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ÄRCHlViüK HYGIENE.
(BEGRÜNDET VON MAX v. PKTTEXKOFEB.)
UNTER MITWIRKUNG
VON
PWl. Dr. O. BOLLINUEK, Müncben ; Prof. Dr. UON liOFF, Xubnrg a. L. ; l'xot. Dt. R. EM.MKKICU,
MOneliMi; Praf. Dr. F. SIUBMANN, ZArfeh; Prof. Dr. HBIM, Brlugwi; Prof. Dr. P. HUKPPK,
Pn^; ITof. Dr. KAnRflEL, Pra«; Prof. Dr. F KRATSCITMER, Wien; Prof Dr K I.KIIMANN,
Würzburg; Prof Dr. A LODE. Innsbruck; Prof. Dr. L. PKKIFFER, Rostock ; Prof. Dr.
W. PBAUSNITZ, Ora/.; Prof Dr. K. RKS'K. Dre-Klen ; Prof. Dr. 110 I I KHI -S. FrelbuiK t. B. ;
0«Dendobentn( Dr. A. SCHÜSTKB, MOoeben; Prof. Dr. WEUNICKE, Powa.
J. FORSTEK, M. ößUBER, FR. HOFMANN, M. RUBNER,
O. 0. l-KOKEtli^OHe.N lIKIl IIYUICNB UND DIRtKTÜHK.N' UEK HTOIICMSCHEN INSTITUTB AX DKK UMITtKSlT&TCH tV
HERAUSGEGBBBN
VON
8TBA8SB0RG
MÜNGHBN
uipaio
BBBUR.
EIlVtJlVDSECHZIOSTEIl BAND.
Mit 36 Abbildungen und 1 Tafel
MÜNOBBH ÜKD BBBLTW.
DBUOK UKD VBBLAO.VON B. OLDBNBOUBG.
1007.
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275249
Inhalt.
Seit«
DieWirkanjar des Sonnpnlicht<iS auf pathogene Rakt<>ripn. Von Dr. Hidianl
Wiesner, ABHinteiit am Institut. (Aua (iem Patholo^^-anmocn.
In.stitut (jpr Wiener ITniverwität. VorBtami: Hofrat rrofe.SMor Dr. >
A. Weichaelbaum.) 1
Experimentelle Untersnchupgcn Ober die Wirkung der Tetanuabazillen
und ihrer Gifte vom MaKeadanntmktns ane. Von Dr. Markus
Rabinowitsch. (Aua dem Küni^l. Hygienischen Institut der
Universität Berlin, Direktor: Geh. Me<l. Hat Trof. Dr. M. Riiijner) IM
Ot>er ZcntroBomen and Deblersche Reifen in kernlosen Erythrozyten.
Von Dr. A.Nifsle, Astistenten am Institute. (Ans <iem Hygie-
nischen Institut der UniveraitÄt Münciien. Direktor: ül:jermeaizin"äl -
Kat Prt)f. Dr. M. <i ruber 151
Über die Verbreitang von Infektionetiiofftin. Von btabaartt Dr. Berg -
haoB, AsBiHtenten am Institute. (Aua dem Hygienischen Inatitat
der Universität Herlin. Direktor: Geh. Med.Rat Professor I>r.
M. Rubnor) 1G4
Die Einwirkung von Fleiach- und Hefeextrakten auf die qualitative
und quantitative Zu.satnn^ensetzung des Magensaftes beim Pawlow -
echen Hunde. Von Dr. W. Hoffmann, Stabsarzt, und Dr.
M. Win t gen, Korpagtabsapotbeker. (Aus dem iiygienisch chemi-
sehen Laboratorium der Kaiser Wilhelms Al<ade[iiie.; . .... 187
Zitronensäure und Sonnenstrahlen als Desinfektionsmittel für Trink -
waaser fflr militärische Zwecke. Von Marineatabaarzt R i e g e 1 ,
Assistenten am Institut. (Aus dem Hygienischen Institut der Uni -
versität Herlin. Direktor Geh Med. Hat Prof. Dr. M. Rabner.) 217
Das Koffeinanreicberun^sverfahren zum T_vt>husnachweis im 8tubl.
Von Dr. C. Lubenaa, Aasistenzarxt dea SanatorluniM l?eelit». (Aua
dem Laboratorium des Sanatoriams Beelitz (Ohefartt Dr. Fiel icke)
und den hygienischen Instituten der Universität Berlin. Direktor:
Geheimrat Prof. Dr. liubnerj 232
4 .
1 f ■: . 1 1 '
1
IV Inhalt.
Ober einen in biologischer Beziehung interesaanten Koliatamm (E&c-
teriam coli mutahile). Ein Beitrug zur Variatioa bei Bakterieu.
Von Rudolf MaBBini, frübereu Asaiatenten der bakteriologiachen
Abteilnng. (Aus dem Kgl. Institut für experimentelle Therapie zu
Frankfurt H M. Direktor: Ueb. Kat Prof. Dr. P. E h r Ii c h.) Mit
einer Tafel 2^
ünterBiichungcn über dea MocbanismuM nichtbakteriziiler Iminunititt.
Von Dr. Kilmund Weil, AHBintenten am InBtitute. (AuB dem Ilygie -
niechen Inatitute der deutachen Universität in Prag. Vorstand:
Prof. F. H ueppel 2aa
Über die Hestimmun^ deH Suuert^toffeB im Waaser nebst einigen Be-
ol)aclitnngeii über SauorHtoffzehruiig. Von Dr. S. KorBcbun,
Privatdoxent. (.\u8 dem Hygieniecben Institut der Universität
München. Vorstand: Prof. Max Gruber) 3Ü.
Zur Fraye der Verbreitung des AbdominaUyphu.'^ durdi Trinkwasser.
Von l'rivatdozent Dr. S. W. Kortjch u n. (Aus dem Hygienischen
Institut der Universität München. Vorstand: Prof. M. <irnlier) 33G
Über die Bestimmung der ITiirte des Wassers. Von Dr. P. Nawiasky,
Berlin, und I'r. S. Korschun, Charkow. Ann den hygieniscbon
tnHlitntfiii der Universililt Ht^rlin Direktor: Geh. Med. Hut Prof.
Dr. M. Rubner)
ül»er den Kinllufs erhoitter .\iif.seiUeuiperatur auf den Verlaut der
uxperimentellen Tetanus- und Streptokokkeninfektion. Von Otto
Ritz mann, med, pract., gewesenem Assistenten am Hygiene -
Institut Zürich, zurzeit Assinten/.arzt am Kantonspital Glarus. f.Vus
der bakteriologiselien Abteilung de.s, Hy;;iene Instituts der Uni -
versität Zürich. Abteiiung.^vorstand: Prof. Dr. W. Silberschmidl) 355
)Ogle
Die W^irkang des Sonneiüichteä auf patliogeue Bakterien.
Von
Dr. Richard Wiemer»
AwUtent tun lutitat.
(Aus dem patholog.-anatuui. luHtilul der Wieuer Cniveraität. Vorstand:
Hofnt Fkof. Dr. A. Weiehsalbanm.)
Die schädigende Wirkung deg Sonnenlichtes anf MikiO'
Organismen ist eine heute allgemein bekannte Tatsache. Diese
Kenntnis verdanken wir Downs und Blunt('), welche die Beo*
bachtnng machten, dafs faulende Flüssigkeiten, beispielsweise
Urin, nicht sersetst werden oder die bereits begonnene Zer-
setzung unterbrochen wird, wenn sie längwe Zeit im lachte
stehen. Doich diese Beobachtungen angeregt, stellten sie im
Jahre 1677 systematische Untersuchungen mit solchen infizierten
und sersetzungsffthigen Medien an und fanden ihre früher ge
machten Beobachtungen auch im Experiment bestätigt. Schon
diese Forscher hoben hervor, daXs die Wirkung des Sonnen«
lichtes auf Bakterien anscheinend eine heftigere ist als auf
»mikroskopische Pilse, welche mit Fäulnis und Zer-
setzung einhergehen.« Angezweifelt wurde diese Entdeckung
nur von TyndallC), in' einer späteren Publikation (*) allerdings
von diesem Forscher wieder zum Teile als richtig anerkannt.
Die unj^elieuere Fülle von Arbeiten, welclie die F)eohachtungen
Düwnsund Blunt.s lieätütigen, sind indes geeignet, diese ganz
vereinzelte abweichende Beobachtung vollauf zu widerlegen.
knMf ffir Hygittn«. Bd. LXL 1
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Wie schon aus der zitierten Arbeit von Downs und Bluut
andeutungsweise hervorsteht, findet «ich diese gerin<];e Wider-
standsffthij^keit gegenüber dem Liclite vornehmlich bei Bak-
terien, und heute können wir die Grenze noch enger ziehen
und sagen, dafs unter den Hpaltpilzen vornehmlich die tier-
pathogenen und tiersaprophy tischen Bakterien (im
weitesten Sinne) in ihrer Lebensenergie durch das Licht beein-
flufst werden. Wissen wir doch, dals in der freien Natur un-
gezählte Mengen von Bakterien — sog. Luftkeime — leben und
daTs diese im Sommer an Zahl bedeutend Konehinen, also zu
einer Zeit, wo die Wirkung des Lichtes am intensivsten istl
Wir müssen daher annehmen, dafs diese Keime dem Aufenthalt
in der freien Natur angepalst, auch durch das Licht wenig oder
ttberhaupt nicht alteriert werden; wfthrend die tierpathogenen
und tiersaprophytischen Arten, ffir den Aalenthalt im tierischen
Organismus, nicht aber für den Aufenthalt aufserhalb ihres natür-
Ucheo TrSgeni eingerichtet, der Einwirkung dee Lichtes keinen
wirksamen Widerstand zu leisten verminen (vgl. Absdin. 14).
Diese Bescbrftnkung der desinfizierenden Wirkung des Sonnen>
lichtes auf pathogene resp. saprophyiische Spaltpilse kann na^
tttrlich nicht eine gan» allgemeine Anwendung finden, da auch
einzelne Sprofs- und Schimmelpilse, sowie einselne Wasser^
bakterien oder beispielsweise Bacl prodigiosum durch das Licht
geschädigt werden können.
Wfthrend im Anfang ausschliefslich die rein biologisdie
Seite dieser Frage erforscht wurde, gewann dieselbe später be-
sonders für den Hygieniker Bedeutung, indem su erwarten war,
auf diesem Wege manche Erscheinungen in der Natur einer
Klärung /.uffibrsn zu können. So seien die Arbeiten Bu eh iiers(^)
erwähnt, der auf Grund seiner Untersuchungen die »Sonnen-
desinfektiont als einen wichtigen Faktor bei der Selbstreinigung
der FHisse erklärte; ja, die bakterizide Kraft des Sonnenlichtes
so hoch einscliätzte, dafs er dessen \'crwendung zur Desinfektion
von Abwässern vorschhig. Schon früiu-i machte I)uclanx(^*)
auf die hygienische Bedeutung der Lichtwirkung auf Bakterien
uutmerksani und erklärte das Sonnenücht als das verbrettetste und
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Von Ür. lUdiwd Wieoner.
billigste Desinfiziens , so dafs wir für raöglichBt reichlichen
Zutritt von Luft und Licht in unsere Wohnräume soig^n sollen.
V. £smaroh(^) durch diese Untersuchungen anger^t, hegte
die Hoffnung, mittels der Ldcbtstrahlen Operationsraum und
das darin behndhche Mobiliar ohne Schädigung des Materials
von Mikroben befreien zu können und veröffentlichte im Jahre
1894 eine Studie über Sonnendesinfektion, welche ihn allerdings
SU wenig aufmunternden Resultaten führte, da es sich heraus-
stellte, dals Bakterien in und unter verschiedenen Gleweben auch
in relativ dünnen Schichten vom lichte nnbeeinflufst bleiben.
Im Jahre 1898 wird die bakteriside Wirkung des Sonnenlichtes
abermals sur Brklftrung von hygienischen resp. epidemilogischen
Fragen duich Berger(^ und Ruhemann(^,**) herangesogen.
Besonders letzterer glaubte einen Zusammenhang swischen dem
Auftreten von Epidemien (Influenxa) einerseits und der Sonnen»
Scheindauer anderseits, konstatieren sa können.
Sdion frühseilig wurden diese Experimente auf kttnstlidie
Lichtquellen, vor allem auf elektrisches Lieht übertragen und
ein gleicher wenn auch viel schwächerer Effekt als im Sonnen-
lichte nachgewiesen. Mit der Einführung der Lichttherapie durch
Finsen lenkte sich das Interesse nahezu ausschliefslich auf
die Wirkung des »konsentrierten« elektrischen Lichtes, bzw. der
ultravioletten Strahlen und wurden therapeutische wie biologische
Fragen in gleicher Weise zum Gegenstande eingehender Studien
gema<&t.
Mit der Entdeckung der Röntgen strahlen sowie
der Becquerel strahlen wurden die Versuche auch auf diese
Stralilengrtttuiigon ausgedehnt, jedoch mit rtiht ^eniigeiii Erfolg
(vgl. Rurs(i^-'), Aschkinas und C m s p a r i (^f"').
Das Hauptinteresse bei den meisten l*'ürschern erweckte die
Ergründung des wirksamen Prinzips im Sonnenspekii uui resp.
im S{)ektrum des elektrischen Bogenlichtos Im allgemeinen
bestand von Anfang an und besteht auch heute die An-
schauung, dHfs die am krafi ii^;'-t(>ti ;tt:t li liikieneii wirkenden
Strahlen die kurü^welligen (ultraviüieuen) Suahlen sind. Neben
diesem — ich möchte sagen — Leitmotiv nahezu aller Arbeiten
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Die Wirkung des Sonnenlichtes auf pathogene Bakterien.
wurde noch eine Fülle von einschlägigen Detailfragen durch-
forscht, welche in den einzelnen nachfolgenden Abschnitten eine
eingdiendere Wflrdigong erfahren sollen.
Wenn auch die Beziehungen des Lichtes zu den Bakterien
ein stark abgebautes Arbeitsfeld su sein scheinen, so habe ich
es dennoch vor drei Jahren unternommen, mich mit dieser Ftage
eingehender za besdiftftigen, da einerseits in den meisten Punkten
bei den verschiedenen Forschem durchaus nicht eine volle Übex^
einstimmung herrscht und anderseits eine einheitliche Behand*
lung aller einschlägigen Fragen fehlt, von welcher aus erst eine
ersprlefsliche Beurteilung der Bedeutung der Sonnendesinfektion
in der Natur — die heute vielfach stark unterschfttast wird —
möglich ist
Die vorliegende Arbeit soll sich ausschlielslich mit dem
Verhalten tierpathogener Keime gegenfiber dem Sonnen-
lichte beschäftigen und nur insofern nichtpathogene Bakterien
oder künstliche Lichtquellen in den Bereich der Erwägung ziehen,
als es eben für die Beurteilung der voigeseicbneten Aufgabe sich
als notwendig erweist.
I. Bedeutung und Methode der üchtintensitätsbestinimunB.
Wenngleich Arloing(^^), Gaillarc^-"^), RHuin{''*), Krusc('''^)
un l andere die Ansicht nusspraelieii , dals die keimtötende Wir-
kung des Sonnenlichtes im geraden Verhältnis zur Intensität
desselben steht, vermissen wir dennoch — ausgenommen die
neueren Arbeiten mit künstlichen Lichtquellen — in allen ein-
schlägigen Publikationen Angaben über Licbtintensitätsbestim-
hiungen. Durchwegs wird als Mafs für die bakterizide Kraft des
Sonnenliclitüs die Zeit angegeben, nach welciier Tötung resp.
Abschwiichung der Keime eingetreten war. Nun wissen wir aber,
dals die Intensität des Sonnenlichtes nicht allein mit der geo-
gra[»hischen Breite des Ortes sowie innerhalb der einzelnen
Monate des Jahres mit wechselnder Sonnenhohe stark differiert,
sondern dals auch während eines Tages die Intensitäten oft ganz
extremen Schwankuugen unterworfen fdnd. Es ist daher diese
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Von Dr. Bichaid Wi(wn«r.
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Art der Bestimmung der keimtötenden Kraft des Sonnenlichtes
durch Zeitangaben gans unzuverlässig. Nach Duclattz(^^) bei-
spielsweise sind pathogene Kokken im direkten Sonnenlicht
in den Monaten Mai und Juni nach 40 Tagen, im
Juli nach 15 Tagen abgestorben. Chmelew8ky(^) hin*
wiederum findet Eiterkokken im Sonnenlicht bereits nach
6 Stunden vollständig abgestorben und Dieadonn4('*) gibt
ffir Bact. prodigioBum und Bac. typhi als AbtOtungsieit im
direkten Sonnenlicht Stunden in den Monaten Mftrz, Juli
und August an. Diese drei willkürlich beransgegri£Fenen Bei-
spiele illustrieren hinlftng^ch, wie mangelhaft die bakteriside
Kraft des Sonnenlichtes durch einfache Angabe der AbtOtungs-
seit charakterisiert ist. Allerdings werden dieee Experimente
durch mannigfache Momente, wie s. B. durch die Art der yei^
wendeten Bakterien, durch das Suspensionsmedium u. v. a. be-
einflufst, in erstw Linie ist aber die jeweilig einwirkende Lidit-
intendtät für das Resultat der Bestrahlung mafsgebend und diese
wiederum IftTst sich nicht durch Angabe des Monates oder der
Tageszdt sowie der Expositionsdauer bestinunen, da sie, wie
bereits hervorgehoben, innerhalb eines Jahres, eines Monates, ja
innerhalb eines Tages beträchtlichen Schwankungen unterworfen
ist. Auch innerhalb der einzelnen Jahre schwankt die Licht-
intonsitüt mitunter sehr beträchtlich. So wurde beispielsweise am
27. J a n u a r 1 h<)4 um ]2Uhr mittags eine chemische Iiitcu-
sitat von 1 — 0,1[)2 g e n^ e s s e n während ich selbst im J a a u a r
des Jahres 1904 mittels der sjtäter zu besprechenden recht
eni|tfindlichen Methode der Jntensitätöbestimniung infolge zu
geringer Intensitäten überhaupt keine Mefsungen aus-
führen konnte! Die bakterizide Wirkung des Sonnenliclites
im Jahre 1894 kann dal^er nnmöglich mit jener des Jahre 1904
identifiziert werden! Andert>eits gelingt es nicht schwer nach-
zuweisen, dafs an einzelnen Tagen der 12 Monate des Jahres
gleiche Lichiintensitäteu herrschen, daher auch die Strahlen-
1) Diese Angebe entaehm« ich der Arbeit des FflansenphyBiolofea
J. Wieener*^) > Uutersaohnngen Uber des pbotocbemiedie Klima Ton Wien,
Kairo and Bnitenaorp«.
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Die Wirkang dw flonnenllcbtea »nf iMitbOfeii« Bakterien.
Wirkung an solchen Tagen eine ähnliche seiu kaun. Der früher
zitierten Arbeit^) entnehme ich folgende Werte der photo-
chemischen Intensitäten, um 12 Uhr mittags:
25. II. 1894: 1:^0,322
7. in. 1894: 1=0,370
24. IV. 1894: I = 0,333
4. VI. 1893: 1 =0,333
17. VIT. 1893: 1 = 0,366
7. IX. 1893: 1 = 0,333
6. XI. 1893: I = 0»d33.
Nach Dieudonnäf'' betitst die Bfänsonne eine gleiche
deBinfixierende Kraft wie die Sonne im Juli und August. Diese
irrttkmliche Anrieht Dieadonn^s wird sich aus den eben an-
geführten Verhiltnissen erUftren lassen, indem es wahischeinlich
der Zufall wollte, dab dieser Autor im Mftn, Juli und August
an Tagen gleicher Intenritftt experimentierte. Die mittlere Licht-
Intensität ist aber (und mufs es aus physikalischen Gründen sein)
im Juli imd August eine viel höhere als im Mftrz, so dafs eine
solche Verallgemeinerung nicht angängig ist.
Anderseit.s aber .sclnvunkt die Lichtintensität (infolge wech-
selnder Bewölkung) oft innerhalb weniger Stunden und Minuten
so stark, daf.s Rauiii(^'*) mit vollem Recht bei lichtbiologi.schen
Studien eine wiederholte IntensitAtsbestiinniung fordert. Am
31. Juli 1905 habe ich z. B. in der Zeit von 3 bis V2 6 ühr
nachmittags folgende photochemischeu Intensitäten gemessen:
o,3:^3
8 t7hr 10 Minuten .
0,088
8 Uhr 80 Minnten .
0.142
4 ühr
0,688
4 Uhr 30 Minuten .
S, Bio
5 Ubr 90 Minuten .
8j Bj,
0,090
1) 8. vor. Seite.
2) Die ik»<ieuiuüg dieser AbkOrzuogen siebe S. 8.
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Von Dr. Blciind Wleener.
Solche systematische LichtintensitfttsmessuDgen bieten uns
nicht allein die Möglichkeit einer exakten Bestimmang der je-
weiligen bakteriziden Kraft des Sonnenlichtes, sondern gewinnen
auch in einer anderen Richtung Bedeutung, indem nnr auf diese
Weise das krasse Milsveihfiltnis zwischen der Lichtintensit&t im
Freien und in unseren Wohnräumen aufdeckt wird. Am
18. ZI. 1904 betrug um 10 Uhr vormittags die photochemisebe
Intensitit im Hofe vor meinem nach Südost gelegenen Arbeits-
zimmer bei klarem Himmel I = 0ylS5, während die Intensität
knapp hinter dem Fenster gemessen l = und jene
8,8 m vom Fenster entfernt im Zimmer nur mehr 1 = 0,000
betrugt). Es verhalten sich daher die Lichtintensitäten im
Freien zu jenen in meinem Zimmer knapp hinter dem Fenster
und 3,8 m vom Fenster entfernt wie 1 : 6,9 : 62. Wenn audi
ähnliche Bestimmungen der Lichtmengen in Wohnräumen schon
wiederholt vorgenommen wurden [z. B. von Boubnoff (^^)], so
fehlt doch meines Wissens der Hinweis auf den Zusammenhang
der natürlichen Desinfektion (Lichtdesinfektion) solcher Räume
und der in denselben herrschenden Lichtintensitäten. Nehmen
wir den günstigen Fall an, es herrsche im Freien eine Intensität
von 1= 1,000, so würde die Intensittt in meinem Arbeitszimmer
am Fenster ca. 0,144 betragen, 3,8 m vom Fenster entfernt nur
mehr 0,016. Eine chemische Intensität von I = IfOOO vermag
z. B. in ca. 2 — 2^/3 Stunden Staphylokokken sicher abzutöten,
während eine Intensität von I =0,144 selbst nach siebenslündiger
Eiiiwirkühg uui ca. 40"/^ der ICeinie zu vernichten imstande ist
(vgl. Abschii. 16). Solche Intensitäten werden aber nur während
relativ k\irzer Zeit im Zimmer herrschen, so dals die bakterizide
Wirkung des Lichtes in geschlossenen Räumen ungemein gering
oder gleich Null sein wird. Wenn wir daher für unsere Wohn-
räume mit Reclit reichlichen Zutritt von Lieht fordern, «o
dürfen wir uns darüber uiclit täuschen, dala tlie Wirkung des-
.solben sich baupisächlich auf unser somatiscbe.s Woblhetinden
geltend macht, eventuell durch die gr^rsdren Fensteröffnungen
1; Die Fmsterflache dieKes RaumM betrigt 1,80 X 3,80 m, dnrlliehra-
lohslt des Baumes oelbrt 8,43 X 7 m.
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Die Wiritnng det SonnenliehtM auf pathogene Baktorira.
eine ausgiebigere Ventilation unserer Wohnräume ermöglicht,
sowie Feuchtigkeit aus denselben fernehält, nicht aber, dafs
durch relativ reichlicheren Zutritt von Licht (im Sinne des
Laien) eiue ueonens werte I>e0iufektioii dieser Häume bedingt
wird.
Nach diesem Hinweis auf die mehrfache Bedeutung der
systematischen Inteiisitfttsmessungen des Lichte» soll im iiach-
folgenden auf die Metkode der Intenait&tebeetimmung näher ein*
gegangen werden.
Die Messungen wurden dnrdiWflgB nüt einer von Baneen und Roscoe
imJabre lP6ß anj?egebenen, später von Bansen, Stelling u«. modifizierten
Metbode durcbgeftlhrt, die auf der Bestimmung der pbotocbemiscben Inten*
ntit dee Sonnenlidtte» beruht IMeee Methode erfahr in neuerer SSeit dnr^
J. Wieener eine denurtige Verbeeeerang, dnU sie eieb neben ihrer X^ekt
heit ilnrcli eine höchst einfache Handhabung auszeichnet. Das Prinsip des
VerfaiirtMis besteht darin, dafs mittels eine» liclitempfindlichen Papiers
(Normalpapier) und jener Zeit, welche verstreicht bis dieses dem Lichte ex-
ponierte Pepier jenen Sebwintnngagnkd erteieht» der einem von Bnnsen-
Roecoe fixierten Farbenton (»Xormalton«) entspricht, die photochemiscbe
Intensität l>t'rf>( !iTif»i wird folgend dem Vfin diPRpn Forschem nnfgestellten
Satxe, idafs iuuerhalb weiter GreuKen gleichen Fro<iukten aus Beleuchtungs-
zeit (tf) und chemischer Lichtintensität (II') eine gleiche Schwftrzuug des
Normaltone entspricht. It^I^t^ bei gleicher Schwinnng des Kormal»
papieres«. Man bedarf daher für solche Messungen nur eines empfindlichen
photographischen Papiere» des Normattons und einer Sekundenuhr und er-
bftlt den Wert der photochemlsehen Intensität ans der Formel I =
wobei für x die Zahl der Selcnnden resp. Minuten einzusetzen ist, welche
von Beginn der Exposition bis zum Eintritt einer dem Nonnalton ent-
sprechenden Schwärzung des photographischen Papieres verstrichen ist. Die
nlheren Details dieser Methode Bnden mch bei J. Wiesner(^^\ Erwähnt
sei no4^, dab an solchen Messungen ein selbstbereitetes (sehr empfindlidaes)
pbotographisches Papier verwendet werden soll. Da dieses Papier aber sehr
empfindlich und unsere I^aboratorinmsluft mit Ammoniakdftmpfen stark ge-
scliw&ngert ist, mafste ich mich mit käuflichem photographischen Papier') be-
helfen und vor Benatsung eines jeden Pakets diesee Papier mit selbst-
bereitetem vergleichen, um einen eventneüen Fdtüer in der Llcbtempfind-
lichkeit rechaerisch ausgleichen su können.
1) Auf den Bat J. Wiesners verwendete ich das bei der Wiener Firma
A.Moll erhältliche Vindobona-Celloidini^pier matt, wet<^es sieh als am
gleichinärhi^sten bereitet und Hehr 'ii-li tempHndürh erwies
Die Abkürzungen 6, B,, etc. beduntea; Der Horizont ist in zehn gleiche
Sektoren geteilt zu denken. Je nachdem der Horizont ganz wolkenfrei ist
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Von Dr. Richard Wiesner.
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Wonugleioli durch Bestimmung der chemischen Licbtinteii'
sH&t nicht die Gesatntintensitttt des Lichtes ermittelt wird, sind
solche Messungen dennoch verwertbar, da sie das Verhältnis der
Lichtintensitäten in den einseinen Versuchen ein&eh und doch
mit genügender Sicherheit wiedergeben.
Aufser diesen Messungen der ehemischen Intensität machte
ich bei meinen Versuchen noch mitteU eines Strahlungsthermo-
meters Bestimmungen der Wftrfnesteahlung. Überdies wurde
stets die Lufttemperatur im Schatten sowie die Lufttemperatur
im Innern der Versuchskästchen oder der SuspensionsflOssigkeiten
kontrolliert.
2. Methoden.
Die mannigfache Variation der Methodik, der wir bei den
Experimenten der einzelnen Forscher begegnen, sowie die oft
divergenten Resultate fordern eine eingehendere Besprechung der
verwendeten Versucbsanordnungen zumal bei so subtilen Experi-
menten, wie sie die vorliegende Frage oft erheischt, eine unzweck*
m&DBige Methode zu groben Irrtümern führen kann.
Bei den ersten Experimenten, bei welchen mit Bakterivtigemengen ex-
perimenti<»rt wurde, standen inei^t Aufgüssp, wie H(mi , Kiinkelrübot' n,]i^r
Giirkeninfuse ^Duwns und Blunt('^), 'f y n li a 1 oder Hpontau iutlzierte
Flüsaigkeiten wie Urin (Downs und Blunt(')) in Verwendung. Auch
wibneriger SyraplCenngen bedienten eicb die genannten Forscher. Femwe
seien Versuche erwähnt, die mit flQstsigen Nährlösungen, wie ncutrulisierleir
rasteur'scher (Downs und Rlmitf'. oik-r Kohn'scher Nährlrjsung
(Jamieson 1,^)) angestellt wurden. A r 1 o i n g (»")(") , Duclaux('^j,
8traiifB("}. Janowaki(»<]^ Momont("), Bic(>»), and KraBe(*<0 be-
natxten bei ihren Unteranchungen Bonillonaafacbwemmungen, die in den
verschiedensten GlaBbehältem dem Sonnen- oder elektrischen Lichte aus-
gesetzt «nrden» während Fansini("), KrnseC^), Bang("^) u. a. diese
(Bg) oder aber z Zehntel deaselben mit Wolken bedeckt aind» wird dies dnreh
die Kürzung B , bis B ,o ausgedrückt.
8, — Sonne vollständig bedeckt.
S,~8onne nur als heller Schein am Horizont sichtbar.
8, s Sonne als ScheilM am Himmel sa sehen.
8, — Sonne nur von leichtem Dnnat oder einem sarten Wolkenachleier
bedeckt.
8^ = Sonne volLkotmueu unbedeckt erscheinend.
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Dl« Wlrirang dM SonnenliditM «tif pathogene Bakterien.
AofHchwenimungen in Fonn des hilriKendon Tropfenfl auf )?ehf)hlt«n Objekt-
tr&gern io Aiiwendiirig brachten. Nur vereinzelt stand die KartoSelkultnr
bei des TOrUegenden Veranchea in Gebranch eo bei LaureniC**), Koll»
jarC") and PanBini('*), bei letzterem junge aber bereite ausgewachsene
Knltnron. während sonst in der Regel die Lichtwirkung auf frisch 8npi,'p««»e
Keimü Btadiert wurde. In ausgedehnter Vorwendnnp standen unter den festen
Nfthrsubstraten Gelatine und Agar, und zwar sowohl als Strichplatte als auch
alo GnAplatte oder in Bpronvetten, sebief entairt mit Oberfliebenimpliuig
und endlich auch als Gelatinestic' k iln r. Dabei waren die KnlltirpUtten
meist nmgestiir^t aufpesteHt, 80 daf» die 8onnenetrahlen nnf ihn»?« Wege tn
den Bakterien Glas und die Schichte des Nahrmaterials passieren mufsten.
Ein» weitere Serie von Experimenten wurde mit Keimaufsobwemmungen in
Waaaer anageftthrt and iirar entwedw in ateriliaiertem Leitan^^ lei^. Flnfli-
wasser (Bn ebner («»)(*♦), Momont(»«), Palermo(T«:, Bie("V("*) oder in
teils sterilisiertem teils nicht ßterilisierlem destillierten Wasser (Downs und
Bluut(-),Btrauf8C'«), Martinaud("),Buchner("J,Ward(»"),Kruse("»),
Bie ('*')(■"), Janaen (■**)). All« diea« Kmmat^ehwemmwngen landen end-
lich noch Vttirendang» indem eie aal Dedcgllacben and E^rowretten oder
an Seidenfüden, Filterpapier und anderen Geweben augetrocknet wurden.
Die Antrocknung geschah entweder an der Luft im Thermostaten oder im
Kxsikkator mittels Ühlorkaltium. Um alle bisher verwendeten Versuchs-
metboden sa erechfipfen, seien noch die Experimente von MaBella(**),
Drigalaki(**) und weniger anderer erwähnt, welche anblcatan geimpfte
Mäu!>e tin<l Mecrr^rh weineben der Einwirlcang des Sonnen- reap. elektriachen
Lichtes exponierten.
Zu diesen Experimenten wurden die verschiedäiisteu Spalt-, Sprofs-
and Sddmmelpilze verwendet. Daa Alter der verwendeten Keime schwankte
ebenao wie die Art der BalEterien. Dte Kontrollierang der Versadiareaoltate
geschah zumeist mit dem freien Auge, indem gutes Wachstum oder voll-
ständiges Ausbleiben desselben (Sterilisation) als extremste Fillle veneichnet
wurden, als Zwischenstufen Verlangsamung des Wachstums ^bchwächungy
od«r VerdQnnangi (Bang) aufgeateUt wurde. Ein anderer, oft benntater
war, dab ta den Experimenten pigmentbildende Keime, wie Bact. prodif^oanm
oder Bac. pyocyaneus herangezogen wurden und aus der abnehmenden oder
fehieudon Pi^nnentbildung auf Schädigung der Bakterien durch das Licht
geschlossen wurde. In einer geringen Zahl von Experimenten nach der
GuJkplattenmethod« endlich warde daa Yerancbareeultat dnxdi Keimilihlnngen
(BnchnerCn Jan8«n('»X KrnaeC*«), Ward(**), Bie(M>)) beatimmt.
Von rtllon dieseu \'ei-fahreu ist, wie schon Bie(^'*) bemerkt,
die einziehe ^ • ilufsliche Methode jene, bei welcher das Versuchs-
rcsullal (1 iK j Keirazählung festgestellt wird. Ich konnte mich
wiederlioh uberzeugen, dafs nur auf diesetn Wege verläfsliclie
Resultate zu erlangen sind, wiihrend bei subjektiver Beurteilung
der Versuche mit dem unbewaffneten Auge sieb er nur die
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Von Dr. Bichard Wle«n«r.
n
extremsten Fälle — Wachstum oder Sterilisation — erkannt
werden können , alle Zwischenstadien sich aber unserer Beur-
teilung entziehen. Auf die Unzweckmafgigkeit der Verwendung
▼OD verschieden gestalteten Glasgefäfsen (Kolben, Eprouvetten etc.)
wurde schon früher durch Roue^**) und Bie(i*'2) aufmerksam
gemacht, da durch die sphärisch gekrümmten Glaswände eine
ungleichmärsige und mitunter bedeutende Refraktion und Beugung
der Lichtstrahlen veranlafst wird. Ein vergleichender Versuch
soll den fiinflufs sphArisoh gekrümmter GlasgeftUse auf denVei^
lauf vcMi Beliohtungsversuohen illuBtrieren.
Tersoa »7. 90. VH. 1906.
BonilloiiaiilBchwemmDng einer 208tüDdigen Kultur von Stapbyloooccus pyo-
genes aureus. Die Hftlfto (lie«?er Suspension wurde in eine Eprouvette, die
Midere H&lfte in ein Glaaschälcben Rofnilt, welches mit einer 0,8 mm dicken
Glasplatte bedeckt war.
Expos, -
Dauer
in
Stda.
fltrab-
lUDg
Luft-
tomper.
im
Scbatt.
Temp.-
Bouil-
lon
Bewöl-
kung
Cfaem.
Ucht-
iDtcn-
iBprouTette
nübil«n
QlMWdials
B
1
2 7«
44,0
48,4
48,4
25,6
27.0 1
31,0
28.0
84 Bj
84
1
1,260
1,027
0.686
1
88,890
26,200
i 28,260
58^890
8,400
2,D40
Aus diesen Keimsahlen (Ordinaten) und den Ezpositionszeiten
(Abscissen) wurden nachstehende Kurven konstiuiert:
08.^ .
1 i'jp
wtg. t.
Ja, unter Umständen kann die bakterizide Wirkung des
Sonnenlichtes durcli die Wirkung von sphärischen (ilasflächen
derart geschwächt werden, dals es in den mit Bouülouaufschwem-
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12 Bie Wirkung des Sonnenlichtes auf pathogene Bakterien.
mungen gefüllten EproavetteD während der Versuche sogar zu
einer Keimvermelirung kommt. Wir dürfen ebeu nicht ver-
gessen, dafs die Sonne belichtend und erwärmend wirkt und dafs
eine das Wachstum begünstigende Temperaturerhöhung in der
Bouillon sich mitunter stärker geltend machen kann als die bak-
terientOtende AVirkung der Strahlen, die eben auf ihrem Wege
BU den Bakterien bei solchen Versuchen zum grofsen Teile un-
wirksam gemacht werden.
Teniek 249. 27. VL 1906.
Bouillonaafidkwemmung einer Getflndigen Typhoekoltar In Eprouvette
exponiert.
Szp4Mlt>
Dauer
in Stunden
Wärme-
strahlung
Luft-
temperatur
Tomporatur
dor
Ronillon
Bewaikuog
Chemische
I.Icht-
ititen«itfit
«
B
32,5
1,000
144,900
«,4
26,0
36,0
1,000
1 84,000
IV.
47,8
26,5
35,4
0,788
124,740
8
46.9
26,5
37,6
S.B.
0,847
176,400
8
46.8
26^
87,5
84
0,744
317,100
Es sind daher Versuche» bei welchen Bouillonaufschwem-
mungen in gekrümmten GlasgefftTsen dem Uchte exponiert werden,
als höchst ungenau und unzuyerl&ssig zu bezeichnen und wir
werden bei unseren £xperimenten von deren Verwendung nach
Tuulichkeit absehen müssen.
Sind Bakteriensuspensionen für unsere Zwecke überhaupt
vorteilhaft? Um diese Frage zu beantworten, wird es notwendig
sein, zuerst Nachschau zu halten, wie Bakterien die Aufschwem-
mung in den verschiedenen zur Suspension verwendeten Flüssig-
keiten vertra.<;en. Es sind das, abgesehen von den üblichen
Nährlösungen, destilliertes Wasser, sterilisiertes Loitungs- und
Flufswasser, Zuckerlösungen und isotone Kochsalzlösungen (0,9%).
Für alle diese Medien gilt in jjleicher Weise, dals sie Bakterien
gegenüber durchaus nicht als indilYerenl, sondern m wechdühider
Intensitiit als bakterizid wirkend iinzusehen sind. Bereits Frank-
land ■ Ward rnaehten darauf aut'uicrkäam, dais das Wasser
bei der Sterilisation, auf welche Weise auch immer dieselbe
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Von Dr. Richard Wietnar*
13
durchgeführt wird, ia seiner chemischen und physikalischen
Zu^^ammensetxaQg Veränderungen erfährt, durch welche das
sterilisierte Wasser zu einem für Bakterien schädlichen Mediam
verwandelt wird. In noch viel höherem Malse gilt dies für das
destillierte Wasser. »Ja man glaubt — sagt Ficker(^ auf Grund
seiner eingehenden Studien — sogar eine besondere Sorgfalt bei
Versuchsanordnungen walten su lassen, wenn man gans reines
destilliertes Wasser zu Eeimsnspensionen in Verwendiing brachte.
Dals unter dieser Beeinflussung nicht wenige Besultate von
Dennfektions- oder Erwftnnungsversuchent von Keimzählungen
bei mannigfochen Gelegenheiten getrübt sein mOgen, ist zum
mindesten sehr wahrscheinlich.« Da wir der Verwendung solcher
Suspensionsmedien bei Belichtungsversuchen wiederholt begegnen,
war es für mich von Interesse zu erfahren, innerhalb welcher
Zeit sich diese bakterizide Wirkung geltend macht, und ob sie
bereits innerhalb der bei unseren Experimenten währenden Ver*
sudisdauer einen bemerkenswerten EinfluXs ausüben. Diese
orientierenden Versuche wurden mit, durch Kochen sterilisiertem
Latungswasser, sowie mit sterilisiertem deetiUierten Wasser bei
Zimmertemperatur und Liohtabschlufs vorgenommen.
Nach bestimmten Intervallen wurde mit einer geaichten Plutinöse
aus jeder Suspension je eine Probe entnommen und diese in der
gebräuchlichen Weise zu Agargursplatten verarbeitet.
rwmA m mmA 17«. & Xn. 1906 und 19. II. 1906.
istaphyloeoecus pyogenM wanoB, 90 Stunden alt AulaeliweiiunaDg 1. in
destilliertem Wasser, 2. in sterilisiertem Leiinngswssser.
J)aBtilllert«8 Waater '
Sterillalertet
j Venadi A
Venuoh B
Lflitttngswaamr
0
198200
1982000 1
441000
5 Minuten . .
* 1. "52 720
133 140
10 Minuten . .
420 (m
15 Minuten . .
1 10B820
96100
2U Minuten . .
420000
30 Minuten • .
87 360
89 040
40 Minuten . .
382 200
1 Stande . . .
1 861200
9 Standen . .
93400
78990
1 148640
3 Stunden . .
79800
76600
4 Standen « .
- 1
, 159 600
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14
Die Wirkimg des Bonnenlidilee «nf psdiofeiie Bekteiten.
Dieser Tabelle eiitnehmen wir, dafs schon nach 5 Minuten
eine deutliche Keimzahl Verminderung eingetreten ist, die nach
3 Stunden mehr als zwei Drittel der eingesäten Keinunenge be-
trug. Ebenso findet auch im sterilisierten Leitungswuser berdts
nach 10 Minuten eine merkliche Keimverminderung statt und
nach 2 Stunden ist bereits mehr als die Hälfte der ursprünglichen
Keimmenge zugrunde gegangen! Diese Zahlen machen eine
weitere Kritik der mit destilliertem oder sterilisiertem Wasser
ausgeführten Experimente überflüssig. Die bakterizide Wirkung
von KoclisalzlOsQDgen wurde von A. Fisch er (^^) nachgewiesen;
die bakteriensdiftd^nde Wirkung von höherproxentigen Zucker-
lOaungen durdi Waaserentiiehung ist ebenfalls seit langem be«
kannt. Aber auch schwache ZuekerlOsmigen, wie die von Bie(^
▼erwendeten, haben hohe desinfisierende Eigenschaft» wofür die
nadifolgende Tabelle als Illustration dienen müge,
Yersneh 176. U. vm.
BtapbylococCDs pyogenes aareua, 20 ätunden alt, Buspension in Spros.
Tr»« b enxackerlOsuiif. YereaehsdurchfCIhniiig wie bei dem früheren
Experiment.
VraniebadMMr
KMnuabl
ftpfos. TtmlttOKatikim-
lotoag
9
562 800
10 HinQteii
416800
20 Miauten .
348600
40 Minuten
1 Stunde . .
323 400
9 Standen
336200
4 Standen
906 SOO
Alle angeführten Suspensionsraedien sind also für exakte
Versuche nicht zu verwerten, so dafs von flüssigen Medien nur
mehr die gebräuchlichen Nährlösungen (Bouillon, Pepton wasser etc.)
erübrigen. Aber auch bei diesen maclien sich luaniiigl'nelie l'n-
genauigkeiton bemerkbar, ich erwähne nur tien schon mehrmals
hervorgehobenen Übelstand , dafs die Bakterien sich in ver-
schieden tielen Schichten beüuden, wodurch die Keime für die
Lichtstrahlen ungleichmäfsig zugäuglicli sind, sowie die starke
Absorption gewisser Teile des Sounenspektnuus (Ultraviolett)
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Von Dr. Richard Wietner.
15
durch Bouillon und Feptonlösungen. In der Tat zeigen auch
Versuche, dafs Bakterien in solchen Flüssigkeiten langsamer ab
getötet werden als bei oberflächlicher Aussaat auf festen Nähr-
boden.
TeiSBSklOft. 96. VL 1906.
Staphylocoeeas pjrofone« aarens, 24 Standen alt. Bouillonaufschwemmaog
a) in Epronvette exponiert, b) nnf rion Oberflächen yaa Agarplatton mit dem
Platinspatel verBtrichen.
■xpoilt.-
Dauer
Bewöl-
kung
Chemische
Licht-
iDtensiUtt
1
A^rstrichkultvir
Gpronvette
mit Bouillon-
aufschwemtnimg
0
8460
1,111
sehr üppig
46 200
Va Stxxnde
1,000
e
47460
1 Btande
84 B.
1,009
9
46900
2 Standen
84 B.
0,835
43 200
3 Standen
0,673 j
1 *
66860
Auch wenn ich die BoaiUonaufschwemmungen in Glas-
schftlchen ausgofs, trat die AbtOtung von Bakterien auf der Agar*
oberfll«he unTergleichlich rascher ein als in den BouiUonauf-
s<diwemmangen.
Diese Experimente leiten ans auf andere oft verwendete ye^
snchsmethoden, bei welchen feste NfthrbOden als Vehikeln für
die Bakterien benutzt wurden. Es sind dies in erster Linie
Agar und Gelatine, sei es mit oberflächlicher Impfung, sei es mit
gleiclimärsiger Verteilniig der Keime im erstarrten Nährboden.
Ein Versuch wird uns über die Vor- und Naciiieiie dieser Methoden
unterrichten.
T«MMhm 96. VI. 190».
BspoalttomdaiMr
dicmlaebe
Llcht-
intenHiUkt
AKUTgnfs-
l»latt»
1
Agarstrlcb-
platte
9
1,111
50 100
sehr Oppig
7i Stunde . .
1,000
a7öoo
0
1 Stunde . .
0,916
' spIrKcb
9
IV, Stunden .
84 B«
0,625
spärlich
0
2 Standen
84 Bo
0,835
spärlich ')
0
2% Standen .
84 B.
0,270 [| spärlich')
0
1) Nur am Rand der Platte Keime angegangen, wahrscheinlich infolge
Schvächnng der Licbtetrahien doreb den Giaerand der Petriechalel
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16 Dl« Wir^nng d«B SonnanliehtM raf pftthogen« Bftkl«riMi.
Das langsaraere Zugruudegeheii der Keime in Agargnfs-
platten kann nur auf einer Scliwächuug der Lichtstrahlen beim
Durchtritt durch den Agar beruhen. Es kann daher auch du e
Methode nicht als eine fehlerfreie bezeichnet werden. Der Methode
mit Oberflächenimpfung auf Agarplutten liaftet hei allen sonatigen
Vorteilen als Mangel an, dafs eine Keimzalilhestimmung, die wir
ja al.s eine unerläfsliche Forderung bezeichnet liaben, nicht mitg-
lich ist. Das Angeführte gilt in gleicher Weise für Gelatine,
welche überdies wegen ihres niedrigen Schmelzpunktes und der
VeräOflsigung durch peptoniaieTende Bakterien nicht verwend-
bar ist
Eine Nebeneinanderstellung dieser Versuche möge den Ein-
flufs der Methode auf die jeweiligen Versuchsresultate verui-
scbauHchen und gleichzeitig als Erklärung für die oft divergenten
fiesultate der einsehien Forscher dienen.
Tersoeh 105. 26. VI. 1905.
Staphylococcus pyogene« aareas. 24 Stunden alt.
KxpoBltions-
daner
BevrOl-
kant
J.ichl-
iDt«n-
ittAt
Agarstricb-
platto
Agargufs-
platte
-^^^^
Sterllei
Waxser
in
fCprouTati«
iD
SproaTfltte
0
1,111
1 sehr flppig
60 MO
67 ISO
46^
V, Stunde
S« B,
l,()00
0
87 800
50400
47 4*;ü
1 Stunde
0,916
! ö
BpHrHch
47 880
46 200
IV', Stnnden
0,625
0
spärlich
37 »00
2 Stunden
Ü,Ö35
e
apftrlicU
30240
48260
SVi Standen
0,970
e
BpBrlieh
21000
86880
8 Standen
8* Bf
0^
e
^ftrttch
eaoo
68860
Es erübrigt noch die Methode mit angetrockneten Bakterien
kurz zu besprechen. Antrocknungen von BakteHen an Seiden&den,
Filterpapier oder an den WlUiden Ton Eprouvetten sind fQr
unsere Zwecke gftnzlich unbrauchbar, da eine grofse Zahl von
Keimen durch ihre Lagerung innerhalb der Gewebe resp. hinter
sphärisch gekrQmmten Glaswftnden der Strahleneinwirkung voll-
kommen oder zum grofsen Teile entzogen werden. Aber auch
die Verwendung von an der Oberflftcbe von Glasscherben an>
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Von Dr. Richard Wt««n«f.
17
getrockneten Bakterien ist nicht praktikabel, da die Antrockuung
schon an und für sich eine Schädigung resp. Vernichtung der
Baktenenleiber zur Folge hai {siehe Ficker(^)J, so dals dieser
VeiBUohsmodue einer gesonderten Untersuchung bedeif .
Wie sollen wir nun unsere Veraucbe einrichten, damit alle
Bfängel der angeführten Methoden umgangen werden und die
Eigebnisee unserer Versuche mit Sicherheit ausschlielsUch auf
die Wirkung des Sonnenlichtes bezogen werden können? Um
dies SU erreidien, mttssen folgende Bedingungen erfüllt werden:
1. Ungehinderte und gleichmafsige Zugänglichkeit aller ex-
poiiierieii Keuue für die Lichtstrahlen und zwar während
der ganzen Versuclisdauer;
2. mögHchste Vermeidung von Absorption und Refraktion
der liichtstrahlen auf ihrem Wege zu den Bakterien;
3. Unterbringung der Keime während der Versuche in
einem Vehikel, welches in besug auf das Bakterien-
leben als absolut unschädlich ansnerkennen ist;
4. Hintanhaltung der Austrooknung der Bakterien während
der Versuche, und
5. KOglichkeit einer exakten KeunsShlnng xur Bestumnung
der Versuchsresultate.
Der Forderung sub t und zum Teil auch sub 3 werden wir
gerecht, wenn die Bakterien sich stets auf der Oberfläche des
betreffenden Vehikels befinden. Die Hintanhaltung der Absorption
einzelner Strahluiiktniiidexe wird wohl kaum je ganz gelingen,
da wir keine Substati^ kciüien, dio in gleicher Weise alle Ab-
schnitte des Sonnenspektrums durchtreten läl'st (siehe Abbclin. 8)
und wir die Bnkterieu wegen Verunreinigung durch Luftkeime
nicht unbedeckt dem Sonnenlicht exponieren können. Diese
Fehlerquelle einer teilweisen Schwächung der LiclitintensitÄt
durch partielle AI srii.tion (Glas) wird daher bei unseren Vor-
snehen stets zu berücksichtigen ■»ein! Hinsichtlich des l^nnktes 3
muls ich auf folgende Tatsache uutmerksam machen : Mit ateigender
Temperatur steigt auch die Dissimilation der Bakterien. Stehen
daher den Baktf rini hei erhöhter Temperatur nicht oder nicht
AitOÜT für Hrslra«. Bd. JLXI. 9
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iS IHe Wirkong dM fionnenUditas ftui paöiogmie Bakterien.
genügend präformierte Nährstoffe zur Verfü einig, so gehen diese
infolge mangelnder Assimilntion rüsch zugrunde. Da die Sonne
gleichzeitig erwärmend wirkt und wir zunächst die Gesaintwirkung
des Sonnenlichtes studieren wollen, werden wir bei unseren Ver-
suchen mit dieser Tatsache rechnen müssen und Sorge tragen,
dafs die die Bakterien beherbergenden Vehikel in genügender
Menge mit Nfthrmaterial versehen sind.
Um allen diesen Anforderungen gerecht zu werden, brachte
ich bei meinen Versuchen eine von Bie seinerseit gebrauchte
and von mir modifizierte Methode in Anwendung, welche darin
bestand, dafs ich aus leicht getrockneten Agarplatten (durch
24 stündigen Aufenthalt im Brutschrank) mit einem sterilen
Platinspatel kleine Würfel mit einer SeitenUlnge yon ca. 1 cm
heraosschnitt und diese auf kleine sterile Deekgläscben auflegte.
Auf diese Agarwürfel wurde vor Beginn der Versuche mitteU
Kapillarpipetten gleicbgrofse Tropfen einer Bakteriensaspension
in Bouillon aufgetropt und die Tropfen durch Neigen der Agar-
würfel gleichm&Tsig Über die ganze OberflAche der Würfeln vor-
teilt Diese frischbeimpften Proben worden in runden 8terilisie^
baren doppelwandigen Zinkblechtrommeln derart untei^bracht»
dafs das gesamte Oberlicht ungehindert zutreten konnte. Diese
Bebftlter waren durch einen gefensterten Deckel abgeechlossen
and durch Einlegen von angefeuchteten Filterpapierlagen als
feuchte Kammern adaptiert. In dm Deckel war eine 0,8 mm
dicke Spiegelglasplatte eingekittet Nach bestimmten Bestrahlungs-
aeiten wurde mit einer sterilen Pinzette je eine soldie Bakterien-
probe dem Behälter entnommen, auf den Agarwürfel ein Bouillon-
tropfen aufgetropft und mittels dieses und eines kleinen Platin-
^atels durch Verreiben das Keimmaterial möglichst gründlich
▼on seiner Unterlage aufgeweicht. Sodann kamen die Agar-
wttrfeln in fingerhoch mit Bouillon gefüllte Eprouvetten und
wurden an einem liclitgeschützten kühlen Orte bis ^um Schlüsse
des gaiizLii Versuclies aufbewahrt. Nach Beendigung des Ver-
Buches fertigte ich mit diesen Bouillünuufschwemmungen in der
üblichen Weise Agargufsplatten an und bestimmte nach 24 resp.
48 — 72 Htüudigem Verweilen derselben im Brutschrank unter dem
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Von Dr. tUchard Wiesner. 19
Mikroskope in der gewöhnlichen Weise die Keimzahlen. Vor
JBeginn des Versuches, wenn nötig auch nach Beendigung des-
selben, fertigte ich in deiselben Weise Kontrollplatten an. Die
im nachfolgenden angestellten Versadie worden mit wenigen
Ausnahmen nach dieser Hethode au^fOhrt, Der Ort der Ex-
perimente war ein im obersten Stockwerk des pathologischen
Institntee gelegener groHser Raum mit reichlichem freien Horixoni.
Die VersuGhaohjekte waren daselbst vor einem nach Südwest
gelegenen geöffneten Fenster angestellt, auf welches während
der Zelt von ^^12^6 Uhr nachmittags die direkte Sonne fiel.
3. Hat die Keimmenge einen Einflufs auf die AbtiHung von
Baicterien durcti dae Liclit?
Die Bedeutung der Keimmengen fttr den zeitliehen Verlauf
der Uchtdesinfektion wurde unier anderem von Janowski(**),
Palermo(^ Kirstei n(^^<') und Kruse (^o) untersudit. Sie alle
stimmen darin überein, daft bei Anwesenheit gröfserer Keim-
mengen in einem bestimmten Volumen die BakterienabtOtung durch
das Licht entsprechend langsamer verlaufe. Dieser Sats ist nach
Kruse ohne wdteres klar, wenn die Bakterien so dicht ge-
drängt sind (MassenkuUuren) , dafs sie nicht alle gleichmäfsig
von den Lichtstrahlen getroffen werden. »Aber auch wenn die
Mikroorganismen nicht so eng gedrängt sind, dafs sie ungleich-
mäisig belichtet werden, mticht sich die Bedeutung ihrer Zahl
bemerkbar . , . .« Bie('-"') ist liingegen der Meinung, dals die
Keunzaiil hinsichthch der Absterbegeschwiudigkeit ohne Eintlufs
sei, da in Versuchen, bei welchen ßakterienverdüunuugen im Ver-
bäUnis von 1 : 10 und 1 : 100 mit konzentriertem elektrischen Lichte
besirahlt wurden, die Sterilisation in beiden Aufschwemumngen
gleich rasch eintrat, hi einer späteren Arl>eit scliliefst sich
Bie(^**) allerdings wieder der Ansiclit der vorerwälmten Forscher
an und endhch vertritt uuch Bang("^) denselben Standpunkt,
wenn er gelegentlich seiner Untersuchungen über das Verhalten
verschieden alter Bakterien gegenüber dem Lichte die Vennutnng
ausspricht, dafs das ungleich rasche Absterben jüngerer und
2»
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20 Wirkung des Sonnenlichtes auf pathogene Bakterien.
Slteiw Keime möglicherweise auf der veduelndea Keimmeoge
in den verschieden lange Zeit gevaeheenen Bouillonknltnren bo-
mben könne.
Kraae 8 Ansicht bes^gUch des Veihaltena von Maasenknltoieii
(d. L teilweiaer gegenseitiger Schnts der Bakterien Tor Stiahlen-
einwirkang) ist wohl anzuerkennen, doch dflrfte einerseits dieser
Fall fflr pathogene Keime in der Natnr kaum yoikommen,
andererseits ist die Verwendoog von au^waebsenen Massen-
kulturen ' wegen ihrer Unsweckmftüirig^eit bei unseren Unter-
suchungen stets zu vermeiden, so dab dieser extreme Fall keiner
weiteren BSrOrterung bedarf und wir sofort an die Untersuchung
jener MOgUidikeiten von variierenden Keimmengen herantreten
können, bei welchen eine Beeinflussung des Beetrahlungselfektes
durch flbeigelagertefl Keimmaterial ausgeschlossen ist.
Die DordifQturmig 4i«8er Vemiehe ist eine hOehafc efnfkehe. Yoa cin«r
fitammaufechwemmuDg wevctob tropfenweise verechiedene Mengen des Krim-
malrrials m u'leichpn Mengen von B<M',i!lo phracht und von diesen
neuerlichen AufBchwemmangen mittels Kupillarpipctien gloichgrofHe Tropfen
auf AgarwUrfel verteilt und der Einwirkung des Sonnenlichtes aoMge^etzt.
Nadi beathninteii Liitemll«n wwdAit mit di«Min FirQben AgßtgamplBlUm «a-
gtttoitigt und iMditolglidi die Keimiahlen bestinimt.
Torna 8.VIL1906.
8tephylooocciw pyog. asfiiu. Der Venaeh demit von 8— V«6 Uhr Nechmitteff.
In Kolumne A sind die durch Zählung t^irpkt beHlinimten M^npcn der
noch überlebenden Keime, in Kolumne fi die aus diesen Werten rechnerisch
«rmittelten Mengen der ebgeetorbenen Keime irledergegeben. Die Keim
ij Anfs
C 1 1 W f ' 1 1 1
II vi.Tlia
trii sirti
wir I - n.
in
Wärme
Strah-
lung
Luft
lerape-
rattir
Bewöl-
kiaag
Photo*
cbem.
Licht-
intea-
t
. A.
\ QeiBblte Meaten
1 der
Sberlebeadon
[ K«tine
B.
Aui|«NehMte
Ummm der
abgeacorbenea
R«tne
1 [ 1
V.
0
'i
3/
•4
1
IV,
2V,
60,1
50,8
50,2
60,6
60.0
49.9
49,0
46,9
44,6
24,6
26,1
25,3
25,5
25,6
26,0
86,0
25,2
26,1
8« Bo
8, B,
S«B,
S^ Bq
^s^ Bo
S,B,
1.428
1,260
1 ,tMX)
0,909
1,000 1
1,000 1
1,000
0,500
0,388
197 400
147480
133 560
12 600
256
7
2
8
0
604 800
464590
303 660
15 960
35
99
1
3
0
1 49980
, i;3 8in
1 184 8Ü0
197 144
197898
197 398
197 392
! +
140380
•.m 140
688 840
604 765
604706
604799
604 798
+ 1
149940
191 520
554 400
,691432
699179
699194
592189
1 +
Digitized by Google
Von Dr. Bidbttd Wi«an«r.
21
Ist sohon in Kolumne A der ungleiche Abfall der Keimssahlen
erkeDnbar, so tritt er in Kolumne B noch deutlicher hervor. Es
ist wohl richtig, dafs bei der ersten Art der Wiedergabe des
Versuchssrgebnisses nach den einselnen Bestrahlungsintervallen
in der dichteren Aufschwemmung mehr Keime durch Zählung
gefunden werden als in der dünneren, also anscheinend lang-
sameres Absterben bei grO&eiem Keimgehalt Belmohtan wir
aber die Werte der abgestorbenen Keime in Kolumne B, so fallt
sofort ein yOllig entgegengesetstes Verhalten der Bakterien auf,
indem wfthrend der Reichen Bestrahlungsseiten stets in der
dichteren Anftehwemmung mehr Keime sugrunde gegangen sind,
als in der dünneren. So sind beispielsweise nadi ^1% Stande in
der dichteren Aufschwemmung mehr Keime (901 140) getötet
worden, als sich in der dtinneren vor Beginn des Verauchss
(197 400) überhaupt befunden hatten!
Femer fällt eine gewisse Proportionalit&t zwischen den
konespondierendeu Werten in Kolumne I und II auf, ja man
kann — natürlidi innerhalb gewisser Fehlergrenzen — aus dem
einen gefundenen Wert den zweiten mittels der bekannten Ver-
hflltniszahl der Verdünnungen rechnerisch bestimmen. (Diese so
ermittelten Werte sind in Kolumne G wiedergegeben.) Nadi
'/4 Stunden sind 2. B. in der dünneren Aufschwemmung
184800 Keime zugrundegegangen. Multipliziert man diese
Zahl mit d, d. i. der Ve^ältniszahl von II:I, so eigibt das
Produkt 554400 also einen Wert, der mit dem durch Zahlung
gefundenen (588.840) ziemlich übereinstimmt. Bin gleiches
Verhalten konnte ich auch bei den anderen Experimenten, die
diese Frage verfolgten, beobachten.
Auf Grund dieser Beobachtungen, sowie auch aus dem
gleichzeitigen Eintritt der absoluten Abtötung (im mitgeteilten
Beispiel nach 2^/2 Stunden) kunnen wir sagen, dafs die Abtötungs-
geschwindi^keit des Sonnenlichtes von der vorhandenen Keini-
menge unubLaiigig löt. Das proportionale Absterben von Bak-
terien in verschieden dichten Suspensionen mufs in etwas
anderem als iu der wechselnden Keimzahl begründet sein.
Digitized by Gc)
22
Die Wtrknng des Sonnenlichtes snf pathogene Bakterien.
Den einzelnen Individuen innoilmlb einer Keimaufschwenv
mung oder Kolonie kommt ein wechselnder Resistenzgrad gegen-
über den verschiedensten äulseren schädigenden Einflüssen zu.
Dementsprechend müssen wir in den von uns verwendeten Sus-
pensionen einzelne Gruppen von Individuen A, B, C usw. an>
nehmen , die der Einwirkung einer bestimmten Liebtin tennität
nach der Zeit a, solche» die derselben Intensit&t nach b Zeii>
einheiten usw. erliegen. Diese Yerachiedenen Bakteriengruppen
müssen natürlich in den von einer gemeinsamen Stammkultor
angefertigten, verschieden dichten Aufschwemmungen in gleichem
Verhldtnis zu einander vorhanden sein und auf diese Weise er-
klftrt sich das proportionale Absterben von Bakterien bei vari-
ierenden Eeimmengen,
Es ist daher unrichtig, dafs die Keimmenge für
das Absterben von Bakterien unter Lichteinwir-
kung von Bedeutung ist, sondern der variierende
liesisten /. <^ rad der einzelnen Bakterienleiber inner-
halb einer K ei m a u f y c h w e m m u u g b e s t i m m t i n (i e ni e i u -
fechaft mit der lu)heren oder niedrigeren S trab hing 8-
inteiisitfit das raschere oder langsamere Absterben
der bestrahlten Mikroben.
In der Natur und ebenso auch bei unseren Experimenten
wird daher die Zahl der Keime belanglos sein, wenn wir sehen,
dafs die absolute Tötung sowohl bei spärlicheren als aacli reich-
licheren Keimmengen gleichseitig eintritt Auch wenn die In-
solation vor der absoluten AbtOtung abschneidet^ wird es gleich-
gültig sein, ob nach einer gewissen Zeit ein oder zehn Keime
übrig bleiben, da dieser eine Keim — vorausgesetzt, dafs es
sich bereits um Individuen von gleichem Resistensgrad handelt —
sich ebensolange noch lebensffthig erhalten wird, wie im anderen
Falle die gleich widerstandsfähigen sehn Keime, und da dieser
eine überlebende Keim unter gflnst^en Bedingungen wieder zum
Ausgangspunkt für eine unge^hlte Menge von neugebildeten
Bakterien werden kann.
Digitized by Google
Von Dr. Richard W'iesner.
23
4. Die Widerstandsfähigkeit verschieden alter Bakterien
gegenüber dem Sonnenlicht
Im Torauagehrniden Abachnitt lernten wir ein gesetKinttfeBgeg
Absterben der Keime im Sonnenlichte kennen» welches ich mit
einer den einzelnen Individuen eigentümlichen Kesistenzf&higkeit
in Zusammenbang brachte. Bei Einwirkung konzentrierten elek-
trischen Lichtes auf Baot. prodigiosum beobachtete Baug^^) eine
mit dem Alter der Keime zunehmende ResistensfiLhigkeit gegen*
Ober dem Lichte, so daJs zehnstündige Kulturen ca. 5 — 6 mal
mehr Lieht vertragen als wie dreistündige. Ob wirklich das
Alter oder aber nicht vielleicht eine geringere Keimzahl in den
nur 3 Stunden gewachsenen Kulturen gegenüber den zehn-
stündigen Kulturen diese geringere Widerstandsffihigkeit bedingt^
konnte Bang nicht entscheiden. Nach den eben gemachten
ISrfabrungen mit verschieden dichten Keimaufsdiwemmungen
mochte ich die Vermutung Bangs umkehren und sagen, daTs
niüglicherweise das proportionale Abaterben von Keimen bei
verschieden reichlichen Keimmengeu resp. die supponierte wech-
selnde ResistenzfÄhigkeit der einzelnen Individuen auf einer
wechselnden Widerstandsfähigkeit verschieden alter Keime be-
ruhen mag. Ks wird daher unsere Aufgabe sein, zunächst zu
prüfen, inwieweit das Alter auf die Widerstandskraft von Bak-
terien gegenüber dem Lichte einen Einflufs hat und weiters ob
das i»ro]iortiouale Absterben von Keimen in verschieden dichten
Aufschwemmungen auf diese ResiüLenzunterschiede älterer resp.
jüngerer Individuen bezogen werden kann.
Zu dio.sem Zwecke imjtfte ich isunächst von euier Stamm
kultur ein Bouillonrohrchen und brachte dasselbe für 2 Stunden
in den Brutschrank, nach welcher Zeit eine deutliche Trübung
der Bouillon eingetreten war. (Die erste Teilung von Bakterien
tritt bekanntlich innerhalb ^j^ — '/a Stunde ein.) Von dieser
zweistündigen Kultur legte ich abermals mehrere Bouillon-
kulturen an, die 1, 2, 3 — 7 Stunden im Brutschrank belassen
wurden. Auf diese Weise erhielt ich Keimaufscbwemmungen,
Digitized by Google
S4 Di« Wirkang de« SoiUMiitiehtoi aof pathogen« fi«kt«ri«ik.
die nach Möglichkeit imi liidividuen enthielteü, die nicht
älter als 1, 2 , . . resp. 7 Stunden waren. Von diesen Kulturen
bereitete ich mir in Bouillon Aufschwemmungen von annähernd
gleicher Dichtigkeit, und diese Suspensionen wurden endlich
tropfenweise auiAgarwürfeln verteilt, dem Sonnenlichte exponiert.
Der besseren Übersicht wegen teile ich im nachfolgenden die Mengen
der Abgeeiorbeoen Keime in Prozenten amgerecbnet mit:
Yersneli 28&/A. 14. Vm. 1906.
Stnphjlooooeas pyogenee eafene.
Ilh bedeutet Keime wob der eisten Ton der fitammkoltnr geimpften
Bouillonkultur, 8 b Keime tm der von der Bonillonkultorll gennpften iw^ten
BoaiUonkaltor.
Expos-
SttiMr
fB
Stdn
Wänne-
strab-
Liift-
tempe-
rstirr
Bewül-
kun«
Chem.
Uoht-
iDten-
Kltftt
Ketu
2 h
UMdÜ
II h
49,9
25,6
1,000
, 56%
10%
V,
49,9
26,0
>
0,909
1 66%
18%
1
50,0
26,1
>
0,768
; 90,3 T
51%
IV,
49,0
26,6
>
0.714
-lOOVo
-100%
2
47,0
27,0
>
0,454
100%
-100%
2V.
44,6
27,0
*
0,333
1 100%
- 100 7p
— 100% bedenteW d«l« nodi gans verainielte Keime ftberlebend aiad.
Tersmeb
r 1
III
• 2
H
m
Luft-
temperatur,
a
a
M
9
je
•
03
Chemische
Licht- ,
intensität '
1
Alter
8
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n
l_LJ
9 Tige
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»%
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867p
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95%
62 «o
71%
IV,
49,0
26,6
»
0,714
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-100%
98 »/p
97 «/p
2
47,0
27,0
>
0,454
— 100 ".'o
-1007o
— 100 "/o
-100%
-100 7p
2V,
44,6
27,0
»
0,333
100%
100%
-looVo
-100%
— 1007o
Aus Venoch 285/A ersehen wir, da& die Vorsicht erst von
kurzgewachBenen Kulturen (II.) die su verwendenden Kulturen
abiuimpfen, wohl angebracht war. Die AbtOtung von swei*
Digitized by Google
Von Dr. Richard Wiesner. 25
stflndigen Kultufen, die von einer ebenfaUa IrischgewachseneD
zweistflndigen Kultur abgeimpft worden, yerlftuft bei gleicher
liehtinteiidtät bedeutend raacher als bei sweiatflndigen Ku^
tuien, die direkt von einer 248tttndigen Agavkultnr aberimpft
wurden. Dieser Unterschied Icann nur darauf beruhen, dafo
sich in der Aufschwemmung II mehr Keime, die filter als
swei Stunden waren, durch die direkte Überimpfung von einer
alten Kultur befanden. Damit ist aber auch schon gesagt, data
jüngere Bakterien gegenüber dem Sonnenlicht we-
niger resistent sind als altere. Versuch 285/B ist eine
weitere Bestitigung dieser Tatsache. Nach ^2 Stunde yerfaielten
sich s. B. die Werte der abgestorbenen ein-, fünf- resp. sieben-
stflndigen Keime wie 1:3:7. Diese Unterschiede machen sich
aber vornehmlich innerhalb der ersten Stunde bemerkbar; je
länger die Bestrahlung dtm&tt um so mehr yerwisehen sie sieh
und endUoh tritt in nahesu gleicher Zeit die absolute AbtOtui^
bei allen angleichaltrigen Kulturen ein. Wir dürfen eben nicht
vergessen, dafs trotz aller Vorsicht bei der Überimpfung von der
Ausgangskultur noch Utero Keime in die jüngeren Kulturen
übertragen wurden und diese älteren Keime lafolge ihrer höheren
Widerstandskraft in allen Versuchsreihen eine Verzögerung des
Eintrittes der absoluten Abtötung bedingten.
Tenaeli 290/iu 3a. VUL 1906.
Stephyloeoeciw pyogeoM anrenff.
Expoa.-
Oaa«r
In
Btdn.
•tnüi-
lunf
Lull-
teinpe-
ntnr
Bnrttkang
Cbemiache
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s Stdo.
Alter
»BUta.
8 7t Tage
V.
V,
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s
SP/.
47,5
4B,0
47,0
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40,8
25
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0,370
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100»/.
497«
84«/,
94 Vi
43 7o
48 7o
83°/,
«»•/,
Dieser Versuch zeigt, dafs 20 stündige Keime eine gröfsere
Resistenz besitzeu als dreistündige und dafs Keime von 3% Tagen
alten Kulturen (nach 24 stündigem Wachstum im kühlen Zimmer
Digrtized by Google
26 ^ Wirkang des SonnmilielitM auf pAthogea« Bakterien.
aufbewahrt) eine ähnliche Resistenz besitzen wie 20 stündige
Keime. Es scheinen 20 — 84 stündige Kulturen das Maximum
der Widerstandskraft gegenüber dem Sonnenlicht erreicht zu
haben, während nach dem Versuch 285/B neuDtägige Keime
wieder eine leichte Resistenzabnahme aufweisen.
Die Widerstandskraft der Bakterien gegenüber
dem Sonnenlicht nimmt also mit dem Alter zu und
auf diesen Resistenzunterechieden dürfte auch das
proportionale Absterben von Keimen in verschieden
dichten Aufschwemmungen zurücksuführen sein.
5. Das Verhalten angetrockneter Bakterien gegenüber dem
Sonnenlichte.
Anlftfslich der Kritik der einseinen Versuchsmethoden habe
ich darauf hingewiesen* dafs die Antrocknungsmethode für exakte
Versuche nicht geeignet ist, und dats die Widerstandsfähigkeit
angetrockneter Bakterien gegen Bestrahlung einer gesonderten
Untersuchung bedarf, da nach den Erfahrungen früherer Forscher
Bakterien sich im feuchten Zustande dem Lichte gegenüber
anders verhalten als im trockenen.
Es bestehen diesbezüglich drei verschiedene Ansichten,
und zwar 1. grüfsere Resistenz im angetrockneten Zustande
(Santorin, GaillardH, MomontH, Kirsto in (»«)), 2. ge-
ringere Resistenz im trockenen Zustand (Duclaux(>*), Kruse (^},
Jansen(^'^) und 3. gl eiche Resistenz äuge trockneter und feucht-
gehaltener Mikroben (Bie('^)). Bie meint sogar, dafs die Ein-
trocknung (durch 78 Stunden) an und für sich für Bakterien
ohne nachteiligen EinfluTs sei. Dieser Anschauung Bies mufs
ich zunächst die gründlichen Experimente Fi ckers(^'^) entgegen -
halten, der eimvandsfrei iiaeli^ewiesen hat, dafs Bakterien durch
die Austrocknnn^^ in huheni Grade geschädigt werden und zwar
in dünner Schicht rascher als in dicker, ebenso auch bei energi-
scher Ex.sikkaiii)n (im ]-L\sikkator) als wie bei laugsamer, dafs
endlich aucli AUer und Temjjt ratur einen grofscn Einfluff? haben.
Es mufs daher eigentlich wunderbar erscheinen, dafs Mikro-
orgauismeu trotz Eintrocknung sich gegenüber dem Lichte resi-
Digitized by Google
Von Dr. Biehard Wiesner.
27
stonter veilialteii soUeo als Bakterien im leuchten Znataude!
Nach den Angaben Fickers wird es fflr den Ausfall nnserer
Versnobe nicht gleichgültig sein, in was fflr einem Mediom die
Bakterien suspendiert und in weloberWeiee dieselben ausgetrocknet
werden. In der Tat werden uns auch die nachfolgenden VcHrsuche
zeigen, dafs das jeweilig verwendete Suspensionsmedium die Ex-
perimente in bemerkenswerterweise zn beeinflussen imstande ist.
Das Verfahren, das ich bei diesen Versuchea eiuBchlug bestand daria,
4sl« ton «iner in de«tUIi«rtem Wasser angelegten AniNiiwaaiinimg mfli^dbst
rasch g^eiehe Menden daneben In je Sern destiltlerten Wassers,
Bouillon reap. Peptonwassers ▼erteilt wurden, möglichst rasch um
die bakterienschädigende Einwirkung des destillierten Wassers nach Tunlich-
keit SU vermeiden. Von diesen Aufschwemmungen brachte ich mittels
Kapiilarpipette gleichgroße Tn^feo auf sterile Deeki^Bsohen. Diese wurden
sodann durch 8 Stunden im Exäecator mit Ohlorkalsimn im Eiaschrank an»
getrocknet (im Eissrhrank um die Kxsikkation mflglichst Bchonend anszii.
führen). Vor der Austrorknnng wnrde eine Kontrolle (Ki) nach beendeter
AustrocknUDg resp. vor Beginn des eigeutlicheu Belichtungsversuches eben-
felis «ne Kontrolle (Kn) angelegt nnd so eine eventuelle fiebftdigung dnreh
den blofsen Austrocknungsakt festgestellt. Endlich wurde eine dritte Xontroll-
platte (K"i> Tinfh Beendigung des ganzen Ver.snchea mit einem auBgetrock-
neten Deckgläacheo, das im Versuchsraum vor Licht geschützt aufbewahrt
wnrde, angefertigt. Diese dritte Kontrolle sollte uns darüber Aufschlufs
geben, was wir von der wibread der Versuche eingetretenen Sehldigung
anf Be^dmnng der Belichtung und was auf Rechnung der andauernden Ein-
trocknung setzen sollen. Niicfi Srhl ibs der Einzelversnche wurden die Deok-
glftschen in Eprouvetten mit Bouillon geäämmelt und daselbst mit sterilen
Glasstiben feinst serslampft, da etfshmngsgem&b nnr anf diese W^ie ein
möglichst volkrttndiges Freiwerden der angetrockneten Mikroben vom Glase
erreicht wurde und nur so verlftssliche Keimzfiblungcn durchzuführen waren.
Als Parallelverfluche wnrden von denselben Suspensionen Keimmaterial in
feuchtem Zustande dem Sonnenlichte exjxtniert und zwar einerseits in der
ftbtiehen Weise anf Agsrwflrfeln anderen^ts in Bonillen resp. Peptonwasser
nnd in Glssschilchen in dflnner Schicht ausgegossen. Nicht allein hei der
Kx.eikkation von Wnssertropfon , auch bei der .Aus^trocknnng von nouillon-
und Peptonwaseertrojtfen war noch vor Reginn de.'^ eigentlichdn ßelichtungs-
Versuches stets eine cieutliche Keiozahlvertninderung zu konstatieren.
Nach der Exsikkation der Bakterien war stets ein wesent«
lieber Unterschied in der Art der Eintrocknung der einzelnen
Tropfen lu beobachten. Wftbrend die Tropfen des destillierten
Wassers in unmerklich dOnner Scbicht bOcbslens mit Hinter-
lassung eines ganx schmalen zarten Ringes entsprechend dem
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28
Die Wirknng im 8oim«nUebtM Mf pathogene Bakterien.
Rande des Tropfens eintrockneten, hinterliefsen die Pepton-
wassertropfen stets einen rissigen grauweifsen Niederschlag, der
von den bei der Austrockuung ausgeschiedenen festen Bestand»
teilen dieses Mediums (Pepton, Kochsalz) herrührte. Die Bouillon-
tropfen trockneten stets in Form eines erhabenen Häutchens, mit
anderen Worten in dicker Schicht ein. Der Grad der Austrook«
nung kann in diesen drei Fällen nicht der gleiche gewesen sein,
indem dieselbe bei den Wassertropfen am intensivsten, bei den
Bouillon tropfen am unvollständigsten sein mufste!
Die im nachfolgenden angeführten Werte bedeuten wieder
die Mengen der abgestorbenen Keime.
Tenveb 888. 99. VIT. 1908.
hl StmiiltMi ;i'lr' K n i I .i r i ■ yi \iin > t ii [ il i \' ! i ic icc i ir-i 1 i'jiTj r-s aurfiis
KltpM.-
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74,8%
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1
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2
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S«B.
84 B.
o,mo
0,714
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Km
- 1
1 ^
1 9,9%
«0%
Tersneli 261. 24. VII. 19ü6.
15 Stunden alte Kultur von Btaphyloeoccas pyogenea anreitt.
Expw.-
JHam
in
8tdn.
Warme-
■tr&h-
lung
Lull-
te Dl pe-
rntar
Ubem.
Ll«bt-
IlltHI-
•Itlt
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Wasser
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l'ei-tr.Ji-
w amtier
•t
BuuiUon
1 22%
63,3%
23%
1;
1
2
S
33.0
35,0
47,1
43,0
42,0
85,8
25,0
25,6
26,0
26,6
26,7
26,7
S,B,
S.B»
64 B,
0,200
0,200
0,625
0,500
0,883
0,111
27,2 %
30,7 %
55,7 » 0
99.2 %
^ 99,4%
-1007,
95.6%
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-100«/o
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100 •/.
91.9 7o
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59,1%
98,8%
99,7 »/o
99,9%
-lOOV,
74%
80%
36%
• I II •
Digitized by Google
Von Dr. Hicliard Wiesner.
39
Vanneh 961.
desiiii Wasser frocktn.
Bouillon »'
FJg. 2.
Die AbtOtang trat alao bei eingetroeknetan Bakterien in allen
FäUen rascher ein als bei nicht angetrockneten Keimen (auf
Agar nnd in Bouillon). Die Raacbheit der AbtOtang durch das
Licht wird von dem ursprünglichen Suspensionsmedinm in hohem
Grade beeinflufst, indem bei verhinderter stärkerer Anstrocknnng
(BoQÜion) oder bei Ansscheidang von festen Bestandteilen und
teilweiser Deckung der Keime durch diese (Peptonwasser) die
Bakterien langsamer durch das Sonnenlicht yernichtet woden,
als wenn die Mikroben in einem Medium suspendiert sind, welches
in sehr dünner Schicht austreibet und keine Hflutchen oder
Niederschläge hinterlftbt (destilliertes Wasser).
Es sind demnach jene Angaben unrichtig, nach
welchen Bakterien im trockenen Zustande resistenter
wären als im feuchten. Es wfire auch iiöeljst auffallend,
dafs Bakterien, ilie lurch den AntiuekjiunEfsakt selion an und
für sich geschädigt werden, beim Hin^sutreten einer weittron
Schädigung, wie die Öounenbestrablung, gegen die letztere eine
erhöhte Resistenas erlangen sollten.
Übertragen wir diese Versuche auf die Verhältnisse in der
Natur, so ergibt sich fflr die Sonnendesinfektion von Sekreten
Digrtized by Google
30 Dl« Wlrknaf dM SonmnUehtM Mtf padiogwne B«fctori«ii.
ein wesentlicher Unterschied, ob dieselben sich im feuchten oder
trockenen Zustande befinden. Für Sputum wird im allgemeinen
das Beispiel des aiigetrockneteu Bouillontropfens anzuwenden
sein, da erstcres infolge seines Muzingehaltes in gleiclier Weise
eine langsamere und nnvollständigere Auäiroeknung und zwar
in dickerer Schicht gestatten wird. Angetrocknf ter Harn, Blut,
Eiter usw. dürfte annähernd ein Aualogüu im Peptonwasser-
tropfen finden, wobei allerdings besonders bei Eiter und Blnt
eine Verzögerung der Abtutung infolge Ausscheidung von festen
deckenden Krusten nicht übersehen werden darf.
Endhch mochte ich noch andeutungsweise erwähnen, dafs
bei Versuchen, bei welchen die Austrocknung während der Be-
strahlung durch Verdunstung vorgenommen wurde, im destillierten
Wasser die Keime unveig^eichlich rascher vernichtet würden
als bei der Bestrahlung von vorher langsam auftrockneten
Bakterien. Bei gleichen Versuchen mit Peptonwasser, und
Bouillontropfen trat die Abtötung bald früher bald gleichzeitig
ein, 80 dafs wir auf ein rapideres Absterben von Bak-
terien bei gleichseitiger Bestrahlung und Antrock-
nung schhefsen können.
6. Der Einflufs der Luftfeuchtigkeit auf die baktorizide Wirkung
des SoimanUchtes.
Ob und inwiefern die Luftfeuchtigkeit bei der Keimabtötung
durch das Sonnenlicht beteiligt ist, wurde, soweit ich die Literatur
Übersehe, niemals untersucht, obwohl man annehmen kann, dsTs
jene nicht ohne Einflufs sein dürfte. Wissen wir doch, dafs die
Strshlungsintensltät durch den grüfaeren oder geringeren Gehalt
der Luft an Wasaerdampf stark aJteriert wird, indem durch den-
selben Sonnenstrahlen in hohem Malse absorbiert werden. Dafs
die |Luftfeuchtigksit für die Feuchthaltung resp. Austrocknung
yon Bakterien, und dafs dieser jeweilige Zustand der Mikroben
für die Abtötung derselben durch das Licht mafsgebend ist,
bedarf keiner weiteren Erörterung. Hier soll ausschlieMch der
EinfluHi der Luftfeuchtigkeit und nicht der der Austrocknung
untersucht werden.
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Von Dr. ttldiwd WtoMier.
31
I>ie Vereache wurden in der gewOhnllicben Weise ausgeführt, aar be*
fanden sich am Boden eioea der Bebftlter der Versuchsobjekte mehrere
lageii von ateritem Filterpapier, die rricblidi mit •tuiKsierteiD Wmmt be-
feuchtet waren, wihrend ein »weiter Bebftltor nnr eine einfeelie lAge
befeuchteten Filterpapieres enthielt, so dafs nur die Austrock-nung der Agar-
würfeln durch dieselben eben noch hintangehalten wurde. Bei der Ein-
wirkung der Sonnenstrahlen kam es innerhalb des geschlosseneu Raumes
dee enteren Behllteni so rdchlicbetair Vetdonstung und Sdiwängerung der
Luft mit Waaserdampf, wfthrend eich im sweiton Behftlter «m Deckel nnr
ein leichter Beschlag von Wasser bildete, der sich nach einmaligem Weg.
wischen nicht mehr erneuerte. Besonders sei hervortTphoben , dafa p«' in
den Bebaltern mit relativ trockener Luit, nicht etwa zum
Anelroelinen der AiparwOrfel k»m, ao dab eine eventnelle kon-
kurierende Sdiidigang durch Aoatrocknung während dw Escperimento ans'
geschlossen werden kann.
Teraaehm. 9. VXH 1906.
StapbylococcuB pyogenes aureus. 20 Stunden alte Kultur.
Kxposit»
Daasir
m
stunden
WKrme-
strah-
liir.K'
Luft-
tempe-
TH t II r
Bewöl-
kung
ehem.
Ucht-
inton-
:- : : . 1 ;
, luft-
! trocken
Lull »tiirk
an-
{-'"ffMtrhf o(
a
25,0
0,625 .
998400
99Ö400
V.
37,5
25,0
0,500
886200
880000
1
aM
25,1
0^
682000
819200
IV.
86,0
25,0
8, B», •)
0,333
467 200
630 400
9
32,0
■2G.0
B., «)
0,1P6
297 600
528 IXK)
s
22,0
2Ö.2
ÖjB„
0,125 j
129 600
299 200
Doi jeweilige Gviid der bakteriziden Wirkung des
Sonnenlichtes wird also auch durch den jeweilig
herrschendeo F euchtigkei tägdhalt der Luft b«ein-
1) Danst
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89 IM» Wlrknng des SonnenllcSitM wai patbogene Baklerteit.
flufst, indem der in der Atmosphäre reichlicher suspendierte
Wasserdampf die bakterizide Kraft des Sonnenlichtes in merk-
licher Weiae su vermindern imstande ist
NachHatchins on bat die Luftfeuchtigkeit auch einen
fiinflnfB auf das raschere oder langsamere Niedersinken von in
der Luft schwebenden Bakterien, so dafs vom epidemiologischen
Standpunkte aus die Luftfeuchtligkeit von doppelter Bedeutung
ist, indem einerseits bei grölserem relativen Feuchtigkeitsgehalt
der Atmosphäre die Keime von den Sonnenstrahlen in ihrer
Lebenskraft weniger geschädigt werden und anderseits auch
bei gröiWer Feuchtigkeit eine langsamere Sedimentierung aus
der Luft stattfindet, so daüs für die Übertragung von Keimen
von einer Person zur anderen und für deren lufektionsmöglich-
keit günstigere Bedingungen bestehen.
7. Baktori«! im »yHungsnuttand«".
Da mit der Einwirkung des Sonnenlichtes gleich^eitio' eine
Temperaturerhöiiung verbunden ist und diese infolge gesteigerter
Teilungstendenz der Bakterien einen gesteigerten Verbrauch der
Reservestoffe bedingt, werden Keime im feuchten Zustande, wenn,
die Assimilation mit der Dissimilation nicht Schritt halten kann,
in der Natur häufig unter weit ungfinstigeren Bedingungen sich
befinden, als es bei unseren Versuchen der Fall ist.
Dementsprechend können wir auch annehmen, dals Bakterien
im »Hungersustandec der Einwirkung des Sonnenlichtes rascher
erliegen müssen als Keime, welchen ein Ersatz ihrer Reserve*
Stoffe ermöglicht ist.
Um diese Verhältnisse im Experiment nachzuahmen, stellte
ich Versuche an, bei welchen ich statt der gewöhnlichen Agar-
würfel solche von Wassoragar als Vehikel für die Bakterien
benutxte. Dadurch konnte ich die Keime vor Austrocknung
bewahren und auch sonstige irgendwie geartete Schädigungen
von ihnen fernehalten, da mich wiederholte KontroUversuche
bei Zimmertempemtur und Lichtabschlurs belehrten, dals Keime
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\*on Br. Kichard Wiesner.
unter dieeen Bedingungen auf Wassengar sich durch Stunden un-
geeohftdigt erhielten. Das Keimmatorial wurde teils in Bouillon teils
in sterilisiertem Leitungswasser suspendiert auf diese Wasseragar-
wOrfel in der ühÜchen Weiseaufgetragen. Befanden sich die Bakterien
in der zweiten Serie Ton Versuchen unter absolutem Nahrungs-
mangel, so würde den Keimen bei der ersten Versuehsanoidnung
(Bomllonaufsehwemmung) ein Quantum von assimilierbaren Nähr^
Stoffen mitgeben, welches nach kurzer Zeit aufgebraucht sein
mufste, so dafs sich die Keime in diesem Falle unter relativem
Nahrungsmangel befanden und die Abtötung — ist unsere Vor-
aussetzung richtig — etwas langsamer verlaui'en musste als im
ersten Fülle.
Als Kontrollversuche wurden die gleichen Koimaufschwem-
mungen auf Nähragar unter sonst gleichen Bedingungen dem
Sonueulicbto exponiert
Versuch 808. 4. IX. 1906.
StaphylococcuB pyogeQ«8 aureud. 20 Stunden alte Kultur.
Bontllonftiifschweminaag.
Expcwit.-
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8
9
lüt Ausnahme des Effektes einstfindiger Bestrahlung trat
tatslohlich im weiteren Verlaufe des Versuches auf Wasseiagar
ein rascheres Absterben der Keime ein als auf Nfthragar, wobei
gegen Ende des Versuches ein rapides Zugrundegehen der
Keime zu beobachten war, ein Umstand, der offenbar mit der
firsdidpfung des Nfihrmatstials (Bouillontropfen 1) in Zusammen-
hang zu bnngeu ist.
1} Dimst
AfaUv fllr Bntl«De. B4. UBL 8
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34 Dio Wirkang de« Sonnenlichtee «nf patbogone Baktorien.
Tersaeh 310. 5. IX. lim.
8taphyloooccD8 pyogenes aureus. SOstQndige Kultur. AalMdiirammiiiig In
sterilisiertem LeitongswAsser.
Bzpoiit.-
Dauer
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i •
B
Nach diesen Experimenten unterliegt es wohl keinem Zweifel»
dais Bakterien beim Mangel von Nährstoffen rascher
der Einwirkung des Lichtes erliegen, alswenn ihnen
die Möglichkeit zur Assimilation geboten ist. Daraus
dürfen wir schliefsen, dafs die JJchtdesinfektiou in der Natur im
allgemeinen rascher Miianfen dürfte uls hei unseren Versuchen,
bei welchen ja alle konkurierrenden schädlichen Einflüsse von
den Bakterien nach Möghchkeit ferngehalten werden.
8. Welche Teile dea Sonnens pckt rums sind an der Bakterien-
tötuDQ beteiligt?
Die Verteilung der bakterizid wirkenden Strahlen hn Sonnen-
spektrum gab 8U einer stattlichen Reihe von Vennchen AnlaGs.
Dabei gingen die Experimentatoren zunächst von der Tatsache
aus, dafs das Sonnenlicht gleichzeitig belichtend und er-
wftrmend wirkt. Schon Downs und filunt ^ Raubten
eine reine Wftrmewirkung bei diesem Prozefs ausschliefsen zu
kdnnen, nachdem Baktorienaufschwemmungeu in Gefftlsen, die
mit Bleifolie eingeschlagen und dem Sonnenlichte exponiert
worden waren, ein gleich gutes Wachstum zeigton wie die im
Dunkeln aufbewahrten Kontrollproben. Mittels farbiger Glas-
filter untersuchten sie die einzelnen Abschnitte des sichtbaren
Spektrums und kamen zu dem Resultat, dafs vornehmlich,
1} Starker Dunst.
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Von Dr. Riebard Wiesner.
35
wenn auch nicht ausschliefslich, die stark brach*
baren Strahlen bakterisid wirken. Jamieson (in
Melbourne) berichtete im Gegensata, dafa Bakterien (B. termo) bei
Temperaturen unter 36 nicht xugrunde gingen, auch wenn sie
dem direkten Sonnenlichte exponiert wurden, mit anderen Worten
beruht nach diesem Autor die Sonnenwirkung auf einer SchSdi-
gong der Bakterien durch Temperaturerhöhung. Arloing^^
bestätigt in seiner ersten Arbeit die Angaben von Downs und
Bluni AnlAfolich spAterer Untenuchungen (Arloing [^^
bei wdchoi er mittels eines Heliostaten die Sonnenstrahlen auf-
fingt und dieselben mit Glasprismen zerlegt, gewann er den
Eindruck, dats nur das unzOrlegte weifse Licht, nicht
aber eine dilferente Strahlenart keimtötende Wirkung besitie.
Auf Grund weiterer Experimente {^) mit Benutzung von Wasser*
filtern (in 2 cm hoher Schicht) und FiHem Ton konsoitrierten
Alaunlösungen , welche die Wärmestrahlen zurückhalten sollten,
sowie aus Versuchen, bei welchen Bakterien in einem auf 45" C
eingestellten Brutschrank dem Lichte exponiert wurden, zog er
den Schlufs , dafs das Absterben der Keime uiclit durch eine
Temperaturerhöhung, sondern (hircb die Lichtstrahlen verursacht
werden mufs. In gleichem Sinne sprachen sich auch Du-
claux('^), J H n o WS ki p*^), Santori (**), Laurent (*°), Büch-
ner und Chnielewski {^■^] aus, welche bald den Licht-
strahlen, bald den »photochemischen« Strahlen die bakterizide
Wirkung zuschrieben. Endlich seien die Arbeiten von Gail-
lard p) erwähnt, der jeder Strahlenart keimtötende Wirkung,
dem unzerleerten Lichte jedoch die stärkste Wirkung zuerkennt,
sowie die Arbeiten von Martinaud [^-) und Koitjar P), die
eine Schädigung durch Lichtstrahleu sowie durch Wärmewirkuog
annehmen.
Aus dem Umstände, dafs Bakterien nicht der bei
der Bestrahlung ein tretenden Temperaturerhöhung
erlagen, wurde auf eine Unwirksamkeit der sog.
> Wärmestrahlenc, d. h. aller jenseits des ultra-
roten Endes gelegenen langwelligen Strahlen, ge>
schlössen.
8*
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36 tKe \!lnrkang 4m 8onii«DliditM auf pathogetie BaktariMi.
In einer referierenden Arbeit machte Raum [^^), späi«^
Geisler auf die Unrichtigkeit der Meinung aufmerksam,
nach welcher bestimmten Strahlen auch nur eine bestimmte
physikaliscbo oder chemische Wirkung ausschüefslich innewohne,
so dafs einem Strahle nur WärmewirkuDg, einem anderen wieder-
um nur photochemische Wirkung zukomme. Geifsler betonte
aarserdem nr)ch den wesentlichen Unteiachied zwischen Leitung^
wärme und Wärmestrahlung.
Bemerkenswert sind die Versuche des letzteren mit berufsten
Qlasgefäfsen, bei welchen er zeigen konnte, dals Bakterien hinter
berufsten Glaswänden, wenn aucli langsamer als im weifsen Licht,
so doch in merklicher Weise durch das Sonnenlicht gesohidigt
werden, womit zum ersten Male der Nachweis erbracht wurde,
dafs auch langwellige Strahlen, die jenseits des ultraroten Endes
des Spektrmns gelegen sind, bakterizide Eigenschaft be-
sitzen.
Neuerlich sucht Ward (^) durch Benutzung von reflek-
tierten Strahlen (mit Spiegeln) im Winter zu beweisen, dab nicht
die > Wärmestrahlenc , sondern die farbigen und besonders die
blauvioletten Strahlen bakterizid wirken, übersah aber, dals jede
Strablengattung, auch die langwelligen, der Reflexion unterliegen.
Bucbnern,Ledaut-Lebard(M),Dieudonnä(»)^D'Ar8on>
val et Charrin P), Billings and Peekham H «^d
Kruse sind durchwegs der Ansieht, da£s die Tioletteu und
ultravioletten Strahlen die wirksamsten seien, jedoch au<di die
anderen Strahlenarten — mit Ausnahme der ultraroten
— in allerdings geringerem Grade bakterientotend wirken. Nach
Untersuchungen von Beck und Schulze {*') mit den von
Land olt angegebenen Lichtfiltem sollen die farbigen Sirahlen über-
haupt unwirksam sein. Ward nimmt nochmals die V^ersuche
auf und bedient sich dabei eines Glas- und eines Quarzspektro-
graphen. Das Ergebnis dieser IvKi-eriinente war, dalä im ultra-
roten, roLeu und gelben Ab.scimiite ktiine AbtOtuiig stattfindet,
hingegen von Grün bis ins Ultraviolett eine deutlich© bakterizido
Wirkung nuchweibbar ist. Die Verwendung von Quarz statt
Glas verfolgte den Zweck, die kurzwelügen Strahlen, für welche
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Von Dr. Richard Wimner.
37
Qiians g^nüber Glas in höherem Grade durchlässig iat, mög-
lichst angehindert auf die Mikroben einwirken zu lassen. £g
folgen UOD in stattlicher Reihe Arbeiten, die gröfstenteils ans
dem Finseninsütut hervorgegangen sind uod mit koosentriertem
elektrischen, vereinzelt auch Sonnenlichte ausgeführt wurden.
So die erste Arbeit ßies (^), bei welcher dieser Foracher mittels
Filtetflttssigkeiten in GlasigefftTsen m dem Resultate kam, dafs
alle Abschnitte des Spektrums, ausgenommen den ultra*
roten Teil, bakterisid wirken und zwar mit abnehmender In>
tensität von Violett nach Rot. Am wizksamsten (96% der Wir-
kung) sind die »photochemischenc Strahlen. Wie sehr die
langwelligen Strahlen nnterschätst respektive Leitungswäime und
Wärmeetralilung noch immer vermengt werden, geht aus einer
Arbeit Bangs f^) hervor. Dieser sowie auch Bie heben
hervor, dafs das Lieht der verwendeten Lichtquelle sehr heifis
ist, und dais daher Kühllinaen mit Wasser, respektive swischen«
geschaltete Wasserschichten lum Schutze der Bakterien vor allsu-
grolser Erwärmung angebracht werden mttssen. >Selbstver*
ständlich — sagt Bang — ist die Wirkung der Wlinnestrahlen
nicht vollstfindig aufschlössen, wenn die Dicke der Was8e^
schiebt nur 25 mm beträgt .... Es sind .... auch nicht
die Wärmestrahlen als solche, die zu umgehen sind, sondern
eine zu hohe Temperatur der Kulturflüssigkeiten . . . .<
5. . . . Wie die Kontrollversuche einstimmig aussagen, leidet
Prodigiosus keinen sichtbaren Schaden, wenn er einer Temperatur
von 45'' ausgesetzt wird während so kurzer Zeit, wie meine Ver-
suche dauerten ; trotzdem wird er bei dieser Temperatur schneller
vom Licht getötet . , . .« Bang gibt also zu, dufa bei seinen
Versuchen bei weitem nicht alle Inn^welligon Strahlen ausge-
schaltet sind, nichtsdestowenipor wird hier sowie nuch in späteren
Untersuchungen die bakterizide Wirkung Ii s Lichtes lediglich
auf die kurzwelligen Strahlen bezogen. Bemerkenswert für den
Nachweis der bakteriziden Wirkung der kurzwelligen Strahlen,
sowie auch wegen der Eigenart der Versuche sind die Experi-
mente Strebe] s C'^), der sich bei seinen Versuchen mittels
eines Funkeniuduktoriums kuizwelUge Strahlen erzeugt, diese
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SB Die Wiikung de« SonnMiUclitM wt pathogen« fiakterien.
mit Hilfe von Quarzlinsen sammelt und nuf ^f-itie Uakientin
konzentriert. Das Licht kann nach seiner Angabe als »kaltes
Licht« , d. Ii. als ein von laugweihgen Strahlen freies Licht be-
trachtet werden. Bei Zwischenschaltung von Glas- oder (^uarz-
platten trat ungleich rasches Absterben der Bakterien ein. Das
raschere Zugrundegehen hinter Quarz war ein Beweis, dafs die
vom Glas zurückgehaltenen, also die ultravioletten Strahlen die
wirksamsten sind. Endlich wurde noch in einer Reihe von Ver-
suchen (Jansen (12*), ßusck ('2«. i"), Bie O, Bang die
überlegene Wirkung der ultravioletten Strahlen durch Zwischen-
schaltung von Quarz- respektive üias})latten zwischen Lichtquelle
und Bakterien erbracht aud eine desinfizierende Wirkung der
langwelligen Strahlen ausgeschlossen.
Aus dieser auf das Allerwichtigste beschränkten Darlegung
des Forsch ungsganges der uns hier interessierenden Frage geht
hervor, dafs die bakteriside Kraft der violetten resp. ultravioletten
Strehlen von Anfang an siemlidi allgemein anerkannt wurde.
Auch den Strahlen sichtbaren Spektrums wird sumeist eine
bakterientötende Wirkung sngeschrieben. Die langwelligen, ultra-
roten Strahlen indessen werden mit ganz vereinzelten Ausnahmen
durchwegs für unwirksam erklärt
Dafs in Gefftfsen, die mit Stanniolpapier verklebt oder mit
Asphaltlack besibridien sind (Finsen), keine AbtOtung stattfindet,
spricht lediglich dafdr, data die gleichzeitig mit der Strahlung
eintretende Wftrmeproduktion — natttrlich, wenn diese nicht su
hoch ansteigt — auf die Bakterien ohne Einflufs ist; jedoch ist
mit diesen Experimenten' keineswegs bewiesen, dafs .die lang-
welligen Strahlen bei der Bakterientötung unbeteiligt sind, da ja
diese Strahlen auf ihrem Wege zu den Mikroorganismen durah
Medien, die adiaphan und adiatherman sind, au%ehalten, ja sum
Teile auch reflektiert werden und daher eine direkte Einwirkung
der Strahlen auf die Bakterien verhindert wird. Diese Ver-
suche haben also nur bewiesen, dafs die Bakterien den jeweilig
herrschenden Aufsentemperaturen Stand zu halten vermochten.
Auf einer besseren jiliysikalisohen (irundlage waren schon jene
V ersuche basiert, bei welchen eine Waruiesstralileiiwirkung durch
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Von Dr. mdhwrd WlMoer.
39
Filtration des Lichtes mittels Wassers oder konzentrierter Alaun-
lösungen angestrebt wurde, wenngleich auch hier stets eine Ver-
mengung von Wärmestrahlung und Leitungswärrae stattfand.
Unter diesen Versuchen nun finden sich sowohl solche, welche
für eine Beteiligung der langwelligen Strahlen an der Keimtöiung
Sprech«!! als auch solche, welche diese Strahlen als unwirksam
SU erweisen scheinen. Mit Bezug auf derartige Experimente sei
bemerkt, dafa — vorausgesetzt diese Filterflüssigkeiten sind im-
stande, langwellige Strahlen vollständig zu absorbieren — solche
Tvösungen für alle anderen Strahlen des Sonneuspektrums durch-
lässig oder SU mindest smn Teile durchlftssig sind, daher auch
bei supponiertem absolutem AasschlaCB der »Wftrmestrahlen« sich
der Rest des Spdctmms in seiner Wirkong geltend machen mufs.
Die absolut adiathermane Eigenschaft konsentrierter Alaunlosungen
aber wird durchaus nicht von allen fiiysikem anerkannt. Nach
UntersQchungen von Hutchinson (3Ü1. J. 43/526), Bidwell
(Natura 44J565), sowie Thiele und WoIf8(^^) absorbieiren Alaun-
lösungen eher weniger von den »Wärmestrahlen« als wie ge-
wöhnliches Wasser, während Porter (Nature 45/29) wieder durch
Alaun eine vollständigere Absorption findet, wie durch gewöhn-
liches Wasser. Aas selbst angestellten Versuchen ging hervor,
dafs weder durch Wasser noch durch konxentrierte AlaunlOeungen
eine vollständige Absorption von »Wännestrahlen« stattfindet,
und dafs AlaunlOsungen langwelHge Strahlen etwas stibrker absor-
bieren als Wasser.
Was endlich jene Versuche betrifft, bei welchen Glasbestand-
teile durch solche aus Quarz ersetst wurden, so mnrs anerkannt
werden, daTs diese wohl gt eignet sind, die hohe bakterizide
Wirkung der kurzwelligen Strahlen darzutun, dafs die?e Ex-
perimente aber nicht injstande waren, die Unwirksauikt Jl der
langwelligen Strahlen zu beweisen, da Glas in gleicher
Weise für ultraviolette wie für ultrarote Strahlen
schlecht durchlässig ist (vgl. Vers. 68). Die einzigen
Experimente, welche die Bedeutung der langwelligen Strahlen
einigermafsen dartaten, waren jene von Geisler, der zeigte, dai's
Bakterien auch hinter berulsteu Glasplatten (welche in hohem
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40
Die Wirkans das Soonenlicbte« »of pAthogena Baktorian.
Grade als dtathennan ansosehen sind, vgl. Vers. 68) ver-
niobtet werden, veno aoch langsamer als im gesamten weifsen
Lichte.
Ein b • i la a f i g e 8 Bild von den AbwrptioiMverbBltalMaii venehiedaiMr
n&8 hier intoramerandar Subatanaan fOr langwalliga Strahlen möge die nadi-
fotganda Taballa wiaderg^n (mit Stcafalmigsthamiomalar baadount).
Taraaek 68.
warme-
tiahlimg
Abwibiezende Sobttanzen
Wärmo-
itnthluDK bint.
BolMtMIMn
beitfmmt
Luft-
tenpentor
40"
C
i 1
0,9 mm dicke Glasplatte . .
1 1
1 32.6 •
18 •
42"
c
KoDX. Alaunlösung gekühlt')
21,0«
19»
>
Deatill. Walser, gekühlt >) . .
r 22,0»
19»
>
DaatilKWaaMr» angakflhlt .
i »,o*
!»•
37,0»
19»
>
i, BttuArta GlaapJatla. . . .
19*
Um die Wirksamkeit oder Unwirksamkeit der einzelnen
Strahlenurten des Sonnenspektrums zu erforschen, hahe ich zwei
Gruppen von Experimenten angestellt. In der ersten Gruppe
wurde durch Zerlegung des .sichtbaren Spektrums die Wirkungs-
weise der einzehieii »farhisren« Strnlileu uiitersuclit , in der
zweiten Gruppe die \Vi rkun^^sweise der unsichtbaren, voniehm-
Hch der ultraroten Strahlen. Die Zerlegung des sichtbaren
Spektrums geschah mittels folgender Fiiterflüasigkeiten iu 0,9 cm
hoher Schicht:
1. A m m on i ak a 1 i s c h e Eosinlösung, durchlässig für
Rot und Spuren von Orange, von a — C^^,
2. Doppeltchromsaures Kali, durchlässig für Kot,
Orange, Gelb und Spuren von Grün, von 0—65,
3. Kupferchlorid mit einigen Tropfen Salzsäure, durch*
lässig für Grün und Spuren von Qelb und Blau, von
80—140,
4. Schwefelsaures Kupferoxydammoniak, durch*
lässig für Blau und Violett und Sporen von Grün von
100 bis ins Ultraviolett.
1) Dia Kflhlung wnida aaiiliah durch Itialaandaa Waaiar vorganonunan.
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Ycm Dr. ncliard Wiflsner.
41
Diese Filtertlüssigkeiten wurden in allseits abgeschlossenen
planpaiaUelen Glaedosen mit 2,5 mm Glasdicke untergebracht.
Die Dosen, auf ausgeschnittenen Falzdeckeln von Zinkblech an-
gekittet, wurden als Deckel auf runde Bleobdosen gestellt,
innerhalb welcher sich die Bakteiienproben behnden. Bei den
Paraüelyersuohen mit unzerlegtem weifsen Licht mu&ten die
Strahlen ebenfalls eine gleiche Olasdose, die in gleicher Schicht
mit destilliertem Wasser gefOllt war, paasieroa. G^;en die Ver-
wendung von Filterflflssigkeiten wurde seineneit der Einwand
erhoben, dals die so gefundenen AbtOtungswerte wegen vaii-
ierender Intensit&t der so erzeugten Spektralabschnitte nicht
kommensurabel seien. Wenn man aber bedenkt^ dafs s. B. durch
das Rotfilter die gleiche Menge von roten Strahlen durchgelassen
wird, als rote Strahlen im unzerlegten Lichte enthalten sind, wird
man die Berechtigung zugeben müssen, aus dem Vergleich solcher
Experimente %vl entscheiden, ob rote Strahlen überhaupt bakteriaid
wirken und wie grols ihr Anteil bei der AbtOtung von Bakterien
durch das unserlegte Sonnenlicht ist. Dasselbe gilt nattlrlich
auch für aUe anderen Farbenfilter im Vergleich mit dem weilsen
Lichte und etwas Anderes strebten wir ja in unseren Versuchen
auch nicht an.
In der zweiten Gruppe von Versuchen (mit >un8ichtbareu«
Strahlen) habe ich mehrere Verfahren angewendet, und zwar
zunächst die Filtration von langweUigen Strahlen mit vollstän-
digem Ausschlufs von Lichtstrahlen und ultravioletten Strahlen
mittels konzentrierter Lösungen von Jod in Schwefelkohlenstofl,
welche Substanz nachTyndall schon in wenigen Millimeter hohen
Schichten bei absoluter Adiaphanio für ultrarote Strahlen in
hohem Mafse permeabel ist. Diese Lösungen wurden in gleichen
Glasdoseu untergebraclit wie bei den Farbentiltern Kerners
habe ich die Versuche von Geisler mit beruDsteu Glasplatten
1) Da SchwetolkohlenBtoff Bchon bei niedriger Temperatiir verdampft,
wnrdeu an diesen Glasdosen, Dm ein Zerreifson derselben durch den hohen
Innendrack zu venudiden, lange, am vorderen Ende in eine feine Spitze
aaegezogeae ^iMrOhren adaptiert, und diese vor das offene Fenster geleitet,
tim einerseits ein Entweichen der D&mpfe in die Atmosphäre zo ermöglichen nnd
aaderaeite die BAi. vor dner sebadUcben Einwixkang dieser Dampfe sa ecbfltven.
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42 Wirkung des Sonnenlichtes auf pathogene Bakterieo.
wiederholt, wobei abermals aafser den ultraroten Strahlen alle
anderen Anteile des Spekirams aasgescblossen waren. Eine weitere
Reihe von Versuchen wurde mit durch Alaun und Wasser fil>
triertem Lid^te ausgefflhrt» bei welchen Experimenten das Fehlen
der teilweise zurQckgehaltenen langwelligen Strahlen sich durch
eine sehwftchere Sch&digung eventuell bemerkbar machen mufote.
Im Steinsalz endlich besitsen wir eine dem Quarz korrespondierende
Substanz, indem dieses neben der Diaphanie noch die Eigen-
tflmliehkeit hat, langwellige Strahlen in hohem Mafse durch*
treten zu lassen. Dementsprechend führte ich in einer weiteren
Versuchsserie vergleichende Experimente mit Quarx, Steinsalz
und Glas aus. Wilhrend unter Olas bauptsfichlich nur die sichte
baren Strahlen zur Wirkung gelangen, kommt unter Quarz noch
ein Plus an kurzwelligen, unter Steinsalz ein Plus an langwelligen
Strahlen zur Geltung.
Diese letzteren Versuche waren so eingerichtet, dafs in eine
rechteckige Blechdose mit Blechdeckel drei Fenster eingesdinitten
waren, von welchen eines durch eine 5 mm dicke Steinsalzplatte,
ein zweites durch eine 5 mm dicke Quarzplatte und das dritte
durch eine gleichdicke Glasj-latte abgeschlossen wurde. Der
Iniienraum war durch drei Blenden in drei Fäclier geteilt, so
dafs die Bakterien vor dem Eindringen von Strahlen aus der
Nebenabteilung gescliüt/A und unter gleicbeu Temperaturverhält«
oissen gehalten waren.
Vernoeh 289. 23. Vlil. lÜOÜ.
StaphylococcuK pyogenes aureu», 2U Stuuden alte Kultur- Vereachsdarck '
fllhrnng in der gewöhnlichen Weise. Vennchadaaer Ton VASt-^^ffi Uhr
neehmittage.
ammoiitalt''
KelmsataleB
bichroml-
Kiipfer-
chloiid
Schwefel».
Kupfer»
oxyd-
869600
346500
m'2 200
277 200
218 4ÜÜ
869 600
857000
303 200
239 400
156 660
369600
882900
420 0(10
222 6(J0
18OS0O l 56700 184400
369600
! 441000
174 COO
o()0
3:')7 000
126000
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Ton Dr. Biehard Wlwner.
43
Terameli 299. 1. IX 1906.
Stapbyiococcus pyogenes «ureus, 16 Stunden alte Kaltur. Venucbadorcb-
fahrang wie gvwOlmlich. Ezpoiilio&idMi«r von Vil^— Vs8 Ubr aMbmittag«.
1-
5 C
O b
« c
U
bB
a
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s
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Innen-
temperataren
II. III. 1 TV. • V.
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47.5
22,5 36,6
3»,5
32,0 31,0
1,111
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1
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*
1,111
28 560
420 ÜUO
42Ü ÜÜU
•12Ü000
756 OÜO
IV,
52,1
23,6 44,0
48,0
42,0 44,0
>
1,125
69
420 000,386 400
420000
550200
2
52,0
24,0 43,0
43,0
42,5 43,0
>
1,111
9
S81800
906400
474600
449400
3
56,5
26,0,45,0
4ö,0j43.0;45,0
»
1,000
0
r
159600
1 66700
166890
180600
Die Inoentomperatoien bewegten sieb bei den vorerw&hnten
Veranchen zum Teile um die optimale Waohstumstemperatur,
das für das Bakterienleben zulaasige Mazimmn wurde nie über-
fldiritten.
Aua den Versuehen entnehmen wir, dafs unter allen Farben-
filtem ÄbtOtnng eintrat, am raschesten und voUstftttdig^ten alle^
dings im weifsen unseilegten Licht Das ist auch nur selbstver*
st&ndlidi, wenn wir sehen, dafs die Wirkung des Lidhtes sich
aus der Summe aller Strahlenarten zusainmensetst. Auch unter
dem nur für Rot durchlässigen Filter tritt eine Ab-
tOtungund zwar eine ganz bedeutende AbWtung 6in, trotzdem
der Spektralabschnitt, der durch den Eosin^Ammoniakfilter durch-
gelassen wird (0 — 65) ein recht schmaler ist Es sind daher
bei der AbtOtung von Bakterien durch das unzerlegte
weifse Licht die roten Strahlen nicht nur unwirk-
sam, sondern diese sind an der G es a uit w irk u ;i g des
Lichtes sogar in nennenswerter Weise beteiligt. Dafs
unter Kaliumbichromat die stärkste Abtötung stattfindet, könnt«
einerseits auf eine gröfsere Wirksamkeit der gelben Strahlen
zurückgeführt werden oder hängt damit zusammen — und diese
Annahme möclite ich als die wahrscheinlichere bezeichnen — ,
dafs durch dieses Filter ein umfani^reiclierer Spektralabschnitt
durchgelassen wird, daher auch eine grÖfsere Summe von Strahlen
zur Wirkung gelangt. Mit dieser starken Intensitatsabschw&chung
Digrtized by Google
44
Die ^RrkoBC d«« SonneaUditM «nf pAtbogene fiakterieo.
mag es auch zusamuietihangen, dafs unter einzelnen ! ilteni im
Anfange der Versuche ein Ansteigen der Keimzahl eintrat, indem
zunächst die das Wachatum begünstigende Temperaturerhöhung
(vgl. Abschn. 2) und erst im weiteren Verlaufe der Exposition
die bakterienzerstörende Wirkung des Lichtes zur Geltung kam.
lu der Tat lehren auch Versuche, bei welchen als Vehikel für
die Bakterien sogenannte indifiereute Medien verwendet werden,
dafo stets von Anfang an eine gleichmäfsige Keimzahlvermin-
derung stattfindet, sobald die Möglichkeit einer Keimvermehrung
wegen mangelnder Nahrungssufubr ausgeschaltet wird. Wenn-
gleich \' ersuchen mit indifforenten Medien keine absolute Verlars-
Uchkeit beigemessen werden kann, mdge dennoch ein solches
Experiment hier wiedergegeben werden.
Tersaeh 146. SS. Vm. 1906.
Staphjloooeeas pyogenes aoreas. 24 Standen alte Kultur.
Auf Wasseragar exponiert
. 2
Ii
• S
H
k.
S
-2
., a
Bewölkung
tu
w«i&es
Liebt
Bofin-
ammotilak-
IdSUDg
bicliroml-
cum
Kupfw-
eUorld
Öchwelel-
saures
Kupfer-
oxyd-
•mnoiiiak
49.2
26.6
0,666 ,
365 HjO
3ÖÖ 400
365 400
365 400
365 400
49,2
97,0
0,666
4200
208 700
! 285600
898400 861800
47,8
27,0
S, B,
0,600
10
16 800
78 120
294000
294 000
1
48,0
•27.G
S,B,
0,416
6
12 600
4 20O
1'7 300
42O0O
2
44,4
27,6
y«B,
0,212
0
6 720
2100
16 800
210UO
8
88,1
27,0
S,B,
0,166
8
8000
174
4200
18060
Bei Lichtabschlufs aufbewahrte Kontrollen enthielten nach
1 Stunde 861800, nach 8 Stunden 298 200 Keime, so dafs der
bei weitem gröfste Teil der AbtOtung auf die Wirkung der Lichta
strahlen zurückgeführt werden kann. Eine besondere Überlegenheit
der blauvioletten (kurzwelligen) Strahlen Über die anderen
farbigen Strahlen ist weder in den hier mitgeteilten noch in den
anderen /,;ihheicheii v<»n mir angestellten analogen Experimenten
•/.u tiiiilen, ja es hat den Anscliein, als wüi<len die stark brech-
baren Strahlen innerhalb des sichtbaren Spektrums weniger wirk-
sam sein wie die übrigen farbigen Strahlen 1
Digitized by Google
Von Dr. tUehard Wie8ii«r.
45
Wie sich die Strahlen des unsichtbaren Spektrums, — ultra-
rote und ultraviolette Strahlen — verhalten, ist aus den voran«
geführten Versachen zunächst nicht su erkennen, da diese beiden
Strahlenarten w^en der Verwendung von Glas zum Teil aus-
geschlossen waren* Die kräftige, bakterizide Wirkung der ultra-
violetten Strahlen werde ich nicht besonders zu beweisen brauchen,
so dafs wir sofort an die Untersuchung der ultraroten Strahlen
schreiten kOnnen. Zu diesem Zwecke seien hier lanächst die
Versuche angeführt, bei welchen die Bakterien unter Jod-
schwefelkofalenatoff'Filtem hinter berafsten Glasplatten, Alaun' und
Wasserfiltem dem SonnenUchto exponiert wurden. In allen diesen
F&Uen werden die Bakterien nicht der Geaamiheit der ultraroten
Strahlen ausgeaetat, da diese Flflsaigkeiten aich in Glaagefftfsen
befonden duich welche, — wie ich schon mehrbich hervorgehoben
habe — langwellige Strahlen atark absorbiert werden. Die Ver-
suche mit JodschwefelkohlenatofiE-Filtem und bemlaton Glaaplatten
haben aber dennoch groben Wert, da wir nur auf diese Weise
imstande sind, mit aus dem Sonnenspektrum isolierten langwelligui
Staüilen zu experimentieren.
Ea findet alao unter Alaun- resp. Wasserfiltem eineVerzGgcruug
der Abtfituug der Bakterien statt (Versuch 289/B}. Es müssen
daher die durch diese Filter zurückgehaltenen Strahlen an der
bakteridden Wirkung des Lichtea beteiligt sein. Dafs unter Alaun
eine st&ricere Verzögerung der AbtOtung als unter Wasser statt-
findet, stimmt vollauf mit den im Versuch 68 mitgeteilten Er-
fahrungen über die Absorptionsverhältnisse dieser Flüssigkeiten
überein. Tersnch 289/B. 23. viii. vm.
St&phylococcus pyogeoeH aureus, 20 8tuuden alta Kultur.
Ejcjh).s.-
D«uer
lo
Stds.
Wftmie
atnhlang
Luft*
tMttpftimtttr
B«wöl-
kODg
f ^hem)^<oh«
1 Llcht-
itueniltät
ITnierlegtes
Ueht
{15 cm)
KOD2«Ott.
AltvnAltar
(15 cm)
DesUUieru
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9
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22,5
J 1,111
369 600
369600
969600
45,5
'23,0
1,111
340 200
1
47,3
23,0
>
1,250
57 960
348600
66 260
1'/,
49,9
31,0
>
1,250
1 9
s
50,5
84,3
64
69640
978
2'/.
51,t
24,6
»
1 ^'"^ 1
7
6800
0
Digrtized by Google
46 Dl« WIrknitg dM Sonnenliehtw auf patbogvne fi«Irtori«ii.
Ztt Venacli 289/B.
fir. 4.
ftmaiA 1. IX. 1906.
StaphylocoocuB pyogenea aurens, 16 Standen alte Knltar.
Jod*8chwofelkohlanatoff'FiUer
Expos.-
Dauer
in
Sttln.
Wärme-
■tnblniig
Laft-
tempwBtor
Innen
t«inperatuT
JMI-
8oli««l«1
BewAl-
knnt
Cbemliehc
I.Icht-
intCDsiUlt
1
< DEcrlegtes
U«ht
Jod-
Scbw«Iel-
koblwittofr*
fUtor
0
47,6
22,6
86,6 !
S.B.
1,111
467 800
467800
1
52,0
28,6
4S,Q
»
1»111
S8&G0
IV.
52,1
23,6
44,0
»
1,196
69
2
52,0
24,0
43,0
>
1,111
9
243 ÖÜO
3
65,5
26,0
45,0
>
1,000
56 700
Digitized by Google
Von Dr. Biehard WiMn«r. 47
▼mriieh MS. 81. VU. 1906.
Staphylococcua pyogeneH aureus, '2i Stunden alle Kultur.
Kuftipiatte.
Espoi--
Owier
la Sid.
\Viirrne-
strabluQg
Luft-
teinpeimtor
Innen-
temperatur
tMin
Bewöl-
kung
i:beiulaobe
Ucbt-
iBtnilttt
l'aietlegtas
Ueht
Uint«r
(o,S Dua}
0
46,1
20,6
S«B,
1 000
428 400
V,
48,1
26,0
41,5
0,833
424 200
470 400
1
49^
96,1
41^
>
0,666 '
899000
»6100
IV.
48,4
26,6
41,0
>
0,026 1
12 600
155400
s
47,1
27,0
39,1
>
0,500
4200
109 200
45,0
27,0
37,0
>
0,250
92 400
a
48,1
36,5
0,250 .
1
^ 208
67 200
Die Innentempetatnr der VenucliBkftstcben unter Jod-8cbwefel-
kohloDstoff-Filtem und berursten Glasplatteo flberstieg in den an*
gefahrten Versuchen nie die fflr das Leben der Bakterien zu*
lassige obere Grenze, so dab ein Absterben von Keimen nieht
etwa auf AblOtung durch Erhitzung bezogen werden kann. Wenn
dennoch unter diesen Filtern eine bemerkenswerte Keimzahl-
Verminderung stattfindet, so deutet dies darauf hin, dafs auch
den langwelligen Strahlen eine bakterizide Wirkung
innewohnt, ohne dafs diese auf der erwBrmenden
Digrtized by Google
4S
l)ie Wlrkong dm fimmenUehtM «il p«tliog«n« Aftkt«fl«ik.
Wirkung dieser Strahlen beruht! Berücksichtigen wir-
die schon hervorgehobene Tatsache der teilweiseii Absorption
ultraroter Strahlen durch Glas, so können wir schon aus diesen
Versuchen (bei denen ja stets Glasbehälter verwendet werden
mufsten) schliefsen, dafs die bakterizide Kraft der infra-
roten Strahlen eine ganz bedeutende sein dürfte.
Zam Schlüsse koT^ime ich zur Wiedergabe und Besprechung
jener Versuchsreihe, bei welcher durch Substitution der Glas-
platten durch Quarz- resp. Steinsal^platten eine Erweiterung der
einwirkenden Spektralabschnitte über das rote resp. violette £ude
stattgefunden hat
YevMMh tl4. 6. IX. 1906.
StapbylococcDB pyogenes aarens, 24 Standen alte Kultar.
Kzpotit.-
In Stdn.
Wärme-
Btrah-
lUDg
Isnea»
temperatar
VttZSUOll»'
UUrtBbMl
Bewöl-
kuog
Qiflmiaebe
la«tnali&t
Olaa
Quarz
SMIbmIb
0
46,0
36,0
1
1,000 il 840000
1,000 1 764400
S40 000
biOOUO
47,0
34,0
488000
468000
IV.
60^
36,0
>
0,Ö26
697 200
359 100
107 10t)
Heim Zählen hinter Stemsa/z.
♦» Olas^
1
flg. 7.
h.i
Digitized by Copgle
Von Dr. Richard Wiesner. 49
TmmA 888. 18 vnr 1906.
Staphylococcns pyogene« a'iren^^, Stnnden altn Kiiltnr
Kxposlt.-
Dauer
In stdn
Wärme-
atrah-
l'inc
Luft-
tempo-
nst'] r
Innen-
tempo-
Bewöl-
kung'
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Ltoht- 1
Inten- 1
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38,5
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>
>
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1,000
0^
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, 287 640
312940
1
. iyo6.
Sttuden a
283 920
198200
39400
Ite Kultur
283 920
164640
7140
Exposlt.-
Dsiier
la Stdn.
WUnne-
strab-
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Luft-
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ratur
Innen-
tempe-
ratur
Bewöl-
kung
Cbem. 1
Ucht- '
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alUt
1
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0
(1-V«8J
45,0
47,8
51,1
22,5
28,0
24.6
37,0
40,0
43,0
8,Bo 1,111
» 1,167
» 1 1,180
1
315000
1S1800
369 600
162120
165
369 600
48800
957
Aus dem bedeutend rascheren V'erlauf der Abtötuiig von
Bakterien hinter Steinsalz als hinter Glas können wir schliefsen,
dafs den durch das Steinsalz durchtretenden Strahlen eine her-
vorragende bakterizide Wirkung innewohnt. Aus dem Umstände
der gleichraachen, ja sogar meist merklich rascheren Abtötnng
hinter Steinsalz als hinter Quarz kiiniie?i wir weiter deduzieren,
dafs die ultraroten Strahleu den ultravioletten
Straiiien au bakterizider Wirkung nicht allein
gleichstehen, sondern dieselben anscheinend sogar
übertreffen
Das Ergebnis aller angeführten Experimente ist also, flafs
alle Ab. schnitte df>s Sonnenspektrums, sichtbare
und unsichtbare Strahlen, bakterizide Eigenschaft
besitzen, diese Kraft jedoch ungleichmäfsig verteilt
ist, so dafs die maximale Wirkung an die unsioht-
Arohtr f. Rygicn«. Bd. LXT. 4
Digrtized by Google
50 I>i« Wii^nng des Sonnenllohtea Mf pathopittiie Bakterien.
hären Strahlen gebunden ist, gl e i c }i ir li ! t i <t a}> diese
jenseits des nltrnrioletten oder ultraroten Endes
gelegeu sind, ja die langwelligen Strahlen den kurz-
welligen sogar an desiDf isierender Kraft überlegen
zu sein scheinen.
9. YwnudiB mK kfiNttlleh 0rzeu||i0n langwelligen sog. dunklen
Wärmestrahlen.
Sind die im vorhergehenden Abschnitt gemachten Beobach-
tungen richtig, dafs auch die langweliigeu (sog. dunklen Wänne-
strahlen) keimtötende Kraft besitzen und diese Keimt» »tung nicht
durch einfache Umsetzung der eingeslrahlleu Wärme in Leitungs-
wärme und in weiterer Folge durch schädliche Erhitzung statt-
findet, so niufö 68 auch gelingen einen kdeichen Effekt mit iso-
lierten langwelligen Strahlen zu erzeugen. Um mir solche
Strahlen zu verschaffen, bediente ich mich eines im folgenden
zu schildernden »Wftrmestrabluugsapparates«.
Anf wnem 8 cm hohen Eieengeitell ruht eine mit Ofeaedtwlne mar
geleasene qoadrstiMhe Gnüniaenplatte mit tiner Seitenllnge von 80 cm nnd
einer Dicke von '2,5 cm. TTntorhalb dieser Platte if»t in ents]irechenfler Ent-
fernung ein liaa- Hoiz.krauz angebracht, dem von zwei leiten da« G;\i* zu-
geführt wird. Diese Zuleitungsrohro sind nach Art eines Teclubreoner»
adaptiert» eo dab fttr eine bedeutende Heiskraft der Flimmcben geeoigt ist
Aul die Gufeeisenplatte ist ein ca. 5 cm hober Aelwrtring mit einem Dardi*
mepser von 30 cm aiifgenef7-t iind dewnen Innenraum in einer Höhe von ca.
4 cm mit trockenem füinea Flafasand gefüllt. Diese SandBchicbt hält die
Wirme der von unten angebeizten Eiaenplatte in hohem Grade zurück und
bedingt eine ^eichmlMge Vertoilang an Wirme in der Keenplatte.
Diese geadiilderte Vomehtong i»t in einer Holsldete antergebradit.
DieHe ist innen allseit« mit einem Doppelmantel TOB Aebeet, der iMi i-
ieolierende J.aftsc'hirht einHchlierjJt, aupgeschlakren, nm eine 7,ii Rtnrki' Kr-
wirmung der UokbentHndteile zu vermeiden. In der Mitte des Kistenbodoua
befindet ridi tin im Dondimeuer 96 em meeiender, kr^mnder AoMchuitt^
ttlMT welchem in einer Entfernung von 8 cm die OnTaeieenplatte liegt An
dem Rand dieaea Ati88chnitteM ist dicht anschliefsend ein Asbestzylinder
befestigt, der bis an die TTnterfläche der Eipenplatte reicht und derselben
abermal8 enge anliegt, po dafH also der innenraum der Kiste mit dem daeelbet
Digitized by Google
Von Dr. Ri«hird Wl«sii«r.
51
gelegtsnen ileizring uach unten vollkommen abgeeciiloe«6n ist. An den
Seitenw&aden der Kiste sind mehrfache Laftkan&le angebracht, die su den
FbrniiiMii des Heisringes fOhfen nnd an ihrer Mftadoiut neeh anfeeB mit
AHbestblendeD denrt TltaeheD sind, dafa ein Auetreten der sp&rlichen, von
den Gaaflämmchen auaf^epandten T-tchtHtrahlen nach abwärts verhindert wird.
Oben ist die Kiste durch einen starken Asbestdeckel verschloMen^ der in
^ner Bfitto einen Aneeelinill mit etaem Abn^tirofar nun Eatiraifibmi der
heireen Luft nnd der Terbrannangegeie triigt Dieser ganse Apparat lat in
der Ht^he veratellbar auf einem Galgen, der auf einem Tischehen (Veraocbs-
tiachrhen) aufruht, aufgohnn&;t In der Oassaleitnng ist endlich ein Dreiweg-
stück mit Gasbahn eingescbaltec
Di« heifse Lah als spenfisch leichtor Btrflmt nach oben ab,
die von den Oaeflammen auagesandten Strahlen weiden vor dem
unterhalb des Apparates befindlichen Partien des Versuehsranmes
abgehalten, so dab nur mehr jener Teil der erhitzten Eisenplatte,
der Aber der Öffnung des Kistenbodens liegt, langwellige Strahlen
nach abwirts aussendet. Dadurch rarielte ich eine reine Strahlung
von parallelen langwelligen Strahlen mit Vermeidung einer even-
tuellen Nebenwirkung der heifsen Luft, die ja, wie erwlhnt
physikalischen Gesetzen folgend, nach oben entweicht. Durch
Regulierang der Gaszufuhr mittels des Gashalmes, sowie durch
Variation der Entfernung der strahlenden Fläche des Ai>j)nrates von
den darunter befindlichen \'er.such.sobjekten kann die Strahlungs-
intensität nach Belieben variiert werden.
Der Apparat ist in einem als Dunkelkammer adaptierten
Kaum aufgestellt, in welchem mittels lichtempfindlichen Papiers
das Fehlen von photochemischen Strahlen, sowie mittels eines
Baiiumplatincyanürechirmes das Fehlen ultravioletter Strahlen
nachgewiesen wurde.
Die Versuche wurden analog wie jene im Sonnenlicht aus^
geführt Die Lufttemperaturen wurden stets unterhalb dea
Apparates bestimmt. Parallel mit den Bestrahlungsversnchen
stellte ich stets KontroUversuche an, indem ich gleichbeschaffene
Bakterienproben vor Lidit gesehütst in Wärmeschränken auf-
bewahrte, deren Innentemperatur jener am Strahlungsthermometer
abgelesenen Wärmestrahlung entsprach.
4*
Digrtized by Google
58 Die Wirkang des SomimiliclitMt vnt pathogene fiakleilMi.
YersaDli 19. 1906.
StaphylooowttB pyogeoet «grent. 9i Stondwa «He Knltur.
ExpotdtioDs-
W&rme-
•timbluos
5
Luft-
Mmpmtoi
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. 21. V. 1906.
1808000
1440000
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^latili vlfiCi ■( ('IIS JA''! i;^^t'iu'ft iiiireiiH, "24 Stunilnr; ,ilic isiiltn
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288 000
728000
>
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80 000
CC
4
38,2
27,5
> 16 000
00
/
Digitized by Google
Von Dr. Richard Wiesner. 53
T«nmhaao. 22. ¥. 190&
StaphylucoccuB pyogenes aareas, 24 Standen alte Kalior.
1
Tnapeimtnr
Kalmsablan
Kxpoaitiona-
W&rme-
Luft-
des
vntMr dvn
Im
d*a«r
■tnhluas
t«mperitui
W&nne- i
sehfankM
gtyaWumiapiiMat
WlitoMduaini
e
41,0
28,5
42,0
62U UtX)
Ö20 000
'/} Stunde
41,0
28,5
41,2 1
36Ü400
1 >
49.9
99,0
41^
1C8O0O
480000
1'/« 8tti]id«n
49^
29,0
41,5 '
94 000
2 ,
42,fi
29,2
41.5
680 000
8 >
42,0
29,2
42,0 1
8000
00
4 >
41.8
29,2
42/) j
180
00
Die Temperaturen waren m daa beiden ereten Vereuoben
so gewftblt, dafe sie das Temperatoroptinium nicht Aber
sohritten, im dritten Falle, dal^ sie die ffir das Bakterienleben
snlässige Temperatnr nicht überschritten. Wenn Gnnni
BQSck(^) gdegentlich si^ » . . . . data es ja von vornherein
selbstTerstftndlichistt dafs die Wannestrablen — wenn deren Inten*
sität gentigeiid grofs ist — bei sukzessiver Erwärmung eines
Mediums, in welchem sich die Bakterien befinden, diese ver-
niditen können, ebenso wie es derLeitungswftrme möglich ist«,
so kann dieser Einwand für die vorliegenden Experimente nicht
erhoben werden. Denn ein Körper kann im besten Falle nnr
so viel Leitungswfiime, auch nach stundenlanger Einwirkung,
annehmen als ihm von der Wftrmequelle eingestrahlt wird.
Wenn sich daher die Einstrahlung, wie in unseren Versuchen,
um die optimale Wachstumstemperatur bewegt und dennoch Ab-
tötung stattfindet, so kann diese Schädigung der Bakterien nicht
auf die Wirkung von in I>eilungswämie umgesetzte Wärme-
strahlung bezogen werden, sondern inuls als eine den lang-
weUigeu Strahlen innewohnende spezifische Wirkung auf Mikroben
augesehen werden, die eben mit der Schädigung durch einfache
Temperaturerhöhung nichts gemein hat.
Mit solchen künsUich erzeugten langwelligen Strahlen habe
ich nahesu alle im Sonnenlicht angestellten Versuche wieder-
Digitized by Google
54 1)1« Wirknng d«a Sonmnlichtoa auf pathogene Bakterien.
holt und durchwogg Tollatändig übereinstimmende Hesuitate et-
halten.
Somit erachte ich die Tatsache, dafs auch den
langwelligen Strahlen über das ultrarote Ende hinaus
eine bedeutende bakterizide Wirkung innewohnt,
fflr ▼ollstftndig bewiesen.
10. Einflur» der begleitenden üifttenperatur.
Wiederholt begegnen wir der Beobachtung, daft die Ab-
tOtung von Bakterien durch das Licht bei höherer Lufttemperatur
rascher eintritt als bei niedriger Temperatur. So berichtot
Kra8e(*<*) von einem Versuche, bei welchem Milzbrandsporen
au&llend rasch zugrunde gingen. Die Lufttemperatur wfihrend
dieses Versuches betrug 65* C. Dies versnlatste Kruse Sporen
derselben Kultur in einen vor Licht geschätzten Raum zu
bringen, dessen Innentemperatur ebenfalls 66* C betrug. Erst
nach dreiwöchentlichem Aufenthalt daselbst war ein beginnen-
des Absterben der Sporen zu konstatieren. Dieses Experiment,
mit Bac. typhi wiederholt, ergab ein fthnliches Reoultat, so dafs
Kruse zu dem Schluls gelangte, dab diese rasche AbtOtung
bei Belichtung nicht dun^ die Einwirkung von Wftrmestrahlen
▼erursadit werden konnte, wohl aber die desinfizierende Kraft
der Sonne mit steigmder Temperatur zunimmt. Gleidie Be-
obachtungen sind in einer bereits früher erschienenen Arbeit von
Santori(-^) wiedergegeben. Auch M artin au d(*-) macht bei
seinen Versuchen mit Saccharomyzeten die gleiche Erfahrung.
Dieudonn^C") hingegen hält die jeweilig herrscliende Tem-
peratur bei Beliclitungsversucheu für Itelatiglos. In neuerer
Zeit beschäftigte sich Bang('^*) eingehender mit dieser Frage.
Er exjterimentierte mit konzentriertem elektrischen Licht (Finsen
lampej und hielt seine Bakterien während der Bestrahlung unter
beliebigen Teinyieraturen, indem er die feuchten Kammern mit
den Bakterieiiproben in einem von ihm konstruierten gefenster-
ten, mit Wasser gefüllten Kasten unterbrapltte und so der Sti ahlea-
wirkung ex|H)nierte. dal's zwischen Lichtquelle und \'ersnrh.s-
objekt eine Wasserschicbt eingeschaltet war. Das Ergebiii:^
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Von Dr. Bidianl Wieaner.
&5
seiner Versuche war, dafs Baet prodigiosum bei 45° rascher
als bei 80^ bei 35° rascher als» bei 16 — 18" getötet wurde.
Bedenken wir, dafs der höheren Aiifsentemperatur im
allgemeinen eine bedeutendere Wärmeeinstrahlung entspricht, so
ist es zunächst nach unsern Erfahrungen über die Wirkung lai^-
welliger Strahlen nur natürlich, dafa die bakterizide Wirkung
des Lichtes bei höherer Lufttemperatur infolge höherer StiahlongB-
iniensität eiue intensivere sein mufs. Es fragt sich nur, ob
dieser Effekt einzig mit der gesteigerten Strahlungsenergie (der
langwelligen Strahlen) zusammenhängt) oder ob auch die be-
gleitende Lufttemperatur die Strahlenwirkung zu unterstützen
resp. SU hemmen vermag. Die angeführten Versuche Bangs
sind zur exakten Lösung der Frage insofern nicht einwand-
frei, als die zwischen Lichtquelle mid Bestrahlungsobjekt ein-
geschalteten Wasserschichten mit varrüerender Temperatur eine
grOfsere oder geringere Absorption von langwelligen Strahlen
auf ihrem Wege 2U den Bakterien bedingten.
Um diem Ungenauigkeit in der Veraacbsanordnung zu uingebeo, legte
ich meine Bakt<.'rien auf den Bo lpn von doppelvvandigen Blechkästchen, die, als
feuchte Kammern adaptiert, oben durch einen dünnwandigen Glasdeckel ab-
geachloMen wurden und durch Durchleiten von kaltem resp. erwärmten
Wmmt aaf beltebig« T)»mp«ratar«ii gebmebt worden. Der Zutritt de» Uehtfls
zu den Bakterien war auf diese Weise (mit Aurischlurs den ( Hasdeckels) ein un-
gehinderter. Durch Verprleich paralleHauff^r; !pr Vfr'^^r.i '^J^' unter tior im Vf>r-
suchsraum herrschenden undder willkdrlicb uiitgeteilten Temperatur bei absolut
Kleicher StrahlnngiiiiitMiiitil tollte der EinflnA der begleitenden Aofsen-
tempentor anf die bakterialde Wirkung der Sonnenetrahlen beobaebtet
werden.
Die Versuche mit Erniedrigung der umgebenden Tcmijeratnr wurden
im Sonnenlicht und unter dem Wärmestrahlungsapparai, die Versuche mit
erbebter Aabentempemtor hingegen in der Dankelkenuner unter dem
Slrftblnnguppemt dnidkgeftthrt, welch letztere Vereudiedarchf Abrang den
grofsen Vorteil hatte, dafs Strablunpswilrme utid Lufttemperatur nach Belieben
variiert werden konnte und diese Werte eich während des gansea Versuches
konstant hielten.
Ebenso wie en gelingt, durch Erniedrigung der begleitenden
Temperatur (\'er.-ucli _^64) die Wirkung; des Lichle.s auf Bakterien
&\i mildern, wird andererseit.s bei relativ niederer Sttanluugs-
intensität die bakterizide Kraft durch Erhöhung der umgebenden
Lufttemperatur gesteigert (Versuch 203).
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56
Die Wirkang dM BonnmiUditeB auf piUbogene Bakterien.
TciMCh 9M. 91, m 1906.
8tiH!»h7loeoeciw pyogenee Mveqa, S4 Standen all.
■spot.-
1>ft»«r
In SMi
Wttnne-
BewSUcong
du
Lieht.
ititeiisittit
Innentemperator
gek üblt
1! Q-
uu-
gekablt
Keimsftblen
Cekfiblt
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1.000
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U,5üÜ
0,500
0,260
0,860
40,0
43,0
43,0
42,5
40,0
88,5
14,0
14,6
13,7
13,5
13,5
iBfi
18,6
4S8400
888500
222 GOO
50 400
43
0
0
438400
428400
424 200
412 860
378000
268800
976696
Der nachfolgend mitgeteilte Versaeh wurde in der Dunkel*
kammer mit langwelligen isolierten »danklen Wftrmestrahlen«
ausgeführt. Die Temperaturerhöhung der umgebenden
Luft überstieg nie die optimale Wachstumstemperatur, die Inten*
sität der Wirmeetrahlung war eine sehr geringe und betrug
80» C.
Yenaeh 208. 21. IV. 1906.
8taj>hylococcaB pynpenps aureus, 21 Stun-leu altf Kultur
RxpMit.-
Dauer
in ötdu.
Wurme-
st nblnog
i l-uft-
tempantur
1
iemp.-
K*lm
bei
Lutttemperatur
nblen
bei 'l'oinfH'rHtiir-
0
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1
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30,0
30.0
30,0
30,0
30,0
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22,0
22,0
22,2
22.5
23,0
28,0
37,5
37,0
37,0
87,6
87,5
37,6
.344 400
250 710
. löo cm
165 4U0
120 MO
III 720
344 400
110 040
U2 400
84000
61 740
91840
Digitized by Google
Von Dr. Biehwd Wietiiw.
57
Zu Versacb 208.
33« *oo _^ — KiimzihlmliLufHempfrtifur fp? V
i 'HT th. all. ih. äl*?
rff. 10.
Nach diesen Versuchen ist es unzweifelhaft, dals die je-
weilig herrschende Lufttemperatur für die bakte-
rizide Strahlenwirkung von grofser Bedeutung ist,
claein and dieselbe Strabiungsintensitftt beiErhöhung
der umgebenden Temperatur kräftigere, bei Ernie-
drigang eine abgescbw&cbte Wirkung auf die Idikro-
Organismen ausübt.
In der Natur wird dieser Faktor sicberliob eine gzofiM Bolle
spielen, da z. B. bei bedecktem Himmel (Dunst) infolge ge-
lunderter Ausstrählung der Erdoberflfiche höbe Lufttemperaturen
bei gleichzeitig relativ geringer direkterStrahInng bestehen kOnnen
und unter solchen Umständen » trotz der geringeren Strahlungs-
Intensität, dennoch eine bedeutende Bakt^rientOtung stattfinden
wird. Auch in einer anderen Richtung wird sich der Einfluls
der die Bakterien umgebenden Temperatur geltend machen, in-
dem die Unterlage, auf welcher die Bakterien aufliegen, für die
Abtütungsgeecbwindigkeit mafegebend sein wird. Durch wechselnde
Absorption der Wärme von Seiten verschiedener Substanzen wird
den Bakterien bald eine grO&ere bald eine geringere Menge von
Leitungswäime zugeführt und dadurch eine Steigerung resp. Ver»
minderung der bakteriziden Wirkung der Sonnenstrahlen ver-
anlafst. Überdies werden unter Umständen Bakterien, die in
der Luft frei schweben, weniger stark vom Lichte angegriffen
werden als Bakterien, die am erwärmten Boden, StrafsenpHaster
etc. aufliegen!
Um diese VerhAltnisse im Veraache nachsuahmen, verfuhr ich in der
WdM, daüi Ich BaktarieopzobeB auf Agarwilrfela eineneits in woam Ktat*
eben mit aehwaiMm Bod«ii', aoderseit« aal dftniiem Deek^tadMii mitteta
Klammern frei in der Lnft gehalt<'n, der Einwirkung la n gwe 1 1 i g e r Strahlen
exponierte. Bei diesen Versuchen wurde die Tischplatte des unterhalb des
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58 Wirkaog dM 8oiinenli€ht«B «nf ptthotese Bttkt«ri«ii.
Strablongsapparates befindlichen VeranchatiacbcbeDS entfernt and unterhalb
dieam ein KObel mit kaltem Wasser «nfgeetollt; um nadi iUltllcIikat eine
Rellexioii der Strahlen von unten auf die frei ezpenierton Bakterien an ver-
meiden.
Während bei dem enteren Ezpniment darch die schwane
Unterlage der grorsere Teil der W&rmestrahlen absorbiert und
in LeitungBwänne nrngesetet wird, weiden im «weiten Falle nur
geringe Mengen absorbiert und in Leitungswärme umgeformt
TeiaMhli?. 6. n. 1906.
Stephyleeooeue pjogenee anrens» 84 Stunden alte Knltur.
I'ni'ik rll;:iir-.m er, W;lnii ps'rr.lil n n L'^a [ ■[ i;i r;it
KxiHWit.-
In Stdn.
Warme-
titrahlung
Innen-
In (loin
Versuchs
käittcheu
1 1
r.uft-
l«,':ii[>t;ruiui
1 K«1iiinh1«i
Bakterien j lUiktnieii in
Ilm Ver?«») fh 'Icr Inft (rei
e
39,0
_ 1
279 720
279 720
V4
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155 400
176140
V,
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18,6 1
apKrlieb
97440
1 88,0
33,5
19,0
e
86 520
2
H9,1
19,5
i e
85100
a
41,0
36,0
20,1
1 "
33600
Vig. IL
Daüi der Untersehied in der Keimsablvenninderong erst
naeh einiger 2!eit (in dem obigen Versoch nach Stunde)
stärker hervortritt, ist selbstverständlich und ericlärt sieh aus der
erst während des Versuches fortschreitenden Erwärmung der
dunklen Unterlage.
Diese Versuche, durchgeführt mit laugwelligen Strahlen in
der Dunkelkainuier, können auch auf das Souneulicht übertragen
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Von Dr. Richard Wicsuer.
59
werden und zeigeo, dals die Art der Verteilung der Bak-
terien in der Natar, ob frei schwebend oder einer
Onterlage aufliegend, fflr die Vern|chtang derselben
dnrch das Sonnenlicht von grofser Bedeutung ist»
indem unter diesen Terschiedenen Umstftnden auch die die Bak-
terien umgebende und denselben mitgeteilte variierende Tempe-
ratur die AbtOtung der Keime durch das Sonnenlicht bald be-
schleunigen bald venOgem wird.
II. IntermlttlereiNle BMtraliluiig.
Bei allen bis jetst mitgeteilten Versuchen sahen wir, dafs
die AbtOtung der Bakterien durch das Licht selbst bei sehr
hohen Intensitäten nicht sofort, sondern erst nach und nach
eintritt. Diese Tatsache, wie auch die Frage, ob die liehtwir-
kung mit dem Aussetzen der Bestrahlung sofort sistiert oder
aber noch einige Zeit (induzierend) weiterwirkt, haben neben
theoretischem Interesse auch piaküsebe Bedeutung, da es nicht
gleichgültig ist, ob in der Natur das Licht Qber die Zeit der Be-
strahlung hinaus oder nur während der Bestrahlungsdauer auf
die Bakterien wirkt, und ob es ferner möglich ist, dals zeitlich
aufeinanderfolgende Bestrahlungen, die durch längere oder kürzere
Beschattung getrennt sind, sich summieren und die gleiche des-
infizierende Wirkung ausüben wie eine gleichlan^e aber konti-
nuierliche und gleichinteusive Belichtung. Aufser den Mit-
teilungen Bies (^'*) über intermittierende Bestrahlung, nach
welchen die Gesamtwirkung der Summe der einzelnen Bestrah-
lungsintervallen entspricht, fehlen in der Literatur diesbezügliche
Angaben.
Bei diesen ersuchen waren aber die einzelnen Intervalle so
breit gewählt, dafs das Vorhandensein oder l^'elileu einer induzie-
renden Wirkung des Lichtes nicht gefällt werden kann.
Im nachfolgenden wollen wir untersuchen, ob :
1. mit dem Moment der Bestrahlung auch die bakterizide
Wirkung des Lichtes einsetzt, ob
2. diese Wirkung auch nach Aussetzen der Bestrahlung
einige Zeit fortdauert (Induktion), und ob sich
Digitized by Google
60
Die Wirkung doa SrnmeiiliehtM auf ptthogmie Bakterien.
3. die Wirkungen zeitlich getrennter Bestrahlungen derart
sunimieren , dafs die Summe der Einzelwirkungen dem
Effekt einer gleichlange dauernden, aber kontinuierlichen
gleichstarken Bestrahlung entspricht?
Zar Klärung dieser Fragen mufsten intennittierende Be<
Strahlungen mit verschieden langen Bestrablungs- respektive Be-
gohatluxigsintenraUen durchgeführt werden.
Ich bediente mich daxa eli;t h Kotationsapparate», der am einer runden
üxen Blerhtrnmmel mit gut aiT^oiil efHc nripm, rotierenden) Deckel und einem
Uhrwerk bestellt, durch weiches der I)eckel in Bewegung geaetzt wird. Dnroh
(aal da« IThrwerk) aufsetzbare Flflgel> sowie doroh answecbselbare Tran»'
migaionarilder mit versohieden groJaeo DarehmeHeni kann die Botatione»
gescb windigkeit nach Belieben variiert werden. In dem rotierenden Deckel
befinden sich vier gleichgrofse , runde AüBHchnitte, die von gleichbreiten
Blechstreifen getrennt sind, so dafa bei Kotation dieser Scheibe ein darunter
beflndlkdiM Objekt eich gleidilange Zeit unter etnem Blecbeektor und gleich-
lange Zeit unter dnem Anaiohnitt befindet.
Neben den Experimenten mit dem Eotationaappaiat stellte ich
nochVereache an, bei welchen die Bakterien kürzere Zeit, als die
Abt5tang8zeit erfahrungsgemäfs beträgt, bestrahlt, sodann gleich-
lange im Dunkeln aufbewahrt wurden, um diesen Wechsel von
Bestrahlung und Beschattung noch mehrmals zu wiederholen.
Die unten angefuiirten Versuche sind so gruppiert, dafs m der
Rubrik »Intermittierende Bestrahlungi, z. H. bei einer »ein-
stüudigeu Expositionsdauer* nur die Bestralüungsintervalle, nicht
aber Beschattungsiutervalle eingerechnet sind, so dafs in diesem
Beispiele die wahre Versuchsdauer nicht eine, sondern zwei
Stunden betragen würde.
Teisaek 296. Sl. VIII. 1906.
Staphylococnis pyopenen aureus, 16 Stunden alte Knltnr.
Intenniäaionszeit = 0,12 Sekunden.
KxpOBil.-
Daoer
In Stdn.
Wina«-
Luft-
tentpontur
BewOlkUDg
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(.'bemiBche '
Lioht-
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Keimzahlen
kontiiiiK^H 1 Intennitttat.
Hestrahlung
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1,111
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470 400
V.
45,ti
21,8
>
1,000
348 600 1
338100
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1,2&0 ,
2ÜO0O !
2
61,0
23.0
»
Uli i
1 » i
15
Digrtized by Google
Von Dr. ^chard Wiesner.
Vemch 276. 8. 1906.
Stophylococcua jiyogenes aureus, 20 Stunden alte Kaltnr.
lutermisaioQSKeit = 0,25 Sekunden.
Kxposit •
Daaar
In 8tdD.
W«me>
Lnft-
tompmrtui
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Uoht-
Intemltftt
; Keimzahlen
i k«ntlna!«rl. | Intermitttor.
BMtrahluag
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1
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S.B.
S«B.
1,000
0,909 •
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386400
353 640
31.Ö (JOO
42 000
18
386400
352 800
323000
54 600
T«naeh 271. 5. VUI. IdOG.
8tephylo«o«eM pyogenee samw, SO Standen «Ite Knitnr.
I n t e r m i H s i I j n ? 7. e i ; - - 1
k u n d t'
Kxposit.-
Üauer
in Stdn.
Wärme-
itnhlun^
l.uft-
tem|>6r»tur
Be«<tlkiiiis
t'bemlitcbo
Uebt-
intonsltat
1
. Keimxahleo
! kontiatdwL | latenalM«:.
BwtnUoBi
9
47,0
26,6
S.B,
0,700
- 4UÜUO0
400 000
V»
39,0
26,5
So Bio
0,333 .
320000
308 000
1
44»0
26,2
1.000 1
875800
886000
47,1
27,0
S« Bo
0,768 ,
182 400
198000
8
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87^
84
0^ 1
82O0O
«^HtimuMmiei kvitkmSeher .
— »« t> Hikmä Hn mßer t* Btsinhkjnis-u.
BeschaHunisieifen eingezeichnet
»» '* inftrmifhrtnd. ße^n^ni^nur die
dtaMOantatihii tinfutkkneK
Digitized by Google
Ö2 IHe Wirkung d«s 8onn«iilicht«a anf pathogen« B»kteri«n.
Versuch 93. VlU. 1906.
Staphylococcua pyogeneH aureus, 5 Standen alte Kultur.
Intermisaionazeit = 4 Sek u ade d.
Expos. -
I>»ueJ-
In Sldn.
Wftrme-
•Imhlung
Lnft.
temperatnr
Bewölkung
II
Chemische 1 KelmitahleTi
Licht* koDiinaieä. 1 IntenaitUex.
intaiuttlt ' ntMOmig
»
47,5
0,768
[
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V.
47,0
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t
0,526 ,
1 168 840
180 OOU
1
46^
26,0
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0,870
186000
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8
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0,897
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TciSMh S7</]l. &VnL1906.
StiphyloooccuB pyogen«« «nreus, 20 Stunden nlle Knitnr.
Intermiseionszei t — 15 Minuten.
KxposU.-
Daoer
In Stdn.
Winne*
•trshlanff
tempemtur
BvwSllning
[ *
rbfmfKcbe
JJcht-
InleiiKltitt
koDtlnuM. 1 JntennittlOT.
R«itnüiluug
8
42,0
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1,000
; 386400
386 400
V.
46,6
24,6
S,B,
0,909
j 368660
867000
l
44,0
25.0
S, IJ,
0,83.-J
315 000
823 000
IV.
47,0
25,5
S, Ji,
0,833
42 000
34000
26,5
84 B.
12
Allen diesen Versuchen können wir eninebmen, dafs, bei
intermittierender Bestrahlung, der Effekt gleich ist der Snmme der
einzelnen Bestrahluugszeiten. Versuche mit sehr kurzen Bestrah-
lungsintervallen (0,12 Sekunden) lehren uns, dafs die Wirkung
mit dem Moment der Bestrahlung einsetzt und mit
dem Eintritt der B e s c Ii a 1 1 j n g a u i ii u r t. Dieses momentane
Einsetzen der bakteri/.iden \\ H kungdes Sonneulichte.s geht so weit,
dafs ich selbst bei Intermissionen von hundert stel Öekun«
den die gleichen Resultate erhielt! Ebenso ersieht man aus
den Versuchen mit i)reiteren Intervallen (1 — 4 Sekunden), dafs
die Wirkung mit dem Moment der Beschattung aussetzt. So-
nach besteht keine induzierende Wirkung, und wir können sagen,
dafs die bakterizide Wirkung des Sonnenlichtes sich
aus der Summe unendlich kleiner Eiuzelwirkuugen
Digitized by Google
Von Dr. lUohard WiMnw.
6a
zusammenaetat, wns wobl darauf hinweist, dafs die Sonnen^
desinfektion in einer direkt auf den Bokterienleib gerichteten
Einflufanahme beruht I
Aus den \' ersuchen mit breiteren Intervallen {^f^ Stunde)
geht hervor, dafs die durch das Licht gesetzte Schädigung auch
nach dem Aussetzen der Bestrahlung bestehen bleibt, d. h. die
Bakterien nicht imstande sind, sich wfthiend grOfserer Ruhe-
pausen derart zu erholen, dab das Lieht bei neuerlicher Ein*
Wirkung die Schädigung der Bakterienseile von neuem beginnen
müfstei
Diese Tatsache hat für die VorgSnge in der Natur eine
groise Bedeutung» da es bei Bewölkung und starker Luft-
bewegung oft XU analogen Verhältnissen kommen wird, wie sie
unsere Versuche nachahmten.
12. Die chemische Leistungsfähigkeit bestrahlter Bakterien.
Inwieweit die Einwirkung des Sonnenlichtes die Bakterien
in den für sie charakteristischen chemischen Leistungen beein-
fluTst^ Ist mit Ausnahme der Pigmenthildung recht stiefmtttier-
lieb erforscht worden. Während in Untersuchungen von Gail*
lard Laurent («>), Ohmelews ky Roltjarn, Dieu-
donnöe (^')» Kruse C^) u. a. auf die Abscbwächung respektive
den Verlust des Pigmentbilduugs Vermögens chromogener Bak-
terien unter liohteinwirkung hingewiesen wird, finden sich nur
bei Chmelewsky {^'^} und Dieudonn^e P) Angaben fiber
den Einflufs des Lichtes auf das Peptonisierungsvermögen, bzw.
die Trimethylarainbildung durch Bakterien. Diese Autoren
beobachteten eine dem Tode vorausgehende Abnahme und
VerlungsaiuLing der Gelatineverflüssigung durch Bakterien,
sowie auch eine Abnahme respektive ein vollständiges Aus-
bleiben der Trimethylaminbildung. Ausgehend von der Er-
fahrung, dafs bei Belichtung stets eine Keim Verminderung statt-
findet, war der Gedanke von vornherein nicht von der Hand zu
weisen, dafs die Unterschiede rein quantitativer Natur und von
den in diesen Experimenten grölseren oder kieiueren Mengen
Digitized by Google
64
Dfe Wirkvng des Sonnenliebtaa auf pathogen« Bakterien.
überlebender Keime abhängig seien. Dementsprecheud führte ich
bei meinen Versuchen parallel mit der Prüfung der Schwefel*
wasflerstofEbildung, Gelatine veiflüssiguug, Vergftrung und Trime-
thylaminbildung Keirazählungen durch, um eben zu ergründen,
ob nicht die eventuellen Schwankungen dieser chemischen Vor-
ginge etwa in einem gewisaen Verhftltnia sur Keimabnahme
Btdieat
T«nA80». 6.ZL1M6.
SOetündige Kaltaren von Bact. coli, Bsct. typhi, Staphylococcaa pyogenes
aareas. VersachsdnrchfQhrung in der gewöbnlicben Wei«? mit Agarwürfeln,
welche tarn Teil in die verschiedenen Nährmedien (Bouilloo, üelatine. Zacker-
agar) Tenenk^ sam Teil an AgarguTsplatten verarbeitefc werden.
•!
«
u
9
Bewölkung
Chemische
Llcht-
Bac. typhi >)
Schwefel-
Keim- wasBeretoff-
blldung
StapbylocoeciU |
pyogenea
„ , Gelatine-,
K«™- verÜüsslJ
gang !
Baet. coli oomm.
K«lm' 1 V«r-
mlil samng
37,1
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0^
2100000
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6. IX. 0
7. LX.t
2500000
Kehr
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43,1
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>
0,714
756000
do.
1092000
do.
1
45,6
25,0
0,71^
327600
do.
147 000
6. IX- t,
7.IX.t
040 000
do.
IV.
44.1
26,0
0.768
6040
do.
6720
7. IX. t
600000
deat-
2 147^
1
•
6. IX. e
7. IX.
9240
6. IX. 0 i
7. IX. '
stark :
6. IX. 0
9. IX.
1 eptrlieh
6. IX.»
7.IX.t
2'/,
fiO,0
26,0
»
1000
— 1 6. IX. 0
9. IX.
^1 aparUch
— ; 6. IX. 0
9. IX.
1 spärlich
6. IX. 0
io.ix.t,
splrlichat
1
vereln-
xeltts
Q«a-
blaaea
3
50,1
27,0
>
0,833
6. IX.»
io.ix.t
1
Obwohl m dem Verauefae mit Typhusbasillen eine ediebliche
Keimverminderang (^/^ig) stattgefunden hat, trat dennoch in allen
Proben eine gleichrasche und kräftige Bildung Ton Schwefel-
wasserstoff ein. In dem Versuch mit zweistündiger Bestrahlung
blieb am ersten Tag Waclistum und natürlich auch Schwefel-
wasserstoftbildung aus, erst uai zweiten Tage trat gleichzeitig mit
dem Waclistuijj euie deutliche Schwärzung des ßleiazeuiLpapiers
1) t bedeatet VerflOaaignng. 2) Dnnat.
Digitized by Google
Von Dr. Ittciitrd Wleai«r.
65
ein. Dasselbe war üei der Gelutineveriiussigung durch btaphylo-
kokkus und der Zuckervergärnng durch Kolibazillen zu be-
obachten; besonders deutlich trat in dem letzten Falle der Zu-
sammenhang von chemischer l^eistung und Keimzahl zutage.
Endlicli orgahon auch Versuche mit Bact. prodigiosum hiosicht-
liob der Trimethylamhibildung ein analoges Resultat.
Wenngleich ich aus äufseren Umständen verhindert war,
eingehendere Erfahrungen über die Einwirkung des Sonnen-
lichtes anf die Pigmentbildung chromogener Bakterien su
sammeln, so möchte ich dennoch mit einigen Worten aoi diese
Frage zurückkommen.
Bei Bact. prodigiosum war wohl fast immer im Verlaufe
der Versuche eine Verlaogsamung, Schwächung oder ein Verlust
der Pigmentbildung zu konstatieren. Bei Abkühlung der Kul-
turen wSbrend der Bestrahlung fiel es auf, dafs die Farbstoff-
bildung in viel geringerem Grade alteriert wurde. Bei Versuchen
mit Staphylococcus pyog. aureus trat hingegen fast immer eine
deutliche, vielleicht mitunter eine etwas verlangsamte Pigment-
bildung ein. Es scheint demnach bei den einzelnen chromogenen
Bakterien ein grofser Unterschied besflglich der Resistenz des
ParbstoffloildungsvermOgens gegenüber dem Sonnenlichte xu be-
stehen, woftbr auch die Beobachtungen Pro v es (^) sprechen, der
zeigte, dafs bei Micrococeus ochroleucus nur unter der Einwir-
kung des Sonnenlichtes eine Pigmentbildung stattfindet. Auf-
fallig ist, dafs jene Bakterien, welche im Sonnenlicht ihr Pigment
verliMen, dasselbe auch bei Brutofentemperatur einbülton,
wahrend jene Arten, die in geringerem Grade oder gar nicht in
der Farbstoffbildutig durch das Sonnenlicht geschädigt werden,
auch bei Bruttemperatur Pigmeat bilden!
Sehen wir von der eben berührtm Frage ab, so scheint die
ehemische Leistungsfähigkeit der Bakterienzellen
erst mit der vollständigen Zerstörung der letzteren
durch das Sonnenlicht zu sehwinden und eine eventuelle
Verzögerung oder Abschwächung der diemischen Leistungen
lediglich auf die durch die Belichtung verursachte Keimzahl Ver-
minderung /.urückzuf (ihren zu sein.
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66 Di« Viricung des Soomnliehfea aol pathogen« Bakterien.
13. Wird die Virulom pathogener Keime durch das Sonneniicht
beeinflultt?
Nach den UntenuchuDgen von Arloing PS Gail-
lard (»), Santori Chmeleveky n und Migneco f»)
gebt der Abtötong der Bakterienzelien darch das Sonnenlicht
eine Virulensabsehwftohung vorana. Faleimo P*) behauptet
sogar, daCi CholeraTibrionen bereits nach 3—4 atündiger Bestrah-
lung für Meerschweinchen aviralent waren, wfthrend ihre Keim-
sahl selbst nach 6--7 stOndiger Bestrahlung nnyerindert blieb!
Pansini hingegen berichtet, dafo das Sonnenlieht auf die
Viralem von Milzbrandsporen nur von untergeordnetem Sn>
flufs sei und nach Momont soll die Virulens von Anthrax'
bazillen bis sur Vernichtung ihrer Lebensfähigkeit durch das
Licht erhalten bleiben. Eine Verminderung der Virulenz patho-
gener Keime ist — wie Kruse (^) meint — »nach allen unseren
Erfahrangen von vornherein zu vermuten, denn jedes die Bäk-
teiienzeUe schädigende Moment scheint deren infektiöse Eigen-
schaften abzuschw&chen. Man mufs hier vorübergehende oder
»individuelle c Abschwlchung von der dauerhaften oder »verefb-
baren« unterscheiden. Während nun Kruse eine Verminderung
der »individuellen € Virulenz pathogener Keime durcli das
Sonnenlicht annimmt, kommt er auf Grund von Experimenten
mit Milzinands})oren zu dem Schlüsse, dafs eine >vererbbarec
Virulenzabschwächnng dvnch das Licht nicht l)esteht.
So bestechend auch die Ansicht einer (individuellen) Virulenz-
verminderung durch die schädigende Wirkung des Sonnenlichtes
zu sein scheint, müssen wir uns doch die Tatsache vor Augen
halten, dals bei einer Reihe von Bakterien die Krzeugung einer
intektion an ein gewisses Minimmn des iufektir)sen Materials ge-
bunden ist, so dafs nicht allein die Qualität in bezug auf Viru-
lenz, sondern auch die Quantität der Mikroben für das Zustande-
konniH'ii einer bakteriellen Erkrankung mafsgebeud ist. Es liegt
dalier die VernnUinig nahe, dafs bei den oben augeführten
Versuchen eine Verwechslung in dem Sinne stattfand, dafs die
negativ verlaufenden Tierimpfungen mit belichtetem Keim-
material nicht auf einer Virulensabschwäcbung, sondern mög-
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Von Dr. lUdiard WlMdMnv
67
licberweifle auf der bei Belichtung unzweifelhaft eintretenden
Keimsablverminderung beruhen. Die gleichen Bedenk«! finden
sich auch im »Handbuch der pathogenen MikroorgamameB«
durch Wassermann auQgeaprocben, Versuche, die diese gewiA
nicht unwichtige Frage der »individuellen c Viruleniabecliwftohung
Uftien BoUten, dnd indes nicht angeatellt worden.
Um die yon Waaeermann und mir eben angeführte Über-
legung auf ihre Stichhaltigkeit an prtlfeu, ging loh in folgender
Weise tot. Von einer BouillfHiaufachweminuQg, welche in einer
Doeia von >/, com eine Maue innerhalb 12 Standen tfttet, warde
ein Teil im Eiekaaten aufbewahrt, der andere Teil in einer
Petriachale in dünner Schiebt ausgegossen und dem Soonenliobte
exponiert Nach%, l^ti 3VaStttndiger Beatiahlung wurden
von dieser Aufschwemmung M&use intrapeiitoneal geimpft, und
swar stets ein Tier mit ^j^ com dieser bestrahlten AuischwenutiuBg
(Tier A) und ein Tier mit so viel Aufsobwemmnngsmateriali als
erfabrongsgernftTs notwendig war, um dem Tiere eine der ur-
sprünglichen Stammaufsehwemmung entsprechende Keimmenge
einzuverleiben (Tier B). Gleichartig wurden von der gleichm
Suspension nach den einzelnen Beetrahlungszeiten Agargufs-
platten angefertigt und natditrftglioh durch Zflhlunf die ver-
impften Keimmengeu kontrolliert Diesen Keimmengcii ent-
sprechend wurden sodann von der im Eiskasten aufbewahrten
Aufschwemmung Verdünnungen angefertigt und von diesen Je
^/a ccm einer Maua injiziert ( KoiuroUtiere := K).
Yenaeh 312. 5. IX. 1906.
Bar. pneumuaiae FrieUl. 20 StuodeD nli« Kultur.
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lushta.
1) Ii«ichter Daast
5»
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68
Die Wirkang des Soiui«nK«ht«B mf pftthogen« fiaktortm.
Bei diesem Versuche erhielt Tier I/A die Hälfte der ur-
sprttDghchen eiog^ten Keimmenge, Tier I/B die gleiche Menge
wie in der Staminaufschwemmung injiziert. Versuchstier I/B
und das konespondierende Kontrolltier K/A gingen innerhalb
Ton 18 Stunden sugrande, wftbrend Veranohstier I/A and daa
entsprediande KontroUtiw K/B mit einer 24 stflndigen Verspätung
eingingen. Ebenso stirbt auch daa Veisuobstier II/B (mit £r-
gftnsnng der Keimmengen) entsprechend dem Kontrolltier K/A
innerhalb der ersten 12 Stunden, wahrend Versuchstier II/A sa-
nftehat gesund bleibt, ebenso wie Kontrolltier K/O. Beide Tiere
seigen amsweitenTag nach derbnpfungSymptomeVon Erkrankung
und gehen endlich gleichzeitig in der Nacht des vierten Tages
ein. Die Versuchstiere III/A*B bleiben yon Anfang an reaktiona-
los und befinden sich auch nach sweimonatlicfaer Beobachtung
am Leben, sie hätten ja ca. 1000 ccm injiziert bekommen
mdssenl Es findet also durch die Einwirkung des
Sonnenlichtes auf Friedländerbaaillua keine Ab*
Schwächung der »indi viduellenc Virulenz statt, so
dafs ein sTentneller uegativer Impfyersuch mit be*
lichtetem Keimmaterial lediglich auf eine Keim-
zahWermind erung zurückzuführen ist.
Ob fliese mit Friedlfinderba/illus gemachten Erfahiuugtn
auch für Miizl raii(]l>azillen usw. Anwendung finden, bei welchen
die eingebrachte Keimzahl für die Erzeugung einer Infektion ohne
oder von untergeordneter Bedeutung sein soll, entzieht sich heute
uoch meiner Beurteilung.
Zum Schlüsse erwähne ich noch, dafs die Sektion 'ler ein-
gegangenen Tiere den für Friedländerinfektion charakteri!-u?-i lien
Befund ergab, und dafs in allen Fällen Keinkulturen dieses
Bazillus nachgewiesen werden konnten.
14. Die Resistenz verschiedener Bakteriengruppen gegenüber
dem Sonnenlicht
Da uns die s'ariierende Resistenz verschiedener Bakterien-
gruppen j^genüber den mannigfachsten Schädigungen bekannt ist,
war es von vornherein anxunehmen, dafs die verschiedenen Bakterien*
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Von Dr. Riotiard WieaiMr.
69
arten auch eine verschiedene Resistens gQ|^nüber dem Sonnen-
lichte beaiUen dürften. Bereits Down s und B 1 u n t (^) machten
aufmerksam, dals die Wirkung des Lichtes auf Bakterien (Spalt-
pilze) heftiger sei als uiif die ȟbrigen mikroskopischen Pilze,
welohe mit Fäulnis und Zersetzung einheigehenc. In «iner Zu-
sammenstellong frttheror Arbeiten macht uns Bie mit den
im Laufe der Zeit gewcmnoien Erhhrangen Über das Verhalten
Yon SproHi' und Schimmelpilzen gegenüber dem Lichte bekannt,
nach welchen wohl einzelne Arten in ihrer Lebenaeneigle durch
das licht geach&digt werden, der grOlsere Teil dieser Mikroben
jedoch unbeeinfluiat bleibt oder aber die Entwicklung derselben
sogar vom Lichte in günstigem Sinne beeinflulat werden kann.
Nach den eigenen Untersuchungen Bies werden bei genügend
starker Lichtintensität (konzentriertes Bogenlicht) auch S|mk>B8-
und Schimmelpilze durch das Licht abgetütet, jedoch in viel
geringerem MaTse als z.B. Bact. prodigioaum. Auch sollen nach
diesem Forscher die pigmentierten Arten, wie Torula, Clado-
sporium, Aspergillus niger gegen Bestrahlung resistenter sein als
unpigmentierte, wie Saccharomyces und Monilia. Bs ist daher
begreiflich, dafs sich schon bald das Hauptinteresse auf die
Spaltpilze konzentrierte. Aus der stattlichen Reihe von Upter^
Buchungen über die Widerstandskraft verschiedener Bakterien»
arten seien hier nur diejenigen berücksichtigt, bei welchen ver-
gleichende Studien gemacht wurden. Bekannt dürfte es sein,
dafs in den achtziger und lauu/Jger Jahren de?- vorigen Jahr-
hundorts ein heftiger Streit herrachte, ob Sporen resistenter seien
als Vegetationsformen, in welchem sich zahlreiche Vertreter der
Ansicht fanden, die für eine geringere Resistenz der Sporen
gegenüber den vegetativen Formen eintraten. Diese Meinungs-
verschiedenheit wurde u. a. von Mo nion t {^^) und Schreiber P),
in neuerer Zeit nochmals vou J anse u ('-^) endgültig dahin ent-
schieden, dafs — wie ja vorauszusetzen war — die Sporen, ob
feucht oder eingetrocknet, dem Lichte gegenüber resistenter sind
als die Vegetationsformen. Be'züglich jener Bakterien, die keine
Dauerformen bilden, wurde zunächtst von Duclaux i"^) be-
hauptet, dafs die Kokken rascher der Lichteinwirkuug erliegen
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70
Die Wirkung des BoniwntiehtM aal p«Uiog«iM Bakterien
als die Ba/,!l]e[i, l'^ntgegen dieser, wohl vereuizulten äuniiiiafischeii
Gegenübersteiiuug vou Kokkeu und Bazillen berichtet Chme-
lew8ky(^), dafs Staphylococcus pyogenes am resistentesten sei,
und sodann in absteigender Linie Bac. j votyaneus, Strepto-
coccus erysipelatos und pyogeues folgen. Auch Kruse (^) be-
seichnet den Staphylococcus als den widerstandsfähigsten der
untersuchten Spaltpilze und l&fst dieaem mit abnehmender
Resistenzfähigkeit Bac. typhi« Vibrio oholerae und Bac. anthraois
lolgen. Nach den Angaben von Larsen (^*^) wären Bac. coli,
Bae. typhi, und Staphylococcus citreus von gleicher fiesietenx,
dann sollen Bact. prodigiosum« Staphylocoecus pyog. ftoreus und
albus folgen und endlich Bac. pyooyaneps und Bac. cyanogenes.
Endlich eei noch Bang (^) erwähnt, der Tuberkelbaallen und
Stapliyloeooeas pyogfnes gleichreustent gagenttber dem Liohto
(Finsenlampe) fand. Volle Übeceinatimmang henaeht also auch
in dieaef Frag* niebt
Dafs Dauerformen dem Lichte gegenüber wirksameren Wider-
stand leisten als die dazugehörigen vegetativen Formen, ist durch
die oben erwähnten Arbeiten erwiesen. Orientiprende \'rrsuehe in
dieser Richtung hulicn auch mich zu dein gleichen iiesuliate geführt.
Wa.s die Widerstandskraft der Sprofs- und Hchimmelpilze anbe-
langt, so ist es natürlich, dafs diese alle einer so konzentrierten
Bestraiiiung wie die von Bie verwendete endlich erliegen müssen,
einer Bestrah hing, der überhaupt keine organische Substanz
widerstehen kann. Diese Experimente können daher keine .An-
wendung für das Sonnenlicht finden, vielmehr werden für diese
Pilzgrappen die älteren Angaben Geltung behalten. Wir werden
uns daher auf die Untersuchung der uns speziell interesBierenden
Spaltpilze beachrttnken kOnnen.
Ala eratae Experiment führe ioh einen Vfficauch mit Sar-
•ina lutea und Staphylocoocua pyog. aureua an.
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Von Dr. Ridianl Wi«tB«r.
71
Tersnch 306. 4. IX. 1906.
1^ Standen alte Kultarea.
BxpOKit.-
Dnuer
in Sidn.
Liift>
tanpemtiir
1 1
B«wdikuDg
1 n
nuMnische KolmiÄhlen
Uobt- Staphylo- guoliit
InteoHttt <"^<'<^"'' intM
i' pyog. »XU, ■
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10 500
11 760
18CH>0
13 020
17290
15 960
isoao
Im einleitenden Kapitel sagte ich, dafs die bakteriaide
Wirkung des Sonnenlichta vornehmlich auf tiersaprophy tische
resp. tierpathogene Arten gerichtet ist, während die anderen
Spaltpilze, welche wir gewöhnlich als »Luf (keime c bezeichnen,
zum gröJsoren Teile dem Soiinenlichte wirksuinen Widerstnnd
zu leisten vermögen. Diese Ansicht wird durch den obigeu
Versuch bestätigt, da die Sarcinen in unserem Heispiel nicht
allein an Zahl unvermindert blieben, sondern sogar eine Ver-
mehrung derselben stattfand. 2) Nicht alle Si)altpilze aber, die
aufserhalh des tierischen Organismus leben, werden ein gleiches
Verhalten gegenüber dem Sonnenlichte aufweisen, 80 z. B. Bact.
prodigiosiim und einzelne Wasserbakterien.
In der folgenden Tabelle sind zur besseren Übersicht die
Resultate in Prozenten der abgestorbenen Keime wiedergegeben.
Yersach 2H, i9. VIII. 1906.
16 Stunden «Ite Xalturen.
Kx).-
Dauer
In
SMln.
Wärme-
strnb
Lull-
te U1I)«>-
rtktur
Bewöl-
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1
Cbemlieli«
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ioteusiuit
9me. poen.
nionlac
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■
Staphylo-
coccus
pyog. aur.
Baet. coli
Bac. ^ht
V,
39,0
24,0
S,B,')
0,600 1
12.6 •/•
49,4%
1
38,0
24,0
0,333
9.1 ,
25.3 ,
82,2 >
2
82,0
24,0
>
0,250
40.0 .
49.7 .
69,1 .
97,1 >
26^
24,0
•
0,125 f
46,3 >
56,7 .
78.0.
98,7 »
1) Dunst.
2) vgl. Nachtrag.
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72 ^^^3 Wirkuug Ues Sonnenlichtes auf patbogene Bakterien.
Die Resistenzunterschiede dieser untenuchten Bazilieu sind
ganz bedeateude. Die höchste Resistenz £and ich stets bei
FriedländerbasiUus, die oftwhat in einem Schate dieser Bakterien
durch die sie umgebende Schleinihüllen begründet ist.
In den folgenden Experimenten mit Diplo* und Streptokokken eowie
Dtphtherlebazillen konnte daa Eeimmaterial wegen der schlechten, anaeruben
WachstumBmöglichkeit nicht zu Gafsplatten verarbeitet werden, so dals auch
Keimzahlbestimmangen bei dieser Serie von Experimenten nicht vorge-
nommen werden konnten. Die Weite bedeaten daher die fiberlebenden
KeunOi
ywmASIl. 5. IX. 1906.
20 Standen alte Kalturen.
Kxpos.*
Dauer
uStda.
W&rme-
•tnih-
lung
Luft-
tempp-
miur
Bewöl-
kuBir
Cbem.
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int«Dii-
tflt
Staphyld-
COCCIU)
pyog. aur
Strepto-
coccus
pyogenes
nipio-
coccus
pneu-
mODiM
Bao.
dipbÜiMtaM
e
37,1
24.5
0,500
806 400
sehr üppig
8ehr flpplg
sehr üppig
48,2
24,5
» •)
0,714
sehr gut
spärlichst
spärlicb
45,0
25,0
• 0
1,000
gut
spärlichst
1
45,5
25.0
0,714
140700
mittelgut
Hpttrlichst
spärlichst
43,2
25,0
0,833
—
0
H
1'/.
44,1
26,0
0,768
15120
0
0
0
47,6
27,0
1,000
•
0
2
47.5
26,0
l,f>00
Hpirltdiet
l
0
0
2' =
50,0
26,0
1,000
•
3
50,1
27.0
0,833
0
0
0
0
Streptococcus pyog. ist etwas resistenter als Diplococcus
Pneumonie, sehr grofs ist jedoch der Unterschied nicht. Diesen
an Widerstandskraft naheatohond erwies sich der Diplitherie-
bazillus. Nach \'^ersuchen mit Cboleravibrioneu, bei wilclien ich
zu keinon exakten HesiillHien gelangte, scheinen diese — soweit
die Versuche verwertbar sind — ebeiitalls eine recht geringe
Widerstandsfähigkeit gegen Licht zu besitzen, ungefähr so wie
Dipb theriebazi Heil .
Resümieren wir die Ergebnisse dieser Versuche, 6o können
wir sagen, dal's unter den Pilzen in erster Linie die Spaltpilze
durch das Licht nachteilig beeinliur.st u trden fPaden- und Sprofs-
pil/,e entweder gar keine oder nur eine gennggradige »Schädigung
1) Dunst.
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Von Dr. Richard Wieaner.
73
erfahren (Sacduromyxeteo) oder endlich sogar dureh daa Ldcht
in einsehien Lebensfanktionen unteratfltsl werden). Unter den
Spaltpilzen wieder werden vorsüglich die im taeiiaehen Orgaois*
muB lebenden Saprophyten und Parasiten vom Sonnenlichte an>
gegriffen, die in der Natur frei yorkommenden Angehörigen
dieser Klasse bleiben zum grOfseren Teile durch das Licht nn-
beeinflnfoi
Unter den tierpathogenen Bakterien bestehen bei den yer-
schiedenen Arten Besistenzunterschiede, so dafii die hier nnter-
snchten Bakterien nach ihrem (abnehmenden) Besistenzgrad
gegenüber dem Sonnenlicht in folgende Ordnung gebracht
werden können:
liacillns pneumoniae Friedl.
Staphylococeus pyog. aureas.
Bac. coli commune.
Bac. typhi abdominalis.
Bac. diphtheriae.
Vibrio cholerae asiat.
Streptococcus pyogenes.
Diplococcus pneumonittö Kränkel-Weicliselbaum.
15. Die bakterizide MfirkimB dos getamtwi Tagesliohtes,
direkten Sonnenliebtos und dHRiten Tagotlicbtet.
Schon Dowtis und ßluutf) machten in ihrer eisten Tub-
liication darauf aufnierksnni, rhifs gleichwie dem direktea Sonuen-
lichte auch dem diffusen Tageslichte bakterizide Wirkung innewohnt,
das ditfuse Liebt jedoch dem ersteren an Wirksamkeit weit
zurücksteht. Was in dieser Arbeit sowie auch in den Arbeiten
von i*a n s i 11 i H uc h n ».•ri'"), l\ruse('''^) und I) i e u d o n n e(^-")
als Wirkung des »direkten iSonnenlichtes« ausgegeben wurde,
dürfte jedoch durchwegs- nicht diesem zukommen, da die be-
treffenden Versuche, nicht wie iirtündich angegeben, im direk-
ten Sonnenlichte, sondern vielmehr im gesamten Tages-
lichte ausgeführt wurden, die Bakterien daher der Summe von
direkten Sonnenstrahlen und diffus refielctierten Strahlen (zer-
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74 Wirkung des SonnenUditeB aof pakhogane Bakterien.
streutes Licht) exponiert wurden t Wenn u. a. Kruse berichtet,
dafs dem diffusen Tageslicht eine nicht unbeträchtliche auti-
bakterielle Kraft innewohne, so mufs dementsprechend auch die
bakterizide Wirkung des gesamten Tageslichtes eine andere sein
als die des direkten Sonnenlichtes. Es besteht nur die Frage,
ob die relativ geringe bakterizide Kraft des difitusen Tageslichtes
gegenüber der bedeutenden desinfizierenden Kraft des direkten
Sonnenlichtea im gesamten Tageslicht eine nennenswerte Steige-
rung der Wirkung hervoixnrufen imstande ist?
Um diese Frage wa eatmsheiden, habe iefa folgenden Weg eingeschlagen :
In drei als feuchte Kammern adaptierten rnnden Bebftltern mit <^!fipiie -kein
Hind in der gewöhnlichen Weise angefertigte Rakterienproben untergebracht.
Einer dieser Beh<er ist an einem nacli Nordost gelegenen (offenen) Fenster
aafgeetellt, ao dab die Bakterien wahrend der gansea Bzpoiitionsieit
(ß—b Uhr nachm.) auBnabmalos von zerstrealem lidite getroffen werden. Der
zweite BehAiter ist an dem pepp" f^as Zimmer tu gelegpnen Ende einen 1 m
langen Tabus mit einem Durchmesser von 12 cm eingeschoben. Dieser
Tabus ist um eine vertikale und horisontale Adkse, drehbar inr Sonne, steta
ao eingaateUt, dab die direkten Smiienatrafaten in denaalben eindringen
and senkrecht avf die im Behttlter befindlichen Bakterien einfallen. Durch
diese Anorduni);» erreichte ich bei niftglichster Abbiendung der reflektierten
Strahlen die Einwirkung von isolierten direkten äonnenstrablen auf
die Keime. Dar dritte BehJUtaf endlich wird am glelcfaea Orte frei mit
aeakieehtar j^natallnng anm Einfall der direkt«» Smnenatrahlen aofgeatellt^
so daf» die Bakterien in diesem Behälter der Einwirkung des direkten
Sonnenlichtes und diffusen Tagealicbtea, alao dem gesamten TagesUcbte ex-
poniert werden.
Versuch 2r>S. 22. VII. 1906.
StaphylococcuB pyugenee aureus, 20 stunden alte Kultur. Ezpoaitiousaeit
3—6 Uhr nachmittags. Zahl der Keime za Beginn des Verauchea s 680997.
K-vpos -
Dauer
tDStdn.
Wliriiir-
strah-
IttDK
I,uf.
rattir
_„
B«wfil-
cbem.
Uebt-
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tl) Unsen
TitgeaitcbtB ^
Znblen d»r abg«atorbeueu
Keime
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Infer;Fi-
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diffuses
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d i r e k l e s
Sonnenlicht
gesamtes
Tagesllcbi
II
49,0
•J3,5
1
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1.250
0,166
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1,250
0,111
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.■'.(> -ji«)
65(>0O
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>
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t),142
22 400
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222 400
1
47^
26/2
•S.U.
1,250
0,112 1
110400
290400
942400
IV,
47^
24.8
»
0,909
0.U1 ;
0,100 1
102400
&«480O
614400
2
45^
24,7
>
0,600
182400
690261 1 680897
1) des gesamten Tagealichte«.
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Von Dr. Richard Wiesner.
75
Während der Expositionsdaucr von 2 Stunden war das diffuse
Tageslicht bei einer ohemisohea Intensität von J=:0,100 — 0,ltS6
imataDde, von 630400 ansgeiiiten Keimen 182400 Keime abzu-
töten, ein Effekt der immerhin nicht au vemachlftasigen iat Im
gesamten Tageslicht sind stets mehr Keime abgestorben als im
direkten SonnenUofat, es wohnt somit dem eiateren eine höhere
bukteriaide Kraft inne. Weiters können wir an dem mitgeteilten
Beispiel die Tatsache verfolgen, dafs die bakterizide Wirkung
des gesamten Tageslichtes aus der Summe der Wirkungen des
direkten Sonnenlichtes und des diffusen TagesliditM zusammen-
gesetzt ist. Als eklatantestes Beisiiiel wfihle ich die Werte nach
einer eiustöndigen Ehcpositionsdauer.
Im direkten Sonnenlicht sind 230 400 Keime abgestorbeu,
im diJIusen Tageslicht 110 400
das sind 340 800 Keime gegentlber
342400 Keimen im gesamten TageAoht
Somit können wir sagen» dafs die kräftigste Wirkung
dem gesamten Tageslicht zukommt und dieses dem
direkten Sonnenlicht an Wirksamkeit um den durch
das zerstreute Tageslicht bedingten Effekt über-
legen ist.
In der Natur werden sich auch diese V'erhältuisse unter
Umständen geltend machen können, da bei geringerer direkter
Strahlung [z. B. bei Dunst) aber reichlichem zerstreuten Licht
eine erheblichere Keimabtötunfj stattfinden wird, als man auf
Grund der herrschenden direkten Btrahlung vermuten würde.
16. UchtintensitM und AbtötunatQMCliwiiuUgktit
Bei der Besprechung der Lichtiutensitätsmessungen habe
ich bereits auf die oft enorm wechselnden Angaben der einzel
uen Autoren bezüglich der Abtötungszeiten des Sonnenlichtes
aufmerksam gemacht, welch' let/-tere zwischen ^/^ Stunde
(Pansini) und 40 Tagen (Duclauz) schwankten. Aus der
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76
Die Wirkong des Sonnenliehtes tof pmthogene Bakterien.
stets wiederkehrenden Variation der Versuchsmetbodik sowie aus
den verschiedensten zn diesen Experimenten verwendeten Bak-
terienarten, werden diese divergenten Angaben schon zum Teile
zu erklfiien sein. Von hervorragender Bedeutung aber ist die
jeweilig wechselnde Lichtintensitftt, der die MÜcroben bei diesen
Experimenten exponiert worden. Bndlich sahen wir auch im
vorhezi^hendeni dafs die Resistenz der Bakterien von raaunig'
fachen Umstünden, vom Alter der verwendeten Bakterien, von
der Lufttemperatur, Luftfeuchtigkeit usw. abbAngig ist, Dinge
die bei allen diesen Versuchen meist vemachlftssigt wurden.
Auch das Fehlen von Keimzahlbestimmangen bei den meisten
dieser Experimente mag zu den divergierenden Angaben Uber die
Resistens von Bakterien gegenflber dem Sonnenlichte beigetragen
haben.
Um nun die keimtötende Energie des Sonnenlichtes durch
ein allgemein verwertbares Mafs wiedergeben zu können, war es
notwendig, neben der systematischen Bestimmung der Licht-
Intensität auch alle erwähnten, die Keimtfitung beeinflussenden
Nebenumstände zu berücksichtigen, resp. die Bakterien abge-
sehen von den Lichtintensitäteu unter möglichst übereinstimmen-
den VerbAltnisBen der Wirkung des Sonneniiclites preiszugeben.
Zu diesen Versuchen wurde durchwegs Staphylococcus pyog.
aureus verwendet. Das Alter betrug 16 — 20 Stunden. Die
VersuchsdurchfOhrung war diesdbe wie bei allen früheren Ver-
suchen.
In der Tabelle I sind die V ersuche so ungeordnet, dafs stets
gleiche Expositionszeiten zusammengestellt und innerhalb dieser
wieder die Versuche nach den mittleren chemischen T^icht-
intonsiiathMi uHoi.liiet sind. Tn Tabelle Ii, welche aus dieser
ersten rahoile zusamniengestelh ist, sind die dnrchsclmittliehen
Abtötmigswerte in Prozenten wiedergt-^rel»« n. Die daüelbst au-
geführten Werte halben natürlich nur für Staphylococcus pyog.
aiirens (H)- 20 Stunden alt) bei der jeweiligen I.nfttemperatur
und der verwendeten Versuchsmethode (ieituiig und beaiehen
sich auf die Wirkung des gesamten Tageslichtes.
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Vim l>r. Riebard Wiesner.
77
T II 1. p 1 1 f T.
ExposU.-
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Di« Wirkong des flonnenliehfees auf pathogwae Bakterien.
(Fortmtiang d«r TaImII« I.)
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Mittlere
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44,8
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1,250
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— 100,0 .
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0,499
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96,9 »
0,261
0,600
84,9
24,0
66,7 >
3 Standen
1,094
1,126
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100,0 »
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1,111
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0,682
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y<m Dr. IKebard Wi6ni«r.
79
Tabelle n.
Chemische
Chemische
Chemische
Chemische
Lichttnteoattit
Lichtintetititftt
LlcbtintensiUtt
LichtintensltM
In Site.
#,900- l,M*
0-10,8%
40-60%
19,9-28.4»;
16,4-21,6 "'o
70 %
1
28,2%
9,1-40,6%
32,6-71,2 " o
f4 — lOO«',
IV,
33,0—53,3««
56^3 100)^0,^
(- 100)%
2
■.'9,0-49,7%
70,2-93,8 %
(—100) — 100%
(- 100) -100%
2V.
«,»%
88,6-100%
100%
S
87,1-92,2%
(_lflO)_100%
100%
Aus Tabelle I ist zu entnehmen, dafs Liohtintensitäten von
J «IS 0,900— 1,200 xiaheea gkicbe Wirkungen haben, dafe also
die maximale Wirkung des Sonnenlichtes um J ss 1,000 gelegen
ist. Weiters lehren uns diese Versnehe, daTs eine dnrcbsohnitt-
liche Lichtintensität von J ss 1,000 mitunter sdion nach einer
Stunde eine vollkommene Sterilisation bedingt, mit absoluter
Sicherheit aber .b^ unseren Versuchen erst nach 8^$ Stunden
eine solche erwartet werden kann. Auch niedrigere Intensitäten
als J = 1,000, wie Intensitäten yon J = 0,602 — 0,822 Teranlassen,
jedoch nicht verläTslich, innwhalb Ton 3 Stunden eine voll-
ständige Vernichtung von Staphylokokken. Eine Lichti nten«
sität von rund J^r 1,000 vermag in ca. Stunde un-
gefähr das Gleiche su leisten wie eine Intensität
von J = 0,200 in 2Vs Stunden, jedoch macht sidi auch eine
so geringe Intensität schon nach Vs^^i^^^^g^' Einwirkung be-
merkbar, wenn auch in geringem Qrade (abgestorben 19,9 — 28,4%)
Die Wirksamkeit des diffusen Tageslichtes wurde bereits im
vorhergehenden Kapitel besprochen. Hier erwähne ich nur noch,
dufs bei einer durclisclmittljchen Liclitintensität des diffusen
Lichtes von J .= 0,154 innerhalb einer 2- bis 2^/2 stündigon Be-
strahlungszeit ca. 32% Keime abgestorben waren, ein Beweis da-
für, dafs direktes und diffuses Lic ht ähnliche Wirksam-
keit besitzen (vgl. Tabelle I*)). Der Unterschied zwischen
(iit st 11 beiden Strahlenarten liegt also lediglich in der verschie-
denen Intensität derselben. Trotz der relativ germgeren bak-
Digitized by Google
80 Wirkimg d«s SoniMnUdite« «nt palbogene Bakterien.
tehziden Wirkung des zerstreuten Lichtes dürfte demselben in
der Natur doch eine bemerkenswerte Rolle zukommen, da ich
in einer Reihe von Experimenten die Beobachtung machen
konnte, daf?? eine plötzlich eintretende holie Lichtinteui^itilt (bei
starken Wolkenvcrscliiebuugen) Bakterien, die vorher schon
längere Zeit schwächeren Intensitäten preisgegeb» n waren , un-
vergleichlich rascher vernichtete, als wenn dieselben Intensitäten
auf vorher unbestrahlte Bakterien trafen. Wir werden uns darüber
auch nicht verwundern, wenn aus Experimenten mit inter-
mittierender Bestralilung hervorgeht , daf? die Gesamt Wirkung
des Sonnenlichtes sich aus der Summe von sahireichen Emzel-
wiricungen zusammensetzt.
Die Venuche wurden absichtlich durchwegs mit Staphy-
locoocns pjog. ausgeführt, da dieser zu den widerstandsfähigsten
der uns in dieser Arbeit interessierenden Keime gehOrt Wir
können daher die im Verlaufe unserer Untersuchungen ge*
sammelten Erfahrungen mit Staphylokokken auf die Übrigen
pathogenen Bakterien ttbertragen, ohne dabei die bakteriside
Kraft des Sonnenlichtes eu überschfttKon. Im Gegenteil sind
wir auf Grand der im Abschnitt 14 eihobenen Befunde berech-
tigt anzunehmen, data die AbtOtung der übrigen Keime (ausge-
nommen der Kapselbazillen) sogar rascher eintritt als es bei den
Staphylokokken der Fall ist. Aber auch bei den letzteren
können wir in der Natur ein viel rascheres Absterben
unter Lichtwirkung annehmen, da bei unseren Ver-
suchen einerseits stets starke Glasabsorption (vgl. Ab-
schnitt 8) stattfand und wir anderseits annehmen kOnnen,
dafs die Keime sieh gewöhnlich in der Natur von Haus
aus unter ungünstigeren Bedingungen befinden wie
bei diesen Experimenten (vgl. Abschnitt 7). Anderseits
müssen wir aber zugebeU} dafs unter Umständen in der Natur
die Keime nicht immer für die Lichtstrahlen so leicht zugäng-
lich sind wie bei unseren Versuchen, woraus wieder eine Ver^
zOgerung der Lichtdesinfektion resultieren kann.
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\'oii Dr. Richard Wieauur.
81
17. Worauf beruht die bakterizide Wirkung des Sonnenlichtes?
Von einer Reihe von Autoren (Downs und Blunt (^),
Gailard p'l Dandrieu {^), Moment p^j^ Kruse (»),
Kezior (^), Dieudonn^ P), Bie (^^) wurde nachgewiesen,
dafs die Abtötung von Bakterien durch das Licht bei Sauer-
stoffgegenwart rascher vor sieh gehe als bei Mangel oder abso-
lutem Fehlen desselben, dafs jedoch auch in sauerstoffreicher
Atmosphäre eine Abtötung stattfindet. Thiele und Wolf (^)
hingegen berichten in neuester Zeit, dafs sowohl bei Sauerstoff-
gegenwart als auch bei absolutem Sauerstoffmangel die AhtOtung
der fiakterien gleichseitig eintritt Versuche, die ich in
dieser Richtung luistellte, zeigten, dafs die AbtOtung bei Sauer-
stoffgegenwart rascher eintrat als bei Sauerstoffmangel.
Die Veniiiehe wareii in der Weise mngeriebtet» dafs leebteckige flaohe
Zinkblechhülsen mit Zu- and Ableitungerobr an ihrer Oberseite darch eine
0,8 mm ilit'ke Glasplatte luftdicht abgcBchloBsen wurden In <Jic9en Be-
bälteru waren die Bakterieoproben nebeneinander liegend untergebracbt Über
den Glasde<Aeln war «ine dnreh federnde Klammem engenliefende Blech-
Idende venebieblieh angebraeht, ao daA dnrcb Vonclüeben dmelben von
Zeit zu Zeit eine Bukterienprobe bedeckt und vor weiterer Lichteinwirkung
gewchfUzt werden konnte. Durch Auflegen von wi<Mierlioll in Eiswaaser ein-
getauchten dicken FilterpapierbauBcbeo auf die Blecbblenden wurde eine
£rhltKnng derselben ond der dernnter befinüUcben Bakterien hinten-
gebalten.
Durch dies?e Behälter wurde einerseits WaescrstoCf, andererseitB atmo-
Bpbäri«rhe Luft und endlich atniotuph&riBche Luft mit Sauerstoff vermehrang
in konstantem Strome durcligeleitet.
Tertneh 84)7* 4. IX. 1906.
StaphyloeoeeDB pyogenes eurens. 20 Stunden alte Knltur.
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1) Hundt.
AmUv Iflr Hyitime. Bd. LXl.
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82 ^0 Wirkung de» i>uuueuliclit«6 aaf pathogeoe Bakterien.
y«m«h tlft. 6. IZ. 1908.
Staphyloooeciu pyogftnci »nveoa. 90 Btnnden alte Kultur.
Gxpog.-
D«u«r
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4
Auf Grund dieser V^ersuche müssen wir uns der früheren
Aosicht anscblielsen, nach welcher die AbtOtung bei Sauerstoff-
gegenwart rnscher eintritt als in sauerstoffarmer Atmosphäre.
Roux (2*), Duclaux (i»), Chmelewsky ("), Billings
und Peckham (") und Kruse (*) beobachteten bei Belich-
tung von N&hnnedien Verftnderungen der letsteren und einsäe
dieser Autofen, 80 Kruse, ginnbten diese Verändenmgen der
Nährmedien wenigstens sum Teile für die Keimtötung durch
Licht yerantwortlieh machen su können. Dieudonn^ be*
richtet, dafs bei Belichtung von Agar (nach 10 Minuten), 6ela>
tine (nach 5 Stunden in Spuren), sowie von Wasser (nach
8 Stunden in Spuren) Wasserstoffsuperoxyd gebildet wird und
1) Federwolken*
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Von Dr. Richard Wiener.
83
schliefst aus dem Umstand, dafs dieses nur bei Gegenwart von
Sauerstoff entsteht, Bakterien aber bei Sauerstoffmangel der
Lichteinwirkung nur sehr langsam erliegen, dafs bei der Ab-
tötung der Bakterien mindestens zum Teil das Oj beteiligt ist.
Bie (^^*^) bestätigt für eine Reihe von Nährsubstraten diesen Befund
Dieudonn^s, da aber in einer anderen Reihe von Substanzen
keine Wässerstofflnldung stattfindet, die Bakterien aber in solchen
suspendiert dennoch dem Lichte rasch erliefen, glaubt er nicht,
dafs die Keime durch einen solchen Oxydatioiisprozefs vernichtot
werden Endlich bcriciiten Thiele und Wolf (**®), dafs bei
der Belichtung der verschiedensten Nlihr- und Suspensionsmedien
keine Bildung von Oo stattfinde, daher die Lichtdesinfektion
nufh nicht auf einem Oxydationsprozefs beruhen könne. Auch
mir fiel der Nachweis von Ho O2 auf Agar nach der von Dieu-
donnä angeführten Methode stets negativ aus. Nehmen wir aber
an, die Bildung von O2 gehe bei Belichtung von stickstoff-
haltigen Verbindungen wirklich vor sich, so wäre es nicht ver-
fltftndlich, warum Bakterien auf Agar und Gelatine gleich rasch
an gründe gehen, wenn nach Dieudonn^ auf ersterem bereits
nach 10 Minuten, auf letzterer erst nach 5 Stunden Spuren von
H2 O2 nachzuweisen sindl Ebenso onTerständlich wäre auch
das Zugrundegehen von Bakterien im ausgetrockneten Zustande
unter Lichtwirkung.
Wenn nun auch ansunebmen ist» dafs die bakteriside
Wirkung des Lichtes nicht auf einem Ozydationsprosefs beruht,
bleibt dennoch die Tatsadie zu erkiflren, wieso die Abtötung in
einer sauerstoffireiehen Atmosphäre rascher verlftuft als bei Sauer-
stoffmangel. Nun wissen wir, dafs bei fakultativen Anaerobien
— und dasu geboren die meisten pathogenen Bakt^en — das
Wachstum bei Sauerstoffabscblufs langsamer veriftuft als bei
Gegenwart des Sauerstoffs. Es könnte daher möglich sein, dafo
bei unseren Versuchen bei Sauerstof^geowart eine gesteigerte
Teilungstendenz der Mikroben besteht und auf diese Weise In-
dividuen von geringerer Resistenz entstehen (Resistenz jugend-
licher neuentstandener Keime vgl. Abscb. 4), die nun der Licht-
einwirkung raecber erhegen, so dafs der Sauerstoff zunächst
6«
Digitized by Google
84 Wirkung des SonnenlicbteB auf pathi^en« Bakterien.
nicht eine die Bakterienleiber EentOfende, sondern Tiehnehr eine
aufbauende Oxydation veranlarstl Bei Versudien mit ange-
trockneten Bakterien — die wegen der der Methode anhaftenden
BfAngel nicht als ganz suverlfissiger Beweie gelten können —
in Sauerstoff« resp* Wasserstoffatmosphftie verlief die AbtOtung
duioh Sonnenlicht stets gleich rasch« gleichgültig ob die
Bakterien unter aeroben oder anaeroben Bedingungen' gehalten
wurden t ein Umstand« der sur Sttttse des ausgespruchenen £r^
klärungsrersuohes herangezogen werden könnte.
Somit beruht die Sonnendesinfektion von Bak-
terien nach raein er Überzeugung nicht auf einem
die Bakterien z eile (lest ruieren den Oxydationsprozefs,
und ich schliefse mich viel ni ehr der Ansicht aller
jener an, die die Wirkung der Lichtstrahlen a]^ eine
direkt auf das Protoplasma der Bakterienzellen ge-
richtete Schädigung erklären.
18. Pbototaxis.
Anläfslich der Besprechung der bakterisiden Wirkung des
Sonnenlichtes als Desinfektionsmittel in der Natur, besonders
der Flüsse, sagt A. Fischer »Li der freien Natur suchen
alle beweglichen Bakterien, die in flüssigen Medien sus-
pendiert sind, die ihnen am meisten zusagende Hellig-
keit auf, denn sie können ja schon hinter winzigen Wasser-
pflänzchen , hinter Schhinnnsplittem reichlich Schatten finden«.
Er legt den beweglichen ßakterien somit eine freiwillige, »inten-
dierte«, Orts Veränderung bei, die jene zur Erhaltung ihres Lebens
unternehmen.
Photo taktische Bewegungen sind uns aus den Beob-
achtungen Engelmanns bei Bact photom etricum, sowie
aus den Experimenten Winogradskys und Bejerinck mit
zu den Chrom atien gehörigen Mikroorganismen bekannt.
Nach Fischer würde es auch Bakterien mit einer photophoben
Bewegungstendens geben I
Digitized by Google
Von bt. tttduurd Wieaner.
85
b--
I
I
Wenn ich auch die Anschmiuiig teile, dafs schon kleinste
korpuskulare Kiemente den Bakterien einen wirksamen Schutz
vor dem Lichte zu bieten vermögen, so kOnnen wir den ersten
Teil der These Fischers nur als eine unbewiesene Hypothese
hinnehmen. Um Aufschhifs über dleaea Punkt su erlangen,
stellte ich die nachfolgenden Versuche an.
Ein Schenkel eines U förmig gel)ojrenen,ilnnnwHn-
digenGlasrohreawardeniit !irhtnnf!iiri liiilnHigem Papier
verklebt (a), während der zweite ScLenkel (b) unver-
haut blieb. Dtatea tr<Bobr ward« bis tm Hohe «x,
mit einer fkiacfagewechsenen Boniilou-TyphoBkaltar
gefüllt. Gleichzeitig wurden swei Eprouvetten, von
welchen eine in der oben erwähnten Weise gegen
daa Eindringen von Licht get^chutzt war, mit der
selben TjphimiilBebwemmong gefallt und unter
gleichen Bedingungen als Kontrollen dem Sonnen-
lichte exjmniert. Ans beiden Schenkeln des U Ixohrs t*o\v'n' aus den Ijeiden
Rprouvetten wurden nach bestimmten Intervallen niittel» einer PlatinOse
je eine Probe entnommen und zu AgarguiKplatten verarbeitet.
Nach der Ansicht Fischers niüfstcn logisclierweise bei
höheren Lichtintensitateti die Bakterien in den beschatteten
Schenkel übergewandert sein , um daselbst vor den schädlichen
Licht.strahlen Schntz zu suciien , was sich nachträglich bei den
Piatteozählungen in einem Mifsverhäitnis der Keimzahlen geltend
machen würde. Zur Kontrolle, ob nicht eine eventuelle geringere
Keimzahl in einem der Schenkel einfach auf einer Abtötung
der Keime durch das Liebt beruhe, wurde der Parallelversuch
mit den beiden (getrennten) Eprouvetten angestellt
Klg. 14.
Tersueh 99. la. VI. 1905. Bact. typhi.
Ezpo«.-
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Bewöl-
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Intcn-
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2ä,0
186800
159600
8,B,
26,0
27,1
108900
126000
1i|»oav9tte
dunkel
Ucht
144900
21SM0O
291 480
291 4»0
890080
CO
144900
nnioo
^»4 OSO
73 080
33000
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86
Di« tl^knng das Sonaenllcliiet aol pathoftM fiiktaiieiL
2a Venacb 99.
H&mzahlimirfobr^tkmktl. op
In ' der vor licht geflchfltsten Eproaveita war wfthrend der
Versttchadauer ein bedeutender Anstieg der Keimmenge (iufolge
TempeiaturerbOhuitgl) eingetreten, wihrend in der nicht Ter
klebten Eproavette ein merklicher Abfoll der Keimsahlen sich
einstellte. Im lichtgescbfitsten Schenkel des U-rohres fand im
grofsen and ganzen keine Vermehrung der Keimsahl, gegen
Ende des Versuches vielmebr ein leichtes Absinken derselben
statt. Auffallend ist die Übereinstimmung der Keiramengen in
den beiden Schenkeln des U-robres; einem Abfall in dem einen
Schenkel entspricht ein Abfall im zweiten, einem Anstieg der
Keimzahl in dem einen auch ein Anstieg in dorn andern Schenkel i
Daraus geht wohl klar hervor, dafs ein Überwanderu vuii Keimen
aus dem sie schädigenden Lichte in den Schatten nicht statt-
findet, im Gegenteil müssen wir an ein Überwandem in der
entgegengesetzten Richtung denken als von Fischer angenommen
wurde. Es besteht somit nicht eine Photophobie,
sondern eine l'hototaxis.
Die Beweglichkeit der Bazillen nimmt während der Versuche
zu, offenbar infolge der einireieuden Temperaturerhöhung. In
den Proben aus den beUchtetea Eprouvetten resp. in dem vor
Licht nicht geschützten Schenkel des U-rohres, fielen im
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Von Dr. fochard WmuM^.
Ö7
bäugeuden Tropfeu ueben »ehr lebhaft beweglichen relativ viele
schiecht oder unbewegliche Bazillen auf.
Es entsteht die Frage wie wir dieses Überwandern deuten
sollen, ob als gewollte Bewegung, allerdings in entgegengesetzter
Kichtuug als Fischer apnahm, oder als passive Bewegung infolge
physikalischer StiümuDgen. Es könnte aber auch durch Ab*
sterben von Keimen im belichteten Schenkel mehr Ij&hrmatenal
irei werden und dies die Ursache für das Überwand ero von
Keimen in diesen Teil der Nährlösung sein. Über diese letztere
Möglichkeit sollen uns Versuche Aufschlufs geben, bei welchen
als Aofschwemmungsflüssigkeit statt Bouillon eine 0,d% Koch-
Salzlösung verwendet wurde.
Versttüh 104. 16. VI. 1905.
fiaet. tiyphi. Temperatur der KoohMÜslOeoog in onYerhfillter EprouTeKe = 34%
fn wtAiwtn veiklebter Eproavette = 97* G.
Dmmt
Cbamiactae
• C.Rohr
1
1 Eproavette
InSldn.
kuog
Lieht-
tot«ntfttt
! dank«!
1 dunkd
Uflht
0
1,180
147 fXX)
147 000
147 000
147 000
V,
0,909
151200
147 000
118 400
1
S.Bo
1,000
1 98400
96600
147000
44100
0,884
1 77 700
81900
111800
35280
2
>
0,833
G9 300
12G000
8n soo
0,464
46 200
4H 2()0
140 200
16 800
a
>
0,333
42 000
6ÖÖ80
10 500
SV.
044ft
47880
60480
188000
4
0,106
84 940
68000
12600
In diesem Versuch eine VermehrangsmOglichkeit der
Keime weg. Abermals findet eine ziemliche Übereinstimmung
der Keimzahlen in den beiden Schenkeln des U^rohies statt, so
dais wir au einen Austausch der Keime in den beiden Partien
mit der Richtung von Dunkel nach Licht denken müssen.
Nachdem keine Vermehrung stattfindet > kann dieser Ausgleich
der Keimmengeu in den beiden Schenkeln des U-robres nicht
auf dem Aufsuchen von disponiblem Nfthrmaterial beruhen.
1) Leichter Dunst.
^ iMe Wirkung dee SonnoDliditoi saf patbogeiM ftaktwlen.
Um die beiden anderen Möglichkeiten — freiwilliges, allerdings
höchst unzweckniäfsiges, Zustreben cum Licht oder passives Mit-
gerissenwerden durch Strömungen — entscheiden su können,
wiederholte ich dieselben Versache mit oincm unbeweglichen
Bakterium (Staphylococcus pyog- aureus). Das Ergebnis war
dasselbe wie bei den Vennchen mit Typhuabazillen.
Wir können daher sagen, dafs Bakterien, in Flftseig*
keiten suspendiert, innerhalb eines gesehlossenen
Raumes der Einwirkung des Sonnenlichtes ausge-
setxt, nicht vor dem fflr sie schädlichen Lichte an
einen dunklen Ort fliehen, um sich daselbst vor
den Strahlen zu sehfitzen, sondern dafs sich viel-
mehr die Keime in der Flüssigkeit stets gleiehmälsig
verteilen, d.h. von dem lichtgeschützten Orte an den
belenchteten wandern. Diese Wanderang ist nicht
als eine aktive, intendierte, sondern vielmehr als
eine passive, wahrscheinlich durch physikalische
Momente bedingte Bewegung anzusehen.
19. Die Bedeutunfl der Sonnendesinfektion in der Natur.
Am Schlüsse dieser Arbeit möge noch die Bedeutung der
Sonaendesinfektion in der Katur einer Erörterung unterzogen
werden. Wir haben gesehen, dafs mannigfoehe Umstände die
Lichtwirkung auf Bakterien beschleunigen resp. verzögern
können, dafs angetrocknete Bakterien im allgemeinen weniger
resistent sind als Keime im feuchten Zustande, dafs Bakterien,
im > Hungerzustande c bestrahlt, viel rascher absterben, als wenn
ihnen die Assimilationsmüglichkeit geboten ist, dafs höhere Luft-
temperaturen die Lichtwirkung beschleunigen, sowie dafs Bak-
terien aus diesem Grunde auch in der Luft suspendiert sich
länger halten, als weim sie auf einer die Warme absorbierenden
Unterlage (Pthuster nsw.) aufliegen, vorausgesetzt natürlich, dafs
sie nicht am l^>oden durch sclmtzende Docken (Staub, Kot usw.)
vor direkter Bestrahlung bewahrt werden Ferner haben wir
erfahren, dafs die Keime bei höherem Feuchtigkeitsgehalt der
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Von Dr. RicbArü WieHoei*.
89
Atmosphäre langsamer xugrunde gehen als in trockener
Loft, sowie dafis die absolate AbtOtong im gesamten Tbgeslidit
selbst bei dem sehr reristenten St^»hylococcuB pyog. aurens
innerhalb kürzerer Zeit (2— 2^» Standen) eintritt, als die tägliche
Dauer der direkten Sonnenstrahlung im allgemetnen (Frühjahr,
Sommer und FVflhherbst) beträgt Endlich sahen wir noch»
dafs auch relativ geriuge Liohtintensitftten und selbst solche
tntensitftten, wie sie dem diffusen lichte zukommen, deutliche
bakteriside Kraft besitzen, daüi auch sehr niedrige Intensitäten
Bakterien derart schädigen können, dafs eine nachfolgende
kräftigere Sonnenstrahlung eine gesteigerte bakterizide Wirkung
auslöst, und dafs auch zeitlich getrennte Bestrahlungen sich in
ihrer W irkung summieren. Schon des öftern habe ich hervor-
gehoben , dafs die Bakterien sicli bei unseren V' ersuchen unter
weit günstigeren Bedingungen befinden als in der Natnr, da ja
eine Reihe dieser die Einwirkung der Sonnenstrahlen begleiten-
den Momente in der Natur in wechselnder Kombination die
ohnedies bedeutende bakterizide Wirkung des Sonnenlichtes
unterstützen. Wir müssen daher dem Sonnenlichte in
der freien Natur eine ganz beträchtliche desinfi-
zierende Wirkung einräumen.
Id der !i:ir}if"1genden Kurve sei die itiitflpr*> i i'-htinteiiMität nnd '-^-uinen-
scbeindaaer iunerhulb der einselnen Monate eliieH Jahree durch die jeweilige
Sonnenhöhe Teranachaalicht
Flg. 16.
Diese desinfizierende Wirkung des Sonnenlichtes wird sich
aber yomehmlich in den Sommermonaten sowie im Frflhjahr
und Frühherbst (siehe vorstehende Kurve der Uchtintensititten
wfthrend des Jahres) bei hoher Lichtintensität und hoher Aufsen-
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90 IK« Wizlning dw fioantnilchtiM wf pathogen« fi«kt«i(«ii.
temperatur geltend machen, während im Spätherbst, Winter und
in der Übergangszeit vom Winter zum Frühjahr (Schnee-
schmelze) die Bakterien den geringsten Schädigungen ausgesetzt
sind. Die Temperaturen sind in jenen Zeiten niedrig, also für
die Erhaltang der Keime günstig. Die Liohtiiiteiisitaten sind
ebenfalls sehr gering, werden daher auch nur eine geringe odw
sogar überhaupt keine Sehftdigung der Bakterien Tenmachen.
Neben diesen für das Bakterienleben gdnstigen Bedingongen
findet in diesen Jahresieiten infolge häufiger Nebel qnd sonstiger
NiederecfalSge meist eine starke Überladung der Atmosphäre mit
Waseerdampf statt, wodurch abermals eine Abschwiebung der
SU diesen Zeiten ohnehin geringen liehtintensitäten (7gl. Absdm. 6)
bedingt wird. Infolge des höheren Feuehtii^eitsgehaltes der
Luft werden aber die Keime auch länger in der Luft schwebend
erhalten (4^6 Stnndtm)^).
Werden aber Keime in ihrer Lebensenergie wenig
oder gar nicht geschädigt und bleiben dieselben
lange Zeit in der Luft schwebend, soistauch die In-
f ektionsmOgliehkeit während dieser Zeiten (Spät-
herbst bis Frühjahr) eine grofse. Und in der Tat finden
wir audi während dieser Monate das gehäufte Auftreten von Erkran-
kungen, der Respirationsorgane, i t s|), von Erkrankungenbei welchen
die Infektion auf dem Wege des Respirationstraktes stattfindet. ^)
I'^benao wie die genannten meteorologischen Faktoren während
eines Jahres schwanken, finden auch wahrend der verschiedenen
Jahre solche oft sehr bedeutenden Unterschiede statt (vgl. Abschn. 1).
Waren schon Berger (*') und Ruhen i inn {*'• bestrebt das
Auftreten von E{)idemien resp. Pandemieu mit derartigen
Verhältnissen in Zusammenhang zu bringen (Ruheniann, In-
fluenzaepidemie 18Hl»i, bo isi e? höchst auffallend, dal's abermals
in den Jahren 19<U'r>5 bei reichlichem Nebel im Herbst und
Winter unuem in geringe Lichtintensitäten herrschten ivgl.
Abschn. 1) und gerade in diesen Jahren die letzten Meniogitis-
epidemien mit aller Kraft einsetzten!
1) vgl. Flagge(**)("*X Htitebiion(M^.
2) TgL Beb rea >("•).
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Von Dr. Kicbiurd Wieanor. dl
Finden wir nun, dals innerhalb des Jahres
die Zahl jener Erkrankungen, die auf dem Wege
des Respirationstraktes entstehen, gerade wäh«
rend jener Moifate am stärksten ansteigt wäh-
rend welcher die Lichtintensität enorm sinkt,
diese Erkrankungen mit dem Zunehmen der
Lichtintensitäten (vgl. Kurve auf 8. 99) im Sommer
wieder stark abnehmen, finden wir weiter, dafs
das Auftreten gewisser Epidemien (Influenza,
Meningitis) meist in Jahre fällt, während welcher
die Lichtmicnsitäten besonders gering waren, so
werden wir einen Zusammenhang von Epidemie und
Lichtdesinfektion nicht von der Hand weisen
können.
Den Ausgangspunkt für die Infektion bildet dabei stets der
Mensch als natürlicher Bazi llen trägt: . Wissen wir doch, dafs
InHuenzabazillen sicli lauge Zeit in phUusisciieii K avernen lebens-
fäliig erhalten, sowie dafs Meningokokken gelegentlich im Nasen-
sekret Gesunder angetroffen werden. Ist nun die Luftfeuchtig-
keit grofs. die Lichtintensität gering, so werden solche verspritzte
Keime (die überdies gegen äufsere Schädigungen sehr empfind*
lieh sind) einerseits längere Zeit lebensfähig bleiben, andersdts
aber auch längere Zeit in der Luft frei schweben, wodurch eine
Übertragung auf einen neuen Bazillenträger erleichtert wird. Damit
ist aber, wie ich betonen will, der Vorgang der Infektion noch
nicht vollständig erklärt, da ja auch im infizierten Individuum
Verändmngen vor sich gehen müssen, durch welche das Ein-
dringen von Keimen in das Qewebe ermöglicht wird. Ob aber
nicht der menschhche Organismus gerade durch solche klimatische
Bedingungen, wie sie besonders in den in Bede stehenden
Jahresxeiten herrschen, für die Auslosung einer Infektion disponiert
wird (Erkältung im weitesten Sinne), ist eine Frage, die einer
Berfloksiefaügung wert ist. Daau konunt noeh, dals Kdme^ die
von einem erkrankten Individuum versprengt werden, in Ana^
log^e mit der Virulenzsteigerung von Bakterien durch Tier-
passage ebenfalls eine Steigerung ihrer Vitslität und Virulens
92 Ifitt Wirkang des SooMnliehtM «nf ptilhttgutB B«kt«tlMi.
erfahren haben dürften und dadurch neuerdings eine erhöhte
Infektionsmöglichkeit bedingen.
Endlich spricht auch das periodische Auftreten von Epide-
mien (Influenza z. B.) nicht gegen sondern eher fflr unsere
Annahme, da ja auch in der Katur eine gewisse periodische
Wiederkehr von abnormen meteorologischen Zust&nden beobachtet
wird.
20. Retumä:
1. Die Keimmenge bat auf den seitlichen Verlauf der Ab-
totung yon Bakterien durch das Licht keinen Einflufs;
vielmehr tritt die absolute AbtOtung bei verschiedener
Eeimsahl gleichseitig ein.
2. Innerhalb verschieden dichter Keimmengen findet ein
proportionales Absterben der Keime statt, welches auf
dem variierenden Resistenzgrad der einzelnen Individuen
beruht.
S. Diese wechselnde Resistenz ist (zu mindest zum Teile)
von dem Alter der Keime abhängig.
4. Die höchste Resistenz gegenäber dem Lichte erlangen
Bakterien im Alter von 7 — 80 Stunden und diese scheint
durch mehrere Tage unvermindert erhalten zu bleiben,
um dann wieder abzunehmen.
5. J-iakierieu siuu t,t'^eii Liclu im trockenen ZuHtande
weniger resistent als im leuchten. Die Resisteux ist von
dem Medium, in welchem die Bakterien eintrocknen, ab-
hängig.
6. Bei höherer Lultfeucluigkeit sterben Bakterien langsamer
ab als bei geringem Feuclitigkeitsgehalt der Atmos|>häre.
Dieses langsamere Abüterben diirfle mit einer stärkeren
Absorption der Sooneustrahleu in der Atmosphäre zu-
sammenzuhängen.
7. Werden Bakterien im feuchten Zustande dem Sonnen-
lichte exponiert und linden sie nicht die Möglichkeit
Nährstotte zu assimilieren, so erliegen sie rascher der
Lichteinwirkuiig als bei ermöglichter Nahrungszufuhr.
Digitized by Google
Von Dr. Richard Wiesner.
93
8. Alle Teile des Sonnenspektnims bedtsen bakteridde
Wirkung, sowohl die sichtbaren Strahlen einschliefs-
lieh den roten als auch die nnsichtbaien Strahlen.
9. Unter den unsichtbaren Strikten wirken nicht allein die
ultravioletten sondern au ch die ultraroten Strahlen
bakterientötend.
10. Die ultraroten Strahlen stehen 'Ion kurzwelHgen Strahlen
an bakterizider Kraft nicht nur nicht nach, sondern
scheinen dieselben sogar zu übertreffen.
11. Die stärkste Wirkung kommt dem unzerlegten Lichte zu.
12. Auefa künstlich erzeugte langwellige Strahlen Teroichten
Bakterien, ohne dafs die AbtOtung der Keime auf einer
schädigenden Temperaturerhöhung beruht.
13. Die begleitende Lufttemperatur beeinfiufst in hohem
Mafse die Wirkung des Lic htes. Hohe Aufsentemperaturen
nnterstüt7,en, niedrige Aulyentemperaturen mildern die
bakterizide Kraft des Öonnenlicbtes.
14. Infolge des Einflnsfes der die Bakterien umgebenden
Temperatur auf den Abtdtungsprozets durch das Licht
verhalten sich Bakterien, in der Luft exponiert, resistenter
als Bakterien, die auf einer festen, Wftrme absorbierenden
Unterlage aufliegen.
15. Bei intermittierender Bestrahlung ist der Effekt gleich
der Summe der Bestrahlungszeiten.
16. Die Wirkung des Lichtes setzt mit dem Moment der
Bestrahlung ein und hört in gleicher Weise mit dem
Moment des .Vusst't/.ens der lii^trahhnig auf.
17. Auch sehr kurz dauernde Bestrahluntrszeiten hei inter-
mittierender Bestrahlung (von huudertstel Sekunden) ver-
ursachen eine Schädigung der Bakterien.
18. Die chemische Leistungsfäiiigkeit der Bakterien (Gelatine-
verflüssigung, Scbwefelwasserstoffbildung, Zuckerver-
gftrung, Trimethylaminbildung) wird durch das Licht
nicht gesohw&cht.
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94
Die Wirkuag des Somienlichtea aaf pathogene Bakterien.
19. Die Vinüei» bleibt (bei Bbc. pnemnoniae) bis rar voll*
at&ndigen Vernichtung der Bakterienselle durch das
Soimenlicht erhalten.
20. Die verschiedenen Gruppen pathogener Bakterien beeitxen
einen wechselnden Resistenzgrad gegenüber dem Licht.
21. Normaler Weise in der freien Natur lebende Spaltpilze
(Luftkeime) werden durch das Sonneolicbt nicht ge*
schädigt.
22. Die Wirkung des gesamten Tageslichtes ist stärker als
die des direkten Sonnenlichtes und setzt sich aus der
Wirkung des direkten Sonnenlichtes und des diffusen
Tageslichtes zusammen,
23. Die bakterizide Wirkung des Sonnenlichtes hängt in
erster Linie von der Lichtintensität ab, wobei es gleich-
gtdtig ist, ob direktes Sonnenlicht oder aber reflektierte
Strahlen (diffuses Tageslicht) auf die Bakterien treffen.
24. Auch geringe Lichtintensitftten haben bei der Sonnen-
desinfektion eine Bedeutung, da höhere Liohtintensitaten
Bakterien, die vorher der Einwirkung niedriger Intenei>
t&teten ausgesetzt waren, viel rascher als vorher unbe-
strahlte Bakterien zerstören.
25. Die Bakterien, auch die beweglichen Arten, liaben in
flüssigen Medien niclit die Eigenschaft, der für sie ver-
derblichen Lichtwiiwirkung zu entfliehen j vielmehr streben
sie dem Lichte zu.
26. Dieses Zustreben zum Lichte {Phototaxis) ist nicht als
eine »gewollte« Ortsveränderung anzusehen , sondern
scheint vielmehr durch physikalische Strömungen bedingt
zu sein.
27. Die Abtötung von Bakterien durch das Licht verläuft
bei Sauerstoffgegenwart rascher als in sauentoffreier At^
moaphftre.
28. Die desinfizierende Wirkung des Sonnenlichtes beruht
auf einer direkt auf das Protoplasma der Bakterienzelle
gerichteten Schädigung.
Digiti^cü by Google
Von Dr. Richard Wieaner.
95
29. Die SonnendesinfektioQ kommt in unseron Wobnräomen
gar nicht oder nur in untergeordnetem Mafse zur Wir-
kung.
90. In der freien Natur spielt die Sonnendeainfektion eine
nicht XU untersch&tcende Rolle.
dl. Das Auftreten von sporadischen als auch von epide*
mischen Erkrankungen, für welche der Respirationstrakt
als Eintrittspforte dient, scheint mit der 8onnendesinfek>
tion in engem Zusammenhang m stehen.
Nachtrag.
Zu Absch. 14, S. 71. Diese Ansicht wird auch durch die
Untersuchungen M. Martins*), die nach Abschlufs meiner
Arbeit veröffentlicht wurden, bestätigt. Martin berichtet näm-
lich, dals in den Tropen eine gewisse Bakterienarmut hinsieht«
lieh der pathogenen Arten bestehe, welche au! der bakterien-
tOtenden Wirkung der Sonne beruhe, während eine Zahl nicht-
pathogener Keime durch die Sonne unbeeinflußt bleiben.
') Max Martin, Studien über den Einflufs der Tropeosonne auf
pathog. Bakterien. Münch, med. Wochenscbr. IdOü, Nr. öl.
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96 Die Wirkung des Sonnanliobtafl anf {wflMgena Baktorien.
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116. K i r B te i n , Über die Dener der Lebenelftbigkeit von Enukbeitsenegenk
in Form feinatw TrOpfehen und Stiiabchen. Zeiteehr. f. Hjgiene. 1902l
Bd. 39.
117. Maximow, Über den Einflafs des Lichtes auf die Atmung niederer
Fihe. Zentrelbt. f. Bekt 1909.
118. V. Ss^kely, B^tnm; *ur Lebensdaner von Miltbrandeporen. Zeitadir.
f. Hygiene. 1903. Bd. 44.
119. A. Fiscber, Vorlesungen Ober Bakterien. 1903.
120. Bie, Über <)ie Einwirkung den Uchtee aaf Baicterien. Milteilang. ans
FinHens Licbtinstitut. 1903. Bd. 3.
ISl — Über die Abeorption ultravioletter Strahlen durch blaue Flttssigkeiten.
Ibidem. 1908. Bd. 8.
199. Finsen und Droyer, Untersuch ungen aber die Wirkung des lichtes
auf Pockenvaf ein«' IbüJem. 1903. Bd. 3.
123. Bang, über die Wirkung dea Lichtes auf Mikroben. Ibidem. 190^.
Bd. 3.
194. Busek, Beitrag tn den üntersncbungeQ Uber die Dnrebstrahlnngs
mOglichkelt des KOrpeis. Ibidem. 1908. Bd. 8.
12!5. Jansen, Unter8iu;htingen Über die Fähigkeit der l>akteriziden Läl^t»
¥itrfifi!»-ii durch die Haut zu dringen. Iliiilein 1903. HJ. 3.
12Ü. Ferui, Ober eine eigentümliche schadticle Wirkung <ler Sonnen
atrablen während gewisser .Monate des Jabres und ihre Beziehung Kur
CorjrsB, Infla«isa etc. Arch. f. Hye. 1904. Bd. 48.
127. Plügge, Untersuchungen über die hygienische Bedeotong einiger
klimutiacher Faktoren, insljes(<n<lero des Windes. Jena, FestSldlrift f.
R. Koch, 1904 Uief. ZtJiitralbl. f iJakt. H.l. H5 >
128. Busck, über die relative Penetratiousfsbigkeii der verschiedenen
Spektralstrahlen gegenttber dem tieriadien Gewebe. Mitteil, ans Finsens
LichtinsUtat. 1903. Bd. 4.
129. Jansen, über tiie WiderstandafahiglMit der Bakteriensporen gegenüber
dem Liclit. Il.irleni. VMl 15(1. 4.
130. Bang, über die Wirkung des elekir. Bugeuliclites auf Tuberkelboxillen
in Beittknltur. Ibidem. 1904. Bil. 7.
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102 Wirkung d. fionnmiUditw Auf ptth. Bakterien. Von Dr. Rleh.Wl6Mi«r.
181. Bie, Methoden zar Me«suDg der bakteriziden Wirkung des Lichtes
Ibidem. 1901 Bd. 7.
182. — , Über d]« bekterttide Wirkung oltnviolettar Strahlen. Ibidem. 1901
Bd. 7.
188. — , Die Gewöhnung der Bakterien an Belichtung. Ibidem. 1904. Bd. 7.
184. Buück, Ucbtbiologie. Ibidem. Id04. Bd. a
185. Bie, Ist die bekteriside Wirirang de« lichtes ein Ozydetionsproielk?
Ibidem. 1905. Bd. 9.
186. , Tflt die bekterixide Fähi^^keit des Uchtes «af eine direkte Ein-
wirkung ....... Ibidem. 1905. Bd. 9.
187. — , Die deslnfisierende Wirkung des WaeseirtoliBuperoxyda. Ibidem.
1906. Bd 9.
188 B a n ^ , Über die Verteilung hnkterizider Strehlen im Bpektrom des
Koiilentiojfenlichtes. Ibidetn l&Oö. Bd. 9.
189. Rufe, Einiges aber den Einflufd der üöntgenatrahlen auf Mikroorgm-
nfsmen. Areb. f. Hyg. 1906. Bd. 66.
140. Thiele und Wolf, Über die AbtHtang von Bakterien doreh Licht
Arcb.f.H7g. 1906. Bd. 67.
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Experilbentelle üntersudumgen ober die Wirking der
Tetaaasbiizillen und ihrer Gifte Tom HiM^lidanntniittiiB
ans; - •
Von • ,
Dr. Markaa Babinowitsoh« .
(Ans d«m köuii^l. UygieniaelieQ Inititnk der TTniTerMÜtBerlio. Direktor: Oeb.
• • Medisinalrai Ttol Di«. H. BÖbner.) ' -
■■ Je mehr UDsere Kenntnisee - Über das Wesen uod die.Vj^r*
•schiedeiien Eigenschaften der Bakterien aieh häufen, um aq deut-
licher- tritt, satage, von welch., grofser Bedcitttung die .Erfor-
schung der Art und Weise der Beeinflussung dieser Beeond^r-
heiten sein kann.
• Und daTa die verschiedensten Bügebschaften^.der Bakterien
nicht etwas Konstantes, sondein etwas mehr cder. weniger. }.eiisht
Verftnderliehes ist, das- ist wiederholt von^Titlen Foistdieni für
die meisten Bakterien direkt experimentell nachgewiesen worden,
und fortwAhrend wurden immer neue. Beweise dafür geliefei:t
Solche Beweise wurden lür jdie morphologischen und knltu*
Teilen Eigentümlichkeiten der Bakterien' geliefert, aber besonders
• aabixeich sind die Ober - ihre patho^tie Natur gemachten Et-
fahrungeu, da auf diese hauptsAchlioh die^ meisten Forscher ihre
Aufmerksamkeit gelenkt haben. '
Schon vor 25 Jahren hat Koch^) darauf hingewiesen, dafs
die i'ulliogcniUlt der Bukterien und ihre liifyklioiistüchtigkeit von
V Mittfünnjjpn den Kaiserl. GesundheitsamteB, Bd. 1.
AroUv tüi Hygieae. Bd. LXi. 8
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104 fiiper. ÜDt8f«in^aiig«tk ft. d.Wlrkmig d. tfllunntlMilllMi a. ihittr Oifle «te.
verschiedenen Umständen abhängig und streng voneinander zu
trennen sind, denn; ^Die Eigenschaften pathogen und infektiös
decken sich nicht, und wenn ein Parasit als pathogen erkannt
ist, dann mufs aufserdem noch ( xporimentell bestimmt werden,
ob er zugleich übertratrbar ist oder nicht. .. . Allmählich hat
indes die Erfahrung gelehrt, dafs es durchaus luclit gleichgültig
ist, welche Tierapezies zu den Infektionsversucheu gewählt wird,
und dafs überdies die Art und Weise der Übertragung von
gröfstem Einflufs auf das Gelingen des Experimentes ist.t Und
einige Zeilen weiter fügt Koch noch hinzi): »Sehr merkwürdig
ist in dieser Beziehung auch das verschiedene Verhalten von
Tieren derselben Gattung, aber von verschiedenem Alter.«*)
Dafs auch die Rasse der Tiere, ihre individuellen Be-
sonderheiten, wie «uoh der Nährboden, auf dem die Keime
geiQchtet werden, und deren Menge entscheidend für den Aus-
gang der Infektion sein können, liat Kooli in derselben Arbeit
hervorgehoben.
Die spftteren Erfahrungen haben gelehrt, dafs alle diese von
Kooh aufgestellten Sfttze fflr fast alle {»athogenen Keime lutioffttid
sind, dafs aber außerdem noeb viele andere Bedingungen in
gleicher Weise ihre Pathogenitftt und Infaktionstüohtigkeit be-
einflussen können.
Dies kann auch nicht wundernehmen, denn:
»In den Krankheltsenegem haben wirc, wie Flflgge
sagt, »genau genommen niemals die einngo ausrsichende Ur-
sache der Infektionsknuikhaten au sehen, sondern letstere ent>
wickelt sich erst aus dem Zusammenwirken der Krankheits-
erreger und eines fflr dessen Entwicklung gflnstigen Subetrats,
eines »empfsngUcfaen« oder fflr die fiikranknng »dtsponiertenc
Organismus (Organs)«.^)
Und in der Tat wissen wir jetst, dafs die pathogeuen Keime
in den fflr sie empfänglichen Organismus eindringen und in
dessen Oiganon haften bleiben kdnnen, ohne irgend welche nach-
weisbare krankhafte Erscheinongen hervorsurufen, was Ton
1) a. a. O., S. 16 (meine Kumivschrift).
2) GrandrffH der Hygiene, 1902, S 589.
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Von Ür. UariciM ttabinowltMdi.
106
Kubner^) als >Invasion< im GegensatE za der Infektion
bezeichnet worden ist. Endlich hat man noch die Erfahrung
gemacht, daCs der patbogene und infeklionstüchtige Keim, selbst
unter den natürlichen Verhältnissen, seine Patfiogenit&t für die-
selbe empfftngliche Tierspeziea einbüfsen oder sogar ganz ver-
lieren kann, und daraol hat man anch kflnstlich die Pathogenität
der Bakterien tn verUndern gelernt. »IMe Infektionaeireger
scheinen schon anter natürlichen VerhAltnissen«, sagt darüber
Krase tsebr erhebHehe Schwankungen ihrer Vinüens so er^
leiden Unter künstlichen Bedingongen sind bei fast allen
Infektionsenegem Virulenssehwankungen nachgewiesen worden.
Dieselben bewegen sich in swei Richtungen: es gelingt entweder
Abechwächungen oder Verstftrknng^n der Virulenz an endelen.c^
Und von den vielen Bedingongen, die die Virulens der Bakterien
beeinflussen oder gana vernichten können, bat die Wirkung des
Magens und seiner Sllfte auf die per os eingedrungenen oder
eingebrachten Keime sehr früh die Aufmericsamkeit der Foiacher
geweckt.
So hat C. y. Nägeli schon im Jahre 1877 geschrieben:
»Die Spaltpilae sind gegen Sfturen viel empfindlicher als
die Sprofs- und Scbimmelpilie: sie yennehien sich in den
normalen sauren Flüssigkeiten des Magens nicht oder nur splr>
lieh und bleiben auch den normalen chemischen Umsetzungen
gegenüber durchaus unwirksam. Anders gestaltet sich das Ver-
halten in einem Magen , welcher durch krankhafte Affektion
einen wenig sauren oder neutralen Inhalt besitzt. Hitir linden
die Spaltpilze ein günstiges Feld für ilire Vermehrung und
Tätigkeit.»»)
Zu diesen Beobachtungen hat Koch noch neue mitgeteilt
und in folgender Weise erklärt;
»Dafs die Infektion vom Darmkanal aus wohl möglich ist,
beweisen schon die liautigen Fälle von sekundärer Darmtuber-
kulose der Phthysiker, welche auf die Infektion durch die ver-
1) Lehrbndi d«r Hygiene^ 1908.
8) Mikroorganismen von FlOgge, 1876, 8.S99»
fl) Die niederan Pilie^ 1677, ä, 49.
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] 06 fixpsr. Üni«niici»i]ig»n II. d.Wli^iif d. TeCanotbuillmi a. ilirar Qifto ete.
schluckten Sputa zurückgeführt werden müssen. Eigentümlich
ist es allerdings, dafs, obwohl anzunehmen ist, dafs ein jeder
Phthysjker mehr oder weniger von bazillenhaltigem Sekret seiner
Lunge verschluckt, doch nicht bei allen Darmgeschwüre gefunden
werden. Ich erkläre mir dies in folgender Weise : erstens er-
scheint der Darm an und für sich für die langsam wachsenden
Tuberkelhazillen einen noch ungünstigeren Angriffspunkt . zu
bieten al« die Lunge. Dann haben aber ferner. idie Fütterang8>
versuche mit Milzbrandbazillen und deron S|>oren gelebrti dafs
Mibbrandbazilien , welche keine Sporen haben, im Magen zer-
.atOrt werden» wftbxend die Sporen dieser Bazillen den Magen
unschädlich zu passieren yeiinOgen»^)c
Und bei .den Untersacbungen über den MilzbiandbasillaSt
die Kocb zusammen mit Gaffky und Löf f 1er anstellte, bat er
-noch binzugefügt, dafs:
»Milzbrandsporen im Magen des Hammeln nicht zugrunde
gi^eii, . im Darm auswachaen, durch die unverletzte Schleim»
haut des Darmkanals in die Gewebe eindringen und anf diese
Weise eine schnelle tödliche Infdction herbeizuführen yermügen.c3)
. . Die nachträglich wiederholt von den verschiedenen Forschern
mit den verschiedensten patbogenen Keimen ausgeführten
Fütterungsveisuche haben geldirt, da& fast sämtliche Versuchs»
tiere auf die Fütterung schwach und oft in ganz eigentümlicher
Weise reagieren, oder sogar sich ganz refraktär verhalten, während
sie gegenüber einer Injektion von denselben Keimien sehr emp>
' fänglioh' sind. Und dafs auch die Kaltblüter in gleicher Weise
gegenüber eineV Fütterung von pathogenen Bakterien sich ver-
halten, folgt aus den Versuchen au Fröschen von Lubarsch und
Mayr, mit denen die Autoren nachgewiesen haben, dafs:
> Weder die Pilze der luensclilichen, noch der BlindschleicheD-
tuberkulöse vom Magendurnitraktuä aus in die inneren Organe
-eindringen.«^)
1) Mitteilung«!! d«s Kaiawl. GesundlieitiamtMe, Bd. II, 9. 81.
2) Ebenda, 8. 168.
3) .\rb«it«n aus der ])athul. anatom. Abteilung dea Kgl. Hygieniactien
Institutes zu Posen, 1901, S. 147.
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Von I>r. Marlens Rabinowitscb. 10t
' Selb^TentftndKoh verhalten eich auch ' dieser Infektionsart
gegenflber die venchiedenen Tiere, je nach der Spezies aad nacli
der Art de« InfektioDserregeie gaAs verechieden. AaEeerdein
icOimen verschiedene beim Infektionsversnch sngewattdte Kunst*
griffe die Infektion unterstütKen, wie folgende gesammelten Err
fahnmgen es beweisen können.
Beim Milz bvlind gelingt es, wie G. Frftnkel, Sobern-
heim und Nikoleky^) nachgewiesen haben» die empfüiiglichen
Meerschweinchen - und Kaninchen durch Verffltierung groC^r
Spoienmengen zu infisieien, während die hochempfänglichen
weifsen Mäuse nach Koch- und Korkunof f*} durch Fütterung
nicht zu infizieren sind. Korkunoff tmd Crookshank haben
aber dabei noch hervorgehoben, dafs bei der Fütterung die
Sporen von anderen Stellen (Mund-Rachenschleimhaut, Tonsillen)
aufgenommen werden können. Die mit D i p h t Ii e ri e b a z i 1 1 en
von Beck und Lüffler^) rh KaiiMtchen und Meerschvveiiiclien
ausgeführten Fütterungs versuche snid negativ ausgefallen.
Eine vom gesunden Darmkanal ausgehende Infektion mit
den Bazillen dos Malignen Ödems erscheint nach Jensen*)
als höchst unwahrscheinlich schon aus dem Grunde, dafs man
bei den Pflanzenfressern regehnäfsig ÖdembaziUen im Darm-
inhalte findet.
> Anderseits«, fügt aber Jensen hinzu, »l&fst dch die
Möglichkeit nicht be.streiten, dafs eine Einwanderung vorkommen
kann , wenn der Darm sich vorher im krankhaften Zustande
befindet.«*) Auf derartige als gelungene Versuche weist der
Autor auf die von Monere ul hin, in denen die zuerst mit
Alkohol und nachher mit Odembazillen gefütterten Kaninchen
eingingen.
Bei der Verfütterung des Bac. Botulinus, der nach einer
subkutanen Einspritzung von 0,0003 — 0,001 ccm Kaninchen in
1) K o1!e-WaBa«rma&iia Handbuch der.Path. MikroorB.,- Bd. 8.1.
2) Ebenda.
3) Ebenda, 8. 754.
4> Ebenda, 9. $19.
5) Ebenda, & 680.
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108 Exper. Untenadiangeii d.d. Wirkaag d.Tetaiivwb«iiU«& «.ihrer Gift« ete.
86—48 Std. tötet, sind Dosen von 5— 10 ccm per os eingeführt
innerhalb 48 Stunden Tioch nicht sicher tödlich. Oft tritt im
letzten Falle xuerst Kachexie und erst nach Wochen der Tod
ein. Dagegen verenden die Meerschweinchen nach subkutaner In-
jektion von 0,00001 bis 0,00005 in 3—4 Tagen und verfallen bei
noch kleineren Dosen einer Kachexie, während sie nadi dem
Gennfs foa 1—2 Tropfen Bouillonkultnr innerhalb 24 — 36 Standen
starben. Beim Afien tritt nach subkntaner Injektion oder Dar>
idohung per ob von 1 — 2 Tropfen unter gleichen charakteristi-
sehen Symptomen der Tod in 24^86 Stunden ein.
Besonders sshlreich sind die Erfahrungen tiber die Wirkung
der auf Tersehiedene Tiere verfQtterten PestbaiiUen. Bei
Ratten, die eine fiberans grofse Empf&nglidikdt für Pestbazinen
besitzen, »IftTst sich in manchen Fftllenc, wie Dieudonntf^)
meint, »eine direkte Infektion vom Magendarmkanal aus kon-
statieren, t Von den Mäusen sollen sich verschiedene Rassen der
Fütterung gegenüber verschieden verhalten. Während bei den
Versuchen von KoUe von den gelüUerten weifseu Mäusen nur
0 infiziert wurden, starben böi den Versuchen von Kolle
und Overbeck alle grauen Hausmäuse innerhalb von 3 Tagen
nach der Verfütterung. Kolle hat aber dabei berichtet, dafs
von 80 der Fütterunpspest erlegenen Mäusen nur bei zweien
Herde im Darm auitraten, ohne dafs eine Veränderung der sub-
maxillaren Drüsen im Suine eines primären Bubo staltgei'utuien
hätte. Dasselbe hat sich auch bei den Versuchen von Kolle
nn Meerschweinchen wiederholt: einige starben nach der Ver-
fütterung und zeigten submnxillare Bubonen. Die Kaninchen
waren noch weniger emphndlich, und bei Affen »gelang die In«
fektion per os sicher«. Hühner reagierten auch auf Verfütterung
von grofsen Mengen virulenter Pestbazillen gar nicht; bei Katzen
traten submaxillare ßubonen auf, dabei blieb die Krankheit lokal
oder ging in eine allgemeine über.
Und besonders aulfallend ist es, daTs die Ffitterungsversuche
mit Bakterien, für die bei den natürÜchen Verhftltnissen der
1) Kolle WaBBeriii»nneMaadb.d.Fatb. MUonorg.» Bd. 2, S 476—502.
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Von Dr. Markus Rabinowitsob. 109
Magendanntrakttu eine PkSdüektioiussteUe bilde*, am hiudgeten
ne^tiv ausfallen»
Der gewOholidie Darmbewofaner — dae Bakterium Coli
eommune — hat sieh hei InfekttoneTeräaohen an Hefen ale
sehr pathogen enriesen» nnd die an Tieren nach der Infektion
gesehenen allgemeinen Krankheitserechemungen eind, wie Emme^
Iich>) zuerst hervorhob und allenthalben bestätigt wurde, jenen
eines schweren Magendarmkatarrhs sehr ähnlich. Aber eine Er-
krankung durch Aufnahme der Kulturen per os wurde nach
Emmerlich und Korkunoff auch dann nicht gesehen, wenn
der Magensaft vorher neutralisiert worden war. Dasselbe wieder-
holt sich auch bei der Dysenterie. Wenn die kleineren Ver-
suchstiere gegen jede Art der Inokulation von Dysenteriebazillen
aulserordentlich empfindlich sind, so dais V20 Öse (Öse = l' mtf)
lebender Reinkulturen, einem Kaninchen intravenös injizier i, Itei
dem Tier Durchfälle und Löinuungen hervorruft, so versagt das
Experiment bei der Einführung der Bazillen per os.^)
Während beim Menschen der Typhus »fast ausnahmslos
durch Verschlucken der Bazillen erworben wird'), so kennen iHr<
nach Neufeld »kein Tiere, bei welchem der lyphna ihnUch
wie behn Menschen eine epesifiaohe wohl eharakteiisierto Er^
ktanknng aussulileen imatande wflte.c^) A. Frftnkel gelang es
' aber, Meerschweinchen krank la machen nnd su toten durch
Einffthnmg der Enltnien in das Dnodenum.*)
Nikati nnd Rietsch*) ist es auch dnreh das Einfahren
von Cholerabazillen in das Daodenam gelungen, bei Tieren
eine tödlich verlaufende Infektion hervorzurufen. Koch^) konnte
dagegen Meerschweinchen infizieren, indem er die Salzsäure
des Magens durch 5 proz. Sodalösung neutralisierte und nachher
1) Kolle'Waitermaniis Haiidbadid. patb. Hikrooig., Bd. II, 8. 884.
8) Ebenda, 8. 809.
8) Mehrings Lehrbuch der inneren Medizin, 1903.
4) Kolb-Wassermanns Uandbuch der pathog. Mikroorg., Bd. II, 6.229,
5) Ebenda.
8) Ebenda, Bd. 8.
7) Ebenda.
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110 Ezper. UntenochiiBgen ü. cLWirkuag TeUumsbatillea o. ihrer Gifte ete
mit der Cholera •BeiD^uItur Opiumtiiiktar d«u Tieren - emver»
leibte.
- »Matf darf allerdings nicht aufoer aeht laseenc, bemerkt bei
der Erw&hnang dieser Versache Kolle^),;tdaIiB es sich bei den
Versuchen, die Meerschweinchen auf diese Weise cbolerakrank xn
machen, immerhin um einen nemlidi rohen Eingriff bandelt,
dnrob den die Tiere tinter allen Umstinden erheblich ge-
sohwAcht werden , und dafs der Infektionsmodtts ein -ziemlich
intensiver ist, so intensiv, dafs bei gleicher Versuchsordnung
wohl auch andere Mikroorganismen ähnliche Kraukheitspfosesse
hervorrufen können, c Was auch experimentell bestätigt wurde.
Wenn wir jetzt alle hier geschilderten Ergebnisse der
Fütterungsversuche an den voracliiedeaeu Tieren mit den ver-
schiedensten Mikroorgaiusmen xAL^amnienfassen , so sehen wir,
dafs im allgemeinen sämtliche Tiere gegenüber einer Fütterungs-
infektion mit den pathogetieu Mikroorganismen bedeutend wider-
standsfähiger, als gegenüber jeder anderen Infektionsart sich ver-
halten , und dabei sind die verscliiedeuen Tierspezies in ver-
schiedenem Grade refraktär.
Aber aufserdem haben wir gesehen, daCs viele positiv aus-
gefallene Versuche nicht ganz einwandfrei sind, da es nicht aas*
geschlossen und sogar sehr wahrscheinlich ist, dafs die Infektion
von der Mund-Rachenschleimhaut oder den Tonsillen ausgegangen
i t In einigen Fällen dagegen, wie bei den Versuchen mit dem
Bac. Botulinus, traten trotz der kolossalen Dosis von ö — 10 com
keine typischen Erscheinungen, sondern eine Kadiexie auf.
Alle diese auffallenden Tatsachen, wie auch die von R ab n er')
festgestellten, dafs die Bakterien im Darm, wechsdnd nach der
Kost und der Art der Zubereitung der Speisen, sehr reichlich
sind, und 1 mg Kot bei gemischter Kost 1,2 Millionen Keime
enthält, sprechen mit grofser Wahrscheinlichkeit dafOr, dafs nur
der Magen durch seine . Sekrete die Pathogenit&t der Keime
beeinflufst oder vernichtet.
1) Kolle WasBcrmanns Handbach der pstbog. IfikrooTg., Sl 26.
8) Lehrbuch der Hygiene, im
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Von Dr. Hirfci» BabtnowitMli.
Dafs es in der Tat. 60 ist, und dafs aufserdem noch unter
yerschiedeuen Bedingungen diese Wirkung des Magensaftes auf
die Virulenz der Bakterien stark modifiziert werdtti oder ganz
ausbleiben kaPD, dafür werde ich in folgendem an der.Haud
der £xperimenter mit dem TetanusbaiilluB Beweise zu liefern ver;
Biidien.
' Experimenteller Teil.
Wie allgemein bekannt, ist der Tetanusbazillus in unserer
Umgebang derart verbreitet, dafs von seiner Ubiquitftt ge«
sprochen wird.
So bat ibn schon Nikolaier sein Entdecker» bei seinen
Untersuebnngen von versobiedenen Erdproben einmal in 12
von 18, und das sweite Mal in 81 von 172 Proben gefunden. >
Boss an o^ bat diese Versuche nachgeprüft und fand in den
von ihm untersuchten 38 Erdproben, die allen fflnf Erdteilen an*
geborten, 26 mal den IVtannsbasillus. • ,
. Bisser i^^ fand den Staob von viel benutsten StralBen,
Reitwegen, den Sand- vom Boden einer Reitschule stark in-
fektiös.
Nikolaier, Sanchex-Toledo» Reclus n. a. haben nach-
gewiesen, dafs gedüngtes Acke^ und Gartenland, Rieselfelder,
Höfe und Stralsen besonders b&ufig und zwar infektiöse
Tetannsbasillen beherbergen. Vielfach wurden sie auch iimer-
halb der Wohnungen nachgewiesen.
Lortet^) fand die Tetanusbazitlen im Schlamm des Genfer
Sees und des Toten Meeres, und nach Ringe ling durchqueren
die Telaimsbazilleii im Bielschwasser der Schiffe die ^\'eltlnee^e,
iwobei sie es denn auch gar nicht selten zur ßcatätigung ihrer
pathogenea Eigenschaften konnnen lassen.»-)
Sanchez-Toledo und Veillon-) liaben bei ihren Unter-
. suchungen des Kotes der Tiere in 50 der untersuchten Fälle
den Bazillus nachgewiesen, und Vizziui konnte in 5 % der
1) Kone-Wa«B«i'inannB Handbuch der patliog. VXlaootg^ Bd. %
S. 667.
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113 Ezper. üotonaeliitng«!! II. d. Wirkiiiig d. Tatan wbMilltn v. ihrer Giflfa» «te.
Fälle auch mit menschlichem Kot Tetanus erzeugen. Wie die
Tetanusbazilleii in den Darm der Tiere eindringen , darüber
haben die Untersuchungen von Rietsch eine Aufklärung ge-
geben, indem sie zeigten, dafs die Tetanussporen auf Gras und
Heu und anderer Nahrung oft haften bleiben. Es lag nach dieser
Erfahrung der Gedanke nahe, dals auch beim Menschen auf
diesem Wege, zusammen mit der Nahrung, die Bazillen in den
Magen eingeführt werden, und die von mir aogesteUten später
folgenden Versuche haben es auch bestätigt.
Axd Veranlassnng meines hochverehrten iiehrers, Heim
Geheimrai Prof. Dr. Bnbner, dem idi meinen eigebensten
Dank fOr das stete Interesse an den Untersuchnngen ausspreohe,
habe icb eine Utotersnobmig der Erdbeeren und Kirschen auf
Tetanusbazillen unternommen.
Es wurde 1 Pfund gans frischer firdbeeren') in 200 ocm
steriler pept^misierter Rindfleischbouillon abgewaschen. Um die
BerQhrung der Hsnde mit steriler Bouillon su vermeiden, habe
ich jede einzelne Erdbeere am Stiel angefabt und wiederholt in
die Bouillon eingetaucht Nachdem alle Erdbeeren in diesa
Weise abgewaschen waren, hat sich die Bouillon getrübt, und
der Boden des Glasbedxers war ganz mit Sand bedeckt,
IMe mikroskopisdie [Intanuchung der Bouillon im hängenden
Tropfen hat ergeben : zahheiehe Kokken von verschiedener GhOfse,
noch mehr intennv bewegliche Stäbchen und einzelne end-
ständige Sporen. Die Sporen waren auch durch die Sporen«
färbung nachweisbar.
Nach kiaiiigeni ('inschüttelii wurden mit verschiedenen
Menden dieser l^ouillon {Ü,2; 0,4; 0,6; 0,8 und 1 ccm) je 2 Mäuse
subkutan oberhalb der Schwanzwurzel geimpft.
Fünf von den geimpften Mäusen sind zugrunde gegangen
und zwar; eine, der 1 ccm injiziert wurde, ist schon nach
24 Stunden tot aufgefunden worden; die zweite nach 36 Stunden:
von den mit 0,R ccm geimpften ist eine nach 2 Tagen und die
zweite nach 8 Tagen zugrunde gegangen; endlich ist noch eine
1) Die Krdbeeren wunlMi mit Absiebt, um aie frisch uod nldrt fs-
w«sch«n ma bekommen, vom Wagen beim StrafBenhändler gekauft.
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Tob I>r. Hukns Rabfnowltoeh.
113
vou den mit 0,6 ccm geeimpfton nach Id Tagen eingegangen. Aber
keine von diesen zugninde gegangondn Mäusen bat das typische
Bild der Robbenstellung dargeboten.
Die negativen Eigebnisse des Versuches trots des Vor-
handenseins von endständigen Sporen haben mich veianlafst^ ihn
mit einigen Varianten sa wiederholen. Es wurde wieder 1 Pfund
Brdbeeren yerbniucht, aber sum abwaschen eine Spros. Zucker-
bouUlen angewendet Diesmal hat die mikroskopiseheUntersuehnng
etwas mehr endständige Sporen in der Bouillon ergeben.
Die ganze Bouillon wurde nach kräftigem UmschOtteln in
▼ier gleiche Teile geteilt, jeder versdiiedenartig für sieh weiter
behandelt und auf je 8 Mäuse subkutan oberhalb der Sehwani-
wunel veiimpfl.
fiÜn Teil wurde ohne jede weitere Behandlung zur Injektion
benutzt, der zweite nachdem er eine halbe Stunde lang bei 80'
gewännt worden war. Die ttbrigen zwei Teile, Ton denen einer
▼orher auch eine hslbe Stunde bei 80^ gewärmt wsT, wurden
drei Tage im Bratschrank bei 37° gehalten und nachher auf
Mäuse verirapft. Vor der Füllung der Spritze wurde die Bouillon
jedesnittl, um eiae gleichmftlsige Verteilung der ixeime zu erzielen,
kräftig umgeschüttelt.
Die Ergebnisse dieses Versuches sind in folgender Tabelle
zusammengestellt. (Tabelle I.)
Wie aus der Tabelle zu ersehen, sind von den 32 geimpften
Mäusen 17 eingegangen, und von diesen zeigten nur 7 eine für
den Tetanus typische Robben Stellung.
Zwei von den eiugegangeuen Mäusen, Nr. 28 und 27, sind einer
Kachexie verfallen: sie machten einen elenden Eindruck, hatten
struppiges ilaar, waren abgemagert und sahen vor dem Tod wie
mumifiziert aus. Wie zu erwarten war, sind mit typischen
Tetanuserscheinungen nur diejenigen Mäuse, die mit der auf 80**
erwärmten, bzw. auf 80" erwärmten und drei Tage im Thermo-
staten gehaltenen Bouillon infiziert wurden, eingegangen. Es ist
jedoch SU bemerken, dafs beinahe bei sämtlichen infizierten
Mäusen nach 2 — 3 Tagen eine deutliche Streckung des Schwanzes
(FortMteDng de» Textes mf 8. 18.)
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114 Exper. üntoraudmiigMi a. d.Wiri(aDg d. TetanuilMBUleii u. ihrar Gifte «te.
Tabelle L
1
Laufende
1
II
Art des InjektioDS*
mateneu
\f An srn
in 1
cen I
Kangen
naoli
stdn.
gangoD
Tr9«d I
Bemerkungen
1 ;
Bouillon direkt nach i
0,2
—
—
Bleibt am LebM.
-
dem Abwaschen !
-
0.2
—
—
3
>
0.4
—
—
>
4
0,4 1
—
— j
5
>
0,6
3
Keine Robbcnstellg.
6 i
»
0,6
— '
Bleibt am Lebea.
7
0.8
36
—
Keine Bobbenetellg.
8
»
Ofi
—
47. j
>
9
Bonillon nach dem Ab*
0,2
■ Bleibt am Lebea.
weachen Vt Stunde bei
1
äO* erwttrmt
10 !
—
— 1
>
11
0,4
—
12
1 0,4
-
18
' 0,6
—
—
>
14
>
—
21 ;
BobbeneteUnng
15
»
0,8
—
7 1
16
0.8
— .
15
»
17
Bouillon direkt narh dem
0,2
Bleibt am Leben.
Abwaschen aui 3 Tage in
den Tbennoelet gebrodat
18
»
0.2
—
—
>
19
9
0,4
—
19
Keine Robbenstellg,
20
04
Bleibt Hin Leben.
31
9
06
6
Ivoinn RnHhAniitAlldr
:
VJO
11
1 9 ,
\ 08
>
mV
1 ^
1 *»fe
ft
1 %
1 V
25 11. 26
Bouillun nach dem Ab-
0,2
1
1 Bleiben am Leben.
waschen Vi Stunde bei ÖO**
a. 3 Ti^e im Tfaennoetet.
1
gehalten
26
; Sehr stark absemag.
1 ■ •
1
1 n. RobbenetMlnng.
28
•
0,4
45
!| auch
29
1
»
0.6
7
': BobbeneteUung.
SO
>
0,6
3
>
Sl
»
0,8
49
•
32
Ii
0,8
2V,
»
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Von Dr. ÜMfetm B*lrtiioifittch.
115
und eine Parese der Hinterbeine zu konstatieren war. Aber diese
Erscheinungen sind bei den übhgQa M&useD. nach emigen Tag^u
.wieder ganz vergeh wuodeD.
Es wurden in gieieher Weise in demselben Jahr« 1905 noch
drei Eidbeerproben geprüft, von denen zwei pöeitiv ausgefallen
sind, 'and im Sommer dieses Jahres wurden noch vier Erdbeere
proben und fünf Kirschenproben nachgeprüft. Von den vier
• Erdbeerproben haben drei bei Mäos^ Tetanus erzeugt, y<Hi den
Kirachenproben nur eine. Wenn man nach Feststellung dieser
Tatsiichen bedenkt, dafs die Mäuse im Vergleich mit dem Pferde
eine yerhftltnismftisig geringe Empfindliohkeit für den Tetanns
besitsen, dSt wie festgestellt worden ist, die todliehe Minimaldoäs
für X g Maus 12 mal so groJs ist wie diejenige für 1 g Pferd;
bedenkt man weiter, dais der Mensch, der in seiner Empfänglich*
keit gegenüber dem Tetannsgifte »das Pferde, wie Lingels-
heim^) betont, »yiellelcht noch übertrifftc, sehr viel Erd- and
Terscbiedene andere Beeren and Obst, Qemflse and mehrere
andere Nahrungsmittel, die auf der Erde wachsen oder mit ihr
in Berührung kommen, fortwährend veiaehrt,. so zwingt sich die
Frsge auf:
Wird die Patliogcuität der vom Mensdien mit der Nahrung
fortwährend yerschluckten und von Pizzini^) auch im Kot nach-
gewiesenen Tetanusbazillen ▼ernichtet? Und wodurch wird sie
vernichtet? Oder werden die Bazillen bei der Passage des Magen-
darmtraktus nur in der Art beeinflufst, dab sie unter bestimmten
Bedingungen irgendwelche, wenn auch nicht typische, Erschei-
nungen hervorrufen könnend Diese Frage ist. wie mir scbeint,
um so mehr berechtigt, nls aucb bei den verscliiedenen anderen
Bakterien nach der Passage des MageudarniLraktus derartige Ver-
änderungen ilirer Eigenschaften, wie es m der Einleitung aus-
einandergesetzt wurde, zutage treten.
Schon vor vielen Jahren wurden von einigen Forschem Ex-
perimente au Meerschweinchen und Kauinclien ausgeftlhrt, um
festzustellen, ob die Tetanusbazillen und ihre Gifte auch vom
1} KoUe WassermannftHMidbnebd. pathog.Mikroois^ Bd. 4^8. 988.
^ Ebenda, Bd. 2, 8. 567.
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116 Bspar. UntaMBobottfen fl. A. "Wiikmtg d. T»taniub«sUI«n n. ihnr GIfle «tc
MageiKlannträktua aus eine (,yi>ische Erkrankung erzeugen, und
was mit ihnen nach der Passage dos Darmtraktus geschehe.
Und alle Forscher, die sich mit dieser Frage beschäftigt haben,
sind übereinstimmend zu dem Scblufs gekommen, dafs weder
die Tetaiuxsbazillen noch ihre Gifte eine typische Tetanus-
erkrankung zu erzeugen imstande sind, aber über das Schicksal
derselben nach ihrer Passage durch den Darmtraktus haben
die vezschiedeiien Forscher gans veiachiedeiie Ansichten ge-
wonnen.
So mar i^) war der erste, der solche Versuche ausführte,
und ist auf Grund seiner Experimente su dem Schltisse gelangt,
dals der Tetanusbazillus den Verdauungskanal gesunder« pflansen*
fressender und fleischfressender Tiere passiert, ohne den Tod
oder auch nur besondere krankhafte Erscheinungen su erseugen,
und dals die Verdanungssftfte dieser Tiere den Tetanusbasillus
weder su toten noeh su verftndem vermögen.
Vincenzi^ studierte das Schicksal des Tetanusg^s, welches
vermittelst der Schlundsonde in den Magen des Meerschweinchens
und Kaninchens gel)iacht worden war. Während 7., IVopfen des
(Giftes genügtt?, um ein Meerschweinchen bei subkutaner In-
jektion in zwei Tagen zu töten, so waren 5 — 10 ccm, iu den
Magen eingebracht, für das Meerschweinchen unschädlich, uud
da das Blut und der Urin derselben ?(iauernd von Tetanus er-
zeugender Filhiijkeit frei waren' , .so schhei'st der Verfasser
daraus, dafs «laö 'IVtatuisgift durch die Schleimhaut des V^er-
dauuugäkanals, spe/ieil des DüDudarmSf neutralisiert wird.
Fermi uud Ceili^) haben aus ihren Versuchen gefolgert,
dafs der Magensaft das Tetanusgift blofs durch die Einwirkung
der Salzsäure zerstört, dafs das Pepsin hingegen, wie auch der
Speichel, derPankreassaft, der Darmsaft und gewöhnliches Trypsin-
präporat indifferent oder ohne deutliche schädliche Einwirkung
sich seigten. Auoh in Urin, Galle und Fett bleibt das Tetanus-
1) Zentralb] f. Biikter , Bd. VI, S. 139.
2) Deuteche med. Wot henschr,, 1893, S. 778.
3) Zentralbl. f. Bakter., Bd. XII, S. 617.
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Von Dr. Ifai^iui lUblnowitadi.
117
gift lange unverändert. Auffallenderweise fügen die Autoren in
derselben Arbeit noch hinzu, dafs auch nach Injektion von
grofseu Dosen (20 ccni) das Gift nach nur einer Stunde voil-
st&ndig aus dem Intestinum yerachwindet, und die Zersetzung
desselben erfolgt durch die Tätigkeit der Intestinalwände selbst,
nnd die Zerstörung des Giftes findet auch in dem vom Tier-
kOiper getrennten Daim statt
»Dies führt misc, sagen die Verfituser, tsu dem Schlusse,
dafs die Zersetzung deroelben nicht hlofe wAhiend der Resorption
und dnreh clie lebenden und funktionierenden Zellen der Dann«
wBnde erfolgt, sondern auch durch dieselben, wenn sie befeits
abgestorben sind.« tübngens«, bemerken dabei die Autoren
selbst^ füllt es in letsterem Falle liemllch schwer, su begreifen,
wie dne so grorse Giftmenge, die in einen unbeweglichen und
mit Fftses gefüllten Darm injisiert wird, in so kuner Zeit mit
den Darmwlnden vollständig in Kontakt konunen kann, um
sentort zu werden«.^) Demgegenüber hat Fermi swei Jahre
spftter, gelegentlich ein» «weiten Untersuchung, die er zusammen'
mit Fern ose i ausgeführt hat, sich folgendermafsen geäufsert:
»Die zerstörende Macht über das Tetanusgift, welche dem
lebenden Darrae eigentünihch und fast Null ist im Darme post
mortem, ist zuzuschreiben weder den Mikroben, noch den Fer-
menten, noch der Galle, noch dem Darminhalte, noch den Drüsen
Brunners oder jenen Lieberkühns, sondern dem Epithel,
welches den wirksamen Teil des Absorptionsapparates aus-
machte^
m
Dagegen ist Ransom auf Qrund seiner Untersuchung su
diesem Schlüsse gekommen: »Das Gift wird weder vom Magen
noch vom Darm absorbiert, infolgedessen erscheint weder Gift
noch Antitoxin im Blute, und es wird nicht serstOrt) sondern
flielirt unverftudert durch den ganzen Kanal und wird per anum
au^;esohieden.«^
1) a. a. 0., S. 618.
2) Zentralb!, f. Bakter, Bd. XV, S. 308. ,
3} Deutache med. Wochenscbr., 1898, Nr. 8.
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t-1 8 £zp«r. UntennehuigiMii A. d. Wirkong d. l^mnusbMiU«! o. ihrar Gifte «te.
Diese allen bis Hahin gemacliten Erfahrungen wulorsprechen-
den Si hlufsfolgeningen von Kansom haben Vinceuzi^) .sogar
veranlafst, üffentlich seinen Zweifel an der Richtigkeit der Ex-
perimente von Rauson) zu verkündigen, worauf Ransom-)
erwiderte, dafs er 60 — 70 fach grdfsere Giftdosen angewandt hätte,
wodurch das Auffindeii des Qiftes bedeutend erleichtert worden
wäre. ...
Endlich ist noch die Arbeit yon Thal mann zu berück-
siehtigen, der zahlreiche FütterUngSTersuche mit TetanusbaziUen
an Meerschweindien, bei denen vorher der Dartnkanal durch
Versch^ene energische chc^sche Reizmittel oder »sehr spitze
..Glassplitter« lAdiert war, ausgeführt ; hat und auf Grund seiner
Experimente sa di^m Schlufo gekommen ist, dafo »auch beim Be-
stehen sehr schwerer. DarmsohAdigungen die Anwesenheit Ton
TetahüsbasdUen und Tetanusgift im Daimtraktus d«8. Meer-
: Bchweinchens yon .der Speij^eröhre nach abwfirt» fflr den Trliger
• ohne B^deatttilg ist.f')
Alle diese hier geschilderten Versuche hated«, wi^ wir sehen,
: angeblich den Beweis geliefert» dafs nach einer,£infttlMrung. selbst
groCser. Mengen von Tetanosbasillen . oder Tetanuagift per os die
Tiere keine typischen Krankheitserscheinungen» wie wir sie bei
^ den an Tetanus erkrankten . Tieren su finden gewohnt sind,
sseigen. Aber aus keinem von den geschiidarten Versuchen ist
zu entnehmen, ob nicht irgendwelche anderen Erscheinungen
bei den gefütterten Tieren zum Vorschein kamen«, und die An«
gaben über das Schicksal der per os einverleibten^ Bakterien
bxw. Gifte nach der Passage des Verdauung^traktus widersprechen
einander. Das letzte kann auch nicht befremden, denn die V^^'
suche wurden von den Autoren in der Weise angestellt, dafs
"man ans ihnen keine einheitlichen Ergebnisse erhalten konnte.
Dafs es in der Tat so ist, das beweisen die in ganz gleicher
Weise ausgeführt cii, aber ihren Ergebnissen nach einander wider-
sprechenden Versuche von Viiicenzi und Ransom.
Ij Deutsche med. WocbeoBdir., 1898, Nt.^.
2^ Khcnda, S. 103. - •
3; Zeitfihr. f. Hyg., Bd. 33, S. 400. '
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Von t>r. Markofl fiabluowitaeh. HO
Vinceiizi^) hat Meerschweinchen dnrch die Schlundsonde
je 5 — 10 ccm Tetanustoxin io den Magen eingeführt und nach
5 Stunden deren Magen, Dünn- und Dickdarm mit ihrem Inhalte,
wie auch die vor der Tötung erhaltenen Exkrete, auf Mäuse ver-
impft und hekatn ein negatives Resultat.
Ransom-t hat in gleicher Weise Meerschweinchen durch
die Schhindsonde jo 5 — 10 ccm Tetanustoxin in den Magen ein-
geführt und in ganz gleicher Weise nach 4—5 Stunden deren
Magen, Dünn- und Dickdarm mit üjreni Inhalte, wie auch die
vor der Tötung des Tieres erhaltenen £xkr6t6, auf M&use ver-
impft und bekam ein positives Resultat.
Da aber die Zusammensetzung des Kotes (seiner oxgnnischeil
und anorganischen Bestandteile, seiner Bakterien und deren
Stoffvrechaelprodukte) nicht etwas Bestimmtes und Konstantes,
sondern etwas sehr W^echselndes ist» so rnüfsten auch die mit
diesem ausgeführten Impfversuclie verschieden aosfallen. Und
«B ist doch wohl bei derartigen Versuchen sehr schwer w. ent-
seheiden, ob nicht das Fehlen von einigen Erscheinungen bei
den negativ ansgefallenen VenucheD anf die Beeinflnssong der
anderweitigen Bestandteile und Bakterien des Kotes und deren
Stoffwechselprodukte zurücksofOhren ist; ebenso ist es ander-
seits möglich, dab bei den angeblich positiv ausgefallenen Ex>
peiimenten die Erscheinungen durch dieselben Momente vor>
get&UBcht waren.
In den oben (Tab. I) geschilderten Versuchen sahen wir,
dafs die tetanischen Erscheinungen bei den geimpften MAusen
fehlten, obwohl in der Bouillon zahlreiche Tetauussporen nach*
gewiesen wurden; diese traten aber sum Vorschein, nachdem
die Bouillon bei 80' erw&rmt wurde. Die weiteren Versuche
werden auch den Beweis liefern, da& mit normalem Kot ge-
impfte Tiere tetanus&hnliche Erscheinungen vortauschen, die in
einigen Fällen nach 5 — 10 Tagen verschwinden, in den anderen
zum Exitus des Tieres führen. Diese Experimente werden auch
nachweisen, dafs der Menge des Virus bei den Fütterungs-
1) DeiitHche med. Wocbenschr., Nr. 25.
2) Ebeuda, Nr. 8.
Archiv für HyKlene. Ud. LXI. 9
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j fisp«r. Üiitonaebongto tt. d. Wirkung 4. 'jr^t«niiabaiili«ii u. Ihrer Qifle ete.
versnolien keine wichtige Rolle zuzuschreiben ist. Was die ander-
weitigen Versuche von Ran so m anhingt, so sind in diesen,
meines Eraclitens, auch andere Fehler(iuellen nicht ausgeschlossen.
Der Autor legt sehr viel Wert darauf, dafs die verschiedenen
Teile des V^erdauungstraktus mit ihrem Inhalte auf Mäuse ver-
impft verschieden intensiv gewirkt haben: »Mageu- . — leichter
Tetanus, Dünndarm — mäfsiger Tetanus and Dickdarm — Te^
tanustod nach 3 Tagen (Versuch 2)c.^)
Dafs diese verschiedene Wirkung der Tersduedenen Teile
des Verdauungstrakius die vorausgegangenen Erwägungen nicht
widerlegt, sondern sogar bestätigt, das folgt aus der Tatsache»
dafs in dem stark sauren Mageninhidt des Meerschweinobens
keine oder nur sebr wenige wirksame Keime sind« ebeneowenig
Keime sind im teilweise noch sauren Inhalt der oberen Dflnn-
daimteile vorhanden, und nur im Dickdarm sind sie sehr xahl-
reich. Und außerdem, ob der grOfste Teil des in den Magen
des Meerschweinchens eingeführten Giftes, angenommen, dab es
unserstOrt und unresorbiert bleibt, schon nach 4 Stunden im
Dickdarm erscheint, mufs doch fraglich erscheinen, nachdem
Münk festgestellt hat: »Bei den kleinen Herbivoren, Kanin-
chen und Meerschweinchen, sind die Magenbewegungen so träge,
dafs der Inhalt sehr lange Zeit im Magen stagniert«.') Noch
unwahrscheinlicher ist es aber, dsÜB das verfütterte Gift schon
nach 2 Stunden mit dem Kot ausgeschieden sein soll, wie aus
folgender Mitteilung Hansoms in demselben Versuch folgt.
»Zwei Stunden nach der Vergiftung hatte das Meerscbwein*
eben 12 — 15 ccm Exkremente entleeri Davon bekam eine Maua
0,5 ccm unverdünnt, sie starb innerhalb 25 Stunden an allge-
meinem Tetanus. Die Exkremente stammen zum gröfsteu Teil
aus dem Darm, zum kleineren Teil aus der Harnblase.«
Aus diesen Ergel)nissen wäre doch, meines Eraclitens, mit
gröfseror Wahrsclx-inhchkeit der Schlufs zu wichen, dafs die her-
vorgetretenen Erscheinungen bei den Mäusen auf die Wirkung
1) Vom Meerflcbweindaen, welches nach 4 Blanden UMh der Fttttorung
getötet wurde.
2) a. tt. < ) , .S. 14 J.
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VoD t)r. l^kos BAbinowitadi.
1^1
des Kotes oder Urios selbst oder beider zusammen zurück-
zufühi-en öind.
Dafs auch der normale Urin tetanusähnliche Erscheinungen
beim Versuchstier erseugen kOnne, das haben v. Leyden und
BlumenthaP) hervorgehoben, indem sie ausdrücklich betont
haben: »Man lasse sich ja nicht täuschen durch kloaisch-tonische
Krämpfe, welche mau gel^ntlich mit Urin von Menschen, na>
mentlich aber von Pflanzenfressern hervorrufen kann. Diese
sind durch den Salsgehalt des Urins bedingt, c Auch die von
mir ansgelührten und weiter su sohildemden Verauche haben es
best&tigi.
Aber davon abgesehen, ist es doch möglich, daüi nach
2 Stmiden das resorbierte Qift mit dem Harn ausgeschieden war,
und es mofste zuerst entschieden werden, ohr die Wirkung im
Ran som sehen Falle auf Kot oder Urin surllcksuillhren sei.
Dafe auch diese MlVglichkeit nicht ganz ausgeschlossen ist, haben
Bruschetini, Charrin und Kartullis^) bewiesen, dafür
sprechen mit grofser Wahrscheinlichkeit, wie später bewiesen
werden wird, einige von mir angeateliten Versuche und der
Versuch 3 von Ran.som selbst.
In diesem Versuche wurden einem 500 g schweren Meer-
schweinchen 10 ocm 5 proz. Tetanustuxinlösung ]»er os eingeführt.
»Nach 2 Stunden hatte das Tier :, wie Ran so in berichtet, "Ca.
15 ccni Flüssigkeit mit einigen Stückchen festen Kotes entleert.
Von der Flüssigkeit, welche mit Kotbestandteilen imprägniert
war, bekam eine Maus V20 ^^cm: 24 Stunden Tetanustod; eine
Maus */2,>oo ccm: 3 Tage Tetanustod; 1 Maus V&oooo ccm: in 5 Tagen
Tetanustod. Der Rest der entleerten Flüssigkeit wird mit dem
entleerten festen Kot verrieben, davon bekam eine Maus ^/loo^o ccm:
in 36 Stunden Tetanastod. Der Behälter wird jetat gereinigt.
Es sammelten sich in den nächsten 12 Stunden ca. 40 ccm
Flüfisigkeit und mehrere Stückchen Kot an. Von dem verrie-
benen Kot und Flüssigkeit bekam eine Maus % ccm: sie macht
1) Nothnagels spezielle Pathologie uud Therapie, 1900, 8. 11.
2) Ebenda.
9*
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122 Szper. üntereachangttii fl. d. Wirkang d. Ttotanttsbadtleii o. iliMr Gifte «tc.
einen ziemlich starken Tetanus durch uud war am 8. Tage(!)
noch sehr krank«. ^)
Aus diesem Versuche, in dem Veoooo der Exkrete in
5 Tagen den Tod der Maus hervorgerufen haben, geht mit grolaer
Wahrscheinlichkeit hervor, dafo in diesen Toxin vorhanden war.
Und wenn wir mit dem Antor annehmen, dab das Toxin wedef
zerstört, noch resorbiert uud mit dem Kot per anum ansge'
schieden wird, so driliigt sich unwillkürlich die Frage auf: warum
haben die im Laafe der weiteren Stunden (nach den ersten
2 Stunden) ansgesohiedenen Kotmaasen in einer Menge von
% oomi also in 2600 mal grOfserer, in 8 Tagen die Maus noch
nicht getötet, wenn aus dem vorher geschilderten Versuch 2 nach
Raneom folgte, daft vier Stunden nach der Fütterung die Haupt*
menge des Giftes im Dickdarm vorhanden sein sollte?
Die beiden von Rauaom geschilderten fikgebnisse sind
nach seiner Deutung vollstttndig unvereinbar. Dagegen werden
beide Versuche leicht verständlich und erklfirlidi, wenn man
annimmt, dab das Gift mit dem Harn ausgeschieden war.
Was die Versuche von Tlialiniinn betrifft, so scheint mir
bei deren Schilderung sehr tiuiiallend zu sein, dafs die Meer-
schweinchen, trotzdem sie mit Ol Ricini und Natr. Carbonicum-
Lösung, oder mit Ol. Crotouis und Natr. Carbon., oder Ex-
tractum Colocynthid. und Natr. Oarhon., oder mit Pulv. Sennae
und Natr. Carbon., oder m i t » s e Ii r spitzen« ( i 1 a s s p 1 i 1 1 e r n
und Tin ct. Opii nach einer 1 tätigen Hungerperiode
vor der Fütterung mit Tetatuisbazillen vorbehandelt wurden,
eines ^dauernden Wohlbefindens^'-) «ich erfreuen und
überhaupt keine krankhaften Erscheinungen gezeigt haben sollten.
Wie in der Einleitung erwähnt wurde, liat Kolie die Vor-
behandlung der Meerschweinchen durcli ^'< rfütterung von Soda-
lOsang und Tinct. Opii als einen ziemlich rohen Angriff be-
zeichnet, durch den die Tiere unter allen Umständen erheblich
geschwAcht werden, und meint, dafs bei gleicher Versuchsord-
1) a, a. O-, S. IIH.
2) Ii. a. C>., S, 3%-3'J'J i^meiue Kursiv.-^ohrift).
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Von Dr. Miirkua Rabinowitech.
123
nong wohl auch ander« Mikroorganismen der Cholera Ähnliche
Kiankheiteprozeese hervorrufen ktonen. Aus alten zuletet ge-
schilderten Erwftgttugen heraus hielt ich es für angezeigt, die
Frage nacbsnprOfen.
Die Versuche wurden mit Agar* und Gelatinetetanudculturen
und mit 5 pros. ToxinlOsung zum Vergleich ausgeführt.
Bei PlrüfuDg der Virulenz des im Lahoratorinm des Hygie-
nischen Institutes zurzeit vorhandenen Tetanusstammes stellte
sich heraus, dalk eine Pla1andrahtq>itze der anl Agar gezüch-
teten Kultur eine Maus bei subkutaner Einverleibung in 3 Tagen
tütete, während eine in gleicher Weise mit Gelatinekultur geimpfte
Maus erst nach 6^« Tagen einging. Das zu den Versuchen be-
nutzte Toxin war etwas filteren Datums, darum war es notwen-
dig, an verschiedenen Tieren Vorprüfungen anzustellen. Es
wurde deshalb eine Maus, ein Meerschweinchen und Kaninchen
mit dem Toxin subkutan geimpft. Die Maus wurde mit einer
Dralitspitze von Totanustox'in geim|)ft und ging erst nach 3 Tagen
ein. Das Meerschweinchen und ivaimichen wurden mit je 5 ccm
einer 5 proz. Toxinlösung subkutan geimpft (Tabelle II).
Die Ergebnisse dieser Impfung haben die Vermutung, dafs
das Gift schwach wirksam sein werde, bestätigt, aber aulsordem
hat das Kaninchen ssehr merkwürdige Erscheinungen gezeigt,
die es für seiir zweckmälsig erscbemeu Uelsen, noch weitere Ver-
suche mit diesem Toxin anzustellen.
Wie die Tabelle II zeigt, hat die kolossale Menge von ö ccm
der 5 proz. Toxinlösung nach 24 Stunden beim Meerschweinchen
2 nur eine Lähmung dos linken Hinterbeins hervorgerufen. Aber
nach 48 Stunden waren schon alle Extremitäten gelähmt, und
es war schon im Eingehen.
Das Tier wurde chloroformiert und aus dem Herzen frisch
entnommenes Blut, sowie Urin, Galle, Rückenmark, Leber und
Milz auf Mäuse verim[)ft.
Blut, Urin und Galle wurden direkt, die Organteile mit
steriler physiologischer Kochsalzlösung fein verrieben auf je
zwei Mftuse verimpft. Von den elf geimpften Mäusen ist nur
(Fortsetsang de« Ttttee auf 8. 126.)
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124 Exper. UulerfiucbuDgen fl. d. Wirkang d. Tetanasbazillen u. ihrer Gifte etc.
Tabelle IL
1
Lfd.'
Nr.!
nwert
Ge-
wicht
Art
der Impfung ,
1
Tog
der j
Imp- ,
1
V«rl»Qt
, !
t
Tag
des ,
Todes
Be
merkangen
1
Maas
1
1
1
13
1
Eine Draht-
«liitze reinnn
kataiii linke
16.
X
19. i
17. X., linke hint Ex
trfiiiitat ger^treckt,
Extremitäten.
19.
X.
Robben-
stoUong.
2
Meer-^
eehw.
1
1
410
|5 ccm 5pros.
iTozinlOsangl
eabkutan
|reht8.geimpft
1
X.
20. X., 870g, r. h. Extr. '
21. X , S.^g.hinf.Kxtr.
gestr., vord. angtizugen.
I »y-jinoe.
Dnrcb CiitoroL getötet, j
21.
X.
8
Maasj
15
0»4ocm Blat
V. Heerechw.'
i 21.
; X.
mnnter
1
27.
XI.
stark
abgemagert
4
»
14
1 >
>
Bleibt «.Lob.
w
Iß
0 R **^*m TTri n
V. Meerscbw.
Mr.».
>
*
1
6
18
J
0,8 ccm Urin
Nr. 2.
>
Die ersten Taire sieht
tcMnk A.US untl ittt
AI BU» wU0 UUU tC^V
sehr empfindlich. Er-
holt rieb
»
7
>
0,5 ccm (iaile
V \1 AArfti^ Ii w
V ■ if I. WI OlrU W -
Nr. 2.
»
1
mnnter
»
8
>
16
0,2 ccm
Rückenmark
V. Meeracbw.
Nr. 2.
1 >
>
XI.
stark
abgemagert
»1
!
i
14
0,5 ccm
Rückenmark
▼ • in QWBts u w •
Nr. 2.
>
22. X. linke liint. Extre-
mität gestreckt
24.
X.
Robben-
stellnng
10 t
1
13
lO,5ccmLeber-
' emulsion
\r 2.
>
maoter
!Bleibta.Leb.
11
* 1
1 K
,U|0 ccmLieDer-
1 emnlsioD
V. Meerschw.
Nr 2.
1 '
f
1 •
1
17
0,5 ccm Milz-
emulflion
V. Meencbw.
Nr. 2. 1
>
1
>
»
i»it .
, w
l
>
>
>
•
. !
-
1
1 .
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Von Dr. Markus Rabinowitoefa.
125
Fortsetzung der Tabelle U.
14 KftDin-
cheD
Ge-
H-icbt
In g
Art
der Impf nng
Tag
<lor
liiip-
Aug
Verlauf
Be-
ll) erfcnngen
15
1470
Maos
18
16
17
16
17
b ccm Toxin-
lösung 1
aubkutan ge-
impft
19.
X.
0,8 octti Blut
V. Kanincben
Nr. 14 nach
ü Std. nach
der Injektion
aus der Obr-
vene ont-
I noiinnen.
'I
20. x., 1460 g, munter
21. X,142r>g, »
22. -\ , l.lör» g, Abdom.
Hiifgetrieben.
23. x., 1310 g, Diarrhöe
24. x.. 1180 g, .
25. x., 1120 g. •
26. X., 1140 g, »
27. x., 1175 k, keine
2ax.,nsOK,sehremp-
flndlich,
30. X., 1240 g, auch trftg.
31 X, 1285 g, .
bis zum 6. XI. keine
Veränderangeo, nur
das Gewicht nimmt
fortwährend beträcht-
lich all.
6. XI., 1150 g, Hasen-
sprung
9. XI, 1205 g, Hasen •
apruog.
11 XI., l -260g, 13. XI.,
1325 g, 20. XI., 1 g,
27. XI.. 1180g, 2. Xil.,
1120 g,
9. XU., 1085 g, starker
Haseneprung u. beim
SpriiiL'en schleudert es
mit der hinteren Ex-
treinitftt.
Nach 2 Tagen sehr
empfiinlUch, struppig.
Haar, trage.
' 14.
XIL
6.
XIL
Leiche 986 g
schwer. .Ab-
solut keine
Kontraktur.
8ebr mager.
Ii
9.L
06. ii
20. |i
XL
die mit 0.5 com der Rückenmarksetnulsion geimpfte (Nr. 9) in drei
THgeii üingegiingen , unter dem Bilde der typi-schen Robben-
Stellung. Dagegen zeigte die zweite (Nr. 8), mit 0,2 Rückenmarks*
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126 Exper. UnterauchunKeu ü. d. IK^rknng <L Tetamsbaiinen «. ilnrer Gifte «te.
emulsioQ geimpfte Maus keine tetanischen Eraclieinuugen, war
stark abgemagert uod giog am zwölften Tage ein, und eine von
den mit jje 0,4 ccm Blut geimpfien Mäusen (Nr. 3) ist erst nach
37 Tagiaa eingegangen, war auch stark abgemagert, ohne irgend-
welche tetanisehe Erscheinungen zxt zeigen.
Nodi auffallender waren die Erscheinungen bei dem ge-
impften Kaninchen Nr. 14. Die eisten drei Tage sah es gans
munter aus, aber es nahm fortwährend beträchtlich an Gewicht
ab. Am vierten Tage stellte sich eine starke Diarrhöe ein, die
vier Tage anhielt. Nachher hat sieh das Tier erholt, aber am
18. Tage trat neben einer starken Empfindhehkeit ein ausge-
sprochener Hasensprung zutage, der bis zum Tode besteben
blieb. Das Kaninchen ist andauernd abgemagert, hatte keine
Frefslust, sah elend aus und ist nach ca. zwei Monaten einge-
gangen, ohne irgendwelche typische tetauische Erscheinungen
zu bieten.
Zwei Stunden nach der Impiung wurde vom ixaniuchen
aus der Ohrvene Blut entiionunen und auf Mflnse (15, 16 und
17) veriniplt. Auch diese sind erst nach 32, 48 bzw. 79 Tagen
au Marasmus zurgunde gegangen.
Wie bekannt, hat Pönitz folgejide Beobachtung gemacht:
»Wenn man Kaninchen eine gerine;e Menge reines Gift oder
ein nicht genau nentralisiertes Gitt-IIeilserunigemenge intravenös
einspritzt, so konnnt es vor, dals die 'i'iere stark abmagern, ohne
dafs sich bei ihnen eine »Spur von Tetanus zeigt. Bei anderen
treten geringe tetanisehe Erscheinungen, z. B. leichte Nacken-
starre, interkurrent auf. Selten erholen sich solche Tiere wieder,
meist gehen sie unter starker Abmagerung zugrunde, c^)
Anderseits haben Roux und Borrel^ nachgewiesen, dafs:
»Daa Meerschweinchen und Kaninchen bei zerebraler Gift-
einfflhrung mit Hasensprüngen, e(>ileptischen Krisen, Polyurie
und motorischen Störungen reagiert, und bei dieser Giftdnver^
leibuttg die Kontrakturen feblen.c
1) Deutsche med. Wochenschr., 1897, Nr. 27, S. 4:^0.
2} Nothnagels spezielle Pathologie uud Therapie, 1901, & 27.
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Von Dr. Markus Kabinowitech.
127
In meiDem Versuche an dem Kaninchen 14, dem eine Menge
Ton 5 ccm 5 pro«, filterer TozinlOsung s n bkntan einverleibt war,
traten m gleicher Zeit Marasmus und die von Roux und Bore 11
geschilderten zerebralen Erscheinungen hervor, was mau vielleicht
auch anders, wie es die erwähnten Autoren glaubten, deuten
kann, wofar auch die später su sohilderndeu Beobachtungen
sprechen.
Wir wollen aber zu den eigentlicheu Fütterungsverauchen
übergehen.
Die Fütterung von Meerschweinolien und Kaninchen wurde
mit einem ganz feinen Nelatonkatheter ausgefülirt. Im Gegen-
satz zu Thalmanns Behau{)tung, dafs >e.s unmöglich ist, den
Meerschweinchen auch durch einen ganx, schwachen Katheter
die Kulturen in den Magen einzululireud;, mufs ich hervorheben,
dafs es regehniifsig sehr leicht geHngt, wenn man einen ganz
weicVien Nelatonkatheter benutzt und ihn durch einen zwischen
die Zähne des Tieres eingeklemmten, mit einem halhkreisförmig
ausgebohrten Gang versehenen Würlel einführt. In der bezeich-
neten Weise ist es mir immer gelungen, die Tiere su füttern
und keines hat jemals etwas aspiriert.
Es wurden zwei Kaninchen mit Toxin, ein Kaninchen mit
Toxin und Kulturen, ein Kaninchen mit Agarkulturen und eins
mit Gelatinekulturen gefüttert. In gleicher Weise und mit dem-
selben Material wurden auch Meerschweinchen gefüttert, und
aufserdem, mit Rücksicht auf die eigenartigen Ergebnisse des
Vorprfifungsversuches am Kaninchen Nr. 14, sind zum Vergleich
einige Kaninchen subkutan resp. intravenOs mit gleichem Ma-
terial geimpft worden.
Um aucli die bei der Schilderung der \%M-suche von Ranaom
geäufaerteii Erwägungen nachzupruien, habe ich von einem mit
20 ccm Toxinlösung geimpiten Kaninchen und Meerschweinchen
vor der Fütterung und 2 und 4 Stunden nacii derselben Kot und
Urin isoliert entnommen und auf Mäuse verimpft.
Vor der Fütterung wurde der Kot durch Massage ausge-
prefst und der Urin vormittelst eines Nelatonkatheters entnommen.
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128 Bxp«r. TTntortQehmigmDi <1. d. WIrlraog d. Tetamubatillen u. ihrer Gift« etc.
Und um nach der Fütterung Urin und Kot getrennt zu be-
kommen, wurde dem Tier auf die gesäuberte Genitalgegend eiu
kleiner Glasbecber mit um den KOrpei henimgeschlungenen
Bändern befestigt und es in einem gepolsterten Kanineben*
beb<er eingesperrt, so dafs es sieb nicht bewegen konnte.
Auch verschiedene Organteile und Kot von den verschie*
denen Abschnitten des Verdau ungstraktus eines Kanindiens
wurdra auf Mäuse verimpft (Tabellen III und IV).
Wie die TftbeUen III und IV seigen, haben fast aimtliehe
wie mit Toxin, ebenso mit Kultaren gefütterte Kaninchen fort-
während und beträchtlich an Gewicht abgenommen, aber nur
swei mit Toxin gefütterte und eins, dem das Toxin in die Ohr-
Yene etngespritst war, haben aufserdem auch mit Hasensprung
reagiert
Von den swei mit je 10 ccm Toxin gefütterten hatte das
alte (Nr. 1) 1480 g schwere keine serebralen Erscheinungen und
ist am Leben geblieben, während bei dem jungen (Nr. 13) fiOO g
schweren nach 29 Tagen Hasen sprung auftrat, es giug nach
45 Tagen ein, ohne irgendwelche Kontrakturen lu xeigen. Da*
gegen zeigte sich beim alten Kaninchen (Nr. 2) nach Verfütterang
▼on 20 ccm Toxin schon nach 14 Tagen Hasensprung und
ein anderes (Nr. 19) 1860 g schweres hatte keinen Hasensprung
und zeigte kurz vor dem Tode eine Streckung der vorderen Ex-
tremitäten. Ob die Unterschiede in den Erscheinungen auf die
AltersdifEerenz, das Impfmatenal, individuello Besonderheiten
oder auf die nachgewiesene Lebercoccidiuse zurückzuführen sei,
blieb unentschieden. Allerdings hatte auch das erwähnte Ka-
niuchon (Nr. 19) eine stark ausgebreitete Lebercoccidiose.
Bemerkenswert ist aucli die 'l'atsache, dal's hei dem mit
AgarkuUur gefütterten Kunnichens (Nr. 17), das am dritten Tage
eingmg. der Magen mit Speisen prall gefüllt, alle Därme dagegen
ganz leer waren, und dafs dat mit 3 ccm (!) auf 80*^ erwärmter
Kultur subkutan geimpfte Kaninchen (Nr. 18) am Leben blieb,
während das mit derselben Kultur gefütterte Kanindieo (Nr. 19)
nach 20 Tagen einging.
(Fortaetegng des Textes «af 6. 133.)
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Von Dr. .Markos Rabinowitsch.
129
Tabelle ni.
S
'Kan{ii-b480
oben
8
llOccin 5proz.
ToxinlOf. I
I inttiieui Nela-
tonkathet. in
lien Ma^en
eiDgeführt.
1490 ;20ocm 5prox.
Toxinlös. I
i. gl. Weise in
den Magen
eiDgefQhrt
19.
X.
Haus
6
14
15
13
Meer-
schw.
890
SOccmGelai.*
Tetannsknlt.
(10 Tag a)teH
Köbr.) in den
Magen ein-
geführt.
O^ccm Urin
V. Kaninchen
Nr. 2 vor der
Fütterang.
0,5 ccm Urin
V. dems. Kan.
n. 2 Std. nach
d. Futterung.
I 0,8 ccm Urin
, V. dems. Kan.
! II. 2StJ. nach
! d. Fütterung.
5 ccm Urin
v. dems Kan.
In. 2 Btd. nach
Jh. Fatt,«ubr.j
20.
X.
99.
20.
X.
j Bis 23. X. frain munter,
' 142f> g.
24. X.. 1940 K, Diarrhoe,
die drei Tuge (iaiiert.
27 X., 12fir)g, Ü.B.4.XI.
1190 g, iräge. 10. XI.
12r>0g. Dann erholt ni«*h
jaber noch am 20. XII..
! M80 g.
Bis 27. X. munter, aber
verliert an Oewicbt.
28. X., 13% g, sehr emp-
findiii-h, träge. 30. X.,
ilSlO g aacb. 2. XI.
;|12€5 g, der Nacken sehr
steif u. laf«t sich nicht
z. Seite bewegen. 3. XI.
1290g, H a s e n B pr u n g.
<>. XI, 1245 g, auch.
9. XI.. 1155 K, auch.
12. XI., 1270 g, auch.
Bis 29. XI. nimmt an
Gewicht an. 99. XI.,
1520 g, sieht munt. ans.
Husensprung 30.XI.
1460 g. 31. XL, 1390 g,
Nachher zeigt das Ge-
wicht unb. Schwank.
Am 6. 1. 1845 g und so
empf1ndltc}i, dafs beim
Itiichtcst. Berühren zu-
«ammen zuckt, rückt
aua und springt weg.
In den ersten Tagen
sehr empfind!., Parese
der hinter. Extremität,
trige, aber erholt sich.
Bleibt a. Leb.
7. 1.
06.
Vord. Extr.
gestreckt,
der ÜTadEen
steif.
Bleibta.Leb.
22. X. linke hint. Extr.
gestreckt
Wie Haus Nr. 8.
27.
X.
88u
xn.
Linke hinter.
Extrem, ge-
streckt.
0. fi.
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1 30 Exper. Untoranehmigen ft. d. Wlrkang 4. Tatanrnbadllen n. ihrer <Hfto etc.
Fortsetiang der Tebdio ID.
Nr.
Ge-
wicht
in g
Art I
der Impfang
der
Imp-
fttae]
Yertear
II
' T»(f
Todes,
Ue-
merkungea
8
9
10
11
12
18
IfoOB 14
16
14
Kanin
cheu
800
15
^410
0,8 ccm Urin it
i.V. (ieniH. Kan.
I'nach 4 Stdu.
j0,8 ccm Urin!'
iv.deme. Kan. !
Jnach 4 Btdn.;
17
16
14
18
500
!0,5 eem Blat'
V. dems. Kan.
nach 2 Std.
0,5 ocm Kot.
V. deme. Ken.
nach 4 Sldn.
0,8 ccm Kot.
V. deiijs. Xan.
nach 4 Stdn.
lOccmToxin-
lOsung I
durch d^nNe*
latonkath. in
den Magen
eiagefflhrt
1 ccm r> proz.
Tozinlös. I
in die linke
Ohrvene
• ', com 5 pros.
Toxinlös. I
in die rechte
Ohrvene.
Wie Meae Nr. 9,
Blcdbte.Leb.
manter.
Sehr empfindl., trage
and etrappigee Uaer.
23.
XI.
22.
X
0. B.
— Ii Bleibt «.Leb.
21.
X.
Die erst*" Zeit munter
und niuimt an Gewicht
za. 5. XI. 690 g. 6. XI.
560 g. 9. XI. 500 g.
11. XI. 455 g. 14. XI.
1 - ^ 1:1 XI. 410 g.
iiaaeuaprang. Nech-
dem nimmt iimner en
Gewicht tu. 2. XU.
520 g, aber sieht elend
Xll
Stark aus-
gebreitete
Leber-
coccidioae.
; -22. \ 740 g. Das Ohr
.|golfthmt. 23. X. 710 g.
I Die vorder. Beine stark
gestreckt und bleiben
so auch beim Laufen.
! 28. X., 650 g, Diarrhöe.
' äO.X.,ö80K» Kontraktur
der Wirbeleitde nnd
leirhte Parese der hint.
l|Extremit. 31. X. 530 g.
Baaensprong.
"22. X., 320 g, liegt ohU'
ji mächtig; beim Auf*
Üstellen fllllt am; stark
DyHinioo nnd iil/s<»lute
j Unemptindliclikeit.
Ii Stimme sehr leise und
j, heiser. Auch auf ganz
I tiefe XadelRtiche re-
I agiert nicht. Durch
Ubloroform getötet
l.XI.
22.
X.
Linkes Ohr
gelähmt, alle
Beine etark
Upstreckt n.
Kuutraktur
der Wirbel-
Bttule.
Magen prall
gefallt,
ebenao der
Dickdarm.
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Von Dr. Markus Kabinowitscb. 131
Tabelle IV.
Lfd.
----
VT,
1
i
nmrt
Ge- !
in g
Art
der Impfung
Tag
der
Imp-
fung
YerUnf i
Tag
des
Tode»
Be-
merkungen
1
Maus
13
Mit 0,8 ccm
\-> IUI« VvUA
iKanin. Nr. 15
' (Tab. m).
22.
munter
Bleibt a. Leb.
9
>
14
»
1
>
Einige Tai^ sehr emp-
erholt aich.
>
8
•
»
13
1
Mit ü,ö ccm
{4 fl 1 1 A VAn '
Kanin. Nr. 15
(Tab. III).
24. X. hint. link. Extre !
,27.
Robben*
4
14
1
Mit 0,8 ccm
Urin vom
Kanin. Nr. 15
>
Wie bei der Maos Nr. 2.
1-
Bleibte. Leb.
D
15 '
1 •
j
.* 1
x/aucruii oinpunuiiciii i
KrAmpfe, Zuckungen,
träge. I
1
\f» Mit
a
o
12
[Kot, Magen.
93
XI.
£QL11S OlHrlk
TergrOfeert
7
14
>
>
mtiDter.
Bleibt a. Leb.
8
1
• > i
IC
Mit 0,6 ccm
K rtf nnnnil 1
ivoi, i.fuunu '
>
Wie bei der Mens Nr. 2.
19.
vir
St.nrk
augrinftjferi.
9
1
18
»
: ,
\ »ucb
Bleibt a. Leb.
10
15
; Mit 0,6 ccm
: Kot, Diekd.
1 auch 1
;
j
24.
XI.
, Müs sehr
grofs und
:bein.scbw«n
11
Ib
»
aneh
•J5.X.
1 >
13
i
13
' Mit 0,8 ccm ,
Leber- '
emulaion. '
i *
i
23. X. linke hint. Extre*
1 niität gestreckt.
26.
X
1 Kobben-
Stellung.
18
16
1 »
>
1
25. X. recht, hint. Ex-
treuiiuit gestreckt.
7.
XI.
1
Mit 0,8 i-xm
AI 1 1 7. *
emulsion. \
>
23. X. linke hint. Extre-
HiKW geBtrecm.
25.
>
15
t
16
>
>
I >
16
Kan.
1
1775
: 2 ccm einer
lAufecbv. von
. einer Agar-
kult. (4T.a.) i.
10 com Koch-
saUlöa. iu die
1. Ohrvene.
!x.
1
Das IHer uiuiiut regel-
ImäTsif zu, frifst gut u.
zpiirt übtTh:iii|it keine
kraiikhattei) KrMt'hei-
1 nungeo.
r
, Bleibt
[ am Leben.
t
i
i
Digitized by Gc)
1 32 £xp«r. tJiitanaehiuigen fl. «L Wirkons d. f «tenasliaailleii a. ibrar Gifte ettf.
FortaeUang der Tabelle IV.
LM.
Nr.
II
Ge-
Tlerort wicht
II In «
Art ,
derlmpffang
der
Imp.
\7Avian ff
V WUHUI
des
|Tüdei)^
1 Be- .
^ merknngen
17
Kanin,
eben
.1690
!
!
•
' Die .\iif8cbw.
lvon7 Agarklt
i.Koclisalz! d.
d.Nelatoiik. i
den Magen
eingeführt
22.
XI.
23 XI. 1570 g. Nichts
zu t)t!merkeD. 24. XI
ilSa^K, trftjre 25. XI.
frah HdO g, trüge,
abend« f.
25.
XI.
Der Magen
prall gefflilt,
allo Djirnip
ganz leer.
18
*
1830
•
1
VonSverflüB.
GelatinekuU.
m.d. Stiefateil
V 8 Agarkult
1 3 ccm nach
1 atandigeo)
jVVärm. b. 80»
{ subkutan
auf RQcken
verimpft.
1
>
1
•24. Xr. iTf'O f Emp
ifindlicb, träge. 26. XLi
1690 g. Pareee der hiat
'Extrem. 29. XL 1680 g.,
Die bint Extrem, stark'
angesogen an den Ab-
domen u. werden beim;
1 Bewerten (geschleppt. !
3. XII."lf)6ü v;. XII.
1630 g. 10 XII. 1750 g.
17. XU. 1820 g. 22. XU.
g.
1
-
!
i
!
Bleibt am
. Leben. Die
' KoDtraktor
'ier hinteren
Extremitäten
besteht
19
•
>
1
'1860
1
Aus demselb
, Gemisch der
Kulturen, wie
' bei Nr. 18 d.
1 den Nelaton-
|kath. 20eem
'in d. Mage n
eingefQbrt.
I
; »
1
1
23 XL 1960g. Leib auf
eetrieben, träge. 24. XI
1990 g, auch 25. XI
1695 g, Diarrhöe, die
id Tage angehalten hat.
i2. XU. 1810 g. 6. XU.
l S20fe 10. Xn. 1870 g.
i
12.
XILj
!
j
Stark aoa-
geljreitete
Lebor-
coccidiose.
Streckung
der vordanin
Extremitit
ao
Maas
1
!
:
Mit 0,(j ccm
K o t ni II 1 H.
von K:in'uich.
Nr. 19 vorder
Ffltterune.
' »
1
23. XI. empfir- riü, !,,
jStruppig. Haar, bewegt
' sich träge im I^nfe |
jeiner Woche, dann er-
1 holt sie sich.
2
,XII.|
1 j
0. B.
i
21
>
1
!
1» ,
Mit 0.6 ccm
Kotemnle. I
6 Std. nach d.
i\ t^v n rw
ruiieruug.
1
! Wie bei der Maus Nr. 2.
1.
XU.
»
22
>
t
f
>
15
,
1
1
17
1
Mit 0,6 ccm
Urin nach
3 Std. nach d.
f ütterang. |
>
2.H. XL munter. 24. XL
empfindlich, träge.
25. XI. Parese der hint.'
Extremität. |
2ß.
XL
Robben-
stellung.
28
Mit 0,r> rem
Urin V. Kan.
v.d.Fatter.
1
DauMTAd nmntwr. 1
Bleibt
am Leben.
i
1
II 1
1
1
Digitized by Google
Von Dr. Hurki» lUbinowitseh.
Im gtuusen sind von den fünf geftUterten Kaninchen vier
nach längerer oder kürzerer Zeit eingegangen.
Von den drei intravenös geimpften Kaninchen hat sich das
mit 2 ccm Kultur geimpfte (Nr. 16) ganz erholt und ist am Leben
geblieben, während beide mit Toxin geimpften (Nr. 14 und 15)
eingegangen und, und swar: das lütere, welches nach einigen
Tagen mit Liihmungen, einer Koutraktor der Wirbeleftule and
Haeensprong reagierte, nach U Tagen, nnd das s weite jüngere
wurde edion am nächsten Tage tot aufgefunden.
Von den Mäusen, die mit vom 'Kaninchen 2 (Tab. III) nach
3 reap. 4 Stunden entnommenem Blut, Urin und Kot geimpft
waren, ist eine (Nr. 5) mit nach 2 Stunden erhaltenem Urin ge*
impfte nach 7 Tagen mit tetanischen Erscheinungen zugrunde
gegangen, eine (Nr. 10) mit 0,5 Blut geimpfte starb nach 3 Tagen
und eine mit 0,6 Kot nach 2 Tagen, aber keine von den beiden
letsteren zeigte die typische Robbenstellung, obgleich auch sie,
vn% alle anderen, audi die mit dem vor der Ffltterong ent-
nommenen Material geimpfte, krank aussahen und sehr emp-
findlich waren.
Anders haben sich die mit Organemulsionen und Ezkreten
von Kaninchen lö geimpften Mäuse (Tab. IV) veihalten. Es
sind von diesen 11 (von 15) im Laufe von 24 Standen bis 2 Mo-
naten zugrunde gegangen, aber eine typische Robbenstellung
ist nur bei den mit Gallo, Lober- und Milzeinnlsioii geimpften
aufgetreten. Auffüllend ist es, dals auch das Kaninchen, von
dem ua±j Material zur impiutig entnommen war, nur 410 g
schwer und schon nach 24 Stunden im Kingehen war. Auch
von den mit Kot und Urin vom Kaninchen (Nr. 19) geimpften
Mäusen ging eine mit Urin geimjd'te nach 4 Tagen ein, während
von den mit Kot geimpften die mit dem vor der Fütterung ent-
nommenen Kot nach 10 Tagen, und eine von den mit Ö Stunden
nach der Fütterung erhaltene geimpften nach 15 Tagen zu-
grunde ging.
Auch hier zeigte nur eine von dem mit 3 Stunden nach der
Fütterung erhaltenen Urin geimpfte Maus die typische Hobben»
Stellung.
Digitized by Google
134 Ssper. üiit«naclinng«n ft. d. Wirkang d. TMaautMudllen n. ihrar Gifte «te.
Wie wir sehen, kaim man aus den Ergebnissen der an den
Mäusen ausgeführten Versuche keine bestimmten Schlüsse über
irgendwelche Beziehungen derselben zu der vorausgegangenen
Futterung oder Injektion der Tiere, von denen das Impfmaterial
entnommen wurde, ziehen.
Bemerkenswert ist es aber, dafs unter den geimpften Mäusen
nur die mit Galle, alle mit Leber- und Milzemulsion geimpften
imd zwei von denjenigen, die mit nach 2^^ — 3 Stunden nach
der Fütterung erhaltenem Urin geimpft waren, mit typischen,
tetanischen Erscheinungen in einigen Tagen sttgrunde gingen.
Die Meerschweineben haben im allgemeinen ebenso wie die
Kaninchen auf die per os eingefOhrten Toxine und Kulturen
reagiert. Die Erscheinungen waren nur insofern von denjenigen
bei den Kaninchen abweichend, als bei keinem der gefütterten
Meeieohweinchen Hasensprung sur Beobachtung gekommen ist»
obgleidi sie mit demselben Toxin und mit gleichen Dosen ge-
fdttert waren. Aufiserdem ist keine von den mit Toxin gefütterten
eingegangen; von den mit Tetanuskulturen gefutterten ging nur
dasjenige» welchem Gelatinekulturen eingeführt waren, an Ua-
rasmus zugrunde»
Allerdinga mufe hervorgehoben werden, dafe beide mit Toxin
gefutterte Meerschweinchen triichtig wurden, was, meines Er
achtens, irgendwelchen Eänflufs auf die Ergebnisse des Ver-
suches haben konnte (Tabelle V).
Übrigens, wie die Tabelle V zeigt, sind auch die Meer-
schweinchen (das mit Agarkulturen geffitterte ausgeschlossen)
regelmärsig und fortwährend abgemagert, und eins, Nr. 12, ging
an Marasmus zugrunde.
Aulserdein hat das mit 20 ccm Toxin gefütterte Meer-
schweine! len .sijiiuii zwei Tage nneli drr Fütterung eine sehr
starke K<>ntral<tur der liuismuskuiatur bekommen, die noch nach
drei Monaten bestand. Es ist selbstverständlich nicht aus-
geschlossen, dafs beim Einiiihren des Kailieters die Rachen-
oder ( )so}>hairusschloiiuiiaut verletzt wurde (ol)gleich ich keine
Gewalt anzuwenden l>niuchtüj, aber dann widerspricht dieser
Versuch den oben erwähnten von Thalmann.
Digitized by Google
Von l>T. Markaa tUbinowitsch.
T»belU Y.
136
Lfc
Mf;|
Ttmurt
Ge-
wicht i
In K
Art
der Impf ong
Tag
der
Imp*
fang
Verlauf
;| Tag
il
1 , Meer-
415
6
achw.
'■\
10 ccm 5 proz. '
TozinlO».!
mit Nelaton-'
katliet. hl
den Mageu
eingttfOhrt.
845
20ccmToxin-
löBung I ia
gleich. Weise
in den Magen
eingefotirt
12
15
7
8
11
0,8 ccm Uri nj
V. Meerschw.
Nr. 3 vor der
Ffltterang
entnommen.
0^ ccm Urin
V. Moorschw.
nach 2 Stdn.
• nach der
Ffltteraog.
Aueb.
18 0,5 ccm Urin
V. Meergfhw
nach 4 Ötdn.
nach der
Fütterung.
12 auch.
14 1,0,5 ccm Kot-
Ii emulain
jV. Meerachw.
2 Stdn. vor
<1 FfUterung.
Aichlv für Hygiene. Bd. ULI.
I
19. I 20. X., 380 g, träge.
X. 21.X.d86g,28.X.860g,
f stöhnt fortwfthr. 34. X.
: HK) 1;', stöhnt fortwälir.,
': »ehr etupändlich. 26. X.
370 g, sehr empfindlich.
Tm weiteren Verlauf
nimmt fortwährend an
Gewicht zu, es stellt
eich nachher bentus,
dafe es trftchtig Ist
20. 21.X.375gi8tsehremp-
X. I findl. f. jede Erachütte-
[jrung, träge. 22. X. Kon
traktur d. Ilal.sinuskul.,
der i^opf hat d. Stellung
eines Oapat obstipnm,
u. iHf Uli h mit Gewalt
nicht gerade zu stellen.
28. X., 815 g, Diarrhoe
dauert 2 Tage. 25. X.,
'325 g, Zittern, zuckt u.
I knirscht mit d. Zilbnem
27. X., 8G0 g, AUgemein-
befind, bess. Nimmt Im
weiter. Verlauf fortwäh.
J zu, da es trächtig ist.
;|2l. X. Sehr empflndl., 27.
H Btnippiges Haar and , X
n trige.
aacb.
21. X. link, bint Eztr/ 4.
KeHtr , empflndl. u.träge. ' XI.
Empftndlich u. bewegt —
rieh sehr trige.
2(>, X. Eine Geschwulst,
die nach einigen Tagen
erweicht und entleert
Eiter.
i: Bleibt a. Leb.
|U.seigt keine
'tetaniscb. Br>
scheimingen.
Wirft 2 Jung.,
von denen d.
eine tot ist,
der andere
munter and
entwickelt
aich gut!
Bleibt a. Leb.
u. behält die
Kontrakttur.
Wirft3.Tung.,
ji von denen
1 9 tot sind.
] DuH htirbt
am 4. Tage.
Ohne Besond.
Bleibt a. Leb.
[Jiike hinter.
Exlr. gentr.
Bleibt a.L«b.
i i
Digitized by Google
136 £aq>er. Vnteranchangen t. d. Wirkung d. iMaantbasilttn n. ihrer Oifle «tc.
ForteetxQDg der Ikbell« 7.
Tleiiu-t
j üe-
wicnt
in g
Art ^
der Impf ang I
\
Tag
der
Imp-
fang
ID
V,w CClu 1^ O l -
—
6tn u IbI n
V
A.
V. M66rBchwJ
j
4 ouin. nacn
1 13
auch.
>
650
DieStichtefle
25.
V. 3 Agarkult.
X.
, (4 Tag) in
20ccin Kocb-
' salzlösuDg
üurcti den
Katheter in
Ma^en ein-
geführt.
1
680
l.SOeem von]
3 VerflÜ8«ig. ,
Gelatinekiilt.
durch den ;
&Muieier in
den MagcD
eingeführt.
O Iii WAV
o.
niiäBigt- vseia-
A.i.
tinekultur
(So T.)
In beiden
l 28.
NaaenlHfngn.
1 X.
:
die Schleim
haut b. ßlutg.
verletzt und
auf die ver-
1
letzt. Stellen
je 1 Oh«
Agarkultur
angebracht.
In gl. Weise
»
die NaHi'ii
;l
HcMeimhntit
vi rK'lzt ;'. je
1 1 Oi*c Toxin
1 i. gtfbRicht.
T
Verlauf
des
Todes
L
Be-
caericniigen
Maus
Meer-
Bchw.
Wie bei der Maus Nr. 6.
Bleibt «.Lebi.
i Wie bei der Maus Nr. 3.
t Dauernd Wohlbefinden
u. nhnmt fortwährend
an Gewicht zu.
25.
XL
26. X., 660 g, munter. 11.
•27 X., ßFtfi p, sehr emp XI.
findiich. 26. X., G.SÖ g
liatark heiser, beim Auf- 1
j heben für die Eücken-I
haut Hlrecken alle Ex-'
treniitätcn narii unten.
30. X. Allgemeinbeflnd.|i
besser, heiser. 5. XI ,1]
740 jj, munter. (i. XI ,
7Hi) g, oui(jündl., träge.,
7. XI., C85 g, Hclir emp-
findlich. 8, XI,,G45g,
auch, träge. 0. XI.
5% g. 10. XI. 535 g,
11 X 1. 4'i5 g. abends f.
Ersten 3 Tage wenig,^!
dann mehr empfindl. 'i
Beim Aufheben für liie
Uückenhaut streckt die
Eztreniitäteii, aber er-
holt «ich. II
Oho. Besond.
BMbte.L6b.
auch.
Keine
traktiiren.
Alle Darme
and llagea
geoE leer.
Bleibt a hob.
! I
— Ii Bleibt «.Leb.
Digrtized by Google
V'on Dr. Markiu Kabinowitach. 10*7
Von Interasso iat noch« dafs beide mit Tokid goffitterte
MeenchweiDchen tote Junge geworfen haben.
£e wurde aufserdem sur Nachprüfung der Venuohe yon
Thal mann noch swei Meerschweinchen die Nasenschleimhant
bis sur Blutung stark lädiert und auf die lädierten Stellen
Tetanustozin bsw. -kulturen eingebracht. Beide Tiere waren
die ersten Z-^ Tage sehr empfindlich, hatten keine Frefalust
und sahen krank aus, aber haben nch bald gan« erholt» ohne
iigendwelebe tetanischen Erscheinungen su zeigen.
Was die Mäuse, die mit dem vom Meerschweinchen 2 ent-
nommenen Exkreten geimpft waren, betrifft, so gingen von den
8 geimpften Mäusen 3 oin, und zwar: eine (Nr. 3) mit Urin vor
der l^'utierung geimj)fte nnch 7 Tagen; eine zweite (Nr. 5) mit
dem nach zwei Stunden erliHltenen Urin geimpfte — nach
15 Tagen mid die dritte (Nr. 10) mit Kotaufscliwemniung (vier
Stunden nach der Fütterung erhalten) geimpfte — nach '66 Tagen.
Und von allen zeigte nur die mit Urin geimpfte Maus (Nr. 5)
eine Streckung des linken F^interbeines.
Alle hier geschilderten \'t;rTLiche haben, wie mir
scheint, den l^eweis dafür geliefert, dafs die An-
nahme, dafs das T e t a n u s g i f t , wie die T e t a n u s b a z i 11 e n
bei d e r Ei n f ü lir u n g in den Magen keine krankhaften
r s c h e i u u n g e n zu erzeugen imstande seien, unhalt-
bar ist, und dafs die von Ransom und Vincenzi aus-
geführten Versuche keine Berechtigung zu den von
den Autoren aus ihnen gezogenen Schlüssen geben.
Es blieb aber bei diesen Versuchen noeh unentschieden,
was eigentlich mit dem Virus bei der Passage des Verdauungs»
traktus geschieht, und warum nur die Gelati ne-Te tan uskultuien
bei dem Meerschweinchen und Kaninchen nadt der Veifütternng
^nen Marasmus verursadien.
Da aber die Erfahrungen mit anderen Mikroorganismen,
die auch, wie wir gesehen haben, vom Darmkanal aus ganz andere
oder gar keine Erscheinungen hervorrufen konnten, gelehrt haben,
dafs diese Eigentümlichkeit von der Einwirkung der Salzsäure
des Msgensaftes abhängig ist, so lag der Gedanke nahe, dafs es
10»
Digitized by Google
13B Exper. TTtttennehoDgeii tt. d. Wirkang d. T»tiuiiMbnillfui n. ihrer Giftoetc.
sich auch beim Tetanuabazillus und seinen Toxinen so verhalten
konnte.
Daffir sprachen auch die Ertahrangen einiger Forscher Aber
die Wirkung der Salzsäure auf den Tetanuebaaillus, bzw. das
Telanusgift.
So haben Tisxoni und Gattani^) festgestellt, dafs l^j^
Sublimat die TetaDuss[»ordn in 4 Stunden tötet; setzt man aber
0,5^1 % HCl hinzu, so werden sie schon nach 3 Stunden ab-
getötet In einer anderen Arbeit haben Tixzoni und Cattani*)
auch noch hervorgehoben: »Von den anorganischen Säuren setzt
die Salzsäure schon in kleinen Mengen die Toxizität des Tetanus-
giftes herab und hebt sie bei längerer Einwirkung ganz auf.c
Auch Kitasato') hat hervorgehoben, dafs die Sfturen auf
das Tetunustoxiu eine ziemacii intensive zerstörende Wirkung
ausüben.
Diese Erwägungen im Zusamnuinluing mit der von Fermi
und Celli*) gemachten Beobachtung, (hils derSpeichel, dasPepsin,
der Pankreassaft, die Galle, der Magensaft und die Mikroben
keine zerstörende Macht über das Tetanusgift besitzen, führten
zn der Vermutung, dafs die Frage geklärt werden könnte, wenn
man, um naturgetreu vorzugehen, den Mfii^ensaft direkt bei 87''
auf die Bazillen und das Toxin einwirken liefse und die Patho-
genität derselben vor und nach der Behandlung mit dem Magen-
saft prüfte.
In gleicher Weise konnte auch die Ursache der eigenartigen
Wirkung der Gelatine-Kulturen nachgeprüft werden. Diese Ur-
sache konnte hier in der niedrigeren Temperatur (22^), bei der
die Gelatine-Kulturen gegenüber den Agar-Kulturen (37'^) ge-
züchtet waren, liegen, oder in dem langsameren Wachstum, oder,
endlich, in den Eigenschaften des Nährbodens selbst. Mit acht
verschiedenen in der Tabelle VI verzeichneten, nach Probefrüh-
stftck gewonnenen Magensäften, für die ich dem Herrn Geheim*
1} Arcbiv für Hxjwrim. Pathologie und Pbarmakol.» Bd. 2y, lö91.
2) Ebenda, Bd. 27.
3) Zeitschrift f. Hygiene, Bd. X.
4) Zt;ntr»U>latt f. Hakter., Bti. Xü, i>U.
Digitized by Google
Von Dr. Marko« BablBowitsdi.
189
rat Prof. Dr. Kwald und Herrn Dr. Fuld zu Dank mich ver-
pflichtet fühle, wurden die weitereu Versuche ausgeführt.
Vor der Benutzung wurden yon jedem Magensaft, um über
die Menge und Art der beigemengten lebensffthigen Bakterien
unterrichtet zu sein, Geiatiueplatten gegosBen und Gelatine-
rOhrchen geimpft und die angegangenen Kulturen mikroskopisch
untersucht. Die fiigebnisBe dieser Prüfung sind in der Tabelle VI
Terzeichnet. Tabelle VI.
1
Lfd.
Nr.
Kummer |
den
ActdiUt
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ICikrMkMiiAllllA UnteiMMhiinff
ip^Mv^awacv V M% viVllVV ■ iaii|^
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«0
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US—
ä
■c
36
62
0
+
0
0 1
Auf der Platte alpha 8 feine rund«
'1
1791 j
liehe, graue homogene Kolonien.
Mikro8ko|»isch-Hefepilze.
2
1798 1
18
44
+
-h
Auf den Platteu alpha uud beta
graue und gelbliche runde Kolo-
nien, aa( der gamma 6 Kolonien
— Hefepilse and Stabdien.
8
1806
0
8
+
Ziemlich reichliche Kolonien veir-
schied. Gröfee schon nach l2Std.
!
1
1
Mikroak. — StAbchen, Hefepilze
und Sarcinen.
1
4
.1883 1
jlO
26
1 +
1
-H-
H-
f'ehr zuhlr. Kolonier nnf alpha n.
beta, auf guoiuia 12 Kolouien.
Zahlr. Stäbchen u. Sarcinen.
6
1862
4
24
+
4-
Wenige Stäbchen, sehr viel Hefe-
pilze u. einige Kokken.
6
NetRg.
40
70
0
0
0
0
7
1865
SO
40
0
+
+
0
Kor auf alpha vier Kolonien —
Uefepilie.
8
i
44
76
1 ^
0
' 0
0
Die ersten Verstu'he mit den Sftften Nr. 1791 uud Nr. 1798
wurden in der Weise angestellt, dafs auf jo 10 ccm Magensaft
je 10 ccm verflüssigter (bei 37 o) Gelatiiiekuhnr bzw. 2 ccm
Tetanustoxin IT*) gegeben und nach 2 resp. 15 Stunden dauern-
den Aufenthalt im Thermostaten bei 37 auf Mäuse subkutan
oberhalb der Schwnn^wurzel veriinpft wurden.
Einen Teil der Hülirehen habe ich lö Stunden im Tlienno-
staten i:( lus.seu mit der .\bsicht, fe.itzustollen, nb dadurch, wie
es Kitasato-) behauptet hat, die Wirksamkeit des Toxins beein-
flufst wird (Tabelle VII).
1) 0,000002 dieee« Toxine haben eine Mane am 4. Tag getOtel. S) a. a. O.
Digitized by Google
140 Ezper. UntonachaDg»!! 1t d. Wirkung d. TeteniubMilton q. thr«r Gifte «te.
Tabelle VU.
Lfdij dM 1
Art u. Menge
UVB
Gemiaches
Iraner
Im
Ther-
mo«!.
tioiis*
1
1
Ente Er-
Bdieinungen
1
Be-
I merkungen
1
1
i
1
Kon-
troll-
uer
Gelatine-
Keinkultar.
1
; 0
1
1
1
Draht
t>pit%e
i
rfchte hint. ,
Extr. geetr. 1
1
■j- nach
6«/, Tagen.
1
Rol)hen-
Stellung
s
• 1
1
ToxinlöHung
0
1
Nachl2Std.
hint. Extrem,
gestreckt.
t nach
3 Tillen.
»
8
1791
lü ccm G«la>
tinekultar
* auf 10 ccm
2 h
1
0,2
Nach 14 8td.
hint. E.xtrein.
gestreckt.
t nach
28 Stunden.
•
4
. 1
*
0,4
t n$ich
18 Stunden.
•
5
> 1
1
1
1
' 15 1
1
0.2
Nach22Std.
linke hint. i
Eztr.geetr.
erhoit sich.
t
Bleiht
am Leben.
D
!
»
0,4
Na(>li 1 t SUl.
linltA Hint
Extr. gestr.
t nach
2ß Htanden
Robben-
■talluntf
7
>
1
t
0,6
7
friach 14 Stil,
anfgef.word.
?
8
1
1
i
t
10 ecm 2 h
Mn>;ensaft ;
< auf 10 ccm
Toxinlös. II. !
0,2
keine.
m anter.
Bleibt
am Leben.
o
y
>
>
0,4
>
»
>
10^
1 ■
0
0,2
Nach 12 Std.
Parese d.hint.
Extr., empf.
erhoii dich.
»
U
1
1 ■ '
r
0,-4
Oauernd sehr
empfindlich,
Kxtr., trage.
f nach
7'/, Tagen.
I Keine
besonder. Er-
BcheiniuiMin .
12
1798 ,
Wie bei Nr. 3
2 h
t 1
i
Nach 15 Std.
1 hinter. Extr.
gestreckt.
I nach j
28 Stondeo.
f Bobben-
etellusK»
13
>
>
•|
i
•^ nach lü f^td
anfgef.word.
1
U
>
»
15 h
0,2
keine.
t nach
9 Standen.
?
15
1
1
1
>
0,4
Xach 12 Std.
1 hintere link.
1 Extr. geatr.
f nach
23 Stunden.
Robben-
^ Stellung.
16
. 1
i . '
> 1
1
1
0,6
1
i 7
7 nach
1 b blonden.
! *
Digitized by Google
Von Dr. Marku BabiBOwitMb. 141
(Fortwtaonc dw Tabelle VU,
Ud.
Nr.
Nr.
Mftes
1
Art u. Menge
des
(Temisches |
Dau«r
im
Ther-
mo*t.|
Ittfek-
tioUB-
meuge j
r "
£r8te Er-
BchelBttttgen
Ausgang
Be-
merkongen
17
1798
Wie bei Nr. 8.
3 Ii
0,2
keine.
manter.
Bleibt
am Leben.
18
19
>
1
! »
>
>
1
1
>
0
> •
ParCBe der
hint. Extr.,
empfindlieh.
aaeh.
erholt sich,
auch.
Nach tWoch.
1 lebt noch \u
■teht elend
auB.
90
>
0
0,4
auch.
1
t nach
10 Tagen.
Sehr stark
abgemagert.
Wenn wir dio Wirkuug des Virus auf die geimpften Mäuse
vor und nach der Behandlung mit dem Magensaft vergleichon,
80 finden wir, (litis die zwei Stunden dauernde Einwirkung des
Magensaftes die Toxizität der Bakterien und ihrer Gifte bedeutend
herabgesetet hat Dabei haben der Magensaft^ der die höhere
Axidit&t besafo, und von den mit demselben Magensaft bebandelten
diejenigen ROhrohen, die 15 Stunden im Bratscbrank standen,
starker die toxischen Eigenechalten des Virus beeinflufst Und
ein Vergleich der Wirkung der mit Magensaft behandelten Bak-
terien und Toxine zeigt» dafs die Toxizitftt des Giftes viel starker
beeinflufst war/ als die Virulens der Bakterien: wahrend von
den 12 mit Bakterien geimpften Mausen nur eine (Nr. 3) am
Leben blieb, flberlebten von den 8 mit Toxin geimpften Mausen 6.
Aber in Anbetracht dessen, dafs die Mause, wegen der
grofsen einverleibten Dosen des Virus in kurser Frist starben
und bei den Mäusen, die aufserhalb der Beobaehtungszeit, zwischen
8 Uhr abends und 8 Uhr früh, eingegangen sind die Zeit so
berechnet wurde, als ob sie um 2 Uhr nüclits starben, so schien
mir die Frage noch nicht definitiv entsciiieden. Denn dadurch
mufsten kleine Fehlerquellen entstehen, die aber bei den rehitiv
kleinen Unterschieden in den Ergebnissen von grofser Bedeutung
sein konnten.
Digitized by Google
142 Expttr. üntanuchnngttn fl. d. Wirkoog d. T«tuiubMill«ii a. ihicr Gifte «te.
Aus diesen Erwägungen konnte auch durch die iu der
Tabelle VII verzeichneten Versuche nicht entschieden werden,
ob die bemerkten Veränderungen in der Tat auf die Salzsäure
des Saftes zurückzuführen sind, Das haben aber unzweifelhaft
die in der Tabelle Vlil verseichneteu Versuche mit dem Magen-
saft Kr. 1808 bewiesen.
In diesem Magensaft war, wie die Tabelle VI zeigt, gar
keine freie Salzsäure. Wenn also die Wirkung in den Todier
erwähnten Versuchen auf die Salzsäure surückzuführen war, so
mufste man erwarten, daüs dieser Magensaft die Toxisit&t des
Virus nicht oder nur sehr wenig beeinflussen würde.
Um dies entscheiden so können, wurden iu diesem Falle
auf je 10 ccm Magensaft verschiedene Mengen (je 5 ccm; 3 ccm;
1 ccm und 0,8 ccm) der Gelatine -Kultur gegeben und 2 bsw.
4 Stunden im Brutschrank gehalten. Aufserdem, um eine gröfsere
Beobachtungazeit zu schaffen, wurden die Miuse gegen 8 Uhr
abends geimpft und den n&cbsten Tag von 7 Uhr früh au be-
obachtet (Tabelle VHI).
Tabelle Vm.
Lid.
Nl.
Nr. ,
des
ll«gen-
saftei
Art u. Menge
des
Gemteches
l>uucr
im
Tbor- .
moat.
In]ek-
tions-
mengel
1
!
ErHte Er*
eoheiiiuiigeii 1
1
Aufgang ^
Be-
mefkanftn
1
1806
5 ccni Gelat-
Kiilt (12Tag.)
auf 10 ccm
Magenuft.
M
' 2 h
0^
'Xarli 11 St.l
, Btreckung d ,
bint. Extrem.
t nach
13 8luu<leu
Robben»
Stellung.
2
»
>
0.4 ^
t nacb
11 Standen 1
>
S
»
»
0,6 '
? I
t nach
11 Stunden
4
3 com derslb
Kult.a.lücciu
H«gen«8ft.
1
0.2
Nach 1! Sfil.
älreckuiig d. ,
bint Bxtrem. ,!
t nach
13 7, Sldu.
>
6
>
0,4
1
fn. 15Stdtt.
t
6
>
> 1
1
1
i
Nach n St.l.
tH)br eiupfiud.
' Keine Lahm. 1
t nach
3Vs Tagen
Strupp riaaTj
sebr mager.
1
1
I cciu denilb.
Kult.ii lUcfiu
.Maguu»afl. ^
1 »
0.2 ,
|Naeh 11 Sld.
rechte hini. i
Exlr. gehtr.
t nach
23 Stnnden
RobbMI^rj
atellimg. ,
,1 i' 1
:i .1
Digitized by Google
Von Dr. Ifftrlras RabiDOwttsch. 148
Fortsetsang der Tabelle Via.
Ud
Nr.
Nr '
de»
Haiden
nttm
Art u. Menge
des
Gemischee .
Dauer
im
Ther-
mosl.
Injek-
tion«-
menge
* 1
Erste Er- <
^ sdieittiiDgeD
AasgADg
Be-
ni6tlciiB(en
8
180B
1 ccm deralb |
Kalta.lOccm:
Mageneait.
2 h
0,4
Nach 11 8td.
: rechte hint.
. Extr. gestr.
t nach
18 Vi Stdn.
Robben-
stelliing.
9
* 1
■ • !
0,6
Nach il Std.
hintere Extr.
gestr., Dyspn.
f nach
18V« Btdn.
1 •
10
t
0,2 ccm ders. '
KaltalOccm
Ifageneaft.
0,2
Nach 11 Std.
linke bintare
Extr. g«ltr.
t nach
20 V» Stdn.
>
11
>
»
0,4
»
t nai^li
23 StUQdea
»
12
>
*
!
»
0,6
Nach 11 Std.
liegt auf dem
1 Bicken,
1 KrtUnpfe i. d.
gefltr. Extr.,
' Dyspn. Beim
.\nlaa«. «aekl
stark zusam.
, und bleibt tot
an der Stelle.
t nach
UV« Stdn
>
18
*
Gemisch wie
bei tit, 1.
4h
0,2
'.Nach 11 Std.
d. recht, hint.
Extrem.
'r nach
1 1^ Stunden '
14
»
1
0,4
>
1 t nach '
14 Stunden
>
15
Gemipch wie
bei Nr. 4.
0,2
Slrt'ckuti^^ (I.
j link, hinter.
! Extrem.
y nach
Stunden
K(?ine
KobbeuatUg»
16
*
>
*
0.4
1
1
Nach 11 Std.
|d. hint, Extr.
1 gestreckt.
f nach
22 Standen
Robben-
i Btellang.
17
•
GemtBch wie
bei Nr. 7.
1
0.2
Narh lf> Std.
d. recht, hint.
Bztr. Mafcr
t nach
1 S6 Stunden
iftofiM fanden
1 •
19
>
ö|4
JNaCu Lo oto.
d. hint Extr.
[ gMtreckt.
t nach
1 40 Stunden
1
1
•
19
Gemiacli wie
bei Nr. 10.
0.4
i
>
t nach
49 Stunden
»
SO
»
0,2
*
[Nach 11 Std.
d. hint. Extr.
gttttreckt
f nach
^ 43 Stunden
>
1
i
1
1
1
144 Bxp«r> TTntMsaebQQfui fl. d. Wiriraiig d. Ttoteombwillm n. ihrer Gift« ete.
In der Tat haben die Versuche ergebeu, dais selbst die
Maus, welclj« tuit 0,2 com des (Gemisches von 10 ccm Magen-
saft und 0,2 ccm Kultur, also mit einer 50 mal kleineren iMenge
von Bazillen geiin])ft war, schon nach 2072 Stunden eingegangen
ist, während die in gleicher Weise mit 50 mal L^Öfserer Menge
vorher geimpften Mäuse erst nach 28 — 29 iStunden starben.
Aufserdem scheint es, als ob auch hier das längere Verbleiben
des Gemisches im Thermostaten die Virulenz der Bakterien
starker beeinfluÜBt hat.
Bemerkenswert ist noch, dafo einige Mäuse sich ganz anders
der Wirkung des Virus gegenüber verhalten haben. So ist die
Maus Nr. 6, die mit 0,6 ecm geimpft war, erst nach Tagen
eingegangen, wfthrend die mit 0,2 und 0,4 ccm derselben Mischung
geimpften Mäuse schon nach IS^^ iind 15 Stunden eingingen, und
aufserdem, ebenso wie die .Maus 15, keine Robbenstellung zeigten.
Wenn also die in der Tabelle VIII verzeichneten Versuche
bestätigen, dafs die Salzsäure des Magensaftes die Virulenz der
Bakterien und die Toxizität des Giftes herabsetzen, so war es
doeh, um eine feste Übmeugung zu gewinnen, noch notwendig,
weitere derartige Versuche mit Terschieden sauren Magend^n
und minimalen Dosen von Bakterien bzw. Gift anzustellen.
Aufserdem mulste noch die Ursache der abweichenden Virulenz
der Gelatine- und Agarkulturen festgestellt werden.
Zu diesem Zwecke wurden auf je 5 ccm Magensaft nur je
5, 3 und 2 Osen') Agarkultur oder je 1 und 0,2 ccm Gelatine»
kultur oder endlich je 1 ccm TozinlOsung II gegeben. Aufaer>
dem war noch ein Gemisch von 5 ccm Magensaft, &ccm steriler
Klhigelatine (amphoterer Beaktion) und 10 Ösen Agarkultur
hergestellt und 2 und 14 Std. im Thermostaten gehalten (Tab. IX).
Wie die Tabelle IX zeigt, sind bei der Anwendung sehr
kleiner Mengen von Agarkulturen die Unterschiede in der
Wiricung der stark- und schwaehsauren Magensäfte noch viel
deutlicher zum Vorschein gekommen. Während die mit den
mehr freie Salzsäure enthaltenden Magensäften Nr. 1865, Netzger
und 123 behandelten Kulturen die geimplieu Mäuse nicht zu
1) Ose SS 2 mg.
Digitized by Google
Voa Dr. Markos BabinowitMh.
145
Tabelle IX.
Lid
Nr.
dos
■
iArt u. Meuge
DftU6r'
im
Injek-;
£rete £^
i
Ausgang
Be-
Kr.
Magen-
lies
Gemisches ,
1
Tlmr-
(UOSl.
tlODt* i
nullt
■cbeinongen
mmkoofen
i
1888
2 Ösen Agar-j
2h
t
0,2
Nach69Stdn.
Nach 7 Tag.
Nach 24 Tag.
kiiltur(4Tag.)'
Parese der
d. hint. Extr.
lebt noch.
1 auf ö ccm
hint. Extrem.
getilreckt.
Maganmft.
3
>
»
0.4
Nach 42Stdn.
t nach 4 Tg.
Robben-
1
j d. hint. £xtr.
14Vi Stdo.
ateUung.
•
1 gettMCkt.
3
3 Ösen Agar-
>
0,2
Nach63Stdn.
Keine
Nach 24 Tag.
kult. a 5 ccm
d. rt'flit. hint.
YerAnder.
lebt noch.
Magensaft.
, Exil, geatr.
4
*
•
»
0.4
Nach39Stda.
>
*
1 d. rcc.'ii _ hint.
' Lxtr. gesir.
5
>
5 Ösen Agar-
»
0,2
.VachSSStda.
t nach
Kobben-
kalt ». 5 ccm
1
; bmt Extrem.
68 Stunden. 1
atellnttg.
M»gm»tt.
gestreckt.
6
>
>
>
0.4
Nach2öStdn.
t nach ,
>
d. hint. Extr.
g«8treeki.
47 Stunden.
7
>
10 Ösen Agar-
>
0.2
?
i nach
9
kolk. (4 Tage)
17 Standen.
auf D ccm
Magensaft u.
5 ccm Gelat«
o
o
>
»
>
0,4
1 '
T nach
UV, stdn.
9
1
9
>
>
14 b
Oß
1 7 nach
Ii Siundon.
i
10
>
>
0,4
?
1 f nach
»
1
1 9 Stunden.
11
1863
6 ccm Agar^
2 b
0.2
N'acb 14 Stdn.
! f nach
>
kult. a. 5 ccm
der link. hint.
|49 Standen.
*
Magensaft.
Extr. gestr.,
nach 18 Stdn.
beid.ht Extr.
13
>
>
•
>
, 0,4
1 Nach 12 Stdn.
d. hint Extr.
gestreckt.
1 f nach
|19 Standen.
9
18
>
0,2ccmGelat.
>
0.2
Nach t2Stiln.
t nach
Kultur ; lOT.)
Pares. d.hint.
37 Stunden.
auf 5 ccm
Extr , nach
Magensaft
laSt.Htreck^r.
!
14
»
»
>
0.4
Nach 12 Stdn.
t nach
•
d. hint Extr.
21 V« Stdn.
1
g«StMCkL
Ii
Digitized by Google
146 Bxpw- üntenaehttiigtn 11. d. Wlrknng d. Tttenasbaiilleii n. ihrer Gifte etc.
Fortsetzang der Tabelle IX.
Nr.
Nr.
d«a 1
sattes
Art u. Menge'
des !
Gemischea |
Im
Thor
motit
— I
Injek-.
tiona-
menge
Ernte Er-
Bcheioangea
Ausgang
meffkongni
16
t
1862
1
1
l
•
1 ccuiToxinll
anf 5 com
Magensaft
2 h 1
0.4
t
1
NaehlSStdu.l
Parese, nach
15 8td. 8trek- 1
kung. d. binU i
J.iA.b|l lila
t nach
50 Stoaden.
Robben«
stell ong.
16
5 Ösen Agar-
knli. (5 Tage)
atif 5 ccm
Magensaft.
0,2 1
!
„ . i
Kerne.
Munter.
I
BleiU
am. Leben.
17
*
»
>
0,4
1
Nach 3 Tagen
parese der i
Unken hinter.
Extrem.
Keine
Verindeig.
»
18
>
1 ccm Gelat.-
Kult.a.5ccm
MflaMnaaft.
>
0.2 ;
Xnch l3St<1n.
Streckung d.
hint. £xtr
t nach
39 Stunden..
1
Robben-
Btellung.
■
0l4
■
»
t nach
15 Stunden,
20
>
IccmToxiuII^
auf 5 ccm ;
*
0.4
Nacb368tdn.
Streckung d.
lIlMMWIi fiAU.
Munter.
Bleibt
am Leben.
21
'.Notz-
ger.
n öseu Agar-
kult a. 5 ccm,
Mamuaft.
>
1 >
0,2
Keine.
*
»
83
»
0.4
9
Nach 3'/, Tag.
1 linke hintere
1 Extr. gestr.
>
Keine
Verflnderg.
1 9
83
:
1 ccm Gelat.-
Kultur (OTj?.)
5 ccm Magen-
saft
1 ^
0,2
9
24
*
■
t
0.4
Naehinstdn.
die link. hint.
■j- nach
jtiV. Tagen.
1
Robben-
. Stellung.
1
85
»
1 cciiiToxin II
auf .') ccm
Magensaft.
0.4
Keine.
1 Munter.
Bleibt
am Leben.
26
123
|5 Ösen Agar-
kultur 1,5 Tag.
j alt) & ccm
Magensaft.
>
0,4
! 0,6
!
•
27
>
>
i •
»
28
>
>
1!
1 0,8
1
r
■
>
1
i
Digitized by Google
Voa Dr. Unkoi lUtbinointoeh. 147
toten vemiochten, h&tten die mit dem Magensaft Nr. 1833, dessen
freie SaUssftuie gleich 10 war, behandelten Kulturen nur in den
grOlsten benutzten Dosen in 47 und 68 Stunden die geimpften
Mftuse getötet. Dagegen haben die mit dem Magensaft 1862,
dessen freie Salssfture nur = 4 war, behandelten Kulturen alle
geimpften Mäuse in 19 bis 49 Stunden getötet.
Und besonders bemerkenswert ist es, dafs die oben erwähnten
stftricer sauren Magensäfte, die die Virulenz der Agarkulturen
stark herabgesetzt oder Temichtet haben, es bei denselben nicht
taten, wenn sum Gemisch noch 0 ocm Nährgelatine zugesetst
war, oder statt Agar* Crelatinekulturen angewandt wurden.
Noch auiiailender ist die Tatsache, dafs die Mäuso Nr. 9
und 10, die mit demselben Geniisch von 10 Ösen Agarkultur,
ö ccm Magensaft und 5 ccm Nährgelatine, aber nach einem
14stündigeu Aufenthalt im Brutschrank bei 37° geimpft waren,
schneller starben als nach 2stündigera Aufenthalt desselben Ge-
misches in demselben Thermostaten. Einige individuelle Be-
sonderheiten waren auch hier zu verzeichnen.
Die letzterwähnten auffallenden Ergebnisse der in der
Tabelle IX verzeichneten Versuche haben den Gedanken ge-
weckt, dafs diese eigentümhchen Erscheinungen Tieiieicht allein
auf die Nährgelatine zurückzuführen seien.
Um dies zu entscheiden, wurden neue Versuche in der Art
angestellt, dafs bei in gleicher Weise zusammengestellten Ge-
mischen^) der Magensaft durch eine Verdünnung von Normal*
1) Da ea wegen des hoben Schmelzgrades de« Agare und seines schnellen
Eratarnns bei der Zinimertoni|»eratar aniDiigUch ist, die Agarlrolttiren Im ver>
flOsaigten Zustande zur Injektion zu benutzen oder aus den Oe^ itirn knitnreu
den Stichteil su isolieren, so konnte kein einheitlicher Modus zur Quanütats-
besitimraong d«r Kultaren angewandt werden. Es wurden deshalb von den
Agarkulturen ö öaen (je 2 mg) aus dem Stichteil nnd von den verflilsaigten
ond kräftig umgescbUttelten (T<>latinekulturen 1 ccm zum Versuch benutzt.
In Anbetracht dessen, dafs die hohen aoaeroben Gelati neröhrchen ca. 20 ccm
Gelatine enthalten und in der Gelatine dl« Banllen viel apltrHeher waetueD,
kaun man, meines Erachtons annehmen, dufs die Fehlerquelle nurnnbedentend
war, jedenfalls nicht gröfser als bei der Bestimmung durch die Öse bei den
veiaehiedenen Malen and Knltaren. Ea Ist eher amnnehmen, dafa in l.ccn
der Gelatinekultur noch weniger Baiillen alfl in 6 Omu vom Stiebteil der
Agarknliur vorhanden waren.
Digitized by Google
14d Rxp«r. ITiitorsttehDngen fl. d. Wirkung d. t^tuuMbnUlra a. ihrer Gift« etc.
salesäurn ersetzt, das Genoisoh auch 2 Stuuden im Thermostaten
bei 37" gehalten and nachher auf Mäuse ▼erimpft wurde
(Tabelle X).
Tabelle X.
Lfd.
Nr
Art a« Menge
1 des iDfektlons»
Tiiat.'r'n's
Dauer
1 ün
'Ther-
Impfte
Erste Er-
pchpinunuen
1 Anagang
1
Be
merkiinceu
,1 1 ccm Norm - Salz
leSare 10 ccm NaCl
1 Lft!». 5 öneti Ajjar-
kultur (5 Tage).
2 U
0,4
!■
Nach 24Btda.
, «mpflndllfih
und bewepl
sich trüge.
Erholt sieb.
, Bleibt
1 Nm Leben.
2
1 ccm Nonn. Salz-
säure. lOccriiNaCl
LOb. IccmCirelatiD.-
Kaltor (11 Tage).
>
0,4
Nach40Stdn.
Lähmunj; des
1 link. Uinter-
1 beinea.
t nach
oa. 64 Stdn.
Robben-
etellnng.
3
1
1
0,5 oem Nonn.-SslB-
' B&ore. 10 ccm Na Cl-
i Lös. 5 Ösen Agar •
1 kttltur.
»
0.4
i Keine.
1
1
Munter.
Bkibt
«m Laben.
4
1 0,5 ccm Norm.-.Salr.-
eiure. 10 ccm Na Ci- 1
L0e. 1 com Gela
tinekaltur.
•
0.4
Nacb5lStdn.
1 Lähmangdee
[ Hak. Hinter-
bein««.
t nach
ra. 59 Stdn.
Robben-
steilung.
5
0,2 ccm Nrirm. Salz
aäure. iUc«:mNaCl-
LJIb h Ösen Asar-
' kultur.
»
0.4
NachlBStdn
bewegt die
Hinterbeine
Bchlecbt.
Erholt eich.
P.Ieibt
am Leben.
6
i 0,2 ccm Norm. -Salz-
. gfture. 10 ccm NaCl-
I.Ö8. 1 com Gela-
li nekultur.
0,4 j
1
Naob36Stdn.
beide Hinter
betne gestr.
t nach
ca 52 Stdn.
1
Robben-
stellunK.
•
7
0,1 ccm Norm. SaU ,
aani«. lOccmNaCl-
LOa. f) ö.seD Agar-
knltur.
>
i
1
, Nach 21 8tda. Sieht krank a.
d. lnk.Hinter- ■• Haar elrupp., 1
iMin geetv. j! beir.aidi trig. \
i'
Mflgerl stark
ab, aber nach
16 TaL-pn
lebt noch.
8
0,1 ccm >iorjn.-iSal7,-
Hänre. 10 ccm NuCI-
Liöa. 1 ccm Gela-
tinektüiur.
>
1
1 1; '
■ Ii
Nach 15i3tdu.
tot.
Alle Beine
Stark geotr.
9
1 com Xonii.-8«lfr
aiir«.10ccmKaCI.
»
0,2 i
j
Keine.
Munter.
Bleibt ««Leb.
(Kontr.-Vei«.)
10
1
>
t
(
h 1
0,4 1
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Nach ir>Stdn
sieht kr. au8,
Haar Btmpp.,
Beweg, träge.
Erholt eich.
;
>
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Von Dr. Marko« lUtrinowitvdi. 14$
Fortaetsang der Tabelle X*.
Ud.
Kr.
1
Art u, Menge
des TnfektionS' i
materiale
Datier '
im '
'I"her-
mo*t.|
1
Ge-
impfte
MeDg«
Erste Er-
ediaiiiaiigflii
1
Aaaptng
Be-
merkttngen
11
1 ccm Tetenastox.]
II. 10 Clin NaCl-
Löa. 1 ccm Norm.-
SaliaiiiTe.
9 b
0,2
Keine.
utmier.
BteiDta.]jeD.
^ontr.-VeraO
12
»
Wiebaiyr.lO
1
Britolt aicb.
13
0,5ccni Norm. -Salz-
Bäure. 1 ccm Toxin.
10 ccm NaCl Lö«.
0,2
Keine. i
Kanter.
»
14
t
0.4
»
•» .
15
0,2 ccm Nonn.«8als-
säure. 1 ccm Toxin.
10 ccm NaCl-Lös.
0,2
>
•
16 i
>
0,4
>
»
>
17
18
0 1 ci'tu Nortik Halz-
Säure, l ccm Teta-
nustoxin. 10 ccm
Na Cl Lösung.
1
1
0,2
1 '
1
1
' 0,4
1 .
1
>
>
»
•
19
1 ccm Tetanustox.
IL 10 ccm Na Cl-
LöSUDg.
1 0.2
Nach 15Stdn.
recht. Hinter-
bein, nach 18
I beide Hintor
bein« gestr.
t nach
1 58 Standen.
Rol>bei»3tUg.
(KontroU-
V ersuch)..
90
>
»
1
! 0,4
i
Nachl5Stdn.
: beide Hlnter-
j beine gestr.
t nach
47 Stunden.
Die Ergebnisse der in der Tabelle X verzeichneten Versuche
haben die Vermutung, dufs die Gelatine die schädliche Wirkung
der Öalzyilare neutralisiert, bestätigt.
Während von den mit (lemischen von Agarkulturen ge-
impften Mäusen keine einzige ein^ei^uugen ist, so sind alle mit
dem Geraisch von Gelatinckullurun geimpften nach 15 bis
64 Stunden zugrunde gegangen, und desto schneller, je weniger
Salzsäure das Gemisch enthielt. Alle mit dem Gemisch von
Tetanustoxin und Salzsäure geimpften Mäuse zeigteu überliaupt
keine Erscheinungen und sind am Leben geblieben.
Vielleicht dürften die leisternrähntea, wie auch die bei den
FütterongsversQchen zutage getretenen auffallenden Krschei-
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1 50 fixp> tJntonocb. fi.d.Wirkiitig d. TMaimwIms. ete. Vmi Dr. H. Babinowitaeh.
nungen einen neuen Fingerzeig zur Erläuterung der Ehrlich-
scheu Seitenketteutheorie bieteu.
Wann ich die Eigebnisse meiner Versuche zusammenfasse,
so glaobe ich folgende Schlüsse aus diesen siehen su dOrfen:
1. Der Magensaft mit normalem oder gesteiger-
tem Salxsfturegehalt vernichtet unter normalen Ver-
hältnissen die Virulenz der Tetanusbasillen und
ihrer Gifte, and swar bei diesen schneller und inten-
siver als bei jenen.
2. Diese Wirkung des Magensaftes wird haupt*
sächlich durch die in ihm vorhandene Salzsäure
bedingt und ist desto intensiver, je höher der Sals-
säuregehalt des Magensaftes ist.
3. Auch eine 1 pros. Lösung der Normal-Salzsäure
vernichtet unter gewöhnlichen Bedingungen nach
einer sweistflndigen Einwirkung bei dl^ die Virulenz
der Tetauusbazillen und ihrer Oifte und zwar der
letzteren schneller als der ersteren, aber diese
Wirkung der Salzsäure wird durch die Anwesenheit
von Nährgelatine herabgesetzt.
4. Die den Kaiiincbtn und Meerschweinchen in
grofseii lausen per os ei u gc f ü h r t e n Tetauusbazillen
oder deren Gifte bewirken in der Regel keine tetani-
schen Erscheinungen, sondern einen Marasmus, an
dem die Tiere häufig nach längerer Zeit zugrunde
gehen.
5. Bei Kaninchen ruft das per os (ebenso wie in-
traveiKis und subkutan) eingeführte Gift häufig
auch e i <;o n t ü ni 1 i r h e zerebrale E rs t' h c i n u n g e n o<ler
Kontrakturen hervor. Die letzteren kommen auch
beim Meerschweinchen zur Beobachtung,
Hieraus folgt, dafs die An Wesenheit derTetanus-
bazillen und ihrer Gifte im Darmkanal für deren
Träger sehr gefährlich, ja sogar letal sein kann.
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Oter ZentroBomen und Deh 1 ersehe Beifen in kernlosen
Erythrozyten.
Von
Dr. A. Nifsle,
AacUteatea am LuUtula.
(Ami dem Hyi^eiiisehen Insütat der Univeraitlt MOachen. Direktor:
Obermedisiiialrafc Prot Dr. M. Grab er.)
Für das Studiuni der Morphologie und Biologie von Blut-
parasiteii ist luiturgemärs eine möglichst genaue Konotnis der
Histologie des normalen und des durch Anämie veränderten
Blutes selbst unbedingte Voraussetzung; denn nur so ist es
möglich, sich vor Verwechslungen und falschen Schlüssen zu
bewahren. Das Kapitel der ßlutkörporchenmorphologie ist aber
noch keineswep;s abgeschlossen, selbst unsere Kenntnisse von den
scheinbar so enifacli gebauten Erythrozyten haben im Lauf der
letzten Jahre manche wesentliche Erweiterung erfahren.
Studien über Trypanosomen und tlie durch sie bedingte
Anämie Imben es mit sich gebracht, dafs auch ich micli ein-
gehender mit den Erythrozyten, besonders denen der üblichen
Laboratoriumstiere, beschäftigte. Die Resultate dieser Untere
suchungen sind 1905 in diesem Archiv veröffentlicht worden.
Sie zeigten das Vorkommen winziger Doppelpünktchen in roteu
Blutkörperchen gesunder kleiner Säuger (Maus, Ratte, Meef'-
schweinchen), während das Vorhandensein derselben Gebilde im
Blute gröfserer Säuger (Hund, Kind, Menaoh) eine bestehende
AidüT I. Bniaaeb Bd. LXI. 11
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152 tJber Zentrosomen und Deblenche Betfen in kernloMn Eiythrosytoa.
Anftmie voraussetzte Diese Doppelpünktchen färbeu sich intensiv
mit Eisenhämatoxiliu und demRomanowskyschen ChromatiDrot;
oft läbt sich um sie herum ein heller Hof erkennen; ihre Lage
ist meist exzentrisch. Am häufigsten trifft man sie in Poly-
chromat isc heu, also in solchen jugendlichen Blut/Bellen an, in
denen nicht selten noch Kemreste vorbanden sind. Form, Gröfse
und Eigenscbaften, besonders aber die fast stets deutliche An-
ordnung zu zweien veranlalsten mich für ihre Deutung Zn'lalls'
Produkte des Kerns aussuscbtieJflen, die ja ibier Natur nach
den Stempel der Unregelmäibigkeit tragen müfsten, sie vielmebr
als gut erhaltene, wohl charakterisierte, präfonuierte Gebilde an*
zusehen. Als solche kommen nur Zentrosomen in Betracht, um
so mehr, als die Doppelpflnktchen eine auffallende Ähnlichkeit
mit den von Dehler zuerst im Höhnerembiyonenblut beschriebenen
Zentrosomen ohne weiteres erkennen lassen.
Neuerdings hat Weidenreich, ohne meine Arbeit zu kennen,
denselben Gegenstand bearbeitet; die von ihm beschriebenen
Doppelpttnktchen stimmen in Form, Lage, GrOfee und Eigen-
schaften vollkommen mit meinen Beobachtungen überein, nur
will Weidenreich sie weit häufiger auch in orthochromatischen
Erythrozyten, vor allem auch in denen gesunder Menschen, an-
getrofiEen haben, wo ich sie niemals gesehen habe. Viellei<^t
mag dieser Gegensatz dadurch bedingt sein, dafs Weidenreich in
weit ausgi einigerem Mafse die Fixierung mit Osmiumsäuredämpfen
bei der Herstellung seiner Präparate verwandt hat, während ich
mich nur mehr ansnalini-^weise dieser Methode bedient habe.
Das von ihm ani:;egebene Fixierungsverfahren ist nämhch iu
seinem Prinzip durchaus nicht neu, aondern schon vor ihni in
nicht wesentlich verschiedener Form von Argutinsky bei Blut-
ausstrichen angegeben, in erster Linie für Malariastudien, da bei
der Fixierung der noch feuchten Blutansstriehe die I'arasilen im
amöboideu Stadium ihre P?oudo{)odien vermöge der blitzartigen
Tötung nicht melir einzielieii können, also in viel ausgesproche-
nerem Mafse ihre natürliche l-'orni beiliehalten. Das Verfahren
verdiente daher in den Lehrbüchern über Malaria weit mehr
hervorgehoben za werden, als e& tatsächlich geschieht.
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Von Dr. A. Nifsle.
153
Fftrbt man derartig fixierte Ausstriche nach Bomanowsky
Imew. Giemsa, bo treten in einem Blut, das Kemseifallprodakte
enthlüt, dieee in weit gröEgerer Zahl als dankelrote KOmehen
hervor wie in gleichartigen, mit Alkohol fixierten Präparaten,
worauf ich auch schon in der oben zitierten Arbeit hinge-
wiesen habe.
Bei Osminmafttirefizierang and Giemsaffiibung uehmen aller-
dings die orthochromatischen Erythrozyten nach meiner Er-
fehrong meist einen etwas blftolichen Ton an, so dafs eine etwaige
Polychromasie sich weniger gut abhebt. Das war ein Hauptgrund,
warum ich die Alkoholfixierung im allgemeinen vorgezogen habe,
zumal es mir auf eine momentane Abtötung von Parasiten nicht
ankam.
Auch Weide 11 reich erkennt die grofse Ähnlichkeit der Do| >pcl-
pünktchen mit Zentralkörpern an, leitet sie aber doch vom
letzten übriggebliebenen Chromatinkorn des geschwundenen
Erythrobhistenkerns ab. Weiden reich will nämlich folgende
Degenerationsstadien dieses Korns im embryonalen menschlichen
Blut beobachtet haben: nachdem es sich vom übrigen Kern ge-
trennt hat und dieser ausgestofsen worden ist, soll es zun&cbst
einen helleren Farbenton annehmen, dann biskuitförmig werden
und sich in zwei Körnchen teilen, aus denen die Doppel-
Pünktchen hervorgehen. Gegen diese A1)leitung aus dem letzten
punktförmigen Kernrest möchte ich folgende Gründe anführen:
1. Die Doppelpünktchen fallen in genügend gefärbten
Präparaten stets durch ihren dunklen, einem dichten
Chromatin entsprechenden Farbenton auf, wie ihn auuli
die W e i d e n re i chachen Abbildungen aufweisen; es
müfste also in den Resten eines /.eiiallenen, abgestorbenen
Kerns nach der durch den Zerfall erklärlichen Auf-
lockerung des Chromati ns noch wieder eine Verdichtung
desselbeu eingetreten sein.
2. Würde das Vorhandensein eines ovalen Hofes um die
Doppeipünktchen, wie ihn Weidenreich auch bei Osmium-
sHurefixierung deutlich erkennen konnte, schwer zu e^
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154 l^ber SSentraoomra nnd 0elilenehe Relfea in keraloBen ErythrosyteB.
klären sein, da dieser Hof an den vorheigehendeu
DegeneratioDsstadieQ fehlen würde.
3. Wäre nicht einzusehen, warum am Schlüsse dieses Zer-
fall proxessee in der Regel gerade zwei, stets aneinander
gelagerte Kömchen erhalten bleiben, wo doch der Be-
griff Zerfall den der Unregelmäfsigkeit in sich bir^t.
4 Kommen neben dem in der Fragmentienmg begrifiEenen
legten Kernrest und auch neben dem noch yollständigen
Kern Doppelpünktchen in ihrer typischen Form vor.
Weidenreich bildet solche > Besonderheiten c in den
Fig. Iii nnd 11 n ab. Den Widersprach glaubt er sich
so eiklftren sa müssen, dafs im ersteren Falle ausnahms-
weise swei Kemrestpartikeln die Umwandlung au den
Doppelpünktchen durchmachen und sich nur in ver*
sdiiedenen Phasen dieses Prosesses befinden. Im zweiten
Falle soll die Abflchnflrung und die folgende Umwand-
lung bei Erhaltung des scheinbar noch vollst&ndigen
Kerns vor sich gegangen sein. Die Schwierigkeiten
dieser Hypothese wachsen jedoch noch betrichtlicb, wenn
man Ersrtbrozyten bei hochgradiger Anftmie zum Gegen-
stand der UntersQchung wfthlt; man findet dann reichlich
poly chromatische BlutkörpercheUi besonders M^galozyten,
die neben den Doppelpüuktchen Kemfragmente in grofser
Zahl enthalten, so dafs von Besonderheiten nidit mehr
die Rede sein kann. Unhaltbar aber wird die Erklärung
Weiden reichs, wenn man seine Fig. 11 n mit den
Dehl ersehen Abbildungen cmbryojiiiler iiuhnerblut-
körj>erchcii verf;leiclit, die e})eiifallr neben dem Kern
solche Doppelpüiiktclien eiithulten und daher in ihrem
ganzen Aussehen vollkommen übereinstinnnen ; denn hier,
wo es sich um Dauerkerue handelt, kann ja eine Ab-
schnürung vom Kern überhaupt nicht in Betracht
kommen.
Aul" (Jrnnd der De hl ersehen l^'obachtunsen am embryonalen
Hühnerblui halie ich die in SaugciifM-cryihru/.yten gefundenen
Doppeipüuklchen für re.stiereucie Zeuirosomen erklärt und im
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Von Dr. A. Ntfale.
155
Auachlufs daran ihre gröDsere Widerstandsfähigkeit im Vergleich
mit dem Keru erörtert.
Die Vermutung Weidenreichs, daÜB ein gro&er Teil der
Doppelpütiktc-lien später zu H&mokonien werden kann, halte ich
für berechtigt; denn auch mir ist die ÄhnUchkeit mancher
Hämokonien mit den Zentrosomen aufgefallen, und aufserdem
habe ich in zerfallenden Erythrozyten bisweilen noch gut er*
haltene Zentrosomen wahrnehmen können (s. Fig. 3 der früheren
Arbeit).
Als mir im Beginn meiner Tcypanosomenstudien die Zentro-
somen der Brythrozyten in ihrer RegelmAfsigkeit auffiden, hegte
ich eine Zeitlang den Verdacht, dafs sie mit den Parasiten in
Verbindung ständen; ich vermilste sie in gesonden Ratten, sah
sie wBhiend und besonders nach Ablauf der Infektion auftreten;
auberdem gaben die Lehrbücher der Histologie über dieee Oe-
bilde keinen Aubchluis. Ent sp&ter fand ich nach Verbesserung
der Ffirbetechuik die Zentrosomen auch im Blute gesunder
Ratten, Mäuse, Meerschweinchen, Kaninchen und von Embryonen
dieser Tiere, femer bei Anämien grOfserer Tiere und dee
Menschen.
Beim Studium der A. PI eh u sehen Schrift: »Weiteres über
Malariaimmunität und Latenzperiode« ist mir nun aufgefallen,
dafs Plehn Gebilde als besondere Form von Malariaparasiten
beschreibt und abbildet, deren Ähnlichkeit mit den Zentrosomen
von Erythrocyten nicht zu bezweifeln ist. Sie sollen intensiv
Ijasiscli gefärbte, scharr begrenzte Flecken darstellen, deren
Grofse etwas überschreiten kann. Ferner sollen sie zwar in
verschiedener Zahl im Blutkörperchen vorkommen, chararUcristisch
sei jedoch die paarige Anordnung, die vielleicht auf einen
Teilungsvorgan^ hindeute. Mit der luisoijhilen Körnung ständen
sie nicht im Zusammenhang, da sie Kernfarben annähmen, sich
also nach Romanowsky rot violett färbten. »Diese Gebilde
finden sich zuweilen einige läge nach glücklichem f'herstehen
von Rchwarr.wasserfieher besonders schön entwickelt; ebenso wenn
Kolonisten nach längerem .Xuh'nthalt an der Westküste anämisch
werden, ohne Fieber gehabt zu. haben. Sie kommen aber eben-
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156 Übw ZAntnMomen ond Dehlendi» Reifen in keraUieett Erytlimyten.
wenig wie die Sporulationsformen bei jedem Malarischen stets
im peripheren Kreislauf vor, . . . .« An anderer Stelle drückt
sich Plohn vorsichtiger aus: ? Findet man bei einem anscheinend
Gesunden, für den die Möglichkeit einer Mulariainfektion, und
sei es vor Jahren, vorlag, rundHche, paarig geordnete, intensiv
basisch gefärbte Körner in den roten Blutzellen, so ist man be-
rechtigt, darin das sichere Zeichen zu erblicken, dafs die Latenz-
formen des Parasiten im Organismus sich forteutwickelD, dafs
also jederzeit FieberaoiäUe auftreten können, ohne Gelegenheit
%m Neujnfektion.c
Nachdem aber Plebn vorher davon gesprochen hat, dafs
er in den beschriebenen Gebilden Parasiten sieht, muts ich ihm
entgegenhalten, dab eine Unterscheidung derselben von den
Zentrosomen der Erythrozyten der Beschreibung wie den beige-
gebenen Abbildungen nach jedenfalls nicht möglich ist. Be>
merkenswert ist, dafo Plehn in der Erklftrung zu seinen Tafeln
gerade auf solche endoglobaiBren GeUlde besonders hinweist
(Taf. I, Fig. 16 rechts, Tat II, Fig. 3 Mitte), die am deutlichsten
die typische Zentrosomenform zeigen.
Fiehn hebt nun weiter hervor, dafs sich seine »Parasitenc
während der Fieberaufälle spärlicher als im fieberfreien Intervall
fänden. Ebenso verhält es sicli aber mit dem Sinken und Steigen
der Zahl der Zentrosomen, die stets in um so gröfscrer Menge
auftreten, je schneller und reichlicher vorher Erythrozyten zer-
stört worden sind; jodet Malahaßeberanfall ist aber mit einer
akuten Abnahme der Erythrozyten verbunden. Daraus geht auch
hervor, dafs das Blut nach einem Schwarzwassertieberanfall ein
.besonders günstiges lAaterial zum Auffinden der Zentrosomen
darbieten muCs, und in der Tat konnte ich in Ausstrichen, die
ich Herrn Professor Nocht verdanke, eine ganze Men^
charakteristischer Zentrosomen beobachten, wenn ihre Zahl auch
nicht an die bei Trypanosomeninfektionen von Laboratoriums«
tieren erreichte Vennehrung heranreichte.
Ich küuitue daher zu dem Sehlufs, dafs der Ueschreibung
und den Abbilduugeu nach eine Unterscheidung der bet^chriebeneu
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Von Dr. A. Niftle.
167
Plehnschen Laten/t'nrnien von ErythrozytonzeiUrosonien nicht
möglicli ist; dafs feiiui- Hie gleiclien Begleitumstände, die ihr
Auftreten bzw. ihre Vermelirung veranlassen, ihre Identität wahr-
scheinlich machen. F^erücksichtigt man ferner, dafsdieZentrosomen
Plehn nicht bekannt waren, wenigstens nicht als solche, so
fehlt jetzt seiner Auffassung überhaupt die notwendige Be-
gründung, die er in der Besonderheit der morphologischen und
ünktorielleD Eigensehafleti seiner Kürper zu sehen glaubte.
Nach meiner Überzeugung hat also P 1 e h u die Erythrozyten-
zcntrosomen vor mir gefandeu und beschrieben, wenigstens im
Blut Malariakranker, nur ihnen eine unberechtigte Deutung
beij^egt.
In meiner Arbeit bin ich ferner auf eigentümliche in Erythro-
zyten eingelagerte Reifen kurz eingegangen, die bisher im SAuge*
tinrblut noch nidit beobachtet worden waren. Einige intereasante
Ergebnisse weiterer Studien über diese Reifen veranlassen mich,
nochmals auf diesen Gegenstand zurückzukommen.
Als erster hat Dehler diese Gebilde im Blut von Hühner-
embtyonen gesehen (Schnittmaterial, FHrbung mit Heiden-
hainschem Hftmatoxilin). Nach ihm bat sich hanptsftchlieh
Meves mit diesem Gebilde beschäftigt und es im Salamander-
und Froschblut nachgewiesen; die Siehibarmachung gelang ihm
bei frisch fixierten Ausstrichen nur ausnahmsweise, dagegen regel-
mBlsig nach Einwirkenlassen einer ^ji^roz, bis Vapn». Genliana-
oder Methylviolettlosung auf unvorbehandeltes Blut Ferner
zeigte sich, dafo verschiedene für die Blutkörperchen dififerente
Reagentien den Reifen zum Vorschein brachten. Von besonderem
Interesse ist die Torsion des am Rande des Erythrozyten ver-
laufenen Reifens, wie sie nach der Meve eschen Angabe haupt-
sächlich durch die Wirkung von Ammoniakdftmpfen hervoi^e-
bracht wird ; dabei wickeln sich die Längshftlften des Reifens
spiralig um einander. Im Anl'ang folgt das Hhukörperchenplasma
diesur Torsion, .sj>uter giattet es sich aber, so dafs die sich
kreuzenden Längsseilen des Iveifens im Innern sichtbar werden.
Die ürsaciie dieser (^lättung vermutet Meves in einer durch
das Ammoniak bedingten groisereu Leichttiüssigkeit des Plasmas.
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168 t)b«r ZantTMomoi und Dtbleneh» Brnfn ia kemloMii EiTllttqqrten.
Im Säugetierblut hat Meves mit seinem Verfahren die
Reifen nicht nacliweisen können.
Bei Zusatz von Geutianaviolettlösnng zu Ralamanderbhit-
körperchen erscheint der Reifen am Rande des i\irylhrozyten in
Gestalt einer grofsen Anzahl paralleler Fäden bzw. eines Faflens,
der zu einer Docke aufgewickelt ist (Meves). ich habe mich
selbst davon überzeugt; als ich aber mit Blut vom gleichen
Salamander dasjenige Vdrfabren anwandte, mittels dessen die
Reifen einzelner Meerschweinchen als ungeteilte, scharf kouturierte,
leuchtend rot gefärbte Bänder hervortraten (Alkoholfixierung und
Qiemsafärbung). war nichts zu erkennen, was auf ihr V^orhanden-
eein schliefsen liefs. Wegen dieses verschiedenen chemischen
Verhaltens halte ich deshalb die Reifen im Salamander* und
Meerschweinohenblut nicht für yollkommen gleichwertig.
Mevee erklärt den Reifen für die vereinigte Filarmasse,
zwieehen der und dem Kern die Interfiiarmaise gelegen ist; er
soll nach seinen Untersuchungen -den Amphibienblutkörperchen
die elliptische Form geben. Auch Dehler scheint schon in
ihm eine Art Skelett des Erythrozyten gesehen zu haben, wenig*
stens spricht er davon, dafo im Seifen die Substanz der Zelle
ausgespannt ist Ruzicka hftlt den Reifen fOr den Ausdruck
in die Länge gezogener Waben im B Atsch tischen Sinne; zu
ihrer Sichtbarmachung entfernt Ruzicka das HAmoglobin, fixiert
dann mit Sublimat und behandelt die Blutkörperchen vor dem
Färben noch mit einer Beize. Die so erhaltenen Waben-
strukturen hält Weidenreich für Artefakte, die durch das sehr
eingreifende Verfahren bedingt sind. Et spricht sich vielmehr
für eine wirkliche Fibrillennatur des Reifens aus. Da die Aus-
bildung des Reifens mit dem Auftreten des Hämoglobins zu-
sammenffillt, vermutet er, dafs er aus indifferensiertem, vom
Kern aus peripheriewärts verdrängtem Protoplasma entstanden
sei, welches dann eine fibrilläre Differenzierung erfahren habe.
Was nun meine eigenen Befunde angeht, m beziehen sie
sich auf Meerschweinchen, die mlolgfe von Inielition mit Trypa-
nosomen, und zwar besonders zur Zeil der Remissionen, stärkere
Anitmie ^eigtun. Ich betone aber, dals auch unter diesen Be-
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Von Dr. A. ITiftle.
159
dingungen sich für j^tudien geeignetes, reichlicheres Material
nur selten findet, unter ca. 35 darauf untersuchten 'Pieren nur
bei zweien, die die Reifen allerdings in grofser Zahl enthielten.
Meine Beobachtungen belieben sich nur auf mit Alkohol fixierte,
nach Giemsa gefärbte Ausstriche. Zwei solcher Befunde sind
auf der meiner früheren Arbeit beigegebenen Tafel farbig dar-
gestellt; der eine Beifen hat durch Drehung der einen Hälfte
um ISO** Achtform angenommen. Derartige Bilder sind nicht
selten; sie erinnern sehr an die Meves scheu Beobachtungen
über die Einwirkung von Ammoniakdäropfen auf Amphibien-
blatkörperchen. ^ Der Drehung entsprechende Einschnitte am
Rande des Blutkörperchens habe ich nie wahrgenommen; ich
will aber damit nicht bestreiten, dafs sie vorhanden gewesen
sein können; anderseits ist aber auch mit der Möglichkeit au
rechnen, dafs der Reifen im Plasma nicht absolut 6sdert wAre.
Vergleicht man Blutauntriche aus dem Beginn der Anämie,
wo die Blutkörperchenzahl am geringsten ist, mit solchen, die
mehrere Tage später angefertigt wurden, so zeigen die Reifen
enthaltenden Erythrozyten im allgnneinen ein anderes Bild ; ihre .
Polychromasie ist nicht mehr so ausgesprochen, einzelne solcher
Erythrozyten können reinen Eosinton angenommen haben; die
Reifen sind seltener geworden, besonders die vorher am meisten
auffallenden mit glattem Kontur und leuchtend roter Farbe.
Wo solche noch vorhanden sind, lassen die zugehörigen Blut-
körperchen oft den beginnenden Zorfall erkennen (blasse Färbung,
unregelmäfsig geformter Rand). Relativ häufiger als zur Zeit
der höchsten Anämie sind dünnere Reifen von mehr grauroter
Farbe; ein grofsen Teil der Reifen weist aber deutliche Zeichen
einer körnigen Degeneration auf. Auf diese wichtige Er-
äciieiiuuig komme ich später noch zmück.
Von einem der Meerschweinchen besitze ich ein Präparat
aus der Zeit vor der Infektion. Bei genauem Durchsuchen liefsen
sich auch in diesem ttnfserst spärliche Keifen aufliuden. Das be-
weist also ihr Vorkonnnen im noriiialen MeerschwoincheiibluL
Reifen in zerfaUciideu Bhitkörperclien lial)e ifh auch im Blut
auderer anämischer Meerschweincheu gesehen ; diese Reifen sind
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160 t)b«r ZaotnMom«!! und I>eblenehe Bwfen in k«niloaeD Brythroqrten.
nicht immer melsr p^nnz so scharf konturiert. Derartige Formen
trifft man aber ebenlalls im menschlichen Blut bei verschieden-
artigen Anämien gar nicht so sehen; besonders gut erlialtene
Reifen Imbe ich in rein bUm gefärbten polychromatisclien Erythro-
zyten eines öchwanswassertieberkranken gesehen ; auch im Blut
von anämischen Mäusen habe ich sie jetzt gefunden. Wahrschein-
lich ist daher das Vorkommen der Reifen bei Anämien in der ge-
samten Säugetierwelt weit verbreitet. Sind die zugehörigen Blut-
körperchen vollkommen zerfallen, die Reifen also frei, so wird ihre
Feststellung oft schwierig; sie behalten dann nicht immer mehr die
Reifenform, sondern legen sich oft als gewelltes Band aneinander.
Unter diesen Umständen kann man Verwechslangen mit Gerinnseln,
Rändern von Vakuolen etc. nur auisohlielsen, wenn das fragliche
Gebilde deutlich erkennbare, glatte Kontaren seigt and einen
sweifelloe in sich geschloesenen Faden darstellt.
Das Schicksal des Reifens scheint mir deshalb mit der
Lebensfilhigkeit dee Blutkörperchens eng vericnflpft zn sein; im
absterbenden Blutkörperchen bleibt der Reifen yerhaltnismftfsig
gut erhalten, im lebensfiüiigen zeigt er bald DegenerationS'
erscheinungen.
Sehr hftufig sind die auch schon in der früheren Arbeit er-
wähnten punktförmigen Verdickungen an einer, seltener an swei
Stellen des Reifens anzutrelfen. Bisweilen besteht die Ver-
dickung aus zwei aneiuandergelagerten Punkten, die sich wegen
ihrer GrOfise aber deutlieh vom Zeutxosomen unterscheiden. Man
findet sie auch im degenerierten Reifen unverändert in GrOfse,
Form und Farbe.
Einige besondere Formen des Reifens mögen hier noch er-
wähnt werden: Im GegeusHlz zu den grofsen Keifen, die noch
als liauJrcifcn be/icichiiot werden und in Megahizyten einen
Durclnnesser von 10 u aut weisen können, gibt es wohlerhaltene
Reifen mit einem Durchmesser von noeii nicht '■'> </.
Nicht ganz selten kommt es vor. dafs sieh im Verlauf des
Keifens ein ICil dr-ssulbon ab/^weigt, um >-]ch eist sjiätcr wieder
mit ih.ni zu \ < i ' iniii- n. Diese Bilder erinnern selir an die Auf-
lockerung des Keilcns im balamaudcrblut, wie Mcves sie mit
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Von Dr. A. "SiMb.
161
8^n<ur Methode erzeugt. In einem einzigen Erythrozyten habe
ich zwei vollstftndig voneinander getrennte, ganz verschiedeD
grofse und verschieden dicke, nicht konzentrische Reifen be-
obachten können; bei diesen Ungleicliheiten läfst ein solcher
Befund keinen Schlufs auf ein^^n etwaigen Aufbau des Reifens
aus mehreren parallel verlaufenden, dünneren Fftden su; denn
solange wir nichts Genaueres über die Genese wissen, mufs da-
mit gerechnet werden, daJk von Anfang an ausnahmsweise swei
Reifen vorhanden gewesen sein können. Es kommt auch vor,
dafa der Reifen unvollständig ist, dafs s. B. nur ein halbkreis-
förmiges Stück vorhanden ist; bei solchen Befunden ist jedoch
stets an ein Zerreifsen des ursprdnglieh vollständigen Reifens su
denken.
Von allgemeinerem Interesse ist vor allem das Schicksal
des Reifens bei der Degeneration. Diese steht nämlich mit der
Entstehung der basophilen Körnung des Eiytiirosyten in engstem
Zusammenhang.
Die Degenerationserscheinungen begingen damit^ dafs der
Reifen teilweise oder im ganzen Verlauf wie angenagt aus-
sieht; das zugehörige Blutkörperchen zeigt basophile Körnung,
die im allgemeinen auftorhalb des Reifens sticker ausgeprägt
ist als innerhalb, dort sogar ganz vermilist werden kann. Ich
bemerke dazu, dafs sie oft auch bei anscheinend ganz intaktem
Reifen beobachtet wird. Bei weiterem Zerfall entsteht das Bild
kreisförmig eng aneinandergereihter Körnclien. Diese werden
allmählich s})ärlicher, so dafs zwischen dou bun^ichbarten deutliche
Zwischenräume sichtbar werden. Nun selilägt die Farlienafhnität
um, bisweilen zunächst nur in einem liezirk. die kreislürniig au-
geordneten Körnchen nehmen nicht mehr djisGliromatinrot, sondern
die blaue Farbe an und sind nur nocli durch ihre Lage zueinander
von der sie umgehenden hasophik'n Körnung zu unterBcheiden.
Schliefslich wird auch die kreisiörmige Anordnung undeutlich.
In neuerer Zeit ist auch Weide n reich eine kranzartige
Lagerung der (TranuUi hei reichhch(»r basopliiler Körnung in
manchen Meerf^chweincheuerytiirozyten auigefallen. Dasselbe
Bild erhielt er bei Vitalf ärbuug; besonders interessant ist aber.
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16S t^r ZeafaroMmen und Dehlerache Reifen in fcernloBen Brythracyten.
dafs die bei dieser Methode gequolleneu Erythrozyten an der
Stelle des Körnchenkranzes eine deutliclie Einschnürung zeigten,
aus der ich auf das Vorhandensein eines wenn auch im Präparat
nicht sichtbaren Reifens scbliefsen möchte. Demnach acheint
die eben geschilderte Geoeae der basophilen Köroungi wenn
überhaupt andere Entstohangsarteu in Frage kommen sollten,
jedenfalls keine seltene zu sein.
Hwvorheben möchte ich noch die sich ans der basophilen
Körnung ergebende Tatsache, dafs ZerfalJprodukte von Gebilden,
die bei Giemsafärbung das Chromatinrot intensiv annahmen, sich
blau fftrben kOnnen, dab also ein derartiges Verhalten irgend-
welcher Körnchen nicht zu dem Schlafs berechtigt^ Kernderivate
auszuschlieiaen.
Der Umstand, dab völlig intakte Reifen im Meerschweinchen'
blutkOrperchen hftufig einen viel zu geringen Durchmesser zeigen,
tun als Randreifen in Betradit zu kommen, hat midi veranlafst,
diesen Namen zu vermeiden. Ich schlage vielmehr vor, sie nach
ihrem Entdeckw als Dehlersehe Reifen zu bezeichnen, solange
ihre Bedeutung noch nicht erkannt ist. Zur Erforschung der-
selben wftre es meines Erachtens nötig, genauer die Besiehungen
zur Mitose zu studieren, auf die schon Dehler aufmerksam ge-
macht hat. Aufserdem weist aber die intensive Affinität zu ver*
hftltnismftfsig zuverlfissigen Kemfuhstoffen, wie Eisenhimatozilin
und Romano wskysches Cbromatinrot, auch auf eine Untei^
suchung der Frage hin, ob die De hier sehen Reifen selbst aus
Kernsubstiiiiz hervorgehen. Gegen diese Genese würden die
Untersuchungen von Grawitz und Grüneberg nicht ohne
weiteres sprechen, die nach^ewiesseu hüben, dals im ultravioletten
Licht die ])as()pliile Könnnig im Gegensatz /.n Kernsubstanz uu-
sielitl)!U" wird; <ienn es wäre selir wohl möglich, dals mit der oben
geschilderten Veränderung der Farbeimflinitäl des de[;enerierenden
Keilens auch eine Veränderung des optischen Vorhaltens ver-
bunden ist.
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Von Dr. A. NiCile.
168
Idterator,
1. Argutioski, MabtriMkadien. Arch. f. nuknok. AiiAtaniie^ 1909, Bd. 61.
2. Dehler, Beitrag tur Kenntnis dea feineren Baues "der roten Blut-
körperchen beim Hühnerein bryo. Archiv f. mikroskop. Anat., 1895, Bd. 46.
3. Orawitz und GrOneberg, Projektionabilder von mikrophotographi-
«eben Aobtahmen nMnM^eher Blatsellen mittels ultnTiotetter Licht-
•tnhlein. Berliner klin. Wochenscbr., 1906.
4. Meven. Zur Struktur der roten BlatkArperehen bei Amphibien nnd
Säugetieren. Anftt. Anz.« Bd. 28.
6. — , IMe Httnttfetd'Henseniohen Kklar der rotra BhilicOiperehen dm
Ampidbien. Anat. Ans., Bd. M.
€. — , Über dag Auftreten von Deformationen des Randreifene M den
roten Blutkörperchen des Salamanders. Anat. Am., Bd. 25.
7. — f Weitere Beobachtungen über den feineren Bau des Randreifena in
den roten nntkOrperohen dee SalwainnderB. Anatom. Ana.» Bd.
ginsongeheft
8. — , Über die Wirkung von Ammoniakdämpftea anf die KOton BlntkArpordhoi
von Ampiiibieu. Anat. Anz., Bd. 27,
9. Nifsle, Beobachtungen am Blut mit TrypanoHomen geimpfter Tiere.
Arah. f. H^ntonet, 1906» Bd. 68.
10. A. P lehn. Weiteres über Malaridmmnnitat nnd Latensperioda Jena
1901.
11. Rusicka, Zytologische Unterauchnngen über die roten Blaticörperchen.
Archiv 1 mikroslcop. Anatomie, 1906, Bd. 67.
15. Woidonroich» Die roten Blnfklhpereben. Ergelmisee der Anatomie
nnd Entwickinngegeedkichte, 1904, Bd. 14.
18. — , Einige Bemerkungen aber die roten BialkOrpetcbeo. Anatom. Ana.,
Bd. 27.
14. — Neuo nnd alte Beobachtungen an roten Blotk<toperGlien der Singer.
Voil. Mittellang. Fol. hiUnat, Jg. 8, 1906.
16. — , Studien Ober das Blut und die blutbildenden nnd •aerstOrenden
Organe. IV. Arch. Lmikroskop. Anatomie» Bd. 69, 1906.
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Ober die VerbreituBg Ton Infektionsstcifea.
Von
Stabsarzt Dr. Berghaus,
Assistanten am Inntitiit.
(Aitt d&m Hygieniachen Institut der Univerflitftt B^^rlin. Direktor: Qeb. Med.*
Rat Prof. Dr. M. Rubner.)
Ist €8 Im Laufe der Jahre der bakteiiologiachen Forscfauog
auch gelungen, uns in das Wesen der Infektian Einblick zu
verschaSen, iat uns auch bekannt, welcher Art die Krankheits-
erreger sind und inwieweit Persönlichkeiten als InfektionsstofF-
trüger in Betracht kcmmen, so mufs unser Wissen hinsichtlich
der Art und Weise, in der die Verbreitung des Infektions*
Stoffes tatsächlich unter den Verhältnissen des praktischen Lebens
stattfinden kann, noch recht unvollständig bezeichnet werden.
Demi aurserordeiitlich häutig treten uns in der Praxis Fälle
entgegen, in denen die Ansteckungsquelle verborgen bleibt
oder, falls eine solche vorhauden, ein Zusammenhang mit
derselben sich nicht nachweisen läfst. Worin liegt das be-
gründet? Sind es völlig unbekannte X'orhältnisse, die einer
Weit4^rver})reitnnij \'orsehub leisten , oder kann der Grund
darin get'undrn werden, dafs die bekannten Infektionsniodi in
ihrer Beileutung nicht l luend gekannt und gewürdigt
sind? Krstere Mö>j;lielikeit dar! nur in Betracht gezogen werden,
wenn eingehende Prüfung der letzteren keine weitere Auf-
klärung zu geben vermag; volle Klarheit wird in diese Frage
nur eine systematische Untersuclmng bringen können, die keinen
noch so geringfügig scheinenden Umstand auTser acht läDst.
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über die VerbrvttnttK von Intektionflstofltan. Von Stebisnik Ür. Bafghant. 1 65
Wenn nun von einer Übertmfrnng durch Vermittelong eines
Zwischenwirtes, z. B. stechender Insekten abnebt, so mufs die
Verbreitung der Infektionserreger in engem Zasaininenhange mit
dem kranken KOrper stehen und abhängig sein Ton dem Verbleib
der AoBworfstoffe, die die Keime beherbergen. Ob alle ans dem
Körper austretenden InfektioDsstoffe sofort Infektionen auslosen
können, ist zurzeit weder bewiesen, noch überhaupt eingehend
geprüft, aber wir dflifen doch mit grofser Wahrscheinlichkeit für
recht viele Infektionsstoffe annehmen, dafs sie mit dem Augenblick,
in dem sie den kranken, oder besser gesagt, den infisierten KOrper
Terlaasen, imstande sind, eine weitere Ansteckung hervorsurufen.
Wie aber auch die obige Streitfrage einmal entschieden werden
mag, jedenfalls Hegt in der Beseitigung der Infektionsstoffe
zugleich die wichtigste und zurzeit wenigstens bedeutungsvollste
Bekämpfungsmafsregel dieser Krankheiten.
Die Untersuchung, in welcher Weise eine Verstreunng der
Keime vermittelst der Sekrete und Exkrete des menschlichen
Körpers raOglich ist, mufs daher mit dem Akt ihrer Aus-
scheidung beginnen. In erster Linie bedürfte es der exakten
Prüfung, üb die Masae der StofEe, die ja Jiwecks ihrer Be-
seitigung in der Regel aufgefangen wird und auch einer Mes-
sung eventuell zugängig ist, der tatsächlich ausgeschiedenen
entspricht, oder üb bereits während des X'organgs der Ki^t-
fernung aus dem Körper, durch ihn selbst bedingt, die Mng.
lichkeit gegeben sein kann, dafs kleine und kleinste Partikel-
chen in die Umgebung verstreut werden, die der Beobachtung
im allgemeinen entgehen, die aber trotz, ihrer Geringfügigkeit
Keime in sich enthalten können. Gerade bei einer Verschmutzung,
die einer grob.sinnlichen Wahrnehmung sich entzieht, wird mit
der Möglichkeit einer weiteren Übertragung in höherem Mafse
zu rechnen sein, als wenn es sich um relativ grofse Massen
handelt. Letztere lassen sich durch entsprechende Desinfektions-
mafsregeln in jedem Fall unschädlich machen, diese jedoch
werden der Desinfektion entzogen, wie sie der Wahrnehmung
entgangen sind.
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166
Ober dl« Verbreltniig von InibkttoiiHtolfoii.
Die physiologischen Vorgänge, durch die der menschhche
Körper sich seiner Auswurfstoffe zu enUedigen sucht, sind vor-
nehmlich der Akt des Hustens, Niesens und Räusperns, ferner des
Urinierens and der Defäkation. Können nun durch diese Vofgftoge
Teilchen der Auswurfstoffe losgerissen und in die Umgebung ver^
streut werden und damit zn einer VeischmuUung Veranlassung
geben?
Der Ente, der der Forachung hier einen sehr wertvollen
Fingerzeig gegeben hat, war der Botaniker Nägeli*), welcher
dem fräher geltenden Dognia, dals Erankheitsstoffe sieh aus
Flüssigkeiten beim Verdunsten erheben und weiter Teischleppt
werden können, scharf enl^^eugetreteu Ist und mit rein physi>
kaiischen Gründen die Unmöglichkeit eines solchen Vorganges
erwiesen hat N äg e Ii hat auch die ersten Beweise experimenteller
Natur erbracht, daTs aus ruhenden Flüssigkeiten Bakterien sich
nicht loslösen: wie er suerBt richtig ausgesprochen bat, können
nur dann LoslOsungen eintreten, wenn eine äufsere mechanische
Gewalt — Windstrom — eine Zezslftubung der Flüssigkeit herbei-
führt, oder wenn etwa durch das Platzen von Flüssigkeitslamellen
beim Husten, Sprechen die Auflösung in Tröpfchen eingetreten ist
• Jahrzehnte nach diesen Beobachtungen hat man dann von
hygienischer Seite die Verr<[»rä\ ung näher expeninentell verfolgt.
Die Vorgänge beim Siirechen, Husten sind in ihrer elementaren
Form der Zerstäubung flüssigen Materials allgemein bekannt.
Flügge und sein Schülrr liabon geiuuie Zabb'ti über die
Art und Gröfse dieser Tröiitchenloslösung bei Husten und
Sprechen angegeben. Die Möglichkeit der Verbreitung von
Infektionsstoffeu auf diesem Wege ist zweifellos festgestellt, und
auch durch anderweitige Untersuchungen festgelegt, dafs sich
diese zerstäubten Nfa^sen recht lange in der Luft halten und
weiterhin verschleppt werden können.
Neben Staub kommt also diese zweite Form der Keimüber-
tragung von Seiten der Luft mit in Betracht, es sind aber auch
hier wieder eine ganze Reihe von Fragen zweifellos noch zu lOsen.
^) N&geii, Die niederen Filze, Manchen 1Ö17.
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Von StabMunet Dr. Berghans.
16t
Es gibt offenbar aufser Spreeben, Niesen usw. auch andero
Akte im Leben, welche xu einer unbeabsiohtigteii Versohleppang
und AuMtreuoDg von Keimen beitragen können.
Über die Möglichkeit einer Verstreuung von Krankbeita-
keimen dnrch den Akt des Urinierens und der DeflÜtation liegen
meines Wissens systematische Unteranchungen nicht vor. Wohl
findet sich in der Literatnr die Angabe, dafs bei dem Uriniereb
an die Bildung feinster TrOpfohen gedacht werden mflsse, die
STentl. eine Infektion ' verarsachen konnten. Mit der Tatsache,
dais Aborte und Bedflrfnisanstalten Veranlassung su Infektionen
geben konnten, ist zwar schon seit langem gereehnet worden, und
nichts liegt auch näher als dieses. Ist doch schon ohne weiteres
oft die grobe Verscbmutsung dieser Orte sichtbar.
Auf die Bedeutung, die OfEentlichen Bedürfnisanstalten hin-
sichtUch einer Verschleppung von TyphusbasiUen sukommen
konnte, suchte auf Anregung des Herrn Geheimräts Rubner
W. Hof f mann ^) die Aufmerksamkeit su lenken. Zwar gelang
es ihm nicht, in dem untersuchten Urin verschiedener Bedürfnis*
anstalten Berlins trotz einer grofseu Zahl von Untersuchungen
die gesuchten Typhusbazillen nachzuweisen, zweimal jedoch ver-
mochte er Bakterienarten zu isolieren, die sowohl kulturell dem
Buc. paralypiius Typus 1^ 8 c h o 1 1 in ü II e r gUchen , als auch
durch spezifisches Serum tu lioheu Verdünnungen noch aggluti-
niert wurden.
Neuerdings wurden im hiesigen Institut von G. Noumann-)
Untersuchungen angestellt, über den Umfang der Verunreinigung
der Umgebung des Menschen mit tierisclien und menschlichen
Exkrementen, indem zu ihrem Nachweis des Bact. coli In-
dikator herangezogen wurde. Mit verhftltnismäfsig wemgüu Aus-
nahmen gelang es überall dort, diese Bakten^nart aufzufinden,
»wohin die menschliche ITand gelangt«. Vorzugteweis(> waren es
wiederum die Bedürfnisanstalten, die an den dort befindlichen
Gegenständen die fäkale V^erunreinigung erkennen liefseu. Neu-
mann glaubt der primitiven Art der Hände -Reinigung nach
0 Hygien. Rnndsobao, 1906, Nr. 7.
*) Archiv f. UygiM^ 59. B<1 , 2. Haft
ArelilT für HygfMMk Bd. LXl. t2
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168
Über die VMbrwitaiig von LritoktioaMtoffen.
der Defäkation die Scluild an dieser aligemeitien VerRchmnt/uiig
zuschreiben zu müssen, und ohne Bedenken wird man ihm hierin
recht geben müssen für die Fälle, in denen ihm der Nachweis
des ßact. coli gelang au Gegenständen, die der direkten Be-
rühraug mit der Hand ausgesetst sind. Aber ist diese Art der
Verschleppung fäkaler Sabstansen die einsige Möglichkeit, kann
«ie nicht auch auf eine andere Weise vor sich gehen? Auf Veran-
laiaung meines Chefs, des Herrn Geheimrats Rubneff Buchte ich
diese Frage durch systematische Untersuchungen zu klären. In
den Bereich meiner Versuche mulste ich demnach auch die
Prüfung der üblichen Einrichtungen, die der Beeeitigung der
Exkremente dienten, ziehen.
I. Veretreuung von Keimen beim Urinieren.
Bekanntlich kommt es ja hei jedem UmgieliMn einer FlOsaig-
keit in eine andere, bei dem Auftreffen eines Wasseratrahls,
femer wenn Wellenbildung und Verspritsung einer Flüssigkeit
eintritt, oder wenn Luftbl&schen durch eine Flüssigkeit hindurch-
treten, ja schon wenn Blasen, die infolge Gärung entstanden sind,
auf der Oberflfiche einer Flüssigkeit serplatsen, su- einer Bildung
feinster Tröpfchen, die sich in die Luft erheben und durch ganz
minimale Windstrümungeu weiter transportiert in der Umgebung
sich ablagern. Sind schon so geringfügige Einwirkungen hierzu im-
stande, um wieviel mehr wird dann die Trüpfchenbilduug eintreten,
wenn der Urin in kräftigem Strahl aus der Harnröhre geprefst
und gegen die Wand der Bedürfnisanstalt oder des auffangenden
Gefäfses geschleudert wird. Aber auch schon auf dem Wege von
der Harnröhre bis zum Auftreffeu des Urins müssen Tröplchen vor-
schleudert worden infolsxe der Druckverminderung in dem Wasser-
strahl uud des W'ideiaLai.'it f der Luft, bchou mit dem hh)fsen
Auge kann man stets eine J.oslusung gröfserer Tropfen von
dem eig'Mniiciien Urinstrahl bemerken.
ITm expernnentell den beweis zu erbringen . dafs auch
durrh den Akt des Urinifiens \)v\m yinuwv oino \'erschleude-
rung von Keimen in ganz erhebliclicm Mul'se stuttündel, suchte
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Von 8tab«ast Dr. Bn^os. 169
ich den VoigAOg der Urinentleerung mOgHcbat getreu nacli-
zualunen, indem ich iu folgender Weise vorging: Aus einer Glas^
flflsche, die als Irri^tor montiert wurde, liefs ich aus einer
Höhe von ca. 170 cm — die Flasche wurde dem Diener auf
den Kopf gestellt — mittds eines ca. 120 tu langen Gummi-
Schlauches lauwarmes Wasser gegen die Wand eines Standes in
einer Bedürfnisanstalt oder eines JE^issoirbeckens etc. laufen, did
Mündung des Schlauches wurde unter einem nach unten stumpfen
Winkel, ea. 30 cm von der Wand entfernt, gehalten. Zum Nach-
weis der TrOpfchenbildung versetste ich das Wasser mit Auf*
scbwemmungen voQ Prodigioaus-Eultnren; 8 cm -Petrischalen mit
Agar oder Gtolatine wurden in bestimmten Entfernungen aufge-
stellt, um eveutl. die mit den TrOpfchen verschleuderten Keime auf«
zulangen; nach 2—3 Tagen wurden diese Platten auf das Vorhan-
densein von Kolonien dieser Bakterien untersucht und auigezfthlt.
Ttrsaeb I.
In ein Urinierbecken wurde aus dem Inigntor 1 lau warmes WaMer
niit einer F*riKli;^'iosiiHknU«r laufen gelassen, ii k lult tti vi -^lier in der Um-
gebung Agarplattcn in folgender Anordnung aufgetilelU waren:
IHa Platten # blieben nodi nacb dem Anslanfen dee Waaeere, imfesamt
TT) Minuten, oflfen eteben. Anf der. Platte a wuehien «wei Prodigiosus»
kolonien
Eine Wiederliolung dieses Versuchs, bei dem jedoch die
Schalen nur 5 Mimilon »^eötYiiet waren, ergab auf Platte a 2,
Platte ß 21 Kolonien. Wahrend dieses \'orsnchs wurde die Tür
der Toilette zufällig geöt^net, so dafs eine Luftbewegung eintrat,
auf die möglicherweise die Anhäufung der Keime bei e zurück-
geführt werden kann.
12»
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170
Über die Verbieitang von falsktioiiMloflen.
Während beider Versuche war die Wasserspülung abgestellt.
Zwei weitere Versache stellte ich unter denselbeu Bedingungen
an, nur war w&hreud derselben die Wasserspülung in Tätigkeit
Hei dem ersten wiesen sich elmtliche Platten frei von Kolonien,
bei dem «weiten wurden bei a 12, bei e 5 gesahlt.
Diese Resultate sind verhältniBmäTsig günslig, wenn man die
der folgenden Versuche in Betracht sieht.
Vei siit h II.
Die Prodigiosusaufscliweuituuug wurde in der beBchriebenen Weiso iu
des Becken eines AuewascbkloeeiU (WMh-owtXüloeetX in dem lieli die ge-
wöhnliche Hmge des fMbä snradcbleibenden SpttlwaMen befand, geleite^
Bo dafs die Aneflaftmflpdoat ^ Sdilanebee sieh ca. 40 ctn von dem Bedten-
boden befend.
Beenltat:
Agaiplette redite eeitlich anf dem Sitebrett 56 Prodigiocttekolonieii.
> linke > > > > 58 >
> 50 rm V d. Abort auf dem Boden 1 >
> 80 cm links seitlich > > » 7 >
> 30 cm rechts > > > > 31 »
Dif l'latton blieben nur während des Abfllersens der Fltl?!aicke't offen
Btelieo, Kwei weitere, die bald Minntenj später auf die iSitxvorrichtung ge-
•tellt Warden und dort Stunde ollen atanden, zeigten keioe Prodigioette-
kolonien mehr.
Weitere Versuche dieser Art führte ich in Öffentlichen Be-
dürfnisanstalten aus, die mir zu diesem Zweck in entg^n>
kommender Weise von dem Direktor des Berliner Strafsenreiuigungs-
Wesens, Herrn Baurat Szalla, zur Verfügung gestellt wurden, wo-
für ich ihm auch an dieser Stelle meinen' verbindlichsten Dank .
aussprechen mochte.
Die Wutji iiuigtju iler einzelneu Stäiid«^ bestehen uus Schiefer-
platten, die mit Ol abgerieben werden, eine Wasserspülung ist
nicht vorhanden. Der Übersichtlichkeit halber gebe ich hier
Skizzen der betreffenden Anstalten wieder.
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Von BtabBtnt I>r. Berghaas.
171
Tersueh III. (ilrundrils eine« Fiaaoics mit 7 Ständen (Rotunde).
1 1 laawarmeB Wasser
mit einer Metflndigen
Prodigioeoe - Agarkultur-
aafBchwemmnng wird
gegen die Wandungen des
Standes IV mittels eines
Trrijfators nnw 1 .COm HOhe
laafengelasaen ; AusfluIiB-
Öffnung ca. SO cm von
der Wand u, 40 en vom
Fufaboden entfernt.
16 # Agarplatten wur-
den 16 Hin. exponiert,
dann die^e mit friscben
ausgewechselt^ die eben-
falls 16 Minnten stehen
blieben.
Die ( ) - Zahlen geben
die Zahl der Kolonien
an, die vor dem WediMl
gesäblt worden.
Die = =• Zahlen geben
die Zahl der Kolonien an,
die nach dem Wechsel
geiAhlt worden.
Wiederholung des vorherigen Versuchs.
Die Agarplatten wur-
den jedesmal
a) 1.0 Min. exponiert
6) 10 >
e) 10 >
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172 Über die Vttifonitnng Ton InfüktioiuMtoflbii.
Versnch IV.
QrundrifB eines Pissoire mit 2 StAnden.
Die VerHuchsanordnoDg entspricht im allgemeinen der früheren, xvrischeu
beiden (a und b) Versuchen liegt ein Zeitraom von 84 Standen.
a) 6 Agarplatten worden 16 Minaten exponiert, eledean dieee mit
friHchen atisgetauscht, die dann nach 5 Minuten stehen blieben.
6) 6 Agarplatten werden f» Minuten ex|)oniert, dann Wechsel.
()- Zahlen geben die Zahl der Kolonien vor dem Wechsel an.
B SS •Zahlen geben dia Zahl der Kolonien naeh dem Weehael an.
Wiederholnng der beiden TOtherlgen Venndie.
Veraacb c: 6 Agarplatten standen «ihrend dee AnafiieAens des Wassers
und daran anaehliebend inegeeamt SO Minuten oAen, wurden dann mit neuen
Platten ausgewechselt, die abenHolan^e exponiert wurden.
Versuch <l . Xnchdem nach licin Aiisfliefsen des Wassers 30 Minuten
▼erflossen waren, wurden 6 Agarplatten 10 Minuten exponiert and nach
weiteren 80 Minuten nochmala.
Die Zahlen e htm. d geben die Aniahl der gewachaenen Kolonlea anf
den Platten vor bsw. naeh Jedem Weehael an.
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Von SUkbeant Dr. B«ighAiii.
138
II. Verstreuung von Keimen bei der Defäkation.
In erster Linie suchte ich festzustellen, ob durch deu Akt
des Austreibens der Fäzes keimhaltige Partikelchen in die Luft
geschleudert werden könnten, weiterhin prüfte ich die üblichen
Aborteinrichtungen , ob etwa die Spülung imstande sei, eine
Ablösung von Keimen herbeizaführen. Meine Versuche führte
ich auf mehreren Aborten aas, die zwei Terschiedene Systeme
anfwieaeni auf den sog. Auswascbkloeetts (Wasb-ontp^loset) und
den Ibnchterklosetta. Erstere, welche heutantage weit verbreitet,
in Berlin in fast sämtlichen neueren Häusern Torbanden sind,
haben bekanntlich einen au^buchteten Beckenboden> in dem
stets ein wenig reines Spülwasser surflckbleibt, welches bei der
nächsten Defäkation das Anhaften des Kots an der Wand ye^
hindern und die Kotgase absorbieren soll. Durch die Spülung,
welche von einem hochstehenden, ca. 8—10 I hissenden Spfil-
behälter aus erfolgt, wird das ganze Becken und vorzugsweise
der Beekenboden mit den Exkrementen von hinten nach vom
ausgewaschen. Die zweite Rlosettart besteht aus einem Abort»
trichter» der mitteb Siphon mit dem Fallrohr in Verbindung
steht. Die Spülung ist eine Rundepülung, d. h. der Wasserstrahl
ergiefst sich in zirkulären Windungen längs der Wandung des
Trichters direkt aus der Wasserleitung ohne Zwischenschaltung
eines besondorn Behälters in den Siphon und reifst die an den
Waufluiigeii hänfrenden Schinutzteilclien mit sich.
Eine Ablösung von rarlikelchen von den Fäzes während
der Defäkation ist in zwei Formen denkbar. Int der Stuhl geformt,
also verhältnisraafsig was-serarm, so kann nur eine Abtrünuung
von festen Bestandteilen in Betracht kommen, bei der Entleerung
eines wasserreichen diarrhöigen Kotes kommt es dagegen stet^
zu einer Verspritzung und infolgedessen auch 7m einer Tnipfrlien-
biMung. Je nach dem Druck, unter dem die I-^ntleerung vor
sich wird die Versfchltaideruug der feinsten Tröpfclieü eine
mehr minder grofse sein. Eine Versprilzung des Kots würde an
und für sich nun wenig von Belang sein, wenn nur die Wandungen
des Abortbeckens davon betrofieu würden. Diese werden ja
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174 di* VnbreilODg von Deabklektionnloffeii.
später durch die Spülung wieder von dem anhaftenden Schmutz
gesäubert. Die Verschmutzung gehi aV'cr weiter, wie ich durch
raeine Versuche beweisen konnte. Die keimhalligen Tröpfchen
vermögen aus der Höhlung des Abortbeckens heraus in die Höhe
zu steigen und senken sich in der Umgebung des Aborts wieder
xur Erde nieder.
Di9 Versuche wurden in der Weise angestellti dafs wfihrend
des Aktes der Defftkation hinter der hetr^ffenden Person auE
der Randung des Sitzbrettos nahe der Öffnung xwei Lackmus-
Niltiose-A garplatten offen exponiert wurden» um etwaige Koli-
bakteiien aufeufangen. Zwisehen dem Racken der Person und
dem hinteren Rande des Sitxhrettes blieb «ne halbmond-
förmige Öffnung bestehen. Sofort nach der De&kation wnrden
die Agarplattcit gcdchloasen und 24 Stunden der Brutlemperatur
ausgesetzt.
Mehrere Versuche, bei denen es sich um Entleerung eines
festen Kotes handelte, verliefen resultatlos, d. h, auf den Agar-
platten kamen keine Kolikolonien zur Entwicklung. Als aber bei
der betreffenden Person durch Abführmittel künstlich eine Diarrhöe
erzeugt worden war, gelang es, unter vier Versuchen einmal die
Kolibakterien auf den Platten nachzuweisen und zwar waren es
drei Kolonien, die auf der einen der zwei ausgestellten Platten sich
entwickelten. Obschon die Kolonien auf dem Lackmus-Nutrose-
Agar das den Kolibazillus charakterisierende Wachstum aufwiesen,
habe ich doch, um sicher zu geben« ihre Identifizierung nach den
fiblichen Methoden vorgenommen. Wenn es nach diesem Resul-
tat sicher ist, dafs aus dem Abortbecken Keime in die Luft ver-
sprüht werden, so leuchtet ohne wdteres ein, dafs die auf dem
Abort sitzende Person erst recht in hohem Mafse einer Ver-
schmutzung ausgesetzt sein mufs, indem die aufgewirbelten
Keime sich an ihrem entblofsten Körperteil absetzen, von dem
aus weiter die Kleidung infiziert wird.
Die zwtMte Fracre, ob etwa durch die Spülung J'arüKel aus
dem Abortl>eckeu losgerisb^en und in die Luft geschleudert werden
könuten, prüfte ich in loigeudeii N'erauchen:
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Von SUbaant Dr. Bergham.
175
1. In die leere, d. h. ausgewaschene ScbQssel eioeti AuswaachkloBetta,
in d«r sich nur die gewöhnliche Menge dee stete inrttckbleibenden Spfil*
wasaere beiaad, wnrde ^rotriehtig eine AafacihwemaiOBg einer ganaeo diaUln«
digen ProdigioeuBkultur gegossen, diese dann diireh Spttlnng eatferat.
Auf 4 Agarplatten, die in 30 40 cm Entfernung; vom Al>ort auf dem
Boden * , blonde im AnschluTs an die Spfllung offen gestanden hatten,
worden 98 Prodigioenritolonien gcaiblt
2. Wiederholung von 1.
Resultat:
Agarplatte liniu aeitlieh auf dem SItsbrett 41 Frodigioanaholonien
» radita > > * > 10 >
» vorn > » » 34 »
» 30 cm linke seitlich aal dem Boden 0 *
* 80an reebta * » • > 3 >
« 60 cm vor dem Abort > » » 1 *
8. Auf die in der AbortschQssel desselben Klosetts liegenden gefuruiien
(featen) Flaea wurde Tondcbtig anler Vermeidung jeglichen Aaffq)ritBeos rine
Aufschwemmong einer 24 ständigen Prodigiofloaagarkultur gegeben, durch
die 8pül Vorrichtung alsdann die ^«^namte Manne entfernt. Die Während
6 Minuten geöffneten Platten zeigten folgendes Ergebnis:
Agarplatte linke seitlich »uf dem ßitzraad 22 Prodigiususkolonien
* redita > > > > 6 »
* vom > > > 48 >
* links SO cm vom Abort auf dem Boden 0 »
> rechts 30 cm •>»>*! >
> vom Mem>***»0 »
4. Wiederholung von 3. Die I'lutlen bleiben nur während der Spfilang
und im Anschlufs daran noch ca. 1 Minute offen stehen.
Agarplatte vom auf dem Sitabrett 54 Frodlgiosuskolonien
* Unke aeitlieh auf dem Sitzbrett 15 >
> > 30 cm entfernt auf dem Itoden 0 >
2 Agarplatlen ca. 75 cm > > » ^ 1 >
Vor jodem Versuch wurde durch KoniroUplatteD geprüft,
ob etva Prodigiosiiskeiine an und fOr «ich sohon in der Luft
vorhanden seien.
Bei der Prüfung der Trichte rlclosetts wunle in ähnlicher
Weise verfnlireii. Nach der Defäkation wurden an uie Wandungen
des Trichters — die Kotniassen waren bereits direkt m die Ab-
l'allrohre gefallen — die Aufpchwemmungen 24 stündiger Prodi-
giosuskulturen gegossen, dann durch Druck auf eineu Knopf
die Spülvorrichtuug in Tätigkeit gesetzt.
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176 Über V«rb««itang Ton lafektionntoflen.
1. Spülung dauert 3 Minuten:
Auf 8 Ägarplatten, die «IhnKui der SpUlung oflan itendm, ent*
widnlten «ich keine FtodigiosmlcolMiieii.
2. Dftaer der Bpfllung 1 Ifintite:
Auf 1 AgvplAtte 1 KoMep aaf 9 Mm.
S. Damme der flpShing 5 Ifinnten :
Agerplette vorn aaf dem Sitibiett 1 Frodigioeoakolonie
» links > » 1 0 - »
» recht» > > > 1 >
4. Dauer der Spölnoe 5 M!mit<»n:
Agarplatte vora auf dem äitsbrett 2 PrudigiusuHkolunien
> rechte » > > 2 *
> linke > » > 3 >
Aach ohne Zuhilfenahme von Prodigiosusäufschwemmungen
konnte die Verspritzung des Abortbeckeninhaltes durch die Spülung
durch den direkten Nacliweis von Kolibakterien festgestellt werden.
In meinen Versncht n iiher die Verschleuderung von Kot-
teilchen durch den Akt der Defäkation gelang es mir. wie ich
oben bereits anführte, Kolibakterien nur dann auf den Platten
aufzufangen, wenn es sich utn diarrhöigen Stuhl handelte. Eine
erheblich g r (i f s e r e \' o r s c h m u t z n ti g k o n n t e konstatiert
werden, wenn behuf.s Entfernung der Kotmassen
aus dem Becken die 8pül Vorrichtung in Tätigkeit
gesetzt wurde. Durch sie wurden nicht nur von den dünn-
flüssigen, sondern auch vou doQ festen Kotmassen Dariubakterien
abgelöst und in die Luft gesprengt, allerdings von den enteren
mehr als von den letzteren. Die Ablösung der Keime von diesen
mufs zum Teil auch wohl darauf zurückgeführt werden, dafs
durch (las Liegen im Spülwasser eine mehr oder minder grolse
Zerbröckelung der festen Maasen eintritt
Die Versuchsanordnung war folgendermallBen :
Nach der Defäkation, während noch der Kot sich in der
Abortschüssel befand, wurden zum Nachweis etwa versj)ritzendcr
Kolibakterien auf das Sitzbrett oder in der Umgebung des Abortes
Lackmus-Nutrose Agarplntten aufgestellt, dann die Spülung vor-
geuonnnen. l)ie I'latteu blieben 10 Minuten offen stehen und
wurden dann in den iirutschrank gestellt..
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Von 6t$ba$nk Dr. B«if hana.
171
1, Stuhl war L't l'>rmt.
AcKTfAlaite vorn auf dem Sitxbrett i Kolikuioiüeu
• naka «dtüdi Mtf dem Sitadm«! 0 >
• nehtB • s » • 0 >
Agiurplalta Tom »of dem fiitabntk S Eolikoloiileii
> liukB seitllcb an! dem Bitebiett 8 »
> rechte > » > • 0 >
8. Stuhl war geformt.
Agarplatte vorn auf dem Sitzbrett 1 Kolikolonie
» links zeitlich auf dem äitzbrett U >
> redite • » > > 8 »
4. Stahl war gefoimt.
Agarpljttto vom auf dem Sitebireit 0 Kolikolonien
• linke leillidk auf dem Sitibrett 5 •
> rechte * > » > 0 »
6. Stohl war dünnflOssig.
Agarplatte vorn auf dem Sitzbrett 21 KoHkolunien
> rechte seitlich auf dem Sitzbrett 4 >
» Kttks > « » » 0 »
• 80 cm vor dem Abort auf dem Boden 8 »
6w Stobl war dOnnÜfliaif.
Agnplatte vom aof dem Sitcbrett 96 Kolikolonien
> linke eeitlich auf dem Silrinett 4 •
7. Stuhl war dflnnllflaeig.
6 Kolikolonien auf 8 Agaiplatten.
8. Stahl war feformt.
Auf 5 HternfOrmig in ca. 30 cm Entfernung vom AI>ort auf dem
Boden stehenden Platten wachsen keine Kolikolonien aus.
Mit Ausnabtne der Kolonien des eisten Vetsucbs wurden
sftmtliche übrigen durch die bekannten Methoden als Kolikolo*
nien identifiziert, das Wadistam der eisteren enisprach jedoch
in jeder Beziehung dem wirklicher Kolikolonien, so dafs sie wohl
als solche angesehen werden dürfen.
lu derselben Weise führte icli aal 1' ri c Ii terklosetts Vorsuclie
aus, aber mit dem abweicliendeu Resultat, (lals auf den exponier-
ten Platten niemals Kolikolonien zur Entwicklung kamen.
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1*78
Ober di« y«rbrailmiK von lafektlonssCoffen.
Die Bedeutung uieiner X'ersuche liegt klar auf der Hand,
so dafs eine Erläuterung kaum notwendig erscheint. Setzt man
an die Stelle der Prodigiososkeime oder des Bact. coli, die als
Indikator der Verunreinigung dienten, die inlektiösen Bakterim,
die betm Urinieren oder der Defäkation %ur Ausscheidung kommen
können, so leuchtet ohne weiteres ein, dafs Infektionen in Be-
cUhTinsanstalten wohl nicht zu den Seltenheiten zu rechnen sind.
£in Typhusrekonvaleszent, der bekanntermafseii lange Zeit hin-
durch Typhusbazillen mit dem Urin entleeren kann, wird gege-
bmenfallB bei jeder Urinentleerung, mag de nun in das Becken
eines Abortes oder gegen die Wand einer Bedfltfoisanstalt oder
auch in das Nachtgesohinr erfolgen, in weitem Umfange seine
Krankheitskeime Terstreuen. In erster Linie wird er sich selbst
infizieren. Die feinen keimhaltigen Tröpfchen werden sich auf
seine vielleicht karz vorher peinlichst desinfizierte Kleidung,
auf den Hftnden und im Gesicht absetzen und auf diesen in die
Wohnräume, an den Tisch und weiter in die Aulsenwelt getragen.
Aber auch die Umgebung wird bei jeder Urinenfleerung mit
einem Sprühregen feinster Tröpfchen überschüttet. Personen,
die gleichzeitig mit dem Typhusrekonvaleszenteu sich in der
Bedürfnisanstalt befinden und auch solche, die längere Zeit nach
ihm die Anstalt betreten, werden die Fangschirme der verschleuder-
ten Bakterien sein.
Die Beobachtung, dafs allein schon durch den Akt der De*
fäkation Kotbakterien ver.schleudert werden können, beweist,
dafs die bisherige Aniuiiiiut:, dafs die \'ersciiinutzuiig auf den
Abr)rten nur auf die mangelhafte Reinlichkeit des Menschen
zurückzuführen ist, nicht zutrefteuJ ist, es kommen hierbei
mehrere Umstände in Betracht, wie unten noch weiter ausgeführt
werden wird. Praktisch von Wiciitigkeit ist diese Tatsache in-
sofern, als sie bei der Kinrichtunii: von liHtrinen Beachtnntr ver-
dieal. Jeder Sitz in einer Latriiiö, speziell koiuineii hier die
Notlntrinen in Betracht, sollte (hirch seitliche Bretterwände von
den nelien ihm iK'tindliclu'n geti'cnnt sein, damit, wenn infektiöse
Massen auf dem eioeu eutleert werden, diese nicht auch auf die
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Von Stabwnt Dr. BarghAOB.
17«
anderen verschleudert werden und so zu weiteren Infektionen
.Veranlassung geben.
Aber noch thet ein Weiteres haben meine Untersuchungen
Klarheit gebracht Sie zeigten, dafs die Art und Weise, in der die
Beseitigung der Auswurfstoffe stattfindet» auf die GrOfse der Vei^
schmutzuug von erheblichem Einfluls ist, ja, dafs durch die
nblichen Einrichtungen keimhaltige Partikel direkt
verstreut werden, sie also die Gefahr einer Weiter-
▼erbreitung von Krankheitskeimen nicht nur nicht
vermindern, sondern dieee, die ohne sie nur gering
war, geradezu erhöhen.
Die weitgehende Verstreuuiig vuü Iveimen in den öffentlichen
Pissoirs, wie sie meine Versuche zeigen, ist meines Erachtens
von mehreren Gründen abhängig, lu erster Linie wird der
weite Weg, den die Versuchsflüssigkeit von der Mün<lung des
Irriiiatcirsf-lilHuches bis zum Ablauf in den Olsipbon zurück-
legen imilste, haftbar gemacht werden nnissen. Aber auch bei
der Unneutleerung finden sich dieselben Verhältnisse. Der
Urinierende mufs aus nicht geringer Entfern\mg, falls er sich an
den den Stand seitlich abschliefsenden Wänden nicht beschnuitzen
will, den Uarnstrahl gegen die ableitende Wand richten, der
Länge des zurückzulegenden Weges ist aber die Tröpfchen-
bildung direkt proportional. Durch den Anprall des Wasser-
strahls an die Wand werden unzweifelhaft die meisten Tröpf-
chen bedingt, weiterhin läfst aber auch die Wand selbst,
an der der Urin hinabfliefst, eine Ablösung von Tröpfche'n zu.
An den Schieferwftndeu bilden sich infolge ihrer Durchtränlmng
mit Öl Tropfen verschiedener Gröfse, die der Wandung nur lose
anli^en und an ihr binunterrollen. Das Öl verhindert, dafs eine
innigere Berührung der Flüssigkeit mit den Wandungen zustande
kommt und an ihnen hinuntergleitet, wie es bei flachen Wftnden
ohne Olbenetzung der Fall ist. Wfthrend des Hinabrollens der
Tropfen isteine weitere Abtrennungfeinster TrOpf eben wohl denkbar.
Günstiger gestalten sich die Verhältnisse bei den Pissoir-
beokeu, wo der Weg, den der Uhu bis zur geschlosseneu Leitung
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180
Üb«r dl« VobNitaBg von &itBktioiiMtofien.
zurücklegen nuifs, bedenteiul kürzer ist. Die Keimverbreituiig
ging in meinen Veisnchen nicht über 50 cm nach der Seite hin.
Die Tatsache, dfifs die in 50 cm vor dem Becken aufgesulUt-n
Platten ktuulK] blieben, ist diirauf zurückzuführen, dafs die
Person, die den Waaserstrahl in d-An Becken leitete, mit ilirem
Korper diese Platten deckte. Aber noch ein anderer Umstand
scheint die Verspritzung zu verhindern. Es sind das die Wulste,
die die Becken längs der Öffnung obeu umgeben. Diese müssen
m. E. den Hauptstrom der Tröpfchen abfangen. Wenig von Ein-
flufs auf die Keimverstreuung dürfte der Umstand sein, ob während
des Urioierens die Wasserspülung in Tätigkeit ist oder nicht.
Wenn auch einmal hei Anwendung der Spülung keine Prodigiosus.
Kolonien aul den Platten sich entwickelten, so belebrt der zweite
Versuch eines Besseren.
Ganz erhebliche Mengen Prodigiosus Keime wurden ver-
schleudert, wenn der Wasserstrahl in das Becken eines Auswasch-
klosetts geleitet wurde und dort auf das Spülwasser traf. Die
Agarplatten, die auf dem Sitsbrett standen, waren mit Kolonien
übersät und auch in weiterer Entfernung von dem Abort aufge-
stellte Schalen wurden noch von den keimhaltigen TtOpfchen
getroffen, trotzdem sie nur fttr kurse Zeit (2 Minuten) exponiert
waren. Der Grund hierfür ist in dem Aufprallen des Waaserstmhls
auf die in dem Becken befindliche SpülfiQssigkeit' zu suchen,
durch das die Bildung feinster Tröpfchen in besonderer Weise
begünstigt wird. Noch einen weiteren Nachteil, der von allge-
meiner praktischer Bedeutung ist, weisen die Auswaschklosetts
auf. l>ie Spülung ist mit bedenklichen Nebenwirkungen verbunden.
Die Wucht des aus dem Spüh^servoir strömenden Wassen reifst
an den im Abortbecken befindlichen Massen, von den Kotballen
sowohl wie besonders von den dünnflüssigen Stühlen Teilchen
los und verschleudert sie weit in den Abortraum, wo sie sich
auf den dort befindlichen Gegenständen oder, falls während der
Spülung noch Personen sich in ihm befinden, au der Kleidung
absetzen.
Auf Grund dieses Umstnndes iTnifs die.-rs Klosettsystem als
diuchau.'» uii/.weekniafsig und vom liygieiiiselien Standpunkte aui»
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Von Stebunt Dr. Bergbam.
181
betrachtet als geradexu bedenklich bezeichnet werden. Von einer
weiteren Einführung mofs daher entschieden abgeraten werden.
Weit günstiger mufs naoh meinen Versneben das Urteil über
die Trichterklosetts mit Rundspülnng lauten, wenngleicli auch
bei ihnen durch die Spülung noch Keime aus dem Trichter in
die Hübe gerissen werden. Ihre Zahl ist aber verschwindend
im Vergleich zu den bei ersterem System.
Nach meinen Versuchen ist demnach die Gefahr einer
Infektion auf den Bedürfnisanstalten, den Aborten
und Pissoirs, gröfser, als sie bisher eingeschätzt
worden ist; die Einrichtungen sind keineswegs ein-
wandfrei und durchaus verbesserungsbedürftig,
Läfst sich aucli schliefshcii nicht jode Verschmutzung verhindern,
jedenfalls aber kann sie durch zweckmäfsigere Vorrichtungen um
ein Wesentliches vennindert werden.
Es gibt aber im tögli'-bfn Leben noch eine Reihe TOn F&llen,
in welchen die Möglichkeit der Versciileuderung von Wasser-
tröpfchen vorkommen kann. Schon vor ca. zwei Jahren habe ich
Versuche über die Verstreuung von Keimen durch Springbrunnen
und die Bransevorrichtung in Badestuben ausgeführt.
Es war seinerxeit die Frage aufgeworfen worden, ob zur
Speisung der Springbrunnen von einer Verwendung des teueren
Leitungswassers Abetand genommen werden und an Stelle des-
selben das bilKger xu beschaffende Flufswasser treten könnte.
Ich iraprovisieite in einem ca. 12 m im Geviert haltenden
Kaum einen Ri)ringbrunnen, indem ich aus einer erhöht ötehen-
den, ca. 101 fassenden. Fhische, die mit einem entsjHechend langen
bclilaueh versehen war, der in eine (iiasspitze endete, Wasser in
Form eines Springbruiniens auslaufen liefs. Als Indikator für die
Keimverstreuung diente, wie in den obigen Versuchen, der Prodi-
giosuskeim. Um während des Versuchs möglichst jede Luftbewe-
gUDg zu vermeiden, waren die Fenster verschlossen, nur zweimal
wurde zum Zweck des Verlassens bzw. des Betretens des Raumes
die Tür geöffnet. Die durch die natürliche V^eutilation liervor-
gerufene Luftströmung war sehr gering, da die Xnnentemperatur
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18S
Üb«r die Verbraitang von Infektionastoffmi.
nnr um wenige Grade von der Aufsentemperatur difEerierte und
auch die Luftbewegung aufserbalb des Hauses, in der Natur, un-
bedeutend war Beim Sanimoln der aufgestellten Platten, nach
Beendigung der Versuche wurde in der Weise vorgegangen, dafs
nach Ablegen des Mantels, den ich beim Inbetriebsetzen des Spring-
brun tiens angelegt hatte, die dem Springbrunnen entferntest stehen-
den Gelatineplatten zuerst sugedeckt wurden und zuletzt die iu
seiner Nfthe aufgestellten, so dafs somit verbindert wurde, dafs
Keime vom Springbrunnen in die entfernteren Ecken verschleppt
wurden.
Yersach Nr. 1,
•
5 U) {4 }
•
•
c 5
Spring-
•
Iwunnen
•
im (4)
•
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•
4 ni
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•
• 8 IU
tf m
•
8m»
In 5,75 1 LeitnngswaMer werden 2 Oven 24itflndiger Frodigtosas-Agar-
kuUur verteilt und in Form eines SpringVirunnene aus etneui erhöht stehen-
den GefafH ablaufen gelassen. Di«' mittlcri' Höhe des Wasserstrahls betrug
1,15 ni, die peRntiite Flii8«i>?keit Hofs in IS Minuten ab. Während iles \\y
HieTaeDB und noch 12 Minuten nach deui»ell>eu (insgesamt 30 Miauten)
wai«n Gelatineplatten der Luft aasgesetzt in den niittds Punkten gekenn-
imcbneten Entfernungen. Die Verblutung der Prodigioenak^me leigen die
()-Zah1«n au; wenn bei den Bntfemungsangaben eich ktine (}-Zalilen be-
finden, so bedeutet dies* dafs keine Keime auf den dort aufgestellten Platten
cur Entwieklnng kamen.
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Von StAbaont Dr. Bensfaaiw. 183
V«r»««li Nr.
2,
1 m (19;
•
g 5" 5 Hpclttt-
^1 JI liriiiiiiei)
•
•
1 in 1.21t
«
•
•
4 in ('Jil)
r. m (13)
• S m 'L*l> •
Hin {ITj •
Zwei Mstfindige Prodigio«iM*Agsrka1tiii«a wMden »bgetchwemmt nnd
10 1 -LaitnngswaiMr sngesetat Wie beim Venuch Nr. 1 «ird dieaea Waaeer
in einem improvisierteu SpringV^nmnen ablaufen gelaseen; Höhe des Wasser-
strahls 1,15 tu, Dauer des Abfliefaens 30 Minuten. VVfthrend des AUlaufens
und nach demselben noch eine Stunde ^insgesamt 1' , Standen) sind Platten
der Lnft emgeeetct. Vertwettung und Ansabl der Keime ergeben die ( )-ZnbleD,
wie bei Versnch I.
Die weite Verbreitung der Keime tritt besonders deutlich
in dem 2. Versuch hervor; keine Platte bUeb frei, vielmehr zeigten
sie sich alle ^leichiiiilisiy; infiziert. In dein AuJ'.S|irudLlii, Zurück-
fallen und Aufprallen des Was.'^crstiahls gegen den l>oden des
auffangenden Gefäfses wird der Anstois zu einer ganz enormen
Ablösung von feinsten Trü|'lchen gegeben, die schon durch dio
im Räume herrschenden Zirkulatiunsstrihnungen nach allen
Richtungen verschltjj>pt wurden. In den \'ersuclien liegt eine Bö-
stiitigung der .Vngaben Flügge--, dafs zum Tran.sjiort keimhaltiger
'rr(»jifchen schon minimide Luftströinungfn ausreiclu-n ; es genügt
dazu, wie er in Wisuchen feststellte, eine Luft^eschwindigkeit
voa 0.1 mm ]>ru Sekunde.
Der ümlang der Trüpichenbildung bei Springbrunnen, die
2uin Teil enonne Mengen Wassers ausspeien und in beträclitliche
Archiv für Hygieoe. Bd. LXl. l<i
184
Üb«r die Verbieitong von InfektionMtolfen.
Hoh<^ schlendern, Iftfst sich nicht im entferntesten abschätzen.
Je nach der Stärke des gerade herrschenden Lnftzuges werden
die Tröpfchen mehr oder minder weit getragen werden, bevor sie
sich zu Boden senken. Fände nun zur Speisung der Springbrunnea
Wasser aus Flufsläufen \''er\vonduog, das stets und besonders in
der Nahe der Städte der Gefahr einer Verunreinigung durch die
Dejekte des Menschen ausgesetzt ist, so würden die im Wasser
enthaltenen Keime, die infektiöser Natur sein können, es seien
hier nur die Erreger der Cholera und des Typbus genannt, sich
der Umgebung des Springbrunnens mitteilen und zu einer weit*
gehenden Verschmutsung V^eranlassung geben. Hygienischersei ts
ist daher zu verlangen, dafs für Springbrunnen nur Wasser durch*
aus einwandfreier Herkunft verwendet wird.
Ein Vorgang, der, in ähnlicher Weise wie der Springbrunnen,
Anlafs zur Tröpfchenbildung gibt, ist das Ausströmen des Wassers
aus der Brausevorriohtung, wie sie in Badestaben üblich ist.
Das Versuchszimmer war ein Baderaum, der durch eine ca. S m
hohe Längswand in swei Zellen ahgeteilt war, die Scheidewand
reichte jedoch nicht bis zur Decke, sondern es blieb zwischen beiden
noch ein ca. 1 m breiter Spalt oüen; vor den Zellen befand sich ein
kleiner Vorraum (s. Skizse).
Temeli Nr. 1.
in
i.SO in
'2,~i> III
I m ■ tsxn
Ituili'/.iliilllir
I1i)>l('\\ iiini)'
Wniid
r
HlMUM'
1 in
2 in
CM;
117,
2.70
■{««it'Xiniiner
• i-ji
Vor dem Versucü 4 Platten, 1 stunde der Luft ausgesetst, ergaben durcli-
ffchnittüch 20,5 Keime, von denen einige nach 3 Tagen «ine geringe VerflOsaigung
hwvoniefen. Die während des einatOndigen Brausens exponierten 13 Platten
vieeen dnrchichnittlich 26 Kolonien, daranter viele atark verflflsalgende, *af.
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Von Stabmurtt Z)r. B«rgb»ai.
Veraaeh Nr. 8.
185
T
9
ii III
2,7U m
1 {insj
;»i • 1 m
\ • 1 m
• 2 m verBFiss. ^
.2.-., ^
J 1 III
'J III
• ■43
WMRft
im. ( :
41
{ 2 11»
f\(>rflri«isi(jt)
Vor dttin Versuch wurden 6 Oelaiineplatten Q 1 Blonde der Lafl aue-
gesetzt; von diesen wAren nach 2 Tagen 2 Platten völlig verfiQssigt, so dafs
eine Keimzithlnrrjr ni< ht melir möglich war, dip fllirijien ergalien im Dnrrh-
sclmiit 40 Keime. Wahrend eines einBtündigen Brauaen» standen 14 Platten
ollen, auf denen — mit Aiumabme einer, die verflOssigt war — dnndteehniti-
lich Keime anewncheen.
Bemerkenswert ist bei diesem Versach die Anhäufung der
Keime auf den Platten an der Konidorseite. Dies hat seinen
Grand darin, dafs der ziriculierende Laftstrom, von der Heisung,
welche sich unterhalb der Fenster befand, nach dem Innern, zum
ungeheizten Korridor gerichtet, bei seiner Abkühhing an der kalten
Wand die schwebenden keimhaltigen Partikelchen absetzte.
Verbuch Nr. I!.
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186 "Ober die Verbreitiuig von InMctioDwtoffen. Von Btabaant Dr. Bergbaas.
In die anter der Brause stehende Badewanne wurde eine Glasecbale mit
einer AnfaehwMamang einer S4sttbidigen ProdigioeuS'AgarknItur gestellt, dann
die Brause in Tätigkeit gesetzt, so dafn ihr Wasser auf <lie Schale fiel. V2 Platten
wurden aufgestellt. Dauer des Brausens Stunde; () -Zahlen entsprechen
der Anzahl Prodigiosus-Kolonieu. Eine Stunde nach dem Brausen wurden
wiederum 18 Agarplatten aufgestellt und 20 Minuten offen stehen gelassen.
Nur auf einer Platte (= kam noch eine Prodigiosnskolonie sur Entwickinng.
Schon im HinabfaUeti uod vorzugsweise beim AtiffaUen des
nch bildenden Regens müssen sich kleinste Tröpfchen ablösen
und in die Luft Übergehen. Dem Keinigehalt des Wassers ent-
sprechend, werden Keime in mehr oder minder grofser Anzahl
verschleudert werden. Wenn in meinen beiden ersten Versuchen
nur eine verludLi.isniürsii; geringe Kuiinvermehrung in der Luft
festzustellen war, so ist dab aui üie geringe Anzahl Keime, die
in dem ausströmenden Leitungswasser an und für sich vuihauden
wdv. zuiüekiiuführen. Immerhin ist sie beweisend für die statt-
geiiindene Verschleuderung von Keimen aus dem Waaser.
Der 3. Versuch zeigt, dafs aus der Badewanne von der dort
aufgestellten Prodigiosus-Aufschwemmung Tröpfchen, mit Keimen
beladeu, aufzusteigen vermögen. Auf Grund dieser Beobachtung
ist anzunehmen, «laf.s auch die an dem Körj)er des Badenden
haftenden Bakterien durch das Abbrausen in die Luft verschleudert
werden und eine Verschmutzung der Umgebung herbeiführen
können. AufiEallend mufs erscheinen, dafs die Tröpfchen in diesem
V^ersuch nicht über die Trennungswand geflogen sind, was nach
den Springbrunnen- Versuchen hfttte angenommen werden können.
Beriolitigiing.
Im Aufsats »Die Wirkung de» Sonnenlichtes auf pathogene Bskterien«
von I'r VC !M. Ol, Heft 1 iU>s Archiv für Hygienet, soll es auf
beite 1 /eile U lon üben suitt 1;G,9:62 heifsen: 62:6,t»:l.
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Die Einwirkung von Fleiscli- und Hefeextrakten
an! die qtaalitatiTe und qaantitatlTe ZaBammensetziing
des Magensaftes beim Pawlowschen Hunde.
Von
i)r. W. Hoffmaun und Dr. M. Wintzen*)
ätabwrzt. Kurpastabiuipotbekfir.
(Ana dem b3rgientBeh*obemiwbeD Labomtoriimi d«r Kaiser WilbeliM'AkAdeniieii)
A. Einleitung.
Es liegt in dem hohen Preise für Liebigs Fleischextrakt
begründet, dal's die unermüdliche Industrie danach strebte, ein
billigeres Ersatzprodiikt dafür herzustellen.
Zu diesem Zwecke wurden die eiweil'sreicheii Ai'fallprodukte
des Gäruugsgewerbes, die Hierheien. die bis dahin vornehmlich
als Düngemittel verwendet wurden, in der Weise verwertet, dafs
die darin enthaltenen, aus der Hefezelle stammenden Extraktiv-
stoffe in Form von Extrakten, analoj^ dem Fleischextrakt, als
Würzmittel »Siris« und j Ovos in den Verkehr gebracht wurden.
Durch frühere Untersuchungen (^) wurde die Frage zu klären
versucht, inwieweit die Hefeextrakte Siris und Ovos als Ersatz-
mittel für Fleischeztrakt in Frage kommen könnten; es wurde
seinerzeit die Zusammensetzung des Fleischextraktes und der
Hefeextrakte vergÜchen und ihr physiologischer Wert unter
anderem durch umfangreiche AusnutKungsversuche ermittelt.
•) Im Juli 1906 verstorben.
AxcUv lur Hygi9ao. Bd. L.X1. 14
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lS8 I>ift Sänwirkang tob Ftoisch- and Halemtntkten «te.
Es sei nur kurz her%wgehoben , dafs emc wesentlich andere
chemische Zusnmniensetznng der Ilf teexlrakte gegenüber den
Fleischeximklen festgestellt worden war. Kreatin und Kreatinin,
zwei wesentliche Bestandteile des Fleischextraktes, liefsen sieh
in keinem der beiden Hefeextrakte nachweisen*); dao:egen wurden
erhebliche Mengen von Alloxurbasen in letzteren gefunden, was
später von K, Micko(-) durch Isolierung und Differenzierung
der einzelnen Alloxurbasen (Adenin, Xanthin, Hypoxanthin) be-
stätigt und erweitert wurde. Im besonderen haben die ErgebnisBe
schlierslicb die allgemeine Annahme, dals der Fleischeztrakt vor-
uehmlich ein Anregangsmittel, d. h. ein Gewürs sei, von neuem
bestärkt
Aus den Versuchen konnte die Wertschätzung, welche der
Fleischextrakt als Anregungsmittel allgemein genieüst, nur in-
direkt gefolgert werden, während Rubner(*) und spftter Bttrgi(^)
auf Qrund physiologischer Untersuchungen mittels kalorimetri-
scher Bestimmungen den Standpunkt vertritt, dafs Fleischeztrakt
ein Anregungsmittel ist
Um so gröfsere Bedeutung mu&ten Versuche bähen, die die
Wirkung des Fleischextraktes auf die Magendrttsen selbst er-
kennen Uelsen, bei einer Veisuchsanordnung, bei der man sieb
am lebenden Organismus Aber den Ablauf der MagendrQsen-
funktion unter dem EinfluTs der Extraktivstoffe des Fleisches
unterrichten konnte.
Durch die aurserordenilich sahireichen und vielseitigen Vei^
suche Pawlows, welche an nach besonderen Methoden operierten
Hunden ausgefflhrt wurden, ist nachgewiesen worden, dals die
Verdauungsdrüsen auf die Einführung der verschiedenartigen
Nahrungsstoffe äufserst sweckmftfBig reagieren; so prüfte im be-
sonderen in der Bick eischen Abteilung des Berliner Patho«
logischen Instituts Sasaki die Einwirkung des Fleisch ex traktes
auf die Mugeusaftabsonderuug am Pawlow sehen Hunde.
*) Dies wurde seaerdingB durch E. ßanr ond H. Barecball in ihrer
Arbeit >r.eitrS<re xnr Kentitnin des Fleisi-liextrakfes' (Arb ntin dem Katserl.
Gesundli.-Amt 24, £>. 652) beHtäligt, weiche auf der J äffe seilen Heaktion
eioe quantitativ kolorlmetrieche Untersnchangameihode aufbauten.
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Vuu Dr. W. Uoffmaan und Dr. M. Wiotgen. 189
Unsore Aufgabe sollte sunlchat In einer Nachprttfang der
Sasaki sehen Arbeit bestehen, und sich dann auf vergleichende
Versuche swischen Pleiechextrakt und den Hefeextrakten Siris
und Ovos in ihrer Einwirkung auf die Magenschleimhaut aus-
dehnen.
Die Untersuchungen Sasaki s hatten das Ergebnis, »daTs die
Darreichung von Extraktivstoffen des Fleisches kuise Zeit vor
der Aufnahme der eigentlichen Nahrung die Magenschleimhaut
disponi^, auf die Nahrung mit einer viel intensiveren und nach-
haltigeren Firoduktion eines verdauungskrftftigen und in seinem
Säuregehalt höherwertigen Saftes zu reagieren, als es der Schlefm-
liaut ohne die voraufg«^gaiigtue Grabe dieser Extraktivstoffe nnj^-
lieh ist.c
B. Vorbereitung fOr die Verenehe.
Zur Ausführung mubte suu&ehst ein Hund nach der Paw-
low sehen Methode operiert werden.
Die Operation wurde im pathologisch-anatomischen Institut
der hiesigen Universität von Privatdozent Prof. Dr. Bickel,
Assistenten des Instituts und dem einen von uns derart ausge-
führt, dafs aus dem Fundusteil des Magens durch einen Schnitt
Flg. 1 (nach Pawlow).
die vordero uikI liintere Wand dorchtrennt und ein BUudsack,
ein sog. »kleiner Magen c gebildet wurde; dieser steht mit dem
Übrigen Magen hauptsächlich durch Nervenbahnen in Verbindung.
Er ist ferner durch eine doppelte Schleimhautbrücke, welche
14*
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190 Einwirkung von Fleisch- und UefeexUrakten etc.
am Grunde des Blindsacks durch Einschneiden und Ablösung
der Schleimhaut von der Submucosa nach beiden Seiten hin ent-
steht, von ihm getrennt und mit einer fistulösen Öffnung in die
Bauch wand eingenäht.
Zum Auffangen des Magensaftes wäh
rend der Versuche war anfangs ein kleines
Fläschcheu, wie nebenstehend abgebildet,
benutzt worden (Fig. 2).
Dieser Apparat hatte jedoch den Nach-
teil, dafs bei der Entleerung des abgeson-
derten Magensaftes, welche in
den Versuchen halbstündig er
folgte, die Flasche von dem
Verschlufs abgenommen wer-
den mufste, was umständlich
war und dem Hunde Schmer-
1 zen verursachte.
I I Es wurde deshalb von uns
ein Apparat (Fig. B) konstruiert,
der folgende Vorzüge hat: Es
befindet sich am Boden des
länglichen Gefäfses ein Hahn,
wodurch der Saft abgelassen
wird, aufserdem ist das Glas-
geiäfs graduiert, so dafs man
an dem.selben die Gesamtmenge des Saftes ablesen kami, und
ferner befindet sich in der Hohlkugel ein seitlicher Stutzen
mit einer Öffnung , aus der die Luft unter dem Druck des
abgesonderten ^Magensaftes entweichen kann ; liegt zäher Schleim
den Wandungen an, so läfst er sich durch einen an den
Stutzen angebrachten Gummischlauch nach unten heraus-
blasen.
Vig. 2.
Flg. !).
1) Die Nahrung gelang nur in den »grofsen« Magen, wilhrend der
>kleinc< unter dem KinäufH der Nahrung reinen Magensaft abHondert.
Von Dr. W. Hoffmann und Dr. M . WiDlgvn.
191
C. Nachprüfung der von Sasaki angewandten chemischen und
physikalischen Untersucbungsmethoden.
Zunftchst erschien es notwendig, die yon Sasaki auge wandten
Untersachungsmethoden nadizaprüfen.
Es kam in Betracht:
1. die Feststellung der abgesonderten Saftmenge,
2. die Beetimmung der Aaiditftt,
8. die Mfüng der Veidanungskraft
L Beatimmmig der Ifonge«
Die Menge des abgesonderten Magensaftes wurde sunftchst
in dem im Teil B beschriebenen graduierten Apparat abgelesen;
hierauf wurde er direkt in einem Melssylinder filtriert Auf dem
Filter blieb der Schleim surQck, wtthrend der klare Magensaft
durehflob, seine Menge wurde genau abgelesen, und die gefundenen
Zahlen den in den Tabellen, Kurven and Übersichten ange-
gebenen Werten zugrunde gelegt, nachdem der Filtenrcnrlust (bei
trockenem Filter zu 0,9, bei feuchtem, schon vorher benutzten,
mit 0,3 festgestellt), zugezählt war. Die angeführten Zahlen
stellen also die Menge klaren Magensaftes (lar; nur in den Kaüen,
wo die Schleimubsonderung besonders stark war, int dieaeö aus-
drücklich hervorgehoben.
IL AMditltobesitimmtmg.
Die Asidität des Magensaftes hat Sasaki durch Titration
mit n/io Natronlauge und Verwendung von Kongopapier als Indi*
kator bestimmt.
Diese Methode ermöglicht eine schnelle Feststellung des
Säuregehaltes und ist als genau zu bezeichnen, wenn lediglich
Salzsäure in Frage konnnt.
So läfst sich nach von Hifslin noch 0,ü019 proz. Salzsäure
durch Kongorot sicher nachweisen; auch hat dieser Indikator
vielen anderen gegenüber den Vorzug, dafs der schwache Umschlag
aus Rot in Blau durch saure Sidze nicht beeinflufst wird. Da-
gegen eignet sich dieser Indikator weniger zur Bestimmung orga-
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192 ^ Eiawirkimg von Fleisch- and UefeextrAkten etc.
nischer Säuren, da er diesen gegenüber zu wenig empfindlich
ist. Mit Rücksicht hierauf und das ähuHche Verhalten anderer
ludiicatoren gegenüher organischen Säuren kouimt von Jackach
in seinen Darlegungen über die Bestimmung der Gesamtazidität
des Magensaftes zu dem Schlufs, dafs zu deren Feststellung alle
FarbstofFproben kein unl)edingt verläfsliches Resultat ergeben
uud für wiBseuschaftliche Versuche nicht zuverlässig genug siud.
Es erschien nötig, diesen Angaben Beachtung zu schttiken
ond event. ein anderes weniger bequem ausfahrbares Verfahren,
die Aiidität zu bestimmen su wfihlen, weil
1. weitere Angaben vorliegen, dafs Milchsäure als normaler
Bestandteil des Magensaltes nüchterner Hunde gefunden
ist und
2. Milchsäure als anormaler Bestandteil neben Salzsäure bei
Verdauungsstörungen oft vorkommt.
Letzterem Faktor aber war unter Berücksiclitigung des
schweren operativen Eingriffs, dem die \'ersucliijhunde unter-
worfen werden, besonders Reclmung zu tragen. Daher wurden
auf Grund dieser Erwägungen Versuche darüber angestellt, wie
weit sich Milchsäure neben Salzsäure <jualitativ und quantitativ
mittels 1' arbreaktion nachweisen lasse.
a) Ber «nüllatlTe Naekwds der Mlkidlare.
Zur qualitativen Prüfung auf Milchsäure bedienten wir uns
des allgemein bekannten und als sehr em}>tindlich geltenden
Reagens von Uffelmann. Die Schärfe des Nachweises wird
durch gleichiieitige Anweseulieit von Salz.säure beeinträchtigt und
macht die vorherige IsoUerung der Milchsäure durch Ausschütteln
mit Äther erforderUch.
HierQber angestellte Untersuchungen eigaben folgendes;
In 10 ccm einer 0,008 pros. Milchsäure liefs sie sich noch direkt
nachweisen; bei gleichzeitiger Anwesenheit von Salzsäure nahm
jedoch die Empfindlichkeit der Reaktion mit zunehmendem Ge-
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Von Dr. W. HofliiiMin und Dr. M. Wintftn.
198
halt an Salzsäure stark ab, wie aus folgender ZusnmiDeDBtollUDg
hervorgeht. In 10 ccin Flüssigkeit liefsen sich bei
einem HCi-Gehalt vo» 0,l"/o: noch 0,019%
f f € « 0,2%; € 0,09%
< « c c 0,3%: « 0,24%
Milchsäuie naehweiseu.
Da Doraialer Magensaft 0,2 bis 0,6% Salzeftiire und darüber
eothftlt, so dürfte hiernach ein direkter Nachweis von Milchattiire
in solchem nach dieser Methode nicht mOglieb sein. Es mnfs
vielmehr eine Isolierong der Milchsäure dnicb Ausschfltteln des
Magensaftes mittels Äthers vorangehen, wie sie bei kleinen
Mengen von Milchsäure vorgesehlagen ist
Wie nnsere Versuche ergeben haben, läbt ndbi auf diesem
Wege qualitativ Milchsäure noch in minimalen Mengen nach'
weisen. So erhielten wir aus 10 ccra eines icünstlichen Magen-
saftes, der 0,3 7o Salzsäure und 0,01% Milchsäure enthielt, noch
eine deutlich erkennbare Reaktion.
Der qaaatltsltre Kaehwelt 4w WMMare.
Um die Grensen der Empfindlichkeit von Kongorot als In-
dikator für organische Sftoren festxnstellen, wurden Versuche
1. mit Lösung von reiner Milchsäure,
2. mit künstlichem Magensaft, der neben Milchsäure Pepsin
und Salzs&ure enthielt, angestellt
Übereinstimmend mit früheren Versuchen fanden wir, dafs der
Farbumschlag aus Rot in Blau bei reiner Milchs&ure kein scharfer
ist, vielmehr treten Übergangsfarben auf, welche das Erkennen
der erfolgten Neutralisation erschweren.
Als Belege seien folgende Versuche angeführt:
a) 25 ccm einer 0,105 proz. Milchsäurelüsuug*) verbrauchten 2,2
bis 2,5 ccm statt 2,95 ccm n/10 Alkali bis zum scheinbaren Ein-
1) Die Lerang w«r »n« d)«mwch reiner, wwnerfrder MllchBiiue her*
gaitellt worden.
2> Fr wurden bei der Titration 2—3 Tioplen einer O,lpros. LOeimg von
KoDgorot angewandt.
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194 Hanwirkttiig von Fleiach- und HefeMrtrakten ete.
tritt des Farbumschlages ^) und würde hieniucli 0,017 — 0,027 Milch-
säure zu wenig gefunden sein, b) in 50 ccm Milchs&urelösung
winde ihr Säuregehalt durch Eindampfen mit Kalziumkarbonat
und gewichtsanalytische Bestimmung des in Lösung gegangenen
Kalkes als Oxyd zu 0,118"/o ermittelt. Bei der Titration wurden
5,4 — 5,B com n/10 Alkali verbraucht, bis die Endreaktion schein-
bar eingetreten war. Hieraus würde sich ein Säuregehalt von
0,1008 berechnen, wenn der höchste Alkali verbrauch xugrunde
gelegt wird.
Nachdem so festgestellt war, dafs die Titration reiner Milch'
^urelOaungen mit Kongorot als Indikator kleine Fehler bedinge,
wurde dann übergegangen, die Gesamtasidität in einem Gemisch
von Salsaänre and MilcbsAure von bekannter Zusammensetsung
zn bestimmen.
Der Gehalt von Sabe&nre war einmal mafsanalytisch als Silber*
salz nach dem Verfahren von Volhard,fem^gewicbt8analytisch
nach SjOsqnist ans Bariumsulfat berechnet und xu U,288 und
0,289 ^'/o gefunden worden. Der Milchsfturegehalt war nach dem
von Salkowski abgeänderten SjOsquiat sehen Verfahren su
0,1% ermittelt worden.
Die Gesamtaaiditftt^) berechnet sieh hiemaoh au 90,2. Es
müfsten also 50 ccm dieses Magensaftes theoretisch 45,1 ccm
n/10 Alkali verbrauchen. Wirklich verbraueht mit Kongorot als
Indikator wurden bei der Titration nur 41,5 ccm. Diese ent-
sprechen einer Gesamtazidität von 83. Der Fehler ist auch hier
alleiu durch die Milchsäure bedingt. Aus diesen Versuchen
mufste gefolgert werden, dafs die Bestininunig der ( Je.siUiiUi,uJiüit,
wie sie von iSasaki und vor ihm von anderen ausgeführt wurde,
nur in dem Falle mit kleineren Fehlern behaftet sein konnte,
wenn m dem .Miigeusafte des Versuchöhundes gröfsere Mengen
Milchsiiure neben Salzsäure enthalten wären.
Es sei bereits iiier, miseren \ ersiKlisergehnissea vorausgreifend
bemerkt, dals die Prüluug auf Milchsäure, die wir in der ersten
1) Die OeBamtMiditit wiid darch die sur NentnIiMlion von 100 ccm
Magensuft verbreocbte Anuhl Kabikkentimeter ' Alkftli stufedrficfct.
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Von Dr. W. Hoffmftnn und Dr. M. Wintgeo.
195
Zeit unserer Versuche rogelmäfsig, später hin und wieder vor*
nahmen, stets nur Spuren von Milchsäure ergab. Infolgedessen
konnten wir von der Anu endnng anderer komplizierterer Methoden
absehen. Wir haben deshalb, wie Sasaki, bei allen unseren Ver-
suchen die direkte Titration des Saftes mit n'lO Alkali ausgeführt.
Hierbei haben wir stets su 1 cem Magensaft 1 Tropfen 0,1 proz. wäs-
seriger Lösung von Kongorot zugesetst und aufserdem den Färb«
umseblag durch Tüpfeln auf sehr empfindlichem Eongopapier
kontrolliert
m. Da« VerfUiren aar Bestimmong der YerdaaungBkFaft
des MiageoaafteB naoh Mett
Tin die Gröfse der Verdauungskraft des Maj^'^cnsaftes, d. h.
seine euveifsverdauende Kraft zu bestimmen, bediente sich Sasaki
des Mettsclien Verfahrens. Dieses bestellt (iariu, dafs man auf
in Ka{)iUaren koaguhertes Hühuereiweifs Magensaft einwirken
läfst und nach einer gevrissen Zahl von Stunden nachmifst, wie-
viel Millimeter von der Eiweifssäule in Lösung gegangen sind.
Dieses Verfahren wird besonders von Pawlow waim emp-
fohlen : es läfst an Bequemlichkeit der Anwendung, Objektivität
und Genauigkeit der Resultate nichts mehr zu wünschen übrig,
und wird darum von diesem Forscher als Universalmetbode zur
Bestimmung eiweifsTerdauender Fermente voigesehlagen.
Diesem günstigen Urteile kOnnen wir uns nicht in vollem
Umfange anschliefsen, wir halten darum es für nütigf auf die
von uns geübte Methodik etwas nfther einsugehen.
Es wurden stets Glasröhren von 2 mm lichter Weite, die
vor der Fällung mit Alkohol und Äther gut gereinigt worden
waren, benutzt. Das klare, von Luftbläschen scheinbar freie Eiweifs
wurde aufgesogen und durcli Einstellen in 95" warmes Wasser zmn
Krsiarren gebracht. In dem Wasserzylinder blieben die I\öhrchen
''/2 Stunde, um nach der Herausnainne im Kisschrank aufbewahrt
zu werden. Verwendet wurde in der ersten Zeit das Eiweifs von
gewöhnlichen Haudelseiern, die also jedenfalls nicht ganz frisch
waren, später dagegen Trinkeier. Anfangs bei den Vorprüfungen
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196 IMe Snwirkang von mofawh* und HefMxtrakten «te.
aus den ersten wirklichen Versuchen wurden Eiweifsröhren, die
bis 4 Tage alt, verwandt, späterhin wurden stets 1 — 2 Tnge alte
Röhrchen benutzt. Die Röhren wurden mittels eines harten
Glabbchueiders in ca. 2U mm lange Stücke zerbchmtten und nur
die glatten, scharfkantig abgeschnittenen zu den Versuchen aus-
gewählt. Für diese wurden kleine Glaszylinder benutzt, welche
22 — 25 mm lichte Weite und ebenen Boden hatten. Die Gläser
wurden stets zur Kontrolle mit 2 Eiweifsruhrchen und 1 ccm
tiUnertem Magensaft beschickt und mit einem Korkstopieu ver-
schlossen.
Die gewählte Flüssigkeitsmenge reichte hin, die liöhrchen
völlig zu bedecken. Nach 24 stündigem Verweilen im Thermo-
staten bei 87'' wurde die unverdaut gebliebene Eiweifssäule mittels
eines sehr genauen Mefsinstrumeutes und unter Zuhillenabme
einer Lupe ermittelt.
Bei unseren Versuchen erwies sich zwar in vielen Fällen
die Methode als durchaus brauchbar und ergab gute Überein-
stimmung beider Röhrchen; jene Regelmftfsigkeit aber, wie sie
Pawlow hervorhebt, war nicht immer zu konstatierent und es
differierte die Idlnge der Eiweifasylinder bis um mehrere Milli-
meter.
Folgende Fehlerquellen konnten wir beobachten : Die Eiweifs-
Säule lag nicht in ihrer gansen Ausdehnung gleichm&fsig fest
der inneren Glaswandong an, erschien vielmehr stellenweise von
ihr losgelöst. Dadurch wird dem Verdanangnafte eine grO&ere
Angriffsfläche geboten und eine sehnellere Hydroiisierung her-
beigeführt. Femer scheiden sich aus dem Eiweifs, das fthnlich
dem Oberflächenwasser Luft in absorbiertem Zustande enthält»
beim Koagulieren kleine Luftbtfisoben aus, die auf die Qleich-
mäfsigkeit der Verdauung stOrend einzuwirken vermögen. Es
gelang, diese Fehlerquelle im Laufe der Untersuchung dadurch
aussusehalten, dafs das Eiweifs auf 40^ erwärmt und im Exsik«
kator evakuiert wurde. Schlietslich können auch beim Zerschnei-
den der Eiweirsröhrehen in kleinere Versuchsstücke Fehlerquellen
hervorgerufen werden, einmal, wenn die Röhren nicht völlig
senkrecht durchschnitten werden, indem dann eine gröfsere Ein-
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Von Dr. W. HoffOuiiMk und Dr. M. Wlatgen.
197
wii kuiigsHacho geschaffen wird, sodann aber dadurch, dafs das
Eiweifs beim Durchschneiden ebenfalls von der Waiulung ab-
platzt. Trotz dieser Mängel ist das Me tische Verfahren bei
unseren Versuchen nussehliefslich angewandt worden, da es zur
Zeit keine andere phy.-?i kaiische oder chemische Methode gibt,
mit der so kleine Menden Magensaft (1 — 2 ccm) wie sie hier auf
Verfügung stehen, uuier. sucht werden könnten.
Auch bezüglich des kurzen Zeitaufwandes und der liequem-
lichkeit der Ausfülirung steht die Mettsche Methode bisher un-
erreicht da. Wir sind daher bei unseren N'ersuchen bestrebt
gewesen, die Fehlerquellen, wie sie in den gebrachten Ausführungen
skizziert wurden, nach Möglichkeit ausznschaltf ii, was uns im
Laufe der Untersuchungen, wenn auch nicht vollständig, ge<
langen ist
0. VersuchsausfühPLing.
I. NaohpriifuDg der Saaakisohen Arbeit.
Für die Ausführung der Versuche waren folgende Gesiclits-
punkte mafsgebend :
Zunächst bündelte es sicii uaiunj, unter genauer Befolgung
der Versuchsanordiiung Sasaltis die Wirkung des Lieb igschen
Fleischextraktes festzustellen.
Der 24 Stunden nüchtern gehaltene Hund bekam zunächst
100 ccm destilliertes Wasser, ^2 Stunde si)äter 100 ccm Milch;
nachdem die Haftabsonderung stark nachgelassen bzw. aufgehört
hatte, erhielt er an demselben Tag«^ /.um Vergleich 100 ccm einer
10y)roz. Liebiglösung^j und nach einer weitereu Stunde lOÜ ccm
Milch.
r^üsere Versiichsergebnisse sind in der Anlage tabellarisch
zusammengestellt. Es wird im Textteil kurz darauf hingewiesen,
teils werden sie durch Kurven zur Anschantmg gebracht.
In Übereinstimmung mit den Sasaki sehen Resultaten wurde
uach der Gabe von Fleischextrakt in sämtlichen Versuchen (An*
1) I>er Einfachheit halber wird fernerhin »Uebig«, iSiris«, »Ovosi statt
der vollständigen Bezeicbnuny gsbraacbt
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198 IM« £inwifkang von Fleiaeh- and Hefeextrakten elc.
läge \'orsuch 1 — 3) von der Magenschleimhaut de-, kleinen Magens
ein Saft produziert, der sowohl seiner Menge als seinem Säure-
gehalt nach höherwertig ist als der Magensaft, der nach der
frabe reinen Wassers und derselben Nabrungsmenge abgesondert
wurde.
Es wurden in dem ersten Versuch in der zweiten halben
Stunde uach der Wassermilchgabe 5,5 (mit AziditftI 22,5) nach
der Darreichung von Liebigmilch 9,1 ccm (Azidität von 85), bei
dem zweiten entsprechend 4,3 (Azidität84) und 8,7Gcm(Assidität 140),
bei dem dritten 8,4 (Azidität 30) und M ccm (Azidität llö)
erbalten,
Eine Übersicht über diese erhaltenen Zahlen gibt folgende
Tabelle :
1 L Veisaeh
II. Venra«^ 1
IIL Vennch
Aziililill
Menge
AzidiUt
Wasser-Milch .
6,5
22.5
1
4.3
84 1
3,4
m
Liebig-Milob . .
9,1
8ö J
■
8,?
140 1
M
115
Rechnet man die Mengen des nach der eisten und zweiten
halben Stunde abgesonderten Magensaftes zusammen, so erhält
man Zahlen, welche sowohl die Wirkung des Wassers, sowie die
Liebiglösung allein und der Stunde später folgenden Milch
gäbe in sich schliefsen und noch deuUicber die Überlegenheit
des Fleiscbeztraktes beweisen.
I. Verandi |
n. Vevrach
III.V«nne]i
Wasser-Milch
Liebig*MUch . .
0,1 + 5,5 =
;4.3-f9,l =
1,4 4-4,8 =
7,8 + 8,7 =
5,7
16.5
0,4 + 3,4 =
16,8 + 6,4=
3,8
13,7
Versuch ül graphisch daiigestellt seigt Knrve 1 (8. 195).
Betreft der verdaaenden Kraft des Magensaftes sehreibt
Sasaki: sie »wird durch die Extraktivstoffe zwar nicht in ihren
absoluten Werten gesteigert, wohl aber zeigen alle Saftportionen-
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Von Dr. W. HoflnMiui und Dr. M. Winlnea.
199
4 1
Ihh
2
/
3
P
Sunt
ien-
/
m
. -/
-* — '
/
/
f
l
\
\
\
/ i
/ 1
*
/ /
/ 1
V**
\
14- -
Ii
'/
Kurve I.
die wahrend der verlängere
ten Sekretionsdauer abge-
schieden werden, eine ver-
dauende Kraft, die jeden-
falls nicht derjenigen nach'
steht, welche der Magen-
saft bei den Kontiollver-
suchen mit destilliertem
Wasser erkennen lälktc
Wir haben nach dem
im Teil G. III Gesagten
bei nnseren Versuchen
keine Eonstans in den Er-
gebnissen der Verdaunngs-
kraft feststellen kOnnen. Wenn auch bei dem Versuch III nach
Uebiggabe höhere Veidauungswerte als nach Wasser gefunden
wurden, so geht doch aus dem Versach II und IV hervor, dals
auch geringere Werte sur Beobachtung kamen.
Hierbei ist zu erwähnen, dals eine gröbere Menge Magen
saft mit einer etwas geringeren Verdauungskraft einen gröfseien
Einflufs auf die VerdauungsTorgänge im Magen ausflben kann
als eine kleinere Menge Saft mit etwas höherer Verdauungs-
wirkung.
Ob verschiedene grofse Pepsinmengen die Unterschiede in
der Verdauungskraft bedingen, oder ob andere Momente aus-
schlaggebend sind, bleibe dahingestellt
Da der Einwand erhoben werden könnte, dafs die Magen-
saftdrüsen in nüchternem Zustande vielleicht »schwerfälliger« auf
eingebrachte Nahrungsstoffe lea^äeren, und dafs die einmal an-
geregte Drüsentätigkeit ilurch den nachfolgenden Fleischextrakt
zu besonders hoher iSaltabsonderung angeregt werde, wurde ein
Versuch in umgekehrter Reihenfolge (Liebig milch -Wassermilch)
angestellt (Versuch IV). Aber auch hier war bei dieser Versuchs-
anordnung der Einflul's des Fleischextraktes deutlich in die Augen
springend (Kurve 2). Es wurden % Stunden nach der Liebiggabe
7,2 ccm (Azidität Ö4,4) und nach der Wasserabgabe 2,5 ccm
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200 IM« Binwiflnuig ton Pleisdi* and Hefeextrakten etc.
(Azidität 41,6) abgesondert Das Reealtat nach 1 Va Stunden,
wobei auch die Wirkung der MOchgabe zum Ausdruck kommt,
ist aus folgender Tabelle zu ersehen:
Nach deu prstcn
*l, Stil Ilde u
1
Nach den xwelten
*U stunden
1
ZuaUUDMI
Menge
AzidiUt {
Menge
AzidiUt
Heng»
Uebig Milch. .
7^
84,4
5,6
110
ISiSoeni
WaMer^Milch .
«,8
46,6
80
8,1 »
Was die Dauer der Sekretion anbelangt, so konnte nicht
in allen Fällen eine naehhaltigeTe Wirkung bei Liebigmilch
gegenober Wassennilch nachge-
wiesen werden, es ist sogar hie
und da (Versuch 2 und 8) nadi
1 V2 Stunden ein stärkerer Rück'
gang in der Menge des abgeson*
derten Magensaftes beobachtet
worden. Es ergibt üch aus den
Versuchen, dafs wir in der Lage
sind, durch die ExtiaktivstolSe
des Fleisches (Liebigs Fleisch-
ez^kt,Bouillon usw.) in quanti-
tativer und qualitativer (Azidit&ts-
grad) Hinsicht eine stärkere Be-
einflussung der Magendrüsonfunktion herbeizuführen, als wenn
an Stelle des Fleischextraktes nur Wa.sser gegeben worden ist.
Es war nun weiter noch zu prüfen, wie sich die Einwirkung
des Fleischextraktes auf die Magenschleimhaut äufsert, wenn der
Extrakt nicht vorher, sondern unmittelbar mit der Nahrung ver-
mengt, gereicht wird.
Zu diesem Zwecke wurden 2 N'ersuche ausgeführt (Versuch
V und \'I der Anlaire), die lu-ide beweisen, dafs die gleichzeitige
Darreichung von l'^lcischextrakt und Milcli (10 g Extrakt in
100 ccm Milch gelost) innerhalb eintir Stunde die AIls( Änderung
einer etwas gröfseren Menge Safts mit höherem Säuregrad her-
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Von Dr. W. Hoffmann und Dr. M. Wintzen.
201
vorruft, als wenn Vs Stunde nach dem Fleiscbeztrakt die Milch ge-
geben wird. Wenn, wie aus Tabelle und Kurve ersichtlich^derUuter^
schied aucb, kein bedeutender ist, so ist doch als sicher mm min-
desten die Gleichwertigkeit beider Extraktdarreichuugen erwiesen.
Im ersten Versuch wurden (Kurve III) nach Liebig mit nach-
folgender Milch nach der ersten halben Stunde 2,2 ccm (AsiditSt 40),
nach einerweiteren halben Stunde
0,5 ccm (Aziditftt 115) susammen
also 8,7 ccm nadi kombinierter
Gabe von »Lieb ige und Milch
4,2 (Asiditftt 100) in der ersten
6,2 com (AriditiU; 145), in der
sweiten halben Stunde susammen
10,4 ccm abgesondert
Im sweiten Versuch wurde
zwischen beiden Probemahlxeiten
100 com Aqua destill, einge*
schoben, um Jede eveni. Nach-
wirkung der ersten Portion ausxusohalten. Daa Ergebnis war
jedoch dasselbe: in der ersten halben Stunde 2,1 com (A«dität
40) in der zweiten 5,8 ccm (Azidität 80). zusammen 7,9 ccm, nach
der kombinierten Darreichung in der ersten halben Stunde 4,9
(Azidität 85), in der zweiten 3,0 (Azidität 110), zusammen eben-
falls 7,9 mit etwas höherem SäuregeliaU. In diesem Versuch
ist also die Saftmenge in beiden Fällen gleich.
Wie aus der Tabelle ersiclitlieli, werden unter der gleichzeitigen
Wirkung von Liebig und Milch in der ersten halben Stunde gröfsere
Mengen Saft produziert, während bei der gelrennten Darreichung
der Höhepunkt der Saftsekretion in die zweite halbe Stunde täUt.
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7.»
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203 IM* finwirkaiiK von Fl«iicb« and Hefeeztnkten etc.
IL Veig lato ii n d» Veiwube über dfo B towirkmi g yod H«fb- ntid
FleiadlMKtnkfcaii anf dto SCagwuMAalMondflrans.
Von Hefeextrakten wurden Siris und Ovos geprüft. Die
Untersuchungen wurden derart angestellt, dafs sowohl »Liebig«
mit >Ovo8« als »Liebig« mit »Siris« und »Siris« mit »Ovos« und
zwar auch in umgekehrter Reihenfolge verghcheu wurden.
VeniMsh VII— ZIV dw Anlage.
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1
0
Kurve IV.
Kam V.
Aus den obenatehenden Kurven ist zw ersehen, dafs bei allen
Modifikationen der Liebigsche Fleischexirakt rela-
tiv und absolut gröfsere Mengen Magensaft mit
höheren 8&uregraden zur Absonderung brachte, als
die Hefeeztrakte Siris und Ovos.
Die höchsten absoluten^) Zahlen betrugen:
bei
1 nach V| Stttnde
1 nach 1 Stunde
[ Meng«
aiuxegehalt
Menge
Sftnv^eludt
LIebig . . .
Siris ....
OvOB ....
7,8 ccm
7,0 .
1 •
112 *^ Na OH.
110 -
96 —
\ •
, 9,1 ocm
5,8 •
1 6,3 >
140 Na OH.
130 —
lao —
1) Die höcliäteu relativen Zahlen sind aus deu eiuzeluen Versucbeu su
eraeben.
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Von Dr. W. Hoftmann ttnd Dr. M. 'Wintzen.
203
Die Verdauuugskratt zeigt«, wie schon er iv'tii i 1 it. auch bei
diesen Versuchen keine eiuUeutige Überlegeuheit des einen im
Vergleich zum andern.
Nach den eben geschilderten Versochen war eine Überlegen-
heit des Liebigschen Fleiscbeztraktes im Vergleich zu den
Hefeexbr»kten in ihrer Einwirkung auf die Funktion der Magen-
drfisen (Menge und Axidität) nachgewiesen. Es war nun noch
festBUStellen, ob es durch Erhöhung des prozentualen Extrakt»
gehaltes von »Sirist und «Ovosc gelang, eine Wirkung auf die
Magenschleimhaut auszntlben, welche ungefähr der durdi Lieb ig*
sehen Fleischextrakt hervorgerufenen gleich kam.
Hierbei sollte auch besonders der geringere Geldwert der
Hefeextrakte beracksichtigt werden. Durch Anfragen bei grO&eren
Firmen war festgestdlt worden» dafs bei einem Beaun^uantum
Ton 1000 kg.
1 kg Liebig . .
1 « Siris . . .
1 c Ovo«. . .
kostet.
Wir gaben nun dem Hunde zunaclibt eine 12,5pro7. und
später eine 15proü. Sinslösuug und eine löproz. Ovoslosuug,
von dentn die 15proz. Sirislösung dem Preis nach (76 Pf.) un-
gefähr einer lOproz. Liebigiösung (80 Ff.) entspricht.
Es wurde in keinem Versuch (Versuch XU, XIII, XIV)
ein Saft sezemiert, der qualitativ und quantitativ dem entsprach,
der nach Gabe des L i e b i g extraktes erzielt wurde; auch hatte die
15proz, Siris- und üvoslösung bei den) Mundo Widerwillen her-
vorgerufen, wie auch die lOproz. Hefeextrakte bei Beginn der
Versuche weniger gern von dem Hunde genonm^eu wurden; im
Laufe der Zeit hatte er sicli aber daran gewöhnt.
Die nftheren Verhttltnisse veranschaulicht folgende Tabelle
und Kurve VI und Vn
ArablT Mr flnüne. Bd, LXI, 15
= 8,50 M.
= 5,00 t
= 3,50 €
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204
Die Einwirkong von Fl«i8ch- and Hefeextraktan etc.
lifcw. airta-lllkh. — lOpm Lle¥lfwinieh.
Nacb der ertten
Nacb der zweiten
(naaminen
1 MMdl
Extrakte <
' *ft Stande
Vt
StoDde
j 1 Stunde
Menge
AJiidität
Menge
AsidiUU
Menfe
15 proz. Piris
2,1 ccm
f
68,4
2,8
100
4,9 ccm
10 pro«. Liebig. ^
4.0 .
112
m 1
jlO^ß »
16 prei. Oroe-MUelu — lOprocLIeklv-Mileh.
Iftpn». Ovos . !
2,4 eom
■ e»
10»
6.1
lOpraa. liebig. I
M »
110 ,
8.8
110
ms
Ovos-Milch
1 iUfe 2
1 i«r g cvg j
2^>fe | 3 |3^/&
^5%
►1/2
1
l'/e , 2
a'/2l 3
^ 1
✓
— 1
/
/
/
Karre VI.
Karre VIT.
Es erscheint angezeigt, liier daravif liin/.uweisen, dafs wir
die lOproz. F/Xtraktlösungen, wie Sasaki, deshalb anwatuiten,
u?Tj deutlichere Aus.scliläge bei den Versuchen zu erhalten. Im
allgemeinen wird zu Genulszwecken eine Liebiglösung vou viel
geringerem Prozentgehalt verwandt.
Recht von Bedeutung \^\. hei konzentrierteren Kxtraktlösungen
der Gehalt an Salzen (bei Liebig ca. 22%M, der auf osmotischem
Wege eine mehr oder weniger starke Transsudation von (iewebs-
rtüssigkeit iti den Magendarmkanal und hierdurch einen diar-
rhöiscben Zustand herbeiiühreu kaou. Aus den mit deu Hefe-
*) Binen noch höheren Gehmlt an Mineralstoffen, besonders an Koch*
sali, besitst O^os.
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Von Or. W. Hoffmann und Dr. M . Winlgen.
805
extrakten Siris und Ovos im Vergleich zu dem Liebigechen
Fleischextrakt ungestellten Versuchen ergibt sich also, JüIs sie
selbst in grüfseren Gaben als Liebig in ihrer Wirkung anf die
Magenscbleimhaot von geringerer Bedeutung sind als dieser.
Vertuche, die Urstclie dar vertchlodmen physlologitchon
Wirkung dmr Extraitto zu srmlttolii.
Die bisherigen UntersucliuDgeD hatten ergeben, daTs der
FleiBdieztrakt den beiden Hefeextrakten in der Wirkung auf
die Sekretion des Magensaftes zweifellos fiberlegen ist^ weiterhin
aber auch, dafs Oyos wiederam weniger wirksam ist als Siris.
Da diese letzteren Extrakte aus dem gleichen Ausgangsmaterial
gewonnen wurden, so konnten einmal die Art der Darstellung,
s. B. eine mehr oder minder weitgehende Verinderung der Hefe-
extraktirstoffe, sodann die etwaigen Zusätze zu dem Produkte
iu Fonn yon Salzen etc. hieran schuld tragen. Unsere Aufmerk»
samkeit wurde zunächst auf 'letzteren Punkt hingelenkt.
Aus früheren chemischen Untersuchungen des Laboratoriums
war bekannt, dafs Ovos sich gegenüber Liebig, wie Siris, durch
einen höheren Gehalt an Mineralstoffen auszeichnet und dieser
wiederum zum grOfsten Teil aus Kochsalz besteht. Das Koch-
salz ist in der Hefezelle nur in relativ kleinen Mengen enthalten
und dürfte zum Zwecke der Konservierung dem Oyosextrakte
extra angesetzt werden.
Folgende Werte waren seinerzeit für die betreffenden Ex-
trakte in Prozenten gefunden worden:
OvoB (fest)
Liebig
Qeaamtgehalt an Mine-
ralstoffen . . . .
96.86
12,%
19.50
Pl ftttf Koohsals be-
rechnet
16,45
2,86
2,60
IM
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206 Die Binwirknng von FMseh« ond Hefeezinkten «te.
Nun liegen eine Keilie von Arbeiten ul tT den Einflufs döS
Kochsalzes auf die Saftsekretioo im Massen, sowohl am Menschen
wie am Hunde, der nach Pawlow operiert war, vor*), welche
übereinstimmend feststellten, dai's Kochsalz die Magensaftsekretiou
herabmindere.
Es lag daher nahe, einen \'ersuch zn machen, dem Ovos-
extrakte durch Dialyse die MineralstofEe, besonders das Kochsalz,
teilweise zu entziehen und mit dem so behaudelteu Safte Ver-
suche über seine nunmehrige Wirksamkeit anzustellen. Zu dem
Zwecke wurde eine lOproz. OvoslOsung 36 Stunden der Dialyse
unterworfen. Die hierdurch von den Mineralsalzen gröfstenteils
befreite Extraktlösung wurde sodann für einen Versuch benutst,
bei dem einmal diese Lösung und Milch, lerner die ursprttng'
liehe OvoBlösung und Milch gegeben wurden. Weiterhin wurde,
um den Kinflufs der Mineralstoffe auch im Fleischextrakte m
studieren — die Meinungen Über ihre physiologische Wirkung
gingen bisher sehr auseinander, — auch Fleischextrakt der Dialyse
unterworfen. Der so von den Salzen und etwaigen dialysier-
baren organischen Verbindungen grüXstenteils befreite Extrakt,
ebenso auch der unveränderte Extrakt, wurden nunmehr in ihrer
Wirkung auf die Magensafftsekretion verglichen.
Die Ezgebnisse, auf deren tabellarische Wiedergabe hinge-
wiesen wird, waren sehr überraschende. Sowohl im Ovos wie auch
im Fleischextrakt war die uisprüngliche Wirkung auf ein ganz
geringes Mafs zurückgegangen. Es mufsie hieraus gefolgert
werden, dafe die wirksamen Bestandteile, d. h. die, welche die
Magensaftsekretion anregen, in den durch die Dial)^ entfernten
Bestandteilen zu suchen waren.
Ob dies die Kalisalze sind, wie früher behauptet, spftier aber
von verschiedener Seite widerlegt wurde, oder organische Ver«
bindungen, welche durch die Dialyse ebenfalls entfernt werden,
hierbei in Betracht kommen, sollte durch weitere Versuche nach*
gewiesen werden.
Es wurde zunächst folgender Versuch ausgeführt:
Aus dem Prozentgehalt an Säuren und Basen, wie sie in der
Asche des Fleischextraktes enthalten sind, wurde berechnet, was
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Von Dr. W. Hoffmukn nnd Dr. M. Wintgen.
207
für Salze, und in welcbeu Mengenverhältnissen in dem Fleisch-
extrakte vorkommen; speziell aus der Phosphoraäure, wieviel
primäres bezw. sekundftrea Kaliumphosphat in dem ursprÜDglicheD
Extrakte enthalten gewesen war. Unter Zugrundelegung dieser
Werte wurde eine Salzlösung von der Stärke^) hergestellt, wie
sie in einer lOproz. Fleisohextraktlösung ungefähr vorliegt.
Hierbei wurden mir die Spuren von Eisen, sowie Kieaelsfture,
die nicht diffundiert, unberücksichtigt gelassen.
£in mit dieser Salz-
lösung ausgeführter Ver-
snob Nr. 19 ergab, dafis
diese eine deutliche er-
kennbare Wirkung auf die
Saftsekretion ausübte. Sie
reichte allerdings nicht an
die Wirkung der Fleisch-
extraktlüsung heran, war
jedoch gro(s genug, dals ein
Eänflufs der Salzlösung vor-
suliegen schienfKurv.YIII).
Der Versuch wurde in der Weise wiederholt, dafs obige
Salzlösung, femer dialysierter, also von den Salzen teOweise be-
freiter Extrakt aus Original Ldebig an ein und demselben Tage
nacheinander geprüft wurden. Während sich die Unwirksamkeit
des Fleischextraktes, der you dialysierbaren Substanzen grolsen-
teils befreit war, von neuem bestätigt fand, zeigte die anorgani-
sche Salzlösung nicht die erwartete Wirkung. Es mub daher
die Frage, welches sind die wirksamen Bestandteile des Fleisch-
extraktes» zunächst noch offen bleiben. Die Kl&rang ist jedoch
durch die Erkenntnis, dafs die Wirkung in der dialysierbaren
Substanz liege, ihrer Verwirklichung nähergerückt, soll weiter
▼erfolgt werden und sind Versuche hierüber im Gange.
1) Die I^8UQg hatte folgende ZuBammeosetzuDg : nn^ SO« 0,128 Vo
mg HPÜ4 0,146«/,
X^HPO« 0,461 •/•
K, PO. 1.001 ^ „
Na^SO^ 0,141»/«.
208 lA« Eiawiikang vod FleiBcb' und HefeextnktoD etc.
Beurteilung der Ergebnisse.
An der Hand der erbaltetieii VersucbeefgebnUse ist nachge-
wieeen worden, dafs die Sekretion des Magensaftes von Fleisch*
extrakt in höherem Malse angeregt wird als von Hefeeztrakten,
weiterhin, dals die Azidität des Magensaftes einmal keine kon*
stante und femer wiederum bei Liebig stets grOfser ist als bei
den Hefeextrakten.
Worauf können nun die verschiedeuen Saure werte beruhend
Der wechselnde 0,07 — 0,55'% betragende Gobalt au Salzsäure
könnte den Gedanken nahelegen, als ob die Maireudrüaen einen
Saft luit wecbsehidem Säuregehalt produzierten. In Übereiu-
stiniinung mitPawlow nahmen wir aber an, dafs ein Saft von
konstanter Azidität al'geschioden wird, dessen Säurerückgang se-
kundfir herbeigeführt wird. Die Azidität des Magensaftes wird
nämhc'h beeintiulst von dem . alkalisch reagierenden Schleim,
einem i^rodukte der Schleimdrüsen, welches die Oberfläche des
Magens bedeckt. Mit diesem Schleim kommt der Verdauungs-
saft in Berührung. Da dies um so langsamer geschieht, je ge-
ringer die Saftbildung ist, da femer von der Stärke der Saft-
sekretion die Alkaleszenz des Magenschleimes selbst abhängig ist,
so wird die A/idität von der Saftmenge und auch von dem
hierdurch beeintiufsten Schleim bedingt. Diese Überlegnngen
sind bei der Beurteilung der gefundenen Säurewerte zu berück-
sichtigen ; sie sind auch experimentell erhärtet worden. Es wurde
filtrierter, klarer Magensaft, dessen Azidität bekannt war, mit se*
zerniertem Schleim ^/^ Stunde in einem Schüttelapparat kräftig ge-
schüttelt. Hierbei wurde in 2 Versuchen ein Rückgang der
Azidität von 130 auf 120, bzw. 120 auf 100 festgestellt.
Dies Ergebnis ist um so bemerkenswerter, als die Reaktion
des benutzten Mageuschleimes, der in dünner Schicht an den
Wandungen des VersuchsgefäfstH langsam herabgelaufen und
mit dem sauren Magenaafte auch s^clion vorher in innige Be-
riiluung gekommen war, so weit ueutraiiäiert erschien, dals er
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Von Dr. W. Hoffmann and Dr. H. Wintgen.
209
an der Oberflfiche gegen Lackmuspapier nicht mehr alkalisch
reagierte.
Die von Pawlo w und Bickel hervoigehobene Konetans in
der Äziditftt des Magensaftes glauben wir daher durchaus be-
stätigen SU müssen.
Ks bleibt nocli zu erörtern übrig, ob und inwieweit Fleisch-
und Hefeextrakte die Verdauuiigskraft des Magensaftes zu beein-
flussen vermögen.
Unsere Untersuchungen haben in dieser Beziehung keine
erheblich voneinander abweichenden Werte ergeben. Es können
daher, unter Hinweis auf die im Teil C. III. gebrachten Aus*
führangen keine sicheren Schlüsse gesogen werden.
Schlurasäti«.
1. Die Versuche von Sasaki sind bestätij^t worden mit
der Einschränkung, dafs die Keaktionsdauer des Fleiscli-
extraktes im allgemeinen nicht eine solch nachhaltige
war, wie er angibt.
2. Es gelang nioht, mit Hefeeztrakten die gleiche Wirkung
SU erciel^n wie mit Liebig; auch bei Erhöhung der
Hefeeztraktmengen wurde dies nicht erreicht.
3. Von den beiden Hefeeztrakten hat Ovos geringeren phy-
siologischen Wert als Siris.
4. Die physiologische Wirkung des Fleischextraktes l)eruht
nach unseren bisherigen Versuchen in jenen Bestand-
teilen, welche mittels Dialyse entfernt bzw. isoliert
werden können.
5. Trotz des ▼erschiedenen Säuregeh^tes der einzelnen
Saftportionen ist die Azidität des sezemierten Saftes an
sich konstant, sie wird aber dureb den Schleim bsw.
dessen alkalische Reaktion sekundär beeinflubi
Die Versuche sind am 16. März 1906 abgeschlossen woi-den.
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SlO Oi» Jfinwirkang fon Fl«licli' and HnfeeartrakteD etc.
L Tersueh. Watser-Mllch — Lleblf-MUeh.
Wasser Milch 1
Liebig-Milch
1
i
H«iife
ccm
.Saureern«)
~ N«OU
10
VenUU' 1
mm
aaftmeng«
Häuregrad
Vftzdaa*
angikiaft
«im
1
Nach Std.
0
nur Schleim
1
4,8
36,6
> 1 >
5,5
22,50
9,1
8Ö.0
* IV. »
4,7
4d.ao
5,5
> s >
2,3
36,66
M
27,78
!
WMi«r»Milch
LMfaig-Mileli
Nach »/, Sid.
» 1 • 1
» IV, »
> 2 >
• 2V, >
1,4
4.3
1,25
1.2
viel Schlm.
f
f
1
40
84
j 87,6
18,2
13,1
7.8
8,7
2.45
1.61 1
1.6l|
' 1,4
viel Schlm.
1,0
vittlSehlm.
IIK) ' 11,75
140 7,5
III 11,95
1 90 12,8
1 50 9,66
III. Yersueh. WasHer-Mileh — Lieblg-Milcli.
Wasser- Mi Ich
Liebig-Milch
1 30
7,6
1
6.8
6,4
s.
115
14,3
10,8
1 42
9,0
2,0
2,1 Schlm.
100
14,15
13,8
1 1 18,8
-
1
! -
1
Nach Vt 8td.
1
1'/.
2
2
0,4 1-si
1.8
2,0 Iriühlll)
1,6
.vi«18ehliD.
Digitized by Google
Von Dr. W. äoSnuiim nnd Dr. H. Wiiitg»ii. 21 1
IV. Ventaeh. Liebl^-Mlleh — WassefMileh.
1
Liebig-Milch
Waarar-Milch
<>"
Venliiii-
uiigsknift
Ulm
j Menge
ccm
Sfturcgrad
fö
VerdAU-
ung«kmft
mm
Nach Std.
7,2
84,45
n.i
2.5
41.6
» IV, »
5,6
110.0
9,45
5,8
Tl«18ebln.
80,0
1S,6
* VU >
l,8seU«im
8;8
66
» SV, »
0,4 .
T. Tenaeh.
JLiebls-Mlieh - Liebi|r -j- MUeh.
I Uabif Milch
liebig in UUeh galMk
Nach Vi Std.
2,2
40
^2
100
IT
1 »
6,5
116
IS
6,S
145
17
• IV. »
• 2 »
«.0
1»
90
10^
S,2
0.7
j 120
TL Tersuch. Liebif-Mllch
— Wasser — Lleblg + Klleh.
Liebig-Milch- Wasser
Liebig in Milch galOflt
^—
2,1
40
4,9
85
18.85
» 1 >
1 6.8
80
14,9
8,0
HO
1 IV, »
2,0
78
0,8
107
9 2 >
1,2
55
nach Vf Std. j
1,0 1
Schlwiml
56
TIL T«rraeh. WaMar-HUek -
— Oroa-lUlalu
1
Wasser-Milch
OvosMUch
Nach V, Std.
0,1
hcblelm
8,0
46
1S,3
> 1 >
2.3
85
7,8
2,8
70
13,6
• XV. » '
> 2 >
2.2
2.0
Schleim
1 70
14,5
8,6
1,8
86
78
11,6
11,4
' 2V. • i
0.5
viel Sctüm.
88
0.7
Soblelm
212 Efnwirknng Ton Pl«iteh- nnd Hefeextrakten etc.
Tin. Tersach. Oros-Milch — Lleblg-Mileh.
Ovo«-Miloh Ii liebig-Uilph
cem
ti
- Xaull
iü
VerÄan-
iiliKj<krnft
mm
cem
Verdaa-
mm
Nach Vi 6td.
80
12»6
6.4
viel Schlm.
15,6
> 1 >
6.3
120
9.5
, 7.9
125
10.4
» IV, »
1,9
105
4,1
115
13,8
> 2 >
1,3
vl«lSeh1ia.
90
.
1,6
80
IX. Versuch. Sirls-Mileh — Liebig-Mileh.
f
Sir-s-Milr'h
1
Nach Vi i
2,48chlelm
50
16,5
7,1
16,5
» 1 >
6,3
ISO
10,3
180
16,0
» iVt >
3,8
125
18^
1 lA
100
19,6
2 .
2,0Selri«ta
90
16,2
. 2'/. .
■
1 SirisMiicb
1
Liebig-Milch
Nach V, Sur.
4.8
96,6
7.4
7.0
HO
11,0
> 1 >
M
127,5
6,2
180
2.4
. IV, .
9,7aeblelin
1 110
2,3
180
9,15
> 2 >
Tla) Bcblm.
10,75
0,8
t1«I Bohlm.
ISO
XI.Tftm«li. Ovoa-midi —
Ovos-Milch
Siris-Milch
Nach Va Std.
. 1 .
» IV« »
> 2 >
» 2V, »
2.8
4^
2,2
1^
Sehtolm
' 0,6
95
127
130
85
66
10,5
iy,5
12,8
4,9
5,7
l.U
v!el Slcblin.
105
130
100
13,1
li,0
Digitized by Google
Von Dr. W. Hofrmmui md Dr. M. Wintgen. 213
XII. Tersneh. lOproi. Ltebif-Mlleh — 12,6 proz. SlrU-lllleli.
10]kros. Ltobig-llilch „ lS,5pros. Sirb-Miteb
MenK«
ccm
SAuregratl
To ^"
Vwdm- 1
UDgikr&tt
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SAuregml
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uDfrsknilt
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Nftch Vi Std. ,
M
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1
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12,25
> 1 »
6.«
106
10,0 1
2,8
Sebleln
90
10,4
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11.8
0.8
Schleim
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0,6
XIII. Teiraeh. t&ftt, Sirls-Hlleli — lOpros. UeUf^MlIdk.
15pros. 8iri»-Mtlcb lUproz. Liebig Milch
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Nadi % 8ld.
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prei. Orei
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* 1 >
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XV.
1
2.4
3.7
1.4
Versieh.
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9,5
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11,1
5,6
M
3,7
115
116
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10,4
9,45
10,0
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214
Di« Knwirkimg TOn Fl^h- nnd HerMxtniltten etc.
CD -4 ex
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Von Dr. W. HofliMim nttd Dr. M. Wintg»». 215
XTin. TersMk.
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6,7
100
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90
9.5
7.2
106
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^ viel
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4,7
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125
8,15
Scbleim
2
80
95
11.5
1
2,9
70
1
1
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216 EinwirkQDg v. Fleiach- n. H«fes(nkten. Von Dr. Hoffmann u. Dr.Wintgen.
Literaturübersicht
1. M. Wiutgeu, Über die Bedeotang von Fleisch- und Ilefeextrakten für
die Ernährung (Veröffentlichungen aus dem Gebiete des MilitOrsanitAtB-
waoenaX Helt S9, Nr. VIL
5. Zeitschrift fOr ^ üntmochting dar Kahmiiffi- und CrannbmlttBL VI.
781, VII. 57.
3. Archiv f Qr Hygiene, Bd. 51» 8. 19.
4 ÄxiMr für Hygiena, Bd. 61, 8. 1.
B. Dantaeha madlsiniaeli« Woehanaehrift, 1905, Nr. 19, 8. 747.
6. Pawlow, Die Arbeit der Verdauungsdrfiaen, 1896.
7. V. JakBch, Klirifrhf Diagnostik,
8. Verhandlung des Kocgresaes für innere Medizin, 22. Bd. : Experimentelle
Unteraadiiing flbar dan Hnfldft dar Koahaalatbarmaii aal die H agenaafl-
sekretion von Dr. A. Bickel.
9. König, Ghamia dar manachlichan Nahroiisa* und Oanniaiiiittal, IV. AafL,
Bd. 1.
Erklftrang fOr die Knnren.
^^^^ badantat dia 8aflnian8a in Knblkiantiiiiatani.
........ badavtat dia fllr 100 cem Haganaaffe rar Nanteaiiaation varbnnefata
Manga Na OH. IMa Kanranaabl tat mit SO so multipttaiaian.
I I I I }— badaatet die Verdaaungskraft (faatgeetellt nach dem Mattachan
Yaiftdiran in HU1imatam>
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Zitronensänre und Sonnenstrahlen als Desinfektions-
mittel fär Iriakwaitöer lilr militärlsclie Zwecke.
Von
Mariuestabsarzt Riegel
AMfitonicn am Inttttot.
(Aw dem Hygieniacbeii Iiwtitat d«r ünivmitfli Berlin.
Direktor: Q«b. BlecL-Bat Prof. Dr. M. Rnbner.)
Die folgenden Versuche sind ausgeführt worden, um zu
prüfen, ob durch Zitronensäurezusatz zum Wasser in Mengen,
wie sie gewöhnlich zur Bereitung von Limonaden verwendet wer-
den, bestimmte pathogeue Keime so rasch und sicher abgetötet
würden, daTs für gewiflse militärische Zwecke die Umwandlung
▼erdächtigen Trinkwassers in Limonaden empfohlen werden könnte.
Ein Bedürfoie, unabbängi«: von ilen grof^en, fahrbaren Wasser
sterilisieruugsapparaten, wie sie fast bei allen Heeren TOigesehen
sind, Trinkwasser au! möglichst einfache Art von pathogenen
Keimen su befreien, ist namentlich im KoloDialkrieg und bei
den Landungsabteilungen der Marine vorhanden. Die kleinen
Verbände^ die hier häufig zur Verwendung kommen mdanen,
Streifwaehen, Wachen und Posten, rind nach den Eigentttmlich-
keiten der E^riegsführung in unsivilisierton L&ndem nicht selten
geswnngen, TdUig selbständig aufsutreten, von der Haoptmaoht
und ihren Hilbmitteln au! längere oder kürzere Zeit losgelöst.
Schwierig gestaltet sich fOr solche Abteilongen dann die Ver*
soigong mit gesundem Trinkwasser.
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^IB ZitronensAnre and Sonnenstrahlen «Is DesiofektionMnittel etc.
Das einfachste and sicherste Veifahren, das Wasser abzn-
kochen und es so oder in Form dünner Kuffee- oder Teeaufgasse
SU genietsen, läfst sich nicht immer durchführen, sei es, dafs es
an Brennmaterial mangelt, sei es, dale aus Gründen militfirisoher
Sicherheit kein Feuer angezündet werden darf, denn der Rauch
ist ein arger Verrftter, der in dünnbevölkerten Lflndem die Aul-
merksamkdt auf weite Strecken auf sich zieht.
Die chemischen Desinfektionsmittel, die zur Trinkwasser-
reinigung, namentlich auch für militärische Zwecke empfohlen
worden sind, wie Kaliumpermanganat, Chlor, Brom, Jod, Wasser-
8toffsu|»eroxyfl u. a., sind, abgesehen davon, dafs über ihre Wirk-
samkeit keiueswe^b Einigkeit herrscht, teils sehr schwierig /u
transportieren, teils ist ihre Anwendung so umständlich und zeit-
raubend, uais sie für den oben angegebenen Zweck, der vor allem
Einfachheit erfordert, kaum in Betraciit kommen.
Am bequemsten wäre es, wenn sich Keimfreiheit durch den
Zusatz chemischer Stoffe erzielen lief»e, die als verbreitete üeuufs-
mittel überall verhältnismäfsig leicht zu beschaffen sind. Schum-
biiri?^), dem wir überhaupt ausführliche Untersuchungen über
die ( iHwinnung keuiifi eit n Trinkwassers durch chemische Zusätze
verdanken, hat aucli eine Reihe solcher .StotTe untersucht, so Tee
und Kaffee, Cognak, Rotwein imd Essig, Er kommt zu dem
Ergebnis, dafs alle diese Stoffe entweder gar keine oder eine so
geringe desinfizierende Kraft besitzen, dafs sie in der Praxis für
die Wassersterilisieruug nicht zu verwenden sind. Die Zitronen-
säure, ebenfalls ein verbreitetes Genufsmittel, ist vou Schumburg
nicht untersucht worden. Dagegen bat Liefmann^ nach dieser
Richtung mit der Zitronensäure eine Reihe von Versuchen ange-
stellt, die zu recht günstigen Ergebnissen ftUirten. Er fand, dafis
Typbusbakterien, die in Reinkultur Leitungswasser zugesetzt
worden waren, das 0,5^0 Zitronensäure enthielt, in SO Minuten
völlig abgetötet wurden. Gleiche Ergebnisse endelte er mit einer
Aufschwemmung von l^husstuhi.
1) Schumburg, Ve; iTr t i hangei» «ai dem 6«bi0te dos MiUtlr>
MniUtawesens, Heft 15, 1900, 34 tt.
2) Liefmann, Unlersucbungen über die Wirkung einiger Säuren auf
fMundheilMchldliehM Trittkwttner. Disa. Freibarg 1908.
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Von MarinestabBaixt kiegel.
Die Liefmannsche Arbeit war mir noch nicht bekannt,
als ich meine Untersuchungen über die Wirknng Ton Zitronen*
efture auf pathogene Keime in Waaaer begann.
Um über die Menge der Zitroneneftore, die in gewühnÜcher
Zitronenlimonade enthalten ist» eine VorBtellung an bekomme,
stellte ich mir aue einer Anzahl Zitronen Limonade in der Art
her, dab ich den frisch mit dem Qnetacher auggepiefeten Saft
einer Zitrone mit ^\ Wasser vermischte, dem ich noch 10—15 g
Rohnucker hinsnfttgte. Wie doreh Titrierong festgestellt wurde
(1 g Zitronensäure wird dureh 14^ cem Noimalnatronlauge neutiali*
siert), enthalt so hergestellte Limonade im Mittel 3,5 prom. Zitronen*
säure. Aus einer Zitrone kann man im Mittel mit dem Quetscher
37 com Saft gewinnen. Bei den Zitronen, die ich benutste, war Säure-
gebalt und Saftmenge bei jeder ziemlich ^eioh. Nach Honsel und
Prinke^) bew^ sich der Säuregehalt des frisch geprebten Saftes
der Zitrone überhaupt zwischen 5,2 und Der Säuregehalt
ist abhängig vom Reifungszustand der Frucht — unreife enthalten
mehr Säure als reifo — und, wenn man nach anderen Früchten
acbliefsen darf, wahrscheinlich auch von der Art und Tom Ur
sprungdand der Frucht Dieses ist bei den Zitronen, die bei uns
auf den Markt kommen, nadi Beythien tmd Bohrisch^) je nach
der Jahreszeit verschieden. In gewissen Monaten überwiegen bei
uns die Zitronen aus Sizilien, in anderen die aus Spanien, in wieder
anderen die aus Kleinasien usw. Der ungleichmäfsige Zitronen-
säuregehalt der verschiedenen Zitronen veranlafste mich, zu meinen
Versuchen später nur noch kristallisierte Zitronensäure zu benutzen.
Aufserdem waren für diese Walil noch folgende (iründe raafsgobend :
Die kriütallisierte Zitronensäure ist billiger, leichter zu beschaffen
und leichter zu transportieren als die in der Frucht entliaUtJut!
Säure, Ferner ist sie uuter gewöhnlichen Verhältnissen unbegrenzt
haltbar. Auch die Möglichkeit, dafs die im Zitronensaft enthaltenen
Pektin- und EiweilsstofiEe die keimschädigende Wirkung der Zitronen-
1) Heaael mul Prtnk«, DanteUang und PrOftug von Zittoneoflaft,
Fhaurm. Ztg.. Nr. 49, 8. 68.
3) Beythien and Bohriach, Zeitachrüt t Nahrangs- und OenalH-
mittel, Bd. 9, S. 461.
Aiohlv für Hygiene. Bd. LXl. 16
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^HroneDtftare an<l flonneotintileii ftl« Deaintoktbnftmittel eke.
bäure beeinträchtigen kunntcn innfstp ins Auge gefafst werden.
Nachdem Vorverpudie eru' ütm iiatieii, dafs durch Zusatz, von
3 — 4 proni. Zilronensäuro i^ei reiclilicher Einsaat selbst Cholera-
vibrionen nicht rascli genug abgetötet wurden, wurde bei dem
spftteren Versuchen stets 6 prora. Zitrnnensaurelösung benutzt, der
noch ö() }>rom. Hohrzucker zugesetzt wurden. Diese Lösuug stellt
allerdings schon eine etwas kräftiger schmeckende Limonade dar,
die aber selbst bei reichlichem Genufs keine unangenehme
Säureempfindung hinterläfst. Zu den Kontrollversuchen wurden
Lösungen von jRohrzucker 50 : 1 000 benutzt. Die Lösungen wurden
mit Leitungswasser hergestellt, zu je 100 ccra in Kölbchen abge-
füllt und an 3 auf einnnderfolgeuden Tagen 15 Minuten im Dampf-
topf sterilisiert. Geschmack und Säuregehalt der Limonade wird
durch das Kochen in dieser Zeit nicht verändert. Die Einsaat
geschah in der Weise, dafs in ein Limonade- und in ein Zucker-
wasserkölbchen möglichst gleiche Mengen von Bakteriummaterial
in Reinkultur gebracht wurde. Bei niederen Einsaaten worden
eine oder mehrere Ösen einer 208tündigen, bei 37^ gewachsenen
Agarknltor in grOfseran Bouillonmengeo sorgültig verrieben und
dann mit steriler Pipette die gleichen Mengen in die KOlbchen
gegeben. Bei hohen Einsaaten wurde 20 standige Bouillonkultor
filtriert und mit dem gut geschttttelten Filtrat weiter so verEabien,
wie ee öbeu bei den Veneibungen in Bouillon beschrieben isL
In der Begel wurde je 1 ccm des Filtrats eii^esftt. Beide Kölb-
chen wurden fernerhin in besag auf Belichtung, Temperatur-
einwirkuDg usw. gans gleich behandelt Nach Ablauf einer
gewissen Zeit wurde aus beiden Kolbehen 1 ccm entnommen
und SU Gelatineplatten verarbeitet. IKe mit JUbnonade su be-
schickenden OelatinerObrchen worden nach der Veiflflssigung
mit je 2 Tropfen (27 Tropfen = 1 ccm) Normalnatronlauge versetat.
Dieser Zusats neutnlisiert, wie berechnet und erprobt wurde, locm
6 prom. ZitronensäuielOeung nahesu vollständig. So wurde in den
limonaderOhrchen und in den KontrollrOhrchen die Reaktion
wieder gleichgestellt Die Gleichstellung deif Reaktion, die Lief-
m,ann unterlassen hat, ist notwendig, wie eine einfache Nähr^
boileiikontrollo beweist Setzt man nämlich von 2 GelatiuerOhrchen,
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Von ilarinestabsarzt Riegel.
221
die je 6 ccm Gelatine^) enlhalten, dem einen 1 ocm sterilen Waesen,
dem «weiten 1 com 6 prom, Zitionensftuielöeung sa, besftt beide
nach der VerflÜseigang mit den gleichen Mengm lyphaelniltur und
giebt dann Platten, so findet man, dafs bei mittleien Einsaalen
anf der ersten Platte etwa 8 mal mehr Typhnskolonien gewachsen
sind als auf der sweiten. Zndem sind die Kolonien aal der Wasser-
platte fsat durchweg gröfser und üppiger als auf der Zitronen-,
sftareplatte. Bei sehr genügen Einsaaten wird der Unterschied
nodi deutlicher, bei sehr reichlichen allerdings verwischt er aidi
mehr und mehr. Niheres eigibt sich aus der lolgeuden Tabelle:
Kontrolle
120 Kolouten
ZitronMuiinre
28 >
I
KmtroUe
10 700
u
Zitronensfture
3 500 >
Kontrolle
840000 f
m
ZltroMusiiin
790000 >
Bei jedem Versuch wurden je 2 PlattMi ge^sen. Die Platten
wurden nach 488tüodigem Aufenthalt im 22'- Brutschrank mit
dem Mikroskop gezählt und am 8. Tage noch einmal kontrolliert
Die Zählergebnisse in den Tabellen beaiehen sich, wenn nicht
aasdrflcklich etwas anderes angegeben ist^ auf den Durchschnitt
beider Platten. In vielen Fällen und stete am Schlufs einer
Versuchsreihe wurden aus dem LimonadekOlbchen noch 10 ccm
in 100 ccm Bouillon gebracht , die vorher, dem Zitronensäure-
susata entsprechend, mit Noimalnatronlauge alkalisch gemacht
worden war. Diese KonirollkOlbcfaen wurden bei 37 gehalten
und nach 48 Stunden beurteilt.
Geprüft wurde nur das Verhalten von Typhusbazillen , von
Rubrbazilleii (Typ. Flextier) und von Choleravibriouen, also der
Erreger derjenigeu Krankheiten, bei denen erlahrunirsgeinars
die Infeis-liuii durch i'mikwasser im Kcddo am meisten zu lürchtcu
ist. Aulserdeni liaben diese Mikroorganiauien lür den vorliegenden
1) Oelfttin«, der nach BiMtellnng aaf den Laidunnsnentralpiiiikt nodi
l^ptom. krktellisiertes Natriumkarbonat lagttfflgt worden wnr. Soldie Qelft«
iine wurde m allen Versnchen benntit.
16*
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^2 SSitroiMAsAar« woA fionnwutafalilen alt t>6s{iifekttoii«inlttel ete.
Zweck noch den Vorzug, gegen Säuren in recht verschiedenem
Grade empfiudUch zu sein: Etwa in der Mitte zwischen deiQ
wenig empfindlichen TypbusbaziUos und dem sehr empfindhchen
GhotoiaTibrio steht in besug auf Sftuieempfindliobkeit der Rubr-
basQliu.
Die Venuchabedingongw eo su gestalten, dafs die »natür-
licben« VerhAltnlsse möglichst naohgeahmt worden wfiien, unter
liefe ioih mit Absicht, denn veimutlich sind die Umstinde, unter
denen bei natttrlichen Verhttltnissen die Infektion durch Trink-
wasser sustande kommt, in den einseinen Fällen so verschieden,
dab ihre Nachahmung im Versuch einfach unm<»glich Ist Wie
grofs die Zahl der pathogenen Keime im Wasser gewesen ist,
dessen GenuTs eine Infektion henrorgemfen hat, können wir in
keinem Falle wissen. Die im Veigleich der ungeheuren Zahl
deransgefOhrten bakteriologischen Wasseruntersucbungen äuberst
spftriichen Funde pathogener Keime drängen allerdings zur An-
nähme, daTs nur eine sehr geringe Anzahl dieser Keime In den
Magen-Darmkanal zu gelangen braucht, um unter günstigen Be>
dingungen eine Infektion zu verursachen. Zahlenmälsige An-
gaben über das Vorkommen pathogener Keime im Wasser über-
haupt finden sich in der Literatur nur spärlich, selbst wenn man
die älteren, nicht auf serodia^iostischen Untersuchungen ge-
slüizieu Mitteilungen als bewiesen annimmt und mit berück-
aichtigt. Natürlich sind dabei nur die Angaben verwertbar, denen
das einfache Platteukulturverfahren ohne Anreicherung, Fällung
usw. zugrunde hegt. R. Koch^) spricht in seinem Bericht über
das Vorkommen von Choleravibriouen im Wasser eines Tümpels
nur davon, dafs sie auf der Gelatineplatt« >ziemhcli zahlreich«
gewachsen seien. Lubarsch^) fand im Bilsciiwasser eines
Schleppdampfers 40 Choleravil)rionen im Kubikzentimeter, C.
FraenkeF) im Fluüswasser 24—30. Fischer und Fiatau*)
1) R. Koch, D. med. Wochenschr.. 18Ö4, S. 222.
2) Lnbarseh, D. med. WocbeoMbr^ 1892, 8. 979.
3) C. Fraenkel, D. med. Wocheiischr , 1892, S. 926.
4) Fischer 0. Fiatftn, Zantralbl. L Bakteriol. n«w.» 1901» Bd.XXJX«
Nr. 8, S. 329.
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Von Ifuincattbittifc Rleg«1.
223
wiesen aus 6 ccm Brunnenwasser einen einzigen Typhuskeim
nach. Ähnlich sind die Zahlenangaben anderer Autoren.
Bei der grofsen Schwierigiceit, die es gemacht haben wflrde,
so geringe Menge pathogener Keime unter einer grofsen Menge
Ton Wasserbakteiien auf der Piatte wieder aufzufinden und so
die Wiriesamkeit der Zitronensäure auf diese Keime su beurteilen,
verzichtete ich auf die Einsaat geringster Mengen der pathogenen
Mikroorganismen in unsteriUsiertes Leitungs- oder Fluf^aaser
und begnügte mich damit» UMhr oder weniger reichlidie Mengen
von Reinkultur in sterilisiertes Leitungswasser einzusäen, das
vorher in Limonade oder Zudcerwasser umgewandelt worden war.
Da es sich zeigte, dats die desinfizierende Kraft der Zitronen-
säure unter sonst gleichen Umständen ganz aufserordentlich von
der Zahl der vorhandenen Bakterien abhängig war, wählte ich
zur endgültigen Beurtoilun'j; nur sehr grofse Bakterienmengen,
so dafs iu bezug auf Auzaiil «1er Bakterien überhaupt bei diesen
V^ersuchen Wässer, die als Trinkwasser noch in Frage küinnien
könnten, wohl übertrofEeu sein dürften. Allerdings habe ich
auch beim Zählen mit dem Okularnetzmikrometer auf der Ein-
saatplatte nie mehr als 2 300000 Keime im Kubikzentimeter ge-
zählt, während \)i\ch Flügge') die Keimzahl stark verunreinigter
Flufsläufe zwiselien 2 und 40 Millionen beträgt. Dabei ist aber
zu beachten, dafs meine Zahlen in allen Fällen dnrch Einsaat
1 ccm der Aufschwemmung in die Gelatine ohne alle
Verdünnungen gewonnen wurden, so dafs nach den Unter-
suchungen Reatas-) angenommen werden mufs, dafs in Wirk-
lichkeit ein nn geheueres Vielfaches der gefundenen
Zahlen vorbanden gewesen ist. Die Zahlen in der Spalte
»Einsaat« der Tabellen beziehen sich auf die Einsaat in die
Kontrollkölbchen, die nur Zuckerwaaser enthielten. In allen
F&lleu wurde auch die Einsaat, die in die Limonadekölbchen
gemacht worden war, festgestellt. Beide Zahlen stimmten in
der Regel recht genau ttberein, wenn audi stets die aus dem
1) Flügge, nrnndrifs <i. Hyg., 4. Aufl., 1897, 8.205.
2) Reata, Zentralbl. f. Bakier. usw., II., Bd. U, 1904, S. 290—93.
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^4 ZitronenRanie und Sonnenatnüilen als DesinfektioiuuuiMel etc.
Limonadekölbchei) gewonnenen Einsaatzahlen etwas niedriger
waren. Nur beim Typhusbazillus fand sich in einzelnen Fällen
bei niederen Einsaaten ein abweichendea Verhalten, wie das
Protokoll eines Versuches zeigt, der wegen der niederen Einsaaten
weiter nicht verwertet wurde:
Einsaat
Zeit
Kolonien
Bemerkung
Zackarwaaaer 19500
- j 1.12000,
1 2.sterU]{
r
Standen
1
Zackerwaaser 18800
1 I. 450
Limonade l ^ . ^
\2. 150
Dl* bei »limoiwde< unter
1. and^fBhrten Z«]il«ii sind «w
Röhrchen (j^nommen, deren Re-
Hktlon, wio obi'M nupegebon,
vorher herichliKl wurde; bei
«Ion unter "J nufjrcfuhrteD war
die Bericlitiguag der Roaktioo
mtaiUietMQ.
Da sich ahnliches bei anderen Versuchen wiederholte, wenn
auch nicht so ausgesprochen wie ini vorstehenden, wird man zur
Annahme gedrängt, dafs Typhusbazillen in dem Augenbhcii, wo
öie mit 6^}qq Zitronensäure in Berührung ivommen, so creschftdigt
werden können, dafs sie auf der Gelatineplatte, wenn diase etwa
0,12proz, Zitronensäure enthält, nicht mehr zu wachsen vermögen,
dafs sie sich aber bei länfrerem Aufenthalt in der Limonade in
gewissem Sinne an die Zitronensäure gewöhnen, so dafs später
auch auf dem weniger zusagenden Xiibrboden wieder Wachs-
tum möglich wird. Zugleich ist dieser X'ersuch ein weiterer
Beweis dafür, dafs man, wenn man der Gelatine 1 ccm 6 prora.
Zitronensäurelösung hinzufügt, die Reaktion berichtigen mufs,
wenn man vergleichbare Werte erhalten will.
Um SU prüfen, wie die Zitronensäure in Flttwigkeiten wirk-
eam sei, die reich an guten Nährstoffen sind, worden einige Ver-
suche mit Bouillon angestellt, der 6 prom. Zitronensäure zugefügt
worden war. Audi der Einfluls des Temperaluroptimums der
drei untersuchten Bakterienarten wurde bei einigen Versuchen
geprüft, die bei 37® vorgenommen wurden.
Das Ergebnis der Versuche geben die folgenden Tabellen
wieder:
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Von MarinestabMurst Riegel.
Cholera. Tabelle I.
235
Einsaat
Temperatur
Zeit
Kolouieusahl
<
Kontrolle
Bouillon
Zitamer-
tempentar
»
>
6 Hin.
15 >
45 >
\
! 1 : Bteril
2 : r.
1 : steril
1 3:1 (Cholera)
steril
1386300
11702UÜ
515 700
getrabt
klar
»
»
8 Stdn
>
53 800
»
4 >
1 *
1200O
Cholera. Tabelle II.
TeniT'prntnr
7pit
Roililtriri
2 220400
Zimuier-
temperator
>
>
B
15 Min.
30 .
4Ö >
nhr (Fiel
Steril ; 1 980 600
. ! 74fi8(H)
t 700 200
nerX Tabelle I.
getrübt
, klar
t
TenipiTiilur Zeit
Kolonietiziihl
Kontrollp !'';';i!l'>n
1864000
Zimmer-
temperator
•
>
»
•
R
1 Std.
2 >
3 .
4 >
6 >
uhr (Flex
1 422 400
120 000
5-20
310
Steril
Dor). Tabelle
1684000
1 110 600
840 700
482 000
878000
II.
klar
Einsaat
Temperatur
Zeit 1
Kolon iensahl ; Kontrolle
Bouillon
^
2200500
Zimmer-
tenperatnr
>
>
>
3 Stdn.
4 .
5 *
>
480
200
1 : Steril
3:7
steril
1018 200
760 300
611000
488600
trübt
»
klar
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S36 ZiiroiiAiuiiin» und SonaenstnUeD D«aiDf«ktloiwinittol «te.
Typhus. Tftb«ll« L
Binimit
Tempsrator
Zeit
Kolontonndil
EoatroUtt
Bonillon
2160900
Zimmer-
temperator
t
»
8 Stdn.
6 >
1
688100
420 800
880
2144700
1880400
1918100
gaMbt
Typhns. Tabelle II.
Einsaat
Temperatur
Zeit
Koloniensabl
Kontrolle
Bouillon
2094«»
Ziiniii«r>
16 8lda.
mooo
16&8800
temperator
>
90 >
180
1522100
>
22 >
steril
1516000
klar
»
94 >
fteril
1187600
»
Aus dieaen Tabellen, von denen ich noch eine Reihe ähn-
licher besitze, ergibt sich, dafs bei sehr reichlichen Einsaaten und
bei Ziznmertemperfitur durch eine Lösung von 6 prom. Zitronen-
säure und 50 prom. Rohrzucker Cholerafibrionen abgetötet werden
awischen 15 nnd 30 Minuten, Ruhrbazillen zwiachen 5 und 6 Stunden
and Typhusbazillen zwischen 22 und 24 Stunden. Die rasche Ab'
nähme der Keimzahl auf den Kontroliplatten bei Cholera und Ruhr
apricbt dafür» dafe schon die 50 prom. sterilisierte Rohrzucker^
lösang allein auf den Oholeravibrio und auf den Ruhrbasillus
ziemlich schftdigend wirkt. Beim Typbusbazillus ist diese Wir*
kung weniger deutlich zu erkennen und namentlich viel weniger
regelmässig. In wenigen Fallen wurde sogar eine geringe Ver^
mebrung der Keime festgestellt, allerdings nur bei niederen Ein-
saaten. Vereinzelt steht eine Beobachtung, bei der bei einer
Einsaat von 184d(X> Keimen in den Kubikzentimeter 60 prom.
ZuckerlOeung nach iVi Stunden nur noch 18600 nachweisbar
waren, und wo nach 20 Stunden Sterilität eingetreten war. Die
wenigen Versuche, die bei 37^ vorgenommen wurden, stimmen
mit den im vorstehenden wiedeig^ebene» im wesentlichen flber-
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Von MwiBMiabMunt BI«g«K
327
ein; die Abtötung der Keime trat hierzu derselben Zeit ein
wie bei Zimmertemperatur.
Wesentlich verschieden war das Verhalten in nährstott'reicher
Flüssigkeit, in Bouillon mit 6 prom. Zitronensäurezasatz, wie
folgende Tabelle zeigt:
Typhua. Tubelle III.
EiüMftt
TeiDperfttoT
Zeit
Keloniensahl
KoiitMlle
214DO0O
Zimmer-
2 Stdn.
1115000
2S2O00O
temperatur
*
4 »
990000
nicht mehr
zählbar
20 »
1070000
nicht mehr
1 !
dhlbar
Versacbe mit Bahfbazitten mid Choleravibrionen in Bouillon
wniden nieht anBgefOhrt.
Die Venuebe ergeben also» dals nur der Oboleravibiio in
Umonade von der Zosammensetzung der verwandten so rasch
und so sicher abgetötet wird, dars bei Choleragefahr die Um-
wandlung verdAohtigen Trinkwassers in Limonade empfohlen
werden könnte, vorausgesetzt natürlich, dafs man swischen der
Bereitung und dem Genufs der limonade mindestens ^ Stunde
verstreichen lassen kann. Beim Ruhrhazillus und namentlich
beim Typhusbazillus ist bei hohen Einsaaten die Zeit, die ver-
streichen mufs, bis alle Keime abgetötet nnd, so grofe, dars das
Verfahren für die Praxis nicht in IVage kommen kann. Da die
Erhöhung des Zitronensfturezusatzes bis zu den durch Geschmack
und BekOmmlichkeit gezogenen Grenzen keinen wesentlichen
Vortdl versprach, ging ich dazu über, mit der Zitroneosfture
ein zweites gutes und billiges Desinfektionsmittel zu verwenden,
das Sonnenlicht, das in tropischen und subtropischen Gegenden
meist das ganze Jahr über in Fülle zur Verfügung steht. Das
Ergebnis der grofsen Zahl von Untersuchungen, die über die
keinilötende Kraft des direkten Sonnenlichtes im allgemeinen
veröffentlicht worden sind, ermutigte sehr ym diesem N'orgelien.
Die Mitteilungen über den Einflufs des Sonnenlichtes aul" liak-
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288 ZitronMuUire and Sonnenitvahleii «1« Datiiifeklionainiltel ete.
terien im Wasser mit Angabe der Zahl der urspiüiiiglich
vorhandenen Bakterien ist allerdings gering Über sehr liohe
l'^insiUiTen habe ich überhaupt keints gefuiiden. linchnerM be-
ric)itt duia im Mai durch direktes Sonnenlicht im Freien lyphus-
bazillen in Wasser, das sich iu offenen Glaszylindern befand, bei
einer Einsaat von 30140 aaf den Kubikzentimeter in 2V2 Stunden
abgetütet worden seien. Bei einem gleichlaufenden Versuch
mit Choleravibrionen blieben bei einer Eni.^aat von 7 800 nach
2^2 Stunden noch 15 und 24 Keime im Kutuk/pntmieler übrig.
DersellMj Autor erwähnt an fuiiieror Stello^j, dal's Baoteriutn coli
bei emer Kinsaat von lÜUÖnu Keimen auf den Kubikzentimeter
uach einäUiüdiger Besonnung völlig vernichtet worden sei.
Die Anordnung bei meinen Versuchen war im weseDÜif^en
dieselbe wie Me bei deo Versucheo, die nur mit Limonade aus-
geffihrt worden, schon besehrieben worden ist Die Kolbchen,
alle von gleicher OrOfee, Form und sonstigem Aussehen, waren
in allen FftUen im Fkeien und stets im direkten S<Hinenlicht auf-
gestellt. Alle Versuche wurden in den Mittagsstunden bei wolken-
losem Himmel ausgeführt. Es wurden sowohl im Sommer als auch
im Herbst und Winter Versuche angestellt Die Temperaturen
wurden auf einem Thermometer abgelesen, das in einem mit 100 ccm
Wasser gefflUten Kolbchen stak, das swischen den Verauchs-
kolbchen stand. Wenn der Versuch im Gange war, wurden die
Kdlbcfaen nicht mehr absichtlich geschflUelt Die KOlbchen
waren mit Watte yerachlossen, so dab das licht nur in das
Innere gelangen konnte, nachdem es zuyor eine Olaswand durch-
drangen hatte. Die Versuchsbedingungea wurden durch diesen
Umstand natflrlich aufeerordentlich verschlechtert, denn wie
Thiele und Wolf*) gezeigt haben, werden gerade die wirk-
samsten Strahlen, die im Ultraviolett, durch gewöhnliches Glas
naheiu sftmüieb surttckgehalten. Mit Bouillon wurden keine
Versnche angestellt, da Bouillon in gewöhnlicher Konientration
l)Baehn«r, AvcUt f.Hyg.. XVII, 8.187.
S) Bachner, Zentralbl f. Bakt, XI, Nr. SB, B. 782.
3} Thiele ond Wolf, Arth. f. Byg.» LVU, 8. 84 o. 96.
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Von Mafjneslabaant BSee»l. 2S9
für ultraviolette Strahlen so wenig durchgängig ist, dafs kein
Erlolg zu erwarten war.
I>en Vorlauf der VerBuche aeigen folgende Tabellen:
Cholerft. Tabelle m.
Tf"mppr!«t nr
Kolonien-
/ahl
Kontrolle
Bouillon
Bemerkung
1 »64800
20-20,50
20,6—210
1
5 Min.
10 >
steril
784 90<)
430 ÜOO
klar
>
21. VII.
12bi5_i2has
wolkcinloier
Bimmel
Rohr. Tabelle m.
Eiqsaat
Temperatur
Zeit
IColonien-
sahl
Kontrolle
1
Bouillon
Bemerkung
2010000
20—250
8&-;-89*
99—38«
25 Min.
40 *
- 1 Std.
19 000
1470
steril
844 700
270600
6000
getrübt
»
klar
2S. vn.
IIb— 19 h
Himmel
Ruhr. Tabelle IV.
EiD&aat
Temperatar
Zeit
Kolonien-
zahl
Kontrolle
Bouillon
Bemerkung
990700
15— 17*
17—19«
80 Min.
1 8td.
9740
steril
480400
aeooo
klar
IS. X.
IIb — 12l>
irolkeiil€Mr
HiUlBMl
Typhus. Tabelle IV.
Einsaat
•
Tempeiator
Zeit
Kolonien-
zabi
Kontrolle
Boaillon
Bamerkang
2190000
20 - 25 "
25— üy"
29-32»
»4-360
2& Min.
40 >
60 >
1 Stunde
Min.
, 1 btunde
80 MId.
513 400
270 500
6000
880
steril
I 200 000
622 400
326 200
140700
121200
getrabt
>
>
klar
26. VIL
11 ]2so
WolkAOlOMI
HlmoMt
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380 Zitroneniiiire and SoimeDBtnhteii mIm D«ainfektiomiiiitteI etc.
Typhus. Tabelle V.
Temperatur
Zeit
Kolonien-
sabl
Kontrolle
Bouillon
fiemetknuK
2110000
16—20°
1 Stunde
1 800
750 700
getrabt
10. X.
20—22»
1 Stunde
30 Min.
»teril
620600
•
11 30 _ 1 h
woUienloaer
Htnunei
Typhae. Tabelle VI.
■ - ■
Binsaak
Temperatur
Zeit
Kolooien-
labl
Kontrolle
Bonillon
Bttnerkung
1 H22 700
15-17»
17—19»
19- 90*
20— 21»
30 Min.
1 Stunde
1 Stunde
30 Min.
2 Stdn.
530 500
7 400
840
ateril
944 500
666 200
489000
S41500
getrübt
>
klar
19 X.
H h _ i h
wolkenlowr
ITimmel
bTiach iBoUert«r
SUunin •Oolts».
Typhne. Tabelle VJL
l'insaHt
T»'nipi'rfitnr
/(>it
Kolonien
7.h1;1
r
1420000
1E>— 6»
1 Stnndp
.",60 000
1 097 000
31. XII.
ft-l»
2 8tdn.
400 600
getrübt
12 80 _ 2 30
wolkenloKer
Hinim«!
Aus diesen Tabellen eigibt sich, dafo durch Besranung im
Sommer (Juli) Oholerayibrionen bei hober Einsaat in Idmonade
mit einem Gehalt von 6 prom. Zitronensäure in 5 Minuten völlig
abgetötet werden, auch wenn das Licht vorher eine Glaswand
passiert hat, in seiner Wirksamkeit also stark abgesdiwftdit ist.
Unter den gleichen Umständen ergibt sich fOr die Vernichtung
des Ruhrbasillus eine Zeit von 1 Stunde, für die des Typhus-
basillus eine Zeit von 1 Va Stunden. Im Herbst (Oktober) ist die
Zeit, in der die Abtötung erreicht wird, beim Rnhrbaiillus die-
selbe wie im Sommer, während sie beim T^husbasillus auf
2 Stunden steigt Im Winter (Desember) genügen auch 2 Stunden
nicht, um alle l^phusbazillen abzutöten. Die Zahl der flbiig-
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Von MarineatelbMnt tÜeg«l.
251
gebliebenen ist vielmebr 80 grofs, dafs aDzanehmen ist, dars der
Sonnenschein eines ganzen Wintertages xu ihrer Vernichtung
nicht hinreiohen würde.
Wenn man berücksichtigt, dafs die vorstehenden Versuche
absichtlich unter ungünstigen Bedingungen aoageführt worden
sind, (sehr hohe Ginsaaten und Schwächung des Lichtes durch
das Passieren einer Glaswand), ao kann man hoffen, dab in der
Praxis, wo im allgemeinen günstigere Bedingungen zu erwarten
sind» das Verfahren sich als brauchbar erweisen würde. Die
Örtlichen und seitlichen Beschr&nkungen, denen das Verfahren
nnterli^ madien es bu einem Notbehelf für einen Teil jener
FSlle, wo die bewährten Wassersteiilisierungsverfahran durch
Kochen oder Durchleiten von Ozon nicht anwendbar sind. Wie
eingangs erwähnt, sind solche Fftlle besonders häufig im Kolonial*
krieg. Da die senkrechten oder fast senkrechten Strahlen der
Mittagssonne in tropischen und subtropischen Gegenden weit
reicher sind an ultravioletten Strahlen als in unseren Breiten
selbst im Hochsommer — wie die durch vielfache Erfahrungen
festgestellte viel intensivere Wirkung auf die photographische
Platte beweist — ist eine Abkürzung der AbtOtuugszeit in diesen
Gegenden mit Wahrscheinlichkeit su erwarten..
Für die praktische AuslOhrung des Verlahiens wfirde es
sich empfehlen, die Zitronensäure in Tabletten su ü g mitsu-
fahren, und die Bestrahlung dw Limonade durch die Sonne in
den verbältnismäTsig flachen, wetten, innen verzinnten Kochge-
schirren vorzunehmen, in denen die Flüssigkeit leicht und un-
mittelbar von den Sonnenstrahlen durchdrungen werden kann.
Herrn Geheimen Medizinalrat Rubuer spreche ich für die
Anregung zu diesem Thema meinen ergebensten Dank aus.
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Das Koffem&oreielieningsYerfahreiL züm Typliosnaeliweis
im Stnlil.
Von
Dr. 0. Lubenau
Auiatenxant des SanAtoiinmt Beellts.
(Ans dem Laboratoriuni dea Sanatorium« TWolitr rhefaret Dr. Pielickp'
und den liygieuiBcli«n lustituten der Univeraiuii Berlin (Direktor: Oebeimrat
Prof. Dr. Bubner).
Der w68eDtlich6 Vonng des Koffeins, der dasselbe bei der
Verwendung von elektiven Nfthrbi)den mm TyphusnaehweiB in
Bakteriengemisoben , z. B. im Wasser oder Stuhlgang, in den
Vordeigrund stellt, besteht gegenüber den dabin angewandten
Mitteln der Karbolsäure, dem Jodkali und KristallTiolett darin,
dafs das Koflnin in enier Linie auf das Wachstum yon Bacterium
coli hemmend wirkt und bei einer Konzentration, die völlig aas>
reicht, das Wachstum von Bacterium coli xu hindern, die Typlms^
basillen noch wachsen l&fst. Fernerhin besitst Koffein auch ent*
schieden eine nicht su untersebfttsende Wirkung auf das Wachs-
tum von Stuhlkeimen im allgemeitten.
Mit Hilfe dieses Alkaloids, dessen Wirkung auf Koli- und
Fäzesbakterien Roth entdeckt hat, haben F i c k e r und Hoffmann
ein Anreicberungsverfahren , das dem Nachweise von Typhus-
bakterien im Stuhlgang und Wasser dient, heT^gestellt. Dasselbe
ist bei weitem wirksamer als die bis dahin bekannten Methoden,
die im grofsen und ganzen an dem alles überwuchernden
Wachötuui desj Bucterium culi scheiterten.
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t)88 ltollitn«araieWnng«Tet4drr«ji ete. Von Dr. 0. LnbniMl. 233
F ick er gelang w mit «einem Verfahren, bei einem VerhäUnifl
der Typhnsbaullen su den Stuhlkeimen = 1 : 5d 000 erstere
noch nach/iUwdben; Ho ff mann erreichte, bei einem Verhältnis
▼on TyphoebaKillen zu Wasserkeimen (vermischt mit Bacterium
coli) = 1 : 51 867 positive Resultate, die die mit ähnlichen bis-
her enieltso Methoden bei weitem flbertnfen.
Spfiterhin hat Gtthtgens das Koffoin als Zusatz su festen
Nihrbdden, s. B. dem Endoegar, mit gutem Erfolgs Terwandt
Er stellte fest, daTs ein Gehalt des Aga» von 0,32—0,34%
Koffein dem Naehweise der l^husbaiillen am gfinstigsten ist,
und konnte mit dnem derartigen Fuebrinagar bei Untersoehongen
yon yersehiedenen T^hnsstfihlen in 60% positive Resultate
erzielen, während dieses mit dem einfachen Fuchsinagar
nnr in 48% und mit dem Agar von Drigalski und Oonradi
nur in 37% der Fälle gelang.
Zu Resultaten, die von den obigen vOllig abweichen, sind
unter anderen Friedel, Eloumann und Reischauer ge-
kommen.
Auf die Arbeiten der letzteren Autoren sich im wesentlichen
stützend, schreibt Kutscher in dem Handbuch der pathogenen
Mikroorganismen von Kolle und Wassermann (1906) über
diese von F ick er und Ho ff mann angegebene »Art An-
reicheruogsverfahren« folgendes: »Eine eigentliche Anreicherung,
d. b. effektive Vermehrong der Typhusbaziilen in der Au-
reicberungsfiüssigkeit findet nicht statt, sondern zum gröfsten
Teil nur ein Zurückdrängen der Fäzesbakterien, vor allem des
Bacterium coli.«
Dieses absprechetuie Urteil scliwacbt er allerdings ab, indem
er zugibt, dafs unter Umständen eine nicht unerhebliche, relative
Anreicherung der TyphuabaziHen möglich ist, so dafs diese
Methode, wo andere Verfahren versagt haben, gelegentlich mit
gutem Erfolge zur Untersuchung von Fäzes herangezogen werden
kann.
Es ist nicht reelit klar, wns der Verfasser unter enier effek-
tiven Verniohrnng der Tvphusbaüilleu im Gegensatz zu einer
relativen Anreicherung vorstunden haben will.
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^34 S^l^iifiuiTCaöherangaMifRlkreii mm üfypIranadiwmB im Stobl.
Dafs eiue Veriu^Mjniiip der Typhusbazillen in der Anreiche-
rungsflüssigkeit, absolut geuomnion, stattfindet, kann wohl niemand
nach den erschöpfenden Versuchen von Ficker und Hof f man n ,
mit deuen die nieinigen, unten folgenden, ganz übereiustimmen,
bezweifeln; auch die Milserfolf^e, die Klouniann mit Koffoin-
bouillon hatte, ändern an dieser Tatsache nichts, von der sich
auch der im quantitativen Arbeiten Ungeübte sehr leicht über-
zeugen kann, indem er eine geringe Menge Typhusbazillen
(Platinnadel) in einem Höbrchen mit Fickers Anreicheninga'
Hüssigkeit aussät; nach. 13 Stunden resp. 20 Stunden ist eine
deutHche, allmählich zunehmende Trübung sichtbar, die durch
das Wachstum der Typbusbazillen heryorgerofea wird, wie ein
gef&rbtes Präparat leicht zeigt; vor der Bebrütung der Bouillon
dagegen findet man im Präparat von einer Öse kaum vereinzelte
Bazillen. Derartige Versuche, die ich mit sechs verschiedenen
TypbuaetSmmen aiufOhrta, hatten dasselbe positive Resultat.
Aufscrdeni entsprechen die \'erauche von Klo u mann, der
schon bei 0,3% Kotlein keine Vennehrung der Typhusbazillen
mehr nachiiu weisen veruiochte, gar nicht der Versuchsanordnung
von Ficker. über die von ihm verwandte Bouillon gibt er
gar nichts an; es ist anzunehmen, dafs er gewöhnliche Nähr-
bouilloD zu seinen \'ersuclien benutzte, die er aufserd«>m durch
Zusatz Von Kotleinli)sun^ recht beträchtlich und ganz ungleich-
tiiätsig verdünnt hat. Dadurch sind die Mifserl'olge leiclit er*
Wie sehr es auf die Zusammensetzung des Nfthrmedioms
in erster Linie ankommt, zeigt folgender Versödi :
klärlicU.
Avmamt.Ton 670 Typha»lMaUI«i pro ceau
naeb 34 StiiDdeti
Nahrbouillon -\- .Hi)rom. Koffein .
11 Millionen
4- 0,0007 pror. Kristall violett . . .
Ficli«ra Bouillon Sprom. Koffein
4- 0,0007 pros. CriflUllviolett . . .
56 MilH
ooen
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Von Dr. C. Labeiuiil.
Waram Klournann aach bei «iner zweiten S«rie von
Versuchen, bei der er die Bouillon nach Vorschiift yerwandt
haben will, dieMlben negatiTen Beenltate bekommeii hat, ist
nicht an veiatohen. Dagegen aind die Beanltate, die er mit einem
3-^prDm. Eoffeinagar gehabt hat| durehaua nicht aehleoht.
Verauche mit Typhuastnhl hat er gar nicht ausgeführt, d&>
gegen Reise hauer, der auch bei einem Verhfiltnia der Typhus*
bakteiien an StuhlkeimeD etwa = 1 : 34000 (110 Typhaakeime
auf 3740000 Stuhlkeime) positive Besultate (einige Kolonien)
endeite, darOber hinaas nicht mehr.
Trotzdeiii vei urlmlt aucli letzterer die KofFcinmethode, indem
er berechnet, dafs die Tvphusbaziilen in der Aiueiciierungsflässig-
keit sich um das 26U iache vermehren mürsten, um die gleiche
Anzahl pro com in der Anreicherungsflüssigkeit zu erreichen,
wie in der Aussaat, während nach den Versuclien von F ick er
und HofImanD dieselben sich nur um das 10— 50 fache ver-
mehren.
Bei dieser Berechouog berücksichtigt Rei schauer gar nicht.
da& die Stuhlkeime mn da.s 100 fache an Zahl pro cem zurück-
gehen, so daCs das Verbflltms der Ijrphusbasillen au den Stuhl*
keimen aieh um daa lOOOfache günstiger gestaltet wie vor der
AoidcheruDg.
Aul dieses VeihAltnis der T^rphuskeime au den Stuhlkeimen
kommt es bei der Anreicherung aber ganz all^ an» so dafs
daa Verfahren allerdings nur in diesem Sinne als eine
relative Anreicherung bezeichnet werden konnte, wie es auch
Reisehauer — abgesehen von dem Irrtum» in den er mit seiner
Berechnung gerät, — richtig aufsufsssen scheint, wfthrend Klou-
mann, allerdings auf Grund ylSühg unaulänglicher Versuche, die
Vermehrung der TyphuabasiUen übediaupt leugnet und die An-
reicherung nur auf ein ZurQckgehen der Stuhlkeime zurückführt.
Die Berechnung von Reise hau er kann überhaupt nur bei
keimarmen Stühlen Gültigkeit beanspruchen, in welchen i*atlen
der Mangel wieder dadurch vollkommen ausgeglichen wird, dafs
man aus der AnrcichoruugsüQssigkeit infolge Rückg^ges der
AicUr liu Uysieue. Ud. LUC. 17
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2.^f> Das tCotfeinanreicherangfiTerfiRtnvn mbi TyphimiftcliiraiB Im StohU
Stuhlkeime bedeutend gröfsere Flftsagkettsmengen auMttsii kano
wie direkt aus dem Stohl.
Für aolebe Fälle genflgi aufserdem vollkommeu das bisher
geübte PlattenTerlahreu ; während das Koffeinverfahreo , das
allerdings eine gana bedeatende Mehrarbeit in nch achliefst, sich
als die soaveiftne Metbode bei der Untonachnng von Stahlen
bewlhrt hit, die sich durch reichlichen Gehalt von Ffiaeskeinien
bis 100 Millionen mit relativ geringer Ansahl von Typhuskeimen
ausaeiobnen» in welchen FftUen man bisher gar nicht d«iken
durfte, die Tjrphuskeime auffinden tu kOnnen,
Auf die Arbeit von Friedel nikher einsugehen erübrigt
sich; derselbe macht Überhaupt keine n&heren Angaben Über
seine Versuche, sondern begnügt sich mit der Mitteilung, dab
er bei dem Verfahren von F ick er und Hoff mann nicht den
»Eindruck« einer wirklichen (?) Anreicherung der IVphusbasiUen
gehabt habe.
Es soll keineswegs bestritten werden, dab der Koffeiomethode
noch mancherlei Mängel anhaften, z. B. das Einhalten der Zeit
von 18 Stunden ist umständlich; auch verlangt dasselbe bedeutend
mehr Übung und Genauigkeit im Arbeiten wie das übliche
Plattenverfahren. Indes müssen die bisher erzielten Resultate
nur dazu ermutigen, das Verfahren zu vervollkommnen, was
allerdings erst durch umfangreiche Erprobung desselben in der
Praxis geschehen kann.
Die folgenden Vei"suche stellen einen weiteren Ausbau des
Koffein verf all rens dar und zwar zunäclist mit Berücksichtigung
der Tatsache, dafs nach einer längeren Zeil als 13 Stunden die
Chancen des Auffinden« von Typhuskolonien sich wesentlich
verschlechtern, da die Anreicherungsflüssigkeit allmählich an
Wirksamkeii abnimmt und infolgedessen die Stuhl- und Kolikeime
wieder lebhafter zu wucbern scheinen. Bei einer Lösung von
KriüUiUviolett in Bouillon, die man in hohe Glaszyhnder gibt,
kann man z. B. beobachten, iiüls m dem Giiide, wie die Bouillon
sich entfärbt, dieselbe an Trübung zunimmt und am Hoden des
Zylinders ein ^ — 4 mm hoher blauer Baktenenuiederschlag sich
bildet, der sich erst alliu&hlich später entfärbt.
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Von l>r. Ö. tjahtmn.
Einen ftboUchen Vorgang des Verbrauchs des Mittels durcti,
die Bakteriell hat Kowack für das Malachitgrün festgestellt.
Daher wurden zunächst Versuche unternommen, durch Zusatx
farieoher AnreicherungsflOaaigkeit nach je 13 Stunden das Wacha-
tum der Typhusbakterien geganttbar dan ßtohlkeimen ra haban.
Auch dia aban arwAhnta Tataaeha, dal« dia nnbeweglichan
Stnblkaima^ indam aia bai dar Wneharang Raaan und Flockan
bildand mi Bodan sinkan, worda dadurch nutibar gamacht» dalSi
das AniaicbarungaTarfabren in boban Glaasylindain yarganomman
wild, um dia Sadimantianmg su bagflnatigan; die labhaft ba-,
wagliehan T^hoskaima müssen sich dann in dar oban stahendan
Bouillon laichtar anffindan lassan. Za diasam Zwack war suaisl
festsustallen, bis su walchar Eonaantration dar Eofinngahalt der
Bouillon staigen dait ohne dafs dia Baweglichkait der Typhus-
basiUen dadurch geschädigt wird.
Dia folgonda Tkiballa gibt darübar Aulsehlufs:
nach 1
■
18 Stdn.
26 Stdn.
40 Stdn.
t
Fl<
dtot Bouillon (a F. B.) ohne
BewesL gut
Bewegl. gnt
BewegL gnt
Kofialn und Kristallmlett . .
koiie Faden
knne Faden
kutae Fiden
F.
B. -{~ 3prom. Kofifein. . .
Bewegl. gut
lAngeflden
Bewegl. sehr
lebhaft
lange Fidon
Bewegl. ge-
ringer
lange Fiden
F.
B. 4~ 6proiu. Koffein . , .
Bewegl Hchw.
kurze FiUlön
Bewegl.schw.
lange FOden
unbewegUeb
lange Fftden
F.
£. -j- 3prom. Koffein -|- \
0,0007 proz. KriaUllvioleU | 1
Bewegl. gut
lange Fliden
Bewegl. gut
lange Fäden
Bewegl. gut
lange Fftden
F.
B. 4- Spfoin. Koffein + )
0,0007 pn». EriitfttlTioletl /
BewegLechw.
langoFiden
BowegLsdiw.
lange Fidan
aobeweglieh
lange Slden
Em Gehalt von 3 prom. Koffein ist demnacli für die Be-
weglichkeit der Typhasbazillen am günstigsten ; die8eli>t:u scheinen
sogar in einem derartigen Medinin lebhaftere Lokomotion zu
zeigen als in einfaclier Bouillon ohne Koffeiuzusatz. Ein Kristall-
violettzusatz von 0,0007% scheint die Bewegüchkeit schon etwas
zu beeinträchtigen.
Die schon hekanute Tatsache , dafs die TyphuHbakterien
durch Koffein zur Bildung langer Fäden veranlalst werden, wurde
17'
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238 Dm Koffebumretdiflrmigsverteluren mm Typhonudkirti* im Slabl.
ati«h hier beobachtet; nichtsdeftoweniger kennen dieselben recht
gut beweglioh sein.
Ea war noch au bestimmen, ob eine Kou^entration von
3 prom. Koffein genfigen wird, um das Wachstum der KoU* und
Stuhlkeime hinieiohend zu henmien.
GAhtgens hatte mit einem Gehalt von 3 prom. Koffein
günstige Resultate enielt; auch die folgende Tabelle spricht
ein solcher Eoffeingehalt gentigi, da noch sa erw&gen
i«t, dafs durch die Sedimentierung ein groJber Teil der Stuhlkeime
ausgeeohaltet wird, so dafs der geringe K<^eingehaU der Bouillon
sich ausreicht; im Gegenteil wird dadurch nocih ein Vorteil ge-
schaffen» dafs die T^yphusbakterien bei schwächerem Koffeing^alt
sieh lebhafter vennehren werden.
GleichmtUtiige Aufschwemuiung von TyphuH, Koll and Stahl in ik>uillon,
davon vardea 04 cem aof Agar mit wadiaaladMn KoOsingataalt ausgesät.
Typhw
KoU
Stahl
■
0 8U).
20 8td.
WSUl. 40 ätd^lOStd
20 8td.
WStd.
40 8td.lOStd.,20 8td
30 Std.
40 Std.
Mbr
gadng
gut
gat
gat Ifulng
gat I gwitiif mUHg
N
Oha,
inIlUg
gat
gnliig
! sehr
igering i""»*"* gut «ering
^"^'^ gering mAßig l*"" gering
iKi^ringj« *| » gering * *
gni
niJUUg
gut
gering
gut I
SUt
gut
mUUg
sebr
I
mUUg
nUUUg
gering
'gering
»«hr
gut
gut
«ot ll**""»! gut
mkBig
m&Big
gering
goringj m&ßig
■ehr I tebr
gut I gut
DpmüHch ireiiü^t schon ein Gehalt von 3 prom. Koffein, uin die
Stuhlkeiiiit! SU. Vi Iii wie Koli iiinreiehend im Wachstum zu hemmen.
Die folgfM.di' ra!>t-ili\ in der die Resultate durch Auszählen der
Kolonien wiedergegeben werden, liefert noch ein präziseres Beispiel.
P
Typhu
KoU
pcD octn
Stuhl
Aassaat von ....
F. B.1) H- 8 prom. Koffein '
nach 90 Stunden . .
6500000. 19000000 21900000
615000000
618000000 r 47il0QO000
1) F. B. =: flcken Bouillon.
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Von Dr. C. Lnbeiuttt.
2S9
Hiernach haben sich die Typhusbakterien innerhalb von
20 Stunden ca. um das lOOfache, KoH dagegen nur um das
25 fache und die Stuhlkeuuo um das 30fache veraielirt. Da das
Wachstum der Bakterien in geometrischer Progression rasch an-
steigt, so würde das bedeuten, dafs schon bei 6 maliger Gene-
ration das Verhältnis ¥ou Typhuskeimen zu Koli gleich sein
müfste wie 1 : 270, von l^phusiceimen la Stuhlbakteiien wie
1 : 723.
Solche Resultate sind natürlich noeh kein Beweis für die
Verhältnisse in praxi, sondern kOnnen nur einen ungef&hren
Anhalt für spätere Versuche liefern. Es ist daher auch ratsamer,
alsbald in die Prüfung der praktischen Verhältnisse zu treten,
die schon insofern abweichend sind, als es sich hier um Bakteiien-
gemisc^e handelt, wobei aneh der Vwbraoeh des N&hrsubfltrates
nnd andere Umstfinde unvorn^hene Einflüsse ausüben.
Bevor die bei den Versachen mit TyphusstQhleu enielten
Resnttttte mitgeteilt werden, müssen noeh einige Bemerkungen
über den Untersuohnn^unodus gemacht werden, auf deren Be-
achtung besonden Wert su l^en ist
Die Anreicherungsflüssigkeit, die benutst wurde, hatte die
Zusammensetsung der Fick ersehen Bouillon (s. Originalarkikel),
indes statt üprom. nur Spiom. Koffein; der Kiistfdlviolettgehalt
war derselbe wie bei Fick er; 100 com dieser Anreieherungs*
flfissigkeit kommen in Glassylinder, die man unter BerOckr
siehtigung der Mafse des Brutsehrankes möglichst hoch und
sehmal wählt, um die Sedimentierung der Stuhlkeime su be-
günstigen. IMe von mir rerwandten Glasiylinder hatten eine
Hohe Ton 38 cm; sie müssen ungefähr 350 com fassen können
und werden Torher eine Stunde lang im strOmenden Wasser-
dampf BteriHsiert.
Jedesmal nach 13 Stunden wird in die Zylinder frische An-
reicherungsbouülon mit Koffein 3 "/qa und Krislall violett 0,0007 %
gegeben; um das VoUimen der AnreicherungsHüssigkeit mit
Rücksicht auf die Hülic dtr (Ih\szylinder nach Möglichkeit ein-
zuschränken, iuste ich das Koffein (Ü,3 g aul enier feinen, che-
mischen Wage genau abgewogen) direkt iu 100 ccm Bouillon;
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940 KolleiiiAiirridi«niBg»T«rfabr6B snni TyphnnuMliwfrf» im 8labl.
die Ldsung geht bei diestr Konzentration auch in der Kälte
rascb vor sich. Von dem Kristallviolptt wurde eine entsprechende
Lösung in kaltem, destilliertem Wasser 0,1:100,0 hergestellt und
hiervon 0,7 ccm auf 100 ccm Bouillon gegeben (also 0,0007%
Kristall 1 violett).
Der erforderlicheTyphusstulil wurde durch künstliche Mischung
von Tvpliusbakü'i it ii mit dünnem Fiiz» - hergestellt. Fehler(juellen
wurden bei h-r HersteUung des Stuhles nacli Möglichkeit wer-
mieden Dieselbe gestaltete .sich folgendermalsen :
Dünne Fäzes von der Beschaffenheit eines diarrhöischen
Stuhles werden durch hh htfache Lagen Filtnergaze gelassen,
um grüfsere Fartikelchen, Flocken etc., die den Keimgebalt
gans wesentlich verändern, auszuschalten.
Die Zahl der Fäxeskeime wird durch Auszälileu auf Platten
bestimmt, desgleichen die einer 248tilDdig6n ladcmtisneQtfaJien
Bouillonkultur von Typhus.
Da das Resuhnt erst nach 24 Stunden voiüegt, setzt man
reditzeittg eine zweite Typbusbouillonkultur an, die nach 24 Stun*
den Bebrütungsdauer erst eigentlich zur Mischuug dient. Wenn
man die Bouillonrdhrchen (von absolut gleieher Neutralisierung
etc.) auf eine bestimmte Menge, etwa 10 ccm, genau abmifet,
kann man darauf rechnen, dafs bei gleicher Bebrütungsdauer
(24 Stunden) auch die Zahl der Typhuakeime annfthornd die-
selbe ist; indes kann die erste Zfthlung nur einen ungjsfiüiren
Anhalt fOr die Ifisehung geben, deien richtiges Veiliättnis duroh
abermaliges Aosafthlen» auch der sweiten Typhusbouillonkultor,
feetsustellen ist.
Die Zahl der Keime im Stuhl hftlt man sich dadurch kon-
stant, dafs derselbe bis sur Mischung in den Eisschrank gestellt
wird; in der Tat verändert sich die Zahl der Keime im frischen
Stuhlgang kaum, indes wird man sich auch hier durch aber*
mäliges Aussfthlen des Stuhles nadi der Mischung von der
Richtigkeit dee VerhJÜtnisses überseugen.
' Die Verdünnungen der Typhusbouillon wurden durch voc^
sichtiges Schwenken des £ilenmeyerk<ilbchen8, das man in der
bekannten Weise auf der Tischplatte in drehender Bewegung
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Von Dr. 0. Lobenao.
241
etwa eine Miiiiue lan^ j^leiten läfst, hergestellt; die Miscliung
des Typhusstuhles erfolgt um besten mit (ilaisiab eine Minute
lang und abermaliges Schwenken ©ine Minute lang. Als Ver-
düDDungsflflssigkeit diente ))hysiologi8che Kochsalzlösung.
Die PlüsHigkeitsmengea wurden mit auf Vi« genau kali-
brierten Pipetten abgemessen.
ijas K.otiei]i (chemisch rein) wurde von Kahl bäum* Berlin
bezogen.
Es wurden bei jedem Aureicherungsveräuch Q,Ö — 1,0 ccm
Stuhl in die Bouillon ausgesät
Als Pkttennachkultur diente ein Lackmusmolkenagar, der,
mit Hindfleischwasser hergestellt, 2 — 3 jiroz. Agar, 8i)roz. Pepton,
1 proz. Kochsalz, 50proz. Lakmusniolke und 3 prom. Koffein er-
hält; eine genaue Beschreibung der Herstellung dieses Agars
erfolgt am Schlufs. Auf demselben wachsen schon nach 24 Stunden
die TypbuBkeime su grofien, grauen oder leicht milchig getrtibten
Kolonien ans» die sich a\if dem mattblauen, völlig klaren Grunde
von den rosig gefärbten KolikolouieOi besonders bei durchfallen-
dem Liidite, aufs schärfste abheben, wodurch das Auffinden der
selben ganz aureerordentlich erleichtert wird.
Die Wahl dieses Agars wurde durch den Umstand ▼eran*
lafstf data, wie zahlreiche Versuche ergeben haben, und aus einer
unten folgenden Zusammenstellung enicbtlicb ist, auf ihm die
lyphuakeime, die das AnreicherungsTerfahien passiert haben,
bei weitem besser hsranwnofasen als auf dem Drigalski-Konra-
dischen Agar, der ja wohl wegen seines hohen Gehsltes an
Kristallviolett (0,01*/«) für Typhusbazillen keineswegs indifEerent
ist; auch andere NflhrbOden, s. B. der von Bndo und ▼onLeuohs,
desgleichen die Ifalaehitgrüngelatine von LOffler haben sich
hierzu nicht bewfthrt (auf Letzterer noch nach S T^n kein
Wachstum).
Bei der ersten Reihe der Versuche, bei der es mir in erster Linie
darauf ankam, genau das Verhältnis der Typhuskeime su den Stuhl'
keimen nach der Bebrfltung in der Anreicherungsilflssigkeit festsu-
stellen, wurden nur geringe Mengen der letzteren (1 ccm mit 100000
Wasser verdtinnt, davon Vio '% ^^V^ auf den Platten ausgesät.
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243 Um KoflriiiMmiohciraikgsy«rfehran i am TjpihiuiMeliw^iB im SInbl.
Bei dar zveiton Hfllfte der Versuche wurde von der Beetimmong
dieMB Vodiftltniwes der Keime abgeaeheo und jedeemal B Serien
mit 9 — 4 Platten angelegt; auf jede Serie kam «ine Aussaat
von Vio l^is % ccm Anreieherungsbouillon. (Oenaueres s» i. Sehlufs.)
Der erste Versuch, der mit dem Typhusstamm Qelsenldrchen
= X. angestellt wurde, lieferte für die Brauchbarkeit der neuen
Methüde einen ^uten Beweis; bei einem Verhältnis von Typhus zu
Koli — 1 : 500000 gelang der Kachweis von Typhuskolonien luirh
den erüien 13 Stunden noch nicht; jedoch konnten nach dem
ersten Zusatz frischer Anreicherungsflüssigkeit und abermahgem
13 stündigen Bebrüten Typhuskolonien nachgewiesen werden, die
nach einem zweiten Zusatz frischer Bouillon noch beträchtlich au
Zahl zunahmen.
Typhös X = 1 : 50000.
BebrQtangueit
13 Stunden . .
nur F&ZQ».
26 Stunden . .
F&zes dicht
1. Znaato . . .
Ty 6 Koloiii«!!.
40 Btnnden . .
pro oem SOOOOOOOO Fäzee
S. ZaaatB . . .
> > 40000000 Ty.
Demnach hatte sich das Verhältnis von Typhus zu F&zes
von 1 : 50000 in 1 : 5 umgewandelt.
Ty:FlMS s 1:50000.
BebrQtungeseit
Typbus K.
^phus Moabit
18 Standen . •
Fit.*) CO
FBI. to
Ty.') l
Ty. 1
26 Stunden . .
Fi*. CO
1 Zosati . . .
Ty. 1
Ty. 0
40 Stunden . .
Fix. CO
Fax. OD
9. Znnti . . .
1 Ty. 8
Ty. 1
Infolge zu dichter Aussaat überwucherten bei den beiden
letzten Versuchen die Stuhlkeime, so dafs die Platten nicht «tie*
gesahlt werden konnten.
1) Fii. s FAietkolonien, Ty, ^ Typhnakolonien.
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Von Dr. 0. Lob«ii«ii. 248
Ty. : Fäxes = 1 : 125000. Typhus X.
BebrOtnngneit
FiMS
Typhtu
13 Stunden
26 StundeD (1. Zusatz) . .
40 Standen (ä.Znwte) . .
pro ccm 24 0()Ü000 ' —
, . » 40000000 \ 5
> » IIOOOOOOO 1 1
Ty. : Fax. = 1 : 625 ODO.
BebrOtnngiMiit |
Drigalflki Agar
Endoagtur
Lackmusagsr
-|- Sfuroni. Koffein
pro com
l'ö Stunden . . |
Fäz.
60 000 000
Faz. 00
Fftz.
90000000
Ty.
1000000
Ty. 0
Ty.
0
S6 Standon . .
Fis.
95000000
Uta. 0»
Fis.
104000000
1. ZusaU . . .
Ty.
0
Ty. 0
Ty.
2 000 000
40 Stiinfien . .
Fftz.
105000000
Faz. 780000000
Fäz.
206 000 OOO
2. ZusaU . . . 1
Ty.
0
Ty. 0
Ty.
1000000
lypbw Moabit Ty.:Fto. » 1:700000.
1
BebrQtangszeit
LackmuBUgar
-f- 3 prom. Koffein
pro ccm
13 Btondott. . . . 1
Fäz. 6 000000
Fäz. 82000000
i
Ty. 0
Ty. 0
26 Stunden. ...
Fäz. 92000 000
Fäz. 80000 000
1. ZoMte ....
Ty. 0
Ty. 8000000
40 Stunden. . . .
Fäz. 80000000
Fäz. 85 000 000
Ty. 0
Ty. 8000000
Dieeen flberaiis gflnstigen Resultaten standen nur lelatiT wenig
Mi^Mifolge gegenüber; daher wurde gleich mit den 6 su Gebote
stellenden Typhusstfimmen im Verhftltnis Ty : Ffis 1 : 1 Million
ein Veisuofa angestellt Derselbe fiel indes im wesentlichen
negativ ans» nur Typhus Moabit, der sich auch schon vorher
als krfiftig wachsend erwiesen hatte, lieferte ein positlTes Re-
eultat.
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244 KolleinaaraJcheroiigaTMrfohrett vom Typbaanaehwels im 8tobl.
Bebrütunga*
■alt
Z
V«l.
Bk.
t«l
XOAUt.
la Stauden j
•Jfi ytinulpii
1. Zu&aU .
40 Stunden
2. ZniaU . 1
. Pitz, «e
Ty, 0
itks. 120 000 00«
Ty. 0
FAX. w
Ty. 0
m. »
TT. 0
Fi». I.t2000000
Ty. 0
Kill rjdiKWOOO
Ty.. 0
Fit. «
Ty» 0
Fi«. 114 000 000
Ty. 0
F&x. «c
Ty. 0
m. »
Ty- 0
m. 150 000 000
T>-. 0
vtx. aiooooooo
Tr. 0
m. «
Ty. 0
P&s. 240 000 000
Ty. 0
KM. 21« 000 000
Ty. lowow
Kür das Fehlschlagen dieses Versuches war eine Erkliirunj;
schwer -m finden. Man mufstc scbliefslich annehmen, dafs der
Kristallviolettzusatz zur Anreicherungsflüssigkeit die Beweglichkeit
der TyphusbazilleD, auf die bei dieser Methode alles ankommt,
stftrker beeinträchtigt, anderseits dafs das Koffeiu von den Bak-
terien iimefhalb von 13 Stunden vollkommen verbraucbt wird,
so dafs nunmehr die Zusatzbouillon einen entsprechend höheren
KofFeingchalt, das erste Mal 6^/oo, das zweite Mal Q'^/oo erhielt,
während bei den ersten Versuchen die Anreicherungsflüseigkeit
mit ein und derselben Konzentration (3%^ Koffein) sugesetzt
wurde. Das KristallTioieU wurde gans weggelassen.
Auch worden jelst grofse Mengen der BoaiUon, Vit — % con«
auf je 3 Plattenserien ausgesftt und von einer Ausasfililnng der
Platten abgesehen, da das Schwanken der Resultate lehrte, dab
die Berechnung des möglidien Verdttnnungsgrades ans den ge*
wonnenen Resultaten durchaus nicht bindend ist.
Bei derartiger Änderung des Untorsuchungsmodus gelang es
noch, mit zwei weitereu Typhusstämmen, K. und IM, bei einer
Verdünnung von etwa 1 : 1 Million je ein positives Resultat zu
erzielen. |
BebrtttangSMit
18 Stuaden
36 Standen
1. Zamts
40 St 11 n dm
2. ZoMts .
Typhös R.
1:980000
Typhus 151
1:1010000
Ffts. 00
Fftz. 00
Ty. 1
Ty. 1
Fta.«o
Ftt. «0
Ty. 0
Ty. 1
Fäz. 00
Fäz. 00
Ty. 0
Ty. ü
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Von Dr. <X Lnbeiim.
945
Im Durchschnitt iailcn hei dem Mischungsverhältnis Typhus
1 zu 1 Million Fäzeskeime auf 1 positives Resultat fünf Mifs-
erfolge; dieser Umstand veranlafste zu Versuchen mit Zusatz von
Jodkali oder Malacbitgrüa zva Aoreicheroogsbouillon, die d^^QO
Koffein atUeerdein beibehielt..
Se ist denkbar, dafe unter den Stublkeimen sich Arten finden,
gegen die das Koffein — ihnliefa wie gegen Typhusbakterien —
nnwiikiam ist, was yielersdts, s. B. von Klonmann, auch in
bezng anf die alkalibildenden Arten des Stuhles behauptet wird.
Jodkali wurde Yon Elan er als Zusatz {1%) su einer Kartoffel-
gelatine fär den Typhusnachweia empfohlen; auf diesem Nihr-
boden hatte Eisner ein gutes Eindämmen der Stuhlkeime be-
obachtet. Ein Versuch mit diesem Mittel fiel indes, wie schon
Ficker beobachtete, völlig negativ aus. Abgesehen davon,
dafs durch einen (behalt der Bouilloii von 1° „ Jodkali die Stuhl-
keime im Waciistum l<aum beeintiufst werden, wird die Beweglich-
keit der Typhusbaziilen durch Jodkali in solcher Konzentration
nicht unerheblich beeinträchtigt.
Bebratangsdauer S4 Standen i Tjrpbva
- - — 1
Aussaat pro ccm .
1
570 Keime
5 100 Keime
Fieken BooiUon + JodknU 0^«/,
47 Millionen
lOOO MilHoiWD
: (lobhaft bewegl.)
» » »0,5 %
73 Millionen
1170 >
(lebhaft bewegl.)
» ' > • 1.0 %
76 MiUionen
912 »
(gering bewa^ch)
Aueh Variationen mit dem Gehalt an KristaU?iolett ftthrten
SU keinem Ziele.
[
' Typhus
Stuhl
AnsBiiftt ]>rn ccm
570 Keime
5 m Keime
Fickors Uuuiüon + Kristall violett 0,001 "/o
1 MüUon
316 MiUionea
0,006%
2—4 Tauend
960 >
0,01
; 1—8 Tansend
12
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246 Kofleiiiftiu«idi«itmeftTertefareii >iiin TyphmiMwhwela im Stoht.
Es zeigt sich, dafs schon bei einem Gehalt von U,UOi"/o
Kristallviolett die Typhuskeime stark geschädigt werden können,
dagegen die Stnhlkeime (und das ist das Wesentlichste bei diesem
Versuche) ein nahezu 40 mal stärkeres Wachstum entwickelten ;
bei 0,01%, welche Konzentration für den Nährboden von Drigalski
Vorschrift ist, vermehrte sich TyphuA nur um das 10 fache, F&zea
dagegen um daa 1500 fache.
Hand in Hand damit datiert die Beweglichkeit derTyphus-
basillen nahem Tollkommen.
Das Aufllaesen dee Eristallviolette bei der «weiten Reihe der
Versnche konnte daher nur eher Nntien wie Schaden bringen.
Da^ MRlnchitgrün wurde zuerst von Löffler zur Verwendung
hei elektiven Typhusnährböden empfohlen. Er verwandte die
Marke \fßlao}iitgrün 120 Höchst.
Nach den Erfahrungen von anderen Autoren, x. B. Nowack
und Leu ch 8, eignet sich dasselbe zu einem derartigen Zwecke
weniger, da der Dextringehalt des Malachitgrün 120 durch Säure-
bild ung die Wirkung desselben ganz erheblichen Schwankungen
unterwirft.
Nowack und Leuchs empfohlen daher für elektiTe Typhus-
nährböden den rein helgestellten Farbstoff, %. B. Blalachitgrün-
kristalle extra Höchst, der in seiner Wirkung auch nach erfolgter
Lösung völlig konstant bleibt.
Leuchs erziehe mit einem solchen Agar bei Versuchen, die
er allerdnigs nur mit Reinkulturen verschiedener Stuhlkeime aus-
führte, sehr günstige Resultate. Auch die Untersuchung von
zwei natürlichen Typhusstühlen fiel überaus günstig aus.
Leider enthielt die Arbeit keine zablenmäfsigen Angaboi
über das Wachstum Ton Typhus* und Stuhlkeimen.
Über die Wirkung dieses Mittels in Fickers Bouillon
gibt folgende Zusammenstellung in Vergleich mit 3 prom. Koffein-r
bouillon Aufschlurs.
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Von Dr. 0. Lnbeniii.
34T
AoMMt TOD 6 500 000 T>-phu8keitneQ pro ccm
» > IdOOOüüO KoUkeimen > *
» • 91900000 8tiiblk«immi » »
bebrütet 20 St.nn<lcn.
Kalachitgrtlnkiiitalle
«ttm j
Typhus
KoU
ättüü
0,001 Vo
fein 1
81 Millionen
Bew.beaiDMch.
164 Millionen
Bew. beeinträch.
1 ,
136 MilUonen
170 Millionen
lOöO Millionen
6R9 »
Kolbin S% . . . . :
!
618 Millionen
478 IfilUonen 615 Mflliomii
r
1
Obiger Veröuch zeigt, dufs das Malachitgrün selL».>5t in einer
ivoiizeiitiation von 0,001% und 0,0005®/o (Laue Iis empfiehlt für
seineu Agar 0,0016 — 0,0018%) für das Anreicherungsverfahren
gar nicht brauchbar ist. Dasselbe besitzt zwar einen stark hemmen-
den Einflufs auf das Wachstum von Koli, noch mehr und zwar
fast um das Doppelte schädigt es die Typhusbakterieii, so dafs
sich unter seinem Eintiufs die Wachstumsenergie beider Bakterien-
arteu ganz erheblich zuungunsten von Typhus ändert. Da-
gegen ist sein Einflufs auf die Stuhlkeime ein aufserordentlich
geringer, so dafs sich dieselben um mehr ale das Zehnfache wie
Typhus vermehren können.
Aufseidem wird die Beweglichkeit der TyphnsbaziUen schon
dnieh einen Gehalt von 0,0006 pros. lialachitgrUn beeinträchtigt.
Auch ab Nachknltur bei dem Anreioherungsverfahren eignet
sidi der Agar von Leuche wenig, was schon aus den eigenen
Angaben des Autors hervorgeht, der die Typhuskolonien nach
24stflndlgrai Wachstum als kleine, wassertropfenAhnliofae Kolo-
nien beschreibt.
Erwähnen will icli nur noch, dafs man auf diesem Agar
durch Zusatz von Milchzucker (1 % etwa) die Kolikolonien keuut-
lich machen kann; da der Agar bei alkalischer Reaktion ab-
blafst, bei Säurebildung die (irünfärbung aber zurückkehrt. Die
Kolikolonien heben sich auf einem derartigen Agar als dunkel-
grüne Kulturen gegen die blassen Typhuskolouien sehr scharf ab.
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948 b$m ftodteiBKnroielieraiigsfvrlbtmii nun TjrpliiMnM^irob im dtnbl.
Diese letzten, im ganzen unfruchtbaren Versuche mit Jodkali,
Kristaliviolett und Maiachitgräa haben demnach in eklatanter
Weise die überlegene Wirksamkeit des Koffeins dargetan.
Oureh die günstigen Resultate, die bei dem Anreicherungs-
verfahren ersielt wurden, ist, auch die Beweiskette für die Brauch-
ItMwkeit dieser Methode in praxi geschlosaen.'
Zasamiuenfassung' der Methode.
1. Fickera Bouillon (b. Originalartikel).
2. Koffein chemisch rein von Kahl ba am -Berlin.
ft. Glaasylindw foo 860 eem InhaK md 88 em HOhe.
4. LadunoamolkeiMgur 4* ^ pvom. Kcflttn.
5. Stetiliaiwte lange Qlaastibö und Pipetten (auf oem genau Gewicht).
AntttUnng Im Tei WMh ee.
In 1(N> oem atarfler AnreieherangBflttBalgkelt werden 0^8 g Kofiein (genan
anf diemiacher Wage anter aseptiBchen Kaateleo abgewogen) in der Kälte
gelost; hierauf kommt die Lösung in einen r^fMi-ilen Glaasylinder und wird
mit 1,0 ccm Btahlgang, der eventoell in steriler Beibschale mit pfaydologf-
scher KocbaaLdöaang xu verdünnen iat, besftt. 18 Standen lang bei 37° be-
brflilen.
Nach 13 Stunden Zusatz frischer AnreicherungsflOssigkeit (100 ccm) +
Sprom. Koffein, ge\6st wie oben; UmrQhren mit sterilem Olaeatab.
Weitere 13 Stunden bei äl" bebrüten.
Dnaadk (aleo naeh SGatindicer BelirttQngadaoer im ^len) ente Ane-
Hwt anf 8 Serien mit je 3—4 Drigalskladialen Lackmnnno1ken*KollBin*AgaT
von Vio — V» ccm AnreicherungsflöBsigkeit auf jede Serie (je nach der Zahl
der Keime '/i* oder Vm ccm, über diesen orientiert man aich im bangenden
Tropfen.)
Sodann abomaliger Simla fittadier AnreMMrungiflllaBigkeit -f- dprom.
KoMn; ümHIIuren mit Glamtab. Weitera 13—14 Stoadeo bei 87* bebrttea
ond Annaat anf 8 neue Serien tob Kaehkoltorplatlen wie oben.
HenMluf dee LaekMamelkaugan.
500 g gemahlenes Kindfleisch werden mit 1 1 destilliertes Waaser
V« Stande gekocht; Filtriwen; AnfflUlen anf 1 1, Zoaata Ton 10 g Koehaeli,
60 g Pepton, 40— 60 g Agar; Lösen im Salzbad, NentiaUflieren auf Lackmo^
Aufkochen, Filtrieren, Sterilisieren. Zu diesem pteril^'n beifHen At'iir werden
«j(X) ccm steriler Lackmasmolke zugesetst, gut mischen, abkolilen liiAsen, Zu-
■etaen von 110 ocm einer Cproa. KofMnMenng; gnt mieeben; Platten giefimn.
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Von Dr. C. Lubenail.
249
Statt der Lackmiiemolke läfst sich aoob Lackmustinktar ca.
60 cm auf 1 Liter Agar (mit 3 prom. Pepton, 2 bis 3 pros. A|^r,
0,5pros. Kochsalz) und 0,5pros. Milcbsucker (hergestallt mutatis
matandis wie bei Drigalski) verwendeii.
Ich benfltate einen geringeren Milehzuckeigehali wie Dri-
galski, der 1,5 nimmt, da durch die diffundierende Sfture
die l^phuskolonien gehemmt zu werden seheinen.
Eis ist mir eine angenehme Pflicht, Heim Geheimrat Rnbner
sowohl far den erhaltenen Arbeitsplatz, als auch für die Anregung
Sur Arbeit meinen ergebensten Dank zu sagen. Herrn Professor
Ficker, sowie Herrn Dr. Pielicke bin ich für die Förderung
der Arbeit und ihre liebenswürdigen Hatschläge desgleichen zu
ergebenem Danke vcrptiiciitet.
Literatur.
Roth, Hygien. Randschao 1903, Nr. 10.
Ficker and Ho ff mann, A.rchiT f. Hygiene, Bd. Xi^iX.
Qthtgens, ZMitralbl. 1 Bukt, 1906, Bd. 88.
Eloamann, ZeatialbL 1 Baki, 1901^ Bd. 8&
ReiBchauer, Zentralbl. f. Bakt, 1905, Bd. 39.
Nowack, Ärctiiv f. Hygiene, 1905, Bd. 53.
Leacha, Deutsche med. Wochenscbr., 1906, Nr. 5S.
Elaaer, Z«ltMhr. L Hygieo«, Bd. 2L
Priedel, Zeltodur. t. Medlilnalh, 1905.
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über einen in biologisclier Beziehung interessanten
Kolistamm (Bacterium coli inatabile).
Ein Beitrag zur Variation bei Bakterien.
Rudolf MasBini,
liüheren Asslatent^n der bAkMiiologlsoliMi Abtailaog.
(Am dmn Kgl. Institat für experimentelle Therapie tn Frftaktnit «■ M.
Direktor: Geb. Hat Prüf. Dr. P. Ehrlich.)
Mit einer Tafel.
Mit Beo^chtungen Uber Variabilitftt von Bakterien in die
öfEentlichkeit m treten, Bcheint heuteutago iür einen Baktoikh
logen Terwunderlich. Die Zeiten sind noeh nicht 'ao lange vorbei,
da an eine Umwandlung der Bakterienarfc in eine andere oder
an eine autoehtone Entstehung von piathogenen Mikrooiganismen
ans Sapropbyten geglaubt wurde. Aber alle Versuche, welche
dies beweisen sollten, haben sidü als nicht stichhaltig heraus»
gestellt. Die meisten derartigen Untersuchungen wurden su einer
Zeit ausgefOhrt, da es infolge der jungen, noch primitiven Me<-
thodik Überhaupt noch nicht gelang, einselne Arten sicher von
anderen su trennen. Es ist klar, dafs, wenn man von Varietäten
reden will, man zuerst feststehende guuau umschriebene Arten
haben mufs, von welchen dann die veränderten neuen Formen als
neue wieder konstant bleibende Formen abzweigen können. Auf
diese ersten verfrühten Versuche will ich nicht näher eintreten. Da
die ersten Versuche aber durch Vermischung und Ideutifizierung
mühsam voneinander getrennter Arten grofses Unheil anrichteten,
besonders bei der Berühmtheit einiger ihrer X'orfcchter (Billroth,
Naegeli), bildete sich nach ihrer Überwindung eine entgegenge-
setzte Richtung aus. Man sucht zu trennen, wo immer nur mOgüch,
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"ÖW «in«» In blolog. ^«cialiaiig In tor «— ■ ttottitamin «io» Von tt I^smIii!. 25 1
und seit uns die Natur durch ihre Immiinprodukte so feine Reagen-
tien in die Hand gegeben hat, werden anob diese in* ausgiebiger
Weise benutzt. Diese Tendens besteht ganx zu Recht, denn es ist
meist leichter Arten wieder susatnmensnf Uhren, als solche von-
einander lu trennen. Es mflssm in der Baktetiologie alle Eigen«
sdiaften, auch biologiecbe, sofern sie nnr konstant sind, für ein
Bacterinm su seiner Identifisierung hiningeiogen werden. Es sind
daher, in der lotsten Zeit nur gans wenige Versudie gemaeht
worden, Variationen' naohiaweisen und diesen wenigen Versudien
wird grOibtes Mifstratien entgegengehiaeht und swar mit voller Be-
rechtigung, denn nirgends findet sich die nO^tige Garantie fOr
die dauernde JReinheit und Einheit der Kultur. Dicee ist aber
das erste Erfordernis, wenn Versuche Aber VarietAtenbUdung an-
gestellt werden sollen. Jeder, der lange Kulturen weiter gesaehtei
hat» weii^, wie leicht Verunreinigungen audi bei der grOfsten
Sorgfalt vorkommen; wie ein Meningokokkus oder Gonokokkus
sUmahlich scheinbar Gram-positiv wird, wenn ein harmloser aber
resistenterer Luftkeim odef 'ein im Ascitesagar schlummernder
Keim sich im Laufe der Generationen die Herrschaft Aber den
sebwicheren Gram-negativen Kokkua erobert Besonders schwierig
ist, wie schon M. Neis8er(^^ aufmerksam macht, verwandte
Arten wie Diphtheriebazillen und Pseudodiphtheriebaaillen oder.
Xerosebarillen voneinander zu trennen. Es kann also allen diesen
Versuchen nicht genug Kritik entgegengebracht werden und
alle Verauche, welche nicht durch beständige Isolierung und
beständiges Ausgehen von einer Kolonie die Reinheit kontrollieren,
können nicht als beweisend für eine Aberrationsbildung gelten.
Die Kritik an der Reinheit der Kultur wird um so mehr heraus-
gefordei-t, wenn es sich um Um/,üchtungen bei überall verbreiteten
Formen, z. B. Kokken, handelt.
Bevor ich an die Darlegung meiner eigenen Beobachtungen
gehe, sei es mir gestattet, in kurzem über die letzten Arbeiten
über V'arietätenbildung zu berichten. Da e« l)ekannt ist, dafs
schon unter gewöhnlichen Lal»fM;uoriuuisbtuliiiij:uno'en die Farb-
stoffproduktion gewisser Bakterien sehr verschi* «ieu stark aus-
gebildet ist, und da man in der Farbe einen zugleich quantitativ
AnbiT fOr ByglM«. üU. DU. 18
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258 t^ber mntn in biol<»glBcli«r ltod«tiaDg iiit w»— to tea Kolistamm «Id.
ultd qualitativ bequemen Index hatte, so wandten sich die meiaten
Untersucher dem Studium der farbstoffbildenden Bakterien su.
Es handelte sich darum, diese natürlich auftretenden neuen
Formen sur Züchtung von festen Arten zu verwenden, nnd da
man dieselben willkürlich erhalten wollte, mufsten auch die Be-
dingungen, unter denen Farbbildung überhaupt auftrat« studiert
werden. So beschrieb R. Neumann (*) wie es ihm gelungen sei,
aus einem Micrococcus pyogenes o aureus eine gelbe und eine
weifse Rasse su Süchten, welche sich Tom natflrlich vorkommen-
den Mieroeöccus citreus und albus nicht unterscheiden liefben.
Aufserdem erhielt er eine Rosa-VarietAt, aus welcher er wieder
die orangefarbene Form erhalten konnte.
Bucsicka(^) berichtet Aber Annftberung des Baoilloa pyo-
cyaneus an den Badllus fiuoresoens liquefaciens. Rucsicka
xttohtete drei Stämme Bacillus pyocyaneus und drei Bacillus fluores-
cens. Die drei Pyooyaneus-Stämme wam aus Biter gewonnen
und hatten daher die Eigenschaften echter Parasiten; sie liehen
hohe Temperaturen, bilden darin mehr Farbe und wachsen
üppiger als bei tiefen Temperaturen, wahrend die aus dem Wasser
gesüchteten Fluoresoensstfimme niedere Temperaturen bevorsugen.
Die Farbe der Pyocyaneusstämme hat eine mehr grünblaue, die
der Fluorescenzstämme eine mehr gelbgrüne Nuance. Die übrigen
Eigenschaften: Fähigkeit, die Gelatine su verflüssigen, dieMüch
snr Gerinnung su bringen, hatten beide gemeinsam. Alle Eigen-
schaften sind bei den versdiiedenen Stämmen der einen oder
der anderen Bakterienart sehr verschieden stark ausgebildet,
femer variieren sie innerhalb der einseinen Rassen. Es gelang
nun Ruczicka, unter Benutzunpf dieser an und für sich nicht
ganz konstanten N'erliftltnis.se aus einem aus dem Wasser stam-
menden Fluorescenzstumm eine Ha^se zu erhaUen, welche üppiger
bei 37° wuchs und einen blauen Farbenschinunti liatte und
umgekehrt aus einem Bacillus pyocyaneus einen bei Zimmer-
temperatur üppiger vegetierenden, fast ohne blauen Farbenton
waclisenden Stamm zu erhalten. Angaben über das Lösungs-
vermögen der Farben dieser ätämme in Chloroform und anderen
Mitteln fehlen.
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Von Kudolf MtMini. 25d
Laekard(*][ beriehtot Ober eineii fiae. prodigiosas d«r, Daoh-
dem er einige Zeit weife gewachsen war, pldtslich wieder rot wache.
Der Qnind dacu aollen molekulare innere Umwftlzangen sein.
Gegen alle diese Untersuchungen lAfst si^h aufser Zweifeln
an der Reinheit, welche, wie ich schon betonte, immer yorbanden
sein mflssen, wo nicht stete Kontrolle herrscht, noch and«:eo
Torb^iigen. Dieser Faibstoifbilduiig fehlt an und für dch 8cb<ui
das Konstante, wo aber nichts Konstantes vorhanden ist. kann
keine neue Varietät angenommen werden, wenn auch eine der
normalerweise schon Yorhandenen, und mit anderen abwecb>
selnden Formen einige Zeit konstant bleibt, um dann plötsUch
bei iigendeiner Gelegenheit sur alten Form wieder surficksu-
springen. Unseie Kenntnisse Über die Bediuguug der Farbstoff'
bildung sind noch so gering, dafs uns diese von Zufftiligkeiten
in der Herstellung der Nährböden abh6ngig ecsdieint, die wir
noch nicht genügend beherrschen.
Noefske^^) und Kuntze'^) haben gezeigt, dafs zur Farb-
stoffproduktion des Bacillus pyocyaneii.s und des Bacillus pro-
digiosus die Anwesenheit von Magnesiuni-Schweielverbindnngen
nötig ist, dafs aber von diesen Stoffen schou 0,001 °/(, genügen,
um die Farbe zu erhalten. Wenn daher z. B. ein orangefarbener
Mikroorganismus einige Zeit in einigen Partien der Kultur rosa
wächst und einige Zeit hindurch in dieser Farbe gehalten werden
kann, um dann plötzlich wieder eine Tendenz zu einem orange-
faiiienen Wf^fh^tum zu t riaii^jtMi, wer beweist inis, dafs das nicht
von \ eräiitieruiigtüj im Nalirboden, wenn diese auch nicht kon-
trollierbar sind, abhängen können? Wenn aber ein orange
farhener Mikroorganismus rosa wächst, weini er anf einen neuen
anders zusammengesetzten Nähragar gebracht wird, kann das
nicht als echte Variation angesehen werden.
Dann ist bei dieser Art der Züchtung auf schrägem Agar oder
durch Gelatine- oder Agarstich eine richtige, systematische Se-
lektion unmöglich. Auch wenn in unserem Beispiel von einen),
etwas roterem Teil einer ocangeiarbenen Strichkultur abgeimpft
wird, um durch Selektion einen ganz roten Stamm zu erhalten,
so sttchtet man immer Kulturen, welche von Millionen von
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254 ftbm eia&a in biologischw Beziehung interessanten Koltstsmin «i<i.
Bakterien ausgehen, unter welchen wohl die gewttnaebten aber
aQoh viele nicht gewQnscbte Bakterien sich befinden, deren Kolo*
nien wieder zu einer gleichmäfsigen Kulinr sieb vermischen.
Ganz anders eiud die Bedingungen bei einer Anssaat; hier ent-
stehen die Kolonien ans einseinen Bakterien, man erbftit viel
einheitlieheres Material und sieht bei einer neuen Aussaat von
einer Kolonie, ob sich die Tochterkolonien untereinander gleich
verhalten oder nicht; man kann im letsteren Falle diejenigen
Kolonien, welche durch Besonderheiten aulfallen, einseln weiter
verimpfen, ohne sich die neue Kultur durch Mitverimpfung
nichtgewflnschter Kolonien xu verderben.
Auch dagegen mufs Front gemacht werden, dafs die Iden-
tität sweier Bakterienarten, einer kanstlich gezüchteten und
einer in der Natur vorkommenden, erkltrt wird auf Grund von
sehr inkonstanten- oder degenerativen Eigenschaften. Besonders
bei Vergleichung verschiedener Kokken mufs davor gewarnt
werden, m büh su identifizieren, bevor nicht alle Mittel, auch
hämolytisches Vermögen, Tierpathogenität und Agglutination,
letztere allerdings mit Vorsicht, herangezogen wurden. Ein
Microcoocus pyocyaneus aureus, der weifs wftchst und etwas
weniger Alkali bildet, kann ein degenerierter aureus sein und
braucht daher noch lange nicht mit einem Micrococcus albus
identisch zu sein, der im Vollbesitze aller seiner lOtgeiisehaften ist.
Zum Schlüsse möchte ich noch etwas anfügen, was vielleicht
ebenfalls beitragen kann, die Entstehung verschiedenfarbiger
Rassen zu erklären, ohne Varietätenbüdung annehmen zu müssen.
Channot und Thiry"^ extrahierten einen Farbstoff aus
einer Kultur des Bacillus polychromogenes und stellton Versuche
über dessen Farbe bei verschiedenen Säure und Alkali tätsgraden
an. Es zeigte sich, dafs Säure in Spuren violett färbte, ein
C'herschufs derselben purpurrot bis rot, Auiiuoniaii liefs eine
rote Farbe entstehen, Kalihydrat, Natriumhydrat und liaryt-
hydrat machten den Farbstoff violett, im Überschusse grün.
Sehen wir so, dafs dieselDe Saure oder Base, je nachdem sie in
Spuren oder in -stärkeren Konzentrationen angewandt wird, die
i^'arbe des gleichen Farbextraktes ändern kann, so lä£st sich denken,
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Von Bndolf MaMbd.
S66
wie ein Bakterienstamm eventuell eine andere Färbung zeigen
kann, wenn ihm durch Schädigung die Fähigkeit genommen wird,
stärkere Säuren oder Alkalien su bilden. In einem solchen Falle
hätte dann die Bildung einer anderen Farbe eine andere Be-
deutung; man könnte weniger von Varietftt als von einer Degene-
ration des Stammes spreoben.
Ganz in degenerativer Richtung liegen die Versuche von
Sc hierbeck^'). Er züchtete Milcha&urelmkterien in karbol-
halt iger Milch. Nach einigen Züchungen auf diesem Boden
fiel das Säuerungsvermögeni um aber auf normalem Boden bald
wieder cur früheren Hohe anzuwachsen. Wurde aber die Zttoh-
tnng in Karbolmiloh 45 Generationen hindurch weiteigetrieben»
80 erhielt Schi erbe ok einen Stamm, der auch in gewOhnlidher
Milch die Fähigkeit der Sftuerung in definitiv geringerm Grade
hatte als der Stamm» von dem er abgesweigt worden war.
Zu der gleichen Gruppe gehören alle Virulensverluste der
Bakterien, von welchen wohl jeder Bakteriologe Beispiele genug
kennt
Interessant sind die Beobachtungen Beyerincks*) Ober vsT'
schiedene Arten von Variationen, da hier nicht die Verftnderungen
an Agaxstriehkultnren, sondern an Aussaaten festgestellt wurden.
Genauere Angaben liegen vor über die Variation einer Hefeart,
beim Bacillus prodigiosns und einem Wasserbakterium (Photo-
hacter indicum). Uns interessieran hier die bdden lotsten
Variationen. Beyerinck hatte 3 ProdigiosusstSrnme gesflchtet
davon verflftssigie einer Gelatine nidit, wohl aber die beiden
anderen, welch letztere rieb durch die Fähigkeit baw. Un-
fähigkeit, gewisse Kohlehydrate su vergftren, vonemander unter«
schieden. Alle 3 Stämme bildeten rote Farbe. Von allen
3 Stämmen erhielt Beyerinck farblose Varianten, welche farb-
los blieben, sicli im üV)rigen aber so verhielten wie ihre Mutter-
kultiiren. Subvarianten, d. h. Rosa-Kolonien, waren viel seltener,
sie waren ebenfalls konstaut, aber es trat leichter Atavismus
auf als bei den V aruuiten. Auch aus den Subvariant^n entstand
die weifse Variation. Auf eine sehr lange ßeobachtnngszeit von
13 Jahren stützen sich Beyerincks Versuche über das Photo-
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.JJ^ Ob«r «ia«D in biologiiclMr fiestebimg ittktraMnntoo KoUatainin «te.
baeter indicum. Er erhielt, besonden bd Veximpfung ftltever
Kulturen, neben den normalen beweglichen leuohtenden Formen
eine solche, welche nicht leuchtete (Pbot. ind. obscurum) und
eine sehr langeam wachsende, schwach bewegliche Form (Phot.
ind. parvuni) Auch hier treten Zwischenstufen, Sub Varianten,
seltener auf als die Varianfen und sind weniger konstauL als
diese. Im Meervvasser fiuwl ßeyerinck diese Variationen nicht,
wohl aber 2 andere Varianten oder sehr nahe verwandte Arten
des Phot. ind.
Conü(*) berichtet, wie es ihm durch Selektion 'einzelner
Kolonien aus Platten gelang, verschiedene in der Milch natürlich
vorkonmiende Bakteriennrten zu z.iichten.
Einige kurze Augal fti über Varietäten lasse ich hier uube-
rücksiclitigt, da sie entweder erst nach ihrer Entstehung beobachtet
wurden — uns interessiert aber hauptsächlich der Modus der Ent-
stehung oder da die Angaben zu lückenhait und unsicher sind,
um verwertet zu werden.
Die angeführte Literatur zeigt, dafs der Begriff \^1riabihtät
sehr verschieden weit gefafst wird. Es erscheint daher angebracht,
über den Begriff der Variabihtät, wie er bis jetzt in der Bakterio-
logie gehandhabt wurde« einiges zu berichten. Es ezietieren
zweierlei Systeme, in welchen die verschiedenen Arten von Varia*
bihtäi eingereiht werden können. Dasjenige yonRodet(^^) um-
fafst alle Arten von bei gleichen Bakterienstämmen beobachteten
verschiedenen Zuständen mit Ausnahme der aufeinanderfolgenden
£ntwickluDg8phasen einea Indi vidiums. Beyerinck(^) zieht eeioe
Giensen enger, einige von Rodet noch als Varietäten bezeichnete
Verftndoningen zählt Beyerinck nicht mehr dazu.
Rodet unterscheidet 3 Arten von Variabilität:
1. Poly- oder PleomorphiamuB. Ein Bakterium zeigt
auf TerachiedenemN&hrboden verschiedene Qeatalt.
Fflr Jeden Nfihrboden ist die Form typiaefa, sie wird so
lange babebalten, als das Bakterium auf diesem Nftbr-
boden wichst
2. PI uriformitttt. BetiAchtet man die Kolonien ehier
Auaeaat aufmerksam, so siebt man, wie nie alle Kolo-
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Von B«doII IfiMMinL
t67
nien ganz gleicli aussehen, sondern wie immer einige
etwas andere Form haben. Wird von einer dieser Kolo-
nien wieder eine Aussaat gemacht , so tritt nicht der
Typ, welchem die verimpfte Kolonie angeiuirt hat, etwa
allem auf, sondern immer wieder die auf der ersten Platte
vorhandenen 1 ypen (z. B. Diphtherie.)
3. Variabilität im engeren Sinne. Die Bakterien
einer Kultur erhalten unter bestimmten Voraussetzungen
von den bis dahin vorhandenen abweichende Eigen-
schaften und behalten diese in der Folge bei, auch wein^
sie wieder unter die alten Bedingungen gestellt werden.
Kodet bemerkt dazu, dafs diese neoeren Artoo meist
degenerative Charaktere tragen.
Beyerinek teilt die Variationebildungen bei Bakterien loi'
gendermafsen ein:
1. Degeneration. Frisch gezüchtete Koltoien verlieren
aUmfthlich gleich nach der Züchtung noch vorhandene
Eigenschaften. Die Degeneration endigt mit der Un-
möglichkeit, die Kultur weiter zu züchten. Sie betrifft
alle Individuen gleichseitig. Eine Selektioü einielner ist
daher nicht mOgliofa.
2. Transformation. "Alle Bakterien einer Kultur ver-
lieren eine Eigenecbaft oder erhalten eine nene, oder ver-
lieren eine eidche und erhalten gleichseitig eine andere.
Sie ist selten. Die neu entstandenen Formen sind konstant
3. Variation im engeren Sinne. Sie ist die häu-
figste Form. Einzelne Individuen eines Stammes erhalten
eine neue Eigenschaft und vererben diese sogleich kon-
stant weiter an ihren Nachkommen; Atavismus kommt
swar vor, ist aber selten. Als Qrund gibt Beyerinok
ungenügende Erntthrung, Anhäufung eigener Sekretibns-
prodokte in alten Kulturen an.
Nicht alle dieser hier aufgesählten Gruppen von Variabilität
haben gleiches Interesse. Weniger interessant sind in degenera-
tivem Sinne tendierende Veränderungen, weil dadurch nor Arten
verschwinden, nie aber neue entstebef). kOni;idn. Wichtig sind
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t)b«r «inMi ia biologiidaw Boiabuiif inltiMHUitoB KoUilMani «le.
dagegen diejenigen Variationen, welche bis dahin noch nicht
vorhandene Eigenschaften zeigen. Mufs doch in phylogenetischem
Sinne eine Variabilität voriianden gewesen sein, da wir annehmen
köiHien, dals uii'^ure jetzt vorhandenen Buktenenarten nicht immer
so l)rst!iiKlen haben wie jetzt, sondern d;iib auch bei den Bak-
terien ^^•e^ige^ differeii/ierle Formen voriianden waren, aus
welchen die jetzigen Aitt;n eiUbtauden. Mufs nun auch eine
solche Variabilität vorhanden gewesen sein, so ist doch die Frage,
ob sich eine solche in der kurzen Spanne Zeit eines Experimental-
versuches nachweisen läfst. Wenn damit auch kaum ein auf
phylogenetischen Tatsachen aufgebautes System erhalten werden
kann, wie es z. B. in der Zoologie besteht, so geben uns derartige
Beobachtungen doch den Beweis, dafs Variationen überhaupt vor-
kommen können, und zeigen uns auch, wie diese vor sich gehen.
Nebenbei erhalten wir auch richtige Anhaltspunkte für die Wer-
tung von Eigenschaften der Bakterien, je nachdem sie sich bei
diesen Versuchen konstant oder weniger konstaut erweisen. Es
beanspraobt daher jeder Fall von wirklich beobachteter Variabilitfit
ein Intereeee, gerade bei der SpArlichkeit von noheren Beobach-
tungen ana diesem Gebiete.
Dabei darf es aich nicht nur um Veründerongen handeln,
welche vorwiegend den Ohaiakier der Degeneration und des
Verlustes von Bigenschaften oder die Merkmale emer allgemein
herabgestimmten Lebenseneigie haben, sondern unser In*
teresse wird hauptsftchlich dann erweckt, wenn es sich um neu
auftretende Eigenschaften handelt, ohne nachweisbare de-
generatiTe Symptome. ^) BKerbei wird es weiter von grofser bio-
1) Als idi naeh AbsohloCi dieser Arbeit, oad alt Honr Haas ini bweita
wieder in Basel Assistent war, auf der 1. MikroUologiachea Vereinignng In
Berlin Ober rlirsf ArV)t'it. referierte (s. Zentralbl. f. Bakt 1906), wurde von Herrn
Hofrat Gruber in der Diskussion eine unter seiner Leitung entutandene
Arbeit von Firtecb erwähnt, die uns entgangen war, und die einen ahn>
Uefaen Fall behandali Firtaeh basehnibt (Archiv f. Hyg., Vm, & 869)
Tanohtadeno Kolonieformeu des Vibrio Finkler-Fkior, die man «rhilt, wann
man von fiU*«r> 'Tf-lntinp^tirbknlt-iren diesf MiVrobenp'elatineplatten ptefflt.
Trotz erwiesener Keinheit des Ausgangsmatenalä erhält man eo neben den
Ijpiaclien Koloniaa andere Kolonienformen, die auch bei WeitenOchtong
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Von Badtolf HwihiL
259
logischer Wichtigkeit sein, ob die Variation ein« allaiählich
entstehende Umwandlung oder eine sprungweise Variation
im »Sinne der de Vriessclioti Mutation ist,
Voraussetzung für alle in dieser Richtung liegenden Versuche
ist die dauernde Reinheit und Einheitlichkeit der Kultur.
Ich glaube, dafs der im folgenden zitierte Fall diesen An-
fordenmgen gerecht wird und deshalb ein biologisches Inteiesse
beanspruchen darf.
A. Die Knötchen.
Die Beobachtungen, über welche ich im folgenden berichten
werde, wurden auf Veranlassung und unter der Leitung von
Prof. Max Neisser an einem "Bakterium der lyphns-KoliGruppe
angestellt.
Das Bakterium wurde aus dem Stuhle eines au kuner fieber-
loaer Gastro-Enteritis leidenden ISjfthrigen Arbeiten gesflchtet
Auf Endonährböden, auf welchem er isoliert wurde, wttchst
nnser Bakterium Ahnlich wie der Typhusbasillüs farblos, nur
saftiger und nicht so dttrehseheiuend wie dieser. Nach «nigen
Tagen wird die Farbe der Kolonie etwas rOter, erhüt sber nie
den metaUischgrflnen Fncibsinglans, wie ihn die Kolonien des
gewöhnlichen Baeterinm coli commune auf .Endoagsr seigen.
Idi möchte bientn bemerken, dals der EndonShrboden, wie be-
ihre abweichenden Eigenschaften bewahren. Und den atypiwheQ Kolonie-
formen entaprechen auch atypische mikrookopiecbe Formen and atypisches
AuMbeii im Stioh. Wenn ich trotadam di«Mn gewib iatsreMAntan Fall
nicht aaf dieselbe State stelle wie den Hassini sehen, •<> geschieht es,
weil Firtsch selbst sagt: »So bedeutend die Unterschiede im Ausnehen
der Kolonien auf Nfthrgelatine sind, so lassen sie eich doch mit grofser
WabrBcbeinlicbkeit »uf verHchiedene Grade von Abschwächung der Wachs-
tomaeneffgie ttberhaopt, der Fibtgkatt, die Gelatine an verflflaaigen ond dar
Eigenbewegung suröckführen ; Abschw&chungsvorgänge» die gewifs nicht
be<Ieiitsamer Bind aln der VerluHt der Fähigkeit, Sporen za bilden, der Gär-
tAtigkeit, der Virulenz«. l>ie Krscheinungen am Vibrio Finkler sind also
e generali Ter Natur, unser Kolistamm zeigt das plötxliche Auftreten einer
nanen Eiffanadiaft. die plotslicha Prodoktion dar Laktase. Gamda in dar
Neuerwerbung einer Eigens ekaft asha leb altar das bioiogiaeh
ntaraaaanta anaaras FaUaa,
M. Neifser.
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S60 t)bar «inan in Uologladiar Bedehoi^ ta to atia nte m KoUatunin tle
kaiHit, an sieh nicht franz farblos bleibt, weuii er, besonders bei
Auwelt iiheit von Kondenswasser, aber auch ohne solches im
Brutschrank bei 37^ «toht, sondern dafs er einen Rosa- Farbenton
annimmt. Die Kolomu behält diesen Karbenton bis zu ihrem
Absterben bei. Lm einige besonders grofse und alte Kolonien
habe ich oft einen hellen Hof bis zu 1 cm Breite bemerkt, indem
dort die normale Rosafärbung des Endoagars durch eine von der
Kolonie ausgeschiedene diffundierende Substanz verhindert wird.
Die Form der Kolonien zeigt nun an den zwei ersten Tagen
keinerlei Beaonderheit, vom 3. Tage an aber entstehen in den
noch weiter wachsenden Kolonien kleine, aber mit dem blofsen
Auge leicht sichtbare Knötchen yon der Gröfse einer Steck-
nadelspitze, welche, wenn sie älter werden, die Gröfse eines
Steoknadelkopfes erreichen. Diese Knötchen besitzen in der Regel,
wenn sie noch jung sind, eine gelblich weifse, durchscheinende
Farbe and werden mit denf Alter dunkel rot. Der Umschlag
der weifoen Farbe in die rote tritt verschieden schnell auf, bei
einigen Knötchen in kürzerer Zeit als einem Tage, bei anderen
datiert es l&nger. Seltener entstehen sie gleich als rote Knötchen.
Die Zeit, welche vergeht, bis die Kolonie die KnOtdien bildet,
ist in der weitaus grOfseren Zahl der Fftlle 2 Tage, seltener ent>
stehen sie erst nach dem dritten Tage, Nur ganz extrem sdten
habe ich sie schon nach 24 Stunden beobachtet Es war dies
unter 112 untersuchten Plattens&tsen nur auf 2 Platten der Fall.
Die Zahl der Knötchen ist am Tage ihre« Auftretens nur gering,
l'r:4, läEst man aber die Kolonie weiter wachsen, so entstehen
täglich neue Knötchen, . so dafs in sehr grofsen Kolonien Aber
200 gezahlt werden können (siehe die 2. Photographie). Die
ersten Knötchen zeigen sich in dem mittleren Teil der Kolonie,
die Bluter hinzukommenden lagern sich um die vorhandenen
hemm, aber immer so, dafs der wachsende Band der Kolonie
freibleibt
Stehen Kolonien auf einer Platte sehr dicht, so dab sie
sich gegenseitig am weiteren Wachstum behindern, so entstehen
keine Knötchen. Man erhält daher häufig Platten, auf denen
die mehr vereinzelt liegenden gröfseren Kolonien an der Peri'
Digitized by Google
Von Rudolf MfiHsini.
261
pherie der Platte Knötchen zeigen, die zentral liegenden kleineren
Kolonien aber nicht. Auf der ersten Platte der Endoagaraussaaten,
auf welchen die einzelnen Kolonien überhaupt nicht isoliert zu
sehen sind, sondern so früh ineinander wachsen, dafs ein Rasen
entsteht, siebt man in der Anzahl von 5 — 20 auf der ganzen
I'tiut. 1
Platte Gebilde aultreten, welche durch , ihre dunklere Färbung
und durch Hervorragen aus dem übrigen Rasen auffallen, Sie
können als den Knötchen der Kolonien entsprechend angesehen
werden, da sie zu gleicher Zeit wie diese entstehen.
Die drei Photographien zeigen 2 Kolonien mit Knötchen, das
eine (Phot. I) ist eine sechstägige Kolonie bei ca. sechsfacher Ver-
gröfserung. Man sieht darin deutlich weifse und rote Knötchen.
Der Rand der Kolonie tritt sehr stark wallartig hervor, viel
stärker als es der Wirklichkeit entspricht. Es ist das wohl die
Folge der etwas röteren Färbung des mittleren Teiles der Kolonie,
262 t^ber einen in biologischer Beziehung Interess&nten Koliatamm etc.
welcher für die photographische Platte weniger wirksame Strahleu
abgibt als die weifsere Randpartie. Die 2. Kolonie (Phot. II u. III)
ist 9 Tage alt, sie zeigt, wie grofs alleinstehende Kolonien werden,
und wie dicht sie mit Knötchen übersät sein können. Die Photo-
graphie gibt die Kolonie in dreifacher Vergröfserung wieder. Auch
Pbut. IL
hier sieht man deutlich den Unterschied zwischen weifsen und
roten Knötchen. Einige der Knötchen sind zu kleineu Plaques
zusammengeflossen. Photographie III stellt die gleiche Kolonie
dar wie Photographie II in etwas kleinerer Vergröfserung. Der
Rand der Kolonie ist etwas deutlicher sichtbar geworden. Die
Sternchen auf dieser Platte entstanden durch Austrocknen des
Agars und haben mit der Kolonie nichts zu tun.
Alle drei Photographien sind nicht retouchiert worden.
Aus was bestehen nun diese Knötchen? — Man mufste
zunächst an Gasblasen denken. Dafs es solche nicht waren, stellte
Digitized by Google
Von tladoK Massini.
sich bald heraus, denn erstens waren sie durch Evakuieren nicht
zum Platzen zu bringen, und dann zeigten Serienschnitte durch
Kolonien, dafs die Knötchen solide waren und keinen Hohlraum
besafsen. Diese Schnitte genügten auch, um nähere Details über
die Knötchen zu geben. Sie wurden erhalten, indem mittelgrofse
Phot. m.
Kolonien in Alkohol fixiert und gehärtet und in Paraffin ein-
gebettet wurden. Es liefsen sich auf diese Weise 6 — 8 ju dicke
Schnitte herstellen. Gefärbt wurden diese zum Teil mit Karbol-
thionin, zum Teil mit einem Gemisch von Löfflers Methylenblau
mit zehnfach verdünntem Karbolfuchsin im Verhältnis 10 : 1. Ea
zeigen sich die Kolonien (siehe Fig. 1) bei schwacher V^ergröfserung
aus einzelnen Schichten zusammengesetzt. Diese Schichtung
findet sich an allen untersuchten Präparaten verschiedener Ko-
lonien als abwechselnd hellere und dunklere Streifen, welche sich
durch die ganze Kolonie hindurchziehen. Bei den mit dem
1(64 thwr etiMB in tilolostwW 6«ii«liaii|r In ttT M om tn RoHttamm tke.
Methylenblaufuchsingemisch gefärbten Schnitten sind einige
Schichten auch mehr rötlich, andere entschiedener blau gefärbt.
Diese Sobicbiang moXs als morphologische Eigenschaft angesehen
werden, wie an anderen Kolonien eine radiäre oder konzentrische
Streifuog. Sie entspricht wahrscheinlich Geg ^rationssc hüben.
Man sieht nun, wie die Knötchen in der Tiefe der Kolonie an
der Oberflftcbe des Agars entstehen und in die Kolonie ein«
m.i.
wachsen. Wie ein maligner Tmnor durchbrechen sie die einseinen
Schichten oder dirftngen sie auch aus ihrer Lage. Einzehie
Scfaiehten scheinen dem Wachstum der Knötchen einen stärkeren
Widerstand entgegenzusetsen als andere, man sieht dann, wie
das Knötchen verengt wird nnd sidi dann in der nSchsten Schicht
wieder ausdehnt Oft sieht man auch eine Andeutung einer be>
sonders resistenten Schicht das Knötchen durchsetzen. Letzteres
kann so lange wachsen, bis es die oberste Schicht durchbrochen
hat; Knötchen in <len Knötchen wurden nie heoliachtet.
Eh traten natinlich sofort und immer wieder Zweifel auf an
der Koiidieit derselben. Man mufste an eine Symbiose zweier
Bakterien in 1 Kolonie denken, wie sie z. ß. von M. NeifserC)
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Von Itiid6l{ ItiMial.
905
für Xerosekolonien, in denen Influenzabazillenkolonien auftraten,
beschrieben worden ist Diese Vermutung bestätigte sich nicht.
Vielmehr mOaeen wir die Knötchen als eine Eigentümlichkeit
der Kolonien unseres Koli ansehen und die Kultur als absolute
Reinkultur.
Um sicher eine Reinkultur su erhalten, verfertigte ich. mit
aller Soigfalt Plattenausstiiche. Es wurden von einer Endoagar-
platte, auf welcher die einseinen Kolonien gut isoliert liegen, von
einer solchen mit der Nadel in Bouillon abgeimpft, die Bouillon
wurde krftftig geschüttelt, um die Bakterien gut zu verteilen, dann
wurden aus der Bouillon 3 kleine Ösen auf Endoagar übertragen
und mit dem von Conradi und Drigalsky zur Untersuchung
des Stuhles auf Tvphusbazilleii empfolilonen. Glasspatel auf
3 Kndoagarplatten (Dm. 100 mm) zur \'erteilung gebrachu Es ge-
linut auf diese Weise iramer, in der 2. oder 3. Platte eine Aus-
saat /AI erhalten, iu welcher die Kolonien weit voueiuander ent-
fernt liegen. Um auch die Anhänger des Gelati uegufsverfahren."
zu befriedigen, gofs ich auch Gelatinesätze, nachdem ich die
abgeimpfte Koionio t l>cnfall3 zuerst in Bouillon durch Schütteln
zur Verteilung gebracht hatte. Es gelang mir aber nicht, die
Knötchen aus den Kolonien zu entfernen, iroudem ich, bevor
ich zur experiuiemellen Untersuchung des Bakteriums schritt,
nach einigen Vorvfrsuchen eine ununterbrochene Reihe von
8 Endoplattensfttzen mit 3 dazwischen eingelegten gegossenen Ge-
latinesätzen , dabei nnmer von einzelnen Kolonien itnsgehend,
verfertigt hatte. Auch fernerhin wurde der Stannn nnmer durch
Plattenverfahren nach Abimpfen von einer Kolonie weiter ge-
züchtet. Eine ununterbrochene Reihe von 51 Züchtungen, da-
runter 4 Gelatinesätze, bestätigten zuletzt die schon früher er-
haltenen Resultate. Will man also den Glauben au unsere
Methode zur Isolierung von Bakterien nicht verlieren, mufs die
Kultur als sichere Beinkultur angesehen werden.
Ich bemerkt hier ausdrücklich, dafs ausschliefslich dieses
Plattenverfaliren mit Abim{)fung von einer Kolonie verwendet
wurde, auch in Nebenversuchen.
S66 ^^1^ dnmi tn faio1ogtsdi«r ^Mlfllnra« fattor—iiinten Itoltsfaubm «k6.
Als Tatsachen, welche für die Reinheit der Kultur sprechen,
habe ich aber auch noch anderes anzuführen. Ich stellte fol-
genden Versuch an: Ich impfte einerseits von einer Kolonie,
welche ja nach 24 Stunden noch keine^Knötchen hat, am ersten
Tage ab und strich einen neuen Plattensatz aus; anderseits ent-
nahm ich Material aus der Mitte einer alten, also knOtchen halt igen
Kolonie. Das Resultat dieses Versachee war folgendes: Die Zahl
der auftretenden Knötchen im neuausgesäten Satze war nur
abh&ngig von der Gröfse der entstehenden Kolonie, da-
gegen war es ganz gleichgültig, ob in dem verimpften Materiale
Knötchen gewesen sind oder nicht Statt eine ganz junge Kolonie
weiter zu impfen, um Material ohne Knötchen su erhalten, konnte
ich aach vom Rande einer alten Kolonie abimpfen, welcher ja
auch keine Knötchen beutst Der Versuch ezgab das -gleiche
Resultat wie der vorige: Abhängigkeit der KnOtehenansahl in
einer Kolonie nur von der GrOfse derselben, nicht aber von dem
snr Verimpfung benoteten Material (Rand oder Mitte der Kolonie).
Beide Versuchaarten wurden mehrere Male mit dem gleichen
Resultat wiederholt Wür^e man eine Mischkultur zweier von
einander versehiedener Bakterien annehmen, so mflfste das Ver*
hftltnis zwischen den Kolonien der beiden Bakterien ein anderes
sein, wenn einmal nur die eine Art, Abimpfung von einer jungen
Kolonie oder vom Rande ein^r alten, das andere Mal beide Arten,
Verimpfung einer alten, ganzen Kolonie, verimpft würden. Ent^
sprechend den vorigen Versuchen, sieht man auch auf der gleichen
Platte, auf der ja die beiden Sorten gleichm&fäig verteilt sein
mOfoten, ein verschiedenes Veriiftltnis der Menge der Knötchen
su der Menge der als >Amme« dienenden Kolonien. Am Rande
der Platte dnd wenige groCse Kolonien mit vielen Knötchen,
in der Mitte sind viele kleine Kolonien mit wenig oder keinen
Knötchen. Auch folgende Tatsache I&fst sich noch schwer mit
der Annahme zweier symbiotisch miteinander lebenden Bakterien
vereinigen. In der Kolonie entstehen, .«olaiige sie wiicbst,
neue Knötchen, eines vom anderen getrennt, so dafs z. B. die
am 7. Tag entstehenden Knötchen auch bei mikroskopischer
Untersuchung keinen Zusammenhang mit den am 3. Tage ent-
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Von Rudolf Masdini. 207
8tand€Den hnbeo. Man mafste also für die KnOtcheDbaktorien
eine Wanderang innerhalb der Kolonie annehmen, was bei der
fehlenden Beweglichkeit der Bakterien nicht sehr wahrscheinlich
ist Morphologiadie oder fftrberische Unterschiede zwischen den
Bakterien in den Knötchen und denen der Übrigen Kolonie habe
idi nicht gefunden. Weitere Tatsachen, welche beweisen, daTs
wir es mit einer sicheren Reinkultur zu tun haben, ergehen sich
im fernen Verlauf dw Arbeit ^
Nach dem Gesagten müssen wir es als unbedingt
feststehend annehmen, dafs die Kultur eine sichere
Reinkultur ist, und daran festhalten, dafs das Interesse der
nachfolgenden Beschreibung wesentlich von der Annahme einer
Reinkultur abhängt. Untersuchen wir nun die Bedingungen
näher, unter denen die Knötchen entstehen. Eine solche habe
ich schon erwähnt, die Kolonie mufs ein gewisses Alter haben,
sie mufs zum mindesten 2 Tage alt sein, wenn in ihr Knötchen
entstehen sollen. Auch dann treten sie in den ältesten Teilen
der Kolonie auf, nämlich in der Mitte und am Grunde dersriben
au der Agaroberfläehe. Eine weitere Bedingung ist der Zusatz
von Milchzucker zum Nährboden. Die meisten Untersuchun«
gen wurden auf Endoagarplatten gemacht, es genügte aber der
Milchzucker allein schon, um Knötchen hervorzurufen, wie zahl-
reiche Kontrollversuchc mit unserem gewölniliclien 2 proz. b'loisch-
wasseraj^ar bei Zusatz von 1 '^/q Milchzucker beweisen. Endoplatten
wurden nur darum vorwieejend zur Untersuchung benuizi, weil
sich darauf üu gleicher Zeit die später zu behandelnde Variation
bequem untersuchen Uefs. Der Frozentgehalt des Milchzuckers
konnte bis 0,1 heruntergesetzt werden, ohne dafs die Knötchea-
bildnng unterblieben wäre. Allerdings treten l^ie Knötchen bei
diesem niederen Prozentgehalt nur in grüfsereii Kolonien auf,
als bei einem höheren und dann auch spärlicher in der einzelnen
Kolonie.
Bei einem Milch/.uckergehalt aber von 1 "/q treten sie iu
je ier gröfseren Kolonie mit einer ^^olchen Hegolmäfpiigkeit auf,
dafs diese Knötchen als sicheres diagnostisches Zeichen für dieses
Bakterium angesehen werden können. Auf anderen als auf
AichiT lOr BfffleDe. Bd. LXI. 19
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^68 über einen in biologischer Beziebong intereamnten Kolistamm etc.
mildiBackerbaltigeD NfthrbOden konnten keine Knötchen erhalten
werden. Ea wurde unteisttcbt: das Waobstam auf gewöhnlichem
neutralen Agar, 0,2% OJb% l\ 2%, Tmabenmckeragar, 1%
Mannit- und Dextrinagar, Agar mit verschiedenem Karbolsäure- ^
aneats nnd veradbiedener Alkalität» nirgends war anch nur eine
Andentunig von Knötchen 2U aehsn, auch bei viele Tage alten
Kolonien. Hierzu ist an bemerken, dab bei Mannit- und Trauben-
suokerzuaata die Kolonien nur klein bleiben. Man konnte daher
annehmen, daüB die Kolonien nicht grofs genug wachsen, um
Knötchen au erhalten; immerhin sind die grOftten Kolonien
auf Trattben^ucke^ und Mannitagar, welche keine Knötchen
aeigen, grölser als die kleinsten Kolonien auf Mildizuckeragar,
welche noch Knötchen bedtsen. Das Gleiche gilt ffir die Kulturen
auf karbolhaltigen Nährboden. Bei Agar ohne Zusata von Zucker
und Dextrinagar kann dieser Einwand nicht geltend gcinacht
werden, da hier, besonders auf Dextrinagar, die einzelnen Kolo-
nien sehr grofs werden. Trotzdem traten nie Knötchen auf.
Ein einxigea Mal sah ich auf gewöhnlicliem Agar etwas, was bei ganz
oberflächlicher Beobachtung f(lr Knötchen hätte gehalten werden können,
die genauere Betrachtung zeigte aber die ▼Ollige Verschiedenheit von diesen.
B» handelt» atch demela am eine fewOimlidie A^nplatte, «eldie mit dieaem
Koli geimpfl und bei einer Temperatur tob 43* gehalten wurde. Nach
10 Tagen ging eine vorgenommene Abinii)fnng von einxelnen Kolonien nicht
mehr an. Die Platte blieb darauf 2 Tage auf dem Arbeitsplätze liegen, am
8. Tage bemerkte i«h bei guuL wenigen Kokmien anf einer Seite der Flatle
Aoawüehae, welche an fieginn ala Knotdien impoiderten, die aidi aber apSter
als nichts anderes als wieder zu Kolonien auBwachnonde Bakterien bei Ab-
gestorbensein der tlbrig**" Kolonie erwiesen. Die enuttebenden Gebilde
waren auch nicht kugelig wie die Knötchen, sondern flach, sie euiaiandeu
idcht in der Mitte der Kolonie aondem am Bande deieelben. Id» hatte dieae
Platte eben gerade su der Zeit aus dem Brntvchnnke graommen, da die
Melir/.ahl der Bakterien abgestorben war, nnd nur eine gani geringe Zahl
von i:{akterien am Leben waren. Die erateu KoutroUinipfuugen hatten zu-
fällig ^01 tote Kolonien getroffen. Später vorgenommene Kontrollen zeigten, \
dab awar die Abimpfang von der Kolonie keinen Erfolg halte^ dafii aber
eine solche von den AuswQchsen auf Endoagar typische Kolonien entstehen
Hefs. I>eii> nächfitcn Ah<-<'hnitt vorgreifend, will ich hier schon erwähnen,
daTa aus den AuswQchsen dieser Agarplatto keine rotweilsen Satze entstanden,
trotadem am 8. und 8. Tage^ nachdem aie bemerkt wurden (die Kolonie war
edion 13 reep. 18 Tkge alt), abgnmpft wurde, so einer Zeit» wo bei echten
Knötchen auf MUebaocker aehon Ungat rotweifae Platten entatanden wiren.
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Von Rudolf Maarini.
260
Diese Aaswüchse sind also nicht mit den Knötchen rn irlentifi^icren, son-
dern als Wiederaufleben «niger BaJctehen in einer sonai toten Kolonie an-
sueehen.
Die Knötchen entstehen aleo nur bei Zusats von: l£lchsoc)cer
SQ dem Nfthnabeimt
Bei anderen Bakterien als bei unserem Baoterium coli habe
ich Ahnliches nicht bemerken können. Eine grofse Zahl der
daraufhin untersuchten Bakterien, besonders aus der Typhus-Koli-
Gruppe, konnte lauge (bis 14 Tage) beobachtet werden, es ent-
standen nie solche Gebilde wie die Knötchen. Meine Unter-
suchungen erstreckten sich auf 9 den Milchzucker nicht ver-
gärende, zur Koligruppe gehörende Arten, auf eine ^rofse Anzahl
typischer Koli, auf fünf Typhusstärame , 4 Paratypiiussiämme,
3 Dysenterien vom Typus Flexner, 1 Dysenterie vom Typus
Shiga, 2 Proteu^cu töu, 1 Aikahgeue8stamm, einige Stapliylokokken
und btreplokokkenstäinme und auf Milzbrand. Man findet /war
in sehr alten, fast vertrockneten Koit nipn zuweilen ganz kleine
Erhabenheiten, welche entfernt an Kuöichen erinnern. Diese
treten aber stets sehr spät und unregeiniäfsig auf, sie sind zudem
kleuier und haben Übergänge- ^u den unbedeutendsten Uneben-
heiten in der Kolonie, mit den Knötchen können sie nicht ver*
wechselt werden. • ■
Auch die neulich von Eisenberg ^) beschriebenen sekundären
Tiefenkolonien haben mit den Knötchen unseres Koli gar nichts
gemein. Jene wach.sen iui Agar, bleiben aljjo beim Entfernen
der Kolonie mit dem Spatel bestehen , diese wachsen in der
Kolonie selbst, und werden beim Versuch, die Kolonie vou der
Agarfläche abzuschaben, mitgenommen. Jene treten besonders
schön bei Serumzusatz, nicht aber bei Zusatz von Milchzucker,
diese nur bei Zusatz von Milchzucker auf und fehlen vollständig
bei Zusatz von Kaninchenserum iu verschiedener Konzentration
(l®/o, 2,5%, 5°/o) vollständig. Eisenbergs Graimhitionen sind
klein, mit blofseni Auge kaum sichtbar, die Knötchen aber
sind ohne Mühe mit blolsem Auge schon aus einer gröiseren
Entfernung zu sehen.
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270 t^r einen \n biologischer Beziehung interessanten Koliatamm etc.
Etwas mehr äufeeriiche Ähnlicbkeit habea die von Pre i sk'^
beim Milsbnmd besehriebenen »sekundftren Kolonien«. Es nnd
dies darchscbeineDde Ku5tcheD, welche nach Preisa aus reristen-
teren, teilweise aach andeis geformten Bakterien und Sporen-
anbäufang bestehen. Diese KnOtdien beim Milzbrand treten aadi
auf gewöhnlichem Agar auf. Eine Sporenbildung habe ich nun
bei unserem Baeteriom coli nie beobocfatei Dasselbe wird bei
80** prompt abgetötet Um aber mISgliche feinere Unterschiede
in der Resistenz der Basillen in den KnOtdien und denen der
Kolonien ohne KnOtehen anssuschliersen, machte ich folgenden
Versuch. Es wurde einerseits eine kuOtchenhaltige , anderseits
eine zweitägige kuOtchenfreie Kolonie in Bouilion au^;eschwemmt
und dann in kleine FlAsehchen yerteilt. Diese wurden verkorkt,
versiegelt, dann wurde von jeder Art je ein FlOachchen in Wasser-
bOd« von 00*, 550, 60^. 65<* und 70* versenkt, so da6 sie ganz von
dem wannen Wasser umgeben waren. Die Dauer der Erwärmung
betrug Stunde. Darauf wurde von den Fläschohen auf Endoagar
abgeimpft und der Rest der Fläschcben in dem Brutschrank bei
37 bis zum anderen Tage aufgehoben. Die Prüfung ergab
übereinstimmend auf dem Ai::ii uud in den Fläschchen, dafs eine
Temperatur von öO° Stunde von knötchenfreien uud knötcheu
haitigeil Kolonien noch ertragen wurde, dafs aber 55" genügten,
um die Bakterien in % Stunde abzutöten. Ein zweiter Versuch
mit feineren Schlägen 50°, 5o°, 50", setzte die in ^/a Stunde ab-
tötende Temperatur für beide Arten der Kolonie auf 53® fest.
Also auch die beim Milzbrand auftretenden Knötchen haben in
ihrem Wesen nichts mit den im ersten Teil dieser Arbeit be-
schriebenen Knötelien zu tun.
Auch in der übrigen mir zugänglichen Literatur fand ich
nirgends Angaben über ein ähnliches Verhalten einer Kolonie.
Eine Aufklärung über das Wesen dieser Knötchen werde
ich später geben. Fassen wir einstweilen folgende Tatsachen
zusammen:
I. Die weifsen Kolonien zeigen ausnahmslos, wofern sie am
Rande der Flutten liegen, oder sonst nicht zu zahlreicli
auf den Platten sind, vom 2. Tage an die KnOtehenbildung.
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Von Rudolf llMaiiii.
271
n. Diese KnOtchenbildung tritt aQSSchliefslich auf milch»
zuckerhaltigen Nährböden auf.
III. Ein Milchzuckergehalt von 0^1% genügt, um die Knöt-
chenbildutig nuftreten /u lassen.
IV, Die Farbe der Knötchen kunu weifs oder rot sein, im
allgemeinen treten zuerst weifse Knötchen auf, welche
allmählich rot werden.
V. Die KnOtchenbildung beginnt früliestens am 2. Tage und
nimmt mit dem Alter der Kolonie dauernd zu.
VI. Die Kn(')T<:heubiIdiiug konnte nur bei un.serem Bacterinni
coli kf)[is;ntiert werden. Sie fehlt l>ei anderen Bakterien
der Koh Typhus- und anderer rirnj pot: /\.uch die von
Eisenberg beschriebenen ( Jranniationen und die von
Preisz beim Milzbrand beschriebenen sekundären Ko-
lonien liahen nichts mit unserer Knötchenbildung zu tun.
Anschliefsend an das merkwürdige Wachstum des Koli auf
Milchzuckernährböden, möchte ich hier die übrigen morpholo'
giachen und kulturellen Eigenschaften des Koli anführen.
Das Bakterinm ist ein kurzes, ganz wie das typische Bac>
terium coli commune aussehendes St&bchen mit etwas abgerun-
deten Ecken, nach Gram entfftrbtes sich prompt. Beweglichkeit
konnte Dicht nachgewiesen werden. Polkörperchen und Sporen
wurden nicht gebildet.
Aul Schrägagarröhrchen wächst es als tippige koliartige
Kultur, schwach irisierend, mit leicht gelblichgrauem Farbenton.
Die einseinstehenden Kolonien sind rund, ohne besondere Zeich'
nuBg odor EOmelung.
Au! Tiraubenxucker und Mannitagar bleiben die Kolonien^
wie schon gesagt^ erheblich an GrOfse hinter denen auf anderen
Nährboden surflck. Sie sterben da auch innerhalb 4 — 6 Tagen ab.
Auf Dextiinagar wttchst das Bakterium leicht und bildet
grofse, runde flache Kolonien.
Das Wachstum auf Conradi'Drigalsky-Agar entspricht
dem auf dem Endoagar.
In Bouillon entsteht eine allgemeine Trübung, nach 2 Tagen
beginnt «n Bodensats su entstehen, keine Kabmhaut»
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2?9 t^bOT mtwa in biologlaeli«r Bodehnng fattog—anteü KoHitomm ete.
Die Milch wird nach 8 — 15 Tagen «ur Gerinnung gebracht.
Die Petruse hkj'sche Lackmusmolke wird am I.Tag schwach
gerötet und eine Spur trüb. Am 2. Tage zeigt sie deutliche
Rötung und Trübung. Dieses Aussehen bleibt bestehen, auch
nach einem Monat tritt kein Farbenumscbbig auf.
In >Trrinbüiizucker hohe Schicht« ^) verimpft, entsteht starke
Gasentwicklung.
In »Milchzucker hohe 8chicht< ist das Verhalten verschieden,
je nacbdf'm eiue eintägige nicht knotchenhaltige Kolonie oder
eine mehrtägige knOtchenhaltige verimpft wird. Im ersten Falle
1) Um Baktorim aal Ihr YargamngiieraiOgen von Za«lm«rton m prateo,
werden dieselben in >hohe Schiebten« von flQssig gemadlitan und auf 40° C
Rbpekühlt<"n Afrnr (1% Tffl'ibpnznrker fMp. Milchtackef) T«rinipft. Orflnd*
licheR T'm^ohUt^eln, Erstarre niasHen.
Wo es sich um schnelle Diagnose handelt^ s. B. am Identifixierung von
Typhnibadlltii an« dwn Stuhl, wird Im Laboratoriam van Prof. IC Meiaiar
die mit einer typhntvardldktlgan Kolonia geimpfte >Mfldian<tor-h«d>a»8ehichtf
nach dem Erßtarren noch mit ca. 3 cm neutraler Bouillon überecbiohtet.
Bestand die verdärhtipe Kolonie aus Typhnsbazillen, so wachsen sie in die
Bouillon hinein und macheu sie vollständig Lrüb; die »hohe Schicht« selbst
iat gans von lyphiubMÜlen dan^waehtan imd Meht gatrilbl (BlarabUdong).
Aach cur Paratyphaadiacnoae iit die Milchknekarhaha-Sehieht ga*
eignet. Im gewöhnlichen Agar, also aadi im Uilcbsudcaragar, flndan aidi
Btcf.s Spuren von Tranhenznrker VergÄrnng von diesen Bpnren von Trauben-
Eucker führt nie zu einer vollstltndigen Zerreifsung de« Agars, sondern nur
•a einer grOfiMrwi Annhl klainefar Oaaiilasen, ohne dafa die Aganlnto aar-
rissen wird. Dieioe MId das von vielen kleinen Oaablaaen dnichBatetan
Milchzuckeragars ist recht charaktcriBttFch för die Paratypbusgruppe nnd
für die übrigen Tranbenzuckervergärer, die Milcbziukrr nicht vergären.
Im Gegensatz hierzu zorreifsen die Milchzucker vergärenden Koliarten
den Milchzuckeragar vollständig. Anderseits rufen Typhui»- uud Dysenterie-
basillan die ja weder Milehsucker noch Thn^bensnckar veigaien, gar keine
OaahlaMn in dam Milchtnckeir hervor.
Aufser dem Auftreten von Glasblasen ist aber, wie bemerkt, darauf tn
achten, ob Wiichstunj In der ganzen > hohen Schicht« und Trübung des
Agare auftritt (Typhus, Paratyphus, Dysenterie). Auch die Bouillon mufs bei
diesen drei Arten voUatlndig getrObt eein. Dar hingende Ttopfen aeigt die
^piachen Merkmale, daa gefirbte Prftparat seigt gram>n«gative Stäbchen.
Alsdann läfst sich mit einem Teile der Bonillon (nach Ablmpfnng einer ö/*e
anf flchrügen Agar zur Konsorvieruog der Kultur) die indolreaktion uod mit
deui Rest eine probatoriache makroskopische Agglutination austeilen (Zusatz
einiger Tropfen entaprechandeo Serame ia ^er VardOnnnng 1 : 100).
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Von Bndolf MmkdL |278
entstehen kleine Blasen im MilehBueker wie beim Paratyphus.
Im sweiten aber wird der Milcfatuoker total auseinandergerissen.
Wir kommen anl dieses verschiedeue Verhalten später noch zu
sprechen.
Der Gelatinestich zeigt sich als weifser, scharf begreuzter
Strang. Die Gelatine wird nicht verflüssigt.
In der gegossenen Agarplatte haben die Kolonien Linsenlorm,
in deren Mitte eiaeu Nabel.
In gegossenen Gelatineplatten zeigen die Kolonien eine leichte
rosettenförmige Zeichnung. Die oberflächlichen sind rund» flach»
ohne Zeichnung. Die Farbe ist leicht gelblich. .
SämtUche Kulturen sumI lu inaiie geruchlos.
Indolbildunö" konnte nie nachgewiesen werden (Ehr lieh sehe
Indolreaktion).^) Das Koli reduziert Methylenblau nach der von
M, Neifser und Wechsberg angegebenen Methode.
In Barsiek GW sehen Nährböden verhielt sich das Bakterium
folgendermalsen : Die mit Polysacchariden, Dextrin und Inulin
versetzten Nährböden wurden nicht verändert. Von den Di-
saodiaxiden wurden Rohrzucker nicht sersetzt, bei Zusatz von
Maltose entstand Rötung und Gerinnung in den Beagensröhrchen.
Auf Laktose hatte das Koli auch in den Bar siekow- Nährböden
einen verschiedenen Einflufs, je nachdem junge knötcbenloae
oder alte knötchenhaltige Kolonien verimpft wurden. Im ersten
Falle blieb die Farbe unverändert und das Röhrchen klar, im
letxteien entstand Rötung und Gerinnung. Bei allen anderen
Zusätzen la Barsiekow-NährbOden war es glsicbgfiltig, ob
knOtobenlose oder kndtebenbaltige Kolonien verimpft wurden.
Von Monosacdiariden wurde Galaktose und Dextrose untersucht»
in beiden entstand ROtung und Oerinnung, bei Traubensucker-
Kusatz schon am 1. Tsge, bei Zusatz der flbrigen Zuekerarten
erst am 2. Tbge, wenn dies Oberhaupt su sehen war. Beim
Mannitsusatz trat ROtung und Gerinnung auf.
Auf das Verhalten den Tieren gegenüber komme ich am
Schlüsse dieser Untersuchung zu sprechen.
Ob das Koli die Ursache der Erkrankung des Patienten ge-
wesen ist, UUbt nch nicht entscheiden. Blut zur Agglutination
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214 Ober einen in biologischer Besieitung interessanten Koiistaiuu) etc.
konnte wegen des konen Spitalaufenthaltos nidit erhalten werden
und in seither untersnchten Stühlen habe ich nie mehr ein
Bakteriam gefanden, welcbee mit dem meinigen identisch ge*
weeen wftre.
B. Die Mutation.
Die zweite Eigenart oneeres Bakteriums besteht daxin, da&
nicht alle Keime zu gleichrnftTsigen Kolonien auswaehaen, sondern
dafs unter bestimmten Bedingungen einxelne Keime variieren
und ihre neu erhaltenjeBigentttmlichkeit sofort kon»
stant weiter vererben. Wird das Koli auf Endoplatten
weiter gezüchtet, so dafs der neue Satz immer von einer isolierten
Kolonie des vorhergehenden Satzes ausgeht, so sieht man nach
einigen Umzüchtungen neben den weifsen Kolonien rote auf-
treten.^) Diese letzteren sind nach 16 ^Stunden nicht von den
Iriilier beschriebenen farblosen Ivuloiiieii /.u unterscheiden, nach
18 — 20 Stunden aber eriialten sio enien roten Nabel und nach
36 — 48 Stunden sind sie ganz rot und zeigen den für das Bac-
terium coli eoniiiiuiif typischen metallischen grünen Fuchsiuglanz.
Am 2. und 3. Tage sind sie durchscimittlich gvöfser als die weifsen
Kolonien, bleiben aber in den nächstfolgenden Tagen an Gröfse
hinter den letzteren bedeutend zurück. Die roten Kolonien er-
halten nie Knötoben, wie ich sie im ersten Teil (ier Arbeit als
für die weifsen Kolonien charakteristisch bej^cln i* 1 r ii habe. Wird
nun von einer roten Kolonie wieder abgennpft, und ein
neuer Endosatz ausgestrichen, so entstehen nur rot© Kolonien,
keine einzige weifse, und auch bei weiterer Verimpfung bleiben
alle folgenden (ienerationen rein rot. es gelingt nie mehr, auf
Endo eine weifse Kolonie zu erhalten.
Anders dagegen verhftlt sich die Sache bei Verimpfung einer
weifsen Kolonie. Hier können nach einiger, meist kurzer Zeit,
1) Ich werd« im foIg«nd«n der Kflne halliar oft von weiber und rotor
Kolonie «prechen. Es sind dann damit jewpils <lie im ersten Teile beschrie-
benen farblosen Kulcmien renp. die im aweiteti Teile nnterHucii'p Vnrielilt ge-
meint; auch rote oder weisse Bakterien sind solche, welche, weua sie auf
£iidoiildirbod«ik gvbnwht werden und mr V^rmehning kommen^ ni eliior
roten reap. weUken Kolonie aniwacbsen.
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Tim Rudolf MaMini.
275
neben den weifstin Kolonien wieder rote auftreten, welche
wiederum bei weiteren Verirapfungen rot bleiben. Di© weiTsen
Kolonien behalten auch auf rotweifsen Platten rieben den roten
Kolonien ihr typischevS Verhalten bei und erhalten vom 3. Tage an
Knötchen. Es gelingt also durch Züchtung auf Endonährboden,
ans einer weifs wechspiidt n Form nach Beheben eine rot
wachsende und roi bleil eiidt? zu erhalten. Das Experiment aus
weifs wachsenden Kolonien roio zu erhalten knun beliebig oft
wiederholt werden. Ich habe diese Erscheinung ^j^ Jahr l«ug
mit absoluter f 'r'gehnär.sigkoit Ruftrf»t<^n sehen. Der beigefügte
btammbaum unseres Koli zeigt dies zur Genüge,
Um entscheiden zu können, ob es sich um eine Platte mit
nur roten oder nur weifsen oder um eine solche mit roten und
weifsen Kolonien handelt, bedarf es gut ausgestrichener Platten-
sätze. Denn bei sehr dicht stehenden Kolonien tritt nur einerlei
Farbe auf, diejenige der Majorit&t hat das Übergewicht, So können
in dichtbee&ten Platten s. B. einige rote Kolonien in einer Über-
sahl weifser ganz übersehen werden, da die umstehenden weifsen
Kolonien durch Dtfifusion das Rotwerden der roten verhindern.
Würde dagegen eine solche rote Kolonie isoliert imn Wachsen
kommen, so hätte sie den typischen Fuchsinglanz. Auf die im
ersten Teile beschriebene Art aber gelingt es leicht, solche Platten*
Sätze SU erhalten, auf welchen die roten und weilseu Kolonien
deutUcb voneinander tu unteracheiden sind, auch wenn beide
nicht in einem gleichen Vediältnie ineinander stehen. Es sdiadet
dann auch nichts, wenn einige Kolonien bei ihrem apftteien
Waidistum aneinander sto&en und sich gegenseitig an ihrer
VeigfOlSrarang behindern. Man sieht trotsdem deutlich aweierlet
Arten von Kolonien, welche durch eine scharfe Linie voneinander
getrennt sind, so s. B. seigen eine rote und eine weifse oder zwei
weifise eine rote Kolonie deutlieh ihre Farbe oder ihre Kn(nchen.
Die Fig. 2 eeigt schematisch einige Formen zweier oder mehrerer
nebeneinander liegender Kolonien, wie sie h&ufig gefunden werden
Audi xwei weifke, in ihnm sf^teien Wachstum zusammentreffende
Kolonien sind meist durch eine acfaarfe, gut sichtbare Linie von-
einander getrennt.
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276 Ober einen in Uologiiehttr Bestohang iateniiinten Kolisteinm ete.
Es TOiSteht sich von salbst, dafs bei der prinzipiellen Be-
deatoDg der Versuche nie nur ein einziger Versuch angestellt
wurde, sondern dafs dieser immer ein oder mehrere Male wieder-
holt wurde. Auch habe ich die eingelienderen Uijier^^uchungen
über die Variation erst begonnen, als ich meine Kultur mit absoluter
Sicherheit ala Reinkultur ansehen durfte.
Sehen wir nun zu, unter welchen Bedingungen die Aber-
ration entsteht oder nicht zustande kommt. Nehmen wir
eine weifse Platte au, so erhalten darauf die Kolonien frühestens
am 2. Tage Knötchen, sie werden grnfser, erhaiten neue Knötchen,
weifse und rote, alle Kolonien
auf dieser Platte bleiben
aber weifs, auch wenn sie
14 Tage lang wachsen. Eine
Kolonie, welche sich einmal als
weifse manifestiert hat, bleibt
weifs ; ich habe nie ein Verloren'
gehen der Knötchen oder ein
spätes Rotwerden einer wei(sen
Kolonie gesehen.
Impft man nun am ersten
Tage eine Kolonie ab und
streicht mit deren Bouillonaof*
sdiwemmung einen neuen Bndosats aus, so entsteht wieder eine
weifse Platte, welche wiedemm frOhestens am 2. Tage KnOt»
oben erhält und weifs bleibt
Diese tflgHehe Abimpfung von einer wdtsen Platte habe ich
20 mal hintereinander gemacht, ohne dafs jemals eine h>te Kolonie
neben den weifsen entstanden wftre. Alle Kolonien bekommen
Knötchen und bleiben weifs, es gelingt also eine weifse Kultur
auf Endoagar weifs weiter tu sflcbten.
Lassen wir aber unsere erste Platte, von der die ganse Reibe
ausgegangen ist, 4 Tage im Brutschrank stehen und impfen
dann ab, so erhalten wir auf der nun ausgestrichenen Endoplatte
rote Kolonien neben den weifsen. Wir erhalten also bei Ab-
impfung am ersten Tage einen weifsen, am 4. aber einen
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Ton Bnddlf MaMhii.
»77
rotweifsen Plattensatz, trotzdem die Mutterkolonic weifs ge-
bliehen wnr nnd weifs bleibt. Das gleiche Resultat können wir
mit allen 20 Platten, welche durch tägliche Abimpfung entstanden
sind, erhalten. Jede einzelne gibt einen rotweifsen Tochtersatz,
wenn erst nach 4 Tagen abgeimpft wird, trotzdem sie sei bat
weils bleibt.
Wir kennen also hieraus schon eine wesentliche Bedingaog,
welche zur Bildung der Variation nötig ist: Die Kolonie mala
ein gewisses Alter haben. Diese Zeit, welche vergehen mufs,
bia eine Abimpfung einen rotweifsen Plattensatz gibt, iat nicht
konstant. Während im MlUrs 1906 die Abimpfung am 3. oder
4. Tage regelmäfsig zu einem rotweifsen Endoaatz führte, konnte
im Oktober 1905 ein Neuanaatrich von Platten, welche am 5. Tage
abgeimpft wurden, noch rein weifae TOchterafttse aar Folge haben,
einmitl' aogar entatand noch bei Abimpfung am 8. Tage ein weiltor
Endoaata. Im allgemeinen iat ea aber ao, dafe die mit Knötchen
Yeraehenen Kolonien bei Veximpfung rotweilae Endoafttae bilden.
Ich werde apAter nodi einmal hierauf so apiecben kommen.
Die sweite Bedingung, welche zum Auftreten von roten
und weilaeo Kolonien auf der Endoplatte nötig iat, iat daa Vor-
han de na ein Ton Milchsuoker im Nfthrboden. Die Botweilä*
bildung wurde, wie die Knötchen, suerat auf Endoagar beobachtet
Sie verlftuft aber ganz parallel auf dem Oonradl-Drigalaky*
Nfthrboden, auch auf gewöhnlichem MUchxucker tritt die Variation
auf. Als Kriterium der wei&en Kolonien müaaen, da auf gewöhn«
lichem Agar die Farben fehlen, daa Auftreten der Knötchen resp.
daa Fehlen deraelben nach dem 8. Tage angenommen werdMi.
4
Angeetellte Kontrollimpfunged etgaben, dafa diea erlaubt iat
Abimpfungen von knötchenbaltigen Kolonien von Milchaudcer«
agar auf Endoagar ergab weifsrote Plattensätze; bei Abimpfungen
von knötchenloeen Kolonien erhielt man dagegen stets einen
rein roten Plattensatz, ein Beweis dafür, dafs die Mutterkolonie
schon einer auf lOndo roi wachsenden Kolonie entsprochen hat.
Natürlicli müssen zu diesen Versuchen alleinstehende, grofse
Kolonien gewählt werden, da ja in kloinen überhaupt keine
Knötchen auftreten. Ebeusoweaig wie die Knötchen, konnte die
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278 Ober einen in btologiacher Bcciebnng intereMwnten Kolittamm eto.
Variation auf einem anderen ale auf einem MflchzackemJkhrboden
erhalten werden. Die weifee Form des Koli Iftfot sich auf ge-
wöhnlichem Agar monatelang fortzüchten, sie wird nie zu einer
roten. Auch auf Maiiuit-, Traubenzucker- und Dextrin-Agar wurde
die Eihaltuiig einer VariHtiou versucht, auch hier vergeblich.
Von Dextriiiagar irapfte ich von einer 14 Tage alten allein-
stehenden grofsen Kolonie ab, ohne eine \ anatiou zu erhalten.
Da man an die Möglichkeit denken konnte, dafs die rote
Modiiikation eine Degenerationsform der weifeen sei, so versuchte
ich durch Schädigung einer weifsen Kultur eine rotweifse zu er-
halten. Ich liefs daher Agarsätze in einem auf 42"' eingestellten
Brutschrank waciisen; nach 6 Tagen waren sie noch rein weifs,
wie ich mich durcli eine Kontrolle vergewisst rte 1)10 längere
Züchtung im 42** Brutschrank gelang nicht, da die Kultur so
geschwächt war, dafs sie nicht mehr anging. Ein zweiter Ver-
such mit 41° ergab das gleiche Kesultat bei einer Dauer von
19 Tagen.
Da Schierbeck gezeigt hatte, dafs Milchsäurebakterien durch
Karbolsäurezusatz ihr Säuerungsvermögen dauernd vermindern
können, probierte icli, ob nicht die rote Form durch Karbolzusatz
zum Agar hervorgerufen werden könne. Es wurden nach Schier-
beck 0,2, 0,4, 0,8, 1,6 ccm einer 3proz. Karbolsäure ra 15 ccm Agar
gebracht und auf den damit gegossenen Platten unser Bakterium
ausgestrichen. Auf den beiden Karbolagärplatten mit 0,8 und
l,6ociD Karbolafture zu 15 ccm Agar wuchs das Bakterium überhaupt
nicht, dagegen liefs es sich bei schwicheren Konsratrationen
weiter züchten. Die Kultur war im ganzen 17 Tage lang auf
Karboliifihrboden gewachaoa, ohne die Variation gebildet zu haben.
Auch dieeer Versuch wurde wiederholt. Das gleiche negative
Resultat gab eine Zftchtung auf Nährboden mit yerschiedenem
Alkali- oder Säuregehalt.
Bei der Tierpassage wurde, wie su erwarten stand, da das
Koli als weifse Modi6kation gezüchtet wurde, die rote Abart nicht
gebildet. Es wurde ein Meerscbweiii durch Intraperitonealinjek-
tion getötet und aus dem Exsudat die Bazillen auf Agar wieder
heraui^g^üchtet. Damit wurde wieder ein Meerschwein intm-
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Von Radolf Maflsinl.
279
peritoneal geimpft und dieser Versuch viermal wiederiudt. Aus
dem letsten Meerscbwein wurde wieder aof £odoagar gectiditet,
es seigte sich, dab noeh keine roten Bakterien anfgetieten waren^).
Die auf Endo entstandene rote Abart zeigt in allem Übrigen
kulturell und morphologisch die gleidien Eigenschaften wie sie
Seite 87& für die weirse Kolonie beschrieben worden sind. Nur
in allen NfihrbOden mit Milchiuckenasatz seigt sich eine Difie-
rens sn den letsteien. Das weifse Koli, in hohe Schicht verimpft,
seigt nur gans kleine Blftsdien, die rote Abart dagegen zer>
setzt den Müohsuckeragar in hober Schicht vollstimdig wie das
Baclerium coli commune. Analog veihlüt sich der Untersdiied
in Barsiekowsdien NfthrbOden mit MÜchzuekersnsats. Hier
bleibt das mit einer weiften Kolonie geimpfte ROhrchen klart
wild höchstens nach Tagen gans schwach gerOtet, wAbrend
in dem mit einer roten Kolonie geimpften ROhrohen schon am
2. Tage Gerinnung und starke Rötung auftritt. Aus diesem Ver-
halten der roten Kolonien und aus dem Zusammenhang dieser
mit dem Knötchen erklftrt sich auch leicht der auf Seite 277 be-
sehriebene Unterschied swischen knOtcheufreien und knOtchen>
haltigen Kolonien in MilchsuckemfthrbOden. DaA das rote Bak-
terium auf Conradi-Drigalsky- Agar analog dem Wachstum
auf Endoagar ebenfalls rot wie das Bacterium coli commune
wächst, ist selbstverständlich.
Die Fähigkeit, Milchzucker anzugreifen, behält das Bakterium
auf allen gebräuchlichen Nährbödeu und den mit dem auf Seite 275
beächriebeueu Zuckerarteu versetzten Ägarplatten bei. Auch
1) In allftn FlUan, in densn dis «dlk« Koll einig» Z«tt «tf aadeinan
als Endonfthrb/^den geztichtet oder unter andere Hedingtingen gebracht wurde,
warde dasselbe nach Reendienntr do-j Vcr^iuhs asur Kontrolle wieder auf
Endoagar surückveritupft. In allen fallen uat«n, wenn das Koli weifH ge-
bltoben war, nach 8—4 Tkgen in diesen nrttelcKeimpIton Kolonien wieder
Knötchen auf, eine dann von dioter Kontrollplatte vorgenommene Abimpfang
hatte wieder eine Rotweifa - Bilduntr 7nr Folge. Da» wicrfer uif Kn ioagar
xarückgeimpfte Bakterium verhielt sich dann gaox ik>, wie e» »ich vor aeiaer
experimentellen Übertragung auf einen anderen Nährboden yerhalten hatte.
War dagegen ^e Variation su Rot eingetreten, wnchBen ml dem rar Eioof
trolle dienendott Endoeats anch rote» bei ▼mterer Verimpfnng rot bleibende
Kolonien.
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280 ^b«r «ltt«n in blolegladi«r dMltliong InHwinntea tieXUtaua Me.
OAch langer Züchtung ohne Milchzucker wächst die lote Varia-
tion, auf Endo gebracht» sofort wieder rot.
Als Haapts&tae dieses sweiten Abschnittes fasse ich folgende
Thesen sosanimen:
VII. L&Cst man eine MUcbsuoker enthaltende Platte mit nur
w ei Isen Kolonien beliebig lange stehen, so entstehen
in der weiben Kolonie wohl Knötchen, aber es wird
niemals aus einer wei&en Kolonie eine rote.
Vni. Wird von einer solchen weifsen nnd sicher weils-
bleibenden Kolonie innerhalb der ersten 24 Stunden
abgeimpft, so entstehen Platten mit nur weifsen Kolonien,
welche Knötchen erhalten und mit Sicherheit weifs
bleiben. Diese Abimpfung von weisfen und weifs-
bleibenden Kolonien innerhalb 2-4 Stunden des Wachs-
tums kann beliebig oft fortgeführt werden, ohne dafs
jemals aiidere als weifse, späterhin Knötchen zeigende
Kolonien auftreten.
IX. . Wird aber von einer solclien J^latte nach dem 2. Tage
abgeimpft, so entstehen mit absoluter Regelmärsigkeit
Platten mit weifsen und roten Kolonien. Das Auftreten
von weifsroten Platten kommt gewöhnlich erst bei Ab-
impfung von 4 — 5 Tagen alten Kolonien vor, seltener bei
3 tflgigen. Dafs in sehr seltenen Ausnahmefällen bei Ab-
impf nng von zweitägigen Kolonien rotweifse Platten ent*
stehen, beweisen 2 unter einer grofsen Anzahl von Ver-
suchen TOigekommene FftUe.
X. Abimpfmig von einer roten Kolonie, {gleichgültig in
welchem Stadium sie erfolgt, ergibt ausnahmslos rote
Kolonien.
XI. In roten Kolonien ist niemals eine Knötchenbildung so
sehen.
XII. Wird eine eintägige weifse Kolonie auf irgendeinen an-
deren nicht Milchzucker haltigen Nfthrboden verpflanzt,
und zwar ebenfalls in Form des Plattenausstriches, sn
können diese viele Tage laug stehen, ohne dais bei dej:
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Voa Kudolf MoMint. 2^1
Rüekimpfaiig auf EndoAgar rote Eolonieii eotstobeo.
Es bleiben vielmehr alle Kolonien danemd weiCs. (Eine
Abimpfung yon diesen inrückTerimpften Koloniea nadi
dem 3. Ta^ ergibt natflrlich wieder weileroie Platten.)
Xin. Die rote Variation beh< ihre Eigenschaften auch bei,
wenn sie an! nicht MÜchancker haltigen Nfihrboden ge-
iflchtet wird.
C Das Verhalten der Knötchen zur Mutation.
Vei^^eicben wir das Auftreten der Variation mit dem der
Kndtehen, so fUlt uns sofort die grobe Übereinstunmung in den
Bedingungen, welche su deren Entstehong nOtig sind, auf. Beide
bianchen einige Zeit bis su ihrer Bildung, beide entstehen nur
auf Zusats von Milchsucker su den NfthrbOden. In der Tat
können die Knötchen als rote Kolonien in den wei&en ange-
sehen werden. Dafs die Knötchen auch weifs sein können,
spricht nicht gegen diese Aufbssung. Denn, wie schon frfiher
bemerkt^ kann eine ÜbentimmuDg der roten Kolonien durch
ein Übeigewicht der weifsen stattfinden. Auch dem Einwand,
dals die Knötchen darum keine roten Kolonien sein kOnneu,
weil 68 vorgekommen ist, dafs Abimpfungen am 5. Tage trotz Vor-
handenseins von Knötchen nur weifse Kolonien entstehen liefsen,
läfst sich leicht begegnen. 'Auf einer schön ausgestrichenen
Platte haben nur ca. 500 KolouicD Fiat/, wenn sie nicht gegen-
seitig auüiuaiuitjr'vvachson sollen. Ist nun dm Verhältnis der
roten Bakterien zu den weifsen in einer Kolonie giöfser als
1 : 500, so ist es klar, dafs Platten entstehen können, auf welchen
nur weifse Kolonien wachsen, trotzdem auch rote in dem zur Imp-
fung benutzten Material waren. Dufs das Verhältnis zwischen roten
und weifsen gWifser sein kann als 1 : 500, Iftfst sich leicht denken,
gibt es doch Kolonien ?)iit sehr wenig Knötchen, und kommen
doch am Rande der Kolonien, der einen jirnfsen Teil der Gesamt-
masse derselben ausmacht, keine Knötciii n vor. Dafür, dafs die
Knötchen rote Kolonien sind, sprechen noch andere Beobach-
tungen. Bei den zwei schon irüher erwiUmteo Ausualimen, in denen
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982 tHMr «iiMii Id blologlMlMr B«>i«lMiat totwOMBlwi Kbliitainiii tK».
die Abimpfung schon am zwi iten Tnp:e zu rotweifsen Platten fülirt©,
traten ausnahmsweise auch die Knötchen schon so früh auf.
Auch folgende zwei Versuche beweisen, dafs zum Auftreten der
Variation Knötchen verimpft werden müssen. Den einen er-
wähnte ich schon. Es handelt sich um die tägliche Verimpfung
von weifsen Kolonien, hier gab es keine Knötchen und keine
Variation. Ein paralleler Versuch ist folgender: Statt eine junge
eintägige Kolonie ohne Knötchen abzuimpfen, wird sehr sorg-
fältig vom Kande einer alten Kolonie abgestochen, ohne ein
KnOtdien mitsunebmen. Es gelingt so ebenfalls, nur weifse
Sätze weiter zu züchten. Wenn keine Knötchen mitverimpft
werden, tritt also keine Variation auf* Wird anderseits m^gUcbst
nur von Knötchenmateriai su einer neuen Aussaat genommen,
so erhäit man fast rein rote Platten. Die wenigen weifsen
Kolonien entstehen aus mitgerissenen Partikeln der weifsen
Kolonie, da es praktisch nicht möglich ist, nor von Knötchen
stammmdes Material au erhalten. Je s<ngBdtiger aber von
Knötchen abgeimpft wird, desto eher entstehen Plattens&tse mit
nur roten Kolonien; dabei ist .es gleichgültig, ob rote oder weitse
Knötchen verimpft werden. Auch die weifsen Knötchen sind
variierte Bakterien, nur wird hier das Freiwerden des Fuchsins
durch einen von der Übrigen Kolonie gebildeten Stoff verhindert.
Sobald diese wei&en KnOtdien aber abgestochen und su einer
weiteren Aassaat verwendet werden, entsteht ein lotweifser
Plattensats, auch hier mit um so weniger weifsen Kolonien, je
sotgfidtiger nur von Knötchen abgeimpft wurde.
Die Knötchen sind also rote Kolonien, welche in weifoen
entstehen. Die Variation entsteht daher nicht bei der Aussaat
einer neuen Kultur, sondern in schon einige Zeit gewachsenen
Kolonien und zwar in den filtesten Teilen, Mitte der Kolonie
und gegen die Agarflfiche zu. Die Beeinflussung durch eigene
Sekrete der Bakterien seheint demnach zur Entstehung der Variar
tion nötig zu sein.
Die Variation, welche sich durch Auftreten der Knötchen
bemerkbar macht, tritt plötzlich auf. Die neu entstehenden
roten Bakterien unterscheiden sich sofort deutlich von den alten
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Von ftadoti Mmmtiri
weifsen duroli Ibra P&higkeit, Milcli«iek«r trntor GesbHduDg zu
zersetzen. Es fragt sich nun, wie fest wird diese neue Fähig-
keit beibehalten? Wie ich schon Seite 34 bemerkte» wftchst ein
einmal rot gewordenes Bnkteriiim auf allen gebräuchlichen Nähr-
böden als rotes. Aber nicht nur auf diesen, sondern auch bei
Zusatz von schädigenden Stoffen geht die£-e Fähigkeit mein ver-
loren. Es gelang mir nur ein ein/.iges Mal, aus einer roten Kuloaio
wieder weifse zu erhalten. Als wichtigen Versuch beschreibe ich
ihn etwas ausführlicher.
Von riner weiftroten Piatie ward« «ine jung« rote Kolonie «ntnoaiBieii
lind in Bouillon aufgeschwemmt. Von fJippor gleichen BnuHlon worden je
drei Ösen anf Agarplatten mit Karbolr.usatz und auf solchen mit verschiedenen
Alkaliläta- und Säuregraden ausgeatrichäD. Der Kurbolgehalt wurde so stark
als mOglicb gewlhlt, so dafe das Koli eben noeh darauf snm Wadkitom kam,
nlnlich 0^ einer 3 proz. Karbolsäure aof 1& ccm Agar. AI« Agar mit' var-
Bchtcdener Rpaktioii wäfilte ich einen gegen Lackmus leicht «a!ier re!»i> leicht
alkalisch reagierenden Isäbrbodeu. Zar Kontrolle wurden drei Ösen dieser
gleioben Bonilkm anf Platten mit gewOhnlidiam Agar aar Verteilung ge>
bcadit Alle Platten irarden am 14 IL anagaatrichen. Am 1& IL «oideB
von jeder Platte einige Kolonien in ßonillon aufgeschwemmt und damit
wieder PlattenHHize ausgestrichen, natürlich die Kolonien, welche anf Karbol-
agar gewachsen waren, wieder auf Karbolagar etc. Es wurden ansnahms-
weise einige Kolonien miteinander abgeimpft, da man ja nleht «iaaen
konnte, welche der Kolonien eveni weif« geworden aein könnte, da die weifte
Art auf Karbolnilhrböden ja gleich wilcbst wie füc rote. Wenn ich daher
viele Kolonien abiinpfte und zur neuen Aussaat verwendete, hatte ich eher
die Möglichkeit, eine weifse unter den roten zu finden.
Am 1. Iii. wurden von der karbolhaltigen i^iatte mehrere Kolonien ab-
g eal o c h en and mit tiner Ose nebeMlnaader aaf Endoagar aoagestridien.
Dieae Kulturen auf Endoagar waren weifs und blieben weifs. Am 3. IIL
zeigten sich an cinpr am Rande des Imptetriches •^telicnJfn einzelnen Ko-
lonie Knötchen, ^iiw Abimpfung von diesen gab wieder einen rotweilsen
Sets. Von den auf leichtaaurem N&hrbodea gewachsenen Kolonien wurde
am 6. HL in gleicher Weise anf Endoagar abgeimpfti und aadi hier wudbaen
die Kolonien weifs. Von diesem Endcausstrich ergab eine Abimpfung 6 Tage
später einen rotweirF?en Plattenaatz. Ebenfalls am 6. III. wurde von der
alkalischen Agarplatte und am 7. III. von der neutralen Agarplatte in gleicher
Weise wie oben beachiieben von mehrmn Kolonien abgeimpft. Aitf diesen
letaleren aiv^ Platten war aber die Knltnr rot geblieben. Ba war keine ein*
tige weifse Kolonie zu finden. Um zu sehen, ob nicht vielleicht noch »pftter
ein Dni.schlag zu v. r-'f'-' vi .r lronuuen könnte, wurde die Ztlchturig auf alkali-
schem resp. neutralem A^ar iortgesetst und £war bis zum Ü. IV. Bei jeder
neuen ITmaOditnng wurden Seitensweige anf Endoagar tri>ertrsgen. TKcse
amMt t RntM«. Bd. ux 90
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über einen in biologischer Beziehung iatereManten Kolistamoi etc.
Kolonien zeigten, dafs die Kiiltnr bis tiiin PchUisse des Versuches IV ^
rot ßel>liel)en war. Es <r<'lnnif also in einem Falle, die rote Variation wieder
zur weirsen zariickzufübren. Dafe dies nicht immer gelingt, beweist uns,
d«(ii die nea« Variation ihn ent aeit kitnem «rlAngta Eigemdiaf t itthr feei-
hilt hüA »«itor ?«ffwbt
Die Kückzüchtung von rot zu weifs scheint nach einem an-
deren Modus zu erfolgen als die Bildung von weifs zw rot. In
letzterem Falle werden nur einige Bakterien in der weifsen Ko-
lonie rot, während im ersten Falle die ganze Platte von rot zu
weifs umschlügt. Da aber dieser Uückschlüg zu rot während der
Entstehung' nicht beubuchut werden konnte, wie die Entstehung
der roten Variation in den weifsen Kolonien auf dem Endoagar,
sondern sich erst bei einer Übertragung auf Endoagar als voll-
endete Sache zeigte, kann ich diese Vermutung nicht beweisen.
Sicher ist, dafs keine Knötchen aufgetreten sind (es nuifste sich
denn um Knötchen weifser Bakterien in roten Kolonien handeln).
Die Tatsache al>er, dafs die Rückbildung von rot zu weifs
gelungen ist, ist ein letzter zwingender Beweis dafür, dafs
unsere Kultur eine Reinkultur ist.
Unsere Zusammenfassung für diesen 3. Teil der Arbeit lautet
demnach :
XIV. Die beschriebenen weifsroten Platten treten nur auf, wenn
Knötchen mitverimpft wurden.
XV. Abimpfungen von jungen Kolonien vor dem Auftreten
* der KnOtofaen l&Tst weifse Plattensfttze entstehen. Ebenso •
führt Abimpfung vom knötchenlosen Rand auch alter
Kolonien sum Entstehen weiber Sätte.
XVI. Werden mOglidist nur Knötchen verimpft, so ediftit man
fast rein rote Plattensätze. Die Knötchen können daher
als rote Kolonien in den weifsen aul^ubifst werden.
XVn. Die rote Varietät bftlt ihre neu erworbene Eigenschaft
auch unter abnormen, sclüidigenden Bedingungen fest.
Nur einmal ist e8 unter bestimmten Bedingungen ge-
lungen, die rote V^arietät wieder in die weifse zurückzu*
führen.
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Von Bndoir Kaaitiü.
285
Zum Schluss© möchte ich noch einiges über meine Tier-
versuche bemerken. Das Bakterium ist nicht stark tierpathogen,
doch gelingt es durch grofse Dosen, die gebräuchlichen Versuchs-
tiere zu töten. FQr eine Maus ist die t&dliche Dose bei iutra-
peritonealer Injektion eine drittel Ose einer Agarkultur. Die
Meerschweinchen sterben nach intraperitonealer Injektion von
einer halben Agarkultur. Die Dosen von einer roten Kultur
sind ebenso grofs als die für die weifaen. Eine Virulenzsteige-
ning konnte bei der Meerschweinchenpassage nicht konstatiert
werden. Die Kaninchen sind sehr verschieden resistent gegen
dieses Bakterium. Die Immunisierung derselben gelingt nur schwer,
and ich habe nur mit Aafserster Mühe auch nor schwach ag-
glutinierende Sera erhalten. Ich immunisierte Kaninchen eines
teik mit Agarkulturen, welche von knOtchenhaltigen Kolonien
stammten, spftter ab ich erkannte, dab die Knötchen schoü rote
Bakterien sind, mit Kalturen, welche am 1. Tage von weitsen
Kolonien abgeatochen waren, anderseits mit von roten Kolonien
abgeimpften Kulturen. Sowohl bei subkutaner ala auch intra^
peritonealer oder intravenöser Einfttbmng der Bakterien führte
die Immunisierung nicht au einem richtigen Ziele. Der höchste
Titer, den ich erhielt, war 1 ; 640. Wurde aber versucht, die
Immunisierung weiter su treiben, so starben die Tiere ausnähme-
los. Sera von einem Titer 1 : 320 waren nicht schwer an er-
langen, auch nach wenigen Injektionen. Die rote und weirse
Bakteriensirt wurde durch alle Kaninchensera gleich hoch agglu-
tiniert. Die Agglutination mit diesem Koli ist da, wo sie über*
haopt auftritt, sehr stark, makroskopisch leicht sichtbar und geht
bei weiterer Verdünnung des Serams ohne Übergang in das voll-
stftndige Fehlen der Agglutination über. Auch Vefsuehe, mit
einer Immunisierungsmethode nach Bail höhere Titer au eriangen,
mirslangen. Die nach Bail erhaltenen Exsudate zeigten sehr
verschieden starke Giftigkeit, während einige Male 5 und 10 ccm
eines Pleuraexsudates bei intravenöser Injektion ohne weiteres
ertragen wurden, erhielt ich einmal ein Exsiitiut, hei welchem die
Kaninchen noch bei einer Injektion von 0,1 ccm während der
Injektion starben. Luftembolie war ausgeschlossen. Der Tod trat
20*
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über dam in biologitchtr <r«l ii na g i Pi wo M i ite n goltotimnt «c.
viel öchueller, aber ohne die stürmischen Erscheiuuugeu, wje sie
bei der Lut'temboli vorkommen, ein, aufserdem wurde der Versuch
mit allen Kauteleii noohmais mit dem gleichen Resultat wieder-
holt. 0,1 ocm dioBBB Exsudates, mit 9 Teilen physiologischer
K.ochs&kiö&iu^ verdüimt, wurde jetdoch erljri^a.
Die onteiutehende Tabelle seigt eine AustitrieniDg eines
CamDcheiiflerams gegen rote und weUse Bakterien anseree Koli
and gegen andere Bakterienarten.
Tftbelle I.
K«U rat
Piumtypbus
"iß
Typhös
Dysenterie
Typ.
Jflexner
Pyaealeri«
Shigs
1:20
-f- + +
+ + +
0
+
-f-
1
0
1 :40
4- + +
+ + +
0
0
0
0
1 :80
H- + +
+ + +
Ü
0
0
0
1:160
+ + +
+ + +
0
0
0
0
1:810
0
0
. 0
0
1 : 640
0
0
0
0 .
0
0
0
0
0
0
0
t I I < ' I
Eine ariir intefeeaante Eneheioung mochte kh hier nicht
«MrwifaaA besen» welche aber w^n der Teraohiedenen
Empfindliehkeit der Kaninchen nicht konetant zu erhalten war.
Wunde einem Kaninchen eine Dosia intravenOe injisiert» welche
in dar Hohe der Doeia letalis minima stand, und ca. 0,5 com
eiosr dichten AgamufsehweDmiang betrug, so kam das Kaninchen
dttvcn oder blieb tagelang am Leben oder es starb in der folgenden
Nacht. Wörde diese Menge von 0,5 ocm aber am 2. Tage an
einem noch lebenden Tiere wiederholt^ so entstand in einer grofsen
Anaahl der Versui^e ein e^ntümlicher Symptomenkomplex.
Das Tier war gerade nach der Injektion gans munter, nach etwa
^4 Stunde aber bekam das Tier starke Dyspnoe, Lfihmungen
in den hinteren Beinen nnd oft einen deutlichen Drebschwindel.
Nach Stunde starben die Tiere nach kurzen Zuckungen. Bei
der Sektion war das Blut sehr dutikel, mit ziemlich viel Gerinsel,
•die Peritonea lgef&r»e waren äiark injii^iert, öouhi kuunte nicbts
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%7
Abnormes bemerkt werden. Keine Hämol^'se des Blutes. Die
Tiere aber, welche auch auf diese 2. Injektion nicht innerhalb
'/2 Stunde unter den beschriebenen Symptomen zugrunde gingeu,
hatten die Infektion meist überstanden, doch zeigten auch sie
in der ersten ^2 Stunde eine solfaUende Dyspnoe and oft auch
Läbmangexi, welche Encheiaangen ab«r wieder zurückgingen.
Starben von diesen Tieren sp&ter noch m der Nacht oder in
den folgenden Tagen welche, so gingen sie so zugrunde wie
die Tiere, welche eine einmalige zu hohe Dosis erhalten haben.
Man konnte also deutlich unterscheiden zwischen einer akuten,
innerhalb ^2 Stunde unter den angeführten Erscheinungen zum
Tode führenden Vei^ftang bei zweimaliger Injektion an 2 auf-
einanderfolgenden Tagen und dem erst nach einem oder mehreren
Tmeci erfolgenden Tode dwch eine einmalige au hohe Dosis.
Ich stelle hier eine Tabelle soeammen aus meinen Protokollen
fllnr diese Vetmcbe. Wo >lebt< bemerkt iei, lebte das Tier
mindestaDB eine Woohe« meist lebte es liinger und war^ aar
wteien Immmnaierong benutst.
T 1. e ; 1 e 11
I:
Nr.
n. Injektion
einen 'iBg
■pater
Reaultate
Bemeiknnsea
645
0,6
f nach 30 Min.
646
t > 30 •
648
0^
getötet nach 1 Std.
in der Agonie.
650 ,
0.5
0,5
t nach 14 Min.
669
0^
0.5 !
t » fi5 >
665
0.5
0,5
t » 23 >
666
0.6 .
getötet n. 30 Miu. ; ••)
in der Agonie. |
*) Kaninchen 659 wurde ö Standen nach der ersten Injektion zum
BW«iten Male injiziert
Die Tiere worden in der Agonie getötet, um nachher das Blut rar
Injektion «nderer Tiere sa gevinneo, aiber ent uMbdam ich die äftwifsbait
gewonnen hatte, dafs »ie innerhalb der nächsten Minuten sterben wOrdea.
Die Tif>r<> liieren prhon auf der Seite, hatten aebr etarke Py^tnoe, aeigten
«pont&n k^ine Bewegung mehr.
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288 thxi- «in«» in ln<iIog}teb«r Botehm g fait eKmat t n KoUstamm «ta
Zur Koutrolle dieue die folgende Tabelle:
Taben« III.
KanincbeD
Nr '
I. InielcUoo
U.InJokUon
Resultate
Bsrawkaiicen
644
1.6
lebt
666 1
1,0
•
658
0,6
0^
>
664
>
III. laj. 0^ am
ÜLTage lebt
669 '
*
670
0,5
667
1.0
f 2 Tage splter
663
0^
do.
661 1
0^
t fn der Kadit.
647
0^
0^
nach 3 Stunden
nach 1 Htd. matt,
erholte, wieder.
getötet
Ähnliche Resultate erhielt ich durch Injektion eines Giftes,
das durch Filtration einer 14 t&gigen Bonillonkultur durch Rei ch el t-
filter erhalten wurde. Auch hier entstand entweder akuter Tod
auf der einen Seite odar Überleben bzw. später Tod auf der an-
deren Seite. Doch waren hier die Resaltate nicht so deutUeh,
da oft nnr eine Schwftche auftrat innerhalb 'j^ Stunde, na«diher
aber wieder Erholung. Zur Erklärung dieaee Phänomens können
wohl kaum die neuerdings untersuchten Reaktionen bei Serum-
ttberempflndliehkeit herangezogen werden, da die Zeit sur Bildung
mnes Antik((ipers tn kurz ist Man mufa wohl eher an eine
besonders ungünstige Kumulierung oder eine besondere Art der
Überempündfiohkeit denken.
Das Blut der in der Agonie geschlachteten Tiere wurde
anderen Kaninchen in die Ohrvene injiziert, nachdem es vom
Fibrin befreit worden war. Es wurde in sehr groDaen Mengen,
bis zu 80 com, ertragen, ohne auch nur eine Spur von Krankheits-
erscheinungen zu madien. Das Serum dieser Tiere agglutinierte
nach 9 — 14 Tagen unser Bakterium in niederen Verdflnnungen.
Aus ftufseren Gründen konnte ich mich mit dem Tierversuche
nicht weiter abgeben. Als für unsere Arbeit wichtig hebe ich
hervor, dafs kein Unterschied in der Agglutination vejr*
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Von KQdoM llaninl.
289
sehiedener, durch Injektion von roten oder weifsen
Kulturen erhaltener Sera gegen die rote nnd weife»
wachsende Koliart bemerkt werden konnte. Dieses
Resultat ist ein weiterer Beweia dafür, dafe unsere Kultur eine
Reinkultur ist.
Die in dieser Arbeit beschriebenen Tatsachen bieten nun
einiges biolotiT Rehes Interesse. Nach Rodet und anch nach
Beijerinck gehört die bescliriehene Veränderung zur Variation
im engeren Sinne. Einige Bakterien einer Kolonie gewinnen
die neue Fähigkeit, Milchzucker anzugreifen und behalten diese
bei, auch wenn sie auf andere NJihrböden gebracht werden.
Dabei sind keine i>egenerationserscbeinungen wahrzunehmen.
Das Bakterium hatte bis dahiti nur die Füliigkeit, die beiden
durch H3"drolyse zu gewinnenden Bestandteile des Milchzuckers,
nämlich die Dextrose und die Gahiktose, zu zerlegen. Durch
das Wachstnni auf Milchzucker aber erhalten einige besonders
dafür V)efähigte Keime die neue Eigenschaft, Laktase zu
bilden und auch das grofse Molekül des Milchzuckers ihrem
Stoffwechsel zugänglich zu machen. Das Bakterium pafst sich
einer neuen Lebensweise, den Milchzucker unter Gasbildung zu
zerlegen, an. Es ist daher ^nz erklärlich, dafs diese neue Art
nur auf Milchzucker entsteht, und nicht durch allgemeine Ein-
flQsBe herbeigeführt werden kann. Interessant dabei ist, dafs
schon sehr geringe Mengen des Milciizuckers (0,1%) zum Agar
genügen, um dem Bakterium diese neue Bigenschaft zu ver-
schaffen, und femer, dafs diese Umwandlung eine plötzlich
auftretende ist.
Diese Arbeit bildet daher einen Beitrag aus der Bakteriologie
zur M u t a t i o n s t Ii e o r i e , wie sie Hugo de Vries für die
Botanik ausgeführt hat. De Vries teilt die erblichen Variationen
in zwei prinzipiell zu scheidende (Jruppeu ein. Die erste nennt
er (individuelle, Uuktuierende) Variabilität. Jede Pflanze be-
sitzt diese in höherem oder geringerem Mafse. Der Züchter kann
sie benutzen, um durch Selektion neue Rassen zu ziehen, nie
aber entsteht eine neue Art. Dadurch, dais immer die schönsten
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199 t)ber «Ibmi in l!)io1ogiteh«r ttilthmig lolMMaMiitMi KoUstunm «ta;
Pflänzen einer Kultur ausgelesen und zur weiteren Zächtmigf
benutzt worden, erhält man Kassen , welche die vom Züchter
gewünschten Eigen scbÄften in sehr viel höherem Mafee besitzeu
als die Auagangskultar. Es entsteht aber keine neue £igen
Schaft Läfst die Selektion nach, so geben die augezQchteten Eigea>
Schäften nach einigen Generationen wieder zurück. Ganz anders
verhält es sich bei der Mutation, der zweiten Gruppe d e V ri e s'.
Bei dieser erhält die Tochter eine Eigenschaft, welche die Mutter
nicht besafs. Diese neue Eigenschaft tritt plötzlich auf und.
wird von der neuen Art gleich zu Anfang zäh festgehalten.
Eine Selektion ist unnötig; sobald die liutation aufgetreten ist,
wird sie vererbt. Dadurch, dafs dieses neue Mierkmal konstEint
vorbanden ist, darf die Variation ab eine neue elementare Art
angesehen werden. Die Fähigkeit zu mutieren, besitzt nicht
jede Pflanasenart und nicht jedes Individuum. Die Mutation tritt
plötzlich auf und ist unbeschränkt in ihrer Richtung, es können
für dio neue Art nfitzUche oder schädliche Eigenschaften ent-
stehen. Es mangelt mir hier der Raum, den interessanten Aos-
föhrungen von de Vries weiter zu folgen, und ich verweise daher
auf sein Buch'^. Es scheint mir aber erlaubt, seine Theorie
in der Bakteriologie und speziell auf unseren Fall anzuwenden.
Auch bei unserem Bacterium coli tritt die neue Eigenschaft
plötzlich auf und ist sogleich für alle Nachkommen erblich. In
den sdion einige Zeit gewachsenen Kolonien mit vielen Millionen
Bakterien entstehen am zweiten oder dritten Tag bei der Teilung
einiger weniger Bakterien solche Bakterien, welche Milchzucker
unter Gasbildung vergären können. Alle Generationen, welche
auf dieselben folgen, besitzen diese Fähigkeit auch. Es entstehen
darum, wenn man mögUehet nur von Knötohen, welche die
neuen Kolonien darstellen, Material zur weiteren Verimpfung
benutzt, fast rein rote Platten. Jedenfolls eriiält' man aber ganz rots
Platten, wenn man von einer auch noch so jungen roten Kolonie
abimpft. Eine Selektion braucht dabei nicht stattzufinden, es
brauchen keine besonderen Mafsrcgeln ergrififen zu werden, um
die neue Ei*;onschaft den nachfolgenden Generationen zu erhalten ;
es bedarf im Gegenteil eines be.sondei'eu günstigen Zuiulies, um
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Von Rnddf MaMini.
291
eine Kolonie zu finden, bei welcher es gelingt, die neuerworbone
Eigenschaft rückgängig zu machen.
Wichtig dabei ist die Tatsache, dafs wir diese Mutation will-
küHich durch einen f^Anz bestimmten Zusatz zum Nährboden
erhalten können. Mau wird ja auch in der übrigen Botanik
Aofsere Einflüsse annehmen müssen, welche den Anstofs zur
Mutation geben, nur sind diese [noch so unbestimmt und fein»
dafs wir sie bis jetzt nicht analysieren können. AuCserdem
mufs aber die Pflanze zur Mutation disponiert sein oder nach
de Vries sich in einer Mutationsperiode befinden. In einer
solchen Periode befinden sich nach de Vries nicht alle Arten
zu gleicher Zeit, sondern nur einzelne Arten. Unser Kolistamm
würde sich dann gerade in einer solchen befinden. Es eikUlrt
sich daraus der Umstand, dafs diese Erscheinung der Knötchen-
und Variationsbildung, trotz der vielen Arbeiten in dieser Gruppe»
bis jetzt noch nicht bekannt ist.
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292 Über 0inea In biolog. Benthung i ntc w— . Kol h te mm etc. VonR.MM8iiiL
LiterataryeizeielmiB.
1. M. W. Beyeriuck, üa difiereut forms of heredltary Variation of mi*
krobw (Kon. Aktd. von WetenM^appen t« Amfttordam, 27. Okt. 1900).
8. A. BobmOf Die Anwendan; der Ehritc hidien Indolmakt. für bakte-
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3. Cl>i\nnot et Tliiry, iStiuliea on chroaiogenie Bacteria. Note» on the
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4. Conn, NatDri. Variettten von Bakterien. Ref. ZenUralbl. f. Bakt ete.
Abt. 1, Bd. XX VII, 1900, 675
5. Fh Eisenberg, Über sekuDd. Bakterienkolou. Zentralbl. f . BakL ele.
Abt. I. Bd. XL, 1905, 8. 188.
6. Krause, BeibUge zar Kenntnis d. Bac. pyocyaneue. 2MitralU.t. Bakt ete.
Abt. I. Bd. XXVU, 1900^ B. 769.
7. W. Kuntze, Ein Beitrag zur Kenntnis der Bedingan^rcn der Farbstoff-
bildnntr d Bac. pmdijjiosns. Zoitschr. f. Ilyp , Bd. XXXIV, 1900, S. 69.
a. Luckliaid, Über Variabilität und Bedingungen der Farbstoffbildang
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9. R. Neumann, Stadien Ober die VaiiabilitAt der Farbstoffbildung bei
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10. M. Neifser, Zur Difforentialdiaguo^e d. Diphtheriebaz. Zeitschr. f. Hyg.,
Bd. XXIV, 1897, 8. 443.
11. ~, Über die Symbtoee d. InfliaentabaaiUen. Deatsche ned. Wochenechr.»
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12. ii. Noefske, Neue UnterMuchugnen über den Bac. pyocyaneus und
die Oeeetae der Farbstoffbildung. Bef. Koch, Jahreaber. 1900, 8. 72.
18. H. Preisz, Stadien über Morphol. u. Biolog. d. Milsbrandbas. Zentral-
blatt f. Bakt, Abt. 1, B,i. XXV, S. 280.
14. A. Rodet, De la variabililö d&nf* Ics luicrobes, Paris IKM.
15. S. Bttcsicka, Vergleich. Studien über d. Bac. pyoc. und Bac riaoresc
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16. V. Schierbeck, Über die VariabilitÄt der Milchsäurebakt. mit Besag
auf ihre Ganiiisfifähi^keit. Arch. f. Hyg., Bd. XXXVIIT, 1900, S. 294.
17. n. de Vrios, Die Mutaiionslheorie. Leipzig 1901 und 1903.
20
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üntersaciiiuigeiL aber deuMechnnismafinicMbaktenzider
Immimität.
Von
Dr. Edmund Weil,
AMlttent«tt an Itutitiit*.
Aua dem hjrgieniMhen Inatitate der deutschen UniverBitiU ia Praf. (Vont&nd
Prof. F. Hueppe.)
Frohere Vefsucbe» wekhe im Zentralblatt für Bakteriologie,
Bd. 43 Heft 2 inii|;eteilt worden, haben geseigi, dafe ein Cholera
Immaneenimt welches infolge Komplementanangele seine Sehutz-
wirknng im Tierktyrper eingebflfst hat, trots Fehlens von Kom^
plement bei Anwesenheit von Lenkosyten Sehuts verleiht Dies
ist aus dem Grunde von Interesse, weil eine Reihe von Autorm
den LeakoKyten komplementSieFfthigkeiten absprichtp eine andere
Reihe von Forschem wiederum die Phagozytose für belanglos
hftlt. Es konnte also der Beweis erbracht werden, dafs die Leuko-
syten in bezog auf den Endeffekt, d. h. anf die Lebensreitung,
die Wirkung des Komplements vollständig ersetaen. Dies gilt
ffir ein faidcterisides Immunserum, wo Versuche im Glase und
im TierkOrper bei intraperitouealer Infektion die volle Überein-
stimmung ergeben, indem nur bei Anwesenheit von Immun-
körper und Komplement die Umformung in Granula erfolgt.
Es gibt jedoch eine Reihe von Inimunseris, bei denen eine
bakterizide Wirkung niclit zur Beobaclitung <i;ehingt oder bei
welchen die Differenzen ^iwischen Ürgaaisuius und Reagenzglas
ganz auffnilige sind. So löst z. B normales Kuniuchenserum
AldriT m Hygien«. Ud. UCL Sl
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294 Üntenoehungen Aber den Mechanismns nichtbakterisider tmmaiiitAt.
grüfse Mengen von Mihbrundba/.illen im Gluso auf, im Körper
ist etwas Derartiges nicht beobachtet. Andere Inimunsera wieder-
um zeigen deutlichen Schutz und sind autaerhalb des Körpers
bakteriolytisch unwirksam. So das Pestinnnunserum , welches
von Kolle, Hetsch und Otto deshalb als antiinfektiöses be-
zeichnet wurde. Durch die Entdeckung der Opsonine (Wright)
oder bakteriotropen Substanzen (Neufeld) erklärte man sich die
Wirkung derartig nichtbakterizider Sera so, dals diese mit den
Bakterien in Verbindung getretenen Stoffe die Bakterien leichter
den Leukozyten zugänglich machen. Ei ist bis heute noch nicht
entschieden ob sich die Ambozeptoren mit den bakteriopen Sub-
stanzen decken.
Die nachfolgenden Untetsuebungen wurden aus dem Grunde
unternommen, um in den Mechanismus der nicht bakteriziden
Immunität einen Einblick zu erlangen. Die Immunität gegen
Hflhnercholera schien deshalb geeignet, weil im Tierkörper sicher
eine Bakterizidie nicht vorliegt und auch aus dem Grunde, weil
den Leukozyten in bezug auf Phagozytose nur eine unteigeord-
nete Rolle zuzukommen scheint. Die hämorrhagische Septikämie
wurde schon frOher einer genaueren Untersuchung unterzogen,
teils um die Agressivität dieser Bakterien, teils auch um die
Immunität gegen dieselben zu studiereu. Durch die Aggressin-
Imufunisiemng konnte eine bis dahin nicht bekannte hohe Immu-
nität gegenüber den empfindlichsten Tieren erzielt und ein hoch-
wirksames Schutzserum erlangt werden. Benders der letztere
Umstand ermöglichte es, die Wirkungsweise des Immunserums
zu untersuchen. Das Hühnercholera -Immunserum wurde von
Kaninchen gewonnen, welche nur steriles, zentrifugiertes Kaninchen-
ft^L^ro.ssin subkutan bekoinineu liatten. Die genauere lininuni-
sierungsteehnik ist aus den früheren Arbeiten bekannt. Als
\'eräucliätiere wurden fast nur Meerschweinchen ^) verwendet, um
einerseits dt n Infcktionsverluul in der Bauchhöhle zu verfolgen,
anderseits deshalb, weil der von uns verwendete Stanmi in der
Keimeinzahl bei iutraperitonealer Intektion auf Meerscliweinchen
tödlich wirkte.
1) sämtliche Meerech weinchen waren über dÜO g schwer.
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Von Dr. Kdimind Weil.
Znnttchst war nun die Beteiligung des Komplementes bei
der abertrageneu Immunität festzastellen. Bleibt ein bakterixidefl
Immanserum (Cholera) bei Komplementmangel wirkungalos, so
ist die Erklttnmg eine leichte; die Bakterien werden eben ohne
Komplement nicht aufgelöst; anders aber liegen die Verhältnisse
bei Immunseris, welche eine AuflOsang der Bakterien im KOrper
nicht sustande bringen, wo also das Komplement die Rolle der
Abtdtung nicht spielen kann, wo es eigentlich keine Funktion
aussuttben hfttte.
Wir besitEen nun in der Erzeugung einer Präzipitation ein
sicheres Mittel, um nach der Ablieben Anschauung »Komplement
SU binden«, und wenn man zu solchen Versuchen die Meer«
schweinchenbaucbhohle wählt, so kann man das in derselben
enthaltene Komplement zum grOfsten Teile unwirksam machen.
Die »Komplementbindung« wurde in diesen Versuchen durch
Gholeraextrakt und Choleraimmunserum hervorgerufen und zwar
auf dieselbe Weise, wie sie in der früheren Arbeit gcuau be-
schrieben ist Das Immunserum wurde an Meerschweindien,
wie der beifolgende Versudi zeigt, austitriert.
Twsaek L 80. DC.
Meerschweinchen 1. 0,5 ImmanaerDm, gleich dtianf Vm com
BouiUonkultur von Hülinercholera.
iS'ach ä Stunden: Massenhaft Zellen, einzeiue Bazillen.
Nach 21 Standen: Eiter, keine Bakterien.
Bleüjfc daaemd am Leben.
Meerschweinchen 8. 04 Immnnaeram, gleich darauf Vm ^cm
Bonillonkultur.
Nach 3 Standen: Zahlreiche Zellen, einzelne Bazillen.
Nadi 91 Standen: Eiter, einielne BasiUen.
Bleibt danernd am Le1>en.
Meerschweinchen 3. 0,& norm. Kaninchensenun, gleich daraaf
'/,^ ccm Bonillnnknltnr. 'Kojitrolli.
Nach V? stunden: Neben zahlreiciien Leukozyten zahlreiche I?ftzillen.
Stirbt nach weniger als 18 btuuden. Im BaucbhöblenexBudate tuassen-
haft BaiUlen, spirliche Zellen.
Wir euUiebmeii daraus, dafs uih^er Immunserum gegen die
vielfach tödliche l^osis in der Menge von 0.1 ccni Schutz verleiht,
also dafs wir eiu hoch wirksames Schutzserum besitzen.
21*
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2d6 ÜntATsacbatigen über deu MectiaoiHUiuä nit-htbakteriziUer Imiuunitat.
Der nacbfdgende Versach zeigt nim die Wirkung dee Immun-
aenimg, wenn aus der Bauchhöhle das Komplement durch das
komplemeut-bindende System entfernt ist
Teiweli II. 8. X.
MeerBcbweincheh 4. 2,5 Choleraextrakt -}- 0,1 Oholflndminan»
sorum intraperiti ne»! : >/« ^ttinfln dnrauf (^2& HOhnercholftra-Immmwarain
Vi» ocm Bouillonkultur intrap«ritoaeal.
Nach 1 Stand«: Wenige Zellen, tthlid«h« BnctUen.
NmIi 9 8tand«n : Neben wenigen Zellen eebr nbbmcbe Bwdlten.
Nach 3 Stunden: Spärliche Zellen, massenhelt Beilllen.
Nach 6 Stnnden : Wimmelnd von Bazillen.
Stirbt nach 11 Vt Stunden. Im Bauchhöhlenexsadat masBonhafi ßuzilleu.
Meeracbweinchen 5. 2,b Choleraextrakt -f- 0,01 Clioieraimmun-
eenim intreperitoneel ; neeh V4 Stunde 0,S5 Hahnerdiolen-Immanieram -|-
Vio ccm Boaillonkoltar intraperitoneal.
Nach 1 Stande: Wenige Z«Uen, etvai weniger BestUen Ale bei Meer»
echweinchen 4.
Nach 2 Standen : Wenige Zellen, sebr sablreicbe BaxiUen.
Neeb 8 Stnnden: Meeeenhaft BaeUlen» epirlidbe Zellen.
Nach 6 Standen : Wimmelnd von Bazillen, keine Zellen.
Stirbt nach 11'/« Stunden. In der Bauchhöhlo nnassenhaft Bazillen.
Meergchweinchen fi. 2,5 NaCI intraperitoaeal ; nach V4 Stunde
0^5 Utlhnercholera-liumunserum 4~ ^»^ Bouillonkultur.
Neeb 1 Stunde: Splrliebe Besillen, epirlicbe Zellen, Pbegosytoee nicht
deher.
Nach 8 Stnnden: Bfeeeenbeft Zellen, einielne BasiUen, keine Pbego*
zytose.
Nach o Stunden: Maasenhaft Zellen, einzelne Bazillen.
Nseh 6 Stnnden: Meeeenhnft Zellen, eineeine BeilUen, Ictine Phego>
zytoee.
Bleibt dauernd am Leben.
Meerschweinchen 7. 2,5 Na Ol intraperitoneal; nach '/«Stunde
0,25 normales Kanincbensenim 4* ^tl cc^^ Bouillonkultur.
Nach 1 Stande: Wenige Zellen, wenige BeiiUea.
Nach 2 Standen: Maesenbaft Zellen, spftrlicbe Bazillen.
Nach 3 Standen - Massenhaft Zellen, spärliche Bazillen.
Nach 6 Stunden: Weniger Leukozyten, pehr zahlreiche Bazillen
Stirbt nach weniger als 18 Stunden. In der Bauubböble uiiuisenhaft
BadUen.
Wir ersehen daraus dio voll.ständigo Wirknnji^slo.sigkoit des
Immtinserums bei Komplementmaiipel. Da jedoch der Ciiolerw-
extrakt lür Meerschweinchen nicht uiigiftig ist, so könnte leicht
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Von Dr. Edmand W«il.
897
der Eiüwuud geheim geiiüK ht werden, dafs bei einem unter dem
Einflufs der V^ergiftung stehenden Tier, ein Immunserum desluil b
versa'j't Obwohl der Einwand unberechtigt ist, da ja einerseits
der Infektionsverlauf ein ganz anderer, anderseits das Doppelte
des Extraktes von Meerschweinchen vertragen wird, so haben
wir doch die weiteren Versuche mit dem nahesu migiftigen anB-
gefällten Frftxipitat angestollt.
Versuch III. 6. XI.
Dtt8 Präzipitat wurde auf die Wein»» herce^^tellt, dafs 5 ccm Oholfra-
extrakt durch Choleraiiumanaerum ') auagefaUt wuriieii, der hieraaf gewaacbeue
Ni«d«ivehl«g in S ocm Koeb«al»10MiDg anfgMdrPBmmt nnd mm Yarsoche ver-
wendet wnrde.
Meerschweinchen 8. Ofi Immanaeram inteftperitoneel ; gMdi
danraf 0,1 ccm Bonilloakoltur iutraperitoaeal.
Nach 2 Stunden: Spftrlicbe BaEillen, spfirliche Leukozyten
h&ch 3 Stunden: Basillen nicht vermehrt, zahlreiche Leukozyten.
Hadi & Stondeo: Sehr spftrlldke BatHlen» Eiter.
Necb 8 Standen : Zänselne BeriUem^ EUer.
Bleibt danernd am Leben.
Meerschweinchen 9. Präzipitat in 2 ccm NaCI aufgeschwemmt
uitraperitoneal ; nach V4 Stunde 0,0 Immaneerom 4" ^tl «cm Boaülonkaltnr
intraperitoneal.
Nach 8 Standen: Zahlreidie Baalllen, q>ftrlidie Lenkosyten.
Nach 3 Stunden: Zahlreiche Bazillen, aparlicbe LeakcMyteii.
Nach 5 Stunden; Massenhaft Hazil'fn, s]>Rrlicho T,enkozyten.
Nach 8 Stunden: Wimmelnd von Siaziilen, Bpilrliche Leukozyten.
Stirbt nach weuiger aJu lö Stuadeu mit luaasenbaft Bazillen im Bauch-
höblenezeodat
Heerechweinehen 10. 0^6 nonoalea Keninebeneeram, gleich darauf
0,1 ccm Bouillonkultur intraperitoneal. (Kontrolle.)
Nach 2 Stunden : Sparlicho !^:i7.i)len, zahlreiche Lealcozytcn.
Nach 3 Stunden : Bazillen etwau vermehrt, zahlreiche J^nkozyten.
Nach 5 Standen : Zahlreiche Bazillen, spftrlicbe Zellen.
Nach 8 Standen; Maasenhafle BasiUen, spirliehe Zellen.
Stirbt nach weniger als 18 Standen. Im Baaobhtfbleneseadote nuwsen*
baft Basillen.
1) Ee ist ganz gleichgQltig, ob das Bitrakt dnreh ^»edieohet JmmQn>
eerom oder dondk nonnalee Kindemeram aaegefUlt wird. Veisnoiiek die Im
Institute mit Rindereerumprazipitateu bei Milz>)rand und Schweinerotlauf
ausgeführt werden, zeigten in allem genau dieselbe Wirkung wie die Immun-
serumpräzipitate.
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298 Ontonaehniifen flbw den Mfldi«ai8iniw iiichtb*kterif ider bmnniiittt
Es wirkt also, wie dieser Versuch zeigt, auch das Präzipitat
iu deiii^oli eii Siuue wie das Extrakt Iinmuiiserumgemisch.
Aus diose» Versuchen geht zunächst hervor, dafs das Imimm-
serum seine Wirkung vollkoninien einbüfst, wenn die Bauchhöhle
Komplementmaugel aufweist. Die Infektion verläuft trotz An-
wesenlieit des Immunserums so rapide, dafs sie gar nicht mit
der des Kontrolltieres 7ai vergleichen ist. Wälirond hei normaler
Infektion mit einer bestimmten Bakerienmenge in den ersten
2 Stunden eine Vermehrung der Bakterien nicht stattfindet, indem
dieselbe erst von der 3. Stunde au beginnt, setzt dieselbe beim
komplementarmen Tiere sofort eio, so daTs sich in der 3. Stunde
schon eine solche Menge von Bakterien vorfindet, wie beim
Kontrolltierchen erst iu der 7. bis 8. Stunde.
Der folgende Versuch zeigt, dals die Immunserumwirkung
auch bei subkutaner Infektion Tersagt, wenn durch einen Prftzipi-
tatioDSTorgang Komplement ausgeschaltet wird.
Termch IV. 22. VII.
Maus 1. U,ö Choleraextrakt -|- 0,1 Choleraiuinmuserum eubkatau;
nach 1 Stande 0,2 Hflhnerclkole»'IminiuiMrttui -|- Vtg Tropfen Bonillonkultur
■ttbkatan.
Stirbt nach 27 Stunden. An der Infektionietelle and im Henblnt
maasenhaft Bazillen.
Maus 2. 0,5 Choleraextrrtkt -f" OholeraiiuuumHeruin Bnbkutan;
Dach 1 Stunde 0^ HUhuercbolera-IiumuuBerum -\- '/te Tropfen iiouilloukuliur
eabkotan.
Stirbt nadb 18 Stunden; an der Injekttoneetdie and im HenUot maeeen
baft Bazillen.
M n n s 8. 0,5 Choleraextcakt 4~ ^»^ Cholenummanseram.
Bleibt am Leben.
Maas 4. 0,6 normales Kaninchenaerom eobkutan; nach 1 Stunde
Ofi HQhnercholm«>ImmanMram 4* 'A« Tropfen fiouUlQnknltnr «nbkatan.
Bleibt am Leben.
Maus 5 (Kontrolle). 0^8 normales Kaninebeneemm -|- Vt* Tropfen
Bouillonkultar subkutan.
Stirbt nach 18 Stunden. Im Herzblut und an der Infektionsstelle massen-
haft Baaillen.
Von unseren Versuchen mit Choleravibrionen her wissen wir,
dafs das l'elilende Komplement durch die in der Buuclihöhle
vorher angesumuieUen Leukozyten ersetzt wird, indem dieselben
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Von Dr. Edmund Weil.
290
je nach der Menge der angewendeten Imiminseruindosis die Vibri-
onen mehr oder weniger rasch aufnehmen und in ihrem Innern
zerstören. Da jedoch die Leukozyten gegenüber den IlühDei'
cholerabazilleu eine andere Rolle spielen, so war es von Interesse,
die Leukozyten Wirkung bei Komplementmangel zu untersuchen.
Leukozyten wurden durch zweimalige in zehnstündigen Inter-
vallen vorgenommene Einspritzung von Aleuronat oder frischer
steriler Bouillon in der Bauchhöhle von Meerschweinchen ange-
sammelt, sodafs die vor der Infektion^) entuommene Bauchhöhlen-
flüSBtgkeit dickeitzige Beschaffenheit aufwies. Das Übrige geht
aus den Versucbspiotokollen hervor.
Tenaeli T. 6. XI.
Meerschweinchen 11. 2,5 Choleraextrakt -|- 0,05 Obotendmniwil*
serum intraperitonenl ; nach V« Stande 0,6 Hahnercbolerft-ImoiaiUMimm +
0,1 ccm Bouillonkultur.
Naeh 1 Stunde: Ziemlich lahlreiche BasUlen, keine Zellen.
Nach 2 Btondon: SSahlMidke fiaaülen, keine Zellen.
Nach 3 Stunden: Sehr zahlreiche BavdUen, wenige Zelten.
Nach 6 Pt^lnf^en: Massenhaft Bazillen, ■wpn'i'e Zellen.
Kach Ö ijtunden: Massenhaft Basilleo, wenige Zellen.
Naeb 9 Standen: Wimmelnd von Bamllen, irenige Zellen.
Stirbt nach weniger als 20 Stunden. In der Baochhofale massenhaft
Hühnercholerabazillen, daneben vereinzelt didke anaerobe Sttbehen. '(Pest'
mortale Verunreinigung vom Darme her.)
Meerech wei nch e II 12. Mit Alenronat intraperitoneal vorbehandelt.
2,5 Chuleraextrakt 0,06 Chüleruimmanserum intraperitoneal ; nach V« Stunde
0,5 ImmuQserum -|- 0,1 ccm Bouillonkultur intra peritoneal.
Nach 1 Stande: Zahlreicbe Lealcotyten, vereinielte Basillen, keine
Phagozytose.
Nach 2 Stunden : Eiter, vereinzelte Bazillen.
Nach 3 Stunden: Eiter, vereinzelte Bazillen.
Nach 6 Standen: £it«r, vereinaelte Bacillen.
Nach 8 Standen: Eiter, ?eieinielte BaiUlen.
Nach 24 Stunden : Eiter, keine Basllen.
Bleiht danemd am Leben.
Meerschweinchen IS. Na Ol 0,5 HQhnercholera-Immnn-
eerum; gleich darauf 0,1 ccm Bouillonkultur intraperitoneal.
1) Die Infelrtion wurde stets 14 Standen nach der aweiten Alenronat-
resp. Bouilloninjektion vorijenommen, MO dab 24 Standen alte« läter (Mikro-
phageneiter) in der Bauchhöhle war.
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300 ünterBocliiiiigen Aber den UMhaaiimu nichtbaktoriiider Immanitlt.
ütuck 1 Stande: Vereinzelte BazilieD, keine Leukozyten.
Nach S (Mudni; SpteKtibe Banllen, Leokoqrton Tcnrohrt
yach 8 Standen : 8«lir iranige fiesUIen, sehliwehe Lenkosjten.
Nach G Stunden: Sehr wenige Bazillen, Eiter.
Nach ö Stunden : Rehr wenige l^a^ülen, Eiter.
Nach 24 Stunden : Baullen alark vermehrt, Eiter, Phagozytose einzelner
]f ekrophagen, Mikrophagen ehne Phagozytose. CTier vonkommen manter, keine
aehmenhefle FeritonitiB.)
Nach 48 Stunden: Noch immer massenhaft Bazülnn, die ncb snin Teil
lU Fäden uneinanderlegen, zum Teil eztrazeliulAr zerfallen*
Bleibt dauernd am Leben.
MeeraebweincheD 14. Hit AJenronat intraperitoneal voibebandelt
(EontroUeb) Ofi normalea Xaninebenaeittin + 0,1 ocm BonilloDkaltar Intnip
peritoneal.
Nach 1 Stunde: Zuhlreiche Leukozyten, vereinzelte Bazillen.
Nach 2 Stunden: Eiter, spArliche Bazillen.
Nach 8 Bonden: Eiter, beginnende Vermehrang der BaiiUen.
Nach 6 Stunden: Weniger Leukozyten, massenhaft Bazillen.
Stir1)t nach weniger ala 20 Standen. Im BaachbOhlenexsadata nueaen»
hafl Bazillen.
Yenidi TL 8L X.
Meer ach weineben 15. PrUdpitat von 8 com Choleraextrakt mit
Choleraimmiingemm anagefiAllt nn<\ in zwei Teile geteilt. Die eine Hälfte des
Präzipitatee in 2 ccm NaCl aufgescbweamit intraperitoneal; nach V« Stunde
0.5 HQhnercholera Imwuneerum + 0,1 ocm Bonilionknltur intraperitoneal.
Nach IV9 Standen: Zahlieiche Badilen, wenige Zellen.
Nach 3 Stunden: Maaaenhaft Bazillen, wenige Zellen.
Nach b Stunden: Wimmelnd von Bazillen, wenige Zellen.
Nach 6V1 Stunden: Wimmelnd von Bazillen, wenige Zellen.
Stixbt nai^ 11 Gnaden. In d«r Baaehb<lble mawenhaft BailUen.
Heeraeb weineben 16. Mit Bouillon iatrapoitoneal Torbebandett.
Die andere Hälfte dea Präzipitaten in 2 octn Na Cl aufgeschwemmt intra-
peritoneal ; nach V« Stunde 0,5 Hühnercholeralmmunserum 4- ^»1 Bouillon«
kultur intraperitoneal.
Nadi l'/t Stmiden : BpftrUdie Baalllen, Eiter, Fhagosytoae nicht eicber.
Nach 3 Standen : Spärliche Bazillen, Eiter, Phagoaytose nicht eicher.
Nach 5 Stunden: Si>iir)ir}:r Bazillen, Eiter, PhagcaytOM nicht aicher.
Nach H' 'j Stunden: Einielne Bazillen, Eiter.
Nach 24 Stunden : iiLeine Uaziileu, Eit«r.
Bleibt daaemd am Leben.
M e e r R c h w e i n c h e n 17. OJb HOhnerebolera'Immanaeram 4* 0*1 ccm
Bouillonkultnr intraperitoneal.
Nach 1 Vj Stunden: Spärliche Bazillen, wenige Zellen.
Nach 3 Stunden: Spärliche Bazillen, sahireiche Zellen.
Ifach 5 Standen: Spirlidie Baalllen, aalilreicbe Zellen.
Nach 6',', Stunden: Vereinzelte Bazillen, zahlreiche Zellen
Nach 24 Stunden: Vereinaelte Basillen, Eiter. Bleibt dauernd am Leben.
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Von Dr. Edmund Wml.
801
Meerschweinchen 18. Mit BouiUuu intraperitoneul vorbehaudeU.
0,5 aonnaleo Kaalnehonseram + 0,1 ocm Bonillonkaltor intnq[ieritonral.
(Kontrolle.)
Nach l'/i Stunden: Spärliche Baiillen, Eiter.
Nacli 3 Ptunden: Ziemlich zahlreiche Bazillen, Eiter.
Nach 0 Stuuden: Zahlreiche BasUlen, wenige Leakoxyten.
N«oh 6V« Stunden: Wimmrind von Beifllen, wenige Zellen.
SUibt neeh 18 Standen mit meeienheltBeiillen im BandihOhlenezendate.
Zunächst ist in r!ip??en Versuchen autlällig die starke nach-
trägliche Vermehrung beim Immnntier (Meerschweinchen 13),
welche jedoch schadlos vertragen wird, und worauf wir noch
zurückkommen wollen. Sonst geht aus diesen Versuchen her-
vor, dafs das durch das komplementbindende System (Choleru-
Extr., Chol.-Immunser.-Gemisch oder Präzipitat) unwirksam ge-
wordene Komplement durch die anwesoDdeu Leukozyten
Yolikommen ersetzt wird.
Es liegt nun die Frage yor, welche Bedeutung das Komple-
ment fQr das Immunserum beutsi Der Gedanke, dafs es eine
bakterizide Funktion ausübt, ist sehr nabeliegend. Wir glauben
jedoch, dab dies nicht der Fall ist. Bei der Milzbrandinfektion
ist die Venndirung der Bszillen (Auftreten tierischer Milsbraud-
basillen) bei Eomplementmangel in der Meerschweinchenbauch-
hohle, wie Versuche von Bail gezeigt haben, eine so verfirtthte,
dab dieselbe bereits in der 1. Stunde erfolgt, während beim
analog infizierten KontroUtiere erst nach 24 Stunden Kapsel-
bazillen auftraten. Bei Milslmuid sind aber die bakteriziden
Verhältnisse sehr genau untersucht, so dafs noch 7on keinem
Autor im Meerschweinchenserum ein bakterizides Komplement
für Milzhrandbazillen aufgefunden wurde, also dem Komplement
eine andere als bakteri/.ide Funktion zugeschrieben werden nuifs.
Wenn wir den Verlauf der Hühnercholeranilektion bei Immun-
tieren und Konlrolltieren vergleichen, so finden wir bei den von
uns stets angewendeten Bakterienmengen bis zur 2. Stunde gar
keine Differenz zwischen beiden. Erst nacli der 2. Stunde setzt
beim Kontrollticr die Vcrmolirung ein, die beim Immuntier
ausbleibt. Beim kom|)lornfM:tarmen Tiere setzt jedocli die Ver-
mehrung sofort ein. bonach scheint die Bedeutung des Ivomple-
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302 Untorenchongen Aber den Meehftuiamne nlehtb«kterislder Imoiitnitftt.
nientes darin zu liegen, dafs durch dasselbe wenigstens für die
ersten 2 Stunden die rapide Vermehrung der Bakterien hiutau-
gehalten wird.^) Abtöten kann das Meersch weinchen kompleinent
keinen einzigen Bazillus« wie man sich auch durch Versuche im
Glase überzeugen kann, wo daa Meerschweinchenserum einen
ausgezeichneten Nährboden für die Hühnercholerabazillen dar-
stellt. Würde im TierkOrper das Komplement eine bakterizide
Wirkung ausüben, so müfste es doch gelingen, bei Injektion
mit wenigen Keimen eine AbtOtung derselben zu erzielen, was
jedoch, wie schon frühere Autoren festgestellt haben, nidit der
Fall ist. Ein lebend» Keim stellt bei intraperitonealer Injektion
die todliche Dosis dar. Bei der Injektion mit einer sehr geringen
Bakterienmenge bleibt die Bauchhöhle bis zur 12. — 20. Stunde
keimfrei und erst dann treten in der eitrigen Bauchhöhle die
ersten Keime auf, die sich trotz Anwesenheit der Leukozyten
schrankenlos vermehren. Wohl der beste Beweis dafür, dafs
der normale Meerschweinchenorganismus nicht über Mittel ver-
fügt, in seinen Saften die Hübnercholerabazillen abzutöten, er
zeigt aber auch, dafs die Leukozyten ihnen gegenüber machtlos
sind. Es wäre wohl möglieh, dafs das Meerschweinchenkomplement
im Vereine mit dem Immunserum bakterind wirkt. Diese Frage
hat jedoch für die Erklärung der sofort einsetzenden Vermehrung
bei Komplementmangel keine Bedeutung, weil ja, wie erwähnt,
auch beim normalen Tier die Vermehrung in den ersten Stunden
aufgehalten wird.
ITaheii die vornnp^ehenden Versuche gezeigt, dafs das Hühner-
chülera-Ininiunseruiii aul die Mitwirkung des Organismus an-
gewiesen ist, sei es in der Form des Komplementes oder der
Loukoz.yten, wocluroli «.s mit einoiii bakteriziden Immunserura
anscheinend in I bcieinstirnmunu steht, so war nun weiter zu
untcrsnrIieiK wclchur Art die wirksame Substanz im Immunserum
sei. Oh es ein Jininutikörper nucii Art eines bakteriziden Ambo-
zeyiforH sei. wrichtT sicli mit den Bakterien verbindet und sie
der auflösenden Fähigkeit der Körpersäfte zugänglich macht, oder
1) Wir mQesen lugeBtehen, dafii diese Erkllrang nicht Tollkommen
ausreicht.
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Von Dr. Edmand Weil. 303
eine Substanz, welche die Bakterien für die Aufnuhmc durch
die Leukozyten geeignet macht im Sinne seiner bakteriotropen
Substanz. Wir kennen bereits eine Reihe von Bakterien, welche
mit dem betreffenden Immunserum keine Verbindung eingehen,
welche sich, mit Immunserum bebandelt, im Tierkürper wie nor*
male Bakterien verhalten. Nur das mit eingespritste Immun-
serum yerleiht Schuts gegen diese Bakterien. Bei Ausführung
derartiger Versuche müssen verschiedene Umstände in Betracht
gezogen werden. Ea isi nftmlich möglich, dafs derartige Immun*
sera nur eine geringe Idenge von Immunkörpern besitzen und
demgemäfs die Behandlung der .Bakterien entweder mit einer
grO&eren Menge von Immunserum Torgeuommen oder zur Be-
handlung wenige Bakterien verwendet werden dürfen. Dann
kann es femer sein, dafs durch intensive Behandlung der Bak-
terien, wie melirmaliges Waschen, der vielleicht nur lose an die
Bakterien gebtmdenen Immunkörper leicht losgesprengt wird.
Die Beobachtung dieser Kautelen läfst sich leicht bei Hühner-
cholera durchführen, indem durch entsprechende Verdünnungen
die Iiiiinunseruniwirkunr^ ausgeschaltet wird, die Bakterien aber
noch iii der tödlichen Menge vorhanden sind. Ein derartiger Versuch
wurde zunächst an Mäusen durchgeführt, gegen welclie dasinnnun-
Berum in der Menge von 0,1 sicher schützte Die Behandlung
der Bakterien wurde so vorgenommen, dafs zu je 1 ccm Immun-
serum und 1 ccm normalen Kaninchenserum 1 Tropfen Bouillon-
kultnr von Hühnercholerabaziiien hinzugesetzt und 1 Stunde bei 37"
und 2 Stunden bei Zimmertemperatur belassen wurden. Die Injektion
wurde mit je ' ,,/rropfen beider Flüssigkeiten vorgenommen. Durch
diese Verdünnung wirkte einerseits das Innnunsermn nicht mehr,
anderseits mufsten die Bakterien mit Sicherheit jede Beeinflussung
ericennen lassen; die Injektion wurde demgemäfs allerdings mit
einer sehr geringen Bakterienmenge (V»« Tropfen ca. 3000 Keime)
voigenommen.
Yersttoh TU. 20. VII.
MauB 6. Vfw Tropfen mit 1 ccm Immansenim behandelter Bazillen,
sabkatau.
Stirbt nach 18 Standen. An der Injektionwtetle und im Herzblut mas«ett'
haft BaiiUen.
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304 üntttraaehangeii Aber den Medtauiemna nlebtbikteriiider ImmuniUK.
Maas? (sehr grofo). Iiifixiert wie Maus 6.
Stirbt QMh 20 Stunden mit dem gleidken Befand wie Maus VL
Haas 8. Vt«« Tropfen mit 1 ccro normalem Kanineheniieram behan-
delter Bazillen subkutan.
Stirbt nach 16 Standen. Maaaenbaft Basillen im Blate and an der
lafektionsätelle.
Maus 9. lofisiert wie Maus 8.
Stirbt nach 16 Stunden. Befond wie bei Maus 8.
Eme Bindung nach Art einea bakterisiden Ambosaptora, wie
bei Cholera oder Typhna, ist hier nicht nachaoweiBen^)» denn ea
veriiaiten eich die mit Immanserum behandelten Bakterien genau
80 wie normale, obswar die Bedingungen für eine Bindung die
absolut gflnetigeten sind. Es war noch ein Punkt in ISrwägung
SU ztebent um eyentuell eine Bindung von bakteriotroper Substana
XU zeigen, indem man vorher Leukozyten ansammelt und hierauf
die mit Immunserum behandelten Bakterien einapritst. Die
schon vorhandenen Phagozyten mOfaten dann die behandelten
Bakterien leidit bew<igen kOnnen.
Tenaeh THI. 8. XL
Bazillen (ca. 0,5 ccm Bouillonkultur entsprechend) zweimal mit je 1 ccm
Immnneemm t Stunde bei 87* behandelt nnd Ober Nacht anf Eüa anfbewahrt»
da» überstehende Itniuiiii^erum abgegossen, die Bakterien nicht gewaechen
nnfi in 1 ccm NaCl anf^;e8ch\voninit DHriapU-f n Behandlung wird die gleiche
Meuge mit normalem Kauiuchensennn unterzogen.
Meerschweinchen 19. Mit Bouillon intraperitoneal vorbehandelt.
Infiziert mit Vio "^'^ Immunseruiu behandelten Bazillen.
Nach 16 llinnten: Einaelne freie Baallten, Eiter, keine Fhago^toae.
Nach 1 Stunde. Einzelne freie Bazillen, Eiter, keine PhagOiytOM.
Nach 5 Stunden: Keine Bazinen, Eiter, keine PhaKozytose.
Mach 7 Stunden: tiparliche freie Bazillen, Eiter, keine Phagotytose.
Stirbt nach 38 Stamteii nüt maaeenliaft Barillen and aptrUeben Zeilen
in der Bandihdhle.
Meerschweinchen SO. Mit Bouillon intraperitoneal vorbehandelt.
Infltiert mit Vio « cni mit normalem Serum behandelter Bazillen.
Nach 15 Minuten; Sjtflrücbe Bazillen, Eiter, keine Phagozytose.
Nach 1 Stunde: Spärliche Bazillen, Eiter, keine Phagozytose.
I) Diee besieht eich nur auf eine fQr Tlerkerper nachwdsbare Bindung
es liegt nicht im Interuase unserer UnterHuchung, ob sich eine Bindung fftr
die Koagen«glaeverhaltniaee naehweiaen UUst (Bordetacher Verauch).
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Von Dr. Edmund
d05
Kach ö Standen: Zftblraiohe Baulieo^ Eiter.
NmAi T StuiMtoBt UuMühsfl BMlUeii, weniger Lenkosyten.
Stirbt nach 13—90 8tnnd«ii» mit masMnluft Baaillen und ■pirlicfaen
Leukozyten in der Bauchhöhle.
M 0 r s c h w e i n c h e n 21. Infisiert mit Vw ccm mit Immanseram be>
handelier Bazillen.
Naeh 16 Mimatsn: Bplilielw frei» BwiUen, kein« 2M1m.
Nadi 1 Stande: Spftrliehe freie BasiUen, kdne Zellen.
Nach 5 Stunden : Neben eahlreichen Leukozyten maaaenbafl Badllen.
Nach 7 Standen: MasHenhaft Bazillen, vvenige Spellen.
Stirbt nach 13 Stunden mit maasenhatt Bazillen in dem Bauchhöhieu-
aacandate.
▼eraneh IX. 6. XI.
Barillen ca. 0,6 oem BouiikMikiiltar eutaiivedieod aweimal 1 Stunde bei
37° mit 1 ccm Imoianserum bebandelt, hierauf Über Nacht auf Eis aufbewahrt,
abzentrifugiert, einmal gewaschen und in 1 ccm XnCl aufgeschwemmt« Eben-
so werden Bazillen mit normalem Kiiuiiichenserum bebandelt.
Meerschweinchen 22. Mit Bouilluu iutraperitoneal vorbehandelt.
Intraperitoneal inflalert mit Vto ceui mit Immanaerum behandelter Baaillen.
Nach 16 Minuten: Spärliche froie Ba/illen, Eiter, keine Phagozytoae.
Nach 1 Stunde. Spilrticlie freie Riizillen, Eiter, kein«^ Phii^'Ozytose.
Nach 2 Stunden: Keine freien und keine phagozyüerten Bazillen, Eiter.
Nach 6 Standen: Einzelne Bazillen, dicker Eiter.
Nach 7 Standen: Bplrliebe Baaillen, dicker Eiter.
Naeh 9 Stunden: Spärliche Bazillen, dicker Fiter.
Stirbt nach weniger als 18 Stunden. Massenhaft Bazillen, wenige Zellen.
Meerschweinchen 23. Intraperitoneal mit Bouillon behandelt.
Infiziert mit '/lo ^^^^ normalem Serum behandelter Bazillen.
Nadi 16 Hinaten: SpSrlidie freie Baaillen, iäter, keine Miagosytoae.
Nach 1 Stande: Desgl.
Nach 2 Stunden : Desgl.
Xach 5 Stnndon ; l >e8gl.
iSach 7 Stunden: Desgl.
Nadi 9 Stunden: Beginnende Vermehrang der Banllen, Eiter.
Stirbt nach weniger ala 18 Standen. In der Bauchhöhle maaaenhaft
Bazillen, wenige Zellen.
Meerschweinchen 24. Intraperitoneal infiziert mit Vm ccm mit
Immunaerum behandelter Bazillen.
Naeh 16 Mlnaten: Spirllche Baidllen, keine Zellen.
Nach 1 Stunde: Spärliche Bazillen, keine Zellen.
Nach 2 Stunden: Spärliche Bazillen, zahlreiche Zollen.
Nach fi Stunden: Vermehr un).' der Bazillen, zahlreiche Zellen.
Nach 7 Stunden: Zahlreiche Bazillen, zahlreiche Zellen.
Nach 9 Standen: Maaaenhaft Baaillen, wenige Zellen.
Stirbt nach weniger ala 18 Standen. In der Bauchhöhle maaaenhaft
Baaillen.
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I
306 ünteranchongvD flb«r den Meehaniimas oiehttMikteriidder Inmiuiitit.
ImVersuch\'lII scheint es tatsächlich, als ob eine Beeinflussung
der mit liuinuiiserum heliandelten Bazillen vorliegt, die sich einer-
seits in der Differenz des BuuchhöhleTibefundes, «nderseits in der
allerdings kurzen Lebensverl.tngerung zeigt (Meersclnveinchen 19).
Es lag jedocii sofort der Gedanke nahe, dafs die mit den Bakterien
eingespritzten Tmmunsernmreste bei Leukozytenanwesenheit diesen
Effekt, der mit einer Bindung niclils zu tun hat, vortftusclien.
Der folgende Versuch zeigt auch, dafs diese Differenz schwin-
det, wenn das Immunserura durch einmaliges Waschen zum
gröfsten Teile entfernt ist. Wir entnehmen auch diesen Ver
suchen, was in voller Obereinstimmung zu den Mäuseversuchen
steht, dafs auch im normalen MeerschwchK-hen eine Bindung von
Immunserumsubstanz an die Hühnercholerabazillen nicht nachzu-
weisen ist. Auf Grund dir ■( r \'ersuche halten wir unsBur Annahme
berechtigt, dafs sich im Hühnercholera-Immunserum keine Bak>
teriotrope Substans nachweisen lassen, die im TierkOrper irgend-
eine Wirkung ausüben. Dag stimmt sowohl mit den eigenen
Versuchen als auch mit denen früherer Autoren überein. Nur
fiuntemüller gibt an, dafs bei seinen ImmunlsierungsTersuchen
mit Hühnercholera ihm stets eine starke Phagozytose beim Immun-
tier hervortritt. Dieser Umstand, sowie die leichte ImmunisierungS'
müglichkeit mit abgetöteten Bakterien in seinen Versuchen, was
den Angaben aller Autoren widerspricht, l&Tst uns annehmen,
daTs derselbe mit einer sehr abgeschwichten Kultur gearbeitet
hat, dies um so mehr, als seine Kultur erst in % Öse subkutan
Kaninchen tötete.
Haben nun die bisher angestellten Versuche gezeigt, dafs
sich eine direkte Beeinflussung der Bakteriensubstanz weder nach
Art eines bakteriziden Ambozeptors noch nach Art einer bakterio-
tropen Substanz experimentell im Tierkörper demonstrieren lafst,
80 mufste noch an die Möglichkeit gedacht werden, dafs das
Immunserum auf die Zellen des Organi.smus von Einflufs ist.
Wir wissen ja. dafs Metschnikoff die Hauptbedeutung des
Imnmnserums darin siebt, dals es die Zellen zu erhöhter Tätig-
keit stimuliert. Wir niulsten also zunfichgt die Leukozyten in
Betracht ziehen. Vor allem war zu untersuchen, ob sich die
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Von Dr. Edmand W«il. S07
Leukozyten von iujiiiunen Tieren anders verlialten als von normalen,
ob Inimnnleukozyten, auf normale Tiere übertragen, deiiselhon
Schutz verleihen. Dafs Leukozyten, selbst von anderen Tier-
arten übertragen, sich aktiv verhalten, wissen wir aus den inter-
essanten Versuchen von Fettersso n.
Versuch X. 8. XI.
M p p r s c Ii w ei n c h e n 25. Mit Bnnillon intraperitoneal TOrbehftndelt;
nach h> Stunden 1,75 ccui Iinmunseruni intraperitoneal.
8 Stunaen «piter T«rblat«t und di« LettkoiTten vm der &Kic3iboble mit
nonimen, «bientrifagiert und eintnEl gewaschen.
Meerschweineben 36. Mit Bouillon in trn peritoneal bebandeU;
nach 16 Stniulcn 1,75 ccm normalen Kaninrhenscrnm iiitr;i peritoneal.
3 Stunden 8|tätor getötet, ].<eukoByteD entnommen und wie bei Meer»
schweinchen 25 behandalt.
Heerschwei neben 27. Bflmtlicbe Lenkosyten Ton Meenchwein»
eben % (Immunlenkosyten) intrsperitoneal ; gleich darauf Vi« ecm BoalUoB-
knltur intraperitoneal.
Nach 15 Minuten: Zahlreiche Leukosyten ohne Phagosytoae, wenige
Bazillen.
Nach 1 Stande: Beagl.
Nach 4 Stunden: Zaiifareiehe Lenkoiyten ohne Phagoiytose, sahlreidie
Bawllen.
Nach 6 Stunden: Spärliche Iy©uko»yLcn, massenhaft Hazillon.
Stirbt nach weniger als 20 Stunden mit massentiaft Bazillen in der
BaocbhOhle.
lleeraebweinchen 38. Leakoiy ten tob Meerschweinchen 86 intra-
peritoneal; gleich darauf '/,o ccm Bouillonkaltnr intraperitoneal.
Xiich If) Minuten Zahlreiche Iteokosyten, apftrliche Bacillen.
>iach 1 Stunde: Deagl.
Nach 4 Stnndmi; Zahlreidie Leukozyten, zahlreiche BasUlen.
Nach 6 Stunden: SpArlicbe Leakoiyten, maaaenbafl Bacillen.
Stirbt nach weniger als 18 Stunden. Massenhaft Basillen iqi Exsudate.
«
Nachdem dieser Versuch ein negatives Resultat ergeben
hat, indem die im Tiere behandelten Leukuzyteu äich al.s wirkung.s-
los erwiesen hatten, zeigt ein weiterer Versuch die Inin.un.serum-
wirkung aul Leukozyten im Reagenzglase. Da unser Immun-
serum vom Kaninrhen stannnt. so konnten, um eine Schiidii^ung
der Leukozyten zu verluilen. nur Kaninchenleukozyten verwendet
werden. Dieselheu stammten aus der Brusthöhle vcm einem Kanin-
chen, das intrapieural eine Aieurouateinspritzung erhalten hatte.
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806 Vntaraudiiinceii Aber den Maehantomoi nlehAbiktarindw tmmttiiitiL
Tersaeli XI. 14. VIL
Die in grofser Menge erhaltenen Leukozyten werden zweimal gewaschen,
hi«wuf in 8 Teile geteilt 1 Teil irird aweiin«! mit Je 8 eem ImnMmseram
1 Stund« bdi 87* behandelt, hieraof einin«! gewaschen. Die «weite lOlfte
wird ebeuM mit normalem Kanincbenaenun behandelt
Kaninchen 1. Die mit ImmoBMfwn beliandelten Leokosyten +
Vto Tropfen Bouillonkaltar subkutan.
Stirbt nach weniger aU 18 Standen. Im Infiltrate und im Herzblnt
mikroiAoptoch manenfaafi fiadllen.
Kanin eben 2. Die mit normalem Serum behandeiten Baiillen 4*
Tropfen Bouillonknltiur subkutan.
Stirbt nach weniger als 18 Stunden. Befund wie Kaninchen I.
Kaninchen 3. 0,5 Tniinunseram subkutan; auf der anderen Saite
1 Tropfen Booiliunkultur subkutan.
STadi 34 Standen erbsengroAea Inflltiat^ bleibt dauernd am Leben.
Kaninchen 4. 0^ normalea Kanindienaemm anbkutan; auf der
anderen S^te Vi« Tropfen Bouillonkultur subkutan.
Stirbt nach weniger als 18 Standen. An der Injektionaatalle und im
Uerrblute mannen haft Bazillen.
Auch dieser Vemich seigt keine BeeinflusBung der Leuko-
lyten, obwohl dieselben mit der vielfach schOtienden Iinmun-
serummenge behandelt waren. So l&tst sich also im Experimente
axxh eine Beeinflussung der Leukosyten nicht demonstrieren,
es ist damit allerdings in keiner Hinsicht der Beweis erbracht,
dafs das Immonserum im TierkOrper die Zellen nicht su erhöhter
Tätigkeit anspornt Leider scheint diese Frage dem ezperimen-
teilen Nachweis schwer sugänglich va sein.
Die vorangehenden Experimente waren aussohliefslich im
Tierkftrper angestellt worden, weil wir wissen, dafs die meisten
Iiiiiiiuuitötsreaktionen sich nur im Glase nachweisen lassen, im
Tierkörper aber niclit auftreten, so die Agglutinauuii, Präzipi-
tation und oft auch die Bakteriolyse. Ivs erschien uns noch von
Wichtigkeit, unser Imuiunserum auf seinen bakteriolytischen
Rffekt im Reagenzglase zu untersuchen. Viele Tmmunsera, deren
starke scliützende Wirkung im Tierkftrper hervortritt, wirken im
Reagenzglase auf die Bakterien nicht abtötend ein. Speziell bei
den Bakterien der hämorrhagischen Sej>tikämie hat Voges mit-
geteilt, dafs seine Immuntiere keine Spur von J'>akterizidie im
Glase aufwiesen. Voges ging dabei so vor, dafs er in frisches
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Von Dr. Edmand W^L
309
Immunsemm Bakterien einimpfte und dabei nach 24 Stunden eine
Vermehrung derselben beobacliteto. Viele bakterizide Versuche, die
auch bei andern Immunseris auf dieselbe Weise aosgefübrt wurden,
haben inbezug auf Keimtötung ein negativ es Resultat erpeben. Es
ist aber leicht inöglicbf dafs bei dieser MeUiode ein bakterizider
Einflofs des Immanseroma leicht übersehen werden konnte. Man
braueht sidi nur voRustellen, dafs die Immunserumwirkang nicht
bis zur Steriliaierung der Keime ausreicht, so kann es bei längerer
Beobadituttgsdauer leicht mO|^ch sein, dafs das zur bakterio-
lytiscben Wirkung notwendige Komplement eine Abschwftchung
erleidet und die Bakterien in dem nun inaktiven Immunserum
wie in einer guten NftbrlOsung sidi vermehren.
Wir stellten unsere Versuche genau nach Art eines bakteri-
ziden Versuches mit Typhusbazillen oder Choleravibrionen an,
indem wir das Immuuserum Stunde auf 60* eriiitzten, als
Komplement aktives normales Serum und eine vierstündige Be-
obacbtungsdauer wählten. £s sind jedoch noch einige Kautelen
dabei zu beobachten, welche mit dem sohlechten Wachstum der
Hflhnercholerabazillen') auf gewöhnlichem Agar zusammenhängeu.
Die Keime wachsen erst dann vollstftndig zu Kolonien auf, wenn
einem Agarröhrchen mindestens ccm Serum (Meerschwein-
chen , Kaninchen- oder Rinderserum) zugesetzt wird. Dies bezieht
sich zuiiiichst nur für die Aussaatplatte, da ja in den übrifjen
Röhrchen liinlflnglich Seruni enthalien ist. Läfst man nämlich
den zur Aussaat hestijiiniten Troj>feu direkt in den verflüssigten,
auf 40 bis 42° al)<:;ekühlten Agar fallen, so kunnnt es vor, duls
die Platte steril l)leiV)t, obwohl masseiibuft Keinn? darin entlmlten
sind. Dies verhindert man jedoch stets mit Sicherlieit, wenn
man dem Tropfen 0,1 — 0,5 ccm normales .Serum beifügt, oder
den Tropfen in die betreffende Serummenge fallen läfst, mit
dem Agar überschichtet und zur Platte ausliefst. Wir bedienten
uns ferner, um sichere Resultate zu bekoniuicn, nicht der Ofen-
aussaat, sondern der in unserem Institute üblichen Meihode,
wobei die gesaipte nach 4 Stunden gewachsene üaktehenmenge
1) Ek ist jedoch mOgiich, dab dasselbe nur iftr anseren Stamm and
QDsereii Agar gilt
AnUT für Hygleoe. Bd. LXI. 22
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310 Unteraai^ongeii Ober den MectiuitBniQB nicbtbakteritider Lnmnmtät.
zur Platte ausgegossen wird, wodurcli auch, wie schon oben er-
wähnt^ dem Agnr so viel Serum beigemengt wird, als die Keime
zu ihrem Wachstum beodtigen.
Tabelle I.
Iiuiuun-
Mruin
'fcstd. eo*
Komplem.
normal.
Meerschw.-.
Serum
lälWMt
Nacli 4 Stund«»
0,001
O.fS
ä
Od OD OS
0,01
0,5
o
cc » -r
0 1
o,r.
'5
Abnabaie d. Keimu
0,25
0,5
x =
starke Abnabme d.
C 's
0,25
a.
o
Qc Tc ce Kolonien
H
fadenff>rrnig
0,5
00 09 QO
Einsaat beträgt
00 QO OD.
0,05
0,5
.
u
ca. 20 000
0,1
0,5
a ~
ca. 20 000
0,25
0,5
ca. 90000
0,26
>- 5
H 2.
cc OD OD Kolouien
fadchenförmig.
0,5
1
00 CO cc.
Einaaat betrigt oow
Es beweist dieser Versuch, dafs Iminuuseruiu, Normalseruru-
Mischling, einen, wt-iin auch schwachen, so doch deutlichen bak-
teriziden Einflufs zei^t, wfihrend sowohl das inaktive linniun-
.scrum, als auch das frische nonnale Serum allein jeglicluj bak-
tiM-iciiiötende Einwirkung vennissen lassen. Anffalii^j; und rege!-
niiilsig anftretond ist das eii;en(üinliche Wachstum der Ilühner-
elioleral'azillen im inaktiven Iminunseruin. Die Keime wachsen,
wie ein Aufstrich zeigt, nicht agglutiniert in Hitufchen, sondern
in aus 6 — 10 Bakterien bestehenden Fäden, und besonders
cliarakteristiscli ist das Ausselien der Kolonien, welche, im
Gegensatz zu den soust uoregelmärsig rundlichen Formen, bei
schwaclier Vergröfserung wie kurze Fildchen aussehen. Diese
Kolonienform tritt» wie erwälmt, nur im inaktiven Immunserum auf.
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Von Dr. Edmond Weil. 311
Tabelle U.
Rortin)
Nfeorschw.-
Kina&at
Nticb 1 Stuudeu
iSerum
o.oo
0,1
0,25
0,5
0,5
0,5
topfen
lonkult
Ot OD OD
X CD ■»
OC CO CO
0,26
OQ 09 OB
OD OD OD
Rinmt =
OB,
Nonnaies
Kompletn.
KuiincitiAii-
serum
DOrniBl.
Kaninchen-
EiQMilt
StLCh 4 Stuudeu
% aui. 60«
tu.' nun
0,26
0.1
0,05
0.26
0,5
0.5
0,5
1, Tropfen
uillonkult.
OD OO Ob
oc 3: 00
CC 00 QC
OP OD Oft
0,5
OB 00 OD
Binsut cm. 100060.
Diese Tabelle zeigt, Uafs Mischungen von inaktivem und
akliveni KiniiiRlieii uiler Meerschweinchenserum absolut nicht
bakteriolytiseh wirken.
Tabelle III.
Imnuin-
wruui , EiiiSHMt
«kOr 1
1
1
Nach iüUiodon
illllliUD-
svrum
Kompleu)
(nonnaies
Kiininc'hen-
s»'nim)
EiUltant
^ Nach 1 siuodeu
0,75 ' c
0.25 •£§ u
0,1
1
cu. 3 ooo 0,25
ca. 3 000 0.1
ca. yOUO 0,05
. 0,25
Kinsaat ca* 10(
0,5
0,5
0,5
0.5
lOOO.
"„ Tropfen
Bouillon-
knltiir
!ca. 15 —20000
ca. 10 000
ca. 10 000
JO OD QC(ndclL)
CD CIO 00
Dieser Tabelle entnehmen wir, dafs das fri.«clif uklivc luiiiiuii-
serum beide zur Abtotimg der Jiaklerien notu tndige Substanzen
besitzt und ierner, dals sich dasselbe IinmunstJi um, welches durch
Erwärmen iiiHkliviert wurde, durch normales frisches Kaninchen-
serum ergän^^en iälst.
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313 n&tmsadimigeD Ober den MeobaniRoiua nichtbiikterisidwr ImmoiiitAt
Wir haben noch einen weiteren Versuch angestellt, indtmi
wir das Blut von Meerschweinchen 25, welches eine grofse
Meuge Immunserum erhalten hatte, auf seine bakterizide Wirk«
eamkeit tmteisucbteD, konntea aber keinen Effekt konetatieren.
Tabelle IV.
Seriiui vou
Meer-
achwein. 'iö
EtoaBAt
Nanh 4 Stnndvn
(tiiacli)
1,0
ä .
flD Co OD
0.5
0» c
«5! ? ».
30 CC QO
0,25
0,1
0,06
0 — —
1 's o
X OD OC
OC 00 OC
00 00 oo
Einsaat
- oc.
Nach dem Ausfall dieser Versuche müssen wir za dem
Schlüsse gelangen, dafe das HühnerchoIeraimmuDserom spezifische
bakteriitde Ffthigkoiten aufweist, die sich der Qualität nach von
einem bakteriziden Typhus* oder Oiol^aimmunserum nicht unter-
scheiden. Es entstellt nun die sehr wichtige Frage, ob die
Wirkung des Immunserums im Tierkörper auf diese bakteriziden
Eigenschaften zurückzuführen ist. ob die Immunserumwirkung
durch Bakterizidio ihre volle Krklaiung tindet, oder ob die Rea-
genzglasbakteriolyse etwa die Bedeutung hat, die z. B. der
Agglutination zukommt, die, wie bekannt, nie im Kürj>er auftritt
und für die luiuiunität belanglos ist. Wir möcliten zunächst
erwähnen, dafs alle Beoabaclitungen im aktiv und ]>as.siv innnnneu
Tiere direkt gegen eine Bakterizidie im Tierkörper spreilien.
Wie stets erwähnt und auch von uiehreren Seiten oeyi^it igt.
halten äich im aktiv sowie passiv innnunen Tier noch lange
Bazillen, die lobend und vollvirulent sind. Ja es geht so weit,
dafs sieb die Bakterien im immiuien Tier nnter Umstärjd'-n stark
vermehren. Wir haben diese als nacliträgliche Vermelirung be-
zeichnete Erscheinung schon früher erwähnt und haben unter diesen
Versuchen ebenfalls ein Beispiel davon. (Meerschweinchen 13.)
Diese Tiere, deren ßauclihölile voll von Bakterien ist, sind voll-
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Von Dr* Edmund WeU.
313
konimon munter'), gesund uikI bleiben dautirud am Leben. Die
Bakterien daselbst werden nicht aufgelöst, werden nur von ein-
zelnen Makrophflf^en gefressen, die eigentlichen I'hagozjten, die
Mikrophagen, lassen sie unberührt, sondern sie zerfallen in der
Bauchhöhle nach Tagen wie in einem von Nahnnitteln erschöpften
Nährboden. Trotzdem sind diese Bakterien vollvirulent, wenn
sie auf ein normales Tier übertragen werden. Selbst, bei Imniun-
tiereo, die nicht die nachträgliche Vormehrung zeigen, finden
dch nach längerer Zeit in der Bauchhöhle virulente Keime, die
nur für das Immuntier schadlos sind, ein anderes Tier ;d^er prompt
töten. Derartige Erscheinungen laeeen eich mit Bakteriaidie im
Körper nicht vereinbaren. Ein Keim, der nicht at^etötet ist,
kann sich yermebren. Bei Cholera oder Typhus werden wenige
Keime, welche der Bakteriolyse entgehen, nicht geffthrlich, denn
die Virulenz derselben ist Terhältnismftlsig gering. Bei Hühner*
Cholera aber li^n die Verhältnisse ganz anders. Eine bakteri-
zide Immunitftt wdrde hier nie ausreichen, um dauernden Scbuts
zu gewähren, weil die wenigen Keime, die der AbtOtung ent-
gehen, das Tier nachträglich töten mülsten. Ein schönes Beispiel
von dem Versagen der bakteriziden Immunserumwirkuug haben
wir b«[ der Schweinepestinfektion der Meerschweinchen. Die
Schwei uepestbakterien werden in der Bauchhöhle bei passiv im*
munen Tieren in Granula umgewandelt und die betreffenden
Tiere flberleben regelmäfsig die Kontrolltiere. Ebenso regel*
mälsig gehen aber erstere nach einigen Tagen an der bakteriellen
Infektion zugrunde. Und das verursachen die wenigen der Bak-
teriolyse entgungeuon Keime, welche in geringer Zahl doch die
tödliche Anfangsdosis darstellen. Wie viel eher müfste diese Er-
scheinung stets bei Uühnercholera auftreten , auch wenn die
geringe Reageuzgla-sbakteriolyse, die selbst bei giofsen Mengen
von Immunserum nie eine Sterilisierung, sondern nur eine Keini-
verminderung zustande bringt, im Tierkörper eine Bedeutung
1) yormal infltiette Tiere Migen echon frabaeitig, wenn die VemiehruDg
der Bidcterien bi d«r Bauchhöhle bejcinnt, wo «Iw verbattniBmafiiig wenige
Keime daselbst Bich be6ndcn, schmerzliafte Peritonitis, die jedoiAk heim
Immaatier mit nachtriglicber Vennehran|( vollkommen fehlt
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314 UntenachungeB Aber den MedMnismae niebtbakteririder Imnuinität.
hätte. Tatsäclilicli <:elingt es al>er absolut sicher, Tiere gegen
die Hühnercholerainiektioii dauernd z\i schüt2en.
Ist die bakteriolytiscbe Wirkung des Hühnercholerarlmmun-
serains die einzige Ursache der Schutswirkung, so mulsten andere
Sera, welche die Hühneicbolembasillen nach demselben Mecha-
nismus abtoten, Schutz verleihen. Nachdem, wie die obigen
Versuche zeigten, normales Kaninchen» und Ueerschweinchenseram
wirkungslos sind, dachten wir an das Rinderserum, welches wegen
seines hohen Iminunkörpergehaltes auf viele Bakterien ahtcHend
wirkt. Es wunlc also «las iiinileiäeruni auf seine bakleriÄiden
Eigenschaften hin unleitiucht.
T:» >>PI 1.' V.
Klu'lcr- j
««rum I
ftiscb
RlnioBt
Nach 4 Sliinden j
Kin.Irr
frisch
Klnauit
Nach 4 BtanAm
I
1.0
0,ft 1
0/25
0,1 1
> , Tropfen
Bouillon-
kultur
ca. 8000 |, 0,5 j § ^
j ca. 5000 ■ 0,26 )
ca. 3000 r 0,1 i^JJ
^ ca. 8000 Ii 0,01 jl;;^
Einsaat = oc.
Tabelle VI.
ca. 100 000
ca 100000
ca. 100000
I
Itniniin'
scruni
7t CO*
Koii)|ilL'in
(Kanin-
chi'itfl«n]iu}
iiinwiAt
1
NAvh i tilunden
■
1
I
Kiixicr-
oerum III
fri»rh
r
.Nach 4 Slanden
0,26
0,1
O.Ol
0/25
0,5
0,5
0,5
0,6
= 1 i
ri
ca. 25000 ,
15 000
oc -x
X X acFaU
cbenkolonie i
00 ao cc 1
0,6
0.25
^1
0,01
V,„ Tropfen
Bonillon-
kultnr
3000
: 3 000
1 r. 000
Eiaaaat mehr als 100000.
Von I>r. Edmond Weil. 315
Tabelle Vn.
1
Rimler-
Kerum IV
Mach
1
KluKiMt 1 Nach 4 8luuilcii
1
KitKk-r 1
Kerum IV
ViSld. «0*
Ktiisant Nach 4 Stunden
1
1
0.»
o.t 1
V,n Tropfen
Bouillon
kuitur
1
! ca. 40000
ca. 95000
1 ca. 80000 1
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0,S5
0.1
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Bouillon
kultttr
I
OD <K flO
OD Od 00
09 Oft OB
Einsaat mehr als lUUUUO.
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Ob
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OB
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i 0.4
ca. 3O00O Ii
0,1
%
1 0,4
OD
OD
OD
0.01
So
1 0^
* !l
0,01
1 0,6
OB
OD
OD
Kinsaai mebr ala 100000.
Das Rindereeram seigt, wie diese Versuche lehren, ausge«
sproehene Bakteriadie gegenüber den Hühnercholerabakterien.
Dieselbe Ist bei den verschiedenen Seris verschieden stark aus«
gesprochen, allerdings selten findet man auch ein Serum, welches
diese Eigenschaft Oberhaupt nicht aulweist. Wenn wir die Bak-
teriolyse des Rinderserums mit dem eines schützenden Immun«
Serams vergleichen, so sehen wir, dafs erstere unter Umstftnden
viel stärker ausgesprochen sein kann. (Tab. VI ) Diese Versuche
zeigen weiters, dafs die Wirksamkeit des Rinderserums aufhört,
wenn man es durch Inaktivierang seines Komplements beraubt
(Tab. Vni, IX), und schliefslich haben wir in Tab. VIII einen
Versuch mitgeteilt, wie er, um alle Röhrchen gleichen Wachs*
tumsbedinguugeu auszusetzen, anzustellen ist.
Um uns zu überzeugen, ob das Rindersenim seine Bakteri-
zidie auch im Tierkörper ausübt, wählten wir ein solches, welches
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316 Üntenadiaiigeii Aber den Mecbiuiiniiu niebtlMkteilslilerliiimaiiitft.
möglichst wirksam war, und zwar Rinderserum III in aktivem Zu-
stand, welches daä gleichzeitig untersuchte schützende Immuu-
8erum an Wirksamkeit (iber(raf.
Versa t h XII. 27. XI.
Meerschwein eben 29. 0,5 Riuderserum : gleich darauf Vio Tropfen
Bottilknlraltiir fntnpeiiton««] (die sur EinsBal in Tabelle VI verwendeten
Bakterien).
Nach 1 Stunde- Spärliche Hiitillen, keine Zellen.
Nach 2 Stunden: Spärliche Bazillen, zahlreiche Zellen»
Nach 5 Stunden: Spärliche Bazillen, sahlreicbe Zellen.
Nach 6 Standen: Vermebmng der Baslllen, lahlreiefae Zellen.
Nach 7 Stunden: Zahlreiche Bazillen, zahlreiche Zellen.
Stirbt tiiiri 20 Stunden mit masaenhaft Banllen and wenigen Zellen
im Bancithöhienexäudate.
Meerschweinchen 80. Vio Tropfen Bonillonkaltar intraperitoneal
(Kontrolle).
Nach 1 Stunde S]>ärliche Bazillen, keine Zellen.
Nach 2 Stniiclen: Sjsrtrliche Bnrillen, wnnige Zellen.
Nach 5 Stunden; 'Sjmrliche Bazillen, zahlreidie Zellen.
Hacb 6 Stunden: Splrliche Banllen, lablreidie Zellen.
Nach 7 Standen: Ziemlieh aahlreiehe BaiUlen, aabireiche Zellvn.
Stirbt nach 20 Stunden mit maaaenbaft Badllen nnd wenigen Zellen
im Bauchhöblenexfludat.
Wir sehen also, dals das Rindersenim, trut/, seiner baklerio-
lytischon Fähigkeiten, koiue Spur von Schutzwirkung verleiht.
Wir untersuchten weiter, ob vielleicht die Anwesenheit von
Leukozyten in der Bauchhöhle auf das Riudenerum begünstigend
wirkt.
Versuch XIIL 27. XI.
Meerach weinchen 31. Mit Bouillon intraperitoneal ▼orbehandeU.
0,1^ Binderaemm III Intraperitoneal: gleich darauf V» ccm Bonillonkaltar
intraperitoneal.
Nach 2 Stunden: Eiter, sehr Hjulrliciie l!;izi!!en.
Nach 5 Stunden : Kiter, Vermehrung der l>;uiiien.
Nach 8 Standen: Zahlreiche Leakosyten, maaaenbaft Baaillen.
Stirbt nach weniger ala IS Stunden mit maaaenbaft Baaillen in der
Bauchhöhle.
M c e r e c h w e i n e h u u 32 .Mit Bouillon vorbehaadelt; '/i«
Booilloukultur intraperitoneal. (Kontrolle.)
Nach 3 Stunden: Eiter, wenige Bazillen.
Nach 5 Stunden : Eiter, Vermehrung der Bazillen
Nach 8 Stundon Xali!reirhe '/pücn, r.ahlreiche Bazillen.
Stirbt nach weniger als lö Stunden. Mit maasenhaft Bazillen im Bauch-
höhleneaaudate.
. y Google
Von Dr. Edmand Weil.
817
Wir sehen, dafs auch unter diesen Bedingungen das hak-
terizide Rindersenim machtlos ist, diese Fälligkeit auf den Tier-
körper XU übertragen uud die Infektion zu verhüten. Wir wissen
aber sehr wohl, dafs ein norraalea Seruin auch im Tierkörper
seine bakteriolytischen Eigenschaften geltend machen kann bei
jenen Bakterien, welche eben im Körper aufgelöst werden können.
So hat schoD Pfeiffer gezeigt, dafs das normale menschliobe
Blutseram in erhebliclien Verdünnungen in der Bauchhöhle von
Meerschweinchen bei CholeraTibrioneu das Pfeiffersche Phä-
nomen hervorruft Wir kOnnen dasselbe auch beim Rinderserum
seigen, welches auch die Choleravibrionen m erheblichem Mafse
abtötet.
YerNoch XIV. 6. XIL
Meer<^rh weineben 33. 0^ Bind«raeniiD ^ Choleravibrion
intrajieritoneal. 210 g.
Nach 10 Miiioten: Massenhaft Qnaala, wenige unbewegliche Vibrionen.
Nach SN) Minuten : Spirliehe Grenole, keine Vibrionen.
Nach 1 Stunde: Keine Granula, keine Vibrionen.
Nach 4 Stim.l.'ii: Zahlreiche Leakoxyten.
Ulcibt diiuernil un» I/eben.
Meerschweinchen 34. 0,5 NaCi 4r ^ Cboieravibrion. (Kon-
trolle.) 255 g.
Nach 10 Mintiten : Massenhaft bewegliehe Vibrionen.
Nach 20 Minuten : Desgl.
Nach 1 Stunde: Desgl.
Nach 4 .Stunden; Wimmelnd von Vibrionen.
Stirbt nach weniger uIh 18 Standen mit inasseuhaft Vibrionen und ein-
seinen Lenkosyten in der Bauchhöhle, Auflagerangen auf Leber and Dann
sind nicht vorhanden.
Es löst also das Riiiderseruni .»rlatt die 10 fach tödliche Dosis
Choleravibriüuen auf und schützt «ins Tier vor der tödlichen In-
fektion. Die bakterizide Wirkung im Glase tritt also bei Cholera
prompt auch im Tierkörper auf und unterscheidet sich der
Qualität nach chircli lurhts von eiueni siM'/.itischeii Clioleraininiun-
serum. Die DilTerenz aber zwischen Reiigeiizglas und Tierkörper
hei Hühneroholera tritt klar hervor und liefert einen weiteren Be-
weis, dafs die l?;ikteri/idie im Tierk'>r|>er nicht auftritt uud mit
der Schutzwirkuug nichts zu tun buben kaan.
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318 17ntmacbaag«o Aber den Hecbanioiniw niehtbaktemfder Immnnitftt.
Wir können noch einen unsere Ansicht stützenden Beweis
nach der Richtung Iiin erbringen. Wir haben schon früher die
Beobachtung |^macht, daTs das Hühnercholera-Immunserum seine
Schutzwirkung verlor, 'vcnn man längere Zeit nach der letzten
Injektion Blut onfnalini. Ks ist von Interesse, dafs Hertel in
seiner Arbeit über Hühnercholera, die uns leider erst nacli der
Publikation unserer ersten Arbeiten bekamit wurde, dasselbe
beobachtet hat. Hertel führt dies allerdings darauf zurück,
dafs das betreffende Tier wtthrend der Immunisierung erkrankte.
Wir können dem nicht beistimmen, denn wir haben des öfteren
marantische Tiere sterbend^) entblutet, und haben, wenn die
betreffenden Tiere noch in Reaktion standen, keine Abnahme
des Sehutswertes bemerkt. Da jedoch die Erscheinung des
schnellen Schwindens der Schutswirkung bei der bakteriziden
Immunität nicht der Fall ist, so verfügen wir vielleicht dadurch
über ein Mittel, die Bakterizidie und Sdiutzwirkung unseres
Immunsenims zu trennen, indem es nftmlich auf diese Weise
möglich ist, dafs das Immunserum, trotz Erhaltenseins seiner
bakteriziden Eigenschaften, keinen Schutz verleiht. Wir entnahmen
KU dem Zwecke unserem Kaninchen 10 Wochen nach der letzten
Aggressineiuspritzung Blut und haben nun seine Wirkung nach
beiden Richtungen hin untersucht.
Versuch XV. 21. XI.
Meerschweinchen 35. 1 o m Immutiseram sabkotan ; gleich daniaC
'/so c<""i Itouillonkultur intruperitoneal.
Nacli 2 Stunden: Wenige riazillco, zahlreiche Zellen.
N«ch 3 Standen: Desgl.
Nach 4 Stunden: Ziemlich zahlrei<]a> l'.txillen, zahlreiche Zellen.
Stirbt nac h 18 Stunden mit masaenbait Bacillen und «pirlicben Zellen
im Uauchhöhlenexsudate.
Meerachweinchen 86. 1 com Immanserum intraperitoneal; gleich
daranf Vm ccm BouitlonkolUir intraperitoneal.
Xach 2 Stun li n S;i.irliche Ilazllten, aahtreicfae Zellen.
Nach 'A Stunden ; Dosjil.
Nach 4 Stunden: Ziemlich zahlreiche Bazillen, sahireiche Zellen.
Stirbt nach 18 Standen mit maHwnhaft Baiillen and Bpirlichen Zellen
im ExRndate.
1) Ka herrechte «. Z., ala wir nnaere ersten Untersachangen anatellten,
atarke Seuche nnler nnseren Tieren.
Von Dr. Edmund Weil.
319
H«er8C h w e i n c h e n 87. 1 ccm nornt. Serum sttbkatan, gleich damof
Vt» *'<^n' !<nnillonkuUiir iiilraperitonpal. fKontrolle")
Nach 2 Stunden: Wenige JiaKillen, zahlreiche Zellen.
Nach d Standen : Beginnende Vermehiung der ßeslUen, nhlr. Zeilen.
Nach 4 Standen: ZaUteiche Bacillen, cahlreiche Zellen.
Stirbt nach 18 Stunden mit mattenhaft Baiillen.
Tabelle IX.
Immun-
«pnirn
Konii-It-ni.
nitrintil.
Kaninchen.
Kerum
Kinmut
Nanh 4 Munden
Stil. 60*
_ 3
ca. 3 mn
0.1
0,5
•~ 9
CÄ, 25 000
0,05
ca. SOOOO
0,85
ot> CT oc Fftdehen-
kolonien.
, 0,5
Ä
OD "od 00
Einsaat = oc.
Dieser Versuch bestätigt UDsere Erwartungen, indem eine
Scbutxwirkung seibat in der Dosis von 1 ccm nicht zu konstatieren,
die bakteriolytische Wirkung hing^en vollkomtnen erhalten ist.
Dies beweist klar, dafs Reagenzglasbakteriolyse und Schutzwirkung
beim Hiihnercholeraimmunserum zwei ganz verschiedene Dinge sind.
Vieles spricht angesichts dieser durch Versuchstatsachen
gestützten Beweise dafttr, dafs die Glasbakterizidie bei Hühner-
cholera ganz bedeutungslos ist fttr die Schutzwirkung, dafs sie
etwa die Rolle spielt wie die Agglutination, die im Tierkörper
gar nicht auftritt, und deren Bedeutungslosigkeit für die Immunität
fast allgeiTietn angenommen wird. Als Reaktiou gegen die ein*
gefülirte Bakterieusub^nz bildet der Organismus Produkte, die
wiederum gegen die Bakteriensubstauz, auch gegen die gelöste,
gerichtet sind, so die Agglutinine, Bakteriolysine und Präzipi-
tine. Es Iftfst sich niclit leugnen, dafs auch bei der Aggressin-
inimunisiernng geringe Mengen von Bakterienleibossubstanz ein-
geführt werden'), und <las Iniinnnscriun eniliiilt dann jene Stoffe,
welche aul dieselbe wirken, indem sie eine Verbindung mit der-
1) Was l'«'«onder8 hei iinBoreiri lniinnn«orttTn der Fall war, indem das
betreffende Kaninchen, um in Reaktion zu bleiben, Öfters Injektionen von
20 ccm Aggreeain bekommeo hatte.
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S20 üntoniacfanngen flbftr den Medunismos nichtbakteritid«' Immumitlitb
selben eingohoii. Es ist sieber nicht zu verkennen, dafs dort,
wo eine Auflösung der Bakterien im Tierkitrper ini)g1ich ist,
daraus die Hetnitzwirkung resultieren kann , denn das ist die
eleganteste Art, wodurch sich der Organismus der eingeführten
Mikroorganismen entledigt. Wenn die Bakteriolyse im Tierkörper
auftreten kann, so ist das so intensiv der Fall, wie man es nie
in der Eprouvette aieht. Dies gilt jedoch nur für wenige Bak-
terienarten und für wenige Orte im Organismus. Bakterien, deren
Leib^8sub8tanz sehr labil ist» oder deren Existenzbedingungen
im Körper mehr oder weniger ungünstige sind, werden davon
betroffen. So in erster Linie die Vibrionen. Ungünstiger liegen
.schon die Verhältnisse bei Typhus- oder Kolibakterien. Jene
Mikroorganismen aber, welche dem lebenden Kör|)er angepafst
sind, welche daselbst ihre günstigsten Existenzbedingungen finden,
wie die echten Parasiten, bleiben im Organismits unversehrt.
Das schönste Beispiel hierfür bietet die Milzbrandinfektion des
Kaninchens. Verschlechtert man aber die Existenzbedingungen
derartiger Keime, d. h. bringt man sie aus dem Tierkdrper heraus
in künstliche N&hrmedien, dann können KOrpersftfte und Immun*
sera jene Eigenschaften ausüben, die gegen die ßakteriensubstaus,
die schon durch das Verweilen im künstlichen Nfthrboden in
unnatürliche Verhältnisse gebracht und geschwftcbt ist, gerichtet
sind, wie die Agglutination^) und Bakteriolyse. Die Schutzwirkuug
1) Es war auch zu erwnrten, dafs un»cr lüiuiimHoruui eiuo i^vveite gegtiii
die Baklcriensuhstanz gerichtete EifiieDsehaft, niimlich die Agglutination, auf-
wies, wa.<4 aber <!nr ! r\ii8 nicht bei allen nach anaerer Methode heiigeetellten
linmunsora der l all iet.
A ß^lutlnfttionsverBach.
Immanserom-
^■•rdSDnttnB
H<Mihnchlinii.'s-
zi-it lifi ..0"
nach 1! .<t<l.
Ziiiiint'rtoinpt'nitiir Ucübm'htun^'s-
liüfh zeit lH;i ST"
24 8luii<U<i) , uai'b '2 Stil.
/.ttiinu'rtctiiporatur
nach
•21 StumitiU
1 : 10 [ Starke
f Flocken-
bildung
1 50 f e
1 : 200 ^ »
1 : 5(X) 0
1 ' 1
F.o<len.^iitz, über- 0
etelieuU. FlUaaig- ;
keit klar
e a
a j' a
a e
(.Jeringor Boden-
aais, Oberateh.
FIfksBigk. trObe.
0
a
a
Kuuirolle tnit ni>nn.
Kaalncbeuwntiu
1:10
i 1! 1
a 1 e 0 0
Digitized by Google
Von Dr. Bdmond Weil.
821
im Körper niuls aber in einem anderen Moment gesucht werden
als in einer blofsen Anflösung der Keime, wovon man auch nichts
sielit. Was man sieht, ist, dafs (He X'ermehruDg der Bakteriea,
wenigstens die schrankenlose, gehemmt ist.
Wie jedoch aus unseren Versuchen hervorgeht, bedarf das
ImmuDserum der Mitwirkung des Organismus durch eiue Sub-
stanz, die mau als Komplement bezeichnet Schaltet man das
Komplement aus, so ist das Immunserum vollkommen machtlos,
der Olganismus ist für die Infektion disponierter als der normale.
Einen vollen Ersatz aber findet das Komplement, das in den
Säften vorhanden ist, in den Leukozyten, uud es ist anzunehmen,
dafs ein enger Zusammenhang zwischen beiden besteht, auch
wenn bis jetst iu den Lenkosyten der Nachweis von thermolabilen
komplementftien Stoffen nicht gelungen ist Schon in den frfl-
heren Versuchen bei Cholera ist die Analogie zwischen beiden
eine grofse. Die mit Immunserum beladeneu Vibrionen werden
bd Anwesenheit von Komplement iu der Bauchhöhle aufgelöst
Bei Mangel an Komplement und Anwesenheit von Leukozyten
werden sie im Innern der Leukozyten aufgelöst Dazwischen
liegt der Akt der Phagozytose. Dieser Parallelismus lifst sich
Dio Av'^'lutinationsfähigkeit «lieseM .Serciins int eine sehr geringe, un<I
kann, wenn man die Agglutination bei ü7" anstellt, leicht Qberaehen
werden. Wir mQsaen bei dieser Gelegenheit nodi einmal deninf hinw^Ren,
dafe eich die i^latinationaprOfang bei 60* gerade tAr jene Bakterien eignet
welche eine längere Beobachtungsxoit erfnnlorn, am eine Vermehrung der-
selben XU vcrhnten. nij> HrRUchbarkeit (licHt-r Metliode hat sich, wie Kutscher
hervorhebt, besonders bei der Meniugukokkenagglutinatiun beirftbrt, indem
ein Stamm, der eine eidiere Genickstarre Iiervorgenifen liatte, nur durch
die Agglutination bei 50** Identifiziert werden Iconnte, so dafe Katacher
rflt, bei Meningokokken, um deutliche KesultAtc zu bekommen, nur die Ag-
glutination bei 50" anzuwenden. Die Agglutination beim Temperatnroptimum
iüt nicht nur bei den vom Verfusäer featgestellten, sondern inzwischen bei
vielen anderen Bakterien und von lahlreichen Autoren 1>e8Ultigt worden
Nur Kafka macht eine AusikiIiiiio, indem derscll>e angibt, daf», von ein-
zelnen Fällen uliL't'sclit'ii, lifi T\pliiisiia/il!fn also Korat!«- jener l'akterien-
art, die von den meisten Autoren Kur Nachprüfung verwendet wurde — die
Agglutination bei 50** jener bei 87" qualitativ und quantitativ nach-
ateht Diese mit den Beobachtungen alier Autoren and den «genen im
strikten Gegensatse stehenden Ausfahrnogsn vermag sieb Verfasser nicht sn
ericllren.
Digitized by Google
322 Untenodkongen Qbw den Meehaniamns nichtbakteritider ImmaoitAt
flueh bei Hüliiiercholera zeigen. Die Aullösung der Hühnercholera-
bazillen erfolgt nicht in der Baucliliolile bei \'orhandensein von
Komplement und auch nicht hei L<nik()zytenanwe8enbeit durch
dieselben, denn es fehlt die Pliaguicylose. Die sofort einsetzende
Vermeliruiig der Hühnercholerabazilleji wird durch dns Komple-
ment verhindert, da.s.scllie b(»\virkeii die Leukozyten bei Komple-
mentraangel. Es gelil aller(liiig!s aus unseren Versuchen nielit
hervor, worin der Zusarnineuhan;: /.wisclien Leukozyten und
Komplement bestellt. Da das Komplement in unserem Falle eine
bakterizide Bedeutung' nicht besitzt, so scheint es uns von be-
sonderer Wichtigkeit zu sein, dafs hier eine neue Funktion der
KöiperÜüesigkeiten vorliegt, welche mit der Bakterizidie nichts
zu tuu hat und doch für die V'erteidigung des Tieres so aufser-
ordentlich wichtig und unentbehrlich ist. Ist einerseits die Mit-
hilfe des Organismus bediuguugslose Voraussetzung für die Schutz»
Wirkung des hnmunserums, so kann sich anderseits der Orga-
nismus allein nie der Infektion mit Parasiten erwehren. Die
Leukozyten, die bei deu UalbjMurasiten oft von ganz auf8erordent>
lieber Wirksamkeit sind, veraagen bei den echten Parasiten voll-
kommen. Nur durch das Zusammenwirken von Organismus und
Immunserum kann ein erfolgreicher Schutz resultieren und dieser
bezieht sich vor allem darauf, dafs die Bakterien behindi>rt sind,
ihren Parasitismus zu entfalten, sich auf Kosten des lebenden
Qewebes zu vermehren, wodurch sie ihrer.Aggressivität be-
raubt sind. Die Bakteriensubstanz aber bleibt unberührt.
m
Zusammenfassung:
1. Bntfernt man durch Erzeugung einer Präzipitation oder
durch das Präzipitat das Komplement aus der Bauch-
hohle von Meerschweinchen, so ist das Hühnercholera-
Imnnunaenim wirkungslos, und der Verlauf der Infektion
ändert sich bei Komplenientmungel derart, dafs derselbe
trot^ Anwesenheit von Imnuuiserum viel rapider wird
als beim normalen Tiere.
2. Das fehlende K<Muj»leijieiji kann durch anwesende Leuko-
ityteu volikonuneu ersetüt werden.
Digitized by Google
Von Dr. £dnrand Wdl.
3. Es gelingt nicht, eine Verbindung von Tuininnseram^
substaos mit den HübuercholerabaziUeu im Tierkörper
uachzuweiseu.
4. Eine EiDwirkuDg des ImmuDsemms aaf die Leukosyten
Iftrst sich ebenfalls im Experimente nicht demonstrieren.
5. Das Hühnercholeraimmunserum entfaltet in der Epronyette
spezifische bakteriside Eigenschaften. Dieselben haben
jedoch mit der Schutswirkuug nichts zu tun, weil einer«
seits bakterindes Rinderserum keine Immunitftt verleiht,
anderseits Immnnsera im Reagenzglase bakterizide ITfihig-
keit besitzen und doch im Tierkörper wirkungslos sind.
Aafserdem spricht der ganze Verlauf gegen bakterizide
Immunität.
6. Da demnach das Komplement, welches fttr den Schutz-
effekt so wichtig ist, eine bakterizide Funktion im Körper
nicht ausfibt, so mufs hier eine andere Funktion derselben
vorliegen.
Literatur.
Bftil, Wiener klioiwbe Wocfaensclirift, 1906.
Hprto!, Arbeiten aus dem Kfiiserl. f H'Siirnnu'itsanit, 1904.
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M<'tKc]inIkoff, Imnannltttt bei Infektionekrankbeiten. Beilage z. Abt. I,
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Weit, ArcbiT f. Hygiene, BJ. LH.
— , Archiv f. Hygiene, Hd. MV.
Zentralblatt f. Bakteriologie, Bd. 43« Heft 2.
uiyiii^od by Google
Ober die Bestimmnng des Sanerstoffes im Wasser nebst
elDlgen Beobachtungen über SauorätoiTzehrung.
Von
PiiTätdozent Dr. S. Koraohim.
(Aus dem Uygiouiscben Institut der Universität Manchen. Vorstand; Prof.
Max G r u b e r.)
In jüugater Zeit hat man beim Studium der Frage der Ab>
wfisaerbeseitigung und der sog. Selbstreinigung der Flftsse dem
Sauerstoflfgehalte des Wassers und seinen Änderungen mit Recht
erhöhte Aufmerksamkeit zugewendet.
Wenn wir annehmen, dafs wir ein Wasser haben, in welchem
gar keine Prozesse vor sich gehen, die mit Verbrauch od^
umgekehrt mit Bildung freien Sauerstoffes verknüpft sind, so
kommt bei Zusammenbringen von Wasser und Luft allmählich
Sättigung des Wassers mit den Gasen der Luft xustande, wobei
die Monge der im Wasser gelösten Gase von der Wassertempe-
ratiir und vom Partialdrucke , unter dem die einzelnen Gase
stehcii, ubhän<i;t. Beim Schütteln des Wassers mit Luit tritt die
Sättigung lijil Gasen sehr rasch ein. in diesem Sinne wirkt
das schnelle Slromon eines Flusses, Wasserfälle, starker Wollen-
schlag usw. Das Wasser stellt aber oin Medium dar, in
welchem mehr oder weniger energisch veischiedene Prozesse vor
sich «jehen, die mit Sanerstoffverbrancli verbunden sind. D'A'au
gt lmitMi (iio rein cheiniscljen Prozesse, z. B. die Verwantllnng
der Kibetioxydulsalze in Kisenoxydhydrat , des Schwefelwasser-
stoffes iu Schwefel und Waaser usw. Eine noch grOfsere
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0b«r^B«iUmmanKdM8aQflnlolhimWaMerete. Von Dr. S. Koneluiii. 325
Bedeutung für die Verarmung <les Wassers an freiem Sauei'stott'
haben biologische Prozesse, die mit der Lehenstätigkeit der im
Wasser lebenden niederen Organismen verknüpft sind, insbe-
sondere mit der der Bakterien. Im Vergleich mit den erwähnteri
Faktoren hat der Sauerstoffverbrauch durch Fische nur eine
nebensächliche Bedeutung. Anderseits geben die grüuen Wasser-
pflanzen, unter ihnen nach den Beobachtungen von Knautbe^)
inbesondere mikroskopische, unter Einwirkung des Lichtes an
das Wasser Sauerstoff ab, den sie aus der Koblensfture abspalten.
Hierbei ist die Entstehung des Sauerstoffes so energisch, dals
bei hellem Sonnenlicht ein Maximum (24 ccm von 0^ and 760 mm
in 1 Liter) von freiem Saaeistoff im Wasser erreicht wird, also
Übersättigung des Wassers mit Sauerstoff» die niemals eintreten
konnte, wenn das Wasser seinen Sauerstoff nur aus atmosphftri-
seher Luft bezieben würde.
Die LebenstAtigkeit der Mikroorganismen ist also der wichtigste
Faktor flir den Gehalt des Wassers an freiem Sauerstoff. Im
Dunkeln wird er haupts&cblidi von der Menge der im Wasser
enthaltenden, Sauerstoff sebrenden Mikroben und der Ehiergie
ihrer Veraebrung abbllngen. Es ist klar, dafs die Mikroorganismen
sich desto schneller vermehren und desto mehr freien Sauerstoff
in der gegebenen Zeit verbrauchen, je bessere Lebensbedingungen
sie im Wasser finden. Mit anderen Worten: es mufs eine be-
stimmte Proportionalität existieren zwischen dem Gebalt des
Wassers an organischen Substanzen, der Menge der Mikroorga-
nismen und der GrOfse der Sauerstoffsehrung im Wasser. Diese
Betrachtungen, welche Spitts*) experimentell bestätigt bat,
veranlafsten ihn, die Bestimmung der Sauerstoffzehrung im Wasser
zu empfehlen, um über den Reichtum des Wassers an organischen
Abfftllen ein Urteil zu fällen. Die gewühnliehen chemischen
Wassel untersuchungsmethodeu geben bekanntlich eine ganz riehtige
Vorstellung von der Gesamtmenge der organischen Substanzen
im Wasser, da die Reaktion der ein^eluen organischen Substanzen
mit I*ernianganat höchst verschieden ist. Vielleicht ist in dieser
Hinsicht die Bestimmung der Menge der Bakterienkeinie im
Wasser wertvoller. Aber auch diese Methode hat ihre Schaiten-
Arcblv lüi liygi«n«. Ud. I.XI 2S
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326
Über die Beetimmaiig dee SenenfeoJh im Wftewr etc.
Seiten, die erstens darin bestehen, dafs nur eine kleine Menge
Wassers iintersuc^it werden kann, und zweitens darin, dafs die
Zahl der sich aul kiuistlichen Nährböden entwickehiden Bakterien
von der Znsainniensetzung desselben, von der Temperatur usw.
al)hängt. Die BestimnuuiL' der Sauerstoffzehrung im Wasser
stellt gowisserniaisen eine Kombination des quantitativen bakferio-
logischen und chemischen Nachweises der organischen Sul^'^tanzen
dar. »Liifst man die entnommenen Proben unter Luttabschlufs
etwa '/vveinial 24 Stunden unter gleichen Bedingungen stehen,
so werden sich nach dieser Zeit l)ei einem Flusse, der stellenweise
Verunreinigungen unterliegt, gröl'sere charakteristische Differenzen
im ÖauerstülYgehaJt zeigen . . . gibt es eine Reinigung von or-
ganischen Substanzen, so mufs sich eine solche unbedingt im
öauerstoffkonsum zeigen. Spaltungen organischer Sub.stanzen
können zwar ohne Sauerstoff vor sich gehen , aber die volle
Beseitigung organischer Stoffe macht die Anwesenheit und
Zehrung des Sauerstoffs zur Voraussetzung Spitta'-^).
Die Methode Spittae besteht aus folgeudem: Man nimmt
WaBserproben aus einer gewissen Tiefe» indem man sich solcher
Apparate bedient, welche das Zusammentreten von Luft und
Wasser nicht zulassen. Dann wird iu einer Portion des Wassers
die Menge von gelöstem Sauerstoff sofort bestimmt und die andere
in einen dunklen Raum gestellt bei einer Temperatur von ca.
22^ 0, wobei, um den Zutritt des atmosphlrischen Sauerstoffs
SU verbindem, auf das Wasser eine Schicht ParafiinOl geg(K»en
wird. Nach 48 oder nach 60 Stunden wird die Menge dee freien
Sauerstoffs in diesen Wasserproben wieder bestimmt Hieraua
wird die Quantität des verbrauchten Sauerstoffes für die Zeit
des Experimentes festgestellt
Der Sauerstoff im Wasser kann mit grofser Exaktheit und
ohne allzugrofse Anforderungen an die Geschicklichkeit des
Experimentators nach der Win kierschen Methode bestimmt
werden. Immerhin w&re es erwünscht, wenn man Methoden
hätte, die eine nodi bequemere Bestimmung zulassen. Dies war
fOr mich die Veranlassung, zwei Methoden, die in neuerer Zeit
zu diesem Zwecke ausgearbeitet worden sind, zu prüfen, indem
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Voa PriTatdoMnt Dr. 8. Konehnn.
327
ich sie mit (]er W i n k 1 o rscheii Methode verglich. Die eine
ist eine koloriinetrische und rührt von Lord Ram.suy'') her,
die zweite ist eine vohinu trische : die Sauerstoffbestimmuug mit
dem >Teuaxap{>aratc vou Müller^}.
Ich beDutste zugleich die GelegSDheit dieses Veigleiches zu
einigen Beobachtungen Aber die SaueistoffBehning im Wasser der
Isar oberhalb und unterhalb Münchens.
Das Verfahren Ramsays^) fufst darauf, dafs das farblose
Kupferchlorür (CU2CI2) l>ei Zutritt von Sauerstoff sich in Kupfer-
chlorid (GuCy verwandelt, welclies bei Anwesenheit vou Ammoniak
das Wasser blau färbt. Der Apparat Ramsay s besteht aus einem
kleinen Kasten, in welchem sich 6 zugescbmolsene Glasröhren
von gleicher Hohe und Weite befinden, die mit Losungen von
Kupferchlorid in Ammoniak vou verschiedener Konzentration ge*
fttUt sind. Das eiste Glftechen entspricht 1 ccm freien Sauerstoffs
in 1 1 Wasser, das zweite 2 ccm usw. Aufserdem befinden sich
im Apparate ein leeres Reagensgiftscheu von gleicher GrOfse, das
mit geschliffenem Glasstöpsel geschlossen werden kann, Pipetten«
Glastrichter mit Glashahn, die notwendigen Beagentien und ein
Gefftfs, um Wasser aus beliebiger Tiefe herauszuholen. Die Be-
stimmung wird folgendermafsen ausgeführt: In das leere Reagens*
glas wird zuerst PanIfinOl in 1 — 2 cm hoher Schicht gegossen
und darauf mit Hilfe einer langen Pipette« deren Ende ins Öl
versenkt wird, so viel von dem zu untersuchenden Wasser ein*
geführt, bis die untere Fliehe der Paraffiuschicht in gleicher
Höhe mit dem Halse des Reagensglases steht. Darauf wird im
Glastrichter eine Messerspitze von Kupferchlorür in starker Salz-
säure aufgelöst. Mit der Lösung verdrängt man zuerst (He Luft aus
dem Trichterröhrchen. Dann liüst mau 2 — 3 Trüj)füu der Ku|it'er-
chlorürlöüuiig unter die Ulschicht ins Wasser Hiefsen. Der im
Wasser gelöste Sauerstoff verwandelt Kupferchlorür in Kupfer-
chlorid und nnch Hin/.ul'iigung von Ammoniak lärbl sich duü Wasser
blau. Je mehr gelöster ^auerslotY im Wasser vorhanden ist, desto
mehr Kuplerchlorid bildet »ieh und desto intensiver wird die
Blaufärbung des Wassers im Reagensgiase. Durch V^ergleich
23 ♦
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328 tibet di« BMUnuDung 6m Bftnantoflia im WtMwr «te.
seiner Farbe mit der Färbung der 6 i'roberöhrciien wird die
Meoge des gelösten Sauerstoffs ia Wasser festgestellt.
Leider dürfte die Anwendung des verlockend einfachen Ver-
fohrens daran scheitemt dals das Kupfercbloifir kein genOgend
haltbarer Körper ist Das dem Apparate von der Originalfirma
beigegebene Präparat war siemlich stark grün und fSrbte dem
entsprechend die ammoniakalische Losung ziemlich stark blau.
Aber audi ein von der Firma Merck hisch bestelltes Pr¶t
kam bei uns grünlich gefärbt an und f&rbte, mit aller Vorsicht
gelöst, die ammoniakalische Lösung mit einer, 1^1% ocm Sauer*
Stoff im Liter Wasser entsprechenden Intensität. Wenu dies ein
konstanter Fehler wäre, könnte man ihn korrigieren. Es war aber
vorauszusehen, daHs die Oxydation des Präparates fortschreiten
und dies immer neue Kontrollbestimmungen erforderlich machen
würde, die nur (iuiin eine exakte Korrektur in die Hand gäben,
wenn stets genau gleiche gewogene Mengen des Präparates zur
Verwendung kämen. Damit iiat aber das \ oriuhren den Vorzug
der Einfachheit verloren.
Ein weiterer Mangel des Apparates, der ihn für mich un»
brauchbar machte, ist der, dafs seine Skala nur bis 6 ccra Sauer-
stoff in 1 1 reicht, während ich es mit Wässern zu tun hatte,
die gewölmlicli mehr als 6 com Sauerstoff im Liter enthielten.
Auch hat die Skala eine au grobe Teilung, als dafs man geringe
Veränderungen des Sauerstof^ehaltes mit ihr konstatieren könnte.
Alle meine Erfahrungen stimmen mit denen Dr. Rideals*)
überein. Auch er betont die Unmöglichkeit, völlig r^nes Kupfer^
chlorür zu erhalten, da es in feuchtem Zustande sofort den
atmosphärischen Sauerstoff an sich zieht und eine grüne Färbung
annimmt, indem sich CuCI (OH) bildet. Als einen weiteren Übel-
stand bezeichnet Ri<leal, dafs beim Auflösen des Kupierehlorürs
in Salzsäure diese LOsung mit dem Sauerütoif der Luft in Berührung
kommt Weiter, hebt er liervor, dafs Nitrite im Wasser die Be-
stinuimtig l'ehlerbaft machen, indem sie ähnlich wie Sauerstoff
auf l\.uj>l'> rehlonii- wirken. Nach die sem \'erfasser ist die i'arbe
der Staudard-Uläser wenig stabil. Als liideal ein Jahr uach seinen
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Vou l'rivatdosent Dr. S. Kurechan.
329
ersten Versuchen den Barne sehen Apparat wieder berichtigte,
war die Färbung in den Glflaem bedeutend heller geworden.
Auch mit der yoliimetrischeii Metbode habe ich keine eehr
befriedigende Erfahrung gemacht. Der von Müller geistvoll
konstruierte Apparat »Tenazc ist sehr einfach und gestattet, die
Wasseruntersucfaungen am Ufer der Flflsse su machen. Da dem
Apparate eine genaue Beschreibung und Gebrauchsanweisung bei-
gegeben wird, begnüge ich mich damit, die Grandsflge des Ver-
fahrens anzugeben. 100 ccm Wasser werden in einem mit Paraffin-
ö\ gefüllten Apparate ausgekocht. Die ausgetriebenen Gase
sammeln sich über dem Ol in einem kleinen Mefszylinder.
Nachdem ihr Volumen hier gemessen wird, werden sie in eine
V-förmige Röhre getrieben, in der sicli Kupfer- und Ammoniak-
lösung befinden. In dieser Rijlire wird der Sauerstoff zur Oxydation
des Kupfers verbrauclit , während der Stickstoff zurückbleibt.
Nach einer bestimmten Zeit, in welcher der gesammte Sauerstoff
absorbiert wird, wird der kStickhloff in den Mefszylinder zurück-
geführt und gemessen Wenn im Wasser freie Kohleiisiture vor-
handen ist, fügt Müller vor dem Kochen einige Tropfen
Natronlauge hinsu, doppelt soviel als notwendig ist, um das
Wasser mit Phenol|dithalein rot zu färben, Aufserdeiu gibt er den
Rat, Wasser, das voraussiclitlicli reich an leiclit oxydierbaren organi-
schen Bestandteilen ist, mit Kaliunij)ernian<:anatlr).sung rötlich zu
färben, um den gelösten bauenstoff während des Kocliena vor
dem Verbrauch durch Oxydation zu schützen.
Als ich mit dem Tenaxapparate das Münchner Leitungs-
wasser zu untersuchen begann, bemerkte ich bald, dafs das
Quantum der aus ein und demselben Wasser ausgekochten Gase
ziemlich stark schwankt und um so gröfser wird, je länger das
Kochen dauert. Diese Erscheinimg erklärt sich dadurch, dafs
beim Kochen dee Wassers allmählich die darin enthaltenen
doppeltkohlensauren Salze unter Freiwerden von Kohlensäure
«erlegt werden, z. B, Ca(HC0,)8 = CaCOs + HjO + CoO. Es
tritt daher im Tenaxapparate nebst Sauerstoff und Stickstoff
nicht allein die freie Kohlensäure, sondern auch ein mehr oder
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330 die Bestimmung des Sanentoffs im Wiumw etc.
weniger grofser Teil der halbgebundeneu aus. Wenn man darauf
die Gase in die AbeorptionsrOhre übertreibt, wird nicht nur der
Sauenrtoff gebunden, sondern auch die Kohleneftoie. Man findet
daher den Sanerstoffgehalt des Waasers viel zu hoch, wenn das
Wasser eine nennenswerte temporttre Hftrte besitzt.
I. Versuch. 1)rb Mangfallwasser aiif der Münchner Wasserleitung wird
zur vollen Sättigung mit Luft 15 Minuten laug geechüttelt, dann auf '/j Stunde
ruhig hingeatelll, dumit die nicht ausgelösten Luftperlen entweichen. Die
min. 100 Waaaer werden
10 Minaten im Tenavipparat gekocht. Die Meng» der Qase betrSgt 3,25 ccm.
Bei weiterem Kochen dauert die (liiHcntwicklung fort, so dafs nach IT) Mi-
nuten langem Kochen 3,85 ccm auageHchieden sind. Das weitere Kochen
wurde aafgegel>en, da die MefsrOhre im Apparat nur 4 ccm aufnimmt Nach
der Abaorbtien betrag die Gaameoge 1J38 ccm ; folglich betragt die Menge
der abßorpicrten Gase 1,87 ccm. Bei Umrechnen auf 760 mm Druck und
0« Tenii>t'ratiir erhalten wir 15,09 (■ein Sanerfitoflf in 1 1 Wasser. Xüch Bansen
enthalt daa mit Luft gesättigte Wasser hei 17" C in 1 1 6,2—6,06 ccm Sauerstoff.
II. Yersnch. Dasselbe Wasser, mit Luft geschttttolt, bat die Tempwa-
tur 16*> C. Barometeiatand 12ifi mm. Vor dem Kochen dea Waaaere wurden
4 Tropfen ^ Natronlange binsogefflgt (iweimal ao viel als nütig cum Firfaen
dea WaaM» in Anwewnbeit von Ilienolphthalein)^ Daa Kodien rnnfate nach
-16 Uinuten unterbrochen werden, weil die Mefsröhre kein Gas mehr auf-
nelunen konnte. Im ganzen bekam ich 3,82 ccm Gas, nach Absorption 1,72 cctn.
Also Sauerstoffmenge — 2,12 com. Bei 760 mm Druck und 0" Temiieratur
erhalten wir fOr 1 1 18,677 ccm. Bei II»* C enthilt mit Lnft gesattigtea
Waaaer nach Bansen O^ocm, nach Winkler 7,1 ccm im Liter.
in. Versuch. Dasselbe Wasser ohne Schütteln mit Luft. Temperator
n
14,&* 0. Barometerstand 720 mm. Beim Kochen wurden 5 Tropfen Pernuui-
ganatlOsung hinzugefügt. Nach 20 Minuten Kochen werden .3,63 ccm (ias
erhalten. Nach Absorption — 1,82 ccm, d. h. abgorbiert 1,81 ccm. Bei 760 mm
Druck und 0° Temperatur nach Umrechnen auf 1 1 haben wir 15,62 ccm.
Unter denaelbea Bedingungen enthalt 1 1 nach Bnnaen 6^ ccm, nach
Winkler 7,19 ccm.
Es ist klar, dals man den Fehler, der ans der Zerlegung
der Bikarbonate entspringt, dadiircii beseitigen kann, dafs man
dem Wasser vor dem Kochen so viel Lauge zusetzt, dafs nicht
nur die freie Kohlensäure gebunden, sondern auch das doppelt-
kohlensaure Salz vollständig in Monokarbonat umgewandelt wird,
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Von Privatdoieni Dr. S. Koraehun.
331
Um das geoau machen zu können « mülste der Sauerstoffbe-
stimmung eine quantitative Bestimmung dieser Salze vorausgehen.
Da dies undurchführbar ist, stellte ich einige Versuche an, um
zu erfahren, wie ein kleiner Laugen überschufs im Wasser auf
das Untersuchungsresultat wirkt Ich habe ausgerechnet, da Ts
zur völligen Zerlegung der doppeltkohlensauren Salze von Kalk
und Magnesia im Münchner MangEaUwasser (110 mg CaO und
32 mg MgO in 1 1) rund 0,3 ccm Normaluatronlauge erforderlich ist
IV. Versuch. Für diesen Versuch benutzte ich dasselbe Wasaer, welches
dem I. Versuch diente. Zu lUO ccm des Mangfallwasfierß winl pcm
n H
■j- NatxüDlaugelösaDg xugesetet und 5 Tropfen KgliumpermauganatlöHung.
Die Sanor^toffmcnge wir«! he«timint gleich 6,86 Ccm im Liter (ohne Alkali
1&,09 ccm, siehe Versuch 1).
n
V. Vemaeh. SSum Wiuwer des III. Versttcbes wird 0,3 ccm -p Nstton*
lauge zugesetzt und ft Tropfen -'^ Kaiiuniperuianganatlösung. Bestimmt wird
6,86 ccm (statt 15,62 ccm ohne Alkali, wieh«' VerHuch TU) Sauerstoff in 11.
Genau ebensoviel (6,86 ccm) fand ich bei einer Bestimmung nach Winkler.
TL Temek. Das Mmogfellwasaer aas Vereaeh n. Znsati iifi ccm
Y Natronlaagelosung und 10 Tropfen |^ Perman^aätaaBg. Sanerstoff ^
6,35 ccm (statt 10,677 ccm).
Wie aus diesen Angaben hervoigebt erhält man bei dieser
Modifikation des Verfahrens aus dem sehr reinen Mang£all-Lejtungs
vasser in der Tat ann&hemd genau die erwartete Sauerstoffmenge.
Anders verhielt es sich, wie su erwarten war, mit dem Isarwasser.
In der folgenden Tabelle Nr. 1 (S. 332] ist eine Reihe 7on Parallel-
besttmmuDgen des Sauerstoffgehaltes nach Malier und Winkler
angeftihrt Aua dieser Tabelle sehen wir, dafs nach dem Müll er-
sehen Verfahren erheblich kleinere Mengen Sauerstoffs gefunden
wurden.
Die I'>kläruiig dieses Unterschiedes lie<;t darin, dafs l'eiin
Kochen der alkalischen Flüssigkeit ein erliebiicher Teil des Sauer-
stoffs zur Oxydierung der im Waaser vorhandenen organischen
Stoffe verbraucht wird. Die geringe Menge Kaliumpermanganat,
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332 t^ber di« BMÜmmmiK des 8sii«wtolh iu Waner ete.
die dem Wasser nach der Vorschrift Müllers lugesetzt wird,
sobützt dagegen Dicht ausreichend. Sowohl die va grofse als die
SU kleine Laagenzufuhr macht somit die Resultate ungenau. Ich
komme daher zu dem Schlüsse, dafs ancb das >Tenazc*Verbbren
nicht g^ignet ist, das Wink 1er sehe zu yerdrftngen.
Tabelle I.
Saaentoll^halt in 1 1
■ 1
Illach der Winkl er achei)
1 Ueihode
. nach der MüUerBchea
1 Methode
Wasfiorprobe
i
Kotort
SauenttofT
1 ccm
s
nitcli
wieviel
StdD.
p«ter
Sain-rstofr
ccm
Hofort
Sauerstoff
I ccm
nach
wievisl
Stdn.
pRter
ii&ucrstofl
ccm
1.
Isarwaaeer b. TbAl-
kirchen ....
7.115
«
6,815
II
i
5,38
48
6,16
s.
Isam'a8serb.Tlwl- ,
kircbea ....
6.245
65
5,545
1
65
4,89
8.
IsarwasBer b. Eng-
ÜHchen Gart«n . '
6^
67
2,53
5,46
67
3,12
4.
Isarwasser b. Thal- i
kirclicn
6,11
67
5,60
5,07
67
4,98
5.
Isarwasser b. Eng-
lischen Osrten .
! 6,16
67
4.66
6.05
67
8,96
6.
Isarwasaer b. Frei-
6,66
66
1,76
,1 4,90
66
9,67
barwMMr b. Frei-
6,96
49
4;28
:i
j 5,656
IJ
6,19
•1
49
8,916
8. LeitnngswMeer v.
den AbwiMem
1 : 20 gemisdit
6,88
2,99
48
3,97
Ich erlaube mir nun, einige Zahlen über den Sauerstoili4blialt
def Isarwassors hoi/.nlügen. Um die Beurteilung der unteu fol-
<:end( 11 i'x'ohaclitungen zu ermöglichen, habe ich nur noch fol-
gendes anzugeben:
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Von FriTitdoMfit Dr. 8. Korachiui.
333
Ich benutzte die Winkl ersehe Methode mit den Kaiitelen,
die Chlopin(*) eniptiehlt. Das Flufswasser entnahm ich iu 1 m
Tiefe und füllte es j^leich am Ufer ab in 4 ( Jhisgefäfse mit an-
geschhft'eneni Ötöj)8el; jede Flasche war 250 — 300 ccm grofs.
In zwei von ihnen wurden sofort die Reagentien hinzugefügt,
die beiden anderen, hermetisch verschlossen, so schnell wie möglich
ins Laboratorium geschafft. Dort blieben sie 48 — 67 Stunden im
Thermostaten bei 22—23*^ C. Um die Luft völlig abzuschliefsen,
wurde der Hals dieser beiden Flaschen mit ParaffinOl gefüllt.
Bei einiger Übung kann man leicht berechnen, wieviel Ol ein«
zugiel'sen ist, damit ea durch die Zunahme des Wasservolums
im Thermostaten nicht gans hetausgedrangt wird.
Ich nahm das Wasser an 3 Paukten der Isar: bei Thalkirchen,
vor Eintritt des Flusses in die Stadt^ dann fluIsabwSrts beim
Englischen Garten, wo der Flufs aus der Stadt heraustritt und
endlich bei Freising.
Bei Thalkirchen ist der Flufs noch nicht durch die städtischen
Abwässer verunreinigt; l>eim Englischen Garten ist er durch die
Abwässer des am rechten Ufer liegenden Stadtteiles verunreinigt.
Der Ilauittkanal der Münchner Kanalisfition mündet in die Isar
t> km unterhalb des Englischen Gartens. V'on dort fliefst das
Wasser ca. .26 km weiter bis Freiaing, wo ich die 3. Probe ent>
nahm.
Aufserdem stellte ich noch einige Versuche mit reinem
Leitungswasser an und mit solchem, welchem ich Vs» "^^^
MOncbner Kanal«Abwasser zugesetat hatte. Die Bestimmung des
gelösten Sauerstoffo in dem an einem Tage an verschiedenen
Punkten der Isar entnommenen Wasser wurde von mir zweimal
susgefOhrt, Da ich die Stromgeschwindigkeit und den ungefftbren
Abstand zwischen den Punkten, wo das Wasser entnommen
wurde, kannte, so rechnete ich aus, in welchem Zeitabstand das
Wasser zu entnehmen war, um an verschiedenen Punkten des
Flusses dasselbe Wasser zu erhalten. Diese Rechnung ist selbst*
verst&ndlich nur approximativ.
4
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334
Ober dto Bemmmitiig de« Saneratoff« im Waner etc.
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Von Privatdownt Dr. 8. Kontebnti.
335
Die lOrgebnisse meiner leider sehr sp&rlicheii Versuche sind
folgende :
1. Das Wasser der Isar ist vor Eintritt in München etwas
reicher an Sauerstoff als unterhalb der Stadt.
2. Das Sauerstoffdefizit in der laar, die sehr starke Strömuilg
hat, ist im Vergleiche mii den bei anderen Flüssen er^
hobenen Befunden klein.
3. Die Sauerstoffzehrung im Isarwasser bei Preising ist viel
grOfser als bei Thalkirchen, wie es nach dem höheren
Keimgehalte su erwarten war.
4. Die SauerstofEzehruug im Wasser erweist sieh sls sehr
viel empfindlicherer Mafsstab zum Bemessen des Vemn-
reintgang^prades des Flusses durch organische Stoffe, als
die Bestimmung des augenblicklichen Sanerstoffgehaltes.
1) B. die Arbeiten von Spitta*), Ohlmaller*}, Prea Kirskalt"},
Breaina. '^'j
Literaturverzeichnis.
1. Karl Knanthp, Biocli. ZentmlM , M. 18, Xr. 22.
2. Oskar Spitts, Arch, f. Hygiene, Üil. 38, 16U und 236.
8. Uamsay und Ida Hornfray, Separatabdrack, auch Journ. Chem. In-
dustry. 1901, 20, L071— 1076.
4. R ideal, Verhandlangen muh dem Vortrap von Ramsny.
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biolog. Station su Plön, Bd. 10, S. 1903.
6. Ohlopin, Arch. f. Hygiene, Bd. 27, 8. 18.
Arch. f. Hygiene, Bd. 32, S. 294.
7. Ohlmüller, Arbeiken am dem kaiserl. Geanndheitaamt^ 1903, Bd. 20,
S. 268.
8. Pren. »Das Abwasaer von Erlangen und die Redniti an der Cinmttndong
dee HanptaielB. Inaag.'Difle. Erlangen, 190S.
9. K i f 8 k a 1 1 , Zeitschr. f. Hygiene, Bd. 53.
10. Breaina, Zeitachr. f. Hygiene. Bd. 63, 6. 369.
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■
Zur Frage der Verbreitung des Abdommaltyphus
dnich Trinkwasser.
Von
Privatdosent Dr. S. W. Korschun.
(Aas dem Hygienischen Institut der Untvereitftt Mönchen. Vorstand:
Fraf. M. Grober.)
Die Frage über das Scbioksal der in die natürlichen Ge*
wftsser gelangenden pathofi^nen Mikroorganismen ist von hervor-
ragender praktischer Bedeutung. Es ist dabei zxt entscheiden,
ob die [»athogeuen Mikroorganismen so lange im Wasser ihre
Lebensfähigkeit und Virulenz behalten, dafs das Wasser als Ober^
trfiger der Infektionskrankheiten angeeehen weiden kann. Von
der Entsdieiduiig dieser Frage sind viele saniUlre Mafsr^ln
abhängig, die gegen die epidemische Verbreitung einiger Infektions^
krankheiten vorgenommen werden. Gewifs trugen die epidemio-
logischen Tatsachen bedeutend zur Aufklärung dieser wichtigen
Frage bei, aber nur auf experimentellem Wege ist eine voll-
kommen genaue und wisüenacbaftliche Lösung iiiön;lich. Leider
wini i*Mi()ch unsere Arbeit auf diesem Gebiete durch die Lnvoll-
koninienhoil der bakteriologischen Methodik bedeutend erschwert.
Bekanntlich vertrat Pettenkofer die Ansicht, dafs das
Wasser an der Verbreitung vom Typhus und Cholera gar nicht
beteiligt sei. Die Pettenkoff ersehe Lehre findet jetzt noch
einen überzeugten Anhänger in Prof. Emmerich. In seinem
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2. Frtfs d.VerbTeit d. Abdomiiwltyph. d-Triokwaner. Voa Dr. 8. Kondion. 337
im Jahre 1904 erscUieueueu Abhandlimg sagt Emmerich
folgendes:
»Man bmu^t kein F^phet an t«n, um sagen za kOnnen, daJs
in Ähnlicher Weise wie bei der Malaria in nicht su ferner Zeit
auch fttr Typhus und Cholera der bakteriologische Beweis e^
bracht werden wird, dafs ihre Entstehung und Verbreitung mit
dem Wasser nichts su schaffen batc. (§ 80). Weiter behauptet
£ armer ich, dafs er jetzt schon imstande sei zu beweisen, dafs
das Entstehen der l^phus- und Choleraepidemien durch das
Wasser der Brunnen und Flüsse unmöglich sei. Seinen Artikel
schliefst Emmerich mit dem kategorischen Ausruf: »Nieder
mit der Trink wassertheoriel« (Ober die Beurteilung des Wassers
vom bakteriologischen Standpunkte. Zeitschr. f. Unters, d. Nah*
rungS' u. Genufsmittel usw., Bd. VIII, S. 77).
Ist es wirklich Emmerich endlich gehineen den jähre
lang andauernden Streit über die RoUe des \Vasser8 Ijei tler
Verbreitung von Typhus und Cholera zu entscheiden? Sind die
neuen, von ilnn mitgeteilten Tutsachen in der Tut derniafsen
unbestreitbar und beweisend, dafs wir berechtigt sind, mit ihm ein
für allemal anzuerkennen, dafs die Verbreitung des Typhus uud
der Cholera durch Wasser unmöglich sei?
Im Laufe der letzten 20 Jahre, sagt Emmerich, sind im
Münchener hygienischen Institute vielfach Wasseruntersuchungen
ausgeführt worden in Fällen, wo das Wasser in Hinsicht auf
Typhusverbreitung verdächtig war. Bei keiner dieser Unter
suchungen konnten Typhusbazillen nachgewiesen werden« Die
in der Literatur angegebenen Fälle, bei denen die Autoren Typhus-
bazillen gefunden haben, sind nach Emmerichs Anschauung
als zweifelhaft anzusehen, wegen der Schwierigkeit der Identifi-
zierung der aus dem Wasser gezüchteten Mikroorganismen mit
den echten Typhusbazilleu.
Wir wollen liier gleich nnsere Meinung einschalton, dafs
das Fehlschlagen des Nachweise.'^ von Typhusbazilleu im Wasser
wenig beweist, da unsere Methodik leider noch äufserst unvoU-
komnieu ist, wenn es sicii um wenige Typhusbazillen in keim-
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338 SS&r Frag» der Vwbreitong des Abdomfaialtsrphni dnr^ TrinkmuMer.
reichem Wasser handelt. Das Ungenügende der Identifizierung
wird man Emmerich für eine UntersucbuDg aas früherer
Zeit unbedingt zugebeu müssen. Indessen sind in neuerer Zeit
einige Fälle bekanot geworden, in denen der Nachweis derTyphus-
bazilleu im Wasser mit vollster Sicherheit geführt worden ist.
Diesen Füllen reiht sich eine Beobachtung an, die Herr Oberarzt
Dr. Weidmann im vergangeneu Sommer im hiesigen Institat
gemacht bat. In einer am 28. April 1906 entnommenen Wasse^
probe aus dem Bnmnen eines Hauses im Orte M. bei Plattlmg
in Niederbayem, in dem ein Typfauskranicer lag, konnten Typhus-
basillen mit abaoluter Sicherheit nachgewiesen werden. Es stellte
sich hinterdrein heraus, dafs an dem Brunnen die Wäsche des
Typhuskranken gewaschen worden war. In einer am 10. Mai
entnommenen 2. Probe konnten Typhusbasillen nicht mehr auf-
gefunden werden. Weitere Erkrankungen am Typhus kamen
nicht vor. Viel wichtiger als der soeben besprochene ist der
folgende Eiinwand Emmerichs. Er sagt: »Es ist auch aus
folgenden Gründen hOchst unwahrscheinlich, dals Typhus- und
Cholerabasillen in einem Brunnen länger als 48 Stunden nach-
weisbar sind, auch wenn ein ganzer Typhusstuhl in einen Brunnen
gelangt, was im JÜTilinerten Deutschland doch kaum denkbar
ist. Bringt man nämlich grOfsere Mengen von Typhusbazillen
in Flufs-, Leitungs- oder Brunnenwasser, so werden sie rasch in
grofser Zahl vernichtete. (§81 ibidem.)
Als Beweis gil>t Kniraerich folgende, gemeinsam mit Ge-
münd ausgeführte Versuche au:
1 com Wamer enthält:
sofort nach der Aussaat 21 600000 Typhusbasillen,
1 44 Stunden 7200000 »
» 66 > 128570 »
> 105 . 0 1
1 ccni Münchenor Leitunj^^'^wasser enthält:
sofort nach der Aussaat 10r)4;KKH) Typhusbazilleu,
» 24 Stuuden IbOOOOO >
» 48 » 0 •
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Von Dr. 8. W. Kotadran.
339
1 ccm Waaaer ans dem BruDoen im Hofe des bygieniscben
luatituts in HfünclieD entbftlt:
sofort nach der Aussaat 24300000 Typhusbasillen,
> 24 Stunden 2885714 >
Nach Ausführung entsprechender lieiüchuungeu meint E tu
merich: >Man könnte also, man höre und staune! — Tauseruie
Typhuöstühle täghch in den Brunnen des hygienischen Institutes
werfen, — - die darin cnthaUenen TyphusbazilU n wären bis zum
nächsten Tag daraus vtjrsch wunden . Ö5 ibidem.)
Wodurch wird denu eine so scharf ausgesprochene, bakterien-
tötende Wirkung der natürhchen, unsterilisierten Wasserarten
bedingt? Es ist unmöglicb, diese Wirkung dem scb&dlicben
Einflüsse des Wassers als solchem, d. b. seiner ungünstigen,
chemischen Zusammensetzung für die ßsikterien, oder dem Mangel
an Nihrsubstanzen suzuschreiben. Iii der Tat leben die paUio*
genen Bakterien in demselben Wasser nach erfolgter Sterilisation
sehr hinge und ihre Zahl vermindert sich bei weitem nicht so
schnell wie in nicht sterilisiertem Wasser. Das schnelle Ver*
seil winden der pathogenen Bakterien ist nach Emmerichs Meinung
nicht als Folge der Konkurrenz der Wasserbakterien anzusehen;
er begrOndet dies durch folgenden Versuch: Lftfst man ein in
bakteriologischer Hinsicht reines Wasser, das nur 8 — 4 Keime
in 1 ccm enthält, so lange stehen, bis alle Bakterien verschwunden
sind, so wirkt es doch noch bakterientotend. Diese Tötung be«
sorgen nach Emmerieh die Flagellaten im Wasser. Bringt man
in ein solches Wasser Typhusbazilleu, so fiodet man schon nach
kurzer Zeit lebhaft sich bewegende Flagellaten, welche die Typhus»
basillen gierig auffressen.
Emmerich und Gemünd zeigten, dafs dif' ans eiiunn mit
Typhusbazillen reichlich verirnpften Wasser entnoinuienen Fhigel-
Iftten mit Typhusbazillen angefüllt waren, in ihrem Innern 5 bis
20 Stück enthielten . Die in den ijeibern der Flagellaten ein-
geschlossenen Bakterien wiesen deutlich ausgesprochene ZerfalU-
erscheinungen auf, als ob sie dort zerschmelzen würden. Em-
merich vergleicht die Rolle der Flagellaten im Wasser mit der
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340 Zti' Finge der Verbreitäiig dee Abdominaltyphiie duxth Trinkweaaer.
Rolle der Leukozyten v.n Blute. Die einen wie die andereu
scheinen von der Natur hIö Beschützer ihres Gebietes gegen das
Eiudriügen fremdartiger Elemente bestimmt zu sein.
Die faktische Seite der Beobachtungen von Emmerich
und Gemünd ist durch (). Huntemüller (Arch. f. Hyg., Bd. 54,
S. 89) und durch Fehrs (Hyg. T^nidschau XVI, Nr. '5, S. 113) be-
stätigt worden. Auch sie fanden, dafs die Flage! laten einen
grossen Anteil au der Vernichtung der pathogenen Mikroorganis-
men im Wasser haben. Huntemüller behauptet, dafs die
Typhusbazillen nach 2 bis 3 Tagen aus dem Wasser so weit ver-
schwinden, dafs ihr Nachweis mit Hilfe der üblichen Gelatine-
plattenmethode nicht mehr gelingt.
Mit Hilfe des Drigalski-Oon radiseben Nährbodens konnte
Fehrs in manchen Wassersorteu Typhusbazilleu noch am 20. Tage
finden. In anderen Fällen gelang es ihm nicht, sie nach so
langer Zeit naohsuweisen, sie fanden sich nur am 4., 5., 6.,
7. und 8. Tage nach der Aussaat Fehrs nimmt an, dafs die
Resultate der Versuche durch die verschiedene, chemische und
bakteriologische Zusammensetzung der Wasserarten, sowie durch
die anfängliche Menge der Flagellaten beeinfiuf^t werden. Unter
natflrlichen Verhältnissen müssen bei der Vernichtung der patho-
gßneu Mikrobien neben den Flagellaten auch noch viele andere
Faktoren mitwirken. Fehrs schliefst aus seinen Versuchen,
dafs Emmerich au weit gehe, wenn er annimmt, dafs er die
Unm(^licbkeit der Verbreitungen der Infektion durch das Wasser
bewiesen habe. Fehrs besweifelt weiter die Bedeutung der An-
gaben Emmerichs Ober die Zahl der Typhusbaxillen im Wasser
XU verschiedenen Zeiten nach ihrer Verimpf ung in das Wasser.
Er hat sich durch eine Reihe mühsamer Versuche überzeugt,
wie schwer es ist, die Zahl der pathogenen Keime in einem,
zahlreiche, sich schnell vermehrende Waaserbakterien eulhalten-
deu Wasüer zu. bestiiinuen.
Somit haben zwar sowohl HuntemüUor als Fehrs Em-
merichs Angiiljen ül'er das Vorliaudonsein von Fhit^'ellaten in den
natürlichen ( i-.'wa.s-ern, sow ie über die wichtige Kollo dieser Pro-
tozoen bei der Vernichtung der pathogenen Keime iiu Wasser be-
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Von Or. & W. Kondmn.
341
st&tigt. Beide Autoren verhalten sich aber verachieden eu dem
Hauptsätze Emmerichs, dafs das Wasser keine vermittelnde
Rolle bei der Verbreitung der Epidemien spiele. Während Hunte-
niüller, der unter Km in c r i e Ii .s Leitung arbeitete, mit dem
letzteren über die Unmöglichkeit der \'erbreitung der Infektion
durch das Wasser überein st innnt, betrachtet Fehrs diese Frage
als experimentell noch lange nicht im Sinne Emmerichs ent-
schieden. Gewisse epidemiologische Tatsachen stehen nach
der allgemeinen Ansicht im Widerspruch mit der Behauptung
Emmerichs. Die Laboratoriunisvcr^ncho über tlie I^eben^^dauer
der [»athogenen Bakterien im Wasser haben die widerspi*echeudsten
Resultate gegeben.
Es gibt ganze Reihen älterer und neuerer Arbeiten , die
Emmerichs Anf2:abon bestätigen. Zu nennen sind die Arbeiten
von Ivariinski, Emmerich und Pinto, Jordan, Rüssel
und Zet. Diese Autoren beliaupten, dafs die Typhusbazillen
in natürlichen Gewässern in 1 ^2 — 3 — 4 — 5 Tagen, Choleravibrionen
noch frülier zugrunde gehen. Im (legensaiz dazu fanden aber
A. TTeider und von Kerner im Institute Grubers in Wien
Choleravibrionen in unsterilisiertem Leitun^waaaer noch nach
5—7 Tagen und in unsterilisiertem Donauwasser noch nach
3 Tagen lebend und virulent. Nach W ernicke behalten die
Choleravibrionen im Schlamm der Aquarien ihre Lebensfähigkeit
bis SU 4 Monaten und nach Hof mann sollen die TyphusbasiUen
im Waaser der Aquarien bis 4 Wochen und im Schlamme der-
selben bis 8 Wodien lebend bleiben. Die Verschiedenheit der
Resultate der Autoren lälst sich in bedeutendem Mafse durch
die Mannigfaltigkeit der zum Nachweis der patiiogeneu Mikro-
oiganismen im Wasser angewandten Methodik erklftren. Je
vollkommener die Methode, nach desto längerem Verweilen gelang
es, die Typhusbazillen und Choleravibrionen im Wasser nachzu-
weisen. Selbst Bmmerich stellt nicht in Abrede, dafs ein
längeres Erhalten der pathogenen Keime im Wasser möglich
wäre, falls dieselben dnrch Einschlufs in feste Pariikelchen vor
den Flagellaten geschützt sind. Jedoch sammeln sich nach
seinen Beobachtungen um solche Partikelcheu herum die Flagel-
AiehlT tto Hyglm». Bd.ua. 81
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942 Zar Fkftfe d«r VM4)nltaDg d«0 Abdominaltjpha« dnteh TrlnkwaMer.
laten, die bereit sind, jeden freiwerdemlen Mikrol)en zu ver-
schlingen. Anfsordcrn behauptet 1"] in ine ri<'h anf(irund anderer
Beobachtungen, dalV ein oder einige Typhusbaziiien, in homöo-
pathischen Verdünnung mit Wasser genossen, keine Infektion
verursachen, und dafs so sicherUch keine Epidemien entstehen
können (a. a. O. ä.82). In Anbetracht der Schlüsse, welche Professor
Emmerich aas seinen interessanten Beobachtungen über die
Tätigkeit der Flagellaten zieht, unternahm aacb ich eine Reil)e von
Versuchen üher iliestn Gegenstand. Ich wünschte vor allem
mir eine Vorstellung über die Zahl der P''lagellaten in natürlichen
Wässern zu verschaffen und daiilber Klarheit su bekommen,
wie lange sich Flagellaten und T^husbaziUeu nebeneinander
halten können. Leider ist es wegen Mangel an Zeit nicht ge-
langen, mdne Beobachtungen zu Ende zu führen und aufzuklären,
nach wieviel Tagen nach der Aussaat die Typhusbazillen bei
Anwendung der besten Methodik nicht mehr zu finden sind.
Auch haben wir nicht genügend die wichtige Frage bearbeitet,
wie lange die Typhusbaziiien am Leben bleiben, falls sie, wie
es bei natürlichen Verhältnissen der Fall ist« in ganz unbedeutender
Menge ine Wasser gelangen. Wie wir sehen werden« sprechen
die wenigen Versuche, die wir in dieser Richtung ausgeführt
haben, dafür, dafs beim Einbringen geringer Mengen von Typhus-
baziiien ins Wasser dieselben länger im Wasser nachgewiesen
«erden können als beim Verimpfen gröfserer Mengen. In dieser
Hinsicht stimmen unsere Versuche mit den Angaben Hunte-
müllers übereüi, welcher behauptet, dafs beim Einbringen
gerin^^er Mengen von Typhusbazillen ins Wasser die Flagellaten
sich nicht so schnell vermehren und sich daher die l'yphus-
bazillen l.in<4t i im Wasser erhalten können. Huntemüller
verinipfle ^'ewiiluilicli auf 100 ccni Wasser 1— Ü l'lutinösen einer
L'4btündigun Agarkuliur von Typhusbazillen. Unter <iiüi5en Be-
dingungen verseil wanden die Typhusha/allen nacli 2 — 3 Tagen.
Als er aber eine annähernd 3 — 4 mal geringere Menge der Typhus-
baziiien (aber irnmeihin noch sehr viel^ verimplte, fand er sie
in einem Versuche noch am 10. Tage, in zwei anderen am
0. Tage. Es dünkt uns, dafs Emmerichs Versuche den Maugel
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Von Dr. 8. W. Konebttn.
343
aufweisen, daff er künstlich güustige Bedingungen für die Ver-
melirung der Klagellatcn herstellte, indem er ihnen reichliches
Nährmaterial in Fmin von grolaeii ^h'ngen von Typhnsknltiir
gab und sie in niöghehst günstige TempeniturverhäUnisse (Zimmer-
temperatur 20 — 2J " C) brachte. Selbstverständlich vermehren
sich dabei die Flagellaten in solchen Mengen, wie das unter
gewölnilichen, normalen Bedingungen nicht verkommt. Es ist
daher sehr gewagt» auf Grund der Resultate, die unter solchen
künstlichen Bediogungen erhalten worden sind, darüber Schlüsse
zu sBiehen, was unter natürlichen Verhältnissen irgendwo in einem
Brunnen oder einem Flusse geschieht
Um einen Begriff über die Menge der Flagellaten im Wasser
zu erhalten, verfuhren wir folgendermafsen :
Mit dem zu untersuchenden Wasser wurde ein steriles
Gefäfs gefüllt und zwecks gieichm&fsiger Verteilung der Bakterien
und Flagellaten sorgfältig geschüttelt. Alsdann wurde das Wasser
zu gleichen Mengen auf eine Reihe von sterilen Reugensglüsern,
die mit Watte verschlossen waren, verteilt. In diese Reugens-
gläser wurde eine Aufschwemmung von Ty^ihusbazillen verimpft.
Nachdem <lie Keagensglaser s<trgf!Utig durchüchüttelt waren, wurden
sie an einenj dunklen Orte hei Zimmertemperatur aufbewahrt.
Das Aufschütteln der Reagensgläser wurde jeden Tag wiederholt.
Täglich wurden jedem Reagensglu.se Troiilen zur mikroskopischen
Untersuehung eiitnüiumeti. Di© Besichtigung der Tropfen wurde
mit dem Objektiv Zeifs (> und Okular 4 uud genauer mit dem
Objektiv DD und Okular 4 ausgeführt.
Yeraacb I am 2B. VI. 1906. Es gelang mir bei der sorgfältigsten
mikroskopischen niUerBiiehuriji^ nicht, in dem der Wasserleitung ent
nonimouou Wasaer unmittelbar Flagellaten festzustellen. Das Wasser wurde
aladann sn je 10 ccm in 76 Reagensgläaer veitellL In jede« Beagensglaa
«lurde je 0,8 ccm einer Typhuaagarknltur, die mit 10 ccm deaaelben WaaBers
abgCHchwemmt worden war, ?;nppsiet7t. Am 2. Tage f^chon konnte man in
einzelnen Refi};enfs«;läfleru ir'lageüaten feststellen. Die Zalil dtr eiläser mit
Flagellaten nalitn mit jedem Tage zu, so dafs am 7. Tage Flagelluton in
45 Beagensglttaern voqtefanden worden. Ihre Zahl war in den eincelnen
Reagensgläsern ganz verschieden. In 28 Roagensgläsern waren sie ao sabl-
reich, (liifs in jedem Tropfen iiu hrfre Dutzende ge/.ilhlt werdoii konnten, in
den übrigen H waren sie in viel geringerer Anzahl vorhanden, su datt) nur
24»
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S44 2ur Fnge der Verbreitang des Abdominaltyphin durch Trfnkwasser.
einige Exemplare in einem Tropfen oder nur ein einzii^en in }'-6 Tropfen
aufgefondea werden konnten. Zugleich mit den Fiagellaten wurden in zwei
ReagenH(lBMni Infaaorien naebgewteeen. Nach weiteren 8 l^Rgen waren
Flagellaten noch in 8 anderen Reagennglft^ern nachwetebar, ao da£s am
10. T.x'^c Tiacli I'.eu'inn des Versuches in 58 von 76 Keapens^;lJl?prn »ich Flagel-
laten befanden, in 5 darunter gleichzeitiji auch Infuforien. In Ttjd ccin
Waaser waren somit ursprünglich 53 Stück Flagellaten vorhanden oder iu 1 1
rnnd 70 StOek; wenn wtr annehmen, da£a in jedem Bohrehen, in dem
Flagellatenwachätnm eingetreten ist, ursprünglich nur 1 Exemplar davon-
gekommen ist. Pies dürfte allerdin;_'.s nicht panx zutreffend sein. Auch Ich
konnte gleich Emmerich, zwei Arten von Flagellaten — >Bodo ovatus»
und >Bodo saltans« — genau identifizieren. Aufserdem sah ich in einzelnen
Reagenaglftaern eigenartige, stibchenllhnliche^ lebhaft bewegliche Formen,
die ihrer OrOfse nach kleiner ala Bodo ovatus und saltans waren. Et gelang
mir nicht, festzustellen, nh es »ich um eine bosonderc Art von Protoaoen oder
am ein Entwicklungsstadium der Flagellaten handtlte.
Die ReagensglUser, in 'ienen sirh «röfnere Mentren F'laiiellaten und In-
fusorien befnnden, waren leicht schon mit blofsem .Auge erkennbar: «las
Was.ser war la denselben vollständig klar, wtlhrend die Reageusgläser, welche
keine Frotoioen entbleiten, trQbea Waeier aafwieeen; am Boden derselben
war ein Sediment der abgeeetsten Bakterien vorhanden.
Am 15. Tage wurden 6 Beagenagllaer nntenncht: 2 ohne Flagellaten
und 3 mit besonders reichlichem Gehalt an Flagellaten. Die SSabI der Bak-
terien in diesen BeagensglflMm war folgende:
Nr. lies
Reagens-
glaaee
Sind Flagellaten
vorhanden?
9Sah} der Kolonien
! ans 1 ccm
9
nicht vorhanden
fj4 34 i DUO
14
nicht vorhanden
85840000
16
vorhanden
1340000
17
vorhanden
1 21GÜ00
21
vorhanden
840 OUU
Die.^e 5 Reagen«;r!flper «owif» aiifh noch _ nnflere (Nr. 1 nnd 4>, welche
viele Flagellaten enthielten, wurden auf ihren Uehalt an Typhushaülleu
nntersucbt. FQr jedea Beagensglas worden 3 grofse Petrischalen mit Con-
radl Drigalaki schem Nihrboden verwendet. Auf die erste Sdaale worden
0,2 » cni de.s Wasser.-* aufgegossen und mittel« eine.s Glasspatels auf die Ober-
fläehe des Nilhrbodens '^''pirhinHf«ig verteilt, worauf in bekannter Weise mit
demselben Spatel uacheinunder die Oboi tlache des Nährbodens in den beiden
andern Schalen bestrichen wurde. Nach 24 Stunden entwickelten rieh in
aftmtlichen 7 Waseerproben aal der aweiten und dritten Schale sablreiche
charakterlatiscbe Typhuskolonien. Die erste Schale war mit einem dicken
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Von Dr. 8. W. Koraehnii.
345
Bakterieorasen bedecke Die Zahl der typbasähnlichen Kolouieu auf der
sir«iten and dritten Bebai^ wftr so grofs, d«lil ihr« ZAhlung unmöglich war.
Einselne von diaaen Kolonien worden ant Agar sur weiteren Untorsnehnng
ü)>eriinpft. Die bakteriologische Diagnose geschah durch die Fcststellang
der Wachstnnipeipenaf'hafteu auf verschiedenen Nährböden und mittels Apglu-
tiaation durch spezihschea Serum. Ks stellte sich heraus» daXs die auf diese
Weise vm dem Wasaer gesllditeten Bakterien die typiachen EigenachAfton
der Typbnebasillen seigten and dnrdi apexifisches Serum In denaelben Ver*
tlflnnnngpn wio die iirRjirüngliche Kultur (1 : 128<K) iig-rlutiniert wurden. Es
untfrlap alwn keiiunn Zweifel, dafs die Typhusbaziilen ihre Lebensfitlnirkeit
und biulogiHcheu Eigenschaften noch am 15. Tage nach ihrer Einiührung
In das Waaaer der MQuchener Waaaerleitong vollatindig beibelialten batten
bei Anweaenbeit wie bei Abweaenbeit von Flagellaten.
Versueli II am 10. YII. 1906. In 50 Keagensgläser kamen je 10 ccm
Leitungawaeaer und je Vi« Typhaalcaltar. Flagellaten wurden
ecblieblich in allen anfaer einem Reagenagtaae vorgefunden. In detn ein-
^ipren, wo sie nicht vorhanden waren, konnten weHcr Mauellaten noch an-
dere i'rotozoen, trotz sorgfältiger Untersuchung innerhalb von 7 Tagen nacb-
gewieaen werden. In 2 Reagensgltsem worden aulberdem Infusorien feet»
gestellL Im 2. Veraoche worden alao Flagellaten Im Leitongawaaeer in viel
gror^erer Anzahl vorgefunden als im 1. Ich mufs hier bemerken, dafs das
Wetter im Mai nnd Jnni in München kalt war, während im Juli sich warmes
Wetter einstellte. Am 0. Tage wurde die Zahl der Keime im Keagensglase,
daa keine Flagellaten entbleit, beatinmit ond gleicb 48000000 in 1 ccm ge-
fanden, wftbreud in einem der Reagenegliaer mit sahlreiohen Flagellaten im
ganaen 800000 in 1 com aieb vorfanden.
Tenncb III am 80. TU. 1*06. In 38 Reagena^iaer kamen Je 1 ccm
Leitongawaaeer -h 3 ccm steriles I^tongswasaer -f- 0,02 Ose Typboa-
kultur. Flappllaten werden im Laufe von 10 Tagen in ft Keagen^grläPern
freftinden (130 Stin k in 1 1). Nach 6 Tagen wurden in einem Kcai,'ensgIaHe,
das Flagellaten enthielt, 5U350CKX) Keime in 1 ccm Wasser festgestellt, wfthreiid
In einem Reagenaglaee ohne Flagellaten 18800000 Keime gesahlt worden.
Nach tO Tagen war die Zahl der Keime in denselben Rcag^iiH^lüBern: ohne
Flagellaten ÜO 464 000, mif Flatrellaten 420000 in 1 rem. Typhusbazillen
fanden sich am 6. Tage des Versuches in überaus reichlicher Menge in beiden
Keagensgl^ern vor. Später wurden Untersuchungen auf Typhusbazillen bei
dieser Veraocfaareibe nicht aoagefflhrt
Versuch IV am 17. VII. 1900, In 21» Keagenegläser kamen je 0,5 ccm
Waaser aoa der laar -p com aterilea Leitongawaaaer f- 0,02 öee Typhue»
koltor. Flagellaten worden nnr in 2 Reagenagtftaem nicht gefanden. In>
f oaorien waren in 8 ReagenagMaem featgeatellt.
Teraneh T am 17. TU. 1900. Daaaelbe laar waaaer wie in Vetaoeh IV,
an je 0,1 ccm f 2,9 Hterilen Leitongawaaaera + ^S>- ^se Typhuskultur auf
1 Beagenaglaa. Von 26 Reageneglllaern worden Flagellaten nor in 8 gefunden
346 Zur Fruge der Verbreitung de» Abdonineltypho« daich Trinkweeaer.
(307*) Stück m 1 1). AucU in die»em Versuche war die Zahl der Keime m
den BeagensglOsem ohne Fl^llalen viel grOfeer alt in den Beegenegliaem
mit flageUaten und twar:
Reageaagllaer
Zahl der Keime
am ö. Tilge
in 1 fcm WnsFtT
am 13. Tage |
Typhus-
bazillen
Ohne Flagellaten :
1.
•24 400 000
15 000
vorlianden
2.
32 000 000
31000000
vorbanden
Mit Flagellaten:
1
1.
l 200 000
24«;00<)
vorhanden
3.
16500000
640000 1
»
1
vorbanden
Versuch TI am 10. YII. 1906. In &Ü ReagcnsglAeer kamen je 10 ccm
Leitungswasser. T^'phusbaziilen wiirdrn nicht zn^jesftzt. Bei täglicher
Untersucbang im Laufe von Tagen wurden Kiageilaten in geringer Anzaiil
in 6 Reagensgläaem, Infnaorien in 1 gefanden. Die Zahl der Bakterien be-
trog im friaehen Waaaer 40 in 1 ccm, am 9. Tage 710000.
Tertneh Tn am 20. Tl. 1000. 5 Kolben mit je 100 ccm Leitnnga»
Wasser. In den l. Kolben wurde eine Öse Typhusagarkultur, in den t2.
0,1 ösp, i n den 3 0,1)1, in den 4. 0,001 und in den ''(MM'H Ose derselben
Kultur hiiizu^;efii>;t. Flagellaten wurden mir in den orateu -i Kolben gefunden.
Nach 10 Tagen wurden Typhuabazilien tu allen Kolben aufaer dem 1. nach*
gewiesen. Das bedentet alao, daüi die l^pbaabaidllen zu allererst in dem
Kollien veiediwanden sind, in welchen sie in grOfater Menge hinzngefftgt
Warden.
Auf Grand unserer Verauche kOnnen folgende Schlüsse gesogen
werden :
1. Flagellaten sind sowohl im Münchner Leitungswasser als
auch im Wasser der Isar vorhanden. Au User den Flagel-
laten befinden sich in beiden Wassexarten auch Infusorien.
2. Die Flagellnten spielen zweifellos eine nicht unbedeutende
Rolle bei der Vernichtang der Bakterien und darunter
auch der Typhusbazillen im Wasser, wie dies zuerst von
Emmerich featgestellt wurde.
Soweit können wirdie ßcobachtungen von Emmerich,
Gemünd und Hunlemülh'r bestätigen. Wir können
jeduoli, wie Fehrs. mit ihnen darin uitlil übcreinstiniinen,
dafs es ihntn damit gelungen sei, die rnmögliebkeil der
Verbreitung von Typhus und Cholera durch Wasser zu
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Von Dr. 6. W. Konchan.
347
beweisen. Dazu scheint uns eobon die Zahl der Flagel-
laten in manchen Wässern viel zu gering zu sein.
3. Im Münchner Leitungswasser kamen einmal nur etwa
70, ein 2. Mal nur etwa 130 Exemplare davon auf 1 l,
während allerdings die Zalil der Flagollalen im Isarwasser
erheblich gröfsor war. Selbst in jenen Proben, in denen
Flagellaten vorhanden sind, kann es trotz günstiger Tem-
peratur und reichlichem Futter 4 und 6 Tage dauern, bis
sich die Flagellaten so reiclilich vermehrt lialjüu, dafs
sie mikroskopisch leicht nachgewiesen werden konnten.
4. DieTvphusba/.illen verschwinden aus dem Wasser schneller,
wenn sie in grofser Menge eingetragen worden sind, als
wenn sie, wie dies natürlichen Verhältnissen entspricht,
in verhältnismütsig geringer Anzahl dem Wasser hinzu-
gefügt wurden Es hängt dies offenbar damit zusammen,
dafs im letzteren Falle die Flagellaten sich viel langsamer
vermehren.
5. Die im Wasser verimpften Typhusbazilleu bleiben zum
Teile 8 und lö Tage and wahrscheinlich noch länger am
Leben, trotz der Anwesenheit s&ahlreicher Flagellaten.
Selbst solches Wasser, weldies zahlreiche Flagellaten
entliftlt, darf folglich sogar noch zwei Wochen nach der
lofisierung mit Typhusbazillen nicht als unscb&dlich be-
trachtet werden.
über die Bestimmung der Härte des Wassers.
Von
Dr. P. Nawiasky und Dr. S. Korschun.
(Aua den Hygienischen Institaten der Univeroiiat Berlin. Direktor; Geh.
Med. Rat Prof. Dr. M. Rubner.)
Die Untersuchung der Härte des Wassers ist hftnfig nur
unTollkommen angefahrt worden, obschon die genauere Untere
suchung vom hygienischen Standpunkte aus sehr wesentlich sein
kann. Sehr häufig ist die alte Clarksche Seifenmethode das
einsige angewandte Verfahren, obwohl schon längst bekannt ist,
dafs die damit gewonnenen Resultate gar nicht so selten ganz
unbiauchbar sein können.
Abgesehen hiervon mub man aber beanstanden, da& die so
nötige Unterscheidung zwischen transitorischer und permanenter
Härte nicht gemacht wurde. Die praktische Bewertung des
Wassers, spesiell für Trink- und Nutzxwecke, sollte sich doch
stets auf die Kenntnis dieser beiden wichtigen Unterschiede
stützen.
Sehr häufig wird von den liärtegebenden Substanzen nur
der Kalk uui^eführt, während die Feststellung der Magnesia /.u
den Seltenheiten gehört. Gerade mit Rücksiclit auf das Vor-
koiimien der letzteren in verschiiuitztem (irundwasser, ferner im
Flufsvvasser, das durch die Al>gänge \'*n\ I'abrikwässern verun-
reinigt ist, müfste der Nachweis derselben oft erwünscht er-
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über di« BeBtammung etc. Von Dr. F. Nawiaeky n. Dr. 8. Kortehun. 349
Schemen. Der Grund für die Nichtbeachtung der Magnesia
liegt in der Hchwierigkoit der Insherigen Methoden, welche
eine gewicbtsanoly tische Bestimmung uicbi haben umgehen
lassen.
Verhessorungen der ilärtebcstinuming des Wassers können
daher vollen Anspruch darauf erheben, für die Untersuchung
des Wassers vom hohem Werte zu sein und füllen eine wichtige
Lücke unserer bisherigen Arbeitsverfahren aus.
Wir haben daher eine Reihe neuer Wasseruntersuchungs-
niothoden, welche znm Teil bereits Eingang in die Industrie ge*
funden haben, einer eingebenden Nachprüfung unterzogen, und
zwar, wie wir gleich voraumcbicken können, mit durchaus
günstigem Erfolge, so dafs man wohl berechtigt sein dürfte, mit
der althergebrachten ungenügenden Methode zu brechen.
Das Wasser zur Ausführung der Analysen stellten wir aus
titriertem Kalkwasser und Normal -Salzsäure sowie gewogenen
Mengen schwefelsaurer Magnesia her. Der Oberschors an Kalk-
wasser wurde durch Übersättigen mit Kohlensäure in Bikarbonat
übergeführt.
a) Betlimmting der tranaltoritelMii Härte.
Zur Bestimmung der transitorischen Härte hat Pf ei ff er^) eine
Methode genauer beschrieben, deren Grundlagen er von Wartha^)
übernommen hat. Et benutzt die Eigenschaft der Bikarbonate
der alkalischen Erden, auf Alizarin alkalisch zu reagieren.
100 ccin Wasser werden in einer Porzellanschale, mit Alizarin
als Indikator versetzt (0,25 proz. alkoholische Lösung), kochend
mit ^/lo Normal-Salzsäore titriert, bis die zwiebelrote Farbe in
Gelb umschlägt und auch nach anhaltendem Kochen nicht
wiederkehrt. Da jedem com ^/io Normal-Salzsäure 2,9 mg CaO
entsprechen, so ergibt die verbrauchte Zahl Kubikzentimeter,
multipliziert mit 2,8 die Alkalinität oder transitorische Härte des
Wassers in deutschen Härtegraden.
1) Pfeiffer, Z«-ilMchi f. angew. Cliemie, XV, 178.
S) Wartha, az ivoviz Tizagaläta, Budaj)«at 1902.
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350 BMtimmDng der HArte de« Waasera.
Verwendet man statt der Porzellnnschale (Jefäfse aus ge-
wöhnlicheui Glas, so findet man die transitorisclio Härto infolge
der Löslichkeit des (Üapes etwas zu hoch^j, wie aus den uuteu
angeführten Analysen zu ersehen ist.
b) Bestimmuny (Jer Gesamthärte.
Im Anscblufs an die Bestimmung der transitoriscben
Härte führt man nach Pf elfter die BeatinnDung der Qeeamtr
httrte ao8.
Das, wie beechrieben, neutralisierte Wasser wird mit einem
ÜbersobofB einer Losung, bestehend ans gleichen Teileu '/lo Normal-
Natronlauge und VioNormal-Sodalösnng, versetst, einige Minuten ge*
kocht, in einen 200 ccm Kolben gespült, nuch dem Abkühlen mit
destilliertem Wasser auf 200 ccn» aufgefüllt, filtriert und in 100 ccm
des Piltrats das überschüssige Alkali durch Titration mit Normal-
Salzsäure und Methylorange als Indikutor Ijostimmt. Der auf die
Gesamtmenge berechnete Verlust an Normal-Alkali in ccm,
multij.liziert mit 2,8, ergibt die GeaamÜiärtc.
Man verwendet etwa so viele Kubikzentimeter des Alkalige-
misches, als der Gesamthärte in deutschen Härtegraden entspricht;
beträgt dieselbe über 50, so wird das Wasser mit destilliertem Wasser
auf die Hälfte verdünnt. Nachstelien<lc Analysen, welche nadi «liesen
Angaben ausgeführt «ind, mögen die Brauchbarkeit der Methode
bestätigen (Tab. I, 351).
e) Bestimmuns der Magnesia.
Um den Anteil der Magnesia an der Ot^^amtharto zu linden,
kann man den Kalk nach Mohr bestiinmen und den erhaltenen
Wert von der (Jesamthärte abziehen oder nach Pfeiffer, aus, wie
beschrielx n. neui ralisiertem Wasser durch Zusatz überschüssigen
titrierten Kalkwassers die Magnesia ausfallen und nach dem
Abfiltrieren aus dem Verlust an Kalk die Magnesia berechnei:\.
i) jTokter, Cbemikerztg. 27, 1277.
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Von Dr. F. Nawiaiky nnd Dr. B. KofBchnii. 351
T a b e 1 1 e I. (In deutschen Ulrtegraden.)
Angewandt: Gefunden :
trau Sit.
MgO
OOMIBt-
tronsit
P«bler
OMHIDt-
faftrtd
—
0
14,0
14,0
—
13.6
- 0,4
—
2,5
28,0
30,5
30,0
— 0,6
6,0
5,0
8,0
8,0
5.2
- 0,2
8,0
0
5,8
- 0,3
8,0
0
6,2
5,5
- 0,5
8,0
9,2
9,2
14,4
9,5
+ 0.3
14,7
-1-0,3
9,9
-4- 0.7
14.7
-r f'.*'
9.5
r 0,3
13,9
— U,ö
12,8
6e,o
88,8
6,6
-
- 0,6
68,7
+ 0,4
6.6
^0,5
69,1
+ 0,8
Ibfi
0
15,0 i
1
t *~
14,0
- 1,0
1
14,4
- 0,6
19,2
2,8
22.0
21,6
~ 0.4
21 ,3
- 0,7
iy,2
28,0
47.2 ,
46,8
46,8
— 0,9
- 0.2
12^$
24,6
10,0
84.6 !
13,2
4-0.9
34,9
-h 0.3
33,7
12,5
37,4
5.0
42.4
J4,3
t- 1,8
42,6
1 f 0,2
1
i
18,7
r Ifi
48,6
+ 1,2
Weniger ^naue, jedoch für die meisten Zwecke auBroichende
Werte kann man im Anschlufs an die Bestimmung der Gesamt-
härte nach folgendem Prinsip erhalten. Bei Anwesenheit eines
Überschusses von Natronlauge und Soda werden Magnesinrasalze
als Magnesiumhydro^d , Kalksalze als kohlensaurer Kalk ge-
fällt, während eine äquivalente Menge Natronlauge hzw. 8uda
aus der Ldsung verschwindet Bestimmt man daher vor dem Zu-
sätze und nach der Fällung den Gehalt des Alkaligemisches an
Natronlauge, so seigt der Verlust an letsterer die Menge der
vorhandenen Magnesia an. Da Absorption von Kohlensäure den
Gehalt des Alkaligemisches an Natronlauge verändert, ist auf
möglichstes Fernhalten atmosphärischer Kohlensäure besonderes
Gewicht zu legen.
Nach Pfeiffer bestimmt man bei der Titerstelluug des Alkali-
gemisches durch gleichzeitigen Zusatz von Phenolphthalein und
Methylorange den Gehalt an Natronlauge. Es verhält sich näm-
lich die Soda gegenüber Phenolphthalein wie ein Gemisch aus
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352 Über die Beetimmung der Httrie des WuMn.
gleichen Teilen Ätznatron und Nutnumbikarbonatj von deuen
letzteres i'henolphtlmleiii nicht rot färbt.
100 ccm Wasser werden, wie l)eschrieben, neutralisiert, so-
dann noch heifs iu einen 200 ccni Mefskolben übergeführt, ein
Übersehuls dvs Alkaligeniisches hinzuf^elnp^t, dessen Gehalt an
Natronlauge vorlierdurchTitrieren uuterZusatz von Phenolphthalein
und Methylorange testgcstellt ist. Nach kurzem Stehen wird
ohne nochmaliges Aufkochen mit kohlensÄnrefreiem destillierteu
Wasser auf 200 ccm aufgefüllt, durch ein schneUlaufendes
Filter in einen 100 ccm - Mefskolben filtriert und der Gehalt an
Natronlauge und Soda in 100 CCm des Filtrats bestimmt.
Dar Verlust au Natronlauge, multipliziert mit 2,8, entspricht
dem Werte der M^nesia in deutschen Härtegraden, in gleicher
Weise der Verlust an Soda dem Gehalt an Kalk. Einige
Analysen mOgen «eigen, welcher Grad der Genauigkeit bei dieser
Methode zu erwarten ist (Tab. II, S. 353).
Genauer ist eine Modifikation der Metbode von Monhaupt'),
der vor dem Zusatz des Alkaligemisches den Kalk darch Hinzu-
fügen von neutralem Kaliumoxalat entfernt. Der Verlust an
Phenolphthalein rötendem Alkali, multipliziert mit 2,8, eigibt hier-
bei den Wert fQr Magnesia (Tab. III, S. 353).
Die Rotfftrbung des Phenolphthaleins bei der Titerstellung
des AlkaUgemisches verschwindet nur allmälilich, und der Um-
schlag ist nicht leicht zu erkennen. Um diesen Übelstand zu
vermeiden, kann man bei der Titerstellung das Alkaligemisch
jedesmal in 30 ccm einer 10 proz. BaryumcbloridlOsung einfliefsen
lassen, der einige Troi>fen Phenolphthalein zugesetzt sind, und den
Gehalt an Natronlauge durch schnelles Titrieren mit '/^o Nomial-
Salzsl&ure bestimmen. Der Umschlag ist hierbei scharf, nach-
träglich eintretende Rötung wird vernachlftssigt. Wir haben die
folgenden Analysen in dieser Weise, im übrigen nach Pfeiffer,
ausgeführt und sind der Ansicht, dafs dieses Verfahren in der
Praxis wühi verwendbar ist. (Tab. IV, S. 354.)
Ii Monhaupt (Chomikerztg. 27,501) beslimuit die trausitoriache Httrte
durch Titrieren in der Kftlte mit Hethylmrange atatt Al»ariii and kocbt dano
eine halbe ^tundo zur Vertreibung der Kohlensäure. Er findet dieMagneeia
nu 0,3 Härtegrade su hoch.
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Von Dr. P. Nawiasky und Dr. 8. Kondkon.
303
Tabelle II.
(In deutschen Hftrtegraden.)
Angewandt:
i
CftO
_
1 c:aO
FehU-r
0
, VI
1 ^
n
w
0
QU n
«1,1;
0,6
— 2,2
- 1,9
3.U
0
- 3,0
2,0
1.8
— 2,b
3,2
14,0
4,b
4.8
— 0.4
- 0,2
12,4
' A O
1 •*,<;
M
1 U
— l,o
-hO.4
oft
Inn
8,4
- 1,(
- 3.9
12.3
123
10.0
10,1
10,6
- 2.2
- 1.7
56,0
13,2
15,4
+ 2,1
15,0
0 1
i
11,(5
12,2
-2,8
20,0
7.0
17.8
17,8
— 2,2
- 2,2
24,6
10,0 [
23,S
23,«
- 0.8
- 0,8
24,6
20.0
25,8 !
26,8 1
t
-f 1.2
Gefunden :
I flllrl
12,6
13.6
28,0
26,4
11.2
10.0
8,7
14,8
14,6
20,3
21.1
5.4
7,4
11,2
10,4
55,9
53,3
2,8
1.5
8,2
7,8
11.1
9,9
20,0
19,6
- 1,4
-0,4
0
- Ifi
+ 1.0
+ 0.3
1.1
1.7
+ 0,8
+ 0,6
-1- 0,9
4-1.7
\- 0,4
i- 2,4
t 1.2
+ 0,4
- O.l
- 2.7
f- 2,8
f- 1,5
h 1.2
+ hi
- 0,1
0
-0.4
TalM-l 1 Jll.
(,.Vionhanpt. In deutseben Härtegraden.)
Angewandt :
Gefanden :
*%0
MgO
Fehlor
2.5
7,0
6,6
- 0,1
-0.2
2,5
28,0
26,9
27,7
- 1,1
- 0,3
10,0
14,0
11,4
14,3
t 0.4
+ 0,3
Angewandt :
Gefanden :
: ; ■
19,2
2,8
2.7
1 2,4
2,6
-0,1
- 0.4
- 0,2
19,2
28,0
•
1 27,9
i) 27,0
II
- 0,1
- 1,0
Digitized by Google
354 Ober die fiattlinmang «fte. Von Dr. P. Nawiaaky o. Dr. 8. Kondinn.
Tabelle IV.
(1d deuUicben Härtegraden.)
Angewandt-
Gefunden :
CttO
3äaO *
Fehler
0
l
14,0
13,G
13,6
- 0,4
- 0,4
9fi
2d,ü
27,7
27,7
- 0,8
— 0,3
3,U
9,7
9,6
9,6
- 0,1
-0,1
öiO
2.1
2,2
8,0
f 0,1
4 o.y
5,0
7,t)
8.4
1 8,1
+ M
14,0
14,6
14,0
+ 0,5
+ 0,0
y.2
3,7 ,
4,0
4^
r 0,3
+ 0,6
Angewandt: '
Gefanden :
C»o
Fehl«r
12,8
i
5,0
4,6
5.0
~ 0.4
0
12,8
X0,0
9.4
- 0.2
- 0,6
15,0
0
1.5
2.0
r 1.5
+ 2,0
19,5
28.0
1 30
+ 2.0
20,0
3,9
+ 0.4
- 0.7
20,0
7.0
7,8
7,0
r M
24,6
10,0
in,c
1-^,4
f 0,6
+ 2,4
24,6
20,0
19,6
18,8
- 0.4
- 1.2
Die vorliegenden Untersuchungen haben, wie wir glauben,
(largetnn, dafs dio Analvse der Hftrteeigen.schalten des Wassers
durch die neuen Meihuden wesentlich an Genauigkeit gewonnen
lial und durch die direkte Bestimmung der Magnesia zugleich
uu Vollsläniiigkeit und allgemeiner Verwendbarkeit.
Zum Schlüsse ist es uns eine angenehme PHicht, nn«rom hochver»
ehrteu Chef, Herrn (ieheimen Mediznialrat Prof. Dr. M. Kuhn er
für die gütige Anregung zu Toriiegeiider Arbeit aufrichtig Dauk
zu sagen.
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Ober den fiinfloXs erköhter Aarsentemperatnr auf den
Verlauf der experimentellen Tetanns- nnd Streptokokken-
Infektion.
Von
Otto Eitzmaun, med. pract.,
geweflencm Aaal«t«nten *m Inntltal, ximpit Ai«l«(pnnknt nm Kantonapltal Glmia.
(Aus iler bakteriologischen Abteilung des Hygiene iiiBtituta der Univerailftt
ZOrich. Vontand: Privatdozent Dr. W. Silberachmidt.)
Die neaere experitnentelle Bakteriologie begnügt sich nicht
mehr mit dem Na«shweiB der Krankheitserreger allein, sie ver-
folgt den weiteren Zweck möglichst alle die Ursachen festzu-
stellen, welche die Entstehung von Infektionskrankheiten beein-
ÜusseD, sei es, dafs sie sie begünstigen, sei es, dafs sie sie er-
schweren. Die eminent wichtige Frage, der Disposition und
Resistenz ist zum Gegenstand der experimentell bakteriologisdien
Studien geworden*).
Unter den die Entstehung von Infektionskrankheiten beein>
flufsenden Umständen fand schon in der vorbakteriologischen
Zeit in erster Linie die Temperatur Berücksichtigung und
zwar wurde sowohl die erhöhte als auch die niedrige Temperatur
nach ihrer Einwirkung auf die Entstehung und den Verlauf der
Infektionskrankheiten bin geprüft. In Bezug auf die Temperatur-
herabsetzung brauchen wir nur an die versdiiedenen Erkältungs-
krankheiten zu mnnem. Anderseits gab das Studium des Fiebers
Veranlassung zur Erforschung des Einflufses der Temperatur-
erhöhung auf den Infektionsprozefs.
*) Eine wertvolle Zusammenatellang der Literatur, welche sich auf die
•xperim«nton«n Forachnngen Ober Dispontion und Besivtens besieht, gibt
ans TrommBdorff(*), sie hat uns nn«ere nachfolgende Uteratarflbersicht
wesentlich wleichtMi.
356
ÜImt dm Einflolii erhdhtar Atil!^iktom]»«nitiiT «tc.
Der Milzbrand ist diejenige iiiiektionskrankheit, die auch
noch dieser Riclitving am ein^eliendsten erforscht wurde.
Paste ur und JoiiV>ert(-) haben 1878 in ihren klassischen
Versuchen als erste Hühnern die durch die hohe Kf^rpertempe-
ratur bedingte natürliche Immunität gegen Milzbrand genommen,
indem sie die Körpertemperatur künstlich a«f 34° erniedrigten.
Sie erreichten dies durch Eintauchen von Hühnern in 25° warmes
Wasser. Ihre Resultate wurden durch Wagner^) bestätigt, der
auch auf die fast völlig aufgehobene Pbagocytose der so behan-
delten Tiere hinwies; er erhielt übrigens das gleiche Ergebnis,
wenn er die lleral)setzung der Temperatur durch Antipyrin
herbeiführte. Auch Trapezn ikoff (*) beseitigte die Kesistens
gegen Mihbraud, indem er die Körpertemperatur der inuninien
Tiere erniedrigte, während LodeC^) durch sonst nicht tOtliche
Dosen von Mibbrand entfiederte Hühner und geschorene JEtatten,
die einem starken Luftsüg ausgesetst waren, tötete. Auch Meer-
schweindien machte er durch dieses Verfahren für verschiedene
Infektionen empf&nglich. Dafs S a w ts c h e n ko (*) Tauben, denen
er, um eine Temperaturemiedrigung zu erzielen, das Halsmark
durchschnitt, durch Milzbrand tötete, darf wohl nicht nur der
erreichten tieferen Körpertemperatur zugeschrieben werden, son-
dern auch dem Eingriff.
Ganz Ähnlich wie bei den erwähnten Arbeiten mit Milzbrand
ging P. Er nst{^) bei Versuchen mit Bacillus ranicida vor. Dieser
tötet normalerweise nur FrQhjahrsfrOsche niehtaber Sommerfrösche.
Letztere erlagen aber der Infektion, wenn sie auf l(y>abgektthU wurden.
Bei den oben erwähnten Arbeiten gelang es durch Tempe-
raturherabsetzung bei Warmblütern die natürliche Im-
munität zu beheben; umgekehrt hat zuerst 6ibier(8) bei Kalt>
blOtern, die dank ihrer niederen Temperatur gegen Milzbrand
resistent sind, durch Erhühuntr der Körperwärme die In-
fektion zustande gebracht. Nach ihm uohinj; dies t iiier ganzen An-
zahl von Autoren, die wie er, ebenfall.-^ an I' rö.schcn arbeiteten, so
Metsclm i k.jif(»), Petruschky(io), I. u 1- ars c h N uiall('-),
Fa h le n h ol V o s w i n k cl (") , T ra e/. u i k o f f (I.e.) In
neuerer Zeit erreichte Lode (1. c.) dasselbe an Schnecken.
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VoD Otto KitsBOMin, nfid. pimet.
357
Die IiniDunitftt gewisser Wann- uud Kahbliiter beruht also
darauf, dafs ihre Körpertemperatur für Milzbraiidba/.illeu unge-
eignet ist, sie fällt dabin, .souio es gchngt die Temperatur so
zu verändern, dafs die Mikbraudbazilien in ihr gedeihen können.
l)ieu(lonn^(^^) zeigte, dafs wir dasselbe auch auf anderem
Wege erreichen können, indem wir nämlich nicht die Tempe-
ratur der immunen Tiere ))eeintlu?sen, sondern die Mikbrand-
bazillen an die ihnen zunächst ungünstige Temperatur gewöhnen.
Indem er diesen Mikroorganismus an die niedere Körperwärme
der Kaltblüter anpafste, gelang ihm die Infektion normal tem-
perierter Frösche. Anderseits machte er den xMilzbrandbazillus
virulent für Tauben, indem er ihn bei 42° züchtete. Daraus
dürfen wir den Schlufs ziehen, dafs das Zastandekommen der
lufektiou bei jenen natürfich immunen Tieren nicht der SchA-
digiing dee Organismus durch die verftuderte Temperatur zvixa-
schreiben ist, sondern auf Seiten der Bazillen liegt, die den
KOrper infiastereu« sobald dessen Temperatur ihnen oder sie dieeer
Temperatur angepafst sind.
Eine zweite Infektionskrankheit, die ebenfalls recht eingehend
in dieser Richtung studiert wurde, ist die Pneumokokkeninfektfon.
Li pari (^*) wies zuerst nach, dafs Abkühlung das Zustande*
kommen dieeer Infektion fördert, dasselbe fand PIatania(") in
seinen Veisttcbeu an Meerschweinchen und Hunden. Walther(^),
der umgekehrt den Binflufs der erhöhten Temperatur auf die
Pueumokokkeninfektion prüfte, bekam indirekt ein gleiches Re*
sultat. Die Zahl seiner Versuche ist allerdings sehr klein (5 resp.
3 Kaninchen). Dürck(^*) bestätigt den die Pueumokokkeninfek-
tion begünstigenden Einflufs der Abkühlung. Rovighis(^)
Versuche — er arbeitete mit menschlichem Speichel — ergaben,
dafs Abkühlung die Lebensdauer infizierter Kaninchen verkürzt,
Erwärmung verlängert. Turteltauben vertragen die Speichel»
injeklion gut dank ihrer Körpertemperatur von 42", abgekühlt
jedoch erhegen sie der Inlektion. Löwy und HiehterP') fanden,
dal's die durch den K o c h - A r ü n s o n sclien ilirnslich erzielte
Steigerung der I\<irpcr(cni|ieratur bei Ivcininchen den Vorlauf der
rneumokokktiiauieküüii verzögert. Keines ihrer gestocheneu
Arvtuv iur llygioue. Bd. IJil.
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3&8 ^ar den Etnflnlk erhitfhteir AttÜMiilMnpeMitur «Us.
Versuchvstiere, selbst wenn es exzessiv hohe Körpertemperaturen
erreichte (über 42"), starb früher als die Kontrolltiere, dagegen
zeigten fast alle Lebensverlängernng. Kin gleiches Resultat er-
gaben ihre Versuche mit Hühnercholera- und Schwoinerotlaul-
bazilleu, ebenso mit Üiphtherietoxin. Dafs diese Autoren ferner
bei Kaninchen, deren Temperatur sie durch Aufstrich von Kairin
und Gaajacol herabsetzten, die Pneamokokkeninfektion beschleu-
nigten, führen wir mit Reserve an, da die angewandten Mittel
für sich allein schon giftig sind. Endlich stellte Fi8ehl(^)
nach Pueumokokkeninjektion bei Kaninchen, die er um etwa
10** abkühlte, tötlich verlaufende Septicäinir fest.
Die Versuche mit Pneumokokken sind also in ihrem Er-
gebnis ebenfalls abereinstimmend: Temperaturerhöhung vensOgeit,
Temperatuiemiedrigung beschleunigt diese Infektion.
Mit Staphylokakkeii haben sswei Autoren gearbdtei, ihre
Resultate widersprechen sich. Pawlowsky(") prüfte den Ein-
flufs der Abkühlung an Meerschweineben und fand, dafs die der
niederen Temperatur ausgeseteten Tiere gansi unbedeutend länger
leben wie die Kontrolltiere. Engelhardt (^) steigerte bei Kanin>
eben durch Hirnstich die Temperatur und impfte sie dann intra-
venös oder intraperitoneal mit Staphylokokken. Der Wärmestich
beeinflulst den Verlauf der Staphylomykose in günstigem (lebens-
verlängemdem) Sinn. Der günstige Einflufs ist weit ausgesproche-
ner bei intravenöser als bei intraperitonealer Infektion. Der
durch den Wfirmestich verliehene Schutz bedeutet in den meisten
Fällen nur eine Lebensverlängerung.
Permi und Salsanop) prüften in ihrer Arbeit über die
Prädilektion für TuberkulOM den Einflufs der erhöhten Temperatur
bei mit Geflügel- und Menschen tuberkulöse geimpften Mäusen
und Meerschweinchen. Sie fanden, dafs durch eine mehrwöchent-
liche Temperaturerhöhung bis 33 — H.")"*, insbesondere wenn die
Luft mit Feuchtigkeit gesuUigt ist (ferner duieh lii|uicUuii von
Tranbenzucker und Milchsäure), M'-erscli weinchen und Mäuse für
die Gutlügeltuberkulose, letztere uneh für die Tuberkulose der
Säugetiere emf»fänglicb — prädisponiert — gemacht werden
können. Hühnertuberkulose zu wiederholten Malen prädis-
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Von Otto ftHauMmn, in«d. pitust.
359
]>onierten Meerschweineben eingeimpft, kann für diese Tiere mit
der Zeit virulent werden.
Grazianip«) untersuchte den Einflufs der Temperatur auf
die Produktion der Agglutinine bei Typhus. Die mit Typhus-
kuliuren vorbehandelten Tiere lieferten ein stärker agglutinierendes
Serum, wenn sie bei niederer Temperatur (-f 2 bis 4^) gehalten
wurden als bei höherer (-f 18°); eine noch höhere Temperatur
(-{- 32**} bedingte eine weitere Verminderung der agglutinierenden
Bigenscbaft ihres Blutserums. Wie die Abküiilung, bewirkt auch
das wiederholte kalte Bad eine gesteigerte A^lutininprodaktion.
■ Wy8sokowit8ch(*') gelaug es durch känstliche Herab-
setsung der Eneigie der KörperxelleQ, Bakterien, welche unter
gewöhnlichen Verhältnissen ffir die benütsten Versuchstiere nicht
pathogen sind, zu starker Vermehrung und tm einer Invasion
des ganzen lebenden Körpers zu bringen. Eine solche Schwächung
des Körpers resultierte beispielsweise durch Anwendung hoher,
der Körperwärme naheliegender TempeQttur, durch welche derStoff-
wechselumsaiz möglichst herabgedrückt war, Wyssokowitsch
fand also eine Begflnstigung der Infektion durch hohe Aufsen-
temperatur.
Ferner konstatierte Filehnep^) einen günstigen Einflufs er-
höhter Aufsentemperatur und einen ungünstigen der Abkühlung
auf den Verlauf des Erysipels am Kaninchenrohr.
Der Tetanus ist wie die Milzbrand» und Pneumokokken«
infektioD schon Mriederholt auf die Beeinflussung durch ver-
änderte Temperatur gepidft worden.
Vaillard und Vincent haben uns in ihren Arbeiten
über die Ätiologie des TetHnuH genauer mit den Hilfijursaclion
im allgemeinen bekannt getuacht, die den Ausbruch des Tetanus
fördern. Es sind dies:
1. Mischinfektion, das praktisch wichtigste den Tetanus
begünstigende Moment. Doch .scheinen nach diesen
Autoren gorade die patliogenen Staphylo- und Strepto-
kokken lür enie w irksame Symbiose nicht besonders ge-
eignet. Vaillard und Vincent fanden nnr von
i^rodigiosus eine ausgesprochene Begünstigung der Tetaims-
2©»
880
Ober dMi Einflttfo erhöhter Anfteotomperatur «ie.
infoktion. wtthreiul diese bei l>act. Friedländcr, Stupliylo-
kokkus pvogeues aureus, Streptokokken und Bac. subtilis
nicht auffiel.
2. Mechanische Gewebsläsion, wie Quetschung, Zer-
reifsung von Weichteilen, Hämorrbagien, Nekrosen,
Knochenbrtiche.
3. ChemischeLäsion mit Milchsäure, Trimethylamin u. a.
und
4. Bakterielle Toxinwirkung.
Vaiiiard und Vincent erbrachten in einer Reihe sehr
schöner Voreuche den Naohweia, daijs Tetanusbaaillen allein in
der Regel nicht ansreichen für die Ertengung dee Tetanus, und
dafs sie ohne Wirkung bleiben, wenn die Toxinbildung ver*
hindert wird, oder wenn das Toxin in den injizierten Kulturen
xerstOrt worden ist. Nach der Injektion von toxinfreien Sporen
kommt es nur dann su Tetanus, wenn durch Verhinderung der
Phagocytose die injiziert^ Sporen sich entwickeln und aus«
keimen können: die schftdiiche Wirkung des Tetanusbasillus
beruht auf der Bildung des auch in minimalsten Mengen sehr
wirksamen Toxins.
Die Bedeutung der Phagocytose im Kampfe gegen den Tetanus
haben Vaiiiard, Vincent und Rouget wiederholt nachge-
wiesen. So kommt es z. B. zu Tetanns, wenn die Sporen nicht frei
injiziert werden, sondern in Papier eingehüllt vor der Phagocytose
gescbützt werden, oder wenn man die Leucocyten durch jene
chemischen Gifte wie Milchsäure oder Trimethylamin fernhält,
oder sie sich endlich mit pulverisierter Holzkohle, die man
injizierte, beladen läfst.
Wie ans spätrreii N'erHU'heii von X'aillard und iiüuget('"J
hervorgeht, wird die vüllige X eniiclitung des Toxins erst erreicht
bei liiiigerer Einwirkung hoher Teniperntiiren. I-ine kurzdauernde
Ivriiiizung auf t>0, 80 sogar 90"* ist iiieht imsiande das Toxin
völlig 7.U zerstören, erst bei zwei- bis dreisiündiger Erwärmung
auf 8i>" ist dies der Fall.
Den sofijenannteii Spontanietanns, hei welclien] keine Vau-
gaugsplorte gefundeu werdeu kann, erklären diese Autoren durch
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Von Otto Bitenwnn, med. pmeC. 36 f
die Annahme, dafs eine mininiaJe KontiiniitiUstrennung zur
Inrektion genüge, oder data die iuiizierte Wimde bereits wieder
vernarbt sei.
Aus einer Arbeit von Vailiard(''^) über Iramunisation gegeu
Tetanus geht die Bedeutung der Leucocyten im Kam})fe gegen
Tetanus sehr httbsch aus folgendem hervor: Einem hoch
immunisierten Tiere werden Sporen in einem Fliefspapiersäckchen
eingeliüllt, eingeführt; sie sind also wohl den Säften des
immunisierten Organismus sugänglicb, dennoch wachsen sie doch
gut aus, weil die Leucocyten nicht ankommen können.
Wir gelangen zu. den Arbeiten, die sich mit dem EinlluB
der Teiniieratur auf Tetanus beschäftigen.
In einer seiner leisten Arbeiten bat sich .Vincentf") mit
dem Einfiufs erhöhter Aufsentemperatur auf den Verlauf des
Tetanus beschäftigt. Er wurde su seinen Versuchen angeregt
durch einen Fall bei einem Soldaten, der sieben Stunden nach
einem strengen Marsch in der Sonnenhitse mit nadifolgendem
Sonnenstich an Tetanus schwer erkrankte. Vincent prüfte
hierauf den Einfiufs der erhöhten AuÜMntemperatur auf den
Verlauf der Infektion mit toxinfreien Tetanussporen bei Meer-
schweinchen. In jedem Versuche wurde das eine Tier in einem
Brutschrank von 4/(fi aufbewahrt bis seine Körpertemperatur auf
ca. 42,6^ gestiegen war, dann wurden beide Tiere bei gewöhnlicher
Temperatur weiter beobachtet. Die nicht erhiteten Kontrolltiere
blieben gesund, die nur kurze Zeit im Brutschrank aufbewahrten
erkrankten nach drei bis elf Tagen an schwerem, foudroyanten
Tetanus.
In gleiolier Weise werden Tiere mit leichtem, heilbaren
Tetanus bei V^erbringen in den Brutschrank beeinflufst, der
Tetanus wird ukut viiid sie erliegen ihm in 12 bis 24 Stunden.
Der Tetanus hriclit ebenfalls aus, wenn man zwischen
Inipfun«^ und Erwärmen cini^'e Ta<ye verstreichen läist. Ist die
Frist trrüi'ütir, so verläuft der Tetanus weniger akut und tritt
später ein. Dio Frist zwiscii* ii Ini|>tnng und lirutsclirunk kann
immerhin, vveuii aucli flnsuahm^weise, .»0 Iiis (10 Tage betrafen,
^in Tier, das z. B. erst 48 läge nach der Infektion in den
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362
Über den EiaflnüB «rhflhter Aiiben,ieni]Minitiir etc.
ThermostnteFi kommt, zeigt nai^li weiteren 15 Tagen tötlichen
Tetuims; ein anderes 60 Tage nach der Impfung erwärmt, hat
19 Tage später etwas tetanisclie Steifigkeit, Der Tetanusbazillus
erhält sich hinge Zeit in latenter Form im Organismus. Vincent
hatte allerdings auch bei Tiereu, die schon 30 bis 15 Tage
uach der Injektion erhitzt wurden, negative Kosultato. Stets
ist eine Inkubationszeit vom Erhitzen bis zum Ausbruci) des
Tetanus von im Mittel zwei bis drei Tagen nötig. Der Sektiona-
befund ist ohne Bedeutung bis auf eine starke Leucopenie.
Umso bedeutungsvoller ist der bakteriologische Befund : Wäh-
rend es für gewöbnlicii nur an der Injektionsstelle, und meist
nur kulturell gehngt Tetanushazillen nachzuweisen, verliert unter
dem fünflufs der Hyperthermie der Tetanus seinen Charakter
als strenge Lokalinfektion völlig, er wird zur ausgedehnten
AUgemeiniufektion. Bei den dem stürmischen Tetanus er*
legenen Tieren hat sich der Bazillus im ganzen KOrper ver-
breitet und so sn einer förmlichen. Tetanusseptikämie geführt.
Die Hitse ist also ein das Auftreten des Tetanus
wesentlich forderndes Moment Infolge der künst-
liehen Temperaturerhöhung sind die Schutzkrftfte des Körpers
gesdiwftcht und der TetanusbaziUus in den Stand gesetst» seine
schädliche Wirkung su entfalten. Im Qegensats su dem bei der
Milzbrandinfektion Gesagten sind also die Verh<nisse nicht für
den Basilius bessere, nur die Abwehrkrftfte des Organismus
werden gelfthmt. Diese werden vor allem repräsentiert durch
die Leucocyten, die durch die Erwärmung der Tiere auf über
42,5« sich von 8—10000 auf 2—3000 vermindern. Wie die zahl-
reichen Degenerationsformen schliefsen lassen, sind die ve^
sdiwundenen Leuco<^ten dvaoh Gytolyse zugrunde gegangen.
Diese Leucolyse geschieht namentlich auf Kosten der Pbagocyten
(die normalerweise die Sporen fressen würden), nämlich der poly-
nukleären (Mikrophagen) und der grofseu mononucleÄreu
(Makrophagen).
Die Versuche von Counnoni und DoyonP) wurden nicht
mit Tetauusspuren, sondern mit TeUuiUütuxin an unter ver-
scliiedenen Temperaturen ( — 37° — — 18° — 10") gehalteneu
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Von Otto RitsmuD, med. pract
868
Fröschen ausgeführt. Es zeigte sich, dafs Frösche, die bei 20°
oder darunter gehalten werden, refraktär sind gegen Dosen von
Tetanustoxin, die solche bei höherer Temperatur tetanisieren.
Wenn mehrere Monate bei niederer Temperatur gehaltene Frös< he
später der Wärme ausgesetzt weiden, so werden sie in der
gleichen Zeit tetanisch, wie wenn sie mit dem Verbringen in den
Brutschrank geimpft worden wären.
Tbiil n)ann('*) hat in seiner Arbeit über die Ätiologie des
Tetanus den EinAufe der Erkältung auf Eintritt und Verlauf des
Tetanus geprüft. Er fand, dafs bei niedriger Temperatur aufbe-
wahrte und mit kaltem Wasser abgekühlte Meerschweinchen nicht
an Tetanus erkranken, während die Kontrolltiere tetauisehe
Symptome zeigen.
Die verschiedenen erwähnten Arbeiten Über den Einfluls
hoher und niederer Temperaturen auf Tetanus lassen den einen
gemeinsamen Schlufs zu: die Temperaturerhöhung be-
günstigt sowohl die Entstehung der Tetanusinfektion
als auch die Wirkung des Tetanustoxins.
Eine sehr interessante Arbeit hat Vincent(^) über Tetanus
und Chinin verüffentlichtw Es war ihm angefallen, dab nament-
lich in den Tropen ziemlich häufig nach subkutanen Chinin-
injektionen Tetanus auftrat und nie nach anderen doch viel
häufigeren Injektionen. Die Annahme, dafs das injizierte Chinin
Tetanussporen enthalte, schien ihm wenig wahrscheinlich und in
einer Reihe von Versuchen hat Vincent nachgewiesen, dals
Chinin, muriaticum viel stärker baktericid auf Tetanus wirkt als
andere gebriluchliche Lösungen. Um die Bedeutung des Chinins für
Tetanus nachzuweisen, hat er eine Reihe von \'ersuehen an
Meerschweinchen voigenonjinen ; sie ergaben, dafd die .subkutane
Chinininjektion regehnarsit; einen ungünstigen Einflufa auf den
Verlauf des experimentellen Tetanns ausübt. Werden Chinin
luid Tetanu.'^.-iporen gleiclizeitig injiziert, ?io tritt stets Tetanus auf,
die S))oren allein werden symptoinlos ertragen. Eine ähidiche
Wirkung Hes Chinin.- wurzle beobachtet sowold wenn dasselbe
vor den S[Mir(Mi, als wenn ea nach tlenselben injiziert wurde. Irn
^rstcren Falle kommt es, wenn in fünf bis sechs Xogeu nach
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d64
Über d«n Einfltifs erhöhter Aofeenteinperatw ete.
der ( hinininjektion Sporen gegf'l)eii werden, noch zu einem
Teianus. Im letzteren Falle kann eine naclitrftgliohe Chinin-
injektioii aytuptomlos ertragene Sporen zum Auskeimen und zur
tötlichen Wirkung bringen. Die Ursache der schiUiliciien \Virkun<x
beruht einerseits auf einer leichten lokalen Gewehsnekroso an
der Injektionsstelle, andrerseits auf der Beeintiussung der
Leucocyten. Nach Chinininjektion tritt regelmäfsig eine Hypoleu-
eocytose bis auf '/^ der Norm ein, ferner lähmt es nach Vincent
die Leucocyten. Sehr wichtig erscheint uns der bakteriologische
Befund bei den Tieren» bei denen die subkutane Injektion von
Chinin und Sporen an verschiedenen Stellen vorgenommen wurde.
Es stellte sich nämlich heraus» dafs an der Xnjektionsstelle der
Sporen keine, dafs hingegen an <Ier Stelle, wo die sterile Chinin-
lösung injiziert warde, sahh'eiche Tetanusbazillen nachweisbar
sind. Die Erklärung der Ansiedelung der Tetanuebasillen an
der Injektionsstelle desOhinins liegt in der chemotaktisch negativen
Wirkung der Chininsalze auf die Leucocyten. Gerade dieser
Befund beweist übrigens, dafs auch eine bakteriologische Unter-
suchung in einem Fall von Tetanus nach Ghinininjektiön eine
falsche Infektionsstelle ergeben konnte.
Vorversucbe.
Angeregt durch die Veröffentlichung Vincents über die
Einwirkung erhöhter Temperatur auf Tetanus haben wir in
vorliegender Arbeit versucht: den Einflufs einer
Temperatur von 34 bis Sd" (statt 4D<* wie Vincent), auf
mit toxinfreien Tetanussporen injizierte Tiere zu
prüfen.
Wir wählten die Temperatur von 34 bis 35° weil die \'er
SUCbstiere längere 55eit eine derartige Hrwärmung ertrugen,
während sie bei höherer Temperatur selir rasch zugrunde gehen.
Bei 35" war die Möglichkeit vorhanden, die Tiere nicht nur
ein bis zwei Stunden, sondern mehrere Tage, sogar Wochen
zu beobachten. Diese Versuchsanordnung i rschir n uns in mancher
Hinsicht füi* eveuiuelk praktische Verwertung geeigneter.
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Von Otto BitaniMui» med. ptwct.
365
Wir stellten uns ferner zur Aufgabe, eine Infek-
tionskrankheit im e n ^e r e n .S i u n e in ähnlicher Weise
zn studioron, indem wir die ex pe ri me n teile Stre p to-
kokkeni nfektion xum Gegenstand unserer Versuche
mit erhöhter A n fsentemperatu r machten.
K II d Ii c h u n te rsu c h t e n wir den E i n f 1 u fs einer n a c l^-
t rii c^l ich en Infektion mit Streptokokken be i mit toxin-
freien Tetanussporen geimpften Tieren.
Wir werden unsere Arbeit in drei Abschnitte zeigliedem:
1. Versttcbe mit toxinfreien Tetanussporen.
2. Versuche mit Streptokokken.
3. Versuche Über den Einflufs einer nachträglichen Infektion
durch Streptokokken bei mit toxinfreien Tetanussporen in-
jizierten Tieren.
Versuchsanordnung.
Bevor wir za den einzelnen Abschnitten übergehen, sei die
denselben gemeinsame Versuchsanordnnng besprochen.
Die Tiere, die einer erhöhten Temperatur ausgesetst werden
sollten, wurden in einen, sp&ter in xwei auf 35^ eingestellte
Thermostaten verbracht. Es standen uns swei kleinere Brut-
schranke Kur Verfügung, die folgende Dimensionen im Innen-
raum aufweisen:
grObenv Brutichmnk: Httbe SM> cm, Bralto 40 cm. Tiefe cm
kleinerer > >S6>»26»
Die Scbrftnke wurden zu den Versuchen noch speziell her-
gerichtet. Da die Luftzufuhr durch die vorhandenen Offnungen
allein nicht ausgereicht h&tte, wurde eine konstante Aspiration
durch eine Wasserstrahlpumpe vorgenommen. Diese Luftemeue*
rung bezweckte neben der Bekämpfung der Wärraestauung gleich-
zeitig eine Erniedrigung des Feuchtigkeitsgehaltes im Innern.
Besonders im kleineren Brutschrank starben uns bei relativ ge-
ringen Temperaturschwankungen während der V'^orversuche einige
Tiere spontan (Meerschweinchen und Ratten). Es wurde (hdicr
in den kleineren Schrank eine Zeitlang die Verminderung des
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366 Üb«r d«n Binfinfo erbtditor AoCtontemperatar ete.
Feuchtigkeitsgehaltes der Luf*^ ;iuoh durch Einbringen einer hygro-
skopischen Mischung von Chkuvnl iitn und Natronkalk erstrebt.
Doch macliten wir bald die Krtalirung, dafs die Feuchtigkeit
keine zn grofse wurde, wenn nicht zu viele Tiere in den Schrank
verbracht wurden:
Als Versuchstiere dienten Meerschweinchen, weirse Ratten
und weifiae Mnnse. Die meisten Versuche wurden mit letzteren
Tieren ausgeführt, da unsere kleineren Schränke uns nicht ge*
statteten gleichzeitig mehrere grOCsere Tiere hineinzustellen.
Die Ratten erwiesen sich bei unserer Versuchsanordnung als
wenig geeignet nnd wurden daher bei den eigentlichen Versuchen
nicht mehr benfltzi Am wenigsten empfindlich waren weifse
Mäuse ; sie konnten ohne merklichen länflub woclien« bis monate>
lang bei hoher Temperatur aufbewahrt werden. Anders yer-
hielten sich Meerschweinchen; ihnen bekam die Temperatur von
35 schon schlechter. In den ersten T^en trat regelmäTsig eine
starke Gewichtsabnahme ein. So zeigte z. B. Meenchweinchen T5A,
das bei seiner Impfung 360 g wog, nach 14 Tagen Aufbewahrung
bei 35 <^ nur noch 280 g. Das Gewicht nahm aber dann wieder
zu und betrug am 37. Tag schon wieder 490 g. Meersehwein>
eben T 8A wog am Injektionstag 385, nach 3 Tagen 350, am
14. Tag 208 g, dann Zunahme am 20. Tag 260 etc. Dies war
die bedrohlichste Gewichtsabnahme. Die Tiere, die mehrere
Wochen im Brutschrank aufbewahrt wurden, gewöhnten sidi
an die neuen Verhlütnisse und nahmen sogar an Gewicht zu.
In den weiter unten zu besprechenden Versuchen sind alle
Tiere beriicksiehtigt. Nur zwei Meersibweinchen gingen das
eine nach wenigen Tagen, das andere etwas später wahrschein-
lich an Inanition zugrunde.
I. Versucht mit toxinfreitn Tetanussportii.
Die verwendete Tetanuskultor ist eine Stammkultur, die
schon mehrere Jahre im Institut weiter gezOohtet worden ist.
Ihre Reinheit wurde mikroskopisch und kulturdi festgestellt,
ebenso ihre Virulenz für unsere \' ersuchstiere.
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Von Otto Ritimami, med. pract
367
Um toxinfreie Sporen zu erhalten, legten wir in grofsen,
dickwandigen Röhren, die na. 35 ccm Bouillon enthielten, anaärobe
Kulturen au. Nach der Beschickung wurden die Reai^nzrOhren
mit guten, durchlöcherten Guramipfropfen verschlossen. Dann
wurden die Röhren nach Aapiration und mehrmaliger Wasser-
stoffdurchleitung im Vakuum zugeschmolzen. Die weiter unten
mit 4, 5 und 6 bezeichneten Kulturen blieben 12 Tage, die mit
2 bezeichnete 6 Tage lang bei 37^ im Thermostaten. Nach
dieser Zeit wurde der reichliche Bodensat», der sich mikrosko-
pisch als aus Sporen bestehend erwi^, in Pasten rächen Pipetten
aspiriert, dieselben beidseitig zugeschmolien und im Wasserbad
zwei, Kultnr 6 drei Stunden lang erhitzt. Die Temperatur
betrug 83 bis 85^ und wurde mit 8 Thei'mometem genau geprüft.
Die Pipetten wurden bis zur jeweiligen Verwendung im Eis*
schrank aufbewahrt und die Sporen vor jedem Versuch noch*
mals auf Reinheit und Lebensfähigkeit geprüft durch Anlegen
von aeroben und ana^roben AgarkuUuren. Die Injektion wurde
bei den Mäusen subkutan über der Sohwanzwurzel, boi Meer«
schweinchen intramuskulär in den rechten Schenkel ausgefflhrt.
A. Die Versuche an Mäusen sind auf Tabelle I zusammen-
gestellt. Es sei bervoigehoben« dals die injizierten Mengen der
einzelnen Versuche untereinander nicht direkt veigleichbar sind,
da Kulturaufschwemmung 2 sporenarm isti 4 dagegen viel mehr
Sporen enthält, iast ebensoviel 5 und 6.
Die Beobachtuiigszeit ist in den einzelnen Versuchen
eine verschieden lange. Das rührt davon her, dafs die meisten
Tiere — alle Versuchspaare, in denen keines der Tiere an Tetanus
starb — spiiler zu den weilcr unten yai besprechenden Tetanns-
StreptokokkenWr.suchen verwendet wurden. In diesem Abschnitt
wollen wir uns nur mit den Resultaten der Injektion von Tetanus-
reinkultur befassen.
(Juter Weglassnng von Versuch In, bei dem die Beoltaditungs-
zeit von 3 Tagen zu kurz war, l)leil)en 20 Wrsuchstierc übrig,
die 9 bis 40 Tage lang boobachtuL wurden. Von diesen 20 Mäusen
sind 4 an Tetanus erkrankt, und zwar 3 Brutschranktiere, 1 bei
gewöhnlicher Temperatur aufbewahrtes Tier. Die Injektion von
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368
Über d«n BinSub erhöhter AafiMntempemtar etc.
geringen Meii;j;-en Tetannssporen (0,01; 0.05; 0,1 cciii) hatte kein
Resultat, nur mit O,^?;') ccin geimpfte Piere zeigten 'retuinis, nltm-
lieh 3 von 5 im Brutschrank imfl>e\vahrten und 1 von ö Aufsen-
tieren, iiie ersten Krankheitserscheinungen wurden bei den Brut-
schranktieren 4, 5 und 8 Tage nach In jektion der Tetanussporen
konstatiert, bei dem Aufsentier erst nach 10 Tagen. Nur die
3 Brutschranktiere erlagen dem Tetanus, und svar 2 ^j.. und
4 Tage nach dem ersten Auftreten des Tetanus resp. 5, l^j^ und
12 Tage nach der Impfung.
Sehr interessant ist der Versuch Maus T 8B. Diese
einzige Maus, welche an Tetanus erkrankte ohne im Brutschrank
zu verweilen» zeigte im Gegensatz zu ihrer firutschrankmaus
eine verl&ngerte Likubationsxeit, bei der einen 4, bei der anderen
10 Tage. Der Tetanus verlief typisch und schwer. Eigentümlich
war eine seitliche Verkrümmung der Wirbelsäule, verbunden mit
einem halbseitigen Tetanus links, so dafs das Tier mehrere Tage
hindurch sich nur im Bogen bewegen konnte mit typisch ge«
epretzter linker hinterer Extremität Das Tier erholte sich aber und
zeigte am 27. Tage, d. h. 17 Tage nach Beginn der Tetanussymptome
keine Krankheitserscheinungen mehr. Es wurde von da an bei
35^ im Brutschmnk aufbewahrt, erkrankte aber in den 20 weiteren
Tagen, in denen es noch beobachtet wurde, nicht mdar an Tetanus.
Dieses Beispiel eines bei der Maus nach Injektion von Tetanus*
Sporen aufgetretenen Tetanus, der in völlige Heilung
überging, ersclüen uns einer genaueren Beschreibung wert
Die 3 an Tetanus gestorbenen Mftnse wurden seziwt und
es gelang bei allen subkutan an der Injektionsstelle Tetanus-
bazillen kulturell nachzuweisen. Hingegen fielen die Kulturen
aus dem Herzblut und der Milz (es wurde ein Stückchen Milz
in vertlüssigten iibgekühlten Agar übernagen) negativ aus.
Die.ser Befund entspricht nicht dem von \ inceiit mitgeteilten,
weklier bei seinen an Tetanus gestorbenen Brutschrank-Meer-
schvvoinchen eine allgemeine Ausbreitung der Tetanusl)a/.illen,
eine eigentliche Tetanussepticämie beobat.lilete. Mr)glii her\veise
ist auch liir iiu"-rn Unterschied die erheblieh geringere Tempe-
ratur unserer Brutscliräuke 34,5" gegeu 40° anzuschuldigen.
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Von Otto Ritsmano, mod. pcsct. 369
B. Meerschweinchenversuclie (siehe Tabelle II).
Gleichzeitig mit den Mäusen wurde eine Aasutbl Meer«
schweiiichen mit deuselben Kulturen injiziert. Es sei gleich
hier hervorgehoben, dafs die erhaltenen Resultate den von
Vincent mitgeteilten nicht entsprechen, wie sie auch mit
unseren, bei Mäusen erhaltenen Ergebnissen nicht überein-
stinnnen. Mit Ausnahme des ersten Versuches wurden sehr
grofee Mengen Tetanussporen geimpft, und zwar 6 mal 0^ und
2 mal sogar 1,0 ccm sporenreicher Kultur. Die letzteren 2 Tiere
gingen an typischem Tetanus zugrunde; das Brutschranktier
nach 5 Tagen, das bei gewöhnlicher Temperatur aufbewahrte
schon nach 3 Tagen. Von den mit 0,2ö ccm geimpften Tieren
ist nur ein Brutschranktier gestorben. Es zeigte vom 6. Tage
nach der Injektion eine Parese der hinteren rechten Extremität
verbunden mit Spreixuug derselben, hingegen konnten keine
typischen tetaniscbeu Kr&mpfe wahrgeuomnten werden. Der
Tod erfolgte nach weitereu 6 Tagen, also 12 Tage nach der In-
jektion. Die Sektion erweist sich in bezug auf Tetanus negativ.
Von den 5 weiteren mit 0,2öccm geimpften Tiereu, von denen
eines über einen Monat, ein anderes 19 Tage laug im Brut-
schrank aufbewahrt wurde, zeigte keines Erscheinungen von
Tetanus. Der Versuch 6 wird in der Tabelle nicht angeführt,
weil das Brutschranktier 2% Tage nach der Injektion ohne
Tetanussymptome zu zeigen starb, vermutlich an Inanition.
Das Kontrolltier blieb frei von Tetaiius und lebte noch 1 Monat
nach der Injektion.
Wir wollen aus diesen N'ergiichen nur den einen kSchlufs
zieheil, duLs eine ßrutöchrunkteinjtenit nr von '^^)^- auch i)ei
dauernder Aulbcwahrung der Tiere nicht genügt, nm bei Meer-
schweinchen den von X'incont konstatierten Tetanus zu er-
zeugen. Da wir aus äuiseren Gründen Teuiperaturmessnngen
und Blututitersnchun;^en an Meerschweine) len incht vornahmen,
können wir dir Ursache desabweiciienden Er^clmiFses nicht angeben.
Unsere Ergebnisse lassen sich wie lolgl zusammenfassen:
Mäuse, die nach Injektion gröfserer Mengen
toxiufreier Tetanussporen, einer Temperatur von
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370 Über den EinflnA erh^Akter Anfeenteuparetior «le.
Sö'^ dauernd ausgesetzt werden, erkniiikeu leichter
an Tetanus als die gleichzeitig geimpften und in
ge wöhn licher Teni peraL ur bef i nd 1 iclie n K 0 n t rolltiere.
Von 10 Mäusen, die 4 ^j., bis 22 Tage einer Tem-
peratur von üö" ausgesetzt waren, sind 3 an Tetanus
gestorben, und zwar alle 3 mit gröfseren Meugen
(0,2ö ccm) TetanuBspore n geimpfte. Die übrigen 7,
von denen swei gleichviel (0,25 ccin) Tetanuesporen-
aufscbwemmung erhielten, die anderen alle weniger,
blieben am Leben.
Von den 10 mit entsprechenden Mengen ge*
impften , bei gewöhnlicher Temperatur aufbewahrten
Kontrolltieren starb kein eiustges; eine Maus er-
krankte an Tetanus, erholte sich aber wieder.
Eine Aufsentemperatur yon 35® wirkt für das
Auftreten von Tetanus bei Mäusen deutlich be-
günstigend.
Die Versuche an Meerschweinchen haben kein
positives Resultat ergeben und gestatten eine Be-
stätigung der von Vincent mitgeteilten Befunde
nicht. Ob die weniger hohe Brutschranktemperatur
(35° gegen 40») oder die länger dauernde Auf-
bewahrung oder andere Faktoren diesen Unter-
schied bedingt haben, können wir nicht entscheiden.
2. Versuche mit- Streptokokken.
Die bei unseren Versuchen verwendeten Streptokokken ver-
danken wir der Freundlichkeit von Herrn Dr. med. F. B. Simon,
der schon seit längerer Zeit im Zürcher Hygiene-Institut sich
mit Studien über Streptokokken beschäftigt.
Die bei den meisten Mäuseversueben benutsste Kultur
stammt von einem Fall von Scarlatina und war längere Zeit
durch Nährböden und Tiere geschickt worden. Besonders wert-
voll war für uns die vorhandene aber geringe \'irulenz für
wt-ilse Mäube, welche uns bei entsprechender Dosierung gestattete,
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Von Otto Bitimann, med. pract
871
die der normalen Temp«raiur ausgesetsteu Tiere meist erst nach
2 bis 4 Tagen zu tOteu. Es standen uns 2 verschiedeue Pas-
sagen, eine virulentere 3 und eine etwas weniger virulente 5,
sur Verfügung. Beim 10. Mäuseveisuch kam eine aus Passage 8
neu gewonnene Passsge 4 aur Verwendung. Beim 9. Mäuse* und
bei den MeerBchweinchenversuchen benütstten wir eine sehr Viru*
knte Kultur, S 124 bexeichnet (dureb 124 Meerschweinchen ge-
schickt); sie ist auch für Meerschweinchen virulent. Es wurden
stets eintAgige BoniUoukulturen verimpfi Alle gestorbenen Tiere
wurden seziert und Kulturen aus der Impfstelle und dem Hers-
blut angelegt.
A. Versuche an Mäusen. Die Injektion erfolgte stets
subkutan über der Schwanzwurzol. In einem V^ersuche wurde
eine zweite Impfung intraperitoneal mit einer virulenteren Pas-
sage vorgenommen. Im ganzen sind 10 Vei'suche gemacht
worden, von denen wir Versuch 2 und 5 ausschalten wollen.
Bei Versuch 2 starben beide Tiere nicht nach der ersten In-
jektion, es wurde daher 2 Tage nachher eine zweite Implung
vorgenommen, nach welcher das bei gewöhnlicher Tempemtur
aulbewahrte Tier früher starb als das Brutschranktier. In Ver<
such 5 starb das Aufsentier ebenfalls, aber erst nach 13 Tagen,
das andere hheb am Leben. Da die Sektion des Aubentieres
em negatives Resultat in bezug auf Streptokokken ergab, läfst
sich der Versuch nicht verwerten, der Tod war möglicherweise
ein natürlicher.
In den 8 übrigen Versuchsreihen sind stets die
Brutsohranktiere früher gestorben als die Kontroll-
tiere bei gewöhnlicher Temperatur. Der Tod er-
folgte:
Bei Brutschranktieren % bis 3 % Tage nach der
Injektion;
Bei Kon trolltieren 1 ^ Tage nach der In-
jektion.
Bei Versuch 6 starb das Kontrolltier überhaupt nicht, es ist
dies auch der Versuch, bei dem die Brutschrunkmaus die längste
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572 iSbue den ESnfltife «rhöhler AufMiitempenUiir etc.
LebeiiPflnncr (mit Maus Str4A) von 3^/2 Tagen aufweist. Es
war überhaupt der Unieradlied iu der Lebeusdauer nach der
Injektion ein verschiedener, je nach Virulenz und Menge der
geimpften Kultur. Neben Versuch G ist der Untei*schied auch
bei Versuch 4 sehr deutlich: Maus Sir 4 A stirbt nach 3 '/o Tagen,
Maus Str 4 B erst nach 8 Tagen. Auch der 3. N'ersuch ist
sprechend: die Brutschrankmaus ist nach V2 "^^g®
Koutrollmaus eist nach 3 Tagen. Gering ist dagegen die
DifEerens bei Versuch 9, bei welchem jene sehr virulente
Kultur S 1^ Tervendet wurde.
B. Die Versuche an Meerschweinchen haben, film-
lieh wie im vorhergehenden Abschnitt, kein deutliches Resultat
ergeben. Dies rührt vor allem daher, dafs Meerschweinchen
gegenüber Streptokokken sehr widorsiaudsfähig sind. Die von
Herrn Dr. Simon besüiulers virulent gemachte Streptokokken-
kultur 8 124 mufste in gröfserer Menge injiziert werden und hat
beide Tiere in weniger als 48 Stunden getötet. In diesem Ver-
suche erhalten 2 Meerschweinehen 1 com Bouillonkultur intra>
peritoneal. Das Brutschrauktier starb in der folgenden Nacht
innerhalb 16 Stunden« das andere nach etwa 24 Stunden.
f/j In einem «weiten Versuch wurden gleichseitig Tetanus-
sporen (0,25 ccm Sporenkultur 6 intramuskulftr) und Strepto-
kokken (0,5 S 125 intraperitoueal) injisiert. Die Tiere gingen
Sehl* rasch ohne Tetanu8sym|)tome zugrunde, das Bniteohnmktier
nach 26, das Kontrolltier nach 36 Stunden.
Fassen wir die Resultate unserer Streptokokkenversuche
susammen, so sehen wir folgendes:
Bei weil'seii M&useu verläuft die exper im eu teile
Streptokokk( iiinfektion bei hoher Aufsentemperatur
(Sb^) .sehn eil er als bei Zimmertemperatur.
U n .s e r 0 Ii 0 s u 1 1 a t e an Meerschweinchen lauten
ähnlich, sind aber für eine bestimmte ächlufs-
folgerung zu wenig sahireich.
Digitized by Gociglc
Von Otto BitsmMiii, m«d. pnet $78
3. Versuche mit nachtraglicher Streptoicokkeninfektion an mit
toxinfreien Tetanussporen injizierten Tieren.
Die Mischinfektion ist schon von Vaillard und Vincent
und seitdem von vielen anderen Autoren als prlLdisponierendee
Moment bei der Tetannsinlektion bezeichnet worden. Nach dem
deutlich positiven Ausfall unserer Streptokokkenversuche an
Mäusen stellten wir uns zur Aufgabe, die Wirkung einer nach-
träglichen Streptokokkeninfektion bei mit toxinfreien Tetanus-
aporen infizierten Tieren zu prüfen, und das Verhalten so be-
handelter Tiere bei höherer Aufsentemperatur zu untersuchen.
Eine nachträgliclie Kachforschung in der Literatur ergab, dafs
in ihren ersten Versuchen \'aillai (i und \'incent auch schon
Versuche mit Streptokokken nach Tetanusinjoktion gemacht
hatten. Die Verfasser erwähnen nur den das Auftreten des
Tetanus begünstigenden Einflufs der gleichüeitigen Infektion mit
Prodigiosus, wältrend sie nach Injektion von Strei^tokokken so-
wohl wie von P>act. Friedländor, Staphylococcus aureus und B.
öubtilis einen den Ausbruch des Tetanus fördernden Einflufs
nicht beobachten konnten.
A. Mftuse. Unsere Versuche wurden so vorgenommen, dafs
Brutschrank' und Laboratoriumsmäuse verschieden lange Zeit nach
der Injektion von . toxinfreien Tetanussporen mit eintägigen
Streptokokken •Bouillookulturen injisiert wurden. Verwendet
wurden die nämlichen Kulturen und Passagen, die wir auch zu
den Streptokokkenreinversuchen benutzten; wir verweisen daher
auf das an jener Stelle darüber Gesagte. Auch bei diesen Misch-
versudien kam es sehr darauf an, wie dies ebenfalls schon bei
den Versuchen mit Streptokokkenreinkulturen hervorgehoben
wurde, die Virulenz sowohl wie die Menge der verwendeten
Streptokokken genau zu dosieren. Wie aus der beigegebenen
Taltelle IV hervorgeht, iiaben die meisten Tieie, mit vier Aus-
nainnen, nur eine einmalige Injektion von Streptokokken er-
halten und sind wenige Tage naehber gestorben. Diejenigen
Tiere, die nach der ersten Streptokokkeninjektiou nicht starben,
Axcbiv für Uygieue. Bü. UU. 26
Digitized by Gc)
394
tJber den Eiofliüb eililttiter Ad^ntempentur etc.
wurden zum zweiteiiuuil (Maus T 5 B sogar 4inal) mit Ötrepto-
koKken infiziert. Trat der Tod sehr rascli nach der Impfung
mit Streptokokken ein, so kuni es nicht zu Erscheinungen von
Tetanus (wie bei 7A und B auch }>pi 1 AV War jedoch zwischen der
Injektion von Streptokokken und dem 1 od ein Zwischenrauin von
Vj^ Tagen, so eutwickelte sich in der Kegel ein typischer
Tetaaus.
Es ist bekannt, dafe Tetanuasporen sehr lauge Zeit im
Organismus lebensfähig sind. So berichten Vaillard und R o u g e t
von einem Fall» wo bei einem Meerscbweindien vier Monate von
der Impfung mit Sporen bis zum Ausbrach des Tetanus ver-
strichen sind. In unseren Versuchen haben wir zwischen der
Injektion von Tetanussporen und der Impfung mit
Streptokokken verschieden lange Fristen verstreidien
Iftssen: in einem Versuch (11) gaben wir Tetanussporen und
Streptokokken {^eichseitig, bei den anderen in Abst&nden von
3 bis 22 Tagen.
Bei 6 Tieren von 18 trat kein Tetanus auf. Das sind die
'i iere, die innerhalb 24 Stunden nach der Streptokokkeninjektion
starben, ferner ein Aufsentier (15 H), das vier Tage nach der
Streptnkokkeninjektion «tarb, und endlicb das Aufsentier 5 B, das
vier Injektionen Streptokokken ertrug. Eine vergleichende
Betrachtung der Brutschranktiere und der Anfsentiero ergibt,
dafs der Tetanus stets früher bei den Brutschrank-
tieren wie bei den A u Ts e n 1 i c ? e a ausbrach. Femerist
hervorzuheben, dafs sämtliche Brutschranktiere gestorben sind,
während ein Aulsentier am Leben blieb.
Das Auftreten des Tetanus ist unabhängig von
der Menge der injizierten Sporen; es haben sowohl mit
0,01 als auch mit 0,25 com geimpfte Tiere nach der Strepto^
kokkeninjektion Tetannssymptome gezeigt.
Diese Versuche beweisen, dafs eine nachträgliche
Inlektion mit Streptokokken das Auftreten von Teta-
nus begünstigt und dafs der Tetanus rascher bei
iu höherer Temperatur sich befiodendeu Tiereu als
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Von Otto Ritimimiiy med. prmct, 375
bei den bei gewöhnlicher Temperatur aufbewahrten
xustande kommt.
Diese Versuche bestätigen sugleich die in den
zwei frülieren Abschnitten mitgeteilten Resultate,
dafs die Injektion von Tetanus sowohl als auch
▼on Streptokokken bei Brutschranktieren rascher
sum Tode führt als bei den Kontrolltieren.
Bei den Sektionen war es ein häufiger Befund, dafs sich an
der Impfstelle Abszesse von Streptokokkenreinkultur fanden.
Wir werden auf die Bedeutung dieser Tatsache bei den Schlufs*
folgerungen noch zurückkommen.
B. Meerschweinchen. Im ganzen wurden fünf Versuche
voigenommen. Ähnlich wie in den weiter oben geschilderten
Mäuseversuchen waren auch hier verschieden lange Zeit nach
der Impfung mit Tetanussporen Streptokokkeninjektionen vorge-
nommen worden, in einem der fünf Versuchspaare wurden beide
Mikroorganismen gleichzeitig geeimpft. Ein positives Resultat
ergaben diese Versuche nicht Die für Mäuse wenig virulenten
Streptokokkenkulturen B und 5 waren für Meerschw^nchen zu
wenig virulent und führten daher nicht zu Tetanus. Es wurden
daraufhin einige Versuche mit Streptokokkenstamm S 124 vorge-
noniineii, auch diese aus einer Gelatinesticliknltur angelegten
Bouillonkulturen erwiesen sich als zu wenig virulent. Wir ent-
schlossen uns daraufhin, frisch gewonnene Pa-saage S125 in
gröfserer Menge (0,5 und 1,0 ccm) intramuskulär tn verwenden.
Diese hohen Uosen töteten aber die Tiere meiüt innert 24 Stunden.
Nachdem ein Versueh.^paar nach intramuskulärer Injektion von
1,0 ccm S 125 am Leiten geblieben wnr, versuchten wir die
intraperitoneale Injektion von 0,5 derscUwn i'assage; beide Tiere
gingen aber in 24 — Z'J Stunden zugrunde. Die Fristen waren
für das Auftreten der 'IVtaniissyniptome zu kurz.
Die Resultate an Meerschweinchen sind negative.
Im Anschlufs an die oben mitgeteilten Ergebnisse unserer
Versuche seien uns einige Schlulsfoigerungen erlaubt:
Unsere Versuche beweisen übereinstimmend , dals die In-
fektion mit toxinfreien Tetanussporep bei erhohtejr
26»
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376
Üb«r den Einflafii erhöhter AafMiiteinpeniti»r etc.
Aiifsentemperatur von 35" etwas sicherer znm Tode
führt, als wenn die Tiere bei ^n- w ö hn 1 i c h e r Tem-
peratur aufbewahrt werden. Unsere Resultate sind
allerdings nicht so überzeugend wie die von Vincent mitge-
teilten, namentHch haben unsere Meerschweinchenversnche kein
deutlicl) positives Kesaltat ergeben. DerHauptuutersci)i( d /.wischen
der Versuclisanordnung Vincents und unserer besteht darin,
dafs jener Autor den Ülinflufs einer kurzdauernden beträciitliclien
Temperaturerhöhung von 40^ studierte, während wir die dauernde
Einwirkung einer Aufsenteinperatur von 34 bis Sö*' prüften.
Noch deuthcher als die Versuche mit Tetanus sind die Er-
gebnisse unserer Versuche mit Streptokokkenrein-
kultoren an weifsen M&usen; sie beweisen den die ^
Streptokokkeninfektiou begünstigenden Einflufs einer
erhöhten, dauernd einwirkenden Aufsentemperatur von
35^ Im Anschlufs an unsere Resultate sei nur noch darauf hin*
gewiesen, daüs auch beim Menschen möglicherweise die höhere
Temperatur den Verlauf einer Streptokokkeninfektion beschleuni-
gend beeinflulst und daia bei dieser Infektion auf jeden Fall das
Vorhandensein eiues Iftnger dauernden Fiebers nicht ohne Belang
ist. Wir möchten nurauf die Wönschbarkeit wetterer Untersuchungen
in der angegebenen Richtung hinweisen und sind uns wohl be-
wttfst^ dafs unsere Versuchsanordnung, wie dies Lubarsch für
asahlreiche -andere ähnliche Versuche, spesiell fCtr die Milzbrand-
versudie bei erhöhter Temperatur an Kaltblütern nadiwies, natür-
liehen Verhftltniseen nicht völlig entsprechen. Sie sehliefsen leider
allsnoft eine schwere Schädigung des Organismus in sich.
Die nachträgliche Infektion mit Streptokokken
bei durch toxi n freie Tetanussporen infizierten
weifsen Mäusen hat ergebuu, dafs die Strepto-
kokken e i n en das Auftreten des Tetanus begünsti-
genden Einflufs ausüben. Mengen von Tetanussporen,
Nveluho bei den Totanusreinversuehen auch hei Bruti^ehranktieren
nicht einmal zum Ausbruch von Tetanussyniplomen geführt
haben, penüL;iMi zu einem letal verlaufenden Tetanus, sobald
fc>lreptokokken gegeben wurden. Diese Versuche bestätigen so-
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Von Otto BHnuftan, in«d. pnct
t
377
wohl die Tetanus- als die Streptokokkenreiuvereuche, indem auch
hier einerseits die der erhöhten Temperatur aiisgeset ton Tiere
stets früher TetaDUSsymptome aufwiesen als die Kontrolltiere.
In diei Versucbspaaren kam es sogar nur bei den Brutschrank*
tieren zn Tetaaua. Anderseite starben auch die Bnitschranktiere
vor den Kontrolltieren.
Bs kommt diesen Veisuchen aber auch noch eine andere
sehr wichtige Bedeutung su. Nach Injektion von Streptokokken
treten bei unseren Versuchstieren Tetanussymtome auf. Ahnlich
wie dies Vincent bei seinen Chinin versachen ausführte, wttide
man auch hier bei Unkenntnis der Vorgeschichte geneigt sein,
den Tetanus der leisten Injektion sususehreiben, während es sich
umgekehrt um ein Virulentwerden von Tetanussporen handelt,
die sonst symptomlos ertragen und mit der Zeit vernichtet worden
wären. Bei der Sektion fand sich an der Injektionsstelle meist
ein Abesess von Streptokokken in Reinkultur vor. Es drängt
sich ohne weiteres ein Vergleich mit den Fällen von Tetanos
beim Menschen aof, bei denen ein kleinerer oder gr^Jfserer Eiter
herd gefunden und dann als Eingangspforte des Tetanus ange-
sprochen wird, auch wenn der Nachweis von Tetanusbasillen
bakteriologisch nicht geHngt.
Auf Grund unserer Versuche müssen wir die Frao^e aiif-
werfen. oh nicht auch beim Menschen Verhältni.sse vorhegen
können, wie wir sie bei den Mäusen künstlich erzeugt hahou.
Tetanushazillen sind imstande, im Korper des Warmblüters längere
Zeit lebensfähig zu bleiben. Die Annahme, dafs ein in einem
Fall von Tetanus vorgefundener Abszess stets die Eingangsp[orte
ist, hifst pich nicht innner exi>erimentell begründen. Wir müssen
vielmehr angesichts unserer Versuchsergebnisse die
Möglichkeit im Auge behalten, dal's eine nachträgliche
eiternde Infektion das Manifestwerden einer vielleiciit
an anderem Ort und vor längerer Zeit stattgehabten,
sonst symptomlos gebliebenen Infektion mit Tetanus-
sporen zur Folge hat.
Am Schlüsse meiner Arbeit angelangt, erfülle ich gerne die
an^nehme Pfiich^ meinem hochverehrten ehemaligen Chef, Herrn
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379 "Gber den Einfluft «>hft1it«r Auftentempvralnr etc.
Prof. Dr. W. Silberschmidt, meinen herslichsten Dank aus-
zusprecheu, sowohl für die Anregung zu dieser Arbeit wie auch
für die stete Förderung bei der Aasfflbrung und beim Abschlufs
derselben.
Tabelle I.
TetsiMUverBBeke tm MBoieB.
Tnjoktion von erhitsten Tetanussporen.
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Von Otto Bitamuia, mod. praet
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Tabelle
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die Mcenchw.
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8.493.
16. Li pari, 1' Morgagni, 1888 Ai^net-Oktober. Bef.: Baomgarten Jahree-
beri(•h^ 1S88, S. 60.
17. Plaiania, Giorn. internat delie science medic, 1889, S. 3M. Ref.:
Banmgartena Jahreaberidit, 1889, 8. 88.
18. Walther, Wratach 1890. Labarsch u. Ostertag, Ergebniflae der
allg. Patholl ipie uud pathoß. Anatomie, n<l. 1, S. 255
19. Dürk, DeutHch. Arcliiv f. klin. .Medizin, IM. HS, S. ;5ti8.
20. Rovighi, Prager med. Wocheuschr., Bd. 17, \6b2, S. 2U1. lief.: Zentral-
bUtt 1 Bakt, 1892, 8. 888.
21 Löwy u. Richter, VirchowB Archiv, Bd. 145, 189fi, 8.40.
22. F i 8 c h 1 , Prager med. Wocbenachrift» Bd. 22, 1897. Zeitacbr. L Ueilkande,
Bd. 18, 1897.
28. Pawlowaky, Zeitschrift f. Hygiene, Bd. 83, 1900, S. 261.
24. Engelhardt, Zeitaebrift I. Hygiene, Bd. 28, 1896, B. 839.
2.5. Permi u. Saisanc, Zentrnlbl. f. Bakt., Bd. XII, IS92, s. 750.
26. Graiiani, Zentralb!. f Pukt , Orig l?d. 42, 100(^, S. 633, 756.
27. W y 8 8 o k o w i t M c h , zit. nach Flügge > Mikroorganismen <, 2. Aufl., S. 523.
88. Fi lehne, Joomal of Physiol., Vol. Xm 1894/95.
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Verlag von R. Oldenbourg
München und Berlin W. 10.
Medizinische Anwendungen
der Elektrizität
Von
M. U. Dr. S. JELLINEK,
Assistent des K. K. Krankenhauses Wieden in Wien,
beeideter ürztlicher Sachverständiger iiir elektrische» Uniallwesen beim K. K. l.andesgericht
in Wien
460 Seiten mit 149 Abbildungen im Text
Preis broschiert M. 10. — , gebunden M. 1 1 . — .
Aus dem reichhaltigen Inhaltsverzeichnis seien hier nur die Haupt-
abteilungen herausgegriffen:
I. Elektrizität und Medizin. — II. Elektrizitätsquellen. — III. Hilfs-
apparate. — IV. Applikationsinstrumente. — V. Röntgentechnik.
VI. Elektrophysiologie. — VII. Diagnostik. — VIII. Therapie.
Aus Urteilen der Presse;
Zentralblatt fflr innere Medizin:
.... Das vorliegende Werk Ist zunächst als Leitfaden für tUn praktischen Gebrauch
des Arztes bestimmt. In dnrchans übersichtlicher Weise stellt Verfasser alle auf dem Ge-
biete der medizinischen ElektrizitatsforscbunR K^machten Neuerungen und Erfahrungen
zusammen und ermöglicht damit eine genaue Orientierung Uber den heutigen Stand und die
Grundlage der medizinischen Hlektrizitütslchre . . . .
AUes in ollem wird der Rat suchende das Werkehen stets mit Befriedigung aus der
Hand legen.
Leipziger Medizinische Monatsschrift:
....Wir sagen nicht zu viel, wenn wir das Jellinekscbe Werk für das beste erkUren,
das in den letzten Jahren auf dem Gebiete der Elektrotherapie erschienen ist, wie ja auch
die berücksichtigte Literatur mit nahezu 400 Nummern davon zeugt, daß der Verfasser einen
großen Fleiß auf die Arbeit verwendet hat. ...
Die Zeit, Wien:
....Mit wenigen Worten, das neue Buch ist ein vollständiges Vademekum Uber den
physikalischen, chemischen, physiologischen diagnostischen und therapeutischen Teil der
Elektrizität, das sich bald einen wohlverdienten Platz in der Bibliothek der Männer der
Wissenschaft erobern wird.
Ausführlicher Prospekt steht Interessenten zur YeilUgung.
Durch jede Buchhandlung zu beziehen.
ARCHIV FÜR HYGIENE.
(BEGRÜBDET V09 VAX T. VmPmmSB»)
UNTER MITWIRKUNG
VON
Ml>r.O.BOLLIM6aR MOBte; rMitfir.BOinan}fF, KulNnva.U.$ PMtlM.a.BlliaDaCII,
M«nr^:pii; Prof. Dr. F ERISMANN, ZOlIcb; Prof. Dr. HEIM, Erlangen; Prof. Dr. P. HtTKPPE,
Tnf., frol. Dr. KABRHEL, Pr«g; Prof. Dr. F. KBATSCIIilER, Wien; Prot. Dr. K. LEHMANN,
WldbOlf; Prof. Dr. A. LODE, lonsbnick; Prof. Dr. L. PFEIFFER Rostock; Prof. Dr.
W. nUDSNITZ, OtM; PK»L Dr, V. RENK, Dmilaa; Prot Dr. SC HOTT EUUS, Fteiba« 1. B.;
G«D«aloba(nnt Dr. A. SCHUaTER, 9Cüa^ii$ PNI. Dr. WKBHICKK. FOMn.
H£RAUSGfiG£BBN
VOH
J. FOBSTEB, M.GBI]B£B, FR. HOFHASH, M. BDBNEB,
I IMMUVIR AM MM OMVIMIff'iTnf SV
MÜNCHffiN UND BERLIN.
DRUCK UND VERIAG VON R. OLDENBOURG.
I907.
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1 Ii halt.
UnienuehiiiifQii llb«r den Ifedunimiiw niditbakterisldur Immiinftit. Von Dr.
EUlmund Weil, Assistenten am Institute. ^\tis dem Hygienischen In«titute
der deatschen üniveruität in Prag. Vorstand: Prof. F. ii neppe) . . .
Über die Beatimmang des Sauerstoffe im Waseer nebflt einigen Beobachtungen
ftber Snntratolbebrung. Von Frivittdoceot Dr. 8. Korscbnn. (Ans cl«tn
Hygienischen Institut der Universität München. Vorntand Prof. Max G ru her)
Zur Frapp l"r Verbreitung des Abdominaltyplms durch Trinkwasser. Von Privat-
dozent Dr. W. Korschun. (Aus dem Hygienischen Institut der Uni versitftt
München. Vorstand: Prof. Max Gruber)
Über die Bettimmnng der HArte de» Waners. Von Dr. P. Nawlasky, Berlin,
unii Dr. S. Korschun, Charkow. (Aus den Hygienischen Instituten der
TTuA-ersität Kerlin. Direktor: Geh. Med Rat Pr<)f. Dr. M. I^nbner) . . .
Über den Einflufa erhöhter AuXsentemperatur auf den Verlauf der ezperimenteUen
Tetenne- und fltreptokoUmiinfektion. Von Otto Biismnnn, med. pract.,
gewesenem Aedatenten am Institut» anraeii Aaaiatenaant am B^tonapital
GlaruB. (Aus der bakteriologischen Abteilnng des Hygiene -Instituts der
UnWerattAi ZQriob. Vorstand: Privatdosen b Dr. W. Silberachmidt). .
NACBDRUCK VBBBOTJ»;.
In dem nächsten Hefte folgen :
Untersuchungen über die Warhstuiusgeschwindigkeit der Typhnsbazillen in Galle. Von
Dr. W. Pies. (Au« dem Hygienisch-Bakteriologischen Institut zu BtraTsburg i. Eis.)
Über Ernftbrnngspolyneoritia. Abwebr gegen Prof. Dr. C. Bykmana Kritik im gleicb>
namigen Anfaatc Dieees Arebiv, Bd. LVII, S. l&l. Von Dr. G. Grijna. (Ana dem
Genee.Hkundig Laboratorinm zu Weltovrpden, Java.)
üie Milchleukozytenproi)e nach i r o m in s d o r f f. Von R. .Schuppius, cand. med.
der Kaiser- Wiihelmä-Akadeuiie. (.\U8 dem Hygienischen Institut der Universität
Berlin. Direktor: Geb. Medlstnalrat Prof. Dr. M. Rabner.)
Ezperimentalle Untersuchungen über die Empfänglichkeit und Imnraniaierang der Kalt-
blüter gegen PpBt. Von Prof Y. Fiiknhara, AMeilung^vnrptcher im Patholo-
gischen Institut der medizinischen Akademie zu Osaka. (Aue dem amtlichen
Bakteriolog. Institut in Osaka. Direktor: Prof. A. Sata.)
Über die Bedeatang des BaciOna coli communia als Indikator fOr Vernnrainigang von
WasHer mit Fäkalien. V'on Kcnji Saito. (Aus dem Hyg^enitcben Inatitat der
UniversitAt Kyoto. Direktor: Prof. Dr. T. Matsuabita.)
Mnmfidungen hdi^ man an S^Mmrat Pnhnat Dr. IMnopf Ah4w K. 4,
Hessischf'slr .? 4, }'"'>f-!'_
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Dielmliiiiie io Düolil uni i IMIn.
Eine kritische Studie
von
Dr. Auerbach,
Ant ia Detmold.
Uoifanfi; 68 Selten B*. Mit Textabbildungen. Preis M. lüO.
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Seit«
398
m
336
818
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Ü3E
Verlag von R. Oldenbourg
München und Berlin W. 10.
Medizinische Anwendungen
der Elektrizität
Von
M. U. Dr. S. JELLINEK,
Assistent des K. K. Krankenhauses Wieden in Wien,
beeideter ärztlicher Sachverstkndigcr Jiir elektrische» UniaUweaen beim K. K. Landesgericht
in Wien
460 Seiten mit 149 Abbildungen im Text
Preis broschiert M. 10. — , gebunden M. 1 1 .— .
Aus dem reichhaltigen Inhaltsverzeichnis seien hier nur die Haupt-
abteilungen herausgegriffen:
I. Elektrizität und Medizin. — II. Elektrizitätsquellen. — III. Hilfs-
apparate. — IV. Applikationsinstrumente. ~ V. Röntgentechnik.
VI. Elektrophysiologie. — VII. Diagnostik. — VIII. Therapie.
Aus Urteilen der Presse:
^ _ I - —
Zentralblatt für innere Medizin:
....Das vorliegende Werk ist lunächst als Uitfaden für den praMliacJun^Gebrauck
des Arztes bestimmt. In durchaus übersichtlicher Weise stellt Verlasser alle aul dem Ge-
biete der medizinischen EIcktrizitätsforschung gemachten Neuerungen und Erfahrungen
zusammen und ermöglicht damit eine genaue Orientierung über den heutigen Stand und die
Grundlage der medizinischen Elektrizitäislehre . . . .
Alles In allem wird der Rat suchende das Werkchen sUts mit Befriedigung aus der
Hand legen.
Leipziger Medizinische Monatsschrift:
Wir sagen nicht zu viel, wenn wir das JcllineUsche Werk für das beste erklären,
das in den teilten Jahren auf dem Gebiete der Elektrotherapie erschienen ist. wie ja auch
die berücksichtigte Literatur mit nahezu -MK» Nummern davon zeugt, daß der Verfasser einen
großen Fleiß auf die Arbeit verwendet hat. . . .
Die Zeit, Wien:
....Mit wenigen Worten, das neue Buch ist ein voltständiges Vademekum Uber den
physikalischen, chemischen, physiologischen diagnostischen und therapeutischen Teil der
Elektrisitüt, das sich bald einen wohlverdienten Platz in \der Bibliothek der Männer der
Wissenschaft erobern wird.
Ausführlicher Prospekt steht Interessenten zur Verfügung.
Durch jede Buchhandlung zu beziehen.
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WUHCHEH und
R. OLDEHBOURQ
BERUH W. 10.
l)crd0entU(Dungtn
Dcutf(t)cn DcTctm tttr Uolfcstjpgicne
tffrousge^ebpii roii
Dr. K. ^ecmol^, Berlin..
Dir Pfroiffutlicfjiiiqcii finb ooii mintflerien wrCt rielen t^ot^en Se^f5^^etI amtHd?
empfol)lcn uni» joUen mit Untriftü^uiici dtefer foipie Humanitär gefilmter prirat«
perfonen, Unteriutimer« niib anderen Perbänbcn, £)eretnen ic. durd; ma^enoerbreitnng
2{iifVHInui9 ÜNc gefnntfifüfit^c »ttb l}Tgwiitf4^ ^teogcn 1» aPc Ktrifc 6«9 Ppifc»
^ft I: Z7<ct(ätttng htx Cttt>er(ulofc (5i^a>inbfa<l;t). Dotitaa von 0ti;.-8at prof. Dr. C. oon
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oon aOO C;. ab 20 -J^, pon MO Cr. ab (8
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mann, pm» ao 1^ IW> Cr. ob 28 von
MM (000 15 4. Don 3000 C(r. ak (2 \
ßtft 2: ScnifsiMilQt «n» fvtycrn^« SlNla^cit. 3m Auftrag« b«s t>rTrhi5 fflr Oslff^ginit In
Tnfin<»?«ti iintfr mftarhrit oon Dr.Dr ^<^^ ^<rJ. R 5*nfibtr, 5t. fangt
nnb B. nrniiiaYrt brca:i»9f9rbtn pon {.~-.u' j;. i iJr. m. ßdbn, niundjtn. <> Crrif ^artn.
pTf'^ 4') r>ön KM» €r ab 55 oon 2t>0 «b 50 Sy. pon 500 Cr. ab 25 J|, pon'tOOO Cr.
aV ro i'on ZCKKi iff. ob 18 .Si.
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^t^: (5<{un^t^<it uni 2Xlfo(}ol. Portrag. gcl)aütn im Säc^rrfdal br» Batl}au(f> ju Btrlin vor
brr (r>rt»anit>pr br» t^rrrins ftr O*In|f0itN». dm prof. Dr. Coli JCAtnf*' •»* Qotte «.
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Qeft 5: t>i< Initi'^iuiic pfUg« bei anftccfcn^ttt Kranti}<ittn, tn»h<foiti><r< bei dnft«f<n6<n
üiiid4.'rrTdtitl;cit<n. Dsn Vortrdsr pon Dr. K Soli in KarlsTuljr. (prritr a>ir bei l^ttt 2.)
|}rft6: X>i< Pcritfitung 6cr a<fd(M^tiCcMitl^«ttni. Oon Dr. aiMl. Sloal>fCf«r, Zltriibtif.
[prrif« wir bei §tft U)
9tft ?: IM« ^miMMMpflCf« f«Nl«. Oon Vittsarst Dr. nitf ef < ptrlrlMrg. (pififr ab
M fitft2.)
I}tfl 0; 1H« IMttttsmg ^ SdHwlcii fl* Mt <«fM nH<Bof 1 h t«. Om pMfrffor Dr. 31. IDuff «r^
mann. Sfrlln. (prrifi wit M C^rft 1.)
ß»fl 9: **» <i<T5cn». Oon ^5tbeimraf prof, Dr. ^(olbfcbribrr, »erlin. (prelfr mit M
6ffl l ;
^ft tO: 1>{c Kunfl alt ju l»(r^<n. Ton ®rb. mrbiiinalrat prof. Dr. Ciralb, Berlin. (Pnlfr
n^ie bei tSeft I.)
fjeft \\ : <^^run^f^J5^ 6cr Crnaf>runa fiir (^^^funbc unb Xran(<. Pon (Sebeimrat prof. Dr. €. oon
t c V ^ r n 1,^^ ir;i f i : ' i ' ' i
^ift yz: Kurvfttfd)eri-i un& Zllxrglani^ in d«r nuöisin. Pon Dr. X. Doli in Xaiiicu^
an^ (.") rni ri -.ujt Dr. Itrumann In SMmbnf. (Prtlfc lol« M Q«ft t.)
3n Porbmünng jinb:
tDo^itungobvoicne »on <B(i)fiiiitat prof. Dr. BHbntr, Bcrlm.
^Itbfli«^ 4kfttnMKit«pfI«gc (btfianbfll ob jerlfetirag 3« t Mc Xtispofilion) oon pMf. Dr.
Örowii;, Berlin
^inr l^fgtcne b«« Sd)ulfinb«5 ri'i «f rlTinirot prof. Dr. Poffa, Berlin, pripatbojtnt Dr. 3rff*n,
Strafthuro i. C . »nb Dr. tublin^fi, Scriin.
DU PfUg€ 9*9 «in»«« Im «tfl<n C«^n#i«ü>r« »on prof. Dr. S4iio|mann, Pm»«i.
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