der zweiten 


(naaminen 

1 MMdl 


Extrakte < 


' *ft Stande 


Vt 


StoDde 


j 1 Stunde 




Menge 


AJiidität 


Menge 


AsidiUU 


Menfe 


15 proz. Piris 


2,1 ccm 


f 

68,4 


2,8 


100 


4,9 ccm 


10 pro«. Liebig. ^ 


4.0 . 


112 




m 1 


jlO^ß » 


16 prei. Oroe-MUelu — lOprocLIeklv-Mileh. 


Iftpn». Ovos . ! 


2,4 eom 


■ e» 




10» 


6.1 


lOpraa. liebig. I 


M » 


110 , 


8.8 


110 





ms 



Ovos-Milch 
1 iUfe 2 



1 i«r g cvg j 



2^>fe | 3 |3^/& 




^5% 
►1/2 


1 


l'/e , 2 


a'/2l 3 




^ 1 
















✓ 












— 1 
/ 
/ 














/ 





















































Karre VI. 



Karre VIT. 



Es erscheint angezeigt, liier daravif liin/.uweisen, dafs wir 
die lOproz. F/Xtraktlösungen, wie Sasaki, deshalb anwatuiten, 
u?Tj deutlichere Aus.scliläge bei den Versuchen zu erhalten. Im 
allgemeinen wird zu Genulszwecken eine Liebiglösung vou viel 
geringerem Prozentgehalt verwandt. 

Recht von Bedeutung \^\. hei konzentrierteren Kxtraktlösungen 
der Gehalt an Salzen (bei Liebig ca. 22%M, der auf osmotischem 
Wege eine mehr oder weniger starke Transsudation von (iewebs- 
rtüssigkeit iti den Magendarmkanal und hierdurch einen diar- 
rhöiscben Zustand herbeiiühreu kaou. Aus den mit deu Hefe- 



*) Binen noch höheren Gehmlt an Mineralstoffen, besonders an Koch* 
sali, besitst O^os. 



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Von Or. W. Hoffmann und Dr. M . Winlgen. 



805 



extrakten Siris und Ovos im Vergleich zu dem Liebigechen 
Fleischextrakt ungestellten Versuchen ergibt sich also, JüIs sie 
selbst in grüfseren Gaben als Liebig in ihrer Wirkung anf die 
Magenscbleimhaot von geringerer Bedeutung sind als dieser. 

Vertuche, die Urstclie dar vertchlodmen physlologitchon 
Wirkung dmr Extraitto zu srmlttolii. 

Die bisherigen UntersucliuDgeD hatten ergeben, daTs der 
FleiBdieztrakt den beiden Hefeextrakten in der Wirkung auf 
die Sekretion des Magensaftes zweifellos fiberlegen ist^ weiterhin 
aber auch, dafs Oyos wiederam weniger wirksam ist als Siris. 
Da diese letzteren Extrakte aus dem gleichen Ausgangsmaterial 
gewonnen wurden, so konnten einmal die Art der Darstellung, 
s. B. eine mehr oder minder weitgehende Verinderung der Hefe- 
extraktirstoffe, sodann die etwaigen Zusätze zu dem Produkte 
iu Fonn yon Salzen etc. hieran schuld tragen. Unsere Aufmerk» 
samkeit wurde zunächst auf 'letzteren Punkt hingelenkt. 

Aus früheren chemischen Untersuchungen des Laboratoriums 
war bekannt, dafs Ovos sich gegenüber Liebig, wie Siris, durch 
einen höheren Gehalt an Mineralstoffen auszeichnet und dieser 
wiederum zum grOfsten Teil aus Kochsalz besteht. Das Koch- 
salz ist in der Hefezelle nur in relativ kleinen Mengen enthalten 
und dürfte zum Zwecke der Konservierung dem Oyosextrakte 
extra angesetzt werden. 

Folgende Werte waren seinerzeit für die betreffenden Ex- 
trakte in Prozenten gefunden worden: 



OvoB (fest) 



Liebig 



Qeaamtgehalt an Mine- 
ralstoffen . . . . 



96.86 



12,% 



19.50 



Pl ftttf Koohsals be- 
rechnet 



16,45 



2,86 



2,60 



IM 



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206 Die Binwirknng von FMseh« ond Hefeezinkten «te. 

Nun liegen eine Keilie von Arbeiten ul tT den Einflufs döS 
Kochsalzes auf die Saftsekretioo im Massen, sowohl am Menschen 
wie am Hunde, der nach Pawlow operiert war, vor*), welche 
übereinstimmend feststellten, dai's Kochsalz die Magensaftsekretiou 
herabmindere. 

Es lag daher nahe, einen \'ersuch zn machen, dem Ovos- 
extrakte durch Dialyse die MineralstofEe, besonders das Kochsalz, 
teilweise zu entziehen und mit dem so behaudelteu Safte Ver- 
suche über seine nunmehrige Wirksamkeit anzustellen. Zu dem 
Zwecke wurde eine lOproz. OvoslOsung 36 Stunden der Dialyse 
unterworfen. Die hierdurch von den Mineralsalzen gröfstenteils 
befreite Extraktlösung wurde sodann für einen Versuch benutst, 
bei dem einmal diese Lösung und Milch, lerner die ursprttng' 
liehe OvoBlösung und Milch gegeben wurden. Weiterhin wurde, 
um den Kinflufs der Mineralstoffe auch im Fleischextrakte m 
studieren — die Meinungen Über ihre physiologische Wirkung 
gingen bisher sehr auseinander, — auch Fleischextrakt der Dialyse 
unterworfen. Der so von den Salzen und etwaigen dialysier- 
baren organischen Verbindungen grüXstenteils befreite Extrakt, 
ebenso auch der unveränderte Extrakt, wurden nunmehr in ihrer 
Wirkung auf die Magensafftsekretion verglichen. 

Die Ezgebnisse, auf deren tabellarische Wiedergabe hinge- 
wiesen wird, waren sehr überraschende. Sowohl im Ovos wie auch 
im Fleischextrakt war die uisprüngliche Wirkung auf ein ganz 
geringes Mafs zurückgegangen. Es mufsie hieraus gefolgert 
werden, dafe die wirksamen Bestandteile, d. h. die, welche die 
Magensaftsekretion anregen, in den durch die Dial)^ entfernten 
Bestandteilen zu suchen waren. 

Ob dies die Kalisalze sind, wie früher behauptet, spftier aber 
von verschiedener Seite widerlegt wurde, oder organische Ver« 
bindungen, welche durch die Dialyse ebenfalls entfernt werden, 
hierbei in Betracht kommen, sollte durch weitere Versuche nach* 
gewiesen werden. 

Es wurde zunächst folgender Versuch ausgeführt: 

Aus dem Prozentgehalt an Säuren und Basen, wie sie in der 
Asche des Fleischextraktes enthalten sind, wurde berechnet, was 



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Von Dr. W. Hoffmukn nnd Dr. M. Wintgen. 



207 



für Salze, und in welcbeu Mengenverhältnissen in dem Fleisch- 
extrakte vorkommen; speziell aus der Phosphoraäure, wieviel 
primäres bezw. sekundftrea Kaliumphosphat in dem ursprÜDglicheD 
Extrakte enthalten gewesen war. Unter Zugrundelegung dieser 
Werte wurde eine Salzlösung von der Stärke^) hergestellt, wie 
sie in einer lOproz. Fleisohextraktlösung ungefähr vorliegt. 
Hierbei wurden mir die Spuren von Eisen, sowie Kieaelsfture, 
die nicht diffundiert, unberücksichtigt gelassen. 

£in mit dieser Salz- 
lösung ausgeführter Ver- 
snob Nr. 19 ergab, dafis 
diese eine deutliche er- 
kennbare Wirkung auf die 
Saftsekretion ausübte. Sie 
reichte allerdings nicht an 
die Wirkung der Fleisch- 
extraktlüsung heran, war 
jedoch gro(s genug, dals ein 
Eänflufs der Salzlösung vor- 
suliegen schienfKurv.YIII). 

Der Versuch wurde in der Weise wiederholt, dafs obige 
Salzlösung, femer dialysierter, also von den Salzen teOweise be- 
freiter Extrakt aus Original Ldebig an ein und demselben Tage 
nacheinander geprüft wurden. Während sich die Unwirksamkeit 
des Fleischextraktes, der you dialysierbaren Substanzen grolsen- 
teils befreit war, von neuem bestätigt fand, zeigte die anorgani- 
sche Salzlösung nicht die erwartete Wirkung. Es mub daher 
die Frage, welches sind die wirksamen Bestandteile des Fleisch- 
extraktes» zunächst noch offen bleiben. Die Kl&rang ist jedoch 
durch die Erkenntnis, dafs die Wirkung in der dialysierbaren 
Substanz liege, ihrer Verwirklichung nähergerückt, soll weiter 
▼erfolgt werden und sind Versuche hierüber im Gange. 

1) Die I^8UQg hatte folgende ZuBammeosetzuDg : nn^ SO« 0,128 Vo 

mg HPÜ4 0,146«/, 
X^HPO« 0,461 •/• 
K, PO. 1.001 ^ „ 
Na^SO^ 0,141»/«. 




208 lA« Eiawiikang vod FleiBcb' und HefeextnktoD etc. 



Beurteilung der Ergebnisse. 

An der Hand der erbaltetieii VersucbeefgebnUse ist nachge- 
wieeen worden, dafs die Sekretion des Magensaftes von Fleisch* 
extrakt in höherem Malse angeregt wird als von Hefeeztrakten, 
weiterhin, dals die Azidität des Magensaftes einmal keine kon* 
stante und femer wiederum bei Liebig stets grOfser ist als bei 
den Hefeextrakten. 

Worauf können nun die verschiedeuen Saure werte beruhend 
Der wechselnde 0,07 — 0,55'% betragende Gobalt au Salzsäure 
könnte den Gedanken nahelegen, als ob die Maireudrüaen einen 
Saft luit wecbsehidem Säuregehalt produzierten. In Übereiu- 
stiniinung mitPawlow nahmen wir aber an, dafs ein Saft von 
konstanter Azidität al'geschioden wird, dessen Säurerückgang se- 
kundfir herbeigeführt wird. Die Azidität des Magensaftes wird 
nämhc'h beeintiulst von dem . alkalisch reagierenden Schleim, 
einem i^rodukte der Schleimdrüsen, welches die Oberfläche des 
Magens bedeckt. Mit diesem Schleim kommt der Verdauungs- 
saft in Berührung. Da dies um so langsamer geschieht, je ge- 
ringer die Saftbildung ist, da femer von der Stärke der Saft- 
sekretion die Alkaleszenz des Magenschleimes selbst abhängig ist, 
so wird die A/idität von der Saftmenge und auch von dem 
hierdurch beeintiufsten Schleim bedingt. Diese Überlegnngen 
sind bei der Beurteilung der gefundenen Säurewerte zu berück- 
sichtigen ; sie sind auch experimentell erhärtet worden. Es wurde 
filtrierter, klarer Magensaft, dessen Azidität bekannt war, mit se* 
zerniertem Schleim ^/^ Stunde in einem Schüttelapparat kräftig ge- 
schüttelt. Hierbei wurde in 2 Versuchen ein Rückgang der 
Azidität von 130 auf 120, bzw. 120 auf 100 festgestellt. 

Dies Ergebnis ist um so bemerkenswerter, als die Reaktion 
des benutzten Mageuschleimes, der in dünner Schicht an den 
Wandungen des VersuchsgefäfstH langsam herabgelaufen und 
mit dem sauren Magenaafte auch s^clion vorher in innige Be- 
riiluung gekommen war, so weit ueutraiiäiert erschien, dals er 



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Von Dr. W. Hoffmann and Dr. H. Wintgen. 



209 



an der Oberflfiche gegen Lackmuspapier nicht mehr alkalisch 
reagierte. 

Die von Pawlo w und Bickel hervoigehobene Konetans in 
der Äziditftt des Magensaftes glauben wir daher durchaus be- 
stätigen SU müssen. 

Ks bleibt nocli zu erörtern übrig, ob und inwieweit Fleisch- 
und Hefeextrakte die Verdauuiigskraft des Magensaftes zu beein- 
flussen vermögen. 

Unsere Untersuchungen haben in dieser Beziehung keine 
erheblich voneinander abweichenden Werte ergeben. Es können 
daher, unter Hinweis auf die im Teil C. III. gebrachten Aus* 
führangen keine sicheren Schlüsse gesogen werden. 

Schlurasäti«. 

1. Die Versuche von Sasaki sind bestätij^t worden mit 
der Einschränkung, dafs die Keaktionsdauer des Fleiscli- 
extraktes im allgemeinen nicht eine solch nachhaltige 
war, wie er angibt. 

2. Es gelang nioht, mit Hefeeztrakten die gleiche Wirkung 
SU erciel^n wie mit Liebig; auch bei Erhöhung der 
Hefeeztraktmengen wurde dies nicht erreicht. 

3. Von den beiden Hefeeztrakten hat Ovos geringeren phy- 
siologischen Wert als Siris. 

4. Die physiologische Wirkung des Fleischextraktes l)eruht 
nach unseren bisherigen Versuchen in jenen Bestand- 
teilen, welche mittels Dialyse entfernt bzw. isoliert 
werden können. 

5. Trotz des ▼erschiedenen Säuregeh^tes der einzelnen 
Saftportionen ist die Azidität des sezemierten Saftes an 
sich konstant, sie wird aber dureb den Schleim bsw. 
dessen alkalische Reaktion sekundär beeinflubi 

Die Versuche sind am 16. März 1906 abgeschlossen woi-den. 



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SlO Oi» Jfinwirkang fon Fl«licli' and HnfeeartrakteD etc. 



L Tersueh. Watser-Mllch — Lleblf-MUeh. 





Wasser Milch 1 


Liebig-Milch 


1 

i 


H«iife 

ccm 


.Saureern«) 

~ N«OU 
10 


VenUU' 1 
mm 


aaftmeng« 


Häuregrad 


Vftzdaa* 
angikiaft 

«im 


1 

Nach Std. 


0 

nur Schleim 




1 


4,8 


36,6 




> 1 > 


5,5 


22,50 




9,1 


8Ö.0 




* IV. » 


4,7 


4d.ao 




5,5 






> s > 


2,3 


36,66 












M 


27,78 











! 


WMi«r»Milch 


LMfaig-Mileli 


Nach »/, Sid. 
» 1 • 1 
» IV, » 
> 2 > 

• 2V, > 


1,4 

4.3 

1,25 

1.2 
viel Schlm. 

f 

f 

1 


40 
84 

j 87,6 


18,2 
13,1 


7.8 
8,7 
2.45 

1.61 1 

1.6l| 
' 1,4 
viel Schlm. 

1,0 
vittlSehlm. 


IIK) ' 11,75 
140 7,5 
III 11,95 

1 90 12,8 
1 50 9,66 



III. Yersueh. WasHer-Mileh — Lieblg-Milcli. 



Wasser- Mi Ich 



Liebig-Milch 



1 30 


7,6 


1 

6.8 
6,4 


s. 

115 


14,3 

10,8 


1 42 


9,0 


2,0 

2,1 Schlm. 


100 


14,15 
13,8 


1 1 18,8 


- 








1 




! - 


1 



Nach Vt 8td. 



1 

1'/. 

2 



2 



0,4 1-si 
1.8 

2,0 Iriühlll) 

1,6 
.vi«18ehliD. 



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Von Dr. W. äoSnuiim nnd Dr. H. Wiiitg»ii. 21 1 



IV. Ventaeh. Liebl^-Mlleh — WassefMileh. 



1 


Liebig-Milch 


Waarar-Milch 






<>" 


Venliiii- 
uiigsknift 
Ulm 


j Menge 
ccm 


Sfturcgrad 

fö 


VerdAU- 
ung«kmft 
mm 


Nach Std. 


7,2 


84,45 


n.i 


2.5 


41.6 




» IV, » 


5,6 


110.0 


9,45 


5,8 
Tl«18ebln. 


80,0 


1S,6 


* VU > 


l,8seU«im 






8;8 


66 




» SV, » 


0,4 . 












T. Tenaeh. 


JLiebls-Mlieh - Liebi|r -j- MUeh. 






I Uabif Milch 


liebig in UUeh galMk 


Nach Vi Std. 


2,2 


40 




^2 


100 


IT 


1 » 


6,5 


116 


IS 


6,S 


145 


17 


• IV. » 

• 2 » 


«.0 


1» 

90 


10^ 


S,2 
0.7 


j 120 




TL Tersuch. Liebif-Mllch 


— Wasser — Lleblg + Klleh. 




Liebig-Milch- Wasser 


Liebig in Milch galOflt 


^— 


2,1 


40 




4,9 


85 


18.85 


» 1 > 


1 6.8 


80 


14,9 


8,0 


HO 




1 IV, » 


2,0 


78 




0,8 


107 




9 2 > 


1,2 


55 










nach Vf Std. j 


1,0 1 
Schlwiml 


56 










TIL T«rraeh. WaMar-HUek - 


— Oroa-lUlalu 




1 


Wasser-Milch 


OvosMUch 


Nach V, Std. 


0,1 
hcblelm 






8,0 


46 


1S,3 


> 1 > 


2.3 


85 


7,8 


2,8 


70 


13,6 


• XV. » ' 
> 2 > 


2.2 

2.0 

Schleim 


1 70 


14,5 


8,6 
1,8 


86 
78 


11,6 
11,4 


' 2V. • i 


0.5 
viel Sctüm. 


88 




0.7 
Soblelm 







212 Efnwirknng Ton Pl«iteh- nnd Hefeextrakten etc. 

Tin. Tersach. Oros-Milch — Lleblg-Mileh. 



Ovo«-Miloh Ii liebig-Uilph 





cem 


ti 

- Xaull 
iü 


VerÄan- 

iiliKj<krnft 

mm 


cem 




Verdaa- 

mm 


Nach Vi 6td. 




80 


12»6 


6.4 
viel Schlm. 




15,6 


> 1 > 


6.3 


120 


9.5 


, 7.9 


125 


10.4 


» IV, » 


1,9 


105 




4,1 


115 


13,8 


> 2 > 


1,3 
vl«lSeh1ia. 


90 


. 


1,6 


80 





IX. Versuch. Sirls-Mileh — Liebig-Mileh. 



f 


Sir-s-Milr'h 


1 






Nach Vi i 


2,48chlelm 


50 


16,5 


7,1 




16,5 


» 1 > 


6,3 


ISO 


10,3 




180 


16,0 


» iVt > 


3,8 


125 


18^ 


1 lA 


100 


19,6 


2 . 


2,0Selri«ta 


90 


16,2 








. 2'/. . 

















■ 

1 SirisMiicb 


1 


Liebig-Milch 


Nach V, Sur. 


4.8 


96,6 


7.4 


7.0 


HO 


11,0 


> 1 > 


M 


127,5 




6,2 


180 


2.4 


. IV, . 


9,7aeblelin 


1 110 




2,3 


180 


9,15 


> 2 > 


Tla) Bcblm. 


10,75 


0,8 
t1«I Bohlm. 


ISO 






XI.Tftm«li. Ovoa-midi — 








Ovos-Milch 


Siris-Milch 




Nach Va Std. 
. 1 . 

» IV« » 

> 2 > 

» 2V, » 


2.8 
4^ 

2,2 

1^ 
Sehtolm 

' 0,6 


95 
127 

130 
85 
66 


10,5 

iy,5 

12,8 


4,9 

5,7 

l.U 
v!el Slcblin. 


105 
130 

100 


13,1 
li,0 



Digitized by Google 



Von Dr. W. Hofrmmui md Dr. M. Wintgen. 213 
XII. Tersneh. lOproi. Ltebif-Mlleh — 12,6 proz. SlrU-lllleli. 



10]kros. Ltobig-llilch „ lS,5pros. Sirb-Miteb 



MenK« 

ccm 


SAuregratl 

To ^" 


Vwdm- 1 

UDgikr&tt 
mui 


ecm 


SAuregml 


V'«rd*tt- 

uDfrsknilt 

mrn 


Nftch Vi Std. , 


M 


48 


1 


8,6 


70 


12,25 


> 1 » 


6.« 


106 


10,0 1 


2,8 
Sebleln 


90 


10,4 


. 17« . 




100 


11.8 


0.8 
Schleim 


88 




!' Scbleltt 

■t 


94 




0,6 







XIII. Teiraeh. t&ftt, Sirls-Hlleli — lOpros. UeUf^MlIdk. 

15pros. 8iri»-Mtlcb lUproz. Liebig Milch 

! 



Nadi % 8ld. 
> 1 * 
» IV, • 

• 

XLV. T« 


. 2.1 
2.8 
1*1 

nach. 15 

15 pi 


68,4 
100 
116^7 

prei. Orei 

pttx. Oyo»-!I 


kMUeb ^ 

lilcb 


4.0 
6,5 
1.6 

lOproi. ] 

1 lOpr 


113 
180 
123 

Ueblf-MU 

cn. Llebiff^ 


eh. 

Milcb 


NMh >/, Std. 

* 1 > 

• IV, • 
> 2 > 

XV. 

1 


2.4 

3.7 
1.4 

Versieh. 

1 


69 
106 
108 

Liebtr-K 

<iebig-Milcl 


9,5 
10,0 

lieh ' Sa 


4,4 

3.8 
0,7 

1 w> 

IsnlaehvBi 


110 
110 

}l06 

f^Htteh. 

zlö«ang-Mi 


11,5 
12,9 

leb 


( 

N«cb V, Std. 

> 1 > 1 

2 » 
. 2V, » j 

> 8*1 
. 8V, » i 

> 4 > 


4,3 
8,1 
6.4 

5.8 
5.4 
6,4 

3,0 


115 
IfiO 

15S 
145 
137 
130 
190 


10,8 
8,9 
8.8 
9,35 
9.3 
10.6 
11,1 


5,6 

M 

3,7 


115 
116 
185 


10,4 
9,45 
10,0 



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214 



Di« Knwirkimg TOn Fl^h- nnd HerMxtniltten etc. 



CD -4 ex 
-4 O O 



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Nach Stonden J 



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Von Dr. W. HofliMim nttd Dr. M. Wintg»». 215 



XTin. TersMk. 



»•eh 
Blunilen 


t<N> ecn Leitaii«awaMer ] 

'rti >it(1. »(lAter 100 rem 
>Ulvb r tiaUlö«ung r 


100 c«m LeltQDgiwttiMr 

%sti\. 8piii«r IW cem 
31Uch 


100 ecn Mitob + 10 V 


V. 


Bellte Im 
1 ccni 




1 


4.2 


90 


11.2 


6,7 


100 


12,7 




3,2 


















t 


+ viel 


30 




5,3 


90 


9.5 


7.2 


106 


9.0 


i 


Bchlelm 


























2,8 












IV, 


3,6 


90 


...i' 


^ viel 


90 


4,7 


Ö,6 


125 


8,15 










Scbleim 












2 


80 


95 


11.5 














1 


2,9 


70 


1 






1 









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216 EinwirkQDg v. Fleiach- n. H«fes(nkten. Von Dr. Hoffmann u. Dr.Wintgen. 



Literaturübersicht 

1. M. Wiutgeu, Über die Bedeotang von Fleisch- und Ilefeextrakten für 
die Ernährung (Veröffentlichungen aus dem Gebiete des MilitOrsanitAtB- 
waoenaX Helt S9, Nr. VIL 

5. Zeitschrift fOr ^ üntmochting dar Kahmiiffi- und CrannbmlttBL VI. 
781, VII. 57. 

3. Archiv f Qr Hygiene, Bd. 51» 8. 19. 
4 ÄxiMr für Hygiena, Bd. 61, 8. 1. 

B. Dantaeha madlsiniaeli« Woehanaehrift, 1905, Nr. 19, 8. 747. 

6. Pawlow, Die Arbeit der Verdauungsdrfiaen, 1896. 

7. V. JakBch, Klirifrhf Diagnostik, 

8. Verhandlung des Kocgresaes für innere Medizin, 22. Bd. : Experimentelle 
Unteraadiiing flbar dan Hnfldft dar Koahaalatbarmaii aal die H agenaafl- 
sekretion von Dr. A. Bickel. 

9. König, Ghamia dar manachlichan Nahroiisa* und Oanniaiiiittal, IV. AafL, 
Bd. 1. 



Erklftrang fOr die Knnren. 

^^^^ badantat dia 8aflnian8a in Knblkiantiiiiatani. 

........ badavtat dia fllr 100 cem Haganaaffe rar Nanteaiiaation varbnnefata 

Manga Na OH. IMa Kanranaabl tat mit SO so multipttaiaian. 

I I I I }— badaatet die Verdaaungskraft (faatgeetellt nach dem Mattachan 
Yaiftdiran in HU1imatam> 



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Zitronensänre und Sonnenstrahlen als Desinfektions- 
mittel fär Iriakwaitöer lilr militärlsclie Zwecke. 

Von 

Mariuestabsarzt Riegel 

AMfitonicn am Inttttot. 

(Aw dem Hygieniacbeii Iiwtitat d«r ünivmitfli Berlin. 
Direktor: Q«b. BlecL-Bat Prof. Dr. M. Rnbner.) 

Die folgenden Versuche sind ausgeführt worden, um zu 
prüfen, ob durch Zitronensäurezusatz zum Wasser in Mengen, 
wie sie gewöhnlich zur Bereitung von Limonaden verwendet wer- 
den, bestimmte pathogeue Keime so rasch und sicher abgetötet 
würden, daTs für gewiflse militärische Zwecke die Umwandlung 
▼erdächtigen Trinkwassers in Limonaden empfohlen werden könnte. 

Ein Bedürfoie, unabbängi«: von ilen grof^en, fahrbaren Wasser 
sterilisieruugsapparaten, wie sie fast bei allen Heeren TOigesehen 
sind, Trinkwasser au! möglichst einfache Art von pathogenen 
Keimen su befreien, ist namentlich im KoloDialkrieg und bei 
den Landungsabteilungen der Marine vorhanden. Die kleinen 
Verbände^ die hier häufig zur Verwendung kommen mdanen, 
Streifwaehen, Wachen und Posten, rind nach den Eigentttmlich- 
keiten der E^riegsführung in unsivilisierton L&ndem nicht selten 
geswnngen, TdUig selbständig aufsutreten, von der Haoptmaoht 
und ihren Hilbmitteln au! längere oder kürzere Zeit losgelöst. 
Schwierig gestaltet sich fOr solche Abteilongen dann die Ver* 
soigong mit gesundem Trinkwasser. 



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^IB ZitronensAnre and Sonnenstrahlen «Is DesiofektionMnittel etc. 

Das einfachste and sicherste Veifahren, das Wasser abzn- 
kochen und es so oder in Form dünner Kuffee- oder Teeaufgasse 
SU genietsen, läfst sich nicht immer durchführen, sei es, dafs es 
an Brennmaterial mangelt, sei es, dale aus Gründen militfirisoher 
Sicherheit kein Feuer angezündet werden darf, denn der Rauch 
ist ein arger Verrftter, der in dünnbevölkerten Lflndem die Aul- 
merksamkdt auf weite Strecken auf sich zieht. 

Die chemischen Desinfektionsmittel, die zur Trinkwasser- 
reinigung, namentlich auch für militärische Zwecke empfohlen 
worden sind, wie Kaliumpermanganat, Chlor, Brom, Jod, Wasser- 
8toffsu|»eroxyfl u. a., sind, abgesehen davon, dafs über ihre Wirk- 
samkeit keiueswe^b Einigkeit herrscht, teils sehr schwierig /u 
transportieren, teils ist ihre Anwendung so umständlich und zeit- 
raubend, uais sie für den oben angegebenen Zweck, der vor allem 
Einfachheit erfordert, kaum in Betraciit kommen. 

Am bequemsten wäre es, wenn sich Keimfreiheit durch den 
Zusatz chemischer Stoffe erzielen lief»e, die als verbreitete üeuufs- 
mittel überall verhältnismäfsig leicht zu beschaffen sind. Schum- 
biiri?^), dem wir überhaupt ausführliche Untersuchungen über 
die ( iHwinnung keuiifi eit n Trinkwassers durch chemische Zusätze 
verdanken, hat aucli eine Reihe solcher .StotTe untersucht, so Tee 
und Kaffee, Cognak, Rotwein imd Essig, Er kommt zu dem 
Ergebnis, dafs alle diese Stoffe entweder gar keine oder eine so 
geringe desinfizierende Kraft besitzen, dafs sie in der Praxis für 
die Wassersterilisieruug nicht zu verwenden sind. Die Zitronen- 
säure, ebenfalls ein verbreitetes Genufsmittel, ist vou Schumburg 
nicht untersucht worden. Dagegen bat Liefmann^ nach dieser 
Richtung mit der Zitronensäure eine Reihe von Versuchen ange- 
stellt, die zu recht günstigen Ergebnissen ftUirten. Er fand, dafis 
Typbusbakterien, die in Reinkultur Leitungswasser zugesetzt 
worden waren, das 0,5^0 Zitronensäure enthielt, in SO Minuten 
völlig abgetötet wurden. Gleiche Ergebnisse endelte er mit einer 
Aufschwemmung von l^husstuhi. 

1) Schumburg, Ve; iTr t i hangei» «ai dem 6«bi0te dos MiUtlr> 
MniUtawesens, Heft 15, 1900, 34 tt. 

2) Liefmann, Unlersucbungen über die Wirkung einiger Säuren auf 
fMundheilMchldliehM Trittkwttner. Disa. Freibarg 1908. 



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Von MarinestabBaixt kiegel. 



Die Liefmannsche Arbeit war mir noch nicht bekannt, 
als ich meine Untersuchungen über die Wirknng Ton Zitronen* 
efture auf pathogene Keime in Waaaer begann. 

Um über die Menge der Zitroneneftore, die in gewühnÜcher 
Zitronenlimonade enthalten ist» eine VorBtellung an bekomme, 
stellte ich mir aue einer Anzahl Zitronen Limonade in der Art 
her, dab ich den frisch mit dem Qnetacher auggepiefeten Saft 
einer Zitrone mit ^\ Wasser vermischte, dem ich noch 10—15 g 
Rohnucker hinsnfttgte. Wie doreh Titrierong festgestellt wurde 
(1 g Zitronensäure wird dureh 14^ cem Noimalnatronlauge neutiali* 
siert), enthalt so hergestellte Limonade im Mittel 3,5 prom. Zitronen* 
säure. Aus einer Zitrone kann man im Mittel mit dem Quetscher 
37 com Saft gewinnen. Bei den Zitronen, die ich benutste, war Säure- 
gebalt und Saftmenge bei jeder ziemlich ^eioh. Nach Honsel und 
Prinke^) bew^ sich der Säuregehalt des frisch geprebten Saftes 
der Zitrone überhaupt zwischen 5,2 und Der Säuregehalt 

ist abhängig vom Reifungszustand der Frucht — unreife enthalten 
mehr Säure als reifo — und, wenn man nach anderen Früchten 
acbliefsen darf, wahrscheinlich auch von der Art und Tom Ur 
sprungdand der Frucht Dieses ist bei den Zitronen, die bei uns 
auf den Markt kommen, nadi Beythien tmd Bohrisch^) je nach 
der Jahreszeit verschieden. In gewissen Monaten überwiegen bei 
uns die Zitronen aus Sizilien, in anderen die aus Spanien, in wieder 
anderen die aus Kleinasien usw. Der ungleichmäfsige Zitronen- 
säuregehalt der verschiedenen Zitronen veranlafste mich, zu meinen 
Versuchen später nur noch kristallisierte Zitronensäure zu benutzen. 
Aufserdem waren für diese Walil noch folgende (iründe raafsgobend : 
Die kriütallisierte Zitronensäure ist billiger, leichter zu beschaffen 
und leichter zu transportieren als die in der Frucht entliaUtJut! 
Säure, Ferner ist sie uuter gewöhnlichen Verhältnissen unbegrenzt 
haltbar. Auch die Möglichkeit, dafs die im Zitronensaft enthaltenen 
Pektin- und EiweilsstofiEe die keimschädigende Wirkung der Zitronen- 

1) Heaael mul Prtnk«, DanteUang und PrOftug von Zittoneoflaft, 
Fhaurm. Ztg.. Nr. 49, 8. 68. 

3) Beythien and Bohriach, Zeitachrüt t Nahrangs- und OenalH- 

mittel, Bd. 9, S. 461. 

Aiohlv für Hygiene. Bd. LXl. 16 



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^HroneDtftare an<l flonneotintileii ftl« Deaintoktbnftmittel eke. 

bäure beeinträchtigen kunntcn innfstp ins Auge gefafst werden. 
Nachdem Vorverpudie eru' ütm iiatieii, dafs durch Zusatz, von 
3 — 4 proni. Zilronensäuro i^ei reiclilicher Einsaat selbst Cholera- 
vibrionen nicht rascli genug abgetötet wurden, wurde bei dem 
spftteren Versuchen stets 6 prora. Zitrnnensaurelösung benutzt, der 
noch ö() }>rom. Hohrzucker zugesetzt wurden. Diese Lösuug stellt 
allerdings schon eine etwas kräftiger schmeckende Limonade dar, 
die aber selbst bei reichlichem Genufs keine unangenehme 
Säureempfindung hinterläfst. Zu den Kontrollversuchen wurden 
Lösungen von jRohrzucker 50 : 1 000 benutzt. Die Lösungen wurden 
mit Leitungswasser hergestellt, zu je 100 ccra in Kölbchen abge- 
füllt und an 3 auf einnnderfolgeuden Tagen 15 Minuten im Dampf- 
topf sterilisiert. Geschmack und Säuregehalt der Limonade wird 
durch das Kochen in dieser Zeit nicht verändert. Die Einsaat 
geschah in der Weise, dafs in ein Limonade- und in ein Zucker- 
wasserkölbchen möglichst gleiche Mengen von Bakteriummaterial 
in Reinkultur gebracht wurde. Bei niederen Einsaaten worden 
eine oder mehrere Ösen einer 208tündigen, bei 37^ gewachsenen 
Agarknltor in grOfseran Bouillonmengeo sorgültig verrieben und 
dann mit steriler Pipette die gleichen Mengen in die KOlbchen 
gegeben. Bei hohen Einsaaten wurde 20 standige Bouillonkultor 
filtriert und mit dem gut geschttttelten Filtrat weiter so verEabien, 
wie ee öbeu bei den Veneibungen in Bouillon beschrieben isL 
In der Begel wurde je 1 ccm des Filtrats eii^esftt. Beide Kölb- 
chen wurden fernerhin in besag auf Belichtung, Temperatur- 
einwirkuDg usw. gans gleich behandelt Nach Ablauf einer 
gewissen Zeit wurde aus beiden Kolbehen 1 ccm entnommen 
und SU Gelatineplatten verarbeitet. IKe mit JUbnonade su be- 
schickenden OelatinerObrchen worden nach der Veiflflssigung 
mit je 2 Tropfen (27 Tropfen = 1 ccm) Normalnatronlauge versetat. 
Dieser Zusats neutnlisiert, wie berechnet und erprobt wurde, locm 
6 prom. ZitronensäuielOeung nahesu vollständig. So wurde in den 
limonaderOhrchen und in den KontrollrOhrchen die Reaktion 
wieder gleichgestellt Die Gleichstellung deif Reaktion, die Lief- 
m,ann unterlassen hat, ist notwendig, wie eine einfache Nähr^ 
boileiikontrollo beweist Setzt man nämlich von 2 GelatiuerOhrchen, 



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Von ilarinestabsarzt Riegel. 



221 



die je 6 ccm Gelatine^) enlhalten, dem einen 1 ocm sterilen Waesen, 
dem «weiten 1 com 6 prom, Zitionensftuielöeung sa, besftt beide 
nach der VerflÜseigang mit den gleichen Mengm lyphaelniltur und 
giebt dann Platten, so findet man, dafs bei mittleien Einsaalen 
anf der ersten Platte etwa 8 mal mehr Typhnskolonien gewachsen 
sind als auf der sweiten. Zndem sind die Kolonien aal der Wasser- 
platte fsat durchweg gröfser und üppiger als auf der Zitronen-, 
sftareplatte. Bei sehr genügen Einsaaten wird der Unterschied 
nodi deutlicher, bei sehr reichlichen allerdings verwischt er aidi 
mehr und mehr. Niheres eigibt sich aus der lolgeuden Tabelle: 



Kontrolle 


120 Kolouten 




ZitronMuiinre 


28 > 


I 


KmtroUe 


10 700 


u 


Zitronensfture 


3 500 > 


Kontrolle 


840000 f 


m 


ZltroMusiiin 


790000 > 



Bei jedem Versuch wurden je 2 PlattMi ge^sen. Die Platten 
wurden nach 488tüodigem Aufenthalt im 22'- Brutschrank mit 
dem Mikroskop gezählt und am 8. Tage noch einmal kontrolliert 
Die Zählergebnisse in den Tabellen beaiehen sich, wenn nicht 
aasdrflcklich etwas anderes angegeben ist^ auf den Durchschnitt 
beider Platten. In vielen Fällen und stete am Schlufs einer 
Versuchsreihe wurden aus dem LimonadekOlbchen noch 10 ccm 
in 100 ccm Bouillon gebracht , die vorher, dem Zitronensäure- 
susata entsprechend, mit Noimalnatronlauge alkalisch gemacht 
worden war. Diese KonirollkOlbcfaen wurden bei 37 gehalten 
und nach 48 Stunden beurteilt. 

Geprüft wurde nur das Verhalten von Typhusbazillen , von 
Rubrbazilleii (Typ. Flextier) und von Choleravibriouen, also der 
Erreger derjenigeu Krankheiten, bei denen erlahrunirsgeinars 
die Infeis-liuii durch i'mikwasser im Kcddo am meisten zu lürchtcu 
ist. Aulserdeni liaben diese Mikroorganiauien lür den vorliegenden 

1) Oelfttin«, der nach BiMtellnng aaf den Laidunnsnentralpiiiikt nodi 
l^ptom. krktellisiertes Natriumkarbonat lagttfflgt worden wnr. Soldie Qelft« 
iine wurde m allen Versnchen benntit. 

16* 



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^2 SSitroiMAsAar« woA fionnwutafalilen alt t>6s{iifekttoii«inlttel ete. 

Zweck noch den Vorzug, gegen Säuren in recht verschiedenem 
Grade empfiudUch zu sein: Etwa in der Mitte zwischen deiQ 
wenig empfindlichen TypbusbaziUos und dem sehr empfindhchen 
GhotoiaTibrio steht in besug auf Sftuieempfindliobkeit der Rubr- 
basQliu. 

Die Venuchabedingongw eo su gestalten, dafs die »natür- 
licben« VerhAltnlsse möglichst naohgeahmt worden wfiien, unter 
liefe ioih mit Absicht, denn veimutlich sind die Umstinde, unter 
denen bei natttrlichen Verhttltnissen die Infektion durch Trink- 
wasser sustande kommt, in den einseinen Fällen so verschieden, 
dab ihre Nachahmung im Versuch einfach unm<»glich Ist Wie 
grofs die Zahl der pathogenen Keime im Wasser gewesen ist, 
dessen GenuTs eine Infektion henrorgemfen hat, können wir in 
keinem Falle wissen. Die im Veigleich der ungeheuren Zahl 
deransgefOhrten bakteriologischen Wasseruntersucbungen äuberst 
spftriichen Funde pathogener Keime drängen allerdings zur An- 
nähme, daTs nur eine sehr geringe Anzahl dieser Keime In den 
Magen-Darmkanal zu gelangen braucht, um unter günstigen Be> 
dingungen eine Infektion zu verursachen. Zahlenmälsige An- 
gaben über das Vorkommen pathogener Keime im Wasser über- 
haupt finden sich in der Literatur nur spärlich, selbst wenn man 
die älteren, nicht auf serodia^iostischen Untersuchungen ge- 
slüizieu Mitteilungen als bewiesen annimmt und mit berück- 
aichtigt. Natürlich sind dabei nur die Angaben verwertbar, denen 
das einfache Platteukulturverfahren ohne Anreicherung, Fällung 
usw. zugrunde hegt. R. Koch^) spricht in seinem Bericht über 
das Vorkommen von Choleravibriouen im Wasser eines Tümpels 
nur davon, dafs sie auf der Gelatineplatt« >ziemhcli zahlreich« 
gewachsen seien. Lubarsch^) fand im Bilsciiwasser eines 
Schleppdampfers 40 Choleravil)rionen im Kubikzentimeter, C. 
FraenkeF) im Fluüswasser 24—30. Fischer und Fiatau*) 

1) R. Koch, D. med. Wochenschr.. 18Ö4, S. 222. 

2) Lnbarseh, D. med. WocbeoMbr^ 1892, 8. 979. 

3) C. Fraenkel, D. med. Wocheiischr , 1892, S. 926. 

4) Fischer 0. Fiatftn, Zantralbl. L Bakteriol. n«w.» 1901» Bd.XXJX« 

Nr. 8, S. 329. 



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Von Ifuincattbittifc Rleg«1. 



223 



wiesen aus 6 ccm Brunnenwasser einen einzigen Typhuskeim 
nach. Ähnlich sind die Zahlenangaben anderer Autoren. 

Bei der grofsen Schwierigiceit, die es gemacht haben wflrde, 
so geringe Menge pathogener Keime unter einer grofsen Menge 
Ton Wasserbakteiien auf der Piatte wieder aufzufinden und so 
die Wiriesamkeit der Zitronensäure auf diese Keime su beurteilen, 
verzichtete ich auf die Einsaat geringster Mengen der pathogenen 
Mikroorganismen in unsteriUsiertes Leitungs- oder Fluf^aaser 
und begnügte mich damit» UMhr oder weniger reichlidie Mengen 
von Reinkultur in sterilisiertes Leitungswasser einzusäen, das 
vorher in Limonade oder Zudcerwasser umgewandelt worden war. 
Da es sich zeigte, dats die desinfizierende Kraft der Zitronen- 
säure unter sonst gleichen Umständen ganz aufserordentlich von 
der Zahl der vorhandenen Bakterien abhängig war, wählte ich 
zur endgültigen Beurtoilun'j; nur sehr grofse Bakterienmengen, 
so dafs iu bezug auf Auzaiil «1er Bakterien überhaupt bei diesen 
V^ersuchen Wässer, die als Trinkwasser noch in Frage küinnien 
könnten, wohl übertrofEeu sein dürften. Allerdings habe ich 
auch beim Zählen mit dem Okularnetzmikrometer auf der Ein- 
saatplatte nie mehr als 2 300000 Keime im Kubikzentimeter ge- 
zählt, während \)i\ch Flügge') die Keimzahl stark verunreinigter 
Flufsläufe zwiselien 2 und 40 Millionen beträgt. Dabei ist aber 
zu beachten, dafs meine Zahlen in allen Fällen dnrch Einsaat 
1 ccm der Aufschwemmung in die Gelatine ohne alle 
Verdünnungen gewonnen wurden, so dafs nach den Unter- 
suchungen Reatas-) angenommen werden mufs, dafs in Wirk- 
lichkeit ein nn geheueres Vielfaches der gefundenen 
Zahlen vorbanden gewesen ist. Die Zahlen in der Spalte 
»Einsaat« der Tabellen beziehen sich auf die Einsaat in die 
Kontrollkölbchen, die nur Zuckerwaaser enthielten. In allen 
F&lleu wurde auch die Einsaat, die in die Limonadekölbchen 
gemacht worden war, festgestellt. Beide Zahlen stimmten in 
der Regel recht genau ttberein, wenn audi stets die aus dem 

1) Flügge, nrnndrifs <i. Hyg., 4. Aufl., 1897, 8.205. 

2) Reata, Zentralbl. f. Bakier. usw., II., Bd. U, 1904, S. 290—93. 



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^4 ZitronenRanie und Sonnenatnüilen als DesinfektioiuuuiMel etc. 

Limonadekölbchei) gewonnenen Einsaatzahlen etwas niedriger 
waren. Nur beim Typhusbazillus fand sich in einzelnen Fällen 

bei niederen Einsaaten ein abweichendea Verhalten, wie das 
Protokoll eines Versuches zeigt, der wegen der niederen Einsaaten 
weiter nicht verwertet wurde: 



Einsaat 


Zeit 


Kolonien 


Bemerkung 


Zackarwaaaer 19500 

- j 1.12000, 
1 2.sterU]{ 

r 


Standen 

1 


Zackerwaaser 18800 

1 I. 450 
Limonade l ^ . ^ 
\2. 150 


Dl* bei »limoiwde< unter 
1. and^fBhrten Z«]il«ii sind «w 

Röhrchen (j^nommen, deren Re- 
Hktlon, wio obi'M nupegebon, 
vorher herichliKl wurde; bei 
«Ion unter "J nufjrcfuhrteD war 
die Bericlitiguag der Roaktioo 
mtaiUietMQ. 



Da sich ahnliches bei anderen Versuchen wiederholte, wenn 
auch nicht so ausgesprochen wie ini vorstehenden, wird man zur 
Annahme gedrängt, dafs Typhusbazillen in dem Augenbhcii, wo 
öie mit 6^}qq Zitronensäure in Berührung ivommen, so creschftdigt 
werden können, dafs sie auf der Gelatineplatte, wenn diase etwa 
0,12proz, Zitronensäure enthält, nicht mehr zu wachsen vermögen, 
dafs sie sich aber bei länfrerem Aufenthalt in der Limonade in 
gewissem Sinne an die Zitronensäure gewöhnen, so dafs später 
auch auf dem weniger zusagenden Xiibrboden wieder Wachs- 
tum möglich wird. Zugleich ist dieser X'ersuch ein weiterer 
Beweis dafür, dafs man, wenn man der Gelatine 1 ccm 6 prora. 
Zitronensäurelösung hinzufügt, die Reaktion berichtigen mufs, 
wenn man vergleichbare Werte erhalten will. 

Um SU prüfen, wie die Zitronensäure in Flttwigkeiten wirk- 
eam sei, die reich an guten Nährstoffen sind, worden einige Ver- 
suche mit Bouillon angestellt, der 6 prom. Zitronensäure zugefügt 
worden war. Audi der Einfluls des Temperaluroptimums der 
drei untersuchten Bakterienarten wurde bei einigen Versuchen 
geprüft, die bei 37® vorgenommen wurden. 

Das Ergebnis der Versuche geben die folgenden Tabellen 
wieder: 



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Von MarinestabMurst Riegel. 

Cholera. Tabelle I. 



235 



Einsaat 


Temperatur 


Zeit 


Kolouieusahl 

< 


Kontrolle 


Bouillon 




Zitamer- 
tempentar 
» 

> 


6 Hin. 
15 > 
45 > 


\ 

! 1 : Bteril 

2 : r. 

1 : steril 
1 3:1 (Cholera) 

steril 


1386300 

11702UÜ 
515 700 


getrabt 
klar 
» 




» 


8 Stdn 


> 


53 800 






» 


4 > 


1 * 


1200O 





Cholera. Tabelle II. 





TeniT'prntnr 


7pit 






Roililtriri 


2 220400 


Zimuier- 
temperator 
> 
> 

B 


15 Min. 

30 . 
4Ö > 

nhr (Fiel 


Steril ; 1 980 600 

. ! 74fi8(H) 
t 700 200 

nerX Tabelle I. 


getrübt 

, klar 
t 




TenipiTiilur Zeit 


Kolonietiziihl 


Kontrollp !'';';i!l'>n 


1864000 


Zimmer- 
temperator 
• 
> 
» 
• 

R 


1 Std. 

2 > 

3 . 

4 > 
6 > 

uhr (Flex 


1 422 400 

120 000 
5-20 
310 

Steril 

Dor). Tabelle 


1684000 

1 110 600 
840 700 
482 000 
878000 

II. 


klar 


Einsaat 


Temperatur 


Zeit 1 


Kolon iensahl ; Kontrolle 


Bouillon 
^ 


2200500 


Zimmer- 
tenperatnr 
> 
> 

> 


3 Stdn. 

4 . 

5 * 

> 


480 

200 

1 : Steril 
3:7 

steril 


1018 200 

760 300 
611000 

488600 


trübt 
» 

klar 



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S36 ZiiroiiAiuiiin» und SonaenstnUeD D«aiDf«ktloiwinittol «te. 

Typhus. Tftb«ll« L 



Binimit 


Tempsrator 


Zeit 


Kolontonndil 


EoatroUtt 


Bonillon 


2160900 


Zimmer- 
temperator 
t 
» 


8 Stdn. 
6 > 


1 

688100 

420 800 
880 


2144700 

1880400 
1918100 


gaMbt 



Typhns. Tabelle II. 



Einsaat 


Temperatur 


Zeit 


Koloniensabl 


Kontrolle 


Bouillon 


2094«» 


Ziiniii«r> 


16 8lda. 


mooo 


16&8800 






temperator 












> 


90 > 


180 


1522100 






> 


22 > 


steril 


1516000 


klar 




» 


94 > 


fteril 


1187600 


» 



Aus dieaen Tabellen, von denen ich noch eine Reihe ähn- 
licher besitze, ergibt sich, dafs bei sehr reichlichen Einsaaten und 
bei Ziznmertemperfitur durch eine Lösung von 6 prom. Zitronen- 
säure und 50 prom. Rohrzucker Cholerafibrionen abgetötet werden 
awischen 15 nnd 30 Minuten, Ruhrbazillen zwiachen 5 und 6 Stunden 
and Typhusbazillen zwischen 22 und 24 Stunden. Die rasche Ab' 
nähme der Keimzahl auf den Kontroliplatten bei Cholera und Ruhr 
apricbt dafür» dafe schon die 50 prom. sterilisierte Rohrzucker^ 
lösang allein auf den Oholeravibrio und auf den Ruhrbasillus 
ziemlich schftdigend wirkt. Beim Typbusbazillus ist diese Wir* 
kung weniger deutlich zu erkennen und namentlich viel weniger 
regelmässig. In wenigen Fallen wurde sogar eine geringe Ver^ 
mebrung der Keime festgestellt, allerdings nur bei niederen Ein- 
saaten. Vereinzelt steht eine Beobachtung, bei der bei einer 
Einsaat von 184d(X> Keimen in den Kubikzentimeter 60 prom. 
ZuckerlOeung nach iVi Stunden nur noch 18600 nachweisbar 
waren, und wo nach 20 Stunden Sterilität eingetreten war. Die 
wenigen Versuche, die bei 37^ vorgenommen wurden, stimmen 
mit den im vorstehenden wiedeig^ebene» im wesentlichen flber- 



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Von MwiBMiabMunt BI«g«K 



327 



ein; die Abtötung der Keime trat hierzu derselben Zeit ein 
wie bei Zimmertemperatur. 

Wesentlich verschieden war das Verhalten in nährstott'reicher 
Flüssigkeit, in Bouillon mit 6 prom. Zitronensäurezasatz, wie 
folgende Tabelle zeigt: 



Typhua. Tubelle III. 



EiüMftt 


TeiDperfttoT 


Zeit 


Keloniensahl 


KoiitMlle 


214DO0O 


Zimmer- 


2 Stdn. 


1115000 


2S2O00O 




temperatur 










* 


4 » 


990000 


nicht mehr 










zählbar 






20 » 


1070000 


nicht mehr 






1 ! 


dhlbar 



Versacbe mit Bahfbazitten mid Choleravibrionen in Bouillon 
wniden nieht anBgefOhrt. 

Die Venuebe ergeben also» dals nur der Oboleravibiio in 
Umonade von der Zosammensetzung der verwandten so rasch 
und so sicher abgetötet wird, dars bei Choleragefahr die Um- 
wandlung verdAohtigen Trinkwassers in Limonade empfohlen 
werden könnte, vorausgesetzt natürlich, dafs man swischen der 
Bereitung und dem Genufs der limonade mindestens ^ Stunde 
verstreichen lassen kann. Beim Ruhrhazillus und namentlich 
beim Typhusbazillus ist bei hohen Einsaaten die Zeit, die ver- 
streichen mufs, bis alle Keime abgetötet nnd, so grofe, dars das 
Verfahren für die Praxis nicht in IVage kommen kann. Da die 
Erhöhung des Zitronensfturezusatzes bis zu den durch Geschmack 
und BekOmmlichkeit gezogenen Grenzen keinen wesentlichen 
Vortdl versprach, ging ich dazu über, mit der Zitroneosfture 
ein zweites gutes und billiges Desinfektionsmittel zu verwenden, 
das Sonnenlicht, das in tropischen und subtropischen Gegenden 
meist das ganze Jahr über in Fülle zur Verfügung steht. Das 
Ergebnis der grofsen Zahl von Untersuchungen, die über die 
keinilötende Kraft des direkten Sonnenlichtes im allgemeinen 
veröffentlicht worden sind, ermutigte sehr ym diesem N'orgelien. 
Die Mitteilungen über den Einflufs des Sonnenlichtes aul" liak- 



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288 ZitronMuUire and Sonnenitvahleii «1« Datiiifeklionainiltel ete. 

terien im Wasser mit Angabe der Zahl der urspiüiiiglich 
vorhandenen Bakterien ist allerdings gering Über sehr liohe 
l'^insiUiTen habe ich überhaupt keints gefuiiden. linchnerM be- 
ric)itt duia im Mai durch direktes Sonnenlicht im Freien lyphus- 
bazillen in Wasser, das sich iu offenen Glaszylindern befand, bei 
einer Einsaat von 30140 aaf den Kubikzentimeter in 2V2 Stunden 
abgetütet worden seien. Bei einem gleichlaufenden Versuch 
mit Choleravibrionen blieben bei einer Eni.^aat von 7 800 nach 
2^2 Stunden noch 15 und 24 Keime im Kutuk/pntmieler übrig. 
DersellMj Autor erwähnt an fuiiieror Stello^j, dal's Baoteriutn coli 
bei emer Kinsaat von lÜUÖnu Keimen auf den Kubikzentimeter 
uach einäUiüdiger Besonnung völlig vernichtet worden sei. 

Die Anordnung bei meinen Versuchen war im weseDÜif^en 
dieselbe wie Me bei deo Versucheo, die nur mit Limonade aus- 
geffihrt worden, schon besehrieben worden ist Die Kolbchen, 
alle von gleicher OrOfee, Form und sonstigem Aussehen, waren 
in allen FftUen im Fkeien und stets im direkten S<Hinenlicht auf- 
gestellt. Alle Versuche wurden in den Mittagsstunden bei wolken- 
losem Himmel ausgeführt. Es wurden sowohl im Sommer als auch 
im Herbst und Winter Versuche angestellt Die Temperaturen 
wurden auf einem Thermometer abgelesen, das in einem mit 100 ccm 
Wasser gefflUten Kolbchen stak, das swischen den Verauchs- 
kolbchen stand. Wenn der Versuch im Gange war, wurden die 
Kdlbcfaen nicht mehr absichtlich geschflUelt Die KOlbchen 
waren mit Watte yerachlossen, so dab das licht nur in das 
Innere gelangen konnte, nachdem es zuyor eine Olaswand durch- 
drangen hatte. Die Versuchsbedingungea wurden durch diesen 
Umstand natflrlich aufeerordentlich verschlechtert, denn wie 
Thiele und Wolf*) gezeigt haben, werden gerade die wirk- 
samsten Strahlen, die im Ultraviolett, durch gewöhnliches Glas 
naheiu sftmüieb surttckgehalten. Mit Bouillon wurden keine 
Versnche angestellt, da Bouillon in gewöhnlicher Konientration 



l)Baehn«r, AvcUt f.Hyg.. XVII, 8.187. 

S) Bachner, Zentralbl f. Bakt, XI, Nr. SB, B. 782. 

3} Thiele ond Wolf, Arth. f. Byg.» LVU, 8. 84 o. 96. 



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Von Mafjneslabaant BSee»l. 2S9 

für ultraviolette Strahlen so wenig durchgängig ist, dafs kein 
Erlolg zu erwarten war. 

I>en Vorlauf der VerBuche aeigen folgende Tabellen: 



Cholerft. Tabelle m. 





Tf"mppr!«t nr 




Kolonien- 

/ahl 


Kontrolle 


Bouillon 


Bemerkung 


1 »64800 


20-20,50 
20,6—210 

1 


5 Min. 
10 > 


steril 


784 90<) 
430 ÜOO 


klar 
> 


21. VII. 
12bi5_i2has 

wolkcinloier 
Bimmel 






Rohr. Tabelle m. 






Eiqsaat 


Temperatur 


Zeit 


IColonien- 
sahl 


Kontrolle 


1 

Bouillon 


Bemerkung 


2010000 


20—250 
8&-;-89* 

99—38« 


25 Min. 
40 * 
- 1 Std. 


19 000 
1470 
steril 


844 700 
270600 
6000 


getrübt 
» 

klar 


2S. vn. 

IIb— 19 h 

Himmel 






Ruhr. Tabelle IV. 






EiD&aat 


Temperatar 


Zeit 


Kolonien- 
zahl 


Kontrolle 


Bouillon 


Bemerkung 


990700 


15— 17* 
17—19« 


80 Min. 
1 8td. 


9740 
steril 


480400 

aeooo 


klar 


IS. X. 

IIb — 12l> 
irolkeiil€Mr 

HiUlBMl 






Typhus. Tabelle IV. 






Einsaat 


• 

Tempeiator 


Zeit 


Kolonien- 

zabi 



Kontrolle 


Boaillon 


Bamerkang 


2190000 


20 - 25 " 

25— üy" 

29-32» 
»4-360 


2& Min. 
40 > 
60 > 

1 Stunde 

Min. 

, 1 btunde 
80 MId. 


513 400 
270 500 
6000 
880 

steril 


I 200 000 
622 400 
326 200 
140700 

121200 


getrabt 
> 
> 

klar 


26. VIL 

11 ]2so 

WolkAOlOMI 

HlmoMt 



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380 Zitroneniiiire and SoimeDBtnhteii mIm D«ainfektiomiiiitteI etc. 



Typhus. Tabelle V. 





Temperatur 


Zeit 


Kolonien- 
sabl 


Kontrolle 


Bouillon 


fiemetknuK 


2110000 


16—20° 


1 Stunde 


1 800 


750 700 


getrabt 


10. X. 




20—22» 


1 Stunde 
30 Min. 


»teril 


620600 


• 


11 30 _ 1 h 

woUienloaer 
Htnunei 






Typhae. Tabelle VI. 






■ - ■ 

Binsaak 


Temperatur 


Zeit 


Kolooien- 
labl 


Kontrolle 


Bonillon 


Bttnerkung 


1 H22 700 


15-17» 
17—19» 

19- 90* 

20— 21» 


30 Min. 
1 Stunde 

1 Stunde 

30 Min. 

2 Stdn. 


530 500 
7 400 
840 

ateril 


944 500 
666 200 
489000 

S41500 


getrübt 
> 

klar 


19 X. 
H h _ i h 

wolkenlowr 

ITimmel 

bTiach iBoUert«r 
SUunin •Oolts». 






Typhne. Tabelle VJL 






l'insaHt 


T»'nipi'rfitnr 


/(>it 


Kolonien 

7.h1;1 




r 




1420000 


1E>— 6» 


1 Stnndp 


.",60 000 


1 097 000 




31. XII. 




ft-l» 


2 8tdn. 




400 600 


getrübt 


12 80 _ 2 30 

wolkenloKer 
Hinim«! 



Aus diesen Tabellen eigibt sich, dafo durch Besranung im 
Sommer (Juli) Oholerayibrionen bei hober Einsaat in Idmonade 
mit einem Gehalt von 6 prom. Zitronensäure in 5 Minuten völlig 
abgetötet werden, auch wenn das Licht vorher eine Glaswand 
passiert hat, in seiner Wirksamkeit also stark abgesdiwftdit ist. 
Unter den gleichen Umständen ergibt sich fOr die Vernichtung 
des Ruhrbasillus eine Zeit von 1 Stunde, für die des Typhus- 
basillus eine Zeit von 1 Va Stunden. Im Herbst (Oktober) ist die 
Zeit, in der die Abtötung erreicht wird, beim Rnhrbaiillus die- 
selbe wie im Sommer, während sie beim T^husbasillus auf 
2 Stunden steigt Im Winter (Desember) genügen auch 2 Stunden 
nicht, um alle l^phusbazillen abzutöten. Die Zahl der flbiig- 



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Von MarineatelbMnt tÜeg«l. 



251 



gebliebenen ist vielmebr 80 grofs, dafs aDzanehmen ist, dars der 
Sonnenschein eines ganzen Wintertages xu ihrer Vernichtung 
nicht hinreiohen würde. 

Wenn man berücksichtigt, dafs die vorstehenden Versuche 
absichtlich unter ungünstigen Bedingungen aoageführt worden 
sind, (sehr hohe Ginsaaten und Schwächung des Lichtes durch 
das Passieren einer Glaswand), ao kann man hoffen, dab in der 
Praxis, wo im allgemeinen günstigere Bedingungen zu erwarten 
sind» das Verfahren sich als brauchbar erweisen würde. Die 
Örtlichen und seitlichen Beschr&nkungen, denen das Verfahren 
nnterli^ madien es bu einem Notbehelf für einen Teil jener 
FSlle, wo die bewährten Wassersteiilisierungsverfahran durch 
Kochen oder Durchleiten von Ozon nicht anwendbar sind. Wie 
eingangs erwähnt, sind solche Fftlle besonders häufig im Kolonial* 
krieg. Da die senkrechten oder fast senkrechten Strahlen der 
Mittagssonne in tropischen und subtropischen Gegenden weit 
reicher sind an ultravioletten Strahlen als in unseren Breiten 
selbst im Hochsommer — wie die durch vielfache Erfahrungen 
festgestellte viel intensivere Wirkung auf die photographische 
Platte beweist — ist eine Abkürzung der AbtOtuugszeit in diesen 
Gegenden mit Wahrscheinlichkeit su erwarten.. 

Für die praktische AuslOhrung des Verlahiens wfirde es 
sich empfehlen, die Zitronensäure in Tabletten su ü g mitsu- 
fahren, und die Bestrahlung dw Limonade durch die Sonne in 
den verbältnismäTsig flachen, wetten, innen verzinnten Kochge- 
schirren vorzunehmen, in denen die Flüssigkeit leicht und un- 
mittelbar von den Sonnenstrahlen durchdrungen werden kann. 

Herrn Geheimen Medizinalrat Rubuer spreche ich für die 
Anregung zu diesem Thema meinen ergebensten Dank aus. 



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Das Koffem&oreielieningsYerfahreiL züm Typliosnaeliweis 

im Stnlil. 

Von 

Dr. 0. Lubenau 

Auiatenxant des SanAtoiinmt Beellts. 

(Ans dem Laboratoriuni dea Sanatorium« TWolitr rhefaret Dr. Pielickp' 
und den liygieuiBcli«n lustituten der Univeraiuii Berlin (Direktor: Oebeimrat 

Prof. Dr. Bubner). 

Der w68eDtlich6 Vonng des Koffeins, der dasselbe bei der 
Verwendung von elektiven Nfthrbi)den mm TyphusnaehweiB in 
Bakteriengemisoben , z. B. im Wasser oder Stuhlgang, in den 
Vordeigrund stellt, besteht gegenüber den dabin angewandten 
Mitteln der Karbolsäure, dem Jodkali und KristallTiolett darin, 
dafs das Koflnin in enier Linie auf das Wachstum yon Bacterium 
coli hemmend wirkt und bei einer Konzentration, die völlig aas> 
reicht, das Wachstum von Bacterium coli xu hindern, die Typlms^ 
basillen noch wachsen l&fst. Fernerhin besitst Koffein auch ent* 
schieden eine nicht su untersebfttsende Wirkung auf das Wachs- 
tum von Stuhlkeimen im allgemeitten. 

Mit Hilfe dieses Alkaloids, dessen Wirkung auf Koli- und 
Fäzesbakterien Roth entdeckt hat, haben F i c k e r und Hoffmann 
ein Anreicberungsverfahren , das dem Nachweise von Typhus- 
bakterien im Stuhlgang und Wasser dient, heT^gestellt. Dasselbe 
ist bei weitem wirksamer als die bis dahin bekannten Methoden, 
die im grofsen und ganzen an dem alles überwuchernden 
Wachötuui desj Bucterium culi scheiterten. 



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t)88 ltollitn«araieWnng«Tet4drr«ji ete. Von Dr. 0. LnbniMl. 233 

F ick er gelang w mit «einem Verfahren, bei einem VerhäUnifl 
der Typhnsbaullen su den Stuhlkeimen = 1 : 5d 000 erstere 
noch nach/iUwdben; Ho ff mann erreichte, bei einem Verhältnis 
▼on TyphoebaKillen zu Wasserkeimen (vermischt mit Bacterium 
coli) = 1 : 51 867 positive Resultate, die die mit ähnlichen bis- 
her enieltso Methoden bei weitem flbertnfen. 

Spfiterhin hat Gtthtgens das Koffoin als Zusatz su festen 
Nihrbdden, s. B. dem Endoegar, mit gutem Erfolgs Terwandt 

Er stellte fest, daTs ein Gehalt des Aga» von 0,32—0,34% 
Koffein dem Naehweise der l^husbaiillen am gfinstigsten ist, 
und konnte mit dnem derartigen Fuebrinagar bei Untersoehongen 
yon yersehiedenen T^hnsstfihlen in 60% positive Resultate 
erzielen, während dieses mit dem einfachen Fuchsinagar 
nnr in 48% und mit dem Agar von Drigalski und Oonradi 
nur in 37% der Fälle gelang. 

Zu Resultaten, die von den obigen vOllig abweichen, sind 
unter anderen Friedel, Eloumann und Reischauer ge- 
kommen. 

Auf die Arbeiten der letzteren Autoren sich im wesentlichen 
stützend, schreibt Kutscher in dem Handbuch der pathogenen 
Mikroorganismen von Kolle und Wassermann (1906) über 
diese von F ick er und Ho ff mann angegebene »Art An- 
reicheruogsverfahren« folgendes: »Eine eigentliche Anreicherung, 
d. b. effektive Vermehrong der Typhusbaziilen in der Au- 
reicberungsfiüssigkeit findet nicht statt, sondern zum gröfsten 
Teil nur ein Zurückdrängen der Fäzesbakterien, vor allem des 
Bacterium coli.« 

Dieses absprechetuie Urteil scliwacbt er allerdings ab, indem 
er zugibt, dafs unter Umständen eine nicht unerhebliche, relative 
Anreicherung der TyphuabaziHen möglich ist, so dafs diese 
Methode, wo andere Verfahren versagt haben, gelegentlich mit 
gutem Erfolge zur Untersuchung von Fäzes herangezogen werden 
kann. 

Es ist nicht reelit klar, wns der Verfasser unter enier effek- 
tiven Verniohrnng der Tvphusbaüilleu im Gegensatz zu einer 
relativen Anreicherung vorstunden haben will. 



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^34 S^l^iifiuiTCaöherangaMifRlkreii mm üfypIranadiwmB im Stobl. 



Dafs eiue Veriu^Mjniiip der Typhusbazillen in der Anreiche- 
rungsflüssigkeit, absolut geuomnion, stattfindet, kann wohl niemand 
nach den erschöpfenden Versuchen von Ficker und Hof f man n , 
mit deuen die nieinigen, unten folgenden, ganz übereiustimmen, 
bezweifeln; auch die Milserfolf^e, die Klouniann mit Koffoin- 
bouillon hatte, ändern an dieser Tatsache nichts, von der sich 
auch der im quantitativen Arbeiten Ungeübte sehr leicht über- 
zeugen kann, indem er eine geringe Menge Typhusbazillen 
(Platinnadel) in einem Höbrchen mit Fickers Anreicheninga' 
Hüssigkeit aussät; nach. 13 Stunden resp. 20 Stunden ist eine 
deutHche, allmählich zunehmende Trübung sichtbar, die durch 
das Wachstum der Typbusbazillen heryorgerofea wird, wie ein 
gef&rbtes Präparat leicht zeigt; vor der Bebrütung der Bouillon 
dagegen findet man im Präparat von einer Öse kaum vereinzelte 
Bazillen. Derartige Versuche, die ich mit sechs verschiedenen 
TypbuaetSmmen aiufOhrta, hatten dasselbe positive Resultat. 

Aufscrdeni entsprechen die \'erauche von Klo u mann, der 
schon bei 0,3% Kotlein keine Vennehrung der Typhusbazillen 
mehr nachiiu weisen veruiochte, gar nicht der Versuchsanordnung 
von Ficker. über die von ihm verwandte Bouillon gibt er 
gar nichts an; es ist anzunehmen, dafs er gewöhnliche Nähr- 
bouilloD zu seinen \'ersuclien benutzte, die er aufserd«>m durch 
Zusatz Von Kotleinli)sun^ recht beträchtlich und ganz ungleich- 
tiiätsig verdünnt hat. Dadurch sind die Mifserl'olge leiclit er* 



Wie sehr es auf die Zusammensetzung des Nfthrmedioms 
in erster Linie ankommt, zeigt folgender Versödi : 



klärlicU. 



Avmamt.Ton 670 Typha»lMaUI«i pro ceau 



naeb 34 StiiDdeti 



Nahrbouillon -\- .Hi)rom. Koffein . 



11 Millionen 



4- 0,0007 pror. Kristall violett . . . 
Ficli«ra Bouillon Sprom. Koffein 
4- 0,0007 pros. CriflUllviolett . . . 



56 MilH 



ooen 



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Von Dr. C. Labeiuiil. 



Waram Klournann aach bei «iner zweiten S«rie von 
Versuchen, bei der er die Bouillon nach Vorschiift yerwandt 
haben will, dieMlben negatiTen Beenltate bekommeii hat, ist 
nicht an veiatohen. Dagegen aind die Beanltate, die er mit einem 
3-^prDm. Eoffeinagar gehabt hat| durehaua nicht aehleoht. 

Verauche mit Typhuastnhl hat er gar nicht ausgeführt, d&> 
gegen Reise hauer, der auch bei einem Verhfiltnia der Typhus* 
bakteiien an StuhlkeimeD etwa = 1 : 34000 (110 Typhaakeime 
auf 3740000 Stuhlkeime) positive Besultate (einige Kolonien) 
endeite, darOber hinaas nicht mehr. 

Trotzdeiii vei urlmlt aucli letzterer die KofFcinmethode, indem 
er berechnet, dafs die Tvphusbaziilen in der Aiueiciierungsflässig- 
keit sich um das 26U iache vermehren mürsten, um die gleiche 
Anzahl pro com in der Anreicherungsflüssigkeit zu erreichen, 
wie in der Aussaat, während nach den Versuclien von F ick er 
und HofImanD dieselben sich nur um das 10— 50 fache ver- 
mehren. 

Bei dieser Berechouog berücksichtigt Rei schauer gar nicht. 
da& die Stuhlkeime mn da.s 100 fache an Zahl pro cem zurück- 
gehen, so daCs das Verbflltms der Ijrphusbasillen au den Stuhl* 
keimen aieh um daa lOOOfache günstiger gestaltet wie vor der 
AoidcheruDg. 

Aul dieses VeihAltnis der T^rphuskeime au den Stuhlkeimen 
kommt es bei der Anreicherung aber ganz all^ an» so dafs 
daa Verfahren allerdings nur in diesem Sinne als eine 
relative Anreicherung bezeichnet werden konnte, wie es auch 
Reisehauer — abgesehen von dem Irrtum» in den er mit seiner 
Berechnung gerät, — richtig aufsufsssen scheint, wfthrend Klou- 
mann, allerdings auf Grund ylSühg unaulänglicher Versuche, die 
Vermehrung der TyphuabasiUen übediaupt leugnet und die An- 
reicherung nur auf ein ZurQckgehen der Stuhlkeime zurückführt. 

Die Berechnung von Reise hau er kann überhaupt nur bei 
keimarmen Stühlen Gültigkeit beanspruchen, in welchen i*atlen 
der Mangel wieder dadurch vollkommen ausgeglichen wird, dafs 
man aus der AnrcichoruugsüQssigkeit infolge Rückg^ges der 

AicUr liu Uysieue. Ud. LUC. 17 



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2.^f> Das tCotfeinanreicherangfiTerfiRtnvn mbi TyphimiftcliiraiB Im StohU 

Stuhlkeime bedeutend gröfsere Flftsagkettsmengen auMttsii kano 
wie direkt aus dem Stohl. 

Für aolebe Fälle genflgi aufserdem vollkommeu das bisher 
geübte PlattenTerlahreu ; während das Koffeinverfahreo , das 
allerdings eine gana bedeatende Mehrarbeit in nch achliefst, sich 
als die soaveiftne Metbode bei der Untonachnng von Stahlen 
bewlhrt hit, die sich durch reichlichen Gehalt von Ffiaeskeinien 
bis 100 Millionen mit relativ geringer Ansahl von Typhuskeimen 
ausaeiobnen» in welchen FftUen man bisher gar nicht d«iken 
durfte, die Tjrphuskeime auffinden tu kOnnen, 

Auf die Arbeit von Friedel nikher einsugehen erübrigt 
sich; derselbe macht Überhaupt keine n&heren Angaben Über 
seine Versuche, sondern begnügt sich mit der Mitteilung, dab 
er bei dem Verfahren von F ick er und Hoff mann nicht den 
»Eindruck« einer wirklichen (?) Anreicherung der IVphusbasiUen 
gehabt habe. 

Es soll keineswegs bestritten werden, dab der Koffeiomethode 
noch mancherlei Mängel anhaften, z. B. das Einhalten der Zeit 
von 18 Stunden ist umständlich; auch verlangt dasselbe bedeutend 
mehr Übung und Genauigkeit im Arbeiten wie das übliche 
Plattenverfahren. Indes müssen die bisher erzielten Resultate 
nur dazu ermutigen, das Verfahren zu vervollkommnen, was 
allerdings erst durch umfangreiche Erprobung desselben in der 
Praxis geschehen kann. 

Die folgenden Vei"suche stellen einen weiteren Ausbau des 
Koffein verf all rens dar und zwar zunäclist mit Berücksichtigung 
der Tatsache, dafs nach einer längeren Zeil als 13 Stunden die 
Chancen des Auffinden« von Typhuskolonien sich wesentlich 
verschlechtern, da die Anreicherungsflüssigkeit allmählich an 
Wirksamkeii abnimmt und infolgedessen die Stuhl- und Kolikeime 
wieder lebhafter zu wucbern scheinen. Bei einer Lösung von 
KriüUiUviolett in Bouillon, die man in hohe Glaszyhnder gibt, 
kann man z. B. beobachten, iiüls m dem Giiide, wie die Bouillon 
sich entfärbt, dieselbe an Trübung zunimmt und am Hoden des 
Zylinders ein ^ — 4 mm hoher blauer Baktenenuiederschlag sich 
bildet, der sich erst alliu&hlich später entfärbt. 



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Von l>r. Ö. tjahtmn. 



Einen ftboUchen Vorgang des Verbrauchs des Mittels durcti, 
die Bakteriell hat Kowack für das Malachitgrün festgestellt. 

Daher wurden zunächst Versuche unternommen, durch Zusatx 
farieoher AnreicherungsflOaaigkeit nach je 13 Stunden das Wacha- 
tum der Typhusbakterien geganttbar dan ßtohlkeimen ra haban. 

Auch dia aban arwAhnta Tataaeha, dal« dia nnbeweglichan 
Stnblkaima^ indam aia bai dar Wneharang Raaan und Flockan 
bildand mi Bodan sinkan, worda dadurch nutibar gamacht» dalSi 
das AniaicbarungaTarfabren in boban Glaasylindain yarganomman 
wild, um dia Sadimantianmg su bagflnatigan; die labhaft ba-, 
wagliehan T^hoskaima müssen sich dann in dar oban stahendan 
Bouillon laichtar anffindan lassan. Za diasam Zwack war suaisl 
festsustallen, bis su walchar Eonaantration dar Eofinngahalt der 
Bouillon staigen dait ohne dafs dia Baweglichkait der Typhus- 
basiUen dadurch geschädigt wird. 

Dia folgonda Tkiballa gibt darübar Aulsehlufs: 



nach 1 


■ 

18 Stdn. 


26 Stdn. 


40 Stdn. 

t 


Fl< 


dtot Bouillon (a F. B.) ohne 


BewesL gut 


Bewegl. gnt 


BewegL gnt 


Kofialn und Kristallmlett . . 


koiie Faden 


knne Faden 


kutae Fiden 


F. 


B. -{~ 3prom. Kofifein. . . 


Bewegl. gut 
lAngeflden 


Bewegl. sehr 

lebhaft 
lange Fidon 


Bewegl. ge- 
ringer 
lange Fiden 


F. 


B. 4~ 6proiu. Koffein . , . 


Bewegl Hchw. 
kurze FiUlön 


Bewegl.schw. 
lange FOden 


unbewegUeb 
lange Fftden 


F. 


£. -j- 3prom. Koffein -|- \ 
0,0007 proz. KriaUllvioleU | 1 


Bewegl. gut 
lange Fliden 


Bewegl. gut 
lange Fäden 


Bewegl. gut 
lange Fftden 


F. 


B. 4- Spfoin. Koffein + ) 
0,0007 pn». EriitfttlTioletl / 


BewegLechw. 
langoFiden 


BowegLsdiw. 
lange Fidan 


aobeweglieh 
lange Slden 



Em Gehalt von 3 prom. Koffein ist demnacli für die Be- 
weglichkeit der Typhasbazillen am günstigsten ; die8eli>t:u scheinen 
sogar in einem derartigen Medinin lebhaftere Lokomotion zu 
zeigen als in einfaclier Bouillon ohne Koffeiuzusatz. Ein Kristall- 
violettzusatz von 0,0007% scheint die Bewegüchkeit schon etwas 
zu beeinträchtigen. 

Die schon hekanute Tatsache , dafs die TyphuHbakterien 

durch Koffein zur Bildung langer Fäden veranlalst werden, wurde 

17' 



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238 Dm Koffebumretdiflrmigsverteluren mm Typhonudkirti* im Slabl. 

ati«h hier beobachtet; nichtsdeftoweniger kennen dieselben recht 
gut beweglioh sein. 

Ea war noch au bestimmen, ob eine Kou^entration von 
3 prom. Koffein genfigen wird, um das Wachstum der KoU* und 
Stuhlkeime hinieiohend zu henmien. 

GAhtgens hatte mit einem Gehalt von 3 prom. Koffein 
günstige Resultate enielt; auch die folgende Tabelle spricht 
ein solcher Eoffeingehalt gentigi, da noch sa erw&gen 
i«t, dafs durch die Sedimentierung ein groJber Teil der Stuhlkeime 
ausgeeohaltet wird, so dafs der geringe K<^eingehaU der Bouillon 
sich ausreicht; im Gegenteil wird dadurch nocih ein Vorteil ge- 
schaffen» dafs die T^yphusbakterien bei schwächerem Koffeing^alt 
sieh lebhafter vennehren werden. 



GleichmtUtiige Aufschwemuiung von TyphuH, Koll and Stahl in ik>uillon, 
davon vardea 04 cem aof Agar mit wadiaaladMn KoOsingataalt ausgesät. 



Typhw 



KoU 



Stahl 



■ 



0 8U). 



20 8td. 



WSUl. 40 ätd^lOStd 



20 8td. 



WStd. 



40 8td.lOStd.,20 8td 



30 Std. 



40 Std. 



Mbr 
gadng 



gut 
gat 



gat Ifulng 
gat I gwitiif mUHg 



N 

Oha, 



inIlUg 
gat 
gnliig 

! sehr 

igering i""»*"* gut «ering 

^"^'^ gering mAßig l*"" gering 

iKi^ringj« *| » gering * * 



gni 

niJUUg 
gut 

gering 



gut I 

SUt 

gut 

mUUg 
sebr 



I 



mUUg 
nUUUg 

gering 

'gering 
»«hr 



gut 
gut 



«ot ll**""»! gut 



mkBig 
m&Big 
gering 

goringj m&ßig 

■ehr I tebr 
gut I gut 



DpmüHch ireiiü^t schon ein Gehalt von 3 prom. Koffein, uin die 
Stuhlkeiiiit! SU. Vi Iii wie Koli iiinreiehend im Wachstum zu hemmen. 

Die folgfM.di' ra!>t-ili\ in der die Resultate durch Auszählen der 
Kolonien wiedergegeben werden, liefert noch ein präziseres Beispiel. 



P 



Typhu 



KoU 

pcD octn 



Stuhl 



Aassaat von .... 

F. B.1) H- 8 prom. Koffein ' 
nach 90 Stunden . . 



6500000. 19000000 21900000 



615000000 



618000000 r 47il0QO000 



1) F. B. =: flcken Bouillon. 



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Von Dr. C. Lnbeiuttt. 



2S9 



Hiernach haben sich die Typhusbakterien innerhalb von 
20 Stunden ca. um das lOOfache, KoH dagegen nur um das 
25 fache und die Stuhlkeuuo um das 30fache veraielirt. Da das 
Wachstum der Bakterien in geometrischer Progression rasch an- 
steigt, so würde das bedeuten, dafs schon bei 6 maliger Gene- 
ration das Verhältnis ¥ou Typhuskeimen zu Koli gleich sein 
müfste wie 1 : 270, von l^phusiceimen la Stuhlbakteiien wie 
1 : 723. 

Solche Resultate sind natürlich noeh kein Beweis für die 
Verhältnisse in praxi, sondern kOnnen nur einen ungef&hren 
Anhalt für spätere Versuche liefern. Es ist daher auch ratsamer, 
alsbald in die Prüfung der praktischen Verhältnisse zu treten, 
die schon insofern abweichend sind, als es sich hier um Bakteiien- 
gemisc^e handelt, wobei aneh der Vwbraoeh des N&hrsubfltrates 
nnd andere Umstfinde unvorn^hene Einflüsse ausüben. 

Bevor die bei den Versachen mit TyphusstQhleu enielten 
Resnttttte mitgeteilt werden, müssen noeh einige Bemerkungen 
über den Untersuohnn^unodus gemacht werden, auf deren Be- 
achtung besonden Wert su l^en ist 

Die Anreicherungsflüssigkeit, die benutst wurde, hatte die 
Zusammensetsung der Fick ersehen Bouillon (s. Originalarkikel), 
indes statt üprom. nur Spiom. Koffein; der Kiistfdlviolettgehalt 
war derselbe wie bei Fick er; 100 com dieser Anreieherungs* 
flfissigkeit kommen in Glassylinder, die man unter BerOckr 
siehtigung der Mafse des Brutsehrankes möglichst hoch und 
sehmal wählt, um die Sedimentierung der Stuhlkeime su be- 
günstigen. IMe von mir rerwandten Glasiylinder hatten eine 
Hohe Ton 38 cm; sie müssen ungefähr 350 com fassen können 
und werden Torher eine Stunde lang im strOmenden Wasser- 
dampf BteriHsiert. 

Jedesmal nach 13 Stunden wird in die Zylinder frische An- 
reicherungsbouülon mit Koffein 3 "/qa und Krislall violett 0,0007 % 
gegeben; um das VoUimen der AnreicherungsHüssigkeit mit 
Rücksicht auf die Hülic dtr (Ih\szylinder nach Möglichkeit ein- 
zuschränken, iuste ich das Koffein (Ü,3 g aul enier feinen, che- 
mischen Wage genau abgewogen) direkt iu 100 ccm Bouillon; 



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940 KolleiiiAiirridi«niBg»T«rfabr6B snni TyphnnuMliwfrf» im 8labl. 

die Ldsung geht bei diestr Konzentration auch in der Kälte 
rascb vor sich. Von dem Kristallviolptt wurde eine entsprechende 
Lösung in kaltem, destilliertem Wasser 0,1:100,0 hergestellt und 
hiervon 0,7 ccm auf 100 ccm Bouillon gegeben (also 0,0007% 

Kristall 1 violett). 

Der erforderlicheTyphusstulil wurde durch künstliche Mischung 
von Tvpliusbakü'i it ii mit dünnem Fiiz» - hergestellt. Fehler(juellen 
wurden bei h-r HersteUung des Stuhles nacli Möglichkeit wer- 
mieden Dieselbe gestaltete .sich folgendermalsen : 

Dünne Fäzes von der Beschaffenheit eines diarrhöischen 
Stuhles werden durch hh htfache Lagen Filtnergaze gelassen, 
um grüfsere Fartikelchen, Flocken etc., die den Keimgebalt 
gans wesentlich verändern, auszuschalten. 

Die Zahl der Fäxeskeime wird durch Auszälileu auf Platten 
bestimmt, desgleichen die einer 248tilDdig6n ladcmtisneQtfaJien 
Bouillonkultur von Typhus. 

Da das Resuhnt erst nach 24 Stunden voiüegt, setzt man 
reditzeittg eine zweite Typbusbouillonkultur an, die nach 24 Stun* 
den Bebrütungsdauer erst eigentlich zur Mischuug dient. Wenn 
man die Bouillonrdhrchen (von absolut gleieher Neutralisierung 
etc.) auf eine bestimmte Menge, etwa 10 ccm, genau abmifet, 
kann man darauf rechnen, dafs bei gleicher Bebrütungsdauer 
(24 Stunden) auch die Zahl der Typhuakeime annfthornd die- 
selbe ist; indes kann die erste Zfthlung nur einen ungjsfiüiren 
Anhalt fOr die Ifisehung geben, deien richtiges Veiliättnis duroh 
abermaliges Aosafthlen» auch der sweiten Typhusbouillonkultor, 
feetsustellen ist. 

Die Zahl der Keime im Stuhl hftlt man sich dadurch kon- 
stant, dafs derselbe bis sur Mischung in den Eisschrank gestellt 
wird; in der Tat verändert sich die Zahl der Keime im frischen 
Stuhlgang kaum, indes wird man sich auch hier durch aber* 
mäliges Aussfthlen des Stuhles nadi der Mischung von der 
Richtigkeit dee VerhJÜtnisses überseugen. 

' Die Verdünnungen der Typhusbouillon wurden durch voc^ 
sichtiges Schwenken des £ilenmeyerk<ilbchen8, das man in der 
bekannten Weise auf der Tischplatte in drehender Bewegung 



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Von Dr. 0. Lobenao. 



241 



etwa eine Miiiiue lan^ j^leiten läfst, hergestellt; die Miscliung 
des Typhusstuhles erfolgt um besten mit (ilaisiab eine Minute 
lang und abermaliges Schwenken ©ine Minute lang. Als Ver- 
düDDungsflflssigkeit diente ))hysiologi8che Kochsalzlösung. 

Die PlüsHigkeitsmengea wurden mit auf Vi« genau kali- 
brierten Pipetten abgemessen. 

ijas K.otiei]i (chemisch rein) wurde von Kahl bäum* Berlin 
bezogen. 

Es wurden bei jedem Aureicherungsveräuch Q,Ö — 1,0 ccm 
Stuhl in die Bouillon ausgesät 

Als Pkttennachkultur diente ein Lackmusmolkenagar, der, 
mit Hindfleischwasser hergestellt, 2 — 3 jiroz. Agar, 8i)roz. Pepton, 
1 proz. Kochsalz, 50proz. Lakmusniolke und 3 prom. Koffein er- 
hält; eine genaue Beschreibung der Herstellung dieses Agars 
erfolgt am Schlufs. Auf demselben wachsen schon nach 24 Stunden 
die TypbuBkeime su grofien, grauen oder leicht milchig getrtibten 
Kolonien ans» die sich a\if dem mattblauen, völlig klaren Grunde 
von den rosig gefärbten KolikolouieOi besonders bei durchfallen- 
dem Liidite, aufs schärfste abheben, wodurch das Auffinden der 
selben ganz aureerordentlich erleichtert wird. 

Die Wahl dieses Agars wurde durch den Umstand ▼eran* 
lafstf data, wie zahlreiche Versuche ergeben haben, und aus einer 
unten folgenden Zusammenstellung enicbtlicb ist, auf ihm die 
lyphuakeime, die das AnreicherungsTerfahien passiert haben, 
bei weitem besser hsranwnofasen als auf dem Drigalski-Konra- 
dischen Agar, der ja wohl wegen seines hohen Gehsltes an 
Kristallviolett (0,01*/«) für Typhusbazillen keineswegs indifEerent 
ist; auch andere NflhrbOden, s. B. der von Bndo und ▼onLeuohs, 
desgleichen die Ifalaehitgrüngelatine von LOffler haben sich 
hierzu nicht bewfthrt (auf Letzterer noch nach S T^n kein 
Wachstum). 

Bei der ersten Reihe der Versuche, bei der es mir in erster Linie 
darauf ankam, genau das Verhältnis der Typhuskeime su den Stuhl' 
keimen nach der Bebrfltung in der Anreicherungsilflssigkeit festsu- 
stellen, wurden nur geringe Mengen der letzteren (1 ccm mit 100000 
Wasser verdtinnt, davon Vio '% ^^V^ auf den Platten ausgesät. 



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243 Um KoflriiiMmiohciraikgsy«rfehran i am TjpihiuiMeliw^iB im SInbl. 

Bei dar zveiton Hfllfte der Versuche wurde von der Beetimmong 
dieMB Vodiftltniwes der Keime abgeaeheo und jedeemal B Serien 
mit 9 — 4 Platten angelegt; auf jede Serie kam «ine Aussaat 
von Vio l^is % ccm Anreieherungsbouillon. (Oenaueres s» i. Sehlufs.) 

Der erste Versuch, der mit dem Typhusstamm Qelsenldrchen 
= X. angestellt wurde, lieferte für die Brauchbarkeit der neuen 
Methüde einen ^uten Beweis; bei einem Verhältnis von Typhus zu 
Koli — 1 : 500000 gelang der Kachweis von Typhuskolonien luirh 
den erüien 13 Stunden noch nicht; jedoch konnten nach dem 
ersten Zusatz frischer Anreicherungsflüssigkeit und abermahgem 
13 stündigen Bebrüten Typhuskolonien nachgewiesen werden, die 
nach einem zweiten Zusatz frischer Bouillon noch beträchtlich au 
Zahl zunahmen. 



Typhös X = 1 : 50000. 



BebrQtangueit 




13 Stunden . . 


nur F&ZQ». 


26 Stunden . . 


F&zes dicht 


1. Znaato . . . 


Ty 6 Koloiii«!!. 


40 Btnnden . . 


pro oem SOOOOOOOO Fäzee 


S. ZaaatB . . . 


> > 40000000 Ty. 



Demnach hatte sich das Verhältnis von Typhus zu F&zes 
von 1 : 50000 in 1 : 5 umgewandelt. 

Ty:FlMS s 1:50000. 



BebrQtungeseit 


Typbus K. 


^phus Moabit 


18 Standen . • 


Fit.*) CO 


FBI. to 




Ty.') l 


Ty. 1 


26 Stunden . . 


Fi*. CO 




1 Zosati . . . 


Ty. 1 


Ty. 0 


40 Stunden . . 


Fix. CO 


Fax. OD 


9. Znnti . . . 


1 Ty. 8 


Ty. 1 



Infolge zu dichter Aussaat überwucherten bei den beiden 
letzten Versuchen die Stuhlkeime, so dafs die Platten nicht «tie* 
gesahlt werden konnten. 

1) Fii. s FAietkolonien, Ty, ^ Typhnakolonien. 



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Von Dr. 0. Lob«ii«ii. 248 

Ty. : Fäxes = 1 : 125000. Typhus X. 



BebrOtnngneit 


FiMS 


Typhtu 


13 Stunden 

26 StundeD (1. Zusatz) . . 
40 Standen (ä.Znwte) . . 


pro ccm 24 0()Ü000 ' — 
, . » 40000000 \ 5 
> » IIOOOOOOO 1 1 



Ty. : Fax. = 1 : 625 ODO. 



BebrOtnngiMiit | 


Drigalflki Agar 


Endoagtur 


Lackmusagsr 
-|- Sfuroni. Koffein 




pro com 



l'ö Stunden . . | 


Fäz. 


60 000 000 


Faz. 00 


Fftz. 


90000000 




Ty. 


1000000 


Ty. 0 


Ty. 


0 


S6 Standon . . 


Fis. 


95000000 


Uta. 0» 


Fis. 


104000000 


1. ZusaU . . . 


Ty. 


0 


Ty. 0 


Ty. 


2 000 000 


40 Stiinfien . . 


Fftz. 


105000000 


Faz. 780000000 


Fäz. 


206 000 OOO 


2. ZusaU . . . 1 


Ty. 


0 


Ty. 0 


Ty. 


1000000 



lypbw Moabit Ty.:Fto. » 1:700000. 



1 

BebrQtangszeit 




LackmuBUgar 
-f- 3 prom. Koffein 


pro ccm 


13 Btondott. . . . 1 


Fäz. 6 000000 


Fäz. 82000000 


i 


Ty. 0 


Ty. 0 


26 Stunden. ... 


Fäz. 92000 000 


Fäz. 80000 000 


1. ZoMte .... 


Ty. 0 


Ty. 8000000 


40 Stunden. . . . 


Fäz. 80000000 


Fäz. 85 000 000 




Ty. 0 


Ty. 8000000 



Dieeen flberaiis gflnstigen Resultaten standen nur lelatiT wenig 
Mi^Mifolge gegenüber; daher wurde gleich mit den 6 su Gebote 
stellenden Typhusstfimmen im Verhftltnis Ty : Ffis 1 : 1 Million 
ein Veisuofa angestellt Derselbe fiel indes im wesentlichen 
negativ ans» nur Typhus Moabit, der sich auch schon vorher 
als krfiftig wachsend erwiesen hatte, lieferte ein positlTes Re- 
eultat. 



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244 KolleinaaraJcheroiigaTMrfohrett vom Typbaanaehwels im 8tobl. 



Bebrütunga* 

■alt 


Z 


V«l. 


Bk. 


t«l 


XOAUt. 


la Stauden j 

•Jfi ytinulpii 

1. Zu&aU . 
40 Stunden 

2. ZniaU . 1 


. Pitz, «e 

Ty, 0 

itks. 120 000 00« 
Ty. 0 
FAX. w 
Ty. 0 


m. » 

TT. 0 

Fi». I.t2000000 
Ty. 0 

Kill rjdiKWOOO 
Ty.. 0 


Fit. « 

Ty» 0 

Fi«. 114 000 000 

Ty. 0 

F&x. «c 
Ty. 0 


m. » 
Ty- 0 

m. 150 000 000 

T>-. 0 

vtx. aiooooooo 
Tr. 0 


m. « 
Ty. 0 

P&s. 240 000 000 

Ty. 0 

KM. 21« 000 000 

Ty. lowow 



Kür das Fehlschlagen dieses Versuches war eine Erkliirunj; 
schwer -m finden. Man mufstc scbliefslich annehmen, dafs der 
Kristallviolettzusatz zur Anreicherungsflüssigkeit die Beweglichkeit 
der TyphusbazilleD, auf die bei dieser Methode alles ankommt, 
stftrker beeinträchtigt, anderseits dafs das Koffeiu von den Bak- 
terien iimefhalb von 13 Stunden vollkommen verbraucbt wird, 
so dafs nunmehr die Zusatzbouillon einen entsprechend höheren 
KofFeingchalt, das erste Mal 6^/oo, das zweite Mal Q'^/oo erhielt, 
während bei den ersten Versuchen die Anreicherungsflüseigkeit 
mit ein und derselben Konzentration (3%^ Koffein) sugesetzt 
wurde. Das KristallTioieU wurde gans weggelassen. 

Auch worden jelst grofse Mengen der BoaiUon, Vit — % con« 
auf je 3 Plattenserien ausgesftt und von einer Ausasfililnng der 
Platten abgesehen, da das Schwanken der Resultate lehrte, dab 
die Berechnung des möglidien Verdttnnungsgrades ans den ge* 
wonnenen Resultaten durchaus nicht bindend ist. 

Bei derartiger Änderung des Untorsuchungsmodus gelang es 
noch, mit zwei weitereu Typhusstämmen, K. und IM, bei einer 
Verdünnung von etwa 1 : 1 Million je ein positives Resultat zu 
erzielen. | 



BebrtttangSMit 



18 Stuaden 

36 Standen 

1. Zamts 

40 St 11 n dm 

2. ZoMts . 



Typhös R. 
1:980000 



Typhus 151 
1:1010000 



Ffts. 00 


Fftz. 00 


Ty. 1 


Ty. 1 


Fta.«o 


Ftt. «0 


Ty. 0 


Ty. 1 


Fäz. 00 


Fäz. 00 


Ty. 0 


Ty. ü 



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Von Dr. <X Lnbeiim. 



945 



Im Durchschnitt iailcn hei dem Mischungsverhältnis Typhus 
1 zu 1 Million Fäzeskeime auf 1 positives Resultat fünf Mifs- 
erfolge; dieser Umstand veranlafste zu Versuchen mit Zusatz von 
Jodkali oder Malacbitgrüa zva Aoreicheroogsbouillon, die d^^QO 
Koffein atUeerdein beibehielt.. 

Se ist denkbar, dafe unter den Stublkeimen sich Arten finden, 
gegen die das Koffein — ihnliefa wie gegen Typhusbakterien — 
nnwiikiam ist, was yielersdts, s. B. von Klonmann, auch in 
bezng anf die alkalibildenden Arten des Stuhles behauptet wird. 

Jodkali wurde Yon Elan er als Zusatz {1%) su einer Kartoffel- 
gelatine fär den Typhusnachweia empfohlen; auf diesem Nihr- 

boden hatte Eisner ein gutes Eindämmen der Stuhlkeime be- 
obachtet. Ein Versuch mit diesem Mittel fiel indes, wie schon 
Ficker beobachtete, völlig negativ aus. Abgesehen davon, 
dafs durch einen (behalt der Bouilloii von 1° „ Jodkali die Stuhl- 
keime im Waciistum l<aum beeintiufst werden, wird die Beweglich- 
keit der Typhusbaziilen durch Jodkali in solcher Konzentration 
nicht unerheblich beeinträchtigt. 



Bebratangsdauer S4 Standen i Tjrpbva 



- - — 1 

Aussaat pro ccm . 
1 


570 Keime 


5 100 Keime 


Fieken BooiUon + JodknU 0^«/, 


47 Millionen 


lOOO MilHoiWD 


: (lobhaft bewegl.) 




» » »0,5 % 


73 Millionen 


1170 > 


(lebhaft bewegl.) 




» ' > • 1.0 % 


76 MiUionen 


912 » 


(gering bewa^ch) 





Aueh Variationen mit dem Gehalt an KristaU?iolett ftthrten 
SU keinem Ziele. 





[ 

' Typhus 


Stuhl 


AnsBiiftt ]>rn ccm 


570 Keime 


5 m Keime 


Fickors Uuuiüon + Kristall violett 0,001 "/o 


1 MüUon 


316 MiUionea 


0,006% 


2—4 Tauend 


960 > 


0,01 


; 1—8 Tansend 


12 



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246 Kofleiiiftiu«idi«itmeftTertefareii >iiin TyphmiMwhwela im Stoht. 

Es zeigt sich, dafs schon bei einem Gehalt von U,UOi"/o 
Kristallviolett die Typhuskeime stark geschädigt werden können, 
dagegen die Stnhlkeime (und das ist das Wesentlichste bei diesem 
Versuche) ein nahezu 40 mal stärkeres Wachstum entwickelten ; 
bei 0,01%, welche Konzentration für den Nährboden von Drigalski 
Vorschrift ist, vermehrte sich TyphuA nur um das 10 fache, F&zea 
dagegen um daa 1500 fache. 

Hand in Hand damit datiert die Beweglichkeit derTyphus- 
basillen nahem Tollkommen. 

Das Aufllaesen dee Eristallviolette bei der «weiten Reihe der 
Versnche konnte daher nur eher Nntien wie Schaden bringen. 

Da^ MRlnchitgrün wurde zuerst von Löffler zur Verwendung 
hei elektiven Typhusnährböden empfohlen. Er verwandte die 
Marke \fßlao}iitgrün 120 Höchst. 

Nach den Erfahrungen von anderen Autoren, x. B. Nowack 
und Leu ch 8, eignet sich dasselbe zu einem derartigen Zwecke 
weniger, da der Dextringehalt des Malachitgrün 120 durch Säure- 
bild ung die Wirkung desselben ganz erheblichen Schwankungen 
unterwirft. 

Nowack und Leuchs empfohlen daher für elektiTe Typhus- 
nährböden den rein helgestellten Farbstoff, %. B. Blalachitgrün- 
kristalle extra Höchst, der in seiner Wirkung auch nach erfolgter 
Lösung völlig konstant bleibt. 

Leuchs erziehe mit einem solchen Agar bei Versuchen, die 
er allerdnigs nur mit Reinkulturen verschiedener Stuhlkeime aus- 
führte, sehr günstige Resultate. Auch die Untersuchung von 
zwei natürlichen Typhusstühlen fiel überaus günstig aus. 

Leider enthielt die Arbeit keine zablenmäfsigen Angaboi 
über das Wachstum Ton Typhus* und Stuhlkeimen. 

Über die Wirkung dieses Mittels in Fickers Bouillon 
gibt folgende Zusammenstellung in Vergleich mit 3 prom. Koffein-r 
bouillon Aufschlurs. 



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Von Dr. 0. Lnbeniii. 



34T 



AoMMt TOD 6 500 000 T>-phu8keitneQ pro ccm 

» > IdOOOüüO KoUkeimen > * 

» • 91900000 8tiiblk«immi » » 

bebrütet 20 St.nn<lcn. 



Kalachitgrtlnkiiitalle 

«ttm j 


Typhus 


KoU 


ättüü 


0,001 Vo 

fein 1 


81 Millionen 
Bew.beaiDMch. 

164 Millionen 

Bew. beeinträch. 

1 , 


136 MilUonen 
170 Millionen 


lOöO Millionen 
6R9 » 


Kolbin S% . . . . : 

! 


618 Millionen 


478 IfilUonen 615 Mflliomii 

r 
1 



Obiger Veröuch zeigt, dufs das Malachitgrün selL».>5t in einer 
ivoiizeiitiation von 0,001% und 0,0005®/o (Laue Iis empfiehlt für 
seineu Agar 0,0016 — 0,0018%) für das Anreicherungsverfahren 
gar nicht brauchbar ist. Dasselbe besitzt zwar einen stark hemmen- 
den Einflufs auf das Wachstum von Koli, noch mehr und zwar 
fast um das Doppelte schädigt es die Typhusbakterieii, so dafs 
sich unter seinem Eintiufs die Wachstumsenergie beider Bakterien- 
arteu ganz erheblich zuungunsten von Typhus ändert. Da- 
gegen ist sein Einflufs auf die Stuhlkeime ein aufserordentlich 
geringer, so dafs sich dieselben um mehr ale das Zehnfache wie 
Typhus vermehren können. 

Aufseidem wird die Beweglichkeit der TyphnsbaziUen schon 
dnieh einen Gehalt von 0,0006 pros. lialachitgrUn beeinträchtigt. 

Auch ab Nachknltur bei dem Anreioherungsverfahren eignet 
sidi der Agar von Leuche wenig, was schon aus den eigenen 
Angaben des Autors hervorgeht, der die Typhuskolonien nach 
24stflndlgrai Wachstum als kleine, wassertropfenAhnliofae Kolo- 
nien beschreibt. 

Erwähnen will icli nur noch, dafs man auf diesem Agar 
durch Zusatz von Milchzucker (1 % etwa) die Kolikolonien keuut- 
lich machen kann; da der Agar bei alkalischer Reaktion ab- 
blafst, bei Säurebildung die (irünfärbung aber zurückkehrt. Die 
Kolikolonien heben sich auf einem derartigen Agar als dunkel- 
grüne Kulturen gegen die blassen Typhuskolouien sehr scharf ab. 



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948 b$m ftodteiBKnroielieraiigsfvrlbtmii nun TjrpliiMnM^irob im dtnbl. 



Diese letzten, im ganzen unfruchtbaren Versuche mit Jodkali, 
Kristaliviolett und Maiachitgräa haben demnach in eklatanter 
Weise die überlegene Wirksamkeit des Koffeins dargetan. 

Oureh die günstigen Resultate, die bei dem Anreicherungs- 
verfahren ersielt wurden, ist, auch die Beweiskette für die Brauch- 
ItMwkeit dieser Methode in praxi geschlosaen.' 

Zasamiuenfassung' der Methode. 

1. Fickera Bouillon (b. Originalartikel). 

2. Koffein chemisch rein von Kahl ba am -Berlin. 

ft. Glaasylindw foo 860 eem InhaK md 88 em HOhe. 

4. LadunoamolkeiMgur 4* ^ pvom. Kcflttn. 

5. Stetiliaiwte lange Qlaastibö und Pipetten (auf oem genau Gewicht). 

AntttUnng Im Tei WMh ee. 

In 1(N> oem atarfler AnreieherangBflttBalgkelt werden 0^8 g Kofiein (genan 
anf diemiacher Wage anter aseptiBchen Kaateleo abgewogen) in der Kälte 
gelost; hierauf kommt die Lösung in einen r^fMi-ilen Glaasylinder und wird 
mit 1,0 ccm Btahlgang, der eventoell in steriler Beibschale mit pfaydologf- 
scher KocbaaLdöaang xu verdünnen iat, besftt. 18 Standen lang bei 37° be- 
brflilen. 

Nach 13 Stunden Zusatz frischer AnreicherungsflOssigkeit (100 ccm) + 
Sprom. Koffein, ge\6st wie oben; UmrQhren mit sterilem Olaeatab. 
Weitere 13 Stunden bei äl" bebrüten. 

Dnaadk (aleo naeh SGatindicer BelirttQngadaoer im ^len) ente Ane- 
Hwt anf 8 Serien mit je 3—4 Drigalskladialen Lackmnnno1ken*KollBin*AgaT 

von Vio — V» ccm AnreicherungsflöBsigkeit auf jede Serie (je nach der Zahl 
der Keime '/i* oder Vm ccm, über diesen orientiert man aich im bangenden 
Tropfen.) 

Sodann abomaliger Simla fittadier AnreMMrungiflllaBigkeit -f- dprom. 
KoMn; ümHIIuren mit Glamtab. Weitera 13—14 Stoadeo bei 87* bebrttea 
ond Annaat anf 8 neue Serien tob Kaehkoltorplatlen wie oben. 

HenMluf dee LaekMamelkaugan. 

500 g gemahlenes Kindfleisch werden mit 1 1 destilliertes Waaser 
V« Stande gekocht; Filtriwen; AnfflUlen anf 1 1, Zoaata Ton 10 g Koehaeli, 

60 g Pepton, 40— 60 g Agar; Lösen im Salzbad, NentiaUflieren auf Lackmo^ 
Aufkochen, Filtrieren, Sterilisieren. Zu diesem pteril^'n beifHen At'iir werden 
«j(X) ccm steriler Lackmasmolke zugesetst, gut mischen, abkolilen liiAsen, Zu- 
■etaen von 110 ocm einer Cproa. KofMnMenng; gnt mieeben; Platten giefimn. 



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Von Dr. C. Lubenail. 



249 



Statt der Lackmiiemolke läfst sich aoob Lackmustinktar ca. 
60 cm auf 1 Liter Agar (mit 3 prom. Pepton, 2 bis 3 pros. A|^r, 
0,5pros. Kochsalz) und 0,5pros. Milcbsucker (hergestallt mutatis 
matandis wie bei Drigalski) verwendeii. 

Ich benfltate einen geringeren Milehzuckeigehali wie Dri- 
galski, der 1,5 nimmt, da durch die diffundierende Sfture 
die l^phuskolonien gehemmt zu werden seheinen. 

Eis ist mir eine angenehme Pflicht, Heim Geheimrat Rnbner 
sowohl far den erhaltenen Arbeitsplatz, als auch für die Anregung 
Sur Arbeit meinen ergebensten Dank zu sagen. Herrn Professor 

Ficker, sowie Herrn Dr. Pielicke bin ich für die Förderung 
der Arbeit und ihre liebenswürdigen Hatschläge desgleichen zu 
ergebenem Danke vcrptiiciitet. 



Literatur. 

Roth, Hygien. Randschao 1903, Nr. 10. 
Ficker and Ho ff mann, A.rchiT f. Hygiene, Bd. Xi^iX. 
Qthtgens, ZMitralbl. 1 Bukt, 1906, Bd. 88. 
Eloamann, ZeatialbL 1 Baki, 1901^ Bd. 8& 
ReiBchauer, Zentralbl. f. Bakt, 1905, Bd. 39. 
Nowack, Ärctiiv f. Hygiene, 1905, Bd. 53. 
Leacha, Deutsche med. Wochenscbr., 1906, Nr. 5S. 
Elaaer, Z«ltMhr. L Hygieo«, Bd. 2L 
Priedel, Zeltodur. t. Medlilnalh, 1905. 



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über einen in biologisclier Beziehung interessanten 
Kolistamm (Bacterium coli inatabile). 

Ein Beitrag zur Variation bei Bakterien. 
Rudolf MasBini, 

liüheren Asslatent^n der bAkMiiologlsoliMi Abtailaog. 

(Am dmn Kgl. Institat für experimentelle Therapie tn Frftaktnit «■ M. 
Direktor: Geb. Hat Prüf. Dr. P. Ehrlich.) 

Mit einer Tafel. 

Mit Beo^chtungen Uber Variabilitftt von Bakterien in die 
öfEentlichkeit m treten, Bcheint heuteutago iür einen Baktoikh 
logen Terwunderlich. Die Zeiten sind noeh nicht 'ao lange vorbei, 
da an eine Umwandlung der Bakterienarfc in eine andere oder 
an eine autoehtone Entstehung von piathogenen Mikrooiganismen 
ans Sapropbyten geglaubt wurde. Aber alle Versuche, welche 
dies beweisen sollten, haben sidü als nicht stichhaltig heraus» 
gestellt. Die meisten derartigen Untersuchungen wurden su einer 
Zeit ausgefOhrt, da es infolge der jungen, noch primitiven Me<- 
thodik Überhaupt noch nicht gelang, einselne Arten sicher von 
anderen su trennen. Es ist klar, dafs, wenn man von Varietäten 
reden will, man zuerst feststehende guuau umschriebene Arten 
haben mufs, von welchen dann die veränderten neuen Formen als 
neue wieder konstant bleibende Formen abzweigen können. Auf 
diese ersten verfrühten Versuche will ich nicht näher eintreten. Da 
die ersten Versuche aber durch Vermischung und Ideutifizierung 
mühsam voneinander getrennter Arten grofses Unheil anrichteten, 
besonders bei der Berühmtheit einiger ihrer X'orfcchter (Billroth, 
Naegeli), bildete sich nach ihrer Überwindung eine entgegenge- 
setzte Richtung aus. Man sucht zu trennen, wo immer nur mOgüch, 



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"ÖW «in«» In blolog. ^«cialiaiig In tor «— ■ ttottitamin «io» Von tt I^smIii!. 25 1 

und seit uns die Natur durch ihre Immiinprodukte so feine Reagen- 
tien in die Hand gegeben hat, werden anob diese in* ausgiebiger 
Weise benutzt. Diese Tendens besteht ganx zu Recht, denn es ist 
meist leichter Arten wieder susatnmensnf Uhren, als solche von- 
einander lu trennen. Es mflssm in der Baktetiologie alle Eigen« 
sdiaften, auch biologiecbe, sofern sie nnr konstant sind, für ein 
Bacterinm su seiner Identifisierung hiningeiogen werden. Es sind 
daher, in der lotsten Zeit nur gans wenige Versudie gemaeht 
worden, Variationen' naohiaweisen und diesen wenigen Versudien 
wird grOibtes Mifstratien entgegengehiaeht und swar mit voller Be- 
rechtigung, denn nirgends findet sich die nO^tige Garantie fOr 
die dauernde JReinheit und Einheit der Kultur. Dicee ist aber 
das erste Erfordernis, wenn Versuche Aber VarietAtenbUdung an- 
gestellt werden sollen. Jeder, der lange Kulturen weiter gesaehtei 
hat» weii^, wie leicht Verunreinigungen audi bei der grOfsten 
Sorgfalt vorkommen; wie ein Meningokokkus oder Gonokokkus 
sUmahlich scheinbar Gram-positiv wird, wenn ein harmloser aber 
resistenterer Luftkeim odef 'ein im Ascitesagar schlummernder 
Keim sich im Laufe der Generationen die Herrschaft Aber den 
sebwicheren Gram-negativen Kokkua erobert Besonders schwierig 
ist, wie schon M. Neis8er(^^ aufmerksam macht, verwandte 
Arten wie Diphtheriebazillen und Pseudodiphtheriebaaillen oder. 
Xerosebarillen voneinander zu trennen. Es kann also allen diesen 
Versuchen nicht genug Kritik entgegengebracht werden und 
alle Verauche, welche nicht durch beständige Isolierung und 
beständiges Ausgehen von einer Kolonie die Reinheit kontrollieren, 
können nicht als beweisend für eine Aberrationsbildung gelten. 
Die Kritik an der Reinheit der Kultur wird um so mehr heraus- 
gefordei-t, wenn es sich um Um/,üchtungen bei überall verbreiteten 
Formen, z. B. Kokken, handelt. 

Bevor ich an die Darlegung meiner eigenen Beobachtungen 
gehe, sei es mir gestattet, in kurzem über die letzten Arbeiten 
über V'arietätenbildung zu berichten. Da e« l)ekannt ist, dafs 
schon unter gewöhnlichen Lal»fM;uoriuuisbtuliiiij:uno'en die Farb- 
stoffproduktion gewisser Bakterien sehr verschi* «ieu stark aus- 
gebildet ist, und da man in der Farbe einen zugleich quantitativ 

AnbiT fOr ByglM«. üU. DU. 18 



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258 t^ber mntn in biol<»glBcli«r ltod«tiaDg iiit w»— to tea Kolistamm «Id. 

ultd qualitativ bequemen Index hatte, so wandten sich die meiaten 
Untersucher dem Studium der farbstoffbildenden Bakterien su. 
Es handelte sich darum, diese natürlich auftretenden neuen 
Formen sur Züchtung von festen Arten zu verwenden, nnd da 
man dieselben willkürlich erhalten wollte, mufsten auch die Be- 
dingungen, unter denen Farbbildung überhaupt auftrat« studiert 
werden. So beschrieb R. Neumann (*) wie es ihm gelungen sei, 
aus einem Micrococcus pyogenes o aureus eine gelbe und eine 
weifse Rasse su Süchten, welche sich Tom natflrlich vorkommen- 
den Mieroeöccus citreus und albus nicht unterscheiden liefben. 
Aufserdem erhielt er eine Rosa-VarietAt, aus welcher er wieder 
die orangefarbene Form erhalten konnte. 

Bucsicka(^) berichtet Aber Annftberung des Baoilloa pyo- 
cyaneus an den Badllus fiuoresoens liquefaciens. Rucsicka 
xttohtete drei Stämme Bacillus pyocyaneus und drei Bacillus fluores- 
cens. Die drei Pyooyaneus-Stämme wam aus Biter gewonnen 
und hatten daher die Eigenschaften echter Parasiten; sie liehen 
hohe Temperaturen, bilden darin mehr Farbe und wachsen 
üppiger als bei tiefen Temperaturen, wahrend die aus dem Wasser 
gesüchteten Fluoresoensstfimme niedere Temperaturen bevorsugen. 
Die Farbe der Pyocyaneusstämme hat eine mehr grünblaue, die 
der Fluorescenzstämme eine mehr gelbgrüne Nuance. Die übrigen 
Eigenschaften: Fähigkeit, die Gelatine su verflüssigen, dieMüch 
snr Gerinnung su bringen, hatten beide gemeinsam. Alle Eigen- 
schaften sind bei den versdiiedenen Stämmen der einen oder 
der anderen Bakterienart sehr verschieden stark ausgebildet, 
femer variieren sie innerhalb der einseinen Rassen. Es gelang 
nun Ruczicka, unter Benutzunpf dieser an und für sich nicht 
ganz konstanten N'erliftltnis.se aus einem aus dem Wasser stam- 
menden Fluorescenzstumm eine Ha^se zu erhaUen, welche üppiger 
bei 37° wuchs und einen blauen Farbenschinunti liatte und 
umgekehrt aus einem Bacillus pyocyaneus einen bei Zimmer- 
temperatur üppiger vegetierenden, fast ohne blauen Farbenton 
waclisenden Stamm zu erhalten. Angaben über das Lösungs- 
vermögen der Farben dieser ätämme in Chloroform und anderen 
Mitteln fehlen. 



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Von Kudolf MtMini. 25d 

Laekard(*][ beriehtot Ober eineii fiae. prodigiosas d«r, Daoh- 
dem er einige Zeit weife gewachsen war, pldtslich wieder rot wache. 
Der Qnind dacu aollen molekulare innere Umwftlzangen sein. 

Gegen alle diese Untersuchungen lAfst si^h aufser Zweifeln 
an der Reinheit, welche, wie ich schon betonte, immer yorbanden 
sein mflssen, wo nicht stete Kontrolle herrscht, noch and«:eo 
Torb^iigen. Dieser Faibstoifbilduiig fehlt an und für dch 8cb<ui 
das Konstante, wo aber nichts Konstantes vorhanden ist. kann 
keine neue Varietät angenommen werden, wenn auch eine der 
normalerweise schon Yorhandenen, und mit anderen abwecb> 
selnden Formen einige Zeit konstant bleibt, um dann plötsUch 
bei iigendeiner Gelegenheit sur alten Form wieder surficksu- 
springen. Unseie Kenntnisse Über die Bediuguug der Farbstoff' 
bildung sind noch so gering, dafs uns diese von Zufftiligkeiten 
in der Herstellung der Nährböden abh6ngig ecsdieint, die wir 
noch nicht genügend beherrschen. 

Noefske^^) und Kuntze'^) haben gezeigt, dafs zur Farb- 
stoffproduktion des Bacillus pyocyaneii.s und des Bacillus pro- 
digiosus die Anwesenheit von Magnesiuni-Schweielverbindnngen 
nötig ist, dafs aber von diesen Stoffen schou 0,001 °/(, genügen, 
um die Farbe zu erhalten. Wenn daher z. B. ein orangefarbener 
Mikroorganismus einige Zeit in einigen Partien der Kultur rosa 
wächst und einige Zeit hindurch in dieser Farbe gehalten werden 
kann, um dann plötzlich wieder eine Tendenz zu einem orange- 
faiiienen Wf^fh^tum zu t riaii^jtMi, wer beweist inis, dafs das nicht 
von \ eräiitieruiigtüj im Nalirboden, wenn diese auch nicht kon- 
trollierbar sind, abhängen können? Wenn aber ein orange 
farhener Mikroorganismus rosa wächst, weini er anf einen neuen 
anders zusammengesetzten Nähragar gebracht wird, kann das 
nicht als echte Variation angesehen werden. 

Dann ist bei dieser Art der Züchtung auf schrägem Agar oder 
durch Gelatine- oder Agarstich eine richtige, systematische Se- 
lektion unmöglich. Auch wenn in unserem Beispiel von einen), 
etwas roterem Teil einer ocangeiarbenen Strichkultur abgeimpft 
wird, um durch Selektion einen ganz roten Stamm zu erhalten, 
so sttchtet man immer Kulturen, welche von Millionen von 



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254 ftbm eia&a in biologischw Beziehung interessanten Koltstsmin «i<i. 

Bakterien ausgehen, unter welchen wohl die gewttnaebten aber 
aQoh viele nicht gewQnscbte Bakterien sich befinden, deren Kolo* 
nien wieder zu einer gleichmäfsigen Kulinr sieb vermischen. 
Ganz anders eiud die Bedingungen bei einer Anssaat; hier ent- 
stehen die Kolonien ans einseinen Bakterien, man erbftit viel 
einheitlieheres Material und sieht bei einer neuen Aussaat von 
einer Kolonie, ob sich die Tochterkolonien untereinander gleich 
verhalten oder nicht; man kann im letsteren Falle diejenigen 
Kolonien, welche durch Besonderheiten aulfallen, einseln weiter 
verimpfen, ohne sich die neue Kultur durch Mitverimpfung 
nichtgewflnschter Kolonien xu verderben. 

Auch dagegen mufs Front gemacht werden, dafs die Iden- 
tität sweier Bakterienarten, einer kanstlich gezüchteten und 
einer in der Natur vorkommenden, erkltrt wird auf Grund von 
sehr inkonstanten- oder degenerativen Eigenschaften. Besonders 
bei Vergleichung verschiedener Kokken mufs davor gewarnt 
werden, m büh su identifizieren, bevor nicht alle Mittel, auch 
hämolytisches Vermögen, Tierpathogenität und Agglutination, 
letztere allerdings mit Vorsicht, herangezogen wurden. Ein 
Microcoocus pyocyaneus aureus, der weifs wftchst und etwas 
weniger Alkali bildet, kann ein degenerierter aureus sein und 
braucht daher noch lange nicht mit einem Micrococcus albus 
identisch zu sein, der im Vollbesitze aller seiner lOtgeiisehaften ist. 

Zum Schlüsse möchte ich noch etwas anfügen, was vielleicht 
ebenfalls beitragen kann, die Entstehung verschiedenfarbiger 
Rassen zu erklären, ohne Varietätenbüdung annehmen zu müssen. 

Channot und Thiry"^ extrahierten einen Farbstoff aus 
einer Kultur des Bacillus polychromogenes und stellton Versuche 
über dessen Farbe bei verschiedenen Säure und Alkali tätsgraden 
an. Es zeigte sich, dafs Säure in Spuren violett färbte, ein 
C'herschufs derselben purpurrot bis rot, Auiiuoniaii liefs eine 
rote Farbe entstehen, Kalihydrat, Natriumhydrat und liaryt- 
hydrat machten den Farbstoff violett, im Überschusse grün. 
Sehen wir so, dafs dieselDe Saure oder Base, je nachdem sie in 
Spuren oder in -stärkeren Konzentrationen angewandt wird, die 
i^'arbe des gleichen Farbextraktes ändern kann, so lä£st sich denken, 



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Von Bndolf MaMbd. 



S66 



wie ein Bakterienstamm eventuell eine andere Färbung zeigen 
kann, wenn ihm durch Schädigung die Fähigkeit genommen wird, 
stärkere Säuren oder Alkalien su bilden. In einem solchen Falle 
hätte dann die Bildung einer anderen Farbe eine andere Be- 
deutung; man könnte weniger von Varietftt als von einer Degene- 
ration des Stammes spreoben. 

Ganz in degenerativer Richtung liegen die Versuche von 
Sc hierbeck^'). Er züchtete Milcha&urelmkterien in karbol- 
halt iger Milch. Nach einigen Züchungen auf diesem Boden 
fiel das Säuerungsvermögeni um aber auf normalem Boden bald 
wieder cur früheren Hohe anzuwachsen. Wurde aber die Zttoh- 
tnng in Karbolmiloh 45 Generationen hindurch weiteigetrieben» 
80 erhielt Schi erbe ok einen Stamm, der auch in gewOhnlidher 
Milch die Fähigkeit der Sftuerung in definitiv geringerm Grade 
hatte als der Stamm» von dem er abgesweigt worden war. 

Zu der gleichen Gruppe gehören alle Virulensverluste der 
Bakterien, von welchen wohl jeder Bakteriologe Beispiele genug 
kennt 

Interessant sind die Beobachtungen Beyerincks*) Ober vsT' 
schiedene Arten von Variationen, da hier nicht die Verftnderungen 
an Agaxstriehkultnren, sondern an Aussaaten festgestellt wurden. 
Genauere Angaben liegen vor über die Variation einer Hefeart, 
beim Bacillus prodigiosns und einem Wasserbakterium (Photo- 
hacter indicum). Uns interessieran hier die bdden lotsten 
Variationen. Beyerinck hatte 3 ProdigiosusstSrnme gesflchtet 
davon verflftssigie einer Gelatine nidit, wohl aber die beiden 
anderen, welch letztere rieb durch die Fähigkeit baw. Un- 
fähigkeit, gewisse Kohlehydrate su vergftren, vonemander unter« 
schieden. Alle 3 Stämme bildeten rote Farbe. Von allen 
3 Stämmen erhielt Beyerinck farblose Varianten, welche farb- 
los blieben, sicli im üV)rigen aber so verhielten wie ihre Mutter- 
kultiiren. Subvarianten, d. h. Rosa-Kolonien, waren viel seltener, 
sie waren ebenfalls konstaut, aber es trat leichter Atavismus 
auf als bei den V aruuiten. Auch aus den Subvariant^n entstand 
die weifse Variation. Auf eine sehr lange ßeobachtnngszeit von 
13 Jahren stützen sich Beyerincks Versuche über das Photo- 



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.JJ^ Ob«r «ia«D in biologiiclMr fiestebimg ittktraMnntoo KoUatainin «te. 

baeter indicum. Er erhielt, besonden bd Veximpfung ftltever 
Kulturen, neben den normalen beweglichen leuohtenden Formen 
eine solche, welche nicht leuchtete (Pbot. ind. obscurum) und 

eine sehr langeam wachsende, schwach bewegliche Form (Phot. 

ind. parvuni) Auch hier treten Zwischenstufen, Sub Varianten, 
seltener auf als die Varianfen und sind weniger konstauL als 
diese. Im Meervvasser fiuwl ßeyerinck diese Variationen nicht, 
wohl aber 2 andere Varianten oder sehr nahe verwandte Arten 
des Phot. ind. 

Conü(*) berichtet, wie es ihm durch Selektion 'einzelner 
Kolonien aus Platten gelang, verschiedene in der Milch natürlich 
vorkonmiende Bakteriennrten zu z.iichten. 

Einige kurze Augal fti über Varietäten lasse ich hier uube- 
rücksiclitigt, da sie entweder erst nach ihrer Entstehung beobachtet 
wurden — uns interessiert aber hauptsächlich der Modus der Ent- 
stehung oder da die Angaben zu lückenhait und unsicher sind, 
um verwertet zu werden. 

Die angeführte Literatur zeigt, dafs der Begriff \^1riabihtät 
sehr verschieden weit gefafst wird. Es erscheint daher angebracht, 
über den Begriff der Variabihtät, wie er bis jetzt in der Bakterio- 
logie gehandhabt wurde« einiges zu berichten. Es ezietieren 
zweierlei Systeme, in welchen die verschiedenen Arten von Varia* 
bihtäi eingereiht werden können. Dasjenige yonRodet(^^) um- 
fafst alle Arten von bei gleichen Bakterienstämmen beobachteten 
verschiedenen Zuständen mit Ausnahme der aufeinanderfolgenden 
£ntwickluDg8phasen einea Indi vidiums. Beyerinck(^) zieht eeioe 
Giensen enger, einige von Rodet noch als Varietäten bezeichnete 
Verftndoningen zählt Beyerinck nicht mehr dazu. 

Rodet unterscheidet 3 Arten von Variabilität: 

1. Poly- oder PleomorphiamuB. Ein Bakterium zeigt 
auf TerachiedenemN&hrboden verschiedene Qeatalt. 
Fflr Jeden Nfihrboden ist die Form typiaefa, sie wird so 
lange babebalten, als das Bakterium auf diesem Nftbr- 
boden wichst 

2. PI uriformitttt. BetiAchtet man die Kolonien ehier 
Auaeaat aufmerksam, so siebt man, wie nie alle Kolo- 



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Von B«doII IfiMMinL 



t67 



nien ganz gleicli aussehen, sondern wie immer einige 
etwas andere Form haben. Wird von einer dieser Kolo- 
nien wieder eine Aussaat gemacht , so tritt nicht der 
Typ, welchem die verimpfte Kolonie angeiuirt hat, etwa 
allem auf, sondern immer wieder die auf der ersten Platte 
vorhandenen 1 ypen (z. B. Diphtherie.) 
3. Variabilität im engeren Sinne. Die Bakterien 
einer Kultur erhalten unter bestimmten Voraussetzungen 
von den bis dahin vorhandenen abweichende Eigen- 
schaften und behalten diese in der Folge bei, auch wein^ 
sie wieder unter die alten Bedingungen gestellt werden. 
Kodet bemerkt dazu, dafs diese neoeren Artoo meist 
degenerative Charaktere tragen. 
Beyerinek teilt die Variationebildungen bei Bakterien loi' 
gendermafsen ein: 

1. Degeneration. Frisch gezüchtete Koltoien verlieren 
aUmfthlich gleich nach der Züchtung noch vorhandene 
Eigenschaften. Die Degeneration endigt mit der Un- 
möglichkeit, die Kultur weiter zu züchten. Sie betrifft 
alle Individuen gleichseitig. Eine Selektioü einielner ist 
daher nicht mOgliofa. 

2. Transformation. "Alle Bakterien einer Kultur ver- 
lieren eine Eigenecbaft oder erhalten eine nene, oder ver- 
lieren eine eidche und erhalten gleichseitig eine andere. 
Sie ist selten. Die neu entstandenen Formen sind konstant 

3. Variation im engeren Sinne. Sie ist die häu- 
figste Form. Einzelne Individuen eines Stammes erhalten 
eine neue Eigenschaft und vererben diese sogleich kon- 
stant weiter an ihren Nachkommen; Atavismus kommt 
swar vor, ist aber selten. Als Qrund gibt Beyerinok 
ungenügende Erntthrung, Anhäufung eigener Sekretibns- 
prodokte in alten Kulturen an. 

Nicht alle dieser hier aufgesählten Gruppen von Variabilität 
haben gleiches Interesse. Weniger interessant sind in degenera- 
tivem Sinne tendierende Veränderungen, weil dadurch nor Arten 
verschwinden, nie aber neue entstebef). kOni;idn. Wichtig sind 



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t)b«r «inMi ia biologiidaw Boiabuiif inltiMHUitoB KoUilMani «le. 

dagegen diejenigen Variationen, welche bis dahin noch nicht 
vorhandene Eigenschaften zeigen. Mufs doch in phylogenetischem 
Sinne eine Variabilität voriianden gewesen sein, da wir annehmen 
köiHien, dals uii'^ure jetzt vorhandenen Buktenenarten nicht immer 
so l)rst!iiKlen haben wie jetzt, sondern d;iib auch bei den Bak- 
terien ^^•e^ige^ differeii/ierle Formen voriianden waren, aus 
welchen die jetzigen Aitt;n eiUbtauden. Mufs nun auch eine 
solche Variabilität vorhanden gewesen sein, so ist doch die Frage, 
ob sich eine solche in der kurzen Spanne Zeit eines Experimental- 
versuches nachweisen läfst. Wenn damit auch kaum ein auf 
phylogenetischen Tatsachen aufgebautes System erhalten werden 
kann, wie es z. B. in der Zoologie besteht, so geben uns derartige 
Beobachtungen doch den Beweis, dafs Variationen überhaupt vor- 
kommen können, und zeigen uns auch, wie diese vor sich gehen. 
Nebenbei erhalten wir auch richtige Anhaltspunkte für die Wer- 
tung von Eigenschaften der Bakterien, je nachdem sie sich bei 
diesen Versuchen konstant oder weniger konstaut erweisen. Es 
beanspraobt daher jeder Fall von wirklich beobachteter Variabilitfit 
ein Intereeee, gerade bei der SpArlichkeit von noheren Beobach- 
tungen ana diesem Gebiete. 

Dabei darf es aich nicht nur um Veründerongen handeln, 
welche vorwiegend den Ohaiakier der Degeneration und des 
Verlustes von Bigenschaften oder die Merkmale emer allgemein 
herabgestimmten Lebenseneigie haben, sondern unser In* 
teresse wird hauptsftchlich dann erweckt, wenn es sich um neu 
auftretende Eigenschaften handelt, ohne nachweisbare de- 
generatiTe Symptome. ^) BKerbei wird es weiter von grofser bio- 



1) Als idi naeh AbsohloCi dieser Arbeit, oad alt Honr Haas ini bweita 

wieder in Basel Assistent war, auf der 1. MikroUologiachea Vereinignng In 

Berlin Ober rlirsf ArV)t'it. referierte (s. Zentralbl. f. Bakt 1906), wurde von Herrn 
Hofrat Gruber in der Diskussion eine unter seiner Leitung entutandene 
Arbeit von Firtecb erwähnt, die uns entgangen war, und die einen ahn> 
Uefaen Fall behandali Firtaeh basehnibt (Archiv f. Hyg., Vm, & 869) 
Tanohtadeno Kolonieformeu des Vibrio Finkler-Fkior, die man «rhilt, wann 
man von fiU*«r> 'Tf-lntinp^tirbknlt-iren diesf MiVrobenp'elatineplatten ptefflt. 
Trotz erwiesener Keinheit des Ausgangsmatenalä erhält man eo neben den 
Ijpiaclien Koloniaa andere Kolonienformen, die auch bei WeitenOchtong 



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Von Badtolf HwihiL 



259 



logischer Wichtigkeit sein, ob die Variation ein« allaiählich 
entstehende Umwandlung oder eine sprungweise Variation 
im »Sinne der de Vriessclioti Mutation ist, 

Voraussetzung für alle in dieser Richtung liegenden Versuche 
ist die dauernde Reinheit und Einheitlichkeit der Kultur. 

Ich glaube, dafs der im folgenden zitierte Fall diesen An- 
fordenmgen gerecht wird und deshalb ein biologisches Inteiesse 
beanspruchen darf. 

A. Die Knötchen. 

Die Beobachtungen, über welche ich im folgenden berichten 
werde, wurden auf Veranlassung und unter der Leitung von 
Prof. Max Neisser an einem "Bakterium der lyphns-KoliGruppe 

angestellt. 

Das Bakterium wurde aus dem Stuhle eines au kuner fieber- 
loaer Gastro-Enteritis leidenden ISjfthrigen Arbeiten gesflchtet 

Auf Endonährböden, auf welchem er isoliert wurde, wttchst 
nnser Bakterium Ahnlich wie der Typhusbasillüs farblos, nur 
saftiger und nicht so dttrehseheiuend wie dieser. Nach «nigen 
Tagen wird die Farbe der Kolonie etwas rOter, erhüt sber nie 
den metaUischgrflnen Fncibsinglans, wie ihn die Kolonien des 
gewöhnlichen Baeterinm coli commune auf .Endoagsr seigen. 
Idi möchte bientn bemerken, dals der EndonShrboden, wie be- 

ihre abweichenden Eigenschaften bewahren. Und den atypiwheQ Kolonie- 
formen entaprechen auch atypische mikrookopiecbe Formen and atypisches 
AuMbeii im Stioh. Wenn ich trotadam di«Mn gewib iatsreMAntan Fall 
nicht aaf dieselbe State stelle wie den Hassini sehen, •<> geschieht es, 
weil Firtsch selbst sagt: »So bedeutend die Unterschiede im Ausnehen 
der Kolonien auf Nfthrgelatine sind, so lassen sie eich doch mit grofser 
WabrBcbeinlicbkeit »uf verHchiedene Grade von Abschwächung der Wachs- 
tomaeneffgie ttberhaopt, der Fibtgkatt, die Gelatine an verflflaaigen ond dar 
Eigenbewegung suröckführen ; Abschw&chungsvorgänge» die gewifs nicht 
be<Ieiitsamer Bind aln der VerluHt der Fähigkeit, Sporen za bilden, der Gär- 
tAtigkeit, der Virulenz«. l>ie Krscheinungen am Vibrio Finkler sind also 
e generali Ter Natur, unser Kolistamm zeigt das plötxliche Auftreten einer 
nanen Eiffanadiaft. die plotslicha Prodoktion dar Laktase. Gamda in dar 
Neuerwerbung einer Eigens ekaft asha leb altar das bioiogiaeh 
ntaraaaanta anaaras FaUaa, 

M. Neifser. 



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S60 t)bar «inan in Uologladiar Bedehoi^ ta to atia nte m KoUatunin tle 

kaiHit, an sieh nicht franz farblos bleibt, weuii er, besonders bei 
Auwelt iiheit von Kondenswasser, aber auch ohne solches im 
Brutschrank bei 37^ «toht, sondern dafs er einen Rosa- Farbenton 
annimmt. Die Kolomu behält diesen Karbenton bis zu ihrem 
Absterben bei. Lm einige besonders grofse und alte Kolonien 
habe ich oft einen hellen Hof bis zu 1 cm Breite bemerkt, indem 
dort die normale Rosafärbung des Endoagars durch eine von der 
Kolonie ausgeschiedene diffundierende Substanz verhindert wird. 

Die Form der Kolonien zeigt nun an den zwei ersten Tagen 
keinerlei Beaonderheit, vom 3. Tage an aber entstehen in den 
noch weiter wachsenden Kolonien kleine, aber mit dem blofsen 
Auge leicht sichtbare Knötchen yon der Gröfse einer Steck- 
nadelspitze, welche, wenn sie älter werden, die Gröfse eines 
Steoknadelkopfes erreichen. Diese Knötchen besitzen in der Regel, 
wenn sie noch jung sind, eine gelblich weifse, durchscheinende 
Farbe and werden mit denf Alter dunkel rot. Der Umschlag 
der weifoen Farbe in die rote tritt verschieden schnell auf, bei 
einigen Knötchen in kürzerer Zeit als einem Tage, bei anderen 
datiert es l&nger. Seltener entstehen sie gleich als rote Knötchen. 
Die Zeit, welche vergeht, bis die Kolonie die KnOtdien bildet, 
ist in der weitaus grOfseren Zahl der Fftlle 2 Tage, seltener ent> 
stehen sie erst nach dem dritten Tage, Nur ganz extrem sdten 
habe ich sie schon nach 24 Stunden beobachtet Es war dies 
unter 112 untersuchten Plattens&tsen nur auf 2 Platten der Fall. 
Die Zahl der Knötchen ist am Tage ihre« Auftretens nur gering, 
l'r:4, läEst man aber die Kolonie weiter wachsen, so entstehen 
täglich neue Knötchen, . so dafs in sehr grofsen Kolonien Aber 
200 gezahlt werden können (siehe die 2. Photographie). Die 
ersten Knötchen zeigen sich in dem mittleren Teil der Kolonie, 
die Bluter hinzukommenden lagern sich um die vorhandenen 
hemm, aber immer so, dafs der wachsende Band der Kolonie 
freibleibt 

Stehen Kolonien auf einer Platte sehr dicht, so dab sie 
sich gegenseitig am weiteren Wachstum behindern, so entstehen 
keine Knötchen. Man erhält daher häufig Platten, auf denen 

die mehr vereinzelt liegenden gröfseren Kolonien an der Peri' 



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Von Rudolf MfiHsini. 



261 



pherie der Platte Knötchen zeigen, die zentral liegenden kleineren 
Kolonien aber nicht. Auf der ersten Platte der Endoagaraussaaten, 
auf welchen die einzelnen Kolonien überhaupt nicht isoliert zu 
sehen sind, sondern so früh ineinander wachsen, dafs ein Rasen 
entsteht, siebt man in der Anzahl von 5 — 20 auf der ganzen 




I'tiut. 1 



Platte Gebilde aultreten, welche durch , ihre dunklere Färbung 
und durch Hervorragen aus dem übrigen Rasen auffallen, Sie 
können als den Knötchen der Kolonien entsprechend angesehen 
werden, da sie zu gleicher Zeit wie diese entstehen. 

Die drei Photographien zeigen 2 Kolonien mit Knötchen, das 
eine (Phot. I) ist eine sechstägige Kolonie bei ca. sechsfacher Ver- 
gröfserung. Man sieht darin deutlich weifse und rote Knötchen. 
Der Rand der Kolonie tritt sehr stark wallartig hervor, viel 
stärker als es der Wirklichkeit entspricht. Es ist das wohl die 
Folge der etwas röteren Färbung des mittleren Teiles der Kolonie, 



262 t^ber einen in biologischer Beziehung Interess&nten Koliatamm etc. 

welcher für die photographische Platte weniger wirksame Strahleu 
abgibt als die weifsere Randpartie. Die 2. Kolonie (Phot. II u. III) 
ist 9 Tage alt, sie zeigt, wie grofs alleinstehende Kolonien werden, 
und wie dicht sie mit Knötchen übersät sein können. Die Photo- 
graphie gibt die Kolonie in dreifacher Vergröfserung wieder. Auch 




Pbut. IL 



hier sieht man deutlich den Unterschied zwischen weifsen und 
roten Knötchen. Einige der Knötchen sind zu kleineu Plaques 
zusammengeflossen. Photographie III stellt die gleiche Kolonie 
dar wie Photographie II in etwas kleinerer Vergröfserung. Der 
Rand der Kolonie ist etwas deutlicher sichtbar geworden. Die 
Sternchen auf dieser Platte entstanden durch Austrocknen des 
Agars und haben mit der Kolonie nichts zu tun. 

Alle drei Photographien sind nicht retouchiert worden. 

Aus was bestehen nun diese Knötchen? — Man mufste 
zunächst an Gasblasen denken. Dafs es solche nicht waren, stellte 



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Von tladoK Massini. 



sich bald heraus, denn erstens waren sie durch Evakuieren nicht 
zum Platzen zu bringen, und dann zeigten Serienschnitte durch 
Kolonien, dafs die Knötchen solide waren und keinen Hohlraum 
besafsen. Diese Schnitte genügten auch, um nähere Details über 
die Knötchen zu geben. Sie wurden erhalten, indem mittelgrofse 




Phot. m. 



Kolonien in Alkohol fixiert und gehärtet und in Paraffin ein- 
gebettet wurden. Es liefsen sich auf diese Weise 6 — 8 ju dicke 
Schnitte herstellen. Gefärbt wurden diese zum Teil mit Karbol- 
thionin, zum Teil mit einem Gemisch von Löfflers Methylenblau 
mit zehnfach verdünntem Karbolfuchsin im Verhältnis 10 : 1. Ea 
zeigen sich die Kolonien (siehe Fig. 1) bei schwacher V^ergröfserung 
aus einzelnen Schichten zusammengesetzt. Diese Schichtung 
findet sich an allen untersuchten Präparaten verschiedener Ko- 
lonien als abwechselnd hellere und dunklere Streifen, welche sich 
durch die ganze Kolonie hindurchziehen. Bei den mit dem 



1(64 thwr etiMB in tilolostwW 6«ii«liaii|r In ttT M om tn RoHttamm tke. 

Methylenblaufuchsingemisch gefärbten Schnitten sind einige 
Schichten auch mehr rötlich, andere entschiedener blau gefärbt. 
Diese Sobicbiang moXs als morphologische Eigenschaft angesehen 
werden, wie an anderen Kolonien eine radiäre oder konzentrische 
Streifuog. Sie entspricht wahrscheinlich Geg ^rationssc hüben. 
Man sieht nun, wie die Knötchen in der Tiefe der Kolonie an 
der Oberflftcbe des Agars entstehen und in die Kolonie ein« 




m.i. 



wachsen. Wie ein maligner Tmnor durchbrechen sie die einseinen 
Schichten oder dirftngen sie auch aus ihrer Lage. Einzehie 
Scfaiehten scheinen dem Wachstum der Knötchen einen stärkeren 
Widerstand entgegenzusetsen als andere, man sieht dann, wie 
das Knötchen verengt wird nnd sidi dann in der nSchsten Schicht 
wieder ausdehnt Oft sieht man auch eine Andeutung einer be> 
sonders resistenten Schicht das Knötchen durchsetzen. Letzteres 
kann so lange wachsen, bis es die oberste Schicht durchbrochen 
hat; Knötchen in <len Knötchen wurden nie heoliachtet. 

Eh traten natinlich sofort und immer wieder Zweifel auf an 
der Koiidieit derselben. Man mufste an eine Symbiose zweier 
Bakterien in 1 Kolonie denken, wie sie z. ß. von M. NeifserC) 



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Von Itiid6l{ ItiMial. 



905 



für Xerosekolonien, in denen Influenzabazillenkolonien auftraten, 
beschrieben worden ist Diese Vermutung bestätigte sich nicht. 
Vielmehr mOaeen wir die Knötchen als eine Eigentümlichkeit 
der Kolonien unseres Koli ansehen und die Kultur als absolute 
Reinkultur. 

Um sicher eine Reinkultur su erhalten, verfertigte ich. mit 
aller Soigfalt Plattenausstiiche. Es wurden von einer Endoagar- 
platte, auf welcher die einseinen Kolonien gut isoliert liegen, von 
einer solchen mit der Nadel in Bouillon abgeimpft, die Bouillon 
wurde krftftig geschüttelt, um die Bakterien gut zu verteilen, dann 
wurden aus der Bouillon 3 kleine Ösen auf Endoagar übertragen 
und mit dem von Conradi und Drigalsky zur Untersuchung 
des Stuhles auf Tvphusbazilleii empfolilonen. Glasspatel auf 
3 Kndoagarplatten (Dm. 100 mm) zur \'erteilung gebrachu Es ge- 
linut auf diese Weise iramer, in der 2. oder 3. Platte eine Aus- 
saat /AI erhalten, iu welcher die Kolonien weit voueiuander ent- 
fernt liegen. Um auch die Anhänger des Gelati uegufsverfahren." 
zu befriedigen, gofs ich auch Gelatinesätze, nachdem ich die 
abgeimpfte Koionio t l>cnfall3 zuerst in Bouillon durch Schütteln 
zur Verteilung gebracht hatte. Es gelang mir aber nicht, die 
Knötchen aus den Kolonien zu entfernen, iroudem ich, bevor 
ich zur experiuiemellen Untersuchung des Bakteriums schritt, 
nach einigen Vorvfrsuchen eine ununterbrochene Reihe von 
8 Endoplattensfttzen mit 3 dazwischen eingelegten gegossenen Ge- 
latinesätzen , dabei nnmer von einzelnen Kolonien itnsgehend, 
verfertigt hatte. Auch fernerhin wurde der Stannn nnmer durch 
Plattenverfahren nach Abimpfen von einer Kolonie weiter ge- 
züchtet. Eine ununterbrochene Reihe von 51 Züchtungen, da- 
runter 4 Gelatinesätze, bestätigten zuletzt die schon früher er- 
haltenen Resultate. Will man also den Glauben au unsere 
Methode zur Isolierung von Bakterien nicht verlieren, mufs die 
Kultur als sichere Beinkultur angesehen werden. 

Ich bemerkt hier ausdrücklich, dafs ausschliefslich dieses 
Plattenverfaliren mit Abim{)fung von einer Kolonie verwendet 
wurde, auch in Nebenversuchen. 



S66 ^^1^ dnmi tn faio1ogtsdi«r ^Mlfllnra« fattor—iiinten Itoltsfaubm «k6. 

Als Tatsachen, welche für die Reinheit der Kultur sprechen, 
habe ich aber auch noch anderes anzuführen. Ich stellte fol- 
genden Versuch an: Ich impfte einerseits von einer Kolonie, 
welche ja nach 24 Stunden noch keine^Knötchen hat, am ersten 
Tage ab und strich einen neuen Plattensatz aus; anderseits ent- 
nahm ich Material aus der Mitte einer alten, also knOtchen halt igen 
Kolonie. Das Resultat dieses Versachee war folgendes: Die Zahl 
der auftretenden Knötchen im neuausgesäten Satze war nur 
abh&ngig von der Gröfse der entstehenden Kolonie, da- 
gegen war es ganz gleichgültig, ob in dem verimpften Materiale 
Knötchen gewesen sind oder nicht Statt eine ganz junge Kolonie 
weiter zu impfen, um Material ohne Knötchen su erhalten, konnte 
ich aach vom Rande einer alten Kolonie abimpfen, welcher ja 
auch keine Knötchen beutst Der Versuch ezgab das -gleiche 
Resultat wie der vorige: Abhängigkeit der KnOtehenansahl in 
einer Kolonie nur von der GrOfse derselben, nicht aber von dem 
snr Verimpfung benoteten Material (Rand oder Mitte der Kolonie). 
Beide Versuchaarten wurden mehrere Male mit dem gleichen 
Resultat wiederholt Wür^e man eine Mischkultur zweier von 
einander versehiedener Bakterien annehmen, so mflfste das Ver* 
hftltnis zwischen den Kolonien der beiden Bakterien ein anderes 
sein, wenn einmal nur die eine Art, Abimpfung von einer jungen 
Kolonie oder vom Rande ein^r alten, das andere Mal beide Arten, 
Verimpfung einer alten, ganzen Kolonie, verimpft würden. Ent^ 
sprechend den vorigen Versuchen, sieht man auch auf der gleichen 
Platte, auf der ja die beiden Sorten gleichm&fäig verteilt sein 
mOfoten, ein verschiedenes Veriiftltnis der Menge der Knötchen 
su der Menge der als >Amme« dienenden Kolonien. Am Rande 
der Platte dnd wenige groCse Kolonien mit vielen Knötchen, 
in der Mitte sind viele kleine Kolonien mit wenig oder keinen 
Knötchen. Auch folgende Tatsache I&fst sich noch schwer mit 
der Annahme zweier symbiotisch miteinander lebenden Bakterien 
vereinigen. In der Kolonie entstehen, .«olaiige sie wiicbst, 
neue Knötchen, eines vom anderen getrennt, so dafs z. B. die 
am 7. Tag entstehenden Knötchen auch bei mikroskopischer 
Untersuchung keinen Zusammenhang mit den am 3. Tage ent- 



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Von Rudolf Masdini. 207 

8tand€Den hnbeo. Man mafste also für die KnOtcheDbaktorien 
eine Wanderang innerhalb der Kolonie annehmen, was bei der 
fehlenden Beweglichkeit der Bakterien nicht sehr wahrscheinlich 
ist Morphologiadie oder fftrberische Unterschiede zwischen den 
Bakterien in den Knötchen und denen der Übrigen Kolonie habe 
idi nicht gefunden. Weitere Tatsachen, welche beweisen, daTs 
wir es mit einer sicheren Reinkultur zu tun haben, ergehen sich 
im fernen Verlauf dw Arbeit ^ 

Nach dem Gesagten müssen wir es als unbedingt 
feststehend annehmen, dafs die Kultur eine sichere 
Reinkultur ist, und daran festhalten, dafs das Interesse der 
nachfolgenden Beschreibung wesentlich von der Annahme einer 
Reinkultur abhängt. Untersuchen wir nun die Bedingungen 
näher, unter denen die Knötchen entstehen. Eine solche habe 
ich schon erwähnt, die Kolonie mufs ein gewisses Alter haben, 
sie mufs zum mindesten 2 Tage alt sein, wenn in ihr Knötchen 
entstehen sollen. Auch dann treten sie in den ältesten Teilen 
der Kolonie auf, nämlich in der Mitte und am Grunde dersriben 
au der Agaroberfläehe. Eine weitere Bedingung ist der Zusatz 
von Milchzucker zum Nährboden. Die meisten Untersuchun« 
gen wurden auf Endoagarplatten gemacht, es genügte aber der 
Milchzucker allein schon, um Knötchen hervorzurufen, wie zahl- 
reiche Kontrollversuchc mit unserem gewölniliclien 2 proz. b'loisch- 
wasseraj^ar bei Zusatz von 1 '^/q Milchzucker beweisen. Endoplatten 
wurden nur darum vorwieejend zur Untersuchung benuizi, weil 
sich darauf üu gleicher Zeit die später zu behandelnde Variation 
bequem untersuchen Uefs. Der Frozentgehalt des Milchzuckers 
konnte bis 0,1 heruntergesetzt werden, ohne dafs die Knötchea- 
bildnng unterblieben wäre. Allerdings treten l^ie Knötchen bei 
diesem niederen Prozentgehalt nur in grüfsereii Kolonien auf, 
als bei einem höheren und dann auch spärlicher in der einzelnen 
Kolonie. 

Bei einem Milch/.uckergehalt aber von 1 "/q treten sie iu 
je ier gröfseren Kolonie mit einer ^^olchen Hegolmäfpiigkeit auf, 
dafs diese Knötchen als sicheres diagnostisches Zeichen für dieses 
Bakterium angesehen werden können. Auf anderen als auf 

AichiT lOr BfffleDe. Bd. LXI. 19 



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^68 über einen in biologischer Beziebong intereamnten Kolistamm etc. 



mildiBackerbaltigeD NfthrbOden konnten keine Knötchen erhalten 
werden. Ea wurde unteisttcbt: das Waobstam auf gewöhnlichem 
neutralen Agar, 0,2% OJb% l\ 2%, Tmabenmckeragar, 1% 
Mannit- und Dextrinagar, Agar mit verschiedenem Karbolsäure- ^ 
aneats nnd veradbiedener Alkalität» nirgends war anch nur eine 
Andentunig von Knötchen 2U aehsn, auch bei viele Tage alten 
Kolonien. Hierzu ist an bemerken, dab bei Mannit- und Trauben- 
suokerzuaata die Kolonien nur klein bleiben. Man konnte daher 
annehmen, daüB die Kolonien nicht grofs genug wachsen, um 
Knötchen au erhalten; immerhin sind die grOftten Kolonien 
auf Trattben^ucke^ und Mannitagar, welche keine Knötchen 
aeigen, grölser als die kleinsten Kolonien auf Mildizuckeragar, 
welche noch Knötchen bedtsen. Das Gleiche gilt ffir die Kulturen 
auf karbolhaltigen Nährboden. Bei Agar ohne Zusata von Zucker 
und Dextrinagar kann dieser Einwand nicht geltend gcinacht 
werden, da hier, besonders auf Dextrinagar, die einzelnen Kolo- 
nien sehr grofs werden. Trotzdem traten nie Knötchen auf. 

Ein einxigea Mal sah ich auf gewöhnlicliem Agar etwas, was bei ganz 
oberflächlicher Beobachtung f(lr Knötchen hätte gehalten werden können, 
die genauere Betrachtung zeigte aber die ▼Ollige Verschiedenheit von diesen. 
B» handelt» atch demela am eine fewOimlidie A^nplatte, «eldie mit dieaem 
Koli geimpfl und bei einer Temperatur tob 43* gehalten wurde. Nach 
10 Tagen ging eine vorgenommene Abinii)fnng von einxelnen Kolonien nicht 
mehr an. Die Platte blieb darauf 2 Tage auf dem Arbeitsplätze liegen, am 
8. Tage bemerkte i«h bei guuL wenigen Kokmien anf einer Seite der Flatle 
Aoawüehae, welche an fieginn ala Knotdien impoiderten, die aidi aber apSter 

als nichts anderes als wieder zu Kolonien auBwachnonde Bakterien bei Ab- 
gestorbensein der tlbrig**" Kolonie erwiesen. Die enuttebenden Gebilde 
waren auch nicht kugelig wie die Knötchen, sondern flach, sie euiaiandeu 
idcht in der Mitte der Kolonie aondem am Bande deieelben. Id» hatte dieae 
Platte eben gerade su der Zeit aus dem Brntvchnnke graommen, da die 
Melir/.ahl der Bakterien abgestorben war, nnd nur eine gani geringe Zahl 
von i:{akterien am Leben waren. Die erateu KoutroUinipfuugen hatten zu- 
fällig ^01 tote Kolonien getroffen. Später vorgenommene Kontrollen zeigten, \ 
dab awar die Abimpfang von der Kolonie keinen Erfolg halte^ dafii aber 
eine solche von den AuswQchsen auf Endoagar typische Kolonien entstehen 
Hefs. I>eii> nächfitcn Ah<-<'hnitt vorgreifend, will ich hier schon erwähnen, 
daTa aus den AuswQchsen dieser Agarplatto keine rotweilsen Satze entstanden, 
trotadem am 8. und 8. Tage^ nachdem aie bemerkt wurden (die Kolonie war 
edion 13 reep. 18 Tkge alt), abgnmpft wurde, so einer Zeit» wo bei echten 
Knötchen auf MUebaocker aehon Ungat rotweifae Platten entatanden wiren. 



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Von Rudolf Maarini. 



260 



Diese Aaswüchse sind also nicht mit den Knötchen rn irlentifi^icren, son- 
dern als Wiederaufleben «niger BaJctehen in einer sonai toten Kolonie an- 
sueehen. 

Die Knötchen entstehen aleo nur bei Zusats von: l£lchsoc)cer 
SQ dem Nfthnabeimt 

Bei anderen Bakterien als bei unserem Baoterium coli habe 
ich Ahnliches nicht bemerken können. Eine grofse Zahl der 
daraufhin untersuchten Bakterien, besonders aus der Typhus-Koli- 
Gruppe, konnte lauge (bis 14 Tage) beobachtet werden, es ent- 
standen nie solche Gebilde wie die Knötchen. Meine Unter- 
suchungen erstreckten sich auf 9 den Milchzucker nicht ver- 
gärende, zur Koligruppe gehörende Arten, auf eine ^rofse Anzahl 
typischer Koli, auf fünf Typhusstärame , 4 Paratypiiussiämme, 
3 Dysenterien vom Typus Flexner, 1 Dysenterie vom Typus 
Shiga, 2 Proteu^cu töu, 1 Aikahgeue8stamm, einige Stapliylokokken 
und btreplokokkenstäinme und auf Milzbrand. Man findet /war 
in sehr alten, fast vertrockneten Koit nipn zuweilen ganz kleine 
Erhabenheiten, welche entfernt an Kuöichen erinnern. Diese 
treten aber stets sehr spät und unregeiniäfsig auf, sie sind zudem 
kleuier und haben Übergänge- ^u den unbedeutendsten Uneben- 
heiten in der Kolonie, mit den Knötchen können sie nicht ver* 
wechselt werden. • ■ 

Auch die neulich von Eisenberg ^) beschriebenen sekundären 
Tiefenkolonien haben mit den Knötchen unseres Koli gar nichts 
gemein. Jene wach.sen iui Agar, bleiben aljjo beim Entfernen 
der Kolonie mit dem Spatel bestehen , diese wachsen in der 
Kolonie selbst, und werden beim Versuch, die Kolonie vou der 
Agarfläche abzuschaben, mitgenommen. Jene treten besonders 
schön bei Serumzusatz, nicht aber bei Zusatz von Milchzucker, 
diese nur bei Zusatz von Milchzucker auf und fehlen vollständig 
bei Zusatz von Kaninchenserum iu verschiedener Konzentration 
(l®/o, 2,5%, 5°/o) vollständig. Eisenbergs Graimhitionen sind 
klein, mit blofseni Auge kaum sichtbar, die Knötchen aber 
sind ohne Mühe mit blolsem Auge schon aus einer gröiseren 
Entfernung zu sehen. 



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270 t^r einen \n biologischer Beziehung interessanten Koliatamm etc. 

Etwas mehr äufeeriiche Ähnlicbkeit habea die von Pre i sk'^ 
beim Milsbnmd besehriebenen »sekundftren Kolonien«. Es nnd 
dies darchscbeineDde Ku5tcheD, welche nach Preisa aus reristen- 
teren, teilweise aach andeis geformten Bakterien und Sporen- 
anbäufang bestehen. Diese KnOtdien beim Milzbrand treten aadi 
auf gewöhnlichem Agar auf. Eine Sporenbildung habe ich nun 
bei unserem Baeteriom coli nie beobocfatei Dasselbe wird bei 
80** prompt abgetötet Um aber mISgliche feinere Unterschiede 
in der Resistenz der Basillen in den KnOtdien und denen der 
Kolonien ohne KnOtehen anssuschliersen, machte ich folgenden 
Versuch. Es wurde einerseits eine kuOtchenhaltige , anderseits 
eine zweitägige kuOtchenfreie Kolonie in Bouilion au^;eschwemmt 
und dann in kleine FlAsehchen yerteilt. Diese wurden verkorkt, 
versiegelt, dann wurde von jeder Art je ein FlOachchen in Wasser- 
bOd« von 00*, 550, 60^. 65<* und 70* versenkt, so da6 sie ganz von 
dem wannen Wasser umgeben waren. Die Dauer der Erwärmung 
betrug Stunde. Darauf wurde von den Fläschohen auf Endoagar 
abgeimpft und der Rest der Fläschcben in dem Brutschrank bei 
37 bis zum anderen Tage aufgehoben. Die Prüfung ergab 
übereinstimmend auf dem Ai::ii uud in den Fläschchen, dafs eine 
Temperatur von öO° Stunde von knötchenfreien uud knötcheu 
haitigeil Kolonien noch ertragen wurde, dafs aber 55" genügten, 
um die Bakterien in % Stunde abzutöten. Ein zweiter Versuch 
mit feineren Schlägen 50°, 5o°, 50", setzte die in ^/a Stunde ab- 
tötende Temperatur für beide Arten der Kolonie auf 53® fest. 
Also auch die beim Milzbrand auftretenden Knötchen haben in 
ihrem Wesen nichts mit den im ersten Teil dieser Arbeit be- 
schriebenen Knötelien zu tun. 

Auch in der übrigen mir zugänglichen Literatur fand ich 
nirgends Angaben über ein ähnliches Verhalten einer Kolonie. 

Eine Aufklärung über das Wesen dieser Knötchen werde 
ich später geben. Fassen wir einstweilen folgende Tatsachen 
zusammen: 

I. Die weifsen Kolonien zeigen ausnahmslos, wofern sie am 
Rande der Flutten liegen, oder sonst nicht zu zahlreicli 
auf den Platten sind, vom 2. Tage an die KnOtehenbildung. 



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Von Rudolf llMaiiii. 



271 



n. Diese KnOtchenbildung tritt aQSSchliefslich auf milch» 
zuckerhaltigen Nährböden auf. 

III. Ein Milchzuckergehalt von 0^1% genügt, um die Knöt- 
chenbildutig nuftreten /u lassen. 

IV, Die Farbe der Knötchen kunu weifs oder rot sein, im 
allgemeinen treten zuerst weifse Knötchen auf, welche 
allmählich rot werden. 

V. Die KnOtchenbildung beginnt früliestens am 2. Tage und 
nimmt mit dem Alter der Kolonie dauernd zu. 
VI. Die Kn(')T<:heubiIdiiug konnte nur bei un.serem Bacterinni 
coli kf)[is;ntiert werden. Sie fehlt l>ei anderen Bakterien 
der Koh Typhus- und anderer rirnj pot: /\.uch die von 
Eisenberg beschriebenen ( Jranniationen und die von 
Preisz beim Milzbrand beschriebenen sekundären Ko- 
lonien liahen nichts mit unserer Knötchenbildung zu tun. 
Anschliefsend an das merkwürdige Wachstum des Koli auf 
Milchzuckernährböden, möchte ich hier die übrigen morpholo' 
giachen und kulturellen Eigenschaften des Koli anführen. 

Das Bakterinm ist ein kurzes, ganz wie das typische Bac> 
terium coli commune aussehendes St&bchen mit etwas abgerun- 
deten Ecken, nach Gram entfftrbtes sich prompt. Beweglichkeit 
konnte Dicht nachgewiesen werden. Polkörperchen und Sporen 
wurden nicht gebildet. 

Aul Schrägagarröhrchen wächst es als tippige koliartige 
Kultur, schwach irisierend, mit leicht gelblichgrauem Farbenton. 
Die einseinstehenden Kolonien sind rund, ohne besondere Zeich' 
nuBg odor EOmelung. 

Au! Tiraubenxucker und Mannitagar bleiben die Kolonien^ 
wie schon gesagt^ erheblich an GrOfse hinter denen auf anderen 
Nährboden surflck. Sie sterben da auch innerhalb 4 — 6 Tagen ab. 

Auf Dextiinagar wttchst das Bakterium leicht und bildet 
grofse, runde flache Kolonien. 

Das Wachstum auf Conradi'Drigalsky-Agar entspricht 
dem auf dem Endoagar. 

In Bouillon entsteht eine allgemeine Trübung, nach 2 Tagen 
beginnt «n Bodensats su entstehen, keine Kabmhaut» 



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2?9 t^bOT mtwa in biologlaeli«r Bodehnng fattog—anteü KoHitomm ete. 

Die Milch wird nach 8 — 15 Tagen «ur Gerinnung gebracht. 

Die Petruse hkj'sche Lackmusmolke wird am I.Tag schwach 

gerötet und eine Spur trüb. Am 2. Tage zeigt sie deutliche 
Rötung und Trübung. Dieses Aussehen bleibt bestehen, auch 
nach einem Monat tritt kein Farbenumscbbig auf. 

In >Trrinbüiizucker hohe Schicht« ^) verimpft, entsteht starke 
Gasentwicklung. 

In »Milchzucker hohe 8chicht< ist das Verhalten verschieden, 
je nacbdf'm eiue eintägige nicht knotchenhaltige Kolonie oder 
eine mehrtägige knOtchenhaltige verimpft wird. Im ersten Falle 

1) Um Baktorim aal Ihr YargamngiieraiOgen von Za«lm«rton m prateo, 

werden dieselben in >hohe Schiebten« von flQssig gemadlitan und auf 40° C 
Rbpekühlt<"n Afrnr (1% Tffl'ibpnznrker fMp. Milchtackef) T«rinipft. Orflnd* 
licheR T'm^ohUt^eln, Erstarre niasHen. 

Wo es sich um schnelle Diagnose handelt^ s. B. am Identifixierung von 
Typhnibadlltii an« dwn Stuhl, wird Im Laboratoriam van Prof. IC Meiaiar 
die mit einer typhntvardldktlgan Kolonia geimpfte >Mfldian<tor-h«d>a»8ehichtf 

nach dem Erßtarren noch mit ca. 3 cm neutraler Bouillon überecbiohtet. 
Bestand die verdärhtipe Kolonie aus Typhnsbazillen, so wachsen sie in die 
Bouillon hinein und macheu sie vollständig Lrüb; die »hohe Schicht« selbst 
iat gans von lyphiubMÜlen dan^waehtan imd Meht gatrilbl (BlarabUdong). 

Aach cur Paratyphaadiacnoae iit die Milchknekarhaha-Sehieht ga* 
eignet. Im gewöhnlichen Agar, also aadi im Uilcbsudcaragar, flndan aidi 
Btcf.s Spuren von Tranhenznrker VergÄrnng von diesen Bpnren von Trauben- 
Eucker führt nie zu einer vollstltndigen Zerreifsung de« Agars, sondern nur 
•a einer grOfiMrwi Annhl klainefar Oaaiilasen, ohne dafa die Aganlnto aar- 
rissen wird. Dieioe MId das von vielen kleinen Oaablaaen dnichBatetan 
Milchzuckeragars ist recht charaktcriBttFch för die Paratypbusgruppe nnd 
für die übrigen Tranbenzuckervergärer, die Milcbziukrr nicht vergären. 

Im Gegensatz hierzu zorreifsen die Milchzucker vergärenden Koliarten 
den Milchzuckeragar vollständig. Anderseits rufen Typhui»- uud Dysenterie- 
basillan die ja weder Milehsucker noch Thn^bensnckar veigaien, gar keine 
OaahlaMn in dam Milchtnckeir hervor. 

Aufser dem Auftreten von Glasblasen ist aber, wie bemerkt, darauf tn 
achten, ob Wiichstunj In der ganzen > hohen Schicht« und Trübung des 
Agare auftritt (Typhus, Paratyphus, Dysenterie). Auch die Bouillon mufs bei 
diesen drei Arten voUatlndig getrObt eein. Dar hingende Ttopfen aeigt die 
^piachen Merkmale, daa gefirbte Prftparat seigt gram>n«gative Stäbchen. 
Alsdann läfst sich mit einem Teile der Bonillon (nach Ablmpfnng einer ö/*e 
anf flchrügen Agar zur Konsorvieruog der Kultur) die indolreaktion uod mit 
deui Rest eine probatoriache makroskopische Agglutination austeilen (Zusatz 
einiger Tropfen entaprechandeo Serame ia ^er VardOnnnng 1 : 100). 



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Von Bndolf MmkdL |278 

entstehen kleine Blasen im MilehBueker wie beim Paratyphus. 
Im sweiten aber wird der Milcfatuoker total auseinandergerissen. 
Wir kommen anl dieses verschiedeue Verhalten später noch zu 
sprechen. 

Der Gelatinestich zeigt sich als weifser, scharf begreuzter 
Strang. Die Gelatine wird nicht verflüssigt. 

In der gegossenen Agarplatte haben die Kolonien Linsenlorm, 
in deren Mitte eiaeu Nabel. 

In gegossenen Gelatineplatten zeigen die Kolonien eine leichte 
rosettenförmige Zeichnung. Die oberflächlichen sind rund» flach» 
ohne Zeichnung. Die Farbe ist leicht gelblich. . 

SämtUche Kulturen sumI lu inaiie geruchlos. 

Indolbildunö" konnte nie nachgewiesen werden (Ehr lieh sehe 
Indolreaktion).^) Das Koli reduziert Methylenblau nach der von 
M, Neifser und Wechsberg angegebenen Methode. 

In Barsiek GW sehen Nährböden verhielt sich das Bakterium 
folgendermalsen : Die mit Polysacchariden, Dextrin und Inulin 
versetzten Nährböden wurden nicht verändert. Von den Di- 
saodiaxiden wurden Rohrzucker nicht sersetzt, bei Zusatz von 
Maltose entstand Rötung und Gerinnung in den Beagensröhrchen. 
Auf Laktose hatte das Koli auch in den Bar siekow- Nährböden 
einen verschiedenen Einflufs, je nachdem junge knötcbenloae 
oder alte knötchenhaltige Kolonien verimpft wurden. Im ersten 
Falle blieb die Farbe unverändert und das Röhrchen klar, im 
letxteien entstand Rötung und Gerinnung. Bei allen anderen 
Zusätzen la Barsiekow-NährbOden war es glsicbgfiltig, ob 
knOtobenlose oder kndtebenbaltige Kolonien verimpft wurden. 
Von Monosacdiariden wurde Galaktose und Dextrose untersucht» 
in beiden entstand ROtung und Oerinnung, bei Traubensucker- 
Kusatz schon am 1. Tsge, bei Zusatz der flbrigen Zuekerarten 
erst am 2. Tbge, wenn dies Oberhaupt su sehen war. Beim 
Mannitsusatz trat ROtung und Gerinnung auf. 

Auf das Verhalten den Tieren gegenüber komme ich am 
Schlüsse dieser Untersuchung zu sprechen. 

Ob das Koli die Ursache der Erkrankung des Patienten ge- 
wesen ist, UUbt nch nicht entscheiden. Blut zur Agglutination 



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214 Ober einen in biologischer Besieitung interessanten Koiistaiuu) etc. 

konnte wegen des konen Spitalaufenthaltos nidit erhalten werden 
und in seither untersnchten Stühlen habe ich nie mehr ein 
Bakteriam gefanden, welcbee mit dem meinigen identisch ge* 
weeen wftre. 

B. Die Mutation. 

Die zweite Eigenart oneeres Bakteriums besteht daxin, da& 
nicht alle Keime zu gleichrnftTsigen Kolonien auswaehaen, sondern 
dafs unter bestimmten Bedingungen einxelne Keime variieren 
und ihre neu erhaltenjeBigentttmlichkeit sofort kon» 
stant weiter vererben. Wird das Koli auf Endoplatten 
weiter gezüchtet, so dafs der neue Satz immer von einer isolierten 
Kolonie des vorhergehenden Satzes ausgeht, so sieht man nach 
einigen Umzüchtungen neben den weifsen Kolonien rote auf- 
treten.^) Diese letzteren sind nach 16 ^Stunden nicht von den 
Iriilier beschriebenen farblosen Ivuloiiieii /.u unterscheiden, nach 
18 — 20 Stunden aber eriialten sio enien roten Nabel und nach 
36 — 48 Stunden sind sie ganz rot und zeigen den für das Bac- 
terium coli eoniiiiuiif typischen metallischen grünen Fuchsiuglanz. 
Am 2. und 3. Tage sind sie durchscimittlich gvöfser als die weifsen 
Kolonien, bleiben aber in den nächstfolgenden Tagen an Gröfse 
hinter den letzteren bedeutend zurück. Die roten Kolonien er- 
halten nie Knötoben, wie ich sie im ersten Teil (ier Arbeit als 
für die weifsen Kolonien charakteristisch bej^cln i* 1 r ii habe. Wird 
nun von einer roten Kolonie wieder abgennpft, und ein 
neuer Endosatz ausgestrichen, so entstehen nur rot© Kolonien, 
keine einzige weifse, und auch bei weiterer Verimpfung bleiben 
alle folgenden (ienerationen rein rot. es gelingt nie mehr, auf 
Endo eine weifse Kolonie zu erhalten. 

Anders dagegen verhftlt sich die Sache bei Verimpfung einer 
weifsen Kolonie. Hier können nach einiger, meist kurzer Zeit, 

1) Ich werd« im foIg«nd«n der Kflne halliar oft von weiber und rotor 

Kolonie «prechen. Es sind dann damit jewpils <lie im ersten Teile beschrie- 
benen farblosen Kulcmien renp. die im aweiteti Teile nnterHucii'p Vnrielilt ge- 
meint; auch rote oder weisse Bakterien sind solche, welche, weua sie auf 
£iidoiildirbod«ik gvbnwht werden und mr V^rmehning kommen^ ni eliior 
roten reap. weUken Kolonie aniwacbsen. 



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Tim Rudolf MaMini. 



275 



neben den weifstin Kolonien wieder rote auftreten, welche 
wiederum bei weiteren Verirapfungen rot bleiben. Di© weiTsen 
Kolonien behalten auch auf rotweifsen Platten rieben den roten 
Kolonien ihr typischevS Verhalten bei und erhalten vom 3. Tage an 
Knötchen. Es gelingt also durch Züchtung auf Endonährboden, 
ans einer weifs wechspiidt n Form nach Beheben eine rot 
wachsende und roi bleil eiidt? zu erhalten. Das Experiment aus 
weifs wachsenden Kolonien roio zu erhalten knun beliebig oft 
wiederholt werden. Ich habe diese Erscheinung ^j^ Jahr l«ug 
mit absoluter f 'r'gehnär.sigkoit Ruftrf»t<^n sehen. Der beigefügte 
btammbaum unseres Koli zeigt dies zur Genüge, 

Um entscheiden zu können, ob es sich um eine Platte mit 
nur roten oder nur weifsen oder um eine solche mit roten und 
weifsen Kolonien handelt, bedarf es gut ausgestrichener Platten- 
sätze. Denn bei sehr dicht stehenden Kolonien tritt nur einerlei 
Farbe auf, diejenige der Majorit&t hat das Übergewicht, So können 
in dichtbee&ten Platten s. B. einige rote Kolonien in einer Über- 
sahl weifser ganz übersehen werden, da die umstehenden weifsen 
Kolonien durch Dtfifusion das Rotwerden der roten verhindern. 
Würde dagegen eine solche rote Kolonie isoliert imn Wachsen 
kommen, so hätte sie den typischen Fuchsinglanz. Auf die im 
ersten Teile beschriebene Art aber gelingt es leicht, solche Platten* 
Sätze SU erhalten, auf welchen die roten und weilseu Kolonien 
deutUcb voneinander tu unteracheiden sind, auch wenn beide 
nicht in einem gleichen Vediältnie ineinander stehen. Es sdiadet 
dann auch nichts, wenn einige Kolonien bei ihrem apftteien 
Waidistum aneinander sto&en und sich gegenseitig an ihrer 
VeigfOlSrarang behindern. Man sieht trotsdem deutlich aweierlet 
Arten von Kolonien, welche durch eine scharfe Linie voneinander 
getrennt sind, so s. B. seigen eine rote und eine weifse oder zwei 
weifise eine rote Kolonie deutlieh ihre Farbe oder ihre Kn(nchen. 
Die Fig. 2 eeigt schematisch einige Formen zweier oder mehrerer 
nebeneinander liegender Kolonien, wie sie h&ufig gefunden werden 
Audi xwei weifke, in ihnm sf^teien Wachstum zusammentreffende 
Kolonien sind meist durch eine acfaarfe, gut sichtbare Linie von- 
einander getrennt. 



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276 Ober einen in Uologiiehttr Bestohang iateniiinten Kolisteinm ete. 

Es TOiSteht sich von salbst, dafs bei der prinzipiellen Be- 
deatoDg der Versuche nie nur ein einziger Versuch angestellt 
wurde, sondern dafs dieser immer ein oder mehrere Male wieder- 
holt wurde. Auch habe ich die eingelienderen Uijier^^uchungen 
über die Variation erst begonnen, als ich meine Kultur mit absoluter 
Sicherheit ala Reinkultur ansehen durfte. 

Sehen wir nun zu, unter welchen Bedingungen die Aber- 
ration entsteht oder nicht zustande kommt. Nehmen wir 
eine weifse Platte au, so erhalten darauf die Kolonien frühestens 
am 2. Tage Knötchen, sie werden grnfser, erhaiten neue Knötchen, 

weifse und rote, alle Kolonien 
auf dieser Platte bleiben 
aber weifs, auch wenn sie 
14 Tage lang wachsen. Eine 
Kolonie, welche sich einmal als 
weifse manifestiert hat, bleibt 
weifs ; ich habe nie ein Verloren' 
gehen der Knötchen oder ein 
spätes Rotwerden einer wei(sen 
Kolonie gesehen. 

Impft man nun am ersten 
Tage eine Kolonie ab und 
streicht mit deren Bouillonaof* 
sdiwemmung einen neuen Bndosats aus, so entsteht wieder eine 
weifse Platte, welche wiedemm frOhestens am 2. Tage KnOt» 
oben erhält und weifs bleibt 

Diese tflgHehe Abimpfung von einer wdtsen Platte habe ich 
20 mal hintereinander gemacht, ohne dafs jemals eine h>te Kolonie 
neben den weifsen entstanden wftre. Alle Kolonien bekommen 
Knötchen und bleiben weifs, es gelingt also eine weifse Kultur 
auf Endoagar weifs weiter tu sflcbten. 

Lassen wir aber unsere erste Platte, von der die ganse Reibe 
ausgegangen ist, 4 Tage im Brutschrank stehen und impfen 
dann ab, so erhalten wir auf der nun ausgestrichenen Endoplatte 
rote Kolonien neben den weifsen. Wir erhalten also bei Ab- 
impfung am ersten Tage einen weifsen, am 4. aber einen 




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Ton Bnddlf MaMhii. 



»77 



rotweifsen Plattensatz, trotzdem die Mutterkolonic weifs ge- 
bliehen wnr nnd weifs bleibt. Das gleiche Resultat können wir 
mit allen 20 Platten, welche durch tägliche Abimpfung entstanden 
sind, erhalten. Jede einzelne gibt einen rotweifsen Tochtersatz, 
wenn erst nach 4 Tagen abgeimpft wird, trotzdem sie sei bat 
weils bleibt. 

Wir kennen also hieraus schon eine wesentliche Bedingaog, 
welche zur Bildung der Variation nötig ist: Die Kolonie mala 
ein gewisses Alter haben. Diese Zeit, welche vergehen mufs, 
bia eine Abimpfung einen rotweifsen Plattensatz gibt, iat nicht 
konstant. Während im MlUrs 1906 die Abimpfung am 3. oder 
4. Tage regelmäfsig zu einem rotweifsen Endoaatz führte, konnte 
im Oktober 1905 ein Neuanaatrich von Platten, welche am 5. Tage 
abgeimpft wurden, noch rein weifae TOchterafttse aar Folge haben, 
einmitl' aogar entatand noch bei Abimpfung am 8. Tage ein weiltor 
Endoaata. Im allgemeinen iat ea aber ao, dafe die mit Knötchen 
Yeraehenen Kolonien bei Veximpfung rotweilae Endoafttae bilden. 
Ich werde apAter nodi einmal hierauf so apiecben kommen. 

Die sweite Bedingung, welche zum Auftreten von roten 
und weilaeo Kolonien auf der Endoplatte nötig iat, iat daa Vor- 
han de na ein Ton Milchsuoker im Nfthrboden. Die Botweilä* 
bildung wurde, wie die Knötchen, suerat auf Endoagar beobachtet 
Sie verlftuft aber ganz parallel auf dem Oonradl-Drigalaky* 
Nfthrboden, auch auf gewöhnlichem MUchxucker tritt die Variation 
auf. Als Kriterium der wei&en Kolonien müaaen, da auf gewöhn« 
lichem Agar die Farben fehlen, daa Auftreten der Knötchen resp. 
daa Fehlen deraelben nach dem 8. Tage angenommen werdMi. 

4 

Angeetellte Kontrollimpfunged etgaben, dafa diea erlaubt iat 

Abimpfungen von knötchenbaltigen Kolonien von Milchaudcer« 
agar auf Endoagar ergab weifsrote Plattensätze; bei Abimpfungen 
von knötchenloeen Kolonien erhielt man dagegen stets einen 

rein roten Plattensatz, ein Beweis dafür, dafs die Mutterkolonie 
schon einer auf lOndo roi wachsenden Kolonie entsprochen hat. 
Natürlicli müssen zu diesen Versuchen alleinstehende, grofse 
Kolonien gewählt werden, da ja in kloinen überhaupt keine 
Knötchen auftreten. Ebeusoweaig wie die Knötchen, konnte die 



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278 Ober einen in btologiacher Bcciebnng intereMwnten Kolittamm eto. 

Variation auf einem anderen ale auf einem MflchzackemJkhrboden 
erhalten werden. Die weifee Form des Koli Iftfot sich auf ge- 
wöhnlichem Agar monatelang fortzüchten, sie wird nie zu einer 

roten. Auch auf Maiiuit-, Traubenzucker- und Dextrin-Agar wurde 
die Eihaltuiig einer VariHtiou versucht, auch hier vergeblich. 
Von Dextriiiagar irapfte ich von einer 14 Tage alten allein- 
stehenden grofsen Kolonie ab, ohne eine \ anatiou zu erhalten. 

Da man an die Möglichkeit denken konnte, dafs die rote 
Modiiikation eine Degenerationsform der weifeen sei, so versuchte 
ich durch Schädigung einer weifsen Kultur eine rotweifse zu er- 
halten. Ich liefs daher Agarsätze in einem auf 42"' eingestellten 
Brutschrank waciisen; nach 6 Tagen waren sie noch rein weifs, 
wie ich mich durcli eine Kontrolle vergewisst rte 1)10 längere 
Züchtung im 42** Brutschrank gelang nicht, da die Kultur so 
geschwächt war, dafs sie nicht mehr anging. Ein zweiter Ver- 
such mit 41° ergab das gleiche Kesultat bei einer Dauer von 
19 Tagen. 

Da Schierbeck gezeigt hatte, dafs Milchsäurebakterien durch 
Karbolsäurezusatz ihr Säuerungsvermögen dauernd vermindern 
können, probierte icli, ob nicht die rote Form durch Karbolzusatz 
zum Agar hervorgerufen werden könne. Es wurden nach Schier- 
beck 0,2, 0,4, 0,8, 1,6 ccm einer 3proz. Karbolsäure ra 15 ccm Agar 
gebracht und auf den damit gegossenen Platten unser Bakterium 
ausgestrichen. Auf den beiden Karbolagärplatten mit 0,8 und 
l,6ociD Karbolafture zu 15 ccm Agar wuchs das Bakterium überhaupt 
nicht, dagegen liefs es sich bei schwicheren Konsratrationen 
weiter züchten. Die Kultur war im ganzen 17 Tage lang auf 
Karboliifihrboden gewachaoa, ohne die Variation gebildet zu haben. 
Auch dieeer Versuch wurde wiederholt. Das gleiche negative 
Resultat gab eine Zftchtung auf Nährboden mit yerschiedenem 
Alkali- oder Säuregehalt. 

Bei der Tierpassage wurde, wie su erwarten stand, da das 
Koli als weifse Modi6kation gezüchtet wurde, die rote Abart nicht 
gebildet. Es wurde ein Meerscbweiii durch Intraperitonealinjek- 
tion getötet und aus dem Exsudat die Bazillen auf Agar wieder 
heraui^g^üchtet. Damit wurde wieder ein Meerschwein intm- 



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Von Radolf Maflsinl. 



279 



peritoneal geimpft und dieser Versuch viermal wiederiudt. Aus 
dem letsten Meerscbwein wurde wieder aof £odoagar gectiditet, 
es seigte sich, dab noeh keine roten Bakterien anfgetieten waren^). 
Die auf Endo entstandene rote Abart zeigt in allem Übrigen 
kulturell und morphologisch die gleidien Eigenschaften wie sie 
Seite 87& für die weirse Kolonie beschrieben worden sind. Nur 
in allen NfihrbOden mit Milchiuckenasatz seigt sich eine Difie- 
rens sn den letsteien. Das weifse Koli, in hohe Schicht verimpft, 
seigt nur gans kleine Blftsdien, die rote Abart dagegen zer> 
setzt den Müohsuckeragar in hober Schicht vollstimdig wie das 
Baclerium coli commune. Analog veihlüt sich der Untersdiied 
in Barsiekowsdien NfthrbOden mit MÜchzuekersnsats. Hier 
bleibt das mit einer weiften Kolonie geimpfte ROhrchen klart 
wild höchstens nach Tagen gans schwach gerOtet, wAbrend 
in dem mit einer roten Kolonie geimpften ROhrohen schon am 
2. Tage Gerinnung und starke Rötung auftritt. Aus diesem Ver- 
halten der roten Kolonien und aus dem Zusammenhang dieser 
mit dem Knötchen erklftrt sich auch leicht der auf Seite 277 be- 
sehriebene Unterschied swischen knOtcheufreien und knOtchen> 
haltigen Kolonien in MilchsuckemfthrbOden. DaA das rote Bak- 
terium auf Conradi-Drigalsky- Agar analog dem Wachstum 
auf Endoagar ebenfalls rot wie das Bacterium coli commune 
wächst, ist selbstverständlich. 

Die Fähigkeit, Milchzucker anzugreifen, behält das Bakterium 
auf allen gebräuchlichen Nährbödeu und den mit dem auf Seite 275 
beächriebeueu Zuckerarteu versetzten Ägarplatten bei. Auch 

1) In allftn FlUan, in densn dis «dlk« Koll einig» Z«tt «tf aadeinan 

als Endonfthrb/^den geztichtet oder unter andere Hedingtingen gebracht wurde, 
warde dasselbe nach Reendienntr do-j Vcr^iuhs asur Kontrolle wieder auf 
Endoagar surückveritupft. In allen fallen uat«n, wenn das Koli weifH ge- 
bltoben war, nach 8—4 Tkgen in diesen nrttelcKeimpIton Kolonien wieder 
Knötchen auf, eine dann von dioter Kontrollplatte vorgenommene Abimpfang 
hatte wieder eine Rotweifa - Bilduntr 7nr Folge. Da» wicrfer uif Kn ioagar 
xarückgeimpfte Bakterium verhielt sich dann gaox ik>, wie e» »ich vor aeiaer 
experimentellen Übertragung auf einen anderen Nährboden yerhalten hatte. 
War dagegen ^e Variation su Rot eingetreten, wnchBen ml dem rar Eioof 
trolle dienendott Endoeats anch rote» bei ▼mterer Verimpfnng rot bleibende 
Kolonien. 



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280 ^b«r «ltt«n in blolegladi«r dMltliong InHwinntea tieXUtaua Me. 



OAch langer Züchtung ohne Milchzucker wächst die lote Varia- 
tion, auf Endo gebracht» sofort wieder rot. 

Als Haapts&tae dieses sweiten Abschnittes fasse ich folgende 
Thesen sosanimen: 

VII. L&Cst man eine MUcbsuoker enthaltende Platte mit nur 
w ei Isen Kolonien beliebig lange stehen, so entstehen 
in der weiben Kolonie wohl Knötchen, aber es wird 
niemals aus einer wei&en Kolonie eine rote. 
Vni. Wird von einer solchen weifsen nnd sicher weils- 
bleibenden Kolonie innerhalb der ersten 24 Stunden 
abgeimpft, so entstehen Platten mit nur weifsen Kolonien, 
welche Knötchen erhalten und mit Sicherheit weifs 
bleiben. Diese Abimpfung von weisfen und weifs- 
bleibenden Kolonien innerhalb 2-4 Stunden des Wachs- 
tums kann beliebig oft fortgeführt werden, ohne dafs 
jemals aiidere als weifse, späterhin Knötchen zeigende 
Kolonien auftreten. 

IX. . Wird aber von einer solclien J^latte nach dem 2. Tage 

abgeimpft, so entstehen mit absoluter Regelmärsigkeit 
Platten mit weifsen und roten Kolonien. Das Auftreten 
von weifsroten Platten kommt gewöhnlich erst bei Ab- 
impfung von 4 — 5 Tagen alten Kolonien vor, seltener bei 
3 tflgigen. Dafs in sehr seltenen Ausnahmefällen bei Ab- 
impf nng von zweitägigen Kolonien rotweifse Platten ent* 
stehen, beweisen 2 unter einer grofsen Anzahl von Ver- 
suchen TOigekommene FftUe. 

X. Abimpfmig von einer roten Kolonie, {gleichgültig in 
welchem Stadium sie erfolgt, ergibt ausnahmslos rote 
Kolonien. 

XI. In roten Kolonien ist niemals eine Knötchenbildung so 
sehen. 

XII. Wird eine eintägige weifse Kolonie auf irgendeinen an- 
deren nicht Milchzucker haltigen Nfthrboden verpflanzt, 
und zwar ebenfalls in Form des Plattenausstriches, sn 
können diese viele Tage laug stehen, ohne dais bei dej: 



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Voa Kudolf MoMint. 2^1 

Rüekimpfaiig auf EndoAgar rote Eolonieii eotstobeo. 
Es bleiben vielmehr alle Kolonien danemd weiCs. (Eine 
Abimpfung yon diesen inrückTerimpften Koloniea nadi 
dem 3. Ta^ ergibt natflrlich wieder weileroie Platten.) 
Xin. Die rote Variation beh&lt ihre Eigenschaften auch bei, 
wenn sie an! nicht MÜchancker haltigen Nfihrboden ge- 
iflchtet wird. 

C Das Verhalten der Knötchen zur Mutation. 

Vei^^eicben wir das Auftreten der Variation mit dem der 
Kndtehen, so fUlt uns sofort die grobe Übereinstunmung in den 
Bedingungen, welche su deren Entstehong nOtig sind, auf. Beide 
bianchen einige Zeit bis su ihrer Bildung, beide entstehen nur 
auf Zusats von Milchsucker su den NfthrbOden. In der Tat 
können die Knötchen als rote Kolonien in den wei&en ange- 
sehen werden. Dafs die Knötchen auch weifs sein können, 
spricht nicht gegen diese Aufbssung. Denn, wie schon frfiher 
bemerkt^ kann eine ÜbentimmuDg der roten Kolonien durch 
ein Übeigewicht der weifsen stattfinden. Auch dem Einwand, 
dals die Knötchen darum keine roten Kolonien sein kOnneu, 
weil 68 vorgekommen ist, dafs Abimpfungen am 5. Tage trotz Vor- 
handenseins von Knötchen nur weifse Kolonien entstehen liefsen, 
läfst sich leicht begegnen. 'Auf einer schön ausgestrichenen 
Platte haben nur ca. 500 KolouicD Fiat/, wenn sie nicht gegen- 
seitig auüiuaiuitjr'vvachson sollen. Ist nun dm Verhältnis der 
roten Bakterien zu den weifsen in einer Kolonie giöfser als 
1 : 500, so ist es klar, dafs Platten entstehen können, auf welchen 
nur weifse Kolonien wachsen, trotzdem auch rote in dem zur Imp- 
fung benutzten Material waren. Dufs das Verhältnis zwischen roten 
und weifsen gWifser sein kann als 1 : 500, Iftfst sich leicht denken, 
gibt es doch Kolonien ?)iit sehr wenig Knötchen, und kommen 
doch am Rande der Kolonien, der einen jirnfsen Teil der Gesamt- 
masse derselben ausmacht, keine Knötciii n vor. Dafür, dafs die 
Knötchen rote Kolonien sind, sprechen noch andere Beobach- 
tungen. Bei den zwei schon irüher erwiUmteo Ausualimen, in denen 



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982 tHMr «iiMii Id blologlMlMr B«>i«lMiat totwOMBlwi Kbliitainiii tK». 

die Abimpfung schon am zwi iten Tnp:e zu rotweifsen Platten fülirt©, 
traten ausnahmsweise auch die Knötchen schon so früh auf. 

Auch folgende zwei Versuche beweisen, dafs zum Auftreten der 
Variation Knötchen verimpft werden müssen. Den einen er- 
wähnte ich schon. Es handelt sich um die tägliche Verimpfung 
von weifsen Kolonien, hier gab es keine Knötchen und keine 
Variation. Ein paralleler Versuch ist folgender: Statt eine junge 
eintägige Kolonie ohne Knötchen abzuimpfen, wird sehr sorg- 
fältig vom Kande einer alten Kolonie abgestochen, ohne ein 
KnOtdien mitsunebmen. Es gelingt so ebenfalls, nur weifse 
Sätze weiter zu züchten. Wenn keine Knötchen mitverimpft 
werden, tritt also keine Variation auf* Wird anderseits m^gUcbst 
nur von Knötchenmateriai su einer neuen Aussaat genommen, 
so erhäit man fast rein rote Platten. Die wenigen weifsen 
Kolonien entstehen aus mitgerissenen Partikeln der weifsen 
Kolonie, da es praktisch nicht möglich ist, nor von Knötchen 
stammmdes Material au erhalten. Je s<ngBdtiger aber von 
Knötchen abgeimpft wird, desto eher entstehen Plattens&tse mit 
nur roten Kolonien; dabei ist .es gleichgültig, ob rote oder weitse 
Knötchen verimpft werden. Auch die weifsen Knötchen sind 
variierte Bakterien, nur wird hier das Freiwerden des Fuchsins 
durch einen von der Übrigen Kolonie gebildeten Stoff verhindert. 
Sobald diese wei&en KnOtdien aber abgestochen und su einer 
weiteren Aassaat verwendet werden, entsteht ein lotweifser 
Plattensats, auch hier mit um so weniger weifsen Kolonien, je 
sotgfidtiger nur von Knötchen abgeimpft wurde. 

Die Knötchen sind also rote Kolonien, welche in weifoen 
entstehen. Die Variation entsteht daher nicht bei der Aussaat 
einer neuen Kultur, sondern in schon einige Zeit gewachsenen 
Kolonien und zwar in den filtesten Teilen, Mitte der Kolonie 
und gegen die Agarflfiche zu. Die Beeinflussung durch eigene 
Sekrete der Bakterien seheint demnach zur Entstehung der Variar 
tion nötig zu sein. 

Die Variation, welche sich durch Auftreten der Knötchen 
bemerkbar macht, tritt plötzlich auf. Die neu entstehenden 
roten Bakterien unterscheiden sich sofort deutlich von den alten 



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Von ftadoti Mmmtiri 



weifsen duroli Ibra P&higkeit, Milcli«iek«r trntor GesbHduDg zu 

zersetzen. Es fragt sich nun, wie fest wird diese neue Fähig- 
keit beibehalten? Wie ich schon Seite 34 bemerkte» wftchst ein 

einmal rot gewordenes Bnkteriiim auf allen gebräuchlichen Nähr- 
böden als rotes. Aber nicht nur auf diesen, sondern auch bei 
Zusatz von schädigenden Stoffen geht die£-e Fähigkeit mein ver- 
loren. Es gelang mir nur ein ein/.iges Mal, aus einer roten Kuloaio 
wieder weifse zu erhalten. Als wichtigen Versuch beschreibe ich 
ihn etwas ausführlicher. 

Von riner weiftroten Piatie ward« «ine jung« rote Kolonie «ntnoaiBieii 

lind in Bouillon aufgeschwemmt. Von fJippor gleichen BnuHlon worden je 
drei Ösen anf Agarplatten mit Karbolr.usatz und auf solchen mit verschiedenen 
Alkaliläta- und Säuregraden ausgeatrichäD. Der Kurbolgehalt wurde so stark 
als mOglicb gewlhlt, so dafe das Koli eben noeh darauf snm Wadkitom kam, 
nlnlich 0^ einer 3 proz. Karbolsäure aof 1& ccm Agar. AI« Agar mit' var- 
Bchtcdener Rpaktioii wäfilte ich einen gegen Lackmus leicht «a!ier re!»i> leicht 
alkalisch reagierenden Isäbrbodeu. Zar Kontrolle wurden drei Ösen dieser 
gleioben Bonilkm anf Platten mit gewOhnlidiam Agar aar Verteilung ge> 
bcadit Alle Platten irarden am 14 IL anagaatrichen. Am 1& IL «oideB 
von jeder Platte einige Kolonien in ßonillon aufgeschwemmt und damit 
wieder PlattenHHize ausgestrichen, natürlich die Kolonien, welche anf Karbol- 
agar gewachsen waren, wieder auf Karbolagar etc. Es wurden ansnahms- 
weise einige Kolonien miteinander abgeimpft, da man ja nleht «iaaen 
konnte, welche der Kolonien eveni weif« geworden aein könnte, da die weifte 
Art auf Karbolnilhrböden ja gleich wilcbst wie füc rote. Wenn ich daher 
viele Kolonien abiinpfte und zur neuen Aussaat verwendete, hatte ich eher 
die Möglichkeit, eine weifse unter den roten zu finden. 

Am 1. Iii. wurden von der karbolhaltigen i^iatte mehrere Kolonien ab- 
g eal o c h en and mit tiner Ose nebeMlnaader aaf Endoagar aoagestridien. 
Dieae Kulturen auf Endoagar waren weifs und blieben weifs. Am 3. IIL 
zeigten sich an cinpr am Rande des Imptetriches •^telicnJfn einzelnen Ko- 
lonie Knötchen, ^iiw Abimpfung von diesen gab wieder einen rotweilsen 
Sets. Von den auf leichtaaurem N&hrbodea gewachsenen Kolonien wurde 
am 6. HL in gleicher Weise anf Endoagar abgeimpfti und aadi hier wudbaen 
die Kolonien weifs. Von diesem Endcausstrich ergab eine Abimpfung 6 Tage 
später einen rotweirF?en Plattenaatz. Ebenfalls am 6. III. wurde von der 
alkalischen Agarplatte und am 7. III. von der neutralen Agarplatte in gleicher 
Weise wie oben beachiieben von mehrmn Kolonien abgeimpft. Aitf diesen 
letaleren aiv^ Platten war aber die Knltnr rot geblieben. Ba war keine ein* 
tige weifse Kolonie zu finden. Um zu sehen, ob nicht vielleicht noch »pftter 
ein Dni.schlag zu v. r-'f'-' vi .r lronuuen könnte, wurde die Ztlchturig auf alkali- 
schem resp. neutralem A^ar iortgesetst und £war bis zum Ü. IV. Bei jeder 
neuen ITmaOditnng wurden Seitensweige anf Endoagar tri>ertrsgen. TKcse 
amMt t RntM«. Bd. ux 90 



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über einen in biologischer Beziehung iatereManten Kolistamoi etc. 

Kolonien zeigten, dafs die Kiiltnr bis tiiin PchUisse des Versuches IV ^ 
rot ßel>liel)en war. Es <r<'lnnif also in einem Falle, die rote Variation wieder 
zur weirsen zariickzufübren. Dafe dies nicht immer gelingt, beweist uns, 
d«(ii die nea« Variation ihn ent aeit kitnem «rlAngta Eigemdiaf t itthr feei- 
hilt hüA »«itor ?«ffwbt 

Die Kückzüchtung von rot zu weifs scheint nach einem an- 
deren Modus zu erfolgen als die Bildung von weifs zw rot. In 
letzterem Falle werden nur einige Bakterien in der weifsen Ko- 
lonie rot, während im ersten Falle die ganze Platte von rot zu 
weifs umschlügt. Da aber dieser Uückschlüg zu rot während der 
Entstehung' nicht beubuchut werden konnte, wie die Entstehung 
der roten Variation in den weifsen Kolonien auf dem Endoagar, 
sondern sich erst bei einer Übertragung auf Endoagar als voll- 
endete Sache zeigte, kann ich diese Vermutung nicht beweisen. 
Sicher ist, dafs keine Knötchen aufgetreten sind (es nuifste sich 
denn um Knötchen weifser Bakterien in roten Kolonien handeln). 

Die Tatsache al>er, dafs die Rückbildung von rot zu weifs 
gelungen ist, ist ein letzter zwingender Beweis dafür, dafs 
unsere Kultur eine Reinkultur ist. 

Unsere Zusammenfassung für diesen 3. Teil der Arbeit lautet 

demnach : 

XIV. Die beschriebenen weifsroten Platten treten nur auf, wenn 
Knötchen mitverimpft wurden. 

XV. Abimpfungen von jungen Kolonien vor dem Auftreten 
* der KnOtofaen l&Tst weifse Plattensfttze entstehen. Ebenso • 
führt Abimpfung vom knötchenlosen Rand auch alter 
Kolonien sum Entstehen weiber Sätte. 

XVI. Werden mOglidist nur Knötchen verimpft, so ediftit man 
fast rein rote Plattensätze. Die Knötchen können daher 

als rote Kolonien in den weifsen aul^ubifst werden. 

XVn. Die rote Varietät bftlt ihre neu erworbene Eigenschaft 
auch unter abnormen, sclüidigenden Bedingungen fest. 
Nur einmal ist e8 unter bestimmten Bedingungen ge- 
lungen, die rote V^arietät wieder in die weifse zurückzu* 
führen. 



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Von Bndoir Kaaitiü. 



285 



Zum Schluss© möchte ich noch einiges über meine Tier- 
versuche bemerken. Das Bakterium ist nicht stark tierpathogen, 
doch gelingt es durch grofse Dosen, die gebräuchlichen Versuchs- 
tiere zu töten. FQr eine Maus ist die t&dliche Dose bei iutra- 
peritonealer Injektion eine drittel Ose einer Agarkultur. Die 
Meerschweinchen sterben nach intraperitonealer Injektion von 
einer halben Agarkultur. Die Dosen von einer roten Kultur 
sind ebenso grofs als die für die weifaen. Eine Virulenzsteige- 
ning konnte bei der Meerschweinchenpassage nicht konstatiert 
werden. Die Kaninchen sind sehr verschieden resistent gegen 
dieses Bakterium. Die Immunisierung derselben gelingt nur schwer, 
and ich habe nur mit Aafserster Mühe auch nor schwach ag- 
glutinierende Sera erhalten. Ich immunisierte Kaninchen eines 
teik mit Agarkulturen, welche von knOtchenhaltigen Kolonien 
stammten, spftter ab ich erkannte, dab die Knötchen schoü rote 
Bakterien sind, mit Kalturen, welche am 1. Tage von weitsen 
Kolonien abgeatochen waren, anderseits mit von roten Kolonien 
abgeimpften Kulturen. Sowohl bei subkutaner ala auch intra^ 
peritonealer oder intravenöser Einfttbmng der Bakterien führte 
die Immunisierung nicht au einem richtigen Ziele. Der höchste 
Titer, den ich erhielt, war 1 ; 640. Wurde aber versucht, die 
Immunisierung weiter su treiben, so starben die Tiere ausnähme- 
los. Sera von einem Titer 1 : 320 waren nicht schwer an er- 
langen, auch nach wenigen Injektionen. Die rote und weirse 
Bakteriensirt wurde durch alle Kaninchensera gleich hoch agglu- 
tiniert. Die Agglutination mit diesem Koli ist da, wo sie über* 
haopt auftritt, sehr stark, makroskopisch leicht sichtbar und geht 
bei weiterer Verdünnung des Serams ohne Übergang in das voll- 
stftndige Fehlen der Agglutination über. Auch Vefsuehe, mit 
einer Immunisierungsmethode nach Bail höhere Titer au eriangen, 
mirslangen. Die nach Bail erhaltenen Exsudate zeigten sehr 
verschieden starke Giftigkeit, während einige Male 5 und 10 ccm 
eines Pleuraexsudates bei intravenöser Injektion ohne weiteres 
ertragen wurden, erhielt ich einmal ein Exsiitiut, hei welchem die 
Kaninchen noch bei einer Injektion von 0,1 ccm während der 
Injektion starben. Luftembolie war ausgeschlossen. Der Tod trat 

20* 



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über dam in biologitchtr <r«l ii na g i Pi wo M i ite n goltotimnt «c. 

viel öchueller, aber ohne die stürmischen Erscheiuuugeu, wje sie 
bei der Lut'temboli vorkommen, ein, aufserdem wurde der Versuch 
mit allen Kauteleii noohmais mit dem gleichen Resultat wieder- 
holt. 0,1 ocm dioBBB Exsudates, mit 9 Teilen physiologischer 
K.ochs&kiö&iu^ verdüimt, wurde jetdoch erljri^a. 

Die onteiutehende Tabelle seigt eine AustitrieniDg eines 
CamDcheiiflerams gegen rote und weUse Bakterien anseree Koli 
and gegen andere Bakterienarten. 



Tftbelle I. 







K«U rat 


Piumtypbus 

"iß 


Typhös 


Dysenterie 
Typ. 
Jflexner 


Pyaealeri« 
Shigs 


1:20 


-f- + + 


+ + + 


0 


+ 


-f- 


1 

0 


1 :40 


4- + + 


+ + + 


0 


0 


0 


0 


1 :80 


H- + + 


+ + + 


Ü 


0 


0 


0 


1:160 


+ + + 


+ + + 


0 


0 


0 


0 


1:810 






0 


0 


. 0 


0 


1 : 640 


0 


0 


0 


0 . 


0 


0 




0 


0 


0 


0 




0 



t I I < ' I 



Eine ariir intefeeaante Eneheioung mochte kh hier nicht 
«MrwifaaA besen» welche aber w^n der Teraohiedenen 
Empfindliehkeit der Kaninchen nicht konetant zu erhalten war. 
Wunde einem Kaninchen eine Dosia intravenOe injisiert» welche 
in dar Hohe der Doeia letalis minima stand, und ca. 0,5 com 
eiosr dichten AgamufsehweDmiang betrug, so kam das Kaninchen 
dttvcn oder blieb tagelang am Leben oder es starb in der folgenden 
Nacht. Wörde diese Menge von 0,5 ocm aber am 2. Tage an 
einem noch lebenden Tiere wiederholt^ so entstand in einer grofsen 
Anaahl der Versui^e ein e^ntümlicher Symptomenkomplex. 
Das Tier war gerade nach der Injektion gans munter, nach etwa 
^4 Stunde aber bekam das Tier starke Dyspnoe, Lfihmungen 
in den hinteren Beinen nnd oft einen deutlichen Drebschwindel. 
Nach Stunde starben die Tiere nach kurzen Zuckungen. Bei 
der Sektion war das Blut sehr dutikel, mit ziemlich viel Gerinsel, 
•die Peritonea lgef&r»e waren äiark injii^iert, öouhi kuunte nicbts 



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%7 



Abnormes bemerkt werden. Keine Hämol^'se des Blutes. Die 
Tiere aber, welche auch auf diese 2. Injektion nicht innerhalb 
'/2 Stunde unter den beschriebenen Symptomen zugrunde gingeu, 
hatten die Infektion meist überstanden, doch zeigten auch sie 
in der ersten ^2 Stunde eine solfaUende Dyspnoe and oft auch 
Läbmangexi, welche Encheiaangen ab«r wieder zurückgingen. 
Starben von diesen Tieren sp&ter noch m der Nacht oder in 
den folgenden Tagen welche, so gingen sie so zugrunde wie 
die Tiere, welche eine einmalige zu hohe Dosis erhalten haben. 
Man konnte also deutlich unterscheiden zwischen einer akuten, 
innerhalb ^2 Stunde unter den angeführten Erscheinungen zum 
Tode führenden Vei^ftang bei zweimaliger Injektion an 2 auf- 
einanderfolgenden Tagen und dem erst nach einem oder mehreren 
Tmeci erfolgenden Tode dwch eine einmalige au hohe Dosis. 
Ich stelle hier eine Tabelle soeammen aus meinen Protokollen 
fllnr diese Vetmcbe. Wo >lebt< bemerkt iei, lebte das Tier 
mindestaDB eine Woohe« meist lebte es liinger und war^ aar 
wteien Immmnaierong benutst. 



T 1. e ; 1 e 11 



I: 

Nr. 


n. Injektion 
einen 'iBg 
■pater 


Reaultate 


Bemeiknnsea 


645 




0,6 


f nach 30 Min. 




646 






t > 30 • 




648 




0^ 


getötet nach 1 Std. 
in der Agonie. 




650 , 


0.5 


0,5 


t nach 14 Min. 




669 


0^ 


0.5 ! 


t » fi5 > 




665 


0.5 


0,5 


t » 23 > 




666 




0.6 . 


getötet n. 30 Miu. ; ••) 
in der Agonie. | 



*) Kaninchen 659 wurde ö Standen nach der ersten Injektion zum 
BW«iten Male injiziert 

Die Tiere worden in der Agonie getötet, um nachher das Blut rar 
Injektion «nderer Tiere sa gevinneo, aiber ent uMbdam ich die äftwifsbait 

gewonnen hatte, dafs »ie innerhalb der nächsten Minuten sterben wOrdea. 
Die Tif>r<> liieren prhon auf der Seite, hatten aebr etarke Py^tnoe, aeigten 
«pont&n k^ine Bewegung mehr. 



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288 thxi- «in«» in ln<iIog}teb«r Botehm g fait eKmat t n KoUstamm «ta 

Zur Koutrolle dieue die folgende Tabelle: 

Taben« III. 



KanincbeD 
Nr ' 


I. InielcUoo 


U.InJokUon 


Resultate 


Bsrawkaiicen 


644 


1.6 




lebt 




666 1 


1,0 




• 




658 


0,6 


0^ 


> 




664 






> 


III. laj. 0^ am 






ÜLTage lebt 


669 ' 






* 




670 


0,5 








667 


1.0 




f 2 Tage splter 




663 


0^ 




do. 




661 1 


0^ 




t fn der Kadit. 




647 


0^ 


0^ 


nach 3 Stunden 


nach 1 Htd. matt, 
erholte, wieder. 




getötet 



Ähnliche Resultate erhielt ich durch Injektion eines Giftes, 
das durch Filtration einer 14 t&gigen Bonillonkultur durch Rei ch el t- 
filter erhalten wurde. Auch hier entstand entweder akuter Tod 
auf der einen Seite odar Überleben bzw. später Tod auf der an- 
deren Seite. Doch waren hier die Resaltate nicht so deutUeh, 
da oft nnr eine Schwftche auftrat innerhalb 'j^ Stunde, na«diher 
aber wieder Erholung. Zur Erklärung dieaee Phänomens können 
wohl kaum die neuerdings untersuchten Reaktionen bei Serum- 
ttberempflndliehkeit herangezogen werden, da die Zeit sur Bildung 
mnes Antik((ipers tn kurz ist Man mufa wohl eher an eine 
besonders ungünstige Kumulierung oder eine besondere Art der 
Überempündfiohkeit denken. 

Das Blut der in der Agonie geschlachteten Tiere wurde 
anderen Kaninchen in die Ohrvene injiziert, nachdem es vom 
Fibrin befreit worden war. Es wurde in sehr groDaen Mengen, 
bis zu 80 com, ertragen, ohne auch nur eine Spur von Krankheits- 
erscheinungen zu madien. Das Serum dieser Tiere agglutinierte 
nach 9 — 14 Tagen unser Bakterium in niederen Verdflnnungen. 

Aus ftufseren Gründen konnte ich mich mit dem Tierversuche 
nicht weiter abgeben. Als für unsere Arbeit wichtig hebe ich 
hervor, dafs kein Unterschied in der Agglutination vejr* 



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Von KQdoM llaninl. 



289 



sehiedener, durch Injektion von roten oder weifsen 
Kulturen erhaltener Sera gegen die rote nnd weife» 
wachsende Koliart bemerkt werden konnte. Dieses 
Resultat ist ein weiterer Beweia dafür, dafe unsere Kultur eine 
Reinkultur ist. 

Die in dieser Arbeit beschriebenen Tatsachen bieten nun 
einiges biolotiT Rehes Interesse. Nach Rodet und anch nach 
Beijerinck gehört die bescliriehene Veränderung zur Variation 
im engeren Sinne. Einige Bakterien einer Kolonie gewinnen 
die neue Fähigkeit, Milchzucker anzugreifen und behalten diese 
bei, auch wenn sie auf andere NJihrböden gebracht werden. 
Dabei sind keine i>egenerationserscbeinungen wahrzunehmen. 
Das Bakterium hatte bis dahiti nur die Füliigkeit, die beiden 
durch H3"drolyse zu gewinnenden Bestandteile des Milchzuckers, 
nämlich die Dextrose und die Gahiktose, zu zerlegen. Durch 
das Wachstnni auf Milchzucker aber erhalten einige besonders 
dafür V)efähigte Keime die neue Eigenschaft, Laktase zu 
bilden und auch das grofse Molekül des Milchzuckers ihrem 
Stoffwechsel zugänglich zu machen. Das Bakterium pafst sich 
einer neuen Lebensweise, den Milchzucker unter Gasbildung zu 
zerlegen, an. Es ist daher ^nz erklärlich, dafs diese neue Art 
nur auf Milchzucker entsteht, und nicht durch allgemeine Ein- 
flQsBe herbeigeführt werden kann. Interessant dabei ist, dafs 
schon sehr geringe Mengen des Milciizuckers (0,1%) zum Agar 
genügen, um dem Bakterium diese neue Bigenschaft zu ver- 
schaffen, und femer, dafs diese Umwandlung eine plötzlich 
auftretende ist. 

Diese Arbeit bildet daher einen Beitrag aus der Bakteriologie 
zur M u t a t i o n s t Ii e o r i e , wie sie Hugo de Vries für die 
Botanik ausgeführt hat. De Vries teilt die erblichen Variationen 
in zwei prinzipiell zu scheidende (Jruppeu ein. Die erste nennt 
er (individuelle, Uuktuierende) Variabilität. Jede Pflanze be- 
sitzt diese in höherem oder geringerem Mafse. Der Züchter kann 
sie benutzen, um durch Selektion neue Rassen zu ziehen, nie 
aber entsteht eine neue Art. Dadurch, dais immer die schönsten 



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199 t)ber «Ibmi in l!)io1ogiteh«r ttilthmig lolMMaMiitMi KoUstunm «ta; 

Pflänzen einer Kultur ausgelesen und zur weiteren Zächtmigf 
benutzt worden, erhält man Kassen , welche die vom Züchter 
gewünschten Eigen scbÄften in sehr viel höherem Mafee besitzeu 
als die Auagangskultar. Es entsteht aber keine neue £igen 
Schaft Läfst die Selektion nach, so geben die augezQchteten Eigea> 
Schäften nach einigen Generationen wieder zurück. Ganz anders 
verhält es sich bei der Mutation, der zweiten Gruppe d e V ri e s'. 
Bei dieser erhält die Tochter eine Eigenschaft, welche die Mutter 
nicht besafs. Diese neue Eigenschaft tritt plötzlich auf und. 
wird von der neuen Art gleich zu Anfang zäh festgehalten. 
Eine Selektion ist unnötig; sobald die liutation aufgetreten ist, 
wird sie vererbt. Dadurch, dafs dieses neue Mierkmal konstEint 
vorbanden ist, darf die Variation ab eine neue elementare Art 
angesehen werden. Die Fähigkeit zu mutieren, besitzt nicht 
jede Pflanasenart und nicht jedes Individuum. Die Mutation tritt 
plötzlich auf und ist unbeschränkt in ihrer Richtung, es können 
für dio neue Art nfitzUche oder schädliche Eigenschaften ent- 
stehen. Es mangelt mir hier der Raum, den interessanten Aos- 
föhrungen von de Vries weiter zu folgen, und ich verweise daher 
auf sein Buch'^. Es scheint mir aber erlaubt, seine Theorie 
in der Bakteriologie und speziell auf unseren Fall anzuwenden. 
Auch bei unserem Bacterium coli tritt die neue Eigenschaft 
plötzlich auf und ist sogleich für alle Nachkommen erblich. In 
den sdion einige Zeit gewachsenen Kolonien mit vielen Millionen 
Bakterien entstehen am zweiten oder dritten Tag bei der Teilung 
einiger weniger Bakterien solche Bakterien, welche Milchzucker 
unter Gasbildung vergären können. Alle Generationen, welche 
auf dieselben folgen, besitzen diese Fähigkeit auch. Es entstehen 
darum, wenn man mögUehet nur von Knötohen, welche die 
neuen Kolonien darstellen, Material zur weiteren Verimpfung 
benutzt, fast rein rote Platten. Jedenfolls eriiält' man aber ganz rots 
Platten, wenn man von einer auch noch so jungen roten Kolonie 
abimpft. Eine Selektion braucht dabei nicht stattzufinden, es 
brauchen keine besonderen Mafsrcgeln ergrififen zu werden, um 
die neue Ei*;onschaft den nachfolgenden Generationen zu erhalten ; 
es bedarf im Gegenteil eines be.sondei'eu günstigen Zuiulies, um 



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Von Rnddf MaMini. 



291 



eine Kolonie zu finden, bei welcher es gelingt, die neuerworbone 
Eigenschaft rückgängig zu machen. 

Wichtig dabei ist die Tatsache, dafs wir diese Mutation will- 
küHich durch einen f^Anz bestimmten Zusatz zum Nährboden 
erhalten können. Mau wird ja auch in der übrigen Botanik 
Aofsere Einflüsse annehmen müssen, welche den Anstofs zur 
Mutation geben, nur sind diese [noch so unbestimmt und fein» 
dafs wir sie bis jetzt nicht analysieren können. AuCserdem 
mufs aber die Pflanze zur Mutation disponiert sein oder nach 
de Vries sich in einer Mutationsperiode befinden. In einer 
solchen Periode befinden sich nach de Vries nicht alle Arten 
zu gleicher Zeit, sondern nur einzelne Arten. Unser Kolistamm 
würde sich dann gerade in einer solchen befinden. Es eikUlrt 
sich daraus der Umstand, dafs diese Erscheinung der Knötchen- 
und Variationsbildung, trotz der vielen Arbeiten in dieser Gruppe» 
bis jetzt noch nicht bekannt ist. 



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292 Über 0inea In biolog. Benthung i ntc w— . Kol h te mm etc. VonR.MM8iiiL 



LiterataryeizeielmiB. 

1. M. W. Beyeriuck, üa difiereut forms of heredltary Variation of mi* 
krobw (Kon. Aktd. von WetenM^appen t« Amfttordam, 27. Okt. 1900). 

8. A. BobmOf Die Anwendan; der Ehritc hidien Indolmakt. für bakte- 

riolugische Zwecke. Zentmlbl. f. "Hnkt. ptc I- Abteil., B»! XT,, 1905, S. 1. 

3. Cl>i\nnot et Tliiry, iStiuliea on chroaiogenie Bacteria. Note» on the 
pigment of Bac. polycbroruug. Ref.: Kochs Jahresber. l'MO, S. t>B. 

4. Conn, NatDri. Variettten von Bakterien. Ref. ZenUralbl. f. Bakt ete. 
Abt. 1, Bd. XX VII, 1900, 675 

5. Fh Eisenberg, Über sekuDd. Bakterienkolou. Zentralbl. f . BakL ele. 
Abt. I. Bd. XL, 1905, 8. 188. 

6. Krause, BeibUge zar Kenntnis d. Bac. pyocyaneue. 2MitralU.t. Bakt ete. 
Abt. I. Bd. XXVU, 1900^ B. 769. 

7. W. Kuntze, Ein Beitrag zur Kenntnis der Bedingan^rcn der Farbstoff- 
bildnntr d Bac. pmdijjiosns. Zoitschr. f. Ilyp , Bd. XXXIV, 1900, S. 69. 

a. Luckliaid, Über Variabilität und Bedingungen der Farbstoffbildang 
bei Sjialtiiilxen. Ref. Koch, Jahresber. 1901, 8. 81. 

9. R. Neumann, Stadien Ober die VaiiabilitAt der Farbstoffbildung bei 
Microc. i)yog:. n nur., Staphyioc. pyog. aur. und einigen anderen Spalt 
pilzen. Arch. f Hyg., Bd. XXX, 1^97, S 1. 

10. M. Neifser, Zur Difforentialdiaguo^e d. Diphtheriebaz. Zeitschr. f. Hyg., 
Bd. XXIV, 1897, 8. 443. 

11. ~, Über die Symbtoee d. InfliaentabaaiUen. Deatsche ned. Wochenechr.» 

1003, S. 462. 

12. ii. Noefske, Neue UnterMuchugnen über den Bac. pyocyaneus und 
die Oeeetae der Farbstoffbildung. Bef. Koch, Jahreaber. 1900, 8. 72. 

18. H. Preisz, Stadien über Morphol. u. Biolog. d. Milsbrandbas. Zentral- 

blatt f. Bakt, Abt. 1, B,i. XXV, S. 280. 

14. A. Rodet, De la variabililö d&nf* Ics luicrobes, Paris IKM. 

15. S. Bttcsicka, Vergleich. Studien über d. Bac. pyoc. und Bac riaoresc 
liqoef. Aich. f. Hyg., Bd. XXXIV, 1899, 8. 149. 

16. V. Schierbeck, Über die VariabilitÄt der Milchsäurebakt. mit Besag 
auf ihre Ganiiisfifähi^keit. Arch. f. Hyg., Bd. XXXVIIT, 1900, S. 294. 

17. n. de Vrios, Die Mutaiionslheorie. Leipzig 1901 und 1903. 



20 



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üntersaciiiuigeiL aber deuMechnnismafinicMbaktenzider 

Immimität. 

Von 

Dr. Edmund Weil, 

AMlttent«tt an Itutitiit*. 

Aua dem hjrgieniMhen Inatitate der deutschen UniverBitiU ia Praf. (Vont&nd 

Prof. F. Hueppe.) 

Frohere Vefsucbe» wekhe im Zentralblatt für Bakteriologie, 
Bd. 43 Heft 2 inii|;eteilt worden, haben geseigi, dafe ein Cholera 
Immaneenimt welches infolge Komplementanangele seine Sehutz- 
wirknng im Tierktyrper eingebflfst hat, trots Fehlens von Kom^ 
plement bei Anwesenheit von Lenkosyten Sehuts verleiht Dies 
ist aus dem Grunde von Interesse, weil eine Reihe von Autorm 
den LeakoKyten komplementSieFfthigkeiten absprichtp eine andere 
Reihe von Forschem wiederum die Phagozytose für belanglos 
hftlt. Es konnte also der Beweis erbracht werden, dafs die Leuko- 
syten in bezog auf den Endeffekt, d. h. anf die Lebensreitung, 
die Wirkung des Komplements vollständig ersetaen. Dies gilt 
ffir ein faidcterisides Immunserum, wo Versuche im Glase und 
im TierkOrper bei intraperitouealer Infektion die volle Überein- 
stimmung ergeben, indem nur bei Anwesenheit von Immun- 
körper und Komplement die Umformung in Granula erfolgt. 

Es gibt jedoch eine Reihe von Inimunseris, bei denen eine 
bakterizide Wirkung niclit zur Beobaclitung <i;ehingt oder bei 
welchen die Differenzen ^iwischen Ürgaaisuius und Reagenzglas 
ganz auffnilige sind. So löst z. B normales Kuniuchenserum 

AldriT m Hygien«. Ud. UCL Sl 



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294 Üntenoehungen Aber den Mechanismns nichtbakterisider tmmaiiitAt. 

grüfse Mengen von Mihbrundba/.illen im Gluso auf, im Körper 
ist etwas Derartiges nicht beobachtet. Andere Inimunsera wieder- 
um zeigen deutlichen Schutz und sind autaerhalb des Körpers 
bakteriolytisch unwirksam. So das Pestinnnunserum , welches 
von Kolle, Hetsch und Otto deshalb als antiinfektiöses be- 
zeichnet wurde. Durch die Entdeckung der Opsonine (Wright) 
oder bakteriotropen Substanzen (Neufeld) erklärte man sich die 
Wirkung derartig nichtbakterizider Sera so, dals diese mit den 
Bakterien in Verbindung getretenen Stoffe die Bakterien leichter 
den Leukozyten zugänglich machen. Ei ist bis heute noch nicht 
entschieden ob sich die Ambozeptoren mit den bakteriopen Sub- 
stanzen decken. 

Die nachfolgenden Untetsuebungen wurden aus dem Grunde 
unternommen, um in den Mechanismus der nicht bakteriziden 
Immunität einen Einblick zu erlangen. Die Immunität gegen 
Hflhnercholera schien deshalb geeignet, weil im Tierkörper sicher 
eine Bakterizidie nicht vorliegt und auch aus dem Grunde, weil 
den Leukozyten in bezug auf Phagozytose nur eine unteigeord- 
nete Rolle zuzukommen scheint. Die hämorrhagische Septikämie 
wurde schon frOher einer genaueren Untersuchung unterzogen, 
teils um die Agressivität dieser Bakterien, teils auch um die 
Immunität gegen dieselben zu studiereu. Durch die Aggressin- 
Imufunisiemng konnte eine bis dahin nicht bekannte hohe Immu- 
nität gegenüber den empfindlichsten Tieren erzielt und ein hoch- 
wirksames Schutzserum erlangt werden. Benders der letztere 
Umstand ermöglichte es, die Wirkungsweise des Immunserums 
zu untersuchen. Das Hühnercholera -Immunserum wurde von 
Kaninchen gewonnen, welche nur steriles, zentrifugiertes Kaninchen- 
ft^L^ro.ssin subkutan bekoinineu liatten. Die genauere lininuni- 
sierungsteehnik ist aus den früheren Arbeiten bekannt. Als 
\'eräucliätiere wurden fast nur Meerschweinchen ^) verwendet, um 
einerseits dt n Infcktionsverluul in der Bauchhöhle zu verfolgen, 
anderseits deshalb, weil der von uns verwendete Stanmi in der 
Keimeinzahl bei iutraperitonealer Intektion auf Meerscliweinchen 
tödlich wirkte. 

1) sämtliche Meerech weinchen waren über dÜO g schwer. 



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Von Dr. Kdimind Weil. 



Znnttchst war nun die Beteiligung des Komplementes bei 
der abertrageneu Immunität festzastellen. Bleibt ein bakterixidefl 
Immanserum (Cholera) bei Komplementmangel wirkungalos, so 
ist die Erklttnmg eine leichte; die Bakterien werden eben ohne 
Komplement nicht aufgelöst; anders aber liegen die Verhältnisse 
bei Immunseris, welche eine AuflOsang der Bakterien im KOrper 
nicht sustande bringen, wo also das Komplement die Rolle der 
Abtdtung nicht spielen kann, wo es eigentlich keine Funktion 
aussuttben hfttte. 

Wir besitEen nun in der Erzeugung einer Präzipitation ein 
sicheres Mittel, um nach der Ablieben Anschauung »Komplement 
SU binden«, und wenn man zu solchen Versuchen die Meer« 
schweinchenbaucbhohle wählt, so kann man das in derselben 
enthaltene Komplement zum grOfsten Teile unwirksam machen. 
Die »Komplementbindung« wurde in diesen Versuchen durch 
Gholeraextrakt und Choleraimmunserum hervorgerufen und zwar 
auf dieselbe Weise, wie sie in der früheren Arbeit gcuau be- 
schrieben ist Das Immunserum wurde an Meerschweindien, 
wie der beifolgende Versudi zeigt, austitriert. 

Twsaek L 80. DC. 

Meerschweinchen 1. 0,5 ImmanaerDm, gleich dtianf Vm com 
BouiUonkultur von Hülinercholera. 

iS'ach ä Stunden: Massenhaft Zellen, einzeiue Bazillen. 
Nach 21 Standen: Eiter, keine Bakterien. 
Bleüjfc daaemd am Leben. 

Meerschweinchen 8. 04 Immnnaeram, gleich darauf Vm ^cm 

Bonillonkultur. 

Nach 3 Standen: Zahlreiche Zellen, einzelne Bazillen. 
Nadi 91 Standen: Eiter, einielne BasiUen. 
Bleibt danernd am Le1>en. 

Meerschweinchen 3. 0,& norm. Kaninchensenun, gleich daraaf 
'/,^ ccm Bonillnnknltnr. 'Kojitrolli. 

Nach V? stunden: Neben zahlreiciien Leukozyten zahlreiche I?ftzillen. 

Stirbt nach weniger als 18 btuuden. Im BaucbhöblenexBudate tuassen- 
haft BaiUlen, spirliche Zellen. 

Wir euUiebmeii daraus, dafs uih^er Immunserum gegen die 

vielfach tödliche l^osis in der Menge von 0.1 ccni Schutz verleiht, 

also dafs wir eiu hoch wirksames Schutzserum besitzen. 

21* 



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2d6 ÜntATsacbatigen über deu MectiaoiHUiuä nit-htbakteriziUer Imiuunitat. 



Der nacbfdgende Versach zeigt nim die Wirkung dee Immun- 
aenimg, wenn aus der Bauchhöhle das Komplement durch das 
komplemeut-bindende System entfernt ist 

Teiweli II. 8. X. 

MeerBcbweincheh 4. 2,5 Choleraextrakt -}- 0,1 Oholflndminan» 
sorum intraperiti ne»! : >/« ^ttinfln dnrauf (^2& HOhnercholftra-Immmwarain 
Vi» ocm Bouillonkultur intrap«ritoaeal. 

Nach 1 Stand«: Wenige Zellen, tthlid«h« BnctUen. 

NmIi 9 8tand«n : Neben wenigen Zellen eebr nbbmcbe Bwdlten. 

Nach 3 Stunden: Spärliche Zellen, massenhelt Beilllen. 

Nach 6 Stnnden : Wimmelnd von Bazillen. 

Stirbt nach 11 Vt Stunden. Im Bauchhöhlenexsadat masBonhafi ßuzilleu. 

Meeracbweinchen 5. 2,b Choleraextrakt -f- 0,01 Clioieraimmun- 
eenim intreperitoneel ; neeh V4 Stunde 0,S5 Hahnerdiolen-Immanieram -|- 
Vio ccm Boaillonkoltar intraperitoneal. 

Nach 1 Stande: Wenige Z«Uen, etvai weniger BestUen Ale bei Meer» 
echweinchen 4. 

Nach 2 Standen : Wenige Zellen, sebr sablreicbe BaxiUen. 

Neeb 8 Stnnden: Meeeenhaft BaeUlen» epirlidbe Zellen. 

Nach 6 Standen : Wimmelnd von Bazillen, keine Zellen. 

Stirbt nach 11'/« Stunden. In der Bauchhöhlo nnassenhaft Bazillen. 

Meergchweinchen fi. 2,5 NaCI intraperitoaeal ; nach V4 Stunde 
0^5 Utlhnercholera-liumunserum 4~ ^»^ Bouillonkultur. 

Neeb 1 Stunde: Splrliebe Besillen, epirlicbe Zellen, Pbegosytoee nicht 
deher. 

Nach 8 Stnnden: Bfeeeenbeft Zellen, einielne BasiUen, keine Pbego* 

zytose. 

Nach o Stunden: Maasenhaft Zellen, einzelne Bazillen. 
Nseh 6 Stnnden: Meeeenhnft Zellen, eineeine BeilUen, Ictine Phego> 
zytoee. 

Bleibt dauernd am Leben. 

Meerschweinchen 7. 2,5 Na Ol intraperitoneal; nach '/«Stunde 
0,25 normales Kanincbensenim 4* ^tl cc^^ Bouillonkultur. 
Nach 1 Stande: Wenige Zellen, wenige BeiiUea. 
Nach 2 Standen: Maesenbaft Zellen, spftrlicbe Bazillen. 

Nach 3 Standen - Massenhaft Zellen, spärliche Bazillen. 
Nach 6 Stunden: Weniger Leukozyten, pehr zahlreiche Bazillen 
Stirbt nach weniger als 18 Stunden. In der Bauubböble uiiuisenhaft 
BadUen. 

Wir ersehen daraus dio voll.ständigo Wirknnji^slo.sigkoit des 
Immtinserums bei Komplementmaiipel. Da jedoch der Ciiolerw- 
extrakt lür Meerschweinchen nicht uiigiftig ist, so könnte leicht 



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Von Dr. Edmand W«il. 



897 



der Eiüwuud geheim geiiüK ht werden, dafs bei einem unter dem 
Einflufs der V^ergiftung stehenden Tier, ein Immunserum desluil b 
versa'j't Obwohl der Einwand unberechtigt ist, da ja einerseits 
der Infektionsverlauf ein ganz anderer, anderseits das Doppelte 
des Extraktes von Meerschweinchen vertragen wird, so haben 
wir doch die weiteren Versuche mit dem nahesu migiftigen anB- 
gefällten Frftxipitat angestollt. 

Versuch III. 6. XI. 

Dtt8 Präzipitat wurde auf die Wein»» herce^^tellt, dafs 5 ccm Oholfra- 
extrakt durch Choleraiiumanaerum ') auagefaUt wuriieii, der hieraaf gewaacbeue 
Ni«d«ivehl«g in S ocm Koeb«al»10MiDg anfgMdrPBmmt nnd mm Yarsoche ver- 
wendet wnrde. 

Meerschweinchen 8. Ofi Immanaeram inteftperitoneel ; gMdi 
danraf 0,1 ccm Bonilloakoltur iutraperitoaeal. 

Nach 2 Stunden: Spftrlicbe BaEillen, spfirliche Leukozyten 

h&ch 3 Stunden: Basillen nicht vermehrt, zahlreiche Leukozyten. 

Hadi & Stondeo: Sehr spftrlldke BatHlen» Eiter. 

Necb 8 Standen : Zänselne BeriUem^ EUer. 

Bleibt danernd am Leben. 

Meerschweinchen 9. Präzipitat in 2 ccm NaCI aufgeschwemmt 
uitraperitoneal ; nach V4 Stunde 0,0 Immaneerom 4" ^tl «cm Boaülonkaltnr 
intraperitoneal. 

Nach 8 Standen: Zahlreidie Baalllen, q>ftrlidie Lenkosyten. 

Nach 3 Stunden: Zahlreiche Bazillen, aparlicbe LeakcMyteii. 

Nach 5 Stunden; Massenhaft Hazil'fn, s]>Rrlicho T,enkozyten. 
Nach 8 Stunden: Wimmelnd von Siaziilen, Bpilrliche Leukozyten. 
Stirbt nach weuiger aJu lö Stuadeu mit luaasenbaft Bazillen im Bauch- 
höblenezeodat 

Heerechweinehen 10. 0^6 nonoalea Keninebeneeram, gleich darauf 

0,1 ccm Bouillonkultur intraperitoneal. (Kontrolle.) 

Nach 2 Stunden : Sparlicho !^:i7.i)len, zahlreiche Lealcozytcn. 

Nach 3 Stunden : Bazillen etwau vermehrt, zahlreiche J^nkozyten. 

Nach 5 Standen : Zahlreiche Bazillen, spftrlicbe Zellen. 

Nach 8 Standen; Maasenhafle BasiUen, spirliehe Zellen. 

Stirbt nach weniger als 18 Standen. Im Baaobhtfbleneseadote nuwsen* 
baft Basillen. 



1) Ee ist ganz gleichgQltig, ob das Bitrakt dnreh ^»edieohet JmmQn> 
eerom oder dondk nonnalee Kindemeram aaegefUlt wird. Veisnoiiek die Im 

Institute mit Rindereerumprazipitateu bei Milz>)rand und Schweinerotlauf 
ausgeführt werden, zeigten in allem genau dieselbe Wirkung wie die Immun- 
serumpräzipitate. 



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298 Ontonaehniifen flbw den Mfldi«ai8iniw iiichtb*kterif ider bmnniiittt 

Es wirkt also, wie dieser Versuch zeigt, auch das Präzipitat 
iu deiii^oli eii Siuue wie das Extrakt Iinmuiiserumgemisch. 

Aus diose» Versuchen geht zunächst hervor, dafs das Imimm- 
serum seine Wirkung vollkoninien einbüfst, wenn die Bauchhöhle 
Komplementmaugel aufweist. Die Infektion verläuft trotz An- 
wesenlieit des Immunserums so rapide, dafs sie gar nicht mit 
der des Kontrolltieres 7ai vergleichen ist. Wälirond hei normaler 
Infektion mit einer bestimmten Bakerienmenge in den ersten 
2 Stunden eine Vermehrung der Bakterien nicht stattfindet, indem 
dieselbe erst von der 3. Stunde au beginnt, setzt dieselbe beim 
komplementarmen Tiere sofort eio, so daTs sich in der 3. Stunde 
schon eine solche Menge von Bakterien vorfindet, wie beim 
Kontrolltierchen erst iu der 7. bis 8. Stunde. 

Der folgende Versuch zeigt, dals die Immunserumwirkung 
auch bei subkutaner Infektion Tersagt, wenn durch einen Prftzipi- 
tatioDSTorgang Komplement ausgeschaltet wird. 

Termch IV. 22. VII. 

Maus 1. U,ö Choleraextrakt -|- 0,1 Choleraiuinmuserum eubkatau; 
nach 1 Stande 0,2 Hflhnerclkole»'IminiuiMrttui -|- Vtg Tropfen Bonillonkultur 
■ttbkatan. 

Stirbt nach 27 Stunden. An der Infektionietelle and im Henblnt 

maasenhaft Bazillen. 

Maus 2. 0,5 Choleraextrrtkt -f" OholeraiiuuumHeruin Bnbkutan; 

Dach 1 Stunde 0^ HUhuercbolera-IiumuuBerum -\- '/te Tropfen iiouilloukuliur 
eabkotan. 

Stirbt nadb 18 Stunden; an der Injekttoneetdie and im HenUot maeeen 

baft Bazillen. 

M n n s 8. 0,5 Choleraextcakt 4~ ^»^ Cholenummanseram. 

Bleibt am Leben. 

Maas 4. 0,6 normales Kaninchenaerom eobkutan; nach 1 Stunde 
Ofi HQhnercholm«>ImmanMram 4* 'A« Tropfen fiouUlQnknltnr «nbkatan. 

Bleibt am Leben. 

Maus 5 (Kontrolle). 0^8 normales Kaninebeneemm -|- Vt* Tropfen 

Bouillonkultar subkutan. 

Stirbt nach 18 Stunden. Im Herzblut und an der Infektionsstelle massen- 
haft Baaillen. 

Von unseren Versuchen mit Choleravibrionen her wissen wir, 
dafs das l'elilende Komplement durch die in der Buuclihöhle 
vorher angesumuieUen Leukozyten ersetzt wird, indem dieselben 



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Von Dr. Edmund Weil. 



290 



je nach der Menge der angewendeten Imiminseruindosis die Vibri- 
onen mehr oder weniger rasch aufnehmen und in ihrem Innern 
zerstören. Da jedoch die Leukozyten gegenüber den IlühDei' 
cholerabazilleu eine andere Rolle spielen, so war es von Interesse, 
die Leukozyten Wirkung bei Komplementmangel zu untersuchen. 
Leukozyten wurden durch zweimalige in zehnstündigen Inter- 
vallen vorgenommene Einspritzung von Aleuronat oder frischer 
steriler Bouillon in der Bauchhöhle von Meerschweinchen ange- 
sammelt, sodafs die vor der Infektion^) entuommene Bauchhöhlen- 
flüSBtgkeit dickeitzige Beschaffenheit aufwies. Das Übrige geht 
aus den Versucbspiotokollen hervor. 

Tenaeli T. 6. XI. 

Meerschweinchen 11. 2,5 Choleraextrakt -|- 0,05 Obotendmniwil* 
serum intraperitonenl ; nach V« Stande 0,6 Hahnercbolerft-ImoiaiUMimm + 
0,1 ccm Bouillonkultur. 

Naeh 1 Stunde: Ziemlich lahlreiche BasUlen, keine Zellen. 

Nach 2 Btondon: SSahlMidke fiaaülen, keine Zellen. 

Nach 3 Stunden: Sehr zahlreiche BavdUen, wenige Zelten. 

Nach 6 Pt^lnf^en: Massenhaft Bazillen, ■wpn'i'e Zellen. 

Kach Ö ijtunden: Massenhaft Basilleo, wenige Zellen. 

Naeb 9 Standen: Wimmelnd von Bamllen, irenige Zellen. 

Stirbt nach weniger als 20 Stunden. In der Baochhofale massenhaft 
Hühnercholerabazillen, daneben vereinzelt didke anaerobe Sttbehen. '(Pest' 
mortale Verunreinigung vom Darme her.) 

Meerech wei nch e II 12. Mit Alenronat intraperitoneal vorbehandelt. 
2,5 Chuleraextrakt 0,06 Chüleruimmanserum intraperitoneal ; nach V« Stunde 
0,5 ImmuQserum -|- 0,1 ccm Bouillonkultur intra peritoneal. 

Nach 1 Stande: Zahlreicbe Lealcotyten, vereinielte Basillen, keine 
Phagozytose. 

Nach 2 Stunden : Eiter, vereinzelte Bazillen. 

Nach 3 Stunden: Eiter, vereinzelte Bazillen. 

Nach 6 Standen: £it«r, vereinaelte Bacillen. 

Nach 8 Standen: Eiter, ?eieinielte BaiUlen. 

Nach 24 Stunden : Eiter, keine Basllen. 

Bleiht danemd am Leben. 

Meerschweinchen IS. Na Ol 0,5 HQhnercholera-Immnn- 
eerum; gleich darauf 0,1 ccm Bouillonkultur intraperitoneal. 



1) Die Infelrtion wurde stets 14 Standen nach der aweiten Alenronat- 

resp. Bouilloninjektion vorijenommen, MO dab 24 Standen alte« läter (Mikro- 
phageneiter) in der Bauchhöhle war. 



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300 ünterBocliiiiigen Aber den UMhaaiimu nichtbaktoriiider Immanitlt. 

ütuck 1 Stande: Vereinzelte BazilieD, keine Leukozyten. 
Nach S (Mudni; SpteKtibe Banllen, Leokoqrton Tcnrohrt 
yach 8 Standen : 8«lir iranige fiesUIen, sehliwehe Lenkosjten. 

Nach G Stunden: Sehr wenige Bazillen, Eiter. 
Nach ö Stunden : Rehr wenige l^a^ülen, Eiter. 

Nach 24 Stunden : Baullen alark vermehrt, Eiter, Phagozytose einzelner 
]f ekrophagen, Mikrophagen ehne Phagozytose. CTier vonkommen manter, keine 
aehmenhefle FeritonitiB.) 

Nach 48 Stunden: Noch immer massenhaft Bazülnn, die ncb snin Teil 
lU Fäden uneinanderlegen, zum Teil eztrazeliulAr zerfallen* 
Bleibt dauernd am Leben. 

MeeraebweincheD 14. Hit AJenronat intraperitoneal voibebandelt 
(EontroUeb) Ofi normalea Xaninebenaeittin + 0,1 ocm BonilloDkaltar Intnip 

peritoneal. 

Nach 1 Stunde: Zuhlreiche Leukozyten, vereinzelte Bazillen. 
Nach 2 Stunden: Eiter, spArliche Bazillen. 
Nach 8 Bonden: Eiter, beginnende Vermehrang der BaiiUen. 
Nach 6 Stunden: Weniger Leukozyten, massenhaft Bazillen. 
Stir1)t nach weniger ala 20 Standen. Im BaachbOhlenexsadata nueaen» 
hafl Bazillen. 

Yenidi TL 8L X. 

Meer ach weineben 15. PrUdpitat von 8 com Choleraextrakt mit 
Choleraimmiingemm anagefiAllt nn<\ in zwei Teile geteilt. Die eine Hälfte des 
Präzipitatee in 2 ccm NaCl aufgescbweamit intraperitoneal; nach V« Stunde 
0.5 HQhnercholera Imwuneerum + 0,1 ocm Bonilionknltur intraperitoneal. 

Nach IV9 Standen: Zahlieiche Badilen, wenige Zellen. 

Nach 3 Stunden: Maaaenhaft Bazillen, wenige Zellen. 

Nach b Stunden: Wimmelnd von Bazillen, wenige Zellen. 

Nach 6V1 Stunden: Wimmelnd von Bazillen, wenige Zellen. 

Stixbt nai^ 11 Gnaden. In d«r Baaehb<lble mawenhaft BailUen. 

Heeraeb weineben 16. Mit Bouillon iatrapoitoneal Torbebandett. 
Die andere Hälfte dea Präzipitaten in 2 octn Na Cl aufgeschwemmt intra- 
peritoneal ; nach V« Stunde 0,5 Hühnercholeralmmunserum 4- ^»1 Bouillon« 
kultur intraperitoneal. 

Nadi l'/t Stmiden : BpftrUdie Baalllen, Eiter, Fhagosytoae nicht eicber. 

Nach 3 Standen : Spärliche Bazillen, Eiter, Phagoaytose nicht eicher. 

Nach 5 Stunden: Si>iir)ir}:r Bazillen, Eiter, PhagcaytOM nicht aicher. 

Nach H' 'j Stunden: Einielne Bazillen, Eiter. 

Nach 24 Stunden : iiLeine Uaziileu, Eit«r. 

Bleibt daaemd am Leben. 

M e e r R c h w e i n c h e n 17. OJb HOhnerebolera'Immanaeram 4* 0*1 ccm 

Bouillonkultnr intraperitoneal. 

Nach 1 Vj Stunden: Spärliche Bazillen, wenige Zellen. 

Nach 3 Stunden: Spärliche Bazillen, sahireiche Zellen. 

Ifach 5 Standen: Spirlidie Baalllen, aalilreicbe Zellen. 

Nach 6',', Stunden: Vereinzelte Bazillen, zahlreiche Zellen 

Nach 24 Stunden: Vereinaelte Basillen, Eiter. Bleibt dauernd am Leben. 



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Von Dr. Edmund Wml. 



801 



Meerschweinchen 18. Mit BouiUuu intraperitoneul vorbehaudeU. 
0,5 aonnaleo Kaalnehonseram + 0,1 ocm Bonillonkaltor intnq[ieritonral. 
(Kontrolle.) 

Nach l'/i Stunden: Spärliche Baiillen, Eiter. 

Nacli 3 Ptunden: Ziemlich zahlreiche Bazillen, Eiter. 

Nach 0 Stuuden: Zahlreiche BasUlen, wenige Leakoxyten. 

N«oh 6V« Stunden: Wimmrind von Beifllen, wenige Zellen. 

SUibt neeh 18 Standen mit meeienheltBeiillen im BandihOhlenezendate. 

Zunächst ist in r!ip??en Versuchen autlällig die starke nach- 
trägliche Vermehrung beim Immnntier (Meerschweinchen 13), 
welche jedoch schadlos vertragen wird, und worauf wir noch 
zurückkommen wollen. Sonst geht aus diesen Versuchen her- 
vor, dafs das durch das komplementbindende System (Choleru- 
Extr., Chol.-Immunser.-Gemisch oder Präzipitat) unwirksam ge- 
wordene Komplement durch die anwesoDdeu Leukozyten 
Yolikommen ersetzt wird. 

Es liegt nun die Frage yor, welche Bedeutung das Komple- 
ment fQr das Immunserum beutsi Der Gedanke, dafs es eine 
bakterizide Funktion ausübt, ist sehr nabeliegend. Wir glauben 
jedoch, dab dies nicht der Fall ist. Bei der Milzbrandinfektion 
ist die Venndirung der Bszillen (Auftreten tierischer Milsbraud- 
basillen) bei Eomplementmangel in der Meerschweinchenbauch- 
hohle, wie Versuche von Bail gezeigt haben, eine so verfirtthte, 
dab dieselbe bereits in der 1. Stunde erfolgt, während beim 
analog infizierten KontroUtiere erst nach 24 Stunden Kapsel- 
bazillen auftraten. Bei Milslmuid sind aber die bakteriziden 
Verhältnisse sehr genau untersucht, so dafs noch 7on keinem 
Autor im Meerschweinchenserum ein bakterizides Komplement 
für Milzhrandbazillen aufgefunden wurde, also dem Komplement 
eine andere als bakteri/.ide Funktion zugeschrieben werden nuifs. 
Wenn wir den Verlauf der Hühnercholeranilektion bei Immun- 
tieren und Konlrolltieren vergleichen, so finden wir bei den von 
uns stets angewendeten Bakterienmengen bis zur 2. Stunde gar 
keine Differenz zwischen beiden. Erst nacli der 2. Stunde setzt 
beim Kontrollticr die Vcrmolirung ein, die beim Immuntier 
ausbleibt. Beim kom|)lornfM:tarmen Tiere setzt jedocli die Ver- 
mehrung sofort ein. bonach scheint die Bedeutung des Ivomple- 



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302 Untorenchongen Aber den Meehftuiamne nlehtb«kterislder Imoiitnitftt. 

nientes darin zu liegen, dafs durch dasselbe wenigstens für die 
ersten 2 Stunden die rapide Vermehrung der Bakterien hiutau- 
gehalten wird.^) Abtöten kann das Meersch weinchen kompleinent 
keinen einzigen Bazillus« wie man sich auch durch Versuche im 
Glase überzeugen kann, wo daa Meerschweinchenserum einen 
ausgezeichneten Nährboden für die Hühnercholerabazillen dar- 
stellt. Würde im TierkOrper das Komplement eine bakterizide 
Wirkung ausüben, so müfste es doch gelingen, bei Injektion 
mit wenigen Keimen eine AbtOtung derselben zu erzielen, was 
jedoch, wie schon frühere Autoren festgestellt haben, nidit der 
Fall ist. Ein lebend» Keim stellt bei intraperitonealer Injektion 
die todliche Dosis dar. Bei der Injektion mit einer sehr geringen 
Bakterienmenge bleibt die Bauchhöhle bis zur 12. — 20. Stunde 
keimfrei und erst dann treten in der eitrigen Bauchhöhle die 
ersten Keime auf, die sich trotz Anwesenheit der Leukozyten 
schrankenlos vermehren. Wohl der beste Beweis dafür, dafs 
der normale Meerschweinchenorganismus nicht über Mittel ver- 
fügt, in seinen Saften die Hübnercholerabazillen abzutöten, er 
zeigt aber auch, dafs die Leukozyten ihnen gegenüber machtlos 
sind. Es wäre wohl möglieh, dafs das Meerschweinchenkomplement 
im Vereine mit dem Immunserum bakterind wirkt. Diese Frage 
hat jedoch für die Erklärung der sofort einsetzenden Vermehrung 
bei Komplementmangel keine Bedeutung, weil ja, wie erwähnt, 
auch beim normalen Tier die Vermehrung in den ersten Stunden 
aufgehalten wird. 

ITaheii die vornnp^ehenden Versuche gezeigt, dafs das Hühner- 
chülera-Ininiunseruiii aul die Mitwirkung des Organismus an- 
gewiesen ist, sei es in der Form des Komplementes oder der 
Loukoz.yten, wocluroli «.s mit einoiii bakteriziden Immunserura 
anscheinend in I bcieinstirnmunu steht, so war nun weiter zu 
untcrsnrIieiK wclchur Art die wirksame Substanz im Immunserum 
sei. Oh es ein Jininutikörper nucii Art eines bakteriziden Ambo- 
zeyiforH sei. wrichtT sicli mit den Bakterien verbindet und sie 
der auflösenden Fähigkeit der Körpersäfte zugänglich macht, oder 

1) Wir mQesen lugeBtehen, dafii diese Erkllrang nicht Tollkommen 
ausreicht. 



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Von Dr. Edmand Weil. 303 

eine Substanz, welche die Bakterien für die Aufnuhmc durch 
die Leukozyten geeignet macht im Sinne seiner bakteriotropen 
Substanz. Wir kennen bereits eine Reihe von Bakterien, welche 
mit dem betreffenden Immunserum keine Verbindung eingehen, 
welche sich, mit Immunserum bebandelt, im Tierkürper wie nor* 
male Bakterien verhalten. Nur das mit eingespritste Immun- 
serum yerleiht Schuts gegen diese Bakterien. Bei Ausführung 
derartiger Versuche müssen verschiedene Umstände in Betracht 
gezogen werden. Ea isi nftmlich möglich, dafs derartige Immun* 
sera nur eine geringe Idenge von Immunkörpern besitzen und 
demgemäfs die Behandlung der .Bakterien entweder mit einer 
grO&eren Menge von Immunserum Torgeuommen oder zur Be- 
handlung wenige Bakterien verwendet werden dürfen. Dann 
kann es femer sein, dafs durch intensive Behandlung der Bak- 
terien, wie melirmaliges Waschen, der vielleicht nur lose an die 
Bakterien gebtmdenen Immunkörper leicht losgesprengt wird. 
Die Beobachtung dieser Kautelen läfst sich leicht bei Hühner- 
cholera durchführen, indem durch entsprechende Verdünnungen 
die Iiiiinunseruniwirkunr^ ausgeschaltet wird, die Bakterien aber 
noch iii der tödlichen Menge vorhanden sind. Ein derartiger Versuch 
wurde zunächst an Mäusen durchgeführt, gegen welclie dasinnnun- 
Berum in der Menge von 0,1 sicher schützte Die Behandlung 
der Bakterien wurde so vorgenommen, dafs zu je 1 ccm Immun- 
serum und 1 ccm normalen Kaninchenserum 1 Tropfen Bouillon- 
kultnr von Hühnercholerabaziiien hinzugesetzt und 1 Stunde bei 37" 
und 2 Stunden bei Zimmertemperatur belassen wurden. Die Injektion 
wurde mit je ' ,,/rropfen beider Flüssigkeiten vorgenommen. Durch 
diese Verdünnung wirkte einerseits das Innnunsermn nicht mehr, 
anderseits mufsten die Bakterien mit Sicherheit jede Beeinflussung 
ericennen lassen; die Injektion wurde demgemäfs allerdings mit 
einer sehr geringen Bakterienmenge (V»« Tropfen ca. 3000 Keime) 
voigenommen. 

Yersttoh TU. 20. VII. 

MauB 6. Vfw Tropfen mit 1 ccm Immansenim behandelter Bazillen, 
sabkatau. 

Stirbt nach 18 Standen. An der Injektionwtetle und im Herzblut mas«ett' 
haft BaiiUen. 



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304 üntttraaehangeii Aber den Medtauiemna nlebtbikteriiider ImmuniUK. 

Maas? (sehr grofo). Iiifixiert wie Maus 6. 

Stirbt QMh 20 Stunden mit dem gleidken Befand wie Maus VL 

Haas 8. Vt«« Tropfen mit 1 ccro normalem Kanineheniieram behan- 
delter Bazillen subkutan. 

Stirbt nach 16 Standen. Maaaenbaft Basillen im Blate and an der 

lafektionsätelle. 

Maus 9. lofisiert wie Maus 8. 

Stirbt nach 16 Stunden. Befond wie bei Maus 8. 

Eme Bindung nach Art einea bakterisiden Ambosaptora, wie 
bei Cholera oder Typhna, ist hier nicht nachaoweiBen^)» denn ea 
veriiaiten eich die mit Immanserum behandelten Bakterien genau 
80 wie normale, obswar die Bedingungen für eine Bindung die 
absolut gflnetigeten sind. Es war noch ein Punkt in ISrwägung 
SU ztebent um eyentuell eine Bindung von bakteriotroper Substana 
XU zeigen, indem man vorher Leukozyten ansammelt und hierauf 
die mit Immunserum behandelten Bakterien einapritst. Die 
schon vorhandenen Phagozyten mOfaten dann die behandelten 
Bakterien leidit bew&ltigen kOnnen. 

Tenaeh THI. 8. XL 

Bazillen (ca. 0,5 ccm Bouillonkultur entsprechend) zweimal mit je 1 ccm 
Immnneemm t Stunde bei 87* behandelt nnd Ober Nacht anf Eüa anfbewahrt» 

da» überstehende Itniuiiii^erum abgegossen, die Bakterien nicht gewaechen 
nnfi in 1 ccm NaCl anf^;e8ch\voninit DHriapU-f n Behandlung wird die gleiche 
Meuge mit normalem Kauiuchensennn unterzogen. 

Meerschweinchen 19. Mit Bouillon intraperitoneal vorbehandelt. 
Infiziert mit Vio "^'^ Immunseruiu behandelten Bazillen. 

Nach 16 llinnten: Einaelne freie Baallten, Eiter, keine Fhago^toae. 

Nach 1 Stunde. Einzelne freie Bazillen, Eiter, keine PhagOiytOM. 

Nach 5 Stunden: Keine Bazinen, Eiter, keine PhaKozytose. 

Mach 7 Stunden: tiparliche freie Bazillen, Eiter, keine Phagotytose. 

Stirbt nach 38 Stamteii nüt maaeenliaft Barillen and aptrUeben Zeilen 
in der Bandihdhle. 

Meerschweinchen SO. Mit Bouillon intraperitoneal vorbehandelt. 

Infltiert mit Vio « cni mit normalem Serum behandelter Bazillen. 

Nach 15 Minuten; Sjtflrücbe Bazillen, Eiter, keine Phagozytose. 
Nach 1 Stunde: Spärliche Bazillen, Eiter, keine Phagozytose. 

I) Diee besieht eich nur auf eine fQr Tlerkerper nachwdsbare Bindung 

es liegt nicht im Interuase unserer UnterHuchung, ob sich eine Bindung fftr 
die Koagen«glaeverhaltniaee naehweiaen UUst (Bordetacher Verauch). 



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Von Dr. Edmund 



d05 



Kach ö Standen: Zftblraiohe Baulieo^ Eiter. 

NmAi T StuiMtoBt UuMühsfl BMlUeii, weniger Lenkosyten. 

Stirbt nach 13—90 8tnnd«ii» mit masMnluft Baaillen und ■pirlicfaen 

Leukozyten in der Bauchhöhle. 

M 0 r s c h w e i n c h e n 21. Infisiert mit Vw ccm mit Immanseram be> 
handelier Bazillen. 

Naeh 16 Mimatsn: Bplilielw frei» BwiUen, kein« 2M1m. 

Nadi 1 Stande: Spftrliehe freie BasiUen, kdne Zellen. 

Nach 5 Stunden : Neben eahlreichen Leukozyten maaaenbafl Badllen. 

Nach 7 Standen: MasHenhaft Bazillen, vvenige Spellen. 

Stirbt nach 13 Stunden mit maasenhatt Bazillen in dem Bauchhöhieu- 
aacandate. 

▼eraneh IX. 6. XI. 

Barillen ca. 0,6 oem BouiikMikiiltar eutaiivedieod aweimal 1 Stunde bei 

37° mit 1 ccm Imoianserum bebandelt, hierauf Über Nacht auf Eis aufbewahrt, 
abzentrifugiert, einmal gewaschen und in 1 ccm XnCl aufgeschwemmt« Eben- 
so werden Bazillen mit normalem Kiiuiiichenserum bebandelt. 

Meerschweinchen 22. Mit Bouilluu iutraperitoneal vorbehandelt. 
Intraperitoneal inflalert mit Vto ceui mit Immanaerum behandelter Baaillen. 
Nach 16 Minuten: Spärliche froie Ba/illen, Eiter, keine Phagozytoae. 
Nach 1 Stunde. Spilrticlie freie Riizillen, Eiter, kein«^ Phii^'Ozytose. 
Nach 2 Stunden: Keine freien und keine phagozyüerten Bazillen, Eiter. 
Nach 6 Standen: Einzelne Bazillen, dicker Eiter. 
Nach 7 Standen: Bplrliebe Baaillen, dicker Eiter. 
Naeh 9 Stunden: Spärliche Bazillen, dicker Fiter. 

Stirbt nach weniger als 18 Stunden. Massenhaft Bazillen, wenige Zellen. 
Meerschweinchen 23. Intraperitoneal mit Bouillon behandelt. 
Infiziert mit '/lo ^^^^ normalem Serum behandelter Bazillen. 

Nadi 16 Hinaten: SpSrlidie freie Baaillen, iäter, keine Miagosytoae. 
Nach 1 Stande: Desgl. 
Nach 2 Stunden : Desgl. 
Xach 5 Stnndon ; l >e8gl. 
iSach 7 Stunden: Desgl. 

Nadi 9 Stunden: Beginnende Vermehrang der Banllen, Eiter. 

Stirbt nach weniger ala 18 Standen. In der Bauchhöhle maaaenhaft 

Bazillen, wenige Zellen. 

Meerschweinchen 24. Intraperitoneal infiziert mit Vm ccm mit 
Immunaerum behandelter Bazillen. 

Naeh 16 Mlnaten: Spirllche Baidllen, keine Zellen. 

Nach 1 Stunde: Spärliche Bazillen, keine Zellen. 

Nach 2 Stunden: Spärliche Bazillen, zahlreiche Zollen. 

Nach fi Stunden: Vermehr un).' der Bazillen, zahlreiche Zellen. 

Nach 7 Stunden: Zahlreiche Bazillen, zahlreiche Zellen. 

Nach 9 Standen: Maaaenhaft Baaillen, wenige Zellen. 

Stirbt nach weniger ala 18 Standen. In der Bauchhöhle maaaenhaft 
Baaillen. 



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I 



306 ünteranchongvD flb«r den Meehaniimas oiehttMikteriidder Inmiuiitit. 

ImVersuch\'lII scheint es tatsächlich, als ob eine Beeinflussung 
der mit liuinuiiserum heliandelten Bazillen vorliegt, die sich einer- 
seits in der Differenz des BuuchhöhleTibefundes, «nderseits in der 
allerdings kurzen Lebensverl.tngerung zeigt (Meersclnveinchen 19). 
Es lag jedocii sofort der Gedanke nahe, dafs die mit den Bakterien 
eingespritzten Tmmunsernmreste bei Leukozytenanwesenheit diesen 
Effekt, der mit einer Bindung niclils zu tun hat, vortftusclien. 

Der folgende Versuch zeigt auch, dafs diese Differenz schwin- 
det, wenn das Immunserura durch einmaliges Waschen zum 
gröfsten Teile entfernt ist. Wir entnehmen auch diesen Ver 
suchen, was in voller Obereinstimmung zu den Mäuseversuchen 
steht, dafs auch im normalen MeerschwchK-hen eine Bindung von 
Immunserumsubstanz an die Hühnercholerabazillen nicht nachzu- 
weisen ist. Auf Grund dir ■( r \'ersuche halten wir unsBur Annahme 
berechtigt, dafs sich im Hühnercholera-Immunserum keine Bak> 
teriotrope Substans nachweisen lassen, die im TierkOrper irgend- 
eine Wirkung ausüben. Dag stimmt sowohl mit den eigenen 
Versuchen als auch mit denen früherer Autoren überein. Nur 
fiuntemüller gibt an, dafs bei seinen ImmunlsierungsTersuchen 
mit Hühnercholera ihm stets eine starke Phagozytose beim Immun- 
tier hervortritt. Dieser Umstand, sowie die leichte ImmunisierungS' 
müglichkeit mit abgetöteten Bakterien in seinen Versuchen, was 
den Angaben aller Autoren widerspricht, l&Tst uns annehmen, 
daTs derselbe mit einer sehr abgeschwichten Kultur gearbeitet 
hat, dies um so mehr, als seine Kultur erst in % Öse subkutan 
Kaninchen tötete. 

Haben nun die bisher angestellten Versuche gezeigt, dafs 
sich eine direkte Beeinflussung der Bakteriensubstanz weder nach 
Art eines bakteriziden Ambozeptors noch nach Art einer bakterio- 
tropen Substanz experimentell im Tierkörper demonstrieren lafst, 
80 mufste noch an die Möglichkeit gedacht werden, dafs das 
Immunserum auf die Zellen des Organi.smus von Einflufs ist. 
Wir wissen ja. dafs Metschnikoff die Hauptbedeutung des 
Imnmnserums darin siebt, dals es die Zellen zu erhöhter Tätig- 
keit stimuliert. Wir niulsten also zunfichgt die Leukozyten in 
Betracht ziehen. Vor allem war zu untersuchen, ob sich die 



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Von Dr. Edmand W«il. S07 

Leukozyten von iujiiiunen Tieren anders verlialten als von normalen, 
ob Inimnnleukozyten, auf normale Tiere übertragen, deiiselhon 
Schutz verleihen. Dafs Leukozyten, selbst von anderen Tier- 
arten übertragen, sich aktiv verhalten, wissen wir aus den inter- 
essanten Versuchen von Fettersso n. 

Versuch X. 8. XI. 

M p p r s c Ii w ei n c h e n 25. Mit Bnnillon intraperitoneal TOrbehftndelt; 
nach h> Stunden 1,75 ccui Iinmunseruni intraperitoneal. 

8 Stunaen «piter T«rblat«t und di« LettkoiTten vm der &Kic3iboble mit 
nonimen, «bientrifagiert und eintnEl gewaschen. 

Meerschweineben 36. Mit Bouillon in trn peritoneal bebandeU; 

nach 16 Stniulcn 1,75 ccm normalen Kaninrhenscrnm iiitr;i peritoneal. 

3 Stunden 8|tätor getötet, ].<eukoByteD entnommen und wie bei Meer» 
schweinchen 25 behandalt. 

Heerschwei neben 27. Bflmtlicbe Lenkosyten Ton Meenchwein» 
eben % (Immunlenkosyten) intrsperitoneal ; gleich darauf Vi« ecm BoalUoB- 
knltur intraperitoneal. 

Nach 15 Minuten: Zahlreiche Leukosyten ohne Phagosytoae, wenige 
Bazillen. 

Nach 1 Stande: Beagl. 

Nach 4 Stunden: Zaiifareiehe Lenkoiyten ohne Phagoiytose, sahlreidie 
Bawllen. 

Nach 6 Stunden: Spärliche Iy©uko»yLcn, massenhaft Hazillon. 
Stirbt nach weniger als 20 Stunden mit massentiaft Bazillen in der 
BaocbhOhle. 

lleeraebweinchen 38. Leakoiy ten tob Meerschweinchen 86 intra- 

peritoneal; gleich darauf '/,o ccm Bouillonkaltnr intraperitoneal. 
Xiich If) Minuten Zahlreiche Iteokosyten, apftrliche Bacillen. 

>iach 1 Stunde: Deagl. 

Nach 4 Stnndmi; Zahlreidie Leukozyten, zahlreiche BasUlen. 
Nach 6 Stunden: SpArlicbe Leakoiyten, maaaenbafl Bacillen. 
Stirbt nach weniger als 18 Stunden. Massenhaft Basillen iqi Exsudate. 

« 

Nachdem dieser Versuch ein negatives Resultat ergeben 

hat, indem die im Tiere behandelten Leukuzyteu äich al.s wirkung.s- 
los erwiesen hatten, zeigt ein weiterer Versuch die Inin.un.serum- 
wirkung aul Leukozyten im Reagenzglase. Da unser Immun- 
serum vom Kaninrhen stannnt. so konnten, um eine Schiidii^ung 
der Leukozyten zu verluilen. nur Kaninchenleukozyten verwendet 
werden. Dieselheu stammten aus der Brusthöhle vcm einem Kanin- 
chen, das intrapieural eine Aieurouateinspritzung erhalten hatte. 



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806 Vntaraudiiinceii Aber den Maehantomoi nlehAbiktarindw tmmttiiitiL 

Tersaeli XI. 14. VIL 
Die in grofser Menge erhaltenen Leukozyten werden zweimal gewaschen, 
hi«wuf in 8 Teile geteilt 1 Teil irird aweiin«! mit Je 8 eem ImnMmseram 
1 Stund« bdi 87* behandelt, hieraof einin«! gewaschen. Die «weite lOlfte 
wird ebeuM mit normalem Kanincbenaenun behandelt 

Kaninchen 1. Die mit ImmoBMfwn beliandelten Leokosyten + 

Vto Tropfen Bouillonkaltar subkutan. 

Stirbt nach weniger aU 18 Standen. Im Infiltrate und im Herzblnt 
mikroiAoptoch manenfaafi fiadllen. 

Kanin eben 2. Die mit normalem Serum behandeiten Baiillen 4* 

Tropfen Bouillonknltiur subkutan. 

Stirbt nach weniger als 18 Stunden. Befund wie Kaninchen I. 

Kaninchen 3. 0,5 Tniinunseram subkutan; auf der anderen Saite 
1 Tropfen Booiliunkultur subkutan. 

STadi 34 Standen erbsengroAea Inflltiat^ bleibt dauernd am Leben. 

Kaninchen 4. 0^ normalea Kanindienaemm anbkutan; auf der 
anderen S^te Vi« Tropfen Bouillonkultur subkutan. 

Stirbt nach weniger als 18 Standen. An der Injektionaatalle und im 
Uerrblute mannen haft Bazillen. 

Auch dieser Vemich seigt keine BeeinflusBung der Leuko- 
lyten, obwohl dieselben mit der vielfach schOtienden Iinmun- 
serummenge behandelt waren. So l&tst sich also im Experimente 
axxh eine Beeinflussung der Leukosyten nicht demonstrieren, 
es ist damit allerdings in keiner Hinsicht der Beweis erbracht, 
dafs das Immonserum im TierkOrper die Zellen nicht su erhöhter 
Tätigkeit anspornt Leider scheint diese Frage dem ezperimen- 
teilen Nachweis schwer sugänglich va sein. 

Die vorangehenden Experimente waren aussohliefslich im 
Tierkftrper angestellt worden, weil wir wissen, dafs die meisten 
Iiiiiiiuuitötsreaktionen sich nur im Glase nachweisen lassen, im 
Tierkörper aber niclit auftreten, so die Agglutinauuii, Präzipi- 
tation und oft auch die Bakteriolyse. Ivs erschien uns noch von 
Wichtigkeit, unser Imuiunserum auf seinen bakteriolytischen 
Rffekt im Reagenzglase zu untersuchen. Viele Tmmunsera, deren 
starke scliützende Wirkung im Tierkftrper hervortritt, wirken im 
Reagenzglase auf die Bakterien nicht abtötend ein. Speziell bei 
den Bakterien der hämorrhagischen Sej>tikämie hat Voges mit- 
geteilt, dafs seine Immuntiere keine Spur von J'>akterizidie im 
Glase aufwiesen. Voges ging dabei so vor, dafs er in frisches 



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Von Dr. Edmand W^L 



309 



Immunsemm Bakterien einimpfte und dabei nach 24 Stunden eine 
Vermehrung derselben beobacliteto. Viele bakterizide Versuche, die 
auch bei andern Immunseris auf dieselbe Weise aosgefübrt wurden, 
haben inbezug auf Keimtötung ein negativ es Resultat erpeben. Es 
ist aber leicht inöglicbf dafs bei dieser MeUiode ein bakterizider 
Einflofs des Immanseroma leicht übersehen werden konnte. Man 
braueht sidi nur voRustellen, dafs die Immunserumwirkang nicht 
bis zur Steriliaierung der Keime ausreicht, so kann es bei längerer 
Beobadituttgsdauer leicht mO|^ch sein, dafs das zur bakterio- 
lytiscben Wirkung notwendige Komplement eine Abschwftchung 
erleidet und die Bakterien in dem nun inaktiven Immunserum 
wie in einer guten NftbrlOsung sidi vermehren. 

Wir stellten unsere Versuche genau nach Art eines bakteri- 
ziden Versuches mit Typhusbazillen oder Choleravibrionen an, 
indem wir das Immuuserum Stunde auf 60* eriiitzten, als 
Komplement aktives normales Serum und eine vierstündige Be- 
obacbtungsdauer wählten. £s sind jedoch noch einige Kautelen 
dabei zu beobachten, welche mit dem sohlechten Wachstum der 
Hflhnercholerabazillen') auf gewöhnlichem Agar zusammenhängeu. 
Die Keime wachsen erst dann vollstftndig zu Kolonien auf, wenn 
einem Agarröhrchen mindestens ccm Serum (Meerschwein- 
chen , Kaninchen- oder Rinderserum) zugesetzt wird. Dies bezieht 
sich zuiiiichst nur für die Aussaatplatte, da ja in den übrifjen 
Röhrchen liinlflnglich Seruni enthalien ist. Läfst man nämlich 
den zur Aussaat hestijiiniten Troj>feu direkt in den verflüssigten, 
auf 40 bis 42° al)<:;ekühlten Agar fallen, so kunnnt es vor, duls 
die Platte steril l)leiV)t, obwohl masseiibuft Keinn? darin entlmlten 
sind. Dies verhindert man jedoch stets mit Sicherlieit, wenn 
man dem Tropfen 0,1 — 0,5 ccm normales .Serum beifügt, oder 
den Tropfen in die betreffende Serummenge fallen läfst, mit 
dem Agar überschichtet und zur Platte ausliefst. Wir bedienten 
uns ferner, um sichere Resultate zu bekoniuicn, nicht der Ofen- 
aussaat, sondern der in unserem Institute üblichen Meihode, 
wobei die gesaipte nach 4 Stunden gewachsene üaktehenmenge 

1) Ek ist jedoch mOgiich, dab dasselbe nur iftr anseren Stamm and 
QDsereii Agar gilt 

AnUT für Hygleoe. Bd. LXI. 22 



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310 Unteraai^ongeii Ober den MectiuitBniQB nicbtbakteritider Lnmnmtät. 

zur Platte ausgegossen wird, wodurcli auch, wie schon oben er- 
wähnt^ dem Agnr so viel Serum beigemengt wird, als die Keime 
zu ihrem Wachstum beodtigen. 



Tabelle I. 



Iiuiuun- 
Mruin 
'fcstd. eo* 


Komplem. 
normal. 

Meerschw.-. 
Serum 


lälWMt 


Nacli 4 Stund«» 


0,001 


O.fS 




ä 




Od OD OS 


0,01 


0,5 




o 




cc » -r 


0 1 


o,r. 




'5 




Abnabaie d. Keimu 


0,25 


0,5 




x = 




starke Abnabme d. 




C 's 


















0,25 






a. 

o 




Qc Tc ce Kolonien 






H 




fadenff>rrnig 




0,5 








00 09 QO 




Einsaat beträgt 


00 QO OD. 


0,05 


0,5 




. 

u 




ca. 20 000 


0,1 


0,5 




a ~ 




ca. 20 000 


0,25 


0,5 








ca. 90000 


0,26 






>- 5 

H 2. 




cc OD OD Kolouien 










fadchenförmig. 




0,5 


1 






00 CO cc. 




Einaaat betrigt oow 



Es beweist dieser Versuch, dafs Iminuuseruiu, Normalseruru- 
Mischling, einen, wt-iin auch schwachen, so doch deutlichen bak- 
teriziden Einflufs zei^t, wfihrend sowohl das inaktive linniun- 
.scrum, als auch das frische nonnale Serum allein jeglicluj bak- 
tiM-iciiiötende Einwirkung vennissen lassen. Anffalii^j; und rege!- 
niiilsig anftretond ist das eii;en(üinliche Wachstum der Ilühner- 
elioleral'azillen im inaktiven Iminunseruin. Die Keime wachsen, 
wie ein Aufstrich zeigt, nicht agglutiniert in Hitufchen, sondern 
in aus 6 — 10 Bakterien bestehenden Fäden, und besonders 
cliarakteristiscli ist das Ausselien der Kolonien, welche, im 
Gegensatz zu den soust uoregelmärsig rundlichen Formen, bei 
schwaclier Vergröfserung wie kurze Fildchen aussehen. Diese 
Kolonienform tritt» wie erwälmt, nur im inaktiven Immunserum auf. 



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Von Dr. Edmond Weil. 311 



Tabelle U. 











Rortin) 


Nfeorschw.- 


Kina&at 


Nticb 1 Stuudeu 




iSerum 






o.oo 

0,1 
0,25 


0,5 
0,5 
0,5 




topfen 
lonkult 




Ot OD OD 
X CD ■» 
OC CO CO 


0,26 










OQ 09 OB 












OD OD OD 




Rinmt = 


OB, 










Nonnaies 


Kompletn. 






KuiincitiAii- 

serum 


DOrniBl. 

Kaninchen- 


EiQMilt 


StLCh 4 Stuudeu 


% aui. 60« 


tu.' nun 






0,26 
0.1 
0,05 
0.26 


0,5 
0.5 
0,5 




1, Tropfen 
uillonkult. 




OD OO Ob 

oc 3: 00 

CC 00 QC 
OP OD Oft 




0,5 








OB 00 OD 



Binsut cm. 100060. 

Diese Tabelle zeigt, Uafs Mischungen von inaktivem und 
akliveni KiniiiRlieii uiler Meerschweinchenserum absolut nicht 
bakteriolytiseh wirken. 

Tabelle III. 



Imnuin- 

wruui , EiiiSHMt 
«kOr 1 

1 


1 

Nach iüUiodon 


illllliUD- 

svrum 


Kompleu) 
(nonnaies 

Kiininc'hen- 
s»'nim) 


EiUltant 


^ Nach 1 siuodeu 


0,75 ' c 
0.25 •£§ u 
0,1 

1 


cu. 3 ooo 0,25 
ca. 3 000 0.1 
ca. yOUO 0,05 
. 0,25 

Kinsaat ca* 10( 


0,5 
0,5 
0,5 

0.5 
lOOO. 


"„ Tropfen 
Bouillon- 
knltiir 


!ca. 15 —20000 
ca. 10 000 
ca. 10 000 

JO OD QC(ndclL) 
CD CIO 00 



Dieser Tabelle entnehmen wir, dafs das fri.«clif uklivc luiiiiuii- 
serum beide zur Abtotimg der Jiaklerien notu tndige Substanzen 
besitzt und ierner, dals sich dasselbe IinmunstJi um, welches durch 
Erwärmen iiiHkliviert wurde, durch normales frisches Kaninchen- 
serum ergän^^en iälst. 



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313 n&tmsadimigeD Ober den MeobaniRoiua nichtbiikterisidwr ImmoiiitAt 

Wir haben noch einen weiteren Versuch angestellt, indtmi 
wir das Blut von Meerschweinchen 25, welches eine grofse 
Meuge Immunserum erhalten hatte, auf seine bakterizide Wirk« 
eamkeit tmteisucbteD, konntea aber keinen Effekt konetatieren. 



Tabelle IV. 



Seriiui vou 






Meer- 
achwein. 'iö 


EtoaBAt 


Nanh 4 Stnndvn 


(tiiacli) 






1,0 




ä . 




flD Co OD 


0.5 




0» c 

«5! ? ». 




30 CC QO 


0,25 

0,1 

0,06 




0 — — 

1 's o 




X OD OC 
OC 00 OC 

00 00 oo 




Einsaat 




- oc. 



Nach dem Ausfall dieser Versuche müssen wir za dem 
Schlüsse gelangen, dafe das HühnerchoIeraimmuDserom spezifische 
bakteriitde Ffthigkoiten aufweist, die sich der Qualität nach von 
einem bakteriziden Typhus* oder Oiol^aimmunserum nicht unter- 
scheiden. Es entstellt nun die sehr wichtige Frage, ob die 
Wirkung des Immunserums im Tierkörper auf diese bakteriziden 
Eigenschaften zurückzuführen ist. ob die Immunserumwirkung 
durch Bakterizidio ihre volle Krklaiung tindet, oder ob die Rea- 
genzglasbakteriolyse etwa die Bedeutung hat, die z. B. der 
Agglutination zukommt, die, wie bekannt, nie im Kürj>er auftritt 
und für die luiuiunität belanglos ist. Wir möcliten zunächst 
erwähnen, dafs alle Beoabaclitungen im aktiv und ]>as.siv innnnneu 
Tiere direkt gegen eine Bakterizidie im Tierkörper spreilien. 
Wie stets erwähnt und auch von uiehreren Seiten oeyi^it igt. 
halten äich im aktiv sowie passiv innnunen Tier noch lange 
Bazillen, die lobend und vollvirulent sind. Ja es geht so weit, 
dafs sieb die Bakterien im immiuien Tier nnter Umstärjd'-n stark 
vermehren. Wir haben diese als nacliträgliche Vermelirung be- 
zeichnete Erscheinung schon früher erwähnt und haben unter diesen 
Versuchen ebenfalls ein Beispiel davon. (Meerschweinchen 13.) 
Diese Tiere, deren ßauclihölile voll von Bakterien ist, sind voll- 



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Von Dr* Edmund WeU. 



313 



konimon munter'), gesund uikI bleiben dautirud am Leben. Die 
Bakterien daselbst werden nicht aufgelöst, werden nur von ein- 
zelnen Makrophflf^en gefressen, die eigentlichen I'hagozjten, die 
Mikrophagen, lassen sie unberührt, sondern sie zerfallen in der 
Bauchhöhle nach Tagen wie in einem von Nahnnitteln erschöpften 
Nährboden. Trotzdem sind diese Bakterien vollvirulent, wenn 
sie auf ein normales Tier übertragen werden. Selbst, bei Imniun- 
tiereo, die nicht die nachträgliche Vormehrung zeigen, finden 
dch nach längerer Zeit in der Bauchhöhle virulente Keime, die 
nur für das Immuntier schadlos sind, ein anderes Tier ;d^er prompt 
töten. Derartige Erscheinungen laeeen eich mit Bakteriaidie im 
Körper nicht vereinbaren. Ein Keim, der nicht at^etötet ist, 
kann sich yermebren. Bei Cholera oder Typhus werden wenige 
Keime, welche der Bakteriolyse entgehen, nicht geffthrlich, denn 
die Virulenz derselben ist Terhältnismftlsig gering. Bei Hühner* 
Cholera aber li^n die Verhältnisse ganz anders. Eine bakteri- 
zide Immunitftt wdrde hier nie ausreichen, um dauernden Scbuts 
zu gewähren, weil die wenigen Keime, die der AbtOtung ent- 
gehen, das Tier nachträglich töten mülsten. Ein schönes Beispiel 
von dem Versagen der bakteriziden Immunserumwirkuug haben 
wir b«[ der Schweinepestinfektion der Meerschweinchen. Die 
Schwei uepestbakterien werden in der Bauchhöhle bei passiv im* 
munen Tieren in Granula umgewandelt und die betreffenden 
Tiere flberleben regelmäfsig die Kontrolltiere. Ebenso regel* 
mälsig gehen aber erstere nach einigen Tagen an der bakteriellen 
Infektion zugrunde. Und das verursachen die wenigen der Bak- 
teriolyse entgungeuon Keime, welche in geringer Zahl doch die 
tödliche Anfangsdosis darstellen. Wie viel eher müfste diese Er- 
scheinung stets bei Uühnercholera auftreten , auch wenn die 
geringe Reageuzgla-sbakteriolyse, die selbst bei giofsen Mengen 
von Immunserum nie eine Sterilisierung, sondern nur eine Keini- 
verminderung zustande bringt, im Tierkörper eine Bedeutung 

1) yormal infltiette Tiere Migen echon frabaeitig, wenn die VemiehruDg 
der Bidcterien bi d«r Bauchhöhle bejcinnt, wo «Iw verbattniBmafiiig wenige 

Keime daselbst Bich be6ndcn, schmerzliafte Peritonitis, die jedoiAk heim 
Immaatier mit nachtriglicber Vennehran|( vollkommen fehlt 



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314 UntenachungeB Aber den MedMnismae niebtbakteririder Imnuinität. 

hätte. Tatsäclilicli <:elingt es al>er absolut sicher, Tiere gegen 
die Hühnercholerainiektioii dauernd z\i schüt2en. 

Ist die bakteriolytiscbe Wirkung des Hühnercholerarlmmun- 
serains die einzige Ursache der Schutswirkung, so mulsten andere 
Sera, welche die Hühneicbolembasillen nach demselben Mecha- 
nismus abtoten, Schutz verleihen. Nachdem, wie die obigen 
Versuche zeigten, normales Kaninchen» und Ueerschweinchenseram 
wirkungslos sind, dachten wir an das Rinderserum, welches wegen 
seines hohen Iminunkörpergehaltes auf viele Bakterien ahtcHend 
wirkt. Es wunlc also «las iiinileiäeruni auf seine bakleriÄiden 
Eigenschaften hin unleitiucht. 



T:» >>PI 1.' V. 



Klu'lcr- j 
««rum I 
ftiscb 


RlnioBt 


Nach 4 Sliinden j 


Kin.Irr 
frisch 


Klnauit 


Nach 4 BtanAm 

I 


1.0 

0,ft 1 

0/25 

0,1 1 


> , Tropfen 
Bouillon- 
kultur 


ca. 8000 |, 0,5 j § ^ 
j ca. 5000 ■ 0,26 ) 

ca. 3000 r 0,1 i^JJ 
^ ca. 8000 Ii 0,01 jl;;^ 

Einsaat = oc. 
Tabelle VI. 


ca. 100 000 
ca 100000 
ca. 100000 



I 

Itniniin' 
scruni 
7t CO* 


Koii)|ilL'in 
(Kanin- 
chi'itfl«n]iu} 


iiinwiAt 


1 

NAvh i tilunden 
■ 

1 


I 

Kiixicr- 
oerum III 
fri»rh 




r 

.Nach 4 Slanden 


0,26 

0,1 

O.Ol 

0/25 


0,5 
0,5 
0,5 

0,6 


= 1 i 

ri 


ca. 25000 , 

15 000 

oc -x 

X X acFaU 
cbenkolonie i 
00 ao cc 1 


0,6 

0.25 

^1 
0,01 


V,„ Tropfen 
Bonillon- 
kultnr 


3000 

: 3 000 

1 r. 000 



Eiaaaat mehr als 100000. 



Von I>r. Edmond Weil. 315 
Tabelle Vn. 



1 

Rimler- 
Kerum IV 
Mach 


1 

KluKiMt 1 Nach 4 8luuilcii 


1 

KitKk-r 1 
Kerum IV 
ViSld. «0* 


Ktiisant Nach 4 Stunden 
1 


1 

0.» 

o.t 1 


V,n Tropfen 
Bouillon 
kuitur 


1 

! ca. 40000 
ca. 95000 
1 ca. 80000 1 


0^ 

0,S5 
0.1 


>,o Tropfen 
Bouillon 
kultttr 


I 

OD <K flO 
OD Od 00 
09 Oft OB 



Einsaat mehr als lUUUUO. 



■ TalM«l Ic Vni 



s 

E A 

\. t 
■« * 

2 


« 

e 

M 


r i a 

^ ^ N i ^ 

i 

i - ~ 


a 

b 

o 0 

.* 9 1 

|l 


3 % 
tc 

C 3 

« 


1 


y 3 . o c 

Q " - 

c r 5 i- 

ft^ 


c 

3. 

-? ~ 


0,5 




c ^ 

> ■= 




ca. H()00 [: 


0,5 








OD 


«P 


0» 


0,25 




o. d 

O Q 


i 0.2e 


ea. ßOOO 1 


0^ 




o o 


0^ 


Ob 


00 


OB 


0.1 




k. — 


i 0.4 


ca. 3O00O Ii 


0,1 




% 


1 0,4 


OD 


OD 


OD 


0.01 




So 


1 0^ 


* !l 


0,01 






1 0,6 


OB 


OD 


OD 



Kinsaai mebr ala 100000. 



Das Rindereeram seigt, wie diese Versuche lehren, ausge« 
sproehene Bakteriadie gegenüber den Hühnercholerabakterien. 
Dieselbe Ist bei den verschiedenen Seris verschieden stark aus« 
gesprochen, allerdings selten findet man auch ein Serum, welches 
diese Eigenschaft Oberhaupt nicht aulweist. Wenn wir die Bak- 
teriolyse des Rinderserums mit dem eines schützenden Immun« 
Serams vergleichen, so sehen wir, dafs erstere unter Umstftnden 
viel stärker ausgesprochen sein kann. (Tab. VI ) Diese Versuche 
zeigen weiters, dafs die Wirksamkeit des Rinderserums aufhört, 
wenn man es durch Inaktivierang seines Komplements beraubt 
(Tab. Vni, IX), und schliefslich haben wir in Tab. VIII einen 
Versuch mitgeteilt, wie er, um alle Röhrchen gleichen Wachs* 
tumsbedinguugeu auszusetzen, anzustellen ist. 

Um uns zu überzeugen, ob das Rindersenim seine Bakteri- 
zidie auch im Tierkörper ausübt, wählten wir ein solches, welches 



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316 Üntenadiaiigeii Aber den Mecbiuiiniiu niebtlMkteilslilerliiimaiiitft. 



möglichst wirksam war, und zwar Rinderserum III in aktivem Zu- 
stand, welches daä gleichzeitig untersuchte schützende Immuu- 
8erum an Wirksamkeit (iber(raf. 

Versa t h XII. 27. XI. 
Meerschwein eben 29. 0,5 Riuderserum : gleich darauf Vio Tropfen 
Bottilknlraltiir fntnpeiiton««] (die sur EinsBal in Tabelle VI verwendeten 
Bakterien). 

Nach 1 Stunde- Spärliche Hiitillen, keine Zellen. 

Nach 2 Stunden: Spärliche Bazillen, zahlreiche Zellen» 

Nach 5 Stunden: Spärliche Bazillen, sahlreicbe Zellen. 

Nach 6 Standen: Vermebmng der Baslllen, lahlreiefae Zellen. 

Nach 7 Stunden: Zahlreiche Bazillen, zahlreiche Zellen. 

Stirbt tiiiri 20 Stunden mit masaenhaft Banllen and wenigen Zellen 
im Bancithöhienexäudate. 

Meerschweinchen 80. Vio Tropfen Bonillonkaltar intraperitoneal 
(Kontrolle). 

Nach 1 Stunde S]>ärliche Bazillen, keine Zellen. 
Nach 2 Stniiclen: Sjsrtrliche Bnrillen, wnnige Zellen. 
Nach 5 Stunden; 'Sjmrliche Bazillen, zahlreidie Zellen. 
Hacb 6 Stunden: Splrliche Banllen, lablreidie Zellen. 
Nach 7 Standen: Ziemlieh aahlreiehe BaiUlen, aabireiche Zellvn. 
Stirbt nach 20 Stunden mit maaaenbaft Badllen nnd wenigen Zellen 
im Bauchhöblenexfludat. 

Wir sehen also, dals das Rindersenim, trut/, seiner baklerio- 

lytischon Fähigkeiten, koiue Spur von Schutzwirkung verleiht. 

Wir untersuchten weiter, ob vielleicht die Anwesenheit von 

Leukozyten in der Bauchhöhle auf das Riudenerum begünstigend 

wirkt. 

Versuch XIIL 27. XI. 
Meerach weinchen 31. Mit Bouillon intraperitoneal ▼orbehandeU. 
0,1^ Binderaemm III Intraperitoneal: gleich darauf V» ccm Bonillonkaltar 

intraperitoneal. 

Nach 2 Stunden: Eiter, sehr Hjulrliciie l!;izi!!en. 

Nach 5 Stunden : Kiter, Vermehrung der l>;uiiien. 

Nach 8 Standen: Zahlreiche Leakosyten, maaaenbaft Baaillen. 

Stirbt nach weniger ala IS Stunden mit maaaenbaft Baaillen in der 
Bauchhöhle. 

M c e r e c h w e i n e h u u 32 .Mit Bouillon vorbehaadelt; '/i« 
Booilloukultur intraperitoneal. (Kontrolle.) 
Nach 3 Stunden: Eiter, wenige Bazillen. 

Nach 5 Stunden : Eiter, Vermehrung der Bazillen 
Nach 8 Stundon Xali!reirhe '/pücn, r.ahlreiche Bazillen. 
Stirbt nach weniger als lö Stunden. Mit maasenhaft Bazillen im Bauch- 
höhleneaaudate. 



. y Google 



Von Dr. Edmand Weil. 



817 



Wir sehen, dafs auch unter diesen Bedingungen das hak- 
terizide Rindersenim machtlos ist, diese Fälligkeit auf den Tier- 
körper XU übertragen uud die Infektion zu verhüten. Wir wissen 
aber sehr wohl, dafs ein norraalea Seruin auch im Tierkörper 
seine bakteriolytischen Eigenschaften geltend machen kann bei 
jenen Bakterien, welche eben im Körper aufgelöst werden können. 
So hat schoD Pfeiffer gezeigt, dafs das normale menschliobe 
Blutseram in erhebliclien Verdünnungen in der Bauchhöhle von 
Meerschweinchen bei CholeraTibrioneu das Pfeiffersche Phä- 
nomen hervorruft Wir kOnnen dasselbe auch beim Rinderserum 
seigen, welches auch die Choleravibrionen m erheblichem Mafse 
abtötet. 

YerNoch XIV. 6. XIL 

Meer<^rh weineben 33. 0^ Bind«raeniiD ^ Choleravibrion 
intrajieritoneal. 210 g. 

Nach 10 Miiioten: Massenhaft Qnaala, wenige unbewegliche Vibrionen. 
Nach SN) Minuten : Spirliehe Grenole, keine Vibrionen. 
Nach 1 Stunde: Keine Granula, keine Vibrionen. 
Nach 4 Stim.l.'ii: Zahlreiche Leakoxyten. 
Ulcibt diiuernil un» I/eben. 

Meerschweinchen 34. 0,5 NaCi 4r ^ Cboieravibrion. (Kon- 
trolle.) 255 g. 

Nach 10 Mintiten : Massenhaft bewegliehe Vibrionen. 

Nach 20 Minuten : Desgl. 
Nach 1 Stunde: Desgl. 

Nach 4 .Stunden; Wimmelnd von Vibrionen. 

Stirbt nach weniger uIh 18 Standen mit inasseuhaft Vibrionen und ein- 
seinen Lenkosyten in der Bauchhöhle, Auflagerangen auf Leber and Dann 
sind nicht vorhanden. 

Es löst also das Riiiderseruni .»rlatt die 10 fach tödliche Dosis 
Choleravibriüuen auf und schützt «ins Tier vor der tödlichen In- 
fektion. Die bakterizide Wirkung im Glase tritt also bei Cholera 
prompt auch im Tierkörper auf und unterscheidet sich der 
Qualität nach chircli lurhts von eiueni siM'/.itischeii Clioleraininiun- 
serum. Die DilTerenz aber zwischen Reiigeiizglas und Tierkörper 
hei Hühneroholera tritt klar hervor und liefert einen weiteren Be- 
weis, dafs die l?;ikteri/idie im Tierk'>r|>er nicht auftritt uud mit 
der Schutzwirkuug nichts zu tun buben kaan. 



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318 17ntmacbaag«o Aber den Hecbanioiniw niehtbaktemfder Immnnitftt. 

Wir können noch einen unsere Ansicht stützenden Beweis 
nach der Richtung Iiin erbringen. Wir haben schon früher die 
Beobachtung |^macht, daTs das Hühnercholera-Immunserum seine 
Schutzwirkung verlor, 'vcnn man längere Zeit nach der letzten 
Injektion Blut onfnalini. Ks ist von Interesse, dafs Hertel in 
seiner Arbeit über Hühnercholera, die uns leider erst nacli der 
Publikation unserer ersten Arbeiten bekamit wurde, dasselbe 
beobachtet hat. Hertel führt dies allerdings darauf zurück, 
dafs das betreffende Tier wtthrend der Immunisierung erkrankte. 
Wir können dem nicht beistimmen, denn wir haben des öfteren 
marantische Tiere sterbend^) entblutet, und haben, wenn die 
betreffenden Tiere noch in Reaktion standen, keine Abnahme 
des Sehutswertes bemerkt. Da jedoch die Erscheinung des 
schnellen Schwindens der Schutswirkung bei der bakteriziden 
Immunität nicht der Fall ist, so verfügen wir vielleicht dadurch 
über ein Mittel, die Bakterizidie und Sdiutzwirkung unseres 
Immunsenims zu trennen, indem es nftmlich auf diese Weise 
möglich ist, dafs das Immunserum, trotz Erhaltenseins seiner 
bakteriziden Eigenschaften, keinen Schutz verleiht. Wir entnahmen 
KU dem Zwecke unserem Kaninchen 10 Wochen nach der letzten 
Aggressineiuspritzung Blut und haben nun seine Wirkung nach 
beiden Richtungen hin untersucht. 

Versuch XV. 21. XI. 
Meerschweinchen 35. 1 o m Immutiseram sabkotan ; gleich daniaC 

'/so c<""i Itouillonkultur intruperitoneal. 

Nacli 2 Stunden: Wenige riazillco, zahlreiche Zellen. 
N«ch 3 Standen: Desgl. 

Nach 4 Stunden: Ziemlich zahlrei<]a> l'.txillen, zahlreiche Zellen. 

Stirbt nac h 18 Stunden mit masaenbait Bacillen und «pirlicben Zellen 
im Uauchhöhlenexsudate. 

Meerachweinchen 86. 1 com Immanserum intraperitoneal; gleich 
daranf Vm ccm BouitlonkolUir intraperitoneal. 

Xach 2 Stun li n S;i.irliche Ilazllten, aahtreicfae Zellen. 

Nach 'A Stunden ; Dosjil. 

Nach 4 Stunden: Ziemlich zahlreiche Bazillen, sahireiche Zellen. 
Stirbt nach 18 Standen mit maHwnhaft Baiillen and Bpirlichen Zellen 
im ExRndate. 

1) Ka herrechte «. Z., ala wir nnaere ersten Untersachangen anatellten, 
atarke Seuche nnler nnseren Tieren. 



Von Dr. Edmund Weil. 



319 



H«er8C h w e i n c h e n 87. 1 ccm nornt. Serum sttbkatan, gleich damof 
Vt» *'<^n' !<nnillonkuUiir iiilraperitonpal. fKontrolle") 

Nach 2 Stunden: Wenige JiaKillen, zahlreiche Zellen. 

Nach d Standen : Beginnende Vermehiung der ßeslUen, nhlr. Zeilen. 

Nach 4 Standen: ZaUteiche Bacillen, cahlreiche Zellen. 

Stirbt nach 18 Stunden mit mattenhaft Baiillen. 



Tabelle IX. 



Immun- 
«pnirn 


Konii-It-ni. 

nitrintil. 
Kaninchen. 
Kerum 


Kinmut 


Nanh 4 Munden 


Stil. 60* 












_ 3 




ca. 3 mn 


0.1 


0,5 




•~ 9 




CÄ, 25 000 


0,05 










ca. SOOOO 


0,85 








ot> CT oc Fftdehen- 

kolonien. 




, 0,5 




Ä 




OD "od 00 



Einsaat = oc. 



Dieser Versuch bestätigt UDsere Erwartungen, indem eine 
Scbutxwirkung seibat in der Dosis von 1 ccm nicht zu konstatieren, 
die bakteriolytische Wirkung hing^en vollkomtnen erhalten ist. 
Dies beweist klar, dafs Reagenzglasbakteriolyse und Schutzwirkung 
beim Hiihnercholeraimmunserum zwei ganz verschiedene Dinge sind. 

Vieles spricht angesichts dieser durch Versuchstatsachen 
gestützten Beweise dafttr, dafs die Glasbakterizidie bei Hühner- 
cholera ganz bedeutungslos ist fttr die Schutzwirkung, dafs sie 
etwa die Rolle spielt wie die Agglutination, die im Tierkörper 
gar nicht auftritt, und deren Bedeutungslosigkeit für die Immunität 
fast allgeiTietn angenommen wird. Als Reaktiou gegen die ein* 
gefülirte Bakterieusub^nz bildet der Organismus Produkte, die 
wiederum gegen die Bakteriensubstauz, auch gegen die gelöste, 
gerichtet sind, so die Agglutinine, Bakteriolysine und Präzipi- 
tine. Es Iftfst sich niclit leugnen, dafs auch bei der Aggressin- 
inimunisiernng geringe Mengen von Bakterienleibossubstanz ein- 
geführt werden'), und <las Iniinnnscriun eniliiilt dann jene Stoffe, 
welche aul dieselbe wirken, indem sie eine Verbindung mit der- 

1) Was l'«'«onder8 hei iinBoreiri lniinnn«orttTn der Fall war, indem das 
betreffende Kaninchen, um in Reaktion zu bleiben, Öfters Injektionen von 
20 ccm Aggreeain bekommeo hatte. 



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S20 üntoniacfanngen flbftr den Medunismos nichtbakteritid«' Immumitlitb 

selben eingohoii. Es ist sieber nicht zu verkennen, dafs dort, 
wo eine Auflösung der Bakterien im Tierkitrper ini)g1ich ist, 
daraus die Hetnitzwirkung resultieren kann , denn das ist die 
eleganteste Art, wodurch sich der Organismus der eingeführten 
Mikroorganismen entledigt. Wenn die Bakteriolyse im Tierkörper 
auftreten kann, so ist das so intensiv der Fall, wie man es nie 
in der Eprouvette aieht. Dies gilt jedoch nur für wenige Bak- 
terienarten und für wenige Orte im Organismus. Bakterien, deren 
Leib^8sub8tanz sehr labil ist» oder deren Existenzbedingungen 
im Körper mehr oder weniger ungünstige sind, werden davon 
betroffen. So in erster Linie die Vibrionen. Ungünstiger liegen 
.schon die Verhältnisse bei Typhus- oder Kolibakterien. Jene 
Mikroorganismen aber, welche dem lebenden Kör|)er angepafst 
sind, welche daselbst ihre günstigsten Existenzbedingungen finden, 
wie die echten Parasiten, bleiben im Organismits unversehrt. 
Das schönste Beispiel hierfür bietet die Milzbrandinfektion des 
Kaninchens. Verschlechtert man aber die Existenzbedingungen 
derartiger Keime, d. h. bringt man sie aus dem Tierkdrper heraus 
in künstliche N&hrmedien, dann können KOrpersftfte und Immun* 
sera jene Eigenschaften ausüben, die gegen die ßakteriensubstaus, 
die schon durch das Verweilen im künstlichen Nfthrboden in 
unnatürliche Verhältnisse gebracht und geschwftcbt ist, gerichtet 
sind, wie die Agglutination^) und Bakteriolyse. Die Schutzwirkuug 

1) Es war auch zu erwnrten, dafs un»cr lüiuiimHoruui eiuo i^vveite gegtiii 
die Baklcriensuhstanz gerichtete EifiieDsehaft, niimlich die Agglutination, auf- 
wies, wa.<4 aber <!nr ! r\ii8 nicht bei allen nach anaerer Methode heiigeetellten 
linmunsora der l all iet. 



A ß^lutlnfttionsverBach. 



Immanserom- 
^■•rdSDnttnB 


H<Mihnchlinii.'s- 
zi-it lifi ..0" 
nach 1! .<t<l. 


Ziiiiint'rtoinpt'nitiir Ucübm'htun^'s- 
liüfh zeit lH;i ST" 
24 8luii<U<i) , uai'b '2 Stil. 


/.ttiinu'rtctiiporatur 
nach 
•21 StumitiU 


1 : 10 [ Starke 
f Flocken- 
bildung 

1 50 f e 

1 : 200 ^ » 
1 : 5(X) 0 


1 ' 1 

F.o<len.^iitz, über- 0 
etelieuU. FlUaaig- ; 
keit klar 

e a 

a j' a 
a e 


(.Jeringor Boden- 
aais, Oberateh. 
FIfksBigk. trObe. 

0 

a 
a 


Kuuirolle tnit ni>nn. 
Kaalncbeuwntiu 

1:10 


i 1! 1 
a 1 e 0 0 



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Von Dr. Bdmond Weil. 



821 



im Körper niuls aber in einem anderen Moment gesucht werden 
als in einer blofsen Anflösung der Keime, wovon man auch nichts 
sielit. Was man sieht, ist, dafs (He X'ermehruDg der Bakteriea, 
wenigstens die schrankenlose, gehemmt ist. 

Wie jedoch aus unseren Versuchen hervorgeht, bedarf das 
ImmuDserum der Mitwirkung des Organismus durch eiue Sub- 
stanz, die mau als Komplement bezeichnet Schaltet man das 
Komplement aus, so ist das Immunserum vollkommen machtlos, 
der Olganismus ist für die Infektion disponierter als der normale. 
Einen vollen Ersatz aber findet das Komplement, das in den 
Säften vorhanden ist, in den Leukozyten, uud es ist anzunehmen, 
dafs ein enger Zusammenhang zwischen beiden besteht, auch 
wenn bis jetst iu den Lenkosyten der Nachweis von thermolabilen 
komplementftien Stoffen nicht gelungen ist Schon in den frfl- 
heren Versuchen bei Cholera ist die Analogie zwischen beiden 
eine grofse. Die mit Immunserum beladeneu Vibrionen werden 
bd Anwesenheit von Komplement iu der Bauchhöhle aufgelöst 
Bei Mangel an Komplement und Anwesenheit von Leukozyten 
werden sie im Innern der Leukozyten aufgelöst Dazwischen 
liegt der Akt der Phagozytose. Dieser Parallelismus lifst sich 

Dio Av'^'lutinationsfähigkeit «lieseM .Serciins int eine sehr geringe, un<I 
kann, wenn man die Agglutination bei ü7" anstellt, leicht Qberaehen 
werden. Wir mQsaen bei dieser Gelegenheit nodi einmal deninf hinw^Ren, 
dafe eich die i^latinationaprOfang bei 60* gerade tAr jene Bakterien eignet 

welche eine längere Beobachtungsxoit erfnnlorn, am eine Vermehrung der- 
selben XU vcrhnten. nij> HrRUchbarkeit (licHt-r Metliode hat sich, wie Kutscher 
hervorhebt, besonders bei der Meniugukokkenagglutinatiun beirftbrt, indem 
ein Stamm, der eine eidiere Genickstarre Iiervorgenifen liatte, nur durch 
die Agglutination bei 50** Identifiziert werden Iconnte, so dafe Katacher 
rflt, bei Meningokokken, um deutliche KesultAtc zu bekommen, nur die Ag- 
glutination bei 50" anzuwenden. Die Agglutination beim Temperatnroptimum 
iüt nicht nur bei den vom Verfusäer featgestellten, sondern inzwischen bei 
vielen anderen Bakterien und von lahlreichen Autoren 1>e8Ultigt worden 
Nur Kafka macht eine AusikiIiiiio, indem derscll>e angibt, daf», von ein- 
zelnen Fällen uliL't'sclit'ii, lifi T\pliiisiia/il!fn also Korat!«- jener l'akterien- 
art, die von den meisten Autoren Kur Nachprüfung verwendet wurde — die 
Agglutination bei 50** jener bei 87" qualitativ und quantitativ nach- 
ateht Diese mit den Beobachtungen alier Autoren and den «genen im 
strikten Gegensatse stehenden Ausfahrnogsn vermag sieb Verfasser nicht sn 
ericllren. 



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322 Untenodkongen Qbw den Meehaniamns nichtbakteritider ImmaoitAt 

flueh bei Hüliiiercholera zeigen. Die Aullösung der Hühnercholera- 
bazillen erfolgt nicht in der Baucliliolile bei \'orhandensein von 
Komplement und auch nicht hei L<nik()zytenanwe8enbeit durch 
dieselben, denn es fehlt die Pliaguicylose. Die sofort einsetzende 
Vermeliruiig der Hühnercholerabazilleji wird durch dns Komple- 
ment verhindert, da.s.scllie b(»\virkeii die Leukozyten bei Komple- 
mentraangel. Es gelil aller(liiig!s aus unseren Versuchen nielit 
hervor, worin der Zusarnineuhan;: /.wisclien Leukozyten und 
Komplement bestellt. Da das Komplement in unserem Falle eine 
bakterizide Bedeutung' nicht besitzt, so scheint es uns von be- 
sonderer Wichtigkeit zu sein, dafs hier eine neue Funktion der 
KöiperÜüesigkeiten vorliegt, welche mit der Bakterizidie nichts 
zu tuu hat und doch für die V'erteidigung des Tieres so aufser- 
ordentlich wichtig und unentbehrlich ist. Ist einerseits die Mit- 
hilfe des Organismus bediuguugslose Voraussetzung für die Schutz» 
Wirkung des hnmunserums, so kann sich anderseits der Orga- 
nismus allein nie der Infektion mit Parasiten erwehren. Die 
Leukozyten, die bei deu UalbjMurasiten oft von ganz auf8erordent> 
lieber Wirksamkeit sind, veraagen bei den echten Parasiten voll- 
kommen. Nur durch das Zusammenwirken von Organismus und 
Immunserum kann ein erfolgreicher Schutz resultieren und dieser 
bezieht sich vor allem darauf, dafs die Bakterien behindi>rt sind, 
ihren Parasitismus zu entfalten, sich auf Kosten des lebenden 
Qewebes zu vermehren, wodurch sie ihrer.Aggressivität be- 
raubt sind. Die Bakteriensubstanz aber bleibt unberührt. 

m 

Zusammenfassung: 

1. Bntfernt man durch Erzeugung einer Präzipitation oder 
durch das Präzipitat das Komplement aus der Bauch- 
hohle von Meerschweinchen, so ist das Hühnercholera- 

Imnnunaenim wirkungslos, und der Verlauf der Infektion 
ändert sich bei Komplenientmungel derart, dafs derselbe 
trot^ Anwesenheit von Imnuuiserum viel rapider wird 
als beim normalen Tiere. 

2. Das fehlende K<Muj»leijieiji kann durch anwesende Leuko- 
ityteu volikonuneu ersetüt werden. 



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Von Dr. £dnrand Wdl. 



3. Es gelingt nicht, eine Verbindung von Tuininnseram^ 
substaos mit den HübuercholerabaziUeu im Tierkörper 
uachzuweiseu. 

4. Eine EiDwirkuDg des ImmuDsemms aaf die Leukosyten 
Iftrst sich ebenfalls im Experimente nicht demonstrieren. 

5. Das Hühnercholeraimmunserum entfaltet in der Epronyette 
spezifische bakteriside Eigenschaften. Dieselben haben 
jedoch mit der Schutswirkuug nichts zu tun, weil einer« 
seits bakterindes Rinderserum keine Immunitftt verleiht, 
anderseits Immnnsera im Reagenzglase bakterizide ITfihig- 
keit besitzen und doch im Tierkörper wirkungslos sind. 
Aafserdem spricht der ganze Verlauf gegen bakterizide 
Immunität. 

6. Da demnach das Komplement, welches fttr den Schutz- 
effekt so wichtig ist, eine bakterizide Funktion im Körper 
nicht ausfibt, so mufs hier eine andere Funktion derselben 

vorliegen. 



Literatur. 

Bftil, Wiener klioiwbe Wocfaensclirift, 1906. 

Hprto!, Arbeiten aus dem Kfiiserl. f H'Siirnnu'itsanit, 1904. 

!I u n t e III ü 1 1 er, Zentralblatt f. Bakteriologie, Bd. 42, Heft 2. 

Kafka, ZeiHAibialt f. Bakteriologie, Bd. 40, S. 247. 

Kotacher, Deatsehe med. Wochenscbr., Nr. 4B, 1906. 

M<'tKc]inIkoff, Imnannltttt bei Infektionekrankbeiten. Beilage z. Abt. I, 

li.i. .'iS^ 

Neafeld, Referat aus der freien Vereinigung für Mikrobiologie. Zentral- 
bUtt r. Bekt, 1906. 

Pfetfler, Zit. bei FHedberger: Bakteiittde Sera. Handbucb von Weeaer- 

mann n. Kolle. 
Peterason, Zenlrali)!a(t f. Bakteriologie, B1.40. IWr 
Voges, ZeitBchrin f. Hygiene u. Infektionskrankheiten, lid. 23. 
Wright, Lamet, 1904, 
Weit, ArcbiT f. Hygiene, BJ. LH. 
— , Archiv f. Hygiene, Hd. MV. 

Zentralblatt f. Bakteriologie, Bd. 43« Heft 2. 



uiyiii^od by Google 



Ober die Bestimmnng des Sanerstoffes im Wasser nebst 

elDlgen Beobachtungen über SauorätoiTzehrung. 

Von 

PiiTätdozent Dr. S. Koraohim. 

(Aus dem Uygiouiscben Institut der Universität Manchen. Vorstand; Prof. 

Max G r u b e r.) 

In jüugater Zeit hat man beim Studium der Frage der Ab> 
wfisaerbeseitigung und der sog. Selbstreinigung der Flftsse dem 
Sauerstoflfgehalte des Wassers und seinen Änderungen mit Recht 
erhöhte Aufmerksamkeit zugewendet. 

Wenn wir annehmen, dafs wir ein Wasser haben, in welchem 
gar keine Prozesse vor sich gehen, die mit Verbrauch od^ 
umgekehrt mit Bildung freien Sauerstoffes verknüpft sind, so 
kommt bei Zusammenbringen von Wasser und Luft allmählich 
Sättigung des Wassers mit den Gasen der Luft xustande, wobei 
die Monge der im Wasser gelösten Gase von der Wassertempe- 
ratiir und vom Partialdrucke , unter dem die einzelnen Gase 
stehcii, ubhän<i;t. Beim Schütteln des Wassers mit Luit tritt die 
Sättigung lijil Gasen sehr rasch ein. in diesem Sinne wirkt 
das schnelle Slromon eines Flusses, Wasserfälle, starker Wollen- 
schlag usw. Das Wasser stellt aber oin Medium dar, in 
welchem mehr oder weniger energisch veischiedene Prozesse vor 
sich «jehen, die mit Sanerstoffverbrancli verbunden sind. D'A'au 
gt lmitMi (iio rein cheiniscljen Prozesse, z. B. die Verwantllnng 
der Kibetioxydulsalze in Kisenoxydhydrat , des Schwefelwasser- 
stoffes iu Schwefel und Waaser usw. Eine noch grOfsere 



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0b«r^B«iUmmanKdM8aQflnlolhimWaMerete. Von Dr. S. Koneluiii. 325 



Bedeutung für die Verarmung <les Wassers an freiem Sauei'stott' 
haben biologische Prozesse, die mit der Lehenstätigkeit der im 
Wasser lebenden niederen Organismen verknüpft sind, insbe- 
sondere mit der der Bakterien. Im Vergleich mit den erwähnteri 
Faktoren hat der Sauerstoffverbrauch durch Fische nur eine 
nebensächliche Bedeutung. Anderseits geben die grüuen Wasser- 
pflanzen, unter ihnen nach den Beobachtungen von Knautbe^) 
inbesondere mikroskopische, unter Einwirkung des Lichtes an 
das Wasser Sauerstoff ab, den sie aus der Koblensfture abspalten. 
Hierbei ist die Entstehung des Sauerstoffes so energisch, dals 
bei hellem Sonnenlicht ein Maximum (24 ccm von 0^ and 760 mm 
in 1 Liter) von freiem Saaeistoff im Wasser erreicht wird, also 
Übersättigung des Wassers mit Sauerstoff» die niemals eintreten 
konnte, wenn das Wasser seinen Sauerstoff nur aus atmosphftri- 
seher Luft bezieben würde. 

Die LebenstAtigkeit der Mikroorganismen ist also der wichtigste 
Faktor flir den Gehalt des Wassers an freiem Sauerstoff. Im 
Dunkeln wird er haupts&cblidi von der Menge der im Wasser 
enthaltenden, Sauerstoff sebrenden Mikroben und der Ehiergie 
ihrer Veraebrung abbllngen. Es ist klar, dafs die Mikroorganismen 
sich desto schneller vermehren und desto mehr freien Sauerstoff 
in der gegebenen Zeit verbrauchen, je bessere Lebensbedingungen 
sie im Wasser finden. Mit anderen Worten: es mufs eine be- 
stimmte Proportionalität existieren zwischen dem Gebalt des 
Wassers an organischen Substanzen, der Menge der Mikroorga- 
nismen und der GrOfse der Sauerstoffsehrung im Wasser. Diese 
Betrachtungen, welche Spitts*) experimentell bestätigt bat, 
veranlafsten ihn, die Bestimmung der Sauerstoffzehrung im Wasser 
zu empfehlen, um über den Reichtum des Wassers an organischen 
Abfftllen ein Urteil zu fällen. Die gewühnliehen chemischen 
Wassel untersuchungsmethodeu geben bekanntlich eine ganz riehtige 
Vorstellung von der Gesamtmenge der organischen Substanzen 
im Wasser, da die Reaktion der ein^eluen organischen Substanzen 
mit I*ernianganat höchst verschieden ist. Vielleicht ist in dieser 
Hinsicht die Bestimmung der Menge der Bakterienkeinie im 
Wasser wertvoller. Aber auch diese Methode hat ihre Schaiten- 

Arcblv lüi liygi«n«. Ud. I.XI 2S 



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326 



Über die Beetimmaiig dee SenenfeoJh im Wftewr etc. 



Seiten, die erstens darin bestehen, dafs nur eine kleine Menge 
Wassers iintersuc^it werden kann, und zweitens darin, dafs die 
Zahl der sich aul kiuistlichen Nährböden entwickehiden Bakterien 
von der Znsainniensetzung desselben, von der Temperatur usw. 
al)hängt. Die BestimnuuiL' der Sauerstoffzehrung im Wasser 
stellt gowisserniaisen eine Kombination des quantitativen bakferio- 
logischen und chemischen Nachweises der organischen Sul^'^tanzen 
dar. »Liifst man die entnommenen Proben unter Luttabschlufs 
etwa '/vveinial 24 Stunden unter gleichen Bedingungen stehen, 
so werden sich nach dieser Zeit l)ei einem Flusse, der stellenweise 
Verunreinigungen unterliegt, gröl'sere charakteristische Differenzen 
im ÖauerstülYgehaJt zeigen . . . gibt es eine Reinigung von or- 
ganischen Substanzen, so mufs sich eine solche unbedingt im 
öauerstoffkonsum zeigen. Spaltungen organischer Sub.stanzen 
können zwar ohne Sauerstoff vor sich gehen , aber die volle 
Beseitigung organischer Stoffe macht die Anwesenheit und 
Zehrung des Sauerstoffs zur Voraussetzung Spitta'-^). 

Die Methode Spittae besteht aus folgeudem: Man nimmt 
WaBserproben aus einer gewissen Tiefe» indem man sich solcher 
Apparate bedient, welche das Zusammentreten von Luft und 
Wasser nicht zulassen. Dann wird iu einer Portion des Wassers 
die Menge von gelöstem Sauerstoff sofort bestimmt und die andere 
in einen dunklen Raum gestellt bei einer Temperatur von ca. 
22^ 0, wobei, um den Zutritt des atmosphlrischen Sauerstoffs 
SU verbindem, auf das Wasser eine Schicht ParafiinOl geg(K»en 
wird. Nach 48 oder nach 60 Stunden wird die Menge dee freien 
Sauerstoffs in diesen Wasserproben wieder bestimmt Hieraua 
wird die Quantität des verbrauchten Sauerstoffes für die Zeit 
des Experimentes festgestellt 

Der Sauerstoff im Wasser kann mit grofser Exaktheit und 
ohne allzugrofse Anforderungen an die Geschicklichkeit des 
Experimentators nach der Win kierschen Methode bestimmt 
werden. Immerhin w&re es erwünscht, wenn man Methoden 
hätte, die eine nodi bequemere Bestimmung zulassen. Dies war 
fOr mich die Veranlassung, zwei Methoden, die in neuerer Zeit 
zu diesem Zwecke ausgearbeitet worden sind, zu prüfen, indem 



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Voa PriTatdoMnt Dr. 8. Konehnn. 



327 



ich sie mit (]er W i n k 1 o rscheii Methode verglich. Die eine 
ist eine koloriinetrische und rührt von Lord Ram.suy'') her, 
die zweite ist eine vohinu trische : die Sauerstoffbestimmuug mit 
dem >Teuaxap{>aratc vou Müller^}. 

Ich beDutste zugleich die GelegSDheit dieses Veigleiches zu 
einigen Beobachtungen Aber die SaueistoffBehning im Wasser der 
Isar oberhalb und unterhalb Münchens. 

Das Verfahren Ramsays^) fufst darauf, dafs das farblose 
Kupferchlorür (CU2CI2) l>ei Zutritt von Sauerstoff sich in Kupfer- 
chlorid (GuCy verwandelt, welclies bei Anwesenheit vou Ammoniak 
das Wasser blau färbt. Der Apparat Ramsay s besteht aus einem 
kleinen Kasten, in welchem sich 6 zugescbmolsene Glasröhren 
von gleicher Hohe und Weite befinden, die mit Losungen von 
Kupferchlorid in Ammoniak vou verschiedener Konzentration ge* 
fttUt sind. Das eiste Glftechen entspricht 1 ccm freien Sauerstoffs 
in 1 1 Wasser, das zweite 2 ccm usw. Aufserdem befinden sich 
im Apparate ein leeres Reagensgiftscheu von gleicher GrOfse, das 
mit geschliffenem Glasstöpsel geschlossen werden kann, Pipetten« 
Glastrichter mit Glashahn, die notwendigen Beagentien und ein 
Gefftfs, um Wasser aus beliebiger Tiefe herauszuholen. Die Be- 
stimmung wird folgendermafsen ausgeführt: In das leere Reagens* 
glas wird zuerst PanIfinOl in 1 — 2 cm hoher Schicht gegossen 
und darauf mit Hilfe einer langen Pipette« deren Ende ins Öl 
versenkt wird, so viel von dem zu untersuchenden Wasser ein* 
geführt, bis die untere Fliehe der Paraffiuschicht in gleicher 
Höhe mit dem Halse des Reagensglases steht. Darauf wird im 
Glastrichter eine Messerspitze von Kupferchlorür in starker Salz- 
säure aufgelöst. Mit der Lösung verdrängt man zuerst (He Luft aus 
dem Trichterröhrchen. Dann liüst mau 2 — 3 Trüj)füu der Ku|it'er- 
chlorürlöüuiig unter die Ulschicht ins Wasser Hiefsen. Der im 
Wasser gelöste Sauerstoff verwandelt Kupferchlorür in Kupfer- 
chlorid und nnch Hin/.ul'iigung von Ammoniak lärbl sich duü Wasser 
blau. Je mehr gelöster ^auerslotY im Wasser vorhanden ist, desto 
mehr Kuplerchlorid bildet »ieh und desto intensiver wird die 
Blaufärbung des Wassers im Reagensgiase. Durch V^ergleich 

23 ♦ 



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328 tibet di« BMUnuDung 6m Bftnantoflia im WtMwr «te. 

seiner Farbe mit der Färbung der 6 i'roberöhrciien wird die 
Meoge des gelösten Sauerstoffs ia Wasser festgestellt. 

Leider dürfte die Anwendung des verlockend einfachen Ver- 
fohrens daran scheitemt dals das Kupfercbloifir kein genOgend 
haltbarer Körper ist Das dem Apparate von der Originalfirma 
beigegebene Präparat war siemlich stark grün und fSrbte dem 
entsprechend die ammoniakalische Losung ziemlich stark blau. 
Aber audi ein von der Firma Merck hisch bestelltes Pr&parat 
kam bei uns grünlich gefärbt an und f&rbte, mit aller Vorsicht 
gelöst, die ammoniakalische Lösung mit einer, 1^1% ocm Sauer* 
Stoff im Liter Wasser entsprechenden Intensität. Wenu dies ein 
konstanter Fehler wäre, könnte man ihn korrigieren. Es war aber 
vorauszusehen, daHs die Oxydation des Präparates fortschreiten 
und dies immer neue Kontrollbestimmungen erforderlich machen 
würde, die nur (iuiin eine exakte Korrektur in die Hand gäben, 
wenn stets genau gleiche gewogene Mengen des Präparates zur 
Verwendung kämen. Damit iiat aber das \ oriuhren den Vorzug 
der Einfachheit verloren. 

Ein weiterer Mangel des Apparates, der ihn für mich un» 
brauchbar machte, ist der, dafs seine Skala nur bis 6 ccra Sauer- 
stoff in 1 1 reicht, während ich es mit Wässern zu tun hatte, 
die gewölmlicli mehr als 6 com Sauerstoff im Liter enthielten. 
Auch hat die Skala eine au grobe Teilung, als dafs man geringe 
Veränderungen des Sauerstof^ehaltes mit ihr konstatieren könnte. 

Alle meine Erfahrungen stimmen mit denen Dr. Rideals*) 
überein. Auch er betont die Unmöglichkeit, völlig r^nes Kupfer^ 
chlorür zu erhalten, da es in feuchtem Zustande sofort den 

atmosphärischen Sauerstoff an sich zieht und eine grüne Färbung 

annimmt, indem sich CuCI (OH) bildet. Als einen weiteren Übel- 
stand bezeichnet Ri<leal, dafs beim Auflösen des Kupierehlorürs 
in Salzsäure diese LOsung mit dem Sauerütoif der Luft in Berührung 
kommt Weiter, hebt er liervor, dafs Nitrite im Wasser die Be- 
stinuimtig l'ehlerbaft machen, indem sie ähnlich wie Sauerstoff 
auf l\.uj>l'> rehlonii- wirken. Nach die sem \'erfasser ist die i'arbe 
der Staudard-Uläser wenig stabil. Als liideal ein Jahr uach seinen 



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Vou l'rivatdosent Dr. S. Kurechan. 



329 



ersten Versuchen den Barne sehen Apparat wieder berichtigte, 
war die Färbung in den Glflaem bedeutend heller geworden. 

Auch mit der yoliimetrischeii Metbode habe ich keine eehr 
befriedigende Erfahrung gemacht. Der von Müller geistvoll 
konstruierte Apparat »Tenazc ist sehr einfach und gestattet, die 
Wasseruntersucfaungen am Ufer der Flflsse su machen. Da dem 
Apparate eine genaue Beschreibung und Gebrauchsanweisung bei- 
gegeben wird, begnüge ich mich damit, die Grandsflge des Ver- 
fahrens anzugeben. 100 ccm Wasser werden in einem mit Paraffin- 
ö\ gefüllten Apparate ausgekocht. Die ausgetriebenen Gase 
sammeln sich über dem Ol in einem kleinen Mefszylinder. 
Nachdem ihr Volumen hier gemessen wird, werden sie in eine 
V-förmige Röhre getrieben, in der sicli Kupfer- und Ammoniak- 
lösung befinden. In dieser Rijlire wird der Sauerstoff zur Oxydation 
des Kupfers verbrauclit , während der Stickstoff zurückbleibt. 
Nach einer bestimmten Zeit, in welcher der gesammte Sauerstoff 
absorbiert wird, wird der kStickhloff in den Mefszylinder zurück- 
geführt und gemessen Wenn im Wasser freie Kohleiisiture vor- 
handen ist, fügt Müller vor dem Kochen einige Tropfen 

Natronlauge hinsu, doppelt soviel als notwendig ist, um das 

Wasser mit Phenol|dithalein rot zu färben, Aufserdeiu gibt er den 
Rat, Wasser, das voraussiclitlicli reich an leiclit oxydierbaren organi- 
schen Bestandteilen ist, mit Kaliunij)ernian<:anatlr).sung rötlich zu 
färben, um den gelösten bauenstoff während des Kocliena vor 
dem Verbrauch durch Oxydation zu schützen. 

Als ich mit dem Tenaxapparate das Münchner Leitungs- 
wasser zu untersuchen begann, bemerkte ich bald, dafs das 
Quantum der aus ein und demselben Wasser ausgekochten Gase 
ziemlich stark schwankt und um so gröfser wird, je länger das 
Kochen dauert. Diese Erscheinimg erklärt sich dadurch, dafs 
beim Kochen dee Wassers allmählich die darin enthaltenen 
doppeltkohlensauren Salze unter Freiwerden von Kohlensäure 
«erlegt werden, z. B, Ca(HC0,)8 = CaCOs + HjO + CoO. Es 
tritt daher im Tenaxapparate nebst Sauerstoff und Stickstoff 
nicht allein die freie Kohlensäure, sondern auch ein mehr oder 



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330 die Bestimmung des Sanentoffs im Wiumw etc. 

weniger grofser Teil der halbgebundeneu aus. Wenn man darauf 
die Gase in die AbeorptionsrOhre übertreibt, wird nicht nur der 
Sauenrtoff gebunden, sondern auch die Kohleneftoie. Man findet 
daher den Sanerstoffgehalt des Waasers viel zu hoch, wenn das 
Wasser eine nennenswerte temporttre Hftrte besitzt. 

I. Versuch. 1)rb Mangfallwasser aiif der Münchner Wasserleitung wird 
zur vollen Sättigung mit Luft 15 Minuten laug geechüttelt, dann auf '/j Stunde 
ruhig hingeatelll, dumit die nicht ausgelösten Luftperlen entweichen. Die 

min. 100 Waaaer werden 
10 Minaten im Tenavipparat gekocht. Die Meng» der Qase betrSgt 3,25 ccm. 
Bei weiterem Kochen dauert die (liiHcntwicklung fort, so dafs nach IT) Mi- 
nuten langem Kochen 3,85 ccm auageHchieden sind. Das weitere Kochen 
wurde aafgegel>en, da die MefsrOhre im Apparat nur 4 ccm aufnimmt Nach 
der Abaorbtien betrag die Gaameoge 1J38 ccm ; folglich betragt die Menge 
der abßorpicrten Gase 1,87 ccm. Bei Umrechnen auf 760 mm Druck und 
0« Tenii>t'ratiir erhalten wir 15,09 (■ein Sanerfitoflf in 1 1 Wasser. Xüch Bansen 
enthalt daa mit Luft gesättigte Wasser hei 17" C in 1 1 6,2—6,06 ccm Sauerstoff. 

II. Yersnch. Dasselbe Wasser, mit Luft geschttttolt, bat die Tempwa- 
tur 16*> C. Barometeiatand 12ifi mm. Vor dem Kochen dea Waaaere wurden 

4 Tropfen ^ Natronlange binsogefflgt (iweimal ao viel als nütig cum Firfaen 

dea WaaM» in Anwewnbeit von Ilienolphthalein)^ Daa Kodien rnnfate nach 
-16 Uinuten unterbrochen werden, weil die Mefsröhre kein Gas mehr auf- 
nelunen konnte. Im ganzen bekam ich 3,82 ccm Gas, nach Absorption 1,72 cctn. 
Also Sauerstoffmenge — 2,12 com. Bei 760 mm Druck und 0" Temiieratur 
erhalten wir fOr 1 1 18,677 ccm. Bei II»* C enthilt mit Lnft gesattigtea 
Waaaer nach Bansen O^ocm, nach Winkler 7,1 ccm im Liter. 

in. Versuch. Dasselbe Wasser ohne Schütteln mit Luft. Temperator 

n 

14,&* 0. Barometerstand 720 mm. Beim Kochen wurden 5 Tropfen Pernuui- 

ganatlOsung hinzugefügt. Nach 20 Minuten Kochen werden .3,63 ccm (ias 
erhalten. Nach Absorption — 1,82 ccm, d. h. abgorbiert 1,81 ccm. Bei 760 mm 
Druck und 0° Temperatur nach Umrechnen auf 1 1 haben wir 15,62 ccm. 
Unter denaelbea Bedingungen enthalt 1 1 nach Bnnaen 6^ ccm, nach 
Winkler 7,19 ccm. 

Es ist klar, dals man den Fehler, der ans der Zerlegung 
der Bikarbonate entspringt, dadiircii beseitigen kann, dafs man 
dem Wasser vor dem Kochen so viel Lauge zusetzt, dafs nicht 
nur die freie Kohlensäure gebunden, sondern auch das doppelt- 
kohlensaure Salz vollständig in Monokarbonat umgewandelt wird, 



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Von Privatdoieni Dr. S. Koraehun. 



331 



Um das geoau machen zu können « mülste der Sauerstoffbe- 
stimmung eine quantitative Bestimmung dieser Salze vorausgehen. 
Da dies undurchführbar ist, stellte ich einige Versuche an, um 
zu erfahren, wie ein kleiner Laugen überschufs im Wasser auf 
das Untersuchungsresultat wirkt Ich habe ausgerechnet, da Ts 
zur völligen Zerlegung der doppeltkohlensauren Salze von Kalk 
und Magnesia im Münchner MangEaUwasser (110 mg CaO und 
32 mg MgO in 1 1) rund 0,3 ccm Normaluatronlauge erforderlich ist 

IV. Versuch. Für diesen Versuch benutzte ich dasselbe Wasaer, welches 
dem I. Versuch diente. Zu lUO ccm des Mangfallwasfierß winl pcm 
n H 

■j- NatxüDlaugelösaDg xugesetet und 5 Tropfen KgliumpermauganatlöHung. 

Die Sanor^toffmcnge wir«! he«timint gleich 6,86 Ccm im Liter (ohne Alkali 
1&,09 ccm, siehe Versuch 1). 

n 

V. Vemaeh. SSum Wiuwer des III. Versttcbes wird 0,3 ccm -p Nstton* 

lauge zugesetzt und ft Tropfen -'^ Kaiiuniperuianganatlösung. Bestimmt wird 

6,86 ccm (statt 15,62 ccm ohne Alkali, wieh«' VerHuch TU) Sauerstoff in 11. 
Genau ebensoviel (6,86 ccm) fand ich bei einer Bestimmung nach Winkler. 

TL Temek. Das Mmogfellwasaer aas Vereaeh n. Znsati iifi ccm 
Y Natronlaagelosung und 10 Tropfen |^ Perman^aätaaBg. Sanerstoff ^ 

6,35 ccm (statt 10,677 ccm). 

Wie aus diesen Angaben hervoigebt erhält man bei dieser 
Modifikation des Verfahrens aus dem sehr reinen Mang£all-Lejtungs 
vasser in der Tat ann&hemd genau die erwartete Sauerstoffmenge. 
Anders verhielt es sich, wie su erwarten war, mit dem Isarwasser. 
In der folgenden Tabelle Nr. 1 (S. 332] ist eine Reihe 7on Parallel- 
besttmmuDgen des Sauerstoffgehaltes nach Malier und Winkler 
angeftihrt Aua dieser Tabelle sehen wir, dafs nach dem Müll er- 
sehen Verfahren erheblich kleinere Mengen Sauerstoffs gefunden 
wurden. 

Die I'>kläruiig dieses Unterschiedes lie<;t darin, dafs l'eiin 
Kochen der alkalischen Flüssigkeit ein erliebiicher Teil des Sauer- 
stoffs zur Oxydierung der im Waaser vorhandenen organischen 
Stoffe verbraucht wird. Die geringe Menge Kaliumpermanganat, 



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332 t^ber di« BMÜmmmiK des 8sii«wtolh iu Waner ete. 

die dem Wasser nach der Vorschrift Müllers lugesetzt wird, 
sobützt dagegen Dicht ausreichend. Sowohl die va grofse als die 
SU kleine Laagenzufuhr macht somit die Resultate ungenau. Ich 
komme daher zu dem Schlüsse, dafs ancb das >Tenazc*Verbbren 
nicht g^ignet ist, das Wink 1er sehe zu yerdrftngen. 



Tabelle I. 
Saaentoll^halt in 1 1 





■ 1 


Illach der Winkl er achei) 
1 Ueihode 


. nach der MüUerBchea 
1 Methode 




Wasfiorprobe 

i 


Kotort 
SauenttofT 

1 ccm 


s 

nitcli 
wieviel 
StdD. 


p«ter 

Sain-rstofr 
ccm 


Hofort 
Sauerstoff 

I ccm 


nach 
wievisl 
Stdn. 


pRter 

ii&ucrstofl 
ccm 


1. 


Isarwaaeer b. TbAl- 
kirchen .... 


7.115 


« 


6,815 


II 

i 

5,38 


48 


6,16 


s. 


Isam'a8serb.Tlwl- , 
kircbea .... 


6.245 


65 


5,545 


1 


65 


4,89 


8. 


IsarwasBer b. Eng- 
ÜHchen Gart«n . ' 


6^ 


67 


2,53 


5,46 


67 


3,12 


4. 


Isarwasser b. Thal- i 

kirclicn 


6,11 


67 


5,60 


5,07 


67 


4,98 


5. 


Isarwasser b. Eng- 
lischen Osrten . 


! 6,16 


67 


4.66 


6.05 


67 


8,96 


6. 


Isarwasaer b. Frei- 


6,66 


66 


1,76 


,1 4,90 


66 


9,67 




barwMMr b. Frei- 


6,96 


49 


4;28 


:i 

j 5,656 

IJ 

6,19 

•1 


49 


8,916 


8. LeitnngswMeer v. 
den AbwiMem 

1 : 20 gemisdit 


6,88 




2,99 


48 


3,97 



Ich erlaube mir nun, einige Zahlen über den Sauerstoili4blialt 
def Isarwassors hoi/.nlügen. Um die Beurteilung der unteu fol- 
<:end( 11 i'x'ohaclitungen zu ermöglichen, habe ich nur noch fol- 
gendes anzugeben: 



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Von FriTitdoMfit Dr. 8. Korachiui. 



333 



Ich benutzte die Winkl ersehe Methode mit den Kaiitelen, 
die Chlopin(*) eniptiehlt. Das Flufswasser entnahm ich iu 1 m 
Tiefe und füllte es j^leich am Ufer ab in 4 ( Jhisgefäfse mit an- 
geschhft'eneni Ötöj)8el; jede Flasche war 250 — 300 ccm grofs. 
In zwei von ihnen wurden sofort die Reagentien hinzugefügt, 
die beiden anderen, hermetisch verschlossen, so schnell wie möglich 
ins Laboratorium geschafft. Dort blieben sie 48 — 67 Stunden im 
Thermostaten bei 22—23*^ C. Um die Luft völlig abzuschliefsen, 
wurde der Hals dieser beiden Flaschen mit ParaffinOl gefüllt. 
Bei einiger Übung kann man leicht berechnen, wieviel Ol ein« 
zugiel'sen ist, damit ea durch die Zunahme des Wasservolums 
im Thermostaten nicht gans hetausgedrangt wird. 

Ich nahm das Wasser an 3 Paukten der Isar: bei Thalkirchen, 
vor Eintritt des Flusses in die Stadt^ dann fluIsabwSrts beim 
Englischen Garten, wo der Flufs aus der Stadt heraustritt und 
endlich bei Freising. 

Bei Thalkirchen ist der Flufs noch nicht durch die städtischen 
Abwässer verunreinigt; l>eim Englischen Garten ist er durch die 
Abwässer des am rechten Ufer liegenden Stadtteiles verunreinigt. 
Der Ilauittkanal der Münchner Kanalisfition mündet in die Isar 
t> km unterhalb des Englischen Gartens. V'on dort fliefst das 
Wasser ca. .26 km weiter bis Freiaing, wo ich die 3. Probe ent> 
nahm. 

Aufserdem stellte ich noch einige Versuche mit reinem 
Leitungswasser an und mit solchem, welchem ich Vs» "^^^ 
MOncbner Kanal«Abwasser zugesetat hatte. Die Bestimmung des 
gelösten Sauerstoffo in dem an einem Tage an verschiedenen 
Punkten der Isar entnommenen Wasser wurde von mir zweimal 
susgefOhrt, Da ich die Stromgeschwindigkeit und den ungefftbren 
Abstand zwischen den Punkten, wo das Wasser entnommen 
wurde, kannte, so rechnete ich aus, in welchem Zeitabstand das 
Wasser zu entnehmen war, um an verschiedenen Punkten des 
Flusses dasselbe Wasser zu erhalten. Diese Rechnung ist selbst* 
verst&ndlich nur approximativ. 



4 



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334 



Ober dto Bemmmitiig de« Saneratoff« im Waner etc. 




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Von Privatdownt Dr. 8. Kontebnti. 



335 



Die lOrgebnisse meiner leider sehr sp&rlicheii Versuche sind 
folgende : 

1. Das Wasser der Isar ist vor Eintritt in München etwas 
reicher an Sauerstoff als unterhalb der Stadt. 

2. Das Sauerstoffdefizit in der laar, die sehr starke Strömuilg 
hat, ist im Vergleiche mii den bei anderen Flüssen er^ 
hobenen Befunden klein. 

3. Die Sauerstoffzehrung im Isarwasser bei Preising ist viel 
grOfser als bei Thalkirchen, wie es nach dem höheren 
Keimgehalte su erwarten war. 

4. Die SauerstofEzehruug im Wasser erweist sieh sls sehr 
viel empfindlicherer Mafsstab zum Bemessen des Vemn- 
reintgang^prades des Flusses durch organische Stoffe, als 
die Bestimmung des augenblicklichen Sanerstoffgehaltes. 

1) B. die Arbeiten von Spitta*), Ohlmaller*}, Prea Kirskalt"}, 
Breaina. '^'j 



Literaturverzeichnis. 

1. Karl Knanthp, Biocli. ZentmlM , M. 18, Xr. 22. 

2. Oskar Spitts, Arch, f. Hygiene, Üil. 38, 16U und 236. 

8. Uamsay und Ida Hornfray, Separatabdrack, auch Journ. Chem. In- 
dustry. 1901, 20, L071— 1076. 

4. R ideal, Verhandlangen muh dem Vortrap von Ramsny. 

5. Friedrich C. G. Müller, Separatabdruck ans Forschungsbericbt aus der 
biolog. Station su Plön, Bd. 10, S. 1903. 

6. Ohlopin, Arch. f. Hygiene, Bd. 27, 8. 18. 

Arch. f. Hygiene, Bd. 32, S. 294. 

7. Ohlmüller, Arbeiken am dem kaiserl. Geanndheitaamt^ 1903, Bd. 20, 
S. 268. 

8. Pren. »Das Abwasaer von Erlangen und die Redniti an der Cinmttndong 
dee HanptaielB. Inaag.'Difle. Erlangen, 190S. 

9. K i f 8 k a 1 1 , Zeitschr. f. Hygiene, Bd. 53. 

10. Breaina, Zeitachr. f. Hygiene. Bd. 63, 6. 369. 



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■ 



Zur Frage der Verbreitung des Abdommaltyphus 

dnich Trinkwasser. 

Von 

Privatdosent Dr. S. W. Korschun. 

(Aas dem Hygienischen Institut der Untvereitftt Mönchen. Vorstand: 

Fraf. M. Grober.) 

Die Frage über das Scbioksal der in die natürlichen Ge* 
wftsser gelangenden pathofi^nen Mikroorganismen ist von hervor- 
ragender praktischer Bedeutung. Es ist dabei zxt entscheiden, 
ob die [»athogeuen Mikroorganismen so lange im Wasser ihre 
Lebensfähigkeit und Virulenz behalten, dafs das Wasser als Ober^ 
trfiger der Infektionskrankheiten angeeehen weiden kann. Von 
der Entsdieiduiig dieser Frage sind viele saniUlre Mafsr^ln 
abhängig, die gegen die epidemische Verbreitung einiger Infektions^ 
krankheiten vorgenommen werden. Gewifs trugen die epidemio- 
logischen Tatsachen bedeutend zur Aufklärung dieser wichtigen 
Frage bei, aber nur auf experimentellem Wege ist eine voll- 
kommen genaue und wisüenacbaftliche Lösung iiiön;lich. Leider 
wini i*Mi()ch unsere Arbeit auf diesem Gebiete durch die Lnvoll- 
koninienhoil der bakteriologischen Methodik bedeutend erschwert. 

Bekanntlich vertrat Pettenkofer die Ansicht, dafs das 
Wasser an der Verbreitung vom Typhus und Cholera gar nicht 
beteiligt sei. Die Pettenkoff ersehe Lehre findet jetzt noch 
einen überzeugten Anhänger in Prof. Emmerich. In seinem 



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2. Frtfs d.VerbTeit d. Abdomiiwltyph. d-Triokwaner. Voa Dr. 8. Kondion. 337 

im Jahre 1904 erscUieueueu Abhandlimg sagt Emmerich 
folgendes: 

»Man bmu^t kein F^phet an t«n, um sagen za kOnnen, daJs 
in Ähnlicher Weise wie bei der Malaria in nicht su ferner Zeit 
auch fttr Typhus und Cholera der bakteriologische Beweis e^ 
bracht werden wird, dafs ihre Entstehung und Verbreitung mit 
dem Wasser nichts su schaffen batc. (§ 80). Weiter behauptet 
£ armer ich, dafs er jetzt schon imstande sei zu beweisen, dafs 
das Entstehen der l^phus- und Choleraepidemien durch das 
Wasser der Brunnen und Flüsse unmöglich sei. Seinen Artikel 
schliefst Emmerich mit dem kategorischen Ausruf: »Nieder 
mit der Trink wassertheoriel« (Ober die Beurteilung des Wassers 
vom bakteriologischen Standpunkte. Zeitschr. f. Unters, d. Nah* 
rungS' u. Genufsmittel usw., Bd. VIII, S. 77). 

Ist es wirklich Emmerich endlich gehineen den jähre 
lang andauernden Streit über die RoUe des \Vasser8 Ijei tler 
Verbreitung von Typhus und Cholera zu entscheiden? Sind die 
neuen, von ilnn mitgeteilten Tutsachen in der Tut derniafsen 
unbestreitbar und beweisend, dafs wir berechtigt sind, mit ihm ein 
für allemal anzuerkennen, dafs die Verbreitung des Typhus uud 
der Cholera durch Wasser unmöglich sei? 

Im Laufe der letzten 20 Jahre, sagt Emmerich, sind im 
Münchener hygienischen Institute vielfach Wasseruntersuchungen 
ausgeführt worden in Fällen, wo das Wasser in Hinsicht auf 
Typhusverbreitung verdächtig war. Bei keiner dieser Unter 
suchungen konnten Typhusbazillen nachgewiesen werden« Die 
in der Literatur angegebenen Fälle, bei denen die Autoren Typhus- 
bazillen gefunden haben, sind nach Emmerichs Anschauung 
als zweifelhaft anzusehen, wegen der Schwierigkeit der Identifi- 
zierung der aus dem Wasser gezüchteten Mikroorganismen mit 
den echten Typhusbazilleu. 

Wir wollen liier gleich nnsere Meinung einschalton, dafs 
das Fehlschlagen des Nachweise.'^ von Typhusbazilleu im Wasser 
wenig beweist, da unsere Methodik leider noch äufserst unvoU- 
komnieu ist, wenn es sicii um wenige Typhusbazillen in keim- 



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338 SS&r Frag» der Vwbreitong des Abdomfaialtsrphni dnr^ TrinkmuMer. 



reichem Wasser handelt. Das Ungenügende der Identifizierung 
wird man Emmerich für eine UntersucbuDg aas früherer 
Zeit unbedingt zugebeu müssen. Indessen sind in neuerer Zeit 
einige Fälle bekanot geworden, in denen der Nachweis derTyphus- 
bazilleu im Wasser mit vollster Sicherheit geführt worden ist. 
Diesen Füllen reiht sich eine Beobachtung an, die Herr Oberarzt 
Dr. Weidmann im vergangeneu Sommer im hiesigen Institat 
gemacht bat. In einer am 28. April 1906 entnommenen Wasse^ 
probe aus dem Bnmnen eines Hauses im Orte M. bei Plattlmg 
in Niederbayem, in dem ein Typfauskranicer lag, konnten Typhus- 
basillen mit abaoluter Sicherheit nachgewiesen werden. Es stellte 
sich hinterdrein heraus, dafs an dem Brunnen die Wäsche des 
Typhuskranken gewaschen worden war. In einer am 10. Mai 
entnommenen 2. Probe konnten Typhusbasillen nicht mehr auf- 
gefunden werden. Weitere Erkrankungen am Typhus kamen 
nicht vor. Viel wichtiger als der soeben besprochene ist der 
folgende Eiinwand Emmerichs. Er sagt: »Es ist auch aus 
folgenden Gründen hOchst unwahrscheinlich, dals Typhus- und 
Cholerabasillen in einem Brunnen länger als 48 Stunden nach- 
weisbar sind, auch wenn ein ganzer Typhusstuhl in einen Brunnen 
gelangt, was im JÜTilinerten Deutschland doch kaum denkbar 
ist. Bringt man nämlich grOfsere Mengen von Typhusbazillen 
in Flufs-, Leitungs- oder Brunnenwasser, so werden sie rasch in 
grofser Zahl vernichtete. (§81 ibidem.) 

Als Beweis gil>t Kniraerich folgende, gemeinsam mit Ge- 
münd ausgeführte Versuche au: 

1 com Wamer enthält: 

sofort nach der Aussaat 21 600000 Typhusbasillen, 
1 44 Stunden 7200000 » 




» 66 > 128570 » 

> 105 . 0 1 

1 ccni Münchenor Leitunj^^'^wasser enthält: 

sofort nach der Aussaat 10r)4;KKH) Typhusbazilleu, 



» 24 Stuuden IbOOOOO > 
» 48 » 0 • 



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Von Dr. 8. W. Kotadran. 



339 



1 ccm Waaaer ans dem BruDoen im Hofe des bygieniscben 
luatituts in HfünclieD entbftlt: 

sofort nach der Aussaat 24300000 Typhusbasillen, 
> 24 Stunden 2885714 > 

Nach Ausführung entsprechender lieiüchuungeu meint E tu 
merich: >Man könnte also, man höre und staune! — Tauseruie 
Typhuöstühle täghch in den Brunnen des hygienischen Institutes 
werfen, — - die darin cnthaUenen TyphusbazilU n wären bis zum 
nächsten Tag daraus vtjrsch wunden . Ö5 ibidem.) 

Wodurch wird denu eine so scharf ausgesprochene, bakterien- 
tötende Wirkung der natürhchen, unsterilisierten Wasserarten 
bedingt? Es ist unmöglicb, diese Wirkung dem scb&dlicben 
Einflüsse des Wassers als solchem, d. b. seiner ungünstigen, 
chemischen Zusammensetzung für die ßsikterien, oder dem Mangel 
an Nihrsubstanzen suzuschreiben. Iii der Tat leben die paUio* 
genen Bakterien in demselben Wasser nach erfolgter Sterilisation 
sehr hinge und ihre Zahl vermindert sich bei weitem nicht so 
schnell wie in nicht sterilisiertem Wasser. Das schnelle Ver* 
seil winden der pathogenen Bakterien ist nach Emmerichs Meinung 
nicht als Folge der Konkurrenz der Wasserbakterien anzusehen; 
er begrOndet dies durch folgenden Versuch: Lftfst man ein in 
bakteriologischer Hinsicht reines Wasser, das nur 8 — 4 Keime 
in 1 ccm enthält, so lange stehen, bis alle Bakterien verschwunden 
sind, so wirkt es doch noch bakterientotend. Diese Tötung be« 
sorgen nach Emmerieh die Flagellaten im Wasser. Bringt man 
in ein solches Wasser Typhusbazilleu, so fiodet man schon nach 
kurzer Zeit lebhaft sich bewegende Flagellaten, welche die Typhus» 
basillen gierig auffressen. 

Emmerich und Gemünd zeigten, dafs dif' ans eiiunn mit 
Typhusbazillen reichlich verirnpften Wasser entnoinuienen Fhigel- 
Iftten mit Typhusbazillen angefüllt waren, in ihrem Innern 5 bis 
20 Stück enthielten . Die in den ijeibern der Flagellaten ein- 
geschlossenen Bakterien wiesen deutlich ausgesprochene ZerfalU- 
erscheinungen auf, als ob sie dort zerschmelzen würden. Em- 
merich vergleicht die Rolle der Flagellaten im Wasser mit der 



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340 Zti' Finge der Verbreitäiig dee Abdominaltyphiie duxth Trinkweaaer. 

Rolle der Leukozyten v.n Blute. Die einen wie die andereu 
scheinen von der Natur hIö Beschützer ihres Gebietes gegen das 
Eiudriügen fremdartiger Elemente bestimmt zu sein. 

Die faktische Seite der Beobachtungen von Emmerich 
und Gemünd ist durch (). Huntemüller (Arch. f. Hyg., Bd. 54, 
S. 89) und durch Fehrs (Hyg. T^nidschau XVI, Nr. '5, S. 113) be- 
stätigt worden. Auch sie fanden, dafs die Flage! laten einen 
grossen Anteil au der Vernichtung der pathogenen Mikroorganis- 
men im Wasser haben. Huntemüller behauptet, dafs die 
Typhusbazillen nach 2 bis 3 Tagen aus dem Wasser so weit ver- 
schwinden, dafs ihr Nachweis mit Hilfe der üblichen Gelatine- 
plattenmethode nicht mehr gelingt. 

Mit Hilfe des Drigalski-Oon radiseben Nährbodens konnte 
Fehrs in manchen Wassersorteu Typhusbazilleu noch am 20. Tage 
finden. In anderen Fällen gelang es ihm nicht, sie nach so 
langer Zeit naohsuweisen, sie fanden sich nur am 4., 5., 6., 
7. und 8. Tage nach der Aussaat Fehrs nimmt an, dafs die 
Resultate der Versuche durch die verschiedene, chemische und 
bakteriologische Zusammensetzung der Wasserarten, sowie durch 
die anfängliche Menge der Flagellaten beeinfiuf^t werden. Unter 
natflrlichen Verhältnissen müssen bei der Vernichtung der patho- 
gßneu Mikrobien neben den Flagellaten auch noch viele andere 
Faktoren mitwirken. Fehrs schliefst aus seinen Versuchen, 
dafs Emmerich au weit gehe, wenn er annimmt, dafs er die 
Unm(^licbkeit der Verbreitungen der Infektion durch das Wasser 
bewiesen habe. Fehrs besweifelt weiter die Bedeutung der An- 
gaben Emmerichs Ober die Zahl der Typhusbaxillen im Wasser 
XU verschiedenen Zeiten nach ihrer Verimpf ung in das Wasser. 
Er hat sich durch eine Reihe mühsamer Versuche überzeugt, 
wie schwer es ist, die Zahl der pathogenen Keime in einem, 
zahlreiche, sich schnell vermehrende Waaserbakterien eulhalten- 
deu Wasüer zu. bestiiinuen. 

Somit haben zwar sowohl HuntemüUor als Fehrs Em- 
merichs Angiiljen ül'er das Vorliaudonsein von Fhit^'ellaten in den 
natürlichen ( i-.'wa.s-ern, sow ie über die wichtige Kollo dieser Pro- 
tozoen bei der Vernichtung der pathogenen Keime iiu Wasser be- 



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Von Or. & W. Kondmn. 



341 



st&tigt. Beide Autoren verhalten sich aber verachieden eu dem 

Hauptsätze Emmerichs, dafs das Wasser keine vermittelnde 
Rolle bei der Verbreitung der Epidemien spiele. Während Hunte- 
niüller, der unter Km in c r i e Ii .s Leitung arbeitete, mit dem 
letzteren über die Unmöglichkeit der \'erbreitung der Infektion 
durch das Wasser überein st innnt, betrachtet Fehrs diese Frage 
als experimentell noch lange nicht im Sinne Emmerichs ent- 
schieden. Gewisse epidemiologische Tatsachen stehen nach 
der allgemeinen Ansicht im Widerspruch mit der Behauptung 
Emmerichs. Die Laboratoriunisvcr^ncho über tlie I^eben^^dauer 
der [»athogenen Bakterien im Wasser haben die widerspi*echeudsten 
Resultate gegeben. 

Es gibt ganze Reihen älterer und neuerer Arbeiten , die 
Emmerichs Anf2:abon bestätigen. Zu nennen sind die Arbeiten 
von Ivariinski, Emmerich und Pinto, Jordan, Rüssel 
und Zet. Diese Autoren beliaupten, dafs die Typhusbazillen 
in natürlichen Gewässern in 1 ^2 — 3 — 4 — 5 Tagen, Choleravibrionen 
noch frülier zugrunde gehen. Im (legensaiz dazu fanden aber 
A. TTeider und von Kerner im Institute Grubers in Wien 
Choleravibrionen in unsterilisiertem Leitun^waaaer noch nach 
5—7 Tagen und in unsterilisiertem Donauwasser noch nach 
3 Tagen lebend und virulent. Nach W ernicke behalten die 
Choleravibrionen im Schlamm der Aquarien ihre Lebensfähigkeit 
bis SU 4 Monaten und nach Hof mann sollen die TyphusbasiUen 
im Waaser der Aquarien bis 4 Wochen und im Schlamme der- 
selben bis 8 Wodien lebend bleiben. Die Verschiedenheit der 
Resultate der Autoren lälst sich in bedeutendem Mafse durch 
die Mannigfaltigkeit der zum Nachweis der patiiogeneu Mikro- 
oiganismen im Wasser angewandten Methodik erklftren. Je 
vollkommener die Methode, nach desto längerem Verweilen gelang 
es, die Typhusbazillen und Choleravibrionen im Wasser nachzu- 
weisen. Selbst Bmmerich stellt nicht in Abrede, dafs ein 
längeres Erhalten der pathogenen Keime im Wasser möglich 
wäre, falls dieselben dnrch Einschlufs in feste Pariikelchen vor 
den Flagellaten geschützt sind. Jedoch sammeln sich nach 
seinen Beobachtungen um solche Partikelcheu herum die Flagel- 

AiehlT tto Hyglm». Bd.ua. 81 



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942 Zar Fkftfe d«r VM4)nltaDg d«0 Abdominaltjpha« dnteh TrlnkwaMer. 

laten, die bereit sind, jeden freiwerdemlen Mikrol)en zu ver- 
schlingen. Anfsordcrn behauptet 1"] in ine ri<'h anf(irund anderer 
Beobachtungen, dalV ein oder einige Typhusbaziiien, in homöo- 
pathischen Verdünnung mit Wasser genossen, keine Infektion 
verursachen, und dafs so sicherUch keine Epidemien entstehen 
können (a. a. O. ä.82). In Anbetracht der Schlüsse, welche Professor 
Emmerich aas seinen interessanten Beobachtungen über die 
Tätigkeit der Flagellaten zieht, unternahm aacb ich eine Reil)e von 
Versuchen üher iliestn Gegenstand. Ich wünschte vor allem 
mir eine Vorstellung über die Zahl der P''lagellaten in natürlichen 
Wässern zu verschaffen und daiilber Klarheit su bekommen, 
wie lange sich Flagellaten und T^husbaziUeu nebeneinander 
halten können. Leider ist es wegen Mangel an Zeit nicht ge- 
langen, mdne Beobachtungen zu Ende zu führen und aufzuklären, 
nach wieviel Tagen nach der Aussaat die Typhusbazillen bei 
Anwendung der besten Methodik nicht mehr zu finden sind. 
Auch haben wir nicht genügend die wichtige Frage bearbeitet, 
wie lange die Typhusbaziiien am Leben bleiben, falls sie, wie 
es bei natürlichen Verhältnissen der Fall ist« in ganz unbedeutender 
Menge ine Wasser gelangen. Wie wir sehen werden« sprechen 
die wenigen Versuche, die wir in dieser Richtung ausgeführt 
haben, dafür, dafs beim Einbringen geringer Mengen von Typhus- 
baziiien ins Wasser dieselben länger im Wasser nachgewiesen 
«erden können als beim Verimpfen gröfserer Mengen. In dieser 
Hinsicht stimmen unsere Versuche mit den Angaben Hunte- 
müllers übereüi, welcher behauptet, dafs beim Einbringen 
gerin^^er Mengen von Typhusbazillen ins Wasser die Flagellaten 
sich nicht so schnell vermehren und sich daher die l'yphus- 
bazillen l.in<4t i im Wasser erhalten können. Huntemüller 
verinipfle ^'ewiiluilicli auf 100 ccni Wasser 1— Ü l'lutinösen einer 
L'4btündigun Agarkuliur von Typhusbazillen. Unter <iiüi5en Be- 
dingungen verseil wanden die Typhusha/allen nacli 2 — 3 Tagen. 
Als er aber eine annähernd 3 — 4 mal geringere Menge der Typhus- 
baziiien (aber irnmeihin noch sehr viel^ verimplte, fand er sie 
in einem Versuche noch am 10. Tage, in zwei anderen am 
0. Tage. Es dünkt uns, dafs Emmerichs Versuche den Maugel 



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Von Dr. 8. W. Konebttn. 



343 



aufweisen, daff er künstlich güustige Bedingungen für die Ver- 
melirung der Klagellatcn herstellte, indem er ihnen reichliches 
Nährmaterial in Fmin von grolaeii ^h'ngen von Typhnsknltiir 
gab und sie in niöghehst günstige TempeniturverhäUnisse (Zimmer- 
temperatur 20 — 2J " C) brachte. Selbstverständlich vermehren 
sich dabei die Flagellaten in solchen Mengen, wie das unter 
gewölnilichen, normalen Bedingungen nicht verkommt. Es ist 
daher sehr gewagt» auf Grund der Resultate, die unter solchen 
künstlichen Bediogungen erhalten worden sind, darüber Schlüsse 
zu sBiehen, was unter natürlichen Verhältnissen irgendwo in einem 
Brunnen oder einem Flusse geschieht 

Um einen Begriff über die Menge der Flagellaten im Wasser 
zu erhalten, verfuhren wir folgendermafsen : 

Mit dem zu untersuchenden Wasser wurde ein steriles 
Gefäfs gefüllt und zwecks gieichm&fsiger Verteilung der Bakterien 
und Flagellaten sorgfältig geschüttelt. Alsdann wurde das Wasser 
zu gleichen Mengen auf eine Reihe von sterilen Reugensglüsern, 
die mit Watte verschlossen waren, verteilt. In diese Reugens- 
gläser wurde eine Aufschwemmung von Ty^ihusbazillen verimpft. 
Nachdem <lie Keagensglaser s<trgf!Utig durchüchüttelt waren, wurden 
sie an einenj dunklen Orte hei Zimmertemperatur aufbewahrt. 
Das Aufschütteln der Reagensgläser wurde jeden Tag wiederholt. 
Täglich wurden jedem Reagensglu.se Troiilen zur mikroskopischen 
Untersuehung eiitnüiumeti. Di© Besichtigung der Tropfen wurde 
mit dem Objektiv Zeifs (> und Okular 4 uud genauer mit dem 
Objektiv DD und Okular 4 ausgeführt. 

Yeraacb I am 2B. VI. 1906. Es gelang mir bei der sorgfältigsten 
mikroskopischen niUerBiiehuriji^ nicht, in dem der Wasserleitung ent 
nonimouou Wasaer unmittelbar Flagellaten festzustellen. Das Wasser wurde 
aladann sn je 10 ccm in 76 Reagensgläaer veitellL In jede« Beagensglaa 
«lurde je 0,8 ccm einer Typhuaagarknltur, die mit 10 ccm deaaelben WaaBers 
abgCHchwemmt worden war, ?;nppsiet7t. Am 2. Tage f^chon konnte man in 
einzelnen Refi};enfs«;läfleru ir'lageüaten feststellen. Die Zalil dtr eiläser mit 
Flagellaten nalitn mit jedem Tage zu, so dafs am 7. Tage Flagelluton in 
45 Beagensglttaern voqtefanden worden. Ihre Zahl war in den eincelnen 
Reagensgläsern ganz verschieden. In 28 Roagensgläsern waren sie ao sabl- 
reich, (liifs in jedem Tropfen iiu hrfre Dutzende ge/.ilhlt werdoii konnten, in 
den übrigen H waren sie in viel geringerer Anzahl vorhanden, su datt) nur 

24» 



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S44 2ur Fnge der Verbreitang des Abdominaltyphin durch Trfnkwasser. 



einige Exemplare in einem Tropfen oder nur ein einzii^en in }'-6 Tropfen 
aufgefondea werden konnten. Zugleich mit den Fiagellaten wurden in zwei 
ReagenH(lBMni Infaaorien naebgewteeen. Nach weiteren 8 l^Rgen waren 
Flagellaten noch in 8 anderen Reagennglft^ern nachwetebar, ao da£s am 

10. T.x'^c Tiacli I'.eu'inn des Versuches in 58 von 76 Keapens^;lJl?prn »ich Flagel- 
laten befanden, in 5 darunter gleichzeitiji auch Infuforien. In Ttjd ccin 
Waaser waren somit ursprünglich 53 Stück Flagellaten vorhanden oder iu 1 1 
rnnd 70 StOek; wenn wtr annehmen, da£a in jedem Bohrehen, in dem 
Flagellatenwachätnm eingetreten ist, ursprünglich nur 1 Exemplar davon- 
gekommen ist. Pies dürfte allerdin;_'.s nicht panx zutreffend sein. Auch Ich 
konnte gleich Emmerich, zwei Arten von Flagellaten — >Bodo ovatus» 
und >Bodo saltans« — genau identifizieren. Aufserdem sah ich in einzelnen 
Reagenaglftaern eigenartige, stibchenllhnliche^ lebhaft bewegliche Formen, 
die ihrer OrOfse nach kleiner ala Bodo ovatus und saltans waren. Et gelang 
mir nicht, festzustellen, nh es »ich um eine bosonderc Art von Protoaoen oder 
am ein Entwicklungsstadium der Flagellaten handtlte. 

Die ReagensglUser, in 'ienen sirh «röfnere Mentren F'laiiellaten und In- 
fusorien befnnden, waren leicht schon mit blofsem .Auge erkennbar: «las 
Was.ser war la denselben vollständig klar, wtlhrend die Reageusgläser, welche 
keine Frotoioen entbleiten, trQbea Waeier aafwieeen; am Boden derselben 
war ein Sediment der abgeeetsten Bakterien vorhanden. 

Am 15. Tage wurden 6 Beagenagllaer nntenncht: 2 ohne Flagellaten 

und 3 mit besonders reichlichem Gehalt an Flagellaten. Die SSabI der Bak- 
terien in diesen BeagensglflMm war folgende: 



Nr. lies 
Reagens- 
glaaee 


Sind Flagellaten 
vorhanden? 


9Sah} der Kolonien 
! ans 1 ccm 


9 


nicht vorhanden 


fj4 34 i DUO 


14 


nicht vorhanden 


85840000 


16 


vorhanden 


1340000 


17 


vorhanden 


1 21GÜ00 


21 


vorhanden 


840 OUU 



Die.^e 5 Reagen«;r!flper «owif» aiifh noch _ nnflere (Nr. 1 nnd 4>, welche 
viele Flagellaten enthielten, wurden auf ihren Uehalt an Typhushaülleu 
nntersucbt. FQr jedea Beagensglas worden 3 grofse Petrischalen mit Con- 
radl Drigalaki schem Nihrboden verwendet. Auf die erste Sdaale worden 
0,2 » cni de.s Wasser.-* aufgegossen und mittel« eine.s Glasspatels auf die Ober- 
fläehe des Nilhrbodens '^''pirhinHf«ig verteilt, worauf in bekannter Weise mit 
demselben Spatel uacheinunder die Oboi tlache des Nährbodens in den beiden 
andern Schalen bestrichen wurde. Nach 24 Stunden entwickelten rieh in 
aftmtlichen 7 Waseerproben aal der aweiten und dritten Schale sablreiche 
charakterlatiscbe Typhuskolonien. Die erste Schale war mit einem dicken 



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Von Dr. 8. W. Koraehnii. 



345 



Bakterieorasen bedecke Die Zahl der typbasähnlichen Kolouieu auf der 
sir«iten and dritten Bebai^ wftr so grofs, d«lil ihr« ZAhlung unmöglich war. 
Einselne von diaaen Kolonien worden ant Agar sur weiteren Untorsnehnng 

ü)>eriinpft. Die bakteriologische Diagnose geschah durch die Fcststellang 
der Wachstnnipeipenaf'hafteu auf verschiedenen Nährböden und mittels Apglu- 
tiaation durch spezihschea Serum. Ks stellte sich heraus» daXs die auf diese 
Weise vm dem Wasaer gesllditeten Bakterien die typiachen EigenachAfton 
der Typbnebasillen seigten and dnrdi apexifisches Serum In denaelben Ver* 
tlflnnnngpn wio die iirRjirüngliche Kultur (1 : 128<K) iig-rlutiniert wurden. Es 
untfrlap alwn keiiunn Zweifel, dafs die Typhusbaziilen ihre Lebensfitlnirkeit 
und biulogiHcheu Eigenschaften noch am 15. Tage nach ihrer Einiührung 
In das Waaaer der MQuchener Waaaerleitong vollatindig beibelialten batten 
bei Anweaenbeit wie bei Abweaenbeit von Flagellaten. 

Versueli II am 10. YII. 1906. In 50 Keagensgläser kamen je 10 ccm 
Leitungawaeaer und je Vi« Typhaalcaltar. Flagellaten wurden 
ecblieblich in allen anfaer einem Reagenagtaae vorgefunden. In detn ein- 
^ipren, wo sie nicht vorhanden waren, konnten weHcr Mauellaten noch an- 
dere i'rotozoen, trotz sorgfältiger Untersuchung innerhalb von 7 Tagen nacb- 
gewieaen werden. In 2 Reagensgltsem worden aulberdem Infusorien feet» 
gestellL Im 2. Veraoche worden alao Flagellaten Im Leitongawaaeer in viel 
gror^erer Anzahl vorgefunden als im 1. Ich mufs hier bemerken, dafs das 
Wetter im Mai nnd Jnni in München kalt war, während im Juli sich warmes 
Wetter einstellte. Am 0. Tage wurde die Zahl der Keime im Keagensglase, 
daa keine Flagellaten entbleit, beatinmit ond gleicb 48000000 in 1 ccm ge- 
fanden, wftbreud in einem der Reagenegliaer mit sahlreiohen Flagellaten im 
ganaen 800000 in 1 com aieb vorfanden. 

Tenncb III am 80. TU. 1*06. In 38 Reagena^iaer kamen Je 1 ccm 
Leitongawaaeer -h 3 ccm steriles I^tongswasaer -f- 0,02 Ose Typboa- 

kultur. Flappllaten werden im Laufe von 10 Tagen in ft Keagen^grläPern 
freftinden (130 Stin k in 1 1). Nach 6 Tagen wurden in einem Kcai,'ensgIaHe, 
das Flagellaten enthielt, 5U350CKX) Keime in 1 ccm Wasser festgestellt, wfthreiid 
In einem Reagenaglaee ohne Flagellaten 18800000 Keime gesahlt worden. 
Nach tO Tagen war die Zahl der Keime in denselben Rcag^iiH^lüBern: ohne 
Flagellaten ÜO 464 000, mif Flatrellaten 420000 in 1 rem. Typhusbazillen 
fanden sich am 6. Tage des Versuches in überaus reichlicher Menge in beiden 
Keagensgl^ern vor. Später wurden Untersuchungen auf Typhusbazillen bei 
dieser Veraocfaareibe nicht aoagefflhrt 

Versuch IV am 17. VII. 1900, In 21» Keagenegläser kamen je 0,5 ccm 
Waaser aoa der laar -p com aterilea Leitongawaaaer f- 0,02 öee Typhue» 
koltor. Flagellaten worden nnr in 2 Reagenagtftaem nicht gefanden. In> 
f oaorien waren in 8 ReagenagMaem featgeatellt. 

Teraneh T am 17. TU. 1900. Daaaelbe laar waaaer wie in Vetaoeh IV, 

an je 0,1 ccm f 2,9 Hterilen Leitongawaaaera + ^S>- ^se Typhuskultur auf 
1 Beagenaglaa. Von 26 Reageneglllaern worden Flagellaten nor in 8 gefunden 



346 Zur Fruge der Verbreitung de» Abdonineltypho« daich Trinkweeaer. 



(307*) Stück m 1 1). AucU in die»em Versuche war die Zahl der Keime m 
den BeagensglOsem ohne Fl^llalen viel grOfeer alt in den Beegenegliaem 
mit flageUaten und twar: 



Reageaagllaer 


Zahl der Keime 
am ö. Tilge 


in 1 fcm WnsFtT 
am 13. Tage | 


Typhus- 
bazillen 


Ohne Flagellaten : 








1. 


•24 400 000 


15 000 


vorlianden 


2. 


32 000 000 


31000000 


vorbanden 


Mit Flagellaten: 




1 




1. 


l 200 000 


24«;00<) 


vorhanden 


3. 


16500000 


640000 1 

» 
1 


vorbanden 



Versuch TI am 10. YII. 1906. In &Ü ReagcnsglAeer kamen je 10 ccm 
Leitungswasser. T^'phusbaziilen wiirdrn nicht zn^jesftzt. Bei täglicher 
Untersucbang im Laufe von Tagen wurden Kiageilaten in geringer Anzaiil 
in 6 Reagensgläaem, Infnaorien in 1 gefanden. Die Zahl der Bakterien be- 
trog im friaehen Waaaer 40 in 1 ccm, am 9. Tage 710000. 

Tertneh Tn am 20. Tl. 1000. 5 Kolben mit je 100 ccm Leitnnga» 

Wasser. In den l. Kolben wurde eine Öse Typhusagarkultur, in den t2. 
0,1 ösp, i n den 3 0,1)1, in den 4. 0,001 und in den ''(MM'H Ose derselben 
Kultur hiiizu^;efii>;t. Flagellaten wurden mir in den orateu -i Kolben gefunden. 
Nach 10 Tagen wurden Typhuabazilien tu allen Kolben aufaer dem 1. nach* 
gewiesen. Das bedentet alao, daüi die l^pbaabaidllen zu allererst in dem 
Kollien veiediwanden sind, in welchen sie in grOfater Menge hinzngefftgt 
Warden. 

Auf Grand unserer Verauche kOnnen folgende Schlüsse gesogen 
werden : 

1. Flagellaten sind sowohl im Münchner Leitungswasser als 
auch im Wasser der Isar vorhanden. Au User den Flagel- 
laten befinden sich in beiden Wassexarten auch Infusorien. 

2. Die Flagellnten spielen zweifellos eine nicht unbedeutende 
Rolle bei der Vernichtang der Bakterien und darunter 
auch der Typhusbazillen im Wasser, wie dies zuerst von 
Emmerich featgestellt wurde. 

Soweit können wirdie ßcobachtungen von Emmerich, 
Gemünd und Hunlemülh'r bestätigen. Wir können 
jeduoli, wie Fehrs. mit ihnen darin uitlil übcreinstiniinen, 
dafs es ihntn damit gelungen sei, die rnmögliebkeil der 
Verbreitung von Typhus und Cholera durch Wasser zu 



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Von Dr. 6. W. Konchan. 



347 



beweisen. Dazu scheint uns eobon die Zahl der Flagel- 
laten in manchen Wässern viel zu gering zu sein. 

3. Im Münchner Leitungswasser kamen einmal nur etwa 
70, ein 2. Mal nur etwa 130 Exemplare davon auf 1 l, 
während allerdings die Zalil der Flagollalen im Isarwasser 
erheblich gröfsor war. Selbst in jenen Proben, in denen 
Flagellaten vorhanden sind, kann es trotz günstiger Tem- 
peratur und reichlichem Futter 4 und 6 Tage dauern, bis 
sich die Flagellaten so reiclilich vermehrt lialjüu, dafs 
sie mikroskopisch leicht nachgewiesen werden konnten. 

4. DieTvphusba/.illen verschwinden aus dem Wasser schneller, 
wenn sie in grofser Menge eingetragen worden sind, als 
wenn sie, wie dies natürlichen Verhältnissen entspricht, 
in verhältnismütsig geringer Anzahl dem Wasser hinzu- 
gefügt wurden Es hängt dies offenbar damit zusammen, 
dafs im letzteren Falle die Flagellaten sich viel langsamer 
vermehren. 

5. Die im Wasser verimpften Typhusbazilleu bleiben zum 
Teile 8 und lö Tage and wahrscheinlich noch länger am 
Leben, trotz der Anwesenheit s&ahlreicher Flagellaten. 

Selbst solches Wasser, weldies zahlreiche Flagellaten 
entliftlt, darf folglich sogar noch zwei Wochen nach der 
lofisierung mit Typhusbazillen nicht als unscb&dlich be- 
trachtet werden. 



über die Bestimmung der Härte des Wassers. 

Von 

Dr. P. Nawiasky und Dr. S. Korschun. 

(Aua den Hygienischen Institaten der Univeroiiat Berlin. Direktor; Geh. 

Med. Rat Prof. Dr. M. Rubner.) 

Die Untersuchung der Härte des Wassers ist hftnfig nur 
unTollkommen angefahrt worden, obschon die genauere Untere 
suchung vom hygienischen Standpunkte aus sehr wesentlich sein 
kann. Sehr häufig ist die alte Clarksche Seifenmethode das 
einsige angewandte Verfahren, obwohl schon längst bekannt ist, 
dafs die damit gewonnenen Resultate gar nicht so selten ganz 
unbiauchbar sein können. 

Abgesehen hiervon mub man aber beanstanden, da& die so 
nötige Unterscheidung zwischen transitorischer und permanenter 
Härte nicht gemacht wurde. Die praktische Bewertung des 
Wassers, spesiell für Trink- und Nutzxwecke, sollte sich doch 
stets auf die Kenntnis dieser beiden wichtigen Unterschiede 
stützen. 

Sehr häufig wird von den liärtegebenden Substanzen nur 
der Kalk uui^eführt, während die Feststellung der Magnesia /.u 
den Seltenheiten gehört. Gerade mit Rücksiclit auf das Vor- 
koiimien der letzteren in verschiiuitztem (irundwasser, ferner im 
Flufsvvasser, das durch die Al>gänge \'*n\ I'abrikwässern verun- 
reinigt ist, müfste der Nachweis derselben oft erwünscht er- 



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über di« BeBtammung etc. Von Dr. F. Nawiaeky n. Dr. 8. Kortehun. 349 

Schemen. Der Grund für die Nichtbeachtung der Magnesia 
liegt in der Hchwierigkoit der Insherigen Methoden, welche 
eine gewicbtsanoly tische Bestimmung uicbi haben umgehen 
lassen. 

Verhessorungen der ilärtebcstinuming des Wassers können 
daher vollen Anspruch darauf erheben, für die Untersuchung 
des Wassers vom hohem Werte zu sein und füllen eine wichtige 
Lücke unserer bisherigen Arbeitsverfahren aus. 

Wir haben daher eine Reihe neuer Wasseruntersuchungs- 
niothoden, welche znm Teil bereits Eingang in die Industrie ge* 
funden haben, einer eingebenden Nachprüfung unterzogen, und 
zwar, wie wir gleich voraumcbicken können, mit durchaus 
günstigem Erfolge, so dafs man wohl berechtigt sein dürfte, mit 
der althergebrachten ungenügenden Methode zu brechen. 

Das Wasser zur Ausführung der Analysen stellten wir aus 
titriertem Kalkwasser und Normal -Salzsäure sowie gewogenen 
Mengen schwefelsaurer Magnesia her. Der Oberschors an Kalk- 
wasser wurde durch Übersättigen mit Kohlensäure in Bikarbonat 
übergeführt. 

a) Betlimmting der tranaltoritelMii Härte. 

Zur Bestimmung der transitorischen Härte hat Pf ei ff er^) eine 
Methode genauer beschrieben, deren Grundlagen er von Wartha^) 
übernommen hat. Et benutzt die Eigenschaft der Bikarbonate 
der alkalischen Erden, auf Alizarin alkalisch zu reagieren. 

100 ccin Wasser werden in einer Porzellanschale, mit Alizarin 
als Indikator versetzt (0,25 proz. alkoholische Lösung), kochend 
mit ^/lo Normal-Salzsäore titriert, bis die zwiebelrote Farbe in 
Gelb umschlägt und auch nach anhaltendem Kochen nicht 
wiederkehrt. Da jedem com ^/io Normal-Salzsäure 2,9 mg CaO 
entsprechen, so ergibt die verbrauchte Zahl Kubikzentimeter, 
multipliziert mit 2,8 die Alkalinität oder transitorische Härte des 
Wassers in deutschen Härtegraden. 

1) Pfeiffer, Z«-ilMchi f. angew. Cliemie, XV, 178. 
S) Wartha, az ivoviz Tizagaläta, Budaj)«at 1902. 



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350 BMtimmDng der HArte de« Waasera. 

Verwendet man statt der Porzellnnschale (Jefäfse aus ge- 
wöhnlicheui Glas, so findet man die transitorisclio Härto infolge 
der Löslichkeit des (Üapes etwas zu hoch^j, wie aus den uuteu 
angeführten Analysen zu ersehen ist. 

b) Bestimmuny (Jer Gesamthärte. 

Im Anscblufs an die Bestimmung der transitoriscben 
Härte führt man nach Pf elfter die BeatinnDung der Qeeamtr 
httrte ao8. 

Das, wie beechrieben, neutralisierte Wasser wird mit einem 
ÜbersobofB einer Losung, bestehend ans gleichen Teileu '/lo Normal- 
Natronlauge und VioNormal-Sodalösnng, versetst, einige Minuten ge* 
kocht, in einen 200 ccm Kolben gespült, nuch dem Abkühlen mit 
destilliertem Wasser auf 200 ccn» aufgefüllt, filtriert und in 100 ccm 
des Piltrats das überschüssige Alkali durch Titration mit Normal- 
Salzsäure und Methylorange als Indikutor Ijostimmt. Der auf die 
Gesamtmenge berechnete Verlust an Normal-Alkali in ccm, 
multij.liziert mit 2,8, ergibt die GeaamÜiärtc. 

Man verwendet etwa so viele Kubikzentimeter des Alkalige- 
misches, als der Gesamthärte in deutschen Härtegraden entspricht; 
beträgt dieselbe über 50, so wird das Wasser mit destilliertem Wasser 
auf die Hälfte verdünnt. Nachstelien<lc Analysen, welche nadi «liesen 
Angaben ausgeführt «ind, mögen die Brauchbarkeit der Methode 
bestätigen (Tab. I, 351). 

e) Bestimmuns der Magnesia. 

Um den Anteil der Magnesia an der Ot^^amtharto zu linden, 
kann man den Kalk nach Mohr bestiinmen und den erhaltenen 
Wert von der (Jesamthärte abziehen oder nach Pfeiffer, aus, wie 
beschrielx n. neui ralisiertem Wasser durch Zusatz überschüssigen 
titrierten Kalkwassers die Magnesia ausfallen und nach dem 
Abfiltrieren aus dem Verlust an Kalk die Magnesia berechnei:\. 

i) jTokter, Cbemikerztg. 27, 1277. 



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Von Dr. F. Nawiaiky nnd Dr. B. KofBchnii. 351 

T a b e 1 1 e I. (In deutschen Ulrtegraden.) 



Angewandt: Gefunden : 



trau Sit. 




MgO 


OOMIBt- 


tronsit 


P«bler 


OMHIDt- 

faftrtd 




— 


0 


14,0 


14,0 


— 






13.6 


- 0,4 


— 


2,5 


28,0 


30,5 








30,0 


— 0,6 


6,0 


5,0 


8,0 


8,0 


5.2 




- 0,2 


8,0 


0 




5,8 




- 0,3 


8,0 


0 






6,2 




5,5 




- 0,5 


8,0 




9,2 


9,2 


14,4 


9,5 


+ 0.3 


14,7 


-1-0,3 


9,9 


-4- 0.7 


14.7 


-r f'.*' 










9.5 




r 0,3 


13,9 


— U,ö 




12,8 


6e,o 


88,8 


6,6 


- 


- 0,6 


68,7 


+ 0,4 


6.6 




^0,5 


69,1 


+ 0,8 




Ibfi 


0 


15,0 i 

1 


t *~ 






14,0 


- 1,0 








1 






14,4 


- 0,6 




19,2 


2,8 


22.0 








21,6 


~ 0.4 










21 ,3 


- 0,7 




iy,2 


28,0 


47.2 , 








46,8 
46,8 


— 0,9 

- 0.2 
















12^$ 


24,6 


10,0 


84.6 ! 


13,2 


4-0.9 


34,9 


-h 0.3 














33,7 




12,5 


37,4 


5.0 


42.4 


J4,3 




t- 1,8 


42,6 


1 f 0,2 






1 

i 


18,7 




r Ifi 


48,6 


+ 1,2 



Weniger ^naue, jedoch für die meisten Zwecke auBroichende 
Werte kann man im Anschlufs an die Bestimmung der Gesamt- 
härte nach folgendem Prinsip erhalten. Bei Anwesenheit eines 
Überschusses von Natronlauge und Soda werden Magnesinrasalze 
als Magnesiumhydro^d , Kalksalze als kohlensaurer Kalk ge- 
fällt, während eine äquivalente Menge Natronlauge hzw. 8uda 
aus der Ldsung verschwindet Bestimmt man daher vor dem Zu- 
sätze und nach der Fällung den Gehalt des Alkaligemisches an 
Natronlauge, so seigt der Verlust an letsterer die Menge der 
vorhandenen Magnesia an. Da Absorption von Kohlensäure den 
Gehalt des Alkaligemisches an Natronlauge verändert, ist auf 
möglichstes Fernhalten atmosphärischer Kohlensäure besonderes 
Gewicht zu legen. 

Nach Pfeiffer bestimmt man bei der Titerstelluug des Alkali- 
gemisches durch gleichzeitigen Zusatz von Phenolphthalein und 

Methylorange den Gehalt an Natronlauge. Es verhält sich näm- 
lich die Soda gegenüber Phenolphthalein wie ein Gemisch aus 



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352 Über die Beetimmung der Httrie des WuMn. 

gleichen Teilen Ätznatron und Nutnumbikarbonatj von deuen 
letzteres i'henolphtlmleiii nicht rot färbt. 

100 ccm Wasser werden, wie l)eschrieben, neutralisiert, so- 
dann noch heifs iu einen 200 ccni Mefskolben übergeführt, ein 
Übersehuls dvs Alkaligeniisches hinzuf^elnp^t, dessen Gehalt an 
Natronlauge vorlierdurchTitrieren uuterZusatz von Phenolphthalein 
und Methylorange testgcstellt ist. Nach kurzem Stehen wird 
ohne nochmaliges Aufkochen mit kohlensÄnrefreiem destillierteu 
Wasser auf 200 ccm aufgefüllt, durch ein schneUlaufendes 
Filter in einen 100 ccm - Mefskolben filtriert und der Gehalt an 
Natronlauge und Soda in 100 CCm des Filtrats bestimmt. 

Dar Verlust au Natronlauge, multipliziert mit 2,8, entspricht 
dem Werte der M^nesia in deutschen Härtegraden, in gleicher 
Weise der Verlust an Soda dem Gehalt an Kalk. Einige 
Analysen mOgen «eigen, welcher Grad der Genauigkeit bei dieser 
Methode zu erwarten ist (Tab. II, S. 353). 

Genauer ist eine Modifikation der Metbode von Monhaupt'), 
der vor dem Zusatz des Alkaligemisches den Kalk darch Hinzu- 
fügen von neutralem Kaliumoxalat entfernt. Der Verlust an 
Phenolphthalein rötendem Alkali, multipliziert mit 2,8, eigibt hier- 
bei den Wert fQr Magnesia (Tab. III, S. 353). 

Die Rotfftrbung des Phenolphthaleins bei der Titerstellung 
des AlkaUgemisches verschwindet nur allmälilich, und der Um- 
schlag ist nicht leicht zu erkennen. Um diesen Übelstand zu 
vermeiden, kann man bei der Titerstellung das Alkaligemisch 
jedesmal in 30 ccm einer 10 proz. BaryumcbloridlOsung einfliefsen 
lassen, der einige Troi>fen Phenolphthalein zugesetzt sind, und den 
Gehalt an Natronlauge durch schnelles Titrieren mit '/^o Nomial- 
Salzsl&ure bestimmen. Der Umschlag ist hierbei scharf, nach- 
träglich eintretende Rötung wird vernachlftssigt. Wir haben die 
folgenden Analysen in dieser Weise, im übrigen nach Pfeiffer, 
ausgeführt und sind der Ansicht, dafs dieses Verfahren in der 
Praxis wühi verwendbar ist. (Tab. IV, S. 354.) 

Ii Monhaupt (Chomikerztg. 27,501) beslimuit die trausitoriache Httrte 
durch Titrieren in der Kftlte mit Hethylmrange atatt Al»ariii and kocbt dano 
eine halbe ^tundo zur Vertreibung der Kohlensäure. Er findet dieMagneeia 
nu 0,3 Härtegrade su hoch. 



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Von Dr. P. Nawiasky und Dr. 8. Kondkon. 



303 



Tabelle II. 
(In deutschen Hftrtegraden.) 



Angewandt: 



i 



CftO 




_ 

1 c:aO 


FehU-r 


0 




, VI 

1 ^ 


n 
w 

0 




QU n 
«1,1; 


0,6 


— 2,2 

- 1,9 


3.U 




0 


- 3,0 




2,0 


1.8 


— 2,b 
3,2 




14,0 


4,b 
4.8 


— 0.4 

- 0,2 




12,4 


' A O 

1 •*,<; 

M 


1 U 

— l,o 
-hO.4 




oft 


Inn 
8,4 


- 1,( 

- 3.9 


12.3 
123 


10.0 


10,1 
10,6 


- 2.2 
- 1.7 


56,0 


13,2 
15,4 


+ 2,1 


15,0 


0 1 

i 


11,(5 

12,2 


-2,8 


20,0 


7.0 


17.8 

17,8 


— 2,2 

- 2,2 


24,6 


10,0 [ 


23,S 
23,« 


- 0.8 

- 0,8 


24,6 


20.0 


25,8 ! 
26,8 1 


t 

-f 1.2 



Gefunden : 



I flllrl 



12,6 
13.6 

28,0 
26,4 

11.2 
10.0 

8,7 

14,8 
14,6 

20,3 
21.1 

5.4 
7,4 

11,2 
10,4 

55,9 
53,3 

2,8 
1.5 

8,2 
7,8 

11.1 

9,9 

20,0 
19,6 



- 1,4 
-0,4 

0 

- Ifi 

+ 1.0 
+ 0.3 

1.1 

1.7 

+ 0,8 
+ 0,6 

-1- 0,9 
4-1.7 

\- 0,4 
i- 2,4 

t 1.2 
+ 0,4 

- O.l 

- 2.7 

f- 2,8 
f- 1,5 
h 1.2 

+ hi 

- 0,1 
0 

-0.4 



TalM-l 1 Jll. 
(,.Vionhanpt. In deutseben Härtegraden.) 



Angewandt : 



Gefanden : 



*%0 




MgO 


Fehlor 


2.5 


7,0 


6,6 


- 0,1 
-0.2 


2,5 


28,0 


26,9 

27,7 


- 1,1 

- 0,3 


10,0 


14,0 


11,4 
14,3 


t 0.4 
+ 0,3 



Angewandt : 



Gefanden : 









: ; ■ 


19,2 


2,8 


2.7 
1 2,4 

2,6 


-0,1 

- 0.4 

- 0,2 


19,2 


28,0 

• 


1 27,9 
i) 27,0 

II 


- 0,1 

- 1,0 



Digitized by Google 



354 Ober die fiattlinmang «fte. Von Dr. P. Nawiaaky o. Dr. 8. Kondinn. 



Tabelle IV. 
(1d deuUicben Härtegraden.) 



Angewandt- 


Gefunden : 


CttO 


3äaO * 




Fehler 


0 


l 

14,0 


13,G 
13,6 


- 0,4 

- 0,4 


9fi 


2d,ü 


27,7 
27,7 


- 0,8 

— 0,3 


3,U 


9,7 


9,6 
9,6 


- 0,1 
-0,1 


öiO 


2.1 


2,2 

8,0 


f 0,1 

4 o.y 


5,0 


7,t) 


8.4 
1 8,1 


+ M 




14,0 


14,6 

14,0 


+ 0,5 

+ 0,0 


y.2 


3,7 , 


4,0 
4^ 


r 0,3 
+ 0,6 



Angewandt: ' 


Gefanden : 


C»o 






Fehl«r 


12,8 


i 

5,0 


4,6 
5.0 


~ 0.4 

0 


12,8 


X0,0 


9.4 


- 0.2 

- 0,6 


15,0 


0 


1.5 

2.0 


r 1.5 
+ 2,0 


19,5 


28.0 


1 30 


+ 2.0 


20,0 




3,9 


+ 0.4 

- 0.7 


20,0 


7.0 


7,8 
7,0 


r M 


24,6 


10,0 


in,c 
1-^,4 


f 0,6 
+ 2,4 


24,6 


20,0 


19,6 
18,8 


- 0.4 

- 1.2 



Die vorliegenden Untersuchungen haben, wie wir glauben, 
(largetnn, dafs dio Analvse der Hftrteeigen.schalten des Wassers 
durch die neuen Meihuden wesentlich an Genauigkeit gewonnen 
lial und durch die direkte Bestimmung der Magnesia zugleich 
uu Vollsläniiigkeit und allgemeiner Verwendbarkeit. 

Zum Schlüsse ist es uns eine angenehme PHicht, nn«rom hochver» 
ehrteu Chef, Herrn (ieheimen Mediznialrat Prof. Dr. M. Kuhn er 
für die gütige Anregung zu Toriiegeiider Arbeit aufrichtig Dauk 
zu sagen. 



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Ober den fiinfloXs erköhter Aarsentemperatnr auf den 
Verlauf der experimentellen Tetanns- nnd Streptokokken- 

Infektion. 

Von 

Otto Eitzmaun, med. pract., 

geweflencm Aaal«t«nten *m Inntltal, ximpit Ai«l«(pnnknt nm Kantonapltal Glmia. 

(Aus iler bakteriologischen Abteilung des Hygiene iiiBtituta der Univerailftt 
ZOrich. Vontand: Privatdozent Dr. W. Silberachmidt.) 

Die neaere experitnentelle Bakteriologie begnügt sich nicht 
mehr mit dem Na«shweiB der Krankheitserreger allein, sie ver- 
folgt den weiteren Zweck möglichst alle die Ursachen festzu- 
stellen, welche die Entstehung von Infektionskrankheiten beein- 
ÜusseD, sei es, dafs sie sie begünstigen, sei es, dafs sie sie er- 
schweren. Die eminent wichtige Frage, der Disposition und 
Resistenz ist zum Gegenstand der experimentell bakteriologisdien 
Studien geworden*). 

Unter den die Entstehung von Infektionskrankheiten beein> 
flufsenden Umständen fand schon in der vorbakteriologischen 
Zeit in erster Linie die Temperatur Berücksichtigung und 
zwar wurde sowohl die erhöhte als auch die niedrige Temperatur 
nach ihrer Einwirkung auf die Entstehung und den Verlauf der 
Infektionskrankheiten bin geprüft. In Bezug auf die Temperatur- 
herabsetzung brauchen wir nur an die versdiiedenen Erkältungs- 
krankheiten zu mnnem. Anderseits gab das Studium des Fiebers 
Veranlassung zur Erforschung des Einflufses der Temperatur- 
erhöhung auf den Infektionsprozefs. 

*) Eine wertvolle Zusammenatellang der Literatur, welche sich auf die 
•xperim«nton«n Forachnngen Ober Dispontion und Besivtens besieht, gibt 
ans TrommBdorff(*), sie hat uns nn«ere nachfolgende Uteratarflbersicht 
wesentlich wleichtMi. 



356 



ÜImt dm Einflolii erhdhtar Atil!^iktom]»«nitiiT «tc. 



Der Milzbrand ist diejenige iiiiektionskrankheit, die auch 
noch dieser Riclitving am ein^eliendsten erforscht wurde. 

Paste ur und JoiiV>ert(-) haben 1878 in ihren klassischen 
Versuchen als erste Hühnern die durch die hohe Kf^rpertempe- 
ratur bedingte natürliche Immunität gegen Milzbrand genommen, 
indem sie die Körpertemperatur künstlich a«f 34° erniedrigten. 
Sie erreichten dies durch Eintauchen von Hühnern in 25° warmes 
Wasser. Ihre Resultate wurden durch Wagner^) bestätigt, der 
auch auf die fast völlig aufgehobene Pbagocytose der so behan- 
delten Tiere hinwies; er erhielt übrigens das gleiche Ergebnis, 
wenn er die lleral)setzung der Temperatur durch Antipyrin 
herbeiführte. Auch Trapezn ikoff (*) beseitigte die Kesistens 
gegen Mihbraud, indem er die Körpertemperatur der inuninien 
Tiere erniedrigte, während LodeC^) durch sonst nicht tOtliche 
Dosen von Mibbrand entfiederte Hühner und geschorene JEtatten, 
die einem starken Luftsüg ausgesetst waren, tötete. Auch Meer- 
schweindien machte er durch dieses Verfahren für verschiedene 
Infektionen empf&nglich. Dafs S a w ts c h e n ko (*) Tauben, denen 
er, um eine Temperaturemiedrigung zu erzielen, das Halsmark 
durchschnitt, durch Milzbrand tötete, darf wohl nicht nur der 
erreichten tieferen Körpertemperatur zugeschrieben werden, son- 
dern auch dem Eingriff. 

Ganz Ähnlich wie bei den erwähnten Arbeiten mit Milzbrand 
ging P. Er nst{^) bei Versuchen mit Bacillus ranicida vor. Dieser 
tötet normalerweise nur FrQhjahrsfrOsche niehtaber Sommerfrösche. 
Letztere erlagen aber der Infektion, wenn sie auf l(y>abgektthU wurden. 

Bei den oben erwähnten Arbeiten gelang es durch Tempe- 
raturherabsetzung bei Warmblütern die natürliche Im- 
munität zu beheben; umgekehrt hat zuerst 6ibier(8) bei Kalt> 
blOtern, die dank ihrer niederen Temperatur gegen Milzbrand 
resistent sind, durch Erhühuntr der Körperwärme die In- 
fektion zustande gebracht. Nach ihm uohinj; dies t iiier ganzen An- 
zahl von Autoren, die wie er, ebenfall.-^ an I' rö.schcn arbeiteten, so 
Metsclm i k.jif(»), Petruschky(io), I. u 1- ars c h N uiall('-), 
Fa h le n h ol V o s w i n k cl (") , T ra e/. u i k o f f (I.e.) In 

neuerer Zeit erreichte Lode (1. c.) dasselbe an Schnecken. 



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VoD Otto KitsBOMin, nfid. pimet. 



357 



Die IiniDunitftt gewisser Wann- uud Kahbliiter beruht also 
darauf, dafs ihre Körpertemperatur für Milzbraiidba/.illeu unge- 
eignet ist, sie fällt dabin, .souio es gchngt die Temperatur so 
zu verändern, dafs die Mikbraudbazilien in ihr gedeihen können. 
l)ieu(lonn^(^^) zeigte, dafs wir dasselbe auch auf anderem 
Wege erreichen können, indem wir nämlich nicht die Tempe- 
ratur der immunen Tiere ))eeintlu?sen, sondern die Mikbrand- 
bazillen an die ihnen zunächst ungünstige Temperatur gewöhnen. 
Indem er diesen Mikroorganismus an die niedere Körperwärme 
der Kaltblüter anpafste, gelang ihm die Infektion normal tem- 
perierter Frösche. Anderseits machte er den xMilzbrandbazillus 
virulent für Tauben, indem er ihn bei 42° züchtete. Daraus 
dürfen wir den Schlufs ziehen, dafs das Zastandekommen der 
lufektiou bei jenen natürfich immunen Tieren nicht der SchA- 
digiing dee Organismus durch die verftuderte Temperatur zvixa- 
schreiben ist, sondern auf Seiten der Bazillen liegt, die den 
KOrper infiastereu« sobald dessen Temperatur ihnen oder sie dieeer 
Temperatur angepafst sind. 

Eine zweite Infektionskrankheit, die ebenfalls recht eingehend 
in dieser Richtung studiert wurde, ist die Pneumokokkeninfektfon. 

Li pari (^*) wies zuerst nach, dafs Abkühlung das Zustande* 
kommen dieeer Infektion fördert, dasselbe fand PIatania(") in 
seinen Veisttcbeu an Meerschweinchen und Hunden. Walther(^), 
der umgekehrt den Binflufs der erhöhten Temperatur auf die 
Pueumokokkeninfektion prüfte, bekam indirekt ein gleiches Re* 
sultat. Die Zahl seiner Versuche ist allerdings sehr klein (5 resp. 
3 Kaninchen). Dürck(^*) bestätigt den die Pueumokokkeninfek- 
tion begünstigenden Einflufs der Abkühlung. Rovighis(^) 
Versuche — er arbeitete mit menschlichem Speichel — ergaben, 
dafs Abkühlung die Lebensdauer infizierter Kaninchen verkürzt, 
Erwärmung verlängert. Turteltauben vertragen die Speichel» 
injeklion gut dank ihrer Körpertemperatur von 42", abgekühlt 
jedoch erhegen sie der Inlektion. Löwy und HiehterP') fanden, 
dal's die durch den K o c h - A r ü n s o n sclien ilirnslich erzielte 
Steigerung der I\<irpcr(cni|ieratur bei Ivcininchen den Vorlauf der 
rneumokokktiiauieküüii verzögert. Keines ihrer gestocheneu 

Arvtuv iur llygioue. Bd. IJil. 



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3&8 ^ar den Etnflnlk erhitfhteir AttÜMiilMnpeMitur «Us. 

Versuchvstiere, selbst wenn es exzessiv hohe Körpertemperaturen 
erreichte (über 42"), starb früher als die Kontrolltiere, dagegen 
zeigten fast alle Lebensverlängernng. Kin gleiches Resultat er- 
gaben ihre Versuche mit Hühnercholera- und Schwoinerotlaul- 
bazilleu, ebenso mit Üiphtherietoxin. Dafs diese Autoren ferner 
bei Kaninchen, deren Temperatur sie durch Aufstrich von Kairin 
und Gaajacol herabsetzten, die Pneamokokkeninfektion beschleu- 
nigten, führen wir mit Reserve an, da die angewandten Mittel 
für sich allein schon giftig sind. Endlich stellte Fi8ehl(^) 
nach Pueumokokkeninjektion bei Kaninchen, die er um etwa 
10** abkühlte, tötlich verlaufende Septicäinir fest. 

Die Versuche mit Pneumokokken sind also in ihrem Er- 
gebnis ebenfalls abereinstimmend: Temperaturerhöhung vensOgeit, 
Temperatuiemiedrigung beschleunigt diese Infektion. 

Mit Staphylokakkeii haben sswei Autoren gearbdtei, ihre 
Resultate widersprechen sich. Pawlowsky(") prüfte den Ein- 
flufs der Abkühlung an Meerschweineben und fand, dafs die der 
niederen Temperatur ausgeseteten Tiere gansi unbedeutend länger 
leben wie die Kontrolltiere. Engelhardt (^) steigerte bei Kanin> 
eben durch Hirnstich die Temperatur und impfte sie dann intra- 
venös oder intraperitoneal mit Staphylokokken. Der Wärmestich 
beeinflulst den Verlauf der Staphylomykose in günstigem (lebens- 
verlängemdem) Sinn. Der günstige Einflufs ist weit ausgesproche- 
ner bei intravenöser als bei intraperitonealer Infektion. Der 
durch den Wfirmestich verliehene Schutz bedeutet in den meisten 
Fällen nur eine Lebensverlängerung. 

Permi und Salsanop) prüften in ihrer Arbeit über die 
Prädilektion für TuberkulOM den Einflufs der erhöhten Temperatur 
bei mit Geflügel- und Menschen tuberkulöse geimpften Mäusen 
und Meerschweinchen. Sie fanden, dafs durch eine mehrwöchent- 
liche Temperaturerhöhung bis 33 — H.")"*, insbesondere wenn die 
Luft mit Feuchtigkeit gesuUigt ist (ferner duieh lii|uicUuii von 
Tranbenzucker und Milchsäure), M'-erscli weinchen und Mäuse für 
die Gutlügeltuberkulose, letztere uneh für die Tuberkulose der 
Säugetiere emf»fänglicb — prädisponiert — gemacht werden 
können. Hühnertuberkulose zu wiederholten Malen prädis- 



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Von Otto ftHauMmn, in«d. pitust. 



359 



]>onierten Meerschweineben eingeimpft, kann für diese Tiere mit 
der Zeit virulent werden. 

Grazianip«) untersuchte den Einflufs der Temperatur auf 
die Produktion der Agglutinine bei Typhus. Die mit Typhus- 
kuliuren vorbehandelten Tiere lieferten ein stärker agglutinierendes 
Serum, wenn sie bei niederer Temperatur (-f 2 bis 4^) gehalten 
wurden als bei höherer (-f 18°); eine noch höhere Temperatur 
(-{- 32**} bedingte eine weitere Verminderung der agglutinierenden 
Bigenscbaft ihres Blutserums. Wie die Abküiilung, bewirkt auch 
das wiederholte kalte Bad eine gesteigerte A^lutininprodaktion. 

■ Wy8sokowit8ch(*') gelaug es durch känstliche Herab- 
setsung der Eneigie der KörperxelleQ, Bakterien, welche unter 
gewöhnlichen Verhältnissen ffir die benütsten Versuchstiere nicht 
pathogen sind, zu starker Vermehrung und tm einer Invasion 
des ganzen lebenden Körpers zu bringen. Eine solche Schwächung 
des Körpers resultierte beispielsweise durch Anwendung hoher, 
der Körperwärme naheliegender TempeQttur, durch welche derStoff- 
wechselumsaiz möglichst herabgedrückt war, Wyssokowitsch 
fand also eine Begflnstigung der Infektion durch hohe Aufsen- 
temperatur. 

Ferner konstatierte Filehnep^) einen günstigen Einflufs er- 
höhter Aufsentemperatur und einen ungünstigen der Abkühlung 
auf den Verlauf des Erysipels am Kaninchenrohr. 

Der Tetanus ist wie die Milzbrand» und Pneumokokken« 
infektioD schon Mriederholt auf die Beeinflussung durch ver- 
änderte Temperatur gepidft worden. 

Vaillard und Vincent haben uns in ihren Arbeiten 
über die Ätiologie des TetHnuH genauer mit den Hilfijursaclion 
im allgemeinen bekannt getuacht, die den Ausbruch des Tetanus 
fördern. Es sind dies: 

1. Mischinfektion, das praktisch wichtigste den Tetanus 
begünstigende Moment. Doch .scheinen nach diesen 
Autoren gorade die patliogenen Staphylo- und Strepto- 
kokken lür enie w irksame Symbiose nicht besonders ge- 
eignet. Vaillard und Vincent fanden nnr von 

i^rodigiosus eine ausgesprochene Begünstigung der Tetaims- 

2©» 



880 



Ober dMi Einflttfo erhöhter Anfteotomperatur «ie. 



infoktion. wtthreiul diese bei l>act. Friedländcr, Stupliylo- 
kokkus pvogeues aureus, Streptokokken und Bac. subtilis 
nicht auffiel. 

2. Mechanische Gewebsläsion, wie Quetschung, Zer- 
reifsung von Weichteilen, Hämorrbagien, Nekrosen, 
Knochenbrtiche. 

3. ChemischeLäsion mit Milchsäure, Trimethylamin u. a. 

und 

4. Bakterielle Toxinwirkung. 

Vaiiiard und Vincent erbrachten in einer Reihe sehr 
schöner Voreuche den Naohweia, daijs Tetanusbaaillen allein in 
der Regel nicht ansreichen für die Ertengung dee Tetanus, und 
dafs sie ohne Wirkung bleiben, wenn die Toxinbildung ver* 
hindert wird, oder wenn das Toxin in den injizierten Kulturen 
xerstOrt worden ist. Nach der Injektion von toxinfreien Sporen 
kommt es nur dann su Tetanus, wenn durch Verhinderung der 
Phagocytose die injiziert^ Sporen sich entwickeln und aus« 
keimen können: die schftdiiche Wirkung des Tetanusbasillus 
beruht auf der Bildung des auch in minimalsten Mengen sehr 
wirksamen Toxins. 

Die Bedeutung der Phagocytose im Kampfe gegen den Tetanus 
haben Vaiiiard, Vincent und Rouget wiederholt nachge- 
wiesen. So kommt es z. B. zu Tetanns, wenn die Sporen nicht frei 
injiziert werden, sondern in Papier eingehüllt vor der Phagocytose 
gescbützt werden, oder wenn man die Leucocyten durch jene 
chemischen Gifte wie Milchsäure oder Trimethylamin fernhält, 
oder sie sich endlich mit pulverisierter Holzkohle, die man 
injizierte, beladen läfst. 

Wie ans spätrreii N'erHU'heii von X'aillard und iiüuget('"J 
hervorgeht, wird die vüllige X eniiclitung des Toxins erst erreicht 
bei liiiigerer Einwirkung hoher Teniperntiiren. I-ine kurzdauernde 
Ivriiiizung auf t>0, 80 sogar 90"* ist iiieht imsiande das Toxin 
völlig 7.U zerstören, erst bei zwei- bis dreisiündiger Erwärmung 
auf 8i>" ist dies der Fall. 

Den sofijenannteii Spontanietanns, hei welclien] keine Vau- 
gaugsplorte gefundeu werdeu kann, erklären diese Autoren durch 



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Von Otto Bitenwnn, med. pmeC. 36 f 

die Annahme, dafs eine mininiaJe KontiiniitiUstrennung zur 
Inrektion genüge, oder data die iuiizierte Wimde bereits wieder 

vernarbt sei. 

Aus einer Arbeit von Vailiard(''^) über Iramunisation gegeu 
Tetanus geht die Bedeutung der Leucocyten im Kam})fe gegen 
Tetanus sehr httbsch aus folgendem hervor: Einem hoch 
immunisierten Tiere werden Sporen in einem Fliefspapiersäckchen 
eingeliüllt, eingeführt; sie sind also wohl den Säften des 
immunisierten Organismus sugänglicb, dennoch wachsen sie doch 
gut aus, weil die Leucocyten nicht ankommen können. 

Wir gelangen zu. den Arbeiten, die sich mit dem EinlluB 
der Teiniieratur auf Tetanus beschäftigen. 

In einer seiner leisten Arbeiten bat sich .Vincentf") mit 
dem Einfiufs erhöhter Aufsentemperatur auf den Verlauf des 
Tetanus beschäftigt. Er wurde su seinen Versuchen angeregt 
durch einen Fall bei einem Soldaten, der sieben Stunden nach 
einem strengen Marsch in der Sonnenhitse mit nadifolgendem 
Sonnenstich an Tetanus schwer erkrankte. Vincent prüfte 
hierauf den Einfiufs der erhöhten AuÜMntemperatur auf den 
Verlauf der Infektion mit toxinfreien Tetanussporen bei Meer- 
schweinchen. In jedem Versuche wurde das eine Tier in einem 
Brutschrank von 4/(fi aufbewahrt bis seine Körpertemperatur auf 
ca. 42,6^ gestiegen war, dann wurden beide Tiere bei gewöhnlicher 
Temperatur weiter beobachtet. Die nicht erhiteten Kontrolltiere 
blieben gesund, die nur kurze Zeit im Brutschrank aufbewahrten 
erkrankten nach drei bis elf Tagen an schwerem, foudroyanten 
Tetanus. 

In gleiolier Weise werden Tiere mit leichtem, heilbaren 
Tetanus bei V^erbringen in den Brutschrank beeinflufst, der 
Tetanus wird ukut viiid sie erliegen ihm in 12 bis 24 Stunden. 

Der Tetanus hriclit ebenfalls aus, wenn man zwischen 
Inipfun«^ und Erwärmen cini^'e Ta<ye verstreichen läist. Ist die 
Frist trrüi'ütir, so verläuft der Tetanus weniger akut und tritt 
später ein. Dio Frist zwiscii* ii Ini|>tnng und lirutsclirunk kann 
immerhin, vveuii aucli flnsuahm^weise, .»0 Iiis (10 Tage betrafen, 
^in Tier, das z. B. erst 48 läge nach der Infektion in den 



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362 



Über den EiaflnüB «rhflhter Aiiben,ieni]Minitiir etc. 



ThermostnteFi kommt, zeigt nai^li weiteren 15 Tagen tötlichen 
Tetuims; ein anderes 60 Tage nach der Impfung erwärmt, hat 
19 Tage später etwas tetanisclie Steifigkeit, Der Tetanusbazillus 
erhält sich hinge Zeit in latenter Form im Organismus. Vincent 
hatte allerdings auch bei Tiereu, die schon 30 bis 15 Tage 
uach der Injektion erhitzt wurden, negative Kosultato. Stets 
ist eine Inkubationszeit vom Erhitzen bis zum Ausbruci) des 
Tetanus von im Mittel zwei bis drei Tagen nötig. Der Sektiona- 
befund ist ohne Bedeutung bis auf eine starke Leucopenie. 
Umso bedeutungsvoller ist der bakteriologische Befund : Wäh- 
rend es für gewöbnlicii nur an der Injektionsstelle, und meist 
nur kulturell gehngt Tetanushazillen nachzuweisen, verliert unter 
dem fünflufs der Hyperthermie der Tetanus seinen Charakter 
als strenge Lokalinfektion völlig, er wird zur ausgedehnten 
AUgemeiniufektion. Bei den dem stürmischen Tetanus er* 
legenen Tieren hat sich der Bazillus im ganzen KOrper ver- 
breitet und so sn einer förmlichen. Tetanusseptikämie geführt. 
Die Hitse ist also ein das Auftreten des Tetanus 
wesentlich forderndes Moment Infolge der künst- 
liehen Temperaturerhöhung sind die Schutzkrftfte des Körpers 
gesdiwftcht und der TetanusbaziUus in den Stand gesetst» seine 
schädliche Wirkung su entfalten. Im Qegensats su dem bei der 
Milzbrandinfektion Gesagten sind also die Verh&ltnisse nicht für 
den Basilius bessere, nur die Abwehrkrftfte des Organismus 
werden gelfthmt. Diese werden vor allem repräsentiert durch 
die Leucocyten, die durch die Erwärmung der Tiere auf über 
42,5« sich von 8—10000 auf 2—3000 vermindern. Wie die zahl- 
reichen Degenerationsformen schliefsen lassen, sind die ve^ 
sdiwundenen Leuco<^ten dvaoh Gytolyse zugrunde gegangen. 
Diese Leucolyse geschieht namentlich auf Kosten der Pbagocyten 
(die normalerweise die Sporen fressen würden), nämlich der poly- 
nukleären (Mikrophagen) und der grofseu mononucleÄreu 
(Makrophagen). 

Die Versuche von Counnoni und DoyonP) wurden nicht 
mit Tetauusspuren, sondern mit TeUuiUütuxin an unter ver- 
scliiedenen Temperaturen ( — 37° — — 18° — 10") gehalteneu 



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Von Otto RitsmuD, med. pract 



868 



Fröschen ausgeführt. Es zeigte sich, dafs Frösche, die bei 20° 
oder darunter gehalten werden, refraktär sind gegen Dosen von 
Tetanustoxin, die solche bei höherer Temperatur tetanisieren. 
Wenn mehrere Monate bei niederer Temperatur gehaltene Frös< he 
später der Wärme ausgesetzt weiden, so werden sie in der 
gleichen Zeit tetanisch, wie wenn sie mit dem Verbringen in den 
Brutschrank geimpft worden wären. 

Tbiil n)ann('*) hat in seiner Arbeit über die Ätiologie des 
Tetanus den EinAufe der Erkältung auf Eintritt und Verlauf des 
Tetanus geprüft. Er fand, dafs bei niedriger Temperatur aufbe- 
wahrte und mit kaltem Wasser abgekühlte Meerschweinchen nicht 
an Tetanus erkranken, während die Kontrolltiere tetauisehe 
Symptome zeigen. 

Die verschiedenen erwähnten Arbeiten Über den Einfluls 
hoher und niederer Temperaturen auf Tetanus lassen den einen 
gemeinsamen Schlufs zu: die Temperaturerhöhung be- 
günstigt sowohl die Entstehung der Tetanusinfektion 
als auch die Wirkung des Tetanustoxins. 

Eine sehr interessante Arbeit hat Vincent(^) über Tetanus 
und Chinin verüffentlichtw Es war ihm angefallen, dab nament- 
lich in den Tropen ziemlich häufig nach subkutanen Chinin- 
injektionen Tetanus auftrat und nie nach anderen doch viel 
häufigeren Injektionen. Die Annahme, dafs das injizierte Chinin 
Tetanussporen enthalte, schien ihm wenig wahrscheinlich und in 
einer Reihe von Versuchen hat Vincent nachgewiesen, dals 
Chinin, muriaticum viel stärker baktericid auf Tetanus wirkt als 
andere gebriluchliche Lösungen. Um die Bedeutung des Chinins für 
Tetanus nachzuweisen, hat er eine Reihe von \'ersuehen an 
Meerschweinchen voigenonjinen ; sie ergaben, dafd die .subkutane 
Chinininjektion regehnarsit; einen ungünstigen Einflufa auf den 
Verlauf des experimentellen Tetanns ausübt. Werden Chinin 
luid Tetanu.'^.-iporen gleiclizeitig injiziert, ?io tritt stets Tetanus auf, 
die S))oren allein werden symptoinlos ertragen. Eine ähidiche 
Wirkung Hes Chinin.- wurzle beobachtet sowold wenn dasselbe 
vor den S[Mir(Mi, als wenn ea nach tlenselben injiziert wurde. Irn 
^rstcren Falle kommt es, wenn in fünf bis sechs Xogeu nach 



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d64 



Über d«n Einfltifs erhöhter Aofeenteinperatw ete. 



der ( hinininjektion Sporen gegf'l)eii werden, noch zu einem 
Teianus. Im letzteren Falle kann eine naclitrftgliohe Chinin- 
injektioii aytuptomlos ertragene Sporen zum Auskeimen und zur 
tötlichen Wirkung bringen. Die Ursache der schiUiliciien \Virkun<x 
beruht einerseits auf einer leichten lokalen Gewehsnekroso an 
der Injektionsstelle, andrerseits auf der Beeintiussung der 
Leucocyten. Nach Chinininjektion tritt regelmäfsig eine Hypoleu- 
eocytose bis auf '/^ der Norm ein, ferner lähmt es nach Vincent 
die Leucocyten. Sehr wichtig erscheint uns der bakteriologische 
Befund bei den Tieren» bei denen die subkutane Injektion von 
Chinin und Sporen an verschiedenen Stellen vorgenommen wurde. 
Es stellte sich nämlich heraus» dafs an der Xnjektionsstelle der 
Sporen keine, dafs hingegen an <Ier Stelle, wo die sterile Chinin- 
lösung injiziert warde, sahh'eiche Tetanusbazillen nachweisbar 
sind. Die Erklärung der Ansiedelung der Tetanuebasillen an 
der Injektionsstelle desOhinins liegt in der chemotaktisch negativen 
Wirkung der Chininsalze auf die Leucocyten. Gerade dieser 
Befund beweist übrigens, dafs auch eine bakteriologische Unter- 
suchung in einem Fall von Tetanus nach Ghinininjektiön eine 
falsche Infektionsstelle ergeben konnte. 



Vorversucbe. 

Angeregt durch die Veröffentlichung Vincents über die 
Einwirkung erhöhter Temperatur auf Tetanus haben wir in 
vorliegender Arbeit versucht: den Einflufs einer 
Temperatur von 34 bis Sd" (statt 4D<* wie Vincent), auf 
mit toxinfreien Tetanussporen injizierte Tiere zu 
prüfen. 

Wir wählten die Temperatur von 34 bis 35° weil die \'er 
SUCbstiere längere 55eit eine derartige Hrwärmung ertrugen, 
während sie bei höherer Temperatur selir rasch zugrunde gehen. 
Bei 35" war die Möglichkeit vorhanden, die Tiere nicht nur 
ein bis zwei Stunden, sondern mehrere Tage, sogar Wochen 
zu beobachten. Diese Versuchsanordnung i rschir n uns in mancher 
Hinsicht füi* eveuiuelk praktische Verwertung geeigneter. 



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Von Otto BitaniMui» med. ptwct. 



365 



Wir stellten uns ferner zur Aufgabe, eine Infek- 
tionskrankheit im e n ^e r e n .S i u n e in ähnlicher Weise 
zn studioron, indem wir die ex pe ri me n teile Stre p to- 
kokkeni nfektion xum Gegenstand unserer Versuche 
mit erhöhter A n fsentemperatu r machten. 

K II d Ii c h u n te rsu c h t e n wir den E i n f 1 u fs einer n a c l^- 
t rii c^l ich en Infektion mit Streptokokken be i mit toxin- 
freien Tetanussporen geimpften Tieren. 

Wir werden unsere Arbeit in drei Abschnitte zeigliedem: 

1. Versttcbe mit toxinfreien Tetanussporen. 

2. Versuche mit Streptokokken. 

3. Versuche Über den Einflufs einer nachträglichen Infektion 
durch Streptokokken bei mit toxinfreien Tetanussporen in- 
jizierten Tieren. 

Versuchsanordnung. 

Bevor wir za den einzelnen Abschnitten übergehen, sei die 
denselben gemeinsame Versuchsanordnnng besprochen. 

Die Tiere, die einer erhöhten Temperatur ausgesetst werden 
sollten, wurden in einen, sp&ter in xwei auf 35^ eingestellte 
Thermostaten verbracht. Es standen uns swei kleinere Brut- 
schranke Kur Verfügung, die folgende Dimensionen im Innen- 
raum aufweisen: 

grObenv Brutichmnk: Httbe SM> cm, Bralto 40 cm. Tiefe cm 
kleinerer > >S6>»26» 

Die Scbrftnke wurden zu den Versuchen noch speziell her- 
gerichtet. Da die Luftzufuhr durch die vorhandenen Offnungen 
allein nicht ausgereicht h&tte, wurde eine konstante Aspiration 
durch eine Wasserstrahlpumpe vorgenommen. Diese Luftemeue* 
rung bezweckte neben der Bekämpfung der Wärraestauung gleich- 
zeitig eine Erniedrigung des Feuchtigkeitsgehaltes im Innern. 
Besonders im kleineren Brutschrank starben uns bei relativ ge- 
ringen Temperaturschwankungen während der V'^orversuche einige 
Tiere spontan (Meerschweinchen und Ratten). Es wurde (hdicr 
in den kleineren Schrank eine Zeitlang die Verminderung des 



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366 Üb«r d«n Binfinfo erbtditor AoCtontemperatar ete. 

Feuchtigkeitsgehaltes der Luf*^ ;iuoh durch Einbringen einer hygro- 
skopischen Mischung von Chkuvnl iitn und Natronkalk erstrebt. 
Doch macliten wir bald die Krtalirung, dafs die Feuchtigkeit 
keine zn grofse wurde, wenn nicht zu viele Tiere in den Schrank 
verbracht wurden: 

Als Versuchstiere dienten Meerschweinchen, weirse Ratten 
und weifiae Mnnse. Die meisten Versuche wurden mit letzteren 
Tieren ausgeführt, da unsere kleineren Schränke uns nicht ge* 
statteten gleichzeitig mehrere grOCsere Tiere hineinzustellen. 
Die Ratten erwiesen sich bei unserer Versuchsanordnung als 
wenig geeignet nnd wurden daher bei den eigentlichen Versuchen 
nicht mehr benfltzi Am wenigsten empfindlich waren weifse 
Mäuse ; sie konnten ohne merklichen länflub woclien« bis monate> 
lang bei hoher Temperatur aufbewahrt werden. Anders yer- 
hielten sich Meerschweinchen; ihnen bekam die Temperatur von 
35 schon schlechter. In den ersten T^en trat regelmäTsig eine 
starke Gewichtsabnahme ein. So zeigte z. B. Meenchweinchen T5A, 
das bei seiner Impfung 360 g wog, nach 14 Tagen Aufbewahrung 
bei 35 <^ nur noch 280 g. Das Gewicht nahm aber dann wieder 
zu und betrug am 37. Tag schon wieder 490 g. Meersehwein> 
eben T 8A wog am Injektionstag 385, nach 3 Tagen 350, am 
14. Tag 208 g, dann Zunahme am 20. Tag 260 etc. Dies war 
die bedrohlichste Gewichtsabnahme. Die Tiere, die mehrere 
Wochen im Brutschrank aufbewahrt wurden, gewöhnten sidi 
an die neuen Verhlütnisse und nahmen sogar an Gewicht zu. 

In den weiter unten zu besprechenden Versuchen sind alle 
Tiere beriicksiehtigt. Nur zwei Meersibweinchen gingen das 
eine nach wenigen Tagen, das andere etwas später wahrschein- 
lich an Inanition zugrunde. 

I. Versucht mit toxinfreitn Tetanussportii. 

Die verwendete Tetanuskultor ist eine Stammkultur, die 
schon mehrere Jahre im Institut weiter gezOohtet worden ist. 
Ihre Reinheit wurde mikroskopisch und kulturdi festgestellt, 
ebenso ihre Virulenz für unsere \' ersuchstiere. 



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Von Otto Ritimami, med. pract 



367 



Um toxinfreie Sporen zu erhalten, legten wir in grofsen, 
dickwandigen Röhren, die na. 35 ccm Bouillon enthielten, anaärobe 
Kulturen au. Nach der Beschickung wurden die Reai^nzrOhren 
mit guten, durchlöcherten Guramipfropfen verschlossen. Dann 
wurden die Röhren nach Aapiration und mehrmaliger Wasser- 
stoffdurchleitung im Vakuum zugeschmolzen. Die weiter unten 
mit 4, 5 und 6 bezeichneten Kulturen blieben 12 Tage, die mit 
2 bezeichnete 6 Tage lang bei 37^ im Thermostaten. Nach 
dieser Zeit wurde der reichliche Bodensat», der sich mikrosko- 
pisch als aus Sporen bestehend erwi^, in Pasten rächen Pipetten 
aspiriert, dieselben beidseitig zugeschmolien und im Wasserbad 
zwei, Kultnr 6 drei Stunden lang erhitzt. Die Temperatur 
betrug 83 bis 85^ und wurde mit 8 Thei'mometem genau geprüft. 
Die Pipetten wurden bis zur jeweiligen Verwendung im Eis* 
schrank aufbewahrt und die Sporen vor jedem Versuch noch* 
mals auf Reinheit und Lebensfähigkeit geprüft durch Anlegen 
von aeroben und ana^roben AgarkuUuren. Die Injektion wurde 
bei den Mäusen subkutan über der Sohwanzwurzel, boi Meer« 
schweinchen intramuskulär in den rechten Schenkel ausgefflhrt. 

A. Die Versuche an Mäusen sind auf Tabelle I zusammen- 
gestellt. Es sei bervoigehoben« dals die injizierten Mengen der 
einzelnen Versuche untereinander nicht direkt veigleichbar sind, 
da Kulturaufschwemmung 2 sporenarm isti 4 dagegen viel mehr 
Sporen enthält, iast ebensoviel 5 und 6. 

Die Beobachtuiigszeit ist in den einzelnen Versuchen 
eine verschieden lange. Das rührt davon her, dafs die meisten 
Tiere — alle Versuchspaare, in denen keines der Tiere an Tetanus 
starb — spiiler zu den weilcr unten yai besprechenden Tetanns- 
StreptokokkenWr.suchen verwendet wurden. In diesem Abschnitt 
wollen wir uns nur mit den Resultaten der Injektion von Tetanus- 
reinkultur befassen. 

(Juter Weglassnng von Versuch In, bei dem die Beoltaditungs- 
zeit von 3 Tagen zu kurz war, l)leil)en 20 Wrsuchstierc übrig, 
die 9 bis 40 Tage lang boobachtuL wurden. Von diesen 20 Mäusen 
sind 4 an Tetanus erkrankt, und zwar 3 Brutschranktiere, 1 bei 
gewöhnlicher Temperatur aufbewahrtes Tier. Die Injektion von 



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368 



Über d«n BinSub erhöhter AafiMntempemtar etc. 



geringen Meii;j;-en Tetannssporen (0,01; 0.05; 0,1 cciii) hatte kein 
Resultat, nur mit O,^?;') ccin geimpfte Piere zeigten 'retuinis, nltm- 
lieh 3 von 5 im Brutschrank imfl>e\vahrten und 1 von ö Aufsen- 
tieren, iiie ersten Krankheitserscheinungen wurden bei den Brut- 
schranktieren 4, 5 und 8 Tage nach In jektion der Tetanussporen 
konstatiert, bei dem Aufsentier erst nach 10 Tagen. Nur die 

3 Brutschranktiere erlagen dem Tetanus, und svar 2 ^j.. und 

4 Tage nach dem ersten Auftreten des Tetanus resp. 5, l^j^ und 
12 Tage nach der Impfung. 

Sehr interessant ist der Versuch Maus T 8B. Diese 
einzige Maus, welche an Tetanus erkrankte ohne im Brutschrank 
zu verweilen» zeigte im Gegensatz zu ihrer firutschrankmaus 
eine verl&ngerte Likubationsxeit, bei der einen 4, bei der anderen 
10 Tage. Der Tetanus verlief typisch und schwer. Eigentümlich 
war eine seitliche Verkrümmung der Wirbelsäule, verbunden mit 
einem halbseitigen Tetanus links, so dafs das Tier mehrere Tage 
hindurch sich nur im Bogen bewegen konnte mit typisch ge« 
epretzter linker hinterer Extremität Das Tier erholte sich aber und 
zeigte am 27. Tage, d. h. 17 Tage nach Beginn der Tetanussymptome 
keine Krankheitserscheinungen mehr. Es wurde von da an bei 
35^ im Brutschmnk aufbewahrt, erkrankte aber in den 20 weiteren 
Tagen, in denen es noch beobachtet wurde, nicht mdar an Tetanus. 
Dieses Beispiel eines bei der Maus nach Injektion von Tetanus* 
Sporen aufgetretenen Tetanus, der in völlige Heilung 
überging, ersclüen uns einer genaueren Beschreibung wert 

Die 3 an Tetanus gestorbenen Mftnse wurden seziwt und 
es gelang bei allen subkutan an der Injektionsstelle Tetanus- 
bazillen kulturell nachzuweisen. Hingegen fielen die Kulturen 
aus dem Herzblut und der Milz (es wurde ein Stückchen Milz 
in vertlüssigten iibgekühlten Agar übernagen) negativ aus. 
Die.ser Befund entspricht nicht dem von \ inceiit mitgeteilten, 
weklier bei seinen an Tetanus gestorbenen Brutschrank-Meer- 
schvvoinchen eine allgemeine Ausbreitung der Tetanusl)a/.illen, 
eine eigentliche Tetanussepticämie beobat.lilete. Mr)glii her\veise 
ist auch liir iiu"-rn Unterschied die erheblieh geringere Tempe- 
ratur unserer Brutscliräuke 34,5" gegeu 40° anzuschuldigen. 



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Von Otto Ritsmano, mod. pcsct. 369 

B. Meerschweinchenversuclie (siehe Tabelle II). 

Gleichzeitig mit den Mäusen wurde eine Aasutbl Meer« 
schweiiichen mit deuselben Kulturen injiziert. Es sei gleich 
hier hervorgehoben, dafs die erhaltenen Resultate den von 
Vincent mitgeteilten nicht entsprechen, wie sie auch mit 
unseren, bei Mäusen erhaltenen Ergebnissen nicht überein- 
stinnnen. Mit Ausnahme des ersten Versuches wurden sehr 
grofee Mengen Tetanussporen geimpft, und zwar 6 mal 0^ und 
2 mal sogar 1,0 ccm sporenreicher Kultur. Die letzteren 2 Tiere 
gingen an typischem Tetanus zugrunde; das Brutschranktier 
nach 5 Tagen, das bei gewöhnlicher Temperatur aufbewahrte 
schon nach 3 Tagen. Von den mit 0,2ö ccm geimpften Tieren 
ist nur ein Brutschranktier gestorben. Es zeigte vom 6. Tage 
nach der Injektion eine Parese der hinteren rechten Extremität 
verbunden mit Spreixuug derselben, hingegen konnten keine 
typischen tetaniscbeu Kr&mpfe wahrgeuomnten werden. Der 
Tod erfolgte nach weitereu 6 Tagen, also 12 Tage nach der In- 
jektion. Die Sektion erweist sich in bezug auf Tetanus negativ. 
Von den 5 weiteren mit 0,2öccm geimpften Tiereu, von denen 
eines über einen Monat, ein anderes 19 Tage laug im Brut- 
schrank aufbewahrt wurde, zeigte keines Erscheinungen von 
Tetanus. Der Versuch 6 wird in der Tabelle nicht angeführt, 
weil das Brutschranktier 2% Tage nach der Injektion ohne 
Tetanussymptome zu zeigen starb, vermutlich an Inanition. 
Das Kontrolltier blieb frei von Tetaiius und lebte noch 1 Monat 
nach der Injektion. 

Wir wollen aus diesen N'ergiichen nur den einen kSchlufs 
zieheil, duLs eine ßrutöchrunkteinjtenit nr von '^^)^- auch i)ei 
dauernder Aulbcwahrung der Tiere nicht genügt, nm bei Meer- 
schweinchen den von X'incont konstatierten Tetanus zu er- 
zeugen. Da wir aus äuiseren Gründen Teuiperaturmessnngen 
und Blututitersnchun;^en an Meerschweine) len incht vornahmen, 
können wir dir Ursache desabweiciienden Er^clmiFses nicht angeben. 

Unsere Ergebnisse lassen sich wie lolgl zusammenfassen: 

Mäuse, die nach Injektion gröfserer Mengen 
toxiufreier Tetanussporen, einer Temperatur von 



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370 Über den EinflnA erh^Akter Anfeenteuparetior «le. 

Sö'^ dauernd ausgesetzt werden, erkniiikeu leichter 
an Tetanus als die gleichzeitig geimpften und in 
ge wöhn licher Teni peraL ur bef i nd 1 iclie n K 0 n t rolltiere. 

Von 10 Mäusen, die 4 ^j., bis 22 Tage einer Tem- 
peratur von üö" ausgesetzt waren, sind 3 an Tetanus 
gestorben, und zwar alle 3 mit gröfseren Meugen 
(0,2ö ccm) TetanuBspore n geimpfte. Die übrigen 7, 
von denen swei gleichviel (0,25 ccin) Tetanuesporen- 
aufscbwemmung erhielten, die anderen alle weniger, 
blieben am Leben. 

Von den 10 mit entsprechenden Mengen ge* 
impften , bei gewöhnlicher Temperatur aufbewahrten 
Kontrolltieren starb kein eiustges; eine Maus er- 
krankte an Tetanus, erholte sich aber wieder. 

Eine Aufsentemperatur yon 35® wirkt für das 
Auftreten von Tetanus bei Mäusen deutlich be- 
günstigend. 

Die Versuche an Meerschweinchen haben kein 
positives Resultat ergeben und gestatten eine Be- 
stätigung der von Vincent mitgeteilten Befunde 
nicht. Ob die weniger hohe Brutschranktemperatur 
(35° gegen 40») oder die länger dauernde Auf- 
bewahrung oder andere Faktoren diesen Unter- 
schied bedingt haben, können wir nicht entscheiden. 

2. Versuche mit- Streptokokken. 

Die bei unseren Versuchen verwendeten Streptokokken ver- 
danken wir der Freundlichkeit von Herrn Dr. med. F. B. Simon, 
der schon seit längerer Zeit im Zürcher Hygiene-Institut sich 
mit Studien über Streptokokken beschäftigt. 

Die bei den meisten Mäuseversueben benutsste Kultur 
stammt von einem Fall von Scarlatina und war längere Zeit 
durch Nährböden und Tiere geschickt worden. Besonders wert- 
voll war für uns die vorhandene aber geringe \'irulenz für 
wt-ilse Mäube, welche uns bei entsprechender Dosierung gestattete, 



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Von Otto Bitimann, med. pract 



871 



die der normalen Temp«raiur ausgesetsteu Tiere meist erst nach 
2 bis 4 Tagen zu tOteu. Es standen uns 2 verschiedeue Pas- 
sagen, eine virulentere 3 und eine etwas weniger virulente 5, 
sur Verfügung. Beim 10. Mäuseveisuch kam eine aus Passage 8 
neu gewonnene Passsge 4 aur Verwendung. Beim 9. Mäuse* und 
bei den MeerBchweinchenversuchen benütstten wir eine sehr Viru* 
knte Kultur, S 124 bexeichnet (dureb 124 Meerschweinchen ge- 
schickt); sie ist auch für Meerschweinchen virulent. Es wurden 
stets eintAgige BoniUoukulturen verimpfi Alle gestorbenen Tiere 
wurden seziert und Kulturen aus der Impfstelle und dem Hers- 
blut angelegt. 

A. Versuche an Mäusen. Die Injektion erfolgte stets 
subkutan über der Schwanzwurzol. In einem V^ersuche wurde 
eine zweite Impfung intraperitoneal mit einer virulenteren Pas- 
sage vorgenommen. Im ganzen sind 10 Vei'suche gemacht 
worden, von denen wir Versuch 2 und 5 ausschalten wollen. 
Bei Versuch 2 starben beide Tiere nicht nach der ersten In- 
jektion, es wurde daher 2 Tage nachher eine zweite Implung 
vorgenommen, nach welcher das bei gewöhnlicher Tempemtur 
aulbewahrte Tier früher starb als das Brutschranktier. In Ver< 
such 5 starb das Aufsentier ebenfalls, aber erst nach 13 Tagen, 
das andere hheb am Leben. Da die Sektion des Aubentieres 
em negatives Resultat in bezug auf Streptokokken ergab, läfst 
sich der Versuch nicht verwerten, der Tod war möglicherweise 
ein natürlicher. 

In den 8 übrigen Versuchsreihen sind stets die 
Brutsohranktiere früher gestorben als die Kontroll- 
tiere bei gewöhnlicher Temperatur. Der Tod er- 
folgte: 

Bei Brutschranktieren % bis 3 % Tage nach der 
Injektion; 

Bei Kon trolltieren 1 ^ Tage nach der In- 

jektion. 

Bei Versuch 6 starb das Kontrolltier überhaupt nicht, es ist 
dies auch der Versuch, bei dem die Brutschrunkmaus die längste 



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572 iSbue den ESnfltife «rhöhler AufMiitempenUiir etc. 

LebeiiPflnncr (mit Maus Str4A) von 3^/2 Tagen aufweist. Es 
war überhaupt der Unieradlied iu der Lebeusdauer nach der 
Injektion ein verschiedener, je nach Virulenz und Menge der 
geimpften Kultur. Neben Versuch G ist der Untei*schied auch 
bei Versuch 4 sehr deutlich: Maus Sir 4 A stirbt nach 3 '/o Tagen, 
Maus Str 4 B erst nach 8 Tagen. Auch der 3. N'ersuch ist 
sprechend: die Brutschrankmaus ist nach V2 "^^g® 
Koutrollmaus eist nach 3 Tagen. Gering ist dagegen die 
DifEerens bei Versuch 9, bei welchem jene sehr virulente 
Kultur S 1^ Tervendet wurde. 

B. Die Versuche an Meerschweinchen haben, film- 
lieh wie im vorhergehenden Abschnitt, kein deutliches Resultat 
ergeben. Dies rührt vor allem daher, dafs Meerschweinchen 
gegenüber Streptokokken sehr widorsiaudsfähig sind. Die von 
Herrn Dr. Simon besüiulers virulent gemachte Streptokokken- 
kultur 8 124 mufste in gröfserer Menge injiziert werden und hat 
beide Tiere in weniger als 48 Stunden getötet. In diesem Ver- 
suche erhalten 2 Meerschweinehen 1 com Bouillonkultur intra> 
peritoneal. Das Brutschrauktier starb in der folgenden Nacht 
innerhalb 16 Stunden« das andere nach etwa 24 Stunden. 

f/j In einem «weiten Versuch wurden gleichseitig Tetanus- 
sporen (0,25 ccm Sporenkultur 6 intramuskulftr) und Strepto- 
kokken (0,5 S 125 intraperitoueal) injisiert. Die Tiere gingen 
Sehl* rasch ohne Tetanu8sym|)tome zugrunde, das Bniteohnmktier 
nach 26, das Kontrolltier nach 36 Stunden. 

Fassen wir die Resultate unserer Streptokokkenversuche 
susammen, so sehen wir folgendes: 

Bei weil'seii M&useu verläuft die exper im eu teile 
Streptokokk( iiinfektion bei hoher Aufsentemperatur 
(Sb^) .sehn eil er als bei Zimmertemperatur. 

U n .s e r 0 Ii 0 s u 1 1 a t e an Meerschweinchen lauten 
ähnlich, sind aber für eine bestimmte ächlufs- 
folgerung zu wenig sahireich. 



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Von Otto BitsmMiii, m«d. pnet $78 

3. Versuche mit nachtraglicher Streptoicokkeninfektion an mit 
toxinfreien Tetanussporen injizierten Tieren. 

Die Mischinfektion ist schon von Vaillard und Vincent 
und seitdem von vielen anderen Autoren als prlLdisponierendee 
Moment bei der Tetannsinlektion bezeichnet worden. Nach dem 
deutlich positiven Ausfall unserer Streptokokkenversuche an 

Mäusen stellten wir uns zur Aufgabe, die Wirkung einer nach- 
träglichen Streptokokkeninfektion bei mit toxinfreien Tetanus- 

aporen infizierten Tieren zu prüfen, und das Verhalten so be- 
handelter Tiere bei höherer Aufsentemperatur zu untersuchen. 
Eine nachträgliclie Kachforschung in der Literatur ergab, dafs 
in ihren ersten Versuchen \'aillai (i und \'incent auch schon 
Versuche mit Streptokokken nach Tetanusinjoktion gemacht 
hatten. Die Verfasser erwähnen nur den das Auftreten des 
Tetanus begünstigenden Einflufs der gleichüeitigen Infektion mit 
Prodigiosus, wältrend sie nach Injektion von Strei^tokokken so- 
wohl wie von P>act. Friedländor, Staphylococcus aureus und B. 
öubtilis einen den Ausbruch des Tetanus fördernden Einflufs 
nicht beobachten konnten. 

A. Mftuse. Unsere Versuche wurden so vorgenommen, dafs 
Brutschrank' und Laboratoriumsmäuse verschieden lange Zeit nach 
der Injektion von . toxinfreien Tetanussporen mit eintägigen 
Streptokokken •Bouillookulturen injisiert wurden. Verwendet 
wurden die nämlichen Kulturen und Passagen, die wir auch zu 
den Streptokokkenreinversuchen benutzten; wir verweisen daher 
auf das an jener Stelle darüber Gesagte. Auch bei diesen Misch- 
versudien kam es sehr darauf an, wie dies ebenfalls schon bei 
den Versuchen mit Streptokokkenreinkulturen hervorgehoben 
wurde, die Virulenz sowohl wie die Menge der verwendeten 
Streptokokken genau zu dosieren. Wie aus der beigegebenen 
Taltelle IV hervorgeht, iiaben die meisten Tieie, mit vier Aus- 
nainnen, nur eine einmalige Injektion von Streptokokken er- 
halten und sind wenige Tage naehber gestorben. Diejenigen 
Tiere, die nach der ersten Streptokokkeninjektiou nicht starben, 

Axcbiv für Uygieue. Bü. UU. 26 



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394 



tJber den Eiofliüb eililttiter Ad^ntempentur etc. 



wurden zum zweiteiiuuil (Maus T 5 B sogar 4inal) mit Ötrepto- 
koKken infiziert. Trat der Tod sehr rascli nach der Impfung 
mit Streptokokken ein, so kuni es nicht zu Erscheinungen von 
Tetanus (wie bei 7A und B auch }>pi 1 AV War jedoch zwischen der 
Injektion von Streptokokken und dem 1 od ein Zwischenrauin von 
Vj^ Tagen, so eutwickelte sich in der Kegel ein typischer 
Tetaaus. 

Es ist bekannt, dafe Tetanuasporen sehr lauge Zeit im 
Organismus lebensfähig sind. So berichten Vaillard und R o u g e t 
von einem Fall» wo bei einem Meerscbweindien vier Monate von 
der Impfung mit Sporen bis zum Ausbrach des Tetanus ver- 
strichen sind. In unseren Versuchen haben wir zwischen der 
Injektion von Tetanussporen und der Impfung mit 
Streptokokken verschieden lange Fristen verstreidien 
Iftssen: in einem Versuch (11) gaben wir Tetanussporen und 
Streptokokken {^eichseitig, bei den anderen in Abst&nden von 
3 bis 22 Tagen. 

Bei 6 Tieren von 18 trat kein Tetanus auf. Das sind die 
'i iere, die innerhalb 24 Stunden nach der Streptokokkeninjektion 
starben, ferner ein Aufsentier (15 H), das vier Tage nach der 
Streptnkokkeninjektion «tarb, und endlicb das Aufsentier 5 B, das 
vier Injektionen Streptokokken ertrug. Eine vergleichende 
Betrachtung der Brutschranktiere und der Anfsentiero ergibt, 
dafs der Tetanus stets früher bei den Brutschrank- 
tieren wie bei den A u Ts e n 1 i c ? e a ausbrach. Femerist 
hervorzuheben, dafs sämtliche Brutschranktiere gestorben sind, 
während ein Aulsentier am Leben blieb. 

Das Auftreten des Tetanus ist unabhängig von 
der Menge der injizierten Sporen; es haben sowohl mit 
0,01 als auch mit 0,25 com geimpfte Tiere nach der Strepto^ 
kokkeninjektion Tetannssymptome gezeigt. 

Diese Versuche beweisen, dafs eine nachträgliche 
Inlektion mit Streptokokken das Auftreten von Teta- 
nus begünstigt und dafs der Tetanus rascher bei 
iu höherer Temperatur sich befiodendeu Tiereu als 



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Von Otto Ritimimiiy med. prmct, 375 

bei den bei gewöhnlicher Temperatur aufbewahrten 
xustande kommt. 

Diese Versuche bestätigen sugleich die in den 
zwei frülieren Abschnitten mitgeteilten Resultate, 
dafs die Injektion von Tetanus sowohl als auch 
▼on Streptokokken bei Brutschranktieren rascher 
sum Tode führt als bei den Kontrolltieren. 

Bei den Sektionen war es ein häufiger Befund, dafs sich an 
der Impfstelle Abszesse von Streptokokkenreinkultur fanden. 
Wir werden auf die Bedeutung dieser Tatsache bei den Schlufs* 
folgerungen noch zurückkommen. 

B. Meerschweinchen. Im ganzen wurden fünf Versuche 
voigenommen. Ähnlich wie in den weiter oben geschilderten 
Mäuseversuchen waren auch hier verschieden lange Zeit nach 
der Impfung mit Tetanussporen Streptokokkeninjektionen vorge- 
nommen worden, in einem der fünf Versuchspaare wurden beide 
Mikroorganismen gleichzeitig geeimpft. Ein positives Resultat 
ergaben diese Versuche nicht Die für Mäuse wenig virulenten 
Streptokokkenkulturen B und 5 waren für Meerschw^nchen zu 
wenig virulent und führten daher nicht zu Tetanus. Es wurden 
daraufhin einige Versuche mit Streptokokkenstamm S 124 vorge- 
noniineii, auch diese aus einer Gelatinesticliknltur angelegten 
Bouillonkulturen erwiesen sich als zu wenig virulent. Wir ent- 
schlossen uns daraufhin, frisch gewonnene Pa-saage S125 in 
gröfserer Menge (0,5 und 1,0 ccm) intramuskulär tn verwenden. 
Diese hohen Uosen töteten aber die Tiere meiüt innert 24 Stunden. 
Nachdem ein Versueh.^paar nach intramuskulärer Injektion von 
1,0 ccm S 125 am Leiten geblieben wnr, versuchten wir die 
intraperitoneale Injektion von 0,5 derscUwn i'assage; beide Tiere 
gingen aber in 24 — Z'J Stunden zugrunde. Die Fristen waren 
für das Auftreten der 'IVtaniissyniptome zu kurz. 

Die Resultate an Meerschweinchen sind negative. 

Im Anschlufs an die oben mitgeteilten Ergebnisse unserer 
Versuche seien uns einige Schlulsfoigerungen erlaubt: 

Unsere Versuche beweisen übereinstimmend , dals die In- 
fektion mit toxinfreien Tetanussporep bei erhohtejr 

26» 



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376 



Üb«r den Einflafii erhöhter AafMiiteinpeniti»r etc. 



Aiifsentemperatur von 35" etwas sicherer znm Tode 
führt, als wenn die Tiere bei ^n- w ö hn 1 i c h e r Tem- 
peratur aufbewahrt werden. Unsere Resultate sind 
allerdings nicht so überzeugend wie die von Vincent mitge- 
teilten, namentHch haben unsere Meerschweinchenversnche kein 
deutlicl) positives Kesaltat ergeben. DerHauptuutersci)i( d /.wischen 
der Versuclisanordnung Vincents und unserer besteht darin, 
dafs jener Autor den Ülinflufs einer kurzdauernden beträciitliclien 
Temperaturerhöhung von 40^ studierte, während wir die dauernde 
Einwirkung einer Aufsenteinperatur von 34 bis Sö*' prüften. 

Noch deuthcher als die Versuche mit Tetanus sind die Er- 
gebnisse unserer Versuche mit Streptokokkenrein- 
kultoren an weifsen M&usen; sie beweisen den die ^ 
Streptokokkeninfektiou begünstigenden Einflufs einer 
erhöhten, dauernd einwirkenden Aufsentemperatur von 
35^ Im Anschlufs an unsere Resultate sei nur noch darauf hin* 
gewiesen, daüs auch beim Menschen möglicherweise die höhere 
Temperatur den Verlauf einer Streptokokkeninfektion beschleuni- 
gend beeinflulst und daia bei dieser Infektion auf jeden Fall das 
Vorhandensein eiues Iftnger dauernden Fiebers nicht ohne Belang 
ist. Wir möchten nurauf die Wönschbarkeit wetterer Untersuchungen 
in der angegebenen Richtung hinweisen und sind uns wohl be- 
wttfst^ dafs unsere Versuchsanordnung, wie dies Lubarsch für 
asahlreiche -andere ähnliche Versuche, spesiell fCtr die Milzbrand- 
versudie bei erhöhter Temperatur an Kaltblütern nadiwies, natür- 
liehen Verhftltniseen nicht völlig entsprechen. Sie sehliefsen leider 
allsnoft eine schwere Schädigung des Organismus in sich. 

Die nachträgliche Infektion mit Streptokokken 
bei durch toxi n freie Tetanussporen infizierten 
weifsen Mäusen hat ergebuu, dafs die Strepto- 
kokken e i n en das Auftreten des Tetanus begünsti- 
genden Einflufs ausüben. Mengen von Tetanussporen, 
Nveluho bei den Totanusreinversuehen auch hei Bruti^ehranktieren 
nicht einmal zum Ausbruch von Tetanussyniplomen geführt 
haben, penüL;iMi zu einem letal verlaufenden Tetanus, sobald 
fc>lreptokokken gegeben wurden. Diese Versuche bestätigen so- 



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Von Otto BHnuftan, in«d. pnct 



t 

377 



wohl die Tetanus- als die Streptokokkenreiuvereuche, indem auch 
hier einerseits die der erhöhten Temperatur aiisgeset ton Tiere 
stets früher TetaDUSsymptome aufwiesen als die Kontrolltiere. 
In diei Versucbspaaren kam es sogar nur bei den Brutschrank* 
tieren zn Tetaaua. Anderseite starben auch die Bnitschranktiere 
vor den Kontrolltieren. 

Bs kommt diesen Veisuchen aber auch noch eine andere 
sehr wichtige Bedeutung su. Nach Injektion von Streptokokken 
treten bei unseren Versuchstieren Tetanussymtome auf. Ahnlich 
wie dies Vincent bei seinen Chinin versachen ausführte, wttide 
man auch hier bei Unkenntnis der Vorgeschichte geneigt sein, 
den Tetanus der leisten Injektion sususehreiben, während es sich 
umgekehrt um ein Virulentwerden von Tetanussporen handelt, 
die sonst symptomlos ertragen und mit der Zeit vernichtet worden 
wären. Bei der Sektion fand sich an der Injektionsstelle meist 
ein Abesess von Streptokokken in Reinkultur vor. Es drängt 
sich ohne weiteres ein Vergleich mit den Fällen von Tetanos 
beim Menschen aof, bei denen ein kleinerer oder gr^Jfserer Eiter 
herd gefunden und dann als Eingangspforte des Tetanus ange- 
sprochen wird, auch wenn der Nachweis von Tetanusbasillen 
bakteriologisch nicht geHngt. 

Auf Grund unserer Versuche müssen wir die Frao^e aiif- 
werfen. oh nicht auch beim Menschen Verhältni.sse vorhegen 
können, wie wir sie bei den Mäusen künstlich erzeugt hahou. 
Tetanushazillen sind imstande, im Korper des Warmblüters längere 
Zeit lebensfähig zu bleiben. Die Annahme, dafs ein in einem 
Fall von Tetanus vorgefundener Abszess stets die Eingangsp[orte 
ist, hifst pich nicht innner exi>erimentell begründen. Wir müssen 
vielmehr angesichts unserer Versuchsergebnisse die 
Möglichkeit im Auge behalten, dal's eine nachträgliche 
eiternde Infektion das Manifestwerden einer vielleiciit 
an anderem Ort und vor längerer Zeit stattgehabten, 
sonst symptomlos gebliebenen Infektion mit Tetanus- 
sporen zur Folge hat. 

Am Schlüsse meiner Arbeit angelangt, erfülle ich gerne die 
an^nehme Pfiich^ meinem hochverehrten ehemaligen Chef, Herrn 



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379 "Gber den Einfluft «>hft1it«r Auftentempvralnr etc. 

Prof. Dr. W. Silberschmidt, meinen herslichsten Dank aus- 
zusprecheu, sowohl für die Anregung zu dieser Arbeit wie auch 
für die stete Förderung bei der Aasfflbrung und beim Abschlufs 
derselben. 



Tabelle I. 
TetsiMUverBBeke tm MBoieB. 

Tnjoktion von erhitsten Tetanussporen. 



1 

Beiefeb- '• 


2 

(;e- 
wicht 

1 


» 

Spown- 

«ul- 
acbwem- 


' ^ "[ 

In- 
jiziert« 
Meng«! 


s 

Hymptoue 


Ü 

HeKlnn 

deH 
Tetanus 

nach 


7 

Tu.) 
nncli 


" 1 

Be- ' 
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xcit 


1 ' 
Be- 
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V r. 


pcm 




Tajte 




T 4A 
T4B 


. 25 1 
23 


2 
2 


0,06 
0,06 


o. B. ' 




— 


13 

19 




T6A 
T6B 


1 2« 
17 


2 ' 
2 • 


: 0,01 
0,01 1 


O.B. 
o. B. * 


1 — 




9 ' 
» 1 




T 6A 
T 6B 


' 18 

; 15 


2 
2 


0,1 
0,1 


o. B. 
o. B. 






10 
10 





T 7 A 
T 7 R 


19 
19 


4 

4 


0,1 

n.1 


o. B. 
0. B. 






20 
20 




T8A 
T 8B 


21 

1 

t 

1 93 

1 

1 


4 
4 


! 0,31» 

1 


Am 4. Tftg i 4 

TOm Hl. N;» 1 10 

26. TBg ' 

O.B. II — 
O.B. — 




47. 
40 


, 8«kUon o. H. 
KultimD «nb- 
knt. povItlT. 

tl. XU. 06 lein. 


T 9 A 
T 9B 


15 
15 


4 
4 


0,01 
0,01 




22 1 
22 




T lOA 
TlOB 


20 
1 1' 


4 
4 


0> 
J 0,26 1 


1 am 6. Tag 5 
I Tetanna jj 

0. B. Ii ■ — ■ 




7'/, 
13 


R^Vtlf»!! o. H 

Kultur Bub- 
kutan positiv. 


TISA 
T13B 


1 18 
1 16 


5 
5 


' 0,25 
0,25 


0. B. 

0. B. 






15 
15 




T 14 A 
T HR 


14 
14 


6 
6 


0,25 
0,25 


0. B. 

o. R. 


: _ 




14 
14 




T 15 A 
T 15R 


24 

22 


6 
G 


0,16 
0,15 


o. B. 
0. B. 






3 
3 




T IG A 
T 16B 


2() 
18 


G 0,25 

6 0,35 

.1 


1 am 8. Tage 
Tet«nua 

O.B. 


1 ~ 


12 


12 : 

20 : 


Sektion o. B. 
Kttltor subk. 

IKMfttV. 

tl.Zn.W lebt. 

1 



Bratachraiiktlera. B s= Konttotliiere. o. ß. ohne Beaonderbdt, 



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Von Otto Bitamuia, mod. praet 



379. 



Tabelle IL 



TetaAwrenuehe an Meersehireinchen. 



1 


1 ' 


1 3 


4 


6 


6 


7 


8 


9 


nuDg 


1 

wichl 

1 


■ 

knttiir 


In- 
jiziert« 

Menge 


Symptom« 


B«frlnn 

des 
Totanua 
n«ch 


Tod 
nach 


n<«- 


Be- 
merkungen 






i Nr. 1 


1 ccm 




lago 


i 


T 2A 


. 300 

• 


1 

1 

^ 1 


noft 








9 




T 2B i; «70 ' 


9 


' OflS 


0. B. i 






» ! 


! 


T 3A , 6«0 

1 • 


2 

1 
1 

j 


0,25 

t 


T.C. Ta^ean 
raehta binl. i 
Eztr. st«ir. 


G 


127, 


12'/. 


Kultur, ni'gntiv. 




1 480 


2 1 


0^ 


O.B. 






17 




T 4 A 


450 


4 


0/25 


0. B. : 










T 4 B 


405 


4 


0,25 


o. B. 






19 




T 6 A 


300 


4 


0,25 


O.B. 






35 




T 5B 


m , 


4 


1 0.25 


o,B. 


_ 




35 




T 7A 


, S75 

! 


b 


• 


MD 4. TMf. 




6 


6 

! 


Sektion o.D. sub- 
kutan, Kultur 
ppaltiv; Mils u. 
1 Ben a«g»tiv. 


T 7B 


, 960 

; 1 


5 

1 
1 

! 1 


1.0 


Tetanus 
tun X Ttg. 


2 


8 


3 


Sektion o.H sub- 
kuuu, Kultur 
podtiv, aad«R 
negativ. 



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880 



Über den ElnflaiSi «rbohter AttlkentwupeMlor etc. 



Tabelle 

TetaMfi^treptokiUeii- 

Injektion von erhitzten Tetanussporen; nach veiocbiecien langer 



1 

1 

U«seichooDS ^ 


wl«ht 
g 


Injektion von 
TAtenin 

Mpii;^- Kultur 
ccin Nr, 


1 Injeklioa von Slrep 
] kokken 

TuRc com 


to- 

Öymptome 

Kultur : 
Nr. ;| 


T 4A 


26 1 

1 


0,00 


hporeii- 
kultur2 


13 


0,1 snbkuL 


6 


i 

' keiu Tetanus 


T 4B 


SS 


0,06 


S 


13 


0,1 » 


6 


' Tetaniifl. 
' oi^e Bem. 


T 6A 


so 


0,01 


2 


9 


0,26 » 


» 


1 

Tetanna. 


T 5B 


17 


0,01 

1 


2 


9 
20 
27 
35 


0^35 > 
0,6 > 
0.2 intniper. 

0,3 » 


5 
6 
3 
4 


*kein Tet«nn8 
lebt. 


X D A 


1A 




2 


10 


0,1 aabkttt. 


8 


Tetanua. 


T 6B 


16 1 


! 


2 


10 
17 


0,1 » 
0,25 » 


t 


Tetanua. | 


T 7A 


19 


0,1 


4 


19 
xi 


0,25 » 
0,1 » 


3 

8125 


kain Tetanua! . 

1 , 


T 7B 


19 


0.1 




19 
27 


0,35 > 
0^1 > 


3 

8126 


1 ; 

1 Tetanua. 


T 9A 


15 


0,01 




22 


0,26 > 


4 " Tetanoe. 1 


T dB 


15 


1 0,01 


4 


1 22 


0,25 > 


4 


1 Tetanaa. 


T (Str) 11 A 


34 


0,01 




glelob- 

! eeltig 


0,06 • 


8 


• Tetanna. \ 

: 1 


T (Str) 11 B 


34 


0,01 




gleicb- 
Mltig 


0,06 > 


3 


. Tetanna. i 

1 


T ISA 


18 


0,25 


5 


15 


0,26 > 




' Tetanna. 


T ISB 


16 


0,25 


6 


15 


0,26 > 




1 ! 

J kein Tetanaa. | 


T 14A 


14 


0,26 


« 1 


13 


0,26 > 


: 


1 Tetanna. | 


T 14 B 


14 


U.25 


6 


18 


0,25 » 


4 


T f t a II u S. I 


T löA : 

1 


1 l 


( 0,15 


' 1 


1 ' 


0,2 » 


4 || Tetanua. 




')•) 

1 


0,l;j 


0 


3 


0,2 » 




kein Tetanus 

1 


■1 

■ 






r 
1 


1 



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Von Otto BltUMiMi, m«d» prMt 381 

IV. 

Verra«h« an HKasni. 



/nlil iliT Inur 
bis ;^rj:ii A u < - 
Ii r u (■ Ii (1 1' - 
T«ä Itt Ji II 'i-ii 
fl.lojekiii III v.iit 

i 


/ülil .1. r r,ii,'«i 
lii'^ mim Tm(1 

1 i ujt* k 1 i ( • n 
Tun 

-■•-oi-t... 


1 

^ Sektion 


1 1 

j Kaltareu*^ 


1 1 

Bemerktmgeu 


1 

1 ««leb- 

1 DQDg 








V, 


0. B. 


siitik. • Str. 
Ilorz ^ str 


1 


1 T 1 \ 


10 


v 






an IiijL'ktioriS- 
sabkat. Abazeü. 


Uore •Ötr. 


W inl mit lU r >(ri |>lo- 
kiiWkriKDjcktiun in 'l<>n 
BruUchmDk Terbncbt 
nnd bleibt bla sollt Tod. 


T4B 


13 


8 


12 


8 


0 B. 


nibk. tSkr. 
Mlls fett. 




T6A 





— 


— 








M Tagen. 


X Oll 


u 


t 


14«/, 




sabk, AbMefs 


MiMi.. t >ir. 

l t 1 . 1 1 1 1 1 ^ 
IItM7. T Sil 


Siilikut Hniloiiil» ICnliur 

ik'iT^il Abitij^r^ VC'ill^ 1 i'. iL 

vurlmpfL. Teuinoil 


T6A 


18 


1 




1'/, 


uo. 






i o b 


— 


— 




% 

i 


0. B. 


.M.l.k. i Sir. 
Ulf Ii t fttr- 


1. Sir.'i.lok.ikki iilDjekt. 

uruvirli.-i*iii 

2. Stn'|.t.>k<ikkc:iloJ»kt. 

lütct zu lüäCb. 


T7A 




• 


27'/» 






»ubk, t Str. 


Wie T 7 A. 


T7B 


«»» 


^ ! 






0ubk. Abasef« 


■ >ii1ik, -t^ *5tr 
' . •Trl:inu» 
(Ut/, V-tr. 




T9A 


26 


4 , 


27 


5 


do. 


»nhk. i äU. 
Her« *8tr. 




1 T9B 


3 


3 


4 


4 


do. 


8Ubk. t f^'f- 

Tetunus 


Annerobe Kultur »ui« 
snbkut. Abueß fraglicb . 
Tiervenueh: Tetunut«. 


't (81 r) 
II A 


4 

16 


4 
1 


16V, 


1'/. 
IV, 


do. 
do. 


aui/'».. ) air. 

Hers ♦Str. 

aubk. t Str. 
Hers fBtr. 




T i^tstr) 

IIB 
T18A 






16 


1 


0. B. 


Ben tS(r. 




T18B 


15 


2 


16 


3 ; 


aubk.AbKQrs 


H.ir.' 'Sir, 




T14A 


19 


6 




"*/, 


do 


•■iiii»-. i .~ir. 
llrj/ ' .-rr. 




T HR 


4 


1 

_ 1 




3'/, , 

i 


do. j 


-iil'k. f sij. 
» ' l't'tii 1 ■ 1 1.-< 


Iii 1 IC/ 1 if; Hilf .M 
«■•'!; ici- 1'. 1 ■■ 1 Iii III t 'A jo 
Müll« c-ti 1(1 A (lul». 111,1. 


1 lä A 








4 


do. i 


- 1 


Wie Uaua Str 10 B In 
itwag ftuf Str. 


T15B 










' = w«iiig. • ~ 


1 

mitiel. t = «ei>r Tl«l. 





Archiv rur Hygiene. Bd. LXL 87 



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d82 



über den Elnfloft erhAhter Aofeentemitermtiir ete 



Tftbelle m. 
8treptokokkeiireniebe an MKasen. 

Injektion von friecben Bouillonkalturen. 



Bezeicb- 
oong 



2 

f4e- 



M * ii 



6 

Tod 



, . . Kultur Mpnge ' , . , 
wicht I i, I Symptom« , imcU 

Tagen 



Nr. 



ccm 



8 

Kol- 
tawn 



merkoogen 



8tr 1 A 
8tr IB 



8tr SA 



22 



SO 



19 



8tr SB 


! n 


Rtr 3 A 




Str 3B 


21 


Str 4 A 


28 


Str 4B 


28 


Str 6A 


t " 


Str 6 B 




Str 6A 


1 SO 

1 


Str 6B 


! 


Str 7 A 


20 


Str 7 ü 


20 


Str 8A 


20 


Str 8B , 


20 


Str 9A 1 


21 


Str ÜB 1 


10 


StrlOA 


27 


Str 10 B 1 

1 


r 



: 0,2 
0.S 



6 

3 I 

5 I 

a \ 
3 

Ii 

3 
3 

3 
5 
6 
5 

6 

3 

3 
3 



O.B. V, 



nacli ■^iclii 
ft lagen Be- 

nooh völlig mor- 

munter. kung 



! mlndc- 
»teiiN 

! vor H 



positiv 
Niibknt. 
II. Her« i 

II.']/ 
positiv 



I 



8 124 
4 



0,2 

0.2 |! 

I' 

0,2 
0,2 

0.1 

0,1 
0,06 

0,06 

0,1 
0,1 
0,25 



0,25 

0,25 I 

0^ 
0,5 

0.5 
0,02 

0,02 
0^ 

0,2 



1. Injitktioii 

üb«rlebt, 
daher 2. In- , 
Irnperllon. 

dito wie 
8tr. 2 A 

o B. 



V. 



VhcI) -t lnK<"ii 

Mind, iilsij fr.st»' 
Ittjckt.übertebt, 
dann zweite In- 
jekt.v. Pa«<i«gfi:{ 
0,2 intrai'ur. u. 
nach Vagf t 
(6Vi Taire nach 
cnt. InjckUoD^ 



i Tage 
niicli K 



IKMitlr 



2 '/»Tage* 

vor B ! 



» 


3 


— 1 


> 


3'/. 


vor B 








» 


1- 






18 




* 


1 8V, 

1 

j 


mlode- 

■tvilfl 

TU T»^ 
vor B 


. lebt 


j 





norb nach 
Ift Tagen 

o. B. 
> 

> 



poalttv 



II 



V. 

1'/. 

1'/. 

1 



IV. 
2 



1 Xa« 
▼or B 



l Tag 
vor H 



Tor B 



vor D 



I pwaitiv 



81. 12. 06 lebt. 



81. 12. M tobt. 



S. 124 sehr vlrti- 
lODte Kultur, 
die Mcenchw. 
tfitot. 

vsia Sti 9 A . 



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Von Otto RiUmann, med. praet. : 3SS 



Literatur. 



1. Tr o m in 8 d or f f , Archiv für Hy^,'ieno, Bd. LIX, 1906. 

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lehre, Diss. Königsberg, 1889. 

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beri(•h^ 1S88, S. 60. 

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Banmgartena Jahreaberidit, 1889, 8. 88. 

18. Walther, Wratach 1890. Labarsch u. Ostertag, Ergebniflae der 

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19. Dürk, DeutHch. Arcliiv f. klin. .Medizin, IM. HS, S. ;5ti8. 

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bUtt 1 Bakt, 1892, 8. 888. 

21 Löwy u. Richter, VirchowB Archiv, Bd. 145, 189fi, 8.40. 
22. F i 8 c h 1 , Prager med. Wocbenachrift» Bd. 22, 1897. Zeitacbr. L Ueilkande, 
Bd. 18, 1897. 

28. Pawlowaky, Zeitschrift f. Hygiene, Bd. 83, 1900, S. 261. 
24. Engelhardt, Zeitaebrift I. Hygiene, Bd. 28, 1896, B. 839. 

2.5. Permi u. Saisanc, Zentrnlbl. f. Bakt., Bd. XII, IS92, s. 750. 

26. Graiiani, Zentralb!. f Pukt , Orig l?d. 42, 100(^, S. 633, 756. 

27. W y 8 8 o k o w i t M c h , zit. nach Flügge > Mikroorganismen <, 2. Aufl., S. 523. 
88. Fi lehne, Joomal of Physiol., Vol. Xm 1894/95. 



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Verlag von R. Oldenbourg 

München und Berlin W. 10. 



Medizinische Anwendungen 
der Elektrizität 

Von 

M. U. Dr. S. JELLINEK, 

Assistent des K. K. Krankenhauses Wieden in Wien, 

beeideter ürztlicher Sachverständiger iiir elektrische» Uniallwesen beim K. K. l.andesgericht 

in Wien 

460 Seiten mit 149 Abbildungen im Text 
Preis broschiert M. 10. — , gebunden M. 1 1 . — . 

Aus dem reichhaltigen Inhaltsverzeichnis seien hier nur die Haupt- 
abteilungen herausgegriffen: 

I. Elektrizität und Medizin. — II. Elektrizitätsquellen. — III. Hilfs- 
apparate. — IV. Applikationsinstrumente. — V. Röntgentechnik. 
VI. Elektrophysiologie. — VII. Diagnostik. — VIII. Therapie. 



Aus Urteilen der Presse; 

Zentralblatt fflr innere Medizin: 

.... Das vorliegende Werk Ist zunächst als Leitfaden für tUn praktischen Gebrauch 
des Arztes bestimmt. In dnrchans übersichtlicher Weise stellt Verfasser alle auf dem Ge- 
biete der medizinischen ElektrizitatsforscbunR K^machten Neuerungen und Erfahrungen 
zusammen und ermöglicht damit eine genaue Orientierung Uber den heutigen Stand und die 
Grundlage der medizinischen Hlektrizitütslchre . . . . 

AUes in ollem wird der Rat suchende das Werkehen stets mit Befriedigung aus der 
Hand legen. 

Leipziger Medizinische Monatsschrift: 

....Wir sagen nicht zu viel, wenn wir das Jellinekscbe Werk für das beste erkUren, 
das in den letzten Jahren auf dem Gebiete der Elektrotherapie erschienen ist, wie ja auch 
die berücksichtigte Literatur mit nahezu 400 Nummern davon zeugt, daß der Verfasser einen 
großen Fleiß auf die Arbeit verwendet hat. ... 

Die Zeit, Wien: 

....Mit wenigen Worten, das neue Buch ist ein vollständiges Vademekum Uber den 
physikalischen, chemischen, physiologischen diagnostischen und therapeutischen Teil der 
Elektrizität, das sich bald einen wohlverdienten Platz in der Bibliothek der Männer der 
Wissenschaft erobern wird. 

Ausführlicher Prospekt steht Interessenten zur YeilUgung. 



Durch jede Buchhandlung zu beziehen. 



ARCHIV FÜR HYGIENE. 

(BEGRÜBDET V09 VAX T. VmPmmSB») 



UNTER MITWIRKUNG 
VON 



Ml>r.O.BOLLIM6aR MOBte; rMitfir.BOinan}fF, KulNnva.U.$ PMtlM.a.BlliaDaCII, 

M«nr^:pii; Prof. Dr. F ERISMANN, ZOlIcb; Prof. Dr. HEIM, Erlangen; Prof. Dr. P. HtTKPPE, 
Tnf., frol. Dr. KABRHEL, Pr«g; Prof. Dr. F. KBATSCIIilER, Wien; Prot. Dr. K. LEHMANN, 
WldbOlf; Prof. Dr. A. LODE, lonsbnick; Prof. Dr. L. PFEIFFER Rostock; Prof. Dr. 
W. nUDSNITZ, OtM; PK»L Dr, V. RENK, Dmilaa; Prot Dr. SC HOTT EUUS, Fteiba« 1. B.; 
G«D«aloba(nnt Dr. A. SCHUaTER, 9Cüa^ii$ PNI. Dr. WKBHICKK. FOMn. 



H£RAUSGfiG£BBN 

VOH 

J. FOBSTEB, M.GBI]B£B, FR. HOFHASH, M. BDBNEB, 

I IMMUVIR AM MM OMVIMIff'iTnf SV 




MÜNCHffiN UND BERLIN. 
DRUCK UND VERIAG VON R. OLDENBOURG. 

I907. 



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1 Ii halt. 



UnienuehiiiifQii llb«r den Ifedunimiiw niditbakterisldur Immiinftit. Von Dr. 

EUlmund Weil, Assistenten am Institute. ^\tis dem Hygienischen In«titute 
der deatschen üniveruität in Prag. Vorstand: Prof. F. ii neppe) . . . 

Über die Beatimmang des Sauerstoffe im Waseer nebflt einigen Beobachtungen 
ftber Snntratolbebrung. Von Frivittdoceot Dr. 8. Korscbnn. (Ans cl«tn 
Hygienischen Institut der Universität München. Vorntand Prof. Max G ru her) 

Zur Frapp l"r Verbreitung des Abdominaltyplms durch Trinkwasser. Von Privat- 
dozent Dr. W. Korschun. (Aus dem Hygienischen Institut der Uni versitftt 
München. Vorstand: Prof. Max Gruber) 

Über die Bettimmnng der HArte de» Waners. Von Dr. P. Nawlasky, Berlin, 
unii Dr. S. Korschun, Charkow. (Aus den Hygienischen Instituten der 
TTuA-ersität Kerlin. Direktor: Geh. Med Rat Pr<)f. Dr. M. I^nbner) . . . 

Über den Einflufa erhöhter AuXsentemperatur auf den Verlauf der ezperimenteUen 
Tetenne- und fltreptokoUmiinfektion. Von Otto Biismnnn, med. pract., 
gewesenem Aedatenten am Institut» anraeii Aaaiatenaant am B^tonapital 
GlaruB. (Aus der bakteriologischen Abteilnng des Hygiene -Instituts der 
UnWerattAi ZQriob. Vorstand: Privatdosen b Dr. W. Silberachmidt). . 

NACBDRUCK VBBBOTJ»;. 



In dem nächsten Hefte folgen : 

Untersuchungen über die Warhstuiusgeschwindigkeit der Typhnsbazillen in Galle. Von 
Dr. W. Pies. (Au« dem Hygienisch-Bakteriologischen Institut zu BtraTsburg i. Eis.) 

Über Ernftbrnngspolyneoritia. Abwebr gegen Prof. Dr. C. Bykmana Kritik im gleicb> 
namigen Anfaatc Dieees Arebiv, Bd. LVII, S. l&l. Von Dr. G. Grijna. (Ana dem 
Genee.Hkundig Laboratorinm zu Weltovrpden, Java.) 

üie Milchleukozytenproi)e nach i r o m in s d o r f f. Von R. .Schuppius, cand. med. 
der Kaiser- Wiihelmä-Akadeuiie. (.\U8 dem Hygienischen Institut der Universität 
Berlin. Direktor: Geb. Medlstnalrat Prof. Dr. M. Rabner.) 

Ezperimentalle Untersuchungen über die Empfänglichkeit und Imnraniaierang der Kalt- 
blüter gegen PpBt. Von Prof Y. Fiiknhara, AMeilung^vnrptcher im Patholo- 
gischen Institut der medizinischen Akademie zu Osaka. (Aue dem amtlichen 
Bakteriolog. Institut in Osaka. Direktor: Prof. A. Sata.) 

Über die Bedeatang des BaciOna coli communia als Indikator fOr Vernnrainigang von 
WasHer mit Fäkalien. V'on Kcnji Saito. (Aus dem Hyg^enitcben Inatitat der 
UniversitAt Kyoto. Direktor: Prof. Dr. T. Matsuabita.) 

Mnmfidungen hdi^ man an S^Mmrat Pnhnat Dr. IMnopf Ah4w K. 4, 

Hessischf'slr .? 4, }'"'>f-!'_ 



Verlag von R. Oldenbourg, München und Berlin W. 10. 

Dielmliiiiie io Düolil uni i IMIn. 

Eine kritische Studie 

von 

Dr. Auerbach, 

Ant ia Detmold. 

Uoifanfi; 68 Selten B*. Mit Textabbildungen. Preis M. lüO. 

^ j . by Google 



Seit« 

398 

m 

336 
818 

»5 



Ü3E 




Verlag von R. Oldenbourg 

München und Berlin W. 10. 



Medizinische Anwendungen 
der Elektrizität 

Von 

M. U. Dr. S. JELLINEK, 

Assistent des K. K. Krankenhauses Wieden in Wien, 
beeideter ärztlicher Sachverstkndigcr Jiir elektrische» UniaUweaen beim K. K. Landesgericht 

in Wien 

460 Seiten mit 149 Abbildungen im Text 
Preis broschiert M. 10. — , gebunden M. 1 1 .— . 



Aus dem reichhaltigen Inhaltsverzeichnis seien hier nur die Haupt- 
abteilungen herausgegriffen: 

I. Elektrizität und Medizin. — II. Elektrizitätsquellen. — III. Hilfs- 
apparate. — IV. Applikationsinstrumente. ~ V. Röntgentechnik. 
VI. Elektrophysiologie. — VII. Diagnostik. — VIII. Therapie. 



Aus Urteilen der Presse: 

^ _ I - — 

Zentralblatt für innere Medizin: 

....Das vorliegende Werk ist lunächst als Uitfaden für den praMliacJun^Gebrauck 
des Arztes bestimmt. In durchaus übersichtlicher Weise stellt Verlasser alle aul dem Ge- 
biete der medizinischen EIcktrizitätsforschung gemachten Neuerungen und Erfahrungen 
zusammen und ermöglicht damit eine genaue Orientierung über den heutigen Stand und die 
Grundlage der medizinischen Elektrizitäislehre . . . . 

Alles In allem wird der Rat suchende das Werkchen sUts mit Befriedigung aus der 
Hand legen. 

Leipziger Medizinische Monatsschrift: 

Wir sagen nicht zu viel, wenn wir das JcllineUsche Werk für das beste erklären, 

das in den teilten Jahren auf dem Gebiete der Elektrotherapie erschienen ist. wie ja auch 
die berücksichtigte Literatur mit nahezu -MK» Nummern davon zeugt, daß der Verfasser einen 
großen Fleiß auf die Arbeit verwendet hat. . . . 

Die Zeit, Wien: 

....Mit wenigen Worten, das neue Buch ist ein voltständiges Vademekum Uber den 
physikalischen, chemischen, physiologischen diagnostischen und therapeutischen Teil der 
Elektrisitüt, das sich bald einen wohlverdienten Platz in \der Bibliothek der Männer der 
Wissenschaft erobern wird. 

Ausführlicher Prospekt steht Interessenten zur Verfügung. 



Durch jede Buchhandlung zu beziehen. 



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Verlag$budihandlung 

WUHCHEH und 




R. OLDEHBOURQ 

BERUH W. 10. 



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tffrousge^ebpii roii 

Dr. K. ^ecmol^, Berlin.. 



Dir Pfroiffutlicfjiiiqcii finb ooii mintflerien wrCt rielen t^ot^en Se^f5^^etI amtHd? 
empfol)lcn uni» joUen mit Untriftü^uiici dtefer foipie Humanitär gefilmter prirat« 
perfonen, Unteriutimer« niib anderen Perbänbcn, £)eretnen ic. durd; ma^enoerbreitnng 
2{iifVHInui9 ÜNc gefnntfifüfit^c »ttb l}Tgwiitf4^ ^teogcn 1» aPc Ktrifc 6«9 Ppifc» 

^ft I: Z7<ct(ätttng htx Cttt>er(ulofc (5i^a>inbfa<l;t). Dotitaa von 0ti;.-8at prof. Dr. C. oon 
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ßtft 2: ScnifsiMilQt «n» fvtycrn^« SlNla^cit. 3m Auftrag« b«s t>rTrhi5 fflr Oslff^ginit In 

Tnfin<»?«ti iintfr mftarhrit oon Dr.Dr ^<^^ ^<rJ. R 5*nfibtr, 5t. fangt 

nnb B. nrniiiaYrt brca:i»9f9rbtn pon {.~-.u' j;. i iJr. m. ßdbn, niundjtn. <> Crrif ^artn. 
pTf'^ 4') r>ön KM» €r ab 55 oon 2t>0 «b 50 Sy. pon 500 Cr. ab 25 J|, pon'tOOO Cr. 

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)."ir:i- '.'if Hfl fit^t 1.) 

^t^: (5<{un^t^<it uni 2Xlfo(}ol. Portrag. gcl)aütn im Säc^rrfdal br» Batl}au(f> ju Btrlin vor 
brr (r>rt»anit>pr br» t^rrrins ftr O*In|f0itN». dm prof. Dr. Coli JCAtnf*' •»* Qotte «. 

(fmff n'if hfi tirfl I i 

Qeft 5: t>i< Initi'^iuiic pfUg« bei anftccfcn^ttt Kranti}<ittn, tn»h<foiti><r< bei dnft«f<n6<n 
üiiid4.'rrTdtitl;cit<n. Dsn Vortrdsr pon Dr. K Soli in KarlsTuljr. (prritr a>ir bei l^ttt 2.) 
|}rft6: X>i< Pcritfitung 6cr a<fd(M^tiCcMitl^«ttni. Oon Dr. aiMl. Sloal>fCf«r, Zltriibtif. 

[prrif« wir bei §tft U) 

9tft ?: IM« ^miMMMpflCf« f«Nl«. Oon Vittsarst Dr. nitf ef < ptrlrlMrg. (pififr ab 

M fitft2.) 

I}tfl 0; 1H« IMttttsmg ^ SdHwlcii fl* Mt <«fM nH<Bof 1 h t«. Om pMfrffor Dr. 31. IDuff «r^ 

mann. Sfrlln. (prrifi wit M C^rft 1.) 
ß»fl 9: **» <i<T5cn». Oon ^5tbeimraf prof, Dr. ^(olbfcbribrr, »erlin. (prelfr mit M 

6ffl l ; 

^ft tO: 1>{c Kunfl alt ju l»(r^<n. Ton ®rb. mrbiiinalrat prof. Dr. Ciralb, Berlin. (Pnlfr 
n^ie bei tSeft I.) 

fjeft \\ : <^^run^f^J5^ 6cr Crnaf>runa fiir (^^^funbc unb Xran(<. Pon (Sebeimrat prof. Dr. €. oon 

t c V ^ r n 1,^^ ir;i f i : ' i ' ' i 

^ift yz: Kurvfttfd)eri-i un& Zllxrglani^ in d«r nuöisin. Pon Dr. X. Doli in Xaiiicu^ 
an^ (.") rni ri -.ujt Dr. Itrumann In SMmbnf. (Prtlfc lol« M Q«ft t.) 

3n Porbmünng jinb: 

tDo^itungobvoicne »on <B(i)fiiiitat prof. Dr. BHbntr, Bcrlm. 

^Itbfli«^ 4kfttnMKit«pfI«gc (btfianbfll ob jerlfetirag 3« t Mc Xtispofilion) oon pMf. Dr. 

Örowii;, Berlin 

^inr l^fgtcne b«« Sd)ulfinb«5 ri'i «f rlTinirot prof. Dr. Poffa, Berlin, pripatbojtnt Dr. 3rff*n, 

Strafthuro i. C . »nb Dr. tublin^fi, Scriin. 

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